Google
This is a digital copy of a bix>k lhat was preservcd for gcncralions on library sIil-Ivl-s before il was carcfully scanncd by Google as pari ol'a projeel
to makc the world's books discovcrable online.
Il has survived long enough Tor the Copyright lo expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subjeel
to Copyright or whose legal Copyright terni has expired. Whether a book is in the public domain niay vary country tocountry. Public domain books
are our gateways to the past. representing a wealth ol'history. eulture and knowledge that 's ol'ten dillicult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this lile - a reminder of this book's long journey from the
publisher lo a library and linally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries lo digili/e public domain malerials and make ihem widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their cuslodians. Neverlheless. this work is expensive. so in order lo keep providing this resource. we have laken Steps lo
prevent abuse by commercial parlics. iiicIiiJiiig placmg lechnical reslriclions on aulomatecl querying.
We alsoasklhat you:
+ Make non -commercial u.se of the fites We designed Google Book Search for use by individuals. and we reüuesl lhat you usc these files for
personal, non -commercial purposes.
+ Refrain from imtomuted qu erring Do not send aulomated üueries of any sorl to Google's System: If you are conducling research on machine
translation. optical characler recognilion or olher areas where access to a large amounl of lex! is helpful. please contacl us. We encourage the
use of public domain malerials for these purposes and may bc able to help.
+ Maintain attribution The Google "walermark" you see on each lile is essential for informing people about this projeel and hclping them lind
additional malerials ihrough Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use. remember that you are responsable for ensuring lhat what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in ihc United Siatcs. lhat ihc work is also in the public domain for users in other
counlries. Whelher a book is slill in Copyright varies from counlry lo counlry. and we can'l offer guidance on whelher any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be usec! in any manncr
anywhere in the world. Copyright infringemenl liability can bc quite severe.
About Google Book Search
Google 's mission is lo organize the world's information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover ihc world's books wlulc liclpmg aulliors and publishers rcacli new audiences. You can searcli ihrough llic lull lexl of this book on llic web
al|_-.:. :.-.-:: / / bööki . qooqle . com/|
Google
Über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches. Jas seil Generalionen in Jen Renalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Well online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat Jas Urlieberreclil ühcrdaucrl imJ kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich isi. kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheil und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar. das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren. Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Original band enthalten sind, linden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Niitmngsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichlsdcstoiroiz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sic diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sic keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zcichcncrkcnnung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist. wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google- Markende meinen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sic in jeder Datei linden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuchczu linden. Bitte entfernen Sic das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sic nicht davon aus. dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich isi. auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sic nicht davon aus. dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechlsverlelzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unlcrslül/1 Aulmvii und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchlexl können Sic im Internet unter|htt:'- : / /-■:,■:,<.-: . .j -;.-;. .j _ ^ . .::-;. -y] durchsuchen.
'//™y ./ //.: &„„*.„/? ./. 7/,/.:,,..,.
; ^ l*j T* aJ *?* - » *?
! %; «J» JS' "5 ^ 25 ^
►""•• ggj > > ä; »2 ® *v|
P- .4
»*X5A25A25A25A*T*
* A *L*A *r« A*L* SB *-*
A*Ü*A*I« A*v« A^-
*»*
* -* v ^ä? fls *** ^p *i* ^p *v* $p *v* $■
25 A 25 A 55 A *v* A *v* A *
►>ä*> A25A25 A*a*A*a^ At*2
A25A25A25A25A *
25 A» 25 ^^ 25 A* i&? *A ti\?
ü?A 25 A 25 A 25 a 25 A t^i
*L*A25A25A25A25A*^*
*•:•#
*•:•*
0 "v»^-»» fr
i*:<
jQHC
*►:•*
?i^ ^P *a? ^P iL** ^P £a* ^P ^&? ^P ?i* * ^P 1«
t«j? ^p ü? ^ tÄ? ^P t**A 25 a 25A25 A 25 A 25 A w^
££ A 25 A 25 A 25 A 25 A25 A 25 A 25 A 25 A25 A *
?a?A25A25A25A A A^A25A2^A25A!U£^*
* A iIj A 25 A 25 A 25 A 25 A *a*A 25 A 2* A 25^ 2* A 25 A >
1 *■«* AtA^A!^? A!^?AtA5A25 A25 A25 A2^ A25 A?a? Aüa?
*^-25A25A25A25At*^A25A25A25A25A25A25A*'
i*f< A25 A25 AtA?A^A?A25A2*A25A25A2^ At^AtA?^*
k»'isc>> ®mÄv8v®vSv*äm A^r*A*T*A*v*A*I*A
+:•*
»:«
¥5¥$¥5?i?5$
*:< mi ►:<» >»x ►:« x<&£ *l« Ä * ; * Ä K«
Ä«^^ , -<^»!«^?!> A*a*SP
*■:•*
«►:-«
V
A3
ABHANDLUNGEN
DER
KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN.
SIEBENTER BAND.
VON DEN JAHREN 1856 UND 1857.
MIT ZWEI KUPFERTAFELN UND EINER STEINDRUCKTAFEL
«ÖTTINfiEN,
IN DER DIETEKICBSCHEN BUCHHANDLUNG.
18&9.
Ci&ttftnff en *
Druck der Dieterichschen Unir.- Backdruckerei.
(W. Fr. Kaestner.)
.«
VORREDE.
Uieser siebente Band der Abhandlungen der Königlichen Ge-
sellschaft der Wissenschaften zu Göttingen enthält die mehrsten
grösseren Arbeiten, welche ihre Mitglieder in dem Zeiträume
von Michaelis 1855 bis dahin 1857 dargeboten haben. Aus-
züge daraus, so wie die kleineren, in jenem Zeitabschnitte der
Societät mitgetheilten Aufsätze, finden sich in den die gelehrten
Anzeigen begleitenden Nachrichten von der G. A. Universität
und der Königlichen Gesellschaft der Wissenschafben aus den
Jahren 1855 bis 1857.
Von der Geschichte der Königlichen Gesellschaft der Wis-
senschaften in den genannten Jahren, liefert das Nachfolgende
einen kurzen Bericht.
Das jährlich unter den ältesten Mitgliedern der drei Classen
wechselnde Directorium der Societät, wurde zu Michaelis 1855
von Herrn Professor Ewald in der historisch - philologischen
Glasse übernommen. Zu Michaelis 1856 gieng dasselbe auf
die physikalische Glasse, und in dieser auf Herrn Obermedi-
cinalrath Conrad* über. Zu Michaelis 1857 übernahm das Di-
rectorium Herr Professor Weber in der mathematischen Glasse.
Die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften hat in dem
bemerkten ~ Zeitabschnitte zahlreiche , und darunter einige be-
a2
IV VORREDE.
sonders empfindliche Verluste erlitten. Am 2ten December
1855 wurde der physikalischen Classe der Hofrath und
Professor Dr. Conrad Heinrich Fuchs entrissen, der seit 1843
der Societät angehört hatte. Wie viel die medicinische Wissen-
schaft und die Universität durch seinen plötzlichen Tod, der
seiner segensreichen Wirksamkeit ein frühes Ziel setzte ; ver-
loren haben, ist allgemein anerkannt. . Am letzten Tage dessel-
ben Jahres traf die historisch-philologische Classe ein
sehr harter Verlust durch das ebenfalls höchst unerwartete
Ende des Hofraths und Professors Dr. Carl Friedrich Hermann.
Seit dem Jahre 1843 war dieser ausgezeichnete Philolog und
Kenner des klassischen AUerthums mit unserer Gesellschaft ver-
banden , die seiner ausserordentlichen Thätigkeit und gewissen-
haftesten Pflichttreue zahlreiche Arbeiten verdankt. Die Schrif-
ten der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften enthalten
fünf grossere Abhandlungen des Verewigten, und in dem Nach-
richten findet sich eine Beihe kleinerer* Aufsätze von ihm«
Ausserdem hat er für die gelehrten Anzeigen manche Beitrage
geliefert« Schon am löten Januar 1856- folgte jenem höchst
tkätigen Gelehrten der College in die Ewigkeit nach, welcher
ihm hinsichtlich seiner Studien hier nahe: stand, und in der
Thätigkeit mit ihm wetteiferte : der Professor Dr. Friedrich
Wilhelm Sckneidetvin , der seit i850 ordentliches Mitglied der
Societät in der historisch-philologischen Classe war. Auch
dieser scharfsinnige Kritiker hat die ton ihm mit dem Eintritte
in die Gesellschaft der Wissenschaften übernommenen Verpflich-
tungen treu erfüllt, und in der kurzen Zeit seiner Theilnahme
an den Arbeiten der Societät , drei grossere Abhandlungen,
mehrere kleinere Anisätoe, und, wie auch schon früher, manche
Beitrag* für die gelehrten Anzeigen geliefert« In der Nacht
V 0 R R B D JB.
vom 18ten auf den *9teh Mftre 4856 verlor die physikalisch*
Gasse der Sockrtät den Hofrötk und Professor Dr. Gabrg Frie*
rfricJi Wilhelm Meyer, Physiographen des Königreichs Hannover;,
der «eh 1821 ab Assessor, and seit 1845 als hiesiges or-
dentliches Mitglied mit der Königl. Gesellschaft der Wis-
senschaften verbunden war% Dieser berühmte Botaniker hat die
ökonomische Preisaufgabe , welche von der Socielät für den
November 1820 bestimmt war, und die Untersuchung des Scha-
dens, den die Innerste den angrenzenden Ländereien auf ihrem
Laufe durch das Hildesheim'sche zufügt , nebst Vorschlägen zu
wirksamen, im Grossen ausführbaren Maassregeln, um demselben
so viel als möglich Einhalt zu thun, forderte, auf die ausgezeich-
netste Weise gelöst, und in der im J. 1822 als Anlage zur Flora
des Königreichs Hannover in zwei Bänden herausgegebenen Preist
schritt, nicht bloss der eigentlichen Forderung der Aufgabe
auf das Vollkommenste entsprochen, sondern zugleich eine so
umfassende, naturhistorisch -ökonomische Beschreibung des In-
nerste-Thaies geliefert, dass solche bis ein Muster für ähnliche
Arbeiten gelten kann.
Von ihren auswärtigen Mitgliedern hat die Königlich*
Gesellschaft in dem obigen Zeitabschnitte verloren: aas der
physikalischen Classe, i. J. 1856, den Hofrath und Pro*
fessor Dr. J* C. Jörg zu Leipzig, und den Geheimen Bergrath
und Professor Dr. Christian Samuel JPeiss zu Berlin, von wel-
chen der entere seit 1837, der letztere seit 1851 -der Societät
angehörte; i. J. 1857, den Baron L> J> TMnard, Mitglied des
Institutes und Professor der Chemie zu Paris, der seit 1830
Mitglied der Societät war, und den Geheimen Medieinalrath
und Professor Dr. it. Lichtenstein zu Berlin , der ebenfalls seit
1830 mit der Gesellschaft verbunden war; aus der mathema-
VI VORREDE.
tischen Classe, i. J. 1857, Augustin Cauchy> Mitglied des In-
stitutes und des Bureau des longitudes , zu Paris, der seit 1840
der Societät angehörte.
Von den Corcespondenten der Königlichen Gesellschaft
der Wissenschaften sind dahin geschieden; aus der physikali-
schen Classe, i. J. 1856, der Königlich Dänische Etatsrath
JH. Chr. CotÜ. Lehmann zu Kopenhagen, der Vorstand .und
Gustos der K. K. Mineraliencabinete zu Wien , Paul Partsch,
lind der K. Russ. Leibarzt, Dr. Sir Alexander Crichton in Lon-
don; i. J. 1857, der Geheime Hofrath und Professor Dr. J. L.
C. Gravenhorst zu Breslau, der i. J. 1807 als Assessor, und
i. J. 1809 als Correspondent mit der Societät in Verbindung
trat, der K. Russ.. Hofrath Dr. W. G. Tilesius zu Mühlhausen,
und der Professor Dr. J. G. C. Schweigger zu Halle; aus. der
mathematischen Classe, i. J. 1856, der K. Russ, Staatsrath
und Professor, N. Lobatschewski zu Kasan; i J. 1857, der
Hofrath und Professor Dr. G. W. Gottl. Kastner zu Erlangen 5
aus der historisch-philologischen Classe, i. J. 1855, der
Staatsrath Rudolph von Bosse zu Braunschweig, und der Professor
Dr. Mqriz Hermann Eduard Meier zu Halle; i. J. 1856, Dr.
Emil Braun y Secretair des Instituts für archäologische Corres-
pondenz zu liom, der Professor Dr.. Caspar Zeuss zu Bamberg,
und der K. K. Hofrath und Hof - Dollmetscher der orientali-
schen Sprachen, Joseph, Freiherr von Hammer - Purgstall zu
Wien; i. J. 1857, John Mitchell Kemble zu London.
Die in dem bemerkten Zeitabschnitte im Kreise der König-
lichen Gesellschaft der Wissenschaften entstandenen zahlreichen
Lücken, sind auf folgende Weise ausgefüllt worden.
Im Jahre 1855 trat mit Genehmigung des Königlichen
Universitäts - Curatorii als hiesiges ordentliches Mitglied
VORREDE. VII
der mathematischen Classe Herr Professor Lejeune-Dirichlet
ein, der bereits seit 1846 als auswärtiges Mitglied der
Societät angehörte.
Im Jahre 1856 worden zu hiesigen ordentlichen
Mitgliedern erwählt, und vom Königlichen Universitäts-
Curatorio bestätigt:
für die physikalische Classe,
Herr Professor Sartorius Freiherr von Waltershausen;
für die historisch-philologische Classe,
Herr Professor Ernst Curtius und
Herr Professor Ferdinand Wüstenfeld) der bereits seit 1841 als
Assessor mit der Societät verbunden war.
Zu Assessoren für die mathematische Classe wurden
im Jahre 1856 ernannt:
Herr Facultäts - Assessor Dr. Riemann und
Herr Dr. Ktinkerfues, Observator an der Königlichen, Stern«
warte.
Zu auswärtigen Mitgliedern wurden erwählt und vom
Königlichen Universitäts - Curatorio bestätigt:
für die physikalische Classe,
im Jahre 1855,
Herr Dr. Robert Bunsen> Hofrath und Professor der Chemie zu
Heidelberg,
Herr Elze de Beaumont, Kais. Franz. Senateur, und beständiger
Secretair der Akademie der Wissenschaften zu Paris;
im Jahre 1856,
Herr Dr. Heinrich Rose, Professor der Chemie an der Univer-
sität zu Berlin,
Herr Dr. Gustav Rose, Professor der Mineralogie an der Uni«
versität zu Berlin.
VIII VORREDE.
Für die mathematische C lasse,
im Jahre 1856,.
Herr Joseph Liouville, Mitglied des Institutes zu Paris,
Herr Dr. B* Hummer , Professor an der Universität zu Berlin,
seit 1851 Correspondent der Societät,
Herr Dr. F. E. Neumann , Professor an der Universität zu
nigsberg.
Für die historisch-philologische Glasse,
im Jahre 1855,
Herr Dr. Chr. C. Josias Bunsen, Königl. Preussischer
lieber Gehcimerratb zu Heidelberg.
Zu Correspondenten wurden von der Königlichen Ge-
sellschaft der Wissenschaften ernannt:
■
für die physikalische Classe,
im Jahre 1855,
Herr Dr. Hermann Mopp, Professor zo Giessen,
Herr Paul Partsch, Vorstand und Custos der K. K; Hof -Mine-
ralien -Cabinete zu Wien, (seitdem verstorben, s. o.);
im Jahre 1856, \ U\
Herr Dr. Anton Schrötter, Professor der Chemie an dem K. K.
polytechnischen Institute und General- Secretair der Kais.
Akademie der Wissenschaften äu Wien ,
Herr J. Pelouze, Mitglied des Institutes zu Paris,
Herr Henri Sainte Ciaire Devittb, Maitre de Conference an der
» £colfe normale Mp&rietire m Paris.
Für die mathematische Glasse,
im Jahre 1856,
Herr Dr. Georg Rosenhain , zu Königsbergs •
Herr Dr. C. fVeierstrass, Professor an der Uni versität za Berlin,
Herr Dr. Otto Hesse, Professor an der Universität »«Heidelberg,
VORREDE. IX
Herr Dr. toter Riesa, Mitglied der Akademie der Wissenschaften
ZU —^MMM*.,
Herr Dr. Rudolph Kohlrausch, Professor an der Universität zu
Marburg (jetzt zu Erlangen).
Für die historisch-philologische Classe,
im Jahr 18o5f
Herr Dr. Emil Braun, Secretair des Institutes für archäologische
Correspondenz zu Rom, (seitdem verstorben , s. o.),
Herr Paul Joseph Schafarik, Bibliothekar zu Prag,
Herr Dr. Wilhelm Wackernagel, Professor zu Basel,
Herr Dr. Caspar Zeuss, Professor zu Bamberg, (seitdem ver-
storben, s. o.).
In der Zeit von Michaelis 1855 bis dahin 1857 wurden
folgende Abhandlungen theils in den Versammlungen der Societät
gelesen, theils derselben vorgelegt.
Im Jahre 1835.
Am 24. Novbr. Hausmann, zweite Abhandlung, über die durch Molecular-
bewegungen in starren leblosen Körpern bewirkten Form-
veränderungen. (Nachrichten 1855. $• 229.)
Im Jahre 1856.
Am 19. Januar. Ewald , Erklärung der grossen phönikisehen Inschrift von
Sidoo und einer ägyptisch -aramäischen, mit den iuvef-
i lässigen Abbildern beider. (Nachr. 1856. S. 4.)
Am 24. Mai. Conradi, Bemerkungen über die medicinischen Grundsätze
der Roischen und Knidischen Schule. (Nachr. 1836. S. 143.)
Am 13. Juni. Waito, über die Anfange der Yassallität. (Nachr. 1856.
S. \WJ.)
Am 6. No?br« Riemann, Beiträge zur Theorie der durch die Gauss'sche
Reihe F (a, ß3 y, x) darstellbaren Functionen. (Nachr.
b
X VORREDE.
Am 22. JVovbr. Hausmann, über den Einfluss der Beschaffenheiten der
Gesteine auf die Architektur. (Nachr. 1836. S. 301.)
Im Jahre 1857.
Am 16. Januar. Grkebach, systematische Untersuchungen aber die Vege-
tation der Karaiben, insbesondere der Insel Guadeloupe,
nach den Sammlungen Duchassaing's. (Nachr. 1837. S. 11.)
Am 8. April. H. Sainte Ciaire Deville und Wohler, über das Bor.
(Nachr. 1857. S. 122.)
Am 31. Juli. Lejeune Dirichlet, Untersuchungen über ein Problem der
Hydrodynamik. (Nachr. 1857. S. 206.)
Am 1. August. Sartorius von Waltershansen , über die Rrystallformen
des Bors. (Nachr. 1857. S. 208.)
Am 22. Sept. Buff und Wähler , über neue Verbindungen des Siliciums.
(Nachr. 1857. S. 245.)
Folgende kleinere Arbeiten , welche theils in den Versamm-
lungen der Soeietät vorgetragen, theils derselben vorgelegt wor-
den, finden sieb in den Nachrichten von der 6. A. Universität
und der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften abgedruckt,
oder im Auszuge mitgetheilt.
Aus dem Jahre 1855.
Am 1. October. Wohler und J. Dean, Versuche über Tclluramyl und
Selenmethyl. (Nachr. 1855. S. 198.)
Am 17. Novbr. Bausmann , über das Vorkommen von Manganblende ab
Eisenhüttenproduct. (Nachr. 185». S. 226.)
Am 24. Novbr. Berthold, Bemerkungen über die Eintheilung der Säuge-
thiere nach de* Modalität des Säugens. (Nachr. 1855.
S. 247.)
Aus dem Jahre 1856.
Am 2. Februar. Wohler, über das Silicium. (Nachr. 1856. S. 39.)
Am 16. April. Rlinkerfues, Beobachtungen der neuesten Planeten auf
der Göttinger Sternwarte. (Nachr. 1856. S. 113.)
— — Hausmann, Bemerkungen über die Umänderungen des
Glases , nebst den Resultaten der voll dem Herrn Doctor
VORREDE. XI
Getither im hiesigen Akademischen Laboratorium in Be-
ziehung darauf ausgeführten chemischen Analysen. (Nachr.
1856. S. 114.)
Am 21. Mai. Berthold, Bemerkungen über den Beutellaubfrosch (Hyla
marsnpiata, Dum. Bibr.). (Nachr. 1856. S. 130.)
Am 9. Juli. Hausmann und fV'ohler, Bemerkungen über die im vori-
gen Jahre in der Gegend von Bremervörde herabgefallenen
Meteorsteine, nebst der chemischen Untersuchung dersel-
ben. (Nachr. 1856. S. 145.) ^
Am 1. August. Hausmann, über Chytophyllit- und Chytostilbit- Schlacke.
(Nachr. 1856. S. 201.)
Am 27. Sept. Berthold, Bericht über einige Versuche um den Ursprung
des Harnzuckers bei künstlichem Diabetes zu ermitteln,
von Hrn Prof. M. Schiff zu Bern.
Am ll.October. fVaitz, über die Handschrift des sogenannten Anonymus
Scaligeri. (Nachr. 1856. S. 249.)
Aus dem Jahre 1857.
Am 27. Januar. JVaitz, über das Garmen de bello Saxonico Henrici IT.
(Nachr. 1857. S. 13.)
— — JVaitz, kleine Bemerkungen zur Geschichte der deutschen
Historiographie im Mittelalter. (Nachr. 1857. S. 42.)
Am 25. Februar. Klinkerfues, neue Bahnbestimmung des Asteroiden Psyche.
(Nachr. 1857. S. 90.)
Am 27. Febrnar. Ewald, über eine schwierige Frage der arabischen Wort-
fügung. (Nachr. 1857. S. 97.)
Am 14. März. Klinkerfues, Notiz über die neuen Kometen. (Nachr.
1857. S. 92.)
Am 28. April. Wagner, Auszug aus einer Abhandlung der Herren Dr.
JV. Kühne aus Hamburg und fV. Hallwachs aus Darm-
stadt , welcher physiologisch -chemische Untersuchungen
über die Bildung der Hippursäure aus Benzoesäure bei
fleischfressenden Thieren enthält, die von denselben im
Laufe des Winters 18ff im physiologischen Institute zu
Göttingen angestellt wurden. (Nachr. 1857. S. 129.)
b2
I1X VORREDE.
Am 18. Juni. Ewald, Bemerkungen aber die nabatftischen Schriften und
eine beabsichtigte Herausgabe derselben. (Nachr. 1857.
S. 141 und 145.)
Am 6. Juli. fVehttr^ Abhandlung des Hrn Prof. Boedeker mit dem
Titel : Die gesetzmässigen Beziehungen zwischen der Dich-
tigkeit, der specifischen Wärme und der Zusammensetzung
der Gase. (Nachr. 1857. S. 185.)
Am 1. Sept. Naumann , über das Vorkommen des Chloropals in Be-
gleitung des Basaltes am Meenser Steinberge zwischen
Göttingen und Blanden. (Nachr. 1837. S. 213.)
Am 22. Sept. H. Sainte Ciaire Deville und Wohler, über die Affinität
zwischen Stickstoff und Titan. (Nachr. 1857. S. 237.)
Ueber die von der Königlichen Gesellschaft der Wissen-
schaften aufgegebenen Preisfragen und den Erfolg derselben
ist Folgendes zu berichten.
Für den November 1855 war von der mathematischen
Classe nachstehende, im Jahr 1852 ungenügend gelöste Auf-
gabe wiederholt worden:
»Obgleich wir über den Einfluss der Temperatur auf die Elasiicitäi fester
Körper einige auf Schallschwingungen beruhende Versuche besitzen, so bleibt
hier doch noch ein weites Feld für die Erforschung übrig. Die Königliche
Societät wünscht daher, dass dieser Gegenstand auch auf andern Wege**,
sorgfältig bearbeitet werde , namentlich bei festen Körpern im Zustande der
Biegung und der Torsion, durch Anwendung von Methoden, welche die
Veränderungen der Elasticitäl bei veränderten Temperaturen mit grosser
8chärfe erkennen lassen. Die Versuche dürfen nicht über die G ranzen der
Elasticitäl hinausgehen, müssen aber zahlreich und mannichfaltig genug sein,
um über das gleiehmässige Fortschreiten der fVerthe des Elasticitätscoeffi-
cienten mit der Temperatur, und über den Grad der in den Resultaten er-
reichten Zuverlässigkeit ein bestimmtes Vrtheil zu begründen. Es wird ge-
wünscht, dass ausser den einer vollkommenen ElasHcität fähigen Metallen
aneh das Olas den geeigneten Versuchen unterzogen werde."
v o a a b d a xiii
Zur Beantwortung war erst am 50sten October 1855 , also
einen Monat nach dem gesetzlichen Termine, eine Schrift ein-
gegangen , mit dem Motto:
„On ne parvient an simple qu'apres ayoir epuise le compose,"
welche, wie im Vorworte erklärt war, nicht allein, sondern in
Verbindung mit der im Jahre 1852 unter gleichem Motto ein-
gesandten Schrift , als Beantwortung der Preisfrage gelten sollte«
Da eine andere Concurrenz nicht Statt fand, so hat Königliche
Societät dieselbe zur Preisbewerbung zugelassen.
Die frühere Schrift ist in dem Berichte von der Sitzung
der Königlichen Societät am 4. December 1852 (Nachrichten
1852. S. 256 ff. und Vorrede zum fünften Bande der Abhand-
lungen S. xvm ff.) beurtheilt worden. Es ist daselbst anerkannt
worden , dass die Resultate der mitgetheilten Versuche als ein
sehr werthyoller Beitrag zur Lösung der Aufgabe betrachtet
werden müssten; dass aber die geforderte vielseitigere Behand-
lung innerhalb des durch die Preisfrage bestimmten engeren
Feldes, und die Erstreckung auf die verschiedenen, zu scharfen
Versuchen geeigneten Aeusserungen der Elasticität bei der
Flexion und Torsion fehle. Namentlich waren zur Beantwor-
tung der Preisfrage gar keine den Torsionszustand betreffende
Versuche benutzt worden, und die den Flexionszustand betref-
fenden bezogen sich bloss auf dynamische, nicht auf statische
Aeusseruqgep der Elasticität. Auch fehlte es bei den engen
Gränzen der beobachteten Temperaturunterschiede Von — 15°5
bis •+- 15°9 Reaumur an Versuchen zur Lösung desjenigen Theils
der Aufgabe, welcher eine Prüfung des gleichmässigen Fort-
schreitens der Werthe des Elasticitätscoeflicienten mit den Tem-
peraturveränderungen forderte»
, Die obige Erganz ungsschrift enthält nun erstens zahl-
XIV VORREDE,
reiche, den Torsionszustand betreffende Verbuche bei Tempe-
raturen von 14° bis 79°5 Reaum», und zweitens eine Aus-
dehnung der früheren, den Flexionszustand betreffenden Versuche
auf höhere Temperaturen; drittens aber sind über die stati-
schen Aeusserungen der Elasticität zwar auch hier . weder den
Flexions- noch den Torsionszustand betreffende Versuche.gege-
ben; jedoch fuhrt der Verfasser an, dass er auch darüber Ver-
suche angestellt, sich aber durch dieselben überzeugt zu haben
^glaube, dass auf diesem Wege keine genauen Resultate zu er-
langen wären. Es ist hier nicht der Ort zu erörtern, in wie
fern der Grund davon in einem Mangel an Einrichtungen gelegen
habe, die einen wiederholten Wechsel des Flexions- und Tor-
sionsmomentes bei jeder Temperatur gestatteten, zum Zwecke
der Elimination der bleibenden Flexionen und Torsionen,
welche die Stäbe und Drähte im Laufe der Versuche erlitten.
Aus den auf höhere Temperaturen ausgedehnten Versuchen
des Verfassers über Transversalschwingungen hat sich im All-
gemeinen das Resultat ergeben, dass die Abnahme des Elä&tici-
tätscoefficienten mit wachsender Temperatur für die höheren
Temperaturen von + 15° bis -f 80° rascher war als für die
niedern von - — 15° bis + 15°; eine einzige Ausnahme davon
ergab sich für weiches gegossenes Messing, wo die Abnahme
ganz gleichmässig gefunden wurde. Auch die Versuche über
Torsionsschwingungen bestätigten die Abnahme der Elasticitäts-
coefficienten bei wachsender Temperatur, da sie aber bloss für
die höheren Temperaturen von +15° bis 80° ausgeführt wor-
den waren, so Hess sich über die Gleichmässigkeit oder Un-
gleichmässigkeit dieser Abnahme durchaus nichts entnehmen.
Uebrigens waren die Transversal- und Torsionsschwingungen
an verschiedenen Stäben und Drähten beobachtet worden, und
VORREDE.. XV
daher, keine genaue Vergleichung der nach beiden Metboden
gewonnenen Resultate möglich. — Sehr interessant sind die
Resultate., zu welchen der Verf. bei Torsionsschwingungen über
das Wacbsthuin der Schwingungsdauer mit dem Schwingungs-
bogen gelangt ist, womit derselbe die von ihm gemachte Beob-
achtung in Verbindung gebracht hat, dass die aus Transversal- und
Torsionsschwingungen berechneten Werthe des Ausdehnungs-
coefficienten eines rothen Kupferdrahts sich nahe wie 3 : Sä ver-
hielten, wahrend beide Werthe bei einem Stahldrahte sehr nahe
übereinstimmten. Der Verf. bemerkt aber selbst, dass er diese
einer grösseren Arbeit über Elasticität entlehnte Untersuchung
in keine unmittelbar* Beziehung zur vorliegenden Aufgabe ge-
bracht, und daher der vorliegenden Schrift nur als Einleitung
vorausgeschickt habe, um daran zu. zeigen, wie viele Nebenum-
stände bei einer genauen Bestimmung der Elasticitätscoefficienten
in Betracht zu ziehen und zu erforschen seien.
Es ergiebt sich aus dem Mitgetheilten , dass die vorliegende
Schrift eben so-.'wie die frühere r viele neue werth volle Beobach-
tungen enthält, deren Ausführung unter den hergestellten sehr
vollkommenen Einrichtungen eine sehr grosse Schärfe gestattete.
Es ist dadurch den meisten Forderungen der Preisfrage, weicht
in der ernten Schrift noch unerledigt geblieben waren, genügt
worden. Die Königliche Societät hat daher kein Bedenken ge-
tragen«^ dem Verfasser der beiden Schriften den anggesetvt&i
Preis zu erth eilen. .. ., . /■*
' - ^Auf dem in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Ge*>
Hellschaft der Wissenschaften am 24, November 1855 entsie*
gelten Zettel* nannte < sich ala Verfasser gener Schriften : ■ /■•;*
A. T. Rupflerj >**
Director des pbysikaK Centralobßervatoriuras i» St» Petersburg«
■*"
■'.»*
XVI VORREDE.
Die Preisschrift ist im vorigen Jahre zu St. Petersborg
unter folgendem Titel gedruckt erschienen:
„lieber den Einfluss der Wärme auf die elastische
Kraft der festen Körper und insbesondere der
Metalle, von A. T. Kupffer." 98 Seiten in Quart, mit
4 Tafeln.
Für den November 1856 hatte die historisch-philolo-
gische Classe
eine kritische Geschichte der Historiographie hei den Deutschen, bis zur
Mitte des dreizehnten Jahrhunderts
verlangt.
Zur Beantwortung war nur eine Schrift eingegangen, unter
dem Titel:
Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis ans Ende
der Kaiserzeit, mit dem Motto:
Si quid novisti rectius istis,
Candidus imperti: si non, his utere mecum.
Der gewählte Titel deutet schon an, dass der Verfasser
sich eine etwas andere Aufgabe gesetzt hat, als die Societät
eigentlich wollte. Unter dem Ende der Kaiserzeit versteht er
freilich nur den Verfall der kaiserlichen Macht der mit dem
Untergang der Staufer eintrat, und der Zeit nach ist er nicht
wesentlich über die Gränzen hinausgegangen, welche in der
Preisaufgabe bezeichnet waren, wenn er gleich, wie nachher
bemerkt werden soll, Manches aufgenommen hat, was nicht mehr
noth wendig zu derselben gehörte, ja richtiger hier zur Seite
gelassen wäre. In der Arbeit selbst ist auch wohl manchmal
davon die Rede, dass es darauf ankomme, die Entwicklung
der deutschen Historiographie darzulegen (S. 59. 575. 613); aber
dieser Standpunkt i«t keineswegs festgehalten, ist von dem Ver«
VIOKttSßEt iXirjf
ftfii«r. yoä *oiUe bereift.; p igeUÜk^riiiciiiK^ii^iioitimäa; ^vto^dcm^
Derselbe ist »vieknel|p idttr^ul; anaf^angai*,; 1o» d eh Quälen /de*
doutaefah jGebehichte* oder doch dtrittei grossem Theüe dergek
fceay üir; di^,jaa$egebene ^Zeit l «i^ 9»
geben* > So finden i ausser den jGesphiob(fscb*bibecn) frßilmb nicht
dfo . Urkunden und: Rechtequellen * j; aber vrobA /dte ;;(iediohtfc und
Briefe i »jfre;> aälitre . Berücksichtigung \ aö /begnügt i »ich * jfcr, ' Ver*
Jilflder jaichi mit eirier Bedpvecbuo^ der ^iiiilicib/ Deutschland
#deto in älterer Zeit den veracUed^nen .dintödieo ^eie^n aug*-
hörigen Gescbichtsiebreiber;, sondern er handelt au«h von deaeb
der: Nachbarlandes Italiens^ Frankreichs* England»* Dänemark^
Poltos^ Ungarn», so. weit dieselben Nachrichten , für die deiifc
ache G^chichte darbieten., t Eine gewisse Rücksicht auf diese
HU nehmet* v mochte nötfcig sein*; überall da * .worein näherer
%*satiimenbang. der Arbeiten, eift Einfllias eines Landes auf; daa
awtere* namentlich jener Nachbarlande auf Deutschland nachge»
ni&aen < werden «dkomntef allein hier ist yiel mehr gethan, regele
JM&toig ebenso ausführlich; you ; den hier. entetandenen Werhen,
yrie Vonv den eigentliche deutschen gehandelt ^ in der fränkischen
Periode umfasst z, B« die Behandlung deuJtaüäniftd^n Gesebicbfc
dohteibt? die SS. ö47r-4^6^ und nur «nlßtoty ivp de» Züsan^
vfenhaäg dieser Lande jfoH dcmJEteich > (dem irtperium) eip loserer
jtfifrd > " scheint giftet <;küife<!re ErvvähAuug / oder gänzliche Ueber-
gehung . dbm; ,- Vedasber , gerechtfertigt; ■ Joe* > »or «ipgtaommftN?
Standpunkt fuhrt weiter da3u, dass mehr auf dm historisphe
ata auf die. litte rariaebe / Bedeutung der einzelnen Werbe gesehen
4a*s dieaelbeii wenigstens häufig nicht so^Qhl uach ihrer E*f)t£
atehungww^t, wi« noch dw Zeit yon d*?!*fte h**de)n, aufgeführt
jvtittlen; der Ver&sser geht zuuäflhst dar^if aus zq zejgwi
welche Quellen, fiiui «ine bseü^te 2Wit vqrhaftde« *indv und
XVI11 VORREDR
ist' 'dadurch oft - veranladafy: *auct» ' die . späten geschriebenen, . einet
fcnderrt -Periode der 'Historiographie angebörigen neben den gleich*-
tätigten im nennen. Freilich kommt er dann wohl in einten* ad»
d^rfa Zu^mmenh^ng^4io<3hiti«il8 anf dieselben ?oritck, was aber z*
Wiederholungen Anlast giebt, die besser vermieden wären j » So
bind dfei*#oeta Säxo, der Monachus Sangallensis, die meisten nieht
gleichzeitig verfeaste* Vitae zweimal erwähnt. . Es ; bangt > hiermit
busatrtmeft, wie ; Anfang und E»d* der Arbeit festgestellt sind»
Nach einer litterarischen Einleitung y die von den bisherigen
Ausgaben der mitteralterliehen Geschichtswerke handelt, beginnt
der Verfasser in dem ersten Abschnitt mit einem § bezeichnet
die Römerzeit; er spricht da freilich nicht näher von den römi-
schen und - griechischen Historikern , die einzelne Nachrichten
über die alten Deutschen gegeben haben, aber wollt von den
echten und falschen Heiligenleben, die sich auf die Zeit dar
Völkerwanderung und' die Anfange der deutschen ; Geschichte
tieziehan ; de* Abschnitt enthält mariche gute und interessante
Beriierklingy iiber ^ er iöt>i hier 'kaum am Platze 5 und jedenfaüa
erscheint es unzweckmäßige treten ; - dann: *rat - im folgenden §4
a*f die „Anfange und >J£j^tungen 4er christlichen Geschieht*»
stthr<*ibung" als GWinidlage ai^eh füi* die teistungen der christlich
geVrotdebeö ©eutsphen eingegangen Wird': hiervon war yiehnebr
atl&ztigcheto, und was von d^hiiin^§/4Beha»dekeö eine ErWäh<-
iWing verdiente, Jkonö«e hier eingereiht, werdeii. - Ist aber; derg^
Stellt* hier etwas gegeben* das eigentlidh nichteur Aufgbbe g^h#H^
so 48t dasselbe, wie schon angedeutet wurdc^ noch liiehr der
Frtll gegen das Ende der Darstellung. Diese gebt» über die
Mittle de* 15. Jahrhunderts hinaus und zieht auch Arbeiten in
ihre* Kreis hinein y die in Wahrheit schon einer wesentlich
hgücn Periode der Historiographie angehörten : die grossen Com»
VOR RED £. XJX
'ptfaiiopen; wie dfe kersen pandbichcr sde» :13.) Jahrhunderts* dftto
:wob alltri die deutschen Ch^niken stehen /fciuf «iner wesentlich
•andern; Stufe der Entwi(&&ungv und höchstens auf die Aofö*£e
und Uebergänge wäre hinzuweisen * nicht auch, dieser Kreis jvon
Werken eingehender zu behandeln gewesen* Der Verfasset» fawt
-die : i Steche, so^ das» er nach der Bliithe , der Gescbicfcisckrctbuttg
unter den Fränkischen und ersten Staufisehen Kaisern > auch den
in der nächstfolgenden Zeh ; ein tretenden , Verfall schildert .und
erst dann abschliesst, da nach seiner Ansicht unter Rudotf ; von
Habsburg ein neuer Aufschwung statt hat (S. 715) \ was Wenig-
stens der Aufgabe wie diel Societät sie stellte nicht recht ent-
spricht i und auch sachlich Manches gegen sich hat. ■ . Es • hängt
endlich mit dem vom Verfasser eingenommenen, * Standpunkte
zusammen, dass er das Allgemeine nur kürzer, behandelt oder
gelegentlieh beibringt, dagegen vorzugsweise bei der Besprechung
der einzelnen Werke verweilt, ;.Er> gliedert den^ Stoff nach den
politischen Verhältnissen, specielL nach» den Geschlechtern der
Herrscher;- *Dem ersten Abschnitt, > welcher die Vorzeit benannt
ist und es hauptsächlich mit den ^Leistungen im Fränkischen
Reich unter den Meroviugern &i ifcun hat, • folgen >4 aadere,
welche 'als die Zeiten der Karolingern üttonen , Salier^ Weifen
und Weiblinger - bezeichnet sind- ... Jeder dieser Abschnitte be-
ginnt dann allerdings mit einein* §^ überschrieben ^Allgemeines* 4;
allein \ hier^ ist keineswegs - alles das. gegebeni, was - .zur Charak-
teristik dfer Historiographie im Gangen \ und Allgemeinen > in den
betreffenden ^ Z^tranmen gebort , sondern Vieles und Wichtiges
wird späte* «tibi» gelegäntKfeh beigebracht, so über die Sprache
»ilers Schriftsteller im> 7. Jahrhundert und' später) beim; JRredegse,
Übtif Üfe ©fßeielle Ge*ehifchte<jbreJbuiig beipi Einhard^ übet» den
Eiriflüss* d*t*J Kr^rtztige beim ^Ih^^f^ Aquensis;>;bbd-;in Jden
c2
XK VOIIEDE.
lataten bade» Abtritten kt die aOgememc< ächüderang 4tw*s
eingebender and befriedigender aaagrfallra: Dagegen ist ia
Abschnitt o wieder die Ann rdunng de» Snzefami irarig
ge*. Znetat werde« hier, die ^velles znr .firichachU Lotham
aad ftomad flL zuo iinwnragestelit, dann. die Werbe besprochen,
die anter dem Eitflm de» Cistereienser- and Pramonuli nie uuer
Ordens eatslaadea sind; dann reibe» atch Otto aoa Fresaing
aad mm Fortaetzer, «ad anauttdbar .an diese der ganz vea-
sehiedene, einer gaaa andern Riebtnng angehörige Gotf iried ron
VHerbo. Dann .folgen aaddeateehe», böhmische, , Na liaaiscfcr
Qaellea; von den letzten wird za dea norddentstthen and wölfi-
schen übergesprungen % «Uranf wa dea eigentlichen Lnralge
achichtca nochmals nark der Reihe der JLaadschaftea, Sachsen
aad Thüringen, Rasera aad Oesterreich, Schwaben und Elsaaa,
Rheininad, Ldthiitgca^ gehandelt 3 nach aüe dem erat, boaunea
die Werke aHganneiner Reicfaigeschtcbte, «nter diesen einzelne
noch aas der Mkte dea iSL Jahabaaderta? ■; and yoft ihama wirf!
der * . Uebergaag g*macht wzu den grossen Compiiationca, . dgn
Compendien nd andern durch ! Aufnahm* sagenhafter Elemente
eharakterisirten Werben. DastMatüriicke war gewiss, die Reichs-
geschickten : an Otto Ton Kreistag afcmmchlietsai and dann . ein-
mal die iauner mehr . überhand . . nehmenden Localgescbichtca,
.andererseits, so weit es hierher geborte;, - die sagenhafte und
sonstige mneJümhildaag aeigende Idtteratur zu .berüctoicldigest,
wo von Gotfried von ViterboMaaszt^ehtn wae* aad unter andern
aach aaf .die deutsche Kaiserchroaik sumckgebHckt wenkp
konnte, die mm an gana «npasseadev Stelle , ausserdem, wenn
nie überhaupt erwähnt werde* . aollte , HeA za bans bebandelt
wird. Ja den übrigen Abschnitten laset sich die DamteUufcg
last ausschliesslich f#n geagr^hi^h^n .Gcetdhtopuriften. Wteft.
VORREDE. XXI
was . die? : >c5ntoib(e$ Laftdachaftep, i iiind lim ' diesen > • die einzelnen
Stifter und: Rio $ter*i geleistet iwrbon^ ivtird djirgestdlt^ av^die
.ydtwandtschaftjler>$Vei<ke airteJr «iaander dagegen wenig Rück-
sicht genommen! ; Die i Wekcbrontken Hermanns von Reichender,
Sigeberte sraä Gembleux, Ekkehands icon> Au räch ai B. e+hakea
an ganz iimraebiedenefpi Steifen ihre tnähtirt Behandlung, nachdem
allerdings wq dem einleitenden Paragraph** der Bauschen Periade
im Allgemeinen^ aaf idie ! A qpbiiduag < dieser Art wn > histprafohiefa
Arbeiten 'hingewiesen ist/ Es wird erob'hier fnt das"eme wie
finr das «andere Verfahren, allerdings Manches anführen laäsea*
Att der voitliegende* A>beit • ist aber «ach Anderes aosari-
-stelleiK ; £s ist eine mehr «na so 4» 4agen populär belehrende
als streng wissenschaftlich gehaltene Behandlung des <Jeg*nsta»-
desi Dies Darstellung ist oft etwas breite dringt aadererseife
mebt tief genug ein; man bemerkt nicht ebea *iel **me nad
selbständige >KorMhuteg^ hier und da ist «ach ^e> tiiuene LUte-
rato? hioht Jgane ausreichend benutet« 'Die ye#sqtiiedekaa iAfc-
sehnitte isind etwas ungleichartig ^w^fa4fea^ >^aöv t»0fi*«nt die
-sqchäisebte und fränkisohe Zeit 4 am wenigsten 'gut 'die: -eiste
Periode^ wo ^. B^iber ^ard»ais gäns >itngetiägi$ad (^ie^'es sche3fft
ohne Rücksicht auf äy^ek » Abhandlung iiber>dier^elten^äbefc
Euedsiie y . Isidors Velksgeadhithten y - die 1 fränkischen Vitae i so
fgvt wie gar nicht, übeuGiregor von Toars ^ueh;, nicht ^psreichead
gehandelt wird* . Auch; iübt*t andere W^rfeev^^B* Agnellusr die
interessante Chronik ^Frectilfo, ^Wird zu kura^hiiiweggeganged^
während anderswo ti^annöthigier Ausführlichkeit der Iribalt ein-
zelner Einzahlungen 4 namentlich mancher Jfttae, »: angegeben» iah
Von den rQaeUen; .der einzelnen Airtoren and worauf es $>esdn>-
deea *anhafp9i der aArit ihrer .B^am^ung ist meist ungenügend g&-
apitechen, ebenso /nicht genug; hervorgobebtn^ weichen lEinfluss
i
1XXII ¥ 0 R R B D B.
id« yerscbkdenen Werke jj an .späterfer [Zeit geUbt: haben: bei
tiiuiptn fi^en ^iefa v^i Bemei4uingen>da^be^ reichen
4iich£ $Wi> '/ Sorbete behn< llftietmar wohl gezeigt werden solle*,
.w» er i*it seinen Quellen nrnging^ beim Ekkehard , Sigebert
war die gerühmte Beledenheit; und die Art wie sie den gesam-
(Otelfeft Stoff verarbfeiteteii kälter darzulegen 5. namentlich aber
Aufeste nach dem in der Prei^nfgabe; bestimmt ausgesprochenen
Verlangen eine nähere Nachweiaung darüber gegeben werden,
in wie' weit die einzelne» Bucher später benutzt worden! sind,
wie lange man z. B« den Gregor: kannte ^ . welche. Annalen eine
besondere Verbreitung landen ; udA welche auf ' ein bestimmtes
Kloster oder. doch *in Jkleinos Gebiet beschränkt blieben.»: Es
ist z, B. unrichtig, wenn es wurden S. 83— 86: genannten kurzen
Chroniken im Allgemeinen, hei ssty dass sie zu den allgemein
.verbreiteten Grundlagen der /spätern: Arbeiten gehörten^ da das
wohl von Prosper (und Jsidor)* , aber nicht von Idatius*, Mariua
4ind andern gilt« Auch auf manche Einzelheiten i?t nioht genug
eingegangen: < der Umarbeitungen, die wir von Thietmars und
Adams Werken finden* is fc, nicht ^gedacht 4 , von der Streitfrage,
ob ein Werk Einhards der Schilderung Rudolfs, von den alten
Sachsen zu Grunde« liege, Jkewe «Notiz genonuneliv ! Uehierhaupt
. wäre : etwas mehr gelehrtes Material + -auch eine * vollständigere
Anführung Wenigstens der neuem ^Litteratur zu wünschen ge-
wesen. Pass J wundeHiobe .Abgriffe- einzelner JNeiierer feines
.Ga^ffc;^/ Damberger^t ,auf\ die iEehtbeit) «der doch den» WeHh der
«uttehaherlieben Quellen^ keine* Erwähnung wid^ Ab weiaungi fin-
den f wird> man «weniger» 'bedauert** »Von don *ywklichi unechten
4Mder gefälschte«/ Werke») findet sich »im: Anhängseln Vjprzeibhniss.
Aufi verlorner WjevkCi ifcti qur > gelegentlich Rücksicht < genommen,
aonfiytiarkaUene^ und jm*^* nicht gpdri^ktey wie »dds Gbrontkqn
Y O R I E D B. xxirt
Tom IJ*hmif6d4if t die i¥ifca\ Adalbferä ^o^untihiy ! sind über{£ange0i
De?,*Ver£asseY m&oty man werde egrtals einen* Vorzug :betra*J»+
*$?*-*;< dassauf die ^tgabe»;dß0<;¥rithBin^
gcptmiien ist 9 * : doeli •: kann I »das» zweifelhaft? t&cfin 1 in ein^p; rtölll
standig. kiitipchpn Gfesohichte der deutschen Historiographie durf-
ten wakL*fce Mitifailupgen>dieäe» gelehrten, wenn )^ch uidariii»
sehen und «nter Umstände* fctßefbafien Sammlere eiiie? Wiiitft
gupg> finden. , Auch emzelne Ihrthümer sind: nicht veimiedeii;
wenn z.B. die. Vita Karls d$s: Grossen \ö* dem ^sogenannten
monachuq ; Eqgplismensis oder i späte* dift Vita des Wiprecbt röu
Groitsek;<fur:; selbständige Werke gehalten vtardenr da,: jener nur
ein/Theil des Adematy diese de$ ;Glip#nicon; Pegaviepse istjf das
Veribältnissi . der au* -der. • Epitome * des , Hermannus Contractu
abgeleiteten Annalen ist nicht richtig angegeben!; an. einer Steife
heisst < es «tngenauy das». Ekkehajrd; sc^on im Jahre >1W)5 den
Sigebert benutzte r .-. während dies \ ym. einer Widern ebensowenig
richtig ins Jahr *1 115 gesetzt wind. Die Angaben über fNUbardi
spätere^ Leben und Tod, die; hier; »wiederholt wehden^: *i*d m
hohem Grade unsicher, um nitbt;pü sagen, entsebi eden falsch t^
Doch sind dies Kleinigkeiten^ > auf die Yei4ftäkn|ssnKisMg wenig
ankommt«); ■ - .*; 1 **. .•>;•" . *).:vv * ... ;:ilis'i.j.i 'J;ihf^ ; j *n ?;,•;'-*
. Im < ^ilgtmeineb \ jyufes , - » im Gegensatz gegeii die« vorher 1 gel
machten Ausstellungen, ?or allein gerühmt werden^ die wesenti
Keh>rollfctandige Beherrschung desi Stoffe^ die gute Bekanntschaft
mfc den - peuen- Forschungen 9 c^ie sorgfältige Ausfähruaty' '*kfe
Einzelnen; dazu kommt eine y auf;, dem Standpunkt v -diu dür
Verfasser einmal eingenommen hat y ansprechende^ in iftanob&i'
Besiehung i#igenthümlache^Behahdlang des- Gegenstandes. ; D«r*.
selbe betrachtet die historiographischen Arbeiten JmSusajjiteeftL
hang »mit «der* Geschichte <. der ^Wissenschaft: überhaupt;^ er ^ gebt
KJEET V 0 R I B d e.
itt^m^tob i abf idie i I^öiii^ii^i defi bkizcln^» OrdfeÄ ^»d £Uö»ter
aHm) «inyuzeigf dem (Einflute den sie katten^ die Verbindi&ge*;
id tdcbtkil m: uhterj; einknddti <£aadkny und giebt hier" wichtig?*
Bhifrägeii zur GdehrUmgeicbiofate;! dea- ^Mittelalters, überhaupt;
Webn > hfepnq ueigcntHcbe Geschieht e der Historiographie f bei dein
Dänischen* • geliefert .ist! : und nach dem getvählfen Jatascäfeideneft
Titel "." Auch! gar hiebt beabsichtigt seheint r so findet sich : hier
doch alles wesentliche Material für eine solche; .wird einige^
aetmisat^/se ist dafür anderes gegebeb 4 das, wenn es eigentlich
nicht zun Aufgabe gebbrty < doch nicht ungern entgegengenommen
werden; wird- ' En f ifehlt auch niebt Mb des nöthigem allgemeine^
Ausführungen j »pari dam. sie mehr gelegentlich und centreut dar*
geboten v*erden, ; Daai Urtheil des Verfassen; aber die einzelnen
Werfcer ist fast inime^^rohl begründet^ er ist nicht blind gegen
die mstariiehfachen i Mängel und Schwachen der; .mittelalterlichen
jGeaohichtsehreibang überhaupt und der einzelnen Antoten, jiia-
besondere; aber er verkennt fcueb nicht,, was wirklieb ^geleistet
ward i und unter den Verhältnissen in denen !man stand geleistet
werded ^konnte : 1 weder : eipseitigfe Vorliebe noefc leidenschaftliche
GeringsdhäJUju>g:iiäs&t er «Ich au Schulden komme ti. •> Ueberall
zeigt er gesunde Kritik; moderne Machwerke, wie den angdb-
liehen . Hunibald oder; den »(jmAtberus Ligurinn87?f fertigt, er mit
knraen- Worte» ab;/ den XJnwerth vieler Yita$«wei*t er schlagend
nach*; tÄtfcitfchetdet auchsbhr *rohl zwischen dem historischen
Werfjk : spaterer Ueberlie&rungen . un£ . der Bedeutung 9 . ; vteldb*
dfeseför die^ Sa^enfotscbuhg haben^ meg^n. Seine Arbeit, deren
llmfong (72$ < ; Seiten \bl • FqKo ) schon von ; * dein aufgewandten
Fkisse . Zengfeias ,gifebt *h yvird für eine nähere, : Kenntnis* und
riebtigere Würdigung der. Historiographie des Mittelalters von
We?eidlichfep> iWutien sein;, wir besitzen kein Werk, wej^hes
VJaiKRB5D»Ey XX*
«tttfefat'das* Mutete \ --ffW hfer gegfeb^^ v^owfen Wt, und was
durch Beseitigung ewiger der vorher gerügten ^Mangel leicht
«MM* W?rteJ!«ff , gedacht werden H?nn< V|iif ;, , . ^ .; fc
-V;'.».»'iW4nÄ» »Iß»', atM^i 4uncb dieqe... Schrift »die' von: der.; Sacietät
#e8telfte Aufgabe nicht in der W«ise, Wie es efgefttlifeh geräfoscht
war. ihre volle Losung geFunden hat, so liefert dieselbe doch
einen sehr wichtigen Beitrag zu derselben, und ist eine an sicp
sehr verdienstliche, nur von anderen Gesichtspunkten aus unter-
noiqmen^ ^Vrheit ütejr den Gegeiiatond d$t4ufeabp« Pm< $9niff-
licbe Societät hat daher feinen Anstand genommen 9\ der eiligen
Schrift den Pttiü zuzuerkennen- Als Verfasser detaribfcfi* httnnte
si<& auf ' dem in der öffentlichen v Sitzung am 20." November
1856 ^tsiegelten Ze^l; >.,.> ,,,,.,, ,.,..-..,. ..,,-, , , ,n
■\ • ,;
/.Für die nächsten drei ^Terjinine sind von der Königlichen
GeseHechaft der Wi^en*ch^le^ folg^mclc Pfrei$£rqgei| , gestimmt.
1 >uPffir den Novtfofber 1857 wnr der physikalischen Ciasse:
Quum etiam novissimae investigationes de Fluore locutn dubitationi relin-
quantj num revera contigent illum per se solum et integrum oculis propo-
nere, certumque $xt ejus quahtates , quatenus extra mixtionem pqr se solus
appareat, fere omnino tgnotas esse, optat bocielas Regia, ut dejnsigms
U tffttf^ *7emenift* integritate riova ' experihienfa instttü'dAtitr. 'Qüibü* Ixperi-
mentis etiam $i ipsum propositum non efficiutur, ea ver6 ytiMitio dd'iiijüidatH
»> .; , perductM-fueril) ulrum ^mcidumßuuticmm ywiqr ihydrogfmeaMWkÄnter^iQxygenica
aeida habendutm mtf simulque. eoutigerU Fimovittm üHmXoxygtüie cetärisque
1 < metalMdikuS)' qna& eunt JFluare jünfi pae&e M^ndltm Com Hat > . jun gerey
■^ \\ ^rtietat B»g{m> etiam' taii>opcr*\ dutnaiod* acvmmtU oh3*rm*li<mibu$ innita-
* >-^\terV fß*ip&mt* SU*- sati&fimttum ess* existimmbit* ,' >-u^ <
b>\D*Mueh»ftöe neuesten \tluttrsuckungen >übpk 4a*,Fluer** fmch^dutchaus
t^meißdhaß Vass&ioix.destmiiJfaliruMfuUiirldich^g*!^ iM , \ jädktifalls
» s*im JBigensokaftvn wü «ingMick isvlinUtt lJZ*rt*nde M i gut ud&^ noch ganz
' unbekannt' sim4, .«»tröiMcAtijfe? lVonigti&*>Saci9ti^>llmM.M
diewe* *wi kmm*digem> Grlmätttffi^ neuq Fennch* nngestelU werden. K Sollte
d
.i.'l
Ui\ V
XXVI VORREDE.
t.
'.» t
dlprtkpig ertliche Zweck nicht erreicht, durch diese Versuche aber mit Gewiss*
heit\die Frage entschieden werden, ob die Flusssmure eine IV asser stoffsäufe
oder eine Sauerstoffsäure ist, und -zugleich die Hervorbringung von Verbin-
dungen des Fluors mit Sauerstoff und den andern Metalloiden, von denen*
numd Hoch keine Fluor -Verbindungen kennt, gelingen, so würde, die König»
Ifehs ßoeietät auch eine solche Arbeit, wenn sie sich auf exaete Beobach-
tungen gründet, als eine genügende Beantwortung der Frage betrachten.
dea November 1858 von der mathematischen
i-. ■!••...• "..... ■:. . i')n
A ßuidis electricis , quae a conduetore altero ad alterum vel per a'erem
«■ vel fie*' vaeuum transeant, nonnullas illlus conduetoris particulas a super-
\ ficie abscindi atque ad hujus conduetoris supetficiem transferriy inter ohser-
vatoresflonstati Jam quatratur £) utrum haee particulamm ponderqbilhtm
remotiß a so\o fluido electrice positiv o efficiatur, an etiam aßuido nega-
txvo, et unde pendeal, a auo fiuido ea efficiatur $ S) nuni certa quaedäm
ratio inter illam particulamm ponderabiiium , guäe removentur, massam et
hanc ßuidi electrici, quo .efficitur ,, quantitatem indicari possit.
xBei elektrischen Entladungen von einem Conduetor zum andern durch
die' Luft oder aücfi durch leeren Raum ^reisst die Elektricität kleine Theile
*
des einen Conduetorr ab und führt sie tum amiern Conduetor hinüber.
Es soll untersucht werden 4). 9° uur von der . positiven Elektricität solche
Theile abgerissen und fortgeführt werden, oder auch von der negativen,
und wovon das eine oder andere abhänge ; 2) ob die Masse der fortge-
rissenen Theile in einem bestimmbaren Verhältnisse zu der Elektricität steht,
welche von dem einen Conduetor zum andern entladen wird.
Für den November 1859 von der historisch-philolo-
giaehen ClaMet.
Exponantur origines et pregressus patriciatus in urbibus sajconieis inter
Fisurgim et Albint sitis usque ad finem saeeuli sexti deeimi.
Recentioribus iemperibus historid non eine successu yita publica in civita-
tibus germanieis qnemodo sensim exculta esset atque couformata disquirere
studuerunt. Nihilominus tarnen caremus opere, quo* seeundum fontes et
libros smgulares nuper in lueem emissos exponatur, quam variis sub con-
ditienibus et causis ortus sit atque inereverit patriciatus* Valet id imprimis
. de urbibus saxonicis inter Fisurgim et Albim sitis, quarum instituta politicu
aretissima necessitudine continentur. Quam materiam qui traetare velit, ei
aegue respicienda erit ea ratio, quae patriciatmi cum principe et cum online
VORREDE. XXVH
\ »
equestri, ataue ea^ gust Widern etil» «tMt^fträfoitc : arfepii* et cum civikßH
universa singuftsgue ejm portibus, quo* corporationes appellant^ intereessit^
Entstehung und Entwicklung des Patriciatf : in den sächsischen Städten
' ' zwischen fVeser und Eibe bis gegen * das Ende des stt/istehnten Jahr-
>\'hutide*ts s.'.'a :-.- .,< § -i.. ■•..-;,;
»
Vj Die Geschichtschreibung .hat sich in der neuere*) ' fSeit nicht ahme Erfalp
Untersuchungen über die allmähliche Gestaltung des öffentlichen JLebenq
in den städtischen Gemeinen Deutschlands zugewandt. Gleichwohl er*
* wiänget* wir eines > auf neuerdings veröffentlichen/ Qucllewsehrißen und
Monotjropluen sich stützend** ff Werkes über die rtnfar djn verschiedenste*
Bedingungen und Einflüssen erfolgte Entstehung und Durchbildung de$
Patriciats. Eis gilt dieses namentlich in Bezug auf die sächsischen Städte
* zwischen Weser und Elbe, welche in ilrren politischen' tnStitüHinen
• durcllweg grosse Verwandtschaft verrathen. JBti itmem teavheitung diese*
? Gegenstandes würde nicht weniger die Stellung, des Patriciats zu dem
Landesherrn und dem rittermässigen Adel, als tu der städtischen Vcr*
waltung und der Bürgergemeine in ihrer Gesammthett und in ihren
wichtigsten Corporationen zu berücksichtigen sein.
Die Concurrenzschriften müssen vor Ablauf de* Septem-
bers der bestimmten Jahre an die Königliehe Gesellschaft 4tür
Wissenschaften portofrei eingesandt sein. : r. v <]
.■ Der : für jede dieser Aufgäben aufegesdbrte . Pfreis i beträgt
fünfzig Ducaten.
Nach den Bestimmungen der Wed^eki nasche q Preis-
stiftung für deutsche Geschichte sollen wo niöglicb alle
zehn Jahre drei Preise , jeder von 4000 Thaleirp in Golde, für
die besten BearbeitiingeijL von Gegenständen der deutschen Ge-
schichte ausgesetzt werden, und diejenigen zehn Jahre, inner-
halb welcher jene Preise jedesmal ausgeschrieben und vertheilt
werden T einen Ver^altuagsieitraim d^r; Stiftung bilde*. De»
erste Vtarwaltungszeitraum. schAoss thit dem . I3ten/Mäni iH&R
und 4m* I4tem Mäiar< dem Todes^e des koehk^raigete Sti&
Dem, hitltjlie JfönigL Societtt *ftatuftmmäasig ^»e ö&»tli#he
d2
murin IQBRBDB.
Sftean{p4 ••» ita vrrlcher der ©ii^ctor de* Stiftung, IJerr Professor
abgedruckt findet, aus welchem das Nachfolgende einen kurzen,
den 'Erfolg »• det* Yreisaufgabeii und die Ertheilung der Preise
betreffenden Auszug liefert.'
i«*>. EÄ%r^ds»v.*r/&tiß^ mit
deto -nothigen Sprafch- und Sacherläuterungen versehene Bearbei-
tung-'"von I|enrici\cte Heryorclia chrbniedn, Welches achon aus
Br^fl? 3^tr^fl ^ur krit Bearbeitung ^tei; Handschriften (St. 1.
S< i, SL 3u..Sk 255) näher, bekannt and im Archive der Gesell-
schaft für älhi*e deutsche Geschichtskünde (Bd. 2 — Bd. 8) öfter
besprochen, aber noch un gedruckt ist, und sich handschriftlich
in Münster, WolfcnhÜUe| u^J^erlf^ findet. , . ,w> ,.:.
-in > ©jui^ einte GqA^drrengschrift ist feiogegangen ^ .- ■. w^lchfei den
Liber de rebus. n tnenibmbil^Mis istife ''Gl^ronibod •• HmHnti
];}i;!i><Idemäbvo*dh^'^rium <codi$bta lectieäc abopra*Usin»6 ! sub-
notata annotationibus illustraptibus n actione dkl sßviptanä
Tita et chronici fatis aactoritateque quaestione addita.
#f fk'WW'deni Mifftb *eteeneni ,cJ > = >^' ^' '• « ' yuu )!,,.,
-ai) it -iii ^<»'tes»'v^^:»^d»/St^ «AA.^JrtHS;,,,,|,}?,ii «•>'--'»*» «!'
Jii)iSJ'i>f- Laif ivnWvr.l >^-i;fiiript>;finiJ>tn>je»>Awhi;laft;'1(li«-/(l-»l->// ili»;,i
DaJ Mawi^rfp* ^fasst €XLV; ünd445a Seitrfo hki&oUq»!, -iE»
gfettt dmi^TertK'Jeraehrdmfc *»tt JaWn3Bl)Nan<ali4 Juittsokea
nkifr! eriti|W!lwfcb<iMnmdrkttBglMi|H^!heiiEinleitniiy üben fla*iiie|*tii
dd»ilVie«a8M*^ ;pfeii*!irfifcjiYiu MUmmü UuMttffenuQttfelto ,«•*
v, a a & u & h. 3ttHx
a^ctar >^nacU%en<b Bifagen^ miiht -SeMus*- «ri ». Gldss4p< 4fc*" toii
4fis< Inhalte*» j ; eraeheiftt die vorliegen*!* Beanbefturig «fr «das W**k
eibCÄ o£M^ jungen' tManktes, der Wobl Keantaifcs "hat vota --4fetf
AnfenLei+ungfen^ die jkeildem jetzigen, Stande, der Wissenschaft
an* die Ausgabe* eines mittelalterlichen &esubiehtewe*kcs gemacht
werden müsse* 4 de»; «ick addb $&nk eifrig 'lieniüht hat denselben
Geatige i zm ; leisten ^ dfcnr • bs £ber nicht igqlangen ist überall ietoatf
Befriedigbndca zu geben- hinter diesen tTinst*taden' befand siefe
das. ^jrßifigef|pbt> in «1p erliefe wiwen Verlegenheit. Wenn au#
die«. einen Seite .hervorgehoben «rerdeti : musife, dasäy •* Wie aobon
der IJÄmfaüg ,dea JM&njjsc^jpitB ceigt^ auf diese »Arbeit «ehr tiel
%eit^ Mü^iindFleis* jetwandt wordtRn istr dääs 4er»Verfassei*
aiibh :üi vieler - Beziehung/ gute Kenntnisse « bewiese» 'tat, ädted
die Beschäftigung mit einem aaiche« Wprkey da& gt<#6sentbeil4
Coa^lqtiq^^au^; nuibemlQuc41eh ietv iiietit an deti 'erfreulichen
gehört ^ ;dnd. deicht netyfMf Enuiidendes hat, ; so 'ctagA* der'BeA*"
Unter *roM Einhändigung; verdient ^ wenn ei» nielit atlefi Anu
Forderungen gleichmässig genügt hat, dass auch itf dW'Terlte-*
gendfenr*nwUkomiheneii Gestalt die' Aufgabe eine» tflögedtfteheri
Niil&enitiakalfcnni&eiidfey)^
Gewicht 'tfiblkgeki 4/ di'ssi es bei äeui Bedeutung ; dieser Prßitetif-
tengnimd» der! Hähei do* ausgeürffeten» Preist vMoht Bedfcfcke»1
habe;, : *kge .unfertige/ ubttimdhwHkbmmettt^Af b$*t<4Mkiltröi&ft V* dass
ab^nid**>iMinußcrjpt».r?*4c^
ataniitelbfari xäau Druck geeignet ist < ami 'ulgo^ep Hauptfbrdefaing
der Stiftung nicht entspricht. Diel'M4krhöitrd«8 Pwfegferfrfites
hätte if^eabalb aulÜobdte rinden A^m^mvffviSeü^^U^^tite^Be^
rücksichtigung der zuerst angeführten Gründe WöM^ für > eine
XXX VORREDE.
Ertheilung des Preise« zu erklären , aber dieselbe zugleich
die Erfüllung bestimmter Bedingungen zu knüpfen« Doch bat
dies nach dem Worflaui der Statuten nicbt als zulässig ange-
sehen werden können» Dann aber mnsste erwogen werden,
einmal, dass der Zweck dieses ersten Preises offenbar recht
eigentlich ' der sei 9 wichtige ungedruckte Quellen der deutschen
Geschichte zur Veröffentlichung zu bringen, dass eine Verweis
gerung desselben in diesem Falle die an sich sehr wünschens-
werte Bekanntmachung der Chronik des Heinrich Ton Herford
leicht auf lange Zeit verzögern würde, sodann dass der Bear-
beiter, wie er selbst schon eine: nachträgliche Vergtefchung der
Wolfenbiitteler Handschrift versprochen hat, ohne Zweifel, auch
ohne dass es ausdrücklich als ' Bedingung hingestellt worden,
bereit und im Stande sein werde, den gerügten Mängeln abzu-
helfen und . seine Arbeit zu ; vervollkommnen wie es für die
Ausgabe als nothwendig erscheint.
Indem also das Preisgericht die Erwartung ausgesprochen
hat, dass der Verfasser der eingesandten, , mit dem oben ange-
führten Motto versebenen Bearbeitung der Chronik des Heinrich
von Herford
i* dem gegebenen Versprechen gemäss Cur den *um Druck zu
bestimmenden Theil die Wolfenbiitteler Handschrift nach-
träglich vergleiche . und nach ihr den Text feststelle; *
V. die älteren Theile des Werkes in einer der erhaltenen
Handschriften durchlese und Nachricht von ihnen gebe«;
3. den Nachweis der Quellen vervollständige ; und berichtige*
das dem Autor Eigenthümiiche und das anderster Entlehnte
»
noch genauer unterscheide; , ■ r"u ">
4« die erklärenden Anmerkungen und das Glossar möglichst
. verbessere; ■>. - ;is* /.-.. "•>«:-.
v o r r e d & xxxr
sich zu dem Ende mit dem Verwaltiingsrath dejr Stiftung in
näheres, Einvernehmen setze: ^
hat dasselbe beschlossen ihn* den ausgesetzten Preis tod 1000
Thaler in Gold zu ertheilen» . <
.*. <<»In. dem eröffneten Zettel naiintb sich. ak Bearbeiter: , x
Fnmdfieus Aug%nAus Pmtthast,
Huxariemis-Westfela.,
philologus, temp* Berolini domicilium habens«
, . Für die zweite Avfgabe, eine kritische Bearbeitung de*
Geschichte de* Erzbisthums. Hamburg und Bremen,
von der Gründung bis zur Auflasung, hat sich kein Bewerben
gefunden. ^
Dagegen hat. der dritte Preis, der keine bestimmte Auf»
gäbe stellt, and gedruckten wie handschriftlichen Werken ertheilt
werden kamt , zu mehreren Einsendungen der einen wie der
anderen Art den Anlass gegeben.
'' .„Vorzugsweise, sagen die Ordnungen über diesen Preis,
verlangt der . Stifter für denselben ein deutsch geschriebenes
Geschichtsbuch, für welches sorgfaltige und geprüfte Zusammen-
stellung der Thatsachen^ zur ersten und Kunst der Darstellung
zur. zweiten Hauptbedingung gemacht wird.44
Eine handschriftliche Arbeit war zur Bewerbung eingesandt,
welche den Titel, trägt: -^
.... „Geschichte Deutschlands unter den Kaisern Ludwig dem
r Baier und Karl dem Vierten 1514— 1578- Nach band-
.. schriftlichen und gedruckten Quellen.66
Der Verfasser hat sich nicht , wie . hier erlaubt gewesen wäre,
genannt; sondern die Schrift ebenso wie einen beiliegende« ver-
siegelten Zettel mit den Worten versehen „Les prejuges sont
les rois du vulgaire. Voltaire«64
XXXtt JOB ■l»'K
u: ;Dti»:?Ge^sti!nd-^ Uräkitanfleny die Be-
handlung auf 926 Seiten in folio^ne «9 uinfeiaaericfe^dasdiidiese
A täfelt an sictti afoSttäne >swr £^%^rem^^ä^a»t^rtinAtiiitm
musste. Auch ist die vorliegende Snhtiift' heincsvtogs) ohne ¥«Ä
züge, detft»!ab&* ^nctt fhed6ittende))M&n(^ gi^nübeti^ stehen.
Die Benutzung , der «\Qü*tien i^ Ifeine^ganz Erschöpfende $ die
Behandlung eine ungleichartige* Di©: Auffassung ist die be-
schränkt pcÄgmatiachia^ die imnoi*i?;nÜchf*i»*r äua^emiiV? rkettung
der Ereignisse sucht, ida* grosste . GqyrkUt auf Weine! «ubjeetive
Motive legt.1 EndKdbtf gtebt auch difc Darstellung zu bedeutenden
Auisetelhihgen Anlast Aus diesen ;»^ a*; 0*rj^fvl^ick ent-
wickelten Gründen konnte von der Ertheilung des drittelt. We#
dekind'sdftth Preises, \ der. den heitern : Wcfekfc über deUtsche
Geschichte ' bestimmt Ist, hier keine / fted* sei», i*dhckbtt>£emis9
der eingesandte Zettel }n dervSSiiung veribrannt worden. <
Noch weniger war daran zu ^eqtkew IWi dtimt Uucbc: ifler
Wertkampf ider -Deutschen;: mtd Slavei** dargestellt vo* <?lf, M.
Heffitor* Han^barg n. ■ Gotha 1 1847. S. ,~ \ weichender V erfc be-
gleitet vew „Ha*<^<^iftlichen .Zusätze» »nd Bericht^oii^en^4
2ur Gtacnr renk eingesandt hatte. *. : •.*; :. :;•>;.-.
Unter den zahlreichen Werken y i^elchd l paf dem: i Gebiete
dbr deutschen' Geschichte in de fe Jahren das nnntnehr • abgelau-
fenen Verwaltungszeitraums erschienen sinjl^; rifciisäte besonders
efci ' "Work y . Wichen c einen *dfer wichtigste* tnd ; interessantesten
Abschnitten der deabchem Geschichte, behdnde&i ^ßüms€9\ deut-
sche Geschichte voitf Tode JFricibic tri flep Grosse* bis knh Grün-
dung den dettfechö»:^ t(k>4 tf ^ dife
Aüfni^t^Mamkeit auf «ich* ziehen* » Wwain^jleic h;dibs(ituch;*rahl .
ifot* abderefr ift""der waien: oder 1aDderen-)BeiÄrfiiing SbeHlio^ei^
wird, von dem einen an ReichthT»itn^uer' A^^chlütee-^ '^®Di
VORREDE. ZXXin
dem andern an geistiger Durchdringung das Stoffes oder an
Honst der i Darstellung, so sind diese Vorzüge dann doch nicht
verbunden ; sie treten wenigstens diesmal in keinem grosseren
Werke über die deutsehe Geschichte so entgegen, dass man es
dem Häusser** vorziehen könnte. Die» ist eine wissenschaftlich
tüchtige Arbeit; es beruht auf umfassenden Studien; die Auf-
lassung ist gesund und frisch; die Darstellung befriedigend;
d** Ganze eine erfreuliche und verdienstliche Leistung: es giebt
der Nation zum ersten Male eine genauere, im Ganzen zuver»
lässige und gerechte Anforderungen befriedigende Darstellung
dieser- 'tat ihre Entwicklung so bedeutungsvollen Zeit. Das
Preisgericht hat deshalb kein Bedenken tragen können, Hausse^ $
deutscher - Geschichte seit dem Tode Friedrich des Grossen den
dritten Wedekind'schen Preis in der Weise wie es bei gedruck-
ten Büchern allein möglich ist, d. b» in der Summe von 50©
Thalern Go^d, zuzuerkennen.
Da unter diesen Umständen nur die Hälfte der für diesen
Preis überhaupt bestimmten Summe hier zur Verwendung kommt,
so hfct das Preisgericht geglaubt, nach Analogie des Falles, wo
überhaupt kein Werk der zuerst bezeichneten Art zur Krönung
# gelangt, über die andere Hälfte zu Gunsten solcher Werke ver-
fügen zu sollen, welche nach den Ordnungen ebenfalls in Be+
tracht zu ziehen sind, d. h. solcher „welche durch Entdeckung
und zweckmässige Bearbeitung unbekannter und. unbenutzter
historischer Quellen, Denkmäler und Urkundensammlungen steh
«m die - deutsche Geschichte verdient gemacht haben.64 Auch
itft wenigstens eine handschriftliche Arbeit dieser, Art zur. Coni-
etmrenz eingesandt worden; eine Sammlung von Abschriften der
Urkunden des Bistbqms Verden die sich im Archive zu Stade
befinden, durch den Vorsteher desselben, den Auditor Mahlmann.
e
mzzcr VORREDE.
An sibh ifificUs eine ganz-^ei^ienstMche iind für die. PfcoTinBial»-
jjeschtehftfc nicht anwichtige Arbeit; aber irgend i welche Wetter
gebende Anforderungen befriedigt sie freüicb* nieht. tAuch die
eingesandten gedruckten .Wierita {Beckstein ^ Geschichte, »und? Ge-
dichte des Otto von Botehlauben4.:184Ö, Kruse? Gfetönkon
Nortmannorum Wariage-Rusaorüm, 1851« , Steiwtt, Cedbxiw*
»criptionum Roman arumDanubii et Rheni Vol« L II. 111, H..1.&
1851 ff.): haben keinen besonderen An^ptiteb auf Beachtung
machen können« Unter, den sonstigen Werken * der. Literatur
dagegen ist die Wahl iuer weniger schwer als auf dem Ge|ii«te
der Geschichtschreibung. Wenn von ddn Monumenta G&rmanitie
historica, aU dein Produet gemeinsamer Bestrebungen ::def Mi$>
gtieder und Mitarbeiter der < Gesellschaft für allere deutsche 1 fi*r
edrichtakunde , namentlich in den saferen w&hrfeliddfcr lefetato
9 Jahre erschienenen t Bänden , von Jaffas Rfegeet* pöntiBcuw
Romanorum, als einer Arbeit die Jbei aller Wichtigkeit (inr; die
deutsche Geschichte doch nicht mbmittelbar ita; angehört ^ >abge-
rfehen Werden muss, so giebt e« keine widsen^cbftfUißbe. L^atu^g^
♦welche Böhmer** Kaiserregestei) ; den ersten ) Flatä * irgend streitig
jachen kennte . Das • Preisgericht \h*t ! > deshalb t <k* iBestfhlu&s
gefasst) den dritten Wedekind'sehefc Pros- in der: Sumiae Y9n
500 Thaler Gold den Regesten ^Amer^^ von 119^—12^4
zuzuerkennen. ." :<>... .. .:...^ ,r:. \, -::: .iij:-i
Der ' Verwaltungsrath , der Wedekifad'achen Preiwtiftnfig f ftr
deutsche Geschichte hat inn Nr. 5 der Nachrieft ten vcft d$r
G. A. Universität und der Röni gl. Gesellschaft der WÄwenstibaftep
*on diesem Jahre die Aufgaben bekannt gemacht* welßhft ftr
den zweiten Verwaltungszeitranm, d. b. für die Zeit vom 14* JVJ&r?
4856 bis zum 14. März 1866, von ihm ingemäss der Ordnungen
der Stiftung gestellt worden sind. ..>., ;*,.
V OHR B D EL XXX*
>-• - F.ur den ersten Preis. ,S
••••'• Der Verwaltongsrath verlangt -i
eine Ausgabe de* Verschiedenen Texte und Bear-
beitungen der Chronik des Hermann Korner. •■••
Indeih derselbe wegen des Näheren, was diese betrifft, auf die
Abhandlung des Mitgliedes * des Vetwaltüngsrathes , Professor
Waiti&i Ueber HermanA Körner und die Lübecker Chroniken
(Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttingen Bd. V. und einzeln. Göttiogen 1851. 4.) verweist}
bemerkt derselbe nur, dass es bei der hier verlangten Ausgabe
darauf ankommt, zu geben*
1. den bisher ungedruckten in der Wolfenbiitteler Hand*
schrift Helmstad. Nr. 408 enthaltenen Text einer wahrscheinlich
dem Korner angehörigen Chronik 5
2. von dem grösseren bei Eccard (Corp. bist, medii aevi)
gedruckten Werke, der Chronica novella, alles das was nicht
aus Heinrich von Herford entlehnt und in der demnächst im
Druck erscheinenden Ausgabe desselben von Herrn. Dr. Potthast
als solches bezeichnet fet, unter Benutzung der vorhandenen
Handschriften , namentlich der Lübecker und Lüneburger 5 "
5. aus den 3 bekannten deutschen Bearbeitungen, der so*
genannten Chronik des Rufus, der Fortsetzung des Detmar und
der in einer Hannoverschen Handschrift enthaltenen Chronik bis
1438^ Alles das was sie von - Korner Abweichende» * und Eigen«-
thäinüches haben. — * - -
- ' !Es kanö sifrb vielleicht ans sprachlichen Gründen empfehlen,
von diesen deutschen Bearbeitungen, namentlich so weit sie nicht
Motion durch den' Druck veröffentlicht * sind 5, einzelne längere
Stücke oder einen ganzen Text vollständig mitzutheiien , und
j^edenfalls wird es darauf ankommen, aus den^ nicht abzudrucken-
e2
X1XTI VORREDE.
den Theilen hervorzuheben and int der Einleitung oder dem
GloMar zusammenzustellen, was für. die Sprache von Interesse ist*
Allen Theilen sind die nftthigen erläuternden Bemerkungen
so wie der. Nachweis benutzter Quellen oder auch vop' Parallel*
stellen hinzuzufügen , wobei natürlich yorzugsweise auf die *Cf*
schiedenen Lübecker Chroniken Rücksicht zu nehmen ist«
Cine Einleitung: hat sich näher über die Person des Konter*
seine Leistungen als Historiker, seine eigentümliche Art der
Benutzung . und Anführung älterer Quellen, den Werth der ihm
selbständig ungehörigen Nachrichten , sodann, über die verfehle*
denen vorliegenden Bearbeitungen and. ihre. Verfasser y ebenso
über die benutzten Handschriften und die bei der Herausgabe
befolgten Grundsätze zu verbreiten*
Ein doppeltes , ein lateinisches und ein deutsches Glossar
wird den Sprachgebrauch des Autors, und seiner verschiedenen
llebersetzer im Einzelnen darlegen«.
. Für den zweiten Preis.
Eine der. wichtigsten Perioden deutscher Geschichte ist ohne
Zweifel die erste Hälfte des I3ten Jahrhunderts : sie war ent-
scheidend für den Verfall der kaiserlichen y für die Befestigung
der fürstlichen Macht, zugleich für die Ausbildung der städtischen
Verfassung und yieler anderer bedeutender Verhältnisse» Thals
die grossen Ereignisse der Geschichte , die Beziehungen nament-
lich der Kaiser au den Päbsteu , theils die eigentümliche Ent-
wicklung in den einzelnen Provinzen und Territorien Deutscht
lands, dann die Ausbreitung der Deutschen über die alten Grun-
zen * die Regsamkeit auf verschiedenen Gebieten des I^b^na,
die Blüthe der Literatur und Kunst , terleihen dieser Zeit d«s
grösste Interesse ^ manche*» da» sipbin der vorhergehenden Zeit
vorbereitet bat, gelangt au einem gerötet Abfcchlute, w anderem,
VORREDE.' MLXV1I
wal. die . folgernden Jahrhunderte, erfüllt* wird hier der Grund
gelegt, eine Fülle terechiedehartiger^ mm Tbeil in schroffem
Con tragt mit einander sfehendfer Strebiingen tritt entgegen* In
neuerer Zeit hat auch die Forähuhg dieser Zeit vielfach ihre
Aufmerksamkeit zugewandt $ es eiiid in und ausser Deutschland
Quellen gesammelt* neue! entdeckt und publicirK; es sind übet
einzelne Theile genauere .Untersuchungen angestellt und manche
neue Aufklärungen gewonnen worden. Zugleich hat sich aber
nicht um wenigsten auf diese*» Gebiete eise* grosse Verschie-
denheit der Auffassung und Beurtheilung der Thatsachen und
der handelnden Personal gezeigt 9 Torzugsweise des Stauferä
II. j der während des grossem Theils dieser Periode
Deutsche Königs- und Römische Kaiserkrone trug. Und
während die Zeit seiner nächsten Vorgänger neuerdings aueh
eine im Ganzen befriedigende Bearbeitung erfahren hat , fehlt es
an einer zusammenfassenden, vollständigen, kritischen y wahrhaft
objectiven Geschichte jenes Kaisers und der unter ihm siebenden
Lande noch durchaus. Indem daher der Verwaltungsrath
eine kritische Geschichte Kaiser Friedrich IL und
Deutschlands in seiner Zeit
als Aufgabe wählt , verlangt derselbe eine Darstellung seiner
Regierung und Thätigkeit in vollem Umfang , der Beziehungen
4u den Päbsten, w dem SicUischen Erbreich Und zum Margen-
lande, sodabn aber aueh eine Geschichte Deutschlands in der
Zeit seiner Herrschaft, und zwar eine in das Detail eingehende,
die äusseren und inneren Verhältnisse der verschiedenen deut-
schen Gebiete vollständig und. genau. darlegende Arbeit* bei der
auch KiicHsicht zu nehmen ist auf die Beziehungen zu den Nach-
barländern und die Erweiterungen welche die deutsche Herrschaft
itttd der deutsch^ J&influss im Osten j^won»ei*, und wekhe
XXX* M YOIIEDK
das geistige Leben der dentscWn If i
als das pslMsAf «nd sociale x« schDdrm hat. Eise erschöpfende
r
lieher Hilfsmittel, wie solche allerdings noch vorhanden m^
wohl erwünscht, aoll aher nicht als erforderlich
• i«. ... . .
Für den drittes Preis ist nach dem Wüte» des Stiften
keine besondere Aufgabe ausgeschrieben f sondern die Wahl des
Stoffes den Bewerbern nach Maassgabe gewisser Bcstiaunungcn
überlassen, die nebst den übrigen, die Bewerbung im obige
Preise betreffenden Bedingungen, an dem angesogenen Orte mib»
getheilt forden.
Alle am jene Preise sieh bewerbenden Arbeiten müssen im
Laufe des nennten Jahres vor dem 14. Man, mit welchem das
sehnte beginnt, also diesmal bis snm 14. Mars 1865, dem Di-
reetor der Stiftung, Herrn Professor Waitz^ engesendet sein,
welcher auf Verlaagen an die Vermittler der Ueberseadung
Empfangsbescheinigungen auszustellen hat. - Am 14. Mars 1866
werden die Urtheile verkündet werden.
H ' . . - - * . I . . : • - i
Dieser Beriebt darf nicht geschlossen Verden, ebne Utk
einigen , freilich nur schwachen Worten, den tief 'gefühlten
Dank wiederholt auszusprechen, von welchem die Königliche
Gesellschaft der Wissenschaften sowohl gtegeni Seine Majestät
unseren «llergnädigtfteft Könige als stich tfäjei* dad hohe Uurver-
sitäts-Curatorium durchdrungen ist^ für die empfangenen Beweise
huldrolltfr Anerhenouög» der hohen Verdienste de* dahin ge-
schiedenen grossen Mathematikers Gatt**, -dessen Ruhm so imrig
VORREDE. XXXIX
mit dem der Societät verknüpft ist. Die zum ehrenden An-
denken desselben auf Befehl Seiner Majestät im vorigen Jahre
geprägte, ausgezeichnete Medaille , von welcher nicht allein der
Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften, sondern auch einer
bedeutenden Anzahl anderer gelehrter Gesellschaften, Institute,
und hervorragender mit dem verewigten Gauss befreundeter
Männer, so wie auch einte r jede tf deutschen' Universität, ein
silbernes und ein bronzenes Exemplar durch die Königliche
Munificenz zu Theil geworden, ist zugleich das, schönste Denkmal
der Achtung Seiner Majestät für eine wissenschaftliche Grösse,
welche langjährig der Stplz aeir, Georg - Augusts -tjniviersiiat und
der Königlichen Societät war. Ausser diesem grossen Beweise
Königlicher Huld ist der Societät auch noch die Freude zu
Theil geworden, dass durch die gnädige Fürsorge des König-
lichen Universitäts-Guratoriums die Erwerbung des 6atm'schen
literarischen Nachlasses bewirkt worden. Das hohe Cur&torium
hat geruhet, der Königlichen Gesellschaft 4 W lYfe^flßchfjfteii
die Aufbewahrung des handschriftlichen Nachlasses zu über-
tragen,' und die Getiehtiygung * ziit Besorgung einer Gesammt-
aiisgabe der Gauss*Bchen Werk,? ?u er&eijl^n, lyelche das schönste
Monument bilden wird, das dem grossen Verstorbenen gesetzt
werden kann.
Göttingen, im October 1857.
Joh. Friedr. budw. Hausmann.
XL
Verbessern i>ge
Abhandlungen der physikalischen Classe.
Sartori&i wn fVaUenkmuten, ober die KrysUllisationen des Bors.
Seile 300 Zelle 5 für Pjraaideafficle lie* Pyramide
— — — 28 ftr (W) um (5)
— 3ÖJB — » «*U (5)
— -* — H fehlt (5)
— 300 — 4 voa oateq ftr Herniedrie lies Hemiedrie
Abhafidltmgafi der historisch-philologischen Classe.
JVmitt, iber die Anfinge der VaseaUittt.
8. M Z*1I~n44 eind die Wertti „wm et to» Tassil» - nnd" am tilg*».
. S« 96 Z, 18* statt *w? k am« Ein anderes Beispiel ist: Papst Stephen
Schreibt an Pippin, Cod. CaroL, . Ceooi 11, S. 110: Spofe-
" - ' Umi qnamqne etiam Beaeveatant omnes ae commendare per
. , njot a Des servatsa e«eeU**tiae tntf* cnptnnt. (Weiter* Neeh-
trage in der Abhandlung habe ich hier nicht aufnehmen
wollen).
S. 122 Z. 20 1. : Murtells.
ALI
. '! I
Verzeichnis»
der Mitglieder der Königlichen Gesellschaft der
Wissenschaften zu Göttingen
■
*
am Schlüsse des Jahres 1857.
Ehren -Mitglieder«
Graf Wenzel von Rzewnsky zu Wien, seit 1810.
Stephan von Stratimirowitsch zu Carlowitz, seit 1817.
Prinz Maximilian von Wied, seit 1896.
»
Herzog de Luynes zu Paris, seit 1853.
Andreas von Baumgartner zu Wien, seit 1854.
Wilhelm Friedrich, Rheingraf und Fürst zn Salin-Horstmar zu
Coesfeld , seit 1897.
Ordentliche Mitglieder.
Physikalische €bl««.
J. Fr. L. Hausmann, seit 1811. (Zavor Correspondtnt, seit 1804.) Prov. be-
ständiger Secretair, seit 1840.
J. W. H. Conrad!, seit 1883.
C. F. H. Marx, seit 1833.
E. C. J. von Siebold, seit 1834.
Fr. Wöhler, seit 1837.
A. A. Berthold, seit 1837.
F. Gtttl. Bart Hag, seit 1843.
R. Wagner, seit 1843. .
A. Grisebach, seit 1851.
Ft. G. J. Heule, seit 1853.
W. Sartorius Freiherr von Waltershausen, seit 1856.
Mathematische Classe.
W. E. Weber, seit 1831.
6. C. J. Ulrich, seit 1845.
6. Lejeone-Dirichlet, seit 1855. (Znvör aaswärtiget MttgEed, seit 1846.)
f
XL1I VERZEICHNIS DER MITGLIEDER
Historisch-philologische Glasse.
H. Ewald, seit 1833.
H. Ritter, seit 1840.
C. Hoeck, seit 1841.
G. Waitz, seit 1849.
W. Havemann, seit 1850. (Zuvor Assessor, seit 1841.
Ernst Curtius, seit 1856.
H. F. Wüstenfeld, seit 1856. (Zuvor Assessor, seit 1841.)
Hermann Sanppe, seit 1857.
Physikalische Glasse.
E. F. 6. Herbst, seit 1825.
C. Boedeker, seit 1857.
H. Limprickt, seit 1857.
Mathematische Glasse.
B. Riemann, seit 1856.
E. F. W. Klinkerfues, seit 1856.
Historisch-philologische Glasse.
J. E. Wappäus, seit 4851.
Awwftrtlffe Mitglieder.
Physikalische Glasse*
Alexander von Humboldt zu Berlin, seit 1803.
John Drayton zu Ckarlestown, seit 1804.
Sir James Clark zu London, seit 1837.
C. M. Marx zn Braunschweig, seit 1837.
Jok. Müller zn Berlin, seit 1837.
Carl Ernst von Baer zu St. Petersburg, seit 1851.
Jean Baptiste Dumas zu Paris, seit 1851. (Zuvor Correspondent , seit 4849.)
Christian Gottfried Ehrenberg zu Berlin, seit 1851.
Carl Friedrich von MaTtius zu München, seit 1851.
Jos tue Freiherr v. Liebig zu München, seit 1851. (Zuvor Correspondent, seit 1840.)
Heinrich Rathke zu Königsberg, seit 1851.
Friedrick Tiedemann zu München, seit 1851. (Zuvor Correspondent, seit 1816.)
Ernst Heinrich Weber zu Leipzig, seit 1851.
Carl Friedrich Theodor Krause zu Hannover, seit 1852.
Wilhelm Haidinger zu Wien, seit 1853.
DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN. XLIII
Carl Friedrich Naumann zu Leipzig, seit 1853.
Robert Bansen in Heidelberg, seit 1855»
£lie de Beaamont zu Paris, seit 1855.
Heinrieh Rose zu Berlin, seit 1856.
Gustav Rose zu Berlin, seit 1856.
E. Mitseherlieh zu Berlin, seit 1857.
G. Magnus zu Berlin, seit 1857.
G. Forehhammer zu Kopenhagen, seit 1857.
Mathematische Classe.
Sir David Brewster zu Edinburgh, seit 1888.
J. F. Enche zu Berlin, seit 1830.
F. G. W. Struve zu St. Petersburg, seit 1835.
Mich. Faraday zu London, seit 1835.
Job. Plana zu Turin, seit 1837.
Sir John Hersehel zu Collingwood, seit 1840. (Zuvor Correspondent, seit 1815.)
U. J. Levcrrier zu Paris, seit 1846.
P. A. Hansen zu Gotha, seit 1848.
Francesco Carlini zu Mailand, seit 1851.
George Biddell Airy zu Green wich, seit 1851.
Charles Wheatstone zu London, seit 1854.
Joseph Liouville zu Paris, seit 1856.
E. Kniümer zu Berlin, seit 1856. (Zuvor Correspondent, seit 1851.)
F. E. Neu mann zu Königsberg, seit 1856»
Historisch-philologische Classe.
Fr. Go ttl. W elcher zu Bonn, seit 1819. (Zuvor hiesiges ordentl. Mitglied, seit 1817.)
Jaeob Grimm zu Berlin, seit 1837. (Zuvor Correspondent, seit 1835; hiesiges
ordentl. Mitglied, seit 1830.)
Wilhelm Grimm zu Berlin, seit 1837. (Zuvor Correspondent, seit 1895; hie*
siges ordentliches Mitglied, seit 1830.)
A. Boechh zu Berlin, seit 1830.
F. C. Dahlmann zu Bonn, seit 1837. (Zuvor hiesiges ordentliches Mitglied, seit 1832.)
Em. Behher zu Berlin, seit 1835.
Ed. Gerhard zu Berlin, seit 1835.
Fr. ron Thierses zu Münehea, seit 1835.
G. H. PerU so Berlin, seit 1837.
C. B. Hase zu Paris, seit 1837.
f2
XLII VERZEICHNIS DER MITGLIEDER
Historisch-philologische Glasse.
H. Ewald, seit 1833.
H. Ritter, seit 1840.
C. Hoeck, seit 1841.
G. Waitz, seit 1849.
W. Havemann, seit 1850. (Zuvor Assessor, seit 1841.
Ernst Curtius, seit 1856. v
H. F. Wüstenfeld, seit 1856. (Zuvor Assessor, seit 1841.)
Hermann Sauppe, seit 1857.
' JUftegsoren.
Physikalische Glasse.
E. F. 6. Herbst, seit 1825.
C. Boedeker, seit 1857.
H. Limpricht, seit 1857.
Mathematische Glasse.
B. Riemann, seit 1856.
E. F. W. Klinkerfues, seit 1856.
Historisch-philologische Glasse.
J. E. Wappäus, seit 1851.
Auswärtige Mitglieder.
Physikalische Glasse*
Alexander von Humboldt zu Berlin, seit 1803.
John Drayton zu Charlestown, seit 1804.
Sir James Clark zu London, seit 1837.
C. M. Marx zu Braunschweig, seit 1837.
Job. Müller zu Berlin, seit 1837.
Carl Ernst von Baer zu St. Petersburg, seit 1851.
Jeau Baptiste Dumas zu Paris, seit 1851. (Zuvor Correspondent , seit 1849.)
Christian Gottfried Ehrenberg zu Berlin, seit 1851.
Carl Friedrich von MaTtius zu München, seit 1851.
Jnstns Freiherr v. Liebig zuMünchen, seit 1851. (Zuvor Correspondent, seit 1840.)
Heinrich Rathke zu Königsberg, seit 1851.
Friedrich Tiedemann zu München, seit 1851. (Zuvor Correspondent, seit 1816.)
Ernst Heinrich Weber zu Leipzig, seit 1851.
Carl Friedrich Theodor Krause zu Hannover, seit 1852.
Wilhelm Haidinger zu Wien, seit 1853. v
DER KÖNIGLICHER GESELLSCHAFT DER: ^M^ENSCHAPTEN. XLIII
Carl Friedrich Naumann zu Leipzig, seit 1853.
Robert Bansen zu Heidelberg, seit 1855.
felic de Beaumont zu Paria, seit 1855.
Heinrich Rose zu Berlin, seit 1856.
Gustav Rose zu Berlin, seit 1856.
E. Mitscherlich zu Berlin, seit 1857.
G. Magnus zu Berlin, seit 1857.
G. Forchhammer zu Kopenhagen, seit 1857.
Mathematische Glasse.
Sir David Brewster zu Edinburgh, seit 1826.
J. F. Encke zu Berlin, seit 1830.
F. G. W. Struye zu St. Petersburg, seit 1835.
Mich. Faraday zu London, seit 1835.
Jon. Plana zu Turin, seit 1837.
Sir John Hersche) zu Collingwood, seit 1840. (Zuvor Correspondent, seit 1815.)
U. J. Leverrier zu Paris, seit 1846.
P. A. Hansen zu Gotha, seit 1848.
Francesco Carlini zu Mailand, seit 1851.
George Biddell Airy zu Green wich, seit 1851.
Charles Wheatstone zu London, seit 1854.
Joseph Liouville zu Paris, seit 1856.
E. Kurikmer zu Berlin, seit 1856. (Zuvor Correspondent, seit 1851.)
F. E. Neumann zu Königsberg, seit 1856.
Historisch-philologische Glasse.
Fr. Gottl. W elcker zu Bonn, seit 1819. (Zuvor hiesiges ordentl. Mitglied, seit 1817.)
Jacob Grimm zu Berlin, seit 1837. (Zuvor Correspondent, seit 1835; hiesiges
ordentl. Mitglied, seit 1830.)
Wilhelm Grimm zu Berlin, seit 1837. (Zuvor Correspondent, seit 1825; hie-
siges ordentliches Mitglied, seit 1830.)
A. Boeckh zu Berlin, seit 1830.
F. C.Dahlmannzu Bonn, seit 1837. (Zuvor hiesiges ordentliches Mitglied, seit 1832.)
Em. Bekker zu Berlin, seit 1835.
Ed. Gerhard zu Berlin, seit 1835.
Fr. von Thiersch zu München, seit 1835.
G. H. Pertz zu Berlin, seit 1837.
C. B. Hase zu Paris, seit 1837.
f2
xuv / . . «nmcmass her uneuMUUbijwü'A nun
Francoia Goizot zu Paris« seit 1841.
Friedr. Creozer zo Heidelberg, seit 1844.
Horice Haymin Wilson zn Oxford, teil 4850.
Christian August Brandis zu Bonn, seit 1851.
Victor Cousin zu Paris, seit 1851. . »>
Graf Bartoloaseo Borghesi zu San Marino« seit 1851. ..!
Christian August Lobeck zu Königsberg, seit 1851, . >
Carl Ritter zu Berlin, seit 1851. (Zoror Cprrcsp— dcnt, seit lflUO») . ->
J. M. Lappenberg zu Hamburg, seit 1851. (Zuvor Correspondent , seit 1837.)
Leopold Ranke zu Berlin, seit 1851.
Jifstus Olshausen zu Königsberg, seit 1853»
Franz Bopp zu Berlin, seit 1854.
Celestino Cavedoni zu Moden«, seit 1854.
Ludwig Döderlein zu Erlangen, seit 1854.
C. C. J. Bunsen zu Heidelberg, seit 1855.
Coi-respondentoii. j
Physikalische Classe.
Graf C. Philibert de Lasteyrie zu Paris, seit 1801. *
Wilhelm von Freygang zu Venedig, seit 1805.
C. A. Gaillardot zu Paris, seit 1805.
Carl Cäsar von Leonhard au Heidelberg, .seit 1806.
Jens Weibel Neergaard zu Kopenhagen, seit 1806.
J. Izarn zu Paris, seit 1807.
J. Garnier zu Paris, seit 1806.
D. G. Kieser zu Jena, seit 1806.
August von Vogel zu München, seit 1816%
'Wilhelm Sachse zu Ludwigslust, seit 1883.
Benjanrin Travers zu London, seit 1898.
W. Lawrence zu London, seit 1835.
G. H. Bergmann zu Hildesheim, seit 1837.
E. Eichwald zu St Petersburg, seit 1841.
John Farbe s zu London, seit 1842.
Robert Willis zu London, seit 1844.
Di Medicis Spada zu Rom, seit 1847.
Carl Theodor von Siebold zu München, seit 1850.
Hermann Stannius zu Rostock, seit 1850.
. I
* ■ t
t
»Y IBBIÄÖNIUJGHBN /GESELLSCHAFT DBRAVI8aEH8CHAITER; / . XLV
Theodor Schwann zaLü«^, »eü ifl53.
Theodor Ludwig Wilhelm Biachoff zu München; seit 1853.
Theodor Scheerer zu Freiberg, seit 1853.
Wilhelm Dunker zu Marburg, seit 1853,
G. Andr. Carl Staedeler zu Zürich, seit 1853.
■ .*■•*. * ■
Hermanu Kopp zu Giessen, seit 1855.
Anton Schrötter zu Wien, seit 1856.
J. Pelouze zu Paris, seit 1856.
Henri Sainte Ciaire Derille zu Paris, seit 1856.
Axel Erdmann zu Stockholm , seit 1857.
L. Zeuschner zu Krakau, seit 1857.
Mathematische Classe.
Carl von Hadaly v. Hada zu Presburg, seit 1801.
Athanasius Stoikowitz zu Charkow, seit 1802.
Eduard Sabine zu London, seit 1823.
C. W. Gerling zu Marburg, seit 1830.
A. Quetelet zu Brüssel, seit 1837.
C. A. Stein heil zu München, seit 1837.
A. Th. Kupffer zu St. Petersburg, seit 1840.
Chr. Hansteen zu Christiania, seit 1840.
Carl Kreil zu Wien, seit 1841.
Heinr. Buff zu Giessen, seit 1842.
Humphrey Lloyd zu Dublin, seit 1843.
A. F. Möbius zu Leipzig, seit 1846.
F. G. A. Argelander zu Bonn, seit 1846.
C. A. F. Peters zu Altona, seit 1851.
John Couch Adams zu Cambridge, seit 1851.
Thomas Clausen zu Dorpat , seit 1854.
Johann Christian Poggendorff zu Berlin, seit 1854.
Carl Rümker zu Hamburg, seit 1854.
Ludwig Seidel zu München, seit 1854.
Georg Rosenhain zu Königsberg, seit 1856.
C. Weierstrass zu Berlin, seit 1856.
Otto Hesse zu Heidelberg, seit 1856.
Peter Riesa zu Berlin, seit 1856.
Rudolph Kohlrausch zu Erlangen, seit 1856.
*.
; •
♦
XLVI VERZEKHN1SS DER MITGLIEDER DER KÖR« GEflKLLS. DER WISSENS.
Historisch -philologische C lasse.
J. Jac. Champollion Figeac zu Paris, seit 1812.
Wuk Steph. Karadchitseh zu Wien, seit 1885.
G. Dorn-Seiffen zu Utrecht, seit 1826.
Freiherr C. L. yon Lützow zo Schwerin, seit 1835.
G. L. Ton Manrer zu Mönchen, seit 1835.
J. H. W. Küper zu London, seit 1837.
A. Hnber zn Wernigerode, seit 1837.
G. W. Nitzsch zn Leipzig, seit 1837.
Ferd. Jos. Wolf zn Wien, seit 1841.
F. E. G. Ronlez zn Gent, seit 1844.
Jacob Geel zn Leiden, seit 1850.
Christ. Lassen zn Bonn, seit 1850.
G. Fr. Schömann zn Greifswalde, seit 1850.
Job. Friedr. Böhmer zn Frankfurt a. M., seit 1853.
Rad. Roth zn Tübingen, seit 1853.
Adolf Friedr. Heinr. Schanmann zn Hannover, seit 1853.
Friedrich Tuch zu Leipzig, seit 1853.
Gottfried Bernhardy zu Halle, seit 1854.
Friedrich Ritschi zu Bonn, seit 1854.
Paul Joseph Schafarik zu Prag, seit 1855.
Wilhelm Wackernagel zu Basel, seit 1855.
Joseph Chmel zn Wien, seit 1857.
August Dillmann zn Kiel, seit 1857.
J. G. Droysen zu Jena, seit 1857.
Moriz Haupt zu Berlin, seit 1857.
Wilhelm Henzen zu Rom, seit 1857.
Karl Hegel zu Erlangen, seit 1857.
G. C. F. Lisch zn Schwerin, seit 1857.
Otto Jahn zu Bonn, seit 1857.
Theodor Mommsen zn Breslau, seit 1857.
A. R. Ran gäbe zu Athen, seit 1857.
C F. too Stalin zu Stuttgart, seit 1857.
INHALT,
XLVU
Vorrede, von Joh. Friedr. Ludw. Hausmann Seite III
Verzeichniss der Mitglieder der Königlichen . Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen am Schiasse des Jahres 1857
Abhandlungen der physikalischen Classe.
Joh. Friedr. Ludw. Hausmann, über die durch Molekularbewegungen
in starren leblosen Körpern bewirkten Formveränderungen.
Zweite Abhandlung
Joh. Wüh. Heinr. Conradi, Bemerkungen über die medicinischen Grund-
sätze der Koischen und Knidischen Schule
A. Grisebach, systematische Untersuchungen über die Vegetation der
Karaiben, insbesondere der Insel Guadeloupe, nach den
. Sammlungen Duchassaing's
H. Samte Ciaire Deville und F. Wähler, über das Bor
W. Sartorius v. Waltershausen, über die Krystallformen des Bors
H. Buff und F. Wähler, über neue Verbindungen des Siliciums
XU
131
151
287
297
329
Abhandlungen der mathematischen Classe.
Bernhard Biemann, Beiträge zur Theorie der durch die Gauss'sche
Reihe F (<x, 0, y, x) darstellbaren Functionen 3
XLVHI INHALT.
Abhandinngen der historisch-philologischen Classe.
H. Ewald, Erklärung der grossen Phönikischen Inschrift von Sidon and
einer Aegyptisch - Aramäischen , mit den zuverlässigen Ab-
bildern beider Seite 3
Ueber die neuentdeckte Phönikische Inschrift von Malta 66
Znsätze 1 45
Georg Waüz, über die Anfänge der Vassallität 69
Die bei diesem Bande befindlichen Tafeln gehören zn folgenden Abhand-
lungen :
der physikalischen Classe,
W. Sartorius v. Waltershausen , Ober die Krystallformen des Bors;
der historisch-philologischen Classe,
H. Ewald, Erklärung der grossen Phönikischen Inschrift von Sidon und einer
Aegyptisch- Aramäischen, mit den zuverlässigen Abbildern beider.
ABHANDLUNGEN
DER
PHYSICALISCHEN CLASSE
••
DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN.
SIEBENTER BAND.
Phgt. Cla$$e. VII.
Über die
durch Molekularbewegungen in starren leblosen
Körpern bewirkten Formveränderungen.
Von
4oh. Friedr. Ludw. Hausmann.
Zweite Abhandlung l).
Im Auszüge vorgelesen in der Sitzung der Königlichen Sociclit der Wimeoichifleii
*m 24. NoTember 1855.
2. Molekularbewegungen im Gefolge von chemischen Veränderungen.
§■ »2-
Verschiedenheit der Mischlingsveränderungen welche Molekularbewegungen veranlassen.
D»
Jass die im Gefolge von Mischungsveränderungen erfolgenden, in starren
leblosen Körpern auf die Form verändernd einwirkenden Molekularbewegun-
gen, besonders häufig und in vorzüglich grosser Hannichfaltigkeit auftreten,
wird man erwarten dürfen. Sehr oft ist dabei die Wirkung höherer Tempe-
raturen mit im Spiele; es gehen aber auch oft Mischungs - und Formverände-
rungen ohne Aufhebung der Rigidität bei gewöhnlicher Temperatur vor. Im
ersteren Falle pflegen die Veränderungen rascher, im letzteren langsamer, ja
oft sehr langsam zu erfolgen. Es wird am Passendsten seyn, die Formver-
änderungen nach den Hauptmodificationen der Mischungsveränderungen zu be-
trachten, in deren Gefolge sie erscheinen. Die letzteren kann man, wie
bereits im lsten §. bemerkt worden, in drei Glossen vertbeilen, je nachdem
eine Aufnahme von Bestandtheilen , oder eine Ausscheidung derselben, oder
Beides, also ein Austausch von Bestandtheilen statt findet In einzelnen Fällen
I) Diese zweite Abhandlung schliessl sich unmittelbar der ersten, im sechsten Bande
der Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Götlingen
S. 139—186 abgedruckten, an.
A2
4 JOH. FR1EDR. LÜDW. ÖAUSMANN,
kann es allerdings zweifelhaft seyn, zu welcher von diesen Classen eine
Mischungsveränderung gezählt werden muss.
A. Fpravertnderaogen im Gefolge einer Aufnahme von Beslandlheilen.
§. 13.
Bedeutung verschiedener Bestandtheile in Besiehung auf Formeeränderungen.
Wie unter allen einfachen Stoffen der Sauerstoff Oberhaupt die wichtigste
Rolle in der Natur spielt, und derjenige ist, der die mannichfaltigsten Verbin-
dungen eingehet, so ist er auch von grösster Bedeutung bei den chemischen
Veränderungen, welche leblose Körper im rigiden Zustande in Verbindung mit
Formveränderungen erleiden. Nächst ihm sind in dieser Hinsicht Wasser und
Kohlensäure besonders thätig, die auch nicht selten im Verein mit Sauerstoff
solche Mischungsveränderungen bewirken. Dass gerade diese Substanzen so
einflussreich sind, liegt vorzüglich mit darin, dass die Atmosphäre dieselben
enthält, wodurch sie am Häufigsten und Leichtesten mit anderen Körpern in
Berührung kommen. Von den Metalloiden, durch deren Aufnahme, ausser
dem Sauerstoffe, dann und wann Formveränderungen bei rigidem Aggregat-
zustande herbeigeführt werden, sind besonders Kohlenstoff und Schwefel zu
erwähnen. Von geringem Belange sind in dieser Hinsicht Chlor, Brom. Von
Metallen gehört, als flüchtiger Körper, das Zink hierher.
§. 14.
Bildung von Magneteisen und Eisenoxyd aus Stab- und Roheisen.
Wenn man auf glühenden Eisendrath in einem Porzellanrohr einen Strom
von Wasserdampf wirken lässt, so bildet sich eine von dem Drathe sich
ablösende Rinde, welche aus einer Zusammenhäufung von zahllosen kleinen
Krystallen von Magneteisen besteht, die gewöhnlich undeutlich sind, aber
nnter der Loupe betrachtet, zuweilen das reguläre Oktaeder deutlich erkennen
lassen. Hit der Bildung der Krystallriode ist eine nicht unbedeutende Volu-
menvergrösserung verbunden, daher die vor dem Versuche zu einem Bündel
lose vereinigten Drathstränge , nach demselben eine feste Verbindung darstel-
len. Die Bewegung der kleinsten Tbeile des Eisens und die Bildung der
Krystalle hat aber ohne Aufhebung des rigiden AggregaUustandes statt gefunden.
ÜBER DIE IN STABSENiLBBUKEN 1ÖRPERN 1EWIKMEN PORMVERÄND. 5
Etwas Ähnliches erfolgt bei Roheiten welches glühend mit Wasöerdämpfen
in Berührung kommt Bei manchen Eisenhohöfen, welche eine tiefe Lage
haben , legt man, um die von unten hinauf dringende Feuchtigkeit vom Bedenk
stein möglichst abzuhalten, unter denselben eine starke gegossene Eisenplatte.
Mehrere Zolle unter dieser Platte befindet sich der sogenannte verlorene Bo-
den, dessen oberer Theil ebenfalls durch eine Eisenplatte begränat ist. Zwi-
schen beiden Platten ist Sand gestampft Bei dem Betriebe des Ofens erglühen
diese Platten, zersetzen die sie berührenden Wasserdämpfe, und nehmen den
Sauerstoff in sieb auf. Auf solche Weise werden Roheisenplatten , welche
eine Stärke von 3 Zoll haben, nach 6—10 Jahren durch und durch in Eteen-
oxyd- Oxydul umgeändert, und ihre unteren Flächen, mit deneji die Wasser-
dämpfe in unmittelbare Berührung kamen , sind oft mit den schönsten Kiystallen
besetzt L). Auch an der unteren Seite der Frischböden, da wo diese mit
Wasserdämpfen in Berührung kommen, nimmt man die Bildung von Hagnet-
eisen -Kry stallen wahr2).
Wird Eisen — sowohl Roheisen als auch geschmeidiges — unter Zutritt
von trockner Luft geglühet, so geht ebenfalls Eisenoxyd - Oxydul hervor,
welches durch längeres Glühen in Eisenoxyd sich verwandelt 3). Ich besitze
ein y2 Zoll starkes Stück von einem stabeisernen Anker aus einem Blech*
glühofen zu Zorge am Harz, der viele Jahre der Glühhitze ausgesetzt gewesen
und durch und durch in Eisenoxyd -Oxydul, und an der dem Feuer ausge-
setzten Oberfläche, in Eisenoxyd umgewandelt worden. Nach Aussen hat
sich eine kry stallinisch-stän gliche Lage von der Stärke einer Linie gebildet;
in welcher die dünnstänglich abgesonderten Stücke des Magneteisens rechtwin-
kelig gegen die Oberfläche gerichtet sind, wogegen der übrige Theil der
Hasse kry stallinisch - körnig erscheint
In einer Sammlung von Stücken bei dem grossen Hamburger Brande im
Mai 1842, durch die Gluth veränderter Körper, welche die Königliche Societät
i i V '
1) Beiträge zur Kennüuse krystaHinischer Rü Neuprodukte von Friedrich Koch.
1822. S.22.
2) Koch, a. a. 0. S. 23.
6 ■.'/*•.?-■::■■" / *0H. FMBDR. LÜDW- HAWMAIWI, ! • '". ■-. Mi
dem verstorbenen Kaiserlich Russischen Minister von StruVe verdankt, und
die im hiesigen Academischen Museo aufbewahrt werden, befinden sich mehrere
Eisensachen, welche in verschiedenem Grade umgeändert worden. Ein Bändel
eiserner Packnadeln zeigt die einzelnen im Ganzen noch unverändert, bis auf
eine oxydirte Rinde, durch welche sie wie zusammengeschweisst sind, so
dass sie durch starke Hammerschläge nicht von einander getrennt werden
können. Starke Bündel von dünnem Eisendrath lassen auch noch die Form
des Drathes vollkommen erkennen, dieser ist aber ganz und gar oxydirt, so
dass sich gewissermaassan eine Pseudomorphose von oxydirtem Eisen nach
Eisendrath darstellt Die einzelnen Stränge sind eben so fest, wie jene Pack«
nadeln, anter , einander verbunden. Unter der Loupe betrachtet erscheinen sie
aus zylindrischen Schaalen bestehend, welche bei vielen im Innern hohl sind.
Die umgeänderte Masse hat das Ansehn von Magneteisen, wird auch vom
Magnete stark angezogen, giebt aber ein rothbraunes Pulver, welches beweist,
dass nicht das Ganze aus Eisenoxyd - Oxydul besteht, sondern dass ein Theil
in Eisenoxyd umgewandelt worden. Krystallinisch erscheint die Masse, aber
deutliche Krystalle werden nicht wahrgenommen. Eine ähnliche Umänderung
zeigt ein Haufen kurzer eiserner Nägel, die ihre ursprüngliche Form noch
ziemlich deutlich erkennen lassen, aber nun fest unter einander verbunden
sind. Sie erscheinen mehr und weniger aufgequollen, und stellen, gleich dem
umgeänderten Drathe, schaalige Bildung, zum Theil auch Höhlungen im Innern
dar. Im Innern ist die eisenschwarze Masse krystallinisch und glänzend; die
Oberfläche der metamorphosirten Nägel erscheint dagegen durch eine Beklei-
dung mit mikroskopischen Krystallen, sammetartig schimmernd. Die Masse
verhält sich übrigens wie die des umgeänderten Drathes. Hier wird es deut-
lich erkannt, dass die Nägel durch Einwirkung der Gluth in Eisenoxyd - Oxydul
umgewandelt wurden, und dass aus diesem, bei fortgesetzter Glühhitze, Eisen-
oxyd hervorgieng, welches den zarten, krystallinischen Überzug bildete.
Dieser giebt ein rothbraunes, die innere Masse dagegen ein schwarzes Pulver.
Mit der von Aussen nach Innen fortschreitenden Oxydation des Eisens war
eine Volumenvergrösserung verknüpft. Durch die Bewegung der kleinsten
Theile nach Aussen wurden die in Eisenoxyd - Oxydul sich umwandelnden
einzelnen Drathstränge und Nägel nicht allein einander mehr genähert, son-
Ober dos in starrer leblosen Körpern bewirkten formveründ. y
dem durch die gegenseitige Anziehung der in Berührung gekommenen gleich-
artigen Theile sogar in feste Verbindung gebracht, wovon die Bildung schaa-
liger Absonderungen Folge war. Zorn Theil schritt die Bewegung nach
Aussen so weit fort, dass im Innern der Drathstränge und Nägel Höhlungen
entstanden. Im Ganzen ist weder an dem umgewandelten Drath, noch an
den umgeänderten Nägeln eine Schmelzung wahrzunehmen; nur an einigen
Stellen des Haufwerkes der letzteren zeigen sich Spuren derselben1).
§. 15.
Umwandlung ton Magneteisen in Eisenglanz
Im vorhergehenden §. ist bemerkt worden, dass aus Eisenoxyd -Oxydul
unter Einwirkung von Glühhitze Eisenoxyd werden kann. Bildet das Eisen-
oxyd- Oxydul Kry stalle, so ist es möglich, dass die Umwandlung vor sich
gehet , ohne dass die krystallinische Form eine Änderung erleidet^ Auf solche
Weise ist die Bildung der Pseudomorphosen von Eisenglanz nach Magneteisem
zu erklären, welche so ausgezeichnet in Brasilien vorkommen, und zuerst von
Haidinger in seiner wichtigen Abhandlung über die Veränderungen, welche
gewisse Mineralkörper mit Beibehaltung ihrer äusseren Form erleiden, be-
schrieben worden2). Sehr schöne Afterkrystalle in der Form grosser regu-
1) Bei dieser Gelegenheit mag die merkwürdige Bildung von krystallisirtem Eisen~
Chrysolith (Eisenoxydul -Silicat) erwähnt werden, welche sich an einem Stücke
der oben genannten Sammlung zeigt, wiewohl sie nicht in die Kategorie der
hier betrachteten Erscheinungen gehört. Grosse eiserne Nägel sind von einer
geschmolzenen Masse umgeben , welche sich ganz wie .Eisenfrischschlacke ver-
hält. An einigen Stellen befinden sich Drusenräume, die mit netten, stark
glänzenden Krystallen von Eisenchrysolith, in der gewöhnlichsten Form von
Dysdyoädern, ausgekleidet sind. Einzelne Brocken von weissem, gefrittetem
Sandstein, welche von der Schlacke umgeben sind, die auch in dieselben gang-
förmig, ganz auf ähnliche Weise eingedrungen sich zeigt, wie man es zuweilen
an Gestellsteinen von Eisenhohöfen sieht, geben Aufschluss darüber, woher die
Kieselerde rührt, welche sich mit dem von den eisernen Nägeln dargebotenen
Eisenoxydul zum Silicat verbunden hat.
2) Aus den Transactions of the royal Society of Edinburgh für 1827 in Poggen-
dorffs Annalen. Bd. XL S. 188.
8 JQH. FRIEDR. LÜDW. HAUSMANN,
lärer Oktaeder, von Inficionado in der Provinz Minas Geraes verdanke ich
der Gute meiner Freunde von Olfers und von Eschwege. Durch das
rothbraune Pulver geben sie sich als Eisenglanz zu erkennen, und von Ko-
bell's Untersuchung hat gezeigt, dass sie wirklich ganz aus Eisenoxyd be-
stehen. Dass die Krystalle aber Pseudomorphosen sind, und keinen Anspruch
darauf haben, nach Breithaupt für eine besondere, von ihm mit dem Namen
Mar tu belegte Mineral -Species zu gelten, wird durch die ungleiche Beschaf-
fenheit des Innern derselben bewiesen. Bei manchen hat sich nicht bloss die
oktaedrische äussere Form, sondern auch das den Oktaederflächen entsprechende
blätterige Gefüge erhalten, wogegen bei anderen, wie Haidinger bemerkt
hat, das Innere als ein Aggregat kleiner Eisenglanzkrystalle erscheint, in
welchem Falle die Wirkung der Molekularbewegungen am Augenscheinlichsten
ist. Diese ergiebt sich übrigens auch aus der Veränderung der Dichtigkeit.
Das specifische Gewicht eines Oktaeders von Magneteisenstein aus Tyrol fand
ich 5,177, wogegen das eigenthümliche Gewicht der Eisenglanz - Pseudomor-
phosen zu 4,729 von mir bestimmt wurde, welches niedriger ist als das ge-
wöhnliche specifische Gewicht von Eisenglanzkry stallen , und zwischen dem
eigentümlichen Gewichte des Eisenglimmers und fasrigen Rotheisensteins in
der Mitte steht.
Eine ganz ähnliche Umwandlung von Magneteisenstein in Eisenglanz hat
mein verewigter Freund Koch auf den Eisensteinslagern in der Gegend des
Obernsee s in Nordamerika beobachtet. Seiner Güte verdanke ich Stücke von
Marquette Location in Marquette County auf der Halbinsel Michigan, welche
als Belege für seine Angabe dienen können, dass der dortige krystallinisch-
körnige Eisenglanz ein Aggregat regulärer Oktaeder darstellt *).
§. 16.
Umwandhing von Kupfer in Kupferoxydul
Zu den Metallen welche besonders oft die Gelegenheit darbieten, sich
von Molekularbewegungen, welche durch die Verbindung mit Sauerstoff ohne
1) Die Mineral-Regionen der oberen Halbinsel Michigan's (N. A.) am Lake Superior
von Fr. C. L. Koch, in den Studien des Göttingischen Vereins Bergmännischer
Freunde. VI. S. 44.
#BBR MB IN STABIBR TIMMEN KÖRPERN MWUWTBN FORMVBRÄND. 9
t
Aufbebqng der Rigidität veranlasst werden, zu überzeugen, gehört da» Kuppm
Dttw^i Oxydation desselben , mag es rein oder mit anderen Metallen verbog*
den sep^ bildet srehäehr gewöhnlich Kupferroth {Kupfer oaydulj , welches in
ochriger Form die Oberfläche zu bekleiden pflegt; zuweilen aber auch m
vollkommenen Krystallen bervortri|t. John Davy hatte bei seinem Aufent-*
halte puf den Jonischen Inseln Gelegenheit, die Veränderungen näher zu unter-
suchen, welche einige griechische Alterthümer mit der Zeit erlitten hatten. Ein
antiker Beim , der an einer • seichten Stelle im Meere gefunden /worden , und
dessen Metall aus Kupfer und 18,5 Procent Zinn bestand, wair mit basisch-
salzsaurem und kohlensaurem Kupfer, Zinnoxyd und Oktaedern von Kupfer*
oxydul und reinem Kupfermetall bekleidet An alten Münzen zeigten sieb
ähnliche Erscheinungen , nur war kein metallisches Kupfer aasgeschieden»
John Davy bemerkt bei dieser Gelegenheit) dass, da die Substanzen, aus
welchen die Kry stalle erzeugt wurden, sich nicht in Auflösung befanden, die*
Bildung dieser einer inneren Bewegung der Theflchen zugeschrieben werden:
müsse, erzeugt durch die vereinte Wirkung der chemischen Verwandtschaften,
der elektrochemischen Attractionen und der Cohäsionskräfte l). NöggeratV
hat ebenfalls Bemerkungen über die Bildung von Krystallen von Kupferoxydul
an antiken Arbeiten aus Kupfer und Bronze mitgetheilt 2) ; und ich selbst habe
Gelegenheit zu ähnlichen Beobachtungen gehabt Ich wiederhole hier die
früher von mir mitgetheilten Bemerkungen über die Umänderung von aus dem
Mittelalter stammenden, wahrscheinlich im dreißigjährigen Kriege nach Göt-
tingen gekommenen, kupferhflltigen Silbermünzen, welche sich im Jahre 1820
bei dem Abbruche des alten Cbmmandantenhausee fanden 5)- An diesen Muri*
zeil verhüllt ein aus Kupfergrün und Kupferlasur bestehender Überzug das
Gepräge. Viele Stücke waren dadurch so fest verkittet, dass sie nur mit
einigem Kraftaufwand e, vermittelst eines Messers, von einander gelöst werden
konnten. Bei genauerer Untersuchung und durch Behandlung mit Salpetersäure,
gab dich zu erkennen, dass die nach völliger Reinigung stlherweiss ersehet
■■■■ ■ ■ . ■ w^mm *+mm p— ^^y»»».
--(
1) Annais of philosophy. N. S. X, 465. Poggeridorff* Annalen. VI. 514.
2) Söhweigger's Journal. N. «L Xffl. 129. «:
3) Göttingische gelehrte Anzeigen. 1829. S. 2006.
J%t . Classe. VII. B
10 / •■ JOB. FRIEDR. LÜDW. HASSMANN,
t '
nende Oberfläche, zunächst zum Theil von einer höchst zarten Kupferhaut
überzogen ist, die, nachdem die äussere Hülle des kohlensauren Kupfers
unter Aufbrausen zerstört worden, von mattem, rothbraunem Kupferoxydul
bedeckt erscheint, aber durch das Streichen mit einem Messer sich metallisch
glänzend und kupferroth darstellt Das Kupferoxydul zeigt sich nicht selten
an einzelnen Stellen in krystallinischen Theilen, und selbst in netten Krystall-
Individuen von lebhaftem Glänze und dunkel coschenillrother Farbe, die wohl
eine Grösse von l/+ Linie erreichen, und unter denen reguläre Oktaeder und
Würfel erkannt wurden. Das kristallinische Kupferoxydul pflegt mehr in der
Mitte der Fläche, als gegen den Rand derselben sich zu finden. Kupfergrün
und Kupferlasur bilden gemeinschaftlich den äussersten, gemeiniglich ganz zu-
sammenhängenden Überzug, der am Rande die grösste Stärke zu haben pflegt
Die merkwürdigste Erscheinung, welche die Umänderung jener kupferhaltigen
Silbermünzen zeigt, ist unstreitig die: dass nicht bloss die Oberfläche von
Substanzen bekleidet ist, die aus einer Zersetzung der Legierung hervor-
giengen; sondern dass sich dieselben auch im Innern der Münzen finden.
Wo dieses der Fall ist, lösen sich zarte Scheiben von einander ab, die in der
Mitte wie ausgefressen und hier von einer Haut von Kupferroth überzogen
und mit Kry stallen dieser Substanz besetzt erscheinen , am Rande aber gemei-
niglich das Gepräge auf solche Weise erkennen lassen, dass es auf der eiaen
Fläche erhaben, auf der anderen dagegen vertieft sich darstellt. Auch kohlen-
saures Kupfer befindet sich zuweilen zwischen den einzelnen, abgesonderten
Blättern , besonders in der Nähe des Randes. Das Silber hat auf den von
einander abgelösten Flächen, unter der Loupe betrachtet, ein fein geschupptes
Ansehen und ist, eben so wie an der Oberfläche der Münzen, theils wenig
glänzend, theils nur schimmernd.
Diese Erscheinungen liefern ein ausgezeichnetes Beispiel einer sehr
complicirten Wirkung von Molekularbewegungen bei rigidem Aggregatzustande;
denn diese waren nicht allein bei der Bildung verschiedener Zersetzungs-
producte, von welchen ein Theil Krystalle bildete, thätig; sondern beinahe
noch auffallender zeigt sich ihre Action durch die Aufhebung des Zusammen-
hanges, durch die Bildung von Absonderungen in der früher dichten Me-
tallmasse.
ÜBER DIB IN STARREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 11
Jene unzweideutige Entstehung von Kupferoxydul aus kupferbaltigen
Kunstproducten macht es zugleich um so wahrscheinlicher, dass wenigstens
ein bedeutender Theil des in der Natur sich findenden Kupferrothes , aus ge-
diegenem Kupfer hervorgegangen ist, welches nicht selten in der Umgebung
des ersteren gefunden wird. Besonders lehrreiche Beobachtungen hierüber
hat Gustav Rose mitgetheilt *) , der dadurch zu derselben Annahme gelangt
ist, zu welcher meine eigenen Beobachtungen an Kunst- wie an Naturpro-
ducten geführt haben: dass aus dem Kupfer zunächst durch Oxydation Kupfer-
roth hervorgeht, welches später erst in kohlensaures Kupfer umgewandelt
wird. Ein Beispiel von einer ganz neuen Entstehung von Kupferroth aus ge-
diegenem Kupfer bietet der Rammeisberg bei Goslar dar, wo in dem soge-
nannten Alten Manne Kupfer aus Kupfervitriol enthaltendem Wasser durch
Eisen, welches zufällig damit in Berührung kommt, oder auch durch den
reducirenden Einfluss von Holz, ausgeschieden wird, welches sich später zu-
weilen mit den nettesten Krystallen von Kupferroth bekleidet.
§. 17.
Umwandlung von Bleiglanz in Blewitriol.
Die Umwandlung von Bleiglanz in Bleivüriol liefert ein ausgezeichnetes
Beispiel von Formveränderungen, die durch Molekularbewegungen in rigiden
Körpern im Gefolge der Aufnahme von Sauerstoff bewirkt werden. In dem
Bleiglanz sind Blei und Schwefel in einem solchen stöchiometrischen Verhält-
nisse verbunden, dass aus der Umänderung des Bleies in Bleioxyd und des
Schwefels in Schwefelsäure, das Mischungsverhältniss des Bleivitrioles hervor-
geht. Dass unter diesen Umständen die durch Aneignung von Sauerstoff aus
der Luft oder aus dem Wasser veranlasste Bildung des Bleivitrioles zuweilen
mit Beibehaltung der Form des Bleiglanzes erfolgt, kann nicht auffallen. Die
Erzeugung des Bleivitrioles aus Bleiglanz gehet zuweilen rasch vor sich, wenn
höhere Temperatur dieselbe begünstigt. Dieses kommt bei dem Blei glänze
vor, der' sich als Ofenbruch in Schmelzöfen ansetzt, wie solches bei der
Zugutemachung des Bleiglanzes auf den Hütten am Harz nicht selten der Fall
1 ) Mineralogisch - geognostische Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspi-
schen Meere von Gustav Rose. I. S. 272.
B2
12 /JOB. FltlBDR. LDDW. ftAUBMANM, • • «; ;r ;!j
ist. Ich verdanke der Gate des Herrn Hüttenraiters Knocke ausgezeichnete
Stacke von Ofenbrüchen der Lautentbaler Hütte, an welchen die würfelförmi-
gen ^ Blei glanskry stalle mehr und weniger in Blei Vitriol umgewandelt worden.
Die kubische Form zeigt sich im Ganzen unverändert; nur erscheinen die
Flächen aufgetrieben , Kanten und Ecken etwas gerundet , woran eine Bewe*
gung der kleinsten Theile sich deutlich zu erkennen giebL Weniger auffallend
pflegt diese sich da kund zu geben, wo, wie auf den natürlichen Bleiglanz-
lagerstfltten , die Umwandlung des Schwefelbleies in schwefelsaures Bleioxyd
langsam von Statten gehet Doch ist die Wirkung der Molekularbewegungen
auch hier an der gänzlichen Umänderung der Structur zu erkennen , indem ans
dem ausgezeichnet blätterigen Körper mit kubischer Spaltbarkeit/ eine dichte
Hasse mit sehr unvollkommenen Blättefdurchgängen von ganz veränderter
Lage, und vorherrschendem muscheligem, zuweilen dem Unebenen hingeneig-
ten Bruche, geworden ist. Selten hat sich an dem Blei Vitriole , der auf den
Bleiglanzlagerstätten angetroffen wird, die Krystallform des Bleiglanzes erhal-
ten l). Zuweilen verrathen sich seine Blätterdurchgänge durch ihnen ent-
sprechende Risse im Bleivitriol 2). Sehr oft giebt die Art und Weise wie
dieses Salz auf den Lagerstätten des Bleiglanzes vorkommt, wie es mit dem-
selben verwachsen ist und ihn umgiebt, die Überzeugung, dass es ohne Auf-
hebung der Rigidität da entstanden ist, wo es sich findet Freilich ist nicht
selten das Vorkommen des Bleivitrioles und zumal seiner Kry stalle, von der
Art, dass man die Bildung aus einer Auflösung annehmen muss. Dieses ist
da der Fall, wo die Krystalle des Bleivitrioles in Höhlungen des Bleiglanzes,
oder in früher von Bleiglanz oder von einem anderen Minerale ausgefällten
Räumen des begleitenden Gesteins, aufgewachsen sich finden. Da der Blei-
vitriol in Wasser etwas auflöslich ist, so wird man annehmen dürfen, dass er
nach seiner Entstehung allmählig von Wasser aufgenommen wurde, und spä-
ter, bald in grösserer, bald in geringerer Entfernung von der Stelle seines
Ursprunges, sich daraus wieder abgesetzt hat. Die bei dem Vitriolesciren von
1) Die Pseudomorphosen des Mineralreichs, von Blum. S. 32.
2) Haidinger, über die Veränderungen, welche Mineralien mit Beibehaltung
ihrer äusseren Form erleiden, in Poggendorffs Annalen. XL S. 367.
ÜBER DIB IN STARRET LUL08EN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERiND. 13
•
Schwefel- und Wasserkies entstehende freie Schwefelsäure, mag auch zu-
weilen wohl zur Bildung von Bleivitriol Veranlassung geben. Auf mehreren
Bleiglanz führenden Gingen des Harzes , zumal auf einigen Gruben des Zeller-
felder Hauptzuges und bei Tanne/ so wie auch auf der Grube Knien berg
unweit Musen im Siegenschen, hat man Gelegenheit beide Arten der Bildung
des Bleivitrioles zu verfolgen. Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung
ausserdem das Vorkommen des Bleivitrioles auf den Lagerstätten des Bleiglanzes
zu Leadhills in Schottland1).
§• 18.
Bildung von Chlor- und Bromsilber.
Weit seltener als Sauerstoff geben Chlor und Brom Veranlassung , dass
in starren Körpern Molekularbewegungen vorgehen, wodurch die Form der-
selben eine Umänderung erleidet Herr Finanzrath Brüel zu Hannover hat
an Griechischen und Römischen Münzen die merkwürdige Auffindung eines
Gehaltes von Chlor- und Bromsilber gemacht, wobei zugleich das Innere der
Münzen auffallend verändert worden 2). An Griechischen Münzen von Neapolis,
Hyela, Heraclea, war der Bruch blätterig -körnig, mit einer Anlage zur
schieferigen Absonderung. Eine Münze von Heraclea zerbrach leicht und
glänzte, wie eine andere von Hyela, auf dem Bruche mehr seidenartig als
metallisch. An den untersuchten Römischen Münzen, die ebenfalls sehr zer-
brechlich waren, zeigte sich schieferige Absonderung und ein körniger, wenig
glänzender Bruch der einzelnen Schiefer, deren Oberfläche mehr Perlmuttor-
als Metallglanz besass. Herr Finanzrath Brüel überzeugte sich davon, dass
nicht bloss die Oberfläche der Münzen Chlor und Brom enthielten, sondern
dass diese Stoffe auch in das Innere eingedrungen waren. Von der Hyela
1) Vergl. Observation on the Formation of the various Lead-Spars, by Mr. James
B r a i d , i. d. Memoire of the Wernerian natural history Society. IV. p. 508.
Haidinger, a. a. 0.
2) Untersuchungen Ober die chemische Zusammensetzung aller Münzen und über
Umänderungen, welche die Bestandteile und der Aggregatzustand von Münzen
erleiden. Von W. Brüel. In den Studien des Gftttingischeti Vereint Berg-
männischer Freunde. V. S. 186 &
14 -..'<'.: : las. TRI B DR. LDDW. HAU8MARH,!
■ i
war das Chlorsilber durch Behandlang mit Ammoniac so gut abgelöst, das?
sie auf ihrer ganzen Oberfläche silberweiss erschien; sie war ntra matt glän-
zend and sah aus, als Wäre sie mit einer unendlichen Menge mikroskopische?
Krystalle bedeckt. Sie hatte 10 Procent am Gewichte abgenommen, aber
dieses Vio bestand nicht allein in Chlorsilber und Bromsilber, sondern auch
in Zinnoxyd und metallischem Silber, letzteres in der Form von deutlich er-
kennbaren Oktaädern, welche durch das Ammoniac ihres Bindemittels beraubt
waren. Bei dem Auflösen der, von der Chlorsilberhülle befreieten Hyela in
Salpetersäure > sonderten sich noch gegen 3 Procent Chlor- und Bromsilber
aus. Dass Chlor und Brom von Aussen eindrangen, und dass die Umwand-
lung des Aggregatzustandes der Münzen eine Folge von der in ihnen vorge-
gangenen Mischungsveränderung war, kann wohl nicht bezweifelt werden.
Auch tritt die Wirkung von Molekularbewegungen hier eben so auffallend
hervor, als bei der oben beschriebenen Umänderung, welche die zu Göttingen
gefundenen Münzen erlitten hatten. Durch jene Bildung von Chlor- und
Bromsilber wird zugleich ein Licht geworfen auf die Erzeugung dieser Ver-
bindungen auf Erzgängen, auf welchen sie in oberen Teufen vorzukommen
pflegen, und wohl ohne Zweifel ans gediegenem Silber entstehen1).
§. 19.
Umwandlung von Silber in Silberglan*.
Wie der Wasserstoff zuweilen den Schwefel aus Sulpiriden entführt, so
kann er anderer Seits auch das Mittel seyn, wodurch anderen Substanzen
Schwefel zugeführt wird. Dieses ist namentlich bei dem Silber der Fall,
welches dadurch, dass Schwefelwasserstoff damit in Berührung kommt, in
Sckwefelsüber umgewandelt wird. Eine kurze Berührung, wodurch nur eine
zarte Haut von Schwefelsilber gebildet wird, bewirkt das Anlaufen des Silbers
mit Nobili'schen Farben. Durch länger andauernde Wirkung wird die Ober-
fläche schwarz; und durch noch längere Dauer derselben, dringt die Bildung
1) Vergl. u. a. Barkart, Aufenthalt und Reisen in Mexico. II. S.64. 88. Duport,
de la production des m&aux pröcieux au Mexique. Ch. 1. Götting. gel. Anz.
1845. S. 1443. Doraeyko, i. d. Ann. des raines. 3; S. XXIII. 59 ff. Mein
Handbuch der Mineralogie. 2. A. II. 1472.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkikn foriiveränd. 15
von Schwefelsilber aümählig tiefer ein. Der Aggregataistand des Silbers er-
leidet dnreb die Verbindung mit dem Schwefel eine gänzliche Umwandlang!
indem der hakige Brach bald in den unebenen oder muscheligen des dichten
Silberglanzes, bald in die lockere, erdige Masse der Silberschwärze verwan-
delt wird. Die zugleich vorgehende Umänderung der Dichtigkeit entspricht
nicht ganz dem aus dem Quantitätsverhältnisse der Bestandteile und ihren
specifischen Gewichten berechneten Mittel. Wird das eigentümliche Gewicht
des Silbers zu 10,5 und das des Schwefels zu 2 angenommen, so ergiebt
ach, da das Schwefelsilber eine Verbindung von 87,04 Silber und 12,96
Schwefel ist, das specifische Gewicht desselben zu 6,77, wogegen das eigen-
tümliche Gewicht des natürlichen Silberglanzes 7,196 ist Durch die Ein-
wirkung von Schwefelwasserstoff auf gediegenes Silber ist ohne Zweifel ein
bedeutender Theil des Silberglanzes auf Erzgängen hervorgegangen, wofür
die Art, wie der erstere das letztere oft umgiebt und bekleidet, spricht Die
lockere Silberschwärze scheint besonders aus Haarsilber zu entstehen, welches,
wie u. a. auf den oberen Bauen der Grube Katharina Neufang zu St Andreas-
berg, zuweilen in der Umgebung des erdigen Silberglanzes angetroffen wird.
§. 20.
Cämentation des Kupfers mit Schwefel.
Zu den Processen welche oft zur Beobachtung von Formveränderungen
Gelegenheit geben, welche durch Molekularbewegungen in starren Körpern
bewirkt werden, gehört das Cämentiren. Es verdienen in dieser Hinsicht die
Bereitung von Halb -Schwefelkupfer durch Cämentation, die Fabrication des
Cämentstahls , die Darstellung von Legirungen des Kupfers mit Zink durch
Cämentation, eine nähere Betrachtung.
Die Cämentirung des Kupfers mit Schwefel wird für die Bereitung von
Kupfervitriol (sog. Cyprischen Vitriol) angewandt , wie es u. a. zu Fahlun in
Schweden geschieht, wo ich i. J. 1807 Gelegenheit hatte, den Process genauer
kennen zu lernen 1). Auf Kupferblech, welches in einem angemessenen Glühofen
in Rothglühhitze versetzt worden, wird Schwefel gestreuet, dessen Dämpfe in
1) S. meine Reise durch Skandinavien. V. 170.
W JOl. riMBDR. LUDW HAÜBHASH;:
wenigen Minuten in das Kupfer eindringen, und dasselbe in Halb- Schwefel*
kupfer verwandeln. Es findet hierbei durchschnittlich ein Zuwachs von 20
Procent statt, welches mit dem Schwefelgehalte des natürlichen Kupferghmsse$
übereinstimmt, welchem auch das Äussere des cämentirten Kupfers vollkom-
men gleicht Der hakige Bruch des Kupfers erscheint in eine schuppig-*
körtiige Structur umgewandelt, und dabei hat sich eine krystallinisch-sttag~
Hebe Absonderung gebildet, mit einer rechtwinkeligen Stellung der Stängel
gegen die Oberfläche der Bleche. Es zeigt sich dabei oft eine ähnliche Er«*
scheinung , ah* bei der oben beschriebenen Umwandelung des amorphen
Zuckers in krystallkrisöhen , dass nehmÜch in den Blechen eine Absonderung
sich bildet, wodurch sie in zwei Lagen getheilt werden, und ein Ranm zwi-
schen denselben entsteht, welcher die kristallinische Ausbildung der Stängel
an den Boden begünstigt. Die Dichtigkeit der Verbindung von Kupfer und
Schwefel ist grösser, als das berechnete Mittel dasselbe ergiebt. Wird das
speeifische Gewicht des Kupfers zu 8,9, das des Schwefels zu 2 angenommen,
so ergiebt sich, da das Halb - Schwefelkupfer eine Verbindung von 79,78
Kupfer mit 20,27 Schwefel ist, das speeifische Gewicht desselben zu 5,236,
wogegen der natürliche krystallisirte Kupferglanz ein eigenthümliches Gewicht
von 5,76, das künstlich dargestellte Halb-Schwefelkupfer nach Karsten sogar
ein speeifisches Gewicht von 5,9775 hesitzt.
§. 21.
Umwandlung von Eisen in Cämentstahl.
Wird Stabeisen durch Glühen in einem verschlossenen Räume mit koh-
ligen Substanzen in Stahl «verwandelt, wodurch seine physikalischen Eigen-
Schäften eine auffallende Veränderung erleiden , so geht auch mit seiner Form
eine Umänderung vor, woran eine Bewegung der kleinsten Theile, ohne dass
der rigide Aggregatzustand aufgehoben wurde, zu erkennen ist« Die fein-
körnige oder fadige Textur welche das Eisen besass, wird in eine schuppige
verwandelt. Krystallinische Blättchen, die oft einen Durchmesser von einer
Linie und darüber haben, durchkreuzen einander nach den verschiedensten
Richtungen 1). Mit diesem Übergänge der Structur des Stabeisens in ein
1) Vergl. meine Reise durch Skandinavien. IV. S. 234.
Ober die in starben ueblosbn Körpern bewirkten formvbränd. 17
mehr krystallinisches Gefüge, ist eine Volumenvergrösserung vet banden, die
«ch in einer Aiftareibung der äusseren Flächen der Stäbe, nach Reaumnr's
Beobachtung, anch in einer Verlängerung derselben, zu erkennen giebt Das
specifische Gewicht zeigt sich vermindert Hin man fand das eigentümliche
Gewicht Von Weichem, zur Cüknentstahlfabrication bestimmten Bisen 7,698 and
das des daraus gebrannten Stahls 7,265 x). Lewis bestimmte das eigen-
tümliche Gewicht einer rar Stahlfabrication angewandten Stabeisensorte zu
7,795, und das specifiache Gewicht des daraus gehrannten Stahls *u 7,6 18 2).
Ich untersuchte da» feigenthämliche Gewicht des Stabeisens, welches au
Akerby . in Sebwieden i. J. 1807 zur Cämentstahlfabricatioii verwandt wurde,
so wie das specifische Gewicht des daraus dargestellten rohen, noch nicht
ausgereckten3) Cämentstahls , und fand das erstere im Mittel von mehreren
Wägungen 7,7604 und das letztere 7,7118.
§. 22.
Cümenlation des Kupfers mit Zink.
Der unäcbte, oder sogenannte Lyoner Golddrath wird durch eine Cämen-
tation von Kupfer mit Zink bereitet, indem man die Dämpfe des letzteren in
glühende Kupferstangen eindringen läset. Auch bei der Fabrication des Mes-
sing* nach dem älteren Verfahren mit Galmei, erfolgt zuerst eine Cämentation
des glühenden Kupfers mit Zinkdämpfen, worauf dann die cämentirte Masse
in Fluss kommt. Durch diese Cämentation des Kupfers mit Zmk erleidet die
Structur des erstqren ejue auffallende Veränderung, indem der hakige Bruch
des Rothkupfers, in das krystallinisch* feinkörnige Gefüge des Gelbkupfers sich
verwandelt Das Innere desselben stellt sich, unter der Loupe betrachtet,
als eine Zusammenhäufung sehr kleiner Kryßtall? dar, die hin und wieder
1 «
?'
1) Geschichte des Eisens. Übers, von Karsten. I. S. 223.
2) Kars ien's Handbuch der Eisenhüttenkunde. 3. Ausg. I. S. 184. 185.
3} Det Cämentstahl nimmt durch das Schmieden eine grössere Dichtigkeit an, indem
er dadurch sogar specifisch schwerer wird, als das Stabeisen, woraus er ge-
brannt worden. Rio man fand das eigentümliche Gewicht des ausgereckten
Cämentstahls 7,767, wogegen das Materialeisen das angegebene specifische Ge-
wicht von 7,698 Jwtte. (Geschichte des Eisens. Obers, v. Karsten. I. S.223.)
Fkgs. Ctasse. VII. C
18 v./Aiirl/|/j!<^JÖB:/*MEl)R^L1UI>»W/BAOBIIlAIIRv^-^;' /l ]u[ {'U*S
spiegelnde Flächen aeigen r und reguläre Oktaäder zu äeyn scheinen. • Dafür
spricht auch: die Art der gestricktem Bildung, welche das Innere des sog;
Arco oder der; Mengepresse zeigt, worunter eine einmal geschmolzene, zum
Znsatz bei der Messingfabrication dienende Verbindung von Kupfer und Zink
verstanden wird. In Beziehung auf die Veränderung der Dichtigkeit, welche
durch die bei der Entstehung des Gelbkupfers eingetretenen Molekularbewe^
gungen bewirkt worden, verdient bemerkt zu werden, dass das specifischö
Gewicht der Legirungen von Kupfer und Zink im Allgemeinen grösser ist,
als das nach dem eigentümlichen Gewichte «nd dem Mengenverhältnisse der
Bestandteile berechnete Mittel. Es1 steigt mit dem Kupfergehalte, und kommt
zuweilen dem spezifischen Gewichte des Kupfers nahe l).
§. '23. v
Umwandlung ton Karstenit in Gyps.
Zu den Erscheinungen welche nicht bloss im Kleinen, sondern auch
nach dem grössten Maassstabe die Wirkung von Molekularbewegungen in
sttitteti 'Körpern erkennen lassen, gehört die Umwandlung des Karstenites
(AntyÜritts) \xi Gyps durch Anziehung von Wasser. Über diesen interessanten,
irnd besonders auch in geologischer Hinsicht wichtigen Gegenstand, habe ich
bereit? früher der HönigHchen Societöt der Wissenschaften meine Untersu-
chatigen initgetheilt2), daher ich mich hier nm so mehr anf wenige ihn be^
treffende Bemerkungen beschranke, da über jene Metamorphose auch schon
tönt Änderen, üamäntlieh voäGordier, Hassenfratfc, Hauy, Haidiiig^f,
Johann Von Cbarp^tttf^^Renggery 'von Decken, von Albertl,
Blum, Beobachtungen begännt gemacht worden. Indem der Karstehit Wasäet
ans der Atmosphäre sich ane^^net, erleidet nicht allein seine Masse eine be^
deutende Volumenvergrösserung, sondern es verändert sich auch die gegen-
seitige Lage, der, kleinsten Theile, Die Volumenvergrösserung giebt sich in
dem Aufschwellen, dem Rissig werden, dem Aufbersten der Masse, in der
~ 1) Tergl. Karsten'* SySleta der Metallurgie. IV. 0:468. Kafmärbch, in Prechti's
technologischer Enzyklopädie. EX. S. 57Ö. *
2) 'Bemerkungen über Gyps und Karstenit, 1 d. Abhandlungen der Könl&l. Gesell-
' 'schaft der' Wissenschaften zu Göttingen: HI: Phys. Ciasse. S. 55.
Ober die in starken lhblosen Körpern bbwirkten pormveränd. 19
von scbaaligen Absonderungen zu erkennen. Ganze Felsen-, ja
ganze Gebirgsmassen , welche ursprünglich aus Karstenit bestanden-, werden
allmählig mehr und weniger in Gyps umgewandelt, der dann zerrissen, zer-
klüftet, oft ganz zerrüttet erscheint, zuweilen aber auch regelmässige™ Ab-
sonderungen erhält, die sieb bald als Schaalen darstellen, welche einzelne»
Kerne von Karstenit umschliessen , bald dem Ganzen das Angeben einer ge-
schichteten Masse geben. Was die zugleich erfolgend« Veränderung der
gegenseitigen Lage der kleinsten Theile betrifft, «& zeigt sich diese entweder
darin , dass die blätterige ; strahlige , schuppige Textur des Karstenites veiu
schwindet, indem ein splitteriger, oder unebener Bruch an die Stelle tritt,
der wohl bis in das völlig Brdige übergeht, oder in der Entstehung einer
krystallinischen Masse, ja selbst vollständiger Krystalle von Gyps, aus einer
krystallinischen oder dichten Karstenhmasse. Zuweilen geht aus der Meta-
morphose Gypsspath in blätterigen Massen von bedeutendem Umfange hervor.
Wird späthiger Karstenit in einen weniger krystallinischen Gyps umgewandelt,
so erhalten sich in diesem zuweilen die rechtwinkeligen Absonderungen, welche
in jenem den Blätterdurchgängen entsprachen.
Am Entschiedensten habe ich rriieh von der7 Umwandlung des Krirstenites
in Gyps und von der dabei vorgehenden Bewegung der kleinsten Theile im
starren Zustande, durch einen Versuch überzeugen können, indem ich fein
pulverisirten Kaifctenit unter einer Glasglocke mit feuchter Luft in Berührung
brachte. Nach einem Jahre hatte das Karstenitpulver 10,07 Procent Wasser
aufgenommen, und die ursprünglich völlig lockere Hassö War so zusammen-
gebacken, dass sie sich im Zusammenhange bewegen Hess. Unter der Lonpe
betrachtet, zeigte sie sich mit unzähligen kleinen Gypskrystallen bekleidet *}.
Hai ding er beobachtete das Vorkommen von Gypskrystallen fo Rissen
des aus Karstenit entstandenen Gypses von Ausee in Steyermark 2). Wenn
man frei liegende Flächen des Karstenites, die mit der Atmosphäre lange in
Berührung waren, oder auch Kluftflächen desselben genau untersucht, so findet
man gewöhnlich, dass sie dich sandig anfühlen lassen, und betrachtet man sie
1) Bemerkungen über Gyps und Karstenit. A. a. 0. S. 91.
2) A. a. 0. S. 178.
C2
20 I JÖtt FB4EDR. LUDW. HAUSMANN, / M ! i »
unter der Loupe, so erkennt man, dass sie mit unendlich vielen Gypskrystallen!
von der Form, welche Hauy Chaux sulfatöe traplzienne genannt bat, be-
kleidet sind1), welche Erscheinung auch bereits von Dufränoy bemerkt
worden 2). Bei diesem Vorkommen kann es indessen zweifelhaft seyn , ob
die Gypskrystalle dadurch gebildet wurden, dass der Karstenit Feuchtigkeit
aus der Atmosphäre aufnahm, öder ob sie sich aus einer Auflösung von
schwefelsaurer Kalkerde in tropfbar flüssigem Wasser, welches mit dem
Karstenite in Berührung kam, ausgeschieden haben. Die letztere Art der
Entstehung ist unstreitig bei einem grossen Theile der Gypskrystalle anzu-
nehmen , welche sich nicht selten auf Klüften und in Höhlungen der aus Kar-
stenit entstandenen Gypsmassen von verschiedenster Grösse zeigen.
§. 24.
Rosten des Eisens.
Von allen Verbindungen die das Eisen eingehet, kommt keine in der
Natur so häufig vor, und entsteht auf so mannichfaltige Weise, als die, in
welcher das Eisenoxyd mit Wasser vereinigt ist; und bei manchen Arten der
Entstehung des Eisenoxydhydrates zeigen sich Molekularbewegungen ohne
Aufhebung des starren Aggregatzustandes, Das Eisenoxydhydrat ist von
ausserordentlicher Wirksamkeit in der Natur; und einen nicht unbedeutenden
Antheil an derselben bat gerade die durch seine Bildung veranlasste Bewegung
der kleinsten Theile, welche sich oft in einer Volumenvergrösserung zu er-
kennen giebt, wodurch andere Körper, die mit dem entstehenden Eisenoxyd-
hydrate in Berührung kommen, bald auseinander getrieben, bald in feste Ver-
bindung gebracht werden. Die Bildung des Eisenoxydhydrates gehört zu den
Vorgängen, welche vorzüglich zur Zerstörung der festen Felsenmassen und
eben dadurch zur Bildung des lockeren Bodens beitragen; aber eben sowohl
gehört das Eisenoxydhydrat zu den allgemeinsten Cämenten, deren sich die
Natur zur festen Verkittung lockerer Massen bedient Hier ist zunächst nur
von der Bildung des Eisenoxydhydrates durch das Rosten des metallischen
Eisens die Rede; von den Entstehungsarten desselben durch Zersetzung des
1) Bemerkungen über Gyps und Karstenit. A. a. 0. S. 90.
2) Traitä de Mineralogie. IL p. 285.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formvbränd. 21
Scbwefeleisens, des kohlensauren Eisenoxyduls, mancher Silicate u.s.w. wird
erst bei späterer Gelegenheit gehandelt werden. Und jene Art der Erzeu-
gung des Eisenoxydhydrates gehört auch nur zum Theil zu den Gegenständen
dieser Betrachtungen.
Indem das Eisen rostet, geht das eigentümliche Gefüge desselben gäns-
lich verloren. Nur von der Straotur des sehnigen Stabeisens erbalten sich
zuweilen Andeutungen in derselben entsprechenden dünnstängHchen Absonde-
rungen der in Rost umgewandelten Hasse. Diese erscheint am Häufigsten
als ein ochriger Körper, von mehr und weniger lockerer Beschaffenheit! mit
einem erdigen, matten Bruch; zuweilen vereinigen sich aber auoh die Tbeile
mehr zu einer dichten Masse von festerem Zusammenhalt, mit unebenem oder
muscheligem Bruche 9 der wohl einigen Schimmer oder Glanz besitzt. Schreitet
die Umwandlung von Aussen nach Innen gleichmässig fort, so behalten die
Stücke mehr nnd weniger die ursprüngliche äussere Gestalt Dabei giebt sich
aber die Volumenvergrösserung auf verschiedene Weise zu erkennen. Sie
zeigt sich in dem mehr und weniger starken Anschwellen der rostenden
Eisenmasse. Im Zusammenhange damit stehet die gewöhnliche Bildung von
scbaaligen, der Oberfläche entsprechenden Absonderungen. Ausserdem berstet
durch die Ausdehnung der Hasse dieselbe zuweilen mehr nnd weniger auf,
wie man solches z. B. an gusseisernen Kanonenkugeln sieht, die durch langes
Liegen im feuchten Boden in Eisenoxydhydrat umgewandelt worden. Auf
eine besonders auffallende Weise offenbart sich zuweilen die mit der Bildung
des Eisenoxydhydrates verbundene Bewegung der kleinsten Tbeile nach Aussen,
bei dem Rosten von eisernen Klammern oder Zapfen , welche in Quadersteine
oder andere Werkstücke eingelassen sind, die dadurch zuweilen zersprengt
werden. Die Differenz zwischen dem specifischen Gewichte des Eisens und
des Eisenoxydbydrates ist bedeutend, aber etwas verschieden, sowohl nach
dem abweichenden eigentümlichen Gewichte des Eisens, als auch nach den
verschiedenen Modificationen des Eisenoxydhydrates, indem durch das Rosten
nicht allein verschiedene Verbindungen von Eisenoxyd und Wasser entstehen,
sondern auch der Aggregatzustand des Rostes ein bald dichterer bald lockerer
ist. Man kann annehmen, dass die Differenzen der eigentümlichen Gewichte
etwa zwischen 3 und 5 schwanken.
Nicht alle Erscheinungen, welche das Rosten des Eisens begleiten , $ind
von Molekularbewegungen abzuleiten, die ohne Aufhebung des starren Ag-
gregatzustandes vorgehen. Das aus dem Eisen entstandene Eisenoxyd hydrat
zeigt nicht immer die Form, welche das erstere besass. An Stäben von ge-
schmeidigem Eisen, wie an Kugeln und anderen Gussstücken, bilden sich
hin und wieder Auswüchse, und oft erfolgt die Volumenvergrösserung so un-
gleich, dass die ursprüngliche Gestalt ganz zerstört wird. Besonders auffal-
lend sind die knollenförmigen Ansätze von Eisenoxydhydrat im Innern eiserner
Wasserröhren, wodurch diese oft ganz verstopft werden. Überhaupt wird
nicht selten das Eisenoxydhydrat in bald geringerer bald grösserer Entfernung
von seinem Ursprünge gefunden. Diese Erscheinungen werden gewöhnlich
durch kohlensäurehaltiges Wasser herbeigeführt, welches, eben so wie die
Kohlensäure der Luft, bei dem Rosten des Eisens sich besonders thätig zeigt.
Es bildet sich kohlensaures Eisenoxydul, von welchem oft noch ein Theil
mit dem Eisenoxyd hydrate gemengt gefunden wird L). Kohlensäurehaltiges
Wasser löst dasselbe auf, aus welchem es sich dann, nachdem es in Eisen-
oxydhydrat umgeändert worden, bald näher, bald entfernter absetzt. Die
Fortführung des kohlensauren Eisenoxyduls wird besonders auffallend bei
grauem, graphithaltigem Roheisen wahrgenommen, welches eine lange Zeit
unter Wasser oder im feuchten Roden gelegen hatte, wodurch dasselbe mehr
und weniger in eine zum grossen Theil aus Graphit bestehende, weiche,
lockere Masse umgewandelt worden, welche von Eisenoxydhydrat umgeben
zu seyn pflegt. Es hat auf solche Weise gewissermaassen eine Auslaugung
des im Roheisen gebildeten kohlensauren Eisenoxyduls durch kohlensäurehaltiges
Wasser statt gefunden 2). Diese Umänderung zeigt sich sehr ausgezeichnet
1) Der Rost ist nach Berzelius ein Gemenge von kohlensaurem Eisenoxydul
und Eisenoxydhydrat (Lehrbuch der Chemie, 5te Aufl. IL 697); nach Karsten
eine Verbindung von Eisenoxydhydrat und basischem kohlensauren Eisenoxyd
(Eisenhüttenkunde, 3te Ausg. 1. 366).
2) Über die Umänderung gusseiserner Kanonen aus einem in der Gegend von
Carlscrona seit 50 Jahren versunkenen Schiffe, vergl. Berzelius a. a. 0. IL
S. 736. Bei mehreren anderen Gelegenheiten sind ähnliche Beobachtungen über
die Umänderung von Roheisen , welches eine lange Zeit im Meerwasser gelegen
ÜBER DIE IN STARREM LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 23
an in meinem Besitze befindlichen Kanonenkugeln, welbhe von der Belagerung
der Stadt Göttingen durch Till y im dreißigjährigen Kriege herrühren, und
vor einer Reihe von Jahren im Grunde des ehemaligen Stadtgrabens, nach
dessen Trockenlegung und Verwendung1 für den botanisfchen Garten, gefunden
wurden. Wie sehr durch Wasser welches viele Kohlensäure enthält, die
Bildung des Rostes beschleunigt wird, sieht nun an der schnellen Zerstörung
eiserner Röhren, durch welche ein solche» Wasser sich bewegt Ich hatte
L J. 184? Gelegenheit mich davon an untauglich gewordenen eisernen Röhren
aus dem tiefe» Bohrloche des Gesundbrunnens Oeynhausen bei Neusfttawerk
•«weit Rehme in WeWphalen zu überzeuge». ,:>.. ;i
: ' -\'> * ., ' - • s- . i. :■■..«•■■ ■ •:'»' » ■■ . J, •
§. 25.
. . VitriQle^qiren der Kiese.
Schwefel- und Wasserkies erleiden bekanntlich auf verschiedene \Veise
Zersetzungen x). Die gewöhnlichsten Arten derselben sind : die Umwandlung
in Eisenoxydhydrat und die Bildung von schwefelsaurem Eisenoxydul öder
Eisenvitriol, Ausserdem gehen auch verschiedene schwefelsaure Eisenoxyd-
salze aus der Zersetzung von Schwefel- und Wasserkies hervor2). Bei der
Umwandlung in Eisenoxydhydrat entweicht . der Schwefel und das Eisen ver-
bindet sich dafür mit Sauerstoff und Wasser. Es findet mithin ein Austausch
von Bestandteilen statt; daher von den dabei vorgehenden Formveränderungen
erst Später gehandelt werden wird. Bei dem' Vitriotesciren wird dagegen nur
etwas aufgenommen, indem das Schwefeleisen Sauerstoff und Wässer sich
■• -.• . . »•■• ■,.•■.
aneignet Da aber peS + 7H aus Fe,S2 heryorgehet , so verbindet sich
nur ein Theil der sich bildenden Schwefelsäure mit dem Eisenoxydul, wo-
gegen der andere als freie Schwefelsäure sich ausscheidet Von der Ent-
stehung der letzteren kann man sieh leicht überzeugen , wenn das Vitriolesciren
r«
i !■>« ■! , ' ■ ...'. ■ -, «" ' .'J
hatte, gemacht worden, u: a. an Kanonenkugeln von Schiffen, welche i. J. 1692
>< ' bei Cap de la Hogue Versenkt worden (Dingte r's Polytechnisches Journal.
1 LXM. 464); tu Kanonen, Welche i. J. 1782 mit dem Royal George untersanken
(Polyt. JoornvLX. 471). " nr,«
• 1) Verfgl. mein Handbuch -der1 Mineralogie. 2te Ausg. III S. 13GL i .-
2) VergL u. a. Scheerer, in PoggendorffV Annatonv XLHL 188.
24 JOH. FRIEDR. LDDW. HAUSMANN, ..i<;j
von Kiesen in einer Mineraliensammlung erfolgt , wo durch die entstehende
Schwefelsäure Holz verkohlt, Pappkasten und Etiqnetten zerfressen werden«
Bewahrt man die Stücke in gläsernen Behältern auf, so sammelt sich in diesen
die aus der feuchten Luft Wasser anziehende Schwefelsäure in tropfbar flüs-
siger Gestalt an l). Erfolgt das Vitriolesciren der Kiese auf ihren natürlichen
Lagerstätten, so giebt sich die Bildung der Schwefelsäure theils durch die Angriffe,
die sie auf Körper äussert , welche diesen nicht zu widerstehen vermögen,
theils durch die neuen Verbindungen welche sie eingehet, zu erkennen. Am
Häufigsten giebt das Vitriolesciren der Kiese zur Bildung von Gyps Veran-
lassung; nicht selten ist aber auch die Entstehung von Bittersalz, Alaun, oder
eines anderen schwefelsauren Salzes, Folge davon. Bei jenem Zersetzungs-
processe ist nur die Erzeugung des Eisenvitriols von Molekularbewegungen
begleitet, welche ohne Aufhebung des rigiden Aggregatzustandes Formverän-
derungen bewirken; denn die mit Wasser sich verbindende Schwefelsäure
1) Die gleichzeitig mit der Entstehung des Eisenvitriols erfolgende Bildung von
freier Schwefelsäure, scheint von Berzelius ganz übersehen worden zu seyn.
Hätte er sie beachtet, so würde er schwerlich die Zersetzung des Wasserkieses
von einem Gehalte desselben an Einfach -Schwefeleisen abgeleitet haben. Seine
Ansicht war, dass dieses durch die Berührung mit dem elektronegativeren Zweifach«
Schwefeleisen, zum Verwittern galvanisch disponirt werde. (Arsberätteteer.
1821. 97. Annale? de chim. et de phys. T, XIX. 440. Lehrbuch der Chemie.
5te Aufl. II. 725}. Wenn ich nun gleich dieser Meinung nicht beipflichten kann,
so machen doch die angegebenen Verhältnisse, unter welchen das Vitriolesciren
erfolgt, auch mir es sehr wahrscheinlich, dass eine galvanische Action dabei
im Spiele ist. Berzelius führte für seine Ansicht die unten weiter zu be-
rührende Erscheinung an, dass in der von dem Vitriolesciren des Kieses übrig
bleibenden, zerfallenen, aus FeS* bestehenden Masse, die Vitriolbildung aufhört
Aber die von ihm in dem Kiese angenommene Beimengung von FeS, wurde
nicht durch Versuche nachgewiesen. Neuerlich hat nun die von dem Professor
Dr. A. Vogel tu München, mit einem vitriolescirendeu Wasserkiese aus dem
Oxford-Thon bei Hannover vorgenommene Untersuchung gezeigt, dass keine
Beimengung von FeS in demselben sich findet, wodurch zugleich die in meiner
Mineralogie über jenen Zersctzungsprocess geäusserte Meinung, bestätigt wor-
den (Sitzungsbericht der k. Bayerischen Akademie d. W. vom 21. Juni 1855.
Daraus im N. Jahrbuch für Mineralogie u. s. w, 1855. S. 676).
Ober die in starrer leblosen Körpern bewirkten formveränd. 25
gehet in den tropfbar flüssigen Zustand über, nnd entfernt sich in diesem oft
bald mehr bald weniger von dem Orte ihrer Entstehung. Wenn gleich zu»
weilen die von ihr veranlasste Bildung eines im rigiden Aggregatzustande
erscheinenden Salzes in unmittelbarer Nähe des vitriolescirenden Kieses erfolgt,
so wird man doch annehmen müssen, dass sie sich, wenn auch nur für kurze
Zeit, in einem tropfbar flüssigen Zustande befand, in welchem sie sich mit
dieser oder jener Base zu einem starren, gewöhnlich kristallinischen Körper
vereinigte.
Für das Vitriolesciren der Kiese ist feuchte Luft nothwendige Bedingung.
So lange Schwefel- und Wasserkies in einer Umgebung sich befinden, welche
den Zutritt der feuchten Luft abhält, können sie sich unzersetzt erhalten.
Werden sie aber mit feuchter Luft in Berührung gebracht, so beginnt das
Vitriolesciren oft sehr bald, wie man solches an Kiesen beobachten kann,
welche aus einem Thonlager zu Tage gefördert werden. Je feuchter die
Luft ist, um so rascher gehet die Zersetzung von Statten; wovon qmn sich an
den in Mineraliensammlungen aufbewahrten Kiesen leicht überzeugen kann.
Das Vitriolesciren wird aber auch besonders dadurch befördert, dass Abson-
derungen und Risse das Eindringen der feuchten Luft in das Innere der Kiese
gestatten. Aus diesem Grunde sind die strahligen Abänderungen dem Vitrio-
lesciren mehr ausgesetzt als die dichten; darum widerstehen Krystallindividuen
jener Zersetzung länger als krystallinisch- abgesonderte Massen; darum vitrio-
lescirt der Wasserkies weit häufiger als der Schwefelkies1). Ganz anders
verhalt es sich mit der Umwandlung der Kiese in Eisenoxydhydrat. Diese
kommt bei dem Schwefelkiese am Häufigsten vor, und zeigt sich an Krystall-
individuen eben so wohl als an derben Massen. Die Bildung des Eisenoxyd-
hydrates beginnt in der Regel an der Oberfläche, und schreitet allmälig von
Aussen nach Innen fort; wogegen das Vitriolesciren gewöhnlich von den
1) Vergl. meine Abhandlung de Pyrite gilvo, hepatico ac radiato auctor. in Com-
meat. Societ. Reg. scient. Gotting. recent. III. 31. In dem Hangel von Abson-
derungen liegt der Grund, wie schon hier von mir gezeigt worden, dass
Krystalle von Schwefel- und Wasserkies weniger vitriolesciren, als derbe
Kiesmassen, und nicht, wie Berzelius meinte, in dem Hangel von beige-
mengtem Einfach - Schwefeleisen.
Phy$. Clane. VII D
26 JOH. FRIEDE. LDDW. HAUSMANN,
Absonderungen und Rissen ausgehet Der im Innern entstehende Vitriol,
der einen sehr viel grösseren Raum in Anspruch nimmt, als die Absonde-
rungen und Risse ihm darbieten, tritt aus denselben hervor; und je weiter
seine Bildung fortschreitet, um so mehr wird das früher Entstandene von
dem später Gebildeten hinausgedrängt. Auf solche Weise entstehen Efflores-
cenzen, die sich in gekrümmten und gewundenen Gestalten, mit krystallinisch-
stänglicher oder fasriger Absonderung, selten in individualisirten Krystallen,
über die Oberfläche erheben. Bei längerer Dauer des Vitriolescirens reicht
dieses Hinausdrängen des früher Gebildeten nicht hin, dem Nacherzeugten den
nöthigen Raum su gewähren; es macht sich nun auch ein im Innern wirkender
Druck gegen die beschränkenden Flächen bemerklich. Absonderungen und
Risse öffnen sich, und allmählig werden die zuvor fest verbundenen Theile
so weit auseinander getrieben, dass der Zusammenhang aufgehoben er-
scheint Die Zerstörung endet mit einem gänzlichen Zerfallen der Hasse.
Solche lockere, zerreibliche Reste von Schwefel- oder Wasserkies trifft
man zuweilen in Thonlagern von Gypskrystallen umgeben an, welche die
Art ihrer Entstehung andeuten. Die Eisenvitriol - Bildung schreitet an dem
völlig zerfallenen Kiese nicht weiter fort, wiewohl zuweilen noch basi-
sches schwefelsaures Eisenoxyd daraus hervorgehet. Das Aufhören des frü-
heren Zersetzungs-Processes lässt es um so mehr erkennen, dass durch
Absonderungsräume und Risse in einer übrigens zusammenhängenden Kies-
masse, in welche feuchte Luft einzudringen vermag, das Vitriolesciren beson-
ders begünstigt wird.
Die durch das Vitriolesciren hervorgerufenen Molekularbewegungen kom-
men durch die Bildung des Eisenvitriols gewöhnlich nur auf kurze Zeit zu
Ruhe; denn durch höhere Oxydation des Eisens entsteht aus dem schwefel-
sauren Eisenoxydul bald früher bald später, basisches schwefelsaures Eisen-
oxyd, namentlich Misy, welches entweder ein Aggregat kleiner Krystalle,
oder eine mehlige Hasse darstellt, und dessen Bildung ebenfalls ohne Auf-
hebung des rigiden Zustandes erfolgt. Auch ohne vorhergegangene Umwand-
lung in Eisenvitriol gehet dieses Salz zuweilen aus der Zersetzung des
Schwefel- und Wasserkieses hervor x).
1) Vergl. mein Handbach der Mineralogie. 2te Ausg. II. 1204.
OBER DIB IN STARREN LBBL09BN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 27
' §. 26.
Umwandlung van Blei in Bleiweiss.
Die Verbindungen welche entstehen, wenn Metalle ausser dem Sauer-
stoffe auch Kohlensäure sich aneignen, sind in manchen Fällen von Form Ver-
änderungen begleitet, die durch Molekularbewegungen bewirkt werden, welche
ohne Aufhebung des starren Aggregatzustandes erfolgen. Bei jenen Verbin-
dungen: sind oft Luft und Wasser gemeinschaftlich thätig, und das letztere
gebet selbst wohl mit in die neue Substanz über. Zu den ausgezeichnetsten
Beispielen solcher Vorgänge gehören die Bildung von Bleiweiss, und die
Entstehung von Malachit (Kupfergrün) und Kupferlasur.
Das Bleiweiss , welches eine Verbindung von kohlensaurem Bleioxyd mit
Bleioxydhydrat in verschiedenem Verhältnisse ist, bildet sich langsam durch
Einwirkung der Atmosphäre auf metallisches Blei, wie man solches an den
mit Bleiplatten gedeckten Dächern sieht, die sich allmählig mit einem weissen,
in Bleiweiss bestehenden Überzüge bekleiden l). Es entsteht zuerst eine
dünne Haut von Bleisuboxyd, welches dem Bleie anfangs eine graublaue,
später eine schwärzliche Farbe ertheilt, und allmählig in eine Verbindung von
Bleioxydhydrat und kohlensaurem Bleioxyd sich umwandelt. Ist das Blei eine
lange Zeit mit der Atmosphäre oder mit dem feuchten Boden in Berührung,
so bekommt die aus Bleiweiss bestehende Decke eine messbare Stärke. Sie
nimmt einen grösseren Raum ein, als das Blei einnahm, und aus demselben
wird eine lockere Masse, in welcher der hakige Bruch des Metalles in einen
erdigen umgewandelt erscheint. Ich besitze antike Ziegelsteine von Athen,
mit kegelförmigen, aus den Steinen hervorragenden, bleiernen Zapfen, die
vermutlich zur Befestigung irgend eines architektonischen Gegenstandes dien-
ten, woran das Metall von einer starken Rinde von Bleiweiss aberzogen ist,
dessen unebene Fläche hin und wieder schwammförmige Erhöhungen hat.
Unmittelbar unter der weissen, matten Kruste, in welcher durch Versuche
kohlensaures Bleioxyd und Bleioxydhydrat nachgewiesen wurden , hat das Blei
einen schwärzlichen Oberzug von Bleisuboxyd. An einigen Stücken sind nur
,; i«
I ) Vergl. meine Kleinigkeiten in bunter Reihe. I. S. 262.
D2
28 JQH, FKIEDIt LDDW, BAÜ9MARH,
noch die mit einem Überzuge von Bleiweiss ausgekleideten konischen Löcher
erhalten, in welchen die Zapfen sich befanden *)•
Bei der künstlichen Bereitung des Bleiweisses nach dem alteren Ver-
fahren, bei welchem man Bleiplatten in bedeckten Gefässen der Einwirkung
von Essigdämpfen , Luft und Kohlensaure aussetzt , gehet die Umwandlung des
Bleies in Bleiweiss rasch von Statten. Da solche von Aussen nach Innen
fortschreitet^ so erbalt sich zwar im Ganzen die Form der gewöhnlich auf-
gerollten Bleiplatten; indem aber das sich bildende Bleiweiss aufschwillt, ent-
stehen zugleich in seiner erdigen Masse schaalige Absonderungen. Eine von
Marchand und Hochstetter mit mehreren durch verschiedene Verfah-
rungsarten dargestellten Sorten von Bleiweiss vorgenommene mikroskopische
Untersuchung hat ergeben , dass die Masse aus höchst kleinen kugel- oder
eiförmigen Körnern besteht, wodurch die Meinung, dass das gefällte Bleiweiss
sich von dem mit Essigdämpfen aus Bleiplatten dargestellten durch einen kri-
stallinischen Aggregatzustand unterscheide , widerlegt worden 2). Bei der
Bildung des Bleiweisses aus Bleiplatten findet daher nicht bloss eine Bewe-
gung der kleinsten Theile nach Aussen, sondern zugleich eine centrale Grup-
pirung derselben Statt.
§. 27.
Umwandlung von Kupferroth tu Malachit und Kupferlasur.
Die Bildung von Malachit und Kupferlasur zeigt manche Anaiogieen mit
der Entstehung des Eisenoxydhydrates ; denn gleich diesem entspringen jene
wasserhaltigen kohlensauren Verbindungen auf gar mannichfaltige Weise, in*
dem sie aus sehr verschiedenartigen, einfacheren und zusammengesetzteren
Körpern, und bald nur durch Aufnahme, bald durch einen Austausch von
1) Ich verdanke diese merkwürdigen Reste aus dem Griechischen Allerthume, Ober
welche icb mir eine weitere Hittheilung für eine andere Gelegenheit vorbehalte,
meiner lieben Schwester, Caroline Brandis in Bonn, die während eines
längeren Aufenthaltes in Griechenland, sich meiner Sammlungen und Studien
eifrigst angenommen hat.
2) Hochstetter, über Bleiweissbildung , im Journ. f. praktische Chemie. XXVI.
338 ff.
Ober die in starmjw ubloben Körpern bewirkten formvkränd. 29
Bestandteilen entstehen« Hier wird nnr von der ersteren Art der Bildung
gehandelt, in so fern sie ohne Aufbebung der Rigidität erfolgt; denn weh
darin findet eine Analogie mit der Entstehung des Eisenoxydbydrates Statt,
dass Malachit und Kupferlasur oft aus einer tropfbaren Flüssigkeit hervorgehen.
Obgleich Malachit sehr häufig in Begleitung, yon Kupfer und Kupfer-
legierungen vorkommt, so scheint dasselbe doch eben so wenig als Kupfer-
lasur, unmittelbar aus dem Kupfer durch gemeinschaftliche Einwirkung von
Sauerstoff, Kohlensäure und Wasser sich zu bilden, sondern, wie schon bei
einer früheren Gelegenheit (§. 16) bemerkt worden, zunächst aus Kupfer-
oxydul, durch höhere Oxydation desselben, und Aufnahme von Kohlensäure
und Wasser su entstehen; in welcher Hinsicht die Erzeugung des wasser-
haltigen kohlensauren Kupferoxydes Analogie mit der oben angegebenen Ent-
stehung des wasserhaltigen kohlensauren Bleioxydes aus Blei, durch Ver-
mittelung des Bleisuboxydes, hak Beachtet man genau die Bekleidung von
Kupfergrün an alten Kunstsachen aus Kupfer und Kupferlegierungen, so kann
man oft unter der durch dasselbe gebildeten Decke, einen zarten Überzug von
Kupferoxydul wahrnehmen1). Ganz damit im Einklänge ist das Vorkommen
in der Natur. Sehr häufig findet sich Malachit in der Umgebung von Kupfer-
roth, welches nicht selten gediegenes Kupfer einschliesst, so dass man wohl
berechtigt ist anzunehmen, dass aus dem Kupfer zuerst Kupferroth hervor-
gieng, und dass dieses später in Malachit umgewandelt wurde2).
Wo man an Kunstproducten aus Kupfer oder Kupferlegierungen, welche
eine längere Zeit mit der Atmosphäre in Berührung waren, oder im feuchten
Boden sich befanden, die Bildung von kohlensaurem Kupfer wahrnimmt, sieht
man Malachit und Kupferlasur nicht selten neben einander, und selbst zuweilen
mit einander vermengt 3). Jener erscheint bei Weitem am Gewöhnlichsten
1) Zu wiederholten, genauen Beobachtungen darüber hat mir besonders die höchst
ausgezeichnete, von dem Herrn Mqjor Maler in Italien erworbene Sammlung
antiker Waffen und anderer Kunstsachen • aus Kupfer und Bronze Gelegenheit dar-
geboten, als dieselbe noeh in dem Besitze meines verehrten Freundes zu Baden war.
2) Vergl. mein Handbuch der Mineralogie. 2te Ausg. H. S. 1385.
3) Es braucht hier wohl kaum, erwähnt zu werden , dass wenn aus unreinem
Kupfer oder Kupferlegierungen Malachit und Kupferiasur .hervorgehen, zugleich
30 JÖH. FMEDR. LÜDW. HAUSMANN,
erdig oder dicht, selten mit einer Anlage zur krystallinischen Bildung, nament-
lich fasrig; die Kupferlasur ist ebenfalls am Häufigsten erdig, findet sich in-
dessen zuweilen auch in deutlichen, wenn gleich kleinen Krystallen. Im
Ganzen kommt unter solchen Verhältnissen Malachit ungleich öfterer als
Kupferlasur vor, welches vielleicht zum Theil daher rührt, dass Kupferlasur
in Malachit umgewandelt worden, wovon in einem anderen Abschnitte die
Rede seyn wird; so wie es hierin mit liegen mag, dass man überhaupt
Kupferlasur selten ohne Malachit, aber umgekehrt mannichmal den letzteren
ohne die erstere antrifft. Bei dem natürlichen Vorkommen der Kupferlasur
giebt sich weit seltener als bei dem des Malachites die Entstehung aus dem
Kupferrothe mit Entschiedenheit zu erkennen.
Indem bei Kunstproducten aus Kupfer und Kupferlegierungen die Um-
wandlung in kohlensaures Kupfer von Aussen nach Innen fortschreitet, wird
das Metall allmählig ganz zerstört, wie man es besonders manchmal an alten
Münzen sieht. Bei diesen zeigt sich dann das Gepräge zuweilen mehr und
weniger deutlich erhalten; oft ist es indessen verschwunden, indem die Ober-
fläche bald eben, zuweilen sogar glatt und glänzend, bald uneben oder rauh,
und die Stärke der Stücke oft bedeutend vergrössert erscheint. Damit hängt
die oben bereits bemerkte Erscheinung zusammen, dass, wenn mehrere Stücke
einander berührten, solche durch das gebildete kohlensaure Kupfer wohl fest
vereinigt worden; welche Verkittung der bei der Bildung von Magneteisen
durch Oxydation von einander berührenden Eisendrath - Strängen , so wie bei
dem Rosten von Eisen zuweilen sich zeigenden, völlig analog ist. Sowohl
in diesen Erscheinungen, als auch in der Umwandlung der eigentümlichen
Structur des Metalles in die dichte oder erdige Beschaffenheit, und mehr noch
in der zuweilen erfolgten krystallinischen Bildung des kohlensauren Kupfers,
auch die der Oxydation ausgesetzten metallischen Beimischungen eine Verän-
derung erleiden, und zur Bildung von Zersetzungsproducten Veranlassung geben,
wie z. B. aus Bronze, ausser dem kohlensauren Kupfer, Zinnoxyd sich bildet.
Es entsteht dann entweder eine Vermengung der verschiedenen Zersetzungs-
producte, oder eine Sonderung derselben, wie namentlich zuweilen das Zinn-
oxyd einen von dem kohlensauren Kupfer getrennten weissen Beschlag auf
Bronze darstellt. (Vergl. John Davy, a. a. 0.)
Ober die in stabw j^qsen Körpern bebakten formveränd. 31
offenbart sieb die Wirkung der Molekularbewegungen bei rigidem Aggregat-
zuslande.
Unter den in der Natur vorkommenden Erscheinungen, wird die Um-
wandlung des Kupferoxyduls in kohlensaures Kupfer am Entschiedensten durch
die Pseudomorpbosen von Malachit nach Kupferroth dargethan, welche in be-
sonderer Auszeichnung zu Cbessy unweit Lyon sich finden. Sie sind allge-
mein bekannt^ daher eine genauere Beschreibung derselben überflüssig ist1).
In Beziehung auf die durch Wirkung von Molekularbewegungen verursachten
Form Veränderungen verdient hervorgehoben zu werden, dass wenn gleich die
krystallinische Gestalt oft ganz die frühere bleibt, doch nicht selten Kanten
und Ecken gerundet sind; so wie die Flächen häufig uneben, rauh oder
drüsig, zuweilen löcherig; oder trichterförmig vertieft erscheinen. Am Auf-
fallendsten zeigt sich die Wirkung der Bewegung der kleinsten Theile in der
Umänderung der Structur, indem die dem Kupferrothe eigentümliche blätterige
Textur in einen dichten oder erdigen Bruch, zuweilen sogar in ein fasriges
Gefüge umgewandelt worden. Äusserst selten kommen aus Krystallen von
Kupferroth hervorgegangene Pseudomorphosen von Kupferlasur vor 2).
Das kohlensaure Kupfer welches dem Kupferoxydul seine Entstehung
verdankt; findet sich oft unter solchen Verhältnissen, dass man zur Erklärung
seiner Bildung noth wendig den Übergang aus einem tropfbar flüssigen Zustande
in den rigiden annehmen muss. Dieses ist namentlich da der Fall; wo der
Malachit in stalaktitischen Gestalten erscheint; oder wo Kupfergrün und Kupfer-
lasur in einiger Entfernung von der Stelle; an welcher sie ihren Ursprung
nahmen; sich verbreitet zeigen. Haben Kunstproducte aus Kupfer oder Kupfer-
legierungen in der Umgebung einer lockeren Masse, z.B. im Boden, eine
längere Zeit gelegen , so werden an ihnen oft nicht bloss die im rigiden
Zustande successiv vorgegangenen Umänderungen in Kupferoxydul und kohlen-
saures Kupfer wahrgenommen; sondern man sieht zugleich die umgebende
Masse nicht selten von Kupfergrün und Kupferlasur gefärbt. Dieses war
1) Vefgl. besonders Blum' s Pseudomorphosen, S. 36 ff. und mein Handbuch der
Mineralogie. 2te Ausg. II. S. 1385.
2) Haidingerf in PoggendorfFs Annalen. XI. S. 181.
32 JOH. FR1EDR LÜDW. HAUSMANN, ,
u. a. bei dem Lehm der Fall, der das Gefäss mit kupferhaltigen Silbermünzen
bedeckte, welches, wie oben bereits erwähnt worden, i. J. 1829 zu Göttingen,
bei dem Abbruche des alten Commandantenhauses , gefunden wurde 1). Das
aus Kupferoxydul hervorgegangene kohlensaure Kupfer hat sich zuweilen sogar
in einer festeren Masse verbreitet. So ist dieses u. a. bei dem bunten Mergel
von Helgoland der Fall, in welchem gediegenes Kupfer eingesprengt vor-
kommt, in dessen nächster Umgebung oft Kupferroth erkannt wird, wogegen
das aus diesem entstandene Kupfergrün, nicht bloss in der Nähe des Kupfers
und Kupferroths, sondern auch in weiterer Ausdehnung in dem Gestein sich
zeigt. Ohne Zweifel sind diese Erscheinungen auf die Weise zu erklären,
dass Kohlensäure enthaltendes Wasser von dem aus dem Kupferrothe hervor-
gegangenen kohlensauren Kupfer Theile auflöste, aus welchem sich dasselbe
dann in geringerer oder grösserer Entfernung, in der von dem Wasser durch-
drungenen Masse , wieder absetzte 2).
B. Forraveränderungen im Gefolge einer Ausscheidung von Bestandteilen.
§. 28.
Durch Verlust von Wasser bewirkte Formveränderungen.
Verlust von Wasser giebt besonders häufig Veranlassung zu Verände-
rungen der Form von Körpern ohne Aufhebung des rigiden Aggregatzustandes.
Es ist dabei die Entfernung von beigemengtem Wasser, von der Ausschei-
dung des chemisch in Körpern enthaltenen Wassers zu unterscheiden. Beides
erfolgt entweder bei gewöhnlicher Temperatur, und unter gewissen Umständen^
von selbst, oder durch erhöhete Temperatur. Im letzteren Falle pflegt zur
Entfernung des beigemengten Wassers eine niedrigere Temperatur hinzureichen,
als zur Austreibung des chemisch gebundenen. Der zur Ausscheidung des
beigemischten Wassers erforderliche Wärmegrad ist nach der Verschiedenheit
der Körper höchst abweichend, und bei ein und demselben steht die Quan-
tität des entweichenden Wassers oft in einem bestimmten Verhältnisse zur
einwirkenden Temperatur. Dass nach den verschiedenen Bedingungen, unter
1) Göttingische gel. Anzeigen; a. d. J. 1829. S. 2008.
2) Vergl. mein Handbuch der Mineralogie. 2te Ausg. II. S. 1387.
ÜBER DIE IN 3TARBBS/BBÄL03EN KÖRPERN BEWIBRTfiK FORM VRRÄND. 32
wcilchen das Entweichen des Wassers statt findet, auch die im Gefolge des»
selben durch Bewegungen der kleinsten Theile bewirkten Form Veränderungen
verschieden s^yn können, versteht sieb wohl von selbst Im Allgemeinen
findet aber der Unterschied, statt, dass die Formveränderungen entweder mit
elfter gegenseitigen Entfernung von Theilen, oder mit einer grösseren An-
näherung derselben verbunden sind. Es können indessen euch Falle eintreten, *
dass bei Körpern mit dem Entweichen von Wasser sowohl eine Entfernung,'
als auch eine Annäherung von Theilen verknüpft ist. Durch den Wasser-
verfaist wird bald ein krystallinischer Aggregatzustand in einen unkrystallini-
sehen, bald ein unkrystallinischer in einen nicht krystallinischen von anderer
Beschaffenheit umgewandelt.
§. 29.
Zerfallen wasserhaltiger krystallinischer Körper durch Ausscheidung von Wasser.
Bei manchen an der Luft verwitternden Salzen, z. B. bei der Soda,
bei dem Glaubersalze, liegt der Grund der mit ihnen vorgehenden Formver-
änderung in einer von selbst erfolgenden Ausscheidung von Wasser. Krystal-
lipische äussere Form und Structur gehen dabei verloren; der Körper wird in
eine erdige oder mehlige Masse verwandelt, und die Verwitterung endet ge-
wöhnlich mit dem völligen Zerfallen desselben. Die durch die Ausscheidung
von Wasser veranlasste Bewegung der kleinsten Tb eile ist hier augenschein-
lich Eben so auffallend stellt sie sieb bei der merkwürdigen Veränderung
dar, welche der zu den wasserhaltigen Silicaten gehörende Lawnontü an der
Luft erleidet. Seine Krystalle und krystallinischen. JMassen werden weiss,
verlieren allmählig die Durchscheinheit und den Glanz, zerblättern, und zer-
fallen endlich zu einem lockeren erdigen Haufwerk. Malaguti und Duro-
cfcer haben durch Versuche erwiesen, dass diese Umänderung des Laumontites
d^ch den Verlust von einem Theil seines Wassergehaltes bewirkt wird.
Sie haben gefunden, dass die Wasserausscheidung im luftleeren Räume und in
völlig trockener Luft ungleich rascher erfolgt, als an der Atmosphäre, und
dass während in einer mit Feuchtigkeit nicht gesättigten Luft der Laumontit
sich verändert, er dagegen in einer mit Feuchtigkeit völlig gesättigten Luft,
sich unverändert erhält. Auch besitzt dieses Mineral die merkwürdige Eigen-
Phys. Classe. Ylh E
34 JOB. FRIIDH* LÜDW. HAUSMAflft,
scbafk, nach begonnener Verwittenng in mit Feuchtigkeit gesättigter Loft das
verlorene Wasser wieder aufzunehmen, und das ursprüngliche Ansehen wieder
so erlangen; welcher Erfolg noch ungleich rascher sich zeigt, wenn ver-
witterte Krystalle in Wasser eingetaucht werden 1). Der verwitterte Laumontit
verhält sich mithin in dieser Hinsicht ganz ähnlich, wie der missig gebrannte
Gyps 2). Der dem Laumontit sehr nahe verwandte Leonkardit pflegt wie
jener zn verwittern. Auffallend ist es dagegen, dass andere zeolitbartige
Mineralkörper, deren chemische Zusammensetzungen von der des Laumontites
wenig abweichen, z. B. der Chabacit, die beschriebene Umänderung nicht
erleiden.
§. 30.
Umänderung des Gypses durch massiges Brennen.
Der Gyps liefert ein Beispiel von der Umwandlung eines krystallinischen
Aggregatzustandes in einen nicht kristallinischen , im Gefolge der Ausscheidung
des chemisch gebundenen Wassers durch erhöhete Temperatur. Hag der
Gyps späthig, schuppig, fasrig oder dicht seyn, so nimmt er durch massiges
Brennen eine feinerdige Beschaffenheit an. Bei den dichten und schuppigen
Abänderungen pflegen die Stöcke ihre äussere Gestalt zu behalten. Späthiger
Gyps blättert dagegen durch das Entweichen des Wassers auf, und bei
dem fasrigen findet ein Auseinandergehen, selbst wohl ein Krümmen der
Fasern statt. Die Umwandlung der Structur ist ein Zeichen einer Bewegung
der kleinsten Theile, die in seltenen Fällen noch ausgezeichneter hervortritt,
indem bei dem Brennen von dichtem Gyps, im Innern der Stücke sich stäng-
liche, gegen die Oberfläche rechtwinkelig gerichtete Absonderungen bilden,
welche der rohe Gyps nicht besass. Wenn nun gleich durch die Austreibung
des Wassers die Hasse aufgelockert wird, so giebt sich doch durch die
Bildung von stänglichen Absonderungen zugleich eine Zusammenziehung hl
der Art zu erkennen, wie sie im 2ten §. angegeben worden, mithin die Wir-
kung einer verschiedenartigen Bewegung der kleinsten Theile.
1) Annales des mines. 4. S6rie. Tome IX. 325.
2) Vergl. meine Bemerkungen über Gyps und Karstenit. A. a. 0. S. 65.
ÜBKÄ MB IN STARMH/MMQSBN KÖ1PEIW iEWIfULTlN FORMVERÄND. 35
§. 31.
Urnänderung des Thons durch dag Brennen.
Zu den gewöhnlichsten Erscheinungen, welche durch Molekularbewe-
gungen im Innern starrer Körper bei der Austreibung des chemisch in ihnen
enthaltenen Wassers vermittelst erhöheter Temperatur bewirkt werden, geboren
die Veränderungen, welche der Bruch des Thons durch das Brennen erleidet,
die. im Allgemeinen um so auffallender sind , je höher die auf ihn einwirkende
Temperatur ist, die sich aber bei verschiedenen Thonarten, nach den sehr
abweichenden Verhältnissen ihrer Bestandteile, so wie nach den für seine
Verarbeitung zu verschiedenen Zwecken etwa beigemengten anderen Körpern,
bei demselben Grade der Hitze , abweichend zeigen. Die bei . dem Brennen
des Thons erfolgenden Molekularbewegungen geben sich ausserdem durch die
Zosammenziehung , das sogenannte Schwinden der Masse und durch die Ver-
änderung des specifischen Gewichtes zu erkennen 1). Aus dem feuchten
Thon entweicht zuerst das ihm beigemengte Wasser. Bei der geformten
Tbonwaare dient dazu das Trocknen an der Luft. Bis zu einer gewissen
Höhe der Temperatur behält die Thonmasse einen erdigen, matten Bruch, wie
ihn die gewöhnlichen Ziegel, das gemeine Töpferzeug, die gewöhnliche Fa-
jance, das verglühete Porzellan besitzen. Hiermit ist eine bald grössere,
bald geringere Porosität verknüpft, die sich durch das Einsaugen von tropfbar-
flüssigem Wasser verräth. Bei stärkerer Gluth vereinigen sich die Theile
iaaiger; das Erdige des Bruches verschwindet immer mehr, und. geht in das
Unebene und Ebene, hin und wieder wohl in das Muschelige über, wobei
aber noch kein Schimmer sich zeigt, wie bei mancher feineren Fajance, bei
1) Was das Schwinden und die Veränderungen des specifischen Gewichtes betrifft,
welche der Thon durch das Brennen erleidet, so muss ich auf die bekannten
filteren Versuche von Wedgwood, und besonders auf die gründlichen, in
der Porzellanfabrik zu Sevres bei Paris auf Brongniarfs Veranlassung unter-
nommenen , und in dessen oben bereits angeführtem Werke , „Traue des Arts
c6ramiquesa zusammengestellten Untersuchungen verweisen, an welche sich die
Mittheilungen von Gustav Rose über die Veränderungen des specifischen
Gewichtes der Porzellanmasse, in den Berichten über die Verhandlungen der
Kön. Preuss. Akademie d. W. zu Berlin v. J. 1845 S. 253 reihen,.
E2
36 ■i//.»tM/l/;fu-4-/J0i;iWrtM«.'L»»W;.BÄWlll*B»»«ATis o mü mau
manchem sogenannten Steinzeuge. In diesem Znstande ist die Porosität so
vermindert, dass gar keine, oder nnr sehr geringe Wasseraufnahme statt
findet. Bei noch stärkerem Brennen wird der Bruch völlig. dicht, theils eben
theils flachmnscbelig, und ein schwacher Schimmer tritt ein, wie bei Hollandi-*
sehen sogenannten Klinkern, bei vielem Steinzeuge und manchem Porzellan.
Bei noch grösserer Annäherung zur Schmelzung nimmt der Schimmer des
Bruches zn, und gebt in einen schwachen Wacbsglanz über, wie bei einem
grossen Theil des Porzellans. Ähnliche Veränderungen, wie sie sich an den
aus Thon bereiteten Knostproducten zeigen, kommen zuweilen auch in der
Natur vor, wohin namentlich die Bildung des Ponellanfaspisies gehört, def
durch die Einwirkung des Brandes von Steinkohlen- oder Braunkohlenlagern
auf Thon oder Schiefertbon zu entstehen pflegt. Bei diesem ist, ohne erfolgte
Schmelzung, der erdige Bruch nebst der sebiefrigen Absonderung verschwand
den, und in einen ebenen oder muscheligen Bruch umgewandelt, der ge-
wöhnlich wachsartig schimmernd oder wenigglttnzend ist Zuweilen zeigt sich
die Wirkung der im Gefolge der Austreibung des Wassers durch die Graft
eingetretenen Moleknlarbewegnngen anch darin, dass die Masse stängliche
Absonderungen erhalten hat.
S- 32- ..,1
Umänderung van . Magneteisenstein und Eisengtan* m metalüscKes Eisern. ,
Die Güte meines hochverehrten Collegen Wöhler setzt mich io den
Stand , Bemerkungen über eine besonders merkwürdige , durch AUlekularW
wegungen in rigiden Körpern bewirkte Form Veränderung im Gefolge der Au**
Scheidung eines Bestandteils, hier mitzutbeilen. Die Darstellung von Eisen
durch Reduction von Eisenoxyd in Wasserstoffgas, leitete meinen Freund auf
die glückliche Idee, durch dieses Mittel aus Krystallen von Magneteisenstein
und Eisenglanz, Pseudomorphosen von Eisen künstlich zu produciren 1^.
Die durch die Reduction in Wasserstoffgas in Eisen umgewandelten Oktaöder
von Magneteisenstein sind äusserlicb von einer dunkel stahlgrauen Farbe und
matt; angefeilt haben sie dagegen Farbe und Glanz von gefeiltem Stabeisen.
1) Annalen der Chemie und Pharmacie. Bd. 94. (1855) S. 127.
Ober die in starrss^übblosen Körpern bkwirktsn formveränd. 37
Im Innern zeigen sie ebenfalls die Kchtgraue färbe und den metallischen Glanz
des Stabeisens. An den zerschlagenen Stöcken machen sich Absonderungen
in den Richtungen der den Oktaederflachen entsprechenden Blätterdurcbgänge
des Hagneteisensteins bemerklich. Übrigens erscheint die ursprüngliche Structur
In ein krystallinisch - feinkörniges Gefüge, welches dem des ungehärteten
ßussstahls ähnlich ist, umgewandelt. Das specifische Gewicht fand ich 6,077,
also geringer, als das niedrigste eigentümliche Gewicht des Stabeisens, wel-
ches wohl von den im Innern entstandenen Absonderungen herrührt.
1 Ein Stück von kristallinischem Eisenglanz mit regulär -sechsseitigen
Tafeln, war durch die Reduction in Wasserstoffgas auffällend verändert wor-
den. Sowohl äusserlich als auch im Innern ist die eisenschwarze Farbe in
eine licht stahlgraue , und der lebhafte Hetallglanz in einen metallischen
Schimmer umgewandelt Die Structur ist eine krystallinisch - körnige , dem
sehr feinen Korn des geharteten Gussstahls ähnliche, gewordert. Das speci-
fische Gewicht fand ich 7,428, welches dem von manchem Stabeisen gleich
kommt.
§. 33.
Veränderung der Structur des Roheisens im Gefolge der Ausscheidung von Kohle.
Früher (§. 11) ist gezeigt worden, wie bei dem Roheisen unter ge-
wissen Umständen das Gefüge Änderungen erleidet, ohne dass die Rigidität
aufgehoben und der Kohlegehalt vermindert wird. Hier ist nun zu erwähnen,
dass auch die Ausscheidung von Kohle Molekularbewegungen im rigiden Zu-
stände und dadurch Strttctnf Veränderungen in dem Roheisen veranlassen kann.
Dieses geschieht u. a. bei dem in mehreren Gegenden Süddeutschlands üblichen
Processe des Bratens oder Glühens des weissen Roheisens, dessen Zweck
tot, durch Verminderung des Kohlegehaltes das Verfrischen desselben zu
Erleichtern, wobei nicht allein die weisse Farbe in die graue, sondern auch
das blättrige Gefüge in eine körnige Structur verwandelt wird1). Wo hl er
hat schon vot längerer Zeit die merkwürdige Umänderung von Roheisenplatten
beschrieben, welche unter der Rast eines Eisenhohofens eingemauert und
1) Karstens Eisenhüttenkunde. 3. Ausg. f. S. 604 IV, S. 164.
38 i//?ri7U!iO! 408,if»JED& LUDW. HAÜSMANty / l> /J \U\ m\U
daher während der ganzen Schmelzet einer starken Weissglühhitze aupgCH-
setzt gewesen waren. Das ursprünglich feinkörnige graue Roheisen hatte,
indem es einen Tbeil seines Kohlegebaltes verlor, besonders im Innen*, ein
grossblätteriges, glänzendes Gefüge mit rechtwinkeliger Spaltbarkeit angeh-
nommea1). Ich besitze ein Stück Roheisen von einer Eisensau, die sich im
Soolstein des Eisenhobofens zu Veckerhagen an der Weser gebildet hatte,
welches mit dem von Wo hl er beschriebenen, umgeänderten Roheisen über-
einstimmt, und ohne Zweifel auf ähnliche Weise aus grauem Roheisen, welches
dort erblasen wird, durch Verlust von Kohle unter langer Einwirkung einer
hohen Temperatur , entstanden ist Das Stück hat die mittlere Dicke einep
halben Zolles, und die zum Theil noch erhaltene, körnige Structur, ist an
einzelnen Stellen im Innern in ein grossblätteriges Gefüge mit dreifachem,
rechtwinkeligem Blätterdurchgange umgewandelt. Einige der Blätter haben
eine Länge von 1 Zoll, bei einer Breite von l/+ Zoll. Sie sind stark glänzend
und von dunklerer Farbe als das weisse Spiegeleisen , indem sie in der Farbe
und im Glanz mit polirtem Stahle Ähnlichkeit haben. Dass das blätterige
Gefüge eben so wie an dem von Wo hl er beschriebenen Stücke, besonders
im Innern sich befindet, stimmt mit dem im 9ten §. angegebenen Verhalten
der Structur eines geschmiedeten Ankers aus einem Eisenhohofen zu Rothe-
hütte am Harz überein.
§• 34.
Umänderung der Structur des Hohes durch die Verkohlung.
Zu den besonders auffallenden Formveränderungen in rigiden Körpern
gehören die, welche die Structur des Hohes durch die Verkohlung erleidet,
mag diese durch die Kunst in mehr und weniger eingeschlossenen Räumen
bei erhöheter Temperatur in kurzer Zeit bewirkt werden, oder in der Natur
allmählig vor sich gehen. Bei der künstlichen Verkohlung des Holzes äussern
sich die dadurch veranlassten Molekularbewegungen in der Verminderung des
Volumens , in der Bildung von Absonderungen , und in der Veränderung 4$9
Bruches. Es findet eine Zusammenziehung der Masse statt, wenn gleich dap
1) Poggendorff's Annahm. XXVI. S. 182.
%■ »
Ober die in starben leblosen Körpern bewirkten formveränd. 39
specifische Gewicht sich vermindert; und indem das Schwinden in der Rich-
tung der Holzfasern stärker als rechtwinkelig dagegen ist, so hängt damit die
Entstehung von mehr and weniger starken Querrissen zusammen, welche die
Holzfasern rechtwinkelig zu durchsetzen pflegen. Ausserdem bilden sich
schaalige, den Jahresringen entsprechende Absonderungen, und andere ra-
diale, in der Richtung der Holzfasern, welche indessen weit weniger ausge-
zeichnet zu seyn pflegen, als die Querabsonderungen. Das Aufbersten der
Rinde ist unabhängig von dem des Innern des Holzes, indem sie häufigere
Risse in verschiedenen Richtungen zu erhalten pflegt In demselben Grade,
in welchem die Bildung der Absonderungen bei fortschreitender Verkohlung
zunimmt, verändert sich auch der Bruch, der bei unvollkommener Verkohlung
erdig oder uneben erscheint , bei dem Fortschreiten des Processes aber immer
mehr sich dichtet, in das Ebene und Flachmuschlige übergeht, und* in dem-
selben Verhältnisse auch an Wachsglanz zunimmt, wogegen dm* Bruch anfangs
matt ist. Holzkohlen, welche bei metallurgischen Schmelzprocessen unzersetzt
durch den Schacht eines Hohofens niedergehen , und mit der Schlacke wieder
zum Vorschein kommen, haben mehr und weniger die Eigenschaften des
Anthracites angenommen. Bei diesen sind durch die stärkere Zusammenziehung
der Theile, die Absonderungen mehr geöffnet, und oft von Schlacke erfüllt.
Ähnliche Veränderungen treten auch bei der langsamen Verkohlung des
Holzes, die es in der Natur, bei dem allmähligen Übergänge in Braunkohle
erleidet, ein. Das* allgemeinste die Structur betreffende Kennzeichen der Ver-
kohlung des Holzes, die Entstehnng von Querrissen rechtwinkelig gegen die
Fasern, zeigt sich auch hier, und in demselben Grade häufiger und ausge-
zeichneter, in welchem die chemische Umänderung des Holzes fortschreitet
Bei dem langsamen Gange derselben erlangen die Querabsonderungen oft einen
Grad von Regelmässigheit, und mit Wachsglanz verbundener Glätte, wie es
bei der künstlichen Verkohlung nicht der Fall zu seyn pflegt. Indem die
Holzstämme, welche in den Braunkohlenlagern niedergestreckt sich befinden,
mehr und weniger platt gedrückt sind, so erscheinen die den Jahresringen
entsprechenden Absonderungen , der Abplattung parallel. Diese werden dann
nicht bloss von den die Holzfasern rechtwinkelig schneidenden Querabsonde-
rungen , sondern auch von den der Richtung der Fasern folgenden Längs-
40 .'//.;HM/-M>i«BrMr«'»Brii?u»w/'HA*s*AliR^/ rs *\ am »r*«i
absoadenuigen durebsetet, Wodurch, zumal bei der voHkeinweaete*! Btaanft
kohle, der Pechkohle, oftmals rechtwinkelig-parallelepfpedische Absondernngs-t
stocke entstehen. Bei Stämmen, welche in den Braunkohientagern aufgerichtet!
stehen, verhalten sieb die Absonderungen in Ansehung der gegenseitige1«!
Richtnngen, wie bei künstlich verkohlten Holzstämmen. Hinsichtlich des Brau-
ches zeigt sich ebenfalls eine mit der Verkohlnng fortschreitende Umwandlung!)
Der erdige Brach geht in den unebenen, und zuletzt in des ebenen uncr
muscheligen ober; nnd in demselben Verhältnisse, in welchem das DicitwerdeÜ
zunimmt, wird auch der- Glanz verstärkt. Bei der Umwandlang des Holieaf
in Braunkohle verschwindet die Holztextur immer mebr und mehr; bei deri
Pechkohle Ist beinahe nur Bruch vorhanden. >.
Herkwttrdig ist die von Noeggerath mitgetbeilte Beobachtung, das»
die holzförmige Braunkohle von der Hardt bei Pützchen unweit Bonn sieb
durch blosses Austrocknen an der Luft in Pechkohle mit : muscheligem Bruob-
und dem charakteristischen Wachsglanz umwandelt L) , welche Umänderung
meines Wissens sonst noch nicht wahrgenommen worden. Von G. Bischof
über die Ursache dieser Erscheinung angestellte Versuche haben ergeben, das»
sie wesentlich von der Austrocknung abhängig ist 2). Hieraus erklärt Sieb
denn auch die Bitdung von Pechkohle in Braunkohlenlagern, welche, wie am
Meissner, am Habicbtswalde bei Cassel, am Braunsberge bei Dransfeld, von
Basalt durchsetzt oder bedeckt werden, und das Vorkommen derselben be-
sonders in der Nähe des Basaltes 3). Durch die Einwirkung der höheren;
Temperatur sind in der Pechkohle zuweilen säulenförmige Absonderungen. enW
standen, welche regulär- sechsseitig sind, oder dieser Form sieb doch nähern;!
die wohl eine Länge von 1 Fuss und darüber, bei einer Starke von Va--*.
Zoll erreichen. Die Rinde der in Pechkohle umgewandelten Holzstamme es+i
scheint zuweilen in kleine, rechtwinkelig gegen den Umfang gerichtete Prismen)
_ id
I) N. Jahrbuch für Mineralogie u.a. w. von v. Leonhani und Bronn. Iö4^
S. 603.
2} Daseibat S. 604.
3) Vergl. Bemerkungen aber das Braunkohlenwerk am Hulrichtsw
von Strippelmonn, i. d. Studien des Göttingischen Vereins
Freunde. I. S. «46.
vor dem Walde, «wischen üransfeld und Münden befindlichen , kleinen Braun-
kohlenlager, auf welchem i. J. 1822 ein Versuch bergbau betrieben wurde,
fand ich einen platt gedrückten, in Pechkohle umgewandelten Stamm, dessen
Rinde in überaus nette, regulär -sechsseitige Prismen von 2—3 Linien Starke,
zerborsten ist.
In der Nahe des Basaltes zeigt sich zuweilen eine noch auffallendere,
durch die hohe Temperatur bewirkte Umänderung der Braunkohle, nehmtich
die in AnthracÜ. Vielleicht giebt es keinen Ort, an welchem sich diese Er-
scheinung so aasgezeichnet darstellt, und wo sich eine so günstige Gelegenheit
darbietet, Beobachtungen darüber anzustellen, als am Meissner in Hessen, wo
durch den anf dem dortigen mächtigen Braunkoblenlager betriebenen Bergbau
die Reihenfolge der Umänderung der Braunkohle an vielen Puncten völlig
aufgeschlossen sich zeigt. Es kann nicht die Absicht seyn, diese Reibenfolge
hier ausführlich zu beschreiben, da sie aus mehreren Schriften hinreichend
bekannt ist l) ; aber ein kurzer Überblick derselben wird dem Zwecke dieser
Mittheilungen entsprechen, indem dadurch zugleich eine Übersicht von der
allmahligen Zunahme der Wirkung der Molekularbewegungen auf die Umände-
rung der Form des Holzes erlangt wird, welche in demselben Grade auffal-
lender hervortritt, in welchem die Braunkohle der sie durchsetzenden und
bedeckenden Basaltmasse genähert ist, und mithin einer höheren Temperatur
ausgesetzt war. Die Mächtigkeit des Kohlenlagers am Meissner Ändert sehr
ab, indem sie etwa zwischen 20 und einigen 90 Fuss schwankt Die unterste,
y2 — 4 Fuss mächtige Masse, das sogenannte Stockwerk, besteht aus hols-
förmiger Braunkohle, in welcher die Holztextur noch vollkommen erbalten
ist, und in der besonders nur die oben angegebenen Quer absonderun gen her-
vortreten. Darüber liegt gemeine Braunkohle, in welcher die Holzfasern weit
I) Genaue Nachrichten darüber finden sich besonders in folgenden Schriften: Be-
schreibung des Meissners von Dr. J. Schaub. 1799. S. 138 ff. Beschreibung
des Meissners von Hundeshagen, in v. Leonhard's Taschenbuch f. d. Min.
Jahrg. XI. I. S. 40 ff. Die Basalt-Gebilde von K. C. von Leonhard. 1832.
IL -8. 288 1 -...ui;.:: ,
Phys. Gasse. VII. F
42 JOE. FBIEDR. LÜDW. HAUSMANN,
weniger deutlich erscheinen, und mit dem vorherrschend werdenden Brache,
zugleich ausgezeichnetere Absonderungen sich zeigen. Ihre Mächtigkeit schwankt
von etwa 25 bis beinahe zu 60 Fuss. Indem sie nach oben allmählig eine
dunklere, bräunlichschwarze Farbe annimmt, gehet sie in die darüber liegende,
höchstens etwa 4 Fuss mächtige Pechkohle über, in welcher von der Holz*
textur kaum noch etwas sichtbar ist, der muschelige Bruch durch den Wachs»
glänz, und die Absonderungen durch Schärfe und Glätte sich auszeichnen.
Diese vollkommenste Braunkohle wird durch schlackigen Anthracit 9 die söge*»
nannte Glanzkohle des Meissners, in einer Mächtigkeit von etwa 3 — 18 Fuss
bedeckt, aus welcher jede Spur von Holztextur verschwunden ist, und die
sieb durch die tief schwarze Farbe, so wie durch den mehr und weniger
vollkommenen Metallglanz des muscheligen Bruches auszeichnet Die oberste,
1 — 4 Fuss mächtige Lage bildet stänglicher Anthracit, die sogenannte Stan-
genkohle, welche im Bruchansehen der schlackigen Abänderung ähnlich, aber
durch die stänglichen Absonderungen charakterisirt ist. Die einzelnen Prismen,
welche oft regulär- sechsseitig, zum Theil aber auch fünf- oder vierseitig
sind, haben gewöhnlich eine Stärke von etwa x/s bis höchstens 2 Zoll. Ihre
Seitenflächen sind nicht selten etwas concav, und der Länge nach zeigen sie
oft schwache Krümmungen. Im Ganzen stehen sie aber senkrecht gegen das
Dach des Kohlenlagers. In der obersten Masse der Stangenkohle trifft man
äusserst selten hohförmigen Anlhracit an, der einer Holzkohle gleicht, aber
durch grössere Festigkeit und Härte sich von ihr unterscheidet. Das Ver-
halten desselben im Feuer stimmt mit dem der anderen Anthracit- Abänderun-
gen überein. Kaum braucht hier noch besonders bemerkt zu werden, dass
die einzelnen Modificationen der Kohlen nicht scharf von einander gesondert
sind; dass vielmehr ein allmähliger Übergang von der bolzförmigen Braun-
kohle bis in den stänglichen Anthracit Statt findet. Das Kohlenlager ist von
dem deckenden Basalte durch einen erhärteten, etwas bituminösen Thon, den
sogenannten Schwül, getrennt, der eine Mächtigkeit von l/2 bis 5 Fuss
besitzt, und zum Theil auf ähnliche Weise wie der stänglicbe Anthracit,
prismatisch abgesondert ist.
Am Fusse des basaltischen Hirschberges bei Grossalmerode in Hessen
bietet sich ebenfalls die Gelegenheit dar, die Umwandlung der Braunkohle in
mandelstein nod Basaltconglomerat durchsetzt wird. In unmittelbarer Berüh-
rung mit der basaltischen Hasse ist die Braunkohle in stanglicben Anthracit
umgeändert, der in 3 — 4 Zoll Entfernung von der Berührungsfläche in die
schlackige Abänderung übergehet Die Prismen des Anthracitea sind recht-
winkelig gegen die an grunzen den Flächen der Durchsetzungsmasse gerichtet,
lind befinden sich daher, wo diese eine senkrechte Stellung haben, in hori-
zontaler Lage 1). Aach in den Kohlenlagern am Habichtswalde bei Cassel
zeigt sich hin nnd wieder die Einwirkung basaltischer Massen auf die Um-
wandlung der Braunkohle in Anthracit2). Unter ähnlichen Verbältnissen wie
In unseren Gegenden, kommt die Anthracitbildung im hoben Norden vor.
H. Rink, der in den Jahren 1848 und 1849 Nordgrönland bereiste, bat die
dortigen, zum Theil schon durch Giesecke bekannt gewordenen Braunkohlen-
lager untersucht, die in einer jnngen Sandsteinformation vorkommen, mit
welchem basaltische und doleritiscbe Massen in Berührung sind, welche an
mehreren Stellen verändernd auf die Braunkohlen eingewirkt haben. Bei
Maniiik unweit Waigattet fand er ein von einer basaltischen Masse unmittelbar
bedecktes Kohlenlager, welches in einen schönen, halbmetallisch glänzenden
Anthracit umgewandelt worden 3).
Wo eruptive Hassen mit Schwankohlenflötzen in Berührung sind, wird
auch zuweilen eine Umänderung der Sc/uoankohle in Anthracit, nnd die
Bildung von prismatischen Absonderungen wahrgenommen. Ausgezeichnet
stellt sieb dieses an mehreren Puncten des Waldenburger Steinkohlengebirges
I] Vergl. Geognoslische Betrachtung der am Hischberge bei Grossalmerode abge-
lagerten tertiären Gebilde, vom Baron Waitz von fischen und vom Berg-
meister Strippelmann, i. d. Studien des Göttingischen Vereins Bergmänni-
scher Freunde II. S. 149 ff.
2) Vergl. die Basalt -Gebilde, von K. C. v. Leonhard. U. S. 295. 300.
3} Udsigt over Nordgronlands Geognosi, af H. Rink. Det Kongel. Danske Vi-
denskabernes Selskabs Skrifter. 5. Raekke. Naturvidensk. og mathem. Afdeling.
III. p.87.
F2
44 JOE. FRIEDE. LUDW. HAUSMANN,
in Schlesien dar, wo Porphyr in verschiedenartigen Berührungen mit den
Kohlenflözen sich findet, und wo in der Nähe der eruptiven Gebirgsmasse
die Schwarzkohle in sogenannte taube Kohle umgewandelt zu seyn pflegt,
die sich sowohl nach ihrem Äusseren, als auch im Feuer wie Anthracit ver-
hält Diese umgeänderte Kohle ist zugleich gewöhnlich dickstänglich abge-
sondert, wobei die Prismen rechtwinkelig gegen die Berührungsfläche der
Porphyrmasse gerichtet sind l). Zuweilen kommt auch die Schwarzkohle,
da wo sie mit Porphyr oder Thonstein in Berührung ist, nur stänglicb abge-
sondert, aber nicht in Anthracit umgeändert vor, wovon ich mich durch die
Untersuchung ausgezeichneter Stücke, die ich dem Herrn Bergamtsassessor
Bocksch zu Waidenburg verdanke, habe überzeugen können. In Gross-
britannien und Ireland zeigt sich an manchen Orten eine Veränderung der
Schwarzkohlen durch die Einwirkung von Trapp- und basaltischen Massen2);
so wie die anthracitartige Beschaffenheit der Kohlen auf den Flötzen bei Ofeld
und Neustadt am südlichen Harzrande, einen Einfluss der Trappmassen, von
welchen die dortige Steinkohlenformation durchbrochen worden, andeutet
Diese Erscheinungen machen es um so wahrscheinlicher, dass die anthracit-
artige Beschaffenheit der Kohlen auf den unter sehr eigenthümlicben Verbält-
nissen am westlichen Rande des Schwarzwaldes zwischen Offenburg und Lahr
vorkommenden Flötzen, die zwischen Massen von Gneus und Granit wie
eingeklemmt erscheinen5), so wie die Bildung des Anthracites in den Alpen
von Oisans , der Maurienne , der Tarentaise , u. a. a. 0. der Einwirkung einer
hohen Temperatur auf Schwarzkohle zugeschrieben werden darf.
Anthracit ist völlig amorphe Kohle. Diese kann aber durch Einwirkung
höherer Temperatur, ohne Aufhebung des rigiden Aggregatzustandes , in fcry-
stallinische Kohle, in Graphit umgewandelt werden. Dass durch Einwirkung
1) Genaue Nachrichten darüber finden sich in der geognostischen Beschreibung
von einem Theile des Niederschlesischen, Glätzischen und Böhmischen Gebirges
von Zobel und v. Carnall, in Karsten's Archiv für Mineralogie, Geognosie
u.s.w. IV. S.31. 112. 123.
2) VergL meine geol. Bemerkungen über die Gegend von Baden bei Rastadt, i. d.
Abhandl. d. Kön. Gesellschaft der Wissensch. zu Göttingen. II. S. 18 ff.
3) Vergl. die Basalt -Gebilde von K. C. v. Leonhard. II. S. 370 ff.
land erwiesen. Bei Karsok im Omenaksfjorden fand derselbe eine doleritisehe
Kasse, auf welcher ein weisser, sehr feinkörniger, harter und dichter Sand-
stein ruhet, der zu onterst und zunächst dem krystallinischen Gestein, ein
Graphitlager einscbliesst, welches die Mächtigkeit von einen Fuss zu erreichen
scheint. Dans der Graphit wirklich durch die Einwirkung einer hohen Tem-
peratur aus Brannkohle erzeugt ist, wird dadurch erwiesen, dass Anthracit
sogleich mit demselben vorkommt, dessen Bildung durch eine Cmändenmg
von Braunkohle an anderen Stellen sich unzweideutig zeigt Der durch die
Gluth gehärtete Sandstein iat in der Nähe des Graphits theilweise durch ein-
gedrungene Kohle dunkel gefärbt, und scbliesst zugleich einen graphithaltigen
Schiefer ein, der aus einem bituminösen Schiefer, der stets die Braunkoblen-
lager begleitet, entstanden zu sein scheint 1). Der Gate meines verehrten
Freundes, des Herrn Etatsratbes Forchhammer zu Kopenhagen, verdanke
ich em Stück jenes Grönländischen Graphites, welches dreifache, rechtwinkelig
einander schneidende Absonderungen besitzt, wie sie der Braunkohle eigen
zu seyn pflegen, Übrigens aber in allen Eigenschaften mit der gewöhnlichsten
dichten Abänderung des Graphites übereinstimmt Jene interessante Wahrneh-
mung liefert einen neuen Beweis, dass der Graphit, welcher in mehreren
Gegenden der Alpen in einem nahen Verhältnisse zum Anthracite steht, gleich
diesem der Einwirkung einer hohen Temperatur seine Entstehung verdankt,
wie solches die von Foornet, S tu der u. A. aus ihren Beobachtungen ab-
geleitete Meinung ist 2).
Wenn in dem Meissner die Braunkohle dem Basalte zunächst in Anthracit,
in grösserer Entfernung von demselben aber in Pechkohle umgewandelt wor-
den, so folgt daraus, dass zur Entstehung des ersteren eine höhere Tem-
peratur erforderlich war, als znr Bildung der letzteren. Gewiss wird man
1) H. Rink, a. a. 0.
X] Vergl. Fournet, Recberches sur tla Geologie des Alpes, i. d. Annales des
BCienees physiches et naturelles pnbl. par la Societö d'Agricnhnre de Lyon.
T. IX. — Lehrbuch der physikalischen Geographie and Geologie von B. Studer.
n. s. i4i.
46 JOH. FRIEDR. LUDW. HAUSMANN,
annehmen dürfen, dass die Erzeugung des Graphites einen noch höheren
Hitzgrad verlangte, als die des Anthracites 1). Da die Bildung von stäng-
lichen Absonderungen nicht bloss bei dem aus Braunkohle entstandenen
Anthracite, sondern zuweilen auch bei der Pechkohle vorkommt, und da
Scbwarzkohle durch Einwirkung einer eruptiven Masse wohl eine ähnliche
Absonderung erlangt hat, ohne zugleich in Anthracit umgewandelt zu seyn,
so scheint daraus gefolgert werden zu können, dass um solche Molekular-
bewegungen hervorzurufen, welche eine stängliche Absonderung in einer
Kohle bewirkten, ein geringerer Hitzegrad erforderlich war, als um Braun-
und Schwarzkohlen in Anthracit zu verwandeln. Wenn man nun ferner
sieht, dass in manchen Braunkohlenlagern, mit denen basaltische Massen in
Berührung gekommen sind, kein Anthracit, sondern nur Pechkohle sich findet,
und in manchen anderen gar keine Umänderung der Kohle bemerkt wird;
wenn man dazu nimmt, dass an einigen Orten der Einfluss der eruptiven
Masse nur wenige Zolle beträgt, wogegen er am Meissner wohl bis auf eine
Entfernung von 10 — 20 Fuss sich bemerklich macht, so ist aus allen diesen
Wahrnehmungen mit Sicherheit zu schliessen, dass die Temperaturen, welche
bei der Erhebung eruptiver Gebirgsmassen auf die Gesteine und Fossilien mit
denen sie in Berührung kamen, einwirkten, sehr verschieden waren, welches
sich übrigens auch aus anderen Verhältnissen ergiebt. Von Einfluss hierauf
dürfte theils die Beschaffenheit gewesen seyn, welche den eruptiven Ge-
birgsmassen eigen war, als sie mit anderen Massen in Berührung traten,
je nachdem sie namentlich in einem geschmolzenen oder nur teigigen Zu-
stande sich befanden, wobei mannichfaltige untergeordnete Modificationen
statt finden konnten; theils die Grösse, die Mächtigkeit derselben. Hierüber
hat Strippelmann in Beziehung auf die Braunkohlenlager des Habichts-
1) In Beziehung auf diesen Gegenstand sind die Versuche des Herrn Violette,
die Verkohlung des Holzes durch Wasserdampf zu bewirken, über welche
Herr Baiard am 23. Januar 1854 der Akademie der Wissenschaften zu Paris
einen Bericht erstattete, von besonderem Interesse. Bei einer Temperatur bei
welcher Platin schmilzt, wurde eine dem Anthracite ähnliche Kohle dargestellt.
(Revue de l'Instruction publique. 1854. p. 662.)
Ein bedeutender Unterschied zwischen der Bildung der Braunkohle nebst
ihrer Umänderung durch höhere Temperatur, und der künstlichen Darstellung
der Holzkohle, ist darin begründet, dass bei jener ein mehr und weniger
starker Druck wirksam war, welcher bei dieser fehlt. Wenn bei der künst-
lichen Verkohlung des Holzes das Schwinden desselben und die Umänderung
semer ßtructur allein durch die chemische Zersetzung bedingt sind, so wurde
dagegen bei der Bildung der Brannkohle die Volumen Verminderung haupt-
sächlich mit durch den auf dem Holze lastenden Druck bewirkt, wodurch
zugleich die von der chemischen Umänderung abhängige Umwandlung der
Structur, in verschiedenem Grade modificirt werden musste. Bei der künst-
lichen Verkohlung behält das Holz Beine äussere Gestalt; bei der Braunkohle
zeigt sich diese nur dann und wann in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit.
Zuweilen trifft man nehmlieh in Braunkoblenlagern aufgerichtete, bis zu einer
gewissen Höhe wohl erhaltene Stämme mit ihren Wurzeln, offenbar an ihrem
ursprünglichen Standorte an 2) ; aber die Hauptmasse des Holzes pflegt doch
hingestreckt und über einander gestürzt zu liegen, wobei durch den Druck
der darüber befindlichen Massen, die äussere Form mehr nnd weniger ver-
ändert worden. Diese wurde um so mehr zerstört, je weiter die Verkohlung
fortschritt. Die Umwandlungen welche die Braunkohlen durch den Einfluss
basaltischer Hassen erlitten haben, sind vermuthlicb unter Mitwirkung beisser
Dampfe und heisser Quellen erfolgt, wobei eine Erweichung der Masse wohl
angenommen werden darf. Die angeführten Versuche von Violette über die
Verkohlung des Holzes durch Wasserdampf, haben in dieser Beziehung er-
wünschte Aufschlüsse gegeben. Dass eine solche Mitwirkung statt fand, ge-
winnt durch das Vorkommen von verkieselten Holzstämmen in Braunkoblen-
lagern sehr an Wahrscheinlichkeit.
1) Die Basalt-Gebilde von K. C. von Leonharri. IL S. 295.
2) Geognost. Betrachtung der am Hirschberge bei Grossalm ero de abgelagerten ter-
tiären Gebilde, vom Baron Waitz von Eschen und vom Borgmeister
. Stcjpp.elmann. A.a.O. S. 131.
48 JOH. FMBDR. LÜDW. HAUSMANN,
Obgleich bei der künstlichen Verkohlung des Holzes eine bedeutende
Zusammenziehung desselben erfolgt, so wird doch das specifische Gewicht
vermindert. Die Angaben über das eigentümliche Gewicht der Holzkohlen
weichen zwar sehr von einander ab, stimmen doch aber darin überein, dass
es geringer ist, als das specifische Gewicht des Holzes, woraus die Kohlen
dargestellt worden, selbst wenn dasselbe im vollkommen lufttrocknen Zustande
des Holzes bestimmt wurde. Die Versuche von Chevreuse haben ergeben,
dass die Hitze, bei welcher die Verkohlung geschieht, von Einfluss auf das
specifische Gewicht ist, indem bei Rothglühhitze dargestellte Kohle ein grösseres
eigentümliches Gewicht hat, als bei schwächerer Hitze erzeugte1). Das
specifische Gewicht der Braunkohle ist weit grösser als das der Holzkohle,
und selbst grösser als das des lufttrockenen Holzes, und nimmt durch die
Umänderung, welche sie unter dem Einflüsse einer höheren Temperatur er-
litten hat, zu, um so mehr, je grösser die einwirkende Hitze war. Die
Pechkohle hat ein höheres eigenthümliches Gewicht, als die gemeine Braun-
kohle, der Anthracit ein grösseres, als die Pechkohle; und das specifische
Gewicht des Graphites ist bedeutend grösser, als das des vollkommensten
Anthracites.
Es scheint mir nicht uninteressant zu seyn, mit der Veränderung, welche
die Form der Braunkohle durch die Einwirkung basaltischer Massen erlitten
hat, die Umänderung zu vergleichen, welche durch eine künstliche Verkoh-
lung derselben bewirkt wird. Verkohlungs versuche in Meilern, welche von
meinem Freunde, dem Herrn Oberberginspector Strippelmann am Meissner
in den Jahren 1826 und 1827, als derselbe noch Bergmeister am Habichts-
walde bei Cassel war, mit dortigen Braunkohlen angestellt wurden, haben
darüber Aufschluss gegeben. Aus dem darüber erstatteten Berichte entlehne
ich Folgendes2). Gemeine Braunkohle und gemeine Pechkohle lieferten eine
1) Chevreuse, Recherches physico-chimiques sur le charbon. Ann. de Chim.
et de Phys. XXIX. 426.
2) Versuche mit Abschwählung von Braunkohlen u. s. w., angestellt auf dem Braun-
kohlenwerke am Habichtswalde bei Cassel , durch den Kurhessischen Bergmeister
Strippelmann, i. d. Studien des Götting. Vereins Bergm. Freunde. II. S. 169 ff.
OBER DIB Hi STAWMN/LMLOfiEN KÖBPBHN «WIÄBIN FORM VER ÄND. 4»
•ebr dichte,, > auf idem Bruche metallisoh- glänzend* und bell MingeodeaKobta.
Die erhallen** Stdcke hatten Spalten und Risse y webt aüeinjiacki den jn der
Kohle noch an erkennenden Jabräringen, soadfern duch rechUvmkeligi dagegen.
Diese Risse giengen aber in der Regel nMht dittch i»d fhta'lttar dadurch di&
SWlckeirichi in mehrere, sondern *s bestand noch bin fester Zusatnraeobatog.
Trennte man aber ein Stack nach einem solchen Riss, so zeigtdn die baden
dadurch Erhaltenen Fläcfcem *in mattes, donkelbleig^aues Ansehen* Aufblähen
def Köhlern durch daö Ab seh wählen, Wie bei deft SchWmfekohlen ;i wurde, wid
dtefces auch die. Volumeriywminderung naeltw eist, nicht #ategenomtneik!> Holz*
förmige , Braunkohle hätte durch die Abadh wtiUung , in ihttm\ Aggregfalfcuftfend*
keine Umänderung erfahren. Es waren nur die Risse dach den/ Jahratfngdfl
deutlicher hdr vorgetveten. • » l ) • Die Kohle' war sehr dicht , auf , dem Bruche stark
metallisch glänzend und: rabenschwarz , auf der Oberfläche mehr. iä, . das Graue
stechend» Ein heller Klang liesa auf ihre Gate sehUessen. v In ibteik Verbalten
xot dem Scktniedebalg war sie einer guten BuchfcnhölzkoWle sehr ähnlich j rift
Dichtigkeit übertraf sie dieselbe» In Ansehung der Valamenverrairidörtfiig li**
ferten die Verkohlungsversuche gleiche Resultate , indem «w 100 Cübikfod*
Bcaudköhle durchschnittlich 44,13 Cubikfu$a abgesch wählte Kohlen erfolgten.--* {&
Alan ersieht .hieraus , Wie sehr die Formveränderungen , t welche die i Braunkohle
bei einer Meilervefköhluftg erleidet ^ sieh voll denen unterscheidet, . welche
drirch die Einwö'kung bäsaftißcher Massen bewkkt wurden, und erkennt nun
umi att hedtimtoter, wie .Viel bei dsr» letete^en der gewiss weit habere* Tcurit
pttatur, dem gewaltigen Drucke, oüd^wie oben feemÄkt worde*,_vefBnrtUibli
«DChnnoobi anderen ftdsen^tlitfadieri zuzuschreiben ist. , :-\
1«i ^c-'h!*»!-»^ .;*.;!••;:[..;•>, i-' ■-.;.■■ .!'> .'»)*:■" '.« , . '' :./■. ',.' ',.. . , -»• ■
unl C. « F^rmv^rin^frt^gön i^'CMblg^ einefr Austausche» ¥to BestarMÜhcilön, "
Jlii<5?< <i jI'/i' i» >ii'n\}k\U:','.-)ti ■::?•- -:iv,"U: ;r;i..O..,.<!/' •;••!.<. ;;•;:_;,:'. •• . . ..*.:!'»; ;//
Verschiedenartigkeit det J^stat^ches von Bestandtheilen.
Die o&«odtib(» «aanfobfaltifeii VdrSrtäeran^en, welche die Mischungen
i#eY l6bfcfstal Kfaßti* titeNs io -de* italttr, thells durch d**fi«>et<«rier*eh, be-
«e%eö bd Weite rri'öirt1' HUofigbteU in eiüew AnshMiche Vdtt' ttctittfAdtbeito«.
Da viele dieser chemischen Veränderoogea ■ Jrorgftben/, ohne idaa» jhw» rigide
PAy*. Cbitte. FI/. 6
30 .U*/.;i:iVi. ,,.>.; JOB/FRIEDR. LÜDW. HADBMANüJy . iäj
Aggrfcgateustand der Körper aufgehoben wird , so kommen auch häufig im
Gefolge eines Austausches von Bestand theilen solche Molekular bewegungei
vor, deren Wirkungen den Gegenstand dieser Untersuchungen ausmachen
Von den mannichfaltigen in diese Abtheilung gehörenden Erscheinungen können
indessen im Nachfolgenden nur einige besonders ausgezeichnete näher be-
trachtet werden.
Der Austausch von Bestandteilen, durch den die chemische Natur leb-
loser Körper verändert wird, ist bald einfacher, bald zusammengesetzter.
Unter den Bestandteilen welche ausgeschieden werden, kommen besonders
häufig Wasser, Kohlensäure und Schwefel, zuweilen Arsenik, selten andere
Metalloide vor. Kein Stoff wird dagegen bei dem Austausche häufiger aufge*
nommen, als Sauerstoff". Dieser tritt dann entweder allein an die Stelle des
ausgeschiedenen Bestandteiles, oder in Verbindung mit einem anderen, be*»
sonders mit Wasser, mit Kohlensäure; oder auch wohl mit mehreren anderen
Bestandteilen, indem z. B. Wasser und Kohlensäure gemeinschaftlich mit dem
Sauerstoff" die neue Verbindung eingehen. Was die durch den Austausch voll
Bestandteilen gebildeten Körper betrifft, so gehet entweder nnr eine neue
Substanz daraus hervor, oder es entstehen gleichzeitig mehrere neue Substanz
zen, die manchmal mit einander vermengt, ja zuweilen so innig vereinigt
bleiben, dass man ihre Verbindung für eine chemische halten möchte; die ini
dessen auch oft sich von einander sondern. Die Trennung wird zuweilea
durch Einwirkungen vermittelt, welche den starren Aggregatzustand aufheben.
Überhaupt gehen viele Zersetzungen vor, bei welchen die dadurch veranlasste?
Formveränderungen nur zum Theil in die Kategorie der Erscheinungen ge-
hören, welche den Gegenstand dieser Betrachtungen ausmachen. Solches ist
besonders bei zusammengesetzteren Mischungsveränderungen der Fall, bei
welchen Ausscheidungen oder Aufnahmen gewisser Bestandtheile durch flüssige
Körper bewirkt werden.
§. 36.
Umänderung des Graubraunsteins in Weiche und Glantbrounstein.
Die Umänderung welche der Graubraunstein (Manganit/ erleidet, pnf
welche Hai ding er zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt hat1), liefert Beispiele
1) Poggendorft 's Annalen. XI. S. 374.
Ober die in starjwbai«*««^ &öipeb« iewiriwn form vsränd. &i
von Form Veränderungen, welche dorcb einen einfachen Austausch vo4 Wa*§&
fegen Sauerstoff bewirkt werden. Am Häufigsten kommt die Umwandlung
4es Graubrauüsteikä in Weichbraunstein (Pyrolusü) , defe Manganoxydhy dhiWs
in Mangauhyperoxyd vor, welche daran am Leichtesten zu erkennen ist, dass
die braune Farbe des Striches sich in eine schwarze umändert, womit eine
Verminderung der Härte verbunden ist. An Krystallen des Graubraunstöins
«breitet die Umänderung gewöhnlich von Aussen nach Innert fort, und nicht
selten trifft man Individuen an, Welche eine mehr und weniger starke Rinde
von Weicbbraunstein babfen, während der Kern nbch Graubraunstein ist
Zuweilen ist aber auch der ganze Krystall des letzteren, mit Beibehaltung- der
äusseren Form , in Weicbbraunstein umgewandelt Die im Innern vorgegangene
Formveränderung ist nicht bedeutend/ welches wohl damit zusammenhängt,
d*ss das Krystallisationensystem des Weichbraunsteins von dem des Graubraun-
Steins sich nicht weit entfernt; dass bei Beiden die Blätterdurchgänge eine
analoge Lage haben, und die Differenz des Winkels , unter welchem die
Blätterdurchgänge nach E einander schneiden, nur 6° beträgt. Haidinger
hat angemerkt, dass die Spaltbarkeit nach B durch die Umänderung ausge-
zeichneter zu werden scheine. Obgleich die Sauerstoffquantität welche das
Manganoxyd des Graubraunsteins aufnimmt, indem Manganhyperoxyd daraus
wird , der Bf enge des ausgeschiedenen Wassers nicht einmal ganz gleich kommt,
s>e ist doch mit* der Umänderung der Substanz, eine Verdichtung der Masse
verknüpft, indem das specifische Gewicht, welches bei dem Graubraunstein
4,3 — 4,4 beträgt, bis auf 4,8 und darüber steigt, wodurch sich die Mote-
kfclarbewegungen entschiedener *u erkennen geben , als durch die Form*
verän<te*utfg.
! ■■'">' Es kommen auch Krystalle von Graubraunstem vor , welche eine Rinde
besitzen, die sich durch bräunlichschwarze Farbe, röthlichbraunes Pulver und
grössere Härte von der inneren, unveränderten Masse unterscheidet, und in
Qkmzbramistem ( HausmannUJ beste/bt. Diese Rinde, welche im Innern kry-
Stallinisch- körnig zu erscheinen pflegt, ist bald schwächer, bald stärker, und
Aw demselben Krystall oft ; von i ungleicher Stärke. Auch bemerkt man ab
solchen Individuen zuweilen im Innern einzelne Partieen , welche- der Rinde
gleichen. Diese löst sich manchmal schaalenförmig von dem Unveränderten
G2
52 •;/, .; ? i JOB. FBIID1. LDI>W. HAISMANN, ; - - ; .
Kerne *ak KrystaHe, weiche diese Umwandhing in Glanzbnmostem zeige*,
pflegen äusserlich eine dunklere, oft sammetschwarae Farbe zu besitze«.
Nach Blum 's Bemerkung1) ist die Oberfläche der Kry stalle des Graubraun^
Steins manchmal rauh nnd wenigglänzend, wobei sie einen kastanienbraunen
Strich wahrnehmen lassen. Im Innern bestehen sie oft aus einem Haufwerke
oktaädriscber Krystalle von Glanzbraunstein, daher sie etwas porös sind, wäh-
rend sich die Rinde zusammenhängend zeigt, indem hier jene Krystalle se
aneinander gereibet sind, dass eine der Oktaederflächen in die Ebene der
Säulenfläcben des Granbraunsteins fällt. Zuweilen besteht auch die Rinde aus
einem Aggregate von sehr kleinen Oktaedern, die nicht diese regelmässig*
Aneinanderreihung besitzen, wodurch das Rauhe auf der Oberfläche vorzüglich
bewirkt wird. Die Veränderung scheint von Aussen nach Innen fortzuschrei-
ten; doch bat auch Blum bemerkt, dass solches nicht immer ganz gleidt*
massig geschieht, indem auf der Oberfläche oder in der Rinde mancher Kry-
stalle noch Tbeile von Graubraunstein wahrgenommen werden, während das
Innere ganz mit Krystallen von Glanzbraunstein erfüllt ist.
Bei der Bildung von Manganoxyd - Oxydul aus Manganoxydhydrat wird
der Wasserverlust nur durch eine geringe Sauerstoffmenge ersetzt. Dabei
findet aber eine Verdichtung statt, welche der bei der Umwandlung dt*
Graubraunsteins in Weichbraunstein nahe kommt. Da in Ansehung der Kry-
staüisation und Strnctur zwischen diesen1 beiden Mangan -Fossilien ein sehr
grosser Unterschied statt findet, so zeigt sich hier die Wirkung der Maler
kularbewegungen bei starrem Aggregatzustande weit auffallender, als bei dar
Umwandlung des Graubraunsteins in Weichbraunstein. Es offenbart sich »4
dessen zuweilen auch eijie begonnene Umänderung des Manganoxydfeydrutes
in Manganoxyd - Oxydul , ohne dass zugleich eine Veränderung der Form
wahrgenommen wird. Es kommen nehmlieh zn Ilfeld am Hart KrystalldnMü
und strahlige Massen von Graubraunstein vor, welche sich durch eine dunklen^
oft sammetsch warze Farbe , in Verbindung mit einem lebhaften Glaaz ang*
zeichnen, und deren Pulver sich durch eine lichtere braune Farbe von den
Strichpulver des unveränderten Graubraunsteins unterscheidet« Auch habe ißb
1) Pseudouorphosen. S. 169. . i> ,|o
\ t
Ober die « stamhwlhblobeit xöänäh mwibmten foämtiränd. u
bemerkt, dabs sich KrystaDe von solcher Beschaffenheit besonders Weht nad
-vollkommen > spdfceri lassen. Hier Scheint als* der, Anfapg . einer Umwandlung
»ehr gteicfexütif! «hirch >Äe ganae Masse sieb verbreitet xo haben. Ea>6 *hn*
«Heben Erschekrang! bietet fcuwetten die Umftuderuüg des Graubraunsteins in
Wefchbraunstein In dem sogOTamrten Karrtc* dar, der u. a, m IlfeM in
jRsetidomorphosen nach Kalkspatb isCeh Bildet j ; und nach der Untersuchung
Tnr b er' a als ein Gemenge von Mangan oxydkydrat nid Manganhyperoxyd
m; betriaefcten ist> l)* Anf » den flfeMer Bratoisteingängen ist das Verkommen
des Glanzbraunsteim in Veribindung mit den des Graubramsteins im Gänsen
von der Art, dass man geneigt seyn möchte, die Bildung des ersteren von
emer ümändemng des letatereni abiinleiteö; so wie der dort und In bedenten-
defcer Menge auf den Braonsteingängen der Gegend von Ilmenau an Thüringer
Walde brechende Weicbbreuustetri , vielleicht aum grossen Theü ans Grau*
bralundtein hervorgegangen ist » -■•■mu-<' : : n i
iJi:.-'i i. ;• ;. ■»• t- . ' -i: >. :i i^i ;..»;.< i'J]' l.' ' .' .[:,. ■"•• • ' .!&!:•»; • i
Miti -":i . .■ ■ -. / .;■•§.' 3t7. •'■::.:' ..■;§ööii*Jii-'<./
.<^ -• Mörtel- Bildung. .\: .■;'•> ]>:nh^7 .-,:■.
Fuchs bat bereits in seiner vortrefflichen Schrift ttfcer Käfk und Mörtel
bemerkt: wie es frei der Von Ihm iuerst iraengewieseneri ' chemischen Ein-
wirkmrg von Kalkerde und Kieselsäure besondere Beachtung1 Verdiene, dass
dtes/elbe Vorgehe, ohne dafss der eine1 oder' andere der : binWirkettäe'n Körper
Im ÖffSsfgen Zustande sich befindet, und liat in dieser Beziehung janen Proceä's
mft dem der Camentätion verglichen 2). Die Form verandertihgen ; w^fete die
Bereitung tmd Erhärtung des lf(5r^& begTeiten, lassen atlf m'ebrftbhe Weise
<We Wirkungen Wd MoIekuWbewegungen ohne Aufhebung Ws rlgtdÖn Ag-
gregatzwstandes erkennen) ' welches um so mehf eine1 genauere Beathfarig ver-
dTent, jd weniger vielleicht bei einem Pröcesse, der tfigiieti unter unseren
Angeii vorgehet, und de/ssen Zweck auf Bewirkung eitlfes «nstarides nröglichster
m "1) Vergi; rtieÄ^anÜBytt fter MfteralÖgW' 2 :lKitsg. ti S. 2S& '- ' ' :Min
r"'S) Übei^'ICilk tthd'mrtervöW I^Jbirtte^oWiil^tfclks. AW:«lrd«WH»ii
1 Journal Ar technische n. ötoirtemische Cherttlö Bd. VI besondere »bgediwfct;
-■J.i) ui88fiu:&TA6f{ ...»•;■.. -.iii'jHi j/ .;. .oi.iii'ii-'Lii.ii i'i.n 'liitni>i> v> • -.<; /< :su l!i i
54 :''.'.ija7!.'.;i0,-l ZllCIBUlfRIEDJt^lJiXW.^HaJBSMAIfHUlA'r^ /! .11(1 iüiOÜ
Robe unter mit einander in Berührung gebrachten Körpern gerichtet ist, daran
gedacht zu werden pflegt , dass dieser Zweck nur durch Bewegungen der
kleinsten Theile erreicht werden kann. .Auch dürfte gerade das, was bei
diesem Processe sich zeigt , künftig besonders mit dazu dienen können, zu
manchen Aufschlüssen über geologische Erscheinungen zu führen. Die Ver-
änderung welche die Mischung des Luftirtörtels erleidet, wovon seine Erhärtung
Folge ist, und die diesen Process begleitenden Molekularbewegungen, gehen
ausserordentlich langsam von Statten, aus welchem Grunde eine Vergleichung
jenes Herganges mit gewissen Metamorphosen, die in der Erdrinde erfolgen,
besonders nahe liegt Wenn nun aber bei der allmähligen Umänderung der
chemischen Zusammensetzung des Luftraörtels, auf Molekularbewegungen welche
eine Formveränderung bewirken, nur aus dem Effecte geschlossen werden
kann, so stellen sich dieselben dagegen bei gewissen Vorgängen/ die mit
der Mörtel -Bildung im Zusammenhange stehen, und aus diesem Grunde hier
gelegentlich erwähnt werden sollen, obgleich sie streng genommen zu früheren
Abtheilungen gehören, indem bei ihnen kein Austausch, sondern theils nur
ein Verlust, theils nur eine Aufnahme von Bestandtheilen Statt findet, durch
grössere Geschwindigkeit augenscheinlich dar.
Die erste Formveränderung welche mit dem kohlensauren, zur Mörtel«
bereitung bestimmten Kalke vorgehet, ist Folge der durch das Brennen be-
wirkten Verjagung der Kohlensäure. Die durch die ganze Masse verbreitete
Auflockerung zerstört die krystallinische Beschaffenheit, wiewohl Kalkspatb
und Marmor nach dem Brennen noch Spuren der krystallinischen Structur
erkennen lassen. Es ist indessen ein erdiger Bruch entstanden, mochte dem
rohen Kalke eine späthige Textur, oder ein muscheliger, splitteriger, unebener
Bruch eigen gewesen seyn. Die äussere Gestalt der Stücke pflegt durch das
Brennen nicht zerstört zu werden. Bleibt aber der gebrannte Kalk mit der
feuchten Luft in Berührung, so entzieht er derselben Wasser und Kohlensaure,
und verwandelt sich in ein Hydro- Ca rbonat, wovon eine neue Formverände-
rung Folge ist: die Stücke bersten auf, und zerfallen allmäblig zu einem
lockeren Pulver. Doch ist der Erfolg nicht immer derselbe, welches daher
rühren mag, dass der gebrannte Kalk, nach dem abweichenden Gehalte der
Luft an Wasserdampf und Kohlensäure, in verschiedenen Verhältnissen die-
ÜHER DIE IN STABWfc ■BLQ8EN/«Ö1HERW i BBWMUffTHH FORMVBRÄtfD. 55
selben aufoiratafc Fucb*> brannte ein fitttcfc ¥©■ Isiändisckem Äalkspath in
einem Piatinttegel gafcr, und Betete dasselbe in einem troökeitfn Zimmernder
Lnft aus. NmU einigen ' Moniten irog das Stück y< deäsen Geivicht nach dem
Brennen Mfo Gran betagt 57,4 Gran. Es war aber, was ihm sehr auf-
fiM , . nicht bu eiheoi •» feinen Pulver zerfaUab, sondern hatte sich in kleine,
«afcestimmteckige Äücke aertheilt,r an welchen uvbnu Atom Gefüge des Kaife-
spaths, wae nach dem ; Brennen noch sehr deutfSdh zu erkennen war, nichts
tatobr webrgeh6inmen> werde* könnte. Es mussten sich ifaher die Theile des
Ädlkes, wie Füch* bemerkt y in eine ganz andere Lage begebe* tauen.
&b hatte ieine nicht inbedeutende Härte, ^ nid /knfrscbtei stark bet'm Zerreiben.
ht 100 Theüe» waren enthalten: 60,70 Kalk, 24,76 ;Kohle«säarer 14,54
Wasser l). Fu45hs hat die! Beobachtung gemacht, dasswenri man das Hydre^
€arhenaf i des Kalkes stark ausglühet, die .merkwürdige -Erscbeiniig eintritt,
däsa die Theile . des Kalkeis etwas Zusammenbacken ^ and derselbe sich .nicht
mehr wie gewöhnlich mit Wasser löscht, sondern nur sehr langsam zu einert
sandigen Pulver zerfttflt, was sich erst nach längerer; Zeit! dtwas fetner zer-
tbtilt Es seheint demnach, dass die Theile des KaHcs in der Lage welche
sie > bei der Bildung des: Hydro -Car bona tes angenommen haben, sich beim
Ausglühen i einander' mehr ' nähern als gewöhnlich *, i so dass dann das Wasser
nicht mehr so leicht zwischen sie eindringen kann 2).
>:; Wenn der gebrannte Kalk für Ae Verwendung zum Mörtel mit mehrerem
Wasser « Bi-eifelöseht worden, uni darauf, d» ttbersobilssige Wasser ver~
dnnstet, so bildet sich attroähüg ein *o<±nes Kalkhydrat von erdiger Be-
sehaffenheit Ans der Luft und dem vielleicht apätor wieder danA in Berüh-
rung kommenden Wasser, zieht das Kalkhydrat Kohlensäure an, wodurch es
in ein Hydro - Carbonat sich verwandelt, welches durch den fortgesetzten
Eintausch von Kohlensäure gegen das sich ausscheidende Wasser, der neutralen
Verbindung von Kalkerde und Kohlensäure sich mehr und mehr höhbrt, und
in dieselbe endlich wohl gänzlich übergehet. Dieses kann indessen nur höchst
langsam und unter besonders begünstigend^ Umständen geschehen. Fuchs
i ■■ ■ ■ ■ i ■ ~ • - ■
, 1) Fuchs, a. a. 0 SL 7. 8. ; , .
2) A. a. 0. S. 9.
i^'I i - i.'- »»'
56 '/..mm'::>'j rom^ffitiiBDRj ildiüw. syLuaaiMniii/ : • a ^: ihh :
hat sich durch *a Untersuchung' eines alten Mörtels rotf der Rufte Rieden*
bürg an der Akm&hl davon überzeugt, dasrc iteatitaler kohlensaurer Kalk wirk*
lich aus dem Hydro -Carbonate hervorgehen kann1)- John bat indessei
Römische Mörtel ans dem ersten Jahrhundert nach üht. G. untersucht , und hl
ihnen einen nicht ganz unbedeutenden Wassergehalt gefunden; wogegen tiifc
Analyse eines hundertjährigen Mörtels aus dem inneren Gemäuer der abge*
brannten St. Petrikirche xu Berlin, nur einen sehr geringen Wassergehalt er-
gab2); woraus folgt, dass die Menge von Kohlensaure, welche der Mörtel
aufnimmt, nicht Mols von der Zeitdauer, sondern zugleich sehr von dei
Umständen abhängig ist. D'Arc et versichert, dass er den Kalk in dei
Mörteln nie vollkommen mit Kohlensäure gesättigt gefunden habe, mochten sifc
auch noch so alt gewesen sein 3). Ich selbst habe alte Mörtel und Stuke
aus verschiedenen Zeiten untersucht/ und in allen, nachdem sie bei Ofenwärme
sorgfältig ausgetrocknet worden , neben dem freilich sehr überwiegenden Kob*
lensäuregehalte , einen Wassergehalt gefunden 4). '
Der Mörtel geht aus dem weichen Zustande, in welchem er sich anfangs
befindet, durch Aufnahme von Kohlensaure, deren Menge mehr als die dd*
sich entfernenden Wassers beträgt, in einen härteren Zustand über, wobei
die erdige Beschaffenheit in eine dichte umgewandelt wird , indem die Kalfc-
masse einen ebenen oder muscheligen Bruch annimmt; welches indessen nur
an solchen Stücken deutlich erkannt werden kann , welche rein von Quarzsand
oder anderer Beimengung sind.. Obgleich die Dichtung und Erhärtung döe
Mörtels nicht allein durch die Aufnahme von Kohlensäure, sondern gewöhnlich
unter Mitwirkung eines mechanischen /Druckes erfolgt, so können doch die
1) A. ft. 0. S. & ;; . •■>; » ' ' - < • : • ; .-> t.
Z) Über Kalk und Mörtel von l F.John. 1819. [$.39- a;a
3) Annales de Ctynriie. T. 74. p. 315. , ,
4) Es wurden von mir untersucht: 1. Stuk, von dem Reste der Bekleidung der
Säulen eines aus Travertin gebaueten Tempels zu Paestum; Ü. S^luk, von der
Bekleidung einer aus Ziegelsteinen aufgeführten Säule zu Pompeji; 3. tttitä,
von den Ruinen des Pallastes der Kaiser zu Rom; 4. Mörlel, aus einem alten
Mosaik -Fussboden zu Rom; 5. Mörtel, aus dem Gefnäuer alter Festungswerke
zu Genua.
ÜBER DIB IN STARBST LttLÖSBN «ÖRPER5J BBWRUEffRN FORMVERÄND. 91
Mit der* ' ; chemischen Umänderung , verbundenen Molekularbewegungen , 8»ch
ohne diese Einwirkung die Umänderung der Structur herbeiführen. Dieses
zeigte mir u. ai die Beschaffenheit des Kalkes, der isur Einkittung der kleinen
Stein -Prismen eines alt -Römischen Mosaik - Fusshtotfens gedient hatte. Er
besass eine kreideweisse Farbe , einen vollkommen muscheligen Brach und
scharfe Kanten , welche Gypsspath Start: ritzten. Da die Brucbflfiehe von
Kalkspath geritzt würde, so war 4h Härte %$; Er löste sich sehr leicht mit
heftigem Aufbrausen in Salpetersäure, mit Hinterlassung eines geringe*, theils
sandigen, theils flockigen Rückstandes auf, und gab nacb gehöriger Austrock-
nung, in einer Glasröhre durch die Lötbrohrflamme erhitzt, etwas Wasser aus.
' In Ansehung der Veränderung, welche der Aggregatzustand des Mörtels
erleidet, sind hin und wieder Irrthümer verbreitet, welche eine Berichtigung
erfordern. Man findet nicht selten die Behauptung, dass der Mörtel durch die(
Aufnahme von Kohlensäure in den kryslaUmischen Zustand tibergehe t), dass
er die Beschaffenheit des Marmor* annehme. Auf diesen Irrthum hat bereits
Fuchs aufmerksam gemacht2)) und ich kann zur Bestätigung hinzufügen:
dass ich bei keinem , noch so altem Mörtel die Umwandlung der unkrystallini-
sehen Kalkmasse desselben in einen krystallinischen Kalk wahrgenommen habe.
Eine andere irrige Ansicht findet sich in der trefflieben, von dem verewigten
Prechtl herausgegebenen technologischen Enzyklopädie5), in dem von dem
Herausgeber selbst bearbeiteten Artikel »Mörtel«, wo es heisst: »der Grund
des Erhärtens liegt 2) in der Aufnahme von Kohlensäure aus der Luft, wo-
durch der Kalk allmähfig in kohlensauren Kalk (Kalkkarbonat) übergeht , und
sich dadurch unter den gehörigen Umständen dem natürlichen Kalkstein rück-
stchtlich der Festigkeit nähert. Diöse Bildung des Kalkkarbönab erfolgt gröss-
tentheils durch die Vermittlung: des im Mörtel enthaltenen Wassers, das mit
Ätzkalk als Kalkwasser gesättigt, die Kohlensäure aufnimmt, den kohlensauren
Kalk krystallinisch (stalaktitisch) absetzt.« Diese stalaktitische Bildung von
1) Diese Meinung findet sich sogar jp dem Handbuche der angewandten Chemie
von J.Dumas. A. d. Franz, wo G. Alex und Fr. Engelhart. II. S. 536.
2) A. a. 0. S. 37.
3) Band VIII. S. 75.
Phys. Classe. VII. H
98 JOB. FRIEDIL LUD W. HAUSMANN,
!..♦.«
neutralem kohlensauren Kalk ist eine ganz partielle, welche aaf die Erhärtung
der Mörtelmasse von gar keinem Einflasse ist. Nur in einzelnen Blasenräu-
men, die zuweilen im Mörtel entstehen, nimmt man zuweilen eine durch
stalaktitischen Kalk gebildete Auskleidung wahr, so wie hin und wieder sogar
deutliche Kalkspathkrystalle darin angetroffen werden l). Auch findet man
zuweilen in einzelnen , in der Mörtelmasse entstandenen Bissen, stalaktitischen
Kalk, der darin aus eingesiekertem kalkhaltigen Wasser sich absetzte, welches
durch seinen Kohlensäuregehalt vielleicht aus dem Mörtel selbst, Kalktheile
aufgenommen hatte.
In vielen Fällen trägt bei dem Luftmörtel zur Erhärtung und Umänderung
der Structur, ohne Zweifel die Bildung von Kalkerdesilicat bei. Bekanntlich
gründet sieb hierauf, nach den Untersuchungen von Fuchs2), die bindende
Kraft und rasche Erhärtung des Wassermörtels , wobei die Wirkung von
Molekularbewegungen so augenscheinlich ist, die aus einer pul verförmigen,
durch Wasser in den breiigen Zustand versetzten Masse, in kurzer Zeit einen
dichten Körper von ebenem oder muscheligem Bruche entstehen lassen, der
die Härte des Kalkspaths, und zuweilen sogar eine noch etwas grössere Härte
erlangt.
wl
§. 38.
Umwandlung ton Kupferlasur in Malachit.
Das Umgekehrte von dem was bei dem Mörtel vorgehet, zeigt auf eine
ausgezeichnete Weise die Umwandlung der Kupferlasur in Malachit, indem
jene Substanz Wasser aufnimmt, und dagegen Kohlensäure fahren lässt Bei
dieser Umbildung wird aus einem krystallinischen Körper, ohne Aufhebung
des rigiden Aggregatzustandes, ein anderer, in welchem mit einer etwas ver-
schiedenen chemischen Zusammensetzung, eine etwas abweichende Form ver-
knüpft ist; denn wenn gleich beiden Mineralsubstanzen klinorhombische Kry-
1) Überaus nette und klare Kalkspathkrystalle fand ich in den Blasenräumen eines
Mörtels aus einer alten Casematte im Göttinger Walle, die i. J. 1835 bei Gele-
genheit der erneuerten Ausmauerung eines Durchganges für den botanischen
Garten, weggeräumt wurde.
2) A. a. 0, S. 37 ff.
ÜBBR DIU IN STÄ«t«l l*ÖLO§EN KÖRPERN BBWffiKTEN FORMVBRÄND. f»
stallisationensysteme mit raikrodiagonaler Abweichung eigen sind) so lassen
sich doch die Winkelverhaltnisse derselben nicht unter einander reimen, so
wie anch die Lage der Blätterdurchgänge bei beiden ganz abweichend, nnd
der Grad der Spaltbarkeit sehr verschieden ist. Beudant hat bereits in seiner
reichhaltigen Mineralogie jene Umwandlung erwähnt1), und genaue Beschrei-
bungen derselben haben Haidinger2) und Blum5) geliefert, denen ich
kfcum etwas Neites hinzuzufügen vermag.
r Am Gewöhnlichsten nimmt man die Umwandlung von Kupferlasur in
Malachit an Kristallen der ersteren wahr, deren Äussere Gestalt dabei oft
Vollkommen, zuweilen indessen nur unvollkommen oder tbeilweise erhalten ist;
nnd wohl nirgends ausgezeichneter, als an den schönen Drusen von edler
Kupferlasur von Chessy unweit Lyon. Doch zeigt sieb dieselbe Veränderung
tu weilen auch an der nicht krystallisirten gemeinen, im Bruche unebenen
öder erdigen Kupferlasur, wie ich sie u. a. an Stufen von Adelaide in Neu-
holland vor mir habe. Bei einer Metamorphose wie diese, welche durch
Aneignung eines Bestandteiles aus der äusseren Umgebung bewirkt wird,
möchte wohl ein allmähliges Fortschreiten von Aussen nach Innen am Natür-
lichsten erscheinen. Dennoch zeigt sich bei der Umwandlung von welcher
hier gehandelt wird, dieser Gang gerade am Seltensten, wie solches von
Blum sehr richtig angegeben worden. Zuweilen finden sich allerdings Kry-
stalle von Kupferlasur, die mit einer dünnen Malaehithaut bekleidet sind; oft
ist dieses aber eine Täuschung, indem, wie solches ebenfalls von Blum
bereits bemerkt worden , die Kupferlasur den nahe unter der Oberfläche be-
findlichen Malachit nur durchschimmern lässt. Nicht selten beginnt die Um-
wandlung da; wo die Kry stalle der Kupferlasur aufgewachsen sind; aber auch
oft bald hier, bald dort, ganz im Innern des Kry Stalles, indem sie sieb von
einzelnen Puncten aus nach den Seiten verbreitet. Die Umbildung nimmt mit-
unter so zu, dass die ganze Masse des Krystalls zu Malachit geworden.
Dieser ist stets faserig, und die Fasern erscheinen sehr gewöhnlich bttschel-
1) Traite de Mineralogie. 2. Ed. I. p.204.
2) Poggendorff's Annalen. XI. S. 179.
3) Pseudomorphosen. S. 215.
H2
60 ;/.., : JOB. PRIEDR. MJDW. HAÜSMAN«,
förmig von einzelnen Puncten auseinander laufend. Doch kommen sie auch
xu weilen in Lagen vor, welche den Krystallflächen der Kupferlasur entsprer
eben. Oft umscbliessen diese in ihrer ursprünglichen Glätte, die im Innern
befindliche faserige Malacbitmasse ; manchmal werden sie aber auch von den
Pasern durchbrochen, in welchem Falle die Oberfläche raub erscheint, und
die Krystallform wobl mehr und weniger zerstört ist Auch da, wo niety
krysfallisirte , gemeine Kupferlasur in Malachit umgewandelt worden, offenbart
sich hin und wieder das Fortschreiten der Umänderung von Innen nach Aussen.
Der durch diese Umbildung entstandene Malachit, ist ebenfalls faserig. Ais
dem Mitgeteilten wird es einleuchten, wie complicirt die Wirkungen der
Molekularbewegungen seyn mussten, indem in einem Krystallindividuum vop
Kupferlasur eine grosse Anzahl von freilich nicht zur Vollendung gekommenen,
kleineren Malacbitkrystallen in abweichender prismatischer Form sich bildete,
und auf verschiedene Weise > bald conoentriscb , bald den Krystallflächen der
Kupferlasur entsprechend , sich gruppirte.
Jener auffallende Gang der Umwandlung der Kupferlasur in Malachit
könnte es vielleicht zweifelhaft erscheinen lassen, ob hier wirklich eine Um-
bildung angenommen werden dürfe, oder ob nicht vielleicht Malachit und
Kupferlasur gleichzeitig auf solche Weise entstanden seyen, dass die Kry stak
lisation der Kupferlasur die Herrschaft behauptet habe, wogegen der in ihrei}
Bereiche gebildete Malachit mehr und weniger ihr unterthan geblieben sey;
wofür bei der offenbar grösseren Krystallisationstendens der Kupferlasur Mann
ches sprechen dürfte. Doch möchte wohl die von Beudant, Haidinger
und Blum aufgestellte Ansiebt die richtigere seyn, in welcher Hinsicht berück«?
sichtigt au werden verdient, dass der bei der Umwandlung von Kupferlasur
in Malachit sich zeigende, ungewöhnliche Gang, doch auch bei mehreren aq-»
deren, unzweifelhaften pseudomorpbisohen Bildungen beobachtet werden kaap,
wie u. a. oben auch bei der Umänderung von Grau- in Glanzbraunstein an-*
gegeben worden. Eine solche von Innen nach Aussen fortschreitende Um-
wandlung wird um so weniger räthselhaft erscheinen, wenn man sieb davon
überzeugen muss, dass zuweilen dem Anscheine nach vollkommen dichte
Mineralkörper von Wasser und Luft durchdrungen, und durch solche im Innern
verändert werden.
Ober die in stabebn liblosek Körpern rbwiubtbn fokmveränd. ei
Es darf nicht Übersahen werden , das* der durch Umwandlung der Kupfer-
kflur gebildete Malachit nicht immer unmittelbar und ohne Aufhebung des
rigiden Aggregatzustandes daraus hervorgegangen ist, sondern aus einer ohne
Zweifel durch Kohlensäure enthaltendes Wasser vermittelten Auflösung , bald
auf der Kupferlasur, bald in grösserer oder geringerer Entfernung von der*
selben, in sphärischen oder stalaktitischen Formen sich abgesetzt hat
Man würde indessen offenbar zu weit geben , wenn man bei jedem Zu«
sammenvorkommen von Kupferlasur und Malachit annehmen wollte, dass der
letztere durch eine Umwandlung der ersteren entstanden sey. Oft zeigen sich
beide verwandte .Verbindungen in einem solchen gegenseitigen Verhältnisse,
dass man der Kupferlasur sogar nothwendig eine spätere Entstehung als dem
Malachit zuschreiben muss; dieses ist z. B. da der Fall, wo, wie so oft, auf
einer Unterlage von erdigem oder dichtem Malachite, einzelne Krystalle von
Kupferlasur sich befinden.
§. 39.
Umänderung des thonigen Sphärosiderites in ihonigen Rotheisenstein durch das Glühen.
Der thouige Sphärosiderü , der aus einem innigen Gemenge von Sphäro-
siderit, dessen wesentlicher Bestandteil kohlensaures Eisenoxydul ist, und
Thon oder Mergel in einem variabelen quantitativen Verhältnisse besteht, kann
durch höhere Oxydation des Eisens und Ausscheidung der Kohlensäure, eine
Zersetzung erleiden, welche verschieden ist, je nachdem sie bei gewöhnlicher
Temperatur, oder unter Einwirkung von Glühhitze vor sich gehet Unter
beiden Umständen findet ein Austausch von Bestandteilen statt, der mit einer
Formveränderuag ebne Aufhebung des rigiden Aggregatzustandes verknüpft ist,
Im ersteren Falle, der später betrachtet werden wird, verwandelt sich das
kohlensaure Eisenoxydul in Eisenoxydbydrat, indem mit dem Sauerstoffe auch
Wasser aufgenommen wird; im letzteren Falle,, von welchem gegenwärtig
gehandelt werde« soll, wird zugleich mit der Kohlensäure des Sphärosiderites
auch das Wasser des Thons ausgeschieden, und dafür nur Sauerstoff aufge-
nommen. Ist, wie manchmal, Mergel beigemengt, so wird der Kohlensäure^
gehalt welcher verloren geht, noch durch den des letzteren vermehrt Die
erste Art der Umänderung erfordert bis zu ihrer Vollendung eine nicht zu
62 • /. -■ -v . ■ IOH. ffftIBDR. LÜDW. HAUSMANR,
berechnende Zeitdauer; wogegen die zweite rasch von Stalten gehet Jene
ereignet sich ohne besondere Veranlassungen auf den natürlichen Lagerstätte*
des thonigen Sphärosiderites ; diese wird zuweilen auf denselben durch beson-
dere Umstände herbeigeführt, kann aber auch eben sowohl künstlich bewirkt
werden.
Der tbonige Sphärosiderit kommt bekanntlich am Häufigsten in spbäröidi-
scben Nieren von verschiedener Grösse , aber auch in zusammenhängenden
Lagern' in verschiedenen Flötzformationen , vorzüglich aber im Steinkoblenge-
birge vor, in welchem die Lager welche ihn enthalten , nicht selten mit des
Kohlenflözen wechseln. Besonders häufig pflegt er in Schieferthonlagern sieh
zu finden , welche das unmittelbar Hangende der Kohlenflötze bilden l). Wenn
nun ein Kohlenflötz, sey es durch Selbstentzündung, sey es durch andere
Veranlassung, in Brand geräth, der, wenn er nicht zeitig erstickt wird, von
langer Dauer seyn kann, wie es die unterirdischen Brände der Fanny -Grube
in Niederschlesien, von Zwickau in Sachsen, von Duttweiler im Saarbrück -
sehen , von St. Etienne in Frankreich , von Dudley in England zeigen. Durch
die Gluth werden die Massen, welche den Kohlenflötzen nahe liegen, in ver-
schiedenem Grade verändert; es entstehen Erdschlacken, Porzellanjaspisse,
welche Werner mit dem Namen der pseudomlkanische* Producte belegte;
und auf diese Weise kann denn auch der tbonige Sphärosiderit eine Umände-
rung erleiden, indem er durch die Gluth in thonigen Rotheisenstem umge-
wandelt wird. Zuweilen gehet, mit seiner inneren Form eine merkwürdige
Veränderung vor, indem er stftngliche Absonderungen erhält. Dieser $täng-
Uche rothe Thoneüenstem , der durch seine ausgezeichnete Structur schon
früh die Aufmerksamkeit auf sich gezogen , und dem man verschiedene Namen,
als Nagelen , SchmdefaageleUenstem , gegeben hat , findet sich unter de»
Producten, welche durch Kohlenbrände entstanden sind, besonders in Böhmen,
zu Hoschnitz, Delau im Saatzer, zu Straska und SchwindschHz im Leutmeritsw
Kreise, so wie am brennenden Berge zu Duttweiler in der Gegend von
Saarbrücken. Auch soll er in Schottland vorkommen. Eine ganz ähnliche
stängliche Absonderung erhält zuweilen der thonige Sphärosiderit durch das
1) Vergl. Lehrbuch der Geognosie von Dr. C. Fr. Naumann. II. S. 480.
Ober die in starebk iulohn Körpern bewirkten formveränd. 63
Rösten, wie ich es auf Eisenwerken in England, wo der thonige Sph&rosi-
derit durch ein Röste» in Öfen zum Schmelzprocesse vorbereitet wird, ge-
sehen habe l).
Der thonige Sph&rosiderit ändert bekanntlich sowohl in seiner chemischen
Zusammensetzung, als auch in seiner Mengung mit Thon oder Mergel ausser-
ordentlich ab, daher auch der durch seine Umänderung unter Einwirkung von
Glühhitze entstandene thonige Rolheisenstein sehr verschiedenartig seyn kann.
Mag indessen sein Eisengehalt grösser oder geringer seyn; mag er, wie
solches oft der Fall ist, neben dem kohlensauren Eisenoxydül auch kohlen-
saures Manganoxydul, neben dem wasserhaltigen Thonerdesilicat, kohlensaure
Kalkerde, vielleicht auch elwas kohlensaure Talkerde, oder ausser der ge-
wohnlichen Beimengung noch kohlig -bituminöse f heile enthalten, so wird er
doch durch das Glühen an Kohlensäure und Wasser immer weit mehr ver-
lieren, als er durch die höhere Oxydation des Eisens an Sauerstoff aufnimmt
Um dieses genauer nachzuweisen, möge folgendes Beispiel dienen.
Ein nicht ungewöhnlicher Eisengehalt des thonigen Spbärosiderites ist der
von 30 Procent
1) Der verstorbene Reuss hat die Meinung geäussert ( Urographie des nordwest-
lichen Mittelgebirges in Böhmen. 1790.; S. 90,), dass der stangliche thonartige
Bisenstein nicht immer unter Einwirkung von Hitze , sondern auch, durch Aus-
trocknung entstanden sey, welches namentlich bei dem, welcher in der Prohner
Schrunde zwischen Lagen verhärteten Thons sich findet, anzunehmen seyn
dttrfte, weil in jener Gegend, wo doch übrigens auch Steinkohlen sich finden,
keine Spur eines unterirdischen Feuers wahrgenommen werde. Da ich weder
mit dem stanglichen Thoneisenstein von jener Localität, noch mit den dortigen
geognostischen Verhaltnissen näher bekannt bin, so muss ich mich sowohl über
obige Meinung, als auch über das von Reuss erwähnte Vorkommen von sang-
lichem Thoneisenstein zu Amberg in der Oberpfalz, eines Urtheils enthalten.
Es ist indessen nicht wohl anzunehmen, dass thoniger Sphftrosiderit sich bei
gewöhnlicher Temperatur in thonigen Rotheisenstein umwandten könne. Enthalt
nun der stftngliche Thoneisenstein von den genannten Legalitäten das Eisen als
Oxyd, so dürfte man eher berechtigt seyn, die Art der Absonderung für eine
ursprüngliche Bildung anzusprechen.
64 ■ /,v:/i/.;i(H 40Ä iPRIÄWt LODW/ÄÄlMIlUlOri o /IUI :!>l<n
Zum koälenfttoröö Eisenexydul sind damit verbände* *» 8,57 Ptfoc. StuevsMffiH
und 23,56 — Kohlensäw*
der Thongebalt betrage 37,87 —
in welchem etwa 5,00 — . Wasser
enthalten sind. Von einem auf diese Weise zusammengesetzten thonige^
Sphärosiderite geben durch Glühhitze verloren: 23,56 Proc. Kohlensäure
und 5,00 — Wasser ■•.
28,56 —
<f
wogegen bei dem Übergange des Eisenoxyduls
in Oxyd aufgenommen werden 4,28 — , Sauerstoff,,.
daher nach Abzug derselben der Verlust 24,28 — beträgt, a)p$
beinahe % des ganzen. Dieser Verlust wird dadurch noch vergrössert, daa£
bei heftiger Gluth etwas Eisenoxyd zu Eisenoxyd - Oxydul wird, wie aus def
schwarzen Färbung und dem metallischen Glänze zu schlössen ist, welch*,
oft auf den Absonderungsflächen sich zeigen. Sollte der thonige Sphärosiderüj
vor seiner Umänderung durch Glühhitze schon in thonigen Braun- oder Gelb-
eisenstein umgewandelt worden seyn,' so würde der Verlust durch die Aus-
treibung des im Eisenoxydhydrate enthaltenen Wassers noch vergrössert wer-
den. Ob dieses der Fall gewesen, lässt sich nach der Beschaffenheit des
gebrannten Sphärosiderites niebt beurtheilen. Folge von diesem grossen Ver-
luste von Bestandteilen ist die Auflockerung, welche die ganze Masse des
thonigen Sphärosiderites erleidet, die besonders dadurch sich zu erkennen
giebt, dass das Mineral durch das Brennen weicher, zuweilen beinahe zer-^
reiblich, und aji der Zunge klebend wird. Damit bangt nun aber auch die
innere Formveränderung zusammen, welche vor sich gieng, phae dass die
Masse in Flus* kam, mithin durch Molekularbewegungen bewirkt wurde,
welche die Lage der kleinsten Theile veränderten, ohne dass eine Aufhebung
des rigiden Aggregatzustandes statt fand. Die Wirkungen der Molekularbe-
wegungen zeigen sich auf gedoppelte Weise ; theils nehmlich in der Verände-
rung des Bruches, der bei dem thonigen Sphärosiderite gewöhnlich muschelig
oder eben, bei dem thonigen Rotheisenstein dagegen feinerdig ist; theils und
vor Allem aber in der Entstehung der stänglichen Absonderungen. Diese
setzt innere Attractionen voraus, welche mehr und weniger die ganze er-
Ober die in starben leblosen Körpern bewirkten forii verInd. 65
glühende Masse betrafen, und nicht wie bei der langsamen Umwandlung des
thonigen Sphärosiderites in thonigen Braun- oder Gelb eisen stein, allmählig von
Aussen nach Innen sich verbreiteten, wodurch aus dieser Umbildung, der
Oberfläche entsprechende, schaalige Absonderungen hervorgiengen.
Die stängliche Absonderung des thonigen Rotheisensteins ist nach einem
kleinen Maassstabe ein treues Bild der säulenförmigen Absonderung des Ba-
saltes und anderer Säulengebirgsarten. Sie ist eine ähnliche Bildung, wie sie
zuweilen bei dem Brennen des Gypses entsteht, von welcher oben die Rede
war; und nicht wesentlich verschieden von den ebenfalls beschriebenen, durch
Einwirkung eruptiver Gebirgsarten auf Braun- und Schwarzkohlen veranlassten
stänglichen Absonderungen« Hieraus gehet hervor, dass sie bei den ver-
schiedenartigsten Körpern, und unter sehr abweichenden Umständen entstehen
kann, wiewohl gewöhnlich der Einfluss höherer Temperatur dabei im Spiele
ist. Daraus aHein würde es sich schon ergeben, dass jene stängliche Abson-
derung mit Krystallisation gar Nichts gemein hat, wiewohl sie in älterer und
neuerer Zeit hin und wieder irrig für eine krystallinische Bildung angesprochen
worden. Da übrigens diese Absonderung von mannicbfaltigem , besonders
auch geologischem Interesse ist, und ihre Eigentümlichkeiten an dem aus
thonigem Sphärosiderite entstandenen, thonigen Rotheisensteine sich sehr aus-
gezeichnet zu erkennen geben, so wird es nicht unpassend seyn, bei dieser
Gelegenheit etwas Umfassenderes darüber mitzutheilen , welches zur speciellen
Erläuterung an die im 2ten §. enthaltenen allgemeinen Bemerkungen sich reihet.
Die Bildung der gemeinen , d. i. nicht krystalliniscben stänglichen Abson-
derung, welche von der krystallinisch- stänglichen wohl unterschieden werden
muss x), gehört zu den Wirkungen derselben Attractionskraft, welche Wasser-
tropfen so gut wie Wellkörper formt2), welche in allen Abstufungen des
flüssigen und starren Zustandes, in unorganisirten Körpern so wobl als in
organisirten wirksam ist, und bei jenen eben so gut in einfachen als in ge-
mengten sich zeigt, indem sie nicht, wie die Erystallisationskraft an die Sub-
1) Vergl. mein Handbuch der Mineralogie. 2te Ausg. I. S. 288. 292.
2) S. Geognostische Beobachtungen auf Reisen durch Deutschland und Italien, an-
gestellt von Leopold von Buch. I. S. 17. — Heine Untersuchungen über
die Formen der leblosen Natur. L S. 102 ff.
Phys. daue. VU. I
66 JOH. FRIBDR. LÜDW. HAUSMANN,
« »
stanz, sondern nur an die Masse der Körper geknüpft ist. Auf solche Weise
ist die Bildnngsart der Prismen der gemeinen stänglichen Absonderung, der
Entstehungsart von prismatischen Kry stallen, oder krystallinisch - stänglicher
Absonderung gerade entgegengesetzt, wenn gleich die Formen Ähnlichkeit zeigen
können; jene ist allein durch Centralattraction und gegenseitige Abplattung
benachbarter Attractioussphären, diese durch polare Anziehung und Abstossung
bedingt, wiewohl Centralattraction davon nicht ausgeschlossen ist, und auf
verschiedene Weise dabei in Wirksamkeit treten, selbst mit der krystallinischen
Bildung in Conflict gerathen kann1).
Um die Bildung der stänglichen Absonderung, die, wie gesagt, nicbt im
Wesen, sondern nur in der Grösse der Dimensionen, von der Säulenbildung
des Basaltes und anderer Säulengebirgsarten abweicht, und von welcher sich
allmählige Abstufungen bis zu den grössten und stärksten abgesonderten Stücken
solcher Gebirgsarten verfolgen lassen, in das rechte Licht zu stellen, scheint
es mir angemessen zu seyn, zu zeigen, unter welchen sehr verschiedenen
Verhältnissen die Entstehung dieser Absonderungsform möglich ist. Folgende
Hauptmodificationen der Umstände, unter welchen die Bildung der Säulen oder
stänglich- abgesonderten Stücke erfolgt, dürften zu unterscheiden seyn:
1. Das Austrocknen feuchter Körper. Dahin gehört das oft regelmässige
Zerbersten des gefällten Eisenoxydhydrates (§. 1.); das Aufreissen des Thons
bei der Verdunstung des Wassers, wobei jedocb die Säulenform selten be-
sonders regelmässig erscheint.
2. Das Erstarren geschmolzener Körper. Unter diesem Verhältnisse
lässt sieb jene Bildung zuweilen bei dem gemeinen Glase beobachten. Aus*»
1) Die von mehreren ausgezeichneten Naturforschern gemachten Versuche, die
Krystallbilduog durch Abplattungen von Aggregaten krummflächiger Moleküle zu
erklären, sind ein Beweis von gänzlicher Verkennung des wahren Wesens der
Krystallisation. Wohl können, wie ich in meinen Untersuchungen über die
Formen der leblosen Natur, I. S. 129 gezeigt habe, durch gegenseitige Abplat-
tungen benachbarter krummflächiger Körper, Formen entstehen, welche Ähn-
lichkeit mit gewissen Krystallisationen haben; aber durch die Annahme von
Abplattungen krummflächiger Moleküle gelangt man, wenigstens nach meiner
Überzeugung, nicht zur Erklärung des Wesens der geradflächigen äusseren
Krystallgestalten , und des krystallinischen Gefüges.
ÜBER DIE IN STARREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVBRÄND. 67
gezeichnet ist sie mir bei Schlacken vorgekommen , z. B. bei einer Kupfer-
steinschlacke in Fahlun in Schweden, bei welcher der Übergang von der
sphärischen Bildung in die durch Abplattung bewirkte regulär- sechsseitige
Form äusserst schön zu verfolgen war l). Dahin gehört die oft ausgezeichnete
Säulenbildung der Lavaströme 2) , und ohne Zweifel auch die Bildung der
Säulen des vulkanoidischen Basaltes und verwandter Gebirgsarten.
3. Die Abkühlung einer feurig-teigigen Hasse. Dieser Aggregatzustand
dürfte manchen eruptiven Gebirgsarten bei ihrem Emporsteigen eigen gewesen
seyn. Ich möchte dahin den Trachyt 3) , manche Porphyre 4) nebst der Por-
phyrbreccie 5) zählen.
4. Die Abkühlung einer gefritteten ,* d. i. in einem halbgeschmolzenen
Zustande befindlichen Hasse. Dahin gehört die oft ausgezeichnete Säulenbil-
dung in den aus Sandstein bestehenden Gestellsteinen von Schmelzöfen , so
wie die sehr ähnliche Bildung, welche sich an Sandsteinen zeigt, auf welche
Basalt eingewirkt hat 6).
5. Die Abkühlung von Massen in welchen die Einwirkung hoher Tem-
peratur eine chemische Veränderung verursacht hat, wohin die hier zunächst
1) Vergl. meine Commentatio de usu experientiarum metaUurgicarum ad disquisi-
tiones geologicas adjuvandas. Comment. Soc. Reg. scient Gotting. recent.
Vol. VIII. p. 164.
2) Z. B. an dem Lavastrome des Vesuvs von 1631 zwischen Portici und Torre del
Greco (Institutions gäologiques parScipionBreislak, trad. par P. J.L. Camp-
mas. Atlas, PL 1.); an dem des Vesuvs von 1794 bei Torre del Greco.
3) Säulenförmige Absonderung des Trachytes findet sich u. a. im Siebengebirge am
Rhein, am Drachenfels, an der Wolkenburg, am Stenzelberge.
4) Die ausgezeichnetste, mir bekannte Säulenbildung eines Porphyrs ist die am
Wildberge bei Schönau in Schlesien. (Vergl. G. F. R. Gerhard, L d. Schriften
der Berliner Gesellschaft naturforschender Freunde, V. S. 420 ff. Tab. VII. L.
von Buch, geogn. Beobacht. auf Reisen durch Deutschi. u. ItaL I. S. 64.)
5) Ausgezeichnete Säulen- und Pfeilerbildung findet sich u. a. an der Porphyr-
breccie des Badener Berges bei Baden am Schwarzwalde. (Vergl. meine geogn.
Bemerkungen über die Gegend v. Baden bei Rastatt. A. a. 0. S. 24.)
6) Vergl. u. a. meine Bemerkungen i. d. Gott. gel. Anzeigen v. J. 1816. S. 490, und
v. Leonhard's Basalt -Gebilde. II. S. 354 ff. S. 511 ff.
12
68 JOB. FRIEDE. LDDW. HAUSMANN,
betrachteten Erscheinungen so wie die früher angegebenen in rechnen sm<^
welche zuweilen am gebrannten Gypse, am Anthracite, an der Pechkohle, an
gebrannten Thone wahrgenommen werden , z. B. bei der Bildung von Porzel-
lanjaspis, bei der Einwirkung des Basaltes auf den sogenannten Schwül dea
Meissners , und welches auch da wohl sich zeigt, wo Lava sich auf Thon
ergossen hat, z.B. an mehreren Orten .in Auvergne.
Wenn nun also nicht allein die chemische Natur der Körper, bei welchen,
sondern auch die Umstände, unter welchen die Säulenbildung und stänglidhe
Absonderung erfolgen, höchst verschieden seyn können, so ist doch die Art
der Entstehung dem Wesentlichen nach überall dieselbe , indem sie sich durch*
gehends auf Centralattraction und tangentiale Abplattung benachbarter AttracUons-
sphären zurückführen lässt Die Form zeigt darin Übereinstimmung, dass sie
von einer Normalform, dem regulär -sechsseitigen Prisma abzuleiten ist, vom
welchen Prismen mit einer geringeren oder grösseren Anzahl von Seiten, nur
weniger regelmässige Abänderungen sind. Bei dem durch das Glühen aus
thonigem Sphärosiderit entstandenen thonigen Rotheisenstein, stellt sich das
sechsseitige Prisma oft in vollkommenster Regelmässigkeit dar; doch erscheinen
auch, wie bei dem Basalte und anderen Säulen- Gebirgsarten, manchmal 4, 5, 7
seitige Prismen. Ist, wie zuweilen, die Anzahl der Seitenflächen noch grösser,
und werden dadurch die Seitenkanten noch stumpfer, so findet ein Übergang
in die Zylinderform statt; welches u. a. auch bei der oben erwähnten, stäng-
lich abgesonderten Pechkohle vorkommt.
Die Bildung einer Säule ist ans einer Reihe von über einander liegenden
Kugeln abzuleiten, deren Grösse die Stärke, und deren Anzahl die Länge der
Säulen bedingt. Bei dem Basalte und verwandten Gesteinen, bei welchen die
Säulenbildung überhaupt am Ausgezeichnetsten erscheint, kommen die linear
an einander gereiheten Kugeln mit ihren concentrisch-schaaligen Absonderun-
gen, durch Verwitterung, zumal wenn die Entstehung von Eisenoxydhydrat
eine Volnmenvergrösserung bewirkt, oft deutlich zum Vorschein *). Es ist
aber eine durchaus irrige Vorstellung, wenn man meint, dass die Kugeln und
1) Nirgends habe ich diese Kugelbildung in den Basaltsäulen ausgezeichneter ge-
sehen, als in dem Eckartsberger Basaltbruche unweit Zittau in der Lausitz.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formveränd. 69
ihre Absonderungen Producte der Verwitterung seyen. Mit dieser Kugelbil-
dung stehen die Aus- und Einbiegungen der Seitenkanten der Säulen im Zu-
sammenhange, welche wie im Grossen bei den Basaltsäulen, so im Kleinen
an den stänglich- abgesonderten Stücken des gebrannten Gypses, Anthracites,
thonigen Rotheisensteins , wahrgenommen werden. Die Aus* und Einbiegungen
der Kanten, werden auch an den Flächen wahrgenommen; und in seltenen
Fällen gehen diese krummlinigen und krumitfflächigen Biegungen in Winkel-
biegungen über, wie sie Noeggerath an dem Basalte der Casseler Ley bei
Obercassel unweit Bonn nachgewiesen hat, und wie sie im Kleinen zuweilen
ziemlich deutlich an den Stängeln des thonigen Rotheisensteins von Hoschnitz
in Böhmen wahrzunehmen sind. Die Kugeln gehen dann und wann in Ellip-
soiden über, so dass die Säulen oder Stängel eine Reihung derselben dar-
stellen, wie man es zuweilen u. a. an dem thonigen Rotheisenstein von Dutt-
weiler siehet; und indem damit eine schaalige Absonderung verknüpft ist, so
verläuft jene Bildung in eine zylindrisch - schaalige Absonderung; welche be-
sonders an Trachyt-Säulen vorkömmt *) und auch wohl an stärkeren stänglich-
abgesonderten Stücken des Böhmischen thonigen Rotheisensteins wahrgenom-
men wird.
Die Kugelbildung steht oft auch in Beziehung zu den Querabsonderungen,
welche die Säulen und Stängel rechtwinkelig gegen ihre Achse, in Glieder
theilen, und wie bei den Basalt -Säulen, so bei den stänglich -abgesonderten
Stücken des Anthracites und thonigen Rotheisensteins vorhanden zu seyn
pflegen. Am Häufigsten ist ihre Lage eine tangentiale, indem sie die Säulen
da theilen, wo zwei Kugeln an einander gränzen; in welchem Falle die Länge
der Glieder dem Durchmesser der Prismen mehr und weniger gleich kommt.
Doch ist ihre Länge auch manchmal grösser. Oder die Querabsonderungen
schneiden die Kugeln, indem sie dieselben in zwei bald gleiche bald ungleiche
Hälften theilen; oder sie treffen auf den Umfang der Kugel, wodurch dann,
1) Ausgezeichnet findet sich diese merkwürdige Art der Absonderung an den
Trachyt-Säulen des Stenzelberges im Siebengebirge am Rhein, wo sie von den
Steinbrechern den Namen „Umläufer" erhalten hat. (Noeggerath, das Ge-
birge in Rheinland u. Westphalen. IV. S. 360. Dr. H. von Dechen, geogno-
stische Beschreibung des Siebengebirges am Rhein. S. 93.)
70 JOB. FRIEDE. LUDW. HAUSMANN,
wenn schaalige Absonderungen damit verbanden sind, die Gliederung ent-
stehet , bei welcher auf dem einen Gliede eine kugelsegmentförmige Convexität,
und auf dem damit in Berührung stehenden, eine entsprechende Concavität
sich befindet; welche Bildung man mit Knochengelenken verglichen, und für
eine räthselhafte Erscheinung gehalten hat, die übrigens gar nicht selten am
Basalte, und vielleicht nirgends ausgezeichneter als am Giant's Causeway in
Ireland sich zeigt 1). Zuweilen sind die Querabsonderungen einander sehr
genähert, so dass die Säule wie aus übereinander liegenden Tafeln zu be-
stehen scheint, welches besonders an dem Basalte und an dem Klingstein
manchmal vorkommt Diese Querabsonderungen entsprechen stets den Ab-
kühlungsflächen, und wo sie bei austrocknenden Hassen sich zeigen, der
Verdunstungsfläche; daher sie, je nachdem diese Flächen gerade und einander
parallel oder gebogen sind, in ihren Fortsetzungen durch ganze Massen ent-
weder in gerade, oder gekrümmte Ebenen fallen. Wo die Hasse in Säulen
oder Stängel abgesondert ist, werden diese, wie es beschrieben worden,
dadurch in Glieder getheilt; sie kommen aber auch unabhängig von der Pris-
men-Bildung vor, und geben dann zuweilen der Hasse ein tafelförmiges
oder geschichtetes Ansehen, wie man es bei basaltischen Gebirgsmassen und
Lavaströmen manchmal siehet. In gangförmigen Ausfüllungen haben sie oft
eine verticale Stellung, wogegen ihnen sonst nicht selten eine horizontale
oder wenig geneigte Lage eigen ist In Nieren des gebrannten thonigen
Sphärosiderites , die keine stängliche Absonderung erhalten haben, stellen sie
schaalige Absonderungen dar.
Ausser den gewöhnlichen rechtwinkeligen Querabsonderungen, kommen
dann und wann noch transversale, oder auch longitudinale von Durch die
letzteren wird eine stärkere Säule in kleinere dreiseitige oder rhomboidale
Prismen abgetheill, wie es am Basalte, an dem Dolerite, an der säulenförmigen
Absonderung der Lavaströme, und im Kleinen auch an dem thonigen Roth-
eisenstein sich zeigt An diesem habe ich hin und wieder dasselbe wahrge-
nommen, was Noeggerath an der Mühlsteinlava von Niedermendig nach-
1) Vergl. Blumenbach's Handbuch der Naturgeschichte. 12te Ausg. S. 507 und
dessen Abbildungen naturhist. Gegenstände, Tab. 18.
ÜBER DIB IN STARKER LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 71
gewiesen hat: dass die longitudinale Theilung nicht der ganzen Länge nach
auf gleiche Weise hindurchgehet
Die Stärke der Prismen ist ausserordentlich verschieden , indem sie von
mehreren Füssen, wie sie bei dem Basalte, dem Trapp , dem Trachyte, der
Porphyrbreccie , den Lavaströmen vorkommt; bis zur geringen Dicke der
Stängel des thonigen Rotheisensteins abändert, welche höchstens einige Linien
beträgt, aber wohl bis zur Dicke von etwa % Linie sich vermindert. Die
Stärke der Prismen ist bei derselben Art von Körpern sehr verschieden , wie
man es an <\en Säulen des Basaltes ; an den abgesonderten Stocken der Gestell«
steine, des Anthracites, der Pechkohle, des thonigen Rotheisensteins siebet;
aber doch auch im Allgemeinen nach der Verschiedenartigkeit der Körper
abweichend; denn so starke Säulen wie sie z. B. bei den basaltischen Ge-
steinen, dem Trappe vorkommen, pflegen dem Porphyre nicht eigen zu seyn;
und abgesonderte Stücke von stets geringerer Stärke finden sich bei dem
gefritteten Sandsteine, dem Anthracite, dem gebrannten Thone. Von Haupt-
einfluss auf die Stärke der Prismen dürfte die langsamere und raschere Ab-
kühlung seyn, indem sie um so grössere Dimensionen erlangen können, je
langsamer die Abkühlung von Statten gehet Darauf können nun aber sehr
verschiedene Dinge modificirend einwirken. Ein Hauptmoment ist unstreitig
die Grösse der Masse; daher mächtige Gebirgsmassen stärkere Säulen erlan-
gen, als schmalere Lager- und Ausfüllungsmassen; daher in einzelnen Nieren
von thonigem Sphärosiderit durch das Brennen nur dünne Stängel sich bilden
können. Ein anderes Hauptmoment ist natürlicher Weise der Zustand, in
welchem die geschmolzene Masse vor der Abkühlung sich befindet, und
die damit zusammenhängende Temperatur derselben, worauf die chemische
Natur der Körper, ihre verschiedene Wärme -Capacität, und dasjenige was
die erhöhete Temperatur bewirkt, von Einfluss sind. Noch ein anderes Haupt-
moment ist die Beschaffenheit, besonders die wärmeleitende Kraft, der umge-
benden Körper. Dass da, wo Prismenbildung durch Austrocknung bewirkt
wird, zum Theil andere, wenn gleich analoge Bedingungen statt finden, ver-
stehet sich von selbst
Dasjenige wodurch die Stärke der Prismen modificirt wird, bat auch
auf die Regelmässigkeit und manche andere Beschaffenheiten derselben Einfluss.
T2 JOB, FRIBDR. LÜDW. HAUSMANN,
Je gleichmfissiger die Abkühlung erfolgt, um so gleichmlssiger wirken die
AUractionskräfle, um so regelmässiger kann daher auch die Form der Prismen
werden. Bei einer vollkommen geschmolzenen Masse, die bei der Erstarrung
in einen glasigen ; oder diesem genäherten, gleichmässig dichten Zustand über-
gehet, kann die Bildung regelmässiger seyn, als bei einem Körper, in welchem
bei der Abkühlung ein Aggregat von " verschiedenen , krystallinisch sich aus-
sondernden Substanzen entstehet; daher z. B. der dichteste Basalt gewöhnlich
die regelmässigsten und schärfsten Säulen besitzt; wogegen bei dem Dolerite,
dem Leuzilophyre , dem Trachy te , die Säulenbildung weit wenigei; regelmässig
und nett zu seyn pflegt. Wo, wie bei dem Anthracite, dem thonigen
Sphärosiderite, die Molekularbewegungen welche die stänglichen Absonderungen
bewirken, in einem starren Körper statt finden, der sehr gleichmässig erhitzt
wird, und in welchem durch Einwirkung der höheren Temperatur eine gleich-
förmig durch die Masse sich verbreitende chemische Veränderung erfolgt, kann
auch die Abkühlung gleichmässig erfolgen , und die Bildung der Absonderungen
ebenfalls eine regelmässige seyn. Bei der Entstehung der Absonderung durch
Verdunstung, nähert sich dieselbe der Regelmässigkeit um so mehr, je gleich-
förmiger, je feiner die Theile, je gleichmässiger daher die Vertheilung der
Feuchtigkeit, und der Gang ihrer Verdunstung ist
Die Bildung der Prismen zeigt in der Hinsicht mannichfaltige Verschie-
denheiten, dass die Absonderungen bald mehr bald weniger ausgezeichnet
sind. Oft erscheinen sie nur angedeutet, wobei die einzelnen Säulen oder
Stängel unter einander in fester Verbindung stehen; oft sind sie dagegen so
vollkommen gesondert, dass sie sich leicht von einander ablösen; und manch-
mal sind zwischen den einzelnen sogar offene Räume. Es hängt dieses von
dem Verhältnisse des Übergewichtes der Attractionen , welche die Bildung
der einzelnen Prismen bewirken, über diejenigen, welche sie zu einem Ganzen
zu vereinigen streben, ab, und zeigt sich nicht selten bei derselben Körperart
sehr verschieden. Bei den Basaltsäulen kommen alle Abstufungen vor, und
eben so bei der stänglichen Absonderung des thonigen Rotheisensteins. Übri-
gens ist hierbei wie bei der Kugelbildung zu bemerken, dass da wo durch
Verwitterung Zersetzungen erfolgen, auch die Absonderungen der Prismen
allmählig vollkommner werden können , wie solches ebenfalls der Basalt wahr-*
ÜBEB MB IN STARREM /1BBMSEN KÖMERN JEW RITEN FORMVBRÄND. j?3
nehmen, tässt In diesem Ftti^> fei lden sich oft 8cäaalen, wölche sich von der
Oberfläche der Basalteäuleu ablösen, nnd besondere Körper, Wöldie die Ab-
sonderwigsräiime auffallen. Je: ausgezeichneter die Ahsoriderungen sich de**-
stellen, um so stärker waren die Molekularbewegubgfen, welche die Sonderatifc
bewirkten ;: Sand; die? Absonderungsränme gehen ein Maaas für die /Grösse das
Weges, den difc kleinsten Tbeile bei ihrer Bewegung aurttcklegteöv v v V\V
-: Was dieitichtting dbr Siuien mkd stängHclMbgesondertefl Stüeke betrifft,
so findet dabei das allgemeine Gesäte statt,' des? sie rechtwinkelig gejgtti die
Abktih längs- und Verdunsturigsfläcben stehet! ; bei basaltischen und anderen
ßtalengebirgsmassen , wie bei La vaströmeo, rechtwinkelig gegen <iie Grand«»
fläche; bei Läger- und gangförmigen Ausfüllungsmassen , gegen die Seiten-
Begränzungsfläeken ; bei einzelnen Nieren, gegen die Oberfläche derselben.
Davon ist denn zugleich Folge, dass die Säulen und stanglich -abgesonderten
Stacke entweder eine parallele Richtung haben, und dann der ganzen Länge
nach von gleicher Stärke sind, oder auf verschiedene Weise convergiren und
divergiren, wobei sie sich nach dem einen oder anderen Ende verjünge«.
Auch haben die Verhältnisse der Grund*-, Begränzungs- und Oberflächen Ein-
fluss darauf, dass die Säulen und stänglich - abgesonderten Stücke entweder
gerade, oder auf verschiedene Weise gebogen sind. Da bei dem thonigen
Spbärosiderite die Nieren ven der Kugelform, bis zu der von platten Sphä-
ro*den7 oder elliptisch - sphäroidischen Körpern abändern, oft aber auch ganz
tinregelmfesig geformt sind, so wie bei ihm auch zusammenhängende Leg«?
vorkommen, so sind seine durch das Glühen bewirkten stänglich- abgesonder-
ten Stücke bald gleich stark, hald sich verjüngend; bald gerade, bald auf
verschiedene Weise gebogen.
§. 40.
Umänderung des Sphärosiderites in Eisenoaydhydrat.
Früher war von dem wesentlichen Unterschiede die Rede, welcher
zwischen der Umänderung des Sphärosiderites unter Einwirkung von Glüh-
hitze, und der bei gewöhnlicher Temperatur statt findet. Die erptere hat man
in der Natur nur selten zu beobachten Gelegenheit; wogegen die letztere,
von welcher gegenwärtig gehandelt werden soüy zu den sei» gewöhnlichen
Phys. Classe. VU. K
74 JOH. FRIEDR. LUD W. HAUSMANN,
und sehr verbreiteten Naturerscheinungen gehört; welche nicht bloss ein
wissenschaftliches; sondern auch ein praktisches Interesse gewährt, indem die
durch atmosphärische Einwirkungen herbeigeführte Zersetzung des kohlensauren
Eisenoxyduls , sehr zur Erleichterung seiner Zugutemachung beiträgt Wenn
die erste Art der Umänderung in der Natur nur zuweilen bei dem thonigen
Sphärosiderite vorkommt, so ist dagegen die zweite nicht bloss bei diesem,
sondern auch bei dem reinen Sphärosiderite, bei dem Eisenspathe, und na-
mentlich auch bei der faserigen Abänderung, welche ursprünglich den Namen
SphärosiderU erhielt, zu beobachten. Die im Gefolge der chemischen Umän-
derungen vorgehenden Veränderungen der Form zeigen sich bei der reinen
Formation zum Theil anders, als bei dem thonigen Sphärosiderite; daher sie
im Nachfolgenden von einander getrennt betrachtet werden sollen. Es kön-
nen übrigens bei beiden Formationen aus dem kohlensauren Eisenoxydul die
drei in der Natur vorkommenden, bestimmt verschiedenen Eisenoxydhydrate,
Pell, fe2»*, Feö2, durch höhere Oxydation des Eisenoxyduls , gleichzeitige
Aufnahme von Wasser, und Ausscheidung der Kohlensäure hervorgehen, in
welcher Hinsicht aber zu bemerken ist: dass die reine Formation am Häufig-
sten in das zweite Eisenoxydhydrat, den Brauneisenstein, seltener in das
erste, den Pyrrhosiderit , am Seltensten in das dritte, den Gelbeisenstein l)
umgewandelt wird; wogegen aus dem thonigen Sphärosiderite am Häufigsten
Gelb- und Brauneisenstein entstehen, Pyrrhosiderit dagegen am Seltensten
hervorgehet. Auch darf nicht übersehen werden, dass die Bildung der drei
I) Schon in meinem Entwürfe eines Systems der unorganisirten Naturkörper v. J.
. 1809, S. 107, und dann in der ersten Ausgabe meines Handbuches der Mine-
ralogie v. J. 1813, I. S. 277. wurde von mir der Gelbeisenstein als ein von dem
Brauneisenstein verschiedenes Eisenoxydhydrat aufgeführt, wobei meine Unter-
suchungen über das Eisenoxydhydrat (Gilbert's Annalen. XXXVIII. S. 1 ff.),
durch welche ich zuerst nachzuweisen suchte, dass sich das Eisenoxyd im festen
Verhältnisse mit dem Wasser verbinde, zum Grunde lagen. Nun hat neuerlich
Herr Professor Schmid in Jena den Xanthosiderit als ein neues Eisenoxyd-
hydrat beschrieben, wiewohl dieses Mineral nur eine krystallinische Abänderung
meines Gelbeisensteins ist. (Vergl. Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie
von J. Liebig und H. Kopp für 1851. S. 763.)
ÜBER DIE IN mRfiBHOAUASEN KÖRPRBH BRWUtlTSN FORMVBRÄND. 7$
verschiedenen Eiseiwxydhydrate nicht immer von einander getreönl ist, son-
dern dass sie manchmal gemeinschaftlich entstehen; in welchem Falle sie
entweder ein mehr und weniger inniges Gemenge bilden , oder sich bestimmt
«od scharf von einander sondern, welche letztere Erscheinung später genauer
betrachtet werden wird.
Der reine Sphärosiderit enthält bekanntlich ausser dem kohlensauren
Eisenoxydul gewöhnlich mehr und weniger kohlensaures Manganoxydul, und
nicht selten etwas kohlensaure Kalkerde, oder auch kohlensaure Talkerde. Bei
seiner Zersetzung wird auch das kohlensaure Manganoxydul durch Aufnahme
von Sauerstoff und Wasser, und Ausscheidung von Kohlensäure, in Mangan*
oxydbydrat umgewandelt; daher die aus dem Sphärosiderite entstehenden Mi-
neralkörper, zumal der Brauneisenstein, ausser dem Eisenoxydhydrate auch
Hanganoxydhydrat zu enthalten pflegt. Wenn der Sphärosiderit ganz aas
kohlensaurem Eisenoxydul bestehet, so sind in ihm
62,07 Procent Eisenoxydul mit
37,93 _ Kohlensäure
verbunden. Bei der Umwandlung des Eisenoxyduls in Eisenoxyd nehmen jene
62,07 Procent Eisenoxydul
6,90 — Sauerstoff auf.
Bei der Bildung von Pyrrhosiderü ausserdem
7,76 Procent Wasser,
daher der Vertust
23,27 Procent beträgt
Bei der Bildung von Brauneisenstein beträgt die Wasseraulhahme
11,64 Procent, mithin der Verlust
19,39 ~
Bei der Bildung von Gelbeisenstein beträgt die Wasseraufnahme
ü 15,52 Procent, mithin der Verlust
Barch einen Gehalt ( von i kohlensaurem nMangano^ydul^; verändere sicJhjKw
Briden natu riieh er Weise böld mehr, bald weniger. Die .Zers^zqq^^w^c^
der Sphärosiderit a llmihlig erieide t , fotebtätikk ak* wf &mßt}m#^W8
nicht immer,; sondern es flndethäufig außerdem aUebmoGb ejqe i AttdwgWW
K2
76 i:^.;:.'</:Moi JOH PR1IDE LOIVW H4USMA«If^ l< £\ :VM «:-i..:j
durch köHewrttarehaltiges Wasser statt. Das mit *en> Spbärosiderife in Be-
rührung kommende Wasser, nimmt wohl selbst zum Theil Kohlensäure aas
demselben auf, die dann zur Auflösung von kohlensaurem Eisen- und Man»
ganoxydul, von kohlensaurer Kalk- und Talkerde verwandt wird. Die auf
diese Weise fortgeführten Substanzen setzen sich daraus später, bald näher
bald entfernter , zum Theil in veränderten Zuständen, das kohlensaure Eisen-
oxydul in verschiedene Eisenoxydhydrate umgewandelt, das kohlensaure Man»
ganoxydul als Manganoxydhydrat ab, aus welchem später noch andere Mangan*
fossilien hervorgehen können. Die kohlensaure Kalkerde scheidet sich als
Kalk oder Arragonit aus * und die kohlensaure Talkerde am Häufigsten in
Verbindung mit kohlensaurer Kalk erde, als Bitterkalk. Hiernach hat man bei
dem Spbärostderite zwei Arten von Umbildungen zu unterscheiden , welche
oft, aber keines weges immer, vereinigt sind, und von welchen namentlich
die zuerst erwähnte nicht selten allein vorkommt, wogegen die andere wohl
nicht leicht ohne jene erfolgen dürfte. Wenn gleich nun die zweite Art der
Umbildung durch einen tropfbar flüssigen Körper vermittelt wird, so gehen
doch stets in dem Körper der die Umänderung erleidet, Molekularbewegungen
ohne Aufhebung des starren Aggregatzustandes vor; wogegen die Fortführung
und der spätere Absatz von Bestandteilen Bewegungen veranlasst, welche
nicht in die Kategorie der hier zu betrachtenden Erscheinungen gehören. <i
Durch die zuvor angegebene Art der Zersetzung erleidet die Masse des
Sphärosiderites eine bedeutende Auflockerung , welche indessen verschiedene
Grade hat, je nachdem durch die Bildung verschiedener Eisenoxydhydrate ein
bald geringerer bald grösserer* Verlust von Tbeilen entstehet, der am Gering-
sten bei der Entstehung von Gelbeisenstein, am Grössten bei der. Bildung von
Pyrrhosiderit ist. Die durch diese Umwandlung bewirkte Auflockerung wird
noch sehr vergrös$ert, wenn mit derselben sich die oben bezeichnete AwW
laugung verbindet. Es gehen indessen auch im Innern der Masse manchmal
Bewegungen vor, wodurch die aufgelockerten Theile wieder mehr verdichtet
werden. Nehmen wir an/ dass ein Sphärosiderit ganz aus hohlensaureai
Eisenoxydul bestehe, und dass sein specifisches Gewicht 3,8 sey, so wftnH
bei vollständiger Umwandlung desselben in Brauneisenstein, wenn keine Vota«
metaVeränderung statt fände, das spectfische Gewicht desselben 3,06 beträgeiu
Ober die in stahmh kuloben Körpern * bb wmmtbr formveränd. m
Bei dem gemeinem Brauneisenstein, der nebst dem ochrigen am Häufigste*
ans der Zersetzung des SphärosideriteS hervorgehet, beträgt aber das eigen-
tbümliche Gewicht mindestras 3,5, und bei dem schlackigen, der zuweilen
entstehet, 3,6 - 3,6. Es findet also bei der Bildung solcher Abänderungen
«ine Verdichtung statt Dieses ist noch im höheren Grade bei der Bildung
voi Pyrrhosiderit der Fall Unter obigen Voraussetzungen würde das speci-
tische Gewicht desselben 2,92 seyn; seine dichte Abänderung hat aber ein
eigenthümlicbes Gewicht von 3,55 — 3,57. Die Nehenbestandtheiie de* Sphä-
residentes machen freilich diese Bestimmungen ungenau; doch wird bei' den
dichteren Abänderungen des Brauneisensteins und Pyrrhösiderites das specifische
Gewicht wohl stets etwas grösser seyn, als die Berechnung nach dem Verluste
am Bestandteilen dasselbe ergiebt ■ . ;.
u* .Der Sphärosiderit zeigt verschiedene Grade der Zersetabarkeft, welches
ohne Zweifel mit dein verschiedenen Gehalte an kohlensaurem Mapganorydul
usammenbängt , welche Beimischung die Verwitterung befördert 1). Die Zer-
setzung beginnt in der Regel an der Oberfläche , und schreitet allmäh Hg
gegen das Innere fort. Doch bemerkt man zuweilen auch im Innern dunkle
Flecke, welche den Anfang der Verwitterung au erkennen geben2}. So
lange die umgeänderte Rinde sehr schwach ist, zeigen sich wobl bunte Stahl-
färben* Bei ihrer Zunahme gehet aber die ursprünglich gewöhnlich blassgelbe
Farbe des Körpers an der Oberfläche in eine bräunliche, oder bräunlich-
schwarze Farbe «be*. Die dunklere* Färbung wird durch einen grösseren
Gehalt an gebildetem Manganoxydhydrat bewirkt*). AllmähUg verbreitet sich
dann 4fe braue Farbe durch das Innere des Körpers. Ist dieser späthig oder
Jii >il) VergL die Verwitterung im Mineralreiche r.viwi; Dr* 6. Saoko w. S< 37.<
von der
nun :;'>v*i. •'
dann bei
Bildung von Eisenoxydoxydul her, welches zuerst entstehet, woraus
i fortgesetztem Glühen Eisenoxyd wird, wie man es bei dem Rösten
des Eisenspathes und thonigen Sphärosiderites auf Eisenhütten beobachten kann.
Der schon in Eisenoxydhydrat umgewandelte Sphärosiderit verh< difcli im Feuer
anders, indem er durch den Verlust des Wassers sogleich" die Yöthfe oder
rothbraune Farbe des EisenoxyddS' annimmt ;>i/ - 'ili«>i>
» * t u t
78 . r IOB. fHIBDK» LDDW. HAOSM AHN,/ <■ ! : ')
faserig, 80 erhalten sich anfangs noch Sporen der Teitur, die aber spät*
ganz verschwinden. Der Körper nimmt einen erdigen oder unebenen, seltener
einen muscheligen Brach an. Nur in diesem Falle erlangt der Bruch stär-
keren Wachsglanz, wogegen er bei unebenem Bruche höchstens schimmernd,
bei erdigem matt ist Krystallindividuen des Eisenspathes und Kugeln des
fasrigen Spbärosiderites behalten bei dieser Umwandlung oft ihre äussere Ge-
stalt. Wie bei einzelnem Körperindividuen im Innern häufig untersetzte Kerne
gefunden werden, so zeigen sich in grösseren Massen oft einzelne Kerne un*
zersetzten Eisenspathes von dichtem Brauneisenstein oder Pyrrhosiderit omge~
ben. Aber auch im Innern der völlig zersetzten Individuen und Massen ist
der Aggregatzustand nicht immer von gleicher Beschaffenheit, woran ungleiche
Wirkungen von Molekularbewegungen erkannt werden. An Krystallen siebet
man zuweilen einen dichteren Branneisenstein in der Umgebung eines lockeren,
ochrigen, porösen Kernes l); und Ähnliches nimmt man nicht selten an grosse*
ren Massen wahr, indem verschiedene Varietäten von Brauneisenstein und
Pyrrhosiderit unter einander wechseln. Auch werden zuweilen schaalige Ab-
sonderungen gefunden, welche erst in Folge der Zersetzung, z. B. in dem
kugelförmigen fasrigen Sphärosiderite entstanden sind2}. Haidinger beob-
achtete zu Hüttenberg in Kärnthen die Bildung von Geoden in der umge-
wandelten Masse des Eisenspathes 5) , und eine ähnliche Beobachtung der
Entstehung von Brauneisenstein -Nieren mit schaaligen Absonderungen aus der
früher späthigen Masse , habe ich auf Lagerstätten des Eisenspathes am Harz
zu machen Gelegenheit gehabt Die hier beschriebenen Erscheinungen lassen
verschiedenartige Wirkungen von Molekularbewegungen im starren Zustande
des Sphärosiderites nicht verkennen. Sie offenbaren sich besonders auf drei-
fache Weise: 1. in der Umwandlung einer krystallinischen Masse in eine nicht
krystallinische ; 2. in der Verdichtung der durch die Zersetzung aufgelockerten
Masse, indem die ochrige Beschaffenheit in eine dichte mit unebenem oder
muscheligem Bruche umgewandelt worden; 3. in der Bildung von Nieren und
i ■ ■ i ii
1) Blum's Pßeudomorphosen. S. 201.
2) Daselbst. S. 204.
3) Poggendorff's Annalen. XI. S. 190.
Ober die in stamm* lbblosbn körpbrn bbwihitkn formveränd. 79
scbaaligen Absonderungen. Die erste Art der formverändernden Wirkungen
ron Molekularbewegangen wird bei jedem Sphärosiderite von kristallinischer
Beschaffenheit wahrgenommen ; wogegen die beiden anderen Arten nicht immer
bemerkt werden.
m Ausser diesen gewöhnlichen Wirkungen der Molekuiarbewegungen im
Gefolge der Zersetzung des Sphäresiderites, kommt zuweilen eine Erscheinung
vor, deren Deutung etwas zweifelhaft ist > Eisenspath-Rhomboöder, die mit
Beibehaltung ihrer Form in Brauneisenstein umgewandelt worden, sind auf Ihren
Fachen mit höchst zarten, glanzenden Prismen von Graubraunstem bekleidet.
Die Krystalle liegen flach und fest auf, bald in unbestimmten Richtungen, bald
unter einander parallel. An einzelnen Stellen ragen sie über die Kanten her-
vor und erscheinen dann wie aus denselben herausgesponnen. Ein ausgezeich-
netes Stück dieser Art besitze ich vom Stahlberge bei Schmalkalden. Man
möchte vielleicht glauben, dass die Krystalle des Hanganoxydhydrates aus
einer Auflösung von kohlensaurem Manganoxydul in kohlensäurehaltigem Was-
ser abgesetzt worden seyen, und dass daher ihre Bildung in die Kategorie
der Auslaugungs- Erscheinungen gehöre. Die ganze Art des Vorkommens
dürfte indessen mehr dafür sprechen, dass sie unmittelbar aus der Zersetzung
des Eisenspathes hervorgegangen sind, indem ein Theil des an der Oberfläche
gebildeten Manganoxydhydrates sich krystallinisch ausschied. Darf man dieses
annehmen, so bietet diese Erscheinung, welche nicht ohne Analogieen ist, ein
besonders interessantes Beispiel der Wirkung von MolekularbewegungeH ohne
Aufhebung der Rigidität dar.
<vi Die Erscheinungen , welche durch den oben angegebenen Auslaugungs-*
Process herbeigeführt werden , gehören zwar nicht zum eigentlichen Gegen-
stände dieser Betrachtungen, dürfen doch aber nicht übergangen Werden, um
die > Wirkungen der Molekularbewegungen, welche ohne Aufhebung des starren
Aggrtgatzustandes vorgehen, im rechten Lichte erscheinen zu lassen. Man
nimmt diese Erscheinungen besonders da wahr, wo der Eisenspath in grösseren
Massen, theils auf Lagern und Nestern, theils auf Gängen bricht, und auf die-
sen Lagerstätten ganz' besonders unter solchen Verhältnissen, unter welchen
Luft und Wtasser am Ungehindertsten einwirken können; daher z. B. auf Gän-
gen in oberen Teufen derselben. Ausgezeichneta Gelegenheiten zu Beobach-
80 JOH. FfUEDR. LÜDW. HAÜSMANft, /
tungen bieten der Iberg bei Grand am Harz, der Stahlberg und die Mommel
bei Schmalkalden, der Stahlberg bei Musen, der Hollerter Zug im Saynischeit,
die Eisenzeohe bei Eiserfeld im Siegenschen, der Erzberg in Steyermark, der
Knappenberg bei Hüttenberg in Kärnthen, Sommorostro in Biseaya dar. Indem
das den Spharosiderit durchdringende kohlensäurehaltige Wasser, welches beson-
ders in der Masse desselben mit Kohlensäure angeschwängert wurde, Theild
vom kohlensauren Eben- und Manganoxydul aufnimmt und entfahrt, giebt es
zur Bildung von Eisen- und Manganoxydhydraten Veranlassung, die sich theili
von einander getrennt, theils unter einander verbunden, entweder in KrystaU
len, oder in krummflächigen , vorzüglich stalaktitischen Gebilden daraus absetzen.
Auf diese Weise dürfte die Entstehung mancher Krystalle und krystallinischer
Massen von Grau- und Weichbraunstein, welche in Begleitung von Brauneisen-
stein, u. a. so ausgezeichnet in der Gegend von Siegen vorkommen, abzu-
leiten seyn; und eine gleiche Erklärung scheint mir auf die Bildung der Kry-
stalle des Rubinglimmers, in den schönen Drusen von der Eisenzeche bei
Eiserfeld und vom Hollerter Zuge im Saynischen, angewadnt werden zu
können. In krummflächigen, zumal stalaktitischen Formen stellen sich fasriger
Brauneisenstein, schuppig-fasriger Pyrrhosiderit (Lepidokrokit) , Schwarzbraune
stein (Psilomelan), Manganschaum, dar. Aber auch in dichten und ochrigen
Absätzen erscheinen mitunter Eisen- und Manganoxydhydrate, wohin nament-
lich ochriger Braun- und Gelbeisenstein, muschliches und ochriges Wad ge-
hören. Die verschiedenen, auf solche Weise aus dem Eisenspathe hervor*-
gegangenen Substanzen lassen in ihrer Bildung oft eine gewisse Zeitfolge
erkennen. So zeigt sich der Brauneisenstein in der Regel früher abgesetzt
als der Pyrrhosiderit; der Graubraunstein oft früher als der Brauneisenstein;
aber der Manganschaum so wie das Wad in der Regel später als der Braun-
eisenstein. Indessen findet auch manchmal ein Wechsel unter Substanzen statt,
die sonst gewöhnlich in einer gewissen Reihefolge zu erscheinen pflegen,
z. B. zwischen fasrigem Brauneisenstein und fasrigem Pyrrhosiderit, wie maa
es an Stufen von Ilfeld am Harz, Friedrichrode am Thüringer Walde, Horhausen
in der Gegend von Siegen siehet. Dass übrigens die Bildungsart im Allge-
meinen wirklich die angegebene ist x}, erhellt theils aus den Formen der
1) VergL in dieser Beziehung: v. Pantz und Atzl, Versuch einer Beschreibung
vorgehenden Mischungsverändenrogen begleiten. Es braucht nicht wiederholt
ra werden, was im 89sten §. über das verschiedene Vorkommen und den
abweichenden Gehalt des tbonigen Spbärosiderites mitgetheilt worden. Zur
Erläuterung dessen, was bei seiner Zersetzung in gewohnlicher Temperatur
vorgehet, möge auch hier als Beispiel eine Abänderung dienen, in welcher
der Eisengebalt 80 Procent beträgt Zum kohlensauren Eisenoxydnl sind
damit verbunden:
8,57 Procent Sauerstoff und
23,56 — Kohlensäure.
Der Thongebalt betrage
37,87 Procent, in welchem etwa
5 — Wasser enthalten sind. Bei der Um-
wandlung eines solchen thonigen Spbärosiderites in PyrrhotiderÜ gehen verloren
23,56 Procent Kohlensäure,
wogegen aufgenommen werden
4,28 Procent Sauerstoff und
4,82 — Wasser;
der vorzüglichsten Berg- und Hüttenwerke des Herzogtums Steyermark. S.45.
Hoeggflrath, Geognostische Beobachtungen über die Eisensteins-Fortrialionen
des Hnnsrttckens, in Karsten'» und v. Dechen's Archiv. XVJ. S. 470 ff.
Majendie, in den Transactions of the geological Society of Cornwall. I. p. 226.
Bischof, Lehrbuch der cbem. u. pbys. Geologie. 11. S. 1341 ff.
Pki/M. Chute. VII. L
82 JOH. FRIBDR. LDDW. HAUSMANN,
daher der Verlust beträgt
14,46 Procent.
Bei der Umwandlung in Brauneisenstein werden aufgenommen
7,23 Procent Wasser,
daher der Verlust beträgt
12,05 Procent.
Bei der Umwandlung in Gelbeisenstein werden aufgenommen
9,64 Procent Wasser,
daher der Verlust 9,64 — beträgt
Die Zersetzung, welche durch die Umänderung der gewöhnlich grauen Farbe
in eine braune oder gelbe sich zu erkennen giebt, beginnt an der Oberfläche
und schreitet allmählig gegen das Innere fort. Es findet mit dem Verluste
von Tbeilen gewöhnlich eine Zusammenziehung der Masse statt, wobei die
Oberfläche nicht aufberstet, indem die weiter nach Innen liegenden Theile
von den weiter nach Aussen befindlichen, in einer gegen die Oberfläche
senkrechten Richtung angezogen werden, wovon die schalenförmige Abson-
derung einer äusseren umgeänderten Rinde, von der inneren unveränderten
Masse Folge ist. Die Rinde löst sieb bald vollkoraraner bald weniger voll-
kommen von dem Kerne ab, welches von dem verschiedenen Grade der
Verdichtung der Theile in der sich bildenden Rinde abhängt An einem tho-
nigen Sphärosiderite aus den Karpathen, von welchem ich Exemplare meinem
werthen Freunde, dem Professor Zeuschner in Krakau verdanke, besteht
die 1 — 2 Linien starke Rinde aus thonigem Brauneisenstein , und löst sich
vollkommen und leicht von dem aschgrauen unzersetzten Kerne ab. Das
speeifische Gewicht des letzteren fand ich 3,05, wogegen das der Rinde zn
4,27 bestimmt wurde. Zuweilen findet indessen bei der Zersetzung keine
Zusammenziehung der Theile statt, in welchem Falle die umgeänderte Rinde
mit dem Kerne fest verbunden bleibt. Bei einem thonigen Sphärosiderite vom
Vorgebirge der guten Hoffnung1), an welchem die ochergelbe, etwa 2 Linien
1) Stücke desselben habe ich, nebst vielen anderen mineralogischen und geogno-
stischen Merkwürdigkeiten aus Südafrica, von meinem unvergesslichen Jugend-
lehrer, dem verewigten Superintendenten Hesse erhalten, der sechzehen Jahre
lang Prediger der Lutherischen Gemeinde in der Cap- Stadt war.
ÜBER DIE IN STARRER LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 83
starke Rinde mit dem rauchgrauen unzersetzten Kerne fest verwachsen ist,
fand ich das specifische Gewicht des Kernes 2,66, und das der Rinde 2,62.
Auf die Verdichtung scheint der Eisengehalt von besonderem Einflüsse zu
seyn, indem die Zusammenziehung um so stärker seyn dürfte, je grösser der
Gehalt des thonigen Sphärosiderites an kohlensaurem Eisenoxydul ist. Doch
mögen dabei auch noch andere Umstände mitwirken. Bei fortschreitender
Zersetzung bilden sich nach Innen neue Schaalen, und zuletzt bleibt manchmal
ein loser Kern im Innern , wodurch die sogenannten Klapper- oder Adlersteine
entstehen. Die Stärke der Schaalen ist verschieden; doch pflegt sie selten
mehr als einige Linien zu betragen. Es kommen aber auch zuweilen in
Braun- oder Gelbeisenstein umgewandelte Nieren von thonigem Sphärosiderit
vor, welche völlig dicht geblieben sind. Die Form der Schaalen richtet sich
natürlicher Weise nach der ursprünglichen Gestalt des thonigen Sphärosiderites.
Wenn dieser, wie gewöhnlich, in sphäroidischen oder elliptisch-sphäroldischen
Nieren sich findet, entsprechen sie der krummflächigen äusseren Gestalt; sie
erscheinen aber auch in verschiedenartigen geradflächigen Abplattungsformen,
oder in ganz unregelmässigen Gestalten. Die Wirkung der Molekularbewe-
gungen äussert sich nicht bloss in der Bildung der Schaalen , sondern , wiewohl
weniger auffallend, auch in der Umänderung des Bruches, der bei dem tho-
nigen Sphärosiderite ursprünglich muschelig oder eben zu seyn pflegt, und
durch Zersetzung gewöhnlich erdig wird.
Zuweilen zeigt sich die Formveränderung im Gefolge der Mischungsver-
änderung des thonigen Spärosiderites im Grossen auf Lagern von sandig-thonigem
Gelbeisenstein im Quadersandstein, wie sie an mehreren Orten im nördlichen
Deutschland, u.a. an der Fuhregge, einem Flötzrücken bei Delligsen im Her-
zogthume Braunschweig vorkommen, woher die benachbarte Carlshütte das
Hauptmaterial zum Betriebe des dasigen Eisenhohofens entnimmt. Jene Lager
enthalten im Innern Nieren von schuppig-körnigem, sandig-thonigem Sphärosi-
derite, von verschiedenem, aber oft bedeutendem Umfange, welche von dem
dortigen Bergmann »Wacken« genannt werden, die rindenförmig von dem
aus der Zersetzung desselben hervorgegangenen sandig -thonigen Gelbeisen-
stein umgeben sind 1). Anderer Seits wird dieselbe Erscheinung nach einem
1) Vergl. meine Bemerkungen über den Quadersandstein, in meinen Norddeutschen
L2
84 JOB. FRISÖR. LÜDW. HAUSMANN,
kleineren Maassstabe an dem körnigen thonigen Braun- und Gelbeisenstein, dem
sogenannten Bohnerte, wahrgenommen, dessen Körner gewöhnlich aus von
einander sich absondernden Schaalen bestehen, welche dadurch ihre Abkunft
von thonigem Sphörosiderit verrathen , wenn auch von diesem in ihrem Innern
keine Reste sichtbar sind. Ausgezeichnet siebet man u. a. diese Bildung in
mannichfaltigen Abstufungen an dem Bohnerze von Mardorf unweit Homberg
in Hessen. Wo die Umwandlung grosser Massen thonigen Sphfirosiderites er-
folgt, wird die gewöhnliche Zersetzung zuweilen auch von dem oben beschrie-
benen Auslaugungsprocesse begleitet, wodurch dann und wann ebenfalls Kry-
stallisationen und stalaktitische Gebilde von Eisenoxydhydraten erzeugt werden,
wie solches z. B. das Vorkommen von fasrigem Brauneisenstein auf den zuvor
erwähnten Eisensteinslagern der Fuhregge zeigt
Bei dieser Gelegenheit mag auch die Veränderung des Ankerües er-
wähnt werden, der dem Spärosiderite verwandt ist, dessen variabler Gehalt
an kohlensaurem Eisenoxydul aber von dem Gehalte an kohlensaurer Kalkerde
stets übertreffen wird. H a i d i n g e r hat bemerkt 1) , dass bei der Zersetzung
dieses Minerals gleichsam ein Skelet von Eisenoxydhydrat zurückbleibe. Es
wird daher eine Auslaugung der kohlensauren Kalkerde durch kohlensaure-
haltiges Wasser angenommen werden dürfen. Dasselbe findet bei der Zerset-
zung des Mesttms hinsichtlich der kohlensauren Talkerde statt. Die Auslau-
gung derselben durch kohlensäurehalttges Wasser ist die Ursache, dass Mesi-
tin-Kry stalle, deren kohlensaures Eisenoxydul in Eisenoxydhydrat umgewan-
delt worden, zuweilen ein völlig zerfressenes Ansehen haben, wie es die Kry-
stalle von Traversella manchmal zeigen.
§. 41.
Umänderungen von Sulfuriden.
Von den verschiedenen Classen von Mineralkörpern gehören die Sulfu-
Beitrlgen zur Berg- und Hüttenkunde. 1. S. 82. Die sogenannten Wachen
worden, ob sie gleich an 40 Procent Eisen enthalten, vormals nur zur Wege-
besserung benutzt; machen aber, seitdem ich vor vielen Jahren anf ihren
reichen Gehalt aufmerksam machte, nach vorgängiger, sorgfältiger Röstung,
einen Theil der Beschickung für den Hohofen der Carlshütte aus.
1) A. a. 0. S. 190.
ÜBER DIE IN STARREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVBRÄND. 85
ride zu denen, welche am Häufigsten Zersetzungen erleiden, wobei ein Aus-
tausch von Bestandteilen statt findet , und wodurch Veranlassung zur secun-
dären Bildung von Mineralsubstanzen, namentlich von Oxyden, Hydraten und
mannichfaltigen Salzen gegeben wird, die sich daraus vorzüglich auf den Erz-
gängen, aber auch wohl auf anderen Lagerstätten erzeugen. Der Schwefel
gehet davon, oft vermutlich als Schwefelwasserstoff, und die Metalle oder
Metalloide verbinden sich mit Sauerstoff, selten mit Chlor, Fluor, ausserdem oft
mit Wasser, oder mit einer Säure. Diese kommt entweder, wie besonders
die Kohlensäure, von Aussen hinzu, indem sie entweder aus der Luft, oder
aus dem Wasser aufgenommen wird, oder nachdem sie durch eine stärkere
Säure, namentlich durch die bei dem Vitriolesciren von Kiesen entstandene
Schwefelsäure, aus Carbonaten ausgetrieben worden, sich darbietet; oder sie
entstehet aus einem Bestandteile der Schwefelverbindung, wie u. a. die Ar-
seniksäure bei der Zersetzung des Kupferfahlerzes. Zuweilen kann es indes-
sen zweifelhaft seyn, woher die Säure,, rührt, welche die neue Verbindung
eingehet, wie solches z. B. wohl bei der Phosphorsäure x), der Chromsäure,
Vanadinsäure, Molybdänsäure der Fall ist. Nach der verschiedenen chemischen
Zusammensetzung gehet aus ihrer Aufhebung bald nur eine neue TMineralsub-
stanz hervor, bald entstehen dadurch mehrere neue Mineralkörper. Manche
dieser Zersetzungen erfolgen, ohne dass der rigide Zustand eine Änderung
erleidet; wogegen bei anderen ein theil weiser, oder auch gänzlicher Über-
gang in den flüssigen Aggregatzustand statt findet. Bei den mehrsten dieser
Umänderungen wird die krystallinische Beschaffenheit der Schwefelverbindung
zerstört, indem am Häufigsten ein zerfallener, erdiger, oder dichter Aggregat-
zustand an die Stelle tritt. Selten gehet ein neuer krystallinischer Körper
aus dem zersetzten hervor. In einem solchen Falle erscheint die Wirkung
der Molekularbewegungen am Auffallendsten. Sie machen sich auch besonders
da bemerklich, wo ein durch blätterige Textur ausgezeichneter Körper, in
1) Dass die Phosphorsäure aus der organischen Natur abstammt, ist manchmal
nicht zweifelhaft, z. B. bei der Bildung von Pyromorphit aus Bleiglanz am Aus-
gehenden eines Ganges bei Clausthal auf dem Galgenberge, wo die Grube
Neufang auf dem in oberer Teufe aus Eisenspath entstandenen Brauneisenstein
bauete. Vergl. mein Handbuch d. Min. 2te Ausg. IL S. 1048.
86 JOM. FRIEDE. LDDW. HAUSMANN,
einen erdigen verwandelt wird. Am Wenigsten tritt ihre Wirkung hervor
wo der umgeänderte Körper die ursprüngliche äussere Gestalt behält Zu
verkennen sind indessen die Molekularbewegungen auch hier nicht, indem das
blätterige Gefüge verloren gehet, oder der ursprünglich muschelige Bruch in
einen unebenen, der unebene Bruch in einen erdigen verwandelt wird. Wenn
aus einer Substanz, welche verschiedene Seh wefel Verbindungen , oder neben
einer Schwefelverbindung eine Arsenikverbindung enthält, mehrere neue Ver-
bindungen entstehen, so bilden diese entweder ein mehr und weniger inniges
Gemenge, oder sie trennen sich von einander* Wo das Letztere der Fall ist,
wo selbst krystallisirte Körper hervorgehen, lässt sich oftmals die Wirkung
eines theilweise flüssigen Aggregatzustandes eben so wenig verkennen, ab
bei der früher erwähnten Fortführung von kohlensaurem Kupferoxyfl, und
kohlensaurem Eisenoxydul durch kohlensäurehaltiges Wasser.
Von den mannichfaltigen Erscheinungen, welche die bei Zersetzungen
von Sulfuriden durch Molekularbewjßgungen in starren Körpern bewirkten
Formveränderungen zeigen, können im Nachfolgenden nur einige besonders
ausgezeichnete näher betrachtet werden.
§. 42.
Umänderungen des Antimonglan&es.
Der Antimonglanz erleidet eine Reihe von Umänderungen, indem er
Schwefel verliert, und dagegen Sauerstoff in verschiedenen Verhältnissen
aufnimmt.
Als niedrigste Stufe der Mischungsveränderung des Antimonglanzes ist
seine Umwandlung in Antimonblende (2sb -j- §b) zu betrachten, indem hierbei
der grössere Theil des Schwefelantimons unverändert bleibt, und nur der
kleinere durch Verlust des Schwefels und Aufnahme von Sauerstoff sich in
Antimonoxyd verwandelt Früher war es mir unwahrscheinlich, dass die
Antimonblende auf diese Weise gebildet werde '); durch fortgesetzte Unter-
suchungen habe ich mich indessen von der Richtigkeit der in dieser Beziehung
1) Vergl. mein Handbuch der Min. 2te Ausg. IL S. 193.
Ober die in starben leblosen Körpern bewirkten formveränd. 87
früher von Mobs1), und nachher von Blum2) u. A. geäusserten Meinung
Überzeugt Darin kann ich aber der froheren Ansicht des Ersteren nicht
beipflichten, dass das Anlaufen des Antimonglanzes seine Grunze erreicht zu
haben scheine, wenn es eine dem Kirschrothen sich nähernde Farbe ange-
nommen habe. Krystallindividuen und strahlige Massen von Antimonglanz
bekleiden sich, wie es sich besonders an Stufen von Bräunsdorf in Sachsen
und Malaczka in Ungarn zeigt, mit kirschrolher Antimonblende, und häufig
beginnt, wie Blum richtig bemerkt hat, die Umwandlung an den Spitzen der
Krystalle. Es lassen sich alle Abstufungen von dem Beginnen der Zersetzung
bis zur völligen Umwandlung der Krystalle und strahligen Massen verfolgen.
Wenn nun gleich die äussere Gestalt der Krystalle des Antimonglanzes sieb
erhält, so scheint doch bei dieser Umwandlung die Structur desselben zerstört
zu werden. Die Entstehung solcher Pseudomorphosen lässt sich ohne Mole-
kularbewegungen nicht denken. Ihre die Form verändernde Wirkung würde
aber noch bedeutender erscheinen, wenn auch die wesentlichen klinorhombi-
schen Krystalle der Antimonblende als Zersetzungsproducte des Antimonglanzes
betrachtet werden dürften, welches von mehreren Mineralogen angenommen
wird, worüber ich mir indessen kein Urtheil erlauben darf, wiewohl ich es
nicht für unwahrscheinlich halte.
Entschieden glaube ich mich aber dafür aussprechen zu dürfen, dass die
Antimonblüthe (sb) nicht allein in Pseudomorphosen nach Antimonglanz vor-
kommt, sondern dass auch die wesentlichen Krystalle derselben aus einer
Zersetzung des Antimonglanzes, bei welcher der Schwefel gänzlich entweicht
und Sauerstoff an seine Stelle tritt, hervorgehen können. Strahliger Antimon-
glanz wird auf solche Weise allmählig in Antimonblüthe umgewandelt, an
welcher die frohere äussere Form verschwindet, und in einen erdigen matten
Bruch umgewandelt wird. Aber auch Krystalle der Antimonblüthe mit ihrem
ausgezeichneten Blätterdurchgange und demantartigem Glänze kommen unter
1) Des Herrn Jac. Friedr. von der Null Mineralien - Kabinet , beschrieben von
F. M o h s. III. S. 706. Später scheint M o h s die hier geäusserte Ansicht geän-
dert zu haben. Vergl. dessen leichtfassliche Anfangsgründe der Naturgeschichte
des Mineralreichs. 2te Ausg. II (von Zippe) S. 571.
2) Pseudomorphosen. S. 172.
86 JOH. FllIBDR. LUDW. HAÜ8MANR,
solchen Verhältnissen mit Antimonglanz , z. B. in Höhlangen desselben vor l),
dass ihre Entstehung aus dem Schwefelantiraon wohl nicht bezweifelt werden
kann. Dass auch der Senormontü, die isometrisch krystallisirende Antimonige
Säure , auf gleiche Weise gebildet wird, macht mir ein ausgezeichnetes Stück
desselben, von Babouch, südöstlich von Constantine, welches ich der Güte
des Herrn Dr. Jordan zu Saarbrücken verdanke, sehr wahrscheinlich. Die
V2 Zoll grossen Oktaöder sind an manchen Stellen mit haarförmigem Antimon-
glanz verwachsen, und einige Krystalle schliessen sogar Gruppen desselben
ein. Darf man diese Entstehungsweise annehmen, so liefert sie ein sehr
ausgezeichnetes Beispiel der formverändernden Wirkung von Molekularbewe-
gungen, wobei doch wohl kein Grund seyn dürfte, die Aufhebung des rigiden
Aggregatzustandes vorauszusetzen, indem keine Andeutung sich findet, durch
welches Auflösungsmittel dieselbe bewirkt seyn könnte. Blum führt an2),
dass aus der Antimonblende zuweilen AntknonbUUhe entstehen solle, welches
ich durch eigene Beobachtungen nicht bestätigen kann.
Dagegen hat es den Anschein, dass die aus dem Antimonglanze ge-
bildete, erdige Antmonbläthe zuweilen durch Aufnahme von einer grösseren
Sauerstoffmenge in Antimonocher (§b) übergehet. Beide Körper finden sich
manchmal neben einander, und durch Übergänge verbunden. Der Antimon-
ocher entsteht aber auch sehr häufig unmittelbar aus Antimonglanz , in dessen
Begleitung er nicht selten vorkommt. Die Umwandlung beginnt gewöhnlich
an der Oberfläche, und schreitet allmählig nach Innen fort. Eine höchst
schwache Bekleidung giebt zur Entstehung der oft schönen angelaufenen Far-
ben des Antimonglanzes Veranlassung 5). Zuweilen erscheinen Krystalle und
strahlige Massen ganz in Antimonocher umgewandelt, wobei die äussere Ge-
stalt erbalten ist, das Innere aber einen unebenen oder erdigen matten Bruch
angenommen hat Manchmal haben sich schaalige, dem ausgezeichnetsten Blät-
terdurchgange des Antimonglanzes entsprechende Absonderungen gebildet, wie
1) Vergl. Haidinger, in Poggendorff's Annalen. XI. S. 379.
2) Pseudomorphosen. S. 172.
3) Vergl. meine Bemerkungen über die Erscheinung des Anlaufens der Mineral-
körper, in den Studien des Göttingischen Vereins Bergmännischer Freunde. V.
S. 326.
ÜBER DIB IN STARKEN LEBLOSEN KÖRPER« BEWIRKTEN FORMVERÄND. 89
«Mi es z. B. ah de« Aiititeonocher von Cervantes in Galicien in Spanien siebet;
«öd an Stücken die solches «eigen, wird auch zuweilen die von Blum1) be-
merkte Erscheiriunf wahrgenommen, dass sich abwechselnde Lagen von Antimon-
•glänz nnd Antimonocher darstellen, woran man erkennt, dass die! Zersetzung nicht
bloss von Aussen nach Innen sich verbreitet, sondern gleichzeitig auch das Innere
tles Antimdnglanzes ergriffen bat /indem durch den ausgezeichneten Blätter-
^tarchgang den die Umwandlung bewirkenden Agentien der Zutritt eröffnet
Wöfrten. Die entstandenen Absonderungen zeigen es unzweideutig, wie die
Im Innern wirkenden Molekularbewegungen den Zusammenhang der Theile
nach Ebenen, welche dem Hanptbtätterdurchgange entsprechen, aufgehoben
Haben. Manchmal gehet bei der Bildung des Antimonochers die Äussere Ge-
fetalt des Antimonglanzes ganz verloren. Dann und wann stellt jener Körper
seh wammförmige Massen dar. Die Härte des Antimonochers hat sehr ver-
schiedene Grade, indem sie vom Zerreiblichen bis zur Feld spat h härte abändert.
Blum hat die harte Abänderung anter dem Namen Siiblüh unterschieden2),
und gründet anf eine Untersuchung von Delffs die Meinung, dass derselbe
auch chemisch von dem Antimonocher sich unterscheide, indem et antimon-
saures Antimonoxyd sey. Ich kann dieser Unterscheidung nicht beistimmen,
da der Antimonocher gewiss oft ausser der Antimonsäure, Antimonige Säure
(Antimonoxyd) in unbestimmten Verhältnissen enthält, wovon seine verschie-
denen Farben, die vom Hochgelben bis beinahe in das Weisse verlaufen, zum
Theil abhängig seyn dürften. Oft hat der Antimonocher auch einen Wasser-
gehalt, der vermutblich auch auf seine Farbe von Einfluss ist
§. 43.
' Umänderimg verschiedener, Sckwefelantmon enthaltender Schwefelsatee.
Den Erscheinungen welche die Zersetzung des Antimonglanzes begleiten,
sind diejenigen zunächst verwandt, welche bei rafehrereii Schwefelsalzen wahr-
genommen werden, in welchen Schwefelantimon elektronegativer Bestandteil
ist; denn auch bei diesen gehet durch das Entweichen des Schwefels «tod die
1) Pseudomorphosen. S. 171.
2) Nachtrag zu den Pseudomorphosen des MiHeralrefehs. S. 9h
Phys. Classe. VII M
I s
90 " JOB. FRIEDE. LUDW. HAUSMANN, , i- ,.i .,
Aufnahme von Sauerstoff, Antimonige Säure oder Aitimonsiwe hervor, wekto
neue Substanz entweder für sich , oder in Verbindung mit deol : gleichzeitig
aus dem basischen Theile des Schwefelsalzes entstandenen Metalloxyde er-
scheint. Es gehört dahin die Erzeugung der Bleiniere aus dem Bleischimmer,
so wie die Zersetzung des Boulangerites , des Boumomtes.
Der dem Jamesonüe zunächst verwandte, von ihm vielleicht nicht we-
sentlich verschiedene Bleischimmer, der nach Pf äff in lOOTheilen aus 43,44
Blei, 35,47 Antimon, 17,20 Schwefel, 3,56 Arsenik, 0,16 Eisen, 0,18 Kupfer
bestehet, und zu Nertschinsk in, Sibirien vorkommt, wird durch Zersetzung
in Blemiere verwandelt, die nach einer Untersuchung von Pf äff1) hauptr
sächlich aus Bleioxyd, Antimoniger Säure und Arseniksäure bestehet. D$r
Bleischimmer welcher eine kristallinisch- feinkörnige Structur besitzt, bildet
oft den Kern der Bleiniere, und ist auf solche Weise mit derselben vert»
wachsen, dass ihre Bildung durch eine Zersetzung jenes Erzes nicht zweifel-
haft seyn kann. Die durch den Verlust des Schwefeis und die Aufnahme ,#qi
Sauerstoff bewirkte chemische Umänderung ist von einer gänzlichen Umwand-
lung der Form begleitet; denn das kristallinisch- körnige Gefüge ist in d$r
Bleiniere verschwunden, und bald ein muscheliger, in das Ebene oder Unebene
verlaufender, mit wachsartigem Glänze oder Schimmer verbundener, bald, tfn
erdiger, matter Bruch an die Stelle getreten. Der Zusammenhang der TMlf
ist sehr verschieden , indem er von der festen Beschaffenheit der t dichten
Varietät, deren Härte den vierten Grad erreicht, bis in das Zerreibllcbf; .4«
erdigen Abänderung übergehet Die nieren- und knollenförmigen Stücke <<tor
ersteren werden von der letzteren theiis bekleidet, theils aderartig durch-
zogen. Bei dieser Umbildung, welche die Wirkung von Molekularbewegungen
ohne Aufhebung des rigiden Aggregatzustandes nicht bezweifeln läset, hat sich
die ursprüngliche Dichtigkeit bedeutend vermindert, indem das specifiaghe Ge-
wicht des Bleischimmers 5,95, das der Bleiniere dagegen 3,93 — 4,76 beträgt
Wie dem Bleischimmer der Boulcmgerit nahe verwandt ist, so zeigt sich
auch bei diesen beiden Schwefelsalzen eine sehr ähnliche Art der Zef^Uung.
Der Boulangerit von der Staroserentnischen Grube im Nertschinskischen ent-
■ »
1) Schweigger's Journal. XXVII. I.
« *
Ober die in stauen ehrlosen Körpern bewirkten form veränd. ai
hält nach einer i. J. 1838 auf meinen Wunsch von Herrn Bromeis im hie-
Ügen Acadetriischen Laboratorium gemachten Analyse, m 100 Theilen, 56,288
Blei, 25,037 Antimon, 18,215 Schwefel *). Die Stufen von diesem Erze,
^reiche sich in der Mineraliensammlung des hiesigen Academischen Museums
befinden, haben eine verworren faserige Structur, und enthalten hin und
wieder Schwefelkies und Misspickel eingesprengt Die Oberfläche hat einen
Beschlag von verschiedenen gelben und braunen Farben, der offenbar durch
Zersetzung des Boulangerites und seiner Begleiter entstanden ist An manchen
Stellen dringt dieser Überzug weiter in das Innere ein, und nimmt dann
muscheligen Bruch und Wachsglanz an , wogegen der äussere Beschlag . erdig
und matt ist Es scheint mir sehr wahrscheinlich zu seyn, dass die von
Hermann zerlegte Bleiniere2), in welcher derselbe in 100 Theilen 61,83
Bleioxyd, 31,71 Antimonsäure, 6,46 Wasser fand, ein solches, aus Boulangerit
hervorgegangenes Zersetoungsproduct war.
Die Zersetzung des aus einer Verbindung von Schwefelantimon -Schwer
felblei und Schwefelantimon - Schwefelkupfer bestehenden Bowrnonües kann
zur Entstehung verschiedenartiger neuer Substanzen Veranlassung geben, Wobei
nf eine ausgezeichnete Weise die umformende Wirkung von Molekularbewe*
gungen ohne Aufhebung des rigiden Aggregatzustandes sich offenbart In
Madrid erhielt ich eine Stufe von Bournonü aus Peru, an welcher die zusam-
mengehäuften prismatischen Krystalle grösstenteils mit einem Überzuge klei*
ner, weisser, demantartig glänzender Krystalle von AntmonMütke bekleidet
sind, deren Entstehung aus dem Bournonite wohl mit Gewissheit angenommen
werden darf. Hin und wieder hat die drusige Rinde einen zitronengelben,
matten Überzug von Antimonocher, der ohne Zweifel durch höhere Oxydation
der Antimonblüthe gebildet worden. An einigen Stellen haben die Bournonit-
Krystalle, statt jener Bekleidung, einen Beschlag von Kupfergrün; nn anderen
eine dunkelschwarze, matte, erdige Decke, die hin und wieder auch in das
Innere der Krystalle eingedrungen erscheint, und die sich durch Versuche vor
. *
1) Notizenblatt des Göttingischdn Vereins Bergmännischer Freunde. 1838. Mr. 18;
Seite 3.
2) Bulletin de laSociötö imp. des naturaliptes de Koscou. J845. 1. 251.
M2
i i T» Vi ' '? *
9t > HD i JOH. FMEDR. iüDW. HAÜ»MAflS* v: ! a i ;, ,.;i';
dem Lötbrohre, itfls Kupferoxyd zu erkennen gab. Auf welche Weise bej
dieser Zersetzung der Schwefel entführt seyn mag, lässt sich eben so wenig
mit Sicherheit angeben , als solches bei den Umänderungen des Antimonglanze*
und der eben erwähnten , Schwefelantimon enthaltenden Schwefelsalze möglich
ist Während bei der Entstehung der Antimonblüthe aus dem. Bournonite dm
Antimon den Schwefel verlor und sich dagegen mit Sauerstoff verband, ver-
wandelt sieh vielleicht das Schwefelblei durch Anziehung von Sauerstoff in
Bleivitriol, der als ein im Wasser etwas auflösliches Salz, durch dasselbe
fortgeführt wurde. Das Kupfer tauschte gegen den ratweichenden Schwefel
Sauerstoff ein, wodurch die aus Kupferoxyd bestehende Kupfersckwärze sich
erzeugte; zum Theil verbanden sich aber ausserdem Kohlensäure und Wasser
damit, zur Bildung von Kupfergrün. Diese merkwürdige Umänderung de*
Bournonites habe ich bisjetzt nur an dem einen, oben erwähnten Stücke
wahrgenommen; wogegen die Entstehung von Kupfergrün aus demselben
mir öfterer, namentlich an alten Stufen von dem Rosenhöfer Zuge bei Claus-
thal, vorgekommen ist Die Bo um onit-Kry stalle vom Meiseberge bei Neudorf
am Harz haben zuweilen einen schwärzlichgrauen, matten Überzug, der sich
abschaben lässt, und in welchem ich durch Löthrohrversuche Blei, Kupfer
und Antimon auffand. Ohne Zweifel ist diese Rinde aus einer oberflächlichen
Zersetzung des Bournonites hervorgegangen, indem Schwefel entwich und
Sauerstoff aufgenommen wurde, und vermutlich ist sie ein Gemenge von
Bleisuboxyd, Kupferoxyd und Antimoniger Säure, bei welchem die dunkel-
schwarze Farbe der beiden ersten Körper, durch das Weiss der letzten Sub-
stanz, zu einer schwärzlich grauen geworden. /
Umwandlung ton Schwefel- und Wasserkies in Eisenoxydhydrat. . t/I
Als bei früherer Gelegenheit von dem Vitriolesciren der Kiese die Rede
war, wurde beiläufig auch ihre Umwandlung in Eisenoxydhydrat erwähnt;
welche nunmehr näher betrachtet werden soll. Die Bildung der Eisenoxyd-
hydrate durch Zersetzung von Scheefel- und Wasserkies ist die Entstehungsart
derselben, welche in der Natur am Häufigsten vorkommt Vorzüglich ist es
der Schwefelkies, aus welchem Eisenoxydhydrate hervorgehen. Bei dem
ÜBER DIB IN STARDBH UKLQSBN KÖRBERN BEWIRKTEN FORM VBRÄND. 93
Wtsserktese zeigt sich , wie früher bemerkt worden , , häufiger das Vitriole**»
tagten. Auch aus dem Magnetkiese bildet sich Eisenoxydhydrat ; aber das
seltenere Vorkommen desselben ist Ursache, dass seine Zersetzung nicht oft
wahrgenommen wird. Die verschiedenen in der Natur sich findenden Eisen-
Ojcydhydeate gehen aus Schwefel- ufcd Wagserkies hervor; aber bei Weitem
am Häufigsten erzeugt, sich daraus Bratmefcenstein. Auch der Pyrrkosiderit
scbeiit aus beiden Arten von Kiesen zu entstehen, vorzüglich doch aber aus
dem Schwefelkiese. Gelbeisenstem Wldet sich am Häufigsten aus Wasserkies.
Bei der Erzeugung von Eisenoxydhydrat aus Schwefel- und Wasserkies
entweicht der Schwefel, und Sauerstoff und Wasser werden dafür aufge-
nommen. Man wird wohl annehmen dürfen, dass Wasser es ist, wodurch
der Zersetzungsprocess eingeleitet wird. BJum hat die in dieser Beziehung
interessante Beobachtung mitgetheilt l) ; dass in dem Karstenite des Canaria-
Tbales in der Schweiz kleine Schwefel kieskry stalle in grosser Menge einge-
schlossen vorkommen, welche irisch und ohne Spur von Zersetzung sind, da
aber wo jener in Gyps umgewandelt ist, zu Eisenoxydhydrat geworden
sind2). Wie nach den von mir angestellten Versuchen, der Karstenit durch
die Feuchtigkeit der Luft in Gyps umgewandelt werden kann , so ist auch bei
der Zersetzung der Kiese vermutlich nicht bloss tropfbar flüssiges Wasser,
sondern auch das : in der Atmosphäre enthaltene thötig. Dass Kiese welche
hn Gestein eingeschlossen sind, oft in Eidenoxydhydrat umgeändert erscheinen,
wird nicht für einen Einwand gegen jene Annahme gelten können, wenn
man sieb auch durch andere Erfahrungen davon überzeugt, dass Wasser und
Luft in feste Gesteine einzudringen vermögen. In manchen Füllen sind ver-
nrothlioh>e*böhete Temperatur und starker Druck bei dem Eindringen behülflich
gewesen. Dass bei der Einwirkung des Wassers auf das Scbwefeleisen ein
-*»*■
1) Preudomorphosen. S. 191.
2) Im Gypse zu Osterode am Harz, dessen Entstehung aus Karstenü nicht be-
zweifelt werden kann, finden sich Schwefelkies-Oktaeder, die mehr und weniger
im Zustande der Zersetzung, zum Theil ganz in Eisenoxydhydrat umgewandelt
sind, welches sich auch wohl um dieselben verbreitet zeigt; wogegen ich
Karstenit aus der Schweiz besitze, der vollkommen frischen Schwefelkies ein-
gesprengt enthält; wodurch das Obige bestätigt wird.
94 m/ t JOH: FRIEDHi LOftWi &AÜ8MANN, 'M ^ <''^ !
Theil von jenem zersetzt wird, indem der Sauerstoff das Eisen in Eisenoxyd
verwandelt , während der Wasserstoff sich mit dem Schwefel verbindet und
solchen entführt, halte ich mit Gustav Rose ^ für das Wahrscheinlichste;
so wie ich glauben möchte, dass auch bei der Zersetzung mancher anderer
Sulfaride, die Fortführung des Schwefels auf gleiche Weise bewirkt wird.
Hierdurch erklärt es sich, dass der Schwefel bei Weitem am Gewöhnlichsten
verschwindet; zugleich reimt sich aber auch damit, dass er in seltenen Fällen
auf Lagerstätten, auf welchen Kieszersetzungen erfolgten, in zarten Krystalleta
oder in Pulverform abgesetzt sich findet. Auch erhält dadurch die Einwirkung
des Schwefelwasserstoffes auf verschiedene Körper, welche auf Erzlagerstätten
in Begleitung von Schwefelkies vorkommen, z. B. die Umwandlung des Silbers
in Silberglanz, des Bleispathes in Bleiglanz, Aufklärung.
Die Zersetzung der Kiese beginnt gewöhnlich an ihrer Oberfläche, und
schreitet im Allgemeinen von Aussen nach Innen fort, welches man a«
Besten an K#ystallen wahrnehmen kann. Die zuerst gebildete zarte Haut von
Eisenoxydhydrat bewirkt angelaufene Farben, die sich zuweilen auf glatten
Krystallflächen überaus schön darstellen. An ihre Stelle tritt, bei zunehmen-
der Stärke der Eisenoxydhydrat -Rinde, die braune oder gelbe Farbe, wobei
Krystalle entweder glatt und glänzend bleiben, oder ein ochriges, mattes
Ansehen bekommen. Dass die Zersetzung nicht immer gleich- und regel*
massig von Aussen nach Innen fortschreitet, davon kann man sich leicht durch
das Zerschlagen von Krystallen überzeugen. Die in Eisenoxydhydrat umge-
wandelte Rinde hat nicht immer gleiche Stärke; der unzersetete Kern besiUrt
oft eine sehr unregelmässige Form, und in dem gebildeten Eisenoxydhydrate
zeigen sich nicht selten einzelne Kiespuncte , so wie auf der anderen Seile
oftmals im Innern des Kieses einzelne Flecke von Eisenoxydhydrat wahrge*»
nommen werden 2). Häufig ist aber auch die Zersetzung so vollständig, dass
1) Reise nach dem Ural u. s.w. I. S. 214, in welchem reichhaltigen Werke sich
an mehreren Stellen überaus schätzbare Beobachtungen über die Zersetzung
des Schwefelkieses, namentlich über den von Beresow finden.
2) Ähnliche Beobachtungen hat Leymerie in seiner Abhandlung über die Kreide-
formation des Aube- Departements i. d. Meinoires de la Societe geologique de
France IV. p. 303 mitgetheilt.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formveränd. 90
•pjebt die geringste Spur vom Kiese zu bemerken ist, und dass, wo grössere
Hassen desselben in Eisenoxydhydrat umgewandelt worden, Eisen von guter
Beschaffenheit daraus dargestellt werden kann *).
Die Umwandlung der Kiese in Brauneisenstein oder Pyrrhosiderit erfolgt
•ehr oft auf solche Weise , dass^ die äussere Gestalt unverändert sich erhalt.
Dieses ist besonders bei dem Schwefelkiese der Fall, und zeigt sich am
Ausgezeichnetsten bei den Krystallen desselben. Pseudomorphosen von Braun»
eisenstein und Pyrrhosiderit nach Schwefelkies möchten überhaupt wohl von
atyen Afterkrystallisationen diejenigen seyn, welche am Häufigsten sich finden.
Dass nach Wasserkies gebildete Pseudomorphosen weit seltener vorkommen,
liegt gewiss hauptsächlich darin , dass bei diesem Kiese das Vitriolesciren
weit gewöhnlicher ist, als die Umwandlung in Eisenoxydhydrat Die Bildung
der Afterkrystalle von Brauneisenstein und Pyrrhosiderit nach Schwefel- und
Wasserkies wird ohne Zweifel dadurch besonders begünstigt, dass bei ihrer
Zersetzung das Volumen keine merkliche Veränderung erleidet, worauf schon
Bischof aufmerksam gemacht hat 2). Wird das specifische Gewicht des
Schwefelkieses zu 5,0 angenommen, so würde, wenn bei seiner Umwandlung
in Brauneisenstein das Volumen keine Änderung erleidet, das eigentümliche
Gewicht desselben 3,896 seyn, welchem das specifische Gewicht seiner dich-
ten Abänderungen oft sehr nahe kommt. Unter gleichen Voraussetzungen
jjptirde das eigentbUmliche Gewicht des Pyrrhosiderites 3,709 betragen, wel-
qbßa ebenfalls mit dem specifischen Gewichte dieses Minerals nahe überein-
stimmt. Bei dqr Umwandlung des Wasserkieses in Brauneisenstein und Pyr-
rhosiderit bleibt das Volumen in einem nocb höheren Grade das frühere;
dran wird das specifische Gewicht des Wasserkieses zu 4,8 angenommen, so
würde bei unverändertem Volumen das eigentümliche Gewicht des daraus
entstandenen Brauneisensteins, 3,74, und das des Pyrrhosiderites, 3,56 seyn.
1) Haidinger erwähnt (a.a.O. S. 191), dass zu Wochein in Krain das durch
Zersetzung des Schwefelkieses erzeugte Eisenoxydhydrat in solcher Menge und
Reinheit vorkommt, dass es als ein sehr bauwürdiges Eisenerz verschmolzen
wird, und dafss sich das daraus dargestellte Eisen durch seine Weichheit be-
sonders auszeichnet.
9) A.a.O. IL S. 1358. , -
tt :/ ,■ ;;:• v? . <Yj /oft FtllBD^ tÜDW: HAÜ4»MA'Hll^ - n HIc. MM.iJ
Den Gelbeteenstetn habe ich niemals in eigratHdlto j nfccfe fitebwfcfef- öder
Wasserkfes gebildeten Aflerkrystallen gefunden, wiewohl er als gelber Ocher
zuweilen Pseudomorphosen von Brauneisenstein and Pyrrhösiderit bekleidet
Dieses liegt wohl eben mit darin , dass bei der Umwandlung der Kiese in
Gelbeisehstein , eine nicht ganz unbedeutende Volumenvergrösserung erfolgt,
indem unter den früheren Voraussetzungen, bei der Umänderung des Schwefel-
kieses in Gelbeisenstein, das specifische Gewicht desselben 4,084, und bei
seiner Erzeugung aus Wasserkies , 3,92 betragen würde; wogegen das spe*.
cifische Gewicht des aus Kiesen entstandenen Gelbeisensteins ; wohl selten
3,2 übersteigt.
Wenn gleich bei der Umwandlung der Kiese in Branneisenstein urtd
Pyrrhösiderit sehr oft keine die Süssere Gestalt verändernde Wirkung voA
Molekularbewegungen wahrgenommen wird, so zeigt sich solche doch stets
bald mehr bald weniger in der Umänderung der Structnr. Am Wenigsten
auffallend pflegt diese Veränderung bei dem Schwefelkiese hervorzutreten, cta
bei ihm die blätterige Textor, welche durch die Zersetzung verschwindet, not*
unvollkommen zu seyn pflegt. Doch nimmt man gewöhnlich eine Umänderung
des Bruches wahr, indem aus dem unebenen Bruche ein ebener oder musche-
liger, ans dem muscheligen manchmal ein unebner wird; oder es entstehet
aus dem einen wie aus dem anderen wohl ein erdiger Bruch. Bei dem
Wasserkiese wird die oftmals vollkommen blätterige Textur zerstört; düfl
höchstens bleiben bei seiner Zersetzung, wie auch bei der von manchem
Schwefelkiese, Spuren von den ursprünglichen Absonderungen. Zutreffet
gehet aber auch bei der Umwandlung der Kiese in Brauneisenstein und
Pyrrhösiderit die ursprünglich äussere Gestalt verloren, indem eine öchrige
Masse daraus hervorgehet. Eine solche entstehet gewöhnlich bei der Um*-
wandlung der Kiese in Gelbeisenstein , daher bei dieser Wirkung der Mole-
kularbewegungen auf die Veränderung der Form am Auffallendsten sich zeigt
Als eine allgemeine Wahrnehmung verdient angemerkt zu werden, dass bei
der Umwandlung der Kiese in Eisenoxydhydrat, welche ohne Aufhebung des
rigiden Zustandes erfolgt, niemals krystallinische Abänderungen zu entstehen
pflegen. Faseriger Brauneisenstein, so wie die verschiedenen krystallinischeo
Varietäten von Pyrrhösiderit und Gelbeisenstein sind mir niemals unter solchen
Ober die in stahien leblose* Körpern bewirkten formveränd. 97
Verbältnissen vorgekommen, dass auf eine Entstehung derselben aus Kiesen
ohne Vermittelang einer tropfbaren Flüssigkeit geschlossen werden könnte.
Dieses führt zu einer näheren Betrachtung von Erscheinungen, welche jnit
den bisher erörterten zwar im Zusammenhange stehen, aber doch von ihnen
-wohl unterschieden werden müssen.
Faseriger Brauneisenstein ist zuweilen auf solche Weise mit Schwefel-
kies verbunden, dass eine Entstehung des ersteren aus dem Kiese für sehr
-wahrscheinlich zu halten ist. Aber die stalaktitische Form in welcher der
faserige Brauneisenstein erscheint, > nöthigt zur Annahme , - dass er aus dem
Schwefelkiese nicht unmittelbar, sondern durch eine vermittelnde Auflösung
-erzeugt worden. Zur Annahme eines flüssigen Auflösungsmittels wird man
auch bei dem Versuche einer Erklärung der bei der Zersetzung von Schwefel-
und Wasserkies so häufig vorkommenden Erscheinung, dass das Eisenoxyd*-
bydrat die Räume verlässt, welche der Kies einnahm, Zuflucht nehmen müssen,
wenn man nicht etwa eine durch Galvanische Wirkung erfolgte Wanderung
annehmen will, wozu doch wohl keine hinreichende Berechtigung vorhanden
seyn dürfte. Die Entweichung des Eisenoxydhydrates aus den Räumen die
früher vom Schwefelkiese erfüllt wurden, zeigt sich auf verschiedene Weise.
Manchmal, wie u. a. bei dem in Quarz eingeschlossenen, Gold führenden
Schwefelkiese von Beresow, erscheinen die Räume mehr und weniger leer;
bald ist der zellig gewordene Quarz durch Eisenocher gefärbt, bald ist in
den Räumen nicht einmal ein Anflug von Eisenoxydhydrat zurückgeblieben1).
Dieses findet sich dagegen zuweilen in einiger Entfernung davon in verschie-
dener Gestalt. Eine andere Erscheinung bestehet darin, dass das Gestein
welches die mehr und weniger zersetzten Kiese enthält, in der Nähe der-
1) Ich besitze Goldstufen aus Mexico, und von einem Lager ; genannt Santa Rita,
in der Provinz Antioquia in Neu -Granada, welche letztere ich dem Herrn
Degen hardt vom Harz, der einem dortigen Bergbaubetriebe vorstand, ver-
danke, an welchen der in Quarz eingewachsene, das Gold eingesprengt ent-
haltende Schwefelkies in Brauneisenstein umgewandelt worden , der zum Theil
die von dem Kiese eingenommenen Räume mehr oder weniger verlassen bat,
wogegen das Gold auf ähnliche Weise zurückgeblieben ist, wie man es an
Stufen von Beresow siebet.
Pkys. CUuse. VII N
96 JOB. IftIEJML LODW. HAUSMANN»
selben von Efeenoxydbydrat gefärbt ist G. Rose erwähnt1), da*s in dem
kleine Krystalle von Schwefelkies eingesprengt enthaltenden Granite der
Beresow'schen Gruben, nicht allein der Kies in Brauneisenstein umgeändert,
sondern auch der umgebende Feldspath dadurch braun gefärbt sey. Beinahe
noch auffallender als diese Eindringung ist die Verbreitung des Eisenoxyd*
hydrates in eine dichte Quarzmasse , wie es mir ein Stück von der in der
Anmerkung angeführten Goldkies -Lagerstätte in Neu -Granada zeigt, an wel-
chem der Quarz in der Umgebung eines jeden in Brauneisenstein umgewan-
delten Schwefelkies-Krystalles , bis auf eine Entfernung von 1 — 4 Linien von
Eisenoxydhydrat gefärbt ist. Die schönste Gelegenheit zu Beobachtungen
über diese merkwürdige Erscheinung bietet das Vorkommen der Schwefelkies**
Krystalle in dem Mergel der Wesergegenden, und in dem Kreidesteine des
Lindener Berges bei Hannover dar. Die Kieshrystalle welche in diesen Gestei-
nen in allen Abstufungen der Zersetzung sich finden , sind sehr oft von einer
durch Eisenoxydhydrat gefärbten Masse umgeben, wogegen das übrige Ge-
stein eine graue oder weisse Farbe besitzt. Die Eindringung des Eisenoxyd*
hydrates in die umgebende Masse erstreckt sich bald auf geringere, bald auf
grössere Entfernungen von den Krystallen , indem ihre Dimensionen die Grösse
der letzteren oft bedeutend übertreffen. Dabei zeigt sich die Starke der
Färbung mit der Entfernung von den Krystallen vermindert; sie erscheint
nach allen Seiten wie in die Farbe des Gesteins verwaschen. Zuweilen ver*
fisteln sich zarte schwarze Dendriten von der Begränzung der Krystalle in
das Gestein, welche einen Mangangehalt des Schwefelkieses anzeigen, der
bei der Zersetzung in Manganoxydhydrat sich verwandelte. Es liegt nun
wohl die Annahme sehr nahe, dass die Wanderung des Eisenoxydhydrates in
diesen Fällen einen ähnlichen Grund habe, wie bei dem Rosten des Eisens,
wovon im 24sten Paragraphen gebandelt worden. Denn sollte nicht auf
ähnliche Weise wie bei diesem Processe, ein Theil des Eisens im Kiese,
welchem der Schwefel geraubt worden, in kohlensaures Eisenoxydul ver-
wandelt und durch kohlensäurehaltiges Wasser aufgelöst und fortgeführt werden
können, aus welchem sich später, näher oder entfernter von der Stelle der
1) A. a. 0. S. 187.
• - •
ÜBER DIE IN STABREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 99
Aufnahme, das Eisen als Oxydhydrat wieder absetzt? Sollte diese Erklärung
zulässig seyn, so würde sie auch für die Bildung der Hangandendriten gelten
können. Eine nur mechanische Aufnahme und Fortschlämmung des Eisen-
. oxydhy drates wird in jenem Falle nicht wohl angenommen werden können.
Eine solche findet indessen sehr häufig da statt, wo Schwefel- oder Wasser-
kies in ochriges Eisenoxydhydrat umgewandelt worden, namentlich also bei
dem gelben Eisenocher, der besonders aus dem Wasserkiese, welcher Schwan-
und Braunkohlen begleitet, entstehet, und dessen Fortführung durch Quell-
und Grubenwasser eine gewöhnliche Erscheinung ist Auf diese Weise wird
gewiss auch in vielen Fallen die Eindringung von ocbrigem Braun- und
Gelbeisenstein in Gesteins- Absonderungen und Klüfte bewirkt.
§. 45.
Zersetzung des Kupferkieses.
% Die gewöhnlichste Art der Zersetzung des Kupferkieses, welche die
formverändernde Wirkung von Molekularbewegungen ohne Aufhebung des
starren Aggregatzustandes erkennen lässt, ist die Umwandlung desselben in
Kupferbraun, bei welcher der Schwefel entweicht, während das Kupfer durch
Aufnahme von Sauerstoff zu Kupferoxydul, und das Eisen durch Verbindung
mit Sauerstoff und Wasser zu Eisenoxydhydrat wird. Beide Substanzen bilden
dabei ein inniges Gemenge, welches entweder einen dichten Körper, oder
ein lockeres, ochriges Aggregat darstellt. Bei beiden Abänderungen des
Kupferbrauns ist das blätterige Gefüge des Kupferkieses verschwunden; und
bei der dichten Varietät zeigt auch der Bruch, welcher flachmuschelig oder
eben und wachsartig glänzend oder schimmernd zu seyn pflegt, eine mehr
und weniger bemerkbare Veränderung; bei der ochrigen Abänderung ist aber
die Wirkung der Molekularbewegungen am Auffallendsten, indem bei ihr aus
dem krystallinischen Aggregatzustande des Kupferkieses ein ganz zerfallener
geworden. Bei einer früheren Gelegenheit l) habe ich bereits gezeigt, wie
aus einer von Herrn Bornträger im hiesigen Academischen Laboratorium
i. J. 1844 auf meinen Wunsch gemachten Analyse des dichten Kupferbrauns
hervorgehet, dass nicht alles bei der Zersetzung des Kupferkieses oxydirte
1) In meinem Handbuche der Mineralogie. 2te Ausg. IL S. 372.
N2
Kupfer in das Knpftobraun überzugehen pflegt, «oadero dws aäfr feinem Tbfetfe
desselben andere Zersetzungsprodncte entstehen. Oft scheidet sich ein Tbeil
des Kupferoxyduls im mehr und weniger reinen Zustande aus, indem es gfe{
wohnlich als erdiges Kupferroth erscheint, welches vormals unter dem Namw
Ziegelerz mit begriffen zu werden pflegte. Zuweilen stellt es sich auch krjf
stallioisch, selbst wohl in ausgebildeten Krystallen dar. Am Häufigsten wird
aber das Kupferoxydul durch höhere Oxydation und Verbindung mit Koblenz
sture und Wasser, zu Malachit, der besonders als erdiger und faseriger um
erscheinen pflegt, manchmal zu Kupferlasur. Dann und wann entsteht zugl#j*b
auch Kupferschwärze; oder das Kupferoxyd tritt auch wohl mit Eisen- vm$
Manganoxydhydrat, welches letztere von raangan haltigen, mit dem Kupferkies*
gemengten Fossilien dargeboten wird, zur Bildung der früher mit Kupfer-
schwärze verwechselten Kupfermanganschwärze zusammen. Diese Zersetzungs-
producte kommen auf verschiedene Weise unter einander und mit dem noch
untersetzten Kupferkiese verwachsen vor; manchmal stellt dieser aber auch
einzelne Kerne dar, um welche die aus der Zersetzung hervorgegangen^
verschiedenen Körper sich ordnen, in welchem Falle das Kupferbraun defa
Kupferkies zunächst zu umgeben, das kohlensaure Kupfer dagegen mehr rifttA
Aussen vorzukommen pflegt L). Krystalle von Kupferkies werden zuweilefo
, ■ « . ■ <nlj
1) Ausgezeichneter habe ich dieses Vorkommen nirgends gesehen, als auf den
Kupfererzgängen bei Lauterberg am Harz, auf weichen ehemals ein ergiebiger
Bergbau getrieben wurde. Die Hauptausfüllung der mächtigen, im Grauwagjtta
und Thonschiefer- Gebirge aufsetzenden Gänge bestand aus einem loskörnigen
Gemenge von krystallinischem Schwerspath und Quarz, welches irrig mit dem
Namen Sand belegt zu werden pflegte. Die Erze bildeten darin gewöbtiftcK
sphäroidische Nieren von sehr verschiedenem Umfange, deren grössere Dur6&U
schnittsebene der Hauptgangebene parallel lag. Der Kern der Nieren bestätig
vorzüglich aus Kupferkies mit beigemengtem Schwefelkies. Umgeben war deth
selbe von Kupferbraun, mit hin und wieder eingesprengtem Kupferkiese ,. ,ya<j
von erdigem und faserigem Malachit begleitet, der nach Aussen zunahm, to
der Umgebung der Nieren war die Gangmasse durch Eisenoxydhydrat gelb-
braun, hin und wieder durch beigemengte Kupferschwärze, bräunlichschwarz
gefärbt. Diese in weiterer Entfernung sich verlierende Färbung diente' atö
Wegweiser zur Auffindung der Erzmittel. . t
• .1.
Ober die im starren leblosen Körpern bewirkte» formveränd. ioi
mit Beibehaltung ihrer äusseren Gestalt, in Kupferbraun umgewandelt. Man
kann „alle Abstufungen von der dünnsten Haut welche angelaufene Farben
erzeugt, zur braunen Rinde, und von dieser bis zur völligen Zersetzung der
Krystalle verfolgen, wozu u. a. auf Drusen vob Flussspath und Eisenspath
sitzende Kupferkies -Krystalle von dem Gange der von meinem Sohne be-
triebenen Grube Louise unweit Stolberg am Harz, Gelegenheit geben. Auch
finden sich zuweilen Pseudomorphosen von Malachit, die aus Krystallen von
Kupferkies entstanden sind, und im Innern ochriges Kupferbraun zu enthalten
pflegen. Blum erwähnt solche Afterkrystalle von faserigem Malachit von
der Grube Herrenseegen ha Schapbachthale in dem Schwarzwalde und von
Moldawa im Bannate l). •
Da der gewöhnlichste Begleiter des Kupferkieses wo dieser auf* Gängen
und Lagern vorkommt, Schwefelkies ist, und' Beide häufig in einem innigen
Gemenge vorkommen, so erleiden Beide auch' nicht selten gemeinschaftlich
eine Zersetzung, daher denn auch die Producte derselben oft innig verbunden
bleiben, oder doch wenigstens nahe bei einander erscheinen. Die oben bereits
angeführte Analyse einer dichten Abänderung des Kupferbrauns von Born-
träger hat einen weit grösseren Gehalt an Brauneisenstein ergeben, als die
Zersetzung des Kupferkieses liefern konnte, daher wohl ein Theil davon dem
mit dem Kupferkiese gemengt gewesenen Schwefelkiese zugeschrieben werden
darf. Das quantitative Verhältniss zwischen Kupferroth und Brauneisenstein
ton Kupferbraun schwankt aber ohne Zweifel sehr, so dass es einen Übergang
von an Kupferoxydul reichem Kupferbraun, bis in reinen Brauneisenstein giebt.
Dieser sowohl in seinen dichten und ochrigen Abänderungen , als auch ochri-
ger Gelbeisenstein, finden sich nicht selten auf Kupferkies -Lagerstätten.
Ausser diesen Zersetzungsproducten , an welchen sich die Einwirkungen
von Molekularbewegungen auf verschiedenartige Umformungen von Körpern
im starren Aggregatzustande unzweideutig zu erkennen geben, kommen in
Begleitung des Kupferkieses auch mannichfaltige andere Mineralkörper vor,
zu deren Bildung dieses Erz ebenfalls einen Theil des Materials darbot, deren
Entstehung aber nur durch Annahme eines vorhergegangenen flüssigen Zu-
1) Nachtrag zu den Pseudomorphosen. S, 117.
102 ' : JOH. PRIBDR. LÜBW. HAB8MANN, ;
Standes erklärt werden kann. Dahin sind Kieselmalacbit nnd das zuweilen
damit verbundene Pechkupfer zu zählen; dahin gehören die stalaktitischen
Gebilde von Brauneisenstein und Malachit, so wie manche andere Kupfer- und
auch einige Eisen salze, welche auf Kupferkies-Lagerstätten, zumal auf Gängen
vorkommen7 über deren Erzeugung ich mich hier nicht weiter verbreiten kann.
Nur die Bemerkung mag hier noch eine Stelle finden, dass erhöhete Tem-
peratur, wie sie z. B. bei der Gewinnung der Erze durch Feuersetzen auf
den Kupferkies und den damit gemengten Schwefelkies einwirkt, die Zetw
Setzung derselben sehr zu beschleunigen vermag, ihr aber auch dadurch einen
abweichenden Gang giebt, dass der Schwefel sieb zum Theil in Schwefel«
säure verwandelt, wodurch die Bildung von Vitriolen veranlasst wird, die
dann durtoh hinzukommendes Wasser ausgelaugt werden, wie man es u. a. im
Rammeisberge bei Goslar, zu Fahlun in Schweden siebet.
§. 46.
Zersetzung des Fahlerzes.
Die Hannichfaltigkeit der Zusammensetzung des Fahlerzes veranlasst auf
seinen Lagerstätten, und besonders auf den Gängen welche dasselbe führen,
die secundäre Bildung vieler Mineralkörper, aie nach der Verschiedenheit der
Formationen jenes Erzes abändert. Gewöhnlich macht sich dabei auf ähnliche
Weise wie bei den Zersetzungsproducten des Kupferkieses und bei vielen
anderen Gelegenheiten der Unterschied bemerklich, dass ein Theil der Umbil-
dung vorgegangen zu seyn scheint, ohne dass der rigide Aggregatzustand
aufgehoben wurde, wogegen ein anderer deutliche Spuren einer vorherge-
gangenen Auflösung in einer Flüssigkeit, und zum Theil auch einer durch
dieselbe bewirkten Fortführung wahrnehmen lässt Mag nun die Umbildung
auf die eine oder andere Art erfolgt seyn, so ist doch das der Zersetzung
sämmtlicher Formationen des Fahlerzes Gemeinsame, die Entweicbung des
Schwefels, welche vermuthlich auf gleiche Weise wie bei dem Schwefelkiese
und vielen anderen Sulfuriden vor sich gieng. Was nun zunächst die erste
Art der Umformung betrifft, so wird bei den Formationen, welchen ein be-
deutender Eisengebalt eigen ist, wie besonders bei dem Kupferfahlerze, die
Bildung von Eisenoxydhydrat bemerkt, welches sich als gemeiner und ochriger
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten' formveränd. 103
Brauneisenstein darzustellen pflegt. Weit seltener erscheint dichtes oder
ochriges Kupferbraun. Am Allgemeinsten zeigt sich unter den Zersetzungs-
producten Malachit, in den faserigen, dichten und erdigen Abänderungen;
nächst ihm Kupferlasur. Für die Formationen welche Arsenik enthalten,
namentlich für den Tennantit, das Kupferfahlerz, Graugiltigerz , ist die Bildung
von arseniksaurem Kupfer, zumal von Pharmacochalcit charakteristisch, der in
den erdigen und muscheligen Abänderungen vorzukommen pflegt, welche von
Werner mit dem sehr unpassenden, bin und wieder noch von neueren
Schriftstellern gebrauchten Namen des eisenschüssigen Kupfergrüns belegt
wurden. Bei den Fahlerz-Formationen welche reich an Antimon sind, nament-
lich bei dem Graugiltig- und Schwarzgiltigerze , kommt zuweilen Antimonocher
vor. Die Erzeugung dieser Producta, für welche die Einwirkung von feuchter
Luft, oder vielleicht auch von kohlensäurehaltigem Wasser anzunehmen ist,
gieng zwar gewöhnlich von der Oberfläche aus, es wurde ihr aber auch
durch Absonderungen das Innere der Masse eröffnet; daher man zwar oft
Kerne von Fahlerz findet, welche von den Zersetzungsproducten umgeben
sind, diese aber auch häufig mit dem Erze unregelmässig verwachsen antrifft
Am Seltensten hat die Umwandlung von Krystallen mit Beibehaltung ihrer
äusseren Gestalt statt gefunden. Doch finden sich zuweilen Pseudomorphosen
von Kupferbraun, Malachit und Kupferlasur nach Fahlerz 1). Die Structur-
beschaffenbeiten , so wie die Art des Vorkommens der erwähnten Zersetzungs-
producte geben die formverändernden Wirkungen von Molekularbewegungen
in verschiedenem Grade zu erkennen. Am Auffallendsten erscheinen sie, wo
aus dem Fahlerze Malachit von faseriger Structur, oder Krystalle von Kupfer-
lasur hervorgegangen sind. Sie werden aber auch in der Umwandlung des
unebenen oder muscheligen Bruches des Fahlerzes in die erdige Beschaffenheit
des ochrigen Brauneisensteins und Kupferbrauns, des Kupfergrüns und Phar-
makochalcites erkannt. Nicht weniger machen sie sich in der Art, wie die
verschiedenen Zersetzungsproducte unter einander gemengt, oder von einander
gesondert sind, bemerklich. Dieses ist besonders auch bei den aus Fahlerz-
1) Vergl. Blum's Nachtrag zu den Pseudomorphosen. S. 115. 118. 120. Zweiter
Nachtrag. S. 77.
104 l ui ]/OBw'FRIIl)lLLüDW.BAÜ»liAHHr: i /.? .W) ?
krystallen entstandenen Pseudömorphosen der Fall Blum hat Afterkrystafe
von Kupferbraun beschrieben , die zu Schriesheim in Baden vorkommen , welche
eine äussere Rinde von dichtem Kupferbraun besitzen, wogegen das Innere,
in welchem hin und wieder bohle Stellen vorhanden sind, aus einer lockeren,
zum Theil schaaligen Masse der ochrigen Varietät besteht. Wie in den derben
Massen des zersetzten Fahlerzes Malachit, Pharmakochalcit und Antimonocber
bald vermengt, bald scharf von einander gesondert vorkommen, so zeigt sich
dieser Unterschied auch bei den aus Krystallen hervorgegangenen Pseodo-
morphosen. Blum erwähnt Afterkrystalle von Malachit, welche zu Biebto
in Kurbessen vorgekommen sind, deren Inneres, welches noch Fahlerztheilchen
enthält, von seladon-, oliven-, oder schwärzlichgrüner Farbe, dicht und
wenig fettartig glänzend ist, wogegen das Äussere eine gelblichgröne bis
spangrüne Farbe besitzt, aus welcher Beschreibung geschlossen werden kann,
dass das Innere aus Pharmakochalcit, das Äussere dagegen aus Malachit, oder
einem Gemenge desselben mit Antimonocher besteht. Haidinger hat eüi
merkwürdiges Beispiel von Kupferlasur in Formen des Fahlerzes von KogeM
böi Brixlegg in Tyrol beschrieben '), an welchen eine krystallinische Hart
von Kupferlasur gewissermaassen das Gehäuse der dodekaedrischen Krystalle
darstellt; und auch Blum fand an einer Stufe" aus dem Bannate Pseudomoiv
pkosen von Kupferlasur nach Fahlerz - Tetraedern , welche aussen aus kleinen
Krystallen von Kupferlasur bestehend, im Innern sich theils hohl, tbeils mit
ochrigem Brauneisenstein erfüllt zeigen. Derselbe erwähnt Pseudomorphoeea
von Camsdorf und Saalfeld, an welchen das Äussere aus strahliger Kupfer*
lasur besteht, das Innere dagegen theils von feinen Schnüren von Kupferlasur
durchzogen und dadurch porös erscheint,, theils Pharmakochalcit enthält, in
welchem noch unzersetzte Fahlerztheile oder auch ochriger Brauneisenstein
eingesprengt sich zeigen.
Bei dieser Gelegenheit darf ich die von Herrn V olger2} ausführlich
dargelegte, und von Blum3) beifällig aufgenommene Meinung nicht unerwähnt
1) Bericht über die Mineralien -Sammlung der k. k. Hofkammer im Münz- und
Bergwesen. 1843. S. 12.
2) Poggendorffs Annalen. LXX1V. S. 25 ff.
3) Zweiter Nachtrag zu den Pseudomorphosen. S. 77 ff.
101
sge-
zeichnet an don Scbwarzgiltigefz-Krystallen vom Rosenböfer Grubenzug« bei
Clausthal, aber auch an KryslaUen «öderer fablet- Formationen voll ver-
Mbiedenen Fundorten vorkommen, durch eine Umwandlung des Fahlenes
entstanden seyen, ta welchem Falle sie, einen interessanten Beitrag' bh den
Rrfahrungen über die doreb die Molekulaebewegungee bewirkten Fofnrver-
fJudeningea starrer Körper liefern würden. Düren die v«tn.Zinoken und
Äawmelsberg gegen jene Meinung erhobenen .Einwendungen V)t scheint
nUrdiesolbö hinreichend widerlegt zu eeyn. , Ganz einfach gehet aber Maser*
dem das Unstatthafte jener Hypothese ans der zwar von Herrn Volger gei-
liogneten, aber doch langst bekannten 2r)) and an einer in meiner eigenen
Sammlung befindlichen Stufe wahrzunehmenden Erscheinung hervor, dass ausser
dein: Sehwarzgiliigerze auch die zugleich mit demselben vorkommenden Kry-^
stalle von Zinkblende , zuweilen auf ganz Ahnliche Weise von Kupferkies be-
kleidet sind; so wie anderer Seits neben den von Kupferkies überzogened
KfystBlIcn von Schwarzgiltigerz solche dann und wann vorkommen, welche
■eitlen Überzug haben, i Auch dürfte die von Herrn Grandjean *) enge*
geben« Art des Vorkommens eines Überzuges von Kupferkies auf Fahler»-
krystalten von der Grube Aurora bei Dillenburg, welche von ihm als Be-
stätigung der Volger sehen Meinung angeführt -worden , eher gegen dieselbe
Sprech«.
■i t> Von der Entstebungsart mannicbfaltiger ans dem Fahlerze hervorgegan-
gener Mineralkörper, deren Vorkommen zur Annahme einer £e Bildung und
zem Tbeil auch die- Fortführung vermittelnden Flüssigkeit berechtigt, wohin
namentlich stalaktitische und krystallimecbe Abänderungen von Brauneisenstein,
Malachit, Kupferiasur, Kieselmalachit, voa arseniksauren Kupfer- und Eisen-
saken gehören, kann hier nicht weiter die Rede seyn. ■ ■»■
, 1) Poggen dorff's Annalen. LXXV1I. S. 240.
2) S. Holzmann's Hercynisches Archiv. II. S. 248.
' 3} JafcTbflcher des Vereins fOr Naturkunde im Herzogtum Nbssm, VU. Ablhl. 2
und 9. S-/426. .
Phy*. Clane. VII
0
106 •■■ JOH. FRIEDR. LÜDW. HAU*MAllWy /: -.v :i : <
■ . ■ • ■ §. 47.
Umwandlung des Bleiglanzes in kohlensaures Bleioxyd. i(^
Das kohlensaure Bleioxyd ist gewiss in den mebrsten Fällen ans Bt&>
glänz entstanden, indem der Schwefel desselben ausgeschieden worden, «od
Sauerstoff und Kohlensaure dagegen mit dem Bleie sieh verbunden habt*.
Auch hat man auf vielen Bleiglamlagerstätten, zumal in den oberen TeufeÄ
der Gänge, u. a.auf einigen Gruben bei Clausthal nnd Zellerfeld, Gelegenheit)
sich von der Abkunft jener Substanz zn überzeugen , die um so weniger
zweifelhaft seyv kann , da Versuohe gezeigt haben , dass auf Lagerstätten^
deren Bleiglanz silberhaltig ist, auch das zugleich sich findende kohlensanri»
Bleioxyd einen Silbergehalt besizt *]). Wo dieses Mineral vorkommt, pflegt
die Masse worin es sieb findet, mehr und weniger bedeutende Spuren efwr
Umänderung zu zeigen , und wahrnehmen zu lassen , dass ausser dem BleH*
glänze auch andere Mineralkörper in seiner Nähe, z.B. Schwefelkies, Kupfer-
kies, Eisenspath, Kalkspath, theils gänzlich zerstört, theils in andere Mineral*
Substanzen umgewandelt worden, zu welchen u. a. Brauneisenstein, Malachit,
Kupferlasur, gehören. Auch kommen auf solchen Lagerstätten ausser dert
kohlensauren Bleioxyde manchmal andere Bleisalze vor, von welchen 4w
Bleivitriol am Sichersten den Ursprung aus dem Bleiglanze bezeugt. Die Bil-*
düng des kohlensauren Bleioxydes wurde in vielen Fällen vermuthlieh dadurch
befördert, dass durch vitriolescirende Kiese erzeugte Schwefelsäure, *Qs
Kalkspath Kohlensäure entwickelte , zu deren Freiwerdung oft auoh die Zer-
setzung von Eisenspath beitragen konnte 2). ">:
An dem Vorkommen der mebrsten Bleispatbkrystalle* in Räumen , weldbe
durch die Zerstörung von Mineralkörpero leer geworden waren, ist es zu
erkennen, das» sie nicht unmittelbar aus der Zersetzung des Bleiglanzes btt*
vorgiengen, sondern vermuthlieh aus kohlensäurebaltigem Wasser, wolibea
1) S. Versuche mit einigen Erzen vom Harz im kleinen Feuer, v. d. Schichtmeister
Bauersachs, in meinen Norddeutschen Beiträgen znr Berg- und Hüttenkunde.
I. S. 131.
2). VeigL meine Bemerkungen über das Verhalten der Gänge der Grube SC Ka-
tharina bei Clausthal, i. d. Norddeutschen Beitr. z. Berg- u. Hüttenk. .111. S. 34.
Ober die in starien, ieslosen Körpern bewirkten form veränd. 107
i4is kohlensaure Bleioxyd auflöste, sich bildeten V). Auf ähnliebe Weise ist
auch der Überzug von Malachit, Kupferlasur und ochrigem Brauneisenstein zu
(erklären, der zuweilen die Bleispathkrystalle bekleidet , wie man es u. a. an
-iräen von mehreren Zellerfelder Gruben siehet 2). Zuweilen findet sich in-
liessen sowohl Bleispath als; auch Bleierde unter solchen Verhältnissen, dass
-die unmittelbare Erzeugung aus Bleiglanz ohne Ortsverä.iderung nicht be-
zweifelt werden kann. Dieses ist zumal da der Fall, wo das kohlensaure
Bleioxyd noch die äussere Gestalt und Spuren der Struetur des1 Bleiglanzes,
auä welchem es hervorgieng, erkennen lässt. * Die Wirkung von MolekulaiN-
fcewegungen ohne Aufhebung des starren Zustandes erscheint dann besonders
auffallend, weil äussere Form und Struetur des kohlensauren Bleioxydes von
der Krystallisation und dem ausgezeichneten Blätterdqrchgange des Bleigianzes
sioh so weit entfernen. Es kommen Pseudomorphosen von Bleftpath nach
Bleiglanz vor, wie sie von Selb, Burkart, Blum 3) u. A* beschrieben
worden, an welchen theils die äussere Krystallform des Bleiglpuzes sich vollrr
ständig erhalten hat, theils Spuren des hexaädrischen Gefüges sichtbar sind.
Zu Syränowsk am Altai finden sich stängliche Massen, auch Krystalle von
ir
..-r»
1) Vergl. J. Braid, Observations on the Formation of various Lead-Spars, i. d.
Mem. of the Wernerian Soc. IV. p. 511.
2) Blum zählt die Bekleidung der nadeiförmigen Krystalle von Bleispath mit Ma-
lachit, wie sie besonders ausgezeichnet an Stufen von der alten Grube Glücksrad
auf dem Schulenberger Zuge bei Zellerfeld sich zeigt, zu den Verdrängungs-
Pseudomorphosen (Pseudomorphosen. S. 309.), worin ich ihm nicht beistimmen
"'' kann. Die einfachste Erklärung dieser Erscheinung scheint mir die zu seyA,
dasö beide kohlensaure Salze, aus kohlensäurobaltigem Wasser, worin sie etwas
t auflöslich sind, gemeinschaftlich sich ausschieden, wobei das schwerer auflösr
liehe kohlensaure Bleioxyd zuerst krystallisirte. Der Malachit kam aut dem
,, Glücksrade nicht bloss als Überzug der Bleispathkrystalle, sondern auch unab-
hängig davon in stalaktitischen Massen, und gewöhnlich von faseriger Struetur
1 vor. Haben die Überzüge einige Stärke, so sind sie ebenfalls faserig, und die
Fasern stehen gegen die Oberfläche der Bleispathnadeln rechtwinkelig. Das
Vorkommen der Überzüge von Kupferlasur und Braunefeenstein scheint mir eine
ähnliche Erklärung zu gestatten.
8) Vergl. Blum's Pseudomorphosen. S. 183. ; » ., ^1 f
02
,»
106 iJOE, FRIED1L LUDW< BAUSMA**, m t ha fj
ßleispatb, die zuweilen einen Kern von Bleigkmz einsebKessen l). Ich selbbt
besitze ein derbes Stück von Bleispath aus Sibirien mit ausgezeichnet musch*-
ligem Bruche, an welchem die cubische Form des Bleiglanzes deutlich1 nu
erkennen ist Nicht weniger auffallend wie die Umwandlung der krystaUint-
schen Natur des Bleiglanzes in die höchst abweichende des Bleispatbes y tot
die Dmfinderung des ausgezeichnet butterigen Schwefelbleies in die ganz an»
kVystaltinische , theHs dichte, theils zerreibliche Bleierde« Wenn diese r wie
zuweilen, Überzüge von Bleiglanzkrystallen bildet, könnte man annebmtii,
ttess solche nicht aus dem Bleiglanze unmittelbar hervorgegangen, sondern
ans einer Auflösung des kohlensauren Bleioxydes abgesetzt seyen. Oft komaJt
aber die Blei er de auf solche Weise mit Bleiglanz verwachsen, einzelne Ketee
desselben einschHessend, und hin und wieder Spuren der Bleiglanzstructiir
zeigend vor, dass die Erzeugung des ersteren aus dem Scbwefelbleie ohne
Ortsverttnderung, und ohne Vermittelung einer flüssigen Auflösung* nicht wdH
bezweifelt wetden bann. -m>*
• • • ! ■ ■ . "t Mi) '
$. 48- ■.-!»<
Concentrirung des Kupfergehaltes bei dem Rösten des Kupferkieses und Kupferstem*.
An die im Vorhergebenden enthaltenen Untersuchungen über Formver-
änderungen im Gefolge von in der Natur vorgehenden chemischen Umände-
rungen von Sulfuriden, mag sich hier die Betrachtung einer sehr auffallenden
Erscheinung reihen, welche auf Kupferhütten die Concentrirung des Kupfer-
gehaltes zeigt, die unter gewissen Umständen sowohl bei der Röstung eines
Gemenges von Kupfer- und Schwefelkies, als auch bei dem Rösten des
Kupfersteins statt findet; welcher Vorgang ein besonders merk würdiges Beispiel
der Wirkung von Molekularbewegungen in starren Körpern darbietet leb
wurde auf diese Erscheinung, welche in der Bildung von kupferreicheh Kernen
in der Umgebung kupferarmer Rinden besteht, schon i. j. 1807 bei 'der in
freien Haufen ausgeführten Röstung des mit Schwefelkies gemengten Kupfer-
kieses auf der Hütte bei Röraas in Norwegen aufmerksam. Dieselbe Beob-
achtung wurde von Br o c c h i auf der Hütte zu Agordo gemacht. B r e i s I a k
1) Handwörterbuch der topographischen Mineralogie von 6. Leon hl rd. S. 84.
ÜBER DIE IN STARRET UfeLO&N RÖHPE&K BftWlRlWftti FORMVBRAND. 109
(Ifet darüber Fügendes mitgetheilt !). Der Kepferkies von A£o*do liefert in
*tfcher Masse 4 bis 5 Procent Mupfer. Nachdem er zu Tage gefördert, zer-
'fthlKgt man ihn in ungefähr faustgrosse Stücke, um ihn in Hänfen em^r
flöstung m unterwerfen; Diese dauert drei bis vter Monate/ nach welcher
IWt die Kiesstücke sieb in eine schwärzliche , atifgebdrsteife Masse verwandt
haben, deren innerer Theil jedoch völlig die natürliche Farbe des Kieses, nur
mit einem Stich in das Blaue, b6hfolt. Das1 Auffallende dabei ist, dass der
Kern der Stücke mehr als 2/5 sehres Gewichtes an Kupfer liefert, wogegen
die Rinde an Gehalt verloren hat; daher amnnehmen ist, dass während der
Röstung die Massentheile des Kupfers allmähKg das Äussere der Stücke ver-
liessen, und sich in dem Innern lüusammen zogen. Zuweilen trifft man sogar
hn Innern der gerösteten Stücke F*den oder Heirte Bleche von regulinischem
Kupfer an. Doch ist die Hitze der Röstung sehr massig, und erheb* sich nie
bis zu dem Grade der Schmelzung. Hiermit stimmen im Wesentlichen die
Nachrichten überein, welche der Bergmeister L. Ström über die auf Foldals
Kupferhütte in Norwegen schon im vorigen Jahrhundert betriebene, sogenannte
Ktoriur östung mitgetheilt 2) , so wie mit den Erfahrungen, welche! Bredberg
bei den i. J. 1824 m Fahlun in Schweden angestellten Versuchen, ein Ge-
länge von Kupfei^ un^ Schwefelkies in freien Haufen zu rösten, gemacht
bot5). Der Gehalt des rohen Erfees betrug 3 bis 4 Procent Kupfer. In dem
Itfnern ' der Stücke des gerösteten Erzes fand sich ein grüner 'knpferreicher
Kern ; 6der es zeigte sieb auch Wohleiti ähnliches kupferreiches concentrisches
Band von der Stärke einiger Linien, in der Umgebung eines Weniger Kupfer
enthaltendem Schwefehnetallfcs. Der Ktrpfergehalt der grünen Kerne betrug
tfbtln lb Procent, wöhrtrtd in der dickeri, stark gerösteten, äusseren Schaale
in 1) Introdazione atta Geoiogia dt Scipionp Breislak, 1811. II. p. 14. ^
k, .»;. Institution* göologiques par Scipion Breislak, trad. par Campmas ■ 1818t
Scipio ßreislak's Lehrbuch der Geologie, übers, von Fr. K. v, Strombeck,
II. S. 344 ff.
2) Budstikken. Christiania 1821.
3) Jem- Kon torets Annaler. 1826. Ttotode Abgingen. Förra Baiufct. Stockholm
1827. p. 174 flF. m - i
110 ' JOfl, FH1BDIL LUDW. ftAÜ8MANN, /; \ ..:« :.. j
nur etwas über 2 Procent enthalten waren. Bei einer spiteren Gelegenheit1)
hatBredberg mitgetheilt, dass die Concentration des Kupfer» bei dem Röste*
dea Kieses noch viel weiter geben könne, als zuvor angegeben worde»;
dass bei fortgesetzter Röstung oft nur ein kleiner Kern von Bronzefarbe
bleibe, der höchstens l/soo des Ganzen ausmache. In einem soleben fand
derselbe: •
Kupfer
47,4
Eisen
19,4
Schwefel
19,8 1
■
ErdsiUcate
13,3
99,9
Die
Schwefelverbindungen
bestanden hiernach aus:
»
Kupfer
54,7
Eisen
i
22,4
Schwefel
22,9
n
100,0
welche Zusammensetzung der Formel FeS -+- FeS2 + CuS zu entspreche«
scheint. Es hat mich sehr überrascht, die Concentration des Kupfers bei der
Röstung des Kupferkieses in einem Buche erwähnt zu finden, wo man eine
solche Beobachtung wohl nicht erwarten sollte. In den berühmten » Brief e*
eines Verstorbenen « 2) heisst es da , wo von der Gewinnung und Röstung
des Kupfererzes auf der Insel Anglesea die Rede ist: »Eine sonderbare Ery
scheinung ist es für den Layen, dass, während dieses neunmonatlichen Breip*
nens, welches allen Schwefel austreibt, bloss durch die Kraft der Wahlver-
wandtschaft, die durch das Feuer rege gemacht wird, das reine Kupfer«
welches vormals durch den ganzen Stein vertbeilt war, sich nachher in ein
Klümpchen zusammengezogen, compact in der Mitte zeigt, so dass, wenn
man die gebrannten Steine zertrümmert, man in jedem das Kupfer, wie den
Kern in einer Nuss erblickt." Wenn gleich diese Angabe wohl nicht ganz
genau ist, so ersieht man doch daraus, dass auf Anglesea bei dem Rösten
1) Jern-Kontorets Annaler. 1827. Elfte Ärgängen. Stockholm 1828. p. 199.
2) 1. 1830. S. 149.
L1BL0SHN JtÖRPER» B1WIRKT8N FOaMVBRÄND. 41t
Ähnliches sich zeigt, als an den oben angeführten
igen und Schweden.
.:. ■ Über diesen merkwürdigen Hergang sind verschiedene Erklärungen ge-
geben worden 1). In einem Irrthume befinden sich aber diejenigen, weiche,
wie namentlich Werther2), annehmen, dass bei dem Kernrosten eine
Schmelzung statt finde, indem, wie solches anch von Karsten5) bemerkt
werden, das Überraschende des Concentrirens des Kupfergebaltes bei der
Rüstung des Kupferkieses gerade darin liegt, dass sieb die neuen Verbindungen
bei einem nicht flüssigen Znstande des Erzes bilden. Nach Karstens Mei-
nug liegt die Ursache des. merkwürdigen Erfolges darin, dass -Schwefelkupfer
«ad Kupferoxyd sich schon in einer niedrigeren Temperatur zersetzen, als
Sckwefeleisen und Eisenoxyd. Das entstehende regulinische Kupfer entzieht
dem Schwefelkiese den Antheil Schwefel, weichen der Kies abgeben kann,
um eine niedrigere Schwefelungsstufe zu bilden. Der Erfolg ist nach Kar-
sten'« Ansiebt wahrscheinlich abhangig, tbeils von der Temperatur, theils
von einem . grossen Übermaass des Schwefelkieses im Verhältnis« zum Kupfer-
kiese, Am Gründlichsten hat Lürzer die Kernröstung mit Agordoer Erzen
beleuchtet +). Er nimmt an , dass das beim Rösten äusserltch gebildete- Kopfer-
oxyd durch das Schwefeleisen der nach dem Innern damit in Verbindung
befindlichen Kupferkiesschicht in Schwefelkupfer verwandelt wird, welches
dann von dem, von dem zerlegten Kupferkies herrührenden Schwefelkupfer
aufgenommen wird. So wie nun die Rüstung durch die beständige Einwir-
kung der Hitze, von Aussen nach Innen fortschreitet,. findet auch die Zerlegung
des Kupferoxyds durch das Schwefeleisen, und in Folge dessen eine Wan-
derung des Kupfers nach dem Innern des Stückes statt.
1} Vergl. die Rammelsberger Hüttenprozesse am Commuoion-Uolerharze von Bruno
Kerl. S.73. ,
2) Erdmnnn's Journal für prakt. Chem. LV1II. S. 321 ff.
3) System der Metallurgie. III. S. 432 ff. ;<
*) Tunner's Jahrbuch der k. k; Montan -Lehranstalt «o Leoben. 1853. S. 339.
Handbuch der metallurgischen Hüttenkunde von Bruno Kerl. U. 6. 166.
112 ; ' ; ; JOa FRIED1. LDÖW. HÄÜ«MABtH;;i' /l ..\ü
Bredberg bat Bemerkungen darüber mitge4hrtlti)ydas8 bei ^ÄDiilöfltoii
des Kupfersteins sich etwas Ähnliches leigt, als bei dem Kiesnftsfen, indetai
sieb Kerne bilden , die eine andere Farbe haben, als der ungerösteM Stein
besass, indem sie zuweilen hochgelb, oder grüngelb, und wenn sie der Hitze
mehr ausgesetzt waren, tombackfarben, und dabei glänzend sind. In diesen
Kernen findet sieb ein grösserer Schwefel- und Kupfergebalt als in dem un-
gerösteten Stein, und in der äusseren Rinde. Die Untersuchung der bei einem
su Fablun in einem Flammofen angestellten Röstungs versuche erhaltenen Pro«
duete, ergab in der Süsseren Schaale einen Gebalt von 2,25 Procent Kupfer*
oxyd, wogegen in dem bronzefarbenen Kerne 33,02 Procent metallisches
Kupfer gefunden wurden, obgleich der mittlere Gehalt des ungeröstetan Sterns
nur 10 Procent betrug. In der Schaale waren nur 0,87 Procent, in dem
Kerne dagegen 20,11 Procent Schwefel enthalten. Auch Karsten bat die
Bemerkung mitgetbeilt 2) , dass bei dem Rösten des Knpfersteins sich kupfer-
reiohere Kerne bilden, die zuweilen nicht bloss Schwefelkupfer, sondern selbst
reguliuisches Kupfer enthalten, während die äusseren Schaalen fast nur aus
oxydirtem Eisen bestehen.
Etwas Ähnliches wie bei dem Rösten des Kupferkieses und Ktipfersteta
die Concentrin] ng des Kupfers im Innern der Stücke zeigt, findet hinsichtfyeb
des Silbers bei den Rohsteinkernen statt, welche bei der Röstung der Amal^
gamirerze entstehen. Diese Rohsteinkerne bilden, wie Winkler bemerkt8}!
beim Schliechrösten die unsichtbaren Mittelpunkte der einzelnen Scbliechsttdb*»
chen, wogegen sie beim Stufrösten im Innern der aufgeschlagenen Stufe«
deutlich erkennbar sind. Sie enthalten nicht nur das Silber, welcbed ur-
sprünglich mit dem gleichen Gewichte Schwefelmetall, aus dem sie sieb er-
zeugten, verbunden war; sondern sie haben auch ihrer abgerösteten Umgebung
etwas Silber entzogen.
1) Jern-Kontorets Annaler. 1827. p. 187. 1828. p. 253. 293. Erdmann's' Journal
für techn. Chem. XVT. S. 56. : ,;
2) System der Metallurgie. III. S. 434.
3) Die europäische Amalgam asion der Silbererze und silberhaltigen Hüttenprbducte
von K. A. Wiakler. 1848. S.69. Ann.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formveränd. iid
§. 49.
Umänderungen t>on Silicaten.
Da unter allen Abtheilungen der Mineralkörper den Silicaten die grösste
Mannichfaltigkeit eigen ist, so lässt sich erwarten, dass bei ihnen auch be-
sonders viele und verschiedenartige Umänderungen erfolgen. Die Mannich-
faltigkeit derselben scheint indessen der grossen Anzahl verschiedenartiger
Silicate nicht ganz zu entsprechen, welches unstreitig darin liegt, dass im
Allgemeinen die Zersetzungsfähigkeit derselben ungleich geringer ist, als bei
manchen anderen Abtheilungen der Mineralkörper. Umänderungen der chemi-
schen Zusammensetzung welche in einem Austausche von Bestandteilen be-
stehen, werden besonders bei solchen Silicaten wahrgenommen, in welchen
die Kieselsäure mit Eisenoxydul, Manganoxydul, Talkerde, Kalkerde, Kali,
Natron verbunden ist, so wie bei manchen zusammengesetzten Silicaten, in
welchen Verbindungen jener Art mit kieselsaurer Thonerde vereinigt sind.
Die auffallendsten und häufigsten Zersetzungen finden bei zwei Familien statt,
den hornblendeartigen und den feldspathartigen Körpern, von welchen jenen
die erste Art, diesen die zweite Art der Zusammensetzung eigen ist, und
welche gerade zu den Mineralkörpern gehören, welche für die Bildung der
plutonischen , vulkanoi'dischen und vulkanischen Gebirgsarten von grösster
Wichtigkeit sind, daher denn auch ihre Umwandlung in geologischer und
agronomischer Hinsicht von ganz besonderer Bedeutung ist; so wie einige
dadurch entstandene Körper, auch in technischer Hinsicht grossen Nutzen
gewähren. Bei der Zersetzung jener Mineralkörper sind Luft und Wasser,
mit Einschluss der in jener und in diesem enthaltenen Kohlensäure, am Allge-
meinsten thätig. Für das Ganze von geringem Belange sind Einwirkungen
von Schwefelsäure, Chlorwasserstoffsäure und einigen anderen Substanzen.
Am Häufigsten gehen die Zersetzungen bei gewöhnlicher Temperatur vor.
Nur bei Vulkanen und Erdbränden werden sie durch erhöhete Temperatur,
zumal durch die Einwirkung heisser Wasserdämpfe, befördert1}. Bei den
1) Dass verschiedenartige Dämpfe, besonders heisse Wasserdämpfe, zum Theil
unter hohem Drucke, auf die Bildung eruptiver Gebirgsarten von grossem Ein-
flüsse waren, und dass durch sie auch wohl noch nach ihrer Bildung in den
Phys. Classe. VII. P
114 JOB. PB1BDR. LÜDW. HAUSMANN,
Umänderungen welche die erwähnten Silicate gewöhnlich erleiden, pflegt ein
Theil der veränderten Masse keine Ortsveränderung zu erleiden, wogegen ein
anderer durch Auslaugung fortgeführt wird. In der zurückbleibenden Masse,
aus welcher einer Seits Theile entfernt, anderer Seite aber auch Theile auf-
genommen worden, gehen eben hierdurch Molekularbewegungen vor, welche
die Form bald mehr bald weniger verändern. Zuweilen erhält sich die äussere
Gestalt; aber sehr gewöhnlich wird auch diese allmählich zerstört, wMta
freilich mechanische Wirkungen, namentlich das fortführende Wasser, oft
beitragen. Am Allgemeinsten besteht die Formveränderung darin, dass der
krystallinische Zustand in einen nicht kristallinischen, zerfallenen umgewandelt
wird, wobei das krystallische Gefüge verschwindet, höchstens Spuren von
demselben entsprechenden Absonderungen bleiben, und die mehr und weniger
aufgelockerte Masse einen unebenen oder erdigen Bruch enthält Selten gehet
aus dem krystallinischen Körper ein anderer krystallinischer hervor. Nicht
immer findet die Auflockerung gleichmässig durch die ganze umgeänderte.
Masse statt; der Auslaugung von Theilen ist es wohl besonders zuzuschreiben*
dass das Innere manchmal löcherig wird. In der Regel beginnt die Zersetzung,
an der Oberfläche, und schreitet allmählig nach Innen fort, so dass man oft
Gelegenheit hat, die verschiedensten Grade derselben, von einer schwachen
Verwitterungsrinde bis zur völligen Umwandlung des Körpers zu sehen; in
seltenen Fällen zeigt indessen die Zersetzung einen entgegengesetzten Gang,
indem sie im Innern beginnt und nach Aussen sich verbreitet. Oft schreitet
die Umänderung gleichmässig fort; doch gehet sie zuweilen auch ungleich*
massig von Statten. . .
Über die Mischungsveränderungen welche mit den hornblende* und fett*
spathartigen Mineralkörpern vorgehen, zumal über die letzteren, sind zahlreiche
Untersuchungen geliefert, und bekanntlich haben sich besonders Bert hier,
Bischof, Brongniart, Forchhammer, Fournet, Fuchs, Malagnti£
Rammeisberg um die genauere Kunde derselben verdient gemacht. loh
sie zusammensetzenden Mineralkörpern, so wie auch in Gebirgsmassen von
anderer Entstehung, Veränderungen bewirkt wurden, lässt sich wohl kaum
bezweifeln.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formvbränd. 115
gehe daher nicht ausführlich auf diesen Gegenstand ein, sondern beschränke
mich auf wenige Bemerkungen über denselben.
Zu den hornblendeartigen Silicaten zähle ich zunächst die Pyroxen- und
Amphibol- Substanz , denen sich hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung
die Peridot- Substanz, und einige andere unbedeutende Mineralkörper, u. a.
Babingtonit, Ifoaü, Krokydolith anschliessen. Pyroxen-, Amphibol- und Pe-
ridot-Substanz zeichnen sich durch mannichfaltige Abänderungen der Mischung
aus, welches bei ihnen nach meiner mineralogischen Methode, die Unter-
scheidung zahlreicher Formationen veranlasst. Die Zersetzbarkeit zeigt sich
bei ihnen sehr abweichend, und im Allgemeinen scheint sie besonders durch
den Gehalt an Mangan- und Eisenoxydul befördert zu werden. Beide nehmen
Sauerstoff und Wasser auf, und verwandeln sich dadurch in Mangan- und
Eisenoxydhydrat. Daher nehmen die an Mangan- und Eisenoxydul reicheren
Formationen jener Mineralsubstanzen durch Verwitterung gewöhnlich braune
und gelbe Farben an, und daher bewirkt die durch die Aufnahme von Sauer-
stoff und Wasser verursachte Volumenvergrösserung häufig ein Zerfallen der
Masse. Dieses zeigt sich nicht bloss bei den einzelnen Individuen jener
Körper, sondern besonders auch an den Gebirgsarten , zu deren Hauptgemeng-
theilen Augit, Hypersthen, Diallag, Hornblende, Arfvedsonit, Olivin gehören,
namentlich bei dem Hypersthen f eis, Diabas, Euphotid, Trapp, Dolerit, Anamesit,
Basalt, Hornblendgestein, Diorit, Syenit. Bei diesen verräth sich die Verwit-
terung nicht allein häufig durch eine rostfarbene Oberfläche, sondern es äussert
sich zugleich die Wirkung der Molekularbewegungen in der Auflockerung der
äusseren Masse, in der Bildung von schaaligen Absonderungen, und in dem
allmähligen gänzlichen Zerfallen des Gemenges. Ein Theil vom Eisen- und
Manganoxydul der Pyroxen- und Amphibol -Fossilien wird aber auch oft
entführt, wobei Kohlensäure und Wasser behülflich sind, und die Auslaugung
kann sogar so weit gehen, dass eine Entfärbung Folge davon ist Besonders
bei dem Dolerite, Anamesite und Basalte habe ich oft Gelegenheit gehabt, den
allmähligen Übergang der dunklen Farbe des frischen Gesteins bis in eine
völlig weisse Färbung des verwitterten zu verfolgen. Der in kohlensaure
Verbindungen umgewandelte Gehalt an Eisen- und Manganoxydul, wird durch
kohlensäurehaltiges Wasser ausgelaugt, und scheidet sich als Eisen- und
P2
116 JOB. PR1BDR. LÜDW. HAUSMA1UI,
• • i
Manganoxydhydrat wieder aus > welches sich bald fleckenweise oder dendritisch,
bald rinden- oder gangförmig zusammenziehet, und auf solche Art entweder
die aufgelockerte Masse schaalig umgiebt, oder dieselbe durchziehet. An
einzelnen Krystallindividuen von Pyroxen- und Amphibol - Fossilien verräth
sich die Auslaugung dann und wann sowohl durch die erlangte Porosität, als
auch durch einen Überzug von Brauneisenstein, der manchmal geflossen, klein-
getropft oder kleinnierenförmig erscheint 1). Nicht bloss Eisen und Mangan,
sondern zuweilen auch Talk- und Kalkerde, werden bei der Verwitterung
von Körpern der Pyroxen- und Amphibol -Substanz, vermutlich durch kohlen-
säurehaltiges Wasser, bald mehr bald weniger denselben entführt, und auch
ein Theil der Kieselsäure wird manchmal daraus entfernt 2). Ein merkwür-
diges Product dieses Auslaugungsprocesses ist Scheerer's Neolüh, der an
manchen Orten als ein secundäres Gebilde in basaltischen Gesteinen angetroffen
wird. Besonders auffallend zeigt sich die formverändernde Wirkung der Mo-
lekularbewegungen bei der Verwitterung des Olivins, dessen körnige Abson-
derung die Zersetzung befördert. Die Umwandlung seines Eisenoxyduls in
Eisenoxydhydrat wird durch die Umänderung seiner grünen Farbe in etat
braune oder gelbe verrathen, und die Bewegung der kleinsten Theile tau
rigiden Zustande, zeigt sich nicht allein in der Umwandlung seines muschelige*
Bruches in einen erdigen, sondern besonders auch in dem gänzlichen Zerr
fallen seiner Masse, als Folge der durch die Aufnahme von Sauerstoff und
Wasser bewirkten Volumenvergrösserung. Dass zugleich eine Auslaoguig
von einem Theile des Talkerdegehaltes statt finden kann, hat sich aus Walm-
stedt's Untersuchung eines verwitterten Olivins ergeben3). Der Hyalosiderit,
welcher sich durch einen weit grösseren Gehalt an Eisenoxydul von ißm
Olivine unterscheidet, scheint darum noch leichter zu verwittern als der Iflt**
< ;. .;Ji -
1) Vergl. meine Bemerkungen über pseudomorphische Bildungen des Bratfne^eo-».
Steins, i. d. Studien des Götting. Vereins Bergmännischer Freunde. VL 3. S. 311 ff.
2) Über die merkwürdigen und verschiedenartigen Umänderungen welche der Äugil
erleidet, haben besonders Rammelberg's lehrreiche Untersuchungen' "Ätöf-
schluss gegeben. S. Poggendorff's Annalen. XLIX. 387. Handwftrterittdl
des chemischen Theils der Mineralogie. I. 68.
3) KongL Vetenskaps Academiens Handlingar. 1824. II. p. 359.
' t *
ÜBER DIB IN STARREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 117
tere. Der Anfang der Zersetzung seiner Krystalle giebt sich in den lebhaften,
mit metallischem Glänze verbundenen angelaufenen Farben der Oberfläche zu
erkennen. Die äussere Form erhält sich, wenn gleich der muschelige Bruch
bereits ein erdiger geworden; die Verwitterung endet aber, wie bei dem
Olivine, mit gänzlichem Zerfallen. Der Ilvait verhält sich in Ansehung der
Zersetzung ähnlich wie die Formationen der Peridot - Substanz.
An die feldspathartigen Silicate, zu welchen Feldspath oder Orthoklas,
Albit, Oligoklas, Ryakolith, Labradorü, Anorthü gehören, schliessen sich
hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung und davon abhängigen Art der
Zersetzung, besonders Werner ü (Mejonit, Skapolith), Lewa und Porzellan-
spath nahe an. Diese verschiedenen Mineralsubstanzen zeigen sehr abwei-
chende Grade der Verwitterbarkeit. Am Leichtesten scheinen Wernerit,
Leuzit , Porzellanspath und Feldspath zersetzt zu werden. S u c k o w hat
darauf aufmerksam gemacht, dass die feldspathartigen Körper, welche viel
Kali und Kalkerde enthalten, weit eher verwittern, als diejenigen, in welchen
das Natron die Rolle des Kali und der Kalkerde zum grossen Theil oder
ganz übernimmt *). Aber auch bei derselben Mineralsubstanz zeigen sich
Unterschiede in Ansehung der Verwitterbarkeit, wovon der Grund nur in
dem Aggregatzustande gesucht werden kann, indem es sich bei den feldspath-
artigen Fossilien eben so wie bei vielen anderen Mineralkörpern zeigt, dass
sie um so mehr einer durch äussere Einflüsse verursachten Umänderung
trotzen, je weniger sie abgesondert und je glatter ihre äusseren und inneren
Flächen sind; daher Adular-Feldspath nicht so leicht verwittert als gemeiner,
und ähnliche Unterschiede bei verschiedenen Varietäten von Wernerit und
Leuzit wahrgenommen werden. Bei der Verwitterung der feldspathartigen
Silicate werden Kali, Natron, Kalkerde, Eisenoxydul und ein Theil der Kiesel-
erde durch Auslaugung entführt, wobei Wasser und Kohlensäure wirksam
sind, wodurch ein an Thonerde reicheres Silicat sich bildet, welches mit
Wasser sich verbindet, und auf solche Weise die verschiedenen Modificationen
des Kaolins darstellt, zu denen auch das Sleinmark und verschiedene andere
Thonarten zu zählen sind. Dieser Process gehet zuweilen von Statten, ohne
1) Die Verwitterung im Mineralreiche. S. 132.
!18 JOH. FRIEDR. LÜDW. HAUSMANN,
dass die äussere Krystallform zerstört wird, wie man es u. a. ausgezeichnet
an den von Klaproth zerlegten Afterkrystallen von Steinmark in einem in
der Verwitterung begriffenen Thonsteinporphyr vom Oehmrichsberge bei Fla-
chenseifen im Fürstenthume Jauer, und nicht selten an Kry stallen von Wernerit,
Leuzit, Porzellanspatb siebet. Gewöhnlich gehet aber bei vollendeter Zer-
setzung die äussere Form verloren. Am Häufigsten zeigt sich bei dem all-
mähligen Fortschreiten der Verwitterung die Wirkung der Molekularbewegungen
darin, dass das Krystallinische Gefüge zerstört wird, indem nur hin und
wieder den Blätterdurchgängen entsprechende Absonderungen sich erhalten.
Aus dem ursprünglich muscheligen oder splitterigen Bruche wird ein erdiger,
und indem die Masse eine Auflockerung erleidet, endet die Verwitterung
gewöhnlich mit einem gänzlichen Zerfallen. Kommen die feldspathartigen
Fossilien als Gemengtheile von Gebirgsarten vor, so wirken die ihre Zer-
setzung begleitenden Molekularbewegungen auf die allmählige Auflockerung
und das endliche Zerfallen der Gesteine ein. Von der Auslaugung des Eisen-
gehaltes und eines Theiles der Kieselsäure, ist die Bildung von Eisenoxyd-
hydrat und von verschiedenen Kieselfossilien abzuleiten, welche in der ver-
witterten Masse auf die eine oder andere Art sich absetzen. Das durch
Vermittelung der Kohlensäure vom Wasser entführte Eisen, ziehet sich als
Braun- oder Gelbeisenstein, bald in einzelnen Flecken von verschiedenem
Umfange, bald rinden- oder gangförmig, in der durch die Verwitterung ge-
wöhnlich mehr und weniger gebleichten Masse zusammen. Die Kieselsäure
stellt am Häufigsten als Opal oder Chalcedon nieren- oder auch gangförmige
Concretionen dar. Zuweilen zeigt sie sich aber auch als Quarz oder Berg-
krystall, theils für sich, theils in Verbindung mit amorpher Kieselsäure. Auf
solche Weise ist u. a. die Bildung von Quarzkrystallen zu erklären, welche
die durch Auswitterung von Krystallen feldspathartiger Körper leer geworde-
nen Räume in Porphyren zuweilen auskleiden x).
■ ■ ■■ m — i ■ ■ ■■■■ ■■ ■ ■ t
1) Über diese Bildungen, deren genauere Betrachtung nicht hierher gehört, vergl
u. a. Fuchs, i. d. Denkschriften der Akad. d. W. zu München. VII. S. 65 ff.
Meine Abhandl. über d. Bildung des Harzgebirges, i. d. Abhandl. d. Kön. Ge-
sellsch. d. W. zu Göttingen. I. S. 420. Meine geol. Bemerkungen über die
Gegend von Baden bei Rastadt, das. II. S. 23.
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formverAnd. 119
Ausser den hier betrachteten und anderen völlig evidenten Umänderungen
von Silicaten, kommen noch manche Gebilde vor, welche für Pseudomor-
phosen gehalten werden, die einem Austausche von Bestandteilen ihre Ent-
stehung verdanken, bei denen aber entweder die Beweise gänzlich fehlen,
(Jass eine Umwandlung der einen Mineralsubstanz in eine andere wirklich
statt fand, oder deren Natur auch auf andere Weise gedeutet werden kann.
Solche noch problematische Erscheinungen in den Kreis dieser Untersuchungen
zu ziehen, entspricht nicht dem Zwecke dieser Arbeit.
§. 50.
Umänderung des Glases bei gewöhnlicher Temperatur.
An die Bemerkungen über die Umänderungen, welche in der Natur sich
findende Silicate durch Austausch von Bestandteilen erleiden, möge sich
hier die Betrachtung der Veränderung reihen, welche mit dem gemeinen Glase
durch Einwirkung von Feuchtigkeit bei gewöhnlicher Temperatur vorgehet.
Es ist eine allgemein bekannte Erscheinung, dass manches Fensterglas mit der
Zeit, wie man zu sagen pflegt, blind wird; dass es eine zarte Rinde erhält,
welche mit ' bunten Farben spielt und die Durchsichtigkeit des Glases ver-
mindert Wird die dünne Haut etwas stärker, so bemerkt man oft, dass sie
zerspringt und vom Glase sich stellenweise ablöst. Man nimmt diese Er-
scheinung besonders auffallend an Stallfenstern wahr. Glas, in welchen von
Alkalien zu viel vorhanden, erleidet jene Umänderung leichter, als richtig
zusammengesetztes. Auch hat man bemerkt, dass mit Kali bereitetes Glas
eher, als Natron enthaltendes blind wird. Nicht bloss die Feuchtigkeit der
Atmosphäre, vermutlich durch den Kohlensäuregehalt unterstützt, bewirkt die
angegebene Veränderung l) , indem man sie besonders auch an dem Glase
I) Unter gewissen Umständen scheint auch Schwefelwasserstoff auf die Umände-
rung des Glases Einfluss haben zu können. Dieses wird wenigstens durch die
von Bizio mitgetheilte Analyse eines schön irisirenden Glases wahrscheinlich,
welches i. J. 1823 bei der Reinigung eines Canales zu Murano gefunden wor-
den. 500 Theile der schillernden Häutchen sollten nach Bizio enthalten :
Schwefel 136, Alkali 173, Kieselerde 112, Kalkerde 29, Bleioxyd 18, Mangan-
oxyd 12, Zinnoxyd 5, Kupferoxyd 4, Bisenoxyd 2,5, Zinkoxyd 2, Arsenik 3,5,
120 JOH. FR1EDR. LUDW. HAUSMANN,
wahrnimmt, welches eine längere Zeit im Boden gelegen bat. Durch sehr
lange Dauer der Einwirkung der Bodenfeuchtigkeit schreitet die Umänderung
weiter fort. Die äussere Rinde nimmt an Stärke zu, wodurch sie allmählig
ein weisses, opakes, mit lebhaftem Farbenspiel verbundenes, dem Perlmutter
ähnliches Ansehen erhält *), und es bilden sich mehrere dünne, vollkommen
von einander sich ablösende Schaalen. Hat die Oberfläche des Glases kleine
Blasen, so stellen sich diese auch in den Rinden dar, indem Concaviläten
oder Convexitäten derselben denen des Glases entsprechen, wodurch ihre
Form zuweilen im Kleinen den nierenförmig schaaligen Absonderungen des
Arseniks oder Glaskopfes ähnlich wird. Manchmal hat das Glas eine nur
unter der Loupe erkennbare, gekörnte Oberfläche, welche sich auch in den
schaaligen Absonderungen der Rinde erhält. Die ohne Aufhebung des rigiden
Aggregatzustandes erfolgende Bildung derselben, lässt die Wirkung von Mole-
kularbewegungen nicht verkennen.
Was die Art der Mischungsveränderung betrifft, welche mit dem Glase
vorgehet, so lässt sich erwarten, dass sie der bei natürlichen Silicaten erfol-
genden analog ist, und dass dabei besonders eine Ausscheidung der Alkalien
statt findet. Dieses hat sich auch bei einer von Griffiths mit der perlmutter-
ähnlichen Rinde eines unter der Erde gefundenen, antiken Glases vorgenom-
menen Untersuchung gezeigt, in welcher er beinahe nur Kieselerde fand 2J.
Talkerde 3. Gegen die Richtigkeit dieser Angabe dürfte Mehreres sprechen;
und besonders auffallend ist es, dass kein Wassergehalt gefunden wurde, der
doch nach dem was unten mitgetheilt werden wird, in dem umgeänderten Glase
nach aller Wahrscheinlichkeit vorhanden war. (Giornale di Fisica, etc. 1827.
Bim. 5. p. 391.)
1) Diese Umänderung des Glases habe ich nie ausgezeichneter gesehen, als an
den mannichfaltigen, aus den Katakomben von Rom stammenden, gläsernen
Bildwerken, welche in der Sammlung der christlichen Alterthümer des Vaticans
aufbewahrt werden, unter welchen manche sich finden, die so grosse Ähnlich-
keit mit Arbeiten aus Perlmutter haben, dass sie bei nicht genauer Betrachtung
dafür gehalten werden könnten.
2) The quarterly Journal of Science Literature, and Art. V. 20. p. 258. Der ver-
storbene R. Brandes hat ein bei Brool am Rhein gefundenes Stück eines
antiken Glasgefässes untersucht, welches eine milch weisse Farbe besass, und
ÜBER DIB IN STARREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 121
Versuche, welche ich mit der durch Zersetzung der Oberfläche eines antiken
Glases gebildeten Rinde vor dem Löthrohre anstellte, Hessen bemerken, dass
sie etwas schwerer schmelzbar ist, als die darunter befindliche unveränderte
Glasmasse, und ergaben einen nicht unbedeutenden Wassergehalt derselben.
•
Da mir sehr daran lag, genauere Auskunft über die mit dem Glase vorgehende
Veränderung zu erhalten, so ersuchte ich Herrn Doctor Geuther, der sich
hier unter der Leitung des Herrn Obermedicinalrathes Wo hl er mit ausge-
zeichnetem Erfolge dem Studium der Chemie widmet, eine vergleichende
Analyse von unverändertem Glase und der durch Zersetzung desselben ent-
standenen Rinde zu unternehmen, wozu ich ihm das Material von dem Bruch-
stücke eines antiken Gefässes aus grünlich weissem Glase darbot, welches ich
i. J. 1819 in einer Excavation in der Nähe des Grabmahles der Caecilia
Metella bei Rom fand. Die von Herrn Geuther im Academischen Laborato-
rium vorgenommenen Zerlegungen haben nachstehende Resultate geliefert.
Analyse des unveränderten Glases.
0,580 Gr. mit Flusssäure aufgeschlossen.
Kieselsäure
0,3410
Prct.
59,2
Sauerstoffgehalt.
31,36
Thonerde
0,0325
5,6
2,61 .
Kalkerde
0,0398
7,0
2,00
Talkerde
0,0054
1,0
0,40 1
Eisenoxydul mit
Spuren v. Man-
ganoxydul 0,0144
2,5
> 11,67
0,56 i
Natron
Kali
0,1253
0,0173
21,7
3,0
5,60]
0,50/
0,5757
100,0
0,532 Gr. mit kohlensaurem Natron-
kali aufgeschlossen, auf 0,580 Gr.
reducirt.
0,3410
0,0340
0,0055
0,0144
von einer goldglänzenden Haut überzogen war. Er fand in dem Glase Kiesel-
erde, Natron, Blei, Manganoxyd, Eisenoxyd, Kalkerde, Thonerde, und war
der Meinung, dass dasselbe eine Umänderung erlitten, und dass der Metallglanz
der Oberflfiche einen ähnlichen Entstehungsgrund habe, als die Farbenerschei-
nung an altem Fensterglase. (Schweigger's Jahrbuch d. Chem. u. Phys. X.
S. 304.)
Phys. Clane. VII Q
JOB
«*«*»*
In dem
**« *****
der****
bclad*
Dtefl
Aet
. 00440
*■ V *33° e
% 0,0495
!V«U tri«** reducir^-
Gt. ***
^^fX*'*00*
e* -* 0Äet
0>0440 Gt.
mit
FVo»89&«te
autge»c
sttos»«11'
48,8
6,8
0,0^
Tonerde o0050
*»**• o>a0
0j_
Yfa9»eT "op445
.\iutig 6
8.»^**
1>
55Ä*A o^B5
11,»
19,3
100?
ebeV
betvot
*■» daS Tfc»U verbot, «^
. S»*ott **4 *f Beredt* «
dass ** A°* 6eba\l * Tb0\wBA *ett Ve Aet U**** Ifee^ **
wog««eo
abet
den
\,eto»be
• 9aote *
Aft89 °~ -■ tf»« *et*
da«
isV
G\»9
*o
dtttcb
d\e
tfeUH»1*
OBER DIB IN STARBEN X8RL0SEN
mir bereits in meiner Abhandlung
Mineralkörper geäussert wnrdo t}.
Eine ganz ähnliche Verändert
Luft and im Boden erleidet, zeigt
sich findenden Glase, dem Obtiditu
mit silberweisser, metallisch glänz
Honte in Mexico Nachricht geget
mitgebracht hatte. Die vonNögg
ähnliche Überzug von einer Zersetz
und der Umänderung analog sey,
namentlich an Fensterscheiben wahr
vermutfaete, ist gewiss vollkommen richtig. Was die von ihm zugleich hin-
sichtlich der Ursache der metallischen Farben mit dem entsprechenden Glänze
aufgeworfene Frage betrifft, so beantwortet sich diese leicht durch die Über-
einstimmung jener Erscheinung mit der bei den verschiedenartigsten Körpern
sich zeigenden, welche durch Zersetzung oder auch auf andere Weise, einen
dünneu,, das Licht durchlassenden Überzug erlangt haben5). Nach Nobili's
bekannten Untersuchungen ist das Silberweiss die Farbe des nllerdünnsten
Überzuges.
§• 61.
Umänderung fomler Zähne.
Zur Wahrnehmung der Wirkung von Holekularbewegungen auf die Ver-
änderung der Form starrer Körper, giebt zuweilen eine merkwürdige Zer-
setzung Veranlassung, welche fossile Zähne erleiden. Besonders ausgezeichnet
zeigt sie sich an den Stosszähnen des Mammaths. Die äussere Binde erscheint
gewöhnlich wenig verändert, aber stark zerborsten. Das Innere dagegen ist
auffallend umgewandelt. Die Farbe der inneren Masse ist kreideweiss; der
1) Studien des Gotting. Vereins Bergmännischer Freunde. V. 3. S. 329.
2) Schweigger's Jahrbuch. XXII. S. 217 ff.
3} Vergl. meine Abhandlung über die Erscheinung des Anlaufens der Mineralkorper.
A. a. 0. S. 299 ff.
Q2
124
JOH. FRIBDR. LÜDW. HAUSMANN,
matte Brach theils muschelig, theils erdig. Ausgezeichnete krommschaalige
Absonderungen entsprechen der gebogenen Oberfläche; und andere radiale
theilen die Schaalen in kleinere Stücke. Specifisches Gewicht und Härte sind
bedeutend vermindert Die dagegen sehr vergrösserte Porosität ist daran zu
erkennen, dass die Masse stark an der Zunge haftet. Die Molekularbewegungen
welche bei der Umänderung der Stosszähne erfolgten, geben sich theils durch
die Bildung der Absonderungen und die Umänderung des Bruches der inneren
Zahnmasse, theils durch die Zerberstung der äusseren Rinde zu erkennen.
Was nun die chemische Umänderung betrifft, in deren Gefolge die Molekular-
bewegungen statt fanden, so hat darüber eine auf meinen Wunsch von Herrn
Doctor Wicke sowohl mit der inneren Masse, als auch mit der äusseren
Rinde von einem im hiesigen Academischen Museum befindlichen Stosszähne
des Russischen Mammuths vorgenommene chemische Analyse, Aufschluss ge-
geben. Um die vorgegangene Substanz -Veränderung übersehen zu können,
lasse ich die von dem Herrn Freiherrn Ernst von Bibra gelieferte Analyse
des unveränderten Elfenbeins x) hier vorangehen.
Reiner Zahnknocben aus Ostindien.
Zähne aus dem Handel von welchen
die Rinde entfernt war.
Phosphorsaure Kalkerde
L
11.
und Fluorcalciura
38,48
41,28
46,48
Kohlensäure
5,63
3,04
3,86
Phosphorsaare Talkerde
12,01
8,20
7,84
Salze
0,70
0,75
0,77
Knorpelsubstanz
42,94
46,43
40,71
Fett
0,24
0,30
0,34
100,00
100,00
100,00
Organische Substanz
43,18
46,73
41,05
Unorganische Substanz
56,82
53,27
58,95
100,00
100,00
100,00
1) Untersuchungen über die Knochen und Zähne des Menschen und der Wirbel-
thiere. 1844. S. 268.
ÜBER D)E IN STARBEN LEBLOSEN
Analyse der Zahnrlnde an
fossilen Stosszahne des
Zahnrinde.
Phospborsaure Kalker
Phosphorsaure Talker
Kohlensaure Kalkerde
Eisenoxyd
Thonerde
Kieselerde
Fluorcalcium
Wasser
Organische Substanz
Organische Substanz 28,57
Unorganische Substanz 72,33
94,58
100,96
100,90
Die letzteren Analysen zeigen: dass bei der inneren Hasse des umgeänderten
Stosszabnes die organische Substanz bis auf 6,38 Prct ausgelangt wurde, wo-
gegen eioe 6,26 Prct betragende Aufnahme von Wasser statt, gefunden hat.
Von den unorganischen Bestandteilen ist, wenn man die Analysen vom un-
veränderten Elfenbein des Herrn von Bihra damit vergleicht, vorzüglich
phosphorsaure Talkerde ausgeschieden. Ganz anders verhalt sich die äussere
Binde der Stosszahne, welche von der organischen Substanz weit weniger
verloren hat, wiewohl auch bei ihr eine Aufnahme von Wasser statt fand.
Dem obigen Resultate der Analyse von der Zahnrinde des fossilen Mammuths
nähert sich das Ergebniss einer von dem Doctor C.T.Jackson nnternomme-
nen Zerlegung eines Stückes von dem Stosszahne des Mastodon giganteus, in
welchem derselbe fand2):
1) Anualen der Chemie und Pharmacie. XC. S. 100.
2) Tbe mastodon giganteas of North America by John C. Warron, Boston
lÖ&a. p.87.
126 JOH. FRIEDR. LÜDW. HAUSMANN,
Phosphorsaare und kohlensaure Kalkerde
nebst Fluorcalcium 69,2
Wasser 4,6
Organische Substanz 26,2
100>0
Eine ähnliche Umänderung wie fossile Elephantenzähne zeigen, nimmt
man zuweilen auch an Zähnen anderer urweltlicher Thiere, z. B. des Höhlen-
bären (TJrsus spelaeus) wahr. Ich besitze aus verschiedenen Höhlen, nament-
lich aus der Scharzfelder Höhle am Harz, Bärenzähne, deren Rinde keine be-
deutende Veränderung wahrnehmen lässt, wogegen das Innere ähnliche Be-
schaffenheiten zeigt, als der Zahnknochen umgeänderter fossiler Elephantenzähne.
Die weisse Farbe hat gewöhnlich einen schwachen Stich in das Blaue; der
matte Bruch ist flachmuschelig, hin und wieder in das Erdige übergehend,
und die an den Kanten durchscheinende Masse stark an der Zunge klebend.
Es sind schaalige Absonderungen vorhanden, die der äusseren Form ent-
sprechen, und andere, gegen die äussere Oberfläche rechtwinkelig gerichtete.
Zuweilen zeigt sich in der inneren Zahnmasse die Bildung von Eisenblau,
indem etwas Phosphorsäure in Verbindung mit Wasser sich des geringen
Eisengehaltes bemächtigt hat, welches sich von Aussen nach Innen abnehmend
verbreitet und besonders den Querabsonderungen folgt Von Eisenblau rührt
auch ohne Zweifel der blauliche Stich der Farbe her, den sowohl der matte
Bruch der inneren Hasse, als auch die glatte glänzende Oberfläche der Bären*
zahne, namentlich aus der Scharzfelder Höhle, oft besitzt
Auffallend ist in vieler Hinsicht die Ähnlichkeit, welche die beschriebene,
durch Molekularbewegungen bewirkte Umänderung der Structur fossiler Zähne,
mit der oben betrachteten Veränderung zeigt, welche die innere Form des
Holzes bei der Verkohlung erleidet. Wie bei diesem Processe, so ist auch
im Gefolge der Zersetzung der Zahnsubstanz, mit dem Verluste eines bedeu-
tenden Theils der Bestandteile , eine Zusammenziehung der Masse verknüpft;
welche zwar der äusseren Form entsprechende, und andere dieselben durch-
setzende Absonderungen bewirkt, doch aber die durch die Ausscheidung von
Theilen verursachte Auflockerung nur bis zu einer gewissen Gränze aufbebt,
bei welcher die umgeänderte Hasse ein geringeres specifisches Gewicht an-
Ober die in starren leblosen Körpern bewirkten formverand. 127
nimmt, als das ursprüngliche war. Nur die bei der Verkohlung des Holzes
besonders starke Zusammenziehung in der Richtung der Fibern, und die da-
durch bewirkte Bildung ausgezeichneter , rechtwinkelig dieselben schneidender
Querabsonderungen , findet nicht in gleicher Weise bei der Zersetzung fossiler
Zähne statt. Dagegen ist das Aufbersten der äusseren Rinde der Stoßzähne
des Hammuths dem Aufreissen der Rinde der Holzstämme analog; so wie
der Bruch der inneren Masse der Zähne eine ganz ähnliche Umänderung er-
leidet, als bei der Verkohlung des Holzes erfolgt.
§. 52.
S 0 h l u s t.
V
Diese Arbeit, welche ich hier vorerst ahschliesse, deren Gegenstand ich
aber, so lange es mir noch vergönnt seyn wird, meine Kräfte dem Studium
der Natur zu widmen, nicht aus den Augen verlieren werde, konnte, wie
auch schon in der Einleitung bemerkt worden, nur einige Beiträge zur näheren
Kenntniss eines Gebietes von Erscheinungen darbieten, dessen Umfang unend-
lich gross ist, und welches künftigen Forschungen das reichste Material zu
gewähren verspricht Wie unbedeutend und unvollkommen das hier Mitge-
theilte ist, kann wohl Niemand lebhafter erkennen als ich selbst. Doch wird
es vielleicht dazu dienen, die Aufmerksamkeit mehr darauf zu lenken, wie
auch in dem Theile der Schöpfung, in welchem immerwährendes Gleichge-
wicht und beständige Ruhe zu herrschen scheinen, Bewegungen statt finden,
die, wenn sie gleich im Stillen wirken, und gewöhnlich dem Auge sich ent-
ziehen, dennoch die mannichfaltigsten und einflussreichsten Formveränderungen
hervorbringen1}; und dass ähnliche Bewegungen der kleinsten Theile, wie
sie in starren natürlichen Körpern vorgehen, oft auch bei künstlich dargestellten
1) Schätzbare, auf diesen Gegenstand gerichtete Untersuchungen sind in einer Arbeit
des Herrn Dr. Adolph Knop, meines lieben ehemaligen Zuhörers, enthalten,
die das Programm zu der im März d. J. zu haltenden Prüfung der Schüler der
Königl. Gewerbschule zu Chemnitz begleitet, welches mir gerade zukam, als ich
das Obige niederschrieb. Der Titel des interessanten Aufsatzes ist : „Der Chlorit-
schiefer von Harthau und die Bedeutung der Pseudomorphosen von Glimmer
nach anderen Mineralien für Bodenkunde.11
126 JOH. FRIEDR. LDDW. HAUSMANN,
Phosphorsaare und kohlensaure Kalkerde
nebst Fluorcalcium 69,2
Wasser 4,6
Organische Substanz 26,2
100>0
Eine ähnliche Umänderung wie fossile Elephantenzähne zeigen, nimmt
man zuweilen auch an Zähnen anderer urweltlicher Thiere, z. B. des Höhlen-
bären (Ursus spelaeus) wahr. Ich besitze aus verschiedenen Höhlen, nament-
lich aus der Scharzfelder Höhle am Harz, Bärenzähne, deren Rinde keine be-
deutende Veränderung wahrnehmen lässt, wogegen das Innere ähnliche Be-
schaffenheiten zeigt, als der Zahnknochen umgeänderter fossiler Elephantenzähne.
Die weisse Farbe hat gewöhnlich einen schwachen Stich in das Blaue; der
matte Bruch ist flachmuschelig, hin und wieder in das Erdige übergehend,
und die an den Kanten durchscheinende Masse stark an der Zunge klebend.
Es sind schaalige Absonderungen vorhanden, die der äusseren Form ent-
sprechen, und andere, gegen die äussere Oberfläche rechtwinkelig gerichtete.
Zuweilen zeigt sich in der inneren Zahnmasse die Bildung von Eisenblau,
indem etwas Phosphorsäure in Verbindung mit Wasser sich des geringen
Eisengehaltes bemächtigt hat, welches sich von Aussen nach Innen abnehmend
verbreitet und besonders den Querabsonderungen folgt. Von Eisenblau rührt
auch ohne Zweifel der blauliche Stich der Farbe her, den sowohl der matte
Bruch der inneren Masse, als auch die glatte glänzende Oberfläche der Bären-
zähne, namentlich aus der Scharzfelder Höhle, oft besitzt.
Auffallend ist in vieler Hinsicht die Ähnlichkeit, welche die beschriebene,
durch Molekularbewegungen bewirkte Umänderung der Structur fossiler Zähne,
mit der oben betrachteten Veränderung zeigt, welche die innere Form des
Holzes bei der Verkohlung erleidet. Wie bei diesem Processe, so ist auch
im Gefolge der Zersetzung der Zahnsubstanz, mit dem Verluste eines bedeu-
tenden Theils der Bestand th eile, eine Zusammenziehung der Masse verknüpft;
welche zwar der äusseren Form entsprechende, und andere dieselben durch-
setzende Absonderungen bewirkt, doch aber die durch die Ausscheidung von
Theilen verursachte Auflockerung nur bis zu einer gewissen Gränze aufhebt,
bei welcher die umgeänderte Masse ein geringeres specifisches Gewicht an-
ÜBER DIE IN STARREN LEBLOSEN KÖRPERN BEWIRKTEN FORMVERÄND. 127
nimmt, als das ursprüngliche war. Nur die bei der Verkohlung des Holzes
besonders starke Zusammenziehung in der Richtung der Fibern, und die da-
durch bewirkte Bildung ausgezeichneter, rechtwinkelig dieselben schneidender
Querabsonderungen, findet nicht in gleicher Weise bei der Zersetzung fossiler
Zähne statt. Dagegen ist das Aufbersten der äusseren Rinde der Stoßzähne
des Hammuths dem Aufreissen der Rinde der Holzstämme analog; so wie
der Bruch der inneren Masse der Zähne eine ganz ähnliche Umänderung er-
leidet, als bei der Verkohlung des Holzes erfolgt.
§. 52.
S c h l u $ t.
•
Diese Arbeit, welche ich hier vorerst abschliesse, deren Gegenstand ich
aber, so lange es mir noch vergönnt seyn wird, meine Kräfte dem Studium
der Natur zu widmen, nicht aus den Augen verlieren werde, konnte, wie
auch schon in der Einleitung bemerkt worden, nur einige Beiträge zur näheren
Kenntniss eines Gebietes von Erscheinungen darbieten, dessen Umfang unend-
lich gross ist, und welches künftigen Forschungen das reichste Material zu
gewähren verspricht Wie unbedeutend und unvollkommen das hier Mitge-
teilte ist, kann wohl Niemand lebhafter erkennen als ich selbst. Doch wird
es vielleicht dazu dienen, die Aufmerksamkeit mehr darauf zu lenken, wie
auch in dem Theile der Schöpfung, in welchem immerwährendes Gleichge-
wicht und beständige Ruhe zu herrschen scheinen, Bewegungen statt finden,
die, wenn sie gleich im Stillen wirken, und gewöhnlich dem Auge sich ent-
ziehen, dennoch die mannichfaltigsten und einflussreichsten Formveränderungen
hervorbringen x) ; und dass ähnliche Bewegungen der kleinsten Theile , wie
sie in starren natürlichen Körpern vorgeben, oft auch bei künstlich dargestellten
1) Schätzbare, auf diesen Gegenstand gerichtete Untersuchungen sind in einer Arbeit
des Herrn Dr. Adolph Knop, meines lieben ehemaligen Zuhörers, enthalten,
die das Programm zu der im Mftrz d. J. zu haltenden Prüfung der Schüler der
Königl. Gewerbschule zu Chemnitz begleitet, welches mir gerade zukam, als ich
das Obige niederschrieb. Der Titel des interessanten Aufsatzes ist : „Der Chlorit-
schiefer von Harthau und die Bedeutung der Pseudomorphosen von Glimmer
nach anderen Mineralien für Bodenkunde.11
126 JOB. F1IBDR. LUDW. «1 DSM AN»; ' ' ;
Phosphorsaure und kohlensaure Kalkerde
nebst Floorcalcium 69,2
Wasser 4,6
Organische Substanz 26,2
1(X\0
Eine ähnliche Umänderung wie fossile Elephantenzähne zeigen, nimmt
man zuweilen auch an Zähnen anderer urweltlicher Thiere, z. B. des Höhlen-
bären (Ursus spelaeus) wahr. Ich besitze aus verschiedenen Höhlen, nament-
lich aus der Scharzfelder Höhle am Harz, Bärenzähne, deren Rinde keine be-
deutende Veränderung wahrnehmen lässt, wogegen das Innere ähnliche Be-
schaffenheiten zeigt, als der Zahnknochen umgeänderter fossiler Elephantenzähne.
Die weisse Farbe hat gewöhnlich einen schwachen Stich in das Blaue; der
matte Bruch ist flachmuschelig, hin und wieder in das Erdige übergehend,
und die an den Kanten durchscheinende Masse stark an der Zunge klebend.
Es sind schaalige Absonderungen vorhanden, die der äusseren Form ent-
sprechen, und andere, gegen die äussere Oberfläche rechtwinkelig gerichtete.
Zuweilen zeigt sich in der inneren Zahnmasse die Bildung von Eisenblau,
indem etwas Phosphorsäure in Verbindung mit Wasser sich des geringen
Eisengehaltes bemächtigt hat, welches sich von Aussen nach Innen abnehmend
verbreitet und besonders den Querabsonderungen folgt Von Eisenblau rührt
auch ohne Zweifel der blauliche Stich der Farbe her, den sowohl der matte
Bruch der inneren Masse, als auch die glatte glänzende Oberfläche der Biren-
zähne, namentlich aus der Scharzfelder Höhle, oft besitzt.
Auffallend ist in vieler Hinsiebt die Ähnlichkeit, welche die beschriebene,
durch Molekularbewegungen bewirkte Umänderung der Structur fossiler Zahne,
mit der oben betrachteten Veränderung zeigt, welche die innere Form des
Holzes bei der Verkohlung erleidet. Wie bei diesem Processe, so ist auch
im Gefolge der Zersetzung der Zahnsubstanz, mit dem Verluste eines bedeu-
tenden Theils der Bestandteile, eine Zusammenziehung der Masse verknöpft;
welche zwar der äusseren Form entsprechende, und andere dieselben durch-
setzende Absonderungen bewirkt, doch aber die durch die Ausscheidung von
Theilen verursachte Auflockerung nur bis zu einer gewissen Grönze aufhebt,
bei welcher die umgeänderte Masse ein geringeres speeifisches Gewicht an-
über die in starren leblosen Körpern bewirkten formvkränd. 127
nimmt, als das ursprüngliche war. Nur die bei der Verkohlung des Holzes
besonders starke Zusammenziehung in der Richtung der Fibern , und die da-
durch bewirkte Bildung ausgezeichneter, rechtwinkelig dieselben schneidender
Querabsonderungen, findet nicht in gleicher Weise bei der Zersetzung fossiler
Zähne statt. Dagegen ist das Aufbersten der äusseren Rinde der Stoßzähne
des Hammuths dem Aufreissen der Rinde der Holzstämme analog; so wie
der Bruch der inneren Masse der Zähne eine ganz ähnliche Umänderung er-
leidet , als bei der Verkohlung des Holzes erfolgt.
§. 52.
S c h l u s 9 .
•
Diese Arbeit, welche ich hier vorerst abschliesse, deren Gegenstand ich
aber, so lange es mir noch vergönnt seyn wird, meine Kräfte dem Studium
der Natur zu widmen, nicht aus den Augen verlieren werde, konnte, wie
auch schon in der Einleitung bemerkt worden, nur einige Beiträge zur näheren
Kenntniss eines Gebietes von Erscheinungen darbieten, dessen Umfang unend-
lich gross ist, und welches künftigen Forschungen das reichste Material zu
gewähren verspricht. Wie unbedeutend und unvollkommen das hier Mitge-
theilte ist, kann wohl Niemand lebhafter erkennen als ich selbst. Doch wird
es vielleicht dazu dienen, die Aufmerksamkeit mehr darauf zu lenken, wie
auch in dem Theile der Schöpfung, in welchem immerwährendes Gleichge-
wicht und beständige Rohe zu herrschen scheinen, Bewegungen statt finden,
die, wenn sie gleich im Stillen wirken, und gewöhnlich dem Auge sich ent-
ziehen, dennoch die mannichfaltigsten und einflussreichsten Formveränderungen
hervorbringen x) ; und dass ähnliche Bewegungen der kleinsten Theile , wie
sie in starren natürlichen Körpern vorgehen, oft auch bei künstlich dargestellten
1) Schätzbare, auf diesen Gegenstand gerichtete Untersuchungen sind in einer Arbeit
des Herrn Dr. Adolph Knop, meines lieben ehemaligen Zuhörers, enthalten,
die das Programm zu der im März d. J. zu haltenden Prüfung der Schüler der
Königl. Gewerbschule zu Chemnitz begleitet, welches mir gerade zukam, als ich
das Obige niederschrieb. Der Titel des interessanten Aufsatzes ist : „Der Chlorit-
schiefer von Harthau und die Bedeutung der Pseudomorphosen von Glimmer
nach anderen Mineralien für Bodenkunde.11
128 J.F.L.HAÜ8MANN, ÜB. DIE IN STARREN LBBL. KÖRPERN BEW. FORMV.
sich wirksam Beigen. Absichtlich habe ich mich von Hypothesen und theoreti-
schen Speculationen möglichst fern gehalten, und solche Gegenstände für meine
Untersuchungen ausgewählt, bei welchen die Aussicht war, durch Beobach-
tungen und Versuche zu sicheren Resultaten zu gelangen. Ich verkenne es
nicht , dass man auf dem hier betretenen Pfade gar leicht auf Abwege gerathen
und verleitet werden kann, einen Zusammenhang unter gewissen Erscheinungen
anzunehmen, der entweder in Wahrheit gar nicht vorhanden, oder doch ein
anderer als der angenommene ist. Dieses ist namentlich bei manchen Gegen-
ständen der Fall , die zu dem in neuerer Zeit mit besonderer Vorliebe bearbei-
teten Felde der Pseudomorphosen und Metamorphosen gehören, auf welchem
Manches dem Anscheine nach in einer genetischen Verbindung stehet, die
doch vielleicht nicht wirklich vorhanden ist. Indem ich Vieles unberücksichtigt
gelassen habe, wodurch ich für jetzt noch keine sichere Belege für die form-
verändernde Wirkung von Molekularbewegungen in starren Körpern erlangen
zu können glaubte, wird man in dieser Arbeit wahrscheinlich einige Gegen-
stände vermissen, die aus einem anderen Gesichtspuncte betrachtet, gerade
vorzugsweise für dieselbe geeignet gehalten werden dürften. Zu den Er-
scheinungen, welche für das Studium der im Starren wirksamen Bewegungen
der kleinsten Theile ganz besondere Beachtung verdienen, gehören die von
Scheerer mit dem Namen der Paramorpkosen bezeichneten. Die in der
diesen Gegenstand behandelnden Schrift ]) meines hochgeschätzten Freundes
enthaltenen scharfsinnigen Ideen und Winke, eröffnen ein neues Feld für
Untersuchungen, dessen Weitere Bearbeitung reiche Früchte zu tragen verspricht.
1) Der Paramorphismus und seine Bedeutung in der Chemie , Mineralogie und Geo-
logie. Von Dr. Theodor Scheerer. Braunschweig 1854.
X * • • • /
■ s. I
>'-l
. . \
• I '
I ' I
Verbesser ungen und
■ ii
/■ I ■ • ." i »
^f
Zur ersten Abhandlung im sechsten Bande.
Seite 157 Zeile 15 von unten ist statt das Erstere, zu setzen: das Letztere.
— 157 — 9 — — ist statt eine grössere Verdichtung ztl setzen: eine Ver-
dichtung.
— 158 — 6 — — ist statt chemische Veränderungen, zu setzen: Mischungs-
veränderungen-
— 173 — 6 — — ist statt Co$mo$ zu setzen Kosmos. ....
Zu §. 7. Ausser den hier erwähnten Beobachtungen Haidinger-s über die Verwand-
lung des Arragonites in Kalkspotk, hat derselbe noch einige andere Beispiele
in einem mir früher nicht bekannt gewordenen Aufsatze „über einige neue
Pseudomorphosen" mitgetheilt , der sich in den Abhandlungen der k. böhmi-
schen Gesellschaft der Wissenschaften v. J. 1841 findet, und den ich jetzt
der Güte meines hochverehrten Freundes verdanke. Namentlich ist von ihm
erwähnt, dass der Arragonit der sogenannten Eisenblüthe von Hüttenberg in
Kärnthen, zuweilen durch Kalkspathkrystalle ersetzt ist.
Zur zweiten Abhandlung im siebenten Bande.
Seite 3 Zeile 9 von oben ist statt von chemischen Veränderungen, zu setzen: von
Mischungsveränderungen.
Zu §.16. Auch Haidinger hat die Bildung von Krystallen von Kupferroth an Ägyp-
tischen Gefässen beobachtet. S. Poggendorff's Annalen XI. 183.
Zu Seite 36. Am Ende von §.31 ist Folgendes hinzuzufügen: **
Nach einer von meinem verehrten Freunde, dem Herrn Obersten von Gut-
bier, Untercommandanten der Festung Königsstein, erhaltenen Mittheilung,
bilden sich zuweilen auch in Ziegelsteinen, wenn sie zu stark gebrannt wer-
den, prismatisch -abgesonderte Stücke, welche denen ähnlich sind, die sich
zuweilen an dem durch die Gluth eines Schmelzofens gefritteten Sandsteine
des Gestelles, oder an einem durch die Einwirkung von Basalt umgeänder-
ten Sandstein zeigen.
Phyt. Clatse. VII. R
130
VERBESSERUNGEN UND ZUSÄTZE.
Zu Seite 44. Am Ende des Absatzes ist noch hinzuzufügen:
Auch bei der künstlichen Umwandlung der Schwarzkohlen in Coaks findet
nicht selten eine Bildung von prismatischen Absonderungen statt, welche
derjenigen ähnlich ist, die sich als Resultat einer Einwirkung eruptiver Ge-
birgsmassen auf Braun- und Schwarzkohlen zeigt. Etwas Ähnliches habe
ich vor Kurzem selbst an Coaks bemerkt, welche durch Verkohlung von ge-
presstem Torf gebildet waren.
Die Anmerkungen 2 und 3 sind verwechselt, indem die unter Nr. 2 stehende zu Nr. 3
gehört, und umgekehrt.
Zu §. 40. Hinsichtlich der Umwandlung des Sphärosiderites in Eisenoxydhydrat, und
zunächst in Beziehung auf den Inhalt von Seite 83 verdienen besonders auch
die Bemerkungen berüdtsichU&t Jto werden, welche Herr Sectionsrath Hai-
dinger über zwei Schaustufen von Brauneisenstein mit Kernen von Spath-
eisenstein mitgetheilt hat, die sich in der Sammlung der k. k. geologischen
Reichsanstalt zu Wien befinden. S. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichs-
anstalt von 1854 Seite 183 u. f.
Zu Seite 98 Zeile 10 v. o. :
Wie das aus der Zersetzung von Schwefelkies hervorgegangene Eisenoxyd-
hydrat durch eine Quarzmasse sich verbreitet, ist u. a. auch an dem Quarz-
porphyr wahrzunehmen, der den Alaunschiefer am Egeberge bei Christiania
durchsetzt. (Reise durch Skandinavien I. 300.) Die ziemlich dichte, ver-
stecktkörnig abgesonderte Grundmasse des Porphyrs enthält in feinen Par-
tikeln eingesprengten Schwefelkies, durch dessen Zersetzung dieselbe eine
Rostfarbe angenommen hat, welche von der äusseren Begränzung der ab-
gesonderten Stücke des Porphyrs gegen das in der ursprünglichen weissen
Farbe erscheinende Innere desselben verläuft.
i '
w
■ ..%u*>\
7.
Bemerkungen
über die
medicinischen Grundsätze der Koischen und
Knidischen Schule.
Von
Johann Wilhelm Heinrich Conrad*.
Vorgelesen in der Sitzung der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften den 24. Maj 1856.
Über die Grundsätze der Koischen und Knidischen Schule sind in der neue-
sten Zeit besonders von mehreren französchen Schriftstellern Meinungen ge-
äussert worden, welche von dem darüber von alten Griechen, wie von den
berühmtesten Geschichtschreibern der Medicin und anderen grossen Ärzten
ausgesprochenen Urtheile sehr verschieden sind. Da zwei unter jenen fran-
zösischen Schriftstellern, namentlich Litt r 6 und Daremberg, berühmte und
sonst hochverdiente Herausgeber der Hippokratischen Werke sind, und da
ihre Ansichten sich nicht bloss auf die Geschichte der alten Medicin beziehen,
sondern auch die Yergleichung der Grundsätze jener Schulen mit denen der
neuesten Medicin, ja selbst die Anwendung jener auf diese und die durch
Vereinigung der verschiedenen Grundsätze zu bewirkende weitere Vervoll-
kommnung der Medicin ein Gegenstand derselben sind , habe ich es für der
Mühe werth gehalten, eine kurze Prüfung jener Meinungen vorzunehmen.
Die Koische und Knidische Schule sind die berühmtesten unter denen
der Asklepiaden 1) und ist wenigstens von den in den anderen befolgten
1) Es ist hier nicht meine Absicht über die Geschichte der Asklepiaden überhaupt,
ihre Ausübung der Medicin in den Tempeln, die Entstehung und Einrichtung
ihrer besonderen Schalen u. s. w. mich auszulassen, sondern icbjiabe nur die
medicinischen Grundsätze zweier Schulen derselben zum Gegenstande, und ich
verweise daher in Bezug auf jenes Historische auf die Schriften über die Ge-
R2
132 JOH. WILH. HEINR. C0NRAD1,
Grundsätzen nichts Besonderes bekannt In einer Stelle des Galenus (Metbod.
medendi 'Lib. I. c. 1) heisst es: »Und ehemals zwar war ein nicht kleiner
»Wettstreit, welche die anderen durch die Menge der Erfindungen besiegen
j) wollten, zwischen denen in Kos und Knidos; denn das war noch das zwei-
Wethfe Öistfciecht. Am Asttdpiadefc in Asien , da das i* Rhodos aas^gaogen
»war. Es stritten aber 19k jhne» jeij^a guteji Wettstreit (dya9Jjv hiv ixeU
»wfiO, welchen Hesiodus lobte, auch die Ärzte aus Italien, als Philistion
»und Empedokles und Pausanias und deren Anhänger, und es wurden
»drei bewundernswerte Chöre der wechselseitig wettkämpfenden Ärzte. Die
»meisten und besten Chor- Mitglieder war so glücklich der Koer zu haben,
»nahe diesem stand auch der von Knidos, und nicht geringen Lobes werth
»war auch der von Italien."
Über die Grundsätze der Koischen Schule, wenigstens die in der späteren
Ausbildung derselben befolgten, haben wir noch die sichersten Quellen in den
übrig gebliebenen Hippokratischen Schriften selbst. Die Grundsätze der Knidi-
schen Schule können wir, da die früheren Schriften derselben, die alten
und die umgearbeiteten Knidiseben Sentenzen verloren gegangen sind, nur
besonders aus dem von Hippokrates und Galenus darüber Mitgeteilten
und etwa noch aus einigen späteren in die Hippokratische Sammlung geratbenen,
den Knidiern mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit zugeschriebenen
Schriften ersehen.
Hippokrates sagt nun in einer diesen Gegenstand betreffenden Haupt-
stelle (de victus ratione in morbis acutis ed. Ermerins, c. 1.), dass diejenigen,
welche die sogenannten Knidischen Sentenzen abgefasst haben , zwar das,
was die Kranken in den einzelnen Krankheiten leiden und welchen Ausgang
einige Krankheiten zu haben pflegen , richtig beschrieben hätten , so weit es
'schichte der Medicia (besonders Rosenbaum's Ausgabe der von Sprengel,
B. 1. S. 185. 189 fg.) und die Abhandlungen von F. G. Welcker, Choulant,
Gauthier u. A. Ich bemerke nur, dass auch nach meiner Meinung nicht alle,
welche den Namen Askiepiaden fährten, oder alle Nachkommen des Aeskulaps
Priester waren , dass es Askiepiaden und Schulen derselben gegeben hat , von
denen die Medicin ausserhalb der Tempel ausgeübt und wohl mehr als in den-
selben gefördert worden ist.
k
ÜBER DIE MED. GRUNDSÄTZE DER KOISCHEN UND KINDISCHEN SCHULE. 133
auch ein Nichtarzt richtig hätte niederschreiben können , wenn er nnr von
jedem der Kranken, das was sie leiden, wohl erfahren hätte; dass aber ein
grosser Theil von dem, was der Arzt auch ohne die Erzählung des Kranken
vorherwissen muss, von ihnen vernachlässigt worden sey, und besonders
Manches, was zum Schliessen aus den Zeichen Qss Tixpagvip) wichtig sey«
Wenn aber davon die Rede sey, wie man nach dem Schliessen aus den
Zeichen die einzelnen Krankheiten behandeln müsse, so denke er in diesem
Puncto über Vieles ganz anders, als jene es angegeben haben. Und er lobe
sie nicht allein desshalb nicht, sondern auch weil sie so wenige Mittel der
Zahl nach gebrauchten, indem sie meistens, ausser in hitzigen Krankheiten,
treibende Purganzen y Molken und Milch verordneten. Wären diese also gut
und den Krankheiten, in denen sie zu geben angerathen worden, angemessen,
so würden sie um so grösseren Lobes werth seyn, als so wenige hinreich*
ten. Nun verhalte es sich aber nicht so. Dabei bemerkt er jedoch, dass
diejenigen, welche später jene Schriften umgearbeitet haben, auf mehr medi-
cinische Weise von den Dingen gehandelt hätten, die in den einzelnen Krank-
heiten anzuwenden wären. Aber auch über die Diät hätten die Alten nichts
Erwähnenswerthes geschrieben und diesen wiewohl so wichtigen Gegenstand
vernachlässigt. Es hätten zwar Einige die verschiedenen Formen der einzelnen
Krankheiten und die vielfältige Abtheilung derselben gekannt. Indem sie aber
die Zahlen jeder der Krankheiten genau anzeigen wollten, hätten sie nicht
richtig geschrieben. Denn es würde auch nicht leicht seyn zu zählen, wenn
einer darnach die Krankheit der Leidenden abschätzen wollte, dass die eine
von der anderen einigermassen abweiche, und dass sie nicht dieselbe Krank-
heit zu seyn scheine, wenn sie nicht denselben Namen habe.
Diese Bemerkungen über die Knidischen Sentenzen hat auch Galenus
(der die alten und die umgearbeiteten noch vor sich gehabt haben soll) in
dem Commentar zu dieser Stelle (Ed. Kühn, T. XV. p. 418 sq.) weiter erör-
tert und bestätigt. Er hat hier auch als Beispiele der von den Khidiern ge-
machten zu grossen Vervielfältigung der Arten der Krankheiten angeführt, dass
von ihnen sieben Krankheiten der Galle, zwölf Krankheiten der Harnblase,
vier Krankheiten der Nieren, und hernach wieder als Krankheiten der Blase
zwölf Strangurien, bald darauf auch drei. Arten von Starrkrampf, vier von
134 - .JOB. W1LH. HEINR. CONRADI,
der Gelbsucht und ausserdem drei von der Auszehrung aufgestellt worden
seyen, denen in dem Commentar zu den Lib. de alimento (Ed. Kühn T. XV.
p. 363 sq.) noch zwei Krankheiten des Schenkels, fünf des Fusses, viele
Bräunen und viele Affectionen der Gedärme zugesetzt worden sind. Die an-
geführten Zahlen würden freilich, wenn die aufgestellten Krankheiten nur
gehörig bestimmt gewesen wären, nicht durchaus gegen die Knidier entschie-
den haben, indem es ja wirklich mancherlei Krankheiten einzelner Theile und
auch verschiedene Arten einer Hauptform von Krankheit giebt. Aber um so
bedeutender ist der dabei ihnen gemachte Vorwurf, dass sie wohl auf die
Varietäten der Körper, die durch viele Ursachen verändert würden, gesehen,
aber es vernachlässigt hatten, auf die Identität der Diathesen Rücksicht zu
nehmen, gleich wie es Hippokrates gethan habe, indem er sich zum Auf-
finden derselben einer Methode bedient, nach der es allein möglich sey, die
Zahl der Krankheiten zu finden.
Und hiernach ist auch von den berühmtesten Geschichtschreibern der
Medicin, wie anderen grossen Ärzten die Knidische Schule für eine mehr
empirische erklärt und ihr insbesondere die übertriebene Vervielfältigung der
Arten der Krankheiten zum Vorwurf gemacht worden.
Was nun die von diesem Urtheile abweichenden Meinungen neuerer fran-
zösischer Schriftsteller betrifft, so habe ich die von Houdart J) schon in
1) Dieser hatte es wohl besonders auf die Herabsetzung des aus der Koischen
Schule hervorgegangenen Hippokrates II. abgesehen. Er hat, wie ich auch
in der Recension seiner Schrift bemerkt habe, schon in seiner 1821 gelie-
ferten Inaugural - Dissertation die Verdienste des Hippokrates zu bestreiten ge-
sucht (wiewohl er nach eigenem in seiner letzten Schrift S. 301 abgelegten
Bekenntnisse damals kaum die Hippokratische Sammlung gelesen hatte) und dann
diesen Gegenstand umständlicher in seinen fitudes sur Hippocrate, wovon die erste
Ausgabe 1836, die zweite 1840 erschienen ist, bearbeitet. Er hat sich in
diesen als einen übermässigen Verehrer von Broussais gezeigt und nicht bloss
die Ansichten, welche dieser über den Hippokrates geäussert, getheilt, sondern
diesen weit mehr als jener herabzusetzen gesucht, und ist in seiner letzten
Schrift, wie ich auch in der angeführten Recension bemerkt habe, in seinen
verwegenen Äusserungen über Hippokrates noch weiter gegangen. Selbst
Daremberg hat in der im vorigen Jahre erschienenen zweiten Ausgabe der
Ober die med. Grundsätze der koiscben und knidisghen schule. 135
der in den Göttingischen gelehrten Anzeigen, 1856, St. 60— 62 gelieferten
Recension seiner letzten Schrift, der Histoire de la Mädecine Grecque depuis
Esculape jusqu ä Hippocrate exclusivement, in Betrachtung ziehen müssen. Hier
will ich nur über seine diesen Gegenstand betreffende Meinung wieder Fol-
gendes mittheilen , woraus man wenigstens auch das Yerhältniss derselben zu
den hier besonders in Betracht zu ziehenden von Littrö und Daremberg
leichter wird übersehen können.
Nach seiner in der angeführten letzten Schrift S. 182 fg. geäusserten
Meinung soll in Kos die Lehre von der Coction, den Krisen und den kriti-
sehen Tagen ausschliesslich geherrscht, in Knidos aber man sich darum gar ,
nicht bekümmert haben. In der Schule zu Kos habe man den kranken Zustand
als einen Act des ganzen Organismus betrachtet, dagegen man in der zu
Knidos die Krankheiten als ursprünglich örtliche und aus verschiedenen Sitzen
entspringende angesehen habe. In Kos habe man sich vorzüglich mit der
Prognostik beschäftigt, in Knidos sich daraus gar nichts gemacht. In Kos
endlich habe man sich gar nicht weder um die Namen , noch um die Eintei-
lung der Krankheiten bekümmert, wahrend diese beiden Puncte das Lieblings-
studium der Schule von Knidos gewesen seyen. So sey denn in Kos der
Schüler ein Prognostiker , in Knidos ein Diagnostiker geworden.
Die Behauptung Houdart's, dass die Schule von Kos sich nur auf die
Prognostik beschrankt habe, sollen aber, wie er meint (ß. 184.), unumstöss-
lich darthun das erste Buch der Prorrhetica und die Coacae Praenotiones,
welche Werke vor Hippokrates existirt hätten, wie auch Ermerins in
seiner vortrefflichen Abhandlung de Hippocratis doctrina a Prognostice oriunda
gezeigt und dessen Meinung auch Litträ angenommen habe. Dagegen bat
indessen Daremberg in einer Anmerkung zu dieser Stelle gesagt, dass,
nachdem er seine Abhandlung über die Coacae Praenotiones in den Oeuvres
choisies d Hippocrate herausgegeben, Littrö die Meinungen von Ermerins
*
Oeuvres choisies d'Hippocrate von ihm, seinem damals noch nicht verstorbe-
nen Freunde, gesagt, dass derselbe sich von dem Parteigeiste habe irre führen
lassen und dass er offenbar den Arzt von Kos dem Broussais zum Opfer
bringen wolle.
136 •.. JOa W1LH. HBINR. CONKAOi, ü : i
aufgegeben und die seinigen angenommen habe, und hat auch Littrö in dem
achten Bande seiner Ausgabe der Werke des Hippokrates S. 628 erklärt)
dass er jetzt nach weiterer Überlegung und besonders zufolge der Einwen-
dungen Daremberg'sdie Koiscben Vorhersagungen für un livre trfes-
postörieur in der Hippokratischen Sammlung ansehe. Wenn aber auch die
Coacae Praenotiones sowohl als das erste Buch der Prorrhetica mit Sicherheit
für vorhippokratisch erklärt werden könnten, so würde doch das allein jene
Behauptung keineswegs beweisen. Es würde allerdings darthun , dass die
Koiscben Arzte sich insbesondere auch mit der so wichtigen Prognostik be-
schäftigt und darüber viele und treffliebe Bemerkungen mitgetheilt hätten.
Wenn sie aber auch sonst keine etwa verloren gegangene Schriften über
andere Theile der Medicin verfasst und herausgegeben haben sollten, so würde
auch daraus keineswegs zu schliessen seyn, dass sie sich überhaupt nur auf
die Prognostik beschränkt und sich um andere Theile der Medicin gar nicht,
selbst nicht um die Namen der Krankheiten, bekümmert hätten. Denn die
Prognostik setzt doch wohl auch die Diagnostik (im weiteren Sinne) voraus,
und selbst in jenen prognostischen Schriften, besonders in den Koüchen Vor-
hersagungen, sind viele einzelne Krankheiten auch mit ihren Namen angeführt
und darauf sich beziehende prognostische Sätze darunter zusammengestellt.
Dass die Koischen Arzte sich aber auch um die Therapie bekümmern mussten,
versteht sich wohl von selbst Sowohl den in den Tempeln des Aeskubrps
Hülfe Suchenden als den an die Asklepiaden, welche nicht Priester waren
und von denen die Medicin ausserhalb der Tempel ausgeübt und gelehrt wurde,
sich Wendenden konnte überhaupt auch mit den besten Prognosen nicht ge-
dient seyn, wenn ihnen nicht zugleich die Heilmittel mitgetheilt wurden. ,
Auch Houdart's die Knidier betreffende Behauptungen, dass dieselben
sich gar nicht um die Lehre von der Coction und Krise bekümmert, dass sie
die Krankheiten überhaupt als ursprünglich örtliche (wohl im Sinne der ein*
seitigen neueren Localisationstheorie !) angesehen, dass sie sich gar nichts aus
der Prognostik gemacht hätten, dass aber das Lieblingsstudium derselben das
der Namen und der Einteilung der Krankheiten gewesen sey , kann ich nicht
für irgend gehörig durch historische Belege ausgemacht, halten. Wenn sie
aber wirklich durchaus gegründet wären, so möchte das in denselben den
ÜBER DIE MED. GRUNDSÄTZE DER KOISCHEN UND KNIWSCHEN SGBDLE. 137
Knidiern Zugeschriebene diesen nach meiner Überzeugung eben nicht zum
besonderen Vorzüge angerechnet werden können. Houdart war jedoch,
wie man nach dem oben S. 134 von ihm Gesagten ganz natürlich finden wird,
anderer Meinung. Und so erklärt er dann auch (S. 185), wie, wenn gefragt
werden sollte, welche von beiden Methoden die schönsten Früchte der Medicia
versprochen habe, ob die der Asktepiaden von Kos oder die der Schule von
Knidos, er darauf, wenn er selbst sich zu einer Ketzerei bekennen und den
Bannfluch zuziehen müsste, ohne Bedenken antworten würde, dass die der
Knidier ihm den Vorzug zu verdienen scheine, und dass diese nothwendig zu
für die Wissenschaft nützlicheren Resultaten habe fuhren müssen (T).
Ich gehe nun zu der Betrachtung der Meinung von Littrö über. Dieser
behauptet (Oeuvres d'Hippocrate T. II. p. 201 sq.) vorerst, dass die Polemik,
welche Hippokrates gegen die Knidier geführt, um gehörig beurtheilt zu
werden, von zwei Seiten betrachtet werden müsse; man müsse sich nämlich
zuerst in die Steile der alten Medicin setzen und untersuchen, welche Schule
bei den damaligen Kenntnissen Recht gehabt habe, hernach aber von dem
Gesichtspuncte der neueren Zeit aus zu erkennen suchen, welcher von beiden
Grundsätzen am besten zu den jetzigen Kenntnissen passen würde. Viele
Dinge in den Wissenschaften seyen nur relativ und temporär wahr, und es
ereigne sich, dass ein Grundsatz, dessen Anwendung in einer Epoche mangel-
haft und ohne Erfolg war, in einer anderen Epoche eine richtige und leichte
Anwendung erhalten könne. Davon hätten wir, wie er glaubt, ein Beispiel
in den Methoden von Kos und Knidos. Das Princip, welches den Grand der
Methode von Kos ausmache, sey die Prognose, das heisst das überwiegende
Studium der verschiedenen Seiten des allgemeinen Zustandes1), welches schon
1) In der von Littr* schon in der Einleitung T. I. chap. XIII. gegebenen Darstel-
lung der medicinischen Lehre des Hippokrates wird sogar gesagt, dass
zufolge der Idee von der allgemeinen Lehre der Prognose die Krankheit unab-
hängig von dem Organ, das sie afficire, und von der Form, welche sie an-
nehme, als ein Ding zu betrachten sey, was seinen Gang, Beine Entwicklung,
sein Ende habe, und auch Daremberg (Oeuvres chois. d'Hippocrate p. 121.)
behauptet, dass Hippokrates die Krankheit als unabhängig von dem Organ,
das sie afficire, und von der Form, welche Bie annehme, als för sich ihren
Gang, ihre Entwickelung und ihr Ende habend betraohtetfctbe (?).
Phy*. Clane. VII. % S
138 ::■ »OH. Wl LH. HEI NR. CONRAD!; ;>
'I.*'
seit langer Zeit aufgegeben worden sey, und wovon die Neueren keine all-
gemeine Anwendung auf die Medicin mehr zu machen wüssten. Das Princip,
welches den Grund der Methode von Knidos mache, sey das Studium der
Verschiedenheiten der Krankheiten, und es sey dasjenige, welches in der
neueren Zeit die Oberhand erhalten habe und worauf jetzt die Pathologie
beruhe. Die Arten der Krankheiten zu erforschen sey die Methode der Knidi-
schen Schule gewesen; Hippokrates tadele sie, und mit Recht, nach den
Proben zu urtheilen, die wir davon besitzen. Dieselben Arten zu erforschen
sey eine der wichtigen Beschäftigungen der neueren Medicin, und so sehr
sey es wahr, dass mit den Zeiten sich der Werth der Methoden ändere.
Die von Litt rö hier aufgestellte Behauptung, dass viele Dinge in den
Wissenschaften nur relativ und temporär wahr seyen; möchte aber überhaupt
nicht so geradezu anzunehmen, und insbesondere das Beispiel, welches die
Methoden von Kos und Knidos davon geben sollen, keineswegs für passend
und gültig zu halten seyn. Was der unter den aus der Koischen Schule
hervorgegangenen Ärzten wohl berühmteste und verdienteste Hippokra-
tes II. in seinen ächten Schriften nicht bloss in semiotischer und insbesondere
prognostischer, sondern auch sonst in pathologischer, aetiologischer , diaeteti-
scher und therapeutischer Hinsicht wirklich ausgemacht Wahres mitgetheilt
hat, wird wohl als den Gesetzen der Natur und der Erfahrung entsprechend
immer seinen Werth bebalten, wie es auch bisher von den grössten Ärzten
anerkannt worden ist 1).
Was ferner die auch von Littrö angenommene Meinung betrifft, dass
das Princip der Methode von Kos die Prognose sey, das heisst nach seiner
1) So hat auch der als ausgezeichneter practischer Arzt und Gelehrter berühmte
verewigte Berends in den nach seinem Tode herausgegebenen Lectiones in
Hippocratis Aphorismos S. 2 gesagt: „Librum igitur hujus talis viri prae-
„stantissimum, qui Aphorismi inscribitur, foetum ex ipsa veterum sententia inter
„Hippocraticos maxime genuinum, Vobis ego expositurus, in eo potissimum
„elaborandum esse duxi, ut re ipsa ostendam, Hippocraticam disciplinam non
„esse obsoletam, quaeque impune contemni queat, sed quae magnam hodie
„habeat litilitatem, atque impostemm etiam, utpote naturae legibus freta atque
„innixa, numquam sit non duratura."
Ober die med. Grundsätze der koischen und knidischen schule. 139
Bestimmung das überwiegende Studium der verschiedenen Seiten des allge-
meinen Zustandes, so ist schon oben '(S. 135 fg.} bemerkt worden, dass die
angenommene Beschränkung der Koischen Schule auf die Prognose und die
Betrachtung des allgemeinen Zustandes durchaus nicht erwiesen sey, und kann
sie in Bezug auf Hippokrates insbesondere nach dem, was in seinen
Schriften auch über andere Gegenstände mitgetheilt worden, am wenigsten
zugegeben werden. Wenn er aber dabei noch behauptet, dass jenes Princip
schon seit langer Zeit aufgegeben worden sey, und dass die Neueren davon
keine allgemeine Anwendung auf die Medicin mehr zu machen wüssten, so
kann diess doch wohl nur auf solche neuere französische Ärzte und deren
Nachbeter bezogen werden, welche der neueren einseitigen Localisations-
theorie zufolge die so wichtige Rücksiebt auf den allgemeinen Zustand in
Krankheiten, die so wichtigen Grundkrankheiten oder Elemente der Krank-
heiten vernachlässigen. Dass übrigens viele Neuere bei ihrer übertriebenen
Beschränkung auf die allerdings sonst auch schätzbaren durch Percussion und
Auscultation erhaltenen Zeichen die alte Semiotik überhaupt vernachlässigen,
ist sehr zu bedauern und zu tadeln, da die in dieser angegebenen Zeichen
für die gehörige Beurtheilung und Behandlung der Krankheit oft besonders
wichtig sind, und oft auch in Fällen, wo die durch Percussion und Ausculta-
tion erhaltenen zwar zur Kenntniss der örtlichen Affection dienen, aber zur
Bestimmung des auch bei der Behandlung so wichtigen Grundcharakters der-
selben nicht hinreichen, zu Hülfe gezogen werden müssen1).
In Bezug auf das auch von Littrö der Knidiseben Schule zugeschrie-
bene Princip, ihre Methode die Arten der Krankheiten zu erforschen, hat
derselbe selbst gestanden, dass Hippokrates sie mit Recht getadelt habe.
Er sagt auch (p. 203), dass nach dem, was wir von den anatomischen und
physiologischen Kenntnissen dieser Zeiten und den damals gangbaren Theorien
über die Säfte wüssten, es schwer zu glauben sey, dass diese Methode sehr
1) Vgl. was ich weiter hierüber schon in meiner Recension von Williams Schrift
über die Pathologie und Diagnose der Krankheiten der Brust in den Götting.
gel. Anz. 1836. St. 29—32 und in meinem Handbuche der allgemeinen Patho-
logie 6te Ausg. S. 324 geäussert habe.
S2
140 : ■•"»•:.■ ■< »WJCTO. WILH. 9BINR. CONRAD!» ;); ' ^ i
fruchtbar gewesen sey. Galen us berichte uns, dass die Knidier sieben Krank-
heiten der Galle unterschieden hätten ; worauf konnten diese Unterscheidungen
»wischen diesen Krankheiten gegründet seyn, als auf Hypothesen, die nach
der Rolle, welche man damals den gallichten Saft spielen Hess, gebildet
waren? Übrigens hätten wir, wie er glaube, eine Probe in dem zweiten
und dritten (bekanntlich auch von Anderen den Knidiern zugeschriebenen)
Buche von den Krankheiten in der Hippokratischen Sammlung, und da könne
man sich überzeugen, dass die Unterscheidungen auf ungewissen, flüchtigen
und keineswegs zur Grundlage wahrer Arten geeigneten Zeichen beruhten.
Obgleich man nun auch nach Littrö behaupten kann, dass Hippo-
krates in seiner Bestreitung der Knidier Recht hatte, so soll es sich doch
nach S. 204 fragen, ob er auf absolute oder nur auf relative Weise Recht
gehabt habe? Hier müsse man die zwischen ihm und den Knidiern anhängige
Streitfrage aus dem modernen Gesichtspuncte beurtheilen, bis dass dieser
Gesichtspunkt, welcher der unsrige sey, seiner Seils alt geworden und wieder
an seinen Platz gestellt wäre durch die Schätzung, welche unsere Nachkommen
machen müssten (!). Nun sey aber, wie er sich nicht scheue zu sagen, die
Methode der Knidier, das heisst die immer mehr genaue Unterscheidung der
Krankheiten, eine Arbeit, welcher sich jetzt die Neueren mit dem grössten
Eifer und mit dem grössten Erfolge widmeten. Die einzelnen Gegenstände
der pathologischen Anatomie l), die sorgfältigste Beobachtung der Symptome
1) Schon seit der im sechzehnten Jahrhundert wiederbelebten Anatomie hatte man
bekanntlich immer mehr eingesehen, dass Leichenöffnungen ein sehr wichtiges
Hülfsinittel zur Erkenntniss der Krankheiten sind. So ist denn auch längst an-
erkannt worden, dass die pathologische Anatomie, wenn anders bei den Leichen-
öffnungen nach dem schon von Morgagni gegebenen Rathe und vortrefflichen
Beispiele die gehörige Rücksicht auf die vorhergegangenen Umstände des Kran-
ken» die Reihe und Folge der Symptome, die sorgfältige Vergleichung derselben
mit den in der Leiche gefundenen Fehlern u. s. w. genommen worden , zur
Erkenntniss des Sitzes und der Natur , der Ursachen und Wirkungen vieler
Krankheiten sehr wichtig sey, wenn auch viele organische Veränderungen Wir-
kungen anderer Affecttonen sind, und auch gar manche Krankheiten weder auf
sinnlich bemerkbaren Fehlern der Organe beruhen noch sie hinterlassen, durch
Leichenöffnungen nicht aufgeklärt werden können. Man kana aber den wahren
ÜBER DIB MED. GRÜNDSATZE DER K01SGHEN UND KINDISCHEN SCHULE, 141
während des Lebens, die chemische Untersuchung der Säfte, Altes wirke mit
zu dem Ziel die Genauigkeit der Diagnostik von Tag zu Tag zu vermehren.
Die Einführung der Statistik in die Medicin sey einer der Ausdrücke dieses
neuen Bedürfnisses, und diejenigen, welche sich mit dem grössten Eifer an
die numerische Methode hielten, seyen, ohne es sich zu denken, in entfernten
aber gewissen Graden die Erben der Arzte der Schule von Knidos und die
Vertheidiger dessen, was ehemals in dem verloren gegangenen Buche der
Knidischen Sentenzen behauptet wurde.
Allein der von Hippokrates über die (älteren) Knidischen Sentenzen
ausgesprochene Tadel möchte auch heut zu Tage noch gelten, und ist ein
ähnlicher auch über manche nosologische Werke der neueren Zeit ausge-
sprochen worden. Hippokrates hat aber keineswegs gegen die Erforschung
und Bestimmung der Arten der Krankheiten überhaupt (das angebliche Princip
der Knidischen Schule), sondern gegen ihre mangelhafte Darstellung und un-
gegründete Vervielfältigung derselben geschrieben; und er hat, wie sich aus
den eigenen oben (S. 132 fg.) angeführten Worten seines Tadels ergiebt, wohl
gewusst, worauf es bei der Bestimmung der Arten ankommt. Dass auch er
(wie nach dem oben schon Angeführten von den Koischen Ärzten überhaupt
ohne allen Beweis behauptet worden) sich um die einzelnen Arten der Krank-
heiten gar nicht bekümmert oder gar sie nicht gekannt und sich nur auf die
Prognose und die * Betrachtung des allgemeinen Zustandes beschränkt habe, >
wird (wenn er auch keine specielle Pathologie geschrieben haben oder sie
verloren gegangen seyn sollte) durch so viele in seinen ächten Schriften
vorkommende treffliche Bemerkungen über einzelne Krankheiten und muster-
hafte Schilderungen von besonderen Krankheitsfällen auf das Bestimmteste
widerlegt Sowie, er aber der Bedeutung der einzelnen Symptome oder Zei-
chen der Krankheiten eine so genaue Beachtung gewidmet und sie so vor-
trefflich zur Prognose benutzt hat, so hat er sich dagegen mit Recht gegen
die von den Knidiern gemachte übertriebene und tlngegründete Vervielfältigung
Werih der pathologischen Anatomie wohl anerkennen, ohne desshalb in der
Überschätzung derselben zu weit zu gehen, und sie allein für die Basis der
Pathologie zu halten, wofür sie manche neuere französische Ärzte und deut-
sche; Nachbeter derselben erklären wollten.
142 JOH. WILH. HEINR. GONRADI, •
der Arten der Krankheiten (wie sie ebenfalls manche Neuere nach einzelnen,
auch weniger bedeutenden, Symptomen oder solchen entfernten Ursachen,
welche nicht wirklich eine Veränderung der Form der Krankheit verursachen,
gemacht haben) erklärt 1). Seine in dem ersten und dritten Buche von epi-
demischen Krankheiten mitgetheilten Schilderungen von Krankheits - Constitu-
tionen und einzelnen Krankheitsfällen sind auch von grossen neueren Ärzten
als vortreffliche Muster anerkannt worden, worüber ich mich hier auf meine
Abhandlung über die von Hippokrates geschilderten Fieber und Littrö's
Meinung von denselben beziehe. So haben auch besonders ein Aretäus
und andere griechische Ärzte2), später ein Sydenham, Boerhaave und
andere, welche die Hippokratischen Grundsätze befolgten, ächte Hippokratische
Ärzte 5) waren , vortreffliche Schilderungen der einzelnen Arten der Krank-
f**-
1) In dieser Hinsicht sagte auch Boerhaave (Oratio de commendando studio
Hippocratico p. 13): „Non usquam tot subtiles, atque adauctis evanidas distinctio-
„nibus, morborum atque causarum differenlias apud tnagnum medicinae Parentem
„in venire est."
2) Von den alten Ärzten überhaupt sagte auch J. P. Frank in seiner Ausgabe von
Cullen's Synopsis Nosologiae methodicae. Ticini 1787. Praefat. p. V— VI:
„Verum est, in definitione morborum scholastica, parum sudaverunt primi artis
„nostrae parentes; sed qui pictores fuisse negat quamplurimis hodiernis meliores,
„fideliores; vereor ne hie fallacissimam tueatur opinionem. ' Certe Sydenharous,
„non aliter medicinae hodiernae Restaurator audit; quam quod Hippocraticam,
„tum observandi, tum describendi methodum, per plurium seculorum intervalla
„derelictam denuo introduxerit : et tantum abest, ut in his Nosologorvm, quot-
„quot sunt, tentamina primorum Medicinae parentum laboribus palmam peaeri-
„puerint; ut saepius fateri debeant consummati in arte Viri, subtiliorem nimis
„morborum anatomen,v artis nostrae incremenlo non parum obfuisse, et pro
„magna felicitate habendum esse, quod ipsa natura, veteribus fidelior, et in
„ipsurn genus humanum, viris doctissimis, longe benignior, magnam systeraa-
„tum recentiorum partem, morborumque innumeras species, pro suis needum
nagnoverit."
3) Ächte Hippokratische Ärzte sind nicht etwa solche, welche in blinder Verehrung
des Hippokrates glauben, dass dieser schon Alles in der Medicin geleistet
habe und nur das von ihm Geleistete anzuerkennen sey, sondern solche, welche
seine Geschicklichkeit und Genauigkeit in der Beobachtung der Erscheinungen,
ÜBER DIE MED. GRUNDSÄTZE DER KÖLSCHEN UND KNIDISCHEN SCHULE. 143
betten geliefert. Dieses Beispiel möchte wohl auch den Anhängern der
numerischen Methode, wie Louis sie empfohlen hat, eher zur Nachahmung
zu empfehlen seyn, als die fehlerhafte und mehr empirische Methode der
Knidischen Schule. Denn die übertriebene, einseitige Anwendung jener nu-
merischen Methode kann ohnehin leicht zu roher Empirie führen 1).
seine Berücksichtigung der ursachlichen Verhältnisse derselben, seine ächter
Induction gemäss aus Beobachtungen gezogenen Schlüsse und Grundsätze, über-
haupt seine Methode sich zum Muster nehmen, keineswegs aber wollen, dass
die Medicin bei dem, was von Hippokrates und anderen griechischen Ärzten
mitgetheilt worden, stehen bleibe, sondern auch auf das, was von Neueren
Richtiges und Gutes bekannt gemacht worden, gehörige Rücksicht nehmen und
selbst die Wissenschaft durch weitere Forschungen und Entdeckungen zu ver-
vollkommnen streben. Hippokrates selbst würde die von seinen Nachfolgern
gemachten Fortschritte, wenn er sie erlebt hätte, wohl mit Freuden aufge-
nommen und bei seinem grossartigen Charakter, der in seinen Schriften aus-
gedrückt ist, auch Einschränkungen etwa zu allgemein ausgesprochener, oder
Berichtigungen etwa irrig. befundener Sätze gewiss anerkannt haben, wie auch
in Bezug auf einen eingestandenen Irrtbum desselben schon Celsus in einer
schönen Stelle (Lib. VIII. c. IV.) gesagt hat: „A suturis se deceptum esse Hip-
„ poerat es memoriae prodidit; more scilicet magnorum virorum, et fiduciam
„magnarum rerum babentium. Nam levia ingenia, quia nihil babent, nihil sibi
„detrahunt: magno ingenio, multaque nihilo minus habituro, convenit etiam
„simplex veri erroris confessio; praeeipueque in eo ministerio quod utilitatis
„causa posteris tradilur; ne qui deeipiantur eadem ratione qua quis ante de-
„ceptus est.tt
1) Diese meine Überzeugung habe ich schon in meinem Bericht über das medi-
cinisch- klinische Institut in dem akademischen Hospitale zu Götüngen und die
damit verbundene ambulatorische Klinik (Götting. gel. Anzeig. 1845. S. 98 — 99.)
geäussert, daselbst auch bemerkt, dass selbst treffliche französische Ärzte, be-
sonders Fuster (Gazette mädic. 1832. 1836 und Des maladies de la France
p. 5 sq.) und Risueno d'Amador (Memoire sur le calcul des probabilit6s
appliquö k la mädecine), dann auch Double, Cruveilhieru. A. schon die
gegründetsten Bemerkungen gegen jene Anwendung vorgebracht hätten. Bei
Fragen (habe ich hier weiter geäussert) wo es auf arithmetische Verhältnisse
ankommt, mag man sich derselben bedienen (wie es auch längst von den
Ärzten geschehen ist, in welcher Hinsicht ich den von Fuster genannten
144 JOH. WILH. HEINR. CONRADI, !
Noch sagt Littrö (S. 204 fg.), dass, wenn es ihm erlaubt sey die
Meinung, welche er sich in diesem seit so langer Zeit erhobenen grossen
Streit, wovon er die Hauptpnncte vorgetragen, gebildet habe, auszudrücken,
er hinzufügen werde, dass die Genauigkeit und selbst Kleinlichkeit der ein-
zelnen Umstände in der Beobachtung nie zu gross seyn könnten. Man könne
unter den Thatsachen (und jeder einzelne Umstand sey hier eine Thatsache)
diejenigen aussuchen, welche man als wichtiger für die gleichzeitige Wissen-
schaft und als mehr direct anf die allgemeinen Ideen sich beziehend ansehe;
wenn man aber beobachte, sey keine Wahl unter den Thatsachen erlaubt;
alle hätten gleiches Recht aufgenommen zu werden, die kleinste gehöre zu
dem wunderbaren Ganzen der Natur, deren Tiefe unseren Geist zugleich
anziehe und erschrecke. Er meine also, dass es keinen so geringen Umstand
gebe, der nicht seine Wichtigkeit habe, und dass man es nicht verschmähen
dürfe irgend eine Thatsache, so unbedeutend sie uns auch erscheinen möge,
aufzunehmen.
Dass bei den Beobachtungen überhaupt und insbesondere der Beobach-
tung und Beschreibung der einzelnen Krankheitsfälle und den besonderen
Krankheitsgeschichten die grösste Genauigkeit erfodert wird, und dass man
dabei keinen Umstand gleich für geringfügig halten darf (da manchmal etwas
nur unbedeutend zu seyn sckewfy, ist allerdings richtig, aber auch längst von
den Ärzten anerkannt und ausdrücklich ausgesprochen worden. Das ist von
mir ebenfalls schon in meiner Einleitung in das Studium der Medicin §.17
und in meiner Schrift über die Einrichtung der medicinischen Klinik in dem
akademischen Hospitale zu Heidelberg S. 41 geschehen,- wo ich auch den
Ausspruch von Stoll (Rat. med. P. I. p. 278.) angeführt habe: »Nil parvum,
»nil contemnendum in morborum historia, dummodo id, ulut exiguum, nostra-
»que attentione minus dignum videatur, ipsius naturae semper veridicae opus
»esse demonstretur.« Sydcnham (Opera Ed. Kühn, Praefat. p. 7.) sagte
besonders Hensler beigefügt habe, dessen Briefe über das Blatterbelzen Th. I.
S. 167 fg. und S. 187 fg. zumal auch in Rücksicht auf das dabei erfoderliche
umsichtige Urtheil hier besonders beuchtet zu werden verdienen); aber sonst
soll man nicht davon vorzüglich das Heil der Medicin erwarten oder sie als
das wahre Orakel für Ärate betrachten. - '
ÜBER DIB MED. GRUNDSÄTZE DER K01SCHEN UND KNID1SCHEN SCHULE. 145
selbst: »Porro autem in scribenda morborum historia septfnatur tantisper
7) oportet quaecunque hypothesis philosophica, quae scriptoris Judicium prae-
»occupaverit; quo facto tum demum morborum phaenomena clara ac naturalis,
»quantumvis minuta, per se adcuratissime adnotentur; exquisitam pictorum
»industriam imitando, qui ve) naevos et levissimas maculas in imagine expri-
»munt.« Die Meinung, welche sich Littrö in diesem Streite gebildet haben
will, ist also wenigstens keine neue. Hat sie nun aber wirklich eine irgend
bedeutende Beziehung auf den von Hippokrates ausgesprochenen Tadel der
Knidier? Ich muss offen bekennen , dass ich das nicht haha finden können.
Es handelt sich hier in pathologischer Hinsicht nicht etwa bloss um die längst
für nothwendig erkannte Genauigkeit bei der Beobachtung und Beschreibung
der einzelnen Krankheitsfälle oder der Krankheitsgeschichten einzelner Per-
sonen, sondern auch ganz besonders um die allerdings auch genaue und
hinlängliche Beobachtungen vieler einzelnen Fälle voraussetzende Bestimmung
und Schilderung der Arten der Krankheiten, wie sie die specielle Pathologie
erfodert. Auf Letzteres bezieht sich eben ein von Hippokrates und
Galenus den Knidiern gemachter Haupt -Vorwurf, dass sie nämlich die
wesentlichen Symptome der Krankheiten nicht von zufälligen gehörig unter-
schieden, einzelne durch individuelle Verhältnisse, zufällig eintretende ent-
fernte Ursachen bewirkte Symptome in die allgemeinen Beschreibungen der
Krankheiten aufgenommen und hiernach die Arten der Krankheiten zu sehr
vervielfältigt hätten. Ob die Knidier sich gegen diesen Vorwurf zu ver-
teidigen gesucht haben, ob wirklieb ein längerer Streit darüber geführt
worden ist, weiss ich nicht l). Aber das weiss ich wenigstens, dass die
besten späteren griechischen Ärzte das Beispiel des Hippokrates befolgt,
dass die besten Geschichtschrei her der Medicin und andere grosse neuere
Arzte den den Knidiern gemachten Vorwurf gebilligt haben.
übrigens hat die Koische Schule auch in Ansehung der Therapie be-
sonders durch Hippokrates grosse Vorzüge erhalten. Dieser hat, be-
1) Daremberg (Oeuvres choisies d'Hippocrate p. 123.) sagt selbst: „Du reste, la
„direction de l'ficole de Cnide ne parait pas avoir 6t6 longtemps suivie, la
„mäthode hippoeratique pr6valuttt
Phys. Classe. VII T
146 JOH. WILH. HE4NR. CONRADI,
sonders in dem Buche de victus ratione in morbis acutis und in den Apho-
rismen, treffliche Grundsätze über die Diät in Krankheiten, über die kluge
Nachahmung der heilenden Natur, und überhaupt allgemeine Regeln über die
Behandlung der Krankheiten aufgestellt, wegen deren er mit Recht als der
wahre Begründer der allgemeinen Therapie angesehen wird. Dass er bei der
Cur vorzüglich auch auf die Ursachen der Krankheiten und ihrer Symptome,
keineswegs bloss, wie es nur gemeine Empiriker zu thun pflegen, auf die
Symptome Rücksicht genommen hat, beweist schon die klassische Stelle in
der Schrift de victus ratione in morbis acutis §. XLHI. , wo er die Arzte
tadelt, welche nicht wüssten, wie man unterscheiden müsse die Schwäche in
Krankheiten, welche durch zu grosse Ausleerung der Gefässe verursacht
werde, von derjenigen, welche die Wirkung irgend einer anderen Reizung,
des Schmerzes, der Heftigkeit der Krankheit und mancherlei anderer Affectio-
nen sey, indem von der Kenntniss oder Unkenntniss dieser Dinge doch Leben
oder Tod abhänge. Dieselbe Rücksicht auf die Ursachen haben auch die
anderen grossen Arzte des Alterthums sowie der neueren Zeit immer genommen,
und es ist auch in allen* guten Handbüchern der Therapie die Indicatio cau-
salis von der symptomatica wohl unterschieden und gewürdigt worden. Wenn
daher die frühere Medicin überhaupt jetzt von Vielen mit dem allerdings
herabwürdigenden Namen der symptomatischen Medicin belegt wird, so zeigt
diess von Seiten derselben zum wenigsten Unkenntniss der alten Literatur
sowie selbst der classischen Schriften grosser neuerer Arzte, die freilich jetzt
von Vielen auch nicht mehr beachtet, für veraltet angesehen werden. Will
man aber etwa die sogenannte symptomatische Medicin auf die Krankheits-
formen beziehen, welche nicht nach ihrer noch unbekannten inneren Natur,
sondern nach den sinnlichen Erscheinungen, dem sogenannten Ausdruck der
Krankheit oder Symptomen -Complex bestimmt und benannt worden sind, so
hat man ja neuerlichst selbst gesteben müssen, dass man auch bei dem
jetzigen Stande der Wissenschaft in vielen Fällen, wo die innere Natur und
auch datf anatomische Verhältniss der Krankheiten (z. B. bei vielen Nerven-
krankheiten u. s. w.) noch nicht gehörig bekannt sind, jene Bestimmungen
nicht entbehren, sich an die sinnlichen Erscheinungen, an die symptomatische
Ähnlichkeit des Krankheitsbildes halten müsse (wobei jedoch nach meiner
Ober die med. Grundsätze der koischen und knidischen schule, ui
Meinung die Kenntniss der offenbaren entfernten Ursachen uns in der Cur
wohl leiten kann und muss). Vgl. was ich in meiner Abhandlung über
die Selbstständigkeit der Fieber S. 6 fg. über diesen Gegenstand geäussert
habe.
Nach Littrö hat sich noch Daremberg in seiner Ausgabe der
Oeuvres choisies d'Hippocrate (p. xcvi. 122. 475.) über diesen Gegenstand
geäussert. Dieser meint zwar auch, dass die Tendenz der Koischen Schule
auf die fast ausschliessliche Betrachtung des allgemeinen Zustandes, das Stu-
dium des Gemeinschaftlichen der Krankheiten, auf die prognostische Aus-
legung der krankhaften Erscheinungen gerichtet gewesen sey, setzt jedoch
hinzu, dass diese Tendenz sie zum höchsten Grade der Wissenschaft und des
Ruhmes, den sie habe erreichen können, erhoben, dass sie dieselbe vor
einem blinden Empirismus bewahrt habe, indem sie alle zerstreuten That-
sachen zusammengebracht und durch ein gemeinschaftliches Band, die Prognose,
wieder befestigt habe; dass sie dieselbe mit dieser schönen Methode der
Beobachtung ausgestattet, welche unter den Händen des Hippokrates Re-
sultate hervorgebracht habe, zu welchen die gegenwärtige Wissenschaft kaum
mit allen ihr zu Gebot stehenden Hülfsmitteln gelangen kann. Er behauptet
aber auch (daselbst in der Einleitung zum Prognosticon und p. 475.) von
Hippokrates insbesondere, dass derselbe sich vorzüglich mit dem Aus-
gange und dem allgemeinen Gange der Krankheit beschäftigt, dass er die
Unterscheidung und Benennung der krankhaften Einheiten oder besonderen
Arten vernachlässigt, und dass er nicht nach den besonderen Symptomen,
welche diese oder jene Art zeigen können, gefragt habe: dass alles diess
ihm sehr geringen Nutzen für die Erkenntniss und Behandlung der Krank-
heiten zu bringen geschienen habe. — Von der Knidischen Schule aber sagt
er, dass sie eine entgegengesetzte Tendenz befolgt, dass so sehr die Askle-
piaden von Kos zur Generalisation gestrebt, eben so sehr die von Knidos
die Arten der Krankheiten vervielfältigt und jedem Krankheitszustande, der
nicht identisch mit einem anderen war, einen verschiedenen Namen gegeben
hätten, dass aber bei dem Mangel aller genauen anatomischen Kenntnisse diese
Arten nicht durch irgend ein Band befestigt seyn konnten, und dass man
schon bei den ersten Schritten der Wissenschaft in den fatalen, in unseren
T2
148 JOH. WILH. HEINR. CONRADI,
Tagen erneuerten, Irrtbum verfallen sey, nur individuelle und isolirte Krank-
heitszustände in den kleinsten Formen der Krankheiten zu sehen. — Die
wissenschaftliche Vereinigung der zwei entgegengesetzten Tendenzen der
Schule von Kos und der von Knidos soll nun nach seiner Meinung (p. xlyl)
das Ziel seyn, welches die wahre Wissenschaft sich zu setzen habe; und da
werde sie allein Beständigkeit und Grösse finden. . Und so sagt er noch
{ip. 124.), dass, da in unserer Zeit und besonders in der Schule von Paris
die LocaU Diagnostik die ganze Wissenschaft beherrsche, die Quelle von allen
ihren Fortschritten wie auch gewisser Verirrungen und vieler Lücken sey,
es sehr zu wünschen wäre, dass eine geschickte und kräftige Hand durch
Verschmelzung der alten und neuen Methode in eine einzige die Medicin
wieder auf den einzigen Weg brächte, der ihr von der Natur vorgezeich-
net sey.
Da ich Mehreres, was von Daremberg in ähnlicher Weise wie von
Li Uro über die Tendenz der Koischen Schule überhaupt, die ihr zuge-
schriebene fast ausschliessliche Betrachtung des allgemeinen Zustandes und
Beschränkung auf die Prognose, Vernachlässigung der Unterscheidung und
Benennung der Arten der Krankheiten u. s. w. behauptet worden , schon im
Vorhergehenden berücksichtigt und meine abweichende Ansicht ausgesprochen
habe, will ich nur noch über die nach seiner Meinung von der wahren
Wissenschaft sich als Ziel zu setzende wissenschaftliche Vereinigung der zwei
entgegengesetzten Tendenzen der Schulen von Kos und Knidos oder auch der
alten und neuen Methode Folgendes bemerken.
Dass die Methode der Knidischen Schule die Arten der Krankheiten zu
bestimmen und zu beschreiben höchst mangelhaft war, ist von Daremberg
wie von Littre selbst bemerkt und der von Hippokrates ausgesprochene
Tadel derselben von diesem für gegründet erklärt worden. Die Knidier haben
die Krankheiten auf mehr empirische Weise, sowie es nach der Äusserung
des Hippokrates auch ein Nicbtarzt hätte thun können, beschrieben; sie
haben die zufälligen Symptome nicht gehörig von den wesentlichen zu unter-
scheiden gewusst und desshalb so oft nach einzelnen zufälligen Symptomen
wieder besondere Arten der Krankheiten bestimmt und dieselben so über-
ÜBBR DIB MED. GRUNDSÄTZE DER KOISCHBN UND KNIDISCHEN SCHULE. 149
massig vervielfältigt Von einem besonderen, irgend bedeutenden, eigentlich
wissenschaftlichen Principe derselben in Bezug auf die gehörige Bestimmung
und Schilderung der Arten der Krankheiten oder gar die nosologische Ein-
teilung und Benennung derselben kann also wohl nicht die Rede seyn.
Wie könnte nun die Vereinigung einer so mangelhaften Methode mit der Hippo-
kratischen auch nur mit einigem Grunde für statthaft erklärt werden, und
wie sollte sie irgend nützen können? Wenn auch Hippokrates keine
specielle Pathologie geschrieben oder hinterlassen hat, und wenn selbst die
Behauptung , dass Hippokrates sich um die einzelnen Arten der Krank-
heiten gar nicht bekümmert hatte, irgend gegründet wäre (was sie nach
meiner oben S. 136. schon ausgesprochenen Überzeugung keineswegs ist), so
haben doch (wie ebenfalls oben schon angegeben worden) so viele seiner
Nachfolger, welche seine Grundsätze befolgten, vortreffliche Schilderungen
der einzelnen Arten von Krankheiten, worin die wesentlichen Symptome der-
selben wohl von zufälligen unterschieden sind, geliefert. Es möchte daher
die Vereinigung dieser Hippokratischen Methode mit einer anderen nicht bloss
überhaupt überflüssig seyn, sondern insbesondere die mit der höchst mangel-
haften Knidischen als sehr seltsam erscheinen. — Was aber die Local-
Diagnostik betrifft, welche nach Daremberg in unserer Zeit und besonders
in der Schule von Paris die ganze Wissenschaft beherrschen, die Quelle ihrer
Fortschritte wie auch gewisser Verirrungen und vieler Lücken seyn soll, so
möchte es für die Anhänger derselben und besonders auch für die von ihnen
zu behandelnden Kranken wenigstens zu wünschen und jenen allerdings sehr
zu empfehlen seyn, das von alten und neueren Hippokratischen Ärzten nicht
bloss in Bezug auf die allgemeinen, sondern auch in Bezug auf die örtlichen
Verhältnisse der Krankheiten in pathologischer und therapeutischer Hinsicht
gelehrte Gute und Bewährte wohl zu berücksichtigen und dadurch ihren
Mängeln abzuhelfen. Es haben indessen neuerlichst selbst immer mehr fran-
zösische Ärzte sich gegen die übertriebene Localisationstheorie überhaupt er-
klärt, und auch deutsche, die früher auch in dieser Einseitigkeit die franzö-
sischen nachgeahmt hatten, haben sich doch bewogen gefunden wieder allge-
meinere Verhältnisse der Krankheiten (sogenannte Constitutions - Anomalien,
Constitution eile Irritationen, Fieber u. s. w.) zu berücksichtigen und gelten zu
150 J. W. H. GORRADI, ÜBER D. GRUNDS. D. KOJSCHEN D. KNIDISCH. 8CHDLE
lassen. Und so wollen wir denn wünschen und hoffen, dass immer Mehrere
den längst gefundenen rechten Weg l~) wieder einschlagen mögen.
1) So heisst es schon in der Hippokratischen Schrift de prisca medicina (die von
Littrö dem Hippokrates II. selbst, freilich gegen das Urtheil mancher frü-
heren Kritiker und auch das von Ermerins, Petersen U.A., zugeschrieben
worden ist): i>lij*Q*xjj dh ndvva ndXai vndgyet , xal uQ^ij xal odog wqi;-
-njaivr,, xa&* rjv xal tu evQtj/tiiva noXXa te xui xuXüg eyoviu evgyjut iv
^noXXui IQOVto , xal ra Xotnä evQS&rjoetat , rjv ttg ixavog i« wv xal tu
nevQtjfiiva tld&g ix tovtwv oQ/nw/ievoe £tjtit]' oatiß Sh tavta dnoßaXwv
„xal dnodoxtjudaag navta, itegy odü xal itigm oy^]/naji IniyttQeetv ffttdu
„xai <pvost vi evQfjxtvai, itynurytai xal tj-anazdtai." „At vero in medi-
„cina jam pridem omnia subsistunt, in eaque principium et via inventa est, per
„quam praeclara multa longo temporis spatio sunt inventa et reliqua deinceps
„invenientur, si quis probe comparatus fuerit, ut ex inventorum cognitione ad
„ipsorum investigationem feratur. Qui vero his Omnibus rejectis ac repudiatis
„aliam inventionis viam aut modum aggreditur et aliquid se invenisse jactitat,
„is cum fallitur tum alios fallit.u
Systematische Untersuchungen
über
die Vegetation der Karaiben,
insbesondere der Insel Guadeloupe, nach den Sammlungen Duchassaing's,
Ton
A. Grisebach.
Der Köoiglichen Gesellschaft der Wissenschaften am 16. Januar 1857 vorgelegt.
s
eit langer Zeit hatte ich gewünscht, die Vegetation einer tropischen Land-
schaft nach umfassenden Materialien zu untersuchen. Die Vortheile, welche
die Analyse zahlreicher Pflanzenformen der verschiedensten Bildungsweise für
die Erweiterung systematischer Gesichtspunkte gewährt, sind nicht gering an-
zuschlagen. Sodann hoffte ich, auf diesem Wege meine Ansichten über die
Weite des Speciesbegriffs fester zu begründen, eine Frage, die, wiewohl
gegenwärtig mehr als jemals bestritten , doch den Kern jeder wahren Entwicke-
lung sowohl der systematischen als geographischen Botanik enthält. Auf der
einen Seite sehen wir fast durch jede botanische Reise in den wärmeren Ge-
genden beider gemässigter Zonen die Zahl der Arten, welche aus den gesam-
melten Pflanzenformen beschrieben werden, in beispiellosem Umfange vermehrt
und kommen, indem wir die Arbeiten der Naturforscher anerkennen, die in
dieser Richtung thätig sind, zu Vorstellungen von einer gleichsam unerschöpf-
lichen Mannigfaltigkeit der ursprünglichen Typen. Auf der anderen Seite zei-
gen neuere Untersuchungen über die tropische Vegetation, von der man doch
den höchsten Reichthum der Natur zu erwarten pflegt, ein entgegengesetztes
Ergebniss: niemals sind massenhaftere Materialien für botanische Forschungen
angehäuft, als in den indischen Sammlungen Englands und Hollands, aber, seit-
dem man anfängt, sie gründlich zu bearbeiten, finden sich grossentheils alt-
bekannte Arten und zahlreiche Formen, die man früher unterschieden hatte,
152 A. GRISEBAf.H,
werden eingezogen. Ist es nur der individuelle Standpunkt der Naturbelrach-
tung, welcher zu so unerwarteten Gegensätzen führt? oder steht die Mannig-
faltigkeit der Arten in einem umgekehrten Verhältniss zu der Üppigkeit des
Wachsthums, so dass die schönsten Klimate der gemässigten Zonen mit der
reichsten FormepfäUe ausgestattet siod «d die Stunden des Orients, wie die
Sträucher des Caplandes, engere Räume bewohnen, als die Baumgestalten,
Lianen und Parasiten der Tropen weit? Meine bisherigen Forschungen machten
mich dem letzteren Gesichtspunkte geneigt, aber sie blieben unvollständig, bis
es mir gelang, eine an Formen reichhaltige Sammlung aus den Tropen zu er-
werben, deren Bearbeitung den Gegenstand der nachfolgenden Mittheilungen
bildet.
Duchassaing, ein französischer Arzt, der theils auf Guadeloupe, theils
in Panama botanische Sammlungen von seltenem Werthe zusammenbrachte,
hatte diese Materialien dem verstorbenen W alpers zur Publikation eingesendet,
aas dessen Nachlass dieselben vollständig in meine Hände gelangt sind. Der
Wunsch des Sammlers, der, wie seine handschriftlichen Mittheilungen zur
Genüge darthun, alle Hülfsmittel zur richtigen Bestimmung seiner Pflanzen ent-
behrte, dieselben durch Walpers bearbeitet zu sehen, blieb unerfüllt: als ich
die Sammlungen nach dessen Tode erhielt, befanden sie sich noch in demsel-
ben Zustande, in welchem sie ihm zugekommen waren; keine Etikette war
von seiner Hand beschrieben oder verbessert, mit alleiniger Ausnahme einer
Anzahl von etwa 30 Arten, die Walpers zu einer unbedeutenden Publikation
benutzt hatte. Diese Publikation, die den Titel: Plantae novae etc. (Dec. 1 — 3.)1)
führt, ist indessen als werthlos zu bezeichnen, weil die darin als neu darge-
stellten Pflanzen mit sehr wenigen Ausnahmen verkannt und auf ältere Arten
zu reduciren sind, und weil sogar Irrthümer über den Ursprung einiger Formen
sich eingeschlichen haben, die durch Duchassaing s eigene Mittheilungen wider-
legt werden. Dagegen verdienen diese durch Zeichnungen erläuterten Manu-
Scripte des Sammlers, wiewohl seine Hoffnung, zahlreiche, von ihm als neu
beschriebene Gewächse in das System eingereiht zu sehen, nur in sehr wenigen
Fällen in Erfüllung geht, sorgfältige Berücksichtigung, so fern sie schätzbare
1) Linnaea, 23. p. 737— 756. (Dec. 1.2.); Regensb. fl. 1853. S. 226-233. (Dec. 3.).
ÜBER DIB VEGETATION DER KARA16EN. 153
Nachrichten über den Wuchs, die Blütbenfarbe , den Standort und die auf
Guadeloupe gebräuchlichen, französischen Namen der gesammelten Pflanzen
enthalten: Angaben, die ich daher vollständig in meine Arbeit aufgenommen
und als vom Sammler herrührend bezeichnet h#be.
Westindien bietet bei der Untersuchung des Formenumfangs tropischer
Gewächse eigentümliche Vortheile, weil von diesem Archipel die genauere
Kenntniss der Vegetation in der heissen Zone ausgegangen ist. In den klassi-
schen Landschaften, wo Sloane, Pluiqier, Jacquin und Swartz ihre
Forschungen anstellten , ist es mit grösserer Sicherheit, als anderswo, möglich,
die ursprünglich unterschiedenen Arten wiederzuerkennen, deren Typus durch
zahlreiche, ältere Abbildungen für spätere Zeiten festgestellt worden ist. Ob-
gleich die Sammlung Duchassaing's von der Insel Guadeloupe eine bei Weitem
grössere Anzahl von Arten enthält, als irgend eine frühere Untersuchung der
karaibischen Inseln ergeben hatte, so ist doch das allgemeine Ergebniss meiner
Analysen, dass die Mehrzahl der Formen den älteren Schriftstellern schon
bekannt war und dass mit wenigen Ausnahmen die übrigen als Bestandtheile
der Vegetation entweder Jamaika s oder des benachbarten Kontinents bereits
beschrieben worden sind. Dieses Ergebniss ist ein ganz anderes, als man nach
einigen vereinzelten Publikationen aus gleicher Quelle hätte erwarten können:
so haben Steudel in seiner Synopsis der Glumaceen und F6e bei der Bear-
beitung der Farne eine Reihe neuer Arten auf Duchassaing s Pflanzen begründet,
die ich, auf die Variabilität der Charaktere gestützt, zu bekannten, ja zum
Theil zu den gewöhnlichsten Formen der westindischen Flora zurückführe.
So ist meine Arbeit ein neues Dokument für den oben angedeuteten Satz ge-
worden, dass die Fülle des tropischen Lebens in denjenigen Gebieten, die von
jeher leicht zugänglich waren, durchaus nicht die Mannigfaltigkeit von Formen
verbirgt, welche dem Sammler neue und bedeutende Entdeckungen zu machen
verspricht. Um diesen Satz in ein klareres Licht zu stellen und zugleich
meiner Mittheilung eine gewisse praktische Brauchbarkeit für die Untersuchung
karaibischer Pflanzen zu verleihen, habe ich einen Katalog der sicher bestimm-
ten Gewächse entworfen, welche auf den zwischen dem löten und 19ten
Parallel gelegenen Inseln (zwischen Martinique und S. Thomas) beobachtet
worden sind, und mit Ausschluss zweifelhafter Formen auch diejenigen Arten
Phys. Classe. VU. U •
454 A. GRISKBACH,
aufgenommen, die, ohne von Duchassaing gesammelt zu sein, sich bei Jac-
quin, Swartz, West, Wickström, v. Schlechtendal u. A. aus diesem
Gebiete verzeichnet finden.
Unter den Karaiben zeichnet sich Guadeloupe durch die verhältnissmässig
grösste Mannigfaltigkeit einheimischer Pflanzenformen aus. v. Buch hat zuerst1)
auf die eigentümliche geognostische Struktur der karaibischen Inseln aufmerksam
gemacht, von welcher die Vertheilung der Pflanzen auf diesem Archipel abzuleiten
ist Die östliche, in das atlantische Heer hinausgerückte Reihe von Inseln,
besteht aus Tertiärkalk und erhebt sich nur wenig über den Spiegel der See:
dahin gehören von den botanisch genauer bekannten Punkten Barbadoes, Grande-
terre, S. Barthölemi. Kegelberge thätiger Vulkane, über 5000' ansteigend,
bezeichnen die dem karaibischen Heere zugewendete westliche Reihe von
S. Vincent, Guadeloupe, S. Christoph und S. Eustache. Da aber Guadeloupe
mit Grandeterre nur eine einzige, von einem schmalen Heeresarm durch-
schnittene Insel bildet, so zeichnet sie sich dadurch aus, dass hier beide den
Charakter der Vegetation bestimmende Bodenverhältnisse vereinigt sind. Aber
nicht bloss die Natur des Bodens kommt hiebei in Betracht, sondern in höherem
Hasse dessen plastische Gestaltung und deren Einfluss auf das Klima. Die
karaibischen Inseln stehen den grössten Theil des Jahrs hindurch unter der
Herrschaft des Passatwindes und deshalb leidet die äussere Reihe, die sich
nur wenig über das Heer erhebt, an Dürre und Quellenarmuth. Es ist bekannt,
dass waldige Gebirgsküsten auch aus dem an sich regenlosen Passat, indem
sie ihn abkühlen, Niederschläge hervorrufen. Indessen sind die vulkanischen
Berge der inneren Inselreihe, wiewohl reichlich bewaldet, doch von zu ge-
ringem Umfange, ate dass solche Wirkungen hier, wie in Brasilien, bedeutend
hervortreten könnten. Die Regenzeit ist vielmehr an den Stand der Sonne
gebunden und folgt der heissesten Jahrszeit, wenn der Passatwind aufhört.
Aber sowohl in der Häufigkeit als in der Intensität der Niederschläge scheinen
grosse Unterschiede statt zu finden, die, ohne Zweifel von der physischen
Gestaltung der Inseln abhängig, im Einzelnen noch nicht verfolgt werden
können, da es an umfassenden Beobachtungen fehlt. Selbst die Erscheinung,
1) Physik. Beschr. der canarischen Inseln, S. 400 — 405.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARA1BEN. 155
dass man ausser der grossen Regenzeit, die gewöhnlich vom August bis Ende
November anhält, noch eine kürzere Reihe von Niederschlägen im Mai unter-
scheidet1), eine Thatsache, welche auf den Gang der Vegetation mächtig ein-
wirken muss, bleibt bis jetzt unerklärt. Doch steht es fest, dass die Nieder-
schläge der vulkanischen Inseln anderen tropischen Waldlandschaften nicht nach-
stehen und dass hingegen der sorgfältige Anbau des Rodens auf dem Kalk-
substrat nicht selten durch Trockenheit gefährdet wird. Guadeloupe, eine Insel,
die etwa zweimal so gross ist 2) , wie Rügen , dieser zwiefachen Redingungen
theilhaftig und mit waldigen Gebirgsregionen ausgestattet, wo die Regenmenge
an zwei Beobachtungsstationen um das Doppelte sich verschieden zeigte, be-
sitzt demzufolge eine grössere Reihe von einheimischen Pflanzenformen, als
vielleicht irgend ein gleich grosses insulares Areal im atlantischen Meer: aber
es würde irrig sein, dem tropischen Klima zuzuschreiben, was nur eine Folge
der Mannigfaltigkeit physischer Einflüsse ist, die hier auf engem Räume ver-
einigt sind.,
Da die Reschreibungen der westindischen Pflanzen grossentheils einer Periode
angehören, die der Ausbildung des natürlichen Systems vorausging, so ist auf
diesem Gebiete noch immer eine Reihe von Typen übrig, deren Rau unvoll-
ständig untersucht und deren Stellung daher zweifelhaft ist. In der neueren
Zeit hat fast nur A.Richard in seiner Flora von Cuba sich umfassend mit
Fragen dieser Art beschäftigt: allein leider unierbrach der Tod seine treffliche
Arbeit, die nur bis zum Schluss der polypetalischen Familien erschienen ist.
Unter den Ansichten über zweifelhafte Formen, zu denen mich meine Unter-
suchungen geführt haben, glaube ich zwei hervorheben zu dürfen, die sich
auf Gattungen beziehen, von denen die eine zwar genau bekannt, aber sehr
verschieden beurtheilt, und die andere völlig räthselhaft geblieben ist.
Canella. Die frühere Verwechselung von Canella alba mit Drimys beruht
meines Erachtens auf einer wirklichen natürlichen Verwandtschaft beider Ge-
wächse, welche, durch eine irrige Analyse des Fruchtbaus von Canella ver-
dunkelt, auch nach deren Rerichtigung nicht erkannt worden ist. Det vor-
1) Edwards history of the British West Indies, 1. p. 10. — Schomburgk
history of Barbadoes p. 28.
2) 31 g. Quadratmeilen n. M ei nicke Westindien S. 583.
U2
156 A. GRISBBACH,
züglichste Einwand, den man gegen diese Ansicht erheben könnte, besteht in
der Mönadelphie von Canella, allein wir finden einen ganz ähnlichen Bau bei
Myristica, deren nahe Beziehung zu den- Anonaceen jetzt allgemein anerkannt
ist und die sich zu dieser Familie ähnlich verhält, wie Canella zu den Magno-
liaceen. Wir verdanken Richard (a.a.O. S. 245) eine genaue Darstellung
von dem Bau des Ovariums und Samens, welche in allen wesentlichen Be-
ziehungen mit Tasmania übereinstimmt. Der dreigliedrige Kelch, welcher bei
der Fruchtreife abfällt, die hypogynische Insertion, das einfache Karpophyll
mit suturalen Eiern, die Testa crustacea, der kleine Embryo im oberen Ende
des Endosperms und die Übereinstimmung der aromatischen Sekrete begründen
die Stellung von Canfella im natürlichen System. Die in der Familie der
Magnoliaceen aufgestellte Gruppe der Illicieen, zu denen diese westindische
Gattung gehört, wird hiernach einen erweiterten Charakter erhalten müssen,
da sie zwar in den fehlenden Nebenblättern, den punktirten Blättern, den an-
gewachsenen Antheren und der Reduktion der Fruchtglieder mit ihnen über-
einkommt, aber sich durch die Mönadelphie und die geringere Anzahl der
Staminen unterscheidet. — Von den bisherigen Ansichten über die Stellung
von Canella hat A.Richard bereits einige widerlegt, indem er zeigte, dass
sowohl die Meinung Jussieu's, der sie zu den Meliaceen stellte, als die
spätere von v. Martins, der sie mit Platonia verglich, auf irrigen Charakteren
beruhte: dasselbe gilt von De Candolle's Versuch, sie den Guttiferen an-
zuschliessen. Allein Richard's eigene Andeutung, dass die Ternstroemiaceen
eine Beziehung zu Canella darbieten, welche durch Cochlospermum vermittelt
würde, steht ebenso wenig mit dem Bau der Organe in Einklang und die
von Miers geäusserte Vermuthung, dass Canella mit den Humiriaceen oder
mit ßen Styraceen verwandt sei, ist gleichfalls mit den oben bezeichneten
Charakteren unvereinbar.
Rochefortia. Diese von Swartz nach zwei Arten aus Jamaika be-
schriebene und durch eine Abbildung der Blüthe und unreifen Frucht erläu-
terte ^) Gattung scheint in keiner späteren westindischen Sammlung mit Sicher-
heit wiedererkannt zu sein. Da, wie ich zeigen werde, Swartz sich bei
1) Fl. Ind. occid. 1. p. 551. t. 11.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 157
der Analyse des Ovarium wesentliche Irrthümer zu Schulden kommen liess,
so ist die systematische Stellung von Rochefortia bisher höcht dunkel geblieben:
alle Versuche, sie in das System einzureihen, sind fehlgeschlagen. Swartz
selbst äussert sich höchst auffallend über diesen Punkt, indem er seine Gattung
als ein Mittelglied zwischen zwei Gruppen (den Celastrineen und Hydrolea)
bezeichnet, welche unter einander keine Beziehung darbieten: mit bestimmten
Worten zählt er sie indessen ungeachtet der sympetalischen Corolle zu den
Rhamneen, von denen die Celastrineen damals noch nicht abgesondert waren,
und stellt sie neben Schrebera (A. h. Elaeodendron). Gegen diese Ansicht
erklärte sich De Candolle1), indem er, ohne einen Zweifel zu äussern,
jedoch wahrscheinlich nur nach der Beschreibung, die indessen durch zwei
Griffel abweicht, Rochefortia als Solanee bezeichnet, eine Meinung, die eben-
falls von keinem späteren Schriftsteller getheilt worden ist. Sprengel führte
Rochefortia sodann unter den Gentianeen auf2), an welche sie nicht einmal
in den Vegetationsorganen erinnert: als ich früher eine Veranlassung hatte,
mich hiegegen zu erklären3), glaubte ich nach den unvollständigen Materialien,
welche Willdenow's Sammlung darbot, wegen der habituellen Ähnlichkeit
mit Diospyros eine Verwandtschaft mit den Ebenaceen annehmen zu dürfen,
eine Vermuthung, die sich indessen ebenfalls nicht bestätigt hat. Später stellte
Choisy, Swartz's zweiter Andeutung folgend, Rochefortia als zweifelhafte
Gattung an das Ende der Hydroleaceen4), jedoch ohne die Gattung selbst
gesehen zu haben. Alle diese Versuche, sie zu klassificiren , haben so wenig
Anerkennung gefunden, dass sowohl Endlicher als Lindley Rochefortia
unter die Genera dubiae sedis verweisen, ohne eine eigene Ansicht aus*
zusprechen.
Es war kaum anzunehmen, dass westindische Sträucher mit einer so
ausgezeichneten Blüthenbildung von späteren Sammlern gar nicht sollten wie-
deraufgefunden sein, und in der That führt Wik ström, dem die Vergleichung
von Swartz's Originalexemplaren zu Gebote stand, in seiner nach Fors-
1) Prodr. 2. p.42.
2) Anleit. zur Kenntniss der Gewächse. 2. S. 4J7.
3) Observationes de Gentianearum characleribus p. 30.
4) Prodr. 10. p. 181.
158 A. GRISEBAGH,
slröms Sendungen bearbeiteten Übersicht der Flora von Guadeloupe1)
Rochefortia ciineata Sw. ohne weitere Bemerkung als einheimisch auf dieser
Insel an. Gestützt auf seine Angabe, vermuthete ich dieselbe in einer Pflanze
vor mir zu haben, welche zu der von G. Don aufgestellten Gattung Lutro-
stylis gehört und die bis auf solche Struktur Verhältnisse, in denen Swartz
sich möglicher Weise getäuscht haben konnte, mit der Charakteristik seiner
Gattung übereinstimmt Der wesentlichste Unterschied besteht nämlich darin,
dass Swartz die Frucht zweifächerig nennt und acht angebliche Eier abbildet,
während meine Pflanze ein vierfächeriges Ovarium mit einzelnen Eiern in
jedem Fache besitzt und in einer Beere vier Samen ausbildet: nun lässt aber
die Abbildung des Querschnitts der unreifen Frucht bei Swartz (Fig. e) auf
vier Scheidewände, gerade wie sie Lutrostylis angehören, schliessen und, da
ihm die reife Beere nicht zu Gebote stand, so ist die Darstellung der Eier
(Fig.* f) wohl als das Ergebniss einer verunglückten Analyse anzusehen, wenn
man erwägt, wie wenig man in damaliger Zeit geübt war, den Bau kleiner
Organe zu studiren. Derselhe Irrthum ist übrigens auch von anderen Botanikern
gerade bei der Gruppe von Ehretia2) begangen, indem sie, verführt durch
die bei Beurreria vorkommenden Intercellularräume in den Steinkernen, welche
sie für Fruchtfächer hielten, obwohl denselben gar keine morphologische Be-
deutung zukommt, dieser Gattung acht Samen zuschrieben, wie Alph. De
Candolle bereits bemerkt hat.
Wenn ich mich daher berechtigt halte, auf Grund der von Swartz ge-
gebenen, übrigens vollkommen mit meinem Gewächs übereinstimmenden Dar-
stellung von Rochefortia cuneata, Lutrostylis spinosa Dons, die, vonGoudot
bei Tocayma in Neu -Granada gesammelt und aus dem Herbarium Sir W.
Hookers gefälligst übersandt, mit meinen Materialien verglichen werden
konnte, auf Rochefortia zurückzuführen: so haben doch meine weiteren Be-
mühungen, einen absoluten Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme durch
Originalexemplare zu gewinnen, keinen entsprechenden Erfolg gehabt, indem
es meinem Freunde, Dr. Anderson in Stockholm, bis jetzt nicht gelungen
1) Kongl. Vetensk. Akad. Handling. J. 1827. p. 62.
2) Vergl. De Candolle Prodr. 9. p. 504 u. f.
Ober die Vegetation der karaiben. 159
ist, Rochefortia in den Sammlungen Swartz's aufzufinden. Zwar Übersandte
er mir eine in Forsström's Herbarium mit der Bezeichnung Rochefortia ovata
enthaltene Pflanze, die er mit Recht als identisch mit Randia aculeata L. er-
klärte: allein da dieses Gewächs in keiner Beziehung und auch nicht in sol-
chen Charakteren, bei denen, wie bei der Alternanz der Blätter und dem
»Germen superum«, ein lrrthum unmöglich war, mit der Charakteristik bei
Swarlz, welche sich wahrscheinlich auf R. cuneata bezieht, in Übereinstim-
mung befindet, so ist anzunehmen, dass Forsström's Name auf einer blossen
Verwechselung der Exemplare beruht, und keinenfalls kann der Umstand, dass
die in Schweden aufgefundenen Materialien, welche seiner Zeit von Swartz
und Wik ström benutzt wurden, mit jenem Namen bezeichnet sind, berechtigen,
Rochefortia auf eine Rubiacee zurückzuführen, die mit der in den Schriften
Swartz's dargestellten Rochefortia nichts gemein hat. Auch hat Wikström
in seinen beiden, auf Forsström's Sammlungen begründeten Abhandlungen
über Guadeloupe und S. Barthölemy die Rochefortia ovata Sw. gar nicht erwähnt
Eine andere Frage ist, ob Rochefortia, auf den Typus der Boragineen
zurückgeführt, als selbständige Gattung neben Ehretia bestehen kann. De Can-
dolle hat zwar Ehretia, Beurreria, Carmona und Lutrostylis zu einer einzigen
Gattung vereinigt, aber selbst seinen Zweifel darüber zu erkennen gegeben x).
R. Brown hingegen beschränkt den Charakter von Ehretia auf E. linifolia L
und die mit ihr verwandten nicht- amerikanischen Arten und lässt diese allein
als ächte Bestandteile der Gattung gelten2). Die von ihm angeführten Ab-
weichungen der übrigen Ehretien, welche von De Ca nd olle zur Aufstellung
seiner Sectionen und von G. Don zur Unterscheidung mehrerer Gattungen
hauptsächlich benutzt worden sind, genügen für sieb allein nicht, diese Frage
zu entscheiden. Die vom jüngeren Gärtner behauptete Verschiedenheit im
Bau des Samens, welche R. Brown selbst der Bestätigung bedürftig erklärte,
existirt, wie Alph. DeCandolle bereits andeutete3), durchaus nicht, indem
bei zwei von mir untersuchten Arten von Beurreria der Embryo dieselbe Lage
1) Prodr. 9. p. 502.
2) Prodr. Fl. nov. Holl. p. 497.
3) Prodr. 9. p. 504.
160 A. GRISEBACH,
bat und ebenso eiweissfrei ist, wie bei Roehefortia. Die aus der Entwicke-
lang des Perikarpiuin abgeleiteten Unterscheidungen der Bacca dipyrena, ossi-
culis bilocularibus (Ehretia), des Putamen 41oculare (Carmona) und der Bacca
tetrapyrena (Beurreria) sind zur generischen Charakteristik in diesem Formen-
kreise wenig geeignet: bei Beurreria und Roehefortia finde ich namentlich die
Bacca tetrapyrena auf dieselbe Weise gebildet und kann daher die oben er-
wähnte Bemerkung A. DeCandolle's bestätigen. Wichtiger, als Frucht und
Samen, erscheinen die Verwachsungsgrade des Kelchs, weil diese auch in
anderen Abiheilungen der Boragineen von generischem Gewicht sind: R Brown
unterscheidet hier den Calyx öpartitus (E. aspera Roxb. etc.), den C. profunde
öfidus (Ehretia) und den C. tubulosus (Beurreria): allein da ich bei einer Art
von Beurreria den Kelch zur Blüthezeit nur an der Spitze in Zähne getheilt
sehe, der bei der Fruchtreife zuweilen oder doch wenigstens in einzelnen
Suturen bis in die Nähe der Basis sich spaltet, so wird hiedurch die Anwend-
barkeit auch dieses Charakters beschränkt. Es bleiben demzufolge zur Unter-
scheidung von Beurreria und Roehefortia unter den von R. Brown ange-
führten Kennzeichen nur die Verwachsungsgrade des Griffels übrig, der bei
Ehretia und Beurreria bis zur Mitte gespalten, bei Roehefortia und nach R.
Brown bei Ehr. buxifolia (Carmona) bis zur Basis getheilt ist. Da aber
dieser Charakter durch den Habitus von Roehefortia und Beurreria unterstützt
wird, so forschte ich nach weiteren Strukturverschiedenheiten, die denn auch
in der Aestivation des Kelchs enthalten sind. Hiernach halte ich mich berech-
tigt, die drei alten westindischen Boragineen -Gattungen nach folgender Cha-
rakteristik wiederherzustellen, die in Bezug auf zwei derselben unten ver-
vollständigt werden wird.
1. Ehretia R. Br. » Calyx profunde öfidus, aestivatione quincunciali.
Stylus semibifidus. Bacca dipyrena, pyrenis bilocularibus«.
2. Beurreria Jacq. Calyx ödentatus v. öfidus (raro demum profundius
divisus), lobis aestivatione valvaribus. Stylus semibifidus. Bacca tetrapyrena.
3. Roehefortia Sw. Calyx öpartitus, segmentis aestivatione et sub
anthesi imbricativis. Stylus bipartitus, stigmatibus peltato-obtusis. Bacca
tetrapyrena.
Über die Arten, welche zu Roehefortia gehören, reichen die mir vor-
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 161
liegenden Materialien nicht aus, alle Zweifel zu beseitigen. Die beiden Ge-
wächse aus Neu -Granada und aus Guadeloupe weichen nur dadurch von
einander ab, dass bei der ersteren Blüthenstiele und Aussenseite des Kelchs
mit einer dichten Behaarung überzogen , bei der letzteren bis auf eine ausge-
zeichnete Wimperbekleidung am Rande der Kelchsegmente fast glatt sind und
dass die Proportionen des Corollentubus zu deren Lirabus nicht tibereinstimmen.
Weitere Beobachtungen können erst darüber entscheiden, ob diese Unterschiede
beständig sind, oder ob Ehretia spinosa Jacq. nur eine Form von Rochefortia
cuneata Sw. sei. Denn dass der auf Guadeloupe einheimische Strauch zu der
letzteren Art gehöre, ist nach Wickström's Angabe und nach der aus-
führlichen Beschreibung nicht zu bezweifeln, indem diese nur durch Behaarung
des Kelchs und Ovariums abweicht: auch gehen die kleinen Dornen neben den
Blattbüscheln nicht selten verloren, sind aber an einigen Exemplaren, der
Darstellung bei S wartz entsprechend, vorhanden. — Die zweite von Swartz
aufgestellte Art (R. ovata) ist wahrscheinlich von der Gattung auszuschJiessen:
seine Beschreibung stimmt in einigen Punkten, namentlich in der Behaarung
und Gestalt der Blätter, so wie in der Inflorescenz , mit einer Pflanze von
Port Henderson auf Jamaika überein, welche ich der freundlichen Mittheilung
D. Hooker's verdanke, die aber zu Beurreria gehört und Sloane's Ab-
bildung (t. 204. f. 1.) von B. tomentosa G. Don entspricht, von welcher Ehretia
velutina DC. ohne hinlänglichen Grund getrennt ward.
Plantae caribaeae l).
Magnoliaceae.
Tr.L Magnolieae. Carpophylla indefinita, spicata. Folia stipulata.
1. Talauma Plumieri Sw. — Guad. in sylvis montanis (Duch. in not.);
Mart. (Sw.). — »Cachiman de montagne«.
1) Die von mir untersuchten Arten sind cursiv gedruckt; bei den Fundorten sind
die Namen der Autoren, deren Pflanzen ich nicht gesehen habe, eingeklammert.
Phyt . Clasic. VII. X
162 A. GRISEBACH,
Tr. IL Illicieae. Carpophylla verticillata detinita v. solitaria. Folia ex-
stipulata.
2. Canella alba Murr. — Ic. SI. 1. 191. f. 2. — Guad. in fruticetis lito-
ralibus: Duch.; S. Croix (Wst). — »Canellier«.
Anonaceae.
3. Anona muricata L. — Ic. Jacq. am er. pict. 1. 161. — Guad.: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.). — „Corrosol«.
4. A. montana Mac f. — Guad. in sylvis paludosis reg. inf. pr. Moule:
Duch. — Praecedenti affinis, quacum convenit foliis punctatis et in axillis
nervorum subtus barbigeris, recedit fructu sphaerico, aculeis minutis; praeterea
differt sec. Duch. »odore gravi foliorum, sapore fructus, petalis exterioribus
virentibus, interioribus croceo-pallidis, seminibus ad hilum squaraoso-pilosis«
(A. sphaerica Duch. mscr.). — »Corrosol marron«.
5. A. palustris L. — Guad. in paludosis ipsisque aquis: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst.). — Fructus pomi minoris magnitudine laevis,
basi umbilicata globosus. — Lignum pro subere adhiberi, observat Macfad.,
confirmat Duch. — „Mammin; bois flot".
6. A. squamosa L. — S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickst.).
7. A. mucosa Jacq. — Ic. Tuss. Ant. 1. t. 28 (A. obtusiflora). — Guad.
ad lorrentes reg. inf.: Duch.; Mart. (Jacq.).
8. A. reticulata L. — Ic. SI. t. 226. — Guad.: Duch. — »Cachiman
coeur ä boeuf".
9. Oxandra laurifolia Rieh. — Syn. Uvaria excelsa V. — S. Croix (Wst).
Nymphaeaceae.
10. Nymphaea ampla DC. ex diagn. Planch. (Ann. sc. nat. III. 19. p. 44. a.
Plumieri). — Guad. in aquis: Duch. »Rhizoraa esculentum « : Duch.
Menispermeae.
11. Cocculus pauper Gr., caule foliisque utrinque pilosiusculis, bis cor-
dato - deltoideis mucronulatis obtusiusculis 7nerviis, petiolo apice tumido, race-
mis d (^hexandris": Duch.), ^ simplieibus axillaribus solitariis laxifloris, pe-
dunculo petiolum subaequante, calyce 6phyllo, serie exteriori rnulto breviori,
nunc abortiva, corolla 6petala, carpidiis 3 distinetis, stigmatibus oblique foliaeeis,
staminodiis 6 pistillo parum superatis. — Habitu similis C, carolino DC. et ab
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 163
eodem parum distinctus calycis serie exteriori plus minus abortiva racemisque
foemineis simplicissimis plurifloris. — Guad.: Duch.
12. Cissampelos PareiraL. — Guad. in reg. mont.: Duch.; S. Thom. (Schi).
13. C. Caapeba L. — Guad. (Wickstr.).
Papaeeraceae.
14. Argemone mexicana L. - Guad.: Duch.; S, Thom. (Schlecht.), S.
Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
15. Bocconia frutescens L. — Guad. (Wickst.).
Cruciferae.
16. Lepidium virginicum L. — Guad. in cultis, S. Eustache, Nevis:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
17. Sinapis lanceolata DC. — Guad. in cultis: Duch.
18. Cakile aequalis DC — Syn. C. maritima Rieh. Fl. cub. — Guad.
in arenosis maritimis pr. Moule m. Jan.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
Capparideae.
19. Gynandropsis pentaphylla DC. — Ic. Bot. mag. t. 1681. — Guad.
in ruderatis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.). — »Mouzoumbe de 1'Inde«.
20. G. speciosa DC. — Ic. Kth. n. gen. t. 436. — Guad. in ruderalis: Duch.
21. Cleome pungens W. — Ic. Bot. mag. t. 1640. — Guad.: Duch.
Forma est foliis glanduloso-pubescentibus.
22. Polanisia viscosa DC — Syn. P. arthroptera Kotsch. pl. nub.! —
Guad. in aridis pr. Basseterre reg. inf., S. Eustache, Nevis, Däsirade: Duch.
23. Crataeva gynandra L. — Guad. (Wickstr.).
24. Capparis cynophallophora L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 145.
cc. Baducca Wickstr. , foliis oblongis, plerisque emarginato-obtusis, glan-
dulis axillaribus subtruncato-oblongis. — Guad. in fruticetis maritimis, S. Thom.:
Duch.; S. Croix (Wst.); S. Barth. (Wickstr. s. C. flexuosa L.). — »Pois Mabouge
i. e. Gecko«.
ß. latifolia, foliis late ovalibus apice emarginatis, glandulis axillaribus
minutis, partim aborüvis. — S. Thom. in aridis: Duch. — »Arbuscula sub-
scandens, sicut a«: Duch.
/. attenuata, foliis ellipticis v. elliptico-lanceolalis versus apicem obtu-
siusculum saepius atlenuatis, glandulis axillaribus obovoideis. - - Syn. C. Eu-
X2
164 A. GRISEBACH.
Jacq. (amer. pict. L 146.) buc ex loco natali referenda videtur, etsi
glandulae axillares in icone nuilae , stamina breviora , corolla incarnata. — S.
Eustache in fruticetis maritimis, S. Thom.: Ducb. — »Arborescens, stricta,
10 — 25pedalis«: Duch.
d. saligna W., foliis lanceolato-linearibus obtusis. — Syn. C. hastata L
ex Jacq. amer. pici. t. 151. est forma foliis basi bastatis. — S. Thom.: Duch.;
Guad., S. Barth. (Wickstr.: C. hastata); S. Croix (Wst).
25. C. verrucosa Jacq. — Guad. (Wickstr.); S. Barth. (Wst.).
26. C. frondosa Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t 153. — Syn. C. com-
mutata Spreng. — Guad. in sylvis humidis pr. Grippont: Duch.; S. Croix
(Wsl.); S. Barth. (Wickstr.). — „Frutex 10 — 25pedabs«: Duch.
27. C. amygdalma Larru — Syn. C. Breynia Jacq. (non DC.) ex Ic.
Jacq. amer. pict. t. 152. — Guad. in fruticetis maritimis m. Aug.: Duch.; S.
Thom. (Schlecht.). — »Frutex 8 — 15pedalis; petala alba, tempore matutino
odorem Aurantii spirantia«: Duch. — Species calyce parvo, 1'" longo, corolla
quadruplo superato, staminibus 16 exsertis et charactere Breyniastri recogno-
scenda, antiquitus commutata: nomen enim C. Breyniae L., speciei mixtae,
rejiciendum est, quoniam Jacquini planta, » calyce minimotf insignita, non
eadem est, quam De Candolle, Macfadyen, Richard aliique, Loeflingianam de-
scriptionem secuti, ita nominant, ipse vero Linnaeus utramque et Jacquinianam
(C. amygdalinam) et Loeflingianam (C. torulosam) infauste conjunxerat. —
»Arbre ä mdchetf.
28. C. torulosa Sw. — Syn. C. Breynia DC. Macfad. etc. — Guad. cum
praecedente eodemque tempore: Duch.; S. Croix (Wst.), S.Barth. (Wickstr.:
C. siliquosa). — »Frutex 10 — 15pedalis; petala primo alba, detnum rubescentia;
stamina variant 16, 24, 30, 32«: Duch. — Proxima C. jamaicemi L. (Jacq.
amer. pict. t. 150. Syn. C. emarginata Rieb, cub.) et vix nisi foliorum forma
non emarginata mucronulato-obtusiuscula distinguenda: ludit vero eximie lon-
gitudine carpophori 2 — % unciali , siliqua torulosa et continua , nunc elongata
nunc abbreviata. — »Arbre ä möche«.
29. Morisonia americana L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 144. — Guad.
in collibus calcareis maritimis, S. Thom., D£sirade: Duch. — »Bois de falaise«.
30*. Moringa ptenjgotperma G. — Guad.: Duch.
Ober die Vegetation der karaiben. 165
Flacourtianeae.
31. Bixa Orellana L. — Ic. Tuss. Ant. 2. t. 20. — Guad. : Duch. »Rocou.«
32. Thiodia serrata Endl. — Syn. Lighlfootia Sw. — Mo nts errat reg.
mont.: Sw.
33. Trüix crucis Gr. — Syn. Prockia L. — Guad. (Wickstr.); S. Croix
( Wst.). — Haec species , quam Richard (Fl. cub. p. 2 1 6) rite cum Trilice
contulit, verum obstante praesertim insertione baud bene transposuit ad Tiliaceas,
ne generice quidem a Banara Aubl. separari potest: solum enim discrimen, ex
septis ovarii completis aut incomplelis petitum, fallax est, placentis nostrae
stirpis more Cucurbitacearum leviter cohaerentibus, mox solubilibus, numero
partium variabili. Nomen vero Prockiae et falso charactere apud Linnaeum
obscuratum et a posteriori bus ad alia genera (Thiodiam, Apbloiara) translatum,
non admittendum videtur, quoniam ipse Linnaeus speciem originariam Trilicis
(auct. Rieh, cum Prockia crucis identicara) clariori analysi illustraverat
Species Trilicis sect. Banarae tres comparo, quae glandulis petiolaribus in-
fundibularibus conveniunt nimisque affines ulteriori observatione egent: 1°. T.
gtüanensis Gr. Syn. Banara Aubl. Xyladenius glandulosus Desv. — Steud. in
Hostm. pl. guian. nr. 495! — 2°. T. glandulosus Domb. (Lechl. pl. peruv.
nr. 2434!).— Syn. Banara mollis Tul. Kuhlia mollis Poepp. Endl. t. 285;
3°. T. iraguensis Gr. Syn. Banara Tul. in Ann. sc. nat. IIL 7. p. 288. Duch.
pl. panam. !: numerus placentarum in hoc sec. Duch. variat 6 — 8, equidem
reperio 5 — 6, in T. crucis Rieh, rede statuit 3 — 5.
Samydeae.
34. Samyda serrulata L. — S. Thom., S. Croix (Schlecht.).
35. Casearia ramiflora Vahl. — S. Thom. (Schlecht.).
36. C. pareifolia W. — lc. Jacq. amer. pict. 1. 127. — Syn. C. parvi-
flora Jacq. 1. c. (p. 66) et Rieh. cub. (p. 370) (non Willd.). — Guad. m. JMt.,
S. Thom.: Duch.; Mart. in sylv. montanis (Jacq.). — Nomen Samydae parvi-
florae Linnaeanum ex ic. Sl. dubinm, forte ad C. sylveslrem spectat Descri-
ptioni Rieh, optimae addantur flores saepius ante folia explicati, lusu numerosi.
37. C. sylvestris Sw. — Rieh. cub. 1. c. — Syn. C. parviflora W. et
Macf. jamaic. (1. p. 216). — S. Thom.: Duch. — Folia variant integerrima
et subserrata.
166 A. GRISEBACH,
38. C. serrulata Sw. — Nevis: Sw.
Violaceae.
39. Viola stipularis Sw. — S. Christoph, reg. sup. (S w.) ; Guad. ( Wickstr.).
40. Jonidium strictum Vent. — Syn. J. suffruticosum Wickstr. guad.
J. linarifolium Vahl. — Guad. in cult. m. Febr.: Duch. -- Lodit caule fru-
tescente ramoso et herbaceo simplici florenteque ex radice annua. — » Petit
Ipecacuanha: planta enim emetica est.
41. Sauvagesia erecta L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 77. — Guad. in
graminosis reg. inf.: Duch., Mart. (Jacq.).
Polygaleae.
42. Polygala paniculata L. — Guad. (Wickstr.).
43. Securidaca erecta L. — Mart. (Jacq.).
Euphorbiaceae.
Tr. i. Euphorbieae.
44. Pedilanthus tithymaloides Poit. Guad. (Wickstr.), S. Croix (Wst.);
S. Barth. (Wickstr.).
45. P. padifolius Poü. — Ic. Dill, ht elth. t. 288. — Guad. : Duch.
f Folia opposita, stipulis interpetiolaribus.
46. Euphorbia maculata L. ß. prostrata. — Syn. E. pfoslrata Ait. ex
pl. Ht. Gotting. et observ. Benth. in Niger Fl. de Capsula (p. 498). E. cha-
maesyc£ Sw. ex loc. nat ap. Wickstr. E. callitrichoides Kth. ex pl. Seem. ap.
Kl. Fl. panam. E. serpylloides Kotsch.! pl. nub. nr. 443! — Guad.: Duch.;
S. Croix (Wst.). — Capsula tricarinata, angulis pilosa, rarius etiam latere
pilosiuscula (culta etiam glabra), et semina pallide badia, tetragona, transversim
obsolete rugosa, omnino conveniunt cum E. maculata L. Americae borealis
aliisque tropicis, distinguunt E. chamaesycen L., cui semina profunde rugis
exsculpta, et E. cordifoliam EIL, cui semina laevia. Quibus, fallacia ceterarum
characterum animad versa, comprobari yidetur, E. prostratam ad E. maculatam
L. reducendam esse, cujus formae, quot comparavi, ita disponi possunt:
a. E. maculata L. Ic. Jacq. ht. vind. t. 186, fasciculis 1 — 3radiatis7
foliis semicordato-oblongatis altero latere argute serrulatis, involucro apice
rufescente. — Amer. bor. — Syn. E. depressa Moser pL pennsylv.!; E. thy-
miTolia Engelm. pl. St. Louis, nr. 1138!
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 167
ß. E. prostrcUa Aü., fasciculis 1 — 3 radialis, foiiis semicordato-ovalibus
(rarius oblongatis) obsolete serrulatis deorsum integerrimis , involucro apice
rufescente. — Amer. trop., Afric. trop.
y. E. depressa Torr., fasciculis pluriradiatis, foiiis semicordato-oblongatis
obsolete serrulatis, involucro apice albo. — Amer. bor.: Engelm. Syn. E.
humistrata Engelm.!: forma major , foiiis semicordato-ovalibus.
<?. thymifolia L. Ic. Burm. Thes. zeyl. t. 105. f. 3., fasciculis plurifloris
subsessilibus , foiiis semicordato-oblongatis argute serrulatis, involucro apice
albo. — Specim. essequeb. : Mey. Fl. esseq. !
47. JE. hypericifolia L. — Ic. Sl. t. 126. — Syn. E. Preslii Guss. ex
specim. Todaro. E. glaucophylla Poir. — Specim. praeterea exstant ex Amer.
bor.: Engelm. nr. 1140!, Frank!, Texas: Mathes nr. 77!, Panama: Duch.; ex
Nubia: Kotschy nr. 154. 334!. — Guad. in cultis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — Capsula tricarinata, glabra; semina
tetragona, transversim paucifoveata v. obsolete rugulosa, quam in praecedente
majora.
48. E. Berteriana Balb. — Guad.: Duch. — Capsula angulis convexis
velutino-pilosiuscula; semina E. hypericifoliae , a qua praeterea differt ramis
velutino-pubescentibus, fasciculis subsolitariis terminalibus.
49. E. piluüfera L. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 478. — Guad. : Duch. ; S.
Thom. (Schlecht.). — Capsula angulis convexiusculis strigoso - pilosiuscula ;
semina fere E. hypericifoliae, at minora.
50. E. glabrata Sw. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix
(Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — Capsula tricarinata, glabra (v. pilis paucis
evanidis ad angulos adspersa); semina subglobosa, obsoletissime transversim
foveata.
51. E. articulata Burm. — Ic. Plum. amer. t. 281. f. 2. — Syn. E. linearis
Reiz, ex descriptione distingui nequit. — Guad. in maritimis: Duch.; E. linearis
S. Croix (Wst), S. Thom. (Schlecht.). — „Frutex 10— 18pedalis«: Duch.,
ramis dichotomis. Folia internodia subaequantia , diiTormia, pleraque oblongo-
linearia (1":4 — 5'"), mucronulato-obtusa, basi obliqua v. semicordata bre-
vissime petiolata, nonnulla (praecipue in ramulis inferiora) breviora, ovalia v.
ovali-lanceolata, omnia integerrima, subtus mediano prominulo carinata, avenia,
166 A. GRISEBACH,
sÜpulis interpetiolaribus triangularibus apice breviter fimbriatis. Pedunculi ex
axillis supremis solitarii , petiolum excedentes, involucro unico quadrilobo ter-
minati. Flores polygami. Capsula laevis, glabra, nutans (immalura).
ff Folia opposita v. verticillata , exstipulata.
52. EL cotinifolia L. — S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
53. E. petiolaris Sims. — Ic. Bot. mag. t. 883. — Guad. : Duch. —
»Frutex 5 — lOpedalis«: Duch., foliis in apice ramulorum rosulatis. Flores
polygami. Capsula laevis (imraatura).
54. Dalechampia scandem L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 239. Guad.:
Duch.; S. Croix (Wst).
Tr. 2. Hippomaneae.
55. Gymnanthes lucidus Sw. — Guad. in fruticetis maritimis: Duch.;
S. Croix (Wst.). »Bois marbrö«.
56. Actinostemon caribaeus Gr., foliis lanceolato-oblongis acutis basi
producta angusteque subcordata subtus biglandulosis integerrimis gl a bris, araentis
masculis axillaribus tegmentis pluribus inclusis, bracteis eglandulosis , staminibus
floris medii quaternis, flore foemineo solitario pedicellato. — Guad. in sylvis
udis reg. inf. pr. Morne ö l'eau: Duch.
Affinis Excoecariae glandulosae Sw., quae sec. descr. altera Actinoste-
monis species videtur, foliis minoribus » subserratis " , bracteis <? glanduliferis
et verosimiliter staminum numero distinguenda : ludit eadem sec. Sw. floris 9
situ nunc distincto nunc ex amento <? oriundo, quo charactere, scilicet flore
foemineo ramulum proprium terminante tegmentorumque numero aucto nostra
species parum recedit a charactere generis Klotzschiani rite exposito. — »Ar-
buscula« glaberrima, ramis virgatis allernifoliis , internodiis plerisque pollicaribus.
Folia coriacea (3-4": ll/+ — 1%")» concolora, laevia, penninervia, venis
«trinque parum prominulis nervoque marginal] cincta, versus basin 2'" fere
latam sensim angustata, petiolo crassiusculo 2— 3'" longo, stipulis minutis
evanidis. Flores monoeci. Amenta mascula brevia, sessilia, versus anthesin
4'" longa anlherisque jam explicatis- penitus tegmentis convolutis inclusa, bis
imbricatis 4 — 5, imo breviori ovato obtuso, ceteris oblongis obtusiusculis,
omnibus fuscis, aridis, deciduis; bracteae remotiusculae , oblongo-lanceolatae,
acuminatae, subincisae, stamina excedentes, internodiis staminum agmine denso
Ober die Vegetation der karaiben. 169
plane occultatis, 3 — Sflorae, flore medio longius stipitato primario, stipite apice
cruciatim tetrandro, staminibus nudis, filamentis brevissimis glanduliformibus,
antheris ^subrotundis , loculis incurvis connectivo crassiusculo oblique insertis
rimaque extrorsa dehiscenübus, floribus lateralibus 3 — 4andris conformibus,
Flores foeminei solitarii, ex summis axillis oriundi v. subterminales, stipitati.
stipite basi articulato et squamarum vestigiis cincto, ovario nudo globoso
(2 — 3'" diam/), stylo distincto (l1/*'" longo), stigmatibus teretibus recurvis
aequilongo. Capsula lignosa (5'" diam.), loculis monospermis, seminibus
globosis, pendulis, testa pallide fusca, laevi, rhaphe integra, caruncula obsoleta*
57. Excoecaria farinosa Gr., foliis ellipticis integerrimis acutiusculis
glabris supra nitidis subtus farinoso-incanis, amentis masculis petiolura duplo
superantibus remotifloris subaggregatis. — Guad. in sylvis montanis: Ducb.
Proxima videtur Excoecariae tinifoliae S. (Gymn. ellipticaeej.), quae sec.
descr. differt foliis obtusissime serratis obtusis, amentis sesquipollicaribus, flori-
bus triandris^ nee de foliis eximie discoloribus auetor siluisset. Character
amenti masculi omnino conformis est nostrae cum E. Agallocha (Comp. Bot.
Mag. t. 30 J, tarnen plantae dioecae flores foeminei adhuc ignoti sunt, qui in
specie Swartziana racemosi ab Excoecaria nondum disjungi possunt. — Rami
patentes, cum foliis ubique glabri, internodiis plerisque pollicaribus. Folia
alterna,. coriacea (2l/2 — S":!1/^"), apice breviter in acumen acutiusculum
producta, basi subacuta, areunervia, venis subtus parum prominulis, supra
saturate viridia, subtus incana, petiolo 2 — 3'" longo, stipulis nullis. Flores
dioeci. Amenta mascula axillaria, gemina, terna v. e basi tripartita, 6'" fere
longa, filiformia, basi squamulis imbricatis cineta, bracteis minutis, ovatis,
obtusis, 1/2/// longis, remotiusculis , 1 — 1/2/" distantibus, trifloris, flore medio
longius stipitato, stipite bracteam plus duplo superante apice in calycem minutum
tetrandrum excurrente, filamentis longe exsertis stipitique floris subaequilongis,
antheris globosis, loculis ovoideis connectivo tenui apice mucronulato distinetis,
floribus lateralibus brevioribus, tardius explicatis, saepe meiandris. Planta
foeminea latet.
58. Hura crepüans L. — Ic. Tuss. Ant. 4. t. 5. — Guad. (Duch/) ; S.
Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.). »Arbor ampla«: Duch.
59. Hippomane Mancinella L. — Ic. Jacq. amen pict . t. 238. — Guad.
Phys.Classe. VII. Y
170 A. GR1SEBACH,
in reg. maritima: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), ^. Barth.
(Wickstr.). »Mancenila«.
60. Sapium aucuparium Jacq. — Ic. Jacq. amer. pick t. 237. — Syn.
S. Hippomane Mey.! foliorum forma fallaci distingui nequit. — Guad. Dach.
Tr. 3. Acalypheae.
61. Tragia tolubilis L. — Ic. SI. t. 82. f. 1. — Guad. in sepibus toto
anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.). — »Ortie du pays«.
62. Acalypha corckorifolia W. — Guad. in rupibus : Duch. ; S. Thom.
(Schlecht.). — Antheris globosis bilocularibus a charactere generis Jussiaeano
differt, sed habitu A. alopecuroideae Jacq. et A. replanti Sw. simili ab bis
separari nequit. Herba suffruticosa, semi - pedaüs , diffusa, foliis pellucido-
punctatis. Amenta <? superiora, filiformia, folium excedentia, calyce sessili
subebracteato minuto 4partito, staminibus sensim evolutis 8-pluribus subdistinctis,
antheris pilosis, rubicundis, globosis, bilocularibus; accedunt flores masculi pauci
nonnunquam in apice amenti foeminei. Amenta ? ovoidea, petiolum subaequantia,
bracteis florem convolutivo-amplexantibus 8 — lOdentatis circa fructum excre-
scentibus involucelliformibus ; calyx minutus, tripbyllus; ovarium pilosum, stylo-
diis 3 multipartito - laciniatis.
63. Polyboea corensis KL — Ic. Jacq. anjer. pict. t. 241. — Syn.
Acalypha Jacq. — Guad. in fruticetis maritimis: Duch.; Mart. (Jacq.), S.
Barth. (Wickstr.).
64. Ompbalea diandra L. — Guad. (Wickstr.).
Trib. 4. Crotoneae.
65. Jatropha gossypifolia L. — Ic. Sl. t. 84. — Guad., S. Thom.:
Duch.; S. Croix (Wst.). — Variat folio triiobo. — »Mtädecinier«.
66. Curcas medicus Med. — S. Croix (Wst.).
67*. Manihot Aipi PU. — Guad. (Duch.); S. Croix (Wst.).
68*. Ricinus communis L. — Guad.: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Barth.
(Wickstr.).
69*. R. inermis Jacq. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 195. — Guad.: Duch.
70. Adelia Acidoton L. — S. Croix (Wst.).
71. A. Ricinella L. — S. Croix (Wst.).
ÜBER DIB VEGETATION DER KARÄIBEN. 171
72. Croton flocculosus VaJd. — Guad. in fruticetis maritimis, Dfeirade:
Duch. — »Copahu«.
73. C. balsamifer L. — Ic. Jacq. amer. picL t 242. — Guad. cum
praeced., D&irade, Nevis: Duch.; S. Croix (Wst.), s- Bartb- (Wickstr.),
Hart. (Jacq.). »Copahu bfitard«.
74. C. betulinus VaU. — S. Thom.: Duch.; S. Croix (Wst.).
75. C. flavens L. — S. Thom. (Schlecht.).
76. Astraea lobata Kl. — Syn. Croton L. — Guad.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.).
77. Barhamia ovaUfolia KL — Syn. Croton Wst C. diffusus Rieh. —
Guad. in reg. inf., S. Thom.: Duch.: S. Croix (Wst).
78. Lasiogyne phlomoides Gr. — Syn. Croton Pers. ex descr. Schlecht.
(Linnaea, 6. p. 762) et loc. ej. nat. — Guad. in fruticetis maritimis, S. Thom.,
D&irade: Duch.— Frutex humilis 1— öpedalis, foliis eglandulosis, calycis 9
segmentis dorso obiuse carinatis basique intus glanduloso-maculatis. Flores
Lasiogynes characteri satis respondent; semina dorso convexo trigona, paullo
rugulosa, caruneulata.
79. Caperonia castaneifolia St. Hü. — Ic. Plum. amer. t. 239. f. 1. —
Guad. in eultis m. Aug. (Duch.). »Oriie«.
80. Ditaxis glabetta Gr., foliis spathulatis lanceolatisque obtusiusculis
superne ineumbenti-serrulatis glabris, floribus fasciculatis, peduneulo 9 exserto. —
Guad. in fruticetis maritimis pr. Moule: Duch. — » D. fasciculata Juss. sec.
Schlecht. (1. c.) recedit foliis parvis ellipticis (quae in nostra 1 1/2 pollicaria)
iisque integerrimis. Structura florum etiam nostrae perfecta convenit cum Ic.
Juss. Euph. fig. 24. — Frutex »3 — 4pedalis«: Duch., foliis membranaeeis.
Capsula pilosa, seminibus globosis laevibus.
81. D. fasciculata Juss. — S. Thom. (Schlecht.).
82. Argythamnia candicans Sw. — Guad. (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht),
S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
Trib. 5. Phyllantheae.
83. Phyllanthus Niruri L. — Guad. in culüs reg. inf.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst).
84. PA. mimo$oide$ Sw. — Guad. in sylvis ripariis reg. inf.: Dach.;
Y2
172 A. GRISEBACH,
S. Barth. (Wickstr.); Antigua, Dominique (Sw.). — »Frutex 4 — ßpedalis«:
Duch. Folia non pinnata esse, demonstrant flores stipulaeque persistentes.
85. XylopkyUa falcata Sw. —■ Ic. Comrael. ht t- 102. — Guad. in fru-
ticetis maritimis aridis: Duch. — »Farine ä Zombi«.
86. Cicca antillana Juss. (indescr.) arborea, foliis alternis obovato-
lanceolatis mucronulato-obtusiusculis glabris subtus glaucis, petiolo raarginato,
floribus dioecis, masculis fasciculatis, pedicellis capillaribus , foemineis subsoli-
tariis, ipsorum caiyce demum reflexo, segmentis triangulari-acutiusculis , stylo-
diis 5 bifidis, stigmatibus subincrSssatis. — Ic. Juss. Euph. 1. 13. B. — Guad.
in sylvis udis reg. inf. pr. Grande Terre: Duch. — »Arbor«: Duch. — C.
mrinamensis Miq. (in Panama lecta) differt a nostra foliis latioribus (5" : 2"),
calycis ? segmentis fructui adpressis, stylodiorum ranjis brevioribus, fructu
sicco rubescente (qui in C. antillana niger). — »Millebranche«.
87*. C. disticha L — Ic. Jacq. ht. schoenbr. 2. t. 194. — Syn. Phyl-
lanthus longifolius Jacq. — Guad.: Duch.; S. Barth. (Wicksir.).
88. Baus maritima L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 246. — Ins. carib. in
litore arenoso (Jacq.).
Trib. 6. Buxeae.
89. Tricera laevigata Sw. — Guad. (Wickstr.).
90. Drypetes glamercUa Or. arborea, foliis ovato - lanceolatis breviter
acuminatis remote sermlatis nitidis coriaceis utrinque venosis, floribus <? axillaribus
glomeratis, petiolo glomerulum minutum multo superante, caiyce 4 — öparlito
superne pilosiusculo , antheris 5 glabris subsessilibus inclusis. — Guad.: Duch.
Generis florc foemineo ignoto adhuc incerta species habitu similis est
Drypeti albae Poit. sec. ic. in Mem. Mus. 1. t. 7, ubi stamina exserta, filamenta
longiuscula, flores longius pedicellati discrimen a nostra praebent. — »Arbor
20 — 25pedalis« : Duch., glaberrima, cortice fusco v. pallidiori, lenlicellis crebris,
internodiis ramulorum 8 — 10'" longis. Folia Laurineis textura coraparanda,
coriacea, nitida, subdistiche alterna, patnla, 4— 3":15/+ — l1/^" diam., basi
ovata et brevissime in petiolum 4 — 3" longum contracta, apice acumine tenui
obtilsiusculo v. obtuse mucronulato terminata, serraturis adpressis obtusis 4 — 6'"
distantibus, versus basin apicemque nullis, arcunervia, reticulo venarum integro
utrinque, at parum prominulo, stipulis minutis triangularibus, mox obsoletis.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 173
Flores dioeci, mascali minuti (y3 longi), »virides«, 3U — 40 in glomerulum
axillarem pisiformem dispositi, calycis segmentis latitadine saepe inaequalibus
oblongo - rotundatis , incurvo - erectiusculis , imbricativis , utrinque pilosiusculis,
antheras exacte aequantibus; staminibus calyci oppositis, nunc geminis eidem
segmento latiori geminatim obversis, ad sinus disci insertis; filaraentis (m flore
jam aperto) subnullis; antheris globoso-oblongis , virentibus, quadrilocularibus ;
disco centrali pilosiusculo , intra stamina in centro prominulo (rudimento pistil-
lari); flores foeminei ignoti.
Caryophylleae.
91. Arenaria serpyllifolia L. — Guad. (Wickstr.).
92. Drymaria cor data W. — Ic. Lam.ill. 1 51 (Holost f. 2). ~ Guad.: Duch.
93. Mollugo verticillata L. — S. Barti. (Wickstr.).
94. M. bellidifolia Ser. - Guad. (Wickstr.).
95. Talinum crassifolium W. — Ic. Jacq. ht. vind. 3. t. 52. — Guad.:
Duch. (Patria adhuc ignota erat).
96. T. trianguläre W. ex syn. — S. Barth. (Wickstr.).
97. T. patens W. ex syn. — Mart. in rupibus maritimis (Jacq.).
98. Portulaca oleracea L. — Guad. (Wickstr.).
99. P. haUmoides L. — Ic. Sl. 1. 129. f. 3. — Guad. in aridis maritimis,
Dösirade: Duch.
100. P. pilosa L. — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
101. Cypselea kumifusa Turp. — Ic. Ann. Mus. 7. 1 12. f. 5. — Guad.
in paludibus exsiccatis: Duch.
102. Sesuvium portulacastrwn L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 142. —
Guad. in arenosis maritimis: Duch.; S. Barth. (Wickstr.). — Stigmata 3 — 4
ait Jacq., quod confirmo: 5 Rieh, in Fl. cub.
103. Triantbema monogynum L. — S. Thom. (Schlecht).
Phytolacceae.
104. Petiveria alliacea L. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 104 (var. oetan-
dra). _ Guad.: Duch.; & Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst), S. Barth.
(Wickstr.), Mart (Jacq.).
105. Ritina oetandra L. — Ic. Jacq. obs. 1. t 2. — Guad. in Sepibus:
Duch.; S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.).
174 A. GRISEBACH,
106. R. laevis L. — Guad. in sepibus toto anno: Dach.; S. Croix
(Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
107. R. humilis L. — S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
108. Microtea debilis Sw. — Guad. (Wickstr.), S. Barth, (id.), S.
Eustache (Sw.).
109. Phytolacca octandra L. — Guad. (Moq.), S. Croix (Wst.).
HO. Ph. icosandra L. — Guad. (Moq.).
111. Suriana maritima L. — Guad. in arenosis maritimis, S. Thom.:
Dach., S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.).
• Chenopodeae.
112. Chenopodium ambrosioides L. — Guad. in ruderatis: Dach.; S.
Barth. (Wickstr.), S. Jean (Schlecht). — »Semina contra lumbricos dan-
tur«: Dach.
113. Ch. antheltninticum L. — Guad.: Dach.
1 1 4. Obione cristata Moq. — S. Jean , S. Croix (Schlecht.).
Amarantaceae.
115. Celosia nitida Vahl. — Ic. Sl. t. 91. f. 1. — Syn. C. paniculata W.
et Schlecht. (Linn. 6. p. 758) nee L. — Guad. pr. Port Louis : Duch. ; S. Thom.
(Schlecht.)- — Nomen C. paniculatae, eiiam a Moquin admissum, omnino
relegandum est: nam C. paniculata L. sp. I est Iresine celosioides L., C. pani-
culata L. sp. II et ex descr. et ex ic. cit. Sl. est Chamissoa aliissima Kth., nee
speciei nosirae eique Willdenowianae inflorescentia dici potest panicula. C.
paniculata Moq. ex synonymia nostra est, etsi flores (forsan sphalmate) digyni
dieuntur, qui, ut bene monuerat Willd., stylodiis tribus instrueti sunt.
116*. C. argentea L. — Guad. (Wickstr.).
117. Chamissoa altissima Kth. — Mart. (Moq.).
118. Amarantus tristis L. — Ic. Willd. Am. t. 5. f. 10. — Guad.: Duch.
119. A. spinosus L. — Ic. Willd. Am. t. 4. f. 8. — Guad.: Duch.; S.
Croix (Wst.). „Epinard marron«.
120. Euxolus caudatus Moq. — Syn. Amar. oleraceus Wst. - Guad.
(Moq.), S. Croix (Wst.).
121. Scleropus amarantoides Sehr. — Syn. Amar. crassipes Schlecht. —
S. Thom. (Schi.).
ÜBER Dil!) VEGETATION DER KAR AI BEN. 175
122. Achyranthes aspera L. vor. — Syn. A. fraticosa ß. Moq. sec. Dach.
A. graminiflora Wp. mscr. — Guad. in campis udis pr. Morne ä l'eau : Ducb. ;
S. Croix (Wst). — Non recedit ab A. aspera L. nisi axi spicae villoso-lanato
et arista paullo longiori limbum fere duplo superante: convenit satis cum specim.
nubic, etiam caule suffruticoso, ramis exquisite tetragonis, foliis acutis subtus
incano-pubescentibus. Flores, ut in affinibus, brevissime pedicellati, bracteolis
lateralibus summo pedicello insertis.
123. Iresine linearis Moq. — Syn. Acbyranthes linearifolia Sw. —
Guad. (Wickstr.), S. Barth. (Sw.).
124. /. vermicularis Moq. — Guad. in arenosis maritimis toto anno:
Ducb.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
125. /. elatior Rieh. — Ic. Sl. t. 90. f. 2. — Mart. n. gen. t 155.
Syn. I. celosioides Sw. et Wickstr. I. angustifolia Euphr. et Wickstr. sec.
descr. videtur forma angustifolia (ß. Moq.). — Guad. : Ducb. ; S. Barth. (Wickstr.).
126. I. diffusa Humb. Bonpl. — Guad. (Moq.).
127. Alternanlhera caribaea Moq. — Guad. in saxis litoralibus: Duch.
128. A. sessilis R. Br. — Guad. in humidis: Duch.
129. A. Achyrantha R. Br.— Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
130. A. fieoidea R. S. — Syn. Telanthera Moq. — Guad. (Wickstr.);
S. Croix (Wst.: an haec T. Crucis Moq.?).
131. A. polygonoides R. Br. — Ic. Sl. t. 86. f. 2. — Mart. n. gen. 1 150:
forma radicans. — Syn. Telanthera Moq. — Guad. : Duch. - Forma nostra
radicat et A. paronychioidi St. Hil. aeque pentandrae staminodiis ita accedit, ut
vix nisi sepaiis extus inferne pilosis dignosci possit, unde ge'nerice, quod
voluit Moquin, separari nequit: stigma quoque brevissime quandoque bilobum
affinitatem cum ceteris Alternantheris probat. Magis igitur placet species Telan-
therae Moq. cupula staminum abbreviata distinetas iterum cum Alternanlhera
jungi, ceteras staminibus altius in tubum erecium connatis in genere proprio
servari.
Nyctagineae.
132. Pisonia aculeata L. — Ic. Sl. 1. 167. f. 3. 4. Plum. ic. L 227. f. 1. —
Guad. in sepibus: Duch; S. Barth. (Wickstr.). »Frutex scandens, trunco saepe
diam. femoris aeq.«: Duch. »Croc ä chien«.
176 A. GRISEBACH,
133. P. nigricans Sw. — Guad. io collibus calcareis: Dach.— Fructus
striato - costatus , ovato-lanceolatus, 5'" longus. Ab affini P. Pacurero Kth.
panamensi, cui fructus elliptico-lanceolalus, hanc distinguo, praeeunte cl. Choisy,
foliis coriaceis lutescentibus. — »Mapou noir«.
134. P. subcordata Sw. (non Chois.). — Guad. in collibus calcareis:
Duch. ; S. Thom. (Schlecht.) ; S. Christ. , S. Barth. , Antig. (Sw.). — Species
apud Chois. deesse yidetur atque eximie diifert ab horaonyno ejus (P. per-
nambucensi Cas.): trunco arboreo, foliis longo petiolatis (petiolo fere pollicari)
et fructu anguste cylindrico, 4 — 6'" longo, vix 1'" lato, basi acutiusculo,
apice obtusiusculo, striato, supra medium glandulis cuboideis brevibus muri-
cato. — »Mapou gris«.
135. P. obtusata Sw. — S. Barth, in rupibus litoralibus (Sw.).
136. Boerhama erecta L. — Ic. Jacq. ht. vind. 1. t. 5. 6. habitu magis
ad B. paniculatam accedens. — Guad. in ruderatis Basseterre toto anno : Duch. ;
S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
137. B. paniculata Rieh. — Syn. B. diffusa Sw. — Guad.: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
138. B. hirsuta W. — Guad. (Wickstr.).
Malvaceae.
139. Malvastrum tricuspidatum As. Gr. — Ic. Cav. diss. 2. t. 22. f. 2. —
Syn. Malva americana Cav. et Wickstr. — Guad. in ruderatis toto anno : Duch. ;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
140. M. spicatum Gr. — Ic. Sl. 1. 138. f. 1: foliis angustioribus a nostra
forma (ß. DC.) recedens. — Syn. Malva L. DC. — Guad. in eultis: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
141. Urena sinuata L. — Ic. Cav. diss. 6. 1 185. f. 2. — Syn. U. para-
doxa Kth. — Guad. in pratis humidis: Duch.
142. U. Swartzü DC. — Guad.: Duch.
143. U. reticulata L. — Ic. Cav. diss. 6. t. 183. f. 2. — Syn. U. ame-
ricana Wickstr. — Guad. in pratis udis reg. inf.: Duch.; S. Croix (Wst.),
S. Barth. (Wickstr.).
144. Paconia spinifex W. — Ic. Cav. diss. 3. t. 45. f. 2. Jacq. amer. pict
1. 185. Guad. in sepibus toto anno: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
Ober die Vegetation der caraiben. 177
145. P. racemosa Sw. — Ic. Sl. t. 139. f. 2: inflorescentia. — Guad.
in inundatis ; Duch.v
146. P. corymbosa Sw. — Guad. in margihe sylvarnm pr. Grippont:
Duch. — Folia Swartzio glabfriuscula , cum petiolis apud anctöres glabra di-
cuntur: petioli vero ubique pubescunt, folla supra ad nervös, snbtus sparsim
pilis adspersa et pallida.
Hibiscus sect. 1. Trionetstrum Gr. Calyx ventricoso-patens, glandula dor-
sali destitutus, involucello polyphyllo. Garpidia polysperma, seminibus lana
gossypina destitutis. — Ad hanc sectionem a Ketmia calyce subinflato, a
Triono calyce fruetifero immutato distinguendam speclat praeterea H. spaikulatuß
Gark., quem Duch. in Panama juxta fl. Chagres legit.
147. H. sororius L. — Guad. in aquosis m. Aug., Oct.: Duch. — Spe-
cies minus nota, hac diagnosi illustranda:
H. frutescens, pube stellata adpressa puberulus, foliis profunde cordato-
triangnlaribus obtusiusculis crenulatis petiolum subduplo superantibus, sinu basilari
angusto, peduneulis axillaribus snpra medium articulatis unifloris folinm sub-
aequantibus, involucelli foliolis 7 — 10 unguiculatis apice in laminas late reni-
formes invicem superineumbentes repandas abruptim dilatatis calyce duplo
superatis, calycis öfidi ventricosi lobis ovatis obtusiusculis corollam roseam
dimidiam adaequantibus , Capsula calyce inclusa pilosa globosa obtusissima,
seminibus obsolete muricaiis glabris, placenta semielliptica. — Fabrica invo-
lucelli affiniiatem perspicuam cum sect. Furcaria praebet.
H. sect. 2. Furcaria. Calyx immutatus, nervis medianis dorso glanduliferis,
involucello polyphyllo, foliolis plerumque apice bifurcis. Carpidia Trionastri.
148. H. bifurcatm Cav. — Ic. Cav. diss. 3. t. 51. f. 1. — Syn. H.
bicornis Mey. ! Fl. esseq. ■ — Guad. in humidis pr. Grippont : Duch.
H. sect. 3. Ketmia (mclusis Abelmoschi speciebus).
149. H. tulipiflorus Hook. — Ic. Hook. ic. pl. t 707. 708. — Folinm
apud Sl. L 234. f. 1. delineatum hujus loci esse videtur. — Guad. in sylvis
mont. Soufriöre : Duch. ; Dominique (Hook. : sphalmate apud Walp. rep. 5. p. 92
Abelmoscho adscriptus). — »Arbor excelsa, corolla lutea": Duch. »Gombo
des grands bois«.
H. sect. 3. Sabdariffa.
Phys. Classe. VII. Z
178 A. GRI3EBACH,
150*. EL Sabdariffa L. — Guad. (Duch.). — »Oseille de Guinle«.
151*. Abelmoschus moschatus Mch. — Ic. Cav. diss. 3. t. 62. f. 2. —
Guad. (Duch.). — »Gombo musquö«.
152*. A. esculentus W. A. — Guad. (Duch.). — »Gombo«.
153. Parüium tiliaceum A. Jus*. — Ic. SL t 134. f. 4. Tass. Ant. 2.
f. 5. — Syn. H. arboreus Desv. ex syn., loco et descr.: involucellum in nostris
speciminibus variat ad medium aut infra medium lOfidum. — Guad. in paludosis
tolo anno fl.: Duch.; S. Croix (Wst), Mart. (Schlecht). „Frutex 10—15-
pedalis, floribus luteis«: Duch. — »Mahaut«. — Liber sec. Hook, fibram
»Cuba-bast« praebet
Obs. H. abutiloides W. Syn. H. pernambucensis Bert Wickstr. auctore
Macfad. P. tiliacei est forma foliis glabratis, in ins. Guad. indigena, nobis non
obvia: at in loco natali conferatur cum Thespesia.
154. Thespesia populnea Corr. — Ic Cay. diss. 3. t. 56. f. 1. — Guad.
in arenosis maritimis »sponle«: Duch.; S. Thom. (Schlecht). — »Petala initio
lutea, basi purpureo - maculata , dein luteo - purpurea « : Duch. — »Catappa«.
155. Malackra capitata L. — Walp. Decad. nr. 12! — Ic. SL t 137.
f. 1. Cav. diss. 3. t 33. f. 1.— Guad. in paludosis: Duch.; S. Thom. (Schlecht),
S. Croix (Wst), S. Barth (Wickstr.). — Variat glomerulis omnibus subses-
silibus. »Corolla lutea«: Duch.
156. M. radiata L. — Walp. Decad nr. 13! — Ic. Cav. diss. 3 1 33.
f. 3. — Guad. : Duch. — Floribus parvis et carpidiis ab initio glabriusculis
distincta, quae in praecedente juniora tomentum adpressum praebent tandein
evanidum.
157*. Gossypium religiosum L. — Guad. (Duch.).
158. Sida jamaicensis Cav. — S. Barth. (Wickstr.).
159. S. ciliaris L. — Ic. SL t 137. f. 2 Cav. diss. 1. t 3. f. 9. —
Guad., S. Thom.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.). — Corolla »basi maculata",
variat »carnea« (S. Thom.) et flava« (Guad.): Duch.: rubram dixit Macf. , flavo-
rubescentem Cav.
160. & carpinifotia L. — Rieh. FL cub. — Ic. Cav. diss. 5. 1. 134. f. 1.
et 1. t. 3. f. 11. — Syn. S. rhombifolia Mey. ! Fl. esseq.: forma pedicellis lon-
gioribus folium dimidium aequantibus. S. ruderata Macf. FI. jam. : forma pu-
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 179
bescens. — Guad. ad vias toto anno: Ducb.; S. Thora (Schlecht), S. Croix
(Wst. : S. rhombif.) , S. Barth. (Wickstr.). — Suffraticosa , pulvinaribus petio-
laribus destituta, stipulis petiolo longioribus, pedicellis 1-pluribus folio brevio-
ribus, carpidiis 10 glabriusculis longe biaristatis, aristis pilosiusculis.
ß. angustifolia , foliis lineari-lanceolaiis, pedicellis elongatis folium subae-
quantibus. — Syn. S. angustifolia Wickstr. ex loco nat — An species di-
stincta?., ai fructus non exstat, comparanda cum S. erecta Macf., quae petiolo
longo a nostra recedit. — Guad.: Ducb.
Obs. Ex synonymis S. carpinifoliae excludo stirpem canariensem a Webb
descriptam: namque Bourgeau ex Canariis duas alias species misit, nominibus
haud idoneis inscriptas, quas ita emendo:
1°. S. rhombifolia L. ex syn. Sl. (Bourg. nr. 1236) carpidiis glaberrimis
longiuscule uniaristatis. Syn. S. maderensis Lowe sec. diagn. Hanc Rieh, in
Fl. cub. optime designavit, ex America vero non vidi.
2°. S. canariensis W. (Bourg. nr. 1235) carpidiis glaberrimis apice bre-
vissime bidentatis. Syn. S. rhombifolia pl. azor. a soc. bot. Lond. distributae!
161. S. hondensis Kth. — Syn. S. rhombifolia americana Auct, e. g.
Seem. Fl. panam. ex speeim. panam. — S. obtusa Rieh. cub. — S. lanceolata
Wickstr. guad. ex loco nat. — Guad.: Duch. — Frutex, pulvinaribus petio-
laribus destitutus, stipulis angusiis peliolum aequantibus, pedicellis subsolitariis
folium subaequantibus; carpidiis 10 glabris biaristatis, aristis pilosiusculis. Habitu
eximie accedit ad S. rhombifoliam L.: sed jam Sloaneus species duas bene
distinxit, alteram carpidiis bi-, alteram unirosiraiis , ita ut, si longitudo arista-
rum carpidii variabilis olim forte demonstretur, S. hondensis potius ad S. cana-
riensem, quam ad S. rhombifoliam , reducenda sit.
162. S. spinosa L. — Ic. Cav. diss. 1. Li f. 9. — Syn. S. minor
Macf. — Guad. in campis aridis, S. Eustache, Nevis: Duch.; S. Thora (Schlecht.).
163. S. arguta Sw. — Guad. (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht.) , S. Croix
(Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
164. S. althaeifolia Sw. — Guad. (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht), S.
Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
165. S. urens L. — Ic. Cav. diss. 1. t. 2. f. 7. — Guad. in dumetis: Duch.
Z2
180 A. GM8BBACH,
166. Bastardia viscosa Kth. — Ic. Sl. 1 139. f. 4. — Syn. Sida L. —
S. Thom.: Doch., S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.).
167. Abolilon crispom Don. — Syn. Bastardia Rieh. cab. — Sida L. —
S. Barth. (Wickstr.).
168. A. occidentaJe Swt — Syn. Sida L — S. Barth. (Wickstr.).
169. A. umbeüatum Med. — Syn. Sida L. — / S. Barth. (Wickstr.).
Bombaceae.
170. Packira aquatica Aubl — Ic. Cav. diss. 3. L 72- f. 1. — Guad.: Dach.
171. P. insignis Sav. — Syn. Cerolinea Sw. — Mart (Sw.).
172. Eriodendron anfractuomm DC. — Ic Cav. diss. 5. t 151. — Jacq.
amer. pict. 1. 182.: recedit foliolis serratis. — Guad.: Dach«; S. Barth. (Wickstr.).
— »Fromager«.
173. Ochroma Lagopus Sw. — Ic. Cav. diss. 5. 1. 153. — Guad.: Dach. —
»Bois de flot".
174. Myrodia turbmata Sw. — Guad. in sylvis odis pr. Morne ä l'eau:
Dach.; S. Croix (Wst), S. Christ, Montserr. (Sw.).— »Odor suavis«: Duch.—
»Bois de lance«.
175. Helictere* jamaicenm Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict t 226. —
S. Thom.: Dach.
Tiliaceae.
176. Sloanea Massoni Sw. — S. Christ. (Sw.).
177. S. sinemariensis Anbl. — S. Christ (Sw.)-
178. Corchoru8 siliquosus L. — Ic. Sl. t.94. f. 1.— Syn. C. guadatu-
pensis Spr. et Wickstr. ex locö nat: Capsula apice 4dentata, qualem describunt
Sprengel et Macfadyen, etiatn in nostris, nee bidentata, ut Richard in Fl. cob. -—
Guad. in graminosis siccis ioto anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht).
179. C. hirtus L. — Ic. Plum. amer. 1 103. f. 2. — Guad.: Duch. —
A praecedente praeter pubem differt Capsula breviori basi ineurva apice acu-
minata, acumine subuliformi integro, valvis convexioribns subtorulosis.
180. C. hirsutus L. — Ic. Jacq. amer. pict 1 157. — Syn. C. lanuginosus
Macf. — S. Thom.: Duch.; S. Croix (Wst), S. Mart in rupestrrbus mari-
timis (Jacq.).
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 181
181. Triumfetta Lappula L. — Ic. Plum. amer. U 255. — Guad. ad
vias m. Jan. : Dach. ; Marl. (Jacq.). — » Cousin «. • s
182. T. semitriloba L. — Guad. (Wickstr.); S, Thom. (Schlecht.).
183. T. rhomboidea Jacq. — Ic. Jacq. amer* pict. 1. 134. — Guad. ad
vias m. Jan.: Ducb.; Marl. (Jacq.).
Byttneriaceae.
184. Sterculia Ivira Sw. — Guad. in sylvis montanis (Ducb. in notis). —
»Bois caca«.
• • • , .
185. Ayenia pusilla L. — Guad. (Wickstr.).
186. Guazuma ulmifolia Lara. — Guad.: Ducb«; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.).
187. G. tomentosa Kth. — Guad., S. Thom., Saba: Ducb. — »Bois
d'orme«.
188. Melochia pyramidata L. — Ic. Cav. diss. 6. 1. 172. f. 1. — Guad.
« «
ad vias pr. Moule: Ducb.; S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
189. M. tomentosa L. — Ic. Cav. diss. 6. t. 172. f. 2. — S. Thom.:
Ducb.; S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.).
190. M. nodißora Sw. — Ic. Sl. 1. 135. f. 2. — Guad.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
191. M. Berieriana Balb. — Syn. Visenia Spr. et Riedleya DC. in
Wickstr. FI. guad. — Guad. (Berter.).
192. Waltheria americana L. — Ic. Cav. diss. 6. 1 170. 171; — Guad*
in fruticetis siccis, S. Thom.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.). — Forma guadalu-
pensis est W. elliptica Cav. (t. 171. f. 2), thomasiana W, microphylla Cav.
(t. 170. f. 2>
193. W. glabra Poir. — Guad. in fruticetis siccis: Ducb.
Rhütnnßae*
194. Scutia ferrea Brongn. — Ic. Vahl symb. 3. t. 58. — Syn. Rhara-
nus Vahl. — Zizyphus emarginatus Sw. Fl* p. 1954,, a DC. et recentioribus
super visus, ex descr. hujus loci est — Guad., S. Thomas: Duch«; S. Croix
(Wst), S. Barth. (Sw.).
195. Colubrina ferruginea Brongn. — Syn. Rhamnus Jacq. amer. pict.
t. 74. S. Mart. (Jacq.). , 4
182 A. GBISEBAf.H,
196. C. recünata Brongn. — Syn. Rhamo. eüipticas Ait — Guad*
(Wickstr.), S. Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst), S. Barth. (Sw.).
197. Gonama domingentis L. — Ic. Jacq. amer. pict L 264. f. 96. —
Syn. 6. glabra Jacq. — Guad. in sepibus m. Dec: Doch.; S. Thom. (Schlecht),
S. Croix (Wst).
Ampelideae.
198. Cissus Steroides L. — Ic. Sl. t 144. f. 1. — Jacq. amer. pict
t 20. — SyD. C. smilacina Kth. et C. ovala Lara. sec. Rieb. — Gnad. in
sylvis et sepibns: Doch.; S. Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst), S. Barth.
( Wickstr.). — Folia decoeta medicamentum mucilaginosum praebent : Doch. —
7, Liane molle«.
199. C. aeida L. — Syn. C. emarginella Sw. in Wickstr. Fl. barthet
(a recentioribus neglecta) et C. obovata Vabl ex descr. vix speeifice distin-
gnendae. — S. Thom. (Schlecht), S. Croix CWst), S. Barth. (Wickstr.).
200. Vitis caribaea DC. — Syn. V. indica Wickstr. Fl. harthel. — &
Barth. (Wickstr.).
Aurantiaceae.
201*. Citrus medica L. (ct. Limonium Rs.). — Gnad.: Duch.
202*. C. Aurantium L. (er. vulgaris Rs.) — Guad.: Duch. — Formae
fruetu dulei et amaro separari non possunt: nam ut Macradyen (Fl. jam. 1.
p. 130) observaverat, succi dulcedinem a solo calcareo pendere, ita Duch. in
noüs statuit denuo, se e seminibus Aurantii dulcis arbores fruetus amaros pro-
ferentes vidisse idque incolis satis notum esse.
203*. C. Limetta Rs. — Guad. Ducb. An hybridae originis?
204. C. spmosissima Mey. Fl. esseq.! petiolis alatis, fruetu aeidissimo
globoso umbonato laevi parvo (diam. juglandis). — Syn. C. Lima Macfad. —
CKron des halliers Descourt. sec. Ducb. — Guad. in fruticetis sponte: Ducb.
„Frutex orgyalis et ultra, ramis spinosis, foliis obtusis, fruetu glandulis con-
cavis notaio, ubique in America tropica spontaneus«: Ducb. Convenit cum
C. Aurantio forma fruetus, petiolorum alis et staminibus parum numerosis
(18—24): sed americanam speciei (»Naranjat* eubens.) originem jam pro-
nuntiavit. Humb. (Ess. pol. Cuba 1. p. 68).
Ober die Vegetation der karaiben. 183
205. C. decumana L. — Guad. Dach. — Characteribus Dach, addit:
t> folia integerrima, vix pellucido -punctata«. »Chaddofc; Fruit defendu«.
Meliaceae.
206. Melia sempervirens Sw. — Ic. Bot. reg. t. 643. — Guad. in sylvis :
Duch.; S. Barth. (Wickstr.). — Numerus foliolorum non differt a M. Aze-
darach L«, at species recognoscitur foliolis lanceolatis v. ovali-lanceolatis (nee
ovatis) argutius serratis apice attenuato-acuminatis et bacca subglobosa (nee
ovoidea). »Lilas du pays«.
207. Trichüia hkta L. — Ic- Sl. t 220. f. 1. — Syn. T. Sloanei
Macfad. — S. Thom«: Duch.
208. T. spondioides Sw. — Ic. Sl. t 210. f. 2. 3. — Guad. (Wickstr.),
S. Croix (Wst.).
209. T. dhersifolia Jus*. — Guad. in m. Soufrifere alt. 1000m: Duch.—
Capsula globosa, puberula, virens, diam. 3 — 5"', trivalvis (lusu quadrival-
vis), loculieida, valvis demum reflexis semine maturo subbre vioribus ; semina
(4) — 3 — 1, o vato-globosa ; arillo »pallido«, sicco fulvo-rubro, semiinvoluta,
testa brunnea nitida, embryone exalbuminoso , radicula supera brevi, cotyle-
donibus crassis semiglobosis carnosis.
210. Guarea trichilioides L. Jacq. — Ic. Plum. amer. t. 147. f. 2. —
Jacq. amer. pict. t. 260. f. 34. (foliolum). — Syn. G. grandifolia.DC. ex synon.
G. Perrotetiana Juss. ex descr. et loco nat. — Guad. in sylvis humid is: Duch.;
S. Croix (Wst.)- — Fructus costatus, velutinus, subglobosus, basi breviter
produetus, in racemo brevi tripollicari erecto - patens , arillus 0. Recedit a
nostra G. Swartm DC. (sec. G. trichilioiden Mey. Fl. Esseq.! cum ic. Sl. 1. 170.
f. 2. congruam) paucioribus venis primariis: species' vero Jussiaeanae vix ad-
optari possunt; altera ex ins. Guadeloupe oriunda (G. Vahliana Juss.) ex de-
scriptione a formis nostrae non differt nisi ovario glabro, quod nostris semper
velutinum. — »Bois pistolet«.
Cedreleae.
211. Cedrela odorata L. — Guad. (Wickstr.).
Clusiaceae.
212. Chma rosea L. — Ic. Tuss. Ant. 3. 1. 15. — S. Thom.: Duch.
184 A. GRI8EBACH,
213. CL alba L. — Ic. Jacq. amer. pict L 230. — Guad. in sylvis :
Dach.; Mart. (Jacq.). — »Flguier maudit«.
214. Cl. venosa L. — Mart. (Jacq.).
215. Mammea americana L. — Ic. Jacq. amer. pict t. 248. — Tuss.
AnU 3. t. 7. — Guad. in sylvis pr. Grande terre: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Jean, S. Croix (Wst.). — »Seinen amarum remedium contra acaros ju-
menti « : Dach. — » Abricotier « •
216. M. humilis Vahl. — Ic. Vahl. eclog. t. 20: quoad analys. floris. —
Guad. in sylvis reg. inf.: Duch.. »Frutex succum luteum effundens; fructus
vix carnosus, 1 — 3spermus, maturus luteus, ovi anserini forma, odore pomi":
Duch. — Vahlii icon praebet baccam globosam apiculatam M. americanae, a
quibus nostra specimina recedunt bacca sicca ovoidea disperma fonnaque de-
scriptioni Yahlianae respondent. » Abricotier bord de mer, Bois l'onguent«.
217. M. laleriflora Gr. — Ic. Plum. amer. t. 257. — Tuss. Ant 3.
t. 32. — Syn. Rheedia L. — Guad. in umbrosis: Duch. — »Arbuscula;
fructus maturus luteus, magnitudine ovi anserini, longe pedicellatus, dependens,
stylo persistente notatus«: Duch. — Flore masculo calycem diphyllum exhi-
bente, nulluni Rheediae a Mammea discrimen superest, ut jam subodoraverat
Vahl (ecl. 3. p. 41): a M. humili Vahl, folii venatione congrua, haec distincta
est foliis ovatis (neque ellipticis), pedicellis aggregatis et stylo (sec. Duch.)
in fructu persistente. »Abricotier marron«.
218. CalaphyUum Calaba Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 249. — Guad.
in sylvis reg. inf.: Duch.; S. Croix (Wst.), Mart. (Jacq.).
Marcgraaeiaceae.
219. Marcgraavia umbeüata L. — S. Barth. (Wickstr.).
220. M. spiciflora Rieh. — Guad. (Wickstr.).
221. Ruyschia clusiifolia Jacq. — Guad. (Wickstr.), Mart. in sylvis
humidis (Jacq.).
Ternstroemiaceae.
222. Ternstroemia meridionalis L. — Syn. T. peduneularis DC. sec.
Rieh. cub. — T. elliptica Sw. ex descr. et loc. nat. Guad. in sylvis pri-
maevis reg. montan. : Duch. ; S. Croix (Wst.) , Montserr. (S w.). Folia variant
>*
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 185
apice obtusa et acuta; planta nostra conformis est cum speciminibus panamen-
sibus. »Cacao de montagne«.
223. T. obovaia Rieh. — Ic. Rieh. FL cub. t. 25. - Guad. in fruti-
cetis pr. Grande terre: Ducb. — »Cacao de la Grande terre«.
224. T. salicifolia DC. — Guad. (Berter.),
225. Freziera undulata Sw. — Guad., S. Christ., Monts. (Sw.). F.
Perrotetianae et F. elegantis Tul.guadalupensium differentia ex diagnosi non clara.
226. Marila racemosa Sw. — S. Christ., Monts. (Sw.).
Malpighiaceae.
227. Malpighia fucata Ker. — Crabb-island: Ducb.
228. M. urens L. — A. Juss.! Syn. M. martinicensis Jacq. — Guad.
in fruticetis maritimis: Ducb.; Marl. (Jacq.), S. Croix (WsL). — »Frutex,
fruetu rubente globoso laevi, peduneulis 1 — 3floris«: Duch. »C6risier capitaine".
229. M. lanceolata Gr. ramis glabratis, foliis lanceolatis obtusiusculis
integerrimis supra glabris subtus setiferis, umbellis 3 — öfloris stipitatis folio
superatis, calyce 8glanduloso, petalis roseis asymmetricis , drupa laevi. — Syn.
M. urens y. A. Juss. ex descr. M. urens var. angustifolia Rieb. FL cub. — Guad.
in fruticetis maritimis: Ducb. »Frutex 8 — lOpedalis, corolla rosea, petalo
uno majori, fruetu rubro non sulcato«: Duch. — Intermedia inter M. urentem,
a qua foliis angustioribus (3" — iy2":12"' — 4'"), inflorescentia petalisque
inaequalibus, et M. cubensem, a qua fruetu laevi et numero glandularum calycis
differt. » (frisier capitaine".
230. M. cubensis Kth. — A. Juss. — Guad.: Duch. »Frutex 8 — 15-
pedalis, corolla rosea, fruetu ovoideo rubente costato«: Ducb. Species paucis
cognita, in Rieh. Fl. cub. cum M. urente diversissima conjuneta, nee distin-
guenda a M. angustifolia L. nisi forma foliorum et corymbo longiori, hac
diagnosi illustratur:
M. ramis glabris, foliis lanceolatis obtusiusculis integerrimis supra glabris
subtus pallidis eximie setiferis, corymbis suböfloris stipitatis folio demum
parum superalis, calyce 6glanduloso, petalis roseis, drupa ovoidea 9costata. —
»C&isier capilaine«.
231. Jf. angustifolia L. — S. Mart. in fruticetis rupestribus (Jacq.),
S. Barth. (Wiekstr.).
Phys.Classe. VII. Aa
ü
186 A. GRISEBACH,
232. M. biflora Poir. — Goad.: Duch. (specimina desont, sed exstat
icon com descr.). »Frotex, fracta laevi rotondato«: Doch.
233. M. glabra L. — A. Juss. ! — Guad. : Dach. ; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). »Frutex 10 -löpedalis, floribus roseis
umbellatis, umbellis 3 — 5floris breviter stipitatis, fructu rubro laevi": Doch.
234. M. nüida Mal. — Gr. in pl. Oersted.! — Syn. M. glabra ß. acu-
minala Joss. — Goad. in froticetis maritimis (Doch.: exstant specim. ejus
panamens.); S. Croix (Wst.). — Ab affini M. lucida Pav. differt calyce 6-
(nee 10-) glanduloso. »C&isier«.
235. Byrsonima crassifolia Kth. — Syn. Malpigh. Monreila Wickstr. —
Goad. (Wickstr.).
236. B. Berteroana A. Joss. — Syn. B. laevigata Wickstr. — Goad.
(Wickstr.),
237. B. spicata Rieh. — Syn. Malp. altissima Wickstr. M. guadalupensis
Spr. — Goad. in sylvis (Doch.); S. Thora. (Juss.); Mart. (Jacq.). »Carboni
praeparando inservit«: Duch. »Bois charbon«.
238. B. lucida DC. — A. Juss.! — Goad.: Duch. »Olivier«.
239. Bunöhosia nitida DC. — Guad. (Wickstr.).
240. B. glanduUfera Kth. — Gr. in pl. OersU — Syn. Malp. platy-
phylla Sw. in Wickstr. Fl. guad.: descriptio ejus recedit stylo tripartito. —
Guad. (Juss.).
241. Brachypteris borealis A. Juss.! — Guad. in fruticetis litoralibus
(Duch.).
242. Stigrnaphyllon fulgens A. Juss. — Syn. Banisteria heterophylla
Wickstr. — Guad. (Wickstr.).
243. St. puberum A. Juss.! — Guad. in sylvis reg. inf. : Duch. »Aille-
i-ravot«.
244. St. periplocifolium A. Juss.! — S. Thom.: Duch. — Foliis subtus
laevibus differt a St. Sagraeano A. Juss.
245. St. emargtnatnm A. Juss.! — Ic. Cav. diss. 9. t. 249. — Goad.
in fruticetis maritimis: Duch. — Praecedenti affine, recedit foliis subtus puben-
tibus: fructu non differt inque idem forsan recurrit. St. diversifolium A. Juss.,
quod in herb. Gotting. exstat, magis removetur foliis basi obtusiusculis v.
ÜliER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 187
rotundatis venisque eorura non reticulatis. — »A medicis adhibetur contra
haemorrhagias uteri": Duch. „ Liane noire, Liane ä ravet«.
246. Heteropteris purpurea Kth. — Guad. in fruticetis maritimis : Duch. ;
S. Thora.: Oerst., S. Croix (Wst.). — Endocarpii processus minutus. — » Liane
h ravet«.
247. H. coerulea Kth. -^ Guad. (DC.); S. Croix: Moll.
248. H. laurifolia A. Juss. — Syn. Banist. et Triopteris pubiflora Wickstr.
et T. guadalupensis ibi (sphalmate ter idem repetitum). — Guad. (DC), S.
Croix (Wst.).
249. H. platyptera DC. — A. Juss. ! — Syn. Banist. longifolia Wickstr. —
Guad. in sylv. reg. mont.; fructif. m. Mart.: Duch.
250. Triopteris jamaicensis L. — Guad. (Wickstr.).
Sapindaceae.
25 1 . Cardiospermum microcarpum Kth. — Syn. C. Halicacabum Wickstr. -
Guad. in cultis: Duch.; S. Barth. (Wickst.). »Persil bätard".
252. C. molle Kth. — Syn. C. villosum Macf. ex syn. Sl. — C. corycodes
Kz. — Desirade: Duch. Nostrura convenit cum specimin. galopagensibus (D.
Hook. Fl. galop.).
253. Serjania lucida Schum. sec. Schlecht. — Syn. S. Ossana DC, sec.
diagn. in Rieh. Fl. cub. — S. equestris Macf. ex descr. : forma foliis majori-
bus. — S. Thom.: Duch.
254. Pauliini a curasmvica L. — Ic. Plum. araer. 1. 111. f. 1. — Jacq.
obs. t. 61. f. 8. — Guad.: Duch.; S. Croix (Wst.). — Capsula ovoidea, valvis
dorso alatis (ala 1 — 2'" lata). P. curassavica Kth. a nostra foliis subtus
pubescentibus paullo recedit.
255. P. vespertilio Sw. - S. Christ. (Sw.).
256. Schmidelia occidentalis Sw. — Guad. in sylvis: Duch.
257. Sapindus Saponaria L. — Rieh. Fl. cub. - Syn. S. stenopterus
DC. S. inaequalis DC. ex loc. nat. — Guad.: Duch.
258. Cupania americana L. — Ic. Plum. amer. t. 110. — Syn. G.
tomentosa Wickstr. ex loc. nat. — Guad. in sylvis udis: Duch. — Ctojpeflr
tosa Sw. ex descr. (Sw. et Rieh, cub.) differt foliolis argute serratis etfc>a^mio:
Aa2
188 A. GRISEBACH,
nostrae sunt foliola repando-subintegerrima, subtus pilosiuscula , demum praeter
nervös pubentes glabrata; Capsula conformis, tomentosa.
259. Hypelate trifoliata Sw. — Ic. Deless. ic. 3. t. 39. — Däsirade: Ducb.
260*. Melicocca bijuga L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 109. — Guad.:
Duch.; S. Thora. (Schlecht.), S. Croix (Wst.). »Kenep«.
261. Dodonaea jamaicensis DC. — Macf. Fl. jam. — Ic, Cav. ic. 3.
t. 327 fructu convenit, recedit a nostra foliis longioribus elliptico-lanceolatis
(nee spathulato-Ianceolatis). Syn. D. viscosa Cav. et Wickstr. — Guad. et
D6sirade in litore: Duch. — Nostra recedit a D. viscosa L. (ex synon. Si.
adoptata et cum speeim. Mey. Fl. esseq. ! conforroi) alis fruetus sursum dilatatis
multoque latioribus, loculi diametrum stperne aequanfibus: apud Schlechtend.
(Linnaea, 18. p. 50 etc.) nulla melius fruetus indole convenit, quam D. Schie-
deana Schi., verum nostra ipsa ludit lobulis alae terminalibus rotundatis v. in
angulum produetis, sinu latiori et angustiori. — »Mangle oseille, Mangle sur«.
Erythroxyleae.
262. Erythroxylum ovalum Cav. — Ic. Cav. diss. 8. t. 233. — Guad.
in collibus calcareis: Duch. — Richard hoc in Fl. cub. cum E. obtuso DC.
conjungit, quod ex ipsa ej. descr. a nostro differt pedicellis fructu duplo lon-
gioribus (nee fruetui subaequilongis). — »Vinette«.
263. E. squamatum Vahl. — Ic. Vahl symb. 3. t. 63. — Guad. in sylvis
udis: Duch. »Vinette«.
264. E. rufum Cav. — Guad. (Wickstr.).
265. E. areolatum L. — S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.)-
Oxalideae.
266. Oxalis Barrelieri Jacq. — Ic. Jacq. Ox. t. 3. — Syn. 0. bedy-
saroides Seem.! Fl. panara. — Guad. in reg. inf. pr. Basse terre: Duch.;
Domin. (Seem.). — »Petala dilute purpurea, omnia basi flava«: Duch. O.
hedysaroides Zucc. floribus flavis a nostra differt.
267. 0. strieta L. — Syn. 0. Dillenii Jacq. — Guad. in campis udis
pr. Morne ä l'eau : Duch. — Ludit foliolis obtusis et emarginatis.
268. 0. corniculatn L, — Guad. in saxis juxta domos : Duch.
269. 0. Martiana Zucc. — Ic. Bot. mag. t. 3938. — Syn. 0. bipunetatft
Grab. Macf. — Guad. in m. Soufrifere alt. 600m : Duch.
Ober die Vegetation der karaiben. 189
270*. Aeerrkoa Bitimbi L. — Guad. : Duch.
Rutaceae.
Tr. /. Zanthoxyleae.
Zanthoxyhm sect. 1. Tobinia ßesv. Typus floris ternarius.
271. Z. punctatum WsL — Syn. Z. spinosum Wickstr. Fl. guad. ex
loco nat. hujus loci esse videtur. — *• Guad.: Duch.; S. Croix (Wst.). — Genus
speciebus polymorphis difficile est, qua de ratione novas diagnoses addo:
Z. fruticosum, foliis pinnatis 6 — ljugis (vulgo impari-bijugis), foliolis
coriaceis opacis glaberrimis supra lucidis subtus nigro-punctatis adpresso-cre-
natis oblongo-lanceolatis basi in petiolulum attenuatis (lusu emarginato-obovatis),
mediano quandoque aculeifero, aculeis elongatis, cymis 9 brevibus axillaribus,
carpidiis 2 — 1 maturantibus. — Truncus variat inermis et aculeis etiam in
petiolo obviis setaceis elongatis instructus ; flores non exstant. — Ex affinium
coborte notis certioribus dislincta sunt: Z. ternatum Sw. foliis ternatis, foliolis
integerrimis ; Z. spinosum Sw. foliis 8 — lOjugis, cymis terminalibus; Z. acu-
minatum Sw. et Z. emarginatum Sw. foliolis integerrimis cymisque terminalibus:
sed in tanta speciminum ejusdem speciei et ex eodem quidem trunco varietate
formae accuratius investigandae nee satis distinetae videntur Z. juglandifolium W.
(»inflorescentia terminali; capsulis solitariis«: Rieh.), Z. aculeatum Macf. (^foliis
abrupte pinnatis, cyma terminale) et Tobinia coriacea Desv. (^floribus sub-
cymosis terminalibus«).
272. Z. ternatum Sw. — Guad. (Wickstr.), Domin. (Sw.).
273. Z. emarginatum Sw. — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
Z. sect. 2. Euzanthoxylum. Typus floris quinarius (raro lusu quaternarius).
274. Z. clava herculis L. (non Lam.). — Macfad. — Ic. Sl. t. 172. —
Lam. ill. t. 811. f. 2. — Syn. Z. caribaeum Lam. Z. lanceolatum Poir. ex
descr. in Rieh. Fl. cub. — Guad. in silvis fl. Jun.: Duch. »Bois öpineux«. —
Diagn. :
Z. arboreum, foliis pinnatis 5 — lOjugis, foliolis rigentibus sparsim pellucido-
punetatis supra glabris subtus ad nervös puberulis glabratisque superne adpresso-
crenatis oblongo-lanceolatis lanceolatisque (quandoque ellipticis) subsessilibus,
crenaturis minutis, petiolo coramuni puberulo aculeifero, aculeis brevibus rectis,
cymis axillaribus breviter paniculatis, carpidiis maturantibus 5 inferne cohaerentibus.
190 A. GRISEBACH,
275. Z. aromaticum W. — Ic. Jacq. eclog. t. 70. — Syn. Z. elephan-
tiasis Macfad.: ex descr. Status inermis hujus. — Guad.: Duch. »Epinier*. —
Diagn. :
Z. arboreum, aculeatum (lusu inerme), foliis impari-pinnatis 4 — 6jugis,
foliolis submembranaceis pellucido-punctatis glabris undique obtose adpresso-
serratis elliptico-oblongis ellipticisque petiolulatis, serraturis late truncatis, petiolo
communi glabro, aculeis rameis brevibus rectis, cyma <f terminali breviter
paniculata verruculosa, carpidiis ^maturantibus 5 — 4 distinctis".
276. Z. Sumach Macfad. — Ic. Sl. t. 170. f. 1 habitu conformis, sed
flores Sloaneo ignoti erant. — Guad.: Duch. ^Noyer«. — Diagn.:
Z. arboreum, inerme, foliis impari-pinnatis 4 — 6jugis, foliolis magnis
coriaceis sparsim pellucido-punctatis superne crenatis glabris v. subtus ad
medianum puberulis oblongis brevissime petiolulatis , crenaturis minutis v. obso-
letis, petiolo communi tereti axibusque raeemorum puberulis, racemis 9 com-
positis terminalibus axillaribusque laxifloris, carpidiis maturantibus 2 1 distinctis
pruinosis. — »Arbor odore aromatico, floribus albis 5 — 4meris«: Duch.: species
habitu, foliis tandem rubescentibus 1— 2pedalibus insignis.
Z. sect. 3. Fagara. Typus floris quaternarius. Petioli communes alati.
277. Z. spinifex Jacq. — Ic. Jacq. fragm. t. 6. f. 2. — Brown jaro.
t. 5. f. 1. — Syn. Fagara pterota L. (non Auct.) ex foliolis integerrimis et
cit. Brown. — F. microphylla Desf. ex descr. ap. Hamilt. (Prodr. p. 21.). —
Guad. in fruticetis aridis liloralibus: Duch.; S. Christ. (Hamilt.). »Bois chan-
delle 6pmeux«. Diagn.:
Z. fruticosum, divaricatum, aculeis stipularibus rectis brevibus, foliis impari-
pinnatis 3 — ljugis, foliolis minutis ovalibus coriaceis subtus basi bituberculatis
opacis integerrimis apice emarginatis glabris sessilibus, petiolo inermi, inter-
slitiis ejus folioliformi-alatis, floribus S axillaribus fasciculatis v. solitariis,
carpidiis maturantibus 2 — 1 minute globosis mucronatis distinctis brevissime
stipitatis.
Obs. Duas species sub Fagara pterota auctorum latentes jam exposuit
Hamilton: Z. pterotam DC. Macfad. Rieh. (Tagaram lentiseifoliam W.) differre
a nostra aculeis uncinatis, foliolis crenatis etuberculatis majoribus, praeterea
sec. Rieh, carpidiis longe stipitatis floribusque racemosis. Ex legibus nomen-
ÜBER DIE VEGETATION DER KARA1BEN. 191
claturae Z. pterota DC. Z. lentiscifolium , nostrum Z. pterota dicendum fuisset,
ut placere videtur Anderssonio (Fl. galop.), sed ne confusio augeatur, nomina
recepta conservo.
278. Z. pterota DC. — S. Christ., Nevis (Hamilt.).
279. Z. tragodes DC. — Guad. (Wickstr.), Nevis (Hamilt.).
Trib. 2. Simarubeae.
280. Picranena excelsa IAndl. — Ic. Act. holm. 1788. t. 8. — Syn.
Quassia Sw. : nostra tantum recedit carpidio roaturante subsolitario. — Picrasma
excelsam Plancb. — Guad. in collibus calcareis: Duch. »Peste k poux«.
Obs. Picranena Lindl., a monographo Planchon cum Picrasmate conjunctum,
restituenda est ex seminis fabrica diversa: semen globosum, adscendens, ex-
albuminosum, cotyledonibus carnosis conferruminato-incurvis in massam indivisam
cohaerentibus , radicula parum distincta oblongata infera versus latus massae
cotyledoneae ascendente. Itaque medium locum tenet inter Picrasma (»embryone
recto albumine incluso«) et Picramniam, semine pendulo et inflorescentia
diversam.
281. Picramnia pentandra Sw. — Montserr. (Sw.), Antig. (Plancb.).
282. P. micrantha Tul. — Guad. in fruticetis maritimis : Duch. — Bacca
nigra, lucida, ovoidea (5'": 4'"); structura cum adumbratione generis apud
Plancb. consentanea. ;;Bois poisson«: ^ex odore foliorum recentium trilorum
piscino": _Duch.
Trib. 3. Ochnaceae.
283. Gompbia longifolia DC. — Guad. (DC).
Trib. 4. Zygophylleae.
284. Guajacum ofßcinale L. — Guad. (Wickstr.), D6sirade (Duch.),
S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
285. Tribulus cistoides L. S. Croix (Wst).
286. T. tnaxmus L. — Ic. 81. 1 132. f. 1. — Syn. T. decolor Macf. —
Guad. in arenosis maritimis aridis toto anno, S. Thom.: Duch.; S. Croix (Wst.),
S. Barth. (Wickstr:); S. Eustacbe, Nevis: Duch.
Ericeae.
287. Andreusia guadalupensis Dun. — Syn. Vaecinium Wickstr. — Guad.
in reg. mont. (Wickstr.).
192 A. GRISEBACH,
288. Gaultheria sphagnicola Rieb. — Syo. Epigaea cordifolia Sw. —
Guad. in cacumine mont. (DC).
Cyrilleae.
289. Cyrilla antillana Mich. — S. Barth. (Wickstr.).
Cela&trineae.
290. Elaeodendron attenuatum Rieh. — Guad.: Duch. — Folia 2 — 4-
pollicaria, baei sensim in petiolum attenuata (quo charactere differt ab E. xylo-
carpo DC.}, nunc integerrima, nunc suberenulato-repanda. »Drupa lutea":
Duch., nucleo in nostris speeimin. abortivo durissimo. — »Bois tan".
291. E. xylocarpum DC. — S. Thom. (Schlecht.: E. rotundatum DC. ex
diagn. non distinguendum).
292. Myginda Uragoga L. — S. Marl. (Jacq.).
293. M. latifolia Sw. — Guad. in collibus calcareis pr. Grande terre:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).— Stigmata sessilia.
ß. stylifera, stylo brevi distinclo in drupa persistente. Syn. M. pallens
Sm. sec. Duch.: sed recedit a diagn. Sm. foliis breviter petiolatis, omnino
formae a congruis. — Guad.: Duch.; M. pallens Sm. ex Antig. (Sm.).
294. Schaefferia campleta Sw. — Ic. SL t. 209. f. 1. — Sw. FL t. 7.
A. — Guad. in fruticetis solo calcar.: Duch.; S. Croix (Wst.).
Hippocrateaceae.
295. Hippocratea laevigata Rieh. — Syn. H. discolor Mey. FI. Esseq. ! —
Guad.: Duch. — Paniculae axillares, elongatae, divaricato-dichotomae, albido-
v. ferrugineo-pulverulentae floresque minuti hanc speciem designant: forma
guadalupensis a speeim. Meyer, non differt nisi foliis concoloribus.
296. H. scandens Jacq. — Mart. (Jacq.).
Urticaceae.
Tr. i. Urticeae. (Weddelii monographiae prostant fosc» 1. 2.).
297. Fleurya cordala Gaud. — Ic. Jacq. ht schoaabr. 3. 1 388: a Wedd.
exclusa , cum nostra planta consentanea- videtur* • — Syn. Urtica aestuans Jacq.
Miq. (non L. sec. Wedd.). — Guad.: Duch.; S. Thom., Mart. (Wedd.).
298. Urera caracasana Gaud. — Ic. Jacq. ht ßchoeabr. 3. t. 386. —
Syn. Urtica Jacq. -— Guad.: Duch. — Ab U. subpellata JKq. (FL i>ras. 12.
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN. 133
t. 66.), a Weddelio ad hatte tadbeta, nestca forma recedü foliis repandis,
venis utrinque 6 — 8 (nee 10r-~15). .••:... i
299. ü. ;sinuata Wfedd. .~- . ISyn. Urtica elata Stf. ^ v S; Croi* (Wst.).
300. U. baeeifera (Jana* — Ic. Jacql hl Sühoeobtv. 3. Et. 387. ^- Sylt
Urtica L.— Guad:: Duch.; S. Thonu (Wedd.). > :;i.\i •■!'■!,/.;
301. Pilea microphylla Liebm. — Ic. Sl. t. 93. f. 2. — Syn. Urtica -SiWft-t
Goad.: Ducb. — Urt. trianthemoides Sw. (sec. Wedcb tatjaaäe var.^i Guad.,
& Barth/. (Wickste). ■■•■■■.: ■>%•': - . ! U :,\1^v.,l *hl<^ «: .■>..•>;"; ..1
302. P. mmmülarifoUa Wedd. — Ic Act holto. 1787 ti L' f. 2r — Syn,
Urtica Sw. — Guad.: Ducki~- FoKa ßubrotonda, petioLpA' subaeqvanlia^HriJ-
fiervia, supra hasin integerriroatai profunde Oorenata, sttpra rhaphidibus ündi-
quaquam versis instrueta, subtus glabriuscula. Racemuli axillares, roonoeci /
303. P. hederacea Wedd.— Syn. Urtica l*atn. ^.Guad. (Wfctatr.).
304. P. diffusa Wed4.>~* Syn*! Urtica Sw. **- .■•« Guad. in hu arid ia i feg.
inf. m* Febr.: Ducb. ■•»■ « .*?;. - ,: % >;• ü
305. P. corymbosa Bl — Syn.» Urtica Lami^— Guad. in m. Soufriörey.
Duoh. — Proxima (sec. ic. 81. t 93. if. 1) F. Parietariae BL (Urticaei L.),
distineta foliis latioribus majoribus (ultra 3" longis) f t eotymbis longa peduaeu-r
latis, floribus monoecis et ex synon. P. Rivoriae Wedd. etiam foliis basi aequa-
libus rhaphidibusque in pagina inferiori nuHis. - Cteterum cumaffinibus s'ectionem
generis distinetam (Parietoniam Gr.) formabit, struetura florura enim in nostra
fljtede haeetfe: d Calyx 4fidus, Uibö iMmbranactt) 4foveolato, foveolis ßtamen
reeipientibus, öntherae valvls «femäm dilataUMaembranaöete} ?. fcalyi 3partititf,
•segraentö aitero majori; ovariarü ovöiden», Tugalosrai, stigmate -sessili penicilläfa.
306. ?. Parietaria BL + Syn. P. Rivoriae Wedd. ^ Martin; (Wedd;]).
307. Boehmeria caudata Sw. — Guad. (WfcksÜv). --.;.-*'■:, ^» « •
*• 308. B. -ramiflora Jftcq.-^; Mart.-(Jacq.). ^ i-
r fr. 2. Ärtocarpeae. '.•'•'>>* .-. •= . - .= :./.».! -iv;:; ...;»»:; ;: .//-' -.il!v ••
309. Brosimum Alicastrura ®w -^ €fAad. (Wickstr.).
* 310. Cecropia peltata L. — r IcJ Sl. t-88; f;-&4j«&^^Gual*in reg.
mont. m. Soufrifere: Duch. — /?Bois trompette«. i.» .••: • -\Ws.\-\uvv
- 311. C. palmala W. ^ Miq. in Fi. bras. 12; pjl4&— . Giftd. cttt prae-
CBd^ttte ; I>UCh, .-.'** ti) ■• • n.n>l .-n\ -..fiifii ';•;' /a^ : .' .bnHi>.
Phys. Classe. Vll. B*>
^ : ' i «»
194 A. GKIBBK£GH7 il .s <
9i2m. At-toearjms mcmä JL-^' GtiadJ: Doch. . . V. i.
313. Dorstenia cordifolia Lara. — . Goad. fWickstr.). :. /
314. Urostigma UmrifoUum Miq. — Ic. Sl. U 223. — Syn. Ficus Jenti-
ginosa Vahl ex descr. ap. Liebm. (L c. p. 323) plane hujus loci videtur, recedit
tantum receptaculis geminis (nee solitariis). — Guad.: Dach. — »Figuiet
maudR".
315. U. trigonatum Miq. — Ic. PlnoL amer. 1. 132. f. 1. — Syn. Ficqs
L. — Guad. in sylvis humidis: Doch. — Foliis longe petiolatis praecedenti
affine iisque basi sübcordata rotundatis apice rotuodeto-obtusissinris accedit ad
U. Gardnerianum MifJ — »Arbor copiosä lade alba scatens, quae igne cen-
solidata aueupariia ad aves captandos in servil« : Dach. *Figuier & grandes
fetrilles«.
316. U. pertwum Miq. — Ic. Plura. amer. t 132. f. 2. — Syn. Ficus
americäna Sw. — Guad. in sylvis: Dach. — Roceptacnlum parvum, globosum,
apice ineurvo-retusum, flavescens, subsessile aut breviter pedicellatum, bracteolis
erectiusculis, demum deeiduis. Note reeeptaculi clausi, qua Ficum pertusam L.
distinguere voluit Sw;, a statu evolutionis p endet; pedicelli longitudo variabiUß
est. — »Figuier h petHes feuilles«. .:.'■ ;
. ; Tr. 3. Moreae. .
317. Maclura tinetoria Don. — Syn. Morus L. — S. Croix (WsQ. ;r
Tr.4. Celtideae.
318. Celtis ocnleata Sw. .-*- Ic. Cav. ic. t. 294. — Syn, BhaHums
iguaneus L. (Wickstr.). — Guad. in fruticeUs litoralibus: Duck; S^Barft.
(Wlckstr.). — Species a charactere generis Planehoniano recedit antheris basi
in sacculum non produetis, quo subgenus Mertensia praeter Stigmata forsan
distingui potest. — »Gratte~jambe*.
3 1 9. Sponia micrantha Desv. — Ic. Plum. amer. t. 206. f. 1 . — Syn.
Celtis Sw. — Guad. in sylvis bumidis pr.Morne ä l'eau: Duch.; S. Jean (Schlecht.).
Polygoneae.
320. Polygonum acre Kth. — Ic Fl. bras. 13. t. 5. — Guad. in aquis
tranquillis: Duch.
321. P. glabrum W. var. caribaeum Gr. racemis laxifloris, acheniis tri-
gonis. — Guad. in aquis tranquillis pr. Moule: Duch. Caulis j?3 — öpedalis" :
ÜBER DIB VEGETATION 9E& KARAIBEN. i95
Duch., cum foliis glaberrimus/ ocbteis ; etongatis ilüdia^ bracteis obtusiösculo-
süblnmcatis, florihUs ro5eu5, iachwrio lädvi nitido: äccedit ad P. imberbe SoL,
sed : proptep .fecböhia trigtin ? (m *. \ l sec. Meisn- lusü obvia> ; f drsan . .- cKstiticta
322. Caccehbä twißra Jsaöq. — .. Ic., Jaoqv amer. pict. t. 110. ~ SJ.
t. 220. f. 3 — 5. :-r ;l Gn*d*;iift arfenosfef .JttariUniia,., 8. ilbcH»^ Nevis, D6sii\:
Doch.; S.-Croix.i(W<^,..a.Bartb/( Dach. —
*Raisinier, raisin bord de mer«. - x ... -; , . .
( ;I3?3l. C. pubesp&toi-L. rfe . Iq. Bot; j»ag. t;,:3i6&i(^ ^GfUid. iD sylvis
montania: Duch*;: IfairL (0*cq;);. : ^Raisinier . de montegüe*. . ,
- 324 C. rugÄSa Dej*,— (5. Thom..CMsB,> ,
325. C. bartmdeusis Jacq. ^ : Sj TJwm. ((Schlecht.).
i
326. C. Klotzschiana Msg.— . S. Thom. £ä|sb,).
.' 32.7. C. divertifoiia Jaqq. — Ic. Jacq. amer., pict. 1 1.13. — Guad. in
syWis umbrosis n). Oct.: Duch,; S, Qroix (Wst). Folia mpxima ultrapedalia,
pleraque Bpollicaria, venis teftiariis dense reticulaUs supra prominulis, gubtus
laxioribus: unde discrimen G. Swartzii Msn. non intelligo. — »Bois rouge«.
328. C. microvtachya W. ^— Syn. C; oblusifolia Wpt, qx loc,; nat. —
Goad.: Duch.; ;S, Thow-CSchlecbL), & Crpix (W$t.>
! 329. C. KmUhiaM Msw. — S. Thom. (Msn.>
330. G. excoriata L. — Guad.,, &. Tbom. (Mw*), & Croi* (Wsl.>
331. C. nicea Jatq. — ; Jo. Jacq. amer. pict. L 115. — Sya, C. excoriata
Jacq.ib. #.5&;<<- Guad. ;> D«cb. ; S.Thom., S. Barth. (Msd.), S.Croix (Wst.),
& Eust., Mart."{;Jacq> : ■■'■■...-., : -.;
'.: .•".. :.-i(,.'^ .er :.ii;.. Li ...:v ffip'+rmeUßfi. .? :; - - .: .. ■.■WkH-. -»:• .
332. Acrocarpidium nummularifolhtm Miq. — Syn. Piper Sw: ^ , Guad,
io sylvis udis super truncis emort&te ; .ßucb, — Forma nervis.obsolelis, juniora
punctata; amentum terminale. , :. . ■.-,.'
333. A. hispidolum Miq. — Mart. (Miq.).
iii 334. !A. rotUDdjfoKa« #iq; .-H Guad. (WiekstrO.
peltetida Kfti tr- GM- ' Poph.
< l
M"t
>r i
f > • » • . 4
.1 336. Pi acumin«tfl R. P. .** . .-ß* Croix (Wst.). \ . v,..v . -V.::..
337. P. magnoUfolia Dietr. — Guad. in sylvis udis super saxis: t>Mcn>
Bb2
/
196 y\'\U.)ki:\ 4. «RTSEBACU/ '!*■ ' 'I. J
- 338, P. qoadrifolift Kth. -w Hart (Hum.> ' •...■*:
339. P.fimbriata Miq. — Ic. FL bras. 11. t 2. f. 3: patllo reced» a
nostra foliis mirioribue orbicalalis (nee oyali~subrotaiuKs). — Guad. m arborifa*
m. Soufrtere m. Febr.: Dach. — A descriptione Miquelii nostra speeimina mxft
recedunt ttifei foliis sublus spanribsime (nee tantom m mediano) pififerts.
340. P. distacbya Dietr. — Guad., S. Barth. (Wicfcstr.).
341. P. nigropimetata Miq. — Gaad. in *ylvis saper arboribus: Dudu;
Marl. (Sieb.).
342. P. obtasifolia Dietr. — S. Croix (Wst), Antig. (Miq.) , Marl (Sieb.).
343. Pothomorphe peltata Miq. — S. Croix (Wst.), Mart (Sieb.).
344. Enckea smilacifoUa Kth. — Syn. Piper deemnannm W. — E.
platyphylla Benth. — Guad. in sylvis humidis reg. inf.: Dach.
345. E. ceanothifelia Kth. — S. Thom. (Miq.).
346. E. Sieberi Miq. — Ic. Sl. t. 87. f. 1. — Syn. Piper Amalago L.
(partim) ex ie. Sl. — Gaad. in frnticetis ad vias: Dach.; S. Croix (Miq.). -
347. E. reticulata Miq. — Ic. Plnm. amer. L 242. f. 2. — Syn. Pipaq
L. — Artanthe Martrnicae Miq. Pip. ineurvum Sieb. — Guad. in arboribus
m. Soufri&re pr. Camp Jaöob m. Febr.: Duch.; S. Croix (Wst), Mart. (Plum.). —
Rami amentiferi in nostris speoiminibus abbreviati (nune apbylii) speciem iih
florescentiae axillaris praebent, amentis nunc solitariis nunc binatis : quo designatio
generis incefta , sed speeimina aecuratiorem in v estigalionem non admiUunt
348. Artanthe macrophylla Miq. — Mart. (Miq.).
349. A. Bredemeyeri Miq. — Ic. Jacq. eclog. t 84. — Syn. A. ulmifott
Miq. , a qua sec. descr. nostra tantum recedit foliis demqtn bullato-rugosis- -V
Piper dflatatum Wst. — Guad. in frutfcetis ad vias: Duch.; S. Croix (Wst.),
Mart. (Sieb.).
350. A. aequalis Miq. — Monteerr. (Miq.).
Terebinthaceae.
Tr. i. Anacardieae.
351. Anacardium occidentale L. — Ic. Jacq. amer. pict. t 121. — Guad.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — „Acajou«.
352*. Mangifera indica L. — Ic.TuSs.Ant. 2. 1. 15. - — Guad.: Duch.—
»Mango«.
Ober die Vegetation der karaiben. 197
353. Comocladia UicifoUa Sw. — - lc. Pfum. araer. 1. 118. — Guad. in
fruticetis litoralibus pr. Grande Terre: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), & Croix
(Wst)j S. Barth., Aiiüg. (Sw.> — »Frutex orgyalis et utaia«: Buch, —
»Hoax de la Grande Terre«.
Tr.S. Spondiaceae. -
354. Spondias lutea L. — DC. — Syn. Sp. Myrobalanus Mey. FI. Esseq.!
(non Jacq.). Sp. graveolens Mäcfad. — Guad.: Dach.; S. Croix (Wst.).
355. Sp. purpurea L. — S. Thom. (Schlecht.).
Tr. 3. Burseraceae.
356. Bursera gummifera L. — Ic. SL 1. 199. f. 1. 2. Jacq. amer. pict.
t. 96. — Guad. in sylvis montanis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Barth.
(Wickstr.). — »Resina tecbnice et in morbis pulmonum usitatur« : Duch. — ;
»Gommier de montagne".
357. Icica »ltissima Aubl. — GuaA (Wickstr.); S. Croix (Wst.).
358. I. heteropbylla DC. — Guad. (Wickstr.).
t
359. /. Hedwigia Rieh. — Syn Hedwigia balsamifera Sw. — Guad. in
sylvis montanis: Duch.; S. Barth. {Wickstr.). — Cortex secreto albo tectus. — <
»Encens«.
360. Elaphrium glabrum Jacq. — Syn. Fagara Elaphrium Wickstr. —
Guad. (Wickstr.).
Tr. 4. Amyrideae.
361. Amgris syhatica Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. L 108. — Guad.:
Duch.— »Bois chandelle«. • '
362. A. maritima Jacq. ^- Guad« (Wickstr.).
368. A, toxifera W. — Guad. (Wickstr.).
Rosaceae.
Tr. i. Roseae.
364*. Rubus rosifoiius 8m. — Ic. Arn. ic. med. 3. L 60. — Guad. in
umbrosis reg. inf., e. c. in radice m. Soufriere nunc vulgaris: Duch.
365. R. jamaicensis L. w- j Guad. (Wickstr.).
Tr. 2. Amygdaleae.
. 366. Prunus ocädenlalis Sw. — Guad. (Wickstr.).
196 ^ i A; GR18BRACH;, -:i.- , ü! i
- -. -'[ ■ Chrysobalaneae.
367. Chrptöbalatms Jcaco L. — It3. Jacq. araer. pict. L 141. — GuacL:
Ducb.; S, Croix (Wst.), SL Barth. (Wickstr.). — Ludit fruclu albo, violaceo;
et »nigro«, costato et »fere exsucco«: Duch. — »Icaque, Icaqutor«.
Licania sect. Moquilea Gr. Syn. Moquilea Aubl. char. reform, (nop Marl.
Zucc). Calyx ovato-globosus, 5fidus. Petala 5, brevissime unguiculata, fu-
gacia. Stajnina iudefinita, in orbenj completum disposita. Ovarium in calycis
fundo sessile, uniloculare, . >,Nux globosa, pericarpio fibroso; semine homo-
morpho«: Duch.
Ovarii stipite deficiente Licaniae accedit, quae petalis abörlivis et staminibus
paucioribus parum differt: TrichocaTya Miq. (PI. Ind. 1. p. 357) ex descr. fructu
drüpaceo separatur/ — Moquileam Mart. Zucc. Couepiae synonymam esse,
bene monuit Bentbam (Hook. Journ. 2. p. 313): sed non obstante inflorescentfa
racemosa, quam e. c. Licania floribunda Benth.! praebet, et suadente L. rigida
Benth. petala exhibenle, Moquilea Aubl. ad Licaniam (staminura numero indefinito
amplificandam) reduci potest.
368. Licania (MoqJ leucosepala Gr. foliis lanceolato- y. elliptico-oblongis
breviter acuminalis glabris, racemis ter divisis in paniculam multifloram elon-
gatam dispositis cano-puberulis, calyce extus cano-tomentoso stylum inclndente,
petalis brevissime unguiculatis subrotundis deciduis, staminibus 15 — 20 exsertis
cum totidem staminodiis brevioribus ubique alternanlibus. — Guad.: Dftch.
Affinis L. guianensi (Moquileae Aubl.), quae sec. ic. ejus differt foliis
latioribus, racemo semel diviso, staminibus 40, stylo exserto calycem duplo
excedente: praeterea Aubl. in descr. de lomento calycem extus vestiente
eximio silet. — Duch. observavit fr actum, qui in vera Moquilea adhuc ignotus
erat (Moq. chrysocalyx Poepp. Endl. enim Couepia est), neo differt a licania
nee a Couepia, quo bypotbesis Benthamii, Dloquileam in Chrysobalanum fortasse
cadere, refutatur.
Rami cinerei, juniores lanugine. cinerea adspersi, internodiis plerisque
pollicaribus. Folia (5— 3" : 1 3/4 — 1 y2") glaberrima, supra lucida, fuscescentia,
coriaeeo-papyracea , basi obtusiuscula, .apioe plerumque acumine brevi anguslo
acuminato appendiculata, penninervia, venis subtus prominulis ulrinque 9-12
versus marginem evanidis, peliolo crassiusculo 2'" longo, juniori lanugine
ÜBER DIB VEGETATION DER KARÄIBEN. IM
adsperso, stipulis hiconspicuis. Panicula terminalis, palens, pedalis, ubiquo
multiflora, axibus extimis breviusculis 3— Sflorig, pedicello medio 2-^3'" longo
laterales excedente. Calyx(in gerama exacte globosns, mucrönulatus, tofnento
candido persistente tectus) ,2'" löngus, ad medium. Sfidus, lobis imbricativis
(3 exterioribus subvalvaribus) iisque triängulari~acutis, tubo intus hirsuto orbe
lato slaminum fere undique tecto. Petala calycis tubo summo inserta, ungue
brevissimo, lamina subrotunda extus pubente lobos calycis subaequante, sub
antbesi cito decidua. Stamina inaequatia, fil am entis filiform ibus flexuosis breviter
exsertis staminodia homomorpha multo excedentibus f anthera aubglobosa bilo-
culari. Ovarium globosum, hirsutura, in fundo calycis eessile, liberum ,- stylo
basilari inferne piloso staminibus brevtari, ovulo erecto. #Frttctus indehiscens,
fibrosus, glaber, globosus, magnitudine Priini damascenae, seraine solitario
gtoboso«: Duck
369. Hirtella triandra Sw. — Ic. Jaoq. am er. pict. 1. 11. — Syn. H.
americana Jacq. — Guad.: Ducb.; Mart. in sylvis (Jacq.).
Leguminosae.
Tr. L Papilionaceae.
Subtr. 1m Qemsteae. ' -\ :■ . » ; .1
370. Crotalaria stipularis Desv. — Ic. FL flüm; :7. .t. 111. ~! Guad. in
uultis reg. inf.: Ducb. ;! (i . *
371. C. retusa L. — . Ic. Bot.mag. L2560. — Giiad.: Dich.} S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst.). > ...... ";
" 872. C. verrucosa L* — \ Ic. Bot. ma&< L 3034..**-. Guad. in campis
aridis pr. S. Francisco: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),.! S. Croix (WsL>: :
. 373. . C mcana L. -++ .u Ic;: Sl. L 179. f. 1. — Guad. in c\iltis: Duch. ;
S/Tbom. (Schlecht.),. S. Crteix (WsQ, S. B&rth. (Wickstr.). :. :
Subtr. 2. Galegeae. ':••■».'
•> 374. Indigofera A*iL L.<->, ic. SL t. 176. f. 3. — Guad. inrcultis et
ad vias: Ducb.; S. fbvm. (Schlecht) > S. €foix (Wsh> J ^ »
375. > Tephrosia earibaea] DC. -^ Ie. Jacq. am er. pifct. L 193. ^ Syn.
Galega Jacq. — Ins. Garibaeae in f rüticelis (Jacq.) ; Guad., S. Barth, (Wic^str.).
ß. sericea Gr. ramulis. foliiscjtie pubfcsoenübua , bia sublus seri^eis. —
Syn. T^oaribaea Schlecht. (Linn. 5. p. 180), ^ S. Thom., D&foade: Dueb.;
t "I
200 A. GRI6EBAGH,
8. Croix, Hart. (Schlecht). — Slipulis mbulato-capillaribus eloögatis pen*»
stentibüs congruit cum planta Jacquinii eandemque fonnam vidi cullam.
376. T. cinerea Per*. -*- Ic. Jacq. ic. rar. L 575. -*- Syn. Galega
Jacq. — . 6. Thöm., D&ir. in fruticetis: Duch.; Guad., 8* Barth. (Wkkstr.). — «•
Variat pedicellis .in racerao solitariis et geminis, stipulis subulaiis et lanoeolato*»
linearibus.
/?. lüoralis Per*, caulis pube patula. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 192. — ^
S, Croix (Wst.). — Ad a. reducitur sec specim. haitiensia.
377. Sabmea ftorida DC. — Ic. Vahl symb. 3. t. 70. — gyn. Robinie
Vahl. — 6. Tbom.: Duch.; Crabb Island (Wsk), S. Jean (DC); 8. dubia DCL
Martin« (DC). -r* Flor« in noslris speciminibus nunc cum foliis nascuntur,
nunc tardius, qua de rattone S. dubiam DC. eandem speciem existimo.
Obs. Corynella polyantha DC9 a Mackenzie in ins. Haiti lecta, variat
carina obtusa eademque longius rostrata, quo cbaracter generis emendari debet
378. Sesbania occidenlalis Pers. — - Ic. Rum. amer. t. 125. f. 1.
ß. muÜijuga Gr. glabra, foliolis multijugis. — Syn. S. muricata Macf. S.
exasperata Ktb. in pl. Sprucean. nr. 1557! — Guad. in inundatis m. Dec:
Duch. — Legumina matura longissima (ut in ic. Plum.), subcompresso-teretia,
pedkello incrassato, hinc inde muricato.
y. pubescens Gr. caule puberulo, foliolis 12 — 20jugis supra glabris, suhlns
subsericeo-pubescentibus. — Guad.: Duch. — Corolla in utraque forma glabra,
S. exasperatae Kth. plane conformis.
370#. Agati grandiflorum Den. — Ic. Rbeed. mal. 1. t. 51. — Guad«:
Duch.;. S. Croix (Wst).
380. Gliricidia sepium Kth. — Syn; Robinia Jacq. — Lonchocarpus DC. —
Guad. (Wickstr.). — Leguminibus Gl. maculatae Ktb. panamensis maturis
edoctus, Gliricidiam a Lonchocarpo distinctum genus censeo legumine demum
ad basin. bivalvi, staminibus diadelphis et racemo simplici: cbaracterea enim
Loncbocarpi a Benthamio (Hook. Journ. 2. p. 63) indicatos, legumen indehiscens
et stamina monadelpba in pluribus speciebus (L violacco, latifoUo et velutino)
comparo. Qua dehiscentia leguminis Gliricidiae, consideratis embrypne föliaeeo
intimoqve utriusque generis nexn flore et babitu demonstrato non dubito, quin
Galegeis potius, quam Dalbergieis adscribenda eint. — Species panämenste
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 201
ceterum a Gl. sepium Ktb. apud Jacq. descripta non differt nisi foliolis pluri-
jugis a cutis brevioribus (1'' longis).
381. Lonchocarpus violaceus Kth. — Walp. Decad. nr. 27! — Ic. Jacq.
amer. pict. t. 261. f. 63: flos. — Guad. in collibus litoralibus: Duch. „Arbor,
floribus caeruleo-violaceis«: Duch. »Savonette«.
382. L. latifolius Kth. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 263. f. 83. — Syn.
Amerimnum pinnatum Jacq. A. latifolium W. ex syn. Jacq. Lonchoc. Ame-
rimnuui DC. L. oxycarpus DC. ex loc. nat. L. macrophyllus Walp. Decad.
nr. 26! (non Kth.). — Guad. in syjvis Grande terre: Duch. — Convenit cum
L. latifolio Seem. Fl. panam.! — Vexillum junius pubescit, calyce rufo-sericeo.
Species floribus luteis et Foliolis subtus venosis pallidis et tenuissime puberulis
longiuscule petiolulatis impunctatis facile recognoscenda : proxima species est
L. telutinus Benth. Seem. (Syn. L. pyxidarius Walp. Decad. nr. 28 !# nee
DC.) distineta pube in pagina inferiori foliolorum patula densiori, floribus pur-
pureis eorumque pube persistente.
Sublr. 3. Hedysareae.
383. Pictetia aristata DC. — Syn. Robin. aculeata Wst. ex loc. nat. —
S. Thom.: Duch. •
384. P. squamala DC. — S. Thom. (DC).
Obs. P. Jussiaei DC, cujus patria ignota erat, crescit in ins. Haiti sec.
speeimina a Mackenzie leeta, ab affini P. Desvauxii DC pedicellis aggregato-
fasciculatis et foliolis trijugis distineta.
385. Zornia diphylla Pers. — Benth.!
ß. reticulata Sm. foliis glabris, bracteis subeiliatis epunetatis. — Guad. in
graminosis, Desir.: Duch.; S. Thom.; Mart. (Schlecht.). — Lomenta in nostra
forma 5 — 6articulata, dense glochidiata, bracteas multo superantia.
386. Stylosanthes procumbens Sw. — Ic. Sl. t. 119. f. 2. — Guad. in
graminosis, S. Thom., Nevis, S. Eust.: Duch.
387. St. elatior Sw. — Guad. (Wickstr.).
388. St. viscosa Sw. — S. Croix (Wst/).
389*. Arachis hypogaea L. — Guad. (Duch.) , S. Croix (Wst.).
390. Aesckynomene americana L. — Ic. Sl. t. 118. f. 3. — Guad. ad
vias pr. Basseterre reg. inf. m. Febr.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
Phys.Classe. VII Cc
202 A. GRISEBACH,
391. A. sensüica Sw. — Ic. Plnm. amer. L 149. f. 2. — Goad. in humidis:
Dach.; DomiiL (Sw/J.
392. Sicolsotua triflora Gr. — Syn. Hedysarum L. Desmodium DG. —
Nicols. reptans Msn. Sagotia triflora Walp. Decad.! — Goad. in arenosis,
S. Thom.: Duch.
Desmodium sect Heteroloma Benth. Lomentum subsessile, sutura conünua
rectilinea, articulis semiovalibas v. semiorbiculatis.
393. D. mcamum DC. — Ic SL t 11& f. 1. 2. — Svn. D. incanum
Benth. in pL Sprucean.! Aeschynomene jpcana Mey. FL Esseq.! D. supinoni
DC. ex ic. SL et locis. — Gaad. in campis aridis : Duch. ; S. Thom. (Schlecht},
S. Croix (WsL). — Lomentum brevissime stipitatum, hinc rectilineum, illinc
ad satnram usque a dorso incisum, articulis transversim semiovalibus. Variat
foliofis subtus pube rariori glaacescentibus , flore purpureo et ^albo-. — r Corde
a violon, Cousin*.
394. D. adscemdems DC. — Ic. Kth. nov. gen. 6. L 597. — Syn. D.
racemiferum DC. quoad loc. guadalup. D. ellipticum Macf. (exclus. fig. Sl. ad
praecedens spectante). — Goad. in campis udis : Duch. — Lomentum sessile,
hinc rectilineum , illinc a dorso semiincisum, articulis tfansversini semiovali-
oblongum, optimos ab affini D. incano DC. characteres praebet: praeterea differt
pedicellis saepe fasciculatis foliolisque ovali-orbiculatis rotundatisque (raro acu-
üusculis).
D. secL Podocarpimm Benth. Lomentum longe stipitatum, sutura rectiuscula,
articulis saepius majusculis.
395. D. axillare DC. — Syn. D. radicans Macf. — Guad. in campis
udis: Duch. — Lomentum ex stipite e calyce exserto et diametrum lomenti
transversum subaequante incurvum, biarticulatum (raro uniarticulatum) , hinc
rectilineum v. subrepandum , illinc a dorso ultra dimidiam latitudinem incisum,
articulis transversim semioval] -oblongis majusculis (ß\2 '" 'oug., 21/»'" lat.).
Foliola nunc apice rotundata, nunc acutiuscula. — See D. oblongifolinm DC.
nee D. reptans DC. ex diagnosibus a nostro discernere audeo. — -Cousin«.
D. sect. Scorpiums Benth. Lomentum sessile, utrinque rectiusculum et
parum ab utroque margine constrictum, articulis truncato-oblongatis.
396. D. scorpi*ms Desc. — Guad in sepibus pr. Basseterre m. Febr.,
ÜBER DIB VEGETATION DER CARAIBEN. 203
S. Thom.: Duch. — Lomentum sessile, utrinque aequale, ad diaphragmata
paullo constrictum, articulis ovali-linearibus basi apiceque truncatis, terminali
acutiusculo.
D. sect. Haplarthron Gr. Lomentum stipitatum, utrinque sinualum, articulo
terminal] fertili majusculo, inferioribus abortivis.
397. D. molle DC. — S. Thom. (Schlecht.). Lomentum (sec. specim.
panamens.) immaturum biarticulatum, stipite calycem subaequante, articulo inferiori
minuto, terminali incurvo ovali-orbiculato ejusque margine dorsali ad medium
emarginato.
D. sect. Chalarium Benth. Lomentum sessile v. stipitatum, ab utroque
margine constrictum, articulis orbiculatis v. rhombeis.
398. D. tortuosum DC. — Ic. Sl. t. 1 16. f. 2. — Guad.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.). — Lomentum sessile, spiraliter tortum, ab utroque margine ad
suturam usque aequaliter constrictum, articulis (maturis) orbiculatis, (junioribus
rhombeo-subrotundis). Caulis undique pube hamata adhaerens, basi frutescens;
stipulae subulalae, striatae, marcescentes, majusculae; ^flores purpurascen-
tes«: Duch.
399. D. spirale DC. (ex descr. ap. Sw.). — Syn. D. tenuiculum DC.
et Anders. Fl. galopag.! D. tortuosum Schm. Fl. Cap Verd! (inde Wb. Spicil.
Gorgon.). — Guad : Duch. ; S. Thom. (Schlecht.). — Lomentum stipitatum
(stipite calycem excedente), spiraliter tortum, ab utroque margine ad suturam
usque aequaliter constrictum, articulis (nondum plane maturis) rhombeis. Prae-
terea differt a praecedente, quocum vulgo confunditur: radice annua, caule
multo teneriori herbaceo prostrato diiTuso glabriusculo, stipulis minutis subulato-
setaceis et florum colore a Sw. indicato, a Duch. conßrmato («flores virentes,
rubro-maculati": Duch.). — Ilorbam annuam, lomentis adhaerentibus instructam,
in insulas Galopageas et in Africam migrasse, facilius intelligitur, quam D.
tortuosum, speciem frutescentem. — D. cumanense DC. et D. tenellum DC.
cum Webbio a nostro ex descriptione distinguere nescio.
400. Alysicarpus nummularifolius DC. Syn. Hedysarum vaginale Wst.
ex loc. nat. — Guad., S. Thom.: Duch.; S. Croix (Wst.). — Lomenta in
nostra forma minute pilosiuscula, sed stricturis deficientibus ab A. vaginali DC.
d istin cta.
Cc2
204 A. GRISEBACH,
Subtrib. 4. Videae.
401. Ervum hirsulum L. — Guad.: Duch. — A forma europaea non
differt nisi foliolis anguslioribus.
Subtrib. 5. Phaseoleae.
402. ClUoria Ternatea L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S.
Croix (Wst.). »Semina coerulescentia nigro- punctata«: Duch.
Obs. Clitoriae Poitaei DC. (legumine septato in genere heteroclitae)
synonyraon est Dolichos spurius Mey. Fl. esseq.!
403. Centrosema decumbens Marl. — Guad.: Duch. — Calycis dentes
lineari-acuminati, tubo plus duplo longiores, quintus paullo major; »semina
nigro -rufoque-Iineata«: Duch.
404. C. virginianum Benth. — Guad. juxta vias pr. Basseterre ra. Febr.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.). — Calycis dentes 4 subulati,
tubum subaequantes, quintus linearis, tubo plus duplo longior. Commiscetur
cum C. Plumieri Benth. , quod sec. specimina haitiensia differt corolla duplo
majori; calycis dentibus obsolelis et foliolis latioribus.
405. Galactia filiformis Benth. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 573. — Syn.
Galega Jacq. Sweetia DC. Galactia dubia DC. ex descr. et loco; Walp. Decad.
sub nr. 2! — Guad.: Duch.; S.Thom. (Schlecht.). Walpers (1. c.) falso huic
speciei flores croceos adscripsit, quoniam Duch. in ipsa sua schedula corollam
roseam dixerat.
406. G. angustifolia Kth. — Ic. Humb. Mimos. t. 56. — Syn. G. Sagoti
Walp. Decad. nr. 2! — Guad. in dumetis Grande terre: Duch. — Vix non
planta Humboldtiana est, etsi caulis volubilis pubesque minus densa a descriptione
Kunthiana recedunt: habitus formaque foliolorum plane eadem, pedunculi lon-
gitudine variabiles, nunc folio parum breviores; » corolla purpurascens«: Duch.
407. Dioclea Jacquiniana DC. — Syn. Dolichos ruber Jacq. — Mart.
in sylvis frequens (Jacq.).
408. Cänavalia rosea DC. - Syn. Dolichos rotundifolius Wst et Canav«
obtusifolia Schlecht, ex loco natali huc spectare videntur. — Guad. in arenoste
maritimis: Duch.; S. Thom. in litore arenoso (Schlecht.), S. Croix (Wst.) —
Legumen transverso diametro 3 — 4plo longius (4" : 15'") difTerentiam a C.
Ober die Vegetation der karaiben. 205
obtusifolia DC. Indiae Orientalis suppedilare videtur. »Flores rosei; semina
fusco-rufa«: Duch. — »Pois zombi«.
409. C. gladiata DC. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 560. — Syn. Dolichos
ensiformis Wickstr. ex loc. nat. — Guad. in arenosis maritimis : Duch. —
»Racemi fere bipedales, flores rosei«: Dach.; semina (in icone Duch.) san-
guinea discrimen praebent a C. ensiformi DC. (sec. ic. Sl. t. 114 legumen
siraile exhibente). »Haricot sabre«.
410. Mucuna urens DC. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 189. — Syn. Dolichos
L. — Guad. : Duch. — Folia primordialia contra Phaseolearum characterem
sub germinatione alternare, monetur in schedula. — »Pois ä gratter«: planta;
»oeil de boeirf, oeil de bourrique«: semina.
411. M. altissima DC. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 190. — Syn. Dolichos
Jacq. -- Guad. (Wickstr.), Mart. in sylvis montanis (Jacq.).
412. M. pruriens DC. — Guad. (Duch.); ins. carib. (Jacq.). — »Pois
ä gratter«.
Erythrina sect. 1. Euerythrma. Calyx truncatus. Carina dipetala, calyce
inclusa.
413. E. Corallodendron L. — Ic. Sl. t 178. f. 1. — Guad. in sylvis et
duraelis: Duch.; S, Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). —
»Petioli variant aculeati et inermes, semina colore sanguineo, nigro et nigro-
rubroque-maculato«: Duch. — »Immortelle«.
E. sect. 2. Chirocalyx Msn. Calyx apice aut ad basin spathaceus. Carina
dipetala, calyce inclusa.
414*. E. indica harn. — Guad.: Duch. — Calyx ad basin spathaceus;
vexillum. patens, ovato-oblongatum, alas carinam superantes duplo excedens;
legumen indehiscens. — E. rubrinervia Kth. (sec. specim. panam.) ad eandem
sectionem pertinet, differt calyce apice breviter spathaceo et legumine dehiscente:
semina ipsi lateritia. — »Holocauste".
Obs. 1. Legumen Erythrinae apud Benth. indehiscens ita est in E. indica
et E. glauca W., dum ex observatione Duch. in vivis arboribus instituta et
speciminibus confirmata in E. Corallodendro et E. rubrinervia vere dehiscal.
Obs. 2. E. glauca W. (Ducbassaingia Walp. Decand. nr. 4 !) a Walpersio
falso in ins. Guadeloupe crescens indicatur, quem errorem ipse Duch. in lit.
206 A. GRISEBACH,
correxit, specimina panamensia dicens: sectionem in genere format tertiana,
calyce subtruncato brevissime spathaceo infra apicem extus glandulifero, carina
bipedi cum aus e calyce exserta, vexillo reflexo.
415. Phaseolus adenanthus Mey. Fl. esseq. ! — Guad. in sepibus reg.
inf., in radice m. Soufriere m. Febr.: Duch. — Species ad sect. Leptospron
Benth. ex calycis dentibus inferioribus tubum aequantibus transponenda, a qua
Pb. cirrhosus Kth. sec. descr. parum recedit calyceque plane convenit: glandulas
nee flos nee inflorescentiae axis praebent, cicatrices pro glandulis habuisse
videtur auetor. Legumina patentia, rectiuscula, 10— lösperma, 3" longa, 3'"
lata, compressa. »Corolla junior virescens, dein violacea, tandem flavescens«:
Duch.; carina junior contorta.
416. Ph. semiereclus L. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 558. — Guad. in cultis
toto anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.). — »Flos rubens; semina rufa": Duch.
417* Ph. lunatus L. — Guad. (Duch.).
418*. Ph. mungo L. — Guad. (Duch.).
419*. Ph. alatus L. — S. Croix (Wst.).
420. Pachyrrlüzus articulatus Walp. (Decad. nr. 21!). — Ic. Plum. araer.
t. 222. — Syn. Dolichos Lam. Taeniocarpum Desv. — Guad. pr. Anse Bertrand:
Duch. — Calycis labium superius apice breviter bifldum: »vexillum basi 4cal-
losum, callis 2 anterioribus minoribus": Duch.
421* Lablab vulgaris Sw. — Ic. Sl. t. 113. — Guad.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst.).
422. Vigna glabra Sat. — Ic. Jacq. ht. vind. 1. t. 90. — Syn. Dolichos
luteolus Jacq. D. luteus Sw. ap. Wickstr. cum hoc comparandus. — Guad
in cultis: Duch.
423. V. unguiculata Walp. — Syn. Dolichos Jacq. — S. Thom., S.
Croix (Schlecht.).
424*. Dolichos sphaerospermus DC. — Syn.PhaseolusL. — S. Croix (WsU)
425*. Cajanus indicus Spr. - - Ic. Plum. amer. t. 114. f. 2. — Syn. C.
flavus DC. C. bicolor DC. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix
(Wst.). — Secundum Duch. una species, sec. Macfad. duae species distinetae
et hybridis formis connexae. — »Pois cajongi, pois de bois, pois lizi&re".
426. Rhynchosia minima DC. — Ic. Sl. t. llo. f. 1. — Guad. in sepibus
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 207
toto anno: Ducti.; S. Croix (Wst.). — »Semina nigricantia«: Duch. — Difle-
renliam Rh. punctatae DC. (S. Thom. sec. Schlecht.) ignoro. — »Petit cousin«.
427. Rh. caribaea DC. — Guad. (Wickstr.).
428. Rh. phaseoloides DC. — Guad.: Duch. »Caulis basi membranaceo-
compressus; corolla lutescens pürpureoque - notata ; semina rubra, macula
alba * : Duch.
429. Rh. reticulata DC. — Syn. Rh. aeqainoctialis Walp. Decad. nr.5! —
Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst).
430*. Flemingia strobilifera R.Br. — Guad. frequens in reg. inf., in-
primis in radice m. Soufriere: Duch.
431 Abrus precalorius L. — Ic. Sl. 1. 112. f. 4 — 6. — Guad. in sepibus
in. Aug.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).—
»Räglisse, liane ä reglisse«.
Subtrib. 6. Dalbergieae.
432. Amerimnum Brownei Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 263. f. 86:
flos et legumen. — Guad. (Wickstr.).
433. Ecastaphyllum Brownei Pers. — Ic. Br. jamaic. t. 32. f. 1. — Guad.
in humidis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.). — »Frutex subscan-
dens«: Duch. — »Mangle medaille«.
434. E. Berterü DC. — Guad. in paludosis et ad ripas: Duch. —
Specimina floribus carent, sed ab simili E. Monetaria DC. foliolis basi late
cuneatis (nee rotundatis) dignoseuntur. — »Mangle mädaille«.
435. Moutouchia suberosa Aubl. — Hostra. Kappl. coli. nr. 381 ! — Ic.
Aubl. 2. t. 299. — Syn. Pterocarpns suberosus DC. Pt. Draco Wickstr. ex
loc. nat. — Guad. in paludosis : Duch. — Pt. Draco Jacq. (ic. amer. pict.
t. 264. f. 91: folium) differt Foliolis obtusiusculis (quae in noslra abruptim api-
culata, basi late ovata). — »Arbor excelsa, radieibus elongatis in superficie
soli lulosi repentibus viatorisque passum sublevantibus ; petala flava, vexillo
rubro-maculato « : Duch. Legumen (2//:l1/2/) e stipite 1'" longo ineurvum,
ala deorsum evanida 2"' lata, nervis laxis undique reticulalum. — »Paletuvier,
mangle medaille«.
436. Drepanocarpus lunatus Mey.! — Ic. Plum. L201. f. 2. — Guad. in
208 A. GRI9EBACH,
litore paludoso pr. Port-Louis: Doch.; S. Croix (Wst). — „Frntex erectus,
corolla violacea« : Duch.
437. Machoerium arboreum Benth. — Syn. Nissolia Jacq. — Marl. (I)C).
438. Piscidia Erythrina L. — Ic. Sl. t. 176. f. 4. 5. — Guad. in collibus
calcareis: Duch. »Arbor 30 — 35pedalis*: Duch. — »Bois enivrant«.
439. P. carlhagenensis Jacq. — Guad. (Wickstr.).
440. Andira inermis Kth. — Guad. in sylvis ad ripas, S. Thom.: Duch.;
S. Croix (Wst.). — Ovarium stipitatum, vulgo biovulatum. »Corolla rosea;
legumen indelriscens, ovoideum, subraarginatum, monospermum « : Duch. —
»Angelin«.
Sublr. 7. Sophoreae.
44 h Sopkora tomentosa L. — Ic. Sl. 1. 178. f. 3. — Guad. in fruticetis
litoralibus: Duch. - »Arbuscula 3 — 8pedalistf: Duch.
442. Ormosia dasycarpa Jacks. — Guad. in sylvis reg. inf. : Duch. —
„Caconnicr«.
TV. //. Caesalpinieae.
443. Haematoxylon Campechianum L. — Sieb. Fl. mixt. nr. 182! —
Guad. sponte: Duch.; S. Croix (Wst.). — »Campöche«.
444. Parkinsonia aculeata L. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 119. — Guad.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).— „Caca a rat«.
445*. Guilandina BonduceUa L. — Gartn. — Ic. Schrk. ht. monac. t. 68. —
Syn. G. Bonduc Wickstr., Macfad. et Auetor. Fl. Ind. Orient. — Guad. in
litore, v. c. pr. Pointe-ä-Pitre, Moule, MornetU'eau, S.Anne: Duch. — Foliola
oblique ovali-oblonga (18'" : 10'"); stipulae magnae, foliaceae, multipartitae,
segmentis obovatis v. obeordatis; bracteae ex gemmis floralibus longe exsertae,
reflexae; semina natura grisea. — »Canique grise«.
446. W. Bonduc L (ex syn. SL). — Gärtn. — Guad. in litore pr.
Pointe de chftteaux, Dtfsirade: Duch. — Species Indiae occidentalis, sec. Wight
et Arnott ex India orientali exul, a praecedente luculenter distineta ex obser-
vationibus Duch., quas ex speeiminibus ejus confirmo: foliolis oblique ovalibus,
bracteis ante anthesin erectiusculis gemmam floralem subaequantibus, staminibus
densius villosis, seniine ^constauter luteo«: quibus accedunt statura minor
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 209
hujus, major 6. Bonducellae, stipulaeque peculiares sec. Ducb. in 6. Bonduc
plane deficientes; aculei in utraque specie conformes, gemini, terni, quaterni.
447*. Poinciana pulcherrima L. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 120. — Guad.
in aridis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.) , S. Barth. (Wickstr.). —
»Baraguette«.
448* Caesalpinia sepiaria Roxb. — Guad.: Duch. »Sepibus exstruendi9
inservit«: Duch. — »Fernambouc«.
449. C. bijuga Sw. — S. Barth. (Wickstr.).
450. Lebidibia coriaria Schlecht. — Syn. Caesalpinia W. — S. Thom. (Wst.).
Cassia sect. 1. Fistula DC.
451*. C. brasiliana Lam. — Syn. C. mollis Vahl. — S. Croix (Wst).
452* C. Fistula L. — Guad. (Duch.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wick-
str.). — aCasse«.
C. sect. 2. Chamaefisttda DC.
453. C. bicapsularis L. — Ic. Jacq. fragm. t. 58. — Guad. : Duch. ; S.
Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
454. C. alata L. — Ic. Sl. 1. 175. f. 2. — Guad. ad ripas m. Mart.: Ducb.
455. C. occidentalis L. — Ic. Sl. t. 175. f. 3. 4. — Guad.: Duch.; S.
Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — »Herbe piquante«.
456. C. nenenifera Rodsch. 1 — Guad. in cultis m. Aug. : Duch. — Spe-
cies a sect. Chamaesenna ad Chamaefistulam (Oncolobium Vog.) transponenda,
praecedenti proxima et sub formis pubescentibus eidem vulgo ad scripta, di-
stincta praeter pubem: glandula petiolari oblonga (nee ovoideo-globosa) a basi
petioli remotiuscula, legumine hirto, maturo juxta margines vix impresso aequa-
liter convexo paullo angustiori (3'" diam.), seminibus minoribus in utraque
facie linea mediana obscuriori notatis (fovea ovali C. occidentalis deficiente).
C. sect. 3. Pro808perma Vog.
457. C. obtusifolia L. — Ic. SL t. 180. f. 5. Guad. ad vias: Ducb.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.: C. Tora ej.). — „Sou marque*.
C. sect. 4. Chamaesenna DC.
458. C. Plumieri DC. — Ic. Plum. amer. t. 77 : ubi semina circiter 40. —
Guad.: Duch. — Reducenda videtur ad C. discolorem Desv., sed descriptio
ejus offendit legumine 8spermo: legumen nostrae vulgo semipedale, seminibus
Phys. Glosse. VII. Dd
210 A. GRISEBACH,
circiter 24 oblongatis horizontalibus. Antherae poris minutis mox in rimam
abeuntibus vacillat inter Chamaesennam et Psilorhegma. »Frutex orgyalis et
ultra, floribus sulfureis«: Duch.
C. sect. 5. Lasiorhegma Vog.
459. C. polyadena DC. — Guad. in apricis : Doch. — Frutex foliolis
4 — 8jugis, difformibus, nunc breviter ovalibus (4"': 2'"), nunc oblongatis
(10 — 12'" : 4"'); forma ex ins. Barthölemy exstat ramuiis pubescentibus,
foliis 4jugis.
460. C. nicticans L. — Guad. juxta vias m. Aug.: Ducb. — Staraina
7 observavit Duch. et coroparari debet cum nostra C. cbamaecrista caribaea
Auct.: Guad. (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht.).
461. C. glandulosa L. — Guad. (Wickstr.).
462#. Tamarindus indica L. — Ic. Jacq. amer. piqt. U 13. — Guad.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.). — Forma est ovulis pluribus abortivis (T. occi-
dentalis G.).
463. Hymenaea Courbaril L. — Guad. (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht.),
jS. Croix (Wst.), Marl, in sylvis (Jacq.).
464. Bauhinia porrecta Sw. — Syn. B. aurita Ait. ap. Wickstr. —
Guad. (Wickstr.).
465. B. aculeata L. — S. Barth. (Wickstr.).
466. Schnella macrophylla Gr. — Syn. Bauhinia Poir. - -~ Guad. in
sylvis primaevis: Duch. Patria adhuc ignota erat.
Tr. III. Mimoseae.
467. Parkia biglobosa Benth. — Syn. Mimosa Jacq. — Mart. (Jacq.).
468. Entada scandens Benth. — Ic. Rheed. mal. 8. t. 32. — Guad.:
Duch. — Formam suam distinctam ait Duch. (E. Pursaetham DC. sec. Duch.)
»staminibus 10, legumine minori 2 — 3pedali hiloque non nigricante«. — Acacia
scandens Tuss. (Ant. 3. t. 21) a nostra forma non diflert nisi Foliolis minoribus.
# 469. E. polystachya DC. -r- Guad. (DC), Mart. (Jacq.).
470*. Adenanthera pavonina L. — Guad. (Duch.); S. Thom. (Schlecht.). —
»Arbre h corail«.
47 1 . Neptunia pleno Benth. — Syn. N. surinamensis Anders. Fl. galop. ! —
Guad. in cultis humidis et ad fossas: Duch. »Folia sensitiva«: Duch.
Ober die Vegetation der karaiben. 211
472. Destnanthus virgatus W. — Ic. Jacq. ht. vind. t. 80. — Guad. in
cultis pr. Moule: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.). - Forma
microphylla, foliolis 2"':1>4'". »Caulis suffruticosus, subscandens, foliis sert-
sitivis, floribus albidis«: Duch.
ß. strictus Bert, (ex diagn. in Rieh. FI. cub.), jugis utriusque generis
paucioribus, foliolis majusculis 4'": 1"'. — Guad. cum «.: Dufch. — aSub-
frutescens, ramosissima, nee scandens« : Duch. In ic. Jacq. foliola inter a. et ß.
raagnitudine media (3'" : l"').
473. D. depressus Humb. BonpL — Ic. Humb. Mimos. t. 35. — Syn.
D. pratorum Macf. — Guad. in campis aridis pr. Moule : Duch. ; S. Thom.
(Schlecht).— »Suffrulescens, vix pedalis, prostratus, floribus albis«: Duch.
474. Mimosa pudica L. — Ic. Plum. amer. t. 202. — Guad. : Duch. ;
S. Thom. (Schlecht.).
ß. unijuga, glabrata, pinnis omnibus unijugis. — Syn. M. irritabilis Prl.:
forma legumine iongiori. M. unijuga Walp. Decad. nr. 6 ! — Guad. in gra-
minosis reg. inf. : Duch.
475. M. Ceratonia L. — Ic. Plum. amer. t. 8. — S. Thom.. in collibus :
Duch.; S. Croix (Wst.).
476. Leucaena glauca Benth. — Guad. in collibus calcareis vulgaris
et arva infestans: Duch.; S. Croix (Wst.). — »Tamarin bätard".
477. Acacia flexuosa Humb. BonpL — Guad. (Wickstr. DC). Legu-
men glabrum sec. DC.
ß. lasiocarpa Gr. — Syn. A. macracanthoides Bert, et A. macracantha
Humb. Bonpl. — Guad. : Duch. — Legumine tomentoso petiolisque albido-
velutinis parum differt ab A. flexuosa, sed Macfadyen, utramque distinguens,
A. flexuosae (A. microcephalae Macf.) quoque legumen incano-villosum dixit,
alterius formae micracanthae (A. subinermi Macf.) idem. Nostrae formae Spinae
nunc 3'" longae, nunc bipollicares , nee sinunt distingui A. macracantham
quae sec. icon. (Humb. Mimos. t. 23) in nostram recurrit. »Arborea, floribus
luteis«: Duch.
478. A. tortuosa W. — Guad. (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht), S.
Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
Dd2
212 A. GR1SEBAGH,
479. A. Farnesiana W. — Guad. in collibus calcareis (Dach.} , S. Thom.
(Schlecht.).
480. A. mtäiflora W. — Ic. Plum. amer. Uli.— S. Thom.: Duch.
481. A. sarmentosa Desv. — Walp. Decad. nr. 7! — Syn. A. guada-
lupensis DC. A. Westiana DC: baec sec. descr. Schlecht (Linnaea 5. p. 191)
vix satis distincta glandulis petiolaribus. — Guad. : Duch. ; S. Thom. (Schlecht),
S. Croix (Wst.). — »Liana altissime scandens, floribus' albis« : Duch.
482*. Albizzia Lebbek Benlh. — Syn. Mimosa speciosa Jacq. — Guad. :
Duch.; S. Croix (Wst.). - »Bois noir«.
483. Calliandra tergemina Benth. — Mart. (Jacq.), Domin. (Benth.).
484. C. purpurea Benth. — Guad. (Wickstr.).
485. Pithecolobium unguis cati Benth. — Ic. Plum. amer. t. 4. — Syn.
Inga guadalupensis Desv. — Guad. in fruticetis litoralibus: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — Arillus in ic. Duch.
roseus (niveum dicit Macfad.). »Cotyledones sub germinatione hypogaeae,
carnosae« : Sagot rascr. — »Collier ä diable«.
486. P. Brongniartii Walp. Decad. nr. 30! — Guad. in sylvis montanis
ro. Mart.: Duch. — Nullo modo P. trapezifolio Benth. simile, sed perafOne
P. filicifolio Benth. (Syn. Acac. arborea Macfad., Rieh, cub.) leguminibusque
scarlatinis conveniens, at probe distinetum: pinnis 4 — 6jugis, foliolis 3 — 12-
jugis majoribus (vulgo 6''' : 3'") et calyce corolla duplo (nee triplo) superato.
„Arbor«: Duch.
487. Inga laurina W. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 247. — Syn. Mimosa
fagifolia Jacq.— Guad. in sylvis udis: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Christ.
(Sw.), Mart. (Jacq.). — Foliolis plerisque 4pollicaribus et floribus breviter
pedicellatis cum planta a Jacquinio delineata convenit, a diagnosi Benth. recedit,
corolla glabra ab J. punctata W. (Talso citato Jacq. obscurata) differt. — »Arbor
elata, speciosa": Duch. »Poix doux«: nomen jam a Jacquinio laudatum.
488. J. ingoides W. — Syn. J. galibica Walp. Decad. nr. 10!: forma
foliis subtus tenuius tomentosis. — Guad. in sylvis humidis : Duch. — Floribus
pedicellatis ab J. vera W. simili faciliter dignoscitur. — »Arbor excelsa«:
Duch. »Poix doux«.
489. J. vera W. — Guad. (Wickstr.).
\
Ober die Vegetation der karaiben. 213
Connaraceae.
490. Connarus grandifolius Planck. — Guad. in sylvis udis pr. Morne
ä l'eau: Dach.; Domin. (Planch.). — aFrutex alte scandens, robustus«: Duch.
Myrtaceae.
49 1 Psidiutn Guava Rd. a. pomiferum L. et ß. pyriferum L. — Guad. :
Doch.; S. Thora. (Schlecht), S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.), Antig.,
Mart (Bg.).
492. Ps. cordatum Sims.— Guad. (DC), S. Thom. (Bg.).
493. Pimenta vulgaris Wight. — S. Croix (Wst).
494. Amomis acris Bg. — Syn. Myrtus Sw. M. caryophyllata Jacq. —
Guad., Mart (Jacq.), Antig. (Sw.).
495. A. pimentoides Bg. — Syn. Myrcia DC. — Guad. in collibus cal-
careis: Duch. — Differt a praecedente (sec. specim. portoric. et cult) ramulis
junioribus argute tetragonis, qui in illa magis compresso-teretiusculi.
f Pedicelli solitarii uniflori.
496*. Eugenia uniflora L. — Syn. E. Michelii Lara. — Gtiad. (Duch.);
S. Thom., Antig., Mart. (Bg.).
497. E. ligustrina W. — Guad. in fruticetis litoralibus: Duch.; S. Croix
(Wst) , Antig. (Bg.). — Convenit cum praecedente foliis pedicellos fulcien-
tibus saepe abortivis et in speciem bracteae angustae mutatis nee non bacca
vesiculis exasperata: dignoscitur foliis subtus pallidis, venis eorum simpliciter
pinnatis tenuissimis, bracteolis (a Candolleo errore negatis) calycisque segmentis
elongatis lineari-obtusis. — »Fructus edulis« : Düch. — »Mä-isier«.
498. E. confiisa DC. — Guad. (DC).
ff Pedicelli simplices, fasciculati.
499. E. foetida Vahl. — S. Croix (Wst), S. Thom., Antig. (Bg.).
500. E. pseudopsidium Jacq. — Mart. in sylvis montanis (Jacq.).
501. E. portoricensis DC. — S. Croix (Bg.).
502. E. procera Poir. — S. Croix, Mart (Bg.).
503. E. Lambertiana DC. — Syn. E. smaragdina Bg. et E. Duchas-
saingiana Bg. ex origine hujus loci videntur. — Guad. in sylvis pr. Morne ä
l'eau in reg. inf. m. Aug.: Duch. — Similis E. latifoliae Aubl. et areubus
venarum juxta marginem folii duplieibus pedicellisque junioribus saepe tenuissime
214 A. GRISEBACH,
puberulis conformis: distincta foliis ovatis (nee ovalibus), punetis pellucidis
conspieuis sed valde dislantibus (quae in illa minima , at crebra), pedicellis
petiolum subaequantibus (nee duplo superantibus) , flore minori et calycis tubo
sub anthesi ovato (nee turbinato). — »Frutex 15 — 18' altus, floribus parvis
albis, bacca ceraso paullo minori": Ducb.
fff Pedicelli in corymbos v. racemos axillares dispositi, axi primario
abbreviato.
504. E. cordata DC. — S. Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst.), S. Jean (Bg.).
505. E. sessiliflora DC. — Antig. (Bg.).
506. E. lateriflora W. — S. Croix (Bg.).
507. E. axillaris W. — S. Croix, Antig. (Bg.).
508. E. quadremgularis Duck, mscr., glabra, ramulis tetragonis, foliis
ovatis v. ovato-lanceolatis apice complicato obtosiusculis v. acutis basi brevissime
euneatis coriaeeis epunetatis nitidis utrinque laevibus aveniis margine con-
vexiusculo recurvis (2 — i^'M"), petiolo brevi (1'") apice dilatato, pedicellis
(fruetiferis) 2 — 1 petiolum quadruple* superantibus (geminis peduneulo brevis-
simo connexis), baccis »rubris* globoso-depressis (4'": 5'") lirabo calycis
öpartito coronatis saepius dispermis. — Guad. in sylvis reg. inf. , baeeifera
m. Febr.: Ducb.
aFrutex v. arbuscula": Ducb., ramis vetustioribus teretiusculis , habitu
E. pseudopsidii Jacq. Flos ignotus. Embryo cotyledonibus crasse carnosis
conferruminatis , etsi calycis limbus öpartitus est, yeram Eugeniae speciem
esse, demonstrat: nulli igitür generum, quae cl. Berg ab Eugenia divulsit,
respondet; inter species ejus conferatur Myrtus Oerstediana Bg., cui aliena
fruclus seminisque fabrica adscribitur.
509. E. baruensis Jacq. (non DC. prodr.). — Ic. Jacq. ic. rar. t. 486. —
Syn. E. guadalupensis DC. — Guad. in fruticetis litoralibus: Ducb. — Ramuli
juniores puberuli, mox glabrati, folia areunervia, coriacea, pedicelli fasciculati,
4'" fere longi, calycesque glabri, Gores minuti et baccae subglobosae, 21/2'"
longae, hanc speciem designant.
510. E. glabrata DC. — Guad. in fruticetis litoralibus cum praecedente:
Duch.; S. Barth. (Wickstr.), S. Croix (Bg.). — Praecedenti foliis similis,
distincta ramulis glabris, axi corymbi longiori, pedicellis supra petiolum non
Ober die Vegetation der karaiben. 215
exsertis brevissirais 1 — 2 longis et bacca matura ovoideo-oblonga (3'": 2"'). —
»Mlrisier sau vage, M&isier ä cochon*.
511« E. buxifolia W. — Syn. E. monticola Sw. sec. Bg. E. triplinervia
Bg. — Guad. '(Wickstr.), S. Thom. Bg.
ß. Poiretii DC* Bg. racemulis, ramulis gemmisque pilosiusculis. — Syn.
E. buxifolia Schlecht, in Linn. 5. p. 199. — Guad., S. Thom.: Duch. - E.
baruensi Jacq. affinis, distincta inflorescentia racemosa, axi ejus petiolum saepe
plus duplo superante, 3— 6"' longo, pedicellis abbreviatis 1 — ll/2'" longis;
bacca ejusdem formae est, sed minor videtur. — aGuava-berry*.
ff ff Inflorescentia corymbosa v. racemosa, exserta.
512. E. brachystackys Bg. — Guad. in sylvis montanis m. Aug.: Duch. —
Habitu foliisque E. Lambertianae similis, conspicue distincta inflorescentia, pube,
foliis basi rotundatis (nee euneatis) densoque punetorum agroine.
513. E. Greg« DC. — Domin. {Sw.).
514. E. lancea Poir. — S. Thom, S. Croix (Bg.).
515. E. virgultosa DC. — S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (DC).
fffff Inflorescentia cymosa, exserta.
516. E. Balbmana Bg. — Syn. Myrcia DC. — Guad. in collibus
calcareis: Duch. — #Arbor cortice deeiduo aroroatico terebinthinam spirante,
floribus albis odoris«: Duch. »Bois pele«.
517. E. dichotoma DC. — Antig. (Bg.).
518. E. punctata Vahl. — Guad., Mart. (Bg.); S. Croix (Wst.).
519. E. fragrans W. — S. Barth. (Wickstr.).
520. Myrcia splendens DC. — Guad.: Duch.; Mart.: Sieb. hb. mart.
nr. 138! — »Mörisier petite feuille«.
521. M. Duchassaingiana Bg. — Guad. in sylvis montanis m. Mart.:
Duch. — »Guöpois«.
522. M. ferruginea DC. — Mart. (Bg.).
523. Aulomyrcia coriacea Bg. — Syn. Myrcia DC. — Guad. (Wickstr.).
524. Calyptranthes pallens Gr. — Syn. C. Chytraculia paueiflora d Bg. —
Guad. in fruticetis collium calcareorum: Duch. — Cum C. Chytraculia Sw.
quoque in Jamaica crescit, a qua nostra differt foliis ovato-ianceolatis (nee
ovatis) subtus cinereo-pallidis, junioribus subtus pube adspersis, inflorescentia
216 A. GRISEBACH,
sirapliciori breviori, ramis ejus erecto - paten tibus (nee divaricatis) tomentoqne
ejus serieeo-rufo (nee villoso-patulo). — Seminis fabrica Calyptranthes Myreiae
genus proximum: bacca globosa (2"' diam.), margine ealycino coronata, bilo-
cularis, pleiosperma ; erabryo in massam subglobosam complicatus, cotyledonibus
crassiusculis corrugatis ineurvatis radiculam conicaro subaequantibus.
525. C. Syzygium Sw. — Ic. Br. jam. t 7. f. 2. — Guad. (Wickstr.),
S. Thom. (Schlecht.).
526#. Jambosa vulgaris DC. — Guad. in sylvis reg. inf.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.). — „Pomme rosier«. •
527. Mouriria guianensis Aubl. — Syn. Petaloma Mouriri Sw. — S.
Croix (Wst).
Melastomaceae.
528. Nepsera aquatica Naud. — Ic. Bonpl. Rhex. t. 40. — Syn. Spennera
DG. — Guad. in margine sylvarum reg. inf. in humidis: Duch.; S. Thom., Mart.
(Naud.), Domin. (Sw.).
529. Hephaestionia slrigosa Naud. — Ic. Bonpl. Rh. t. 26. — Syn.
Chaetogastra DC. — Guad. in reg. summa m. Soufriere : Duch. ; S. Christ, in
summo monte (Sw.), Mart (Naud.).
530. H. chamaecistus Naud. — Mart. in summa reg. (Naud.).
531. Arthroslemma glomeratum Naud. — Syn. Osbeckia DC. — Guad.
in campis humidis graminosis reg. inf. vulgare: Duch.; Mart. (DC).
532. Spennera martinicensis Naud. — Mart. (Naud.).
533*. Beiludet Aubletii Naud. — Ic. Seem. Fl. panam. t. 26. — Syn.
Blakea quinquenervis Aubl. — Guad. in reg. inf. nunc vulgaris, a l'Herminier
introdueta: Duch. »Fructus edulis«: Duch. »Neflier«.
534. Conostegia subkirsuta DC. — Guad. in sylvis montanis ad torren-
tes: Duch. »Flores albi«: Duch.
535. C. montana Don. — Guad. (Wickstr.).
536. C. calt/ptrata Don. — Ic. Bonpl Mel. t. 46. — Guad. in sylvis
montanis: Duch.; Montserr., Mart (DC).
Miconia sect Tetrazygia Rieh. Petala 4.
537. M. tetrandra Naud. — Syn. Tetrazygia DC. -- Guad. in sylvis
montanis m. Mart. : Duch. — Habitu cum ceteris Tetrazygiis convenit.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 217
538. M. discolor Gr. — Ic. Bonpl. Mel. t. 34. — Syn. f etrazygia DC. —
Guad. in sylvis montanis: Duch.; Montserr. (DC), Mart. (Jacq.).
539. M. elaeagnoides Gr. — Syn. Tetrazygia DC. — S. Thom. (Schlecht.),
S. Jean (Sw.), S. Croix (Wst.), Mart. (Naud.).
540. M. angustifolia Gr. — Syn. Tetrazygia DC. — Guad. (Wickstr.),
S.Jean (Sw.), Monts. (DC).
541. M.Rwoeriae Naud. — Guad. in ra. Soufriöre: Duch.; Mart. (Naud.).
M. sect. Diplochita Naud.
542. M. Fothergilla Naud. — Ic. Bonpl. Mel. t. 32. 33. — Syn. Diplo-
chita DC. Mel. Tomanea Sw. — Guad. in montibus: Duch. — »Flores albi,
staminibus luteis«: Duch.
543. M. serrulata Naud. — S. Thom. (Naud.).
M. sect. Laceraria Naud.
544. M. semicrenata Naud. — Syn. Conostegia Ser. — Guad. (Wickstr.).
545. M. comifolia Naud. — Syn. Conostegia DC. ~ Marl. (DC).
M. sect. Eumiconia Naud.
546. M. knpetiolaris DC. — Ic. Bonpl. Mel. t. 29. — Guad. in sylvis
pr. Morne ä l'eau: Duch. »Bois cotelettc«, sicul ceterae Melastomaceae.
547. M. holosericea DC. — Ic. Bonpl. Mel. t. 23. 24. — Guad. : Duch.
548. M. argyrophylla DC. — S. Thom. (Naud.). — Foliis supra opacis
nostra (panamensis) a praecedente differt.
549. M. lacera Naud. — Ic. Bonpl. Mel. t. 5. — Marl. (Naud.). —
Calyce duplici 4 — 5nario habituque accedit potius ad Heterotrichum.
550. M. laevigata DC. Naud. — Ic. Bonpl. Mel. t. 21. — Guad. in
fruticetis m. Soufriöre: Duch.; S. Croix (Wst.), Mart. (Naud.). — »Bois
cotelette«.
551. M. prasina DC. Naud. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Naud.).
552. M.Berbiceana Naud. - Syn. Clidemia DC. - S. Thom., Mart. (Naud.).
553. M. trichotoma DC. — Naud. — Guad. in sylvis montanis: Duch. —
A M. prasina DC. proxima parum differt nervis subtus pube ferruginea per-
sistente obductis. »Corolla alborosea": Ducb.
M. sect. Amblyarrhena Naud.
554. M. vulcanica Naud. — Guad. in m. Soufriöre (Naud.).
Phys.Classe. VII. Ee
218 A. GR1SEBACH,
M. sect. Arrhenotoma Naud.
555. M. coriacea DC. — Guad. in reg. summa m. Soufriöre (Sw.).
556. M. abortiva Naud. — Guad. in m. Soufriöre (Naud.).
557. Staphidium pauciflorumNaud. — Syn. Clidemia DC. — S. Thom. (Naud.).
558. St. spicalum Naud. — Ic. Bonpl. Mel. t. 3. — Syn. Clidemia DC.
S. Thom. (Naud.).
559. St. latifolium Gr. — Syn. Clidemia DC. — Staphidiastrum Naud.:
genus, tantum flore 4nario dislinctum, ad Staphidium reducendum videtur. —
Guad. in sylvis montanis ad ripas: Duch.
560. St. umbrosum Gr. — Syn. Staphidiastrum Naud. Sagraea DC. — S.
Christ. (Sw.), Mart. (Naud.).
561. St. attenuatum Gr. — Syn. Slaphidiastrum Naud. S.Thom. (Naud.).
562. Ossaea amygdalina DC. — S. Thom. (Naud.).
563. Heterotrichum angustifolium DC. — Mart. (DC).
564. Clidemia guadalupensis Gr. — Syn. Sagraea DC: genus reducen-
dum ad Clidemiam, a qua nonnisi flore 4nario differt, S. acutiflora Naud. ipsa
ex numero organorum 4 — 5 ambigua. — Guad. in m. Soufri&re: Duch. —
„Bois cotelette«.
565. Cl. sparsiflora Gr. — Syn. Ossaea DC. Sagraea Naud. — Guad.
in m. Soufrifere: Duch.
566. Cbarianthus coccineus Don. — Guad. in reg. summa m. Soufrtere
(Sw.), Mart. (Naud.); Ch. glaberrimus DC: Guad. (Duch.).
567. Cb. ciliatus DC. — Mart. (Naud.).
568. Blakea laurifolia Naud. — Guad. in sylvis montanis ad torrentes :
Duch. — »Fiores rosei«: Duch.
Combretaceae.
569. Bucida Buceras L. — Ic. Sl. t. 189. f. 3. — Guad. ad ripas:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.). — »Bois Gligli, bois gigri«.
570*. Termmalia Catappa L. — Ic. Jacq. ic. rar. t 197. — Syn. T.
intermedia Berter. — Guad.: Duch.— ?Fructus edulis": Duch. — «>Amandier-.
571. T. latifolia Sw. Guad. (Wickstr.), S. Barlh. (Wickstr.).
572. Cotiocarpus erectus L. — Ic. Jacq amer. pict. t. 78. — Guad.:
Duch.; S Thom. (Schlecht) , S Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.). — »Mangle«.
Ober die Vegetation der karaiben. 219
573. Laguncularia racemosa G. — Ic. Jacq. amer. pict. L 79. — Guad. :
Dach.; S. Thom. (Schlecht), S. Croix (WsL), S. Barth. (Wickstr.).
Thymeleae.
574. Hargasseria tinifolia Endl — Syn. Daphne Sw. — Guad. (Wickstr.).
575. H. occidentalis Gr. — Syn. Daphne Sw. — Guad. (Wickstr.).
576. Hernandia sonor a L. — Guad.: Duch.; Mart. (Jacq.).
Laurineae.
577*. Cinnamomum zeylanicura Breyn. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 117. —
Mart. in sylvis montanis (Jacq.).
578 Phoebe membranacea Ns. — Guad. (Wickstr.).
579. Persea gratissima G. — Ic. Sl. t 222. f. 2. — Guad.: Duch.;
Mart.: Sieb. Fl. mart. nr. 307! — »Avocat«.
580. Hufelandia thomaea Ns. — S. Thom. (Ns.).
581. Aidendron microbotryum Ns. — Syn. Laurus salicifblia Sw. ex
descr. et loco ap. Wicksr. — Guad. raro: Duch. — Aidendron salicifolium
Ns. suum guianense (exclus. syn. Sw.) Ns. floribus sessilibus distinguit, sed
Swartz ipse flores racemosos dixerat. - »Arbor mediocris, floribus albis" :
Duch. Fructus ovoideo-oblongus, truncato- obtusus, 6'" fere longus, cupula
margine discreta semitectus. »Bois Coligue«.
582. Nectandra sanguinea Rottb. — Ic. Sl. 1. 166. f. 1. Jacq. coli. 15.
f. 2. — Syn. Laurus Borbonia Poit.! in hb. Gott. — Guad.: Duch.; Mart. (Jacq.).
583. Oreodaphne panriflora Ns. — Syn. Laurus Sw. — Guad. in mon-
tibus: Duch. — Diagn. emend.: 0. (Agriodaphne) foliis oblongis breviter
abruptim acuminatis subtus utrinque 14 — 16costatis glaucescentibus glabris,
paniculis axillaribus demum cernuis folio grandi multo brevioribus, junioribus
pubescentibus , cupula verrucosa truncata crassa fructum oblongum dimidium
aequante. — Proxima habitu Lauro martinicensi Sieb. mart. nr. 79! (hb. Gott.):
cum 0. Leucoxylo convenit cupula, differt fructu oblongo (nee globoso) —
»Arbor elata": Duch.
584. 0. leueoxylon Ns. — Guad. (Wickstr.).
585. 0. cernua Ns. — Syn. Laurus exaltata Sieb hb. martin. ! — Guad.
in sylvis: Duch.; Mart.: Sieb. — Species 0. coriaceae affinis, a sect Agrio-
Ee2
220 A. GRISEBAGH,
dapbne ad Ceramophorara Iransponenda : fructu atro nitido ovoideo-oblongo
(8'" longo) mox a cupula brevi (l1/*'" alla) separato. — »Bois nägresse«.
586. 0. coriacea Ns. (exclus. synon. Sw.). — Guad. in sylvis humidis :
Duch. — Differt a praecedente : foliis angustioribus longius acuminatis minus
coriaceis, fructu globoso (6"' diam.) a cupula patellari (4'" diam.) per strictu-
ram quandam sejuncto, mox libero purpurascente et pedunculis fructiferis magis
incrassatis obconicis minus cernuis. Cortex opacus, folia saepe semipedalia.
587. Cassytha americana Ns. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 116. — Syn.
C. filiformis Jacq. — Guad.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.). — »Corde ä violon«.
Onagrarieae.
588. Jussiaea variabilis Mey. Fl. Esseq.! — Guad. in locis udis reg.
inf. m. Marl: Duch. — Folia repando-integerrima, qualia etiam exstant in
specimine originario.
589. J. erecta L. — Ic. Plum. amer. t. 175. f. 2. — Guad. in aquosis:
Ducb.; S. Croix (Wst).
590. J. octonervia Lam. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 105. — Ins. carib. (Jacq.).
591. J.octofilaDC. — Ic Plum. amer. t. 175. f. 1. — Guad. ad fossas: Duch.
Lythrarieae.
592. Ammannia latifolia L. — Ic. Sl. t. 7. f. 4. — Guad.: Duch.
593. A. humilis Mich. — Guad. in inundatis m. Jul.: Duch.
594. A. sanguinolenta Sw. — Guad (Wickstr.), S. Thom. (Schlecht.).
595. A. occidenlalis DC. — Syn. Peplis Spr. — Guad. (Wickstr.).
596*. Lawsonia inermis L. — Guad.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.).
597. Antherylium Rohrii Vahl. — S. Thom.: Duch. — Genus Lawsoniae
affine, seminibus fusiformibus minutis exalbuminosis a Legnotideis valde remo-
tum. Char. gen emendatus:
Calyx valvaris, 4partitus. Petala 4 calycis tubo brevi ad apicem inserta,
alba, decidua. Stamina 12 — 16, immediatim infra petala ex typo spirali inserta,
antberis in tilamenti tenuis apice versatilibus circinatim recurvis (minime adnatis)
bilocularibus, rima introrsa, connectivo inconspicuo. Capsula polysperma,
(3-)4valvis; semina minutissima, fusiformia, exalata, testa embryoni exalbumi-
noso conformi, cotyledonibus angustis.
Ober die Vegetation der karaiben. 221
Cucurbitaceae.
598. Anguria pedata L. -- Guad., S. Barth. (Wickstr.).
599. A. trilobata L. — S. Croix (Wst.), Mart. (DC).
600. Bryonia americana Lam. — Guad.: Duch. — Bacca rubra, serai-
nibus 3 7.
601. B. racemosa Mili — Ic. Plum. descr. t. 97. — Syn. B. guadalu-
pensis Spr. ex loco et baccis oblongis. — Guad. in campis udis pr. Morne &
l'eau: Duch.
602*. Momordica Charantia L. — Ic. Hill. fig. t. 171. - Guad.: Duch.
603*. M. Balsamina L. — S. Thom. (Schlecht.) , S. Croix (Wst).
604. Lagenaria vulgaris Ser. — Guad.: Duch., S. Croix (Wst).
605*. Luffa acutangula Roxb. — Ic. Jacq. ht. vind. 3. t. 74. — Guad.:
Duch. — »Torchon«.
606. Cucumis Anguria L. — Ic. Hill. fig. t. 33. — Guad.: Duch.; S.
Barth. (Wickstr.).
607. Sicyos angulatus L. — Guad. , S. Barth. (Wickstr.).
Nhandirobeae.
608. Feuillea cordifolia Poir. — Guad. (Wickstr.).
Begoniaceae.
609. Begonia macrophylla Dry. — Ic. Plum. amer. t. 45. f. 1. — Guad.
in ra. Soufriöre m. Hart.: Duch.
610. B. nitida Dry. — Guad., S. Barth. (Wickstr).
Cacteae.
611. Helocactus communis Lk. Otto. — S. Thom. (Schlecht.), S. Croix
(Wst), S. Barth. (Wickstr.).
612. Cereus monoclonos DC. — Syn. Cact. peruvianus Wst. — S.
Croix (Wst.).
613. C. triangularis Haw. — S. Croix (Wst.), Hart. (Jacq.).
614. C. trigonus Haw. — S. Eust. (Jacq.).
615. Phyllocactus pbyllanthus Lk. — Guad. (DC.J.
616. Opuntia curassavica Hill. — Guad. (Wickstr.), S. Croix (Wst.),
S. Barth. (Wickstr.).
617. 0. vulgaris Hill. — Guad (Wickstr.).
222 A. GRISEBACH,
618. Pereskia aculeata Hill. — Guad. (Wickstr.).
Homalineae.
619. Homalium racemosum Jacq. — Ic. Sw. Fl. t. 17. - Guad. in
sylvis reg. inf.: Duch., Hart. (Jacq.), - »Acomat franc«.
Passifloreae.
Passiflora sect. 1. Cieca Hed.
620. P. pallida L. — Ic. Plum. descr. t. 89. — Guad.: üuch. ; S. Croix
(Wst.). - Folia non acuminata, sed, ut in ic. Plum., rotundato-obtusiuscula,
nee petioli supra medium, sed medio glanduliferi: fallitur igitur Richard (Fl.
cub. 1. p. 597), cum stirpem Linnaeanam ad P. minimam L. reduxerit, a qua
nostra species fruetu ovoideo (qualem praebent et ic. Plum. et speeimina), figura
folii et situ glandularum differt. — »Flores lutescentes, corona basi coeru-
lescente, apice lutea «: Duch.
621. P. minima L. S. Croix (Wst.).
622. P. suberosa L. — Ic. Jacq. ht. vind. 2. 1. 163. Plum. descr. t. 88
(partim).— S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
623. P. peltata Cav. — S. Thom. (Schlecht.).
624. P. hirsuta L. — Ic. Plum. descr. t. 88 (partim). — Syn. P. par-
viflora Sw. — Guad. in sepibus toto anno: Üuch. — S. Croix (Wst). —
»Liane & l'encre«.
625. P. hederacea Cav. — Ic. Plum. descr. t. 84. — Guad. in fruticetis
litoralibus: Duch. — Proxima, etiam fruetu, P. luteae L., petiolo supra medium
biglanduloso dislincta. Folia in ic. Plum. bene data, subtus hinc inde ocellata;
fruetus globosus Cerasi minoris diam. — »Liane & l'encre«.
P. sect. 2. Decaloba DC.
626. P. rubra L. Ic. Plum. descr. t. 83. — Guad. in m. Soufrifcre
ad rivulos, Crabb-Island: Duch. — Fruetus ovoideus, 6carinatus, ubique
velutinus.
627. P. rotundifolia L. ß. Jacquini DC. — Ic. Jacq. obs. t. 46. f. 1. —
Guad. pr. Riviöre noire raro: Duch.
Obs. P. coriacea Rieh. cub. seeundum speeimin. havanens. reducenda est
ad Murucujam ocellatam Pers. sive P. Hurucujam L. (BoL reg. t. 574 et Tuss.
Ant. 2. t. 7) : sed genus Hurucuja ex afDnitate P. Hurucujae L. cum P. biflora
Ober die Vegetation der karaiben. 223
Lora, aliisque ipsum antiqaandum est, nisi sectiones Passiflorae pro generibus
distinctis adoptarentur.
P. sect. 3. Granadilla DC.
628. F. laurifolia L. — Ic. Plum. descr. t. 80. Jacq. amer. pict. t. 219. —
Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.). — „Pomme Liane«.
629. P. quadrangularis L. - Guad. (Wickstr.), S. Croix (Wst,).
630. P. maliformis L. — Guad. (Wickstr.).
631. P. serrata L. — Ic. Plum. descr. t. 79. — Guad. in sylvis humidis
pr. Grippen!: Duch. — »Pomme d'Agouti«.
P. sect. 4. Dysosmia DC.
632. P. foelida L. - Ic. Plum. descr. t. 86. — Guad. in cultis: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). „Odor non
foetidus, sed multis gratus; fructus luteus, olens, edulis«: Duch. — »Magouja«.
Turneraceae.
633. Turnera ulmifolia L. — Guad., S. Barth. (Wickstr.), S. Croix (Wst.).
634. Piriqueta cistoides Gr. — Ic. Sl. 1. 1 27. f. 7. Syn. Turnera L. ex
ic. Sl. (vix Sw., qui plantae suae stylos 3 et semina subrotunda, fusca tribuit).
T. jonidioides Rieh. cub. ex descr. — Guad.: Duch. — Radix annua; caulis
strictus 1 — 2pedalis; corolla »lutea«: Duch.; styli 3, singuli ad basin bipartiti
(inde stylodia 6, apud auetores generis styli 6), stigmate in quoque stylodio
breviter multifido deeiduo; semina pallida, oblongo-incurva, margine coneavo
arillo breviter alata.
Papayaceae.
635*. Carica Papaya L. — Guad.: Duch., S. Croix (Wst.). »Papaye«.
Crassulaceae.
636*. Bryophyllwn calycinum Salisb. - Guad. in ruderatis: Duch. —
7) Herbe ä mal- de -töte«.
Legnotideae.
637. Cassipourea alba Gr. foliis ellipticis utrinque obtusiusculis integer-
rimis breviter petiolatis, fasciculis florum axillaribus paueifloris, floribus pedi-
cellum subaequantibus, calyce 4fido, petalis 4 »albis«, laminis palmaßfidis villosis,
staminibus 12— 16 stylum sub anthesi superantibus. — Syn. Legnotis elliptica
Wickstr. ex loco (non Sw.). Guad. in sylvis reg. inf. pr. Morne ä l'eau: Duch.
224 A. GRISBBACH.
Legnotis elliptica Sw. sec. descr. recedit a nostra: typo floris quinario,
petalis incarnatis (villo albo), staminibus 20—40 slylo superatis. — »Arbuscula
15— 20pedalis«: Duch. Folia rigida, glabra, venosa, (4": 2"), petiolo (3"'
longo} apice cum lamina continuo pedicellos 3—5 subaequante. Calyx 2 — 3"'
longus, ad medium 4fidus, lobis erectis ovatis acutis; petala ungue 2'" longo
laminam divisam subaequante; Stylus mox excrescens, stigmate obscure trilobo;
fructus immaturus trigonus, cum stylo sericeus.
638. C. guianensis Aubl. — Guad. (Wickstr.).
Rhizophoreae.
639. Rhizophora Mangle L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 132. — Guad.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
Saxifrageae.
640. Weinmannia glabra L. — Guad. in sylvis montanis: Duch.
641. W. hirta L. — Guad. (Wickstr.).
Hederaceae.
642. Hedera capitata Sm. — Syn. Aralia Jacq. — Guad. (DC), Mart.
in sylvis (Jacq.).
Ilicineae.
643. Ilex sideroxyloides Gr. glaberrima, foliis late ellipticis (3" : 1%")
apicnlato-obtusis basi in petiolum (4 — 5'" longum) attenuatis integerrimis utrinque
venosis, corymbis 3 — 8floris sub anthesi petiolum subaequantibus, nunc aggre-
gatis, fructiTeris duplo longioribus, pedicellis medio articulatis, petalis 4 — 5
distinctis calycem minutum plus duplo superantibus, bacca globosa (3 — 4',/ diam.)
stigmate convexo 4 — öradiato coronata. — Guad. m. Mart.: Duch. — »Bois citron*.
Ex diagnosi (Wp. Ann. 2. p. 265) accedit I. celastroides Kl. floribus
fasciculatis (nee corymbosis) a nostra distinguenda. Ex veteribus descriptio-
nibus recedunt Prinos nitidus Vahl: anlheris exsertis et stigmate acuto; P.
sideroxyloides Sw. corolla rotata 6partita (tarnen lusu numerus partium dimi-
nuitur) et peduneulis axillaribus unifloris.
Obs. Species Ilicis et Prini corolla polypetala, quae antherae quoque
struetura conveniunt, forsan olim in genere proprio (Prinodia m.) colligi pos-
sunt, quo speetant I. sideroxyloides, bumelioides Kth. et plures brasilienses.
Character genericus, ex duabus speciebus primariis concinnatus, foret: Flores
Ober die Vegetation der karaiben. 225
bermapbroditi ; calyx 4- Slobus persistans; petala 4 — 5 distincta, basi lata
exunguiculata , hypogyna, irabricativa; stamina 4 — 5 bypogyna, filamentis
subulatis, anthera cordata biloculari introrsa erecta; ovarium 4 — 51oculare,
localis uniovulatis, stigmate sessili 4 — öradiato persistente; bacca (pericarpio
lignescente) 4 — öpyrena, pyrenis cbartaceis laevibus monospermis ; semina
pendula, ovato-trigona , testa laevi atra; — arbores babitu Sideroxyli, semper-
virentes, foliis alternis coriaceis glabris lucidis, corymbis v. umbellis axillaribus
paucifloris stipitatis y. subsessilibus.
644. Prinos montanus Sw. — Guad. (Wickstr.).
645. P. sideroxyloides Sw. — S. Christ. , Montserrat in m. Soufriöre (Sw.).
Umbelliferae.
646. Hydrocotyle umbeUata L. — Ic. Rieh, in Ann« sc. phys. 4. t. 52.
f. 3. — Guad. : Duch.
647. H. repanda Fers. — Ic. Rieh. 1. c. t. 57. f. 14. — Guad. in palu-
dosis graminosis: Duch.
648. H. spicata Lam. — Syn. H. hirsuta Sw. — Guad. (Wickstr.).
649. Eryngium foetidum L. — Ic. Sl. 1. 156. f. 3. 4. — Guad.: Duch. —
»Herbe puante«.
Araliaceae.
650. Panax attenuatum Sw. — Guad., S. Christ. (Sw.), S. Barth. (Wickstr.).
Casuarineae.
651*. Casuarina equisetifolia Forst. — Guad.: Ducb.
Asarineae.
652. Aristolochia trilobata L. — Ic. Jacq. eclog. t. 26. — Guad.:
Duch.; S. Croix (Wst.).
653. A. obtusata Sw. — Ic. Plum. amer. t. 33. — Guad. in fruticetis : Duch.
654. A. constrieta Gr. fruticosa, volubilis, ramis petiolisque pubescentibus,
foliis sinu aperto cordato-ovatis apice rotundato cuspidatis 5 — 7nerviis reticulato-
venosis glabriusculis , stipuiis deeiduis, floribus axillaribus solitariis, perigonio
unilabiato extus pubescente intus glabro, tubo tenui basi inflato apice dilatato
labium ovato-oblongum obtusiusculum paullo superante. — Guad. in margine
sylvarum pr. Morne k l'eau: Ducb.
Proxima A. augorcidae L. et inprimis A. retieulatae Seem., quae labio
Phys. Classe. VII Ff
226 A. GRISEBACH,
cordato et forma foliorum differt; ab A. pilosa Kth. nostra recedit foliis gla-
briusculis et deficiente strictura labii. — Folia 4 — 6": 3 — 4", petiolo i— 2"
longo; pedunculi 1" longi. Perigonium »extus violaceum luteo - lineatum « :
Duch., basi inflata ovoidea 2 — 4"' longa, strictura triplo longiori costata
labium snbaequante.
655. A. anguicida L — Guad. (Wickstr.), S. Croix (Wst).
Olacineae.
656. Heisteria coccinea Jacq. — Mart. in sylvis m. Febr. Mart. (Jacq.).
657. Schoepfia arborescens R.S. — Guad.: Duch.; S. Croix (Wst.),
Montserr. (DC).
Loranthaceae.
658. Viscum tereticaule DC. — Syn. V. latifolinm S w. — Guad. (Wickstr.).
659. V. macrostacbyon Jacq. — Mart. (DC).
660. V. tetragonum DC. — Guad. (DC).
661. Lorantbus emarginatus Sw. — Guad. (DC).
662. L. uniflorus Jacq. — Ic. Jacq. araer. pict. t. 100. — Guad. in
fruticetis litoralibus super arboribus: Duch.
663. L. americanus Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 98. — Syn. lu
Jacquini DC. — L. guadalupensis Duch. (an DC?). — Guad. in arboribus: Ducb.
Rubiaceae
Tr. I. Cinchonaceae.
Subtr. 1. Cinchoneae.
664. Hülia longiflora Sw. — lc. Jacq. amer. pict t 97 : icon recedit
a nostra corollae lobis duplo brevioribus. — Guad. in sylvis montanis: Duch.;
Mart. (Jacq.). --- Caulis superne obsolete tetragonus; involucrum diphyllum;
corollae lobi bipollicares, fere dimidium tubum aequantes.
665. Exostemma caribaeum R.S. — Ic. Jacq. amer. pict. t 63. — Guad.
in fruticetis solo calcareo: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S.
Barth. (Wickstr.). — »Quinquina caraibe«.
666. E. floribundum R.S. — Guad., Mart., Domin., in reg. montana (Sw.).
Subtr. 2. Gardenieae.
667. Genipa americana L. — Guad.: Duch. »Genipa«.
668. Randia aculeata L. — Ic. SI. 1. 1 1. f. 4. — Syn. R. iatifolia Lam. —
>
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBBN. 227
Guad. in fruticelis litoralibas: Dach.; S. Thom. (Schlecht) , S. Barth.: Forsstr. '—
»Petit Coco«.
m
ß. mitis L. — Ic. Sl. t. 161. f. 1. — Guad.: Duch. Recedit ab u. foliis
triplo majoribus magis rotundatis in basin longius attenuatis, venis utrinque
exquisitius prominulis; fructu convenit.
669. R. armata DC. — Mark (Jacq.).
670. Coccocypselum repens Sw. — Guad. (Wickstr.).
Subtr. 3. Rondeletieae.
671. Macrocuemum jamaicense L. — Guad. (DC).
672. Chimarrhis cymosa Jacq. — Guad. in sylvis primaevis reg. inf. pr.
Morne ä l'eau: Duch.; Mart. (Jacq.)« — »Arbor elata, ramis junioribus hexapte-
ris«: Ducb. Venae folii primariae attenuatae, 12 — 16, subtus prominulae.
Corymbus densiflorus, more Viburni. »Corolla 5 — öfida, villis faucem clau-
dentibus, staminibus exsertis, odore gratissiino a : Ducb. Capsula intus deorsum
dehiscens? mox apice hians, valvis rotundatis apice lacero - subemarginatis,
seminibus minutis indefinitis (placentas pro semine solitario habuit Jacq.).
673. Portlandia grandiflora L. — S. Thom. (DC).
674. Rondeletia laurifolia Sw. — Guad. (DC).
675. R. pilosa Sw. — Ic. Vahl symb. 3. t. 54. — S. Thom. : Duch. ;
S. Croix, Montserr. (Sw.).
676. R. buxifolia Vahl. — Montserr. (DC).
Subtr. 4. hertieae.
677. Gonzalea spicata DC. — Guad. : Duch.
678. hertia Haenkeana DC. — Syn. I. coccinea Bartl. ! — Guad. :
Ducfa. — Adumbratio apud DC sphalmate quodam dimensiones corollae ob-
scurat: nostrae corolla vix pollicaris, extus tenuiter velutina, quare intermedia
est species inter I. coccineam AubL (Syn. I. flava Miq. ex pl. Hostm.!) et
I. parvifloram Vahl (ex speeim. Mey. Fl. Esseq.!).
Subtr. 5. HameUeae.
679. Hamelia patens Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 72. — Guad. :
Duch.; S. Croix (WsL). — Antherae lineares, in speeiminibus haitiensibus
semiexsertae (quo cbar. gen. reformandus est).
680. H. lutea Rohr. — S. Croix (Wst sec. DC).
Ff2
226 A. GR18BBACH,
681. Schradera capitata Vahl. — Honte. (DG.>
682. Sehr, cephabtes W. — Guad. (Wickstr.).
Tr. II. Coffeaceae.
Sttbtr. 1. Gueitardeae.
683. Marinda maeropkytta Desf. — Guad. : Doch. (Patria adhnc latuit). —
Foliis pedalibus, ovalis et caule soperne tetragono recognoscitar, pedaneulis
oppositifoliis vel terminalibus geminis ad sectionem M. citrifoliae spectat — M.
Rojoc L. (sec. ic. Jacq. ht. vind. t. 16) differt a nostra foliis mnlto minoribas
angastioribasque et inflorescentia, H. citrifolia L. capitata fruetifero obtuse
ovato (qnod in nostra globosum pollicis diam.).
684. Guettarda rugoso Sw. — Sieb. Fl. martin. nr. 58 ! — Guad. in
Collums calcareis Grandeterre: Doch.; S. Thotn. (Schlecht), Domin., Antig.
(Sw.). — »Bois madame«.
685. G. parvißora Vahl. — Guad.: Dach., S. Thom. (Schlecht), S.
Croix, Montserr. (DC), S. Barth. (Sw., Wickstr.).
686. G. odorata Lam. — Gnad. (Wickstr.).
687. G. resinosa Pers. — Ic. Vahl ecl. 1. t 10. f. 6: analysis, calyce
non rite delineato. — Syn. G. viscosa Walp. Decad. nr. 19 ! — Guad. in
collibns calcareis litoralibns , D&irade : Dach. ; Montserr. (DC). Calycis limbas
acute ödentatus.
688. G. coriacea Pers. — Gaad. (DC.) , Montserr. (Vahl).
689. G. crispiflora Vahl. — Montserr. (Vahl).
690. Slenostomum lucidum Gärtn. — Gaad. (Wickstr.), S. Croix (Sw.),
S. Barth. (Wickstr.).
691. St. acutatum DC. — Gaad.: Dach. — Proximam praecedenti
(qnod ex insolis Cuba et Haiti comparo), distinetam foliis basi brevissime in
petiolum attenaatis , floris namero qaaternario et limbi calycini lobis acutis. —
Corollae tubus tenuis, 4,/r longus, extus paberalas.
692. Chione glabra Rieh. — Syn. Psycho tria megalosperma V. ap.
Wickstr. — Guad. in sylvis montanis : Dach. — Folia punctata.
693. ErähaUs fruticosa L. — Ic. Jacq. amer. pict t 260. f. 20. : fios. —
Gnad. in collibus calcareis litoralibus m. Aug.: Dach.; S. Thom. (Schlecht),
S. Croix (Wst), Marl. (Jacq.).
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN. 229
694. Strnmpßa maritima Jacq. — Guad. in marianus m. Jan.: Duch.; S.
Barth. (Wickstr.). — Calycis tubus breviter ovatus, com corolla extus puberulus.
Subtr. 2. Psychotrieae.
695. Ixara ferrea Beruh. — Ic. Jacq. araer. pict t. 259. f. 7 : flos. —
Syn. Siderodendron triflorum Vahl. — Guad. in sylvis udis reg. mont: Duch.;
Hart. (Jacq.) , Montserr. (DC). — Forma guadalupensis pedunculis aggregatis
(a DC. designata) in vulgarem ibidem transit.
696. Tertrea martinicensis DC. — Mart (DC.).
697. Ckiococca racemosa Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict t 69. — S.
Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst).
698. Ch. caracasana KL! (in herb. Gott). — Syn. Ch. racemosa d.
longifolia DC. — Guad. in fruticetis litoralibus vulgatissima : Duch. »Medica-
mentnm contra luem a medicastris usilatum ; semina a palambibus comeduntur« :
Duch. »Petit- brande«.
699. Scolosanthus versicolor Vahl. — S. Croix (DC).
700. Faramea odoratissima DC. — Ic. Jacq. amer. pict t. 68. — Guad.
in sylvis humidis: Duch.; S, Croix (Wst). — »Cafö marron*.
701. Ronabea latifolia AubL — Ic. Aubl. t 55. — 'Syn. Psychotria
axillaris Wickstr. — Guad.: Duch. — # Arbuscnla" : Duch. Folia pellucido-
punctata.
Psychotria sect 1. Eupsychotria Oerst Stipulae distinctae, persistentes.
Cocci dorso 4costati v. laeves.
702. Ps. pubescens Sw. — Syn. Ps. bebeclada DC. ex synon. Barth ! —
Guad. in reg. inf. m. Mart: Duch. — Forma foliis glabratis.
703. Ps. grandis Sw. — Guad. ifi sylvis udis pr. Morne & l'eau reg.
inf.: Duch. — Convenit cum specim. Haenkean.! a DC. citat. »Statura nunc
20 — 25', nunc 5 — 6', floribus corymbique ramis albis, fructu lutescente « :
Duch. Antberae exsertae.
Ps. sect. 2. Slrempeliastrum. Stipulae connexo-amplexicaules, margine
membranaceo deciduo, basi persistente. Cocci Iaeviusculi.
704. Ps. parasitica Sw. — Ic. Jacq. amer. pict. t 73. — Guad. in sylvis
montanis parasitica super arboribus: Duch.; Monts., S. Christ, Domin. (Sw.),
Hart (Jacq.).
*■
230 A. GRISEBACH,
Ps. sect. 3. Mapouria Alibi. Oerst. Stipulae fusco-membranaceae, a basi
circumscissae , caducae. Cocci dorso ösulci.
705. Ps. ßoribunda Kth. — Sieb, martin. nr. 77 ! — Guad, ad ripas
torrentium: Duch., Mart.: Sieb. — Fructus ovoideus, 4'" longus, costis 10
convexo-planiusculis, limbo calycis demum evanido.
706. Ps. chimarrhoides DC. — Sieb. FI. mixt, nr.388!— Guad.: Duch.—-
Cymae ramo excrescente saepe quasi axillares.
707. Ps. horizontaUs Sw. — Sieb. Fl. martin. nr. 76 ! — Rieh. Scbomb.
pl. guian. nr. 684! — Guad.: Duch. — Folia praeter axillas venarum plane
glabreseunt, sed corollae fauce nuda nostra recedit a Ps. oligotricha DC.
Fructus e basi ovata breviter oblongatus obtusus, costis demum praeter com-
missurales evanidis laeviusculus , 3'" longus, 2'" latus, limbo calycino evanido.
708. Ps. oligotricha DC. — Mart. (DC.).
709. Ps. corymbosa Sw. — Guad. in sylvis: Duch.
710. Ps. laurifolia Sw. — Guad. (Wickstr.).
711. Ps. tenuifolia Sw. — S. Croix (Wst.).
712. Ps. Brownei Spr. — S. Thom. (DC), S. Croix (Wst. : Ps. asiattca ej.>
713. Palicourea crocea DC. — Benth. in pl. Oerst. — Guad. in sylvis
udis m. Soufri&re: Duch.
Obs. Psychotria crocea Mey. Fl. esseq. ! (Syn. Palic. crocea Rieh. Schomb.
coli. nr. 80!) ex synonymis exeludenda et ex corolla longiori et stipularum
vagina longiori ad Palic. mexicanam Benth. (1. c.) referenda est. Altera species
guianensis, stipulis P. mexicanae corollaque brevi et staminibus longius exsertis
recognoscenda, est P. umbellata DC. auet. Miq. in pl. Hostm. a Hohenack. edit.
nr. 1091! (exclus. synon. Meyeri) et Rieh. Schomb. coli. nr. 121!
714. Cephaelis elata Sw. — Guad. (DC).
715. C. Swartzii DC. — Syn. C violacea Wickstr. — Guad. in sylvis
humidis reg. mont.: Duch.
716. C muscosa Sw. — Syn. Morinda Jacq. — Mart. in sylvis (Jacq.).
717. C axillaris Sw. — Guad. (DC), S. Christ. (Sw.).
7 1 8. Geophila reniformis Cham. Schi. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 67. —
Guad. in sylvis humidis prope radices arborüm: Duch.; Mart. (Jacq.).
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 231
Subtr. 3. Spermacoceae.
719. Borreria verticillata Mey. S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
720. B. podocephala DC. — Dösirade in campis: Dach. (Patria adhuc
incerta erat).
721. B. spinosa Cham. Schlecht — Mart. (DC).
722. B. parviflora Mey. — Ic. Fl. Esseq. 1. 1. fig. sin. 1 — 3: fructus. —
Guad. in cultis: Duch.
723. B. laevis Gr. — Ic. Sl. t. 94. f. 2. — Syn. Spermacoce laevis Lam.
DC. — Guad.: Duch. — Similis praecedenti, distincta limbi calycini segmentis
lanceolatis obtusiusculis (nee subulatis) et vagina stipulari elongata 2'" longa
setas excedente.
724. B. scandens DC. — Syn. Diodia sarmentosa Wickstr. (non Sw.). —
Guad. in maritimis pr. Porte d'enfer: Duch. — Icon Sloanei, a DC. citata, a
nostra planta foliis majoribus recedit.
725. B.? vaginata Cham. Schlecht. — S. Thom. (Schlecht.). Ex adum-
bratione (Linnaea, 1830 p. 686) dubia generis civis.
726. Spermacoce tenuior L. — Guad. : Duch. ; S. Thom. (Schi), Mart. (DC).
727. Diodia sarmentosa Sw. — S. Thom. (DC).
728. D. rigida Cham. Schi. — S. Thom. (Schlecht).
729. Ernodea UtoraUs Sw. — Ic. Sl. 1. 189. f. 1. 2.— Guad. in are-
nosis maritimis: Duch.; S. Barth. (Wickstr.).
Subtr. 4. SteUatae.
730. Rubia guadalupensis Spr. — Guad. (Wickstr.).
731. R. hypocarpia DC— Syn. R. Brownei Wickstr. — Guad. (Wickstr.).
Loganiaceae.
732. Mitreolo petiohUa T. Gr. — Guad. (A. DC), Mart. (Rieh.).
733. Spigelia Anthelmia L. — S. Croix (Wst).
Synanthereae.
Tr. I. Vernoniaceae.
734. Sparganophorus Vaülantü G. — Guad. m. Jan. : Duch.; S. Thom. (DC).
735. Vernonia punctata Sw. — Syn. V. longifolia DC. — Guad. in
sepibus m. Jan.: Duch.— Species, apud. Wickstr. bene descripta, est fruti-
cosa: foliorum forma variabilis ab lanceolata ad ellipticam.
232 A. GRISBBACH,
736. V. arborescens Sw. — Guad. (DC), S. Thoro. (Less.), S. Barth.
(Wickstr.).
737. V. Vabliana Less. — S. Croix (DC).
738. V. Berteriana DC. — S. Thom. (DC).
739. V. Thomae Benth. — S. Thom. (Oerst).
740. Elephantkopus scaber L — As. Gr. — Ic. SL t. 156. f. 1. 2. (a
Linnaeo citata). — Syn. E. carolinensis albiflorus Mey. Fl. esseq. ! — Goad. :
DC. — A proximo E. tomenloso L. (Syn. E. nudicauli Ell.) noster differt
bracteis glabriusculis.
741. Dislreptu* spicatus Cas$. — Ic. Sl. t. 150. f. 3. 4. — Guad. in
fmticetis m. Jan.: Duch.; S. Croix (Wst.). Forma angustifolia, foliis omnihns
angaste lanceolatis, conveniens com Sieb. Fl. mixt. nr. 418!
742. Rolandra argentea Rottb. — Ic. SL L 7. f. 3. — Goad. in gra-
minosis toto anno: Duch.
743. Pectis linifolia L. — S. Thom. (Less.), S. Barth. (Wickstr.).
744. P. punctata Jacq. — Syn. Pectidium Less. — Guad. (Wickstr.),
S. Thom. (Less.), S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.).
745. P. ciliaris L. — Guad. (Wickstr.).
746. P. serpyllifolia Less. — S. Thom. (Less.).
747. P. humifusa Sw. — Syn. P. Sieben Less. ex descr. et loco. —
Guad. in aridis muscosis regionis frigidae, ubi terram tegmine semperviridi
tegit: Duch.; S. Croix, S. Christ. (Sw.), S. Barth. (Wickstr.), Marl (Sieb.). —
Infauste Lessing ad Lorenteam humifusam a Poeppigio lectam, vix caribaeam,
speciem Swartzii reduxit: locus Poeppigii ad fl. Yumary solus agnoscendus est. —
Badix nostrae revera annua est, quamquam caulis inferne lignescit: descriptio
Swartzii solummodo recedit paleis pappi 5, quae vulgo 8.
TV. IL Eupatorineae.
748. Isocarpha atriplicifolia R. Br. — Syn. Spilanthes L. — Guad. (WicksL).
749. Ageratum conyzoides L. — Guad. in reg. mont.: Duch.; S. Thom.
(Less.), S. Barth. (Wickstr.).
750. Hebeclinwm macrophglhm DC. — Guad. in sylvis humidis pr.
Morne ä l'eau: Duch.; S. Croix (Wst.).
751. Eupatorium macranthum Sw. — Mart. (Sw.).
Ober die Vegetation der karaiben. 233
752. E. odoratum L. — Syn. E. brachiatum Wickstr. — Guad. ad vias
m. Jan.: Doch.; Mart. (DC). — »Langue & chat«.
753. E. integrifolium Bert — Guad. in fruticetis m. Jan. : Duch. —
»Herbe ä boue«.
754. E. atriplicifolium Vahl. — S. Thom. (Less.), S. Croix (Wst.).
755. E. punctatum Lam. — Syn. E. atriplicifolium Wickstr. — Guad.
in m. Soufiriöre m. Mart.: Duch.
756. E. ivifolhim L. — Guad. m. Aug.: Duch.
757. E. canescen* VcM. — D<§sirade: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Thom. (W.).'
758*. E. Ayapana Vent. - Syn. E. triplinerve Vahl. — Guad. (Wickstr.),
S. Croix (Vahl.).
759. E. guadakspense Spr. — Syn. E. Berterianum Coli. Guad. in
sylvis humidis: Duch.
760. E. celtidifolium Lara. — Guad. (DC).
761. Mikania hastata W. — Guad. (Wickstr.).
762. M. latifolia Sm. — Syn. M. Badieri DC. — Guad. : Duch. —
Descriptio Candolleana accurate nostram plantam designat, sed ob affinitatem
cum M. amara W. ad M. latifoliam Sm. reducitur.
Tr. III. Asteroideae.
763. Erigeron jamaicensis L. — Guad. (Wickstr.).
764. E. canadensis L. — Guad. in cultis m. Aug.: Duch.; S. Thom.
(Less.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — Forma guadalupensis gla-
briuscula, achenio griseo, pappo rufescente.
765. E. spathulatus Vahl. — S. Thom. (DCr), S. Croix (Wst.).
766. Conyza ambigua DC. — S. Thom. (Less.).
767. Baccbaris speciosa DC. — Guad. (DC).
768. B. nervosa DC. — Guad. (DC).
769. B. dioeca Vahl. — Ic. Vahl symb. t. 74. — D6sirade: Duch.;
S. Croix (Wst.), Hontserr. (Vahl). — Recedit ab icone corymbis paniculatis,
plane vero convenit foliorum figura oblanceolata (neque obovata, ut ap. DC).
770. Pluchea purpurascens DC. — Ic. Sl. t. 152. f. 1. — Syn. PI.
glabrata DC. — Guad. in campis udis et circa paludes: Duch. — Forma
Phys. Clas$e. VII. Gg
*j> -•
23t tL GBISEBACH,
gfaMMb, PL gbbnlae DC. nspomdens, «4 STohoo
Covyu pvrpnraseente Sw., a Wickstr. in FL guadaL eitata.
771. PL odorat* Can. — Gnad. in aridb: Dock; S. Thom. (Less.),
S. Croix (West).
772« Plerocmdom alopecmroidcwm DC. — Gnad. m graiinosb hl Aug.:
Dnek.: Mart (DC>
773. PL Yhrgatnm DC. — Syn. Pluchea Less. — S. Tkoa.; S. Jean
(Less.), S. Croix (Wst>
774« BorrieUa argentea DC. — Gnad. in arenosis marianus toto anno: Dock
775. B. frntescens DC. — Gnad., S. Barth. (Wkkstr.>
776. B. arborescens DC. — S. Croix (Wst).
777. Eelipta erecia L. — S. Tbom. (Less.).
ß. punctata L. foliis basi latioribus. — Ic. Jacq. amer. pieL t 197. —
Syn. E. loogiTolia Scbrad.! — GuacL juxta vias m. Jan.: Doch.; S. Croix (Wst),
MarL (Jacq.).
Tr. IV. Senecionideae.
778. Clibadium terebmthaceum DC. (exclus. synon. Sw.). — Gnad. in
syl vis juxta rivulos : Doch. — Species pecoliaris corollis disci <f yersos tobojn
medium constrictis , limbo papilloso: Ovaria aborliva demtun excrescunt (sicut
in CL aspero aliisqoe) in stipites achenia radii excedentes, soperne articnlatos
piliferos, tobo corollae deciduo. — leon Swartzii ob involucri sqnamas angustas
aliosqne cbaracteres in descriplione datos excludenda videtur.
779. Cl. erosum DC. — Syn. Trixis Sw. — Guad. in reg. montana
jaxta rivulos: Ducb.; S. Christ, Domin. (Sw.).
780. Melampodium americanum L. — S. Barth. (Wickstr.).
781. Acantbospermum xanthioides DC. — Syn. Melampodium austräte
Wickstr. — S. Barth. (Wickstr.).
782. Xanthium Orientale L. — S. Thom. (Less.).
783. Tetrantkus ruderalis Gr. — Syn. Melampodium Sw. — Kegelia
C. H. Seh. — Guad. in eultis pr. Moule: Ducb. — A Melampodio antheris
distinetis differt, a Tetrantho vix nisi involucri squamis 5 — 6 floribusque plo-
ribus. Involncrum non biseriale est, serie Schultzii interiori paleas reeeptaculi
exteriores significante. Antberae caudatae.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 235
784. Parthenmm Hysterophorus L. — Guad. in cultis toto anno: Duch.;
S. Thom. (Less.), Mart. (W.).
785. Zinnia mnlliflora L. — S. Thom. (Wst).
786. Z. elegant Jacq. — Guad.: Duch.
787. Wedelia carnosa Rieh. — Ic. Sl. 1. 155. fTl. — Syn. W. crenata
Rieh., Wickstr.: forma foliis integris. — Guad.: Duch. — Fojiis lobatis inte-
grisque yariat.
788. W. ambigua DC. — Syn. W. calycina Wickstr. — Guad. : Duch. —
Folia ovata, variant basi obtuso - subtruncata et euneata. Involucri squamae
exteriores foliaceae lanceolatae v. ovato-Ianceolatae obtusiusculae, interiores
membranaceae ovales obtusae. Ligulae oblongo-lanceolatae, acute bifidae, in-
volucro duplo longiores. Antherae exsertae.
789. W. calycina Rieh. — S. Thom. (Less).
790. W. buphthalmoides Gr. — Syn. Anomostephium DC. — Guad. in
aridis juxta vias: Duch. — Vera est Wedelia floribus radii fertilibus, paleis
acutiusculis. Differt a W. ambigua DC: involucri exterioris squamis late ovatis
obtusis, ligulis elliptico-oblongis, antheris inclusis, capitulo majori, foliis penni-
nerviis, petiolis longe ciliosis. Achenia conformia, pubescentia, pappo denti-
culato brevi. Folia variant lanceolata et ovato-lanceolata, subintegerrima et
serrata.
791. W. diseoidea Less. — S. Thom. (Less.).
792. Melanthera deltoidea Rieh. — Guad. in arenosis maritimis: Duch.;
S. Thom. (Less.), Mart. (DC). Forma foliis demum glabrinsculis.
793. Bidens püosus L. — Guad. in cultis m. Aug.: Duch.
794. B. leucantkus W. — Guad. : Duch. ; S. Thom. (Less.) ; S. Croix (Wst.).
795. B. portoricensis Spr. - Guad. juxta vias m. Aug.: Duch.
796. B. cynapiifolius Kth. - Guad.: Duch.
797. Cosmos caudatus Kth. — Guad. juxta vias m. Aug.: Duch.; S.
Thom. (Less.), Mart (DC).
798. Verbesina serrata Cav. — Guad. (Wickstr.).
799. V. gigantea Jacq. — Guad. in m. Soufriöre m. Jan.: Duch. — Folia
supra scabra, subtus nunc scabro-pilosiuscula , nunc pube densiori mollia.
800#. F. alata L. — Guad.: Duch. Radix annua.
Gg2
236 A. GRISBBACH.
801. Spilanthes uliginosa Sw. — Guad. (Wickstr.).
802. Sp. urens Jacq. — Ins. carib. (Plum.).
803. Synedrella nodiflora Gärt». — Ic. SL t. 154. f. 4. — Guad. ad
vias toto anno: Ducb.; S. Thom. (Less.), S. Croix (Wst.).
804. Porophyllum ettipticum Cass. — Mart. (Sw.).
805. P. ruderale Cass. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 195. — Guad. in
cultis: Dach.; Mart. (Jacq).
806. Egletes domingensis Cass. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Less.). —
Perennis est et vergit versus E. glabratam Bentb. (pl. Oersted. Syn, E. domin-
gensis ß. DC), sed junior canescit.
807. Neurolaena lobata R.Br. — Ic. Sl. 1. 152. f. 4. — Guad. in sylvis
bumidis: Duch. »Medicamentum populäre contra cardialgiam et febres": Ducb.
7) Herbe ä pique«.
808. Erechtües hieracifolia Raf. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Less.). —
E. carduifolia DC. sec. Benth. et Steetz ab bac distinguitur : sed characteres,
ab ipsis dati, in nostris speciminibus iisque panamensibus evanescunt.
809#. Emilia sonckifolia DC. — Guad. in cultis: Duch.
810. Senecio lucidus DC. — Guad. in m. Soufrtere pr. Matonba alt.
3000': Duch.; Mart. (Sw.).
Tr. V. Mutisiaceae.
811. Leria nulans DC. — Guad.: Ducb.; S. Thom. (Less.).
Tr. VI. Cichoraceae.
812. Brachyrhamphus caribaeus DC. — Guad.: Duch. — Achenio tere-
tiusculo (nee compresso) a Soncbis habitu similibus faciliter dignoscitur.
813. B. intybaceus DC. — Syn. Lactuca Less. — S. Thom. (Less.). '
814. Sonchus oleraceus L. — Guad.: Duch.
815. S. asper VilL — Guad.: Ducb.
Plantagineae.
816. Plantago virginica L. — Guad. (Wickstr.).
Lobeliaceae.
817. Centropogon Berteriarms A. DC. — Guad, in sylvis humidis m.
Soufriöre alt. 3000' m. Febr.: Duch. — „Suffrutex scandens, corolla coo-
cinea«: Duch. Antherae non cuspidatae, sed omnes apice barbatae.
Ober die Vegetation der karaibbn. 237
818. Lobelia xalapensis Kth. — Domin. (Grab.)-
819. L. Kraussii Grab. — Domin. (Grab.).
820. Tupa persicifoUa A. DC. — Guad. in reg. summa muscosa m.
Soufri&re: Dach.
821. T. stricta A. DC. — Guad. in reg. summa m. Soufrtere (Sw.).
822. T. racemosa A. DC. — S. Christ. (Grab.).
823. T. conglobata A. DC. — Mart (A. DC).
824. Isotoma longiflora Prl. — Je. Sl. t. 101. f. 2. Jacq. amer. pict.
L200. — Guad. in pratis udis, circa rivulos: Duch.; S. Tbom. (Wst.), Mart
(Jacq.). — »Herba urens, maxime venenata«: Duch.
Goodenovieae.
825. Scaevola Plumieri Vahl. — Guad. (Wickstr.), S. Mart. (Jacq.),
S. Barth. (Wickstr.).
Myrsineae.
826. Myrsine scdicifolia A. DC. — Guad. in m. Soufrifere m. Febr.,
vulgaris pr. S. Jacob: Duch.
827. Badulm lateriflora Gr. — Syn. Ardisia Sw. — Guad. in sylvis
udis m. Jul.: Duch. — Comparanda cum B. caribaea A. DC, sed ab adumbra-
tione ejus recedit: antheris filamentum longiusculum aequantibus (nee filamento
longioribus) et foliis respectu inflorescentiae majoribus eamque multoties superan-
tibus 4 — 8" longis.
828. Ardisia coriacea Sw. — S. Tbom. (A. DC); S. Croix (Wst.). —
Calyx (ex speeim. panamensib.) subimbricativus, drupa pisiformis, maculis nigris
oblongis crebris tincla.
829. A. guadalupensis Duch. rascr. fruücosa, glabra, foliis ovali-oblongis
obtusis (4,/:l1/2 — 2") basi aculis petiolatis integerrimis subaveniis, panicula
terminali racemis iisque inferioribus compositis formata foliis summis superata,
pedicellis flore longioribus, calycis dextrorsum contorti lobis ovatis obtusis
corolla hypoeraterimorpha »virescente« duplo superatis, antheris ovatis erectis
filamento multo brevioribus stylum aequantibus, drupa globosa »albo- et nigro-
punetata". — Syn. A. coriacea ß. Berteriana A. DC. — Guad. in humidis: Duch.
Aestivatione calycis contorta vergit ad Eaardisiam et inprimis ad A. tinifo-
liam Sw., caule arboreo, panicula composita, corolla rubra, antheris et drupa
238 A. GRISEBACH,
rubra distinctam. Ab A. coriacea Sw. racemis paniculae compositis, calycis
aestivatione, flore viridi et antheris differt.
830. Jacguinia arborea VaU. — Guad. in collibus calcareis litoralibns:
Duch. ; S. Barth. (Wickstr.) , Montserr. ( A. DC). — » Bois casse-cou « : „ ob
fragilitatem ligni; »bois de falaise«.
831. J. armillaris Jacq. — Mart. (Jacq.).
Lentibularieae.
832. Utricularia obtusa Sw. — Guad. in aquis (Duch.).
833. U. montana Jacq. — Mart. in pratis excelsis reg. mont. m. Febr.
(Jacq.), Montserr. (Hook.).
Plumbagineae.
834. Plumbago scandens L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 23. — Guad«:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Christ., Mart. (Jacq.).
Sapoteae.
835. Chrysophyllum Cainito L. — Ic. Sl. t. 229. Jacq. amer. pict t. 51. —
Guad.: Duch.; Mart (Jacq.). »Buis, cai'mitier«.
836. Chr. glabrum Jacq. — Ic. Jacq. amer pict. t. 55. — Guad. in sylvis:
Duch.; S. Thom. (A. DC), S. Croix (Wst), Mart. (Jacq). - - Folia juniora
subtus sericea, mox glaberrima.
837. Chr. pauciflorum Lam. — S. Thom. (A. DC).
838. Chr. bicolor Poir. — Mart. (A. DC).
839. Chr. argenteum Jacq. — Mart. (Jacq).
840. Sapota Achras MM, — Guad. (Wickstr.), S. Croix (Wst).
841. Sideroxylon pallidum Spr. — Syn. Bumelia Sw. — Guad.: Duch. —
Propter albumen maximnm nucleum ovoideum formans non est Bumelia, verum
Sideroxylon. — »Acomat bätard«.
842. Bumelia cuneata Sw. — Syn. B. myrsinifolia A. DC et Sideroxylon
cuneatum A. DC — Guad. : Duch.
843. B. retusa Sw. — S. Barth. (Wickstr.).
844. B. nigra Sw. — Guad. (Wickstr.).
845. Dipholis salicifolia A. DC. — Ic. Sl. t 206. f. 2. — Guad. in
collibus calcareis: Duch.; S. Croix (Wst). — »Acomat bfttard".
Ober die Vegetation der karaiben. 239
Ebenaceae.
846. Macreightia caribaea A. DC. — Ic. Sl. t. 228. f. 3 : Cucurbitifera
arbor, foliis subrotundis confertim nascentibus, ramulornm extremitatibus tumidis
Raji. — Rieh. Fl. cub. t. 49 (sine descr.). — Syn. Casasia calophylla ej. in
tab. citat. — Crabb- Island in sylvis: Duch. — Specimina nostra fruetifera
tabulae Rieh, oranino respondent, nee dubitanter ad arborem Sloanei (nondum
expositam) pertinent; nomen Candolleanum, fruetu ignoto editum, comparatione
speeiminum eget. Habitus Diospyri, sed floris typus ternarius. Folia albido-
virentia (propler secretum subeeraceum), nervo mediano supra insculpto. Baeca
pyriformis (IV2" diam.), globoso-depressa, calyce 3fido suffulta, 6 — 81ocularis,
seminibus fabiformibus, cotyledonibus foliaeeis, albuminis Strato tenui. »Arbor
excelsa, ligno durissimo, floribus parvis axiliaribus longe pedicellatis pubescen-
tibus": Duch. »Sapotillier marron«.
^ Slyraceae.
847. Symplocos martinicensis Jacq. — Guad. in sylvis reg. inf. m. Mart.:
Duch.; Mart. (Jacq.). S. Thom. (A. DC.) — »Pruneau, graine bleuen
Oleaceae.
848. Linociera compaeta R. Br. — Guad. in fruticetis : Dueb. ; S. Croix,
Nevis (Sw.), Mart. (Jacq.). — »Bois de fer«.
849. Foresliera cassinoides Poir. — Io. Br. jamaic. t. 36. f. 3 (exclus.
analys.). — Guad. in fruticetis : Duch. — Genus a Tulasne Oleaceis optime
vindieabatur (Ann. sc. IIL 15). — »Arbuscula«: Duch. Folia nunc elliptico-
subrötunda (speeim. <T), nunc, sicut in icone Br. exhibentur, elliptico-oblonga
(speeim. nostra S). Calyx 4fidus, staminibus 1 — 3 — »4*. Bacea oblonga,
pruinoso-nigra , monosperma; radicula supera, cotyledonibus foliaeeis; albumen
eopiosum.
Apocyneae.
850#. Allamanda cathartica L. — Guad.: Duch.
851. Rauwolfia nüida L. — S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
852. R lanceolata A. DC. — Guad. in fruticetis litoralibus solo calcar.:
Duch. — »Arbre & lait*.
853. R. LamarckU A. DC. — Guad. cum praecedente : Duch. — Recedit
ab eadem etiam nervatione foliorum.
240 A. GRISEBACH,
854. R. latifolia A. DC. - Marl. (Sieb.).
855. R. canescens L. — Guad. (Wickstr.).
856. Thevetia nerüfolia Jus*. — Ic. Jacq. amer. pict t 47. — Guad. :
Dach.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wicksir.), Mart (Jacq.}
857. Tabemaemontana citrifolia L — Mart. in sylvis (Jacq.).
858. T. amygdalifolia Jacq. — Guad. in fruticetis : Duch. — * Arbre ä lait*.
859. Vinca rosea L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
860. Plumeria rubra L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix
(Wst.) , S. Barth. (Wickstr.).
861. P. alba L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 38: folia latiora, quam in
nostra. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst.), S. Barth.
(Wickstr.), Mart. in rupibus maritimis (Jacq.)*
f Calyx esquamatus. (§. 1.2. A. DC).
862. Echites biflora Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 28. — Guad. in
paludosis m. Aug.: Duch. — Nostra ad amussim convenit cum icone Jacqui-
niana, inprimis calycis segmentis 1" longis: qua de ratione planta apud A. DC.
descripta mihi incerta videtur, quippe cni calyx 2'" longus tribuitur.
863. JE. suberecta Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict 1 33. — S. Thom. (Wst).
864. E. barbata Desv. — S. Thom.: Duch. — Species, antheris extus
tomentosis peculiaris, ab icone praecedentis recedit petiolis 2'" (nee 4"') longis
et foliis latioribus fere E. biflorae, sed basi rotundatis: venis obliquis convenit;
speeimina tarnen E. subereetae jamaicensia folii forma latiori non difierunt
865 E. circinalis Sw.— S. Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst: E. ad«
glutinata Jacq.). — Secundum speeimina haitiensia corolla non bene descripta
tubum praebet cylindricum (4'" longum) calyce quadruplo longiorem apice in
faucem campanulatam staminiferam brevissimam (1'" longam) ampliatum et lobis
parum longiorem. Reducenda videtur ad E. adglutinatam Jacq., ex ic. (amer.
pict. t. 30) struetura floris consentaneam , quae etiam foliis subtus aequaliter
penninervi-venosis convenit nee diflert nisi folii forma latiori mucronata, quae
in nostris obtusiuscule cuspidata.
ff Calyx intus squamis 5 indivisis auetus. (§. 4. A. DC).
Obs. Ad hanc sectionem ex speciebus dubiae sedis (§. 5. A. DC.) per-
tinent: E. congesta Kth. (Bogota: Goudot), E. sympkytocarpa Mey. Fl. esseq.!
ÜBER DIB VEGETATION DER KAR AI BEN. 241
(Syn. E. brachystachya Benth.) et E. citrifolia Kth. (Panama: Duch.). —
E.paludosa Vahl vero (Syn. E. concolor Ham. Haiti: Mackenzie) ad §.2. spectat.
Asclepiadeae.
866. Metastelma parviflorum R. Br. — Guad. in fruticetis : Duch. ; S.
Thom.: Duch., S. Barth. (Wickstr.), Mart. (Decs.). — Forma thomasiana
variat pedicellis puberulis, neque vero est M. Schlechtendalii Decs. ob pedicellos
sessiles, gynostemium sessile et coronae foliola iinearia.
867. M. Schlechtendalii Decs. — S. Thom. (Decs.). Idem legit Duch.
in isthmo panamensi.
868. M. paralias Decs. — Guad., S. Marl. (Decs.).
869*. Calotropis procera R. Br. — Guad.: Duch«; S. Thom. (Schlecht.).
870. Sarcostemma clausuni R. S. — Syn. Asclepias viminalis Sw. —
S. Thom. (Wst.).
871. Asclepias curassavica L. — Ic. Bot. reg. t. 81. — Guad.: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
872. A. nivea L. — S. Thom. (Decs.).
873. Gonolobus martinicensis Decs. — Mart. (Decs.).
874. G. marüimus R. Br. — Ic. Bot reg. t. 931. — Syn. G. floccosus
Wickstr. — Echites muricata A. DC. ex ic. Descourt. Ant. t. 189 a Duch.
collata (a me non visa). — Guad.: Duch. — Ibatiae, quam Decs. stigmatis
indole inprimis a Gonolobo distinxit, synonymon citare non audeo: nam icon
Jacquinii (amer. pict. t. 82), Cynanchum maritimum L. synonymamque Ibatiam
Decs. exhibens, et a nostra planta et a figura in Bot. reg. delineata recedit
stigmatis apiculo bifido, qui in nostra plane integer apiceque capitulatus; prae-
terea a descriptione Decaisnei cum icone Jacquinii consentanea nostra planta
differt corollae segmentis utrinque (nee solum extus) pubescentibus et folliculo
maximo (3" longo) ovato-conoideo extus eximie muricato, spinis apice incras-
satis recurvis, superficie glabra (nee tomentosa). An revera duae species sub
bis latent? an descriptio ex Jacquinio mutuata non satis aecurata? an Stigma
post anthesin scinditur?
875. Marsdenia elliptica Decs. — Guad.: Duch. — Corolla purpurea,
campanulata, lobis margine ciliolatis tubum aequantibus; coronae foliola breviter
subulata, obtusa, imo gynostegio inserta eoque duplo superata. Antherae
Phys. C lasse. VII Hh
242 A. GR1SEBACH,
membrana subrotanda apice terminatae ; massae pollinis e processu horizontal!
rectangule erectae. Stigma umbonato - apiculatum.
Gentianeae.
876. Slevogtia occidentcdis Gr. — Hart. (Descomt.).
877. Coutoubea densi/toro Marl. — Guad. in reg. mont.: Duch.
878. Lisiantkus grandiflorus Aubl — Guad. (Wickstr.).
879. L. frigidus Sw. — Ic. Hook. ic. 1. 195. — Guad.: Duch.; Domin.
in m. Soufrifere (Sw.).
880. Voyria uniflora Lam. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 89. — Guad. in
sylvis montanis ad truncos arborum: Duch.; Mart. in sylvis humidis (Jacq.).
881. V. tenella Guild. — Guad. in sylvis montanis humidis ad radices
arborum : Duch.
Scrofularineae.
882. Brunfelsia americana Sw. — Ic. Bot. mag. t. 393. — Guad. in
collibus aridis litoralibus: Duch.; S. Thom., Domin. (Benth.). — »Tulipier
montagne«.
883. Br. fallax Duch. mscr. (§. 3), glabra, foliis ellipticis obtusiusculis,
floribus solitariis, calyce campanulato breviter ölobo corollae tubo decies
superato, corollae lobis planis ovato-rotundatis, staminibus 5 fertilibus inaequa-
libus. — Guad.: Duch. — Proxima praecedenti, foliorum forma et staminibus
5 distincta: quo ultimo charactere, inter Salpiglossideas novo, etiam ad So-
laneas accedit.
884. Br. undulata Sw. — Guad. (Wickstr.).
885*. Verbascum Thapsus L. — Guad. in ruderalibus: Duch.
886. Stemodia maritima L. — Guad. (Wickstr.).
887. Herpestis stricto Sckrad. — S. Thom. (Benth.).
888. H. repens Cham. Schlecht. — Syn. Gratiola Sw. — Guad.: Duch.
889. H. Monnieria Kth. — S. Thom. (Schlecht).
890. VandeUia diffusa L. — Guad. in graminosis convallium: Duch.;
Mart. (Benth.).
891. Capraria biflora L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 174. — Guad. ra.
Jan.: Duch. — »Th6 du pays«.
892. Scoparia dulcis L. — Guad.: Duch. — » Baiais doux«.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 243
Solaneae.
893. Solanum nodiflorum Jacq. — Guad.: Duch.
894. S. caribaeum Dun. — Guad. : Duch. — Videtur S. americani Hill,
forma glabriuscula.
395*. S. venustum Kth. — Guad.: Duch.
896. S. pyrifolium Lara. — Mart. (Dun.).
897. S. asperum Vahl. — Guad. (Dun.).
898. S. Radula Vahl. — Guad. (Dun.).
899. S. triste Jacq. — Hart, ad ripas (Jacq.).
900. S. conocarpum Rieh. — S. Jean (Rieh ).
901. S. havanense Jacq. — Hart. (Dun.).
902. S. paueiflorum Vahl. — Hart (Vahl).
903. & racemosum L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 50. — Guad.: Duch.;
S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.), Hart, in fruticetis montium (Jacq.). —
»Tabac k Jacquot«.
904. S. igneum L. — S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
905. S. polygamum Vahl. — S. Thom. (Schlecht.), S. Jean (Wst.),
S. Croix (Dun.).
906. S. volubile Sw. — Guad. (Wickstr.).
907. S. mammosum L. — Ic. Sl. 1. 12. f. 1 : fruetus. — Guad. in steri-
libus m. Aug.: Duch.; S. Croix (Wst), Hart. (Sieb.). — »Pomme poison«.
908. S. torvum Sw. — Guad. ad vias m. Aug. : Duch. ; S. Thom. (Schlecht),
S. Croix (Wst). — „Belangöre bätarde«.
909. S. verbascifoUum L. — Ic. Jacq. ht. vind. 1. t. 13. — S. Croix
(Wst). — Nostra planta, in isthmo panamensi eademque in insulis Jamaica
et Haiti leeta, convenit cum speeimin. galopagens. (ab Anderson communicat),
nee recedit ab ic. Jacquinii nisi tomento densiori in foliis supra fulvo-eano
subtus albicante, in caule leproso-cano : sed ob antheras elongatas apice minute
biporosas evidenter pertinet ad sect. Torvariam Dun., a qua monographus spe-
ciem longinque removerat.
910. S. tomentosum L. - Guad.: Duch.
911. Capsicum frutescens L. — Syn. C. conicum Hey. Fl. Esseq.! —
Guad.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.).
Hh2
244 A. GRISEBACH,
912*. C. baccatum L. — Ic. SI. t. 246. f. 2. — Syn. C. laurifolium Dun.
ex loco et ic. SI. — Guad. : Ducti.
913. Physalis pubescens L. — Guad. in cultis (Duch.).
914. Ph. foetens Poir. — Guad. in cultis: Duch.
915. Ph. angulala L. Guad. (Wickstr.); S. Thom. (Duch.), S. Croix
(Wst), S. Barth. (Wickstr.).
ß. capsicifolia, foliis subintegerrimis. — Syn. Ph. capsicifolia Dun. —
Guad.: Duch.
y. Linkiana, foliis sinuato-dentatis. — Syn. Ph. Linkiana Ns. Dun. —
Guad. in cultis: Duch.
916. Acnistus arborescens Schlecht. — Guad. (Wickstr.); Mart. (Sieb.:
A. Plumieri Mrs.).
917. Datura Stramonium L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.).
918*. D. fastvosa L. — S. Thom. (Schlecht.).
ß. rubra Dun. — Guad.: Duch.
919. D. Metel L — Ic. Bot. mag. t. 1440. — Guad.: Duch.
920. D. maveolens Humb. Bonpl. — Guad.: Duch.
921. Nicotiana Tabacum L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.).
922. Cestrum diurnum L. — S. Barth. (Wickstr.) , S. Croix (Wst.).
923. C. laurifolium l'H6r. — Guad. : (Dun.).
924. C. latifolium Lam. — Guad. (Wickstr.).
925. C. eespertinum L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 16 (Ixora alternifolia
ej.). — Syn. C. depauperatum Dun.: forma floribus axillaribus paucis ex loco
natali et descr. — Guad. in m. Soufriere m. Febr.: Duch.; Mart. in sylvis (Jacq.).
Bignoniaceae.
926. Bignonia unguis L. — Ic. Fl. flum. 6. t. 20.— Guad., S. Thom.:
Duch.; S. Croix (Wst.), Mart. (DC).
927. B. incarnala Aubl. — Ic. Aubl. 2. t. 261. — Guad. in paludosis
Duch.; Mart. (DC). — »Liane ä crabe«.
928. B. aequinoctialis L. — Syn. B. spectabilis Vahl. - S. Croix (Wst.).
929. B. laurifolia Vahl (diagn. nimis succincta). — Guad.: Duch. Rami
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 245
teretiusculi ; corolla extus tomentosa, pollicaris: accedit ad B. Martiusianam DC.
(sec. descr.)-
930. Distictis lactiflora DC. - S. Croix (Wst.).
931. Amphilophium paniculatum DC. — Ic. Plum. amer. t. 36. f. 1. —
Guad. in sepibus m. Aug.: Duch.
932. Tabebuia triphylla DC. — S. Thom. (DC), S. Barth. (Wickstr.).
933. Tecoma pentaphylla Juss. — Guad. m. Jan.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), Montserr. (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart. (DC). — »Poirier«.
ß. triphylla, foliolis 3 saepe subsessilibus parvis ellipticis v. lanceolatis. —
Syn. T. Berterii DC - S. Thom. : Duch.
934. T. leucoxylon Mt. — S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
935. T. radicans Juss. — Guad.: Duch.
936. T. stans Juss. — Ic. Bot. mag. t. 3191. — Guad.: Dnch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart. (Jacq.).
937. Catalpa longissima Sims. — S. Thom. (DC).
938. Tanaecium crucigerum Seem. — Syn. Bignonia L. — Domin. (Seem.).
939. Crescentia Cujete L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S.
Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
940. C. cucurbitina L. — Guad., S. Thom.: Duch.; S. Croix (Wst.).
Acanthaceae.
941*. Thunbergia fragrans Roxb. — Guad (Ns.), S. Thom. (Schlecht.).
942. Cryphiacanthus barbadensis Ns. — Ic. Sl. t. 95. f. 1 : fragmentum. —
Guad. in campis aridis, S. Eustach., Nevis, vulgaris ra. Aug.: Duch.; S. Thom.
(Schi.), S. Croix (Wst.).— »Radix tuberosa, emetica«: Duch. — »Chandelier«.
943. Arrhostoxylum coccineum Ns. — S. Thom. (Ns.), S. Croix (Wst.).
944. Teliostackya alopecuroidea Ns. — Guad. in graminosis humidis:
Duch.; Montserr. (Vahl), Domin. (Ns.).
945. Stenandrium rupestre Ns. — Guad. in saxis juxta domos : Duch.
946*. Pachystachys asperula Ns. — Guad. : Duch.
947. Tkyrsacanthus nitidus Ns. — Ic. Sl. t. 10. f. 2. — Guad. in fruti-
cetis colli um Grandeterre: Duch.; S. Croix, Montserr. (Ns.), S.Christ. (Sw.),
S. Barth. (Wickstr.), Mart. (Jacq.: ex synon. Barleriae nitidae Jacq. amer. pict.
p. 89, quod nomen a Ns. in Prodr. 11. p. 243 errore quodam Jacquinio ab-
246 A. GRISEBACH,
negatur, verum a Justicia in emendationibus editionis pictae ad Barleriam
transpositum videtur, quo verosimile est, speciem affinem hodie ignotam, scilicet
B. hirsutam Jacq., in ins. Martinique exstare).
948*. Graptophyllum hortense Ns. — Guad.: Duch.
949. Dianthera secunda Gr — Syn. Rhytiglossa Ns. — Mart. (Sieb.).
Nomen generis Linnaeanum, sine causa abrogatum, cum auctoribus Florae
boreali-americanae restituendum duco.
950. D. sessilis Gr. — Syn. Justicia Jacq. — S. Eustach. in fruticetis
Jul. Aug. (Jacq.), S. Thom. (Ns.), S. Croix (Wst.).
951. D. androsaemifolia Gr. — Syn. Rhytiglossa Ns. — Mart. (Sieb.),
Domin. (Ns.).
952. D. pectoralis Gr. — Guad. m. Mart. : Üuch. ; S. Barth. (Wickstr.),
Mart. m. Jan. (Jacq.). — » Herbe ä charpentier«.
953. Amphiscopia retusa Ns. — S. Croix (Wst.).
954. Adhatoda reflexiflora Ns. — S. Tbom. (Vahl).
955. A. Eustackiana Ns. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 5 : folia pleraque in
nostra planta latiora. — Guad. in fruticetis litoralibus: Duch.; S. Eust. in aridis
m. Sept. (Jacq.), Montserr. (Ns.), S. Barth. (Wickstr.).
956. Beloperone Lamarckiana Ns. — Mart. (Ns.).
957. Anlhacantkus microphyllus Ns. — Däsirade in aridis: Duch.; S.
Croix (Ns.).
958. A. acicularis Ns. — Syn. Justicia Sw. — S. Croix (Wst.).
959. A. spiriosus Ns. — S. Thom., S. Croix, Mart. (Ns.).
960. Blechutn Broumei Juss. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
Mart. (Sieb.).
961. Tetramerium racemulosum Ns. — S. Barth. (Wickstr.).
962. Dicliptera martinicensis Juss. — Mart. in umbrosis (Jacq.).
963. 0. assurgens Juss. — S. Croix (Ns.).
Gesneriaceae.
964. Conradia ventricosa Mt. — Guad. (DC), Montserr., Domin., Mart.'(Sw.).
965. Besleria lutea L. — Ic. Plum. amer. t. 49. — Syn. B. guadalu-
pensis DC: nostra specimina in utramque diagnosin quadrant. — Guad. in sylvis
montanis ad ripas torrentium: Duch.; Mart. (Jacq.).
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAlBEN. 247
966. Columnea scandens L. — Mart. in sylvis m. Nov. (Jacq.).
967. Drymonia serrulata Mt. — Guad. (Wickstr.).
968. Alloplectus cristatus Mt. — Ic. Jacq. amer. pict. 1. 180. — Guad.
in sylvis bumidis m. Soufriöre alt. 3000' m. Febr.: Duch.; Nevis (Harn.),
Mart. (Jacq.).
969. Episcia tneüüifoUa Mt. — Guad. in sylvis bumidis reg. inf.: Duch.;
Mart. (Pers.). — »Corolla intense purpurea«: Duch.
Convolvulaceae.
970. Rkea tilüfolia Chois.— Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S.
Croix (Chois.). — Pericarpium in nostra vix baccatura , potius chartaceum : sed
a Calonyctio grandifloro Ch. simili plane distinctum loculis 4 seminibusque
minutissime puberulis et ad bilum minutissime puberulis (nee corona pilorum
oblongata totum semen fere cingente). — »Batate marron".
971. Quamoclit coccinea Mck. — Ic. Bot. mag. t. 221. — Guad.: Duch. —
Semina glabra, laeviuscula, angulato-globosa.
972. Q. hederifolia Chois. — Ic. Bot. mag. 1. 1769. — Guad. (Wickstr.),
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
973*. Q. vulgaris Chois.— Guad.: Duch.; S.Thom. (Schlecht.), S. Croix
(Wst). — Semina glabra, verrueulosa, clavato-compressa.
974. Batatas litoralis Chois. — Syn. Convolvulus arenarius Vahl. — S.
Croix (Wst.).
975*. B. edulis Chois. — Guad.: Duch. — Forma foliis 5partitis.
976. B. pentaphyüa Chois. — Guad. in sepibus pr. Basse-terre m. Jan.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), Mart. (Sieb.).
977. B. cissoides Chois. — Syn. Convolvulus pilosus Wickstr. C. guada-
lupensis Steud. — Guad. (Wickstr.).
978. PharbUis hispida Chois. — Ic. Bot. mag. t. 1682. — Syn. Con-
volvulus purpureus L. — S. Croix (Wst.).
979. Ph. acuminata Chois. — S. Croix (Wst.).
980. Ph. Nil Chois. — Guad. in eultis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.). — Sepala angusta, sicut exhibentur quoque speeiminibus
boreali - americanis.
248 A. GRISEBACH,
981. Calonyction spinös« m Chois. — Syn. Convolvulus grandiflorus L. —
Guad. (Wickstr.).
982. C. rrwricalum Don. — Ic. Jacq. ht. Schoenbr. 3. t. 323. — Syn.
Convolvulus L. — Calonyction speciosum ß. Chois. — Guad. in fruticetis
litoralibus: Duch. — »Flores nocturni, sexta hora post meridiera aperiuntur,
ante octavam horam matutinam marcescunt; Capsula bilocularis, 3 — 4sperma,
seminibus angulatis laevibus glabris nigris«: Duch.
983. C. grandiflorum Chois. — Syn. Convolvulus Tuba Schlecht. —
Guad. in fruticetis litoralibus pr. Moule m. Jan.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
Marl. (Jacq.). — Semina obovato-trigona, dorso convexa, margine fere integro
fimbriato-ciliata, ceterura velutino-puberula.
984. Exogonium repandum Chois. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 27. —
Guad. in sepibus pr. Moule m. Jan.: Duch.; S. Croix (Wst.), Marl, in fruticetis
(Jacq.). — »Tubercula edulia. Capsula bilocularis, quadrivalvis, 1 — 2sperma,
seminibus e basi longe pilosis": Duch.
985. E. filiforme Chois. — Ic. Jacq. araer. pict. t. 26. — Guad. in fruticetis
litoralibus ra. Aug.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), Mart. in
sylvis m. Nov. — Jan. (Jacq.). — Capsula pisiformis; semina Iriquetra, glabra.
986. Ipomoea pes caprae Sw. — Guad. : Duch. ; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.). — Semina 4, rufo-pubescentia. Exstat quoque forma scan-
dens. — aPatate bord de mer«.
987. /. urbica Chois. — Seem. — Syn. I. asarifolia Walp. Decad. nr. 14! —
Guad. in arenosis maritimis toto anno: Duch.; S. Thom. (Wp.). — Semina 4,
subglobosa, laevia, minutissime puberula.
988. /. setifera Poir. — Guad. pr. Gozier m. Jan.: Duch.
989. I. triquetra R. S. — S. Thom. (Schlecht.) , S. Croix (Wst.). —
Semina glabra sec. Schlecht.
990. /. ventricosa Chois. — Guad. m. Jan.: Duch.; S. Barth. (Chois.).
Semina globoso-trigona , laevia, nigra, minutissime puberula: qua pube igitur
diflert a praecedente nee non caule teretiusculo.
991. /. operculata Mt. — Ic. Plum. amer. t. 91. f. 1. — Guad. in sepib.
m. Dec. Jan. : Ducti. — Semina trigona, laevia, nigricantia, glabra. — »Co-
rolla hora oetava matutina aperitur«: Duch.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 249
992. /. iuberosa L. — Ic. Sl. t. 96. f. 2. — Guad. in maritimis ra. Marl:
Ducti.; S. Tbom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.). — Semina semiovoidea, 8'"
longa, nigra, area triangulata laterali breviter pilosiuscula , ceterum velutina. —
»Lacteseit«: Duch.
993. /. dissecta Pursh (non W.). — Ic. Jacq. obs. t. 28. — Syn. Con-
volvulus L. — Ip. sinuata Ort. et Chois. — Guad in sepibus pr. S. Francis
m. Mart.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.). - Semina subtrigono-globosa, laevia,
nigra, glabra. — »Folia trita amygdalinum Spirant«: Duch.
994* 1. pes tigridis L. — S. Thom. (Schlecht.).
995. /. tamnifolia L. — Guad. in cultis m. Jan.: Duch.; Nevis (Chois.).
996. L quinquepartita R. S. — Syn. Convolvulus ovalifolius Wst. —
S. Croix (Wst.).
997. I. tiliacea Chois. — S. Thom. (Schlecht.).
998. /. umbellata Mey.l — Guad. in sepibus pr. Moule m. Marl: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.). — Semina trigono-
globosa, nigra, ubique puberula, margine fimbriato-ciliata.
999. /. fastigiata SwL — Guad. in sepibus toto anno : Duch. — Semina
cuboideo-quadrata, laevia, glaberrima. — » Varia t flore albo«: Duch. —
»Patate marron«.
1000. /. trüoba L. — Ic. Sl. t. 97. f. 1 : recedit a nostra folio ölobo. —
Syn. I. parviflora Wst. — Guad. in sepibus pr. Gazier m. Jan.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht), S. Croix (Wst.). — Semina globoso-trigona, laevia, glaberrima.
1001. L pentaphylla Cav. — Ic. Cav. ic. 3. t. 256: cujus patria ignota
erat. — Syn. J. Bouvetii Walp. Decad. nr. 17! — »Semina lanata«: Duch.
1002. I. palmata Forsk. — Syn. Convolvulus quinquelobus Vahl. — S.
Croix (Wst.).
1003. Jacquernontia violacea Chois. — Ic. Bot. reg. t. 439. — Guad. in
fruticetis litoralibus toto anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.) , S. Croix (Wst.). —
Semina globoso-trigona, laevia, glaberrima.
1004. Convolvulus nodiflorus Desr. — S. Thom. (Schlecht.), S. Croix
(Chois.), Mart. (Sieb.).
1005. Aniseia martinicensis Chois. -- Ic Jacq. araer. pict. t. 24. —
Guad. (Chois.), Mart. in umbrosis inundatis (Jacq.).
Phys.Classe. V1L Ii
250 A. GR1SEBACH,
ß. ensifolia, foliis angustioribus, plerisque linearibus. — Syn. A ensifolia
Chois. — Guad. in paludosis et aquis toto anno: Duch. — Nonnisi foliorum
forma variabili ab ct. recedit, corolla »alba«: Duch. convenit cum ic. Jacquin. —
»Caulis radicans, ramis volubilihus; semina glabra«: Duch.
1006. Etolvulus nummularius L. — Ic. Sl. t. 99. f. 2. — Guad. in
campis siccis m. Febr.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
1007. E. mucronatus Sw. — Syn. E. glabriusculus Chois. — Guad. in
dumetis m. Febr.: Duch.
1008. E. linifolius L. — S. Thom., S. Croix, Mart. (Schlecht.).
1009. Cmcufa americana L. — Guad. in Wedeliis pr. Moule: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Mart. (Chois.), S. Barth. (Wickstr.), Mart (Sieb.).
Hydropkylleae.
1010. Nama jamaicensis L. — S. Croix (Wst.).
Boragineae.
1011. Varronia calyptrata DC. — Guad. introducta ex Martinique:
Duch.; S. Croix (DC). — »Arbre ä perle«.
1012. Cordia Gerascanthus Jacq. — Ic. Br. jam. t. 29. f. 3. Jacq. amer.
pict. t. 259. f. 12: flos. — S. Thom. (Schlecht), Mart (Sieb.).
ß. mbcanescens DC. — Guad.: Duch. — »Bois de rose«.
1013. C. speciosa W. — Ic. Sl. t. 164. — Syn. C. Sebestena L. partim. —
Guad. introducta: Duch.; S. Thom. (Wst). — »Fructus albus, maturus odorem
pyri spirans«: Duch. — »Cordia«.
1014. C. Callococca L. - Ic. Sl. t 203. f. 2. — Syn. C. reticulata
guadalupensis DC. (non Vahl) ex nomine vernaculo »Mapou de rivifere«. —
Guad. ad ripas torrentium: Duch. — Species, iigura Sl. clara, apud DC. pbscura,
hac adumbratione illustratur:
C. ramis teretibus pallide cinereis demum striata -rugosis glabris, foliis
ellipticis v. obovato-ellipticis acutis basi subattenuatis breviter peliolatis inte-
gerrimis glabris supra nitidis, demum venatione immersa rugulosis, subtus pro-
minulo-venosis, corymbis pedunculatis sub apice ramorum confertis, pedunculis
calycibusque rufo-pubescentibus, calyce breviter obovato 3 — 4dentato corollae
tubum aequante, dentibus triangulari- acutis, corollae »albae« limbo reflexo-
expanso, lobis ellipticis obtusis tubum aequantibus, staminibus breviter exsertis
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 251
stylum bis bifidum subaequantibus, drupa globosa purpurea. — Itaque inprimis
figura froctus et calycis a C. reticulata Vahl diflert: figuram Sloanei DC. in-
fauste ad Ehretiam tinifoliam L. (ibi fig. 1 delineatam) referendam fere duxit. —
»Arbor«: Duch., ramis albidis insignis, foliis sub anlhesi caeduis, sub matu-
ratione fructus redivivis et tum membranaceis et minus distincte reticulatis,
demum coriaceis (4 — 6": 2 — 3"), margine revoluto, petiolo (4 — 6"' longo)
in laminam apice dilatato et canaliculato. Flores in apice pedicellorum conferti,
unilaterales , sessiles. Calyx IV2'" longus, intus glaber; corollae limbi diam.
fere 3'". Drupa »viscosa«: DucB., rugulosa, vix umbonata, 3 — 4"' diam.
(si quidem unicus loculus explicatur). — »Mapou de ri vifere, Mapou blanc,
Mapou cochon«.
1015. C. reticulata Vahl. - Monlserr. (Vahl).
1016. C. micrantha Sw. — S. Croix (Wst.).
1017. C. salvifolia DC. — Guad. in collibus calcareis: Duch. — Corollae
tubus calyce et limbo duplo longior; typus variat quaternarius. — »Bois noir«.
1018. C. elliptica Sw. — Domin. (Sw.).
1019. C. laevigata Lam. — S. Thom. (Schlecht.), Mart. (Sieb.).
1020. C. macropkylla MilL — Ic. Sl. t. 221. f. 1. — Guad. in sylvis
huraidis m. Jul. : Duch.; S. Croix (Wst.), Mart. (Sieb.). — ;> Arbor excelsa* :
Duch., ramis junioribus rufo-pubescentibus. Folia (10 — 15": 5 — 8" nunc
minora) integerrima v. subserrata, basi rotundata v. subcordata, peliolo 6'"
longo. Corymbi nunc terminales, nunc ex dichotomia alares, pedunculis caly-
cibusque rufo - strigillosis. Calyx breviter obovatus, 5— 6dentatus (2'" altus),
dentibus brevissimis triangularibus. Corolla »alba, parva, tubo calycem aequante;
stamina vix exserta ; Stylus exsertus; drupa alba": Duch., 2"' diam. — »Mapou
ä grandes feuilles«.
1021. C. sulcala DC. — Guad. (DC).
1022. C. martinicensis R. S. — Guad. (Wickstr.), Mart. in margine
sylvarum (Jacq.).
1023. C. portoricensis Spr. — S. Croix (Spr.).
1024. C. angustifolia R. S. — S. Croix (Wst.).
1025. C ulmifolia Jus*. — Syn. Varronia paniculata Wickstr. — Guad.
(Wickstr.), S. Thom., S. Croix (DC).
Ii2
252 A. GRISEBACH,
1026. C. globosa Kth. — Ic. Sl. t. 194. f. 3. — Syn. C. bull ata DC
et Varronia L. herb, (non L. sp.). — Guad. (DC), S. Thom. (Schlecht.), S.
Croix (Wst.), Mart- (Schlecht.).
1027. C. bullata R. S. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 43. — Syn. C. raira-
biliflora A. D<\ — Varronia bullata L. sp. — S. Barth. (Wickstr.).
1028. Ehretia tinifolia L. — S. Barth. (Wickstr.). Characterem gene-
ricum R. Brownei vide supra: Endlicher Ehretieas a Heliotropeis semine albu-
rainoso distinguit, at contrarium rectius foret.
1029. Beurreria succulenta Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 45. —
Syn. Ehretia Beurreria L. DC. (exclus. ic. Sl.). — Guad. in collibus calcareis:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart
(Jacq.). — Bacca tetrapyrena, pyrenarum endocarpio lignoso lacunoso et
septis spurius quasi pluriloculari, unico loculo vero et seminifero, semine in
quaque pyrena solitario, testa membranacea; embryo exalbuminosus, rectus,
radicula brevi supera, cotyledonibus oblongo-linearibus planis radicula multo
longioribus. Itaque character generis apud Endl. peccat in plerisque (e. c.
pyrenis bilocularibus, loculis monospermis, albumine, embryone): characterem
emendatum comparatiyum supra dedi.
Rochefortia Sw. (char. ref.). — Syn. Lutrostylis G. Don (gen. syst. 4.
p.391). Ehretiae sp. non satis nota DC. (Prodr. 9. p, 510).
Calyx profunde 5partitus, segmentis imbricalivis. Corolla rotata, Jimbo
öpaftito imbricativo, fauce nuda. Stamina 5 exserta, filamentis fauci insertis
latiusculis. Ovarium depressum, integrum, quadriloculare, loculis uniovulatis>
ovulis pendulis. Stylus bipartitus, stigmatibus peltato-obtusis. Bacca tetra*-
pyrena, pyrenis mouospermis, embryone exalbuminoso , radicula brevi supera,
cotyledonibus planis oblongis. — Frutices, foliis alternis fasciculatis integerrimis,
corymbis ramulos terminantibus.
1030. R. cuneata Sw. — Guad. in sylvis et fruticetis: Duch«; S. Croix
(Wst. Ehretia spinosa ej. ex loco caribaeo verosimiliter hujus loci). — De-
scriptioni Swartzianae haec habeo addenda: Folia obovata, basi in petiolum
attenuala, apice rotundata v emarginata, laevia, obscure penninervia, supra
nitida, sicca nigricanlia, subtus obscure rufescentia (1 — 2": 8 — 12"'), petiolo
2 — 4'" longo. Corymbi in ramulis abbreviatis terminales , foliis superati,
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 253
6— 12flori, floribus pedicellatis, pedicellis cernuis puberulis. Calyx segmentis
rotundato - obtusis ciliolatis corollae tubum aequantibus 1"' longis. Corolla
(4 — 5'" diam.), Hmbi segmentis tubum duplo superantibus. Stamina filamentis
subquadratis, antheris aequilatis erectis introrsis. Bacca globosa, nitida, lutescens
(3 — 4"' diam.), pericarpio tenui, endocarpio cujusque pyrenae lignoso incurvo
versus axin spongioso; semina pendula, testa membranacea, embryone recto,
radicula cotyledonibus duplo superata. — »Bois vert*.
Obs. Ut observationes supra de speciebus generis dalas amplificem,
diagnoses utriusque addo:
R. cuneata Sw. spinulosa (v. inermis), foliis glabris obovatis in petiolum
attenuata, corymbis glabriusculis , calycis segmentis ciliolatis, corollae lobis
ovato-oblongis obtusis tubum duplo excedentibus. — Guadaloupe.
R. Jacquini Gr. „spinosa", foliis glabris obovato-oblongis, corymbiß
calycisque segmentis sericeo-villosis, bis eciliolaiis, corollae lobis oblongis
oblusiusculis tubum subaequantibus. — Tocayma (herb. Hook,). Huc refero
Ehretiam spinosam Jacq. Syn. Lutrostylis G. Don.
1031. Tournefortia gnaphalodes R. Br. — Ic. Jacq. araer. pict. t. 259.
f. 9: flos. — Syn. Heliotropium Jacq. — Guad. in arenosis maritirais toto
anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Eust (Jacq.), S. Barth. (Wickstr.).
1032. T. hirsutissima L. — Guad. in fruttcetis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.). — * Liane ä chique«.
1033. T. cymosa L. — Ic. Sl. t. 212. f. 2. Jacq. ic. rar, t. 31; corollae
tubo nimis crasso. — Guad. in sylvis ad vias: Duch. — Corollae tubus fili-
formis, calyce 4plo longior, lobis mucronatis. — ^ Liane ä chique«.
1034. T. foetidissima W. — Ic. Plum. gen. t. 230. — Syn. Linnaei
excludendum et dubium et ob ic. Sl. t. 212. f. 1, quae non hujus loci. — Guad.
in fruticetis humidis: Duch.; S. Croix (Wst.). — Corollae tubus filiformis,
calyce 3plo longior, lobis oblusiusculis. — »Mapou puanl«.
1035. T. bicolor Sw. — Guad. in humidis: Duch. - Corollae tubus
basi incrassatus, calyce 3plo longior, lobis rotundatis mucronulatis. Venae
folii minus numerosae (6 fere), quam in praecedentibus. »Frutex erectus
10 20pedalis«: Duch.
1036. T laecigala Lam. — Seem.! — Guad.: Duch.; Mart. (DC). —
254 A. GRISEBACH,
Differt a praecedente paniculae ramis sab antbesi contraclis et corollae lobis
longius mucronatis.
1037. T. incana Lara.— Mart. (DC).
1038. T. laurifolia Vent. — S. Thom. (DC).
1039. T. volubüis L. — 1c. SI. t. 143. f. 2. Guad. in sepibus m.
Aug.: Duch.; S. Thom.: Duch. (forma y. DC), S. Croix (Wst.), S. Barth.
(Wickstr.). — » Liane k chique«.
1040. T. microphylla Desv. - S. Thom. (DC).
1041. T. sericea Vahl. — Montserr. (Vahl).
1042. T. punctata Spr. - Syn. T. psilostachya ß. DC — - Guad. (DC),
Mart. (Sieb.).
1043. Heliotrop tum curassamcutn L. — Ic. SI. t. 132. f. 3. — Guad.:
Duch.; S. Thom (Schlecht.), S. Croix (Wst), S. Barth. (Wickstr.).
1044. H. inundatum Sw. — Seem.! — Guad. (DC).
1045. H. fruticosum L.
ß. ternatum DC. — Däsirad. in campis aridis: Duch.
y. confertum DC — Guad. (DC). Huc spectare videtur H. microphyl-
lum Sw. apud Wickstr. guad.
1046. Heliophytum parviflorum DC. — Guad. in locis sterilibus toto
anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.) , S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Domin..
(DC), Mart. (Sieb.).
1047. H.mdicum DC. — Guad. in cultis, S. Thom., S. Eust., Nevis: Duch.
1048*. Trichodesma indicum R. Br. — Syn. Borago L. — Guad. (Wickstr.).
Labiatae.
1049. Ocimum micranthum W. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht).
1050. Hyptis capitata Jacq. — Ic. SI. 1. 109. f. 2. Jacq. ic. rar. 1. 1 14. —
Guad. in cultis frequens: Duch.
1051. IL brevipes Poit. — Marl. (Sieb). Excludenda est ex synonymis
H. globifera Mey. Fl. esseq., quae sec. specim. originär, ad praecedentem pertinet
1052. H. atrorubens Poit. — Ic. Ann. Mus. 7. t. 27. f. 3. — Guad. in
graminosis reg. inf. : Duch.; Mart (Sieb.).
1053. H. suaceolens Poit. — Ic. SL t. 10 . f. 2. Ann. Mus. 7. t. 29.
f. 2. — Guad. in reg. inf. pr. Basse-terre loto anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN. 25 >
1054. H. pectinata Poit. — Ic. Ann. Mus. 7. t. 30. — Guad.: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
1055. H. verticillala Jacq — S. Thom. (Benth.).
1056 Salvia occidentalis Sw. — Guad. ad vias m. Jan.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.), S. Croix (Benth.), Mart. (Sieb.).
1057. S. tenella Sw. — S. Thom. (Schlecht.).
1058. S. serotina L. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 3. — Guad. in muris Pointe-
ä-pitre m. Aug.: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.).
1059. S. densiflora Benth. — Domin. (Benth.).
1060. S coccinea L. — Ic. Pohl ic. brasil. t. 192. — Guad.: Duch.
1061. Scutellaria purpurascens Sw. — Guad.: Duch.
1 062. Leonurus Sibiriens L. — Guad. in eultis : Duch. ; S. Thom. (Schlecht.).
— Nuculae maturae in nostra forma glabrae sunt, nee hispidae, ut habet Benth.
1063. Leucas martinicensis R.Br. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 110. - Guad.:
Duch.; Mart. (Jacq.). — „Herbe ä bouton*.
1064. Leonotis nepetifolia R.Br.— Ic. Bot. reg. t. 281. — Guad.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
Verbenaceae.
1065. Taraonea verbenacea Sw. — Antig. (Sw.).
1066. Priva echinata Juss. — Ic. Sl. t. 110. f. 1. Jacq. amer. pict.
t. 9. — Guad. in eultis toto anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht.); Domin. (Schau.),
Mart. (Sieb.).
1067. Stachytarpha cayennensis Vahl. — Guad. in margine sylvarum:
Duch. — Parum distineta a St. dichotoma Vahl calyce breviori et ramis lanu-
ginosis.
1068 St. jamaicensis Vahl. — Ic. Sl. t. 107. f. 1. — Guad.: Duch.;
S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Domin. (Schau.),
Mart. (Sieb.).
1069. St. strigosa Vahl. — S. Thom. (Schlecht.).
1070. Lippia geminata Kth. — Guad. in m. Soufrifcre: Duch.
ß. microphylla , foliis parvis (8'": 4"') pedunculum subaequantibus. —
Guad.: Duch. — „Frutex 1 — 2pedalis, corolla violaceo-purpurea* : Duch.
1071. L. stoechadifolia Kth. — Guad. juxta vias m. Aug.: Duch.
256 A. GRISKBACH.
1072. L. reptans Kth. — Guad.: Dach.; Domin. (Schau.).
1073. L. nodiflora Rieh. — Syn. L. nodiflora ct. sarmentosa Schau. —
Gaad.: Duch.; Domin. (Schau.).
1074. Lantana Camara L. — Syn. L. aculeata Wickstr. — Guad. in
fruticetis maritimis: Duch.; S. Thom., S. Eust.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.),
Domin. (Schau.). — »Petit beaume«.
1075. L. crocea Jacq. — Ic. Jacq. ht. Schoenbr. 4. t. 473. — Guad.
in fruticetis maritimis: Duch.; S. Thom. (Schau.). — ^ Petit beaume«.
1076. L. intolucrata L. — Guad., S. Eust: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Croix (Wst.), S.Barth. (Wickstr.), Domin. (Schau.).
1077. L. odorata L. — Guad. in fruticetis maritimis: Duch. — »Petit
beaume«.
1078. L. reticulata Pers. — Domin. (Schau.).
1079. L. Radula Sw. — Domin. (Sw.).
1080. L. trifolia L. — Domin. (Schau.).
1081. Cüharexylum eillomm Jacq. — S. Thom.: Duch.; Domin. (Schau.).
— Forma angustifolia, foliis lanceolatis ab ic. Jacq. (ic. rar. 1. 119) recedens. —
Stamina 4.
ß. penlandrum, corollae tubo breviori, staminibus 5. — Guad.: Duch. —
Praeterea plane conforme cum icone C. villosi Jacquiniana , formam latifoliam
exhibente. — C. pentandri Vent. icon (ht Cels. t. 47) a nostra planta recedit
foliis dentatis et flore breviori: hoc crescit in Domin. sec. Schau.
1082. C. cinereum L. — S. Croix (Wst.), Mart. in silvis (Jacq.).
1083. C. quadrangulare Jacq. — Sieb, martin. nr. 156! — Guad. in
sylvis m. Jan.: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart.: Sieb. —
»Bois carr6*.
1 084. C. eaudatum L. — Ic. SI. t. 206. f. 3. 4. — Guad. : S. Barth. (Wickstr.).
1085. Duranta Plumieri Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 179. — Guad.
(Wickstr.); S. Thom.: Duch., S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart. (Sieb.).
1086. Petrea volubilis Jacq. - Ic. Jacq. amer. pict. t. 173! — Guad.
in sylvis: Duch.; Mart. (Jacq.). — » Liane brülanle«.
1087. Callicarpa aculeolata Schau. — Domin. (Schau).
1088. Aegipkila laevis W. — Guad. in fruticetis m. Scpt : Duch.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 257
1089. A. martinicensis L. — Guad. in fruticetis m. Sept: Duch.; Monts.
(Schau.), Marl (Jacq.).
1090. A. elata Sw. — Domin. (Schau.).
1091. Volkameria aculeata L. — Ic Sl. 1. 166. f. 2. 3. — Guad. in
fruticetis toto anno: Duch.; S. Thom. (Schlecht), S. Croix (Wst), Marl. (Sieb.).
1092. Clerodendron spinosum Spr. — Domin. (Schau.). — Examina vi
specimina haitiensia.
1093. Cornulia pyramidata L. — Ic. Plum. amer. t 106. f. 1. — Guad«:
Duch. — »Gatlilier«.
1094*. Vitex agnus castus L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht).
1095. V. divaricata Sw. — Guad. in sylvis bumidis: Duch.; S. Croix,
Mart (Sw.). — Variat foliolis cuspidatis et obtusissimis. — »Bois-Agouti«.
1096. V. heptaphylla Juss. — Guad. (Wickstr.); Domin. (Juss.).
1097. Avicennia nitida Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. 1 169. — Guad.
in paludosis: Duch.; S. Thom. (Schau.) , Mart. (Jacq.). — »Hangle blanc«.
1098. A. tomentosa Jacq. — Guad. (Schau.); S. Thom. (Schlecht), S.
Croix (Wst).
Myoporineae.
1099. Bontia dapknoides L. — Guad.: Duch.; S. Thom. (A. DC), S.
Croix (Wst), Mart. (Jacq.).
Coniferae.
1100. Podocarpus coriacea Rieb. — Syn. Taxus laneifolia Wickstr. —
Guad. (Wickstr.); Monts. (Endl.).
Cycadeae.
1101*. Cycas drcmaUs L. — Guad.: Duch.
Alismaceae.
1102. Echinodorus cordifolius Gr. — Ic. Vell. Fl. flum. 10. 1 31. — Syn.
Alisma L. A. macrophyllum Kth. — Guad.: Duch. — Genus ab Alismate
aestivatione corollae imbricativa recte separavit A. Gray. — Folia 9nervia.
ß. Berteroanus, foliis parvis 7nerviis basi vix cordatis, angulis caulis 5
inaequalibus. — Syn. Alisma Berteroanum Balb. A. Sprengelii Kth. — Guad. :
Duch. — Fructu cum a. plane convenit
Phyt. Clane. VII Kk
258 A. GRISEBACH,
Najadeae.
1103. Najas flexilis Rostk. — Syn. N. guadalupensis Spr. ap. Wickstr.
sec. EÜl — Goad. (Spr.).
1104. Tkalassia tettmdhnm Kom. — Goad. in fundo maris: Dach. —
»Sepab 3, obtosa; stamina 12 (nee 9)«: Doch.; plante foemioea ignota.
1103. Ruppia maritima L. — Gaad. in aestuariis: Dach. — A forma
earopaea oon differre videtnr : froetns in oostris speeiminibus senariL R. didyma
Sw. ap. Wickstr. (S. Barth.) est plaota dubia.
Aroideae.
1106. Pmtia ocddemtalis Bl. — Goad.: Doch.
1 107. Arisaema Draconlium Scktt. — Goad. : Doch.
1108* Colocasia esculenia Scktt. — IcSl. 1106. f.l.— Gaad.: Doch.—
»Madöre«.
1 109. Xcmiho$oma tagütifolium Scktt. — Ic. Sl. L 106. f. 2. Plom. amer.
t. 35. — Goad.: Doch.
1110. Aconlias belleborifolias Schll. — Syn. Aram peataphyUam Wickstr.
verosimiliter. — Gaad. (Wickstr.), Mart (Jacq.).
1111. Caladium arborescens Vent. — Ic. Plom. amer. t. 60. — Goad. :
Dach. — Ad Pbilodendron retalit Kth., sed genas disünetam videtar spatha
reclosa Pbilodendri antherisqae connatis Caladii.
1112. Pbilodendron hederaceum Schtt — Mart. (Plom.).
1113. Ph. peregrinum Kth. — Ic. Plom. amer. L 36. — Syn. Aram L.
Colocasia mucronala Ktb. ex syn. Plura. — Gaad. in sylvis montanis ad ripas
torrenliam pr. Goyave: Dach. — Ex nervatione folii Philodendro recte ad-
scriptum videtur.
1114. Dieffenbachia Seguine Schtt. — Ic. Jacq. amer. pict t. 229. —
Gaad. in sylvis reg. inf.: Ducb.
1115. Monster a lingulata Schtt, — Ic. Sl. t 27. f. 2: folium. Plum.
amer. t. 37. — Guad.: Ducb.
1116. M. Adansonü Schtt. — Ic. Plum. amer. t. 56. — Guad.: Ducb.
1117. Anthurium crassinervium Schtt. — Ic. Jacq. ic. rar. L 609. —
Guad. in sylvis reg. inf. parasilicum in arboribus: Ducb. — »Langue ä boeuf*.
1118. A. acaule Scbtt. — Mart. in sylvis montanis (Jacq.).
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 259
1119. A. crenatum Kth. -- S. Thom. (Kth.).
1120. A. macropkyllum Endl. — Ic. Plum. araer. t. 51. i. et 63. Jacq.
ic. rar. t. 610. — Syn. A. grandifolium Kth. ex syn. Jacq. — Guad. in sylvis
udis reg. inf. parasit in arboribus : Ducb. ; S. Croix (WsL).
1121. A. palmalum Kth. — Ic. Plum. amer. t. 64. 65. — Guad. in sylvis
reg. inf. radicans in arboribus: Dach.
Pandaneae.
1122. Carludovica palmata R. P. — Guad. in reg. inf. in consortio
C. Plumerii: Buch. — »Caulis erectus, pedalis, foliis 3 — 4pedalibus peliolo
aequilongo suifultis, nervis 3 crassioribus , binis lateralibus in media lamina
desinenlibus , spathis 4 deciduis, floribus roseis et albo-tinctis«: Ducb. —
„Seguine bfitard«.
1123. C. Plumerii Kth. — Ic. Plum. amer. t. 59 et 51. g. — Guad.
in montibus declivibus reg. inf. parasitica: Buch.; Mart (Plum.).
1124. Cyclanthus Plumerii Poit. — Mart. (Plum.).
Palmae.
1 1 25. Oreodoxa oleracea Mt. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 255. — Guad.
(Wickstr.), S. Croix (Wst.).
1126. Geonoma martinicensis Mt. — Mart. (Plum.). Palmas ex solis
iconibus Plumerianis descriptas cum omnibus plantis minus notis omisi.
1127. Thrmax barbadensis Lodd. — Guad. in collibus calcareis: Ducb. —
Nervis flavis glabris foliorum a diagnosi recedit, ligulis obliteratis convenit:
baccae laeves, globosae, pisiformes, siccae nigrae. — »Latanier«.
1128. Acrocomia sclerocarpa Mt. — Syn. Cocos aculeata Jacq. amer.
pict. t. 254: a Mt. dubie ad A. aculeatam Lodd. relata. — Mart. (Jacq.).
1 129. Cocos nucifera L. — Guad. (Wickstr.), S. Croix (Wst.), Mart. (Jacq.).
1130. Syagrus amara Mt. — Mart. in sylvis montanis (Jacq.).
Commelyneae.
1131. Commelyna cayennensis Rieh. — Syn. C. communis Wickstr. C.
glabra Mey. Fl. esseq,! C. agraria Ktb. ex speeim. Engelm. a Kth. citaL —
Guad.: Ducb.; S. Thom. (Kth.), S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Marl.
(Sieb.). — »Curage«.
,1132. C. turbinata Vabl. — Guad. (Wickstr.), S. Croix (Vahl),
Kk2
260 A. GRISEBACH,
1133. C. elegans Ktb. — S. Thom. (Kth.).
1134. Callisia repens L. — S. Thom. (Schlecht.), Hart, in herbosis
humidis (Jacq.).
1135. Tradescaniia discolor Sm. — Ic. Sm. ic. rar* 1. 10. — Guad. in
saxis Grande Terra: Duch.
1136. T. geniculata Jacq. — Mart. in nmbrosis huraidis (Jacq.).
Gramineae.
Tr. I. Poaceae.
Subtr. i. Festuceae.
1 1 37. Eragrostis poaeoides P. B. — Syn. Poa glutinosa Sw. ex Ic. Sl.
1.71. f. 2. P. tephrosanthos Schult.— Guad.: Duch.; Mart. (Sieb.). — Forma
floribus angustioribus.
1138. E. ciliaris Lk. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
1 1 39. E. capillaris Ns. — Guad. , S. Barth. (Wickstr.).
1140. Arundinaria macrosperma Mich. cf. — Syn. Panicum arborescens
Wickstr. — S. Barth. (Wickstr.).
1141. Sporobolus virginicus Kth. — Guad.: Duch.; S.Barth. (Wickstr.).
1142. Sp. indicus R. Br. — Ic. Sl. t. 73, f. 1. Trin. ic. L 60. — Syn.
Sp. tenacissimus P. B. — Guad. m. Dec: Duch.; S. Thom. (Schlecht).
Obs. S. litoralis Kth. (a quo Sp. affinis Kth. vix distinctus) exstat in
collectione sine loci designatione, similis Sp. junceo Trin. (ic. t. 57), a quo
differt vaginis foliorum inferiorum barbato-ciliatis et palea superiori obtusinscula.
1143. Aristida Äntillarutn Poir. — Syn. A. Adscensionis Wickstr. ex
loco natali. A. maritima Steud. A. subbiflora Steud. ! — Guad. in aridis mari-
timis: Duch. — Accedit ad A. depressam Retz. (Syn. A. vulgarem Trin.),
sed arista brevior flore parum longior, radix annua. Datur forma monstrosa
spiculis bifloris, quae descriptioni Poirelii respondet et A. subbifloram Steud. sisliL
1144. A. stricta Mich. — S. Thom. (Schlecht.).
1 145. Olyra latifoüa L. — Ic. Sl. t. 64. f. 2. — Syn. 0. paniculata Sw.
Trin. 0. ovata Harn. — Guad.: Duch. — Genus cum Milio a Paniceis ad
Stipaceas transponendum est.
Obs. Milium lanatum R. S. ß. Kth. (spiculis majoribus glumisque onenriis
verosimiliter specifice ab a. distinguendum) Duch. legit sine loci indicatione
Ober die Vegetation der karaiben. 261
(forte in Panama): respondet iconr Kunthianae (Gram. 2. t 163) nee differt
a Hilii sect. Emnilio nisi paleis apice in appendicem membranaceam produetis,
ex quibus sect. Leptocoryphium Ns. (nee genas) constitui potest. Non Pani-
ceam esse, demonstrant slylodia e latere floris emergentia: minime etiam gluma
superior mascnla est, nt dieunt auetores, verum neutra sive verae glumaceae
indolis, nt optime exhibetur in descriptione Kuntbiana.
Subfr. 2. Chlorideae.
1146. Chbris radüUa Sw. — Ic. SL t 6a f. 3. Kth. ic. gr. t. 179. —
Syn. Chi. glaucescens Steud.! — Goad.: Doch.
1147. Chi. ciliata Sw. — Syn. Chi. propinqua Steud.! — Guad. juxta
vias: Ducb.
1148. Chi. virgata Sw. — Antig. (Kth.).
1 1 49. Chi. polydaetyla Sw. — Syn. Andropogon barbatus L. — S. Barth.
(Wickstr.).
1150. Leptochloa mucronafa Kth. — Syn. L. pellucidula Steud.!: forma
vaginis glabris, Guad.: Duch. — Convenit cum speeiminibus L. attenuatae NutL
boreali - americanis et a Ktb. et ap. As. Gray huc relatis.
1 151. L. virgata P. B. — Ic. SL t. 70. f. 2. — Syn. L. mutica Steud.!:
ipsa. L. brachiata Steud.!: forma spiculis 3 — 4 floris (utraque falso sine aristis
descripta, quae in flore imo exstant, sicut in ceteris formis). — Guad.: Ducb.;
S. Thom. (Schlecht.).
ß. domingensis IM. arista longiori. — Guad.: Duch. Formis transitoriis
cum a. conjungitur.
1152. Eleusme mdica Gaertn. - Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.),
S. Barth. (Wickstr.). — Exstat inter vulgares forma depauperata (a Steud.
indicata) spica solitaria, spicnlis 4floris.
1153. Dactylocteniutn aegyptiacum W. — Guad. in litore: Ducb.; S.
Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).
1154. Eutriana juneifolia Kth. — S. Thom. (Schlecht).
Tr. IL Paniceae.
Subtr* 1. Oryzeae.
1155. Pkarus Umcifolius Harn. - Syn. Ph. latifolius Wickstr. ex loc.
nat — Guad.: Duch.— Distinctus a Ph. laUfolio L. (Syn. Ph. glabro Kth.
* ».'
HL
..» '.<»
S'
:■•
■■r-~i
■* 1
$> ist*. 4*§ ?' _ > ^u.m^ ~**
/•*■ «t /»,•,„*
9 • Si
'/* >
» ß
t *A>**ß&40im>
A.*S-.
•» jr-,-. „..., *„,.:., ;/l-<v ^^ ^ . . f ^ jjjjfc.» » 5.
it'>' f uUUtum l'„\t. «, TJwm. fScH«*t>
HM /' iiiMiututum /„ ... |«. 7H,,, ^ ti27. —
« 'ffwm f*fMft<fil.j, M, llnrlH. (Wiikulr,). _ Nortni
'"'"" ,'"-' ""•«'• «|«w«m I« l«'fifi« (mlorum omnloo congroa) in
iIimII«, 11I.I «|i|i.mIhm {Imimi |hiIh»»(w.(iIok «moiiI, dlagoosi P. cognaössimi S
(I •' |l I«) Olllllllh) l'«iM|l«l|Mjt*f«*lll.
»HU /• <•«,,„/«« /„ |0( MI. ttttt. f. 2. Trio, ic 1 181. 132.—
U\M\\ In tiMiiilnti.il liMMtltlii H), |»IH»% |»M^ .. s, (Voix (Wst). — Glnnwe
»♦»u«m Mu>» >»»•., <»mI tolwul»* mw>( (,im mm«$vm *wr«XN»ati •* parum conspico«.
Ober die Vegetation der karaiben. 263
1166. Eriochha punctata Harn. — S. Thom. (Schlecht), Marl. (Sieb.).
1167. Digüaria ciliaris Koet. — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
1168. D. margmata Lk. — Gr. in Led. Fl. ross. 4. p. 468. — Syn.
D. aegyptiaca Pari. — Guad.: Dach.
1169. D. setosa Den. — Syo. Panicum Hamiltooii Kth. P. filiforme
Kapp), pl. sarin. nr. 1951! (non alior.). — Guad,: Dach. — Proxima D. san-
guinali, distincta nervis paleae neutrias parallelis, spicula angustiori et rhachi
setifera.
1170. Brachiaria prostrata Qr. — Ic. Trin. ic. t. 184. 185. — Syn.
Panicum Lam. P. caespitosum Sw. P. insularum Stend.! (1. c. p. 61). — Guad.
in campis aridis: Doch.; S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.).— Ex
spicolis a doreo compressis est Brachiaria Gr. (in Led. Fl. ross. 4. p. 469).
Panicum sect. 1. Virgaria. Panicula simplicior, ramalis angulosis, spiculis
racemosis. C^T0* Virgaria Tr. et Brachiaria ej. partim).
1171*. P. motte Sw. — Syn. P. guadalupense Steud«! (1. c. p. 61). —
Gramen e continente introductum, affine P. numidiano Lam. (Ic. Trin. ic.
1. 174), at distinctum ab icone et a stirpe capensi: spiculis duplo minoribus,
nodis dense villosis et gluma inferiori minori. Convenit cum descriptione
Swarteii, qiii eandem originem surinamensem nomine vernaculo »Dutch grass«
pronuntiabat: solammodo recedit nostram folii lamina spicolisque glabratis, villo
tarnen in nodis persistente. Steudel descripsit statum maturantem, ubi palea
floris foecondati indurescens tenuissime punctata est (quam falso ille dixit
laevigatam). ~ »Herbe du Para«.
* 1172. P. pahtdicola Ns. — Steud. I. c. p. 65 (exclus. syn. Trin. gramen
v <tf plane alienum exhibente). — Guad. : Dach.
k t |*V * ' 1173. P. fasdculatum Sw. — Ic. Trin. ic. t. 206. — Syn. P. fuscum Sw.
Ab* ¥* Trin. : forma panicula fusca. P. trichocondylum Steud. ! (1. c. p. 74). — Guad. :
7to0 coflH * ' Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S.Barth. (Wickstr.). — Forma panicula virente.
&ad^ 1174. P. diandrtm Ätt.— Ic. Kth. gram. 2. t- 1 10. — Syn. P. agro-
stidiforme Harn, (non alior.). P. ramuliflorum Höchst! in Kapp), pl. surin.
* fi**^ nr. 1523t et Steud.! (I.e. p. 65). — Guad. in graminosis humidis m. Dec:
. \ i •>"' Duch. — A Panico agrostoide Müblb. Americae borealis differt quoque spiculis
^ minoribus.
262 A. GRISEBACH,
Ic. SL L73. f. 2): Dam in nostro folia lanceobta acimnata (8 fere lata),
apad Sl. folia ovali-oWonga acuta (ll/2" lata). Panicola laxa, axibus frocti-
bosqoe pobescentibos , bis oblongo-linearibos giamam plos doplo soperantibos.
Smbtr. 2. Paspaleae.
1156. Paspalam filiforme Sw. — Goad.9 S. Barth. (\Yickslhr.y
1157. P. platycaole Poir. — S. Tbom. (SchlechL).
1158. P. posillnm Vent — S. Tbom. (Fl.).
1159. P. amjugatum Berg. — Ic. Trio. ic. 1 102. — Syn. P. longis-
simnm var. goadalopense Steod.! (synops. p. 19). — Goad. in graminosis
udis: Doch.
ß. subcordatum . foliis basi snbcordatis , glomis obsolete oervatis. — Syn.
P. goadalopense Steod.! (syops. p. 18). — Goad. com c: Doch.
Obs. Specimen errorom Steadelii est, P. taphropbyUam ej., ex Sieb.
FL mixt. or. 365 creatom, spicolis l'"longis descriptom, io serie A. (nr. 42)
spicolis Vi'" loogis v. brevioribos iosigoita primo occorrere, dein eaodem
planlam Sicberiaoam in serie B. (spicolis 1'" longis) sob stirpe Richardiana
quadam (nr. 54) Herum citari.
1160. P. nolalum FL — S. Tbom. (FL).
1161. P. caespitosum FL — Ic. Trio. ic. 1 121. — Syn. P. rhizoma-
tosom Steod.! (synops. p. 17). P. coleopodon Steod.! (ib. p. 18). — Goad.
in graminosis siccis: Doch, (loco igitor *in siccis« a Swartzio aoo P. dissecto
vindicato, qood sec. FL P. caespitosi synonymon). — Species rhacbi flexoosa,
spicolis parvis pedicellum vix doplo superantibus, glumis trinerviis recognoscitor.
1162. P. glabrom Poir. — S. Tbom. (Schlecht).
1163. P. pamcuUUtm L.— Ic. Trin. ic. L 127. — Goad. (Wickstr.),
S. Thom. (SchlechL) , S. Barth. (Wickstr.). — Nostra specimina (panamensia)
fol?;s basi magis quam in icone (ceterom omnino congroa) in aoricolas pro-
ductis, nisi spiculae dense pubescentes essen t, diagnosi P. cognatissimi Steod.
(1. c. p. 18) omnino responderent
1164. P. virgalum L. — Ic. SL t. 69. f. 2. Trin. ic. L 131. 132. —
Goad. in graminosis humidis m. Dec. : Duch.; S. Croix (WsL). — Glomae
revera 5nerves, sed laterales nervi bini margini approximati et parum conspicni.
1165. P. undolatum Po*-.— S. Thom. (Schlecht.).
Ober die Vegetation der karaiben. 263
1166. Eriochloa punctata Harn. — S. Tbom. (Schlecht.), Marl. (Sieb.).
1167. Digüaria ciliaris Koel — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
1168. D. marginale* Lk. — Gr. in Led. Fl. ross. 4. p. 468. — Syn.
D. aegyptiaca Pari. — Guad.: Duch.
1169. D. ietosa Desv. — Syn. Panicum Hamiltonii Kth. P. filiforme
Kappl. pl. snrin. nr. 1951! (non alior.). — Guad.: Duch. — Proxima D. san-
guinali, distineta nervis paleae neutrius parallelis, spicula angnstiori et rhachi
setifera.
1170. Brachiaria prostrata Gr. — Ic. Trin. ic. t. 184. 185. — Syn.
Panicum Lam. P. caespitosum Sw. P. insnlarum Steud.! (1. c. p. 61). — Guad.
in campis aridis: Duch.; S. Tbom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.). — Ex
spiculis a doreo compressis est Brachiaria Gr. (in Led. Fl. ross. 4. p. 469).
Panicum sect. 1. Virgaria. Panicula simplicior, ramulis angulosis, spiculis
racemosis. (Syn. Virgaria Tr. et Brachiaria ej. partim).
1171*. P. motte Sw. — Syn. P. guadalupense Steud.! (I. c. p. 61). —
Gramen e continente introduetum, affine P. numidiano Lam. (Ic. Trin. ic.
t. 174), at distinclum ab icone et a stirpe capensi: spiculis duplo minoribus,
nodis dense villosis et gluma inferiori minori. Convenit cum descriptione
Swartzii, qni eandem originem surinamensem nomine vernaculo »Dutch grass«
pronuntiabat : solummodo recedit nostrum folii lamina spiculisque glabratis, villo
tarnen in nodis persistente. Steudel descripsit statum malurantem, ubi palea
floris foecundali indurescens tenuissime punctata est (quam falso ille dixit
laevigatam). — »Herbe du Para«.
1172. P. pahtdicola Ns. — Steud. I. c. p. 65 (exclus. syn. Trin. gramen
plane alienum exhibente). — Guad. : Duch.
1173. P. fasciculatum Sw. — Ic. Trin. ic, t. 206. — Syn. P. fuscum Sw.
Trin.: forma panicula fusca. P. trichocondylum Steud.! (I.e. p. 74). — Guad.:
Duch.; S. Thom. (Schlecht.), S.Barth. (Wickstr.). — Forma panicula virente.
1174. P. diandrum Kth.— Ic. Kth, gram. 2. t. 110.— Syn. P. agro-
stidiforme Harn, (non alior.). P. ramuliflorum Höchst.! in Kappl. pl. surin.
nr. 1523! et Steud.! (I.e. p. 65). — Guad. in graminosis humidis m. Dec. :
Duch. — A Panico agrostoide Mühlb. Americae borealis diflert quoque spiculis
minoribus.
264 A. GRISEBACH,
1175*. P. juraentorum Pers. — Guad. (Wickstr.), 8. Thom. (Schlecht.),
8. Barth. (Wickstr.).
1176. P. diffusum Sw. — Guad. (Wickstr.), 8. Thom. (Schlecht), 8.
Barth. (Wickstr.). Speciem huic affinem et forsan adhuc cum eodem con-
fusam legit Duch. sine loci desigoatione (aut in Caribaeis aut in isthmo pana-
mensi), quam hac adumbratione propono:
P. reticulalum Gr. annuum, gracile, vaginis elongatis molliter sparsimque
pilosis v. ciliatis, ligula eciliari, foliis late linearibus acuminatis basi rotundatis
v. subcordatis (2 — 3": 3— 4'") glabris, panicula angusta atropurpurea, radiis
solitariis racemiferis striclis axique sulcalo-angulosis pube brevissima pilosius-
culis, pedicellis inaequalibus, spiculis subsecundis (1'" longis) ovatis acutiusculis
glabris, gluma inferiori flore triplo breviori pallidiori ovata trinervi, nervis
anastomosanlibus, superiori quinquenervi paleae floris sterilis inferiori septemnervi
conformi, nervis utriusque venularum transyersarum ope reticularis, flore infe-
riori bipaleaceo, masculo hermaphroditum parum superante, hujus palea inferiori
indurata tenuissirae transversim rugulosa. — Flore demum ruguloso nervisque
differt a P. diffuso Sw.; nervis convenil cum P. velutino Ns., quod spiculis
majoribus nervorumque numero et pube floris recedit; simillimum est P. colorato
L. (Droge pl. capens.!), a quo nostrum nervis floralibus reticulatis et panicula
strictiori dislinclum est.
1 177. P. cayennense Lam. — S. Thom. (Schlecht.).
1 178. P. dkaricatum L. — Syn. P. maculatum Aubl. P. Chauvinii Steud.f
(L c. p. 68). — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.). — Proximum P. latifolio
L., quocum a Trinio conjungitur, specifice vero differt: culmo lignoso (fracti-
flexo) et spiculis majoribus, gluma superiori et palea floris neulrius demum
coriaceis (nee membranaeeis) coneavo-gibbis.
1179. P. glutinosum Sw. — S. Croix (Wst.).
P. sect. 2. Miliaria. Panicula composita, pedicellis filiformibus.
1180. P. brevifolium L. — Ic. Sl. t. 72. f. 3. — Syn. P. trichoides Sw.
ex ic. SL P. trichopiplum Steud.! (1. c. p, 85). — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
Specimina coli. Duch. in ins. Portorico leeta sunt.
1181. Echinochloa colona Gr. — Ic. Trin. ic. t. 160. — Syn. Panicum
L. — Guad. in campis graminosis: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).
ÜBER DIB V0GBTATIOH DER KARAIBBN. 265
1182. Qrlhopogon BwinanniR.Br. — Ic. Trin. ic. t 193, — Guad.: Duch.
1 183. Hymenachne tnyvrus P.B.^— Ic. Trin. ic, 1. 205. -*- Syn. Panicura
amplexicAuIe Rudg. ~ Guad. in equis tratquillis: Dach.-— Genus paleis
denniiü corjaceis (rteqtie induratis) a Panico d&inctum, habitu Setariae.
1184. ; Setaria glatte* P. B. — h>« Tritt, ic. 1 195. 196. — Guad. in
graminosis akeiS: Duch.; S. Thom. (Schlecht.)* ' .
1185. S. macrostaehya Kth — S. Barth. (Wjckstjv), S.Thom. (ScWecht.).
1186. Stenataphrkttn . americanum Shhrk. — Guad. in aridis: Duch.;
8, Thom. (ScWeeht). .?
1187. Pennisetum purpqrascens Kth. - Syn. Cencbrus setosus Sw. —
Guad. (Wickstr.).
1188. Cenchrm toehfouttts L. — Guad. (Wickstr), S. Thom. (Schlecht.),
S. Barth. (Wickstr.).
1189. C. tribuloides L. — Guad.: Duch. — Convenit cum speeim.
bor.-americanis et a praecedente differt involucro ad medium (neque ad basin)
diviao. .
1190. C. pungens Kth. — Guad.: Duch. — Convenit cum speeim.
texanis et a C. tribuloide L. differt involecro florem (5nervem) parum (nee duplo)
excedente.
1191. Antephora elegant Sfhreb* — Guad.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.).
1192. Echinolaena nemorosa Kth. — Syu. Panicum Sw. — Guad., S.
Barth. (Wickstr.). *
' * tl93. > Tfiehßhenm insularis Gr. — Ic. Trin. ic t. 220. - , Syn. Andro-
pOfort L. Saccharum; ; ypIystfiohyDn Sieb. Fi. mixt nr. 437! Panicum leuco-
phaeura Kth. P. Duchassafngii Stgud.1 (I.e. pag. 93).— Guad.: Duch.; S.
Thom. (Schlecht). — Genus Scbraderianum, Trichacknen Ns. complectens,
non tantum p*K*> sed etfam arücukrtione spiculae distinetum.
1194* T. saoebaroid^s Gr- — Syn. Saccharum polystacbyum Sw. Pani-
cum saccharoides Kth. — S. Christ. (Sw.).
Subtr. 3. Sacchareae.
: 1195*.. Saccharum oßeinarum L var. -- Ici Sl. 1 66.— r Guad.: Duch. —
Gaule intra paniculam suloato exm forma volgari conrenit, sed a descriptione
Kunthiann differt gliwa iüferjpirj bjnervi paleaqqe otraque ejusdem longitudinis.
Pkgs. Classe. Vll. U
266 A. GRISEBACH,
1196. S. dubhm Kth. — Syn. Anatherum Berterianum Seh. Saccharum
caudatum Mey. FJ. Esseq.! — Guad. (Wickstr.).
1197. S. tricorne Gr. — Ic. Sl. 1 15. — Syn. Andropogon L. Ana-
therum P.B. — Guad. in humidis et aquis tranquillis: Dach.; Mart. (Kth.). —
Anatberum Saochari sectionem propriam (spicula altera in pedicellum plumosum
redueta) formare potest, ab Andropogine spiculis rauticis distinetum.
1198. Andropogon contortas L. — Guad. (Wickstr.).
1199. hchaetmm latifoHum Kth. — Guad. in m. Soufri&re: Dnch.;
Mart (Sieb.}. — Cum Spodiopogine sibirico ne in idem quidem genus colligi
potest, sed Ischaemum ab Andropogine parum distat.
1200. I. bispidum Kth. — Mart. (Sieb.).
1201. Manisuris granularis Sw. — Guad. (Wickstr.).
Cyperaceae.
Tr. I. Cypereae.
a. Cyperi digyni.
1202. C. polystaehyos Rottb. — Syn. C. scopellatus Sieb. FL mixt,
nr. 360! — Guad.: Duch.
1203. C. mucronatus Rottb. — S. Thom. (Schlecht.).
b. Cyperi trigyni.
aa. Rhacheola aptera v. anguste marginata.
f Triandri; spiculis. compressis v. compressiusculis.
1204. C. compressus L. — S. Barth. (Wickstr.).
1205. C. ochraceus Vahl. — Ic. Sl. t. 75. f. 1 : descriptio Sl. recedit
squamis ferrugineis. — Guad.: Duch.; S. Croix, Antig. (Kth.). — Variat
spiculis brevioribus et longioribus. Squamae sub lente nitide punetatae, basi
abruptim dilatatae. Achenia ovoideo-trigona, punctata, squama y3 breviora.
1206. C. viscoms AU. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht), Mart
(Sieb.). — Differt a praecedente squamis polynerviis epunetatis et acheniis
pyriformi - trigonis nitidis.
ff Monandri, spiculis capitatis.
1207. C. surinamensis Rottb. — Syn. C. vegotus Mey. Fl. Esseq.! (non
W.). — S. Thom. (Schlecht.), S. Barth. (Wickstr.), Mart. (Sieb.).
bb. Rhacheola alis prominulis. Spiculae compressiusculae.
«..
Ober die Vegetation der karaiben. 267
1208. C.arlictdatus L. — Ic. SL t.81. f. 1. — Guad.: Duch.; S. Thom.
(Schlecht.).
1209. C. rottmdus L. — Ic. Rottb. gr. t 14. f. 2. — Syii. C. bexasta-
chyos Rottb. (non Sw.). C. Hydra Vahl ap. Schlecht. C. sphacelatus Sieb.!
a Ktb. citat (non Rottb.). — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht.).— Alae
rhacheolae iatiusculae.
1210. C. sphacelatus Rottb. — Syn. C. hexastachyos Sw. (quem a C.
rotuodo L. distinctum dicit). C. Balbisii Klh. — Guad« ad fossas. Duch. —
Differt a praecedente: habitu graciliori, folüs angustioribus, spiculis junioribus
virentibus, demum margine purpureo - maculatis , inferioribus bractea setacea
elongata stipatis, involucro longiori, squamarum nervis 3 magis prominulis,
squamis post antbesio remoüs et inprimis alis rhacheolae angustioribus , demum
evanidis. Achenia squama duplo breviora, elliptico-trigona, laavia, pallentia.
*
Habitu magis ad C. polystachyon, quam ad C. rotundum, accedit, stylodiis 3
faciliter distioguendus. — C. sphacelatus Ktb. ex descr. pluribus notis e. c.
achenio et squamis acutiusculis (quae obtusatae et brevissime mucronulatae)
recedit et ex synon. Sieb, potius ad formas pallentes C. rotundi referendus
videtur.
1211. C. brunneus Sw. — Guad. in arenosis maritimis: Ducb. — Di-
stinctissimus a C. rotundo L. proceritate, folüs glaucis saepe ultra 2'" latis
carina prominula scabriusculis , spiculis lanceolato-linearibus latere convexius-
culis rufo-casianeis, squamis 9 — llnerviis. Umbella involucro 3 — 6pbyllo
inaequali saepe caulem aequante longissime superata, saepias contraria, nunc
radiis superne in spicam simplicem patentem abeuntibus, squamis convexius-
cuUs ovatis muticis nervosis concoloribus v. carina pallidioribus , rbacheola
alata, alis hyalinis prominulis; achenium convexo - trigonum , squama duplo
superatum, stylodiis. 3.
cck Rhaebeola internodiis excavato-alatis articulatis. (Syn. Diclidium
Schrad. Ns.).
f Spiculis compressiusculis , confertim aggregatis.
1212. C. ligularis L. — Ic. Sl. t.9: Status post anthesin. Rottb. gr.
L 11. f. 2.— Guad.: Ducb.; S. Thom. (Schlecht.).— Rhacheola articulata,
alis achenium amplexantibus , indubitanter ad Diclidium perlinet Exstaut duae
LI 2
268 A. GRISEBACH.
formae. altera spiculis 4 — Sfloris, acbenio ovali; altera (/?.) spiculis 3— öfloris,
acbenio oblongo, quae, nisi forma achenii et radii expansi obstarent, ad C.
coriaeeum Sehr. (Mariscum Hey. Fl. Esseq.!) referri passet,
ff Spiculis teretiusculis.
1213. C. odoratus L. — Ic. Sl. L8 et 74. f. 1. — Syn. C. Sanctae
Crucis Liebra. C. fastuosus Uesv. ap. Harn, ex diagn. — Guad. in m. Soufnöre:
Ducb. ; S. Croix (Liebm.). — Achenium squama duplo brevius. — Excludenda
est descriptio C. oderati Ktb.: differt enim »eulmo trigono« (qui eximie tri—
queter) et »squamis dorso ferrugineis« (quae juniores latere ita, mox plane
expollescunt, ut ab Omnibus scriptoribns exhibelur), tandem Klh. characterem
rhacbeolae excavato - alatae omittit; exeludendura quoqne est ex synonymfo
Diclidium odoratum Ns., cui spiculae 15 — 19florae (quae in nostro 5 — 7florae).
1214. C. insignis Klh.— Guad. (Ktb.).
dd. Species non examinalae.
1215. C. confertus Sw. — S. Barth. (Wickstr.).
1216. C. planifolius Rieh. — S. Croix (Vahl).
1217. C. tenuis Sw. — Guad , S. Barth. (Wicksir.).
1218. C. distans L. — S. Thom. (Schlecht.).
1219. C. ferax Rieh. — Monts. (Vahl).
1220. C. purpurascens Vahl. — S. Croix (Vahl).
1221. Kyllingia capülaris Gr. — Syn. Mariscus Vahl. Sehoenus Sw. —
Guad.: Duch. — Squamis 9nerviis differt a Marisco gracili Vahl: Mariscus ad
Kyllingiam reducilur eadem ratione, qua Pycreus ad Cyperum, habitoqae bujus
speciei cum Kyllingia monoeephala conformi.
1222. K. ßliformis Sw. — Guad«: Duch. — Squamae 13oerves, ach»*
nimm maturnm trigono-elltpsoideum duplo superans.
1223. K. incompleta Jacq. — Syn. Mariscus elatus Vahl — Mart. (Siek>
1224. K. erneiformis Sehr. — Syn. K. monoeephala Schlecht see. Ktb. —
S. Thom. (Schlecht.), Mart. (Sieb.).
Tr. IL Scirpeae.
Scirpus sect 1. Eleocharis.
1225. Sc. retroflexus Poir. — Syn. Eleocharis Ktb. Chaetocyptra»
polymorphus Ns. Cyperus depauperatus Vahl. Scirpus pnsillus Vahl sec. Ns. —
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN. 269
Guad. in aquosis: Duck — Achenium pallens, trigonum, styli trifidi basi fusca
triph) minori terminatum. Ab E. chaetaria R. S. Indiae orientalis, quo refe-
rendum p utabat Kth., distinctas caulibus incurvis et styli basi persistente acuta.
1226. Sc. caribaem Rottb. — lo. Rottb. gr. t. 15. f. 3. - Syn. Sc.
capitatus W. ex synon. SL (non L.). Eleocharis R. Br.: partim. E. maculosa
Klh. : partim. Eleogenus ochreatus Ns. : etsi radix nostri fibrosa est , tarnen
vaginae indole et achenio certe recognoscendus. — Guad. in humidis: Ducb.;
S. Thom. (Schlecht.), Mart (Klb.). — Caule compressiusculo striato farcto,
achenio nitente atrocastaneo pyriformi - lenticulari , tuberculo parvo pallido et
stylo bifido aocedit ad Sc. capitatum L. (ht. Cliff.) et cum eodem ab auctoribus
confunditur, differt vero: caule humili, vaginis mucrone destitutis pallidis, spica
pallida compressiuscula pauciflora (floribus 5 — 10), squamis elliptico-oblongis
obtusis superne subcarinatis juxta carinam yirentem hyalino- pallidis, achenio
setis pallidis paullo breviori latiori, tuberculo conico acuto apice achenii dilatato
plus duplo angustiori.
1227. Sc. capitatus L. ht. Cliff. (non sp. plant.). — Ic. SL L 75. f. 2. —
Syn. Sc. geniculatus L. sp. ex citato primario Sloan. (nee aliorum et exclusa
seeunda fig. Sl. ad Sc. plantagineum speetante). Eleocbaris capitata R. Br.
partim : ex synon. ht. Cliff. et auetorum posteriorum. E. geniculata Ktb. ß. ex
synon. Sl. Eleogenus capitatus Ns. (exclus. synon. Rottb.). — Guad.: Duch. —
Differt a praecedente: caule pedali et ultra , vagina mucronata basi sanguinea,
spica globoso-conoidea obtuso-rotundata multiflora (floribus 50—80), squamis
coneavo-orbiculatis praeter zonam transversam sanguineo-fuscescentem pallidis,
nervo tenui sab apice evanido, achenio setis rufescenlibus duplo breviori
angustiori, tuberculo mamillari mucronato basi latiori apice achenii paullo angu-
stiori. — Nomina in L. spec. adoptata ob confusionem inaudilam adoptari non
possunt: nam Sc. capitatus L. spec. ex ipsa R. Brownei observalione Gronovianus
EI. obtusae Seh. respondet, Sc. geniculatus L. spec. triplici ratione antiquandus
est, 1°. quia duas species Sloaneanas (nempe hanc et Sc. plantagineum, cora-
miscet, quorum ulterior sec. R. Br. est Sc. geniculatus hb. Linn.; 2°. quia
nomen falsum 6st caule seplis non articulato; 3°. quia Sc. geniculatus Auct. ab
utraque stirpe Lianaeana diversus est
1228. Sc. geniculatus Sw. (non L.). -— Syn. Eleocharis Kth. o. (exclus.
270 A. GRISEBACH,
synon.) et Ns. — Guad.: Dach. — Habita caaleque 1— ll/2pedali basi pur-
purascente accedit ad Sc. palustrem, affinior vero est Sc. rosteUato Gr. (Syn.
Eleochar. Torr.) et Sc. intermedio Mühl., a quibus caule septato et spica
plurimiflora differt. Hac diagnosi illustratur:
Sc. caule tereti subtiliter striato septato, spica conoideo-cylindrica multi-
flora, floribus 80 — 150, juniori apice acuta, squamis conca vo - planiusculis
ovato-oblongis obtusatis hyalino-fuscescenlibus superne juxta raedianum utrinque
zona longitudinali sangainea notatis, nervo solitario sab apice evanido, stylo
trifido, achenio trigono - ellipsoideo pallido disco minoto setas fulcienti inserto
apice in rostellum constricto, tubercalo minuto mamillari rostellura latitudine
aequante, setis 4 — 5 achenium aequantibus.
1229. Sc. plantagmeus L. — Sw. — Ic. Sl. t. 81. f. 3. — Syn. Lim-
nochloa Ns. Sc. interstinctus Vabl. — Guad. : Duch. — Achenium costis lon-
gitudinalibus striatum, tubercalo terminali .subulato vix longius, pallidum. — Sc.
plantagineus Retz Indiae orientalis ex sola icone Rottboellii (Gr. 1. 15. f. 2)
distingui neqoit , sed sec. R. Br. speciem diversam sistit. — Figara Sloaneana,
supra lau data, a Neesio ad speciem affinem (Limnochl. constrictam ej.) citatur,
sed haud dubie noslro respondet
Obs. Sc. constrictus Gr., in Guiana indigenus, characteribus a Neesio in
Cyperographia brasiliensi datis certe distinctus, quamqoam simillimus, bis quoque
synonymis Unnatur: Sc. genicolato Mey. Fl. esseq.!, Eleoch. motata Rchb. in
Weigelt pl. surin. ! (herb. Gotling.) , El. geniculata Hostm. pl. surin. nr. 284. a. !
1230. Sc. rmUatus L. — Sieb. hb. mart.! — Syn. Eleocharis R. Br.
Limnochloa Ns. ! — Guad. : Duch. ; Mart. : Sieb. — Sc. spiralis Rottb. Indiae
orientalis ex ic. (gr. t. 15. f. 1) distingui non potest, sed sec. Kth. setis hypo-
gynis glabris recedit.
Sc. secL 2. Isolepis.
1231. Sc. articulatus L. — S. Croix (Kth.).
Sc. sect. 3. Fimbristylis.
1232. Sc. annuus AU. - Syn. Fimbristylis laxa Vahl. F. villosa Kth.:
a
forma pubescens. — Guad.: Duch.; S. Thom. (Schlecht, sec. Kth.). Achenium
costis longitudinalibus crebris, quales etiam in speciminibus boreali-americanis.
Ober die Vegetation der karaiben. 271
1233. Sc. ferrugmeus L. — Ic. Sl. t 77- f. 2. — Fimbristylis Vahl. —
Guad.: Doch.; S. Thom. (Schlecht, sec. Kth.).
1234. Sc. amentaceus Gr. — Ic Rudge guian. 1. 19. — Syn. Cyperos
Rudg. Trachelostylis Ns. — Guad. : Duch. — Ab affini Fimbristyli cora-
planata Lk. hunc achenio muricato recedere, recte statuit Ns. — Articulis
rhacheolae (sicut in Cyperi speciebus) in alas productis a celeris differt, quae
alae, si squamulis Hypolytri responderent, generis peculiaris a Cypero squamis
quadrifariis distincti typum exhiberent.
1235. Abildgaardia monostachya Vahl. — Ic. Sl. t. 79. f. 2. — Guad.: Dach.
1236. Fuirena utnbelkUa Rottb. — Ic. Rottb. gr. 1. 19. f. 3. — Guad.: Duch.
Tr. III. Scboeneae. Spica panciflora, squamis inferioribus vacuis.
Rhynchospora sect. 1. Dichromena. Spiculae capitatae, capitulo involu-
crato. Selae hypogynae 0.
1237. Rh. stellata Gr. ~ Ic. Sl. t. 78. f. 1. — Syn. Schoenus Lam.
Sw. Dichromena leucocephala Mich. — Guad. : Doch.
Rh. sect. 2. Spermodon. Spicnlae fasciculatae. Setae hypogynae 0.
Achenium parvirostre.
1238. Rh. pusilla Gr. — Ic. Sw. Fl. t. 6. — Syn. Schoenus Sw. Di-
chromena Kth. — Guad.: Duch.
Rh. sect. 3. Haloschoenus Ns. Spiculae corymbosae. Acbenii rostrum
decurrens.
1239. Rh. micrantha Vahl. — Syn. Dichromena Kth. Haloschoenus
sparsns Ns. — Guad. in humidis reg« inf . m. Mark : Duch.
Rh. sect. 4, Mürospora Liebm. Setae obsoletae. Stylus apice. bidentatus.
Achenii rostrum conicum basi solutum.
1240. Rh. polyphylla Vahl. — Guad. in m. Soufriöre pr. S. Jacob:
Duch.; Montserr. (Vahl), Mark (Sieb.).
Rh. sect 5. HaplostyUs Ns. Spiculae capitatae, Setae elongatae. Stylus
apice bidentatus.
1241. Rh. polycephala Wydl. — Ic. Ns. Cyperogr. bras. 1. 12. — Syn.
Epbippiorhynchium Ns. — Guad.: Duch.
Rh. sect. 6. Calyptrostylis Ns. Spiculae corymbosae. Setae elongatae.
Stylus apice bidentatus. Rostrum achenii elongatum.
272 A. GR18EBACH,
1242. Rh. aurea Vdkl— Ic. Rottb. gr. t. 21. f. 1. Rudge guian. t. 18.
Ns. Cyperogr. bras. 1. 13. — Syn. Calyptrostylis fiorida Ns. — Guad. ad ripas
torrentinm: Duch. — Exsiant duae formae, altera panicnla composita, spiculis
fasciculatis, altera corymbosa, spiculis dense capitulatis, sed acheninm utrique
idem et cum ic. Neesiana conforme.
Rh. sect. 7. Eurkynchospora. Setae elongatae. Stylus bifidus.
1243. Rh. glauca Vahl. — Mart. (Sieb.).
1244. Cladium occidentale Schrad. — Syn. Schoenus Cladium Sw. —
Guad. in paludosis: Duch. — »Herbe coupante«.
1 245. Machaerina retlioides Vahl. — Syn. Schoenus Sw. — Guad. : Duch.
Tr. IV. Sclerieae.
1 246. Scleria pratensis Ns. — Syn. Sei. communis Ktb. — Mart. (Kth.).
1247. Sei. microcarpa Ns. — Mart. (Kth.).
1248. Sei. filiformis Ns. — S. Thom. (Schlecht.).
1249. Sei. milis Sw. — Ic. Ns. Cyperogr. bras. 1 25. — Syn. Opbryoscleria
mitis Ns. 0. lucida Ns. — Guad. : Duch.
Liliaceae.
Tr. I. Asphodeleae.
1 250. Aloe barbadensis MM. — Syn. A. perfoliata Wst. — Guad. :
Duch.; S. Croix (Wst.).
Tr. IL Amaryllideae.
1251. Amarylüs tnbispatha GawL — Guad.: Dach. — Exstant praeter
normalem formam speeimina perigonio breviori brevius pedicellato et stylo exserto.
1252. A. egueslris L. — Rot. mag. U 305. — Syn. A. Belladonna Sw.
(non L.) et Mey. Fl. Esseq.! Hippeastrum Herb. H. occidentale Roem. —
Guad. in eultis: Duch.
1253. Pancratium caribaeum L. — Ic. Bot. mag. t. 826. Linn. TranBact
2. t. 11. — Syn. P. declinatum Jacq. P. patens Red. Hymenocallis caribaea
Herb. H. Sloanei Roem. — Guad.: Duch.; S. Barth. (Wickstr.). — *Lya
du pays«.
1254. Agave americana L. — S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.);
1255. Fourcraea gigantea Vent. — Ic. Jacq. ic. rar. t. 379. — Syn.
Agave foetida L. — Guad.: Duch. — Flores in bulbillos mutanter, ut in
ÜBER DIE VEGETATION DER KARA1BEN. 273
Agave vivipara. Perigonium ad medium 61obum (nee 6phyllum, ut in char.
gen. ap. Kth.), plane ut in Agave, sed stamina inclusa. — „Ex fibra funes
praeparantur« : Duch. — »Karatas«.
Stnilaceae.
1256. Cordyline Sieben Kth. — Guad.: Duch.; Mart. (Kth.).
1257. Smilax cuspidala Duh. — Ic. Plum. amer. t. 85. — Guad.:
Duch. — Bacca mucronata, nigra. A Sm. oblongata Sw. differt nostra foiiis
inermibus latioribus et peduneulis umbelliferis petiolum paullo excedentibus.
Dioscoreae.
1258*. Dioscarea alaia L.— Ic. Wight ic. 3. t.810. — Guad.: Duch.
1259. D. cayennensis Lam. — Syn. D. Berteroana Kth. — Guad.:
Duch. — Helraia est ex definitione generis Kunlhiani minime adoptanda: nam
ala seminis nunc basilaris nunc semen cingens tantummodo characteres specie-
rum dat, ne sectionum quidem, quae e staminum foruiatione derivandae sunt,
formisque mediis (e. c. in D. adenocarpa et D. piperifoliae varietatibus) utrumque
seminum genus conjungitur. — Folia eximie variabilia ab bastatis ad figuram
auriculis amissis basi subtruncato-ovalam, nervis 7—0, extimo bifido aut fere
indiviso, lineoiis pellucidis nunc creberrimis nunc obsaletis. Spica fruclifera
matura elongata spithamea, capsulis triquetro - oblongis basi rotundatis apice
ro tun dato- acut iusculis, loculis 9— 12'" longis, 3 — 4'" latis, epicarpio fusco
aspero, endocarpio pergameno, semine quadrato-oblongato complanato (3"': 2"'),
ala marginali destituto, alam basilarem rotundatam duplo superante.
1260* D. trifida L. — Guad.: Duch.
Obs. D. luteae Mey. Fl. Esseq.! est Synonyma D. heptaneura Vell. Kth.
(D. sativa Gr. in Fl. bras.).
1261. Rajania angustifolia Sw. — Guad.: Duch.
Irideae.
1262. Cipura martinicensis Kth. — Ic. Bot. mag. t. 416. — Guad. in
graminosis bumidis reg. inf. m. Mart.: Duch.; Marl in pratis montanis m. Nov.
Dec. (Jacq.).
1263. C. Sabina Lindl. — S. Thom. (Lindl).
1264. Sisyrinchium latifolium Ait. — Syn. Moraea plicata Sw. — Guad.
(Wickstr.).
Phys. Classe. Vll Mm
274 A. GR1SEBACH,
Haemodoraceae.
1 265. Xiphidium albidura Lam. — S. Christ. (Sw.).
Bromeliaceae.
1266. Bromelia Pinguin L. — Ic. Red. Lil. t. 396. — Guad. in m.
Soufrtere: Dach.; S. Thom. (Schlecht.), S. Croix (Wst.).
1267. B. Karatm L. — Mart. (Jacq.).
1268. B. br acte ata Sw. — Guad. in arboribus: Duch. — »Folia nume-
rosa, ensiformia, rigide coriacea, apice spinescentia, margine spinosa, spinis
brevibus recurvis nigricantibus": Duch.
1269. Pitcairnia angustifolia Ait. — S. Croix (Schult.).
1270. P. broraeliifolia l'Her. — Guad. (Wickstr.).
1271. Tillandsia usneoides L. — S. Croix (Wst.).
1272. T. recurvata L. — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
1273. T. fasciculata Sw. — Guad.: Duch.
1274. T. paniculata L. — Guad., S. Barth. (Wickstr.).
1275. T. utriculata L. — SI. 1. p. 188. VI. — Guad.: Duch. —
77 Ananas bätard«.
1276. T. nutans Sw — Guad. (Wickstr.).
1277. T. nitida Hook. — Guad. in sylvis humidis reg. mont. pr. Home
ä l'eau: Duch. — 7? Varia t spica simplici et ramosa; flores albi fruclusque vis
pollicares«: Duch. — ^Ananas bätard«.
1278. T. monostachya L. — Ic. Plum. descr. t. 238. f. 1: inflorescentia
ramosa. — Guad. in arboribus et frulicibus: Duch. — Descriptio Linnaeana
recedit spica simplici, magisque nostrae conformis est diagnosis T. polystachyae
L., sed citatum Plumieri apud priorem nomina casligat.
1 279. Caraguata lingulata Lindl. — Mart. (Jacq.).
1280. C. serrata Schult. — Mart. (Schult.)
Ponlederiaceae.
1280. Heteranthera reniformis R. P. — Ic. R. P. I. 71 fig. sup. —
Guad.: Duch.
Scitamineae.
Tr. I. Zingiberaceae.
1281. Renealmia occidentalis Gr. Ic. SI. t. 105. f. 1 : verosimiliter. —
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 275
Syn. Alpinia Sw. — Guad. in sylvis ad ripas torrentium reg. mont.: Duch. —
Proxima R. aromaticae (Alpin. Jacq. fragm. t. 74. 75), distincta Capsula ovoidea
(nee globosa) et rhachi pubescente; R. exaltata L. rhacbeos pube convenit,
at ex speeim. essequeb. (Alpin. Mey !) differt a nostra praeter staturam excelsam
flore duplo majori (in ic. Rose, rubro). — »Scapus 1 — 2pedalis, flore luteo,
neetario bifido; semina pulpa crocea induta; odor totius plantae aromaticus«:Duch.
1282. Costus glabratus Sw. — Guad. in aquosis: Duch. — »Caulis
4 — 6pedalis, calyce rubente apice tridentato, dentibus obtusis, corolla alba
bipollicari, neetario ad fundum rubro - luteoque - maculato« : Duch. Conferatur
igitur C. niveo-purpureus Jacq., in ins. Marl, indigenus: C. spicatus Jacq. corolla
rubra et bracteis carinatis recedunt.
1283. C. spicatus Jacq. — Guad. (Wickstr.), Mart. ad torrentes reg.
mont. m. Sept. Oct. (Jacq.).
1284. C. cylindricus Jacq. — Mart. (Jacq.).
Tr. IL Cannaceae.
1285. Maranta arundinacea L. — Guad., S. Barth. (Wickstr.), Domin. (Sl.).
1286. M. Arouma Jacq. — Ic. Jacq. fragm. t. 73. Rudg. guian. t. 37. —
Syn. M. petiolata Rudg. M. surinamensis Miq. ! in pl. Hostm. — Guad. in reg.
mont.: Duch. — Nostra ab utraque icone recedit vagina folii ad basin petioli
restrieta: quem characterem tarnen in speeiminibus Hostmannianis variabilem
' Video. — Calathea polyphylla Poepp. Endl. (t. 131) et C. leueophaea P. E. (t. 129)
parum, si omnino, a M. Arouma diversae sunt, certe ad idem genus revocandae.
1287*. Canna indica L. — Ic. Bot. reg. t. 776. — Guad.: Duch.; S.
Croix (Wst.).
Musaceae.
1288. Heliconia psittacorum L. — Guad. in eultis m. Mart.: Duch.
1289. H. caribaea Lara. — Guad. (Wickstr.).
Orchideae.
Trib. I. Malaxideae.
1290. Pleurothallis ruseifolia R. Br. — Guad. (Wickstr.), Mart. (Jacq.).
1291. Specklinia floribunda Lindl. -- Mart. (Sieb.).
1292. Lepantkes tridentata Sw. — Guad. in reg. montana: Duch. —
Specimina deflorata, racemis in apice caulis vaginati fasciculatis.
Mm 2
276 A. GRISEBACH,
1293. Stelis ophioglossoides Sw. — Guad. (Wickstr.), Mart (Jacq.).
Trib. IL Epidendreae.
1294. Epidendrom bifidum Sw. - S. Thom. (Lindl.), S. Croix (Wst),
S. Christ, S. Barth. (Sw.).
1295. E. ciliare L. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 209. — ' Guad.: Ducb.;
S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart. (Jacq.).
1296. E. cuspidalum Lodd. — Domin. (Lindl. j.
1297. E. ramoswn Jacq. — Ic. Jacq. amer. pict. L 202. — Guad. in
reg. mont. super arboribus: Duch.; Mart. (Jacq.).
1298. E. umbellatum Sw. — Syn. E. difforme Jacq. — Mart. (Jacq.).
1299. E. fuscalum Sw. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 208. — Syn. E. anceps
Jacq.: a nostro foiiis longioribus acutioribus recedens. — Guad.: Duch.;
Mart. (Jacq.).
1300. E. nocturnum L. — Mart. (Jacq.).
1301. E. crassifolium Lindl. — Guad. in sylvis raonlanis: Ducb.
1302. E. secundum L. — Mart. (Jacq.).
1303. E. rigidum Jacq. - Mart. (Jacq.).
1304. Isochilus linearis R. Br. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 201. — Guad.
in sylvis super arboribus: Duch.; Mart. (Jacq.).
1305. /. globosus Lindl. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 203. — Guad. in
m. Soufrtere: Duch.; Mart. (Jacq.).
1306. Brassavola cucullata R. Br. — Guad.: Duch.
1307. B. nodosa Lindl. — Ic. Jacq. amer. pict. t. 213. — Guad.: Duch.
1308. B. subulifolia Lindl. — Nevis (Lindl.).
1309. Tetramicra rigida Lindl — D6sirade: Duch.
Trib. III. Vandeae.
1310. Ornithidium coccineum Salisb. — Mart. (Jacq.).
1311. Maxiilaria palmifolia Lindl.— Guad. (Wickstr.).
1312. Cyrlopera Woodfordii Lindl — Guad. in reg. inf. : Duch.;
Mart. (Lindl.).
1313. Jonopsis testiculata Lindl. — Guad.: Duch.
1314. Oncidium tetrapetalum W. — Guad. (Wicksir.).
1315. 0. altissimum Sw. — Guad. (Wickstr.), Mart. (Jacq.J.
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN. 277
1316. Leockilus cochlearis Lindl. — Guad. in reg: mont.: Duch.
1317. Dichaea glauca Lindl. — Guad. in sylvis reg. mont. super ar-
boribus: Duch.
Trib. IV. Opbrydeae.
1318. Habenaria maculosa Lindl. — Guad in graminosis huraidis: Duch.
Trib. V. Neottieae.
1319. Cranichis muscosa Sw. — Domin. (Lindl.). — Cr. ovata Wickstr.
sec. Lindl. forte ej. var.: Guad. (Wickstr.).
1320. Prescottia stachyoides Lindl. — Guad. (Wickstr.).
1321. Spiranthes tortilis Rieh. — Ic. Sw. Fl. t. 28. e. — Guad.: Duch. -
Paullo recedit labello angustiori.
1322. Stenorhynchus speciosus TUch. — Ic. Sl. t. 103. f. 3. Jacq. ic.
rar. t. 600. — Guad. : Duch.
1323. Pelexia spiranthoides Lindl. — Guad. (Wickstr.).
1324. Phymrus elatior G. Rchb. — Guad. in reg. mont.: Duch. —
Caulis triqueter, folio subsessili.
1325. Ph. plantagineus Lindl. — Guad. (Wickstr.), Domin. (Lindl.),
Mart. (Jacq.).
Lycopodiaceae.
1326. Lycopodium rigidum W. — Syn. L. Sieberianum Sprg. - Guad.
(Wickstr.), Mart. (Sieb.).
1327. L. reßexum Lam. — Ic. Kz. Farnkr. t. 90. — Guad. in reg.
mont.: Duch.; Mart (Sprg.).
1328. L. myrsinites Lam. — Domin. (Sprg.).
1329. L. linifolium L. — Guad., Mart. (Sprg.).
1330. L. taxifoUum Sw. — Ic. Hook. Grev. ic. fil. 2. t 131.— Guad.
in m. Soufriöre super arboribus pr. S.Jacob: Duch.
1331. L. dichotomum Jacq. — Ic. Jacq. ht. vind. 3. t. 45 et amer. pict.
t. 252. — Guad. in ra. Soufrtere: Duch.; Mart. (Jacq.).
1332. L. verticillatum L. — Syn. L. acerosum Sw. — Guad. (Wickstr.^,
Mart. (Sieb.).
1333. L. funiforme Bor. — Guad. (Sprg.).
278 A. GRISEBACH,
1334. L. passerinoides Kth. — Guad. (Sprg.), Mart. (Sieb.).
1335. L. aqualupianum Spr. — Guad. (Sprg.).
1336. L.cernuumL. — Guad. in terra m. Soufrifere: Duch.; Mart. (Sprg.).
1337. L. curvatum Sw. — Guad. in arboribus ra. Soufriöre pr. S.Jacob:
Duch.; Domin. (Sprg.), Mart. (Sieb.).
1338. L. clavatum L. — Guad. (Sprg.).
1339. L. carolinianum L. — Guad. (Sprg.).
1340. Selaginella albonitens Spr. — Guad.: Duch.
1341. S. rotundifolia Sprg. — Guad., Mart. (Sprg.).
1342. S. ßabellata Sprg. — Guad. in reg. mont.: Duch.; Domin. (Sprg.).
1343. S. mbstipitata Sprg. — Guad. in reg. mont.: Duch.; Domin. (Sprg.).
1344. S. stolonifera Sprg. — Domin. (Sprg.).
1343. Psilotum nudum Gr. — Syn. Lycopodium L. — Guad. in sylvis
paludosis super arboribus : Duch. ; Mart. (Sprg.).
Filices.
Tr. I. Marattiaceae Kaulf.
1346. Danaea nodosa Sm. — Ic. Scbk. t. 151. Hook. Grev. t. 51. —
Guad. in reg. mont. alt. 2000': Duch.
1347. D. stenophylla Kz. — Ic. Kz. Farnkr. t. 28. — Guad. in sylvis
reg. mont. all. 2000': Duch. — Venis plerisque simplicibus differt a praecedente.
1348. Marattia laevis Sm. — Domin. (Kaulf.).
Tr. IL Scbizaeaceae Mt.
1349. Anehnia adiantifolia Sw. — Ic. Hook. Grev. 1. 16: pinnis obtn-
sioribus. — Guad.: Duch.
Tr. HL Gleicheniaceae R. Br.
1350 Mertensia pubescens W. — Ic. Hook. Grev. t. 15. — Syn. M.
immersa Kaulf. — Guad. in reg. inf. m. Soufrifere: Duch.
1351. M. furcata Sw. — Guad. in m. Soufrifcre: Duch.
1352. M. glaucescens W. — Ic. Hook. Grev. t. 14. — Syn. Gleichenia
Hermanni Hook. Grev. — Guad. in graminosis reg. inf.: Duch.
Tr. IV. Polypodiaceae Endl.
Subtr. i. Cyatheaceae Endl.
1353. Hemitelia Kohautiana Kz. in Bot. Zeit. 1844. p. 297. — Guad.
ÜBER DIE VEGETATION DER KA KAIBEN. 279
in sylvis raontanis: Duch. — Recte monente Kunze ab H. grandifolia Spr.,
quacura junxerat Hook., sec. ej. iconem (spec. filic. t. 14. B.) differt venis
3- (nee 2-) partitis.
1354. Alsophila aspera R. Br. — Ic. Hook. sp. fil. t. 9. 13. Mail, crypt.
bras. t. 48. — Guad. in sylvis raontanis: Duch.; Montserr. (Kaulf.). — Exstat
quoque forma pinnulis minus profunde divisis.
1355. A. phalerata Mt. ß. alulacea Kz. - Guad., Domin. (Hook.).
1356. Cyathea arborea Sm. — Guad. (Wickstr.), Mart. (Kaulf.).
1357. C. muricata W. — Mart. (Sieb, ex Kz. 1. c p. 280).
Subtr. 2. Dicksonieae.
1358. Dicksonia adiantoides W. — Syn. D. Plumieri Hook. — Guad.
in m. Soufriöre alt. 3300': Duch. - Auetoribus Hook, et Kz. a D. adiantoide
Hook. (sp. filic. t. 26. B.) di versa, nostra vero ab eadem icone nonnisi soris
in incisura solitariis (nee 1 — 3) recedit.
1359. D. cornuta Kaulf.— Mart. (Sieb, ex Kaulf. I.e. 1845. p. 318).
Subtr. 3. Lindsaeeae PrL
1360. Lindsaea trapeziformi* Dry. — Ic. Linn. Transact. 3. t. 9 et 7.
f. 2. — Guad.: Ducb.
1361. L. guianensis Dry. — Guad. (Wickstr.).
Subtr. 4. Pteroideae.
1362. Adianlum obliquum W. — Hook. — Ic. Hook. Grev. 1. 190. —
Syn. A. Kaulfusii Kz. (forma glaucescens). — Guad. (Hook.), Montserr.
(Kaulf.), Mart. (Sieb.).
1363. A. pulverulentum L. — Mart. (Kaulf.).
1364. A. mllomm L. — Ic. Schk. t. 120. — Guad. (Wickstr.).
1365. A. tetraphyllum W. (ex synon.). — Syn. A. prionophyllum Hook.
A. ternatum Moritz fil. Caracas.! — Guad. (Hook.), Mart. (Sieb.).
1366. A. intermedium Sw. — Guad. (Wickstr., Hook.), Domin. (Hook.).
1367. A. triangulatum Hook, (non Kaulf.). — Guad. in sylvis humidis:
Duch. — Nomen conservari polest, etsi A. triangulatum Kaulf. planta distineta
est, tarnen praecedentis sec. Kz. Synonyma: speciem nostram ad A. villosum
L. retulerat Kz., et revera variat soris continuis, sed optime distineta est stipite
elongato nudo inferne tetragono (qui in A. villoso trigonus).
»0 A- GRISEBACH,
1368. A. capfllos veneris L — Dobul (Hook.).
1369. A. tenerum Sr. — Goad. in ooris: Duck
1 370. Cbeilantbes radiala J. Sm. — Syn. Adiantum L. — Goad. (Wickstr.),
Mart. Domin. (Sieb.).
1371. Hfpolejm repems PrL — Ic Ptam. fiL t 12- Hook. sp. EL L 9a
B. — Syn. Loncbitis L. — Goad. in m. Soufriere : Dach.: Hart (Sieb).
1372. Pteris gramdifolia L. — 1c. Scbk. L89: peccat venis aon reli-
colatis. — Goad. in sylvis bnmidis reg. mont: Doch.; Mart (Fee).
1373. PL longifofa'a L. Goad. (Wickstr.).
1374. Loncbitis aurita L. — Mart
1375. L. birsota L. — Mart
Smblr. 5. Blechnoideae.
1376. Taenüis amgmtifolia Spr. — Syn. Pteris Sw. Pleropsis Desr. —
Guad. in m. Soufriere super arboribos: Duch.
1377. T. lanceolata Kaulf. — Syn. Pteris L. Pleropsis Desv. — Mart
(KaulC).
1378. T. linearis Kaulf. — Syn. Pleorogramma Prl. — Goad. in sylvis
monlanis super arboribos: Duch. — Insignis frondis parte sorifera anguslata
involuta (margine fere indosräm referente): quo cbaractere eximie accedit ad
Hymenolepidem, parte sterili a sorifera frondis magis distinda parnm diversam.
1 379. Xiphopteris serrulata Kaulf. — Ic. Schk. t 7. fig. inf. dextr. Fee
Polyp. 1 10. B. — Gnad. in sylvis m. Soufri&re saper arboribos: Dach.
1 380. Antropkyum lanceolalum Kaulf — Ic. Plum. fil. 1 1 27. B. Schk.
t.18. dextr. — Guad.: Duch.; Mart (Kaulf.).
1381. Blechnum occidentale L. — Ic. Schk. t 108. b. — Syn. B. carti-
lagineum Scbk. — Guad.: Duch. (forma iconi Schkubriaoae respondens):
Mart (Sieb.).
1382. B. solubile Kaulf. — Goad. in reg. mont.: Duch. — Coavenit
com specimin. Kz.
1383. Lomaria tHermmieri Bor.— Ic. Kz. Farnkr. 1 73. - Guad. in
sylvis m. Soufriere: Ducb.
1384. L. Plumerii Desv. — Mart (Sieb.)-
1 385. L. striata W. — Mari. . (Sieb.).
Ober die Vegetation der karaiben. 281
1386. L. Ryani Kanlf. — Monts. (Kaulf.).
1387. L. rufa Spr. — Gnad. (Wickstr.).
1388. Stenochlaena sorbifolia I. Sm. — Ic. Plum. fil. 1. 117. — Syn.
Acrostichum L. Loraaria Kaulf. — Guad. in sylvis pr. Moroe & l'eau: Dach.;
Monosen*., Mart. (Kaulf.}.
Subtr. 6. Acrosticheae.
1 389. Acrostichum latifoUum Sw. (ex observ. Hook, et Grev. ad 1 237). —
Ic. Raddi 1. 15. f. 4. — Syn. A. Lingua Radd. — Gnad. in sylvis montanis: Duch.
1390. A. undulatum W. — Mart. (Sieb.).
1391. A. apodum Kaulf. — Montserr. (Kaulf.).
1392. A. martinicense Desv. — Mart. (Desv.).
1 393. A. longifolium Jacq. — Mart. (Jacq.).
1394. A. crinitum L. — Ic. Hook. Grev. t. 1. Plum. fil. t. 125. —
Guad. in sylvis montanis super arboribus: Duch.; Mart. (Plum.).
1395. A. aureum L. — Ic. Schk. t. 1. dextr. — Guad. in paludosis:
Duch.; S. Croix (Wst.).
1396. A. acuminatum W. — Mart. (Plum.).
1397. Polybotrya cervina Kaulf.— Guad. (F<§e), Marl. . (Kaulf.).
Subtr. 7. Asplenieae.
1398. Gymnogramme calomelanos Kaulf. — Ic. Schk. L 5. sup. — Guad.,
v. c. in m. Soufrtere: Duch.; S. Croix (Wst.), S. Barth. (Wickstr.), Mart.
(Sieb.). — Exstat quoque forma tenuisecta, segmentis anguslioribus.
1399. G. tartarea Desv. — Guad.: Duch.
1400. G. chrysophylla Desv. — Guad. in m. Soufriöre: Duch.; Mart.
(Sieb.). — »Fougfcre dor6e«.
1401. G. l'Herminieri Bor. — Guad. (Kz.).
1402. G. palmata Lk. — Syn. Hemionitis L. — Guad. (Wickstr.), S.
Croix (Wst.), Mart. (Sieb.).
1403. Asplenium serratum L. — Ic. Schk. t. 64. — Syn. A. integrum
F6e. — Guad.: Duch. — Characteres, quibus F6e A. integrum et surinamense
distinguit, plane fallaces sunt.
1404. A. marginatum L. — Mart. (Plum.).
1405. A. cultrifolium L. — Mart. (W.>
Phys.Classe. VII. Nn
282 A. GRISEBACH,
1406. A. salicifolhim L. — Guad. (Wickstr.).
ß. gibbosum Fee, basi folioli superiori in auriculam magis producta. —
Guad. in m. Soufri&re: Duch. — Fronde plane aequale A. eroso L. ex Ic. Sl.
t. 33. f. 2 , sed ei caulis hirlus apud Kaulf.
1407. A. obtusifolium L. — Mart. (W.).
1408. A. abscismm W. — S. Thom. (W.).
1409. A. cirrhatum Rieh. — Guad. (Wickstr.).
1410. A. zamiifoUum W. — Syn. A. falcatum Sw. (non Lara.). — Guad.
in m. Soufri&re: Duch. - Species Willdenowiana (non Kz.) est ex Obser-
vation e (Sp. pl. 5. p. 325) A. zamiifolium W. ab A. falcato stipite paleaceo
distinguente, nee non sec. notam apud Kz. (Farnkr. 1. p. 251): A. falcatum
Lam. Indiae orientalis (Burm. thes. zeyl. 43) , valde simile, stipite nudo differre.
1411. A. dentatum L. — Ic. Hook. Grev. t. 72. — Guad.: Duch.
1412. A. recognitum Kz. — Ic. Plum. fil. t. 46. — Guad. in sylvis
humidis reg. mont. ad truncos: Duch.
1413. A. pumilum Sw. — Mart. (Sieb.).
1414. A. bissectum Sw. — Mart. (Sw.).
1415. A. striatum L. — Mart. (W.).
1416. A. martinicense W. — Mart. (W.).
1417. A. cicutarium Sw. — Guad. (Wickstr.).
1418. A. myriophyllum Spr. — Syn. Darea W. — Guad. pr. Morne h
l'eau: Duch. — Proximum A. cicutario, rhacbi marginata differt.
1419. Diplazium plantagineum Sw. — Ic. Schk. t. 85. sin. — Guad.
in m. Soufriöre: Duch.
1420. D. undulosum Sw. — Syn. Callipteris Prl. — Mart. (Plum.).
1421. Meniscium reticulatum Sw. — Ic. Plum. amer. t. 9. — Guad.:
Duch.; Marl. (W.).
1422. M. sorbifolium W. — Guad. (Wickstr.), Mart. (Jacq.).
1423. Grammüis mar g ine IIa Sw. — Ic. Schk. t. 7. partim. — Syn.
G. limbata F6e: forma fronde undulata. - Guad. in m. Soufrifere super arbo-
ibus : Duch.
Sublr. 8. Polypodieae.
f. Eleutherophlebia.
ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN. 283
1424. Polypodium trichomanoides Sw. — Syn. P. serricula F6e. —
Guad.. (F6e).
1425. P. jubiforme Kaulf. — Syn. P. saccatum ¥6e. — Guad. (F6e).
Mart. (Sieb.).
1426. P. cultratum W. — Mart. (W.).
1427. P. venustum Desv.* — Ic. Plum. fil. t. 85. — Syn. P. tenuiculum
F6e ex diagn. el loco. — Guad. in sylvis montanis super arboribus : Duch. —
Icon Plum., vulgo ad P. tenuifolium W. (quod diversum) citata, hujus loci
videtur. Synonymon ¥6ei a Mett. P. jubiformi approximatur , sed diagnosis
nostro filici respondet.
1428. P. pendulum Sw. — Guad. (Mett.).
1429. P. Adenophorus Hook. Arn. — Guad. (Mett).
1430. P. Suspensum L. — Guad.: Duch.; Mart. (W.).
1431. P. asplenifolium L. — Mart. (W.).
1432. P. taxifolium L. — Mart. (W.).
1433. P. pectinatum L. — Ic. Schk. t. 17. b. -- Syn. P. Schkuhrii
Radd. — Guad.: Duch.; Mart. (W.). — Forma Linnaei ex ic. Plum. (fil. t. 83)
parum a nostra, quae Schkuhriana est, recedit pinriis e basi paullo dilatatis.
Species contra eos, qui ex nervatura genera filicura artificialia derivarunt, grave
argumentum dat: nam exstant formae (in isthmo panamensi lectae), ubi venae
juxta marginem pinnarum hinc inde ansas forraant, aliae vero pinnae omnino
ut in speciminibus guadalupensihus dicbotomiam liberam ostendunt (Syn. Gonio-
phlebium pectinatum J. Sm.!).
ff. Dictyophlebia.
o. Venis apice incrassatis.
1434. P. incanum Sw. — Ic. Schk. t. 1 1. b. — Guad. in sylvis super
arboribus: Duch.
1435. P. loriceum L. — Guad. (Mett.), Mart. (Sieb.).
1436. P. chnoodes Spr. •— Guad., Mart. (Mett.).
1437. P. neriifoüumSchk. — Ic. Schk. 1. 15. — Guad. super arboribus: Duch.
1438. P. glaucophyllum Kz. — ■ Ic. Kz. Farnkr. t. 93. — Guad.: Duch.
1439. P. repem Sw. — Syn. P. Phyllitidis Kz. in Kappl. pl. surin.
nr. 1386!: forma fronde latiori. — Guad.: Duch.; Mart. (Sw.).
Nn2
284 A. GRISEBACH,
1440. P. pUoseüoides L. — Ic. Plum. fil. t. 118. — Guad. in reg.
mont. super arboribus: Duch.; S. Thom., Mart. (W.).
1441. P. serpens Sw. — S. Croix (Wst.).
1442. P. salicifolium W. — Guad. in sylvis raontanis: Ducb.
1443. P. lycopodioides L. — Ic. Plum. fil. t. 119. Schk. t 8. c. dextr. —
Guad. in sylvis montanis: Ducb.; Mart. (W.).
1444. P. aureum L. — Ic. Schk. t. 12. inf. — Guad. super arboribus:
Ducb.; S. Croix (Wst.). Exstat forma soris biserialibus et segmentis frondis
remotissime serrulatis, venarum indole cum typica conveniens.
1445. P. dulce Sw. — Mart. (W.).
1446. P. drynarioides Gr. (Chrysopteris) caudice repente paleis ferru-
gineis setaceis onusto, fremde stipitem nudum subaequante coriacea glabra
subtus glaucescente profunde pinnatifida, segmentis patentibus lanceolatis ob-
tusiusculis marginatis remote serratis, terminali longiori, serraturis adpressis-
simis, sinubus rotundatis v. obtusiusculis, areolis venarum non seriatis clausis,
venis utrinque arete prominulis versus marginem raro appendiculatis , soris
rotundis majuscults, plerisque uniseriatis costae approximalis ex appendicularum
pari oriundis, in segmento terminali biseriatis. — Guad.: Duch. — Habitus
P. vulgaris, at vulgo elatior: forma ejus ex diagn. videtur Chrysopteris trilobata
F6e, nee non quam proxime accedit ad P. glaucinum Mart. Gal. (t. 5. f. 1),
ulterius comparandum, apud Metten, omissum.
1447. P. crassifolium L. — Ic. Plum. fil. t. 130. — Guad. in sylvis
ad truncos arborum senilium: Duch.; Mart. (Sieb.).
oo. Venis apice aequalibus.
1448. P. trifurcatum L. — Mart. (Sieb.).
1449. P. scolopendroides L. — Syn. Goniopteris affinis F6e. — Fronde
basi pinnata differt a P. trifurcato L. (Hook. Grev. t. 42) : ceterum multo va-
riabile est lobis integris et crenatis, venis simplieibus et forcatis iisque distinetis
et conjugatis; P. incisum Sw. distinguere nescio.
1450. P. crenalum Sw. — Ic. Plum. fil. t. 111. — S. Croix (Wst.),
Mart. (Sieb.).
1451. P. tetragonum L. — Ic. Plum. fil. t. 121. Schk. t. 18. b. —
Guad.: Duch.
ÜBER DIE VEGETATION DER KARAIBEN. 285
1452. P. asplenioides Sw. — Ic. SL t. 43. f. 2. — Guad.: Duch.
1453. P. flavopunctatum Kaulf. — Ic. SL t. 50. f. 1. — Guad. in sylvis
montanis: Duch.; Monts. (Kaulf.), Mart. (Sieb.). — Icon Sloanei, a Willd.
ad Aspidium invisum Sw. citata, haud dubio hujus loci est.
1454. P. obliteratura Sw. — Guad. (Wickstr.).
1455. P. decussatum L. — Ic. Plum. fil. t. 21. — Guad. in sylvis
montanis: Duch.; Monts. (Kaulf.), Mart. (Sieb.).
1456. P. Sloanei Kz. (non Desv.). — Ic. Sl. t. 57. f. 3. — Guad. in
sylvis udis pr. Morne h feau: Duch*. — Kunze figuram Sloanei non citaverat,
sed descriptio ejus (Linnaea 9. p. 51) ipsam significat, quam a fig. 1 et 2.
similibus Sl. stipite paleaceo distinguit. P. Sloanei Liebm., cui venae furcatae
dantur, excludendum est.
f Eleutheropblebia.
o. Soris terminalibus , venis apice incrassatis.
1457. Aspidium mucronatum Sw. — Ic. Schk. t. 29. c. — Guad. in sylvis
montanis: Duch. — Variat forma pinnarum, sed aupcula ejus sursum porrecta
acuta dignoscitur.
Obs. Venae furcatae, ramo breviori apice sorifero, seriem specierum
naturalem constituunt, neque vero indusii fabrica, ex qua genera mere artifi-
cialia, conjunctissimas species dilacerantia , formari solent: ita A. mucronatum
ex indusio peltato Polystichum, A. acutum et neglectum i. laterali subrotundo
Nephrolepis, A. punctulatum et acuminatum L reniformi Lepidoneuron (F6e),
nervatura habituque intime connectuntur.
1458. A. acutum Schk. — Ic. Schk. t. 31. — Guad.: Duch. — Nostra
forma, minor quam in icone, bene convenit cum descriptione ampla apud Liebm.
1459. A. punctulatum Sw. — Kz.! — Ic F6e Polyp. L 23. f. 1. —
Guad. in sylvis bumidis : Duch. ; Mart (W.).
1460. A. pedatum Desv. — Guad. (Kz.).
oo. Soris dorsalibus.
1461. A. cicutarium Sw. — Guad. (F6e).
1462. A. polyphyUum Kaulf. — Ic. Sl. t. 48. f. 1. — Syn. A. sanctoides
F£e! — Guad. in m. Soufriöre: Duch.; Mart (Sieb.). — A. polyphyUum
Metten. Fil. Lechler. (nr. 2019) recedlt rbachi frondis paleacea.
1463. A. patens Sw. — Guad. (Wickstr.).
1464. A. Sprengel« Kaulf. — Mart. (Sieb.).
1465. A. invisum Sw. — S. Croix (Wst).
1466. A. Serra Sw. — Ic. Schk. t. 33. b. dextr. — Guad. in sylvis
humidis: Duch.
1467. A. macrurum Kaulf. — Mart. (Sieb.).
1468. A. motte Sw. — Ic. Schk. L 34. b. — Guad.: Duch. Indusium
reniforme, demum centrale, quo cum Lastreis magis convenit, quam cum Nepbrodio.
286 A. GRISEBAGH9 ÜBER DIB VEGETATION DER KARAIBEN.
ff Haplophlebia.
1469. A. nodosum W. — Mart. (W.).
fff Dictyophlebia.
1470. A. plantagineum Gr. — Ic. Plum. fil. t. 128. Jacq. coli. 2. t. 3.
1. 1. — Syn. Polypodium Jacq. — Guad. in sylvis montanis ad torrentes:
Ducb.; Monte., Mart. (Kaulf.).
1471. A. trifoliatum Sw. — Ic. Schk. t 28. - Guad.: Duch.; Mart. (W.).
1472. A. macrophyllum Sw. — Ic. Plum. fil. t. 145. — Guad.: Duch.;
S. Eust. (W.), Mart. (Sieb.).
1473. A. heracleifolium W. — Guad. (Wickstr.).
Tr. V. Hymenophylleae.
1474. Hymenopbyllum fucoides Sw. — Mart. (Sieb.).
Trichomane8 sect. Eutrichomanes Hook.
1475. T. membranaceum L. — Ic. Kz. Farnkr. t 88 f. sup. - Guad.
in sylvis udis super truncis emortuis: Duch., Mart.: Sieb.
1476. T. punctatum Poir. — Guad. (Wickstr.), Mart. (Kaulf.).
1477. T. sphenoides Kz. — Ic. Kz. Farnkr. t. 88. f. inf. sin. — Guad.
in m. Soufrifcre: Duch.
(i. Hookeri fW., stipite elongato, fronde cuneata. — Ic. Kz. Farnkr.
t 88. fig. inf. med. — Syn. T. reptans Hook, (non Sw.). — Guad. in sylvis
reg. inf. super arboribus: Duch.
1478. T. sinuomm Rieh. var. decurrens Gr. — Ic. Kz. Farnkr. L 77.
f. 2. — Syn. T. holopterum Kz. — Guad. in reg. mont.: Duch.; Mart. (Kz.).
1479. T. attenuatum Hook. — Ic. Hook. sp. fil. t. 39. C. — Guad. in
sylvis humidis reg. mont. in m. Matouba et Soufri&re: Duch.; Domin. (Hook.).
1480. T. alatum Sw. — Guad. (Wickstr.).
1481. T. pyxidiferum L. — Ic. Hook. Grev. t 206. — Guad. in arbo-
ribus m. Soufrifcre: Duch.
1482. T. pennatum Kaulf. (ex diagn. Kz. in Bot. Zeit. 1847. p. 351). —
Ic. Hook. Grev. t. 9. — Syn. T. floribundum Hook. Grev. — Guad. in sylvis
humidis reg. mont. ad torrentes: Duch. — Affine, sed a Kz. bene distinetum
est T. pinnatum Hedw., quod in isthmo panamensi legit Duch.
1483. T. crispum L. — Ic. Hook. Grev. t. 12. — Guad.: Duch.
1484. T. rigidura Sw. — Guad. (Wickstr.).
1485. T. Prieurei Kz. (Bot Zeit. 1. c. p. 403). — Ic. Hook. sp. fil.
t. 40. C. — Syn. T. aneeps Hook. — Guad. in sylvis montanis: Duch.
T. sect. Feea Bor.
1486. T. spicatum Hedw. — Guad. ad torrentes: Duch., in m. Sou-
frtere (Kz.).
Ueber das Bor;
toh
H. Sainte Ciaire Deville
und
F. Wohler.
Der Königlichen Societft am 8. April 1857 rorgelegt.
D
'as Radical der Borsäure ist bekanntlich zuerst im J. 1808 von Gay-Lussac
und Thönard isolirt, und später, 1824, von Berzelius näher untersucht wor-
den. Sie erhielten es aber in einem nur wenig characterisirten, pul verförmigen
Zustand, man konnte keine Ahnung haben von den Eigenschaften, die es im
dichten und kristallinischen Zustande zeigen würde, in der schönen Form, die
wohl alle starren Grundstoffe anzunehmen fähig sind , und in der ein Grundstoff
auch in anderer als bloss chemischer Hinsicht Interesse darzubieten vermag.
Nach Untersuchungen, welche jeder von uns für sich begann und die wir dann
gemeinschaftlich fortsetzten, können wir jetzt darthun, dass das Bor, analog
dem Kohlenstoff und dem Silicium , in verschiedenen Zuständen erhalten wer-
den kann, in einem amorphen pul verförmigen , einem krystallisirten graphit-
förmigen, und einem krystallisirten diamantförmigen Zustand.
1. Amorphes Bor. Es wird bekanntlich durch Zersetzung von Fluor-
borgas oder Fluorborkalium durch Kalium dargestellt. Wir bereiteten es, zum
Zwecke anderer Untersuchungen, auf folgende Weise: 60 Gramm in kleine
Stücke zerschnittenes Natrium und 100 Grm. klein gestossene, geschmolzene
Borsäure werden rasch gemengt, in einen eisernen Tiegel gegeben und darauf
ungefähr 30 Grm. Pulver von geschmolznem Kochsalz geschüttet. Der Tiegel
wird rasch zum Glühen erhitzt, wobei eine heftige Reaction eintritt und die
ganze Masse flüssig wird. Man zerrührt sie sorgfältig mit einem Eisenstab,
bis kein freies Natrium und auf der Oberfläche kein geschmolznes Kochsalz
288 H. SAINTE CLAIRE DEVILLE UND F. WÖHLER,
mehr zu bemerken ist und giesst sie dann vorsichtig in mit Salzsäure sauer
gemachtes Wasser. Indem sich die Masse darin auflöst, bleibt das Bor zurück,
das man auswäscht und vorsichtig trocknet, da es leicht Feuer fängt. Wir
haben dem, was Berzelius über das amorphe Bor anführt, nichts hinzu-
zufügen, wir heben nur hervor, dass es bald als unbestimmt dunkelbraunes,
bald als hell grünlichbraunes, bald als schwarzes Pulver erhalten wird, und
dass es beim Erhitzen an der Luft sich noch vor dem Glühen entzündet und
lebhaft, wiewohl nicht vollständig, verbrennt.
2. Graphüförmiges Bor. Es ist halb metallglänzend, ähnlich dem
Graphit oder dem krystallinischen Eisenoxyd, aber mit einem deutlichen Schein
in blass Kupferroth. Es bildet dünne sechsseitige Tafeln, die vielleicht Seg-
mente von regulären Octaedern sind; meist erhält man es aber nur in Gestalt
feiner, glänzender Krystallblättchen von nicht bestimmbarer Form und es bildet
dann ein schimmerndes graues Krystallpulver mit einem Schein in s Röthliche.
Es ist vollkommen undurchsichtig. An der Luft zum Glühen erhitzt, verbrennt
es nicht und scheint sich überhaupt nicht zu verändern, während das amorphe
so leicht verbrennt. Es wird weder von Säuren noch Alkalien aufgelöst.
In dieser Form erhält man es, wenn man Aluminium in einem Strom
von Chlorborgas längere Zeit geschmolzen erhält. Das Metall nimmt nur
wenig Bor auf, aber zerbricht man es nachher, so bemerkt man auf seiner
Bruchfläche, ähnlich wie Graphitblätter im Roheisen, oft ziemlich grosse, blass
kupferrothe Krystallblälter von Bor, welche bei der Auflösung des Aluminiums
in Chlorwasserstoffsäure zurückbleiben.
Wir erhielten es ferner, wiewohl nur als feinschuppiges Krystallpulver,
indem wir in einem Porzellantiegel 8 Th. Fluorborkalium, gemengt mit einem
Fluss aus 9 Th. Chlorkalium und 7 Th. Chlornatrium, mit 5 Th. Aluminium
bei Silberschmelzhitze zusammenschmolzen und ungefähr eine halbe Stunde
bei dieser Temperatur erhielten. Obgleich die angewandte Menge von Alu-
minium fast das dreifache war von der, welche nöthig ist, um das nur 8,6
Procent betragende Bor im Salz zu reduciren, so fanden wir doch in der
wohl geflossenen Schlacke eine nur unvollständig geschmolzene metallische
Masse, ähnlich feinkörnigem grauem Roheisen, welche aber bei der Behand-
lung mit Chlorwasserstoffsäure und später noch mit Flusssäure das Bor in
über das cor. 269
feinen schwarzgrauen Krystallschuppen zurückliess. Auch bei mehreren an-
deren Versuchen der Art zeigte es sich, dass das Aluminium durch Aufnahme
von Bor sehr viel strengflüssiger wird. Zuweilen waren die erhaltenen metal-
lischen Massen mit filasenrinmen erfällt, deren Wände mit grossen metall-
glänzenden Blättern von Bor ausgekleidet waren. Diess war besonders bei
einem Versuche der Fall, bei dem wir ein Gemenge von 15 Tb. wasserfreier
Borsäure, 10 Th. Flussspath und 2 Tfa. Aluminium zusammenschmolzen, wobei
iadess ebenfalls keia scharf getrennter Reguhis, sondern nur eine gesinterte
Metallmasse erhalten wurde. Ein gutes Resultat erhielten wir auch beim Zu-
sammenschmelzen von Aluminium mit BorsäQre und Kryolith unter Zusatz des
Gemenges von Chlorkalium und Chlornatrium; und noch zweckmässiger scheint
es zu sein, hierbei statt der Borsäure geschmolznen Borax anzuwenden«
Immer aber muss das Aluminium in grossem Uberschuss angewandt und viel
davon geopfert werden, um nur kleine Mengen von Bor zu erhalten.
Es scheint, dass, ähnlich wie beim Silicium, nur das Aluminium fähig
ist, das Bor in diese krystalliniscfae Form zu versetzen. Bei Versuchen,
dasselbe aus Fluorborkalium mit Magnesium zu reduciren, wurde es in der-
selben schwarzen amorphen Form erhalten, wie bei der Reduction mit Na-
trium; eben so, als ein Gemenge von Borsäure, Kryolith und Natrium, mit
Zusatz von Cblorkalium- Natrium, zusammengeschmolzen wurde« — Stickstoff-
bor, unter einer Decke von Cblorkalium mit Aluminium zusammengeschmolzen*
blieb unverändert
3. DiammUßrmiges Bar. In diesem merkwürdigen Zustand bildet das
Bor durchsichtige Krystalle von dem Glanz und der Härte des Diamanta.
Man erhält es, indem man 80 Grm. Aluminium in ganzen Stücken mit 100 Grm.
geschmolzner wasserfreier Borsäure bei einer Temperatur zusammenschmilzt,
bei welcher Nickel leicht in Fluss geräth. Es geschieht diess in einem der
Tiegel von dichter Kohle, die von dem einen von uns früher besehrieben
wurden. Derselbe, bedeckt mit einer Kohlenplatte, wird in einen hessischen
oder Graphit- Tiegel gestellt, der Zwischenraum mit KoUenpulver ausgefüllt
und ein Deckel mit einem schwerschmelzbaren Kitt aufgeklebt Man gibt
4 bis 5 Stunden lang die stärkste Hitze, die man in einem Windofen mit
hohem Schornstein unter Anwendimg eines Gemenges von Cooks und Hols-
Phys.Classe. VII. Oo
290 H. SA1NTE CLAIRE DEVILLE UND F. WÖHLER,
kohlen hervorbringen kann. Nach dem Erkalten zerschlägt man die Tiegel;
man findet dann zwei deutlich getrennte Schichten darin , deren eine glasig
ist und aus Borsäure und Thonerde besteht, während die andere metallisch,
eisengrau und blasig aussieht und mit kleinen, sehr glänzenden Krystallen von
Bor besetzt ist Letztere besteht aus Aluminium, das durch seine ganze
Masse hindurch mit krystallisirtem Bor durchdrungen ist. Die metallische Masse
wird mit massig starker Natronlauge erhitzt, welche das Aluminium auflöst,
dann zur Entfernung von Eisen (aus dem letzteren) mit heisser Salzsäure
und zuletzt mit einem Gemische von Flusssäure und Salpetersäure behandelt,
um etwa noch vorhandenes Silicium wegzunehmen. Das zugleich gebildete
grapbitförmige Bor ist leicht von den Krystallen zu trennen, da es in feinen
Blättchen länger in der Flüssigkeit suspendirt bleibt. Die Kry stalle, die man
so erhält, sind mit Stückchen von krystallinischer Thonerde gemengt und theils
damit verwachsen, die man, so weit es möglich ist, auslesen kann, aber deren
Entfernung durch chemische Mittel uns nicht gelungen ist.
Die Krystalle des durchsichtigen Bors sind theils dunkelbraunroth, theils
honiggelb bis fast farblos, und zeigen einen Glanz und ein Lichtbrechungs-
vermögen, die mit denen des Diamants vergleichbar sind. Manche Krystalle
sind so tief gefärbt, dass sie schwarz und metallglänzend erscheinen. Es ist zu
vermutben , dass wenn es gelingt , das Bor in grossen und farblosen Krystallen
zu erhalten, es ganz das Aussehen des Diamants und die an diesem Edelstein
durch Reflexion und Refraction bewirkten Lichteffecte zeigen würde.
Das specifische Gewicht dieses Bors ist 2,68, also etwas höher als das
des Siliciums. Es ist bemerkenswerth , dass während das spec. Gewicht der
Kieselsäure höher ist als das des Siliciums , das der Borsäure beträchtlich nie-
driger ist, als das des Bors in dieser Form, ähnlich wie das spec. Gewicht
des Diamants sehr hoch ist im Verbältniss zu dem der liquiden Kohlensäure.
Leider war es uns noch nicht möglich, das spec. Gewicht des Bors in der
Grapbitform festzustellen. Zur Vergleichung wollen wir noch an das spec.
Gewicht der kry stall isirten Thonerde erinnern, das fast zwei Drittel höher ist,
als das des Aluminiums.
Die Härte des Bors ist bei verschiedenen Krystallen ziemlich ungleich,
doch stets weit grösser als die des Korunds, den es mit Leichtigkeit ritzt.
Ober das bor. 291
Bei manchen Krystallen ist sie gleich der des Diamants. Wir kommen unten
hierauf noch näher zurück.
Die verschieden gefärbten Krystalle des Bors scheinen einerlei Grund-
form zu haben. Diese ist ein Quadrat -Octaed er, bei welchem die Hauptaxe
zu den Nebenaxen im Verhältniss 0,577 zu 1 steht Die an dßm gemessenen
Krystall beobachteten Formen sind (nach Millers Bezeichnungsweise): zwei
Octaeder (111), (221), welche auf die Kanten der Basis aufgesetzt sind,
das Prisma (110) und ein zweites Prisma (100), dessen Flächen die Kanten
des ersteren abstumpfen. Nach den Neigungen dieser Flächen kann man das
Bor als isomorph mit dem Zinn betrachten. Diese Bemerkung wurde gleich-
zeitig von den Herren Sella und Sartorius von Waltershausen ge-
macht, die mit der näheren krystallographischen Bestimmung der zum Theil
sehr verwickelten Formen des Bors beschäftigt sind und ihre Beobachtungen
darüber publiciren werden. Die von uns selbst gefundenen Winkel (der
Normalen der Flächen) sind:
Gefunden. Berechnet.
HO zu 221 310 29'
221 zu 111 19° 36'
der an einander liegenden Flächen desOctaöders 111 —77° 50' — 77° 50'
der abwechselnden Flächen 53° — 53° 2'
der neben einander liegenden Flächen der beiden
Prismen HO zu 100 45°
der abwechselnden Flächen 90°.
Das Bor in dieser Form ist sehr schwer oxydirbar. Beim Glühen an
der Luft laufen die Krystalle gelb und blau an, vollkommen wie Stahl, ohne
sich dann merklich zu verändern. In Sauerstoffgas oxydirt es sich bei der
Temperatur, bei der Diamant verbrennt, jedoch ebenfalls nur oberflächlich,
indem die sich bildende dünne, aber wahrnehmbare Schicht von Borsäure die
weitere Oxydation • verhindert.
Erhitzt man die Krystalle vorm Ltithrohr auf Platinblech , so wird das*
selbe augenblicklich durchlöchert, indem sich ein leicht schmelzbares, Silber-
weisses Borplatin bildet. Diess ist eine sehr characteristische Eigenschaft, die
auch den anderen Modificationen des Bors eigentümlich ist Wir erhielten
Oo2
711(1 H. SAIXTE CLAIMS DEVILLE UND F. WÖHLEft,
diese, wie es scheint m Bor nur sehr rae Verbradung in wohlgetesaesen
Kugeln , als wir ein Gemenge von Platinpol ver und amorphem Bor unter einer
Decke von Borax hei Silberscbmelzbitxe usamaHmschniohen , ferner als wir
Ptetinschwaorai mit \ seines Gewichts Aluminium unter einer Decke von Bor-
More 4er NickelsehroHzhiUe aussetzten. Unter einer weissen Schlacke fand
sich borhatögea, blasiges Aluminium, und darunter em wohlgeflossener Regaine
von sprödem Borplatin. Die innere Wand der Alominiomblase war mit grossen
Blättern von blase röthlicbem grapfattftnnigein Bor ausgekleidet, das sieh
überall auch auf dem grossblittrigen Brach zeigte and bei der Auflösung in
Salzstore in ansehnlicher Menge zurückbbeb.
Aach mit Palladium bildet das Bor eine leicht schmelzbare , silberweisse
V erbindang, die wir, gleich der des Platins, näher untersuchen werden.
In trocknet» Cblorgas zum Globen erhitet, entz&ndet sich das krystallisifle
Bor und verbrennt , zum Tbeil anter sehr lebhafter Fnererscheinung, zu Chlor-
borgas.
Die Säuren zeigen weder für sich noch vermischt eine Einwirkung auf
das krystallisirte Bor. Nor bei starker Rothglühhitze wird es von schmelzen-
dem zweifach -schwefelsaurem Kali oxydrrt.
Eben so unveränderlich ist es in concentrirter siedender Natronlauge,
die doch das Silicium oxydirt. Von schmelzendem Natronhydrat und kohlen-
saurem Natron dagegen wird es bei Gl&hhitze langsam aufgelöst. Aber Sal-
peter scheint bei dieser Temperatur nicht darauf zu wirken.
Bei dem näheren Studium der verschieden aussehenden Krystalle des
diamantfftrmigen Bors haben wir dreierlei Varietäten erkannt , die, wie gesagt,
einerlei Grundform zu haben scheinen , deren verschiedene physikalische Eigen*
Schäften aber von varrirenden fremden Beimischungen bedingt werden. Wir
wollen sie im Folgenden einzeln betrachten.
a. Diese Art Bor bildet schwarze, flache Krystalle von vollkommen
Diamantglanz; sie sind undurchsichtig und nur in dornten Splittern durchschei-
nend. Sie haben einen deutlichen Blätterdurchgang und sind ziemlich zer-
brechlich, aber ihre Härte ist sehr bedeutend , sie greifen den Diamant m
Ein Diamant mit natürlichen Flächen, welcher auch durch Diamantpol vor rar
sehr langsam angegriffen wird, Hess sich mittels* Bor an den Kanten in der
ÜBER DAS BOR. 293
Art abschleifen, dass vorher daran vorhandene Vertiefungen und Erhöhungen
ganz verschwanden.
Herr Guillot, ein geschickter Steinschleifer w Paris, welcher diese
Versuche in seinem Atelier anstellen Hess und sie mit Aufmerksamkeit Ter*
folgte, theitte uns mit, dass das Bor, wiewohl es den Diamant angreift , doch
langsamer ab Diamantpalver darauf einwirkt, und dass nach Verlauf einer
gewissen Zeit das Werkzeug, auf welches das Borpulver aufgetragen ist, sich
verschmiert, was für dieses Bor eine geringere Härte als fttr den Diamant
anzeigt» Diese Varietät des Bors scheint sich jedesmal zu bilden, werm man
bei der Darstellung desselben die Borsäure und das Aluminium nur kurze Zeit
und bei nicht zu hoher Temperatur in Berührung lässt; doch sind wir hierüber
noch nicht ganz sicher. Bei der Analyse wurde darin gefunden:
Kohlenstoff 2,4
Bot 97,6
100,0.
Die Analyse geschab auf folgende Weise: das in einem Schiffchen von
Platin oder Porzellan befindliche und abgewogene Bor wurde in ein langes
Rohr von böhmischem Glas geschoben und darin bis zum Erweichen das
Glases in einem durch Schwefelsäure und Chlorcakium getrockneten Strom
von Chlorgas erhitzt, bis kein Theilchen mehr brannte. Es bildete sich Chlor-
borgas, welches an der Luft dicke Nebel bildete, und es blieb schwarze,
amorphe Kohle, zuweilen noch m der Form der Kry stalle, zurück, die ge-
wogen und nachher in einem Sauerstoffstrom zu Kohlensäure verbrannt wurde.
Wir erhielten hierbei stets eine kleine Menge eines gelblichen Sublimate, wel-
ches sieb in Wasser unter Erhitzung tu ChlorlvaSserstoSsäure und Borsäure
auflöste und wahrscheinlich ein auf Kosten von einem Best von Luft oder
Feuchtigkeit gebildetes Boroxychlorid ist, das auch bei der gewöhnlichen
Darstellung des CblOrbors entsteht und das wir später zu untersuchen beab-
sichtigen.
Öfters fanden wir in diesem Sublimat ancfe Chloratumioium. Es löste
sich dann In Wasser anter starker Erhitzung und unter Abscheidung einer
weissen Substanz, die Borsäure waf und die sich dllmälig ganz auflöste. Aes
der Auflösung feilte d4*tf k Ammoniak Theaerdekydrat, Als ein andrtt TdrcM
294 H. SAINTE CLAIRE DEVILLE UND F. WÖHLBR,
verdunstet warde, blieb eine durchsichtige amorphe Substanz, die bei der
Auflösung in wenigem Wasser feine Krystallschuppen von Borsäure hinterliess.
Dieses Sublimat scheint demnach eine Verbindung von Chloraluminium mit
Chlorbor zu sein.
b. Die zweite Varietät des Bors bildet fast farblose, durchsichtige Kry-
stalle, welche als lange , sägenförmig ausgezackte Prismen an einander gereibt
sind. Manchmal findet man sehr kleine Krystalle, welche wirkliche Prismen
sind und an den Enden 8 Flächen zeigen, die wahrscheinlich den oben er*
wähnten Octaedern angehören. Sie sind in hohem Grade diamantglänzend,
aber ihre Härte ist etwas geringer, als die der vorhergehenden Varietät.
Auch scheinen Säuren, namentlich Königswasser, bei lange andauernder Ein-
wirkung ihre Oberfläche etwas anzugreifen. Diese Krystalle bilden sich jedes
Mal, wenn man Borsäure mit einem Uberschuss von Aluminium in einem
Kohlentiegel lange Zeit einer Temperatur aussetzt, welcher der äussere Tiegel
öfters nicht widersteht.
Die Zusammensetzung dieser Art Bor zeigte sich sehr schwankend. Die
folgende Analyse gibt eine Vorstellung von dem durchschnittlichen Verbältniss
der darin enthaltenen Bestandtheile; sie wurde mit sehr schönen, ausgesuchten
Krystallen angestellt:
Kohlenstoff 4,2
Aluminium 6,7
Bor 89,1
100,0.
Wenn es gelingt, etwas voluminöse Krystalle, die nicht Zusammen-
wachsungen einzelner Individuen sind, von dieser Substanz darzustellen, so
wird sie gewiss als Edelstein Anwendung finden können.
c. Die härteste Varietät des Bors, die noch bei weitem härter ist, als
die zuerst besprochene, wird erhalten, indem man wiederholt überschössige
Borsäure auf Aluminium bei so hoher Temperatur einwirken lässt, dass die
Borsäure sehr rasch verflüchtigt wird; um 1 bis 2 Gramm dieser Varietät zu
erhalten, muss man in einem Tiegel von dichter Kohle 20 bis 30 Grin. Bor-
säure verflüchtigen und jedesmal 2 bis 3 Stunden erhitzen. Es bleibt dann in
dem Tiegel eine blasige Masse von rother, ins Hell - Chocoladefarbene zie-
hender Farbe, welche der Varietät fe» *.
wird, ganz ähnlich aassieht Dieselbe \t\ ,
bedeckt, welche man durch Behandlung r
Aluminium und Eisen befreit. Leider lasat
von der Thonerde befreien, die es durchzi
erkennen ist. Deshalb können wir auch
geben, obgleich uns dieselbe von allen dr<
merkwürdigste zu sein scheint. Denn es
in Gegenwart des Kohlenstoffs, welchen d
dieses selbst, in Chlorgas Kohlenoxyd
geben kann. Bei den anderen Analysen
sung der Krystalle diese Fehlerquelle mög
Diese Art Bor zeigt sich unter dem
kleinen Krystallen bestehend; schon mit b
nen, wiewohl sie nur so klein sind, dat»
Die Härte dieses Korpers ist so gross, dos
des Diamants nicht nachsteht, und wenn mai
nachher denselben Grad von Feinheit wie vorher zeigt, was, wie es scheint,
etwas dem guten Diamantpulver Eigentümliches ist. Er lasst sich nur mit
äusserster Schwierigkeit zerdrücken nnd bietet anch in dieser Beziehung die
grösste Ähnlichkeit mit der Art Diamant dar, welche die Steinschleifer als Bowr
bezeichnen.
Wir haben noch darauf einzugehen, wie die Resultate der oben angege-
benen Analysen aufzufassen sind.
Der Kohlenstoff, welchen wir in den Borkryslallen gefunden haben, muss
nothwendig im Diamantzustand in denselben enthalten sein. Denn, wie aus
allen unsern Analysen hervorgeht, in dem Maasse, wie der Gehalt an Kohlenstoff
zunimmt, scheint anch die Durchsichtigkeit zuzunehmen; und andrerseits weiss
man, dass einige Tausendtbeile schwarzer Kohle, und selbst noch weniger,
hinreichen, Glasmassen, in welchen man den Kohlenstoff nicht mit der durch
ihn gefärbten Substanz verbunden annehmen kann, intensiv dunkel färben1).
1) In Betreff der schwarzen Farbe gewisser Borkrystatle könnte man auch ver-
muthen, dass sie von amorphem Bor verursacht werde, denn wir haben gefunden, dass
WO 31 LU Uli lll OB 31111(4 «IHiieilt'Il,
sie, nach Herrn Gnillot, der
ihn zum Schleifen anwendet, er
296 H. SAlNiß CLA1RE DEVILLE UNO F. WÖHLER, ÜBER DAS BOR.
Man rauss ausserdem auch annehmen, dass der Kohlenstoff mit dem Bor, ob-
gleich er davon in seiner Krystallform abweicht, zusammenkrystallisirt ist.
Diese Annahme steht im Einklang mit einigen Thatsachen, nach welchen eine
Substanz, wenn in vorherrschender Menge vorhanden, anderen Substanzen, mit
welchen sie gewisse Analogien in dem chemischen Verhalten bat, ihre Krystali- .
form gleichsam aufzwingen kann. Der Thonerdegehalt einiger Hornblendearten
gibt hierfür ein Beispiel ab. Ausserdem steht es noch gar nicht fest, ob nicht
der Diamant, wie manche der natürlich vorkommenden Körper, dimorph ist
und unter noch unbekannten Umständen die Form des Bors annehmen kann.
Der selenbaltige Schwefel, welchen man aus einer Lösung von Selen und
Schwefel in Schwefelkohlenstoff krystallisirt erhalten kann, bietet etwas Ana-
loges. Der Schwefel wird alsdann, wenn man gewisse Vorsichtsmaassregeln
beobachtet, selenhaltig. Die Menge des ihm beigemischten Selens kann, bei
dessen geringer Löslichkeit, nur klein sein, aber die Anwesenheit des Selens,
dessen Krystallform doch von der des Schwefels verschieden ist, lässt sich in
dem so dargestellten Schwefel, dessen Winkel mit den von Mitscherlich für
den rhombischen Schwefel angegebenen übereinstimmend gefunden wurden, sehr
leicht qualitativ nachweisen.
Übrigens bedarf der Isomorphismus der einfachen Körper und das Zu-
sammenkrystallisiren derselben noch experimentaler Untersuchungen, die mit
der kleinen Zahl solcher Substanzen anzustellen wären, welche sich bezüglich
ihres chemischen Verhaltens so nahe stehen, dass sie sich nicht nach festen
Äquivalent Verhältnissen, sondern zu blossen Mischungen mit einander vereinigen.
In dieser Art könnten der Kohlenstoff, das Bor und das Sflicium l) sich gegen-
seitig auflösen, ohne feste Verbindungen einzugehen, und indem krystallisirten
Bor enthalten sein, ohne dessen Krystallform zu ändern.
Diese Bemerkungen finden Anwendung auf das Aluminium, dessen An-
wesenheit in dem Bor nach sehr veränderlichen Verhältnissen (von 0 bis 13
Procent) niemals eine wahre chemische Verbindung anzeigt. Denn einem Ge-
halt von z. B. 13 Procent würde die Formel A1B8 entsprechen, was eine sehr
unwahrscheinliche Zusammensetzung wäre. Diese neue Thatsache .wird, wie
wir hoffen, dazu beitragen, die Bedingungen erkennen zu lassen, unter welchen
man die chemisch- einfachen Körper als isomorph betrachten kann; sie kann
auch die von dem einen von uns schon ausgesprochene Ansicht unterstützen,
nach welcher das Aluminium mit demselben Recht mit dem Kohlenstoff und
dem Bor in eine Reihe zu setzen wäre, mit welchem das Antimon mit dem
Phosphor und dem Stickstoff in eine Reihe gestellt wird.
z. B. schmelzende Borsäure von einer sehr kleinen Menge amorphen Bors sohwarz
gefärbt wird.
1) In der That haben wir in einigen Arten des krystallisirten Bors Silicium nach-
weisen können.
Ueber die Krystallformen des Bors
PF. Sartorius v. Walter shausen.
Ueb ergeben der K. Societüt der Wissenschaften d. I. Aug. 1857.
Die
ßie ausgezeichneten Untersuchungen von Wöfaler und Sainte Ciaire DeTille
aber die Darstellung des Bors in seinen verschiedenartigen Zustanden, sind
im Vorhergehenden mit grosser Ausführlichkeit mitgetheill worden.
Als Nachtrag zu denselben mag es mir verstattet sein den Krystallformen
ins Bors einige Aufmerksamkeit au widmen, eine Arbeit, welche für die Mine-
ralogie und die Molecularpbysifc nm so wünschenswerter erscheint, da man
bis vor Kurzem von den krystallographischen Eigenschaften dieses' Elementar-
körpecrs noch gar keine Kenntniss besessen hat.
Es ist bereits von Wühler und Deville darauf aufmerksam gemacht worden,
dass das Bor dimorph sei und je nach verschiedenen Bereitungsmethoden in
dem sogenannten diamantförmigen, graphitförmigen und amorphen Zustande er-
scheine. Das Bor im diamantförmigen Zustande, welches man durch Zosammen-
aennetaen von Almnininm mit wasserfreier Borsäure, der auch wohl noch
Borax zagesetzt wird, erhält, scheidet sich hl den Blasenräumen der geschmol-
zenen Masse in kleinen 0,? bis 0,4 mm langen und etwa ebenso breiten Kry-
Btallen: von byacinthrotber bis wein- und honiggelber Farbe aus, welche eine
solche Schärfe und Regelmässigkeit zeigen, dass sich ihr Krystall-System kei-
nen Augenblick verkennen lässt. *
An einigen, von meinem Collegen Wöhler mir mitgetheilten Fragmenten
des ersten, im öcteber des vergangenen Jahres in Göttiagen. erhaltenen Prä-
parats, versuchte ich sogleich einige Messungen aussufübren , indess wa-
ren die Krystalle auf der Grundmasse so wenig günstig vertheilt, dass die-
Phyt.Claue. VII. Pp
296 H. SAINiK CLA1RE DEVILLE UNO F. WÖHLER, ÜBER DAS BOR.
Man nauss ausserdem auch annehmen, dass der Kohlenstoff mit dem Bor, ob-
gleich er davon in seiner Krystallform abweicht, zusammenkrystallisirt ist.
Diese Annahme steht im Einklang mit einigen Thatsachen, nach welchen eine
Substanz, wenn in vorherrschender Menge vorhanden, anderen Substanzen, mit
welchen sie gewisse Analogien in dem chemischen Verhalten bat, ihre KrystaH-
form gleichsam aufzwingen kann. Der Thonerdegehalt einiger Hornblendearten
gibt hierfür ein Beispie) ab. Ausserdem steht es noch gar nicht fest, ob nicht
der Diamant, wie manche der natürlich vorkommenden Körper, dimorph ist
und unter noch unbekannten Umständen die Form des Bors annehmen kann.
Der selenballige Schwefel, welchen man aus einer Lösung von Selen und
Schwefel in Schwefelkohlenstoff krystallisirt erhalten kann, bietet etwas Ana-
loges. Der Schwefel wird alsdann, wenn man gewisse Vorsichtsmaassregeln
beobachtet, selenhaltig. Die Menge des ihm beigemischten Selens kann, bei
dessen geringer Löslichkeit, nur klein sein, aber die Anwesenheit des Selens,
dessen Krystallform doch von der des Schwefels verschieden ist, lässt sich in
dem so dargestellten Schwefel, dessen Winkel mit den von Mitscherlich für
den rhombischen Schwefel angegebenen übereinstimmend gefunden wurden, sehr
leicht qualitativ nachweisen.
Übrigens bedarf der Isomorphismus der einfachen Körper und das Zu-
satnmenkrystallisiren derselben noch experimentaler Untersuchungen, die mit
der kleinen Zahl solcher Substanzen anzustellen wären, welche sich bezüglich
ihres chemischen Verhaltens so nahe stehen, dass sie sich nicht nach festen
Äquivalent Verhältnissen, sondern zu blossen Mischungen mit einander vereinigen.
In dieser Art könnten der Kohlenstoff, das Bor und das Sflkrium l) sich gegen-
seitig auflösen, ohne feste Verbindungen einzugehen, und indem krystallisirten
Bor enthalten sein, ohne dessen Krystallform zu ändern.
Diese Bemerkungen finden Anwendung auf das Aluminium, dessen An-
wesenheit in dem Bor nach sehr veränderlichen Verhältnissen (von 0 bis 13
Procent) niemals eine wahre chemische Verbindung anzeigt. Denn einem Ge-
halt von z.B. 13 Procent würde die Formel A1B8 entsprechen, was eine sehr
unwahrscheinliche Zusammensetzung wäre. Diese neue Thatsache .wird, wie
wir hoffen, dazu beitragen, die Bedingungen erkennen zu lassen, unter welchen
man die chemisch -einfachen Körper als isomorph betrachten kann; sie kann
auch die von dem einen von uns schon ausgesprochene Ansicht unterstützen,
nach welcher das Aluminium mit demselben Recht mit dem Kohlenstoff und
dem Bor in eine Reihe zu setzen wäre, mit welchem das Antimon mit dem
Phosphor und dem Stickstoff in eine Reihe gestellt wird.
— ■ — — i - --ir-i-i i ■ ■ i i • ■ i - ii r
z. B. schmelzende Borsäure von einer sehr kleinen Menge amorphen Bors sohwarz
gefärbt wird.
1) In der That haben wir in einigen Arten des krystallisirten Bors Silicium nach-
weisen können.
Ueber die Krystailformen des Bors
• ■ l ton
FF. Sartorixis v. FFaltershausen.
Uebergeben der K. Societät der WiggeDßchaften d. 1. Aug. 1857.
i>
"ie ausgezeichneten Untersuchungen von Wöhler und Sainte Ciaire Devtlle
über die Darstellung des Bors in seinen verschiedenartigen Zuständen, sind
im Vorhergehenden mit grosser Ausführlichkeit mitgetheilt worden.
Als Nachtrag zu denselben mag es mir verstattet sein den Krystailformen
des Bors einige Aufmerksamkeit zu widmen, eine Arbeit, welche für die Mine-
ralogie und die Molecularpbysik um so Wünschenswerther erscheint, da man
bis vor Kurzem von den krystallographischen Eigenschaften dieses Elementar-
körpers «noch gar keine Kenntniss besessen hat.
Es ist bereits von Wöhler und Deville darauf aufmerksam gemacht worden,
däss das Bor dimorph sei und je nach verschiedenen Bereitungsmethoden in
dem sogenannten diamantförimgen, graphitförmigen und amorphen Zustande er*
scheine. Das Bor im diamantförmigen Zustande, welches man durch Zusammen-
Mbflfcelzeti von Aluminium mit wasserfreier Borsäure, der auch wohl noch
Borax zugesetzt wird , erhält, scheidet sich in den Blasehräumen der geschmol-
zenen Masse in kleinen Ö/2 bis 0,4 mm langen und etwa ebenso breiten Kry-
stallen von hyacinthrotber bis wein- und honiggelber Farbe aus, welche öine
solche Schärfe und Regelmässigkeit zeigen, dass sich ihr Krystall-System kei-
nen Augenblick verkennen lässt. *
An einigen, von meinem Collegen Wöhler mir mitgeteilten Fragmenten
des ersten , im October des vergangenen Jahres in Göttingen erhaltenen Prä-
parats, versuchte ich sogleich einige Messungen auszuführen, indess wa-
ren die Kry stalle auf der Grundmasse so wenig günstig vertheilt, dass die-
Phys.Classe. VII. Pp
299 W. SARTORIUS VON WALTERSHAUSEN,
selben weder auf dem Goniometer centrirt, noch von den verschiedenen Flä-
chen die reflectirten Bilder beobachtet werden konnten.
Bei diesen Voruntersuchungen überzeugte ich mich, dass unter etwas gün-
stigem Umständen scharfe Krystallmessrnngeil des Bors würden erhalten werden
können. Einige Monate später theilte mir Wähler mehrere andere Krystalle mit,
auch schickte Deville aus Paris sehr ausgezeichnete zweier verschiedener Prä-
parationen, so dass mir bereits im Anfang dieses Jahres ein sehr vollstän-
diges Material für meine Untersuchungen zu Gebote stand.
Schon nach wenigen Wochen würde ich die wesentlichsten Resultate mei-
ner Messungen haben veröffentlichen können, wenn nicht ein mir angeborener
Trieb einen neuen Gegenstand womöglich zu erschöpfen, mich zu einer wei-
tem Verfolgung dieser Untersuchungen aufgemuntert hätte. Zwar etwas ver-
spätet, aber um so ausführlicher sind die in dieser Richtung gewonnenen Re-
sultate, welche ich in der Kürze in den folgenden Blättern zusammenzustellen
versuche.
Zu den drei Präparationen des diamantförmigen Bors, kommen noch
zwei des graphitförmigen , durch Zusammenschmelzen von KF «+ BF5 mit
Aluminium bereitet. Auf das Innigste gemischt mit dem graphitförmigen
Bor, von dem weiter unten ausführlicher die Rede sein wird, bemerkte
ich unter den kleinen biegsamen sechsseitigen Täfelchen verschiedene
zum Theil ausgezeichnete Krystalle des diamantförmigen Bors. Wöhler
erinnert sich nicht, dass dieselben durch einen Zufall etwa von einer
der beiden Pariser Bereitungen dazwischen gekommen sein, auch lässt
es sich nicht verkennen, dass dieselben einen von den Pariser Krystaütn
etwas verschiedenen Typus besitzen. Man darf daher wohl annehmen , dass
sich unter geeigneten Umständen, wahrscheinlicher Weise unter verschiedenen
Temperaturen, beide Modificationen des Bors neben oder kurz nacheinander
bilden können.
Obwohl die Borkrystalle sich sogleich als dem monodimetriscben Sy-
steme angehörig zeigen, so ist doch einer jeden Präparation ein eigentüm-
licher Typus aufgedrückt; eine jede besitzt ihre eigenthümlichen Flächen und
Combinationen, oder wenigstens bestimmte Flächenerweiterungen und Zwillings-
verwachsungen.
Ober die krystallformen des bors. 299
Die Krystallmessungen waren bei der Kleinheit der in der Regel gut spie-
gelnden Flächen , die meist nur 0,2 bis 0,4 mm breit und nicht viel länger sind,
öfter sehr schwierig auszuführen. Eine grosse Erleichterung für dieselben
gewährt indess ein dunkles Zimmer, in welches das Tageslicht durch
einen schmalen, nach Belieben zu öffnenden und zu schliesSenden Spalt ein-
gelassen werden kann.
Um den nachfolgenden Beobachtungen eine etwas concentrirtere Gestalt
zu geben, habe ich immer nur die Mittel aus einer Reihe von Messungen
angeführt, und ihre Anzahl durch eine beigesetzte Ziffer angegeben. Es sind
im Ganzen 24 einfache und verschiedene Zwillingskrystalle~ ausführlich unter-
sucht und ihre Winkel zwischen allen, oder doch zwischen den hauptsäch-
lichsten Flächen gemessen worden.
Die angegebenen Winkel sind die, welche die respectiven Flächennorma-
len mit einander bilden.
I.
Wir beginnen zunächst mit der Beschreibung der Bor- Kry stalle der er-
sten Göttinger Präparation aus dem October des vergangenen Jahres. Die-
selben sind in den Figuren 1, 2,4, 5, 7, 8 abgebildet; sie sind kurze gedrun-
gene Gestalten , etwa in ihrem Ansehen den Zirkonen vom Vesuv und vom
Laacher-See vergleichbar. Obgleich sie mit wenigen Ausnahmen sehr klein
sind , müssen wir sie als wahre Musterbilder schöner Krystallformen bezeich-
nen; sie geben uns einen sprechenden Beweis, dass solche Bildungen unter
dem Einflüsse der höchsten Temperaturen in anhaltender Weissglühhitze ebenso
gut, vielleicht noch schärfer ausgebildet entstehen können, als auf nassem
Wege bei niedrigen Temperaturen. v
Diese Borkrystalle gleichen kleinen Juwelen, die das Licht kräftig brechen
und zurückwerfen und es ist daher nicht zu verwundem, dass die Winkel-
messungen öfter einen hohen Grad von Übereinstimmung zeigen. Ihre Farbe
ist in der Regel hellbraun bis hy acinthroth ; sie sind vollkommen durchsichtig
und besitzen eine ausserordentliche Härte, welche der des Diamants nur
weqig nachsteht.
Wjr lassen jetzt zunächst die an, den verschiedenen Krystallen dieser er-
Pp2
300 W. SARTORIUS VOM W ALTERS HAOSE N ,
sten Präparation beobachteten Winkel folgen und betrachten die Flicbti a als
Grandgestalt , deren krystallographische Bezeichnung 1 1 1 ist Um die ver-
schiedenen Winkel , welche an ein und derselben Pyramide gemessen worden
sind von einander zu unterscheiden, bezeichnen wir die oberen 4 Flächen
einer Pyramidenfläche mit af a" a'" a4, die entgegengesetzten mit at a„ a,„ &+.
Kry stall i.
Neigung Februar 27.
Fig. 1 u. 2 a',a" 520 5^,7 (5)
afya" 53 9,4 (5) neu centrirt
Mittel 53 3,0 (10)
Krystall 2.
af-.cP 53 1,2 (5) März 2.
Der Krystall 1 ist von gelbbrauner, ziemlich heller Färbung, die Flächen
sind etwas verzogen und nur das Paar atp" messbar; auch erlaubte der
Krystall 2 keine andere Messungen.
Krystall 3.
Stellt die Combination in Fig. 7 dar. Es Hessen sich in diesem ausser-
ordentlich schönen, jedoch nicht vollständig ausgebildeten Krystall die Win-
kel in der Hauptzone mit grosser Schärfe und Vollkommenheit mesäen.
Der Polkäntenwinkel der Grundpyramide 1 1 1 konnten nur an einer Sötte
gemessen werden, auch kam die Fläche d, nicht zum Vorschein.
Die an diesem Krystall beobachteten Winkel sind folgende:
April 5 August 1 August 3 August 4
äjC c9d anc a,d
500 85/5 (5) 3l<>32',0(8) 50°36',3(5) 19°3',3 (5) :
50 38,7 (5) 31 32,9 (3) 50 38,7(5) 19 5,8 (5)
50 37,0 (5) 31 35,6 (3j 50 37,0(5) 19 2,4 (5)
50 35,9 (5) 31 32,6 (3) 50 35,6(5) 19 3,0(50)
36,8 31 33,3 50 36,9 19 3,8
Winkel der Pyramidenflächen a'af' 53° 2',95 (10) Aug. 3.
Von den Borkrystallen der ersten Göttinger Bereitung, sind ausser den
angegebenen noch einige andere gemessen worden, indess »heilen wir dte sich
darauf beziehenden Messungen nuat mit, da sie mit minder gnt ausgebildeten
Individuen angestellt wurden und nur eine geringere Zuverlässigkeit besitzen.
; . ÜBER Bl* KRY8TALLF0RMEN DES S0BS.7- 301
Bei wiederholtem Betrachten . der obengenannten Krystalle fand ich erst
kürzlich einen sehr deutlich ausgebildeten Zwilling, welcher in Fig. 18 abge-
bildet worden ist Man beobachtet dieselben Zwillinge ziemlich häufig unter
den Krystallen der ersten Pariser Präparatien und wir werden noch ein Mal
weiter outen darauf zurückkommen.
IL
Es folgen jetzt die Krystalle der ersten Pariser Bereitung, welche von
Herrn Sainte Ciaire Deville an Wöbler mitgeteilt und von mir näher un-
tersucht worden sind. Man findet sie auf keiner Grundjnasse aufgewach-
sen; gewöhnlich sind sie nach allen Seiten hin ausgebildet : und zeigen
die grösste Formenmannigfaltigkeit; Säulen und nadelartige Krystalle, Zwil-
lingsbildungen, und sehr eigentümliche hemiedrische Gestalten kommen hier bei
genauerer Untersuchung zum Vorschein. Sie zeigen einen starken Glanz, sind
der Mehrzahl nach halb durchsichtig und von dunkelbrauner bis eisenschwarzer
Färbung. Mehrere derselben, besonders die nadeiförmigen Typen sind durch-
sichtig und , von rothbrauner bis honiggelber. Farbe: ein einziger Kr y stall er-r
schien bei durchfallendem Lichte blaugrün.
Viele dieser Krystalle sind an ihren Oberflächen angelaufen und zeigen bm
auffallendem Lichte eiae schön stahlblaue, messinggelbe, tombackbraune , rothe
oder violette Färbung. ; / ..}
Viele Tausende kleiner, sehr sierüeler Krystalle erblickt ntorr hier näbeA
einander^ die indes? durch ihre merkwürdigen FlächenerWeiterutigett öfter erst
nach vorangegangenen sorgfältigen Messungen entziffert werden kömtoft, ütid
in vielen Fällen anfänglich als krystallographische RftthseT erscheinen bis es
endlich gelingt sie auf eine der von uns angegebeilen Formen aurückauführen.
Obgleich ich es nicht an Sorgfalt und Mühe bei dieser Untersuchung habe feh-
len lassen, so ist es doch immer möglich, dass bei länger fortgesetzten Mes-
sungen noch manche neue bisjetzt*. anbemerkt gebliebene Flächen und Combi-
nationen in dieser krystallographischen Schatzkammer aufgefunden werden.
Wir theilen zunächst die an den verscbieddfieta Krystallen dieser Präpara-
tion gemessenen Winkel mit.
Oben
«Vi"
530
Unten
a"af»
53
*flit
52
Mittel
53
302 W. 8AITOIIDS VON WALTEBSHAÜSEK,
Krystall 4.
Kleiner sehr glänzender, etwas verzogener Krystall, stellt die Combinatio*
io Fig. 2 dar. Er ist von hell honiggelber Farbe, vollkommen durchsichtig
und aa beiden Enden wenigstens theilweise ausgebildet
Die Neigung der Pyramidenflächen an den entgegengesetzten Enden wwde
an je zwei Flächenpaaren mit grosser Sorgfalt ermittelt.
Das Resultat dieser Messungen war:
Juli 29. 1857.
2',0
1,5 (5)
59,1
0,9
Krystall 5.
Er ist halb durchsichtig, braunroth, nadelartig und dem Rutil dem Süssem
Anschein nach ahnlich; er ist etwa 1,5 mm lang, verhältnissmässig breit und
in Fig. 10 abgebildet. Nach einigen provisorischen Messungen, welche nur
ein geringeres Zutrauen verdienen und daher hier nicht mit aufgenommen sind,
wurden bei heller Witterung den 28. u. 29. Januar verschiedene Winkel bestimmt
Zuerst wurden die 4 Winkel der Hauptpyramide 111 gemessen, welche
auf der einen Seite vollständig ausgebildet waren.
Von der Grösse dieser Flächen kann man sich einen Begriff machen, wenn
man bedenkt, dass dieser Krystall nur 0,3 mm breit ist Die gemessenen 4 Py-
ramidenflächen, von denen das eine Paar grösser, das gegenüberliegende sehr
viel kleiner ist, dürften wohl kaum mehr als -fa bis -j-fo. Quadratmillimeter
Oberfläche besitzen. Diese kleinen Flächen reflectiren bei den gehörigen Vor-
sichtsmassregeln deutliche Bilder und es wird dadurch möglich ihre gegenseiti-
gen Neigungen mit ziemlich grosser Schärfe zu bestimmen.
Es ergab sich die Neigung von:
a'/i" 52°
58',5
(10)
a"a"' 53
0,0
(5)
a'"a* 53
20,0
(5)
a+a' 52
53,8
(5)
Mittel nach den Gewichten 52°
2',1
• i'
ÜBER MB KRY9TALLF0RMEN DBS BORS.
303
Ans diesen Messungen geht auf das Deutlichste hervor, dass die KrystaU-
formen des Bors dem monodimetrischen Systeme angehören. Am Abweichend-
sten ist der Winkel o'"a\ indess sind diese Flächen ausserordentlich klein
und die reflectirteo Bilder weniger deutlich als bei den andern, wesshalb eine
etwas grössere Ungenauigkeit in dieser Messung leicht erklärlich ist
An demselben Krystall erscheint die Fläche g.
Der Winkel von a}g 9<> 27',2 (5)
Die Prismen winkel erlaubten nur eine approximative Messung; es ergab sich:
ddf 890 54/ (2)
cd 45 4
Krystall 6.
Schmaler nadelartiger Krystall von dunkelbrauner, fast schwarzer Farbe.
Die Flächen der Pyramide 111 waren mit Schärfe zu bestimmen und
gaben folgende Resultate : Januar 30.
a',af'
530
7',4
(10)
a",af"
53
6,6
(5)
a?",a*
53
5,2
(5)
a\a?
52
59,2
(10)
53
4,18
Mittel
Die Prismenflächen waren undeutlich ausgebildet und erlaubten keine ge-
nauere Messung.
Krystall 7.:1
Kleiner nadeiförmiger schwarzer Krystall, etwa 1,2 mm lang und 0,4 breit
Zeigt ausser der Pyramide die beiden Prismen, die indess in der Regel sehr
undeutlich ausgebildet sind.
Jfib fand den Polkanten winkel der Grundpyramide
August 10.
ö'o" 530 8',9 (10)
Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Messung dieser schwar-
zen Borkrystalle besonderer Vorsicht bedarf, da häufig dicht aneinander lie-
gende Flächen verschiedener Individua doppelte Bilder reflectiren, deren Be-
obachtung leicht zu unrichtigen Resultaten Veranlassung geben kann. Man
thut daher wohl alle Flächen der gruppirten Krystalle wie Fig. 12 und Fig. 13
304 W?#ARWJttro8 VON WAITER8H£U$EN,
soweit ttiit einer matten schwarzen Farbe su überziehen, dass nur das Flftchen-
Paar, welches gemessen werden soll davon frei bleibt; unter Umständen kann
auch dieses sogar tbeilwei9e in einiger Entfernung voti der Durchschnittskante
gedeckt werden, wodurch die gespiegelten Bilder zwar nicht an Helligkeit
aber bedeutend an Schärfe gewinnen, und daher eine ungleich genauere Be-
stellung als vorher erlauben. ;
* Krystall &
Kleiner hellbyäbhtthröther Krystall, fast genau wie Fig. 2 und von ausge-
zeichnetem Glanz. Die Messungen liesseh sich mit besonderer Schärfe aus-
führen; es konnten die Neigungen der 4 Pyramidenflächen am obern, und
ein Flächenpaar am entgegengesetzten untern Ende gemessen werden.
Die Resultate waren folgende:
August 7 v»d August 8. *)
a'af' 52° 40',6 (20)
2.7 (15)
7.8 (10)
47,1 (5)
0,2 (5)
Mittel 52 55,68
Krystall 9.
Unter den Krystallen der ersten Pariser Präparation, erblickt man häufig
sehr merkwürdige, aus vielen Individuen gruppirte Formen, welche sich ge-
wöhnlich dureo eine schwarze oder braune Farbe auszeichnen tmd die in Fig.
12 und 13 von mir abgebildet sind. Sie sind Combhiatidnen von 1 1 1 tmd
0 1 0 Fig. 14.
Dieser Krystall von dunkelbrauner Farbe, der später beim Abnehrftön zer-
brach, Hess sich ringsum messen, so dass dadurch 2 Pyramiden - Winkel von
111 und 4 Winkel zwischen 111 und 0 1 0 gewonnen wurden. Bei der
Nähe des gespiegelten Objects, wovon weiter unten die Rede sein wird, macht
sieb die Excentricitat in diesen Beobachtungen sehr bemerklich, indem nur eine
o'V"
53
«'"a*
53
aV
52'
a,a„
53
52
#) Noch vor dem Druck dieser Abhandlung habe ich die oben angeführten und
mehrere andere neue Messungen hinzugefügt.
Ober die krystallformen des bors. 305
Kante des Krystalls in die Drehungsaxe des Instrumentes fiel. Durch das Neh-
men der Mittel wird diese Unregelmässigkeit gewiss zum grössern Theil, wenn
auch nicht vollständig beseitigt.
Es sind zwei Reihen von Messungen gemacht, von denen wir der zwei-
ten den Vorzug geben, da sie unter etwas günstigem Umständen ausgeführt
aus einem Mittel von 5 Beobachtungen, die erste aber nur aus 3 Beobachtun-
gen abgeleitet worden ist.
Diese Messungen ergaben:
Mai
i 18
lßte Reihe
2te Reihe.
d',a"
63«
36',2
(3)
630
15',5
C5)
af\a'
52
58,7
(3)
52
59,3
(5)
a',d
63
1,8
(3)
63
1,3
(5)
d,a'
62
39,7
(3)
62
37,0
(5)
a,a„
52
44,0
(3)
52
52,8
(5)
a",df
64
59,6
(3)
65
14,1
(5)
3600
0,0
3600
0,0
Die Mittelwerthe sind:
tste Reihe
2te Reihe.
a',d
J630
\63
19',0
630
8',4
49,65
63
55,5
a',a"
520
51 ',35
520
56',05
Kryslall 10.
Juli 29.
An einem dem letzten ähnlich gruppirten Krystalle von schwarzer Farbe
ergab sich der Polkantenwinkel
a',a" 53° 8',1 (10)
Kry stall 11.
Kleines dem ersten Anschein nach fast reguläres Octaeder von messing-
gelber Farbe ; einem Schwefelkieskrystall ähnlich. Es Hessen sich an demsel-
ben Folgende Winkelmessungen ausführen:
1 Winkel der Polkanten K
Februar 19.
efef' 70« 4g',4 (5)
e"e'" 70 49,5 (5)
e'"e* 70 44,0 (5)
Phyt. C lasse. VII. Qq
N.*
306 W.SARTORIÜS VON WALTER BHAÜ8EN,
•
Winkel an
der Basis L
Februar 20.
e'e,
69»
53',4 (5)
e'%,
69
49,2 (5) ,
Es ist:
cos K
= sin £ L2
Reducirt man hiermit
L auf K so
hat man für diesen letzten Winkel fol-
gende 5 Bestimmungen:
j
K
70°
48',4
70
49,5
t
70
44,0
70
50,8
70
52,9
Mittel
70
49,0
Krystall 12.
Kleine schwefelkiesfarbene Doppelpyramide, dem Krystall 7 sehr ähnlich.
Es ergab sich : Juli 20 August 20
K zi 700 48/,0 (10)
K1 =l 700 34,4 (10)
L = 690 58^ (io) L - 700 7',8 (15)
Unter den Krystallen der ersten Pariser Bereitung bemerkt man ziemlich
häufig tafelartige Gestalten, die man auf den ersten Blick den charakteristisch-
sten Formen des trimetrischen Systemes zurechnen könnte. Sie sind in den
Fig. 3, 6, 9 von uns abgebildet worden und gehören zu den grössten Kry-
stallen, welche ich bisjetzt beim Bor beobachtet habe, indem sie mitunter die
Länge von 2mm erreichen; an ihren Oberflächen sind sie meist farbig , beson-
ders tief stahlblau angelaufen.
Bei etwas genauerer Prüfung erkennt man in ihnen eine hemiedrische
Formausbildung. Die Gestalten Fig. 3, 6 zeigen die rhombotype Herniedrie
auf welche Naumann zuerst beim Harmotom aufmerksam gemacht hat. Danach
gehören die Flächen ff ftfit den Hälften einer quadratischen Pyramide an,
deren Nebenflächen in Fig. 3 gänzlich verschwunden und in Fig. 6 so weit
OBER DIB KRYSTALLFORMEN DBS BORS. 307
zurückgedrängt sind, dass sie noch eben erkannt, auch noch mit einiger Mühe
gemessen werden können.
In dar Figur 9 kommt die geneigtflächige spbenoidische Hemiedrie zum
Vorschein , so wie sie im triinetrjschon Systeme an den Krystallen der schwe-
felsauren Magnesia beobachtet wird.
Diese hemiedrischen Pyramiden von denen ich eine grössere Anzahl von
Individuen gemessen habe, erlauben nur eine approximative Bestimmung, da
die Flächen meistens etwas gekrümmt und niemals so eben erscheinen als die
andern beim Bor beobachteten Pyramiden.
Diese hemiedrischen Krystalle verrathen auch in allen Fällen eine Zwil-
Hngsbildung, indem man auf der Mitte der zu einem Doma erweitertem Pyra<-
midenfläche in der Längsrichtung entweder eine Streifung oder eine Naht
bemerkt, an der einspringende, nur durch schärfere Vergrößerung zu beob-
achtende Flächen zum Vorschein kommen. Eine Winkelmessung derselben
ist jedoch unmöglich.
An diesen hemiedrischen Krystallen sind folgende Messungen ausge-
führt worden :
Krystall 13.
Es ist in Fig. 3 abgebildet Eisenschwarze etwa 1,0""" lange, halb so
breite und sehr dünne Tafel. Es wurden die Domaflächen , welche ich mit
ff" und f, ffl9 bezeichne, an beiden Seiten gemessen.
Die beobachteten Winkel sind
Juli 3.
Oben f f» 590 7;6 (5)
. Unten ft f„ 59 14,0 (2)
Krystall 14.
Abgebildet in Fig. 6. Gemessen Man 15.
Neigung des Domas:
Oben r t1 590 30',2 (5)
Unten f, f„ 59 22,2 (5)
f f" 42 20,8 (5)
f /* 40 22 ,0 5. (5)
Qq2
308 W. SARTORIÜS VON WALTERSHAUSEN,
Krystall 15.
Gemessen Min 27.
Dieser Krystall ist sphenoidisch gestaltet und in Fig. 9 abgebildet. Die
Domaflächen sind in der Mitte stark gestreift, welche Eigentümlichkeit auf
Zwillingszusammensetzung hindeutet.
Es wurde beobachtet
f f" 590 36' (2)
f.fn 590 58' (2)
Es sind ausserdem noch an einer Reihe von Krystallen diese domatischen
Flächen gemessen worden, welche indess alle sehr weit von einander abwei-
chen. Sie gehören zu den Bor-Krystallen, welche von der Natur am wenig-
sten exact gebildet worden sind und ihre Oberflächen reflectiren in Folge von
Zwillingsbildung und Krümmung niemals so scharfe Bilder als die Flächen
der Pyramide 111.
Wir haben in der
*
nachfolgenden Uebersicht die an verschiedenen Kry
stallen gemessenen Domawinkel zusammengestellt.
Krystall
r r
Feb. 3.
13
590
7',6 (5)
13
59
14,0 (2)
März 15.
14
59
30 ,2 (5)
14
59
22,2 (5)
März 17.
15
59
35,0 (2)
15
59
58,0 (2)
Juni 24.
16
60
0,4 (3)
JuU 8.
16
60
8,4 (5)
Juli 19.
17
60
48 ,6 (3)
Juli 19.
18
60
7,7 (3)
Juli 19.
19
58
25 ,7 (3)
Juli 19.
19
58
29,0 (5)
Juli 20.
20
60
26 ,3 (3)
Mittel 590 38 , 1
.#
ÜBER DIB KRYSTALLFORMEN DES BOBS. 309
Krystall 21.
Dieser in Fig. 1 1 abgebildete Krystall ist der einzige seiner Art der
unter denen der ersten Pariser Präparation aufgefunden worden ist. Er
ist nadelartig gebildet, etwa l,3mm, 0,35«m breit, 0,25 dick, durchsichtig,
spiegelglatt und von hell -bonig -gelber Farbe, und zeigt ausser den beiden
Prismen eine Combination einer Pyramide der ersten und zweiten Art.
Es wurden folgende Winkel beobachtet:
Feb. 18 a' a"
a'a"
45°
23',7
(5)
440
36',7
(5)
neu centrirt 45
30,2
(5)
44
26,5
(5)
Feb. 19
neu centrirt 45
34,0
(5)
44
28,6
(5)
Mittel 45° 29',3 (15) 44<> 30',6 (15)
Diese beiden Winkel sollten der Theorie nach gleich sein, während sie
fast um einen Grad von einander abweichen. Die Ursache dieser Unregel-
mässigkeit ist nicht zu ermitteln, sie kann aber nicht in der Fehlerhaftigkeit
der Winkelmessungen, sondern nur in der innern Beschaffenheit des Krystalles
selbst gesucht werden.
Die Prismenwinkel sind nahe zu 90 und 45 betrachtet worden.
HL
Es folgen jetzt die Messungen der Krystalle der 2ten Pariser Bereitung.
Sie sind sehr viel weniger mannigfaltig gebildet als die eben beschriebenen,
namentlich fehlen ihnen durchaus alle hemiedrischen Formen; ich konnte nur
die Pyramide 111 und die beiden Prismen erkennen.
Krystall 22.
Er ist von hellbrauner Farbe, durchscheinend aber nicht durchsichtig
und zeigt die Combination der Pyramide 111 110010 wie Fig. 5.
An dem einen, dem obern Ende, sind alle 4 Pyramidenflächen deutlich
ausgebildet und daher gemessen worden. Ich beobachtete folgende Winkel:
310 W. SA1TORIOS VON WALTBB9HAOSEN,
Juli 78.
, af
1
af
53o
l',6
(5)
\ «"
Oberes KrysUllende { iu
1 af"
a'"
52
52
46,1
47,4
C5D
af
53
8,2
Unteres a,
an
53
13,1
IV.
Wöhler hatte verschiedene Male graphitförmiges Bor ans Zusammen-
schmelzung von KF 4- BF5 mit Aluminium bereitet. Besonders schön ge-
lungen ist eine dieser Präparationen, welche über das Krystallsystem der-
selben keinen Zweifel lässt.
Indem ich beabsichtigte das graphitförmige Bor womöglich genauer kry-
stallographisch zu untersuchen, bemerkte ich, dass dasselbe mit zwar sehr
kleinen aber ausgezeichneten diamantartigen Borkrystallen gemischt war.
Man findet darunter theils die Formen der ersten Göttinger, theils die
der ersten Pariser Bereitung, deren Messungen wir hier folgen lassen.
Krystall 23.
Farbe braunroth durchscheinend aber nicht durchsichtig wie viele Kry-
stalle der ersten Göttinger Präparation Die 4 Pyramidenwinkel von 111
wurden folgendermassen beobachtet:
Juni 10, 11, 23, 24.
42',7 (23)
8,8 (8)
54 ,6 (3)
56,6 (13)
55,7
Wir haben ausserdem noch mehere ganz ähnliche Kry stalle dieser Prä-
paration approximativ gemessen , welche anzuführen wir kaum für nöthig halten.
Krystall 24.
Endlich wurde ein dem regulären Octaeder ähnlicher Krystall wie Fig. 3
gemessen, der Polkantenwinkel fand sich von den frühem etwas verschieden,
nämlich :
K = 71° 49',9 (3)
a',a"
52
a"}a'"
53
af'\a+
52
a\a'
52
Mittel
52
ÜBER DIB ERYSTALLFORMEN DES BORS.
311
Man findet hier ebenfalls Zwillingsbildungen wie in der ersten Pariser
und ersten Göttinger Präparation.
Nachdem wir so das Material unserer Messungen in concentrirtester
Weise mitgetheilt haben, wenden wir uns zu einer genaueren Prüfung und
Berechnung desselben.
Wir beginnen damit aus allen Beobachtungen die wahrscheinlichsten
Werthe der Grundpyramide 111 und den zugehörigen Parameter c abzulei-
ten, mit welchem wir alsdann die Dimensionen der übrigen Gestalten berech-
nen und die so gewonnenen Resultate mit unsern Beobachtungen vergleichen.
In der nachfolgenden Übersicht finden sich zunächst die an den verschie-
denen Krystallen gemessenen Polkantenwinkel KJ£\K" . . . der Grundpyramide
111 und die zugehörigen Parameter c,C)C" . • . zusammengestellt.
Es bedeuten hier Gf ß" die Krystalle der ersten und zweiten Göltinger-,
P, P" die Krystalle der ersten und zweiten Pariser Bereitung.
Unter Z findet sich die Anzahl der gemessenen Winkel deren Mittelwerthe
hier aufgenommen sind.
Tab.
I.
1857
Datum
Kryst
Farbe l
1
Aug.
3
Hyacinthbraun '53°
2
März
1
Hyacinthroth
53
3
—
2
Hyacinthroth
53
4
Jan. 28
5
52
5
28
Dankelbraun'
53
6
28
53
7
28
52
8
Jan. 30
6
53
«•
30
Schwans
53
10
30
•
53
11
30
52
12
Mai 18
9
Dunkelbraun
52
13
Mai 18
52
14
Juli 29
10
Schwarz
58
15
29
4
53
16
29
Hellgelb durch-
53
17
29
sichtig
52
18
Aug. 8
9 1
■
52
19
- 81
•
Jkllhyaointhrotb
53
(
z
ß
Parameter c
2',9
5
G'
0,57600
3,0
10
G'
0,57601
1,2
5
G'
0,57549
58,5
10
F
0,5747-6
0,0
5
F
0,57518
20,0
5
F
0,58078
53,8
5
F
0,57356
7,4
10
F
0,57721
6,6
••■5 ■
F
0,57705
5,2
5
F
0,57664
59,2
10
F
0,57498
51,3
6
F
0,57275
56,0
10
F
0,57405
8,1
10
F
0,57747
2,0
10
F
0,57573
1,5
10
F
0,57562
59,1
6
F
0,57491
40,6
20
F
0,56979
2,7
15 i
i F
0,57588
312
W. SART0R1US VON WALTERSHAUSEN,
1857
Datum
Kryst.
20
Aug. 8
9
21
8
22
8
i
23
Aug. 10
7
24
Juli 28
22
25
26
27
i
28
29
Juni 10
23
30
11,23,24
31
32
!'
1
Farbe
Schwarz
Hellbraun
K
1 z
B
Parameter c
530 7^81 10
F
0,57735
52 47,1
5
F
0,57159
53 0,2
5
F
0,57521
53 8,9
10
F
0,57765
53 1,6
5
F'
0,57564
52 46,1
0
F>
0,57125
52 47 ,4
5
pu
0,57165
53 8,2
5
F'
0,57745
53 13,0
10
F'
0,57880
52 42,7
23
G"
0,57035
53 8,8
8
G"
0,57766
52 54,6
3
G"
0,57365
52 56,6
13
G" |
0,57433
Eine nähere Betrachtung der so zusammengestellten Zahlen zeigt, dass
im Werthe von K und in dem von ihm abhängigen Parameter c nicht uner-
hebliche Unregelmässigkeiten auftreten , welche streng genommen mit dem
Charakter des dimetriscben Systeines unvereinbar sind. Sie rühren aus vier
verschiedenen Ursachen her, welche man womöglich erst von einander zu
sondern hat, bevor man die Übereinstimmung zwischen Theorie und Beobach-
tung sicher zu beurtheilen vermag. Nämlich:
1) Aus den Beobachtungsfehlern der Messungen.
2) Aus der Unregelmässigkeit im Bau der Krystalle.
3) Aus verschiedenartiger isomorpher Substitution.
4) Aus ungleichen Temperaturen bei den verschiedenen Messungen.
Wir werden zunächst diese vier Momente im Bezug auf unsere Beobach-
tungen näher betrachten und ihren Betrag, so weit als thunlich zu ermitteln suchen.
1) Man darf sich nicht wundern, dass bei so kleinen Krystallen, deren
Flächen von einem ungeübten Auge nicht erkannt werden können und deren
Oberflächen in der Regel zwischen 0,1 und 0,01 Quadratmillimeter zu schwan-
ken pflegen verhältnissmässig bedeutendere Beobachtungsfehler vorkommen, als
bei etwas grössern Krystallen deren ebene Flächen so viel Licht reflectiren,
dass man in ihnen ein fernes gespiegeltes Object mit Hülfe eines Fernrohrs
beobachlen kann. Die meisten Borkrystalle waren von der Beschaffenheit,
dass sie sich nur in einem dunklen Zimmer, in welches durch eine quadrat-
förmige etwa zollgrosse Öffnung das nöthige Licht eingelassen wurde, messen
ÜBER DIB KRYSTALLFORMEN DES BORS. 313
Hessen. Die Verhältnisse der Localitat bringen es mit sich, dass für so ausser-
ordentlich iichtsch wache Krystalle nur eine sehr massige Entfernung des Licht-
punkts vom Auge angewandt werden kann; auf die Centrirung ist daher die
alleräusserste Sorgfalt zu verwenden. Ebenso erlaubt die Einstellung der ge-
spiegelten Bilder der verschiedenen Flächen nur einen sehr verschiedenen Grad
von Genauigkeit. Blanche Flächen lassen in dieser Beziehung nichts zu wünschen
übrig und man würde bei ihnen ohne Zweifel den äussersten Grad von Genauig-
keit erreichen, der nur überhaupt zu erreichen ist; doch trifft es sich zu
selten, dass beide Flächen gleich vollkommene Bilder reflectiren , und während
das eine eine scharfe Einstellung möglich macht, erlaubt das andere nur mit-
unter eine sehr approximative. Man wird unter solchen Umständen, selbst bei
Durchschnittswerthen von vielen Messungen, immerhin Fehler, welche auf
einige Minuten steigen , begehen können.
2) Abgesehen von diesen unvermeidlichen Beobachtungsfehlern zeigen
alle Krystalle, und so auch die hier untersuchten, in ihrem' Bau gewisse Unre-
gelmässigkeiten , welche wenigstens bei unsern jetzigen Kenntnissen auf kein
Princip zurückführbar sind und sich , um ein Bild zu gebrauchen , mit den
Unregelmässigkeiten in den Winkeln eines Daches vergleichen lassen, wel-
che durch eine unvollkommene im Innern ausgeführte Zimmerung des Fach-
und Sparrenwerks ihren Grund haben. Sie treten mitunter in den von uns
gemachten Messungen auf eine sehr auffallende Weise hervor, z. B. im Kry-
stall Nro. 8, gemessen am Sten Aug.
Die vier Pyramidenwinkel weichen von dem aus allen Krystallmessungen
gefundenen Mittel in folgender Weise ab:
Mittel Beob.-Ber.
K = 52ö 40,6 (20) 530 ^4 _ 20',8
K1 - 53 2,7 (15) 53 1,4 + 1,3
K" =53 7,8 (10) 53 1,4 + 6,4
K»' - 52 47,1 (5) 53 1,4 - 14,3
Insofern wir den Krystall als dimetrisch und nicht als monoklin betrach-
ten, sollten die Winkel K}K'9K"}K'" unter einander gleich. Min, während K
Phys.Classe. VII Rr
314 W. SARTORIUS VON WA LTERSHAÜSEN,
gegen den aus allen Beobachtungen abgeleiteten Durchschnittswert um etwa
2t' zu klein erscheint.
Der Winkel K, der übrigens gut beobachtet werden konnte, ist 20 Mal
nach einander gemessen worden und ist daher bis auf eine oder zwei Hinu-
ten zu verbürgen. Die hervorgehobene Abweichung liegt also in der Bauart
des Krystalls, nicht in den fehlerhaften Winkelmessungen, und zeigt eine jener
Unregelmässigkeiten, auf welche wir soeben hingedeutet haben.
Betrachten wir diesen Krystall als monoklin, so müssten die über der
Orthodiagonale liegenden Winkel K und KUI unter einander gleich, K' und K"
über der Klinodiagonale ungleich sein.
Wenn sich bei unserer Aufgabe durch Annahme des monoklinen Kry-
Stallsystems zwischen Theorie und Beobachtung eine grössere Übereinstim-
mung erzielen Hesse, als mit Zugrundelegung des dimetrischen , so würde das
letztere aufzugeben sein; allein ein Blick auf die in Tab. I. zusammengestell-
ten Beobachtungen wird uns überzeugen, dass die unregelmässigen Schwan-
kungen in K nicht durch Annahme eines monoklinen Systems zu beseitigen sind.
3) Wenn wir so eben beispielsweise am Krystall 8 auf die Unregel-
mässigkeiten seiner Bauart aufmerksam gemacht haben, so ist doch nicht un-
beachtet zu lassen, dass nur ein Theil derselben, in unserra Beispiele — 20',8
u. s. w. keine Gesetzmässigkeit befolgt, während ein anderer von der iso-
morphen Substitution des Bors durch Kohle und Aluminium herzurühren
scheint. Die grosse Farbenmannigfaltigkeit der dimetrischen Borkrystalle,
vornehmlich bei der ersten Pariser Präparation, welche vom tiefsten Schwarz
bis zum hellsten Gelb und Hyacinthroth alle möglichen Übergänge zeigt,
macht es sehr wahrscheinlich, dass einer jeden eine eigene chemische Zu-
sammensetzung zugehöre, welche bisjelzt nur durch die wenigen Analysen,
die freilich nicht mit Berücksichtigung dieses Gegenstandes ausgeführt sind,
bestätigt werden. Dass die in diesem Körper verbundenen Elemente Bor,
Kohle und Aluminium nach bestimmten Verhältnissen gemischt sind, ist nicht
wahrscheinlich, denn man bemerkt öfter an ein und demselben Krystalle zwei
verschiedene Farben, zum Beispiel hyacinthroth an seiner Spitze und braun-
schwarz am untern Ende.
Demungeachtet findet zwischen den verschiedenen Spielarten des dime-
OBER DIB KKYSTALLFORMEN DES BORS.
315
frischen Bors eine so grosse Übereinstimmung der Winkel statt , dass man
nicht daran zweifeln kann, dass hier Kohle und Aluminium das Bor isomorph
in der mannigfaltigsten Weise vertreten.
Immerhin wird es von besonderem Interesse sein nachzuforschen, ob für
diese verschiedenen Farbennüancirungen, denen sehr wahrscheinlich ver-
schiedene, aber isomorphe Zusammensetzungen entsprechen , auch eine durch
Messungen zu ermittelnde Formverschiedenbeit nachzuweisen sei. Dieser
Versuch ist im Nachfolgenden angestellt.
Wir haben nämlich aus Tab. I. die Mitlelwerthe von /f, K' K" .
für die einzelnen Krystalle mit Berücksichtigung ihrer Farbe zusammen-
gestellt.
Nachdem dadurch die unregelmässigen Fehler in ihrem Bau, so wie
die Beobachtungsfehler, entweder sogut als ganz unterdrückt oder doch we-
nigstens sehr ausgeglichen sind, werden die Winkelverschiedenheiten, welche
von der verschiedenen isomorphen Substitution der vorhin angeführten Ele-
mente abhängen, deutlicher hervortreten.
Die nachfolgende Tabelle II. enthält diese Mitlelwerthe von K und c für
12 verschiedene Krystalle, mit Angabe ihrer Farben, der Bereitung und der
Zahl der gemessenen Winkel.
Tab. II.
Farbe
Hyacinthbraun
Hyacinthbraun
Hyacinthbraun
Dunkelbraun
Schwarz
Dunkelbraun
Schwarz
Hellgelb
Hyacinthroth
Schwarz
Hellbraun
Hellbraunroth
Mittel
B
K
z
Parameter c
a
530 2',9
5
0,57600
a
53 3,0
10
0,57601
G*
53 1,2
5
0,57549
F
53 3,1
25
0,57607
F
53 4,6
30
0,57647
F
52 53,7
16
0,57340
F
53 8,1
10
0,57747
F
53 0,9
26
0,57542
p
52 55,7
55
0,57396
F
53 8,9
10
0,57765
F'
52 58,7
25
0,57479
G"
52 55,8
47
0,57399
|53° 1,4|264| 0,57556
Rr2
316
W. SART0R1DS VON W ALTBR3H AOSEN ,
f
Aus der Zusammenstellung dieser Beobachtungen geht ziemlich deutlich
hervor, dass die hellen Varietäten des diamanlfönnigen Bor etwas flachere,
die dunkeln etwas spitzere Pyramiden besitzen. Die einzige Ausnahme macht
davon die Messung 6, die wahrscheinlicher Weise mit einem constanten
Centrirungsfehler behaftet ist. Der Krystall konnte später nicht noch ein
Mal gemessen werden, da der aus vielen Individuen zusammengesetzte beim
Abnehmen vom Goniometer zerbrach. Lassen wir diese Beobachtung unbe-
rücksichtigt , so ordnen sich die übrigen Krystalle nach ihren Farben in folgen-
der Weise:
Schwarz
Dunkelbraun
k c
53° 3;! 0,57607
Gelb
53° i',0 0,57544
53°4,,6 0,57647
53 8,1 0,57747
53 8,9 0,57765
"5307^2 0,57720
Hjacinthbraun
53°2',9 0,57600
53 3,0 0,57601
53 1,2 0,57549
53° 2',4 0,57583
Hellbraun , Hellhjacinthroth
k c
52<>55',7 0,57396
52 58,7 0,57479
52 55,8 0,57399
52°56',7 0,57325
Endlich ergibt sich für K und c, nach der Farbe folgende Uebersicht:
Diamaotförmigei Bor
Schwarz
Dunkelbraun
Hyacinthbraun
Gelb
Hellbraun , Hyacintbroth
K
53° 7',2
53 3,1
53 2,4
53 0,9
52 56 ,7
0,57620
0,57607
0,57583
0,57544
0,57325
Der grösste Winkelunterscbied in K zwischen der schwarzen und hell-
ÜBER DIR KRYSTALLFORMEN DES BORS. 317
hyacinthrothen Varietät beträgt danach dK-=. 10',5 und die entsprechende Grösse
für den Parameter de - 0,00295.
In der eben mitgetheilten Zusammenstellung unserer Beobachtungen er-
blicken wir einen ersten, doch nur höchst unvollkommenen Versuch , der die
Möglichkeit zeigt, zwischen der chemischen Zusammensetzung und der davon
abhängigen äusseren Form einen Zusammenhang zu ermitteln; eine Arbeit von
deren eigentlichen Anfang wir freilich noch weit entfernt sind. Um diesem Ziele
wenigstens mit der Zeit näher zu kommen würde es erforderlich sein eine be-
detende Menge diamantförmigen Bors, etwa in der Art der ersten Pariser Prä-
paration darzustellen, dann die Krystalle nach den Farben zu sondern und sie,
nachdem die besten derselben gruppenweise gemessen sind, verschiedenen
chemischen quantitativen Analysen zu unterwerfen. Für den angegebenen Zweck
sind vielleicht auch etwas grössere und schärfer gebildete Krystalle zu erzie-
len , welche mit Hülfe eines Fernrohrs gemessen auf der einen Seite schärfere
Resultate liefern, auf der andern bei einer geringern Anzahl von Messungen,
die dann nur nöthig wären, diesen Theil der Arbeit beträchtlich abkürzen würden.
4) Es ist sodann darauf aufmerksam zu machen, dass die von uns mit-
getheilten Krystallmessungen , im Laufe eines halben Jahres, bei sehr unglei-
chen etwa um 20° C von einander liegenden Temperaturen angestellt worden sind.
Bei feinern Untersuchungen würde der bisjetzt unbekannte Einfluss der
Temperatur auf die Krystalldimensionen des Bors nicht ausser Acht zu lassen
und bei der Vergleicbung zwischen Beobachtung und Theorie mit in Rech-
nung zu bringen sein.
Nachdem wir im Vorhergehenden für den Mittelwerth des Parameters
c = 0,57556
gefunden .haben , werden wir mit demselben die Winkel mehrerer Pyramiden,
so wie einige andere aus ihnen abgeleitete Winkel berechnen und mit unsern
Beobachtungen vergleichen.
Man berechnet zuerst die Abmessungen für folgende, beim Bor beobach-
tete Pyramiden:
318 W. 8ART0RIUS VON WALTERSHAUSEN,
(Miller) (Naumann)
h h l K \L L
111 P 53° l',3 50°51',5 101» 43',0
2 2 1 2P 74 5,9 31 33,8 63 7,6
7 7 4 IP 70 43,3 35 4,2 70 8,4
7 7 5 fP 64 12,7 41 16,1 81 32,2
4 45 £/> 45 23,6 56 55,7 113 51,4
7 7 10 foP 40 59,0 60 19,6 120 39,2
Die aus raehrern Combinationen bestehenden Krystalle sind hauptsächlich
folgende :
KrystaU 3 Fig. 8
zeigt die Combinationen
111 211 110 010
Ein sehr ähnlicher nicht gemessener in Fig. 7 abgebildeter Kryslall zeigt die
Combination
111 2 11 110
Zwischen Rechnung und Beobachtung ergibt sich für den KrystaU 3 folgende
Uebereinstimmung :
Beob.
Ber.
Ber.-ßeob.
1 1 1
1 10
50° 36',7
50° 51 ',5
+ 14',8
1 1 1
22 1
19 3,8
19 17,7
+ 13,9
1 10
221
31 33,3
31 33,8
+ 0,5
1 1 1
11 1
53 3,0
53 1,4
- 1,6
KrystaU 5 Fig. 10
zeigt die Combination
111, 77 10, 110,010
Die Vergleichung zwischen Rechnung und Beobachtung ergibt:
Beob. Ber. Ber.-Beob.
111111 53° 2,1 53 1,3 — 0',8
111 775 9 27,2 9 35,4 + 8,2
110 0 10 45 4,0 45 0 — 4 ,0
KrystaU 9 Fig. 14
Combination 1110 10
Beob. Ber. Ber.-Beob.
111 Ti 1 52° 53',7 53» 1^3 7/^
111 010 63 29,9 63 32,0 2,1
Ober die krystallformen des bors. 319
Krystall 13 Fig. 3
Rhombotyp-hemiedrische Combination von
7 7 10 110
Die Neigung der Domafläche
Beob. Ber. Ber.-Beob.
ff" 7 7 10 7 710 59° 10',8 59°20',6 + 9',8
Kryslall 14
Beob. Ber. Ber.-Beob.
7 7 10 J7 7 10 59°26',2 59°20',6 — 5,6
7 7 10 7 7 10 41 20 40 59,0 — 21,0
An den Kryslallen 15 bis 20 ist die Neigung derselben rhombotyp-hemie-
drischen Pyramiden oder Domaflächen
7 7 10 "7 7 10
mit sehr schwankenden Werthen beobachtet, die im Mittel von der Theorie
um 17',5 abweichen. Die Fläche 7 7 10 ist in allen Fällen uneben, öfter
etwas gekrümmt und nie recht deutlich spiegelnd ausgebildet, dazu sind alle
diese Individuen ohne Zweifel Zwillings -Verwachsungen parallel der Fläche
110, was ich in Fig. 3 und 6 durch die Mittellinie in f anzudeuten ge-
sucht habe.
Dass der Pyramidenwinkel 7 7 10 7 7 10 nur einen sehr angenäherten
Werth gibt, ist bei der ausserordentlichen Kleinheit und undeutlichen Ausbil-
dung der Flächen nicht zu verwundern.
Krystall 11.
Diese Pyramide bekommt die Form 7 7 4
K Beob. Ber. Ber.-Beob.
70° 49' 70° 43' — 5',0
L
69° 51' 700 8',0 + 16',0
Es ist hervorzuheben, dass diese Abweichung zwischen Rechnung und Beob-
achtung nicht Folge der unregelmässigen Bauart dieses Krystalles ist, sondern
dass demselben ein etwas anderer Parameter zukömmt als der, welchen
wir fitr unsere Rechnung angenommen haben; es geht dieses schon daraus
hervor, dass sich L auf K> oder umgekehrt K auf L mit ziemlich grosser
Genauigkeit reduciren lässt.
Ber.-Beob.
+
0,7
—
0,4
+
5,1
+
2,6
+
7,8
320 W. S.A&TORIUS VON WALTERSHAUSEN,
Legen wir für diese Pyramide die Bezeichnung 7 7 4 zum Grunde, so ist
/ cos 45°
Mit dem vorhin gefundenen Mittelwerte \L = 34°58',5 ergibt sich
c = 0,57761
Zwischen Rechnung und Beobachtung findet man alsdann:
K Beob. K Ber.
700 48*,4 70° 49', 1
70 49,5 70 49,1
70 44,0 70 49,1
L L
69° 53',4 69 57,0
69 49,2 59 57,0
Diese kleinen Pyramiden - Octaeder dürfen also nicht nach den eben unter-
suchten Zahlenwerthen mit dem regulären Octaeder des isometrischen Systemes
verwechselt werden. Ihre eigentliche Farbe, wie ich aus vielen Beobachtun-
gen bemerkt habe, ist eine tief schwarze; mehrere derselben, zumal Kryslall
Nro. 11 sind nach Aussen messinggelb angelaufen.
Die mitgetheilten Beobachtungen sprechen ebenfalls dafür, dass den
schwarzen Varietäten des diamantförmigen Bors, ein etwas grösserer Parame-
ter als den lichtbraunen und hellhyacinthrothen angehört.
Wir fanden vorhin als Mittelwerth für die schwarzen Varietäten:
für die Pyramide 111 K = 53°7',2 c = 0,57720
für Krystall Nro. 11. 111 K = 53° &',8 c = 0,57761
und fast genau übereinstimmend mit Krystall Nro. 7.
Es sind von diesem Pyramiden-Octaäder noch mehrere andere Individuen,
die namentlich in sogleich zu beschreibenden Zwillingsformen auftreten und
nahezu dieselben Winkelverhaltnisse zeigen , gemessen worden.
Krystall 12.
Man findet bei demselben den Mittelwerth von K = 70° 41 ',2 und nach
der letzten sehr zuverlässigen Bestimmung L — 70° 7',8.
Daraus folgt:
Beob. Berech. Ber.-Beob.
K - 70° 41 ','2 70° 42,5 + l',3
L - 10 7,8 70 10,2 +2,4
Ober die krtstallformen des bors. 321
Die Indices dieser Pyramide sind 7 7 4, mit denselben und dem berech-
neten L findet sich c = 0,57525, etwa dem Mittelwerthe entsprechend.
Im Krystall 24 ist möglicher Weise ein Versehen beim Ablesen um 1°
vorgekommen, bei neuen Messungen ist er verloren gegangen.
Endlich ist noch der Krystall 21 mit der Rechnung zu vergleichen. Er
zeigt die bisjetzt noch nicht beobachtete Combination Fig. 11.
445 04 5 110 010
Beob. Berech. Ber.-Beob.
4 4 5 4 4 5 45° 29',3 45° 23',6 — 5',7
Es ist eine besondere Eigentümlichkeit der Bor-Krystalle , dass mit-
unter gewisse Flächen auf Kosten anderer ausserordentlich erweitert werden,
wodurch sehr schwer zu entziffernde Formen entstehen; in denen man sich
nur mit Hülfe des Goniometers orientiren kann.
Als eines der interessantesten Beispiele dieser Art führen wir einen
kleinen schwarzen Krystall an, welcher in Fig. 17 abgebildet worden ist. Auf
den ersten Blick wird man denselben für eine Form des monoklinen Systemes
halten, doch erkennt man in ihm bei genauerer Untersuchung das soeben
beschriebene Pyramidenoctaeder 7 7 4, in dem 6 Flächen die zwei ent-
gegengesetzten 7 7 4 und 7 7 4 gänzlich verdrängt haben. Die Richtigkeit
dieser Ansicht zeigt sogleich eine sorgsam ausgeführte Messung. Man findet
nämlich den Polkantenwinkel der Pyramide übereinstimmend mit dem einen
Winkel des monoklinen Prismas nämlich =: 70° 5 3 ',7 (5), während vorbin
bei Krystall Nro. 11. K = 70° 49' beobachtet worden ist.
Um diese merkwürdige Flächenerweiterung noch etwas deutlicher zu
machen, ist in die von 6 Rhomben umschlossene Gestalt Fig. 17 die Pyra-
mide 7 7 4 hineinconstruirt Wir müssen ferner bemerken, dass dieser Kry-
stall wahrscheinlicher Weise ein Zwilling ist, da man auf der Fläche e e\ in
der geneigt liegenden Diagonale eine Streifung oder bei genauerer Betrach-
tung einen einspringenden Winkel bemerkt. Die Verwachsungsfläche wäre
dann parallel 0 7 4.
Ein zweiter durch seine Flächenerweiterungen sehr merkwürdiger Kry-
stall wurde von mir erst vor wenigen Tagen beobachtet und ist daher
nicht abgebildet worden. Er wird von 14 Flächen umschlossen und gleicht
Phys. Classe. VII. Ss
322 W. SARTORIÜS VON WALTER SHA ÖSEN,
einer hexagonalen Combination. Es gehören 8 derselben der 'Pyramide
1 1 1 an, von denen 4 paarweise erweitert und 4 paarweise zurückge-
drängt sind.
Erweitert sind h h l
h T l
h h 1
A_ "* 7
Zurückgedrängt h h l
h h l_
I h i
Ä "ä l
Ferner erscheinen die 4 Flächen von 110 paarweise erweitert und
zurückgedrängt, und endlich nur ein Paar von 0 1 0 so erweitert, dass der
Krystall dadurch ein tafelartiges Ansehen bekömmt.
Man beobachtet diese Krystalle, welche sich durch eine hell hyacinth-
rothe Farbe und besondern Glanz auszeichnen, unter den Krystallen der er-
sten Pariser Präparation.
Wir haben zuletzt noch den beim Bor beobachteten Zwillingsbildungen
unsere Aufmerksamkeit zu schenken.
Es gibt ausser dem in Fig. 17. beschriebenen drei, vielleicht vier we-
sentlich verschiedene Arten.
1) Die rhombotypen, nach 110 verbundenen Zwillinge von Fig. 3
und 6. die nicht näher untersucht werden können, da keine genügenden Mes-
sungen derselben zu erhalten sind.
2) Zwillinge von 1 1 1 0 10, parallel 0 1 0. Sie sind in Fig. 16.
abgebildet und zeigen sich sehr ausgezeichnet in der ersten Göttinger Präpa-
ration. Die gruppirten Krystalle von Fig. 12. und Fig. 13., welche von tief
brauner oder schwarzer Farbe in grosser Mannigfaltigkeit in der ersten
Pariser Präparation gefunden werden, sind nur Wiederholungen solcher
Zwillinge.
3) Ausserordentlich merkwürdig sind die in Fig 18 und 19 abgebildeten
Zwillinge, welche aus Pyramidenoctaöder-Segmenten der Form 7 7 4 Fig. 15,
zwei-, drei- und vielleicht mehrfach parallel 7 7 4 zusammengesetzt, hervorge-
Ober die krystallformen des bors. . 323
hen. Sie haben mit den bekannten Hemitropien des Spinells und Magneteisen-
steins die grösste Aehnlichkeit und sind in den beiden Göttinger und der er-
sten Pariser Präparation, in der letzten sehr häufig, beobachtet worden.
Der einspringende Winkel ee" Fig. 18. ergibt sich durch die Messung:
370 35'
Der Pyramidenwinkel wurde K zz 70° 51' beobachtet, woraus der be-
rechnete Winkel ee" =: 38° 12' folgt. Erst in der aller neuesten Zeit ist es
mir gelungen eine 4te Art von Zwillingen zu beobachten, welche den Gestal-
ten von Fig. 3. und Fig. 6. ähnlich sind ; sie zeigen indess, wie es scheint, die
rbombotyp ausgebildete Pyramide 111 und einige noch nicht hinreichend con-
statirte Flächen, über die nach genauerer Untersuchung gelegentlich berichtet
werden soll.
Eine ganz besondere Aufmerksamkeit verdienen die ebenfalls kleinen aber
sehr zierlichen Krystalle des graphitförmigen Bors. Wöhler hat diesen ausge-
zeichneten Körper zu zwei verschiedenen Malen dargestellt. Beide Bereitun-
gen zeigen sehr dünne, elastisch biegsame 6seitige undurchsichtige Täfelchen,
welche imm bis l,5mm im Durchmesser und kaum 0,lmm Dicke besitzen. Ihre
Farbe ist zwischen stahlgrau und kupferroth, sie gleichen unter den bekann-
ten Mineralkörpern am Meisten den Magnetkieskrystallen.
Bei der Ungewissheit , welchem System das graphitförmige Bor zuge-
rechnet werden müsste , .erkannte ich die Notwendigkeit einer näheren Unter-
suchung und Messung desselben, welche letztere anfangs unmöglich schien,
aber schliesslich nicht ohne Mühe in approximativer Weise soweit gelang,
dass dadurch das in Frage stehende Krystallsystem ohne Zweifel für das hexa-
gonale erkannt worden ist.
Das graphitförmige Bor der ersten Bereitung zeigte eine grosse Menge
dieser ßseitigen Täfelchen von einer solchen Dünne, dass sich eine Messung
derselben als durchaus unmöglich erwies ; dagegen fanden sich unter der zwei-
ten Präparation Krystalle von etwas grösserer Dicke und von ausserordentli-
cher Regelmässigkeit, unter denen ich nach längerra vergeblichen Suchen ei-
nige von der Form von Fig. 20 auffand, weiche sich zur Messung eigneten.
Ss*
324 • W. SARTORIDS VON WALTERSHAUSEN,
Sie zeigen sich als die Combination des sechsseiligen Prismas mit einer (Zei-
tigen Pyramide, welche letztere in sehr zarten glänzenden Linien jene an bei-
den Seiten ringförmig begrenzt In der Natnr ist das Verhältniss der Dicke
zor Breite der Tafel meist noch geringer als in der mitgetheilten Zeichnung;
ich schätze die erstere unter 0,lmm. Eine jede der drei Flachen, die des
Prismas und der Doppelpyramide sind daher kaum 0,03mm breit. Ungeachtet
ihres Glanzes reflectiren sie daher so wenig Licht, dass nur folgende Messun-
gen möglich wurden:
Die Messung ergab Beob. Theorie.
r, l 900 15/ 900
r, r 59 38 60
r, o 39,5
Es geht daraus auf das Deutlichste hervor ; dass diese Kry stalle keine
Octaeder-Segmente des regulären Systems, sondern deutliche hexagonale Formen
sind; um so geeigneter erscheint der von Wöhler gewählte Name graphitför-
miges Bor.
Während ich mit den Untersuchungen des Bors vom Ende des verflosse-
nen Jahres an vielfach beschäftigt gewesen war, hatte zu gleicher Zeit Herr
Quintino Sella in Turin der Erforschung desselben Gegenstandes seine Aufmerk-
samkeit gewidmet. Er hatte die Güte mir über seine Beobachtungen, so weit
es die Entfernung erlaubte, einige Mittheilungen zu machen, welche in vieler
Beziehung mit den von mir gefundenen übereinstimmen.
Zuerst erhielt ich im April dieses Jahres von Herrn Sella eine sehr aus-
gezeichnete Abhandlung „Sülle forme cristalline di alcuni sali di Piatino e del
Boro adamanlino", aus der wir hinsichtlich der Krystallformen des Bors Fol-
gendes hervorbeben.
Herr Sella erhielt zufälligerweise durch Herrn Sainte Ciaire Deville aus
Paris einige kleine, auf der schon erwähnten Grundmasse aufgewachsene Kry-
stalle, welche wahrscheinlich der ersten Göttinger Präparation angehören.
Unter den von Sella und mir beobachteten Winkeln findet folgende lieber-
einstimmung statt:
ÜBER DIB KRYSTALLFORMEN DES BORS. 325
Sella S. v. W.
10 0 111 = 630 24' 63o 29',9
110 111 =50 56 50 51,5
110 2^2 1 = 31 50 31 33 ,3
1 1 1 1 1 1 = 53 12 53 1,3
Seitdem hat Herr Sella der Turiner Akademie eine zweite, mir bisjetzt noch
unbekannte Abhandlung, welche denselben Gegenstand bebandelt, übergeben,
aus welcher mir nur ein Auszug aus der Gazzetta Piemontese, sabato li 20 di
Gugno 1857 mitgetheilt worden ist.
Diese kurze Anzeige gibt keine deutliche Einsicht in die Arbeiten des
Herrn Sella, und ich möchte fast daraus entnehmen, dass ihm das von Wöh-
ler dargestellte graphitförmige Bor nicht zur Untersuchung vorgelegen hat, da
er sonst ohne Zweifel die hexagonale, von mir beschriebene Krystallform er-
kannt haben würde* Während Wöbler und Deville das graphitförmige, dia-
mantartige und amorphe Bor in ihrer Abhandlung unterscheiden, bemerkt Sella,
dass jene beiden ausgezeichneten Chemiker folgende 3 Arten beschreiben:
1) Schwarze Lamellen von fast reinem Bor;
2) diamantglänzende Prismen in denen das Bor durch Kohle und Alumi-
nium theilweise vertreten wird;
3) mikroskopische, sehr glänzende Octaeder von noch unbekannter Zu-
sammensetzung, in denen sich vermutlich auch Bor mit Kohle und Aluminium
verbindet.
Das von Sella mit 1 bezeichnete Bor, von dem er keine Krystallform
angibt, dürfte vielleicht das graphitförmige sein ; das mit 3 bezeichnete, als be-
sondere Präparation, ist uns gänzlich unbekannt.
Dagegen finden sich zwischen dem diamantförmigen Bor der ersten Pa-
riser und zweiten Göttinger Bereitung, wie ich sie genannt habe, zugleich mit
den prismatischen Formen jene kleinen, dem Octaeder ähnlichen Krystalle, die
wenigstens nach meinen Messungen dem dimetrischen und nicht dem iso-
metrischen Systeme, für die sie Herr Sella zu nehmen geneigt scheint, an-
gehören.
Es sprechen dafür folgende Gründe: zuerst weichen die verschiedenen
326 W. SARTORIUS VON WALTER SHAÜSEN, ÜB. D.KRTSTALLF. D.BORS.
Polkanten winkel Ä, ÜP, K"... die unter sich nahezu fibereinstimmen und die
Winkel L, L\ L" ... an der Basis fast um einen Grad von einander ab,
während sie sich durch Rechnung auf einander reduciren lassen. Sie entfer-
nen sich etwa um die Hälfte dieses Betrages vom regulären Octaeder, eine
Grösse, die bei der Schärfe, welche die Messungen erlaubten, nicht wohl ge-
irrt werden kann.
Diese dem Octaeder so nahe verwandte Pyramide ist endlich aus dem
Parameter c und ihren Indices 7 7 4 scharf zu berechnen. Ob ihre Win-
kel von Herrn Sella gemessen, lässt sich aus dem mir mitgetheilten Auszuge
seiner zweiten Abhandlung nicht ersehen, indess ist es dieselbe, an welcher
wir gemeinsam jene vorhin beschriebenen Zwillingsformen beobachtet haben.
Obgleich über die chemische Beschaffenheit dieser kleinen octaedrischen Pyra-
miden bisjelzt noch alle Erfahrungen fehlen, ist es kaum zu bezweifeln, dass
sie eine den nadelartigen Borkrystallen ähnliche Zusammensetzung besitzen,
mit denen sie gemeinsam und in der nächsten Berührung entstanden sind.
Die Flächen beider lassen sich mit befriedigender Genauigkeit durch Rechnung
aufeinander reduciren und ihre allerdings etwas verschiedenen Typen, die ich
nur den verschiedenen sehr wechselnden isomorphen Substitutionen von Bor,
Kohle und Aluminium zuschreiben kann , sind nicht wunderbarer als zwei un-
gleich gefärbte, etwas verschieden gemischte Kai kspatbkry stalle, z. B. Rhom-
boeder und sechsseitige Säulen, die an ein und derselben Stufe dicht neben
einander erscheinen. Die Untersuchungen über diese interessanten sehr kleinen,
nur dem geübten Blicke erkennbaren Borkrystalle sind von Herrn Sella und
mir ganz unabhängig, etwa zu derselben Zeit mit gleicher Liebe zur Sache
durchgeführt. Die von uns erhaltenen Endresultate werden gewiss in allen
wesentlichen Punkten übereinstimmen , und sich vielleicht hier und da in der
einen oder andern Richtung gegenseitig ergänzen.
Erklärung der Kupfertafeln.
Tafel I.
Fi*
1. Grundkrystallisation des diamantförmigen Bors, Pyramide 111, ohne
Combination an sehr kleinen zierlichen, hellhyacinthrothen Krystallen der
ersten Pariser Bereitung beobachtet.
2. Combination 111 110, mehrfach von hellbrauner und honiggelber
Farbe, unter den Krystallen der ersten Göttinger und ersten Pariser Be-
reitung beobachtet
3. Rhombotyp - hemiödrische Form der Combination 7 7 10 110 immer
von schwarzer Farbe und meist farbig angelaufen. Findet sich nur unter
den Krystallen der ersten Pariser Bereitung. Undeutliche Zwillinge.
4. Pyramide 7 7 4, dem regulären Octaeder ähnlich. Die Flächen sind
glänzend; öfter angelaufen. Beobachtet bei der ersten Pariser und zwei-
ten Göttinger Bereitung.
5. Combination 111 110 010; eine der häufigsten Formen beim Bor.
6. Der Fig. 3 ähnlich, nur erscheint noch die andere Hälfte der kleinen Py-
ramide 7 7 10, beobachtet unter den Krystallen der ersten Pariser Be-
reitung.
7. Combination 111 2 2 1 110 0 10, beobachtet an Krystallen
der ersten Göttinger Bereitung.
8. Combination 111 221 110010, Krystall der ersten Göttinger
Bereitung.
9. Sphenoidiscb hemiödrischer Krystall von 7 7 10, 110. Erste Pariser
Bereitung.
328 ERKLÄRUNG DER KUPFERTAFELN.
Tafel IL
Fig.
10. Lang-säulenförmige Combination von 111, 775, 110, 010; nur
ein Mal beobachtet bei der ersten Pariser Bereitung.
1 1 . Lang - säulenförmige Combination von hellgelber Farbe 4 4 5, 045,
110, 0 10.
12 und 13. Gruppirte Krystalle von der Combination 1 1 1, 0 1 0, wie sie
sich in vielfachen Modificationen , meist von schwarzer oder dunkelbrau-
ner Farbe, in grosser Menge zwischen den Krystallen der ersten Pariser
Bereitung finden.
14. Combination von 1 1 1, 0 1 0, häufigste Form beim Bor, mit mannig-
faltigen, oft sehr eigenthümlichen Erweiterungen einzelner Flächen.
15. Segment der Pyramide 7 7 4, ziemlich häufig in kleinen, schwarzen, sehr
glänzenden Krystallen in der ersten Pariser Bereitung.
16. Zwilling von 1 1 1, 0 1 0. Zusammensetzungsfläche parallel 0 10. Be-
obachtet bei der ersten Göttinger und ersten Pariser Bereitung.
17. Eigenthümlich erweiterte Pyramide 7 7 4. Wahrscheinlich Zwillingsbil-
dung, verwachsen nach 0 7 4. Nur ein Mal unter den Krystallen der
ersten Pariser Bereitung beobachtet.
18. Zwilling von zwei Pyramiden 7 7 4; Zwillingsfläche 7 7 4, häufig un-
ter den Krystallen der ersten Pariser und ein Mal unter den Krystallen
der ersten Göttinger Bereitung beobachtet.
19. Drilling in derselben Weise, unter den Krystallen der ersten Pariser Be-
reitung beobachtet.
20. Krystall des graphitförmigen Bors; Endfläche, hexagonales Prisma und
Pyramide.
Krysfallformen des Bor
Krys fallt
ormen
des B
Ol
I
6
8
SvWdeletsc
Ueber neue Verbindungen des Siliciums;
von
H. Buff und F. Wohler.
Der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften vorgelegt am 22. September 1857.
1. Silicium wasserstoffgas.
JLfas Aluminium als Bestandtheil einer galvanischen Kette zeigt, je nach Be-
schaffenheit der Flüssigkeit, in welche juan es eintaucht, Analogien bald mit
den schwer oxydirbaren Metallen, bald wieder im auffallendsten Grade mit den
metallischen Grundlagen der Alkalien, und im Allgemeinen von einer Flüssigkeit
zur andern so mannichfaltige Beziehungen, dass man aus seinem Verhalten in
einem gewissen Falle auf dasjenige in einem andern Falle bisher kaum mit
einiger Sicherheit Folgerungen zu ziehen vermochte. Betrachtungen dieser
Art gaben uns zunächst die Veranlassung, die electrische Einwirkung des
Aluminiums auf neutrale Chlorsalze einer Prüfung zu unterwerfen.
In den Lösungen des Chlornatriums, des Chlorammoniums, des Mangan-
und Eisenchlorürs wird das Aluminium bei gewöhnlicher Temperatur kaum
bemerkbar und selbst in der Siedhitze nur sehr wenig, obwohl unter sicht-
barer Entwickelung von Wasserstoffgas, angegriffen. Nach Tage langer Ein-
wirkung bemerkt man Spuren von Thonerdehydrat in Gestalt einzelner zarter
Flocken. Da man beim Zink, Eisen und bei anderen Metallen, die sich in
Säuren unter Wasserstoffentwickelung auflösen, die Erfahrung 'gemacht hat,
dass diese directe chemische Action unter dem Einflüsse des electrischen
Stroms immer vermindert und oft sogar ganz unterbrochen wird, so durfte
man erwarten, dass das Aluminium, als positives Ende einer galvanischen
Kette in Kochsalzlösung getaucht, nicht den geringsten directen chemischen
Phys.Classe. VII. Tt
330 H. BDFF UND F. WOHL ER,
Angriff erfahren werde. Wir waren daher überrascht, einen
Aluminiumstab, vom Augenblicke des Schliessens einer Kette von 8 bis 12
Bun senschen Paaren, unter starker Gasentwickelung an seiner Oberfläche
sich auflösen zu sehen; und unsere Aufmerksamkeit wurde noch mehr gespannt,
als einzelne der aufsteigenden Gasblasen bei dem Zerplatzen an der Luft sich
von selbst entzündeten und mit weisser Flamme, unter - Erzeugung eines
weissen Rauchs verbrannten.
Dieses eigenthümliche Gas, in Glasröhren, die mit Salzwasser gefüllt
waren, gesammelt, liess sich über der Salzlösung unverändert aufbewahren.
Wenn man aber eine Luftblase oder eine Blase reines Sauerstoffgas zutreten
liess, explodirte es augenblicklich unter Feuererscheinung, indem sich zugleich
der ganze innere Raum mit einem weissen Nebel erfüllte. Zuweilen konnten
mehrere Sauersloffblasen nach einander immer von Neuem Entzündung be-
wirken. Doch verschwand dadurch in allen Fällen nur ein kleiner Theil des
Gasinhaltes. Der Rest, der sich dann nicht mehr bei der Berührung mit
Sauerstoff von selbst entzündete, eudiometrisch geprüft, verhielt sich wie
Wasserstoffgas.
An dem Aluminiumstab als positivem Pole hatte sich also Wasserstoffgas
entwickelt, dem eine geringe Menge eines anderen, selbstentzündlichen Gases
beigemengt war.
Die Leichtigkeit, womit sich dieses Gasgemenge beim Zutritt der Luft
entzündete, blieb sich übrigens nicht immer gleich. Zuweilen geschah es
unter heftigen Explosionen, begleitet von glänzender Lichterscheinung. Zu-
weilen wieder trat die Entzündung nicht freiwillig ein, konnte aber herbei-
geführt werden, indem man die auf der Flüssigkeit schwimmenden Blasen mit
einem beissen Platindrahte berührte. Viele der aufsteigenden Blasen konnten
selbst durch dieses Hülfsmittel nicht entzündet werden. Diese letztern konnten
folglich nur wenig oder nichts von dem selbstentzündlichen Gase enthalten
haben. Wif erkannten bald, dass diese Verschiedenheiten theils von der
Beschaffenheit des angewendeten Aluminiums, theils aber auch von der Erzen-
gungstemperatur des Gases abhängig waren. Wenn die Flüssigkeit, aus der
es sich entwickelte, durch lange Dauer eines starken Stroms nach und nach
erhitzt worden war, oder wenn man die Steigerung der Temperatur dadurch
Ober neue Verbindungen des siliciums. 331
förderte, dass der Salzlösung nur eine kleine Aluminiamfläche dargeboten
wurde, so nahm die Menge des selbstentzündlichen Gases ab, und endlich
blieb es ganz aus. Die Abnahme dieses Gases und selbst sein gänzliches
Ausbleiben war ohne merklichen Einfluss auf die Gasentwickelung im Allge-
meinen. Die Erscheinung des selbstentzündlichen Gases konnte daher nur in
einem untergeordneten Zusammenhange stehen mit der Art der Einwirkung
des Aluminiums auf die Salzlösung. Eine weitere Bestätigung erhielt diese
Folgerung durch die Erfahrung, dass die Gasentwickelung am positiven Pole,
bei verschiedenen Aluminiumstücken von ungleicher Reinheit, sich so ziemlich
unverändert zeigte, während die reichlichste Ausbeule an selbslentzündlichettt
Gase besonders von solchen Stücken erhalten wurde, die ziemlich viel Silicium
enthielten.
Gestützt auf diese Erfahrungen benutzten wir zur Darstellung des Gases
in der Folge vorzugsweise ein an Silicium reiches Aluminium, wozu das ans
Paris im Handel vorkommende schon hinreichend geeignet ißt, da es stets
eine bedeutende Menge Silicium enthält; zugleich vermieden wir während der
Dauer des electrolytischen Vorgangs möglichst eine starke Erhitzung der Flüs-
sigkeit. Wenn wir dadurch sicher waren, das selbstentzündliche Gas immer
wieder erhalten zu können, so blieb gleichwohl das quantitative Verhältniss
desselben immer nur gering. Da wir überdiess kein Mittel fanden, dasselbe,
ohne es zu zerstören, von dem in grossem Ubermaasse beigemengten Wasser-
Stoff zu (rennen, so musslen wir uns vorläufig auf die qualitative Untersuchung
beschränken, aus der indessen unzweifelhaft hervorgegangen ist, dass dieses
selbstentzündliche Gas eine Verbindung von Silicium mit Wasserstoffgas ist.
Wir verschafften uns zu diesem Zweck grössere Quantitäten , bis sn
300 CC. des Gasgemenges. Sie wurden in einer am oberen Ende durch pinen
Hahn verschliessbaren Glasglocke gesammelt Liess man dieses Gas durch die
Öffnung des Hahns unmittelbar in die Luft austreten, so entzündete es sich
gewöhnlich von selbst und verbrannte mit weisser leuchtender Flamme, indem
sieb an dem Rande der Ausmündung ein weisser Anflug absetzte, der sieh
wie Kieselerde verhielt.
Wenn eine Scheibe von weissem - Porcellan gegen die Flamme gehalten
wurde, so bildeten sich darauf Flecken, je nach ihrer Dicke von brännlich-
Tt2
332 H. BÜFF UND F. WÖHLER,
gelber bis chocoladebrauner Farbe. Dieselben veränderten sich nicht in der
Löthrohrflamme , waren in Wasser und Säuren unlöslich, lösten sich aber in
Ätzkali unter Gasentwickelung. Diese Substanz konnte also nur aus Silicium
bestehen.
Eine andere Menge des Gases wurde durch ein ll/2 Millimeter weites
Rohr von schwer schmelzbarem Glase geleitet, in welches man zuvor mehrere
schmale Streifen Platin gebracht, dann bis zum Erweichen des Glases erhitzt
hatte. Die Platinfläche so wie die Glaswände bedeckten sich mit dem vor-
erwähnten braunen Anfluge, der auf dem Glase spiegelnd erschien und gleich
dem aus der Flamme abgeschiedenen die characteristischen Eigenschaften des
amorphen Siliciums zeigte. Das der äusseren Mündung des Glasrohrs ent-
strömende Gas entzündete sich jetzt nicht mehr von selbst. Angezündet war
seine Flamme gleichwohl heller als die des reinen Wasserstoffs; auch bildete
sie noch immer einen weissen Nebel. Ein Theil des leicht entzündlichen
Gases schien hiernach zurückgeblieben zu sein, obschon die grössere Menge
augenscheinlich unter Abscheidung von Silicium zersetzt worden war. Die
Gewichtszunahme des Glasrohrs betrug dessenungeachtet nur 4,5 Milligrm. auf
250 CC. des ursprünglichen Gasgemenges.
Bei einer Wiederholung dieses Versuchs wurde das aus dem erhitzten
Glasrohr strömende Gas über Salzwasser in einer graduirten Glocke aufge-
fangen. Es schien sein anfängliches Volum nicht geändert zu haben. Sicher
liess sich darüber nicht entscheiden, weil in der Röhrenverbindung beider
Glocken etwas Luft zurückgeblieben war, und weil als Verbindungsstücke
Cautschuckschläuche angewendet werden mussten. Kleine Volumänderungen
konnten daher der Wahrnehmung entgangen sein. Mit Hülfe des folgenden
genaueren Verfahrens zeigte sich, dass in der That eine geringe Volumvermeh-
rung stattgefunden hatte.
Es wurden 183 CC. des Gases bei 23°,2 C. und unter 331"',1 Druck in
einer 33mm weiten, graduirten Glasglocke gesammelt. Letztere stand in einem
hohen, mit Salzwasser gefüllten Cylinderglase. In diese Glocke wurde von
unten ein dünner Plalindraht eingeschoben, dessen beide Enden um dickere,
in gebogene Glasröhren geschmolzene Platinstücke gewickelt waren. Die
doppelschenkelig gebogenen Röhren enthielten Quecksilber und gestatteten da-
ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SILICIDHS. 333
durch eine leitende Verbindung des Drahts nach Aussen. Diese Anordnung
war getroffen worden, urp den dünnen, sich fast durch die ganze Länge der
Glocke in doppelter Linie erstreckenden Draht mittelst des electrischen Stroms
zum Glühen bringen zu können. Die Erreichung dieses Zwecks wurde in-
dessen durch den bekannten abkühlenden Einfluss des Wasserstoffs über alle
Erwartung erschwert, und erforderte einen Strom, dessen Stärke diejenige,
wobei derselbe Draht in der Luft zum Glühen kam, um mehr als das Drei-
fache übertraf. Während des Glühens bedeckte sich der Draht seiner ganzen
Länge nach mit Silicium. Leider wurde aber auch die Innenwand der Glas-
glocke theilweise mit einem dünnen Anfluge davon bedeckt, wodurch die
Hoffnung, auf diesem Wege zugleich eine genauere Gewichtsbestimmung des
Siliciumgehaltes zu gewinnen, getäuscht wurde. Nach dem vollständigen Er-
kalten des Glases ergab sich bei 21° Lufttemperatur und unter 331 '",54 Druck
ein Gasvolum von 190 CC, welches sich nach mehrmals wiederholtem Er-
glühen des Platindrahts und Abkühlung nicht weiter änderte. Der Zutritt von
Sauerstoff zu demselben bewirkte unmittelbar keine Entzündung mehr, und
als dieselbe durch erneuertes Glühen des Platindrahts herbeigeführt wurde,
bildeten sich keine weissen Nebel. Das selbstentzündliche Gas war also unter
Abscheidung von Silicium vollständig zerstört worden. Die beiden gemessenen
Gasvolume auf 0°Mind 33ö"',9 Druck reducirt, gaben 165,76 und 173,61 CC.
Das anfängliche Volum hatte also durch Entfernung seines Siliciumgehaltes um
7,85 CC. zugenommen. In einem andern Falle waren 70,66 CC. des Gasge-
menges in 74,79 reinen Wasserstoff verwandelt worden.
Diese Erfahrungen sind leider unzureichend, um über die quantitative
Zusammensetzung des selbstentzündlichen Gases Aufschluss zu geben; doch
dürfen wir als ausgemacht betrachten, dass dieses Gas eine Verbindung ist
von Silicium mit Wasserstoffgas , dessen Volum dabei eine Verdichtung er-
halten hat.
Das Silicium- Wasserstoffgas ist in reinem, luftfreiem Wasser, gleich
wie im Salzwasser unlöslich. Verdünnte Schwefelsäure und Salzsäure lassen
dasselbe unverändert. Mit Ätzkalilösung geschüttelt wird es schon bei ge-
wöhnlicher Temperatur zersetzt, und zwar unter Vermehrung des Gasvolums.
Mit Chlor entzündet es sich ähnlich und selbst noch leichter als mit Sauerstoff.
334 H. BDFF UND F. WÖHLER,
Aus den Lösungen des Chlorkaliums, Chlorammoniums, des Eisen- und
Manganchlorürs und selbst des Chloraluminiums entwickelt das Aluminium als
positiver Pol, ähnlich wie aus Salzwasser, ein Gemenge von Wasserstoffgas
mit wenig Silicium-Wasserstoffgas. Auch in Salzsäure, so weil verdünnt, dass
sie das Aluminium für sich nur wenig angreift, entstand unter Mitwirkung des
Stroms sogleich eine starke Entwicklung von Wasserstoffgas mit einzelnen
Blasen von Siliciumwasserstoffgas das sich an der Luft entzündete.
Wir haben eine grosse Zahl von Versuchen gemacht, die Bildung des
Sfliciumwasserstoffs auf rein chemischem Wege in die Gewalt zu bekommen,
ohne aber bis jetzt den Zweck zu erreichen. Nur noch auf eine Art haben
wir seine Bildung, wiewohl nur in kleiner Menge, beobachtet, nämlich bei
der Auflösung von siliciumhaltigem Aluminium in verdünnter Chlorwasserstoff-
Säure. Wird das sich entwickelnde und durch Chlorcalcium getrocknete Was-
serstoffgas angezündet , so brennt es mit leuchtenderer Flamme als reines Wasser*
stoffgas, und hält man gegen dieselbe eine kalte Glasfläche, so bildet sich
darauf ein weisser Hauch von Kieselerde und selbst zuweilen ein bräunlicher
Hauch von Silicium. Treibt man das getrocknete Gas durch ein an einer
Stelle glühendes enges Glasrohr, so bildet sich hier ein sehr deutlicher brauner
Spiegel von Silicium. Nie aber erhielten wir auf diese Weise ein an Silicium-
wasserstoff so reiches Gas, dass es sich von selbst entzündete, selbst wenn
wir ein Aluminium anwandten, das durch Schmelzen mit Wasserglas und
Kryolitb mit Silicium übersättigt war. Wir vermuthen, dass das den electro-
lytischen Vorgang begleitende Siliciumwasserstoffgas einen gleichen Ursprung
bat, dass nämlich in beiden Fällen Wasserstoff im Eutstehungsaustand^ mit dem
im Aluminium enthaltenen Silicium in Berührung kommt Jedoch scheint nut*
die mit dem Aluminium chemisch verfcv&dene kleine Menge Silicium, und nicht
das bloss eingetneagte die Verbindung mit dem Wasserstoff eingehen zu kön-
nen, denn die bei weitem grössere Menge des Siliciums fällt während der
Auflösung des Aluminiums davon ab, tkeils in Gestalt krystalünischer Blättchen,
theils als feines sohwaraes Pulver.
Wenn das Aluminium, sei es mit rein metallischer Oberfläche oder
bereits schob mit Silicium überdeckt, • als negativer Pol einer galvanischen
Kette in eine Salalösang getaucht wirft* r so bildet sich keine Spur von selbst*-
ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SIL1GIÜMS. 335
entzündlichemGase, das Aluminium wird nicht angegriffen und verliert nichts
von seinem Gewichte.
Die sonderbare Eigenschaft des Aluminiums, in den Lösungen vieler
Chlorsalze, in welchen es für sich unauflöslich ist, sowohl als negativer wie
als positiver Pol einer galvanischen Kette Wasserstoffgas auszuscheiden, eine
Eigenschaft, die, soweit uns bekannt , ohne Analogie ist, kann nur die Folge
sein eines vom rein electrolytischen Vorgange in secundärer Abhängigkeit
stehenden Processes. Darauf deutet zunächst der Umstand hin, dass die Gas-
mengen an beiden Polen in keinem einfachen und ganz unveränderlichen Ver-
hältnisse zu stehen scheinen. In der folgenden Tafel sind einige der von
uns ausgeführten Messungen zusammengestellt. Die bezeichneten Ablenkungen
beziehen sich auf die Nadel einer Tangentenbussole, haben jedoch nur eine
approximative Geltung, da man kein Gewicht darauf legte, die Stromstärke
im Laufe eines Versuchs absolut unveränderlich zu erhalten.
Ablenkung der Nadel
in uraden "
Wasserstoffgas
— Pole
in CC. am
+ Pole
Verhiltniss beider
Gasmengen
wie 100 zu
10<>,9
23,4
5,5
23,50
20°,7
27,1
6,0
22,14
29°,0
39,5
8,25
20,88
34<>,0
31,5
9,75
30,95 (*)
35°,0
695,6
165,8
23,83
46°,0
52,5
11,5
21,90
48°,0
52,0
12,0
23,08.
Mit einziger Ausnahme des vierten mit (#) bezeichneten Versuchs ent-
hielt das Gas des positiven Pols stets Silicium -Wasserstoff. Bei diesem Verv
suche war nur eine kleine Aluminiumfläche dem Strom ausgesetzt worden, die
Zersetzung ging unter starker Erwärmung vor sich, und in Folge der Erhitzung
der Flüssigkeit dauerte die Gasentwickelung auch nach Unterbrechung des
Stroms mit abnehmender Stärke noch einige Zeit fort. In allen übrigen Fällen
hätten durch Ausscheidung des Siliciums die in der vierten Spalte enthaltenen
Zahlen noch etwas zunehmen müssen. So erhielt man im fünften Versuche
aus 165,8 CC. Gas durch Abscheidung des Siliciums 173,6 CC, was fast
genau % von dem am negativen Pole gesammelten Gase ausmacht. Die
336 IL BDFF UND F. WÖHLKR,
Messungen waren mit grosser Sorgfalt ausgeführt und auf 0° und 336 '",9
reducirt. Doch mag das Verhältniss 4 : 1 nur ein zufälliges sein. Jedenfalls
sehen wir bis jetzt keinen nothwendigen Grund dafür ein.
Die Gewichtsmenge des aufgelösten Aluminiums ist mehrmals mit der
Wirksamkeit des electrolytischen Vorgangs, als deren Alaass das Volum des
am negativen Pole entwickelten Wasserstoffs dienen konnte, verglichen wor-
den. So wurde erhalten:
Wasserstoffgas bei 0° und unter GewichUrerlust des Alumini umdrahti
336"',9 Druck in Milligrm.
CC. Milligrm. gefunden berechnet
51,9 4,65 53,5 42,5
222.2 19,90 247,8 181,8
240.3 21,50 257,6 196,6.
Der berechnete Gewichtsverlust entspricht der Annahme, dass 3 Aqui-
valente des am Aluminium sich abscheidenden Chlors sich mit 2 Aq. Aluminium
zu Aluminiumchlorid verbanden. Die wirkliche Gewichtsabnahme betrug aber
reichlich um l/+ mehr. Nur ein kleiner Theil dieses Unterschiedes kann auf
Rechnung des während der Auflösung des Aluminiums sich gleichzeitig los-
reissenden Siliciums gebracht werden. Die beiden ersten Versuche waren
mit einem Drahte ausgeführt worden, der nur Spuren von Silicium enthielt
Der bei dem dritten Versuche • benutzte Draht enthielt 6,25 pC. Silicium. Im
Gewichtsverluste konnten hiernach ungefähr 16 Milligrm. Silicium eingeschlossen
sein. Damit stimmte die directe Bestimmung gut überein. Man hatte nämlich
die electrolytische Auflösung des Drahts in einer besonderen porösen Zelle
(gebildet aus einem weiten Glasrohr, dessen untere Öffnung mit Blase um-
bunden war) vor sich gehen lassen, wodurch es leicht wurde, die Abfälle
zu sammeln, nach sorgfältigem Auswaschen unter der Luftpumpe zu trocknen
und zu wägen. Man fand 13 Milligrm. Diese Masse enthielt kein Aluminium
mehr, denn Salzsäure löste nichts davon auf. Ausglühen bewirkte keine
Änderung des Gewichtes. Da höchstens einige Milligramme Silicium in Ver-
bindung mit Wasserstoff fortgegangen sein konnten, so nahmen wir 16 Milligrm.
als den Siliciumgehalt des Gewichtsverlustes der Aluminiummasse. Das wirk-
lich aufgelöste Aluminium betrug demnach 257,6—16 = 241,6, während als
Aluminiumchlorid nur 196,6 hatte aufgenommen werden können. Der Unter-
\
ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SILICIUHS. 337
schied von 45 Gewichtstheilen, d. h. nahe y4 der berechneten Menge, konnte
sich nicht mit Chlor verbunden haben, und musste folglich in Form von
Thonerde in die Flüssigkeit übergegangen sein.
Hierdurch nun erklärt sich die Bildung von Wasserstoffgas am positiven
Pole, deren Menge ebenfalls beiläufig % von dem electroly tisch abgesetzten
Wasserstoff ausmachte.
In den unlöslichen Abfällen des positiven Pols fand sich keine Thonerde;
dieselbe musste sich folglich mit dem gleichzeitig entstandenen Chloraluminium
zu einem im Wasser löslichen basischen Aluminiumchlorid vereinigt haben.
In der That lässt sich die Existenz einer solchen Verbindung leicht darthun.
Das Aluminium wird, wie bereits bemerkt wurde, in reiner Salzlösung
äusserst wenig, jedoch unter Abscheidung von Thonerdehydrat angegriffen.
Nimmt man anstatt der reinen Salzlösung eine solche, in welcher durch den
electrischen Strom in einer besonderen, den positiven Pol umschliessenden
porösen Zelle sich Chloraluminium gebildet hatte, worin also in keinem Falle
freie Säure, aber auch kein freies Alkali enthalten sein konnte, so wird ein
Aluminiumdraht, zumal in der Hitze, merklich mehr als in reiner Salzlösung
angegriffen. Gleichwohl entsteht kein Niederschlag von Hydrat. Dagegen
verschwindet das in reiner Salzlösung erzeugte Hydrat, wenn chloraluminium-
haltige Salzlösung zugesetzt und damit geschüttelt, oder wenn das Gemische
erwärmt wird.
Ebenso wird der in einer Lösung von sublimirtem Chloraluminium durch
Zusatz einiger Tropfen Ammoniak gebildete Niederschlag durch Schütteln, oder
rascher durch Erwärmen in Menge wieder aufgenommen, und Aluminium wird
in einer Lösung dieses Salzes unter Wasserstoffgas - Entwicklung in Menge
aufgelöst.
Wenn man die Eleclrolyse des Salzwassers in zweien durch eine poröse
Wand getrennten Zellen vor sich gehen lässt, dann die Flüssigkeiten beider
Zellen vermischt, so wird das am positiven Pole dargestellte basische Chlor-
aluminium durch das am negativen Pole entstandene Atznatron vollständig
ausgefällt.
Das Auftreten von Wassersloffgas am electropositiven Aluminiumdraht in
Kochsalzlösungen Hess uns anfänglich vermuthen, dass unter Vermittelung des
Phys. Classe. VII. Uu
338 H. BUFF DND F. WÖHLER,
electriscben Stroms ein Aluminium -Chlorür gebildet werde das dann durch
die Berührung mit Wasser unter WasserstofTentwickelung sieb theilweise in
Thonerde umwandle. Wir mussten jedoch diese Annahme wieder fallen lassen,
indem es uns auf keinem anderen Wege gelungen ist, dieses hypothetische
Chlorür, sei es für sich oder in Verbindung mit andern Körpern , darzustellen.
Wir erhielten es z. B. nicht, als wir durch ein mit Aluminiumstücken gefülltes,
bis kaum zum Glühen erhitztes Glasrohr ChlorwasserstoiFgas leiteten, welches
dabei sehr leicht und vollständig zersetzt wurde, aber unter Bildung des ge-
wöhnlichen Chloraluminiums, Al2€l3.
Es scheint somit, dass die leichte Auflöslichkeit des basischen Chlor-
aluminiums die einzige Ursache ist, warum unter dem Einflüsse des Stroms
das Aluminium als positiver Pol einer Kette in grösserer Menge aufgelöst wird,
als sich mit dem an seiner Oberfläche eleclrisch abgesetzten Chlor direct
verbinden kann.
Die in dem Vorhergehenden beschriebenen Untersuchungen über das
Siliciumwasserstoffgas veranlassen uns, wie schon erwähnt, zu Versuchen,
dieses merkwürdige Gas auch ohne Mitwirkung des electriscben Stroms zu
erzeugen. Diese Versuche führten nicht zum Ziel, sie führten uns aber zur
Entdeckung einer Reihe anderer neuer Silicium -Verbindungen, die wir in dem
Folgenden beschreiben wollen.
2. Siliciumchlorür-Chlorwasserstoff,
Sia€15 + 2H€L
Dieser Körper, eine flüchtige Flüssigkeit, entsteht, wenn man kryslallini-
sches Silicium bis kaum zum Glühen in einem Strom von ChlorwasserstoiFgas
erhitzt. Man schüttet das Silicium in ein langes Glasrohr, worin man es der
ganzen Länge nach ausbreitet, verbindet das eine Ende mit einem Entwicke-
lungs- Apparat für woblgetrocknetes Chlor wasserstofTgas, das andere mit einem
langschenkligen U-förmig gebogenen Rohr, das man durch ein Gemenge von
Eis und Kochsalz abgekühlt erhält und versehen mit einem Gasableitungsrohr,
dessen Mündung trichterförmig erweitert ist. Letzteres taucht in ein grosses
Gefäss voll Wasser, abgekühlt bis zu 0°.
Sobald der Apparat mit Salzsäuregas erfüllt ist, umlegt man das Rohr
Ober neue Verbindungen des silicidms. 339
mit glühenden Kohlen und erhitzt es bis noch nicht zrnn sichtbaren Glühen.
Es ist wichtig, die Temperatur auf diesem niedrigsten erforderlichen Grad zu
erhalten, weil bei höherer viel gewöhnliches Siliciurachlorid gebildet wird.
Das Gas wird sehr leicht zersetzt und fortwährend gehen nun Blasen von
entzündbarem Wasserstoffgas durch das vorgeschlagene Wasser, in dem sich
zugleich durch Zersetzung von nicht condensirtem, mit dem Wasserstoffgas weg-
geführten Chlorttr eine weisse Substanz in Menge abscheidet, welche die Mün-
dung der Röhre verstopfen würde, wenn sie nicht erweitert wäre und die
man selbst dann noch durch Einführung eines gebogenen Platindrahts offen
erhalten muss. Diese Substanz ist ein neues Siliciumoxyd , das man hierbei
als Nebenproduct erhält. Um es unzersetzt zu erhalten, muss man das Wasser
stets bis 0° abgekühlt erhalten oder dasselbe, wenn es sich erwärmt, durch
neues ersetzen.
Nach beendigter Operation findet man das Chlorür in dem U-Rohr. Es
ist gewöhnlich trübe und, wie es scheint, etets ein Gemenge von mehreren
Verbindungen. Man unterwirft es daher einer fractionirten Destillation, indem
man den einen Schenkel des' U-Rohrs mit einem Kork verschliesst und den
anderen mit einer gebogenen Glasröhre versieht , die in ein mit Eis abgekühltes
an einer Stelle verengtes und daher leicht zuschmelzbares Rohr führt. Auch
fanden wir es zweckmässig, als Condensationsgefäss bei "der Bereitung eine
kleine tubulirte Retorte anzuwenden, deren Hals dünn ausgezogen und abwärts
gebogen war, und aus der dann die Rectification um so leichter geschehen
konnte. Diese geschah im Wasserbade mit eingesenktem Thermometer. Das
Sieden begann gewöhnlich bei 28 bis 30°, die Temperatur stieg aber rasch
bis zu 40 bis 43°, wobei sie sich am längsten erhielt. Die dabei überdestil-
lirende Portion, die den grössten Theil ausmachte, fingen wir für sich auf.
Wir halten sie für das HauptproducL Auf das, was überging, als sich der
Siedepunct zuletzt bis zu 92° erhöht hatte, kommen wir weiter unten zurück.
Das Siliciumchlorür , wie wir es der Kürze wegen nennen wollen, ist
ein farbloses Liquidum, sehr leicht beweglich, an der Luft stark rauchend,
Alles mit einem weissen Hauch bedeckend und erstickend riechend. Sein Siede-
punct ist bei 42°, sein spec. Gewicht = 1,65. Doch können beide Zahlen
nicht auf Genauigkeit Anspruch machen, sie sind nur als Approximationen zu
Uu2
340 H. BÜFF UND F. WÖHLER,
betrachten und müssen mit Anwendung grösserer Mengen Materials, als uns
zu Gebote stand, genauer controlirt werden. Den electrischen Stropi leitet es
durchaus nicht. Sein Dampf ist so leicht wie Atherdampf entzündlich und es
brennt dann mit schwach leuchtender grünlicher Flamme unter Verbreitung
von Dampf, von Kieselsäure und Chlorwasserstoffsäure von selbst fort. Lässt
man einige Tropfen in einem Verpuffungsrohr zu Quecksilber über Sauerstoffgas
treten und darin abdunsten, so lässt sich das Gasgemenge durch den electri-
schen Funken leicht entzünden und explodirt sehr heftig mit weissem Feuer,
indem sich die innere Wand des Rohrs mit weisser Kieselsäure belegt. Das
rückständige Gas ist rauchend und enthält Siliciumchlorid und Chlorwasserstoff-
gas. Diese Verbrennungen beruhen also darauf, dass die Hälfte des Siliciuras
zu Kieselsäure oxydirt wird.
Wird der Dampf des Chlorürs durch ein langes glühendes Rohr geleitet,
so wird es sehr leicht zersetzt, in amorphes Silicium, welches als brauner
Spiegel das ganze innere Rohr .auskleidet, und in Siliciumchlorid und Chlor-
wasserstoffgas. Dieses Verhallen zeigt, warum man bei seiner Bereitung das
Rohr nicht bis zum Glühen erhitzen darf.
Wird der Dampf des Chlorürs über schmelzendes Aluminium geleitet,
so wird es mit grosser Leichtigkeit zersetzt, es wird eine Menge Wasserstoff-
gas frei, es sublimirt sich Aluminiumchlorid und das Aluminium findet man
nachher mit einer leicht ablösbaren Rinde von schwarzem, krystallinischein
Silicium bedeckt. Die innere Wand des Rohrs belegt sich ausserdem mit
dunkelbraunem amorphem Silicium von der durch die Hitze für sich bewirkten
Zersetzung eines Theils des Chlorürs. Dieses Verhalten war es, welches uns
die wahre Zusammensetzung des Chlorürs verrieth, das wir Anfangs nach den
Analysen für Si2€15 zu halten geneigt waren, indem die 2 Wasserstoff-
äquivalente, die nur 0,9 Proc. ausmachen, das relative Verhältniss zwischen
Chlor und Silicium nach Procenten kaum merklich ändern. Diese Zusammen-
setzung erklärte auch, warum wir es nicht erhalten konnten, als wir den
Dampf des gewöhnlichen Chlorids, Si€l3, über erhitztes Silicium leiteten.
Mit Wasser zersetzt es sich momentan unter starker Erhitzung in Chlor-
wasserstoffsäure und weisses Oxyd, sehr verschieden im Ansehen von Kiesel-
säure durch seine weisse, nicht gelatinöse Beschaffenheit. Stellt man eine
Ober nede Verbindungen des siliciums. 341
kleine Schaale voll über eine Wasserfläche nnd überdeckt das Ganze mit einer
Glocke, so ist es nach kurzer Zeit verschwanden und die Wasserfläche mit
einer dicken Rinde von weissem Oxyd bedeckt
Von Alkohol und von Äther wird das Gas des Chloriirs, wie wir einige
Mal bei der Bereitung beobachteten, in grosser Menge ohne Abscheidung von
Oxyd absorbirt. Diese Lösungen rauchten an der Luft und hinterliesien beim
Freiwilligen Verdunsten über Schwefelsäure und Kalk ein theils weisses erdiges,
theils durchsichtiges Oxyd, welches aber eine Atherverbindung zu enthalten
schien.
Die Analysen dieses Chloriirs waren wegen seiner Flüchtigkeit und
leichten Zersetzbarkeit mit der Feuchtigkeit der Luft mit Schwierigkeiten ver-
knüpft, die es entschuldigen mögen, dass die gefundenen Zahlen nicht tadellos
mit der theoretischen Formel übereinstimmen. Auch lassen wir die Analysen
von solchem Chlorür unerwähnt, von dem wir erst nachher mit Gewissheit
fanden, dass es Chlorid beigemengt enthielt.
I. 0,672 Chlorür mit Wasser zersetzt, das Oxyd abfiltrirt, die Lösung
zur Verwandlung des aufgelösten Oxyds in Kieselsäure mit Ammoniak schwach
alkalisch gemacht, mit Salpetersäure sauer gemacht und mit salpetersaurem
Silberoxyd gefällt, gaben 2,209 Grm. geschmolzenes Chlorsilber.
IL 1,069 Grm. Chlorür, in verdünntem Ammoniak gelöst, die Lösung
im Wasserbade zur Trockne verdunstet, die Masse mit Wasser behandelt, die
Kieselsäure abfiltrirt und die Lösung mit Silber gefällt, gaben 3,490 Grm. ge-
schmolzenes Chlorsilber (die Kieselsäure ging verloren).
III. 1,463 Grm. Chlorür, mit Ammoniak zersetzt, abgedampft und die
Salzmasse bis zur Verflüchtigung des Salmiaks vorsichtig erhitzt, gaben 0,601
Grm. Kieselsäure.
IV. 2,513 Grm. auf dieselbe Art behandelt, gaben 1,016 Grm. Kieselsäure.
Verglichen mit der aus diesen Analysen abgeleiteten Formel geben die
obigen Data folgende Zahlen:
Theorie
Gefunden
A
i.
II. Ul.
tvT
Si2
19,180
— 19,30
18,98
€15
79,919
81,26
80,70 —
»2
0,901
V w»
— —
UZ H. BUFF UND F. WÖHLER,
Die zur Analyse I. genommene Portion war zwischen 45° und 50° über-
gegangen, sie enthielt also wahrscheinlich Chlorid, dessen Siedepunkt 59° ist
und welches 83,33 pC. Chlor enthält. Nach dem gefundenen Chlorgehalt
könnte sie 39,3 pC. Chlorid enthalten haben, was wir nur anführen, um zu
zeigen, dass dem Chlorür eine bedeutende Menge Chlorid beigemengt sein
kann, ohne dass das Yerhältniss der procentischen Zusammensetzung dadurch
bedeutend geändert wird.
3. , Siliciumbromür-Brom Wasserstoff,
Si2»r* -f 2HBr.
Es wurde mit Anwendung von Bromwasserstoffgas auf dieselbe Weise
dargestellt wie das Chlorür und bildete sich unter denselben Erscheinungen.
Es war anfangs gelb gefärbt durch etwas freies Brom, welches durch Behan-
deln mit Quecksilber weggenommen wurde.
Es ist ein farbloses, an der Luft sehr stark rauchendes Liquidum. Nach
einer approximativen Wägung ist sein spec. Gewicht 2,5. In Wasser umgiebt
es sich augenblicklich mit einer Hülle von Oxyd, die das übrige eine Zeit
lang vor der Zersetzung schützt.
2,560 Grm. Bromür gaben 0,471 Kieselsäure, entsprechend einem Gehalt
von 8,63 pC. Silicium. Nach der obigen Formel miisste es 9,76 enthalten.
Das Bromid enthält 8,3. Es enthielt also wahrscheinlich von diesem beigemengt.
4. Siliciumjodür-Jodwasserstoff,
Si2P + 2 HI.
Die Darstellung geschah wie bei den beiden anderen Verbindungen, nur
war hier ein Recipient nicht nöthig, da sich das Jodür als fester, weniger
flüchtiger Körper schon in dem absichtlich lang gelassenem Ende des Glührohrs
condensirte.
Das Jodür bildet eine dunkelrothe, spröde Masse, die an der Luft stark
raucht und dabei anfangs lebhaft zinnoberroth, zuletzt schneeweiss wird. Es
ist leicht schmelzbar und erstarrt beim Erkalten krystallinisch. Stärker erhitzt
geräth es ins Sieden und destillirt über. Ob, wie es schien, sein Gas gefärbt
ist, konnten wir nicht mit Sicherheit sehen. Von Wasser, worin es sich
Ober neue Verbindungen des siliciüm9. 343
augenblicklich zinnoberroth färbt, wird es nur langsam zersetzt In Schwefel-
kohlenstoff ist es in grosser Menge mit blutrother Farbe löslich. Wird diese
Lösung durch Destillation concentrirt, so scheidet es sich beim Erkalten in
dunkelrothen Krystallen aus.
I. Zur Bestimmung des Siliciumgehalts wurden 2.379 Grm. Jodür in
Wasser gelöst, zur Trockne verdunstet und der Rückstand geglüht. Gaben
0,316 Kieselsäure.
IL Zur gleichzeitigen Bestimmung des Siliciums und des Jods wurden
2,513 Gr. von einer anderen Bereitung in reiner Natronlauge aufgelöst, bereitet
durch Oxydation von Natrium auf Wasser. Die Auflösung des Jodürs fand
bis auf die letzten Antheile unter Wasserstoffgasentwickelung statt. Die Flüs-
sigkeit wurde mit gewaschenem Kohlensäuregas gesättigt und dadurch ein
grosser. Tbeil der Kieselsäure gefällt, die sich leicht abfiltriren und auswaschen
Hess und nach dem Glühen 0,208 wog. Die abfiltrirte Lösung wurde voll-
ständig mit Silberlösung ausgefällt, aus dem Niederschlage das kohlensaure
Silber durch verdünnte Salpetersäure ausgezogen und das Jodsilber geschmolzen.
Es wog 4,440. Die von demselben abfiltrirte Flüssigkeit wurde zur Trockne
verdunstet, der Rückstand nahe bei Glühhitze geschmolzen , die Masse in ver-
dünnter Salpetersäure gelöst und die Kieselsäure abfiltrirt. Sie wog 0,091.
Die ganze Menge der Kieselsäure also 0,299.
Gefunden
Theorie
i.
ii.
Si2
6,26
6,22
5,59
15
93,44
94,11
H*
0,30
• —
Das Siliciumjodid, Sil?, enthält 94,72 Jod und 5,28 Silicium.
Höchst wahrscheinlich existirt auch eine entsprechende Fluorrerbindung.
Wir haben darüber keine Versuche gemacht in Betracht der voraussichtlichen
Schwierigkeiten wegen der anzuwendenden Gefässe und der Gefahr, mit Fluss-
säuredämpfen zu operiren.
Ehe wir wussten, dass diese Verbindungen Wasserstoff enthalten, er-
hitzten wir Silicium in Fluorkieselgas bis zum Glühen. Es war ohne alle
Einwirkung. Dasselbe Resultat erhielten wir, als wir Silicium in dem Dampf
344 H. BUFF UND F. WOHLER,
von Cyanwasserstoff und in Schwefel wasserstoffgas theils bis zum nahen, tbeils
bis zum vollen Glühen erhitzten. Auch war Schwefelwasserstoffgas ohne
Wirkung auf das Chlorür.
5. Siliciumoxydhydrat,
Si208 + 2 HO.
Es entsteht bei der Zersetzung der vorhergehenden Verbindungen mit
Wasser. Man erhält es, wie oben erwähnt, am leichtesten als Nebenproduct
bei der Bereitung des Chlorürs, indem man das mit letzterem gesättigte Was-
serstoffgas und überschüssige Salzsäuregas in Wasser leitet. Dieses muss bis
zu 0° abgekühlt werden, weil sich das Oxyd bei gewöhnlicher Temperatur
mit dem Wasser zu zersetzen anfängt. Nachdem man es abfiltrirt hat, wäscht
man es mit eiskaltem Wasser aus, legt das Fillrum zwischen Löschpapier,
presst es allmälig stark aus und lüsst es dann bei gewöhnlicher Temperatur
am besten über Schwefelsäure trocknen.
Das Siliciumoxydhydrat ist ein schneeweisser, amorpher Körper. Es ist
sehr leicht und voluminös und schwimmt auf Wasser. In Äther sinkt es
unter. Von Alkalien, sowohl caustischen als kohlensauren, selbst von Am-
moniak wird es unter schäumender Wasserstoffentwickelung zu kieselsaurem
Alkali aufgelöst Säuren, selbst concentrirte Salpetersäure, sind ohne Wirkung
darauf; nur von Flusssäure wird es unter lebhafter Wasserstoffen! Wickelung
aufgelöst. Es kann bis 300° erhitzt werden, ohne Wasser zu verlieren oder
sich sonst zu verändern. Stärker erhitzt entzündet es sich und verglimmt
lebhaft und mit phosphorescirendem Licht, indem sich zugleich Wasserstoffgas
entwickelt, das sich mit Explosion entzündet. In Sauerstoffgas erhitzt verbrennt
es mit glänzender Feuererscheinung. In einem bedeckten Tiegel erhitzt ver-
brennt es ebenfalls, aber die zurückbleibende Kieselerde ist dann mehr oder
weniger braun von amorphem Silicium und die Wände des Tiegels findet man
mit einem Beschlag von Kieselsäure belegt. Bei näherer Untersuchung dieses
Verhaltens zeigte es sich, dass dieses Hydrat beim Erhitzen in der That
Silicium wasserstoffgas entwickelt, aber leider erst bei einer Temperatur, wobei
dieses selbst wieder grossenlheils zersetzt wird. In einer Röhre erhitzt ent-
wickelt es ein an der Luft rauchendes Gas, das sich aber wegen des beige*
ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SILICIUMS. 345
mengten Wasserstoffgases an der Luft nicht von selbst entzündet. Angezündet
verbrennt es aber unter Abscheidung von Kieselsäure. Die Kieselsäure in der
Röhre ist braun von Silicium. Als das Hydrat in einem Strom von Wasser-
stoffgas getrocknet und zum Glühen erhitzt und das weggehende Gas durch
eine enge, an einer Stelle glühende Röhre geleitet wurde , belegte sich diese
hier mit einem braunen Spiegel von Silicium, und das Gas, angezündet , ver-
brannte unter Ablagerung eines Hauchs von Kieselsäure auf einer dagegen
gehaltenen Glasfläche. Die im Rohr zurückbleibende Kieselsäure war durch
Silicium braun gefärbt, und die innere Wand des Rohrs selbst war mit einer
dünnen Lage von braunem Silicium belegt. 3 Aq. Oxyd = 3 (Si203 -j- 2 HO}
könnten 5Si03, 58 und 1 SiH geben, vorausgesetzt, dass das Siliciumwas-
serstoffgas wirklich diese Zusammensetzung hätte.
Das Siliciumoxydhydrat ist in Wasser etwas löslich. Das bei seiner
Bereitung davon abfiltrirte saure Wasser befindet sich fortwährend wie in
einer Gährung und ist mit aufsteigenden Bläschen von Wasserstoffgas erfüllt,
das sich nach und nach in solcher Menge entwickelt, dass von einem ver-
schlossenen Gefäss der Stöpsel abgeschleudert wird. Noch, rascher geht diese
Zersetzung beim Erwärmen vor sich. Mit Ammoniak vermischt entwickelt
diese Lösung sogleich lebhaft Wasserstoffgas. Sie wirkt, wie die folgenden
Reactionen zeigen, kräftig reducirend, behält aber diese Eigenschaft nur
kurze Zeit.
Mit Goldchlorid vermischt beginnt nach wenigen Augenblicken die Ab-
scheidung von metallischem Gold, das die Glaswände vergoldet.
Aus Palladiumchlorürlösung fällt sie augenblicklich ein schwarzes Pulver,
wahrscheinlich ein Gemenge von Metall und kieselsaurem Palladiumoxydul.
Silberlösung fällt daraus zuerst Chlorsilber, dann kommt ein dunkelbrauner
Niederschlag, wahrscheinlich identisch, obgleich dunkler an Farbe, mit dem
braunen Körper, in den das gewaschene Oxyd in Substanz beim Übergiessen
mit Silberlösung verwandelt wird. Übergiesst man diesen braunen Körper
mit Ammoniak, so wird er sogleich schwarz. Letztere schwarze Substanz ist
ohne Zweifel kieselsaures Silberoxydul. Es ist in Ammoniak unlöslich und
wird von Salpetersäure nur schwer zersetzt, unter Abscheidung von Kiesel-
säure. Beim Glühen wird es grau. Nun mit Salpetersäure erhitzt wird es in
Phys.CIasse. VII. - Xx
346 H. BUFF UM) F. WÖHLER,
bräanlicbgelbes kieselsaures Silberoxyd verwandelt, das selbst durch kochende
Säure nicht verändert wird. Vor dem Löthrohr wird es von Borax mit gel-
ber, bläulich -schillernder Farbe aufgelöst.
Wird das oxydhaltige saure Wasser mit einem Kupferoxydsalz und dann
allmalig mit Alkali vermischt, so wird gelbes Kupferoxydulhydrat gefällt.
Aus seleniger Säure reducirt es rothes Selen, aus einer Lösung von
telluriger Säure in Salzsäure graues Tellur, aus Quecksilberchloridlösung kry-
stallinisch- schimmerndes Chlorür, das mit einem Überschuss der Lösung in
Berührung gelassen allmalig zu grauem Metall wird.
Mit schwefliger Säure vermischt trübt sie sich allmalig und scheidet
weissen Schwefel aus.
Eine Lösung von übermangansaurem Kali wird dadurch augenblicklich
entfärbt.
Sie ist dagegen ohne Wirkung auf Chromsäure, Platin-, Iridium- und
Indiglösung.
Die vielen Analysen, die wir von dem Siliciumoxydhydrat machten,
gaben uns anfangs sehr abweichende Resultate, weil wir mit Kieselsäure ge-
mengte Präparate anwandten und wir noch nicht die Umstände kannten, unter
denen es rein erhalten wird. Den Siliciumgehalt bestimmten wir aus der Kie-
selsauremeuge, die eine gegebene, bei 150° getrocknete Quantität bei der
Oxydation lieferte; der Wassergehalt wurde nach Art einer organischen Analyse
durch Glühen mit Kupferoxyd und Ansammlung des Wassers in einem Chlor-
calciumrohr bestimmt
I. 0,1067 Grm. Oxyd gaben 0,1157 Kieselsäure.
II. 0,1869 Grm. von anderer Bereitung gaben 0,2025 Kieselsaure.
III. 0,1715 Grm. gaben 0,181 Kieselsäure.
IV. 0,2605 Grm. gaben 0,0565 Wasser.
V. 0,495 Grm. von anderer Bereitung gaben 0,1055 Wasser.
Diese Data geben für 100 Th.:
Theorie I u. IV. II u. V. III.
Si2 50,35 50,98 50,99 49,62
()5 28,37 27,34 27,68 29,05
2 HO 21,28 21,68 21,33 21,33.
k
ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SILIC1UMS. 34?
Wir glauben, dass durch die gefundenen Zahlen die Annahme der Formel
Si205 + 2 HO gerechtfertigt wird; auch kann das Oxyd nicht anders zu«
sammengesetzt sein, wenn das Chlor ür, woraus es entsteht, die Zusammen«
Setzung hat, die wir auf den Grund unserer Analysen angenommen haben.
Indessen haben wir einige Beobachtungen gemacht, die es sehr wahrscheinlich
machen, dass es ein an Siliciura noch reicheres Chlorür und folglich auch ein
diesem entsprechendes niedrigeres Oxyd giebt. Alle unsere Bemühungen,
hierüber positive Gewissheit zu erlangen, waren bis jetzt fruchtlos; jedoch
hoffen wir diese Frage, sobald wir wieder im Besitz von Silicium sind, durch
fernere Versuche noch beantworten zu können, deren Vornahme um so mehr
von Wichtigkeit ist, als sie die immer noch nicht entschiedene Frage, ob die
Kieselsäure SiO3 oder SiO2 ist, zur Entscheidung zu bringen versprechen.
Wie man aus der obigen Aufstellung sieht, wurde in zwei der dort an-
geführten Analysen der Siliciirtngehalt um 0,63 und 0,64 pC. zu hoch gefun-
den, während er durch die möglichen Fehlerquellen eher zu niedrig werden
müsste. Wir haben aber selbst Arten von Oxyd analysirt, die einen noch
höheren Gehalt von Silicium gaben. Sie sind auffallend dadurch characlerisirt,
dass sie lebhafter verbrennen, und zwar mit rother Flamme, und dass sie
selbst bei vollem Luftzutritt keine weisse, sondern eine durch unverbranntes
Silicium mehr oder weniger braun gefärbte Kieselsäure geben, so dass sie
zur vollständigen Oxydation bei der Analyse durch Ammoniak in Kieselsäure
verwandelt werden mussten.
I. 0,306 Grm. von einem solchen Oxyd gaben durch Glühen 0,340 Kiesel-
saure -=. 51,96 pC. Silicium.
II. 0,2785 Grm. von demselben mit Ammoniak oxydirt, gaben 0,3125
Kieselsäure = 52,75 pC. Silicium.
III. 0,2262 Grm. von anderer Bereitung gaben durch Glühen 0,2462 Kiesel-
säure t= 51,14 pC. Silicium.
IV. 0,3005 Grm. von derselben Bereitung, mit Ammoniak oxydirt, gaben
0,3360 Kieselsäure = 52,54 pC. Silicium.
V. 0,2852 Grm. gaben 0,0625 Wasser.
VI. 0,2605 Grm. gaben 0,0565 Wasser.
In der folgenden Aufstellung lassen wir die Analysen I und III weg,
Xx2
348 H. BUFF UND F. WOHLER,
weil die zurückgebliebene Kieselsäure von unverbranntem Silicktm braun ge-
färbt war, obgleich die eine fast vollkommen mit der theoretischen Zahl stimmt.
Theorie 11 u. V. IV u. VI.
Si* 51,99 52,75 52,54
0* 26,70 25,34 25,78
3 HO 21,31 21,91 21,68
Diese Formel Si^O* + 3 HO würde sieh in SiO + SPO? + 3 HO auf-
lösen lassen, also in eine Oxyd -Oxydul Verbindung. Indessen sind wir weit
entfernt, sie als sicher ausgemacht anzunehmen, zumal der gefundene Silicium-
gehalt auch hier wieder höher ist, als der berechnete; aber so viel schein»
aus diesen Thatsachen mit Gewissheit hervorzugehen, dass es ein Silicium-
oxydul giebt, welches in allen Arten von Oxyd enthalten ist, deren Silicium-
gehalt Über 50,35 pC. geht. Es scheint, dass vorzugsweise dieses Oxydul
es ist, welches sich in Wasser löst und die* oben erwähnten Reductions*»
erscbeinungen bewirkt, wie ans folgendem Versach hervorgebt, der auch zeigt,
wie schwierig es ist, ein Oxyd von constanter Zusammensetzung zu erhalten.
Bin Theil des Oxyds, welches über 52 pC. Silicium gegeben hatte, wurde
von Neuem mit Wasser vermischt und auf einem Filtrum mit Wasser von
gewöhnlicher Temperatur so lange ausgewaschen, bis Silberlösung in der
ablaufenden Flüssigkeit nicht mehr, wie anfangs, einen braunen Niederschlag,
sondern nur noch eine bräunliche Färbung hervorbrachte.
0,200 Grm. voh diesem wieder bei 150° getrockneten Oxyd gaben heim
Glühen, wobei es noch mit Flamme verbrannte, 0,2088 weisse Kieselsäure,
entsprechend 49,05 pC. SJKcium.
Diesem an Silioium reicheren Oiyd muss ein Chlorür entsprechen, aus
dtem es entstanden ist, denn alles Oteyd, welches aas zu diesen Versuchen
diente, war aus Chlorür gebildet. Es ist zu vermuthen, dass dieses- Chtorür
viel fluchtiger sein müsse, als das oben beschriebene, da es bei den Berei-
tungsoperationen, ungeachtet der Abkühlung des Coftdensationsgefasses XJ bis
— 15°, von den Gasen so leicht bis in (las vorgeschlagene Wasser fortgeführt
• ■ .\ >
1) Als wir einmal ■ zwei U~R#hren hfrnier einander und beide in Eis und Salz
stehend anwandten, blieb die. weite .ganz leer, obgleich rieh in dem vorge-
schlagenen Wasser eine grosse Menge Oxyd gebildet hatte.
ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SILICIÜMS. 349
wird. Eine Beobachtung macht es sogar wahrscheinlich, dass dieses Chlorür
bei gewöhnlicher Temperatur gasförmig ist Als wir nämlich zur Bereitung
des Chlorürs amorphes Silicium l~) anwandten , und zwar in ansehnlicher Menge,
wurde das darüber geleitete Chlorwassecstoffgas ebenfalls noch unter der Glüh-
hitze und unter fortwährendem Freiwerden von Wasserstoffgas sehr leicht zer-
setzt; aber in dem bis zu — 15° abgekühlten U-Rohr hatte sich kaum ein
Tropfen liquides Chlorür angesammelt, während sich dagegen in dem vorge-
schlagenen Wasser eine grosse Menge weisses Oxyd gebildet hatte. Dieses
Oxyd war unter allen bis dahin erhaltenen das am lebhaftesten verbrennende
und das, welches beim Verbrennen stets eine braungefärbte Kieselsäure gab;
es war dasselbe, welches bei der Analyse 52,75 pC. Silicium gab.
Mit dieser Vermuthung , dass es ein an Silicium reicheres, sehr flüchtiges
oder gasförmiges Chlorür gebe, welches dem anderen mehr oder weniger bei**
gemengt ist und dadurch dessen Siedepunkt bis auf 28° erniedrigen kann,
steht eine Beobachtung in anscheinendem Widerspruch, die wir nicht unerwähnt
lassen dürfen, obgleich wir sie nur ein Mal gemacht haben. Wir hatten bei
noch nicht zum Glühen gehender Hitze aus ungefähr 30 Grm. kristallinischen
Siliciums das Chlorür bereitet, das wir aus der kleinen Retorte, worin es
condensirt worden war, einer fractionirten Destillation unterwarfen. Das Sieden
begann schon bei 28°, dann stieg die Temperatur, wie früher, rasch bis auf
42°, wobei sie am längsten stehen blieb. Sie erhöhte sich dann bis zu 48°,
bis wohin eben so viel als bei 42° überdestillirt war. Dann stieg sie fort-
während bis zu 92°, wo dann nur noch wenig Flüssigkeit übrig war. In
Folge des Wechsels der Vorlage kühlte sich die Retorte zufällig etwas ab,
so dass sie sich mit Luft erfüllte, und als nun von Neuem erhitzt wurde, trat
eine heftige Explosion ein mit rolhem Feuer, und die ganze innere Wand
1) Das amorphe Silicium lässt sich ebenfalls in einem Thontiegel darstellen. Es ist
dabei vorteilhaft, das Fluorkieselnatrium mit etwa gleich viel geglühtem Koch-
salz zu vermischen. Das Salzgemenge mit dem in kleine Stücke zerschnittenen
Natrium wird dann in einen zuvor zum Glühen erhitzten Tiegel geschüttet und
bedeckt bis zum schwachen Glühen erhitzt. Nach dem Erkalten wird die Masse
mit salzsäurehaltigem Wasser ausgekocht und das Silicium zuletzt noch mit Fluss-
säure gereinigt.
Pkys. Classe. VII. Yy
350 IL BD FF UND F. WOHLE R, ÜBER NEUE VERBINDUNGEN DES SILICIÜMS.
der Retorte belegte sich mit braunem Siliciura. Zum Glück war noch eine
kleine Menge Flüssigkeit in der Retorte zurückgeblieben, so dass noch ein
Versuch damit gemacht werden konnte. An der Luft bildete sie weissere
Nebel, als das gewöhnliche Chlorür. Als sie in einem offenen Schälchen
zum Sieden erhitzt wurde, mit der Vorsicht, dass die Flamme der Spiritus-
lampe nicht mit dem Dampf in Berührung kommen konnte, entzündete sich
derselbe von selbst und brannte mit rotber funkelnder Flamme und Verbrei-
tung saurer Dämpfe von selbst fort, indem sich die ganze Oberfläche der
Schaale mit einer braunen Lage von Kieselsäure und Silicium belegte. Als in
die Flamme eine Porzellanfläche gehalten wurde, belegte sie sich mit demselben
dicken braunen Beschlag. Dass das Gas dieses Chlorürs wirklich die merk-
würdige Eigenschaft hat, sich an der Luft von selbst zu entzünden, wurde
auch noch dadurch bestätigt, dass der letzte Tropfen in der Retorte, so wie
er durch Erhitzen von Aussen verflüchtigt wurde, dieselbe heftige Explosion
unter rother Feuererscheinung und Ablagerung von braunem Silicium hervor-
brachte, wie sie das erste Mal zufällig statt fand. Fast sieht es aus, als ob
dieses selbstentzündliche Chlorür eine Verbindung mit Siliciumwasserstoff wäre,
oder bei seinem Siedepunkt dieses Gas bildete l).
1) Wir benutzen diese Gelegenheit, den Hrn. Dr. Geuther und F. Engelhardt
unseren Dank auszudrücken für die grosse Hülfe, die sie uns bei dieser Unter-
suchung geleistet haben.
ABHANDLUNGEN
DER
MATHEMATISCHEN CLASSE
••
DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN.
SIEBENTER BAND.
Mathem. C lasse. VII.
Beiträge
zur
Theorie der durch die Gauss'sche Reihe F(a,ß,y,x)
darstellbaren Functionen
▼OD
Bernhard Riemann,
Assessor der König]. Gesellschaft der Wissenschaften.
Der Königlichen Societat rorgelegt am 6. Noremher 1856.
JLfie Gau ss1 sehe Reibe F(a, ß,y,x^> als Function ihres vierten Elements x
betrachtet, stellt diese Function nur dar, so lange der Modul von x die
Einheit nicht überschreitet. Um diese Function in ihrem ganzen Umfange,
bei unbeschränkter Veränderlichkeit dieses ihres Arguments, zu untersuchen,
bieten die bisherigen Arbeiten über dieselbe zwei Wege dar. Man kann
nämlich entweder von einer linearen Differentialgleichung welcher sie genügt
ausgeben, oder von ihrem Ausdrucke durch bestimmte Integrale. Jeder dieser
Wege gewährt eigenthümliche Vortheile; jedoch ist bisjetzt, in der reichhalti-
gen Abhandlung von Kummer im 15. Bande des mathematischen Journals
von Crelle und auch in den noch unveröffentlichten Untersuchungen von
Gauss, nur der erste betreten, wohl hauptsächlich desshalb, weil die Rech-
nung mit bestimmten Integralen zwischen complexen Grenzen noch zu wenig
ausgebildet war, oder doch nicht als einem grossen Leserkreise geläufig vor-
ausgesetzt werden konnte.
In der folgenden Abhandlung habe ich diese Transcendente nach einer
neuen Methode behandelt, welche im Wesentlichen auf jede Function, die
einer linearen Differentialgleichung mit algebraischen Coefficienten genügt, an-
wendbar bleibt. Nach derselben lassen sich die früher zum Tbeil durch
ziemlich mühsame Rechnung gefundenen Resultate fast unmittelbar aus der *'
A2
%
Beiträge
sor
Theorie der durch die Gauss'sche Reihe F(atß,y,x)
darstellbaren Functionen
▼OD
Bernhard Riemann,
Aueseor der Konigl. Getetttcheft der Wissenschaften.
Der Königlichen Societit yorgelegt am G. Norember 1856.
XJie Gauss'sche Reibe F(a, ß, yy a?), als Function ihres vierten Elements x
betrachtet, stellt diese Function nur dar, so lauge der Modul von x die
Einheit nicht Überschreitet* Um diese Function in ihrem ganzen Umfange,
bei unbeschränkter Veränderlichkeit dieses ihres Arguments, zu untersuchen,
bieten die bisherigen Arbeiten über dieselbe zwei Wege dar. Man kann
nämlich entweder von einer linearen Differentialgleichung welcher sie genügt
ausgehen , oder von ihrem Ausdrucke durch bestimmte Integrale. Jeder dieser
Wege gewährt eigentümliche Vortheile; jedoch' ist blsjetzt, in der reichhalti-
gen Abhandlung von Kummer im 15. Bande des mathematischen Journals
von Cr eile und auch in den noch unveröffentlichten Untersuchungen von
Gauss, nur der erste betreten, wohl hauptsächlich desshalb, weil die Rech-
nung mit bestimmten Integralen zwischen complexen Grenzen noch zu wenig
ausgebildet war, oder doch nicht als einem grossen Leserkreise geläufig vor-
ausgesetzt werden konnte.
In der folgenden Abhandlung habe ich diese Transcendenle nach einer
neuen Methode behandelt, welche im Wesentlichen auf jede Function, die
einer linearen Differentialgleichung mit algebraischen Coefficienten genügt, an-
wendbar bleibt Nach derselben lassen sich die früher zum Theil durch
ziemlich mühsame Rechnung gefundenen Resultate fast unmittelbar aus der
A2
4 BERNHARD RIEMANN,
Definition ableiten, und dies ist in dem hier vorliegenden Theile dieser Ab-
handlung geschehen, hauptsächlich in der Absicht für die vielfachen Anwen-
dungen dieser Function in physikalischen und astronomischen Untersuchungen
eine bequeme Übersicht über ihre möglichen Darstellungen zu geben. Es ist
nöthig, einige allgemeine Vorbemerkungen über die Betrachtung einer Function
bei unbeschränkter Veränderlichkeit ihres Arguments voraufzuschicken.
Betrachtet man den Werth der unabhängig veränderlichen Grösse xzzy + zi
zur leichteren Auffassung ihrer Veränderlichkeit als vertreten durch einen
Punkt einer unendlichen Ebene, dessen rechtwinklige Coordinaten y, z sind,
und denkt sich die Function w in einem Theile dieser Ebene gegeben, so
kann sie von dort aus nach einem leicht zu beweisenden Satze nur auf eine
Weise der Gleichung — z= • — gemäss stetig fortgesetzt werden. Diese Fort-
setzung muss selbstredend nicht in blossen Linien geschehen, worauf eine
partielle Differentialgleichung nicht angewandt werden könnte, sondern ki
Flächenstreifen von endlicher Breite. Bei Functionen, welche, wie die hier
zu untersuchende, »mehrwerthig« sind oder für denselben Werth von x je
nach dem Wege, auf welchem die Fortsetzung geschehen ist, mehrere Werthe
annehmen können, giebt es gewisse Punkte der a?-Ebene, um welche herum
sich die Function in eine andere fortsetzt, wie z.B. bei \T(x — a), log(a?— a)}
(x — a/*, wenn fs keine ganze Zahl ist, der Punkt a. Wenn man von
diesem Punkte a aus sich eine beliebige Linie gezogen denkt, so kann der
Werth der Function in der Umgebung von a so gewählt werden, dass er sich
ausserhalb dieser Linie überall stetig ändert; sie nimmt aber dann zu beiden
Seiten dieser Linie verschiedene Werthe an, so dass die Fortsetzung der
Function über diese Linie hinüber eine von der jenseits schon vorhandenen
verschiedene Function giebt.
Zur Erleichterung des Ausdrucks sollen die verschiedenen Fortsetzungen
Einer Function für denselben Theil der x- Ebene »Zweige« dieser Function
genannt werden und ein Werth von x7 um welchen herum sich ein Zweig
einer Function in einen andern fortsetzt, ein »Verzweigungswertb«; für einen
Werth, in welchem keine Verzweigung stattfindet, heisst die Function »ein-
ändrig oder monodrom«.
ZUR THEORIE DER GAUSS'SCHEN FUNCTION F{«,ß>r,x).
I.
Ich bezeichne durch
Ia b c
a ß y x
a ß y
eine Function von x1 welche folgende Bedingungen erfüllt:
1 . Sie ist für alle Werthe von x ausser a, b, c einändrig und endlich.
2. Zwischen je drei Zweigen dieser Function P\ P"y P'" findet eine
lineare homogene Gleichung mit constanten Coefficienten Statt,
c'P' + c"P" + c"P'" - 0.
3. Die Function lfisst sich in die Formen
a a 7 ß ß Y Y
mit constanten c , c ,, .... c , setzen, so dass
a1 a ? ' y 7
/* J(x — ä) , /*■ \x — ä)
für xzza einändrig bleiben und weder Null noch unendlich werden, und ebenso
P^)(a?_6)— £ p£P\x_bf- & für x=b und pC/)(a._c)- r i&\a^f-?
für a?r:c. In Betreff der sechs Grössen a, c*', . .., y' wird vorausgesetzt,
dass keine der Differenzen a — a\ ß — ß\ y — y' eine ganze Zahl und die
Summe aller « + «' + /J + /J' + y + y'=:l sei.
Wie mannigfaltig die Functionen seien, welche diesen Bedingungen ge-
nügen, bleibt vorläufig unentschieden und wird sich im Laufe der Untersuchung
(Art. IV) ergeben. Zu grösserer Bequemlichkeit des Ausdrucks werde ich x
die Veränderliche, a,b,c den ersten, zweiten, dritten Verzweigungswertb und
<*,<*'; ßyß'\ y7y' das erste, zweite , dritte Exponentenpaar der P-function
nennen.
II.
Zunächst einige unmittelbare Folgerungen aus der Definition.
Ia b c )
a ß y x\ können die drei ersten Vertikalreiben be~
a ß y )
liebig unter einander vertauscht werden, sowie auch a mit a', ß mit ß', y
6 BERNHARD RIEMANN,
Ia b c 1 (a b' c \
a ß y x) - P\a ß y x'\ > wenn ^an für x
a ß y ) \cc ß y )
einen rationalen Ausdruck ersten Grades von x setzt, der für x zz a, b, c die
Werthe a\ b', c annimmt.
JOoo 1 J
Für Pia ß y x] , auf welche Function sich demzufolge alle P-functionen
r« ß y )
mit denselben #, #', ..., y' zurückführen lassen, werde ich zur Abkürzung
auch bloss />( , ot 9x\ setzen.
\€C ß y /
In einer solchen Function können also von den Grössen er,«'; ß,ß'; y, y'
die Grössen jedes Paars unter sich, sowie auch die drei Grössenpaare beliebig
mit einander vertauscht werden, wenn man nur in der sich ergebenden P-
funetion als Veränderliche einen rationalen Ausdruck ersten Grades von x
substiluirt, welcher für die zum ersten, zweiten, dritten Exponentenpaar dieser
Function gehörigen Werthe von x die Werthe 0, oo, 1 annimmt. Auf diese
Weise erhält man die Function Pf , ~, ,xj ausgedrückt durch P-functionen
1 1 x 1
mit den Veränderlichen x. 1 — x. — , 1 , 1, und denselben
x x x — 1 1 — x
Exponenten in anderer Ordnung.
Aus der Definition folgt ferner:
Ia b c j / _ x£ ia b c \
a ß y x) ( ) zz P{a +d ß - d y x),
a'ß'y | ^-V W+9 ß' — ty' |
also auch x\i - xf P(a,ß*,x) = pf + J J" '-' Y + * x).
v J \a ß y I V« + o p — o — * y + $ /
Durch diese Umformung können zwei Exponenten verschiedener Paare beliebig
gegebene Werthe erhalten und als Werthe der Exponenten, da zwischen ihnen
die Bedingung « + «' + ^ + |!/+)/+/= 1 stattfindet, jedwede andere
eingeführt werden , für welche die drei Differenzen a — a ', ß — ß\ y — y'
dieselben sind. Aus diesem Grunde werde ich später zur Erleichterung der
Übersicht durch P{a — a', ß — ß\ y — y', x) sämmtliche in der Form
x (1 — x) Pl ,a, ' ,x) enthaltenen Functionen bezeichnen.
\a ß y '
ZUR THEORIE DER GAUSS'SCHEN FUNCTION F(a, /?,?,*). 7
III.
Es ist jetzt vor allen Dingen nöthig, den Verlauf der Function etwas
genauer zu untersuchen. Zu diesem Ende denke man sich durch sämmlliche
Verzweigungspunkte der Function eine in sich zurücklaufende Linie / gezogen,
welche die Gesammtheit der complexen Werthe in zwei Grössengebiete scheidet.
Innerhalb jedes von ihnen wird alsdann jeder Zweig der Function stetig und
von den übrigen gesondert verlaufen; längs der gemeinschaftlichen Grenzlinie
aber werden zwischen den Zweigen des einen und des andern Gebiets in
verschiedenen Begrenzungstheilen verschiedene Relationen stattfinden. Zu ihrer
bequemeren Darstellung werde ich die mittelst des Coefficientensystems S = [ "' M
aus den Grössen t,u gebildeten linearen Ausdrücke pt -\- qu, rt + su durch
(S) (/, ü) bezeichnen. Es möge ferner nach Analogie der von Gauss vor-
geschlagenen Benennung »positiv laterale Einheit« für +t als »positive" Sei-
tenrichtung zu einer gegebenen Richtung diejenige bezeichnet werden, welche
zu ihr ebenso liegt, wie f t zu 1 (also bei der üblichen Darstellungs weise
der complexen Grössen die linke). Demgemäss macht x einen »positiv eu
Umlauf um einen Verzweigungswerth a«, wenn es sich durch die ganze Be-
grenzung eines nur diesen und keinen andern Verzweigungswerth enthaltenden
Grössengebiets in einer gegen die Richtung von Innen nach Aussen positiv
liegenden Richtung bewegt. Es gehe nun die Linie / der Reihe nach durch
die Punkte x z= a} x = b, x-=z c, und in dem auf ihrer positiven Seite lie-
genden Gebiete seien P', P" zwei in keinem constanten Verhältnisse stehende
Zweige der Function P. Jeder andere Zweig P"' lässt sich dann, da in der
Vorausgesetztermassen stattfindenden Gleichung c P' •+- c" P" + c'" P'" = 0
c" nicht verschwinden kann, linear und mit constanten Coefficienten in P'
und P" ausdrücken. Nimmt man nun an, dass P'} P" durch einen positiven
Umlauf der Grösse x um a in (.4) (P'; P"), um b in {B^\p\ P"), um c in
(C)(P\ P") übergehe, so wird durch die Coefficienten der Systeme (^4),
(5), (C) die Periodicität der Function völlig bestimmt sein. Zwischen diesen
finden aber noch Relationen Statt. Wenn nämlich x das negative Ufer der
Linie / durchläuft, so müssen die Functionen P', P" die vorigen Werthe
wieder annehmen, da der durchlaufene Weg negativerseits die ganze Begren-
8 BERNHARD RIEMANN,
zung eines Grössengebiets bildet, innerhalb dessen diese Functionen allent-
halben einändrig sind. Es ist dies aber dasselbe, als ob der Werth x sich
von einem der Wert he c, b, a bis zum folgenden auf der positiven Seite
fortbewegt, dann aber jedesmal um diesen Werth positiv herum, wobei
(/>', O der Reihe nach in iC){P', /»"), {B)(C)iP'1 O, schliesslich in
04) (£) (C) (/>', P") übergeht. Es ist daher
CO <XK*)(0 = Q°),
welche Gleichung vier Bedingungsgleichungen zwischen den zwölf Coefficienten
von A} B, C liefert.
Bei der Discussion dieser Bedingungsgleichungen beschränke ich mich,
zur Fixirung der Vorstellungen, auf die Function P( , £, ,x\ also auf den
Fall, wenn azzO, & = co, c=l, was die Allgemeinheit der Resultate nicht
wesentlich beeinträchtigt, und wähle für die durch 1,00, 0 zu ziehende
Linie / die Linie der reellen Werthe , welche um der Reibe nach durch c, 6, a
zu gehen von — oo nach + cc gerichtet sein muss. Innerhalb des auf der
positiven Seite dieser Linie liegenden Gebiets, welches die complexen Werthe
mit positiv imaginärem Gliede enthält, sind dann die oben eharakterisirten Be-
standtheile der Function P, die Grössen P* Pa , P*, P^ , Pr} Pr einändrige
Functionen von x und sind bis auf constante Factoren , welche von der Wahl
der Grössen c % c ,, ..M c , abhängen, völlig bestimmt, wenn die Function
P gegeben ist. Die Functionen P , P gehen durch einen positiven Umlauf
der Grösse x um 0 in P e , P e über und ebenso durch einen
positiven Umlauf dieser Grösse um oo die Functionen P , Pp in Pp er ,
/?' £'2m y y$
Pr er und durch einen positiven Umlauf um 1 die Functionen P , P/
y y2^it w^y y %7ii
in P* ef , P* er Bezeichnet man den Werth, in welchen P durch
einen positiven Umlauf von x um 0 übergebt, durch P'7 so ist, wenn
P zz c P + c ,P . P zz c e P + c ,e P .
a ' et 7 a a
ZUR THEORIE DER GAUSS'SCHEN FUNCTION F[a,ß,y,x). 9
Diese Ausdrücke haben eine von Null verschiedene Determinante, da n. V.
a — a keine ganze Zahl ist und folglich können P , P auch umgekehrt in
P, P', also auch in r, Pp ; P'} P* linear mit constanten Coefficienlen aus-
gedrückt werden. Setzt man nun
Pa ~ aaP$ + a0,t$ = a P7 + a , PY
ß ß y y
P" = «'TP + «' y ' = «' P* + a* .?'
ß ß y y
S «' \ - oo \J J ! = oo
ß ß \ f y y )
und die inversen Substitutionen von (6) und (c) bez.w. = (6) und (c)
so ergeben sich für die Functionen (/' , P ) die Substitutionen
[A'=\o ,/H- (ß,=,io ,>t ,(CM> ,/H
Aus der Gleichung (A^(E)(C) sr (' .j folgt nun zunächst, da die Deter-
minante einer zusammengesetzten Substitution dem Producte aas den Deter-
minanten ihrer Componenten gleich ist,
1 = Det 04) Det (£) Det (C)
= e(a + *'+ß + ß'+ r + /) 2*1 Det (6) De, (6)- 1 Del (c) Del (c)-l
oder, da Det (6) Det (6) i = 1, Det (c) Det (c)~ * = 1,
(2) a-f #'+/? + /?'+/ + y' = e*ner ganzen Zahl, womit die obige An-'
nähme, das 6 diese Exponentensumme = 1 sei, vereinbar ist
Die übrigen drei in (Ä)(B)(C) = Cj /) enthaltenen Relationen geben
drei Bedingungen für (6) und (c), welche indess leichter auf folgendem Wege
gefunden werden.
Wenn x erst um oo und dann um 0 positiv herumgeht, so bildet der
durchlaufene Weg zugleich einen negativen Umlauf um 1. Der Werth, in
M
welchen P dadurch übergebt, ist daher
Mathem. Classe. VII. B
10 BERNHARD RIEMANN,
r r ^ ß ß J
Multiplicirt man diese Gleichung mit einem willkürlichen Factor e
and die Gleichung
a Py + « ,Pr' = «aPß + a„ Pß' mit e~ °2ni
y y ß ß
und subtrahirt, so ergiebt sich nach Abwerfung eines allgemeinen Factors
— V7ii y , y 7ii y
a sin(a — y)ne P* + a , sin (o — y)ne ' P =r
aR sm(ff-f u + ß)ne^ rj Pr + (*„, sin(a-f c* + ß)neK r Pr .
Aus ganz ähnlichen Gründen hat man auch, wenn man überall a für a setzt,
die Gleichung
/ • /
a sm((7 — jOrce ' P' + cc ,sm(a — y^ne ' P' zz
' - r x 'i o\ (<*'+ß)™,iß i ' • r t > • o+\ (« + /071* nß'
ctß8in(o + ct -\-ß)neK Ir f^+«Ä,sm(a + a -|-/?)7rev ,ry /^
mit der willkührlichen Grösse o. Befreit man beide Gleichungen von einer
der Functionen, z.B. I" , indem man a demgemäss bestimmt, so können sich
die resultirenden Gleichungen nur^ durch einen allgemeinen constanten Factor
pß v *
unterscheiden, da — , nicht constant ist. Diese Elimination von P7 giebt
pß
daher :
a a~ sin(« + p 4- y ) 71 e «-, sin (« + P + Y ) ^ e
(3) Y = ±
ani / . ^ , . ^ . ^ am
a a Ä sin (« + p + y ) 7r e a ~, sin (« 4" ß + / ) ^ e
y p p
und die ähnliche Elimination von r
« , «„ sin(a + p + y)7re a~, sm(a + p + y)ne
Y _ P _ P
(3) — ;; : — ; :>
a a ' sin(a'+ ß + y)ne et' , sin («'+/?'•+- y) n e
Y P P
welches die vier gesuchten Relationen sind. Aus ihnen ergeben sich die
ZUR THEORIE DER GADSS'SCHEN FUNCTION F(„,ß,r,x). 11
"a V % V
Verhältnisse der Quotienten _ _ , -ü, -!—, — _. Die Gleichheit der beiden
ß ß r r
aus der zweiten und vierten fliessenden Werthe von — : —iL erbellt leicht
a'ß ">
als eine Folge aus «+«'+/? + ß' + y + y* = * mittelst der Identität
sin sn = sin (1 — s)n.
p P Y Y
Demnach sind von den Grössen _Hf _L_, __l_, _J1_ durch eine von
0 ' 0 0 " 0
ß ß y Y
"ß
ihnen, z.B. _J_, die übrigen bestimmt und die drei Grössen «' «' «'
«' ß r r
ß
durch die fünf Grössen aa, a a. aa.. a , a ,. Diese fünf Grössen aber
ß ß ß y y
et (t ß 8* Y Y*
bangen von den in p , P y P , Pr , P , P } wenn die Function /> ge-
geben ist, noch willkürlichen Factoren oder vielmehr von deren Verhältnissen
ab, und können durch geeignete Bestimmung derselben jedwede endliche
Werthe erhalten.
IV.
Die so eben gemachte Bemerkung bahnt den Weg zu dem Satze, dass
in zwei P-functionen mit gleichen Exponenten die denselben Exponenten ent-
sprechenden Bestandteile sich nur durch einen constanten Factor unterscheiden.
In der That, ist P eine Function mit denselben Exponenten wie P} so
kann man die fünf Grössen aa, cc„,, a . et , und a' bei beiden gleich an-
ß ß Y Y ß
nehmen und dann müssen auch die Grössen a',} a , a . bei beiden über-
ß Y Y
einstimmen. Man hat also gleichzeitig:
"°d c".*. pfi = m </•.', >•?■) = wer. p?)
folglich
(P«ra'-r°P«) = TtoQxifipP-tPph = DetCcX^ -p^'p^
B2
12 BERNHARD EHEMANN,
Von diesen drei Ausdrücken bleibt der erste, mit x multiplicirt,
offenbar für x •=. 0 einändrig und endlich; ebenso der zweite, mit xr p —
£g _ ß y y I 1 . - y y
x ' multiplicirt, für # = O0, der dritte, mit (1 x)
multiplicirt, für x—\) und dasselbe gilt von allen drei Ausdrücken für alle
von 0, 00, 1 verschiedenen Werthe von x: es ist daher
(P« PU' - P" P^ x- tt-a\\~x-)-y- Y'
eine allenthalben stetige und einändrige Function, also eine Constante. Sie
ist ferner =0 für x — 00 und muss folglich allenthalben — 0 sein.
Hieraus folgt
p» p»
p" p"
pß pß-
1 1
aß pß + V p?
Pa
i
Ptt
pY pS
a PY + a ,PY
y ' y •
et P7 + a ,Py
Y Y
Pa
Ptt'
p"
Die Function — *- ist
pa
demnach einwerthig und
muss
endlich, also, w. z. b. ist, constant sein, wenn noch bewiesen wird, dass
P und P nicht zugleich für einen von 0, 1, oo verschiedenen Wertb von
x verschwinden können.
Zu diesem Ende bemerke man, dass
a dP" a' dP<* _ s ß dPß' ß' dPK _
dx dx ^ dx dx ' ~~
r v dp/ y> dpr>.
ZUR THEORIE DER GAUSS'SCHEN FUNCTION F{u%ßtyyx). 13
und folglich für x = 0, 00, 1 unendlich klein von den Ordnungen ct + d— 1,
ß +■ ß'+ 1 = 2 — et — et'— y — y\ y + y'— 1 wird, übrigens aber stetig
und einändrig bleibt, so dass
f a dP a' dP \ — « — «'4- 1 y — y' j. 1
( /> — P -—) x ^ (1 — x~) Y /+1
aar a#
eine allenthalben stetige und einändrige Function bildet, folglich einen con-
stanten Werth hat. Dieser constante Werth dieser Function ist notbwendig
et Ct'
von Null verschieden, weil sonst log P log P = const., folglich et zz et'
sein würde gegen die Voraussetzung; offenbar müsste sie gleich Null werden,
ct et'
wenn für einen von 0, 1, 00 verschiedenen Werth von x P u. P gleich-
dptt dptt'
zeitig verschwänden , da — - , — — als Derivirte einändrig und stetig blei-
dx dx
bender Functionen nicht unendlich werden können.
ct et'
Es werden daher P u. P für keinen von 0, 1,00 verschiedenen
Werth von x gleichzeitig =0, und es bleibt die einwerthige Function
Pa P«' pf Pß' PY PY'
Ptt Ptt' / / P* jV'
allenthalben endlich, mithin constant, w. z. b. w.
Aus dem eben bewiesenen Satze folgt, dass in zwei Zweige Einer
P-function, deren Quotient nicht constant ist, jede andere P-function mit
gleichen Exponenten sich linear mit constanten Coefficienten ausdrücken lässt
und dass durch die im Art. L geforderten Eigenschaften die zu definirende
Function bis auf zwei linear in ihr enthaltene Constanten völlig bestimmt ist.
Diese werden in jedem Falle leicht aus den Werlhen der Function für specielle
Werthe der Veränderlichen gefunden, am bequemsten, indem man die Ver-
änderliche einem der Verzweigungswerthe gleich setzt.
Ob es immer eine jenen Bedingungen genügende Function gebe, bleibt
freilich noch unentschieden, wird sich aber später durch die wirkliche Dar-
stellung der Function mittelst bestimmter Integrale und hypergeometrischer
Reihen erledigen und bedarf daher keiner besondern Untersuchung.
14 BERNHARD RIEMANN,
V.
Ausser den für jedwede Werthe der Exponenten möglichen Transfor-
mationen des Art. II. ergeben sich aus der Definition noch leicht die beiden
Transformationen :
0 oo 1 i (1 oo 1
ß y x = P )y 2/9 y
* P Y' ' W 2/?' Y'
(A) P 0 ß y x[ = P }y Iß y Vx[ ,
wo nach dem Früheren ß + ß' + Y + Y* — k se*n muss, und
[0 00 1 i ll 9 Q* s ,
(B) P 0 0 y * [ = P ]r Y Y Vx[,
'H/ < W Y Y '
wo y + V = i un(* 9 e*ne imag*näre dritte Wurzel der Einheit bezeichnet.
Um sämmtliche Functionen , welche sich mit Hülfe dieser Transformationen
auf einander zurückführen lassen, bequem zu übersehen, ist es zweckmässig,
statt der Exponenten ihre Differenzen einzuführen und, wie oben vorge-
schlagen, durch P(a — «', ß — /?', y — Y> <0 sämmtliche in der Form
<? € fcc ß y ^
x (1 — x) P( . R, , x ) enthaltenen Functionen zu bezeichnen, wobei
a — ct, ß — ß'} Y — Y' die erste, zweite, dritte Exponentendifferenz genannt
werden mag.
Aus den Formeln im Art. II. folgt dann , dass in der Function
P&> P, v, *)
die Grössen Jt, /u, v beliebig ins Entgegengesetzte verwandelt und beliebig
unter einander vertauscht werden können. Die Veränderliche nimmt dabei
1 1 1 x
einen der 6 Werthe x} 1 — xy — , 1 , , an, und zwar
x x 1 — xx — 1
haben von den 48 auf diese Weise sich ergebenden P-functionen je acht,
welche durch blosse Zeichenänderung der Grössen X, /u, v aus einander her-
vorgehen, dieselbe Veränderliche.
Von den in diesem Art. angegebenen Transformationen A und B ist die
erste anwendbar, wenn von den Exponentendifferenzen entweder eine gleich
£ oder zwei einander gleich sind, die zweite, wenn von ihnen entweder zwei .
=r £ oder alle drei einander gleich sind. Durch successive Anwendung dieser
Transformationen erhält man daher durch einander ausgedrückt:
ZUR THEORIE DER GAUSS'SCHEN FUNCTION F{a, ß, r, x). 15
I. PQi, v, £, <r2), P(ji, 2t>, fi, *0 and P(v, 2/i, v, <r3),
wobei V(_l — xi) =1 — 2xx, v(i — ) = 1 — 2xi} also
x2/
x2 = 4a?i (1 — xi~) = sich ergiebt.
4aj3(l — x{)
II. P(v, p, v, a?3), PO, *-, £, xz), PQj, 2v, j, xrf,
wenn 1 - 1 = f *±£-V und folglich 1 = B^~ & *> ^ ~J*J,
*4 ^*3 + ?2^ *4 (?2 + *3)3
CP + ^3)3C?2+^3)3 (1— *3(1 — *3))3 *
4L 4j* 27*52C1— *3)2 27x32a-*3)2
4x4(l - x4) = x5 =: — -, 4ät3(1 —0:3) = x2 =
4*6(1 — *6) 4^(1 — *i)
III. P(>, ", ii *2), *>(>, 2», r, xO
wenn *3 = ± (2 - x2 — 1) = 4 *4 (i _ ^ .T2 = 4 xx (1 — *!>
Alle diese Functionen können noch mittelst der allgemeinen Transformationen
umgeformt und dadurch ihre Exponentendifferenzen beliebig vertauscht und
mit beliebigen Vorzeichen versehen werden. Ausser den beiden Transcen-
denten II. und III. lässt, wenn eine Exponentendifferenz willkührlich bleiben
soll, nur noch die Function P(V, £, £) = P(y} 1, *) eine häufigere Wieder-
holung der Transformationen A und B zu, welche indess, da p( x\ zz
const. x? + const.', auf ganz elementare Formeln führt.
In der That ist die Transformation B nur anwendbar auf P(r, r, v) oder
PQ-, ", £), also nur auf die Transcendente IL; die Transformation A aber
lässt sich häufiger als in I. nur wiederholen, wenn entweder von den Grössen
juy r} 2/u, 2v eine gleich £ gesetzt oder eine der Gleichungen fi = v, /u - 2r,
v =r 2/u, angenommen wird. Von diesen Annahmen führt /u,zz2r oder v—2fi
auf die Transcendente IL, fi = v} sowie 2/u oder 2? = £ auf die Transcen-
dente III., endlich /u oder v= ± auf die Function P(p, £, £).
16 BERNHARD RIEMANN,
Die Anzahl der verschiedenen Ausdrücke, welche man durch diese
Transformation für jede der Transcendenten I— III. erhält, ergiebt sich, wenn
man berücksichtigt, dass in den obigen P-functionen als Veränderliche alle
Wurzeln der Gleichungen, durch welche sie bestimmt werden, zulassig sind
und jede Wurzel zu einem Systeme von 6 Werthen gehört, welche mittelst
der allgemeinen Transformationen für einander als Veränderliche eingeführt
werden können.
Es führen aber im Falle I. die beiden Werthe von xi und #3, welche
zu einem gegebenen .v2 gehören, auf dasselbe System von 6 Werthen, so
dass jede der Functionen I. durch P-functionen mit 6 . 3 = 13 verschiedenen
Veränderlichen ausgedrückt werden kann.
Im Falle II. führen von den zu einem gegebenen Werthe von #5 ge-
■
hörigen Werthen die beiden Werthe von xq und *+, die 6 Werthe von jc3
und von den 6 Werthen von x2 und von xi je zwei zu demselben Systeme
von 6 Werthen. Es liefern also xi und x2 je drei und #3, ..., x6 je ein
System von 6 Werthen, also alle zusammen 6.10 = 60 Werthe, durch
deren P-functionen sich jede der Functionen II. ausdrücken lässt.
Im Falle HI. endlich liefern ar3, die beiden Werthe von x2} die beiden
Werthe von #4, und von den vier Werthen von xi je zwei ein System von 6
Werthen , so dass jede der Functionen III. durch P-functionen von 6 . 5 = 30
verschiedenen Veränderlichen darstellbar ist.
In jeder P-function können nun ohne Änderung der Veränderlichen mit-
telst der allgemeinen Transformationen die ExponentendifTerenzen beliebige
Vorzeichen erhalten, und also kann, da keine dieser Exponentendifferenzen
=2 0 ist, eine und dieselbe Fuqclion auf 8 verschiedene Arten als P-functlon
derselben Veränderlichen dargestellt werden. Die Anzahl sämratlicher Aus-
drücke beträgt also im Falle I. 8.6.3= 144 , im Falle II. 8 . 6 . 10 = 480,
im Falle III. 8.6.5 = 240.
VI.
Wenn man sämmtliche Exponenten einer P-function um ganze Zahlen
ändert, so bleiben in den Gleichungen (3j Art. III. die Grössen
ZUR THEORIE DER' <SüDSS<SCHEfiilFOflIG1ION F(a,ß,y,x). H
itm
.. s>n(> + /? + Y )T e sin f* + 0 + yln e
• ';
«'m . ^ , ■ „, . ^ ' am
:•>
sin£a+ß + f^n e sin(>' + #.+ jO*#
sin(>'+0 + y)^e ... vsul(>' + ff + r>* e
ungeändert. M '
Sind daher in den Fiipctk>ifeni^(* (L? *), Pi("? J VJ *) die ent-
a p y &%P i y i
sprechenden Exponenten a und a, etc. um ganze Zählen verschieden, so kann
man die acht Grössen (O/C^'p* C^g^ ~ ^en »cht Grössen «„, «', aßn ...
gleich annahmen, da au« <ier Gleichheit der i;ünf wil^ührlichen die Gleichheit
der drei übrigen folgt.
Nach der im Art. IV. angewandten Schlussweise folgt hieraus:
und wenn man von den Grössen a-^ct\ und ax + ayß + ß\ und ßx+ß',
V + y'i und yt -f y' diejenigen Grössen» jedes Paars, welche um eine positive
ganze Zahl kleiner sind, als die andern , durqh a+ß9%y bezeichnet, so ist
eine Function von x, welche eroftndrig und endlich bleibt für x=0, * = i
ypd alle übrigen endlichen Werthe von xf für »= oo aber . unendlich wird
v^Br>^frMOrdaung --7 a, -r-.y — ß> folglich eine gaoze Function F vom Gradq
I ' . * i O • • • \ ' ' . '. i • •
— '«f »'P' y.» *■■ - ..'.••. ' .■■.....,■ ' ;■.!,; ••<».:
Man bezeichne nun, wie früher, die Exponentendiffcren&en a - et',
ß\Li.ß*y y.L* y* durch i,« ^ * In /Betreff dieser ergiebt sich zunächst: ihre
Sartttüe' ändert «ich um eine gerade* Zably- wenn sich simmtliche Exponenten
um ganze Zahlen ändern; denn sie übertrifft die Summe sämmtlicher Expo-
nenten, wikhe unverändert =s 1 bleibt,; um . — 2{V + ff + y'), welche
Grösse sich dabei «üb einö gerade Zahl -ändert. Sie können sich aber dabei;
fori jedwede ganze Zahlen andern, deren Summe gerade; ist. Bezeichnet man.
ferner et}—.*' xf ßi^~ß '■i\-yi-i-iif\ *tarch A» WH und dmei ,^4u, ^di*
JfaOem. Ckute. VII C
18 • BERNHARD RIEMANH»
absoluten Werthe der Differenzen A — A19 fi — pl9 v — vl} so ist von den
Grössen a -f- a\ und «' + al diejenige, welche am die positive Zahl JA
kleiner ist, als die andern ; -
et + et'. + a 4- <tx JA ,
= — ' ±-t- L — * also-,
2 2 '
— a = — — — - — ■ — - und ebenso
2 2
2 2
— y = — — y + y'i + y' + y>
y 2 2
Der Grad der ganzen Function F} welcher gleich der Summe dieser Grössen
ist , ergiebt sich daher
' JA -|- Jfx -|- Jv
VII.
Sind jetzt 'P("A.y.x); Pi(a)by}*X P,(^6y?"*} drei
Functionen, in welchen sich die entsprechenden Exponenten um ganze Zahlen
unterscheiden, so fliesst aus diesem Satze mittelst der identischen Gleichung
Pa(paiPa* paipa*~\ + jp^r|/*2pa if *&*") -f- fft%(Vatft l~PaI**l}=£0
der wichtige Satz, dass zwischen ihren entsprechenden Gliedern eine Kneftito
homogene Gleichung stattfindet, deren Coefficienten ganze Functionen vop x
sind, und dass also
' »sümmtliche P-functionen , derön entsprechende Exponenten sich um ganze
Zahlen unterscheiden, sich in zwei beliebige vop ihnen linear mit ratior
nalen Functionen von x als Coefficienten ausdrücken lassen«.
Eine specieTle Folge aus den Beweisgründen dieses Satzes ist, dass sieb
der zweite Differentialquotient einer P-fimction linear mit rationalem , Functionen
als Coefficienten in den ersten und die Function selbst ausdrücken lässt, und also,
die Function einer linearen homogenen Differentialgleichung zweiter Ordnung genügt.
\»
ZUR THEORIE DER GADSS'SCBEN FUNCTION F[a} ß, y, x). 19
Beschränkt man sich, um ihre Ableitung möglichst zu vereinfachen, auf
den Fall y = 0, auf welchen der allgemeine nach Art. IL leicht zurückgeführt
wird, und setzt P=y, Pa=y', r — y", so ergiebt sich, dass die Functionen
, dy" „ dy' d*y „' _ d*y" , äy' d*y" dy" d*y'
9 «flog* V «flog*' dlogar2^ rflog*2^' dlogxdlog*2 ~dlog*dlog*2
mit x (A — x~) ' multiplicirl, endlich nnd einändrig bleiben
für endliche Werthe von x und unendlich von der ersten Ordnung werden
für x = oc , und dass überdies das erste dieser Producte für x = 1 . unendlich
klein von der ersten Ordnung wird. Für y = const.' y'-f- const." y" findet
daher eine Gleichung von der Form statt
» - '~>*£& -(-A+ *•>«& + (-A'-*'')* = °-
in welcher A, By A\ B' noch zu bestimmende Constanten bezeichnen.
Nach der Methode der unbestimmten Coefficienten lässt sich eine Lösung
dieser Differentialgleichung nach um 1 steigenden oder fallenden Potenzen in
eine Reihe
JSa x
n
entwickeln, und zwar wird der Exponent fi. des Anfapgsgliedes im ersten
Falle, wo er der niedrigste ist, durch die Gleichung
fifi — Afi + A' = 0
und im zweiten, wo der höchste ist, durch die Gleichung
W + Bfi + B' = 0
bestimmt Die Wurzeln der ersteren Gleichung müssen a und a\ die der
letztern — ß und — ß ' sein und folglich ist
A = a + a A — a&
B = ß + ß' B' = ßß',
und es genügt die Function P(a , „, , x) = y der Differentialgleichung
Ka ß Y
d2v du
^-^dl^^^ + a' + {ß + ß)^d^ + Ctta,-ßß'^ = 0'
C2
*20 ./,,.;•. .>'\ /.<)!IEKNBft&D RUM AHN; .--i;w ».-SSM* HJS
Es bestimmen sieh ferner üe Cotffßcretiten au* einem voö ibüe»; mittelst
der Rjecursiontforaie); .)■»/. i'.-.u • .•;;.; •,<;•"• l--.; •!•: ;.• .'>.. -y !!-■'! .:•>!>
°« . •., C» +1 — «0 O + l".- *').' .
'< [).° '.! . :,'l: ' '
» > i
• V.
welcher w = ; — - genügt.
ti '■..'.'im ,..'i . i.Jii"' i:h.'i I j\i :'.'! . ,W , { , ■ . ,; ,'. : ' V ; /...... . }
Demnach bildet die Reihe , .
ö ±^ Coiist.JP
sowohl wenn die Exponenten von dt öder a' an um die Embeit s^igen,:;als
auch wenn sie von — ß oder -r^/3 an um die Einheit fallen, eine Lösung
der Differentialgleichung' utid zwar Jbefc. W. tHeJeÄigen particularen Lösungen,
welche, obeh durtfh : P^ ijflfr} P^, - J%;. bgz^hjie^wQrdeii sy»d. -;,:,•./ ,:i
^n«; ( .Nwb» Q«jußs^J(vyelc|ier dijrph FSß} b,ß9 ^):.emfj .Reihe .Jbezeictyiet, in
weicKw^ feliini dfe^» fiten Ötiedesln das folgende* 't- ft ^'ffi* * *?«
und das erste Glied =1 ist. lässt sich dieses Resultat für den einfachsten
Fall, für a = 0, so ausdrücken
oder ( t .. ;
■ I ' f
l/i.
t <
!:it»
Aus demselben erhält man auch leicht einen Ausdruck dpi* P-function
durch ein bestimmtes Integral, indem map in dem allgemeinep Gliede der
Reihe für die JT-functionen ein Eulersches Integral zweiter Gattung einfuhrt
und dann die Ordnung der SummfUiou und Integration vertauscht. Auf diese
Weise findet man, dass das Integral
i
"ton ^Dem der vier Werthe.,0,i 4, -r, oc^ bi« aa -pineqa dieser vier Werthe
t .
)
ZQR/niBOftJS DB» -GAÜSÄ8CHÄN FÜNGTIOS *(«,-&*, afri . 21
jutf, beliebigem Wege erstreckt eine Function P(a, %, y, «) bildet und bei
passender Wahl dieser Grenzwerthe tmd des Weges von einem zum anderii
jefie der sechs Functionen Pa>Sr. .... Py darstellt. Es lftsst sich aber auch
direct zeigen, dass das Integral die charakteristischen Eigenschaften einer
solchen Function besitzt. Es wird dies in der Folge geschahen, wo dieser
Ausdruck der P-function durch ein bestimmtes Integral zur Bestimmung der in
$
P^,SP^,.. noch willktthrlieh gebliebenen Factoren benutzt werden soll; und
ich bemerke hier nur noch, dass es, um diesen Ausdruck allgemein anwendbar
zu machen, einer Modifikation des Weges der Integration bedarf, wenn die
Function unter dem Integralzeichen für einen der Wefthe 0, 1, — , oc rfo
•]•■•• •.,... ® .
unendlich wird, dass sie die Integration bis an denselben nicht zulässt.
vm.
.' ' ' ' ' • ...
Zufolge der im Art. IL und dem vorigen erhaltenen Gleichungen
xct p y ß V* — ap+a + yy— y ß
; * . . . ■• * ■ • "
Gonst.a>a(l — op)V F(3 + a^y, ß'+ct+y, a-r-a[+ 1, *)
fliegst aus jedem Ausdrucke einer Function durch eine P-function eine Ent-
wicklung derselben in eine hypergeonwtrische Reihe, welche nach steigende«
Potenzen der Veränderlichen in dieser P-function fortschreitet. Nach ArtvV.
giebt es 8 Darstellungen einer Function durch P-functionen mit derselben
Veränderlichen, welche durch Vertauschung zusammengehöriger "Exponenten
aus einander erhalten: werden, aTSo z. B. 8 Darstellungen mit der Veränder-
lichen fr. Von diesen liefern aber je zwei, welche durch Vertauschung ihres
zweiten Paares, $ und 3V aus einander entstehen, dieselbe Entwicklung;
man erhält also vier Entwicklungen nach steigenden Potenzen von x, von
denen zwei, wplche durch Vertauschung von y und y' aus einander erhalten
• i. • . t
werden, die Function P , die beiden anderp die Function P darstellen.
Diese vier Entwicklungen convergiren, solange der Modul von a?<l, und
divergiren, wenn er grösser als TTfct, während die vier Reihen nach fallen-
' i
:-i
22 B. RIE1UIW, ZOK THEORIE DßR GAÜSS'SCHEN FUNCTION *(«, ß,r% x\
den Potenzen von x, welche F& and P? darstellen, sieh umgekehrt ver-
halten. Für den Fall, wenn der Modul von x gleich 1 ist, folgt aus der
Fouri er sehen Reihe, dass die Reihen zu convergiren aufhören, wenn die
Function für x = 1 unendlich von einer hohem Ordnung als der ersten wird,
aber convergent bleiben, wenn sie nur unendlich von einer niedrigem Ordnung
als 1 wird oder endlich bleibt. Es convergiren also auch in diesem Falle
nur die Hälfte der 8 Entwicklungen nach Potenzen von «/solange der reelle
Theil von y' — y nicht zwischen — 1 und + 1 liegt, und sie convergiren
sämmtlich, sobald dieses stattfindet.
Demnach hat man zur Darstellung einer P-function im Allgemeinen 24
verschiedene hypergeometrische Reihen, welche nach steigenden oder fallen-
den Potenzen von drei verschiedenen Grössen fortschreiten, und von denen
für einen gegebenen Werlh von x jedenfalls die Hälfte, also zwölf conver-
giren. Im Falle I. Art. V. sind alle diese Anzahlen mit 3 , im Falle II. mit
10, im Falle III. mit 5 zu multipliciren. Am geeignetsten zur numerischen
Rechnung werden von diesen Reihen meistens diejenigen sein, deren viertes
Element den kleinsteh Modul hat.
Was die Ausdrücke einer P-function durch bestimmte Integrale betrifft,
die sich durch die am Schlüsse des vorigen Art. aus den Transformationen
des Art. V. ableiten lassen , so sind diese Ausdrücke sämmtlich von einander
verschieden. Man erhält also im Allgemeinen 48, im Falle I. 144, im
Falle II. 480, im Falle HI. 240 bestimmte Integrale, welche dasselbe Glied
einer P-function darstellen und also zu einander ein von x unabhängiges
Verhältniss haben. Von diesen lassen sich je 24, welche durch eine gerade
Anzahl von Vertauschungen der Exponenten aus einander hervorgehen, auch
in einander transformiren durch eine solche Substitution ersten Grades, dass
für irgend drei von den Werthen 0, 1, oo, — der Integrationsveränderlichen $
die neue Veränderliche die Werthe 0, 1, oo annimmt. Die übrigen Gleichun-
gen erfordern, soweit ich sie untersucht habe, zu ihrer Bestätigung durch
Methoden der Integralrechnung die Transformation von vielfachen Integralen.
ABHANDLUNGEN
DER
HISTORISCH - PHILOLOGISCHEN CLASSE
••
DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN.
SIEBENTER BAND.
BitL-PkUoi. Ckut*. VII.
yf*' '
ä wJtfi J >.iä ■« «*';
* ;- i
■■• >
aa«
U8fcAJ'.y /^Ill'^I^OJO.^S-H-ir^DiOl^iH
<i //.{] H:jjv::iii:jär;
.■^•^
* » *
>•*
»2 » §
) •
.in .w*>yj Auum - .\uu
Erklärung
der grossen PhÖnikischen Inschrift von Sidon
und einer Aegyptisch- Aramäischen, mit den
zuverlässigen Abbildern beider.
Der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften am 19ten Januar 1856
als dem ersten Jahrestage der Entdeckung der Sidonischen Inschrift
vorgelegt
von
H. Ewald.
Die grosse Phönikische Inschrift von Sidon.
iVls ich im Spätjahre 1848 der Kön. Gesellschaft der Wissenschaften die
Abhandlung »über die neuentdeckte Phönikmcke Inschrift zu Marseille« vor*
legte, war jene Inschrift die einzige Phönikische welche, obwohl auf eine
beklagenswerte Art zur Hälfte verstümmelt und vorzüglich auch deshalb
sehr schwer zu verstehen, eine grosse und schon durch diese Grösse sehr
lehrreiche genannt werden konnte. Durch einen äusserst glücklichen Zufall
ist nun am 19ten Januar 1855 nahe bei Ssaidft oder dem alten Sidon selbst
eine andre nicht nur eben so grosse sondern auch im Allgemeinen besser
erhaltene entdeckt, welche auch an Alter und gewichtigem Inhalte sich leicht
als hinter jener nicht zurückstehend zu erkennen gibt. Haben nun die wis-
senschaftlichen Bemühungen um eine genauere Erkenntniss des ganzen PhÖ-
nikischen Alterthumes, bei der grossen Zerstreutheit seiner Überbleibsel und
den besondern Schwierigkeiten welche sich hier ungewöhnlich aufhäufen, erst
in unsern neuesten Zeiten wirklich begonnen, so kommt uns ein solches neu-
entdecktes inhaltreicheres Hülfsmittel dabei höchst willkommen entgegen. Ohne
Übereilung bei dem Bestreben es zu entziffern sicher zu verstehen und richtig
A2
4 H. EWALD,
anzuwenden, müssen wir doch sobald als möglich uns bemühen es nicht nur
seinem Inhalte und Werthe nach einzureihen in die bisherigen noch ziemlich
unansgefüllten Fächer unsrer Phönikischen Erkenntnisse x) , sondern auch es
in so zuverlässigen Abbildern als möglich allgemein nutzbar zu machen. Folgt
dann, wie wir dieses am meisten zu wünschen und zu hoffen haben, bald
eine neue Bereicherung unsrer Hülfsmittel , wozu jetzt durch diesen glück-
lichen Fund eines Königssarges auf der langgestreckten Küste Phönikiens
selbst die berechtigtste Erwartung gegeben ist, so können wir sie dann desto
leichter richtig verstehen und schätzen. Jeder geringere oder grössere Bei-
trag dieser Art welcher aus den weitzerstreuten und tiefverschütteten Trüm-
merhaufen Phönikischer Bildung wieder auftaucht, ist uns von unschätzbarem
Werthe: aber die ungemein grossen Schwierigkeiten eines richtigen Verständ-
nisses welche uns hier von allen Seiten umgeben ; lichtefi sich nur wenn wir
hier von Stück zu Stück von Stufe zu Stufe ebenso emsig als möglichst
sicher fortschreiten.
Ein richtiges wenn auch dunkles Gefühl der Wichtigkeit dieses Fundes
hat sich denn auch alsbald von den in Sidon und Palästina damals gerade
anwesenden gebildeteren Europäern und Amerikanern aus sehr bald in der
wissenschaftlichen Welt verbreitet; und man hat sich sowohl in Amerika,
wohin zwei Abschriften durch die in Sidon zufällig anwesenden Amerikanischen
Glaubensboten am frühesten gelangten; als in Europa sogleich sehr eifrig
bemühet die Inschrift zu veröffentlichen zu übersetzen und zu erklären. Was
nun in dieser Beziehung bis gegen das Ende des vorigen Jahres von sehr
verschiedenen Seiten aus versucht und geleistet ist, habe ich bereits an einem
andern Orte 2) so ausführlich und so bestimmt erörtert dass es hier leicht
1) Diese sind seit 1847 — 48 besonders durch eine Menge Punischer Inschriften
und deren Entzifferung vermehrt : s. die Entu/ferung der Neupunischen Inschriften
in den Gott. gel. Anz. 1852 St. 172— 175; ich fahre unten diese Abhandlung
nach dem ebenfalls 1852 erschienenen besondern Abdrucke in. Die Abhand-
lung über die Massilische Inschrift führe ich hier ebenfalls nach ihrem beson-
dern Abdrucke 1849 an, da der Druck in den Jahrbüchern der Biblischen Wis-
senschaft I. 1849 weniger genau ist.
2) In den Gott. gel. Anz. 1856 St. 3. Auf diesen Aufsatz weise ich hier zurück,
da sein Inhalt sonst auch ganz in diese Abhandlung gezogen werden könnte.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖN1KISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 5
übergangen werden mag, umsomehr da dort schon auf diese Abhandlung als
sogleich folgend verwiesen wurde und man jenen Aufsatz auch als eine Vor-
rede für diese längere Abhandlung betrachten kann. Ich habe, sobald ich
im vorigen Sommer die aus Sidon nach Deutschland gekommene Abschrift in
dem viel Gutes enthaltenden Buche Fr. Dietrich's empfing, die Inschrift rein
fürsich untersucht und mir entziffert, auch schon damals ihre Erklärung im
Ganzen völlig so festgestellt wie ich sie hier gebe. Allein ich erkannte auch
damals sofort dass mehrere Stellen dieser in Stein gedruckt vorliegenden
Abschrift unrichtig und unzuverlässig seien: und da man schon damals erwarten
konnte der bei Sidon ausgegrabene Königssarg werde bald durch den um die
Kunde und Erklärung aller solcher Alterthümer vielverdienten edelmüthigen
Duc de Luynes, welcher ihn für sich erworben, näher untersucht und sicher
beschrieben werden, auch von einer zweiten an dem Sarge zu lesenden
Inschrift verlautete, so beschloss ich mit der Veröffentlichung meiner Erklärung
einige Zeit zu warten ; da es ja überhaupt in diesen Dingen keiner übergrossen
Eile bedarf. Jetzt nun lege ich diese so vor wie sie sich mir ganz unab-
hängig von den bisherigen Versuchen einer Entzifferung gestaltet hat. Zugleich
aber mit dieser Abhandlung kann ich jetzt das erste treue Abbild der Inschrift
veröffentlichen, einem offenbar ganz genauen Lichtbilde folgend welches der
Duc de Luynes von der Inschrift genommen und mir in einigen Abbildern
mitzutheilen die Güte hatte. Ausserdem verdanke ich seiner Hand die erste
nähere Nachricht über die zweite Inschrift welche auf dem Sarge sich findet
and welche, wie bald erhellen wird, zwar nicht ihres Inhaltes aber einiger
andern Umstände wegen uns von nicht geringer Wichtigkeit ist.
Der Zustand der Inschrift
Die Inschrift findet sich eingegraben in die Brust und den Leib des
Königsbildes welches den Sarg bedeckt. Warum sie auf eine uns so auffal-
lende Weise gerade dieser Stelle eingegraben sei, sodass sie jedem der etwa
den Sarg zu öffnen und den hier ruhenden Todten zu stören sich erkühnen
sollte zuerst in die Augen fallen musste, das erklärt sich nur aus ihrem
Inhalte; wie unten leicht erbellen wird.
Sie besteht aus 22 langen Zeilen, welche äusserlich ziemlich gleich-
6 H. EWALD,
i i ■
massig sieb halten; und ist, schon nach dem ersten Anscheine zu urtheilen,
mit vieler Genauigkeit in grossen festen nur hie und da etwas dünner gehal-
tenen Zügen ausgeführt.
Sie hat aber nirgends irgendein Lesezeichen, weder am Ende der Sätze
noch zur Abtrennung der einzelnen Wörter, noch auchnur am Ende des
letzten Wortes; noch weniger bei einem einzelnen Buchstaben. Nur mitten in
der Z. 13 hat sie hinter einem Worte einen etwas grössern Zwischenraum,
welcher absichtlich gelassen zu seyn scheint, der aber keineswegs einen
Stillstand der Rede oder das Ende eines Satzes anzeigein soll: es wird unten
bei der Erklärung von Z. 13 über diese einzelne jedenfalls nicht sehr bedeu-
tende Erscheinung weiter zu reden seyn.
Mit dem Ende jeder dieser sehr langen Zeilen scbliesst zwar oft, ja
man kann sagen in den meisten Fällen, das Wort, aber doch nicht beständig.
Da die Inschrift ihrer ganzen Ausdehnung nach also nur Buchstabenreihen
gibt, so ist sie uns schon wegen des Mangels an aller Worttrennung nicht
ohne grosse Anstrengung zu verstehen, da wir die Worte selbst zu verstehen
heute oft die grössten Schwierigkeiten haben. Wir umschreiben sie daher
unten zur leichtern Lesung mit Hebräischen Buchstaben so dass wir zugleich
durch die Worttrennung überall din Sinn andeuten welchen uns die Worte
zu haben scheinen.
Übrigens ist die ganze Inschrift sichtbar sehr gut erhalten ; auch wie
die Erklärung zeigt vollständig. Nur auf Z. 16 und 1? hat sie eine schad-
hafte Stelle wodurch ziemlich viele Buchstaben mehr oder weniger verstümmelt
oderauch ganz ausgelöscht sind x). Diese Beschädigung, welche uns die voll-
kommen sichere Erklärung nicht wenig erschwert wie unten weiter zu zeigen
ist, hat sie aber erst beim Aufgraben durch die Arbeiter erlitten; und leider
scheint die Lücke höchstens durch wahrscheinliche Veitnuthung wieder ergänzt
werden zu können.
1) Gerade hierin sind die bisher veröffentlichten Abschriften höchst unzuverlässig:
sowie sie auch sonst manches unrichtige enthalteil. Wir bemerken dieses' alles
aber unten nicht weiter, da wir vielmehr da» getreue Abbild selbst veröffent-
lichen.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖN1KISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 7
Von der grössten Wichtigkeit ist uns nun aber hier die Beachtung der
andern Inschrift welche ebenfalls dem Königsbilde auf dem Sarge eingegraben
ist Sie findet sich um den Kopf des Bildes in einer Art von Halbkreise,
und besteht aus 6 Zeilen und einer unvollendeten siebenten. Als man sie
näher untersuchte, fand man aber dass sie dem Inhalte nach ganz dieselbe
sei wie die auf Brust und Leib zu lesende, nur nicht ebenso lang. Sie er-
streckt sich nämlich bis in die Mitte der Z. 13 der vollständigen Inschrift:
woraus man schon ersehen kann dass ihre Zeilen etwa noch einmal so lang
ausgedehnt sind. Was dabei noch sonderbarer , sie hört mitten in einem
Worte auf; nämlich hinter dem » des Wortes -»ao&WN Z. 13.
Diese ganze Erscheinung zu deuten könnte schwer scheinen. Da die
Inschrift, wie unten erhellet, alle zurückschrecken sollte welche etwa den
Sarg zu öffnen oder sonst den Todten in seiner Ruhe zu stören sich erkühnen
würden, so könnte man vermuthen sie sei eben dieses schreckenden Inhaltes
wegen absichtlich wiederholt Allein da wäre sie doch wohl 'entweder ganz
vollständig oder, wenn verkürzt, in ihrem Haupttheile und bis zu einer pas-
senden Ruhestelle wiederholt: sie schliesst aber mitten in einem Worte wel-
ches, wie sich unten zeigen wird, sogar selbst wieder mitten in einem Satze
steht Wir nehmen daher wohl richtiger an dass der Steinhauer sie zuerst
wirklich vollständig um den Kopf des Todtenbildes einhauen wollte, als spräche
der Todte sie so nahe als möglich aus dem eignen Munde, dann aber aus
irgendeinem Beweggrunde sie hier nicht vollendete, sondern sie von vorne
an noch einmal und nun vollständig auf Brust und Leib schrieb.
Wie dem $eyn mag., diese Wiederholung der ganzen grössern Hälfte der
Inschrift bringt uns zum desto sicheren) Verständnisse zufällig einige Vortheile
welche nicht willkommner seyn können. Einmal nämlich scheint sich das
Denkwürdige zu ergeben dass jede ihrer 6 Zeilen mit einem Worte schliesst:
, ihre 7» 1 schliesst mit wi* ?fra Z. 2 der vollen Inschrift,
— 2, — — n>N nno> 4 — — —
T-r 3 — , — a>»vn hn — 6 — — ■ —
— 4 — — -opn inp1» — 8 — — —
— 5 - — j-PN Nun — IQ — — —
— 5 — —. - "PN —13— — —
8 H. EWALD,
Indess scbliessen doch auch in der vollständigen Inschrift die meisten Zeilen
mit dem vollen Worte ; nnd umgekehrt ist hier aus Z. 2 der letzte Bubstab n
von rpN ganz abgefallen, als wäre er im Anfange der folgenden Zeile ver-
gessen. Wir wollen also nicht zuviel Gewicht darauf legen, obgleich die
Erscheinung immerhin merkwürdig bleibt. Dass die Worttrennung desto leichter
als Gesetz angenommen wird je länger die Zeilen sind ; ist leicht verständlich. —
Viel wichtiger ist zweitens dass sich auch einige verschiedene Lesarten zwi-
schen beiden Inschriften zeigen : zwar im Ganzen wenige und grösseren Theiles
unbedeutende, aber doch für uns sehr lehrreiche. Sie sind, wenn man sie*
näher untersucht, nur kleine Versehen die dem Steinhauer zur Last fallen;
und das jedesmal richtige konnte von einem geschickten Leser ziemlich leicht
gefunden werden, wo es zweifelhafter war. Aber für uns haben auch diese
Kleinigkeiten alle noch eine weit wichtigere Bedeutung. Auch zeigt sich dass
von den 5 Versehen dieser Art 4 allein auf die unvollendete Inschrift fallen:
und vielleicht war dieses ein Grund sie unvollendet zu lassen.
Sehen wir aber dabei auf das Ganze und Grosse,' wie es sich aus der
richtiger treffenden Entzifferung und Erklärung ergibt, so müssen wir trotz
dieser kleinen vom Steinhauer verschuldeten Versehen sagen dass die Inschrift
mit einer sehr gleichmässigen Genauigkeit und Emsigkeit ausgeführt ist 1).
Als sie eingehauen wurde, stand Pbönikische Schrift offenbar in ihrer Blttthe,
und man befleissigte sich allgemein einer nicht bloss äusserlich gefälligen und
deutlichen sondern auch möglichst fehlerlosen und dabei gleichmässigen Schrift
Die Inschrift ist gross genug und einzelne Worte und Sätze kehren in ihr
genug zu verschiedenen malen wieder um dieses zu erkennen. Dass sie auf
einen Königssarg geschrieben wurde, mag dazu mitgewirkt haben, aber erklärt
nicht alles.
Doch verschiedene und daher auch bessere oder schlechtere Lesarten
treffen wir hier, wie gesagt: ja wir haben sie hier in ihrer allernächsten Ent-
stehung und schon aus jenen Urzeiten stammend vor Augen. Da wir nun
hier doch die ganze Inschrift wie oben bemerkt Hebräisch umschrieben geben
1) Man könnte höchstens denken n«n Z. 12 wechsle mit n«n Z. 19: doch war die
Bedeutung beider Wörter wohl etwas verschieden.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖN1KISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 9
wollen, so fügen wir zugleich die eben besprochenen verschiedenen Lesarten
hinzu, mit kurzer Bemerkung welche in jedem Falle die bessere sei *). Ausser-
dem bezeichnen wir durch kleine- lateinische Bqchstaben das Ende der 6 Zeilen
der unvollendeten Inschrift — Und um bei der Umschrift einem in Semiti-
schen Schriften stehenden Grundsatze zu genügen, ziehen wir einen einzelnen
Buchstab der ein obwohl ursprünglich selbständiges Wort nach seiner Ab-
Schwächung an das vorige bloss anlehnt, also hier das ?2), mit dem vorigen
Worte in eins zusammen.
nSna *vonS «D3*is ^jta ^3ttVN ^ö ^ni m*ix -jSe n^n ^hyo p 2
napni mSnn naw mvV n^w p» n^i in dö1» *|ö» p ^nvSn 3
-i nav» ^n^N nnor Sn din Sdi roSütt Sa hn nwp n» vn opwa 4
»v*» Sni '»nsuno nSn n>N nw> Sni omn o«4)ho w>o« vp:r> Sn 5
i roStt» Sdd om c y»vn Sn im *n» din ün qN "ov mwo nSv n:^»^ p 6
>on jo&s» vn dn '»aav« nhn n^N nw> wn dn tmvjo nSv nnö> vn d*in Sd 7
ann p d*? p^ SNi5)d*Dpa nnp*» bw ono*> dn mwd öS p* Sn imv 8
pS» p Sve vn vtn "]S« onN ovnpn ddSnh o:nao^ oannn 9
rn^N NUT» VN DN 13DVE nSi> nnCP VN NH D*1N DN PIDSü» n^N D3n* 10
i ioöS unv dS p* Sn n»rro d*in dn nh nab»«7) an? nwn'inSn6) 11
o>o p ^nvba nbna jna ijnd v»v nnn o^nn -wm SvöS *>o 12
p orrs i^» W3»vm *pN2 ffcpN naSN p» ni«i in doi -j 13
nvraw&M •»»Nn D3*ix "iS>o ^»»wm "jb« p in dd-tx -jb» nann -jb» 14
na nw pa on ds-ix -jb>o ^wövn -jb» nn rpS»n jnm nnnv» wns 15
irwn d*> in* dv n*>nvv nwpw d> y^N pxn njpta» na nj^N ddSn 16
.*» . ■
1) Dagegen wäre es jetzt ganz überflüssig noch die vielen Fehler der bisher ver-
' öffentlicbten blossen Abschriften zu bemerken.
2) Nach dem in der Entzifferung der Neupunisohen Inschriften S. 12 Gesagten.
3) Das n fehlt in der unvoll. Inschrift übel.
: 4) In der unvoll. Inschr. steht Da nur durch ein leichtes Versehen.
* "... . i • . i : .
5) Das i fehlt in der unvoll. Inschr., steht aber doch passender.
6) Das n vorne fehlt in der unvoll. Inschr. aus Versehen.
7) So richtig die unvoll. Inschr., während die vollendete unrichtig nbtttt ohne 3 hat.
a—g bezeichnen das Ende der sechs bis stehen Zeilen der unvollendeten Inschrift.
Hist.-Phüol. Classe. VII B
«•
10 E. EWALD,
pn wn jroN^ a*) nwo am ■on vj^^n nhh t> |aw np[o jJeujnS m pa vn 17
ddS*> pN jb |n^ *w ^vn du; mrwsS na1) px SvaS na d^ y*>N psa dd-ix j^nS 18
D3^öd^ nSs)ö wi n»xa> rn>oS punwa vn nvtNn pn runw ^ö^ *)ni n^N 19
inSv nno^ Sn qhn SD*) nab»» Sd jin voap nfr^S oanxS jddddS y*)N hz* nSv 20
od*>jö^ afr «ODuno nSn rr>N n^ Sni osunon jo^an Sn^ mSa> iar> Sni 21
afrvS onn n»n» omm nh ro^isn |xp^ Sn D\mpn d^n 22
Die Schriftart
•
Wenden wir uns nun von diesen Äusserlichkeiten der Inschrift weiter
zu ihrer Betrachtung sofern sie uns eine bestimmte Phönikische Schriftart vor
Augen stellt: so haben wir hier sichtbar eine Schrift vor uns welche ihren
Buchstabenzügen nach so alt oder noch älter seyn kann als irgendeine andre
uns bisjetzt bekannte Phönikische. Die Züge weichen von denen der Massili-
schen Inschrift in einigen Einzelnheiten merklich ab: allein dass deshalb unsre
Sidonische jünger sei folgt daraus umsoweniger da die Phönikische Schrift sich
ja in den von einander ziemlich unabhängigen sehr verschiedenen Städten und
Ländern wo sie bestand und sich erhielt, auch sehr verschieden ausbilden
konnte. Erst wenn wir aus Sidon selbst noch weit mehrere Inschriften hät-
ten , könnten wir leicht näher erkennen welchem bestimmteren Zeitalter jede
angehöre. Bisjetzt muss uns genügen dass wir keine kennen die wir für eine
ältere als unsre halten müssten.
Die Schriftart zeigt sich auch darin noch ganz alterthümlich und acht
Phönikisch dass sie die möglichen Vocalbuchstaben nirgends anwendet wo sie,
nach dem Grundgesetze der Semitischen Schrift, nicht durchaus nothwendig
sind. Denn das *wn Z. 12 und wr Z. 19 brauchte nicht eben tär und dar
zu lauten, sondern könnte auch wie *)**£) oder ähnlich sonstwie gesprochen
werden. Wenn freilich das Wörtchen rpN Z. 4. 5. 7. 10 zweimal. 11. 15. 16
(wahrscheinlich zweimal). 21 welches (wie unten zu zeigen ist) seiner Bedeu-
tung nach fast ganz dem hebräischen Zeichen des Accusativs entspricht, bloss
so wie das yth in Plautus' Pönulus V. 1. 6. 7. 8 oder das aus ihm verkürzte
Hebräische -j-in gesprochen wäre, so würde i in der Mitte des Wortes gar
für einen gewöhnlichen Vocal zwischen zwei Mitlauten geschrieben gelten
müssen: allein alles zwingt uns vielmehr anzunehmen dass es ursprünglich
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖN1KISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 11
ijät lautete 1) , und wir wüssten nicht warum es in jener weit altern Zeit aus
welcher jedenfalls unsre Inschrift abstammt, nicht noch wirklich so auch in
gemeiner Rede gelautet habe.
An dieser ebenso alterthttmlichen als ursprünglichen Gedrungenheit und
Gleichmässigkeit der Schriftart hat keine Semitische Schrift so fest gehalten
wie die Phönikische, auch die Hebräische nicht Und gewiss ist dieses eins
von den vielen Zeichen der hohen Schriftbildung und Schulgelehrsamkeit welche
in den Phönikischen Städten schon in so frühen Zeiten länger und fester als
in den umliegenden Ländern einheimisch geworden seyn muss. Dass diese
hier so lange und so zähe festgehaltene Schriftart sich aber allerdings auch
in dieser Schrift endlich verändern und der gemeinen Hebräischen immer ähn-
licher werden konnte, zeigen die Neupunischen Inschriften, wie ich diese
1852 in der Kürze entziffert vorlegte.
Allein daraus folgt nicht dass auch die älteste und ihrem eignen Grund-
satze am treuesten gebliebene Phönikische Schrift die Vocalbuchstaben da
ausgelassen hätte wo sie dem Gesetze aller Semitischen Schrift zufolge 2)
nothwendig zu setzen waren. Wie ich nun schon früher alle Phönikische
Schrift hierauf immer besonders angesehen habe 3) , so zeigt auch unsre eben-
entdeckte grosse Inschrift keine Abweichung von diesem Grundgesetze : was ich
1) Was sich aus d6m in der grössern Spl. §. 105 f erörterten hinlänglich erklärt.
2) Wie ich dieses Gesetz in andern Schriften wohl hinreichend erklärt habe. Will
man aber sehen wie gewiss dieses ein ganz besondres Schriftgesetz sei, so
vergleiche man nur die Schrift welche der Semitischen örtlich und zeitlich so
nahe angrenzt, die in gewisser Hinsicht ihre eigne Mutter ist, nie Ägyptische
nämlich noch in ihrer Koptischen Gestaltung. Denn sosehr die Koptische Schrift
Buchstabenschrift geworden ist, so trägt sie dennoch noch einige Spuren ihrer
alten Urquelle an sich , sofern sie z. B. erlaubt 'N für en zu schreiben : was
dem Semitischen Gesetze völlig widerstreitet, aber sich als zerstreutes Über-
bleibsel aus der Wort- und Sylben - Bilderschrift erklärt.
3) S. die Abb. über die Massilische Inschrift S. 6 f. und jenen Aufsatz Gott. gel.
Anz. 1856 S. 28 f. Leider gibt unsere Sidonische Inschrift kein Beispiel eines
»tat. const. pl. auf * - , wie er sonst im Semitischen geschrieben wird : aber im
Neupunischen wird dafür et- geschrieben , s. die Entzifferung der Neupun. Ins ehr.
S. 11. 24. 28.
B2
12 ";."- •'. ' •' •"■• ■ B. EWALD,
. , ! ; . i
hier, da es seinen Folgerungen nach sehr wichtig ist/ noch mit besonderem
Nachdrucke hervorzuheben für der Mühe werth halte.
In der Mitte des Wortes wird also der Vocalbuchstab geschrieben, wo
zwei Vocale dicht zusammenstossen. Zwar gehört dahin ein Laut wie ae
von selbst nicht noth wendig, weil er als ein einfacher gelten konnte: vielleicht
sprach das Phönikische diesen Mischlaut auch noch etwas einfacher als blosses
£, wie es beständig p und nn auch für das Hebräische pä zwischen und xv\
Haus schreibt. Allein ein Wort wie rp£-) Z. 3. 13 lautete dann gewiss wie
rrxn ich ward geworfen, nach der Aramäischartigen Verkürzung dieser Bildung
für das Hebräische \nvö^; ähnlich w Z. 6 wie -p>s. Und die Buchstaben
un-n Z. 17 wurden wohl gewiss tfyi-> oder, wie man wenigstens später lieber
ü für 6 sprach, \ary\ ausgesprochen: wie dieses unten im Einzelnen weiter
zu erklären ist. In letzterem Falle könnte zwar nach strenger Folgerichtigkeit
auch \im zu schreiben hinreichen: aber die Bezeichnung des abweichenden
Vocales vor dem bloss durch ■> getrennten folgenden drängle sich vonselbst
leicht ein.
Dass am Ende des Wortes ein rein und voll auslautender Vocal ohne
Bezeichnung durch einen Vocalbuchstab bleiben könne, dafür gibt unsre In-
schrift keinen Beleg noch Beweis : wir haben vielmehr in ihr eine Menge von
Fällen wo das Wort mit i schliesst, meist als Zeichen des -I als angelehnten
Fürwortes meiner (da die Rede in der ersten Person ich durch die ganze
Inschrift hindurchgeht), aber auch sonst, wie *>&i Z. 19 was wahrscheinlich
wie im Hebr. ^) Schönheit bedeutete und ebenso auszusprechen war. Das
Arabische schreibt am Ende des Wortes zwar den kurzen Vocal durch keinen
Buchstaben, wenigstens mitten im Satze: abef das ist eben dieser Schrift
eigentümlich und aus der feinen Unterscheidung der kurzen und langen Vocale
im Arabischen erklärbar. Das Hebräische kann einen auslautenden Vocal im
vielsylbigen Worte unbezeichnet lassen, aber nur das -a und auch dieses* nur in
tonlosen Anhängsylben , wie mnp qabdrta. Aus alle dem folgt aber nicht dass
das Phönikische hierin viel weiter ging als das Hebräische. Das Wörtchen *>&
Z. 12 entspricht dem Hebräischen i*iq Frucht, konnte aber im Phönikischen
sehr wohl kürzer per ausgesprochen werden, da sogar das Hebräische von
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 13
ihm die Mehrzahl ni^D bildet L). Und das u»?S Z. 10 entspricht zwar gewiss
dem Hebräischen ntsoS nach unten, ebenso wie hw1? Z. 11 dem Hebräischen
nS^oS nach oben, und beide gehören zu dön Wörtern und Bildungen in wel-
chen diese beiden Sprachen im Gegensatze zu allen übrigen verwandten zu-
sammentreffen: allein so gewiss als auch im Hebräischen in gewissen Fällen
schon verkürzt bvtt. für nSano. gesagt wurde2), konnten im Phönikischen diese
häufigen Ortswörtchen schon beständig so hinten abgekürzt ausgesprochen
werden. Wenn ferner pa Z. 15. 17 (zweimal) dem Hebräischen n2<oä wir
baueten entspricht, oder m^S Z. 19. 4 dem Hebräischen *ßhX£j? ich lernte:
so können diese Bildungen im Phönikischen sehr wohl kürzer etwa banin und
lamadt oder lamadet gelautet haben , wie ähnlich im Aramäischen ; wohin dann
auch Fälle wie )üjc^ Z. 6. 7. 21 für das Hebräische -*eni (mich) gehören. Im
Abschleifen solcher Endungen ging das Phönikische sicher früh viel weiter
als das Hebräische 5) , und näherte sich in derselben Stufe mehr dem Aramäi-
schen , dem es ja auch sonst wo es vom Hebräischen weiter absteht leicht
am nächsten kommt. Wir sehen also bisjetzt keine Ursache uns in dieser
Hinsicht seine Schrift als eine grundsätzlich andre zu denken.
Die Sprache.
Übersehen wir ferner die ganze Art der Sprache der Inschrift, wie
diese sich aus unsern einzelnen oft so überaus mühsamen Entzifferungen ergibt:
so finden wir durch diesen neuen grossen Beitrag im Wesentlichen ganz die-
selben Erkenntnisse über das Phönikische als Sprache bestätigt welche ich
nach viel geringern Hülfsmitteln schon in den früheren Abhandtungen als die
Ergebnisse meiner Untersuchungen aufgestellt hatte. Allerdings sind unsre
bisherigen Quellen zur Erkenntniss der Phönikischen Sprache so ungemein
karg und dazu durch besondre Verhängnisse getrübt und verdunkelt gewesen
1) Wenigstens in der Mischna, deren Sprache (wie ich schon früher behauptet)
als um Tiberias gesprochen überhaupt in gewissen Dingen der Phönikischen
etwas näher steht; s. über dies alles die Spl. S. 419 der letzten Ausg.
2) S. die Spl. S. 494 der letzten Ausg.
3) Ich bemerkte dieses schon auf Plautus' Pönulus gestützt in der Abb. über die
Massilische Inschrift S. 14. Doch hat der Poenulus auch oordM d. L ntnp aber
mit tonlosem t.
14 H. EWALD,
dass jeder Zufluss schon aus einer schwachen Quelle stets überaus willkom-
men seyn muss, um vieles was vorher noch sehr dunkel oder zweifelhaft
war zu erhellen zu sichten und zu sichern. Wie schwach und noch besonders
schwierig zu gebrauchen waren die ersten Hülfsmittel als ich im J. 1841
meine erste Arbeit zur Erklärung des Phönikischen veröffentlichte! Allein
dennoch war schon in jener Abhandlung , abgesehen von den einzelnen Er-
kenntnissen welche sich doch auch seitdem grösstenteils immer mehr bestätigt
haben, der Grund einer allgemeinen Erkenntniss gewonnen welcher durch die
folgenden Entdeckungen und Entzifferungen sich nur immer erweitert und ver-
dichtet, durch die vorliegende letzte grössere Entdeckung aber nun eine fast
überraschende Sicherheit gewonnen hat; sodass wir, wenn wir dies stets
wünschten, so jetzt am meisten wünschen dass nur recht bald noch viele
andre Funde der Art nachfolgen mögen.
Das Phönikische hat mit keiner Semitischen Sprache soviele Gleichheit
und nächste Verwandtschaft als mit dem Hebräischen, aber es ist dennoch
von diesem wieder verschieden genug und trennt sich nach gar vielen Seiten
von ihm: dieses ist der Doppelsatz unsrer allgemeinen Erkenntniss der sich
von jener ersten Abhandlung an nur immer mehr bestätigt hat und sich jetzt
wiederum aufsneue noch vollkommuer bewährt. Und freilich ist dieser Dop-
pelsatz der Art dass wir ihn auch nach der grossen Völkergeschichte selbst
nicht gerne anders hätten, so gewiss ich übrigens was ich in der Sprache
aus ihren Quellen erkannte von Anfang an wie heute ganz unabhängig von
den geschichtlichen Sagen über die alten Verhältnisse dieser Völker gefunden
und erkannt habe. Wäre das Phönikische in allem Wesentlichen dem Hebräi-
schen gleich, sodass es sich etwa nur durch einige Lautwechsel von ihm
unterschiede, so würden wir nicht entfernt begreifen können wiedenn die
alten Sagen diese beiden Völker dennoch so weit von einander trennen konn-
ten; und die Treue vieler Erinnerungen aus dem frühesten wie aus dem
späteren Alterthume würde empfindlich leiden müssen. Aber das Phönikische
ergibt sich vielmehr, wenn man es näher erkennt, bei aller engern Verflech-
tung und Verähnlichung mit dem Hebräischen als von diesem so wesentlich
verschieden wie es seyn musste wenn die beiden obwohl ursprünglich ver-
wandten doch sehr früh von einander geschiedenen Völker dennoch schon in
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 154
sehr alter Zeit wiederum in so nahe Berührung und Vermischung mit einander
kamen wie wir dies geschichtlich zum Theil wissen zum Theil noch immer
weiter und deutlicher erkennen können.
Eben deshalb aber ist es für uns sowohl geschichtlich als um der Sicher-
heit der Erklärung Phönikischer Denkmäler und Überbleibsel willen auch sprach-
lich gewiss am wichtigsten dass wir gerade die Abweichungen des Phönikischen
vom Hebräischen überall am sorgfältigsten aufsuchen und am zuverlässigsten
erkennen. Nach <jer altern Art alle solche Phönikische Überbleibsel zu be-
trachten und zu behandeln hat man vielfach noch in der neuesten Zeit sie
zusehr bloss mit Hebräischem Auge und Sinne zu entziffern gesucht: es ist
Zeit dass man hierin endlich zu richtigeren Ansichten komme. Wir gehen
keineswegs darauf aus das Phönikische so wenig als möglich Hebräisch zu
machen: es ist uns lieb eine vollkommne oder doch möglichst nahe Gleichheit
zwischen beiden Sprachen zu finden, den ältesten Semitischen die uns bisjetzt
in grössern Stücken deutlicher erkennbar vorliegen. Aber wir halten es
weder für sicher noch für nützlich die nicht -Hebräischen Bestandteile des
Phönikischen zu verkennen, und werden stets durch die genauere Entzifferung
selbst zu deren Anerkenntniss getrieben. Dies bestätigt sich nun auch jetzt
wiederum bei dem grössten und wichtigsten Stücke Phönikischen Schriftthumes
welches bisjetzt wiederentdeckt ist
Wie sich dies alles nun im Einzelnen offenbare, werden wir besser
unten in der Entzifferung des Einzelnen sehen, da diese noch immer aus
vielen Ursachen so schwierig ist dass man nur von der genauesten Durch-
forschung des Einzelnen aus zu sicheren Ergebnissen über das Allgemeinere
fortschreiten kann, und alles Einzelne hier möglichst fürsich erklärt werden
muss. Nur einige allgemeinere Bemerkungen über Sprachliches schliessen wir
sogleich hier an.
1. Wie das Phönikische sich in den Lauten von dem Hebräischen unter-
schieden habe, kann einem sehr grossen Theile nach, nämlich bei den meisten
Vocalen, nicht mehr wenigstens aus solchen Denkmälern als unsre Inschrift ist
deutlich erkannt werden, da wir sahen wie wenig diese Schriftart gerade
dazu fähig sei. Was dagegen den aus der Schriftart sicherer zu erkennenden
und zugleich gleichsam sinnlicheren Bestand theil der Laute, nämlich die Mitlaute
16 H. EWALD,
betrifft, so können wir genug sehen dass doch zwischen beiden Sprachen eine
grössere Verschiedenheit herrschte. Wir wählen hier nur einige wichtigere
Belege.
Für das Hebräische o wurde im Phöni Irischen in vielen Wörtern der
entsprechende Zischlaut y gesprochen: dies ist unten bei Z. 9 f. 22 erörtert.
Ähnlich sprachen sich die Tyrier selbst mit y, wie wir jetzt aus den Denk-
mälern wissen: während ihre Nachbaren sie meist mit / aussprachen.
Dass im Anfange der Wurzeln zwei dumpfere Stummlaute wie no leicht
in die entsprechenden helleren -rn übergingen, ist bei Z. 6 erwähnt; es be-
stätigt sich auch sonst, vgl. das bodya im Poenulus V. 10 und was unten bei
der Ägyptisch -Aramäischen Inschrift über iä gesagt wird.
Dass das Phönikische auch wohl d für / sprach, wurde zum Poenulus
V. 3 erwähnt. Wir können dieses auch zur Erklärung eines ebenso häufigen
als leicht etwas sehr dunkeln Wortes anwenden. Nämlich das alonim als
Götter im Poenulus V. 1 hat sich nun durch unsre Inschrift Z. 9. 16. 18. 22
aufs vollkommenste bestätigt: aber wenn man fragt was das Wort ursprünglich
bedeute, so erheben sieb viele Schwierigkeiten. Mit dem Worte elOkkn
welches sonst als das rechte Semitische Urwort für diesen Begriff erscheint,
kann es in keiner Weise verwandt seyn: denn so scheinbar die Verwandt-
schaft beim ersten Anblicke ist, ebenso wenig lässt sie sich beim genaueren
Erforschen irgendwie beweisen oder auchnur als wahrscheinlich darthun 1).
Aber auch mit dem kürzeren Namen Sn für Gott, welcher mit elöhim sicher
aus 6iner letzten Wurzel abstammen kann , lässt sich das Phönikische alon
nicht zusammenbringen, schon weil das Phönikische dieses ganz kurze Wort
als 7i\ oder Tk selbst besass2). Nehmen wir aber alon nur als einen Phö-
nikischen Wechsel von adon {Herr und so Gotf), so erklärt es sich voll-
kommen. Wirklich findet sich in unsrer Inschrift Z. 18 am Ende dieses
pN in völlig gleicher Bedeutung mit ]Sn; und der Lautwechsel mag im Phö-
nikischen allmählig desto fester geworden seyn, je mehr das Wort in seiner
1) S. die Geschichte des V. I. I. S. 353 f. der 2ten Ausg. Zwar spricht das Syrische
das Wort vorne mit a ]o£±\, aber das t vielmehr ist vorne ursprünglich, und
auch sonst ist das Wort mit al6n nicht zusammenzubringen.
< 2) Sanehun. p. 28, 16 Or. Job, Dam. in Photü bibl. ed. 242 p. 343 Bek.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 17
nächsten Aussprache mit d zur Bezeichnung des Begriffes Herr im gemeinen
Leben blieb , wie man aus dem Poenulus ersieht x).
2. Der Gebrauch des Hebräischen Artikels -n zeigt sich in dieser acht
Hebräischen Art und Farbe auch nach unsrer Inschrift weit seltener als im
Hebräischen, übrigens immer in einem -n, nicht wie im Arabischen in einem
-n bestehend ; man sollte meinen er klebe fast nur noch an gewissen .altheiligen
Wörtern und Redensarten , wie ownpn osSmh die heiligen Götter Z. 9 und
bloss djSn Z. 21 f., roSion die Herrscherin Z. 15, umvr der Beschützer Z. 17;
einmal findet er sich auch vor einem nachzuholenden Eigenschafts worte Z. 19,
sowie Z. 22 zweimal rückweisend. Dies sind alle Fälle in denen er sich hier
zeigt: und man ersieht daraus wie weit das Phöuikische sich auch nach dieser
Seite hin schon so früh vom Hebräischen entfernt. Aber statt seiner reisst
auch schon hier ziemlich stark das so acht Phönikische i- am Ende des Wortes
ein, welches in der Entzifferung der Neupunischen Inschriften S. 12 nach-
gewiesen wurde.
Dass das luntenangelehnte Fürwort der dritten Person im Phönikischen
-im lautete, wie ich seit 1841 wiederholt bewies, bestätigt sich hier nun
aufs vollkommenste weiter, wie Dm Z. 6. oh {ihm) 8 (zweimal). 11 und
Dan? Z. 22 zeigen; auch hinter dem Thatworte sogar in dessen Mehrzahl wo
im Imperf das -n bleibt, miaoi Z. 9. 21 2), und nach einer Präposition mit
dem n oonnn statt seiner5) Z. 9; auch in dsin er selbst Z. 9, worüber so-
1) Hieraus löst sich dennauch eines der Räthsel bei Sanchuniathon , welches ich
in der Abhandlung über die Phönikischen Ansichten von der Weltschöpfung S. 60 f.,
weil unsre Inschrift damals noch im Staube lag, auch noch nicht vollständig
genug lösen konnte.
2) Dies ist also das seinem Ursprünge nach so dunkle -n-, welches im Aramäi-
schen weit mehr als im Hebräischen sich erhalten hat, und im Phönikischen
demnach auch weit mehr als im Hebräischen sich finden würde, s. LB. §. 250 a.
3) Was in diesem Falle auch Hebräisch ist, LB. §. 263 a. — Im Neupunischen
freilich (nicht im Punischen bei Plautus) scheint nach dem in der Entzifferung
S. 11 erwähnten dieses -m ebenso wie im Hebräischen verloren zu seyn: allein
das kann für das alt Phönikische nichts entscheiden. Im Hebräischen aber er-
klärt sich daraus wohl desto leichter das dichterische und seltene tob ffftr ft,
LB. $. 247 d.
Hit t- Philo l. Clont. VII. C
18 ..-.■-■•. H. EWALD,
gleich weiter. — Ebenso bestätigt sich -innom als dasselbe Fürwort in der
Mehrzahl, am Namen und am Thatworte Z. 10. 19.
Am lehrreichsten ist was hier das Fürwörtchen nw betrifft. Dass dieses
wenigstens im ältesten Phönikischen noch immer ijät lautete, sahen wir S. 10:
aber unsre Inschrift lehrt auch dass es im Phönikischen sehr häufig war und
dabei noch weit mehr in seiner ursprünglichen Bedeutung gebraucht wurde
als sonst in einer andern Semitischen Sprache. Denn es hebt zwar auch
wie das Hebräische -riN den bestimmten Accusativ hervor Z. 4. 5. 7. 10. 16.
19. 21: aber es findet sich auch noch in der ursprünglicheren Bedeutung selbst
Z. 10. 1 1 ; und mit jenem angelehnten Fürworte ont* er selbst Z. 9, in welchem
Falle es schon verkürzter und wohl dem Hebräischen ähnlicher omn lautete.
• ••
Dass viele Wörter durch das starke Abfallen der auslautenden Vocale
am Ende vom Hebräischen ziemlich verschieden lauten konnten, ist schon
S. 12 f. erörtert.
3. Im Satzbaue bemerkt man Z. 20 einen weiteren und, weil er das
Imperf. nach dem Per f. betrifft, noch besonders wichtigen Fall vom Vae
consec. coneers., wovon in der Abhandlung über die Massilische Inschrift S. 10
geredet ist.
Der Satzbau selbst war aber, dem Zeugnisse dieser grossen Inschrift
ebenso wie dorn des Poenulus zufolge, im Phönikischen keineswegs so einfach
wie im Arabischen und vorherrschend auch im Hebräischen , sondern konnte
vielverschlungen und weitausgedehnt, auch mehr rednerisch abgerundet und
leicht fügsam seyn. Auch dieses gehört sichtbar zu den Eigentümlichkeiten
des, .Phönikischen, und stimmt zu der hohen volkstümlichen Bildung welche
die einzelnen Phönikischen Städte und Reiche schon in so ungemein frühen
Zeiten erreicht haben müssen. .; ... .
Übersetzung und Erklärung.
Indem wir rtun zu der einzelnen Erklärung übergehen, stellen wir der
leichteren Übersicht wegen die Übersetzung hier voran; sie lautet so treu als
möglich so:
nlm Monate Bül im vierzehnten Jahre meiner Herrschaft, Königs
Eschmüriazdr's Königs der Sidonier Sohnes Königs Tabtnat's Königs der Sido-
nier Mutterenkels Königs Eschmüriazdr's Königs der Sidonier, — ward be-
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 19
schlössen mein Untergang mitten in der Kraft der Tage , so ich dahingerafft
mitten aus der Jugend; und liege nun in diesem Sarge und diesem Grabe, an
dem Orte den ich gebauet: schwörend vor aller Obrigkeit das* niemand öffne
dieses Ruhelager, noch einen verborgenen Schatz suche da dort kein solcher
ist, noch den Sarg meines Ruhelagers aufhebe, noch mich in diesem Ruhe-
lager mit dem Eingange eines zweiten Ruhelagers beschwere; auch wenn jemand
dich dazu versuchen will, so höre nicht auf seine Versuchung, sowenig wie
alle Obrigkeit! Wenn aber jemand den Eingang dieses Ruhelagers öffnet,
oder wenn er den Sarg meines Ruhelagers aufhebt, oder wenn er mich in
diesem Ruhelager beschwert: so werde ihm kein Ruhelager bei den Schatten,
er werde in keinem Grabe begraben y habe weder Sohn noch Spross an seiner
statt, und schliessen ihn aus die heiligen Götter l Selbst wenn ein mächtiger
König welcher unter den obrigkeitlichen Innungen selbst herrscht dir Mann
wäre welcher den Eingang dieses Ruhelagers öffnete oder welcher diesen Sarg
aufhöbe, und wäre es selbst ein Spross der Obrigkeit oder ein Mann aus dem
Volke: er habe weder Wurzel nach unten noch Frucht nach oben, noch eine
Dauer im Leben unter der Sonne! Ja weil nun beschlossen ward mein
Untergang in der Kraft der Jahre, so ich dahingerafft ward mitten aus der
Jugend ich — nämlich ich Eschmünazdr König der' Sidonier Sohn Königs
TabtnaPs Königs der Sidonier Enkel Königs Eschmtiriazär's Königs der Sidonier,
und meine Mutter Am aschtarte Priesterin unserer Herrin Aschtarte und Herr-
scherin, Tochter Königs Eschmünazdr9 s Königs der Sidonier:, wenn wir das
Haus der Götter das [Haus der Obrigkeit] in Sidon dem Meereslande baueten
und die Arschtarte wiederaufrichteten die von sehr hohem Namen, und wenn
wir ein Haus baueten dem Eschmünazdr dem Wachsamen der Stütze der Hand
des Schwachen dem Beschützer meiner Kinder, und wenn wir Häuser baueten
dem Gölte der Sidonier in Sidon dem Meereslande, ein Haus dem Baal der
Sidonier und ein Haus der Aschtarte göttlichen Namens; und dass der Herr
Milküm die Dauer und Schönheit der herrlichen Frucht f eider verewigte , wenn
ich das mit Geschick lernte und konnte, wenn ich bewirkte dass er die Grenz-
emgänge des Landes den Kanaanäern den Sidoniern beständig beschützte:
so beschwöre ich alle Obrigkeit dass niemand meinen Eingang öffne noch mei-
nen Eingang überschreite noch mich in diesem Ruhelager beschwere noch den
C2
20 H. EWALD,
Sarg meines Ruhelagers aufhebe, damit ihn nicht ausschliessen jene heiligen
Götter und er verende, sei es die Obrigkeit oder der Mann aus dem Volke
oder sein Spross auf immer !«
1. Die zwei am leichtesten zu verstehenden Redensarten, die Zeitbe-
Zeichnung und den Namen des Königs betreffend, finden sich sogleich zu
Anfange: die erste in den Worten ^ohch i in — i^s-ihn -)Ov rown Sn rryo
Im Monate Bül im Jahre 14 meiner Herrschaft. Dass der Monat Bül der
achte des Jahres vom Frühlinge an gerechnet war, wissen wir aus 1 Kön. 6,
38: und da diese Stelle der Königsbücher des ATs dem B. der Ursprünge
entstammt, also schon zu Anfange des zehnten Jahrhunderts vor Gh. geschrieben
ist1), so haben wir damit die Gewissheit dass dieser Monatsname mit allen
ihm entsprechenden schon in so frühe Zeiten hinaufgeht. Diese Monatsnamen,
ganz verschieden von den auch in die späteren Bücher des ATs eindringen-
den chaldäischen , waren also gewiss die altkanaanäischen , und nach altem
Landesbrauche den Phönifcen und den Hebräern gemeinsam. Denn wenn das
B. der Urspp. daneben die Monate lieber allein oder doch zugleich nach der
blossen Zahl benennt, so erklärt sich dieses aus seiner besondern Eigentüm-
lichkeit: es wollte die priesterliche Jahreseintheilung mit ihrem Beginne im
Frühlinge einführen, und nennt daher die Monate lieber nach der blossen
Zahl. Ansich aber lag es gewiss bei allen ältesten Völkern näher die Monate
nach den Jahreszeiten und andern lebendigen Merkmalen, als sie nach der
blossen Zahl zu benennen: obwohl Fälle auch dieser letztern Bezeichnungsart
zerstreut ziemlich früh vorkommen.
Dass das Verbindungswörtchen -i auch noch die Zehner und Einer ver-
band, wie hier wun *>dv, war im Hebräischen ganz ungewöhnlich, im
Phönikischen aber wohl nicht so selten, wie man jetzt aus der Entzifferung
1) S. die Geschichte des Volkes Israel I. S. 101 ff. der zweiten Ausg. Dass nämlich
das B. der Urspp. auch sonst diese Monatsnamen. wohl gebrauchte, ergibt sich
aus Ex. 13,4; in solchen Stellen aber wie 1 Kön. 6, 1.37 f. 8,2 wo neben dem
einen der andre Name steht, verrfith sich keiner von beiden als etwa von
späterer Hand eingeschaltet: nur der Name rrv Monat selbst ist allen Zeichen
zufolge in den Stellen I Kön. 37 f. 8, 2 von späterer Hand für tzhh umgetauscht,
weil das B. der Urspp. sonst überall nur diesen kennt.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIK1SCBEN INSCHRIFT VON S1DON. 21
der Neupunischen Inschriften S. 13 und S. 18 leicht folgern kann. — Unsre
Inschrift lehrt nun aber ebenso leicht dass man im Phönikischen der in Buch-
staben geschriebenen Zahl wie der Sicherheit wegen auch wohl noch einmal
dieselbe Zahl in Zeichen nachzusetzen pflegte. Denn das Zeichen für 10,
auch wohl wie O geschrieben , war wohl Anfangs a, also aus zwei nicht
getrennten sondern gegen einander gekehrten Einheiten zusammengesetzt, wie
in der Keilschrift dafür ein Winkel dient, und wie auch das altAgyptische die
10 durch O ausdrückt: während dies Zeichen im Lateinischen schon etwas
künstlicher als V nur für 5 und erst wieder verdoppelt X für 10 angenom-
men wurde; so sicher hangen alle diese Zeichen in den verschiedensten alten
Ländern zusammen, und haben sich gewiss erst von Einern Lande und Vplke
aus (wahrscheinlich Babel, wenn nicht Ägypten) in uralter Zeit nach den
übrigen hin verbreitet. — Die Verbindung beider Bezeichnungsarten der Zahl
findet sich aber in allen Neupunischen Inschriften nicht mehr: wohl zum deut-
lichen Zeichen dass sie eher dem höheren Alter angehört. Im Neupunischen
wird die Zahl beständig in Buchstaben ausgeschrieben: kaum einmal scheint
sie in Zahlen sich darzustellen 1). Nun aber ist jetzt leicht zu sehen dass
sich dieselben Zahlzeichen auch in der Massilischen Inschrift finden: dieses
eigenthümliche Zeichen — ■ für 10 ist auch dort unverkennbar, theils neben
mu/y Z. 3, theils ohne es Z. 12: ja es wird nun ferner sehr leicht dort Z. 6
die Zahlzeichen für die eben zuvor in Buchstaben ausgedrückten 150 zu
finden. Für 20 zeigt sich hier nämlich ein Zeichen welches dem H oder
vielmehr vollkommen dem phönikischen i gleicht, mir aber, ähnlich wie das
zuvor erwähnte lat. X aus V, aus zwei übereinandergestellten — > entstanden
scheint; und für 100 zeigt sich hier dasselbe Zeichen — > nur anders gestellt
i — und mit einem kleinen Striche oben sowie einem i vorne, ähnlich wie in
der Keilschrift für 100 nur ein schräger Keil rechts zu dem geraden hin-
zutritt 2>
1) Nämlich in J. 21 nach der Entzifferung der Np. Inschr. S. 14, wo die drei
letzten Zeichen vielleicht 31 (Jahre) bezeichnen sollen.
2) Dass man diese Zahlzeichen in der Massilischen Inschrift nicht sogleich sicher
erkannte, ist sehr verzeihbar: sie stehen dort, theilweise auch wegen der
grossen Verstümmelung des Steines, bei weitem nicht so vonselbst deutlich wie
22
H. EWALD,
Der König selbst welcher sich so von vorne an als • hier redend an-
kündigt, nennt sich alsdann sehr bestimmt König Esekmünazar König der
Sidonier, Sohn Königs Tabtnat Königs der Sidonier, Enkel Königs Esekmünazar
Königs der Sidonier, und man sieht vonselbst ans der Fassung dieser Worte
wie eifrig diese Könige auf ihre Königswürde hielten. Auch dass unten
Z. 13 f., wo die zweite Hälfte der ganzen Inschrift eben begonnen hat, der
König noch einmal fast ebenso steif mit dem doppelten Königsnamen seiner
selbst und seiner zwei Ahnen aufgeführt wird, beweist wie eifersüchtig man
damals in Sidon diese Würde hütete. Aber den Worten nach finden wir
Z. 14 eine einzelne Abweichung: statt des zunächst zweifelhaften ->m steht
unten p p Sohn des Sohnes . . . Nun ist freilich auch dieser Ausdruck Sohn
des Sohnes ... in den Semitischen Sprachen fast ganz unerhört: allein da
nach Z. 14 f. die Mutter unsres Königs Amaschtöret die Tochter Königs
Eschmünazar Königs der Sidomer war, also desselben der wenigstens Z. 14
sicher als vorletzter Vorgänger unsres gleichnamigen Königs erscheint, so
kann damit nur unser Begriff Enkel gemeint seyn. Für diesen Begriff fehlt
es nämlich in den Semitischen Sprachen an einem einfachen Worte wenigstens
in der Sidonischen ; ihre Gestalt weicht von den in Gesenius' monumenta p. 87
gegebenen bedeutend ab; und vorzüglich gleicht das Zeichen für 20 dort ganz
dem Phönikischen t. Der Sinn des Ganzen ändert sich dadurch dort sehr
wenig: nur Z, 12 ist zehn Silberpfennige zu übersetzen; und statt Züz welches
Wort als Name eines Gewichtes nun ganz wegfällt, ist das Wort bp-£ft für
diesen Namen zu halten. Übrigens bleibt dort auchso das Zeichen n zur blossen
Andeutung dass die Bezeichnung des Preises zu Ende sei Z. 7. (9.) 1 1 : wenig-
stens ersieht man bisjetzt nicht was diese beiden Striche sonst bedeuten könn-
ten. Wenn aber Einer die zusammengesetzte Zahl schlössen , so ersieht man
aus obigem Beispiele <m-n dass auch dann der letzte Strich gern etwas anders
gestellt wurde. — Dass das Zeichen für 10 auch in einen geraden Querstrich
— abgekürzt wurde, habe ich schon bei der Entzifferung der in Layard's
zweitem Assyrisch «Babylonischen Reisewerke veröffentlichten Phönikischen In-
schriften erklärt, s. Gott. gel. Anz. 1853 S. 1679 f.: auch habe ich eine ganz,
ähnliche Verbindung dieser Zahlzeichen mit den entsprechenden Zahlwörtern
bereits dort auf jenen mit Keilschrift gemischten Phönikischen Inschriften
bemerkt.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHON IRISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 23
in der gemeinen Rede: so wagte das Phönikische ihn durch diese Zusammen-
setzung zu bilden. Dennoch aber kann damit nicht ein gewöhnlicher Enkel
gemeint seyn, wofür in dem Zusammenhange der Worte Z. 14 auch' das ein-
fache p ausgereicht hätte: und war der vorletzte Vorgänger unsres Königs
der Vater seiner Mutter, so folgt vonselbst dass unter dieser neuen Zusam-
mensetzung p p Sohnsohn der Enkel mütterlicher Seite gemeint ist. Der
Vater unsres Königs war ein neuer Mann in diesem Königsgeschlechte , von
dem altern Eschmftn'azar wohl weil er keinen Sohn hatte. zum Eidam und wie
an Kindes Statt angenommen , sodass sein Sohn sogleich bei der Geburt nach
uralter Sitte den Namen von ihm wie vom Grossvater empfing. Etwa gleich-
bedeutend mit diesem p p ist nun wohl gewiss das ->nn Z. 2 : das Wort
kann einen Mann des hinteren oder späteren Geschlechtes, also etwa auch
unsern Enkel bedeuten 1). — Zwar könnte man sehr leicht zu der Vermuthung
kommen das Wort nnn entspreche hier ganz dem hebr. *£ri in der sonst auch
im Phönikischen vorkommenden Bedeutung reden, und der Sinn sei hier Es
redet Escbmriazary alsob erst hier seine eigne Rede recht angekündigt werde.
Dies Hesse sich alsdann leicht noch weiter erhärten durch das folgende eben-
falls ganz hebräischartige SjonS, welches so oll nach der Ankündigung die
Rede wirklich einleitet. Allein inderthat wäre es nach dem Zusammenhange
der ganzen Rede völlig unpassend dass, nachdem der König Z. 1 sogleich von
vorne: von sich selbst zu reden angefangen, hier Z. 2 von ihm wie von
1 1 1 >
1) Viele Ableitungen von -Di -x> zeigen die Bedeutung des ^unteren, späteren,
•und diese kann ebenso leicht auf Enkel übertragen werden wie j^i oder wüte
nach dem QAmüs; vgl. auch Ot^te» Abulf. tab. quaed. geogr. ed. Wüsten f.
p. 70 , 6 v. u. Ähnlich haben die meisten Semitischen Sprachen kein gemeines
( Wort für Grossvater, wohl aber das Arab. Jti>. — Denkwürdig ist hier dass
Dabar wirklich als Mannesname im Numidischen oder vielmehr Punischen er-
scheint, und zwar wie man nach der Beschreibung in Sallust's Jugurtha c. 108
meinen sollte, für einen in das Geschlecht erst aufgenommenen. Auch das
Wort iai neben dem eigentlichen Hannesnamen auf einer Punischen Inschrift
(s. die Entzifferung der Np. Inschr. S. 31 ) weist vielleicht auf dieselbe Bedeu-
tung zurück.
24 H. EWALD,
einem Dritten geredet und seine Selbstrede erst angekündigt würde, obwohl
sein Name ganz so wie er hier vorkommen würde schon genannt ist. Wir
haben keine Ursache eine so völlig sinnlose Gedankenfolge bei diesem öffent-
lichen Denkmale vorauszusetzen. Vielmehr wissen wir ja 1) dass nach Phö-
nikischer Sitte auf den Grabdenkmälern der Todte immer sogleich von sich
selbst redend eingeführt wurde: dies muss wenigstens die uralte Sitte bei
diesem Volke gewesen seyn, die sich freilich in den Neupunischen Grabin-
schriften schon völlig verloren hat. Dazu kommt dass die ganze lange Wort-
reihe des vollen Namens unsres Königs Z. 13 f. wiederkehrt, der andere
Eschmün'azar also nothwendig auch Z. 1 f. als der Grossvater gelten muss.
Das Wörtchen -»ot*b aber am Schlüsse der vielen den vollen Namen des
Königs vorführenden Worte kann recht wohl anzeigen dass diese vielen Namen
zu Ende seien und die schon vorne angefangene Rede des Königs selbst nun
weiter gehe.
Unser König und sein Grossvater sprach seinen Namen wahrscheinlich
Eschmünazdr nach hebräischer Weise aus, der Eigenname nach LB. §. 273 d
gebildet. Zwar leidet es nach dem in der Entzifferung der Np. Inschr. S. 10
erörterten -keinen Zweifel dass man im Neupunischen das Thatwort etwa wie
'i&or aussprach, allein für das ältere Phönikische dies im Allgemeinen anzu-
nehmen haben wir keine Ursache 2). — Der Name des Vaters unsers Königs
rmn sprach sich wohl nicht Tabntt, obwohl dieses ansich nicht unmöglich
wäre, sondern Tabtnat: denn so entspricht ihm Griechisch etwas umgebildet
der Name Qaßiow bei Sanchuniathon inEusebios' pr. er. 1, 10 p. 38; und wenn
dieser Name nach der dortigen Erzählung auf Weisheit hinweist, so haben
wir jetzt eine leichte Ableitung desselben vor uns. Man darf wenigstens
diesen Namen ronn nicht mit dem Königsriamen TivvTjS in Diodor's von Sic.%
Gesch. 16, 41 ff. vergleichen, wie ich schon an einem andern Orte zeigte3).
2. Aber fassen wir die Beschreibung unsres Königes in diesem Anfange
noch einmal nach d6r Art zusammen wie Z. 14 ff. seine Mutter aufs engste
1) Z.B. aus dem in der Abhandl. über die Massilische Inschrift S. 11 f. erörterten.
2) Doch vgl. den Mannesnamen Budf&Qoe nwin mit BaXedtaQOc -n*b*n aus
Menander bei Joseph, g. Ap. 1, 18.
3) S. G. g. A. 1856 S. 23 £
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKJSCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 25
mit ihm zusammengestellt und näher als riohpn die Herrschende beschrieben
wird, so müssen, wir abnehmen , dass er ziemlich jung starb und die 14 Jahre
deiner Herrschaft mit seiner Mütter theilte. Denn seine Mutter wird ganz als
seine Mitherrscherin dargestellt, auch nicht entfernt angedeutet dass sie zur
Zeit seines Todes ebenfalls schon gestorben sei: hatte er selbst aber nach
Z. 17 schon einen Sohn oder einige/, so waren doch sein^ Kinder auch nach
der in Z. 17 enthaltenen Andeutung gewiss noch sehr jung. Die Mutter einsa
Jüngern Fürsten hat zwar nach uralter Sitte jener Länder immer eine hohe
Bedeutung für, die Herrschaft im Reiche selbst gehabt1); allein, hier erscheint
sie so völlig ab noch lebende Mitherrscherin ihres nur 14 Jahre König ge-
wesenen Sohnes dass wir sehr wohl annehmen können dieser sei zur Zeit
als er dem Namen nach König wurde noeh unmündig gewesen und sei als-
dann schon in seiner Jugend gestorben.
Eben dieser Sinn scheint mir nun klar genug jn den zunächst folgen-
den Worten Z» 2 — 4 zu liegen: po ft\pn In om ywo p m^n nVnp
roa ur*r. Dppn .rppm -inSra *pN M«h mioSn § beschlossen ward mein Untergang
mitten in der Kraß der Tage , so ward ich muten aus 4er Jugend dahingerafft,
und liege nun in diesem. Sarge und m diesem Grabe ab dem Orte den ich gebauet.
Dass diese drei Sätze gerade in diesem ihrem Zusammenhange einen sehr
guten Sinn geben, leuchtet vonselbst ein: der erste Satz berührt das göttliche
Verhängniss welches hier die letzte Ursache war und als aller wirklichen
Erscheinung vorausgehend treffend hingestellt wird; der zweite zeichnet dann
das wirklich eipgetretene bitlere Ereigniss, der dritte dessen nun dauernde
Folge. . ;-"-•• > •' .•;
In dem ersten dieser drei Satye können wir nämlich) da das Wort
H?1» sich sehr leicht und sicher von dem göttlichen Verderben oder traurigen
Todesverhängnisie verstehen lässt, das. erste Wort n^w wohl ohne Schwie-
rigkeit als mit einem hebräischen rrrij} wechselnd erklären. Dass im Semiti-
schen die Wurzeln in und hu in ihrer Urbedeutung des Sckeidens wechseln
leidet keinen Zweifel: denkwürdig dabei ist jedoch dass die geistige Bedeutung
des Entscheiden^ dem -na garnicht im Arabischen und Äthiopischen, wohl
1) S. die Geschickte des V. Isr. ID. S. 340 der 2ten Ausg.
Hist.-Philol. Ciasse. VII. D
26 H. EWALD,
aber im Syrischen l) und nochmehr im Targümiscben und Neuhebräischen an-
klebt, was gut zu der schon oft von mir bemerkten Beobachtung stimmt dass
das Phönikische in manchen Einzelnheiten ins Aramäische überspielt; während
das Wort im Hebräischen kaum dichterisch einmal (Tjob 22, 28) so gebraucht
wird« Dass die weibliche Endung im Perf. des Thatwortes hier noch -at
lautet während sie im Neupunischen das t verloren hat, kann nicht auffallen. —
In den folgenden Worten kommt, da qö> deutlich genug ist, alles vorzüglich
auf die richtige Fassung des rjtf $ an : es scheint mir aber soviel als Kraft zu
bedeuten. Auf die bisjetzt nicht ganz gesicherten Angaben dieses Sinnes in
den Syrischen und Arabischen Wörterbüchern wollen wir hier kein zu grosses
Gewicht legen: die Bedeutung der Kraß ergibt sich aber vonselbst aus d6r
des Festanhaltens und der Dauer2), welche das Wort unstreitig hat; und
wir können nun auch in der Stelle Qoh. 2, 3 die neuthatige Bedeutung des
Tfpyo gesund^ stark machen oder erquicken, welche bisher zweifelhafter schien,
mit grösserer Sicherheit annehmen. — Nun könnte man die beiden vorigen
Buchstaben » mit diesem *)uns zwar so verbinden dass man n^x^ä aus-
spräche; mit dem einfachen -n in und *}W03 als in jener Bedeutung von Nif.
abgeleitet: allein da das einfache tjujö inderthat hinreicht und ja als zwischen
oder mitten in hier sehr sprechend ist, so ziehen wir dieses vor. Wirklich
ist ja das kurze -n, wie man am richtigsten annimmt, selbst erst aus pa
zwischen verkürzt; und dieses treffen wir als ein im Phönikischen beliebtes
Wort sogleich wieder in der folgenden Redensart an:
so ward ich muten aus der Jugend dahingerafft D>qSn ja»,, das M»Sn
als mit httta wechselnd angenommen. Das r\xr\ werfen , welches wir hier
sehr wohl als ein leidendes Wort aussprechen können, drückt schon ansich
leicht das Hinabwerfen von der Höhe in den Staub oder in Grab und Unterwelt
aus, und ist dazu in diesem Zusammenhange aller Worte deutlich genug. Am
1) So bedeutet das seltenere Aj|^v^ »dem Beschlüsse gemäss, bestimmt, unaus-
weichlich" und ebenfalls so vom göttlichen Verhängnisse aber im schlimmen
Sinne gebraucht in der neuerdings gedruckten Didascalia Apostolorum p. 3, 4.
Vergleicht man mit der Syrischen Übersetzung hier das Griechische in den bis-
herigen Ausgaben, so findet sich in diesen kein ihm entsprechendes Wort.
2) Vgl. sehr ähnlich die von der W. mp abgeleiteten Bedeutungen.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖN1KISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 27
merkwürdigsten ist hier nur das itf, dessen Gebrauch im Phönikiscben hier
zum ersten male erscheint : es entspricht nun zwar der Gestalt nach ganz dem
hebräischen Wörtchen, drückt aber der Bedeutung nach hier nur die Zeit-
und Sinnfolge aus, unserm so entsprechend; in welcher Bedeutung es im
Hebräischen kaum in der höhern fast dichterischen Rede das eine oder andre
mal vorkommt, wie Gen. 49, 4. Jer. 22, 15 f. x).
Im folgenden t^n Muh und ich liege mm geht die Rede aber richtig in
die dauernde Gegenwart über; und es ist in diesem Satze, nachdem ich die
Anhangung des i- fast in der Bedeutung eines Aramäischen status emphat.
aus den Neupunischen Inschriften hinreichend bewiesen habe, nur noch das
dunkle Wort rhn zu erklären übrig. Da indessen dieses Wort unten Z. 5. 7.
11. 21 wiederholt wird und dort aus einem andern Zusammenhange noch deut-
licher wird, so wollen wir hier nur kurz sagen dass es etwa soviel als Sarg
bedeuten muss, eigentlich Höhlung, Trog, W. Sn2). Aber auch schon hier
weist der Zusammenhang der Worte gerade auf diese Bedeutung hin. Denn
der Todte beginnt unter den drei Dingen die er hier nennen will richtig mit
dem Sarge als dorn worin er zunächst ruhet, erwähnt dann sphon etwas all-
gemeiner das Grab, und schliesst mit dem Orte überhaupt den er sich zum
Begräbnisse gebauet habe. Leicht aber versteht sich dass der Todte gerade
als König diesen Ort als von ihm gebauet bezeichnen konnte auchwenn er
erst nach seinem Tode durch die Erben und namentlich durch die überlebende
Mutter gebauet seyn sollte.
3. Besonders schwierig ist in der folgenden Redensart rotatt Sd »-in »oap
das erste Wort: und dieses würde noch weit zweideutiger seyn wenn die
ganze Redensart nicht unten gegen das Ende hin Z. 20 wiederkehrte, und
zwar so dass dieselben längeren Sätze darauf folgen wie hier. Es liegt zu-
nächst sehr nahe in »o:p das Syrische Itooio q'nümo zu erblicken, ein dem
1) Nämlich so mit dem Perf. nach einem vorigen Perf. verbunden, es ist aber
denkwürdig wie ich unabhängig davon den Ursprung des Vac consec. conv. imperf.
daraus ableitete, LB. $.231 a.
2) Vgl. 11\'m für Höhle Barhebr. chron. p. 397, 4 mit p. 109, 6; auch ]L^
findet sich im Isa. carm. de Tamerl. V. 80 in derselben Bedeutung, da die
Lesart ganz richtig ist , wie Jk>pj mit dem Wechsel von r und / V. 72.
D2
28 '■<■< ■' H. EWALD, .■ ><;;;. •'. r>/ ';:-,; .= ,;;: ;
Syrischen so durchaus eigentümliches Wort1) dass es sich sogar in dem
übrigen Ära mäis eben nicht findet. Dann wäre der Sinn der Worte wem Leib
d. I ich selbst mit dem ganzen Reiche, alsob damit gesagt werden solle der
König habe diesen Ort nicht allein sondern mit dem ganzen Reiche, also wie
auf öffentliche Kosten gebauet. Allein dieser Sinn wäre schon ansich wenig
passend auch dem Ausdrucke nach; und er lägst, sich dazu unten Z. 20 nicht
anwenden. Es kommt hinzu dass das Wort rotatt naeh, allen Stellen wo er
noch sonst in dieser Inschrift vorkommt, Z. 6. 10. 22, eine ganz andre Be-
deutung hatte, nämlich etWa unserm Herrschaft (po desto) 4. i. Obrigkeit ent-
sprach: wie unten weiter zu erörtern ist. ^ — Das Wörteben nt<, aber, als bei
oder vor kehrt auch Z. 8 wieder, war also gewiss gut Phon Ais eh. .
Wollen wir vielmehr das als das .wahrscheinlichste annehmen was hier
und Z. 20 schon durch den Zusammenhang aller Worte uns so gegeben seyn
kann, so erwarten wir hier etwa den Sinn: mein Schwur sei vor aller Obrig-
keit oder beschworen will ich haben alle Obrigkeit. Dada dann mit und nie-
mand Öffne diese Ruhestelle fortgefahren wird, erklärt sich aus dem eigen-
tümlichen Satzbaue im Semitischen leicht LB. §. 3446; war aber die Redensart
selbst mehr eine abgerissene und verkürzte wie oft in solchen Fallen wo ein
Ausruf passend ist2), so erklärt sich auch dass sie dagegen mit dem vorigen
in keiner engeren Wortverknüpfung steht. Die Bedeutung Schwur aber lässt
sich bei einer W. o:p insofern denken als sie mit geringen Lautübergängen
der so weit herrschenden altSemitischen W. für schwören ^Sn 5) entsprechen
---•»,■-•■ . . i , , ■ , ,, ■ , . '
'!
1) Daß Wort ist auch seiner Ableifcag und Urbedeutung nach schwierig; wahr-
scheinlich jedoch ist es nach LB. fi. 163 f , gebildet und von mp abzuleiten 34-
gentHch soviel als das Aufrechtstehen daher die Wirklichkeit, das Daseyn und
die Erscheinung } also endlich aucji die Person, ähnlich wie das gemeine arab.
Wort für Person <j<aÄÄ solche Bedeutungen durchlaufen hat. Denn eine hieher
gehörende W. ttap- ist weder im Syrischen noch sonst im Semitischen nachzu-
weisen oder als wahrscheinlich darzuthun; in jenem Falle aber entspricht der
W. zuletzt auch ^tf.
2) Hier gerade sind die Schwurredensarten in der Mishna Nedarim c. 1—3, z. B.
das kurze w\tt Schwur! 2, 2 so lehrreich.
3) S. die Alter thümer des V. Isr. S. 18 der, weiten Ausg.
• i
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIK1SCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 29
kann. Denn der Übergang eines h (oder ->) in : mitten in der W. namentlich
vor o findet sich ebenso in dem mn Z. 5, wie dort zu zeigen ist1); der
Wechsel der Lippenlaute ist zwar im Anfange der Sylbe leichter, findet sich
indes* auch wohl an ihrem Ende LB. 32 e; und wie entfernt und selten der
Wechsel gerade fcwisehen n und p ist , so kann man ihn doch nicht laug-
nen2), ebensowenig wie dass überhaupt solche Laut Wechsel, sofern sie ein-
zeln möglich und sicher, sind, in selteneren Fällen wohl auch in demselben
Worte» sieh; stärker begegnen können. — Eine sonderbare Sage in der
Mishna trifft mit diesem so schwierigen Worte zusammen« : In Sidon öoll
jemand zu seinem Weibe gesagt haben HSH*?? ^n öm < «sp i verwünscht wenn
ich dich nicht vettlossel 3). Man könnte sehr wohl meinen hier dasselbe
Wort oapi unserer Inschrift anzutreffen; und dass jenes Wort gerade in Sidon
wenuauch von einem Iudäer gehört ist, könnte sogar mit dem örtlichen Sido-
nischen Sprachgebrauche unserer Inschrift in einem Zusammenhange zu stehen
scheinen. Aber freilich muss man hier zugleich erwägen dass nach einer
andern Mishna -Stelle*) ein Wort wie o:ip in dem Munde der späteren Iudäer
nur durch eine halb absichtliche Entstellung aus ^^ Opfer! oder heilig!
verdrehet seyn soll , wie solche absichtliche Entstellungen von Schwur- und
Fluch Wörtern bei späteren Völkern leicht aus einer gewissen ängstlichen Scheu
hervorgeben, Ähnliche J&otstellungen in aolchen Wörtern finden sich gerade
bei den v Späteren ; ludäerö hus ; leicbt erklärlichen Gründen häufig, Hiedurch
wird nun; -allerdings die Sicherheit dieser Anwendung eines Neuhebniischen
1) Es ist sehr denkwürdig dass auch HJ<^ so dep 5pT wie ich schon früher
zeigte, und Äf^ weben eigentlich /kehlen dem 37« und :n» entsprechen,
- und dass mau ih beiden Fällen ebenso dfen Übergang eines Lippenstumtnlautes
in ein m> sieht- j' aber auch -piije Bild ist aus tbbs entstanden.
2) Vgl: tt*£ und mfc etWas^reKherfer Bedeutung rt^rt; töSr und tohnj yaä tet
nur wie mundartig verschieden von jUas* ^m
3) Mishna Gittin 4, *7. ;
4) Mishna Nedarim 1,2: wo eine Meugö ähnlicher Worte zusammengestellt werden.
Wirklich wechselt* von i, 4. 2,1 an aWp tehr gäwöliälibh mft'ian^ iW"b*
ist doch auch von 4eh vielen sonstigen Wörtern die 1, 2 j als ^ntstelfte wrstm-
men g^^nt wMeja fai em\&s. ... n ,. ;,i: > •;;,;. .!fr.tL;-;!,<,a ->-v:> •
30 H. EWALD,
Ausdruckes auf das Phönikische wieder sebr zweifelhaft; und ansicb wollen
wir hier darauf nichts bauen.
4. Was nun der Todte unter so feierlicher Beschwörung der Obrigkeit
sich verbittet, ist Z. 4 — 6 viererlei, ein jedes ganz nach Hebräischem Sprach-
gebrauche mit Sn eingeleitet; doch da dieses Vierfache, wie alsbald erhellen
wird, wesentlich nur auf etwas Dreifaches zurückkommt, weil das zweite der
vier Dinge schon im ersten angedeutet liegen kann, so ist nicht auffallend
dass dafür Z. 7 auch nur dreierlei gesetzt, ja dass diese drei Dinge bei der
dritten Wiederholung Z. 10 sogar auf die zwei wesentlichsten zurückgeführt
werden ; während ganz zu Ende Z. 20 f. wo alles dies sehr bestimmt noch
einmal zu sagen ist, wiederum viererlei Dinge aufgezählt werden, etwas
anders als hier Z. 4 — 6 und doch dem letzten Sinne nach sehr ähnlich.
Beachten wir dieses, so wird schon dadurch manches in der Erklärung der
einzelnen zum Theile allerdings dunkleren Worte ziemlich erleichtert.
Das erste was er verbietet ist niemand öffne dieses Ruhelager, womit
das zweite aufs engste zusammenhängt noch suche einen verborgenen Schatz,
da dort kein verborgener Schatz ist. Die meisten Worte dieses zweiten
Satzes sind allerdings sehr schwierig zu verstehen wenn wir auf ihren ganz
genauen ursprünglichen Sinn sehen. Allein zunächst scheint das doppelt wie-
derholte d:»^ beidemale auch ganz dasselbe Wort seyn zu müssen; dann
aber muss man sicher darin ein Namenwort nach LB. §. 157c gebildet suchen.
Die zwischen diesen zwei Worten in der Mitte stehenden Züge ounio kön-
nen nun aber sehr wohl bedeuten da dort nicht ist dw w ^: denn das
w oder w finde ich als Verneinungswörtchen auch in der Massil. Z. 18, und
es erklärt sich ausserdem leicht aus dem in LB. §.2156 Erörterten. Das d
aber an der Spitze von Sätzen oder in ähnlichen Fällen finden wir auch
Z. 12 und 13 so dass es etwa dem hebr. o entspricht und im Anfange von
bezüglichen Sätzen noch am meisten unserm da ähnlich kommt. Wenn aber
dieses hebräische ^ im Phönikischen nicht wie w am Ende mit * geschrieben
wird, obwohl es mit einem langen Vocale schloss: so erklärt sich dies schon
daraus dass das einsylbige Wörtchen als ein blosser Vorsatz des Satzes (als
conjunctio) galt. Es ist wenigstens völlig unwahrscheinlich dass das Wörtchen
in dieser Bedeutung nur ebenso wie die Präposition wie und ebenso kurz wie
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 31
diese gelautet habe: es lautete aber wahrscheinlich doch etwas anders als im
Hebräischen, nämlich etwa wie ko l\ — Dass D2»2ä einen Schatz bedeute,
ist wie gesagt nur aus dem Zusammenhange erschlossen, ermöglicht sich aber
der W. nach wenn die W. o» nach dem zu Z. 4 erklärten aus ota )o\s
zuschliessen entstand, sodass es eigentlich den wohlverschlossenen kostbaren
Schatz andeutet, wie )S»tttt und das dichterische jidx Ijob 20, 26; und der
Stammbildung nach, wenn es im Phönikischen etwa so gebraucht wurde wie
rl*^' eig. stark gehäuft auch das Heer als den grossen Haufen (vgl. rww)
bezeichnet. Wie passend aber sogleich auf dem Deckel des Sarges bemerkt
werde dass Diebe, kleine oder grosse, in ihm keine Schätze finden würden,
bedarf keines Beweises. Man könnte nun aber gespannt seyn ob der Sarg
wirklich nichts Kostbares weiter in sich schliesse: unsres Wissens ist er noch-
nicht geöffnet.
Das zweite nach diesem Doppelverbote ist noch hebe man den Sarg
meines Ruhelagers auf und trage ihn fort. Über nSn s. oben zu Z. 3.
Das dritte: noch beschwere er mich in diesem Ruhelager mit dem Ein-
gänge eines zweiten Ruhelagers. Dass das schwierige Wort rhv nämlich
von jenem rhn ganz verschieden sei, versteht sich schon daraus dass es in
der Inschrift stets in ganz anderem Zusammenhange vorkommt als jenes :
fassen wir aber alle Stellen wo es sich findet Z. 7. 10. 20 zweimal u. 21 zu-
sammen, so passt für es gut die Bedeutung eines Einganges; es leitet sieb
dann vom aramäischen ^ ab, entspricht aber der Bedeutung nach etwa dem
hebr. mn», mag man es riV*> oder sonst mit einem andern kurzen Selbstlaute
vorne aussprechen. Wie diese Bedeutung zu dem ersten Worte der Z. 20
stimme, wird dort gezeigt werden. Hier bemerken wir wie gut sie zu dem
Thatworte nno öffnen stimme, womit das Wort Z. 7. 10. 20 zusammengesetzt
wird. Nach hinten zu wird das Wort ebenso wie hier auch Z. 7. 10 an das
Wort üDW9 durch Anziehung angelehnt als der Eingang des Ruhelagers:
allein diese ganze Redensart den Eingang des Ruhelagers öffnen kann auch
sehr wohl in die kürzeren das Ruhelager öffnen Z. 4 oder den Eingang
1) Wie man aus dem in der Entzifferung der Neupunischen Inschriften s. S. 22 f.
Erörterten schliessen kann.
32 .'_!>■''..-'. /Mi ■ -.. :: H. EWALD, -.;-*>: ? ...>, ,' ;.-. >,,;...
äfften Z. 20 zusammengezogen, werden. — Das Thatwort otto aber, welches
auch in der MassiL Inschrift Z. 13 aber dort in einer etwas: andern Bedeutung
gebraucht wird, .kann hier sehr wohl nach dem Hebräischen beschweren be-
deuten und so wie die Thalwörter des Bedeckens nach JLB. §. 2836 zwei'
verschiedene Gegenstände sich unterordnen. Dass man aber |Oto>y oder
1P^\ bö aussprechen ken^, dass -ew oder -in unser mich bedeutete ate aus
dem Hebräischen -eni verkürzt, leidet keinen Zweifel. >
. Diese drei bis vier böse oder doch, nach dem (uralten Glauben, dem
Todten unangenehme und seine Ruhe störende Dinge welche er sich hier
verbittet, folgen nun sichtbar , sehr gut gerade in fieser Reihe aufeinander.
Niemand soll diesen geweiteten Ruheort öffnen und in ihn eindringen, etwa
um Schätze da zu suchen; niemand den Sarg aufbeben odergar forttragen;
niemand den Todten dadurch auchnur beunruhigen dass er diesen Ruheort
und Sarg als Eingang und Schwelle zu einem andern bpijutzen, also Über ihn
fortschreiten und ihn wie einen unheiligen Ort betreten will. In derselben
Folge der drei Grundverbote und wesentlich auch im Ausdrucke gleich wird
dasselbe wiederholt Z. 7 f., nur dass es hier bei dem ersten etwas bestimmter
heisst er öffne nicht den Eingang meines Lagers, und in dem dritten kürzer
er beschwere mich nicht in diesem Lager; Z. IQ f. wird das ganze dritte
Verbot als aus dem obigen deutlich ausgelassen. Am Ende aber Z. 20 f.
wird dagegen das was hier zuletzt genannt war noch etwas stärker hervor-
gehoben in die Mitte gesetzt, und das ganze mannigfache Verbot auf eine
noch etwas bestimmtere Weise in die vier Sätze zerlegt: niemand öffne, mei-
nen Eingang > noch gehe er über meinen Eingang, noch beschwere er mich,
in diesem Ruhelager , noch hebe er den Sarg meines Lagerst Man kanji
nämlich das ny wohl am- besten so fassen, als von rm überschreiten abzur-
leiten und "w > auszusprechen ;, woraus sich ergeben würde dass der Willens-
ausdruck solcher hintenvocaliger Thatwörler im Phönikischen sich ebenso wie
im Hebräischen bildete. ,^
5. D6r Satz welcher sich demnächst an diese anschliesst, muss auch
nach dem ganzen Zusammenhange der Rede noch etwas dem Sinne nach
ähnliches enthalten: er kann nichts so überaus wichtiges enthalten wie diese
letzten Sätze, schon weil er nachher nicht wie diese auchnur kürzer sich
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 33
wiederholt, aber er kann auch nicht wohl etwas Neues anfangen , weil dieses
(wie bald erhellen wird) erst mit den folgenden Sätzen beginnt. Ich lese
und erkläre ihn daher so: D37ä »ttwn Sn qana *n>o din dn ^n auch wenn
jemand dich versuchen (d. i. dazu verführen) will, so höre nicht auf seine
Versuchung. Das entscheidendste Wort ist hier pn: ich halle es für einerlei
mit QÄi versuchen, meist im sittlichen Sinne, eine Wurzel welche selbst wie-
derum nur etwas feiner abgeschliffen lautet als die verwandte J*J± erforschen,
suchen vgl. ätb. A/Vi, dass aber der Milderung öines Wurzellautes leicht
der angrenzende folgt , lägst sich vielfach beweisen; und ganz ebenso steht
das erweichtere geistigere UXj neben nno Öffnen. Was aber imd in der hier
angenommenen Bedeutung ibollen betrifft, so ergibt sie sich aus <Xy«, *>u kreisen,
sich heftig bewegen, streben ebenso wie die des ähnlichen ty *iiyi aus -nv,
und das im Arabischen veraltete in der gewöhnlichen Sprache ganz unge-
wöhnliche 6>+* wegen gebt von derselben Wurzel und vom Begriffe der Ab^
sieht und des Zweckes aus. Über das angehängte Fürwort -im für unser ihn
ist schon oben S. 17 geredet. — Ist dies nun der Sinn dieser Worte, so
erhellet leicht wie treffend sie sich an das Vorige anschliessen ohne dass es
nothwendig oder räthlich würde sie im Folgenden da zu wiederholen wo die
drei vorigen Sätze als die grossen; Hauptsätze der ganzen Inschrift noch
mehrere male wiederholt werden.
Schwieriger auf den ersten Blick scheinen die paar Worte womit dieser
Satz erst schliesst roStttt Sm, nicht zwar im mindesten ansich, aber eben in
ihrem Zusammenhange mit den vorigen : jedoch ist die Schwierigkeit nur
scheinbar, sobald man nur festhält was über die Bedeutung des Wortes rata»
in dieser ganzen Inschrift oben bei Z. 4 bemerkt ist. Bedeuten nämlich diese
Worte wie auch alle Obrigkeit, so erhellet leicht wie sie mit den vorigen so
verbunden werden müssen dass sie Aussagen auch alle Obrigkeit oder alle
die obrigkeitlichen Männer sollten sich durch niemanden versuchen und ver-
leiten rasseh m zu tfrari waä 4# Todte sich io ernstlfeh verWtf«.; : Bäsä
Vöriüglich auth alle ^Obtigfeeit tfär*n getttfhat werden rtiuss Wtff1 titerträüdeS
Wunsch und Verleitung den Todt^n ^t^ren zu lassen, versteht, sjjqJi ,fa$t yon-
selbst: deshalb hat der Todte eben sie oben Z. 4 sogleich von: yprne PO. heilig
beschworen , und . auf dasselbe koatot der Redenden unten; Z.8fJ—l !»<.£& im
HisL-PhiM. Classe. VII. E
34 H. EWALD,
wesentlichen wiederholt zurück. — Nur dass das kurze -r> wie diese im
Hebräischen ungewöhnliche so stark die kleinen Sätze verbindende Kraft haben
soll , könnte auffallend scheinen. Allein umgekehrt folgt aus der Kit. II Z. 2 x)
dass dieses Vorsatzwörtchen gerade im Phönikischen recht eigentlich diese
stärker verbindende Kraft trug.
6. Allein was hilft es dem Todten diese Dinge alle zu verbieten wenn
er keine Strafe auf die Übertretung setzt! Freilich steht dem todten Könige
keine solche strafende Macht mehr zur Seite wie zuvor dem lebenden: aber
dafür steht nach uralter Vorstellung dem Todten eine Waffe zu welche noch
viel wirksamer ist, der Fluch oder wie wir sonst das Wort heiliger Ver-
wünschung nennen wollen. Zu diesem also wendet sich jetzt die Rede
Z. 7 — 9 mit dem richtigen Übergänge Jedermann aber der den Eingang dieses
Lagers öffnen oder (qn fast ganz hebräisch) der den Sarg meines Lagers
aufheben oder der mich in diesem Ruhelager beschweren wird, dem werde
kein Ruhelager bei den Schatten (oind*) das ächthebräiscbe Wort für die
Schatten in der Unterwelt) , noch werde er in einem Grabe begraben, noch
werde ihm Sohn und Samen an seiner statt I Also ein dreifacher Fluch,
etwa wie sogleich vorne Z. 3 f. die Ruhe des Todten nach drei Dingen be-
schrieben und auch dort das Grab in die Mitte dieser drei gestellt war. Aber
auch unter sich sind diese drei Wünsche entsprechend gereihet, sofern die
Rede von dem hier wünschenswertesten, der Ruhe in der Unterwelt selbst,
ausgeht und von der Unterwelt durch das Grab auf die Oberwelt zurückkehrt,
wo von dem Frevler kein Nachkomme irgendwelcher Art bleibe, wie ihn mit
seinem Geiste und seinem Frevel fortzusetzen und zu erhalten unter den
Menschen! 2).
Doch tritt zu diesen drei Wünschen als vierter endlich noch der gewal-
tigste hinzu, welcher sie alle wiederum so stark zusammenfasst dass er am
Ende der ganzen langen Rede wo sich alles dieses kürzer wiederholt, Z. 21 f.,
auch allein erscheint. Die Götter müssen abgerufen werden den Frevler nicht«
in ihren Schutz zu nehmen; und schüessen ihn aus die heiligen Götter l Man
1) Wie Ich diese schon 1841 in der Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes
IV, S. 417 f. erklärte. ; ><
2) Das B. Ijob führt manche Ähnliche tlterthttmlicke heilige Rede ein, wie 18, J9ii
ERKLÄRUNG DBR GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 35
»
kann nämlich das hier wichtigste Thatwort wohl am besten d^üd^ aussprechen:
über das Anhängsel -nim ist oben S. 17 geredet; das Thatwort ijd selbst ist
mit "DD sckliessen verwandt, hatte aber im Phönikischen wohl diese ganz
besondre heilige Bedeutung des Ausschliessens oder des lat. interdicere ange-
nommen. Auf eine solche Bedeutung führen auch die entsprechenden Syri-
schen Wörter, das Thatwort k^d und das Sachwort Ik^d; und ich zweifle
nicht dass dazu das *^d^| welches unsre Syrischen Wörterbücher in der
Bedeutung verhindert, ausgeschlossen werden anführen, nur verschrieben ist
für rv^B'- Ahnlich hat ja auch das gewöhnliche hebräische Din Bann, vom
Sondern und Heiligen genannt, nur in einer besondern Sprache diese schlimme
Bedeutung angenommen. Un<i es kann nun die' Frage entstehen ob nicht das
hebräische ^go und won preisgeben ebenso wie dieses Phönikische Wort
zunächst vom Ausschliessen diesen Begriff trägt, nicht aber vom Einschliessen;
denn obgleich es durch den häufigen Gebrauch sehr abgenutzt etwa nur noch
unserm kingeben entspricht, so kann doch seine ursprüngliche Bedeutung eine
viel stärkere gewesen seyn. — Über ]Sn älön als Gott s. oben S. 16.
7. Wie aber das obige Verbot nach Z. 6 sich nicht bloss auf den ge-
meinen Mann sondern auch auf alle Obrigkeit und obrigkeitliche Männer er-
strecken sollte, so wird dasselbe nun auch hier bei dem Fluche nur noch
deutlicher und stärker wiederholt Z. 9 — 12: dies ist nämlich der wahrschein-
lichste Sinn welchen die nun folgenden theilweise schwierigen Worte haben/
und der sich auch ganz am Ende der Inschrift bei ihrer sehr kurzen Wieder-
holung Z. 22 als der wahrscheinlichste ergibt. Wir beginnen den neuen Satg
mit den Buchstaben onfc und deuten diese nach S. 18 durch unser er selbst:
dieses Wörtchen stellt sich dann aber unmittelbar vor sein bestimmteres
Namen wort; und so ergibt sich als der erste Satz hier d6r: Selbst wenn ein
mächtiger König welcher herrscht unter den obrigkeitlichen Innungen selbst dar
Mann wäre welcher den Eingang dieses Lagers öffnete oder welcher diesen
Sarg aufhöbe. Hier ist das Wort tvrphv besonders dunkel: eine W. ypS
findet sich sonst in allen Semitischen Sprachen nicht. Allein sie ist doch
gewiss mit upS sammln welches durch sie alle hindurchgeht sehr nahe ver-
wandt; und mit geringer Umsetzung der Laute ist das arab. (j^J äth. AA4>
E2
36 H. EWALD,
kleben oder sich vereinigen ebenso sicher mit ihm wiederum ganz nahe ver-
wandt als es das y noch ganz ebenso wie unser Phönikisches Wort bewahrt
hat. Wir können nun sehr wohl annehmen dass das Namenwort ein collegium,
^ine geschlossene Gesellschaft oder Innung bezeichnete , wie (j**^ einen Ge-
sellen'oder Freund: und wie es im alten Rom ein collegium praetor um, sa-
cerdotum u. s.w. gab, so mochten in dem ältesten Sidon die herrschenden
Häuser (oder Patriciergescblechter) Innungen oder curiae oder mit dem grie-
chischen Ausdrucke Phratrien bilden aus denen der König hervorging und mit
denen er zusammen erst die Obrigkeit ausmachte. Heisst nun in dieser Inschrift
die gesammte Obrigkeit roStt» nach S. 28 , so konnten auch sehr wohl die
Worte roS^JO n^N Dbnkjfoa ihre der Obrigkeit (der Patricier) Innungen nach
S. 18 zusammengesetzt werden, um sie so stark als möglich zu bezeichnen;
und ein solcher König welcher nur an der Spitze der herrschenden Geschlechter
oder Innungen steht/ herrscht inderlbat nur zwischen )n (pa s. oben S. 12)
oder unter ihnen. So wenig wir aber sonst über das Sidonische Königthum
zumal in älterer Zeit wissen, so können wir es uns doch am leichtesten
gerade so beschränkt und gebunden wie es hier angedeutet wird denken :
alles Phönikische und Kanaänäische Königthum war gewiss in diesen Städten
seit den ältesten Zeiten kein anderes, wie auch die uns bekanntere spätere
Geschichte lehrt.
, '. Der besondere Nachdruck nun welcher auf diese ersten Worte Selbst
env mächtiger König welcher unter den obrigkeitlichen Immngen selbst herrscht
gelegt wird, erklärt sich leicht wenn man bedenkt dass der Redende selbst
ei» '-König ist, welcher wohl wissen kann welche Macht leicht Könige sich
nehmen, der aber anch zu ihnen ein strengeres Wort zu reden kräftig genwg
ist Also fügt er erst nach dieser Hervorhebung des neuen Grundwortes un*-
tenkend hinzu *n dtn dn wenn es der Mann ist welcher . *i. AUktoon
aber fährt er fort andre mögliche Thäter zu unterscheiden und ist es selbst
ein Same d. i, nach dem eigentümlichen Sprachgebrauche dieser Inschrift
(Zi 8. 22) Nachkomme der Obrigkeit, also einer der zwar nicht König aber
den obrigkeitlichen Geschlechtern entsprossen oder ein Edler (nöbtlis, patriciusj,
ei* Man*, am* dem Volke , ein Gemeiner fplebejusj, loh zweifle nicht
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 37
dass n>^n>o hier und Z. 22 so zu verstehen ist; auch in der Massil. Inschrift
Z. 17, wo ganz ebenso nimo d*inh zusammengesetzt wird, ist diese Redensart
nun deutlich, während sie freilich dort in dem verstümmelten Steine so völlig
abgerissen steht dass man sie ansich nie hätte sicher genug erkennen können.
Der Name m?n entspricht also ganz dem weiblichen **t Volk, welches arabi-
sche Wort auch leicht in demselben Nebensinne des' Gegensatzes des grossen
Haufens zu den Edeln gebraucht wurde, wie J*\ ein Gemeiner (ein Idiot)
zeigt; auch. die Aramäischen Mundarten kennen dieses Wort; während es im
Hebräischen sogar dichterisch nur sehr selten und nur in der Mehrheit nttDN sich
findet. Dass das Wort aber mit zu den ältesten aller Semitischen Sprachen
gehöre, ist umso weniger zu bezweifeln da das bekannte dv mit ihm ver-
wandt ist; und wechselten in ihm schon sonst immer die Laute n und v leicht,
so erklärt sich desto mehr wie es im Phönikischen auch mit Ti statt n lauten
konnte *). — Dass hier roS>o>o ant die richtige Lesart sei, wurde schon
S. 9 bemerkt.
Wir können hier also zugleich die drei Stände erkennen in welche das
ganze Sidoniscbe Volk zerfiel und die wir in den ältesten Reichen überall fast
ganz ebenso wiederfinden: König, Edle, Gemeine2), jener aus den edeln
oder obrigkeitlichen Geschlechtern und Innungen nur wie der erste unter
.gleichen hervorgehend und so mit ihnen die Obrigkeit bildend. Aber, sagt
pnser Tpdter, iflag ^r Frevler irgendeiner aus diesen drei Ständen seyn,
und wennauch der König selbst: der Fluch, treffe ihn ! Und dieser wird hi$r
iura Sc^lus^, pur noch einmal in etwas andrer Weise aber nicht minder
schreckend s6 ausgedruckt: er habe kernt Wurzel weh unten noch Frucht
1) Der Mannesname jfoeQvjnoe bei Menander in Jos. g. Ap. I, 18 war also wohl
n^H '^£n/ wie in baorn im ' Hebröischen. Man Könnte riftmlich in dem ersten
' v [ ftliede aucft tfilr Wörf:'*U9-''fcu' ÄAdeft -Vetttid&t werden, vgl. «jkö^Vk in der
Entzifferung der Neupun. Inschriften & 30: allein jenes scheint ans sicherer.
2) Um hier wenigstens aus d6m was örtlich bei PhönUoen das nächste, aus Syri-
scher Rede auf etwas ganz entsprechendes hinzuweisen, bemerke man wie im
~ ! Syrischen Atexdnderffede* (bäi Knös Chrest. p. 89, 11 — 13) das was zuerst
foK ci^D dasv^%n%e FöW heisst, dann darch |/o,\"i»»o )?1<mo ln\vt König
•y.' '.:-. Möli und Gemeine (Krieger) umschrieben wird
38 B. EWALD,
*
nach oben (fast ganz so wie Ijob 18, 16 in einem ähnlichen Falle), noch
Dauer im Leben unter der Sonne l (dieses fast ganz so wie es im B. Qoheleth
immer heisst unter der Sonne). Denn das Wort -wn, etwa -tf*m oder ^nfj
zu sprechen , konnte im Phönikischen in der Bedeutung Zeit oder Dauer umso
eher mit -^ wechseln da auch das nur in gewissen Verbindungen noch vor-
kommende Js (vjs ist Einheitswort einmal) dasselbe n bewahrt hat. Unten
Z. 19 steht dafür wohl in wenig veränderter Bedeutung "wn.
8. Hier ist fühlbar ein grösserer Stillstand. Alles bisjetzt Gesagte hing
unter sich eng genug zusammen: aber man merkt leicht dass es hier auch
geschlossen seyn könnte. Nur eins ist noch zurück. Der Todte hat zu
seinem Schutze zwar schon die heiligen Götter angerufen Z. 9 : aber sogewiss
als diese Anrufung nach altem Glauben erst dann die erfolgreichste wird wenn
der Mensch auch seinerseits die Götter an das erinnern kann was er selbst
zu ihrer Ehre getban, oder ihnen ähnlich solche Wohlthaten mahnend ins
Gedäcbtniss zurückrufen kann welche sie ihm schon früher erwiesen, so er-
warten wir beinahe vonselbst dass der Todte auch hier dieses thue, um die
Verbote die er im Obigen ausgesprochen und die Flüche gegen deren frevelnde
Übertreter dadurch nur noch stärker und überhaupt hier am Ende so stark
alsnur möglich zu bestätigen. Und wirklich ist dieses der richtigste Inhalt
aller von hier an folgenden Zeilen den wir noch erkennen können. Alle
diese von "pto Z. 12 noch folgenden Worte und Zeilen bis zum Ende der
ganzen Inschrift bilden , obgleich beinahe noch die Hälfte derselben ausfüllend,
nur öinen grossen vielumfassenden und allerdings auch vielverschlungenen Satz,
der im Grunde nichts enthält als die Anrufung der Götter zu dem eben be-
stimmten Sinne : aber da diese nun die grosse Hauptsache werden muss womit
die ganze Todtenrede und Todtenbeschwörung schliesst, so sammelt und
drehet sich die Rede hier allerdings s6 stark als wollte sie mit ihrem ge-
wichtigen Inhalte ihren Lauf noch einmal wie von vorne beginnen, um end-
lich desto gesammelter und stärker zu schliessen.
Ich habe damit schon d6n allgemeinen Inhalt aller folgenden Worte an-
gedeutet welcher sieb am richtigsten, ergibt. Viele Worte und einzelne Sätze
sind allerdings im Folgenden noch besonders schwierig: und dazu kommt die
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 39
Lücke im Steine Z. 16 f., welche leider nicht wenige Buchstaben gerade da
wo sie am wenigsten durch Vermuthung ergänzt werden können und wo
doch der Inhalt auch rein geschichtlich sehr wichtig wird, völlig unlesbar
gemacht hat. Allein im Ganzen und Grossen kann doch auch hier kein Zweifel
über den richtigeren Sinn herrschend bleiben: auch nicht über den wahren
Zusammenhang dieser Hälfte der ganzen Inschrift mit der vorigen und die
Stelle wo diese Hälfte beginne. Auf dem Steine ist zwar erst Z. 1 3 vor
-pro dar etwas grössere Zwischenraum gelassen den wir, sollte der kleine
Zwischenraum den Anfang der zweiten Hälfte bezeichnen, vielmehr vor dem
-pro Z. 12 erwarten müssten. Allein wir wissen doch nicht genug was der
Steinhauer sich bei diesem kleinen Zwischenräume dachte und ob dieser über-
haupt einen Sinn für den Inhalt haben sollte. Möglich ist's jedoch dass da-
durch der nun folgende Name des Königs und seiner Mutter etwas hervorge-
hoben werden sollte, etwa wie die Königsnamen im altAgyptischen durch den
Schild ausgezeichnet wurden ; und in dem ähnlichen Falle oben Z. 2 wurde
der lange Königsname wenigstens ähnlich mit ^>onS geschlossen.
Besondre Aufmerksamkeit verdient hier noch die, wie sich bald im
Einzelnen zeigen wird, ungemein grosse Verschlingung des folgenden aus
einer Menge kleinerer und sehr verschiedenartiger Sätze bestehenden so lan-
gen Satzes. Allein wenn man bedenkt dass die guten Thaten für die Götter
welche der König hier aufzählen will , nach dem S. 25 Erörterten zugleich
von seiner Mutter herrührten, dass diese also hier mit zu nennen war und
wahrscheinlich selbst diese ganze Inschrift auf den Sarg setzen liess, so ver-
steht sich dadurch leicht wie dieser grosse Schlusssatz so gedehnt und vielfach
verschlungen werden konnte.
Von den einzelnen Sätzen nun aus denen er sich zusammensetzt, lautet
der erste Z. 12 f.: Da nun beschlossen ward mein Untergang in der Kraft
der Tage, ich so aus der Jugend dahingerafft ward, mit absichtlicher Wie-
derholung aus dem Anfange Z. 2 f. Die Haltung des Satzes ist vorne etwas
weniger gelenk aber acht hebräisch und arabisch: da ich nun — beschlossen
ward mein u. s. w. LB. §. 308. Schwierig ist (da über d an der Spitze des
Satzes schon S. 30 f. geredet wurde) nur das Wort jro : ich halte es für eine
Wiederholung desselben Wärtehens welches sich im Hebräischen als Nach-
40 H. EWALD,
satz wörtchen nj- nach LB. §. 103A erhalten hat und etwa unserm mm, also
entsprechend; ein Wechsel der Hauchlaute zeigt sich auch in d6m dem Ur-
sprünge nach entsprechenden aber dem Gebrauche nach sehr verschiedenen
äth. £U;.
9. Nachdem aber der Redende seinen unter solcher Lage doppelt be-
klagenswerten Tod wieder erwähnt hat, muss er in Begriff von seinen guten
Thaten gegen die Götter zu reden doch auch seine Mutter hier zugleich nen-
nen als mit welcher zusammen er sie ausführte; also nennt er, da er der
Königin-Mutter als seiner Mitherrscherin Namen und Würde genau bezeichnen
muss, auch seine eignen Würdenamen noch einmal Z. 13 — 15: ich nämlich
ich Eschmünazdr König und meine Mutter Amaschtart Priesterin unserer
Herrin Aschtart die Herrscherin Tochter Königs u. s. w. Dass hier zu Anfange der
Deutlichkeit wegen noch einmal das ich zu wiederholen war, versteht sich sehr
leicht: aber wegen des Gegensatzes zur nachher ihm gleichzustellenden Herr-
scherin wiederholt sich darauf sogleich auch poch richtig nämlich ich * . . und
meine Mutter. Das D erscheint also hier als zwischen zwei gleichbedeutenden
Namenwörtern stehend wie in seiner nächsten Bedeutung zur blossen Erklärung,
ganz in seiner ersten bezüglichen Bedeutung der da, aber unpersönlich, also
dem Sinne nach unser nämlich. -• Auffallen könnte hinter diesem *pio das
Fehlen des Wortes *|Stt König, welches wir nach Z. 1 f. und den übrigen
Königsnamen auch hier Z. 14 erwarten. Liess der Steinbauer, wie man aller-
dings vermuthen muss, es durch Versehen aus, so brachte das wenigstens
hier keinen grossen Schaden.
Dass die Mutter l) eigentliche Herrscherin (Regentin) war und damals
allem Anscheine nach noch lebte, folgt auch aus dem so bestimmten Beinamen
der ihr gegeben wird noSon die Herrschende. Aber noch höher galt ihr
doch die Würde einer Priesterin unserer Herrin Astarte: nur deshalb kann
diese Bezeichnung voraufgesetzt seyn. Dieses enthält gewiss einen bedeut-
samen geschichtlichen Zug, und stimmt gut zu der kochst altertümlichen
Verehrung der Götter welche die ganze Rede der Inschrift durchdringt.
1)- Ifcr Name n-inaW«' eig. Astartedimerin whrd in der fiit.H 2.$ völler mntD*n»«-
geschrieben: dodh koame er wohl auch so wie! kitfr verkürzt werde* •
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON S1DON. 41
10. Nachdem die zwei zusammengefasst sind, fängt das erste Wort
Z. 15 pn dn wenn wir baueten den Schwur an, als sagte der König: sb
gewiss als wir den Göttern Heiligtümer baueten, ich also auf ihren Dank
hoffen kann, beschwöre ich sie den Frevler zu bestrafen. Da jedoch vieles
der Art was der König den Göttern Gutes that und was für Gutes er dagegen
von ihnen empfing aufzuzählen ist, so wiederholt sich für dieses dn wenn
nachher Z. 17. 19 viermahl beständig das blosse wn dass, in derselben Be-
deutung, nur etwas weicher und geläufiger im Ausdrucke; etwa ebenso wie
im Französischen auf ein erstes si nachher in den folgenden Bedingungssätzen
que folgen kann, als setzte sich die Kraft der einmal eingeleiteten Bedingung
nun vonselbst auch mit einem bloss bezüglichen Wörtchen fort. Etwas ganz
Ähnliches l~) ist mir freilich sonst aus dem Gebiete der Semitischen Sprachen
nicht bekannt: allein die Möglichkeit davon selbst bei einer so uralten Sprache
muss man zugeben.
Als bleibende Wohltbaten welche der Redende den Göttern erwiesen
habe, werden hier nun Bauten heiliger Häuser und ähnliches aufgeführt: und
etwas anderes der Art konnte in diesen alten Zeiten des Heidenthums inder-
that kaum genannt werden. Aufgeführt aber werden durch ein dreimal wie-
derholtes pn gewiss drei verschiedene Arten von Bauwerken, deren Anord-
nung hier eben so wenig zufällig seyn kann. Könnte es aber auffallen dass
der König in den 14 Jahren seiner Herrschaft so vielerlei Bauten von Gottes-
häusern als von ihm ausgegangen hier nenne, so ist zu bedenken dass dabei
auch die bloss angefangenen oder auch die bloss fortgesetzten oder neu um-
geänderten verstanden werden • mögen , da das n:o bauen in diesen Sprachen
den weitesten Sinn in sich schliesst. Wirklich werden, die verschiedenen
Häuser zy>nn welche gebauet seien, schon äusserlich ganz verschieden ein-
geführt: nur das erste Z. 15 f. wird mit dem Wörtchen ivn (s. oben S. 18)
als ein bestimmtes längst bekanntes eingeführt; sodass wir sehr wohl anneh-
men mögen _ dieses zuerst genannte sei ein schon längst gebautes grosses
1) Denn im Allgemeinen ähnlich ist schon z. B. die Art wie im Arabischen die
Verneinungen stets schwächer auf einander folgen [Gr. Arab. §. 702) ; noch ihri-I»'
lieber wenn im Koptischen auf einen Satz wie MAPENOTSLM lasst uns
eisen fortgefahren wird OTO& NTENCJl wörtlich und dass wir trinken!
Hist.-Phibl. Classe. VII. * F
42 H. EWALD,
Heiligthum gewesen welches jetzt nur weiter gebauet und ausgeziert wor-
den sei.
Und wirklich müssen wir uns auch nach allen übrigen Spuren dieses
zuerst genannte Haus Z. 15 f. so denken. Zwar ist gerade hier Z. 16 in den
Stein die böse Lücke gekommen welche uns den wahren Sinn dieser Worte
sicher wiederzufinden so schlimm verhindert. Denn zwischen den beiden
verstümmelten Buchstaben dieser Zeile sind wenigstens 6 oder 7 völlig ver-
schwunden: und hier gerade können wir auch aus keiner entsprechenden Stelle
die verlorenen leicht ergänzen. Indessen ist zweierlei hier deutlich. Dieses
hier zuerst genannte ganz bekannte Haus musste eine Art von Pantheon seyn:
der Name osSn nn Haus der Götter wie man die ersten Buchstaben Z. 16
gewiss am besten abtheilt, führt ebenso nahe darauf hin als die besonders
hohe Würde welche das hier zuerst genannte Heiligthum haben musste; und
die Worte welche dann bald darauf folgen in Sidon dem Lande am Meere
welche in einem ähnlichen Falle Z. 18 sich wiederholen und über deren ge-
schichtliche Bedeutung noch unten zu reden ist, lassen uns ebenfalls erwarten
dass dieses Götterhaus eine so allgemeine Bedeutung hatte. Zweitens aber
fügt ja der Redende alsdann sogleich näher hinzu was er in diesem Heilig-
thume vorzüglich wiederhergestellt habe: und (wenn} wir wiederherstellten
die Astarte von sehr hohem Namen, denn irch gerade machen kann, obgleich
diese Bedeutung gerade in dieser selben Anwendung noch nicht weiter wie-
dergefunden ist, doch unstreitig als Bauausdruck auch dieses bedeuten und
so dem arab. gJL*t entsprechen: dann aber müssen wir uns das Bild der
Astarte als eins der vielen denken welche in diesem Götterhause seit Alters
standen und welches wir wissen nicht wodurch beschädigt oder zertrümmert
der Redende glänzend wiederherstellen Hess. Darum mag es uns denn auch
erlaubt seyn über die zerstörten Buchstaben eine Vermuthung hier zu äussern.
Wir erwarten hinter o:Sn und vor pxn keinen Namen eines oder einzelner
besonderer Götter: und die ersten noch deutlichen Züge w sowie der folgende
halb zertrümmerte der ein n seyn konnte lassen uns mit diesem n>N nach
dem eben genannten rpN eine blosse Wiederholung desselben Götterhauses
in einem andern Namen voraussetzen. War nun das Pantheon auch der beste
Ort wo die Obrigkeit wie sie S. 28 beschrieben ist sich versammelte, so
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 43
mögen wir vor dem n am Ende die Buchstaben dS»» nn ergänzen : das Haus
der Obrigkeit war dann nur «in anderer Name für dasselbe.
11. Bei dem zweiten Baue Z. 16 f. ist leider der Name des Gottes
selbst durch jene Verletzung des Steines mitgetroffen: jedoch sind es diese
Züge nicht so schwer wie die in der vorigen Zeile; und wir müssen vorallem
diesen Namen hier sicherer zu erkennen suchen. Schon der lOte Buchstab
der Zeile 17 scheint unten so verletzt dass man vermuthen könnte es solle
ein » seyn; der 14te und löte soll wohl, nach den erhaltenen Spuren zu
schliessen, ein np oder *ip seyn; der 12te scheint nach der unten gebliebenen
kleinen Krümmung zu vermuthen ein b zu seyn, der Stummel des 13ten
könnte etwa von einem p übrig seyn. So würde man ^ppS>o dn die Mutter
des Melqqar (Melkar) vermuthen können. Allein diese Schreibart des Namens
des Gottes selbst wäre auffallend; der Zug des h hängt nie so weit herab;
und die folgende Beschreibung führt nicht auf eine Göttin. Da nun der lOte
Buchstab doch auch, trotz des etwas herabgezogenen mittlem Striches, ein w
seyn kann, so lesen wir vielmehr npo powN Eschmün der Wachsame: upd
wenigstens der Gott Eschmün passt ganz vorzüglich hieher und namentlich
auch an diese zweite Stelle. Denn hatte unser König seinen Namen von ihm
und musste ihn schon deswegen als seinen nächsten Schutzgott verehren, so
ist es erklärlich dass er unter allen einzelnen Göttern ihm zuerst und am
liebsten ein Heiligthum bauete, welches übrigens wie alle die solchen einzel-
nen Göttern gebaueten nicht eben gross zu seyn brauchte sondern sich sogar
an ein früheres anlehnen konnte. Galt nun Eschmün als der dem Askläpios
zu vergleichende milde heilende Gott, so koftnte er wohl auch npo = n$o
der Wachsame zubenannt werden, sollte diese Lesart richtig seyn. Sicherer
ist seine folgende Beschreibung zu verstehen : die Stütze der Hand des
Schwachen, der Schutzherr meiner Kinder (oder meines Sohnes), er von sehr
hohem Namen. Schwierig sind hier nur zwei Wörter ab1? und urnvi: denn
dass sie so getheilt zu lesen seien ist schon ansich das Wahrscheinlichste.
Das abS indessen lässt sich, nach der Bildung LB. §. 158c, sehr wohl mit
s_*J& oder o^Ui schwach, hinfällig vergleichen: die Wurzel wäre zuletzt auch
mit dem lat. labi verwandt; und spielte in ihr der Lautwechsel n o und %
so erklärt sich daraus auch die Entstehung des hnS zr inS erschöpft seyn.
F2
44 H. EWALD,
Das unvi aber kann nach LB. §.151 sehr wohl von wtn Haupt oder Herr
neu abgeleitet den Schutzherrn bezeichnen; und da es eigentlich ein Mittel-
wort ist, gut auch mit dem Artikel vor dem folgenden <on stehen. Dass aber
der jung erblichene König beiläufig so auch seines Sohnes oder (wenn >^3
zu sprechen ist) seiner Kinder erwähnt als solcher die er dem Schutze dieses
seines eignen nächsten Schutzgottes überlassen habe, erklärt sich leicht.
12. Zum drittenmal e heisst es und wenn wir baueten Z. 17 ff.; und
jetzt werden offenbar Häuser dreier Götter enger zusammengestellt: Häuser
dem Gotte der Sidonier in Sidon . . . ., ein Haus dem Baal Sidon's und ein
Haus der Astarte. Bei dieser unleugbaren engeren Verbindung dieser drei
haben wir hier gewiss die Dreiheit der obersten Götter Sidon's vor uns:
gerade eine solche Dreiheit ist acht Phönikisch ]); und obwohl es zu bedauern
ist dass der Gott der Sidonier hier nicht näher bezeichnet wird, so dürfen
wir doch nicht zweifeln dass es gerade diese Dreiheit war welche zur Zeit
unsres Königs in Sidon als die Gruppe der obersten Götter galt. Auch ist
es wahrscheinlich dass die vorangestellte Mehrzahl Häuser schon alle drei
zusammenfassen sollte , da sich sonst für diese Mehrzahl kein rechter Grund
denken lässt Und diese drei Häuser konnten sehr wohl zusammen nur 6in
Heiligthum bilden: während der König hier sie mit den Göttern selbst lieber
besonders nennt.
Die Astarte Z. 18 kann also als Göttin betrachtet auch sehr wohl die-
selbe seyn welche Z. 16 gemeint war.- Denn die Würdebezeichnung die sie
hier trägt San dw com Namen Baats d. i. die als Gott zu verehrende, soll
gewiss nichts anders aussagen* als was Z. 16 und 17 schon zweimahi wenig
verschieden so ausgedrückt war von sehr hohem Namen.
13. Schliessen die drei vorigen längern Sätze in welchen der Redende
die drei Baustücke deren er sich vor den Göttern rühmen kann so genau
aufzählt, alle gleichmässig mit dem zuletzt erklärten loberhebenden Namen der
Gottheit: so erwarten wir schon deshalb dass die Rede nun zu etwas anderem
übergehe." Und wirklich ändert sich fühlbar der Sinn der nun folgenden Worte
1) S. die Abhandlung über die Phömhiscken Ansichten von der Weltschöpfung
S. 23 ff.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 45
Z. 18 — 20: aber sie sind zugleich sehr schwierig für uns ganz richtig zu
verstehen. Das zweimal wiederholte um Z. 19 ebenso wie der ganze Zn-
sammenhang lässt uns indessen nur eine Fortsetzung des Schwures bei den
Göttern erwarten: und die Thatwörter hinter diesem wn können in der ersten
Person sg. des perf. gelesen werden; wenn aber dabei vor uu* kein *p*r ich
steht, so ist zu bedenken dass das vorangesetzte jroN wir Z. 16. 17 nur die
zwei zuvor genannten Herrscher Z. 13 — 15 wiederaufzunehmen diente. Unser
Todter konnte als König sicher sich auch einiger nur von ihm zu vollführender
königlicher Thaten rühmen; und diese sofern sie zugleich als von den Göttern
oder von einem besondern Gotte empfangene Wohlthaten .gelten konnten,
finden wir inderthat hier erwähnt
Wir verstehen nämlich diese Worte so: und dass der Herr (oder Gott)
Müküm die Dauer und Schönheit der herrlichen Fruchtfelder uns verewigte wenn
ich das mit Geschick lernte und konnte; wenn ich bewirkte dass er die Grenz-
eingänge des Landes den Kanaanäern den Sidoniern beständig beschützte.
Dann nennt der König zwei Wohlthaten dieses Gottes Milküm die er von
diesem durch sein eigenes Bemühen gleichsam gewonnen habe, und die ihm
als Unterpfänder auch für den ferneren Schutz der Götter gelten. Fortdauernde
Fruchtbarkeit des Landes und Sicherheit der Grenzen sind diese zwei gött-
lichen Wohlthaten welche der König während seiner ganzen Herrschaft em-
pfangen zu haben meint: aber der jedesmalige König muss nach uralter Vor-
stellung auch selbst dazu wirken , durch Opfer, Gebete u. s. w.: und es ist
demnach zugleich seine Kunst und Geschicklichkeit wenn ihm solchen Segen
dem Gotte zu entlocken so wohl gelingt. Über pN AdOn als Namen eines
Gottes s. oben: der Gott Milküm aber ist uns zwar dem Namen nach als
der zunächst von dem cAmmonäern verehrte aus dem AT. bekannt: allein er
konnte sehr wohl auch in Sidon verehrt seyn: und wissen wir sonst nicht
welcher Art er etwa war, so können wir nach unserer Inschrift leicht an-
nehmen dass er als von Baal verschieden dem Griechischen Kronos glich,
nämlich als einer der ältesten Gölter1). Er wäre dann einerlei mit d6m der
Z. 18 der Gott der Sidonier hiess.
1) Dann erhebt sieb allerdings die Frage aufsneue obnicht der Milküm einerlei
46 H. EWALD,
Über *wi Z. 19 s. oben S. 38. Dass n»*y etwa soviel als ich ver-
mochte bedeuten könne, und die zwei ohne Verbindungswörtcben zusammen-
gestellten Thalwörter trox» m>oS nach LB. §.2856 zu verbinden seien, leidet
keinen Zweifel. Wir können daher auch das pun\t/", so wenig es sonst im
Hebräischen oder Aramäischen etwas ihm näher entsprechendes hat, doch gut
mit yy»?» sorgsam, geschickt x) als ein davon abgeleitetes Sachenwort ver-
gleichen: es hat dann diese Bedeutung vom festen, gewissen vgl. H*> ähnlich
wie DDn weise. Das Wörtchen nv aber womit der ganze Satz beginnt, kann
am Ende auch bloss die Absicht und Folge unserm dass entsprechend aus-
drücken; und dass der dem Sinne nach untergeordnete Satz auch voraufgestellt
werden konnte, lässt sich nicht läugnen. Das ;rn aber als Imperf. von jro
geben aufzufassen scheint uns weniger richtig, als es als Perf W. jrp zu
nehmen. Im sogleich Folgenden aber folgt auf nSvo ich bewirkte das Imperf.
mit dem Vav der Folge dsshsö*^, da schon anderweitig feststeht dass das
Phönikische auch hierin dem Hebräischen gleichen konnte 2). Und können
wir das nach S. 31 zu verstehende ri^v als Mehrzahl denken und aussprechen,
so konnte nach LB. §. 309c auf den folgenden stärkern Gegenstand sehr wohl
zuvor durch sein Suffix -innöm angespielt werden, wie in einem ähnlichen
Falle oben Z. 10; po aber als bergen kann auch sehr wohl schützen be-
deuten. Endlich kann das d^dS unmittelbar vor o:nxS schwerlich etwas
anderes als den Kanaänäern bedeuten, auchwenn es ohne y in der Mitte
geschrieben ist 3) : dieser Laut stumpfte sich leicht allmählig ab ; und wir
können hier sehen wie gerne Sidon damals noch immer sich allen Phöniken
gleichstellte.
war mit Mölokh und dieser mit Kronos: allein bisjetzt ist die Einerleiheit dieser
Namen nicht zu beweisen, s. die AUerthümer S. 261 der 2ten Ausg. und unten
den Zusatz.
1) Der Qftmüs erklärt das Wort durch l*J gJWKj jy*M & <Jl2oJI >JUJt ^^biJI.
2) S. die Abhandlung über die Phönikische Inschrift von Marseille S. 13. Im He-
bräischen ist dieses freilich weit seltener als im Aramäischen: das Phönikische
schliesst sich also auch hierin mehr an dieses an.
3) Wie ba für b*n s. die Entzifferung der Neupunischen Inschriften S. 30.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON S1DON. 47
14. Nach allen diesen vielfach verschlungenen Sätzen welche doch
zuletzt nur erst 6inen grossen Vordersatz bilden , beginnt mit 122p Z. 20
sichtbar der Nachsatz, wie schon oben erläutert Auch die einzelnen Worte
und deren Sinn im Zusammenhange der Rede sind oben meist schon erklärt.
Nur drei Worte sind hier noch besonders zu besprechen.
Einmal das Sn hinter ounpn d:Sn: es kann in diesem Zusammenhange
sehr wohl als ein zurückweisendes Deutewörtchen gefasst werden diese hei-
Ugen Götter, die oben so vielfach und so stark angerufen sind. Denkwürdig
ist aber dass es dann in dieser Verkürzung ganz dem Einzelwörtchen ?- in
seiner ächtPhönikischen Abkürzung und Anlehnung entspricht Auch im He-
bräischen kürzt sich n1** in einem einzelnen Falle so ab, LB. §. 183a.
Das folgende Wort jxp«n fassen wir, dem ganzen Zusammenhange völlig
gemäss, so auf dass es bedeute und er verende, vergehe. Eine W. jxp
findet sich zwar sonst in den Semitischen Sprachen nicht: allein sie konnte
im Phönikischen mit der Hebräischen W. pp ebenso übereinstimmen wie ypS
Z. 9 f. mit upS. Hat sich nun diese W. im Hebräischen einseitig zu der
ganz besondern Bedeutung klein eig. verkürzt, abgestumpft seyn ausgebildet,
so hat sie im Phönikischen freilich eine ganz andre Geschichte durchlaufen
welche aber doch ebenso gut möglich war: denn auch die Bedeutung ver-
enden, vergehen knüpft sich leicht an n*g oder yp Ende. Auch wurde das
Wort, diesem Zusammenhange nach zu schliessen, im Phönikischen wohl
besonders nur in einem verächtlichen Sinne gebraucht um das der Frevler
würdige Ende zu bezeichnen.
Endlich das Wörtchen ob Z. 21 kann hier unmöglich ihm bedeuten wie
Z. 8. 11 : es ist an dieser Stelle auch garnicht so verbunden um dieses be-
deuten zu können, da es nach eben vollendetem Satze einfach einem Imperf.
vorantritt, als solle es den Sinn eines solchen Imperf. herbeiführen helfen.
Wir fassen es daher als dass nicht oder damit nicht, also dem auch ins Nord-
hebräische übergreifenden Aramäischen n>o Vi (s. LB. §. 3376 a. E.) entspre-
chend und etwa VmA oder tmö auszusprechen. Als ein solches Wörtchen
aber konnte es mit dem folgenden Thatworte fast in eins zusammengezogen
werden.
So bauet sich dennauch dieser Nachsatz, ähnlich dem Vordersatze nur
48 r H. EWALD,
nicht ebenso weitläufig, aus sehr verschiedenen kleineren Sätzen auf, welche
doch erst zusammen 6in Ganzes bilden und mit ihrem schweren Gewichte
sowohl ihren langen Vordersatz als die grosse drohende Rede selbst treffend
schüessen.
Blicken wir aber schliesslich von dem Ende der einzelnen Entzifferung
aus auf d6n Sinn und Zusammenhang der Rede der ganzen Inschrift zurück
welcher sich so ergeben hat: so können wir für das Allgemeine einige weitere
Ergebnisse ziehen welche von grosser Bedeutung sind.
Wie gross verhältnissmässig die Inschrift ist, sie hat demnach nur 6inen
Sinn und Zweck; und wie mannichfach der Inhalt und wie verschlungen der
Satzbau in ihr theilweise seyn mag, alle ihre einzelnen Sätze Gedanken und
Worte reihen sich doch wiederum ganz fest nur um 6inen einfachen Grund-
gedanken, zu welchem alles Einzelne was sie umfasst vollkommen stimmt.
Dieses, wie es sich aus den obigen Erörterungen ganz von selbst ergeben
hat, wird aber zugleich zu einem guten Beweise für die Richtigkeit der Ent-
zifferung im Ganzen.
Ist ferner der Sinn der Inschrift im Ganzen der oben erklärte, so ver-
steht sich leicht wie sie gerade an der Stelle wo sie wiedergefunden ist
eingegraben wurde. Sie sollte nicht die Thaten und Verdienste des Todten
alle verewigen und lobend der Nachwelt übermelden: dann hätte sie auch an
einem ganz andern Orte eingegraben und vielmehr aufgerichtet werden müssen.
Sie sollte die Ruhe des Todten sichern, und alle welche aus irgendeinem
Beweggrunde diese etwa zu stören wagen würden von ihrem Beginnen zurück-
schrecken. So wurde sie am besten oben auf die Decke des Königssarges
geschrieben, ja so nahe dem Munde des auf diesem abgebildeten Königs als
möglich, als riefe er noch aus dem Grabe heraus diese Worte jedem zu der
ihn zu stören käme.
Und dieser Grundgedanke der Inschrift mit der ganzen Art wie er im
Einzelnen ausgeführt wird, führt uns fühlbar in ein Volk mit sehr eigentüm-
lichen Sitten und Vorstellungen, aber auch in eine Zeit ein welche bei diesem
frühgebildeten Volke selbst verhältnissmässig einb ältere seyn musste. Diese
Furcht vor jeder Störung im Grabe, in solchen Betheuerungen und Drohungen
vor aller Obrigkeit und in solchen Anrufungen der Götter, ja in einer solchen
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHBN INSCBRIFT VON SIDON. 4f
an gen schweren Todtenrede auf dem Sarge vofl heiliger Drohungen und
Verwünschungen sieb ergiessend; diese Art wie der Todte die Götter an
seine Verdienste um sie und an ihre am ihn erinnert, dies alles führt unsr,
wir würden wenn vom Griechischen Alterthume die Rede wäre sagen, in ein
wahrhaft Homerisches Zeitalter ein; und wir meinen hier überall Worte und
Gedanken aus einem noch mehr jugendlichen als bereits ausgebildeten überreifen
Volksleben zu hören. Bei den Phöniken, deren hohe Bildung schon Homer
rühmt, kommen wir dadurch leicht in ein noch vorHomerisches Zeitalter hin«
auf: und die Inschrift wird uns auch nach dieser Seite bin ein sehr seltenes*
wichtiges Denkmal. — Fragen wir nämlich zuletzt nach dem
Zeitalter der Inschrift,
so liegt für uns nach dem jetzigen Stande unsrer Phönikiscben Erkenntnisse
das Hauptmerkmal desselben eben in dem genauen Beachten dieser inneren
Spuren. Nach diesen würden wir die Inschrift für eine verhältnissmässig sehr
alte halten können: und es fragt sich nur noch ob anderweitige Merkmale
dieser Erkenntniss widersprechen oder nicht
Dass die Phönikiscbe Schriftart welche hier erscheint bisjetzt kein für
uns genügendes Merkmal eines bestimmteren Zeitalters an sich trage, ist schon
S. 10 bemerkt. Man würde aber auch wohl bisjetzt nirgendwoher ein Zeichen
herbeibringen können dass sie nicht schon aus jenem frühern Zeitalter ab-
stammte.
Von dem Eschmünazär und dessen ganzer königlicher Verwandtschaft,
wie wir sie aus der Inschrift kennen lernen, wissen wir aber qus andern
Quellen bisjetzt nichts. Dass der Sidonische König Tennes weioher nach
Diodor's von Sic. Geschichte 16, 41— 45 unter dem Persischen Artaxerxes III
Ochus eine traurige Berühmtheit erlangte, in dem n:nn unserer Inschrift (S. 24)
nicht verborgen seyn könne, wie man bereits vermulhete, habe ich anderswo
gezeigt1). Unter der Persischen Oberherrschaft hatte zwar Sidon auch vor
diesem Tennes welcher wohl der letzte war, seine Unterkönige: allein unsre
Inschrift weist uns offenbar in eine Zeit der ruhigen Macht und Bljithe Sidon's
hin, nicht in diese gedrückten Persischen Zeiten. In jenen Jahrhunderten nun
wo Tyrus übermächtig geworden war und den noch Altern Glanz und Vor-
1) S. Gott. gel. Anz. 1856 S. 23 f.
Hist.-PhiloL Classc. VII. G
50 H. EWALD,
rang Sidon's verdunkelte, konnte Sidon zwar auch seine kleinen Könige bei-
behalten : und dass es im siebenten und sechsten Jahrh. v. Ch. solche hatte,
wissen wir aus einigen zerstreuten Nachrichten x). Aliein dass diese Könige
damals sehr mächtig und Sidon sehr Uttbend gewesen ist allen Anzeichen nach
unwahrscheinlich. Unsere Inschrift fällt aber vielmehr in solche Zeiten wo
nach Z. 20 die Kanaänäer noch etwa soviel waren wie die Sidonier, und
nach Z. 16. 18 Sidon selbst sich noch rühmen konnte »das Land des Meeres«
zu seyn, als habe es damals dieses ganze Land beherrscht. Diese beiden
näheren Bestimmungen entsprechen sieb inderthat fast vollkommen: und wäre
die Erklärung jenes Wortes Z. 20 von den Kaoaänäern vielleicht zweifelhafter
als sie wirklich ist (S. 4ß) , so würde sie schon durch den sehr entsprechen-
den Ausdruck Z. 16. 18 geschützt seyn.
So scheint es denn dass die Inschrift in jene Zeiten fällt wo Sidon vor
dem Aufkommen der Übermacht Tyrus' noch in seiner vollen Macht und Herr-
lichkeit blühete, die Kanaänäer zwar schon ganz ans Meer gedrängt waren,
die Sidonier aber noch als mit ihnen gleichbedeutend betrachtet wurden. Fällt
Tyrus' vormächtiges Aufkommen in das eilfte Jahrhundert, so mag der König
unsrer Inschrift kurze Zeit zuvor in Sidon geherrscht haben. Dieses war
also die Zeit von welcher her noch Homer die Sidonier nicht aber die Tyrier
nennt und bewundert2). Wenigstens treffen diese wenigen geschichtlichen
1) Nämlich Jer. 25,22. 27,3 werden stehend Könige von Sidon, jedoch nach denen
von Tyrus aufgezählt; und ohne dass Sidon damals selbständig gewesen, hätte
es Hez. 28,20 — 26 nicht jene Reihe von sieben Reichen füllen können. Tyrus
uttd Sidon waren nach solchen Zeichen damals die einzigen selbständigen Pho-
bischen Reiche: wir wissen nicht näher unter welchen Verhältnissen damals
Sidon neben Tyrus wieder eine gewisse Selbständigkeit erlangt hatte, vielleicht
noch in Folge der Belagerang Tyrus* durch Salmanassar, vgl. Jes. c. 23. Aber
dass Sidon damals dennoch weit schwächer war als Tyrus, folgt aus Hez. 28,8
und vielen andern Anzeichen.
2) Von einer ganz andern Seite her kann man auch aus den kurzen Worten Rieht.
10, 11 schliessen dass Sidon gerade in der fetzten Zeit vor Tyrus' Erhebung
noch einmal recht mächtig und glücklich gewesen war. Die geschichtliche
Bemerkung erscheint zwar hier äusserst verkürzt, dock kann sie nicht grund-
los seyn.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 51
Andeutungen welche sich aus der Inschrift ziehen lassen, mit jenem Merkmale
eines solchen höhern Alters aus ihrem ganzen altertümlichen Inhalte so un-
gesucht zusammen, dass bisjetzt kaum etwas noch Bestimmteres über ihr
Zeitalter sich ausfinden läset
Zusatz zu S. 45.
Über Phönikische Eigennamen mit -jb» — .
Wegen des oben S. 45 über einen Phönikischen Gottesnamen Gesagten
ist es wohl lehrreich zu bemerken dass sich zwar bisjetzt noch nicht der
Name mS» aber ziemlich häufig der Name *|ta als zweites Glied in zusam-
mengesetzten Mannesnamen wiedergefunden bat. Dass der so im Phönikischen
geschriebene Name einen Gott bezeichnete, ist danach unz weifelbar: man
sprach ihn aber wohl sicher nicht wie man nach dem Hebräischen meinen
könnte malk, sondern eher wie milik aus, vgl. die Mannesnamen Hmüko,
Hamilkar: und diese Aussprache "irtflreif-sfch etwas mehr dem ohhq.
So findet sich ein yrcnw 'Abdmilik sehr oft1); ferner ein Y?»3ptt
welcher wahrscheinlich' t]Sq:p5 Meqinmilik auszusprechen ist und den Gläubigen
MiWfs bedeutet vgl. mit ^1. Dieser Mannesnäme findet sich auf einem erst
vor kurzem gefundenen Siegelringe, welchen sein erster Europäischer Erwerber
Herr JuL Oppert von Haleb aus nach Paris einsandte 2). Er trägt die Inschrift
I a
1) Wie in der Kit. II. Z. 3, und in einem neulich nach Paris gekommenen Siegel-
ringe welchen Longpörier im Journ. as. 1855 II. p. 426, sowie einen andern
p. 422 mit dem Mannesnamen b*nna* zuerst mittheilt.
2) Zuerst veröffentlicht durch Longpörier ebendort p. 429. Wenn aber dort
der erste Buchstab dieses Hannesnamens als ein m gelesen und der Name
Sacanmelek ausgesprochen wird, so scheint uns dieses grundlos zu seyn, ist
der Buchstab zuverlässig abgebildet. Ist er aber ein tt wie dieses Zeichen
dort nodh zweimal vorkommt, so bleibt fcaum etwas übrig als die oben ange-
nommene Aussprache Miqm,
G2
52 H. EWALD, : *-../ .. *i ;»* .*. *.'. *
d. h (Siegelring) Tamuka's Sohnes MtqmmiHk's : doch ist die nähere Aus-
sprache des ersteren der beiden Namen noch nicht sicher. Zwischen j....a
auf dem % weiten Felde ist ein springender Bock gezeichnet: vielleicht also
bedeutete der Mannesname soviel als Springer , vgl. «6y+$ mit g*i>. Man
findet viele Siegelringe altPhönikischer Inschrift: woraus man auch sehr klar
erkennt wie hoch diese Kunst bei den Phöniken und den diesen verwandten
Völkern schon sehr früh ausgebildet sayn musste* Der vorliegende enthält
dazu eine zierliche aber bisjetzt in dieser Art seltene Schriftart: wir lassen
ihn deshalb auf der Steinplatte unten rechts abbilden x). — Übrigens gibt
dieser Siegelring nicht soWohl Phönikische Schrift im engern Sinne, als viel-
mehr eine Art unter den vielen altAramäischen welche allmfihlig wieder an
den Tag kommen; er scheint auch in einer Gegend des nördlichen Syrien
gefunden zu seyn. Auf eine Aramäische Sprachbifdnng könnte auch das fc
von toion hindeuten: und dass p für Sohn in gewissen Aramäischen Mund-
arten nicht unmöglich war, wird aus der Erklärung der folgenden Inschrift
erhellen.
oft
• • ••
über eine neulichst gefundene Ägyptisch-
Aramäische Inschrift.
Es ist bekannt welche reiche Ausbeute neulichst die Ausgrabungen Hrn
Mariette's in dem verschütteten Serapeum von Memphis eingebracht haben.
1) Recht denkwürdig ist auch der dort p.^428 von Longpärier nütgetheille Stein
welcher auf der einen Seite den Mannesnamen iimi» mit dem Gottesnamen
Addd oder Adöd, auf der andern bei dem altertümlichen Kopfe einer Astarte
den Namen nrunri? erkennen lässt; in diesem scheint mir nämlich der letzte
dort nicht vollständig und deutlich genug zu erkennende Zug ein rr zu seyn.
Wir wissen nun aus den Hirajarischen Inschriften das! der Name Astarte auch
Athar verkürzt werden konnte: nnp aber entsprich! wohl, dem d&d .welches
nach Philon bei Steph, By«. unter A*r>dix*ta soviel als: Gott; bezeichnen konnte
und sieb wohl auch in dem; Namen «&*» .bei Meliton in Cturetoa's sptcil. syr.
p. 25, 9—1.1 wiederfinde*. Hiefaus würde sich dann der seiner ursprünglichen
Schreibart und Bedeutung nach auffallende Nana .'*/rtw«vi» erklären; und der
Name JfQxciw )teJZ wäre erst wieder ein U«ttalt voa,<fieaepi. r
»'
Ober eine ägyptisch -aramäische Inschrift. 53
Unter anderem fand er dort an einem Orte den man als das Apisgrab betrachtet,
an eine Tempelmauer gelehnt etwa 500 niedrige Steingeftsse von sehr ver-
schiedenen Steinarten, welche nach ihren Merkmalen zn urtheilen zu ebensovielen
kleinen Heiligtümern geweihet scheinen. Manche von ihnen sind durch Mariette
nach Paris in das Louvre gebracht: unter ihnen auch ein Stein welcher ob-
wohl weit weniger feingearbeitet als viele andre doch durch seine nicht
Ägyptische, sondern wie man meinte Phönikische Inschrift mit Recht besonders
merkwürdig schien. Der Stein hat oben, wie manche andre dieser 500, zwei
tiefeingehauene Kufen, durch eine Wand getrennt auf welche das Bild des-
selben Gussopfergeftsses eing ehauen ist welches man auf allen erblickt 1):
diese zwei Kufen sollten wohl gewiss die geweiheten Gegenstände aufnehmen.
Auf der breiten vorderen Seite erblickt man die Inschrift in drei vollen und
einer halben Zeile eingegraben , von einem etwas rohen Striche- rings ein-
gerahmt
Von dieser Inschrift hatte der bereits durch manche treffliche Arbeit im
Gebiete der Morgenländischen Sprache ausgezeichnete Hr Ernest Renan in
Paris zu Anfange des letzten Augustmonates die Güte aus freien Stücken mir
eine Abschrift zu übersenden. Sie zog damals sogleich meine Aufmerksamkeit
auf sich, und einige der bedeutsamsten Worte entzifferte ich aus ihr schon
damals ebenso wie sie unten erklärt werden. Später empfing ich eine sehr
deutliche und unterrichtende Beschreibung des Steines mit den Abbildern
•seiner oberen und seiner vorderen Seite r enthalten in einer längern Abhand-
lung 2) in welcher der um alle diese Alterthüraer in den neuesten Zeiten so
vielverdienie Duc de Luyn^s eine vollständige Erklärung der Inschrift ver-
sieht Diese Abhandlung mit den beigegebenen Bildern ist sehr verdienstlich:
and ich würde über vieles was im Folgenden erläutert werden soll , bei
tireitem nicht so sicher urthtfflea können wenn ich sie nicht vor Augen ge-
habt hätte.
1) Man kann sich etwa aus dem dieser Abhandlung beigefügten Abbilde einen
Begriff davon entwerten.
2J Unter der Aufschrift Jnscription Ph6n%c%enne sur üne pienre ä libation du Sära-
-' ' petam de Memptini, in den BbMin afehtölogiqtte 6e l'£thenaeum ffan<?ais 1855.
Nr. 8 und 9. '< '•'*■•»• •» ; < ■*"" *» <! '■ ' "■
• t.
54 ; ;!."■ H. EWALD,
Der Duc de Luynes, an dem man den reinen hohen Eifer mit weichem
er alle diese aus vielen Ursachen so äusserst schwierigen Gegenstände unsrer
heutigen Wissenschaft verfolgt bewundernd anerkennen muss, und der unter
seinen vielen Standesgenossen in Deutschland darin keinen Nacheiferer hat,
entziffert nun die Inschrift und übersetzt sie so:
0
oonS n:an mpS lann
insui SN—na no-nn
VIV »
cön onp nryh ron-ja
no-n vr*n
T
Ignem tulhnus admovendo imaginem Apidi: Ruach-Pdä terms Hort, et
Tobbor fiUua Tokeh, et mmistrans coram Apide Chai- Ruach-Pdä. Die drei
hier genannten Männer hätten demnach dem Apis unter Weihung eines Bildes
ein Feueropfer dargebracht: dies würde der Sinn der Inschrift aussagen; und
da diese Alterthümer in einem Apisheiligthume gefunden, so würde der Sinn
sich insofern empfehlen. Auch wird ans dem unten zu Sagenden erhellen
dass in dieser Entzifferung allerdings einige Worte richtig gelesen und ver-
standen sind. Und dazu scheint uns die ganze Inschrift sowie sie auf dem
Steine steht hier so getreu dargestellt zu seyn dass .wir uns im Folgenden
ganz auf sie verlassen zu können meinen«
Fragen wir aber zunächst nach den Scbriftzügen der Inschrift im Allge-
meinen, so scheint uns doch vieles darin noch einer näheren Bestimmung
und Rechtfertigung zu bedürfen. Die Schriftzüge gleichen sehr den Phöniki-
schen: allein näher betrachtet entfernen sie sich von diesen dennoch in gar
vielen Einzelnheiten, ja in einigen Buchslaben völlig. Vielmehr gleichen sie
stark dän Schriftzügen welche man auf dem Steine von Carpentras und andern
in Ägypten gefundenen Denkmälern antrifft, während sie von der andern Seite
wieder ebenso stark an eine gewiss einst weitverbreitete Aramäische Schrift
erinnerte aus welcher die gewöhnliche Syrische entsprungen seyn muss. Die
Züge erscheinen im Allgemeinen nur etwas altertümlicher als die auf dem
Steine von Carpentras.
Gehen wir alsdann zu den einzelnen Buchstaben über, so finden wir
nur folgende anders zu bestimmen: man wird aber sehen dass dadurch aller-
dings auch der Sinn sehr bedeutend sich ändere.
ÜBER EINE ÄGYPTISCH-ARAMÄISCHE INSCHRIFT. 55
Der zweite Z. 1 scheint zwar einem n ähnlich zu seyn, wenn man bloss
die zwei Züge links von dem dritten an ihm betrachtet: allein dieser dritte
Zug auf der rechten Seite ist doch wohl zu stark und eigenthümlich um ihn
mit dem mittlem zusammen nur für den gewöhnlichen rechten Zug des n zu
halten. Ich halte diesen Buchstaben also für einen andern als n, nämlich für
ein y: das Zeichen für y auf dem Steine von Carpentras ist ihm Verhältnisse
massig ähnlich genug.
Den vorletzten Buchstaben Z. 1. 3 und 4, welcher auch als der vierte
Z. 2 wiederkehrt, hält de Luynes für ein q: allein dieses bat wohl in allen
Semitischen Schriftarten zu beständig und zu ursprünglich oben und unten
einen gewundenen Strich als dass wir das hier vorliegende Zeichen ihm gleich-
stellen könnten. Dazu kommt dass uns vielmehr der vierte Buchstab Z. 3
ein q zu seyn scheint: zwar gibt sich auch dieses Zeichen wie es hier er-
scheint nicht als eines der sonst schon ganz ebenso bekannten für ^, allein
es zeigt doch mit diesen eine überwiegende Ähnlichkeit und lässt sich in die
ganze Reihe der Semitischen Zeichen für 1 wohl einfügen.
Die Frage wasdenn das Zeichen welches de Luynes f) liest wirklich sei,
hängt nun aber gewiss mit der andern genau zusammen: was der zweite und
der eilfte Bucbstab Z. 2 sowie der dritte Z. 3 bedeute. Der Duc de Luynes
hält es für v. es gleicht aber vielmehr einem * gerade in dieser Aramäischen
Schriftart. So nehmen wir denn jenes Zeiches welches 1 seyn sollte desto
richtiger für i, obgleich sein oberer Zug auf Z. 1 allerdings etwas ungewöhn-
lich weit nach links gedehnt ist.
Endlich ist noch der fünfte Buchstab Z. 3 etwas dunkel, auch in dem
hier wiederholten Abbilde gewiss durch ein Verwittern des Steines etwas
unklar zu lesen. Er scheint am meisten einem n zu gleichen, wofür ihn auch
der Duc de Luynes hält. Allein der eine oder die zwei mittleren Striche
sind doch insofern undeutlich als man nicht siebt ob sie zur Schrift gehören
oder blosse Risse seyn sollen. In letzterem Falle würde man hier ein d ("))
finden können: und wirklich scheint dieses sicherer zu seyn.
Hinter dem ersten Buchstaben Z. 4 meint der erste Herausgeber fehle
ein v man erblickt hier zwar einen etwas auffallenden grössern Zwischen-
raum; allein dass hier ein Buchstabe ganz verwittert und unkenntlich ge-
56 H. EWALD, f
worden, kann ich aar dem Steine nach beiden mir vorliegenden Abbildern
nicht erkennen, und ich wüsste nicht wodurch ich den leeren Raum aus-
füllen sollte.
Dies sind die wichtigsten Abweichungen im Entziffern der Schrift, welche
ich hier bemerke. Ausserdem möchte ich nur noch den zehnten Bachslaben'
Z. 2 nicht für ein i oder i, sondern für ein n halten. Beiderlei Buchstaben
haben zwar ziemlich ähnliche Züge: allein einige kleinere Unterschiede lassen
sich doch wohl als vom Steinhauer eingehalten aufweisen; und auch nach
diesen scheint es mir sicherer das Zeichen als ein a zu lesen.
Wollten wir indessen die Zeichen auch alle wirklich so lesen wie nach
der obigen Übersetzung vorgeschlagen ist, so würden sich doch auch aus
ihnen selbst gegen dieses Wortverständniss einige Zweifel erheben. D6r
Ägyptische Gottesname den wir jetzt den Griechischen Lauten folgend Apis
nennen, würde Semitisch wohl nicht ddn geschrieben seyn, da er Ägyptisch
&AIII lautet; man müsste sonst annehmen unsre Inschrift sei erst aus einem
sosehr späten Zeitalter dass man bereits die völlig Griechisch umgebildeten
Laute Ägyptischer Namen in Ägypten selbst nicht mehr anders habe sich
denken und schreiben können. — Ferner ist es auch schwer denkbar dass
man den Namen des Ägyptischen Gottes Ptah in einer Semitischen Gestalt
bloss mit den zwei Buchstaben iö geschrieben hätte: wenn am Ende ded
Wortes ein auslautender Vocal, zumal ein langer, im Semitischen nicht durch
einen Buchstaben ausgedrückt wird, so ist das eigentlich eine Ausnahme;
der Namen UTAS schliesst dazu im Ägyptischen mit einem Hauche, den
man im Semitischen jedenfalls durch einen Buchstaben ausgedrückt zu sehen
erwartet.
Wirklieb lässt steh nicht läugnen dass die ganze sichere Entzifferung
solcher in Ägypten gefundener Denkmäler mit Aramäischartiger Schrift noch
immer für uns auch ans allgemeinen Gründen sehr schwierig ist. Schon das
ziemlich häufige Vorkommen solcher Denkmäler in Ägypten ist sehr auffallend
und für uns geschichtlich noch immer etwas dunkel, obgleich wir im Allge-
meinen hinreichend wissen dass viele Phöniken Syrer und Babylonier seit den
Persischen Zeiten und auch wohl schon früher in Ägypten wohnten. Fänden
sich in Ägypten altbebrftische öder phönikische Inschriften, so würden wir dag
ÜBER EINE ÄGYPTISCH-ARAMÄISCHE INSCHRIFT. 57
geschichtlich leicht genug verstehen können: aber die Schrift dieser Denk-
mäler ist weder atthebräisch noch phönikisch; die Menschen welche sie setzten
und deren Namen auf ihnen verewigt sind, waren sichtbar Heiden; und ihre
Sprache gibt sich wenigstens im Allgemeinen als eine Aramäische kund, wie
in der vorliegenden Inschrift wenigstens das on£. Z. 3, welches der Dnc de
Luynes ganz richtig gelesen hat und welches in der Inschrift von . Garpentras
Z; 3 wiederkehrt; acht aramäisch ist. Welche Aramäer waren es nun die
solche Inschriften setzen . Hessen ? Jedenfalls waren es mehr zerstreut lebende,
reiche Kaufherren und ähnliche, welche wir in dem alten Ägypten voraus-
setzen können: ähnlich wie sich Phönikische Inschriften auch weitab von
Phönikten und Phönikischen Anbaustädten wiedergefunden haben. Die Aramäi-
schen Länder bildeten aber in jenen Zeiten nie eine sehr feste Einheit: wir
haben also nicht nöthig in ihnen allen nur ganz dieselbe Sprache überall vor-
auszusetzen, sondern können auf eine gewisse Mannichfaltigkeit gefasst seyn.
Dieses alles vorausgesetzt, lese und verstehe ich die Inschrift so:
•nnu «on -oa -nn n
Dw dt£. nni) ■oon p
7) Mein Bild als Darbringung einer Tochter für Osiris-Hörus opferte mein
Vater Tötribür Sohn Tofkfs, opfernd vor Osiris-Hörus.«
Das erste Wort <oxn könnte man vielleicht als Bezeichnung eben dieses
dem Ägyptischen Gotte geweiheten heiligen Gefässes betrachten. Denn bei der
nahen Verwandtschaft der Wurzeln p*n q**> und jon kann eine Namenbildung
wie etwa jsn (pacn) sehr wohl eine Art Gefäss bedeuten worin etwas
aufbewahrt wird, wie im Aramäischen Nr>on J); und wenn das im Hebräi-
J) So wenigstens in der Mishna Kelim 16, 5: eine neuere Ausgabe liest hier wohl
unnöthig njDn. Im gewöhnlichen Aramäischen findet sich allerdings das Wort
nicht: aber ganz entsprechend an Bedeutung wennauch der Bildung nach etwas
. verschieden ist ^J*^ oder 0L*a^, ebenfalls ein etwas seltenes und im Qftmüs
ganz fehlendes Wort, welches aber seiner Bedeutung nach feststeht, s. die
Scholien zur Hamftsa S. 92, 6 f. t. u. Vgl. auch über •jum die ÄUerthümer
S. 337 der 2ten Ausg.
Hist.-Philol. Claste. Vit. H
58 H. EWALD,
sehen nur dichterisch vorkommende seltene yw» wie wahrscheinlich dasselbe
Wort ist 1) , so kehrte hier auch derselbe Wechsel von 10 und y zwischen
diesen beiden Sprachen wieder den wir oben S. 1 6 sahen. — Allein vergleicht
man das Wort ni-ims wodurch auf einer Palmyrischen Inschrift 2) das Griechisch-
Lateinische TO XirNON in der Bedeutung eines den Göttern geweiteten
Budes ausgedrückt wird, so muss es uns wahrscheinlicher seyn dass es als
l'xn auszusprechen dasselbe bedeute, etwa wie im Hebräischen Jim und rmn
von dieser Wurzel aus wesentlich dasselbe (nur freilich im rein geistigen
Sinne) bedeuten. Den Wechsel von n und ^ auf der einen, von i und y
auf der andern Inschrift können wir bei so verschiedenen Aramäischen Mund-
arten ertragen. Von einer Wurzel aber welche das Sehen bedeutet ^konnte
in diesen Aramäischen Mundarten sehr wohl das Bild benannt werden.
Von grosser Wichtigkeit zur Feststellung des Sinnes dieser kurzen In-
schrift ist nun aber die Wiederkehr der Wortgruppe Yin *win Z. 1 f. und
Z. 3 f. Dass das erstere dieser beiden Wörter so zu trennen und den Osiris
. 1) S. zu Ijob 21, 24.
2) Nämlich der zweisprachigen auf dem schönen Weihbilde für die Götter Aglibölos
biaba* und Malachbel ib^sbtt (Malakbölu hier wie auch auf der andern Palmy-
rischen Inschrift bei Lajard pl.II zu sprechen; jenes wohl das BwXu&y als »Phö-
nikischeru Name für Gott bei Joh. Damask. in Photios' Bibl. S.343Bekk.) vom Monate
Peritios des J. 547 der Seleukiden, welche mit der genauesten Abbildung des
ganzen Kunstwerkes, nach so vielen früheren unvollkommenen Abbildungen und
Erklärungsversuchen, zuletzt Hr F61ix Lajard in den Recherche* sur le eulte
du cypres pyramidal chez les peuples civilisös de l'Antiquitö (in den M&noireä
de l'academie des Inscriptions T. XX p. 2. Paris 1854) p. 39 ff. pl. III nach de»
Erklärungen einiger heutiger Sprachgelehrten sehr ausführlich beschrieben hat*
Hier habe ich nicht den Raum diese sowie die übrigen Palmyrischen Inschriften
näher zu erörtern: beschränke mich also auf die Bemerkung dass das dritte
Wort dieser Inschrift weder fitm»D als entspräche dieses dem Signum, noch
ttrp»a als entspräche das Wort dem hebräischen ntoa in der Bedeutung Altar,
sondern «rro zu lesen ist. Der erste Buchstab ist von dem n verschieden
und dem s ähnlich genug; der zweite aber scheint mir nur ein t seyn zu
können, welches auch auf der andern oben berührten Palmyrischen Inschrift
noch wie t-, also noch nicht wie ein einfacher Strich i aussieht.
. ' •'. • ~» \ •* . '. t
ÜBER EINE ÄGYPTISCH -ARAMÄISCHE INSCHRIFT. 59
bedeuten solle, ist unz weifeJbar : ich bemerke jedoch hier mit vieler Freude
dass Hr Ernest Renan in Paris in seiner oben erwähnten Zusendung an
mich das Wort schon richtig erkannt hatte. Auch im Steine von Carpentras
wird Osiris ebenso oder wenig verschieden so erwähnt. Das folgende Wort
T>n scheint mir alsdann in diesem Zusammenhange nur den Höros bedeuten
zu können: erscheint dieser sonst als Sohn des Osiris und der Isis, so hängt
er doch auch mit Osiris so enge zusammen dass beide Namen auch wohl
zusammentreten können, etwa wie die Griechen Horapollon bildeten.« Zwar
steht Höros in keiner so unzertrennlich festen Verschlingung mit Osiris wie
Apis oder vielmehr Hapi 1) : aber als Sohn vertritt er nach alter Anschauung
den Vater in sovielen Stücken dass sein Name mit dorn des Osiris eng genug
verbunden werden konnte. Von der andern Seite ist Hapi ansich noch kein
so unmittelbar göttlicher Name und Begriff dass man auch ihm leicht hätte
opfern können, wennauch das Heiligthum dessen Trümmer Hr Mariette wieder
aufdeckte von ihm seinen Namen hatte. Und es ist möglich dass man den
Hapi, solange er jünger war, in der höhern Sprache nicht bloss Osiris
schlechthin sondern auch . Osiris-Höros nannte 2). Jedenfalls wäre schwer zu
sagen was das Wort -nn in diesem Zusammenhange sonst bedeuten könne.
Bei der Wiederholung dieser beiden Wörter Z. 3 f. finden wir aber noch
ein n nach den Zügen ow, welches auf den ersten Blick sehr auffallend
scheint Dass nach ihm nicht etwa ein ganzer Buchstabe ausgefallen oder
verwittert zu denken sei, wurde schon S. 55 f. gezeigt Dass <nnow für Osiri
zu schreiben mit dem Wesen Semitischer Schrift sich vertrage, ist nicht
minder schwer zu denken. Es bleiben daher nur folgende zwei Annahmen.
Entweder sollte hier eigentlich ein •> stehen, da der Name ebenso leicht
n^üw wie now zu schreiben war: das Zeichen dieser Schrift für *» hat
inderthat viele Ähnlichkeit mit dem für n, und der Steinhauer könnte sie
1) Oi nXeloxot idv hgiutv eis *o av%6 qpooi %6v "Ooiqiv ovfmBni.ii&ai xa<
xov * Antv% efyyov/ievoi ual dtdaonoptee 7/iätf we ev/iioQ<pov rfxbva XQV vo/ui-
&iv vtjr 'Ooigtioe tyvxijp %6v yAmv, sagt Flutarch über Isis und Os. c. 29.
2) Wenn der Apis nach Ägyptischem Glauben auch dem Höros gleichgestellt wird,
wie man aus den Worten bei Älian in der Th.G. 11, 10 sieht, so haben wir
dabei wohl keine blosse Verwechselung der Namen anzunehmen.
H2
€0 H. EWALD,
leicht einmal verwechselt haben. Oder der Steinbauer war schon hier in
Begriff das? folgende Wort *^n anzufangen , bemerkte dann aber den Fehler
noch früh genug, und Hess den Zug nun stehen: der etwas grössere Zwi-
schenraum den er nach ihm Hess, scheint dafür mit zu sprechen. Jedenfalls
kann also dieser Zug die Gleichheit der beiden Worte Z. 3 f. mit denen Z. 1 f.
nicht aufbeben: und damit ist für eine richtigere Ansicht des Sinnes der
ganzen Inschrift viel gewonnen.
Ein demnächst sehr entscheidendes Wort ist *nnto, welches hier vor
p offenbar als Eigenname eines Mannes steht. Dieser gibt sich schon seiner
Schreibart nach als acht Semitisch: ja man könnte auf den ersten Blick an
den einfachen Namen acht Semitischer Bildung "tau Tibb&r denken, wenn es
nicht gegen alle Semitische Sitte und Möglichkeit wäre einen solchen Laut
und gerade an dieser Stelle mitten in der Wurzel durch denselben Buchstaben
doppelt zu schreiben. Müssen wir demnach in dem Mannesnamen vielmehr
eine Zusammensetzung erblicken, so könnten wir auch vermuthen er sei der
Zweideutigkeit des letzten Schriftzeichens wegen vielleicht inau zu lesen
als wäre das letzte Glied (denn das erste ist gewiss dasselbe wie in Tobia)
das sonst als erstes Glied in Phönikischen Mannesnamen oft dienende 6o4l):
aber viel wahrscheinlicher ist es *)ä zu sprechen, ähnlich wie in dem Namen
der bekannten uralten Stadt Börät.
Da nun die drei vorigen Züge sich ferner <on lesen lassen, so möchten
wir dadurch zunächst leicht versucht werden, dies Wort nach der im Hebräi-
schen und Arabischen häufigen Namenbildung mit dem folgenden Mannesnamen
in 6inen zusammen zu ziehen. Zwar ist eine solche Zusammensetzung von
Mannesnamen mit abi- oder abti- wenigstens im Phönikischen so selten dass
mir jetzt kein sicheres Beispiel davon bekannt ist, da der Königsname Abibai2)
1) Dieses Phönikische -na bod- ist aber gewiss nicht von dem auch an Laut so
ganz verschiedenen -na* ca6rf- verkürzt, als hiesse es Diener ton — ; sondern
ist wohl einerlei mit ">ne> j$ (junger) Mann, sodass ein solcher Mannesname
wie Bodostor im Phönikischen eigentlich soviel bedeuten würde wie nalQ
'AoTaQiijQ. Über die Laute b d in solchen Fällen s. oben S. 16.
2) Nach dem alten Königsverzeichnisse der Tyrier in Jos. gegen Apion 1, 18.
Neulich ist derselbe Name auf einem geschnittenen Steine gefunden, s. Luynes'
Numismatique des Satrapies p. 70.
ÜBER EINE ÄGYPTISCH -ARAMÄISCHE INSCHRIFT. 61
unstreitig ursprünglich mein Vater ist Baal bedeutete. Auch im Aramäischen
scheint solche Namenbildung ungewöhnlich gewesen zu seyn. Doch die
Möglichkeit dass ein Mannesname wohl auch unter diesen Völkern so gebildet
wurde, Hesse sich ansich nicht läugnen. Aber da würde sich dann die andre
Schwierigkeit erheben dass wenigstens im Hebräischen solche Zusammen-
setzungen mit abt- nie vorkommen wenn das Grundwort selbst schon zusam-
mengesetzt ist l) , wie dieses hier der Fall seyn würde. — Wir können aber
dies Wort <on auch sehr gut fürsich hinstellen als mein Vater: und es wird
sich bald zeigen dass dieses allein zum Sinne der ganzen Inschrift passt.
Der Eigenname nach p Z. 3 kann nach S. 55 %icn oder wahrschein-
licher "oon gelesen werden: jedenfalls haben wir hier einen Mannesnamen
zu suchen der von einem Orte abgeleitet ist, mochte dieser Tofek (etwa wie
njpcn Num. 33, 12 f.) heissen oder etwas anders.
Das Thatwort nrn? Z. 2 muss hier vonselbst die in Aramäischen Inschrif-
ten so häufige heilige Bedeutung weihen oder opfern tragen: seine Verbindung
aber und demnach auch leicht etwas seine Bedeutung ändert sich sichtbar
Z. 3, nach der verschiedenen Wortgruppe in welcher es hier wiederholt wird.
Wir können nämlich das zweite na» Z. 3 sehr gut als das Mittelwort nib
lesen und erkläret] : die Schreibart mit i tm* wäre zwar im Hebräischen
möglich, aber im Aramäischen unrichtig, wenn man in dieser Aramäischen
Mundart -ov sprach. Ist dieses so, so kann das Wort hier schon ansich
einen Zustandsatz bilden2), und muss wenn der Sinn des Ganzen es erlaubt
demnach gelesen und verstanden werden: wobei denn auch der nähere Sinn
desselben Thatwortes im Zusammenhange aller Worte und kleinen Sätze sich
etwas ändern kann.
Achten wir nämlich zuletzt darauf war die Gabe dem Ösiris-Höros ge-
1) Wie in der neuesten Ausgabe der grössern H«br. Spl. S. 585 kur? bemerkt ist.
Allerdings bilden die Araber auch abü- Abdallah, aber das war ihnen wohl
ganz eigentümlich.
2) Zwar könnte man dann nach d6m in der Spl. §. 341 erörterten ein trn (firnn)
vor dem Mittelworte hinzugesetzt erwarten: allein ansich ist dieses doch, wenn
dasselbe Wort das Grundwort des Satzes bleibt, weniger noth wendig, wie dort
ebenfalls erklärt ist.
62 H. EWALD,
weihet habe, so finden wir bei näherer Ansicht nur 6inen Mann: das Thatwort
-13 v in der Einheit sogar doppelt gesetzt führt darauf, und der Sinn des
Ganzen lässt sich gut damit vereinigen. Aber als der bier Redende ergibt
sieb eine andre, nämlich eine Tochter des Weihenden. Der Geber opferte
d. k weihete dieses Bild dem Osiris-Höros zunächst als Darbringung einer
Tochter von ihm, also für diese, wohl infolge eines Gelübdes; indem er dabei
zugleich vor dem Gotte in dem Heiligthume opferte. Der Fall dass ein Vater
statt seiner minderjährigen oder unverheirateten Tochter eine Gabe stiftete
und Opfer darbrachte, kam gewiss nicht so selten vor, da diese von sich
selbst aus nicht wohl handeln konnte: aber sie konnte dann in des Denkmales
Inschrift doch von sich selbst redend eingeführt werden.
Ist dieses nun, wie schon oben kurz durch die Übersetzung angedeutet
wurde, der Sinn der Inschrift im Ganzen wie im Einzelnen, so erheben sich
am Ende allerdings noch manche gewichtige Fragen. Denn die Sprache
ebenso wie die Schreibart der Inschrift ergibt sich zwar danach im Ganzen
und Grossen als acht Aramäisch, wie wir dieses auch von der Schriftart selbst
schon zum voraus erwarteten : allein eine Ausnahme bildet nun die Aussprache
p Z. 3 für Sohn und roa Z. l^für Tochter, da man dafür nach acht Aramäi-
scher Weise ^n und rna_ erwartet, sowie sich dieses auch im Steine von
Carpentras wirklich findet. Allein ansich ist es doch sehr wohl möglich dass
in einer einzelnen Aramäischen Mundart, etwa wo das übrige Semitische dem
Aramäischen näher angrenzte, auch die sonst im Semitischen durchaus herr-
schende Aussprache desselben Wortes1} gebräuchlich war: ein solches Spiel
der Mundart lässt sich nicht zum voraus lüugnen, wenn es etwas so Ein-
zelnes und so leicht Mögliches wie dieses betrifft. Es kommt also hier alles
auf die Frage zurück aus welchem besondern Aramäischen Lande der Urheber
unsrer Inschrift war: wir können diese Frage heute noch nicht bestimmter
beantworten.
Eine andre Frage dieser Art ist die nach dem bestimmteren Zeitalter
der Inschrift: auch diese können wir heute kaum erst ihren nächsten Grund-
1) Denn dass das Aramäische "D für Sohn keineswegs der Wurzel nach ein anderes
Wort sei als p , ist schon in der letzten Ausgabe der grössern Spl. S. 6ti
bewiesen.
ÜBER EINE ÄGYPTISCH* ARAMÄISCHE INSCHRIFT. 63
lagen nach aufwerfen. Herr Mariette hält- den ganzen grossen Ägyptischen
Bau den er wieder aufdeckte, für in den Zeiten der letzten Ägyptischen
Herrschaften, also im vierten oder höchstens fünften Jahrh. vor Chr. entstan-
den : es ist möglich dass auch unsre Inschrift mit. der heiligen Gabe an welcher
sie sich findet nicht in ältere Zeiten zurückgeht Dass jedoch die Schriftzüge
ein etwas älteres Zeitalter verrathen als die des Steines von Carpentras, ist
schon oben bemerkt. Nur die Entdeckung und sorgfältige Vergleichung noch
vieler anderer ähnlicher Inschriften wird uns hierin vielleicht künftig sicherer
leiten können.
Nachträge.
Auf S. 9 hätte zu Z. 7 noch bemerkt werden können dass das fünfte
Wort vom Ende inaw» durch ein Versehen des Steinhauers wie laDttio aus-
sieht. Die Zeichen für » und w können nach der Eigentümlichkeit dieser
Schrift nicht durch den Leser aber durch den Steinhauer leicht verwechselt
werden: ebenso hatte der Steinhauer das vierte Wort Z. 17 schon wie )»>ön
ausgedrückt als er den untern Strich noch auslöschte damit man jjoutn lese.
— Erst nach Beendigung des Druckes geht mir das Werk zu in welchem
der um die thätige Förderung der Wissenschaft so hoch verdiente Duc de
Luynes seine Erklärung der Sidonischen Inschrift vorlegt1}. Da ich nach
S. 4 die bis zum Anfange des Druckes dieser Abhandlung erschienenen Ver-
suche einer Erklärung in den Gott. gel. Anz. beurtheilte, so werde ich auch
über diese Schrift dort näher reden: finde jedoch folgende Bemerkungen an
dieser Stelle geeignet.
1. S. 17 führt der so kundige Duc Münzen an mit den Inschriften
nshmn pöö in der Revue numism. XH p. 312 pl.XI, ftDh'&on -ruon, ■»siawa
robtt»n, beide noch ungedruckt. Sind diese Münzen also von den Königen
Syphax, Hamud, Iuba: so dienen sie nicht wenig zur Bestätigung gerade dör
1) Memoire sur le sarcophage et l'inscription funäraire d'Eschmunazar roi de Sidon,
Paris-, 1856.
64 , ;::..:• H. EWALD,
Bedeutung des Wortes n^S^o im Phönikischen, welche ich oben S. 28 ohne
diese Münzen zu kennen aus unserer Inschrift erschloss.
2. Auf Z. 19 findet der Duc in -)N-r und -»d> die zwei Städte Dör und
Iafi^ und versteht die demnächst folgenden Worte nun vielmehr dem ent-
sprechend die herrlichen Getraideländer ] -j u/^tt/n wh welche an der Wurzel
d. i. am Abhänge von Dan sind, als solle dadurch Werth und Lage dieser
beiden Städte beschrieben werden. Eine solche Vertauthung über den Sinn
dieser schwierigen Worte liegt ziemlich nahe; dennoch, konnte ich sie nicht
billigen, und will hier nur nachträglich meine Gründe erläutern. Wir wollen
also einmal annehmen unu; WurzeL^i 2hQink\sch und könne ansich die Wurzel
eines Berges andeuten, ferner der Name Dan welcher rein Israelitisch ist
könne hier die bekannte Stadt im höchsten Norden des Landes Israel's be-
zeichnen: aber schon die Namen der zwei Städte erregen unüberwindbare
Bedenken. Die hier ic» geschriebene Stadt müsste v>q> Jos. 19, 12 seyn:
schon die Schreibart ist also eine ganz andere, da man Phönikisch vcp ge-
schrieben erwartet; ^nt müsste mit Chammoth-Dör d.i. Chammoth bei Dör1')
zusammengestellt werden, während wir dieses Dör nicht weiter kennen. Jene
Stadt lag im St. Zebülün, diese im St. Naftali: aber von jener wissen wir
zugleich soviel näher dass sie nicht weit vom Tabör lag 2) , also viel zu
östlich um mit Sidon und viel zu südlich um mit Dan in Verbindung gebracht
oder um auchnur leicht von einem Sidonischen Könige in Besitz genommen
zu werden. Sollte ferner gesagt werden der König habe diese zwei Städte
als ihm von dem Gotte geschenkt erobert oder sonstwie erworben, so könnte
1) nfcrt risn nach Jos. 21, 32: der Name scheint in n»n verkürzt Jos. 19,35 ob-
gleich die Masora ihn nach dieser abweichenden Aussprache für einen andern hält;
1 Chr. 6, 61 ist er ähnlich verkürzt, aber mit Verwechselung von 7 und n j'ieh
geschrieben.
2} Nach der Beschreibung Jos. 19, 12: diese Beschreibung fahrt in ihrem Zusam-
menhange deutlich genug auf das oben Gesagte. Aber auch das in später
Zeit etwas kürzer so genannte 'layd von welchem Josephus so oft redet! lag
nach der ausführlichsten Beschreibung in seinem Leben c. 37 im untern Galiläa
und nicht weit von Tabor. Also hätte es nicht am Abhänge Ddn's, wenn man
überhaupt so reden konnte, sondern am Abhänge Tabor9 s heissen sollen.
ERKLÄRUNG DER GROSSEN PHÖNIKISCHEN INSCHRIFT VON SIDON. 65
das Imperf. jh/» nicht gebraucht seyn. Aber dazu fügen sich diese Worte in
keiner Weise in den Zusammenhang der übrigen Worte sei es dieses Satzes
oder der ganzen Inschrift, sobald man es mit dem Verständnisse aller Worte
genau nehmen will. Ich habe daher an die Möglichkeit in diesen paar Worten
Städtenamen zu sehen nie ernstlich denken können. — Eher noch könnte
man an die bekannten Küstenstädte DOra und Ioppd als damals von den
Sidoniern in Besitz genommen denken: dann würde punw am besten für
einerlei mit dem Namen Saron für diesen ganzen Küstenstrich genommen;
und wie er y*w als Bezeichnung Sidon's das Land (Stadt) Poseidon'* seyn
könnte 1)9 so würde man dann pn nx*w gut als Länder Dagdn's verstehen.
Allein die übrigen oben entwickelten Schwierigkeiten würden bleiben.
3. Dass Sidon jemals solche zwei Städte besonders besessen habe wissen
wir nicht, können also danach nicht das Zeitalter der Inschrift bestimmen.
Der Duc möchte dieses etwa um das J. 600 v. Ch. bestimmen : der einzige
haltbare Grund für diese Vermuthung wäre wohl nur dar dass das äussere
des Sarges in seiner Kunstarbeit eine gewisse Ähnlichkeit mit drei Ägyptischen
zeigt welche Gliedern des Königshauses Amasis' aus dem 6ten Jahrh. angehören
sollen. Wir haben nun garkein Vorurtheil welches uns hinderte ein solches
ziemlich spätes Zeitalter des Sidonischen Sarges anzuerkennen, wenn es sich
wirklich noch näher beweisen lässt. Allein blsjetzt ist ein solcher Beweis
noch nicht streng genug geführt, weil dazu eine weit ausgedehntere und genauere
Vergleichung vieler sowohl Sidonischer als Ägyptischer Mumien mit ihrem
äussern Schmucke aus den verschiedensten Zeitaltern gehören würde.
— Zu S. 51. Herr Ernest Renan in Paris liest im Journ. asiat. 1856.
L p. 87 ebenso wie Hr Longpärier den Namen dieses Siegels Sacanraelek,
und benutzt dieses daraus den Namen Sanchuniathon zu erklären , als bedeute
dieser seinem Ursprünge nach Freund- Gottes , von dem bekannten hebr. pt>
und d&fo S. 52. Den Wechsel von 7 und p könnte man dabei leichter zu-
geben : aber der erste Buchstab ist zu deutlich ein » , nicht ein &. Übrigens
1) Der Wechsel der Begriffe von Land und Stadt würde sich nach d^m was LB.
$. 155/ (S. 347 der neuesten Ausgabe) erklärt ist, leicht erklaren.
HisL-PhiloL Classe. VII. I
66 B. EWALD,
könnte eine solche Ableitung des Namens Sanchoniathon dennoch richtig seyn,
auch abgesehen von dem Namen dieses Siegelringes: ich habe in der Ab-
handlung aber Sanch. S. 54 f. mir gegen weit grössere frühere Irrthümer eine
neue Erklärung aufgestellt; und eine letzte Sicherheit in dieser Frage könnte
uns nur die Entdeckung des Namens in Phönikischen Zeichen geben.
Über die neuentdeckte Phönikische Inschrift
von Malta.
. In dem eben erwähnten Werke veröffentlicht der Duc de Luynes S. 65-70
auch eine ganz neu (soviel hier verlautet , um das Ende des J. 1854) ent-
deckte Inschrift von Malta mit Übersetzung und Erklärung: und ich glaube
den Lesern einen Gefallen zu thun, wenn ich ihnen sofort mein eignes Urtheil
über sie mittheile, wegen des übrigen auf die Gel. Am. verweisend.
Leider erfahren wir bloss dass der Abb6 L a n c i sie dem Duc übersandte.
Wo und von wem der Stein welcher sie enthält in Malta gefunden sei, oder
wo er jetzt aufbewahrt werde, ersehen wir hier nicht: es sind aber in den
neuesten Zeiten wiederum soviele erdichtete Alterthümer betrüglich in Umlauf
gesetzt dass wir auch deswegen desto strenger nach solchen Dingen fragen
müssen.
Die Züge sind altPhönikisch , sehr fest gross voll und klar, dazu in
vielen Einzelnheiten sehr eigentümlich, jedoch auch in diesen Eigentümlich-
keiten mit dem Wesen Phönikischer Schrift wohl vereinbar. Namentlich ist
das D immer sehr wohl vom n und -), aber sogar auch diese beiden sind
sehr beständig dadurch unterschieden dass n kürzer herabhängt ab ■>. Da-
gegen ist das d dem 3 hier ähnlich geworden. Recht eigentümlich ist ferner
das Zeichen für ?; auch das für y Z. 2, womit wohl das noch vollere dritt-
letzte Auf Z. 7 gleichbedeutend seyn soll. Übrigens finden sich mit Ausnahme
des D alle Buchstaben in den wenigen Zeilen, da das drittletzte Zeichen auf
Z, 4 wohl kein > sondern n seyn soll. — Auffallend ist dass die Wörter
durchgängig durch kleine Zwischenräume getrennt erscheinen, auch (was
ÜBBR DIE NEUE PHÖNIKISCHB INSCHRIFT VON MALTA. 67
daraus folgerichtig fliesst) die Zeile lieber mit dem vollen Worte beginnt.
Indessen sehen wir S. 6 f. doch auch schon auf der Sidonischen Inschrift einen
Anfang die Zeile immer mit dem vollen Worte zu schliessen; und Z. 5-7
sind die Worte auch hier weniger getrennt , vorzüglich bei den vielen ein-
zelnen Wörtern welche den Eigennamen bilden.
Aber links ist der Stein verstammelt: und man könnte so leicht vor-
muthen es fehlten auf dieser Seite viele Buchstaben. Genauere Untersuchung
tiberzeugt mich aber dass auf den Zeilen dieser Seite höchstens ein bis drei
Buchstaben fehlen. Man kommt nämlich mit dieser Annahme bei jeder Zeile
aus, wie unten erhellen wird; und das >o welches Z. 2 schliesst, ist offenbar
nur deshalb hier so allein gelassen weil der Steinhauer das Wort w-tp>o als
hier zu viel Raum einnehmend am Anfange der folgenden ganz zu wieder-
holen für besser fand. Dieses nun vorausgesetzt, lese ich mit den nöthigen
Ergänzungen links und verstehe das Ganze so:
» rv»Ni S«»*)* na unp» 2
7w]np)o rphn mnw> na unp>o 3
hun ja udn na->a tin ^n*>a 4
•> ja jttw*nay ja Dpa*»* ja iddvj 5
jaj]»wnaa> ja ton ja ^SwSva nai 6
>aan» i»w w» ja ahi ja N*?a 7
Vu Da) 8
d. i. Es Hess neumachen das Volk von Gaulos das dreifache h. Bild des
Hauses Ssürtnubaats und^das A. Bild des Hauses der Astarte und dieses h.
Bild9 durch Hülfe des ehrenwerthen Arash Sohnes Hail- schüfet }s Sohnes
Zaibeqam's Sohnes 'Abdeshmun's Sohnes Jizbach-baalmilik's Sohnes Channa's
Sohnes 'Abdeshmun's Sohnes Balla's Sohnes Züim's Sohnes laxer* s, des Auf-
sehers der Steinhauer des Gaulos - Volkes.
Unter Vu Gaul wäre das kleinere Eiland Gaulos (Gozzo) bei Melite
zu verstehen: es lässt sich denken dass dessen Bewohner Antheil an den
Heiligthümern in Melite suchten und so drei kleinere Heiligthümer, zunächst
wohl nur h. Bilder, in drei Tempeln errichteten; das eine von diesen stand
dann über dem Steine unsrer Inschrift. Der Gott Svatt^s stimmt ganz zu dem
12
68 H. EWALD, ÜBER DIE NEUE PHÖNIKISCHE INSCHRIFT VON MALTA.
^LtivgfuovßyXos im Senchnniathon p. 42 Or. ; und die menschlichen Eigennamen
welche sich hier häufen lassen sich alle als acht Pbönikische leicht denken;
auch der Golt Baal-Milik Z. 6 passt gut zu dem S. 51 Gesagten. Das ->htfn
Z. 4 konnte wohl nicht bloss opulentid sondern auch einfach öpe bedeuten ;
*vw ist ein acht Phönikisches Wort; und ro*i*> bedeutete wohl dem hebr.
Tp? entsprechend Werth. Die Zusammensetzung tf^p« w'Su; Z. 1 f., obgleich
auf den ersten Blick seltsam , erklärt sich hinreichend aus LB. §. 270 /; das
vhpo aber konnte im Pbönikischen ebenso wohl wie im Hebräischen das \tfnb
irgend etwas Geweihetes andeuten.
Verbesserung.
S. 19 Z. 5 Ton unten lies Fruchtfelder uns verewigte mit eingeschaltetem uns
[
Über
die Anfange der Vassallität.
Von
Georg W a i tz.
Der Königlichen GeielUchaft der Wisvent chatten überreicht am i% Juni 1856.
XJas Beneficial wesen , das als Grundlage des Lehnwesens eine so grosse
Bedeutung für alle öffentlichen Institutionen der germanisch-romanischen Staa-
ten erlangt hat, ruht auf der Vereinigung mehrerer ursprünglich verschiedener
Verhältnisse, dem Eingeben einer eigenthümlichen engen Verbindung zwischen
zwei Personen, der Verleihung von Land zu Niessbrauch, der Behandlung
öffentlicher nutzbarer Rechte wie anderes Gut Das erste bezeichnen wir am
passendsten mit dem Ausdruck Vassallität (»vassaticam« oder » vassaticus «
nennen schon alte Quellen das so begründete Verhältnis); das andere ist das
Beneficial wesen im engern Sinn; während das zuletzt erwähnte, das sich jenem
anschliesst, zunächst mit der Immunität zusammenhängt. Das Ganze ist in
neuerer Zeit wiederholt, zuletzt in dem ausführlichen und gelehrten Buch
von Roth (Geschiebte des Beneficial wesens von den ältesten Zeiten bis ins
zehnte Jahrhundert, Erlangen 1850), der Gegenstand eindringender Untersu-
chungen gewesen, und durch diese ist ein helleres Licht über die wahre Be-
deutung, die allmähliche Ausbildung und auch die ersten Anfänge dieser später
so weitreichenden Institutionen verbreitet. Ganz erledigt sind aber die Fragen
welche da entgegentreten noch keineswegs; über manche wichtige Punkte
ist es nicht gelungen ein vollständiges Einverständnis zu erzielen. Wenn
meine Deutsche Verfassungsgeschichte, zunächst mit Rücksicht auf die Zustände
im Fränkischen Reich, zu zeigen suchte, dass das Beneficialwesen nicht, wie
man früher meist angenommen hatte, in Zusammenbang stehe mit der alten
70 GEORG WAITZ,
Gefolgschaft, am wenigsten als eine einfache Fortbildung derselben angesehen
werden könne, sondern dass es sich vielmehr erst allmählich von verschie-
denen Grundlagen aus entwickelt habe, doch so dass es in der späteren Zeit
des Merovingischen Reichs in bedeutender Ausbildung dastand, so knüpft
Roth auf der einen Seite wieder an die Gefolgschaft an, auf der andern,
setzt er aber die wahre Entstehung des Beneficialwesens in eine spätere Zeit,
indem er die Ertheilung von Beneficien durch die Könige und das Bestehen
sowohl dessen was er die Privatgefolgschaft als dessen was er das Seniorat
nennt, und was zum Theil dasselbe bedeutet was hier mit dem Worte Vassallität
bezeichnet ist, erst am Anfang der Karolingischen Periode zugiebt. Diese mit
viel Gelehrsamkeit und Eifer durchgeführte Behauptung hat bei Geschichts-
forschern und Rechtshistorikern Beifall gefunden, um so mehr da die Darstel-
lung andere wichtige Theile der Verfassungsgeschichte gründlich und scharf-
sinnig behandelt und aufgeklärt hat. Sie enthielt so eine Aufforderung die
Sache einer neuen Untersuchung zu unterwerfen, die wenigstens in mir
nur die Überzeugung befestigt hat, dass dort wichtige Verhältnisse unrichtig
aufgefasst und das Ganze unter falsche Gesichtspunkte gebracht worden ist.
Namentlich die eine Seite der Sache, das was oben mit dem Ausdruck Vas-
sallität bezeichnet wurde, hat bei Roth nicht die rechte Würdigung er-
halten, und ebenso ist der Einfluss der Immunität nicht hinreichend beachtet
worden. Den Verhältnissen der Vassallität ist aber auch sonst nicht die ein-
gehende Behandlung zu theil geworden, die diese eigenthümliche Institution
in jeder Weise verdient-, und die nöthig ist wenn der wahre Zusammenhang
mit der Ertheilung von Beneficien und die Bedeutung des auf diesem beru-
henden späteren Beneficialwesens erkannt werden soll. Indem diese Abhand-
lung sich die Aufgabe stellt zunächst diesen Gegenstand möglichst genau
und vollständig zu behandeln, wird sie nicht umhin können zugleich auf die
Verbindung mit den anderen vorher angegebenen Verhältnissen Rücksicht zu
nehmen, wird auch nicht vermeiden dürfen vor allem gerade Roths Ausfüh-
rungen einer besonderen Prüfung zu unterwerfen.
Ober die anfange der vassallität. 71
Es empfiehlt sich auszugehen von einer Stelle in der das um welches
es sich hier handelt zuerst in voller Ausbildung und in Anwendung auf ein
besonders wichtiges Verhältnis erscheint. Ann. Laurissenses maj. a. 757,
Pertz SS. I, S. 140: Et rex Pippinus tenuit placitum suum in Compendio cum
Francis , ibique Tassilo venit dux Bajoariorum , in vasatico se commendans
per manus, sacratnenta juravit multa et innumerabilia reliquias sanctorum mar-
tyrum manus inponens , et fidelitatem promisit regi Pippino et supradictis filiis
ejus domno Carolo et Carlomanno, sie ut vassus reeta mente et firma devo-
tione per justitiam sie ut vassus dominos suos esse deberet. In der Über-
arbeitung der Annalen die man dem Einhard beizulegen Grund hat heisst es,
dies sei geschehen »more Francico«. Die Sache ist: dass der mächtige
Herzog von Baiern zu dem Fränkischen König in eine Verbindung tritt welche
vasaticum (-cus?) heisst, dass er da eine besondere Handlung vornimmt welche
bezeichnet wird »per manus se commendare«, dass er eidlich Treue gelobt
und zwar solche Treue wie sie ein vassus seinem Herrn schuldig ist.
Zahlreiche Nachrichten ober ein solches Verhältnis1) finden sich in den
andern Denkmälern der Karolingischen Zeit, namentlich in den Gesetzen Karls
und seiner Nachfolger. Es wird darauf ankommen, sich an ihrer Hand die
Zustände zu vergegenwärtigen wie sie damals waren, und dann zurückblickend
zu untersuchen, soweit es möglich ist, wie sie geworden sind. Dabei soll
vornemlich nur auf die Quellen bis zur Mitte des 9ten Jahrhunderts Rücksicht
genommen werden, da sich um diese Zeit und später Veränderungen geltend
machen , auf die es bei dieser Darstellung nicht ankommt 2).
Vassus heisst der welcher in einem eigenthümlichen persönlichen Ver-
hältnis zu einem andern steht. Gleichbedeutend wird vassallus gebraucht, und
dies Wort bezeichnet nicht etwa, wie man früher annahm, denjenigen welcher
mit einem der selbst Vassus ist wieder dasselbe Verhältnis eingegangen ist : ,
1) Fränkische Quellen übertragen die Sache auch bereits auf andere Völker Das
Chron. Moissiac. Pertz SS. I, S.309 spricht von einem Vassallen des Dänenkönigs
Gotfried.
2) Die Gapitularien sind angeführt nach der Ausgabe von Pertz Leges 1 und II ; auf
den ersten Band beziehen sich die Seitenzahlen ohne weiteren Zusatz.
72 GEORG WAITZ,
dies hat Roth S. 384 gezeigt. Gleichbedeutend wird in vielen Stellen aber
auch »homo« gesagt. Das Wort »homines« bezeichnet allerdings im weiteren
Umfang alle die welche unter einem andern stehen, Unfreie und Freie, na-
mentlich auch die welche auf dem Land eines andern wohnen; vgl. Guörard,
Polyptyque de l'abbö Irminon I, S. 421. Doch wird es in vielen Stellen
gleichbedeutend mit Vassalien genommen. Pippin. cap. a. 789 c. 5 S. 70:
Stetit nobis de Mos homines qui hie intra Italia eorum seniores dimittunt, ut
nullus eos debeat reeipere in vassatico sine comiato senioris sui. Divisio
imperii a. 806 c. 9 S. 1 42 : ut post nostrum ex bac mortalitate discessum ho-
mines uniuseujusque eorum aeeipiant beneficia unusquisque in regno domini
sui et non in alterius; verglichen mit Divisio a. 817 c. 9 S. 177: ut post
discessum nostrum uniuseujusque vasallus tantum in potestate domini sui bene-
ficium habeat 1). — Der mit welchem der Vassall in Verbindung steht heisst
wie in diesen Stellen auch sonst regelmässig senior oder dominus (Herr).
Auch diese Worte sind an sich von allgemeinerer Bedeutung, werden ebenso
gut von der Stellung andern abhängigen Leuten gegenüber gebraucht 2).
Schon deshalb empfiehlt es sich zur Bezeichnung dieses besonderen Verhältnisses
einen Ausdruck zu wählen , der nicht wie das von Roth gebrauchte Seniorat 3)
von einem dieser Worte abgeleitet ist
Die Vassallität findet sich in höheren und niederen Lebenskreisen. Es
giebt Vassalien des Königs, welche regelmässig vassi dominici heissen, auch
1) In den Gest.abb.Fontan. c. 10. 15, Pertz SS. II, S. 282. 290, sind die regii homines
entschieden königliche Vassalien.
2) z. B. Cap. pro pago Cenomanico a. 850 S. 82 : de hominibus ecclesiasticis seu
fiscalinis . . . ut quicumque de praedictis hominibus quartana facti teneret, cum
suis animalibus seniori suo pleniter unum diem cum suo aratro in campo domi-
nico araret. Cap. a. 853 c. 9 S. 419: si seniores ipsorum colonorum. Über
das Verhältnis der sogenannten freien Hintersassen zu den Vassalien s. unten.
3) Es findet sich in dieser Bedeutung wohl zuerst im J. 856, Pertz Legg. I, S. 446
c. 13: Et mandat vobis noster senior (der König), quia si aliquis de vobis talis est
cui suus senioratus non placet etc. Nach Roths Ansicht bezeichnet dann frei-
lich Seniorat, wie die weitere Erörterung ergeben wird, auch anderes und
umfasst noch weiteres als hier der Name Vassallität.
Ober die abfange der vassallität. 73
vassi regales (Cap. Mant c. 13 S. 41. Cap. a. 786 c. 7 S. 51. Cap, Ingelh.
a. 807 c. 9 S. 151), der Grafen (forliores vassi comitom , Cap. Lang. a. 803
c. 17 S. 111 ^ exceptis .... vassis [vassallis] comitum, Cap. Aquisgr. a. 809
c. 5 [13] S. 156), der Bischöfe und Äbte (vassi nostri et vassi episcoporum
abbatum abbatissarum et oomitwn, Cap. a!817 c. 27 S/218) und anderer Per-
sonen: wer selbst Vassall ist hat häufig wieder andere unter ach, Cap. Bonon.
a. 811 c.7 S. 173: De vasallis dominicis .... statutum est, nt .-.. vasallos suos
casatos secum non retineanL
Dass die VassaUen des Königs Freie sind, wird offenbar überall voraus-
gesetzt Sie ziehen in den Krieg und sollen vor dem Grafen zu Recht stehen.
Cap. Mant a. 781 c. 13 6.41: De vassis regalis de justitiis eorum, ut ante
eomitem suum recipiant et reddant : Auch bei den Vassallen anderer ist es
regelmässig der Fall: auch sie werden Überall als solche bezeichnet welche
zum Kriegsdienst verpflichtet sind; die des Grafen sollen auf dem von diesem
gehaltenen Placitnm erscheinen« Cap. Aqnisgr. a. 809 c. 5 S. 156: Ut nullus
alius de liberis hominibus ad placitnm vel ad mallum venire cogatar, exceptis
scabineis et vassis comitum (die letzten Worte fehlen in der einen Handschrift,
in anderen steht: et vassallis comitum). Nach einer Stelle, Constitutio de
liberis et vassallis c. 2 (s. unten), gehört der Versuch eines Herrn den Vassallen
in einen Unfreien zn verwandeln zu den Gründen die diesen berechtigen den**
selben zu verlassen. Auch die vassalli casati in der vorher angeführte» Stelle
darf man doch nicht für angesiedelte Hörige halten, da sie der allgemeinen
Heerespflicht unterliegen sollen. Wenn aber nach einem Capituiare Pippins
a. 757 c.9 S. 28 die Rede davon ist dass einer seine« Vassallen mit sich nach
einem neuen Besitztiura» führt und derselbe hier von dem Nachfolger seines
Herrn mit einer Frau ans diesem vermählt wird, so liegt auch darin noch kein
Beweis der Unfreiheit; später verlässt er beide, die Frau und den neuen
Herrn, und kehrt zu den. Verwandten des ersten verstorbenen zurück. Nur
in einer SteHe ist wirklich von Unfreien im Verhältnis der Vassallität die Redö,
Cap. Langob. a. 786 c.7 8.51: fiscilini quoqae et coloni et ecclesiasbci(s}
adque servi qui hpnorati beneficia et ministeria tenent vel bassallatico honorati
sunt. Der letzte Satz bezieht sich offenbar nicht allein auf servi, sondern
a*f alle die vorher genannt sind ; Hörige und Knechte beide erscheinen als
Uist.-PhiLClasse. VIL K
74 GEORG WAITZ,
geehrt durch den Eintritt in die Vassallität. Doch ist das offenbar eine Aus-
nahme, und die es trifft sind damit gewissermassen über ihren Stand hinaus-
gehoben iy
Dia Verbindung des Vassalien mit seinem Herrn wird begründet durch die
sogenannte Commendation. Dies ergeben zahlreiche Stellen mit voller Be-
stimmtheit. Praeceptum pro Hispanis c. 6 (Walter II, S. 291): Noverint ...
iidem Hispani sibi licentiam a nobis esse concessam ut se in vassaticum co-
mitibus nostris more solito commendent. Cap. Lang. a. 786 c. 7 S. 51: qui ...
in bassalatico commendatt sunt. Const de liberis et vasallis c. 2 S. 196: si
senior vasalli sui defensionem facere potest, -postquam ei ipse manus saas
commendaverit, et non fecerit, liceat vasallum eum dimittere. Vgl Pippini
cap. a. 789 c. 5 (oben S. 72) mil c. 13: Stetit nobis de illos liberos Lango-
bardos, ut licentiam habeant se commendandi ubi volueriot, si seniorem non
habuerit; wo der Gegensatz der Freien die in Vassallität und die noch ausser-
halb einer solchen stehen entgegentritt und das »in vasaüco recipere« der
ersten Stelle dem »se commendare« der zweiten in der Weise entspricht dass
jenes die Sache vom Standpunkt des Herrn, dieses von dem des Vassalien
aus bezeichnet. In der Divisio imperii a. 817 c.9 S. 199: ut post discessum
nostrum uniuscujusque vasallus tantum in potestate domini sui beneßcium . . .
habeat ... et licentiam habeat unusquisque liber homo qui seniorem non habuerit
cuicumque er his tribus fratribus voluerit se commendandi, ist, wie dominus
und senior gleichbedeutend, so vassallus derjenige welcher sich bereits com*
mendiert hat im Gegensatz gegen den welcher noch die Freiheit hat dies zu
thun. Vgl. auch V. Rimberti c. 21 Pertz SS. II, S. 774: per manus acceptionem
hominem regis illum fieri et inter consiliarios ejus collocari obtinuit
Das »se commendare« bedeutet nicht, wie Roth S. 380 will, einfach
Treue schwören, sondern es bezeichnet ein »sich ergeben, sich in den Schutz
ergeben«. Es geschah »per manus, in manus«, d.h. in jener sinnbildlichen
Weise dass der Vassall seine Hände in die des Herrn legte, was man später
das »homagium ligium« nannte2). Als eigentümlich fränkisch bezeichnet
1) Ich sehe nicht, warum man mit Roth S. 371 n. zweifeln soll, oder auch nur
darf, dass hier von wirklichen Vassalien die Rede ist.
2) Vgl. Lezardiöre, Theorie des lois politiques ed. 2. II, S. 74: „L'acte que
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 75
dies Verfahren ausser der Stelle der Ann. Lauras, die von Tassilo spricht
auch eine andere V. Hludowici c. 21: Wala ... humillima snbjectione se ejus
nntni secandnm consuetudinem Francornm commendans subdidit. Vgl. ebend.
c. 24. Die ausführlichste Beschreibung des Vorgangs aber giebt Ermoldus
Nigellus, da er erzählt wie der Dänenkönig sich dem Kaiser Ludwig com-
mendierte, IV, v. 601 ff., Pertz SS. II, S.512:
Mox manibuä junctis regi se tradidit ulfaro,
Et secum regnuin, quod sibi jure fuit.
»Suscipe, caesar, ait, me necnon regna subacta;
Sponte tuis memet confero servitiis«.
Caesar at ipse manus manibus suscepit honestis;
Junguntur Francis Denica regna piis.
Mox quoque caesar ovans Francisco more veterno
Dat sibi equum necnon ut solet arma simul.
Die Geschenke erinnern an die welche einst schon den Gefolgsgenossen ge-
geben wurden.
Es kann übrigens nicht blos einer sich selbst, es kann auch einer den
andern commendieren , freilich nur wenn er dazu ein Recht hat, der Vater den
Sohn, der Herr den Vassallen. Einhard epist. 2: sed postquam eum domno
Hlothario commendavi. Vgl. die aus älteren Vitis Verf. G. II, S. 394 n. ange-
führten Stellen und vorher V. Rimberti c. 21.
Ob übrigens alle die sich dem König commendierten auch seine Vassallen
wurden , was Roth S. 385 verneint, ist eine Frage auf die später zurückzu-
kommen ist, wenn noch näher von der rechtlichen Redeutung der Sache ge-
handelt wird.
Die Verbindung beruht im allgemeinen auf freiem Willen der Retheiligten.
Die angeführten Stellen (Tippini cap. a. 789 c. 13. Divisio imp. a. 817 c. 9)
zeigen dass es dem Freien an sich gestattet ist eine solche einzugehen mit
• ■
dans l'empire franc on appela recommandation , <6tait absolument ie nräme acte
que Phommage: par cet acte, an citoyen venait en personne devant le roi, ou
tont autre possesseur, le reconnattre pour son seigneur, et s'avouer sori homme
ou son vassal, en mettant ses mains dans les siennestf. Die Handreichung
erkennt übrigens auch Roth an.
K2
*
76 GEORG WA/ITZ,
wem er: will-1). Wenn dagegen Beschränkungen ausgesprochen werden, so
beziehen sie sich nur darauf dass den staatlichen Verpflichtungen dadurch kein
Abbruch geschehe. Cap. a. 805 c. 19 S. 134: ne per aliquod malum ingenium
subtrahant nostram justitiam alteri tradendo aut cotnmendando ; vgl Cap. a. 811
c«8 S.169. — Durch übereinstimmenden Willen beider Theile kann die
Verbindung jeden Augenblick gelöst werden. Einbardi epist. 59 (ed. Teulet
II, S. 104): Vasallus iste... propinquus meud est et fuit per aliquantum tempus
[in nostro servitio]; sed quia nunc desiderat sub vestro dominatu dies suos
du[cere ]. Precor igitur ut eum [suscipere et sicut] vassallum vestrum
nutrire dignemini. Vgl. epist. 1 : quondam hominis nostri , nunc autem dorani
Hlotharii.
Dagegen ist es dem Vassalien nicht erlaubt willkürlich den einmal ge-
wählten Herrn zu verlassen und einen anderen zu wählen. Darauf beziehen
sich mehrere gesetzliche Vorschriften. Das wiederholt angeführte Capitular
Pippms vom J. 789 c*5 bestimmt, dass jemand einen andern der seinen Herrn
verlassen hat nur dann als Vassall aufnehmen darf wenn er weiss: pro qua
causa aut culpa ipse suum seniorem dimisit; und dann soll er ihn binnen
6 Wochen (40 Nächten) dem König vorführen, oder wenn dieser nicht in
itatieft anwesend ist, 6 Wochen nach seiner Ankunft. Eine ähnliche Bedeu-
tung hat die Bestimmung des Cap. Mant. o. 11 S. 41: Ut nullus quilibet bomi-
nem Languwardiscum in vassatico vel in casa sua recipiat, antequam sciat>
unde sit vel comodo natus est; eine Beschränkung für den Herrn, die ver-
bitten soll dass er nicht solche annimmt welche keine freie Verfügung über
sich haben. Ein späteres Gesete, Cap. a. 813 o. 16 S. 189, Jässt die Ver-
1) Im Cap. Marsn. a.847 c. 2 S.395 heisst es: Volumus etiam ut unusquisque Iiberhomo
in riostto regnö seniorem qaalem Yoluerit in aobis et in nostrls fidelibus accipiat.
Dies wird gewöhnlich als Befehl verstanden dfcss alle einen Herrn wählen sollen,
Und inan streitet nur, ob die freien BigenUiümer dann zugleich ihr Gut zu'
Beneficium auftragen mussten oder nicht; Gourcy, Quel fut l'ötat des personnes
en France sous la premiere et la seconde race. Paris 1769. 8. S. 243. Guörard
S. 558. Anderer Meinung scheint Roth S. 381 n. Eine Freiheit auch für den
der schon einen Herrn hat sich einen anderen zu wählen kann die Stelle nicht
begründen sollen, Guizot, Essais S. 173. Sie gehört aber schon einer etwas
späteren Zeit an und beweist nichts für ältere Zustände.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLI TAT. 77
pflichtung des Vassalien erst dann eintreten, wenn er von seinem Herrn irgend
eine, freilich nur sehr geringfügige Sache zum Geschenk erhalten hat; wenn
das geschehen, sind es nur gsnz bestimmte Ursachen welche zum Verlassen
ein Recht geben: wenn der Herr ihn hat tödten, schlagen, Frau oder Tochter
entehren oder ihm sein Erbe nehmen wollen* Quod nullus seniorem suum
di mittat, postquam ab eo acceperit Talente solido uno, excepto si eum vult
occidere ant cum baculo caedere vel uxorem aut filiam maculare seu heredi-
tatem ei tollere. Näher bezeichnet diese Fälle die bald nach Karls Tode
erlassene Constitutio de liberis et vasallis, c. 2 S. 196: Si quis seniorem suum
dimittere voluerit et ei approbare potuerit unum de bis criminibus : id est
primo capitulo , si senior eum injuste in servitio redigere voluerit ; secundo
capitulo, si in vita ejus consiliaverit; tertio capitulo, si senior vassalli sui
uxorem adulteraverit; quarto capitulo, si evaginato gladio super eum voluntarie
occurrerit; quinto capitulo, si senior vassalli sui defensionem facere potest,
postquam ei ipse manus suas commendaverit, et non fecerit, liceat vassallam
eum dimittere. Qualecumque de istis quinque capitulis senior contra vassallum
suum perpetraverit, liceat vassallum eum dimittere. Ein Attentat auf diq Frei-
heit, auf das Leben, auf die Ehre der Frau (doch hier, wie wenigstens der
Ausdruck lautet, nur wenn es wirklich vollbracht ist} und ausserdem die Nicht-
leistung eines Schutzes, zu dem der Herr im stände gewesen wäre, berech-
tigen den Vassall sich von demselben zu trennen.
Sonst löst der Tod des Herrn die Verbindung. Divisio imp. c. 806
c.10 S. 142: Ut unusquisque über homo post mortem domini sui licentifttt
habeat se commendandi inter haec tria regna ad quemcunque voluerit. Simi-
liter et ille qui nondum alicui commendatus est. Es wird ein Fall erwähnt,
wo ein Vassall, da sein Herr gestorben, erst auf dem Gute blieb das dieser
innegehabt hatte und jetzt ein anderer empfing, dann zu den Verwandten
des Verstorbenen sich begab. Pippini cap. a. 757 c. 9 S. 28 : Homo Francus
accepit beneficium de seniore suo, et duxit secum suum vassallum, et postea fuit
ibi mortuus ipse senior x) , et dimisit ibi ipsum vassallum ; et post hoc accepit
alius homo ipsum beneficium, et pro hoc ut melius potuisset habere illum
1) Das ist natürlich der homo Francas, der in Beziehung auf den vassallus wieder
senior ist
78 GEORG WAITZ,
vassallum, dedit ei mulierem de ipso beneficio, et habuit ipsam aliquo tempore;
et dimissa illa , reveraus est ad parentes senioris sui mortui , et accepit ibi
uxorem, et modo habet eam. Offenbar hing es von dem Vassalien ab, ob er
bei dem Nachfolger im Gut oder bei den Verwandten des Herrn bleiben
wollte; er zog das letztere vor, nnd in gleicher Weise wird oft das Ver-
hältnis fortgesetzt sein ; aber er hätte ohne Zweifel auch einen neuen Herrn
wählen oder sich ganz von der Vassallität losmachen können. Vgl. die Stelle
aus dem Testament des Aldricus, bei Roth S. 379 n: Aldricus vermacht Ge-
treide den Vassalien wie den Capelianen und andern, ut habeant unde sustentari
queant, usquequo se cum s. successore nostro .... collocare .... utiliter
queant; es hängt von dem Nachfolger ab, ob das Verhältnis fortdauern soll,
aber offenbar ebenso sehr von den Vassallen.
Der Vassall war dem Herrn zur Treue verpflichtet. Eine Hauptstelle ist
die schon angeführte Stelle der Ann. Lauriss. maj. a. 757 über Tassilo, wo es
hefegt: sacramenta juravit multa et innumerabilia reliquias sanctorum martyrum
manus inponens, et fidelitatem promisit regi Pippino et supradictis filiis ejus
..., sie ut vassus reeta mente et firma devotione per justitiam sie ut vassus
dominos suos esse deberet. Vgl. Ann. Einhardi a. 781 und Ann. Laur. maj.
a. 786, wo als Inhalt des von Tassilo geleisteten Eides angegeben wird: ut
subjeetus et oboediens eis esse deberet; ut in omnibus oboediens et fidelis
fuisset domno regi Carolo et filiis ejus vel Francis. Dem entsprechend heisst
es V. Walae H, c. 17, Porta' SS. II, S. 563: Mementote etiam quod mei vasalli
estis mihique cum juramento fidem firmastis. Ein solcher Eid wird auch nicht
blos von den königlichen Vassallen geleistet, sondern ebenso von andern.
Cap. a. 805 c. 9 S. 133: De juramento ut nulli alteri per sacramentum fidelitas
promittatur nisi nobis et unieuique proprio seniore ad nostram utilitatem et sui
senioris1). Der allgemeine Unterthaneneid , den Kart im Jahr 802 forderte,
1) Ich glaube nicht dass man mit Roth S. 387 annehmen darf, es habe der dem
Senior geleistete Fidelitätseid als apch dem König geschworen gegolten; die
Worte „ad nostram utilitatem a beziehen sich auf „nobis", „et sui senioris" auf
„et unieuique proprio seniore"; es sind zwei Eide von deren jedem die Be-
ziehung, der Inhalt angegeben wird. Roth selbst führt die Stellen an, nach
denen die homines anderer für sich den Eid an den König leisten mussten.
Ober die anfange der vassallität. 79
war diesem nachgebildet; es heisst in der Formel S. 99: man verspreche treu
KU sein, sicut per drictum debet esse homo domino suo x). Eben als Folge
der so gelobten Treue erscheint es dann dass der Vassall den Herrn nicht
ohne rechtmässigen Grund verlassen darf.
Was die Stellung der Vassallen betrifft, so hören wir von denen des
Königs, dass einige im Hause oder Pallaste dienen. Cap. Bonon. a. 811 c.7
S. 173: De vasallis dominicis qui adhuc intra casam serviunt Cap. a. 821
c. 4 S. 231: De vassis nostris qui .... nobis assidue in palatio nostro ser-
viunt Vgl. Ann. Lauresh. a. 802, Pertz SS. I, S. 38: noluit de infra palatio
pauperiores vassos suos transmittere. Andere sind zur Grenzvertheidigung
beordert. Cap. a. 821 a.a.O.: De vassis nostris qui ad marcam nostram con-
stituti sunt custodiendam. Wieder andere bekleiden öffentliche Ämter, in
Italien namentlich das des Gastalden. Edictum de expeditione Corsicana a. 825
& 2 S. 142: ut dominici vassalli qui austaldi sunt et in nostro placito frequenter
serviunt Oder sie werden doch zu öffentlichen Geschäften verwandt. Cap.
Aquense a. 807 c. 3 S. 149: Et unusquisque missorum nostrorum per singula
ministeria considerare faciat unum de vassallis nostris (in Beziehung auf die
Ausführung der Bestimmungen über den Kriegsdienst). Bouquet • VI , S. 652 :
istos vassallos nostros . . . mittimus ad has partes in fiscum promovendas et
varias redibitiones exigendas. Allgemeine Befehle werden an die Vassallen
wie an die Beamten gerichtet 2). Karls edictum de episcopis a. 800 S. 81.
Urk. Ludwigs, Bouquet VI, S. 487: Noverit utilitas fidelium nostrorum, comi-
tum videlicet et vassallorum nostrorum. Ebend. S. 648 : Omnibus praelatis
ecclesiarum sive comitibus aut vassallis nostris vel junioribus vestris. Gerne
werden königliche Vassallen neben Grafen und andern Beamten in eroberte
Lande geschickt, um den Besitz derselben zu sichern, die königlichen Rechte
1) Ob dieser Eid in Form und Bedeutung ganz derselbe war den man früher dem
König leistete, wie Roth S. 414 sagt, scheint mir doch noch zweifelhaft, kommt
hier aber nicht weiter in Betracht.
2) Indem sie neben den Beamten genannt werden, findet das zunächst auf diese
bezügliche Wort ministeriam auch wohl auf sie Anwendung, während speciell
von einem minißterium eines vassus doch nicht die Rede ist , wie man aus Roth
S. 384 n. 74 schliessen könnte.
80 GEORG WAITZ,
wahrzunehmen. V. Hludowici c. 3, Pertz SS. II, S. 608: Ordinavit autem per
totam Aquüaniam comites abbates necnon elios plurimos quos vassos vulgo
vocant, ex gente Francorum, .... eisque commisit curam regni prout utile
judicavit, finium tutamen villarumque rogiarum ruralem pro visionem. , Andere^
Stellen bei Roth S. 383 n. 73. Anderswo werden sie neben Herzogen und
Grafen als besonders wichtige Personen bei Kriegszügen aufgeführt. Karott
epist. ad Fastradam, Bouquet V, S. 623: Qui autem hoc egerunt, fuerunt ille
episcopus, ille dax, ille et ille comites — • vassi vero nostri fuerunt Uli. —
Vassalien der Grafen müssen die gewöhnlichen Gerichtsversaaimlungen besuchen.
Cap. Aquisgr. a. 809 c. 5 S. 156: Ut nuttos alias de liberis hommibus ad pla-
citum vel ad mallum venire cogatur, exceptis scabineis et vassis comitum
(die letzten Worte fehlen in einer Handschrift}. In Abwesenheit des Grafen
haben einzelne die Aufacht auch über sein Amt zu führen. Cap. de exercitu
promovendo c. 4 S. 119: qui propter ministerium ejus custodiendum et servi-
tium nostrum faciendum remanere jussi sunt. — Vassalien der Bischöfe sollen
den Grafen und andern Beamten unter Umständen Hülfe leisten gegen Gewalt-
täter. Hludow. cap. a. 850 c. 2 S. 406 : ut comites nostri eorumque sculdasii,
adjunctis secum vassallis episcoporum, si necessitas fuerit, ubkumque tales
audierint, studiosissime perquirant et eos capiant atque distringant. — Vas-
salien anderer können von ihrem Herrn gebraucht werden , den Frieden zu
bewahren, Frau und Haus zu schützen, aber auch die Dienerschaft in Zucht
und Ordnung zu halten, ja die Früchte des Feldes einzusammeln. Cap. a. 817
c. 27 S. 218: Ut vassi nostri et vassi episcopörum abbatutn abbatissarum et
oomitnm qui anno praesente in hoste non fuerunt heribammn rewadient, ex-
ceptis his qui propter necessarias causas et a domno ac geaitore nostro
Karolo constitutas domi dimissi fuerunt, id est qui a comite propter pacem
conservandam et propter conjugem ac domum ejus custodiendam , et ab epi-
scopo vel abbate vel abbatissa similiter propter pacem conservandam et propter
fruges colligendas et familiam constringendam et missos recipiendos dimissi
fuerunt. Wenigstens ein Theil derselben hat Land empfangen: sie heissen
casati. Cap. Bonon. a. a. 0. : vasallos suos casatos non retineant. Regelmässig
ist es eben solches welches als Benefidum bezeichnet wird, und von dem
nachher ausführlich die Rede sein muss.
Ober die anfange der vassallität. 8i
Ein Vassali kann aber auch Eigengut haben; ja dies scheint als Regel
angenommen zu werden. Cap. a. 821 c. 4 S. 230: De vassis nostris qui in
longinquis regionibus sua habent beneficia vel res proprias. In den Urkunden
über die Divisio imperii ist gleich nach der Bestimmung dass jeder nur in
dem Lande seines Herrn Beneficien haben soll hinzugefügt , dass er seine
Eigengüter in allen drei Reichen frei haben und behalten soll, a. 806:
Hereditatem autem suam habeat unusquisque Worum hominpm absque con-
tradictione, in quocumque regno hoc eum legitime habere contigerit; a. 817:
Proprium autem suum et hereditatem, ubicumque fuerit, salva justitia cum
honore et securitate secundum suam legem unusquisque absque injusta in-
quietudine possideat. Und wenn sich dies auf königliche Vassalien bezieht,
so auf alle die oben angeführte Stelle des Cap. a. 813, nach der es für den
Vassalien ein Grund ist den Herrn zu verlassen wenn dieser »hereditatem ei
tollere«' will.
Eine ganze Reibe von Bestimmungen der Capitularien Karl des Grossen
und seiner Nachfolger bezieht sich auf den Kriegsdienst derer die sich com-
mendiert haben, der Vassalien. Es wird hauptsächlich Fürsorge getroffen,
dass die Begründung eines solchen persönlichen Verhältnisses nicht als Anlass
oder Vorwand benutzt werde, um sich der allgemeinen Dienstpflicht, wie
sie eben durch Karl näher reguliert war, zu entziehen. Nur zwei oder vier
seiner Leute — homines — durfte nach einer späteren Bestimmung einer zu
Hause behalten oder wenn er selbst auszog dort lassen, um gewissen not-
wendigen Geschäften obzuliegen. Inwiefern unter den »homines« auch noch
andere als wirkliche Vassalien zu verstehen sind, soll unten besprochen werden.
Soweit diese Grundbesitz haben1), sind sie sonst verpflichtet, wie die Capi-
tularien Karls und seiner Nachfolger bestimmen , zunächst, mit oder unter ihrem
Herrn auszuziehen; wenn dieser selbst befreit war oder aus irgend einem
Grunde an dem Zuge keinen Antheil nahm, traten sie unmittelbar unter den
Grafen. Die wichtigsten Stellen sind hier anzuführen. Cap. a. 805 c. 19 S. 134:
1) Darüber dass dieser verlangt wird kann kein Zweifel sein ; das betreffende Ca-
pitel 4 des Capitulare de exercitu promovendo ist überschrieben: De hominibus
«
comitum casatis] vgl. Cap. Bonon. a. 811 c. 7 S. 173: vasallos suus casatos non
retineant.
BisL-Philol. Classe. VII. L
82 GEORG WAITZ,
Et nostri raissi caveant et diligenter inquirant, ne per aliquod malum ingenium
subtrahant nostram justitiam, alteri tradendo aut commendando. Cap. Aquen.
a. 807 c. 2. 3 6. 149: Et pro hac consideratione (wegen der damals getroffe-
nen Bestimmungen über den Kriegsdienst und der Geldhülfe die die Armeren
leisten sollen) nullus suum seniorem dimittat Omnes itaque fideles nostri
capitanei cum eorum hominibus et carra sive dona, quantum melius praeparare
potuerint, ad coqdictum placitum veniant. Cap. de expeditione exercitali a. 811
c. 4 S. 168: Quod episcopi et abbates sive comites dimittunt eorum liberos
homines ad casam in nomine ministerialium. Similiter et abbatissae. Hi sunt
falconarii, venatores, telonearii, praepositi, decani et alii qui missos recipiunt
et eorum sequentes. Sunt Herum et alii qui remanent et dicunt quod seniores
eorum domi resideant et debeant cum eorum senioribus pergere ubicumque
jussio domni imperatoris fuerit. Alii vero sunt qui ideo se commendant ad
aliquos seniores quos sciunt in bostem non profecturos. Cap. de exercitu
promovendo *) c. 1. 4 S. 119: Ut omnis über homo qui quatuor mansos vestitos
de proprio suo sive de alicujus beneficio habet ipse se praeparet et per se in
hostem pergat, sive cum seniore, suo, si senior ejus perrexerit, sive cum
comite suo. (4) De hominibus comitum casatis. Isti sunt excipiendi ....
duo qui dimissi fuertint cum uxore illius et alii düo qui propter ministerium
ejus custodiendum et servitium nostrum faciendum remanere jussi sunt. In
qua causa modo praecipimus, ut quanta ministeria unusquisque comes habuerit,
totiens duos homines ad ea custodienda domi dimittat, praeter illos duos quos
cum uxore sua. Ceteros vero omnes secum pleniter habeat, vel si ipse domi
remanserit, cum illo qui pro eo in hostem proficiscitur dirigantur. Episcopus
vero vel abbas duo tantum de casatis et laicis hominibus suis domi dimittant.
Cap. Bonon. a. 811 c.7. 9 S. 173: De vasallis dominicis qui adhuc intra casam
serviunt et tarnen beneficia habere noscuntur statutum est, ut quicumque ex
eis cum domino imperatore domi remanserint, vasallos suos casatos secum non
retineant, sed cum comitem cujus pagenses sunt ire permittat. Quicumque
Über homo inventus fuerit anno praesente cum seniore suo in hoste non
1) Dass dies nicht ins Jahr 803 gehören könne, sondern jünger sein müsse als
das vorher angeführte, hat Roth S. 397 ff. überzeugend dargethan.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 83
füisse, plenum , heribannum persolvere cogatur. Et si senior vel comes illius
eum domi dimiserit, ipse pro eo eundem bannum persolvat; et tot heribanni
ab eo exiganlur quod (quot) homines domi dimisit. Et quia nos anno prae-
sente unicuique seniorum duos homines quos domi dimitteret concessimus,
illos volumus ut missis nostris ostendant, qnia hisque tantummodo heribannum
concedimus. Etwas abweichend sind die Bestimmungen des Edictum de ex-
peditione Corsicana a. 825 S. 242 und späterer Gesetze , auf die hier nicht
weiter einzugehen ist.
Über eine besondere Dienstpflicht der königlichen Vassallen als solche
finden sich erst später gesetzliche Vorschriften 1). Im J. 850 zu Marsen ward
der wichtige Grundsatz ausgesprochen c. 5 S. 395 : Et volumus ut cujus-
cumque nostrum homo, in cujuscumque regno sit, cum seniore suo in hostem
vel aliis suis utilitatibus pergat; nisi talis regni invasio quam lantweri dicunt,
quod absit, acciderit, ut omnis populus illius regni ad eam repellendam com-
muniter pergat. Sie sollen auch dann dem Herrn in den Krieg folgen wenn
kein allgemeines Aufgebot zur Landesvertheidigung erfolgt. Es hängt von
der Auslegung des Wortes »nostrum « ab (ob man übersetzt »eines jeden
von uns" oder »eines jeden der unsrigen«), ob man es auch auf die After-
vassallen ausdehnen will 2). Dass aber die Stellung jener es mit sich brachte
vorzugsweise und in jedem Augenblick zum Dienst bereit zu sein, dass die
allgemeine Verpflichtung wegen der besonderen Treue die sie gelobt hatten
noch einen mehr persönlichen Charakter annahm, wird man nicht bezweifeln
können 5). Und ebenso war gewiss jeder andere Vassall gehalten seinem Herrn
1) Wem K. Ludwig einmal einem Vassallen, dem er die Vogtei eines Klosters
übertrug, verleiht: quia memorata ad peragendum ei injunximus, ab omni hoste
vel wacta sive ab' omni publico servitio immunem existere, quatinus advo-
cationem a nobis sibi injunctam liberius atque utilius peragere valeat, Bouquet
VI, S. 600, so scheinen nur die allgemeinen Dienstverpflichtungen gemeint
zu sein.
2) Die letzte Auslegung haben Gourcy S. 243 u. a. , und sie ist allerdings die
nächstliegende.
3) So sagt selbst Roth S. 411: „Die Stellung der königlichen Vassen beruhte eben
darauf dass sie jeden Augenblick zum Dienste des Königs bereit sein mussten,
L2
84 GEORG WAITZ,
Hülfe und Beistand zu leisten wenn dieser ihrer bedurfte; wie er in Abwe-
senheit des Herrn die Frau und das Haus zu schützen hat, so natürlich auch
jenen selbst , wenn dies erfordert ward. Später haben besondere Dienst-
verträge es genauer geregelt : und auch in dieser Zeit mochte es durch Beredung
oder auch durch Herkommen bestimmt werden. So wenig daraus dass später
das Lehnrecht als allgemeine Lehnspflicht nur die Theilnahme am Reichsdienst
kennt geschlossen werden kann dass der Vassall nicht auch dem Lehnsherrn zu
dienen hatte und wirklich diente, ebenso wenig kann der Mangel ausdrücklicher
Bestimmungen hierüber in der Karolingischen Zeit x) berechtigen die Sache selbst
in Zweifel zu ziehen. Nur wenn solches der Fall war, hatte es Interesse
die Vassallen eines andern für sich zu gewinnen, wie es von Tassilo gesagt
wird dass er die Karls an sich zu- locken gesucht habe (vassos supradicti
domno rege ad se adortasse, Ann. Laur. maj. a. 788, Pertz SS. I, S. 172),
und wie solches bei den Streitigkeiten der Karolinger unter einander häufig
vorkam.
Der Vassall folgte seinem Herrn auch in die Fremde, und wenigstens
manchmal war er dazu verpflichtet. Pipp. cap. a. 757 c. 9 S. 28 : Homo Francus
accepit beneficium de seniore suo et duxit secum suum vasallum. Cap. a. 753
c. 9 S. 23: Si quis necessitate inevitabili cogente in alium ducatum seu pro*
vinciam fugerit aut seniorem suum, cui fidem mentiri non poterit, secutus fueriL
Das ganze Verhältnis wird manchmal als ein Dienen (servire) bezeichnet,
doch ohne dass darin etwas herabsetzendes und unehrenhaftes zu sehen ist:
der königliche Vassall dient im Pallast und im Gericht (in palatio und in
placitis; s. die oben S. 79 angeführten Stellen}.
Die Vassallilät wird vielmehr als etwas ehrenvolles betrachtet. Nament-
lich sollten die königlichen Vassallen besonderer Ehre theilhaftig sein2). Cap.
während die Dienstpflicht der Unterthanen durch Gewohnheit bemessen war".
Ja er nimmt an, dass die Vassallen jedem Aufgebot des Senior Folge zu leisten
hatten, was ich nur in dem Sinn wie ich im Text angegeben für begründet
halten kann.
1) Über einige Stellen die man wohl anführt die aber mit dem Besitz von Bene-
ficien zusammenhängen s. unten.
2) Nach Cap. a. 817 c. 29 S. 219 stand der Vassall in Beziehung auf den Unterhalt
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. 85
Ingelh. a. 807 c. 9 S. 151 : De vassis regalibus ut honorem habeant et
per se aut ad nos aut ad filios nostros caput teneant (die letzten Worte
scheinen nur zu heissen: den ersten Platz einnehmen). Cap. Langob. a. 802
c. 10 S. 104: Ut vassi et austaldi nostri in vestris ministeriis , sicut docet,
honorem et plenam justitiam habeant, et si presentes esse non possunt, suos
advocatos habeant, qui eorum res ante comitem defendere possint; et quic-
quid eis queritur, justitiam faciant. Const. Olonn. a. 823 c. 13 S. 233: His
vero qui se nobis commendaverunt aut in futurum commendaverint volumus
specialiter hoc honoris Privilegium concedere prae ceteris liberis, ut in quo-
cumque loco venerint, sive ad placitum vel ubicuraque, omni honore digni
babeantur et caeteris anteponantur. Et quicquid ad querendum habuerint,
absque ulla dilatione justitiam suam accipere mereantur. Cap. Aquisgr. a. 825
c. 26 S. 246 : Vassi quoque nostri nobis famulantes volumus ut condignum
apud omnes habeant honorem, sicut a genitore nostro et a nobis saepe ad-
monitum est
Ausser einem gewissen äusseren Vorrang sind es Vorzüge in Beziehung
auf gerichtliche Verhältnisse die sich finden. Sie sollen vor andern auf Erledigung
ihrer Rechtssachen Anspruch haben, dürfen sich, wenn sie selbst nicht anwesend
sein können, durch andere ([advocatos) vertreten lassen. Einen eximierten
Gerichtsland hatten sie nicht, d. h. es war nicht etwa blos das königliche
Gericht dasjenige in dem sie Recht empfangen und nehmen sollten. Vielmehr
wird mehrmals ausdrücklich eingeschärft, dass sie beides vor den Grafen zu
thun haben. Cap. Mant. c. 13 S. 41: De vassis regalis, de jusütiis illorum: ut
ante comitem suum recipiant et reddanL Const. Olonn. a. 825 c. 1 : Si autem
vassallus noster in hac culpa lapsus fuerit, . . . per comitem distringatur.
Doch findet der König es nöthig ausdrücklich zu bemerken, dass gesetzliche
Vorschriften, namentlich Strafen auf seine Vassallen ebenso gut wie auf andere
der ihm bei Aufträgen im Dienst des Königs geliefert werden musste allerdings
nicht blos einem Abt und Grafen, sondern auch dem „ministerialis" des Königs
nach. Dies Wort bezeichnet hier aber den Beamten überhaupt ; s. Fürth, Mini-
sterialen S. 24.
86 GEORG WAITZ,
Anwendung finden sollen. Cap. de exercitalibus c. 1 S. 169 x). Und ihre
Sachen konnten immer leicht an das königliche Gericht gebracht werden, und
mussten es .unter gewissen Verhältnissen. Die Stelle des Cap. Mant. fährt
fort: Quod si non audierit, nobis innotescatur antequam in vinculis mittatur.
Cap. a. 829 c. 7 S. 350 : Et si quis contemptor inventus fuerit et nee episco-
pum nee comitem audire velit, si noster homo fuerit, ad praesentiam nostram
venire compellatur. Vgl. Form. Baluz. 8 : Jemand (eine Äbtissin) beklagt sich
beim König wegen »hominis vassi vestri«, der »multas inquietudines« geübt
»et nulla justitia apud ipso illo consequere posso", und bittet um Schutz.
Beispiele wo ein Vassall des Königs vor diesem einen Rechtsstreit führt fin-
den sich mehrfach; z.B. Ann. Guelf. a. 823, Pertz SS. I, S. 46: Hatto comes
et vassus domni regis Peretolt inter se aecusarent coram imperatore.
Aber auch für die Vassalien eines andern Herrn bestanden in Beziehung
auf die Gerichtsbarkeit eigenthümliche Verhältnisse. Die vorher angeführte
Stelle der Const. Olonn. fährt fort: Et de illorum liberis hominibus qui eis
commendati sunt aut fuerint, si ipse senior eos secum in servitio habuerit,
propter justitiam faciendam nee distringantur nee pignerentur, quousque de
nostro servitio reversi fuerint. Et tune si quid ab eis quaeritur, primum senio-
ribus eorum admoneantur, ut justitiam quaerentibus faciant; et si ipsi facere
noluerint, tum legaliter distringatur. Also die Vassalien eines königlichen
Vassallen können , wenn und solange sie mit diesem sich im königlichen Dienst
befinden, nicht gerichtlich in Anspruch genommen oder gepfändet werden.
Die letzten Worte lassen sich in doppelter Weise verstehen: entweder: sie,
die Vassallen, sollen von ihren Herren angehalten werden dem Recht Genüge
zu thun, wenn sie es nicht thun, werden sie gerichtlich dazu gezwungen;
oder: die Herren werden angehalten für ihre Vassallen Genugtuung zu leisten,
oder wenn sie das nicht wollen, werden sie gerichtlich dazu gezwungen.
Ich glaube man muss die erste Erklärung vorziehen; aber auch dann ergiebt
sich eine Vertretung der Vassallen durch die Herren; man gelangt an jene
durch diese; erst wenn die Aufforderung der Herren ohne Erfolg geblieben
1) Über die ganz misverständliche Auslegung welche Roth dieser Stelle gegeben
hat s. unten.
Ober die anfange der vassallität. 87
ist, tritt die öffentliche Gewalt ein. Dem entspricht es durchaus, wenn in
den Form. Baluz. 3 (bezeichnet: Conquestio de vasso qui justitiam facöre renuit)
ein Herr sich an den andern deshalb wendet, weil homo noster1) ... ad nos
venit et nobis dixit , eo quod vassus vester ... res post se malo ordine reteneat
injuste et dixit quod nulla justa justitia apud ipso exinde consequere possit.
Propterea solicitamus vobis precamus, ut hoc (1.: haec) causa diligenter in-
quirere jubeatis, ut ipse homo noster ... sine ulla dilatatione ad suum exinde
debeat perquirere justitiam. Ganz ähnlich ist ebend. N. 4, nur an einen Geist-
lichen gerichtet. Anderswo vertritt der Herr seinen Vassallen in der Weise
dass durch ihn allein dieser selbst dem König zur Bestrafung vorgeführt wer-
den kann. Earoli Calvi cap. Silvac. c. 4 S. 424: Et si aliquis missos illorum
non obaudierit, si regis homo fuerit, per fidejussores ad illius praesentiam
perducatur. Si autem alterius homo fuerit, senior cujus homo fuerit illum
regi praesentet
Hieran reihen sich Bestimmungen noch etwas anderer Art. Cap. a. 779
c. 21 S. 38: Et si vassus noster justitiam non fecerit, tunc et comis et missus
ad ipsius casa sedeant et de suo vivant quousque justitiam faciat. Der Zu-
sammenhang der Stelle (unmittelbar vorher geht, wie der missus mit dem
Grafen zu verfahren hat der in suo ministerio justitias non fecerit) scheint zu
ergeben dass hier2) das »justitiam facere« nicht bedeutet »dem Recht Genüge
thun« in Beziehung auf einen dritten, sondern »das Recht handhaben, aus-,
üben« in Beziehung auf seine Untergebenen: dem vassus wird so wie dem
Grafen eine Gerichtsbarkeit beigelegt , die sich nur auf Leute beziehen kann
welche wieder ihm commendiert sind oder sonst in einer Abhängigkeit zu ihm
stehen und über die er solche Rechte erlangt hat. Dem entspricht es wenn
das Cap. Aquisgr. a. 825 c. 17 S. 245 verfügt, nachdem es ausgesprochen hat
dass jeder Friedensstörer im Heer bestraft werden soll: et senior, qui talem
secum duxerit, quem aut constringere noluit aut non potuit, ut nostram jus-
• sionem servaret et insuper in nostro regno praedas facere non timeret, pro
illius neglegentia, si ante eum de his non admonuerit et postquam neglegentia
1) Dass dieser zugleich „serviens nosteru heisst, scheint nur eine höfliche Redeweise.
2) Anders in der unmittelbar vorher angeführten Stelle aus den Form. Bai. 3.
68 GEORG WAITZ,
conteitfptoris ad ejus notitiam pervenerit eum corrigere sicut decet neglexerit,
honore süo privetur: der Herr ist es der zunächst strafen soll und wegen
Versäumnis der ihm obliegenden Pflicht ;selbst zur Strafe gezogen wird; er
wird allgemein für sie verantwortlich gemacht , für alle wie es heisst, qui in
suo obsequio in tali itinere pergunt, sive sui sint sive alieni (ut ille de eorum
factis rationem se sciat redditurum); auch solche die nicht seine Vassallen
(alieni) sind können vorübergehend in ein solches Verhältnis treten welches
hier »obsequium« genannt wird, ein Wort welches auch sonst eine Schutz-
verbindung bezeichnet (s. unten).
Bestimmter und genauer noch ist das Verhältnis der Herren zu ihren
Vassallen in einem spätem Gesetz Karl des Kahlen , aber mit Rücksicht auf
ältere Gewohnheiten, angegeben. Conventus ap. Pistas, adnunciatio Karoli c. 2
S. 511: Et volumus atque jubemus, ut vassalli episcoporum abbatum et abba-
tissarum atque comitum et vassorum nostrorum talem legem et justitiam apud
seniores suos habeant sicut eorum antecessores apud illorum seniores tempore
antecessorum habuerunt. El si aliquis episcopus abbas aut abbatissa vel comes
ac vassus noster suo homini contra rectum et justitiam fecerit, et se inde ad
nos reclaraaverit, sciat, quia, sicut ratio et lex atque' justitia est, hoc emendare
faciemus. Die Worte beziehen sich zunächst auf die rechtliche Stellung der
Vassallen gegen die Herren, sie zeigen aber zugleich eine gerichtliche Gewalt
der letztern an, gegen welche dann freilich, wenn sie misbraucht wird, Schutz
bei dem König zu erhalten ist.
Die Hauptsache ist dass die Vassallen unter den Schutz des Herrn tre-
ten; Schutz haben sie von ihm zu erwarten. Wenn der Herr denselben
(defensionem) da nicht leistet wo er ihn leisten kann, ist es nach der oben S. 77
angeführten Stelle der Constitutio de liberis et vasallis c. 2 ein Grund ihn zu
verlassen. Damit hängt es zusammen, dass unter Umständen der Herr für
den erschlagenen Vassallen Rache zu nehmen oder die Composilion zu fordern
hat. Das Capitulare de exercitalibus a. Sil c. 6 S. 170 spricht von dem Fall
wo Personen die in » via remaneant expectantes seniorem suum« sich einen
Raub zu Schulden kommen lassen, deshalb zur Verantwortung gezogen wer-
den und dabei das Leben verlieren. Da heisst es: incomposilus jaceat; et
neque senior neque propinquus ejus pro hoc nullam faidam portet aut com-
Ober die anfange der vassallität. 69
motionem facfat; et. si fecerit, nobis et gopulo nostro i&imicus annotetur.
Vgl. Cap. a. 850 e. 6 S. 406 : Et si aliquis ejus> senior aut propinquus propte*
hoc vindictam facere oonatuft fuerit etc. Wie der Herr Rache flu nehmen
hat, so steht ihm auch die Befagnis zu Klage zu erheben. In Form. Bign. £
klagt jemand vor Gericht, dass einer hominem suum . ... quondara bene in*
genuum in via raalo ordine ipsum adsallisset et ipsum ibidem interfecisset.
Passen wir diese Bestimmungen zusammen, so zeigt sich die Vassallität
als eine persönliche Verbindung zwischen Freien , die auf die rechtlichen und
sonstigen Verhältnisse derselben einen bedeutenden Einfluss bat: der Herr
kann die VassaHen zu mancherlei Diensten verwenden, führt sie im Heer;
hat eine gewisse Gerichtsgewalt, eine Vertretung gegen die öffentlichen
Beamten; er verleibt ihnen seinen Schutz; die Vassallität ist ehrenvoll. Gilt
das da wo Private, weltliche oder geistliche, die Herren sind, so besonders
wo der König als solcher eintritt. Die Verbindung mit ihm giebt besondere
Ehre, der Schutz den er ertheilt hat besondere Bedeutung.
Dazu kommt die Verbindung in welcher die Vassallität mit dem Benefi-
cialwesen steht. Die Vassalien sind es welche regelmässig als Inhaber von
Beneficien erscheinen. Ich fahre zunächst die Stellen der Gesetze an in denen
dies 4er Fall ist. Pippini cap. a. 757 c. 9 S. 28 : Homo Francus accepit bene-
ficium de seniore suo; Cap. a. 779 c. 9 S. 36: Similiter et vassos noster st
hoc non adimpleverit, beneficium et honorem perdat Et qui beneficium non
habuerit, bannum splvat (Cap. Lang. S. 37: Similiter et vassi dominici ipsum
exemplum exinde sustineant. Et qui suprascripto sacraraento sine perjurio
jurare neu potuerit, si beneficium habuerit aut actum, per ipsum perdat, et
si beneficium non habuerit, bannum dominicum solvat). Divisio imp. a. 806
c. 9 S. 1 42 : ut post nostrum ex hac mortalitate discessum homines unius-
cujusque eorum accipiant beneficia, unusquisque in regno domini sui, et non in
alterius; a. 817 c-9 S. 149: *rt post discessum nostrum uniuseujusque vasallus
tantum in potestate domini sui beneficium propter discordias evitandas habeat,
et non in alterius. Cap. Aqueo. & 807 c. 6. 7 S. 149: comites et vasalli nostri
qui beneficia habere videntur .,. . ut missi nostri per 'singulos pagos prae-
videre stadeant omnia beneficia quae nostri et aliorum homines habere videntur.
Cap. Bcmon. a. 807 c. 7 S. 173: De vasallis dominicis <jm adhuc intra casam
Ritt- Phil. Classe. VII M
00 GEORG WAITZ,
serviunt et tarnen beneficia habere noscuntur. Cap. Aquisgr. a. 807 c. 8 S. 174:
Vt non solum beneficia episooporum abbatom abbatissarum atque comitum
sive vasallorum nostrorum' . . . . describantur. Cap. a. 821 c. 4 S. 230: De
vassis noslris qui .... in longinquis regionibus sua habent beneficia. — Man
vgl. das Praeceptum pro Hispanis c. 6: Et si beneficium aliquod quisquam
eorum ab eo cui se commendavit fuerit jgonsecutus , sciatse de illo tale ob-
seqnium seniori suo exbibere debere quäle nostrates homines de simili beneficio
senioribus suis exbibere solent ; und die spätere Urkunde für dieselben!
Bouquet VI, S. 487 : qui se aut comitibus aut vassis nostris aut paribus suis
(vorher heisst es: vel etiam ad vassos comitum) se commendaverunt et ab
eis terras ad habitandum acceperunt, sub quali convenieotia atque conditione
acceperunt, tali eas in futurum et ipsi possideant et suae posteritati tlere-
linquant.
Die Stellen ergeben, dass ein Vassall nicht nolhwendjg Beneficium zu
haben brauchte, in manchen Fällen ein solches nicht hatte. Dagegen kann
nicht bezweifelt werden, dass wer damit bedacht ward die Commendation
leisten, sich in die Vassallität begeben musste l).
Roth erkennt die Commendation nur als Gewohnheit bei den Inhabern
königlicher Beneficien an, S. 385. 480, während sie offenbar mehr war als
das and allgemein bei allen galt. Er will diese Commendation ausserdem
unterscheiden von der welche die Vassallität begründete.
Aber das Einzige was. er anführt: es wäre sonst nicht erklärlich dass.
Bischöfe Äbte Grafen und Primores, die auch ßeneficiare waren, von den
Vassalli dominici ausdrücklich unterschieden wurden, trägt wepig aus. Denn was
wir finden ist nur dass in manchen Stellen die weltlichen pnd geistlichen
Beamten welche Beneficien haben und die Vassalien neben einander genannt wer-
den, jene als Beamte besonders aufgeführt, diese als die übrigen welche neben,
ihnen in Frage kommen2). Cap. Aquisgr. a. 812 c. 7 S. 174: Ut non solum
T"
1) So mit Recht schon Gourcy S. 225. Lezardidre II, S. 75. Guörard S. 530.
2) Primores werden nicht neben den andern genannt, sondern es heisst nur ein-»
mal V. Hludowici c. 50, Pertz SS. II, S. 644 ganz allgemein: Et praesentes
ü quidem Neustriae , prowaciae primores /Karqlo et manus dederunt et fidelitatem(
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VAS9ALLITÄT. 91
beneficia . episcoporum ab bat um abbatissarum atque comitum sive vasallorum
nostrorum , sed etiam nostri fisci describantur. Ann« Laurish. a. 799 , Pertz
SS. I,S. 38: inter fidel es suos, id est episcopos presbyteros comites et alios
vassos suos. V. Hludowici c. 3, Pertz SS. II, S.608: Ordinavit autem per
totam Aquilaniam comifes abbales necnon alios plurimos quos vassos vulgo
vocant. Ann. Bert. a. 837, Pertz SS. I, S.431 : episcopi abbates comites et vas-
salli dominici in merooratis locis beneficia habentes. In der einen Stelle heisst
es ausdrucklich: et alios vassos suos; Roth selbst (S. 586 n. 83) führt Bei«
spiele an wo ein Abt vassus genannt wird, und ich sehe durchaus nicht
warum er hinzusetzte »Und doch werden wir kaum annehmen dürfen dass
diese Geistlichen wirkliche vassi dominici gewesen seien«, noch weniger wie
er behaupten kann, »dass die königlichen Vassalien immer noch von den
übrigen . Commendierten unterschieden werden«. Wie seine ganze Ausein-
andersetzung hier unklar und schwankend ist, so komiht er aueb zu so un-
sicheren Aussprüchen wie der: »Es lässt sich wohl kaum unterscheiden, ob
sich die Commendation der Beneficiare äusserlich von der der Vassalien unter-
schied«. Diese Trennung ist eine blosse Fiction, die der Begründung in
den Quellen gänzlich entbehrt 1). Und so ist volles Gewicht auf die Stellen*
zu legen nach denen für jemanden welcher Beneficium empfangen oder be-
stätigt erhalten will die Commendation nothwendig ist.
sacramento obstrinxerunt. Hier umfasst das Wort beide Klassen zusammen.
Roth würde manchmal, wenn er die in den Noten citierten Stellen wirklich
mittheilte, seine Behauptung im Text selbst widerlegen.
1) Nicht anders oder wo möglich noch übler verhält es sich mit der Idee, man
habe darnach gestrebt, dass die Seniores, d. h. solche welche Vassalien unter
sich hatten , dem König persönlich den Fidelitfltseid leisteten ; wobei dann
freilich hinzugesetzt wird , es sei dies nicht rechtlich ausgesprochen worden,
sondern factisch dadurch erreicht dpss der grösste Theil der königlichen Bene-
ficien in der Hand der grossen Seniores war. Gewiss, wer jene hatte, musste
sich commendieren, d.h. auch: dem König persönlich Treue schwören; aber die
Commendation ist mehr als das, und von solchen besonderen Nebenabsichten,
wie sie Roth hier und sonst so oft annimmt, ist nichts zu merken. Ebenso
wenig von der Absicht die Zahl der Senioren auf möglichst wenige zu be-
schranken.
M2
92 GEORG WA1TZ,
Es kommen besonders mehrere Briefe des Einhard in Betracht. In 26
(ed. Teulet II, S, 38) bittet Einhard um Verwendung für einen Freund der
ein Beneficium vom Grossvater und Vater des Kaisers (Lothar} gehabt bat,
jetzt aber (wie der Zusammenhang ergiebt, da dieser eben gefolgt ist) krank
daniederliegt und nicht persönlich am Hofe erscheinen kann: »domnum im-
peratorem rogare dignemini , ut permittat se habere beneficium .... quousque
viribus receptis ad ejus praesentiam veneritac se solemni more couimendaverit«.
Epist. 27 (ebend. 8.40) scheint sich auf denselben Fall zu beziehen; der
für den gebeten wird heisst vassus dominicus: »postulat ul sibi liceat benefi-
cium suum habere, quod ei domnus Karolus imperator dedit .... usque dum
ille ad praesentiam ejus venerit ac se in manus ejus<iommendaverit«. Es
erscheint als Pflicht, als Bedingung für den Wiederempfang oder Fortbesitz
des Beneficiums, dass man sich dem neuen Herrn commendiert, d. h. durch
jene symbolische Handlung der Handreichung sich in das Verhältnis der Vas-
saüilat begiebt, und der Kaiser soll nur vorläufig davon dispensieren. —
Epist. 28 ist von dem Fall die Rede, wo wegen der bei der Reichstheilung
ausgesprochenen Grundsätze einer sein Gut »ultra Rhenum" verlieren soll; es
wird der Ausweg ergriffen dass sein Bruder »cum illo quod ultra Hrenum est
se ad N. (Hludowicum) commendet« und beide dann ihr gesammtes Beneficium
gemeinsam haben. Der bisherige Inhaber und sein Geschlecht werden hier
als Besitzer betrachtet die sich mit dem Gut dem neuen Herrn ergeben; dass
aber von diesem die Bestätigung ganz abhing, zeigt der Zusammenhang aufs
deutlichste. — In 52 aber (Teulet a. a. 0. S. 94) wird Lothar für einen Freund
gebeten: ut eum suscipere dignemini, et quando in vestras manus se com-
iqendaverit, aliquam consolationem ei faciatis de beneßciis quae hie in.nostra
vicinia absoluta et aperta esse noscunlur. Est enim bomo nebilis et bonae
fidei, bene quoque doetus ad servienduro utilius in quaiieumque negotio quod
et fuerR injunetum. Servivit enim avö et patri Vestfo fideliter dt strenue.
Nach 'den letzten Worten isl es möglich, wie Roth (SJ 428 n. 49) annimmt,
dass er Vassall Ludwig des Frommen und Karl des Grossen war. obschon
das z>servire« auch allgemeiner verstanden werfleq kann; aj>er ein Vassall
des Lothar war er jeden Wls nqcl^ nicht, wollte e3 < aber werden um ein
Beneficium zu erhalten. — Ebenso wichtig ist 53 (Teulet a. a. 0. • S. 96),
Ober die anfange der vassallität. 93
mir lückenhaft und deshalb nicht ganz klar; doch bat der Herausgeber wohl
den Zusammenhang richtig erkannt und auch im ganzen glücklich ergänzt
Einbard schreibt , wie es scheint , an den König Ludwig den Deutschen und
entschuldigt sich, dass er nicht vor ihm erschienen und den Eid geleistet, sich
vielmehr bei Lotbar eingefunden habe; es sei geschehen, weil er nicht gewusst
wie die Theilung ausfallen werde: [»increbuerjat enim fama, quod illa portio
erientaMum .... Francorum .... [in qua] parvum beneficium habeo ad regnum
domni Hl(otharii) pertinere debebat Nun ersuche er ihn dringend ihm das-
selbe zu lassen, [donec] a domno HL licentiara accepero ad vos veniendi et
in vestras [mannst me comra]endandi , si hoc ullatenus impetrare potuero.
Auch hier erscheint die Commendation als Bedingung für den Besitz des Be-
neficiums, und auch ein Abt, was damals Einhard zu St. Bavo war, sehen
wir, leistete sie um dasselbe zu erlangen: nur die persönliche Beziehung
zu Lotbar macht ihm ^ eine Schwierigkeit. Ich füge dem noch ep. 2 hinzu,
wo Einbard von einem Bebo schreibt: ego beneficium illi dedi de monasterio
S. Chlodowaldi propter hoc quod (so ist offenbar zu lesen, nicht qoi) mihi
bene serviebat. Sed postquam euro domno Hlothario eommendarvi, Hnpetravi
a domno imperatore, at ei eonfirmationetn faceret de eodem beneficio ad dies
vitae suae. !
Andere Stellen sind hiermit vdllig in Übereinstimmung1). Da Ludwig
der Fromme seinem Sohn Karl bestimmte Provinzen überträgt, heisst es,
Ann. Bert. a*S37, Pertz SS. I, S. 431: sicqne jubente imperatore in sui prae-
sentia episcopi abbates comites et vassalli dommici in memoratis locis bene-
ficia habentes Carolo se commendavernnt et fidelitatem sacramento firmaverunt.
Um die Beneficien zu bebalten, coftnaendieren sie sich; Wie hier bei einem
neuen König eine n^üe Commendation nöthig ist, nm das erhaltene Gut (oder
Affltyzü behalten, so findet sie auch statt, da einer von Karl dem Gr. die
Bestätigung einer von dem Sohn Ludwig in Aquitanien ertheilten Verleihung will.
,ii,.i ■■>'.. 1 •;*. .iä •. ■ *«
1) Hierher wird auch die Stelle geh örea welche sich in einer fälschlich dem Au-
gustin zugeschriebenen Predigt findet (angeführt bei Ducange s. v. beneficium,
ed. Henschel I, S. t?50): Not um est quod iflilftes saeculi beneficia temporalia a
lempor^libus dqnpinis accepturi, prius müitaribus saoramontis obligantüf et do-
minis suis fidem se servaturos profitenfer. Si« wird wohl aus dem 9. Jahrb. sein.
j i • i * *
94 ; ./GEORG WAITZ* 1 ;
Bouquet V, S. 778 : in manibus nostris se commendavit et petivit a nobis etc.
Nach Karls Tod sucht derselbe wieder die Bestätigung Ludwigs, ebend.
VI, S. 472: in manibus nostris se commendavit et petivit nobis sua eprir
sione >) etc. In einer Urkunde Karls für Le Alans, Bouquet V, S. 757, heisst
es von den durch den König zu Beneficien vergabten Kirchengütern, sie
sollen an das Bisthum zurückfallen: quando quisque de Ulis qui saepedictae
ecclesiae beneficia nostra largitate habent, de hoc seculo, infantibus masculis
non natis vel nobis non commendatis, migraverint. Der Mangel der Commen-
dation lässt das Gut verloren gehen.
Was Roth einwendet, dass auch gewöhnliche Untertbanen, fideles, im
Besitz von königlichen Beneficien sich befunden hätten, beweist nichts da-
gegen. Die Stellen die er anführt (8. 429 n 56) lassen durchaus nicht er-
kennen, dass die von denen die Rede ist keine Vassalien sind, wenn sie auch
hier nicht so bezeichnet werden 2). In mehreren werden allgemein Franken
Langobarden Sachsen wie anderswo Friesen als Inhaber von Beneficien ge-
nannt; in einer andern beisst es, Cap. a. 806 c. 6 S. 144: et comites et alii
homines qui nostra beneficia habere videntur, wo »homines« gerade sehr wohl
so viel wie Vassalien sein kann, am wenigsten diese ausschliesst; Cap. a. 806
c. 8 S. 145 aber zählt in einer Weise alle Inhaber königlicher Beneficien auf:
omnes episcopi abbales abbatissae obtimates comites seu domestici et cuncti
fideles qui beneficia regalia .... habere vide[n]tur, dass man deutlich sieht wie
es nur darauf ankommt alle die namhaft zu machen welche überhaupt Bene-
ficien haben konnten: dazu gehörten natürlich alle fideles; aber alle diese
konnten auch Vassalien sein, und brauchten nicht in jeder Stelle ausdrücklich
so genannt zu werden. Niemand wird, wenn es später heisst: alle Grafen
Ritter und andere Getreue welche Lehen haben, schliessen dass es Leute gebe
die Lehn haben ohne Vassalien zu sein. Gerade wenn sie dies sein roussten,
1) Dies Wort heisst nicht, wie Lezardiere II, S. 365 meint, geradezu beneficium,
sondern bezeichnet ein neu gerodetes Land, welches aber zugleich Beneficium
sein kann.
2) In der von Roth auch angeführten Stelle des Cap. a. 779 c. 8 S. 36 ist vollends
nicht von' gewöhnlichen Untertbanen, sondern von den Inhabern einer Immunität
neben dem Vassus dominicus die Rede.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. 95
war es am wenigsten noth sie jedesmal so zu bezeichnen, obschon es in den
meisten Fällen geschieht In den königlichen Urkunden werden die Inhaber
von Beneficien , wenn es nicht Grafen sind , meistens auch als Vasallen
benannt.
Roth sagt weiter: »Noch bezeichnender ist, dass auch solche Personen
die im Seniorat eines Untertbanen standen, Beneficien unmittelbar vom König
erhalten konnten «. Das ergeben aber die angefahrten Stellen keineswegs,
sondern nur, dass Leute anderer königliche Beneficien, d. h. königliches Gut
zu Beneficium, hatten. Cap. Aquen. a. 807 c. 7 S. 140: Volumus itaque atque
praecipirous , ut missi nostri per singulos pagos praevidere studeant omni«
beneficia quae nostri et aliörum homines habere ! videntur. Auf solche After-
verleihungen weist das Cap. a. 806 c. 7 S. 144 hin, das wohl die Übertragung
königlichen Beneficiums zu Eigenthum verbietet, aber nicht gegen ein Aus-
geben zu anderem Rechte spricht. Die Worte der ersten Stelle würden an
sich nicht fordern > dass diese neue Ertheilung auch wieder als Beneficium er»
folgte — sie konnte vielleicht auch unter anderm Titel geschehen ~-, aber es
hindert nichts anzunehmen dass eine solche jetzt wie später erlaubt war und vor-
kam. Und dass es geschah , zeigt ganz entschieden eine Urkunde Ludwig des
Frommen , Bouquet VI, S. 493 : quicumque ex largitione nostra vel comitum aut
vassorum nostrorum de rebus praefati monasterii beneficia habetis ; wo die
letzten natürlich von den Grafen und Vassen das ihnen von dem König er-
theilte Kirchengut weiter zu Beneficium empfangen hatten; vorher heisst es:
Noveril utilitas fidelium nostrorum, comitum videlicet et vassorum nostrorum,
vel quisquis beneficia ex raüone monasterii s. Michaelis habere videtur.
Eine andere Frage ist, ob die Commendation auch für diejenigen nöthig
war welche Ämter empfingen. Das Wort welches zur Bezeichnung des Amtes
regelmässig gebraucht wird ist honor. Cap. a. 779 c. 9 S. 36 und 37 , wo
der Fränkische Text sagt: beneficium et honorem perdat, der Langobardische :
si beneficium habuerit aut actum, per ipsum perdat. Vgl. die aus einem
handschriftlichen Chartular von Guörard (Irminon S. 529 n.) angeführte Stelle,
wo es von einem servus der vicarius ist heisst: honor ejus S. Petro remaneat.
Anderes hat Roth S. 432, angeführt, und zugleich bemerkt, dass seit der
Mitte des 9ten Jahrhunderts der Sprachgebrauch sich allerdings geändert, honor
1H> *; ;.J -GEORG WAITZ, J-ii >!.J
wesentlich die Bedeutung von beneficium erhalten bat. Aber ursprünglich
war «dies nicht der Fall x). Dass beides regelmässig verbänden "war/ unterliegt
freilich keinem Zweifel Ich muss auch gegen Roth (S. 430) daran festhalten
dass gewisse Beneficien eben zu dem Amt als solchem gehörten. Dafür
spricht dass ein und dasselbe Beneficium sich längere Zeit in der Hand der
sich in einem Gau folgenden Grafen befand (Roth S. 431 n. 67) , spricht
namentlich die Stelle des Cap. a. 817 c, 26 S. 218: Ut missi nostri, qui vel
episcopi vel abbates vel comites sunt, quamdiu prope stratn beneficium faerint,
nihil de aliorum eonjecto accipiant; postquam vero inde longe reces gerint, tunc
accipiant secundum quod in sua^tractoria continetur: hier wird offenbar vor-
ausgesetzt dass jeder Graf als solcher ein Beneficium hat*); bei dem Bischof
und Abt sind an die seinem Stift verliehenen königlichen Güter zu denken.
Wenn die Stelle fortfährt: Vassi vero nostri et ministeriales qui missi sunt
ubicumque venerint conjectum accipiant, so kann man dies nur so erklären
dass diese ihr Beneficium nicht um eines Amtes willen erhalten hatten und
deshalb auch nicht gehalten waren die Kosten amtlicher Thtttigkeit davon zu
tragen. Dass man später solche Güter welche mit dem Amt verbunden waren
von den anderen persönlichen Beneficien unterschied, ist begreiflieb, auch
•
zuzugeben, dass man dann vorzugsweise nur die letzteren als Beneficien be-
zeichnete, für die andern andere Ausdrücke suchte; Roth S. 431 n. 623).
Aber wie eng verbunden auch Amt und Beneficium sein mochten, zusammen-
fallen thaten sie vor der Mitte des Oten Jahrhunderts nicht; man unterschied
■ » H i ■ i ■ i ■ ■ ■ i ■ » 1 1 » » » <
i < i .
1) Weniger genau sagt Gu6rard, honor sei ein Beneficium mit Amt oder wenn
man wolle Amt mit Beneficium.
2) Die Grafschaft selbst wird in dieser Zeit niemand unter dem Ausdruck verstehen
wollen. ,
3) In einer der hier angeführten Stellen, eiaer Urkunde Ludwig des Fr., Bouq*et
VI, S. 509, steht neben einander: Land „de fi&co nostro quem W. in beneficium
habetu und „de fisco nostro quem Hr. comes in ministerium habet", wo dies aber
doch eigentlich nur ein Beneficium bezeichnet das mit dem Amt oder um des
Amtes willen gegeben ist. Ein wirklicher Gegensatz findet sich nur in der
Formel, Bouquet VI, & 446: comes ille ex comitatn *uo aut beneficio suo, wo
Jenes das mit der Grafstrhaft, dies das ausserdem verliehene1 Out bezeichnet. *
ÜBER DIB ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 97
vielmehr beide bestimmt von einander und führte sie neben einander auf;
s. vorher Cap. a. 779 c. 9. Cap. Bonon. a. 811 c. 5 S. 173: honorem suum
et beneficium perdat. Wenn also der Beamte als solcher sich hat com-
mendieren müssen , so ist es nicht geschehen weil sein Amt selbst als Bene-
ficium betrachtet und behandelt wurde iy
Dagegen dass jenes der Fall war würde die oben angeführte Stelle der
Ann. Bert, sprechen, wenn die Worte »in memoratis locis beneficia babentes«
sich nicht blos auf die vassalli dominici, die unmittelbar vorhergehe*, sondern
auch auf die weiter voranstehenden episcopi abbates und comites bezögen:
dies anzunehmen sind wir aber freilich nicht berechtigt Und anderswo
stehen allerdings die Inhaber der honores den Beneficiaren gleich. Nithard
DD, c. 2: der Herzog Bernhard schickt seinen Sohn zum König Karl, et, si
honores quos idem in Burgundia habuif eidem donare vellet, ut se Uli common«
daret, praecepit; ich glaube nicht dass es erlaubt ist »honores« hier schon
allgemein für 'Beneficien zu nehmen. Andere Stellen, die allgemein der Com-
mendation der Grossen erwähnen, lassen unbestimmt ob diese wegen Ämter oder
Beneficien stattfindet. V. Hludowici c. 59 : Et praesentes quidem Neustriae
provintiae primores Karolo et manns dederunt et fidelitatem sacramento obstrin-
xerunt, absentium autem quisque postea itidem fecit; vgl. die oben S. 75 an-
geführte Stelle vom Wala ebend. c. 21, auch c. 61. Nithard I, 6.8. Doch wird
wenigstens nirgends auf Beneficien ausdrücklich Bezug genommen. Merk-
würdig ist besonders eine spätere Stelle der Ann. Bert. a. 877 , Pertz SS. II,
S. 504, die hier noch erwähnt werden mag: et episcopi se suasque ecclesias
illi ad debitam defensionem et canonica privilegia sibi servanda commendave-
runt, profitentes secundum suum scire et posse juxta suum ministerium consilio
et auxilio illi fideles fore; abbates autem et regni primores ac vassalli regis
se illi commendaverunt et sacramentis secundum morem fidelitatem promiserunt.
Allerdings wird hier die Commendation der Bischöfe ihrem Inhalt nach noch
1) So sagen Eichhorn $.167, Phillips D.6. II, S.461. Dagegen auch Roth S. 432.
In der von Phillips angeführten Stelle der Ann. Bert. p. 839, Pertz SS. I, S. 434 :
Suorum quoque complures non solum proprietatibus, verum etiam beaefioiariis
donavit honoribns, steht das letzte schon für Beneficium im allgemeinen.
Hitt.-Philol. Classe. VII. N
98
GEORG WAITZ,
von der der übrigen unterschieden l); doch versprechen auch sie nach der
mitgetheilten Formel des Eides dem König Treue, »sicut episcopus recte
seniori suo debitor est«. Gerade auf Bischöfe beziehen sich dann andere
Zeugnisse , wo von Beneficien gar keine Rede ist. Rimbert lässt den Adelgar,
da dieser als sein Nachfolger anerkannt wird, zugleich per manus acceptionem
hominem regis fieri, V. Rimberti c. 21, oben S. 74; Karl der Kable sagt von
Wenilo von Sens, Conventus ap. Saponarias c. 1 S. 462: metropolis Seno~
num, quam Weniloni tunc clerico meo in capella mea mihi servienti,
qui more liberi clerici se mihi commendaverat et fidelitatem sacramento pro-
miserat , ad gubernandum commisi. In diesen Berichten stellt sich freilich
die Gommendation nicht gerade als ein durchaus notwendiges Erfordernis
dar; beim Wenilo scheint sie auch der Erlangung des Erzbisthums schon
geraume Zeit vorangegangen zu sein; immer zeigt sich aber dass sie auch
mit einem geistlichen Amte häufig verbunden ward2), dass bei einem neuen
König Geistliche und Weltliche sie aufs neue leisteten, ohne dass man den
i
Anlass dazu direct auf den Besitz von Beneficien zurückführen könnte.
Das gleich zu Anfang angeführte Beispiel des Tassilo lehrt, dass die
Gommendation schon vor Beginn der Karolingischen Zeit auch auf höhere
politische Verhältnisse angewandt ward : wir haben allerdings Grund anzunehmen
dass es damals das erste Mal war dass es geschah. Eben sie ist ohne Zweifel
gemeint, wenn es von dem König Bernhard von Italien beisst, Tbegan c. 13:
tradidit semet ipsum ei (K. Ludwig) ad procerem (andere Handschrift: ad
obsequium) et fidelitatem cum juramento promisit 3). Denn selbst die als
1) Wenn die Äbte den Weltlichen gleichgestellt werden, so hängt das damit zu»
sammen dass die Abteien gerade als Beneficien verliehen wurden, wie es das
Cap. a. 783 c.6 S. 46 ausdrücklich ausspricht: De rnonasteria et senodochia , qui
per diversos comites esse videntur, ut regales sint, et quicumque eos habere
voluerit, per beneficium dono regis habeant. Vgl. Roth S. 347.
2) Wenn Geistliche im J. 838 schreiben : et nos episcopi Deo consecrati non sumus
hujusmodi homines, ut sicut homines seculares in vassalatico nos debeamus
cuilibet commendare , so bezieht es sich nur auf die Commendation an andere
als den König, zu der sie nicht gehalten waren.
3) Thegan c. 22 sind die Worte: „et commendati sunt" von dem sich ergebenden
Bernhard mit seinen Freunden in der einen Classe der Handschriften das dem:
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 99
1
Könige eingesetzten Söhne bezeichnete K. Ludwig als seine Vassalien nach
V* Walae II, c. 17, Pertz SS. II, S. 563 : Mementote etiamquod mei vassalli
estis mihique cum juramento fidem firmastis. Ebenso findet die Sache bei
auswärtigen Fürsten Anwendung. Der König der Abodriten heisst vassns
Karl des Gr., Ann. Lauresh. a. 795, Pertz SS. I, S. 36; von dem Dänen
Harald wird gesagt, V. Hludowici c. 24: ad imperatorem Hluduicum confugium
fecit et juxta morem Francorum manibus illius se tradidit, vgl. Erm. Nigellus
IV, v. 601 sqq. (oben S. 75); ebenso von dem Herzog der Bretagne Salomon,
Ann. Bert. a. 863 : seque Uli (Karl dem K.) commendat et fidelitatem juraL
Und zwar wird die Commendation meist nicht allein auf die Person des Für-
sten , sondern auch auf sein Land bezogen. ' Bei der Wiederholung des Actes
bei Tassilo unter Karl dem Gr. sagt eine Quelle, Ann. Guelf. a. 787, a.a.O.
S. 43 : et reddit ei ipsam patriam cum baculo in cujus capite similitudo hominis
erat scultum; vgl. die Ann. Nazar. ebend.; nur scheint dieses Sinnbild sich
eher auf die herzogliche Gewalt als auf das Land bezogen zu haben. Von
dem König der Wilzen wird gesagt, Ann. Nazar. a. 789, ebend. S.44: ipsi
jam praefato regi illam patriam commendavit, ebenso von dem Herrscher
Barcelonas, Ann. Laur. a. 797 S. 182: domno regi semet ipsum cum civitate
commendavit. Die Hauptstelle aber ist die oben angeführte des Nigellus über
die Commendation des Harald:
Mox manibus junctis regi se tradidit nitro,
El secum regnum, quod sibi jure fuit.
»Suscipe, caesar, ait, me necnon regna subacta;
Sponte tuis memet confero servitiis«.
Es hat dies eine gewisse Verwandtschaft damit wenn einer sein Land
einem Herrn auftrug und es zum Niessbrauch oder Beneficium wiedererhielt;
und auch hei Commendationen von Untertbanen an den König findet sich ähnliches;
s. die Stelle aus der Epist. Einhardi 28: cum illo quod ultra Rhenum est se
ad N. commendat, wo das Gut aber vorher schon Beneficium gewesen zu
„et sese repraesentabant u der andern entsprechende; es durfte daher nicht
beides neben einander in den Text gesetzt werden. Es bezeichnet hier übri-
gens die Übergabe zur Bewachung wie c. 37. 48 (commendavit eum ad custo-
diendum).
N2
100 GEORG WAITZ,
sein scheint1). Doch bin ich zweifelhaft, ob man diesen Ausdruck (benefi-
cium) wirklich schon auf jene mehr politischen Verhältnisse anwenden darf.
Es beisst Ann. Laur. a. 748 S. 137: Tassilonem in ducatu Bajoariorum eon-
locavit per suum beneficium; bei Einhard a. 748 S. 138.: Grifo seien 12 Graf-
Schäften gegeben; sed ille tali beneficio contentus non erat. Man wird das
Wort hier vielleicht in der eigentlichen Bedeutung »Wohlthat« zu nehmen
haben.
Nicht weil ihr Land oder ihr Amt, Königlhum, Hereoglbum, Grafschaft,
ein Beneficium war, hatten sich die Genannten dem König zu commendieren ;
sondern die Commendation oder die durch diese begründete Vassallittbt war die
Form der persönlichen Verbindung und Ergebenheit, in die sich alle begeben
mussten, die unter dem König eine Stellung einnahmen, eines Vortheils
gemessen wollten, mochte dieser aus dem Besitz von Land oder einem Amt
entspringen. Es ist die Begründung und Betätigung besonderer Treue auf
die es in allen diesen Verhältnissen ankommt. Aber eben damit bat die
Vassallitöt eine Ausdehnung gewonnen weit über ihre ursprünglichen Grenzen
hinaus. Eine noch höhere Bedeutung erlangten diese Verhältnisse dann als sie
Anwendung fanden auf die Normannen, die sich innerhalb des Fränkischen
Reiches niederliessen und denen man grössere oder kleinere Landstriche über-
liess; zuerst schon im J. 877, Ann. Bert., Pertz SS. I; S. 496: ut primores
eorum ad illura venerint seque illi commendaverint et sacramenta qualia jussit
egerint etc. Nichts ist für die Fortbildung der Sache wichtiger geworden als
dies, aber es führt auch über die Grenzen hinaus welche dieser Untersuchung
gesteckt sind.
Bisher war von solchen die Rede welche Beneficien oder Ämter von
dem König erhalten hatten. Es fragt sich, wie es sich mit denen verhielt
welche Beneficien von Privaten, Kirchen oder Weltlichen, hatten. Auch von
1) Es bleibt zu untersuchen, inwiefern das Aufgeben der Freiheit und des Eigen-
tums arn Lande das die Sachsen vornahmen und das mit einer symbolischen
Handlung „manibus" geschah , hiermit zusammenhängt Ann. Laur. a. 776,
Pertz I, S. 156: reddiderunt patriam per wadium omaes manibus eoru«; a. 777
ebend. S. 158: secundum morem Worum omaem ingenuitatem etalodem manibus
dulgtum fecerunt, si amplius immolassent.
r.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 101
ihnen wird die CommendaÜon verlangt1). Concil. Tnron. a. 813 c. 45, 5t,
Sirmond, Concil. Gall. II, S. 305: Nam et nobis vieura est, praedictis heredibus
hanc dare optionem, ut, ei voluissent traditiones parentnm suorum conseqni,
rectoribus ecclesiarum se commendarent et hereditatem illam in benefi-
cium, nnde se adjuvare et sustentare possent, acciperent Ich entlehne diese
Stelle Lezaniiöre II, S. 375.
Es weist aber einiges darauf hin dass in Karolingischer Zeit alle
Freie, die überhaupt Land von einem andern Freien empfangen hatten, als
Vassalien betrachtet worden, also die Commendation zu leisten hatten. Darauf
fQhrt die Art und Weise wie in einseinen Urkunden dem Hofland (terra
indominicata) das zu Benefidum an Vassalien ausgegebene Land entgegenge-
fetzt wird. Pärard S. 22 : ein Graf Eccardus schenkt im J. 840 tarn ea quae
hos indominicata habemus quam etiam quae vasalJi nostri subter inserti de
«ledo in feeneficio videntur habere; solcher werden 11 aufgeführt; vgl. ebend.
S. 27 , wo es in einem andern Fell ganz ähnlich heisst. So wären die vassalli
casati (oben S. 73) zu erklären, die doch eben nur mit Land, mit einem Hofe
ausgestattete Vassalien sein können.
Dann ist es freilich nicht möglich in dieser Zeit einen so bestimmten Un-
terschied zwischen Vassallen und sogenannten freien Hintersassen festzuhalten;
wie Roth (6. 372 ff.) wffi. Auch ist die Verschiedenheit die er angiebt
(S. 375) in der That nur eine scheinbare: der Vassall sei eine persönliche
Verpflichtung eingegangen, und habe dann gewöhnlich, aber nicht nolhwendig,
ein Beneficium, der freie Hintersasse dagegen habe ein Gut zur eigenen Be-
bauung gegen Zins und andere Leistungen erbalten, und erst nachträglich sei
bei ihm eine persönliche Verpflichtung gegen den Senior gleichsam als Ac-
eessorium hinzugetreten. Nur so viel kann man zugeben, dass bei den Vassallen
die persönliche Verpflichtung die Hauptsache, das Wesentliche war, ein Besitz
1) Eine Stelle des Einhard, epist. 1, scheint zu zeigen, dass einer ein Beneficium
eines Privaten behalten konnte, auch wenn er der Vassall des Königs wurde.
Jener schreibt von dem Fall eines solchen „quondam hominis nostri, nunc
autem hominis domni Hlothariitf, und bittet dass ihm das bisherige Beneficium
gelassen werde , bis er ihm ein anderes „ ex largitate domiaorum nostrorum tt
geben könne.
102 GEORG WAITZ.
von Land zu Beneficium nicht erfordert wurde; dagegen ist, wenn bfei den
Besitzern fremden Landes überhaupt eine ausdrückliche persönliche Verpflich-
tung gegen den Herrn statthatte, diese nicht als Accessorium hinzugekommen,
sondern Bedingung der Landerlheilung gewesen; auch kann sie keinen andern
Charakter als die der Vassalien gehabt haben; von einer andern Art der
Treugelobung an Private als der Commendation ist nirgends die Rede x).
Wahrscheinlich hat man eine solche aber nie allgemein gefordert. In
den nieder» bäuerlichen Verhältnissen, von denen es sich da regelmässig
handelte, hatte es kaum einen Sinn die Handreichung und den Treueid in der
Weise eintreten zu lassen wie sie nun in den höchsten politischen Sphären
vorkamen: je mehr hier Vassallität und Beneficialverhältnisse zur Anwendung
kamen, desto mehr musste man die Aufforderung haben die gewöhnlichen
Landübertragungen gegen Zins von denen an angesehenere Personen zu unter-
scheiden und auf diese die Forderung einer Verpflichtung zu beschränken
welche ganz persönlich war und in eigentümlicher Weise zur Treue nöthigte.
Der Unterschied zeigt sich in Ausdrücken wie denen der Urkunde Arnulfs für
Corvei (Erhard, Reg. I, S. 27), wo die vassalli nobiles und inferioris conditionis .
unterschieden werden, von denen diese dieselben sind welche in älteren Urkunden
einfach homines terram ejus incolentes beissen (Roth S. 406), während in der
Urkunde K. Ludwigs für Kempten (Mon. B. XXVIII, S. 27) die tributarii ent-
gegenstehen den nobiliores personae de rebus memorati monasterii beneficia
haben tes, oder vassi vel casati homines neben einander stehen (Adalhardi stat.
Corb. H, 17, Guerard I, S. 431), oder anderswo zusammengestellt werden
(Bouquet VI, S. 563) homines eines Klosters qui beneficia habere sive super
ejus terras commanere videntur. In den Güterverzeichnissen der Zeit, z. B.
dem des Irminon von St. Germain, werden doch meist nur einzelne Freie als
Inhaber von Beneficien genannt, der Ausdruck vassalli wird hier vermieden.
1) Die Idee Roths S. 380, die eidliche Verpflichtung der freien Hintersassen and
der Vassalien möge sich in der Form vielleicht ebenso unterschieden haben wie
die der Unterthanen und Vassen des Königs , schwebt ganz in der Luft. Übri-
gens ergiebt Cap. a.805 c. 9 (oben S.78) schwerlich dass alle freien Hintersassen
den Eid leisten mussten, am wenigsten dass sie es als solche raussten. War
es der Fall, so kann es nur eine Folge der Commendation sein.
Ober die anfange der vassallität. 103
Man gewöhnte sich unter diesen eine höhere Classe als blosse Besitzer ab-
hängiger Hafen zu verstehen. Aber ursprünglich werden diese entschieden mit
begriffen; ja der Name ist, wie wir spater bemerken werden, eben von
ihnen ausgegangen.
Es hängt hiermit zusammen die Art und Weise wie der Ausdruck Be-
neficiam selbst gebraucht wird.
R#tb geht darauf aus genauer zwischen Beneficien und Precarien zu
unterscheiden (8. 433). Ursprünglich ist aber ein solcher Unterschied gar
nicht vorhanden; eine Verleihung allgemein zum Ususfructus, eine Verleihung
per precarium und eine ex beneficio, per beneficium, sind ganz und gar das-
selbe: oft genug werdeh alle drei Bezeichnungen bei einem und demselben
Act gebraucht, anderswo wechseln sie ohne dass irgend welche Verschiedenheit
nachzuweisen wäre; V. G. II, S. 196 n. i). Für die eigentliche Precarie gilt die
Vorschrift dass sie alle 5 Jahr erneuert werden soll, und Roth weiss am Ende
auch nichts anderes als eigentbümlich anzuführen 2), fügt dann aber selbst hinzu,
dass diese Vorschrift wieder keineswegs immer beobachtet wurde, dass namentlich
bei Auftraguhgen von Gut an Kirchen die Rückgabe desselben an den Schenker
als Precarie, auch wenn es durch anderes Kirchengut vermehrt ward, ge-
wöhnlich auf Lebenszeit erfolgte 3). Aber auch andere Fälle wo die Precarie
lebenslänglich ist lassen sich nachweisen; z.B. Bouquet VI, S. 477, wo K.
Ludwig einem Grafen Hartmann eine Precarie bestätigt, welche der Vorsteher
der Kirche, Von der jener sie empfangen hatte, nicht anerkennen wollte;
1) Vgl. Neugart I, S. 65: beneficium meura quod ego Ulis per precarium beneficiavi.
In den Tradd. Sang, heisst es regelmässig: per precariam in beneficium repre-
stare, oder: pro beneficio in censum represtare, aber auch S. 78 N. 41 : pro
beneficio in censum per hanc cartam precariam represtare, 8. 91 N. 60: in
censum vel in beneficium prestare; vgl. Meichelbeck I, N. 243 S. 140: in bene-
ficium et in censum accepit.
2) Ebenso sagt Jacobi in seiner Ausgabe des Anselminp* de Orto S. 48 n. nach
längerer Auseinandersetzung über die Natur der Precarien : discrimen fere nul-
luni , nisi quod quinquennio quoque renovandae erant , inter das et beneficia
fuisse videtur.
3) Guörard I , S. 569 hält diese sogar für die Regel. Die Frage nach dem Ver-
• hältnis der Precarien zu den Beneficien erörtert er nicht näher.
104 GEORG WAITZ,
Ludwig verfügt, dass er die Güter diebua vitae suae secture possidett and
davon einen Zins zahle. — Roth (S. 416 ff.} will ausserdem das Wesen des
Beneficiums im Geg ensatz gegen andere Arte» des Besitzes darin finden dass
die Dauer jenes zunächst und hauptsächlich bestimmt war durch die Lebens*
zeit des Verleihers. Allein das passt gar nicht auf die kirchlichen Beneficien,
die ersten und lange die wichtigsten von allen. Denn nicht der Vorsteher
der Kirche, der Bischof Abt oder wer es sonst sein mochte, war hier der
Eigentümer und demgemäss auch der Verleiher; wir finden nirgends dass
ein Wechsel in seiner Person eine Erneuerung der Verleihung notwendig
machte. Was Both sagt (S. 436): » es ist sehr wahrscheinlich dass sie
vom Thron- und Lebenfall abhingen a ist eine Behauptung ohne den mindesten
Beweis.
Einige Stellen der Karolingischen Zeit scheinen freilich doch einen
Unterschied zwischen Beneficien und Precarien vorauszusetzen. Bouquet V,
S. 749 : ut jam fatam villam nunquam praesumant alicui beneficio tribuere nee
per praecariam, ut fieri adsolet, praebere. EbendL VI, S. 559: quiequid inde
homines per precarias tenent vel quiequid per beneficium illius aliqiri adhuc
habent quiequid homines per precarias vel beneficia illius tenent Ebend.
VI, S. 580: cum omnibus quae per precarias aut per beneficia exinde homines
retinent. Gap. a. 853 c. 1 1 S. 420 : inSuper beneficia ecetesiastica vel prae-
starias .... praeeepta confirmationis nostrae ullo modo faciamus. Synodus
Verm. a.853 S.421 : nee beneficiario neque precaria jure distrahendam. Doch ist
es in diesen Stellen am Ende mehr auf eine vollständige Aufzählung aller den
Namen nach bekannten Ubertragungsarten als auf eine bestimmte Unterscheidung
derselben abgesehen. In den Güterverzeichnissen dieser Zeit stehen Besitzungen
in beneficio und in precaria neben einander, ohne dass eine rechtliche Ver-
schiedenheit derselben erkennbar wäre; z.B. Irminon XIV, 92: habet B. in
beneficio ; 93 : habet B. in precaria. Dem entspricht wohl die Bezeichnung im
Verzeichnis der Besitzungen von Weissen bürg, Pertz Legg. I, S. 177: De
Ulis clericis et laicis qui illorum proprietates donaverunt ad monasterium
et econtra reeeperunt ad usumfruetuarium , und: De beneficiariis qui de eodem
monasterio beneficium habere videntur. Hier aber liegt der Unterschied in
dem Ursprung des Verhältnisses, so dass die welche ihr Gut dem Kloster
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄIV 105
übertragen und zu Niessbrauch zurückerhalten haben denen gegenübergestellt
werden welchen ursprüngliches Klostergut verliehen ist. Jenes scheint dann
vorzugsweise Precarium, dies Beneficium genannt zu sein l). Aber ein all-
gemeiner und durchgehender Unterschied war es auch nicht 2).
Der Übergang aus dem einen Begriff in den andern zeigt sich namentlich
bei den Verleihungen von Kirchengut die unter Karlmann und Pippin statt*
fanden und die einen so bedeutenden Einfluss auf die Ausbildung der Beneficial-
verhältnisse erlangt haben.
In den Stellen wo zuerst von diesen Verleihungen die Rede ist werden
sie Precarien genannt, und es ist auch von einer Erneuerung, nur nicht gerade
einer fünfjährigen, die Rede. Karlomanni capit. Liptin. a. 743 c. 2 S. 18: Sta~
tuimus quoque . . . ut sub precario et censu aliquam pdrtem ecclesialis pecuniae
in adjutorium exercitus nostri ... aliquanto tempore retineamus, ea conditione
ut annis singulis de unaquaque carata solidus .... ad ecclesiam vel ad mona-
sterium reddatur, eo modo ut si moriatur ille cui pecunia commodata fuit
ecclesia cum propria pecunia revestita sit. Et iterum, si necessitas cogat ut
princeps jubeat, precarium renovetur et rescribatur novum. Vgl. Cap. a. 768
c. 11, Pertz II, 8.14: Ut omnes laici et seculares qui res ecclesiae tenent
precarias inde accipiant. Cap. a. 779 c. 13 S. 37: De rebus vero ecclesiarum
unde nunc census exeunt decima et nona cum ipso censu sit soluta ... Et
de precariis, ubi modo sunt renoventur, et ubi non sunt scribantur. Et sit
discretio inter precarias de jyerbo nostro factas et inter eas quae spontanes
voluntate de ipsis rebus ecclesiarum faciunt. Später aber werden diese Ver-
leihungen gerade als Beneficien bezeichnet. Cap. a. 794 c. 25 8. 73 : Ut
1) Damit stimmt es überein dass in manchen Urkunden über Precarien bei dem was
eitler über das geschenkte Gut hinaus erhält der Ausdruck gebraucht wird, er
habe es in beneficium erhalten ; s. z. B. die von Wyss herausgegebenen Ala-
mannischen Formeln N. 14. 15. Trad. Sang. S. 181 N. 108.
2) In den Gestis abb. Font. c. 15, Pertz SS. II, S. 291, werden die mansi welche in
beneficiis relaxati sunt (2120 an der Zahl) noch unterschieden von denen die
der Laienabt Wido aut regiis hominibus contradidit aut etiam sub usufructuario
aliis concessit. Jene sind die gewöhnlichen Zinsgüter im Gegensatz gegen die
quae ad usus proprios fratrumque stipendia pertinere videntur.
Hitt.-PhiLClaste. VII. 0
106 GEORG WAITZ,
decimas et nonas sive census omnes generaliter donent qüi debitores sunt
ex beoeficia et rebus ecclesiarum secundum priorura capitularura domni regis.
(Die Ausgabe führt ganz mit Recht das c. 13 des Capit. a. 779 an). Vgl.
Cap. excerpta c. 56 S. 101 : Ut ii qui per beneficium domni imperatoris
ecclesiasticas res babent decimam et nonam dare et ecclesiarum restaurationem
facere studeant. Edictum pro episcopis a. 800 S. 8 1 : Insuper nonas et decimas
vel census inproba cupiditate de ecclesiis, unde ipsa beneficia sunt, abstrahere
nitimini, et precariis de ipsis rebus , sicul a nobis dudum in nostro capitulare
institutum est, accipere neglegitis. Cap. Long. a. 802 c. 6 S. 104: Praecipimus
etiam comitibus et omnibus fidelibus domni imperatoris nostrique, ut quicumque
de rebus aecclesiae beneficia habent, pleniter nonas et decimas ad ipsas ec-
clesias donent absque ulla deminoratione aut dilatione, in quantum melius possunt;
et juxta possibilitatem quando necessitas exigit de opera ad ipsas ecclesias
restaurandas adjutorium faciant. Urk. Karls, Bouquet V, S. 757 : qui saepedictae
ecclesiae beneficia nostra largitione babent (vorher heisst es, sie sollen sie
haben: sub legitimo censu et nonas et decimas persolvendas seu restauraliones
ecclesiae faciendas). Ebend. S. 767: qui res sancti Gervasii beneficiario
munere possidebant .... nachher: qui eadem coenobia nostro beneficio tenent
.... quas fideles nostri nostra largitate habent. Vgl. den Brief Ludwig d. Fr.,
ebend. VI, S. 347: quidam vassalli nostri .... beneficia ex tuo episcopio habent
quae olim per precarias inde alienata fuerant; Urk. desselben, ebend. S. 487:
ut quicumque ex largitione nostra de terris praefatae ecclesiae beneficia habent
nonas et decimas annis singulis praedicto episcopo . . . dare non negligant, et
ad domos ipsius ecclesiae restaurandas unusquisque pro viribus suis adjutorium
ferre non differat; andere, ebend. S. 493: quicumque ex largitione nostra vel
coraitum aut vassorum nostrorum de rebus praefali monasterii beneficia habetis,
[ut] nonas et decimas annis singulis . . . dare non neglegatis et ad domos
ipsius ecclesiae restaurandas unusquisque pro viribus suis adjutorium ferre non
differat (s. über die Stelle oben S. 95). Diese werden als beneficia ecclesiarum
den beneficia imperatoris zur Seite gestellt; Cap. a. 803 c. 3 S. 122: Qui
beneficium domni imperatoris et aecclesiarum Dei habet, nihil exinde ducat in
suam hereditatem. Sie heissen auch wohl geradezu beneficia regalia; Cap.
a. 806 c. 8 S. 145: cuncli fideles qui beneficia regaJia tarn de rebus ecclesiae
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. 107
quamque et de reliquis habere vide[n]tur. Die solche Beneficia hatten waren
Vassallen des Königs: es ist nicht zu zweifeln dass sie ihm säromtlich die
Commendation geleistet haben mossten.
Überhaupt ist es wahrscheinlich dass man später als Beneficien die Land-
verleihungen unterschied mit denen eine Commendation verbunden war 1).
Wenn diese aber früher allgemein üblich gewesen zu sein scheint, so ist sie
in der Folge, wie wir oben sahen, mehr beschränkt worden.
Gegenstand des Beneficiums konnten übrigens sehr verschiedene Dinge
sein. Man bat nicht blos Landgüter, man hat auch Kirchen und Klöster zu
Beneficium. Cap. a. 783 c. 6 S. 46 : De monasteria et senodochia qui per J
diversos comites esse videntur, ut regales sint; et quicumque eas habere
voluerint, per beneficium dono regis babeant. Cap. a. 813 c. 1 S. 188: Et
infra Worum parrochias ecclesiae, cui necesse est, emendandi curam habeant.
Mitunter sind es Weltliche die solche geistliche Stifter zu Beneficium haben.
Bouquet VI, S. 553: qualiter quoddam monasterium .... cum Omnibus rebus
sibi juste competentibus per beneficium regum antecessorum nostrorum in
potestate comitum aliquandiu constitutum esse. Mitunter aber auch Geistliche
die sie vom König empfangen: Ansegisus die Klöster Flavigny und Luxeuil;
Gest. abb. Font. c. 17, Pertz SS. II, S. 293. Oder niedere Geistliche von
einem höheren: ein Priester Filiprandus, der mit dem Bischof Jacob von Lucca
Streit hat über eine Kirche, ejhält sie von diesem am Ende zu Beneficium; Brünett;
Cod. dipl. Tose. II, S. 333. Pfarrer des Klosters S. Germain haben ihre Kir-
chen nicht selten zu Beneficium; Guärard, Irminon I, S. 567. — Ein ander
Mal ist Gegenstand eines Beneficiums eine piscatio mit Zubehör und unter
diesem namentlich 32 familiae; Erhard Reg. bist. Westf. I, S.8. Ebenso maneipia;
Trad. Weiss. N. 60 S, 63. Lehrreich ist die Aufzählung dessen was zum Bene-
ficium eines Vassallen Herembertus gehörte2}, Bouquet VI, S. 587: beneficium
1) Insofern hat Gu&rard, Irminon II, S. 525 wohl das Richtige getroffen, wenn er
sagt: c'est que le bönäfice est une espöee d'usufruit qui met l'usufruüier dans
la dgpendance personelle du proprielaire; auquel il doit fid61it6, et dont il devient
Fhomme. Nur dass dies freilich nicht Folge blos des Empfangs von Beneficien,
sondern der damit verbundenen Commendation ist.
2) Ich führe hier die Stelle einer sehr merkwürdigen Urkundenformel an, Bouq.
V 0 2
i \
f-
/
/
r
'S,
A.-
i
rt
1
V
108 GEORG WAITZV
Heremberti, id est forestem illara quae G. dicitur cum duabus forestulis quae D.
et T. vocantur, cum aedificiis in eadem constructis quae brolius nominatur, nec-
non et Novam villam cum Omnibus ad se pertinentibus , id est , in M.
capellam unam cum omnibus ad se pertinentibus , et in C. dimidium mansura,
et in V. mansum unum et in C. et B. eos quos jumentarios dicunt cum red-
ditione census quem singulis annis solvere noscuntur, id est mel et ceram,
et in C. eos quos porcarios vocant et eos qui in illa ruba quae est contra
orientem manere noscuntur, necnon et illos qui super fluvium qui dicitur
Sartba consistere noscuntur, similiter et medietatem telonei quod de illo porto
annis singulis persolvitur.
Regelmässig sind es allerdings Freie welche Beneficien haben. Bouquet
V, S. 724: cum .... accolabus mancipiis litis libertis et beneficia ingenuorum.
Ebend. VI, S. 564: bomines ejusdem monasterii, sive liberi qui beneficia ex-
inde habere vel super ejus terras commanere noscuntur, sive coloni vel servi.
Es werden wohl selbst »nobiliores personae« als die regelmässigen Inhaber
der Beneficien genannt; Mon. B. XXVIII, S. 27. Doch kommen auch coloni
als solche vor; Guärard I, S. 566; ja Unfreie; Trad. Weiss. N. 58 S. 61.
N. 102 S. 106 (dieser ist aber freigelassen). Nach einer Urkunde, Meichelbeck
N. 251 S. 142, begiebt sich jemand »in servitium« um ein Beneficium zu erlangeu.
Erst allmählich haben sich diese Verhältnisse mehr geschieden, und die
Verbindung mit der Commendation oder Vassallitgt trug ohne Zweifel dazu
bei dass es geschab.
Der Empfang von Beneficium konnte dann die an sich schon dem Vas-
salien obliegenden Verpflichtungen vermehren. Man kann Roth nicht bei-
stimmen, wenn er behauptet (S. 429), dass das Beneficium allein keine posi-
tiven Verbindlichkeilen auferlegte. Die vorher angeführten Stellen der Urkunden
pro Hispaniß zeigen, dass solche tbeils bei Empfang der Beneficien ausdrücklich
VI, S. 648, wo es heisst: Servi vero forestarii tarn ecclesiastici quam fiscalini
de eorum mansis superioribus , de quorum beneficio sunt, rogas faciant. Sie
bezieht sich nur auf ein Beneficium das aus Hufen besteht zu denen wieder
andere von Knechten gehören. Jene heissen mansi superiores, wie in einer
Urk. von Le Hans VI, S. 631 villae seniores genannt werden, Ausdrücke die der
Abhandlung über die Deutsche Hufe S. 223 (47) nachgetragen zu werden verdienen.
>
\
\
\
S
ÜBER DIB ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 109
eingegangen werden konnten1), theils aber auch allgemein bestanden: sciat
se de illo tale obsequium seniori suo exhibere debere quäle nostrates homines
de simili beneficio senioribus suis exhibere solent.
Der Besitz von Beneficium war namentlich von Einfluss auf die Ver-
pflichtung zum Kriegsdienst im allgemeinen und insbesondere die der Vas-
salien 2). Das älteste Gesetz Karls welches davon handelt , vom J. 807, sagt
c. 1 S. 149: Inprimis quicumque beneficia habere videntur, omnes in hostem
veniant; daran reihen sich zunächst Bestimmungen über die Leistung des
Dienstes je nach der Grösse des Eigengutes (Quicumque liber mansos quinque
de proprietate habere videtur etc.) ; dann folgt c. 6 : De Frisionibus volumus,
ut comites et vassalli nostri qui beneficia habere videntur et caballarii omnes
generaliter ad - placitum nostrum veniant bene praeparati. * Ohne Zweifel
sind hier königliche Beneficien gemeint : der Inhaber solcher blieb damals
ohne Rücksieht auf die Grösse des Beneficiums verpflichtet den Dienst zu
leisten3). — Das spätere Capitulare de exercitu promovendo c. 1 S. 119
1) Ein Beispiel von beim Empfang eines Beneficiums gegebenen Versprechungen
ist die Urkunde bei Brunetti, Cod. diplom. Tose. II , S. 333: Proinde per hanc
cartulam reproinitto et manum meara facio (bezieht sich das auf die Commen-
dation?) ego qui supra Filiprando clerico tibi domno meo Jacobo episcopo, ut
ipsam ecclesiara S. Georgii, in quantum (quam?) me confirmasti, simul et ipsas
res ipsius ecclesiae, quas mihi dedisti, in Omnibus bene lavorare et meliorare
debeam, et tibi omnem consuetam de ipsa ecclesia facere et persolvere debeam,
et in omnibus tuam voluntatem et irnperationem usque ad possivilitatera meam
facere promitto. Et numquam abeam licentiam nee presumam ipsam Dei eccle-
sia m S. Georgii neque praefatas res desub potestate ipsius ecclesiae S. Georgii
vel vestra subtraere aut alienare neque contra vos causare aut agere presumam.
2) Die filtere Ansicht (noch Eichhorn $. 167), dass die Beneficien recht eigentlich'
gegen die Verpflichtung zu Kriegsdienst gegeben seien, bedarf freilich keiner
Widerlegung mehr. Sie ist jedenfalls durch Roth vollständig und für immer
abgethan.
3) Dies erkennt auch Roth S. 400 an , ohne davon nachher die nOthigen Conse-
quenzen ^u ziehen. Wenn er dort sagt: »Dagegen wurde bei Beneficien auf
den Umfang keine Rücksicht genommen, die Inhaber derselben orassten sämmt-
lich persönlich erscheinen", so ist es gewiss im Widerspruch damit wenn es
später S. 428 heisst : „Das Beneficium setzte ursprünglich überhaupt keine Lei-
"*
HO GEORG WA1TZ,
geht von dem Satze aus : Ut omnis über homo qui quatuor mansos vestitos
de proprio suo sive de alicujus beneficio habet ipse se praeparet et per se
in hostera pergat, sive cum seniore suo, si senior ejus perrexerit, sive cum
comite suo. Hier wird Beneficium und Eigengut sich gleichgestellt, und wenn
in den folgenden Sätzen, die von der Verpflichtung derer mit einem kleinen
Besitz, 3, 2 u.s.w. Mansen, handeln, nur von Eigengut die Rede ist, so darf
doch wohl angenommen werden dass auch hier Beneficium von gleicher
Grösse gleich behandelt werden soll. Aber die Frage ist, ob jedes Beneficium
oder nur das eines andern als des Königs. Nicht selten nimmt man das
erste an, und meint die Bestimmung des Cap. a. 807 sei durch diese Vor-
schrift aufgehoben oder verändert worden x). Allein die Worte lassen ebenso
gut, ja eher eine andere Auslegung zu: sie weisen zunächst auf Beneficien
privater Personen hin (sive de alicujus beneficio; sollte das königliche mit-
verstanden werden, wäre gewiss »de nostro« hinzugefügt}. Und damit ist
das spätere c. 5 vollständig in Übereinstimmung: De homioibus nostris et
episcoporum vel abbatum, qui vel beneficia, vel lalia propria habent ut ex
eis secundum jussionem in hostem bene possunt pergere. Die letzten Worte
beziehen sich, wie das »talia« zeigt, nur auf »propria«; dagegen sollen die
Mannen des Königs und der Kirchen, welche Beneficien haben, alle ausziehen
mit nur ganz bestimmten Ausnahmen. Wenn man auch Gewicht darauf legen
wollte dass hier von »homines« des Königs und der Kirchen die Bede sei,
würde wenigstens für diese der Besitz von Beneficien einen Unterschied in
der Dienstpflicht machen; es ist aber schon bemerkt, dass eben mit dem
Empfang von Beneficien wenigstens in dieser Zeit jemand zum Mann oder
Vassall des Verleihers werden musste. Hieran reibt sich dann die Vorschrift
des Cap. Bonon. c. 5 S. 173: Quicumque ex bis qui beneficium principis habent
parem suum contra hoates commones in exercitu pergentem dimiserit et cum
stung irgend einer Art voraus, nicht einmal die gewöhnlichen aller Unter-
thanen tt.
1) Roth S. 400: „Dagegen erstreckt sich jetzt die Bestimmung der niedersten Quote
auch auf die Beneficienu. Guärard S. 552 äussert sich unbestimmt, erklärt sich
nur dagegen dass nicht jeder der überhaupt von irgend jemand Beneficium
hatte, ohne Rücksicht auf die Grösse, ausziehen musste.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. Hl
eo ire vel stare noluerit, honorem suum et beneficium perdat1), die voraus-
setzt dass jeder solcher überhaupt in den Krieg ziehen musste. Ich führe noch
an das Ediclum de expeditione Corsicana c. 2 : Uli vero qui beneficia nostra
habent et foris manent volumus ut eant. Die Worte beziehen sich auf die
»homines« königlicher Vassalien, die unbedingt ziehen sollen wenn sie nicht
auf dem Eigengute der Herren wohnen (»in proprietate eorum manent « ist
der Gegensatz zu dem » foris manent«) und königliche Beneficien (königliches
Gut zu Beneficium} haben.
Cap. Aquisgr. a. 813 c. 20 S. 189 heisst es: Et si quis fidelibus suis (oder:
de fidelibus noslris) contra adversarium suum pugnam aut aliquod certamen
agere voluit et convocavit ad se aliquem de conparis suis ut ei adjutorium
praebuisset, et ille noluit et exinde neglegens permansit, ipsum beneficium
quod habuit auferatur ab eo et detur ei qui in stabilitate et fidelitate sua
permansit. Die Stelle lässt keinen Zweifel , was sich übrigens von selbst
versteht, dass* der Besitz des Beneficiums Treue voraussetzte; als Folge der
Treue wird der Beistand bezeichnet der hier geleistet werden soll; der Aus-
druck 7i conparis « weist aber darauf hin dass es sich bei demselben nicht um
die Verpflichtung der Empfänger gegen ihren Herrn, sondern der sich in
gleicher Lage befindlichen fidel es unter einander handelt , und es verdient
deshalb die Lesart der einen Handschrift (de fidelibus nostris) den Vorzug:
die Getreuen des Königs sollen sich unter einander Hülfe leisten; da aber
der Verlust des Beneficiums als Strafe auf die Übertretung dieser Vorschrift
gesetzt ist, so sind natürlich solche gemeint welche Beneficium haben , und
man darf wohl annehmen dass ihre Verpflichtung auch eben hierauf beruhte 2).
1) Roth S. 425 hat entschieden Unrecht wenn er sagt die Stelle beziehe sich auf
unkriegerisches Benehmen während der Schlacht; es heisst: et cum eo ire vel
slare noluerit. Das Verlassen nach dem Auszug wird noch harter bestraft als
das Wegbleiben selbst; wo in dieser Zeit allerdings nur die Strafe des Heer-
banns auch von dem Inhaber von Beneficien verwirkt ward.
2) S. über diese Stelle besonders Gu6rard S. 553 ff. Roth S. 426 sagt ohne Grund,
sie beziehe sich auf Unterlassung des Beistands in Fällen wo der Dienst des
Königs ausserhalb des Aufgebots dringend Beihülfe erforderte; es ist vielmehr
bestimmt davon die Rede dass einer der fideles gegen seinen Feind kämpfen
wollte und dazu die Hülfe seines Genossen in Anspruch nahm.
112 GEORG WAITZ,
Eine allgemeine Verpflichtung1 welche den Inhabern von Beneficien oblag
war die das Gut nicht zu verschlechtern, sondern in gutem Stand zu erhalten ja
zu verbessern. Pippini cap. Aquit. a. 768 c. 5, Pertz II, S. 14: Quicumque
noslrum beneficium habet, bene ibi iabore condirgat. Cap. a. 789 c. 19 S. 69:
Ut missi noslri provideant beneficia nostra quomodo sunt condirecta. Cap. a. 813
c. 4 S. 188: Ut hi qui beneficium nostrum habent bene iilud inraeliorare in omni
re studeant. Noch weniger durfte das Beneficium in Eigenthum verwandelt wer-
den: dass dies weder direcl noch auf Umwegen geschehe, daraufsind die Vor-
schriften Karls wiederholt gerichtet. Cap. Aquisgr. a. 802 c. 6 S. 9 1 : Der neue
Eid den alle dem Kaiser zu leisten haben verpflichtet auch : ut beneficium domni
imperatoris desertare nemo audeat, propriam suam exinde construere. Cap. a. 803
c. 3 S. 122: Qui beneficium domni imperatoris et aecclesiarum Dei habet, nihil
exinde ducat in suam hereditatem, ut ipsum beneficium deslruatur. Cap. Nium.
a. 806 c. 6. 7 S. 1 44 : Auditum habemus , qualiter et comites et alii homines
qui nostra beneficia habere videntur conparant sibi proprietates de ipso nostro
beneficio et faciant servire ad ipsas propriaetates servientes nostros de eorum
beneficia, et curtes nostras remanent desertas .... Audivimus, quod aliqui
reddunt beneficium nostrum ad aiios homines in proprietatem , et in ipso placito
dato pretio conparant ipsas res Herum in alode sibi; quod omnino cavendum
est. Dies galt natürlich gleichmttssig von königlichen Beneficien und andern.
Von einer bestimmten Art der kirchlichen Beneficien, die im weiteren
Sinn auch zu den königlichen gerechnet wurden, waren Abgaben zu ent-
richten, die decimae et nonae, und ausserdem mitunter auch ein weiterer
Zins. S. die vorher S. 105 angeführten Stellen. Ausserdem: Cap. a. 817, c. 5
S. 215: Et qui nonas et decimas dare neglexerit, primum quidem illas cum
lege sua restituat, et inmiper bannum nostrum solvat, ut ita castigatus caveat,
ne saepius iterando beneficium amitlat. Auch hier ist vorher von der wei-
teren Verpflichtung zur Herstellung der Kirchen beizutragen die Rede : ut
unusquisque eorum tantura inde accipiat ad operandum et restaurandum, quan-
tum ipse de rebus ecciesiarum habere cognoscitur. »Und dieselbe Vorschrift
wird öfter eingeschärft, an einer Stelle wie es scheint unbedingt . für alle
kirchlichen Beneficien. Cap. a. 813 c. 24 S. 190: Quicumque beneficium ec-
clesiaslicum habet, ad tecta ecclesiae restaurandam vel ipsas ecclesias omnino
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. 113
adjuvet. Vgl. Cap. Worin, a. 829 c. 5. 8. 9 S. 350. 351. Cap. Sparnac. a. 846
c. 63 S. 392. Eine grosse Anzahl von Urkunden nimmt hierauf Bezug, z. B.
Bouquet V, S. 769, wo es, nachdem die Leistungspflicht vorher im einzelnen
angegeben ist, zuletzt nochmals heisst: De bis autem omnibus praecipimus, ut
censum legitimum et nonas et decimas annis singulis partibus praescriptae
matris ecclesiae absque uila maritione vel dilatione reddere aut minoratione ple-
niter persolvere faciant; insuper restaurationes tarn in praefixa ecclesia quam
domibus juxta eam adjacentibus in teguminibus et restaurationibus , pro possi-
bilitate rerum quas in beneficium exinde possident, facere non negiigant, si
gratiam nostram et eadem beneficia unusquisque habere voluerit Qui
negligit causam ipsa perdant beneficia. Andere s. Bouquet V, S. 757.
VI, S. 347. 487. 493. 510. 553. 557. 582. 617. 618. 619. 627. 636 (N. 6 und 7).
666. Näher über den Charakter der Abgaben bandelt Roth S. 363 — 366.
Oft genug, ja regelmässig ward auch von andern Beneficien, namentlich
freilich wieder solchen die die Kirchen ausgaben und die man von Precarien
nicht unterschied, Zins gezahlt. Die Beispiele sind in jeder Traditionensamm-
lung so häutig dass es keiner besonderen Anführung bedarf.
Das Beneficium wird wohl auch für eine wirkliche Abhängigkeit gegeben.
Meichelbeck I, S. 142 N. 251: ipse enim U. se ipsum tradidit in servilium
Attonis ep. ... ad finem vitae suae ; in hoc enim ipsum beneficium acceperat,
ut fideliter in servitio . . . permansisset. Mitunter scheint das Verhältnis des
Inhabers eben als solchen schon als »servitium« bezeichnet zu werden. Trad.
Pat., Mon. Boic. XXVIII, 2, S. 23: ut ipse Tagadeo tocius (?) cum ipso bene-
fitiolo debuisset consistere in suum servitiura quam in ullius alterius. Vgl.
die oben S. 109 n. 1 angeführte Stelle aus Brunetti.
Wenn Roth zur Begründung seiner Behauptung, dass das Beneficium
an sich keine Verbindlichkeiten auferlegte, sich darauf beruft dass Personen
im Besitz von solchem waren die zu manchen Leistungen, namentlich krie-
gerischen, ungeeignet waren, niedere Geistliche, Mönche, Krauen, so kann
dies nichts erweisen: die Last war eine reale, und war ein einzelner Inhaber
durch Geschlecht Stand Alter oder andere Verhältnisse an der persönlichen
Leistung verhindert, so war das eine Ausnahme, die an der Regel nichts
ändern konnte; auch mussten dann ohne Zweifel die auf dem Beneficium
Hist.-Philol. Classe. VII. P
114 GEORG WAITZ,
wohnenden Leute der Pflicht soweit an ihnen lag Genüge thun; es war ein
Fall dem analog wo ein königlicher Vassall der im Pallast diente zurückblieb,
aber seine »vasalios casatos« mitziehen lassen musste. Indem Roth weiter sagt
(S. 435): » die Grafen, welche Beneficien von Kirchen und Klöstern tragen,
können doch unmöglich im Dienstverband zu denselben gedacht werden«,
vergisst er wohl, dass sie nach den Gesetzen und Urkunden gewiss ver-
pflichtet waren, die deciraae et nonae zu zahlen, bei den Arbeiten zur baulichen
Herstellung der Kirchen Hülfe zu leisten; was hätte denn hindern sollen dass
sie auch Beistand gegen feindliche Angriffe gewährten? Der ganz vereinzelte
Fall aber, da schon im 9ten Jahrhundert ein König ein Gut von einem Kloster
zu Beneficium empfangen hat (Roth S. 404 n. 64) , kann natürlich nichts für
die Auffassung der Sache im allgemeinen austragen.
Dies alles soll übrigens nur bemerkt sein um zu begründen, dass der
Empfang von Beneficium, der bei den Vassalien Regel war, die Verpflich-
tungen dieser wohl vermehren oder verstärken konnte x).
Auch sonst berührten sich beide Verhältnisse in mancher Beziehung.
Wie es Vassallen von Privaten und vom König gab, so ertheilten auch beide
Beneficien. Wie das Verhältnis der Vassallen regelmässig für die Lebenszeit
beider Betheiliglen galt und mit dem Tod des einen wie des andern gelöst ward
oder erneuert werden musste, so war es im ganzen auch mit der Ertheilung
der Beneficien der Fall. Diese gingen nicht auf die Erben über. Cap. a. 759
c. 9, wo der Nachfolger im Beneficium von den Verwandten des früheren
Inhabers verschieden ist. Cap. Tbeodon. a. 821 c. 9 S. 230: Volumus, ut
uxores defunetorum post obitum maritorum tertiam partem conlaborationis, quam
simui in beneficio conlaboraverunt, aeeipiant. Et de bis rebus quas is qui illud
beneficium babuit aliunde adduxit vel comparavit vel ei ab araicis suis conlatum
est, has volumus tarn ad orphanos defunetorum quam ad uxores eorum per-
venire. Dass die Ertheilung nur für die Lebenszeit des Verleihers galt und
nach seinem Tode eine neue Verleihung noth wendig war, die gewöhnlich,
1) Ich bemerke ausdrücklich, dass was hier angenommen wird natürlich etwas
wesentlich anderes ist, als wenn z. B. Philipps, D. G. I, S. 507, II, S. 456,
die Lehnstreue als ein stärkeres, bindenderes Verhältnis der persönlichen Hulde
gegenüberstellt.
Ober die anfange der vassallität. 115
aber doch nicht immer erfolgte, gilt freilich nicht von den kirchlichen Beneficien
(oben S. 104), aber wohl von anderen, wie schon die Bestimmungen der
Divisiones imperii a. 806 and 817 c. 9 zeigen, und ein Brief Einhards N. 28
(ed. Teulet II, S. 40) erläutert; vgl. die Urkunde K. Ludwig des Frommen,
Bouquet VI, S. 615: ut jam dicta villa .... diebus vitae nostrae beneficiario
munere in dominatione et gubernatione Aniani monasterii rectorumque illius
permaneat, und Roth S. 417.
Ausserdem konnte das Beneficium zur Strafe aus verschiedenen Gründen,
namentlich beim Bruch der Treue, entzogen werden, was hier im allgemeinen
keiner weiteren Ausführung bedarf1). Nur ein Fall ist hervorzuheben, der sich
darauf bezieht wenn jemand im Besitz einer Immunität oder als Vassall nicht
nach der darüber erlassenen gesetzlichen Vorschrift aus seinen Besitzungen
Räuber vor das Gericht des Grafen stellt. Cap. a. 779 c. 9 S. 36: Ut latrones
de infra inmunitatem Uli judicis ad comitum placita praesentetur, et qui hoc non
fecerit, beneficium et honorem perdat. Similiter et vassus noster, si hoc non
adimpleverit, beneficium et honorem perdat. — Nach einer andern Stelle hatte
aber der Inhaber von Beneficien auch eine Gerichtsbarkeit über die auf denselben
sesshaften Leute. Cap. a. 782 c. 7 S. 43 : Et si forsitan Francus aut Lango-
bardus habens beneficium juslitias facere noluerit, judex ille in cujus ministerio
manserit contradicat illi beneficium illum, interim quod ipse aut missus ejus
justitias faciant. Das »justitias facere« bezeichnet hier: als Inhaber einer
Gerichtsbarkeit Recht gewähren; unmittelbar vorher wird es von den ver-
schiedenen Beamten, Grafen Gastalden Schultbeissen, gesagt. Natürlich be-
zieht es sich nur auf königliche Beneficien.
So viel über die Verbindung der Beneficien mit der Vassallität.
Es kommt nun darauf an genauer den rechtlichen Charakter zu be-
stimmen den das Verhältnis der Vassalien an sich trägt
Roth in Übereinstimmung mit älteren Forschern 2) hält die Vassallität
1) Dass sie nicht ganz willkührlich entzogen werden konnten, belegt ausführlich,
sowie die meisten anderen hier hervorgehobenen Punkte, Lezardi&re II, S. 377 ff.
2) Es ist dies die gewöhnliche Ansicht der filteren Französischen und Deutschen
Gelehrten; die Commendation ist ihnen Eintritt ins Gefolge. Anders freilich
schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts der Franzose Garnier, nach
P2
116 GEORG WAITZ,
einfach für die alte Gefolgschaft: der vassus der Karolinger ist ihm der
antrustio der Merovingischen Zeit (S. 382), und wenn er darin mit mir einig
ist dieser sogenannte Privatgefolgschaften abzusprechen, so lässt er sie später
7> als Seniorat hervortreten" (S. 367). Ich muss dieser Auffassung entschieden
widersprechen. Insofern man nicht jede nähere Verbindung zwischen Freien
und dem König oder einem andern Freien als Gefolgschaft bezeichnet, sondern
das altgermanische Institut das wir so benennen in seiner Eigentümlichkeit
vor Augen hat, kann die Vassallität nicht als Forlsetzung oder Ableitung der-
selben bezeichnet werden. Die Gefolgschaft setzt ein regelmässiges Zusam-
menleben, Zusammenwohnen der Genossen und des Führers voraus, sie ist
ein Ehrenrecht germanischer Fürsten und Könige, ein Theil kann man sagen
der alten Verfassung. Dass sie jemals erweitert, auf andere übertragen sei,
ist an sich unwahrscheinlich, und durch nichts zu belegen. Bei den Vassallen,
welche regelmässig Land von ihren Herren empfangen, ist an sich an ein
Zusammenwohnen, wie es dort vorausgesetzt wird, nicht zu denken; nur
einzelne von jenen erscheinen in dem persönlichen Dienst des Herrn, aber
ein solcher ist keineswegs die Regel, die Grundlage des ganzen Verhält-
nisses1). Der königliche Vassus der späteren Zeit und der Antrustio sind
entschieden nicht dieselben; es ist keineswegs richtig dass sie alles bis auf
den Namen gemein hatten (Roth S. 382). Dies zeigt vor allem die Formel
der Urkunde durch welche die Aufnahme eines Antrustio erfolgte, Marc. I, 18.
Hier ist nicht von der Handreichung die Rede wie sie der Vassali bei seiner
Commendation zu leisten hatte, nicht von einem Einfluss den das Verhältnis
auf die rechtlichen Verhältnisse des Antrustionen hatte. Dieser schwört wie
der Vassall Treue, aber ausserdem »trustem«, eben Gefolgschaft, d. h. eine
dergestalt persönliche Verbindung dass er nun zur regelmässigen Umgebung
des Herrn gehörte. Der Antrustio erhält vom König einen Schutz,' eine
welchem die Klasse der Vassalien freilich auch die Gefolgsgenossen umfasst,
ausserdem aber „tous ceux qui s'&oienl recommandäs ä lui pour obtenir sa
protection44; s. die Stelle welche Naudet anführt, Mämoires de I'acadömie des
inscriptions VIII, S. 421 n.
1) Dies hat im ganzen auch schon richtig hervorgehoben Fürth, Ministerialen S. 27.
ÜBER DIE ANFANGE DER VASSALL1TÄT. 117
Hülfe1), aber diese hat einen ganz bestimmten Charakter: er geniesst eines
höheren Wergeides nnd wird damit aus den Reihen der übrigen Volksge-
nossen hervorgehoben ; dies ist für die Stellung des königlichen Gefolgsgenossen
das eigentlich Wesentliche und Charakteristische, and hei allen Deutschen
Stämmen kehrt es wieder. Ware der königliche Vassail ein Antrustio, so
würde es nothwendig auch bei ihm sich finden. Aber in den zahlreichen
Stellen der Capitularien die von demselben handeln ist davon nirgends die
Rede. Wenn Roth dennoch meint, die Vassen hätten wohl (!) wie die
Antrustionen ein dreifaches Wergeid gehabt und dafür wenigstens eine Stelle
anführt, so ist er in einem gänzlichen Mis Verständnis dieser befangen. Cap.
de exercitalibus c. 1 S. 169: Si quis super missum dominicura cum coilecta
et armis venerit et missaticum injunctum contradixerit aut contradicere voiuerit,
et hoc ei adprobatum fuerit quod se sciens contra missum dominicum ad
resistendum venisset, de vita componat, et si negaverit, cum 12 suis juralo-
ribus se idoneare studeat, et pro eo quod cum coilecta contra missum domini-
cum armatus venerit ad resistendum, bannum dominicum componat. Simili
modo domnus imperator de suis vassis judicavit Et si servus hoc fecerit,
discipiinae corporali subjaceat. Dies heisst nicht, wie Roth sagt, dass ein
Angriff auf die Vassallen dem auf den Missus gleichgesetzt ist, sondern um-
gekehrt, dass, wenn königliche Vassallen einen Missus angreifen, sie nicht
anders als andere Freie behandelt werden sollen. Könnte an sich in dem
ganzen Zusammenhang der Stelle darüber ein Zweifel sein, so würde er
durch die nachfolgende Bestimmung über die Behandlung der Knechte gänzlich
beseitigt werden. Dass der König aber etwas derartiges für seine Vassallen
ausdrücklich aussprach, ist nach dem was oben S. 85 über die rechtlichen
und gerichtlichen Verhältnisse derselben gesagt worden ist nicht auffallend.
Eine andere etwas spätere Stelle ist von der Lezardi&re (II, S. 396) für
jene Ansicht angeführt worden. Karoli Calvi capit. Carisiac. a. 877 c. 20
S. 540: et nullus bomines nostros sive alios depraedari audeat, et eorum
1) Die Worte: Rectum est ut qui nobis firiem pollicentur inlaesam nostro tueantur
auxilio, enthalten offenbar nicht etwas von dem höheren Wergeid verschiedenes,
sondern sind die allgemeine Ankündigung dessen was später folgt
118 GEORG WA1TZ,
qui nobiscum vadunt beneficia et villae sub immunitale raaneant. Quod si
aliquis praesumpserit , in triplo componat, sicut ille qui in truste dominico com-
mittit. Allein diese Worte enthalten offenbar nichts von einem dreifachen
Wergeid der Yassallen überhaupt, sondern sagen nur, dass es für die eintreten
soll die den König auf seinem Weg nach Italien begleiten, zu deren Gunsten
in diesem Capitular auch andere Bestimmungen getroffen werden. Wenn der
Vassall an sich schon das Recht des Antrustio gehabt hotte, hätte es gar
nicht erst einer solchen Anordnung bedurft. Die Stelle ist aber zugleich ein
Beweis dass das Institut der trustis, des Gefolges, nicht ganz vergessen war.
Ich erinnere hier an die Vorschrift des Cap. a. 779 c. 14 S. 37: De truste
faciendo nemo praesumat; vgl. Cap. a. 789 c. 15, II, S. 14: De truste non
faciendo. Die Auslegung welche sich zunächst darbietet, dass kein Gefolge
im eigentlichen und alten Sinn des Wortes gebildet werden soll, glaube ich
festhalten zu müssen. Wie aber kann dann die Vassallität mit der Gefolg-
schaft zusammenfallen? Wie wäre es auch denkbar, dass, wenn vassus oder
vassallus der jetzt dem alten antrustio entsprechende Name wäre, in den
Karolingischen Texten oder Handschriften der Volksrechle derselbe nirgends
an die Stelle des letztem getreten wäre, niemand das Bedürfnis einer Erläu-
terung oder Glosse gehabt hätte. Und, kann man weiter fragen, wie hätte
für den Gefolgsgenossen überhaupt ein Name aufkommen sollen der ursprüng-
lich den unfreien Diener bezeichnete?
Die Vassallität ist also nicht die Fortsetzung der alten Gefolgschaft; man
kann höchstens sagen, dass sie an die Stelle derselben getreten ist, sie mehr
und mehr verdrängt, in gewissem Sinne in sich aufgenommen, absorbiert hat.
Es bieten sich aber andere Verhältnisse dar deren Vergleichung dazu
dienen kann über den eigentlichen Charakter und die rechtliche Bedeutung
der Vassallität Aufschluss zu erhalten. Nach den oben gegebenen Nachwei-
sungen kann es nicht zweifelhaft sein, dass das »se commendare«, »se in
manus, per manus commendare«, etwas durchaus wesentliches ist für die
Begründung der Vassallität. Bei der Handlung Tassilos wird dies als das
Charakteristische hervorgehoben, in den Stellen der Gesetze und anderer
Denkmäler erscheint diese Commendation und die Begründung der Vassallität
als völlig gleichbedeutend. Eine solche Commendation kommt aber auch sonst
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. JI9
vor wo wir es zunächst nicht mit der Vassaliität zu thun zu haben scheinen,
wo aber ihre Bedeutung und ihre Folgen näher angegeben werden.
Einmal bei Geistlichen, namentlich bei Äbten. Diese commendieren sich
dem König sammt ihrem Kloster. Die Folge ist Aufnahme in den königlichen
Schutz, wie es genauer zu heissen pflegt , in die königliche Mundeburdis x)
([das königliche Mundium), und in Zusammenhang damit eine Begünstigung
namentlich in Beziehung auf gerichtliche Verhältnisse. Das Muster einer
«
Urkunde darüber giebt Form. Lindenbrog. N. 38 : Comperiai magnitudo seu
industria vestra, quod veniens venerabilis vir ille abba de monasterio sancti
Hl. tarn se quam et ipsum monasterium cum omnibus rebus suis ad nos se
plenius commendavit, et nos postea gratante animo ipsum venerabilem virum
illum abbatem cum ipso monasterio vel hominibus suis et omnes causas suas
amabiliter sub nostro recipimus mundeburde vel defensione. Ideoque salutantes
magnitudinem seu industriam vestram, vobis omnino per has litteras rogamus
atque praecipimus, ut nullus ex vobis jam dictum venerabilem abbatem vel
ipsum monasterium nee homines nee res suas, quas ad praesens habere videtur
vel in antea Christo propitio per bonis hominibus ibidem conlatum fuerit, nullus
inquietare nee condemnare vel aliquid de rebus suis minuare omnino praesumat;
sed cum Dei gratia et nostro mundeburdo vel defensione tarn eum quam suos
homines residere cum quiele sinatis. Et si aliquae causae adversus ipsum
abbatem vel monasterium ipsius seu homines ejus fuerint quae in pago absque
suo iniquo dispendio recte definitae non fuerint, eas usque ante nos omnimodis
fiant suspensas vel reservatas, et postea ante nos per legem et justitiam
finitivara aeeipiant sententiam. — In mehreren Urkunden wird noch bestimmter
der Ausdruck gebraucht »in manu se commendare«; Bouquet V, S. 698:
semet ipsum et illam congregationem ... in manu nostra plenius commendavit;
VI, S. 485: propter ejus (des Klosters) defensionem vel propter pravorum
ho min um illicitas infestationes in manu ejusdem d. imperatoris una cum monachis
ibi degentibus se commendavit. In einer anderen , Bouquet V, S. 704 , tritt
1) Dass die trustis selbst nichts sei, als die mundeburdis ist eine Behauptung von
Guörard, Irminon S. 518 ff., die aller Begründung entbehrt. Lehuerou, Inst.
Carol. p. 134, unterscheidet beide, behauptet - aber wieder ohne Grund, die
Gefolgsgenossen oder Antrustionen hatten sich auch im Mundium befunden.
120 GEORG WAITZ,
an die Stelle der mundeburdis des Königs (Tippin) die seines Sohnes (Karl),
von dem es dann heisst: qui causas ipsius abbalis vel monasterii habet re-
ceptas; und ebenso wird schon Marc. I, 24 die Mundeburdis des Major domus
gegeben und hinzugefügt: ut sub ipso vfro illo inlustris vir ille causas ipsius
pontificis aut abbatis vel ecclesiae aut monasterii .... tarn in pago quam in
palatio nostro persequi deberet. Überall also wird zunächst ein Einfluss auf
die Behandlung der Rechtssachen hervorgehoben. Ich führe noch die Worte
an die in dem Schutzbrief Karl Martells für Bonifaz gebraucht werden:
Brequigny II ; S. 344: sub nostro mundeburdo et defensione quietus vel con-
servatus esse debeat, ea ratione ut justitiam reddat et justitiam faciat et
accipiat. Et si aliqua causatio vel necessitas ei advenerit quae per legem
definiri non potuerit, usque ante nos quietus et conservatus esse debeat, tarn
ipse quam qui per ipsum reclamare se et sperare videntur, ut ei nemo aliquam
contrarietatem vel damnationem adversus eum facere praesumat, sed omni
tempore sub nostro mundeburdo vel defensione quietus vel conservatus resi-
dere debeat Vgl. Urk. Karls für den Presbyter Arnald, Cod. tradd. Sang. S.3S:
Et si aliquas causas adversus ipso Arnaldo presbytero seu milio (so ist statt
»initio« zu lesen} dicti hominis, qui per ipsum sperare noscuntur, surrexerint
aut ortas fuerint, quas in pago diffinire non potueritis, usque ante nos sint
suspensas vel reservatas, qualinus ibi secundum legem finitivara accipiant
sentenliam. Auf dasselbe Verhältnis bezieht sich auch Form. Baluz. 5, wo
aber die Ausdrücke etwas anders sind: der König sagt von dem der den
Schutz verlangt: nostra eommendatione expetivit habere, und von sich: no9
ipso gratante animo recepimus vel retinemus. Die Folgen sind aber ganz
dieselben wie in den andern Fällen. — Später kommt zu dem Schutz regel-
mässig die Immunität hinzu1); sie wird aber ausdrücklich erwähnt. Bouquet
V, S. 704: sub sermone tuitionis nostrae vel emunitatibus. Würtemb. Ur-
kundenbuch N. 71 S. 79 (v. J. 814): sub sermone nostra defensione atque
1] Sie fehlt noch wie Bouq. V, S. 698 auch ebend. S. 755. Dagegen findet nur
sie sich, wenn das Kloster nicht commendiert, sondern dem Kaiser delegiert wird
(in manibus nostris visus est delegasse), ebend. S. 751. 762. In dem letztern
Fall geht es in das Eigenthum (sub nostra dominatione) über und erhält das
Recht des Fiscalgutes.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 121
sub emunitatis nomine. Sie kann wohl nicht als eine blosse Anwendung, als
ein Ausfluss des Schutzes betrachtet werden l).
Auch in den Gesetzen ist von Kirchen und Klöstern in solchem Schutz
mehrmals die Rede. Pippini cap. Langob. c. 3 S. 42 : Monasteria virorum et
puellarum tarn quae in mundio palatii esse noscuntur vel etiam in mundio
episcopale seu et de reiiquis hominibus esse inveniuntur, distringat unusquisque
in cujus mundio sunt ut regulariter vivant. Cap. a. 823 c. 5 S. 237: De ec~
clesiis et monasteria et senodochia quae ad mundio palatii pertine[n]t aut pertinere
debent, ut unusquisque justitiam dominorum nostrorum regum et eorum rectum
consentiat. Die erste Steile zeigt, dass aber auch ein Mundium anderer Per«
sonen für dieselben eintreten konnte.
Aber in dem Mundium des Königs befanden sich noch andere als Geist-
liche. Es heisst allgemein Cap. a. 802 c. 52 S. 101: Ut ii qui in mundeburde
domni imperaloris sunt pacem et defensionem ab omnibus habeant.
Wir besitzen ein Zeugnis über eine eigentbümliche Anwendung welche
die Sache erhalten hat. Die Formel einer Urkunde Ludwig des Frommen,
Bouquet VI, S. 651, bezieht sieb auf einen Juden, den Hebraeus Abraham,
der den königlichen Schutz erhält. Da heisst es gerade wie sonst etwa bei
einem Abt: ad nostram veniens praesentiara in manibus nostris se commendavit,
et eum sub securitate tuitionis reeepimus ac retinemus. Die Folge ist auch
hier einmal ein besonderer Rechtsschutz, eine begünstigte Stellung bei Rechts-
streitigkeiten, und die Ausdrücke sind fast ganz dieselben wie bei Kirchen
und Klöstern: Quod si etiam aliquae causae ad versus eum vel homines suos
qui per eum legibus servire videntur surrexerint vel ortae fuerint, quae absque
gravi et iniquo dispendio infra patriam detiniri non possent, usque ad prae-
sentiam nostram sint suspensae vel conservatae, quatenus ibi seeundum legem
finitivam aeeipiant sententiam. Dazu kommt eine Freiheit von Abgaben (Im-
munität} und ausserdem mehreres was sich auf die besonderen Verhältnisse
des Juden bezieht. — Ebenso ist in andern Urkunden derselben Sammlung
1) Dass die Immunität und besonders die Gerichtsbarkeit ein „annexe" des Mundium
sei, wie Lehuerou S.252 sagt, hat wohl eine gewisse Wahrheit, wird aber doch
von ihm zu weit ausgedehnt.
Htst.-Phil.Classe. VII. Q
122 GEORG WAITZ,
(Nr. 3t. 32. 33. 35. 36. 37) von der Aufnahme in den königlichen Schutz
(defensio, oder securitas tuitionis ac defensionis, oder blos securitas tuitionis)
die Rede; zum Theil beziehen sie sich ebenfalls auf Juden oder Kaufleute,
ausserdem aber auch auf andere Personen, eine auf eine Frau; in der letzten
wird ausdrücklich die mundeburdis genannt, in den meisten mit denselben
Worten wie sie vorher angeführt sind der rechtlichen Stellung gedacht, da-
gegen nicht von einer Commendation gesprochen. Dies ist wieder, nur in'
anderer Wendung als gewöhnlich, der Fall in einer Formel die eine allge-
meine Anwendung zulässt, Lindenbr. N. 177: Cognoscatis, quod iste praesens
ille ad nos venit et nostram commendalionem expetivit habere, et nos ipsum
gratanli animo recepimus vel retinemus. Propterea omnibus vel rogamus atque
jubemus, ut neque vos neque juniores neque successores vestri ipsum vel
homines suos, qui ad ipsum legitime spectare videntur, inquietare nee con-
demnare nee de rebus suis in ullo abstrahere nee dismannire praesumatis nee
facere praeeipiatis. Et si talis causa ad versus eum surrexerit aut orta fuerit
et ibidem absque eorum iniquo dispendio minime difinita fuerit .... talis
causa ante nos finitivam aeeipiat sententiam.
An sich scheinen diese Verhältnisse und die Vassallität weit von ein-
ander abzuliegen. Aber doch wohl nicht weiter als der Bischof Bonifaz, der
Schützling Karl Mortells, entfernt stand von dem Schutzjuden oder der hilfs-
bedürftigen Frau die das Mundium des Königs aufsuchte. Und wenigstens
die Verhältnisse dieser werden ganz mit denselben Ausdrücken bezeichnet.
Wir haben leider keine Urkunde oder Formel über die Reception eines könig-
lichen Vassalien. Ich zweifle nicht, sie würde in den Ausdrücken die grösste
Ähnlichkeit mit denen bieten die hier zuletzt in Betracht gezogen worden
sind. Der Vassall wie der Abt oder Jude commendiert sich dem König »per
manus, in manus«. Gerade bei jenen wissen wir dass der Ausdruck eine
bestimmte Handlung, die Handreichung, bezeichnet Die Hand aber ist das
Symbol der Gewalt überhaupt, des Mundiums insbesondere; »munt« scheint
ursprünglich Hand zu bedeuten; Grimm, Rechtsalt. S. 138. Und auch sonst
zeigt sich eine durchgehende Übereinstimmung. Was der königliche Vassall
vor andern voraus hat ist eben auch eine begünstigte Lage in Beziehung
auf seine gerichtlichen Verhältnisse: seine Sachen sollen vor andern erledigt,
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 123
sie können an den König gebracht werden (s. oben S. 85) : eben das was
die Aufnahme in das Mundram zur Folge bat.
Von Freien die sich einem geistlichen Stift unterwerfen , diesem ihr Gut
übertragen und es etwa nur als Beneficium zurückempfangen, wird auch der
Ausdruck »se commendare« gebraucht. Trad. Lunael. S. 27: Tassilo beur-
kundet, dass er dem W.Erlaubnis gegeben, se ipsum commendare .... ad
cenobium istum etc. Neugart I, S. 12: ubi mihi plenius commendo. Es mag
dahin gestellt bleiben, ob auch dies ein »in manus commendare« war und also
förmliche Vassallität begründete. Aber es erinnert daran dass auch sonst
die Freien welche Land von einem andern haben allgemein als seine Vas-
sallen bezeichnet werden; s. oben S. 101. Und hierhin gehören dann weiter
die Stellen wo von solchen die Rede ist »qui in mundeburde monasterii«, die
munborati oder mundiliones heissen (\. G. II, S. 171 n., die Urkunde für Görtz
bei Calmet I, S. 282. 283).
Das ist jedenfalls den auf der Aufnahme in das Mundium beruhenden
Verhältnissen eigen, dass sie so gut bei Privaten wie beim König vorkommen.
Das königliche Mundium reicht weiter, hat factisch grössere Bedeutung, aber
es unterscheidet sich rechtlich nicht von dem einer Kirche oder eines freien
Mannes L).
1) Gegen die von mir Verf. G. II, S. 170 n. ausgesprochene Behauptung, dass nicht
die natürliche Familiengewalt des Vaters über den Sohn (der man allenfalls die
des Herrn über den Knecht vergleichen kann), sondern nur die diese ersetzende,
ihr nachgebildete, Mundium heisse, haben Walter, Rechtsgeschichte §.474 n. 4,
und Hildebrand, Lehrbuch der D. St. und R. G. §.49, Widerspruch erhoben.
Ich kann meine Ansicht aber durch die angeführten Stellen nicht für widerlegt
halten. L. Alam. Hloth. LI, 3: Wenn jemand eine Frau raubt und Kinder von
ihr hat: non sint Uli qui eos genuit, sed ad illum pristinum maritum mundio
pertineat; hier ist das Mundium des ersten Gatten eben nicht die natürliche
väterliche Gewalt; ebend. LIV, 2: antequam illius mundium aput patrem ad-
quirat, bezeichnet es die von dem Mann erworbene Gewalt, die natürlich,
Mundium heisst. Edict. Rotharis c. 199: Si pater filiam aut frater sororem suam
ad maritum dederit, et contigerit casus ut ille maritus moriatur et pater aut
frater ejus mundium liveraverit, ist es die von dem Mann an den Vater zurück-
fallende, also nun ebenfalls nicht mehr ursprüngliche und natürliche Gewalt.
Q2
124 GEORG WAITZ,
Man wird nicht sagen können dass die Vassallität in der Zeit ihrer
vollen Ausbildung ganz zusammenfiel mit der Aufnahme in das Mundium 1).
In Karolingischer Zeit unterschied man wohl: »se commendare in vassatico«
und »se commendare in mundeburde«. Aber beides ruhte offenbar auf der-
selben Grundlage; das erste ist nur eine besondere Anwendung oder Ab-
zweigung von diesem. Der nahe Zusammenhang von beiden zeigt sich auch
darin wie noch später die Commendation der Bischöfe an den König der der
weltlichen Grossen an die Seite gestellt wird. Die oben S. 97 angeführte
Stelle der Ann. Bert. a. 877 S. 304 ergiebt, dass jene zunächst auf die Er-
Bedeutender erscheinen ebend. c. 195 — 197, wo es wiederholt heisst: Si quis
mundium de puella libera aul mulierem potestatem habens, excepto patre aut
fratre etc. Aber da doch zunächst nicht von der Gewalt des Vaters die Rede
ist, sondern nur hinweisend auf diese wie auf das Mundium des Bruders Rück-
sicht genommen wird, so konnte wohl ein solcher Ausdruck gebraucht werden,
ohne dass daraus folgt dass wirklich die väterliche Gewalt ursprünglich als
Mundium betrachtet und bezeichnet ward. Die Stelle ebend. c. 186, nach der
eine Frau, der Gewalt angethan und die wider ihren Willen zur Ehe gezwun-
gen, das Recht erhält zu wählen, qui mundium ejus in potestatem debeat habere,
und wo unter denen die sie wählen kann auch der Vater neben Brüdern Oheimen
und dem König genannt wird, scheint mir nur zu bestätigen, dass eine so
begründete Gewalt, auch wenn der Vater sie erhält, dem Begriff nach noch
verschieden gedacht wird von der natürlichen des Vaters, die durch die Heirath
gelöst war, obgleich es bei dieser zu keiner rechtlichen Erwerbung des Mun-
diums gekommen: jene war zerstört und konnte nicht wieder hergestellt
werden, der Vater stand nun nur den andern Verwandten gleich: er war,
wenn er gewählt ward, rechtlich nicht mehr Vater, sondern eben Mundwald.
1) Wenn Gudrard, Irminon I, S. 522, meint, das Praeceptum pro Hispanis bewiese
die Verschiedenheit des mundium (der protection) und des vassaticum, so kann
ich dem doch nur theilweise beistimmen. Einmal ist kaum von einer speciellen
Aufnahme in das königliche Mundium die Rede, wenn K.Ludwig allgemein sagt:
sub protectione et defensione nostra receptos in libertate conservare decrevi-
mus. Dann aber scheint mir der Umstand dass der Kaiser ihnen ausdrücklich
die Erlaubnis (licentiam) giebt, ut se in vassaticum comitibus nostris more solito
commendent, mehr für eine ursprüngliche Gleichheit als für eine Verschieden-
heit dieser Verhältnisse zu sprechen.
Ober die anfange der vassallität. 125
langung des königlichen Schutzes gerichtet war; und die erhaltene Formel
derselben bestätigt dies vollkommen : Me ac ecclesiam mihi commissam vobis
commendo ad debitam legem et justitiam conservandam et defensionem exhi-
bendam, sicut rex episcopis ecclesiae suae justo judicio censervare et exhibere
debet. Doch schloss sich daran auch die professio (eidliche Versicherung):
Ego ille ipse sie profiteor: De ista die et deineeps isti seniori et regi meo
Ludovico .... seeundum meum scire et posse et meum ministerium auxilio et
consilio fidelis et adjutor ero, sicut episcopus recte seniori suo debitor est,
in mea fide et meo sacerdotio. Das ist keine Commendation in die Vassallität,
aber sie steht ihr zur Seite, ist für den Bischof dasselbe was jene für die
weltlichen Grossen, wie es scheint auch für die Abte war.
Der Ausdruck »vassaticus« (-cum) ist ein späterer, von »vassus« abge-
leitet So ist auch der Abt genannt worden der sich commendiert hatte (s.
oben S. 91); meist aber behielt man bei den Geistlichen die Bezeichnung bei,
welche das rechtliche Verhältnis ursprünglich ausdrückte, welche aber sonst
in späterer Zeit nur für mehr untergeordnete Verhältnisse gebraucht wurde:
sie seien ins Mundium eingetreten. Vielleicht dass ursprünglich »vassaticus«
deshalb auf sie weniger anwendbar erschien, weil das zu Grunde liegende
»vassus« eigentlich den unfreien Diener bezeichnete, während, wie es manch-
mal geschehen ist, das Wort später dergestalt an Ansehn und Bedeutung
gewann, dass es nun gerade vorzugsweise auf höher gestellte, in einer
solchen persönlichen Verbindung stehende Personen Anwendung fand.
Man hat Gewicht darauf gelegt (Roth S. 367), dass das Wort »vassus«
besonders erst in Karolingischer Zeit diese Bedeutung erhielt. Doch werden
Vassen des Königs wenigstens in 6iner älteren Stelle erwähnt; Lex Bajuv. II,
15, 1: Qui infra illum comitatum manent, sive regis vassi sive ducis, omnes
ad placitum veniant; Vassen eines Herzogs oder Grafen in der entsprechenden
der Lex Alamann. Chlotharii1) XXXVI, 4: qualiscumque persona sit, aut vassus
ducis aut comitis aut qualis persone, nemo neglegat ad ipsum placitum venire.
1) Durch die Ausgabe von Merkel sind die Bedenken welche Roth S. 369 n. gegen
das Alter dieser Stelle geltend machen wollte beseitigt, sie werden nun auch
für die entsprechende Stelle der Lex Bajuv. keine Bedeutung haben.
126 GEORG WA1TZ,
Die Commendation kommt in Denkmälern der Merovingischen Zeit in
verschiedener Anwendung vor.
Einmal bei dem König. Ob der Ausdruck hier bei Kirchen die sich
in den Schutz des Königs begaben gebraucht ward, kann freilich zweifelhaft
sein. Eine Urkunde bei Brequigny I, S. 33 erwähnt ihrer schon unter Chlo-
dovech: locellum suum .... nostrae celsitudini tradidit et commendavit, ut
sub nostra emunilate et mundiburnio nostrorumque successorum regum semper
maneat; allein diese Worte bestärken nur die auch sonst vorhandenen
Zweifel gegen die Echtheit, da sich ähnliche Ausdrücke nachher erst wieder
in einem Diplom Pippins als Major domus (vom J. 748?), ebend. II, S. 413,
linden: ad nos se una cum omni re monaslerii sui commendavit, et nos
ipsum . . . sub nostrum mundeburde plenum recepimus vel retinemus. Dagegen
sind andere Bezeichnungen für den Eintritt der Kirchen in den königlichen
Schutz auch früher üblich; ebend. I, S. 110: expetiit, ut eum et ipsum mona-
sterium ... vel sermone tuitionis nostrae vel mundeburde recipere deberemus;
vgl. Marculf I, 24: sub sermone tuitionis nostrae visi fuimus recepisse, ut
sub mundeburde vel defensione inlustris viri illius majoris domus nostri . . .
quietus debeat residere. — Bei den Langobarden heisst es von Kirchen und
Klöstern: in defensione oder ad defensionem sacri palatii esse noscuntur,
Aistulf edict. c. 17. 19; von Frauen: ad curlem regis se commendare, Rotharis
edict. c. 195. 196. 197. Der Herzog von Spoleto nennt einen Abt: et com-
menditum nostrum; Troya, Codice diplom. III, S. 59. — Ausserdem sprechen
die Geschichtsschreiber nicht selten von einer Commendation jüngerer Männer,
die an den Hof kamen, an den König (V. G. II, S. 394 n. 1), und ich bin fort-
während der Meinung dass sie damit ein bestimmtes Verhältnis bezeichneten,
welches wohl eine gewisse Ähnlichkeit mit der Gefolgschaft hatte, aber nicht
rechtlich ihr gleich stand. Man mochte Bedenken tragen diese jungen Männer
des dreifach höhern Wergeides geniessen zu lassen und eben deshalb für
ihre Stellung jetzt ein anderes Verhältnis, wie es in der Aufnahme in das
königliche Mundium gegeben war, zur Anwendung bringen.
Häufiger sind dann die Zeugnisse welche von einer Commendation in
den Schutz, in das Mundium von Privaten in Merovingischer Zeit sprechen.
Allerdings sind es wieder noch etwas verschiedene Verhältnisse welche
ÜBER DIB ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. 127
mit denselben Aasdrücken bezeichnet werden, and auf den ersten Blick mag
es scheinen dass sie wenig oder nichts mit einander gemein haben. Bald
sind es junge Männer aus angesehenen Familien welche wie dem König selbst
so auch einem vornehmen Hofbeamten, namentlich dem Major- domus, com-
mendiert werden, und dann unter seinem Schutze leben, sich hier für den
Hof- und Staatsdienst ausbilden (V. G. II, S. 394. 395): da scheint das Ver-
hältnis einen loseren und mehr transitorischen Charakter an sich zu tragen.
Wie aber der König gegen einen solchen Commendierten auch später Rechte
geltend macht (s. die Stelle a.a.O. S. 394 n.), so finden wir doch auch sonst
dass solche Verbindungen von längerer Dauer, von Einfluss auf das ganze
Leben waren. Verus schreibt dem Desiderius, Bouquet IV, S. 48: rogamus,
ut, sicut dum patrocinia vestra elegimus et hactenus nos defensio protectionis
vestrae insigniter munivit, ita nunc quoque de conditionibus nepotum nostro-
rum ... talem sollicitudinem atque instantiam adponatis, unde, sicut nos vobis
sumus, ita ipsos quoque adquiratis per omnia debitores; wo offenbar von
anderem die Rede ist als einer persönlichen Gunst und Empfehlung des Sohnes
zu günstiger Aufnahme. Vgl. die Worte in der Vita des Desiderius c. 3:
multi quoque ducum atque domesticorum sub 'ala tuitionis ejus degebant; und
die Stelle aus der Vita Eligii I, 5: factus est notus cuidam regis thesaurario
Bobboni, cujus patrocinio se committens sub ejus ditione degebat. Eine engere
Verbindung tritt uns namentlich in den kirchlichen Gesetzen entgegen welche
den Geistlichen den Eintritt in den Schutz eines Weltlichen verbieten. Zu
der Stelle des Conc. Cabillonense (V. G. II, S. 172 n. 2), wo der Ausdruck
»patrocinium saeculare« gebraucht wird, ist hinzuzufügen: Conc. Burdigal.,
Brequigny II, S. 130: Kein Geistlicher solle sein seculari mundeburdo, ut
familiäre est, nisi cum convenientia episcopi. Die Worte zeigen einmal, dass
jenes patrocinium dem Deutschen »mundeburdis«, dem Mundium entspricht, und
sie ergeben ausserdem, dass das Verhältnis ein sehr häufiges war. Hierher
gehören aber weiter mehrere Stellen der Gesetze. Lex Rib. XXXI, 1. 2:
Quod si homo ingenuus in obsequio alterius inculpatus fuerit, ipse qui eum
post se eodem tempore retinuit in praesentia judicis . . . repraesentare studeat
aut in rem respondere. Quod si eum non repraesenta verit , tale damnum
incurrat, quäle ille sustinere debuerat qui in ejus obsequio est inculpatus.
128 GBORG WAITZ,
Die Erklärung welche Roth (S. 167) giebt ist ganz willkürlich, der Einwand
dass nach den Worten selbst nur von einem vorübergehenden Verhältnis die
Rede sei unzutreffend, da einmal die Commendation überhaupt keine ganz
unlösliche Verbindung begründete, anderer Seits die Worte wenigstens in
keiner Weise andeuten, dass das Verhältnis von dem sie sprechen sogleich
wieder gelöst werden konnte, vielmehr die Vergleichung mit dem vorherge-
henden Kapitel, wo von der Vertretung des unfreien Knechtes durch den
Herrn die Rede ist, offenbar zeigt, dass ein ähnliches Verhältnis wie dieses
gemeint ist. Noch unzweifelhafter ist dies bei den Worten der Lex Bajuv.
DI, 13, 1: Si quis liberum hominem occiderit, solvat parentibus suis si habet;
si autem non habet, solvat duci vel cui commendatus fuit dum vixit. Ich
ziehe nun auch hierhin die form. Sirmond. 44, deren Inhalt ich früher zu
sehr von diesen Verbindungen getrennt gehalten habe (V. 6. II, S. 168 n.):
Der Aussteller der Urkunde ist durch Mangel, da er sich nicht ernähren
konnte, genöthigt, ut me in vestrum mundoburdum tradere vel commendare
deberem; gegen Kost und Kleidung verpflichtet er sich: dum ego in caput
advixero, ingenuiU ordine tibi servitium vel obsequium impendere debeam, et
me de vestra potestate vel mundoburdo tempore vitae meae potestatem non
habeam subtrahere, nisi sub vestra potestate vel defensione diebus vitae meae
debeam permanere. Es ist allerdings eine lange Stufenleiter, kann man sagen,
verschiedenartiger Abhängigkeiten von dieser völligen Hingebung zu Dienst,
wenn auch unter Wahrung persönlicher Freiheit, bis zu den Verbindungen
vornehmer junger Männer mit einem hohen Hofbeamten. Allein auch in
Karolingischer Zeit befanden sich offenbar die welche sich commendiert haben
und Vassen oder Vassalien heissen in nicht weniger verschiedenen Verhältnissen,
und der Abstand zwischen dem Vassalien der seinem Herrn nach einem andern
Beneficium folgt und hier eine Frau empfängt (Cap. a. 757 c. 9 , oben S. 73)
und dem Herzog Tassilo von Baiern, der sich in demselben Jahr wo von
jenem die Rede ist dem König in vasatico commendierte, ist gewiss nicbt
geringer als der zwischen dem welcher ingenuili ordine seinem erwählten Herrn
dient und dem Schützling des Desiderius oder dem Hermelandus den seine
Eltern dem König magno cum honore militaturum commendaverunt Es ist
nicht zu zweifeln, dass das Ganze von den niedrigen Verhältnissen ausgegangen
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 129
ist und dann Anwendung auf höhere und freiere Verbindungen erhalten hat,
die man nach der Analogie jener behandelte ohne sie doch ganz identificieren
zu können. Dort wird auch der Name vassus zuerst gegolten haben; so,
und nur so, erklärt es sich, dass ein Wort welches ursprünglich den unfreien
Diener bezeichnete auch für den angesehenen und hochgestellten Mann in
Anwendung kam. Roth, der sich abmüht alle diese und andere Zeugnisse
wegzuschaffen oder als nichtsbeweisend darzustellen (S. 146 ff.), hat sich
gänzlich den richtigen Gesichtspunkt verrückt, indem er stets von Privatge-
folgschaften spricht und mit allem Eifer darauf besteht dass es solche, d. h.
bewaffnete Scharen von freien Begleitern, vor der Karolingischen Zeit nicht
gegeben habe. Ich stimme ihm darin völlig bei: so wenig wie die Vassalien
der Karolingischen Könige dieselben sind wie die allen Antrustionen, so wenig
sind die welche sich einem Privaten durch Commendation verbunden, sich in
seinen Schulz, sein Mundium begeben haben, als sein Gefolge zu fassen;
sie bildeten nicht nothwendig seine regelmässige Begleitung und Umgebung,
sie wohnten nicht alle in oder bei seinem Hause, sie gingen nicht alle, na-
mentlich die Geistlichen nicht, bewaffnet; dagegen war ihre rechtliche Lage
eine mehr abhängige als die der Gefolgsgenossen. Es ist überflüssig und
würde zu weit fuhren, hiernach noch einmal, mit Rücksicht auf Roths Be-
merkungen, zu untersuchen, in wie weit die pares amici und suscepti, die
gasindi1), oder andere die in den Quellen genannt werden, zu diesen freien
Schutzgenossen oder zu den unfreien Dienern gerechnet werden müssen. Das
Gesagte genügt vollkommen, um eine eigenthümliche durch die Commendation
begründete Verbindung zwischen Freien auch in Merovingischer Zeit darzuthun.
Und es dient nur zur Bestätigung dass sich ganz analoge Verhältnisse
bei den andern Germanischen Stämmen finden. Bei den Langobarden. Edict.
Rotharis c. 225: Et si aliqnit in gasindio doces (ducis) aut privatorum hominum
obsequium donum conquisivit, res ad donatorem revertantur. Das Wort
gasindium, welches bei den Langobarden die Gefolgschaft bezeichnet, findet
Anwendung auch auf die Verbindung mit den Herzogen, die sich hier be-
1) In Karolingischer Zeit erscheint dies Wort als gleichbedeutend mit vassus oder
vassallus in det Urkunde Bouquet V, S. 701. Vgl. Roth S. 36b n.
Hist.-Phtlol. Ctasse. VII. R
130 GEORG WA1TZ,
kanntlich in besonders anabhängiger Stellung befanden und wohl das Recht
haben konnten ein wahres Gefolge zu halten (später wird es auch bei dem
judex gebraucht, Edict. Rachis c. 10: forsitan adtenderit ad gasindio suo vel
ad parentem aut ad amicum suum); ähnlich ist, aber nicht identisch, das
»obsequium privatorum«. — Bei den Westgothen. Lex Wisigothorum antiqua
c. 3101): Si quis buccellario arma dederit vel aliquid donaverit, si in patroni
sui manserit obsequio, aput ipsum quae sunt donata permaneant. Si vero
alium sibi patronum elegerit, habeat licentiam cui se voluerit commendare; quo-
niam ingenuus homo non polest prohiberi, quia in sua polestate consistit; sed
reddat omnia patrono quem deseruil. Der spätere Text V, 3, 1 hat, was hier
zunächst für einen besonderen Fall, für einen Schenken im Dienst eines andern
festgesetzt ist, generalisiert und für alle die sich im patrocinium befinden aus-
gesprochen; er fügt ausserdem weitere Bestimmungen hinzu, die über dies
Verhältnis nur noch helleres Licht verbreiten : c. 3 : Sicut superius dictum
est, si quis cum aliquo patrocinii causa consistat et aliquid dum cum eo habitet
adquisierit, si ei inveniatur infidelis vel eum derelinquere voluerit, medietas
adquisitae rei patrono tradatur; aliam vero medietatem qui adquisivit obtineat,
et quidquid ei ipse donavit recipiat. c. 4: Ita, ut supra praemissum est, qui-
cunque patronum suum reliquerit et ad alium tendens forte se contulerit, ille
cui se commendaverit det ei terram. Nam patronus quem reliquerit et terram
et quae ei dedit obtineat. Die Stelle zeigt, dass der welcher sich commendiert
hatte bald Land von seinem Herrn empfing, bald bei demselben wohnte und
also in eine Art von Hausgenossenschaft eintrat: das Letzte geschah natürlich
wenn er einen Dienst wie den des Schenken übernahm; in dem einen aber
wie in dem andern Fall war die Verbindung lösbar nach dem freien Willen
des Commendierten ; die Worte welche hier gebraucht werden erinnern un-
mittelbar an die Ausdrücke deren sich die Gesetze der Karolingischen Zeit
für das Verhältnis der Vassallität bedienen (s. oben S. 74). Man müsste ge-
waltsam die Augen vor der offen zu Tage liegenden Übereinstimmung der
Erscheinungen verschliessen , wenn man hier einen Zusammenbang läugnen
wollte.
1) Ich gebe den Text mit Blumes Ergänzungen, die meist gar keinem Zweifel
unterliegen.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VA8SALLITÄT. 131
Man wird auch nicht in Abrede stellen können, dass diese Verhältnisse
anknüpfen an Zustände die sich in der späteren Zeit des Römerreichs aus-
gebildet hatten, von denen uns Salvian und andere Schriftsteller jener Zeit
Kunde geben (V. G. H, S. 172), Aber sie erhielten eine wesentlich andere
Bedeutung als früher. An die Stelle des römischen »patrocinium« setzte man
das deutsche » mundium « mit seinem weiterreichenden Einfluss namentlich
auf die rechtlichen Zustände. Ausserdem kam der recht eigentlich deutsche
Begriff der Treue auch hier zur Anwendung; wie diese bei dem Westgothi-
schen patrocinium erwähnt wird, so ist sie auch der Inhalt des Eides der
bei der Commendation geleistet werden muss. Wann dieser zuerst gebräuchlich
ward, wäre von besonderem Interesse zu wissen, ist aber jetzt nicht zu
ermitteln *}•
Auch die Verbindung in welche die Vassallität mit der Ertheilung von
Beneficien trat geht in ihren Anfängen über die Karolingische Zeit zurück.
Wenigstens dem Anfang des 8ten Jahrhunderts gehört eine Urkunde an in
der neben Knechten auch Vassen als solche vorkommen die von dem Grafen
Eberhard Beneficium empfangen haben ; Bräquigny II , S. 357 : vel ad vassos
nostros beneficiatum habui. Aber viel früher sehen wir bei den Westgothen,
dass wer sich in das patrocinium begab auch Land für die Dauer dieser
Verbindung empfing2). Ob es zufällig ist dass gerade für Landübertragungen
auch das Wort »commendare« gebraucht wird (V. G. II, S. 215), oder ob
darin selbst schon ein gewisser Zusammenhang dieser Dinge sich ausspricht,
muss wohl dahingestellt bleiben.
Es ist aber nöthig, hier ein Wort über das Alter, den Ursprung der
Beneficien hinzuzufügen.
1) Roth S. 152 will darthun, dass ein Eid der Treue unter den Merovingern bei
Privaten gar nicht habe vorkommen können. Ich will nicht behaupten dass er
vorgekommen, aber die von ihm angeführten Fälle beweisen jenes in der That
nicht, da es sich in ihnen um Prätendenten handelt die als Herrscher einen
Unlerthaneneid forderten.
2) Ausser der vorher angeführten Stelle vgl. auch V, 1 , 4 : Heredes episcopi
seu aliorum clericorum, qui filios suos in obsequium ecclesiae commendaverint
et terras vel aliquid ex munificentia ecclesiae possederint etc.
R2
c
132 GEORG WAITZ,
Roth äussert einmal die Meinung (S. 436) , dass die kirchlichen Bene-
ficien, zunächst in Beziehung auf die Art der Verleihung, den königlichen
nachgebildet seien. Aber gerade das Umgekehrte ist anzunehmen. Nicht
blos der Name »beneficium« findet sich zuerst bei den kirchlichen Verleihungen
— bei Roths Auseinandersetzung bleibt es unerklärt und unerklärlich , wie der-
selbe überhaupt für die königliche Landverleihung in Gebrauch gekommen — ,
die Übertragung von Land zu Niessbrauch an Freie ist überhaupt offenbar von
den Kirchen ausgegangen und erst später von andern nachgeahmt worden.
Dort ist die Sache so alt dass sie vielleicht noch auf Römische Zeiten zurück-
geht, während sie freilich unter den Deutschen dann einen wesentlich anderen
Charakter angenommen hat. Darüber ist ausführlich in der V. G. II, S. 195 —
206 gehandelt, und es ist kein Grund auf das zurückzukommen was dort
näher dargelegt worden ist. Roth ist damit auch eigentlich nicht in Wider-
spruch, nur widmet er diesen Verhältnissen zu geringe Beachtung.
Wie die Kirchen haben auch Weltliche Gut zu Beneficium gegeben vor
der Karolingischen Zeit. Schon die Marculfschen Formeln D, 41 erwähnen
des Falles, da ein Freier von einem andern Land »ad excolendum« hat; er
will es in Eigenthum verwandeln, wird deshalb verjagt, erhält es aber »per
precariam« wieder. Das Wort beneficium wird nicht gebraucht, aber die
Sache ist wesentlich dieselbe; die Verpflichtung welche der Empfänger über-
nimmt besteht darin zu thun: quicquid reliqui accolani vestri faciunt. Be-
stimmte Beispiele sind dann erst aus den 20er und 30er Jahren des 8ten
Jahrhunderts (s. V. G. II, S. 204. 206); da finden wir, dass Freie von dem
Herzog Lintfried und seinem Bruder Land »pro beneficio« oder »in beneficio«
haben , und wenigstens in einem Fall (Trad. Weiss. N. 25 S. 37) ist deutlich
dass dieser Besitz kein erblicher war: was der Vater in der Weise besessen
hatte wird dem Sohn verkauft; vgl. die Urkunde des Grafen Eberhard, Brg-
quigny II, S. 357, vorher S.131. Von besonderem Interesse sind ausserdem
die Bairischen Verhältnisse: hier zuerst wird das Wort »beneficium« nicht
blos auf die Verleihung, sondern auch auf das verliehene Land angewandt.
Es sind die Herzoge von denen andere Land zu Beneficium empfangen haben,
über das sie nur mit Zustimmung jener verfügen dürfen. Trad. Fris. N. 37 :
ut dominum meum et inlustrissimum ducem Tassilonem deprecare debuissem,
OBER DIB ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 133
«t ex beneficiis illius aliquid ad ecclesiam tradendi concederetur licentiam.
Congestum Arnonis, Kleimayrn S. 23 : hoc quqd tradiderunt liberi Bajoarii per
licentiam Tassilonis ad supradictura episcopatum, quod fuit eis ex causa dominica
beneficlatum ; und dann im Folgenden öfter. Allerdings sind diese Zeugnisse
aus Karolingischer Zeit; doch aus den Anfängen derselben und aus Jahren
wo die Bairischen Herzoge sich der Oberhoheit der Fränkischen Könige
entzogen haben.
Wenig später finden wir die Sache auch bei den Langobarden. Gleich
die erste Karolingische Urkunde bei Brunetti, Cod. dipl. Toscano II, S. 214,
noch aus dem J. 774, betrifft die Verfügung einer Frau über ein Gut das
»usque modo Ghisalpertus clericus per beneficium habuit« l).
Die wichtigste Frage ist die, wie es mit der Entstehung königlicher
Beneficien sich verhält. »Die Verleihung von Krongut zu Beneficium ist eine
Karolingische Neuerung«, sagt Roth S. 358. Das erste Beispiel führt zurück
in die Zeit Karl Martells; eine Urkunde vom Jahr 756 erwähnt, dass jener
dem Hildebrannus Güter »beneficiaverat« (Perard S. 33). In Urkunden Mero-
vingischer Könige wird dieser, oder werden die entsprechenden Ausdrücke
»beneficium«, »per beneficium« besitzen, bei Königsgut nicht gefunden; V. G.
II, S. 220. Dagegen ist oft genug von Verleihungen des Königs die Rede
»ex munere, ex munificentia«. Ich habe früher auszuführen gesucht, wie
diese ursprünglich allerdings verschieden, dem Wortlaut der Urkunden und
der ursprünglichen Absicht nach wahre Schenkungen waren, aber doch in
mancher Hinsicht behandelt wurden wie Übertragungen die nicht jede Be-
ziehung, jedes Recht des Königs zum Lande aufhoben, deshalb wenigstens
eine gewisse Ähnlichkeit mit den Beneficien hatten und im Lauf der Zeit
mehr und mehr diesen gleichgestellt wurden2}. Darauf, vermuthete ich, sei
die Behandlung der Kirchengüter unter Karl Martell von Einfluss gewesen.
Roth dagegen scheidet strenge und entschieden die Übertragung von
Krongut zu Eigenthum unter den Herovingern von der zu Niessbrauch oder
1) Dagegen finden sich aus Langobardischer Zeit wohl Landübertragungen mit Vor-
behalt des Ususfructus (Troya IV, S. 591. 653. 657) oder andere bedingte Land-
verleihungen'; aber wenigstens jener Ausdruck ist mir nicht vorgekommen.
2) Ich finde es erwfthnungswerth , dass in Karolingischer Zeit der Ausdruck vor-
kommt, Bouquet V, S. 767: „beneficiario munere possiderett.
134 GEORG WAITZ,
zu Beneficium unter den Karolingern; er lässt die letzte plötzlich und mit
Absicht einführen um damit bestimmte politische Zwecke zu erreichen. Die
Behandlung des Kirchenguts unter Karl Martell oder vielmehr unter seinen
Nachfolgern ist ihm weniger ein Grund zu der Vermischung und Verbindung
der Verhältnisse als ein Zeichen der eingetretenen Veränderung (S. 245) *).
Diese steht in nächstem Zusammenhang mit der Begründung dessen was er
das Seniorat nennt und was eben damals zuerst ins Leben gerufen sein soll.
Und zwar geht seine Ansicht, soweit sich aus der nicht sehr klaren Ent-
wicklung (S. 353 ff.) entnehmen lässt2), im wesentlichen dahin: es sei darauf
angekommen die zahlreichen in Abhängigkeitsverhältnissen stehenden Freien
zum Kriegsdienst heranzuziehen ; dies sei dadurch erreicht dass man sie
unter der Anführung ihres Herrn ausziehen Hess; deshalb sei für die Geist-
lichen, welche ja solche zahlreich unter sich hatten, im 8ten Jahrhundert der
persönliche Kriegsdienst eingeführt und ihnen damit die Pflicht auferlegt, ihre
Hintersassen mit in den Krieg zu führen; bei den Weltlichen habe »die Ver-
leihung von Krongut als Entschädigung derjenigen gedient die durch ein
zahlreiches Gefolge den Bestand des fränkischen Heeres vermehrten«, habe
„geradezu den seniores das Halten eines Gefolges erleichtern sollen«. Darum
spricht er dann wiederholt davon, die Karolinger hätten das Seniorat begünstigt.
1) Etwas anders hat es Leo gewandt, Vorlesungen S. 439: „Da aber die Einziehung
der Hälfte des Kirchenguts ebenso wie die Heranziehung des Krongutes in wei-
terem Masse durch Karl nur zum Zweck hatte eine vermehrte ritterliche alle-
zeit gerüstete Dienstmannschaft herzustellen, wurden die Vergabungen aus den
so ausgeworfenen Gütermassen eben nur für wirklichen Dienst und Dienstzeit,
nicht auf Erbe ertheilt. Es waren also eigentliche Beneficia".
2) Neuere die Roth folgen scheinen mir noch über seine Behauptungen hinauszu-
gehen. Walter, Rechtsgeschichte $.73: „Dadurch wurde es auch möglich
ausser den königlichen Vasallen regelmässig alle Senioren mit königlichen Be-
neficien zu belehnen und durch die Commendation an den König zu knüpfen".
Giesebrecht, Geschichte der Deutschen Kaiserzeit I, S. 123: „Gegen eine aber-
malige Erweiterung ihres Besitzes traten alle Gefolgsherren mit ihren Vasallen
selbst als Vasallen in den Dienst des neuen Herrschers (Pippins), der so der
Obergefolgsherr aller Vasallen in seinem Reiche wurde". Von alle dem lässt
sich aber auch gar nichts in den Quellen nachweisen.
Ober die anfange der vassallität. 135
Was zunächst die Behandlung des Kirchenguts , die Verwendung dessel-
ben zur Belohnung der weltlichen Getreuen der ersten Karolinger betrifft, so
ist die Sache neuerdings der Gegenstand noch einer andern eindringenden
Untersuchung gewesen : Memoire sur la spoliation des biens du clergä attribuöe
ä Charles Martel par M. Beugnot , M&noires de l'Institut de France, Academie
des inscriptions et belles-lettres XIX, S. 361 — 462. Wenn der Verfasser
mit Roth darin einverstanden ist Karl Martell gegen die gewöhnlichen Be-
schuldigungen gewaltsamer Confiscation des Kirchengutes zu rechtfertigen, so
weicht er darin bedeutend von ihm ab, dass er auch die Massregeln Karl-
manns und Pippins nur als die Fortsetzung einer alten Gewohnheit ansieht,
welche »remontait aux premiers tems de la monarchie«, und nach der
Kirchengüter „verho regis« an Laien gegeben wurden. Ich habe dasselbe
früher behauptet und muss daran festhalten: das Kirchengut, zunächst soweit
es von Königsschenkungen herrührte, dann aber auch in weiterer Ausdehnung
alles, ward unter den Merovingern so betrachtet dass sich die Könige ein
Recht der Verfügung über dasselbe beilegten. Ein Beispiel giebt die Urkunde
Pippins, Bouquet V, S. 701 : ein Gut, welches der Kirche geschenkt war,
hatte ad petitionem inlustri^viri Ebroini majoris domus ein gewisser Johannes
per precariam empfangen, dann ebenso Frodoinus und Geruntus besessen, und
darüber hatten König Childebert und der Majordomus Grimoald precarias ausge-
stellt, welche die Mönche zu lesen gaben; damals aber hatte »gasindus noster
Teudbertus per nostrum beneficium« das Gut inne; und dies erscheint als blosse
Fortsetzung des früheren Verhältnisses. Die Kirche betrachtete die Sache als
einen Misbrauch und erklärte sich dagegen (s. die Stellen V. G. II, S. 2 1 6 n.) l) ;
1) Roths Erklärung derselben, S. 316, sie könnten (!) sich auf den Fall beziehen,
wo Kirchengut deshalb zur Verfügung kam, weil der Grundsatz bei demselben
zur Anwendung kam, dass der Besitz desselben (durch die Kirche) von dem
Unterthanenverband bedingt war, ist ganz willkürlich und ohne einen Schein
der Begründung. Doch giebt er zu, dass auch anderes vorkam, meint aber,
dass es „eine vielleicht nur selten vorkommende Ausnahme", „nicht gewöhnlich
waru, „nicht häufig vorkam". Mit solchen Schlüssen kann bei unseren dürftigen
Quellen alles in Abrede gestellt werden. Das ganze folgende Raisonnement
ist ähnlicher Art.
136 GEORG WA1TZ.
aber ihre wiederholten Verbote zeigen eben nur dass es geschah und oft geschah.
Und was die ersten Karolinger thaten hatte daran wenigstens ein Vorbild. Das
Königsgut der Merovinger war verschleudert (s. die Stellen V. G. II, S. 611),
den neuen Herrschern kam es darauf an sich namentlich in Neustrien Anhänger
zu verschaffen, die gewonnenen zu belohnen, und sie griffen da zu einem
Mittel, das auch schon vorher angewandt war, nun aber allerdings in weit
grösserer Ausdehnung als je benutzt ward. Karl Martell that es in mehr
gewaltsamer Weise — von einem solchen Vorwurf werden seine Vertheidiger
ihn schwerlich reinigen können — x), die Söhne suchten ein Abkommen mit
der Geistlichkeit zu treffen, welches ihren Interessen entsprach, ohne diese
ganz um ihr Recht zu bringen. Von welcher Bedeutung dies war, erhellt
schon daraus dass selbst die kurzen Annalen das Ereignis aufgezeichnet haben.
Ann. Alam. a. 751, Pertz SS. I, S. 27: Res eclesiarum descriptas atque divisas.
Gegen ein solches »dividere« suchten sich dann wohl die Kirchen später
durch Privilegien zu schützen; s. Roth S. 335. Die allgemeine, von der Kirche
selbst anerkannte Durchführung der Sache gab ihr eine besondere Bedeutung,
einen andern Charakter: dadurch, aber auch nur dadurch, erscheint sie als
eine Neuerung. Es ist oben bemerkt wie die Verleihungen dieses Kirchen-
gutes dann geradezu als »beneficia regalia« bezeichnet werden; es ist nicht
1) Es ist richtig, dass er keine gesetzliche Säcularisation vornahm; aber deutlich
genug, dass das was später eintrat und von Roth so genannt wird, nicht als
eine Verschlechterung, sondern als eine Verbesserung der Lage der Kirche galt.
Es ist gewiss nicht zufällig, wenn wiederholt von einem Zurückgeben (reddere)
der Kirchengüter die Rede ist. Karlomanni cap. a. 742 c. 1 S. 16: Et fraudatas
pecunias (steht für Gut allgemein, s. Cap. a. 743 c. 2) ecclesiarum reslituimus
et reddidimus. Urkunde für Le Mans, angeführt Roth S. 362 n.: Pipinus villas
ad ipsam ecclesiam reddere jussit. Roth hat sehr Unrecht, wenn er sagt:
„der in allen aufgenommene Satz dass der König die Güter an die Kirche
zurückgegeben habe ist nur eine Phrase": von den meisten sei bekannt dass
sie die nonae et decimae gezahlt und also der Kirche noch entzogen gewesen.
Allein auch jenes ward schon als ein Zurückgeben betrachtet im Vergleich mit
dem Zustand vorher, wo die Kirchen und ihre Güter ganz in die Hün.ie der
Weltlichen übergegangen waren.
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT. 137
eu zweifeln dass sie auch früher schon wo sie vorkamen als Verleihungen
des Königs betrachtet wurden oder doch dazu beitrugen den Zusammenhang
zwischen diesen und den kirchlichen Beneficien zu vermitteln. Es spricht
nichts dafür dass ein plötzlicher und jäher, mit Absicht und Bewusslsein vor-
genommener Übergang von dem einen System zum andern gemacht wor-
den sei.
Ich habe früher die Umstände zusammengestellt (V. G. II, S. 211. 212),
welche dafür sprechen dass auch in Merovingischer Zeit die Königsschen-
kungen nicht als ganz definitive und unter allen Umständen unwiderrufliche
Übertragungen angesehen wurden. Die Schenkung ward gegeben zur Be-
lohnung der Treue und verpflichtete aufs neue zu derselben: wer sie verletzte,
ging des Gutes verlustig; sowohl wenn der Schenker als wenn der Be-
schenkte starb, ward eine neue Bestätigung erfordert oder schien doch zur
Sicherung des Besitzes nützlich; Verfügungen über das Gut waren nicht un-
bedingt frei, sondern man suchte auch für sie eine Bestätigung. Roth ist
dieser Ausführung entgegengetreten in der Weise dass er jedes einzelne
Zeugnis als zweifelhaft oder doch nicht vollen Beweis erbringend darzustellen
sucht. Aber theils gelingt es ihm auch so nicht alles zu beseitigen was seiner
Ansicht entgegensteht x) , theils verkennt er dass das Zusammentreffen der
1) So giebt er zu (S. 216), während er ausrührt dass bei Untreue regelmässig das
ganze Vermögen, auch das Eigengut confiscirt wurde, dass einige Fälle erwähnt
werden wo nur das Fiscalgut der Einziehung verfiel. Ebenso war es in Karo-
lingischer Zeit, Roth S. 424. Hier ward auch wohl bei wirklicher Eigen thums-
übertragung, wie bei Verwandelung von Beneficien in Eigeothum, dies vorbe-
halten, Urk. Ludwig des D., Erhard, Reg. I, S. 13: ita tarnen ut nusquain a
nostra discedat fideütate, sed inmobiliter in nostris perseveret obsequiis absque
aliqua tergiversatione. Was die Bestätigung des Königs bei Verfügungen über
geschenktes Königsgut betrifft, so reicht Roths Auseinandersetzung (S. 220), dass
eine solche oft gegeben sei auch wo sie an sich nicht erforderlioh , gewiss
nicht aus Stellen gegenüber wie die folgenden: Testament des Bertramnus,
Bröquigny I, S.200: der König CMothar pro fidei meae conservatione ad integrum
suis praeceptionibus manu sua roboratis mihi integram tribuit licentiam, ut
praedicto loco ipsas villas quas munere suo promerui conferre deberem ;
vgl. II , S. 1 1 : Et quia . . . munuscula ipsa ex largitate christianissimi et piissimi
Hist.-Phil. Classe. VII. S
138 GEORG WA1TZ.
verschiedenen Zeugnisse wohl geeignet ist die Mängel manches einzelnen zu
ersetzen. Es sind dieselben Umstände welche in Karolingischer Zeit bei den
königlichen Beneficien in Betracht «kommen x), und es wäre ein wahres Wunder
wenn sie auch unter den Merovingern sich bei königlichen Landübertragungen
finden sollten, ohne dass irgend ein Zusammenhang zwischen beiden bestände2).
Landverleihungen des Königs in ähnlicher Weise wie bei den Fran-
ken kommen auch in den andern germanischen Reichen vor 3), nur mit
domni Dagoberti regis videor habere et possidere, ideo ut perpetuum in Dei
nomine ipsa cessionis meae epistola sortiatur effectum, praefato principi obtuli
confirmandam ; auch II, S. 33: Dagobert bestätigt einem Kloster seine Be-
sitzungen und Freiheiten: dum super fiscum nostrum, quod pro remedio animae
nostrae indulsimus, videtur esse constructum atque ex parte ditatum ... dum
super nostra est, ut diximus, largitate constructum. In Beziehung aber auf
die Bestätigung durch den Nachfolger ist es wohl zu beachten dass eine eigene
Forme] dafür bei Marculf (I, 16) sich findet, wo sie gleich hinter der für die
Schenkung selbst steht; die Worte lassen auch kaum einen Zweifel dass sie
die Regel wenn auch nicht absolute Pflicht war: cujus petitionem pro respectu
fidei suae sicut unicuique de fidelibus nostris justa petentibus nequivimus denegare.
1) In der Karolingischen Periode steht Besitzen von Fiscus ini Gegensatz gegen
als Mode Besitzen, Fiscus im Gegensatz von Erbgut; vgl. P6rard S. 33: quod
Hildebrando illam habere vidi ad fiscum regis et deinde Heccardo ad allaudum.
Derselbe Gegensatz findet sich in Herovingischer Zeit und scheint mir beach-
tenswerth, nicht weil ich, wie Roth S. 208 sagt, meine, dass er den Unterschied
erblichen und nicht erblichen Guts ausdrückte, sondern nur weil er zeigt dass
man das geschenkte Königsgut von anderem unterschied.
2) Vielleicht darf man auch anführen dass Thegan c. 19 sagt: In tantum largus, ut
antea nee in antiquis libris nee modernis temporibus auditum est, ut villas
regias, quae erant patris sui et avi et tritavi, fidelibus suis tradidit eas in pos-
sessionem sempiternam. Hätte Thegan das wirklich schreiben können, wenn
die Ertheilung nicht zu Eigenthum eine Neuerung seit etwa drei Menschenaltern
gewesen? Die Ertheilung von Eigenthum im bestimmten Gegensatz von Bene-
ficien war es wirklich. Vgl. V. Hludowici c. 6. — Bekanntlich geht durch das
ganze germanische Staatsleben eine Tendenz Krongut als in gewissem Sinne
nie ganz verftusserlich zu betrachten.
3) Vgl. Lex Burg. I, 3. 4: die frühern Schenkungen werden bestätigt, aber
hinzugefügt: Superest ut posteritas eorum ea devotione et fide deserviat, ut
ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALL1TÄT. 139
Ausnahme des Angelsächsischen, in dem allein zwischen Staatsland (folcland)
und Königsland unterschieden ist. Dass sie im Fränkischen Reich eine so viel
höhere Bedeutung erlangten , hängt nach meiner Ansicht allerdings damit zu-
sammen, dass es unter den Franken in Gallien zu keiner wahren Landtheilung
gekommen war, sondern der König zunächst als Eigenlhümer des zahlreichen
Staats- Municipal- und herrenlosen Landes eintrat, und dann durch ihn in
vielen Fällen erst Land an die mit ihm einziehenden Volksgenossen gelangte.
Dies gab schon in Merovin^ischer Zeit den auf dem Empfang königlichen Landes
beruhenden Verbindungen eine höhere Bedeutung, ohne dass man freilich
sagen könnte, die Staatsordnung sei darauf begründet. Die Karolinger knüpften
an diese Zustände an, suchten in und unter ihnen, so weit es ging, das Recht
der Krone zu wahren und herzustellen.
Dass sie zuerst die Beneficien aufgebracht hätten , um so besser die
Senioren welche ihnen dienten belohnen und auf das ganze Seniorats Verhältnis
einwirken zu können, ist eine Behauptung die ganz in der Luft schwebt1).
So viel lässt sich allerdings sagen, dass die Behandlung der Land Übertragung
ganz nach den Grundsätzen der kirchlichen Beneficien für den Herrscher vor-
teilhaft war, und dass die Karolinger, die schon als Hausmeier oder Fürsten,
augere sibi et servare circa se parentum nostrorum munera cognoscat ; Liutprandi
edict. c. 59. Urkunden bei Troya, Codice dipl. III, S. 317. IV, S.650. 662.
1) Roth selbst giebt dieser Behauptung die grösste Beschränkung wenn er sagt:
„Zwar legte auch jetzt die Ertheilung von Krongut rechtlich weder die Pflicht
zum Kriegsdienst noch zum Halten eines Gefolges auf a ; fügt dann aber wieder
hinzu: „allein es ist keinem Zweifel unterworfen dass beides bei der Verkei-
lung der Beneficien im ganzen den Ausschlag gabu. Während in der Mero-
vingischen Zeit bei der Beurtheilung der Zustände nichts gelten soll als das
sicher nachweisbare formale Recht, wird darauf hier keine Rücksicht genom-
men, sondern eine weit reichende Bedeutung für noch dazu mehr vermuthete
als bestimmt bezeugte Gewohnheiten in Anspruch genommen. — Dagegen hatte
Mably, Observations sur l'histoire de France, Livre I, eh. 6 (ed. Kehll 1788),
Vol. II, S. 44, behauptet: Karl habe eine ganz neue Art von Beneficien einge-
führt, c'est-ä-dire des dons faits & la Charge de rendre au bienfaiteur, con-
jointement ou söpar&nent, des Services militaires et domestiques. Einiges von
seinen Behauptungen berührt sich doch mit den Ausführungen von Roth; s.
S. 266 ff.
S2
V,
HO GEORG WA1TZ,
dann als Könige darauf ausgingen die entschwundene Herrschermacht wieder
herzustellen, wohl auch zu diesem Mittel gegriffen haben können. Aber, wie
* es die Natur der germanischen Staatsentwickelung mit sich brachte, gewiss
nur wenn dies vorher vorbereitet, durch den Gang den die Dinge genommen
hatten angebahnt war.
Viel weniger aber noch bin ich im stände eine plötzliche und planmässige
Veränderung in Beziehung auf die Vassallitätsverhältnisse unter des ersten
Karolingern anzuerkennen.
Die Massregel auf die es nach Roth besonders ankommt, dass allgemein
ein Herr, geistlicher oder weltlicher, seine Leute in den Krieg zu führen
hatte, lässt sich mit Sicherheit über die Zeit Karl des Grossen nicht zurück-
führen; die oben (S. 81 ff.) angeführten Stellen gestatten schwerlich einen Zwei-
fel, dass es eine neue Einrichtung war welche dies er traf um die Gefahren
welche in der Zunahme der Abhängigkeitsverhältnisse für die staatliche Ord-
nung lagen zn beseitigen; die Kriegspflicht wenigstens für alle freien Grund-
besitzer war eine allgemeine, aber man war darauf aus sich ihr zu entziehen
eben indem man sein Gut an Kirchen und mächtige Weltliche auftrug, die in
Folge der Immunität anfingen auch die Erhebung des Heerbanns und damit in
Wahrheit die Entscheidung über die Theilnabme am Heerzug für die auf ihren
Besitzungen wohnenden Freien zu erlangen (V. G. H, S. 506 n. Montag,
Gesch. der staatsbürg. Freiheit H, S. 318). Dem treten die Vorschriften Karls
entgegen. Und darauf beziehen sich dann Bestimmungen wie die Bouquet VI,
S. 525: De liberis autem hominibus qui super terram ipsius supradictae eccle-
siae Parisiacae comraanere videntur ac eam perservire noscuntur volumus, ut,
sicut in praecepto Pippini avi nostri continetur, nullus in hostem pergat, nisi
una cum episcopo ipsius ecclesiae vel secundum suara Ordinationen) remaneat.
Die Berufung auf ein Privilegium Pippins ergiebt nicht dass damals schon die
in den Capitularien Karls enthaltenen Vorschriften galten, sondern nur dass mau
anfing der Immunität eine Ausdehnung auch auf diese Verhältnisse zu geben 1).
1) Dass man dies wenigstens später zur Immunität rechnete, zeigt der Brief
K. Ludwig des Fr., Erhard, Reg. I, S. 7, wo er ragt, dass quidam comites
memoratum praeceptnm nostrum infringere et convellerc velint, in eo videlicet
quod homines tarn iiberos quam et latos, qui super lerram ejusdem monasterii
ÜBER DIB ANFÄNGE DER VASSALLITÄT 141
Nichts aber kann unbegründeter sein als die Annahme Roths, der per-
sönliche Kriegsdienst der höheren Geistlichkeit sei am Anfang des 8ten Jahr-
hunderts eingeführt, unter Einfluss der Staatsgewalt eingeführt, um so ihren
Hintersassen beizukommen *). Es sollen doch wohl die Karolingischen Fürsten
sein welche diese Einrichtung trafen. Aber einer von ihnen, Karl mann, ver-
bietet die Sache entschieden im Jahr 742, Cap. c. 2 S. 16: Servi Dei per
omnia omnibus armaturam portare vel pugnare aut in exercitum et in hosten
pergere omnino prohibuimus, nisi Uli tantummodo qui propter divinum myste-
rium, missarum scilicet solemnia adimplenda et sanctoram patrocinia portanda,
ad hos electi sunt, id est unum vel duos episcopos cum capellanis presbiteris
princeps secum habeat, et unusquisque praefectus unum presbiterum. Dies
wiederholt Karl d. Gr. Cap. a. 769 c. 1 S. 33. Vgl. Pippins Cap. a. 744 c. 3
S. 21: Et abbati legitimi 2) ostem non faciant, nisi tantnm hominis eornm
transmittant. Allerdings sind diese Vorschriften nicht beachtet worden, der
Gebrauch war mächtiger als das Gesetz. Aber nimmermehr wird man das
als eine aus Staatsraison eingeführte Einrichtung betrachten können, was 50
Jahre nachdem es, wie wenigstens Roth annimmt, entstanden ist, von den
Königen verpönt wird. Es liegt vielmehr deutlich zu Tage, wie die persön-
liche Theilnahme der Bischöfe und Äbte, die unter den Herovingern seltener
vorkam, aber allerdings vorkam, eine Folge ist der Verweltlichung in welche
die Kirche immer mehr und namentlich am Anfang des 8ten Jahrhunderts ver-
(Corvei) consistant, in hostem ire compellant et distringere judiciario more
velint Das angezogene praeceptum ist eine gewöhnliche Immunitätsurkunde.
Dass übrigens die Worte eine gänzliche Freiheit von Kriegsdienst bezeichnen,
hat man keinen Grund anzunehmen. Nur die Grafen sollen nicht dazu aufbieten.
1) Eigentlich ist bei Roth diese höchst mechanische und mit allen Quellen in Wi-
derspruch stehende Ansicht das Fundament für seine ganze Theorie von der
Entstehung des Seniorats. S. S. 356 : „Man darf als bestimmt annehmen ; dass
sich diese Massregel nicht auf die Kirche beschränkte, dass sie sich auch auf
die Hintersassen weltlicher Guisbesitzer ausdehnte. Damit war die Entstehung
des Seniorats gegeben14. Man darf dies aber durchaus nicht annehmen; und
wenn die Entstehung des Rothschen Seniorats damit erklärt wäre, so doch noch
in keiner Weise die der eigentlichen Vassallität.
2) Es ist der Gegensatz gegen solche Weltliche welche eine Abtei empfangen hatten.
142 GEORG WAITZ,
sank: da die geistlichen Stellen an weltliche Grosse vergeben wurden, war
es natürlich dass diese an der Spitze ihrer Leute auszogen, sei es dem Herr-
scher zu Hülfe , dem sie ihre Einsetzung verdankten, sei es zur Fehde mit
Nachbarn oder andern 1). Die Sache war aber auch keine ausschliesslich
Fränkische Einrichtung. Wir finden sie zu einer Zeit, da schon die Verbote
Karlmanns und Pippins ergangen waren, unter den Langobarden im yollen
Schwange. S. die Urkunde bei Troya, Cod. diplom. IV, S. 541, v. J. 754:
Walprandus in Dei nomine episcopus, quia ex jussione d. nostri Astulfi regis
directus sum in exercitu ad ambulandum cum ipso.
Was Roth im weitern Sinn das Seniorat nennt, d. h. die Ausübung gräf-
licher Rechte eines Geistlichen oder Weltlichen über die Freien auf seinen
Besitzungen, ist eine Folge der Immunität; die besondere Anwendung auf die
Führung im Krieg ist durch Privilegien wie das angezogene Pippins einge-
leitet, umfassend erst durch die Gesetze Karls und seiner Nachfolger gegeben.
Die eigentümliche engere Verbindung aber, in welcher solche und andere
Freie zu dem Herrn stehen und die wir als Vassallität bezeichnen, deren
Entstehung Roth gänzlich unerklärt lässt2), gehl umgekehrt in viel frühere
Zeit zurück, erhält nur im Lauf der Zeit eine immer weitere Ausdehnung,
eine immer grössere Bedeutung. Es geschieht das hauptsächlich dadurch dass
sie die Bedingung wird für die Ertheilung von Beneficien. Sie findet sich von
jeher auch zwischen dem König und Angehörigen seines Reichs, und sie
1) Ein Beispiel von diesem Gang der Dinge freilich aus späterer Zeit giebt eine
Urkunde bei Brunetti, Cod. dipl. II, 396, vom J. 812: Ein Abt des Klosters
S. Bartholomaei zu Pistoja ist vertrieben und das Kloster datum in beneficio
Nebulungni Bajuario; da jener hergestellt, per illa mala consuetudine que per
eodem Nebulungo facta est ab illo die faciunt me ire in hostes et omnes paratas et
conlectas facere ad missos ac de datione ad palatio que cum lege facere non debeo.
2) Er weiss nichts zu sagen als S. 367 : „die als Seniorat nun bestimmt hervor-
tretenden Privatgefolgschaften", während jenes gerade nach ihm bedeutend mehr
umfasst als die Vassalien. Wären übrigens die Vassallen wirklich Gefolgsge-
nossen gewesen, so hätte es für sie gewiss am wenigsten einer gesetzlichen
Verfügung bedurft, dass sie unter ihrem Herrn in den Krieg ziehen sollten, da
es sich doch bei Mitgliedern eines Gefolges von selbst verstehen musste, dass
sie mit ihrem Herrn, und nur mit ihrem Herrn ausziehen konnten.
ÜBER DIB ANFÄNGE DER VASSALUTÄT. 143
verdrängt hier allmählich die auf andern Grundlagen beruhende, wenn auch
äusserlicb in mancher Beziehung ähnliche Gefolgschaft Auch darauf scheint
es von Einfluss gewesen zu sein dass die Könige oder die ihre Stelle ver-
tretenden Herrscher des Frankenreichs sich immer mehr gewöhnten die Krongut-
verleihungen ebenso wie die Beneficien der Kirchen oder anderer Privaten zu
behandeln. Schon früher ist es geschehen, aber entschiedener tritt es hervor,
seit im 8ten Jahrhundert das Kirchengut in grossem Umfang zur Belohnung
der Anhänger der Karolinger verwandt ward. Weder die königlichen Beneficien
noch die Vassallität entstehen damals plötzlich und auf einmal, am wenigsten
werden sie planmässig eingeführt. Sondern beide sind in ihren Anfängen vorher
vorhanden, die Vassallität schon in vollständigerer Ausbildung. Die Zustände
des Fränkischen Reichs in der spätem Zeit der Merovinger, das Emporkommen
einer mächtigen Aristokratie, die Beschränkung der königlichen Macht, hängen
wesentlich auch hiermit zusammen; mit der Vergabung königlichen Guts an
die Leudes, mit der Begründung und Ausdehnung persönlicher Verbindungen
auf der einen Seite zwischen diesen und dem König, auf "der andern Seite
zwischen den Grossen und anderen geringeren Freien 1). Was die Karolinger
thaten, besteht wesentlich darin, dass sie Zustände die sie vorfanden und nicht
mehr beseitigen konnten, ihren Bestrebungen dienstbar zu machen, der von
ihnen durchzuführenden Ordnung des Reiches einzufügen suchten2). Sie for-
1) Es ist ein ungerechter Vorwurf wenn Roth sagt (S. VI), ich habe das Vassallen-
verhältnis zur Grundlage auch des Merovingischen Staates gemacht. Nicht die
ursprüngliche Staatsordnung, sondern die spätere Umbildung der alten Zustände
ist mit der zunehmenden Bedeutung theils persönlicher Verbindungen mit dem
König, theils anderer Abhängigkeitsverhältnisse in Verbindung gebracht. Wenn
derselbe meint, die Auflösung des Karolingischen Reiches, die nach seiner Ansicht
der Ausbildung des Seniorats bald gefolgt ist, sei ein Zeichen dass dies nicht
schon vorher bestanden haben könne, da sonst ähnliche Folgen schon früher
hätten eintreten müssen, so verkennt er eben, dass die Zustände unter den
späteren Merovingern vielfach wirklich einen ähnlichen Charakter an sich trugen.
2) In gewissem Sinne kommt auch Roth S. 415 zu diesem Resultat, nur dass er
das von ihm sogenannte Seniorat für die Institution hält, die nach dem Plan
der Karolinger den Übelständen der bestehenden auf allgemeiner Dienstpflicht
beruhenden Heeresverfassung begegnen soll.
144 GEORG WAITZ, ÜBER DIE ANFÄNGE DER VASSALLITÄT.
derten dass die Freien welche auf fremdem Lande wohnten und besonders die
welche im Verhältnis der Vassallität sich befanden mit in den Krieg zogen,
und Hessen zu, damit es um so sicherer geschehe, dass sie es unter der
Führung ihres Herrn thaten ; sie verfügten, dass Beneficialgut in Beziehung auf
die Kriegspflicbt dem Eigengut gleich behandelt werde, Inhaber königlicher
Beneficien unbedingt den Dienst leisteten. Unter ihnen stellte es sich fest dass
wer Beneficium empfangen wollte sich commendieren , d. h. Vassall werden
musste. Sie schrieben vor dass der besondere Treueid an den Herrn dem
allgemeinen Eid an den König keinen Abbruch thun dürfe. Sie haben aber
mit alle dem nicht hindern können, dass die eingetretene Umwandelung und
Zersetzung. der alten Verhältnisse doch ihren Fortgang nahm: nur aufgehalten
haben sie dieselbe eine kurze Zeit. Die getroffenen Massregeln erwiesen sich
theils als ungenügend — der Treueid an den Herrn ging doch dem an den
König vor, das königliche Gut ward doch factisch wieder erblich besessen,
die erweiterte Immunität gab doch Freiheit von Kriegsdienst für die Hinter-
sassen — , theils -dienten sie bei einseitiger Ausbeutung oder eintretender Aus-
artung am Ende nur dazu das zu befördern was sie hindern sollten — die
Macht der Herren über die Vassalien nahm zu durch das Recht der Führung
im Kriege, die Verpflichtung aller die Beneficien empfingen zur Commendation
verbreitete die persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse.
Aus schwachen Keimen sind grosse gewaltige Institutionen erwachsen.
Ursprünglich verschiedene Verhältnisse haben sich in ihrer weitern Ausbildung
berührt, sind gevfissermassen zusammengewachsen. Die Vereinigung der auf
der Commendation beruhenden Vassallität mit der Übertragung von Land zu Be-
neficium ist die eine Hauptstufe in der Geschichte des Beneficialwesens. Dazu
kam der Einfluss der Immunität. Wie diese den Anlass gab zu Verfügungen
der Fränkischen Könige die das Recht der Herren ihren Vassalien gegenüber
nur vermehrten, so begründete sie namentlich die Gewohnheit nutzbare öffentliche
Rechte zu behandeln wie Land und anderes das Einkommen gewährte: auch sie
wurden der Gegenstand kirchlicher und königlicher Beneficien. Dies und was
weiter sich hieran knüpft bezeichnet eine zweite Stufe in der Entwicklung
des Beneficialwesens.
Zusätze zu der Abhandlung
über
die grosse Phönikische Inschrift von Sidon
(oben S. 3—68.)
Seit der Vollendung des Druckes dieser Abhandlung erschienen noch me-
bere Versuche zu ihrer Erklärung auf welche in jenem noch keine Rücksicht
genommen werden konnte. Da ich indessen über sie alle, sofern sie nur ir-
gendeine Bedentnng haben mochten, an andern Orten weiter geredet habe, so
genügt es hier wohl die Leser welche sich darüber näher unterrichten wollen
auf die Stellen hinzuweisen wo ich sie beurtheiKe. Man findet diese Urtheile
in den Gott. Gel Ans. von 1856 S. 689—708. 1393—1414 und von 1857
S. 321—334; ferner in den Jahrbüchern der BihL Wissenschaft WH S.134—
136. Eine neueste Meinung welche die Erklärung der Inschrift fördern soll,
findet sich in der Zeitschrift der DM6. 1857 S. 328 abgedruckt. Der Ver-
fasser stellt nämlich die Meinung auf die Phöniken hätten mein König schlecht-
hin far der König sagen können, und so könnten die Anfangsworto der In-
schrift Im Jahre 14 meines Königs EschmAnazar bloss ebensoviel bedeuten
als wenn das Wörteben mein nicht hinzugefügt wäre: eine Meinung welche
schon ansich so völlig grundlos ist und dazu durch die ganze Haltung und
Sprache der langen Inschrift so leicht widerlegt wird dass man nicht begreift
wie sie gedruckt werden konnte. Wir erwähnen ihrer hier nur als eines
neuesten Zeichens des jetzigen Zugtandes dieser Wissenschaft in Deutschland.
Ausserdem habe ich bei einer jener Gelegenheiten in den Gott. GeL An».
185? S. 334 einige Stellen angezeigt wo das Verständniss der Worte dieser
grossen Inschrift noch immer etwas genauer werden könne. Es sind dies
Bist. PhiloL Clasic. VII T
146 H. EWALD,
ansich im Verhältnisse zum Ganzen Kleinigkeiten, die indess doch wiederum
ihre Wichtigkeit haben und durch welche namentlich auch die Klarheit des
Zusammenhanges aller Worte und Sätze noch etwas gewinnt. Da sich nun in
die oben S. 18 — 20 gedruckte Uebersetzung auch einige Druckversehen ein-
geschlichen haben, so scheint es uns nützlich die ganze Uebersetzung zum
Besten der Leser hier noch einmal zu geben. Sie lautet:
Im monate Bül im 14ten jähre meiner Herrschaft, Königs Echmüriazdr's
königs der Sidonier sohnes Königs Tabtnafs königs der Sidonier mutterenkels
Königs Esckmunazär's königs der Sidonier, — ward mein Untergang beschlos-
sen mitten in der kraft der tage, so ich dahingerafft mitten aus der Jugend;
und Hege nun in diesem sarge und diesem grabe, an dem orte den ich ge-
bauet, beschwörend alle obrigkeit und jeden einzelnen dass niemand dieses
ruhelager öffne, noch einen verborgenen schaz suche da dort kein solcher ist,
noch den sarg meines ruhelagers aufhebe, noch mich in diesem ruhelager mit
dem eingange zu einem zweiten ruhelager beschwere; auch wenn jemand dich
zu versuchen strebte, so höre nicht auf seine Versuchung! Denn mag irgend-
eine obrigkeit oder ein einzelner den eingang zu diesem ruhelager öffnen,, oder
den sarg meines ruhelagers aufheben, oder mich in diesem ruhelager beschwe-
ren: so werde ihm kein ruhelager bei den Schatten, noch werde er in einem
grabe begraben, noch habe er söhn und spross an seiner statt, und aus-
schUessen ihn die heiligen Götter l Selbst ein mächtiger könig welcher herrscht
unter ihren Innungen, sei es eine obrigkeit oder ein einzelner welcher den
eingang zu diesem ruhelager öffnet oder welcher diesen sarg aufhebt, sei es
ein spross der obrigkeit oder ein einzelner aus dem volke: er habe weder
wurzel nach unten noch frucht nach oben, noch eine dauer im leben unter der
Sonne! Ja weil nun mein Untergang beschlossen ward mitten in der kraft der
tage , so ich dahingerafft ward mitten aus der Jugend : — wenn wir , nämlich
ich Eschmüiiazdr könig der Sidonier söhn Königs TabinaPs königs der Sido-
nier enkel Königs Eschmatiazär's königs der Sidonier, und meine mutier
Aniaschtarte Priesterin unserer herrm Aschtarte und Herrscherin, tochter
Königs Eschmüriazär's königs der Sidonier, wenn wir das haus der Götter
das haus [der obrigkeit] in Sidon dem meereslande baueten und die Asok~
tarte wieder aufrichteten die von sehr hohem namen; und wenn wir ein haus