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Full text of "Abhandlungen"

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V 


A3 


ABHANDLUNGEN 


DER 


KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 


ZU    GÖTTINGEN. 


SIEBENTER  BAND. 


VON    DEN    JAHREN    1856  UND   1857. 


MIT  ZWEI  KUPFERTAFELN  UND  EINER  STEINDRUCKTAFEL 

«ÖTTINfiEN, 

IN     DER     DIETEKICBSCHEN     BUCHHANDLUNG. 

18&9. 


Ci&ttftnff  en  * 

Druck  der  Dieterichschen  Unir.-  Backdruckerei. 

(W.  Fr.  Kaestner.) 


.« 


VORREDE. 


Uieser  siebente  Band  der  Abhandlungen  der  Königlichen  Ge- 
sellschaft der  Wissenschaften  zu  Göttingen  enthält  die  mehrsten 
grösseren  Arbeiten,  welche  ihre  Mitglieder  in  dem  Zeiträume 
von  Michaelis  1855  bis  dahin  1857  dargeboten  haben.  Aus- 
züge daraus,  so  wie  die  kleineren,  in  jenem  Zeitabschnitte  der 
Societät  mitgetheilten  Aufsätze,  finden  sich  in  den  die  gelehrten 
Anzeigen  begleitenden  Nachrichten  von  der  G.  A.  Universität 
und  der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschafben  aus  den 
Jahren  1855  bis  1857. 

Von  der  Geschichte  der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wis- 
senschaften in  den  genannten  Jahren,  liefert  das  Nachfolgende 
einen  kurzen  Bericht. 

Das  jährlich  unter  den  ältesten  Mitgliedern  der  drei  Classen 
wechselnde  Directorium  der  Societät,  wurde  zu  Michaelis  1855 
von  Herrn  Professor  Ewald  in  der  historisch  -  philologischen 
Glasse  übernommen.  Zu  Michaelis  1856  gieng  dasselbe  auf 
die  physikalische  Glasse,  und  in  dieser  auf  Herrn  Obermedi- 
cinalrath  Conrad*  über.  Zu  Michaelis  1857  übernahm  das  Di- 
rectorium Herr  Professor  Weber  in  der  mathematischen  Glasse. 

Die  Königliche  Gesellschaft  der  Wissenschaften  hat  in  dem 

bemerkten  ~  Zeitabschnitte   zahlreiche ,    und  darunter  einige  be- 

a2 


IV  VORREDE. 

sonders  empfindliche  Verluste  erlitten.  Am  2ten  December 
1855  wurde  der  physikalischen  Classe  der  Hofrath  und 
Professor  Dr.  Conrad  Heinrich  Fuchs  entrissen,  der  seit  1843 
der  Societät  angehört  hatte.  Wie  viel  die  medicinische  Wissen- 
schaft und  die  Universität  durch  seinen  plötzlichen  Tod,  der 
seiner  segensreichen  Wirksamkeit  ein  frühes  Ziel  setzte ;  ver- 
loren haben,  ist  allgemein  anerkannt.  .  Am  letzten  Tage  dessel- 
ben Jahres  traf  die  historisch-philologische  Classe  ein 
sehr  harter  Verlust  durch  das  ebenfalls  höchst  unerwartete 
Ende  des  Hofraths  und  Professors  Dr.  Carl  Friedrich  Hermann. 
Seit  dem  Jahre  1843  war  dieser  ausgezeichnete  Philolog  und 
Kenner  des  klassischen  AUerthums  mit  unserer  Gesellschaft  ver- 
banden ,  die  seiner  ausserordentlichen  Thätigkeit  und  gewissen- 
haftesten Pflichttreue  zahlreiche  Arbeiten  verdankt.  Die  Schrif- 
ten der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  enthalten 
fünf  grossere  Abhandlungen  des  Verewigten,  und  in  dem  Nach- 
richten findet  sich  eine  Beihe  kleinerer*  Aufsätze  von  ihm« 
Ausserdem  hat  er  für  die  gelehrten  Anzeigen  manche  Beitrage 
geliefert«  Schon  am  löten  Januar  1856- folgte  jenem  höchst 
tkätigen  Gelehrten  der  College  in  die  Ewigkeit  nach,  welcher 
ihm  hinsichtlich  seiner  Studien  hier  nahe:  stand,  und  in  der 
Thätigkeit  mit  ihm  wetteiferte :  der  Professor  Dr.  Friedrich 
Wilhelm  Sckneidetvin ,  der  seit  i850  ordentliches  Mitglied  der 
Societät  in  der  historisch-philologischen  Classe  war.  Auch 
dieser  scharfsinnige  Kritiker  hat  die  ton  ihm  mit  dem  Eintritte 
in  die  Gesellschaft  der  Wissenschaften  übernommenen  Verpflich- 
tungen treu  erfüllt,  und  in  der  kurzen  Zeit  seiner  Theilnahme 
an  den  Arbeiten  der  Societät ,  drei  grossere  Abhandlungen, 
mehrere  kleinere  Anisätoe,  und,  wie  auch  schon  früher,  manche 
Beitrag*   für  die  gelehrten  Anzeigen  geliefert«      In   der  Nacht 


V  0  R  R  B  D  JB. 


vom  18ten  auf  den *9teh  Mftre  4856  verlor  die  physikalisch* 
Gasse  der  Sockrtät  den  Hofrötk  und  Professor  Dr.  Gabrg  Frie* 
rfricJi  Wilhelm  Meyer,  Physiographen  des  Königreichs  Hannover;, 
der  «eh  1821  ab  Assessor,  and  seit  1845  als  hiesiges  or- 
dentliches Mitglied  mit  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wis- 
senschaften verbunden  war%  Dieser  berühmte  Botaniker  hat  die 
ökonomische  Preisaufgabe ,  welche  von  der  Socielät  für  den 
November  1820  bestimmt  war,  und  die  Untersuchung  des  Scha- 
dens, den  die  Innerste  den  angrenzenden  Ländereien  auf  ihrem 
Laufe  durch  das  Hildesheim'sche  zufügt ,  nebst  Vorschlägen  zu 
wirksamen,  im  Grossen  ausführbaren  Maassregeln,  um  demselben 
so  viel  als  möglich  Einhalt  zu  thun,  forderte,  auf  die  ausgezeich- 
netste Weise  gelöst,  und  in  der  im  J.  1822  als  Anlage  zur  Flora 
des  Königreichs  Hannover  in  zwei  Bänden  herausgegebenen  Preist 
schritt,  nicht  bloss  der  eigentlichen  Forderung  der  Aufgabe 
auf  das  Vollkommenste  entsprochen,  sondern  zugleich  eine  so 
umfassende,  naturhistorisch -ökonomische  Beschreibung  des  In- 
nerste-Thaies geliefert,  dass  solche  bis  ein  Muster  für  ähnliche 
Arbeiten  gelten  kann. 

Von  ihren  auswärtigen  Mitgliedern  hat  die  Königlich* 
Gesellschaft  in  dem  obigen  Zeitabschnitte  verloren:  aas  der 
physikalischen  Classe,  i.  J.  1856,  den  Hofrath  und  Pro* 
fessor  Dr.  J*  C.  Jörg  zu  Leipzig,  und  den  Geheimen  Bergrath 
und  Professor  Dr.  Christian  Samuel  JPeiss  zu  Berlin,  von  wel- 
chen der  entere  seit  1837,  der  letztere  seit  1851  -der  Societät 
angehörte;  i.  J.  1857,  den  Baron  L>  J>  TMnard,  Mitglied  des 
Institutes  und  Professor  der  Chemie  zu  Paris,  der  seit  1830 
Mitglied  der  Societät  war,  und  den  Geheimen  Medieinalrath 
und  Professor  Dr.  it.  Lichtenstein  zu  Berlin ,  der  ebenfalls  seit 
1830  mit  der  Gesellschaft  verbunden  war;  aus  der  mathema- 


VI  VORREDE. 

tischen  Classe,  i.  J.  1857,  Augustin  Cauchy>  Mitglied  des  In- 
stitutes und  des  Bureau  des  longitudes ,  zu  Paris,  der  seit  1840 
der  Societät  angehörte. 

Von  den  Corcespondenten  der  Königlichen  Gesellschaft 
der  Wissenschaften  sind  dahin  geschieden;  aus  der  physikali- 
schen Classe,  i.  J.  1856,  der  Königlich  Dänische  Etatsrath 
JH.  Chr.  CotÜ.  Lehmann  zu  Kopenhagen,  der  Vorstand  .und 
Gustos  der  K.  K.  Mineraliencabinete  zu  Wien ,  Paul  Partsch, 
lind  der  K.  Russ.  Leibarzt,  Dr.  Sir  Alexander  Crichton  in  Lon- 
don; i.  J.  1857,  der  Geheime  Hofrath  und  Professor  Dr.  J.  L. 
C.  Gravenhorst  zu  Breslau,  der  i.  J.  1807  als  Assessor,  und 
i.  J.  1809  als  Correspondent  mit  der  Societät  in  Verbindung 
trat,  der  K.  Russ..  Hofrath  Dr.  W.  G.  Tilesius  zu  Mühlhausen, 
und  der  Professor  Dr.  J.  G.  C.  Schweigger  zu  Halle;  aus.  der 
mathematischen  Classe,  i.  J.  1856,  der  K.  Russ,  Staatsrath 
und  Professor,  N.  Lobatschewski  zu  Kasan;  i  J.  1857,  der 
Hofrath  und  Professor  Dr.  G.  W.  Gottl.  Kastner  zu  Erlangen  5 
aus  der  historisch-philologischen  Classe,  i.  J.  1855,  der 
Staatsrath  Rudolph  von  Bosse  zu  Braunschweig,  und  der  Professor 
Dr.  Mqriz  Hermann  Eduard  Meier  zu  Halle;  i.  J.  1856,  Dr. 
Emil  Braun  y  Secretair  des  Instituts  für  archäologische  Corres- 
pondenz  zu  liom,  der  Professor  Dr..  Caspar  Zeuss  zu  Bamberg, 
und  der  K.  K.  Hofrath  und  Hof  -  Dollmetscher  der  orientali- 
schen Sprachen,  Joseph,  Freiherr  von  Hammer  -  Purgstall  zu 
Wien;   i.  J.  1857,  John  Mitchell  Kemble  zu  London. 

Die  in  dem  bemerkten  Zeitabschnitte  im  Kreise  der  König- 
lichen Gesellschaft  der  Wissenschaften  entstandenen  zahlreichen 
Lücken,   sind  auf  folgende  Weise  ausgefüllt  worden. 

Im  Jahre  1855  trat  mit  Genehmigung  des  Königlichen 
Universitäts - Curatorii  als  hiesiges  ordentliches  Mitglied 


VORREDE.  VII 

der  mathematischen  Classe  Herr  Professor  Lejeune-Dirichlet 
ein,  der  bereits  seit  1846  als  auswärtiges  Mitglied  der 
Societät  angehörte. 

Im  Jahre  1856  worden  zu  hiesigen  ordentlichen 
Mitgliedern  erwählt,  und  vom  Königlichen  Universitäts- 
Curatorio  bestätigt: 

für  die  physikalische  Classe, 
Herr  Professor  Sartorius  Freiherr  von  Waltershausen; 

für  die  historisch-philologische  Classe, 
Herr  Professor  Ernst  Curtius  und 

Herr  Professor  Ferdinand  Wüstenfeld)  der  bereits  seit  1841  als 

Assessor  mit  der  Societät  verbunden  war. 
Zu  Assessoren  für  die  mathematische  Classe  wurden 
im  Jahre  1856  ernannt: 

Herr  Facultäts  -  Assessor  Dr.  Riemann   und 

Herr  Dr.  Ktinkerfues,  Observator  an  der  Königlichen,  Stern« 

warte. 
Zu  auswärtigen  Mitgliedern  wurden  erwählt  und  vom 
Königlichen  Universitäts - Curatorio  bestätigt: 
für  die  physikalische  Classe, 
im  Jahre  1855, 
Herr  Dr.  Robert  Bunsen>  Hofrath  und  Professor  der  Chemie  zu 

Heidelberg, 
Herr  Elze  de  Beaumont,  Kais.  Franz.  Senateur,  und  beständiger 
Secretair  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Paris; 
im  Jahre  1856, 
Herr  Dr.  Heinrich  Rose,   Professor  der  Chemie  an  der  Univer- 
sität zu  Berlin, 
Herr  Dr.  Gustav  Rose,  Professor  der  Mineralogie  an  der  Uni« 
versität  zu  Berlin. 


VIII  VORREDE. 

Für  die  mathematische  C lasse, 
im  Jahre  1856,. 
Herr  Joseph  Liouville,   Mitglied  des  Institutes  zu  Paris, 
Herr  Dr.  B*  Hummer ,    Professor  an  der  Universität  zu  Berlin, 

seit  1851  Correspondent  der  Societät, 
Herr  Dr.  F.  E.  Neumann ,  Professor  an  der  Universität  zu 
nigsberg. 
Für  die  historisch-philologische  Glasse, 
im  Jahre  1855, 
Herr  Dr.   Chr.   C.  Josias  Bunsen,    Königl.  Preussischer 
lieber  Gehcimerratb  zu  Heidelberg. 
Zu  Correspondenten  wurden  von  der  Königlichen  Ge- 
sellschaft der  Wissenschaften  ernannt: 

■ 

für  die  physikalische  Classe, 
im  Jahre  1855, 
Herr  Dr.  Hermann  Mopp,  Professor  zo  Giessen, 
Herr  Paul  Partsch,  Vorstand  und  Custos  der  K.  K;  Hof  -Mine- 
ralien -Cabinete  zu  Wien,    (seitdem  verstorben,  s.  o.); 
im  Jahre  1856,  \     U\ 

Herr  Dr.  Anton  Schrötter,  Professor  der  Chemie  an  dem  K.  K. 
polytechnischen  Institute  und  General- Secretair  der  Kais. 
Akademie  der  Wissenschaften  äu  Wien , 
Herr  J.  Pelouze,   Mitglied  des  Institutes  zu  Paris, 
Herr  Henri  Sainte  Ciaire  Devittb,  Maitre  de  Conference  an  der 
»  £colfe  normale  Mp&rietire  m  Paris. 
Für  die  mathematische  Glasse, 
im  Jahre  1856, 
Herr  Dr.   Georg  Rosenhain ,   zu  Königsbergs  • 
Herr  Dr.  C.  fVeierstrass,  Professor  an  der  Uni versität  za  Berlin, 
Herr  Dr.  Otto  Hesse,  Professor  an  der  Universität  »«Heidelberg, 


VORREDE.  IX 

Herr  Dr.  toter  Riesa,  Mitglied  der  Akademie  der  Wissenschaften 


ZU       —^MMM*., 


Herr  Dr.  Rudolph  Kohlrausch,   Professor  an  der  Universität  zu 
Marburg   (jetzt  zu  Erlangen). 
Für  die  historisch-philologische  Classe, 
im  Jahr  18o5f 
Herr  Dr.  Emil  Braun,  Secretair  des  Institutes  für  archäologische 

Correspondenz  zu  Rom,   (seitdem  verstorben ,  s.  o.), 
Herr  Paul  Joseph  Schafarik,  Bibliothekar  zu  Prag, 
Herr  Dr.  Wilhelm  Wackernagel,   Professor  zu  Basel, 
Herr  Dr.   Caspar  Zeuss,    Professor  zu  Bamberg,    (seitdem  ver- 
storben,  s.  o.). 

In  der  Zeit  von  Michaelis  1855  bis  dahin  1857  wurden 
folgende  Abhandlungen  theils  in  den  Versammlungen  der  Societät 
gelesen,   theils  derselben  vorgelegt. 

Im  Jahre   1835. 
Am  24.  Novbr.     Hausmann,  zweite  Abhandlung,  über  die  durch  Molecular- 

bewegungen  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  Form- 
veränderungen.    (Nachrichten  1855.  $•  229.) 

Im  Jahre  1856. 
Am  19.  Januar.   Ewald ,  Erklärung  der  grossen  phönikisehen  Inschrift  von 

Sidoo  und  einer  ägyptisch -aramäischen,    mit  den  iuvef- 
i  lässigen  Abbildern  beider.     (Nachr.  1856.  S.  4.) 

Am  24.  Mai.         Conradi,  Bemerkungen  über  die  medicinischen  Grundsätze 

der  Roischen  und  Knidischen  Schule.  (Nachr.  1836.  S.  143.) 
Am  13.  Juni.       Waito,  über  die  Anfange  der  Yassallität.     (Nachr.  1856. 

S.  \WJ.) 
Am  6.  No?br«      Riemann,  Beiträge  zur  Theorie  der  durch  die  Gauss'sche 

Reihe   F  (a,  ß3  y,  x)    darstellbaren   Functionen.       (Nachr. 

b 


X  VORREDE. 

Am  22.  JVovbr.    Hausmann,    über   den   Einfluss   der  Beschaffenheiten    der 

Gesteine  auf  die  Architektur.     (Nachr.  1836.  S.  301.) 

Im  Jahre  1857. 

Am  16.  Januar.  Grkebach,  systematische  Untersuchungen  aber  die  Vege- 
tation der  Karaiben,  insbesondere  der  Insel  Guadeloupe, 
nach  den  Sammlungen  Duchassaing's.   (Nachr.  1837.  S.  11.) 

Am  8.  April.         H.   Sainte    Ciaire  Deville   und    Wohler,    über  das  Bor. 

(Nachr.  1857.   S.  122.) 

Am  31.  Juli.         Lejeune  Dirichlet,   Untersuchungen  über  ein  Problem  der 

Hydrodynamik.     (Nachr.  1857.  S.  206.) 

Am   1.  August.    Sartorius    von   Waltershansen ,    über    die    Rrystallformen 

des  Bors.     (Nachr.  1857.   S.  208.) 

Am  22.  Sept.       Buff  und  Wähler ,  über  neue  Verbindungen  des  Siliciums. 

(Nachr.  1857.   S.  245.) 

Folgende  kleinere  Arbeiten ,  welche  theils  in  den  Versamm- 
lungen der  Soeietät  vorgetragen,  theils  derselben  vorgelegt  wor- 
den, finden  sieb  in  den  Nachrichten  von  der  6.  A.  Universität 
und  der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  abgedruckt, 

oder  im  Auszuge  mitgetheilt. 

Aus  dem  Jahre  1855. 
Am  1.  October.    Wohler   und   J.  Dean,    Versuche   über   Tclluramyl   und 

Selenmethyl.     (Nachr.  1855.  S.  198.) 
Am  17.  Novbr.     Bausmann ,    über  das  Vorkommen  von  Manganblende   ab 

Eisenhüttenproduct.     (Nachr.  185».  S.  226.) 

Am  24.  Novbr.    Berthold,  Bemerkungen  über  die  Eintheilung  der  Säuge- 

thiere  nach   de*  Modalität  des   Säugens.     (Nachr.  1855. 
S.  247.) 

Aus  dem  Jahre  1856. 
Am  2.  Februar.    Wohler,  über  das  Silicium.     (Nachr.  1856.  S.  39.) 
Am  16.  April.      Rlinkerfues,    Beobachtungen    der   neuesten    Planeten    auf 

der  Göttinger  Sternwarte.     (Nachr.  1856.  S.  113.) 
—        —  Hausmann,    Bemerkungen    über    die    Umänderungen    des 

Glases ,  nebst  den  Resultaten  der  voll  dem  Herrn  Doctor 


VORREDE.  XI 

Getither  im  hiesigen  Akademischen  Laboratorium  in  Be- 
ziehung darauf  ausgeführten  chemischen  Analysen.  (Nachr. 

1856.  S.  114.) 

Am  21.  Mai.        Berthold,   Bemerkungen  über  den  Beutellaubfrosch  (Hyla 

marsnpiata,  Dum.  Bibr.).     (Nachr.  1856.  S.  130.) 

Am  9.  Juli.  Hausmann  und  fV'ohler,  Bemerkungen  über  die  im  vori- 

gen Jahre  in  der  Gegend  von  Bremervörde  herabgefallenen 
Meteorsteine,  nebst  der  chemischen  Untersuchung  dersel- 
ben.    (Nachr.  1856.  S.  145.)      ^ 

Am  1.  August.    Hausmann,   über  Chytophyllit-  und  Chytostilbit- Schlacke. 

(Nachr.  1856.   S.  201.) 

Am  27.  Sept.       Berthold,   Bericht  über  einige  Versuche  um  den  Ursprung 

des  Harnzuckers  bei  künstlichem  Diabetes  zu  ermitteln, 
von  Hrn  Prof.  M.  Schiff  zu  Bern. 

Am  ll.October.  fVaitz,  über  die  Handschrift  des  sogenannten  Anonymus 

Scaligeri.      (Nachr.  1856.    S.  249.) 
Aus  dem  Jahre  1857. 

Am  27.  Januar.    JVaitz,    über   das  Garmen  de  bello  Saxonico  Henrici  IT. 

(Nachr.  1857.  S.  13.) 

—        —  JVaitz,  kleine  Bemerkungen  zur  Geschichte  der  deutschen 

Historiographie  im  Mittelalter.      (Nachr.  1857.   S.  42.) 

Am  25.  Februar.  Klinkerfues,  neue  Bahnbestimmung  des  Asteroiden  Psyche. 

(Nachr.  1857.   S.  90.) 

Am  27.  Febrnar.  Ewald,  über  eine  schwierige  Frage  der  arabischen  Wort- 
fügung.    (Nachr.  1857.  S.  97.) 

Am  14.  März.      Klinkerfues,    Notiz    über   die   neuen   Kometen.      (Nachr. 

1857.  S.  92.) 

Am  28.  April.      Wagner,   Auszug  aus  einer  Abhandlung  der  Herren  Dr. 

JV.  Kühne  aus  Hamburg  und  fV.  Hallwachs  aus  Darm- 
stadt ,  welcher  physiologisch  -chemische  Untersuchungen 
über  die  Bildung  der  Hippursäure  aus  Benzoesäure  bei 
fleischfressenden  Thieren  enthält,  die  von  denselben  im 
Laufe  des  Winters  18ff  im  physiologischen  Institute  zu 

Göttingen  angestellt  wurden.     (Nachr.  1857.  S.  129.) 

b2 


I1X  VORREDE. 

Am  18.  Juni.       Ewald,  Bemerkungen  aber  die  nabatftischen  Schriften  und 

eine  beabsichtigte  Herausgabe  derselben.  (Nachr.  1857. 
S.  141  und  145.) 

Am  6.  Juli.  fVehttr^  Abhandlung  des  Hrn  Prof.  Boedeker  mit  dem 

Titel :  Die  gesetzmässigen  Beziehungen  zwischen  der  Dich- 
tigkeit, der  specifischen  Wärme  und  der  Zusammensetzung 
der  Gase.     (Nachr.  1857.  S.  185.) 

Am  1.  Sept.  Naumann ,    über  das  Vorkommen   des  Chloropals  in  Be- 

gleitung des  Basaltes  am  Meenser  Steinberge  zwischen 
Göttingen  und  Blanden.     (Nachr.  1837.   S.  213.) 

Am  22.  Sept.        H.  Sainte  Ciaire  Deville  und  Wohler,  über  die  Affinität 

zwischen  Stickstoff  und  Titan.     (Nachr.  1857.  S.  237.) 


Ueber  die  von  der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften aufgegebenen  Preisfragen  und  den  Erfolg  derselben 
ist  Folgendes  zu  berichten. 

Für  den  November  1855  war  von  der  mathematischen 
Classe  nachstehende,  im  Jahr  1852  ungenügend  gelöste  Auf- 
gabe wiederholt  worden: 

»Obgleich  wir  über  den  Einfluss  der  Temperatur  auf  die  Elasiicitäi  fester 
Körper  einige  auf  Schallschwingungen  beruhende  Versuche  besitzen,  so  bleibt 
hier  doch  noch  ein  weites  Feld  für  die  Erforschung  übrig.  Die  Königliche 
Societät  wünscht  daher,  dass  dieser  Gegenstand  auch  auf  andern  Wege**, 
sorgfältig  bearbeitet  werde ,  namentlich  bei  festen  Körpern  im  Zustande  der 
Biegung  und  der  Torsion,  durch  Anwendung  von  Methoden,  welche  die 
Veränderungen  der  Elasticitäl  bei  veränderten  Temperaturen  mit  grosser 
8chärfe  erkennen  lassen.  Die  Versuche  dürfen  nicht  über  die  G ranzen  der 
Elasticitäl  hinausgehen,  müssen  aber  zahlreich  und  mannichfaltig  genug  sein, 
um  über  das  gleiehmässige  Fortschreiten  der  fVerthe  des  Elasticitätscoeffi- 
cienten  mit  der  Temperatur,  und  über  den  Grad  der  in  den  Resultaten  er- 
reichten Zuverlässigkeit  ein  bestimmtes  Vrtheil  zu  begründen.  Es  wird  ge- 
wünscht, dass  ausser  den  einer  vollkommenen  ElasHcität  fähigen  Metallen 
aneh  das  Olas  den  geeigneten  Versuchen  unterzogen  werde." 


v  o  a  a  b  d  a  xiii 

Zur  Beantwortung  war  erst  am  50sten  October  1855  ,  also 
einen  Monat  nach  dem  gesetzlichen  Termine,  eine  Schrift  ein- 
gegangen ,  mit  dem  Motto: 

„On  ne  parvient  an  simple  qu'apres  ayoir  epuise  le  compose," 
welche,  wie  im  Vorworte  erklärt  war,  nicht  allein,  sondern  in 
Verbindung  mit  der  im  Jahre  1852  unter  gleichem  Motto  ein- 
gesandten Schrift ,  als  Beantwortung  der  Preisfrage  gelten  sollte« 
Da  eine  andere  Concurrenz  nicht  Statt  fand,  so  hat  Königliche 
Societät  dieselbe  zur  Preisbewerbung  zugelassen. 

Die  frühere  Schrift  ist  in  dem  Berichte  von  der  Sitzung 
der  Königlichen  Societät  am  4.  December  1852  (Nachrichten 
1852.  S.  256  ff.  und  Vorrede  zum  fünften  Bande  der  Abhand- 
lungen S.  xvm  ff.)  beurtheilt  worden.  Es  ist  daselbst  anerkannt 
worden  ,  dass  die  Resultate  der  mitgetheilten  Versuche  als  ein 
sehr  werthyoller  Beitrag  zur  Lösung  der  Aufgabe  betrachtet 
werden  müssten;  dass  aber  die  geforderte  vielseitigere  Behand- 
lung innerhalb  des  durch  die  Preisfrage  bestimmten  engeren 
Feldes,  und  die  Erstreckung  auf  die  verschiedenen,  zu  scharfen 
Versuchen  geeigneten  Aeusserungen  der  Elasticität  bei  der 
Flexion  und  Torsion  fehle.  Namentlich  waren  zur  Beantwor- 
tung der  Preisfrage  gar  keine  den  Torsionszustand  betreffende 
Versuche  benutzt  worden,  und  die  den  Flexionszustand  betref- 
fenden bezogen  sich  bloss  auf  dynamische,  nicht  auf  statische 
Aeusseruqgep  der  Elasticität.  Auch  fehlte  es  bei  den  engen 
Gränzen  der  beobachteten  Temperaturunterschiede  Von  —  15°5 
bis  •+-  15°9  Reaumur  an  Versuchen  zur  Lösung  desjenigen  Theils 
der  Aufgabe,  welcher  eine  Prüfung  des  gleichmässigen  Fort- 
schreitens der  Werthe  des  Elasticitätscoeflicienten  mit  den  Tem- 
peraturveränderungen  forderte» 

,    Die    obige   Erganz ungsschrift    enthält    nun   erstens    zahl- 


XIV  VORREDE, 

reiche,  den  Torsionszustand  betreffende  Verbuche  bei  Tempe- 
raturen von  14°  bis  79°5  Reaum»,  und  zweitens  eine  Aus- 
dehnung der  früheren,  den  Flexionszustand  betreffenden  Versuche 
auf  höhere  Temperaturen;  drittens  aber  sind  über  die  stati- 
schen Aeusserungen  der  Elasticität  zwar  auch  hier .  weder  den 
Flexions-  noch  den  Torsionszustand  betreffende  Versuche.gege- 
ben; jedoch  fuhrt  der  Verfasser  an,  dass  er  auch  darüber  Ver- 
suche angestellt,  sich  aber  durch  dieselben  überzeugt  zu  haben 
^glaube,  dass  auf  diesem  Wege  keine  genauen  Resultate  zu  er- 
langen wären.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort  zu  erörtern,  in  wie 
fern  der  Grund  davon  in  einem  Mangel  an  Einrichtungen  gelegen 
habe,  die  einen  wiederholten  Wechsel  des  Flexions-  und  Tor- 
sionsmomentes bei  jeder  Temperatur  gestatteten,  zum  Zwecke 
der  Elimination  der  bleibenden  Flexionen  und  Torsionen, 
welche  die  Stäbe  und  Drähte  im  Laufe  der  Versuche  erlitten. 

Aus  den  auf  höhere  Temperaturen  ausgedehnten  Versuchen 
des  Verfassers  über  Transversalschwingungen  hat  sich  im  All- 
gemeinen das  Resultat  ergeben,  dass  die  Abnahme  des  Elä&tici- 
tätscoefficienten  mit  wachsender  Temperatur  für  die  höheren 
Temperaturen  von  +  15°  bis  -f  80°  rascher  war  als  für  die 
niedern  von  - —  15°  bis  +  15°;  eine  einzige  Ausnahme  davon 
ergab  sich  für  weiches  gegossenes  Messing,  wo  die  Abnahme 
ganz  gleichmässig  gefunden  wurde.  Auch  die  Versuche  über 
Torsionsschwingungen  bestätigten  die  Abnahme  der  Elasticitäts- 
coefficienten  bei  wachsender  Temperatur,  da  sie  aber  bloss  für 
die  höheren  Temperaturen  von  +15°  bis  80°  ausgeführt  wor- 
den waren,  so  Hess  sich  über  die  Gleichmässigkeit  oder  Un- 
gleichmässigkeit  dieser  Abnahme  durchaus  nichts  entnehmen. 
Uebrigens  waren  die  Transversal-  und  Torsionsschwingungen 
an  verschiedenen  Stäben  und  Drähten  beobachtet  worden,   und 


VORREDE..  XV 

daher,  keine  genaue  Vergleichung  der  nach  beiden  Metboden 
gewonnenen  Resultate  möglich.  —  Sehr  interessant  sind  die 
Resultate.,  zu  welchen  der  Verf.  bei  Torsionsschwingungen  über 
das  Wacbsthuin  der  Schwingungsdauer  mit  dem  Schwingungs- 
bogen  gelangt  ist,  womit  derselbe  die  von  ihm  gemachte  Beob- 
achtung in  Verbindung  gebracht  hat,  dass  die  aus  Transversal-  und 
Torsionsschwingungen  berechneten  Werthe  des  Ausdehnungs- 
coefficienten  eines  rothen  Kupferdrahts  sich  nahe  wie  3  :  Sä  ver- 
hielten, wahrend  beide  Werthe  bei  einem  Stahldrahte  sehr  nahe 
übereinstimmten.  Der  Verf.  bemerkt  aber  selbst,  dass  er  diese 
einer  grösseren  Arbeit  über  Elasticität  entlehnte  Untersuchung 
in  keine  unmittelbar*  Beziehung  zur  vorliegenden  Aufgabe  ge- 
bracht, und  daher  der  vorliegenden  Schrift  nur  als  Einleitung 
vorausgeschickt  habe,  um  daran  zu.  zeigen,  wie  viele  Nebenum- 
stände bei  einer  genauen  Bestimmung  der  Elasticitätscoefficienten 
in  Betracht  zu  ziehen  und  zu  erforschen  seien. 

Es  ergiebt  sich  aus  dem  Mitgetheilten ,  dass  die  vorliegende 
Schrift  eben  so-.'wie  die  frühere r  viele  neue  werth volle  Beobach- 
tungen enthält,  deren  Ausführung  unter  den  hergestellten  sehr 
vollkommenen  Einrichtungen  eine  sehr  grosse  Schärfe  gestattete. 
Es  ist  dadurch  den  meisten  Forderungen  der  Preisfrage,  weicht 
in  der  ernten  Schrift  noch  unerledigt  geblieben  waren,  genügt 
worden.  Die  Königliche  Societät  hat  daher  kein  Bedenken  ge- 
tragen«^ dem  Verfasser  der  beiden  Schriften  den  anggesetvt&i 
Preis  zu  erth eilen.  ..  .,  . /■* 

'  -  ^Auf  dem  in  der  öffentlichen  Sitzung  der  Königlichen  Ge*> 
Hellschaft  der  Wissenschaften  am  24,  November  1855  entsie* 
gelten  Zettel*  nannte  <  sich  ala  Verfasser  gener  Schriften :         ■  /■•;* 

A.   T.  Rupflerj  >** 

Director  des  pbysikaK  Centralobßervatoriuras  i»  St»  Petersburg« 


■*" 


■'.»* 


XVI  VORREDE. 

Die  Preisschrift  ist  im  vorigen  Jahre  zu  St.  Petersborg 
unter  folgendem  Titel  gedruckt  erschienen: 

„lieber  den  Einfluss  der  Wärme  auf  die  elastische 
Kraft  der  festen  Körper  und  insbesondere  der 
Metalle,  von  A.  T.  Kupffer."  98  Seiten  in  Quart,  mit 
4  Tafeln. 

Für  den  November  1856  hatte  die  historisch-philolo- 
gische Classe 

eine  kritische  Geschichte  der  Historiographie  hei  den  Deutschen,    bis  zur 
Mitte  des  dreizehnten  Jahrhunderts 

verlangt. 

Zur  Beantwortung  war  nur  eine  Schrift  eingegangen,  unter 
dem  Titel: 

Deutschlands  Geschichtsquellen  im  Mittelalter  bis  ans  Ende 
der  Kaiserzeit,   mit  dem  Motto: 

Si  quid  novisti  rectius  istis, 

Candidus  imperti:   si  non,   his  utere  mecum. 

Der  gewählte  Titel  deutet  schon  an,  dass  der  Verfasser 
sich  eine  etwas  andere  Aufgabe  gesetzt  hat,  als  die  Societät 
eigentlich  wollte.  Unter  dem  Ende  der  Kaiserzeit  versteht  er 
freilich  nur  den  Verfall  der  kaiserlichen  Macht  der  mit  dem 
Untergang  der  Staufer  eintrat,  und  der  Zeit  nach  ist  er  nicht 
wesentlich  über  die  Gränzen  hinausgegangen,  welche  in  der 
Preisaufgabe  bezeichnet  waren,  wenn  er  gleich,  wie  nachher 
bemerkt  werden  soll,  Manches  aufgenommen  hat,  was  nicht  mehr 
noth wendig  zu  derselben  gehörte,  ja  richtiger  hier  zur  Seite 
gelassen  wäre.  In  der  Arbeit  selbst  ist  auch  wohl  manchmal 
davon  die  Rede,  dass  es  darauf  ankomme,  die  Entwicklung 
der  deutschen  Historiographie  darzulegen  (S.  59. 575. 613);  aber 
dieser  Standpunkt  i«t  keineswegs  festgehalten,  ist  von  dem  Ver« 


VIOKttSßEt  iXirjf 

ftfii«r.  yoä  *oiUe  bereift.;  p  igeUÜk^riiiciiiK^ii^iioitimäa;  ^vto^dcm^ 
Derselbe  ist  »vieknel|p  idttr^ul;  anaf^angai*,;  1o»  d  eh  Quälen /de* 
doutaefah  jGebehichte*  oder  doch  dtrittei  grossem  Theüe  dergek 
fceay  üir;  di^,jaa$egebene  ^Zeit  l  «i^  9» 

geben*  >  So  finden  i  ausser  den  jGesphiob(fscb*bibecn)  frßilmb  nicht 
dfo .  Urkunden  und:  Rechtequellen  *  j;  aber  vrobA /dte  ;;(iediohtfc  und 
Briefe  i  »jfre;>  aälitre .  Berücksichtigung  \  aö  /begnügt  i  »ich *  jfcr, '  Ver* 
Jilflder  jaichi  mit  eirier  Bedpvecbuo^  der  ^iiiilicib/  Deutschland 
#deto  in  älterer  Zeit  den  veracUed^nen  .dintödieo  ^eie^n  aug*- 
hörigen  Gescbichtsiebreiber;,  sondern  er  handelt  au«h  von  deaeb 
der:  Nachbarlandes  Italiens^  Frankreichs*  England»*  Dänemark^ 
Poltos^  Ungarn»,  so.  weit  dieselben  Nachrichten  , für  die  deiifc 
ache  G^chichte  darbieten.,  t  Eine  gewisse  Rücksicht  auf  diese 
HU  nehmet* v  mochte  nötfcig  sein*;  überall  da *  .worein  näherer 
%*satiimenbang.  der  Arbeiten,  eift  Einfllias  eines  Landes  auf;  daa 
awtere*  namentlich  jener  Nachbarlande  auf  Deutschland  nachge» 
ni&aen  <  werden  «dkomntef  allein  hier  ist  yiel  mehr  gethan,  regele 
JM&toig  ebenso  ausführlich;  you  ;  den  hier. entetandenen  Werhen, 
yrie  Vonv  den  eigentliche  deutschen  gehandelt  ^  in  der  fränkischen 
Periode  umfasst  z,  B«  die  Behandlung  deuJtaüäniftd^n  Gesebicbfc 
dohteibt?  die  SS.  ö47r-4^6^  und  nur  «nlßtoty  ivp  de»  Züsan^ 
vfenhaäg  dieser  Lande  jfoH  dcmJEteich >  (dem  irtperium)  eip  loserer 
jtfifrd  > "  scheint  giftet  <;küife<!re  ErvvähAuug  /  oder  gänzliche  Ueber- 
gehung .  dbm; ,-  Vedasber ,  gerechtfertigt;  ■  Joe*  >  »or  «ipgtaommftN? 
Standpunkt  fuhrt  weiter  da3u,  dass  mehr  auf  dm  historisphe 
ata  auf  die.  litte rariaebe / Bedeutung  der  einzelnen  Werbe  gesehen 
4a*s  dieaelbeii  wenigstens  häufig  nicht  so^Qhl  uach  ihrer  E*f)t£ 
atehungww^t,  wi«  noch  dw  Zeit  yon  d*?!*fte  h**de)n,  aufgeführt 
jvtittlen;  der  Ver&sser  geht  zuuäflhst  dar^if  aus  zq  zejgwi 
welche  Quellen,  fiiui  «ine  bseü^te  2Wit  vqrhaftde«  *indv  und 


XVI11  VORREDR 

ist'  'dadurch  oft  -  veranladafy:  *auct» '  die .  späten  geschriebenen, .  einet 
fcnderrt -Periode  der 'Historiographie  angebörigen  neben  den  gleich*- 
tätigten  im  nennen.  Freilich  kommt  er  dann  wohl  in  einten*  ad» 
d^rfa  Zu^mmenh^ng^4io<3hiti«il8 anf  dieselben  ?oritck,  was  aber  z* 
Wiederholungen Anlast  giebt,  die  besser  vermieden  wären j »  So 
bind  dfei*#oeta  Säxo,  der  Monachus  Sangallensis,  die  meisten  nieht 
gleichzeitig  verfeaste*  Vitae  zweimal  erwähnt.  .  Es ;  bangt  >  hiermit 
busatrtmeft,  wie ;  Anfang  und  E»d*  der  Arbeit  festgestellt  sind» 
Nach  einer  litterarischen  Einleitung  y  die  von  den  bisherigen 
Ausgaben  der  mitteralterliehen  Geschichtswerke  handelt,  beginnt 
der  Verfasser  in  dem  ersten  Abschnitt  mit  einem  §  bezeichnet 
die  Römerzeit;  er  spricht  da  freilich  nicht  näher  von  den  römi- 
schen und  -  griechischen  Historikern  ,  die  einzelne  Nachrichten 
über  die  alten  Deutschen  gegeben  haben,  aber  wollt  von  den 
echten  und  falschen  Heiligenleben,  die  sich  auf  die  Zeit  dar 
Völkerwanderung  und'  die  Anfange  der  deutschen ;  Geschichte 
tieziehan ;  de*  Abschnitt  enthält  mariche  gute  und  interessante 
Beriierklingy  iiber ^  er  iöt>i  hier 'kaum  am  Platze  5  und  jedenfaüa 
erscheint  es  unzweckmäßige  treten ;  -  dann:  *rat  -  im  folgenden  §4 
a*f  die  „Anfange  und  >J£j^tungen  4er  christlichen  Geschieht*» 
stthr<*ibung"  als  GWinidlage  ai^eh  füi*  die  teistungen  der  christlich 
geVrotdebeö  ©eutsphen  eingegangen  Wird':  hiervon  war  yiehnebr 
atl&ztigcheto,  und  was  von  d^hiiin^§/4Beha»dekeö  eine  ErWäh<- 
iWing  verdiente,  Jkonö«e  hier  eingereiht,  werdeii.  -  Ist  aber; derg^ 
Stellt*  hier  etwas  gegeben*  das  eigentlidh  nichteur  Aufgbbe  g^h#H^ 
so  48t  dasselbe,  wie  schon  angedeutet  wurdc^  noch  liiehr  der 
Frtll  gegen  das  Ende  der  Darstellung.  Diese  gebt» über  die 
Mittle  de*  15.  Jahrhunderts  hinaus  und  zieht  auch  Arbeiten  in 
ihre*  Kreis  hinein y  die  in  Wahrheit  schon  einer  wesentlich 
hgücn  Periode  der  Historiographie  angehörten :  die  grossen  Com» 


VOR  RED  £.  XJX 

'ptfaiiopen;  wie  dfe  kersen  pandbichcr  sde»  :13.)  Jahrhunderts*  dftto 
:wob  alltri  die  deutschen  Ch^niken  stehen  /fciuf  «iner  wesentlich 
•andern;  Stufe  der  Entwi(&&ungv  und  höchstens  auf  die  Aofö*£e 
und  Uebergänge  wäre  hinzuweisen  *  nicht  auch,  dieser  Kreis  jvon 
Werken  eingehender  zu  behandeln  gewesen*  Der  Verfasset»  fawt 
-die :  i  Steche,  so^  das»  er  nach  der  Bliithe ,  der  Gescbicfcisckrctbuttg 
unter  den  Fränkischen  und  ersten  Staufisehen  Kaisern  >  auch  den 
in  der  nächstfolgenden  Zeh  ;  ein  tretenden ,  Verfall  schildert  .und 
erst  dann  abschliesst,  da  nach  seiner  Ansicht  unter  Rudotf ;  von 
Habsburg  ein  neuer  Aufschwung  statt  hat  (S.  715)  \  was  Wenig- 
stens der  Aufgabe  wie  diel  Societät  sie  stellte  nicht  recht  ent- 
spricht i  und  auch  sachlich  Manches  gegen  sich  hat.  ■ .  Es  •  hängt 
endlich  mit  dem  vom  Verfasser  eingenommenen, *  Standpunkte 
zusammen,  dass  er  das  Allgemeine  nur  kürzer,  behandelt  oder 
gelegentlieh  beibringt,  dagegen  vorzugsweise  bei  der  Besprechung 
der  einzelnen  Werke  verweilt,  ;.Er> gliedert  den^  Stoff  nach  den 
politischen  Verhältnissen,  specielL  nach»  den  Geschlechtern  der 
Herrscher;-  *Dem  ersten  Abschnitt,  >  welcher  die  Vorzeit  benannt 
ist  und  es  hauptsächlich  mit  den  ^Leistungen  im  Fränkischen 
Reich  unter  den  Meroviugern  &i  ifcun  hat,  •  folgen >4  aadere, 
welche  'als  die  Zeiten  der  Karolingern  üttonen ,  Salier^  Weifen 
und  Weiblinger - bezeichnet  sind- ...  Jeder  dieser  Abschnitte  be- 
ginnt dann  allerdings  mit  einein*  §^  überschrieben  ^Allgemeines*  4; 
allein  \  hier^  ist  keineswegs  -  alles  das.  gegebeni,  was  -  .zur  Charak- 
teristik dfer  Historiographie  im  Gangen  \  und  Allgemeinen  >  in  den 
betreffenden ^  Z^tranmen  gebort ,  sondern  Vieles  und  Wichtiges 
wird  späte*  «tibi»  gelegäntKfeh beigebracht,  so  über  die  Sprache 
»ilers  Schriftsteller  im> 7.  Jahrhundert  und'  später)  beim; JRredegse, 
Übtif  Üfe  ©fßeielle  Ge*ehifchte<jbreJbuiig  beipi  Einhard^  übet»  den 

Eiriflüss*  d*t*J  Kr^rtztige   beim  ^Ih^^f^  Aquensis;>;bbd-;in  Jden 

c2 


XK  VOIIEDE. 

lataten  bade»  Abtritten  kt  die  aOgememc<  ächüderang  4tw*s 
eingebender  and  befriedigender  aaagrfallra:  Dagegen  ist  ia 
Abschnitt  o  wieder  die  Ann rdunng  de»  Snzefami  irarig 
ge*.  Znetat  werde«  hier,  die  ^velles  znr  .firichachU  Lotham 
aad  ftomad  flL  zuo  iinwnragestelit,  dann. die  Werbe  besprochen, 
die  anter  dem  Eitflm  de»  Cistereienser-  and  Pramonuli  nie uuer 
Ordens  eatslaadea  sind;  dann  reibe»  atch  Otto  aoa  Fresaing 
aad  mm  Fortaetzer,  «ad  anauttdbar  .an  diese  der  ganz  vea- 
sehiedene,  einer  gaaa  andern  Riebtnng  angehörige  Gotf iried  ron 
VHerbo.  Dann  .folgen  aaddeateehe»,  böhmische,  ,  Na  liaaiscfcr 
Qaellea;  von  den  letzten  wird  za  dea  norddentstthen  and  wölfi- 
schen übergesprungen  %  «Uranf  wa  dea  eigentlichen  Lnralge 
achichtca  nochmals  nark  der  Reihe  der  JLaadschaftea,  Sachsen 
aad  Thüringen,  Rasera  aad  Oesterreich,  Schwaben  und  Elsaaa, 
Rheininad,  Ldthiitgca^  gehandelt  3  nach  aüe  dem  erat,  boaunea 
die  Werke  aHganneiner  Reicfaigeschtcbte,  «nter  diesen  einzelne 
noch  aas  der  Mkte  dea  iSL  Jahabaaderta?  ■;  and  yoft  ihama  wirf! 
der  * .  Uebergaag  g*macht  wzu  den  grossen  Compiiationca, .  dgn 
Compendien  nd  andern  durch !  Aufnahm*  sagenhafter  Elemente 
eharakterisirten  Werben.  DastMatüriicke  war  gewiss,  die  Reichs- 
geschickten :  an  Otto  Ton  Kreistag  afcmmchlietsai  and  dann .  ein- 
mal die  iauner  mehr .  überhand . .  nehmenden  Localgescbichtca, 
.andererseits,  so  weit  es  hierher  geborte;,  -  die  sagenhafte  und 
sonstige  mneJümhildaag  aeigende  Idtteratur  zu  .berüctoicldigest, 
wo  von  Gotfried  von  ViterboMaaszt^ehtn  wae*  aad  unter  andern 
aach  aaf  .die  deutsche  Kaiserchroaik  sumckgebHckt  wenkp 
konnte,  die  mm  an  gana  «npasseadev  Stelle ,  ausserdem,  wenn 
nie  überhaupt  erwähnt  werde* .  aollte  ,  HeA  za  bans  bebandelt 
wird.  Ja  den  übrigen  Abschnitten  laset  sich  die  DamteUufcg 
last  ausschliesslich  f#n  geagr^hi^h^n  .Gcetdhtopuriften.  Wteft. 


VORREDE.  XXI 

was  .  die? :  >c5ntoib(e$  Laftdachaftep,  i iiind  lim  '  diesen  >  •  die  einzelnen 
Stifter  und:  Rio $ter*i  geleistet  iwrbon^  ivtird  djirgestdlt^  av^die 
.ydtwandtschaftjler>$Vei<ke  airteJr  «iaander  dagegen  wenig  Rück- 
sicht genommen!  ;  Die  i  Wekcbrontken  Hermanns  von  Reichender, 
Sigeberte  sraä  Gembleux,  Ekkehands  icon>  Au  räch  ai  B.  e+hakea 
an  ganz  iimraebiedenefpi  Steifen  ihre tnähtirt  Behandlung, nachdem 
allerdings  wq  dem  einleitenden  Paragraph**  der  Bauschen  Periade 
im  Allgemeinen^  aaf  idie ! A qpbiiduag  <  dieser  Art  wn  >  histprafohiefa 
Arbeiten 'hingewiesen  ist/  Es  wird  erob'hier  fnt  das"eme  wie 
finr  das  «andere  Verfahren,  allerdings  Manches  anführen  laäsea* 

Att  der  voitliegende*  A>beit  •  ist  aber  «ach  Anderes  aosari- 
-stelleiK  ;  £s  ist  eine  mehr  «na  so  4»  4agen  populär  belehrende 
als  streng  wissenschaftlich  gehaltene  Behandlung  des  <Jeg*nsta»- 
desi  Dies  Darstellung  ist  oft  etwas  breite  dringt  aadererseife 
mebt  tief  genug  ein;  man  bemerkt  nicht  ebea  *iel  **me  nad 
selbständige  >KorMhuteg^  hier  und  da  ist  «ach  ^e>  tiiuene  LUte- 
rato?  hioht  Jgane  ausreichend  benutet«  'Die  ye#sqtiiedekaa  iAfc- 
sehnitte  isind  etwas  ungleichartig  ^w^fa4fea^ >^aöv  t»0fi*«nt  die 
-sqchäisebte  und  fränkisohe  Zeit  4  am  wenigsten  'gut 'die: -eiste 
Periode^  wo  ^.  B^iber  ^ard»ais  gäns  >itngetiägi$ad  (^ie^'es  sche3fft 
ohne  Rücksicht  auf  äy^ek  »  Abhandlung  iiber>dier^elten^äbefc 
Euedsiie  y .  Isidors  Velksgeadhithten  y  -  die  1  fränkischen  Vitae  i  so 
fgvt  wie  gar  nicht,  übeuGiregor  von  Toars  ^ueh;, nicht  ^psreichead 
gehandelt  wird*  .  Auch;  iübt*t  andere  W^rfeev^^B*  Agnellusr  die 
interessante  Chronik  ^Frectilfo,  ^Wird  zu  kura^hiiiweggeganged^ 
während  anderswo  ti^annöthigier  Ausführlichkeit  der  Iribalt  ein- 
zelner Einzahlungen  4  namentlich  mancher  Jfttae, »:  angegeben»  iah 
Von  den  rQaeUen;  .der  einzelnen  Airtoren  and  worauf es  $>esdn>- 
deea  *anhafp9i  der  aArit  ihrer  .B^am^ung  ist  meist  ungenügend  g&- 
apitechen,  ebenso /nicht  genug;  hervorgobebtn^  weichen  lEinfluss 


i 


1XXII  ¥  0  R  R  B  D  B. 

id«   yerscbkdenen  Werke jj an  .späterfer  [Zeit  geUbt:  haben:    bei 
tiiuiptn  fi^en  ^iefa  v^i  Bemei4uingen>da^be^  reichen 

4iich£  $Wi> '/ Sorbete  behn<  llftietmar  wohl  gezeigt  werden  solle*, 
.w»  er  i*it  seinen  Quellen  nrnging^  beim  Ekkehard ,  Sigebert 
war  die  gerühmte  Beledenheit;  und  die  Art  wie  sie  den  gesam- 
(Otelfeft  Stoff  verarbfeiteteii  kälter  darzulegen  5.  namentlich  aber 
Aufeste  nach  dem  in  der  Prei^nfgabe;  bestimmt  ausgesprochenen 
Verlangen  eine  nähere  Nachweiaung  darüber  gegeben  werden, 
in  wie'  weit  die  einzelne»  Bucher  später  benutzt  worden!  sind, 
wie  lange  man  z.  B«  den  Gregor:  kannte  ^  .  welche. Annalen  eine 
besondere  Verbreitung  landen ;  udA  welche  auf '  ein  bestimmtes 
Kloster  oder. doch  *in  Jkleinos  Gebiet  beschränkt  blieben.»:  Es 
ist  z,  B.  unrichtig,  wenn  es  wurden  S.  83— 86: genannten  kurzen 
Chroniken  im  Allgemeinen,  hei ssty  dass  sie  zu  den  allgemein 
.verbreiteten  Grundlagen  der /spätern: Arbeiten  gehörten^  da  das 
wohl  von  Prosper  (und  Jsidor)* ,  aber  nicht  von  Idatius*,  Mariua 
4ind  andern  gilt«  Auch  auf  manche  Einzelheiten  i?t  nioht  genug 
eingegangen:  <  der  Umarbeitungen,  die  wir  von  Thietmars  und 
Adams  Werken  finden*  is fc, nicht  ^gedacht 4 ,  von  der  Streitfrage, 
ob  ein  Werk  Einhards  der  Schilderung  Rudolfs,  von  den  alten 
Sachsen  zu  Grunde«  liege,  Jkewe  «Notiz  genonuneliv !  Uehierhaupt 
.  wäre :  etwas  mehr  gelehrtes  Material  +  -auch  eine  *  vollständigere 
Anführung  Wenigstens  der  neuem  ^Litteratur  zu  wünschen  ge- 
wesen. Pass  J  wundeHiobe  .Abgriffe-  einzelner  JNeiierer  feines 
.Ga^ffc;^/  Damberger^t  ,auf\  die  iEehtbeit) «der  doch  den»  WeHh  der 
«uttehaherlieben  Quellen^  keine*  Erwähnung  wid^  Ab weiaungi  fin- 
den f  wird>  man «weniger» 'bedauert**  »Von  don  *ywklichi  unechten 
4Mder  gefälschte«/ Werke»)  findet  sich  »im:  Anhängseln  Vjprzeibhniss. 
Aufi  verlorner  WjevkCi  ifcti  qur > gelegentlich  Rücksicht  < genommen, 
aonfiytiarkaUene^  und  jm*^*  nicht  gpdri^ktey  wie  »dds  Gbrontkqn 


Y  O  R  I  E  D  B.  xxirt 

Tom  IJ*hmif6d4if  t  die i¥ifca\  Adalbferä  ^o^untihiy !  sind  über{£ange0i 
De?,*Ver£asseY  m&oty  man  werde  egrtals  einen*  Vorzug  :betra*J»+ 
*$?*-*;<  dassauf  die  ^tgabe»;dß0<;¥rithBin^ 

gcptmiien  ist  9  * :  doeli •: kann I »das»  zweifelhaft?  t&cfin  1  in  ein^p;  rtölll 
standig.  kiitipchpn  Gfesohichte  der  deutschen  Historiographie  durf- 
ten wakL*fce  Mitifailupgen>dieäe»  gelehrten,  wenn  )^ch  uidariii» 
sehen  und  «nter  Umstände*  fctßefbafien  Sammlere  eiiie?  Wiiitft 
gupg>  finden.  ,  Auch  emzelne  Ihrthümer  sind:  nicht  veimiedeii; 
wenn  z.B.  die.  Vita  Karls  d$s:  Grossen  \ö*  dem  ^sogenannten 
monachuq ;  Eqgplismensis  oder  i  späte*  dift  Vita  des  Wiprecbt  röu 
Groitsek;<fur:;  selbständige  Werke  gehalten  vtardenr  da,: jener  nur 
ein/Theil  des  Adematy  diese  de$  ;Glip#nicon;  Pegaviepse istjf  das 
Veribältnissi . der  au* -der. •  Epitome *  des  , Hermannus  Contractu 
abgeleiteten  Annalen  ist  nicht  richtig  angegeben!;  an.  einer  Steife 
heisst  <  es  «tngenauy  das».  Ekkehajrd;  sc^on  im  Jahre  >1W)5  den 
Sigebert  benutzte  r  .-.  während  dies  \  ym.  einer  Widern  ebensowenig 
richtig  ins  Jahr  *1 115  gesetzt  wind.  Die  Angaben  über  fNUbardi 
spätere^  Leben  und  Tod,  die;  hier;  »wiederholt  wehden^:  *i*d  m 
hohem  Grade  unsicher,  um  nitbt;pü  sagen,  entsebi eden  falsch t^ 
Doch  sind  dies  Kleinigkeiten^  >  auf  die  Yei4ftäkn|ssnKisMg  wenig 

ankommt«);     ■  -     .*;  1  **. .•>;•"  .    *).:vv  *  ...      ;:ilis'i.j.i  'J;ihf^  ;  j   *n    ?;,•;'-* 

.  Im  <  ^ilgtmeineb  \  jyufes  ,  - » im  Gegensatz  gegeii  die«  vorher  1  gel 
machten  Ausstellungen,  ?or  allein  gerühmt  werden^  die  wesenti 
Keh>rollfctandige  Beherrschung  desi  Stoffe^  die  gute  Bekanntschaft 
mfc  den  -  peuen- Forschungen  9  c^ie  sorgfältige  Ausfähruaty' '*kfe 
Einzelnen;  dazu  kommt  eine y  auf;, dem  Standpunkt  v  -diu  dür 
Verfasser  einmal  eingenommen  hat  y  ansprechende^  in  iftanob&i' 
Besiehung i#igenthümlache^Behahdlang  des- Gegenstandes.  ;  D«r*. 
selbe  betrachtet  die  historiographischen  Arbeiten  JmSusajjiteeftL 
hang  »mit  «der*  Geschichte  <.  der  ^Wissenschaft:  überhaupt;^  er ^  gebt 


KJEET  V  0  R  I  B  d  e. 


itt^m^tob  i  abf  idie  i  I^öiii^ii^i  defi  bkizcln^»  OrdfeÄ  ^»d  £Uö»ter 
aHm)  «inyuzeigf  dem  (Einflute  den  sie  katten^  die  Verbindi&ge*; 
id  tdcbtkil  m:  uhterj;  einknddti <£aadkny  und  giebt  hier"  wichtig?* 
Bhifrägeii  zur  GdehrUmgeicbiofate;!  dea- ^Mittelalters,  überhaupt; 
Webn > hfepnq  ueigcntHcbe  Geschieht e  der  Historiographie f  bei  dein 
Dänischen*  • geliefert  .ist! : und  nach  dem  getvählfen  Jatascäfeideneft 
Titel "." Auch!  gar  hiebt  beabsichtigt  seheint  r  so  findet  sich :  hier 
doch  alles  wesentliche  Material  für  eine  solche;  .wird  einige^ 
aetmisat^/se  ist  dafür  anderes  gegebeb 4  das,  wenn  es  eigentlich 
nicht  zun  Aufgabe  gebbrty  <  doch  nicht  ungern  entgegengenommen 
werden;  wird-  '  En  f  ifehlt  auch  niebt  Mb  des  nöthigem  allgemeine^ 
Ausführungen  j  »pari  dam.  sie  mehr  gelegentlich  und  centreut  dar* 
geboten  v*erden, ;  Daai  Urtheil des Verfassen;  aber  die  einzelnen 
Werfcer  ist  fast  inime^^rohl  begründet^  er  ist  nicht  blind  gegen 
die  mstariiehfachen  i  Mängel  und  Schwachen  der;  .mittelalterlichen 
jGeaohichtsehreibang  überhaupt  und  der  einzelnen  Antoten,  jiia- 
besondere;  aber  er  verkennt  fcueb  nicht,,  was  wirklieb  ^geleistet 
ward i und  unter  den  Verhältnissen  in  denen  !man  stand  geleistet 
werded  ^konnte :  1  weder :  eipseitigfe  Vorliebe  noefc  leidenschaftliche 
GeringsdhäJUju>g:iiäs&t er  «Ich  au  Schulden  komme ti.  •>  Ueberall 
zeigt  er  gesunde  Kritik;  moderne  Machwerke,  wie  den  angdb- 
liehen  .  Hunibald  oder; den  »(jmAtberus  Ligurinn87?f fertigt,  er  mit 
knraen-  Worte»  ab;/  den  XJnwerth  vieler  Yita$«wei*t  er  schlagend 
nach*;  tÄtfcitfchetdet  auchsbhr  *rohl  zwischen  dem  historischen 
Werfjk  :  spaterer  Ueberlie&rungen  .  un£ .  der  Bedeutung  9 . ;  vteldb* 
dfeseför  die^  Sa^enfotscbuhg  haben^  meg^n.  Seine  Arbeit,  deren 
llmfong  (72$  < ;  Seiten  \bl  •  FqKo  )  schon  von ;  *  dein  aufgewandten 
Fkisse .  Zengfeias  ,gifebt  *h  yvird  für  eine  nähere, :  Kenntnis*  und 
riebtigere  Würdigung  der.  Historiographie  des  Mittelalters  von 
We?eidlichfep>  iWutien  sein;,  wir  besitzen   kein  Werk,    wej^hes 


VJaiKRB5D»Ey  XX* 

«tttfefat'das*  Mutete  \  --ffW hfer  gegfeb^^  v^owfen  Wt,  und  was 
durch  Beseitigung  ewiger  der  vorher  gerügten  ^Mangel  leicht 
«MM*  W?rteJ!«ff ,  gedacht  werden  H?nn<  V|iif  ;,  , .  ^  .;  fc 
-V;'.».»'iW4nÄ»  »Iß»',  atM^i  4uncb  dieqe... Schrift  »die'  von:  der.;  Sacietät 
#e8telfte  Aufgabe  nicht  in  der  W«ise,  Wie  es  efgefttlifeh  geräfoscht 
war.  ihre  volle  Losung  geFunden  hat,  so  liefert  dieselbe  doch 
einen  sehr  wichtigen  Beitrag  zu  derselben,  und  ist  eine  an  sicp 
sehr  verdienstliche,  nur  von  anderen  Gesichtspunkten  aus  unter- 
noiqmen^  ^Vrheit  ütejr  den  Gegeiiatond  d$t4ufeabp«  Pm<  $9niff- 
licbe  Societät  hat  daher  feinen  Anstand  genommen 9\  der  eiligen 
Schrift  den  Pttiü  zuzuerkennen-  Als  Verfasser  detaribfcfi*  httnnte 
si<&  auf '  dem  in  der  öffentlichen v  Sitzung  am  20."  November 
1856  ^tsiegelten  Ze^l;      >.,.>   ,,,,.,,  ,.,..-..,.  ..,,-,  ,     ,     ,n 


■\  • ,; 


/.Für  die  nächsten   drei  ^Terjinine   sind  von  der  Königlichen 
GeseHechaft  der  Wi^en*ch^le^  folg^mclc  Pfrei$£rqgei| ,  gestimmt. 

1  >uPffir  den  Novtfofber  1857  wnr  der  physikalischen  Ciasse: 

Quum  etiam  novissimae  investigationes  de  Fluore  locutn  dubitationi  relin- 

quantj   num  revera  contigent  illum  per  se  solum  et  integrum  oculis  propo- 

nere,    certumque  $xt  ejus  quahtates ,    quatenus  extra  mixtionem  pqr  se  solus 

appareat,    fere   omnino   tgnotas   esse,    optat   bocielas   Regia,    ut  dejnsigms 

U      tffttf^  *7emenift*  integritate  riova '  experihienfa   instttü'dAtitr.       'Qüibü*  Ixperi- 

mentis  etiam  $i  ipsum  propositum  non  efficiutur,  ea  ver6  ytiMitio  dd'iiijüidatH 

»> .; ,  perductM-fueril)  ulrum ^mcidumßuuticmm ywiqr ihydrogfmeaMWkÄnter^iQxygenica 

aeida    habendutm  mtf  simulque.  eoutigerU  Fimovittm  üHmXoxygtüie  cetärisque 

1  <    metalMdikuS)'   qna&   eunt   JFluare  jünfi    pae&e  M^ndltm    Com  Hat  > .  jun  gerey 

■^  \\  ^rtietat  B»g{m>  etiam'  taii>opcr*\   dutnaiod*  acvmmtU  oh3*rm*li<mibu$  innita- 

*   >-^\terV  fß*ip&mt*  SU*-  sati&fimttum  ess*  existimmbit* ,'  >-u^  < 

b>\D*Mueh»ftöe  neuesten  \tluttrsuckungen  >übpk  4a*,Fluer**  fmch^dutchaus 

t^meißdhaß  Vass&ioix.destmiiJfaliruMfuUiirldich^g*!^         iM ,  \  jädktifalls 

»  s*im  JBigensokaftvn  wü  «ingMick  isvlinUtt  lJZ*rt*nde  M  i  gut  ud&^  noch  ganz 

'  unbekannt' sim4,  .«»tröiMcAtijfe?  lVonigti&*>Saci9ti^>llmM.M 

diewe*  *wi  kmm*digem>  Grlmätttffi^  neuq  Fennch*  nngestelU  werden.  K    Sollte 

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Ui\    V 


XXVI  VORREDE. 


t. 


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dlprtkpig  ertliche  Zweck  nicht  erreicht,  durch  diese  Versuche  aber  mit  Gewiss* 
heit\die  Frage  entschieden  werden,  ob  die  Flusssmure  eine  IV asser stoffsäufe 
oder  eine  Sauerstoffsäure  ist,  und -zugleich  die  Hervorbringung  von  Verbin- 
dungen des  Fluors  mit  Sauerstoff  und  den  andern  Metalloiden,  von  denen* 
numd  Hoch  keine  Fluor -Verbindungen  kennt,  gelingen,  so  würde,  die  König» 
Ifehs  ßoeietät  auch  eine  solche  Arbeit,  wenn  sie  sich  auf  exaete  Beobach- 
tungen gründet,  als  eine  genügende  Beantwortung  der  Frage  betrachten. 

dea   November    1858    von    der    mathematischen 


i-.     ■!••...•  ".....       ■:.     .         i')n 


A  ßuidis  electricis ,  quae  a  conduetore  altero  ad  alterum  vel  per  a'erem 
«■  vel  fie*'  vaeuum  transeant,  nonnullas  illlus  conduetoris  particulas  a  super- 
\  ficie  abscindi  atque  ad  hujus  conduetoris  supetficiem  transferriy  inter  ohser- 
vatoresflonstati  Jam  quatratur  £)  utrum  haee  particulamm  ponderqbilhtm 
remotiß  a  so\o  fluido  electrice  positiv o  efficiatur,  an  etiam  aßuido  nega- 
txvo,  et  unde  pendeal,  a  auo  fiuido  ea  efficiatur  $  S)  nuni  certa  quaedäm 
ratio  inter  illam  particulamm  ponderabiiium ,  guäe  removentur,  massam  et 
hanc  ßuidi  electrici,   quo  .efficitur ,,  quantitatem  indicari  possit. 

xBei  elektrischen  Entladungen  von  einem    Conduetor    zum    andern  durch 
die' Luft  oder  aücfi    durch  leeren  Raum  ^reisst  die  Elektricität  kleine  Theile 

* 

des  einen  Conduetorr  ab  und  führt  sie  tum  amiern  Conduetor  hinüber. 
Es  soll  untersucht  werden  4). 9°  uur  von  der . positiven  Elektricität  solche 
Theile  abgerissen  und  fortgeführt  werden,  oder  auch  von  der  negativen, 
und  wovon  das  eine  oder  andere  abhänge ;  2)  ob  die  Masse  der  fortge- 
rissenen Theile  in  einem  bestimmbaren  Verhältnisse  zu  der  Elektricität  steht, 
welche  von  dem  einen  Conduetor  zum  andern  entladen  wird. 

Für  den  November  1859  von  der  historisch-philolo- 
giaehen  ClaMet. 

Exponantur  origines  et  pregressus  patriciatus  in  urbibus  sajconieis  inter 
Fisurgim  et  Albint  sitis  usque  ad  finem  saeeuli  sexti  deeimi. 

Recentioribus  iemperibus  historid  non  eine  successu  yita  publica  in  civita- 
tibus  germanieis  qnemodo  sensim  exculta  esset  atque  couformata  disquirere 
studuerunt.  Nihilominus  tarnen  caremus  opere,  quo*  seeundum  fontes  et 
libros  smgulares  nuper  in  lueem  emissos  exponatur,  quam  variis  sub  con- 
ditienibus  et  causis  ortus  sit  atque  inereverit  patriciatus*  Valet  id  imprimis 
.  de  urbibus  saxonicis  inter  Fisurgim  et  Albim  sitis,  quarum  instituta  politicu 
aretissima  necessitudine  continentur.  Quam  materiam  qui  traetare  velit,  ei 
aegue  respicienda  erit  ea  ratio,  quae  patriciatmi  cum  principe  et  cum  online 


VORREDE.  XXVH 


\       » 


equestri,  ataue  ea^  gust  Widern  etil»  «tMt^fträfoitc :  arfepii*  et  cum  civikßH 
universa  singuftsgue  ejm  portibus,  quo*  corporationes  appellant^  intereessit^ 
Entstehung  und  Entwicklung  des  Patriciatf :  in  den  sächsischen  Städten 
'       '  zwischen    fVeser    und   Eibe    bis    gegen  *  das  Ende  des  stt/istehnten  Jahr- 

>\'hutide*ts s.'.'a    :-.-     .,<  § -i..    ■•..-;,; 

» 

Vj  Die  Geschichtschreibung  .hat  sich  in  der  neuere*) '  fSeit  nicht  ahme  Erfalp 
Untersuchungen  über  die  allmähliche  Gestaltung  des  öffentlichen  JLebenq 
in    den    städtischen    Gemeinen    Deutschlands   zugewandt.       Gleichwohl  er* 

*  wiänget*  wir  eines  >  auf  neuerdings  veröffentlichen/  Qucllewsehrißen  und 
Monotjropluen  sich  stützend**  ff  Werkes  über  die  rtnfar  djn  verschiedenste* 
Bedingungen  und  Einflüssen  erfolgte  Entstehung  und  Durchbildung  de$ 
Patriciats.      Eis  gilt  dieses  namentlich  in  Bezug   auf  die  sächsischen  Städte 

*  zwischen    Weser    und    Elbe,     welche    in    ilrren    politischen'  tnStitüHinen 

•  durcllweg   grosse  Verwandtschaft  verrathen.     JBti  itmem  teavheitung  diese* 
?     Gegenstandes    würde    nicht  weniger    die  Stellung,  des  Patriciats    zu    dem 

Landesherrn  und  dem  rittermässigen  Adel,  als  tu  der  städtischen  Vcr* 
waltung  und  der  Bürgergemeine  in  ihrer  Gesammthett  und  in  ihren 
wichtigsten  Corporationen  zu  berücksichtigen  sein. 

Die  Concurrenzschriften  müssen  vor  Ablauf  de*  Septem- 
bers der  bestimmten  Jahre  an  die  Königliehe  Gesellschaft  4tür 
Wissenschaften  portofrei  eingesandt  sein.     : r.  v  <] 

.■  Der  :  für  jede    dieser    Aufgäben   aufegesdbrte .  Pfreis  i  beträgt 
fünfzig  Ducaten. 


Nach  den  Bestimmungen  der  Wed^eki nasche q  Preis- 
stiftung für  deutsche  Geschichte  sollen  wo  niöglicb  alle 
zehn  Jahre  drei  Preise ,  jeder  von  4000  Thaleirp  in  Golde,  für 
die  besten  BearbeitiingeijL  von  Gegenständen  der  deutschen  Ge- 
schichte  ausgesetzt  werden,  und  diejenigen  zehn  Jahre,  inner- 
halb welcher  jene  Preise  jedesmal  ausgeschrieben  und  vertheilt 
werden  T  einen  Ver^altuagsieitraim  d^r;  Stiftung  bilde*.  De» 
erste  Vtarwaltungszeitraum.  schAoss  thit  dem .  I3ten/Mäni  iH&R 
und  4m*  I4tem  Mäiar<  dem  Todes^e  des  koehk^raigete   Sti& 

Dem,    hitltjlie  JfönigL  Societtt  *ftatuftmmäasig  ^»e  ö&»tli#he 

d2 


murin  IQBRBDB. 

Sftean{p4 ••»  ita  vrrlcher  der  ©ii^ctor  de*  Stiftung,  IJerr  Professor 


abgedruckt  findet,  aus  welchem  das  Nachfolgende  einen  kurzen, 
den  'Erfolg »•  det*  Yreisaufgabeii  und  die  Ertheilung  der  Preise 
betreffenden  Auszug  liefert.' 

i«*>.   EÄ%r^ds»v.*r/&tiß^  mit 

deto  -nothigen  Sprafch-  und  Sacherläuterungen  versehene  Bearbei- 
tung-'"von I|enrici\cte  Heryorclia  chrbniedn,  Welches  achon  aus 
Br^fl?  3^tr^fl  ^ur  krit  Bearbeitung  ^tei;  Handschriften  (St.  1. 
S<  i,  SL  3u..Sk  255)  näher,  bekannt  and  im  Archive  der  Gesell- 
schaft für  älhi*e  deutsche  Geschichtskünde  (Bd.  2  —  Bd.  8)  öfter 
besprochen,  aber  noch  un gedruckt  ist,  und  sich  handschriftlich 
in  Münster,  WolfcnhÜUe|  u^J^erlf^  findet.  , .  ,w>  ,.:. 
-in  >  ©jui^  einte   GqA^drrengschrift  ist  feiogegangen ^ .-  ■.  w^lchfei  den 

Liber   de   rebus. n tnenibmbil^Mis  istife  ''Gl^ronibod  ••  HmHnti 

];}i;!i><Idemäbvo*dh^'^rium  <codi$bta  lectieäc  abopra*Usin»6 !  sub- 

notata  annotationibus  illustraptibus  n actione  dkl  sßviptanä 

Tita    et   chronici    fatis    aactoritateque    quaestione    addita. 

#f  fk'WW'deni  Mifftb  *eteeneni  ,cJ  >  =  >^'  ^'  '• « '  yuu )!,,., 
-ai)  it -iii  ^<»'tes»'v^^:»^d»/St^  «AA.^JrtHS;,,,,|,}?,ii  «•>'--'»*»  «!' 
Jii)iSJ'i>f-    Laif   ivnWvr.l  >^-i;fiiript>;finiJ>tn>je»>Awhi;laft;'1(li«-/(l-»l->//  ili»;,i 

DaJ  Mawi^rfp*  ^fasst  €XLV;  ünd445a  Seitrfo  hki&oUq»!, -iE» 
gfettt  dmi^TertK'Jeraehrdmfc  *»tt  JaWn3Bl)Nan<ali4  Juittsokea 
nkifr!  eriti|W!lwfcb<iMnmdrkttBglMi|H^!heiiEinleitniiy  üben  fla*iiie|*tii 
dd»ilVie«a8M*^  ;pfeii*!irfifcjiYiu  MUmmü  UuMttffenuQttfelto  ,«•* 


v,  a  a  &  u  &  h.  3ttHx 

a^ctar  >^nacU%en<b  Bifagen^  miiht -SeMus*- «ri ». Gldss4p<  4fc*"  toii 

4fis<  Inhalte*»  j ;  eraeheiftt  die  vorliegen*!*  Beanbefturig  «fr  «das  W**k 
eibCÄ  o£M^  jungen' tManktes,  der  Wobl  Keantaifcs  "hat  vota --4fetf 
AnfenLei+ungfen^  die  jkeildem jetzigen,  Stande,  der  Wissenschaft 
an*  die  Ausgabe*  eines  mittelalterlichen  &esubiehtewe*kcs  gemacht 
werden  müsse*  4  de»;  «ick  addb  $&nk  eifrig 'lieniüht  hat  denselben 
Geatige  i  zm ;  leisten ^  dfcnr  •  bs  £ber  nicht  igqlangen  ist  überall  ietoatf 
Befriedigbndca  zu  geben-  hinter  diesen  tTinst*taden'  befand  siefe 
das.  ^jrßifigef|pbt>  in  «1p erliefe wiwen  Verlegenheit.  Wenn  au# 
die«.  einen  Seite  .hervorgehoben  «rerdeti :  musife,  dasäy •*  Wie  aobon 
der IJÄmfaüg  ,dea  JM&njjsc^jpitB  ceigt^  auf  diese  »Arbeit  «ehr  tiel 
%eit^  Mü^iindFleis*  jetwandt  wordtRn  istr  dääs  4er»Verfassei* 
aiibh  :üi  vieler  -  Beziehung/  gute  Kenntnisse « bewiese»  'tat,  ädted 
die  Beschäftigung  mit  einem  aaiche«  Wprkey  da&  gt<#6sentbeil4 
Coa^lqtiq^^au^;  nuibemlQuc41eh  ietv  iiietit  an  deti 'erfreulichen 
gehört ^  ;dnd. deicht netyfMf  Enuiidendes  hat, ;  so  'ctagA*  der'BeA*" 
Unter  *roM  Einhändigung;  verdient ^  wenn  ei»  nielit  atlefi  Anu 
Forderungen  gleichmässig  genügt  hat,  dass  auch  itf  dW'Terlte-* 
gendfenr*nwUkomiheneii  Gestalt  die' Aufgabe  eine»  tflögedtfteheri 
Niil&enitiakalfcnni&eiidfey)^ 

Gewicht  'tfiblkgeki  4/ di'ssi  es  bei  äeui  Bedeutung ;  dieser  Prßitetif- 
tengnimd»  der!  Hähei  do*  ausgeürffeten»  Preist  vMoht  Bedfcfcke»1 
habe;, :  *kge  .unfertige/  ubttimdhwHkbmmettt^Af  b$*t<4Mkiltröi&ft  V*  dass 
ab^nid**>iMinußcrjpt».r?*4c^ 

ataniitelbfari  xäau  Druck  geeignet  ist  <  ami  'ulgo^ep  Hauptfbrdefaing 
der  Stiftung  nicht  entspricht.  Diel'M4krhöitrd«8  Pwfegferfrfites 
hätte if^eabalb  aulÜobdte  rinden  A^m^mvffviSeü^^U^^tite^Be^ 
rücksichtigung    der   zuerst   angeführten    Gründe    WöM^  für  >  eine 


XXX  VORREDE. 

Ertheilung  des  Preise«  zu  erklären ,  aber  dieselbe  zugleich 
die  Erfüllung  bestimmter  Bedingungen  zu  knüpfen«  Doch  bat 
dies  nach  dem  Worflaui  der  Statuten  nicbt  als  zulässig  ange- 
sehen werden  können»  Dann  aber  mnsste  erwogen  werden, 
einmal,  dass  der  Zweck  dieses  ersten  Preises  offenbar  recht 
eigentlich  '  der  sei  9  wichtige  ungedruckte  Quellen  der  deutschen 
Geschichte  zur  Veröffentlichung  zu  bringen,  dass  eine  Verweis 
gerung  desselben  in  diesem  Falle  die  an  sich  sehr  wünschens- 
werte Bekanntmachung  der  Chronik  des  Heinrich  Ton  Herford 
leicht  auf  lange  Zeit  verzögern  würde,  sodann  dass  der  Bear- 
beiter, wie  er  selbst  schon  eine:  nachträgliche  Vergtefchung  der 
Wolfenbiitteler  Handschrift  versprochen  hat,  ohne  Zweifel,  auch 
ohne  dass  es  ausdrücklich  als '  Bedingung  hingestellt  worden, 
bereit  und  im  Stande  sein  werde,  den  gerügten  Mängeln  abzu- 
helfen und .  seine  Arbeit  zu  ;  vervollkommnen  wie  es  für  die 
Ausgabe  als  nothwendig  erscheint. 

Indem  also  das  Preisgericht  die  Erwartung  ausgesprochen 
hat,  dass  der  Verfasser  der  eingesandten, ,  mit  dem  oben  ange- 
führten Motto  versebenen  Bearbeitung  der  Chronik  des  Heinrich 
von  Herford 

i*  dem  gegebenen  Versprechen  gemäss  Cur  den  *um  Druck  zu 
bestimmenden  Theil   die  Wolfenbiitteler  Handschrift  nach- 
träglich vergleiche .  und  nach  ihr  den  Text  feststelle;   * 
V.   die   älteren    Theile    des    Werkes    in    einer    der    erhaltenen 

Handschriften  durchlese  und  Nachricht  von  ihnen  gebe«; 
3.   den  Nachweis    der  Quellen   vervollständige ;  und  berichtige* 

das  dem  Autor  Eigenthümiiche  und  das  anderster  Entlehnte 

» 

noch  genauer  unterscheide;  ,  ■  r"u  "> 

4«   die   erklärenden   Anmerkungen    und   das   Glossar   möglichst 
.    verbessere;    ■>.  -  ;is*  /.-.. "•>«:-. 


v  o  r  r  e  d  &  xxxr 

sich  zu  dem  Ende  mit  dem  Verwaltiingsrath  dejr  Stiftung  in 

näheres,  Einvernehmen  setze:     ^ 

hat  dasselbe  beschlossen  ihn*  den  ausgesetzten  Preis  tod  1000 

Thaler  in  Gold  zu  ertheilen»  .  < 

.*.  <<»In.  dem  eröffneten  Zettel  naiintb  sich. ak  Bearbeiter:    ,        x 

Fnmdfieus  Aug%nAus  Pmtthast, 
Huxariemis-Westfela., 
philologus,  temp*  Berolini  domicilium  habens« 
,    .  Für  die  zweite  Avfgabe,  eine  kritische  Bearbeitung  de* 
Geschichte   de*  Erzbisthums. Hamburg  und  Bremen, 
von  der  Gründung  bis  zur  Auflasung,   hat  sich  kein  Bewerben 
gefunden.  ^ 

Dagegen  hat.  der  dritte  Preis,  der  keine  bestimmte  Auf» 
gäbe  stellt,  and  gedruckten  wie  handschriftlichen  Werken  ertheilt 
werden  kamt ,  zu  mehreren  Einsendungen  der  einen  wie  der 
anderen  Art  den  Anlass  gegeben. 

''  .„Vorzugsweise,  sagen  die  Ordnungen  über  diesen  Preis, 
verlangt  der  .  Stifter  für  denselben  ein  deutsch  geschriebenes 
Geschichtsbuch,  für  welches  sorgfaltige  und  geprüfte  Zusammen- 
stellung der  Thatsachen^  zur  ersten  und  Kunst  der  Darstellung 
zur.  zweiten  Hauptbedingung  gemacht  wird.44 

Eine  handschriftliche  Arbeit  war  zur  Bewerbung  eingesandt, 
welche  den  Titel,  trägt:  -^ 

....  „Geschichte  Deutschlands  unter  den  Kaisern  Ludwig  dem 
r  Baier  und  Karl  dem  Vierten  1514— 1578-  Nach  band- 
..  schriftlichen  und  gedruckten  Quellen.66 
Der  Verfasser  hat  sich  nicht ,  wie .  hier  erlaubt  gewesen  wäre, 
genannt;  sondern  die  Schrift  ebenso  wie  einen  beiliegende«  ver- 
siegelten Zettel  mit  den  Worten  versehen  „Les  prejuges  sont 
les  rois  du  vulgaire.     Voltaire«64 


XXXtt  JOB  ■l»'K 

u:    ;Dti»:?Ge^sti!nd-^  Uräkitanfleny  die  Be- 

handlung auf  926  Seiten  in  folio^ne  «9  uinfeiaaericfe^dasdiidiese 
A  täfelt  an  sictti  afoSttäne  >swr  £^%^rem^^ä^a»t^rtinAtiiitm 
musste.  Auch  ist  die  vorliegende  Snhtiift'  heincsvtogs)  ohne  ¥«Ä 
züge,  detft»!ab&*  ^nctt  fhed6ittende))M&n(^  gi^nübeti^  stehen. 
Die  Benutzung  ,  der  «\Qü*tien  i^  Ifeine^ganz  Erschöpfende $  die 
Behandlung  eine  ungleichartige*  Di©:  Auffassung  ist  die  be- 
schränkt pcÄgmatiachia^  die  imnoi*i?;nÜchf*i»*r  äua^emiiV?  rkettung 
der  Ereignisse  sucht,  ida*  grosste . GqyrkUt  auf  Weine!  «ubjeetive 
Motive  legt.1  EndKdbtf  gtebt  auch  difc  Darstellung zu  bedeutenden 
Auisetelhihgen  Anlast  Aus  diesen  ;»^  a*;  0*rj^fvl^ick  ent- 
wickelten Gründen  konnte  von  der  Ertheilung  des  drittelt. We# 
dekind'sdftth  Preises,  \  der.  den  heitern  :  Wcfekfc  über  deUtsche 
Geschichte '  bestimmt  Ist,  hier  keine  /  fted*  sei»,  i*dhckbtt>£emis9 
der  eingesandte  Zettel  }n  dervSSiiung  veribrannt  worden.  < 

Noch  weniger  war  daran  zu  ^eqtkew  IWi  dtimt  Uucbc:  ifler 
Wertkampf ider  -Deutschen;:  mtd  Slavei**  dargestellt  vo*  <?lf,  M. 
Heffitor*  Han^barg  n. ■  Gotha  1 1847.  S. ,~  \  weichender  V erfc  be- 
gleitet vew  „Ha*<^<^iftlichen  .Zusätze»  »nd  Bericht^oii^en^4 
2ur  Gtacnr renk  eingesandt  hatte.  *.   :  •.*;  :. :;•>;.-. 

Unter  den  zahlreichen  Werken  y  i^elchd  l  paf  dem:  i  Gebiete 
dbr  deutschen'  Geschichte  in  de fe  Jahren  das  nnntnehr  •  abgelau- 
fenen Verwaltungszeitraums  erschienen  sinjl^;  rifciisäte  besonders 
efci '  "Work  y  .  Wichen  c  einen  *dfer  wichtigste*  tnd ;  interessantesten 
Abschnitten  der  deabchem  Geschichte,  behdnde&i  ^ßüms€9\  deut- 
sche Geschichte  voitf  Tode  JFricibic tri  flep  Grosse*  bis  knh Grün- 
dung den  dettfechö»:^  t(k>4  tf ^  dife 
Aüfni^t^Mamkeit  auf  «ich*  ziehen*  » Wwain^jleic  h;dibs(ituch;*rahl . 
ifot*  abderefr  ift""der  waien:  oder  1aDderen-)BeiÄrfiiing  SbeHlio^ei^ 
wird,    von   dem   einen   an   ReichthT»itn^uer'  A^^chlütee-^  '^®Di 


VORREDE.  ZXXin 

dem  andern  an  geistiger  Durchdringung  das  Stoffes  oder  an 
Honst  der  i  Darstellung,  so  sind  diese  Vorzüge  dann  doch  nicht 
verbunden ;  sie  treten  wenigstens  diesmal  in  keinem  grosseren 
Werke  über  die  deutsehe  Geschichte  so  entgegen,  dass  man  es 
dem  Häusser**  vorziehen  könnte.  Die»  ist  eine  wissenschaftlich 
tüchtige  Arbeit;  es  beruht  auf  umfassenden  Studien;  die  Auf- 
lassung  ist  gesund  und  frisch;  die  Darstellung  befriedigend; 
d**  Ganze  eine  erfreuliche  und  verdienstliche  Leistung:  es  giebt 
der  Nation  zum  ersten  Male  eine  genauere,  im  Ganzen  zuver» 
lässige  und  gerechte  Anforderungen  befriedigende  Darstellung 
dieser-  'tat  ihre  Entwicklung  so  bedeutungsvollen  Zeit.  Das 
Preisgericht  hat  deshalb  kein  Bedenken  tragen  können,  Hausse^ $ 
deutscher  -  Geschichte  seit  dem  Tode  Friedrich  des  Grossen  den 
dritten  Wedekind'schen  Preis  in  der  Weise  wie  es  bei  gedruck- 
ten Büchern  allein  möglich  ist,  d.  b»  in  der  Summe  von  50© 
Thalern  Go^d,  zuzuerkennen. 

Da  unter  diesen  Umständen  nur  die  Hälfte  der  für  diesen 
Preis  überhaupt  bestimmten  Summe  hier  zur  Verwendung  kommt, 
so  hfct  das  Preisgericht  geglaubt,  nach  Analogie  des  Falles,  wo 
überhaupt  kein  Werk  der  zuerst  bezeichneten  Art  zur  Krönung 
#  gelangt,  über  die  andere  Hälfte  zu  Gunsten  solcher  Werke  ver- 
fügen zu  sollen,  welche  nach  den  Ordnungen  ebenfalls  in  Be+ 
tracht  zu  ziehen  sind,  d.  h.  solcher  „welche  durch  Entdeckung 
und  zweckmässige  Bearbeitung  unbekannter  und.  unbenutzter 
historischer  Quellen,  Denkmäler  und  Urkundensammlungen  steh 
«m  die  -  deutsche  Geschichte  verdient  gemacht  haben.64  Auch 
itft  wenigstens  eine  handschriftliche  Arbeit  dieser,  Art  zur.  Coni- 
etmrenz  eingesandt  worden;  eine  Sammlung  von  Abschriften  der 
Urkunden   des  Bistbqms  Verden   die  sich  im  Archive  zu  Stade 

befinden,  durch  den  Vorsteher  desselben,  den  Auditor  Mahlmann. 

e 


mzzcr  VORREDE. 

An  sibh  ifificUs  eine  ganz-^ei^ienstMche  iind  für  die.  PfcoTinBial»- 
jjeschtehftfc  nicht  anwichtige  Arbeit;    aber  irgend  i  welche  Wetter 
gebende  Anforderungen  befriedigt  sie  freüicb*  nieht.    tAuch  die 
eingesandten  gedruckten  .Wierita  {Beckstein  ^  Geschichte,  »und?  Ge- 
dichte   des   Otto  von  Botehlauben4.:184Ö,      Kruse?  Gfetönkon 
Nortmannorum  Wariage-Rusaorüm,  1851«  ,  Steiwtt,  Cedbxiw* 
»criptionum  Roman arumDanubii  et  Rheni  Vol«  L II.  111,  H..1.& 
1851  ff.):  haben   keinen    besonderen  An^ptiteb   auf  Beachtung 
machen  können«      Unter,  den  sonstigen  Werken  *  der.  Literatur 
dagegen  ist  die  Wahl  iuer  weniger  schwer  als  auf  dem  Ge|ii«te 
der  Geschichtschreibung.     Wenn  von  ddn  Monumenta  G&rmanitie 
historica,  aU  dein  Produet  gemeinsamer  Bestrebungen  ::def  Mi$> 
gtieder  und  Mitarbeiter  der  <  Gesellschaft  für  allere  deutsche  1  fi*r 
edrichtakunde ,  namentlich  in  den  saferen  w&hrfeliddfcr  lefetato 
9  Jahre  erschienenen  t  Bänden ,   von  Jaffas  Rfegeet*  pöntiBcuw 
Romanorum,  als  einer  Arbeit  die  Jbei  aller  Wichtigkeit (inr;  die 
deutsche  Geschichte  doch  nicht mbmittelbar  ita;  angehört  ^  >abge- 
rfehen  Werden  muss,  so  giebt  e«  keine  widsen^cbftfUißbe.  L^atu^g^ 
♦welche  Böhmer**  Kaiserregestei) ;  den  ersten )  Flatä  *  irgend  streitig 
jachen   kennte .     Das  •  Preisgericht  \h*t !  >  deshalb  t  <k*  iBestfhlu&s 
gefasst)   den  dritten  Wedekind'sehefc  Pros-  in  der:  Sumiae  Y9n 
500   Thaler    Gold    den    Regesten  ^Amer^^    von    119^—12^4 
zuzuerkennen.  ."  :<>...  ..         .:...^  ,r:.    \,  -:::   .iij:-i 

Der '  Verwaltungsrath  ,  der  Wedekifad'achen  Preiwtiftnfig  f  ftr 
deutsche  Geschichte  hat  inn  Nr.  5  der  Nachrieft ten  vcft  d$r 
G.  A.  Universität  und  der  Röni gl.  Gesellschaft  der  WÄwenstibaftep 
*on  diesem  Jahre  die  Aufgaben  bekannt  gemacht*  welßhft  ftr 
den  zweiten  Verwaltungszeitranm,  d.  b.  für  die  Zeit  vom  14*  JVJ&r? 
4856  bis  zum  14.  März  1866,  von  ihm  ingemäss  der  Ordnungen 
der  Stiftung  gestellt  worden  sind.  ..>., ;*,. 


V  OHR  B  D  EL  XXX* 

>-•  -         F.ur  den  ersten  Preis.  ,S 

••••'•    Der  Verwaltongsrath  verlangt  -i 

eine  Ausgabe  de*  Verschiedenen  Texte  und  Bear- 
beitungen der  Chronik  des  Hermann  Korner.  •■•• 
Indeih  derselbe  wegen  des  Näheren,  was  diese  betrifft,  auf  die 
Abhandlung  des  Mitgliedes  *  des  Vetwaltüngsrathes ,  Professor 
Waiti&i  Ueber  HermanA  Körner  und  die  Lübecker  Chroniken 
(Abhandlungen  der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
zu  Göttingen  Bd.  V.  und  einzeln.  Göttiogen  1851.  4.)  verweist} 
bemerkt  derselbe  nur,  dass  es  bei  der  hier  verlangten  Ausgabe 
darauf  ankommt,   zu  geben* 

1.  den  bisher  ungedruckten  in  der  Wolfenbiitteler  Hand* 
schrift  Helmstad.  Nr.  408  enthaltenen  Text  einer  wahrscheinlich 
dem  Korner  angehörigen  Chronik  5 

2.  von  dem  grösseren  bei  Eccard  (Corp.  bist,  medii  aevi) 
gedruckten  Werke,  der  Chronica  novella,  alles  das  was  nicht 
aus  Heinrich  von  Herford  entlehnt  und  in  der  demnächst  im 
Druck  erscheinenden  Ausgabe  desselben  von  Herrn.  Dr.  Potthast 
als  solches  bezeichnet  fet,  unter  Benutzung  der  vorhandenen 
Handschriften ,   namentlich  der  Lübecker  und  Lüneburger  5       " 

5.  aus  den  3  bekannten  deutschen  Bearbeitungen,  der  so* 
genannten  Chronik  des  Rufus,  der  Fortsetzung  des  Detmar  und 
der  in  einer  Hannoverschen  Handschrift  enthaltenen  Chronik  bis 
1438^  Alles  das  was  sie  von  -  Korner  Abweichende»  *  und  Eigen«- 
thäinüches  haben.  —    *   -    - 

-  '  !Es  kanö  sifrb  vielleicht  ans  sprachlichen  Gründen  empfehlen, 
von  diesen  deutschen  Bearbeitungen,  namentlich  so  weit  sie  nicht 
Motion  durch  den'  Druck  veröffentlicht  *  sind  5,  einzelne  längere 
Stücke  oder  einen   ganzen  Text  vollständig  mitzutheiien ,    und 

j^edenfalls  wird  es  darauf  ankommen,  aus  den^  nicht  abzudrucken- 

e2 


X1XTI  VORREDE. 

den    Theilen    hervorzuheben   and  int  der  Einleitung  oder   dem 
GloMar  zusammenzustellen,  was  für.  die  Sprache  von  Interesse  ist* 

Allen  Theilen  sind  die  nftthigen  erläuternden  Bemerkungen 
so  wie  der. Nachweis  benutzter  Quellen  oder  auch  vop'  Parallel* 
stellen  hinzuzufügen ,  wobei  natürlich  yorzugsweise  auf  die  *Cf* 
schiedenen  Lübecker  Chroniken  Rücksicht  zu  nehmen  ist« 

Cine  Einleitung:  hat  sich  näher  über  die  Person  des  Konter* 
seine  Leistungen  als  Historiker,  seine  eigentümliche  Art  der 
Benutzung . und  Anführung  älterer  Quellen,  den  Werth  der  ihm 
selbständig  ungehörigen  Nachrichten ,  sodann,  über  die  verfehle* 
denen  vorliegenden  Bearbeitungen  and.  ihre.  Verfasser y  ebenso 
über  die  benutzten  Handschriften  und  die  bei  der  Herausgabe 
befolgten  Grundsätze  zu  verbreiten* 

Ein  doppeltes ,  ein  lateinisches  und  ein  deutsches  Glossar 
wird  den  Sprachgebrauch  des  Autors,  und  seiner  verschiedenen 
llebersetzer  im  Einzelnen  darlegen«. 

.  Für  den  zweiten  Preis. 

Eine  der.  wichtigsten  Perioden  deutscher  Geschichte  ist  ohne 
Zweifel  die  erste  Hälfte  des  I3ten  Jahrhunderts :  sie  war  ent- 
scheidend für  den  Verfall  der  kaiserlichen  y  für  die  Befestigung 
der  fürstlichen  Macht,  zugleich  für  die  Ausbildung  der  städtischen 
Verfassung  und  yieler  anderer  bedeutender  Verhältnisse»  Thals 
die  grossen  Ereignisse  der  Geschichte ,  die  Beziehungen  nament- 
lich der  Kaiser  au  den  Päbsteu  ,  theils  die  eigentümliche  Ent- 
wicklung in  den  einzelnen  Provinzen  und  Territorien  Deutscht 
lands,  dann  die  Ausbreitung  der  Deutschen  über  die  alten  Grun- 
zen *  die  Regsamkeit  auf  verschiedenen  Gebieten  des  I^b^na, 
die  Blüthe  der  Literatur  und  Kunst ,  terleihen  dieser  Zeit  d«s 
grösste  Interesse  ^  manche*»  da»  sipbin  der  vorhergehenden  Zeit 
vorbereitet  bat,  gelangt  au  einem  gerötet  Abfcchlute,  w  anderem, 


VORREDE.'  MLXV1I 

wal.  die .  folgernden  Jahrhunderte,  erfüllt*  wird  hier  der  Grund 
gelegt,  eine  Fülle  terechiedehartiger^  mm  Tbeil  in  schroffem 
Con  tragt  mit  einander  sfehendfer  Strebiingen  tritt  entgegen*  In 
neuerer  Zeit  hat  auch  die  Forähuhg  dieser  Zeit  vielfach  ihre 
Aufmerksamkeit  zugewandt  $  es  eiiid  in  und  ausser  Deutschland 
Quellen  gesammelt*  neue! entdeckt  und  publicirK;  es  sind  übet 
einzelne  Theile  genauere  .Untersuchungen  angestellt  und  manche 
neue  Aufklärungen  gewonnen  worden.  Zugleich  hat  sich  aber 
nicht  um  wenigsten  auf  diese*»  Gebiete  eise*  grosse  Verschie- 
denheit der  Auffassung  und  Beurtheilung  der  Thatsachen  und 
der  handelnden  Personal  gezeigt  9    Torzugsweise   des   Stauferä 

II.  j  der  während  des  grossem  Theils  dieser  Periode 
Deutsche  Königs-  und  Römische  Kaiserkrone  trug.  Und 
während  die  Zeit  seiner  nächsten  Vorgänger  neuerdings  aueh 
eine  im  Ganzen  befriedigende  Bearbeitung  erfahren  hat ,  fehlt  es 
an  einer  zusammenfassenden,  vollständigen,  kritischen  y  wahrhaft 
objectiven  Geschichte  jenes  Kaisers  und  der  unter  ihm  siebenden 
Lande  noch  durchaus.  Indem  daher  der  Verwaltungsrath 
eine  kritische  Geschichte  Kaiser  Friedrich  IL  und 
Deutschlands  in  seiner  Zeit 
als  Aufgabe  wählt ,  verlangt  derselbe  eine  Darstellung  seiner 
Regierung  und  Thätigkeit  in  vollem  Umfang ,  der  Beziehungen 
4u  den  Päbsten,  w  dem  SicUischen  Erbreich  Und  zum  Margen- 
lande, sodabn  aber  aueh  eine  Geschichte  Deutschlands  in  der 
Zeit  seiner  Herrschaft,  und  zwar  eine  in  das  Detail  eingehende, 
die  äusseren  und  inneren  Verhältnisse  der  verschiedenen  deut- 
schen Gebiete  vollständig  und. genau. darlegende  Arbeit*  bei  der 
auch  KiicHsicht  zu  nehmen  ist  auf  die  Beziehungen  zu  den  Nach- 
barländern und  die  Erweiterungen  welche  die  deutsche  Herrschaft 
itttd  der  deutsch^  J&influss   im   Osten  j^won»ei*,    und  wekhe 


XXX*  M  YOIIEDK 


das  geistige  Leben  der  dentscWn  If i 
als  das  pslMsAf  «nd  sociale  x«  schDdrm  hat.    Eise  erschöpfende 


r 
lieher  Hilfsmittel,  wie  solche  allerdings  noch  vorhanden  m^ 

wohl    erwünscht,    aoll  aher   nicht   als   erforderlich 

•  i«.         ...  . . 

Für  den  drittes  Preis  ist  nach  dem  Wüte»  des  Stiften 
keine  besondere  Aufgabe  ausgeschrieben  f  sondern  die  Wahl  des 
Stoffes  den  Bewerbern  nach  Maassgabe  gewisser  Bcstiaunungcn 
überlassen,  die  nebst  den  übrigen,  die  Bewerbung  im  obige 
Preise  betreffenden  Bedingungen,  an  dem  angesogenen  Orte  mib» 
getheilt  forden. 

Alle  am  jene  Preise  sieh  bewerbenden  Arbeiten  müssen  im 
Laufe  des  nennten  Jahres  vor  dem  14.  Man,  mit  welchem  das 
sehnte  beginnt,  also  diesmal  bis  snm  14.  Mars  1865,  dem  Di- 
reetor  der  Stiftung,  Herrn  Professor  Waitz^  engesendet  sein, 
welcher  auf  Verlaagen  an  die  Vermittler  der  Ueberseadung 
Empfangsbescheinigungen  auszustellen  hat.  -  Am  14.  Mars  1866 
werden  die  Urtheile  verkündet  werden. 


H     '     .  .     -  -  *      .  I  .  .  :  •        -  i 


Dieser  Beriebt  darf  nicht  geschlossen  Verden,  ebne  Utk 
einigen ,  freilich  nur  schwachen  Worten,  den  tief 'gefühlten 
Dank  wiederholt  auszusprechen,  von  welchem  die  Königliche 
Gesellschaft  der  Wissenschaften  sowohl  gtegeni  Seine  Majestät 
unseren  «llergnädigtfteft  Könige  als  stich  tfäjei*  dad  hohe  Uurver- 
sitäts-Curatorium  durchdrungen  ist^  für  die  empfangenen  Beweise 
huldrolltfr  Anerhenouög»  der  hohen  Verdienste  de*  dahin  ge- 
schiedenen grossen  Mathematikers  Gatt**,  -dessen  Ruhm  so  imrig 


VORREDE.  XXXIX 

mit  dem  der  Societät  verknüpft  ist.  Die  zum  ehrenden  An- 
denken desselben  auf  Befehl  Seiner  Majestät  im  vorigen  Jahre 
geprägte,  ausgezeichnete  Medaille ,  von  welcher  nicht  allein  der 
Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften,  sondern  auch  einer 
bedeutenden  Anzahl  anderer  gelehrter  Gesellschaften,  Institute, 
und  hervorragender  mit  dem  verewigten  Gauss  befreundeter 
Männer,  so  wie  auch  einte r  jede tf  deutschen'  Universität,  ein 
silbernes  und  ein  bronzenes  Exemplar  durch  die  Königliche 
Munificenz  zu  Theil  geworden,  ist  zugleich  das,  schönste  Denkmal 
der  Achtung  Seiner  Majestät  für  eine  wissenschaftliche  Grösse, 
welche  langjährig  der  Stplz  aeir,  Georg  -  Augusts -tjniviersiiat  und 
der  Königlichen  Societät  war.  Ausser  diesem  grossen  Beweise 
Königlicher  Huld  ist  der  Societät  auch  noch  die  Freude  zu 
Theil  geworden,  dass  durch  die  gnädige  Fürsorge  des  König- 
lichen Universitäts-Guratoriums  die  Erwerbung  des  6atm'schen 
literarischen  Nachlasses  bewirkt  worden.  Das  hohe  Cur&torium 
hat  geruhet,  der  Königlichen  Gesellschaft  4 W  lYfe^flßchfjfteii 
die  Aufbewahrung  des  handschriftlichen  Nachlasses  zu  über- 
tragen,' und  die  Getiehtiygung  *  ziit  Besorgung  einer  Gesammt- 
aiisgabe  der  Gauss*Bchen  Werk,?  ?u  er&eijl^n,  lyelche  das  schönste 
Monument  bilden  wird,  das  dem  grossen  Verstorbenen  gesetzt 
werden  kann. 


Göttingen,   im  October  1857. 


Joh.  Friedr.  budw.   Hausmann. 


XL 


Verbessern  i>ge 


Abhandlungen  der  physikalischen  Classe. 

Sartori&i  wn  fVaUenkmuten,  ober  die  KrysUllisationen  des  Bors. 
Seile  300  Zelle  5  für  Pjraaideafficle  lie*  Pyramide 

—  —      —  28  ftr  (W)  um  (5) 

—  3ÖJB  —    »  «*U  (5) 

—  -*     —  H  fehlt  (5) 

—  300      —     4  voa  oateq  ftr  Herniedrie  lies  Hemiedrie 

Abhafidltmgafi  der  historisch-philologischen  Classe. 

JVmitt,  iber  die  Anfinge  der  VaseaUittt. 

8.  M  Z*1I~n44  eind  die  Wertti  „wm  et  to»  Tassil»  -  nnd"  am  tilg*». 

.  S«  96  Z,  18*  statt  *w?  k  am«     Ein  anderes  Beispiel  ist:   Papst  Stephen 

Schreibt  an  Pippin,  Cod.  CaroL, .  Ceooi  11,  S.  110:    Spofe- 

"    -     '    Umi  qnamqne  etiam  Beaeveatant  omnes  ae  commendare  per 

. ,    njot  a  Des  servatsa  e«eeU**tiae  tntf*  cnptnnt.    (Weiter*  Neeh- 

trage   in   der  Abhandlung   habe   ich    hier   nicht  aufnehmen 

wollen). 

S.  122  Z.  20  1. :  Murtells. 


ALI 


.  '!        I 


Verzeichnis» 

der  Mitglieder  der  Königlichen  Gesellschaft  der 

Wissenschaften  zu  Göttingen 

■ 

* 

am    Schlüsse   des   Jahres   1857. 


Ehren -Mitglieder« 

Graf  Wenzel   von  Rzewnsky  zu  Wien,    seit  1810. 
Stephan  von  Stratimirowitsch  zu  Carlowitz,   seit  1817. 
Prinz  Maximilian   von  Wied,   seit  1896. 

» 

Herzog  de  Luynes  zu  Paris,   seit  1853. 
Andreas  von  Baumgartner  zu  Wien,   seit  1854. 

Wilhelm   Friedrich,     Rheingraf  und   Fürst   zn    Salin-Horstmar   zu 
Coesfeld ,   seit  1897. 

Ordentliche  Mitglieder. 

Physikalische  €bl««. 

J.  Fr.  L.  Hausmann,  seit  1811.     (Zavor  Correspondtnt,  seit  1804.)     Prov.  be- 
ständiger Secretair,   seit  1840. 
J.  W.  H.  Conrad!,   seit  1883. 
C.  F.  H.  Marx,   seit  1833. 

E.  C.  J.  von  Siebold,   seit  1834. 
Fr.  Wöhler,   seit  1837. 

A.  A.  Berthold,   seit  1837. 

F.  Gtttl.  Bart  Hag,  seit  1843. 
R.  Wagner,    seit  1843.      . 

A.  Grisebach,  seit  1851. 

Ft.  G.  J.  Heule,   seit  1853. 

W.  Sartorius  Freiherr  von  Waltershausen,    seit  1856. 

Mathematische   Classe. 
W.  E.  Weber,   seit  1831. 
6.  C.  J.  Ulrich,   seit  1845. 

6.  Lejeone-Dirichlet,   seit  1855.     (Znvör  aaswärtiget  MttgEed,   seit  1846.) 

f 


XL1I  VERZEICHNIS  DER  MITGLIEDER 

Historisch-philologische  Glasse. 
H.  Ewald,   seit  1833. 

H.  Ritter,   seit  1840. 

C.  Hoeck,    seit  1841. 

G.  Waitz,  seit  1849. 

W.  Havemann,   seit  1850.      (Zuvor  Assessor,   seit  1841. 

Ernst  Curtius,   seit  1856. 

H.  F.  Wüstenfeld,   seit  1856.      (Zuvor  Assessor,   seit  1841.) 

Hermann  Sanppe,   seit  1857. 

Physikalische   Glasse. 
E.  F.  6.  Herbst,   seit  1825. 

C.  Boedeker,   seit  1857. 

H.  Limprickt,   seit  1857. 

Mathematische  Glasse. 

B.  Riemann,    seit  1856. 

E.  F.  W.  Klinkerfues,   seit  1856. 

Historisch-philologische  Glasse. 
J.  E.  Wappäus,   seit  4851. 

Awwftrtlffe  Mitglieder. 

Physikalische   Glasse* 
Alexander  von  Humboldt  zu  Berlin,   seit  1803. 
John  Drayton  zu  Ckarlestown,    seit  1804. 
Sir  James  Clark  zu  London,    seit  1837. 

C.  M.  Marx  zn  Braunschweig,    seit  1837. 
Jok.  Müller  zn  Berlin,    seit  1837. 

Carl  Ernst  von  Baer  zu  St.  Petersburg,    seit  1851. 

Jean  Baptiste  Dumas  zu  Paris,   seit  1851.     (Zuvor  Correspondent ,  seit  4849.) 

Christian  Gottfried  Ehrenberg  zu  Berlin,   seit  1851. 

Carl  Friedrich  von  MaTtius   zu  München,    seit  1851. 

Jos  tue  Freiherr  v. Liebig  zu  München,  seit  1851.  (Zuvor  Correspondent,  seit  1840.) 

Heinrich  Rathke  zu  Königsberg,    seit  1851. 

Friedrick  Tiedemann  zu  München,  seit  1851.    (Zuvor  Correspondent,  seit  1816.) 

Ernst  Heinrich  Weber  zu  Leipzig,    seit  1851. 

Carl  Friedrich  Theodor  Krause  zu  Hannover,   seit  1852. 

Wilhelm  Haidinger  zu  Wien,   seit  1853. 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN.         XLIII 

Carl  Friedrich  Naumann  zu  Leipzig,   seit  1853. 
Robert  Bansen  in  Heidelberg,   seit  1855» 
£lie  de  Beaamont  zu  Paris,   seit  1855. 
Heinrieh  Rose  zu  Berlin,   seit  1856. 
Gustav  Rose  zu  Berlin,   seit  1856. 

E.  Mitseherlieh  zu  Berlin,   seit  1857. 
G.  Magnus  zu  Berlin,  seit  1857. 

G.  Forehhammer  zu  Kopenhagen,   seit  1857. 

Mathematische   Classe. 

Sir  David  Brewster  zu  Edinburgh,   seit  1888. 
J.  F.  Enche  zu  Berlin,   seit  1830. 

F.  G.  W.  Struve  zu  St.  Petersburg,   seit  1835. 
Mich.  Faraday  zu  London,   seit  1835. 

Job.  Plana  zu  Turin,    seit  1837. 

Sir  John  Hersehel  zu  Collingwood,  seit  1840.    (Zuvor  Correspondent,  seit  1815.) 

U.  J.  Levcrrier  zu  Paris,   seit  1846. 

P.  A.  Hansen  zu  Gotha,    seit  1848. 

Francesco  Carlini  zu  Mailand,    seit  1851. 

George  Biddell  Airy  zu  Green  wich,   seit  1851. 

Charles  Wheatstone  zu  London,   seit  1854. 

Joseph  Liouville  zu  Paris,   seit  1856. 

E.  Kniümer  zu  Berlin,    seit  1856.     (Zuvor  Correspondent,  seit  1851.) 

F.  E.  Neu  mann  zu  Königsberg,   seit  1856» 

Historisch-philologische   Classe. 

Fr.  Go  ttl.  W  elcher  zu  Bonn,  seit  1819.  (Zuvor  hiesiges  ordentl.  Mitglied,  seit  1817.) 
Jaeob  Grimm  zu  Berlin,  seit  1837.     (Zuvor  Correspondent,  seit  1835;  hiesiges 

ordentl.  Mitglied,    seit  1830.) 
Wilhelm  Grimm  zu  Berlin,  seit  1837.    (Zuvor  Correspondent,  seit  1895;  hie* 

siges  ordentliches  Mitglied,   seit  1830.) 
A.  Boechh  zu  Berlin,   seit  1830. 

F.  C.  Dahlmann  zu  Bonn,  seit  1837.  (Zuvor  hiesiges  ordentliches  Mitglied,  seit  1832.) 
Em.  Behher  zu  Berlin,    seit  1835. 

Ed.  Gerhard  zu  Berlin,    seit  1835. 

Fr.  ron  Thierses  zu  Münehea,   seit  1835. 

G.  H.  PerU  so  Berlin,   seit  1837. 
C.  B.  Hase  zu  Paris,   seit  1837. 

f2 


XLII  VERZEICHNIS   DER  MITGLIEDER 

Historisch-philologische   Glasse. 
H.  Ewald,   seit  1833. 
H.  Ritter,   seit  1840. 
C.  Hoeck,    seit  1841. 
G.  Waitz,   seit  1849. 

W.  Havemann,    seit  1850.      (Zuvor  Assessor,   seit  1841. 
Ernst  Curtius,   seit  1856.  v 

H.  F.  Wüstenfeld,   seit  1856.      (Zuvor  Assessor,   seit  1841.) 
Hermann  Sauppe,    seit  1857. 

'     JUftegsoren. 

Physikalische   Glasse. 
E.  F.  6.  Herbst,   seit  1825. 
C.  Boedeker,   seit  1857. 
H.  Limpricht,   seit  1857. 

Mathematische  Glasse. 

B.  Riemann,    seit  1856. 

E.  F.  W.  Klinkerfues,   seit  1856. 

Historisch-philologische  Glasse. 
J.  E.  Wappäus,    seit  1851. 

Auswärtige  Mitglieder. 

Physikalische   Glasse* 
Alexander  von  Humboldt  zu  Berlin,   seit  1803. 
John  Drayton   zu  Charlestown,    seit  1804. 
Sir  James  Clark  zu  London,    seit  1837. 

C.  M.  Marx  zu  Braunschweig,    seit  1837. 
Job.  Müller  zu  Berlin,    seit  1837. 

Carl   Ernst  von   Baer  zu  St.  Petersburg,    seit  1851. 

Jeau  Baptiste  Dumas  zu  Paris,   seit  1851.     (Zuvor  Correspondent ,  seit  1849.) 

Christian  Gottfried  Ehrenberg  zu  Berlin,    seit  1851. 

Carl  Friedrich  von  MaTtius   zu  München,    seit  1851. 

Jnstns  Freiherr  v. Liebig  zuMünchen,  seit  1851.  (Zuvor Correspondent,  seit  1840.) 

Heinrich  Rathke  zu  Königsberg,    seit  1851. 

Friedrich  Tiedemann  zu  München,  seit  1851.    (Zuvor  Correspondent,  seit  1816.) 

Ernst  Heinrich  Weber  zu  Leipzig,    seit  1851. 

Carl  Friedrich  Theodor  Krause  zu  Hannover,    seit  1852. 

Wilhelm  Haidinger  zu  Wien,   seit  1853.  v 


DER  KÖNIGLICHER  GESELLSCHAFT  DER:  ^M^ENSCHAPTEN.         XLIII 

Carl  Friedrich  Naumann  zu  Leipzig,   seit  1853. 
Robert  Bansen  zu  Heidelberg,   seit  1855. 
felic  de  Beaumont  zu  Paria,   seit  1855. 
Heinrich  Rose  zu  Berlin,   seit  1856. 
Gustav  Rose  zu  Berlin,   seit  1856. 

E.  Mitscherlich   zu  Berlin,   seit  1857. 
G.  Magnus  zu  Berlin,   seit  1857. 

G.  Forchhammer  zu  Kopenhagen,   seit  1857. 

Mathematische  Glasse. 

Sir  David  Brewster  zu  Edinburgh,   seit  1826. 
J.  F.  Encke   zu  Berlin,    seit  1830. 

F.  G.  W.  Struye  zu  St.  Petersburg,    seit  1835. 
Mich.  Faraday  zu  London,   seit  1835. 

Jon.  Plana  zu  Turin,    seit  1837. 

Sir  John  Hersche)  zu  Collingwood,  seit  1840.    (Zuvor  Correspondent,  seit  1815.) 

U.  J.  Leverrier  zu  Paris,   seit  1846. 

P.  A.  Hansen  zu  Gotha,    seit  1848. 

Francesco  Carlini   zu  Mailand,    seit  1851. 

George  Biddell  Airy  zu  Green  wich,   seit  1851. 

Charles  Wheatstone  zu  London,    seit  1854. 

Joseph  Liouville  zu  Paris,    seit  1856. 

E.  Kurikmer  zu  Berlin,    seit  1856.     (Zuvor  Correspondent,   seit  1851.) 

F.  E.  Neumann  zu  Königsberg,    seit  1856. 

Historisch-philologische   Glasse. 

Fr.  Gottl.  W  elcker  zu  Bonn,  seit  1819.  (Zuvor  hiesiges  ordentl.  Mitglied,  seit  1817.) 

Jacob  Grimm  zu  Berlin,  seit  1837.  (Zuvor  Correspondent,  seit  1835;  hiesiges 
ordentl.  Mitglied,    seit  1830.) 

Wilhelm  Grimm  zu  Berlin,  seit  1837.  (Zuvor  Correspondent,  seit  1825;  hie- 
siges ordentliches  Mitglied,    seit  1830.) 

A.  Boeckh   zu  Berlin,    seit  1830. 

F.  C.Dahlmannzu  Bonn,  seit  1837.  (Zuvor  hiesiges  ordentliches  Mitglied,  seit  1832.) 
Em.  Bekker  zu  Berlin,    seit  1835. 

Ed.  Gerhard   zu  Berlin,    seit  1835. 

Fr.  von  Thiersch   zu  München,    seit  1835. 

G.  H.  Pertz  zu  Berlin,    seit  1837. 
C.  B.  Hase  zu  Paris,   seit  1837. 

f2 


xuv       /     .        .  «nmcmass  her  uneuMUUbijwü'A  nun 


Francoia  Goizot  zu  Paris«   seit  1841. 

Friedr.  Creozer  zo  Heidelberg,    seit  1844. 

Horice  Haymin  Wilson   zn  Oxford,   teil  4850. 

Christian  August  Brandis   zu  Bonn,   seit  1851. 

Victor  Cousin   zu  Paris,   seit  1851.  .         »> 

Graf  Bartoloaseo  Borghesi  zu  San  Marino«    seit  1851.  ..! 

Christian  August  Lobeck  zu  Königsberg,    seit  1851,  .      > 

Carl  Ritter  zu  Berlin,    seit  1851.     (Zoror  Cprrcsp— dcnt,   seit  lflUO»)    .  -> 

J.  M.  Lappenberg  zu  Hamburg,    seit  1851.     (Zuvor  Correspondent ,   seit  1837.) 

Leopold  Ranke  zu  Berlin,    seit  1851. 

Jifstus  Olshausen   zu  Königsberg,   seit  1853» 

Franz  Bopp   zu  Berlin,    seit  1854. 

Celestino  Cavedoni  zu  Moden«,   seit  1854. 

Ludwig  Döderlein  zu  Erlangen,    seit  1854. 

C.  C.  J.  Bunsen  zu  Heidelberg,   seit  1855. 

Coi-respondentoii.  j 

Physikalische   Classe. 

Graf  C.  Philibert  de  Lasteyrie  zu  Paris,   seit  1801.  * 

Wilhelm  von  Freygang  zu  Venedig,   seit  1805. 

C.  A.  Gaillardot  zu  Paris,   seit  1805. 
Carl  Cäsar  von  Leonhard  au  Heidelberg,  .seit  1806. 
Jens  Weibel  Neergaard   zu  Kopenhagen,    seit  1806. 
J.  Izarn  zu  Paris,    seit  1807. 
J.  Garnier  zu  Paris,    seit  1806. 

D.  G.  Kieser  zu  Jena,   seit  1806. 
August  von  Vogel  zu  München,   seit  1816% 

'Wilhelm  Sachse  zu  Ludwigslust,    seit  1883. 
Benjanrin  Travers   zu  London,    seit  1898. 
W.  Lawrence  zu  London,    seit  1835. 
G.  H.  Bergmann   zu  Hildesheim,    seit  1837. 

E.  Eichwald  zu  St  Petersburg,   seit  1841. 
John  Farbe s   zu  London,    seit   1842. 
Robert  Willis  zu  London,    seit  1844. 
Di  Medicis  Spada  zu  Rom,   seit  1847. 
Carl  Theodor  von  Siebold   zu  München,    seit  1850. 
Hermann  Stannius  zu  Rostock,   seit  1850. 


.   I 


*    ■  t 


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»Y       IBBIÄÖNIUJGHBN  /GESELLSCHAFT  DBRAVI8aEH8CHAITER;  /     .  XLV 

Theodor  Schwann  zaLü«^,   »eü  ifl53. 

Theodor  Ludwig  Wilhelm  Biachoff  zu  München;    seit  1853. 

Theodor  Scheerer  zu  Freiberg,    seit  1853. 

Wilhelm  Dunker  zu  Marburg,    seit  1853, 

G.  Andr.  Carl  Staedeler  zu  Zürich,    seit  1853. 

■  .*■•*.  *  ■ 

Hermanu  Kopp   zu  Giessen,    seit  1855. 

Anton  Schrötter  zu  Wien,    seit  1856. 

J.  Pelouze  zu  Paris,   seit  1856. 

Henri  Sainte  Ciaire  Derille  zu  Paris,   seit  1856. 

Axel  Erdmann   zu  Stockholm ,    seit  1857. 

L.  Zeuschner  zu  Krakau,   seit  1857. 

Mathematische   Classe. 

Carl  von  Hadaly  v.  Hada  zu  Presburg,   seit  1801. 

Athanasius  Stoikowitz  zu  Charkow,    seit  1802. 

Eduard  Sabine  zu  London,   seit  1823. 

C.  W.  Gerling  zu  Marburg,   seit  1830. 

A.  Quetelet  zu  Brüssel,   seit  1837. 

C.  A.  Stein  heil  zu  München,    seit  1837. 

A.  Th.  Kupffer  zu  St.  Petersburg,    seit  1840. 

Chr.  Hansteen  zu  Christiania,    seit  1840. 

Carl  Kreil   zu  Wien,    seit  1841. 

Heinr.  Buff  zu  Giessen,    seit  1842. 

Humphrey  Lloyd  zu  Dublin,    seit  1843. 

A.  F.  Möbius  zu  Leipzig,   seit  1846. 

F.  G.  A.  Argelander  zu  Bonn,    seit  1846. 

C.  A.  F.  Peters  zu  Altona,    seit  1851. 

John  Couch  Adams  zu  Cambridge,    seit  1851. 

Thomas  Clausen  zu  Dorpat ,    seit  1854. 

Johann  Christian  Poggendorff  zu  Berlin,    seit  1854. 

Carl  Rümker  zu  Hamburg,   seit  1854. 

Ludwig  Seidel   zu  München,    seit  1854. 

Georg  Rosenhain   zu  Königsberg,    seit  1856. 

C.  Weierstrass   zu  Berlin,    seit  1856. 

Otto  Hesse  zu  Heidelberg,   seit  1856. 

Peter  Riesa  zu  Berlin,   seit  1856. 

Rudolph  Kohlrausch  zu  Erlangen,    seit  1856. 


*. 


;  • 


♦ 


XLVI     VERZEKHN1SS  DER  MITGLIEDER  DER  KÖR«  GEflKLLS.  DER  WISSENS. 

Historisch -philologische  C  lasse. 

J.  Jac.  Champollion  Figeac  zu  Paris,   seit  1812. 

Wuk  Steph.  Karadchitseh   zu  Wien,   seit  1885. 

G.  Dorn-Seiffen  zu  Utrecht,    seit  1826. 

Freiherr  C.  L.  yon  Lützow   zo  Schwerin,   seit  1835. 

G.  L.  Ton  Manrer  zu  Mönchen,   seit  1835. 

J.  H.  W.  Küper  zu  London,   seit  1837. 

A.  Hnber  zn  Wernigerode,    seit  1837. 

G.  W.  Nitzsch  zn  Leipzig,    seit  1837. 

Ferd.  Jos.  Wolf  zn  Wien,    seit  1841. 

F.  E.  G.  Ronlez  zn  Gent,    seit  1844. 
Jacob  Geel  zn  Leiden,    seit  1850. 
Christ.  Lassen  zn  Bonn,    seit  1850. 

G.  Fr.  Schömann   zn  Greifswalde,    seit  1850. 

Job.  Friedr.  Böhmer  zn  Frankfurt  a.  M.,   seit  1853. 

Rad.  Roth   zn  Tübingen,    seit  1853. 

Adolf  Friedr.  Heinr.  Schanmann   zn  Hannover,   seit  1853. 

Friedrich  Tuch  zu  Leipzig,    seit  1853. 

Gottfried  Bernhardy  zu  Halle,   seit  1854. 

Friedrich  Ritschi  zu  Bonn,   seit  1854. 

Paul  Joseph  Schafarik  zu  Prag,    seit  1855. 

Wilhelm  Wackernagel  zu  Basel,    seit  1855. 

Joseph  Chmel  zn  Wien,    seit  1857. 

August  Dillmann  zn  Kiel,    seit  1857. 

J.  G.  Droysen  zu  Jena,    seit  1857. 

Moriz  Haupt  zu  Berlin,   seit  1857. 

Wilhelm  Henzen   zu  Rom,    seit  1857. 

Karl  Hegel  zu  Erlangen,    seit  1857. 

G.  C.  F.  Lisch   zn  Schwerin,    seit  1857. 

Otto  Jahn  zu  Bonn,    seit  1857. 

Theodor  Mommsen  zn  Breslau,    seit  1857. 

A.  R.  Ran  gäbe  zu  Athen,    seit  1857. 

C  F.  too  Stalin  zu  Stuttgart,    seit  1857. 


INHALT, 


XLVU 


Vorrede,   von  Joh.  Friedr.  Ludw.  Hausmann  Seite  III 

Verzeichniss  der  Mitglieder  der  Königlichen .  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Göttingen  am  Schiasse  des  Jahres  1857 


Abhandlungen  der  physikalischen  Classe. 

Joh.  Friedr.  Ludw.  Hausmann,    über  die  durch  Molekularbewegungen 

in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  Formveränderungen. 
Zweite  Abhandlung 

Joh.  Wüh.  Heinr.  Conradi,  Bemerkungen  über  die  medicinischen  Grund- 
sätze der  Koischen  und  Knidischen  Schule 

A.  Grisebach,   systematische  Untersuchungen  über  die  Vegetation  der 

Karaiben,    insbesondere   der  Insel   Guadeloupe,    nach    den 
.    Sammlungen  Duchassaing's 

H.  Samte  Ciaire  Deville  und  F.  Wähler,    über  das  Bor 

W.  Sartorius  v.  Waltershausen,    über  die  Krystallformen  des  Bors 

H.  Buff  und  F.  Wähler,   über  neue  Verbindungen  des  Siliciums 


XU 


131 


151 

287 
297 
329 


Abhandlungen  der  mathematischen  Classe. 

Bernhard  Biemann,    Beiträge  zur  Theorie   der  durch  die  Gauss'sche 

Reihe  F  (<x,  0,  y,  x)  darstellbaren  Functionen  3 


XLVHI  INHALT. 

Abhandinngen  der  historisch-philologischen  Classe. 

H.  Ewald,  Erklärung  der  grossen  Phönikischen  Inschrift  von  Sidon  and 

einer  Aegyptisch  -  Aramäischen ,   mit  den  zuverlässigen  Ab- 
bildern beider  Seite     3 

Ueber  die  neuentdeckte  Phönikische  Inschrift  von  Malta  66 

Znsätze  1 45 

Georg  Waüz,   über  die  Anfänge  der  Vassallität  69 


Die  bei  diesem  Bande  befindlichen  Tafeln  gehören  zn  folgenden  Abhand- 
lungen : 

der  physikalischen  Classe, 
W.  Sartorius  v.  Waltershausen ,   Ober  die  Krystallformen  des  Bors; 

der   historisch-philologischen  Classe, 
H.  Ewald,  Erklärung  der  grossen  Phönikischen  Inschrift  von  Sidon  und  einer 

Aegyptisch- Aramäischen,    mit  den  zuverlässigen  Abbildern  beider. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


PHYSICALISCHEN  CLASSE 


•• 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZU  GÖTTINGEN. 


SIEBENTER  BAND. 


Phgt.  Cla$$e.  VII. 


Über   die 

durch  Molekularbewegungen  in  starren  leblosen 
Körpern  bewirkten  Formveränderungen. 

Von 

4oh.   Friedr.   Ludw.   Hausmann. 


Zweite  Abhandlung  l). 


Im   Auszüge   vorgelesen    in    der   Sitzung  der  Königlichen   Sociclit   der   Wimeoichifleii 
*m  24.  NoTember  1855. 


2.    Molekularbewegungen  im  Gefolge  von  chemischen  Veränderungen. 

§■     »2- 

Verschiedenheit  der  Mischlingsveränderungen  welche  Molekularbewegungen  veranlassen. 


D» 


Jass  die  im  Gefolge  von  Mischungsveränderungen  erfolgenden,  in  starren 
leblosen  Körpern  auf  die  Form  verändernd  einwirkenden  Molekularbewegun- 
gen, besonders  häufig  und  in  vorzüglich  grosser  Hannichfaltigkeit  auftreten, 
wird  man  erwarten  dürfen.  Sehr  oft  ist  dabei  die  Wirkung  höherer  Tempe- 
raturen mit  im  Spiele;  es  gehen  aber  auch  oft  Mischungs -  und  Formverände- 
rungen ohne  Aufhebung  der  Rigidität  bei  gewöhnlicher  Temperatur  vor.  Im 
ersteren  Falle  pflegen  die  Veränderungen  rascher,  im  letzteren  langsamer,  ja 
oft  sehr  langsam  zu  erfolgen.  Es  wird  am  Passendsten  seyn,  die  Formver- 
änderungen nach  den  Hauptmodificationen  der  Mischungsveränderungen  zu  be- 
trachten, in  deren  Gefolge  sie  erscheinen.  Die  letzteren  kann  man,  wie 
bereits  im  lsten  §.  bemerkt  worden,  in  drei  Glossen  vertbeilen,  je  nachdem 
eine  Aufnahme  von  Bestandtheilen ,  oder  eine  Ausscheidung  derselben,  oder 
Beides,  also  ein  Austausch  von  Bestandtheilen  statt  findet     In  einzelnen  Fällen 


I)  Diese  zweite  Abhandlung  schliessl  sich  unmittelbar  der  ersten,  im  sechsten  Bande 
der  Abhandlungen  der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Götlingen 
S.  139—186  abgedruckten,  an. 

A2 


4  JOH.  FR1EDR.  LÜDW.  ÖAUSMANN, 

kann  es  allerdings  zweifelhaft  seyn,    zu  welcher  von   diesen   Classen   eine 
Mischungsveränderung  gezählt  werden  muss. 

A.    Fpravertnderaogen  im  Gefolge  einer  Aufnahme  von  Beslandlheilen. 

§.     13. 

Bedeutung  verschiedener  Bestandtheile  in  Besiehung  auf  Formeeränderungen. 

Wie  unter  allen  einfachen  Stoffen  der  Sauerstoff  Oberhaupt  die  wichtigste 
Rolle  in  der  Natur  spielt,  und  derjenige  ist,  der  die  mannichfaltigsten  Verbin- 
dungen eingehet,  so  ist  er  auch  von  grösster  Bedeutung  bei  den  chemischen 
Veränderungen,  welche  leblose  Körper  im  rigiden  Zustande  in  Verbindung  mit 
Formveränderungen  erleiden.  Nächst  ihm  sind  in  dieser  Hinsicht  Wasser  und 
Kohlensäure  besonders  thätig,  die  auch  nicht  selten  im  Verein  mit  Sauerstoff 
solche  Mischungsveränderungen  bewirken.  Dass  gerade  diese  Substanzen  so 
einflussreich  sind,  liegt  vorzüglich  mit  darin,  dass  die  Atmosphäre  dieselben 
enthält,  wodurch  sie  am  Häufigsten  und  Leichtesten  mit  anderen  Körpern  in 
Berührung  kommen.  Von  den  Metalloiden,  durch  deren  Aufnahme,  ausser 
dem  Sauerstoffe,  dann  und  wann  Formveränderungen  bei  rigidem  Aggregat- 
zustande herbeigeführt  werden,  sind  besonders  Kohlenstoff  und  Schwefel  zu 
erwähnen.  Von  geringem  Belange  sind  in  dieser  Hinsicht  Chlor,  Brom.  Von 
Metallen  gehört,  als  flüchtiger  Körper,  das  Zink  hierher. 

§.     14. 
Bildung  von  Magneteisen  und  Eisenoxyd  aus  Stab-  und  Roheisen. 

Wenn  man  auf  glühenden  Eisendrath  in  einem  Porzellanrohr  einen  Strom 
von  Wasserdampf  wirken  lässt,  so  bildet  sich  eine  von  dem  Drathe  sich 
ablösende  Rinde,  welche  aus  einer  Zusammenhäufung  von  zahllosen  kleinen 
Krystallen  von  Magneteisen  besteht,  die  gewöhnlich  undeutlich  sind,  aber 
nnter  der  Loupe  betrachtet,  zuweilen  das  reguläre  Oktaeder  deutlich  erkennen 
lassen.  Hit  der  Bildung  der  Krystallriode  ist  eine  nicht  unbedeutende  Volu- 
menvergrösserung  verbunden,  daher  die  vor  dem  Versuche  zu  einem  Bündel 
lose  vereinigten  Drathstränge ,  nach  demselben  eine  feste  Verbindung  darstel- 
len. Die  Bewegung  der  kleinsten  Tbeile  des  Eisens  und  die  Bildung  der 
Krystalle  hat  aber  ohne  Aufhebung  des  rigiden  AggregaUustandes  statt  gefunden. 


ÜBER  DIE  IN  STABSENiLBBUKEN  1ÖRPERN  1EWIKMEN  PORMVERÄND.     5 

Etwas  Ähnliches  erfolgt  bei  Roheiten  welches  glühend  mit  Wasöerdämpfen 
in  Berührung  kommt  Bei  manchen  Eisenhohöfen,  welche  eine  tiefe  Lage 
haben ,  legt  man,  um  die  von  unten  hinauf  dringende  Feuchtigkeit  vom  Bedenk 
stein  möglichst  abzuhalten,  unter  denselben  eine  starke  gegossene  Eisenplatte. 
Mehrere  Zolle  unter  dieser  Platte  befindet  sich  der  sogenannte  verlorene  Bo- 
den, dessen  oberer  Theil  ebenfalls  durch  eine  Eisenplatte  begränat  ist.  Zwi- 
schen beiden  Platten  ist  Sand  gestampft  Bei  dem  Betriebe  des  Ofens  erglühen 
diese  Platten,  zersetzen  die  sie  berührenden  Wasserdämpfe,  und  nehmen  den 
Sauerstoff  in  sieb  auf.  Auf  solche  Weise  werden  Roheisenplatten ,  welche 
eine  Stärke  von  3  Zoll  haben,  nach  6—10  Jahren  durch  und  durch  in  Eteen- 
oxyd- Oxydul  umgeändert,  und  ihre  unteren  Flächen,  mit  deneji  die  Wasser- 
dämpfe in  unmittelbare  Berührung  kamen ,  sind  oft  mit  den  schönsten  Kiystallen 
besetzt L).  Auch  an  der  unteren  Seite  der  Frischböden,  da  wo  diese  mit 
Wasserdämpfen  in  Berührung  kommen,  nimmt  man  die  Bildung  von  Hagnet- 
eisen -Kry  stallen  wahr2). 

Wird  Eisen  —  sowohl  Roheisen  als  auch  geschmeidiges  —  unter  Zutritt 
von  trockner  Luft  geglühet,  so  geht  ebenfalls  Eisenoxyd  -  Oxydul  hervor, 
welches  durch  längeres  Glühen  in  Eisenoxyd  sich  verwandelt 3).  Ich  besitze 
ein  y2  Zoll  starkes  Stück  von  einem  stabeisernen  Anker  aus  einem  Blech* 
glühofen  zu  Zorge  am  Harz,  der  viele  Jahre  der  Glühhitze  ausgesetzt  gewesen 
und  durch  und  durch  in  Eisenoxyd  -Oxydul,  und  an  der  dem  Feuer  ausge- 
setzten Oberfläche,  in  Eisenoxyd  umgewandelt  worden.  Nach  Aussen  hat 
sich  eine  kry  stallinisch-stän  gliche  Lage  von  der  Stärke  einer  Linie  gebildet; 
in  welcher  die  dünnstänglich  abgesonderten  Stücke  des  Magneteisens  rechtwin- 
kelig gegen  die  Oberfläche  gerichtet  sind,  wogegen  der  übrige  Theil  der 
Hasse  kry stallinisch  -  körnig  erscheint 

In  einer  Sammlung  von  Stücken  bei  dem  grossen  Hamburger  Brande  im 
Mai  1842,  durch  die  Gluth  veränderter  Körper,  welche  die  Königliche  Societät 


i  i  V  ' 


1)  Beiträge  zur  Kennüuse  krystaHinischer  Rü  Neuprodukte  von  Friedrich  Koch. 
1822.  S.22. 

2)  Koch,  a.  a.  0.  S.  23. 


6  ■.'/*•.?-■::■■"  /  *0H.  FMBDR.  LÜDW-  HAWMAIWI,    !  •    '".   ■-.      Mi 

dem  verstorbenen  Kaiserlich  Russischen  Minister  von  StruVe  verdankt,  und 
die  im  hiesigen  Academischen  Museo  aufbewahrt  werden,  befinden  sich  mehrere 
Eisensachen,  welche  in  verschiedenem  Grade  umgeändert  worden.  Ein  Bändel 
eiserner  Packnadeln  zeigt  die  einzelnen  im  Ganzen  noch  unverändert,  bis  auf 
eine  oxydirte  Rinde,  durch  welche  sie  wie  zusammengeschweisst  sind,  so 
dass  sie  durch  starke  Hammerschläge  nicht  von  einander  getrennt  werden 
können.  Starke  Bündel  von  dünnem  Eisendrath  lassen  auch  noch  die  Form 
des  Drathes  vollkommen  erkennen,  dieser  ist  aber  ganz  und  gar  oxydirt,  so 
dass  sich  gewissermaassan  eine  Pseudomorphose  von  oxydirtem  Eisen  nach 
Eisendrath  darstellt  Die  einzelnen  Stränge  sind  eben  so  fest,  wie  jene  Pack« 
nadeln,  anter , einander  verbunden.  Unter  der  Loupe  betrachtet  erscheinen  sie 
aus  zylindrischen  Schaalen  bestehend,  welche  bei  vielen  im  Innern  hohl  sind. 
Die  umgeänderte  Masse  hat  das  Ansehn  von  Magneteisen,  wird  auch  vom 
Magnete  stark  angezogen,  giebt  aber  ein  rothbraunes  Pulver,  welches  beweist, 
dass  nicht  das  Ganze  aus  Eisenoxyd  -  Oxydul  besteht,  sondern  dass  ein  Theil 
in  Eisenoxyd  umgewandelt  worden.  Krystallinisch  erscheint  die  Masse,  aber 
deutliche  Krystalle  werden  nicht  wahrgenommen.  Eine  ähnliche  Umänderung 
zeigt  ein  Haufen  kurzer  eiserner  Nägel,  die  ihre  ursprüngliche  Form  noch 
ziemlich  deutlich  erkennen  lassen,  aber  nun  fest  unter  einander  verbunden 
sind.  Sie  erscheinen  mehr  und  weniger  aufgequollen,  und  stellen,  gleich  dem 
umgeänderten  Drathe,  schaalige  Bildung,  zum  Theil  auch  Höhlungen  im  Innern 
dar.  Im  Innern  ist  die  eisenschwarze  Masse  krystallinisch  und  glänzend;  die 
Oberfläche  der  metamorphosirten  Nägel  erscheint  dagegen  durch  eine  Beklei- 
dung mit  mikroskopischen  Krystallen,  sammetartig  schimmernd.  Die  Masse 
verhält  sich  übrigens  wie  die  des  umgeänderten  Drathes.  Hier  wird  es  deut- 
lich erkannt,  dass  die  Nägel  durch  Einwirkung  der  Gluth  in  Eisenoxyd  -  Oxydul 
umgewandelt  wurden,  und  dass  aus  diesem,  bei  fortgesetzter  Glühhitze,  Eisen- 
oxyd hervorgieng,  welches  den  zarten,  krystallinischen  Überzug  bildete. 
Dieser  giebt  ein  rothbraunes,  die  innere  Masse  dagegen  ein  schwarzes  Pulver. 
Mit  der  von  Aussen  nach  Innen  fortschreitenden  Oxydation  des  Eisens  war 
eine  Volumenvergrösserung  verknüpft.  Durch  die  Bewegung  der  kleinsten 
Theile  nach  Aussen  wurden  die  in  Eisenoxyd  -  Oxydul  sich  umwandelnden 
einzelnen  Drathstränge  und  Nägel  nicht  allein  einander  mehr  genähert,  son- 


Ober  dos  in  starrer  leblosen  Körpern  bewirkten  formveründ.       y 

dem  durch  die  gegenseitige  Anziehung  der  in  Berührung  gekommenen  gleich- 
artigen Theile  sogar  in  feste  Verbindung  gebracht,  wovon  die  Bildung  schaa- 
liger  Absonderungen  Folge  war.  Zorn  Theil  schritt  die  Bewegung  nach 
Aussen  so  weit  fort,  dass  im  Innern  der  Drathstränge  und  Nägel  Höhlungen 
entstanden.  Im  Ganzen  ist  weder  an  dem  umgewandelten  Drath,  noch  an 
den  umgeänderten  Nägeln  eine  Schmelzung  wahrzunehmen;  nur  an  einigen 
Stellen  des  Haufwerkes  der  letzteren  zeigen  sich  Spuren  derselben1). 

§.    15. 

Umwandlung  ton  Magneteisen  in  Eisenglanz 

Im  vorhergehenden  §.  ist  bemerkt  worden,  dass  aus  Eisenoxyd -Oxydul 
unter  Einwirkung  von  Glühhitze  Eisenoxyd  werden  kann.  Bildet  das  Eisen- 
oxyd- Oxydul  Kry stalle,  so  ist  es  möglich,  dass  die  Umwandlung  vor  sich 
gehet ,  ohne  dass  die  krystallinische  Form  eine  Änderung  erleidet^  Auf  solche 
Weise  ist  die  Bildung  der  Pseudomorphosen  von  Eisenglanz  nach  Magneteisem 
zu  erklären,  welche  so  ausgezeichnet  in  Brasilien  vorkommen,  und  zuerst  von 
Haidinger  in  seiner  wichtigen  Abhandlung  über  die  Veränderungen,  welche 
gewisse  Mineralkörper  mit  Beibehaltung  ihrer  äusseren  Form  erleiden,  be- 
schrieben worden2).     Sehr  schöne  Afterkrystalle  in  der  Form  grosser  regu- 


1)  Bei  dieser  Gelegenheit  mag  die  merkwürdige  Bildung  von  krystallisirtem  Eisen~ 
Chrysolith  (Eisenoxydul -Silicat)  erwähnt  werden,  welche  sich  an  einem  Stücke 
der  oben  genannten  Sammlung  zeigt,  wiewohl  sie  nicht  in  die  Kategorie  der 
hier  betrachteten  Erscheinungen  gehört.  Grosse  eiserne  Nägel  sind  von  einer 
geschmolzenen  Masse  umgeben ,  welche  sich  ganz  wie  .Eisenfrischschlacke  ver- 
hält. An  einigen  Stellen  befinden  sich  Drusenräume,  die  mit  netten,  stark 
glänzenden  Krystallen  von  Eisenchrysolith,  in  der  gewöhnlichsten  Form  von 
Dysdyoädern,  ausgekleidet  sind.  Einzelne  Brocken  von  weissem,  gefrittetem 
Sandstein,  welche  von  der  Schlacke  umgeben  sind,  die  auch  in  dieselben  gang- 
förmig, ganz  auf  ähnliche  Weise  eingedrungen  sich  zeigt,  wie  man  es  zuweilen 
an  Gestellsteinen  von  Eisenhohöfen  sieht,  geben  Aufschluss  darüber,  woher  die 
Kieselerde  rührt,  welche  sich  mit  dem  von  den  eisernen  Nägeln  dargebotenen 
Eisenoxydul  zum  Silicat  verbunden  hat. 

2)  Aus  den  Transactions  of  the  royal  Society  of  Edinburgh  für  1827  in  Poggen- 
dorffs  Annalen.   Bd.  XL  S.  188. 


8  JQH.  FRIEDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

lärer  Oktaeder,  von  Inficionado  in  der  Provinz  Minas  Geraes  verdanke  ich 
der  Gute  meiner  Freunde  von  Olfers  und  von  Eschwege.  Durch  das 
rothbraune  Pulver  geben  sie  sich  als  Eisenglanz  zu  erkennen,  und  von  Ko- 
bell's  Untersuchung  hat  gezeigt,  dass  sie  wirklich  ganz  aus  Eisenoxyd  be- 
stehen. Dass  die  Krystalle  aber  Pseudomorphosen  sind,  und  keinen  Anspruch 
darauf  haben,  nach  Breithaupt  für  eine  besondere,  von  ihm  mit  dem  Namen 
Mar  tu  belegte  Mineral  -Species  zu  gelten,  wird  durch  die  ungleiche  Beschaf- 
fenheit des  Innern  derselben  bewiesen.  Bei  manchen  hat  sich  nicht  bloss  die 
oktaedrische  äussere  Form,  sondern  auch  das  den  Oktaederflächen  entsprechende 
blätterige  Gefüge  erhalten,  wogegen  bei  anderen,  wie  Haidinger  bemerkt 
hat,  das  Innere  als  ein  Aggregat  kleiner  Eisenglanzkrystalle  erscheint,  in 
welchem  Falle  die  Wirkung  der  Molekularbewegungen  am  Augenscheinlichsten 
ist.  Diese  ergiebt  sich  übrigens  auch  aus  der  Veränderung  der  Dichtigkeit. 
Das  specifische  Gewicht  eines  Oktaeders  von  Magneteisenstein  aus  Tyrol  fand 
ich  5,177,  wogegen  das  eigenthümliche  Gewicht  der  Eisenglanz  -  Pseudomor- 
phosen zu  4,729  von  mir  bestimmt  wurde,  welches  niedriger  ist  als  das  ge- 
wöhnliche specifische  Gewicht  von  Eisenglanzkry stallen ,  und  zwischen  dem 
eigentümlichen  Gewichte  des  Eisenglimmers  und  fasrigen  Rotheisensteins  in 
der  Mitte  steht. 

Eine  ganz  ähnliche  Umwandlung  von  Magneteisenstein  in  Eisenglanz  hat 
mein  verewigter  Freund  Koch  auf  den  Eisensteinslagern  in  der  Gegend  des 
Obernsee  s  in  Nordamerika  beobachtet.  Seiner  Güte  verdanke  ich  Stücke  von 
Marquette  Location  in  Marquette  County  auf  der  Halbinsel  Michigan,  welche 
als  Belege  für  seine  Angabe  dienen  können,  dass  der  dortige  krystallinisch- 
körnige  Eisenglanz  ein  Aggregat  regulärer  Oktaeder  darstellt  *). 

§.     16. 
Umwandhing  von  Kupfer  in  Kupferoxydul 

Zu  den  Metallen  welche  besonders  oft  die  Gelegenheit  darbieten,  sich 
von  Molekularbewegungen,   welche  durch  die  Verbindung  mit  Sauerstoff  ohne 

1)  Die  Mineral-Regionen  der  oberen  Halbinsel  Michigan's  (N.  A.)  am  Lake  Superior 
von  Fr.  C.  L.  Koch,  in  den  Studien  des  Göttingischen  Vereins  Bergmännischer 
Freunde.  VI.   S.  44. 


#BBR  MB  IN  STABIBR  TIMMEN KÖRPERN  MWUWTBN  FORMVBRÄND.    9 

t 

Aufbebqng  der  Rigidität  veranlasst  werden,  zu  überzeugen,  gehört  da»  Kuppm 
Dttw^i  Oxydation  desselben ,  mag  es  rein  oder  mit  anderen  Metallen  verbog* 
den  sep^  bildet  srehäehr  gewöhnlich  Kupferroth  {Kupfer oaydulj ,  welches  in 
ochriger  Form  die  Oberfläche  zu  bekleiden  pflegt;  zuweilen  aber  auch  m 
vollkommenen  Krystallen  bervortri|t.  John  Davy  hatte  bei  seinem  Aufent-* 
halte  puf  den  Jonischen  Inseln  Gelegenheit,  die  Veränderungen  näher  zu  unter- 
suchen,  welche  einige  griechische  Alterthümer  mit  der  Zeit  erlitten  hatten.  Ein 
antiker  Beim ,  der  an  einer  •  seichten  Stelle  im  Meere  gefunden  /worden ,  und 
dessen  Metall  aus  Kupfer  und  18,5  Procent  Zinn  bestand,  wair  mit  basisch- 
salzsaurem  und  kohlensaurem  Kupfer,  Zinnoxyd  und  Oktaedern  von  Kupfer* 
oxydul  und  reinem  Kupfermetall  bekleidet  An  alten  Münzen  zeigten  sieb 
ähnliche  Erscheinungen ,  nur  war  kein  metallisches  Kupfer  aasgeschieden» 
John  Davy  bemerkt  bei  dieser  Gelegenheit)  dass,  da  die  Substanzen,  aus 
welchen  die  Kry stalle  erzeugt  wurden,  sich  nicht  in  Auflösung  befanden,  die* 
Bildung  dieser  einer  inneren  Bewegung  der  Theflchen  zugeschrieben  werden: 
müsse,  erzeugt  durch  die  vereinte  Wirkung  der  chemischen  Verwandtschaften, 
der  elektrochemischen  Attractionen  und  der  Cohäsionskräfte l).  NöggeratV 
hat  ebenfalls  Bemerkungen  über  die  Bildung  von  Krystallen  von  Kupferoxydul 
an  antiken  Arbeiten  aus  Kupfer  und  Bronze  mitgetheilt 2) ;  und  ich  selbst  habe 
Gelegenheit  zu  ähnlichen  Beobachtungen  gehabt  Ich  wiederhole  hier  die 
früher  von  mir  mitgetheilten  Bemerkungen  über  die  Umänderung  von  aus  dem 
Mittelalter  stammenden,  wahrscheinlich  im  dreißigjährigen  Kriege  nach  Göt- 
tingen gekommenen,  kupferhflltigen  Silbermünzen,  welche  sich  im  Jahre  1820 
bei  dem  Abbruche  des  alten  Cbmmandantenhausee  fanden  5)-  An  diesen  Muri* 
zeil  verhüllt  ein  aus  Kupfergrün  und  Kupferlasur  bestehender  Überzug  das 
Gepräge.  Viele  Stücke  waren  dadurch  so  fest  verkittet,  dass  sie  nur  mit 
einigem  Kraftaufwand e,  vermittelst  eines  Messers,  von  einander  gelöst  werden 
konnten.  Bei  genauerer  Untersuchung  und  durch  Behandlung  mit  Salpetersäure, 
gab  dich  zu  erkennen,  dass  die  nach  völliger  Reinigung  stlherweiss  ersehet 


■■■■  ■  ■   .  ■  w^mm *+mm p— ^^y»»». 


--( 


1)  Annais  of  philosophy.   N.  S.  X,  465.     Poggeridorff*  Annalen.  VI.  514. 

2)  Söhweigger's  Journal.    N.  «L  Xffl.  129.  «: 

3)  Göttingische  gelehrte  Anzeigen.    1829.  S.  2006. 

J%t .  Classe.  VII.  B 


10         /     •■  JOB.  FRIEDR.  LÜDW.  HASSMANN, 


t  ' 


nende  Oberfläche,  zunächst  zum  Theil  von  einer  höchst  zarten  Kupferhaut 
überzogen  ist,  die,  nachdem  die  äussere  Hülle  des  kohlensauren  Kupfers 
unter  Aufbrausen  zerstört  worden,  von  mattem,  rothbraunem  Kupferoxydul 
bedeckt  erscheint,  aber  durch  das  Streichen  mit  einem  Messer  sich  metallisch 
glänzend  und  kupferroth  darstellt  Das  Kupferoxydul  zeigt  sich  nicht  selten 
an  einzelnen  Stellen  in  krystallinischen  Theilen,  und  selbst  in  netten  Krystall- 
Individuen  von  lebhaftem  Glänze  und  dunkel  coschenillrother  Farbe,  die  wohl 
eine  Grösse  von  l/+  Linie  erreichen,  und  unter  denen  reguläre  Oktaeder  und 
Würfel  erkannt  wurden.  Das  kristallinische  Kupferoxydul  pflegt  mehr  in  der 
Mitte  der  Fläche,  als  gegen  den  Rand  derselben  sich  zu  finden.  Kupfergrün 
und  Kupferlasur  bilden  gemeinschaftlich  den  äussersten,  gemeiniglich  ganz  zu- 
sammenhängenden  Überzug,  der  am  Rande  die  grösste  Stärke  zu  haben  pflegt 
Die  merkwürdigste  Erscheinung,  welche  die  Umänderung  jener  kupferhaltigen 
Silbermünzen  zeigt,  ist  unstreitig  die:  dass  nicht  bloss  die  Oberfläche  von 
Substanzen  bekleidet  ist,  die  aus  einer  Zersetzung  der  Legierung  hervor- 
giengen;  sondern  dass  sich  dieselben  auch  im  Innern  der  Münzen  finden. 
Wo  dieses  der  Fall  ist,  lösen  sich  zarte  Scheiben  von  einander  ab,  die  in  der 
Mitte  wie  ausgefressen  und  hier  von  einer  Haut  von  Kupferroth  überzogen 
und  mit  Kry stallen  dieser  Substanz  besetzt  erscheinen ,  am  Rande  aber  gemei- 
niglich das  Gepräge  auf  solche  Weise  erkennen  lassen,  dass  es  auf  der  eiaen 
Fläche  erhaben,  auf  der  anderen  dagegen  vertieft  sich  darstellt.  Auch  kohlen- 
saures Kupfer  befindet  sich  zuweilen  zwischen  den  einzelnen,  abgesonderten 
Blättern ,  besonders  in  der  Nähe  des  Randes.  Das  Silber  hat  auf  den  von 
einander  abgelösten  Flächen,  unter  der  Loupe  betrachtet,  ein  fein  geschupptes 
Ansehen  und  ist,  eben  so  wie  an  der  Oberfläche  der  Münzen,  theils  wenig 
glänzend,  theils  nur  schimmernd. 

Diese  Erscheinungen  liefern  ein  ausgezeichnetes  Beispiel  einer  sehr 
complicirten  Wirkung  von  Molekularbewegungen  bei  rigidem  Aggregatzustande; 
denn  diese  waren  nicht  allein  bei  der  Bildung  verschiedener  Zersetzungs- 
producte,  von  welchen  ein  Theil  Krystalle  bildete,  thätig;  sondern  beinahe 
noch  auffallender  zeigt  sich  ihre  Action  durch  die  Aufhebung  des  Zusammen- 
hanges, durch  die  Bildung  von  Absonderungen  in  der  früher  dichten  Me- 
tallmasse. 


ÜBER  DIB  IN  STARREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.     11 

Jene  unzweideutige  Entstehung  von  Kupferoxydul  aus  kupferbaltigen 
Kunstproducten  macht  es  zugleich  um  so  wahrscheinlicher,  dass  wenigstens 
ein  bedeutender  Theil  des  in  der  Natur  sich  findenden  Kupferrothes ,  aus  ge- 
diegenem Kupfer  hervorgegangen  ist,  welches  nicht  selten  in  der  Umgebung 
des  ersteren  gefunden  wird.  Besonders  lehrreiche  Beobachtungen  hierüber 
hat  Gustav  Rose  mitgetheilt *) ,  der  dadurch  zu  derselben  Annahme  gelangt 
ist,  zu  welcher  meine  eigenen  Beobachtungen  an  Kunst-  wie  an  Naturpro- 
ducten  geführt  haben:  dass  aus  dem  Kupfer  zunächst  durch  Oxydation  Kupfer- 
roth hervorgeht,  welches  später  erst  in  kohlensaures  Kupfer  umgewandelt 
wird.  Ein  Beispiel  von  einer  ganz  neuen  Entstehung  von  Kupferroth  aus  ge- 
diegenem Kupfer  bietet  der  Rammeisberg  bei  Goslar  dar,  wo  in  dem  soge- 
nannten Alten  Manne  Kupfer  aus  Kupfervitriol  enthaltendem  Wasser  durch 
Eisen,  welches  zufällig  damit  in  Berührung  kommt,  oder  auch  durch  den 
reducirenden  Einfluss  von  Holz,  ausgeschieden  wird,  welches  sich  später  zu- 
weilen mit  den  nettesten  Krystallen  von  Kupferroth  bekleidet. 

§.   17. 

Umwandlung  von  Bleiglanz  in  Blewitriol. 

Die  Umwandlung  von  Bleiglanz  in  Bleivüriol  liefert  ein  ausgezeichnetes 
Beispiel  von  Formveränderungen,  die  durch  Molekularbewegungen  in  rigiden 
Körpern  im  Gefolge  der  Aufnahme  von  Sauerstoff  bewirkt  werden.  In  dem 
Bleiglanz  sind  Blei  und  Schwefel  in  einem  solchen  stöchiometrischen  Verhält- 
nisse verbunden,  dass  aus  der  Umänderung  des  Bleies  in  Bleioxyd  und  des 
Schwefels  in  Schwefelsäure,  das  Mischungsverhältniss  des  Bleivitrioles  hervor- 
geht. Dass  unter  diesen  Umständen  die  durch  Aneignung  von  Sauerstoff  aus 
der  Luft  oder  aus  dem  Wasser  veranlasste  Bildung  des  Bleivitrioles  zuweilen 
mit  Beibehaltung  der  Form  des  Bleiglanzes  erfolgt,  kann  nicht  auffallen.  Die 
Erzeugung  des  Bleivitrioles  aus  Bleiglanz  gehet  zuweilen  rasch  vor  sich,  wenn 
höhere  Temperatur  dieselbe  begünstigt.  Dieses  kommt  bei  dem  Blei  glänze 
vor,  der'  sich  als  Ofenbruch  in  Schmelzöfen  ansetzt,  wie  solches  bei  der 
Zugutemachung  des  Bleiglanzes  auf  den  Hütten  am  Harz  nicht  selten  der  Fall 

1 )  Mineralogisch  -  geognostische  Reise  nach  dem  Ural,   dem  Altai  und  dem  Kaspi- 
schen  Meere  von  Gustav  Rose.  I.  S.  272. 

B2 


12  /JOB.  FltlBDR.  LDDW.  ftAUBMANM,     •  •  «;  ;r  ;!j 

ist.  Ich  verdanke  der  Gate  des  Herrn  Hüttenraiters  Knocke  ausgezeichnete 
Stacke  von  Ofenbrüchen  der  Lautentbaler  Hütte,  an  welchen  die  würfelförmi- 
gen ^  Blei  glanskry  stalle  mehr  und  weniger  in  Blei  Vitriol  umgewandelt  worden. 
Die  kubische  Form  zeigt  sich  im  Ganzen  unverändert;  nur  erscheinen  die 
Flächen  aufgetrieben ,  Kanten  und  Ecken  etwas  gerundet ,  woran  eine  Bewe* 
gung  der  kleinsten  Theile  sich  deutlich  zu  erkennen  giebL  Weniger  auffallend 
pflegt  diese  sich  da  kund  zu  geben,  wo,  wie  auf  den  natürlichen  Bleiglanz- 
lagerstfltten ,  die  Umwandlung  des  Schwefelbleies  in  schwefelsaures  Bleioxyd 
langsam  von  Statten  gehet  Doch  ist  die  Wirkung  der  Molekularbewegungen 
auch  hier  an  der  gänzlichen  Umänderung  der  Structur  zu  erkennen ,  indem  ans 
dem  ausgezeichnet  blätterigen  Körper  mit  kubischer  Spaltbarkeit/  eine  dichte 
Hasse  mit  sehr  unvollkommenen  Blättefdurchgängen  von  ganz  veränderter 
Lage,  und  vorherrschendem  muscheligem,  zuweilen  dem  Unebenen  hingeneig- 
ten Bruche,  geworden  ist.  Selten  hat  sich  an  dem  Blei  Vitriole ,  der  auf  den 
Bleiglanzlagerstätten  angetroffen  wird,  die  Krystallform  des  Bleiglanzes  erhal- 
ten l).  Zuweilen  verrathen  sich  seine  Blätterdurchgänge  durch  ihnen  ent- 
sprechende Risse  im  Bleivitriol  2).  Sehr  oft  giebt  die  Art  und  Weise  wie 
dieses  Salz  auf  den  Lagerstätten  des  Bleiglanzes  vorkommt,  wie  es  mit  dem- 
selben verwachsen  ist  und  ihn  umgiebt,  die  Überzeugung,  dass  es  ohne  Auf- 
hebung der  Rigidität  da  entstanden  ist,  wo  es  sich  findet  Freilich  ist  nicht 
selten  das  Vorkommen  des  Bleivitrioles  und  zumal  seiner  Kry stalle,  von  der 
Art,  dass  man  die  Bildung  aus  einer  Auflösung  annehmen  muss.  Dieses  ist 
da  der  Fall,  wo  die  Krystalle  des  Bleivitrioles  in  Höhlungen  des  Bleiglanzes, 
oder  in  früher  von  Bleiglanz  oder  von  einem  anderen  Minerale  ausgefällten 
Räumen  des  begleitenden  Gesteins,  aufgewachsen  sich  finden.  Da  der  Blei- 
vitriol in  Wasser  etwas  auflöslich  ist,  so  wird  man  annehmen  dürfen,  dass  er 
nach  seiner  Entstehung  allmählig  von  Wasser  aufgenommen  wurde,  und  spä- 
ter, bald  in  grösserer,  bald  in  geringerer  Entfernung  von  der  Stelle  seines 
Ursprunges,  sich  daraus  wieder  abgesetzt  hat.    Die  bei  dem  Vitriolesciren  von 


1)  Die  Pseudomorphosen  des  Mineralreichs,  von  Blum.    S.  32. 

2)  Haidinger,    über  die  Veränderungen,    welche  Mineralien   mit  Beibehaltung 
ihrer  äusseren  Form  erleiden,  in  Poggendorffs  Annalen.   XL  S.  367. 


ÜBER  DIB  IN  STARRET  LUL08EN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERiND.       13 

• 

Schwefel-  und  Wasserkies  entstehende  freie  Schwefelsäure,  mag  auch  zu- 
weilen wohl  zur  Bildung  von  Bleivitriol  Veranlassung  geben.  Auf  mehreren 
Bleiglanz  führenden  Gingen  des  Harzes ,  zumal  auf  einigen  Gruben  des  Zeller- 
felder  Hauptzuges  und  bei  Tanne/  so  wie  auch  auf  der  Grube  Knien berg 
unweit  Musen  im  Siegenschen,  hat  man  Gelegenheit  beide  Arten  der  Bildung 
des  Bleivitrioles  zu  verfolgen.  Besonders  lehrreich  ist  in  dieser  Beziehung 
ausserdem  das  Vorkommen  des  Bleivitrioles  auf  den  Lagerstätten  des  Bleiglanzes 
zu  Leadhills  in  Schottland1). 

§•     18. 
Bildung  von  Chlor-  und  Bromsilber. 

Weit  seltener  als  Sauerstoff  geben  Chlor  und  Brom  Veranlassung ,  dass 
in  starren  Körpern  Molekularbewegungen  vorgehen,  wodurch  die  Form  der- 
selben eine  Umänderung  erleidet  Herr  Finanzrath  Brüel  zu  Hannover  hat 
an  Griechischen  und  Römischen  Münzen  die  merkwürdige  Auffindung  eines 
Gehaltes  von  Chlor-  und  Bromsilber  gemacht,  wobei  zugleich  das  Innere  der 
Münzen  auffallend  verändert  worden  2).  An  Griechischen  Münzen  von  Neapolis, 
Hyela,  Heraclea,  war  der  Bruch  blätterig -körnig,  mit  einer  Anlage  zur 
schieferigen  Absonderung.  Eine  Münze  von  Heraclea  zerbrach  leicht  und 
glänzte,  wie  eine  andere  von  Hyela,  auf  dem  Bruche  mehr  seidenartig  als 
metallisch.  An  den  untersuchten  Römischen  Münzen,  die  ebenfalls  sehr  zer- 
brechlich waren,  zeigte  sich  schieferige  Absonderung  und  ein  körniger,  wenig 
glänzender  Bruch  der  einzelnen  Schiefer,  deren  Oberfläche  mehr  Perlmuttor- 
als  Metallglanz  besass.  Herr  Finanzrath  Brüel  überzeugte  sich  davon,  dass 
nicht  bloss  die  Oberfläche  der  Münzen  Chlor  und  Brom  enthielten,  sondern 
dass  diese  Stoffe  auch  in  das  Innere  eingedrungen  waren.     Von  der  Hyela 


1)  Vergl.  Observation  on  the  Formation  of  the  various  Lead-Spars,  by  Mr.  James 
B  r  a  i  d ,  i.  d.  Memoire  of  the  Wernerian  natural  history  Society.  IV.  p.  508. 
Haidinger,  a.  a.  0. 

2)  Untersuchungen  Ober  die  chemische  Zusammensetzung  aller  Münzen  und  über 
Umänderungen,  welche  die  Bestandteile  und  der  Aggregatzustand  von  Münzen 
erleiden.  Von  W.  Brüel.  In  den  Studien  des  Gftttingischeti  Vereint  Berg- 
männischer Freunde.  V.  S.  186  & 


14  -..'<'.:    :    las.  TRI B DR.  LDDW.  HAU8MARH,! 


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war  das  Chlorsilber  durch  Behandlang  mit  Ammoniac  so  gut  abgelöst,  das? 
sie  auf  ihrer  ganzen  Oberfläche  silberweiss  erschien;  sie  war  ntra  matt  glän- 
zend and  sah  aus,  als  Wäre  sie  mit  einer  unendlichen  Menge  mikroskopische? 
Krystalle  bedeckt.  Sie  hatte  10  Procent  am  Gewichte  abgenommen,  aber 
dieses  Vio  bestand  nicht  allein  in  Chlorsilber  und  Bromsilber,  sondern  auch 
in  Zinnoxyd  und  metallischem  Silber,  letzteres  in  der  Form  von  deutlich  er- 
kennbaren Oktaädern,  welche  durch  das  Ammoniac  ihres  Bindemittels  beraubt 
waren.  Bei  dem  Auflösen  der,  von  der  Chlorsilberhülle  befreieten  Hyela  in 
Salpetersäure >  sonderten  sich  noch  gegen  3  Procent  Chlor-  und  Bromsilber 
aus.  Dass  Chlor  und  Brom  von  Aussen  eindrangen,  und  dass  die  Umwand- 
lung  des  Aggregatzustandes  der  Münzen  eine  Folge  von  der  in  ihnen  vorge- 
gangenen Mischungsveränderung  war,  kann  wohl  nicht  bezweifelt  werden. 
Auch  tritt  die  Wirkung  von  Molekularbewegungen  hier  eben  so  auffallend 
hervor,  als  bei  der  oben  beschriebenen  Umänderung,  welche  die  zu  Göttingen 
gefundenen  Münzen  erlitten  hatten.  Durch  jene  Bildung  von  Chlor-  und 
Bromsilber  wird  zugleich  ein  Licht  geworfen  auf  die  Erzeugung  dieser  Ver- 
bindungen auf  Erzgängen,  auf  welchen  sie  in  oberen  Teufen  vorzukommen 
pflegen,  und  wohl  ohne  Zweifel  ans  gediegenem  Silber  entstehen1). 

§.    19. 

Umwandlung  von  Silber  in  Silberglan*. 

Wie  der  Wasserstoff  zuweilen  den  Schwefel  aus  Sulpiriden  entführt,  so 
kann  er  anderer  Seits  auch  das  Mittel  seyn,  wodurch  anderen  Substanzen 
Schwefel  zugeführt  wird.  Dieses  ist  namentlich  bei  dem  Silber  der  Fall, 
welches  dadurch,  dass  Schwefelwasserstoff  damit  in  Berührung  kommt,  in 
Sckwefelsüber  umgewandelt  wird.  Eine  kurze  Berührung,  wodurch  nur  eine 
zarte  Haut  von  Schwefelsilber  gebildet  wird,  bewirkt  das  Anlaufen  des  Silbers 
mit  Nobili'schen  Farben.  Durch  länger  andauernde  Wirkung  wird  die  Ober- 
fläche schwarz;  und  durch  noch  längere  Dauer  derselben,   dringt  die  Bildung 

1)  Vergl.  u.  a.  Barkart,  Aufenthalt  und  Reisen  in  Mexico.  II.  S.64.  88.  Duport, 
de  la  production  des  m&aux  pröcieux  au  Mexique.  Ch.  1.  Götting.  gel.  Anz. 
1845.  S.  1443.  Doraeyko,  i.  d.  Ann.  des  raines.  3;  S.  XXIII.  59  ff.  Mein 
Handbuch  der  Mineralogie.  2.  A.  II.  1472. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkikn  foriiveränd.   15 

von  Schwefelsilber  aümählig  tiefer  ein.  Der  Aggregataistand  des  Silbers  er- 
leidet dnreb  die  Verbindung  mit  dem  Schwefel  eine  gänzliche  Umwandlang! 
indem  der  hakige  Brach  bald  in  den  unebenen  oder  muscheligen  des  dichten 
Silberglanzes,  bald  in  die  lockere,  erdige  Masse  der  Silberschwärze  verwan- 
delt wird.  Die  zugleich  vorgehende  Umänderung  der  Dichtigkeit  entspricht 
nicht  ganz  dem  aus  dem  Quantitätsverhältnisse  der  Bestandteile  und  ihren 
specifischen  Gewichten  berechneten  Mittel.  Wird  das  eigentümliche  Gewicht 
des  Silbers  zu  10,5  und  das  des  Schwefels  zu  2  angenommen,  so  ergiebt 
ach,  da  das  Schwefelsilber  eine  Verbindung  von  87,04  Silber  und  12,96 
Schwefel  ist,  das  specifische  Gewicht  desselben  zu  6,77,  wogegen  das  eigen- 
tümliche Gewicht  des  natürlichen  Silberglanzes  7,196  ist  Durch  die  Ein- 
wirkung von  Schwefelwasserstoff  auf  gediegenes  Silber  ist  ohne  Zweifel  ein 
bedeutender  Theil  des  Silberglanzes  auf  Erzgängen  hervorgegangen,  wofür 
die  Art,  wie  der  erstere  das  letztere  oft  umgiebt  und  bekleidet,  spricht  Die 
lockere  Silberschwärze  scheint  besonders  aus  Haarsilber  zu  entstehen,  welches, 
wie  u.  a.  auf  den  oberen  Bauen  der  Grube  Katharina  Neufang  zu  St  Andreas- 
berg, zuweilen  in  der  Umgebung  des  erdigen  Silberglanzes  angetroffen  wird. 

§.     20. 

Cämentation  des  Kupfers  mit  Schwefel. 

Zu  den  Processen  welche  oft  zur  Beobachtung  von  Formveränderungen 
Gelegenheit  geben,  welche  durch  Molekularbewegungen  in  starren  Körpern 
bewirkt  werden,  gehört  das  Cämentiren.  Es  verdienen  in  dieser  Hinsicht  die 
Bereitung  von  Halb -Schwefelkupfer  durch  Cämentation,  die  Fabrication  des 
Cämentstahls ,  die  Darstellung  von  Legirungen  des  Kupfers  mit  Zink  durch 
Cämentation,  eine  nähere  Betrachtung. 

Die  Cämentirung  des  Kupfers  mit  Schwefel  wird  für  die  Bereitung  von 
Kupfervitriol  (sog.  Cyprischen  Vitriol)  angewandt ,  wie  es  u.  a.  zu  Fahlun  in 
Schweden  geschieht,  wo  ich  i.  J.  1807  Gelegenheit  hatte,  den  Process  genauer 
kennen  zu  lernen 1).  Auf  Kupferblech,  welches  in  einem  angemessenen  Glühofen 
in  Rothglühhitze  versetzt  worden,  wird  Schwefel  gestreuet,  dessen  Dämpfe  in 


1)  S.  meine  Reise  durch  Skandinavien.  V.  170. 


W  JOl.  riMBDR.  LUDW   HAÜBHASH;: 

wenigen  Minuten  in  das  Kupfer  eindringen,  und  dasselbe  in  Halb- Schwefel* 
kupfer  verwandeln.  Es  findet  hierbei  durchschnittlich  ein  Zuwachs  von  20 
Procent  statt,  welches  mit  dem  Schwefelgehalte  des  natürlichen  Kupferghmsse$ 
übereinstimmt,  welchem  auch  das  Äussere  des  cämentirten  Kupfers  vollkom- 
men gleicht  Der  hakige  Bruch  des  Kupfers  erscheint  in  eine  schuppig-* 
körtiige  Structur  umgewandelt,  und  dabei  hat  sich  eine  krystallinisch-sttag~ 
Hebe  Absonderung  gebildet,  mit  einer  rechtwinkeligen  Stellung  der  Stängel 
gegen  die  Oberfläche  der  Bleche.  Es  zeigt  sich  dabei  oft  eine  ähnliche  Er«* 
scheinung ,  ah*  bei  der  oben  beschriebenen  Umwandelung  des  amorphen 
Zuckers  in  krystallkrisöhen ,  dass  nehmÜch  in  den  Blechen  eine  Absonderung 
sich  bildet,  wodurch  sie  in  zwei  Lagen  getheilt  werden,  und  ein  Ranm  zwi- 
schen denselben  entsteht,  welcher  die  kristallinische  Ausbildung  der  Stängel 
an  den  Boden  begünstigt.  Die  Dichtigkeit  der  Verbindung  von  Kupfer  und 
Schwefel  ist  grösser,  als  das  berechnete  Mittel  dasselbe  ergiebt.  Wird  das 
speeifische  Gewicht  des  Kupfers  zu  8,9,  das  des  Schwefels  zu  2  angenommen, 
so  ergiebt  sich,  da  das  Halb  -  Schwefelkupfer  eine  Verbindung  von  79,78 
Kupfer  mit  20,27  Schwefel  ist,  das  speeifische  Gewicht  desselben  zu  5,236, 
wogegen  der  natürliche  krystallisirte  Kupferglanz  ein  eigenthümliches  Gewicht 
von  5,76,  das  künstlich  dargestellte  Halb-Schwefelkupfer  nach  Karsten  sogar 
ein  speeifisches  Gewicht  von  5,9775  hesitzt. 

§.     21. 

Umwandlung  von  Eisen  in  Cämentstahl. 

Wird  Stabeisen  durch  Glühen  in  einem  verschlossenen  Räume  mit  koh- 
ligen  Substanzen  in  Stahl  «verwandelt,  wodurch  seine  physikalischen  Eigen- 
Schäften  eine  auffallende  Veränderung  erleiden ,  so  geht  auch  mit  seiner  Form 
eine  Umänderung  vor,  woran  eine  Bewegung  der  kleinsten  Theile,  ohne  dass 
der  rigide  Aggregatzustand  aufgehoben  wurde,  zu  erkennen  ist«  Die  fein- 
körnige oder  fadige  Textur  welche  das  Eisen  besass,  wird  in  eine  schuppige 
verwandelt.  Krystallinische  Blättchen,  die  oft  einen  Durchmesser  von  einer 
Linie  und  darüber  haben,  durchkreuzen  einander  nach  den  verschiedensten 
Richtungen  1).      Mit  diesem   Übergänge   der  Structur  des   Stabeisens  in  ein 

1)  Vergl.  meine  Reise  durch  Skandinavien.   IV.  S.  234. 


Ober  die  in  starben  ueblosbn  Körpern  bewirkten  formvbränd.    17 

mehr  krystallinisches  Gefüge,  ist  eine  Volumenvergrösserung  vet banden,  die 
«ch  in  einer  Aiftareibung  der  äusseren  Flächen  der  Stäbe,  nach  Reaumnr's 
Beobachtung,  anch  in  einer  Verlängerung  derselben,  zu  erkennen  giebt  Das 
specifische  Gewicht  zeigt  sich  vermindert  Hin  man  fand  das  eigentümliche 
Gewicht  Von  Weichem,  zur  Cüknentstahlfabrication  bestimmten  Bisen  7,698  and 
das  des  daraus  gebrannten  Stahls  7,265 x).  Lewis  bestimmte  das  eigen- 
tümliche Gewicht  einer  rar  Stahlfabrication  angewandten  Stabeisensorte  zu 
7,795,  und  das  specifiache  Gewicht  des  daraus  gehrannten  Stahls  *u  7,6 18  2). 
Ich  untersuchte  da»  feigenthämliche  Gewicht  des  Stabeisens,  welches  au 
Akerby .  in  Sebwieden  i.  J.  1807  zur  Cämentstahlfabricatioii  verwandt  wurde, 
so  wie  das  specifische  Gewicht  des  daraus  dargestellten  rohen,  noch  nicht 
ausgereckten3)  Cämentstahls ,  und  fand  das  erstere  im  Mittel  von  mehreren 
Wägungen  7,7604  und  das  letztere  7,7118. 

§.     22. 
Cümenlation  des  Kupfers  mit  Zink. 

Der  unäcbte,  oder  sogenannte  Lyoner  Golddrath  wird  durch  eine  Cämen- 
tation  von  Kupfer  mit  Zink  bereitet,  indem  man  die  Dämpfe  des  letzteren  in 
glühende  Kupferstangen  eindringen  läset.  Auch  bei  der  Fabrication  des  Mes- 
sing* nach  dem  älteren  Verfahren  mit  Galmei,  erfolgt  zuerst  eine  Cämentation 
des  glühenden  Kupfers  mit  Zinkdämpfen,  worauf  dann  die  cämentirte  Masse 
in  Fluss  kommt.  Durch  diese  Cämentation  des  Kupfers  mit  Zmk  erleidet  die 
Structur  des  erstqren  ejue  auffallende  Veränderung,  indem  der  hakige  Bruch 
des  Rothkupfers,  in  das  krystallinisch* feinkörnige  Gefüge  des  Gelbkupfers  sich 
verwandelt  Das  Innere  desselben  stellt  sich,  unter  der  Loupe  betrachtet, 
als  eine  Zusammenhäufung  sehr  kleiner  Kryßtall?  dar,   die  hin  und  wieder 


1  « 


?' 


1)  Geschichte  des  Eisens.    Übers,  von  Karsten.  I.  S.  223. 

2)  Kars ien's  Handbuch  der  Eisenhüttenkunde.  3.  Ausg.  I.  S.  184. 185. 

3}  Det  Cämentstahl  nimmt  durch  das  Schmieden  eine  grössere  Dichtigkeit  an,  indem 
er  dadurch  sogar  specifisch  schwerer  wird,  als  das  Stabeisen,  woraus  er  ge- 
brannt worden.  Rio  man  fand  das  eigentümliche  Gewicht  des  ausgereckten 
Cämentstahls  7,767,  wogegen  das  Materialeisen  das  angegebene  specifische  Ge- 
wicht von  7,698  Jwtte.  (Geschichte  des  Eisens.  Obers,  v.  Karsten.  I.  S.223.) 
Fkgs.  Ctasse.  VII.  C 


18      v./Aiirl/|/j!<^JÖB:/*MEl)R^L1UI>»W/BAOBIIlAIIRv^-^;'  /l   ]u[    {'U*S 

spiegelnde  Flächen  aeigen  r  und  reguläre  Oktaäder  zu  äeyn  scheinen.  •  Dafür 
spricht  auch:  die  Art  der  gestricktem  Bildung,  welche  das  Innere  des  sog; 
Arco  oder  der; Mengepresse  zeigt,  worunter  eine  einmal  geschmolzene,  zum 
Znsatz  bei  der  Messingfabrication  dienende  Verbindung  von  Kupfer  und  Zink 
verstanden  wird.  In  Beziehung  auf  die  Veränderung  der  Dichtigkeit,  welche 
durch  die  bei  der  Entstehung  des  Gelbkupfers  eingetretenen  Molekularbewe^ 
gungen  bewirkt  worden,  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  das  specifischö 
Gewicht  der  Legirungen  von  Kupfer  und  Zink  im  Allgemeinen  grösser  ist, 
als  das  nach  dem  eigentümlichen  Gewichte  «nd  dem  Mengenverhältnisse  der 
Bestandteile  berechnete  Mittel.  Es1  steigt  mit  dem  Kupfergehalte,  und  kommt 
zuweilen  dem  spezifischen  Gewichte  des  Kupfers  nahe  l). 


§.  '23.  v 

Umwandlung  ton  Karstenit  in  Gyps. 

Zu  den  Erscheinungen  welche  nicht  bloss  im  Kleinen,  sondern  auch 
nach  dem  grössten  Maassstabe  die  Wirkung  von  Molekularbewegungen  in 
sttitteti  'Körpern  erkennen  lassen,  gehört  die  Umwandlung  des  Karstenites 
(AntyÜritts)  \xi  Gyps  durch  Anziehung  von  Wasser.  Über  diesen  interessanten, 
irnd  besonders  auch  in  geologischer  Hinsicht  wichtigen  Gegenstand,  habe  ich 
bereit?  früher  der  HönigHchen  Societöt  der  Wissenschaften  meine  Untersu- 
chatigen  initgetheilt2),  daher  ich  mich  hier  nm  so  mehr  anf  wenige  ihn  be^ 
treffende  Bemerkungen  beschranke,  da  über  jene  Metamorphose  auch  schon 
tönt  Änderen,  üamäntlieh  voäGordier,  Hassenfratfc,  Hauy,  Haidiiig^f, 
Johann  Von  Cbarp^tttf^^Renggery  'von  Decken,  von  Albertl, 
Blum,  Beobachtungen  begännt  gemacht  worden.  Indem  der  Karstehit  Wasäet 
ans  der  Atmosphäre  sich  ane^^net,  erleidet  nicht  allein  seine  Masse  eine  be^ 
deutende  Volumenvergrösserung,  sondern  es  verändert  sich  auch  die  gegen- 
seitige Lage,  der,  kleinsten  Theile,  Die  Volumenvergrösserung  giebt  sich  in 
dem   Aufschwellen,   dem  Rissig  werden,   dem  Aufbersten   der  Masse,    in   der 

~     1)  Tergl.  Karsten'*  SySleta  der  Metallurgie.  IV.  0:468.    Kafmärbch,  in  Prechti's 
technologischer  Enzyklopädie.  EX.   S.  57Ö.        * 
2) 'Bemerkungen  über  Gyps   und  Karstenit,  1  d.  Abhandlungen  der  Könl&l.  Gesell- 
'  'schaft  der'  Wissenschaften  zu  Göttingen:   HI:  Phys.  Ciasse.   S.  55. 


Ober  die  in  starken  lhblosen  Körpern  bbwirkten  pormveränd.   19 


von  scbaaligen  Absonderungen  zu  erkennen.  Ganze  Felsen-,  ja 
ganze  Gebirgsmassen ,  welche  ursprünglich  aus  Karstenit  bestanden-,  werden 
allmählig  mehr  und  weniger  in  Gyps  umgewandelt,  der  dann  zerrissen,  zer- 
klüftet, oft  ganz  zerrüttet  erscheint,  zuweilen  aber  auch  regelmässige™  Ab- 
sonderungen erhält,  die  sieb  bald  als  Schaalen  darstellen,  welche  einzelne» 
Kerne  von  Karstenit  umschliessen ,  bald  dem  Ganzen  das  Angeben  einer  ge- 
schichteten Masse  geben.  Was  die  zugleich  erfolgend«  Veränderung  der 
gegenseitigen  Lage  der  kleinsten  Theile  betrifft,  «&  zeigt  sich  diese  entweder 
darin ,  dass  die  blätterige ;  strahlige ,  schuppige  Textur  des  Karstenites  veiu 
schwindet,  indem  ein  splitteriger,  oder  unebener  Bruch  an  die  Stelle  tritt, 
der  wohl  bis  in  das  völlig  Brdige  übergeht,  oder  in  der  Entstehung  einer 
krystallinischen  Masse,  ja  selbst  vollständiger  Krystalle  von  Gyps,  aus  einer 
krystallinischen  oder  dichten  Karstenhmasse.  Zuweilen  geht  aus  der  Meta- 
morphose Gypsspath  in  blätterigen  Massen  von  bedeutendem  Umfange  hervor. 
Wird  späthiger  Karstenit  in  einen  weniger  krystallinischen  Gyps  umgewandelt, 
so  erhalten  sich  in  diesem  zuweilen  die  rechtwinkeligen  Absonderungen,  welche 
in  jenem  den  Blätterdurchgängen  entsprachen. 

Am  Entschiedensten  habe  ich  rriieh  von  der7  Umwandlung  des  Krirstenites 
in  Gyps  und  von  der  dabei  vorgehenden  Bewegung  der  kleinsten  Theile  im 
starren  Zustande,  durch  einen  Versuch  überzeugen  können,  indem  ich  fein 
pulverisirten  Kaifctenit  unter  einer  Glasglocke  mit  feuchter  Luft  in  Berührung 
brachte.  Nach  einem  Jahre  hatte  das  Karstenitpulver  10,07  Procent  Wasser 
aufgenommen,  und  die  ursprünglich  völlig  lockere  Hassö  War  so  zusammen- 
gebacken, dass  sie  sich  im  Zusammenhange  bewegen  Hess.  Unter  der  Lonpe 
betrachtet,  zeigte  sie  sich  mit  unzähligen  kleinen  Gypskrystallen  bekleidet *}. 

Hai  ding  er  beobachtete  das  Vorkommen  von  Gypskrystallen  fo  Rissen 
des  aus  Karstenit  entstandenen  Gypses  von  Ausee  in  Steyermark  2).  Wenn 
man  frei  liegende  Flächen  des  Karstenites,  die  mit  der  Atmosphäre  lange  in 
Berührung  waren,  oder  auch  Kluftflächen  desselben  genau  untersucht,  so  findet 
man  gewöhnlich,  dass  sie  dich  sandig  anfühlen  lassen,  und  betrachtet  man  sie 


1)  Bemerkungen  über  Gyps  und  Karstenit.    A.  a.  0.  S.  91. 

2)  A.  a.  0.  S.  178. 

C2 


20  I  JÖtt  FB4EDR.  LUDW.  HAUSMANN,  /     M  !         i  » 

unter  der  Loupe,  so  erkennt  man,  dass  sie  mit  unendlich  vielen  Gypskrystallen! 
von  der  Form,  welche  Hauy  Chaux  sulfatöe  traplzienne  genannt  bat,  be- 
kleidet sind1),  welche  Erscheinung  auch  bereits  von  Dufränoy  bemerkt 
worden  2).  Bei  diesem  Vorkommen  kann  es  indessen  zweifelhaft  seyn ,  ob 
die  Gypskrystalle  dadurch  gebildet  wurden,  dass  der  Karstenit  Feuchtigkeit 
aus  der  Atmosphäre  aufnahm,  öder  ob  sie  sich  aus  einer  Auflösung  von 
schwefelsaurer  Kalkerde  in  tropfbar  flüssigem  Wasser,  welches  mit  dem 
Karstenite  in  Berührung  kam,  ausgeschieden  haben.  Die  letztere  Art  der 
Entstehung  ist  unstreitig  bei  einem  grossen  Theile  der  Gypskrystalle  anzu- 
nehmen ,  welche  sich  nicht  selten  auf  Klüften  und  in  Höhlungen  der  aus  Kar- 
stenit entstandenen  Gypsmassen  von  verschiedenster  Grösse  zeigen. 

§.     24. 

Rosten  des  Eisens. 

Von  allen  Verbindungen  die  das  Eisen  eingehet,  kommt  keine  in  der 
Natur  so  häufig  vor,  und  entsteht  auf  so  mannichfaltige  Weise,  als  die,  in 
welcher  das  Eisenoxyd  mit  Wasser  vereinigt  ist;  und  bei  manchen  Arten  der 
Entstehung  des  Eisenoxydhydrates  zeigen  sich  Molekularbewegungen  ohne 
Aufhebung  des  starren  Aggregatzustandes,  Das  Eisenoxydhydrat  ist  von 
ausserordentlicher  Wirksamkeit  in  der  Natur;  und  einen  nicht  unbedeutenden 
Antheil  an  derselben  bat  gerade  die  durch  seine  Bildung  veranlasste  Bewegung 
der  kleinsten  Theile,  welche  sich  oft  in  einer  Volumenvergrösserung  zu  er- 
kennen giebt,  wodurch  andere  Körper,  die  mit  dem  entstehenden  Eisenoxyd- 
hydrate in  Berührung  kommen,  bald  auseinander  getrieben,  bald  in  feste  Ver- 
bindung gebracht  werden.  Die  Bildung  des  Eisenoxydhydrates  gehört  zu  den 
Vorgängen,  welche  vorzüglich  zur  Zerstörung  der  festen  Felsenmassen  und 
eben  dadurch  zur  Bildung  des  lockeren  Bodens  beitragen;  aber  eben  sowohl 
gehört  das  Eisenoxydhydrat  zu  den  allgemeinsten  Cämenten,  deren  sich  die 
Natur  zur  festen  Verkittung  lockerer  Massen  bedient  Hier  ist  zunächst  nur 
von  der  Bildung  des  Eisenoxydhydrates  durch  das  Rosten  des  metallischen 
Eisens  die  Rede;   von   den  Entstehungsarten  desselben  durch  Zersetzung  des 

1)  Bemerkungen  über  Gyps  und  Karstenit.     A.  a.  0.  S.  90. 

2)  Traitä  de  Mineralogie.  IL  p.  285. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formvbränd.  21 

Scbwefeleisens,  des  kohlensauren  Eisenoxyduls,  mancher  Silicate  u.s.w.  wird 
erst  bei  späterer  Gelegenheit  gehandelt  werden.  Und  jene  Art  der  Erzeu- 
gung des  Eisenoxydhydrates  gehört  auch  nur  zum  Theil  zu  den  Gegenständen 
dieser  Betrachtungen. 

Indem  das  Eisen  rostet,  geht  das  eigentümliche  Gefüge  desselben  gäns- 
lich verloren.  Nur  von  der  Straotur  des  sehnigen  Stabeisens  erbalten  sich 
zuweilen  Andeutungen  in  derselben  entsprechenden  dünnstängHchen  Absonde- 
rungen der  in  Rost  umgewandelten  Hasse.  Diese  erscheint  am  Häufigsten 
als  ein  ochriger  Körper,  von  mehr  und  weniger  lockerer  Beschaffenheit!  mit 
einem  erdigen,  matten  Bruch;  zuweilen  vereinigen  sich  aber  auoh  die  Tbeile 
mehr  zu  einer  dichten  Masse  von  festerem  Zusammenhalt,  mit  unebenem  oder 
muscheligem  Bruche  9  der  wohl  einigen  Schimmer  oder  Glanz  besitzt.  Schreitet 
die  Umwandlung  von  Aussen  nach  Innen  gleichmässig  fort,  so  behalten  die 
Stücke  mehr  nnd  weniger  die  ursprüngliche  äussere  Gestalt  Dabei  giebt  sich 
aber  die  Volumenvergrösserung  auf  verschiedene  Weise  zu  erkennen.  Sie 
zeigt  sich  in  dem  mehr  und  weniger  starken  Anschwellen  der  rostenden 
Eisenmasse.  Im  Zusammenhange  damit  stehet  die  gewöhnliche  Bildung  von 
scbaaligen,  der  Oberfläche  entsprechenden  Absonderungen.  Ausserdem  berstet 
durch  die  Ausdehnung  der  Hasse  dieselbe  zuweilen  mehr  nnd  weniger  auf, 
wie  man  solches  z.  B.  an  gusseisernen  Kanonenkugeln  sieht,  die  durch  langes 
Liegen  im  feuchten  Boden  in  Eisenoxydhydrat  umgewandelt  worden.  Auf 
eine  besonders  auffallende  Weise  offenbart  sich  zuweilen  die  mit  der  Bildung 
des  Eisenoxydhydrates  verbundene  Bewegung  der  kleinsten  Tbeile  nach  Aussen, 
bei  dem  Rosten  von  eisernen  Klammern  oder  Zapfen ,  welche  in  Quadersteine 
oder  andere  Werkstücke  eingelassen  sind,  die  dadurch  zuweilen  zersprengt 
werden.  Die  Differenz  zwischen  dem  specifischen  Gewichte  des  Eisens  und 
des  Eisenoxydbydrates  ist  bedeutend,  aber  etwas  verschieden,  sowohl  nach 
dem  abweichenden  eigentümlichen  Gewichte  des  Eisens,  als  auch  nach  den 
verschiedenen  Modificationen  des  Eisenoxydhydrates,  indem  durch  das  Rosten 
nicht  allein  verschiedene  Verbindungen  von  Eisenoxyd  und  Wasser  entstehen, 
sondern  auch  der  Aggregatzustand  des  Rostes  ein  bald  dichterer  bald  lockerer 
ist.  Man  kann  annehmen,  dass  die  Differenzen  der  eigentümlichen  Gewichte 
etwa  zwischen  3  und  5  schwanken. 


Nicht  alle  Erscheinungen,  welche  das  Rosten  des  Eisens  begleiten ,  $ind 
von  Molekularbewegungen  abzuleiten,  die  ohne  Aufhebung  des  starren  Ag- 
gregatzustandes vorgehen.  Das  aus  dem  Eisen  entstandene  Eisenoxyd hydrat 
zeigt  nicht  immer  die  Form,  welche  das  erstere  besass.  An  Stäben  von  ge- 
schmeidigem Eisen,  wie  an  Kugeln  und  anderen  Gussstücken,  bilden  sich 
hin  und  wieder  Auswüchse,  und  oft  erfolgt  die  Volumenvergrösserung  so  un- 
gleich, dass  die  ursprüngliche  Gestalt  ganz  zerstört  wird.  Besonders  auffal- 
lend sind  die  knollenförmigen  Ansätze  von  Eisenoxydhydrat  im  Innern  eiserner 
Wasserröhren,  wodurch  diese  oft  ganz  verstopft  werden.  Überhaupt  wird 
nicht  selten  das  Eisenoxydhydrat  in  bald  geringerer  bald  grösserer  Entfernung 
von  seinem  Ursprünge  gefunden.  Diese  Erscheinungen  werden  gewöhnlich 
durch  kohlensäurehaltiges  Wasser  herbeigeführt,  welches,  eben  so  wie  die 
Kohlensäure  der  Luft,  bei  dem  Rosten  des  Eisens  sich  besonders  thätig  zeigt. 
Es  bildet  sich  kohlensaures  Eisenoxydul,  von  welchem  oft  noch  ein  Theil 
mit  dem  Eisenoxyd hydrate  gemengt  gefunden  wird  L).  Kohlensäurehaltiges 
Wasser  löst  dasselbe  auf,  aus  welchem  es  sich  dann,  nachdem  es  in  Eisen- 
oxydhydrat umgeändert  worden,  bald  näher,  bald  entfernter  absetzt.  Die 
Fortführung  des  kohlensauren  Eisenoxyduls  wird  besonders  auffallend  bei 
grauem,  graphithaltigem  Roheisen  wahrgenommen,  welches  eine  lange  Zeit 
unter  Wasser  oder  im  feuchten  Roden  gelegen  hatte,  wodurch  dasselbe  mehr 
und  weniger  in  eine  zum  grossen  Theil  aus  Graphit  bestehende,  weiche, 
lockere  Masse  umgewandelt  worden,  welche  von  Eisenoxydhydrat  umgeben 
zu  seyn  pflegt.  Es  hat  auf  solche  Weise  gewissermaassen  eine  Auslaugung 
des  im  Roheisen  gebildeten  kohlensauren  Eisenoxyduls  durch  kohlensäurehaltiges 
Wasser  statt  gefunden  2).     Diese  Umänderung  zeigt  sich  sehr  ausgezeichnet 


1)  Der  Rost  ist  nach  Berzelius  ein  Gemenge  von  kohlensaurem  Eisenoxydul 
und  Eisenoxydhydrat  (Lehrbuch  der  Chemie,  5te  Aufl.  IL  697);  nach  Karsten 
eine  Verbindung  von  Eisenoxydhydrat  und  basischem  kohlensauren  Eisenoxyd 
(Eisenhüttenkunde,   3te  Ausg.  1.  366). 

2)  Über  die  Umänderung  gusseiserner  Kanonen  aus  einem  in  der  Gegend  von 
Carlscrona  seit  50  Jahren  versunkenen  Schiffe,  vergl.  Berzelius  a.  a.  0.  IL 
S.  736.  Bei  mehreren  anderen  Gelegenheiten  sind  ähnliche  Beobachtungen  über 
die  Umänderung  von  Roheisen ,  welches  eine  lange  Zeit  im  Meerwasser  gelegen 


ÜBER  DIE  IN  STARREM  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.    23 

an  in  meinem  Besitze  befindlichen  Kanonenkugeln,  welbhe  von  der  Belagerung 
der  Stadt  Göttingen  durch  Till y  im  dreißigjährigen  Kriege  herrühren,  und 
vor  einer  Reihe  von  Jahren  im  Grunde  des  ehemaligen  Stadtgrabens,  nach 
dessen  Trockenlegung  und  Verwendung1  für  den  botanisfchen  Garten,  gefunden 
wurden.  Wie  sehr  durch  Wasser  welches  viele  Kohlensäure  enthält,  die 
Bildung  des  Rostes  beschleunigt  wird,  sieht  nun  an  der  schnellen  Zerstörung 
eiserner  Röhren,  durch  welche  ein  solche»  Wasser  sich  bewegt  Ich  hatte 
L  J.  184?  Gelegenheit  mich  davon  an  untauglich  gewordenen  eisernen  Röhren 
aus  dem  tiefe»  Bohrloche  des  Gesundbrunnens  Oeynhausen  bei  Neusfttawerk 
•«weit  Rehme  in  WeWphalen  zu  überzeuge».  ,:>..  ;i 


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§.    25. 

.  .  VitriQle^qiren  der  Kiese. 

Schwefel-  und  Wasserkies  erleiden  bekanntlich  auf  verschiedene  \Veise 
Zersetzungen  x).  Die  gewöhnlichsten  Arten  derselben  sind :  die  Umwandlung 
in  Eisenoxydhydrat  und  die  Bildung  von  schwefelsaurem  Eisenoxydul  öder 
Eisenvitriol,  Ausserdem  gehen  auch  verschiedene  schwefelsaure  Eisenoxyd- 
salze aus  der  Zersetzung  von  Schwefel-  und  Wasserkies  hervor2).  Bei  der 
Umwandlung  in  Eisenoxydhydrat  entweicht .  der  Schwefel  und  das  Eisen  ver- 
bindet sich  dafür  mit  Sauerstoff  und  Wasser.  Es  findet  mithin  ein  Austausch 
von  Bestandteilen  statt;  daher  von  den  dabei  vorgehenden  Formveränderungen 
erst  Später  gehandelt  werden  wird.    Bei  dem'  Vitriotesciren  wird  dagegen  nur 

etwas  aufgenommen,    indem   das  Schwefeleisen  Sauerstoff  und  Wässer  sich 

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aneignet  Da  aber  peS  +  7H  aus  Fe,S2  heryorgehet ,  so  verbindet  sich 
nur  ein  Theil  der  sich  bildenden  Schwefelsäure  mit  dem  Eisenoxydul,  wo- 
gegen der  andere  als  freie  Schwefelsäure  sich  ausscheidet  Von  der  Ent- 
stehung der  letzteren  kann  man  sieh  leicht  überzeugen ,  wenn  das  Vitriolesciren 


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hatte,  gemacht  worden,  u:  a.  an  Kanonenkugeln  von  Schiffen,  welche  i.  J.  1692 
>< '       bei  Cap  de  la  Hogue  Versenkt  worden   (Dingte r's   Polytechnisches  Journal. 
1 LXM.  464);  tu  Kanonen,  Welche  i.  J.  1782  mit  dem  Royal  George  untersanken 
(Polyt.  JoornvLX.  471).  "  nr,« 

•    1)  Verfgl.  mein  Handbuch  -der1  Mineralogie.  2te  Ausg.  III  S.  13GL  i    .- 
2)  VergL  u.  a.  Scheerer,  in  PoggendorffV  Annatonv  XLHL  188. 


24  JOH.  FRIEDR.  LDDW.  HAUSMANN,  ..i<;j 

von  Kiesen  in  einer  Mineraliensammlung  erfolgt ,  wo  durch  die  entstehende 
Schwefelsäure  Holz  verkohlt,  Pappkasten  und  Etiqnetten  zerfressen  werden« 
Bewahrt  man  die  Stücke  in  gläsernen  Behältern  auf,  so  sammelt  sich  in  diesen 
die  aus  der  feuchten  Luft  Wasser  anziehende  Schwefelsäure  in  tropfbar  flüs- 
siger Gestalt  an  l).  Erfolgt  das  Vitriolesciren  der  Kiese  auf  ihren  natürlichen 
Lagerstätten,  so  giebt  sich  die  Bildung  der  Schwefelsäure  theils  durch  die  Angriffe, 
die  sie  auf  Körper  äussert ,  welche  diesen  nicht  zu  widerstehen  vermögen, 
theils  durch  die  neuen  Verbindungen  welche  sie  eingehet,  zu  erkennen.  Am 
Häufigsten  giebt  das  Vitriolesciren  der  Kiese  zur  Bildung  von  Gyps  Veran- 
lassung; nicht  selten  ist  aber  auch  die  Entstehung  von  Bittersalz,  Alaun,  oder 
eines  anderen  schwefelsauren  Salzes,  Folge  davon.  Bei  jenem  Zersetzungs- 
processe  ist  nur  die  Erzeugung  des  Eisenvitriols  von  Molekularbewegungen 
begleitet,  welche  ohne  Aufhebung  des  rigiden  Aggregatzustandes  Formverän- 
derungen  bewirken;    denn  die  mit  Wasser   sich  verbindende  Schwefelsäure 

1)  Die  gleichzeitig  mit  der  Entstehung  des  Eisenvitriols  erfolgende  Bildung  von 
freier  Schwefelsäure,  scheint  von  Berzelius  ganz  übersehen  worden  zu  seyn. 
Hätte  er  sie  beachtet,  so  würde  er  schwerlich  die  Zersetzung  des  Wasserkieses 
von  einem  Gehalte  desselben  an  Einfach -Schwefeleisen  abgeleitet  haben.  Seine 
Ansicht  war,  dass  dieses  durch  die  Berührung  mit  dem  elektronegativeren  Zweifach« 
Schwefeleisen,  zum  Verwittern  galvanisch  disponirt  werde.  (Arsberätteteer. 
1821.  97.  Annale?  de  chim.  et  de  phys.  T,  XIX.  440.  Lehrbuch  der  Chemie. 
5te  Aufl.  II.  725}.  Wenn  ich  nun  gleich  dieser  Meinung  nicht  beipflichten  kann, 
so  machen  doch  die  angegebenen  Verhältnisse,  unter  welchen  das  Vitriolesciren 
erfolgt,  auch  mir  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  eine  galvanische  Action  dabei 
im  Spiele  ist.  Berzelius  führte  für  seine  Ansicht  die  unten  weiter  zu  be- 
rührende Erscheinung  an,  dass  in  der  von  dem  Vitriolesciren  des  Kieses  übrig 
bleibenden,  zerfallenen,  aus  FeS*  bestehenden  Masse,  die  Vitriolbildung  aufhört 
Aber  die  von  ihm  in  dem  Kiese  angenommene  Beimengung  von  FeS,  wurde 
nicht  durch  Versuche  nachgewiesen.  Neuerlich  hat  nun  die  von  dem  Professor 
Dr.  A.  Vogel  tu  München,  mit  einem  vitriolescirendeu  Wasserkiese  aus  dem 
Oxford-Thon  bei  Hannover  vorgenommene  Untersuchung  gezeigt,  dass  keine 
Beimengung  von  FeS  in  demselben  sich  findet,  wodurch  zugleich  die  in  meiner 
Mineralogie  über  jenen  Zersctzungsprocess  geäusserte  Meinung,  bestätigt  wor- 
den (Sitzungsbericht  der  k.  Bayerischen  Akademie  d.  W.  vom  21.  Juni  1855. 
Daraus  im  N.  Jahrbuch  für  Mineralogie  u.  s.  w,  1855.  S.  676). 


Ober  die  in  starrer  leblosen  Körpern  bewirkten  formveränd.  25 

gehet  in  den  tropfbar  flüssigen  Zustand  über,  nnd  entfernt  sich  in  diesem  oft 
bald  mehr  bald  weniger  von  dem  Orte  ihrer  Entstehung.  Wenn  gleich  zu» 
weilen  die  von  ihr  veranlasste  Bildung  eines  im  rigiden  Aggregatzustande 
erscheinenden  Salzes  in  unmittelbarer  Nähe  des  vitriolescirenden  Kieses  erfolgt, 
so  wird  man  doch  annehmen  müssen,  dass  sie  sich,  wenn  auch  nur  für  kurze 
Zeit,  in  einem  tropfbar  flüssigen  Zustande  befand,  in  welchem  sie  sich  mit 
dieser  oder  jener  Base  zu  einem  starren,  gewöhnlich  kristallinischen  Körper 
vereinigte. 

Für  das  Vitriolesciren  der  Kiese  ist  feuchte  Luft  nothwendige  Bedingung. 
So  lange  Schwefel-  und  Wasserkies  in  einer  Umgebung  sich  befinden,  welche 
den  Zutritt  der  feuchten  Luft  abhält,  können  sie  sich  unzersetzt  erhalten. 
Werden  sie  aber  mit  feuchter  Luft  in  Berührung  gebracht,  so  beginnt  das 
Vitriolesciren  oft  sehr  bald,  wie  man  solches  an  Kiesen  beobachten  kann, 
welche  aus  einem  Thonlager  zu  Tage  gefördert  werden.  Je  feuchter  die 
Luft  ist,  um  so  rascher  gehet  die  Zersetzung  von  Statten;  wovon  qmn  sich  an 
den  in  Mineraliensammlungen  aufbewahrten  Kiesen  leicht  überzeugen  kann. 
Das  Vitriolesciren  wird  aber  auch  besonders  dadurch  befördert,  dass  Abson- 
derungen und  Risse  das  Eindringen  der  feuchten  Luft  in  das  Innere  der  Kiese 
gestatten.  Aus  diesem  Grunde  sind  die  strahligen  Abänderungen  dem  Vitrio- 
lesciren mehr  ausgesetzt  als  die  dichten;  darum  widerstehen  Krystallindividuen 
jener  Zersetzung  länger  als  krystallinisch- abgesonderte  Massen;  darum  vitrio- 
lescirt  der  Wasserkies  weit  häufiger  als  der  Schwefelkies1).  Ganz  anders 
verhalt  es  sich  mit  der  Umwandlung  der  Kiese  in  Eisenoxydhydrat.  Diese 
kommt  bei  dem  Schwefelkiese  am  Häufigsten  vor,  und  zeigt  sich  an  Krystall- 
individuen eben  so  wohl  als  an  derben  Massen.  Die  Bildung  des  Eisenoxyd- 
hydrates beginnt  in  der  Regel  an  der  Oberfläche,  und  schreitet  allmälig  von 
Aussen  nach  Innen  fort;    wogegen  das  Vitriolesciren   gewöhnlich  von  den 


1)  Vergl.  meine  Abhandlung  de  Pyrite  gilvo,  hepatico  ac  radiato  auctor.  in  Com- 
meat.  Societ.  Reg.  scient.  Gotting.  recent.  III.  31.  In  dem  Hangel  von  Abson- 
derungen liegt  der  Grund,  wie  schon  hier  von  mir  gezeigt  worden,  dass 
Krystalle  von  Schwefel-  und  Wasserkies  weniger  vitriolesciren,  als  derbe 
Kiesmassen,  und  nicht,  wie  Berzelius  meinte,  in  dem  Hangel  von  beige- 
mengtem Einfach  -  Schwefeleisen. 
Phy$.  Clane.  VII  D 


26  JOH.  FRIEDE.  LDDW.  HAUSMANN, 

Absonderungen  und  Rissen  ausgehet  Der  im  Innern  entstehende  Vitriol, 
der  einen  sehr  viel  grösseren  Raum  in  Anspruch  nimmt,  als  die  Absonde- 
rungen und  Risse  ihm  darbieten,  tritt  aus  denselben  hervor;  und  je  weiter 
seine  Bildung  fortschreitet,  um  so  mehr  wird  das  früher  Entstandene  von 
dem  später  Gebildeten  hinausgedrängt.  Auf  solche  Weise  entstehen  Efflores- 
cenzen,  die  sich  in  gekrümmten  und  gewundenen  Gestalten,  mit  krystallinisch- 
stänglicher  oder  fasriger  Absonderung,  selten  in  individualisirten  Krystallen, 
über  die  Oberfläche  erheben.  Bei  längerer  Dauer  des  Vitriolescirens  reicht 
dieses  Hinausdrängen  des  früher  Gebildeten  nicht  hin,  dem  Nacherzeugten  den 
nöthigen  Raum  su  gewähren;  es  macht  sich  nun  auch  ein  im  Innern  wirkender 
Druck  gegen  die  beschränkenden  Flächen  bemerklich.  Absonderungen  und 
Risse  öffnen  sich,  und  allmählig  werden  die  zuvor  fest  verbundenen  Theile 
so  weit  auseinander  getrieben,  dass  der  Zusammenhang  aufgehoben  er- 
scheint Die  Zerstörung  endet  mit  einem  gänzlichen  Zerfallen  der  Hasse. 
Solche  lockere,  zerreibliche  Reste  von  Schwefel-  oder  Wasserkies  trifft 
man  zuweilen  in  Thonlagern  von  Gypskrystallen  umgeben  an,  welche  die 
Art  ihrer  Entstehung  andeuten.  Die  Eisenvitriol  -  Bildung  schreitet  an  dem 
völlig  zerfallenen  Kiese  nicht  weiter  fort,  wiewohl  zuweilen  noch  basi- 
sches schwefelsaures  Eisenoxyd  daraus  hervorgehet.  Das  Aufhören  des  frü- 
heren Zersetzungs-Processes  lässt  es  um  so  mehr  erkennen,  dass  durch 
Absonderungsräume  und  Risse  in  einer  übrigens  zusammenhängenden  Kies- 
masse, in  welche  feuchte  Luft  einzudringen  vermag,  das  Vitriolesciren  beson- 
ders begünstigt  wird. 

Die  durch  das  Vitriolesciren  hervorgerufenen  Molekularbewegungen  kom- 
men durch  die  Bildung  des  Eisenvitriols  gewöhnlich  nur  auf  kurze  Zeit  zu 
Ruhe;  denn  durch  höhere  Oxydation  des  Eisens  entsteht  aus  dem  schwefel- 
sauren Eisenoxydul  bald  früher  bald  später,  basisches  schwefelsaures  Eisen- 
oxyd, namentlich  Misy,  welches  entweder  ein  Aggregat  kleiner  Krystalle, 
oder  eine  mehlige  Hasse  darstellt,  und  dessen  Bildung  ebenfalls  ohne  Auf- 
hebung des  rigiden  Zustandes  erfolgt.  Auch  ohne  vorhergegangene  Umwand- 
lung in  Eisenvitriol  gehet  dieses  Salz  zuweilen  aus  der  Zersetzung  des 
Schwefel-  und  Wasserkieses  hervor  x). 

1)  Vergl.  mein  Handbach  der  Mineralogie.   2te  Ausg.  II.  1204. 


OBER  DIB  IN  STARREN  LBBL09BN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.    27 

'  §.    26. 

Umwandlung  van  Blei  in  Bleiweiss. 

Die  Verbindungen  welche  entstehen,  wenn  Metalle  ausser  dem  Sauer- 
stoffe auch  Kohlensäure  sich  aneignen,  sind  in  manchen  Fällen  von  Form  Ver- 
änderungen begleitet,  die  durch  Molekularbewegungen  bewirkt  werden,  welche 
ohne  Aufhebung  des  starren  Aggregatzustandes  erfolgen.  Bei  jenen  Verbin- 
dungen: sind  oft  Luft  und  Wasser  gemeinschaftlich  thätig,  und  das  letztere 
gebet  selbst  wohl  mit  in  die  neue  Substanz  über.  Zu  den  ausgezeichnetsten 
Beispielen  solcher  Vorgänge  gehören  die  Bildung  von  Bleiweiss,  und  die 
Entstehung  von  Malachit  (Kupfergrün)  und  Kupferlasur. 

Das  Bleiweiss ,  welches  eine  Verbindung  von  kohlensaurem  Bleioxyd  mit 
Bleioxydhydrat  in  verschiedenem  Verhältnisse  ist,  bildet  sich  langsam  durch 
Einwirkung  der  Atmosphäre  auf  metallisches  Blei,  wie  man  solches  an  den 
mit  Bleiplatten  gedeckten  Dächern  sieht,  die  sich  allmählig  mit  einem  weissen, 
in  Bleiweiss  bestehenden  Überzüge  bekleiden  l).  Es  entsteht  zuerst  eine 
dünne  Haut  von  Bleisuboxyd,  welches  dem  Bleie  anfangs  eine  graublaue, 
später  eine  schwärzliche  Farbe  ertheilt,  und  allmählig  in  eine  Verbindung  von 
Bleioxydhydrat  und  kohlensaurem  Bleioxyd  sich  umwandelt.  Ist  das  Blei  eine 
lange  Zeit  mit  der  Atmosphäre  oder  mit  dem  feuchten  Boden  in  Berührung, 
so  bekommt  die  aus  Bleiweiss  bestehende  Decke  eine  messbare  Stärke.  Sie 
nimmt  einen  grösseren  Raum  ein,  als  das  Blei  einnahm,  und  aus  demselben 
wird  eine  lockere  Masse,  in  welcher  der  hakige  Bruch  des  Metalles  in  einen 
erdigen  umgewandelt  erscheint.  Ich  besitze  antike  Ziegelsteine  von  Athen, 
mit  kegelförmigen,  aus  den  Steinen  hervorragenden,  bleiernen  Zapfen,  die 
vermutlich  zur  Befestigung  irgend  eines  architektonischen  Gegenstandes  dien- 
ten, woran  das  Metall  von  einer  starken  Rinde  von  Bleiweiss  aberzogen  ist, 
dessen  unebene  Fläche  hin  und  wieder  schwammförmige  Erhöhungen  hat. 
Unmittelbar  unter  der  weissen,  matten  Kruste,  in  welcher  durch  Versuche 
kohlensaures  Bleioxyd  und  Bleioxydhydrat  nachgewiesen  wurden ,  hat  das  Blei 
einen  schwärzlichen  Oberzug  von  Bleisuboxyd.     An  einigen  Stücken  sind  nur 


,;  i« 


I )  Vergl.  meine  Kleinigkeiten  in  bunter  Reihe.  I.  S.  262. 

D2 


28  JQH,  FKIEDIt  LDDW,  BAÜ9MARH, 

noch  die  mit  einem  Überzuge  von  Bleiweiss  ausgekleideten  konischen  Löcher 
erhalten,  in  welchen  die  Zapfen  sich  befanden  *)• 

Bei  der  künstlichen  Bereitung  des  Bleiweisses  nach  dem  alteren  Ver- 
fahren, bei  welchem  man  Bleiplatten  in  bedeckten  Gefässen  der  Einwirkung 
von  Essigdämpfen ,  Luft  und  Kohlensaure  aussetzt ,  gehet  die  Umwandlung  des 
Bleies  in  Bleiweiss  rasch  von  Statten.  Da  solche  von  Aussen  nach  Innen 
fortschreitet^  so  erbalt  sich  zwar  im  Ganzen  die  Form  der  gewöhnlich  auf- 
gerollten Bleiplatten;  indem  aber  das  sich  bildende  Bleiweiss  aufschwillt,  ent- 
stehen zugleich  in  seiner  erdigen  Masse  schaalige  Absonderungen.  Eine  von 
Marchand  und  Hochstetter  mit  mehreren  durch  verschiedene  Verfah- 
rungsarten  dargestellten  Sorten  von  Bleiweiss  vorgenommene  mikroskopische 
Untersuchung  hat  ergeben ,  dass  die  Masse  aus  höchst  kleinen  kugel-  oder 
eiförmigen  Körnern  besteht,  wodurch  die  Meinung,  dass  das  gefällte  Bleiweiss 
sich  von  dem  mit  Essigdämpfen  aus  Bleiplatten  dargestellten  durch  einen  kri- 
stallinischen Aggregatzustand  unterscheide ,  widerlegt  worden 2).  Bei  der 
Bildung  des  Bleiweisses  aus  Bleiplatten  findet  daher  nicht  bloss  eine  Bewe- 
gung der  kleinsten  Theile  nach  Aussen,  sondern  zugleich  eine  centrale  Grup- 
pirung  derselben  Statt. 

§.     27. 
Umwandlung  von  Kupferroth  tu  Malachit  und  Kupferlasur. 

Die  Bildung  von  Malachit  und  Kupferlasur  zeigt  manche  Anaiogieen  mit 
der  Entstehung  des  Eisenoxydhydrates ;  denn  gleich  diesem  entspringen  jene 
wasserhaltigen  kohlensauren  Verbindungen  auf  gar  mannichfaltige  Weise,  in* 
dem  sie  aus  sehr  verschiedenartigen,  einfacheren  und  zusammengesetzteren 
Körpern,   und  bald  nur  durch  Aufnahme,   bald  durch  einen  Austausch  von 

1)  Ich  verdanke  diese  merkwürdigen  Reste  aus  dem  Griechischen  Allerthume,  Ober 
welche  icb  mir  eine  weitere  Hittheilung  für  eine  andere  Gelegenheit  vorbehalte, 
meiner  lieben  Schwester,  Caroline  Brandis  in  Bonn,  die  während  eines 
längeren  Aufenthaltes  in  Griechenland,  sich  meiner  Sammlungen  und  Studien 
eifrigst  angenommen  hat. 

2)  Hochstetter,  über  Bleiweissbildung ,  im  Journ.  f.  praktische  Chemie.  XXVI. 
338  ff. 


Ober  die  in  starmjw  ubloben  Körpern  bewirkten  formvkränd.   29 

Bestandteilen  entstehen«  Hier  wird  nnr  von  der  ersteren  Art  der  Bildung 
gehandelt,  in  so  fern  sie  ohne  Aufbebung  der  Rigidität  erfolgt;  denn  weh 
darin  findet  eine  Analogie  mit  der  Entstehung  des  Eisenoxydbydrates  Statt, 
dass  Malachit  und  Kupferlasur  oft  aus  einer  tropfbaren  Flüssigkeit  hervorgehen. 

Obgleich  Malachit  sehr  häufig  in  Begleitung,  yon  Kupfer  und  Kupfer- 
legierungen vorkommt,  so  scheint  dasselbe  doch  eben  so  wenig  als  Kupfer- 
lasur,  unmittelbar  aus  dem  Kupfer  durch  gemeinschaftliche  Einwirkung  von 
Sauerstoff,  Kohlensäure  und  Wasser  sich  zu  bilden,  sondern,  wie  schon  bei 
einer  früheren  Gelegenheit  (§.  16)  bemerkt  worden,  zunächst  aus  Kupfer- 
oxydul, durch  höhere  Oxydation  desselben,  und  Aufnahme  von  Kohlensäure 
und  Wasser  su  entstehen;  in  welcher  Hinsicht  die  Erzeugung  des  wasser- 
haltigen kohlensauren  Kupferoxydes  Analogie  mit  der  oben  angegebenen  Ent- 
stehung des  wasserhaltigen  kohlensauren  Bleioxydes  aus  Blei,  durch  Ver- 
mittelung  des  Bleisuboxydes,  hak  Beachtet  man  genau  die  Bekleidung  von 
Kupfergrün  an  alten  Kunstsachen  aus  Kupfer  und  Kupferlegierungen,  so  kann 
man  oft  unter  der  durch  dasselbe  gebildeten  Decke,  einen  zarten  Überzug  von 
Kupferoxydul  wahrnehmen1).  Ganz  damit  im  Einklänge  ist  das  Vorkommen 
in  der  Natur.  Sehr  häufig  findet  sich  Malachit  in  der  Umgebung  von  Kupfer- 
roth, welches  nicht  selten  gediegenes  Kupfer  einschliesst,  so  dass  man  wohl 
berechtigt  ist  anzunehmen,  dass  aus  dem  Kupfer  zuerst  Kupferroth  hervor- 
gieng,  und  dass  dieses  später  in  Malachit  umgewandelt  wurde2). 

Wo  man  an  Kunstproducten  aus  Kupfer  oder  Kupferlegierungen,  welche 
eine  längere  Zeit  mit  der  Atmosphäre  in  Berührung  waren,  oder  im  feuchten 
Boden  sich  befanden,  die  Bildung  von  kohlensaurem  Kupfer  wahrnimmt,  sieht 
man  Malachit  und  Kupferlasur  nicht  selten  neben  einander,  und  selbst  zuweilen 
mit  einander  vermengt  3).     Jener  erscheint  bei  Weitem  am  Gewöhnlichsten 


1)  Zu  wiederholten,  genauen  Beobachtungen  darüber  hat  mir  besonders  die  höchst 
ausgezeichnete,  von  dem  Herrn  Mqjor  Maler  in  Italien  erworbene  Sammlung 
antiker  Waffen  und  anderer  Kunstsachen  •  aus  Kupfer  und  Bronze  Gelegenheit  dar- 
geboten, als  dieselbe  noeh  in  dem  Besitze  meines  verehrten  Freundes  zu  Baden  war. 

2)  Vergl.  mein  Handbuch  der  Mineralogie.  2te  Ausg.  H.  S.  1385. 

3)  Es  braucht  hier  wohl  kaum,  erwähnt  zu  werden ,  dass  wenn  aus  unreinem 
Kupfer  oder  Kupferlegierungen  Malachit  und  Kupferiasur  .hervorgehen,  zugleich 


30  JÖH.  FMEDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

erdig  oder  dicht,  selten  mit  einer  Anlage  zur  krystallinischen  Bildung,  nament- 
lich fasrig;  die  Kupferlasur  ist  ebenfalls  am  Häufigsten  erdig,  findet  sich  in- 
dessen zuweilen  auch  in  deutlichen,  wenn  gleich  kleinen  Krystallen.  Im 
Ganzen  kommt  unter  solchen  Verhältnissen  Malachit  ungleich  öfterer  als 
Kupferlasur  vor,  welches  vielleicht  zum  Theil  daher  rührt,  dass  Kupferlasur 
in  Malachit  umgewandelt  worden,  wovon  in  einem  anderen  Abschnitte  die 
Rede  seyn  wird;  so  wie  es  hierin  mit  liegen  mag,  dass  man  überhaupt 
Kupferlasur  selten  ohne  Malachit,  aber  umgekehrt  mannichmal  den  letzteren 
ohne  die  erstere  antrifft.  Bei  dem  natürlichen  Vorkommen  der  Kupferlasur 
giebt  sich  weit  seltener  als  bei  dem  des  Malachites  die  Entstehung  aus  dem 
Kupferrothe  mit  Entschiedenheit  zu  erkennen. 

Indem  bei  Kunstproducten  aus  Kupfer  und  Kupferlegierungen  die  Um- 
wandlung in  kohlensaures  Kupfer  von  Aussen  nach  Innen  fortschreitet,  wird 
das  Metall  allmählig  ganz  zerstört,  wie  man  es  besonders  manchmal  an  alten 
Münzen  sieht.  Bei  diesen  zeigt  sich  dann  das  Gepräge  zuweilen  mehr  und 
weniger  deutlich  erhalten;  oft  ist  es  indessen  verschwunden,  indem  die  Ober- 
fläche bald  eben,  zuweilen  sogar  glatt  und  glänzend,  bald  uneben  oder  rauh, 
und  die  Stärke  der  Stücke  oft  bedeutend  vergrössert  erscheint.  Damit  hängt 
die  oben  bereits  bemerkte  Erscheinung  zusammen,  dass,  wenn  mehrere  Stücke 
einander  berührten,  solche  durch  das  gebildete  kohlensaure  Kupfer  wohl  fest 
vereinigt  worden;  welche  Verkittung  der  bei  der  Bildung  von  Magneteisen 
durch  Oxydation  von  einander  berührenden  Eisendrath  -  Strängen ,  so  wie  bei 
dem  Rosten  von  Eisen  zuweilen  sich  zeigenden,  völlig  analog  ist.  Sowohl 
in  diesen  Erscheinungen,  als  auch  in  der  Umwandlung  der  eigentümlichen 
Structur  des  Metalles  in  die  dichte  oder  erdige  Beschaffenheit,  und  mehr  noch 
in   der  zuweilen   erfolgten  krystallinischen  Bildung   des  kohlensauren  Kupfers, 


auch  die  der  Oxydation  ausgesetzten  metallischen  Beimischungen  eine  Verän- 
derung erleiden,  und  zur  Bildung  von  Zersetzungsproducten  Veranlassung  geben, 
wie  z.  B.  aus  Bronze,  ausser  dem  kohlensauren  Kupfer,  Zinnoxyd  sich  bildet. 
Es  entsteht  dann  entweder  eine  Vermengung  der  verschiedenen  Zersetzungs- 
producte,  oder  eine  Sonderung  derselben,  wie  namentlich  zuweilen  das  Zinn- 
oxyd einen  von  dem  kohlensauren  Kupfer  getrennten  weissen  Beschlag  auf 
Bronze  darstellt.     (Vergl.  John  Davy,   a.  a.  0.) 


Ober  die  in  stabw  j^qsen  Körpern  bebakten  formveränd.  31 

offenbart  sieb  die  Wirkung  der  Molekularbewegungen  bei  rigidem  Aggregat- 
zuslande. 

Unter  den  in  der  Natur  vorkommenden  Erscheinungen,  wird  die  Um- 
wandlung des  Kupferoxyduls  in  kohlensaures  Kupfer  am  Entschiedensten  durch 
die  Pseudomorpbosen  von  Malachit  nach  Kupferroth  dargethan,  welche  in  be- 
sonderer Auszeichnung  zu  Cbessy  unweit  Lyon  sich  finden.  Sie  sind  allge- 
mein bekannt^  daher  eine  genauere  Beschreibung  derselben  überflüssig  ist1). 
In  Beziehung  auf  die  durch  Wirkung  von  Molekularbewegungen  verursachten 
Form  Veränderungen  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  wenn  gleich  die 
krystallinische  Gestalt  oft  ganz  die  frühere  bleibt,  doch  nicht  selten  Kanten 
und  Ecken  gerundet  sind;  so  wie  die  Flächen  häufig  uneben,  rauh  oder 
drüsig,  zuweilen  löcherig;  oder  trichterförmig  vertieft  erscheinen.  Am  Auf- 
fallendsten zeigt  sich  die  Wirkung  der  Bewegung  der  kleinsten  Theile  in  der 
Umänderung  der  Structur,  indem  die  dem  Kupferrothe  eigentümliche  blätterige 
Textur  in  einen  dichten  oder  erdigen  Bruch,  zuweilen  sogar  in  ein  fasriges 
Gefüge  umgewandelt  worden.  Äusserst  selten  kommen  aus  Krystallen  von 
Kupferroth  hervorgegangene  Pseudomorphosen  von  Kupferlasur  vor  2). 

Das  kohlensaure  Kupfer  welches  dem  Kupferoxydul  seine  Entstehung 
verdankt;  findet  sich  oft  unter  solchen  Verhältnissen,  dass  man  zur  Erklärung 
seiner  Bildung  noth wendig  den  Übergang  aus  einem  tropfbar  flüssigen  Zustande 
in  den  rigiden  annehmen  muss.  Dieses  ist  namentlich  da  der  Fall;  wo  der 
Malachit  in  stalaktitischen  Gestalten  erscheint;  oder  wo  Kupfergrün  und  Kupfer- 
lasur in  einiger  Entfernung  von  der  Stelle;  an  welcher  sie  ihren  Ursprung 
nahmen;  sich  verbreitet  zeigen.  Haben  Kunstproducte  aus  Kupfer  oder  Kupfer- 
legierungen in  der  Umgebung  einer  lockeren  Masse,  z.B.  im  Boden,  eine 
längere  Zeit  gelegen ,  so  werden  an  ihnen  oft  nicht  bloss  die  im  rigiden 
Zustande  successiv  vorgegangenen  Umänderungen  in  Kupferoxydul  und  kohlen- 
saures Kupfer  wahrgenommen;  sondern  man  sieht  zugleich  die  umgebende 
Masse  nicht  selten  von  Kupfergrün  und   Kupferlasur  gefärbt.      Dieses  war 


1)  Vefgl.  besonders  Blum' s  Pseudomorphosen,  S.  36  ff.  und  mein  Handbuch  der 
Mineralogie.  2te  Ausg.  II.  S.  1385. 

2)  Haidingerf  in  PoggendorfFs  Annalen.  XI.  S.  181. 


32  JOH.  FR1EDR    LÜDW.  HAUSMANN,  , 

u.  a.  bei  dem  Lehm  der  Fall,  der  das  Gefäss  mit  kupferhaltigen  Silbermünzen 
bedeckte,  welches,  wie  oben  bereits  erwähnt  worden,  i.  J.  1829  zu  Göttingen, 
bei  dem  Abbruche  des  alten  Commandantenhauses ,  gefunden  wurde  1).  Das 
aus  Kupferoxydul  hervorgegangene  kohlensaure  Kupfer  hat  sich  zuweilen  sogar 
in  einer  festeren  Masse  verbreitet.  So  ist  dieses  u.  a.  bei  dem  bunten  Mergel 
von  Helgoland  der  Fall,  in  welchem  gediegenes  Kupfer  eingesprengt  vor- 
kommt, in  dessen  nächster  Umgebung  oft  Kupferroth  erkannt  wird,  wogegen 
das  aus  diesem  entstandene  Kupfergrün,  nicht  bloss  in  der  Nähe  des  Kupfers 
und  Kupferroths,  sondern  auch  in  weiterer  Ausdehnung  in  dem  Gestein  sich 
zeigt.  Ohne  Zweifel  sind  diese  Erscheinungen  auf  die  Weise  zu  erklären, 
dass  Kohlensäure  enthaltendes  Wasser  von  dem  aus  dem  Kupferrothe  hervor- 
gegangenen kohlensauren  Kupfer  Theile  auflöste,  aus  welchem  sich  dasselbe 
dann  in  geringerer  oder  grösserer  Entfernung,  in  der  von  dem  Wasser  durch- 
drungenen Masse ,  wieder  absetzte  2). 

B.     Forraveränderungen  im  Gefolge  einer  Ausscheidung  von  Bestandteilen. 

§.     28. 
Durch   Verlust  von    Wasser  bewirkte   Formveränderungen. 

Verlust  von  Wasser  giebt  besonders  häufig  Veranlassung  zu  Verände- 
rungen der  Form  von  Körpern  ohne  Aufhebung  des  rigiden  Aggregatzustandes. 
Es  ist  dabei  die  Entfernung  von  beigemengtem  Wasser,  von  der  Ausschei- 
dung des  chemisch  in  Körpern  enthaltenen  Wassers  zu  unterscheiden.  Beides 
erfolgt  entweder  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  und  unter  gewissen  Umständen^ 
von  selbst,  oder  durch  erhöhete  Temperatur.  Im  letzteren  Falle  pflegt  zur 
Entfernung  des  beigemengten  Wassers  eine  niedrigere  Temperatur  hinzureichen, 
als  zur  Austreibung  des  chemisch  gebundenen.  Der  zur  Ausscheidung  des 
beigemischten  Wassers  erforderliche  Wärmegrad  ist  nach  der  Verschiedenheit 
der  Körper  höchst  abweichend,  und  bei  ein  und  demselben  steht  die  Quan- 
tität des  entweichenden  Wassers  oft  in  einem  bestimmten  Verhältnisse  zur 
einwirkenden  Temperatur.     Dass  nach  den  verschiedenen  Bedingungen,  unter 

1)  Göttingische  gel.  Anzeigen;   a.  d.  J.  1829.  S.  2008. 

2)  Vergl.  mein  Handbuch  der  Mineralogie.   2te  Ausg.  II.  S.  1387. 


ÜBER  DIE  IN  3TARBBS/BBÄL03EN  KÖRPERN  BEWIBRTfiK  FORM VRRÄND.    32 

wcilchen  das  Entweichen  des  Wassers  statt  findet,  auch  die  im  Gefolge  des» 
selben  durch  Bewegungen  der  kleinsten  Theile  bewirkten  Form  Veränderungen 
verschieden  s^yn  können,  versteht  sieb  wohl  von  selbst  Im  Allgemeinen 
findet  aber  der  Unterschied,  statt,  dass  die  Formveränderungen  entweder  mit 
elfter  gegenseitigen  Entfernung  von  Theilen,  oder  mit  einer  grösseren  An- 
näherung derselben  verbunden  sind.  Es  können  indessen  euch  Falle  eintreten, * 
dass  bei  Körpern  mit  dem  Entweichen  von  Wasser  sowohl  eine  Entfernung,' 
als  auch  eine  Annäherung  von  Theilen  verknüpft  ist.  Durch  den  Wasser- 
verfaist  wird  bald  ein  krystallinischer  Aggregatzustand  in  einen  unkrystallini- 
sehen,  bald  ein  unkrystallinischer  in  einen  nicht  krystallinischen  von  anderer 
Beschaffenheit  umgewandelt. 

§.     29. 

Zerfallen  wasserhaltiger  krystallinischer  Körper  durch  Ausscheidung  von  Wasser. 

Bei  manchen  an  der  Luft  verwitternden  Salzen,  z.  B.  bei  der  Soda, 
bei  dem  Glaubersalze,  liegt  der  Grund  der  mit  ihnen  vorgehenden  Formver- 
änderung in  einer  von  selbst  erfolgenden  Ausscheidung  von  Wasser.  Krystal- 
lipische  äussere  Form  und  Structur  gehen  dabei  verloren;  der  Körper  wird  in 
eine  erdige  oder  mehlige  Masse  verwandelt,  und  die  Verwitterung  endet  ge- 
wöhnlich mit  dem  völligen  Zerfallen  desselben.  Die  durch  die  Ausscheidung 
von  Wasser  veranlasste  Bewegung  der  kleinsten  Tb  eile  ist  hier  augenschein- 
lich Eben  so  auffallend  stellt  sie  sieb  bei  der  merkwürdigen  Veränderung 
dar,  welche  der  zu  den  wasserhaltigen  Silicaten  gehörende  Lawnontü  an  der 
Luft  erleidet.  Seine  Krystalle  und  krystallinischen.  JMassen  werden  weiss, 
verlieren  allmählig  die  Durchscheinheit  und  den  Glanz,  zerblättern,  und  zer- 
fallen endlich  zu  einem  lockeren  erdigen  Haufwerk.  Malaguti  und  Duro- 
cfcer  haben  durch  Versuche  erwiesen,  dass  diese  Umänderung  des  Laumontites 
d^ch  den  Verlust  von  einem  Theil  seines  Wassergehaltes  bewirkt  wird. 
Sie  haben  gefunden,  dass  die  Wasserausscheidung  im  luftleeren  Räume  und  in 
völlig  trockener  Luft  ungleich  rascher  erfolgt,  als  an  der  Atmosphäre,  und 
dass  während  in  einer  mit  Feuchtigkeit  nicht  gesättigten  Luft  der  Laumontit 
sich  verändert,  er  dagegen  in  einer  mit  Feuchtigkeit  völlig  gesättigten  Luft, 
sich  unverändert  erhält.  Auch  besitzt  dieses  Mineral  die  merkwürdige  Eigen- 
Phys.  Classe.  Ylh  E 


34  JOB.  FRIIDH*  LÜDW.  HAUSMAflft, 

scbafk,  nach  begonnener  Verwittenng  in  mit  Feuchtigkeit  gesättigter  Loft  das 
verlorene  Wasser  wieder  aufzunehmen,  und  das  ursprüngliche  Ansehen  wieder 
so  erlangen;  welcher  Erfolg  noch  ungleich  rascher  sich  zeigt,  wenn  ver- 
witterte Krystalle  in  Wasser  eingetaucht  werden 1).  Der  verwitterte  Laumontit 
verhält  sich  mithin  in  dieser  Hinsicht  ganz  ähnlich,  wie  der  missig  gebrannte 
Gyps  2).  Der  dem  Laumontit  sehr  nahe  verwandte  Leonkardit  pflegt  wie 
jener  zn  verwittern.  Auffallend  ist  es  dagegen,  dass  andere  zeolitbartige 
Mineralkörper,  deren  chemische  Zusammensetzungen  von  der  des  Laumontites 
wenig  abweichen,  z.  B.  der  Chabacit,  die  beschriebene  Umänderung  nicht 
erleiden. 

§.    30. 

Umänderung  des  Gypses  durch  massiges  Brennen. 

Der  Gyps  liefert  ein  Beispiel  von  der  Umwandlung  eines  krystallinischen 
Aggregatzustandes  in  einen  nicht  kristallinischen ,  im  Gefolge  der  Ausscheidung 
des  chemisch  gebundenen  Wassers  durch  erhöhete  Temperatur.  Hag  der 
Gyps  späthig,  schuppig,  fasrig  oder  dicht  seyn,  so  nimmt  er  durch  massiges 
Brennen  eine  feinerdige  Beschaffenheit  an.  Bei  den  dichten  und  schuppigen 
Abänderungen  pflegen  die  Stöcke  ihre  äussere  Gestalt  zu  behalten.  Späthiger 
Gyps  blättert  dagegen  durch  das  Entweichen  des  Wassers  auf,  und  bei 
dem  fasrigen  findet  ein  Auseinandergehen,  selbst  wohl  ein  Krümmen  der 
Fasern  statt.  Die  Umwandlung  der  Structur  ist  ein  Zeichen  einer  Bewegung 
der  kleinsten  Theile,  die  in  seltenen  Fällen  noch  ausgezeichneter  hervortritt, 
indem  bei  dem  Brennen  von  dichtem  Gyps,  im  Innern  der  Stücke  sich  stäng- 
liche,  gegen  die  Oberfläche  rechtwinkelig  gerichtete  Absonderungen  bilden, 
welche  der  rohe  Gyps  nicht  besass.  Wenn  nun  gleich  durch  die  Austreibung 
des  Wassers  die  Hasse  aufgelockert  wird,  so  giebt  sich  doch  durch  die 
Bildung  von  stänglichen  Absonderungen  zugleich  eine  Zusammenziehung  hl 
der  Art  zu  erkennen,  wie  sie  im  2ten  §.  angegeben  worden,  mithin  die  Wir- 
kung einer  verschiedenartigen  Bewegung  der  kleinsten  Theile. 


1)  Annales  des  mines.   4.  S6rie.   Tome  IX.  325. 

2)  Vergl.  meine  Bemerkungen  über  Gyps  und  Karstenit.     A.  a.  0.  S.  65. 


ÜBKÄ  MB  IN  STARMH/MMQSBN  KÖ1PEIW  iEWIfULTlN  FORMVERÄND.    35 

§.    31. 

Urnänderung  des  Thons  durch  dag  Brennen. 

Zu  den  gewöhnlichsten  Erscheinungen,  welche  durch  Molekularbewe- 
gungen im  Innern  starrer  Körper  bei  der  Austreibung  des  chemisch  in  ihnen 
enthaltenen  Wassers  vermittelst  erhöheter  Temperatur  bewirkt  werden,  geboren 
die  Veränderungen,  welche  der  Bruch  des  Thons  durch  das  Brennen  erleidet, 
die.  im  Allgemeinen  um  so  auffallender  sind ,  je  höher  die  auf  ihn  einwirkende 
Temperatur  ist,  die  sich  aber  bei  verschiedenen  Thonarten,  nach  den  sehr 
abweichenden  Verhältnissen  ihrer  Bestandteile,  so  wie  nach  den  für  seine 
Verarbeitung  zu  verschiedenen  Zwecken  etwa  beigemengten  anderen  Körpern, 
bei  demselben  Grade  der  Hitze ,  abweichend  zeigen.  Die  bei .  dem  Brennen 
des  Thons  erfolgenden  Molekularbewegungen  geben  sich  ausserdem  durch  die 
Zosammenziehung ,  das  sogenannte  Schwinden  der  Masse  und  durch  die  Ver- 
änderung des  specifischen  Gewichtes  zu  erkennen  1).  Aus  dem  feuchten 
Thon  entweicht  zuerst  das  ihm  beigemengte  Wasser.  Bei  der  geformten 
Tbonwaare  dient  dazu  das  Trocknen  an  der  Luft.  Bis  zu  einer  gewissen 
Höhe  der  Temperatur  behält  die  Thonmasse  einen  erdigen,  matten  Bruch,  wie 
ihn  die  gewöhnlichen  Ziegel,  das  gemeine  Töpferzeug,  die  gewöhnliche  Fa- 
jance,  das  verglühete  Porzellan  besitzen.  Hiermit  ist  eine  bald  grössere, 
bald  geringere  Porosität  verknüpft,  die  sich  durch  das  Einsaugen  von  tropfbar- 
flüssigem  Wasser  verräth.  Bei  stärkerer  Gluth  vereinigen  sich  die  Theile 
iaaiger;  das  Erdige  des  Bruches  verschwindet  immer  mehr,  und. geht  in  das 
Unebene  und  Ebene,  hin  und  wieder  wohl  in  das  Muschelige  über,  wobei 
aber  noch  kein  Schimmer  sich  zeigt,   wie  bei  mancher  feineren  Fajance,  bei 


1)  Was  das  Schwinden  und  die  Veränderungen  des  specifischen  Gewichtes  betrifft, 
welche  der  Thon  durch  das  Brennen  erleidet,  so  muss  ich  auf  die  bekannten 
filteren  Versuche  von  Wedgwood,  und  besonders  auf  die  gründlichen,  in 
der  Porzellanfabrik  zu  Sevres  bei  Paris  auf  Brongniarfs  Veranlassung  unter- 
nommenen ,  und  in  dessen  oben  bereits  angeführtem  Werke ,  „Traue  des  Arts 
c6ramiquesa  zusammengestellten  Untersuchungen  verweisen,  an  welche  sich  die 
Mittheilungen  von  Gustav  Rose  über  die  Veränderungen  des  specifischen 
Gewichtes  der  Porzellanmasse,  in  den  Berichten  über  die  Verhandlungen  der 
Kön.  Preuss.  Akademie  d.  W.  zu  Berlin  v.  J.  1845  S.  253  reihen,. 

E2 


36     ■i//.»tM/l/;fu-4-/J0i;iWrtM«.'L»»W;.BÄWlll*B»»«ATis  o  mü  mau 

manchem  sogenannten  Steinzeuge.  In  diesem  Znstande  ist  die  Porosität  so 
vermindert,  dass  gar  keine,  oder  nnr  sehr  geringe  Wasseraufnahme  statt 
findet.  Bei  noch  stärkerem  Brennen  wird  der  Bruch  völlig. dicht,  theils  eben 
theils  flachmnscbelig,  und  ein  schwacher  Schimmer  tritt  ein,  wie  bei  Hollandi-* 
sehen  sogenannten  Klinkern,  bei  vielem  Steinzeuge  und  manchem  Porzellan. 
Bei  noch  grösserer  Annäherung  zur  Schmelzung  nimmt  der  Schimmer  des 
Bruches  zn,  und  gebt  in  einen  schwachen  Wacbsglanz  über,  wie  bei  einem 
grossen  Theil  des  Porzellans.  Ähnliche  Veränderungen,  wie  sie  sich  an  den 
aus  Thon  bereiteten  Knostproducten  zeigen,  kommen  zuweilen  auch  in  der 
Natur  vor,  wohin  namentlich  die  Bildung  des  Ponellanfaspisies  gehört,  def 
durch  die  Einwirkung  des  Brandes  von  Steinkohlen-  oder  Braunkohlenlagern 
auf  Thon  oder  Schiefertbon  zu  entstehen  pflegt.  Bei  diesem  ist,  ohne  erfolgte 
Schmelzung,  der  erdige  Bruch  nebst  der  sebiefrigen  Absonderung  verschwand 
den,  und  in  einen  ebenen  oder  muscheligen  Bruch  umgewandelt,  der  ge- 
wöhnlich wachsartig  schimmernd  oder  wenigglttnzend  ist  Zuweilen  zeigt  sich 
die  Wirkung  der  im  Gefolge  der  Austreibung  des  Wassers  durch  die  Graft 
eingetretenen  Moleknlarbewegnngen  anch  darin,  dass  die  Masse  stängliche 
Absonderungen  erhalten  hat. 

S-    32-  ..,1 

Umänderung  van  .  Magneteisenstein  und  Eisengtan*  m  metalüscKes  Eisern.  , 

Die  Güte  meines  hochverehrten  Collegen  Wöhler  setzt  mich  io  den 
Stand ,  Bemerkungen  über  eine  besonders  merkwürdige ,  durch  AUlekularW 
wegungen  in  rigiden  Körpern  bewirkte  Form  Veränderung  im  Gefolge  der  Au** 
Scheidung  eines  Bestandteils,  hier  mitzutbeilen.  Die  Darstellung  von  Eisen 
durch  Reduction  von  Eisenoxyd  in  Wasserstoffgas,  leitete  meinen  Freund  auf 
die  glückliche  Idee,  durch  dieses  Mittel  aus  Krystallen  von  Magneteisenstein 
und  Eisenglanz,   Pseudomorphosen  von  Eisen  künstlich  zu  produciren  1^. 

Die  durch  die  Reduction  in  Wasserstoffgas  in  Eisen  umgewandelten  Oktaöder 
von  Magneteisenstein  sind  äusserlicb  von  einer  dunkel  stahlgrauen  Farbe  und 
matt;   angefeilt  haben  sie  dagegen  Farbe  und  Glanz  von  gefeiltem  Stabeisen. 


1)  Annalen  der  Chemie  und  Pharmacie.   Bd.  94.  (1855)  S.  127. 


Ober  die  in  starrss^übblosen  Körpern  bkwirktsn  formveränd.   37 

Im  Innern  zeigen  sie  ebenfalls  die  Kchtgraue  färbe  und  den  metallischen  Glanz 
des  Stabeisens.  An  den  zerschlagenen  Stöcken  machen  sich  Absonderungen 
in  den  Richtungen  der  den  Oktaederflachen  entsprechenden  Blätterdurcbgänge 
des  Hagneteisensteins  bemerklich.  Übrigens  erscheint  die  ursprüngliche  Structur 
In  ein  krystallinisch  -  feinkörniges  Gefüge,  welches  dem  des  ungehärteten 
ßussstahls  ähnlich  ist,  umgewandelt.  Das  specifische  Gewicht  fand  ich  6,077, 
also  geringer,  als  das  niedrigste  eigentümliche  Gewicht  des  Stabeisens,  wel- 
ches wohl  von  den  im  Innern  entstandenen  Absonderungen  herrührt. 
1  Ein  Stück  von  kristallinischem  Eisenglanz  mit  regulär -sechsseitigen 
Tafeln,  war  durch  die  Reduction  in  Wasserstoffgas  auffällend  verändert  wor- 
den. Sowohl  äusserlich  als  auch  im  Innern  ist  die  eisenschwarze  Farbe  in 
eine  licht  stahlgraue ,  und  der  lebhafte  Hetallglanz  in  einen  metallischen 
Schimmer  umgewandelt  Die  Structur  ist  eine  krystallinisch  -  körnige ,  dem 
sehr  feinen  Korn  des  geharteten  Gussstahls  ähnliche,  gewordert.  Das  speci- 
fische Gewicht  fand  ich  7,428,  welches  dem  von  manchem  Stabeisen  gleich 
kommt. 

§.     33. 

Veränderung  der  Structur  des  Roheisens  im  Gefolge  der  Ausscheidung  von  Kohle. 

Früher  (§.  11)  ist  gezeigt  worden,  wie  bei  dem  Roheisen  unter  ge- 
wissen Umständen  das  Gefüge  Änderungen  erleidet,  ohne  dass  die  Rigidität 
aufgehoben  und  der  Kohlegehalt  vermindert  wird.  Hier  ist  nun  zu  erwähnen, 
dass  auch  die  Ausscheidung  von  Kohle  Molekularbewegungen  im  rigiden  Zu- 
stände  und  dadurch  Strttctnf Veränderungen  in  dem  Roheisen  veranlassen  kann. 
Dieses  geschieht  u.  a.  bei  dem  in  mehreren  Gegenden  Süddeutschlands  üblichen 
Processe  des  Bratens  oder  Glühens  des  weissen  Roheisens,  dessen  Zweck 
tot,  durch  Verminderung  des  Kohlegehaltes  das  Verfrischen  desselben  zu 
Erleichtern,  wobei  nicht  allein  die  weisse  Farbe  in  die  graue,  sondern  auch 
das  blättrige  Gefüge  in  eine  körnige  Structur  verwandelt  wird1).  Wo  hl  er 
hat  schon  vot  längerer  Zeit  die  merkwürdige  Umänderung  von  Roheisenplatten 
beschrieben,    welche   unter   der  Rast   eines  Eisenhohofens  eingemauert  und 


1)  Karstens  Eisenhüttenkunde.   3.  Ausg.  f.  S.  604    IV,  S.  164. 


38       i//?ri7U!iO!  408,if»JED&  LUDW.  HAÜSMANty   /  l>  /J    \U\   m\U 

daher  während  der  ganzen  Schmelzet  einer  starken  Weissglühhitze  aupgCH- 
setzt  gewesen  waren.  Das  ursprünglich  feinkörnige  graue  Roheisen  hatte, 
indem  es  einen  Tbeil  seines  Kohlegebaltes  verlor,  besonders  im  Innen*,  ein 
grossblätteriges,  glänzendes  Gefüge  mit  rechtwinkeliger  Spaltbarkeit  angeh- 
nommea1).  Ich  besitze  ein  Stück  Roheisen  von  einer  Eisensau,  die  sich  im 
Soolstein  des  Eisenhobofens  zu  Veckerhagen  an  der  Weser  gebildet  hatte, 
welches  mit  dem  von  Wo  hl  er  beschriebenen,  umgeänderten  Roheisen  über- 
einstimmt,  und  ohne  Zweifel  auf  ähnliche  Weise  aus  grauem  Roheisen,  welches 
dort  erblasen  wird,  durch  Verlust  von  Kohle  unter  langer  Einwirkung  einer 
hohen  Temperatur ,  entstanden  ist  Das  Stück  hat  die  mittlere  Dicke  einep 
halben  Zolles,  und  die  zum  Theil  noch  erhaltene,  körnige  Structur,  ist  an 
einzelnen  Stellen  im  Innern  in  ein  grossblätteriges  Gefüge  mit  dreifachem, 
rechtwinkeligem  Blätterdurchgange  umgewandelt.  Einige  der  Blätter  haben 
eine  Länge  von  1  Zoll,  bei  einer  Breite  von  l/+  Zoll.  Sie  sind  stark  glänzend 
und  von  dunklerer  Farbe  als  das  weisse  Spiegeleisen ,  indem  sie  in  der  Farbe 
und  im  Glanz  mit  polirtem  Stahle  Ähnlichkeit  haben.  Dass  das  blätterige 
Gefüge  eben  so  wie  an  dem  von  Wo  hl  er  beschriebenen  Stücke,  besonders 
im  Innern  sich  befindet,  stimmt  mit  dem  im  9ten  §.  angegebenen  Verhalten 
der  Structur  eines  geschmiedeten  Ankers  aus  einem  Eisenhohofen  zu  Rothe- 
hütte  am  Harz  überein. 

§•  34. 

Umänderung  der  Structur  des  Hohes  durch  die   Verkohlung. 

Zu  den  besonders  auffallenden  Formveränderungen  in  rigiden  Körpern 
gehören  die,  welche  die  Structur  des  Hohes  durch  die  Verkohlung  erleidet, 
mag  diese  durch  die  Kunst  in  mehr  und  weniger  eingeschlossenen  Räumen 
bei  erhöheter  Temperatur  in  kurzer  Zeit  bewirkt  werden,  oder  in  der  Natur 
allmählig  vor  sich  gehen.  Bei  der  künstlichen  Verkohlung  des  Holzes  äussern 
sich  die  dadurch  veranlassten  Molekularbewegungen  in  der  Verminderung  des 
Volumens ,  in  der  Bildung  von  Absonderungen ,  und  in  der  Veränderung  4$9 
Bruches.     Es  findet  eine  Zusammenziehung  der  Masse  statt,  wenn  gleich  dap 


1)  Poggendorff's  Annahm.  XXVI.  S.  182. 


%■ » 


Ober  die  in  starben  leblosen  Körpern  bewirkten  formveränd.    39 

specifische  Gewicht  sich  vermindert;  und  indem  das  Schwinden  in  der  Rich- 
tung der  Holzfasern  stärker  als  rechtwinkelig  dagegen  ist,  so  hängt  damit  die 
Entstehung  von  mehr  and  weniger  starken  Querrissen  zusammen,  welche  die 
Holzfasern  rechtwinkelig  zu  durchsetzen  pflegen.  Ausserdem  bilden  sich 
schaalige,  den  Jahresringen  entsprechende  Absonderungen,  und  andere  ra- 
diale, in  der  Richtung  der  Holzfasern,  welche  indessen  weit  weniger  ausge- 
zeichnet zu  seyn  pflegen,  als  die  Querabsonderungen.  Das  Aufbersten  der 
Rinde  ist  unabhängig  von  dem  des  Innern  des  Holzes,  indem  sie  häufigere 
Risse  in  verschiedenen  Richtungen  zu  erhalten  pflegt  In  demselben  Grade, 
in  welchem  die  Bildung  der  Absonderungen  bei  fortschreitender  Verkohlung 
zunimmt,  verändert  sich  auch  der  Bruch,  der  bei  unvollkommener  Verkohlung 
erdig  oder  uneben  erscheint ,  bei  dem  Fortschreiten  des  Processes  aber  immer 
mehr  sich  dichtet,  in  das  Ebene  und  Flachmuschlige  übergeht,  und*  in  dem- 
selben Verhältnisse  auch  an  Wachsglanz  zunimmt,  wogegen  dm*  Bruch  anfangs 
matt  ist.  Holzkohlen,  welche  bei  metallurgischen  Schmelzprocessen  unzersetzt 
durch  den  Schacht  eines  Hohofens  niedergehen ,  und  mit  der  Schlacke  wieder 
zum  Vorschein  kommen,  haben  mehr  und  weniger  die  Eigenschaften  des 
Anthracites  angenommen.  Bei  diesen  sind  durch  die  stärkere  Zusammenziehung 
der  Theile,  die  Absonderungen  mehr  geöffnet,  und  oft  von  Schlacke  erfüllt. 
Ähnliche  Veränderungen  treten  auch  bei  der  langsamen  Verkohlung  des 
Holzes,  die  es  in  der  Natur,  bei  dem  allmähligen  Übergänge  in  Braunkohle 
erleidet,  ein.  Das*  allgemeinste  die  Structur  betreffende  Kennzeichen  der  Ver- 
kohlung des  Holzes,  die  Entstehnng  von  Querrissen  rechtwinkelig  gegen  die 
Fasern,  zeigt  sich  auch  hier,  und  in  demselben  Grade  häufiger  und  ausge- 
zeichneter, in  welchem  die  chemische  Umänderung  des  Holzes  fortschreitet 
Bei  dem  langsamen  Gange  derselben  erlangen  die  Querabsonderungen  oft  einen 
Grad  von  Regelmässigheit,  und  mit  Wachsglanz  verbundener  Glätte,  wie  es 
bei  der  künstlichen  Verkohlung  nicht  der  Fall  zu  seyn  pflegt.  Indem  die 
Holzstämme,  welche  in  den  Braunkohlenlagern  niedergestreckt  sich  befinden, 
mehr  und  weniger  platt  gedrückt  sind,  so  erscheinen  die  den  Jahresringen 
entsprechenden  Absonderungen ,  der  Abplattung  parallel.  Diese  werden  dann 
nicht  bloss  von  den  die  Holzfasern  rechtwinkelig  schneidenden  Querabsonde- 
rungen ,   sondern  auch   von   den   der  Richtung  der  Fasern  folgenden  Längs- 


40      .'//.;HM/-M>i«BrMr«'»Brii?u»w/'HA*s*AliR^/  rs  *\  am  »r*«i 

absoadenuigen  durebsetet,  Wodurch,  zumal  bei  der  voHkeinweaete*!  Btaanft 
kohle,  der  Pechkohle,  oftmals  rechtwinkelig-parallelepfpedische  Absondernngs-t 
stocke  entstehen.  Bei  Stämmen,  welche  in  den  Braunkohientagern  aufgerichtet! 
stehen,  verhalten  sieb  die  Absonderungen  in  Ansehung  der  gegenseitige1«! 
Richtnngen,  wie  bei  künstlich  verkohlten  Holzstämmen.  Hinsichtlich  des  Brau- 
ches zeigt  sich  ebenfalls  eine  mit  der  Verkohlnng  fortschreitende  Umwandlung!) 
Der  erdige  Brach  geht  in  den  unebenen,  und  zuletzt  in  des  ebenen  uncr 
muscheligen  ober;  nnd  in  demselben  Verhältnisse,  in  welchem  das  DicitwerdeÜ 
zunimmt,  wird  auch  der- Glanz  verstärkt.  Bei  der  Umwandlang  des  Holieaf 
in  Braunkohle  verschwindet  die  Holztextur  immer  mebr  und  mehr;  bei  deri 
Pechkohle  Ist  beinahe  nur  Bruch  vorhanden.  >. 
Herkwttrdig  ist  die  von  Noeggerath  mitgetbeilte  Beobachtung,  das» 
die  holzförmige  Braunkohle  von  der  Hardt  bei  Pützchen  unweit  Bonn  sieb 
durch  blosses  Austrocknen  an  der  Luft  in  Pechkohle  mit :  muscheligem  Bruob- 
und  dem  charakteristischen  Wachsglanz  umwandelt L) ,  welche  Umänderung 
meines  Wissens  sonst  noch  nicht  wahrgenommen  worden.  Von  G.  Bischof 
über  die  Ursache  dieser  Erscheinung  angestellte  Versuche  haben  ergeben,  das» 
sie  wesentlich  von  der  Austrocknung  abhängig  ist  2).  Hieraus  erklärt  Sieb 
denn  auch  die  Bitdung  von  Pechkohle  in  Braunkohlenlagern,  welche,  wie  am 
Meissner,  am  Habicbtswalde  bei  Cassel,  am  Braunsberge  bei  Dransfeld,  von 
Basalt  durchsetzt  oder  bedeckt  werden,  und  das  Vorkommen  derselben  be- 
sonders in  der  Nähe  des  Basaltes  3).  Durch  die  Einwirkung  der  höheren; 
Temperatur  sind  in  der  Pechkohle  zuweilen  säulenförmige  Absonderungen.  enW 
standen,  welche  regulär- sechsseitig  sind,  oder  dieser  Form  sieb  doch  nähern;! 
die  wohl  eine  Länge  von  1  Fuss  und  darüber,  bei  einer  Starke  von  Va--*. 
Zoll  erreichen.  Die  Rinde  der  in  Pechkohle  umgewandelten  Holzstamme  es+i 
scheint  zuweilen  in  kleine,  rechtwinkelig  gegen  den  Umfang  gerichtete  Prismen) 
_                                                                                        id 

I)  N.  Jahrbuch  für  Mineralogie  u.a.  w.   von  v.  Leonhani   und  Bronn.    Iö4^ 
S.  603. 

2}  Daseibat  S.  604. 

3)  Vergl.  Bemerkungen  aber  das  Braunkohlenwerk  am  Hulrichtsw 
von  Strippelmonn,  i.  d.  Studien  des  Göttingischen  Vereins 
Freunde.   I.  S.  «46. 


vor  dem  Walde,  «wischen  üransfeld  und  Münden  befindlichen ,  kleinen  Braun- 
kohlenlager, auf  welchem  i.  J.  1822  ein  Versuch  bergbau  betrieben  wurde, 
fand  ich  einen  platt  gedrückten,  in  Pechkohle  umgewandelten  Stamm,  dessen 
Rinde  in  überaus  nette,  regulär -sechsseitige  Prismen  von  2—3  Linien  Starke, 
zerborsten  ist. 

In  der  Nahe  des  Basaltes  zeigt  sich  zuweilen  eine  noch  auffallendere, 
durch  die  hohe  Temperatur  bewirkte  Umänderung  der  Braunkohle,  nehmtich 
die  in  AnthracÜ.  Vielleicht  giebt  es  keinen  Ort,  an  welchem  sich  diese  Er- 
scheinung so  aasgezeichnet  darstellt,  und  wo  sich  eine  so  günstige  Gelegenheit 
darbietet,  Beobachtungen  darüber  anzustellen,  als  am  Meissner  in  Hessen,  wo 
durch  den  anf  dem  dortigen  mächtigen  Braunkoblenlager  betriebenen  Bergbau 
die  Reihenfolge  der  Umänderung  der  Braunkohle  an  vielen  Puncten  völlig 
aufgeschlossen  sich  zeigt.  Es  kann  nicht  die  Absicht  seyn,  diese  Reibenfolge 
hier  ausführlich  zu  beschreiben,  da  sie  aus  mehreren  Schriften  hinreichend 
bekannt  ist l) ;  aber  ein  kurzer  Überblick  derselben  wird  dem  Zwecke  dieser 
Mittheilungen  entsprechen,  indem  dadurch  zugleich  eine  Übersicht  von  der 
allmahligen  Zunahme  der  Wirkung  der  Molekularbewegungen  auf  die  Umände- 
rung der  Form  des  Holzes  erlangt  wird,  welche  in  demselben  Grade  auffal- 
lender hervortritt,  in  welchem  die  Braunkohle  der  sie  durchsetzenden  und 
bedeckenden  Basaltmasse  genähert  ist,  und  mithin  einer  höheren  Temperatur 
ausgesetzt  war.  Die  Mächtigkeit  des  Kohlenlagers  am  Meissner  Ändert  sehr 
ab,  indem  sie  etwa  zwischen  20  und  einigen  90  Fuss  schwankt  Die  unterste, 
y2  —  4  Fuss  mächtige  Masse,  das  sogenannte  Stockwerk,  besteht  aus  hols- 
förmiger  Braunkohle,  in  welcher  die  Holztextur  noch  vollkommen  erbalten 
ist,  und  in  der  besonders  nur  die  oben  angegebenen  Quer absonderun gen  her- 
vortreten.    Darüber  liegt  gemeine  Braunkohle,  in  welcher  die  Holzfasern  weit 


I)  Genaue  Nachrichten  darüber  finden  sich  besonders  in  folgenden  Schriften:  Be- 
schreibung des  Meissners  von  Dr.  J.  Schaub.  1799.  S.  138  ff.  Beschreibung 
des  Meissners  von  Hundeshagen,  in  v.  Leonhard's  Taschenbuch  f.  d.  Min. 
Jahrg.  XI.  I.  S.  40  ff.     Die  Basalt-Gebilde  von  K.  C.  von  Leonhard.  1832. 

IL -8.  288  1  -...ui;.::       , 

Phys.  Gasse.  VII.  F 


42  JOE.  FBIEDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

weniger  deutlich  erscheinen,  und  mit  dem  vorherrschend  werdenden  Brache, 
zugleich  ausgezeichnetere  Absonderungen  sich  zeigen.  Ihre  Mächtigkeit  schwankt 
von  etwa  25  bis  beinahe  zu  60  Fuss.  Indem  sie  nach  oben  allmählig  eine 
dunklere,  bräunlichschwarze  Farbe  annimmt,  gehet  sie  in  die  darüber  liegende, 
höchstens  etwa  4  Fuss  mächtige  Pechkohle  über,  in  welcher  von  der  Holz* 
textur  kaum  noch  etwas  sichtbar  ist,  der  muschelige  Bruch  durch  den  Wachs» 
glänz,  und  die  Absonderungen  durch  Schärfe  und  Glätte  sich  auszeichnen. 
Diese  vollkommenste  Braunkohle  wird  durch  schlackigen  Anthracit  9  die  söge*» 
nannte  Glanzkohle  des  Meissners,  in  einer  Mächtigkeit  von  etwa  3 — 18  Fuss 
bedeckt,  aus  welcher  jede  Spur  von  Holztextur  verschwunden  ist,  und  die 
sieb  durch  die  tief  schwarze  Farbe,  so  wie  durch  den  mehr  und  weniger 
vollkommenen  Metallglanz  des  muscheligen  Bruches  auszeichnet  Die  oberste, 
1  —  4  Fuss  mächtige  Lage  bildet  stänglicher  Anthracit,  die  sogenannte  Stan- 
genkohle, welche  im  Bruchansehen  der  schlackigen  Abänderung  ähnlich,  aber 
durch  die  stänglichen  Absonderungen  charakterisirt  ist.  Die  einzelnen  Prismen, 
welche  oft  regulär- sechsseitig,  zum  Theil  aber  auch  fünf-  oder  vierseitig 
sind,  haben  gewöhnlich  eine  Stärke  von  etwa  x/s  bis  höchstens  2  Zoll.  Ihre 
Seitenflächen  sind  nicht  selten  etwas  concav,  und  der  Länge  nach  zeigen  sie 
oft  schwache  Krümmungen.  Im  Ganzen  stehen  sie  aber  senkrecht  gegen  das 
Dach  des  Kohlenlagers.  In  der  obersten  Masse  der  Stangenkohle  trifft  man 
äusserst  selten  hohförmigen  Anlhracit  an,  der  einer  Holzkohle  gleicht,  aber 
durch  grössere  Festigkeit  und  Härte  sich  von  ihr  unterscheidet.  Das  Ver- 
halten desselben  im  Feuer  stimmt  mit  dem  der  anderen  Anthracit- Abänderun- 
gen überein.  Kaum  braucht  hier  noch  besonders  bemerkt  zu  werden,  dass 
die  einzelnen  Modificationen  der  Kohlen  nicht  scharf  von  einander  gesondert 
sind;  dass  vielmehr  ein  allmähliger  Übergang  von  der  bolzförmigen  Braun- 
kohle bis  in  den  stänglichen  Anthracit  Statt  findet.  Das  Kohlenlager  ist  von 
dem  deckenden  Basalte  durch  einen  erhärteten,  etwas  bituminösen  Thon,  den 
sogenannten  Schwül,  getrennt,  der  eine  Mächtigkeit  von  l/2  bis  5  Fuss 
besitzt,  und  zum  Theil  auf  ähnliche  Weise  wie  der  stänglicbe  Anthracit, 
prismatisch  abgesondert  ist. 

Am  Fusse  des  basaltischen  Hirschberges  bei   Grossalmerode  in  Hessen 
bietet  sich  ebenfalls  die  Gelegenheit  dar,   die  Umwandlung  der  Braunkohle  in 


mandelstein  nod  Basaltconglomerat  durchsetzt  wird.  In  unmittelbarer  Berüh- 
rung mit  der  basaltischen  Hasse  ist  die  Braunkohle  in  stanglicben  Anthracit 
umgeändert,  der  in  3  —  4  Zoll  Entfernung  von  der  Berührungsfläche  in  die 
schlackige  Abänderung  übergehet  Die  Prismen  des  Anthracitea  sind  recht- 
winkelig gegen  die  an  grunzen  den  Flächen  der  Durchsetzungsmasse  gerichtet, 
lind  befinden  sich  daher,  wo  diese  eine  senkrechte  Stellung  haben,  in  hori- 
zontaler Lage  1).  Aach  in  den  Kohlenlagern  am  Habichtswalde  bei  Cassel 
zeigt  sich  hin  nnd  wieder  die  Einwirkung  basaltischer  Massen  auf  die  Um- 
wandlung der  Braunkohle  in  Anthracit2).  Unter  ähnlichen  Verbältnissen  wie 
In  unseren  Gegenden,  kommt  die  Anthracitbildung  im  hoben  Norden  vor. 
H.  Rink,  der  in  den  Jahren  1848  und  1849  Nordgrönland  bereiste,  bat  die 
dortigen,  zum  Theil  schon  durch  Giesecke  bekannt  gewordenen  Braunkohlen- 
lager  untersucht,  die  in  einer  jnngen  Sandsteinformation  vorkommen,  mit 
welchem  basaltische  und  doleritiscbe  Massen  in  Berührung  sind,  welche  an 
mehreren  Stellen  verändernd  auf  die  Braunkohlen  eingewirkt  haben.  Bei 
Maniiik  unweit  Waigattet  fand  er  ein  von  einer  basaltischen  Masse  unmittelbar 
bedecktes  Kohlenlager,  welches  in  einen  schönen,  halbmetallisch  glänzenden 
Anthracit  umgewandelt  worden  3). 

Wo  eruptive  Hassen  mit  Schwankohlenflötzen  in  Berührung  sind,  wird 
auch  zuweilen  eine  Umänderung  der  Sc/uoankohle  in  Anthracit,  nnd  die 
Bildung  von  prismatischen  Absonderungen  wahrgenommen.  Ausgezeichnet 
stellt  sieb  dieses  an  mehreren  Puncten  des  Waldenburger  Steinkohlengebirges 


I]  Vergl.  Geognoslische  Betrachtung  der  am  Hischberge  bei  Grossalmerode  abge- 
lagerten tertiären  Gebilde,  vom  Baron  Waitz  von  fischen  und  vom  Berg- 
meister Strippelmann,  i.  d.  Studien  des  Göttingischen  Vereins  Bergmänni- 
scher Freunde    II.   S.  149  ff. 

2)  Vergl.  die  Basalt -Gebilde,   von  K.  C.  v.  Leonhard.   U.   S.  295.  300. 

3}  Udsigt  over  Nordgronlands  Geognosi,  af  H.  Rink.  Det  Kongel.  Danske  Vi- 
denskabernes  Selskabs  Skrifter.  5.  Raekke.  Naturvidensk.  og  mathem.  Afdeling. 
III.  p.87. 

F2 


44  JOE.  FRIEDE.  LUDW.  HAUSMANN, 

in  Schlesien  dar,  wo  Porphyr  in  verschiedenartigen  Berührungen  mit  den 
Kohlenflözen  sich  findet,  und  wo  in  der  Nähe  der  eruptiven  Gebirgsmasse 
die  Schwarzkohle  in  sogenannte  taube  Kohle  umgewandelt  zu  seyn  pflegt, 
die  sich  sowohl  nach  ihrem  Äusseren,  als  auch  im  Feuer  wie  Anthracit  ver- 
hält Diese  umgeänderte  Kohle  ist  zugleich  gewöhnlich  dickstänglich  abge- 
sondert, wobei  die  Prismen  rechtwinkelig  gegen  die  Berührungsfläche  der 
Porphyrmasse  gerichtet  sind  l).  Zuweilen  kommt  auch  die  Schwarzkohle, 
da  wo  sie  mit  Porphyr  oder  Thonstein  in  Berührung  ist,  nur  stänglicb  abge- 
sondert, aber  nicht  in  Anthracit  umgeändert  vor,  wovon  ich  mich  durch  die 
Untersuchung  ausgezeichneter  Stücke,  die  ich  dem  Herrn  Bergamtsassessor 
Bocksch  zu  Waidenburg  verdanke,  habe  überzeugen  können.  In  Gross- 
britannien und  Ireland  zeigt  sich  an  manchen  Orten  eine  Veränderung  der 
Schwarzkohlen  durch  die  Einwirkung  von  Trapp-  und  basaltischen  Massen2); 
so  wie  die  anthracitartige  Beschaffenheit  der  Kohlen  auf  den  Flötzen  bei  Ofeld 
und  Neustadt  am  südlichen  Harzrande,  einen  Einfluss  der  Trappmassen,  von 
welchen  die  dortige  Steinkohlenformation  durchbrochen  worden,  andeutet 
Diese  Erscheinungen  machen  es  um  so  wahrscheinlicher,  dass  die  anthracit- 
artige Beschaffenheit  der  Kohlen  auf  den  unter  sehr  eigenthümlicben  Verbält- 
nissen am  westlichen  Rande  des  Schwarzwaldes  zwischen  Offenburg  und  Lahr 
vorkommenden  Flötzen,  die  zwischen  Massen  von  Gneus  und  Granit  wie 
eingeklemmt  erscheinen5),  so  wie  die  Bildung  des  Anthracites  in  den  Alpen 
von  Oisans ,  der  Maurienne ,  der  Tarentaise ,  u.  a.  a.  0.  der  Einwirkung  einer 
hohen  Temperatur  auf  Schwarzkohle  zugeschrieben  werden  darf. 

Anthracit  ist  völlig  amorphe  Kohle.  Diese  kann  aber  durch  Einwirkung 
höherer  Temperatur,  ohne  Aufhebung  des  rigiden  Aggregatzustandes ,  in  fcry- 
stallinische  Kohle,  in  Graphit  umgewandelt  werden.     Dass  durch  Einwirkung 


1)  Genaue  Nachrichten  darüber  finden  sich  in  der  geognostischen  Beschreibung 
von  einem  Theile  des  Niederschlesischen,  Glätzischen  und  Böhmischen  Gebirges 
von  Zobel  und  v.  Carnall,  in  Karsten's  Archiv  für  Mineralogie,  Geognosie 
u.s.w.  IV.  S.31.  112.  123. 

2)  VergL  meine  geol.  Bemerkungen  über  die  Gegend  von  Baden  bei  Rastadt,  i.  d. 
Abhandl.  d.  Kön.  Gesellschaft  der  Wissensch.  zu  Göttingen.  II.  S.  18  ff. 

3)  Vergl.  die  Basalt -Gebilde  von  K.  C.  v.  Leonhard.  II.  S.  370  ff. 


land  erwiesen.  Bei  Karsok  im  Omenaksfjorden  fand  derselbe  eine  doleritisehe 
Kasse,  auf  welcher  ein  weisser,  sehr  feinkörniger,  harter  und  dichter  Sand- 
stein ruhet,  der  zu  onterst  und  zunächst  dem  krystallinischen  Gestein,  ein 
Graphitlager  einscbliesst,  welches  die  Mächtigkeit  von  einen  Fuss  zu  erreichen 
scheint.  Dans  der  Graphit  wirklich  durch  die  Einwirkung  einer  hohen  Tem- 
peratur aus  Brannkohle  erzeugt  ist,  wird  dadurch  erwiesen,  dass  Anthracit 
sogleich  mit  demselben  vorkommt,  dessen  Bildung  durch  eine  Cmändenmg 
von  Braunkohle  an  anderen  Stellen  sich  unzweideutig  zeigt  Der  durch  die 
Gluth  gehärtete  Sandstein  iat  in  der  Nähe  des  Graphits  theilweise  durch  ein- 
gedrungene Kohle  dunkel  gefärbt,  und  scbliesst  zugleich  einen  graphithaltigen 
Schiefer  ein,  der  aus  einem  bituminösen  Schiefer,  der  stets  die  Braunkoblen- 
lager  begleitet,  entstanden  zu  sein  scheint 1).  Der  Gate  meines  verehrten 
Freundes,  des  Herrn  Etatsratbes  Forchhammer  zu  Kopenhagen,  verdanke 
ich  em  Stück  jenes  Grönländischen  Graphites,  welches  dreifache,  rechtwinkelig 
einander  schneidende  Absonderungen  besitzt,  wie  sie  der  Braunkohle  eigen 
zu  seyn  pflegen,  Übrigens  aber  in  allen  Eigenschaften  mit  der  gewöhnlichsten 
dichten  Abänderung  des  Graphites  übereinstimmt  Jene  interessante  Wahrneh- 
mung liefert  einen  neuen  Beweis,  dass  der  Graphit,  welcher  in  mehreren 
Gegenden  der  Alpen  in  einem  nahen  Verhältnisse  zum  Anthracite  steht,  gleich 
diesem  der  Einwirkung  einer  hohen  Temperatur  seine  Entstehung  verdankt, 
wie  solches  die  von  Foornet,  S  tu  der  u.  A.  aus  ihren  Beobachtungen  ab- 
geleitete Meinung  ist 2). 

Wenn  in  dem  Meissner  die  Braunkohle  dem  Basalte  zunächst  in  Anthracit, 
in  grösserer  Entfernung  von  demselben  aber  in  Pechkohle  umgewandelt  wor- 
den, so  folgt  daraus,  dass  zur  Entstehung  des  ersteren  eine  höhere  Tem- 
peratur  erforderlich  war,    als  znr  Bildung  der  letzteren.      Gewiss  wird  man 


1)  H.  Rink,  a.  a.  0. 

X]  Vergl.  Fournet,   Recberches  sur  tla  Geologie  des  Alpes,    i.  d.  Annales  des 

BCienees   physiches   et  naturelles  pnbl.  par  la   Societö  d'Agricnhnre   de   Lyon. 

T.  IX.  —    Lehrbuch  der  physikalischen  Geographie  and  Geologie  von  B.  Studer. 

n.  s.  i4i. 


46  JOH.  FRIEDR.  LUDW.  HAUSMANN, 

annehmen  dürfen,  dass  die  Erzeugung  des  Graphites  einen  noch  höheren 
Hitzgrad  verlangte,  als  die  des  Anthracites  1).  Da  die  Bildung  von  stäng- 
lichen  Absonderungen  nicht  bloss  bei  dem  aus  Braunkohle  entstandenen 
Anthracite,  sondern  zuweilen  auch  bei  der  Pechkohle  vorkommt,  und  da 
Scbwarzkohle  durch  Einwirkung  einer  eruptiven  Masse  wohl  eine  ähnliche 
Absonderung  erlangt  hat,  ohne  zugleich  in  Anthracit  umgewandelt  zu  seyn, 
so  scheint  daraus  gefolgert  werden  zu  können,  dass  um  solche  Molekular- 
bewegungen hervorzurufen,  welche  eine  stängliche  Absonderung  in  einer 
Kohle  bewirkten,  ein  geringerer  Hitzegrad  erforderlich  war,  als  um  Braun- 
und  Schwarzkohlen  in  Anthracit  zu  verwandeln.  Wenn  man  nun  ferner 
sieht,  dass  in  manchen  Braunkohlenlagern,  mit  denen  basaltische  Massen  in 
Berührung  gekommen  sind,  kein  Anthracit,  sondern  nur  Pechkohle  sich  findet, 
und  in  manchen  anderen  gar  keine  Umänderung  der  Kohle  bemerkt  wird; 
wenn  man  dazu  nimmt,  dass  an  einigen  Orten  der  Einfluss  der  eruptiven 
Masse  nur  wenige  Zolle  beträgt,  wogegen  er  am  Meissner  wohl  bis  auf  eine 
Entfernung  von  10  —  20  Fuss  sich  bemerklich  macht,  so  ist  aus  allen  diesen 
Wahrnehmungen  mit  Sicherheit  zu  schliessen,  dass  die  Temperaturen,  welche 
bei  der  Erhebung  eruptiver  Gebirgsmassen  auf  die  Gesteine  und  Fossilien  mit 
denen  sie  in  Berührung  kamen,  einwirkten,  sehr  verschieden  waren,  welches 
sich  übrigens  auch  aus  anderen  Verhältnissen  ergiebt.  Von  Einfluss  hierauf 
dürfte  theils  die  Beschaffenheit  gewesen  seyn,  welche  den  eruptiven  Ge- 
birgsmassen eigen  war,  als  sie  mit  anderen  Massen  in  Berührung  traten, 
je  nachdem  sie  namentlich  in  einem  geschmolzenen  oder  nur  teigigen  Zu- 
stande sich  befanden,  wobei  mannichfaltige  untergeordnete  Modificationen 
statt  finden  konnten;  theils  die  Grösse,  die  Mächtigkeit  derselben.  Hierüber 
hat   Strippelmann    in   Beziehung  auf   die  Braunkohlenlager   des  Habichts- 


1)  In  Beziehung  auf  diesen  Gegenstand  sind  die  Versuche  des  Herrn  Violette, 
die  Verkohlung  des  Holzes  durch  Wasserdampf  zu  bewirken,  über  welche 
Herr  Baiard  am  23.  Januar  1854  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Paris 
einen  Bericht  erstattete,  von  besonderem  Interesse.  Bei  einer  Temperatur  bei 
welcher  Platin  schmilzt,  wurde  eine  dem  Anthracite  ähnliche  Kohle  dargestellt. 
(Revue  de  l'Instruction  publique.   1854.  p.  662.) 


Ein  bedeutender  Unterschied  zwischen  der  Bildung  der  Braunkohle  nebst 
ihrer  Umänderung  durch  höhere  Temperatur,  und  der  künstlichen  Darstellung 
der  Holzkohle,  ist  darin  begründet,  dass  bei  jener  ein  mehr  und  weniger 
starker  Druck  wirksam  war,  welcher  bei  dieser  fehlt.  Wenn  bei  der  künst- 
lichen Verkohlung  des  Holzes  das  Schwinden  desselben  und  die  Umänderung 
semer  ßtructur  allein  durch  die  chemische  Zersetzung  bedingt  sind,  so  wurde 
dagegen  bei  der  Bildung  der  Brannkohle  die  Volumen  Verminderung  haupt- 
sächlich mit  durch  den  auf  dem  Holze  lastenden  Druck  bewirkt,  wodurch 
zugleich  die  von  der  chemischen  Umänderung  abhängige  Umwandlung  der 
Structur,  in  verschiedenem  Grade  modificirt  werden  musste.  Bei  der  künst- 
lichen Verkohlung  behält  das  Holz  Beine  äussere  Gestalt;  bei  der  Braunkohle 
zeigt  sich  diese  nur  dann  und  wann  in  ihrer  ursprünglichen  Beschaffenheit. 
Zuweilen  trifft  man  nehmlieh  in  Braunkoblenlagern  aufgerichtete,  bis  zu  einer 
gewissen  Höhe  wohl  erhaltene  Stämme  mit  ihren  Wurzeln,  offenbar  an  ihrem 
ursprünglichen  Standorte  an  2) ;  aber  die  Hauptmasse  des  Holzes  pflegt  doch 
hingestreckt  und  über  einander  gestürzt  zu  liegen,  wobei  durch  den  Druck 
der  darüber  befindlichen  Massen,  die  äussere  Form  mehr  nnd  weniger  ver- 
ändert worden.  Diese  wurde  um  so  mehr  zerstört,  je  weiter  die  Verkohlung 
fortschritt.  Die  Umwandlungen  welche  die  Braunkohlen  durch  den  Einfluss 
basaltischer  Hassen  erlitten  haben,  sind  vermuthlicb  unter  Mitwirkung  beisser 
Dampfe  und  heisser  Quellen  erfolgt,  wobei  eine  Erweichung  der  Masse  wohl 
angenommen  werden  darf.  Die  angeführten  Versuche  von  Violette  über  die 
Verkohlung  des  Holzes  durch  Wasserdampf,  haben  in  dieser  Beziehung  er- 
wünschte Aufschlüsse  gegeben.  Dass  eine  solche  Mitwirkung  statt  fand,  ge- 
winnt durch  das  Vorkommen  von  verkieselten  Holzstämmen  in  Braunkoblen- 
lagern sehr  an  Wahrscheinlichkeit. 


1)  Die  Basalt-Gebilde  von  K.  C.  von  Leonharri.   IL   S.  295. 

2)  Geognost.  Betrachtung  der  am  Hirschberge  bei  Grossalm ero de  abgelagerten  ter- 
tiären  Gebilde,    vom    Baron    Waitz    von    Eschen    und    vom   Borgmeister 

.  Stcjpp.elmann.     A.a.O.  S.  131. 


48  JOH.  FMBDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

Obgleich  bei  der  künstlichen  Verkohlung  des  Holzes  eine  bedeutende 
Zusammenziehung  desselben  erfolgt,  so  wird  doch  das  specifische  Gewicht 
vermindert.  Die  Angaben  über  das  eigentümliche  Gewicht  der  Holzkohlen 
weichen  zwar  sehr  von  einander  ab,  stimmen  doch  aber  darin  überein,  dass 
es  geringer  ist,  als  das  specifische  Gewicht  des  Holzes,  woraus  die  Kohlen 
dargestellt  worden,  selbst  wenn  dasselbe  im  vollkommen  lufttrocknen  Zustande 
des  Holzes  bestimmt  wurde.  Die  Versuche  von  Chevreuse  haben  ergeben, 
dass  die  Hitze,  bei  welcher  die  Verkohlung  geschieht,  von  Einfluss  auf  das 
specifische  Gewicht  ist,  indem  bei  Rothglühhitze  dargestellte  Kohle  ein  grösseres 
eigentümliches  Gewicht  hat,  als  bei  schwächerer  Hitze  erzeugte1).  Das 
specifische  Gewicht  der  Braunkohle  ist  weit  grösser  als  das  der  Holzkohle, 
und  selbst  grösser  als  das  des  lufttrockenen  Holzes,  und  nimmt  durch  die 
Umänderung,  welche  sie  unter  dem  Einflüsse  einer  höheren  Temperatur  er- 
litten hat,  zu,  um  so  mehr,  je  grösser  die  einwirkende  Hitze  war.  Die 
Pechkohle  hat  ein  höheres  eigenthümliches  Gewicht,  als  die  gemeine  Braun- 
kohle, der  Anthracit  ein  grösseres,  als  die  Pechkohle;  und  das  specifische 
Gewicht  des  Graphites  ist  bedeutend  grösser,  als  das  des  vollkommensten 
Anthracites. 

Es  scheint  mir  nicht  uninteressant  zu  seyn,  mit  der  Veränderung,  welche 
die  Form  der  Braunkohle  durch  die  Einwirkung  basaltischer  Massen  erlitten 
hat,  die  Umänderung  zu  vergleichen,  welche  durch  eine  künstliche  Verkoh- 
lung derselben  bewirkt  wird.  Verkohlungs versuche  in  Meilern,  welche  von 
meinem  Freunde,  dem  Herrn  Oberberginspector  Strippelmann  am  Meissner 
in  den  Jahren  1826  und  1827,  als  derselbe  noch  Bergmeister  am  Habichts- 
walde bei  Cassel  war,  mit  dortigen  Braunkohlen  angestellt  wurden,  haben 
darüber  Aufschluss  gegeben.  Aus  dem  darüber  erstatteten  Berichte  entlehne 
ich  Folgendes2).     Gemeine  Braunkohle  und  gemeine  Pechkohle  lieferten  eine 


1)  Chevreuse,  Recherches  physico-chimiques  sur  le  charbon.  Ann.  de  Chim. 
et  de  Phys.  XXIX.  426. 

2)  Versuche  mit  Abschwählung  von  Braunkohlen  u.  s.  w.,  angestellt  auf  dem  Braun- 
kohlenwerke am  Habichtswalde  bei  Cassel ,  durch  den  Kurhessischen  Bergmeister 
Strippelmann,  i.  d.  Studien  des  Götting.  Vereins  Bergm.  Freunde.  II.  S.  169 ff. 


OBER  DIB  Hi  STAWMN/LMLOfiEN  KÖBPBHN  «WIÄBIN  FORM VER ÄND.    4» 

•ebr  dichte,,  >  auf  idem Bruche  metallisoh- glänzend*  und  bell  MingeodeaKobta. 
Die  erhallen**  Stdcke  hatten  Spalten  und  Risse y  webt  aüeinjiacki  den  jn  der 
Kohle  noch  an  erkennenden  Jabräringen, soadfern  duch  rechUvmkeligi  dagegen. 
Diese  Risse  giengen  aber  in  der  Regel  nMht  dittch  i»d  fhta'lttar  dadurch  di& 
SWlckeirichi  in  mehrere,  sondern  *s  bestand  noch  bin  fester  Zusatnraeobatog. 
Trennte  man  aber  ein  Stack  nach  einem  solchen  Riss,  so  zeigtdn  die  baden 
dadurch  Erhaltenen  Fläcfcem  *in  mattes,  donkelbleig^aues  Ansehen*  Aufblähen 
def  Köhlern  durch  daö  Ab  seh  wählen,  Wie  bei  deft  SchWmfekohlen  ;i  wurde,  wid 
dtefces  auch  die.  Volumeriywminderung  naeltw eist,  nicht  #ategenomtneik!>  Holz* 
förmige ,  Braunkohle  hätte  durch  die  Abadh wtiUung  ,  in  ihttm\  Aggregfalfcuftfend* 
keine  Umänderung  erfahren.  Es  waren  nur  die  Risse  dach  den/ Jahratfngdfl 
deutlicher  hdr  vorgetveten.  • » l )  •  Die  Kohle'  war  sehr  dicht ,  auf ,  dem  Bruche  stark 
metallisch  glänzend  und:  rabenschwarz ,  auf  der  Oberfläche  mehr.  iä, .  das  Graue 
stechend»  Ein  heller  Klang  liesa  auf  ihre  Gate  sehUessen.  v  In  ibteik  Verbalten 
xot  dem  Scktniedebalg  war  sie  einer  guten  BuchfcnhölzkoWle  sehr  ähnlich j  rift 
Dichtigkeit  übertraf  sie  dieselbe»  In  Ansehung  der  Valamenverrairidörtfiig  li** 
ferten  die  Verkohlungsversuche  gleiche  Resultate ,  indem  «w  100  Cübikfod* 
Bcaudköhle  durchschnittlich  44,13  Cubikfu$a  abgesch wählte  Kohlen  erfolgten.--*  {& 
Alan  ersieht  .hieraus ,  Wie  sehr  die  Formveränderungen ,  t  welche  die i  Braunkohle 
bei  einer  Meilervefköhluftg  erleidet  ^  sieh  voll  denen  unterscheidet,  .  welche 
drirch  die  Einwö'kung  bäsaftißcher  Massen  bewkkt  wurden,  und  erkennt  nun 
umi  att  hedtimtoter,  wie  .Viel  bei  dsr»  letete^en  der  gewiss  weit  habere*  Tcurit 
pttatur,  dem  gewaltigen  Drucke,  oüd^wie  oben  feemÄkt  worde*,_vefBnrtUibli 
«DChnnoobi  anderen  ftdsen^tlitfadieri  zuzuschreiben  ist.  ,  :-\ 

1«i  ^c-'h!*»!-»^      .;*.;!••;:[..;•>,   i-' ■-.;.■■    .!'>  .'»)*:■"  '.«  ,        .    ''    :./■.   ',.'   ',..     .  ,  -»•    ■ 

unl      C.  «  F^rmv^rin^frt^gön  i^'CMblg^  einefr  Austausche»  ¥to  BestarMÜhcilön,        " 

Jlii<5?<  <i   jI'/i'  i»    >ii'n\}k\U:','.-)ti  ■::?•-  -:iv,"U:    ;r;i..O..,.<!/'    •;••!.<.    ;;•;:_;,:'. ••  . .   ..*.:!'»;  ;// 

Verschiedenartigkeit  det  J^stat^ches  von  Bestandtheilen. 

Die  o&«odtib(»  «aanfobfaltifeii  VdrSrtäeran^en,  welche  die  Mischungen 

i#eY  l6bfcfstal  Kfaßti*  titeNs io  -de*  italttr,  thells  durch  d**fi«>et<«rier*eh,  be- 

«e%eö  bd  Weite rri'öirt1' HUofigbteU  in  eiüew  AnshMiche  Vdtt'  ttctittfAdtbeito«. 

Da  viele  dieser  chemischen  Veränderoogea ■  Jrorgftben/,  ohne  idaa»  jhw»  rigide 

PAy*.  Cbitte.  FI/.  6 


30    .U*/.;i:iVi.  ,,.>.;     JOB/FRIEDR.  LÜDW.  HADBMANüJy  .  iäj 

Aggrfcgateustand  der  Körper  aufgehoben  wird ,  so  kommen  auch  häufig  im 
Gefolge  eines  Austausches  von  Bestand theilen  solche  Molekular  bewegungei 
vor,  deren  Wirkungen  den  Gegenstand  dieser  Untersuchungen  ausmachen 
Von  den  mannichfaltigen  in  diese  Abtheilung  gehörenden  Erscheinungen  können 
indessen  im  Nachfolgenden  nur  einige  besonders  ausgezeichnete  näher  be- 
trachtet werden. 

Der  Austausch  von  Bestandteilen,  durch  den  die  chemische  Natur  leb- 
loser Körper  verändert  wird,  ist  bald  einfacher,  bald  zusammengesetzter. 
Unter  den  Bestandteilen  welche  ausgeschieden  werden,  kommen  besonders 
häufig  Wasser,  Kohlensäure  und  Schwefel,  zuweilen  Arsenik,  selten  andere 
Metalloide  vor.  Kein  Stoff  wird  dagegen  bei  dem  Austausche  häufiger  aufge* 
nommen,  als  Sauerstoff".  Dieser  tritt  dann  entweder  allein  an  die  Stelle  des 
ausgeschiedenen  Bestandteiles,  oder  in  Verbindung  mit  einem  anderen,  be*» 
sonders  mit  Wasser,  mit  Kohlensäure;  oder  auch  wohl  mit  mehreren  anderen 
Bestandteilen,  indem  z.  B.  Wasser  und  Kohlensäure  gemeinschaftlich  mit  dem 
Sauerstoff"  die  neue  Verbindung  eingehen.  Was  die  durch  den  Austausch  voll 
Bestandteilen  gebildeten  Körper  betrifft,  so  gehet  entweder  nnr  eine  neue 
Substanz  daraus  hervor,  oder  es  entstehen  gleichzeitig  mehrere  neue  Substanz 
zen,  die  manchmal  mit  einander  vermengt,  ja  zuweilen  so  innig  vereinigt 
bleiben,  dass  man  ihre  Verbindung  für  eine  chemische  halten  möchte;  die  ini 
dessen  auch  oft  sich  von  einander  sondern.  Die  Trennung  wird  zuweilea 
durch  Einwirkungen  vermittelt,  welche  den  starren  Aggregatzustand  aufheben. 
Überhaupt  gehen  viele  Zersetzungen  vor,  bei  welchen  die  dadurch  veranlasste? 
Formveränderungen  nur  zum  Theil  in  die  Kategorie  der  Erscheinungen  ge- 
hören, welche  den  Gegenstand  dieser  Betrachtungen  ausmachen.  Solches  ist 
besonders  bei  zusammengesetzteren  Mischungsveränderungen  der  Fall,  bei 
welchen  Ausscheidungen  oder  Aufnahmen  gewisser  Bestandtheile  durch  flüssige 
Körper  bewirkt  werden. 

§.     36. 
Umänderung  des  Graubraunsteins  in   Weiche  und  Glantbrounstein. 

Die   Umänderung  welche   der   Graubraunstein  (Manganit/  erleidet,  pnf 

welche  Hai  ding  er  zuerst  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  hat1),  liefert  Beispiele 

1)  Poggendorft  's  Annalen.  XI.  S.  374. 


Ober  die  in  starjwbai«*««^ &öipeb«  iewiriwn  form vsränd.   &i 

von  Form  Veränderungen,  welche  dorcb  einen  einfachen  Austausch  vo4  Wa*§& 
fegen  Sauerstoff  bewirkt  werden.  Am  Häufigsten  kommt  die  Umwandlung 
4es  Graubrauüsteikä  in  Weichbraunstein  (Pyrolusü) ,  defe  Manganoxydhy  dhiWs 
in  Mangauhyperoxyd  vor,  welche  daran  am  Leichtesten  zu  erkennen  ist,  dass 
die  braune  Farbe  des  Striches  sich  in  eine  schwarze  umändert,  womit  eine 
Verminderung  der  Härte  verbunden  ist.  An  Krystallen  des  Graubraunstöins 
«breitet  die  Umänderung  gewöhnlich  von  Aussen  nach  Innert  fort,  und  nicht 
selten  trifft  man  Individuen  an,  Welche  eine  mehr  und  weniger  starke  Rinde 
von  Weicbbraunstein  babfen,  während  der  Kern  nbch  Graubraunstein  ist 
Zuweilen  ist  aber  auch  der  ganze  Krystall  des  letzteren,  mit  Beibehaltung- der 
äusseren  Form ,  in  Weicbbraunstein  umgewandelt  Die  im  Innern  vorgegangene 
Formveränderung  ist  nicht  bedeutend/  welches  wohl  damit  zusammenhängt, 
d*ss  das  Krystallisationensystem  des  Weichbraunsteins  von  dem  des  Graubraun- 
Steins  sich  nicht  weit  entfernt;  dass  bei  Beiden  die  Blätterdurchgänge  eine 
analoge  Lage  haben,  und  die  Differenz  des  Winkels , unter  welchem  die 
Blätterdurchgänge  nach  E  einander  schneiden,  nur  6°  beträgt.  Haidinger 
hat  angemerkt,  dass  die  Spaltbarkeit  nach  B  durch  die  Umänderung  ausge- 
zeichneter zu  werden  scheine.  Obgleich  die  Sauerstoffquantität  welche  das 
Manganoxyd  des  Graubraunsteins  aufnimmt,  indem  Manganhyperoxyd  daraus 
wird ,  der  Bf  enge  des  ausgeschiedenen  Wassers  nicht  einmal  ganz  gleich  kommt, 
s>e  ist  doch  mit*  der  Umänderung  der  Substanz,  eine  Verdichtung  der  Masse 
verknüpft,  indem  das  specifische  Gewicht,  welches  bei  dem  Graubraunstein 
4,3  — 4,4  beträgt,  bis  auf  4,8  und  darüber  steigt,  wodurch  sich  die  Mote- 
kfclarbewegungen  entschiedener  *u  erkennen  geben ,  als  durch  die  Form* 
verän<te*utfg. 

!  ■■'">'  Es  kommen  auch  Krystalle  von  Graubraunstem  vor ,  welche  eine  Rinde 
besitzen,  die  sich  durch  bräunlichschwarze  Farbe,  röthlichbraunes  Pulver  und 
grössere  Härte  von  der  inneren,  unveränderten  Masse  unterscheidet,  und  in 
Qkmzbramistem  ( HausmannUJ  beste/bt.  Diese  Rinde,  welche  im  Innern  kry- 
Stallinisch- körnig  zu  erscheinen  pflegt,  ist  bald  schwächer,  bald  stärker,  und 
Aw  demselben  Krystall  oft  ;  von  i  ungleicher  Stärke.  Auch  bemerkt  man  ab 
solchen  Individuen  zuweilen  im  Innern  einzelne  Partieen ,  welche-  der  Rinde 
gleichen.      Diese  löst  sich  manchmal  schaalenförmig  von  dem  Unveränderten 

G2 


52     •;/,  .;  ?   i  JOB.  FBIID1.  LDI>W.  HAISMANN,      ;  -  - ;  . 


Kerne  *ak  KrystaHe,  weiche  diese  Umwandhing  in  Glanzbnmostem  zeige*, 
pflegen  äusserlich  eine  dunklere,  oft  sammetschwarae  Farbe  zu  besitze«. 
Nach  Blum 's  Bemerkung1)  ist  die  Oberfläche  der  Kry stalle  des  Graubraun^ 
Steins  manchmal  rauh  nnd  wenigglänzend,  wobei  sie  einen  kastanienbraunen 
Strich  wahrnehmen  lassen.  Im  Innern  bestehen  sie  oft  aus  einem  Haufwerke 
oktaädriscber  Krystalle  von  Glanzbraunstein,  daher  sie  etwas  porös  sind,  wäh- 
rend sich  die  Rinde  zusammenhängend  zeigt,  indem  hier  jene  Krystalle  se 
aneinander  gereibet  sind,  dass  eine  der  Oktaederflächen  in  die  Ebene  der 
Säulenfläcben  des  Granbraunsteins  fällt.  Zuweilen  besteht  auch  die  Rinde  aus 
einem  Aggregate  von  sehr  kleinen  Oktaedern,  die  nicht  diese  regelmässig* 
Aneinanderreihung  besitzen,  wodurch  das  Rauhe  auf  der  Oberfläche  vorzüglich 
bewirkt  wird.  Die  Veränderung  scheint  von  Aussen  nach  Innen  fortzuschrei- 
ten; doch  bat  auch  Blum  bemerkt,  dass  solches  nicht  immer  ganz  gleidt* 
massig  geschieht,  indem  auf  der  Oberfläche  oder  in  der  Rinde  mancher  Kry- 
stalle noch  Tbeile  von  Graubraunstein  wahrgenommen  werden,  während  das 
Innere  ganz  mit  Krystallen  von  Glanzbraunstein  erfüllt  ist. 

Bei  der  Bildung  von  Manganoxyd  -  Oxydul  aus  Manganoxydhydrat  wird 
der  Wasserverlust  nur  durch  eine  geringe  Sauerstoffmenge  ersetzt.  Dabei 
findet  aber  eine  Verdichtung  statt,  welche  der  bei  der  Umwandlung  dt* 
Graubraunsteins  in  Weichbraunstein  nahe  kommt.  Da  in  Ansehung  der  Kry- 
staüisation  und  Strnctur  zwischen  diesen1  beiden  Mangan -Fossilien  ein  sehr 
grosser  Unterschied  statt  findet,  so  zeigt  sich  hier  die  Wirkung  der  Maler 
kularbewegungen  bei  starrem  Aggregatzustande  weit  auffallender,  als  bei  dar 
Umwandlung  des  Graubraunsteins  in  Weichbraunstein.  Es  offenbart  sich  »4 
dessen  zuweilen  auch  eijie  begonnene  Umänderung  des  Manganoxydfeydrutes 
in  Manganoxyd  -  Oxydul ,  ohne  dass  zugleich  eine  Veränderung  der  Form 
wahrgenommen  wird.  Es  kommen  nehmlieh  zn  Ilfeld  am  Hart  KrystalldnMü 
und  strahlige  Massen  von  Graubraunstein  vor,  welche  sich  durch  eine  dunklen^ 
oft  sammetsch warze  Farbe ,  in  Verbindung  mit  einem  lebhaften  Glaaz  ang* 
zeichnen,  und  deren  Pulver  sich  durch  eine  lichtere  braune  Farbe  von  den 
Strichpulver  des  unveränderten  Graubraunsteins  unterscheidet«     Auch  habe  ißb 


1)  Pseudouorphosen.   S.  169.  .  i>  ,|o 


\  t 


Ober  die  «  stamhwlhblobeit  xöänäh  mwibmten  foämtiränd.  u 

bemerkt,  dabs  sich  KrystaDe  von  solcher  Beschaffenheit  besonders  Weht nad 
-vollkommen  >  spdfceri  lassen.  Hier  Scheint  als*  der,  Anfapg .  einer  Umwandlung 
»ehr  gteicfexütif!  «hirch  >Äe  ganae  Masse  sieb  verbreitet  xo  haben.  Ea>6  *hn* 
«Heben  Erschekrang!  bietet  fcuwetten  die  Umftuderuüg  des  Graubraunsteins  in 
Wefchbraunstein  In  dem  sogOTamrten  Karrtc*  dar,  der  u.  a,  m  IlfeM  in 
jRsetidomorphosen  nach  Kalkspatb  isCeh  Bildet j  ;  und  nach  der  Untersuchung 
Tnr b  er'  a  als  ein  Gemenge  von  Mangan  oxydkydrat  nid  Manganhyperoxyd 
m;  betriaefcten  ist> l)*  Anf »  den  flfeMer  Bratoisteingängen  ist  das  Verkommen 
des  Glanzbraunsteim  in  Veribindung  mit  den  des  Graubramsteins  im  Gänsen 
von  der  Art,  dass  man  geneigt  seyn  möchte,  die  Bildung  des  ersteren  von 
emer  ümändemng  des  letatereni  abiinleiteö;  so  wie  der  dort  und  In  bedenten- 
defcer  Menge  auf  den  Braonsteingängen  der  Gegend  von  Ilmenau  an  Thüringer 
Walde  brechende  Weicbbreuustetri ,  vielleicht  aum  grossen  Theü  ans  Grau* 
bralundtein  hervorgegangen  ist     »         -■•■mu-<' :  :   n  i 

iJi:.-'i     i.    ;•      ;.  ■»•     t-  .  '    -i:     >.      :i    i^i  ;..»;.<       i'J]'       l.'      '     .'        .[:,.  ■"••  •     '  .!&!:•»;     •     i 

Miti     -":i       .   .■    ■  -.    /      .;■•§.'     3t7.    •'■::.:'  ..■;§ööii*Jii-'<./ 

.<^ -•  Mörtel- Bildung.  .\:  .■;'•>         ]>:nh^7   .-,:■. 

Fuchs  bat  bereits  in  seiner  vortrefflichen  Schrift  ttfcer  Käfk  und  Mörtel 
bemerkt:  wie  es  frei  der  Von  Ihm  iuerst  iraengewieseneri '  chemischen  Ein- 
wirkmrg  von  Kalkerde  und  Kieselsäure  besondere  Beachtung1  Verdiene,  dass 
dtes/elbe  Vorgehe,  ohne  dafss  der  eine1  oder'  andere  der : binWirkettäe'n  Körper 
Im  ÖffSsfgen  Zustande  sich  befindet,  und  liat  in  dieser  Beziehung  janen  Proceä's 
mft  dem  der  Camentätion  verglichen  2).  Die  Form verandertihgen ;  w^fete  die 
Bereitung  tmd  Erhärtung  des  lf(5r^&  begTeiten,  lassen  atlf  m'ebrftbhe  Weise 
<We  Wirkungen  Wd  MoIekuWbewegungen  ohne  Aufhebung  Ws  rlgtdÖn  Ag- 
gregatzwstandes  erkennen) '  welches  um  so  mehf  eine1  genauere  Beathfarig  ver- 
dTent,  jd  weniger  vielleicht  bei  einem  Pröcesse,  der  tfigiieti  unter  unseren 
Angeii  vorgehet,  und  de/ssen  Zweck  auf  Bewirkung  eitlfes  «nstarides  nröglichster 

m  "1)  Vergi;  rtieÄ^anÜBytt  fter  MfteralÖgW'  2 :lKitsg.  ti    S.  2S&  '-   '  '     :Min 

r"'S)  Übei^'ICilk  tthd'mrtervöW  I^Jbirtte^oWiil^tfclks.  AW:«lrd«WH»ii 
1  Journal  Ar  technische  n.  ötoirtemische  Cherttlö  Bd.  VI  besondere  »bgediwfct; 

-■J.i)    ui88fiu:&TA6f{    ...»•;■.. -.iii'jHi  j/    .;.    .oi.iii'ii-'Lii.ii    i'i.n   'liitni>i> v>  • -.<;  /<    :su    l!i  i 


54     :''.'.ija7!.'.;i0,-l  ZllCIBUlfRIEDJt^lJiXW.^HaJBSMAIfHUlA'r^  /!  .11(1  iüiOÜ 

Robe  unter  mit  einander  in  Berührung  gebrachten  Körpern  gerichtet  ist,  daran 
gedacht  zu  werden  pflegt ,  dass  dieser  Zweck  nur  durch  Bewegungen  der 
kleinsten  Theile  erreicht  werden  kann.  .Auch  dürfte  gerade  das,  was  bei 
diesem  Processe  sich  zeigt ,  künftig  besonders  mit  dazu  dienen  können,  zu 
manchen  Aufschlüssen  über  geologische  Erscheinungen  zu  führen.  Die  Ver- 
änderung welche  die  Mischung  des  Luftirtörtels  erleidet,  wovon  seine  Erhärtung 
Folge  ist,  und  die  diesen  Process  begleitenden  Molekularbewegungen,  gehen 
ausserordentlich  langsam  von  Statten,  aus  welchem  Grunde  eine  Vergleichung 
jenes  Herganges  mit  gewissen  Metamorphosen,  die  in  der  Erdrinde  erfolgen, 
besonders  nahe  liegt  Wenn  nun  aber  bei  der  allmähligen  Umänderung  der 
chemischen  Zusammensetzung  des  Luftraörtels,  auf  Molekularbewegungen  welche 
eine  Formveränderung  bewirken,  nur  aus  dem  Effecte  geschlossen  werden 
kann,  so  stellen  sich  dieselben  dagegen  bei  gewissen  Vorgängen/  die  mit 
der  Mörtel -Bildung  im  Zusammenhange  stehen,  und  aus  diesem  Grunde  hier 
gelegentlich  erwähnt  werden  sollen,  obgleich  sie  streng  genommen  zu  früheren 
Abtheilungen  gehören,  indem  bei  ihnen  kein  Austausch,  sondern  theils  nur 
ein  Verlust,  theils  nur  eine  Aufnahme  von  Bestandtheilen  Statt  findet,  durch 
grössere  Geschwindigkeit  augenscheinlich  dar. 

Die  erste  Formveränderung  welche  mit  dem  kohlensauren,  zur  Mörtel« 
bereitung  bestimmten  Kalke  vorgehet,  ist  Folge  der  durch  das  Brennen  be- 
wirkten Verjagung  der  Kohlensäure.  Die  durch  die  ganze  Masse  verbreitete 
Auflockerung  zerstört  die  krystallinische  Beschaffenheit,  wiewohl  Kalkspatb 
und  Marmor  nach  dem  Brennen  noch  Spuren  der  krystallinischen  Structur 
erkennen  lassen.  Es  ist  indessen  ein  erdiger  Bruch  entstanden,  mochte  dem 
rohen  Kalke  eine  späthige  Textur,  oder  ein  muscheliger,  splitteriger,  unebener 
Bruch  eigen  gewesen  seyn.  Die  äussere  Gestalt  der  Stücke  pflegt  durch  das 
Brennen  nicht  zerstört  zu  werden.  Bleibt  aber  der  gebrannte  Kalk  mit  der 
feuchten  Luft  in  Berührung,  so  entzieht  er  derselben  Wasser  und  Kohlensaure, 
und  verwandelt  sich  in  ein  Hydro- Ca rbonat,  wovon  eine  neue  Formverände- 
rung Folge  ist:  die  Stücke  bersten  auf,  und  zerfallen  allmäblig  zu  einem 
lockeren  Pulver.  Doch  ist  der  Erfolg  nicht  immer  derselbe,  welches  daher 
rühren  mag,  dass  der  gebrannte  Kalk,  nach  dem  abweichenden  Gehalte  der 
Luft  an  Wasserdampf  und   Kohlensäure,   in   verschiedenen  Verhältnissen  die- 


ÜHER  DIE  IN  STABWfc  ■BLQ8EN/«Ö1HERW  i  BBWMUffTHH  FORMVBRÄtfD.    55 

selben  aufoiratafc  Fucb*>  brannte  ein  fitttcfc  ¥©■  Isiändisckem  Äalkspath  in 
einem  Piatinttegel  gafcr,  und  Betete  dasselbe  in  einem  troökeitfn  Zimmernder 
Lnft  aus.  NmU  einigen '  Moniten  irog  das  Stück  y<  deäsen  Geivicht  nach  dem 
Brennen  Mfo  Gran  betagt  57,4  Gran.  Es  war  aber,  was  ihm  sehr  auf- 
fiM , .  nicht  bu  eiheoi •» feinen  Pulver  zerfaUab,  sondern  hatte  sich  in  kleine, 
«afcestimmteckige  Äücke  aertheilt,r  an  welchen uvbnu  Atom  Gefüge  des  Kaife- 
spaths,  wae  nach  dem  ; Brennen  noch  sehr  deutfSdh  zu  erkennen  war,  nichts 
tatobr  webrgeh6inmen>  werde*  könnte.  Es  mussten  sich  ifaher  die  Theile  des 
Ädlkes,  wie  Füch*  bemerkt  y  in  eine  ganz  andere  Lage  begebe*  tauen. 
&b  hatte  ieine  nicht  inbedeutende  Härte, ^  nid  /knfrscbtei  stark  bet'm  Zerreiben. 
ht  100  Theüe»  waren  enthalten:  60,70  Kalk,  24,76  ;Kohle«säarer  14,54 
Wasser  l).  Fu45hs  hat  die!  Beobachtung  gemacht,  dasswenri  man  das  Hydre^ 
€arhenaf  i  des  Kalkes  stark  ausglühet,  die  .merkwürdige  -Erscbeiniig  eintritt, 
däsa  die  Theile .  des  Kalkeis  etwas  Zusammenbacken  ^  and  derselbe  sich  .nicht 
mehr  wie  gewöhnlich  mit  Wasser  löscht,  sondern  nur  sehr  langsam  zu  einert 
sandigen  Pulver  zerfttflt,  was  sich  erst  nach  längerer;  Zeit!  dtwas  fetner  zer- 
tbtilt  Es  seheint  demnach,  dass  die  Theile  des  KaHcs  in  der  Lage  welche 
sie  >  bei  der  Bildung  des:  Hydro -Car bona tes  angenommen  haben,  sich  beim 
Ausglühen  i  einander'  mehr  '  nähern  als  gewöhnlich *,  i  so  dass  dann  das  Wasser 
nicht  mehr  so  leicht  zwischen  sie  eindringen  kann  2). 
>:;  Wenn  der  gebrannte  Kalk  für  Ae  Verwendung  zum  Mörtel  mit  mehrerem 
Wasser  «  Bi-eifelöseht  worden,  uni  darauf,  d»  ttbersobilssige  Wasser  ver~ 
dnnstet,  so  bildet  sich  attroähüg  ein  *o<±nes  Kalkhydrat  von  erdiger  Be- 
sehaffenheit  Ans  der  Luft  und  dem  vielleicht  apätor  wieder  danA  in  Berüh- 
rung kommenden  Wasser,  zieht  das  Kalkhydrat  Kohlensäure  an,  wodurch  es 
in  ein  Hydro  -  Carbonat  sich  verwandelt,  welches  durch  den  fortgesetzten 
Eintausch  von  Kohlensäure  gegen  das  sich  ausscheidende  Wasser,  der  neutralen 
Verbindung  von  Kalkerde  und  Kohlensäure  sich  mehr  und  mehr  höhbrt,  und 
in  dieselbe  endlich  wohl  gänzlich  übergehet.  Dieses  kann  indessen  nur  höchst 
langsam  und  unter  besonders  begünstigend^  Umständen  geschehen.  Fuchs 
i  ■■     ■  ■        ■        i  ■    ~     •  - ■ 

,      1)  Fuchs,  a.  a.  0    SL  7.  8.  ;  ,  . 

2)  A.  a.  0.   S.  9. 


i^'I     i   -    i.'- »»' 


56      '/..mm'::>'j  rom^ffitiiBDRj  ildiüw.  syLuaaiMniii/ :  •  a    ^:  ihh  : 

hat  sich  durch  *a  Untersuchung'  eines  alten  Mörtels  rotf  der  Rufte  Rieden* 
bürg  an  der  Akm&hl  davon  überzeugt,  dasrc  iteatitaler  kohlensaurer  Kalk  wirk* 
lich  aus  dem  Hydro -Carbonate  hervorgehen  kann1)-  John  bat  indessei 
Römische  Mörtel  ans  dem  ersten  Jahrhundert  nach  üht.  G.  untersucht ,  und  hl 
ihnen  einen  nicht  ganz  unbedeutenden  Wassergehalt  gefunden;  wogegen  tiifc 
Analyse  eines  hundertjährigen  Mörtels  aus  dem  inneren  Gemäuer  der  abge* 
brannten  St.  Petrikirche  xu  Berlin,  nur  einen  sehr  geringen  Wassergehalt  er- 
gab2); woraus  folgt,  dass  die  Menge  von  Kohlensaure,  welche  der  Mörtel 
aufnimmt,  nicht  Mols  von  der  Zeitdauer,  sondern  zugleich  sehr  von  dei 
Umständen  abhängig  ist.  D'Arc et  versichert,  dass  er  den  Kalk  in  dei 
Mörteln  nie  vollkommen  mit  Kohlensäure  gesättigt  gefunden  habe,  mochten  sifc 
auch  noch  so  alt  gewesen  sein  3).  Ich  selbst  habe  alte  Mörtel  und  Stuke 
aus  verschiedenen  Zeiten  untersucht/  und  in  allen,  nachdem  sie  bei  Ofenwärme 
sorgfältig  ausgetrocknet  worden ,  neben  dem  freilich  sehr  überwiegenden  Kob* 
lensäuregehalte ,  einen  Wassergehalt  gefunden  4).  ' 

Der  Mörtel  geht  aus  dem  weichen  Zustande,  in  welchem  er  sich  anfangs 
befindet,  durch  Aufnahme  von  Kohlensaure,  deren  Menge  mehr  als  die  dd* 
sich  entfernenden  Wassers  beträgt,  in  einen  härteren  Zustand  über,  wobei 
die  erdige  Beschaffenheit  in  eine  dichte  umgewandelt  wird ,  indem  die  Kalfc- 
masse  einen  ebenen  oder  muscheligen  Bruch  annimmt;  welches  indessen  nur 
an  solchen  Stücken  deutlich  erkannt  werden  kann ,  welche  rein  von  Quarzsand 
oder  anderer  Beimengung  sind..  Obgleich  die  Dichtung  und  Erhärtung  döe 
Mörtels  nicht  allein  durch  die  Aufnahme  von  Kohlensäure,  sondern  gewöhnlich 
unter  Mitwirkung  eines  mechanischen  /Druckes  erfolgt,   so  können  doch  die 

1)  A.  ft.  0.    S.  &     ;;  .  •■>;  »  ' '  -  <  •  :   • ;       .->      t. 

Z)  Über  Kalk  und  Mörtel  von l  F.John.    1819.  [$.39-  a;a 

3)  Annales  de  Ctynriie.  T.  74.   p.  315.  ,  , 

4)  Es  wurden  von  mir  untersucht:  1.  Stuk,  von  dem  Reste  der  Bekleidung  der 
Säulen  eines  aus  Travertin  gebaueten  Tempels  zu  Paestum;  Ü.  S^luk,  von  der 
Bekleidung  einer  aus  Ziegelsteinen  aufgeführten  Säule  zu  Pompeji;  3.  tttitä, 
von  den  Ruinen  des  Pallastes  der  Kaiser  zu  Rom;  4.  Mörlel,  aus  einem  alten 
Mosaik -Fussboden  zu  Rom;  5.  Mörtel,  aus  dem  Gefnäuer  alter  Festungswerke 
zu   Genua. 


ÜBER  DIB  IN  STARBST  LttLÖSBN  «ÖRPER5J  BBWRUEffRN  FORMVERÄND.     91 

Mit  der* '  ;  chemischen  Umänderung ,  verbundenen  Molekularbewegungen ,  8»ch 
ohne  diese  Einwirkung  die  Umänderung  der  Structur  herbeiführen.  Dieses 
zeigte  mir  u.  ai  die  Beschaffenheit  des  Kalkes,  der  isur  Einkittung  der  kleinen 
Stein -Prismen  eines  alt -Römischen  Mosaik  -  Fusshtotfens  gedient  hatte.  Er 
besass  eine  kreideweisse  Farbe ,  einen  vollkommen  muscheligen  Brach  und 
scharfe  Kanten ,  welche  Gypsspath  Start:  ritzten.  Da  die  Brucbflfiehe  von 
Kalkspath  geritzt  würde,  so  war  4h  Härte  %$;  Er  löste  sich  sehr  leicht  mit 
heftigem  Aufbrausen  in  Salpetersäure,  mit  Hinterlassung  eines  geringe*,  theils 
sandigen,  theils  flockigen  Rückstandes  auf,  und  gab  nacb  gehöriger  Austrock- 
nung, in  einer  Glasröhre  durch  die  Lötbrohrflamme  erhitzt,  etwas  Wasser  aus. 
'  In  Ansehung  der  Veränderung,  welche  der  Aggregatzustand  des  Mörtels 
erleidet,  sind  hin  und  wieder  Irrthümer  verbreitet,  welche  eine  Berichtigung 
erfordern.  Man  findet  nicht  selten  die  Behauptung,  dass  der  Mörtel  durch  die( 
Aufnahme  von  Kohlensäure  in  den  kryslaUmischen  Zustand  tibergehe  t),  dass 
er  die  Beschaffenheit  des  Marmor*  annehme.  Auf  diesen  Irrthum  hat  bereits 
Fuchs  aufmerksam  gemacht2))  und  ich  kann  zur  Bestätigung  hinzufügen: 
dass  ich  bei  keinem ,  noch  so  altem  Mörtel  die  Umwandlung  der  unkrystallini- 
sehen  Kalkmasse  desselben  in  einen  krystallinischen  Kalk  wahrgenommen  habe. 
Eine  andere  irrige  Ansicht  findet  sich  in  der  trefflieben,  von  dem  verewigten 
Prechtl  herausgegebenen  technologischen  Enzyklopädie5),  in  dem  von  dem 
Herausgeber  selbst  bearbeiteten  Artikel  »Mörtel«,  wo  es  heisst:  »der  Grund 
des  Erhärtens  liegt  2)  in  der  Aufnahme  von  Kohlensäure  aus  der  Luft,  wo- 
durch der  Kalk  allmähfig  in  kohlensauren  Kalk  (Kalkkarbonat)  übergeht ,  und 
sich  dadurch  unter  den  gehörigen  Umständen  dem  natürlichen  Kalkstein  rück- 
stchtlich  der  Festigkeit  nähert.  Diöse  Bildung  des  Kalkkarbönab  erfolgt  gröss- 
tentheils  durch  die  Vermittlung:  des  im  Mörtel  enthaltenen  Wassers,  das  mit 
Ätzkalk  als  Kalkwasser  gesättigt,  die  Kohlensäure  aufnimmt,  den  kohlensauren 
Kalk  krystallinisch   (stalaktitisch)   absetzt.«      Diese  stalaktitische  Bildung  von 


1)  Diese  Meinung  findet  sich  sogar  jp  dem  Handbuche  der  angewandten  Chemie 
von  J.Dumas.    A.  d.  Franz,  wo  G.  Alex  und  Fr.  Engelhart.  II.  S.  536. 

2)  A.  a.  0.   S.  37. 

3)  Band  VIII.   S.  75. 

Phys.  Classe.    VII.  H 


98  JOB.  FRIEDIL  LUD W.  HAUSMANN, 


!..♦.« 


neutralem  kohlensauren  Kalk  ist  eine  ganz  partielle,  welche  aaf  die  Erhärtung 
der  Mörtelmasse  von  gar  keinem  Einflasse  ist.  Nur  in  einzelnen  Blasenräu- 
men,  die  zuweilen  im  Mörtel  entstehen,  nimmt  man  zuweilen  eine  durch 
stalaktitischen  Kalk  gebildete  Auskleidung  wahr,  so  wie  hin  und  wieder  sogar 
deutliche  Kalkspathkrystalle  darin  angetroffen  werden  l).  Auch  findet  man 
zuweilen  in  einzelnen ,  in  der  Mörtelmasse  entstandenen  Bissen,  stalaktitischen 
Kalk,  der  darin  aus  eingesiekertem  kalkhaltigen  Wasser  sich  absetzte,  welches 
durch  seinen  Kohlensäuregehalt  vielleicht  aus  dem  Mörtel  selbst,  Kalktheile 
aufgenommen  hatte. 

In  vielen  Fällen  trägt  bei  dem  Luftmörtel  zur  Erhärtung  und  Umänderung 
der  Structur,  ohne  Zweifel  die  Bildung  von  Kalkerdesilicat  bei.  Bekanntlich 
gründet  sieb  hierauf,  nach  den  Untersuchungen  von  Fuchs2),  die  bindende 
Kraft  und  rasche  Erhärtung  des  Wassermörtels ,  wobei  die  Wirkung  von 
Molekularbewegungen  so  augenscheinlich  ist,  die  aus  einer  pul  verförmigen, 
durch  Wasser  in  den  breiigen  Zustand  versetzten  Masse,  in  kurzer  Zeit  einen 
dichten  Körper  von  ebenem  oder  muscheligem  Bruche  entstehen  lassen,  der 
die  Härte  des  Kalkspaths,  und  zuweilen  sogar  eine  noch  etwas  grössere  Härte 
erlangt. 


wl 


§.     38. 

Umwandlung  ton  Kupferlasur  in  Malachit. 

Das  Umgekehrte  von  dem  was  bei  dem  Mörtel  vorgehet,  zeigt  auf  eine 
ausgezeichnete  Weise  die  Umwandlung  der  Kupferlasur  in  Malachit,  indem 
jene  Substanz  Wasser  aufnimmt,  und  dagegen  Kohlensäure  fahren  lässt  Bei 
dieser  Umbildung  wird  aus  einem  krystallinischen  Körper,  ohne  Aufhebung 
des  rigiden  Aggregatzustandes,  ein  anderer,  in  welchem  mit  einer  etwas  ver- 
schiedenen chemischen  Zusammensetzung,  eine  etwas  abweichende  Form  ver- 
knüpft ist;   denn   wenn  gleich  beiden  Mineralsubstanzen  klinorhombische  Kry- 

1)  Überaus  nette  und  klare  Kalkspathkrystalle  fand  ich  in  den  Blasenräumen  eines 
Mörtels  aus  einer  alten  Casematte  im  Göttinger  Walle,  die  i.  J.  1835  bei  Gele- 
genheit der  erneuerten  Ausmauerung  eines  Durchganges  für  den  botanischen 
Garten,  weggeräumt  wurde. 

2)  A.  a.  0,  S.  37  ff. 


ÜBBR  DIU  IN  STÄ«t«l  l*ÖLO§EN  KÖRPERN  BBWffiKTEN  FORMVBRÄND.    f» 

stallisationensysteme  mit  raikrodiagonaler  Abweichung  eigen  sind)  so  lassen 
sich  doch  die  Winkelverhaltnisse  derselben  nicht  unter  einander  reimen,  so 
wie  anch  die  Lage  der  Blätterdurchgänge  bei  beiden  ganz  abweichend,  nnd 
der  Grad  der  Spaltbarkeit  sehr  verschieden  ist.  Beudant  hat  bereits  in  seiner 
reichhaltigen  Mineralogie  jene  Umwandlung  erwähnt1),  und  genaue  Beschrei- 
bungen derselben  haben  Haidinger2)  und  Blum5)  geliefert,  denen  ich 
kfcum  etwas  Neites  hinzuzufügen  vermag. 

r      Am  Gewöhnlichsten   nimmt   man   die   Umwandlung   von   Kupferlasur  in 
Malachit  an  Kristallen  der  ersteren  wahr,    deren  Äussere  Gestalt  dabei  oft 
Vollkommen,  zuweilen  indessen  nur  unvollkommen  oder  tbeilweise  erhalten  ist; 
nnd   wohl  nirgends  ausgezeichneter,    als  an  den  schönen  Drusen  von  edler 
Kupferlasur  von  Chessy  unweit  Lyon.     Doch  zeigt  sieb  dieselbe  Veränderung 
tu  weilen  auch   an   der  nicht   krystallisirten   gemeinen,    im  Bruche  unebenen 
öder  erdigen  Kupferlasur,   wie  ich  sie  u.  a.  an  Stufen  von  Adelaide  in  Neu- 
holland vor  mir  habe.      Bei  einer  Metamorphose  wie  diese,    welche  durch 
Aneignung   eines   Bestandteiles  aus  der  äusseren   Umgebung   bewirkt  wird, 
möchte  wohl  ein  allmähliges  Fortschreiten  von  Aussen  nach  Innen  am  Natür- 
lichsten erscheinen.     Dennoch  zeigt  sich  bei   der  Umwandlung  von  welcher 
hier  gehandelt  wird,    dieser  Gang  gerade  am  Seltensten,    wie  solches  von 
Blum  sehr  richtig  angegeben  worden.     Zuweilen  finden  sich  allerdings  Kry- 
stalle  von  Kupferlasur,  die  mit  einer  dünnen  Malaehithaut  bekleidet  sind;  oft 
ist  dieses  aber  eine  Täuschung,    indem,    wie  solches  ebenfalls  von  Blum 
bereits  bemerkt  worden ,   die  Kupferlasur  den  nahe  unter  der  Oberfläche  be- 
findlichen Malachit  nur  durchschimmern  lässt.     Nicht  selten  beginnt  die  Um- 
wandlung da;  wo  die  Kry stalle  der  Kupferlasur  aufgewachsen  sind;  aber  auch 
oft  bald  hier,   bald  dort,  ganz  im  Innern  des  Kry  Stalles,  indem  sie  sieb  von 
einzelnen  Puncten  aus  nach  den  Seiten  verbreitet.    Die  Umbildung  nimmt  mit- 
unter  so   zu,    dass  die   ganze   Masse   des   Krystalls  zu   Malachit   geworden. 
Dieser  ist  stets  faserig,  und  die  Fasern  erscheinen  sehr  gewöhnlich  bttschel- 


1)  Traite  de  Mineralogie.  2.  Ed.   I.   p.204. 

2)  Poggendorff's  Annalen.  XI.  S.  179. 

3)  Pseudomorphosen.  S.  215. 

H2 


60    ;/..,  :      JOB.  PRIEDR.  MJDW.  HAÜSMAN«, 

förmig  von  einzelnen  Puncten  auseinander  laufend.  Doch  kommen  sie  auch 
xu weilen  in  Lagen  vor,  welche  den  Krystallflächen  der  Kupferlasur  entsprer 
eben.  Oft  umscbliessen  diese  in  ihrer  ursprünglichen  Glätte,  die  im  Innern 
befindliche  faserige  Malacbitmasse ;  manchmal  werden  sie  aber  auch  von  den 
Pasern  durchbrochen,  in  welchem  Falle  die  Oberfläche  raub  erscheint,  und 
die  Krystallform  wobl  mehr  und  weniger  zerstört  ist  Auch  da,  wo  niety 
krysfallisirte ,  gemeine  Kupferlasur  in  Malachit  umgewandelt  worden,  offenbart 
sich  hin  und  wieder  das  Fortschreiten  der  Umänderung  von  Innen  nach  Aussen. 
Der  durch  diese  Umbildung  entstandene  Malachit,  ist  ebenfalls  faserig.  Ais 
dem  Mitgeteilten  wird  es  einleuchten,  wie  complicirt  die  Wirkungen  der 
Molekularbewegungen  seyn  mussten,  indem  in  einem  Krystallindividuum  vop 
Kupferlasur  eine  grosse  Anzahl  von  freilich  nicht  zur  Vollendung  gekommenen, 
kleineren  Malacbitkrystallen  in  abweichender  prismatischer  Form  sich  bildete, 
und  auf  verschiedene  Weise  >  bald  conoentriscb ,  bald  den  Krystallflächen  der 
Kupferlasur  entsprechend ,  sich  gruppirte. 

Jener  auffallende  Gang  der  Umwandlung  der  Kupferlasur  in  Malachit 
könnte  es  vielleicht  zweifelhaft  erscheinen  lassen,  ob  hier  wirklich  eine  Um- 
bildung angenommen  werden  dürfe,  oder  ob  nicht  vielleicht  Malachit  und 
Kupferlasur  gleichzeitig  auf  solche  Weise  entstanden  seyen,  dass  die  Kry  stak 
lisation  der  Kupferlasur  die  Herrschaft  behauptet  habe,  wogegen  der  in  ihrei} 
Bereiche  gebildete  Malachit  mehr  und  weniger  ihr  unterthan  geblieben  sey; 
wofür  bei  der  offenbar  grösseren  Krystallisationstendens  der  Kupferlasur  Mann 
ches  sprechen  dürfte.  Doch  möchte  wohl  die  von  Beudant,  Haidinger 
und  Blum  aufgestellte  Ansiebt  die  richtigere  seyn,  in  welcher  Hinsicht  berück«? 
sichtigt  au  werden  verdient,  dass  der  bei  der  Umwandlung  von  Kupferlasur 
in  Malachit  sich  zeigende,  ungewöhnliche  Gang,  doch  auch  bei  mehreren  aq-» 
deren,  unzweifelhaften  pseudomorpbisohen  Bildungen  beobachtet  werden  kaap, 
wie  u.  a.  oben  auch  bei  der  Umänderung  von  Grau-  in  Glanzbraunstein  an-* 
gegeben  worden.  Eine  solche  von  Innen  nach  Aussen  fortschreitende  Um- 
wandlung wird  um  so  weniger  räthselhaft  erscheinen,  wenn  man  sieb  davon 
überzeugen  muss,  dass  zuweilen  dem  Anscheine  nach  vollkommen  dichte 
Mineralkörper  von  Wasser  und  Luft  durchdrungen,  und  durch  solche  im  Innern 
verändert  werden. 


Ober  die  in  stabebn  liblosek  Körpern  rbwiubtbn  fokmveränd.  ei 

Es  darf  nicht  Übersahen  werden ,  das*  der  durch  Umwandlung  der  Kupfer- 
kflur  gebildete  Malachit  nicht  immer  unmittelbar  und  ohne  Aufhebung  des 
rigiden  Aggregatzustandes  daraus  hervorgegangen  ist,  sondern  aus  einer  ohne 
Zweifel  durch  Kohlensäure  enthaltendes  Wasser  vermittelten  Auflösung ,  bald 
auf  der  Kupferlasur,  bald  in  grösserer  oder  geringerer  Entfernung  von  der* 
selben,  in  sphärischen  oder  stalaktitischen  Formen  sich  abgesetzt  hat 

Man  würde  indessen  offenbar  zu  weit  geben ,  wenn  man  bei  jedem  Zu« 
sammenvorkommen  von  Kupferlasur  und  Malachit  annehmen  wollte,  dass  der 
letztere  durch  eine  Umwandlung  der  ersteren  entstanden  sey.  Oft  zeigen  sich 
beide  verwandte  .Verbindungen  in  einem  solchen  gegenseitigen  Verhältnisse, 
dass  man  der  Kupferlasur  sogar  nothwendig  eine  spätere  Entstehung  als  dem 
Malachit  zuschreiben  muss;  dieses  ist  z.  B.  da  der  Fall,  wo,  wie  so  oft,  auf 
einer  Unterlage  von  erdigem  oder  dichtem  Malachite,  einzelne  Krystalle  von 
Kupferlasur  sich  befinden. 

§.     39. 

Umänderung  des  thonigen  Sphärosiderites  in  ihonigen  Rotheisenstein  durch  das  Glühen. 

Der  thouige  Sphärosiderü ,  der  aus  einem  innigen  Gemenge  von  Sphäro- 
siderit,  dessen  wesentlicher  Bestandteil  kohlensaures  Eisenoxydul  ist,  und 
Thon  oder  Mergel  in  einem  variabelen  quantitativen  Verhältnisse  besteht,  kann 
durch  höhere  Oxydation  des  Eisens  und  Ausscheidung  der  Kohlensäure,  eine 
Zersetzung  erleiden,  welche  verschieden  ist,  je  nachdem  sie  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  oder  unter  Einwirkung  von  Glühhitze  vor  sich  gehet  Unter 
beiden  Umständen  findet  ein  Austausch  von  Bestandteilen  statt,  der  mit  einer 
Formveränderuag  ebne  Aufhebung  des  rigiden  Aggregatzustandes  verknüpft  ist, 
Im  ersteren  Falle,  der  später  betrachtet  werden  wird,  verwandelt  sich  das 
kohlensaure  Eisenoxydul  in  Eisenoxydbydrat,  indem  mit  dem  Sauerstoffe  auch 
Wasser  aufgenommen  wird;  im  letzteren  Falle,,  von  welchem  gegenwärtig 
gehandelt  werde«  soll,  wird  zugleich  mit  der  Kohlensäure  des  Sphärosiderites 
auch  das  Wasser  des  Thons  ausgeschieden,  und  dafür  nur  Sauerstoff  aufge- 
nommen. Ist,  wie  manchmal,  Mergel  beigemengt,  so  wird  der  Kohlensäure^ 
gehalt  welcher  verloren  geht,  noch  durch  den  des  letzteren  vermehrt  Die 
erste  Art  der  Umänderung  erfordert  bis  zu  ihrer  Vollendung  eine  nicht  zu 


62     •  /.     -■  -v  .     ■  IOH.  ffftIBDR.  LÜDW.  HAUSMANR, 

berechnende  Zeitdauer;  wogegen  die  zweite  rasch  von  Stalten  gehet  Jene 
ereignet  sich  ohne  besondere  Veranlassungen  auf  den  natürlichen  Lagerstätte* 
des  thonigen  Sphärosiderites ;  diese  wird  zuweilen  auf  denselben  durch  beson- 
dere Umstände  herbeigeführt,   kann  aber  auch  eben  sowohl  künstlich  bewirkt 

werden. 

Der  tbonige  Sphärosiderit  kommt  bekanntlich  am  Häufigsten  in  spbäröidi- 
scben  Nieren  von  verschiedener  Grösse ,  aber  auch  in  zusammenhängenden 
Lagern' in  verschiedenen  Flötzformationen ,  vorzüglich  aber  im  Steinkoblenge- 
birge  vor,  in  welchem  die  Lager  welche  ihn  enthalten ,  nicht  selten  mit  des 
Kohlenflözen  wechseln.  Besonders  häufig  pflegt  er  in  Schieferthonlagern  sieh 
zu  finden ,  welche  das  unmittelbar  Hangende  der  Kohlenflötze  bilden  l).  Wenn 
nun  ein  Kohlenflötz,  sey  es  durch  Selbstentzündung,  sey  es  durch  andere 
Veranlassung,  in  Brand  geräth,  der,  wenn  er  nicht  zeitig  erstickt  wird,  von 
langer  Dauer  seyn  kann,  wie  es  die  unterirdischen  Brände  der  Fanny -Grube 
in  Niederschlesien,  von  Zwickau  in  Sachsen,  von  Duttweiler  im  Saarbrück - 
sehen ,  von  St.  Etienne  in  Frankreich ,  von  Dudley  in  England  zeigen.  Durch 
die  Gluth  werden  die  Massen,  welche  den  Kohlenflötzen  nahe  liegen,  in  ver- 
schiedenem Grade  verändert;  es  entstehen  Erdschlacken,  Porzellanjaspisse, 
welche  Werner  mit  dem  Namen  der  pseudomlkanische*  Producte  belegte; 
und  auf  diese  Weise  kann  denn  auch  der  tbonige  Sphärosiderit  eine  Umände- 
rung erleiden,  indem  er  durch  die  Gluth  in  thonigen  Rotheisenstem  umge- 
wandelt wird.  Zuweilen  gehet,  mit  seiner  inneren  Form  eine  merkwürdige 
Veränderung  vor,  indem  er  stftngliche  Absonderungen  erhält.  Dieser  $täng- 
Uche  rothe  Thoneüenstem ,  der  durch  seine  ausgezeichnete  Structur  schon 
früh  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gezogen ,  und  dem  man  verschiedene  Namen, 
als  Nagelen ,  SchmdefaageleUenstem ,  gegeben  hat ,  findet  sich  unter  de» 
Producten,  welche  durch  Kohlenbrände  entstanden  sind,  besonders  in  Böhmen, 
zu  Hoschnitz,  Delau  im  Saatzer,  zu  Straska  und  SchwindschHz  im  Leutmeritsw 
Kreise,  so  wie  am  brennenden  Berge  zu  Duttweiler  in  der  Gegend  von 
Saarbrücken.  Auch  soll  er  in  Schottland  vorkommen.  Eine  ganz  ähnliche 
stängliche  Absonderung  erhält  zuweilen  der  thonige  Sphärosiderit  durch  das 


1)  Vergl.  Lehrbuch  der  Geognosie  von  Dr.  C.  Fr.  Naumann.  II.  S.  480. 


Ober  die  in  starebk  iulohn  Körpern  bewirkten  formveränd.   63 

Rösten,  wie  ich  es  auf  Eisenwerken  in  England,  wo  der  thonige  Sph&rosi- 
derit  durch  ein  Röste»  in  Öfen  zum  Schmelzprocesse  vorbereitet  wird,  ge- 
sehen habe  l). 

Der  thonige  Sph&rosiderit  ändert  bekanntlich  sowohl  in  seiner  chemischen 
Zusammensetzung,  als  auch  in  seiner  Mengung  mit  Thon  oder  Mergel  ausser- 
ordentlich ab,  daher  auch  der  durch  seine  Umänderung  unter  Einwirkung  von 
Glühhitze  entstandene  thonige  Rolheisenstein  sehr  verschiedenartig  seyn  kann. 
Mag  indessen  sein  Eisengehalt  grösser  oder  geringer  seyn;  mag  er,  wie 
solches  oft  der  Fall  ist,  neben  dem  kohlensauren  Eisenoxydül  auch  kohlen- 
saures Manganoxydul,  neben  dem  wasserhaltigen  Thonerdesilicat,  kohlensaure 
Kalkerde,  vielleicht  auch  elwas  kohlensaure  Talkerde,  oder  ausser  der  ge- 
wohnlichen  Beimengung  noch  kohlig -bituminöse  f  heile  enthalten,  so  wird  er 
doch  durch  das  Glühen  an  Kohlensäure  und  Wasser  immer  weit  mehr  ver- 
lieren, als  er  durch  die  höhere  Oxydation  des  Eisens  an  Sauerstoff  aufnimmt 
Um  dieses  genauer  nachzuweisen,  möge  folgendes  Beispiel  dienen. 

Ein  nicht  ungewöhnlicher  Eisengehalt  des  thonigen  Spbärosiderites  ist  der 

von  30  Procent 


1)  Der  verstorbene  Reuss  hat  die  Meinung  geäussert  ( Urographie  des  nordwest- 
lichen Mittelgebirges  in  Böhmen.  1790.;  S.  90,),  dass  der  stangliche  thonartige 
Bisenstein  nicht  immer  unter  Einwirkung  von  Hitze ,  sondern  auch,  durch  Aus- 
trocknung entstanden  sey,  welches  namentlich  bei  dem,  welcher  in  der  Prohner 
Schrunde  zwischen  Lagen  verhärteten  Thons  sich  findet,  anzunehmen  seyn 
dttrfte,  weil  in  jener  Gegend,  wo  doch  übrigens  auch  Steinkohlen  sich  finden, 
keine  Spur  eines  unterirdischen  Feuers  wahrgenommen  werde.  Da  ich  weder 
mit  dem  stanglichen  Thoneisenstein  von  jener  Localität,  noch  mit  den  dortigen 
geognostischen  Verhaltnissen  näher  bekannt  bin,  so  muss  ich  mich  sowohl  über 
obige  Meinung,  als  auch  über  das  von  Reuss  erwähnte  Vorkommen  von  sang- 
lichem Thoneisenstein  zu  Amberg  in  der  Oberpfalz,  eines  Urtheils  enthalten. 
Es  ist  indessen  nicht  wohl  anzunehmen,  dass  thoniger  Sphftrosiderit  sich  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  in  thonigen  Rotheisenstein  umwandten  könne.  Enthalt 
nun  der  stftngliche  Thoneisenstein  von  den  genannten  Legalitäten  das  Eisen  als 
Oxyd,  so  dürfte  man  eher  berechtigt  seyn,  die  Art  der  Absonderung  für  eine 
ursprüngliche  Bildung  anzusprechen. 


64      ■     /,v:/i/.;i(H  40Ä iPRIÄWt  LODW/ÄÄlMIlUlOri  o  /IUI   :!>l<n 

Zum  koälenfttoröö  Eisenexydul  sind  damit  verbände*  *»  8,57  Ptfoc.  StuevsMffiH 

und  23,56    —     Kohlensäw* 
der  Thongebalt  betrage  37,87    — 
in  welchem  etwa  5,00    — .  Wasser 

enthalten   sind.      Von   einem   auf  diese   Weise    zusammengesetzten    thonige^ 
Sphärosiderite  geben  durch  Glühhitze  verloren:  23,56  Proc.  Kohlensäure 

und    5,00    —    Wasser     ■•. 


28,56    — 


<f 


wogegen  bei  dem  Übergange  des  Eisenoxyduls 

in  Oxyd  aufgenommen  werden  4,28    — ,  Sauerstoff,,. 

daher  nach  Abzug  derselben  der  Verlust  24,28    —     beträgt,  a)p$ 

beinahe  %  des  ganzen.  Dieser  Verlust  wird  dadurch  noch  vergrössert,  daa£ 
bei  heftiger  Gluth  etwas  Eisenoxyd  zu  Eisenoxyd  -  Oxydul  wird,  wie  aus  def 
schwarzen  Färbung  und  dem  metallischen  Glänze  zu  schlössen  ist,  welch*, 
oft  auf  den  Absonderungsflächen  sich  zeigen.  Sollte  der  thonige  Sphärosiderüj 
vor  seiner  Umänderung  durch  Glühhitze  schon  in  thonigen  Braun-  oder  Gelb- 
eisenstein umgewandelt  worden  seyn,'  so  würde  der  Verlust  durch  die  Aus- 
treibung des  im  Eisenoxydhydrate  enthaltenen  Wassers  noch  vergrössert  wer- 
den. Ob  dieses  der  Fall  gewesen,  lässt  sich  nach  der  Beschaffenheit  des 
gebrannten  Sphärosiderites  niebt  beurtheilen.  Folge  von  diesem  grossen  Ver- 
luste von  Bestandteilen  ist  die  Auflockerung,  welche  die  ganze  Masse  des 
thonigen  Sphärosiderites  erleidet,  die  besonders  dadurch  sich  zu  erkennen 
giebt,  dass  das  Mineral  durch  das  Brennen  weicher,  zuweilen  beinahe  zer-^ 
reiblich,  und  aji  der  Zunge  klebend  wird.  Damit  bangt  nun  aber  auch  die 
innere  Formveränderung  zusammen,  welche  vor  sich  gieng,  phae  dass  die 
Masse  in  Flus*  kam,  mithin  durch  Molekularbewegungen  bewirkt  wurde, 
welche  die  Lage  der  kleinsten  Theile  veränderten,  ohne  dass  eine  Aufhebung 
des  rigiden  Aggregatzustandes  statt  fand.  Die  Wirkungen  der  Molekularbe- 
wegungen zeigen  sich  auf  gedoppelte  Weise ;  theils  nehmlich  in  der  Verände- 
rung des  Bruches,  der  bei  dem  thonigen  Sphärosiderite  gewöhnlich  muschelig 
oder  eben,  bei  dem  thonigen  Rotheisenstein  dagegen  feinerdig  ist;  theils  und 
vor  Allem  aber  in  der  Entstehung  der  stänglichen  Absonderungen.  Diese 
setzt  innere  Attractionen  voraus,    welche  mehr  und  weniger  die  ganze  er- 


Ober  die  in  starben  leblosen  Körpern  bewirkten  forii  verInd.  65 

glühende  Masse  betrafen,  und  nicht  wie  bei  der  langsamen  Umwandlung  des 
thonigen  Sphärosiderites  in  thonigen  Braun-  oder  Gelb  eisen  stein,  allmählig  von 
Aussen  nach  Innen  sich  verbreiteten,  wodurch  aus  dieser  Umbildung,  der 
Oberfläche  entsprechende,  schaalige  Absonderungen  hervorgiengen. 

Die  stängliche  Absonderung  des  thonigen  Rotheisensteins  ist  nach  einem 
kleinen  Maassstabe  ein  treues  Bild  der  säulenförmigen  Absonderung  des  Ba- 
saltes und  anderer  Säulengebirgsarten.  Sie  ist  eine  ähnliche  Bildung,  wie  sie 
zuweilen  bei  dem  Brennen  des  Gypses  entsteht,  von  welcher  oben  die  Rede 
war;  und  nicht  wesentlich  verschieden  von  den  ebenfalls  beschriebenen,  durch 
Einwirkung  eruptiver  Gebirgsarten  auf  Braun-  und  Schwarzkohlen  veranlassten 
stänglichen  Absonderungen«  Hieraus  gehet  hervor,  dass  sie  bei  den  ver- 
schiedenartigsten Körpern,  und  unter  sehr  abweichenden  Umständen  entstehen 
kann,  wiewohl  gewöhnlich  der  Einfluss  höherer  Temperatur  dabei  im  Spiele 
ist.  Daraus  aHein  würde  es  sich  schon  ergeben,  dass  jene  stängliche  Abson- 
derung mit  Krystallisation  gar  Nichts  gemein  hat,  wiewohl  sie  in  älterer  und 
neuerer  Zeit  hin  und  wieder  irrig  für  eine  krystallinische  Bildung  angesprochen 
worden.  Da  übrigens  diese  Absonderung  von  mannicbfaltigem ,  besonders 
auch  geologischem  Interesse  ist,  und  ihre  Eigentümlichkeiten  an  dem  aus 
thonigem  Sphärosiderite  entstandenen,  thonigen  Rotheisensteine  sich  sehr  aus- 
gezeichnet zu  erkennen  geben,  so  wird  es  nicht  unpassend  seyn,  bei  dieser 
Gelegenheit  etwas  Umfassenderes  darüber  mitzutheilen ,  welches  zur  speciellen 
Erläuterung  an  die  im  2ten  §.  enthaltenen  allgemeinen  Bemerkungen  sich  reihet. 

Die  Bildung  der  gemeinen ,  d.  i.  nicht  krystalliniscben  stänglichen  Abson- 
derung, welche  von  der  krystallinisch-  stänglichen  wohl  unterschieden  werden 
muss  x),  gehört  zu  den  Wirkungen  derselben  Attractionskraft,  welche  Wasser- 
tropfen so  gut  wie  Wellkörper  formt2),  welche  in  allen  Abstufungen  des 
flüssigen  und  starren  Zustandes,  in  unorganisirten  Körpern  so  wobl  als  in 
organisirten  wirksam  ist,  und  bei  jenen  eben  so  gut  in  einfachen  als  in  ge- 
mengten sich  zeigt,  indem  sie  nicht,  wie  die  Erystallisationskraft  an  die  Sub- 


1)  Vergl.  mein  Handbuch  der  Mineralogie.  2te  Ausg.  I.  S.  288.  292. 

2)  S.  Geognostische  Beobachtungen  auf  Reisen  durch  Deutschland  und  Italien,  an- 
gestellt von  Leopold  von  Buch.  I.  S.  17. —  Heine  Untersuchungen  über 
die  Formen  der  leblosen  Natur.  L  S.  102  ff. 

Phys.  daue.  VU.  I 


66  JOH.  FRIBDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

«  » 

stanz,  sondern  nur  an  die  Masse  der  Körper  geknüpft  ist.  Auf  solche  Weise 
ist  die  Bildnngsart  der  Prismen  der  gemeinen  stänglichen  Absonderung,  der 
Entstehungsart  von  prismatischen  Kry stallen,  oder  krystallinisch - stänglicher 
Absonderung  gerade  entgegengesetzt,  wenn  gleich  die  Formen  Ähnlichkeit  zeigen 
können;  jene  ist  allein  durch  Centralattraction  und  gegenseitige  Abplattung 
benachbarter  Attractioussphären,  diese  durch  polare  Anziehung  und  Abstossung 
bedingt,  wiewohl  Centralattraction  davon  nicht  ausgeschlossen  ist,  und  auf 
verschiedene  Weise  dabei  in  Wirksamkeit  treten,  selbst  mit  der  krystallinischen 
Bildung  in  Conflict  gerathen  kann1). 

Um  die  Bildung  der  stänglichen  Absonderung,  die,  wie  gesagt,  nicbt  im 
Wesen,  sondern  nur  in  der  Grösse  der  Dimensionen,  von  der  Säulenbildung 
des  Basaltes  und  anderer  Säulengebirgsarten  abweicht,  und  von  welcher  sich 
allmählige  Abstufungen  bis  zu  den  grössten  und  stärksten  abgesonderten  Stücken 
solcher  Gebirgsarten  verfolgen  lassen,  in  das  rechte  Licht  zu  stellen,  scheint 
es  mir  angemessen  zu  seyn,  zu  zeigen,  unter  welchen  sehr  verschiedenen 
Verhältnissen  die  Entstehung  dieser  Absonderungsform  möglich  ist.  Folgende 
Hauptmodificationen  der  Umstände,  unter  welchen  die  Bildung  der  Säulen  oder 
stänglich- abgesonderten  Stücke  erfolgt,  dürften  zu  unterscheiden  seyn: 

1.  Das  Austrocknen  feuchter  Körper.  Dahin  gehört  das  oft  regelmässige 
Zerbersten  des  gefällten  Eisenoxydhydrates  (§.  1.);  das  Aufreissen  des  Thons 
bei  der  Verdunstung  des  Wassers,  wobei  jedocb  die  Säulenform  selten  be- 
sonders regelmässig  erscheint. 

2.  Das  Erstarren  geschmolzener  Körper.  Unter  diesem  Verhältnisse 
lässt  sieb  jene  Bildung  zuweilen  bei  dem  gemeinen  Glase  beobachten.     Aus*» 

1)  Die  von  mehreren  ausgezeichneten  Naturforschern  gemachten  Versuche,  die 
Krystallbilduog  durch  Abplattungen  von  Aggregaten  krummflächiger  Moleküle  zu 
erklären,  sind  ein  Beweis  von  gänzlicher  Verkennung  des  wahren  Wesens  der 
Krystallisation.  Wohl  können,  wie  ich  in  meinen  Untersuchungen  über  die 
Formen  der  leblosen  Natur,  I.  S.  129  gezeigt  habe,  durch  gegenseitige  Abplat- 
tungen benachbarter  krummflächiger  Körper,  Formen  entstehen,  welche  Ähn- 
lichkeit mit  gewissen  Krystallisationen  haben;  aber  durch  die  Annahme  von 
Abplattungen  krummflächiger  Moleküle  gelangt  man,  wenigstens  nach  meiner 
Überzeugung,  nicht  zur  Erklärung  des  Wesens  der  geradflächigen  äusseren 
Krystallgestalten ,   und  des  krystallinischen  Gefüges. 


ÜBER  DIE  IN  STARREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVBRÄND.  67 

gezeichnet  ist  sie  mir  bei  Schlacken  vorgekommen ,  z.  B.  bei  einer  Kupfer- 
steinschlacke in  Fahlun  in  Schweden,  bei  welcher  der  Übergang  von  der 
sphärischen  Bildung  in  die  durch  Abplattung  bewirkte  regulär- sechsseitige 
Form  äusserst  schön  zu  verfolgen  war  l).  Dahin  gehört  die  oft  ausgezeichnete 
Säulenbildung  der  Lavaströme  2) ,  und  ohne  Zweifel  auch  die  Bildung  der 
Säulen  des  vulkanoidischen  Basaltes   und  verwandter  Gebirgsarten. 

3.  Die  Abkühlung  einer  feurig-teigigen  Hasse.  Dieser  Aggregatzustand 
dürfte  manchen  eruptiven  Gebirgsarten  bei  ihrem  Emporsteigen  eigen  gewesen 
seyn.  Ich  möchte  dahin  den  Trachyt  3) ,  manche  Porphyre 4)  nebst  der  Por- 
phyrbreccie  5)  zählen. 

4.  Die  Abkühlung  einer  gefritteten  ,*  d.  i.  in  einem  halbgeschmolzenen 
Zustande  befindlichen  Hasse.  Dahin  gehört  die  oft  ausgezeichnete  Säulenbil- 
dung in  den  aus  Sandstein  bestehenden  Gestellsteinen  von  Schmelzöfen ,  so 
wie  die  sehr  ähnliche  Bildung,  welche  sich  an  Sandsteinen  zeigt,  auf  welche 
Basalt  eingewirkt  hat  6). 

5.  Die  Abkühlung  von  Massen  in  welchen  die  Einwirkung  hoher  Tem- 
peratur eine  chemische  Veränderung  verursacht  hat,   wohin  die  hier  zunächst 


1)  Vergl.  meine  Commentatio  de  usu  experientiarum  metaUurgicarum  ad  disquisi- 
tiones  geologicas  adjuvandas.  Comment.  Soc.  Reg.  scient  Gotting.  recent. 
Vol.  VIII.  p.  164. 

2)  Z.  B.  an  dem  Lavastrome  des  Vesuvs  von  1631  zwischen  Portici  und  Torre  del 
Greco  (Institutions  gäologiques  parScipionBreislak,  trad.  par  P. J.L. Camp- 
mas.  Atlas,  PL  1.);  an  dem  des  Vesuvs  von  1794  bei  Torre  del  Greco. 

3)  Säulenförmige  Absonderung  des  Trachytes  findet  sich  u.  a.  im  Siebengebirge  am 
Rhein,  am  Drachenfels,  an  der  Wolkenburg,  am  Stenzelberge. 

4)  Die  ausgezeichnetste,  mir  bekannte  Säulenbildung  eines  Porphyrs  ist  die  am 
Wildberge  bei  Schönau  in  Schlesien.  (Vergl.  G.  F.  R.  Gerhard,  L  d.  Schriften 
der  Berliner  Gesellschaft  naturforschender  Freunde,  V.  S.  420  ff.  Tab.  VII.  L. 
von  Buch,  geogn.  Beobacht.  auf  Reisen  durch  Deutschi.  u.  ItaL  I.  S.  64.) 

5)  Ausgezeichnete  Säulen-  und  Pfeilerbildung  findet  sich  u.  a.  an  der  Porphyr- 
breccie  des  Badener  Berges  bei  Baden  am  Schwarzwalde.  (Vergl.  meine  geogn. 
Bemerkungen  über  die  Gegend  v.  Baden  bei  Rastatt.    A.  a.  0.  S.  24.) 

6)  Vergl.  u.  a.  meine  Bemerkungen  i.  d.  Gott.  gel.  Anzeigen  v.  J.  1816.  S.  490,  und 
v.  Leonhard's  Basalt -Gebilde.  II.  S.  354  ff.  S.  511  ff. 

12 


68  JOB.  FRIEDE.  LDDW.  HAUSMANN, 

betrachteten  Erscheinungen  so  wie  die  früher  angegebenen  in  rechnen  sm<^ 
welche  zuweilen  am  gebrannten  Gypse,  am  Anthracite,  an  der  Pechkohle,  an 
gebrannten  Thone  wahrgenommen  werden ,  z.  B.  bei  der  Bildung  von  Porzel- 
lanjaspis, bei  der  Einwirkung  des  Basaltes  auf  den  sogenannten  Schwül  dea 
Meissners ,  und  welches  auch  da  wohl  sich  zeigt,  wo  Lava  sich  auf  Thon 
ergossen  hat,  z.B.  an  mehreren  Orten  .in  Auvergne. 

Wenn  nun  also  nicht  allein  die  chemische  Natur  der  Körper,  bei  welchen, 
sondern  auch  die  Umstände,  unter  welchen  die  Säulenbildung  und  stänglidhe 
Absonderung  erfolgen,  höchst  verschieden  seyn  können,  so  ist  doch  die  Art 
der  Entstehung  dem  Wesentlichen  nach  überall  dieselbe ,  indem  sie  sich  durch* 
gehends  auf  Centralattraction  und  tangentiale  Abplattung  benachbarter  AttracUons- 
sphären  zurückführen  lässt  Die  Form  zeigt  darin  Übereinstimmung,  dass  sie 
von  einer  Normalform,  dem  regulär -sechsseitigen  Prisma  abzuleiten  ist,  vom 
welchen  Prismen  mit  einer  geringeren  oder  grösseren  Anzahl  von  Seiten,  nur 
weniger  regelmässige  Abänderungen  sind.  Bei  dem  durch  das  Glühen  aus 
thonigem  Sphärosiderit  entstandenen  thonigen  Rotheisenstein,  stellt  sich  das 
sechsseitige  Prisma  oft  in  vollkommenster  Regelmässigkeit  dar;  doch  erscheinen 
auch,  wie  bei  dem  Basalte  und  anderen  Säulen- Gebirgsarten,  manchmal  4,  5,  7 
seitige  Prismen.  Ist,  wie  zuweilen,  die  Anzahl  der  Seitenflächen  noch  grösser, 
und  werden  dadurch  die  Seitenkanten  noch  stumpfer,  so  findet  ein  Übergang 
in  die  Zylinderform  statt;  welches  u.  a.  auch  bei  der  oben  erwähnten,  stäng- 
lich  abgesonderten  Pechkohle  vorkommt. 

Die  Bildung  einer  Säule  ist  ans  einer  Reihe  von  über  einander  liegenden 
Kugeln  abzuleiten,  deren  Grösse  die  Stärke,  und  deren  Anzahl  die  Länge  der 
Säulen  bedingt.  Bei  dem  Basalte  und  verwandten  Gesteinen,  bei  welchen  die 
Säulenbildung  überhaupt  am  Ausgezeichnetsten  erscheint,  kommen  die  linear 
an  einander  gereiheten  Kugeln  mit  ihren  concentrisch-schaaligen  Absonderun- 
gen, durch  Verwitterung,  zumal  wenn  die  Entstehung  von  Eisenoxydhydrat 
eine  Volnmenvergrösserung  bewirkt,  oft  deutlich  zum  Vorschein  *).  Es  ist 
aber  eine  durchaus  irrige  Vorstellung,  wenn  man  meint,  dass  die  Kugeln  und 


1)  Nirgends  habe  ich  diese  Kugelbildung  in  den  Basaltsäulen  ausgezeichneter  ge- 
sehen, als  in  dem  Eckartsberger  Basaltbruche  unweit  Zittau  in  der  Lausitz. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formveränd.   69 

ihre  Absonderungen  Producte  der  Verwitterung  seyen.  Mit  dieser  Kugelbil- 
dung stehen  die  Aus-  und  Einbiegungen  der  Seitenkanten  der  Säulen  im  Zu- 
sammenhange, welche  wie  im  Grossen  bei  den  Basaltsäulen,  so  im  Kleinen 
an  den  stänglich- abgesonderten  Stücken  des  gebrannten  Gypses,  Anthracites, 
thonigen  Rotheisensteins ,  wahrgenommen  werden.  Die  Aus*  und  Einbiegungen 
der  Kanten,  werden  auch  an  den  Flächen  wahrgenommen;  und  in  seltenen 
Fällen  gehen  diese  krummlinigen  und  krumitfflächigen  Biegungen  in  Winkel- 
biegungen über,  wie  sie  Noeggerath  an  dem  Basalte  der  Casseler  Ley  bei 
Obercassel  unweit  Bonn  nachgewiesen  hat,  und  wie  sie  im  Kleinen  zuweilen 
ziemlich  deutlich  an  den  Stängeln  des  thonigen  Rotheisensteins  von  Hoschnitz 
in  Böhmen  wahrzunehmen  sind.  Die  Kugeln  gehen  dann  und  wann  in  Ellip- 
soiden  über,  so  dass  die  Säulen  oder  Stängel  eine  Reihung  derselben  dar- 
stellen, wie  man  es  zuweilen  u.  a.  an  dem  thonigen  Rotheisenstein  von  Dutt- 
weiler siehet;  und  indem  damit  eine  schaalige  Absonderung  verknüpft  ist,  so 
verläuft  jene  Bildung  in  eine  zylindrisch  -  schaalige  Absonderung;  welche  be- 
sonders an  Trachyt-Säulen  vorkömmt  *)  und  auch  wohl  an  stärkeren  stänglich- 
abgesonderten  Stücken  des  Böhmischen  thonigen  Rotheisensteins  wahrgenom- 
men wird. 

Die  Kugelbildung  steht  oft  auch  in  Beziehung  zu  den  Querabsonderungen, 
welche  die  Säulen  und  Stängel  rechtwinkelig  gegen  ihre  Achse,  in  Glieder 
theilen,  und  wie  bei  den  Basalt -Säulen,  so  bei  den  stänglich -abgesonderten 
Stücken  des  Anthracites  und  thonigen  Rotheisensteins  vorhanden  zu  seyn 
pflegen.  Am  Häufigsten  ist  ihre  Lage  eine  tangentiale,  indem  sie  die  Säulen 
da  theilen,  wo  zwei  Kugeln  an  einander  gränzen;  in  welchem  Falle  die  Länge 
der  Glieder  dem  Durchmesser  der  Prismen  mehr  und  weniger  gleich  kommt. 
Doch  ist  ihre  Länge  auch  manchmal  grösser.  Oder  die  Querabsonderungen 
schneiden  die  Kugeln,  indem  sie  dieselben  in  zwei  bald  gleiche  bald  ungleiche 
Hälften  theilen;  oder  sie  treffen  auf  den  Umfang  der  Kugel,   wodurch  dann, 


1)  Ausgezeichnet  findet  sich  diese  merkwürdige  Art  der  Absonderung  an  den 
Trachyt-Säulen  des  Stenzelberges  im  Siebengebirge  am  Rhein,  wo  sie  von  den 
Steinbrechern  den  Namen  „Umläufer"  erhalten  hat.  (Noeggerath,  das  Ge- 
birge in  Rheinland  u.  Westphalen.  IV.  S.  360.  Dr.  H.  von  Dechen,  geogno- 
stische  Beschreibung  des  Siebengebirges  am  Rhein.  S.  93.) 


70  JOB.  FRIEDE.  LUDW.  HAUSMANN, 

wenn  schaalige  Absonderungen  damit  verbanden  sind,  die  Gliederung  ent- 
stehet ,  bei  welcher  auf  dem  einen  Gliede  eine  kugelsegmentförmige  Convexität, 
und  auf  dem  damit  in  Berührung  stehenden,  eine  entsprechende  Concavität 
sich  befindet;  welche  Bildung  man  mit  Knochengelenken  verglichen,  und  für 
eine  räthselhafte  Erscheinung  gehalten  hat,  die  übrigens  gar  nicht  selten  am 
Basalte,  und  vielleicht  nirgends  ausgezeichneter  als  am  Giant's  Causeway  in 
Ireland  sich  zeigt 1).  Zuweilen  sind  die  Querabsonderungen  einander  sehr 
genähert,  so  dass  die  Säule  wie  aus  übereinander  liegenden  Tafeln  zu  be- 
stehen scheint,  welches  besonders  an  dem  Basalte  und  an  dem  Klingstein 
manchmal  vorkommt  Diese  Querabsonderungen  entsprechen  stets  den  Ab- 
kühlungsflächen, und  wo  sie  bei  austrocknenden  Hassen  sich  zeigen,  der 
Verdunstungsfläche;  daher  sie,  je  nachdem  diese  Flächen  gerade  und  einander 
parallel  oder  gebogen  sind,  in  ihren  Fortsetzungen  durch  ganze  Massen  ent- 
weder in  gerade,  oder  gekrümmte  Ebenen  fallen.  Wo  die  Hasse  in  Säulen 
oder  Stängel  abgesondert  ist,  werden  diese,  wie  es  beschrieben  worden, 
dadurch  in  Glieder  getheilt;  sie  kommen  aber  auch  unabhängig  von  der  Pris- 
men-Bildung vor,  und  geben  dann  zuweilen  der  Hasse  ein  tafelförmiges 
oder  geschichtetes  Ansehen,  wie  man  es  bei  basaltischen  Gebirgsmassen  und 
Lavaströmen  manchmal  siehet.  In  gangförmigen  Ausfüllungen  haben  sie  oft 
eine  verticale  Stellung,  wogegen  ihnen  sonst  nicht  selten  eine  horizontale 
oder  wenig  geneigte  Lage  eigen  ist  In  Nieren  des  gebrannten  thonigen 
Sphärosiderites ,  die  keine  stängliche  Absonderung  erhalten  haben,  stellen  sie 
schaalige  Absonderungen  dar. 

Ausser  den  gewöhnlichen  rechtwinkeligen  Querabsonderungen,  kommen 
dann  und  wann  noch  transversale,  oder  auch  longitudinale  von  Durch  die 
letzteren  wird  eine  stärkere  Säule  in  kleinere  dreiseitige  oder  rhomboidale 
Prismen  abgetheill,  wie  es  am  Basalte,  an  dem  Dolerite,  an  der  säulenförmigen 
Absonderung  der  Lavaströme,  und  im  Kleinen  auch  an  dem  thonigen  Roth- 
eisenstein sich  zeigt  An  diesem  habe  ich  hin  und  wieder  dasselbe  wahrge- 
nommen, was  Noeggerath  an  der  Mühlsteinlava  von  Niedermendig  nach- 


1)  Vergl.  Blumenbach's  Handbuch  der  Naturgeschichte.   12te  Ausg.  S.  507  und 
dessen  Abbildungen  naturhist.  Gegenstände,  Tab.  18. 


ÜBER  DIB  IN  STARKER  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.     71 

gewiesen  hat:  dass  die  longitudinale  Theilung  nicht  der  ganzen  Länge  nach 
auf  gleiche  Weise  hindurchgehet 

Die  Stärke  der  Prismen  ist  ausserordentlich  verschieden ,  indem  sie  von 
mehreren  Füssen,  wie  sie  bei  dem  Basalte,  dem  Trapp ,  dem  Trachyte,  der 
Porphyrbreccie ,  den  Lavaströmen  vorkommt;  bis  zur  geringen  Dicke  der 
Stängel  des  thonigen  Rotheisensteins  abändert,  welche  höchstens  einige  Linien 
beträgt,  aber  wohl  bis  zur  Dicke  von  etwa  %  Linie  sich  vermindert.  Die 
Stärke  der  Prismen  ist  bei  derselben  Art  von  Körpern  sehr  verschieden ,  wie 
man  es  an  <\en  Säulen  des  Basaltes ;  an  den  abgesonderten  Stocken  der  Gestell« 
steine,  des  Anthracites,  der  Pechkohle,  des  thonigen  Rotheisensteins  siebet; 
aber  doch  auch  im  Allgemeinen  nach  der  Verschiedenartigkeit  der  Körper 
abweichend;  denn  so  starke  Säulen  wie  sie  z.  B.  bei  den  basaltischen  Ge- 
steinen, dem  Trappe  vorkommen,  pflegen  dem  Porphyre  nicht  eigen  zu  seyn; 
und  abgesonderte  Stücke  von  stets  geringerer  Stärke  finden  sich  bei  dem 
gefritteten  Sandsteine,  dem  Anthracite,  dem  gebrannten  Thone.  Von  Haupt- 
einfluss  auf  die  Stärke  der  Prismen  dürfte  die  langsamere  und  raschere  Ab- 
kühlung seyn,  indem  sie  um  so  grössere  Dimensionen  erlangen  können,  je 
langsamer  die  Abkühlung  von  Statten  gehet  Darauf  können  nun  aber  sehr 
verschiedene  Dinge  modificirend  einwirken.  Ein  Hauptmoment  ist  unstreitig 
die  Grösse  der  Masse;  daher  mächtige  Gebirgsmassen  stärkere  Säulen  erlan- 
gen, als  schmalere  Lager-  und  Ausfüllungsmassen;  daher  in  einzelnen  Nieren 
von  thonigem  Sphärosiderit  durch  das  Brennen  nur  dünne  Stängel  sich  bilden 
können.  Ein  anderes  Hauptmoment  ist  natürlicher  Weise  der  Zustand,  in 
welchem  die  geschmolzene  Masse  vor  der  Abkühlung  sich  befindet,  und 
die  damit  zusammenhängende  Temperatur  derselben,  worauf  die  chemische 
Natur  der  Körper,  ihre  verschiedene  Wärme -Capacität,  und  dasjenige  was 
die  erhöhete  Temperatur  bewirkt,  von  Einfluss  sind.  Noch  ein  anderes  Haupt- 
moment ist  die  Beschaffenheit,  besonders  die  wärmeleitende  Kraft,  der  umge- 
benden Körper.  Dass  da,  wo  Prismenbildung  durch  Austrocknung  bewirkt 
wird,  zum  Theil  andere,  wenn  gleich  analoge  Bedingungen  statt  finden,  ver- 
stehet sich  von  selbst 

Dasjenige  wodurch  die  Stärke  der  Prismen  modificirt  wird,  bat  auch 
auf  die  Regelmässigkeit  und  manche  andere  Beschaffenheiten  derselben  Einfluss. 


T2  JOB,  FRIBDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

Je  gleichmfissiger  die  Abkühlung  erfolgt,  um  so  gleichmlssiger  wirken  die 
AUractionskräfle,  um  so  regelmässiger  kann  daher  auch  die  Form  der  Prismen 
werden.  Bei  einer  vollkommen  geschmolzenen  Masse,  die  bei  der  Erstarrung 
in  einen  glasigen ;  oder  diesem  genäherten,  gleichmässig  dichten  Zustand  über- 
gehet, kann  die  Bildung  regelmässiger  seyn,  als  bei  einem  Körper,  in  welchem 
bei  der  Abkühlung  ein  Aggregat  von "  verschiedenen ,  krystallinisch  sich  aus- 
sondernden Substanzen  entstehet;  daher  z.  B.  der  dichteste  Basalt  gewöhnlich 
die  regelmässigsten  und  schärfsten  Säulen  besitzt;  wogegen  bei  dem  Dolerite, 
dem  Leuzilophyre ,  dem  Trachy te ,  die  Säulenbildung  weit  wenigei;  regelmässig 
und  nett  zu  seyn  pflegt.  Wo,  wie  bei  dem  Anthracite,  dem  thonigen 
Sphärosiderite,  die  Molekularbewegungen  welche  die  stänglichen  Absonderungen 
bewirken,  in  einem  starren  Körper  statt  finden,  der  sehr  gleichmässig  erhitzt 
wird,  und  in  welchem  durch  Einwirkung  der  höheren  Temperatur  eine  gleich- 
förmig durch  die  Masse  sich  verbreitende  chemische  Veränderung  erfolgt,  kann 
auch  die  Abkühlung  gleichmässig  erfolgen ,  und  die  Bildung  der  Absonderungen 
ebenfalls  eine  regelmässige  seyn.  Bei  der  Entstehung  der  Absonderung  durch 
Verdunstung,  nähert  sich  dieselbe  der  Regelmässigkeit  um  so  mehr,  je  gleich- 
förmiger, je  feiner  die  Theile,  je  gleichmässiger  daher  die  Vertheilung  der 
Feuchtigkeit,  und  der  Gang  ihrer  Verdunstung  ist 

Die  Bildung  der  Prismen  zeigt  in  der  Hinsicht  mannichfaltige  Verschie- 
denheiten, dass  die  Absonderungen  bald  mehr  bald  weniger  ausgezeichnet 
sind.  Oft  erscheinen  sie  nur  angedeutet,  wobei  die  einzelnen  Säulen  oder 
Stängel  unter  einander  in  fester  Verbindung  stehen;  oft  sind  sie  dagegen  so 
vollkommen  gesondert,  dass  sie  sich  leicht  von  einander  ablösen;  und  manch- 
mal sind  zwischen  den  einzelnen  sogar  offene  Räume.  Es  hängt  dieses  von 
dem  Verhältnisse  des  Übergewichtes  der  Attractionen ,  welche  die  Bildung 
der  einzelnen  Prismen  bewirken,  über  diejenigen,  welche  sie  zu  einem  Ganzen 
zu  vereinigen  streben,  ab,  und  zeigt  sich  nicht  selten  bei  derselben  Körperart 
sehr  verschieden.  Bei  den  Basaltsäulen  kommen  alle  Abstufungen  vor,  und 
eben  so  bei  der  stänglichen  Absonderung  des  thonigen  Rotheisensteins.  Übri- 
gens ist  hierbei  wie  bei  der  Kugelbildung  zu  bemerken,  dass  da  wo  durch 
Verwitterung  Zersetzungen  erfolgen,  auch  die  Absonderungen  der  Prismen 
allmählig  vollkommner  werden  können ,  wie  solches  ebenfalls  der  Basalt  wahr-* 


ÜBEB  MB  IN  STARREM  /1BBMSEN  KÖMERN  JEW  RITEN  FORMVBRÄND.    j?3 

nehmen,  tässt  In  diesem  Ftti^> fei lden  sich  oft  8cäaalen,  wölche  sich  von  der 
Oberfläche  der  Basalteäuleu  ablösen,  nnd  besondere  Körper,  Wöldie  die  Ab- 
sonderwigsräiime  auffallen.  Je:  ausgezeichneter  die  Ahsoriderungen  sich  de**- 
stellen,  um  so  stärker  waren  die  Molekularbewegubgfen,  welche  die  Sonderatifc 
bewirkten ;:  Sand;  die?  Absonderungsränme  gehen  ein  Maaas  für  die /Grösse  das 
Weges,  den  difc  kleinsten  Tbeile  bei  ihrer  Bewegung  aurttcklegteöv  v  v V\V 
-:  Was  dieitichtting  dbr  Siuien  mkd  stängHclMbgesondertefl  Stüeke  betrifft, 
so  findet  dabei  das  allgemeine  Gesäte  statt,'  des?  sie  rechtwinkelig  gejgtti die 
Abktih längs-  und  Verdunsturigsfläcben  stehet! ;  bei  basaltischen  und  anderen 
ßtalengebirgsmassen ,  wie  bei  La vaströmeo,  rechtwinkelig  gegen  <iie  Grand«» 
fläche;  bei  Läger-  und  gangförmigen  Ausfüllungsmassen ,  gegen  die  Seiten- 
Begränzungsfläeken ;  bei  einzelnen  Nieren,  gegen  die  Oberfläche  derselben. 
Davon  ist  denn  zugleich  Folge,  dass  die  Säulen  und  stanglich -abgesonderten 
Stacke  entweder  eine  parallele  Richtung  haben,  und  dann  der  ganzen  Länge 
nach  von  gleicher  Stärke  sind,  oder  auf  verschiedene  Weise  convergiren  und 
divergiren,  wobei  sie  sich  nach  dem  einen  oder  anderen  Ende  verjünge«. 
Auch  haben  die  Verhältnisse  der  Grund*-,  Begränzungs-  und  Oberflächen  Ein- 
fluss  darauf,  dass  die  Säulen  und  stänglich  -  abgesonderten  Stücke  entweder 
gerade,  oder  auf  verschiedene  Weise  gebogen  sind.  Da  bei  dem  thonigen 
Spbärosiderite  die  Nieren  ven  der  Kugelform,  bis  zu  der  von  platten  Sphä- 
ro*den7  oder  elliptisch  -  sphäroidischen  Körpern  abändern,  oft  aber  auch  ganz 
tinregelmfesig  geformt  sind,  so  wie  bei  ihm  auch  zusammenhängende  Leg«? 
vorkommen,  so  sind  seine  durch  das  Glühen  bewirkten  stänglich- abgesonder- 
ten Stücke  bald  gleich  stark,  hald  sich  verjüngend;  bald  gerade,  bald  auf 
verschiedene  Weise  gebogen. 

§.     40. 
Umänderung  des  Sphärosiderites  in  Eisenoaydhydrat. 

Früher  war  von  dem  wesentlichen  Unterschiede  die  Rede,  welcher 
zwischen  der  Umänderung  des  Sphärosiderites  unter  Einwirkung  von  Glüh- 
hitze, und  der  bei  gewöhnlicher  Temperatur  statt  findet.  Die  erptere  hat  man 
in  der  Natur  nur  selten  zu  beobachten  Gelegenheit;  wogegen  die  letztere, 
von  welcher  gegenwärtig  gehandelt  werden  soüy  zu  den  sei»  gewöhnlichen 

Phys.  Classe.   VU.  K 


74  JOH.  FRIEDR.  LUD W.  HAUSMANN, 

und  sehr  verbreiteten  Naturerscheinungen  gehört;  welche  nicht  bloss  ein 
wissenschaftliches;  sondern  auch  ein  praktisches  Interesse  gewährt,  indem  die 
durch  atmosphärische  Einwirkungen  herbeigeführte  Zersetzung  des  kohlensauren 
Eisenoxyduls ,  sehr  zur  Erleichterung  seiner  Zugutemachung  beiträgt  Wenn 
die  erste  Art  der  Umänderung  in  der  Natur  nur  zuweilen  bei  dem  thonigen 
Sphärosiderite  vorkommt,  so  ist  dagegen  die  zweite  nicht  bloss  bei  diesem, 
sondern  auch  bei  dem  reinen  Sphärosiderite,  bei  dem  Eisenspathe,  und  na- 
mentlich auch  bei  der  faserigen  Abänderung,  welche  ursprünglich  den  Namen 
SphärosiderU  erhielt,  zu  beobachten.  Die  im  Gefolge  der  chemischen  Umän- 
derungen vorgehenden  Veränderungen  der  Form  zeigen  sich  bei  der  reinen 
Formation  zum  Theil  anders,  als  bei  dem  thonigen  Sphärosiderite;  daher  sie 
im  Nachfolgenden  von  einander  getrennt  betrachtet  werden  sollen.  Es  kön- 
nen übrigens  bei  beiden  Formationen  aus  dem  kohlensauren  Eisenoxydul  die 
drei  in  der  Natur  vorkommenden,  bestimmt  verschiedenen  Eisenoxydhydrate, 
Pell,  fe2»*,  Feö2,  durch  höhere  Oxydation  des  Eisenoxyduls ,  gleichzeitige 
Aufnahme  von  Wasser,  und  Ausscheidung  der  Kohlensäure  hervorgehen,  in 
welcher  Hinsicht  aber  zu  bemerken  ist:  dass  die  reine  Formation  am  Häufig- 
sten in  das  zweite  Eisenoxydhydrat,  den  Brauneisenstein,  seltener  in  das 
erste,  den  Pyrrhosiderit ,  am  Seltensten  in  das  dritte,  den  Gelbeisenstein  l) 
umgewandelt  wird;  wogegen  aus  dem  thonigen  Sphärosiderite  am  Häufigsten 
Gelb-  und  Brauneisenstein  entstehen,  Pyrrhosiderit  dagegen  am  Seltensten 
hervorgehet.     Auch  darf  nicht  übersehen  werden,   dass  die  Bildung  der  drei 


I)  Schon  in  meinem  Entwürfe  eines  Systems  der  unorganisirten  Naturkörper  v.  J. 

.  1809,  S.  107,  und  dann  in  der  ersten  Ausgabe  meines  Handbuches  der  Mine- 
ralogie v.  J.  1813,  I.  S.  277.  wurde  von  mir  der  Gelbeisenstein  als  ein  von  dem 
Brauneisenstein  verschiedenes  Eisenoxydhydrat  aufgeführt,  wobei  meine  Unter- 
suchungen über  das  Eisenoxydhydrat  (Gilbert's  Annalen.  XXXVIII.  S.  1  ff.), 
durch  welche  ich  zuerst  nachzuweisen  suchte,  dass  sich  das  Eisenoxyd  im  festen 
Verhältnisse  mit  dem  Wasser  verbinde,  zum  Grunde  lagen.  Nun  hat  neuerlich 
Herr  Professor  Schmid  in  Jena  den  Xanthosiderit  als  ein  neues  Eisenoxyd- 
hydrat beschrieben,  wiewohl  dieses  Mineral  nur  eine  krystallinische  Abänderung 
meines  Gelbeisensteins  ist.  (Vergl.  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Chemie 
von  J.  Liebig  und  H.  Kopp  für  1851.  S.  763.) 


ÜBER  DIE  IN  mRfiBHOAUASEN  KÖRPRBH  BRWUtlTSN  FORMVBRÄND.     7$ 

verschiedenen  Eiseiwxydhydrate  nicht  immer  von  einander  getreönl  ist,  son- 
dern dass  sie  manchmal  gemeinschaftlich  entstehen;  in  welchem  Falle  sie 
entweder  ein  mehr  und  weniger  inniges  Gemenge  bilden ,  oder  sich  bestimmt 
«od  scharf  von  einander  sondern,  welche  letztere  Erscheinung  später  genauer 
betrachtet  werden  wird. 

Der  reine  Sphärosiderit  enthält  bekanntlich  ausser  dem  kohlensauren 
Eisenoxydul  gewöhnlich  mehr  und  weniger  kohlensaures  Manganoxydul,  und 
nicht  selten  etwas  kohlensaure  Kalkerde,  oder  auch  kohlensaure  Talkerde.  Bei 
seiner  Zersetzung  wird  auch  das  kohlensaure  Manganoxydul  durch  Aufnahme 
von  Sauerstoff  und  Wasser,  und  Ausscheidung  von  Kohlensäure,  in  Mangan* 
oxydbydrat  umgewandelt;  daher  die  aus  dem  Sphärosiderite  entstehenden  Mi- 
neralkörper, zumal  der  Brauneisenstein,  ausser  dem  Eisenoxydhydrate  auch 
Hanganoxydhydrat  zu  enthalten  pflegt.  Wenn  der  Sphärosiderit  ganz  aas 
kohlensaurem  Eisenoxydul  bestehet,    so  sind  in  ihm 

62,07  Procent  Eisenoxydul  mit 

37,93       _      Kohlensäure 
verbunden.    Bei  der  Umwandlung  des  Eisenoxyduls  in  Eisenoxyd  nehmen  jene 

62,07  Procent  Eisenoxydul 
6,90      —      Sauerstoff  auf. 
Bei  der  Bildung  von  Pyrrhosiderü  ausserdem 

7,76  Procent  Wasser, 
daher  der  Vertust 

23,27  Procent  beträgt 
Bei  der  Bildung  von  Brauneisenstein  beträgt  die  Wasseraulhahme 

11,64  Procent,   mithin  der  Verlust 

19,39      ~ 
Bei  der  Bildung  von  Gelbeisenstein  beträgt  die  Wasseraufnahme 
ü  15,52  Procent,  mithin  der  Verlust 

Barch  einen  Gehalt  ( von  i kohlensaurem  nMangano^ydul^;  verändere  sicJhjKw 
Briden  natu riieh er  Weise  böld  mehr,  bald  weniger.  Die  .Zers^zqq^^w^c^ 
der  Sphärosiderit  a llmihlig  erieide t ,  fotebtätikk  ak*  wf  &mßt}m#^W8 
nicht  immer,;  sondern  es  flndethäufig  außerdem  aUebmoGb  ejqe  i  AttdwgWW 

K2 


76       i:^.;:.'</:Moi    JOH  PR1IDE  LOIVW  H4USMA«If^     l<  £\  :VM  «:-i..:j 

durch  köHewrttarehaltiges  Wasser  statt.  Das  mit  *en>  Spbärosiderife  in  Be- 
rührung kommende  Wasser,  nimmt  wohl  selbst  zum  Theil  Kohlensäure  aas 
demselben  auf,  die  dann  zur  Auflösung  von  kohlensaurem  Eisen-  und  Man» 
ganoxydul,  von  kohlensaurer  Kalk-  und  Talkerde  verwandt  wird.  Die  auf 
diese  Weise  fortgeführten  Substanzen  setzen  sich  daraus  später,  bald  näher 
bald  entfernter ,  zum  Theil  in  veränderten  Zuständen,  das  kohlensaure  Eisen- 
oxydul in  verschiedene  Eisenoxydhydrate  umgewandelt,  das  kohlensaure  Man» 
ganoxydul  als  Manganoxydhydrat  ab,  aus  welchem  später  noch  andere  Mangan* 
fossilien  hervorgehen  können.  Die  kohlensaure  Kalkerde  scheidet  sich  als 
Kalk  oder  Arragonit  aus  *  und  die  kohlensaure  Talkerde  am  Häufigsten  in 
Verbindung  mit  kohlensaurer  Kalk  erde,  als  Bitterkalk.  Hiernach  hat  man  bei 
dem  Spbärostderite  zwei  Arten  von  Umbildungen  zu  unterscheiden ,  welche 
oft,  aber  keines weges  immer,  vereinigt  sind,  und  von  welchen  namentlich 
die  zuerst  erwähnte  nicht  selten  allein  vorkommt,  wogegen  die  andere  wohl 
nicht  leicht  ohne  jene  erfolgen  dürfte.  Wenn  gleich  nun  die  zweite  Art  der 
Umbildung  durch  einen  tropfbar  flüssigen  Körper  vermittelt  wird,  so  gehen 
doch  stets  in  dem  Körper  der  die  Umänderung  erleidet,  Molekularbewegungen 
ohne  Aufhebung  des  starren  Aggregatzustandes  vor;  wogegen  die  Fortführung 
und  der  spätere  Absatz  von  Bestandteilen  Bewegungen  veranlasst,  welche 
nicht  in  die  Kategorie  der  hier  zu  betrachtenden  Erscheinungen  gehören.  <i 
Durch  die  zuvor  angegebene  Art  der  Zersetzung  erleidet  die  Masse  des 
Sphärosiderites  eine  bedeutende  Auflockerung ,  welche  indessen  verschiedene 
Grade  hat,  je  nachdem  durch  die  Bildung  verschiedener  Eisenoxydhydrate  ein 
bald  geringerer  bald  grösserer*  Verlust  von  Tbeilen  entstehet,  der  am  Gering- 
sten bei  der  Entstehung  von  Gelbeisenstein,  am  Grössten  bei  der.  Bildung  von 
Pyrrhosiderit  ist.  Die  durch  diese  Umwandlung  bewirkte  Auflockerung  wird 
noch  sehr  vergrös$ert,  wenn  mit  derselben  sich  die  oben  bezeichnete  AwW 
laugung  verbindet.  Es  gehen  indessen  auch  im  Innern  der  Masse  manchmal 
Bewegungen  vor,  wodurch  die  aufgelockerten  Theile  wieder  mehr  verdichtet 
werden.  Nehmen  wir  an/  dass  ein  Sphärosiderit  ganz  aus  hohlensaureai 
Eisenoxydul  bestehe,  und  dass  sein  specifisches  Gewicht  3,8  sey,  so  wftnH 
bei  vollständiger  Umwandlung  desselben  in  Brauneisenstein,  wenn  keine  Vota« 
metaVeränderung  statt  fände,  das  spectfische  Gewicht  desselben  3,06  beträgeiu 


Ober  die  in  stahmh  kuloben  Körpern *  bb  wmmtbr  formveränd.  m 

Bei  dem  gemeinem  Brauneisenstein,  der  nebst  dem  ochrigen  am  Häufigste* 
ans  der  Zersetzung  des  SphärosideriteS  hervorgehet,  beträgt  aber  das  eigen- 
tbümliche  Gewicht  mindestras  3,5,  und  bei  dem  schlackigen,  der  zuweilen 
entstehet,  3,6  -  3,6.  Es  findet  also  bei  der  Bildung  solcher  Abänderungen 
«ine  Verdichtung  statt  Dieses  ist  noch  im  höheren  Grade  bei  der  Bildung 
voi  Pyrrhosiderit  der  Fall  Unter  obigen  Voraussetzungen  würde  das  speci- 
tische  Gewicht  desselben  2,92  seyn;  seine  dichte  Abänderung  hat  aber  ein 
eigenthümlicbes  Gewicht  von  3,55  —  3,57.  Die  Nehenbestandtheiie  de*  Sphä- 
residentes  machen  freilich  diese  Bestimmungen  ungenau;  doch  wird  bei' den 
dichteren  Abänderungen  des  Brauneisensteins  und  Pyrrhösiderites  das  specifische 
Gewicht  wohl  stets  etwas  grösser  seyn,  als  die  Berechnung  nach  dem  Verluste 
am  Bestandteilen  dasselbe  ergiebt  ■  .    ;. 

u*  .Der  Sphärosiderit  zeigt  verschiedene  Grade  der  Zersetabarkeft,  welches 
ohne  Zweifel  mit  dein  verschiedenen  Gehalte  an  kohlensaurem  Mapganorydul 
usammenbängt ,  welche  Beimischung  die  Verwitterung  befördert 1).  Die  Zer- 
setzung beginnt  in  der  Regel  an  der  Oberfläche ,  und  schreitet  allmäh  Hg 
gegen  das  Innere  fort.  Doch  bemerkt  man  zuweilen  auch  im  Innern  dunkle 
Flecke,  welche  den  Anfang  der  Verwitterung  au  erkennen  geben2}.  So 
lange  die  umgeänderte  Rinde  sehr  schwach  ist,  zeigen  sich  wobl  bunte  Stahl- 
färben*  Bei  ihrer  Zunahme  gehet  aber  die  ursprünglich  gewöhnlich  blassgelbe 
Farbe  des  Körpers  an  der  Oberfläche  in  eine  bräunliche,  oder  bräunlich- 
schwarze  Farbe  «be*.  Die  dunklere*  Färbung  wird  durch  einen  grösseren 
Gehalt  an  gebildetem  Manganoxydhydrat  bewirkt*).  AllmähUg  verbreitet  sich 
dann  4fe  braue  Farbe  durch  das  Innere  des  Körpers.    Ist  dieser  späthig  oder 


Jii  >il)  VergL  die  Verwitterung  im  Mineralreiche r.viwi;  Dr*  6.  Saoko  w.  S<  37.< 


von  der 

nun   :;'>v*i.     •' 

dann  bei 


Bildung  von  Eisenoxydoxydul  her,  welches  zuerst  entstehet,  woraus 
i  fortgesetztem  Glühen  Eisenoxyd  wird,  wie  man  es  bei  dem  Rösten 
des  Eisenspathes  und  thonigen  Sphärosiderites  auf  Eisenhütten  beobachten  kann. 
Der  schon  in  Eisenoxydhydrat  umgewandelte  Sphärosiderit  verh&lt  difcli  im  Feuer 
anders,  indem  er  durch  den  Verlust  des  Wassers  sogleich"  die  Yöthfe  oder 
rothbraune  Farbe  des  EisenoxyddS' annimmt         ;>i/    -  'ili«>i> 


»  *  t  u  t 


78      .         r  IOB.  fHIBDK»  LDDW.  HAOSM AHN,/  <■    !  :  ') 

faserig,  80  erhalten  sich  anfangs  noch  Sporen  der  Teitur,  die  aber  spät* 
ganz  verschwinden.  Der  Körper  nimmt  einen  erdigen  oder  unebenen,  seltener 
einen  muscheligen  Brach  an.  Nur  in  diesem  Falle  erlangt  der  Bruch  stär- 
keren Wachsglanz,  wogegen  er  bei  unebenem  Bruche  höchstens  schimmernd, 
bei  erdigem  matt  ist  Krystallindividuen  des  Eisenspathes  und  Kugeln  des 
fasrigen  Spbärosiderites  behalten  bei  dieser  Umwandlung  oft  ihre  äussere  Ge- 
stalt. Wie  bei  einzelnem  Körperindividuen  im  Innern  häufig  untersetzte  Kerne 
gefunden  werden,  so  zeigen  sich  in  grösseren  Massen  oft  einzelne  Kerne  un* 
zersetzten  Eisenspathes  von  dichtem  Brauneisenstein  oder  Pyrrhosiderit  omge~ 
ben.  Aber  auch  im  Innern  der  völlig  zersetzten  Individuen  und  Massen  ist 
der  Aggregatzustand  nicht  immer  von  gleicher  Beschaffenheit,  woran  ungleiche 
Wirkungen  von  Molekularbewegungen  erkannt  werden.  An  Krystallen  siebet 
man  zuweilen  einen  dichteren  Branneisenstein  in  der  Umgebung  eines  lockeren, 
ochrigen,  porösen  Kernes l);  und  Ähnliches  nimmt  man  nicht  selten  an  grosse* 
ren  Massen  wahr,  indem  verschiedene  Varietäten  von  Brauneisenstein  und 
Pyrrhosiderit  unter  einander  wechseln.  Auch  werden  zuweilen  schaalige  Ab- 
sonderungen gefunden,  welche  erst  in  Folge  der  Zersetzung,  z.  B.  in  dem 
kugelförmigen  fasrigen  Sphärosiderite  entstanden  sind2}.  Haidinger  beob- 
achtete zu  Hüttenberg  in  Kärnthen  die  Bildung  von  Geoden  in  der  umge- 
wandelten Masse  des  Eisenspathes 5) ,  und  eine  ähnliche  Beobachtung  der 
Entstehung  von  Brauneisenstein -Nieren  mit  schaaligen  Absonderungen  aus  der 
früher  späthigen  Masse ,  habe  ich  auf  Lagerstätten  des  Eisenspathes  am  Harz 
zu  machen  Gelegenheit  gehabt  Die  hier  beschriebenen  Erscheinungen  lassen 
verschiedenartige  Wirkungen  von  Molekularbewegungen  im  starren  Zustande 
des  Sphärosiderites  nicht  verkennen.  Sie  offenbaren  sich  besonders  auf  drei- 
fache Weise:  1.  in  der  Umwandlung  einer  krystallinischen  Masse  in  eine  nicht 
krystallinische ;  2.  in  der  Verdichtung  der  durch  die  Zersetzung  aufgelockerten 
Masse,  indem  die  ochrige  Beschaffenheit  in  eine  dichte  mit  unebenem  oder 
muscheligem  Bruche  umgewandelt  worden;  3.  in  der  Bildung  von  Nieren  und 


i  ■  ■  i  ii 


1)  Blum's  Pßeudomorphosen.  S.  201. 

2)  Daselbst.  S.  204. 

3)  Poggendorff's  Annalen.  XI.   S.  190. 


Ober  die  in  stamm*  lbblosbn  körpbrn  bbwihitkn  formveränd.  79 

scbaaligen  Absonderungen.  Die  erste  Art  der  formverändernden  Wirkungen 
ron  Molekularbewegangen  wird  bei  jedem  Sphärosiderite  von  kristallinischer 
Beschaffenheit  wahrgenommen ;  wogegen  die  beiden  anderen  Arten  nicht  immer 
bemerkt  werden. 

m  Ausser  diesen  gewöhnlichen  Wirkungen  der  Molekuiarbewegungen  im 
Gefolge  der  Zersetzung  des  Sphäresiderites,  kommt  zuweilen  eine  Erscheinung 
vor,  deren  Deutung  etwas  zweifelhaft  ist  >  Eisenspath-Rhomboöder,  die  mit 
Beibehaltung  ihrer  Form  in  Brauneisenstein  umgewandelt  worden,  sind  auf  Ihren 
Fachen  mit  höchst  zarten,  glanzenden  Prismen  von  Graubraunstem  bekleidet. 
Die  Krystalle  liegen  flach  und  fest  auf,  bald  in  unbestimmten  Richtungen,  bald 
unter  einander  parallel.  An  einzelnen  Stellen  ragen  sie  über  die  Kanten  her- 
vor und  erscheinen  dann  wie  aus  denselben  herausgesponnen.  Ein  ausgezeich- 
netes Stück  dieser  Art  besitze  ich  vom  Stahlberge  bei  Schmalkalden.  Man 
möchte  vielleicht  glauben,  dass  die  Krystalle  des  Hanganoxydhydrates  aus 
einer  Auflösung  von  kohlensaurem  Manganoxydul  in  kohlensäurehaltigem  Was- 
ser abgesetzt  worden  seyen,  und  dass  daher  ihre  Bildung  in  die  Kategorie 
der  Auslaugungs-  Erscheinungen  gehöre.  Die  ganze  Art  des  Vorkommens 
dürfte  indessen  mehr  dafür  sprechen,  dass  sie  unmittelbar  aus  der  Zersetzung 
des  Eisenspathes  hervorgegangen  sind,  indem  ein  Theil  des  an  der  Oberfläche 
gebildeten  Manganoxydhydrates  sich  krystallinisch  ausschied.  Darf  man  dieses 
annehmen,  so  bietet  diese  Erscheinung,  welche  nicht  ohne  Analogieen  ist,  ein 
besonders  interessantes  Beispiel  der  Wirkung  von  MolekularbewegungeH  ohne 
Aufhebung  der  Rigidität  dar. 

<vi  Die  Erscheinungen ,  welche  durch  den  oben  angegebenen  Auslaugungs-* 
Process  herbeigeführt  werden ,  gehören  zwar  nicht  zum  eigentlichen  Gegen- 
stände dieser  Betrachtungen,  dürfen  doch  aber  nicht  übergangen  Werden,  um 
die  >  Wirkungen  der  Molekularbewegungen,  welche  ohne  Aufhebung  des  starren 
Aggrtgatzustandes  vorgehen,  im  rechten  Lichte  erscheinen  zu  lassen.  Man 
nimmt  diese  Erscheinungen  besonders  da  wahr,  wo  der  Eisenspath  in  grösseren 
Massen,  theils  auf  Lagern  und  Nestern,  theils  auf  Gängen  bricht,  und  auf  die- 
sen Lagerstätten  ganz'  besonders  unter  solchen  Verhältnissen,  unter  welchen 
Luft  und  Wtasser  am  Ungehindertsten  einwirken  können;  daher  z.  B.  auf  Gän- 
gen in  oberen  Teufen  derselben.    Ausgezeichneta  Gelegenheiten  zu  Beobach- 


80  JOH.  FfUEDR.  LÜDW.  HAÜSMANft,  / 

tungen  bieten  der  Iberg  bei  Grand  am  Harz,  der  Stahlberg  und  die  Mommel 
bei  Schmalkalden,  der  Stahlberg  bei  Musen,  der  Hollerter  Zug  im  Saynischeit, 
die  Eisenzeohe  bei  Eiserfeld  im  Siegenschen,  der  Erzberg  in  Steyermark,  der 
Knappenberg  bei  Hüttenberg  in  Kärnthen,  Sommorostro  in  Biseaya  dar.  Indem 
das  den  Spharosiderit  durchdringende  kohlensäurehaltige  Wasser,  welches  beson- 
ders in  der  Masse  desselben  mit  Kohlensäure  angeschwängert  wurde,  Theild 
vom  kohlensauren  Eben-  und  Manganoxydul  aufnimmt  und  entfahrt,  giebt  es 
zur  Bildung  von  Eisen-  und  Manganoxydhydraten  Veranlassung,  die  sich  theili 
von  einander  getrennt,  theils  unter  einander  verbunden,  entweder  in  KrystaU 
len,  oder  in  krummflächigen ,  vorzüglich  stalaktitischen  Gebilden  daraus  absetzen. 
Auf  diese  Weise  dürfte  die  Entstehung  mancher  Krystalle  und  krystallinischer 
Massen  von  Grau-  und  Weichbraunstein,  welche  in  Begleitung  von  Brauneisen- 
stein, u.  a.  so  ausgezeichnet  in  der  Gegend  von  Siegen  vorkommen,  abzu- 
leiten seyn;  und  eine  gleiche  Erklärung  scheint  mir  auf  die  Bildung  der  Kry- 
stalle des  Rubinglimmers,  in  den  schönen  Drusen  von  der  Eisenzeche  bei 
Eiserfeld  und  vom  Hollerter  Zuge  im  Saynischen,  angewadnt  werden  zu 
können.  In  krummflächigen,  zumal  stalaktitischen  Formen  stellen  sich  fasriger 
Brauneisenstein,  schuppig-fasriger  Pyrrhosiderit  (Lepidokrokit) ,  Schwarzbraune 
stein  (Psilomelan),  Manganschaum,  dar.  Aber  auch  in  dichten  und  ochrigen 
Absätzen  erscheinen  mitunter  Eisen-  und  Manganoxydhydrate,  wohin  nament- 
lich ochriger  Braun-  und  Gelbeisenstein,  muschliches  und  ochriges  Wad  ge- 
hören. Die  verschiedenen,  auf  solche  Weise  aus  dem  Eisenspathe  hervor*- 
gegangenen  Substanzen  lassen  in  ihrer  Bildung  oft  eine  gewisse  Zeitfolge 
erkennen.  So  zeigt  sich  der  Brauneisenstein  in  der  Regel  früher  abgesetzt 
als  der  Pyrrhosiderit;  der  Graubraunstein  oft  früher  als  der  Brauneisenstein; 
aber  der  Manganschaum  so  wie  das  Wad  in  der  Regel  später  als  der  Braun- 
eisenstein. Indessen  findet  auch  manchmal  ein  Wechsel  unter  Substanzen  statt, 
die  sonst  gewöhnlich  in  einer  gewissen  Reihefolge  zu  erscheinen  pflegen, 
z.  B.  zwischen  fasrigem  Brauneisenstein  und  fasrigem  Pyrrhosiderit,  wie  maa 
es  an  Stufen  von  Ilfeld  am  Harz,  Friedrichrode  am  Thüringer  Walde,  Horhausen 
in  der  Gegend  von  Siegen  siehet.  Dass  übrigens  die  Bildungsart  im  Allge- 
meinen wirklich  die  angegebene  ist  x},  erhellt  theils  aus  den  Formen  der 
1)  VergL  in  dieser  Beziehung:  v.  Pantz  und  Atzl,   Versuch  einer  Beschreibung 


vorgehenden  Mischungsverändenrogen  begleiten.  Es  braucht  nicht  wiederholt 
ra  werden,  was  im  89sten  §.  über  das  verschiedene  Vorkommen  und  den 
abweichenden  Gehalt  des  tbonigen  Spbärosiderites  mitgetheilt  worden.  Zur 
Erläuterung  dessen,  was  bei  seiner  Zersetzung  in  gewohnlicher  Temperatur 
vorgehet,  möge  auch  hier  als  Beispiel  eine  Abänderung  dienen,  in  welcher 
der  Eisengebalt  80  Procent  beträgt  Zum  kohlensauren  Eisenoxydnl  sind 
damit  verbunden: 

8,57  Procent  Sauerstoff  und 
23,56      —      Kohlensäure. 
Der  Thongebalt  betrage 

37,87  Procent,  in  welchem  etwa 
5  —       Wasser  enthalten  sind.      Bei  der  Um- 

wandlung eines  solchen  thonigen  Spbärosiderites  in  PyrrhotiderÜ  gehen  verloren 

23,56  Procent  Kohlensäure, 
wogegen  aufgenommen  werden 

4,28  Procent  Sauerstoff  und 
4,82      —       Wasser; 

der  vorzüglichsten  Berg-  und  Hüttenwerke  des  Herzogtums  Steyermark.  S.45. 
Hoeggflrath,  Geognostische  Beobachtungen  über  die  Eisensteins-Fortrialionen 
des  Hnnsrttckens,  in  Karsten'»  und  v.  Dechen's  Archiv.  XVJ.  S.  470  ff. 
Majendie,  in  den  Transactions  of  the  geological  Society  of  Cornwall.  I.  p.  226. 
Bischof,  Lehrbuch  der  cbem.  u.  pbys.  Geologie.  11.  S.  1341  ff. 
Pki/M.  Chute.  VII.  L 


82  JOH.  FRIBDR.  LDDW.  HAUSMANN, 

daher  der  Verlust  beträgt 

14,46  Procent. 
Bei  der  Umwandlung  in  Brauneisenstein  werden  aufgenommen 

7,23  Procent  Wasser, 
daher  der  Verlust  beträgt 

12,05  Procent. 
Bei  der  Umwandlung  in  Gelbeisenstein  werden  aufgenommen 

9,64  Procent  Wasser, 
daher  der  Verlust  9,64      —      beträgt 

Die  Zersetzung,  welche  durch  die  Umänderung  der  gewöhnlich  grauen  Farbe 
in  eine  braune  oder  gelbe  sich  zu  erkennen  giebt,  beginnt  an  der  Oberfläche 
und  schreitet  allmählig  gegen  das  Innere  fort.  Es  findet  mit  dem  Verluste 
von  Tbeilen  gewöhnlich  eine  Zusammenziehung  der  Masse  statt,  wobei  die 
Oberfläche  nicht  aufberstet,  indem  die  weiter  nach  Innen  liegenden  Theile 
von  den  weiter  nach  Aussen  befindlichen,  in  einer  gegen  die  Oberfläche 
senkrechten  Richtung  angezogen  werden,  wovon  die  schalenförmige  Abson- 
derung einer  äusseren  umgeänderten  Rinde,  von  der  inneren  unveränderten 
Masse  Folge  ist.  Die  Rinde  löst  sieb  bald  vollkoraraner  bald  weniger  voll- 
kommen von  dem  Kerne  ab,  welches  von  dem  verschiedenen  Grade  der 
Verdichtung  der  Theile  in  der  sich  bildenden  Rinde  abhängt  An  einem  tho- 
nigen  Sphärosiderite  aus  den  Karpathen,  von  welchem  ich  Exemplare  meinem 
werthen  Freunde,  dem  Professor  Zeuschner  in  Krakau  verdanke,  besteht 
die  1  —  2  Linien  starke  Rinde  aus  thonigem  Brauneisenstein ,  und  löst  sich 
vollkommen  und  leicht  von  dem  aschgrauen  unzersetzten  Kerne  ab.  Das 
speeifische  Gewicht  des  letzteren  fand  ich  3,05,  wogegen  das  der  Rinde  zn 
4,27  bestimmt  wurde.  Zuweilen  findet  indessen  bei  der  Zersetzung  keine 
Zusammenziehung  der  Theile  statt,  in  welchem  Falle  die  umgeänderte  Rinde 
mit  dem  Kerne  fest  verbunden  bleibt.  Bei  einem  thonigen  Sphärosiderite  vom 
Vorgebirge  der  guten  Hoffnung1),  an  welchem  die  ochergelbe,  etwa  2  Linien 

1)  Stücke  desselben  habe  ich,  nebst  vielen  anderen  mineralogischen  und  geogno- 
stischen  Merkwürdigkeiten  aus  Südafrica,  von  meinem  unvergesslichen  Jugend- 
lehrer, dem  verewigten  Superintendenten  Hesse  erhalten,  der  sechzehen  Jahre 
lang  Prediger  der  Lutherischen  Gemeinde  in  der  Cap- Stadt  war. 


ÜBER  DIE  IN  STARRER  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.     83 

starke  Rinde  mit  dem  rauchgrauen  unzersetzten  Kerne  fest  verwachsen  ist, 
fand  ich  das  specifische  Gewicht  des  Kernes  2,66,  und  das  der  Rinde  2,62. 
Auf  die  Verdichtung  scheint  der  Eisengehalt  von  besonderem  Einflüsse  zu 
seyn,  indem  die  Zusammenziehung  um  so  stärker  seyn  dürfte,  je  grösser  der 
Gehalt  des  thonigen  Sphärosiderites  an  kohlensaurem  Eisenoxydul  ist.  Doch 
mögen  dabei  auch  noch  andere  Umstände  mitwirken.  Bei  fortschreitender 
Zersetzung  bilden  sich  nach  Innen  neue  Schaalen,  und  zuletzt  bleibt  manchmal 
ein  loser  Kern  im  Innern ,  wodurch  die  sogenannten  Klapper-  oder  Adlersteine 
entstehen.  Die  Stärke  der  Schaalen  ist  verschieden;  doch  pflegt  sie  selten 
mehr  als  einige  Linien  zu  betragen.  Es  kommen  aber  auch  zuweilen  in 
Braun-  oder  Gelbeisenstein  umgewandelte  Nieren  von  thonigem  Sphärosiderit 
vor,  welche  völlig  dicht  geblieben  sind.  Die  Form  der  Schaalen  richtet  sich 
natürlicher  Weise  nach  der  ursprünglichen  Gestalt  des  thonigen  Sphärosiderites. 
Wenn  dieser,  wie  gewöhnlich,  in  sphäroidischen  oder  elliptisch-sphäroldischen 
Nieren  sich  findet,  entsprechen  sie  der  krummflächigen  äusseren  Gestalt;  sie 
erscheinen  aber  auch  in  verschiedenartigen  geradflächigen  Abplattungsformen, 
oder  in  ganz  unregelmässigen  Gestalten.  Die  Wirkung  der  Molekularbewe- 
gungen äussert  sich  nicht  bloss  in  der  Bildung  der  Schaalen ,  sondern ,  wiewohl 
weniger  auffallend,  auch  in  der  Umänderung  des  Bruches,  der  bei  dem  tho- 
nigen Sphärosiderite  ursprünglich  muschelig  oder  eben  zu  seyn  pflegt,  und 
durch  Zersetzung  gewöhnlich  erdig  wird. 

Zuweilen  zeigt  sich  die  Formveränderung  im  Gefolge  der  Mischungsver- 
änderung des  thonigen  Spärosiderites  im  Grossen  auf  Lagern  von  sandig-thonigem 
Gelbeisenstein  im  Quadersandstein,  wie  sie  an  mehreren  Orten  im  nördlichen 
Deutschland,  u.a.  an  der  Fuhregge,  einem  Flötzrücken  bei  Delligsen  im  Her- 
zogthume  Braunschweig  vorkommen,  woher  die  benachbarte  Carlshütte  das 
Hauptmaterial  zum  Betriebe  des  dasigen  Eisenhohofens  entnimmt.  Jene  Lager 
enthalten  im  Innern  Nieren  von  schuppig-körnigem,  sandig-thonigem  Sphärosi- 
derite, von  verschiedenem,  aber  oft  bedeutendem  Umfange,  welche  von  dem 
dortigen  Bergmann  »Wacken«  genannt  werden,  die  rindenförmig  von  dem 
aus  der  Zersetzung  desselben  hervorgegangenen  sandig -thonigen  Gelbeisen- 
stein umgeben  sind  1).  Anderer  Seits  wird  dieselbe  Erscheinung  nach  einem 
1)  Vergl.  meine  Bemerkungen  über  den  Quadersandstein,  in  meinen  Norddeutschen 

L2 


84  JOB.  FRISÖR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

kleineren  Maassstabe  an  dem  körnigen  thonigen  Braun-  und  Gelbeisenstein,  dem 
sogenannten  Bohnerte,  wahrgenommen,  dessen  Körner  gewöhnlich  aus  von 
einander  sich  absondernden  Schaalen  bestehen,  welche  dadurch  ihre  Abkunft 
von  thonigem  Sphörosiderit  verrathen ,  wenn  auch  von  diesem  in  ihrem  Innern 
keine  Reste  sichtbar  sind.  Ausgezeichnet  siebet  man  u.  a.  diese  Bildung  in 
mannichfaltigen  Abstufungen  an  dem  Bohnerze  von  Mardorf  unweit  Homberg 
in  Hessen.  Wo  die  Umwandlung  grosser  Massen  thonigen  Sphfirosiderites  er- 
folgt, wird  die  gewöhnliche  Zersetzung  zuweilen  auch  von  dem  oben  beschrie- 
benen Auslaugungsprocesse  begleitet,  wodurch  dann  und  wann  ebenfalls  Kry- 
stallisationen  und  stalaktitische  Gebilde  von  Eisenoxydhydraten  erzeugt  werden, 
wie  solches  z.  B.  das  Vorkommen  von  fasrigem  Brauneisenstein  auf  den  zuvor 
erwähnten  Eisensteinslagern  der  Fuhregge  zeigt 

Bei  dieser  Gelegenheit  mag  auch  die  Veränderung  des  Ankerües  er- 
wähnt werden,  der  dem  Spärosiderite  verwandt  ist,  dessen  variabler  Gehalt 
an  kohlensaurem  Eisenoxydul  aber  von  dem  Gehalte  an  kohlensaurer  Kalkerde 
stets  übertreffen  wird.  H  a  i  d  i  n  g  e  r  hat  bemerkt 1) ,  dass  bei  der  Zersetzung 
dieses  Minerals  gleichsam  ein  Skelet  von  Eisenoxydhydrat  zurückbleibe.  Es 
wird  daher  eine  Auslaugung  der  kohlensauren  Kalkerde  durch  kohlensaure- 
haltiges  Wasser  angenommen  werden  dürfen.  Dasselbe  findet  bei  der  Zerset- 
zung des  Mesttms  hinsichtlich  der  kohlensauren  Talkerde  statt.  Die  Auslau- 
gung derselben  durch  kohlensäurehalttges  Wasser  ist  die  Ursache,  dass  Mesi- 
tin-Kry stalle,  deren  kohlensaures  Eisenoxydul  in  Eisenoxydhydrat  umgewan- 
delt worden,  zuweilen  ein  völlig  zerfressenes  Ansehen  haben,  wie  es  die  Kry- 
stalle  von  Traversella  manchmal  zeigen. 

§.  41. 
Umänderungen  von  Sulfuriden. 

Von  den  verschiedenen  Classen  von  Mineralkörpern  gehören  die  Sulfu- 


Beitrlgen  zur  Berg-  und  Hüttenkunde.  1.  S.  82.  Die  sogenannten  Wachen 
worden,  ob  sie  gleich  an  40  Procent  Eisen  enthalten,  vormals  nur  zur  Wege- 
besserung benutzt;  machen  aber,  seitdem  ich  vor  vielen  Jahren  anf  ihren 
reichen  Gehalt  aufmerksam  machte,  nach  vorgängiger,  sorgfältiger  Röstung, 
einen  Theil  der  Beschickung  für  den  Hohofen  der  Carlshütte  aus. 
1)  A.  a.  0.  S.  190. 


ÜBER  DIE  IN  STARREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVBRÄND.    85 

ride  zu  denen,  welche  am  Häufigsten  Zersetzungen  erleiden,  wobei  ein  Aus- 
tausch von  Bestandteilen  statt  findet ,  und  wodurch  Veranlassung  zur  secun- 
dären  Bildung  von  Mineralsubstanzen,  namentlich  von  Oxyden,  Hydraten  und 
mannichfaltigen  Salzen  gegeben  wird,  die  sich  daraus  vorzüglich  auf  den  Erz- 
gängen, aber  auch  wohl  auf  anderen  Lagerstätten  erzeugen.  Der  Schwefel 
gehet  davon,  oft  vermutlich  als  Schwefelwasserstoff,  und  die  Metalle  oder 
Metalloide  verbinden  sich  mit  Sauerstoff,  selten  mit  Chlor,  Fluor,  ausserdem  oft 
mit  Wasser,  oder  mit  einer  Säure.  Diese  kommt  entweder,  wie  besonders 
die  Kohlensäure,  von  Aussen  hinzu,  indem  sie  entweder  aus  der  Luft,  oder 
aus  dem  Wasser  aufgenommen  wird,  oder  nachdem  sie  durch  eine  stärkere 
Säure,  namentlich  durch  die  bei  dem  Vitriolesciren  von  Kiesen  entstandene 
Schwefelsäure,  aus  Carbonaten  ausgetrieben  worden,  sich  darbietet;  oder  sie 
entstehet  aus  einem  Bestandteile  der  Schwefelverbindung,  wie  u.  a.  die  Ar- 
seniksäure bei  der  Zersetzung  des  Kupferfahlerzes.  Zuweilen  kann  es  indes- 
sen zweifelhaft  seyn,  woher  die  Säure,,  rührt,  welche  die  neue  Verbindung 
eingehet,  wie  solches  z.  B.  wohl  bei  der  Phosphorsäure  x),  der  Chromsäure, 
Vanadinsäure,  Molybdänsäure  der  Fall  ist.  Nach  der  verschiedenen  chemischen 
Zusammensetzung  gehet  aus  ihrer  Aufhebung  bald  nur  eine  neue  TMineralsub- 
stanz  hervor,  bald  entstehen  dadurch  mehrere  neue  Mineralkörper.  Manche 
dieser  Zersetzungen  erfolgen,  ohne  dass  der  rigide  Zustand  eine  Änderung 
erleidet;  wogegen  bei  anderen  ein  theil weiser,  oder  auch  gänzlicher  Über- 
gang in  den  flüssigen  Aggregatzustand  statt  findet.  Bei  den  mehrsten  dieser 
Umänderungen  wird  die  krystallinische  Beschaffenheit  der  Schwefelverbindung 
zerstört,  indem  am  Häufigsten  ein  zerfallener,  erdiger,  oder  dichter  Aggregat- 
zustand an  die  Stelle  tritt.  Selten  gehet  ein  neuer  krystallinischer  Körper 
aus  dem  zersetzten  hervor.  In  einem  solchen  Falle  erscheint  die  Wirkung 
der  Molekularbewegungen  am  Auffallendsten.  Sie  machen  sich  auch  besonders 
da  bemerklich,    wo  ein  durch   blätterige  Textur  ausgezeichneter  Körper,   in 

1)  Dass  die  Phosphorsäure  aus  der  organischen  Natur  abstammt,  ist  manchmal 
nicht  zweifelhaft,  z.  B.  bei  der  Bildung  von  Pyromorphit  aus  Bleiglanz  am  Aus- 
gehenden eines  Ganges  bei  Clausthal  auf  dem  Galgenberge,  wo  die  Grube 
Neufang  auf  dem  in  oberer  Teufe  aus  Eisenspath  entstandenen  Brauneisenstein 
bauete.     Vergl.  mein  Handbuch  d.  Min.  2te  Ausg.  IL  S.  1048. 


86  JOM.  FRIEDE.  LDDW.  HAUSMANN, 

einen  erdigen  verwandelt  wird.  Am  Wenigsten  tritt  ihre  Wirkung  hervor 
wo  der  umgeänderte  Körper  die  ursprüngliche  äussere  Gestalt  behält  Zu 
verkennen  sind  indessen  die  Molekularbewegungen  auch  hier  nicht,  indem  das 
blätterige  Gefüge  verloren  gehet,  oder  der  ursprünglich  muschelige  Bruch  in 
einen  unebenen,  der  unebene  Bruch  in  einen  erdigen  verwandelt  wird.  Wenn 
aus  einer  Substanz,  welche  verschiedene  Seh wefel Verbindungen ,  oder  neben 
einer  Schwefelverbindung  eine  Arsenikverbindung  enthält,  mehrere  neue  Ver- 
bindungen entstehen,  so  bilden  diese  entweder  ein  mehr  und  weniger  inniges 
Gemenge,  oder  sie  trennen  sich  von  einander*  Wo  das  Letztere  der  Fall  ist, 
wo  selbst  krystallisirte  Körper  hervorgehen,  lässt  sich  oftmals  die  Wirkung 
eines  theilweise  flüssigen  Aggregatzustandes  eben  so  wenig  verkennen,  ab 
bei  der  früher  erwähnten  Fortführung  von  kohlensaurem  Kupferoxyfl,  und 
kohlensaurem  Eisenoxydul  durch  kohlensäurehaltiges  Wasser. 

Von  den  mannichfaltigen  Erscheinungen,  welche  die  bei  Zersetzungen 
von  Sulfuriden  durch  Molekularbewjßgungen  in  starren  Körpern  bewirkten 
Formveränderungen  zeigen,  können  im  Nachfolgenden  nur  einige  besonders 
ausgezeichnete  näher  betrachtet  werden. 


§.    42. 

Umänderungen  des  Antimonglan&es. 

Der  Antimonglanz  erleidet  eine  Reihe  von  Umänderungen,  indem  er 
Schwefel  verliert,  und  dagegen  Sauerstoff  in  verschiedenen  Verhältnissen 
aufnimmt. 

Als  niedrigste  Stufe  der  Mischungsveränderung  des  Antimonglanzes  ist 
seine  Umwandlung  in  Antimonblende  (2sb  -j-  §b)  zu  betrachten,  indem  hierbei 
der  grössere  Theil  des  Schwefelantimons  unverändert  bleibt,  und  nur  der 
kleinere  durch  Verlust  des  Schwefels  und  Aufnahme  von  Sauerstoff  sich  in 
Antimonoxyd  verwandelt  Früher  war  es  mir  unwahrscheinlich,  dass  die 
Antimonblende  auf  diese  Weise  gebildet  werde  ');  durch  fortgesetzte  Unter- 
suchungen habe  ich  mich  indessen  von  der  Richtigkeit  der  in  dieser  Beziehung 


1)  Vergl.  mein  Handbuch  der  Min.   2te  Ausg.  IL  S.  193. 


Ober  die  in  starben  leblosen  Körpern  bewirkten  formveränd.  87 

früher  von  Mobs1),  und  nachher  von  Blum2)  u.  A.  geäusserten  Meinung 
Überzeugt  Darin  kann  ich  aber  der  froheren  Ansicht  des  Ersteren  nicht 
beipflichten,  dass  das  Anlaufen  des  Antimonglanzes  seine  Grunze  erreicht  zu 
haben  scheine,  wenn  es  eine  dem  Kirschrothen  sich  nähernde  Farbe  ange- 
nommen habe.  Krystallindividuen  und  strahlige  Massen  von  Antimonglanz 
bekleiden  sich,  wie  es  sich  besonders  an  Stufen  von  Bräunsdorf  in  Sachsen 
und  Malaczka  in  Ungarn  zeigt,  mit  kirschrolher  Antimonblende,  und  häufig 
beginnt,  wie  Blum  richtig  bemerkt  hat,  die  Umwandlung  an  den  Spitzen  der 
Krystalle.  Es  lassen  sich  alle  Abstufungen  von  dem  Beginnen  der  Zersetzung 
bis  zur  völligen  Umwandlung  der  Krystalle  und  strahligen  Massen  verfolgen. 
Wenn  nun  gleich  die  äussere  Gestalt  der  Krystalle  des  Antimonglanzes  sieb 
erhält,  so  scheint  doch  bei  dieser  Umwandlung  die  Structur  desselben  zerstört 
zu  werden.  Die  Entstehung  solcher  Pseudomorphosen  lässt  sich  ohne  Mole- 
kularbewegungen nicht  denken.  Ihre  die  Form  verändernde  Wirkung  würde 
aber  noch  bedeutender  erscheinen,  wenn  auch  die  wesentlichen  klinorhombi- 
schen  Krystalle  der  Antimonblende  als  Zersetzungsproducte  des  Antimonglanzes 
betrachtet  werden  dürften,  welches  von  mehreren  Mineralogen  angenommen 
wird,  worüber  ich  mir  indessen  kein  Urtheil  erlauben  darf,  wiewohl  ich  es 
nicht  für  unwahrscheinlich  halte. 

Entschieden  glaube  ich  mich  aber  dafür  aussprechen  zu  dürfen,  dass  die 
Antimonblüthe  (sb)  nicht  allein  in  Pseudomorphosen  nach  Antimonglanz  vor- 
kommt, sondern  dass  auch  die  wesentlichen  Krystalle  derselben  aus  einer 
Zersetzung  des  Antimonglanzes,  bei  welcher  der  Schwefel  gänzlich  entweicht 
und  Sauerstoff  an  seine  Stelle  tritt,  hervorgehen  können.  Strahliger  Antimon- 
glanz wird  auf  solche  Weise  allmählig  in  Antimonblüthe  umgewandelt,  an 
welcher  die  frohere  äussere  Form  verschwindet,  und  in  einen  erdigen  matten 
Bruch  umgewandelt  wird.  Aber  auch  Krystalle  der  Antimonblüthe  mit  ihrem 
ausgezeichneten  Blätterdurchgange  und   demantartigem   Glänze  kommen  unter 

1)  Des  Herrn  Jac.  Friedr.  von  der  Null  Mineralien  -  Kabinet ,  beschrieben  von 
F.  M  o  h  s.  III.  S.  706.  Später  scheint  M  o  h  s  die  hier  geäusserte  Ansicht  geän- 
dert zu  haben.  Vergl.  dessen  leichtfassliche  Anfangsgründe  der  Naturgeschichte 
des  Mineralreichs.  2te  Ausg.  II  (von  Zippe)  S.  571. 

2)  Pseudomorphosen.  S.  172. 


86  JOH.  FllIBDR.  LUDW.  HAÜ8MANR, 

solchen  Verhältnissen  mit  Antimonglanz ,  z.  B.  in  Höhlangen  desselben  vor l), 
dass  ihre  Entstehung  aus  dem  Schwefelantiraon  wohl  nicht  bezweifelt  werden 
kann.  Dass  auch  der  Senormontü,  die  isometrisch  krystallisirende  Antimonige 
Säure ,  auf  gleiche  Weise  gebildet  wird,  macht  mir  ein  ausgezeichnetes  Stück 
desselben,  von  Babouch,  südöstlich  von  Constantine,  welches  ich  der  Güte 
des  Herrn  Dr.  Jordan  zu  Saarbrücken  verdanke,  sehr  wahrscheinlich.  Die 
V2  Zoll  grossen  Oktaöder  sind  an  manchen  Stellen  mit  haarförmigem  Antimon- 
glanz verwachsen,  und  einige  Krystalle  schliessen  sogar  Gruppen  desselben 
ein.  Darf  man  diese  Entstehungsweise  annehmen,  so  liefert  sie  ein  sehr 
ausgezeichnetes  Beispiel  der  formverändernden  Wirkung  von  Molekularbewe- 
gungen, wobei  doch  wohl  kein  Grund  seyn  dürfte,  die  Aufhebung  des  rigiden 
Aggregatzustandes  vorauszusetzen,  indem  keine  Andeutung  sich  findet,  durch 
welches  Auflösungsmittel  dieselbe  bewirkt  seyn  könnte.  Blum  führt  an2), 
dass  aus  der  Antimonblende  zuweilen  AntknonbUUhe  entstehen  solle,  welches 
ich  durch  eigene  Beobachtungen  nicht  bestätigen  kann. 

Dagegen  hat  es  den  Anschein,  dass  die  aus  dem  Antimonglanze  ge- 
bildete, erdige  Antmonbläthe  zuweilen  durch  Aufnahme  von  einer  grösseren 
Sauerstoffmenge  in  Antimonocher  (§b)  übergehet.  Beide  Körper  finden  sich 
manchmal  neben  einander,  und  durch  Übergänge  verbunden.  Der  Antimon- 
ocher  entsteht  aber  auch  sehr  häufig  unmittelbar  aus  Antimonglanz ,  in  dessen 
Begleitung  er  nicht  selten  vorkommt.  Die  Umwandlung  beginnt  gewöhnlich 
an  der  Oberfläche,  und  schreitet  allmählig  nach  Innen  fort.  Eine  höchst 
schwache  Bekleidung  giebt  zur  Entstehung  der  oft  schönen  angelaufenen  Far- 
ben des  Antimonglanzes  Veranlassung  5).  Zuweilen  erscheinen  Krystalle  und 
strahlige  Massen  ganz  in  Antimonocher  umgewandelt,  wobei  die  äussere  Ge- 
stalt erbalten  ist,  das  Innere  aber  einen  unebenen  oder  erdigen  matten  Bruch 
angenommen  hat  Manchmal  haben  sich  schaalige,  dem  ausgezeichnetsten  Blät- 
terdurchgange des  Antimonglanzes  entsprechende  Absonderungen  gebildet,   wie 

1)  Vergl.  Haidinger,  in  Poggendorff's  Annalen.  XI.  S.  379. 

2)  Pseudomorphosen.   S.  172. 

3)  Vergl.  meine  Bemerkungen  über  die  Erscheinung  des  Anlaufens  der  Mineral- 
körper, in  den  Studien  des  Göttingischen  Vereins  Bergmännischer  Freunde.  V. 
S.  326. 


ÜBER  DIB  IN  STARKEN  LEBLOSEN  KÖRPER«  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.    89 

«Mi  es  z.  B.  ah  de«  Aiititeonocher  von  Cervantes  in  Galicien  in  Spanien  siebet; 
«öd  an  Stücken  die  solches  «eigen,  wird  auch  zuweilen  die  von  Blum1)  be- 
merkte Erscheiriunf  wahrgenommen,  dass  sich  abwechselnde  Lagen  von  Antimon- 
•glänz  nnd  Antimonocher  darstellen,  woran  man  erkennt,  dass  die!  Zersetzung  nicht 
bloss  von  Aussen  nach  Innen  sich  verbreitet,  sondern  gleichzeitig  auch  das  Innere 
tles  Antimdnglanzes  ergriffen  bat /indem  durch  den  ausgezeichneten  Blätter- 
^tarchgang  den  die  Umwandlung  bewirkenden  Agentien  der  Zutritt  eröffnet 
Wöfrten.  Die  entstandenen  Absonderungen  zeigen  es  unzweideutig,  wie  die 
Im  Innern  wirkenden  Molekularbewegungen  den  Zusammenhang  der  Theile 
nach  Ebenen,  welche  dem  Hanptbtätterdurchgange  entsprechen,  aufgehoben 
Haben.  Manchmal  gehet  bei  der  Bildung  des  Antimonochers  die  Äussere  Ge- 
fetalt  des  Antimonglanzes  ganz  verloren.  Dann  und  wann  stellt  jener  Körper 
seh wammförmige  Massen  dar.  Die  Härte  des  Antimonochers  hat  sehr  ver- 
schiedene Grade,  indem  sie  vom  Zerreiblichen  bis  zur  Feld  spat  h  härte  abändert. 
Blum  hat  die  harte  Abänderung  anter  dem  Namen  Siiblüh  unterschieden2), 
und  gründet  anf  eine  Untersuchung  von  Delffs  die  Meinung,  dass  derselbe 
auch  chemisch  von  dem  Antimonocher  sich  unterscheide,  indem  et  antimon- 
saures Antimonoxyd  sey.  Ich  kann  dieser  Unterscheidung  nicht  beistimmen, 
da  der  Antimonocher  gewiss  oft  ausser  der  Antimonsäure,  Antimonige  Säure 
(Antimonoxyd)  in  unbestimmten  Verhältnissen  enthält,  wovon  seine  verschie- 
denen Farben,  die  vom  Hochgelben  bis  beinahe  in  das  Weisse  verlaufen,  zum 
Theil  abhängig  seyn  dürften.  Oft  hat  der  Antimonocher  auch  einen  Wasser- 
gehalt, der  vermutblich  auch  auf  seine  Farbe  von  Einfluss  ist 

§.     43. 

'  Umänderimg  verschiedener,   Sckwefelantmon  enthaltender  Schwefelsatee. 

Den  Erscheinungen  welche  die  Zersetzung  des  Antimonglanzes  begleiten, 
sind  diejenigen  zunächst  verwandt,  welche  bei  rafehrereii  Schwefelsalzen  wahr- 
genommen werden,  in  welchen  Schwefelantimon  elektronegativer  Bestandteil 
ist;  denn  auch  bei  diesen  gehet  durch  das  Entweichen  des  Schwefels  «tod  die 


1)  Pseudomorphosen.    S.  171. 

2)  Nachtrag  zu  den  Pseudomorphosen  des  MiHeralrefehs.  S.  9h 
Phys.  Classe.  VII  M 


I        s 


90  "  JOB.  FRIEDE.  LUDW.  HAUSMANN,  ,  i-  ,.i    ., 

Aufnahme  von  Sauerstoff,  Antimonige  Säure  oder  Aitimonsiwe  hervor,  wekto 
neue  Substanz  entweder  für  sich ,  oder  in  Verbindung  mit  deol :  gleichzeitig 
aus  dem  basischen  Theile  des  Schwefelsalzes  entstandenen  Metalloxyde  er- 
scheint. Es  gehört  dahin  die  Erzeugung  der  Bleiniere  aus  dem  Bleischimmer, 
so  wie  die  Zersetzung  des  Boulangerites ,   des  Boumomtes. 

Der  dem  Jamesonüe  zunächst  verwandte,  von  ihm  vielleicht  nicht  we- 
sentlich verschiedene  Bleischimmer,  der  nach  Pf  äff  in  lOOTheilen  aus  43,44 
Blei,  35,47  Antimon,  17,20  Schwefel,  3,56  Arsenik,  0,16  Eisen,  0,18  Kupfer 
bestehet,  und  zu  Nertschinsk  in,  Sibirien  vorkommt,  wird  durch  Zersetzung 
in  Blemiere  verwandelt,  die  nach  einer  Untersuchung  von  Pf  äff1)  hauptr 
sächlich  aus  Bleioxyd,  Antimoniger  Säure  und  Arseniksäure  bestehet.  D$r 
Bleischimmer  welcher  eine  kristallinisch- feinkörnige  Structur  besitzt,  bildet 
oft  den  Kern  der  Bleiniere,  und  ist  auf  solche  Weise  mit  derselben  vert» 
wachsen,  dass  ihre  Bildung  durch  eine  Zersetzung  jenes  Erzes  nicht  zweifel- 
haft seyn  kann.  Die  durch  den  Verlust  des  Schwefeis  und  die  Aufnahme  ,#qi 
Sauerstoff  bewirkte  chemische  Umänderung  ist  von  einer  gänzlichen  Umwand- 
lung der  Form  begleitet;  denn  das  kristallinisch- körnige  Gefüge  ist  in  d$r 
Bleiniere  verschwunden,  und  bald  ein  muscheliger,  in  das  Ebene  oder  Unebene 
verlaufender,  mit  wachsartigem  Glänze  oder  Schimmer  verbundener,  bald,  tfn 
erdiger,  matter  Bruch  an  die  Stelle  getreten.  Der  Zusammenhang  der  TMlf 
ist  sehr  verschieden ,  indem  er  von  der  festen  Beschaffenheit  der  t  dichten 
Varietät,  deren  Härte  den  vierten  Grad  erreicht,  bis  in  das  Zerreibllcbf;  .4« 
erdigen  Abänderung  übergehet  Die  nieren-  und  knollenförmigen  Stücke  <<tor 
ersteren  werden  von  der  letzteren  theiis  bekleidet,  theils  aderartig  durch- 
zogen. Bei  dieser  Umbildung,  welche  die  Wirkung  von  Molekularbewegungen 
ohne  Aufhebung  des  rigiden  Aggregatzustandes  nicht  bezweifeln  läset,  hat  sich 
die  ursprüngliche  Dichtigkeit  bedeutend  vermindert,  indem  das  specifiaghe  Ge- 
wicht des  Bleischimmers  5,95,  das  der  Bleiniere  dagegen  3,93  —  4,76  beträgt 

Wie  dem  Bleischimmer  der  Boulcmgerit  nahe  verwandt  ist,  so  zeigt  sich 
auch  bei  diesen  beiden  Schwefelsalzen  eine  sehr  ähnliche  Art  der  Zef^Uung. 
Der  Boulangerit  von  der  Staroserentnischen  Grube  im  Nertschinskischen  ent- 


■  » 


1)  Schweigger's  Journal.  XXVII.  I. 


« * 


Ober  die  in  stauen  ehrlosen  Körpern  bewirkten  form veränd.  ai 

hält  nach  einer  i.  J.  1838  auf  meinen  Wunsch  von  Herrn  Bromeis  im  hie- 
Ügen  Acadetriischen  Laboratorium  gemachten  Analyse,  m  100  Theilen,  56,288 
Blei,  25,037  Antimon,  18,215  Schwefel  *).  Die  Stufen  von  diesem  Erze, 
^reiche  sich  in  der  Mineraliensammlung  des  hiesigen  Academischen  Museums 
befinden,  haben  eine  verworren  faserige  Structur,  und  enthalten  hin  und 
wieder  Schwefelkies  und  Misspickel  eingesprengt  Die  Oberfläche  hat  einen 
Beschlag  von  verschiedenen  gelben  und  braunen  Farben,  der  offenbar  durch 
Zersetzung  des  Boulangerites  und  seiner  Begleiter  entstanden  ist  An  manchen 
Stellen  dringt  dieser  Überzug  weiter  in  das  Innere  ein,  und  nimmt  dann 
muscheligen  Bruch  und  Wachsglanz  an ,  wogegen  der  äussere  Beschlag .  erdig 
und  matt  ist  Es  scheint  mir  sehr  wahrscheinlich  zu  seyn,  dass  die  von 
Hermann  zerlegte  Bleiniere2),  in  welcher  derselbe  in  100  Theilen  61,83 
Bleioxyd,  31,71  Antimonsäure,  6,46  Wasser  fand,  ein  solches,  aus  Boulangerit 
hervorgegangenes  Zersetoungsproduct  war. 

Die  Zersetzung  des  aus  einer  Verbindung  von  Schwefelantimon -Schwer 
felblei  und  Schwefelantimon  -  Schwefelkupfer  bestehenden  Bowrnonües  kann 
zur  Entstehung  verschiedenartiger  neuer  Substanzen  Veranlassung  geben,  Wobei 
nf  eine  ausgezeichnete  Weise  die  umformende  Wirkung  von  Molekularbewe* 
gungen  ohne  Aufhebung  des  rigiden  Aggregatzustandes  sich  offenbart  In 
Madrid  erhielt  ich  eine  Stufe  von  Bournonü  aus  Peru,  an  welcher  die  zusam- 
mengehäuften prismatischen  Krystalle  grösstenteils  mit  einem  Überzuge  klei* 
ner,  weisser,  demantartig  glänzender  Krystalle  von  AntmonMütke  bekleidet 
sind,  deren  Entstehung  aus  dem  Bournonite  wohl  mit  Gewissheit  angenommen 
werden  darf.  Hin  und  wieder  hat  die  drusige  Rinde  einen  zitronengelben, 
matten  Überzug  von  Antimonocher,  der  ohne  Zweifel  durch  höhere  Oxydation 
der  Antimonblüthe  gebildet  worden.  An  einigen  Stellen  haben  die  Bournonit- 
Krystalle,  statt  jener  Bekleidung,  einen  Beschlag  von  Kupfergrün;  nn  anderen 
eine  dunkelschwarze,  matte,  erdige  Decke,  die  hin  und  wieder  auch  in  das 
Innere  der  Krystalle  eingedrungen  erscheint,  und  die  sich  durch  Versuche  vor 


.  * 


1)  Notizenblatt  des  Göttingischdn  Vereins  Bergmännischer  Freunde.   1838.  Mr.  18; 
Seite  3. 

2)  Bulletin  de  laSociötö  imp.  des  naturaliptes  de  Koscou.  J845.  1.  251. 

M2 


i    i    T»  Vi '  '?  * 


9t  >       HD  i  JOH.  FMEDR.  iüDW.  HAÜ»MAflS*   v:     !    a  i  ;,  ,.;i'; 

dem  Lötbrohre,  itfls  Kupferoxyd  zu  erkennen  gab.  Auf  welche  Weise  bej 
dieser  Zersetzung  der  Schwefel  entführt  seyn  mag,  lässt  sich  eben  so  wenig 
mit  Sicherheit  angeben ,  als  solches  bei  den  Umänderungen  des  Antimonglanze* 
und  der  eben  erwähnten ,  Schwefelantimon  enthaltenden  Schwefelsalze  möglich 
ist  Während  bei  der  Entstehung  der  Antimonblüthe  aus  dem.  Bournonite  dm 
Antimon  den  Schwefel  verlor  und  sich  dagegen  mit  Sauerstoff  verband,  ver- 
wandelt sieh  vielleicht  das  Schwefelblei  durch  Anziehung  von  Sauerstoff  in 
Bleivitriol,  der  als  ein  im  Wasser  etwas  auflösliches  Salz,  durch  dasselbe 
fortgeführt  wurde.  Das  Kupfer  tauschte  gegen  den  ratweichenden  Schwefel 
Sauerstoff  ein,  wodurch  die  aus  Kupferoxyd  bestehende  Kupfersckwärze  sich 
erzeugte;  zum  Theil  verbanden  sich  aber  ausserdem  Kohlensäure  und  Wasser 
damit,  zur  Bildung  von  Kupfergrün.  Diese  merkwürdige  Umänderung  de* 
Bournonites  habe  ich  bisjetzt  nur  an  dem  einen,  oben  erwähnten  Stücke 
wahrgenommen;  wogegen  die  Entstehung  von  Kupfergrün  aus  demselben 
mir  öfterer,  namentlich  an  alten  Stufen  von  dem  Rosenhöfer  Zuge  bei  Claus- 
thal, vorgekommen  ist  Die  Bo um onit-Kry stalle  vom  Meiseberge  bei  Neudorf 
am  Harz  haben  zuweilen  einen  schwärzlichgrauen,  matten  Überzug,  der  sich 
abschaben  lässt,  und  in  welchem  ich  durch  Löthrohrversuche  Blei,  Kupfer 
und  Antimon  auffand.  Ohne  Zweifel  ist  diese  Rinde  aus  einer  oberflächlichen 
Zersetzung  des  Bournonites  hervorgegangen,  indem  Schwefel  entwich  und 
Sauerstoff  aufgenommen  wurde,  und  vermutlich  ist  sie  ein  Gemenge  von 
Bleisuboxyd,  Kupferoxyd  und  Antimoniger  Säure,  bei  welchem  die  dunkel- 
schwarze  Farbe  der  beiden  ersten  Körper,  durch  das  Weiss  der  letzten  Sub- 
stanz, zu  einer  schwärzlich  grauen  geworden.  / 

Umwandlung  ton  Schwefel-  und  Wasserkies  in  Eisenoxydhydrat.  .  t/I 

Als  bei  früherer  Gelegenheit  von  dem  Vitriolesciren  der  Kiese  die  Rede 
war,  wurde  beiläufig  auch  ihre  Umwandlung  in  Eisenoxydhydrat  erwähnt; 
welche  nunmehr  näher  betrachtet  werden  soll.  Die  Bildung  der  Eisenoxyd- 
hydrate durch  Zersetzung  von  Scheefel-  und  Wasserkies  ist  die  Entstehungsart 
derselben,  welche  in  der  Natur  am  Häufigsten  vorkommt  Vorzüglich  ist  es 
der  Schwefelkies,    aus   welchem   Eisenoxydhydrate    hervorgehen.      Bei    dem 


ÜBER  DIB  IN  STARDBH  UKLQSBN  KÖRBERN  BEWIRKTEN  FORM VBRÄND.    93 

Wtsserktese  zeigt  sich ,  wie  früher  bemerkt  worden , ,  häufiger  das  Vitriole**» 
tagten.  Auch  aus  dem  Magnetkiese  bildet  sich  Eisenoxydhydrat ;  aber  das 
seltenere  Vorkommen  desselben  ist  Ursache,  dass  seine  Zersetzung  nicht  oft 
wahrgenommen  wird.  Die  verschiedenen  in  der  Natur  sich  findenden  Eisen- 
Ojcydhydeate  gehen  aus  Schwefel-  ufcd  Wagserkies  hervor;  aber  bei  Weitem 
am  Häufigsten  erzeugt,  sich  daraus  Bratmefcenstein.  Auch  der  Pyrrkosiderit 
scbeiit  aus  beiden  Arten  von  Kiesen  zu  entstehen,  vorzüglich  doch  aber  aus 
dem  Schwefelkiese.  Gelbeisenstem Wldet  sich  am  Häufigsten  aus  Wasserkies. 
Bei  der  Erzeugung  von  Eisenoxydhydrat  aus  Schwefel-  und  Wasserkies 
entweicht  der  Schwefel,  und  Sauerstoff  und  Wasser  werden  dafür  aufge- 
nommen. Man  wird  wohl  annehmen  dürfen,  dass  Wasser  es  ist,  wodurch 
der  Zersetzungsprocess  eingeleitet  wird.  BJum  hat  die  in  dieser  Beziehung 
interessante  Beobachtung  mitgetheilt l) ;  dass  in  dem  Karstenite  des  Canaria- 
Tbales  in  der  Schweiz  kleine  Schwefel kieskry stalle  in  grosser  Menge  einge- 
schlossen vorkommen,  welche  irisch  und  ohne  Spur  von  Zersetzung  sind,  da 
aber  wo  jener  in  Gyps  umgewandelt  ist,  zu  Eisenoxydhydrat  geworden 
sind2).  Wie  nach  den  von  mir  angestellten  Versuchen,  der  Karstenit  durch 
die  Feuchtigkeit  der  Luft  in  Gyps  umgewandelt  werden  kann ,  so  ist  auch  bei 
der  Zersetzung  der  Kiese  vermutlich  nicht  bloss  tropfbar  flüssiges  Wasser, 
sondern  auch  das  :  in  der  Atmosphäre  enthaltene  thötig.  Dass  Kiese  welche 
hn  Gestein  eingeschlossen  sind,  oft  in  Eidenoxydhydrat  umgeändert  erscheinen, 
wird  nicht  für  einen  Einwand  gegen  jene  Annahme  gelten  können,  wenn 
man  sieb  auch  durch  andere  Erfahrungen  davon  überzeugt,  dass  Wasser  und 
Luft  in  feste  Gesteine  einzudringen  vermögen.  In  manchen  Füllen  sind  ver- 
nrothlioh>e*böhete  Temperatur  und  starker  Druck  bei  dem  Eindringen  behülflich 
gewesen.     Dass  bei  der  Einwirkung  des  Wassers  auf  das  Scbwefeleisen  ein 


-*»*■ 


1)  Preudomorphosen.  S.  191. 

2)  Im  Gypse  zu  Osterode  am  Harz,  dessen  Entstehung  aus  Karstenü  nicht  be- 
zweifelt werden  kann,  finden  sich  Schwefelkies-Oktaeder,  die  mehr  und  weniger 
im  Zustande  der  Zersetzung,  zum  Theil  ganz  in  Eisenoxydhydrat  umgewandelt 
sind,  welches  sich  auch  wohl  um  dieselben  verbreitet  zeigt;  wogegen  ich 
Karstenit  aus  der  Schweiz  besitze,  der  vollkommen  frischen  Schwefelkies  ein- 
gesprengt enthält;  wodurch  das  Obige  bestätigt  wird. 


94  m/       t     JOH:  FRIEDHi  LOftWi  &AÜ8MANN,  'M     ^    <''^  ! 

Theil  von  jenem  zersetzt  wird,  indem  der  Sauerstoff  das  Eisen  in  Eisenoxyd 
verwandelt ,  während  der  Wasserstoff  sich  mit  dem  Schwefel  verbindet  und 
solchen  entführt,  halte  ich  mit  Gustav  Rose  ^  für  das  Wahrscheinlichste; 
so  wie  ich  glauben  möchte,  dass  auch  bei  der  Zersetzung  mancher  anderer 
Sulfaride,  die  Fortführung  des  Schwefels  auf  gleiche  Weise  bewirkt  wird. 
Hierdurch  erklärt  es  sich,  dass  der  Schwefel  bei  Weitem  am  Gewöhnlichsten 
verschwindet;  zugleich  reimt  sich  aber  auch  damit,  dass  er  in  seltenen  Fällen 
auf  Lagerstätten,  auf  welchen  Kieszersetzungen  erfolgten,  in  zarten  Krystalleta 
oder  in  Pulverform  abgesetzt  sich  findet.  Auch  erhält  dadurch  die  Einwirkung 
des  Schwefelwasserstoffes  auf  verschiedene  Körper,  welche  auf  Erzlagerstätten 
in  Begleitung  von  Schwefelkies  vorkommen,  z.  B.  die  Umwandlung  des  Silbers 
in  Silberglanz,  des  Bleispathes  in  Bleiglanz,  Aufklärung. 

Die  Zersetzung  der  Kiese  beginnt  gewöhnlich  an  ihrer  Oberfläche,  und 
schreitet  im  Allgemeinen  von  Aussen  nach  Innen  fort,  welches  man  a« 
Besten  an  K#ystallen  wahrnehmen  kann.  Die  zuerst  gebildete  zarte  Haut  von 
Eisenoxydhydrat  bewirkt  angelaufene  Farben,  die  sich  zuweilen  auf  glatten 
Krystallflächen  überaus  schön  darstellen.  An  ihre  Stelle  tritt,  bei  zunehmen- 
der Stärke  der  Eisenoxydhydrat -Rinde,  die  braune  oder  gelbe  Farbe,  wobei 
Krystalle  entweder  glatt  und  glänzend  bleiben,  oder  ein  ochriges,  mattes 
Ansehen  bekommen.  Dass  die  Zersetzung  nicht  immer  gleich-  und  regel* 
massig  von  Aussen  nach  Innen  fortschreitet,  davon  kann  man  sich  leicht  durch 
das  Zerschlagen  von  Krystallen  überzeugen.  Die  in  Eisenoxydhydrat  umge- 
wandelte Rinde  hat  nicht  immer  gleiche  Stärke;  der  unzersetete  Kern  besiUrt 
oft  eine  sehr  unregelmässige  Form,  und  in  dem  gebildeten  Eisenoxydhydrate 
zeigen  sich  nicht  selten  einzelne  Kiespuncte ,  so  wie  auf  der  anderen  Seile 
oftmals  im  Innern  des  Kieses  einzelne  Flecke  von  Eisenoxydhydrat  wahrge*» 
nommen  werden  2).     Häufig  ist  aber  auch  die  Zersetzung  so  vollständig,  dass 

1)  Reise  nach  dem  Ural  u.  s.w.  I.  S.  214,  in  welchem  reichhaltigen  Werke  sich 
an  mehreren  Stellen  überaus  schätzbare  Beobachtungen  über  die  Zersetzung 
des  Schwefelkieses,  namentlich  über  den  von  Beresow  finden. 

2)  Ähnliche  Beobachtungen  hat  Leymerie  in  seiner  Abhandlung  über  die  Kreide- 
formation des  Aube- Departements  i.  d.  Meinoires  de  la  Societe  geologique  de 
France  IV.  p.  303  mitgetheilt. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formveränd.  90 

•pjebt  die  geringste  Spur  vom  Kiese  zu  bemerken  ist,  und  dass,  wo  grössere 
Hassen  desselben  in  Eisenoxydhydrat  umgewandelt  worden,  Eisen  von  guter 
Beschaffenheit  daraus  dargestellt  werden  kann  *). 

Die  Umwandlung  der  Kiese  in  Brauneisenstein  oder  Pyrrhosiderit  erfolgt 
•ehr  oft  auf  solche  Weise ,  dass^  die  äussere  Gestalt  unverändert  sich  erhalt. 
Dieses  ist  besonders  bei  dem  Schwefelkiese  der  Fall,  und  zeigt  sich  am 
Ausgezeichnetsten  bei  den  Krystallen  desselben.  Pseudomorphosen  von  Braun» 
eisenstein  und  Pyrrhosiderit  nach  Schwefelkies  möchten  überhaupt  wohl  von 
atyen  Afterkrystallisationen  diejenigen  seyn,  welche  am  Häufigsten  sich  finden. 
Dass  nach  Wasserkies  gebildete  Pseudomorphosen  weit  seltener  vorkommen, 
liegt  gewiss  hauptsächlich  darin ,  dass  bei  diesem  Kiese  das  Vitriolesciren 
weit  gewöhnlicher  ist,  als  die  Umwandlung  in  Eisenoxydhydrat  Die  Bildung 
der  Afterkrystalle  von  Brauneisenstein  und  Pyrrhosiderit  nach  Schwefel-  und 
Wasserkies  wird  ohne  Zweifel  dadurch  besonders  begünstigt,  dass  bei  ihrer 
Zersetzung  das  Volumen  keine  merkliche  Veränderung  erleidet,  worauf  schon 
Bischof  aufmerksam  gemacht  hat  2).  Wird  das  specifische  Gewicht  des 
Schwefelkieses  zu  5,0  angenommen,  so  würde,  wenn  bei  seiner  Umwandlung 
in  Brauneisenstein  das  Volumen  keine  Änderung  erleidet,  das  eigentümliche 
Gewicht  desselben  3,896  seyn,  welchem  das  specifische  Gewicht  seiner  dich- 
ten Abänderungen  oft  sehr  nahe  kommt.  Unter  gleichen  Voraussetzungen 
jjptirde  das  eigentbUmliche  Gewicht  des  Pyrrhosiderites  3,709  betragen,  wel- 
qbßa  ebenfalls  mit  dem  specifischen  Gewichte  dieses  Minerals  nahe  überein- 
stimmt. Bei  dqr  Umwandlung  des  Wasserkieses  in  Brauneisenstein  und  Pyr- 
rhosiderit bleibt  das  Volumen  in  einem  nocb  höheren  Grade  das  frühere; 
dran  wird  das  specifische  Gewicht  des  Wasserkieses  zu  4,8  angenommen,  so 
würde  bei  unverändertem  Volumen  das  eigentümliche  Gewicht  des  daraus 
entstandenen  Brauneisensteins,  3,74,  und  das  des  Pyrrhosiderites,  3,56  seyn. 


1)  Haidinger  erwähnt  (a.a.O.  S.  191),  dass  zu  Wochein  in  Krain  das  durch 
Zersetzung  des  Schwefelkieses  erzeugte  Eisenoxydhydrat  in  solcher  Menge  und 
Reinheit  vorkommt,  dass  es  als  ein  sehr  bauwürdiges  Eisenerz  verschmolzen 
wird,  und  dafss  sich  das  daraus  dargestellte  Eisen  durch  seine  Weichheit  be- 
sonders auszeichnet. 

9)  A.a.O.  IL  S.  1358.      ,  - 


tt      :/ ,■  ;;:•  v?  .  <Yj  /oft  FtllBD^  tÜDW:  HAÜ4»MA'Hll^  -  n  HIc.  MM.iJ 

Den  Gelbeteenstetn  habe  ich  niemals  in  eigratHdlto  j  nfccfe  fitebwfcfef-  öder 
Wasserkfes  gebildeten  Aflerkrystallen  gefunden,  wiewohl  er  als  gelber  Ocher 
zuweilen  Pseudomorphosen  von  Brauneisenstein  and  Pyrrhösiderit  bekleidet 
Dieses  liegt  wohl  eben  mit  darin ,  dass  bei  der  Umwandlung  der  Kiese  in 
Gelbeisehstein ,  eine  nicht  ganz  unbedeutende  Volumenvergrösserung  erfolgt, 
indem  unter  den  früheren  Voraussetzungen,  bei  der  Umänderung  des  Schwefel- 
kieses in  Gelbeisenstein,  das  specifische  Gewicht  desselben  4,084,  und  bei 
seiner  Erzeugung  aus  Wasserkies ,  3,92  betragen  würde;  wogegen  das  spe*. 
cifische  Gewicht  des  aus  Kiesen  entstandenen  Gelbeisensteins ;  wohl  selten 
3,2  übersteigt. 

Wenn  gleich  bei  der  Umwandlung  der  Kiese  in  Branneisenstein  urtd 
Pyrrhösiderit  sehr  oft  keine  die  Süssere  Gestalt  verändernde  Wirkung  voA 
Molekularbewegungen  wahrgenommen  wird,  so  zeigt  sich  solche  doch  stets 
bald  mehr  bald  weniger  in  der  Umänderung  der  Structnr.  Am  Wenigsten 
auffallend  pflegt  diese  Veränderung  bei  dem  Schwefelkiese  hervorzutreten,  cta 
bei  ihm  die  blätterige  Textor,  welche  durch  die  Zersetzung  verschwindet,  not* 
unvollkommen  zu  seyn  pflegt.  Doch  nimmt  man  gewöhnlich  eine  Umänderung 
des  Bruches  wahr,  indem  aus  dem  unebenen  Bruche  ein  ebener  oder  musche- 
liger, ans  dem  muscheligen  manchmal  ein  unebner  wird;  oder  es  entstehet 
aus  dem  einen  wie  aus  dem  anderen  wohl  ein  erdiger  Bruch.  Bei  dem 
Wasserkiese  wird  die  oftmals  vollkommen  blätterige  Textur  zerstört;  düfl 
höchstens  bleiben  bei  seiner  Zersetzung,  wie  auch  bei  der  von  manchem 
Schwefelkiese,  Spuren  von  den  ursprünglichen  Absonderungen.  Zutreffet 
gehet  aber  auch  bei  der  Umwandlung  der  Kiese  in  Brauneisenstein  und 
Pyrrhösiderit  die  ursprünglich  äussere  Gestalt  verloren,  indem  eine  öchrige 
Masse  daraus  hervorgehet.  Eine  solche  entstehet  gewöhnlich  bei  der  Um*- 
wandlung  der  Kiese  in  Gelbeisenstein ,  daher  bei  dieser  Wirkung  der  Mole- 
kularbewegungen auf  die  Veränderung  der  Form  am  Auffallendsten  sich  zeigt 
Als  eine  allgemeine  Wahrnehmung  verdient  angemerkt  zu  werden,  dass  bei 
der  Umwandlung  der  Kiese  in  Eisenoxydhydrat,  welche  ohne  Aufhebung  des 
rigiden  Zustandes  erfolgt,  niemals  krystallinische  Abänderungen  zu  entstehen 
pflegen.  Faseriger  Brauneisenstein,  so  wie  die  verschiedenen  krystallinischeo 
Varietäten  von  Pyrrhösiderit  und  Gelbeisenstein  sind  mir  niemals  unter  solchen 


Ober  die  in  stahien  leblose*  Körpern  bewirkten  formveränd.  97 

Verbältnissen  vorgekommen,  dass  auf  eine  Entstehung  derselben  aus  Kiesen 
ohne  Vermittelang  einer  tropfbaren  Flüssigkeit  geschlossen  werden  könnte. 
Dieses  führt  zu  einer  näheren  Betrachtung  von  Erscheinungen,  welche  jnit 
den  bisher  erörterten  zwar  im  Zusammenhange  stehen,  aber  doch  von  ihnen 
-wohl  unterschieden  werden  müssen. 

Faseriger  Brauneisenstein  ist  zuweilen  auf  solche  Weise  mit  Schwefel- 
kies verbunden,  dass  eine  Entstehung  des  ersteren  aus  dem  Kiese  für  sehr 
-wahrscheinlich  zu  halten  ist.     Aber  die  stalaktitische  Form  in  welcher  der 
faserige  Brauneisenstein  erscheint,  >  nöthigt  zur  Annahme ,  -  dass  er  aus  dem 
Schwefelkiese  nicht  unmittelbar,   sondern  durch  eine  vermittelnde  Auflösung 
-erzeugt  worden.     Zur  Annahme  eines  flüssigen  Auflösungsmittels  wird  man 
auch  bei  dem  Versuche  einer  Erklärung  der  bei  der  Zersetzung  von  Schwefel- 
und  Wasserkies  so  häufig  vorkommenden  Erscheinung,   dass  das  Eisenoxyd*- 
bydrat  die  Räume  verlässt,  welche  der  Kies  einnahm,  Zuflucht  nehmen  müssen, 
wenn  man  nicht  etwa  eine  durch  Galvanische  Wirkung  erfolgte  Wanderung 
annehmen  will,  wozu  doch  wohl  keine  hinreichende  Berechtigung  vorhanden 
seyn  dürfte.     Die  Entweichung  des  Eisenoxydhydrates  aus  den  Räumen  die 
früher  vom  Schwefelkiese  erfüllt  wurden,   zeigt  sich  auf  verschiedene  Weise. 
Manchmal,    wie   u.  a.  bei  dem   in  Quarz  eingeschlossenen,    Gold   führenden 
Schwefelkiese  von  Beresow,   erscheinen   die  Räume  mehr  und  weniger  leer; 
bald  ist  der  zellig  gewordene  Quarz  durch  Eisenocher  gefärbt,  bald   ist  in 
den  Räumen  nicht  einmal  ein  Anflug  von  Eisenoxydhydrat  zurückgeblieben1). 
Dieses  findet  sich  dagegen  zuweilen  in  einiger  Entfernung  davon  in  verschie- 
dener Gestalt.     Eine  andere  Erscheinung  bestehet  darin,    dass  das  Gestein 
welches  die  mehr  und  weniger  zersetzten  Kiese  enthält,  in  der  Nähe  der- 


1)  Ich  besitze  Goldstufen  aus  Mexico,  und  von  einem  Lager ;  genannt  Santa  Rita, 
in  der  Provinz  Antioquia  in  Neu -Granada,  welche  letztere  ich  dem  Herrn 
Degen hardt  vom  Harz,  der  einem  dortigen  Bergbaubetriebe  vorstand,  ver- 
danke, an  welchen  der  in  Quarz  eingewachsene,  das  Gold  eingesprengt  ent- 
haltende Schwefelkies  in  Brauneisenstein  umgewandelt  worden ,  der  zum  Theil 
die  von  dem  Kiese  eingenommenen  Räume  mehr  oder  weniger  verlassen  bat, 
wogegen  das  Gold  auf  ähnliche  Weise  zurückgeblieben  ist,  wie  man  es  an 
Stufen  von  Beresow  siebet. 
Pkys.  CUuse.  VII  N 


96  JOB.  IftIEJML  LODW.  HAUSMANN» 

selben  von  Efeenoxydbydrat  gefärbt  ist  G.  Rose  erwähnt1),  da*s  in  dem 
kleine  Krystalle  von  Schwefelkies  eingesprengt  enthaltenden  Granite  der 
Beresow'schen  Gruben,  nicht  allein  der  Kies  in  Brauneisenstein  umgeändert, 
sondern  auch  der  umgebende  Feldspath  dadurch  braun  gefärbt  sey.  Beinahe 
noch  auffallender  als  diese  Eindringung  ist  die  Verbreitung  des  Eisenoxyd* 
hydrates  in  eine  dichte  Quarzmasse ,  wie  es  mir  ein  Stück  von  der  in  der 
Anmerkung  angeführten  Goldkies -Lagerstätte  in  Neu -Granada  zeigt,  an  wel- 
chem der  Quarz  in  der  Umgebung  eines  jeden  in  Brauneisenstein  umgewan- 
delten Schwefelkies-Krystalles ,  bis  auf  eine  Entfernung  von  1 — 4  Linien  von 
Eisenoxydhydrat  gefärbt  ist.  Die  schönste  Gelegenheit  zu  Beobachtungen 
über  diese  merkwürdige  Erscheinung  bietet  das  Vorkommen  der  Schwefelkies** 
Krystalle  in  dem  Mergel  der  Wesergegenden,  und  in  dem  Kreidesteine  des 
Lindener  Berges  bei  Hannover  dar.  Die  Kieshrystalle  welche  in  diesen  Gestei- 
nen in  allen  Abstufungen  der  Zersetzung  sich  finden ,  sind  sehr  oft  von  einer 
durch  Eisenoxydhydrat  gefärbten  Masse  umgeben,  wogegen  das  übrige  Ge- 
stein eine  graue  oder  weisse  Farbe  besitzt.  Die  Eindringung  des  Eisenoxyd* 
hydrates  in  die  umgebende  Masse  erstreckt  sich  bald  auf  geringere,  bald  auf 
grössere  Entfernungen  von  den  Krystallen ,  indem  ihre  Dimensionen  die  Grösse 
der  letzteren  oft  bedeutend  übertreffen.  Dabei  zeigt  sich  die  Starke  der 
Färbung  mit  der  Entfernung  von  den  Krystallen  vermindert;  sie  erscheint 
nach  allen  Seiten  wie  in  die  Farbe  des  Gesteins  verwaschen.  Zuweilen  ver* 
fisteln  sich  zarte  schwarze  Dendriten  von  der  Begränzung  der  Krystalle  in 
das  Gestein,  welche  einen  Mangangehalt  des  Schwefelkieses  anzeigen,  der 
bei  der  Zersetzung  in  Manganoxydhydrat  sich  verwandelte.  Es  liegt  nun 
wohl  die  Annahme  sehr  nahe,  dass  die  Wanderung  des  Eisenoxydhydrates  in 
diesen  Fällen  einen  ähnlichen  Grund  habe,  wie  bei  dem  Rosten  des  Eisens, 
wovon  im  24sten  Paragraphen  gebandelt  worden.  Denn  sollte  nicht  auf 
ähnliche  Weise  wie  bei  diesem  Processe,  ein  Theil  des  Eisens  im  Kiese, 
welchem  der  Schwefel  geraubt  worden,  in  kohlensaures  Eisenoxydul  ver- 
wandelt und  durch  kohlensäurehaltiges  Wasser  aufgelöst  und  fortgeführt  werden 
können,  aus  welchem  sich  später,  näher  oder  entfernter  von  der  Stelle  der 


1)  A.  a.  0.  S.  187. 


•  -  • 


ÜBER  DIE  IN  STABREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.    99 

Aufnahme,  das  Eisen  als  Oxydhydrat  wieder  absetzt?  Sollte  diese  Erklärung 
zulässig  seyn,  so  würde  sie  auch  für  die  Bildung  der  Hangandendriten  gelten 
können.  Eine  nur  mechanische  Aufnahme  und  Fortschlämmung  des  Eisen- 
.  oxydhy drates  wird  in  jenem  Falle  nicht  wohl  angenommen  werden  können. 
Eine  solche  findet  indessen  sehr  häufig  da  statt,  wo  Schwefel-  oder  Wasser- 
kies in  ochriges  Eisenoxydhydrat  umgewandelt  worden,  namentlich  also  bei 
dem  gelben  Eisenocher,  der  besonders  aus  dem  Wasserkiese,  welcher  Schwan- 
und  Braunkohlen  begleitet,  entstehet,  und  dessen  Fortführung  durch  Quell- 
und  Grubenwasser  eine  gewöhnliche  Erscheinung  ist  Auf  diese  Weise  wird 
gewiss  auch  in  vielen  Fallen  die  Eindringung  von  ocbrigem  Braun-  und 
Gelbeisenstein  in  Gesteins- Absonderungen  und  Klüfte  bewirkt. 

§.    45. 

Zersetzung  des  Kupferkieses. 

%  Die  gewöhnlichste  Art  der  Zersetzung  des  Kupferkieses,  welche  die 
formverändernde  Wirkung  von  Molekularbewegungen  ohne  Aufhebung  des 
starren  Aggregatzustandes  erkennen  lässt,  ist  die  Umwandlung  desselben  in 
Kupferbraun,  bei  welcher  der  Schwefel  entweicht,  während  das  Kupfer  durch 
Aufnahme  von  Sauerstoff  zu  Kupferoxydul,  und  das  Eisen  durch  Verbindung 
mit  Sauerstoff  und  Wasser  zu  Eisenoxydhydrat  wird.  Beide  Substanzen  bilden 
dabei  ein  inniges  Gemenge,  welches  entweder  einen  dichten  Körper,  oder 
ein  lockeres,  ochriges  Aggregat  darstellt.  Bei  beiden  Abänderungen  des 
Kupferbrauns  ist  das  blätterige  Gefüge  des  Kupferkieses  verschwunden;  und 
bei  der  dichten  Varietät  zeigt  auch  der  Bruch,  welcher  flachmuschelig  oder 
eben  und  wachsartig  glänzend  oder  schimmernd  zu  seyn  pflegt,  eine  mehr 
und  weniger  bemerkbare  Veränderung;  bei  der  ochrigen  Abänderung  ist  aber 
die  Wirkung  der  Molekularbewegungen  am  Auffallendsten,  indem  bei  ihr  aus 
dem  krystallinischen  Aggregatzustande  des  Kupferkieses  ein  ganz  zerfallener 
geworden.  Bei  einer  früheren  Gelegenheit l)  habe  ich  bereits  gezeigt,  wie 
aus  einer  von  Herrn  Bornträger  im  hiesigen  Academischen  Laboratorium 
i.  J.  1844  auf  meinen  Wunsch  gemachten  Analyse  des  dichten  Kupferbrauns 
hervorgehet,   dass  nicht  alles  bei   der  Zersetzung  des  Kupferkieses  oxydirte 

1)  In  meinem  Handbuche  der  Mineralogie.  2te  Ausg.  IL  S.  372. 

N2 


Kupfer  in  das  Knpftobraun  überzugehen  pflegt,  «oadero  dws  aäfr  feinem  Tbfetfe 
desselben  andere  Zersetzungsprodncte  entstehen.  Oft  scheidet  sich  ein  Tbeil 
des  Kupferoxyduls  im  mehr  und  weniger  reinen  Zustande  aus,  indem  es  gfe{ 
wohnlich  als  erdiges  Kupferroth  erscheint,  welches  vormals  unter  dem  Namw 
Ziegelerz  mit  begriffen  zu  werden  pflegte.  Zuweilen  stellt  es  sich  auch  krjf 
stallioisch,  selbst  wohl  in  ausgebildeten  Krystallen  dar.  Am  Häufigsten  wird 
aber  das  Kupferoxydul  durch  höhere  Oxydation  und  Verbindung  mit  Koblenz 
sture  und  Wasser,  zu  Malachit,  der  besonders  als  erdiger  und  faseriger  um 
erscheinen  pflegt,  manchmal  zu  Kupferlasur.  Dann  und  wann  entsteht  zugl#j*b 
auch  Kupferschwärze;  oder  das  Kupferoxyd  tritt  auch  wohl  mit  Eisen-  vm$ 
Manganoxydhydrat,  welches  letztere  von  raangan haltigen,  mit  dem  Kupferkies* 
gemengten  Fossilien  dargeboten  wird,  zur  Bildung  der  früher  mit  Kupfer- 
schwärze verwechselten  Kupfermanganschwärze  zusammen.  Diese  Zersetzungs- 
producte  kommen  auf  verschiedene  Weise  unter  einander  und  mit  dem  noch 
untersetzten  Kupferkiese  verwachsen  vor;  manchmal  stellt  dieser  aber  auch 
einzelne  Kerne  dar,  um  welche  die  aus  der  Zersetzung  hervorgegangen^ 
verschiedenen  Körper  sich  ordnen,  in  welchem  Falle  das  Kupferbraun  defa 
Kupferkies  zunächst  zu  umgeben,  das  kohlensaure  Kupfer  dagegen  mehr  rifttA 

Aussen  vorzukommen  pflegt L).     Krystalle  von  Kupferkies  werden  zuweilefo 

, ■  «  .  ■  <nlj 

1)  Ausgezeichneter  habe  ich  dieses  Vorkommen  nirgends  gesehen,  als  auf  den 
Kupfererzgängen  bei  Lauterberg  am  Harz,  auf  weichen  ehemals  ein  ergiebiger 
Bergbau  getrieben  wurde.  Die  Hauptausfüllung  der  mächtigen,  im  Grauwagjtta 
und  Thonschiefer-  Gebirge  aufsetzenden  Gänge  bestand  aus  einem  loskörnigen 
Gemenge  von  krystallinischem  Schwerspath  und  Quarz,  welches  irrig  mit  dem 
Namen  Sand  belegt  zu  werden  pflegte.  Die  Erze  bildeten  darin  gewöbtiftcK 
sphäroidische  Nieren  von  sehr  verschiedenem  Umfange,  deren  grössere  Dur6&U 
schnittsebene  der  Hauptgangebene  parallel  lag.  Der  Kern  der  Nieren  bestätig 
vorzüglich  aus  Kupferkies  mit  beigemengtem  Schwefelkies.  Umgeben  war  deth 
selbe  von  Kupferbraun,  mit  hin  und  wieder  eingesprengtem  Kupferkiese ,.  ,ya<j 
von  erdigem  und  faserigem  Malachit  begleitet,  der  nach  Aussen  zunahm,  to 
der  Umgebung  der  Nieren  war  die  Gangmasse  durch  Eisenoxydhydrat  gelb- 
braun, hin  und  wieder  durch  beigemengte  Kupferschwärze,  bräunlichschwarz 
gefärbt.  Diese  in  weiterer  Entfernung  sich  verlierende  Färbung  diente'  atö 
Wegweiser  zur  Auffindung  der  Erzmittel.  .  t 


•  .1. 


Ober  die  im  starren  leblosen  Körpern  bewirkte»  formveränd.   ioi 

mit  Beibehaltung  ihrer  äusseren  Gestalt,  in  Kupferbraun  umgewandelt.  Man 
kann  „alle  Abstufungen  von  der  dünnsten  Haut  welche  angelaufene  Farben 
erzeugt,  zur  braunen  Rinde,  und  von  dieser  bis  zur  völligen  Zersetzung  der 
Krystalle  verfolgen,  wozu  u.  a.  auf  Drusen  vob  Flussspath  und  Eisenspath 
sitzende  Kupferkies -Krystalle  von  dem  Gange  der  von  meinem  Sohne  be- 
triebenen Grube  Louise  unweit  Stolberg  am  Harz,  Gelegenheit  geben.  Auch 
finden  sich  zuweilen  Pseudomorphosen  von  Malachit,  die  aus  Krystallen  von 
Kupferkies  entstanden  sind,  und  im  Innern  ochriges  Kupferbraun  zu  enthalten 
pflegen.  Blum  erwähnt  solche  Afterkrystalle  von  faserigem  Malachit  von 
der  Grube  Herrenseegen  ha  Schapbachthale  in  dem  Schwarzwalde  und  von 
Moldawa  im  Bannate  l).      • 

Da  der  gewöhnlichste  Begleiter  des  Kupferkieses  wo  dieser  auf*  Gängen 
und  Lagern  vorkommt,  Schwefelkies  ist,  und'  Beide  häufig  in  einem  innigen 
Gemenge  vorkommen,  so  erleiden  Beide  auch' nicht  selten  gemeinschaftlich 
eine  Zersetzung,  daher  denn  auch  die  Producte  derselben  oft  innig  verbunden 
bleiben,  oder  doch  wenigstens  nahe  bei  einander  erscheinen.  Die  oben  bereits 
angeführte  Analyse  einer  dichten  Abänderung  des  Kupferbrauns  von  Born- 
träger hat  einen  weit  grösseren  Gehalt  an  Brauneisenstein  ergeben,  als  die 
Zersetzung  des  Kupferkieses  liefern  konnte,  daher  wohl  ein  Theil  davon  dem 
mit  dem  Kupferkiese  gemengt  gewesenen  Schwefelkiese  zugeschrieben  werden 
darf.  Das  quantitative  Verhältniss  zwischen  Kupferroth  und  Brauneisenstein 
ton  Kupferbraun  schwankt  aber  ohne  Zweifel  sehr,  so  dass  es  einen  Übergang 
von  an  Kupferoxydul  reichem  Kupferbraun,  bis  in  reinen  Brauneisenstein  giebt. 
Dieser  sowohl  in  seinen  dichten  und  ochrigen  Abänderungen ,  als  auch  ochri- 
ger  Gelbeisenstein,  finden  sich  nicht  selten  auf  Kupferkies -Lagerstätten. 

Ausser  diesen  Zersetzungsproducten ,  an  welchen  sich  die  Einwirkungen 
von  Molekularbewegungen  auf  verschiedenartige  Umformungen  von  Körpern 
im  starren  Aggregatzustande  unzweideutig  zu  erkennen  geben,  kommen  in 
Begleitung  des  Kupferkieses  auch  mannichfaltige  andere  Mineralkörper  vor, 
zu  deren  Bildung  dieses  Erz  ebenfalls  einen  Theil  des  Materials  darbot,  deren 
Entstehung  aber  nur  durch  Annahme  eines  vorhergegangenen   flüssigen  Zu- 


1)  Nachtrag  zu  den  Pseudomorphosen.  S,  117. 


102  '  :  JOH.  PRIBDR.  LÜBW.  HAB8MANN,     ; 

Standes  erklärt  werden  kann.  Dahin  sind  Kieselmalacbit  nnd  das  zuweilen 
damit  verbundene  Pechkupfer  zu  zählen;  dahin  gehören  die  stalaktitischen 
Gebilde  von  Brauneisenstein  und  Malachit,  so  wie  manche  andere  Kupfer-  und 
auch  einige  Eisen  salze,  welche  auf  Kupferkies-Lagerstätten,  zumal  auf  Gängen 
vorkommen7  über  deren  Erzeugung  ich  mich  hier  nicht  weiter  verbreiten  kann. 
Nur  die  Bemerkung  mag  hier  noch  eine  Stelle  finden,  dass  erhöhete  Tem- 
peratur, wie  sie  z.  B.  bei  der  Gewinnung  der  Erze  durch  Feuersetzen  auf 
den  Kupferkies  und  den  damit  gemengten  Schwefelkies  einwirkt,  die  Zetw 
Setzung  derselben  sehr  zu  beschleunigen  vermag,  ihr  aber  auch  dadurch  einen 
abweichenden  Gang  giebt,  dass  der  Schwefel  sieb  zum  Theil  in  Schwefel« 
säure  verwandelt,  wodurch  die  Bildung  von  Vitriolen  veranlasst  wird,  die 
dann  durtoh  hinzukommendes  Wasser  ausgelaugt  werden,  wie  man  es  u.  a.  im 
Rammeisberge  bei  Goslar,  zu  Fahlun  in  Schweden  siebet. 

§.  46. 

Zersetzung  des  Fahlerzes. 

Die  Hannichfaltigkeit  der  Zusammensetzung  des  Fahlerzes  veranlasst  auf 
seinen  Lagerstätten,  und  besonders  auf  den  Gängen  welche  dasselbe  führen, 
die  secundäre  Bildung  vieler  Mineralkörper,  aie  nach  der  Verschiedenheit  der 
Formationen  jenes  Erzes  abändert.  Gewöhnlich  macht  sich  dabei  auf  ähnliche 
Weise  wie  bei  den  Zersetzungsproducten  des  Kupferkieses  und  bei  vielen 
anderen  Gelegenheiten  der  Unterschied  bemerklich,  dass  ein  Theil  der  Umbil- 
dung vorgegangen  zu  seyn  scheint,  ohne  dass  der  rigide  Aggregatzustand 
aufgehoben  wurde,  wogegen  ein  anderer  deutliche  Spuren  einer  vorherge- 
gangenen Auflösung  in  einer  Flüssigkeit,  und  zum  Theil  auch  einer  durch 
dieselbe  bewirkten  Fortführung  wahrnehmen  lässt  Mag  nun  die  Umbildung 
auf  die  eine  oder  andere  Art  erfolgt  seyn,  so  ist  doch  das  der  Zersetzung 
sämmtlicher  Formationen  des  Fahlerzes  Gemeinsame,  die  Entweicbung  des 
Schwefels,  welche  vermuthlich  auf  gleiche  Weise  wie  bei  dem  Schwefelkiese 
und  vielen  anderen  Sulfuriden  vor  sich  gieng.  Was  nun  zunächst  die  erste 
Art  der  Umformung  betrifft,  so  wird  bei  den  Formationen,  welchen  ein  be- 
deutender Eisengebalt  eigen  ist,  wie  besonders  bei  dem  Kupferfahlerze,  die 
Bildung  von  Eisenoxydhydrat  bemerkt,  welches  sich  als  gemeiner  und  ochriger 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten'  formveränd.   103 

Brauneisenstein  darzustellen  pflegt.  Weit  seltener  erscheint  dichtes  oder 
ochriges  Kupferbraun.  Am  Allgemeinsten  zeigt  sich  unter  den  Zersetzungs- 
producten  Malachit,  in  den  faserigen,  dichten  und  erdigen  Abänderungen; 
nächst  ihm  Kupferlasur.  Für  die  Formationen  welche  Arsenik  enthalten, 
namentlich  für  den  Tennantit,  das  Kupferfahlerz,  Graugiltigerz ,  ist  die  Bildung 
von  arseniksaurem  Kupfer,  zumal  von  Pharmacochalcit  charakteristisch,  der  in 
den  erdigen  und  muscheligen  Abänderungen  vorzukommen  pflegt,  welche  von 
Werner  mit  dem  sehr  unpassenden,  bin  und  wieder  noch  von  neueren 
Schriftstellern  gebrauchten  Namen  des  eisenschüssigen  Kupfergrüns  belegt 
wurden.  Bei  den  Fahlerz-Formationen  welche  reich  an  Antimon  sind,  nament- 
lich bei  dem  Graugiltig-  und  Schwarzgiltigerze ,  kommt  zuweilen  Antimonocher 
vor.  Die  Erzeugung  dieser  Producta,  für  welche  die  Einwirkung  von  feuchter 
Luft,  oder  vielleicht  auch  von  kohlensäurehaltigem  Wasser  anzunehmen  ist, 
gieng  zwar  gewöhnlich  von  der  Oberfläche  aus,  es  wurde  ihr  aber  auch 
durch  Absonderungen  das  Innere  der  Masse  eröffnet;  daher  man  zwar  oft 
Kerne  von  Fahlerz  findet,  welche  von  den  Zersetzungsproducten  umgeben 
sind,  diese  aber  auch  häufig  mit  dem  Erze  unregelmässig  verwachsen  antrifft 
Am  Seltensten  hat  die  Umwandlung  von  Krystallen  mit  Beibehaltung  ihrer 
äusseren  Gestalt  statt  gefunden.  Doch  finden  sich  zuweilen  Pseudomorphosen 
von  Kupferbraun,  Malachit  und  Kupferlasur  nach  Fahlerz  1).  Die  Structur- 
beschaffenbeiten ,  so  wie  die  Art  des  Vorkommens  der  erwähnten  Zersetzungs- 
producte  geben  die  formverändernden  Wirkungen  von  Molekularbewegungen 
in  verschiedenem  Grade  zu  erkennen.  Am  Auffallendsten  erscheinen  sie,  wo 
aus  dem  Fahlerze  Malachit  von  faseriger  Structur,  oder  Krystalle  von  Kupfer- 
lasur hervorgegangen  sind.  Sie  werden  aber  auch  in  der  Umwandlung  des 
unebenen  oder  muscheligen  Bruches  des  Fahlerzes  in  die  erdige  Beschaffenheit 
des  ochrigen  Brauneisensteins  und  Kupferbrauns,  des  Kupfergrüns  und  Phar- 
makochalcites  erkannt.  Nicht  weniger  machen  sie  sich  in  der  Art,  wie  die 
verschiedenen  Zersetzungsproducte  unter  einander  gemengt,  oder  von  einander 
gesondert  sind,  bemerklich.     Dieses  ist  besonders  auch  bei  den  aus  Fahlerz- 


1)  Vergl.  Blum's  Nachtrag  zu  den  Pseudomorphosen.  S.  115.  118.  120.     Zweiter 
Nachtrag.  S.  77. 


104      l       ui  ]/OBw'FRIIl)lLLüDW.BAÜ»liAHHr:    i      /.?  .W)  ? 

krystallen  entstandenen  Pseudömorphosen  der  Fall  Blum  hat  Afterkrystafe 
von  Kupferbraun  beschrieben ,  die  zu  Schriesheim  in  Baden  vorkommen ,  welche 
eine  äussere  Rinde  von  dichtem  Kupferbraun  besitzen,  wogegen  das  Innere, 
in  welchem  hin  und  wieder  bohle  Stellen  vorhanden  sind,  aus  einer  lockeren, 
zum  Theil  schaaligen  Masse  der  ochrigen  Varietät  besteht.  Wie  in  den  derben 
Massen  des  zersetzten  Fahlerzes  Malachit,  Pharmakochalcit  und  Antimonocber 
bald  vermengt,  bald  scharf  von  einander  gesondert  vorkommen,  so  zeigt  sich 
dieser  Unterschied  auch  bei  den  aus  Krystallen  hervorgegangenen  Pseodo- 
morphosen.  Blum  erwähnt  Afterkrystalle  von  Malachit,  welche  zu  Biebto 
in  Kurbessen  vorgekommen  sind,  deren  Inneres,  welches  noch  Fahlerztheilchen 
enthält,  von  seladon-,  oliven-,  oder  schwärzlichgrüner  Farbe,  dicht  und 
wenig  fettartig  glänzend  ist,  wogegen  das  Äussere  eine  gelblichgröne  bis 
spangrüne  Farbe  besitzt,  aus  welcher  Beschreibung  geschlossen  werden  kann, 
dass  das  Innere  aus  Pharmakochalcit,  das  Äussere  dagegen  aus  Malachit,  oder 
einem  Gemenge  desselben  mit  Antimonocher  besteht.  Haidinger  hat  eüi 
merkwürdiges  Beispiel  von  Kupferlasur  in  Formen  des  Fahlerzes  von  KogeM 
böi  Brixlegg  in  Tyrol  beschrieben  '),  an  welchen  eine  krystallinische  Hart 
von  Kupferlasur  gewissermaassen  das  Gehäuse  der  dodekaedrischen  Krystalle 
darstellt;  und  auch  Blum  fand  an  einer  Stufe" aus  dem  Bannate  Pseudomoiv 
pkosen  von  Kupferlasur  nach  Fahlerz  -  Tetraedern ,  welche  aussen  aus  kleinen 
Krystallen  von  Kupferlasur  bestehend,  im  Innern  sich  theils  hohl,  tbeils  mit 
ochrigem  Brauneisenstein  erfüllt  zeigen.  Derselbe  erwähnt  Pseudomorphoeea 
von  Camsdorf  und  Saalfeld,  an  welchen  das  Äussere  aus  strahliger  Kupfer* 
lasur  besteht,  das  Innere  dagegen  theils  von  feinen  Schnüren  von  Kupferlasur 
durchzogen  und  dadurch  porös  erscheint,,  theils  Pharmakochalcit  enthält,  in 
welchem  noch  unzersetzte  Fahlerztheile  oder  auch  ochriger  Brauneisenstein 
eingesprengt  sich  zeigen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  darf  ich  die   von  Herrn  V olger2}  ausführlich 
dargelegte,  und  von  Blum3)  beifällig  aufgenommene  Meinung  nicht  unerwähnt 

1)  Bericht  über   die  Mineralien -Sammlung  der  k.  k.  Hofkammer  im  Münz-  und 
Bergwesen.   1843.   S.  12. 

2)  Poggendorffs  Annalen.  LXX1V.  S.  25  ff. 

3)  Zweiter  Nachtrag  zu  den  Pseudomorphosen.  S.  77  ff. 


101 

sge- 
zeichnet  an  don  Scbwarzgiltigefz-Krystallen  vom  Rosenböfer  Grubenzug«  bei 
Clausthal,  aber  auch  an  KryslaUen  «öderer  fablet- Formationen  voll  ver- 
Mbiedenen  Fundorten  vorkommen,  durch  eine  Umwandlung  des  Fahlenes 
entstanden  seyen,  ta  welchem  Falle  sie,  einen  interessanten  Beitrag'  bh  den 
Rrfahrungen  über  die  doreb  die  Molekulaebewegungee  bewirkten  Fofnrver- 
fJudeningea  starrer  Körper  liefern  würden.  Düren  die  v«tn.Zinoken  und 
Äawmelsberg  gegen  jene  Meinung  erhobenen  .Einwendungen  V)t  scheint 
nUrdiesolbö  hinreichend  widerlegt  zu  eeyn.  ,  Ganz  einfach  gehet  aber  Maser* 
dem  das  Unstatthafte  jener  Hypothese  ans  der  zwar  von  Herrn  Volger  gei- 
liogneten,  aber  doch  langst  bekannten  2r))  and  an  einer  in  meiner  eigenen 
Sammlung  befindlichen  Stufe  wahrzunehmenden  Erscheinung  hervor,  dass  ausser 
dein:  Sehwarzgiliigerze  auch  die  zugleich  mit  demselben  vorkommenden  Kry-^ 
stalle  von  Zinkblende ,  zuweilen  auf  ganz  Ahnliche  Weise  von  Kupferkies  be- 
kleidet sind;  so  wie  anderer  Seits  neben  den  von  Kupferkies  überzogened 
KfystBlIcn  von  Schwarzgiltigerz  solche  dann  und  wann  vorkommen,  welche 
■eitlen  Überzug  haben,  i  Auch  dürfte  die  von  Herrn  Grandjean  *)  enge* 
geben«  Art  des  Vorkommens  eines  Überzuges  von  Kupferkies  auf  Fahler»- 
krystalten  von  der  Grube  Aurora  bei  Dillenburg,  welche  von  ihm  als  Be- 
stätigung der  Volger  sehen  Meinung  angeführt -worden ,  eher  gegen  dieselbe 
Sprech«. 
■i  t>  Von  der  Entstebungsart  mannicbfaltiger  ans  dem  Fahlerze  hervorgegan- 
gener Mineralkörper,  deren  Vorkommen  zur  Annahme  einer  £e  Bildung  und 
zem  Tbeil  auch  die-  Fortführung  vermittelnden  Flüssigkeit  berechtigt,  wohin 
namentlich  stalaktitische  und  krystallimecbe  Abänderungen  von  Brauneisenstein, 
Malachit,  Kupferiasur,  Kieselmalachit,  voa  arseniksauren  Kupfer-  und  Eisen- 
saken  gehören,  kann  hier  nicht  weiter  die  Rede  seyn.  ■    ■»■ 


,  1)  Poggen  dorff's  Annalen.   LXXV1I.   S.  240. 
2)  S.  Holzmann's  Hercynisches  Archiv.   II.    S.  248. 
'  3}  JafcTbflcher  des  Vereins   fOr  Naturkunde    im   Herzogtum  Nbssm,    VU.    Ablhl.  2 
und  9.  S-/426.     . 


Phy*.  Clane.  VII 


0 


106     •■■  JOH.  FRIEDR.  LÜDW.  HAU*MAllWy  /:   -.v     :i  :  < 

■  .  ■  •   ■  §.  47. 

Umwandlung  des  Bleiglanzes  in  kohlensaures  Bleioxyd.  i(^ 

Das  kohlensaure  Bleioxyd  ist  gewiss  in  den  mebrsten  Fällen  ans  Bt&> 
glänz  entstanden,  indem  der  Schwefel  desselben  ausgeschieden  worden,  «od 
Sauerstoff  und  Kohlensaure  dagegen  mit  dem  Bleie  sieh  verbunden  habt*. 
Auch  hat  man  auf  vielen  Bleiglamlagerstätten,  zumal  in  den  oberen  TeufeÄ 
der  Gänge,  u.  a.auf  einigen  Gruben  bei  Clausthal  nnd  Zellerfeld,  Gelegenheit) 
sich  von  der  Abkunft  jener  Substanz  zn  überzeugen ,  die  um  so  weniger 
zweifelhaft  seyv  kann ,  da  Versuohe  gezeigt  haben ,  dass  auf  Lagerstätten^ 
deren  Bleiglanz  silberhaltig  ist,  auch  das  zugleich  sich  findende  kohlensanri» 
Bleioxyd  einen  Silbergehalt  besizt  *]).  Wo  dieses  Mineral  vorkommt,  pflegt 
die  Masse  worin  es  sieb  findet,  mehr  und  weniger  bedeutende  Spuren  efwr 
Umänderung  zu  zeigen ,  und  wahrnehmen  zu  lassen ,  dass  ausser  dem  BleH* 
glänze  auch  andere  Mineralkörper  in  seiner  Nähe,  z.B.  Schwefelkies,  Kupfer- 
kies, Eisenspath,  Kalkspath,  theils  gänzlich  zerstört,  theils  in  andere  Mineral* 
Substanzen  umgewandelt  worden,  zu  welchen  u.  a.  Brauneisenstein,  Malachit, 
Kupferlasur,  gehören.  Auch  kommen  auf  solchen  Lagerstätten  ausser  dert 
kohlensauren  Bleioxyde  manchmal  andere  Bleisalze  vor,  von  welchen  4w 
Bleivitriol  am  Sichersten  den  Ursprung  aus  dem  Bleiglanze  bezeugt.  Die  Bil-* 
düng  des  kohlensauren  Bleioxydes  wurde  in  vielen  Fällen  vermuthlieh  dadurch 
befördert,  dass  durch  vitriolescirende  Kiese  erzeugte  Schwefelsäure,  *Qs 
Kalkspath  Kohlensäure  entwickelte ,  zu  deren  Freiwerdung  oft  auoh  die  Zer- 
setzung von  Eisenspath  beitragen  konnte  2).  ">: 

An  dem  Vorkommen  der  mebrsten  Bleispatbkrystalle*  in  Räumen ,  weldbe 
durch  die  Zerstörung  von  Mineralkörpero  leer  geworden  waren,  ist  es  zu 
erkennen,  das»  sie  nicht  unmittelbar  aus  der  Zersetzung  des  Bleiglanzes  btt* 
vorgiengen,    sondern   vermuthlieh   aus   kohlensäurebaltigem   Wasser,   wolibea 


1)  S.  Versuche  mit  einigen  Erzen  vom  Harz  im  kleinen  Feuer,  v.  d.  Schichtmeister 
Bauersachs,  in  meinen  Norddeutschen  Beiträgen  znr  Berg-  und  Hüttenkunde. 
I.  S.  131. 

2).  VeigL  meine  Bemerkungen  über  das  Verhalten  der  Gänge  der  Grube  SC  Ka- 
tharina bei  Clausthal,   i.  d.  Norddeutschen  Beitr.  z.  Berg-  u.  Hüttenk. .111.  S.  34. 


Ober  die  in  starien,  ieslosen  Körpern  bewirkten  form veränd.  107 

i4is  kohlensaure  Bleioxyd  auflöste,  sich  bildeten  V).  Auf  ähnliebe  Weise  ist 
auch  der  Überzug  von  Malachit,  Kupferlasur  und  ochrigem  Brauneisenstein  zu 
(erklären,  der  zuweilen  die  Bleispathkrystalle  bekleidet ,  wie  man  es  u.  a.  an 
-iräen  von  mehreren  Zellerfelder  Gruben  siehet  2).  Zuweilen  findet  sich  in- 
liessen  sowohl  Bleispath  als;  auch  Bleierde  unter  solchen  Verhältnissen,  dass 
-die  unmittelbare  Erzeugung  aus  Bleiglanz  ohne  Ortsverä.iderung  nicht  be- 
zweifelt werden  kann.  Dieses  ist  zumal  da  der  Fall,  wo  das  kohlensaure 
Bleioxyd  noch  die  äussere  Gestalt  und  Spuren  der  Struetur  des1  Bleiglanzes, 
auä  welchem  es  hervorgieng,  erkennen  lässt.  *  Die  Wirkung  von  MolekulaiN- 
fcewegungen  ohne  Aufhebung  des  starren  Zustandes  erscheint  dann  besonders 
auffallend,  weil  äussere  Form  und  Struetur  des  kohlensauren  Bleioxydes  von 
der  Krystallisation  und  dem  ausgezeichneten  Blätterdqrchgange  des  Bleigianzes 
sioh  so  weit  entfernen.  Es  kommen  Pseudomorphosen  von  Bleftpath  nach 
Bleiglanz  vor,  wie  sie  von  Selb,  Burkart,  Blum  3)  u.  A*  beschrieben 
worden,  an  welchen  theils  die  äussere  Krystallform  des  Bleiglpuzes  sich  vollrr 
ständig  erhalten  hat,  theils  Spuren  des  hexaädrischen  Gefüges  sichtbar  sind. 
Zu  Syränowsk  am   Altai  finden  sich  stängliche  Massen,   auch  Krystalle  von 


ir 


..-r» 


1)  Vergl.  J.  Braid,  Observations  on  the  Formation  of  various  Lead-Spars,  i.  d. 
Mem.  of  the  Wernerian  Soc.  IV.  p.  511. 

2)  Blum  zählt  die  Bekleidung  der  nadeiförmigen  Krystalle  von  Bleispath  mit  Ma- 
lachit, wie  sie  besonders  ausgezeichnet  an  Stufen  von  der  alten  Grube  Glücksrad 
auf  dem  Schulenberger  Zuge  bei  Zellerfeld  sich  zeigt,  zu  den  Verdrängungs- 
Pseudomorphosen  (Pseudomorphosen.  S.  309.),  worin  ich  ihm  nicht  beistimmen 

"''        kann.     Die  einfachste  Erklärung  dieser  Erscheinung  scheint  mir  die  zu  seyA, 
dasö  beide  kohlensaure  Salze,  aus  kohlensäurobaltigem  Wasser,  worin  sie  etwas 

t  auflöslich  sind,  gemeinschaftlich  sich  ausschieden,   wobei  das  schwerer  auflösr 

liehe  kohlensaure  Bleioxyd   zuerst  krystallisirte.      Der  Malachit  kam   aut   dem 

,,  Glücksrade  nicht  bloss  als  Überzug  der  Bleispathkrystalle,  sondern  auch  unab- 
hängig davon  in  stalaktitischen  Massen,  und  gewöhnlich  von  faseriger  Struetur 
1  vor.  Haben  die  Überzüge  einige  Stärke,  so  sind  sie  ebenfalls  faserig,  und  die 
Fasern  stehen  gegen  die  Oberfläche  der  Bleispathnadeln  rechtwinkelig.  Das 
Vorkommen  der  Überzüge  von  Kupferlasur  und  Braunefeenstein  scheint  mir  eine 
ähnliche  Erklärung  zu  gestatten. 
8)  Vergl.  Blum's  Pseudomorphosen.  S.  183.  ;  »     .,  ^1    f 

02 


,» 


106  iJOE,  FRIED1L  LUDW<  BAUSMA**,  m     t      ha  fj 

ßleispatb,  die  zuweilen  einen  Kern  von  Bleigkmz  einsebKessen l).  Ich  selbbt 
besitze  ein  derbes  Stück  von  Bleispath  aus  Sibirien  mit  ausgezeichnet  musch*- 
ligem  Bruche,  an  welchem  die  cubische  Form  des  Bleiglanzes  deutlich1  nu 
erkennen  ist  Nicht  weniger  auffallend  wie  die  Umwandlung  der  krystaUint- 
schen  Natur  des  Bleiglanzes  in  die  höchst  abweichende  des  Bleispatbes  y  tot 
die  Dmfinderung  des  ausgezeichnet  butterigen  Schwefelbleies  in  die  ganz  an» 
kVystaltinische ,  theHs  dichte,  theils  zerreibliche  Bleierde«  Wenn  diese r  wie 
zuweilen,  Überzüge  von  Bleiglanzkrystallen  bildet,  könnte  man  annebmtii, 
ttess  solche  nicht  aus  dem  Bleiglanze  unmittelbar  hervorgegangen,  sondern 
ans  einer  Auflösung  des  kohlensauren  Bleioxydes  abgesetzt  seyen.  Oft  komaJt 
aber  die  Blei  er  de  auf  solche  Weise  mit  Bleiglanz  verwachsen,  einzelne  Ketee 
desselben  einschHessend,  und  hin  und  wieder  Spuren  der  Bleiglanzstructiir 
zeigend  vor,  dass  die  Erzeugung  des  ersteren  aus  dem  Scbwefelbleie  ohne 
Ortsverttnderung,  und  ohne  Vermittelung  einer  flüssigen  Auflösung*  nicht  wdH 
bezweifelt  wetden  bann.  -m>* 

•     •  •   !        ■  ■ .  "t   Mi)  ' 

$.     48-  ■.-!»< 

Concentrirung  des  Kupfergehaltes  bei  dem  Rösten  des  Kupferkieses  und  Kupferstem*. 

An  die  im  Vorhergebenden  enthaltenen  Untersuchungen  über  Formver- 
änderungen im  Gefolge  von  in  der  Natur  vorgehenden  chemischen  Umände- 
rungen von  Sulfuriden,  mag  sich  hier  die  Betrachtung  einer  sehr  auffallenden 
Erscheinung  reihen,  welche  auf  Kupferhütten  die  Concentrirung  des  Kupfer- 
gehaltes zeigt,  die  unter  gewissen  Umständen  sowohl  bei  der  Röstung  eines 
Gemenges  von  Kupfer-  und  Schwefelkies,  als  auch  bei  dem  Rösten  des 
Kupfersteins  statt  findet;  welcher  Vorgang  ein  besonders  merk  würdiges  Beispiel 
der  Wirkung  von  Molekularbewegungen  in  starren  Körpern  darbietet  leb 
wurde  auf  diese  Erscheinung,  welche  in  der  Bildung  von  kupferreicheh  Kernen 
in  der  Umgebung  kupferarmer  Rinden  besteht,  schon  i.  j.  1807  bei 'der  in 
freien  Haufen  ausgeführten  Röstung  des  mit  Schwefelkies  gemengten  Kupfer- 
kieses auf  der  Hütte  bei  Röraas  in  Norwegen  aufmerksam.  Dieselbe  Beob- 
achtung wurde  von  Br  o  c  c  h  i  auf  der  Hütte  zu  Agordo  gemacht.     B  r  e  i  s  I  a  k 


1)  Handwörterbuch  der  topographischen  Mineralogie  von  6.  Leon  hl  rd.  S.  84. 


ÜBER  DIE  IN  STARRET  UfeLO&N  RÖHPE&K  BftWlRlWftti  FORMVBRAND.    109 

(Ifet  darüber  Fügendes  mitgetheilt !).  Der  Kepferkies  von  A£o*do  liefert  in 
*tfcher  Masse  4  bis  5  Procent  Mupfer.  Nachdem  er  zu  Tage  gefördert,  zer- 
'fthlKgt  man  ihn  in  ungefähr  faustgrosse  Stücke,  um  ihn  in  Hänfen  em^r 
flöstung  m  unterwerfen;  Diese  dauert  drei  bis  vter  Monate/  nach  welcher 
IWt  die  Kiesstücke  sieb  in  eine  schwärzliche ,  atifgebdrsteife  Masse  verwandt 
haben,  deren  innerer  Theil  jedoch  völlig  die  natürliche  Farbe  des  Kieses,  nur 
mit  einem  Stich  in  das  Blaue,  b6hfolt.  Das1  Auffallende  dabei  ist,  dass  der 
Kern  der  Stücke  mehr  als  2/5  sehres  Gewichtes  an  Kupfer  liefert,  wogegen 
die  Rinde  an  Gehalt  verloren  hat;  daher  amnnehmen  ist,  dass  während  der 
Röstung  die  Massentheile  des  Kupfers  allmähKg  das  Äussere  der  Stücke  ver- 
liessen,  und  sich  in  dem  Innern  lüusammen zogen.  Zuweilen  trifft  man  sogar 
hn  Innern  der  gerösteten  Stücke  F*den  oder  Heirte  Bleche  von  regulinischem 
Kupfer  an.  Doch  ist  die  Hitze  der  Röstung  sehr  massig,  und  erheb*  sich  nie 
bis  zu  dem  Grade  der  Schmelzung.  Hiermit  stimmen  im  Wesentlichen  die 
Nachrichten  überein,  welche  der  Bergmeister  L.  Ström  über  die  auf  Foldals 
Kupferhütte  in  Norwegen  schon  im  vorigen  Jahrhundert  betriebene,  sogenannte 
Ktoriur östung  mitgetheilt 2) ,  so  wie  mit  den  Erfahrungen,  welche!  Bredberg 
bei  den  i.  J.  1824  m  Fahlun  in  Schweden  angestellten  Versuchen,  ein  Ge- 
länge von  Kupfei^  un^  Schwefelkies  in  freien  Haufen  zu  rösten,  gemacht 
bot5).  Der  Gehalt  des  rohen  Erfees  betrug  3  bis  4  Procent  Kupfer.  In  dem 
Itfnern '  der  Stücke  des  gerösteten  Erzes  fand  sich  ein  grüner 'knpferreicher 
Kern ;  6der  es  zeigte  sieb  auch  Wohleiti  ähnliches  kupferreiches  concentrisches 
Band  von  der  Stärke  einiger  Linien,  in  der  Umgebung  eines  Weniger  Kupfer 
enthaltendem  Schwefehnetallfcs.  Der  Ktrpfergehalt  der  grünen  Kerne  betrug 
tfbtln  lb  Procent,  wöhrtrtd  in  der  dickeri,  stark  gerösteten,  äusseren  Schaale 

in  1)  Introdazione  atta  Geoiogia  dt  Scipionp  Breislak,   1811.  II.   p.  14.  ^ 

k, .»;.     Institution*  göologiques  par  Scipion  Breislak,  trad.  par  Campmas ■  1818t 

Scipio  ßreislak's  Lehrbuch  der  Geologie,  übers,  von  Fr.  K.  v,  Strombeck, 
II.  S.  344  ff. 

2)  Budstikken.    Christiania  1821. 

3)  Jem- Kon torets  Annaler.   1826.     Ttotode  Abgingen.     Förra  Baiufct.    Stockholm 
1827.   p.  174  flF.  m  -       i 


110  '  JOfl,  FH1BDIL  LUDW.  ftAÜ8MANN,  /;    \ ..:«  :..  j 

nur  etwas  über  2  Procent  enthalten  waren.  Bei  einer  spiteren  Gelegenheit1) 
hatBredberg  mitgetheilt,  dass  die  Concentration  des  Kupfer»  bei  dem  Röste* 
dea  Kieses  noch  viel  weiter  geben  könne,  als  zuvor  angegeben  worde»; 
dass  bei  fortgesetzter  Röstung  oft  nur  ein  kleiner  Kern  von  Bronzefarbe 
bleibe,  der  höchstens  l/soo  des  Ganzen  ausmache.  In  einem  soleben  fand 
derselbe:  • 


Kupfer 

47,4 

Eisen 

19,4 

Schwefel 

19,8 1 

■ 

ErdsiUcate 

13,3 
99,9 

Die 

Schwefelverbindungen 

bestanden  hiernach  aus: 

» 

Kupfer 

54,7 

Eisen 

i 

22,4 

Schwefel 

22,9 

n 


100,0 
welche  Zusammensetzung  der  Formel  FeS  -+-  FeS2  +  CuS  zu  entspreche« 
scheint.  Es  hat  mich  sehr  überrascht,  die  Concentration  des  Kupfers  bei  der 
Röstung  des  Kupferkieses  in  einem  Buche  erwähnt  zu  finden,  wo  man  eine 
solche  Beobachtung  wohl  nicht  erwarten  sollte.  In  den  berühmten  » Brief e* 
eines  Verstorbenen «  2)  heisst  es  da ,  wo  von  der  Gewinnung  und  Röstung 
des  Kupfererzes  auf  der  Insel  Anglesea  die  Rede  ist:  »Eine  sonderbare  Ery 
scheinung  ist  es  für  den  Layen,  dass,  während  dieses  neunmonatlichen  Breip* 
nens,  welches  allen  Schwefel  austreibt,  bloss  durch  die  Kraft  der  Wahlver- 
wandtschaft, die  durch  das  Feuer  rege  gemacht  wird,  das  reine  Kupfer« 
welches  vormals  durch  den  ganzen  Stein  vertbeilt  war,  sich  nachher  in  ein 
Klümpchen  zusammengezogen,  compact  in  der  Mitte  zeigt,  so  dass,  wenn 
man  die  gebrannten  Steine  zertrümmert,  man  in  jedem  das  Kupfer,  wie  den 
Kern  in  einer  Nuss  erblickt."  Wenn  gleich  diese  Angabe  wohl  nicht  ganz 
genau  ist,  so  ersieht  man  doch  daraus,   dass  auf  Anglesea  bei  dem  Rösten 


1)  Jern-Kontorets  Annaler.   1827.    Elfte  Ärgängen.    Stockholm  1828.  p.  199. 

2)  1.   1830.  S.  149. 


L1BL0SHN  JtÖRPER»  B1WIRKT8N  FOaMVBRÄND.    41t 

Ähnliches  sich  zeigt,  als  an  den  oben  angeführten 
igen  und  Schweden. 
.:.  ■  Über  diesen  merkwürdigen  Hergang  sind  verschiedene  Erklärungen  ge- 
geben worden  1).  In  einem  Irrthume  befinden  sich  aber  diejenigen,  weiche, 
wie  namentlich  Werther2),  annehmen,  dass  bei  dem  Kernrosten  eine 
Schmelzung  statt  finde,  indem,  wie  solches  anch  von  Karsten5)  bemerkt 
werden,  das  Überraschende  des  Concentrirens  des  Kupfergebaltes  bei  der 
Rüstung  des  Kupferkieses  gerade  darin  liegt,  dass  sieb  die  neuen  Verbindungen 
bei  einem  nicht  flüssigen  Znstande  des  Erzes  bilden.  Nach  Karstens  Mei- 
nug  liegt  die  Ursache  des.  merkwürdigen  Erfolges  darin,  dass  -Schwefelkupfer 
«ad  Kupferoxyd  sich  schon  in  einer  niedrigeren  Temperatur  zersetzen,  als 
Sckwefeleisen  und  Eisenoxyd.  Das  entstehende  regulinische  Kupfer  entzieht 
dem  Schwefelkiese  den  Antheil  Schwefel,  weichen  der  Kies  abgeben  kann, 
um  eine  niedrigere  Schwefelungsstufe  zu  bilden.  Der  Erfolg  ist  nach  Kar- 
sten'« Ansiebt  wahrscheinlich  abhangig,  tbeils  von  der  Temperatur,  theils 
von  einem .  grossen  Übermaass  des  Schwefelkieses  im  Verhältnis«  zum  Kupfer- 
kiese, Am  Gründlichsten  hat  Lürzer  die  Kernröstung  mit  Agordoer  Erzen 
beleuchtet +).  Er  nimmt  an ,  dass  das  beim  Rösten  äusserltch  gebildete-  Kopfer- 
oxyd  durch  das  Schwefeleisen  der  nach  dem  Innern  damit  in  Verbindung 
befindlichen  Kupferkiesschicht  in  Schwefelkupfer  verwandelt  wird,  welches 
dann  von  dem,  von  dem  zerlegten  Kupferkies  herrührenden  Schwefelkupfer 
aufgenommen  wird.  So  wie  nun  die  Rüstung  durch  die  beständige  Einwir- 
kung der  Hitze,  von  Aussen  nach  Innen  fortschreitet,. findet  auch  die  Zerlegung 
des  Kupferoxyds  durch  das  Schwefeleisen,  und  in  Folge  dessen  eine  Wan- 
derung des  Kupfers  nach  dem  Innern  des  Stückes  statt. 


1}  Vergl.  die  Rammelsberger  Hüttenprozesse  am  Commuoion-Uolerharze  von  Bruno 
Kerl.   S.73.  , 

2)  Erdmnnn's  Journal  für  prakt.  Chem.   LV1II.   S.  321  ff. 

3)  System  der  Metallurgie.   III.  S.  432  ff.  ;< 

*)  Tunner's  Jahrbuch  der  k.  k;  Montan -Lehranstalt  «o  Leoben.    1853.  S.  339. 
Handbuch  der  metallurgischen  Hüttenkunde  von  Bruno  Kerl.  U.  6.  166. 


112  ;  '    ;   ;    JOa  FRIED1.  LDÖW.  HÄÜ«MABtH;;i'        /l  ..\ü 

Bredberg  bat  Bemerkungen  darüber  mitge4hrtlti)ydas8  bei  ^ÄDiilöfltoii 
des  Kupfersteins  sich  etwas  Ähnliches  leigt,  als  bei  dem  Kiesnftsfen,  indetai 
sieb  Kerne  bilden ,  die  eine  andere  Farbe  haben,  als  der  ungerösteM  Stein 
besass,  indem  sie  zuweilen  hochgelb,  oder  grüngelb,  und  wenn  sie  der  Hitze 
mehr  ausgesetzt  waren,  tombackfarben,  und  dabei  glänzend  sind.  In  diesen 
Kernen  findet  sieb  ein  grösserer  Schwefel-  und  Kupfergebalt  als  in  dem  un- 
gerösteten  Stein,  und  in  der  äusseren  Rinde.  Die  Untersuchung  der  bei  einem 
su  Fablun  in  einem  Flammofen  angestellten  Röstungs versuche  erhaltenen  Pro« 
duete,  ergab  in  der  Süsseren  Schaale  einen  Gebalt  von  2,25  Procent  Kupfer* 
oxyd,  wogegen  in  dem  bronzefarbenen  Kerne  33,02  Procent  metallisches 
Kupfer  gefunden  wurden,  obgleich  der  mittlere  Gehalt  des  ungeröstetan  Sterns 
nur  10  Procent  betrug.  In  der  Schaale  waren  nur  0,87  Procent,  in  dem 
Kerne  dagegen  20,11  Procent  Schwefel  enthalten.  Auch  Karsten  bat  die 
Bemerkung  mitgetbeilt  2) ,  dass  bei  dem  Rösten  des  Knpfersteins  sich  kupfer- 
reiohere  Kerne  bilden,  die  zuweilen  nicht  bloss  Schwefelkupfer,  sondern  selbst 
reguliuisches  Kupfer  enthalten,  während  die  äusseren  Schaalen  fast  nur  aus 
oxydirtem  Eisen  bestehen. 

Etwas  Ähnliches  wie  bei  dem  Rösten  des  Kupferkieses  und  Ktipfersteta 
die  Concentrin] ng  des  Kupfers  im  Innern  der  Stücke  zeigt,  findet  hinsichtfyeb 
des  Silbers  bei  den  Rohsteinkernen  statt,  welche  bei  der  Röstung  der  Amal^ 
gamirerze  entstehen.  Diese  Rohsteinkerne  bilden,  wie  Winkler  bemerkt8}! 
beim  Schliechrösten  die  unsichtbaren  Mittelpunkte  der  einzelnen  Scbliechsttdb*» 
chen,  wogegen  sie  beim  Stufrösten  im  Innern  der  aufgeschlagenen  Stufe« 
deutlich  erkennbar  sind.  Sie  enthalten  nicht  nur  das  Silber,  welcbed  ur- 
sprünglich mit  dem  gleichen  Gewichte  Schwefelmetall,  aus  dem  sie  sieb  er- 
zeugten, verbunden  war;  sondern  sie  haben  auch  ihrer  abgerösteten  Umgebung 
etwas  Silber  entzogen. 


1)  Jern-Kontorets  Annaler.  1827.  p.  187.  1828.  p.  253.  293.    Erdmann's' Journal 
für  techn.  Chem.  XVT.  S.  56.  :  ,; 

2)  System  der  Metallurgie.  III.  S.  434. 

3)  Die  europäische  Amalgam asion  der  Silbererze  und  silberhaltigen  Hüttenprbducte 
von  K.  A.  Wiakler.   1848.  S.69.  Ann. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formveränd.   iid 

§.    49. 

Umänderungen  t>on  Silicaten. 

Da  unter  allen  Abtheilungen  der  Mineralkörper  den  Silicaten  die  grösste 
Mannichfaltigkeit  eigen  ist,  so  lässt  sich  erwarten,  dass  bei  ihnen  auch  be- 
sonders viele  und  verschiedenartige  Umänderungen  erfolgen.  Die  Mannich- 
faltigkeit derselben  scheint  indessen  der  grossen  Anzahl  verschiedenartiger 
Silicate  nicht  ganz  zu  entsprechen,  welches  unstreitig  darin  liegt,  dass  im 
Allgemeinen  die  Zersetzungsfähigkeit  derselben  ungleich  geringer  ist,  als  bei 
manchen  anderen  Abtheilungen  der  Mineralkörper.  Umänderungen  der  chemi- 
schen Zusammensetzung  welche  in  einem  Austausche  von  Bestandteilen  be- 
stehen, werden  besonders  bei  solchen  Silicaten  wahrgenommen,  in  welchen 
die  Kieselsäure  mit  Eisenoxydul,  Manganoxydul,  Talkerde,  Kalkerde,  Kali, 
Natron  verbunden  ist,  so  wie  bei  manchen  zusammengesetzten  Silicaten,  in 
welchen  Verbindungen  jener  Art  mit  kieselsaurer  Thonerde  vereinigt  sind. 
Die  auffallendsten  und  häufigsten  Zersetzungen  finden  bei  zwei  Familien  statt, 
den  hornblendeartigen  und  den  feldspathartigen  Körpern,  von  welchen  jenen 
die  erste  Art,  diesen  die  zweite  Art  der  Zusammensetzung  eigen  ist,  und 
welche  gerade  zu  den  Mineralkörpern  gehören,  welche  für  die  Bildung  der 
plutonischen ,  vulkanoi'dischen  und  vulkanischen  Gebirgsarten  von  grösster 
Wichtigkeit  sind,  daher  denn  auch  ihre  Umwandlung  in  geologischer  und 
agronomischer  Hinsicht  von  ganz  besonderer  Bedeutung  ist;  so  wie  einige 
dadurch  entstandene  Körper,  auch  in  technischer  Hinsicht  grossen  Nutzen 
gewähren.  Bei  der  Zersetzung  jener  Mineralkörper  sind  Luft  und  Wasser, 
mit  Einschluss  der  in  jener  und  in  diesem  enthaltenen  Kohlensäure,  am  Allge- 
meinsten thätig.  Für  das  Ganze  von  geringem  Belange  sind  Einwirkungen 
von  Schwefelsäure,  Chlorwasserstoffsäure  und  einigen  anderen  Substanzen. 
Am  Häufigsten  gehen  die  Zersetzungen  bei  gewöhnlicher  Temperatur  vor. 
Nur  bei  Vulkanen  und  Erdbränden  werden  sie  durch  erhöhete  Temperatur, 
zumal   durch   die   Einwirkung   heisser   Wasserdämpfe,   befördert1}.      Bei   den 


1)  Dass   verschiedenartige   Dämpfe,    besonders  heisse  Wasserdämpfe,    zum  Theil 
unter  hohem  Drucke,  auf  die  Bildung  eruptiver  Gebirgsarten  von  grossem  Ein- 
flüsse waren,   und  dass  durch  sie  auch  wohl  noch  nach  ihrer  Bildung  in  den 
Phys.  Classe.  VII.  P 


114  JOB.  PB1BDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

Umänderungen  welche  die  erwähnten  Silicate  gewöhnlich  erleiden,  pflegt  ein 
Theil  der  veränderten  Masse  keine  Ortsveränderung  zu  erleiden,  wogegen  ein 
anderer  durch  Auslaugung  fortgeführt  wird.  In  der  zurückbleibenden  Masse, 
aus  welcher  einer  Seits  Theile  entfernt,  anderer  Seite  aber  auch  Theile  auf- 
genommen worden,  gehen  eben  hierdurch  Molekularbewegungen  vor,  welche 
die  Form  bald  mehr  bald  weniger  verändern.  Zuweilen  erhält  sich  die  äussere 
Gestalt;  aber  sehr  gewöhnlich  wird  auch  diese  allmählich  zerstört,  wMta 
freilich  mechanische  Wirkungen,  namentlich  das  fortführende  Wasser,  oft 
beitragen.  Am  Allgemeinsten  besteht  die  Formveränderung  darin,  dass  der 
krystallinische  Zustand  in  einen  nicht  kristallinischen,  zerfallenen  umgewandelt 
wird,  wobei  das  krystallische  Gefüge  verschwindet,  höchstens  Spuren  von 
demselben  entsprechenden  Absonderungen  bleiben,  und  die  mehr  und  weniger 
aufgelockerte  Masse  einen  unebenen  oder  erdigen  Bruch  enthält  Selten  gehet 
aus  dem  krystallinischen  Körper  ein  anderer  krystallinischer  hervor.  Nicht 
immer  findet  die  Auflockerung  gleichmässig  durch  die  ganze  umgeänderte. 
Masse  statt;  der  Auslaugung  von  Theilen  ist  es  wohl  besonders  zuzuschreiben* 
dass  das  Innere  manchmal  löcherig  wird.  In  der  Regel  beginnt  die  Zersetzung, 
an  der  Oberfläche,  und  schreitet  allmählig  nach  Innen  fort,  so  dass  man  oft 
Gelegenheit  hat,  die  verschiedensten  Grade  derselben,  von  einer  schwachen 
Verwitterungsrinde  bis  zur  völligen  Umwandlung  des  Körpers  zu  sehen;  in 
seltenen  Fällen  zeigt  indessen  die  Zersetzung  einen  entgegengesetzten  Gang, 
indem  sie  im  Innern  beginnt  und  nach  Aussen  sich  verbreitet.  Oft  schreitet 
die  Umänderung  gleichmässig  fort;  doch  gehet  sie  zuweilen  auch  ungleich* 
massig  von  Statten.  .       . 

Über  die  Mischungsveränderungen  welche  mit  den  hornblende*  und  fett* 
spathartigen  Mineralkörpern  vorgehen,  zumal  über  die  letzteren,  sind  zahlreiche 
Untersuchungen  geliefert,  und  bekanntlich  haben  sich  besonders  Bert  hier, 
Bischof,  Brongniart,  Forchhammer,  Fournet,  Fuchs,  Malagnti£ 
Rammeisberg  um  die  genauere  Kunde  derselben  verdient  gemacht.      loh 


sie  zusammensetzenden  Mineralkörpern,  so  wie  auch  in  Gebirgsmassen  von 
anderer  Entstehung,  Veränderungen  bewirkt  wurden,  lässt  sich  wohl  kaum 
bezweifeln. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formvbränd.    115 

gehe  daher  nicht  ausführlich  auf  diesen  Gegenstand  ein,   sondern  beschränke 
mich  auf  wenige  Bemerkungen  über  denselben. 

Zu  den  hornblendeartigen  Silicaten  zähle  ich  zunächst  die  Pyroxen-  und 
Amphibol- Substanz ,  denen  sich  hinsichtlich  der  chemischen  Zusammensetzung 
die  Peridot- Substanz,  und  einige  andere  unbedeutende  Mineralkörper,  u.  a. 
Babingtonit,  Ifoaü,  Krokydolith  anschliessen.  Pyroxen-,  Amphibol-  und  Pe- 
ridot-Substanz  zeichnen  sich  durch  mannichfaltige  Abänderungen  der  Mischung 
aus,  welches  bei  ihnen  nach  meiner  mineralogischen  Methode,  die  Unter- 
scheidung zahlreicher  Formationen  veranlasst.  Die  Zersetzbarkeit  zeigt  sich 
bei  ihnen  sehr  abweichend,  und  im  Allgemeinen  scheint  sie  besonders  durch 
den  Gehalt  an  Mangan-  und  Eisenoxydul  befördert  zu  werden.  Beide  nehmen 
Sauerstoff  und  Wasser  auf,  und  verwandeln  sich  dadurch  in  Mangan-  und 
Eisenoxydhydrat.  Daher  nehmen  die  an  Mangan-  und  Eisenoxydul  reicheren 
Formationen  jener  Mineralsubstanzen  durch  Verwitterung  gewöhnlich  braune 
und  gelbe  Farben  an,  und  daher  bewirkt  die  durch  die  Aufnahme  von  Sauer- 
stoff und  Wasser  verursachte  Volumenvergrösserung  häufig  ein  Zerfallen  der 
Masse.  Dieses  zeigt  sich  nicht  bloss  bei  den  einzelnen  Individuen  jener 
Körper,  sondern  besonders  auch  an  den  Gebirgsarten ,  zu  deren  Hauptgemeng- 
theilen  Augit,  Hypersthen,  Diallag,  Hornblende,  Arfvedsonit,  Olivin  gehören, 
namentlich  bei  dem  Hypersthen f eis,  Diabas,  Euphotid,  Trapp,  Dolerit,  Anamesit, 
Basalt,  Hornblendgestein,  Diorit,  Syenit.  Bei  diesen  verräth  sich  die  Verwit- 
terung nicht  allein  häufig  durch  eine  rostfarbene  Oberfläche,  sondern  es  äussert 
sich  zugleich  die  Wirkung  der  Molekularbewegungen  in  der  Auflockerung  der 
äusseren  Masse,  in  der  Bildung  von  schaaligen  Absonderungen,  und  in  dem 
allmähligen  gänzlichen  Zerfallen  des  Gemenges.  Ein  Theil  vom  Eisen-  und 
Manganoxydul  der  Pyroxen-  und  Amphibol -Fossilien  wird  aber  auch  oft 
entführt,  wobei  Kohlensäure  und  Wasser  behülflich  sind,  und  die  Auslaugung 
kann  sogar  so  weit  gehen,  dass  eine  Entfärbung  Folge  davon  ist  Besonders 
bei  dem  Dolerite,  Anamesite  und  Basalte  habe  ich  oft  Gelegenheit  gehabt,  den 
allmähligen  Übergang  der  dunklen  Farbe  des  frischen  Gesteins  bis  in  eine 
völlig  weisse  Färbung  des  verwitterten  zu  verfolgen.  Der  in  kohlensaure 
Verbindungen  umgewandelte  Gehalt  an  Eisen-  und  Manganoxydul,  wird  durch 
kohlensäurehaltiges   Wasser   ausgelaugt,    und   scheidet   sich   als   Eisen-   und 

P2 


116  JOB.  PR1BDR.  LÜDW.  HAUSMA1UI, 


•     •     i 


Manganoxydhydrat  wieder  aus  >  welches  sich  bald  fleckenweise  oder  dendritisch, 
bald  rinden-  oder  gangförmig  zusammenziehet,  und  auf  solche  Art  entweder 
die  aufgelockerte  Masse  schaalig  umgiebt,  oder  dieselbe  durchziehet.  An 
einzelnen  Krystallindividuen  von  Pyroxen-  und  Amphibol  -  Fossilien  verräth 
sich  die  Auslaugung  dann  und  wann  sowohl  durch  die  erlangte  Porosität,  als 
auch  durch  einen  Überzug  von  Brauneisenstein,  der  manchmal  geflossen,  klein- 
getropft oder  kleinnierenförmig  erscheint  1).  Nicht  bloss  Eisen  und  Mangan, 
sondern  zuweilen  auch  Talk-  und  Kalkerde,  werden  bei  der  Verwitterung 
von  Körpern  der  Pyroxen-  und  Amphibol -Substanz,  vermutlich  durch  kohlen- 
säurehaltiges  Wasser,  bald  mehr  bald  weniger  denselben  entführt,  und  auch 
ein  Theil  der  Kieselsäure  wird  manchmal  daraus  entfernt  2).  Ein  merkwür- 
diges Product  dieses  Auslaugungsprocesses  ist  Scheerer's  Neolüh,  der  an 
manchen  Orten  als  ein  secundäres  Gebilde  in  basaltischen  Gesteinen  angetroffen 
wird.  Besonders  auffallend  zeigt  sich  die  formverändernde  Wirkung  der  Mo- 
lekularbewegungen  bei  der  Verwitterung  des  Olivins,  dessen  körnige  Abson- 
derung die  Zersetzung  befördert.  Die  Umwandlung  seines  Eisenoxyduls  in 
Eisenoxydhydrat  wird  durch  die  Umänderung  seiner  grünen  Farbe  in  etat 
braune  oder  gelbe  verrathen,  und  die  Bewegung  der  kleinsten  Theile  tau 
rigiden  Zustande,  zeigt  sich  nicht  allein  in  der  Umwandlung  seines  muschelige* 
Bruches  in  einen  erdigen,  sondern  besonders  auch  in  dem  gänzlichen  Zerr 
fallen  seiner  Masse,  als  Folge  der  durch  die  Aufnahme  von  Sauerstoff  und 
Wasser  bewirkten  Volumenvergrösserung.  Dass  zugleich  eine  Auslaoguig 
von  einem  Theile  des  Talkerdegehaltes  statt  finden  kann,  hat  sich  aus  Walm- 
stedt's  Untersuchung  eines  verwitterten  Olivins  ergeben3).  Der  Hyalosiderit, 
welcher  sich  durch  einen  weit  grösseren  Gehalt  an  Eisenoxydul  von  ißm 
Olivine  unterscheidet,  scheint  darum  noch  leichter  zu  verwittern  als  der  Iflt** 


<  ;.  .;Ji  - 


1)  Vergl.  meine  Bemerkungen  über  pseudomorphische  Bildungen  des  Bratfne^eo-». 
Steins,  i.  d.  Studien  des  Götting.  Vereins  Bergmännischer  Freunde.  VL  3.  S.  311  ff. 

2)  Über  die  merkwürdigen  und  verschiedenartigen  Umänderungen  welche  der  Äugil 
erleidet,  haben  besonders  Rammelberg's  lehrreiche  Untersuchungen' "Ätöf- 
schluss  gegeben.  S.  Poggendorff's  Annalen.  XLIX.  387.  Handwftrterittdl 
des  chemischen  Theils  der  Mineralogie.  I.  68. 

3)  KongL  Vetenskaps  Academiens  Handlingar.   1824.  II.  p.  359. 


'  t  * 


ÜBER  DIB  IN  STARREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.     117 

tere.  Der  Anfang  der  Zersetzung  seiner  Krystalle  giebt  sich  in  den  lebhaften, 
mit  metallischem  Glänze  verbundenen  angelaufenen  Farben  der  Oberfläche  zu 
erkennen.  Die  äussere  Form  erhält  sich,  wenn  gleich  der  muschelige  Bruch 
bereits  ein  erdiger  geworden;  die  Verwitterung  endet  aber,  wie  bei  dem 
Olivine,  mit  gänzlichem  Zerfallen.  Der  Ilvait  verhält  sich  in  Ansehung  der 
Zersetzung  ähnlich  wie  die  Formationen  der  Peridot  -  Substanz. 

An  die  feldspathartigen  Silicate,  zu  welchen  Feldspath  oder  Orthoklas, 
Albit,  Oligoklas,  Ryakolith,  Labradorü,  Anorthü  gehören,  schliessen  sich 
hinsichtlich  der  chemischen  Zusammensetzung  und  davon  abhängigen  Art  der 
Zersetzung,  besonders  Werner ü  (Mejonit,  Skapolith),  Lewa  und  Porzellan- 
spath  nahe  an.  Diese  verschiedenen  Mineralsubstanzen  zeigen  sehr  abwei- 
chende Grade  der  Verwitterbarkeit.  Am  Leichtesten  scheinen  Wernerit, 
Leuzit ,  Porzellanspath  und  Feldspath  zersetzt  zu  werden.  S  u  c  k  o  w  hat 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  feldspathartigen  Körper,  welche  viel 
Kali  und  Kalkerde  enthalten,  weit  eher  verwittern,  als  diejenigen,  in  welchen 
das  Natron  die  Rolle  des  Kali  und  der  Kalkerde  zum  grossen  Theil  oder 
ganz  übernimmt  *).  Aber  auch  bei  derselben  Mineralsubstanz  zeigen  sich 
Unterschiede  in  Ansehung  der  Verwitterbarkeit,  wovon  der  Grund  nur  in 
dem  Aggregatzustande  gesucht  werden  kann,  indem  es  sich  bei  den  feldspath- 
artigen Fossilien  eben  so  wie  bei  vielen  anderen  Mineralkörpern  zeigt,  dass 
sie  um  so  mehr  einer  durch  äussere  Einflüsse  verursachten  Umänderung 
trotzen,  je  weniger  sie  abgesondert  und  je  glatter  ihre  äusseren  und  inneren 
Flächen  sind;  daher  Adular-Feldspath  nicht  so  leicht  verwittert  als  gemeiner, 
und  ähnliche  Unterschiede  bei  verschiedenen  Varietäten  von  Wernerit  und 
Leuzit  wahrgenommen  werden.  Bei  der  Verwitterung  der  feldspathartigen 
Silicate  werden  Kali,  Natron,  Kalkerde,  Eisenoxydul  und  ein  Theil  der  Kiesel- 
erde durch  Auslaugung  entführt,  wobei  Wasser  und  Kohlensäure  wirksam 
sind,  wodurch  ein  an  Thonerde  reicheres  Silicat  sich  bildet,  welches  mit 
Wasser  sich  verbindet,  und  auf  solche  Weise  die  verschiedenen  Modificationen 
des  Kaolins  darstellt,  zu  denen  auch  das  Sleinmark  und  verschiedene  andere 
Thonarten  zu  zählen  sind.     Dieser  Process  gehet  zuweilen  von  Statten,  ohne 


1)  Die  Verwitterung  im  Mineralreiche.   S.  132. 


!18  JOH.  FRIEDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

dass  die  äussere  Krystallform  zerstört  wird,  wie  man  es  u.  a.  ausgezeichnet 
an  den  von  Klaproth  zerlegten  Afterkrystallen  von  Steinmark  in  einem  in 
der  Verwitterung  begriffenen  Thonsteinporphyr  vom  Oehmrichsberge  bei  Fla- 
chenseifen im  Fürstenthume  Jauer,  und  nicht  selten  an  Kry stallen  von  Wernerit, 
Leuzit,  Porzellanspatb  siebet.  Gewöhnlich  gehet  aber  bei  vollendeter  Zer- 
setzung die  äussere  Form  verloren.  Am  Häufigsten  zeigt  sich  bei  dem  all- 
mähligen  Fortschreiten  der  Verwitterung  die  Wirkung  der  Molekularbewegungen 
darin,  dass  das  Krystallinische  Gefüge  zerstört  wird,  indem  nur  hin  und 
wieder  den  Blätterdurchgängen  entsprechende  Absonderungen  sich  erhalten. 
Aus  dem  ursprünglich  muscheligen  oder  splitterigen  Bruche  wird  ein  erdiger, 
und  indem  die  Masse  eine  Auflockerung  erleidet,  endet  die  Verwitterung 
gewöhnlich  mit  einem  gänzlichen  Zerfallen.  Kommen  die  feldspathartigen 
Fossilien  als  Gemengtheile  von  Gebirgsarten  vor,  so  wirken  die  ihre  Zer- 
setzung begleitenden  Molekularbewegungen  auf  die  allmählige  Auflockerung 
und  das  endliche  Zerfallen  der  Gesteine  ein.  Von  der  Auslaugung  des  Eisen- 
gehaltes und  eines  Theiles  der  Kieselsäure,  ist  die  Bildung  von  Eisenoxyd- 
hydrat und  von  verschiedenen  Kieselfossilien  abzuleiten,  welche  in  der  ver- 
witterten Masse  auf  die  eine  oder  andere  Art  sich  absetzen.  Das  durch 
Vermittelung  der  Kohlensäure  vom  Wasser  entführte  Eisen,  ziehet  sich  als 
Braun-  oder  Gelbeisenstein,  bald  in  einzelnen  Flecken  von  verschiedenem 
Umfange,  bald  rinden-  oder  gangförmig,  in  der  durch  die  Verwitterung  ge- 
wöhnlich mehr  und  weniger  gebleichten  Masse  zusammen.  Die  Kieselsäure 
stellt  am  Häufigsten  als  Opal  oder  Chalcedon  nieren-  oder  auch  gangförmige 
Concretionen  dar.  Zuweilen  zeigt  sie  sich  aber  auch  als  Quarz  oder  Berg- 
krystall,  theils  für  sich,  theils  in  Verbindung  mit  amorpher  Kieselsäure.  Auf 
solche  Weise  ist  u.  a.  die  Bildung  von  Quarzkrystallen  zu  erklären,  welche 
die  durch  Auswitterung  von  Krystallen  feldspathartiger  Körper  leer  geworde- 
nen Räume  in  Porphyren  zuweilen  auskleiden  x). 

■       ■    ■■  m  —  i   ■    ■  ■■■■  ■■     ■  ■  t 

1)  Über  diese  Bildungen,  deren  genauere  Betrachtung  nicht  hierher  gehört,  vergl 
u.  a.  Fuchs,  i.  d.  Denkschriften  der  Akad.  d.  W.  zu  München.  VII.  S.  65  ff. 
Meine  Abhandl.  über  d.  Bildung  des  Harzgebirges,  i.  d.  Abhandl.  d.  Kön.  Ge- 
sellsch.  d.  W.  zu  Göttingen.  I.  S.  420.  Meine  geol.  Bemerkungen  über  die 
Gegend  von  Baden  bei  Rastadt,    das.  II.  S.  23. 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formverAnd.   119 

Ausser  den  hier  betrachteten  und  anderen  völlig  evidenten  Umänderungen 
von  Silicaten,  kommen  noch  manche  Gebilde  vor,  welche  für  Pseudomor- 
phosen  gehalten  werden,  die  einem  Austausche  von  Bestandteilen  ihre  Ent- 
stehung verdanken,  bei  denen  aber  entweder  die  Beweise  gänzlich  fehlen, 
(Jass  eine  Umwandlung  der  einen  Mineralsubstanz  in  eine  andere  wirklich 
statt  fand,  oder  deren  Natur  auch  auf  andere  Weise  gedeutet  werden  kann. 
Solche  noch  problematische  Erscheinungen  in  den  Kreis  dieser  Untersuchungen 
zu  ziehen,  entspricht  nicht  dem  Zwecke  dieser  Arbeit. 

§.    50. 

Umänderung  des  Glases  bei  gewöhnlicher  Temperatur. 

An  die  Bemerkungen  über  die  Umänderungen,  welche  in  der  Natur  sich 
findende  Silicate  durch  Austausch  von  Bestandteilen  erleiden,  möge  sich 
hier  die  Betrachtung  der  Veränderung  reihen,  welche  mit  dem  gemeinen  Glase 
durch  Einwirkung  von  Feuchtigkeit  bei  gewöhnlicher  Temperatur  vorgehet. 
Es  ist  eine  allgemein  bekannte  Erscheinung,  dass  manches  Fensterglas  mit  der 
Zeit,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  blind  wird;  dass  es  eine  zarte  Rinde  erhält, 
welche  mit '  bunten  Farben  spielt  und  die  Durchsichtigkeit  des  Glases  ver- 
mindert Wird  die  dünne  Haut  etwas  stärker,  so  bemerkt  man  oft,  dass  sie 
zerspringt  und  vom  Glase  sich  stellenweise  ablöst.  Man  nimmt  diese  Er- 
scheinung besonders  auffallend  an  Stallfenstern  wahr.  Glas,  in  welchen  von 
Alkalien  zu  viel  vorhanden,  erleidet  jene  Umänderung  leichter,  als  richtig 
zusammengesetztes.  Auch  hat  man  bemerkt,  dass  mit  Kali  bereitetes  Glas 
eher,  als  Natron  enthaltendes  blind  wird.  Nicht  bloss  die  Feuchtigkeit  der 
Atmosphäre,  vermutlich  durch  den  Kohlensäuregehalt  unterstützt,  bewirkt  die 
angegebene  Veränderung l) ,  indem  man  sie  besonders  auch  an  dem  Glase 


I)  Unter  gewissen  Umständen  scheint  auch  Schwefelwasserstoff  auf  die  Umände- 
rung des  Glases  Einfluss  haben  zu  können.  Dieses  wird  wenigstens  durch  die 
von  Bizio  mitgetheilte  Analyse  eines  schön  irisirenden  Glases  wahrscheinlich, 
welches  i.  J.  1823  bei  der  Reinigung  eines  Canales  zu  Murano  gefunden  wor- 
den. 500  Theile  der  schillernden  Häutchen  sollten  nach  Bizio  enthalten : 
Schwefel  136,  Alkali  173,  Kieselerde  112,  Kalkerde  29,  Bleioxyd  18,  Mangan- 
oxyd 12,  Zinnoxyd  5,  Kupferoxyd  4,  Bisenoxyd  2,5,  Zinkoxyd  2,  Arsenik  3,5, 


120  JOH.  FR1EDR.  LUDW.  HAUSMANN, 

wahrnimmt,  welches  eine  längere  Zeit  im  Boden  gelegen  bat.  Durch  sehr 
lange  Dauer  der  Einwirkung  der  Bodenfeuchtigkeit  schreitet  die  Umänderung 
weiter  fort.  Die  äussere  Rinde  nimmt  an  Stärke  zu,  wodurch  sie  allmählig 
ein  weisses,  opakes,  mit  lebhaftem  Farbenspiel  verbundenes,  dem  Perlmutter 
ähnliches  Ansehen  erhält *),  und  es  bilden  sich  mehrere  dünne,  vollkommen 
von  einander  sich  ablösende  Schaalen.  Hat  die  Oberfläche  des  Glases  kleine 
Blasen,  so  stellen  sich  diese  auch  in  den  Rinden  dar,  indem  Concaviläten 
oder  Convexitäten  derselben  denen  des  Glases  entsprechen,  wodurch  ihre 
Form  zuweilen  im  Kleinen  den  nierenförmig  schaaligen  Absonderungen  des 
Arseniks  oder  Glaskopfes  ähnlich  wird.  Manchmal  hat  das  Glas  eine  nur 
unter  der  Loupe  erkennbare,  gekörnte  Oberfläche,  welche  sich  auch  in  den 
schaaligen  Absonderungen  der  Rinde  erhält.  Die  ohne  Aufhebung  des  rigiden 
Aggregatzustandes  erfolgende  Bildung  derselben,  lässt  die  Wirkung  von  Mole- 
kularbewegungen nicht  verkennen. 

Was  die  Art  der  Mischungsveränderung  betrifft,  welche  mit  dem  Glase 
vorgehet,  so  lässt  sich  erwarten,  dass  sie  der  bei  natürlichen  Silicaten  erfol- 
genden analog  ist,  und  dass  dabei  besonders  eine  Ausscheidung  der  Alkalien 
statt  findet.  Dieses  hat  sich  auch  bei  einer  von  Griffiths  mit  der  perlmutter- 
ähnlichen Rinde  eines  unter  der  Erde  gefundenen,  antiken  Glases  vorgenom- 
menen Untersuchung  gezeigt,   in  welcher  er  beinahe  nur  Kieselerde  fand  2J. 


Talkerde  3.  Gegen  die  Richtigkeit  dieser  Angabe  dürfte  Mehreres  sprechen; 
und  besonders  auffallend  ist  es,  dass  kein  Wassergehalt  gefunden  wurde,  der 
doch  nach  dem  was  unten  mitgetheilt  werden  wird,  in  dem  umgeänderten  Glase 
nach  aller  Wahrscheinlichkeit  vorhanden  war.  (Giornale  di  Fisica,  etc.  1827. 
Bim.  5.   p.  391.) 

1)  Diese  Umänderung  des  Glases  habe  ich  nie  ausgezeichneter  gesehen,  als  an 
den  mannichfaltigen,  aus  den  Katakomben  von  Rom  stammenden,  gläsernen 
Bildwerken,  welche  in  der  Sammlung  der  christlichen  Alterthümer  des  Vaticans 
aufbewahrt  werden,  unter  welchen  manche  sich  finden,  die  so  grosse  Ähnlich- 
keit mit  Arbeiten  aus  Perlmutter  haben,  dass  sie  bei  nicht  genauer  Betrachtung 
dafür  gehalten  werden  könnten. 

2)  The  quarterly  Journal  of  Science  Literature,  and  Art.  V.  20.  p.  258.  Der  ver- 
storbene R.  Brandes  hat  ein  bei  Brool  am  Rhein  gefundenes  Stück  eines 
antiken  Glasgefässes  untersucht,  welches  eine  milch  weisse  Farbe  besass,  und 


ÜBER  DIB  IN  STARREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.    121 


Versuche,  welche  ich  mit  der  durch  Zersetzung  der  Oberfläche  eines  antiken 
Glases  gebildeten  Rinde  vor  dem  Löthrohre  anstellte,  Hessen  bemerken,  dass 
sie  etwas  schwerer  schmelzbar  ist,  als  die  darunter  befindliche  unveränderte 
Glasmasse,   und  ergaben  einen  nicht  unbedeutenden  Wassergehalt  derselben. 

• 

Da  mir  sehr  daran  lag,  genauere  Auskunft  über  die  mit  dem  Glase  vorgehende 
Veränderung  zu  erhalten,  so  ersuchte  ich  Herrn  Doctor  Geuther,  der  sich 
hier  unter  der  Leitung  des  Herrn  Obermedicinalrathes  Wo  hl  er  mit  ausge- 
zeichnetem Erfolge  dem  Studium  der  Chemie  widmet,  eine  vergleichende 
Analyse  von  unverändertem  Glase  und  der  durch  Zersetzung  desselben  ent- 
standenen Rinde  zu  unternehmen,  wozu  ich  ihm  das  Material  von  dem  Bruch- 
stücke eines  antiken  Gefässes  aus  grünlich  weissem  Glase  darbot,  welches  ich 
i.  J.  1819  in  einer  Excavation  in  der  Nähe  des  Grabmahles  der  Caecilia 
Metella  bei  Rom  fand.  Die  von  Herrn  Geuther  im  Academischen  Laborato- 
rium vorgenommenen  Zerlegungen  haben  nachstehende  Resultate  geliefert. 

Analyse   des  unveränderten  Glases. 


0,580  Gr.  mit  Flusssäure  aufgeschlossen. 


Kieselsäure 

0,3410 

Prct. 

59,2 

Sauerstoffgehalt. 

31,36 

Thonerde 

0,0325 

5,6 

2,61 . 

Kalkerde 

0,0398 

7,0 

2,00 

Talkerde 

0,0054 

1,0 

0,40 1 

Eisenoxydul  mit 
Spuren  v.  Man- 
ganoxydul        0,0144 

2,5 

>  11,67 
0,56  i 

Natron 
Kali 

0,1253 
0,0173 

21,7 
3,0 

5,60] 
0,50/ 

0,5757 

100,0 

0,532  Gr.  mit  kohlensaurem  Natron- 
kali aufgeschlossen,  auf  0,580  Gr. 

reducirt. 


0,3410 

0,0340 
0,0055 


0,0144 


von  einer  goldglänzenden  Haut  überzogen  war.  Er  fand  in  dem  Glase  Kiesel- 
erde, Natron,  Blei,  Manganoxyd,  Eisenoxyd,  Kalkerde,  Thonerde,  und  war 
der  Meinung,  dass  dasselbe  eine  Umänderung  erlitten,  und  dass  der  Metallglanz 
der  Oberflfiche  einen  ähnlichen  Entstehungsgrund  habe,  als  die  Farbenerschei- 
nung an  altem  Fensterglase.  (Schweigger's  Jahrbuch  d.  Chem.  u.  Phys.  X. 
S.  304.) 
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OBER  DIB  IN  STARBEN  X8RL0SEN 

mir  bereits  in  meiner  Abhandlung 
Mineralkörper  geäussert  wnrdo  t}. 
Eine  ganz  ähnliche  Verändert 
Luft  and  im  Boden  erleidet,  zeigt 
sich  findenden  Glase,  dem  Obtiditu 
mit  silberweisser,  metallisch  glänz 
Honte  in  Mexico  Nachricht  geget 
mitgebracht  hatte.  Die  vonNögg 
ähnliche  Überzug  von  einer  Zersetz 
und  der  Umänderung  analog  sey, 
namentlich  an  Fensterscheiben  wahr 

vermutfaete,  ist  gewiss  vollkommen  richtig.  Was  die  von  ihm  zugleich  hin- 
sichtlich der  Ursache  der  metallischen  Farben  mit  dem  entsprechenden  Glänze 
aufgeworfene  Frage  betrifft,  so  beantwortet  sich  diese  leicht  durch  die  Über- 
einstimmung jener  Erscheinung  mit  der  bei  den  verschiedenartigsten  Körpern 
sich  zeigenden,  welche  durch  Zersetzung  oder  auch  auf  andere  Weise,  einen 
dünneu,,  das  Licht  durchlassenden  Überzug  erlangt  haben5).  Nach  Nobili's 
bekannten  Untersuchungen  ist  das  Silberweiss  die  Farbe  des  nllerdünnsten 
Überzuges. 

§•   61. 

Umänderung  fomler  Zähne. 

Zur  Wahrnehmung  der  Wirkung  von  Holekularbewegungen  auf  die  Ver- 
änderung der  Form  starrer  Körper,  giebt  zuweilen  eine  merkwürdige  Zer- 
setzung Veranlassung,  welche  fossile  Zähne  erleiden.  Besonders  ausgezeichnet 
zeigt  sie  sich  an  den  Stosszähnen  des  Mammaths.  Die  äussere  Binde  erscheint 
gewöhnlich  wenig  verändert,  aber  stark  zerborsten.  Das  Innere  dagegen  ist 
auffallend   umgewandelt.      Die  Farbe  der  inneren  Masse  ist  kreideweiss;   der 


1)  Studien  des  Gotting.  Vereins  Bergmännischer  Freunde.  V.  3.  S.  329. 

2)  Schweigger's  Jahrbuch.   XXII.  S.  217  ff. 

3}  Vergl.  meine  Abhandlung  über  die  Erscheinung  des  Anlaufens  der  Mineralkorper. 
A.  a.  0.  S.  299  ff. 

Q2 


124 


JOH.  FRIBDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 


matte  Brach  theils  muschelig,  theils  erdig.  Ausgezeichnete  krommschaalige 
Absonderungen  entsprechen  der  gebogenen  Oberfläche;  und  andere  radiale 
theilen  die  Schaalen  in  kleinere  Stücke.  Specifisches  Gewicht  und  Härte  sind 
bedeutend  vermindert  Die  dagegen  sehr  vergrösserte  Porosität  ist  daran  zu 
erkennen,  dass  die  Masse  stark  an  der  Zunge  haftet.  Die  Molekularbewegungen 
welche  bei  der  Umänderung  der  Stosszähne  erfolgten,  geben  sich  theils  durch 
die  Bildung  der  Absonderungen  und  die  Umänderung  des  Bruches  der  inneren 
Zahnmasse,  theils  durch  die  Zerberstung  der  äusseren  Rinde  zu  erkennen. 
Was  nun  die  chemische  Umänderung  betrifft,  in  deren  Gefolge  die  Molekular- 
bewegungen statt  fanden,  so  hat  darüber  eine  auf  meinen  Wunsch  von  Herrn 
Doctor  Wicke  sowohl  mit  der  inneren  Masse,  als  auch  mit  der  äusseren 
Rinde  von  einem  im  hiesigen  Academischen  Museum  befindlichen  Stosszähne 
des  Russischen  Mammuths  vorgenommene  chemische  Analyse,  Aufschluss  ge- 
geben. Um  die  vorgegangene  Substanz -Veränderung  übersehen  zu  können, 
lasse  ich  die  von  dem  Herrn  Freiherrn  Ernst  von  Bibra  gelieferte  Analyse 
des  unveränderten  Elfenbeins  x)  hier  vorangehen. 


Reiner  Zahnknocben  aus  Ostindien. 

Zähne  aus  dem  Handel  von  welchen 
die  Rinde  entfernt  war. 

Phosphorsaure  Kalkerde 

L 

11. 

und  Fluorcalciura 

38,48 

41,28 

46,48 

Kohlensäure 

5,63 

3,04 

3,86 

Phosphorsaare  Talkerde 

12,01 

8,20 

7,84 

Salze 

0,70 

0,75 

0,77 

Knorpelsubstanz 

42,94 

46,43 

40,71 

Fett 

0,24 

0,30 

0,34 

100,00 

100,00 

100,00 

Organische  Substanz 

43,18 

46,73 

41,05 

Unorganische  Substanz 

56,82 

53,27 

58,95 

100,00 

100,00 

100,00 

1)  Untersuchungen  über  die  Knochen  und  Zähne  des  Menschen  und  der  Wirbel- 
thiere.    1844.  S.  268. 


ÜBER  D)E  IN  STARBEN  LEBLOSEN 

Analyse   der  Zahnrlnde  an 
fossilen  Stosszahne  des 

Zahnrinde. 


Phospborsaure  Kalker 

Phosphorsaure  Talker 

Kohlensaure  Kalkerde 

Eisenoxyd 

Thonerde 

Kieselerde 

Fluorcalcium 

Wasser 

Organische  Substanz 

Organische  Substanz  28,57 

Unorganische  Substanz      72,33 


94,58 
100,96 


100,90 

Die  letzteren  Analysen  zeigen:  dass  bei  der  inneren  Hasse  des  umgeänderten 
Stosszabnes  die  organische  Substanz  bis  auf  6,38  Prct  ausgelangt  wurde,  wo- 
gegen eioe  6,26  Prct  betragende  Aufnahme  von  Wasser  statt,  gefunden  hat. 
Von  den  unorganischen  Bestandteilen  ist,  wenn  man  die  Analysen  vom  un- 
veränderten Elfenbein  des  Herrn  von  Bihra  damit  vergleicht,  vorzüglich 
phosphorsaure  Talkerde  ausgeschieden.  Ganz  anders  verhalt  sich  die  äussere 
Binde  der  Stosszahne,  welche  von  der  organischen  Substanz  weit  weniger 
verloren  hat,  wiewohl  auch  bei  ihr  eine  Aufnahme  von  Wasser  statt  fand. 
Dem  obigen  Resultate  der  Analyse  von  der  Zahnrinde  des  fossilen  Mammuths 
nähert  sich  das  Ergebniss  einer  von  dem  Doctor  C.T.Jackson  nnternomme- 
nen  Zerlegung  eines  Stückes  von  dem  Stosszahne  des  Mastodon  giganteus,  in 
welchem  derselbe  fand2): 


1)  Anualen  der  Chemie  und  Pharmacie.    XC.    S.  100. 

2)  Tbe  mastodon  giganteas  of  North  America  by  John  C.  Warron,     Boston 
lÖ&a.  p.87. 


126  JOH.  FRIEDR.  LÜDW.  HAUSMANN, 

Phosphorsaare  und  kohlensaure  Kalkerde 

nebst  Fluorcalcium  69,2 

Wasser  4,6 

Organische  Substanz  26,2 

100>0 
Eine  ähnliche  Umänderung  wie  fossile  Elephantenzähne  zeigen,  nimmt 
man  zuweilen  auch  an  Zähnen  anderer  urweltlicher  Thiere,  z.  B.  des  Höhlen- 
bären (TJrsus  spelaeus)  wahr.  Ich  besitze  aus  verschiedenen  Höhlen,  nament- 
lich aus  der  Scharzfelder  Höhle  am  Harz,  Bärenzähne,  deren  Rinde  keine  be- 
deutende Veränderung  wahrnehmen  lässt,  wogegen  das  Innere  ähnliche  Be- 
schaffenheiten zeigt,  als  der  Zahnknochen  umgeänderter  fossiler  Elephantenzähne. 
Die  weisse  Farbe  hat  gewöhnlich  einen  schwachen  Stich  in  das  Blaue;  der 
matte  Bruch  ist  flachmuschelig,  hin  und  wieder  in  das  Erdige  übergehend, 
und  die  an  den  Kanten  durchscheinende  Masse  stark  an  der  Zunge  klebend. 
Es  sind  schaalige  Absonderungen  vorhanden,  die  der  äusseren  Form  ent- 
sprechen, und  andere,  gegen  die  äussere  Oberfläche  rechtwinkelig  gerichtete. 
Zuweilen  zeigt  sich  in  der  inneren  Zahnmasse  die  Bildung  von  Eisenblau, 
indem  etwas  Phosphorsäure  in  Verbindung  mit  Wasser  sich  des  geringen 
Eisengehaltes  bemächtigt  hat,  welches  sich  von  Aussen  nach  Innen  abnehmend 
verbreitet  und  besonders  den  Querabsonderungen  folgt  Von  Eisenblau  rührt 
auch  ohne  Zweifel  der  blauliche  Stich  der  Farbe  her,  den  sowohl  der  matte 
Bruch  der  inneren  Hasse,  als  auch  die  glatte  glänzende  Oberfläche  der  Bären* 
zahne,  namentlich  aus  der  Scharzfelder  Höhle,  oft  besitzt 

Auffallend  ist  in  vieler  Hinsicht  die  Ähnlichkeit,  welche  die  beschriebene, 
durch  Molekularbewegungen  bewirkte  Umänderung  der  Structur  fossiler  Zähne, 
mit  der  oben  betrachteten  Veränderung  zeigt,  welche  die  innere  Form  des 
Holzes  bei  der  Verkohlung  erleidet.  Wie  bei  diesem  Processe,  so  ist  auch 
im  Gefolge  der  Zersetzung  der  Zahnsubstanz,  mit  dem  Verluste  eines  bedeu- 
tenden Theils  der  Bestandteile ,  eine  Zusammenziehung  der  Masse  verknüpft; 
welche  zwar  der  äusseren  Form  entsprechende,  und  andere  dieselben  durch- 
setzende Absonderungen  bewirkt,  doch  aber  die  durch  die  Ausscheidung  von 
Theilen  verursachte  Auflockerung  nur  bis  zu  einer  gewissen  Gränze  aufbebt, 
bei  welcher  die  umgeänderte  Hasse  ein  geringeres  specifisches  Gewicht  an- 


Ober  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formverand.   127 

nimmt,  als  das  ursprüngliche  war.  Nur  die  bei  der  Verkohlung  des  Holzes 
besonders  starke  Zusammenziehung  in  der  Richtung  der  Fibern,  und  die  da- 
durch bewirkte  Bildung  ausgezeichneter ,  rechtwinkelig  dieselben  schneidender 
Querabsonderungen ,  findet  nicht  in  gleicher  Weise  bei  der  Zersetzung  fossiler 
Zähne  statt.  Dagegen  ist  das  Aufbersten  der  äusseren  Rinde  der  Stoßzähne 
des  Hammuths  dem  Aufreissen  der  Rinde  der  Holzstämme  analog;  so  wie 
der  Bruch  der  inneren  Masse  der  Zähne  eine  ganz  ähnliche  Umänderung  er- 
leidet, als  bei  der  Verkohlung  des  Holzes  erfolgt. 

§.    52. 

S  0  h  l  u  s  t. 

V 

Diese  Arbeit,  welche  ich  hier  vorerst  ahschliesse,  deren  Gegenstand  ich 
aber,  so  lange  es  mir  noch  vergönnt  seyn  wird,  meine  Kräfte  dem  Studium 
der  Natur  zu  widmen,  nicht  aus  den  Augen  verlieren  werde,  konnte,  wie 
auch  schon  in  der  Einleitung  bemerkt  worden,  nur  einige  Beiträge  zur  näheren 
Kenntniss  eines  Gebietes  von  Erscheinungen  darbieten,  dessen  Umfang  unend- 
lich gross  ist,  und  welches  künftigen  Forschungen  das  reichste  Material  zu 
gewähren  verspricht  Wie  unbedeutend  und  unvollkommen  das  hier  Mitge- 
theilte  ist,  kann  wohl  Niemand  lebhafter  erkennen  als  ich  selbst.  Doch  wird 
es  vielleicht  dazu  dienen,  die  Aufmerksamkeit  mehr  darauf  zu  lenken,  wie 
auch  in  dem  Theile  der  Schöpfung,  in  welchem  immerwährendes  Gleichge- 
wicht und  beständige  Ruhe  zu  herrschen  scheinen,  Bewegungen  statt  finden, 
die,  wenn  sie  gleich  im  Stillen  wirken,  und  gewöhnlich  dem  Auge  sich  ent- 
ziehen, dennoch  die  mannichfaltigsten  und  einflussreichsten  Formveränderungen 
hervorbringen1};  und  dass  ähnliche  Bewegungen  der  kleinsten  Theile,  wie 
sie  in  starren  natürlichen  Körpern  vorgehen,  oft  auch  bei  künstlich  dargestellten 


1)  Schätzbare,  auf  diesen  Gegenstand  gerichtete  Untersuchungen  sind  in  einer  Arbeit 
des  Herrn  Dr.  Adolph  Knop,  meines  lieben  ehemaligen  Zuhörers,  enthalten, 
die  das  Programm  zu  der  im  März  d.  J.  zu  haltenden  Prüfung  der  Schüler  der 
Königl.  Gewerbschule  zu  Chemnitz  begleitet,  welches  mir  gerade  zukam,  als  ich 
das  Obige  niederschrieb.  Der  Titel  des  interessanten  Aufsatzes  ist :  „Der  Chlorit- 
schiefer  von  Harthau  und  die  Bedeutung  der  Pseudomorphosen  von  Glimmer 
nach  anderen  Mineralien  für  Bodenkunde.11 


126  JOH.  FRIEDR.  LDDW.  HAUSMANN, 

Phosphorsaare  und  kohlensaure  Kalkerde 
nebst  Fluorcalcium  69,2 

Wasser  4,6 

Organische  Substanz  26,2 

100>0 

Eine  ähnliche  Umänderung  wie  fossile  Elephantenzähne  zeigen,  nimmt 
man  zuweilen  auch  an  Zähnen  anderer  urweltlicher  Thiere,  z.  B.  des  Höhlen- 
bären (Ursus  spelaeus)  wahr.  Ich  besitze  aus  verschiedenen  Höhlen,  nament- 
lich aus  der  Scharzfelder  Höhle  am  Harz,  Bärenzähne,  deren  Rinde  keine  be- 
deutende Veränderung  wahrnehmen  lässt,  wogegen  das  Innere  ähnliche  Be- 
schaffenheiten zeigt,  als  der  Zahnknochen  umgeänderter  fossiler  Elephantenzähne. 
Die  weisse  Farbe  hat  gewöhnlich  einen  schwachen  Stich  in  das  Blaue;  der 
matte  Bruch  ist  flachmuschelig,  hin  und  wieder  in  das  Erdige  übergehend, 
und  die  an  den  Kanten  durchscheinende  Masse  stark  an  der  Zunge  klebend. 
Es  sind  schaalige  Absonderungen  vorhanden,  die  der  äusseren  Form  ent- 
sprechen, und  andere,  gegen  die  äussere  Oberfläche  rechtwinkelig  gerichtete. 
Zuweilen  zeigt  sich  in  der  inneren  Zahnmasse  die  Bildung  von  Eisenblau, 
indem  etwas  Phosphorsäure  in  Verbindung  mit  Wasser  sich  des  geringen 
Eisengehaltes  bemächtigt  hat,  welches  sich  von  Aussen  nach  Innen  abnehmend 
verbreitet  und  besonders  den  Querabsonderungen  folgt.  Von  Eisenblau  rührt 
auch  ohne  Zweifel  der  blauliche  Stich  der  Farbe  her,  den  sowohl  der  matte 
Bruch  der  inneren  Masse,  als  auch  die  glatte  glänzende  Oberfläche  der  Bären- 
zähne, namentlich  aus  der  Scharzfelder  Höhle,  oft  besitzt. 

Auffallend  ist  in  vieler  Hinsicht  die  Ähnlichkeit,  welche  die  beschriebene, 
durch  Molekularbewegungen  bewirkte  Umänderung  der  Structur  fossiler  Zähne, 
mit  der  oben  betrachteten  Veränderung  zeigt,  welche  die  innere  Form  des 
Holzes  bei  der  Verkohlung  erleidet.  Wie  bei  diesem  Processe,  so  ist  auch 
im  Gefolge  der  Zersetzung  der  Zahnsubstanz,  mit  dem  Verluste  eines  bedeu- 
tenden Theils  der  Bestand th eile,  eine  Zusammenziehung  der  Masse  verknüpft; 
welche  zwar  der  äusseren  Form  entsprechende,  und  andere  dieselben  durch- 
setzende Absonderungen  bewirkt,  doch  aber  die  durch  die  Ausscheidung  von 
Theilen  verursachte  Auflockerung  nur  bis  zu  einer  gewissen  Gränze  aufhebt, 
bei  welcher  die  umgeänderte  Masse  ein  geringeres  specifisches  Gewicht  an- 


ÜBER  DIE  IN  STARREN  LEBLOSEN  KÖRPERN  BEWIRKTEN  FORMVERÄND.     127 

nimmt,  als  das  ursprüngliche  war.  Nur  die  bei  der  Verkohlung  des  Holzes 
besonders  starke  Zusammenziehung  in  der  Richtung  der  Fibern,  und  die  da- 
durch bewirkte  Bildung  ausgezeichneter,  rechtwinkelig  dieselben  schneidender 
Querabsonderungen,  findet  nicht  in  gleicher  Weise  bei  der  Zersetzung  fossiler 
Zähne  statt.  Dagegen  ist  das  Aufbersten  der  äusseren  Rinde  der  Stoßzähne 
des  Hammuths  dem  Aufreissen  der  Rinde  der  Holzstämme  analog;  so  wie 
der  Bruch  der  inneren  Masse  der  Zähne  eine  ganz  ähnliche  Umänderung  er- 
leidet, als  bei  der  Verkohlung  des  Holzes  erfolgt. 

§.    52. 

S  c  h  l  u  $  t. 

• 

Diese  Arbeit,  welche  ich  hier  vorerst  abschliesse,  deren  Gegenstand  ich 
aber,  so  lange  es  mir  noch  vergönnt  seyn  wird,  meine  Kräfte  dem  Studium 
der  Natur  zu  widmen,  nicht  aus  den  Augen  verlieren  werde,  konnte,  wie 
auch  schon  in  der  Einleitung  bemerkt  worden,  nur  einige  Beiträge  zur  näheren 
Kenntniss  eines  Gebietes  von  Erscheinungen  darbieten,  dessen  Umfang  unend- 
lich gross  ist,  und  welches  künftigen  Forschungen  das  reichste  Material  zu 
gewähren  verspricht  Wie  unbedeutend  und  unvollkommen  das  hier  Mitge- 
teilte ist,  kann  wohl  Niemand  lebhafter  erkennen  als  ich  selbst.  Doch  wird 
es  vielleicht  dazu  dienen,  die  Aufmerksamkeit  mehr  darauf  zu  lenken,  wie 
auch  in  dem  Theile  der  Schöpfung,  in  welchem  immerwährendes  Gleichge- 
wicht und  beständige  Ruhe  zu  herrschen  scheinen,  Bewegungen  statt  finden, 
die,  wenn  sie  gleich  im  Stillen  wirken,  und  gewöhnlich  dem  Auge  sich  ent- 
ziehen, dennoch  die  mannichfaltigsten  und  einflussreichsten  Formveränderungen 
hervorbringen  x) ;  und  dass  ähnliche  Bewegungen  der  kleinsten  Theile ,  wie 
sie  in  starren  natürlichen  Körpern  vorgeben,  oft  auch  bei  künstlich  dargestellten 


1)  Schätzbare,  auf  diesen  Gegenstand  gerichtete  Untersuchungen  sind  in  einer  Arbeit 
des  Herrn  Dr.  Adolph  Knop,  meines  lieben  ehemaligen  Zuhörers,  enthalten, 
die  das  Programm  zu  der  im  Mftrz  d.  J.  zu  haltenden  Prüfung  der  Schüler  der 
Königl.  Gewerbschule  zu  Chemnitz  begleitet,  welches  mir  gerade  zukam,  als  ich 
das  Obige  niederschrieb.  Der  Titel  des  interessanten  Aufsatzes  ist :  „Der  Chlorit- 
schiefer  von  Harthau  und  die  Bedeutung  der  Pseudomorphosen  von  Glimmer 
nach  anderen  Mineralien  für  Bodenkunde.11 


126  JOB.  F1IBDR.  LUDW.  «1  DSM  AN»;      '  ' ; 

Phosphorsaure  und  kohlensaure  Kalkerde 

nebst  Floorcalcium  69,2 

Wasser  4,6 

Organische  Substanz  26,2 

1(X\0 
Eine  ähnliche  Umänderung  wie  fossile  Elephantenzähne  zeigen,  nimmt 
man  zuweilen  auch  an  Zähnen  anderer  urweltlicher  Thiere,  z.  B.  des  Höhlen- 
bären (Ursus  spelaeus)  wahr.  Ich  besitze  aus  verschiedenen  Höhlen,  nament- 
lich aus  der  Scharzfelder  Höhle  am  Harz,  Bärenzähne,  deren  Rinde  keine  be- 
deutende Veränderung  wahrnehmen  lässt,  wogegen  das  Innere  ähnliche  Be- 
schaffenheiten zeigt,  als  der  Zahnknochen  umgeänderter  fossiler  Elephantenzähne. 
Die  weisse  Farbe  hat  gewöhnlich  einen  schwachen  Stich  in  das  Blaue;  der 
matte  Bruch  ist  flachmuschelig,  hin  und  wieder  in  das  Erdige  übergehend, 
und  die  an  den  Kanten  durchscheinende  Masse  stark  an  der  Zunge  klebend. 
Es  sind  schaalige  Absonderungen  vorhanden,  die  der  äusseren  Form  ent- 
sprechen, und  andere,  gegen  die  äussere  Oberfläche  rechtwinkelig  gerichtete. 
Zuweilen  zeigt  sich  in  der  inneren  Zahnmasse  die  Bildung  von  Eisenblau, 
indem  etwas  Phosphorsäure  in  Verbindung  mit  Wasser  sich  des  geringen 
Eisengehaltes  bemächtigt  hat,  welches  sich  von  Aussen  nach  Innen  abnehmend 
verbreitet  und  besonders  den  Querabsonderungen  folgt  Von  Eisenblau  rührt 
auch  ohne  Zweifel  der  blauliche  Stich  der  Farbe  her,  den  sowohl  der  matte 
Bruch  der  inneren  Masse,  als  auch  die  glatte  glänzende  Oberfläche  der  Biren- 
zähne,  namentlich  aus  der  Scharzfelder  Höhle,  oft  besitzt. 

Auffallend  ist  in  vieler  Hinsiebt  die  Ähnlichkeit,  welche  die  beschriebene, 
durch  Molekularbewegungen  bewirkte  Umänderung  der  Structur  fossiler  Zahne, 
mit  der  oben  betrachteten  Veränderung  zeigt,  welche  die  innere  Form  des 
Holzes  bei  der  Verkohlung  erleidet.  Wie  bei  diesem  Processe,  so  ist  auch 
im  Gefolge  der  Zersetzung  der  Zahnsubstanz,  mit  dem  Verluste  eines  bedeu- 
tenden Theils  der  Bestandteile,  eine  Zusammenziehung  der  Masse  verknöpft; 
welche  zwar  der  äusseren  Form  entsprechende,  und  andere  dieselben  durch- 
setzende Absonderungen  bewirkt,  doch  aber  die  durch  die  Ausscheidung  von 
Theilen  verursachte  Auflockerung  nur  bis  zu  einer  gewissen  Grönze  aufhebt, 
bei  welcher  die  umgeänderte  Masse  ein  geringeres  speeifisches  Gewicht  an- 


über  die  in  starren  leblosen  Körpern  bewirkten  formvkränd.  127 

nimmt,  als  das  ursprüngliche  war.  Nur  die  bei  der  Verkohlung  des  Holzes 
besonders  starke  Zusammenziehung  in  der  Richtung  der  Fibern ,  und  die  da- 
durch bewirkte  Bildung  ausgezeichneter,  rechtwinkelig  dieselben  schneidender 
Querabsonderungen,  findet  nicht  in  gleicher  Weise  bei  der  Zersetzung  fossiler 
Zähne  statt.  Dagegen  ist  das  Aufbersten  der  äusseren  Rinde  der  Stoßzähne 
des  Hammuths  dem  Aufreissen  der  Rinde  der  Holzstämme  analog;  so  wie 
der  Bruch  der  inneren  Masse  der  Zähne  eine  ganz  ähnliche  Umänderung  er- 
leidet ,  als  bei  der  Verkohlung  des  Holzes  erfolgt. 

§.    52. 

S  c  h  l  u  s  9 . 

• 

Diese  Arbeit,  welche  ich  hier  vorerst  abschliesse,  deren  Gegenstand  ich 
aber,  so  lange  es  mir  noch  vergönnt  seyn  wird,  meine  Kräfte  dem  Studium 
der  Natur  zu  widmen,  nicht  aus  den  Augen  verlieren  werde,  konnte,  wie 
auch  schon  in  der  Einleitung  bemerkt  worden,  nur  einige  Beiträge  zur  näheren 
Kenntniss  eines  Gebietes  von  Erscheinungen  darbieten,  dessen  Umfang  unend- 
lich gross  ist,  und  welches  künftigen  Forschungen  das  reichste  Material  zu 
gewähren  verspricht.  Wie  unbedeutend  und  unvollkommen  das  hier  Mitge- 
theilte  ist,  kann  wohl  Niemand  lebhafter  erkennen  als  ich  selbst.  Doch  wird 
es  vielleicht  dazu  dienen,  die  Aufmerksamkeit  mehr  darauf  zu  lenken,  wie 
auch  in  dem  Theile  der  Schöpfung,  in  welchem  immerwährendes  Gleichge- 
wicht und  beständige  Rohe  zu  herrschen  scheinen,  Bewegungen  statt  finden, 
die,  wenn  sie  gleich  im  Stillen  wirken,  und  gewöhnlich  dem  Auge  sich  ent- 
ziehen, dennoch  die  mannichfaltigsten  und  einflussreichsten  Formveränderungen 
hervorbringen x) ;  und  dass  ähnliche  Bewegungen  der  kleinsten  Theile ,  wie 
sie  in  starren  natürlichen  Körpern  vorgehen,  oft  auch  bei  künstlich  dargestellten 


1)  Schätzbare,  auf  diesen  Gegenstand  gerichtete  Untersuchungen  sind  in  einer  Arbeit 
des  Herrn  Dr.  Adolph  Knop,  meines  lieben  ehemaligen  Zuhörers,  enthalten, 
die  das  Programm  zu  der  im  März  d.  J.  zu  haltenden  Prüfung  der  Schüler  der 
Königl.  Gewerbschule  zu  Chemnitz  begleitet,  welches  mir  gerade  zukam,  als  ich 
das  Obige  niederschrieb.  Der  Titel  des  interessanten  Aufsatzes  ist :  „Der  Chlorit- 
schiefer  von  Harthau  und  die  Bedeutung  der  Pseudomorphosen  von  Glimmer 
nach  anderen  Mineralien  für  Bodenkunde.11 


128    J.F.L.HAÜ8MANN,  ÜB.  DIE  IN  STARREN  LBBL.  KÖRPERN  BEW.  FORMV. 

sich  wirksam  Beigen.  Absichtlich  habe  ich  mich  von  Hypothesen  und  theoreti- 
schen Speculationen  möglichst  fern  gehalten,  und  solche  Gegenstände  für  meine 
Untersuchungen  ausgewählt,  bei  welchen  die  Aussicht  war,  durch  Beobach- 
tungen und  Versuche  zu  sicheren  Resultaten  zu  gelangen.  Ich  verkenne  es 
nicht ,  dass  man  auf  dem  hier  betretenen  Pfade  gar  leicht  auf  Abwege  gerathen 
und  verleitet  werden  kann,  einen  Zusammenhang  unter  gewissen  Erscheinungen 
anzunehmen,  der  entweder  in  Wahrheit  gar  nicht  vorhanden,  oder  doch  ein 
anderer  als  der  angenommene  ist.  Dieses  ist  namentlich  bei  manchen  Gegen- 
ständen der  Fall ,  die  zu  dem  in  neuerer  Zeit  mit  besonderer  Vorliebe  bearbei- 
teten  Felde  der  Pseudomorphosen  und  Metamorphosen  gehören,  auf  welchem 
Manches  dem  Anscheine  nach  in  einer  genetischen  Verbindung  stehet,  die 
doch  vielleicht  nicht  wirklich  vorhanden  ist.  Indem  ich  Vieles  unberücksichtigt 
gelassen  habe,  wodurch  ich  für  jetzt  noch  keine  sichere  Belege  für  die  form- 
verändernde Wirkung  von  Molekularbewegungen  in  starren  Körpern  erlangen 
zu  können  glaubte,  wird  man  in  dieser  Arbeit  wahrscheinlich  einige  Gegen- 
stände vermissen,  die  aus  einem  anderen  Gesichtspuncte  betrachtet,  gerade 
vorzugsweise  für  dieselbe  geeignet  gehalten  werden  dürften.  Zu  den  Er- 
scheinungen, welche  für  das  Studium  der  im  Starren  wirksamen  Bewegungen 
der  kleinsten  Theile  ganz  besondere  Beachtung  verdienen,  gehören  die  von 
Scheerer  mit  dem  Namen  der  Paramorpkosen  bezeichneten.  Die  in  der 
diesen  Gegenstand  behandelnden  Schrift  ])  meines  hochgeschätzten  Freundes 
enthaltenen  scharfsinnigen  Ideen  und  Winke,  eröffnen  ein  neues  Feld  für 
Untersuchungen,  dessen  Weitere  Bearbeitung  reiche  Früchte  zu  tragen  verspricht. 


1)  Der  Paramorphismus  und  seine  Bedeutung  in  der  Chemie ,  Mineralogie  und  Geo- 
logie.   Von  Dr.  Theodor  Scheerer.    Braunschweig  1854. 


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Verbesser ungen  und 


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^f 


Zur  ersten  Abhandlung  im  sechsten  Bande. 

Seite  157  Zeile  15  von  unten  ist  statt  das  Erstere,  zu  setzen:  das  Letztere. 

—  157    —      9  —      —     ist  statt  eine  grössere  Verdichtung  ztl  setzen:  eine  Ver- 

dichtung. 

—  158    —      6   —      —      ist  statt  chemische  Veränderungen,  zu  setzen:  Mischungs- 

veränderungen- 

—  173    —      6  —     —      ist  statt  Co$mo$  zu  setzen  Kosmos.    .... 

Zu  §.  7.  Ausser  den  hier  erwähnten  Beobachtungen  Haidinger-s  über  die  Verwand- 
lung des  Arragonites  in  Kalkspotk,  hat  derselbe  noch  einige  andere  Beispiele 
in  einem  mir  früher  nicht  bekannt  gewordenen  Aufsatze  „über  einige  neue 
Pseudomorphosen"  mitgetheilt ,  der  sich  in  den  Abhandlungen  der  k.  böhmi- 
schen Gesellschaft  der  Wissenschaften  v.  J.  1841  findet,  und  den  ich  jetzt 
der  Güte  meines  hochverehrten  Freundes  verdanke.  Namentlich  ist  von  ihm 
erwähnt,  dass  der  Arragonit  der  sogenannten  Eisenblüthe  von  Hüttenberg  in 
Kärnthen,   zuweilen  durch  Kalkspathkrystalle  ersetzt  ist. 


Zur  zweiten  Abhandlung  im  siebenten   Bande. 

Seite  3  Zeile  9  von  oben  ist   statt  von  chemischen  Veränderungen,   zu  setzen:   von 

Mischungsveränderungen. 

Zu  §.16.  Auch  Haidinger  hat  die  Bildung  von  Krystallen  von  Kupferroth  an  Ägyp- 
tischen Gefässen  beobachtet.     S.  Poggendorff's  Annalen  XI.  183. 

Zu  Seite  36.    Am  Ende  von  §.31  ist  Folgendes  hinzuzufügen:  ** 

Nach  einer  von  meinem  verehrten  Freunde,  dem  Herrn  Obersten  von  Gut- 
bier, Untercommandanten  der  Festung  Königsstein,  erhaltenen  Mittheilung, 
bilden  sich  zuweilen  auch  in  Ziegelsteinen,  wenn  sie  zu  stark  gebrannt  wer- 
den, prismatisch -abgesonderte  Stücke,  welche  denen  ähnlich  sind,  die  sich 
zuweilen  an  dem  durch  die  Gluth  eines  Schmelzofens  gefritteten  Sandsteine 
des  Gestelles,  oder  an  einem  durch  die  Einwirkung  von  Basalt  umgeänder- 
ten Sandstein  zeigen. 

Phyt.  Clatse.  VII.  R 


130 


VERBESSERUNGEN  UND  ZUSÄTZE. 


Zu  Seite  44.    Am  Ende  des  Absatzes  ist  noch  hinzuzufügen: 

Auch  bei  der  künstlichen  Umwandlung  der  Schwarzkohlen  in  Coaks  findet 
nicht  selten  eine  Bildung  von  prismatischen  Absonderungen  statt,  welche 
derjenigen  ähnlich  ist,  die  sich  als  Resultat  einer  Einwirkung  eruptiver  Ge- 
birgsmassen  auf  Braun-  und  Schwarzkohlen  zeigt.  Etwas  Ähnliches  habe 
ich  vor  Kurzem  selbst  an  Coaks  bemerkt,  welche  durch  Verkohlung  von  ge- 
presstem  Torf  gebildet  waren. 

Die  Anmerkungen  2  und  3  sind  verwechselt,  indem  die  unter  Nr.  2  stehende  zu  Nr.  3 

gehört,  und  umgekehrt. 

Zu  §.  40.  Hinsichtlich  der  Umwandlung  des  Sphärosiderites  in  Eisenoxydhydrat,  und 
zunächst  in  Beziehung  auf  den  Inhalt  von  Seite  83  verdienen  besonders  auch 
die  Bemerkungen  berüdtsichU&t  Jto  werden,  welche  Herr  Sectionsrath  Hai- 
dinger über  zwei  Schaustufen  von  Brauneisenstein  mit  Kernen  von  Spath- 
eisenstein  mitgetheilt  hat,  die  sich  in  der  Sammlung  der  k.  k.  geologischen 
Reichsanstalt  zu  Wien  befinden.  S.  Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen  Reichs- 
anstalt von  1854  Seite  183  u.  f. 

Zu  Seite  98  Zeile  10  v.  o. : 

Wie  das  aus  der  Zersetzung  von  Schwefelkies  hervorgegangene  Eisenoxyd- 
hydrat durch  eine  Quarzmasse  sich  verbreitet,  ist  u.  a.  auch  an  dem  Quarz- 
porphyr wahrzunehmen,  der  den  Alaunschiefer  am  Egeberge  bei  Christiania 
durchsetzt.  (Reise  durch  Skandinavien  I.  300.)  Die  ziemlich  dichte,  ver- 
stecktkörnig abgesonderte  Grundmasse  des  Porphyrs  enthält  in  feinen  Par- 
tikeln eingesprengten  Schwefelkies,  durch  dessen  Zersetzung  dieselbe  eine 
Rostfarbe  angenommen  hat,  welche  von  der  äusseren  Begränzung  der  ab- 
gesonderten Stücke  des  Porphyrs  gegen  das  in  der  ursprünglichen  weissen 
Farbe  erscheinende  Innere  desselben  verläuft. 


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7. 


Bemerkungen 

über  die 

medicinischen  Grundsätze   der  Koischen  und 

Knidischen  Schule. 

Von 

Johann  Wilhelm  Heinrich  Conrad*. 


Vorgelesen  in  der  Sitzung  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  den  24.  Maj  1856. 


Über  die  Grundsätze  der  Koischen  und  Knidischen  Schule  sind  in  der  neue- 
sten Zeit  besonders  von  mehreren  französchen  Schriftstellern  Meinungen  ge- 
äussert worden,  welche  von  dem  darüber  von  alten  Griechen,  wie  von  den 
berühmtesten  Geschichtschreibern  der  Medicin  und  anderen  grossen  Ärzten 
ausgesprochenen  Urtheile  sehr  verschieden  sind.  Da  zwei  unter  jenen  fran- 
zösischen Schriftstellern,  namentlich  Litt r 6  und  Daremberg,  berühmte  und 
sonst  hochverdiente  Herausgeber  der  Hippokratischen  Werke  sind,  und  da 
ihre  Ansichten  sich  nicht  bloss  auf  die  Geschichte  der  alten  Medicin  beziehen, 
sondern  auch  die  Yergleichung  der  Grundsätze  jener  Schulen  mit  denen  der 
neuesten  Medicin,  ja  selbst  die  Anwendung  jener  auf  diese  und  die  durch 
Vereinigung  der  verschiedenen  Grundsätze  zu  bewirkende  weitere  Vervoll- 
kommnung der  Medicin  ein  Gegenstand  derselben  sind ,  habe  ich  es  für  der 
Mühe  werth  gehalten,  eine  kurze  Prüfung  jener  Meinungen  vorzunehmen. 

Die  Koische  und  Knidische  Schule  sind  die  berühmtesten  unter  denen 
der  Asklepiaden  1)   und   ist  wenigstens   von   den   in   den  anderen   befolgten 


1)  Es  ist  hier  nicht  meine  Absicht  über  die  Geschichte  der  Asklepiaden  überhaupt, 
ihre  Ausübung  der  Medicin  in  den  Tempeln,  die  Entstehung  und  Einrichtung 
ihrer  besonderen  Schalen  u.  s.  w.  mich  auszulassen,  sondern  icbjiabe  nur  die 
medicinischen  Grundsätze  zweier  Schulen  derselben  zum  Gegenstande,  und  ich 
verweise  daher  in  Bezug  auf  jenes  Historische  auf  die  Schriften  über  die  Ge- 

R2 


132  JOH.  WILH.  HEINR.  C0NRAD1, 

Grundsätzen  nichts  Besonderes  bekannt  In  einer  Stelle  des  Galenus  (Metbod. 
medendi 'Lib.  I.  c.  1)  heisst  es:  »Und  ehemals  zwar  war  ein  nicht  kleiner 
»Wettstreit,  welche  die  anderen  durch  die  Menge  der  Erfindungen  besiegen 
j) wollten,  zwischen  denen  in  Kos  und  Knidos;  denn  das  war  noch  das  zwei- 
Wethfe  Öistfciecht.  Am  Asttdpiadefc  in  Asien ,  da  das  i*  Rhodos  aas^gaogen 
»war.  Es  stritten  aber  19k  jhne»  jeij^a  guteji  Wettstreit  (dya9Jjv  hiv  ixeU 
»wfiO,  welchen  Hesiodus  lobte,  auch  die  Ärzte  aus  Italien,  als  Philistion 
»und  Empedokles  und  Pausanias  und  deren  Anhänger,  und  es  wurden 
»drei  bewundernswerte  Chöre  der  wechselseitig  wettkämpfenden  Ärzte.  Die 
»meisten  und  besten  Chor- Mitglieder  war  so  glücklich  der  Koer  zu  haben, 
»nahe  diesem  stand  auch  der  von  Knidos,  und  nicht  geringen  Lobes  werth 
»war  auch  der  von  Italien." 

Über  die  Grundsätze  der  Koischen  Schule,  wenigstens  die  in  der  späteren 
Ausbildung  derselben  befolgten,  haben  wir  noch  die  sichersten  Quellen  in  den 
übrig  gebliebenen  Hippokratischen  Schriften  selbst.  Die  Grundsätze  der  Knidi- 
schen  Schule  können  wir,  da  die  früheren  Schriften  derselben,  die  alten 
und  die  umgearbeiteten  Knidiseben  Sentenzen  verloren  gegangen  sind,  nur 
besonders  aus  dem  von  Hippokrates  und  Galenus  darüber  Mitgeteilten 
und  etwa  noch  aus  einigen  späteren  in  die  Hippokratische  Sammlung  geratbenen, 
den  Knidiern  mit  mehr  oder  weniger  Wahrscheinlichkeit  zugeschriebenen 
Schriften  ersehen. 

Hippokrates  sagt  nun  in  einer  diesen  Gegenstand  betreffenden  Haupt- 
stelle (de  victus  ratione  in  morbis  acutis  ed.  Ermerins,  c.  1.),  dass  diejenigen, 
welche  die  sogenannten  Knidischen  Sentenzen  abgefasst  haben ,  zwar  das, 
was  die  Kranken  in  den  einzelnen  Krankheiten  leiden  und  welchen  Ausgang 
einige  Krankheiten   zu  haben  pflegen ,   richtig  beschrieben  hätten ,  so  weit  es 

'schichte  der  Medicia  (besonders  Rosenbaum's  Ausgabe  der  von  Sprengel, 
B.  1.  S.  185.  189  fg.)  und  die  Abhandlungen  von  F.  G.  Welcker,  Choulant, 
Gauthier  u.  A.  Ich  bemerke  nur,  dass  auch  nach  meiner  Meinung  nicht  alle, 
welche  den  Namen  Askiepiaden  fährten,  oder  alle  Nachkommen  des  Aeskulaps 
Priester  waren ,  dass  es  Askiepiaden  und  Schulen  derselben  gegeben  hat ,  von 
denen  die  Medicin  ausserhalb  der  Tempel  ausgeübt  und  wohl  mehr  als  in  den- 
selben gefördert  worden  ist. 


k 


ÜBER  DIE  MED.  GRUNDSÄTZE  DER  KOISCHEN  UND  KINDISCHEN  SCHULE.      133 

auch  ein  Nichtarzt  richtig  hätte  niederschreiben  können ,  wenn  er  nnr  von 
jedem  der  Kranken,  das  was  sie  leiden,  wohl  erfahren  hätte;  dass  aber  ein 
grosser  Theil  von  dem,  was  der  Arzt  auch  ohne  die  Erzählung  des  Kranken 
vorherwissen  muss,  von  ihnen  vernachlässigt  worden  sey,  und  besonders 
Manches,  was  zum  Schliessen  aus  den  Zeichen  Qss  Tixpagvip)  wichtig  sey« 
Wenn  aber  davon  die  Rede  sey,  wie  man  nach  dem  Schliessen  aus  den 
Zeichen  die  einzelnen  Krankheiten  behandeln  müsse,  so  denke  er  in  diesem 
Puncto  über  Vieles  ganz  anders,  als  jene  es  angegeben  haben.  Und  er  lobe 
sie  nicht  allein  desshalb  nicht,  sondern  auch  weil  sie  so  wenige  Mittel  der 
Zahl  nach  gebrauchten,  indem  sie  meistens,  ausser  in  hitzigen  Krankheiten, 
treibende  Purganzen  y  Molken  und  Milch  verordneten.  Wären  diese  also  gut 
und  den  Krankheiten,  in  denen  sie  zu  geben  angerathen  worden,  angemessen, 
so  würden  sie  um  so  grösseren  Lobes  werth  seyn,  als  so  wenige  hinreich* 
ten.  Nun  verhalte  es  sich  aber  nicht  so.  Dabei  bemerkt  er  jedoch,  dass 
diejenigen,  welche  später  jene  Schriften  umgearbeitet  haben,  auf  mehr  medi- 
cinische  Weise  von  den  Dingen  gehandelt  hätten,  die  in  den  einzelnen  Krank- 
heiten anzuwenden  wären.  Aber  auch  über  die  Diät  hätten  die  Alten  nichts 
Erwähnenswerthes  geschrieben  und  diesen  wiewohl  so  wichtigen  Gegenstand 
vernachlässigt.  Es  hätten  zwar  Einige  die  verschiedenen  Formen  der  einzelnen 
Krankheiten  und  die  vielfältige  Abtheilung  derselben  gekannt.  Indem  sie  aber 
die  Zahlen  jeder  der  Krankheiten  genau  anzeigen  wollten,  hätten  sie  nicht 
richtig  geschrieben.  Denn  es  würde  auch  nicht  leicht  seyn  zu  zählen,  wenn 
einer  darnach  die  Krankheit  der  Leidenden  abschätzen  wollte,  dass  die  eine 
von  der  anderen  einigermassen  abweiche,  und  dass  sie  nicht  dieselbe  Krank- 
heit zu  seyn  scheine,  wenn  sie  nicht  denselben  Namen  habe. 

Diese  Bemerkungen  über  die  Knidischen  Sentenzen  hat  auch  Galenus 
(der  die  alten  und  die  umgearbeiteten  noch  vor  sich  gehabt  haben  soll)  in 
dem  Commentar  zu  dieser  Stelle  (Ed.  Kühn,  T.  XV.  p.  418  sq.)  weiter  erör- 
tert und  bestätigt.  Er  hat  hier  auch  als  Beispiele  der  von  den  Khidiern  ge- 
machten zu  grossen  Vervielfältigung  der  Arten  der  Krankheiten  angeführt,  dass 
von  ihnen  sieben  Krankheiten  der  Galle,  zwölf  Krankheiten  der  Harnblase, 
vier  Krankheiten  der  Nieren,  und  hernach  wieder  als  Krankheiten  der  Blase 
zwölf  Strangurien,  bald  darauf  auch  drei.  Arten  von  Starrkrampf,    vier  von 


134  - .JOB.  W1LH.  HEINR.  CONRADI, 

der  Gelbsucht  und  ausserdem  drei  von  der  Auszehrung  aufgestellt  worden 
seyen,  denen  in  dem  Commentar  zu  den  Lib.  de  alimento  (Ed.  Kühn  T. XV. 
p.  363  sq.)  noch  zwei  Krankheiten  des  Schenkels,  fünf  des  Fusses,  viele 
Bräunen  und  viele  Affectionen  der  Gedärme  zugesetzt  worden  sind.  Die  an- 
geführten Zahlen  würden  freilich,  wenn  die  aufgestellten  Krankheiten  nur 
gehörig  bestimmt  gewesen  wären,  nicht  durchaus  gegen  die  Knidier  entschie- 
den haben,  indem  es  ja  wirklich  mancherlei  Krankheiten  einzelner  Theile  und 
auch  verschiedene  Arten  einer  Hauptform  von  Krankheit  giebt.  Aber  um  so 
bedeutender  ist  der  dabei  ihnen  gemachte  Vorwurf,  dass  sie  wohl  auf  die 
Varietäten  der  Körper,  die  durch  viele  Ursachen  verändert  würden,  gesehen, 
aber  es  vernachlässigt  hatten,  auf  die  Identität  der  Diathesen  Rücksicht  zu 
nehmen,  gleich  wie  es  Hippokrates  gethan  habe,  indem  er  sich  zum  Auf- 
finden derselben  einer  Methode  bedient,  nach  der  es  allein  möglich  sey,  die 
Zahl  der  Krankheiten  zu  finden. 

Und  hiernach  ist  auch  von  den  berühmtesten  Geschichtschreibern  der 
Medicin,  wie  anderen  grossen  Ärzten  die  Knidische  Schule  für  eine  mehr 
empirische  erklärt  und  ihr  insbesondere  die  übertriebene  Vervielfältigung  der 
Arten  der  Krankheiten  zum  Vorwurf  gemacht  worden. 

Was  nun  die  von  diesem  Urtheile  abweichenden  Meinungen  neuerer  fran- 
zösischer Schriftsteller   betrifft,   so   habe  ich  die   von  Houdart  J)  schon  in 


1)  Dieser  hatte  es  wohl  besonders  auf  die  Herabsetzung  des  aus  der  Koischen 
Schule  hervorgegangenen  Hippokrates  II.  abgesehen.  Er  hat,  wie  ich  auch 
in  der  Recension  seiner  Schrift  bemerkt  habe,  schon  in  seiner  1821  gelie- 
ferten Inaugural  -  Dissertation  die  Verdienste  des  Hippokrates  zu  bestreiten  ge- 
sucht (wiewohl  er  nach  eigenem  in  seiner  letzten  Schrift  S.  301  abgelegten 
Bekenntnisse  damals  kaum  die  Hippokratische  Sammlung  gelesen  hatte)  und  dann 
diesen  Gegenstand  umständlicher  in  seinen  fitudes  sur  Hippocrate,  wovon  die  erste 
Ausgabe  1836,  die  zweite  1840  erschienen  ist,  bearbeitet.  Er  hat  sich  in 
diesen  als  einen  übermässigen  Verehrer  von  Broussais  gezeigt  und  nicht  bloss 
die  Ansichten,  welche  dieser  über  den  Hippokrates  geäussert,  getheilt,  sondern 
diesen  weit  mehr  als  jener  herabzusetzen  gesucht,  und  ist  in  seiner  letzten 
Schrift,  wie  ich  auch  in  der  angeführten  Recension  bemerkt  habe,  in  seinen 
verwegenen  Äusserungen  über  Hippokrates  noch  weiter  gegangen.  Selbst 
Daremberg  hat  in  der  im  vorigen  Jahre  erschienenen  zweiten  Ausgabe  der 


Ober  die  med.  Grundsätze  der  koiscben  und  knidisghen  schule.    135 

der  in  den  Göttingischen  gelehrten  Anzeigen,  1856,  St.  60— 62  gelieferten 
Recension  seiner  letzten  Schrift,  der  Histoire  de  la  Mädecine  Grecque  depuis 
Esculape  jusqu  ä  Hippocrate  exclusivement,  in  Betrachtung  ziehen  müssen.  Hier 
will  ich  nur  über  seine  diesen  Gegenstand  betreffende  Meinung  wieder  Fol- 
gendes mittheilen ,  woraus  man  wenigstens  auch  das  Yerhältniss  derselben  zu 
den  hier  besonders  in  Betracht  zu  ziehenden  von  Littrö  und  Daremberg 
leichter  wird  übersehen  können. 

Nach  seiner  in  der  angeführten  letzten  Schrift  S.  182  fg.  geäusserten 
Meinung  soll  in  Kos  die  Lehre  von  der  Coction,  den  Krisen  und  den  kriti- 
sehen  Tagen  ausschliesslich  geherrscht,  in  Knidos  aber  man  sich  darum  gar  , 
nicht  bekümmert  haben.  In  der  Schule  zu  Kos  habe  man  den  kranken  Zustand 
als  einen  Act  des  ganzen  Organismus  betrachtet,  dagegen  man  in  der  zu 
Knidos  die  Krankheiten  als  ursprünglich  örtliche  und  aus  verschiedenen  Sitzen 
entspringende  angesehen  habe.  In  Kos  habe  man  sich  vorzüglich  mit  der 
Prognostik  beschäftigt,  in  Knidos  sich  daraus  gar  nichts  gemacht.  In  Kos 
endlich  habe  man  sich  gar  nicht  weder  um  die  Namen ,  noch  um  die  Eintei- 
lung der  Krankheiten  bekümmert,  wahrend  diese  beiden  Puncte  das  Lieblings- 
studium der  Schule  von  Knidos  gewesen  seyen.  So  sey  denn  in  Kos  der 
Schüler  ein  Prognostiker ,   in  Knidos  ein  Diagnostiker  geworden. 

Die  Behauptung  Houdart's,  dass  die  Schule  von  Kos  sich  nur  auf  die 
Prognostik  beschrankt  habe,  sollen  aber,  wie  er  meint  (ß.  184.),  unumstöss- 
lich  darthun  das  erste  Buch  der  Prorrhetica  und  die  Coacae  Praenotiones, 
welche  Werke  vor  Hippokrates  existirt  hätten,  wie  auch  Ermerins  in 
seiner  vortrefflichen  Abhandlung  de  Hippocratis  doctrina  a  Prognostice  oriunda 
gezeigt  und  dessen  Meinung  auch  Litträ  angenommen  habe.  Dagegen  bat 
indessen  Daremberg  in  einer  Anmerkung  zu  dieser  Stelle  gesagt,  dass, 
nachdem  er  seine  Abhandlung  über  die  Coacae  Praenotiones  in  den  Oeuvres 
choisies  d Hippocrate  herausgegeben,  Littrö  die  Meinungen  von  Ermerins 


* 

Oeuvres  choisies  d'Hippocrate  von  ihm,  seinem  damals  noch  nicht  verstorbe- 
nen Freunde,  gesagt,  dass  derselbe  sich  von  dem  Parteigeiste  habe  irre  führen 
lassen  und  dass  er  offenbar  den  Arzt  von  Kos  dem  Broussais  zum  Opfer 
bringen  wolle. 


136  •..     JOa  W1LH.  HBINR.  CONKAOi,  ü    :       i 

aufgegeben  und  die  seinigen  angenommen  habe,  und  hat  auch  Littrö  in  dem 
achten  Bande  seiner  Ausgabe  der  Werke  des  Hippokrates  S.  628  erklärt) 
dass  er  jetzt  nach  weiterer  Überlegung  und  besonders  zufolge  der  Einwen- 
dungen Daremberg'sdie  Koiscben  Vorhersagungen  für  un  livre  trfes- 
postörieur  in  der  Hippokratischen  Sammlung  ansehe.  Wenn  aber  auch  die 
Coacae  Praenotiones  sowohl  als  das  erste  Buch  der  Prorrhetica  mit  Sicherheit 
für  vorhippokratisch  erklärt  werden  könnten,  so  würde  doch  das  allein  jene 
Behauptung  keineswegs  beweisen.  Es  würde  allerdings  darthun ,  dass  die 
Koiscben  Arzte  sich  insbesondere  auch  mit  der  so  wichtigen  Prognostik  be- 
schäftigt und  darüber  viele  und  treffliebe  Bemerkungen  mitgetheilt  hätten. 
Wenn  sie  aber  auch  sonst  keine  etwa  verloren  gegangene  Schriften  über 
andere  Theile  der  Medicin  verfasst  und  herausgegeben  haben  sollten,  so  würde 
auch  daraus  keineswegs  zu  schliessen  seyn,  dass  sie  sich  überhaupt  nur  auf 
die  Prognostik  beschränkt  und  sich  um  andere  Theile  der  Medicin  gar  nicht, 
selbst  nicht  um  die  Namen  der  Krankheiten,  bekümmert  hätten.  Denn  die 
Prognostik  setzt  doch  wohl  auch  die  Diagnostik  (im  weiteren  Sinne)  voraus, 
und  selbst  in  jenen  prognostischen  Schriften,  besonders  in  den  Koüchen  Vor- 
hersagungen, sind  viele  einzelne  Krankheiten  auch  mit  ihren  Namen  angeführt 
und  darauf  sich  beziehende  prognostische  Sätze  darunter  zusammengestellt. 
Dass  die  Koischen  Arzte  sich  aber  auch  um  die  Therapie  bekümmern  mussten, 
versteht  sich  wohl  von  selbst  Sowohl  den  in  den  Tempeln  des  Aeskubrps 
Hülfe  Suchenden  als  den  an  die  Asklepiaden,  welche  nicht  Priester  waren 
und  von  denen  die  Medicin  ausserhalb  der  Tempel  ausgeübt  und  gelehrt  wurde, 
sich  Wendenden  konnte  überhaupt  auch  mit  den  besten  Prognosen  nicht  ge- 
dient  seyn,  wenn  ihnen  nicht  zugleich  die  Heilmittel  mitgetheilt  wurden.  , 
Auch  Houdart's  die  Knidier  betreffende  Behauptungen,  dass  dieselben 
sich  gar  nicht  um  die  Lehre  von  der  Coction  und  Krise  bekümmert,  dass  sie 
die  Krankheiten  überhaupt  als  ursprünglich  örtliche  (wohl  im  Sinne  der  ein* 
seitigen  neueren  Localisationstheorie !)  angesehen,  dass  sie  sich  gar  nichts  aus 
der  Prognostik  gemacht  hätten,  dass  aber  das  Lieblingsstudium  derselben  das 
der  Namen  und  der  Einteilung  der  Krankheiten  gewesen  sey ,  kann  ich  nicht 
für  irgend  gehörig  durch  historische  Belege  ausgemacht,  halten.  Wenn  sie 
aber   wirklich   durchaus   gegründet  wären,    so  möchte  das  in  denselben   den 


ÜBER  DIE  MED.  GRUNDSÄTZE  DER  KOISCHEN  UND  KNIWSCHEN  SGBDLE.      137 

Knidiern  Zugeschriebene  diesen  nach  meiner  Überzeugung  eben  nicht  zum 
besonderen  Vorzüge  angerechnet  werden  können.  Houdart  war  jedoch, 
wie  man  nach  dem  oben  S.  134  von  ihm  Gesagten  ganz  natürlich  finden  wird, 
anderer  Meinung.  Und  so  erklärt  er  dann  auch  (S.  185),  wie,  wenn  gefragt 
werden  sollte,  welche  von  beiden  Methoden  die  schönsten  Früchte  der  Medicia 
versprochen  habe,  ob  die  der  Asktepiaden  von  Kos  oder  die  der  Schule  von 
Knidos,  er  darauf,  wenn  er  selbst  sich  zu  einer  Ketzerei  bekennen  und  den 
Bannfluch  zuziehen  müsste,  ohne  Bedenken  antworten  würde,  dass  die  der 
Knidier  ihm  den  Vorzug  zu  verdienen  scheine,  und  dass  diese  nothwendig  zu 
für  die  Wissenschaft  nützlicheren  Resultaten  habe  fuhren  müssen  (T). 

Ich  gehe  nun  zu  der  Betrachtung  der  Meinung  von  Littrö  über.  Dieser 
behauptet  (Oeuvres  d'Hippocrate  T.  II.  p.  201  sq.)  vorerst,  dass  die  Polemik, 
welche  Hippokrates  gegen  die  Knidier  geführt,  um  gehörig  beurtheilt  zu 
werden,  von  zwei  Seiten  betrachtet  werden  müsse;  man  müsse  sich  nämlich 
zuerst  in  die  Steile  der  alten  Medicin  setzen  und  untersuchen,  welche  Schule 
bei  den  damaligen  Kenntnissen  Recht  gehabt  habe,  hernach  aber  von  dem 
Gesichtspuncte  der  neueren  Zeit  aus  zu  erkennen  suchen,  welcher  von  beiden 
Grundsätzen  am  besten  zu  den  jetzigen  Kenntnissen  passen  würde.  Viele 
Dinge  in  den  Wissenschaften  seyen  nur  relativ  und  temporär  wahr,  und  es 
ereigne  sich,  dass  ein  Grundsatz,  dessen  Anwendung  in  einer  Epoche  mangel- 
haft und  ohne  Erfolg  war,  in  einer  anderen  Epoche  eine  richtige  und  leichte 
Anwendung  erhalten  könne.  Davon  hätten  wir,  wie  er  glaubt,  ein  Beispiel 
in  den  Methoden  von  Kos  und  Knidos.  Das  Princip,  welches  den  Grand  der 
Methode  von  Kos  ausmache,  sey  die  Prognose,  das  heisst  das  überwiegende 
Studium  der  verschiedenen  Seiten  des  allgemeinen  Zustandes1),  welches  schon 

1)  In  der  von  Littr*  schon  in  der  Einleitung  T.  I.  chap.  XIII.  gegebenen  Darstel- 
lung der  medicinischen  Lehre  des  Hippokrates  wird  sogar  gesagt,  dass 
zufolge  der  Idee  von  der  allgemeinen  Lehre  der  Prognose  die  Krankheit  unab- 
hängig von  dem  Organ,  das  sie  afficire,  und  von  der  Form,  welche  sie  an- 
nehme, als  ein  Ding  zu  betrachten  sey,  was  seinen  Gang,  Beine  Entwicklung, 
sein  Ende  habe,  und  auch  Daremberg  (Oeuvres  chois.  d'Hippocrate  p.  121.) 
behauptet,  dass  Hippokrates  die  Krankheit  als  unabhängig  von  dem  Organ, 
das  sie  afficire,  und  von  der  Form,  welche  Bie  annehme,  als  för  sich  ihren 
Gang,  ihre  Entwickelung  und  ihr  Ende  habend  betraohtetfctbe  (?). 
Phy*.  Clane.  VII.  %  S 


138  ::■  »OH.  Wl  LH.  HEI  NR.  CONRAD!;         ;> 


'I.*' 


seit  langer  Zeit  aufgegeben  worden  sey,  und  wovon  die  Neueren  keine  all- 
gemeine Anwendung  auf  die  Medicin  mehr  zu  machen  wüssten.  Das  Princip, 
welches  den  Grund  der  Methode  von  Knidos  mache,  sey  das  Studium  der 
Verschiedenheiten  der  Krankheiten,  und  es  sey  dasjenige,  welches  in  der 
neueren  Zeit  die  Oberhand  erhalten  habe  und  worauf  jetzt  die  Pathologie 
beruhe.  Die  Arten  der  Krankheiten  zu  erforschen  sey  die  Methode  der  Knidi- 
schen  Schule  gewesen;  Hippokrates  tadele  sie,  und  mit  Recht,  nach  den 
Proben  zu  urtheilen,  die  wir  davon  besitzen.  Dieselben  Arten  zu  erforschen 
sey  eine  der  wichtigen  Beschäftigungen  der  neueren  Medicin,  und  so  sehr 
sey  es  wahr,   dass  mit  den  Zeiten  sich  der  Werth  der  Methoden  ändere. 

Die  von  Litt rö  hier  aufgestellte  Behauptung,  dass  viele  Dinge  in  den 
Wissenschaften  nur  relativ  und  temporär  wahr  seyen;  möchte  aber  überhaupt 
nicht  so  geradezu  anzunehmen,  und  insbesondere  das  Beispiel,  welches  die 
Methoden  von  Kos  und  Knidos  davon  geben  sollen,  keineswegs  für  passend 
und  gültig  zu  halten  seyn.  Was  der  unter  den  aus  der  Koischen  Schule 
hervorgegangenen  Ärzten  wohl  berühmteste  und  verdienteste  Hippokra- 
tes II.  in  seinen  ächten  Schriften  nicht  bloss  in  semiotischer  und  insbesondere 
prognostischer,  sondern  auch  sonst  in  pathologischer,  aetiologischer ,  diaeteti- 
scher  und  therapeutischer  Hinsicht  wirklich  ausgemacht  Wahres  mitgetheilt 
hat,  wird  wohl  als  den  Gesetzen  der  Natur  und  der  Erfahrung  entsprechend 
immer  seinen  Werth  bebalten,  wie  es  auch  bisher  von  den  grössten  Ärzten 
anerkannt  worden  ist 1). 

Was  ferner  die  auch  von  Littrö  angenommene  Meinung  betrifft,  dass 
das  Princip  der  Methode  von  Kos  die  Prognose  sey,   das  heisst  nach  seiner 


1)  So  hat  auch  der  als  ausgezeichneter  practischer  Arzt  und  Gelehrter  berühmte 
verewigte  Berends  in  den  nach  seinem  Tode  herausgegebenen  Lectiones  in 
Hippocratis  Aphorismos  S.  2  gesagt:  „Librum  igitur  hujus  talis  viri  prae- 
„stantissimum,  qui  Aphorismi  inscribitur,  foetum  ex  ipsa  veterum  sententia  inter 
„Hippocraticos  maxime  genuinum,  Vobis  ego  expositurus,  in  eo  potissimum 
„elaborandum  esse  duxi,  ut  re  ipsa  ostendam,  Hippocraticam  disciplinam  non 
„esse  obsoletam,  quaeque  impune  contemni  queat,  sed  quae  magnam  hodie 
„habeat  litilitatem,  atque  impostemm  etiam,  utpote  naturae  legibus  freta  atque 
„innixa,  numquam  sit  non  duratura." 


Ober  die  med.  Grundsätze  der  koischen  und  knidischen  schule.    139 

Bestimmung  das  überwiegende  Studium  der  verschiedenen  Seiten  des  allge- 
meinen Zustandes,  so  ist  schon  oben '(S.  135  fg.}  bemerkt  worden,  dass  die 
angenommene  Beschränkung  der  Koischen  Schule  auf  die  Prognose  und  die 
Betrachtung  des  allgemeinen  Zustandes  durchaus  nicht  erwiesen  sey,  und  kann 
sie  in  Bezug  auf  Hippokrates  insbesondere  nach  dem,  was  in  seinen 
Schriften  auch  über  andere  Gegenstände  mitgetheilt  worden,  am  wenigsten 
zugegeben  werden.  Wenn  er  aber  dabei  noch  behauptet,  dass  jenes  Princip 
schon  seit  langer  Zeit  aufgegeben  worden  sey,  und  dass  die  Neueren  davon 
keine  allgemeine  Anwendung  auf  die  Medicin  mehr  zu  machen  wüssten,  so 
kann  diess  doch  wohl  nur  auf  solche  neuere  französische  Ärzte  und  deren 
Nachbeter  bezogen  werden,  welche  der  neueren  einseitigen  Localisations- 
theorie  zufolge  die  so  wichtige  Rücksiebt  auf  den  allgemeinen  Zustand  in 
Krankheiten,  die  so  wichtigen  Grundkrankheiten  oder  Elemente  der  Krank- 
heiten vernachlässigen.  Dass  übrigens  viele  Neuere  bei  ihrer  übertriebenen 
Beschränkung  auf  die  allerdings  sonst  auch  schätzbaren  durch  Percussion  und 
Auscultation  erhaltenen  Zeichen  die  alte  Semiotik  überhaupt  vernachlässigen, 
ist  sehr  zu  bedauern  und  zu  tadeln,  da  die  in  dieser  angegebenen  Zeichen 
für  die  gehörige  Beurtheilung  und  Behandlung  der  Krankheit  oft  besonders 
wichtig  sind,  und  oft  auch  in  Fällen,  wo  die  durch  Percussion  und  Ausculta- 
tion erhaltenen  zwar  zur  Kenntniss  der  örtlichen  Affection  dienen,  aber  zur 
Bestimmung  des  auch  bei  der  Behandlung  so  wichtigen  Grundcharakters  der- 
selben nicht  hinreichen,   zu  Hülfe  gezogen  werden  müssen1). 

In  Bezug  auf  das  auch  von  Littrö  der  Knidiseben  Schule  zugeschrie- 
bene Princip,  ihre  Methode  die  Arten  der  Krankheiten  zu  erforschen,  hat 
derselbe  selbst  gestanden,  dass  Hippokrates  sie  mit  Recht  getadelt  habe. 
Er  sagt  auch  (p.  203),  dass  nach  dem,  was  wir  von  den  anatomischen  und 
physiologischen  Kenntnissen  dieser  Zeiten  und  den  damals  gangbaren  Theorien 
über  die  Säfte  wüssten,   es  schwer  zu  glauben  sey,  dass  diese  Methode  sehr 


1)  Vgl.  was  ich  weiter  hierüber  schon  in  meiner  Recension  von  Williams  Schrift 
über  die  Pathologie  und  Diagnose  der  Krankheiten  der  Brust  in  den  Götting. 
gel.  Anz.  1836.  St.  29—32  und  in  meinem  Handbuche  der  allgemeinen  Patho- 
logie 6te  Ausg.  S.  324  geäussert  habe. 

S2 


140       :  ■•"»•:.■        ■<    »WJCTO.  WILH.  9BINR.  CONRAD!»    ;);  '  ^       i 

fruchtbar  gewesen  sey.  Galen us  berichte  uns,  dass  die  Knidier  sieben  Krank- 
heiten der  Galle  unterschieden  hätten ;  worauf  konnten  diese  Unterscheidungen 
»wischen  diesen  Krankheiten  gegründet  seyn,  als  auf  Hypothesen,  die  nach 
der  Rolle,  welche  man  damals  den  gallichten  Saft  spielen  Hess,  gebildet 
waren?  Übrigens  hätten  wir,  wie  er  glaube,  eine  Probe  in  dem  zweiten 
und  dritten  (bekanntlich  auch  von  Anderen  den  Knidiern  zugeschriebenen) 
Buche  von  den  Krankheiten  in  der  Hippokratischen  Sammlung,  und  da  könne 
man  sich  überzeugen,  dass  die  Unterscheidungen  auf  ungewissen,  flüchtigen 
und  keineswegs  zur  Grundlage  wahrer  Arten  geeigneten  Zeichen  beruhten. 

Obgleich  man  nun  auch  nach  Littrö  behaupten  kann,  dass  Hippo- 
krates  in  seiner  Bestreitung  der  Knidier  Recht  hatte,  so  soll  es  sich  doch 
nach  S.  204  fragen,  ob  er  auf  absolute  oder  nur  auf  relative  Weise  Recht 
gehabt  habe?  Hier  müsse  man  die  zwischen  ihm  und  den  Knidiern  anhängige 
Streitfrage  aus  dem  modernen  Gesichtspuncte  beurtheilen,  bis  dass  dieser 
Gesichtspunkt,  welcher  der  unsrige  sey,  seiner  Seils  alt  geworden  und  wieder 
an  seinen  Platz  gestellt  wäre  durch  die  Schätzung,  welche  unsere  Nachkommen 
machen  müssten  (!).  Nun  sey  aber,  wie  er  sich  nicht  scheue  zu  sagen,  die 
Methode  der  Knidier,  das  heisst  die  immer  mehr  genaue  Unterscheidung  der 
Krankheiten,  eine  Arbeit,  welcher  sich  jetzt  die  Neueren  mit  dem  grössten 
Eifer  und  mit  dem  grössten  Erfolge  widmeten.  Die  einzelnen  Gegenstände 
der  pathologischen  Anatomie  l),   die  sorgfältigste  Beobachtung  der  Symptome 


1)  Schon  seit  der  im  sechzehnten  Jahrhundert  wiederbelebten  Anatomie  hatte  man 
bekanntlich  immer  mehr  eingesehen,  dass  Leichenöffnungen  ein  sehr  wichtiges 
Hülfsinittel  zur  Erkenntniss  der  Krankheiten  sind.  So  ist  denn  auch  längst  an- 
erkannt worden,  dass  die  pathologische  Anatomie,  wenn  anders  bei  den  Leichen- 
öffnungen nach  dem  schon  von  Morgagni  gegebenen  Rathe  und  vortrefflichen 
Beispiele  die  gehörige  Rücksicht  auf  die  vorhergegangenen  Umstände  des  Kran- 
ken» die  Reihe  und  Folge  der  Symptome,  die  sorgfältige  Vergleichung  derselben 
mit  den  in  der  Leiche  gefundenen  Fehlern  u.  s.  w.  genommen  worden ,  zur 
Erkenntniss  des  Sitzes  und  der  Natur ,  der  Ursachen  und  Wirkungen  vieler 
Krankheiten  sehr  wichtig  sey,  wenn  auch  viele  organische  Veränderungen  Wir- 
kungen anderer  Affecttonen  sind,  und  auch  gar  manche  Krankheiten  weder  auf 
sinnlich  bemerkbaren  Fehlern  der  Organe  beruhen  noch  sie  hinterlassen,  durch 
Leichenöffnungen  nicht  aufgeklärt  werden  können.    Man  kana  aber  den  wahren 


ÜBER   DIB  MED.  GRÜNDSATZE  DER  K01SGHEN  UND  KINDISCHEN  SCHULE,     141 

während  des  Lebens,  die  chemische  Untersuchung  der  Säfte,  Altes  wirke  mit 
zu  dem  Ziel  die  Genauigkeit  der  Diagnostik  von  Tag  zu  Tag  zu  vermehren. 
Die  Einführung  der  Statistik  in  die  Medicin  sey  einer  der  Ausdrücke  dieses 
neuen  Bedürfnisses,  und  diejenigen,  welche  sich  mit  dem  grössten  Eifer  an 
die  numerische  Methode  hielten,  seyen,  ohne  es  sich  zu  denken,  in  entfernten 
aber  gewissen  Graden  die  Erben  der  Arzte  der  Schule  von  Knidos  und  die 
Vertheidiger  dessen,  was  ehemals  in  dem  verloren  gegangenen  Buche  der 
Knidischen  Sentenzen  behauptet  wurde. 

Allein  der  von  Hippokrates  über  die  (älteren)  Knidischen  Sentenzen 
ausgesprochene  Tadel  möchte  auch  heut  zu  Tage  noch  gelten,  und  ist  ein 
ähnlicher  auch  über  manche  nosologische  Werke  der  neueren  Zeit  ausge- 
sprochen worden.  Hippokrates  hat  aber  keineswegs  gegen  die  Erforschung 
und  Bestimmung  der  Arten  der  Krankheiten  überhaupt  (das  angebliche  Princip 
der  Knidischen  Schule),  sondern  gegen  ihre  mangelhafte  Darstellung  und  un- 
gegründete Vervielfältigung  derselben  geschrieben;  und  er  hat,  wie  sich  aus 
den  eigenen  oben  (S.  132  fg.)  angeführten  Worten  seines  Tadels  ergiebt,  wohl 
gewusst,  worauf  es  bei  der  Bestimmung  der  Arten  ankommt.  Dass  auch  er 
(wie  nach  dem  oben  schon  Angeführten  von  den  Koischen  Ärzten  überhaupt 
ohne  allen  Beweis  behauptet  worden)  sich  um  die  einzelnen  Arten  der  Krank- 
heiten gar  nicht  bekümmert  oder  gar  sie  nicht  gekannt  und  sich  nur  auf  die 
Prognose  und  die  *  Betrachtung  des  allgemeinen  Zustandes  beschränkt  habe,  > 
wird  (wenn  er  auch  keine  specielle  Pathologie  geschrieben  haben  oder  sie 
verloren  gegangen  seyn  sollte)  durch  so  viele  in  seinen  ächten  Schriften 
vorkommende  treffliche  Bemerkungen  über  einzelne  Krankheiten  und  muster- 
hafte Schilderungen  von  besonderen  Krankheitsfällen  auf  das  Bestimmteste 
widerlegt  Sowie, er  aber  der  Bedeutung  der  einzelnen  Symptome  oder  Zei- 
chen der  Krankheiten  eine  so  genaue  Beachtung  gewidmet  und  sie  so  vor- 
trefflich zur  Prognose  benutzt  hat,  so  hat  er  sich  dagegen  mit  Recht  gegen 
die  von  den  Knidiern  gemachte  übertriebene  und  tlngegründete  Vervielfältigung 


Werih  der  pathologischen  Anatomie  wohl  anerkennen,  ohne  desshalb  in  der 
Überschätzung  derselben  zu  weit  zu  gehen,  und  sie  allein  für  die  Basis  der 
Pathologie  zu  halten,  wofür  sie  manche  neuere  französische  Ärzte  und  deut- 
sche; Nachbeter  derselben  erklären  wollten. 


142  JOH.  WILH.  HEINR.  GONRADI,  • 

der  Arten  der  Krankheiten  (wie  sie  ebenfalls  manche  Neuere  nach  einzelnen, 
auch  weniger  bedeutenden,  Symptomen  oder  solchen  entfernten  Ursachen, 
welche  nicht  wirklich  eine  Veränderung  der  Form  der  Krankheit  verursachen, 
gemacht  haben)  erklärt 1).  Seine  in  dem  ersten  und  dritten  Buche  von  epi- 
demischen Krankheiten  mitgetheilten  Schilderungen  von  Krankheits  -  Constitu- 
tionen  und  einzelnen  Krankheitsfällen  sind  auch  von  grossen  neueren  Ärzten 
als  vortreffliche  Muster  anerkannt  worden,  worüber  ich  mich  hier  auf  meine 
Abhandlung  über  die  von  Hippokrates  geschilderten  Fieber  und  Littrö's 
Meinung  von  denselben  beziehe.  So  haben  auch  besonders  ein  Aretäus 
und  andere  griechische  Ärzte2),  später  ein  Sydenham,  Boerhaave  und 
andere,  welche  die  Hippokratischen  Grundsätze  befolgten,  ächte  Hippokratische 
Ärzte  5)  waren ,   vortreffliche  Schilderungen   der  einzelnen  Arten  der  Krank- 


f**- 


1)  In  dieser  Hinsicht  sagte  auch  Boerhaave  (Oratio  de  commendando  studio 
Hippocratico  p.  13):  „Non  usquam  tot  subtiles,  atque  adauctis  evanidas  distinctio- 
„nibus,  morborum  atque  causarum  differenlias  apud  tnagnum  medicinae  Parentem 
„in venire  est." 

2)  Von  den  alten  Ärzten  überhaupt  sagte  auch  J.  P.  Frank  in  seiner  Ausgabe  von 
Cullen's  Synopsis  Nosologiae  methodicae.  Ticini  1787.  Praefat.  p.  V— VI: 
„Verum  est,  in  definitione  morborum  scholastica,  parum  sudaverunt  primi  artis 
„nostrae  parentes;  sed  qui  pictores  fuisse  negat  quamplurimis  hodiernis  meliores, 
„fideliores;  vereor  ne  hie  fallacissimam  tueatur  opinionem.  '  Certe  Sydenharous, 
„non  aliter  medicinae  hodiernae  Restaurator  audit;  quam  quod  Hippocraticam, 
„tum  observandi,  tum  describendi  methodum,  per  plurium  seculorum  intervalla 
„derelictam  denuo  introduxerit :  et  tantum  abest,  ut  in  his  Nosologorvm,  quot- 
„quot  sunt,  tentamina  primorum  Medicinae  parentum  laboribus  palmam  peaeri- 
„puerint;  ut  saepius  fateri  debeant  consummati  in  arte  Viri,  subtiliorem  nimis 
„morborum  anatomen,v  artis  nostrae  incremenlo  non  parum  obfuisse,  et  pro 
„magna  felicitate  habendum  esse,  quod  ipsa  natura,  veteribus  fidelior,  et  in 
„ipsurn  genus  humanum,  viris  doctissimis,  longe  benignior,  magnam  systeraa- 
„tum  recentiorum  partem,  morborumque  innumeras  species,  pro  suis  needum 
nagnoverit." 

3)  Ächte  Hippokratische  Ärzte  sind  nicht  etwa  solche,  welche  in  blinder  Verehrung 
des  Hippokrates  glauben,  dass  dieser  schon  Alles  in  der  Medicin  geleistet 
habe  und  nur  das  von  ihm  Geleistete  anzuerkennen  sey,  sondern  solche,  welche 
seine  Geschicklichkeit  und  Genauigkeit  in  der  Beobachtung  der  Erscheinungen, 


ÜBER  DIE  MED.  GRUNDSÄTZE  DER  KÖLSCHEN  UND  KNIDISCHEN  SCHULE.     143 

betten  geliefert.  Dieses  Beispiel  möchte  wohl  auch  den  Anhängern  der 
numerischen  Methode,  wie  Louis  sie  empfohlen  hat,  eher  zur  Nachahmung 
zu  empfehlen  seyn,  als  die  fehlerhafte  und  mehr  empirische  Methode  der 
Knidischen  Schule.  Denn  die  übertriebene,  einseitige  Anwendung  jener  nu- 
merischen Methode  kann  ohnehin  leicht  zu  roher  Empirie  führen  1). 


seine  Berücksichtigung  der  ursachlichen  Verhältnisse  derselben,  seine  ächter 
Induction  gemäss  aus  Beobachtungen  gezogenen  Schlüsse  und  Grundsätze,  über- 
haupt seine  Methode  sich  zum  Muster  nehmen,  keineswegs  aber  wollen,  dass 
die  Medicin  bei  dem,  was  von  Hippokrates  und  anderen  griechischen  Ärzten 
mitgetheilt  worden,  stehen  bleibe,  sondern  auch  auf  das,  was  von  Neueren 
Richtiges  und  Gutes  bekannt  gemacht  worden,  gehörige  Rücksicht  nehmen  und 
selbst  die  Wissenschaft  durch  weitere  Forschungen  und  Entdeckungen  zu  ver- 
vollkommnen streben.  Hippokrates  selbst  würde  die  von  seinen  Nachfolgern 
gemachten  Fortschritte,  wenn  er  sie  erlebt  hätte,  wohl  mit  Freuden  aufge- 
nommen und  bei  seinem  grossartigen  Charakter,  der  in  seinen  Schriften  aus- 
gedrückt ist,  auch  Einschränkungen  etwa  zu  allgemein  ausgesprochener,  oder 
Berichtigungen  etwa  irrig. befundener  Sätze  gewiss  anerkannt  haben,  wie  auch 
in  Bezug  auf  einen  eingestandenen  Irrtbum  desselben  schon  Celsus  in  einer 
schönen  Stelle  (Lib.  VIII.  c.  IV.)  gesagt  hat:  „A  suturis  se  deceptum  esse  Hip- 
„ poerat  es  memoriae  prodidit;  more  scilicet  magnorum  virorum,  et  fiduciam 
„magnarum  rerum  babentium.  Nam  levia  ingenia,  quia  nihil  babent,  nihil  sibi 
„detrahunt:  magno  ingenio,  multaque  nihilo  minus  habituro,  convenit  etiam 
„simplex  veri  erroris  confessio;  praeeipueque  in  eo  ministerio  quod  utilitatis 
„causa  posteris  tradilur;  ne  qui  deeipiantur  eadem  ratione  qua  quis  ante  de- 
„ceptus  est.tt 

1)  Diese  meine  Überzeugung  habe  ich  schon  in  meinem  Bericht  über  das  medi- 
cinisch- klinische  Institut  in  dem  akademischen  Hospitale  zu  Götüngen  und  die 
damit  verbundene  ambulatorische  Klinik  (Götting.  gel.  Anzeig.  1845.  S.  98 — 99.) 
geäussert,  daselbst  auch  bemerkt,  dass  selbst  treffliche  französische  Ärzte,  be- 
sonders Fuster  (Gazette  mädic.  1832.  1836  und  Des  maladies  de  la  France 
p.  5  sq.)  und  Risueno  d'Amador  (Memoire  sur  le  calcul  des  probabilit6s 
appliquö  k  la  mädecine),  dann  auch  Double,  Cruveilhieru.  A.  schon  die 
gegründetsten  Bemerkungen  gegen  jene  Anwendung  vorgebracht  hätten.  Bei 
Fragen  (habe  ich  hier  weiter  geäussert)  wo  es  auf  arithmetische  Verhältnisse 
ankommt,  mag  man  sich  derselben  bedienen  (wie  es  auch  längst  von  den 
Ärzten  geschehen  ist,    in  welcher   Hinsicht   ich  den   von  Fuster  genannten 


144  JOH.  WILH.  HEINR.  CONRADI,  ! 

Noch  sagt  Littrö  (S.  204  fg.),  dass,  wenn  es  ihm  erlaubt  sey  die 
Meinung,  welche  er  sich  in  diesem  seit  so  langer  Zeit  erhobenen  grossen 
Streit,  wovon  er  die  Hauptpnncte  vorgetragen,  gebildet  habe,  auszudrücken, 
er  hinzufügen  werde,  dass  die  Genauigkeit  und  selbst  Kleinlichkeit  der  ein- 
zelnen Umstände  in  der  Beobachtung  nie  zu  gross  seyn  könnten.  Man  könne 
unter  den  Thatsachen  (und  jeder  einzelne  Umstand  sey  hier  eine  Thatsache) 
diejenigen  aussuchen,  welche  man  als  wichtiger  für  die  gleichzeitige  Wissen- 
schaft und  als  mehr  direct  anf  die  allgemeinen  Ideen  sich  beziehend  ansehe; 
wenn  man  aber  beobachte,  sey  keine  Wahl  unter  den  Thatsachen  erlaubt; 
alle  hätten  gleiches  Recht  aufgenommen  zu  werden,  die  kleinste  gehöre  zu 
dem  wunderbaren  Ganzen  der  Natur,  deren  Tiefe  unseren  Geist  zugleich 
anziehe  und  erschrecke.  Er  meine  also,  dass  es  keinen  so  geringen  Umstand 
gebe,  der  nicht  seine  Wichtigkeit  habe,  und  dass  man  es  nicht  verschmähen 
dürfe  irgend  eine  Thatsache,  so  unbedeutend  sie  uns  auch  erscheinen  möge, 
aufzunehmen. 

Dass  bei  den  Beobachtungen  überhaupt  und  insbesondere  der  Beobach- 
tung  und  Beschreibung  der  einzelnen  Krankheitsfälle  und  den  besonderen 
Krankheitsgeschichten  die  grösste  Genauigkeit  erfodert  wird,  und  dass  man 
dabei  keinen  Umstand  gleich  für  geringfügig  halten  darf  (da  manchmal  etwas 
nur  unbedeutend  zu  seyn  sckewfy,  ist  allerdings  richtig,  aber  auch  längst  von 
den  Ärzten  anerkannt  und  ausdrücklich  ausgesprochen  worden.  Das  ist  von 
mir  ebenfalls  schon  in  meiner  Einleitung  in  das  Studium  der  Medicin  §.17 
und  in  meiner  Schrift  über  die  Einrichtung  der  medicinischen  Klinik  in  dem 
akademischen  Hospitale  zu  Heidelberg  S.  41  geschehen,-  wo  ich  auch  den 
Ausspruch  von  Stoll  (Rat.  med.  P.  I.  p.  278.)  angeführt  habe:  »Nil  parvum, 
»nil  contemnendum  in  morborum  historia,  dummodo  id,  ulut  exiguum,  nostra- 
»que  attentione  minus  dignum  videatur,  ipsius  naturae  semper  veridicae  opus 
»esse  demonstretur.«      Sydcnham   (Opera  Ed.  Kühn,   Praefat.  p.  7.)  sagte 


besonders  Hensler  beigefügt  habe,  dessen  Briefe  über  das  Blatterbelzen  Th.  I. 
S.  167  fg.  und  S.  187  fg.  zumal  auch  in  Rücksicht  auf  das  dabei  erfoderliche 
umsichtige  Urtheil  hier  besonders  beuchtet  zu  werden  verdienen);  aber  sonst 
soll  man  nicht  davon  vorzüglich  das  Heil  der  Medicin  erwarten  oder  sie  als 
das  wahre  Orakel  für  Ärate  betrachten.  -  ' 


ÜBER  DIB  MED.  GRUNDSÄTZE  DER  K01SCHEN  UND  KNID1SCHEN  SCHULE.     145 

selbst:  »Porro  autem  in  scribenda  morborum  historia  septfnatur  tantisper 
7)  oportet  quaecunque  hypothesis  philosophica,  quae  scriptoris  Judicium  prae- 
»occupaverit;  quo  facto  tum  demum  morborum  phaenomena  clara  ac  naturalis, 
»quantumvis  minuta,  per  se  adcuratissime  adnotentur;  exquisitam  pictorum 
»industriam  imitando,  qui  ve)  naevos  et  levissimas  maculas  in  imagine  expri- 
»munt.«  Die  Meinung,  welche  sich  Littrö  in  diesem  Streite  gebildet  haben 
will,  ist  also  wenigstens  keine  neue.  Hat  sie  nun  aber  wirklich  eine  irgend 
bedeutende  Beziehung  auf  den  von  Hippokrates  ausgesprochenen  Tadel  der 
Knidier?  Ich  muss  offen  bekennen ,  dass  ich  das  nicht  haha  finden  können. 
Es  handelt  sich  hier  in  pathologischer  Hinsicht  nicht  etwa  bloss  um  die  längst 
für  nothwendig  erkannte  Genauigkeit  bei  der  Beobachtung  und  Beschreibung 
der  einzelnen  Krankheitsfälle  oder  der  Krankheitsgeschichten  einzelner  Per- 
sonen, sondern  auch  ganz  besonders  um  die  allerdings  auch  genaue  und 
hinlängliche  Beobachtungen  vieler  einzelnen  Fälle  voraussetzende  Bestimmung 
und  Schilderung  der  Arten  der  Krankheiten,  wie  sie  die  specielle  Pathologie 
erfodert.  Auf  Letzteres  bezieht  sich  eben  ein  von  Hippokrates  und 
Galenus  den  Knidiern  gemachter  Haupt -Vorwurf,  dass  sie  nämlich  die 
wesentlichen  Symptome  der  Krankheiten  nicht  von  zufälligen  gehörig  unter- 
schieden, einzelne  durch  individuelle  Verhältnisse,  zufällig  eintretende  ent- 
fernte Ursachen  bewirkte  Symptome  in  die  allgemeinen  Beschreibungen  der 
Krankheiten  aufgenommen  und  hiernach  die  Arten  der  Krankheiten  zu  sehr 
vervielfältigt  hätten.  Ob  die  Knidier  sich  gegen  diesen  Vorwurf  zu  ver- 
teidigen gesucht  haben,  ob  wirklieb  ein  längerer  Streit  darüber  geführt 
worden  ist,  weiss  ich  nicht l).  Aber  das  weiss  ich  wenigstens,  dass  die 
besten  späteren  griechischen  Ärzte  das  Beispiel  des  Hippokrates  befolgt, 
dass  die  besten  Geschichtschrei  her  der  Medicin  und  andere  grosse  neuere 
Arzte  den  den  Knidiern  gemachten  Vorwurf  gebilligt  haben. 

übrigens  hat  die  Koische   Schule  auch  in  Ansehung  der  Therapie  be- 
sonders  durch  Hippokrates  grosse  Vorzüge   erhalten.      Dieser  hat,    be- 


1)  Daremberg  (Oeuvres  choisies  d'Hippocrate  p.  123.)  sagt  selbst:   „Du  reste,  la 

„direction  de  l'ficole  de  Cnide  ne  parait  pas  avoir  6t6  longtemps  suivie,    la 
„mäthode  hippoeratique  pr6valuttt 
Phys.  Classe.  VII  T 


146  JOH.  WILH.  HE4NR.  CONRADI, 

sonders  in  dem  Buche  de  victus  ratione  in  morbis  acutis  und  in  den  Apho- 
rismen, treffliche  Grundsätze  über  die  Diät  in  Krankheiten,  über  die  kluge 
Nachahmung  der  heilenden  Natur,  und  überhaupt  allgemeine  Regeln  über  die 
Behandlung  der  Krankheiten  aufgestellt,  wegen  deren  er  mit  Recht  als  der 
wahre  Begründer  der  allgemeinen  Therapie  angesehen  wird.  Dass  er  bei  der 
Cur  vorzüglich  auch  auf  die  Ursachen  der  Krankheiten  und  ihrer  Symptome, 
keineswegs  bloss,  wie  es  nur  gemeine  Empiriker  zu  thun  pflegen,  auf  die 
Symptome  Rücksicht  genommen  hat,  beweist  schon  die  klassische  Stelle  in 
der  Schrift  de  victus  ratione  in  morbis  acutis  §.  XLHI. ,  wo  er  die  Arzte 
tadelt,  welche  nicht  wüssten,  wie  man  unterscheiden  müsse  die  Schwäche  in 
Krankheiten,  welche  durch  zu  grosse  Ausleerung  der  Gefässe  verursacht 
werde,  von  derjenigen,  welche  die  Wirkung  irgend  einer  anderen  Reizung, 
des  Schmerzes,  der  Heftigkeit  der  Krankheit  und  mancherlei  anderer  Affectio- 
nen  sey,  indem  von  der  Kenntniss  oder  Unkenntniss  dieser  Dinge  doch  Leben 
oder  Tod  abhänge.  Dieselbe  Rücksicht  auf  die  Ursachen  haben  auch  die 
anderen  grossen  Arzte  des  Alterthums  sowie  der  neueren  Zeit  immer  genommen, 
und  es  ist  auch  in  allen*  guten  Handbüchern  der  Therapie  die  Indicatio  cau- 
salis  von  der  symptomatica  wohl  unterschieden  und  gewürdigt  worden.  Wenn 
daher  die  frühere  Medicin  überhaupt  jetzt  von  Vielen  mit  dem  allerdings 
herabwürdigenden  Namen  der  symptomatischen  Medicin  belegt  wird,  so  zeigt 
diess  von  Seiten  derselben  zum  wenigsten  Unkenntniss  der  alten  Literatur 
sowie  selbst  der  classischen  Schriften  grosser  neuerer  Arzte,  die  freilich  jetzt 
von  Vielen  auch  nicht  mehr  beachtet,  für  veraltet  angesehen  werden.  Will 
man  aber  etwa  die  sogenannte  symptomatische  Medicin  auf  die  Krankheits- 
formen beziehen,  welche  nicht  nach  ihrer  noch  unbekannten  inneren  Natur, 
sondern  nach  den  sinnlichen  Erscheinungen,  dem  sogenannten  Ausdruck  der 
Krankheit  oder  Symptomen -Complex  bestimmt  und  benannt  worden  sind,  so 
hat  man  ja  neuerlichst  selbst  gesteben  müssen,  dass  man  auch  bei  dem 
jetzigen  Stande  der  Wissenschaft  in  vielen  Fällen,  wo  die  innere  Natur  und 
auch  datf  anatomische  Verhältniss  der  Krankheiten  (z.  B.  bei  vielen  Nerven- 
krankheiten u.  s.  w.)  noch  nicht  gehörig  bekannt  sind,  jene  Bestimmungen 
nicht  entbehren,  sich  an  die  sinnlichen  Erscheinungen,  an  die  symptomatische 
Ähnlichkeit    des   Krankheitsbildes    halten   müsse    (wobei  jedoch   nach  meiner 


Ober  die  med.  Grundsätze  der  koischen  und  knidischen  schule,    ui 

Meinung  die  Kenntniss  der  offenbaren  entfernten  Ursachen  uns  in  der  Cur 
wohl  leiten  kann  und  muss).  Vgl.  was  ich  in  meiner  Abhandlung  über 
die  Selbstständigkeit  der  Fieber  S.  6  fg.  über  diesen  Gegenstand  geäussert 
habe. 

Nach  Littrö  hat  sich  noch  Daremberg  in  seiner  Ausgabe  der 
Oeuvres  choisies  d'Hippocrate  (p.  xcvi.  122.  475.)  über  diesen  Gegenstand 
geäussert.  Dieser  meint  zwar  auch,  dass  die  Tendenz  der  Koischen  Schule 
auf  die  fast  ausschliessliche  Betrachtung  des  allgemeinen  Zustandes,  das  Stu- 
dium des  Gemeinschaftlichen  der  Krankheiten,  auf  die  prognostische  Aus- 
legung der  krankhaften  Erscheinungen  gerichtet  gewesen  sey,  setzt  jedoch 
hinzu,  dass  diese  Tendenz  sie  zum  höchsten  Grade  der  Wissenschaft  und  des 
Ruhmes,  den  sie  habe  erreichen  können,  erhoben,  dass  sie  dieselbe  vor 
einem  blinden  Empirismus  bewahrt  habe,  indem  sie  alle  zerstreuten  That- 
sachen  zusammengebracht  und  durch  ein  gemeinschaftliches  Band,  die  Prognose, 
wieder  befestigt  habe;  dass  sie  dieselbe  mit  dieser  schönen  Methode  der 
Beobachtung  ausgestattet,  welche  unter  den  Händen  des  Hippokrates  Re- 
sultate hervorgebracht  habe,  zu  welchen  die  gegenwärtige  Wissenschaft  kaum 
mit  allen  ihr  zu  Gebot  stehenden  Hülfsmitteln  gelangen  kann.  Er  behauptet 
aber  auch  (daselbst  in  der  Einleitung  zum  Prognosticon  und  p.  475.)  von 
Hippokrates  insbesondere,  dass  derselbe  sich  vorzüglich  mit  dem  Aus- 
gange und  dem  allgemeinen  Gange  der  Krankheit  beschäftigt,  dass  er  die 
Unterscheidung  und  Benennung  der  krankhaften  Einheiten  oder  besonderen 
Arten  vernachlässigt,  und  dass  er  nicht  nach  den  besonderen  Symptomen, 
welche  diese  oder  jene  Art  zeigen  können,  gefragt  habe:  dass  alles  diess 
ihm  sehr  geringen  Nutzen  für  die  Erkenntniss  und  Behandlung  der  Krank- 
heiten zu  bringen  geschienen  habe.  —  Von  der  Knidischen  Schule  aber  sagt 
er,  dass  sie  eine  entgegengesetzte  Tendenz  befolgt,  dass  so  sehr  die  Askle- 
piaden  von  Kos  zur  Generalisation  gestrebt,  eben  so  sehr  die  von  Knidos 
die  Arten  der  Krankheiten  vervielfältigt  und  jedem  Krankheitszustande,  der 
nicht  identisch  mit  einem  anderen  war,  einen  verschiedenen  Namen  gegeben 
hätten,  dass  aber  bei  dem  Mangel  aller  genauen  anatomischen  Kenntnisse  diese 
Arten  nicht  durch  irgend  ein  Band  befestigt  seyn  konnten,  und  dass  man 
schon   bei  den  ersten  Schritten  der  Wissenschaft  in  den  fatalen,  in  unseren 

T2 


148  JOH.  WILH.  HEINR.  CONRADI, 

Tagen  erneuerten,  Irrtbum  verfallen  sey,  nur  individuelle  und  isolirte  Krank- 
heitszustände  in  den  kleinsten  Formen  der  Krankheiten  zu  sehen.  —  Die 
wissenschaftliche  Vereinigung  der  zwei  entgegengesetzten  Tendenzen  der 
Schule  von  Kos  und  der  von  Knidos  soll  nun  nach  seiner  Meinung  (p.  xlyl) 
das  Ziel  seyn,  welches  die  wahre  Wissenschaft  sich  zu  setzen  habe;  und  da 
werde  sie  allein  Beständigkeit  und  Grösse  finden.  .  Und  so  sagt  er  noch 
{ip.  124.),  dass,  da  in  unserer  Zeit  und  besonders  in  der  Schule  von  Paris 
die  LocaU Diagnostik  die  ganze  Wissenschaft  beherrsche,  die  Quelle  von  allen 
ihren  Fortschritten  wie  auch  gewisser  Verirrungen  und  vieler  Lücken  sey, 
es  sehr  zu  wünschen  wäre,  dass  eine  geschickte  und  kräftige  Hand  durch 
Verschmelzung  der  alten  und  neuen  Methode  in  eine  einzige  die  Medicin 
wieder  auf  den  einzigen  Weg  brächte,  der  ihr  von  der  Natur  vorgezeich- 
net sey. 

Da  ich  Mehreres,  was  von  Daremberg  in  ähnlicher  Weise  wie  von 
Li  Uro  über  die  Tendenz  der  Koischen  Schule  überhaupt,  die  ihr  zuge- 
schriebene fast  ausschliessliche  Betrachtung  des  allgemeinen  Zustandes  und 
Beschränkung  auf  die  Prognose,  Vernachlässigung  der  Unterscheidung  und 
Benennung  der  Arten  der  Krankheiten  u.  s.  w.  behauptet  worden ,  schon  im 
Vorhergehenden  berücksichtigt  und  meine  abweichende  Ansicht  ausgesprochen 
habe,  will  ich  nur  noch  über  die  nach  seiner  Meinung  von  der  wahren 
Wissenschaft  sich  als  Ziel  zu  setzende  wissenschaftliche  Vereinigung  der  zwei 
entgegengesetzten  Tendenzen  der  Schulen  von  Kos  und  Knidos  oder  auch  der 
alten  und  neuen  Methode  Folgendes  bemerken. 

Dass  die  Methode  der  Knidischen  Schule  die  Arten  der  Krankheiten  zu 
bestimmen  und  zu  beschreiben  höchst  mangelhaft  war,  ist  von  Daremberg 
wie  von  Littre  selbst  bemerkt  und  der  von  Hippokrates  ausgesprochene 
Tadel  derselben  von  diesem  für  gegründet  erklärt  worden.  Die  Knidier  haben 
die  Krankheiten  auf  mehr  empirische  Weise,  sowie  es  nach  der  Äusserung 
des  Hippokrates  auch  ein  Nicbtarzt  hätte  thun  können,  beschrieben;  sie 
haben  die  zufälligen  Symptome  nicht  gehörig  von  den  wesentlichen  zu  unter- 
scheiden gewusst  und  desshalb  so  oft  nach  einzelnen  zufälligen  Symptomen 
wieder  besondere  Arten  der  Krankheiten  bestimmt  und   dieselben  so  über- 


ÜBBR  DIB  MED.  GRUNDSÄTZE  DER  KOISCHBN  UND  KNIDISCHEN  SCHULE.     149 

massig  vervielfältigt  Von  einem  besonderen,  irgend  bedeutenden,  eigentlich 
wissenschaftlichen  Principe  derselben  in  Bezug  auf  die  gehörige  Bestimmung 
und  Schilderung  der  Arten  der  Krankheiten  oder  gar  die  nosologische  Ein- 
teilung und  Benennung  derselben  kann  also  wohl  nicht  die  Rede  seyn. 
Wie  könnte  nun  die  Vereinigung  einer  so  mangelhaften  Methode  mit  der  Hippo- 
kratischen  auch  nur  mit  einigem  Grunde  für  statthaft  erklärt  werden,  und 
wie  sollte  sie  irgend  nützen  können?  Wenn  auch  Hippokrates  keine 
specielle  Pathologie  geschrieben  oder  hinterlassen  hat,  und  wenn  selbst  die 
Behauptung ,  dass  Hippokrates  sich  um  die  einzelnen  Arten  der  Krank- 
heiten gar  nicht  bekümmert  hatte,  irgend  gegründet  wäre  (was  sie  nach 
meiner  oben  S.  136.  schon  ausgesprochenen  Überzeugung  keineswegs  ist),  so 
haben  doch  (wie  ebenfalls  oben  schon  angegeben  worden)  so  viele  seiner 
Nachfolger,  welche  seine  Grundsätze  befolgten,  vortreffliche  Schilderungen 
der  einzelnen  Arten  von  Krankheiten,  worin  die  wesentlichen  Symptome  der- 
selben wohl  von  zufälligen  unterschieden  sind,  geliefert.  Es  möchte  daher 
die  Vereinigung  dieser  Hippokratischen  Methode  mit  einer  anderen  nicht  bloss 
überhaupt  überflüssig  seyn,  sondern  insbesondere  die  mit  der  höchst  mangel- 
haften Knidischen  als  sehr  seltsam  erscheinen.  —  Was  aber  die  Local- 
Diagnostik  betrifft,  welche  nach  Daremberg  in  unserer  Zeit  und  besonders 
in  der  Schule  von  Paris  die  ganze  Wissenschaft  beherrschen,  die  Quelle  ihrer 
Fortschritte  wie  auch  gewisser  Verirrungen  und  vieler  Lücken  seyn  soll,  so 
möchte  es  für  die  Anhänger  derselben  und  besonders  auch  für  die  von  ihnen 
zu  behandelnden  Kranken  wenigstens  zu  wünschen  und  jenen  allerdings  sehr 
zu  empfehlen  seyn,  das  von  alten  und  neueren  Hippokratischen  Ärzten  nicht 
bloss  in  Bezug  auf  die  allgemeinen,  sondern  auch  in  Bezug  auf  die  örtlichen 
Verhältnisse  der  Krankheiten  in  pathologischer  und  therapeutischer  Hinsicht 
gelehrte  Gute  und  Bewährte  wohl  zu  berücksichtigen  und  dadurch  ihren 
Mängeln  abzuhelfen.  Es  haben  indessen  neuerlichst  selbst  immer  mehr  fran- 
zösische Ärzte  sich  gegen  die  übertriebene  Localisationstheorie  überhaupt  er- 
klärt, und  auch  deutsche,  die  früher  auch  in  dieser  Einseitigkeit  die  franzö- 
sischen nachgeahmt  hatten,  haben  sich  doch  bewogen  gefunden  wieder  allge- 
meinere Verhältnisse  der  Krankheiten  (sogenannte  Constitutions  -  Anomalien, 
Constitution  eile  Irritationen,  Fieber  u.  s.  w.)  zu  berücksichtigen  und  gelten  zu 


150    J.  W.  H.  GORRADI,  ÜBER  D.  GRUNDS.  D.  KOJSCHEN  D.  KNIDISCH.  8CHDLE 

lassen.     Und  so  wollen  wir  denn  wünschen  und  hoffen,  dass  immer  Mehrere 
den  längst  gefundenen  rechten  Weg  l~)  wieder  einschlagen  mögen. 


1)  So  heisst  es  schon  in  der  Hippokratischen  Schrift  de  prisca  medicina  (die  von 
Littrö  dem  Hippokrates  II.  selbst,  freilich  gegen  das  Urtheil  mancher  frü- 
heren Kritiker  und  auch  das  von  Ermerins,  Petersen  U.A.,  zugeschrieben 
worden  ist):  i>lij*Q*xjj  dh  ndvva  ndXai  vndgyet ,  xal  uQ^ij  xal  odog  wqi;- 
-njaivr,,  xa&*  rjv  xal  tu  evQtj/tiiva  noXXa  te  xui  xuXüg  eyoviu  evgyjut  iv 
^noXXui  IQOVto ,  xal  ra  Xotnä  evQS&rjoetat ,  rjv  ttg  ixavog  i«  wv  xal  tu 
nevQtjfiiva  tld&g  ix  tovtwv  oQ/nw/ievoe  £tjtit]'  oatiß  Sh  tavta  dnoßaXwv 
„xal  dnodoxtjudaag  navta,  itegy  odü  xal  itigm  oy^]/naji  IniyttQeetv  ffttdu 
„xai  <pvost  vi  evQfjxtvai,  itynurytai  xal  tj-anazdtai."  „At  vero  in  medi- 
„cina  jam  pridem  omnia  subsistunt,  in  eaque  principium  et  via  inventa  est,  per 
„quam  praeclara  multa  longo  temporis  spatio  sunt  inventa  et  reliqua  deinceps 
„invenientur,  si  quis  probe  comparatus  fuerit,  ut  ex  inventorum  cognitione  ad 
„ipsorum  investigationem  feratur.  Qui  vero  his  Omnibus  rejectis  ac  repudiatis 
„aliam  inventionis  viam  aut  modum  aggreditur  et  aliquid  se  invenisse  jactitat, 
„is  cum  fallitur  tum  alios  fallit.u 


Systematische   Untersuchungen 

über 

die  Vegetation  der  Karaiben, 

insbesondere  der  Insel  Guadeloupe,    nach  den  Sammlungen  Duchassaing's, 

Ton 

A.    Grisebach. 


Der  Köoiglichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  am    16.  Januar  1857  vorgelegt. 


s 


eit  langer  Zeit  hatte  ich  gewünscht,  die  Vegetation  einer  tropischen  Land- 
schaft nach  umfassenden  Materialien  zu  untersuchen.  Die  Vortheile,  welche 
die  Analyse  zahlreicher  Pflanzenformen  der  verschiedensten  Bildungsweise  für 
die  Erweiterung  systematischer  Gesichtspunkte  gewährt,  sind  nicht  gering  an- 
zuschlagen. Sodann  hoffte  ich,  auf  diesem  Wege  meine  Ansichten  über  die 
Weite  des  Speciesbegriffs  fester  zu  begründen,  eine  Frage,  die,  wiewohl 
gegenwärtig  mehr  als  jemals  bestritten ,  doch  den  Kern  jeder  wahren  Entwicke- 
lung  sowohl  der  systematischen  als  geographischen  Botanik  enthält.  Auf  der 
einen  Seite  sehen  wir  fast  durch  jede  botanische  Reise  in  den  wärmeren  Ge- 
genden beider  gemässigter  Zonen  die  Zahl  der  Arten,  welche  aus  den  gesam- 
melten Pflanzenformen  beschrieben  werden,  in  beispiellosem  Umfange  vermehrt 
und  kommen,  indem  wir  die  Arbeiten  der  Naturforscher  anerkennen,  die  in 
dieser  Richtung  thätig  sind,  zu  Vorstellungen  von  einer  gleichsam  unerschöpf- 
lichen Mannigfaltigkeit  der  ursprünglichen  Typen.  Auf  der  anderen  Seite  zei- 
gen neuere  Untersuchungen  über  die  tropische  Vegetation,  von  der  man  doch 
den  höchsten  Reichthum  der  Natur  zu  erwarten  pflegt,  ein  entgegengesetztes 
Ergebniss:  niemals  sind  massenhaftere  Materialien  für  botanische  Forschungen 
angehäuft,  als  in  den  indischen  Sammlungen  Englands  und  Hollands,  aber,  seit- 
dem man  anfängt,  sie  gründlich  zu  bearbeiten,  finden  sich  grossentheils  alt- 
bekannte Arten  und  zahlreiche  Formen,   die  man  früher  unterschieden  hatte, 


152  A.  GRISEBAf.H, 

werden  eingezogen.  Ist  es  nur  der  individuelle  Standpunkt  der  Naturbelrach- 
tung,  welcher  zu  so  unerwarteten  Gegensätzen  führt?  oder  steht  die  Mannig- 
faltigkeit  der  Arten  in  einem  umgekehrten  Verhältniss  zu  der  Üppigkeit  des 
Wachsthums,  so  dass  die  schönsten  Klimate  der  gemässigten  Zonen  mit  der 
reichsten  FormepfäUe  ausgestattet  siod  «d  die  Stunden  des  Orients,  wie  die 
Sträucher  des  Caplandes,  engere  Räume  bewohnen,  als  die  Baumgestalten, 
Lianen  und  Parasiten  der  Tropen  weit?  Meine  bisherigen  Forschungen  machten 
mich  dem  letzteren  Gesichtspunkte  geneigt,  aber  sie  blieben  unvollständig,  bis 
es  mir  gelang,  eine  an  Formen  reichhaltige  Sammlung  aus  den  Tropen  zu  er- 
werben, deren  Bearbeitung  den  Gegenstand  der  nachfolgenden  Mittheilungen 
bildet. 

Duchassaing,  ein  französischer  Arzt,  der  theils  auf  Guadeloupe,  theils 
in  Panama  botanische  Sammlungen  von  seltenem  Werthe  zusammenbrachte, 
hatte  diese  Materialien  dem  verstorbenen  W  alpers  zur  Publikation  eingesendet, 
aas  dessen  Nachlass  dieselben  vollständig  in  meine  Hände  gelangt  sind.  Der 
Wunsch  des  Sammlers,  der,  wie  seine  handschriftlichen  Mittheilungen  zur 
Genüge  darthun,  alle  Hülfsmittel  zur  richtigen  Bestimmung  seiner  Pflanzen  ent- 
behrte, dieselben  durch  Walpers  bearbeitet  zu  sehen,  blieb  unerfüllt:  als  ich 
die  Sammlungen  nach  dessen  Tode  erhielt,  befanden  sie  sich  noch  in  demsel- 
ben Zustande,  in  welchem  sie  ihm  zugekommen  waren;  keine  Etikette  war 
von  seiner  Hand  beschrieben  oder  verbessert,  mit  alleiniger  Ausnahme  einer 
Anzahl  von  etwa  30  Arten,  die  Walpers  zu  einer  unbedeutenden  Publikation 
benutzt  hatte.  Diese  Publikation,  die  den  Titel:  Plantae  novae  etc.  (Dec.  1 — 3.)1) 
führt,  ist  indessen  als  werthlos  zu  bezeichnen,  weil  die  darin  als  neu  darge- 
stellten Pflanzen  mit  sehr  wenigen  Ausnahmen  verkannt  und  auf  ältere  Arten 
zu  reduciren  sind,  und  weil  sogar  Irrthümer  über  den  Ursprung  einiger  Formen 
sich  eingeschlichen  haben,  die  durch  Duchassaing s  eigene  Mittheilungen  wider- 
legt werden.  Dagegen  verdienen  diese  durch  Zeichnungen  erläuterten  Manu- 
Scripte  des  Sammlers,  wiewohl  seine  Hoffnung,  zahlreiche,  von  ihm  als  neu 
beschriebene  Gewächse  in  das  System  eingereiht  zu  sehen,  nur  in  sehr  wenigen 
Fällen  in  Erfüllung  geht,  sorgfältige  Berücksichtigung,  so  fern  sie  schätzbare 


1)  Linnaea,  23.  p. 737— 756.  (Dec.  1.2.);  Regensb.  fl.  1853.  S.  226-233.  (Dec.  3.). 


ÜBER  DIB  VEGETATION   DER  KARA16EN.  153 

Nachrichten  über  den  Wuchs,  die  Blütbenfarbe ,  den  Standort  und  die  auf 
Guadeloupe  gebräuchlichen,  französischen  Namen  der  gesammelten  Pflanzen 
enthalten:  Angaben,  die  ich  daher  vollständig  in  meine  Arbeit  aufgenommen 
und  als  vom  Sammler  herrührend  bezeichnet  h#be. 

Westindien  bietet  bei  der  Untersuchung   des  Formenumfangs  tropischer 
Gewächse   eigentümliche  Vortheile,    weil  von   diesem  Archipel  die  genauere 
Kenntniss  der  Vegetation  in  der  heissen  Zone  ausgegangen  ist.     In  den  klassi- 
schen  Landschaften,    wo  Sloane,   Pluiqier,  Jacquin   und   Swartz   ihre 
Forschungen  anstellten ,  ist  es  mit  grösserer  Sicherheit,  als  anderswo,  möglich, 
die  ursprünglich  unterschiedenen  Arten  wiederzuerkennen,   deren  Typus  durch 
zahlreiche,  ältere  Abbildungen  für  spätere  Zeiten  festgestellt  worden  ist.     Ob- 
gleich die  Sammlung  Duchassaing's  von  der  Insel  Guadeloupe  eine  bei  Weitem 
grössere  Anzahl  von  Arten  enthält,  als  irgend  eine  frühere  Untersuchung  der 
karaibischen  Inseln  ergeben  hatte,  so  ist  doch  das  allgemeine  Ergebniss  meiner 
Analysen,    dass   die  Mehrzahl   der  Formen    den   älteren  Schriftstellern  schon 
bekannt  war  und  dass  mit  wenigen  Ausnahmen  die   übrigen  als  Bestandtheile 
der  Vegetation  entweder  Jamaika  s   oder  des   benachbarten  Kontinents  bereits 
beschrieben  worden  sind.     Dieses  Ergebniss  ist  ein  ganz  anderes,  als  man  nach 
einigen  vereinzelten  Publikationen  aus  gleicher  Quelle  hätte  erwarten  können: 
so  haben  Steudel  in  seiner  Synopsis  der  Glumaceen  und  F6e  bei  der  Bear- 
beitung der  Farne  eine  Reihe  neuer  Arten  auf  Duchassaing  s  Pflanzen  begründet, 
die  ich,   auf  die  Variabilität  der  Charaktere   gestützt,    zu   bekannten,  ja  zum 
Theil   zu   den   gewöhnlichsten   Formen   der   westindischen   Flora    zurückführe. 
So  ist  meine  Arbeit  ein  neues  Dokument  für  den  oben  angedeuteten  Satz  ge- 
worden, dass  die  Fülle  des  tropischen  Lebens  in  denjenigen  Gebieten,  die  von 
jeher  leicht  zugänglich  waren,  durchaus  nicht  die  Mannigfaltigkeit  von  Formen 
verbirgt,  welche  dem  Sammler  neue  und  bedeutende  Entdeckungen  zu  machen 
verspricht.      Um   diesen  Satz   in   ein   klareres   Licht  zu   stellen   und    zugleich 
meiner  Mittheilung  eine  gewisse  praktische  Brauchbarkeit  für  die  Untersuchung 
karaibischer  Pflanzen  zu  verleihen,  habe  ich  einen  Katalog  der  sicher  bestimm- 
ten  Gewächse   entworfen,    welche  auf  den   zwischen   dem    löten  und   19ten 
Parallel   gelegenen   Inseln    (zwischen   Martinique   und   S.  Thomas)   beobachtet 
worden  sind,  und  mit  Ausschluss  zweifelhafter  Formen  auch  diejenigen  Arten 

Phys.  Classe.    VU.  U  • 


454  A.   GRISKBACH, 

aufgenommen,  die,  ohne  von  Duchassaing  gesammelt  zu  sein,  sich  bei  Jac- 
quin,  Swartz,  West,  Wickström,  v.  Schlechtendal  u.  A.  aus  diesem 
Gebiete  verzeichnet  finden. 

Unter  den  Karaiben  zeichnet  sich  Guadeloupe  durch  die  verhältnissmässig 
grösste  Mannigfaltigkeit  einheimischer  Pflanzenformen  aus.  v.  Buch  hat  zuerst1) 
auf  die  eigentümliche  geognostische  Struktur  der  karaibischen  Inseln  aufmerksam 
gemacht,  von  welcher  die  Vertheilung  der  Pflanzen  auf  diesem  Archipel  abzuleiten 
ist  Die  östliche,  in  das  atlantische  Heer  hinausgerückte  Reihe  von  Inseln, 
besteht  aus  Tertiärkalk  und  erhebt  sich  nur  wenig  über  den  Spiegel  der  See: 
dahin  gehören  von  den  botanisch  genauer  bekannten  Punkten  Barbadoes,  Grande- 
terre,  S.  Barthölemi.  Kegelberge  thätiger  Vulkane,  über  5000'  ansteigend, 
bezeichnen  die  dem  karaibischen  Heere  zugewendete  westliche  Reihe  von 
S.  Vincent,  Guadeloupe,  S.  Christoph  und  S.  Eustache.  Da  aber  Guadeloupe 
mit  Grandeterre  nur  eine  einzige,  von  einem  schmalen  Heeresarm  durch- 
schnittene Insel  bildet,  so  zeichnet  sie  sich  dadurch  aus,  dass  hier  beide  den 
Charakter  der  Vegetation  bestimmende  Bodenverhältnisse  vereinigt  sind.  Aber 
nicht  bloss  die  Natur  des  Bodens  kommt  hiebei  in  Betracht,  sondern  in  höherem 
Hasse  dessen  plastische  Gestaltung  und  deren  Einfluss  auf  das  Klima.  Die 
karaibischen  Inseln  stehen  den  grössten  Theil  des  Jahrs  hindurch  unter  der 
Herrschaft  des  Passatwindes  und  deshalb  leidet  die  äussere  Reihe,  die  sich 
nur  wenig  über  das  Heer  erhebt,  an  Dürre  und  Quellenarmuth.  Es  ist  bekannt, 
dass  waldige  Gebirgsküsten  auch  aus  dem  an  sich  regenlosen  Passat,  indem 
sie  ihn  abkühlen,  Niederschläge  hervorrufen.  Indessen  sind  die  vulkanischen 
Berge  der  inneren  Inselreihe,  wiewohl  reichlich  bewaldet,  doch  von  zu  ge- 
ringem Umfange,  ate  dass  solche  Wirkungen  hier,  wie  in  Brasilien,  bedeutend 
hervortreten  könnten.  Die  Regenzeit  ist  vielmehr  an  den  Stand  der  Sonne 
gebunden  und  folgt  der  heissesten  Jahrszeit,  wenn  der  Passatwind  aufhört. 
Aber  sowohl  in  der  Häufigkeit  als  in  der  Intensität  der  Niederschläge  scheinen 
grosse  Unterschiede  statt  zu  finden,  die,  ohne  Zweifel  von  der  physischen 
Gestaltung  der  Inseln  abhängig,  im  Einzelnen  noch  nicht  verfolgt  werden 
können,  da  es  an  umfassenden  Beobachtungen  fehlt.     Selbst  die  Erscheinung, 


1)  Physik.  Beschr.  der  canarischen  Inseln,   S.  400  —  405. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARA1BEN.  155 

dass  man  ausser  der  grossen  Regenzeit,  die  gewöhnlich  vom  August  bis  Ende 
November  anhält,  noch  eine  kürzere  Reihe  von  Niederschlägen  im  Mai  unter- 
scheidet1), eine  Thatsache,  welche  auf  den  Gang  der  Vegetation  mächtig  ein- 
wirken muss,  bleibt  bis  jetzt  unerklärt.  Doch  steht  es  fest,  dass  die  Nieder- 
schläge der  vulkanischen  Inseln  anderen  tropischen  Waldlandschaften  nicht  nach- 
stehen und  dass  hingegen  der  sorgfältige  Anbau  des  Rodens  auf  dem  Kalk- 
substrat nicht  selten  durch  Trockenheit  gefährdet  wird.  Guadeloupe,  eine  Insel, 
die  etwa  zweimal  so  gross  ist  2) ,  wie  Rügen ,  dieser  zwiefachen  Redingungen 
theilhaftig  und  mit  waldigen  Gebirgsregionen  ausgestattet,  wo  die  Regenmenge 
an  zwei  Beobachtungsstationen  um  das  Doppelte  sich  verschieden  zeigte,  be- 
sitzt demzufolge  eine  grössere  Reihe  von  einheimischen  Pflanzenformen,  als 
vielleicht  irgend  ein  gleich  grosses  insulares  Areal  im  atlantischen  Meer:  aber 
es  würde  irrig  sein,  dem  tropischen  Klima  zuzuschreiben,  was  nur  eine  Folge 
der  Mannigfaltigkeit  physischer  Einflüsse  ist,  die  hier  auf  engem  Räume  ver- 
einigt sind., 

Da  die  Reschreibungen  der  westindischen  Pflanzen  grossentheils  einer  Periode 
angehören,  die  der  Ausbildung  des  natürlichen  Systems  vorausging,  so  ist  auf 
diesem  Gebiete  noch  immer  eine  Reihe  von  Typen  übrig,  deren  Rau  unvoll- 
ständig untersucht  und  deren  Stellung  daher  zweifelhaft  ist.  In  der  neueren 
Zeit  hat  fast  nur  A.Richard  in  seiner  Flora  von  Cuba  sich  umfassend  mit 
Fragen  dieser  Art  beschäftigt:  allein  leider  unierbrach  der  Tod  seine  treffliche 
Arbeit,  die  nur  bis  zum  Schluss  der  polypetalischen  Familien  erschienen  ist. 
Unter  den  Ansichten  über  zweifelhafte  Formen,  zu  denen  mich  meine  Unter- 
suchungen geführt  haben,  glaube  ich  zwei  hervorheben  zu  dürfen,  die  sich 
auf  Gattungen  beziehen,  von  denen  die  eine  zwar  genau  bekannt,  aber  sehr 
verschieden  beurtheilt,   und  die  andere  völlig  räthselhaft  geblieben  ist. 

Canella.  Die  frühere  Verwechselung  von  Canella  alba  mit  Drimys  beruht 
meines  Erachtens  auf  einer  wirklichen  natürlichen  Verwandtschaft  beider  Ge- 
wächse, welche,  durch  eine  irrige  Analyse  des  Fruchtbaus  von  Canella  ver- 
dunkelt,  auch  nach  deren  Rerichtigung  nicht  erkannt  worden  ist.     Det  vor- 

1)  Edwards  history  of  the  British   West  Indies,    1.    p.  10.  —     Schomburgk 
history  of  Barbadoes  p.  28. 

2)  31  g.  Quadratmeilen  n.  M ei  nicke  Westindien  S.  583. 

U2 


156  A.  GRISBBACH, 

züglichste  Einwand,  den  man  gegen  diese  Ansicht  erheben  könnte,  besteht  in 
der  Mönadelphie  von  Canella,  allein  wir  finden  einen  ganz  ähnlichen  Bau  bei 
Myristica,  deren  nahe  Beziehung  zu  den- Anonaceen  jetzt  allgemein  anerkannt 
ist  und  die  sich  zu  dieser  Familie  ähnlich  verhält,  wie  Canella  zu  den  Magno- 
liaceen.  Wir  verdanken  Richard  (a.a.O.  S.  245)  eine  genaue  Darstellung 
von  dem  Bau  des  Ovariums  und  Samens,  welche  in  allen  wesentlichen  Be- 
ziehungen mit  Tasmania  übereinstimmt.  Der  dreigliedrige  Kelch,  welcher  bei 
der  Fruchtreife  abfällt,  die  hypogynische  Insertion,  das  einfache  Karpophyll 
mit  suturalen  Eiern,  die  Testa  crustacea,  der  kleine  Embryo  im  oberen  Ende 
des  Endosperms  und  die  Übereinstimmung  der  aromatischen  Sekrete  begründen 
die  Stellung  von  Canfella  im  natürlichen  System.  Die  in  der  Familie  der 
Magnoliaceen  aufgestellte  Gruppe  der  Illicieen,  zu  denen  diese  westindische 
Gattung  gehört,  wird  hiernach  einen  erweiterten  Charakter  erhalten  müssen, 
da  sie  zwar  in  den  fehlenden  Nebenblättern,  den  punktirten  Blättern,  den  an- 
gewachsenen Antheren  und  der  Reduktion  der  Fruchtglieder  mit  ihnen  über- 
einkommt, aber  sich  durch  die  Mönadelphie  und  die  geringere  Anzahl  der 
Staminen  unterscheidet.  —  Von  den  bisherigen  Ansichten  über  die  Stellung 
von  Canella  hat  A.Richard  bereits  einige  widerlegt,  indem  er  zeigte,  dass 
sowohl  die  Meinung  Jussieu's,  der  sie  zu  den  Meliaceen  stellte,  als  die 
spätere  von  v.  Martins,  der  sie  mit  Platonia  verglich,  auf  irrigen  Charakteren 
beruhte:  dasselbe  gilt  von  De  Candolle's  Versuch,  sie  den  Guttiferen  an- 
zuschliessen.  Allein  Richard's  eigene  Andeutung,  dass  die  Ternstroemiaceen 
eine  Beziehung  zu  Canella  darbieten,  welche  durch  Cochlospermum  vermittelt 
würde,  steht  ebenso  wenig  mit  dem  Bau  der  Organe  in  Einklang  und  die 
von  Miers  geäusserte  Vermuthung,  dass  Canella  mit  den  Humiriaceen  oder 
mit  ßen  Styraceen  verwandt  sei,  ist  gleichfalls  mit  den  oben  bezeichneten 
Charakteren  unvereinbar. 

Rochefortia.  Diese  von  Swartz  nach  zwei  Arten  aus  Jamaika  be- 
schriebene und  durch  eine  Abbildung  der  Blüthe  und  unreifen  Frucht  erläu- 
terte ^)  Gattung  scheint  in  keiner  späteren  westindischen  Sammlung  mit  Sicher- 
heit wiedererkannt  zu  sein.     Da,   wie  ich  zeigen   werde,  Swartz  sich   bei 


1)  Fl.  Ind.  occid.    1.  p.  551.  t.  11. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  157 

der  Analyse  des  Ovarium  wesentliche  Irrthümer  zu  Schulden  kommen  liess, 
so  ist  die  systematische  Stellung  von  Rochefortia  bisher  höcht  dunkel  geblieben: 
alle  Versuche,  sie  in  das  System  einzureihen,  sind  fehlgeschlagen.  Swartz 
selbst  äussert  sich  höchst  auffallend  über  diesen  Punkt,  indem  er  seine  Gattung 
als  ein  Mittelglied  zwischen  zwei  Gruppen  (den  Celastrineen  und  Hydrolea) 
bezeichnet,  welche  unter  einander  keine  Beziehung  darbieten:  mit  bestimmten 
Worten  zählt  er  sie  indessen  ungeachtet  der  sympetalischen  Corolle  zu  den 
Rhamneen,  von  denen  die  Celastrineen  damals  noch  nicht  abgesondert  waren, 
und  stellt  sie  neben  Schrebera  (A.  h.  Elaeodendron).  Gegen  diese  Ansicht 
erklärte  sich  De  Candolle1),  indem  er,  ohne  einen  Zweifel  zu  äussern, 
jedoch  wahrscheinlich  nur  nach  der  Beschreibung,  die  indessen  durch  zwei 
Griffel  abweicht,  Rochefortia  als  Solanee  bezeichnet,  eine  Meinung,  die  eben- 
falls von  keinem  späteren  Schriftsteller  getheilt  worden  ist.  Sprengel  führte 
Rochefortia  sodann  unter  den  Gentianeen  auf2),  an  welche  sie  nicht  einmal 
in  den  Vegetationsorganen  erinnert:  als  ich  früher  eine  Veranlassung  hatte, 
mich  hiegegen  zu  erklären3),  glaubte  ich  nach  den  unvollständigen  Materialien, 
welche  Willdenow's  Sammlung  darbot,  wegen  der  habituellen  Ähnlichkeit 
mit  Diospyros  eine  Verwandtschaft  mit  den  Ebenaceen  annehmen  zu  dürfen, 
eine  Vermuthung,  die  sich  indessen  ebenfalls  nicht  bestätigt  hat.  Später  stellte 
Choisy,  Swartz's  zweiter  Andeutung  folgend,  Rochefortia  als  zweifelhafte 
Gattung  an  das  Ende  der  Hydroleaceen4),  jedoch  ohne  die  Gattung  selbst 
gesehen  zu  haben.  Alle  diese  Versuche,  sie  zu  klassificiren ,  haben  so  wenig 
Anerkennung  gefunden,  dass  sowohl  Endlicher  als  Lindley  Rochefortia 
unter  die  Genera  dubiae  sedis  verweisen,  ohne  eine  eigene  Ansicht  aus* 
zusprechen. 

Es  war  kaum  anzunehmen,  dass  westindische  Sträucher  mit  einer  so 
ausgezeichneten  Blüthenbildung  von  späteren  Sammlern  gar  nicht  sollten  wie- 
deraufgefunden sein,  und  in  der  That  führt  Wik ström,  dem  die  Vergleichung 
von   Swartz's   Originalexemplaren   zu  Gebote  stand,  in  seiner  nach  Fors- 


1)  Prodr.  2.  p.42. 

2)  Anleit.  zur  Kenntniss  der  Gewächse.   2.   S.  4J7. 

3)  Observationes  de  Gentianearum  characleribus  p.  30. 

4)  Prodr.  10.  p.  181. 


158  A.  GRISEBAGH, 

slröms  Sendungen  bearbeiteten  Übersicht  der  Flora  von  Guadeloupe1) 
Rochefortia  ciineata  Sw.  ohne  weitere  Bemerkung  als  einheimisch  auf  dieser 
Insel  an.  Gestützt  auf  seine  Angabe,  vermuthete  ich  dieselbe  in  einer  Pflanze 
vor  mir  zu  haben,  welche  zu  der  von  G.  Don  aufgestellten  Gattung  Lutro- 
stylis  gehört  und  die  bis  auf  solche  Struktur  Verhältnisse,  in  denen  Swartz 
sich  möglicher  Weise  getäuscht  haben  konnte,  mit  der  Charakteristik  seiner 
Gattung  übereinstimmt  Der  wesentlichste  Unterschied  besteht  nämlich  darin, 
dass  Swartz  die  Frucht  zweifächerig  nennt  und  acht  angebliche  Eier  abbildet, 
während  meine  Pflanze  ein  vierfächeriges  Ovarium  mit  einzelnen  Eiern  in 
jedem  Fache  besitzt  und  in  einer  Beere  vier  Samen  ausbildet:  nun  lässt  aber 
die  Abbildung  des  Querschnitts  der  unreifen  Frucht  bei  Swartz  (Fig.  e)  auf 
vier  Scheidewände,  gerade  wie  sie  Lutrostylis  angehören,  schliessen  und,  da 
ihm  die  reife  Beere  nicht  zu  Gebote  stand,  so  ist  die  Darstellung  der  Eier 
(Fig.* f)  wohl  als  das  Ergebniss  einer  verunglückten  Analyse  anzusehen,  wenn 
man  erwägt,  wie  wenig  man  in  damaliger  Zeit  geübt  war,  den  Bau  kleiner 
Organe  zu  studiren.  Derselhe  Irrthum  ist  übrigens  auch  von  anderen  Botanikern 
gerade  bei  der  Gruppe  von  Ehretia2)  begangen,  indem  sie,  verführt  durch 
die  bei  Beurreria  vorkommenden  Intercellularräume  in  den  Steinkernen,  welche 
sie  für  Fruchtfächer  hielten,  obwohl  denselben  gar  keine  morphologische  Be- 
deutung zukommt,  dieser  Gattung  acht  Samen  zuschrieben,  wie  Alph.  De 
Candolle  bereits  bemerkt  hat. 

Wenn  ich  mich  daher  berechtigt  halte,  auf  Grund  der  von  Swartz  ge- 
gebenen, übrigens  vollkommen  mit  meinem  Gewächs  übereinstimmenden  Dar- 
stellung von  Rochefortia  cuneata,  Lutrostylis  spinosa  Dons,  die,  vonGoudot 
bei  Tocayma  in  Neu -Granada  gesammelt  und  aus  dem  Herbarium  Sir  W. 
Hookers  gefälligst  übersandt,  mit  meinen  Materialien  verglichen  werden 
konnte,  auf  Rochefortia  zurückzuführen:  so  haben  doch  meine  weiteren  Be- 
mühungen, einen  absoluten  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser  Annahme  durch 
Originalexemplare  zu  gewinnen,  keinen  entsprechenden  Erfolg  gehabt,  indem 
es  meinem  Freunde,   Dr.  Anderson   in  Stockholm,   bis  jetzt  nicht  gelungen 


1)  Kongl.  Vetensk.  Akad.  Handling.  J.  1827.  p.  62. 

2)  Vergl.  De  Candolle  Prodr.  9.   p.  504  u.  f. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  159 

ist,  Rochefortia  in  den  Sammlungen  Swartz's  aufzufinden.  Zwar  Übersandte 
er  mir  eine  in  Forsström's  Herbarium  mit  der  Bezeichnung  Rochefortia  ovata 
enthaltene  Pflanze,  die  er  mit  Recht  als  identisch  mit  Randia  aculeata  L.  er- 
klärte: allein  da  dieses  Gewächs  in  keiner  Beziehung  und  auch  nicht  in  sol- 
chen Charakteren,  bei  denen,  wie  bei  der  Alternanz  der  Blätter  und  dem 
»Germen  superum«,  ein  lrrthum  unmöglich  war,  mit  der  Charakteristik  bei 
Swarlz,  welche  sich  wahrscheinlich  auf  R.  cuneata  bezieht,  in  Übereinstim- 
mung befindet,  so  ist  anzunehmen,  dass  Forsström's  Name  auf  einer  blossen 
Verwechselung  der  Exemplare  beruht,  und  keinenfalls  kann  der  Umstand,  dass 
die  in  Schweden  aufgefundenen  Materialien,  welche  seiner  Zeit  von  Swartz 
und  Wik ström  benutzt  wurden,  mit  jenem  Namen  bezeichnet  sind,  berechtigen, 
Rochefortia  auf  eine  Rubiacee  zurückzuführen,  die  mit  der  in  den  Schriften 
Swartz's  dargestellten  Rochefortia  nichts  gemein  hat.  Auch  hat  Wikström 
in  seinen  beiden,  auf  Forsström's  Sammlungen  begründeten  Abhandlungen 
über  Guadeloupe  und  S.  Barthölemy  die  Rochefortia  ovata  Sw.  gar  nicht  erwähnt 
Eine  andere  Frage  ist,  ob  Rochefortia,  auf  den  Typus  der  Boragineen 
zurückgeführt,  als  selbständige  Gattung  neben  Ehretia  bestehen  kann.  De  Can- 
dolle  hat  zwar  Ehretia,  Beurreria,  Carmona  und  Lutrostylis  zu  einer  einzigen 
Gattung  vereinigt,  aber  selbst  seinen  Zweifel  darüber  zu  erkennen  gegeben  x). 
R.  Brown  hingegen  beschränkt  den  Charakter  von  Ehretia  auf  E.  linifolia  L 
und  die  mit  ihr  verwandten  nicht- amerikanischen  Arten  und  lässt  diese  allein 
als  ächte  Bestandteile  der  Gattung  gelten2).  Die  von  ihm  angeführten  Ab- 
weichungen der  übrigen  Ehretien,  welche  von  De  Ca nd olle  zur  Aufstellung 
seiner  Sectionen  und  von  G.  Don  zur  Unterscheidung  mehrerer  Gattungen 
hauptsächlich  benutzt  worden  sind,  genügen  für  sieb  allein  nicht,  diese  Frage 
zu  entscheiden.  Die  vom  jüngeren  Gärtner  behauptete  Verschiedenheit  im 
Bau  des  Samens,  welche  R.  Brown  selbst  der  Bestätigung  bedürftig  erklärte, 
existirt,  wie  Alph.  DeCandolle  bereits  andeutete3),  durchaus  nicht,  indem 
bei  zwei  von  mir  untersuchten  Arten  von  Beurreria  der  Embryo  dieselbe  Lage 


1)  Prodr.  9.  p.  502. 

2)  Prodr.  Fl.  nov.  Holl.  p.  497. 

3)  Prodr.  9.  p.  504. 


160  A.  GRISEBACH, 

bat  und  ebenso  eiweissfrei  ist,  wie  bei  Roehefortia.  Die  aus  der  Entwicke- 
lang des  Perikarpiuin  abgeleiteten  Unterscheidungen  der  Bacca  dipyrena,  ossi- 
culis  bilocularibus  (Ehretia),  des  Putamen  41oculare  (Carmona)  und  der  Bacca 
tetrapyrena  (Beurreria)  sind  zur  generischen  Charakteristik  in  diesem  Formen- 
kreise wenig  geeignet:  bei  Beurreria  und  Roehefortia  finde  ich  namentlich  die 
Bacca  tetrapyrena  auf  dieselbe  Weise  gebildet  und  kann  daher  die  oben  er- 
wähnte Bemerkung  A.  DeCandolle's  bestätigen.  Wichtiger,  als  Frucht  und 
Samen,  erscheinen  die  Verwachsungsgrade  des  Kelchs,  weil  diese  auch  in 
anderen  Abiheilungen  der  Boragineen  von  generischem  Gewicht  sind:  R Brown 
unterscheidet  hier  den  Calyx  öpartitus  (E.  aspera  Roxb.  etc.),  den  C.  profunde 
öfidus  (Ehretia)  und  den  C.  tubulosus  (Beurreria):  allein  da  ich  bei  einer  Art 
von  Beurreria  den  Kelch  zur  Blüthezeit  nur  an  der  Spitze  in  Zähne  getheilt 
sehe,  der  bei  der  Fruchtreife  zuweilen  oder  doch  wenigstens  in  einzelnen 
Suturen  bis  in  die  Nähe  der  Basis  sich  spaltet,  so  wird  hiedurch  die  Anwend- 
barkeit auch  dieses  Charakters  beschränkt.  Es  bleiben  demzufolge  zur  Unter- 
scheidung von  Beurreria  und  Roehefortia  unter  den  von  R.  Brown  ange- 
führten Kennzeichen  nur  die  Verwachsungsgrade  des  Griffels  übrig,  der  bei 
Ehretia  und  Beurreria  bis  zur  Mitte  gespalten,  bei  Roehefortia  und  nach  R. 
Brown  bei  Ehr.  buxifolia  (Carmona)  bis  zur  Basis  getheilt  ist.  Da  aber 
dieser  Charakter  durch  den  Habitus  von  Roehefortia  und  Beurreria  unterstützt 
wird,  so  forschte  ich  nach  weiteren  Strukturverschiedenheiten,  die  denn  auch 
in  der  Aestivation  des  Kelchs  enthalten  sind.  Hiernach  halte  ich  mich  berech- 
tigt, die  drei  alten  westindischen  Boragineen -Gattungen  nach  folgender  Cha- 
rakteristik  wiederherzustellen,  die  in  Bezug  auf  zwei  derselben  unten  ver- 
vollständigt  werden  wird. 

1.  Ehretia  R.  Br.  » Calyx  profunde  öfidus,  aestivatione  quincunciali. 
Stylus  semibifidus.     Bacca  dipyrena,  pyrenis  bilocularibus«. 

2.  Beurreria  Jacq.  Calyx  ödentatus  v.  öfidus  (raro  demum  profundius 
divisus),  lobis  aestivatione  valvaribus.     Stylus  semibifidus.     Bacca  tetrapyrena. 

3.  Roehefortia  Sw.  Calyx  öpartitus,  segmentis  aestivatione  et  sub 
anthesi  imbricativis.  Stylus  bipartitus,  stigmatibus  peltato-obtusis.  Bacca 
tetrapyrena. 

Über  die  Arten,   welche  zu  Roehefortia  gehören,  reichen  die  mir  vor- 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  161 

liegenden  Materialien  nicht  aus,  alle  Zweifel  zu  beseitigen.  Die  beiden  Ge- 
wächse aus  Neu -Granada  und  aus  Guadeloupe  weichen  nur  dadurch  von 
einander  ab,  dass  bei  der  ersteren  Blüthenstiele  und  Aussenseite  des  Kelchs 
mit  einer  dichten  Behaarung  überzogen ,  bei  der  letzteren  bis  auf  eine  ausge- 
zeichnete Wimperbekleidung  am  Rande  der  Kelchsegmente  fast  glatt  sind  und 
dass  die  Proportionen  des  Corollentubus  zu  deren  Lirabus  nicht  tibereinstimmen. 
Weitere  Beobachtungen  können  erst  darüber  entscheiden,  ob  diese  Unterschiede 
beständig  sind,  oder  ob  Ehretia  spinosa  Jacq.  nur  eine  Form  von  Rochefortia 
cuneata  Sw.  sei.  Denn  dass  der  auf  Guadeloupe  einheimische  Strauch  zu  der 
letzteren  Art  gehöre,  ist  nach  Wickström's  Angabe  und  nach  der  aus- 
führlichen Beschreibung  nicht  zu  bezweifeln,  indem  diese  nur  durch  Behaarung 
des  Kelchs  und  Ovariums  abweicht:  auch  gehen  die  kleinen  Dornen  neben  den 
Blattbüscheln  nicht  selten  verloren,  sind  aber  an  einigen  Exemplaren,  der 
Darstellung  bei  S  wartz  entsprechend,  vorhanden.  —  Die  zweite  von  Swartz 
aufgestellte  Art  (R.  ovata)  ist  wahrscheinlich  von  der  Gattung  auszuschJiessen: 
seine  Beschreibung  stimmt  in  einigen  Punkten,  namentlich  in  der  Behaarung 
und  Gestalt  der  Blätter,  so  wie  in  der  Inflorescenz ,  mit  einer  Pflanze  von 
Port  Henderson  auf  Jamaika  überein,  welche  ich  der  freundlichen  Mittheilung 
D.  Hooker's  verdanke,  die  aber  zu  Beurreria  gehört  und  Sloane's  Ab- 
bildung (t.  204.  f.  1.)  von  B.  tomentosa  G.  Don  entspricht,  von  welcher  Ehretia 
velutina  DC.  ohne  hinlänglichen  Grund  getrennt  ward. 


Plantae    caribaeae  l). 


Magnoliaceae. 

Tr.L  Magnolieae.     Carpophylla  indefinita,   spicata.     Folia  stipulata. 
1.     Talauma  Plumieri  Sw. —     Guad.  in  sylvis  montanis  (Duch.  in  not.); 
Mart.  (Sw.).  —     »Cachiman  de  montagne«. 


1)  Die  von  mir  untersuchten  Arten  sind  cursiv  gedruckt;   bei  den  Fundorten  sind 
die  Namen  der  Autoren,  deren  Pflanzen  ich  nicht  gesehen  habe,  eingeklammert. 
Phyt .  Clasic.   VII.  X 


162  A.   GRISEBACH, 

Tr.  IL  Illicieae.  Carpophylla  verticillata  detinita  v.  solitaria.  Folia  ex- 
stipulata. 

2.  Canella  alba  Murr.  —  Ic.  SI.  1. 191.  f.  2. —  Guad.  in  fruticetis  lito- 
ralibus:  Duch.;   S.  Croix  (Wst). —     »Canellier«. 

Anonaceae. 

3.  Anona  muricata  L.  —  Ic.  Jacq.  am  er.  pict.  1. 161.  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst),   S.  Barth.  (Wickstr.).  —     „Corrosol«. 

4.  A.  montana  Mac  f.  —  Guad.  in  sylvis  paludosis  reg.  inf.  pr.  Moule: 
Duch.  —  Praecedenti  affinis,  quacum  convenit  foliis  punctatis  et  in  axillis 
nervorum  subtus  barbigeris,  recedit  fructu  sphaerico,  aculeis  minutis;  praeterea 
differt  sec.  Duch.  »odore  gravi  foliorum,  sapore  fructus,  petalis  exterioribus 
virentibus,  interioribus  croceo-pallidis,  seminibus  ad  hilum  squaraoso-pilosis« 
(A.  sphaerica  Duch.  mscr.).  —     »Corrosol  marron«. 

5.  A.  palustris  L.  —  Guad.  in  paludosis  ipsisque  aquis:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.).  —  Fructus  pomi  minoris  magnitudine  laevis, 
basi  umbilicata  globosus.  —  Lignum  pro  subere  adhiberi,  observat  Macfad., 
confirmat  Duch.  —     „Mammin;   bois  flot". 

6.  A.  squamosa  L.  —     S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickst.). 

7.  A.  mucosa  Jacq.  —  Ic.  Tuss.  Ant.  1.  t.  28  (A.  obtusiflora).  —  Guad. 
ad  lorrentes  reg.  inf.:  Duch.;  Mart.  (Jacq.). 

8.  A.  reticulata  L.  —  Ic.  SI.  t.  226.  —  Guad.:  Duch.  —  »Cachiman 
coeur  ä  boeuf". 

9.  Oxandra  laurifolia  Rieh.  —  Syn.  Uvaria  excelsa  V.  —   S.  Croix  (Wst). 

Nymphaeaceae. 

10.  Nymphaea  ampla  DC.  ex  diagn.  Planch.  (Ann.  sc.  nat.  III.  19.  p.  44.  a. 
Plumieri). —     Guad.  in  aquis:  Duch.     »Rhizoraa  esculentum « :  Duch. 

Menispermeae. 

11.  Cocculus  pauper  Gr.,  caule  foliisque  utrinque  pilosiusculis,  bis  cor- 
dato  -  deltoideis  mucronulatis  obtusiusculis  7nerviis,  petiolo  apice  tumido,  race- 
mis  d  (^hexandris":  Duch.),  ^  simplieibus  axillaribus  solitariis  laxifloris,  pe- 
dunculo  petiolum  subaequante,  calyce  6phyllo,  serie  exteriori  rnulto  breviori, 
nunc  abortiva,  corolla  6petala,  carpidiis  3  distinetis,  stigmatibus  oblique  foliaeeis, 
staminodiis  6  pistillo  parum  superatis.  —     Habitu  similis  C,  carolino  DC.  et  ab 


ÜBER  DIE   VEGETATION  DER  KARAIBEN.  163 

eodem  parum  distinctus  calycis  serie  exteriori  plus  minus  abortiva  racemisque 
foemineis  simplicissimis  plurifloris.  —     Guad.:   Duch. 

12.  Cissampelos  PareiraL.  —  Guad.  in  reg.  mont.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schi). 

13.  C.  Caapeba  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Papaeeraceae. 

14.  Argemone  mexicana  L.  -  Guad.:  Duch.;  S,  Thom.  (Schlecht.),  S. 
Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

15.  Bocconia  frutescens  L.  —     Guad.  (Wickst.). 

Cruciferae. 

16.  Lepidium  virginicum  L.  —  Guad.  in  cultis,  S.  Eustache,  Nevis: 
Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.). 

17.  Sinapis  lanceolata  DC.  —     Guad.  in  cultis:  Duch. 

18.  Cakile  aequalis  DC  —  Syn.  C.  maritima  Rieh.  Fl.  cub.  —  Guad. 
in  arenosis  maritimis  pr.  Moule  m.  Jan.:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.). 

Capparideae. 

19.  Gynandropsis  pentaphylla  DC.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  1681.  —  Guad. 
in  ruderatis:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.). —     »Mouzoumbe  de  1'Inde«. 

20.  G.  speciosa  DC.  —  Ic.  Kth.  n.  gen.  t.  436.  —  Guad.  in  ruderalis:  Duch. 

21.  Cleome  pungens  W.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  1640.  —  Guad.:  Duch. 
Forma  est  foliis  glanduloso-pubescentibus. 

22.  Polanisia  viscosa  DC  —  Syn.  P.  arthroptera  Kotsch.  pl.  nub.!  — 
Guad.  in  aridis  pr.  Basseterre  reg.  inf.,  S.  Eustache,  Nevis,  Däsirade:  Duch. 

23.  Crataeva  gynandra  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

24.  Capparis  cynophallophora  L.  —     Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  145. 

cc.  Baducca  Wickstr. ,  foliis  oblongis,  plerisque  emarginato-obtusis,  glan- 
dulis  axillaribus  subtruncato-oblongis.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis,  S.  Thom.: 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.);  S.  Barth.  (Wickstr.  s.  C.  flexuosa  L.).  —  »Pois  Mabouge 
i.  e.  Gecko«. 

ß.  latifolia,  foliis  late  ovalibus  apice  emarginatis,  glandulis  axillaribus 
minutis,  partim  aborüvis.  —  S.  Thom.  in  aridis:  Duch.  —  »Arbuscula  sub- 
scandens,   sicut  a«:  Duch. 

/.  attenuata,  foliis  ellipticis  v.  elliptico-lanceolalis  versus  apicem  obtu- 
siusculum  saepius  atlenuatis,  glandulis  axillaribus  obovoideis.  -    -  Syn.  C.  Eu- 

X2 


164  A.  GRISEBACH. 


Jacq.  (amer.  pict.  L  146.)  buc  ex  loco  natali  referenda  videtur,  etsi 
glandulae  axillares  in  icone  nuilae ,  stamina  breviora ,  corolla  incarnata.  —  S. 
Eustache  in  fruticetis  maritimis,  S.  Thom.:  Ducb.  —  »Arborescens,  stricta, 
10 — 25pedalis«:  Duch. 

d.  saligna  W.,  foliis  lanceolato-linearibus  obtusis.  —  Syn.  C.  hastata  L 
ex  Jacq.  amer.  pici.  t.  151.  est  forma  foliis  basi  bastatis.  —  S.  Thom.:  Duch.; 
Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.:  C.  hastata);   S.  Croix  (Wst). 

25.  C.  verrucosa  Jacq.  —    Guad.  (Wickstr.);  S.  Barth.  (Wst.). 

26.  C.  frondosa  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t  153.  —  Syn.  C.  com- 
mutata  Spreng.  —  Guad.  in  sylvis  humidis  pr.  Grippont:  Duch.;  S.  Croix 
(Wsl.);  S.  Barth.  (Wickstr.).  —     „Frutex  10  — 25pedabs«:  Duch. 

27.  C.  amygdalma  Larru  —  Syn.  C.  Breynia  Jacq.  (non  DC.)  ex  Ic. 
Jacq.  amer.  pict.  t.  152. —  Guad.  in  fruticetis  maritimis  m.  Aug.:  Duch.;  S. 
Thom.  (Schlecht.). —  »Frutex  8 — 15pedalis;  petala  alba,  tempore  matutino 
odorem  Aurantii  spirantia«:  Duch.  —  Species  calyce  parvo,  1'"  longo,  corolla 
quadruplo  superato,  staminibus  16  exsertis  et  charactere  Breyniastri  recogno- 
scenda,  antiquitus  commutata:  nomen  enim  C.  Breyniae  L.,  speciei  mixtae, 
rejiciendum  est,  quoniam  Jacquini  planta,  » calyce  minimotf  insignita,  non 
eadem  est,  quam  De  Candolle,  Macfadyen,  Richard  aliique,  Loeflingianam  de- 
scriptionem  secuti,  ita  nominant,  ipse  vero  Linnaeus  utramque  et  Jacquinianam 
(C.  amygdalinam)  et  Loeflingianam  (C.  torulosam)  infauste  conjunxerat.  — 
»Arbre  ä  mdchetf. 

28.  C.  torulosa  Sw.  —  Syn.  C.  Breynia  DC.  Macfad.  etc.  —  Guad.  cum 
praecedente  eodemque  tempore:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S.Barth.  (Wickstr.: 
C.  siliquosa).  —  »Frutex  10 — 15pedalis;  petala  primo  alba,  detnum  rubescentia; 
stamina  variant  16,  24,  30,  32«:  Duch. —  Proxima  C.  jamaicemi  L.  (Jacq. 
amer.  pict.  t.  150.  Syn.  C.  emarginata  Rieb,  cub.)  et  vix  nisi  foliorum  forma 
non  emarginata  mucronulato-obtusiuscula  distinguenda:  ludit  vero  eximie  lon- 
gitudine  carpophori  2  —  %  unciali ,  siliqua  torulosa  et  continua ,  nunc  elongata 
nunc  abbreviata.  —     »Arbre  ä  möche«. 

29.  Morisonia  americana  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  144. —  Guad. 
in  collibus  calcareis  maritimis,  S.  Thom.,  D£sirade:  Duch. —    »Bois  de  falaise«. 

30*.     Moringa  ptenjgotperma  G.  —     Guad.:  Duch. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  165 

Flacourtianeae. 

31.  Bixa  Orellana  L.  —  Ic.  Tuss.  Ant.  2.  t.  20. —  Guad. :  Duch.  »Rocou.« 

32.  Thiodia  serrata  Endl.  —  Syn.  Lighlfootia  Sw.  —  Mo nts errat  reg. 
mont.:  Sw. 

33.  Trüix  crucis  Gr.  —  Syn.  Prockia  L.  —  Guad.  (Wickstr.);  S.  Croix 
(  Wst.).  —  Haec  species ,  quam  Richard  (Fl.  cub.  p.  2 1 6)  rite  cum  Trilice 
contulit,  verum  obstante  praesertim  insertione  baud  bene  transposuit  ad  Tiliaceas, 
ne  generice  quidem  a  Banara  Aubl.  separari  potest:  solum  enim  discrimen,  ex 
septis  ovarii  completis  aut  incomplelis  petitum,  fallax  est,  placentis  nostrae 
stirpis  more  Cucurbitacearum  leviter  cohaerentibus,  mox  solubilibus,  numero 
partium  variabili.  Nomen  vero  Prockiae  et  falso  charactere  apud  Linnaeum 
obscuratum  et  a  posteriori bus  ad  alia  genera  (Thiodiam,  Apbloiara)  translatum, 
non  admittendum  videtur,  quoniam  ipse  Linnaeus  speciem  originariam  Trilicis 
(auct.  Rieh,  cum  Prockia  crucis  identicara)  clariori  analysi  illustraverat 

Species  Trilicis  sect.  Banarae  tres  comparo,  quae  glandulis  petiolaribus  in- 
fundibularibus  conveniunt  nimisque  affines  ulteriori  observatione  egent:  1°.  T. 
gtüanensis  Gr.  Syn.  Banara  Aubl.  Xyladenius  glandulosus  Desv.  —  Steud.  in 
Hostm.  pl.  guian.  nr.  495!  —  2°.  T.  glandulosus  Domb.  (Lechl.  pl.  peruv. 
nr.  2434!).—  Syn.  Banara  mollis  Tul.  Kuhlia  mollis  Poepp.  Endl.  t.  285; 
3°.  T.  iraguensis  Gr.  Syn.  Banara  Tul.  in  Ann.  sc.  nat.  IIL  7.  p.  288.  Duch. 
pl.  panam. !:  numerus  placentarum  in  hoc  sec.  Duch.  variat  6 — 8,  equidem 
reperio  5  —  6,  in  T.  crucis  Rieh,  rede  statuit  3  —  5. 

Samydeae. 

34.  Samyda  serrulata  L.  —     S.  Thom.,   S.  Croix  (Schlecht.). 

35.  Casearia  ramiflora  Vahl.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

36.  C.  pareifolia  W.  —  lc.  Jacq.  amer.  pict.  1. 127.  —  Syn.  C.  parvi- 
flora  Jacq.  1.  c.  (p.  66)  et  Rieh.  cub.  (p.  370)  (non  Willd.).  —  Guad.  m.  JMt., 
S.  Thom.:  Duch.;  Mart.  in  sylv.  montanis  (Jacq.).  —  Nomen  Samydae  parvi- 
florae  Linnaeanum  ex  ic.  Sl.  dubinm,  forte  ad  C.  sylveslrem  spectat  Descri- 
ptioni  Rieh,  optimae  addantur  flores  saepius  ante  folia  explicati,  lusu  numerosi. 

37.  C.  sylvestris  Sw.  —  Rieh.  cub.  1.  c.  —  Syn.  C.  parviflora  W.  et 
Macf.  jamaic.  (1.  p.  216).  —  S.  Thom.:  Duch.  —  Folia  variant  integerrima 
et  subserrata. 


166  A.  GRISEBACH, 

38.  C.  serrulata  Sw.  —     Nevis:  Sw. 

Violaceae. 

39.  Viola  stipularis  Sw.  —  S.  Christoph,  reg.  sup.  (S w.) ;  Guad.  ( Wickstr.). 

40.  Jonidium  strictum  Vent.  —  Syn.  J.  suffruticosum  Wickstr.  guad. 
J.  linarifolium  Vahl.  —  Guad.  in  cult.  m.  Febr.:  Duch.  --  Lodit  caule  fru- 
tescente  ramoso  et  herbaceo  simplici  florenteque  ex  radice  annua.  —  »  Petit 
Ipecacuanha:   planta  enim  emetica  est. 

41.  Sauvagesia  erecta  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  77.  —  Guad.  in 
graminosis  reg.  inf.:  Duch.,  Mart.  (Jacq.). 

Polygaleae. 

42.  Polygala  paniculata  L.  —     Guad.   (Wickstr.). 

43.  Securidaca  erecta  L.  —     Mart.  (Jacq.). 

Euphorbiaceae. 
Tr.  i.     Euphorbieae. 

44.  Pedilanthus  tithymaloides  Poit.  Guad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Wst.); 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

45.  P.  padifolius  Poü.  —     Ic.  Dill,  ht  elth.  t.  288.  —     Guad. :  Duch. 

f     Folia  opposita,   stipulis  interpetiolaribus. 

46.  Euphorbia  maculata  L.  ß.  prostrata.  —  Syn.  E.  pfoslrata  Ait.  ex 
pl.  Ht.  Gotting.  et  observ.  Benth.  in  Niger  Fl.  de  Capsula  (p.  498).  E.  cha- 
maesyc£  Sw.  ex  loc.  nat  ap.  Wickstr.  E.  callitrichoides  Kth.  ex  pl.  Seem.  ap. 
Kl.  Fl.  panam.  E.  serpylloides  Kotsch.!  pl.  nub.  nr.  443!  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Croix  (Wst.).  —  Capsula  tricarinata,  angulis  pilosa,  rarius  etiam  latere 
pilosiuscula  (culta  etiam  glabra),  et  semina  pallide  badia,  tetragona,  transversim 
obsolete  rugosa,  omnino  conveniunt  cum  E.  maculata  L.  Americae  borealis 
aliisque  tropicis,  distinguunt  E.  chamaesycen  L.,  cui  semina  profunde  rugis 
exsculpta,  et  E.  cordifoliam  EIL,  cui  semina  laevia.  Quibus,  fallacia  ceterarum 
characterum  animad versa,  comprobari  yidetur,  E.  prostratam  ad  E.  maculatam 
L.  reducendam  esse,   cujus  formae,    quot  comparavi,    ita  disponi  possunt: 

a.  E.  maculata  L.  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  t.  186,  fasciculis  1 — 3radiatis7 
foliis  semicordato-oblongatis  altero  latere  argute  serrulatis,  involucro  apice 
rufescente.  —  Amer.  bor.  —  Syn.  E.  depressa  Moser  pL  pennsylv.!;  E.  thy- 
miTolia  Engelm.  pl.  St.  Louis,   nr.  1138! 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  167 

ß.  E.  prostrcUa  Aü.,  fasciculis  1  —  3 radialis,  foiiis  semicordato-ovalibus 
(rarius  oblongatis)  obsolete  serrulatis  deorsum  integerrimis ,  involucro  apice 
rufescente.  —     Amer.  trop.,   Afric.  trop. 

y.  E.  depressa  Torr.,  fasciculis  pluriradiatis,  foiiis  semicordato-oblongatis 
obsolete  serrulatis,  involucro  apice  albo.  —  Amer.  bor.:  Engelm.  Syn.  E. 
humistrata  Engelm.!:   forma  major ,   foiiis  semicordato-ovalibus. 

<?.  thymifolia  L.  Ic.  Burm.  Thes.  zeyl.  t.  105.  f.  3.,  fasciculis  plurifloris 
subsessilibus ,  foiiis  semicordato-oblongatis  argute  serrulatis,  involucro  apice 
albo.  —     Specim.  essequeb. :   Mey.  Fl.  esseq. ! 

47.  JE.  hypericifolia  L.  —  Ic.  Sl.  t.  126.  —  Syn.  E.  Preslii  Guss.  ex 
specim.  Todaro.  E.  glaucophylla  Poir.  —  Specim.  praeterea  exstant  ex  Amer. 
bor.:  Engelm.  nr.  1140!,  Frank!,  Texas:  Mathes  nr.  77!,  Panama:  Duch.;  ex 
Nubia:  Kotschy  nr.  154.  334!.  —  Guad.  in  cultis:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Capsula  tricarinata,  glabra;  semina 
tetragona,  transversim  paucifoveata  v.  obsolete  rugulosa,  quam  in  praecedente 
majora. 

48.  E.  Berteriana  Balb. —  Guad.:  Duch. —  Capsula  angulis  convexis 
velutino-pilosiuscula;  semina  E.  hypericifoliae ,  a  qua  praeterea  differt  ramis 
velutino-pubescentibus,  fasciculis  subsolitariis  terminalibus. 

49.  E.  piluüfera  L.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  478.  —  Guad. :  Duch. ;  S. 
Thom.  (Schlecht.).  —  Capsula  angulis  convexiusculis  strigoso  -  pilosiuscula ; 
semina  fere  E.  hypericifoliae,  at  minora. 

50.  E.  glabrata  Sw.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix 
(Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Capsula  tricarinata,  glabra  (v.  pilis  paucis 
evanidis  ad  angulos  adspersa);  semina  subglobosa,  obsoletissime  transversim 
foveata. 

51.  E.  articulata  Burm.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  281.  f.  2.  —  Syn.  E.  linearis 
Reiz,  ex  descriptione  distingui  nequit.  —  Guad.  in  maritimis:  Duch.;  E.  linearis 
S.  Croix  (Wst),  S.  Thom.  (Schlecht.).  —  „Frutex  10—  18pedalis«:  Duch., 
ramis  dichotomis.  Folia  internodia  subaequantia ,  diiTormia,  pleraque  oblongo- 
linearia  (1":4  —  5'"),  mucronulato-obtusa,  basi  obliqua  v.  semicordata  bre- 
vissime  petiolata,  nonnulla  (praecipue  in  ramulis  inferiora)  breviora,  ovalia  v. 
ovali-lanceolata,  omnia  integerrima,  subtus  mediano  prominulo  carinata,  avenia, 


166  A.  GRISEBACH, 

sÜpulis  interpetiolaribus  triangularibus  apice  breviter  fimbriatis.  Pedunculi  ex 
axillis  supremis  solitarii ,  petiolum  excedentes,  involucro  unico  quadrilobo  ter- 
minati.     Flores  polygami.     Capsula  laevis,   glabra,  nutans  (immalura). 

ff    Folia  opposita  v.  verticillata ,   exstipulata. 

52.  EL  cotinifolia  L.  —    S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). 

53.  E.  petiolaris  Sims.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  883.  —  Guad. :  Duch.  — 
»Frutex  5 — lOpedalis«:  Duch.,  foliis  in  apice  ramulorum  rosulatis.  Flores 
polygami.     Capsula  laevis  (imraatura). 

54.  Dalechampia  scandem  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  239.  Guad.: 
Duch.;  S.  Croix  (Wst). 

Tr.  2.    Hippomaneae. 

55.  Gymnanthes  lucidus  Sw.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis:  Duch.; 
S.  Croix  (Wst.).  »Bois  marbrö«. 

56.  Actinostemon  caribaeus  Gr.,  foliis  lanceolato-oblongis  acutis  basi 
producta  angusteque  subcordata  subtus  biglandulosis  integerrimis  gl a bris,  araentis 
masculis  axillaribus  tegmentis  pluribus  inclusis,  bracteis  eglandulosis ,  staminibus 
floris  medii  quaternis,  flore  foemineo  solitario  pedicellato.  —  Guad.  in  sylvis 
udis  reg.  inf.  pr.  Morne  ö  l'eau:  Duch. 

Affinis  Excoecariae  glandulosae  Sw.,  quae  sec.  descr.  altera  Actinoste- 
monis  species  videtur,  foliis  minoribus  »  subserratis  " ,  bracteis  <?  glanduliferis 
et  verosimiliter  staminum  numero  distinguenda :  ludit  eadem  sec.  Sw.  floris  9 
situ  nunc  distincto  nunc  ex  amento  <?  oriundo,  quo  charactere,  scilicet  flore 
foemineo  ramulum  proprium  terminante  tegmentorumque  numero  aucto  nostra 
species  parum  recedit  a  charactere  generis  Klotzschiani  rite  exposito. —  »Ar- 
buscula«  glaberrima,  ramis  virgatis  allernifoliis ,  internodiis  plerisque  pollicaribus. 
Folia  coriacea  (3-4":  ll/+  —  1%")»  concolora,  laevia,  penninervia,  venis 
«trinque  parum  prominulis  nervoque  marginal]  cincta,  versus  basin  2'"  fere 
latam  sensim  angustata,  petiolo  crassiusculo  2—  3'"  longo,  stipulis  minutis 
evanidis.  Flores  monoeci.  Amenta  mascula  brevia,  sessilia,  versus  anthesin 
4'"  longa  anlherisque  jam  explicatis-  penitus  tegmentis  convolutis  inclusa,  bis 
imbricatis  4  —  5,  imo  breviori  ovato  obtuso,  ceteris  oblongis  obtusiusculis, 
omnibus  fuscis,  aridis,  deciduis;  bracteae  remotiusculae ,  oblongo-lanceolatae, 
acuminatae,  subincisae,  stamina  excedentes,  internodiis  staminum  agmine  denso 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  169 

plane  occultatis,  3 — Sflorae,  flore  medio  longius  stipitato  primario,  stipite  apice 
cruciatim  tetrandro,  staminibus  nudis,  filamentis  brevissimis  glanduliformibus, 
antheris  ^subrotundis ,  loculis  incurvis  connectivo  crassiusculo  oblique  insertis 
rimaque  extrorsa  dehiscenübus,  floribus  lateralibus  3  — 4andris  conformibus, 
Flores  foeminei  solitarii,  ex  summis  axillis  oriundi  v.  subterminales,  stipitati. 
stipite  basi  articulato  et  squamarum  vestigiis  cincto,  ovario  nudo  globoso 
(2  —  3'"  diam/),  stylo  distincto  (l1/*'"  longo),  stigmatibus  teretibus  recurvis 
aequilongo.  Capsula  lignosa  (5'"  diam.),  loculis  monospermis,  seminibus 
globosis,  pendulis,  testa  pallide  fusca,  laevi,  rhaphe  integra,  caruncula  obsoleta* 

57.  Excoecaria  farinosa  Gr.,  foliis  ellipticis  integerrimis  acutiusculis 
glabris  supra  nitidis  subtus  farinoso-incanis,  amentis  masculis  petiolura  duplo 
superantibus  remotifloris  subaggregatis.  —     Guad.  in  sylvis  montanis:  Ducb. 

Proxima  videtur  Excoecariae  tinifoliae  S.  (Gymn.  ellipticaeej.),  quae  sec. 
descr.  differt  foliis  obtusissime  serratis  obtusis,  amentis  sesquipollicaribus,  flori- 
bus  triandris^  nee  de  foliis  eximie  discoloribus  auetor  siluisset.  Character 
amenti  masculi  omnino  conformis  est  nostrae  cum  E.  Agallocha  (Comp.  Bot. 
Mag.  t.  30 J,  tarnen  plantae  dioecae  flores  foeminei  adhuc  ignoti  sunt,  qui  in 
specie  Swartziana  racemosi  ab  Excoecaria  nondum  disjungi  possunt.  —  Rami 
patentes,  cum  foliis  ubique  glabri,  internodiis  plerisque  pollicaribus.  Folia 
alterna,.  coriacea  (2l/2  —  S":!1/^"),  apice  breviter  in  acumen  acutiusculum 
producta,  basi  subacuta,  areunervia,  venis  subtus  parum  prominulis,  supra 
saturate  viridia,  subtus  incana,  petiolo  2  —  3'"  longo,  stipulis  nullis.  Flores 
dioeci.  Amenta  mascula  axillaria,  gemina,  terna  v.  e  basi  tripartita,  6'"  fere 
longa,  filiformia,  basi  squamulis  imbricatis  cineta,  bracteis  minutis,  ovatis, 
obtusis,  1/2///  longis,  remotiusculis ,  1  — 1/2/"  distantibus,  trifloris,  flore  medio 
longius  stipitato,  stipite  bracteam  plus  duplo  superante  apice  in  calycem  minutum 
tetrandrum  excurrente,  filamentis  longe  exsertis  stipitique  floris  subaequilongis, 
antheris  globosis,  loculis  ovoideis  connectivo  tenui  apice  mucronulato  distinetis, 
floribus  lateralibus  brevioribus,  tardius  explicatis,  saepe  meiandris.  Planta 
foeminea  latet. 

58.  Hura  crepüans  L.  —  Ic.  Tuss.  Ant.  4.  t.  5.  —  Guad.  (Duch/) ;  S. 
Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.).     »Arbor  ampla«:  Duch. 

59.  Hippomane  Mancinella  L.  —     Ic.  Jacq.  amen  pict .  t.  238.  —     Guad. 
Phys.Classe.   VII.  Y 


170  A.  GR1SEBACH, 

in  reg.  maritima:   Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),    S.  Croix  (Wst.),   ^.  Barth. 
(Wickstr.).     »Mancenila«. 

60.  Sapium  aucuparium  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pick  t.  237.  —  Syn. 
S.  Hippomane  Mey.!  foliorum  forma  fallaci  distingui  nequit.  —     Guad.  Dach. 

Tr.  3.    Acalypheae. 

61.  Tragia  tolubilis  L.  —  Ic.  SI.  t.  82.  f.  1.  —  Guad.  in  sepibus  toto 
anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —    »Ortie  du  pays«. 

62.  Acalypha  corckorifolia  W.  —  Guad.  in  rupibus :  Duch. ;  S.  Thom. 
(Schlecht.).  —  Antheris  globosis  bilocularibus  a  charactere  generis  Jussiaeano 
differt,  sed  habitu  A.  alopecuroideae  Jacq.  et  A.  replanti  Sw.  simili  ab  bis 
separari  nequit.  Herba  suffruticosa,  semi  -  pedaüs ,  diffusa,  foliis  pellucido- 
punctatis.  Amenta  <?  superiora,  filiformia,  folium  excedentia,  calyce  sessili 
subebracteato  minuto  4partito,  staminibus  sensim  evolutis  8-pluribus  subdistinctis, 
antheris  pilosis,  rubicundis,  globosis,  bilocularibus;  accedunt  flores  masculi  pauci 
nonnunquam  in  apice  amenti  foeminei.  Amenta  ?  ovoidea,  petiolum  subaequantia, 
bracteis  florem  convolutivo-amplexantibus  8 — lOdentatis  circa  fructum  excre- 
scentibus  involucelliformibus ;  calyx  minutus,  tripbyllus;  ovarium  pilosum,  stylo- 
diis  3  multipartito  -  laciniatis. 

63.  Polyboea  corensis  KL  —  Ic.  Jacq.  anjer.  pict.  t.  241.  —  Syn. 
Acalypha  Jacq.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis:  Duch.;  Mart.  (Jacq.),  S. 
Barth.  (Wickstr.). 

64.  Ompbalea  diandra  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Trib.  4.     Crotoneae. 

65.  Jatropha  gossypifolia  L.  —  Ic.  Sl.  t.  84.  —  Guad.,  S.  Thom.: 
Duch.;   S.  Croix  (Wst.).  —     Variat  folio  triiobo.  —     »Mtädecinier«. 

66.  Curcas  medicus  Med.  —     S.  Croix  (Wst.). 

67*.     Manihot  Aipi  PU.  —     Guad.  (Duch.);   S.  Croix  (Wst.). 
68*.    Ricinus  communis  L.  —     Guad.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth. 
(Wickstr.). 

69*.     R.  inermis  Jacq.  —     Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  195.  —     Guad.:  Duch. 

70.  Adelia  Acidoton  L.  —     S.  Croix  (Wst.). 

71.  A.  Ricinella  L.  —     S.  Croix  (Wst.). 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARÄIBEN.  171 

72.  Croton  flocculosus  VaJd.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis,  Dfeirade: 
Duch.  —     »Copahu«. 

73.  C.  balsamifer  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  picL  t  242.  —  Guad.  cum 
praeced.,  D&irade,  Nevis:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  s-  Bartb-  (Wickstr.), 
Hart.  (Jacq.).     »Copahu  bfitard«. 

74.  C.  betulinus  VaU.  —     S.  Thom.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.). 

75.  C.  flavens  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

76.  Astraea  lobata  Kl.  —  Syn.  Croton  L.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.). 

77.  Barhamia  ovaUfolia  KL  —  Syn.  Croton  Wst  C.  diffusus  Rieh.  — 
Guad.  in  reg.  inf.,  S.  Thom.:  Duch.:  S.  Croix  (Wst). 

78.  Lasiogyne  phlomoides  Gr.  —  Syn.  Croton  Pers.  ex  descr.  Schlecht. 
(Linnaea,  6.  p.  762)  et  loc.  ej.  nat.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis,  S.  Thom., 
D&irade:  Duch.—  Frutex  humilis  1— öpedalis,  foliis  eglandulosis,  calycis  9 
segmentis  dorso  obiuse  carinatis  basique  intus  glanduloso-maculatis.  Flores 
Lasiogynes  characteri  satis  respondent;  semina  dorso  convexo  trigona,  paullo 
rugulosa,  caruneulata. 

79.  Caperonia  castaneifolia  St.  Hü.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  239.  f.  1.  — 
Guad.  in  eultis  m.  Aug.  (Duch.).     »Oriie«. 

80.  Ditaxis  glabetta  Gr.,  foliis  spathulatis  lanceolatisque  obtusiusculis 
superne  ineumbenti-serrulatis  glabris,  floribus  fasciculatis,  peduneulo  9  exserto.  — 
Guad.  in  fruticetis  maritimis  pr.  Moule:  Duch.  — »  D.  fasciculata  Juss.  sec. 
Schlecht.  (1.  c.)  recedit  foliis  parvis  ellipticis  (quae  in  nostra  1 1/2  pollicaria) 
iisque  integerrimis.  Structura  florum  etiam  nostrae  perfecta  convenit  cum  Ic. 
Juss.  Euph.  fig.  24.  —  Frutex  »3  —  4pedalis«:  Duch.,  foliis  membranaeeis. 
Capsula  pilosa,  seminibus  globosis  laevibus. 

81.  D.  fasciculata  Juss.  —    S.  Thom.  (Schlecht.). 

82.  Argythamnia  candicans  Sw.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht), 
S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Trib.  5.  Phyllantheae. 

83.  Phyllanthus  Niruri  L.  —  Guad.  in  culüs  reg.  inf.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),  S.  Croix  (Wst). 

84.  PA.  mimo$oide$  Sw.  —     Guad.  in  sylvis  ripariis  reg.  inf.:  Dach.; 

Y2 


172  A.   GRISEBACH, 

S.  Barth.  (Wickstr.);   Antigua,  Dominique  (Sw.).  —     »Frutex  4  —  ßpedalis«: 
Duch.     Folia  non  pinnata  esse,    demonstrant  flores  stipulaeque  persistentes. 

85.  XylopkyUa  falcata  Sw.  —■  Ic.  Comrael.  ht  t-  102.  —  Guad.  in  fru- 
ticetis  maritimis  aridis:  Duch. —     »Farine  ä  Zombi«. 

86.  Cicca  antillana  Juss.  (indescr.)  arborea,  foliis  alternis  obovato- 
lanceolatis  mucronulato-obtusiusculis  glabris  subtus  glaucis,  petiolo  raarginato, 
floribus  dioecis,  masculis  fasciculatis,  pedicellis  capillaribus ,  foemineis  subsoli- 
tariis,  ipsorum  caiyce  demum  reflexo,  segmentis  triangulari-acutiusculis ,  stylo- 
diis  5  bifidis,  stigmatibus  subincrSssatis.  —  Ic.  Juss.  Euph.  1. 13.  B. —  Guad. 
in  sylvis  udis  reg.  inf.  pr.  Grande  Terre:  Duch. —  »Arbor«:  Duch. —  C. 
mrinamensis  Miq.  (in  Panama  lecta)  differt  a  nostra  foliis  latioribus  (5" :  2"), 
calycis  ?  segmentis  fructui  adpressis,  stylodiorum  ranjis  brevioribus,  fructu 
sicco  rubescente  (qui  in  C.  antillana  niger).  —     »Millebranche«. 

87*.  C.  disticha  L  —  Ic.  Jacq.  ht.  schoenbr.  2.  t.  194.  —  Syn.  Phyl- 
lanthus  longifolius  Jacq.  —     Guad.:   Duch.;   S.  Barth.  (Wicksir.). 

88.  Baus  maritima  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  246.  —  Ins.  carib.  in 
litore  arenoso  (Jacq.). 

Trib.  6.   Buxeae. 

89.  Tricera  laevigata  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

90.  Drypetes  glamercUa  Or.  arborea,  foliis  ovato  -  lanceolatis  breviter 
acuminatis  remote  sermlatis  nitidis  coriaceis  utrinque  venosis,  floribus  <?  axillaribus 
glomeratis,  petiolo  glomerulum  minutum  multo  superante,  caiyce  4 — öparlito 
superne  pilosiusculo ,   antheris  5  glabris  subsessilibus  inclusis.  —    Guad.:  Duch. 

Generis  florc  foemineo  ignoto  adhuc  incerta  species  habitu  similis  est 
Drypeti  albae  Poit.  sec.  ic.  in  Mem.  Mus.  1.  t.  7,  ubi  stamina  exserta,  filamenta 
longiuscula,  flores  longius  pedicellati  discrimen  a  nostra  praebent.  —  »Arbor 
20  —  25pedalis« :  Duch.,  glaberrima,  cortice  fusco  v.  pallidiori,  lenlicellis  crebris, 
internodiis  ramulorum  8  — 10'"  longis.  Folia  Laurineis  textura  coraparanda, 
coriacea,  nitida,  subdistiche  alterna,  patnla,  4—  3":15/+ — l1/^"  diam.,  basi 
ovata  et  brevissime  in  petiolum  4  —  3"  longum  contracta,  apice  acumine  tenui 
obtilsiusculo  v.  obtuse  mucronulato  terminata,  serraturis  adpressis  obtusis  4 — 6'" 
distantibus,  versus  basin  apicemque  nullis,  arcunervia,  reticulo  venarum  integro 
utrinque,    at  parum  prominulo,   stipulis  minutis   triangularibus,    mox  obsoletis. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  173 


Flores  dioeci,  mascali  minuti  (y3  longi),  »virides«,  3U — 40  in  glomerulum 
axillarem  pisiformem  dispositi,  calycis  segmentis  latitadine  saepe  inaequalibus 
oblongo  -  rotundatis ,  incurvo  -  erectiusculis ,  imbricativis ,  utrinque  pilosiusculis, 
antheras  exacte  aequantibus;  staminibus  calyci  oppositis,  nunc  geminis  eidem 
segmento  latiori  geminatim  obversis,  ad  sinus  disci  insertis;  filaraentis  (m  flore 
jam  aperto)  subnullis;  antheris  globoso-oblongis ,  virentibus,  quadrilocularibus ; 
disco  centrali  pilosiusculo ,  intra  stamina  in  centro  prominulo  (rudimento  pistil- 
lari);  flores  foeminei  ignoti. 

Caryophylleae. 

91.  Arenaria  serpyllifolia  L. —     Guad.  (Wickstr.). 

92.  Drymaria  cor  data  W.  —  Ic.  Lam.ill.  1 51  (Holost  f.  2).  ~  Guad.:  Duch. 

93.  Mollugo  verticillata  L.  —     S.  Barti.  (Wickstr.). 

94.  M.  bellidifolia  Ser.  -     Guad.  (Wickstr.). 

95.  Talinum  crassifolium  W.  —  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  3.  t.  52.  —  Guad.: 
Duch.  (Patria  adhuc  ignota  erat). 

96.  T.  trianguläre  W.  ex  syn.  —    S.  Barth.  (Wickstr.). 

97.  T.  patens  W.  ex  syn.  —     Mart.  in  rupibus  maritimis  (Jacq.). 

98.  Portulaca  oleracea  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

99.  P.  haUmoides  L.  —  Ic.  Sl.  1. 129.  f.  3.  —  Guad.  in  aridis  maritimis, 
Dösirade:  Duch. 

100.  P.  pilosa  L.  —     Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.). 

101.  Cypselea  kumifusa  Turp.  —  Ic.  Ann.  Mus.  7.  1 12.  f.  5.  —  Guad. 
in  paludibus  exsiccatis:   Duch. 

102.  Sesuvium  portulacastrwn  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  142.  — 
Guad.  in  arenosis  maritimis:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.). —  Stigmata  3 — 4 
ait  Jacq.,  quod  confirmo:   5  Rieh,  in  Fl.  cub. 

103.  Triantbema  monogynum  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht). 

Phytolacceae. 

104.  Petiveria  alliacea  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 104  (var.  oetan- 
dra).  _  Guad.:  Duch.;  &  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst),  S.  Barth. 
(Wickstr.),  Mart  (Jacq.). 

105.  Ritina  oetandra  L.  —  Ic.  Jacq.  obs.  1.  t  2.  —  Guad.  in  Sepibus: 
Duch.;   S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.). 


174  A.  GRISEBACH, 

106.  R.  laevis  L.  —  Guad.  in  sepibus  toto  anno:  Dach.;  S.  Croix 
(Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

107.  R.  humilis  L.  —    S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

108.  Microtea  debilis  Sw.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Barth,  (id.),  S. 
Eustache  (Sw.). 

109.  Phytolacca  octandra  L.  —    Guad.  (Moq.),  S.  Croix  (Wst.). 
HO.    Ph.  icosandra  L.  —    Guad.  (Moq.). 

111.  Suriana  maritima  L.  —  Guad.  in  arenosis  maritimis,  S.  Thom.: 
Dach.,  S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

•    Chenopodeae. 

112.  Chenopodium  ambrosioides  L.  —  Guad.  in  ruderatis:  Dach.;  S. 
Barth.  (Wickstr.),  S.  Jean  (Schlecht).  —  »Semina  contra  lumbricos  dan- 
tur«:  Dach. 

113.  Ch.  antheltninticum  L.  —     Guad.:  Dach. 

1 1 4.  Obione  cristata  Moq.  —    S.  Jean ,  S.  Croix  (Schlecht.). 

Amarantaceae. 

115.  Celosia  nitida  Vahl.  —  Ic.  Sl.  t.  91.  f.  1.  —  Syn.  C.  paniculata  W. 
et  Schlecht.  (Linn.  6.  p.  758)  nee  L.  —  Guad.  pr.  Port  Louis :  Duch. ;  S.  Thom. 
(Schlecht.)-  —  Nomen  C.  paniculatae,  eiiam  a  Moquin  admissum,  omnino 
relegandum  est:  nam  C.  paniculata  L.  sp.  I  est  Iresine  celosioides  L.,  C.  pani- 
culata L.  sp.  II  et  ex  descr.  et  ex  ic.  cit.  Sl.  est  Chamissoa  aliissima  Kth.,  nee 
speciei  nosirae  eique  Willdenowianae  inflorescentia  dici  potest  panicula.  C. 
paniculata  Moq.  ex  synonymia  nostra  est,  etsi  flores  (forsan  sphalmate)  digyni 
dieuntur,   qui,  ut  bene  monuerat  Willd.,   stylodiis  tribus  instrueti  sunt. 

116*.     C.  argentea  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

117.  Chamissoa  altissima  Kth.  —     Mart.  (Moq.). 

118.  Amarantus  tristis  L.  —    Ic.  Willd.  Am.  t.  5.  f.  10.  —    Guad.:  Duch. 

119.  A.  spinosus  L.  —  Ic.  Willd.  Am.  t.  4.  f.  8.  —  Guad.:  Duch.;  S. 
Croix  (Wst.).     „Epinard  marron«. 

120.  Euxolus  caudatus  Moq.  —  Syn.  Amar.  oleraceus  Wst.  -  Guad. 
(Moq.),   S.  Croix  (Wst.). 

121.  Scleropus  amarantoides  Sehr.  —  Syn.  Amar.  crassipes  Schlecht.  — 
S.  Thom.  (Schi.). 


ÜBER  Dil!)  VEGETATION  DER  KAR  AI  BEN.  175 

122.  Achyranthes  aspera  L.  vor.  —  Syn.  A.  fraticosa  ß.  Moq.  sec.  Dach. 
A.  graminiflora  Wp.  mscr.  —  Guad.  in  campis  udis  pr.  Morne  ä  l'eau :  Ducb. ; 
S.  Croix  (Wst).  —  Non  recedit  ab  A.  aspera  L.  nisi  axi  spicae  villoso-lanato 
et  arista  paullo  longiori  limbum  fere  duplo  superante:  convenit  satis  cum  specim. 
nubic,  etiam  caule  suffruticoso,  ramis  exquisite  tetragonis,  foliis  acutis  subtus 
incano-pubescentibus.  Flores,  ut  in  affinibus,  brevissime  pedicellati,  bracteolis 
lateralibus  summo  pedicello  insertis. 

123.  Iresine  linearis  Moq.  —  Syn.  Acbyranthes  linearifolia  Sw.  — 
Guad.  (Wickstr.),   S.  Barth.  (Sw.). 

124.  /.  vermicularis  Moq.  —  Guad.  in  arenosis  maritimis  toto  anno: 
Ducb.;  S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

125.  /.  elatior  Rieh.  —    Ic.  Sl.   t.  90.  f.  2.  —    Mart.  n.  gen.  t  155. 
Syn.  I.  celosioides  Sw.  et   Wickstr.     I.  angustifolia  Euphr.  et  Wickstr.   sec. 
descr.  videtur  forma  angustifolia  (ß.  Moq.).  —  Guad. :  Ducb. ;  S.  Barth.  (Wickstr.). 

126.  I.  diffusa  Humb.  Bonpl.  —     Guad.  (Moq.). 

127.  Alternanlhera  caribaea  Moq.  —     Guad.  in  saxis  litoralibus:   Duch. 

128.  A.  sessilis  R.  Br.  —     Guad.  in  humidis:  Duch. 

129.  A.  Achyrantha  R.  Br.—     Guad.:  Duch.;    S.  Thom.  (Schlecht.). 

130.  A.  fieoidea  R.  S.  —  Syn.  Telanthera  Moq.  —  Guad.  (Wickstr.); 
S.  Croix  (Wst.:  an  haec  T.  Crucis  Moq.?). 

131.  A.  polygonoides  R.  Br.  —  Ic.  Sl.  t.  86.  f.  2.  —  Mart.  n.  gen.  1 150: 
forma  radicans.  —  Syn.  Telanthera  Moq.  —  Guad. :  Duch.  -  Forma  nostra 
radicat  et  A.  paronychioidi  St.  Hil.  aeque  pentandrae  staminodiis  ita  accedit,  ut 
vix  nisi  sepaiis  extus  inferne  pilosis  dignosci  possit,  unde  ge'nerice,  quod 
voluit  Moquin,  separari  nequit:  stigma  quoque  brevissime  quandoque  bilobum 
affinitatem  cum  ceteris  Alternantheris  probat.  Magis  igitur  placet  species  Telan- 
therae  Moq.  cupula  staminum  abbreviata  distinetas  iterum  cum  Alternanlhera 
jungi,   ceteras  staminibus  altius  in  tubum  erecium  connatis  in  genere  proprio 

servari. 

Nyctagineae. 

132.  Pisonia  aculeata  L.  —  Ic.  Sl.  1. 167.  f.  3. 4.  Plum.  ic.  L  227.  f.  1.  — 
Guad.  in  sepibus:  Duch;  S.  Barth.  (Wickstr.).  »Frutex  scandens,  trunco  saepe 
diam.  femoris  aeq.«:  Duch.     »Croc  ä  chien«. 


176  A.  GRISEBACH, 

133.  P.  nigricans  Sw. —  Guad.  io  collibus  calcareis:  Dach.—  Fructus 
striato  -  costatus ,  ovato-lanceolatus,  5'"  longus.  Ab  affini  P.  Pacurero  Kth. 
panamensi,  cui  fructus  elliptico-lanceolalus,  hanc  distinguo,  praeeunte  cl.  Choisy, 
foliis  coriaceis  lutescentibus.  —     »Mapou  noir«. 

134.  P.  subcordata  Sw.  (non  Chois.).  —  Guad.  in  collibus  calcareis: 
Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht.) ;  S.  Christ. ,  S.  Barth. ,  Antig.  (Sw.).  —  Species 
apud  Chois.  deesse  yidetur  atque  eximie  diifert  ab  horaonyno  ejus  (P.  per- 
nambucensi  Cas.):  trunco  arboreo,  foliis  longo  petiolatis  (petiolo  fere  pollicari) 
et  fructu  anguste  cylindrico,  4 — 6'"  longo,  vix  1'"  lato,  basi  acutiusculo, 
apice  obtusiusculo,  striato,  supra  medium  glandulis  cuboideis  brevibus  muri- 
cato.  —     »Mapou  gris«. 

135.  P.  obtusata  Sw.  —     S.  Barth,  in  rupibus  litoralibus  (Sw.). 

136.  Boerhama  erecta  L.  —  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  1.  t.  5.  6.  habitu  magis 
ad  B.  paniculatam  accedens.  —  Guad.  in  ruderatis  Basseterre  toto  anno :  Duch. ; 
S.  Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

137.  B.  paniculata  Rieh.  —  Syn.  B.  diffusa  Sw.  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

138.  B.  hirsuta  W.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Malvaceae. 

139.  Malvastrum  tricuspidatum  As.  Gr.  —  Ic.  Cav.  diss.  2.  t.  22.  f.  2.  — 
Syn.  Malva  americana  Cav.  et  Wickstr.  —  Guad.  in  ruderatis  toto  anno :  Duch. ; 
S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.). 

140.  M.  spicatum  Gr.  —  Ic.  Sl.  1. 138.  f.  1:  foliis  angustioribus  a  nostra 
forma  (ß.  DC.)  recedens.  —  Syn.  Malva  L.  DC.  —  Guad.  in  eultis:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

141.  Urena  sinuata  L.  —  Ic.  Cav.  diss.  6.  1 185.  f.  2.  —  Syn.  U.  para- 
doxa  Kth.  —     Guad.  in  pratis  humidis:  Duch. 

142.  U.  Swartzü  DC.  —     Guad.:  Duch. 

143.  U.  reticulata  L.  —  Ic.  Cav.  diss.  6.  t.  183.  f.  2.  —  Syn.  U.  ame- 
ricana Wickstr.  —  Guad.  in  pratis  udis  reg.  inf.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.), 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

144.  Paconia  spinifex  W.  —  Ic.  Cav.  diss.  3.  t.  45.  f.  2.  Jacq.  amer.  pict 
1. 185.       Guad.  in  sepibus  toto  anno:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S. Barth.  (Wickstr.). 


Ober  die  Vegetation  der  caraiben.  177 

145.  P.  racemosa  Sw.  —  Ic.  Sl.  t.  139.  f.  2:  inflorescentia.  —  Guad. 
in  inundatis ;  Duch.v 

146.  P.  corymbosa  Sw.  —  Guad.  in  margihe  sylvarnm  pr.  Grippont: 
Duch.  —  Folia  Swartzio  glabfriuscula ,  cum  petiolis  apud  anctöres  glabra  di- 
cuntur:  petioli  vero  ubique  pubescunt,  folla  supra  ad  nervös,  snbtus  sparsim 
pilis  adspersa  et  pallida. 

Hibiscus  sect.  1.  Trionetstrum  Gr.  Calyx  ventricoso-patens,  glandula  dor- 
sali  destitutus,  involucello  polyphyllo.  Garpidia  polysperma,  seminibus  lana 
gossypina  destitutis.  —  Ad  hanc  sectionem  a  Ketmia  calyce  subinflato,  a 
Triono  calyce  fruetifero  immutato  distinguendam  speclat  praeterea  H.  spaikulatuß 
Gark.,  quem  Duch.  in  Panama  juxta  fl.  Chagres  legit. 

147.  H.  sororius  L.  —  Guad.  in  aquosis  m.  Aug.,  Oct.:  Duch.  —  Spe- 
cies  minus  nota,   hac  diagnosi  illustranda: 

H.  frutescens,  pube  stellata  adpressa  puberulus,  foliis  profunde  cordato- 
triangnlaribus  obtusiusculis  crenulatis  petiolum  subduplo  superantibus,  sinu  basilari 
angusto,  peduneulis  axillaribus  snpra  medium  articulatis  unifloris  folinm  sub- 
aequantibus,  involucelli  foliolis  7  — 10  unguiculatis  apice  in  laminas  late  reni- 
formes  invicem  superineumbentes  repandas  abruptim  dilatatis  calyce  duplo 
superatis,  calycis  öfidi  ventricosi  lobis  ovatis  obtusiusculis  corollam  roseam 
dimidiam  adaequantibus ,  Capsula  calyce  inclusa  pilosa  globosa  obtusissima, 
seminibus  obsolete  muricaiis  glabris,  placenta  semielliptica.  —  Fabrica  invo- 
lucelli affiniiatem  perspicuam  cum  sect.  Furcaria  praebet. 

H.  sect.  2.  Furcaria.  Calyx  immutatus,  nervis  medianis  dorso  glanduliferis, 
involucello  polyphyllo,  foliolis  plerumque  apice  bifurcis.     Carpidia  Trionastri. 

148.  H.  bifurcatm  Cav.  —  Ic.  Cav.  diss.  3.  t.  51.  f.  1.  —  Syn.  H. 
bicornis  Mey. !     Fl.  esseq.  ■ —     Guad.  in  humidis  pr.  Grippont :  Duch. 

H.  sect.  3.  Ketmia  (mclusis  Abelmoschi  speciebus). 

149.  H.  tulipiflorus  Hook.  —  Ic.  Hook.  ic.  pl.  t  707.  708.  —  Folinm 
apud  Sl.  L  234.  f.  1.  delineatum  hujus  loci  esse  videtur.  —  Guad.  in  sylvis 
mont.  Soufriöre :  Duch. ;  Dominique  (Hook. :  sphalmate  apud  Walp.  rep.  5.  p.  92 
Abelmoscho  adscriptus). —  »Arbor  excelsa,  corolla  lutea":  Duch.  »Gombo 
des  grands  bois«. 

H.  sect.  3.  Sabdariffa. 
Phys.  Classe.  VII.  Z 


178  A.  GRI3EBACH, 

150*.    EL  Sabdariffa  L.  —     Guad.  (Duch.).  —    »Oseille  de  Guinle«. 
151*.     Abelmoschus  moschatus  Mch.  —     Ic.  Cav.  diss.  3.  t.  62.  f.  2.  — 
Guad.  (Duch.).  —     »Gombo  musquö«. 

152*.    A.  esculentus  W.  A.  —     Guad.  (Duch.).  —     »Gombo«. 

153.  Parüium  tiliaceum  A.  Jus*.  —  Ic.  SL  t  134.  f.  4.  Tass.  Ant.  2. 
f.  5.  —  Syn.  H.  arboreus  Desv.  ex  syn.,  loco  et  descr.:  involucellum  in  nostris 
speciminibus  variat  ad  medium  aut  infra  medium  lOfidum.  —  Guad.  in  paludosis 
tolo  anno  fl.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst),  Mart.  (Schlecht).  „Frutex  10—15- 
pedalis,  floribus  luteis«:  Duch.  —  »Mahaut«.  —  Liber  sec.  Hook,  fibram 
»Cuba-bast«  praebet 

Obs.  H.  abutiloides  W.  Syn.  H.  pernambucensis  Bert  Wickstr.  auctore 
Macfad.  P.  tiliacei  est  forma  foliis  glabratis,  in  ins.  Guad.  indigena,  nobis  non 
obvia:   at  in  loco  natali  conferatur  cum  Thespesia. 

154.  Thespesia  populnea  Corr. —  Ic  Cay.  diss.  3.  t.  56.  f.  1. —  Guad. 
in  arenosis  maritimis  »sponle«:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht). —  »Petala  initio 
lutea,  basi  purpureo - maculata ,  dein  luteo - purpurea « :  Duch. —    »Catappa«. 

155.  Malackra  capitata  L.  —  Walp.  Decad.  nr.  12!  —  Ic.  SL  t  137. 
f.  1.  Cav.  diss.  3.  t  33.  f.  1.—  Guad.  in  paludosis:  Duch.;  S. Thom. (Schlecht), 
S.  Croix  (Wst),  S.  Barth  (Wickstr.).  —  Variat  glomerulis  omnibus  subses- 
silibus.     »Corolla  lutea«:  Duch. 

156.  M.  radiata  L.  —  Walp.  Decad  nr.  13!  —  Ic.  Cav.  diss.  3  1 33. 
f.  3.  —  Guad. :  Duch.  —  Floribus  parvis  et  carpidiis  ab  initio  glabriusculis 
distincta,  quae  in  praecedente  juniora  tomentum  adpressum  praebent  tandein 
evanidum. 

157*.     Gossypium  religiosum  L.  —     Guad.  (Duch.). 

158.  Sida  jamaicensis  Cav.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

159.  S.  ciliaris  L.  —  Ic.  SL  t  137.  f.  2  Cav.  diss.  1.  t  3.  f.  9.  — 
Guad.,  S.  Thom.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Corolla  »basi  maculata", 
variat  »carnea«  (S.  Thom.)  et  flava«  (Guad.):  Duch.:  rubram  dixit Macf. ,  flavo- 
rubescentem  Cav. 

160.  &  carpinifotia  L.  —  Rieh.  FL  cub.  —  Ic.  Cav.  diss.  5.  1. 134.  f.  1. 
et  1.  t.  3.  f.  11.  —  Syn.  S.  rhombifolia  Mey. !  Fl.  esseq.:  forma  pedicellis  lon- 
gioribus   folium   dimidium   aequantibus.     S.  ruderata  Macf.   FI.  jam. :   forma  pu- 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  179 

bescens.  —  Guad.  ad  vias  toto  anno:  Ducb.;  S.  Thora  (Schlecht),  S.  Croix 
(Wst. :  S.  rhombif.) ,  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Suffraticosa ,  pulvinaribus  petio- 
laribus  destituta,  stipulis  petiolo  longioribus,  pedicellis  1-pluribus  folio  brevio- 
ribus,  carpidiis  10  glabriusculis  longe  biaristatis,  aristis  pilosiusculis. 

ß.  angustifolia ,  foliis  lineari-lanceolaiis,  pedicellis  elongatis  folium  subae- 
quantibus.  —  Syn.  S.  angustifolia  Wickstr.  ex  loco  nat  —  An  species  di- 
stincta?.,  ai  fructus  non  exstat,  comparanda  cum  S.  erecta  Macf.,  quae  petiolo 
longo  a  nostra  recedit.  —     Guad.:  Ducb. 

Obs.  Ex  synonymis  S.  carpinifoliae  excludo  stirpem  canariensem  a  Webb 
descriptam:  namque  Bourgeau  ex  Canariis  duas  alias  species  misit,  nominibus 
haud  idoneis  inscriptas,  quas  ita  emendo: 

1°.  S.  rhombifolia  L.  ex  syn.  Sl.  (Bourg.  nr.  1236)  carpidiis  glaberrimis 
longiuscule  uniaristatis.  Syn.  S.  maderensis  Lowe  sec.  diagn.  Hanc  Rieh,  in 
Fl.  cub.  optime  designavit,   ex  America  vero  non  vidi. 

2°.  S.  canariensis  W.  (Bourg.  nr.  1235)  carpidiis  glaberrimis  apice  bre- 
vissime  bidentatis.     Syn.  S.  rhombifolia  pl.  azor.  a  soc.  bot.  Lond.  distributae! 

161.  S.  hondensis  Kth.  —  Syn.  S.  rhombifolia  americana  Auct,  e.  g. 
Seem.  Fl.  panam.  ex  speeim.  panam.  —  S.  obtusa  Rieh.  cub.  —  S.  lanceolata 
Wickstr.  guad.  ex  loco  nat.  —  Guad.:  Duch.  —  Frutex,  pulvinaribus  petio- 
laribus  destitutus,  stipulis  angusiis  peliolum  aequantibus,  pedicellis  subsolitariis 
folium  subaequantibus;  carpidiis  10  glabris  biaristatis,  aristis  pilosiusculis.  Habitu 
eximie  accedit  ad  S.  rhombifoliam  L.:  sed  jam  Sloaneus  species  duas  bene 
distinxit,  alteram  carpidiis  bi-,  alteram  unirosiraiis ,  ita  ut,  si  longitudo  arista- 
rum  carpidii  variabilis  olim  forte  demonstretur,  S.  hondensis  potius  ad  S.  cana- 
riensem, quam  ad  S.  rhombifoliam ,  reducenda  sit. 

162.  S.  spinosa  L.  —  Ic.  Cav.  diss.  1.  Li  f.  9.  —  Syn.  S.  minor 
Macf. —  Guad.  in  campis  aridis,  S.  Eustache,  Nevis:  Duch.;  S.  Thora  (Schlecht.). 

163.  S.  arguta  Sw.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht.) ,  S.  Croix 
(Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

164.  S.  althaeifolia  Sw.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht),  S. 
Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

165.  S.  urens  L.  —   Ic.  Cav.  diss.  1.  t.  2.  f.  7.  —    Guad.  in  dumetis:  Duch. 

Z2 


180  A.  GM8BBACH, 

166.  Bastardia  viscosa  Kth.  —  Ic.  Sl.  1 139.  f.  4.  —  Syn.  Sida  L.  — 
S.  Thom.:  Doch.,  S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

167.  Abolilon  crispom  Don.  —  Syn.  Bastardia  Rieh.  cab.  —  Sida  L.  — 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

168.  A.  occidentaJe  Swt  —     Syn.  Sida  L  —    S.  Barth.  (Wickstr.). 

169.  A.  umbeüatum  Med.  —     Syn.  Sida  L.  — /    S.  Barth.  (Wickstr.). 

Bombaceae. 

170.  Packira  aquatica  Aubl  —  Ic.  Cav.  diss.  3.  L 72-  f.  1.  —  Guad.:  Dach. 

171.  P.  insignis  Sav.  —    Syn.  Cerolinea  Sw.  —    Mart  (Sw.). 

172.  Eriodendron  anfractuomm  DC.  —  Ic  Cav.  diss.  5.  t 151.  —  Jacq. 
amer.  pict.  1. 182.:  recedit  foliolis  serratis.  —  Guad.:  Dach«;  S.  Barth.  (Wickstr.). 
—    »Fromager«. 

173.  Ochroma  Lagopus  Sw.  —  Ic.  Cav.  diss.  5. 1. 153. —  Guad.:  Dach.  — 
»Bois  de  flot". 

174.  Myrodia  turbmata  Sw.  —  Guad.  in  sylvis  odis  pr.  Morne  ä  l'eau: 
Dach.;  S. Croix  (Wst),  S.  Christ,  Montserr.  (Sw.).—  »Odor  suavis«:  Duch.— 
»Bois  de  lance«. 

175.  Helictere*  jamaicenm  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t  226.  — 
S.  Thom.:  Dach. 

Tiliaceae. 

176.  Sloanea  Massoni  Sw.  —     S.  Christ.  (Sw.). 

177.  S.  sinemariensis  Anbl.  —    S.  Christ  (Sw.)- 

178.  Corchoru8  siliquosus  L.  —  Ic.  Sl.  t.94.  f.  1.—  Syn.  C.  guadatu- 
pensis  Spr.  et  Wickstr.  ex  locö  nat:  Capsula  apice  4dentata,  qualem  describunt 
Sprengel  et  Macfadyen,  etiatn  in  nostris,  nee  bidentata,  ut  Richard  in  Fl.  cob. -— 
Guad.  in  graminosis  siccis  ioto  anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht). 

179.  C.  hirtus  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  1 103.  f.  2.  —  Guad.:  Duch.  — 
A  praecedente  praeter  pubem  differt  Capsula  breviori  basi  ineurva  apice  acu- 
minata,  acumine  subuliformi  integro,   valvis  convexioribns  subtorulosis. 

180.  C.  hirsutus  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  1 157.  —  Syn.  C.  lanuginosus 
Macf.  —  S.  Thom.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst),  S.  Mart  in  rupestrrbus  mari- 
timis  (Jacq.). 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  181 

181.  Triumfetta  Lappula  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  U  255.  —  Guad.  ad 
vias  m.  Jan. :  Dach. ;  Marl.  (Jacq.).  —    » Cousin «.  •      s 

182.  T.  semitriloba  L.  —     Guad.  (Wickstr.);   S,  Thom.  (Schlecht.). 

183.  T.  rhomboidea  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer*  pict.  1. 134.  —  Guad.  ad 
vias  m.  Jan.:  Ducb.;   Marl.  (Jacq.). 

Byttneriaceae. 

184.  Sterculia  Ivira  Sw.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  (Ducb.  in  notis).  — 
»Bois  caca«. 

•     •  •  ,  . 

185.  Ayenia  pusilla  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

186.  Guazuma  ulmifolia  Lara.  —  Guad.:  Ducb«;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.). 

187.  G.  tomentosa  Kth.  —  Guad.,  S.  Thom.,  Saba:  Ducb.  —  »Bois 
d'orme«. 

188.  Melochia  pyramidata  L.  —   Ic.  Cav.  diss.  6.  1. 172.  f.  1.  —    Guad. 

«  « 

ad  vias  pr.  Moule:  Ducb.;   S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

189.  M.  tomentosa  L.  —  Ic.  Cav.  diss.  6.  t.  172.  f.  2.  —  S.  Thom.: 
Ducb.;  S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

190.  M.  nodißora  Sw.  —  Ic.  Sl.  1. 135.  f.  2.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

191.  M.  Berieriana  Balb.  —  Syn.  Visenia  Spr.  et  Riedleya  DC.  in 
Wickstr.  FI.  guad.  —    Guad.  (Berter.). 

192.  Waltheria  americana  L.  —  Ic.  Cav.  diss.  6.  1 170. 171;  —  Guad* 
in  fruticetis  siccis,  S.  Thom.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Forma  guadalu- 
pensis  est  W.  elliptica  Cav.  (t.  171.  f.  2),  thomasiana  W,  microphylla  Cav. 
(t.  170.  f.  2> 

193.  W.  glabra  Poir.  —     Guad.  in  fruticetis  siccis:  Ducb. 

Rhütnnßae* 

194.  Scutia  ferrea  Brongn.  —  Ic.  Vahl  symb.  3.  t.  58.  —  Syn.  Rhara- 
nus  Vahl. —  Zizyphus  emarginatus  Sw.  Fl*  p.  1954,,  a  DC.  et  recentioribus 
super visus,  ex  descr.  hujus  loci  est  —  Guad.,  S.  Thomas:  Duch«;  S.  Croix 
(Wst),  S.  Barth.  (Sw.). 

195.  Colubrina  ferruginea  Brongn.  —  Syn.  Rhamnus  Jacq.  amer.  pict. 
t.  74.     S.  Mart.  (Jacq.).  ,      4 


182  A.  GBISEBAf.H, 

196.  C.  recünata  Brongn.  —  Syn.  Rhamo.  eüipticas  Ait  —  Guad* 
(Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Sw.). 

197.  Gonama  domingentis  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  L  264.  f.  96.  — 
Syn.  6.  glabra  Jacq.  —  Guad.  in  sepibus  m.  Dec:  Doch.;  S.  Thom.  (Schlecht), 
S.  Croix  (Wst). 

Ampelideae. 

198.  Cissus  Steroides  L.  —  Ic.  Sl.  t  144.  f.  1.  —  Jacq.  amer.  pict 
t  20.  —  SyD.  C.  smilacina  Kth.  et  C.  ovala  Lara.  sec.  Rieb.  —  Gnad.  in 
sylvis  et  sepibns:  Doch.;  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst),  S.  Barth. 
( Wickstr.).  —  Folia  decoeta  medicamentum  mucilaginosum  praebent :  Doch.  — 
7,  Liane  molle«. 

199.  C.  aeida  L.  —  Syn.  C.  emarginella  Sw.  in  Wickstr.  Fl.  barthet 
(a  recentioribus  neglecta)  et  C.  obovata  Vabl  ex  descr.  vix  speeifice  distin- 
gnendae.  —     S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  CWst),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

200.  Vitis  caribaea  DC.  —  Syn.  V.  indica  Wickstr.  Fl.  harthel.  —  & 
Barth.  (Wickstr.). 

Aurantiaceae. 

201*.     Citrus  medica  L.  (ct.  Limonium  Rs.).  —     Gnad.:  Duch. 

202*.  C.  Aurantium  L.  (er.  vulgaris  Rs.)  —  Guad.:  Duch.  —  Formae 
fruetu  dulei  et  amaro  separari  non  possunt:  nam  ut  Macradyen  (Fl.  jam.  1. 
p.  130)  observaverat,  succi  dulcedinem  a  solo  calcareo  pendere,  ita  Duch.  in 
noüs  statuit  denuo,  se  e  seminibus  Aurantii  dulcis  arbores  fruetus  amaros  pro- 
ferentes  vidisse  idque  incolis  satis  notum  esse. 

203*.     C.  Limetta  Rs.  —     Guad.  Ducb.     An  hybridae  originis? 

204.  C.  spmosissima  Mey.  Fl.  esseq.!  petiolis  alatis,  fruetu  aeidissimo 
globoso  umbonato  laevi  parvo  (diam.  juglandis).  —  Syn.  C.  Lima  Macfad.  — 
CKron  des  halliers  Descourt.  sec.  Ducb.  —  Guad.  in  fruticetis  sponte:  Ducb. 
„Frutex  orgyalis  et  ultra,  ramis  spinosis,  foliis  obtusis,  fruetu  glandulis  con- 
cavis  notaio,  ubique  in  America  tropica  spontaneus«:  Ducb.  Convenit  cum 
C.  Aurantio  forma  fruetus,  petiolorum  alis  et  staminibus  parum  numerosis 
(18—24):  sed  americanam  speciei  (»Naranjat*  eubens.)  originem  jam  pro- 
nuntiavit.  Humb.  (Ess.  pol.  Cuba  1.  p.  68). 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  183 

205.  C.  decumana  L.  —  Guad.  Dach.  —  Characteribus  Dach,  addit: 
t>  folia  integerrima,  vix  pellucido -punctata«.     »Chaddofc;  Fruit  defendu«. 

Meliaceae. 

206.  Melia  sempervirens  Sw.  —  Ic.  Bot.  reg.  t.  643.  —  Guad.  in  sylvis : 
Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Numerus  foliolorum  non  differt  a  M.  Aze- 
darach  L«,  at  species  recognoscitur  foliolis  lanceolatis  v.  ovali-lanceolatis  (nee 
ovatis)  argutius  serratis  apice  attenuato-acuminatis  et  bacca  subglobosa  (nee 
ovoidea).     »Lilas  du  pays«. 

207.  Trichüia  hkta  L.  —  Ic-  Sl.  t  220.  f.  1.  —  Syn.  T.  Sloanei 
Macfad.  —    S.  Thom«:  Duch. 

208.  T.  spondioides  Sw.  —  Ic.  Sl.  t  210.  f.  2.  3.  —  Guad.  (Wickstr.), 
S.  Croix  (Wst.). 

209.  T.  dhersifolia  Jus*.  —  Guad.  in  m.  Soufrifere  alt.  1000m:  Duch.— 
Capsula  globosa,  puberula,  virens,  diam.  3 — 5"',  trivalvis  (lusu  quadrival- 
vis),  loculieida,  valvis  demum  reflexis  semine  maturo  subbre vioribus ;  semina 
(4)  —  3 — 1,  o vato-globosa ;  arillo  »pallido«,  sicco  fulvo-rubro,  semiinvoluta, 
testa  brunnea  nitida,  embryone  exalbuminoso ,  radicula  supera  brevi,  cotyle- 
donibus  crassis  semiglobosis  carnosis. 

210.  Guarea  trichilioides  L.  Jacq.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  147.  f.  2.  — 
Jacq.  amer.  pict.  t.  260.  f.  34.  (foliolum).  —  Syn.  G.  grandifolia.DC.  ex  synon. 
G.  Perrotetiana  Juss.  ex  descr.  et  loco  nat.  —  Guad.  in  sylvis  humid is:  Duch.; 
S.  Croix  (Wst.)-  —  Fructus  costatus,  velutinus,  subglobosus,  basi  breviter 
produetus,  in  racemo  brevi  tripollicari  erecto  -  patens ,  arillus  0.  Recedit  a 
nostra  G.  Swartm  DC.  (sec.  G.  trichilioiden  Mey.  Fl.  Esseq.!  cum  ic.  Sl.  1. 170. 
f.  2.  congruam)  paucioribus  venis  primariis:  species'  vero  Jussiaeanae  vix  ad- 
optari  possunt;  altera  ex  ins.  Guadeloupe  oriunda  (G.  Vahliana  Juss.)  ex  de- 
scriptione  a  formis  nostrae  non  differt  nisi  ovario  glabro,  quod  nostris  semper 
velutinum.  —     »Bois  pistolet«. 

Cedreleae. 

211.  Cedrela  odorata  L. —     Guad.  (Wickstr.). 

Clusiaceae. 

212.  Chma  rosea  L. —    Ic.  Tuss.  Ant.  3.  1. 15. —     S.  Thom.:   Duch. 


184  A.  GRI8EBACH, 

213.  CL  alba  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  L  230.  —  Guad.  in  sylvis : 
Dach.;  Mart.  (Jacq.).  —     »Flguier  maudit«. 

214.  Cl.  venosa  L.  —    Mart.  (Jacq.). 

215.  Mammea  americana  L. —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t.  248. —  Tuss. 
AnU  3.  t.  7.  —  Guad.  in  sylvis  pr.  Grande  terre:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Jean,  S.  Croix  (Wst.).  —  »Seinen  amarum  remedium  contra  acaros  ju- 
menti « :  Dach.  —     »  Abricotier « • 

216.  M.  humilis  Vahl.  —  Ic.  Vahl.  eclog.  t.  20:  quoad  analys.  floris. — 
Guad.  in  sylvis  reg.  inf.:  Duch..  »Frutex  succum  luteum  effundens;  fructus 
vix  carnosus,  1 — 3spermus,  maturus  luteus,  ovi  anserini  forma,  odore  pomi": 
Duch.  —  Vahlii  icon  praebet  baccam  globosam  apiculatam  M.  americanae,  a 
quibus  nostra  specimina  recedunt  bacca  sicca  ovoidea  disperma  fonnaque  de- 
scriptioni  Yahlianae  respondent.     » Abricotier  bord  de  mer,  Bois  l'onguent«. 

217.  M.  laleriflora  Gr.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  257.  —  Tuss.  Ant  3. 
t.  32.  —  Syn.  Rheedia  L.  —  Guad.  in  umbrosis:  Duch.  —  »Arbuscula; 
fructus  maturus  luteus,  magnitudine  ovi  anserini,  longe  pedicellatus,  dependens, 
stylo  persistente  notatus«:  Duch. —  Flore  masculo  calycem  diphyllum  exhi- 
bente,  nulluni  Rheediae  a  Mammea  discrimen  superest,  ut  jam  subodoraverat 
Vahl  (ecl.  3.  p.  41):  a  M.  humili  Vahl,  folii  venatione  congrua,  haec  distincta 
est  foliis  ovatis  (neque  ellipticis),  pedicellis  aggregatis  et  stylo  (sec.  Duch.) 
in  fructu  persistente.     »Abricotier  marron«. 

218.  CalaphyUum  Calaba  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  249.  —  Guad. 
in  sylvis  reg.  inf.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  Mart.  (Jacq.). 

Marcgraaeiaceae. 

219.  Marcgraavia  umbeüata  L.  —    S.  Barth.  (Wickstr.). 

220.  M.  spiciflora  Rieh.  —     Guad.  (Wickstr.). 

221.  Ruyschia  clusiifolia  Jacq.  —  Guad.  (Wickstr.),  Mart.  in  sylvis 
humidis   (Jacq.). 

Ternstroemiaceae. 

222.  Ternstroemia  meridionalis  L.  —  Syn.  T.  peduneularis  DC.  sec. 
Rieh.  cub.  —  T.  elliptica  Sw.  ex  descr.  et  loc.  nat.  Guad.  in  sylvis  pri- 
maevis  reg.  montan. :  Duch. ;  S.  Croix  (Wst.) ,  Montserr.  (S w.).    Folia  variant 


>* 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  185 

apice  obtusa  et  acuta;  planta  nostra  conformis  est  cum  speciminibus  panamen- 
sibus.     »Cacao  de  montagne«. 

223.  T.  obovaia  Rieh.  —  Ic.  Rieh.  FL  cub.  t.  25.  -  Guad.  in  fruti- 
cetis  pr.  Grande  terre:  Ducb.  —     »Cacao  de  la  Grande  terre«. 

224.  T.  salicifolia  DC.  —     Guad.  (Berter.), 

225.  Freziera  undulata  Sw.  —  Guad.,  S.  Christ.,  Monts.  (Sw.).  F. 
Perrotetianae  et  F.  elegantis  Tul.guadalupensium  differentia  ex  diagnosi  non  clara. 

226.  Marila  racemosa  Sw.  —    S.  Christ.,   Monts.  (Sw.). 

Malpighiaceae. 

227.  Malpighia  fucata  Ker.  —     Crabb-island:  Ducb. 

228.  M.  urens  L.  —  A.  Juss.!  Syn.  M.  martinicensis  Jacq.  —  Guad. 
in  fruticetis  maritimis:  Ducb.;  Marl.  (Jacq.),  S.  Croix  (WsL).  —  »Frutex, 
fruetu  rubente  globoso  laevi,  peduneulis  1 — 3floris«:  Duch.    »C6risier  capitaine". 

229.  M.  lanceolata  Gr.  ramis  glabratis,  foliis  lanceolatis  obtusiusculis 
integerrimis  supra  glabris  subtus  setiferis,  umbellis  3 — öfloris  stipitatis  folio 
superatis,  calyce  8glanduloso,  petalis  roseis  asymmetricis ,  drupa  laevi.  —  Syn. 
M.  urens  y.  A.  Juss.  ex  descr.  M.  urens  var.  angustifolia  Rieb.  FL  cub.  —  Guad. 
in  fruticetis  maritimis:  Ducb.  »Frutex  8 — lOpedalis,  corolla  rosea,  petalo 
uno  majori,  fruetu  rubro  non  sulcato«:  Duch.  —  Intermedia  inter  M.  urentem, 
a  qua  foliis  angustioribus  (3" — iy2":12"' — 4'"),  inflorescentia  petalisque 
inaequalibus,  et  M.  cubensem,  a  qua  fruetu  laevi  et  numero  glandularum  calycis 
differt.     » (frisier  capitaine". 

230.  M.  cubensis  Kth.  —  A.  Juss.  —  Guad.:  Duch.  »Frutex  8 — 15- 
pedalis,  corolla  rosea,  fruetu  ovoideo  rubente  costato«:  Ducb.  Species  paucis 
cognita,  in  Rieh.  Fl.  cub.  cum  M.  urente  diversissima  conjuneta,  nee  distin- 
guenda  a  M.  angustifolia  L.  nisi  forma  foliorum  et  corymbo  longiori,  hac 
diagnosi  illustratur: 

M.  ramis  glabris,  foliis  lanceolatis  obtusiusculis  integerrimis  supra  glabris 
subtus  pallidis  eximie  setiferis,  corymbis  suböfloris  stipitatis  folio  demum 
parum  superalis,  calyce  6glanduloso,  petalis  roseis,  drupa  ovoidea  9costata. — 
»C&isier  capilaine«. 

231.  Jf.  angustifolia  L.  —  S.  Mart.  in  fruticetis  rupestribus  (Jacq.), 
S.  Barth.  (Wiekstr.). 

Phys.Classe.   VII.  Aa 


ü 


186  A.  GRISEBACH, 

232.  M.  biflora  Poir.  —  Goad.:  Duch.  (specimina  desont,  sed  exstat 
icon  com  descr.).      »Frotex,   fracta  laevi  rotondato«:   Doch. 

233.  M.  glabra  L.  —  A.  Juss. !  —  Guad. :  Dach. ;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  »Frutex  10  -löpedalis,  floribus  roseis 
umbellatis,   umbellis  3 — 5floris  breviter  stipitatis,   fructu  rubro  laevi":  Doch. 

234.  M.  nüida  Mal.  —  Gr.  in  pl.  Oersted.!  —  Syn.  M.  glabra  ß.  acu- 
minala  Joss.  —  Goad.  in  froticetis  maritimis  (Doch.:  exstant  specim.  ejus 
panamens.);  S.  Croix  (Wst.).  —  Ab  affini  M.  lucida  Pav.  differt  calyce  6- 
(nee  10-)  glanduloso.     »C&isier«. 

235.  Byrsonima  crassifolia  Kth.  —  Syn.  Malpigh.  Monreila  Wickstr.  — 
Goad.  (Wickstr.). 

236.  B.  Berteroana  A.  Joss.  —  Syn.  B.  laevigata  Wickstr.  —  Goad. 
(Wickstr.), 

237.  B.  spicata  Rieh.  —  Syn.  Malp.  altissima  Wickstr.  M.  guadalupensis 
Spr.  —  Goad.  in  sylvis  (Doch.);  S.  Thora.  (Juss.);  Mart.  (Jacq.).  »Carboni 
praeparando  inservit«:   Duch.      »Bois  charbon«. 

238.  B.  lucida  DC.  —     A.  Juss.!  —     Goad.:  Duch.     »Olivier«. 

239.  Bunöhosia  nitida  DC.  —    Guad.  (Wickstr.). 

240.  B.  glanduUfera  Kth.  —  Gr.  in  pl.  OersU  —  Syn.  Malp.  platy- 
phylla  Sw.  in  Wickstr.  Fl.  guad.:  descriptio  ejus  recedit  stylo  tripartito.  — 
Guad.  (Juss.). 

241.  Brachypteris  borealis  A.  Juss.!  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus 
(Duch.). 

242.  Stigrnaphyllon  fulgens  A.  Juss.  —  Syn.  Banisteria  heterophylla 
Wickstr.  —     Guad.  (Wickstr.). 

243.  St.  puberum  A.  Juss.!  —  Guad.  in  sylvis  reg.  inf. :  Duch.  »Aille- 
i-ravot«. 

244.  St.  periplocifolium  A.  Juss.!  —  S.  Thom.:  Duch.  —  Foliis  subtus 
laevibus  differt  a  St.  Sagraeano  A.  Juss. 

245.  St.  emargtnatnm  A.  Juss.!  —  Ic.  Cav.  diss.  9.  t.  249.  —  Goad. 
in  fruticetis  maritimis:  Duch.  —  Praecedenti  affine,  recedit  foliis  subtus  puben- 
tibus:  fructu  non  differt  inque  idem  forsan  recurrit.  St.  diversifolium  A.  Juss., 
quod   in   herb.   Gotting.  exstat,    magis    removetur   foliis   basi   obtusiusculis   v. 


ÜliER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  187 

rotundatis   venisque  eorura    non   reticulatis.  —      »A  medicis   adhibetur  contra 
haemorrhagias  uteri":  Duch.     „ Liane  noire,  Liane  ä  ravet«. 

246.  Heteropteris  purpurea  Kth.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis :  Duch. ; 
S.  Thora.:  Oerst.,  S.  Croix  (Wst.). —  Endocarpii  processus  minutus. —  » Liane 
h  ravet«. 

247.  H.  coerulea  Kth.  -^    Guad.  (DC.);   S.  Croix:  Moll. 

248.  H.  laurifolia  A.  Juss.  —  Syn.  Banist.  et  Triopteris  pubiflora  Wickstr. 
et  T.  guadalupensis  ibi  (sphalmate  ter  idem  repetitum).  —  Guad.  (DC),  S. 
Croix  (Wst.). 

249.  H.  platyptera  DC.  —  A.  Juss. !  —  Syn.  Banist.  longifolia  Wickstr.  — 
Guad.  in  sylv.  reg.  mont.;  fructif.  m.  Mart.:  Duch. 

250.  Triopteris  jamaicensis  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Sapindaceae. 

25 1 .  Cardiospermum  microcarpum  Kth.  —  Syn.  C.  Halicacabum  Wickstr.  - 
Guad.  in  cultis:  Duch.;   S.  Barth.  (Wickst.).     »Persil  bätard". 

252.  C.  molle  Kth.  —  Syn.  C.  villosum  Macf.  ex  syn.  Sl.  —  C.  corycodes 
Kz.  —  Desirade:  Duch.  Nostrura  convenit  cum  specimin.  galopagensibus  (D. 
Hook.  Fl.  galop.). 

253.  Serjania  lucida  Schum.  sec.  Schlecht.  —  Syn.  S.  Ossana  DC,  sec. 
diagn.  in  Rieh.  Fl.  cub.  —  S.  equestris  Macf.  ex  descr. :  forma  foliis  majori- 
bus.  —     S.  Thom.:  Duch. 

254.  Pauliini a  curasmvica  L.  —  Ic.  Plum.  araer.  1. 111.  f.  1.  —  Jacq. 
obs.  t.  61.  f.  8.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.).  —  Capsula  ovoidea,  valvis 
dorso  alatis  (ala  1  —  2'"  lata).  P.  curassavica  Kth.  a  nostra  foliis  subtus 
pubescentibus  paullo  recedit. 

255.  P.  vespertilio  Sw.    -     S.  Christ.  (Sw.). 

256.  Schmidelia  occidentalis  Sw.  —     Guad.  in  sylvis:  Duch. 

257.  Sapindus  Saponaria  L.  —  Rieh.  Fl.  cub.  -  Syn.  S.  stenopterus 
DC.     S.  inaequalis  DC.  ex  loc.  nat.  —     Guad.:  Duch. 

258.  Cupania  americana  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  110.  —  Syn.  G. 
tomentosa  Wickstr.  ex  loc.  nat. —  Guad.  in  sylvis  udis:  Duch.  —  Ctojpeflr 
tosa  Sw.  ex  descr.  (Sw.  et  Rieh,  cub.)  differt  foliolis  argute  serratis  etfc>a^mio: 

Aa2 


188  A.  GRISEBACH, 

nostrae  sunt  foliola  repando-subintegerrima,  subtus  pilosiuscula ,  demum  praeter 
nervös  pubentes  glabrata;   Capsula  conformis,  tomentosa. 

259.     Hypelate  trifoliata  Sw.  —   Ic.  Deless.  ic.  3.  t.  39.  —   Däsirade:  Ducb. 

260*.  Melicocca  bijuga  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  109.  —  Guad.: 
Duch.;   S.  Thora.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.).     »Kenep«. 

261.  Dodonaea  jamaicensis  DC.  —  Macf.  Fl.  jam.  —  Ic,  Cav.  ic.  3. 
t.  327  fructu  convenit,  recedit  a  nostra  foliis  longioribus  elliptico-lanceolatis 
(nee  spathulato-Ianceolatis).  Syn.  D.  viscosa  Cav.  et  Wickstr.  —  Guad.  et 
D6sirade  in  litore:  Duch.  —  Nostra  recedit  a  D.  viscosa  L.  (ex  synon.  Si. 
adoptata  et  cum  speeim.  Mey.  Fl.  esseq. !  conforroi)  alis  fruetus  sursum  dilatatis 
multoque  latioribus,  loculi  diametrum  stperne  aequanfibus:  apud  Schlechtend. 
(Linnaea,  18.  p.  50  etc.)  nulla  melius  fruetus  indole  convenit,  quam  D.  Schie- 
deana Schi.,  verum  nostra  ipsa  ludit  lobulis  alae  terminalibus  rotundatis  v.  in 
angulum  produetis,  sinu  latiori  et  angustiori.  —    »Mangle  oseille,  Mangle  sur«. 

Erythroxyleae. 

262.  Erythroxylum  ovalum  Cav.  —  Ic.  Cav.  diss.  8.  t.  233.  —  Guad. 
in  collibus  calcareis:  Duch. —  Richard  hoc  in  Fl.  cub.  cum  E.  obtuso  DC. 
conjungit,  quod  ex  ipsa  ej.  descr.  a  nostro  differt  pedicellis  fructu  duplo  lon- 
gioribus (nee  fruetui  subaequilongis).  —     »Vinette«. 

263.  E.  squamatum  Vahl.  —  Ic.  Vahl  symb.  3.  t.  63.  —  Guad.  in  sylvis 
udis:  Duch.     »Vinette«. 

264.  E.  rufum  Cav.  —     Guad.  (Wickstr.). 

265.  E.  areolatum  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.),    S.  Croix  (Wst.)- 

Oxalideae. 

266.  Oxalis  Barrelieri  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  Ox.  t.  3.  —  Syn.  0.  bedy- 
saroides  Seem.!  Fl.  panara.  —  Guad.  in  reg.  inf.  pr.  Basse  terre:  Duch.; 
Domin.  (Seem.).  —  »Petala  dilute  purpurea,  omnia  basi  flava«:  Duch.  O. 
hedysaroides  Zucc.  floribus  flavis  a  nostra  differt. 

267.  0.  strieta  L.  —  Syn.  0.  Dillenii  Jacq.  —  Guad.  in  campis  udis 
pr.  Morne  ä  l'eau :  Duch.  —    Ludit  foliolis  obtusis  et  emarginatis. 

268.  0.  corniculatn  L,  —     Guad.  in  saxis  juxta  domos :  Duch. 

269.  0.  Martiana  Zucc.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  3938.  —  Syn.  0.  bipunetatft 
Grab.  Macf.  —     Guad.  in  m.  Soufrifere  alt.  600m :  Duch. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  189 

270*.     Aeerrkoa  Bitimbi  L.  —     Guad. :  Duch. 

Rutaceae. 
Tr.  /.    Zanthoxyleae. 

Zanthoxyhm  sect.  1.  Tobinia  ßesv.     Typus  floris  ternarius. 

271.  Z.  punctatum  WsL  —  Syn.  Z.  spinosum  Wickstr.  Fl.  guad.  ex 
loco  nat.  hujus  loci  esse  videtur.  — *•  Guad.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.). —  Genus 
speciebus  polymorphis  difficile  est,  qua  de  ratione  novas  diagnoses  addo: 

Z.  fruticosum,  foliis  pinnatis  6  —  ljugis  (vulgo  impari-bijugis),  foliolis 
coriaceis  opacis  glaberrimis  supra  lucidis  subtus  nigro-punctatis  adpresso-cre- 
natis  oblongo-lanceolatis  basi  in  petiolulum  attenuatis  (lusu  emarginato-obovatis), 
mediano  quandoque  aculeifero,  aculeis  elongatis,  cymis  9  brevibus  axillaribus, 
carpidiis  2  —  1  maturantibus. —  Truncus  variat  inermis  et  aculeis  etiam  in 
petiolo  obviis  setaceis  elongatis  instructus ;  flores  non  exstant.  —  Ex  affinium 
coborte  notis  certioribus  dislincta  sunt:  Z.  ternatum  Sw.  foliis  ternatis,  foliolis 
integerrimis ;  Z.  spinosum  Sw.  foliis  8 — lOjugis,  cymis  terminalibus;  Z.  acu- 
minatum  Sw.  et  Z.  emarginatum  Sw.  foliolis  integerrimis  cymisque  terminalibus: 
sed  in  tanta  speciminum  ejusdem  speciei  et  ex  eodem  quidem  trunco  varietate 
formae  accuratius  investigandae  nee  satis  distinetae  videntur  Z.  juglandifolium  W. 
(»inflorescentia  terminali;  capsulis  solitariis«:  Rieh.),  Z.  aculeatum  Macf.  (^foliis 
abrupte  pinnatis,  cyma  terminale)  et  Tobinia  coriacea  Desv.  (^floribus  sub- 
cymosis  terminalibus«). 

272.  Z.  ternatum  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.),   Domin.  (Sw.). 

273.  Z.  emarginatum  Sw. —     Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Z.  sect.  2.  Euzanthoxylum.    Typus  floris  quinarius  (raro  lusu  quaternarius). 

274.  Z.  clava  herculis  L.  (non  Lam.). —  Macfad.  —  Ic.  Sl.  t.  172.  — 
Lam.  ill.  t.  811.  f.  2.  —  Syn.  Z.  caribaeum  Lam.  Z.  lanceolatum  Poir.  ex 
descr.  in  Rieh.  Fl.  cub. —  Guad.  in  silvis  fl.  Jun.:  Duch.  »Bois  öpineux«. — 
Diagn. : 

Z.  arboreum,  foliis  pinnatis  5 — lOjugis,  foliolis  rigentibus  sparsim  pellucido- 
punetatis  supra  glabris  subtus  ad  nervös  puberulis  glabratisque  superne  adpresso- 
crenatis  oblongo-lanceolatis  lanceolatisque  (quandoque  ellipticis)  subsessilibus, 
crenaturis  minutis,  petiolo  coramuni  puberulo  aculeifero,  aculeis  brevibus  rectis, 
cymis  axillaribus  breviter  paniculatis,  carpidiis  maturantibus  5  inferne  cohaerentibus. 


190  A.   GRISEBACH, 

275.  Z.  aromaticum  W.  —  Ic.  Jacq.  eclog.  t.  70.  —  Syn.  Z.  elephan- 
tiasis  Macfad.:  ex  descr.  Status  inermis  hujus.  —  Guad.:  Duch.  »Epinier*. — 
Diagn. : 

Z.  arboreum,  aculeatum  (lusu  inerme),  foliis  impari-pinnatis  4 —  6jugis, 
foliolis  submembranaceis  pellucido-punctatis  glabris  undique  obtose  adpresso- 
serratis  elliptico-oblongis  ellipticisque  petiolulatis,  serraturis  late  truncatis,  petiolo 
communi  glabro,  aculeis  rameis  brevibus  rectis,  cyma  <f  terminali  breviter 
paniculata  verruculosa,   carpidiis  ^maturantibus  5  —  4  distinctis". 

276.  Z.  Sumach  Macfad.  —  Ic.  Sl.  t.  170.  f.  1  habitu  conformis,  sed 
flores  Sloaneo  ignoti  erant. —     Guad.:  Duch.    ^Noyer«.  —     Diagn.: 

Z.  arboreum,  inerme,  foliis  impari-pinnatis  4  —  6jugis,  foliolis  magnis 
coriaceis  sparsim  pellucido-punctatis  superne  crenatis  glabris  v.  subtus  ad 
medianum  puberulis  oblongis  brevissime  petiolulatis ,  crenaturis  minutis  v.  obso- 
letis,  petiolo  communi  tereti  axibusque  raeemorum  puberulis,  racemis  9  com- 
positis  terminalibus  axillaribusque  laxifloris,  carpidiis  maturantibus  2  1  distinctis 
pruinosis.  —  »Arbor  odore  aromatico,  floribus  albis  5 — 4meris«:  Duch.:  species 
habitu,  foliis  tandem  rubescentibus  1—  2pedalibus  insignis. 

Z.  sect.  3.  Fagara.     Typus  floris  quaternarius.    Petioli  communes  alati. 

277.  Z.  spinifex  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  fragm.  t.  6.  f.  2.  —  Brown  jaro. 
t.  5.  f.  1.  —  Syn.  Fagara  pterota  L.  (non  Auct.)  ex  foliolis  integerrimis  et 
cit.  Brown.  —  F.  microphylla  Desf.  ex  descr.  ap.  Hamilt.  (Prodr.  p.  21.).  — 
Guad.  in  fruticetis  aridis  liloralibus:  Duch.;  S.  Christ.  (Hamilt.).  »Bois  chan- 
delle  6pmeux«.     Diagn.: 

Z.  fruticosum,  divaricatum,  aculeis  stipularibus  rectis  brevibus,  foliis  impari- 
pinnatis  3 — ljugis,  foliolis  minutis  ovalibus  coriaceis  subtus  basi  bituberculatis 
opacis  integerrimis  apice  emarginatis  glabris  sessilibus,  petiolo  inermi,  inter- 
slitiis  ejus  folioliformi-alatis,  floribus  S  axillaribus  fasciculatis  v.  solitariis, 
carpidiis  maturantibus  2 — 1  minute  globosis  mucronatis  distinctis  brevissime 
stipitatis. 

Obs.  Duas  species  sub  Fagara  pterota  auctorum  latentes  jam  exposuit 
Hamilton:  Z.  pterotam  DC.  Macfad.  Rieh.  (Tagaram  lentiseifoliam  W.)  differre 
a  nostra  aculeis  uncinatis,  foliolis  crenatis  etuberculatis  majoribus,  praeterea 
sec.  Rieh,  carpidiis  longe  stipitatis  floribusque  racemosis.     Ex  legibus  nomen- 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARA1BEN.  191 

claturae  Z.  pterota  DC.  Z.  lentiscifolium ,  nostrum  Z.  pterota  dicendum  fuisset, 
ut  placere  videtur  Anderssonio  (Fl.  galop.),  sed  ne  confusio  augeatur,  nomina 
recepta  conservo. 

278.  Z.  pterota  DC.  —     S.  Christ.,   Nevis  (Hamilt.). 

279.  Z.  tragodes  DC.  —     Guad.  (Wickstr.),   Nevis  (Hamilt.). 
Trib.  2.     Simarubeae. 

280.  Picranena  excelsa  IAndl.  —  Ic.  Act.  holm.  1788.  t.  8.  —  Syn. 
Quassia  Sw. :  nostra  tantum  recedit  carpidio  roaturante  subsolitario.  —  Picrasma 
excelsam  Plancb.  —     Guad.  in  collibus  calcareis:  Duch.     »Peste  k  poux«. 

Obs.  Picranena  Lindl.,  a  monographo  Planchon  cum  Picrasmate  conjunctum, 
restituenda  est  ex  seminis  fabrica  diversa:  semen  globosum,  adscendens,  ex- 
albuminosum,  cotyledonibus  carnosis  conferruminato-incurvis  in  massam  indivisam 
cohaerentibus ,  radicula  parum  distincta  oblongata  infera  versus  latus  massae 
cotyledoneae  ascendente.  Itaque  medium  locum  tenet  inter  Picrasma  (»embryone 
recto  albumine  incluso«)  et  Picramniam,  semine  pendulo  et  inflorescentia 
diversam. 

281.  Picramnia  pentandra  Sw.  —     Montserr.  (Sw.),   Antig.  (Plancb.). 

282.  P.  micrantha  Tul.  —  Guad.  in  fruticetis  maritimis :  Duch.  —  Bacca 
nigra,  lucida,  ovoidea  (5'":  4'");  structura  cum  adumbratione  generis  apud 
Plancb.  consentanea.  ;;Bois  poisson«:  ^ex  odore  foliorum  recentium  trilorum 
piscino":  _Duch. 

Trib.  3.     Ochnaceae. 

283.  Gompbia  longifolia  DC.  —    Guad.  (DC). 
Trib.  4.     Zygophylleae. 

284.  Guajacum  ofßcinale  L.  —  Guad.  (Wickstr.),  D6sirade  (Duch.), 
S.  Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

285.  Tribulus  cistoides  L.  S.  Croix  (Wst). 

286.  T.  tnaxmus  L.  —  Ic.  81.  1 132.  f.  1.  —  Syn.  T.  decolor  Macf.  — 
Guad.  in  arenosis  maritimis  aridis  toto  anno,  S.  Thom.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.), 
S.  Barth.  (Wickstr:);  S.  Eustacbe,  Nevis:  Duch. 

Ericeae. 

287.  Andreusia  guadalupensis  Dun.  —  Syn.  Vaecinium  Wickstr.  —  Guad. 
in  reg.  mont.  (Wickstr.). 


192  A.  GRISEBACH, 

288.  Gaultheria  sphagnicola  Rieb.  —  Syo.  Epigaea  cordifolia  Sw.  — 
Guad.  in  cacumine  mont.  (DC). 

Cyrilleae. 

289.  Cyrilla  antillana  Mich.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

Cela&trineae. 

290.  Elaeodendron  attenuatum  Rieh. —  Guad.:  Duch. —  Folia  2 — 4- 
pollicaria,  baei  sensim  in  petiolum  attenuata  (quo  charactere  differt  ab  E.  xylo- 
carpo  DC.},  nunc  integerrima,  nunc  suberenulato-repanda.  »Drupa  lutea": 
Duch.,  nucleo  in  nostris  speeimin.  abortivo  durissimo.  —    »Bois  tan". 

291.  E.  xylocarpum  DC.  —  S.  Thom.  (Schlecht.:  E. rotundatum  DC.  ex 
diagn.  non  distinguendum). 

292.  Myginda  Uragoga  L.  —     S.  Marl.  (Jacq.). 

293.  M.  latifolia  Sw.  —  Guad.  in  collibus  calcareis  pr.  Grande  terre: 
Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Barth.  (Wickstr.).—     Stigmata  sessilia. 

ß.  stylifera,  stylo  brevi  distinclo  in  drupa  persistente.  Syn.  M.  pallens 
Sm.  sec.  Duch.:  sed  recedit  a  diagn.  Sm.  foliis  breviter  petiolatis,  omnino 
formae  a  congruis.  —     Guad.:  Duch.;  M.  pallens  Sm.  ex  Antig.  (Sm.). 

294.  Schaefferia  campleta  Sw.  —  Ic.  SL  t.  209.  f.  1.  —  Sw.  FL  t.  7. 
A.  —     Guad.  in  fruticetis  solo  calcar.:  Duch.;   S.  Croix  (Wst.). 

Hippocrateaceae. 

295.  Hippocratea  laevigata  Rieh.  —  Syn.  H.  discolor  Mey.  FI.  Esseq. !  — 
Guad.:  Duch.  —  Paniculae  axillares,  elongatae,  divaricato-dichotomae,  albido- 
v.  ferrugineo-pulverulentae  floresque  minuti  hanc  speciem  designant:  forma 
guadalupensis  a  speeim.  Meyer,  non  differt  nisi  foliis  concoloribus. 

296.  H.  scandens  Jacq.  —    Mart.  (Jacq.). 

Urticaceae. 
Tr.  i.     Urticeae.     (Weddelii  monographiae  prostant  fosc»  1.  2.). 

297.  Fleurya  cordala  Gaud.  —  Ic.  Jacq.  ht  schoaabr.  3.  1 388:  a  Wedd. 
exclusa ,  cum  nostra  planta  consentanea-  videtur*  • —  Syn.  Urtica  aestuans  Jacq. 
Miq.  (non  L.  sec.  Wedd.). —     Guad.:  Duch.;  S.  Thom.,  Mart.  (Wedd.). 

298.  Urera  caracasana  Gaud.  —  Ic.  Jacq.  ht  ßchoeabr.  3.  t.  386.  — 
Syn.  Urtica  Jacq.  -—     Guad.:  Duch.  —     Ab  U.  subpellata  JKq.  (FL  i>ras.  12. 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  133 

t.  66.),    a  Weddelio  ad   hatte  tadbeta,   nestca  forma  recedü  foliis  repandis, 
venis  utrinque  6  —  8  (nee  10r-~15).       .••:...  i 

299.  ü.  ;sinuata  Wfedd. .~- .  ISyn.  Urtica  elata  Stf.  ^  v  S;  Croi*  (Wst.). 

300.  U.  baeeifera  (Jana*  —  Ic.  Jacql  hl  Sühoeobtv.  3.  Et.  387.  ^-  Sylt 
Urtica  L.—    Guad::  Duch.;  S.  Thonu  (Wedd.).    >  :;i.\i    •■!'■!,/.; 

301.  Pilea  microphylla  Liebm. —  Ic.  Sl.  t.  93.  f.  2. —  Syn.  Urtica -SiWft-t 
Goad.:  Ducb.  —  Urt.  trianthemoides  Sw.  (sec.  Wedcb  tatjaaäe  var.^i  Guad., 
&  Barth/.  (Wickste).   ■■•■■■.:  ■>%•':       -  . !    U   :,\1^v.,l  *hl<^  «:  .■>..•>;";  ..1 

302.  P.  mmmülarifoUa  Wedd.  —  Ic  Act  holto.  1787  ti  L'  f.  2r  —  Syn, 
Urtica  Sw.  —  Guad.:  Ducki~-  FoKa  ßubrotonda,  petioLpA' subaeqvanlia^HriJ- 
fiervia,  supra  hasin  integerriroatai  profunde  Oorenata,  sttpra  rhaphidibus  ündi- 
quaquam  versis  instrueta,  subtus  glabriuscula.    Racemuli  axillares,  roonoeci  / 

303.  P.  hederacea  Wedd.—    Syn.  Urtica  l*atn.  ^.Guad.  (Wfctatr.). 

304.  P.  diffusa  Wed4.>~*  Syn*!  Urtica  Sw.  **-  .■•«  Guad.  in  hu  arid  ia  i  feg. 
inf.  m*  Febr.:  Ducb.  ■•»■        «  .*?;.         -         ,:    %  >;•  ü 

305.  P.  corymbosa  Bl  —  Syn.»  Urtica  Lami^—  Guad.  in  m.  Soufriörey. 
Duoh.  —  Proxima  (sec.  ic.  81.  t  93.  if.  1) F. Parietariae  BL  (Urticaei  L.), 
distineta  foliis  latioribus  majoribus  (ultra  3"  longis) f  t  eotymbis  longa  peduaeu-r 
latis,  floribus  monoecis  et  ex  synon.  P.  Rivoriae  Wedd.  etiam  foliis  basi  aequa- 
libus  rhaphidibusque  in  pagina  inferiori  nuHis.  -  Cteterum  cumaffinibus  s'ectionem 
generis  distinetam  (Parietoniam  Gr.)  formabit,  struetura  florura  enim  in  nostra 
fljtede  haeetfe:  d  Calyx  4fidus,  Uibö  iMmbranactt)  4foveolato,  foveolis  ßtamen 
reeipientibus,  öntherae  valvls  «femäm  dilataUMaembranaöete}  ?.  fcalyi  3partititf, 
•segraentö  aitero  majori;  ovariarü  ovöiden»,  Tugalosrai,  stigmate -sessili  penicilläfa. 

306.  ?.  Parietaria  BL  +    Syn.  P.  Rivoriae  Wedd.  ^    Martin;  (Wedd;]). 

307.  Boehmeria  caudata  Sw. —     Guad.  (WfcksÜv).  --.;.-*'■:,      ^»  «   • 
*•     308.     B. -ramiflora  Jftcq.-^;  Mart.-(Jacq.).  ^  i- 

r       fr.  2.    Ärtocarpeae.        '.•'•'>>*    .-.  •=  .  - .=  :./.».!  -iv;:;    ...;»»:; ;:        .//-'  -.il!v  •• 

309.     Brosimum  Alicastrura  ®w -^     €fAad.  (Wickstr.). 
*       310.     Cecropia  peltata  L.  —   r  IcJ  Sl.  t-88;  f;-&4j«&^^Gual*in  reg. 
mont.  m.  Soufrifere:  Duch. —     /?Bois  trompette«.  i.» .••:   • -\Ws.\-\uvv 

-      311.     C.  palmala  W.  ^  Miq.  in  Fi.  bras.  12;  pjl4&— .  Giftd.  cttt  prae- 

CBd^ttte ;    I>UCh,    .-.'**  ti)       ■•     •  n.n>l     .-n\    -..fiifii    ';•;'    /a^  :     .'    .bnHi>. 

Phys.  Classe.  Vll.  B*> 


^  :  '  i  «» 


194  A.  GKIBBK£GH7    il .s     < 

9i2m.  At-toearjms  mcmä  JL-^'   GtiadJ:  Doch.  . .    V.    i. 

313.  Dorstenia  cordifolia  Lara.  —  .  Goad.  fWickstr.).  :.    / 

314.  Urostigma  UmrifoUum  Miq.  —  Ic.  Sl.  U  223.  —  Syn.  Ficus  Jenti- 
ginosa  Vahl  ex  descr.  ap.  Liebm.  (L  c.  p.  323)  plane  hujus  loci  videtur,  recedit 
tantum  receptaculis  geminis  (nee  solitariis).  —  Guad.:  Dach.  —  »Figuiet 
maudR". 

315.  U.  trigonatum  Miq. —  Ic.  PlnoL  amer.  1. 132.  f.  1.  —  Syn.  Ficqs 
L.  —  Guad.  in  sylvis  humidis:  Doch.  —  Foliis  longe  petiolatis  praecedenti 
affine  iisque  basi  sübcordata  rotundatis  apice  rotuodeto-obtusissinris  accedit  ad 
U.  Gardnerianum  MifJ  —  »Arbor  copiosä  lade  alba  scatens,  quae  igne  cen- 
solidata  aueupariia  ad  aves  captandos  in  servil« :  Dach.  *Figuier  &  grandes 
fetrilles«. 

316.  U.  pertwum  Miq.  —  Ic.  Plura.  amer.  t  132.  f.  2.  —  Syn.  Ficus 
americäna  Sw. —  Guad.  in  sylvis:  Dach. —  Roceptacnlum  parvum,  globosum, 
apice  ineurvo-retusum,  flavescens,  subsessile  aut  breviter  pedicellatum,  bracteolis 
erectiusculis,  demum  deeiduis.  Note  reeeptaculi  clausi,  qua  Ficum  pertusam  L. 
distinguere  voluit  Sw;,  a  statu  evolutionis  p endet;  pedicelli  longitudo  variabiUß 
est. —     »Figuier  h  petHes  feuilles«.  .:.'■  ; 

.  ;   Tr.  3.    Moreae.     . 

317.  Maclura  tinetoria  Don. —     Syn.  Morus  L.  —     S.  Croix  (WsQ.  ;r 
Tr.4.    Celtideae. 

318.  Celtis  ocnleata  Sw.  .-*-  Ic.  Cav.  ic.  t.  294.  —  Syn,  BhaHums 
iguaneus  L.  (Wickstr.). —  Guad.  in  fruticeUs  litoralibus:  Duck;  S^Barft. 
(Wlckstr.).  —  Species  a  charactere  generis  Planehoniano  recedit  antheris  basi 
in  sacculum  non  produetis,  quo  subgenus  Mertensia  praeter  Stigmata  forsan 
distingui  potest. —     »Gratte~jambe*. 

3 1 9.  Sponia  micrantha  Desv.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  206.  f.  1 .  —  Syn. 
Celtis  Sw. —  Guad.  in  sylvis  bumidis  pr.Morne  ä  l'eau:  Duch.;  S.  Jean  (Schlecht.). 

Polygoneae. 

320.  Polygonum  acre  Kth.  —  Ic  Fl.  bras.  13.  t.  5.  —  Guad.  in  aquis 
tranquillis:  Duch. 

321.  P.  glabrum  W.  var.  caribaeum  Gr.  racemis  laxifloris,  acheniis  tri- 
gonis.  —     Guad.  in  aquis  tranquillis  pr.  Moule:  Duch.     Caulis  j?3  — öpedalis" : 


ÜBER  DIB  VEGETATION  9E&  KARAIBEN.  i95 

Duch.,  cum  foliis  glaberrimus/  ocbteis ;  etongatis  ilüdia^  bracteis  obtusiösculo- 
süblnmcatis,  florihUs  ro5eu5,  iachwrio  lädvi  nitido:  äccedit  ad  P.  imberbe  SoL, 
sed :  proptep  .fecböhia  trigtin ?  (m  *.  \ l  sec.  Meisn-  lusü  obvia> ;  f  drsan . .-  cKstiticta 

322.  Caccehbä  twißra  Jsaöq.  — ..  Ic.,  Jaoqv  amer.  pict.  t.  110.  ~  SJ. 
t.  220.  f.  3  —  5.  :-r  ;l  Gn*d*;iift  arfenosfef  .JttariUniia,.,  8.  ilbcH»^  Nevis,  D6sii\: 
Doch.;  S.-Croix.i(W<^,..a.Bartb/(  Dach.  — 

*Raisinier,   raisin  bord  de  mer«.  -  x  ...  -;  , .     . 

(  ;I3?3l.  C.  pubesp&toi-L.  rfe .  Iq.  Bot;  j»ag.  t;,:3i6&i(^  ^GfUid.  iD  sylvis 
montania:  Duch*;:  IfairL  (0*cq;);.  :  ^Raisinier .  de  montegüe*.    .        , 

-     324     C.  rugÄSa  Dej*,—     (5.  Thom..CMsB,>  , 

325.  C.  bartmdeusis  Jacq.  ^  :  Sj  TJwm.  ((Schlecht.). 

i 

326.  C.  Klotzschiana  Msg.—  .  S.  Thom.  £ä|sb,). 

.'  32.7.  C.  divertifoiia  Jaqq.  —  Ic.  Jacq.  amer.,  pict.  1  1.13.  —  Guad.  in 
syWis  umbrosis  n).  Oct.:  Duch,;  S,  Qroix  (Wst).  Folia  mpxima  ultrapedalia, 
pleraque  Bpollicaria,  venis  teftiariis  dense  reticulaUs  supra  prominulis,  gubtus 
laxioribus:  unde  discrimen  G.  Swartzii  Msn.  non  intelligo. —  »Bois  rouge«. 
328.  C.  microvtachya  W.  ^—  Syn.  C;  oblusifolia  Wpt,  qx  loc,;  nat.  — 
Goad.:  Duch.;  ;S,  Thow-CSchlecbL),  &  Crpix  (W$t.> 

!      329.    C.  KmUhiaM  Msw.  —    S.  Thom.  (Msn.> 

330.  G.  excoriata  L.  —    Guad.,,  &.  Tbom.  (Mw*),  &  Croi*  (Wsl.> 

331.  C.  nicea  Jatq. — ;  Jo.  Jacq.  amer.  pict.  L  115. —  Sya,  C.  excoriata 
Jacq.ib.  #.5&;<<-  Guad.  ;>  D«cb. ;  S.Thom.,  S.  Barth.  (Msd.),  S.Croix  (Wst.), 
&  Eust.,  Mart."{;Jacq>   :  ■■'■■...-.,  :  -.; 

'.:   .•"..  :.-i(,.'^  .er  :.ii;..  Li    ...:v   ffip'+rmeUßfi.  .?   :;        -  -  .:        ..  ■.■WkH-.  -»:•  . 

332.  Acrocarpidium  nummularifolhtm  Miq.  —  Syn.  Piper  Sw:  ^  ,  Guad, 
io  sylvis  udis  super  truncis  emort&te ;  .ßucb,  —  Forma  nervis.obsolelis,  juniora 
punctata;  amentum  terminale.   ,       :. .     ■.-,.' 

333.  A.  hispidolum  Miq.  —     Mart.  (Miq.). 
iii   334.    !A.  rotUDdjfoKa«  #iq; .-H    Guad.  (WiekstrO. 

peltetida  Kfti  tr-    GM- '  Poph. 


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f    >    •  »    •    .         4 


.1  336.     Pi  acumin«tfl  R.  P. .** .  .-ß*  Croix  (Wst.).  \  .  v,..v    . -V.::.. 

337.     P.  magnoUfolia  Dietr.  —    Guad.  in  sylvis  udis  super  saxis:  t>Mcn> 

Bb2 


/ 


196  y\'\U.)ki:\  4.  «RTSEBACU/     '!*■    ' 'I.  J 


-      338,    P.  qoadrifolift  Kth. -w    Hart  (Hum.>    '  •...■*: 

339.  P.fimbriata  Miq.  —  Ic.  FL  bras.  11.  t  2.  f.  3:  patllo  reced»  a 
nostra  foliis  mirioribue  orbicalalis  (nee  oyali~subrotaiuKs).  —  Guad.  m  arborifa* 
m.  Soufrtere  m.  Febr.:  Dach.  —  A  descriptione  Miquelii  nostra  speeimina  mxft 
recedunt  ttifei  foliis  sublus  spanribsime  (nee  tantom  m  mediano)  pififerts. 

340.  P.  distacbya  Dietr.  —    Guad.,  S.  Barth.  (Wicfcstr.). 

341.  P.  nigropimetata  Miq.  —  Gaad.  in  *ylvis  saper  arboribus:  Dudu; 
Marl.  (Sieb.). 

342.  P.  obtasifolia  Dietr.  —   S.  Croix  (Wst),  Antig.  (Miq.) ,  Marl  (Sieb.). 

343.  Pothomorphe  peltata  Miq.  —    S.  Croix  (Wst.),  Mart  (Sieb.). 

344.  Enckea  smilacifoUa  Kth.  —  Syn.  Piper  deemnannm  W.  —  E. 
platyphylla  Benth. —    Guad.  in  sylvis  humidis  reg.  inf.:  Dach. 

345.  E.  ceanothifelia  Kth. —     S.  Thom.  (Miq.). 

346.  E.  Sieberi  Miq.  —  Ic.  Sl.  t.  87.  f.  1.  —  Syn.  Piper  Amalago  L. 
(partim)  ex  ie.  Sl. —    Gaad.  in  frnticetis  ad  vias:  Dach.;  S.  Croix  (Miq.).   - 

347.  E.  reticulata  Miq.  —  Ic.  Plnm.  amer.  L  242.  f.  2.  —  Syn.  Pipaq 
L.  —  Artanthe  Martrnicae  Miq.  Pip.  ineurvum  Sieb.  —  Guad.  in  arboribus 
m.  Soufri&re  pr.  Camp  Jaöob  m.  Febr.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst),  Mart.  (Plum.). — 
Rami  amentiferi  in  nostris  speoiminibus  abbreviati  (nune  apbylii)  speciem  iih 
florescentiae  axillaris  praebent,  amentis  nunc  solitariis  nunc  binatis :  quo  designatio 
generis  incefta ,  sed  speeimina  aecuratiorem  in v estigalionem  non  admiUunt 

348.  Artanthe  macrophylla  Miq.  —     Mart.  (Miq.). 

349.  A.  Bredemeyeri  Miq.  —  Ic.  Jacq.  eclog.  t 84.  —  Syn.  A.  ulmifott 
Miq. ,  a  qua  sec.  descr.  nostra  tantum  recedit  foliis  demqtn  bullato-rugosis-  -V 
Piper  dflatatum  Wst.  —  Guad.  in  frutfcetis  ad  vias:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.), 
Mart.  (Sieb.). 

350.  A.  aequalis  Miq.  —    Monteerr.  (Miq.). 

Terebinthaceae. 
Tr.  i.    Anacardieae. 

351.  Anacardium  occidentale  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t 121.  —  Guad.: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S. Barth.  (Wickstr.).  —  „Acajou«. 

352*.  Mangifera  indica  L.  —  Ic.TuSs.Ant.  2.  1. 15. - —  Guad.:  Duch.— 
»Mango«. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  197 

353.  Comocladia  UicifoUa  Sw.  —  -  lc.  Pfum.  araer.  1. 118.  —  Guad.  in 
fruticetis  litoralibus  pr.  Grande  Terre:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  &  Croix 
(Wst)j  S.  Barth.,  Aiiüg.  (Sw.>  —  »Frutex  orgyalis  et  utaia«:  Buch,  — 
»Hoax  de  la  Grande  Terre«. 

Tr.S.    Spondiaceae.  - 

354.  Spondias  lutea  L. —  DC.  —  Syn.  Sp.  Myrobalanus  Mey.  FI.  Esseq.! 
(non  Jacq.).    Sp.  graveolens  Mäcfad.  —     Guad.:  Dach.;  S.  Croix  (Wst.). 

355.  Sp.  purpurea  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

Tr.  3.    Burseraceae. 

356.  Bursera  gummifera  L.  —  Ic.  SL  1. 199.  f.  1.  2.  Jacq.  amer.  pict. 
t.  96.  —  Guad.  in  sylvis  montanis:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth. 
(Wickstr.). —  »Resina  tecbnice  et  in  morbis pulmonum  usitatur« :  Duch.  — ; 
»Gommier  de  montagne". 

357.  Icica  »ltissima  Aubl.  —    GuaA  (Wickstr.);  S.  Croix  (Wst.). 

358.  I.  heteropbylla  DC.  —    Guad.  (Wickstr.). 

t 

359.  /.  Hedwigia  Rieh.  —  Syn  Hedwigia  balsamifera  Sw.  —  Guad.  in 
sylvis  montanis:  Duch.;  S.  Barth. {Wickstr.). —  Cortex  secreto  albo  tectus.  — < 
»Encens«. 

360.  Elaphrium  glabrum  Jacq.  —  Syn.  Fagara  Elaphrium  Wickstr.  — 
Guad.  (Wickstr.). 

Tr.  4.    Amyrideae. 

361.  Amgris  syhatica  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  L  108.  —  Guad.: 
Duch.—     »Bois  chandelle«.     •  ' 

362.  A.  maritima  Jacq.  ^-     Guad«  (Wickstr.). 
368.     A,  toxifera  W.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Rosaceae. 
Tr.  i.    Roseae. 

364*.  Rubus  rosifoiius 8m.  —     Ic.  Arn.  ic.  med.  3.  L  60.  —     Guad.  in 

umbrosis  reg.  inf.,  e.  c.  in  radice  m.  Soufriere  nunc  vulgaris:  Duch. 

365.    R.  jamaicensis  L.  w-  j  Guad.  (Wickstr.). 

Tr.  2.    Amygdaleae. 

.  366.    Prunus  ocädenlalis  Sw.  —    Guad.  (Wickstr.). 


196  ^   i  A;  GR18BRACH;,    -:i.-    ,  ü!  i 

- -. -'[  ■  Chrysobalaneae. 

367.  Chrptöbalatms  Jcaco  L.  —  It3.  Jacq.  araer.  pict.  L  141.  —  GuacL: 
Ducb.;  S,  Croix  (Wst.),  SL  Barth.  (Wickstr.).  —  Ludit  fruclu  albo,  violaceo; 
et  »nigro«,  costato  et  »fere  exsucco«:  Duch.  —     »Icaque,  Icaqutor«. 

Licania  sect.  Moquilea  Gr.  Syn.  Moquilea  Aubl.  char.  reform,  (nop  Marl. 
Zucc).  Calyx  ovato-globosus,  5fidus.  Petala  5,  brevissime  unguiculata,  fu- 
gacia.  Stajnina  iudefinita,  in  orbenj  completum  disposita.  Ovarium  in  calycis 
fundo  sessile,  uniloculare, .  >,Nux  globosa,  pericarpio  fibroso;  semine  homo- 
morpho«:  Duch. 

Ovarii  stipite  deficiente  Licaniae  accedit,  quae  petalis  abörlivis  et  staminibus 
paucioribus  parum  differt:  TrichocaTya  Miq.  (PI.  Ind.  1.  p.  357)  ex  descr.  fructu 
drüpaceo  separatur/ —  Moquileam  Mart.  Zucc.  Couepiae  synonymam  esse, 
bene  monuit  Bentbam  (Hook.  Journ.  2.  p.  313):  sed  non  obstante  inflorescentfa 
racemosa,  quam  e.  c.  Licania  floribunda  Benth.!  praebet,  et  suadente  L.  rigida 
Benth.  petala  exhibenle,  Moquilea  Aubl.  ad  Licaniam  (staminura  numero  indefinito 
amplificandam)  reduci  potest. 

368.  Licania  (MoqJ  leucosepala  Gr.  foliis  lanceolato-  y.  elliptico-oblongis 
breviter  acuminalis  glabris,  racemis  ter  divisis  in  paniculam  multifloram  elon- 
gatam  dispositis  cano-puberulis,  calyce  extus  cano-tomentoso  stylum  inclndente, 
petalis  brevissime  unguiculatis  subrotundis  deciduis,  staminibus  15 — 20  exsertis 
cum  totidem  staminodiis  brevioribus  ubique  alternanlibus.  —     Guad.:  Dftch. 

Affinis  L.  guianensi  (Moquileae  Aubl.),  quae  sec.  ic.  ejus  differt  foliis 
latioribus,  racemo  semel  diviso,  staminibus  40,  stylo  exserto  calycem  duplo 
excedente:  praeterea  Aubl.  in  descr.  de  lomento  calycem  extus  vestiente 
eximio  silet.  —  Duch.  observavit  fr  actum,  qui  in  vera  Moquilea  adhuc  ignotus 
erat  (Moq.  chrysocalyx  Poepp.  Endl.  enim  Couepia  est),  neo  differt  a  licania 
nee  a  Couepia,  quo  bypotbesis  Benthamii,  Dloquileam  in  Chrysobalanum  fortasse 
cadere,  refutatur. 

Rami  cinerei,  juniores  lanugine.  cinerea  adspersi,  internodiis  plerisque 
pollicaribus.  Folia  (5— 3" :  1 3/4 — 1 y2")  glaberrima,  supra  lucida,  fuscescentia, 
coriaeeo-papyracea ,  basi  obtusiuscula,  .apioe  plerumque  acumine  brevi  anguslo 
acuminato  appendiculata,  penninervia,  venis  subtus  prominulis  ulrinque  9-12 
versus  marginem    evanidis,    peliolo   crassiusculo   2'"  longo,    juniori  lanugine 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARÄIBEN.  IM 

adsperso,  stipulis  hiconspicuis.  Panicula  terminalis,  palens,  pedalis,  ubiquo 
multiflora,  axibus  extimis  breviusculis  3— Sflorig,  pedicello  medio  2-^3'"  longo 
laterales  excedente.  Calyx(in  gerama  exacte  globosns,  mucrönulatus,  tofnento 
candido  persistente  tectus)  ,2'"  löngus,  ad  medium. Sfidus,  lobis  imbricativis 
(3  exterioribus  subvalvaribus)  iisque  triängulari~acutis,  tubo  intus  hirsuto  orbe 
lato  slaminum  fere  undique  tecto.  Petala  calycis  tubo  summo  inserta,  ungue 
brevissimo,  lamina  subrotunda  extus  pubente  lobos  calycis  subaequante,  sub 
antbesi  cito  decidua.  Stamina  inaequatia,  fil am entis  filiform ibus  flexuosis  breviter 
exsertis  staminodia  homomorpha  multo  excedentibus  f  anthera  aubglobosa  bilo- 
culari.  Ovarium  globosum,  hirsutura,  in  fundo  calycis  eessile, liberum ,-  stylo 
basilari  inferne  piloso  staminibus  brevtari,  ovulo  erecto.  #Frttctus  indehiscens, 
fibrosus,  glaber,  globosus,  magnitudine  Priini  damascenae,  seraine  solitario 
gtoboso«:  Duck 

369.  Hirtella  triandra  Sw.  —     Ic.  Jaoq.  am  er.  pict.  1. 11.  —     Syn.  H. 
americana  Jacq.  —     Guad.:  Ducb.;  Mart.  in  sylvis  (Jacq.). 

Leguminosae. 
Tr.  L     Papilionaceae. 
Subtr.  1m     Qemsteae.  '    -\  :■  .  »  ;  .1 

370.  Crotalaria  stipularis  Desv. —    Ic.  FL  flüm;  :7.  .t.  111.  ~!    Guad.  in 
uultis  reg.  inf.:  Ducb.  ;!  (i  .    * 

371.  C.  retusa  L.  — .   Ic.  Bot.mag.  L2560.  —    Giiad.:  Dich.}  S. Thom. 
(Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.).  >  ...... "; 

"  872.     C.  verrucosa  L*  —  \  Ic.  Bot.  ma&<  L  3034..**-.    Guad.  in   campis 
aridis  pr.  S.  Francisco:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),.! S.  Croix  (WsL>:   : 

.    373.  .  C mcana  L.  -++ .u  Ic;:  Sl.  L  179.  f.  1.  —     Guad.  in  c\iltis:  Duch. ; 
S/Tbom.  (Schlecht.),. S.  Crteix  (WsQ,  S.  B&rth.  (Wickstr.).  :.     : 
Subtr.  2.     Galegeae.  ':••■».' 

•>  374.     Indigofera  A*iL  L.<->,   ic.  SL  t.  176.  f.  3.  —     Guad.  inrcultis  et 
ad  vias:  Ducb.;  S.  fbvm.  (Schlecht) >  S.  €foix  (Wsh>    J  ^    » 

375.  >  Tephrosia  earibaea] DC. -^    Ie.  Jacq.  am  er.  pifct.  L  193.  ^    Syn. 

Galega  Jacq.  —  Ins.  Garibaeae  in  f rüticelis  (Jacq.) ;  Guad.,  S.  Barth,  (Wic^str.). 

ß.  sericea  Gr.  ramulis.  foliiscjtie  pubfcsoenübua ,    bia  sublus  seri^eis.  — 

Syn.  T^oaribaea  Schlecht.  (Linn.  5.  p.  180),  ^     S.  Thom.,  D&foade:  Dueb.; 


t     "I 


200  A.  GRI6EBAGH, 

8.  Croix,  Hart.  (Schlecht). —     Slipulis  mbulato-capillaribus  eloögatis  pen*» 
stentibüs  congruit  cum  planta  Jacquinii  eandemque  fonnam  vidi  cullam. 

376.  T.  cinerea  Per*.  -*-  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  L  575.  -*-  Syn.  Galega 
Jacq.  — .  6.  Thöm.,  D&ir.  in  fruticetis:  Duch.;  Guad.,  8*  Barth.  (Wkkstr.).  — «• 
Variat  pedicellis  .in  racerao  solitariis  et  geminis,  stipulis  subulaiis  et  lanoeolato*» 
linearibus. 

/?.  lüoralis  Per*,  caulis  pube  patula.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  192.  — ^ 
S,  Croix  (Wst.).  —    Ad  a.  reducitur  sec  specim.  haitiensia. 

377.  Sabmea  ftorida  DC.  —  Ic.  Vahl  symb.  3.  t.  70.  —  gyn.  Robinie 
Vahl.  —  6.  Tbom.:  Duch.;  Crabb  Island  (Wsk),  S.  Jean  (DC);  8.  dubia  DCL 
Martin«  (DC).  -r*  Flor«  in  noslris  speciminibus  nunc  cum  foliis  nascuntur, 
nunc  tardius,  qua  de  rattone  S.  dubiam  DC.  eandem  speciem  existimo. 

Obs.  Corynella  polyantha  DC9  a  Mackenzie  in  ins.  Haiti  lecta,  variat 
carina  obtusa  eademque  longius  rostrata,  quo  cbaracter  generis  emendari  debet 

378.  Sesbania  occidenlalis  Pers.  — -    Ic.  Rum.  amer.  t.  125.  f.  1. 

ß.  muÜijuga  Gr.  glabra,  foliolis  multijugis.  —  Syn.  S.  muricata  Macf.  S. 
exasperata  Ktb.  in  pl.  Sprucean.  nr.  1557!  —  Guad.  in  inundatis  m.  Dec: 
Duch. —  Legumina  matura  longissima  (ut  in  ic.  Plum.),  subcompresso-teretia, 
pedkello  incrassato,  hinc  inde  muricato. 

y.  pubescens  Gr.  caule  puberulo,  foliolis  12 — 20jugis  supra  glabris,  suhlns 
subsericeo-pubescentibus. —  Guad.:  Duch. —  Corolla  in  utraque  forma  glabra, 
S.  exasperatae  Kth.  plane  conformis. 

370#.  Agati  grandiflorum  Den.  —  Ic.  Rbeed.  mal.  1.  t.  51.  —  Guad«: 
Duch.;.  S.  Croix  (Wst). 

380.  Gliricidia  sepium  Kth.  —  Syn;  Robinia  Jacq.  —  Lonchocarpus  DC.  — 
Guad.  (Wickstr.).  —  Leguminibus  Gl.  maculatae  Ktb.  panamensis  maturis 
edoctus,  Gliricidiam  a  Lonchocarpo  distinctum  genus  censeo  legumine  demum 
ad  basin.  bivalvi,  staminibus  diadelphis  et  racemo  simplici:  cbaracterea  enim 
Loncbocarpi  a  Benthamio  (Hook.  Journ.  2.  p.  63)  indicatos,  legumen  indehiscens 
et  stamina  monadelpba  in  pluribus  speciebus  (L  violacco,  latifoUo  et  velutino) 
comparo.  Qua  dehiscentia  leguminis  Gliricidiae,  consideratis  embrypne  föliaeeo 
intimoqve  utriusque  generis  nexn  flore  et  babitu  demonstrato  non  dubito,  quin 
Galegeis  potius,   quam  Dalbergieis  adscribenda   eint.  —     Species  panämenste 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  201 

ceterum  a  Gl.  sepium  Ktb.  apud  Jacq.  descripta  non  differt  nisi  foliolis  pluri- 
jugis  a cutis  brevioribus  (1''  longis). 

381.  Lonchocarpus  violaceus  Kth.  —  Walp.  Decad.  nr.  27!  —  Ic.  Jacq. 
amer.  pict.  t.  261.  f.  63:  flos.  —  Guad.  in  collibus  litoralibus:  Duch.  „Arbor, 
floribus  caeruleo-violaceis«:  Duch.     »Savonette«. 

382.  L.  latifolius  Kth.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  263.  f.  83.  —  Syn. 
Amerimnum  pinnatum  Jacq.  A.  latifolium  W.  ex  syn.  Jacq.  Lonchoc.  Ame- 
rimnuui  DC.  L.  oxycarpus  DC.  ex  loc.  nat.  L.  macrophyllus  Walp.  Decad. 
nr.  26!  (non  Kth.).  —  Guad.  in  syjvis  Grande  terre:  Duch.  —  Convenit  cum 
L.  latifolio  Seem.  Fl.  panam.!  —  Vexillum  junius  pubescit,  calyce  rufo-sericeo. 
Species  floribus  luteis  et  Foliolis  subtus  venosis  pallidis  et  tenuissime  puberulis 
longiuscule  petiolulatis  impunctatis  facile  recognoscenda :  proxima  species  est 
L.  telutinus  Benth.  Seem.  (Syn.  L.  pyxidarius  Walp.  Decad.  nr.  28  !#  nee 
DC.)  distineta  pube  in  pagina  inferiori  foliolorum  patula  densiori,  floribus  pur- 
pureis eorumque  pube  persistente. 

Sublr.  3.     Hedysareae. 

383.  Pictetia  aristata  DC.  —  Syn.  Robin.  aculeata  Wst.  ex  loc.  nat.  — 
S.  Thom.:   Duch.      • 

384.  P.  squamala  DC.  —     S.  Thom.  (DC). 

Obs.  P.  Jussiaei  DC,  cujus  patria  ignota  erat,  crescit  in  ins.  Haiti  sec. 
speeimina  a  Mackenzie  leeta,  ab  affini  P.  Desvauxii  DC  pedicellis  aggregato- 
fasciculatis  et  foliolis  trijugis  distineta. 

385.  Zornia  diphylla  Pers.  —     Benth.! 

ß.  reticulata  Sm.  foliis  glabris,  bracteis  subeiliatis  epunetatis.  —  Guad.  in 
graminosis,  Desir.:  Duch.;  S.  Thom.;  Mart.  (Schlecht.). —  Lomenta  in  nostra 
forma  5  —  6articulata,  dense  glochidiata,   bracteas  multo  superantia. 

386.  Stylosanthes  procumbens  Sw.  —  Ic.  Sl.  t.  119.  f.  2.  —  Guad.  in 
graminosis,  S.  Thom.,  Nevis,  S.  Eust.:  Duch. 

387.  St.  elatior  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

388.  St.  viscosa  Sw.  —     S.  Croix  (Wst/). 

389*.  Arachis  hypogaea  L.  —    Guad.  (Duch.) ,   S.  Croix  (Wst.). 
390.     Aesckynomene  americana  L.  —     Ic.  Sl.  t.  118.  f.  3.  —     Guad.  ad 
vias  pr.  Basseterre  reg.  inf.  m.  Febr.:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.). 

Phys.Classe.    VII  Cc 


202  A.  GRISEBACH, 

391.  A.  sensüica  Sw.  —  Ic.  Plnm.  amer.  L  149.  f.  2.  —  Goad.  in  humidis: 
Dach.;   DomiiL  (Sw/J. 

392.  Sicolsotua  triflora  Gr.  —  Syn.  Hedysarum  L.  Desmodium  DG.  — 
Nicols.  reptans  Msn.  Sagotia  triflora  Walp.  Decad.!  —  Goad.  in  arenosis, 
S.  Thom.:  Duch. 

Desmodium  sect  Heteroloma  Benth.  Lomentum  subsessile,  sutura  conünua 
rectilinea,   articulis  semiovalibas  v.  semiorbiculatis. 

393.  D.  mcamum  DC.  —  Ic  SL  t  11&  f.  1.  2.  —  Svn.  D.  incanum 
Benth.  in  pL  Sprucean.!  Aeschynomene  jpcana  Mey.  FL  Esseq.!  D.  supinoni 
DC.  ex  ic.  SL  et  locis.  —  Gaad.  in  campis  aridis :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht}, 
S.  Croix  (WsL).  —  Lomentum  brevissime  stipitatum,  hinc  rectilineum,  illinc 
ad  satnram  usque  a  dorso  incisum,  articulis  transversim  semiovalibus.  Variat 
foliofis  subtus  pube  rariori  glaacescentibus ,  flore  purpureo  et  ^albo-. —  r  Corde 
a  violon,  Cousin*. 

394.  D.  adscemdems  DC.  —  Ic.  Kth.  nov.  gen.  6.  L  597.  —  Syn.  D. 
racemiferum  DC.  quoad  loc.  guadalup.  D.  ellipticum  Macf.  (exclus.  fig.  Sl.  ad 
praecedens  spectante).  —  Goad.  in  campis  udis :  Duch.  —  Lomentum  sessile, 
hinc  rectilineum ,  illinc  a  dorso  semiincisum,  articulis  tfansversini  semiovali- 
oblongum,  optimos  ab  affini  D.  incano  DC.  characteres  praebet:  praeterea  differt 
pedicellis  saepe  fasciculatis  foliolisque  ovali-orbiculatis  rotundatisque  (raro  acu- 
üusculis). 

D.  secL  Podocarpimm  Benth.  Lomentum  longe  stipitatum,  sutura  rectiuscula, 
articulis  saepius  majusculis. 

395.  D.  axillare  DC.  —  Syn.  D.  radicans  Macf.  —  Guad.  in  campis 
udis:  Duch.  —  Lomentum  ex  stipite  e  calyce  exserto  et  diametrum  lomenti 
transversum  subaequante  incurvum,  biarticulatum  (raro  uniarticulatum) ,  hinc 
rectilineum  v.  subrepandum ,  illinc  a  dorso  ultra  dimidiam  latitudinem  incisum, 
articulis  transversim  semioval] -oblongis  majusculis  (ß\2 '"  'oug.,  21/»'"  lat.). 
Foliola  nunc  apice  rotundata,  nunc  acutiuscula.  —  See  D.  oblongifolinm  DC. 
nee  D.  reptans  DC.  ex  diagnosibus  a  nostro  discernere  audeo.  —    -Cousin«. 

D.  sect.  Scorpiums  Benth.  Lomentum  sessile,  utrinque  rectiusculum  et 
parum  ab  utroque  margine  constrictum,    articulis  truncato-oblongatis. 

396.  D.  scorpi*ms  Desc.  —     Guad    in  sepibus  pr.  Basseterre  m.  Febr., 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  CARAIBEN.  203 

S.  Thom.:  Duch.  —  Lomentum  sessile,  utrinque  aequale,  ad  diaphragmata 
paullo  constrictum,  articulis  ovali-linearibus  basi  apiceque  truncatis,  terminali 
acutiusculo. 

D.  sect.  Haplarthron  Gr.  Lomentum  stipitatum,  utrinque  sinualum,  articulo 
terminal]  fertili  majusculo,  inferioribus  abortivis. 

397.  D.  molle  DC.  —  S.  Thom.  (Schlecht.).  Lomentum  (sec.  specim. 
panamens.)  immaturum  biarticulatum,  stipite  calycem  subaequante,  articulo  inferiori 
minuto,  terminali  incurvo  ovali-orbiculato  ejusque  margine  dorsali  ad  medium 
emarginato. 

D.  sect.  Chalarium  Benth.  Lomentum  sessile  v.  stipitatum,  ab  utroque 
margine  constrictum,   articulis  orbiculatis  v.  rhombeis. 

398.  D.  tortuosum  DC.  —  Ic.  Sl.  t.  1 16.  f.  2.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.).  —  Lomentum  sessile,  spiraliter  tortum,  ab  utroque  margine  ad 
suturam  usque  aequaliter  constrictum,  articulis  (maturis)  orbiculatis,  (junioribus 
rhombeo-subrotundis).  Caulis  undique  pube  hamata  adhaerens,  basi  frutescens; 
stipulae  subulalae,  striatae,  marcescentes,  majusculae;  ^flores  purpurascen- 
tes«:   Duch. 

399.  D.  spirale  DC.  (ex  descr.  ap.  Sw.).  —  Syn.  D.  tenuiculum  DC. 
et  Anders.  Fl.  galopag.!  D.  tortuosum  Schm.  Fl.  Cap  Verd!  (inde  Wb.  Spicil. 
Gorgon.).  —  Guad :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht.).  —  Lomentum  stipitatum 
(stipite  calycem  excedente),  spiraliter  tortum,  ab  utroque  margine  ad  suturam 
usque  aequaliter  constrictum,  articulis  (nondum  plane  maturis)  rhombeis.  Prae- 
terea  differt  a  praecedente,  quocum  vulgo  confunditur:  radice  annua,  caule 
multo  teneriori  herbaceo  prostrato  diiTuso  glabriusculo,  stipulis  minutis  subulato- 
setaceis  et  florum  colore  a  Sw.  indicato,  a  Duch.  conßrmato  («flores  virentes, 
rubro-maculati":  Duch.). —  Ilorbam  annuam,  lomentis  adhaerentibus  instructam, 
in  insulas  Galopageas  et  in  Africam  migrasse,  facilius  intelligitur,  quam  D. 
tortuosum,  speciem  frutescentem.  —  D.  cumanense  DC.  et  D.  tenellum  DC. 
cum  Webbio  a  nostro  ex  descriptione  distinguere  nescio. 

400.  Alysicarpus  nummularifolius  DC.  Syn.  Hedysarum  vaginale  Wst. 
ex  loc.  nat. —  Guad.,  S.  Thom.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.).  —  Lomenta  in 
nostra  forma  minute  pilosiuscula,  sed  stricturis  deficientibus  ab  A.  vaginali  DC. 

d  istin  cta. 

Cc2 


204  A.   GRISEBACH, 

Subtrib.  4.     Videae. 

401.  Ervum  hirsulum  L. —  Guad.:  Duch.  —  A  forma  europaea  non 
differt  nisi  foliolis  anguslioribus. 

Subtrib.  5.     Phaseoleae. 

402.  ClUoria  Ternatea  L.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S. 
Croix  (Wst.).     »Semina  coerulescentia  nigro- punctata«:   Duch. 

Obs.  Clitoriae  Poitaei  DC.  (legumine  septato  in  genere  heteroclitae) 
synonyraon  est  Dolichos  spurius  Mey.  Fl.  esseq.! 

403.  Centrosema  decumbens  Marl.  —  Guad.:  Duch.  —  Calycis  dentes 
lineari-acuminati,  tubo  plus  duplo  longiores,  quintus  paullo  major;  »semina 
nigro -rufoque-Iineata«:   Duch. 

404.  C.  virginianum  Benth.  —  Guad.  juxta  vias  pr.  Basseterre  ra.  Febr.: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). —  Calycis  dentes  4  subulati, 
tubum  subaequantes,  quintus  linearis,  tubo  plus  duplo  longior.  Commiscetur 
cum  C.  Plumieri  Benth. ,  quod  sec.  specimina  haitiensia  differt  corolla  duplo 
majori;   calycis  dentibus  obsolelis  et  foliolis  latioribus. 

405.  Galactia  filiformis  Benth.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  573.  —  Syn. 
Galega  Jacq.  Sweetia  DC.  Galactia  dubia  DC.  ex  descr.  et  loco;  Walp.  Decad. 
sub  nr.  2!  —  Guad.:  Duch.;  S.Thom.  (Schlecht.).  Walpers  (1.  c.)  falso  huic 
speciei  flores  croceos  adscripsit,  quoniam  Duch.  in  ipsa  sua  schedula  corollam 
roseam  dixerat. 

406.  G.  angustifolia  Kth.  —  Ic.  Humb.  Mimos.  t.  56.  —  Syn.  G.  Sagoti 
Walp.  Decad.  nr.  2! —  Guad.  in  dumetis  Grande  terre:  Duch. —  Vix  non 
planta  Humboldtiana  est,  etsi  caulis  volubilis  pubesque  minus  densa  a  descriptione 
Kunthiana  recedunt:  habitus  formaque  foliolorum  plane  eadem,  pedunculi  lon- 
gitudine  variabiles,  nunc  folio  parum  breviores;  » corolla  purpurascens«:  Duch. 

407.  Dioclea  Jacquiniana  DC.  —  Syn.  Dolichos  ruber  Jacq.  —  Mart. 
in  sylvis  frequens  (Jacq.). 

408.  Cänavalia  rosea  DC.  -  Syn.  Dolichos  rotundifolius  Wst  et  Canav« 
obtusifolia  Schlecht,  ex  loco  natali  huc  spectare  videntur.  —  Guad.  in  arenoste 
maritimis:  Duch.;  S.  Thom.  in  litore  arenoso  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.)  — 
Legumen  transverso  diametro   3  — 4plo   longius   (4"  :  15'")   difTerentiam  a  C. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  205 

obtusifolia  DC.   Indiae  Orientalis  suppedilare   videtur.     »Flores   rosei;   semina 
fusco-rufa«:  Duch. —     »Pois  zombi«. 

409.  C.  gladiata  DC.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  560.  —  Syn.  Dolichos 
ensiformis  Wickstr.  ex  loc.  nat.  —  Guad.  in  arenosis  maritimis :  Duch.  — 
»Racemi  fere  bipedales,  flores  rosei«:  Dach.;  semina  (in  icone  Duch.)  san- 
guinea  discrimen  praebent  a  C.  ensiformi  DC.  (sec.  ic.  Sl.  t.  114  legumen 
siraile  exhibente).      »Haricot  sabre«. 

410.  Mucuna  urens  DC. —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 189. —  Syn.  Dolichos 
L.  —  Guad. :  Duch.  —  Folia  primordialia  contra  Phaseolearum  characterem 
sub  germinatione  alternare,  monetur  in  schedula.  —  »Pois  ä  gratter«:  planta; 
»oeil  de  boeirf,   oeil  de  bourrique«:   semina. 

411.  M.  altissima  DC.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  190.  —  Syn.  Dolichos 
Jacq.  --     Guad.  (Wickstr.),  Mart.  in  sylvis  montanis  (Jacq.). 

412.  M.  pruriens  DC.  —  Guad.  (Duch.);  ins.  carib.  (Jacq.).  —  »Pois 
ä  gratter«. 

Erythrina  sect.  1.  Euerythrma.  Calyx  truncatus.  Carina  dipetala,  calyce 
inclusa. 

413.  E.  Corallodendron  L.  —  Ic.  Sl.  t  178.  f.  1.  —  Guad.  in  sylvis  et 
duraelis:  Duch.;  S,  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  — 
»Petioli  variant  aculeati  et  inermes,  semina  colore  sanguineo,  nigro  et  nigro- 
rubroque-maculato«:   Duch.  —      »Immortelle«. 

E.  sect.  2.  Chirocalyx  Msn.  Calyx  apice  aut  ad  basin  spathaceus.  Carina 
dipetala,  calyce  inclusa. 

414*.  E.  indica  harn. —  Guad.:  Duch. —  Calyx  ad  basin  spathaceus; 
vexillum.  patens,  ovato-oblongatum,  alas  carinam  superantes  duplo  excedens; 
legumen  indehiscens.  —  E.  rubrinervia  Kth.  (sec.  specim.  panam.)  ad  eandem 
sectionem  pertinet,  differt  calyce  apice  breviter  spathaceo  et  legumine  dehiscente: 
semina  ipsi  lateritia. —     »Holocauste". 

Obs.  1.  Legumen  Erythrinae  apud  Benth.  indehiscens  ita  est  in  E.  indica 
et  E.  glauca  W.,  dum  ex  observatione  Duch.  in  vivis  arboribus  instituta  et 
speciminibus  confirmata  in  E.  Corallodendro  et  E.  rubrinervia  vere  dehiscal. 

Obs.  2.  E.  glauca  W.  (Ducbassaingia  Walp.  Decand.  nr.  4 !)  a  Walpersio 
falso  in  ins.  Guadeloupe  crescens  indicatur,  quem  errorem  ipse  Duch.  in  lit. 


206  A.  GRISEBACH, 

correxit,  specimina  panamensia  dicens:  sectionem  in  genere  format  tertiana, 
calyce  subtruncato  brevissime  spathaceo  infra  apicem  extus  glandulifero,  carina 
bipedi  cum  aus  e  calyce  exserta,   vexillo  reflexo. 

415.  Phaseolus  adenanthus  Mey.  Fl.  esseq. ! —  Guad.  in  sepibus  reg. 
inf.,  in  radice  m.  Soufriere  m.  Febr.:  Duch.  —  Species  ad  sect.  Leptospron 
Benth.  ex  calycis  dentibus  inferioribus  tubum  aequantibus  transponenda,  a  qua 
Pb.  cirrhosus  Kth.  sec.  descr.  parum  recedit  calyceque  plane  convenit:  glandulas 
nee  flos  nee  inflorescentiae  axis  praebent,  cicatrices  pro  glandulis  habuisse 
videtur  auetor.  Legumina  patentia,  rectiuscula,  10—  lösperma,  3"  longa,  3'" 
lata,  compressa.  »Corolla  junior  virescens,  dein  violacea,  tandem  flavescens«: 
Duch.;   carina  junior  contorta. 

416.  Ph.  semiereclus  L.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  558.  —  Guad.  in  cultis 
toto  anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.).  —     »Flos  rubens;  semina  rufa":  Duch. 

417*    Ph.  lunatus  L.  —     Guad.  (Duch.). 

418*.  Ph.  mungo  L.  —     Guad.  (Duch.). 

419*.  Ph.  alatus  L.  —     S.  Croix  (Wst.). 

420.  Pachyrrlüzus  articulatus  Walp.  (Decad.  nr.  21!).  —  Ic.  Plum.  araer. 
t.  222.  —  Syn.  Dolichos  Lam.  Taeniocarpum  Desv.  —  Guad.  pr.  Anse  Bertrand: 
Duch.  —  Calycis  labium  superius  apice  breviter  bifldum:  »vexillum  basi  4cal- 
losum,   callis  2  anterioribus  minoribus":   Duch. 

421*  Lablab  vulgaris  Sw.  —  Ic.  Sl.  t.  113.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.). 

422.  Vigna  glabra  Sat.  —  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  1.  t.  90.  —  Syn.  Dolichos 
luteolus  Jacq.  D.  luteus  Sw.  ap.  Wickstr.  cum  hoc  comparandus.  —  Guad 
in  cultis:   Duch. 

423.  V.  unguiculata  Walp.  —  Syn.  Dolichos  Jacq.  —  S.  Thom.,  S. 
Croix  (Schlecht.). 

424*.  Dolichos  sphaerospermus  DC. —  Syn.PhaseolusL. —  S.  Croix  (WsU) 

425*.  Cajanus  indicus  Spr.  -  -     Ic.  Plum.  amer.  t.  114.  f.  2.  —     Syn.  C. 

flavus  DC.     C.  bicolor  DC.  —     Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix 

(Wst.).  —     Secundum  Duch.  una  species,  sec.  Macfad.  duae  species  distinetae 

et  hybridis  formis  connexae. —     »Pois  cajongi,   pois  de  bois,   pois  lizi&re". 

426.     Rhynchosia  minima  DC.  —     Ic.  Sl.  t.  llo.  f.  1.  —     Guad.  in  sepibus 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  207 

toto  anno:  Ducti.;  S.  Croix  (Wst.).  —     »Semina  nigricantia«:  Duch. —    Difle- 
renliam  Rh.  punctatae  DC.  (S.  Thom.  sec.  Schlecht.)  ignoro.  —    »Petit  cousin«. 

427.  Rh.  caribaea  DC.  —     Guad.  (Wickstr.). 

428.  Rh.  phaseoloides  DC. —  Guad.:  Duch.  »Caulis  basi  membranaceo- 
compressus;  corolla  lutescens  pürpureoque - notata ;  semina  rubra,  macula 
alba  * :    Duch. 

429.  Rh.  reticulata  DC.  —  Syn.  Rh.  aeqainoctialis  Walp.  Decad.  nr.5!  — 
Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst). 

430*.  Flemingia  strobilifera  R.Br. —  Guad.  frequens  in  reg.  inf.,  in- 
primis  in  radice  m.  Soufriere:  Duch. 

431  Abrus  precalorius  L.  —  Ic.  Sl.  1. 112.  f.  4 — 6.  —  Guad.  in  sepibus 
in.  Aug.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).— 
»Räglisse,   liane  ä  reglisse«. 

Subtrib.  6.     Dalbergieae. 

432.  Amerimnum  Brownei  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  263.  f.  86: 
flos  et  legumen.  —     Guad.  (Wickstr.). 

433.  Ecastaphyllum  Brownei  Pers.  —  Ic.  Br.  jamaic.  t.  32.  f.  1.  —  Guad. 
in  humidis:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). —  »Frutex  subscan- 
dens«:  Duch. —     »Mangle  medaille«. 

434.  E.  Berterü  DC.  —  Guad.  in  paludosis  et  ad  ripas:  Duch.  — 
Specimina  floribus  carent,  sed  ab  simili  E.  Monetaria  DC.  foliolis  basi  late 
cuneatis  (nee  rotundatis)  dignoseuntur.  —     »Mangle  mädaille«. 

435.  Moutouchia  suberosa  Aubl.  —  Hostra.  Kappl.  coli.  nr.  381 !  —  Ic. 
Aubl.  2.  t.  299.  —  Syn.  Pterocarpns  suberosus  DC.  Pt.  Draco  Wickstr.  ex 
loc.  nat.  —  Guad.  in  paludosis :  Duch.  —  Pt.  Draco  Jacq.  (ic.  amer.  pict. 
t.  264.  f.  91:  folium)  differt  Foliolis  obtusiusculis  (quae  in  noslra  abruptim  api- 
culata,  basi  late  ovata).  —  »Arbor  excelsa,  radieibus  elongatis  in  superficie 
soli  lulosi  repentibus  viatorisque  passum  sublevantibus ;  petala  flava,  vexillo 
rubro-maculato « :  Duch.  Legumen  (2//:l1/2/)  e  stipite  1'"  longo  ineurvum, 
ala  deorsum  evanida  2"'  lata,  nervis  laxis  undique  reticulalum. —  »Paletuvier, 
mangle  medaille«. 

436.  Drepanocarpus  lunatus  Mey.!  —    Ic.  Plum.  L201.  f.  2.  —    Guad.  in 


208  A.  GRI9EBACH, 

litore  paludoso  pr.  Port-Louis:   Doch.;   S.  Croix  (Wst). —     „Frntex  erectus, 
corolla  violacea« :  Duch. 

437.  Machoerium  arboreum  Benth.  —   Syn.  Nissolia  Jacq.  —   Marl.  (I)C). 

438.  Piscidia  Erythrina  L.  —  Ic.  Sl.  t.  176.  f.  4.  5.  —  Guad.  in  collibus 
calcareis:   Duch.      »Arbor  30  —  35pedalis*:    Duch. —     »Bois  enivrant«. 

439.  P.  carlhagenensis  Jacq.  —      Guad.  (Wickstr.). 

440.  Andira  inermis  Kth.  —  Guad.  in  sylvis  ad  ripas,  S.  Thom.:  Duch.; 
S.  Croix  (Wst.). —  Ovarium  stipitatum,  vulgo  biovulatum.  »Corolla  rosea; 
legumen  indelriscens,  ovoideum,  subraarginatum,  monospermum « :  Duch.  — 
»Angelin«. 

Sublr.  7.     Sophoreae. 

44  h  Sopkora  tomentosa  L.  —  Ic.  Sl.  1. 178.  f.  3.  —  Guad.  in  fruticetis 
litoralibus:  Duch.    -     »Arbuscula  3  —  8pedalistf:  Duch. 

442.  Ormosia  dasycarpa  Jacks.  —  Guad.  in  sylvis  reg.  inf. :  Duch.  — 
„Caconnicr«. 

TV.  //.     Caesalpinieae. 

443.  Haematoxylon  Campechianum  L.  —  Sieb.  Fl.  mixt.  nr.  182!  — 
Guad.  sponte:   Duch.;   S.  Croix  (Wst.).  —     »Campöche«. 

444.  Parkinsonia  aculeata  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 119.  —  Guad.: 
Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.).—      „Caca  a  rat«. 

445*.  Guilandina  BonduceUa  L.  —  Gartn.  —  Ic.  Schrk.  ht.  monac.  t.  68. — 
Syn.  G.  Bonduc  Wickstr.,  Macfad.  et  Auetor.  Fl.  Ind.  Orient.  —  Guad.  in 
litore,  v.  c.  pr.  Pointe-ä-Pitre,  Moule,  MornetU'eau,  S.Anne:  Duch. —  Foliola 
oblique  ovali-oblonga  (18'"  :  10'");  stipulae  magnae,  foliaceae,  multipartitae, 
segmentis  obovatis  v.  obeordatis;  bracteae  ex  gemmis  floralibus  longe  exsertae, 
reflexae;   semina  natura  grisea.  —     »Canique  grise«. 

446.  W.  Bonduc  L  (ex  syn.  SL).  —  Gärtn.  —  Guad.  in  litore  pr. 
Pointe  de  chftteaux,  Dtfsirade:  Duch. —  Species  Indiae  occidentalis,  sec.  Wight 
et  Arnott  ex  India  orientali  exul,  a  praecedente  luculenter  distineta  ex  obser- 
vationibus  Duch.,  quas  ex  speeiminibus  ejus  confirmo:  foliolis  oblique  ovalibus, 
bracteis  ante  anthesin  erectiusculis  gemmam  floralem  subaequantibus,  staminibus 
densius   villosis,    seniine    ^constauter    luteo«:    quibus   accedunt  statura   minor 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  209 

hujus,  major  6.  Bonducellae,  stipulaeque  peculiares  sec.  Ducb.  in  6.  Bonduc 
plane  deficientes;  aculei  in  utraque  specie  conformes,  gemini,  terni,  quaterni. 

447*.  Poinciana  pulcherrima  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 120.  —  Guad. 
in  aridis:  Duch.;  S.  Thom. (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.) ,  S.  Barth.  (Wickstr.).  — 
»Baraguette«. 

448*  Caesalpinia  sepiaria  Roxb.  —  Guad.:  Duch.  »Sepibus  exstruendi9 
inservit«:  Duch.  —     »Fernambouc«. 

449.  C.  bijuga  Sw.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

450.  Lebidibia  coriaria  Schlecht. —  Syn.  Caesalpinia  W. —  S.  Thom.  (Wst.). 
Cassia  sect.  1.     Fistula  DC. 

451*.  C.  brasiliana  Lam.  —     Syn.  C.  mollis  Vahl.  —     S.  Croix  (Wst). 
452*    C.  Fistula  L.  —     Guad.  (Duch.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wick- 
str.). —     aCasse«. 

C.  sect.  2.     Chamaefisttda  DC. 

453.  C.  bicapsularis  L.  —  Ic.  Jacq.  fragm.  t.  58.  —  Guad. :  Duch. ;  S. 
Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

454.  C.  alata  L.  —    Ic.  Sl.  1. 175.  f.  2.  —    Guad.  ad  ripas  m.  Mart.:  Ducb. 

455.  C.  occidentalis  L.  —  Ic.  Sl.  t.  175.  f.  3.  4.  —  Guad.:  Duch.;  S. 
Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —    »Herbe  piquante«. 

456.  C.  nenenifera  Rodsch.  1  —  Guad.  in  cultis  m.  Aug. :  Duch.  —  Spe- 
cies  a  sect.  Chamaesenna  ad  Chamaefistulam  (Oncolobium  Vog.)  transponenda, 
praecedenti  proxima  et  sub  formis  pubescentibus  eidem  vulgo  ad  scripta,  di- 
stincta  praeter  pubem:  glandula  petiolari  oblonga  (nee  ovoideo-globosa)  a  basi 
petioli  remotiuscula,  legumine  hirto,  maturo  juxta  margines  vix  impresso  aequa- 
liter  convexo  paullo  angustiori  (3'"  diam.),  seminibus  minoribus  in  utraque 
facie  linea  mediana  obscuriori  notatis  (fovea  ovali  C.  occidentalis  deficiente). 

C.  sect.  3.     Pro808perma  Vog. 

457.  C.  obtusifolia  L.  —  Ic.  SL  t.  180.  f.  5.  Guad.  ad  vias:  Ducb.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.:  C.  Tora  ej.).  —     „Sou  marque*. 

C.  sect.  4.     Chamaesenna  DC. 

458.  C.  Plumieri  DC.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  77 :  ubi  semina  circiter  40.  — 
Guad.:  Duch.  —  Reducenda  videtur  ad  C.  discolorem  Desv.,  sed  descriptio 
ejus  offendit  legumine  8spermo:  legumen  nostrae  vulgo  semipedale,  seminibus 

Phys.  Glosse.  VII.  Dd 


210  A.   GRISEBACH, 

circiter  24  oblongatis  horizontalibus.      Antherae  poris  minutis  mox  in  rimam 
abeuntibus  vacillat  inter  Chamaesennam  et  Psilorhegma.      »Frutex  orgyalis  et 
ultra,   floribus  sulfureis«:  Duch. 
C.  sect.  5.     Lasiorhegma  Vog. 

459.  C.  polyadena  DC.  —  Guad.  in  apricis :  Doch.  —  Frutex  foliolis 
4 — 8jugis,  difformibus,  nunc  breviter  ovalibus  (4"':  2'"),  nunc  oblongatis 
(10 — 12'"  :  4"');  forma  ex  ins.  Barthölemy  exstat  ramuiis  pubescentibus, 
foliis  4jugis. 

460.  C.  nicticans  L.  —  Guad.  juxta  vias  m.  Aug.:  Ducb.  —  Staraina 
7  observavit  Duch.  et  coroparari  debet  cum  nostra  C.  cbamaecrista  caribaea 
Auct.:  Guad.  (Wickstr.),   S.  Thom.  (Schlecht.). 

461.  C.  glandulosa  L.  —      Guad.  (Wickstr.). 

462#.  Tamarindus  indica  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  piqt.  U  13.  —  Guad.: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.).  —  Forma  est  ovulis  pluribus  abortivis  (T.  occi- 
dentalis  G.). 

463.  Hymenaea  Courbaril  L.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht.), 
jS.  Croix  (Wst.),  Marl,  in  sylvis  (Jacq.). 

464.  Bauhinia  porrecta  Sw.  —  Syn.  B.  aurita  Ait.  ap.  Wickstr.  — 
Guad.  (Wickstr.). 

465.  B.  aculeata  L.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

466.  Schnella  macrophylla  Gr.  —  Syn.  Bauhinia  Poir.  -  -~  Guad.  in 
sylvis  primaevis:   Duch.     Patria  adhuc  ignota  erat. 

Tr.  III.     Mimoseae. 

467.  Parkia  biglobosa  Benth.  —     Syn.  Mimosa  Jacq.  —     Mart.  (Jacq.). 

468.  Entada  scandens  Benth.  —  Ic.  Rheed.  mal.  8.  t.  32.  —  Guad.: 
Duch.  —  Formam  suam  distinctam  ait  Duch.  (E.  Pursaetham  DC.  sec.  Duch.) 
»staminibus  10,  legumine  minori  2 — 3pedali  hiloque  non  nigricante«.  —  Acacia 
scandens  Tuss.  (Ant.  3.  t.  21)  a  nostra  forma  non  diflert  nisi  Foliolis  minoribus. 

#   469.     E.  polystachya  DC.  -r-     Guad.  (DC),  Mart.  (Jacq.). 

470*.  Adenanthera  pavonina  L.  —  Guad.  (Duch.);  S.  Thom.  (Schlecht.).  — 
»Arbre  h  corail«. 

47 1 .  Neptunia  pleno  Benth.  —  Syn.  N.  surinamensis  Anders.  Fl.  galop. !  — 
Guad.  in  cultis  humidis  et  ad  fossas:  Duch.      »Folia  sensitiva«:   Duch. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  211 

472.  Destnanthus  virgatus  W.  —  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  t.  80.  —  Guad.  in 
cultis  pr.  Moule:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.).  -  Forma 
microphylla,  foliolis  2"':1>4'".  »Caulis  suffruticosus,  subscandens,  foliis  sert- 
sitivis,   floribus  albidis«:   Duch. 

ß.  strictus  Bert,  (ex  diagn.  in  Rieh.  FI.  cub.),  jugis  utriusque  generis 
paucioribus,  foliolis  majusculis  4'":  1"'.  —  Guad.  cum  «.:  Dufch.  —  aSub- 
frutescens,  ramosissima,  nee  scandens« :  Duch.  In  ic.  Jacq.  foliola  inter  a.  et  ß. 
raagnitudine  media  (3'"  :  l"'). 

473.  D.  depressus  Humb.  BonpL  —  Ic.  Humb.  Mimos.  t.  35.  —  Syn. 
D.  pratorum  Macf.  —  Guad.  in  campis  aridis  pr.  Moule :  Duch. ;  S.  Thom. 
(Schlecht).—     »Suffrulescens,  vix  pedalis,  prostratus,  floribus  albis«:  Duch. 

474.  Mimosa  pudica  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  202.  —  Guad. :  Duch. ; 
S.  Thom.  (Schlecht.). 

ß.  unijuga,  glabrata,  pinnis  omnibus  unijugis.  —  Syn.  M.  irritabilis  Prl.: 
forma  legumine  iongiori.  M.  unijuga  Walp.  Decad.  nr.  6 !  —  Guad.  in  gra- 
minosis  reg.  inf. :   Duch. 

475.  M.  Ceratonia  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  8.  —  S.  Thom..  in  collibus : 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.). 

476.  Leucaena  glauca  Benth.  —  Guad.  in  collibus  calcareis  vulgaris 
et  arva  infestans:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.).  —     »Tamarin  bätard". 

477.  Acacia  flexuosa  Humb.  BonpL  —  Guad.  (Wickstr.  DC).  Legu- 
men  glabrum  sec.  DC. 

ß.  lasiocarpa  Gr.  —  Syn.  A.  macracanthoides  Bert,  et  A.  macracantha 
Humb.  Bonpl.  —  Guad. :  Duch.  —  Legumine  tomentoso  petiolisque  albido- 
velutinis  parum  differt  ab  A.  flexuosa,  sed  Macfadyen,  utramque  distinguens, 
A.  flexuosae  (A.  microcephalae  Macf.)  quoque  legumen  incano-villosum  dixit, 
alterius  formae  micracanthae  (A.  subinermi  Macf.)  idem.  Nostrae  formae  Spinae 
nunc  3'"  longae,  nunc  bipollicares ,  nee  sinunt  distingui  A.  macracantham 
quae  sec.  icon.  (Humb.  Mimos.  t.  23)  in  nostram  recurrit.  »Arborea,  floribus 
luteis«:  Duch. 

478.  A.  tortuosa  W.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht),  S. 
Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Dd2 


212  A.  GR1SEBAGH, 

479.  A.  Farnesiana  W.  —  Guad.  in  collibus  calcareis  (Dach.} ,  S.  Thom. 
(Schlecht.). 

480.  A.  mtäiflora  W.  —     Ic.  Plum.  amer.  Uli.—    S.  Thom.:  Duch. 

481.  A.  sarmentosa  Desv.  —  Walp.  Decad.  nr.  7!  —  Syn.  A.  guada- 
lupensis  DC.  A.  Westiana  DC:  baec  sec.  descr.  Schlecht  (Linnaea  5.  p.  191) 
vix  satis  distincta  glandulis  petiolaribus.  —  Guad. :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht), 
S.  Croix  (Wst.). —      »Liana  altissime  scandens,  floribus'  albis« :  Duch. 

482*.  Albizzia  Lebbek  Benlh.  —  Syn.  Mimosa  speciosa  Jacq.  —  Guad. : 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.).  -      »Bois  noir«. 

483.  Calliandra  tergemina  Benth.  —     Mart.  (Jacq.),  Domin.  (Benth.). 

484.  C.  purpurea  Benth.  —     Guad.  (Wickstr.). 

485.  Pithecolobium  unguis  cati  Benth.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  4.  —  Syn. 
Inga  guadalupensis  Desv.  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Arillus  in  ic.  Duch. 
roseus  (niveum  dicit  Macfad.).  »Cotyledones  sub  germinatione  hypogaeae, 
carnosae« :  Sagot  rascr.  —     »Collier  ä  diable«. 

486.  P.  Brongniartii  Walp.  Decad.  nr.  30!  —  Guad.  in  sylvis  montanis 
ro.  Mart.:  Duch.  —  Nullo  modo  P.  trapezifolio  Benth.  simile,  sed  perafOne 
P.  filicifolio  Benth.  (Syn.  Acac.  arborea  Macfad.,  Rieh,  cub.)  leguminibusque 
scarlatinis  conveniens,  at  probe  distinetum:  pinnis  4 — 6jugis,  foliolis  3 — 12- 
jugis  majoribus  (vulgo  6''' :  3'")  et  calyce  corolla  duplo  (nee  triplo)  superato. 
„Arbor«:  Duch. 

487.  Inga  laurina  W.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  247.  —  Syn.  Mimosa 
fagifolia  Jacq.—  Guad.  in  sylvis  udis:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S.  Christ. 
(Sw.),  Mart.  (Jacq.).  —  Foliolis  plerisque  4pollicaribus  et  floribus  breviter 
pedicellatis  cum  planta  a  Jacquinio  delineata  convenit,  a  diagnosi  Benth.  recedit, 
corolla  glabra  ab  J.  punctata  W.  (Talso  citato  Jacq.  obscurata)  differt. —  »Arbor 
elata,  speciosa":  Duch.     »Poix  doux«:  nomen  jam  a  Jacquinio  laudatum. 

488.  J.  ingoides  W.  —  Syn.  J.  galibica  Walp.  Decad.  nr.  10!:  forma 
foliis  subtus  tenuius  tomentosis.  —  Guad.  in  sylvis  humidis :  Duch.  —  Floribus 
pedicellatis  ab  J.  vera  W.  simili  faciliter  dignoscitur.  —  »Arbor  excelsa«: 
Duch.     »Poix  doux«. 

489.  J.  vera  W.  —     Guad.  (Wickstr.). 


\ 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  213 

Connaraceae. 
490.     Connarus  grandifolius  Planck.  —     Guad.  in  sylvis  udis  pr.  Morne 
ä  l'eau:  Dach.;  Domin.  (Planch.). —     aFrutex  alte  scandens,  robustus«:  Duch. 

Myrtaceae. 
49 1      Psidiutn  Guava  Rd.  a.  pomiferum  L.  et  ß.  pyriferum  L.  —     Guad. : 
Doch.;  S.  Thora.  (Schlecht),   S.  Croix  (Wst),   S.  Barth.  (Wickstr.),   Antig., 
Mart  (Bg.). 

492.  Ps.  cordatum  Sims.—     Guad.  (DC),  S.  Thom.  (Bg.). 

493.  Pimenta  vulgaris  Wight.  —     S.  Croix  (Wst). 

494.  Amomis  acris  Bg.  —  Syn.  Myrtus  Sw.  M.  caryophyllata  Jacq.  — 
Guad.,   Mart  (Jacq.),   Antig.  (Sw.). 

495.  A.  pimentoides  Bg.  —  Syn.  Myrcia  DC.  —  Guad.  in  collibus  cal- 
careis:  Duch.  —  Differt  a  praecedente  (sec.  specim.  portoric.  et  cult)  ramulis 
junioribus  argute  tetragonis,  qui  in  illa  magis  compresso-teretiusculi. 

f     Pedicelli  solitarii  uniflori. 
496*.  Eugenia  uniflora  L.  —     Syn.  E.  Michelii  Lara.  —     Gtiad.  (Duch.); 
S.  Thom.,  Antig.,  Mart.  (Bg.). 

497.  E.  ligustrina  W.  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus:  Duch.;  S.  Croix 
(Wst) ,  Antig.  (Bg.).  —  Convenit  cum  praecedente  foliis  pedicellos  fulcien- 
tibus  saepe  abortivis  et  in  speciem  bracteae  angustae  mutatis  nee  non  bacca 
vesiculis  exasperata:  dignoscitur  foliis  subtus  pallidis,  venis  eorum  simpliciter 
pinnatis  tenuissimis,  bracteolis  (a  Candolleo  errore  negatis)  calycisque  segmentis 
elongatis  lineari-obtusis.  —     »Fructus  edulis« :   Düch.  —     »Mä-isier«. 

498.  E.  confiisa  DC.  —     Guad.  (DC). 
ff     Pedicelli  simplices,  fasciculati. 

499.  E.  foetida  Vahl.  —     S.  Croix  (Wst),  S.  Thom.,  Antig.  (Bg.). 

500.  E.  pseudopsidium  Jacq.  —     Mart.  in  sylvis  montanis  (Jacq.). 

501.  E.  portoricensis  DC.  —     S.  Croix  (Bg.). 

502.  E.  procera  Poir.  —     S.  Croix,  Mart  (Bg.). 

503.  E.  Lambertiana  DC.  —  Syn.  E.  smaragdina  Bg.  et  E.  Duchas- 
saingiana  Bg.  ex  origine  hujus  loci  videntur.  —  Guad.  in  sylvis  pr.  Morne  ä 
l'eau  in  reg.  inf.  m.  Aug.:  Duch.  —  Similis  E.  latifoliae  Aubl.  et  areubus 
venarum  juxta  marginem  folii  duplieibus  pedicellisque  junioribus  saepe  tenuissime 


214  A.  GRISEBACH, 

puberulis  conformis:  distincta  foliis  ovatis  (nee  ovalibus),  punetis  pellucidis 
conspieuis  sed  valde  dislantibus  (quae  in  illa  minima ,  at  crebra),  pedicellis 
petiolum  subaequantibus  (nee  duplo  superantibus) ,  flore  minori  et  calycis  tubo 
sub  anthesi  ovato  (nee  turbinato). —  »Frutex  15 — 18'  altus,  floribus  parvis 
albis,  bacca  ceraso  paullo  minori":   Ducb. 

fff    Pedicelli  in  corymbos  v.  racemos  axillares  dispositi,  axi  primario 
abbreviato. 

504.  E.  cordata  DC.  —  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Jean  (Bg.). 

505.  E.  sessiliflora  DC.  —     Antig.  (Bg.). 

506.  E.  lateriflora  W.  —     S.  Croix  (Bg.). 

507.  E.  axillaris  W.  —    S.  Croix,  Antig.  (Bg.). 

508.  E.  quadremgularis  Duck,  mscr.,  glabra,  ramulis  tetragonis,  foliis 
ovatis  v.  ovato-lanceolatis  apice  complicato  obtosiusculis  v.  acutis  basi  brevissime 
euneatis  coriaeeis  epunetatis  nitidis  utrinque  laevibus  aveniis  margine  con- 
vexiusculo  recurvis  (2 — i^'M"),  petiolo  brevi  (1'")  apice  dilatato,  pedicellis 
(fruetiferis)  2  —  1  petiolum  quadruple*  superantibus  (geminis  peduneulo  brevis- 
simo  connexis),  baccis  »rubris*  globoso-depressis  (4'":  5'")  lirabo  calycis 
öpartito  coronatis  saepius  dispermis.  —  Guad.  in  sylvis  reg.  inf. ,  baeeifera 
m.  Febr.:  Ducb. 

aFrutex  v.  arbuscula":  Ducb.,  ramis  vetustioribus  teretiusculis ,  habitu 
E.  pseudopsidii  Jacq.  Flos  ignotus.  Embryo  cotyledonibus  crasse  carnosis 
conferruminatis ,  etsi  calycis  limbus  öpartitus  est,  yeram  Eugeniae  speciem 
esse,  demonstrat:  nulli  igitür  generum,  quae  cl.  Berg  ab  Eugenia  divulsit, 
respondet;  inter  species  ejus  conferatur  Myrtus  Oerstediana  Bg.,  cui  aliena 
fruclus  seminisque  fabrica  adscribitur. 

509.  E.  baruensis  Jacq.  (non  DC.  prodr.).  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  486.  — 
Syn.  E.  guadalupensis  DC. —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus:  Ducb. —  Ramuli 
juniores  puberuli,  mox  glabrati,  folia  areunervia,  coriacea,  pedicelli  fasciculati, 
4'"  fere  longi,  calycesque  glabri,  Gores  minuti  et  baccae  subglobosae,  21/2'" 
longae,   hanc  speciem  designant. 

510.  E.  glabrata  DC.  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus  cum  praecedente: 
Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Bg.).  —  Praecedenti  foliis  similis, 
distincta  ramulis  glabris,   axi  corymbi  longiori,   pedicellis   supra  petiolum  non 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  215 


exsertis  brevissirais  1 — 2     longis  et  bacca  matura  ovoideo-oblonga  (3'":  2"').  — 
»Mlrisier  sau  vage,  M&isier  ä  cochon*. 

511«  E.  buxifolia  W.  —  Syn.  E.  monticola  Sw.  sec.  Bg.  E.  triplinervia 
Bg.  —     Guad. '(Wickstr.),  S.  Thom.  Bg. 

ß.  Poiretii  DC*  Bg.  racemulis,  ramulis  gemmisque  pilosiusculis.  —  Syn. 
E.  buxifolia  Schlecht,  in  Linn.  5.  p.  199.  —  Guad.,  S.  Thom.:  Duch.  -  E. 
baruensi  Jacq.  affinis,  distincta  inflorescentia  racemosa,  axi  ejus  petiolum  saepe 
plus  duplo  superante,  3— 6"'  longo,  pedicellis  abbreviatis  1  —  ll/2'"  longis; 
bacca  ejusdem  formae  est,  sed  minor  videtur.  —  aGuava-berry*. 
ff  ff    Inflorescentia  corymbosa  v.  racemosa,  exserta. 

512.  E.  brachystackys  Bg.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  m.  Aug.:  Duch.  — 
Habitu  foliisque  E.  Lambertianae  similis,  conspicue  distincta  inflorescentia,  pube, 
foliis  basi  rotundatis  (nee  euneatis)  densoque  punetorum  agroine. 

513.  E.  Greg«  DC.  —    Domin.  {Sw.). 

514.  E.  lancea  Poir.  —    S.  Thom,  S.  Croix  (Bg.). 

515.  E.  virgultosa  DC.  —     S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (DC). 
fffff     Inflorescentia  cymosa,  exserta. 

516.  E.  Balbmana  Bg.  —  Syn.  Myrcia  DC.  —  Guad.  in  collibus 
calcareis:  Duch.  —  #Arbor  cortice  deeiduo  aroroatico  terebinthinam  spirante, 
floribus  albis  odoris«:  Duch.      »Bois  pele«. 

517.  E.  dichotoma  DC.  —     Antig.  (Bg.). 

518.  E.  punctata  Vahl.  —     Guad.,  Mart.  (Bg.);  S.  Croix  (Wst.). 

519.  E.  fragrans  W.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

520.  Myrcia  splendens  DC.  —  Guad.:  Duch.;  Mart.:  Sieb.  hb.  mart. 
nr.  138!  —     »Mörisier  petite  feuille«. 

521.  M.  Duchassaingiana  Bg. —  Guad.  in  sylvis  montanis  m.  Mart.: 
Duch.  —     »Guöpois«. 

522.  M.  ferruginea  DC.  —     Mart.  (Bg.). 

523.  Aulomyrcia  coriacea  Bg.  —    Syn.  Myrcia  DC.  —    Guad.  (Wickstr.). 

524.  Calyptranthes  pallens  Gr.  —  Syn.  C.  Chytraculia  paueiflora  d  Bg.  — 
Guad.  in  fruticetis  collium  calcareorum:  Duch.  —  Cum  C.  Chytraculia  Sw. 
quoque  in  Jamaica  crescit,  a  qua  nostra  differt  foliis  ovato-ianceolatis  (nee 
ovatis)  subtus  cinereo-pallidis,  junioribus  subtus  pube  adspersis,  inflorescentia 


216  A.  GRISEBACH, 

sirapliciori  breviori,  ramis  ejus  erecto  -  paten tibus  (nee  divaricatis)  tomentoqne 
ejus  serieeo-rufo  (nee  villoso-patulo).  —  Seminis  fabrica  Calyptranthes  Myreiae 
genus  proximum:  bacca  globosa  (2"'  diam.),  margine  ealycino  coronata,  bilo- 
cularis,  pleiosperma ;  erabryo  in  massam  subglobosam  complicatus,  cotyledonibus 
crassiusculis  corrugatis  ineurvatis  radiculam  conicaro  subaequantibus. 

525.  C.  Syzygium  Sw.  —  Ic.  Br.  jam.  t  7.  f.  2.  —  Guad.  (Wickstr.), 
S.  Thom.  (Schlecht.). 

526#.  Jambosa  vulgaris  DC. —  Guad.  in  sylvis  reg.  inf.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.).  —     „Pomme  rosier«.  • 

527.  Mouriria  guianensis  Aubl.  —  Syn.  Petaloma  Mouriri  Sw.  —  S. 
Croix  (Wst). 

Melastomaceae. 

528.  Nepsera  aquatica  Naud.  —  Ic.  Bonpl.  Rhex.  t.  40.  —  Syn.  Spennera 
DG.  —    Guad.  in  margine  sylvarum  reg.  inf.  in  humidis:  Duch.;  S.  Thom.,  Mart. 

(Naud.),  Domin.  (Sw.). 

529.  Hephaestionia  slrigosa  Naud.  —  Ic.  Bonpl.  Rh.  t.  26.  —  Syn. 
Chaetogastra  DC.  —  Guad.  in  reg.  summa  m.  Soufriere :  Duch. ;  S.  Christ,  in 
summo  monte  (Sw.),  Mart  (Naud.). 

530.  H.  chamaecistus  Naud.  —     Mart.  in  summa  reg.  (Naud.). 

531.  Arthroslemma  glomeratum  Naud.  —  Syn.  Osbeckia  DC.  —  Guad. 
in  campis  humidis  graminosis  reg.  inf.  vulgare:  Duch.;  Mart.  (DC). 

532.  Spennera  martinicensis  Naud.  —     Mart.  (Naud.). 

533*.  Beiludet  Aubletii  Naud.  —  Ic.  Seem.  Fl.  panam.  t.  26.  —  Syn. 
Blakea  quinquenervis  Aubl.  —  Guad.  in  reg.  inf.  nunc  vulgaris,  a  l'Herminier 
introdueta:  Duch.     »Fructus  edulis«:  Duch.     »Neflier«. 

534.  Conostegia  subkirsuta  DC.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  ad  torren- 
tes:  Duch.     »Flores  albi«:  Duch. 

535.  C.  montana  Don.  —     Guad.  (Wickstr.). 

536.  C.  calt/ptrata  Don.  —  Ic.  Bonpl  Mel.  t.  46.  —  Guad.  in  sylvis 
montanis:  Duch.;  Montserr.,  Mart  (DC). 

Miconia  sect  Tetrazygia  Rieh.   Petala  4. 

537.  M.  tetrandra  Naud.  —  Syn.  Tetrazygia  DC.  --  Guad.  in  sylvis 
montanis  m.  Mart. :  Duch.  —     Habitu  cum  ceteris  Tetrazygiis  convenit. 


ÜBER  DIE   VEGETATION  DER  KARAIBEN.  217 

538.  M.  discolor  Gr.  —  Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  34.  —  Syn.  f  etrazygia  DC.  — 
Guad.  in  sylvis  montanis:  Duch.;   Montserr.  (DC),   Mart.  (Jacq.). 

539.  M.  elaeagnoides  Gr.  —  Syn.  Tetrazygia  DC.  —  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Jean  (Sw.),   S.  Croix  (Wst.),   Mart.  (Naud.). 

540.  M.  angustifolia  Gr.  —  Syn.  Tetrazygia  DC.  —  Guad.  (Wickstr.), 
S.Jean  (Sw.),   Monts.  (DC). 

541.  M.Rwoeriae  Naud. —   Guad.  in  ra.  Soufriöre:  Duch.;  Mart.  (Naud.). 
M.  sect.  Diplochita  Naud. 

542.  M.  Fothergilla  Naud.  —  Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  32.  33.  —  Syn.  Diplo- 
chita DC.  Mel.  Tomanea  Sw.  —  Guad.  in  montibus:  Duch.  —  »Flores  albi, 
staminibus  luteis«:  Duch. 

543.  M.  serrulata  Naud.  —     S.  Thom.  (Naud.). 
M.  sect.  Laceraria  Naud. 

544.  M.  semicrenata  Naud.  —    Syn.  Conostegia  Ser.  —    Guad.  (Wickstr.). 

545.  M.  comifolia  Naud.  —     Syn.  Conostegia  DC.  ~     Marl.  (DC). 
M.  sect.  Eumiconia  Naud. 

546.  M.  knpetiolaris  DC.  —  Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  29.  —  Guad.  in  sylvis 
pr.  Morne  ä  l'eau:  Duch.     »Bois  cotelettc«,   sicul  ceterae  Melastomaceae. 

547.  M.  holosericea  DC.  —    Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  23.  24.  —     Guad. :  Duch. 

548.  M.  argyrophylla  DC.  —  S.  Thom.  (Naud.).  —  Foliis  supra  opacis 
nostra  (panamensis)  a  praecedente  differt. 

549.  M.  lacera  Naud.  —  Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  5.  —  Marl.  (Naud.).  — 
Calyce  duplici  4  —  5nario  habituque  accedit  potius  ad  Heterotrichum. 

550.  M.  laevigata  DC.  Naud.  —  Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  21.  —  Guad.  in 
fruticetis  m.  Soufriöre:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  Mart.  (Naud.).  —  »Bois 
cotelette«. 

551.  M.  prasina  DC.  Naud.  —     Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Naud.). 

552.  M.Berbiceana  Naud.  -    Syn.  Clidemia  DC.  -  S.  Thom.,  Mart.  (Naud.). 

553.  M.  trichotoma  DC.  —  Naud.  —  Guad.  in  sylvis  montanis:  Duch.  — 
A  M.  prasina  DC.  proxima  parum  differt  nervis  subtus  pube  ferruginea  per- 
sistente obductis.      »Corolla  alborosea":  Ducb. 

M.  sect.  Amblyarrhena  Naud. 

554.  M.  vulcanica  Naud.  —     Guad.  in  m.  Soufriöre  (Naud.). 

Phys.Classe.   VII.  Ee 


218  A.  GR1SEBACH, 

M.  sect.  Arrhenotoma  Naud. 

555.  M.  coriacea  DC.  —     Guad.  in  reg.  summa  m.  Soufriöre  (Sw.). 

556.  M.  abortiva  Naud.  —     Guad.  in  m.  Soufriöre  (Naud.). 

557.  Staphidium  pauciflorumNaud. —  Syn.  Clidemia  DC. —  S.  Thom.  (Naud.). 

558.  St.  spicalum  Naud.  —    Ic.  Bonpl.  Mel.  t.  3.  —    Syn.  Clidemia  DC. 
S.  Thom.  (Naud.). 

559.  St.  latifolium  Gr.  —  Syn.  Clidemia  DC.  —  Staphidiastrum  Naud.: 
genus,  tantum  flore  4nario  dislinctum,  ad  Staphidium  reducendum  videtur.  — 
Guad.  in  sylvis  montanis  ad  ripas:   Duch. 

560.  St.  umbrosum  Gr.  —  Syn.  Staphidiastrum  Naud.  Sagraea  DC.  —  S. 
Christ.  (Sw.),    Mart.  (Naud.). 

561.  St.  attenuatum  Gr.  —  Syn.  Slaphidiastrum  Naud.        S.Thom.  (Naud.). 

562.  Ossaea  amygdalina  DC.  —     S.  Thom.  (Naud.). 

563.  Heterotrichum  angustifolium  DC.  —     Mart.  (DC). 

564.  Clidemia  guadalupensis  Gr.  —  Syn.  Sagraea  DC:  genus  reducen- 
dum ad  Clidemiam,  a  qua  nonnisi  flore  4nario  differt,  S.  acutiflora  Naud.  ipsa 
ex  numero  organorum  4  —  5  ambigua.  —  Guad.  in  m.  Soufri&re:  Duch.  — 
„Bois  cotelette«. 

565.  Cl.  sparsiflora  Gr.  —  Syn.  Ossaea  DC.  Sagraea  Naud.  —  Guad. 
in  m.  Soufrifere:  Duch. 

566.  Cbarianthus  coccineus  Don.  —  Guad.  in  reg.  summa  m.  Soufrtere 
(Sw.),    Mart.  (Naud.);   Ch.  glaberrimus  DC:  Guad.  (Duch.). 

567.  Cb.  ciliatus  DC.  —     Mart.  (Naud.). 

568.  Blakea  laurifolia  Naud.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  ad  torrentes : 
Duch. —     »Fiores  rosei«:    Duch. 

Combretaceae. 

569.  Bucida  Buceras  L.  —  Ic.  Sl.  t.  189.  f.  3.  —  Guad.  ad  ripas: 
Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.). —     »Bois  Gligli,   bois  gigri«. 

570*.  Termmalia  Catappa  L.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t  197.  —  Syn.  T. 
intermedia  Berter. —  Guad.:  Duch.—    ?Fructus  edulis":  Duch. —   «>Amandier-. 

571.  T.  latifolia  Sw.  Guad.  (Wickstr.),   S.  Barlh.  (Wickstr.). 

572.  Cotiocarpus  erectus  L. —  Ic.  Jacq  amer.  pict.  t.  78. —  Guad.: 
Duch.;  S  Thom.  (Schlecht) ,  S  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  »Mangle«. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  219 

573.  Laguncularia  racemosa  G.  —    Ic.  Jacq.  amer.  pict.  L  79.  —    Guad. : 
Dach.;  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (WsL),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Thymeleae. 

574.  Hargasseria  tinifolia  Endl  —  Syn.  Daphne  Sw.  —  Guad.  (Wickstr.). 

575.  H.  occidentalis  Gr.  —     Syn.  Daphne  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

576.  Hernandia  sonor a  L.  —     Guad.:  Duch.;   Mart.  (Jacq.). 

Laurineae. 
577*.  Cinnamomum  zeylanicura  Breyn.  —     Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 117. — 
Mart.  in  sylvis  montanis  (Jacq.). 

578     Phoebe  membranacea  Ns.  —     Guad.  (Wickstr.). 

579.  Persea  gratissima  G. —  Ic.  Sl.  t  222.  f.  2.  —  Guad.:  Duch.; 
Mart.:  Sieb.  Fl.  mart.  nr.  307!  —     »Avocat«. 

580.  Hufelandia  thomaea  Ns.  —     S.  Thom.  (Ns.). 

581.  Aidendron  microbotryum  Ns.  —  Syn.  Laurus  salicifblia  Sw.  ex 
descr.  et  loco  ap.  Wicksr.  —  Guad.  raro:  Duch.  —  Aidendron  salicifolium 
Ns.  suum  guianense  (exclus.  syn.  Sw.)  Ns.  floribus  sessilibus  distinguit,  sed 
Swartz  ipse  flores  racemosos  dixerat.  -  »Arbor  mediocris,  floribus  albis" : 
Duch.  Fructus  ovoideo-oblongus,  truncato- obtusus,  6'"  fere  longus,  cupula 
margine  discreta  semitectus.  »Bois  Coligue«. 

582.  Nectandra  sanguinea  Rottb.  —  Ic.  Sl.  1. 166.  f.  1.  Jacq.  coli.  15. 
f.  2. —  Syn.  Laurus  Borbonia  Poit.!  in  hb.  Gott.  —    Guad.:  Duch.;  Mart.  (Jacq.). 

583.  Oreodaphne  panriflora  Ns.  —  Syn.  Laurus  Sw.  —  Guad.  in  mon- 
tibus:  Duch.  —  Diagn.  emend.:  0.  (Agriodaphne)  foliis  oblongis  breviter 
abruptim  acuminatis  subtus  utrinque  14 — 16costatis  glaucescentibus  glabris, 
paniculis  axillaribus  demum  cernuis  folio  grandi  multo  brevioribus,  junioribus 
pubescentibus ,  cupula  verrucosa  truncata  crassa  fructum  oblongum  dimidium 
aequante.  —  Proxima  habitu  Lauro  martinicensi  Sieb.  mart.  nr.  79!  (hb.  Gott.): 
cum  0.  Leucoxylo  convenit  cupula,  differt  fructu  oblongo  (nee  globoso)  — 
»Arbor  elata":  Duch. 

584.  0.  leueoxylon  Ns.  —     Guad.  (Wickstr.). 

585.  0.  cernua  Ns.  —  Syn.  Laurus  exaltata  Sieb  hb.  martin. !  —  Guad. 
in  sylvis:  Duch.;  Mart.:  Sieb.  —     Species  0.  coriaceae  affinis,  a  sect  Agrio- 

Ee2 


220  A.  GRISEBAGH, 

dapbne   ad   Ceramophorara   Iransponenda :   fructu   atro   nitido   ovoideo-oblongo 
(8'"  longo)  mox  a  cupula  brevi  (l1/*'"  alla)  separato.  —     »Bois  nägresse«. 

586.  0.  coriacea  Ns.  (exclus.  synon.  Sw.).  —  Guad.  in  sylvis  humidis : 
Duch.  —  Differt  a  praecedente :  foliis  angustioribus  longius  acuminatis  minus 
coriaceis,  fructu  globoso  (6"'  diam.)  a  cupula  patellari  (4'"  diam.)  per  strictu- 
ram  quandam  sejuncto,  mox  libero  purpurascente  et  pedunculis  fructiferis  magis 
incrassatis  obconicis  minus  cernuis.     Cortex  opacus,   folia  saepe  semipedalia. 

587.  Cassytha  americana  Ns.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 116.  —  Syn. 
C.  filiformis  Jacq.  —    Guad.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.).  —    »Corde  ä  violon«. 

Onagrarieae. 

588.  Jussiaea  variabilis  Mey.  Fl.  Esseq.!  —  Guad.  in  locis  udis  reg. 
inf.  m.  Marl:  Duch. —  Folia  repando-integerrima,  qualia  etiam  exstant  in 
specimine  originario. 

589.  J.  erecta  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  175.  f.  2.  —  Guad.  in  aquosis: 
Ducb.;   S.  Croix  (Wst). 

590.  J.  octonervia  Lam.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 105.  —  Ins.  carib.  (Jacq.). 

591.  J.octofilaDC. —  Ic  Plum. amer.  t. 175.  f.  1. —  Guad.  ad  fossas:  Duch. 

Lythrarieae. 

592.  Ammannia  latifolia  L.  —     Ic.  Sl.  t.  7.  f.  4.  —     Guad.:  Duch. 

593.  A.  humilis  Mich.  —     Guad.  in  inundatis  m.  Jul.:  Duch. 

594.  A.  sanguinolenta  Sw. —    Guad    (Wickstr.),  S.  Thom.  (Schlecht.). 

595.  A.  occidenlalis  DC.  —     Syn.  Peplis  Spr.  —     Guad.  (Wickstr.). 
596*.  Lawsonia  inermis  L.  —     Guad.:  Duch.;   S.  Barth.  (Wickstr.). 
597.     Antherylium  Rohrii  Vahl.  —    S.  Thom.:  Duch. —   Genus  Lawsoniae 

affine,  seminibus  fusiformibus  minutis  exalbuminosis  a  Legnotideis  valde  remo- 
tum.     Char.  gen    emendatus: 

Calyx  valvaris,  4partitus.  Petala  4  calycis  tubo  brevi  ad  apicem  inserta, 
alba,  decidua.  Stamina  12 — 16,  immediatim  infra  petala  ex  typo  spirali  inserta, 
antberis  in  tilamenti  tenuis  apice  versatilibus  circinatim  recurvis  (minime  adnatis) 
bilocularibus,  rima  introrsa,  connectivo  inconspicuo.  Capsula  polysperma, 
(3-)4valvis;  semina  minutissima,  fusiformia,  exalata,  testa  embryoni  exalbumi- 
noso  conformi,  cotyledonibus  angustis. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  221 

Cucurbitaceae. 

598.  Anguria  pedata  L.  --     Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.). 

599.  A.  trilobata  L.  —     S.  Croix  (Wst.),  Mart.  (DC). 

600.  Bryonia  americana  Lam.  —  Guad.:  Duch.  —  Bacca  rubra,  serai- 
nibus  3      7. 

601.  B.  racemosa  Mili  —  Ic.  Plum.  descr.  t.  97.  —  Syn.  B.  guadalu- 
pensis  Spr.  ex  loco  et  baccis  oblongis.  —  Guad.  in  campis  udis  pr.  Morne  & 
l'eau:  Duch. 

602*.  Momordica  Charantia  L.  —     Ic.  Hill.  fig.  t.  171.   -     Guad.:  Duch. 
603*.  M.  Balsamina  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.) ,   S.  Croix  (Wst). 
604.     Lagenaria  vulgaris  Ser.  —     Guad.:  Duch.,   S.  Croix  (Wst). 
605*.     Luffa  acutangula  Roxb.  —    Ic.  Jacq.  ht.  vind.  3.  t.  74.  —    Guad.: 
Duch.  —     »Torchon«. 

606.  Cucumis  Anguria  L.  —  Ic.  Hill.  fig.  t.  33.  —  Guad.:  Duch.;  S. 
Barth.  (Wickstr.). 

607.  Sicyos  angulatus  L.  —      Guad. ,   S.  Barth.  (Wickstr.). 

Nhandirobeae. 

608.  Feuillea  cordifolia  Poir.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Begoniaceae. 

609.  Begonia  macrophylla  Dry.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  45.  f.  1.  —  Guad. 
in  ra.  Soufriöre  m.  Hart.:    Duch. 

610.  B.  nitida  Dry.  —     Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr). 

Cacteae. 

611.  Helocactus  communis  Lk.  Otto. —  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix 
(Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

612.  Cereus  monoclonos  DC.  —  Syn.  Cact.  peruvianus  Wst.  —  S. 
Croix  (Wst.). 

613.  C.  triangularis  Haw.  —     S.  Croix  (Wst.),   Hart.  (Jacq.). 

614.  C.  trigonus  Haw.  —     S.  Eust.  (Jacq.). 

615.  Phyllocactus  pbyllanthus  Lk.  —     Guad.  (DC.J. 

616.  Opuntia  curassavica  Hill. —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Wst.), 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

617.  0.  vulgaris  Hill.  —     Guad  (Wickstr.). 


222  A.  GRISEBACH, 

618.  Pereskia  aculeata  Hill.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Homalineae. 

619.  Homalium  racemosum  Jacq.  —  Ic.  Sw.  Fl.  t.  17.  -  Guad.  in 
sylvis  reg.  inf.:    Duch.,   Hart.  (Jacq.),  -      »Acomat  franc«. 

Passifloreae. 
Passiflora  sect.  1.     Cieca  Hed. 

620.  P.  pallida  L.  —  Ic.  Plum.  descr.  t.  89.  —  Guad.:  üuch. ;  S.  Croix 
(Wst.).  -  Folia  non  acuminata,  sed,  ut  in  ic.  Plum.,  rotundato-obtusiuscula, 
nee  petioli  supra  medium,  sed  medio  glanduliferi:  fallitur  igitur  Richard  (Fl. 
cub.  1.  p.  597),  cum  stirpem  Linnaeanam  ad  P.  minimam  L.  reduxerit,  a  qua 
nostra  species  fruetu  ovoideo  (qualem  praebent  et  ic.  Plum.  et  speeimina),  figura 
folii  et  situ  glandularum  differt.  —  »Flores  lutescentes,  corona  basi  coeru- 
lescente,   apice  lutea «:    Duch. 

621.  P.  minima  L.  S.  Croix  (Wst.). 

622.  P.  suberosa  L.  —  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  2.  1. 163.  Plum.  descr.  t.  88 
(partim).—      S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

623.  P.  peltata  Cav.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

624.  P.  hirsuta  L.  —  Ic.  Plum.  descr.  t.  88  (partim).  —  Syn.  P.  par- 
viflora  Sw.  —  Guad.  in  sepibus  toto  anno:  Üuch.  —  S.  Croix  (Wst).  — 
»Liane  &  l'encre«. 

625.  P.  hederacea  Cav.  —  Ic.  Plum.  descr.  t.  84.  —  Guad.  in  fruticetis 
litoralibus:  Duch. —  Proxima,  etiam  fruetu,  P.  luteae  L.,  petiolo  supra  medium 
biglanduloso  dislincta.  Folia  in  ic.  Plum.  bene  data,  subtus  hinc  inde  ocellata; 
fruetus  globosus  Cerasi  minoris  diam.  —     »Liane  &  l'encre«. 

P.  sect.  2.    Decaloba  DC. 

626.  P.  rubra  L.  Ic.  Plum.  descr.  t.  83.  —  Guad.  in  m.  Soufrifcre 
ad  rivulos,  Crabb-Island:  Duch. —  Fruetus  ovoideus,  6carinatus,  ubique 
velutinus. 

627.  P.  rotundifolia  L.  ß.  Jacquini  DC.  —  Ic.  Jacq.  obs.  t.  46.  f.  1.  — 
Guad.  pr.  Riviöre  noire  raro:   Duch. 

Obs.  P.  coriacea  Rieh.  cub.  seeundum  speeimin.  havanens.  reducenda  est 
ad  Murucujam  ocellatam  Pers.  sive  P.  Hurucujam  L.  (BoL  reg.  t.  574  et  Tuss. 
Ant.  2.  t.  7) :   sed  genus  Hurucuja  ex  afDnitate  P.  Hurucujae  L.  cum  P.  biflora 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  223 

Lora,  aliisque  ipsum  antiqaandum  est,    nisi  sectiones  Passiflorae  pro  generibus 
distinctis  adoptarentur. 

P.  sect.  3.     Granadilla  DC. 

628.  F.  laurifolia  L.  —  Ic.  Plum.  descr.  t.  80.  Jacq.  amer.  pict.  t.  219.  — 
Guad.:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.).  —     „Pomme  Liane«. 

629.  P.  quadrangularis  L.  -       Guad.  (Wickstr.),   S.  Croix  (Wst,). 

630.  P.  maliformis  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

631.  P.  serrata  L. —  Ic.  Plum.  descr.  t.  79.  —  Guad.  in  sylvis  humidis 
pr.  Grippen!:   Duch.  —     »Pomme  d'Agouti«. 

P.  sect.  4.     Dysosmia  DC. 

632.  P.  foelida  L.  -  Ic.  Plum.  descr.  t.  86.  —  Guad.  in  cultis:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  „Odor  non 
foetidus,  sed  multis  gratus;  fructus  luteus,  olens,  edulis«:  Duch. —   »Magouja«. 

Turneraceae. 

633.  Turnera  ulmifolia  L.  —  Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Wst.). 

634.  Piriqueta  cistoides  Gr.  —  Ic.  Sl.  1. 1 27.  f.  7.  Syn.  Turnera  L.  ex 
ic.  Sl.  (vix  Sw.,  qui  plantae  suae  stylos  3  et  semina  subrotunda,  fusca  tribuit). 
T.  jonidioides  Rieh.  cub.  ex  descr.  —  Guad.:  Duch. —  Radix  annua;  caulis 
strictus  1 — 2pedalis;  corolla  »lutea«:  Duch.;  styli  3,  singuli  ad  basin  bipartiti 
(inde  stylodia  6,  apud  auetores  generis  styli  6),  stigmate  in  quoque  stylodio 
breviter  multifido  deeiduo;  semina  pallida,  oblongo-incurva,  margine  coneavo 
arillo  breviter  alata. 

Papayaceae. 
635*.  Carica  Papaya  L.  —   Guad.:  Duch.,  S.  Croix  (Wst.).        »Papaye«. 

Crassulaceae. 
636*.  Bryophyllwn   calycinum  Salisb.     -      Guad.   in   ruderatis:   Duch.  — 
7) Herbe  ä  mal- de -töte«. 

Legnotideae. 
637.  Cassipourea  alba  Gr.  foliis  ellipticis  utrinque  obtusiusculis  integer- 
rimis  breviter  petiolatis,  fasciculis  florum  axillaribus  paueifloris,  floribus  pedi- 
cellum  subaequantibus,  calyce  4fido,  petalis  4  »albis«,  laminis  palmaßfidis  villosis, 
staminibus  12—  16  stylum  sub  anthesi  superantibus.  —  Syn.  Legnotis  elliptica 
Wickstr.  ex  loco  (non  Sw.).        Guad.  in  sylvis  reg.  inf.  pr.  Morne  ä  l'eau:  Duch. 


224  A.   GRISBBACH. 

Legnotis  elliptica  Sw.  sec.  descr.  recedit  a  nostra:  typo  floris  quinario, 
petalis  incarnatis  (villo  albo),  staminibus  20—40  slylo  superatis. —  »Arbuscula 
15— 20pedalis«:  Duch.  Folia  rigida,  glabra,  venosa,  (4": 2"),  petiolo  (3"' 
longo}  apice  cum  lamina  continuo  pedicellos  3—5  subaequante.  Calyx  2 — 3"' 
longus,  ad  medium  4fidus,  lobis  erectis  ovatis  acutis;  petala  ungue  2'"  longo 
laminam  divisam  subaequante;  Stylus  mox  excrescens,  stigmate  obscure  trilobo; 
fructus  immaturus  trigonus,   cum  stylo  sericeus. 

638.  C.  guianensis  Aubl.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Rhizophoreae. 

639.  Rhizophora  Mangle  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  132.  —  Guad.: 
Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.). 

Saxifrageae. 

640.  Weinmannia  glabra  L. —     Guad.  in  sylvis  montanis:  Duch. 

641.  W.  hirta  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Hederaceae. 

642.  Hedera  capitata  Sm.  —  Syn.  Aralia  Jacq. —  Guad.  (DC),  Mart. 
in  sylvis  (Jacq.). 

Ilicineae. 

643.  Ilex  sideroxyloides  Gr.  glaberrima,  foliis  late  ellipticis  (3" :  1%") 
apicnlato-obtusis  basi  in  petiolum  (4 — 5'"  longum)  attenuatis  integerrimis  utrinque 
venosis,  corymbis  3 — 8floris  sub  anthesi  petiolum  subaequantibus,  nunc  aggre- 
gatis,  fructiTeris  duplo  longioribus,  pedicellis  medio  articulatis,  petalis  4  —  5 
distinctis  calycem  minutum  plus  duplo  superantibus,  bacca  globosa  (3 — 4',/  diam.) 
stigmate  convexo  4 — öradiato  coronata.  —  Guad.  m.  Mart.:  Duch. —  »Bois  citron*. 

Ex  diagnosi  (Wp.  Ann.  2.  p.  265)  accedit  I.  celastroides  Kl.  floribus 
fasciculatis  (nee  corymbosis)  a  nostra  distinguenda.  Ex  veteribus  descriptio- 
nibus  recedunt  Prinos  nitidus  Vahl:  anlheris  exsertis  et  stigmate  acuto;  P. 
sideroxyloides  Sw.  corolla  rotata  6partita  (tarnen  lusu  numerus  partium  dimi- 
nuitur)  et  peduneulis  axillaribus  unifloris. 

Obs.  Species  Ilicis  et  Prini  corolla  polypetala,  quae  antherae  quoque 
struetura  conveniunt,  forsan  olim  in  genere  proprio  (Prinodia  m.)  colligi  pos- 
sunt,  quo  speetant  I.  sideroxyloides,  bumelioides  Kth.  et  plures  brasilienses. 
Character  genericus,  ex  duabus  speciebus  primariis  concinnatus,  foret:   Flores 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  225 

bermapbroditi ;  calyx  4-  Slobus  persistans;  petala  4 — 5  distincta,  basi  lata 
exunguiculata ,  hypogyna,  irabricativa;  stamina  4 — 5  bypogyna,  filamentis 
subulatis,  anthera  cordata  biloculari  introrsa  erecta;  ovarium  4  —  51oculare, 
localis  uniovulatis,  stigmate  sessili  4 — öradiato  persistente;  bacca  (pericarpio 
lignescente)  4  —  öpyrena,  pyrenis  cbartaceis  laevibus  monospermis ;  semina 
pendula,  ovato-trigona ,  testa  laevi  atra;  —  arbores  babitu  Sideroxyli,  semper- 
virentes,  foliis  alternis  coriaceis  glabris  lucidis,  corymbis  v.  umbellis  axillaribus 
paucifloris  stipitatis  y.  subsessilibus. 

644.  Prinos  montanus  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

645.  P.  sideroxyloides  Sw.  —  S.  Christ. ,  Montserrat  in  m.  Soufriöre  (Sw.). 

Umbelliferae. 

646.  Hydrocotyle  umbeUata  L.  —  Ic.  Rieh,  in  Ann«  sc.  phys.  4.  t.  52. 
f.  3.  —     Guad. :  Duch. 

647.  H.  repanda  Fers.  —  Ic.  Rieh.  1.  c.  t.  57.  f.  14.  —  Guad.  in  palu- 
dosis  graminosis:  Duch. 

648.  H.  spicata  Lam.  —     Syn.  H.  hirsuta  Sw.  —    Guad.  (Wickstr.). 

649.  Eryngium  foetidum  L.  —  Ic.  Sl.  1. 156.  f.  3.  4.  —  Guad.:  Duch.  — 
»Herbe  puante«. 

Araliaceae. 

650.  Panax  attenuatum  Sw.  —  Guad.,  S.  Christ.  (Sw.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Casuarineae. 
651*.  Casuarina  equisetifolia  Forst.  —     Guad.:  Ducb. 

Asarineae. 

652.  Aristolochia  trilobata  L.  —  Ic.  Jacq.  eclog.  t.  26.  —  Guad.: 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.). 

653.  A.  obtusata  Sw.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  33.  —   Guad.  in  fruticetis :  Duch. 

654.  A.  constrieta  Gr.  fruticosa,  volubilis,  ramis  petiolisque  pubescentibus, 
foliis  sinu  aperto  cordato-ovatis  apice  rotundato  cuspidatis  5 — 7nerviis  reticulato- 
venosis  glabriusculis ,  stipuiis  deeiduis,  floribus  axillaribus  solitariis,  perigonio 
unilabiato  extus  pubescente  intus  glabro,  tubo  tenui  basi  inflato  apice  dilatato 
labium  ovato-oblongum  obtusiusculum  paullo  superante.  —  Guad.  in  margine 
sylvarum  pr.  Morne  k  l'eau:  Ducb. 

Proxima  A.  augorcidae  L.   et  inprimis   A.  retieulatae  Seem.,   quae  labio 
Phys.  Classe.  VII  Ff 


226  A.  GRISEBACH, 

cordato  et  forma  foliorum  differt;  ab  A.  pilosa  Kth.  nostra  recedit  foliis  gla- 
briusculis  et  deficiente  strictura  labii. —  Folia  4 — 6":  3 — 4",  petiolo  i— 2" 
longo;  pedunculi  1"  longi.  Perigonium  »extus  violaceum  luteo - lineatum « : 
Duch.,  basi  inflata  ovoidea  2  —  4"'  longa,  strictura  triplo  longiori  costata 
labium  snbaequante. 

655.  A.  anguicida  L  —     Guad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Wst). 

Olacineae. 

656.  Heisteria  coccinea  Jacq.  —     Mart.  in  sylvis  m.  Febr.  Mart.  (Jacq.). 

657.  Schoepfia  arborescens  R.S. —  Guad.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.), 
Montserr.  (DC). 

Loranthaceae. 

658.  Viscum  tereticaule  DC.  —  Syn.  V.  latifolinm  S w.  —  Guad.  (Wickstr.). 

659.  V.  macrostacbyon  Jacq.  —     Mart.  (DC). 

660.  V.  tetragonum  DC.  —     Guad.  (DC). 

661.  Lorantbus  emarginatus  Sw.  —     Guad.  (DC). 

662.  L.  uniflorus  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  araer.  pict.  t.  100.  —  Guad.  in 
fruticetis  litoralibus  super  arboribus:  Duch. 

663.  L.  americanus  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  98.  —  Syn.  lu 
Jacquini  DC.  —   L.  guadalupensis  Duch.  (an  DC?).  —   Guad.  in  arboribus:  Ducb. 

Rubiaceae 
Tr.  I.     Cinchonaceae. 

Subtr.  1.     Cinchoneae. 

664.  Hülia  longiflora  Sw.  —  lc.  Jacq.  amer.  pict  t  97 :  icon  recedit 
a  nostra  corollae  lobis  duplo  brevioribus.  —  Guad.  in  sylvis  montanis:  Duch.; 
Mart.  (Jacq.).  ---  Caulis  superne  obsolete  tetragonus;  involucrum  diphyllum; 
corollae  lobi  bipollicares,   fere  dimidium  tubum  aequantes. 

665.  Exostemma  caribaeum  R.S. —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t  63.  —  Guad. 
in  fruticetis  solo  calcareo:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S. 
Barth.  (Wickstr.).  —     »Quinquina  caraibe«. 

666.  E.  floribundum  R.S. —  Guad.,  Mart.,  Domin.,  in  reg.  montana  (Sw.). 
Subtr.  2.     Gardenieae. 

667.  Genipa  americana  L.  —     Guad.:  Duch.     »Genipa«. 

668.  Randia  aculeata  L.  —   Ic.  SI.  1. 1 1.  f.  4.  —    Syn.  R.  iatifolia  Lam.  — 


> 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBBN.  227 

Guad.  in  fruticelis  litoralibas:  Dach.;  S. Thom.  (Schlecht) ,  S.  Barth.:  Forsstr.  '— 
»Petit  Coco«. 

m 

ß.  mitis  L.  —  Ic.  Sl.  t. 161.  f.  1.  —  Guad.:  Duch.  Recedit  ab  u.  foliis 
triplo  majoribus  magis  rotundatis  in  basin  longius  attenuatis,  venis  utrinque 
exquisitius  prominulis;   fructu  convenit. 

669.  R.  armata  DC.  —    Mark  (Jacq.). 

670.  Coccocypselum  repens  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 
Subtr.  3.     Rondeletieae. 

671.  Macrocuemum  jamaicense  L.  —     Guad.  (DC). 

672.  Chimarrhis  cymosa  Jacq.  —  Guad.  in  sylvis  primaevis  reg.  inf.  pr. 
Morne  ä  l'eau:  Duch.;  Mart.  (Jacq.)« —  »Arbor  elata,  ramis  junioribus  hexapte- 
ris«:  Ducb.  Venae  folii  primariae  attenuatae,  12  — 16,  subtus  prominulae. 
Corymbus  densiflorus,  more  Viburni.  »Corolla  5 — öfida,  villis  faucem  clau- 
dentibus,  staminibus  exsertis,  odore  gratissiino a :  Ducb.  Capsula  intus  deorsum 
dehiscens?  mox  apice  hians,  valvis  rotundatis  apice  lacero  -  subemarginatis, 
seminibus  minutis  indefinitis  (placentas  pro  semine  solitario  habuit  Jacq.). 

673.  Portlandia  grandiflora  L.  —     S.  Thom.  (DC). 

674.  Rondeletia  laurifolia  Sw.  —     Guad.  (DC). 

675.  R.  pilosa  Sw.  —  Ic.  Vahl  symb.  3.  t.  54.  —  S.  Thom. :  Duch. ; 
S.  Croix,  Montserr.  (Sw.). 

676.  R.  buxifolia  Vahl.  —     Montserr.  (DC). 
Subtr.  4.     hertieae. 

677.  Gonzalea  spicata  DC.  —     Guad. :  Duch. 

678.  hertia  Haenkeana  DC.  —  Syn.  I.  coccinea  Bartl. !  —  Guad. : 
Ducfa.  —  Adumbratio  apud  DC  sphalmate  quodam  dimensiones  corollae  ob- 
scurat:  nostrae  corolla  vix  pollicaris,  extus  tenuiter  velutina,  quare  intermedia 
est  species  inter  I.  coccineam  AubL  (Syn.  I.  flava  Miq.  ex  pl.  Hostm.!)  et 
I.  parvifloram  Vahl  (ex  speeim.  Mey.  Fl.  Esseq.!). 

Subtr.  5.    HameUeae. 

679.  Hamelia  patens  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  72.  —  Guad. : 
Duch.;  S.  Croix  (WsL).  —  Antherae  lineares,  in  speeiminibus  haitiensibus 
semiexsertae  (quo  cbar.  gen.  reformandus  est). 

680.  H.  lutea  Rohr.  —     S.  Croix  (Wst  sec.  DC). 

Ff2 


226  A.  GR18BBACH, 

681.  Schradera  capitata  Vahl.  —    Honte.  (DG.> 

682.  Sehr,  cephabtes  W.  —     Guad.  (Wickstr.). 
Tr.  II.     Coffeaceae. 

Sttbtr.  1.     Gueitardeae. 

683.  Marinda  maeropkytta  Desf.  —  Guad. :  Doch.  (Patria  adhnc  latuit).  — 
Foliis  pedalibus,  ovalis  et  caule  soperne  tetragono  recognoscitar,  pedaneulis 
oppositifoliis  vel  terminalibus  geminis  ad  sectionem  M.  citrifoliae  spectat  —  M. 
Rojoc  L.  (sec.  ic.  Jacq.  ht.  vind.  t.  16)  differt  a  nostra  foliis  mnlto  minoribas 
angastioribasque  et  inflorescentia,  H.  citrifolia  L.  capitata  fruetifero  obtuse 
ovato  (qnod  in  nostra  globosum  pollicis  diam.). 

684.  Guettarda  rugoso  Sw.  —  Sieb.  Fl.  martin.  nr.  58 !  —  Guad.  in 
Collums  calcareis  Grandeterre:  Doch.;  S.  Thotn.  (Schlecht),  Domin.,  Antig. 
(Sw.).  —     »Bois  madame«. 

685.  G.  parvißora  Vahl.  —  Guad.:  Dach.,  S.  Thom.  (Schlecht),  S. 
Croix,  Montserr.  (DC),  S.  Barth.  (Sw.,  Wickstr.). 

686.  G.  odorata  Lam.  —     Gnad.  (Wickstr.). 

687.  G.  resinosa  Pers. —  Ic.  Vahl  ecl.  1.  t  10.  f.  6:  analysis,  calyce 
non  rite  delineato.  —  Syn.  G.  viscosa  Walp.  Decad.  nr.  19 !  —  Guad.  in 
collibns  calcareis  litoralibns ,  D&irade :  Dach. ;  Montserr.  (DC).  Calycis  limbas 
acute  ödentatus. 

688.  G.  coriacea  Pers.  —     Gaad.  (DC.) ,  Montserr.  (Vahl). 

689.  G.  crispiflora  Vahl.  —     Montserr.  (Vahl). 

690.  Slenostomum  lucidum  Gärtn.  —  Gaad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Sw.), 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

691.  St.  acutatum  DC.  —  Gaad.:  Dach.  —  Proximam  praecedenti 
(qnod  ex  insolis  Cuba  et  Haiti  comparo),  distinetam  foliis  basi  brevissime  in 
petiolum  attenaatis ,  floris  namero  qaaternario  et  limbi  calycini  lobis  acutis.  — 
Corollae  tubus  tenuis,  4,/r  longus,   extus  paberalas. 

692.  Chione  glabra  Rieh.  —  Syn.  Psycho tria  megalosperma  V.  ap. 
Wickstr.  —     Guad.  in  sylvis  montanis :  Dach.  —    Folia  punctata. 

693.  ErähaUs  fruticosa  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t  260.  f.  20. :  fios.  — 
Gnad.  in  collibus  calcareis  litoralibus  m.  Aug.:  Dach.;  S.  Thom.  (Schlecht), 
S.  Croix  (Wst),  Marl.  (Jacq.). 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  229 

694.  Strnmpßa  maritima  Jacq.  —  Guad.  in  marianus  m.  Jan.:  Duch.;  S. 
Barth.  (Wickstr.).  —  Calycis  tubus  breviter  ovatus,  com  corolla  extus  puberulus. 

Subtr.  2.     Psychotrieae. 

695.  Ixara  ferrea  Beruh.  —  Ic.  Jacq.  araer.  pict  t.  259.  f.  7 :  flos.  — 
Syn.  Siderodendron  triflorum  Vahl.  —  Guad.  in  sylvis  udis  reg.  mont:  Duch.; 
Hart.  (Jacq.) ,  Montserr.  (DC).  —  Forma  guadalupensis  pedunculis  aggregatis 
(a  DC.  designata)  in  vulgarem  ibidem  transit. 

696.  Tertrea  martinicensis  DC.  —     Mart  (DC.). 

697.  Ckiococca  racemosa  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t  69.  —  S. 
Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst). 

698.  Ch.  caracasana  KL!  (in  herb.  Gott).  —  Syn.  Ch.  racemosa  d. 
longifolia  DC.  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus  vulgatissima :  Duch.  »Medica- 
mentnm  contra  luem  a  medicastris  usilatum ;  semina  a  palambibus  comeduntur« : 
Duch.     »Petit-  brande«. 

699.  Scolosanthus  versicolor  Vahl.  —     S.  Croix  (DC). 

700.  Faramea  odoratissima  DC.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t.  68.  —  Guad. 
in  sylvis  humidis:  Duch.;  S,  Croix  (Wst). —     »Cafö  marron*. 

701.  Ronabea  latifolia  AubL  —  Ic.  Aubl.  t  55.  —  'Syn.  Psychotria 
axillaris  Wickstr.  —  Guad.:  Duch.  —  # Arbuscnla" :  Duch.  Folia  pellucido- 
punctata. 

Psychotria  sect  1.  Eupsychotria  Oerst  Stipulae  distinctae,  persistentes. 
Cocci  dorso  4costati  v.  laeves. 

702.  Ps.  pubescens  Sw.  —  Syn.  Ps.  bebeclada  DC.  ex  synon.  Barth !  — 
Guad.  in  reg.  inf.  m.  Mart:  Duch.  —     Forma  foliis  glabratis. 

703.  Ps.  grandis  Sw.  —  Guad.  ifi  sylvis  udis  pr.  Morne  &  l'eau  reg. 
inf.:  Duch.  —  Convenit  cum  specim.  Haenkean.!  a  DC.  citat.  »Statura  nunc 
20  —  25',  nunc  5 — 6',  floribus  corymbique  ramis  albis,  fructu  lutescente « : 
Duch.     Antberae  exsertae. 

Ps.  sect.  2.  Slrempeliastrum.  Stipulae  connexo-amplexicaules,  margine 
membranaceo  deciduo,   basi  persistente.    Cocci  Iaeviusculi. 

704.  Ps.  parasitica  Sw.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t  73.  —  Guad.  in  sylvis 
montanis  parasitica  super  arboribus:  Duch.;  Monts.,  S.  Christ,  Domin.  (Sw.), 
Hart  (Jacq.). 


*■ 


230  A.   GRISEBACH, 

Ps.  sect.  3.  Mapouria  Alibi.  Oerst.  Stipulae  fusco-membranaceae,  a  basi 
circumscissae ,  caducae.     Cocci  dorso  ösulci. 

705.  Ps.  ßoribunda  Kth.  —  Sieb,  martin.  nr.  77 !  —  Guad,  ad  ripas 
torrentium:  Duch.,  Mart.:  Sieb.  —  Fructus  ovoideus,  4'"  longus,  costis  10 
convexo-planiusculis,  limbo  calycis  demum  evanido. 

706.  Ps.  chimarrhoides  DC.  —  Sieb. FI.  mixt,  nr.388!—  Guad.:  Duch.—- 
Cymae  ramo  excrescente  saepe  quasi  axillares. 

707.  Ps.  horizontaUs  Sw.  —  Sieb.  Fl.  martin.  nr.  76 !  —  Rieh.  Scbomb. 
pl.  guian.  nr.  684!  —  Guad.:  Duch.  —  Folia  praeter  axillas  venarum  plane 
glabreseunt,  sed  corollae  fauce  nuda  nostra  recedit  a  Ps.  oligotricha  DC. 
Fructus  e  basi  ovata  breviter  oblongatus  obtusus,  costis  demum  praeter  com- 
missurales  evanidis  laeviusculus ,  3'"  longus,  2'"  latus,  limbo  calycino  evanido. 

708.  Ps.  oligotricha  DC.  —     Mart.  (DC.). 

709.  Ps.  corymbosa  Sw.  —     Guad.  in  sylvis:  Duch. 

710.  Ps.  laurifolia  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

711.  Ps.  tenuifolia  Sw.  —     S.  Croix  (Wst.). 

712.  Ps.  Brownei  Spr.  —  S.  Thom.  (DC),  S.  Croix  (Wst. :  Ps.  asiattca  ej.> 

713.  Palicourea  crocea  DC.  —  Benth.  in  pl.  Oerst.  —  Guad.  in  sylvis 
udis  m.  Soufri&re:  Duch. 

Obs.  Psychotria  crocea  Mey.  Fl.  esseq. !  (Syn.  Palic.  crocea  Rieh.  Schomb. 
coli.  nr.  80!)  ex  synonymis  exeludenda  et  ex  corolla  longiori  et  stipularum 
vagina  longiori  ad  Palic.  mexicanam  Benth.  (1.  c.)  referenda  est.  Altera  species 
guianensis,  stipulis  P.  mexicanae  corollaque  brevi  et  staminibus  longius  exsertis 
recognoscenda,  est  P.  umbellata  DC.  auet.  Miq.  in  pl.  Hostm.  a  Hohenack.  edit. 
nr.  1091!  (exclus.  synon.  Meyeri)  et  Rieh.  Schomb.  coli.  nr.  121! 

714.  Cephaelis  elata  Sw.  —     Guad.  (DC). 

715.  C.  Swartzii  DC.  —  Syn.  C  violacea  Wickstr.  —  Guad.  in  sylvis 
humidis  reg.  mont.:  Duch. 

716.  C  muscosa  Sw.  —     Syn.  Morinda  Jacq.  —     Mart.  in  sylvis  (Jacq.). 

717.  C  axillaris  Sw.  —     Guad.  (DC),  S.  Christ.  (Sw.). 

7 1 8.  Geophila  reniformis  Cham.  Schi.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  67.  — 
Guad.  in  sylvis  humidis  prope  radices  arborüm:  Duch.;   Mart.  (Jacq.). 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  231 

Subtr.  3.    Spermacoceae. 

719.  Borreria  verticillata  Mey.  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). 

720.  B.  podocephala  DC.  —  Dösirade  in  campis:  Dach.  (Patria  adhuc 
incerta  erat). 

721.  B.  spinosa  Cham.  Schlecht  —     Mart.  (DC). 

722.  B.  parviflora  Mey.  —  Ic.  Fl.  Esseq.  1. 1.  fig.  sin.  1 — 3:  fructus.  — 
Guad.  in  cultis:  Duch. 

723.  B.  laevis  Gr.  —  Ic.  Sl.  t.  94.  f.  2.  —  Syn.  Spermacoce  laevis  Lam. 
DC. —  Guad.:  Duch. —  Similis  praecedenti,  distincta  limbi  calycini  segmentis 
lanceolatis  obtusiusculis  (nee  subulatis)  et  vagina  stipulari  elongata  2'"  longa 
setas  excedente. 

724.  B.  scandens  DC.  —  Syn.  Diodia  sarmentosa  Wickstr.  (non  Sw.).  — 
Guad.  in  maritimis  pr.  Porte  d'enfer:  Duch.  —  Icon  Sloanei,  a  DC.  citata,  a 
nostra  planta  foliis  majoribus  recedit. 

725.  B.?  vaginata  Cham.  Schlecht.  —  S.  Thom.  (Schlecht.).  Ex  adum- 
bratione  (Linnaea,  1830  p.  686)  dubia  generis  civis. 

726.  Spermacoce  tenuior  L.  —  Guad. :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schi),  Mart.  (DC). 

727.  Diodia  sarmentosa  Sw.  —     S.  Thom.  (DC). 

728.  D.  rigida  Cham.  Schi.  —     S.  Thom.  (Schlecht). 

729.  Ernodea  UtoraUs  Sw.  —  Ic.  Sl.  1. 189.  f.  1.  2.—  Guad.  in  are- 
nosis  maritimis:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Subtr.  4.    SteUatae. 

730.  Rubia  guadalupensis  Spr.  —     Guad.  (Wickstr.). 

731.  R.  hypocarpia  DC—  Syn.  R.  Brownei  Wickstr.  —  Guad.  (Wickstr.). 

Loganiaceae. 

732.  Mitreolo  petiohUa  T.  Gr.  —     Guad.  (A.  DC),  Mart.  (Rieh.). 

733.  Spigelia  Anthelmia  L.  —     S.  Croix  (Wst). 

Synanthereae. 
Tr.  I.    Vernoniaceae. 

734.  Sparganophorus  Vaülantü  G.  —  Guad.  m.  Jan. :  Duch.;  S.  Thom.  (DC). 

735.  Vernonia  punctata  Sw.  —  Syn.  V.  longifolia  DC.  —  Guad.  in 
sepibus  m.  Jan.:  Duch.—  Species,  apud.  Wickstr.  bene  descripta,  est  fruti- 
cosa:  foliorum  forma  variabilis  ab  lanceolata  ad  ellipticam. 


232  A.  GRISBBACH, 

736.  V.  arborescens  Sw.  —     Guad.  (DC),  S.  Thoro.  (Less.),  S.  Barth. 

(Wickstr.). 

737.  V.  Vabliana  Less.  —    S.  Croix  (DC). 

738.  V.  Berteriana  DC.  —     S.  Thom.  (DC). 

739.  V.  Thomae  Benth.  —     S.  Thom.  (Oerst). 

740.  Elephantkopus  scaber  L  —  As.  Gr.  —  Ic.  SL  t.  156.  f.  1.  2.  (a 
Linnaeo  citata).  —  Syn.  E.  carolinensis  albiflorus  Mey.  Fl.  esseq. !  —  Goad. : 
DC.  —  A  proximo  E.  tomenloso  L.  (Syn.  E.  nudicauli  Ell.)  noster  differt 
bracteis  glabriusculis. 

741.  Dislreptu*  spicatus  Cas$.  —  Ic.  Sl.  t.  150.  f.  3.  4.  —  Guad.  in 
fmticetis  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.).  Forma  angustifolia,  foliis  omnihns 
angaste  lanceolatis,  conveniens  com  Sieb.  Fl.  mixt.  nr.  418! 

742.  Rolandra  argentea  Rottb.  —  Ic.  SL  L  7.  f.  3.  —  Goad.  in  gra- 
minosis  toto  anno:  Duch. 

743.  Pectis  linifolia  L.  —     S.  Thom.  (Less.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

744.  P.  punctata  Jacq.  —  Syn.  Pectidium  Less.  —  Guad.  (Wickstr.), 
S.  Thom.  (Less.),   S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

745.  P.  ciliaris  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

746.  P.  serpyllifolia  Less.  —     S.  Thom.  (Less.). 

747.  P.  humifusa  Sw.  —  Syn.  P.  Sieben  Less.  ex  descr.  et  loco.  — 
Guad.  in  aridis  muscosis  regionis  frigidae,  ubi  terram  tegmine  semperviridi 
tegit:  Duch.;  S.  Croix,  S.  Christ.  (Sw.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Marl  (Sieb.).  — 
Infauste  Lessing  ad  Lorenteam  humifusam  a  Poeppigio  lectam,  vix  caribaeam, 
speciem  Swartzii  reduxit:  locus  Poeppigii  ad  fl.  Yumary  solus  agnoscendus  est.  — 
Badix  nostrae  revera  annua  est,  quamquam  caulis  inferne  lignescit:  descriptio 
Swartzii  solummodo  recedit  paleis  pappi  5,  quae  vulgo  8. 

TV.  IL     Eupatorineae. 

748.  Isocarpha  atriplicifolia  R.  Br.  —  Syn.  Spilanthes  L.  —  Guad.  (WicksL). 

749.  Ageratum  conyzoides  L.  —  Guad.  in  reg.  mont.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Less.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

750.  Hebeclinwm  macrophglhm  DC.  —  Guad.  in  sylvis  humidis  pr. 
Morne  ä  l'eau:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.). 

751.  Eupatorium  macranthum  Sw.  —     Mart.  (Sw.). 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  233 

752.  E.  odoratum  L.  —  Syn.  E.  brachiatum  Wickstr.  —  Guad.  ad  vias 
m.  Jan.:  Doch.;  Mart.  (DC).  —     »Langue  &  chat«. 

753.  E.  integrifolium  Bert  —  Guad.  in  fruticetis  m.  Jan. :  Duch.  — 
»Herbe  ä  boue«. 

754.  E.  atriplicifolium  Vahl.  —     S.  Thom.  (Less.),   S.  Croix  (Wst.). 

755.  E.  punctatum  Lam.  —  Syn.  E.  atriplicifolium  Wickstr.  —  Guad. 
in  m.  Soufiriöre  m.  Mart.:   Duch. 

756.  E.  ivifolhim  L.  —     Guad.  m.  Aug.:   Duch. 

757.  E.  canescen*  VcM.  —  D<§sirade:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S.  Thom.  (W.).' 
758*.  E.  Ayapana  Vent.  -    Syn.  E.  triplinerve  Vahl.  —    Guad.  (Wickstr.), 

S.  Croix  (Vahl.). 

759.  E.  guadakspense  Spr.  —  Syn.  E.  Berterianum  Coli.  Guad.  in 
sylvis  humidis:   Duch. 

760.  E.  celtidifolium  Lara.  —     Guad.  (DC). 

761.  Mikania  hastata  W.  —     Guad.  (Wickstr.). 

762.  M.  latifolia  Sm.  —  Syn.  M.  Badieri  DC.  —  Guad. :  Duch.  — 
Descriptio  Candolleana  accurate  nostram  plantam  designat,  sed  ob  affinitatem 
cum  M.  amara  W.  ad  M.  latifoliam  Sm.  reducitur. 

Tr.  III.     Asteroideae. 

763.  Erigeron  jamaicensis  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

764.  E.  canadensis  L.  —  Guad.  in  cultis  m.  Aug.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Less.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). —  Forma  guadalupensis  gla- 
briuscula,  achenio  griseo,  pappo  rufescente. 

765.  E.  spathulatus  Vahl.  —     S.  Thom.  (DCr),  S.  Croix  (Wst.). 

766.  Conyza  ambigua  DC.  —     S.  Thom.  (Less.). 

767.  Baccbaris  speciosa  DC.  —     Guad.  (DC). 

768.  B.  nervosa  DC.  —     Guad.  (DC). 

769.  B.  dioeca  Vahl.  —  Ic.  Vahl  symb.  t.  74.  —  D6sirade:  Duch.; 
S.  Croix  (Wst.),  Hontserr.  (Vahl).  —  Recedit  ab  icone  corymbis  paniculatis, 
plane  vero  convenit  foliorum  figura  oblanceolata  (neque  obovata,  ut  ap.  DC). 

770.  Pluchea  purpurascens  DC.  —  Ic.  Sl.  t.  152.  f.  1.  —  Syn.  PI. 
glabrata   DC.  —     Guad.  in  campis  udis   et  circa  paludes:   Duch.  —     Forma 

Phys.  Clas$e.   VII.  Gg 


*j>  -• 


23t  tL  GBISEBACH, 

gfaMMb,  PL  gbbnlae  DC.  nspomdens,  «4  STohoo 
Covyu  pvrpnraseente  Sw.,  a  Wickstr.  in  FL  guadaL  eitata. 

771.  PL  odorat*  Can.  —  Gnad.  in  aridb:  Dock;  S.  Thom.  (Less.), 
S.  Croix  (West). 

772«  Plerocmdom  alopecmroidcwm  DC.  —  Gnad.  m  graiinosb  hl  Aug.: 
Dnek.:  Mart  (DC> 

773.  PL  Yhrgatnm  DC.  —  Syn.  Pluchea  Less.  —  S.  Tkoa.;  S.  Jean 
(Less.),  S.  Croix  (Wst> 

774«     BorrieUa  argentea  DC.  —  Gnad.  in  arenosis  marianus  toto  anno:  Dock 

775.  B.  frntescens  DC.  —     Gnad.,  S.  Barth.  (Wkkstr.> 

776.  B.  arborescens  DC.  —     S.  Croix  (Wst). 

777.  Eelipta  erecia  L.  —     S.  Tbom.  (Less.). 

ß.  punctata  L.  foliis  basi  latioribus.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pieL  t  197.  — 
Syn.  E.  loogiTolia  Scbrad.!  —  GuacL  juxta  vias  m.  Jan.:  Doch.;  S.  Croix  (Wst), 
MarL  (Jacq.). 

Tr.  IV.     Senecionideae. 

778.  Clibadium  terebmthaceum  DC.  (exclus.  synon.  Sw.).  —  Gnad.  in 
syl  vis  juxta  rivulos :  Doch.  —  Species  pecoliaris  corollis  disci  <f  yersos  tobojn 
medium  constrictis ,  limbo  papilloso:  Ovaria  aborliva  demtun  excrescunt  (sicut 
in  CL  aspero  aliisqoe)  in  stipites  achenia  radii  excedentes,  soperne  articnlatos 
piliferos,  tobo  corollae  deciduo.  —  leon  Swartzii  ob  involucri  sqnamas  angustas 
aliosqne  cbaracteres  in  descriplione  datos  excludenda  videtur. 

779.  Cl.  erosum  DC.  —  Syn.  Trixis  Sw.  —  Guad.  in  reg.  montana 
jaxta  rivulos:  Ducb.;   S.  Christ,  Domin.  (Sw.). 

780.  Melampodium  americanum  L.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

781.  Acantbospermum  xanthioides  DC.  —  Syn.  Melampodium  austräte 
Wickstr.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

782.  Xanthium  Orientale  L.  —     S.  Thom.  (Less.). 

783.  Tetrantkus  ruderalis  Gr.  —  Syn.  Melampodium  Sw.  —  Kegelia 
C.  H.  Seh.  —  Guad.  in  eultis  pr.  Moule:  Ducb.  —  A  Melampodio  antheris 
distinetis  differt,  a  Tetrantho  vix  nisi  involucri  squamis  5 — 6  floribusque  plo- 
ribus.  Involncrum  non  biseriale  est,  serie  Schultzii  interiori  paleas  reeeptaculi 
exteriores  significante.     Antberae  caudatae. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  235 

784.  Parthenmm  Hysterophorus  L.  —  Guad.  in  cultis  toto  anno:  Duch.; 
S.  Thom.  (Less.),  Mart.  (W.). 

785.  Zinnia  mnlliflora  L.  —     S.  Thom.  (Wst). 

786.  Z.  elegant  Jacq.  —     Guad.:   Duch. 

787.  Wedelia  carnosa  Rieh. —  Ic.  Sl.  1. 155.  fTl.  —  Syn.  W.  crenata 
Rieh.,  Wickstr.:  forma  foliis  integris. —  Guad.:  Duch.  —  Fojiis  lobatis  inte- 
grisque  yariat. 

788.  W.  ambigua  DC.  —  Syn.  W.  calycina  Wickstr.  —  Guad. :  Duch.  — 
Folia  ovata,  variant  basi  obtuso  -  subtruncata  et  euneata.  Involucri  squamae 
exteriores  foliaceae  lanceolatae  v.  ovato-Ianceolatae  obtusiusculae,  interiores 
membranaceae  ovales  obtusae.  Ligulae  oblongo-lanceolatae,  acute  bifidae,  in- 
volucro  duplo  longiores.    Antherae  exsertae. 

789.  W.  calycina  Rieh.  —     S.  Thom.  (Less). 

790.  W.  buphthalmoides  Gr.  —  Syn.  Anomostephium  DC.  —  Guad.  in 
aridis  juxta  vias:  Duch.  —  Vera  est  Wedelia  floribus  radii  fertilibus,  paleis 
acutiusculis.  Differt  a  W.  ambigua  DC:  involucri  exterioris  squamis  late  ovatis 
obtusis,  ligulis  elliptico-oblongis,  antheris  inclusis,  capitulo  majori,  foliis  penni- 
nerviis,  petiolis  longe  ciliosis.  Achenia  conformia,  pubescentia,  pappo  denti- 
culato  brevi.  Folia  variant  lanceolata  et  ovato-lanceolata,  subintegerrima  et 
serrata. 

791.  W.  diseoidea  Less.  —     S.  Thom.  (Less.). 

792.  Melanthera  deltoidea  Rieh.  —  Guad.  in  arenosis  maritimis:  Duch.; 
S.  Thom.  (Less.),  Mart.  (DC).     Forma  foliis  demum  glabrinsculis. 

793.  Bidens  püosus  L.  —     Guad.  in  cultis  m.  Aug.:  Duch. 

794.  B.  leucantkus  W.  —  Guad. :  Duch. ;  S.  Thom.  (Less.) ;  S.  Croix  (Wst.). 

795.  B.  portoricensis  Spr.  -      Guad.  juxta  vias  m.  Aug.:  Duch. 

796.  B.  cynapiifolius  Kth.  -     Guad.:  Duch. 

797.  Cosmos  caudatus  Kth.  —  Guad.  juxta  vias  m.  Aug.:  Duch.;  S. 
Thom.  (Less.),  Mart  (DC). 

798.  Verbesina  serrata  Cav.  —     Guad.  (Wickstr.). 

799.  V.  gigantea  Jacq.  —  Guad.  in  m.  Soufriöre  m.  Jan.:  Duch.  —  Folia 
supra  scabra,  subtus  nunc  scabro-pilosiuscula ,  nunc  pube  densiori  mollia. 

800#.  F.  alata  L.  —     Guad.:  Duch.  Radix  annua. 

Gg2 


236  A.  GRISBBACH. 

801.  Spilanthes  uliginosa  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

802.  Sp.  urens  Jacq.  —     Ins.  carib.  (Plum.). 

803.  Synedrella  nodiflora  Gärt».  —  Ic.  SL  t.  154.  f.  4.  —  Guad.  ad 
vias  toto  anno:  Ducb.;  S.  Thom.  (Less.),   S.  Croix  (Wst.). 

804.  Porophyllum  ettipticum  Cass.  —     Mart.  (Sw.). 

805.  P.  ruderale  Cass.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  195.  —  Guad.  in 
cultis:  Dach.;   Mart.  (Jacq). 

806.  Egletes  domingensis  Cass.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Less.).  — 
Perennis  est  et  vergit  versus  E.  glabratam  Bentb.  (pl.  Oersted.  Syn,  E.  domin- 
gensis  ß.  DC),  sed  junior  canescit. 

807.  Neurolaena  lobata  R.Br.  —  Ic.  Sl.  1. 152.  f.  4.  —  Guad.  in  sylvis 
bumidis:  Duch.  »Medicamentum  populäre  contra  cardialgiam  et  febres":  Ducb. 
7)  Herbe  ä  pique«. 

808.  Erechtües  hieracifolia  Raf.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Less.).  — 
E.  carduifolia  DC.  sec.  Benth.  et  Steetz  ab  bac  distinguitur :  sed  characteres, 
ab  ipsis  dati,  in  nostris  speciminibus  iisque  panamensibus  evanescunt. 

809#.  Emilia  sonckifolia  DC.  —     Guad.  in  cultis:  Duch. 

810.  Senecio  lucidus  DC.  —  Guad.  in  m.  Soufrtere  pr.  Matonba  alt. 
3000':  Duch.;  Mart.  (Sw.). 

Tr.  V.    Mutisiaceae. 

811.  Leria  nulans  DC.  —     Guad.:  Ducb.;  S.  Thom.  (Less.). 
Tr.  VI.     Cichoraceae. 

812.  Brachyrhamphus  caribaeus  DC. —  Guad.:  Duch. —  Achenio  tere- 
tiusculo  (nee  compresso)  a  Soncbis  habitu  similibus  faciliter  dignoscitur. 

813.  B.  intybaceus  DC.  —     Syn.  Lactuca  Less.  —    S.  Thom.  (Less.).  ' 

814.  Sonchus  oleraceus  L.  —     Guad.:  Duch. 

815.  S.  asper  VilL  —     Guad.:  Ducb. 

Plantagineae. 

816.  Plantago  virginica  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Lobeliaceae. 

817.  Centropogon  Berteriarms  A.  DC.  —  Guad,  in  sylvis  humidis  m. 
Soufriöre  alt.  3000'  m.  Febr.:  Duch.  —  „Suffrutex  scandens,  corolla  coo- 
cinea«:  Duch.     Antherae  non  cuspidatae,  sed  omnes  apice  barbatae. 


Ober  die  Vegetation  der  karaibbn.  237 

818.  Lobelia  xalapensis  Kth.  —     Domin.  (Grab.)- 

819.  L.  Kraussii  Grab.  —     Domin.  (Grab.). 

820.  Tupa  persicifoUa  A.  DC.  —  Guad.  in  reg.  summa  muscosa  m. 
Soufri&re:  Dach. 

821.  T.  stricta  A.  DC.  —     Guad.  in  reg.  summa  m.  Soufrtere  (Sw.). 

822.  T.  racemosa  A.  DC.  —     S.  Christ.  (Grab.). 

823.  T.  conglobata  A.  DC.  —     Mart  (A.  DC). 

824.  Isotoma  longiflora  Prl.  —  Je.  Sl.  t.  101.  f.  2.  Jacq.  amer.  pict. 
L200.  —  Guad.  in  pratis  udis,  circa  rivulos:  Duch.;  S.  Tbom.  (Wst.),  Mart 
(Jacq.). —     »Herba  urens,  maxime  venenata«:  Duch. 

Goodenovieae. 

825.  Scaevola  Plumieri  Vahl.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Mart.  (Jacq.), 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

Myrsineae. 

826.  Myrsine  scdicifolia  A.  DC.  —  Guad.  in  m.  Soufrifere  m.  Febr., 
vulgaris  pr.  S.  Jacob:  Duch. 

827.  Badulm  lateriflora  Gr.  —  Syn.  Ardisia  Sw.  —  Guad.  in  sylvis 
udis  m.  Jul.:  Duch.  —  Comparanda  cum  B.  caribaea  A.  DC,  sed  ab  adumbra- 
tione  ejus  recedit:  antheris  filamentum  longiusculum  aequantibus  (nee  filamento 
longioribus)  et  foliis  respectu  inflorescentiae  majoribus  eamque  multoties  superan- 
tibus  4  —  8"  longis. 

828.  Ardisia  coriacea  Sw.  —  S.  Tbom.  (A.  DC);  S.  Croix  (Wst.).  — 
Calyx  (ex  speeim.  panamensib.)  subimbricativus,  drupa  pisiformis,  maculis  nigris 
oblongis  crebris  tincla. 

829.  A.  guadalupensis  Duch.  rascr.  fruücosa,  glabra,  foliis  ovali-oblongis 
obtusis  (4,/:l1/2  —  2")  basi  aculis  petiolatis  integerrimis  subaveniis,  panicula 
terminali  racemis  iisque  inferioribus  compositis  formata  foliis  summis  superata, 
pedicellis  flore  longioribus,  calycis  dextrorsum  contorti  lobis  ovatis  obtusis 
corolla  hypoeraterimorpha  »virescente«  duplo  superatis,  antheris  ovatis  erectis 
filamento  multo  brevioribus  stylum  aequantibus,  drupa  globosa  »albo-  et  nigro- 
punetata".  —    Syn.  A.  coriacea  ß.  Berteriana  A.  DC.  —    Guad.  in  humidis:  Duch. 

Aestivatione  calycis  contorta  vergit  ad  Eaardisiam  et  inprimis  ad  A.  tinifo- 
liam  Sw.,  caule  arboreo,  panicula  composita,  corolla  rubra,  antheris  et  drupa 


238  A.  GRISEBACH, 

rubra  distinctam.     Ab  A.  coriacea  Sw.  racemis  paniculae  compositis,  calycis 
aestivatione,   flore  viridi  et  antheris  differt. 

830.  Jacguinia  arborea  VaU. —  Guad.  in  collibus  calcareis  litoralibns: 
Duch. ;  S.  Barth.  (Wickstr.) ,  Montserr.  (  A.  DC).  —  » Bois  casse-cou « : „  ob 
fragilitatem  ligni;  »bois  de  falaise«. 

831.  J.  armillaris  Jacq.  —     Mart.  (Jacq.). 

Lentibularieae. 

832.  Utricularia  obtusa  Sw.  —     Guad.  in  aquis  (Duch.). 

833.  U.  montana  Jacq.  —  Mart.  in  pratis  excelsis  reg.  mont.  m.  Febr. 
(Jacq.),  Montserr.  (Hook.). 

Plumbagineae. 

834.  Plumbago  scandens  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  23.  —  Guad«: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Christ.,   Mart.  (Jacq.). 

Sapoteae. 

835.  Chrysophyllum  Cainito  L.  —  Ic.  Sl.  t.  229.  Jacq.  amer.  pict  t.  51.  — 
Guad.:  Duch.;   Mart  (Jacq.).     »Buis,  cai'mitier«. 

836.  Chr.  glabrum  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer  pict.  t.  55.  —  Guad.  in  sylvis: 
Duch.;  S.  Thom.  (A.  DC),  S.  Croix  (Wst),  Mart.  (Jacq).  -  -  Folia  juniora 
subtus  sericea,   mox  glaberrima. 

837.  Chr.  pauciflorum  Lam.  —     S.  Thom.  (A.  DC). 

838.  Chr.  bicolor  Poir.  —     Mart.  (A.  DC). 

839.  Chr.  argenteum  Jacq.  —     Mart.  (Jacq). 

840.  Sapota  Achras  MM,  —     Guad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Wst). 

841.  Sideroxylon  pallidum  Spr.  —  Syn.  Bumelia  Sw.  —  Guad.:  Duch.  — 
Propter  albumen  maximnm  nucleum  ovoideum  formans  non  est  Bumelia,  verum 
Sideroxylon.  —     »Acomat  bätard«. 

842.  Bumelia  cuneata  Sw.  —  Syn.  B.  myrsinifolia  A.  DC  et  Sideroxylon 
cuneatum  A.  DC  —     Guad. :  Duch. 

843.  B.  retusa  Sw.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

844.  B.  nigra  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

845.  Dipholis  salicifolia  A.  DC.  —  Ic.  Sl.  t  206.  f.  2.  —  Guad.  in 
collibus  calcareis:  Duch.;   S.  Croix  (Wst). —     »Acomat  bfttard". 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  239 

Ebenaceae. 

846.  Macreightia  caribaea  A.  DC.  —  Ic.  Sl.  t.  228.  f.  3 :  Cucurbitifera 
arbor,  foliis  subrotundis  confertim  nascentibus,  ramulornm  extremitatibus  tumidis 
Raji.  —  Rieh.  Fl.  cub.  t.  49  (sine  descr.).  —  Syn.  Casasia  calophylla  ej.  in 
tab.  citat. —  Crabb- Island  in  sylvis:  Duch. —  Specimina  nostra  fruetifera 
tabulae  Rieh,  oranino  respondent,  nee  dubitanter  ad  arborem  Sloanei  (nondum 
expositam)  pertinent;  nomen  Candolleanum,  fruetu  ignoto  editum,  comparatione 
speeiminum  eget.  Habitus  Diospyri,  sed  floris  typus  ternarius.  Folia  albido- 
virentia  (propler  secretum  subeeraceum),  nervo  mediano  supra  insculpto.  Baeca 
pyriformis  (IV2"  diam.),  globoso-depressa,  calyce  3fido  suffulta,  6 — 81ocularis, 
seminibus  fabiformibus,  cotyledonibus  foliaeeis,  albuminis  Strato  tenui.  »Arbor 
excelsa,  ligno  durissimo,  floribus  parvis  axiliaribus  longe  pedicellatis  pubescen- 
tibus":  Duch.      »Sapotillier  marron«. 

^  Slyraceae. 

847.  Symplocos  martinicensis  Jacq.  —  Guad.  in  sylvis  reg.  inf.  m.  Mart.: 
Duch.;  Mart.  (Jacq.).     S.  Thom.  (A.  DC.)  —     »Pruneau,  graine  bleuen 

Oleaceae. 

848.  Linociera  compaeta  R.  Br.  —  Guad.  in  fruticetis :  Dueb. ;  S.  Croix, 
Nevis  (Sw.),  Mart.  (Jacq.). —     »Bois  de  fer«. 

849.  Foresliera  cassinoides  Poir.  —  Io.  Br.  jamaic.  t.  36.  f.  3  (exclus. 
analys.).  —  Guad.  in  fruticetis :  Duch.  —  Genus  a  Tulasne  Oleaceis  optime 
vindieabatur  (Ann.  sc.  IIL  15).  —  »Arbuscula«:  Duch.  Folia  nunc  elliptico- 
subrötunda  (speeim.  <T),  nunc,  sicut  in  icone  Br.  exhibentur,  elliptico-oblonga 
(speeim.  nostra  S).  Calyx  4fidus,  staminibus  1  —  3  —  »4*.  Bacea  oblonga, 
pruinoso-nigra ,  monosperma;  radicula  supera,  cotyledonibus  foliaeeis;  albumen 
eopiosum. 

Apocyneae. 
850#.  Allamanda  cathartica  L.  —     Guad.:  Duch. 

851.  Rauwolfia  nüida  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

852.  R  lanceolata  A.  DC.  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus  solo  calcar.: 
Duch.  —     »Arbre  &  lait*. 

853.  R.  LamarckU  A.  DC.  —  Guad.  cum  praecedente :  Duch.  —  Recedit 
ab  eadem  etiam  nervatione  foliorum. 


240  A.  GRISEBACH, 

854.  R.  latifolia  A.  DC.  -     Marl.  (Sieb.). 

855.  R.  canescens  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

856.  Thevetia  nerüfolia  Jus*.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t  47.  —  Guad. : 
Dach.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wicksir.),  Mart  (Jacq.} 

857.  Tabemaemontana  citrifolia  L  —     Mart.  in  sylvis  (Jacq.). 

858.  T.  amygdalifolia  Jacq.  —  Guad.  in  fruticetis :  Duch. —  * Arbre  ä  lait*. 

859.  Vinca  rosea  L.  —    Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.). 

860.  Plumeria  rubra  L. —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix 
(Wst.) ,  S.  Barth.  (Wickstr.). 

861.  P.  alba  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  38:  folia  latiora,  quam  in 
nostra.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth. 
(Wickstr.),  Mart.  in  rupibus  maritimis  (Jacq.)* 

f     Calyx  esquamatus.     (§.  1.2.  A.  DC). 

862.  Echites  biflora  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  28.  —  Guad.  in 
paludosis  m.  Aug.:  Duch.  —  Nostra  ad  amussim  convenit  cum  icone  Jacqui- 
niana,  inprimis  calycis  segmentis  1"  longis:  qua  de  ratione  planta  apud  A.  DC. 
descripta  mihi  incerta  videtur,  quippe  cni  calyx  2'"  longus  tribuitur. 

863.  JE.  suberecta  Jacq.  —    Ic.  Jacq.  amer.  pict  1 33.  —    S.  Thom.  (Wst). 

864.  E.  barbata  Desv. —  S.  Thom.:  Duch.  —  Species,  antheris  extus 
tomentosis  peculiaris,  ab  icone  praecedentis  recedit  petiolis  2'"  (nee  4"')  longis 
et  foliis  latioribus  fere  E.  biflorae,  sed  basi  rotundatis:  venis  obliquis  convenit; 
speeimina  tarnen  E.  subereetae  jamaicensia  folii  forma  latiori  non  difierunt 

865  E.  circinalis  Sw.—  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst:  E.  ad« 
glutinata  Jacq.).  —  Secundum  speeimina  haitiensia  corolla  non  bene  descripta 
tubum  praebet  cylindricum  (4'"  longum)  calyce  quadruplo  longiorem  apice  in 
faucem  campanulatam  staminiferam  brevissimam  (1'"  longam)  ampliatum  et  lobis 
parum  longiorem.  Reducenda  videtur  ad  E.  adglutinatam  Jacq.,  ex  ic.  (amer. 
pict.  t.  30)  struetura  floris  consentaneam ,  quae  etiam  foliis  subtus  aequaliter 
penninervi-venosis  convenit  nee  diflert  nisi  folii  forma  latiori  mucronata,  quae 
in  nostris  obtusiuscule  cuspidata. 

ff     Calyx  intus  squamis  5  indivisis  auetus.    (§.  4.  A.  DC). 

Obs.  Ad  hanc  sectionem  ex  speciebus  dubiae  sedis  (§.  5.  A.  DC.)  per- 
tinent:  E.  congesta  Kth.  (Bogota:  Goudot),  E.  sympkytocarpa  Mey.  Fl.  esseq.! 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KAR  AI  BEN.  241 

(Syn.   E.  brachystachya   Benth.)    et   E.  citrifolia  Kth.   (Panama:   Duch.).  — 
E.paludosa  Vahl  vero  (Syn.  E.  concolor  Ham.  Haiti:  Mackenzie)  ad  §.2.  spectat. 

Asclepiadeae. 

866.  Metastelma  parviflorum  R.  Br.  —  Guad.  in  fruticetis :  Duch. ;  S. 
Thom.:  Duch.,  S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart.  (Decs.). —  Forma  thomasiana 
variat  pedicellis  puberulis,  neque  vero  est  M.  Schlechtendalii  Decs.  ob  pedicellos 
sessiles,  gynostemium  sessile  et  coronae  foliola  iinearia. 

867.  M.  Schlechtendalii  Decs.  —  S.  Thom.  (Decs.).  Idem  legit  Duch. 
in  isthmo  panamensi. 

868.  M.  paralias  Decs.  —     Guad.,  S.  Marl.  (Decs.). 

869*.  Calotropis  procera  R.  Br.  —     Guad.:  Duch«;  S.  Thom.  (Schlecht.). 

870.  Sarcostemma  clausuni  R.  S.  —  Syn.  Asclepias  viminalis  Sw.  — 
S.  Thom.  (Wst.). 

871.  Asclepias  curassavica  L.  —  Ic.  Bot.  reg.  t.  81.  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). 

872.  A.  nivea  L.  —     S.  Thom.  (Decs.). 

873.  Gonolobus  martinicensis  Decs.  —     Mart.  (Decs.). 

874.  G.  marüimus  R.  Br.  —  Ic.  Bot  reg.  t.  931.  —  Syn.  G.  floccosus 
Wickstr. —  Echites  muricata  A.  DC.  ex  ic.  Descourt.  Ant.  t.  189  a  Duch. 
collata  (a  me  non  visa). —  Guad.:  Duch. —  Ibatiae,  quam  Decs.  stigmatis 
indole  inprimis  a  Gonolobo  distinxit,  synonymon  citare  non  audeo:  nam  icon 
Jacquinii  (amer.  pict.  t.  82),  Cynanchum  maritimum  L.  synonymamque  Ibatiam 
Decs.  exhibens,  et  a  nostra  planta  et  a  figura  in  Bot.  reg.  delineata  recedit 
stigmatis  apiculo  bifido,  qui  in  nostra  plane  integer  apiceque  capitulatus;  prae- 
terea  a  descriptione  Decaisnei  cum  icone  Jacquinii  consentanea  nostra  planta 
differt  corollae  segmentis  utrinque  (nee  solum  extus)  pubescentibus  et  folliculo 
maximo  (3"  longo)  ovato-conoideo  extus  eximie  muricato,  spinis  apice  incras- 
satis  recurvis,  superficie  glabra  (nee  tomentosa).  An  revera  duae  species  sub 
bis  latent?  an  descriptio  ex  Jacquinio  mutuata  non  satis  aecurata?  an  Stigma 
post  anthesin  scinditur? 

875.  Marsdenia  elliptica  Decs.  —  Guad.:  Duch.  —  Corolla  purpurea, 
campanulata,  lobis  margine  ciliolatis  tubum  aequantibus;  coronae  foliola  breviter 
subulata,    obtusa,    imo    gynostegio  inserta   eoque    duplo   superata.      Antherae 

Phys.  C lasse.  VII  Hh 


242  A.  GR1SEBACH, 

membrana  subrotanda  apice  terminatae ;  massae  pollinis  e  processu  horizontal! 
rectangule  erectae.     Stigma  umbonato  -  apiculatum. 

Gentianeae. 

876.  Slevogtia  occidentcdis  Gr.  —     Hart.  (Descomt.). 

877.  Coutoubea  densi/toro  Marl.  —     Guad.  in  reg.  mont.:  Duch. 

878.  Lisiantkus  grandiflorus  Aubl  —     Guad.  (Wickstr.). 

879.  L.  frigidus  Sw.  —  Ic.  Hook.  ic.  1. 195.  —  Guad.:  Duch.;  Domin. 
in  m.  Soufrifere  (Sw.). 

880.  Voyria  uniflora  Lam.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  89.  —  Guad.  in 
sylvis  montanis  ad  truncos  arborum:  Duch.;  Mart.  in  sylvis  humidis  (Jacq.). 

881.  V.  tenella  Guild.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  humidis  ad  radices 
arborum :   Duch. 

Scrofularineae. 

882.  Brunfelsia  americana  Sw.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  393.  —  Guad.  in 
collibus  aridis  litoralibus:  Duch.;  S.  Thom.,  Domin.  (Benth.).  —  »Tulipier 
montagne«. 

883.  Br.  fallax  Duch.  mscr.  (§.  3),  glabra,  foliis  ellipticis  obtusiusculis, 
floribus  solitariis,  calyce  campanulato  breviter  ölobo  corollae  tubo  decies 
superato,  corollae  lobis  planis  ovato-rotundatis,  staminibus  5  fertilibus  inaequa- 
libus. —  Guad.:  Duch. —  Proxima  praecedenti,  foliorum  forma  et  staminibus 
5  distincta:  quo  ultimo  charactere,  inter  Salpiglossideas  novo,  etiam  ad  So- 
laneas  accedit. 

884.  Br.  undulata  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

885*.   Verbascum  Thapsus  L.  —     Guad.  in  ruderalibus:   Duch. 

886.  Stemodia  maritima  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

887.  Herpestis  stricto  Sckrad.  —     S.  Thom.  (Benth.). 

888.  H.  repens  Cham.  Schlecht.  —    Syn.  Gratiola  Sw.  —    Guad.:  Duch. 

889.  H.  Monnieria  Kth.  —     S.  Thom.  (Schlecht). 

890.  VandeUia  diffusa  L.  —  Guad.  in  graminosis  convallium:  Duch.; 
Mart.  (Benth.). 

891.  Capraria  biflora  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  174.  —  Guad.  ra. 
Jan.:  Duch.  —     »Th6  du  pays«. 

892.  Scoparia  dulcis  L.  —      Guad.:  Duch.  —     » Baiais  doux«. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  243 

Solaneae. 

893.  Solanum  nodiflorum  Jacq.  —     Guad.:  Duch. 

894.  S.  caribaeum  Dun.  —     Guad. :  Duch.  —    Videtur  S.  americani  Hill, 
forma  glabriuscula. 

395*.  S.  venustum  Kth.  —     Guad.:  Duch. 

896.  S.  pyrifolium  Lara.  —     Mart.  (Dun.). 

897.  S.  asperum  Vahl.  —     Guad.  (Dun.). 

898.  S.  Radula  Vahl.  —     Guad.  (Dun.). 

899.  S.  triste  Jacq.  —     Hart,  ad  ripas  (Jacq.). 

900.  S.  conocarpum  Rieh.  —      S.  Jean  (Rieh  ). 

901.  S.  havanense  Jacq.  —    Hart.  (Dun.). 

902.  S.  paueiflorum  Vahl.  —     Hart  (Vahl). 

903.  &  racemosum  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  50.  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Croix  (Wst),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Hart,  in  fruticetis  montium  (Jacq.).  — 
»Tabac  k  Jacquot«. 

904.  S.  igneum  L.  —    S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). 

905.  S.  polygamum  Vahl.  —  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Jean  (Wst.), 
S.  Croix  (Dun.). 

906.  S.  volubile  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

907.  S.  mammosum  L.  —  Ic.  Sl.  1. 12.  f.  1 :  fruetus.  —  Guad.  in  steri- 
libus  m.  Aug.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst),  Hart.  (Sieb.). —    »Pomme  poison«. 

908.  S.  torvum  Sw.  —  Guad.  ad  vias  m.  Aug. :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht), 
S.  Croix  (Wst).  —     „Belangöre  bätarde«. 

909.  S.  verbascifoUum  L.  —  Ic.  Jacq.  ht.  vind.  1.  t.  13.  —  S.  Croix 
(Wst).  —  Nostra  planta,  in  isthmo  panamensi  eademque  in  insulis  Jamaica 
et  Haiti  leeta,  convenit  cum  speeimin.  galopagens.  (ab  Anderson  communicat), 
nee  recedit  ab  ic.  Jacquinii  nisi  tomento  densiori  in  foliis  supra  fulvo-eano 
subtus  albicante,  in  caule  leproso-cano :  sed  ob  antheras  elongatas  apice  minute 
biporosas  evidenter  pertinet  ad  sect.  Torvariam  Dun.,  a  qua  monographus  spe- 
ciem  longinque  removerat. 

910.  S.  tomentosum  L.   -     Guad.:  Duch. 

911.  Capsicum  frutescens  L.  —  Syn.  C.  conicum  Hey.  Fl.  Esseq.!  — 
Guad.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.). 

Hh2 


244  A.  GRISEBACH, 

912*.  C.  baccatum  L.  —  Ic.  SI.  t.  246.  f.  2.  —  Syn.  C.  laurifolium  Dun. 
ex  loco  et  ic.  SI.  —     Guad. :  Ducti. 

913.  Physalis  pubescens  L. —     Guad.  in  cultis  (Duch.). 

914.  Ph.  foetens  Poir.  —     Guad.  in  cultis:  Duch. 

915.  Ph.  angulala  L.  Guad.  (Wickstr.);  S.  Thom.  (Duch.),  S.  Croix 
(Wst),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

ß.  capsicifolia,  foliis  subintegerrimis.  —  Syn.  Ph.  capsicifolia  Dun.  — 
Guad.:  Duch. 

y.  Linkiana,  foliis  sinuato-dentatis.  —  Syn.  Ph.  Linkiana  Ns.  Dun.  — 
Guad.  in  cultis:  Duch. 

916.  Acnistus  arborescens  Schlecht.  —  Guad.  (Wickstr.);  Mart.  (Sieb.: 
A.  Plumieri  Mrs.). 

917.  Datura  Stramonium  L.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.). 

918*.  D.  fastvosa  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 
ß.  rubra  Dun.  —     Guad.:  Duch. 

919.  D.  Metel  L  —     Ic.  Bot.  mag.  t.  1440.  —     Guad.:  Duch. 

920.  D.  maveolens  Humb.  Bonpl.  —     Guad.:  Duch. 

921.  Nicotiana  Tabacum  L.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.). 

922.  Cestrum  diurnum  L.  —     S.  Barth.  (Wickstr.) ,   S.  Croix  (Wst.). 

923.  C.  laurifolium  l'H6r.  —     Guad. :  (Dun.). 

924.  C.  latifolium  Lam.  —     Guad.  (Wickstr.). 

925.  C.  eespertinum  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  16  (Ixora  alternifolia 
ej.).  —  Syn.  C.  depauperatum  Dun.:  forma  floribus  axillaribus  paucis  ex  loco 
natali  et  descr. —  Guad.  in  m.  Soufriere  m.  Febr.:  Duch.;  Mart.  in  sylvis  (Jacq.). 

Bignoniaceae. 

926.  Bignonia  unguis  L.  —  Ic.  Fl.  flum.  6.  t.  20.—  Guad.,  S.  Thom.: 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.),   Mart.  (DC). 

927.  B.  incarnala  Aubl. —  Ic.  Aubl.  2.  t.  261.  —  Guad.  in  paludosis 
Duch.;   Mart.  (DC).  —     »Liane  ä  crabe«. 

928.  B.  aequinoctialis  L.  —   Syn.  B.  spectabilis  Vahl.  -    S.  Croix  (Wst.). 

929.  B.  laurifolia  Vahl  (diagn.  nimis  succincta).  —     Guad.:  Duch.    Rami 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  245 

teretiusculi ;  corolla  extus  tomentosa,  pollicaris:  accedit  ad  B.  Martiusianam  DC. 
(sec.  descr.)- 

930.  Distictis  lactiflora  DC.  -      S.  Croix  (Wst.). 

931.  Amphilophium  paniculatum  DC.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  36.  f.  1. — 
Guad.  in  sepibus  m.  Aug.:  Duch. 

932.  Tabebuia  triphylla  DC.  —     S.  Thom.  (DC),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

933.  Tecoma  pentaphylla  Juss.  —  Guad.  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),  Montserr.  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart.  (DC).  —    »Poirier«. 

ß.  triphylla,  foliolis  3  saepe  subsessilibus  parvis  ellipticis  v.  lanceolatis.  — 
Syn.  T.  Berterii  DC    -     S.  Thom. :  Duch. 

934.  T.  leucoxylon  Mt.  —     S.  Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

935.  T.  radicans  Juss.  —     Guad.:  Duch. 

936.  T.  stans  Juss.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  3191.  —  Guad.:  Dnch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.),   Mart.  (Jacq.). 

937.  Catalpa  longissima  Sims.  —     S.  Thom.  (DC). 

938.  Tanaecium  crucigerum  Seem.  —  Syn.  Bignonia  L.  —  Domin.  (Seem.). 

939.  Crescentia  Cujete  L.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S. 
Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

940.  C.  cucurbitina  L.  —     Guad.,   S.  Thom.:  Duch.;   S.  Croix  (Wst.). 

Acanthaceae. 
941*.  Thunbergia  fragrans  Roxb.  —     Guad   (Ns.),  S.  Thom.  (Schlecht.). 

942.  Cryphiacanthus  barbadensis  Ns.  —  Ic.  Sl.  t.  95.  f.  1 :  fragmentum.  — 
Guad.  in  campis  aridis,  S.  Eustach.,  Nevis,  vulgaris  ra.  Aug.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schi.),  S.  Croix  (Wst.).—   »Radix  tuberosa,  emetica«:  Duch.  —  »Chandelier«. 

943.  Arrhostoxylum  coccineum  Ns. —    S.  Thom.  (Ns.),  S.  Croix  (Wst.). 

944.  Teliostackya  alopecuroidea  Ns.  —  Guad.  in  graminosis  humidis: 
Duch.;   Montserr.  (Vahl),   Domin.  (Ns.). 

945.  Stenandrium  rupestre  Ns.  —     Guad.  in  saxis  juxta  domos :  Duch. 
946*.  Pachystachys  asperula  Ns.  —     Guad. :  Duch. 

947.  Tkyrsacanthus  nitidus  Ns.  —  Ic.  Sl.  t.  10.  f.  2.  —  Guad.  in  fruti- 
cetis  colli  um  Grandeterre:  Duch.;  S.  Croix,  Montserr.  (Ns.),  S.Christ.  (Sw.), 
S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart.  (Jacq.:  ex  synon.  Barleriae  nitidae  Jacq.  amer.  pict. 
p.  89,   quod  nomen  a  Ns.  in  Prodr.   11.  p.  243   errore  quodam  Jacquinio  ab- 


246  A.  GRISEBACH, 

negatur,  verum  a  Justicia  in  emendationibus  editionis  pictae  ad  Barleriam 
transpositum  videtur,  quo  verosimile  est,  speciem  affinem  hodie  ignotam,  scilicet 
B.  hirsutam  Jacq.,   in  ins.  Martinique  exstare). 

948*.  Graptophyllum  hortense  Ns.  —     Guad.:  Duch. 

949.  Dianthera  secunda  Gr  —  Syn.  Rhytiglossa  Ns.  —  Mart.  (Sieb.). 
Nomen  generis  Linnaeanum,  sine  causa  abrogatum,  cum  auctoribus  Florae 
boreali-americanae  restituendum  duco. 

950.  D.  sessilis  Gr.  —  Syn.  Justicia  Jacq.  —  S.  Eustach.  in  fruticetis 
Jul.  Aug.  (Jacq.),  S.  Thom.  (Ns.),  S.  Croix  (Wst.). 

951.  D.  androsaemifolia  Gr.  —  Syn.  Rhytiglossa  Ns.  —  Mart.  (Sieb.), 
Domin.  (Ns.). 

952.  D.  pectoralis  Gr.  —  Guad.  m.  Mart. :  Üuch. ;  S.  Barth.  (Wickstr.), 
Mart.  m.  Jan.  (Jacq.).  —     » Herbe  ä  charpentier«. 

953.  Amphiscopia  retusa  Ns.  —    S.  Croix  (Wst.). 

954.  Adhatoda  reflexiflora  Ns.  —     S.  Tbom.  (Vahl). 

955.  A.  Eustackiana  Ns.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  5 :  folia  pleraque  in 
nostra  planta  latiora.  —  Guad.  in  fruticetis  litoralibus:  Duch.;  S.  Eust.  in  aridis 
m.  Sept.  (Jacq.),   Montserr.  (Ns.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

956.  Beloperone  Lamarckiana  Ns.  —     Mart.  (Ns.). 

957.  Anlhacantkus  microphyllus  Ns.  —  Däsirade  in  aridis:  Duch.;  S. 
Croix  (Ns.). 

958.  A.  acicularis  Ns.  —     Syn.  Justicia  Sw.  —     S.  Croix  (Wst.). 

959.  A.  spiriosus  Ns.  —     S.  Thom.,   S.  Croix,   Mart.  (Ns.). 

960.  Blechutn  Broumei  Juss.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
Mart.  (Sieb.). 

961.  Tetramerium  racemulosum  Ns.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

962.  Dicliptera  martinicensis  Juss.  —     Mart.  in  umbrosis  (Jacq.). 

963.  0.  assurgens  Juss.  —     S.  Croix  (Ns.). 

Gesneriaceae. 

964.  Conradia  ventricosa  Mt.  —  Guad.  (DC),  Montserr.,  Domin.,  Mart.'(Sw.). 

965.  Besleria  lutea  L.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  49.  —  Syn.  B.  guadalu- 
pensis  DC:  nostra  specimina  in  utramque  diagnosin  quadrant. —  Guad.  in  sylvis 
montanis  ad  ripas  torrentium:   Duch.;   Mart.  (Jacq.). 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAlBEN.  247 

966.  Columnea  scandens  L.  —    Mart.  in  sylvis  m.  Nov.  (Jacq.). 

967.  Drymonia  serrulata  Mt.  —     Guad.  (Wickstr.). 

968.  Alloplectus  cristatus  Mt.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1. 180.  —  Guad. 
in  sylvis  bumidis  m.  Soufriöre  alt.  3000'  m.  Febr.:  Duch.;  Nevis  (Harn.), 
Mart.  (Jacq.). 

969.  Episcia  tneüüifoUa  Mt.  —  Guad.  in  sylvis  bumidis  reg.  inf.:  Duch.; 
Mart.  (Pers.). —     »Corolla  intense  purpurea«:   Duch. 

Convolvulaceae. 

970.  Rkea  tilüfolia  Chois.—  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S. 
Croix  (Chois.).  —  Pericarpium  in  nostra  vix  baccatura ,  potius  chartaceum :  sed 
a  Calonyctio  grandifloro  Ch.  simili  plane  distinctum  loculis  4  seminibusque 
minutissime  puberulis  et  ad  bilum  minutissime  puberulis  (nee  corona  pilorum 
oblongata  totum  semen  fere  cingente).  —     »Batate  marron". 

971.  Quamoclit  coccinea  Mck. —  Ic.  Bot.  mag.  t.  221.  —  Guad.:  Duch. — 
Semina  glabra,  laeviuscula,   angulato-globosa. 

972.  Q.  hederifolia  Chois.  —  Ic.  Bot.  mag.  1. 1769.  —  Guad.  (Wickstr.), 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). 

973*.  Q.  vulgaris  Chois.—  Guad.:  Duch.;  S.Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix 
(Wst).  —    Semina  glabra,  verrueulosa,  clavato-compressa. 

974.  Batatas  litoralis  Chois.  —  Syn.  Convolvulus  arenarius  Vahl.  —  S. 
Croix  (Wst.). 

975*.  B.  edulis  Chois.  —     Guad.:  Duch.  —     Forma  foliis  5partitis. 

976.  B.  pentaphyüa  Chois.  —  Guad.  in  sepibus  pr.  Basse-terre  m.  Jan.: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),   Mart.  (Sieb.). 

977.  B.  cissoides  Chois.  —  Syn.  Convolvulus  pilosus  Wickstr.  C.  guada- 
lupensis  Steud.  —     Guad.  (Wickstr.). 

978.  PharbUis  hispida  Chois.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  1682.  —  Syn.  Con- 
volvulus purpureus  L.  —     S.  Croix  (Wst.). 

979.  Ph.  acuminata  Chois.  —     S.  Croix  (Wst.). 

980.  Ph.  Nil  Chois.  —  Guad.  in  eultis:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.).  —  Sepala  angusta,  sicut  exhibentur  quoque  speeiminibus 
boreali  -  americanis. 


248  A.   GRISEBACH, 

981.  Calonyction  spinös« m  Chois.  —  Syn.  Convolvulus  grandiflorus  L.  — 
Guad.  (Wickstr.). 

982.  C.  rrwricalum  Don.  —  Ic.  Jacq.  ht.  Schoenbr.  3.  t.  323.  —  Syn. 
Convolvulus  L.  —  Calonyction  speciosum  ß.  Chois.  —  Guad.  in  fruticetis 
litoralibus:  Duch.  —  »Flores  nocturni,  sexta  hora  post  meridiera  aperiuntur, 
ante  octavam  horam  matutinam  marcescunt;  Capsula  bilocularis,  3 — 4sperma, 
seminibus  angulatis  laevibus  glabris  nigris«:  Duch. 

983.  C.  grandiflorum  Chois.  —  Syn.  Convolvulus  Tuba  Schlecht.  — 
Guad.  in  fruticetis  litoralibus  pr.  Moule  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
Marl.  (Jacq.). —  Semina  obovato-trigona,  dorso  convexa,  margine  fere  integro 
fimbriato-ciliata,   ceterura  velutino-puberula. 

984.  Exogonium  repandum  Chois.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  27.  — 
Guad.  in  sepibus  pr.  Moule  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  Marl,  in  fruticetis 
(Jacq.).  —  »Tubercula  edulia.  Capsula  bilocularis,  quadrivalvis,  1 — 2sperma, 
seminibus  e  basi  longe  pilosis":  Duch. 

985.  E.  filiforme  Chois.  —  Ic.  Jacq.  araer.  pict.  t.  26.  —  Guad.  in  fruticetis 
litoralibus  ra.  Aug.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  Mart.  in 
sylvis  m.  Nov.  —  Jan.  (Jacq.). —     Capsula  pisiformis;  semina  Iriquetra,  glabra. 

986.  Ipomoea  pes  caprae  Sw.  —  Guad. :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.).  —  Semina  4,  rufo-pubescentia.  Exstat  quoque  forma  scan- 
dens.  —     aPatate  bord  de  mer«. 

987.  /.  urbica  Chois.  —  Seem.  —  Syn.  I.  asarifolia  Walp.  Decad.  nr.  14!  — 
Guad.  in  arenosis  maritimis  toto  anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Wp.).  —  Semina  4, 
subglobosa,  laevia,  minutissime  puberula. 

988.  /.  setifera  Poir.  —     Guad.  pr.  Gozier  m.  Jan.:   Duch. 

989.  I.  triquetra  R.  S.  —  S.  Thom.  (Schlecht.) ,  S.  Croix  (Wst.).  — 
Semina  glabra  sec.  Schlecht. 

990.  /.  ventricosa  Chois.  —     Guad.  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Barth.  (Chois.). 
Semina  globoso-trigona ,  laevia,  nigra,   minutissime  puberula:   qua  pube  igitur 
diflert  a  praecedente  nee  non  caule  teretiusculo. 

991.  /.  operculata  Mt.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  91.  f.  1.  —  Guad.  in  sepib. 
m.  Dec.  Jan. :  Ducti. —  Semina  trigona,  laevia,  nigricantia,  glabra. —  »Co- 
rolla  hora  oetava  matutina  aperitur«:  Duch. 


ÜBER  DIE  VEGETATION   DER  KARAIBEN.  249 

992.  /.  iuberosa  L.  —  Ic.  Sl.  t.  96.  f.  2.  —  Guad.  in  maritimis  ra.  Marl: 
Ducti.;  S.  Tbom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.). —  Semina  semiovoidea,  8'" 
longa,  nigra,  area  triangulata  laterali  breviter  pilosiuscula ,  ceterum  velutina.  — 
»Lacteseit«:  Duch. 

993.  /.  dissecta  Pursh  (non  W.).  —  Ic.  Jacq.  obs.  t.  28.  —  Syn.  Con- 
volvulus  L.  —  Ip.  sinuata  Ort.  et  Chois.  —  Guad  in  sepibus  pr.  S.  Francis 
m.  Mart.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.).  -  Semina  subtrigono-globosa,  laevia, 
nigra,  glabra. —     »Folia  trita  amygdalinum  Spirant«:  Duch. 

994*    1.  pes  tigridis  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

995.  /.  tamnifolia  L.  —     Guad.  in  cultis  m.  Jan.:  Duch.;  Nevis  (Chois.). 

996.  L  quinquepartita  R.  S.  —  Syn.  Convolvulus  ovalifolius  Wst.  — 
S.  Croix  (Wst.). 

997.  I.  tiliacea  Chois.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

998.  /.  umbellata  Mey.l  —  Guad.  in  sepibus  pr.  Moule  m.  Marl:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Semina  trigono- 
globosa,   nigra,   ubique  puberula,   margine  fimbriato-ciliata. 

999.  /.  fastigiata  SwL  —  Guad.  in  sepibus  toto  anno :  Duch.  —  Semina 
cuboideo-quadrata,  laevia,  glaberrima.  —  » Varia t  flore  albo«:  Duch. — 
»Patate  marron«. 

1000.  /.  trüoba  L.  —  Ic.  Sl.  t.  97.  f.  1 :  recedit  a  nostra  folio  ölobo.  — 
Syn.  I.  parviflora  Wst.  —  Guad.  in  sepibus  pr.  Gazier  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht),  S.  Croix  (Wst.).  —     Semina  globoso-trigona,  laevia,  glaberrima. 

1001.  L  pentaphylla  Cav.  —  Ic.  Cav.  ic.  3.  t.  256:  cujus  patria  ignota 
erat. —     Syn.  J.  Bouvetii  Walp.  Decad.  nr.  17!  —     »Semina  lanata«:  Duch. 

1002.  I.  palmata  Forsk.  —  Syn.  Convolvulus  quinquelobus  Vahl.  —  S. 
Croix  (Wst.). 

1003.  Jacquernontia  violacea  Chois.  —  Ic.  Bot.  reg.  t.  439.  —  Guad.  in 
fruticetis  litoralibus  toto  anno:  Duch.;  S. Thom.  (Schlecht.) ,  S.  Croix  (Wst.). — 
Semina  globoso-trigona,  laevia,  glaberrima. 

1004.  Convolvulus  nodiflorus  Desr.  —  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix 
(Chois.),  Mart.  (Sieb.). 

1005.  Aniseia  martinicensis  Chois.  --  Ic  Jacq.  araer.  pict.  t.  24. — 
Guad.  (Chois.),  Mart.  in  umbrosis  inundatis  (Jacq.). 

Phys.Classe.   V1L  Ii 


250  A.  GR1SEBACH, 

ß.  ensifolia,  foliis  angustioribus,  plerisque  linearibus.  —  Syn.  A  ensifolia 
Chois.  —  Guad.  in  paludosis  et  aquis  toto  anno:  Duch.  —  Nonnisi  foliorum 
forma  variabili  ab  ct.  recedit,  corolla  »alba«:  Duch.  convenit  cum  ic.  Jacquin. — 
»Caulis  radicans,   ramis  volubilihus;   semina  glabra«:  Duch. 

1006.  Etolvulus  nummularius  L.  —  Ic.  Sl.  t.  99.  f.  2.  —  Guad.  in 
campis  siccis  m.  Febr.:   Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1007.  E.  mucronatus  Sw.  —  Syn.  E.  glabriusculus  Chois.  —  Guad.  in 
dumetis  m.  Febr.:  Duch. 

1008.  E.  linifolius  L.  —     S.  Thom.,   S.  Croix,   Mart.  (Schlecht.). 

1009.  Cmcufa  americana  L.  —  Guad.  in  Wedeliis  pr.  Moule:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Mart.  (Chois.),  S.  Barth.  (Wickstr.),   Mart  (Sieb.). 

Hydropkylleae. 

1010.  Nama  jamaicensis  L.  —     S.  Croix  (Wst.). 

Boragineae. 

1011.  Varronia  calyptrata  DC.  —  Guad.  introducta  ex  Martinique: 
Duch.;  S.  Croix  (DC).  —      »Arbre  ä  perle«. 

1012.  Cordia  Gerascanthus  Jacq.  —  Ic.  Br.  jam.  t.  29.  f.  3.  Jacq.  amer. 
pict.  t.  259.  f.  12:  flos.  —     S.  Thom.  (Schlecht),  Mart  (Sieb.). 

ß.  mbcanescens  DC.  —     Guad.:  Duch.  —     »Bois  de  rose«. 

1013.  C.  speciosa  W.  —  Ic.  Sl.  t.  164.  —  Syn.  C.  Sebestena  L.  partim.  — 
Guad.  introducta:  Duch.;  S.  Thom.  (Wst).  —  »Fructus  albus,  maturus  odorem 
pyri  spirans«:  Duch.  —     »Cordia«. 

1014.  C.  Callococca  L.  -  Ic.  Sl.  t  203.  f.  2.  —  Syn.  C.  reticulata 
guadalupensis  DC.  (non  Vahl)  ex  nomine  vernaculo  »Mapou  de  rivifere«.  — 
Guad.  ad  ripas  torrentium:  Duch. —  Species,  iigura  Sl.  clara,  apud  DC.  pbscura, 
hac  adumbratione  illustratur: 

C.  ramis  teretibus  pallide  cinereis  demum  striata -rugosis  glabris,  foliis 
ellipticis  v.  obovato-ellipticis  acutis  basi  subattenuatis  breviter  peliolatis  inte- 
gerrimis  glabris  supra  nitidis,  demum  venatione  immersa  rugulosis,  subtus  pro- 
minulo-venosis,  corymbis  pedunculatis  sub  apice  ramorum  confertis,  pedunculis 
calycibusque  rufo-pubescentibus,  calyce  breviter  obovato  3 — 4dentato  corollae 
tubum  aequante,  dentibus  triangulari- acutis,  corollae  »albae«  limbo  reflexo- 
expanso,  lobis  ellipticis  obtusis  tubum  aequantibus,  staminibus  breviter  exsertis 


ÜBER   DIE   VEGETATION  DER  KARAIBEN.  251 

stylum  bis  bifidum  subaequantibus,  drupa  globosa  purpurea.  —  Itaque  inprimis 
figura  froctus  et  calycis  a  C.  reticulata  Vahl  diflert:  figuram  Sloanei  DC.  in- 
fauste ad  Ehretiam  tinifoliam  L.  (ibi  fig.  1  delineatam)  referendam  fere  duxit.  — 
»Arbor«:  Duch.,  ramis  albidis  insignis,  foliis  sub  anlhesi  caeduis,  sub  matu- 
ratione  fructus  redivivis  et  tum  membranaceis  et  minus  distincte  reticulatis, 
demum  coriaceis  (4 — 6":  2 — 3"),  margine  revoluto,  petiolo  (4 — 6"'  longo) 
in  laminam  apice  dilatato  et  canaliculato.  Flores  in  apice  pedicellorum  conferti, 
unilaterales ,  sessiles.  Calyx  IV2'"  longus,  intus  glaber;  corollae  limbi  diam. 
fere  3'".  Drupa  »viscosa«:  DucB.,  rugulosa,  vix  umbonata,  3  —  4"'  diam. 
(si  quidem  unicus  loculus  explicatur).  —  »Mapou  de  ri vifere,  Mapou  blanc, 
Mapou  cochon«. 

1015.  C.  reticulata  Vahl.  -     Monlserr.  (Vahl). 

1016.  C.  micrantha  Sw.  —     S.  Croix  (Wst.). 

1017.  C.  salvifolia  DC.  —  Guad.  in  collibus  calcareis:  Duch.  —  Corollae 
tubus  calyce  et  limbo  duplo  longior;  typus  variat  quaternarius. —    »Bois  noir«. 

1018.  C.  elliptica  Sw.  —     Domin.  (Sw.). 

1019.  C.  laevigata  Lam.  —      S.  Thom.  (Schlecht.),  Mart.  (Sieb.). 

1020.  C.  macropkylla  MilL  —  Ic.  Sl.  t.  221.  f.  1.  —  Guad.  in  sylvis 
huraidis  m.  Jul. :  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  Mart.  (Sieb.).  —  ;> Arbor  excelsa* : 
Duch.,  ramis  junioribus  rufo-pubescentibus.  Folia  (10 — 15":  5 — 8"  nunc 
minora)  integerrima  v.  subserrata,  basi  rotundata  v.  subcordata,  peliolo  6'" 
longo.  Corymbi  nunc  terminales,  nunc  ex  dichotomia  alares,  pedunculis  caly- 
cibusque  rufo  -  strigillosis.  Calyx  breviter  obovatus,  5— 6dentatus  (2'"  altus), 
dentibus  brevissimis  triangularibus.  Corolla  »alba,  parva,  tubo  calycem  aequante; 
stamina  vix  exserta ;  Stylus  exsertus;  drupa  alba":  Duch.,  2"' diam. —  »Mapou 
ä  grandes  feuilles«. 

1021.  C.  sulcala  DC.  —     Guad.  (DC). 

1022.  C.  martinicensis  R.  S.  —  Guad.  (Wickstr.),  Mart.  in  margine 
sylvarum  (Jacq.). 

1023.  C.  portoricensis  Spr.  —     S.  Croix  (Spr.). 

1024.  C.  angustifolia  R.  S.  —     S.  Croix  (Wst.). 

1025.  C  ulmifolia  Jus*.  —     Syn.  Varronia  paniculata  Wickstr.  —     Guad. 

(Wickstr.),  S.  Thom.,  S.  Croix  (DC). 

Ii2 


252  A.  GRISEBACH, 

1026.  C.  globosa  Kth.  —  Ic.  Sl.  t.  194.  f.  3.  —  Syn.  C.  bull  ata  DC 
et  Varronia  L.  herb,  (non  L.  sp.).  —  Guad.  (DC),  S.  Thom.  (Schlecht.),  S. 
Croix  (Wst.),   Mart-  (Schlecht.). 

1027.  C.  bullata  R.  S.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  43.  —  Syn.  C.  raira- 
biliflora  A.  D<\  —     Varronia  bullata  L.  sp.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

1028.  Ehretia  tinifolia  L.  —  S.  Barth.  (Wickstr.).  Characterem  gene- 
ricum  R.  Brownei  vide  supra:  Endlicher  Ehretieas  a  Heliotropeis  semine  albu- 
rainoso  distinguit,   at  contrarium  rectius  foret. 

1029.  Beurreria  succulenta  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  45.  — 
Syn.  Ehretia  Beurreria  L.  DC.  (exclus.  ic.  Sl.).  —  Guad.  in  collibus  calcareis: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart 
(Jacq.).  —  Bacca  tetrapyrena,  pyrenarum  endocarpio  lignoso  lacunoso  et 
septis  spurius  quasi  pluriloculari,  unico  loculo  vero  et  seminifero,  semine  in 
quaque  pyrena  solitario,  testa  membranacea;  embryo  exalbuminosus,  rectus, 
radicula  brevi  supera,  cotyledonibus  oblongo-linearibus  planis  radicula  multo 
longioribus.  Itaque  character  generis  apud  Endl.  peccat  in  plerisque  (e.  c. 
pyrenis  bilocularibus,  loculis  monospermis,  albumine,  embryone):  characterem 
emendatum  comparatiyum  supra  dedi. 

Rochefortia  Sw.  (char.  ref.).  —  Syn.  Lutrostylis  G.  Don  (gen.  syst.  4. 
p.391).     Ehretiae  sp.  non  satis  nota  DC.  (Prodr.  9.  p,  510). 

Calyx  profunde  5partitus,  segmentis  imbricalivis.  Corolla  rotata,  Jimbo 
öpaftito  imbricativo,  fauce  nuda.  Stamina  5  exserta,  filamentis  fauci  insertis 
latiusculis.  Ovarium  depressum,  integrum,  quadriloculare,  loculis  uniovulatis> 
ovulis  pendulis.  Stylus  bipartitus,  stigmatibus  peltato-obtusis.  Bacca  tetra*- 
pyrena,  pyrenis  mouospermis,  embryone  exalbuminoso ,  radicula  brevi  supera, 
cotyledonibus  planis  oblongis. —  Frutices,  foliis  alternis  fasciculatis  integerrimis, 
corymbis  ramulos  terminantibus. 

1030.  R.  cuneata  Sw.  —  Guad.  in  sylvis  et  fruticetis:  Duch«;  S.  Croix 
(Wst.  Ehretia  spinosa  ej.  ex  loco  caribaeo  verosimiliter  hujus  loci).  —  De- 
scriptioni  Swartzianae  haec  habeo  addenda:  Folia  obovata,  basi  in  petiolum 
attenuala,  apice  rotundata  v  emarginata,  laevia,  obscure  penninervia,  supra 
nitida,  sicca  nigricanlia,  subtus  obscure  rufescentia  (1 — 2":  8 — 12"'),  petiolo 
2  —  4'"   longo.       Corymbi   in   ramulis   abbreviatis    terminales ,    foliis   superati, 


ÜBER   DIE   VEGETATION  DER  KARAIBEN.  253 

6— 12flori,  floribus  pedicellatis,  pedicellis  cernuis  puberulis.  Calyx  segmentis 
rotundato  -  obtusis  ciliolatis  corollae  tubum  aequantibus  1"'  longis.  Corolla 
(4 — 5'"  diam.),  Hmbi  segmentis  tubum  duplo  superantibus.  Stamina  filamentis 
subquadratis,  antheris  aequilatis  erectis  introrsis.  Bacca  globosa,  nitida,  lutescens 
(3 — 4"'  diam.),  pericarpio  tenui,  endocarpio  cujusque  pyrenae  lignoso  incurvo 
versus  axin  spongioso;  semina  pendula,  testa  membranacea,  embryone  recto, 
radicula  cotyledonibus  duplo  superata.  —      »Bois  vert*. 

Obs.  Ut  observationes  supra  de  speciebus  generis  dalas  amplificem, 
diagnoses  utriusque  addo: 

R.  cuneata  Sw.  spinulosa  (v.  inermis),  foliis  glabris  obovatis  in  petiolum 
attenuata,  corymbis  glabriusculis ,  calycis  segmentis  ciliolatis,  corollae  lobis 
ovato-oblongis  obtusis  tubum  duplo  excedentibus.  —     Guadaloupe. 

R.  Jacquini  Gr.  „spinosa",  foliis  glabris  obovato-oblongis,  corymbiß 
calycisque  segmentis  sericeo-villosis,  bis  eciliolaiis,  corollae  lobis  oblongis 
oblusiusculis  tubum  subaequantibus.  —  Tocayma  (herb.  Hook,).  Huc  refero 
Ehretiam  spinosam  Jacq.  Syn.  Lutrostylis  G.  Don. 

1031.  Tournefortia  gnaphalodes  R.  Br.  —  Ic.  Jacq.  araer.  pict.  t.  259. 
f.  9:  flos. —  Syn.  Heliotropium  Jacq. —  Guad.  in  arenosis  maritirais  toto 
anno:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Eust  (Jacq.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

1032.  T.  hirsutissima  L.  —  Guad.  in  fruttcetis:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.).  —     *  Liane  ä  chique«. 

1033.  T.  cymosa  L.  —  Ic.  Sl.  t.  212.  f.  2.  Jacq.  ic.  rar,  t.  31;  corollae 
tubo  nimis  crasso.  —  Guad.  in  sylvis  ad  vias:  Duch.  —  Corollae  tubus  fili- 
formis,   calyce  4plo  longior,   lobis  mucronatis.  —     ^ Liane  ä  chique«. 

1034.  T.  foetidissima  W.  —  Ic.  Plum.  gen.  t.  230.  —  Syn.  Linnaei 
excludendum  et  dubium  et  ob  ic.  Sl.  t.  212.  f.  1,  quae  non  hujus  loci.  —  Guad. 
in  fruticetis  humidis:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.).  —  Corollae  tubus  filiformis, 
calyce  3plo  longior,   lobis  oblusiusculis.  —     »Mapou  puanl«. 

1035.  T.  bicolor  Sw.  —  Guad.  in  humidis:  Duch.  -  Corollae  tubus 
basi  incrassatus,  calyce  3plo  longior,  lobis  rotundatis  mucronulatis.  Venae 
folii  minus  numerosae  (6  fere),  quam  in  praecedentibus.  »Frutex  erectus 
10      20pedalis«:   Duch. 

1036.  T  laecigala  Lam.  —     Seem.!  —     Guad.:  Duch.;  Mart.  (DC).  — 


254  A.  GRISEBACH, 

Differt  a  praecedente  paniculae  ramis  sab  antbesi  contraclis  et  corollae  lobis 
longius  mucronatis. 

1037.  T.  incana  Lara.—     Mart.  (DC). 

1038.  T.  laurifolia  Vent.  —     S.  Thom.  (DC). 

1039.  T.  volubüis  L.  —  1c.  SI.  t.  143.  f.  2.  Guad.  in  sepibus  m. 
Aug.:  Duch.;  S.  Thom.:  Duch.  (forma  y.  DC),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth. 
(Wickstr.).  —     »  Liane  k  chique«. 

1040.  T.  microphylla  Desv.    -     S.  Thom.  (DC). 

1041.  T.  sericea  Vahl.  —     Montserr.  (Vahl). 

1042.  T.  punctata  Spr.  -  Syn.  T.  psilostachya  ß.  DC  — -  Guad.  (DC), 
Mart.  (Sieb.). 

1043.  Heliotrop  tum  curassamcutn  L.  —  Ic.  SI.  t.  132.  f.  3.  —  Guad.: 
Duch.;  S.  Thom  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1044.  H.  inundatum  Sw.  —     Seem.!  —     Guad.  (DC). 

1045.  H.  fruticosum  L. 

ß.  ternatum  DC.  —     Däsirad.  in  campis  aridis:  Duch. 
y.  confertum  DC  —     Guad.  (DC).     Huc  spectare  videtur  H.  microphyl- 
lum  Sw.  apud  Wickstr.  guad. 

1046.  Heliophytum  parviflorum  DC.  —  Guad.  in  locis  sterilibus  toto 
anno:  Duch.;  S.  Thom. (Schlecht.) ,  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Domin.. 
(DC),   Mart.  (Sieb.). 

1047.  H.mdicum  DC.  —   Guad.  in  cultis,  S.  Thom.,  S.  Eust.,  Nevis:  Duch. 
1048*.  Trichodesma  indicum  R.  Br. —  Syn.  Borago  L. —  Guad.  (Wickstr.). 

Labiatae. 

1049.  Ocimum  micranthum  W.  —     Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht). 

1050.  Hyptis  capitata  Jacq.  —  Ic.  SI.  1. 109.  f.  2.  Jacq.  ic.  rar.  1. 1 14. — 
Guad.  in  cultis  frequens:  Duch. 

1051.  IL  brevipes  Poit. —  Marl.  (Sieb).  Excludenda  est  ex  synonymis 
H.  globifera  Mey.  Fl.  esseq.,  quae  sec.  specim.  originär,  ad  praecedentem  pertinet 

1052.  H.  atrorubens  Poit.  —  Ic.  Ann.  Mus.  7.  t.  27.  f.  3.  —  Guad.  in 
graminosis  reg.  inf. :  Duch.;   Mart   (Sieb.). 

1053.  H.  suaceolens  Poit.  —  Ic.  SL  t.  10  .  f.  2.  Ann.  Mus.  7.  t.  29. 
f.  2.  —     Guad.  in  reg.  inf.  pr.  Basse-terre  loto  anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.). 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  25  > 

1054.  H.  pectinata  Poit.  —     Ic.  Ann.  Mus.  7.  t.  30.  —    Guad.:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

1055.  H.  verticillala  Jacq  —     S.  Thom.  (Benth.). 

1056     Salvia  occidentalis  Sw.  —    Guad.  ad  vias  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Thom. 
(Schlecht.),   S.  Croix  (Benth.),   Mart.  (Sieb.). 

1057.  S.  tenella  Sw.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

1058.  S.  serotina  L.  —     Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  3.  —     Guad.  in  muris  Pointe- 
ä-pitre  m.  Aug.:  Duch.;   S.  Croix  (Wst.),   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1059.  S.  densiflora  Benth.  —     Domin.  (Benth.). 

1060.  S  coccinea  L.  —     Ic.  Pohl  ic.  brasil.  t.  192.  —     Guad.:  Duch. 

1061.  Scutellaria  purpurascens  Sw.  —     Guad.:  Duch. 

1 062.  Leonurus  Sibiriens  L.  —  Guad.  in  eultis :  Duch. ;  S.  Thom.  (Schlecht.). 
—   Nuculae  maturae  in  nostra  forma  glabrae  sunt,  nee  hispidae,  ut  habet  Benth. 

1063.  Leucas  martinicensis  R.Br.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  110.  -  Guad.: 
Duch.;   Mart.  (Jacq.).  —     „Herbe  ä  bouton*. 

1064.  Leonotis  nepetifolia  R.Br.—  Ic.  Bot.  reg.  t.  281. —  Guad.: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.). 

Verbenaceae. 

1065.  Taraonea  verbenacea  Sw.  —     Antig.  (Sw.). 

1066.  Priva  echinata  Juss.  —  Ic.  Sl.  t.  110.  f.  1.  Jacq.  amer.  pict. 
t. 9.  —  Guad.  in  eultis  toto  anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.);  Domin.  (Schau.), 
Mart.  (Sieb.). 

1067.  Stachytarpha  cayennensis  Vahl.  —  Guad.  in  margine  sylvarum: 
Duch.  —  Parum  distineta  a  St.  dichotoma  Vahl  calyce  breviori  et  ramis  lanu- 
ginosis. 

1068  St.  jamaicensis  Vahl. —  Ic.  Sl.  t.  107.  f.  1.  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Domin.  (Schau.), 
Mart.  (Sieb.). 

1069.  St.  strigosa  Vahl.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

1070.  Lippia  geminata  Kth.  —     Guad.  in  m.  Soufrifcre:    Duch. 

ß.  microphylla ,  foliis  parvis  (8'":  4"')  pedunculum  subaequantibus. — 
Guad.:  Duch. —     „Frutex  1 — 2pedalis,  corolla  violaceo-purpurea* :  Duch. 

1071.  L.  stoechadifolia  Kth.  —     Guad.  juxta  vias  m.  Aug.:  Duch. 


256  A.   GRISKBACH. 

1072.  L.  reptans  Kth. —     Guad.:  Dach.;   Domin.  (Schau.). 

1073.  L.  nodiflora  Rieh.  —  Syn.  L.  nodiflora  ct.  sarmentosa  Schau.  — 
Gaad.:  Duch.;   Domin.  (Schau.). 

1074.  Lantana  Camara  L. —  Syn.  L.  aculeata  Wickstr. —  Guad.  in 
fruticetis  maritimis:  Duch.;  S.  Thom.,  S.  Eust.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.), 
Domin.  (Schau.).  —     »Petit  beaume«. 

1075.  L.  crocea  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  ht.  Schoenbr.  4.  t.  473.  —  Guad. 
in  fruticetis  maritimis:  Duch.;   S.  Thom.  (Schau.).  —     ^ Petit  beaume«. 

1076.  L.  intolucrata  L.  —  Guad.,  S.  Eust:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Croix  (Wst.),  S.Barth.  (Wickstr.),   Domin.  (Schau.). 

1077.  L.  odorata  L. —  Guad.  in  fruticetis  maritimis:  Duch. —  »Petit 
beaume«. 

1078.  L.  reticulata  Pers.  —     Domin.  (Schau.). 

1079.  L.  Radula  Sw.  —     Domin.  (Sw.). 

1080.  L.  trifolia  L.  —     Domin.  (Schau.). 

1081.  Cüharexylum  eillomm  Jacq.  —  S.  Thom.:  Duch.;  Domin.  (Schau.). 
—  Forma  angustifolia,  foliis  lanceolatis  ab  ic.  Jacq.  (ic.  rar.  1. 119)  recedens.  — 
Stamina  4. 

ß.  penlandrum,  corollae  tubo  breviori,  staminibus  5. —  Guad.:  Duch. — 
Praeterea  plane  conforme  cum  icone  C.  villosi  Jacquiniana ,  formam  latifoliam 
exhibente.  —  C.  pentandri  Vent.  icon  (ht  Cels.  t.  47)  a  nostra  planta  recedit 
foliis  dentatis  et  flore  breviori:  hoc  crescit  in  Domin.  sec.  Schau. 

1082.  C.  cinereum  L.  —     S.  Croix  (Wst.),  Mart.  in  silvis  (Jacq.). 

1083.  C.  quadrangulare  Jacq.  —  Sieb,  martin.  nr.  156!  —  Guad.  in 
sylvis  m.  Jan.:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart.:  Sieb. — 
»Bois  carr6*. 

1 084.  C.  eaudatum  L.  —  Ic.  SI.  t.  206.  f.  3. 4.  —  Guad. :  S.  Barth.  (Wickstr.). 

1085.  Duranta  Plumieri  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  179. —  Guad. 
(Wickstr.);  S. Thom.:  Duch.,  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart.  (Sieb.). 

1086.  Petrea  volubilis  Jacq.  -  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  173!  —  Guad. 
in  sylvis:  Duch.;   Mart.  (Jacq.).  —     » Liane  brülanle«. 

1087.  Callicarpa  aculeolata  Schau.  —      Domin.  (Schau). 

1088.  Aegipkila  laevis  W.  —     Guad.  in  fruticetis  m.  Scpt  :  Duch. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  257 

1089.  A.  martinicensis  L.  —     Guad.  in  fruticetis  m.  Sept:  Duch.;  Monts. 
(Schau.),   Marl  (Jacq.). 

1090.  A.  elata  Sw.  —     Domin.  (Schau.). 

1091.  Volkameria  aculeata  L.  —     Ic  Sl.  1. 166.  f.  2.  3.  —      Guad.  in 
fruticetis  toto  anno:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht),  S.  Croix  (Wst),  Marl.  (Sieb.). 

1092.  Clerodendron  spinosum  Spr.  —     Domin.  (Schau.).  —     Examina  vi 
specimina  haitiensia. 

1093.  Cornulia  pyramidata  L.  —    Ic.  Plum.  amer.  t  106.  f.  1.  —    Guad«: 
Duch.  —     »Gatlilier«. 

1094*.   Vitex  agnus  castus  L. —    Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht). 

1095.  V.  divaricata  Sw.  —     Guad.  in  sylvis  bumidis:  Duch.;  S.  Croix, 
Mart  (Sw.). —     Variat  foliolis  cuspidatis  et  obtusissimis. —     »Bois-Agouti«. 

1096.  V.  heptaphylla  Juss.  —     Guad.  (Wickstr.);  Domin.  (Juss.). 

1097.  Avicennia  nitida  Jacq.  —     Ic.  Jacq.  amer.  pict.  1 169.  —     Guad. 
in  paludosis:  Duch.;   S.  Thom.  (Schau.) ,  Mart.  (Jacq.).  —     »Hangle  blanc«. 

1098.  A.  tomentosa  Jacq.  —     Guad.  (Schau.);  S.  Thom.  (Schlecht),  S. 
Croix  (Wst). 

Myoporineae. 

1099.  Bontia  dapknoides  L.  —     Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (A.  DC),  S. 
Croix  (Wst),  Mart.  (Jacq.). 

Coniferae. 

1100.  Podocarpus  coriacea  Rieb.  —     Syn.  Taxus  laneifolia  Wickstr.  — 
Guad.  (Wickstr.);  Monts.  (Endl.). 

Cycadeae. 
1101*.  Cycas  drcmaUs  L.  —     Guad.:  Duch. 

Alismaceae. 
1102.     Echinodorus  cordifolius  Gr.  —  Ic.  Vell.  Fl.  flum.  10.  1 31.  —  Syn. 
Alisma  L.     A.  macrophyllum  Kth.  —     Guad.:  Duch.  —     Genus  ab  Alismate 
aestivatione  corollae  imbricativa  recte  separavit  A.  Gray.  —     Folia  9nervia. 

ß.  Berteroanus,  foliis  parvis  7nerviis  basi  vix  cordatis,  angulis  caulis  5 
inaequalibus.  —  Syn.  Alisma  Berteroanum  Balb.    A.  Sprengelii  Kth.  —   Guad. : 
Duch.  —     Fructu  cum  a.  plane  convenit 
Phyt.  Clane.  VII  Kk 


258  A.  GRISEBACH, 

Najadeae. 

1103.  Najas  flexilis  Rostk.  —  Syn.  N.  guadalupensis  Spr.  ap.  Wickstr. 
sec.  EÜl  —     Goad.  (Spr.). 

1104.  Tkalassia  tettmdhnm  Kom.  —  Goad.  in  fundo  maris:  Dach.  — 
»Sepab  3,  obtosa;  stamina  12  (nee  9)«:  Doch.;  plante  foemioea  ignota. 

1103.  Ruppia  maritima  L.  —  Gaad.  in  aestuariis:  Dach.  —  A  forma 
earopaea  oon  differre  videtnr :  froetns  in  oostris  speeiminibus  senariL  R.  didyma 
Sw.  ap.  Wickstr.  (S.  Barth.)  est  plaota  dubia. 

Aroideae. 

1106.  Pmtia  ocddemtalis  Bl.  —     Goad.:  Doch. 

1 107.  Arisaema  Draconlium  Scktt.  —     Goad. :  Doch. 

1108*  Colocasia  esculenia  Scktt.  —  IcSl.  1106.  f.l.—  Gaad.:  Doch.— 
»Madöre«. 

1 109.  Xcmiho$oma  tagütifolium  Scktt.  —  Ic.  Sl.  L  106.  f.  2.  Plom.  amer. 
t.  35.  —     Goad.:  Doch. 

1110.  Aconlias  belleborifolias  Schll.  —  Syn.  Aram  peataphyUam  Wickstr. 
verosimiliter.  —     Gaad.  (Wickstr.),   Mart  (Jacq.). 

1111.  Caladium  arborescens  Vent.  —  Ic.  Plom.  amer.  t.  60.  —  Goad. : 
Dach.  —  Ad  Pbilodendron  retalit  Kth.,  sed  genas  disünetam  videtar  spatha 
reclosa  Pbilodendri  antherisqae  connatis  Caladii. 

1112.  Pbilodendron  hederaceum  Schtt —     Mart.  (Plom.). 

1113.  Ph.  peregrinum  Kth.  —  Ic.  Plom.  amer.  L  36.  —  Syn.  Aram  L. 
Colocasia  mucronala  Ktb.  ex  syn.  Plura.  —  Gaad.  in  sylvis  montanis  ad  ripas 
torrenliam  pr.  Goyave:  Dach.  —  Ex  nervatione  folii  Philodendro  recte  ad- 
scriptum  videtur. 

1114.  Dieffenbachia  Seguine  Schtt. —  Ic.  Jacq.  amer.  pict  t.  229. — 
Gaad.  in  sylvis  reg.  inf.:  Ducb. 

1115.  Monster a  lingulata  Schtt,  —  Ic.  Sl.  t  27.  f.  2:  folium.  Plum. 
amer.  t.  37.  —     Guad.:  Ducb. 

1116.  M.  Adansonü  Schtt.  —     Ic.  Plum.  amer.  t.  56. —     Guad.:  Ducb. 

1117.  Anthurium  crassinervium  Schtt.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  L  609.  — 
Guad.  in  sylvis  reg.  inf.  parasilicum  in  arboribus:  Ducb.  —     »Langue  ä  boeuf*. 

1118.  A.  acaule  Scbtt. —     Mart.  in  sylvis  montanis  (Jacq.). 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  259 

1119.  A.  crenatum  Kth.  --     S.  Thom.  (Kth.). 

1120.  A.  macropkyllum  Endl.  —  Ic.  Plum.  araer.  t.  51.  i.  et  63.  Jacq. 
ic.  rar.  t.  610.  —  Syn.  A.  grandifolium  Kth.  ex  syn.  Jacq.  —  Guad.  in  sylvis 
udis  reg.  inf.  parasit  in  arboribus :  Ducb. ;  S.  Croix  (WsL). 

1121.  A.  palmalum  Kth.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  64.  65.  —  Guad.  in  sylvis 
reg.  inf.  radicans  in  arboribus:  Dach. 

Pandaneae. 

1122.  Carludovica  palmata  R.  P.  —  Guad.  in  reg.  inf.  in  consortio 
C.  Plumerii:  Buch.  —  »Caulis  erectus,  pedalis,  foliis  3  —  4pedalibus  peliolo 
aequilongo  suifultis,  nervis  3  crassioribus ,  binis  lateralibus  in  media  lamina 
desinenlibus ,  spathis  4  deciduis,  floribus  roseis  et  albo-tinctis«:  Ducb. — 
„Seguine  bfitard«. 

1123.  C.  Plumerii  Kth.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  59  et  51.  g.  —  Guad. 
in  montibus  declivibus  reg.  inf.  parasitica:  Buch.;  Mart  (Plum.). 

1124.  Cyclanthus  Plumerii  Poit. —    Mart.  (Plum.). 

Palmae. 

1 1 25.  Oreodoxa  oleracea  Mt.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  255.  —  Guad. 
(Wickstr.),  S.  Croix  (Wst.). 

1126.  Geonoma  martinicensis  Mt.  —  Mart.  (Plum.).  Palmas  ex  solis 
iconibus  Plumerianis  descriptas  cum  omnibus  plantis  minus  notis  omisi. 

1127.  Thrmax  barbadensis  Lodd.  —  Guad.  in  collibus  calcareis:  Ducb. — 
Nervis  flavis  glabris  foliorum  a  diagnosi  recedit,  ligulis  obliteratis  convenit: 
baccae  laeves,  globosae,  pisiformes,  siccae  nigrae.  —     »Latanier«. 

1128.  Acrocomia  sclerocarpa  Mt. —  Syn.  Cocos  aculeata  Jacq.  amer. 
pict.  t.  254:  a  Mt.  dubie  ad  A.  aculeatam  Lodd.  relata.  —     Mart.  (Jacq.). 

1 129.  Cocos  nucifera  L.  —  Guad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Wst.),  Mart.  (Jacq.). 

1130.  Syagrus  amara  Mt.  —     Mart.  in  sylvis  montanis  (Jacq.). 

Commelyneae. 

1131.  Commelyna  cayennensis  Rieh.  —  Syn.  C.  communis  Wickstr.  C. 
glabra  Mey.  Fl.  esseq,!  C.  agraria  Ktb.  ex  speeim.  Engelm.  a  Kth.  citaL  — 
Guad.:  Ducb.;  S.  Thom.  (Kth.),  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Marl. 
(Sieb.).  —     »Curage«. 

,1132.     C.  turbinata  Vabl.  —     Guad.  (Wickstr.),  S.  Croix  (Vahl), 

Kk2 


260  A.  GRISEBACH, 

1133.  C.  elegans  Ktb.  —     S.  Thom.  (Kth.). 

1134.  Callisia  repens  L.  —  S.  Thom.  (Schlecht.),  Hart,  in  herbosis 
humidis  (Jacq.). 

1135.  Tradescaniia  discolor  Sm.  —  Ic.  Sm.  ic.  rar*  1. 10.  —  Guad.  in 
saxis  Grande  Terra:  Duch. 

1136.  T.  geniculata  Jacq.  —    Mart.  in  nmbrosis  huraidis  (Jacq.). 

Gramineae. 
Tr.  I.    Poaceae. 

Subtr.  i.    Festuceae. 

1 1 37.  Eragrostis  poaeoides  P.  B.  —  Syn.  Poa  glutinosa  Sw.  ex  Ic.  Sl. 
1.71.  f. 2.  P.  tephrosanthos  Schult.—  Guad.:  Duch.;  Mart.  (Sieb.).  —  Forma 
floribus  angustioribus. 

1138.  E.  ciliaris  Lk.  —     Guad.:  Duch.;   S.  Thom.  (Schlecht.). 

1 1 39.  E.  capillaris  Ns.  —     Guad. ,   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1140.  Arundinaria  macrosperma  Mich.  cf.  —  Syn.  Panicum  arborescens 
Wickstr.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

1141.  Sporobolus  virginicus  Kth. —   Guad.:  Duch.;  S.Barth.  (Wickstr.). 

1142.  Sp.  indicus  R.  Br.  —  Ic.  Sl.  t.  73,  f.  1.  Trin.  ic.  L  60.  —  Syn. 
Sp.  tenacissimus  P.  B.  —     Guad.  m.  Dec:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht). 

Obs.  S.  litoralis  Kth.  (a  quo  Sp.  affinis  Kth.  vix  distinctus)  exstat  in 
collectione  sine  loci  designatione,  similis  Sp.  junceo  Trin.  (ic.  t.  57),  a  quo 
differt  vaginis  foliorum  inferiorum  barbato-ciliatis  et  palea  superiori  obtusinscula. 

1143.  Aristida  Äntillarutn  Poir.  —  Syn.  A.  Adscensionis  Wickstr.  ex 
loco  natali.  A.  maritima  Steud.  A.  subbiflora  Steud. !  —  Guad.  in  aridis  mari- 
timis:  Duch.  —  Accedit  ad  A.  depressam  Retz.  (Syn.  A.  vulgarem  Trin.), 
sed  arista  brevior  flore  parum  longior,  radix  annua.  Datur  forma  monstrosa 
spiculis  bifloris,  quae  descriptioni  Poirelii  respondet  et  A.  subbifloram  Steud.  sisliL 

1144.  A.  stricta  Mich.  —    S.  Thom.  (Schlecht.). 

1 145.  Olyra  latifoüa  L.  —  Ic.  Sl.  t.  64.  f.  2.  —  Syn.  0.  paniculata  Sw. 
Trin.  0.  ovata  Harn.  —  Guad.:  Duch.  —  Genus  cum  Milio  a  Paniceis  ad 
Stipaceas  transponendum  est. 

Obs.  Milium  lanatum  R.  S.  ß.  Kth.  (spiculis  majoribus  glumisque  onenriis 
verosimiliter  specifice  ab  a.  distinguendum)  Duch.  legit  sine  loci   indicatione 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  261 

(forte  in  Panama):  respondet  iconr  Kunthianae  (Gram.  2.  t  163)  nee  differt 
a  Hilii  sect.  Emnilio  nisi  paleis  apice  in  appendicem  membranaceam  produetis, 
ex  quibus  sect.  Leptocoryphium  Ns.  (nee  genas)  constitui  potest.  Non  Pani- 
ceam  esse,  demonstrant  slylodia  e  latere  floris  emergentia:  minime  etiam  gluma 
superior  mascnla  est,  nt  dieunt  auetores,  verum  neutra  sive  verae  glumaceae 
indolis,  nt  optime  exhibetur  in  descriptione  Kuntbiana. 
Subfr.  2.    Chlorideae. 

1146.  Chbris  radüUa  Sw.  —  Ic.  SL  t  6a  f.  3.  Kth.  ic.  gr.  t.  179.  — 
Syn.  Chi.  glaucescens  Steud.!  —     Goad.:  Doch. 

1147.  Chi.  ciliata  Sw.  —  Syn.  Chi.  propinqua  Steud.!  —  Guad.  juxta 
vias:  Ducb. 

1148.  Chi.  virgata  Sw.  —     Antig.  (Kth.). 

1 1 49.  Chi.  polydaetyla  Sw.  —  Syn.  Andropogon  barbatus  L.  —  S.  Barth. 
(Wickstr.). 

1150.  Leptochloa  mucronafa  Kth.  —  Syn.  L.  pellucidula  Steud.!:  forma 
vaginis  glabris,  Guad.:  Duch. —  Convenit  cum  speeiminibus  L.  attenuatae  NutL 
boreali  -  americanis  et  a  Ktb.  et  ap.  As.  Gray  huc  relatis. 

1 151.  L.  virgata  P.  B.  —  Ic.  SL  t.  70.  f.  2.  —  Syn.  L.  mutica  Steud.!: 
ipsa.  L.  brachiata  Steud.!:  forma  spiculis  3 — 4 floris  (utraque  falso  sine  aristis 
descripta,  quae  in  flore  imo  exstant,  sicut  in  ceteris  formis).  —  Guad.:  Ducb.; 
S.  Thom.  (Schlecht.). 

ß.  domingensis  IM.  arista  longiori.  —  Guad.:  Duch.  Formis  transitoriis 
cum  a.  conjungitur. 

1152.  Eleusme  mdica  Gaertn.  -  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Exstat  inter  vulgares  forma  depauperata  (a  Steud. 
indicata)  spica  solitaria,   spicnlis  4floris. 

1153.  Dactylocteniutn  aegyptiacum  W. —  Guad.  in  litore:  Ducb.;  S. 
Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). 

1154.  Eutriana  juneifolia  Kth.  —     S.  Thom.  (Schlecht). 
Tr.  IL    Paniceae. 

Subtr*  1.     Oryzeae. 

1155.  Pkarus  Umcifolius  Harn.  -  Syn.  Ph.  latifolius  Wickstr.  ex  loc. 
nat  —     Guad.:  Duch.—     Distinctus  a  Ph.  laUfolio  L.  (Syn.  Ph.  glabro  Kth. 


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'"'""  ,'"-'  ""•«'•  «|«w«m  I«  l«'fifi«  (mlorum  omnloo  congroa)  in 

iIimII«,  11I.I  «|i|i.mIhm  {Imimi  |hiIh»»(w.(iIok  «moiiI,  dlagoosi  P.  cognaössimi  S 

(I    •'     |l    I«)   Olllllllh)    l'«iM|l«l|Mjt*f«*lll. 

»HU      /•  <•«,,„/««  /„  |0(  MI.  ttttt.  f.  2.    Trio,  ic  1 181.  132.— 

U\M\\    In  tiMiiilnti.il   liMMtltlii   H),  |»IH»%     |»M^ ..   s,  (Voix  (Wst).  —      Glnnwe 
»♦»u«m  Mu>»  >»»•.,  <»mI  tolwul»*  mw>(  (,im  mm«$vm  *wr«XN»ati  •*  parum  conspico«. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  263 

1166.  Eriochha  punctata  Harn.  —    S.  Thom.  (Schlecht),  Marl.  (Sieb.). 

1167.  Digüaria  ciliaris  Koet.  —     Guad.,   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1168.  D.  margmata  Lk. —  Gr.  in  Led.  Fl.  ross.  4.  p.  468. —  Syn. 
D.  aegyptiaca  Pari.  —     Guad.:  Dach. 

1169.  D.  setosa  Den.  —  Syo.  Panicum  Hamiltooii  Kth.  P.  filiforme 
Kapp),  pl.  sarin.  nr.  1951!  (non  alior.).  —  Guad,:  Dach.  —  Proxima  D.  san- 
guinali,  distincta  nervis  paleae  neutrias  parallelis,  spicula  angustiori  et  rhachi 
setifera. 

1170.  Brachiaria  prostrata  Qr.  —  Ic.  Trin.  ic.  t.  184.  185.  —  Syn. 
Panicum  Lam.  P.  caespitosum  Sw.  P.  insularum  Stend.!  (1.  c.  p.  61).  —  Guad. 
in  campis  aridis:  Doch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.).—  Ex 
spicolis  a  doreo  compressis  est  Brachiaria  Gr.  (in  Led.  Fl.  ross.  4.  p.  469). 

Panicum  sect.  1.  Virgaria.  Panicula  simplicior,  ramalis  angulosis,  spiculis 
racemosis.     C^T0*  Virgaria  Tr.  et  Brachiaria  ej.  partim). 

1171*.  P.  motte  Sw.  —  Syn.  P.  guadalupense  Steud«!  (1.  c.  p.  61).  — 
Gramen  e  continente  introductum,  affine  P.  numidiano  Lam.  (Ic.  Trin.  ic. 
1. 174),  at  distinctum  ab  icone  et  a  stirpe  capensi:  spiculis  duplo  minoribus, 
nodis  dense  villosis  et  gluma  inferiori  minori.  Convenit  cum  descriptione 
Swarteii,  qiii  eandem  originem  surinamensem  nomine  vernaculo  »Dutch  grass« 
pronuntiabat:  solammodo  recedit  nostram  folii  lamina  spicolisque  glabratis,  villo 
tarnen  in  nodis  persistente.  Steudel  descripsit  statum  maturantem,  ubi  palea 
floris  foecondati  indurescens  tenuissime  punctata  est  (quam  falso  ille  dixit 
laevigatam).  ~  »Herbe  du  Para«. 
*  1172.    P.  pahtdicola  Ns.  —     Steud.  I.  c.  p.  65  (exclus.  syn.  Trin.  gramen 

v  <tf  plane  alienum  exhibente).  —     Guad. :  Dach. 

k  t  |*V  *  '  1173.    P.  fasdculatum  Sw.  —  Ic.  Trin.  ic.  t.  206.  —    Syn.  P.  fuscum  Sw. 

Ab*  ¥*  Trin. :  forma  panicula  fusca.    P.  trichocondylum  Steud. !  (1.  c.  p.  74).  —  Guad. : 

7to0  coflH  * '  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.Barth.  (Wickstr.). —    Forma  panicula  virente. 

&ad^  1174.    P.  diandrtm  Ätt.—    Ic.  Kth.  gram.  2.  t- 1 10.  —    Syn.  P.  agro- 

stidiforme  Harn,  (non  alior.).      P.  ramuliflorum  Höchst!   in  Kapp),  pl.  surin. 
*   fi**^  nr.  1523t  et  Steud.!   (I.e.  p. 65). —    Guad.  in  graminosis  humidis  m.  Dec: 

.  \  i  •>"'  Duch.  —    A  Panico  agrostoide  Müblb.  Americae  borealis  differt  quoque  spiculis 

^  minoribus. 


262  A.  GRISEBACH, 


Ic.  SL  L73.  f.  2):  Dam  in  nostro  folia  lanceobta  acimnata  (8      fere  lata), 
apad  Sl.  folia  ovali-oWonga  acuta  (ll/2"  lata).    Panicola  laxa,  axibus  frocti- 
bosqoe  pobescentibos ,  bis  oblongo-linearibos  giamam  plos  doplo  soperantibos. 
Smbtr.  2.    Paspaleae. 

1156.  Paspalam  filiforme  Sw.  —     Goad.9  S.  Barth.  (\Yickslhr.y 

1157.  P.  platycaole  Poir.  —     S.  Tbom.  (SchlechL). 

1158.  P.  posillnm  Vent  —     S.  Tbom.  (Fl.). 

1159.  P.  amjugatum  Berg.  —  Ic.  Trio.  ic.  1 102.  —  Syn.  P.  longis- 
simnm  var.  goadalopense  Steod.!  (synops.  p.  19). —  Goad.  in  graminosis 
udis:  Doch. 

ß.  subcordatum .  foliis  basi  snbcordatis ,  glomis  obsolete  oervatis.  —  Syn. 
P.  goadalopense  Steod.!  (syops.  p.  18).  —     Goad.  com  c:  Doch. 

Obs.  Specimen  errorom  Steadelii  est,  P.  taphropbyUam  ej.,  ex  Sieb. 
FL  mixt.  or.  365  creatom,  spicolis  l'"longis  descriptom,  io  serie  A.  (nr.  42) 
spicolis  Vi'"  loogis  v.  brevioribos  iosigoita  primo  occorrere,  dein  eaodem 
planlam  Sicberiaoam  in  serie  B.  (spicolis  1'"  longis)  sob  stirpe  Richardiana 
quadam  (nr.  54)  Herum  citari. 

1160.  P.  nolalum  FL  —    S.  Tbom.  (FL). 

1161.  P.  caespitosum  FL  —  Ic.  Trio.  ic.  1 121.  —  Syn.  P.  rhizoma- 
tosom  Steod.!  (synops.  p.  17).  P.  coleopodon  Steod.!  (ib.  p.  18).  —  Goad. 
in  graminosis  siccis:  Doch,  (loco  igitor  *in  siccis«  a  Swartzio  aoo  P.  dissecto 
vindicato,  qood  sec.  FL  P.  caespitosi  synonymon).  —  Species  rhacbi  flexoosa, 
spicolis  parvis  pedicellum  vix  doplo  superantibus,  glumis  trinerviis  recognoscitor. 

1162.  P.  glabrom  Poir.  —     S.  Tbom.  (Schlecht). 

1163.  P.  pamcuUUtm  L.—  Ic.  Trin.  ic.  L  127.  —  Goad.  (Wickstr.), 
S.  Thom.  (SchlechL) ,  S.  Barth.  (Wickstr.).  —  Nostra  specimina  (panamensia) 
fol?;s  basi  magis  quam  in  icone  (ceterom  omnino  congroa)  in  aoricolas  pro- 
ductis,  nisi  spiculae  dense  pubescentes  essen t,  diagnosi  P.  cognatissimi  Steod. 
(1.  c.  p.  18)  omnino  responderent 

1164.  P.  virgalum  L.  —  Ic.  SL  t.  69.  f.  2.  Trin.  ic.  L  131.  132.  — 
Goad.  in  graminosis  humidis  m.  Dec. :  Duch.;  S.  Croix  (WsL).  —  Glomae 
revera  5nerves,  sed  laterales  nervi  bini  margini  approximati  et  parum  conspicni. 

1165.  P.  undolatum  Po*-.—     S.  Thom.  (Schlecht.). 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  263 

1166.  Eriochloa  punctata  Harn.  —     S.  Tbom.  (Schlecht.),  Marl.  (Sieb.). 

1167.  Digüaria  ciliaris  Koel  —     Guad.,   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1168.  D.  marginale*  Lk. —  Gr.  in  Led.  Fl.  ross.  4.  p.  468. —  Syn. 
D.  aegyptiaca  Pari.  —     Guad.:  Duch. 

1169.  D.  ietosa  Desv.  —  Syn.  Panicum  Hamiltonii  Kth.  P.  filiforme 
Kappl.  pl.  snrin.  nr.  1951!  (non  alior.).  —  Guad.:  Duch.  —  Proxima  D.  san- 
guinali,  distineta  nervis  paleae  neutrius  parallelis,  spicula  angnstiori  et  rhachi 
setifera. 

1170.  Brachiaria  prostrata  Gr.  —  Ic.  Trin.  ic.  t.  184.  185.  —  Syn. 
Panicum  Lam.  P.  caespitosum  Sw.  P.  insnlarum  Steud.!  (1.  c.  p.  61).  —  Guad. 
in  campis  aridis:  Duch.;  S.  Tbom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.). —  Ex 
spiculis  a  doreo  compressis  est  Brachiaria  Gr.  (in  Led.  Fl.  ross.  4.  p.  469). 

Panicum  sect.  1.  Virgaria.  Panicula  simplicior,  ramulis  angulosis,  spiculis 
racemosis.     (Syn.  Virgaria  Tr.  et  Brachiaria  ej.  partim). 

1171*.  P.  motte  Sw.  —  Syn.  P.  guadalupense  Steud.!  (I.  c.  p.  61).  — 
Gramen  e  continente  introduetum,  affine  P.  numidiano  Lam.  (Ic.  Trin.  ic. 
t.  174),  at  distinclum  ab  icone  et  a  stirpe  capensi:  spiculis  duplo  minoribus, 
nodis  dense  villosis  et  gluma  inferiori  minori.  Convenit  cum  descriptione 
Swartzii,  qni  eandem  originem  surinamensem  nomine  vernaculo  »Dutch  grass« 
pronuntiabat :  solummodo  recedit  nostrum  folii  lamina  spiculisque  glabratis,  villo 
tarnen  in  nodis  persistente.  Steudel  descripsit  statum  malurantem,  ubi  palea 
floris  foecundali  indurescens  tenuissime  punctata  est  (quam  falso  ille  dixit 
laevigatam).  —     »Herbe  du  Para«. 

1172.  P.  pahtdicola  Ns.  —  Steud.  I.  c.  p.  65  (exclus.  syn.  Trin.  gramen 
plane  alienum  exhibente).  —     Guad. :   Duch. 

1173.  P.  fasciculatum  Sw.  —  Ic.  Trin.  ic,  t.  206.  —  Syn.  P.  fuscum  Sw. 
Trin.:  forma  panicula  fusca.  P.  trichocondylum  Steud.!  (I.e.  p.  74). —  Guad.: 
Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.),  S.Barth.  (Wickstr.). —    Forma  panicula  virente. 

1174.  P.  diandrum  Kth.—  Ic.  Kth,  gram.  2.  t.  110.—  Syn.  P.  agro- 
stidiforme  Harn,  (non  alior.).  P.  ramuliflorum  Höchst.!  in  Kappl.  pl.  surin. 
nr.  1523!  et  Steud.!  (I.e.  p.  65). —  Guad.  in  graminosis  humidis  m.  Dec. : 
Duch.  —  A  Panico  agrostoide  Mühlb.  Americae  borealis  diflert  quoque  spiculis 
minoribus. 


264  A.  GRISEBACH, 

1175*.  P.  juraentorum  Pers. —  Guad.  (Wickstr.),  8.  Thom.  (Schlecht.), 
8.  Barth.  (Wickstr.). 

1176.  P.  diffusum  Sw.  —  Guad.  (Wickstr.),  8.  Thom.  (Schlecht),  8. 
Barth.  (Wickstr.).  Speciem  huic  affinem  et  forsan  adhuc  cum  eodem  con- 
fusam  legit  Duch.  sine  loci  desigoatione  (aut  in  Caribaeis  aut  in  isthmo  pana- 
mensi),   quam  hac  adumbratione  propono: 

P.  reticulalum  Gr.  annuum,  gracile,  vaginis  elongatis  molliter  sparsimque 
pilosis  v.  ciliatis,  ligula  eciliari,  foliis  late  linearibus  acuminatis  basi  rotundatis 
v.  subcordatis  (2 — 3":  3— 4'")  glabris,  panicula  angusta  atropurpurea,  radiis 
solitariis  racemiferis  striclis  axique  sulcalo-angulosis  pube  brevissima  pilosius- 
culis,  pedicellis  inaequalibus,  spiculis  subsecundis  (1'"  longis)  ovatis  acutiusculis 
glabris,  gluma  inferiori  flore  triplo  breviori  pallidiori  ovata  trinervi,  nervis 
anastomosanlibus,  superiori  quinquenervi  paleae  floris  sterilis  inferiori  septemnervi 
conformi,  nervis  utriusque  venularum  transyersarum  ope  reticularis,  flore  infe- 
riori bipaleaceo,  masculo  hermaphroditum  parum  superante,  hujus  palea  inferiori 
indurata  tenuissirae  transversim  rugulosa.  —  Flore  demum  ruguloso  nervisque 
differt  a  P.  diffuso  Sw.;  nervis  convenil  cum  P.  velutino  Ns.,  quod  spiculis 
majoribus  nervorumque  numero  et  pube  floris  recedit;  simillimum  est  P.  colorato 
L.  (Droge  pl.  capens.!),  a  quo  nostrum  nervis  floralibus  reticulatis  et  panicula 
strictiori  dislinclum  est. 

1 177.  P.  cayennense  Lam.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

1 178.  P.  dkaricatum  L.  —  Syn.  P.  maculatum  Aubl.  P.  Chauvinii  Steud.f 
(L  c.  p.  68).  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.).  —  Proximum  P.  latifolio 
L.,  quocum  a  Trinio  conjungitur,  specifice  vero  differt:  culmo  lignoso  (fracti- 
flexo)  et  spiculis  majoribus,  gluma  superiori  et  palea  floris  neulrius  demum 
coriaceis  (nee  membranaeeis)  coneavo-gibbis. 

1179.  P.  glutinosum  Sw.  —     S.  Croix  (Wst.). 

P.  sect.  2.  Miliaria.     Panicula  composita,   pedicellis  filiformibus. 

1180.  P.  brevifolium  L.  —  Ic.  Sl.  t.  72.  f.  3.  —  Syn.  P.  trichoides  Sw. 
ex  ic.  SL  P.  trichopiplum  Steud.!  (1.  c.  p,  85).  —  Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.). 
Specimina  coli.  Duch.  in  ins.  Portorico  leeta  sunt. 

1181.  Echinochloa  colona  Gr.  —  Ic.  Trin.  ic.  t.  160. —  Syn.  Panicum 
L.  —     Guad.  in  campis  graminosis:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.). 


ÜBER  DIB  V0GBTATIOH  DER  KARAIBBN.  265 

1182.  Qrlhopogon  BwinanniR.Br.  —  Ic.  Trin.  ic.  t 193,  —  Guad.:  Duch. 

1 183.  Hymenachne  tnyvrus  P.B.^—  Ic.  Trin.  ic,  1. 205.  -*-  Syn.  Panicura 
amplexicAuIe  Rudg.  ~  Guad.  in  equis  tratquillis:  Dach.-—  Genus  paleis 
denniiü  corjaceis  (rteqtie  induratis)  a  Panico  d&inctum,  habitu  Setariae. 

1184.  ;  Setaria  glatte*  P.  B.  —  h>«  Tritt,  ic.  1 195.  196.  —  Guad.  in 
graminosis  akeiS:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.)*  '  . 

1185.  S.  macrostaehya  Kth  —  S. Barth.  (Wjckstjv),  S.Thom.  (ScWecht.). 

1186.  Stenataphrkttn .  americanum  Shhrk.  —  Guad.  in  aridis:  Duch.; 
8,  Thom. (ScWeeht).  .? 

1187.  Pennisetum  purpqrascens  Kth.  -  Syn.  Cencbrus  setosus  Sw. — 
Guad.  (Wickstr.). 

1188.  Cenchrm  toehfouttts  L.  —  Guad.  (Wickstr),  S.  Thom.  (Schlecht.), 
S.  Barth.  (Wickstr.). 

1189.  C.  tribuloides  L.  —  Guad.:  Duch.  —  Convenit  cum  speeim. 
bor.-americanis  et  a  praecedente  differt  involucro  ad  medium  (neque  ad  basin) 
diviao.    . 

1190.  C.  pungens  Kth.  —  Guad.:  Duch.  —  Convenit  cum  speeim. 
texanis  et  a  C.  tribuloide  L.  differt  involecro  florem  (5nervem)  parum  (nee  duplo) 
excedente. 

1191.  Antephora  elegant  Sfhreb*  —    Guad.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.). 

1192.  Echinolaena  nemorosa  Kth.  —  Syu.  Panicum  Sw. —  Guad.,  S. 
Barth.  (Wickstr.).  * 

'  *  tl93.  >  Tfiehßhenm  insularis  Gr.  —  Ic.  Trin.  ic  t.  220.  -  ,  Syn.  Andro- 
pOfort  L.  Saccharum; ;  ypIystfiohyDn  Sieb.  Fi.  mixt  nr.  437!  Panicum  leuco- 
phaeura  Kth.  P.  Duchassafngii  Stgud.1  (I.e.  pag. 93).—  Guad.:  Duch.;  S. 
Thom.  (Schlecht).  —  Genus  Scbraderianum,  Trichacknen  Ns.  complectens, 
non  tantum  p*K*>  sed  etfam  arücukrtione  spiculae  distinetum. 

1194*  T.  saoebaroid^s  Gr- —  Syn.  Saccharum  polystacbyum  Sw.  Pani- 
cum saccharoides  Kth.  —     S.  Christ.  (Sw.). 

Subtr.  3.    Sacchareae. 
:        1195*..  Saccharum  oßeinarum  L  var.  --  Ici  Sl.  1 66.— r  Guad.:  Duch.  — 
Gaule  intra  paniculam  suloato  exm  forma  volgari  conrenit,  sed  a  descriptione 
Kunthiann  differt  gliwa  iüferjpirj  bjnervi  paleaqqe  otraque  ejusdem  longitudinis. 

Pkgs.  Classe.  Vll.  U 


266  A.  GRISEBACH, 

1196.  S.  dubhm  Kth.  —  Syn.  Anatherum  Berterianum  Seh.  Saccharum 
caudatum  Mey.  FJ.  Esseq.!  —     Guad.  (Wickstr.). 

1197.  S.  tricorne  Gr. —  Ic.  Sl.  1 15. —  Syn.  Andropogon  L.  Ana- 
therum  P.B.  —  Guad.  in  humidis  et  aquis  tranquillis:  Dach.;  Mart.  (Kth.). — 
Anatberum  Saochari  sectionem  propriam  (spicula  altera  in  pedicellum  plumosum 
redueta)  formare  potest,  ab  Andropogine  spiculis  rauticis  distinetum. 

1198.  Andropogon  contortas  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1199.  hchaetmm  latifoHum  Kth. —  Guad.  in  m.  Soufri&re:  Dnch.; 
Mart  (Sieb.}.  —  Cum  Spodiopogine  sibirico  ne  in  idem  quidem  genus  colligi 
potest,   sed  Ischaemum  ab  Andropogine  parum  distat. 

1200.  I.  bispidum  Kth.  —     Mart.  (Sieb.). 

1201.  Manisuris  granularis  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Cyperaceae. 
Tr.  I.    Cypereae. 

a.  Cyperi  digyni. 

1202.  C.  polystaehyos  Rottb.  —  Syn.  C.  scopellatus  Sieb.  FL  mixt, 
nr.  360!  —     Guad.:  Duch. 

1203.  C.  mucronatus  Rottb.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

b.  Cyperi  trigyni. 

aa.    Rhacheola  aptera  v.  anguste  marginata. 

f    Triandri;  spiculis.  compressis  v.  compressiusculis. 

1204.  C.  compressus  L.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

1205.  C.  ochraceus  Vahl.  —  Ic.  Sl.  t.  75.  f.  1 :  descriptio  Sl.  recedit 
squamis  ferrugineis.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Croix,  Antig.  (Kth.).  —  Variat 
spiculis  brevioribus  et  longioribus.  Squamae  sub  lente  nitide  punetatae,  basi 
abruptim  dilatatae.     Achenia  ovoideo-trigona,  punctata,   squama  y3  breviora. 

1206.  C.  viscoms  AU.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht),  Mart 
(Sieb.).  —  Differt  a  praecedente  squamis  polynerviis  epunetatis  et  acheniis 
pyriformi  -  trigonis  nitidis. 

ff     Monandri,  spiculis  capitatis. 

1207.  C.  surinamensis  Rottb. —  Syn.  C.  vegotus  Mey.  Fl.  Esseq.!  (non 
W.).  —     S.  Thom.  (Schlecht.),  S.  Barth.  (Wickstr.),   Mart.  (Sieb.). 

bb.    Rhacheola  alis  prominulis.      Spiculae  compressiusculae. 


«.. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  267 

1208.  C.arlictdatus  L.  —    Ic.  SL  t.81.  f. 1.  —    Guad.:  Duch.;   S.  Thom. 

(Schlecht.). 

1209.  C.  rottmdus  L.  —  Ic.  Rottb.  gr.  t  14.  f.  2.  —  Syii.  C.  bexasta- 
chyos  Rottb.  (non  Sw.).  C.  Hydra  Vahl  ap.  Schlecht.  C.  sphacelatus  Sieb.! 
a  Ktb.  citat  (non  Rottb.).  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht.).—  Alae 
rhacheolae  iatiusculae. 

1210.  C.  sphacelatus  Rottb.  —  Syn.  C.  hexastachyos  Sw.  (quem  a  C. 
rotuodo  L.  distinctum  dicit).  C.  Balbisii  Klh.  —  Guad«  ad  fossas.  Duch.  — 
Differt  a  praecedente:  habitu  graciliori,  folüs  angustioribus,  spiculis  junioribus 
virentibus,  demum  margine  purpureo  -  maculatis ,  inferioribus  bractea  setacea 
elongata  stipatis,  involucro  longiori,  squamarum  nervis  3  magis  prominulis, 
squamis  post  antbesio  remoüs  et  inprimis  alis  rhacheolae  angustioribus ,  demum 
evanidis.      Achenia  squama  duplo  breviora,  elliptico-trigona,  laavia,  pallentia. 

* 

Habitu  magis  ad  C.  polystachyon,  quam  ad  C.  rotundum,  accedit,  stylodiis  3 
faciliter  distioguendus.  —  C.  sphacelatus  Ktb.  ex  descr.  pluribus  notis  e.  c. 
achenio  et  squamis  acutiusculis  (quae  obtusatae  et  brevissime  mucronulatae) 
recedit  et  ex  synon.  Sieb,  potius  ad  formas  pallentes  C.  rotundi  referendus 
videtur. 

1211.  C.  brunneus  Sw. —  Guad.  in  arenosis  maritimis:  Ducb.  —  Di- 
stinctissimus  a  C.  rotundo  L.  proceritate,  folüs  glaucis  saepe  ultra  2'"  latis 
carina  prominula  scabriusculis ,  spiculis  lanceolato-linearibus  latere  convexius- 
culis  rufo-casianeis,  squamis  9  —  llnerviis.  Umbella  involucro  3  —  6pbyllo 
inaequali  saepe  caulem  aequante  longissime  superata,  saepias  contraria,  nunc 
radiis  superne  in  spicam  simplicem  patentem  abeuntibus,  squamis  convexius- 
cuUs  ovatis  muticis  nervosis  concoloribus  v.  carina  pallidioribus ,  rbacheola 
alata,  alis  hyalinis  prominulis;  achenium  convexo - trigonum ,  squama  duplo 
superatum,  stylodiis.  3. 

cck    Rhaebeola  internodiis  excavato-alatis  articulatis.    (Syn.  Diclidium 
Schrad.  Ns.). 
f    Spiculis  compressiusculis ,  confertim  aggregatis. 

1212.  C.  ligularis  L. —  Ic.  Sl.  t.9:  Status  post  anthesin.  Rottb.  gr. 
L  11.  f.  2.—  Guad.:  Ducb.;  S.  Thom.  (Schlecht.).—  Rhacheola  articulata, 
alis  achenium  amplexantibus ,  indubitanter  ad  Diclidium  perlinet    Exstaut  duae 

LI  2 


268  A.  GRISEBACH. 

formae.  altera  spiculis  4 — Sfloris,  acbenio  ovali;  altera  (/?.)  spiculis  3— öfloris, 
acbenio  oblongo,   quae,  nisi  forma  achenii  et  radii  expansi  obstarent,   ad  C. 
coriaeeum  Sehr.  (Mariscum  Hey.  Fl.  Esseq.!)  referri  passet, 
ff     Spiculis  teretiusculis. 

1213.  C.  odoratus  L.  —  Ic.  Sl.  L8  et  74.  f.  1.  —  Syn.  C.  Sanctae 
Crucis  Liebra.  C.  fastuosus  Uesv.  ap.  Harn,  ex  diagn.  —  Guad.  in  m.  Soufnöre: 
Ducb. ;  S.  Croix  (Liebm.).  —  Achenium  squama  duplo  brevius.  —  Excludenda 
est  descriptio  C.  oderati  Ktb.:  differt  enim  »eulmo  trigono«  (qui  eximie  tri— 
queter)  et  »squamis  dorso  ferrugineis«  (quae  juniores  latere  ita,  mox  plane 
expollescunt,  ut  ab  Omnibus  scriptoribns  exhibelur),  tandem  Klh.  characterem 
rhacbeolae  excavato  -  alatae  omittit;  exeludendura  quoqne  est  ex  synonymfo 
Diclidium  odoratum  Ns.,  cui  spiculae  15 — 19florae  (quae  in  nostro  5 — 7florae). 

1214.  C.  insignis  Klh.—     Guad.  (Ktb.). 
dd.  Species  non  examinalae. 

1215.  C.  confertus  Sw.  —     S.  Barth.  (Wickstr.). 

1216.  C.  planifolius  Rieh.  —     S.  Croix  (Vahl). 

1217.  C.  tenuis  Sw.  —     Guad  ,  S.  Barth.  (Wicksir.). 

1218.  C.  distans  L.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

1219.  C.  ferax  Rieh.  —     Monts.  (Vahl). 

1220.  C.  purpurascens  Vahl.  —    S.  Croix  (Vahl). 

1221.  Kyllingia  capülaris  Gr.  —  Syn.  Mariscus  Vahl.  Sehoenus  Sw.  — 
Guad.:  Duch.  —  Squamis  9nerviis  differt  a  Marisco  gracili  Vahl:  Mariscus  ad 
Kyllingiam  reducilur  eadem  ratione,  qua  Pycreus  ad  Cyperum,  habitoqae  bujus 
speciei  cum  Kyllingia  monoeephala  conformi. 

1222.  K.  ßliformis  Sw.  —  Guad«:  Duch.  —  Squamae  13oerves,  ach»* 
nimm  maturnm  trigono-elltpsoideum  duplo  superans. 

1223.  K.  incompleta  Jacq.  —   Syn.  Mariscus  elatus  Vahl  —   Mart.  (Siek> 

1224.  K.  erneiformis  Sehr.  —  Syn.  K.  monoeephala  Schlecht  see.  Ktb.  — 
S.  Thom.  (Schlecht.),   Mart.  (Sieb.). 

Tr.  IL     Scirpeae. 

Scirpus  sect  1.     Eleocharis. 

1225.  Sc.  retroflexus  Poir.  —  Syn.  Eleocharis  Ktb.  Chaetocyptra» 
polymorphus  Ns.     Cyperus  depauperatus  Vahl.     Scirpus  pnsillus  Vahl  sec.  Ns.  — 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  269 

Guad.  in  aquosis:  Duck  —  Achenium  pallens,  trigonum,  styli  trifidi  basi  fusca 
triph)  minori  terminatum.  Ab  E.  chaetaria  R.  S.  Indiae  orientalis,  quo  refe- 
rendum  p utabat  Kth.,  distinctas  caulibus  incurvis  et  styli  basi  persistente  acuta. 

1226.  Sc.  caribaem  Rottb.  —  lo.  Rottb.  gr.  t.  15.  f.  3.  -  Syn.  Sc. 
capitatus  W.  ex  synon.  SL  (non  L.).  Eleocharis  R.  Br.:  partim.  E.  maculosa 
Klh. :  partim.  Eleogenus  ochreatus  Ns. :  etsi  radix  nostri  fibrosa  est ,  tarnen 
vaginae  indole  et  achenio  certe  recognoscendus.  —  Guad.  in  humidis:  Ducb.; 
S.  Thom.  (Schlecht.),  Mart  (Klb.).  —  Caule  compressiusculo  striato  farcto, 
achenio  nitente  atrocastaneo  pyriformi  -  lenticulari ,  tuberculo  parvo  pallido  et 
stylo  bifido  aocedit  ad  Sc.  capitatum  L.  (ht.  Cliff.)  et  cum  eodem  ab  auctoribus 
confunditur,  differt  vero:  caule  humili,  vaginis  mucrone  destitutis  pallidis,  spica 
pallida  compressiuscula  pauciflora  (floribus  5  — 10),  squamis  elliptico-oblongis 
obtusis  superne  subcarinatis  juxta  carinam  yirentem  hyalino- pallidis,  achenio 
setis  pallidis  paullo  breviori  latiori,  tuberculo  conico  acuto  apice  achenii  dilatato 
plus  duplo  angustiori. 

1227.  Sc.  capitatus  L.  ht.  Cliff.  (non  sp.  plant.).  —  Ic.  SL  L  75.  f.  2.  — 
Syn.  Sc.  geniculatus  L.  sp.  ex  citato  primario  Sloan.  (nee  aliorum  et  exclusa 
seeunda  fig.  Sl.  ad  Sc.  plantagineum  speetante).  Eleocbaris  capitata  R.  Br. 
partim :  ex  synon.  ht.  Cliff.  et  auetorum  posteriorum.  E.  geniculata  Ktb.  ß.  ex 
synon.  Sl.  Eleogenus  capitatus  Ns.  (exclus.  synon.  Rottb.).  —  Guad.:  Duch. — 
Differt  a  praecedente:  caule  pedali  et  ultra ,  vagina  mucronata  basi  sanguinea, 
spica  globoso-conoidea  obtuso-rotundata  multiflora  (floribus  50—80),  squamis 
coneavo-orbiculatis  praeter  zonam  transversam  sanguineo-fuscescentem  pallidis, 
nervo  tenui  sab  apice  evanido,  achenio  setis  rufescenlibus  duplo  breviori 
angustiori,  tuberculo  mamillari  mucronato  basi  latiori  apice  achenii  paullo  angu- 
stiori. —  Nomina  in  L.  spec.  adoptata  ob  confusionem  inaudilam  adoptari  non 
possunt:  nam  Sc.  capitatus  L.  spec.  ex  ipsa  R.  Brownei  observalione  Gronovianus 
EI.  obtusae  Seh.  respondet,  Sc.  geniculatus  L.  spec.  triplici  ratione  antiquandus 
est,  1°.  quia  duas  species  Sloaneanas  (nempe  hanc  et  Sc.  plantagineum,  cora- 
miscet,  quorum  ulterior  sec.  R.  Br.  est  Sc.  geniculatus  hb.  Linn.;  2°.  quia 
nomen  falsum  6st  caule  seplis  non  articulato;  3°.  quia  Sc.  geniculatus  Auct.  ab 
utraque  stirpe  Lianaeana  diversus  est 

1228.  Sc.  geniculatus  Sw.  (non  L.).  -—     Syn.  Eleocharis  Kth.  o.  (exclus. 


270  A.  GRISEBACH, 

synon.)  et  Ns.  —  Guad.:  Dach.  —  Habita  caaleque  1— ll/2pedali  basi  pur- 
purascente  accedit  ad  Sc.  palustrem,  affinior  vero  est  Sc.  rosteUato  Gr.  (Syn. 
Eleochar.  Torr.)  et  Sc.  intermedio  Mühl.,  a  quibus  caule  septato  et  spica 
plurimiflora  differt.      Hac  diagnosi  illustratur: 

Sc.  caule  tereti  subtiliter  striato  septato,  spica  conoideo-cylindrica  multi- 
flora,  floribus  80  —  150,  juniori  apice  acuta,  squamis  conca vo - planiusculis 
ovato-oblongis  obtusatis  hyalino-fuscescenlibus  superne  juxta  raedianum  utrinque 
zona  longitudinali  sangainea  notatis,  nervo  solitario  sab  apice  evanido,  stylo 
trifido,  achenio  trigono  -  ellipsoideo  pallido  disco  minoto  setas  fulcienti  inserto 
apice  in  rostellum  constricto,  tubercalo  minuto  mamillari  rostellura  latitudine 
aequante,   setis  4 —  5  achenium  aequantibus. 

1229.  Sc.  plantagmeus  L.  —  Sw.  —  Ic.  Sl.  t.  81.  f.  3.  —  Syn.  Lim- 
nochloa  Ns.  Sc.  interstinctus  Vabl.  —  Guad. :  Duch.  —  Achenium  costis  lon- 
gitudinalibus  striatum,  tubercalo  terminali  .subulato  vix  longius,  pallidum. —  Sc. 
plantagineus  Retz  Indiae  orientalis  ex  sola  icone  Rottboellii  (Gr.  1. 15.  f.  2) 
distingui  neqoit ,  sed  sec.  R.  Br.  speciem  diversam  sistit.  —  Figara  Sloaneana, 
supra  lau  data,  a  Neesio  ad  speciem  affinem  (Limnochl.  constrictam  ej.)  citatur, 
sed  haud  dubie  noslro  respondet 

Obs.  Sc.  constrictus  Gr.,  in  Guiana  indigenus,  characteribus  a  Neesio  in 
Cyperographia  brasiliensi  datis  certe  distinctus,  quamqoam  simillimus,  bis  quoque 
synonymis  Unnatur:  Sc.  genicolato  Mey.  Fl.  esseq.!,  Eleoch.  motata  Rchb.  in 
Weigelt  pl.  surin. !  (herb.  Gotling.) ,  El.  geniculata  Hostm.  pl.  surin.  nr.  284.  a. ! 

1230.  Sc.  rmUatus  L.  —  Sieb.  hb.  mart.!  —  Syn.  Eleocharis  R.  Br. 
Limnochloa  Ns. !  —  Guad. :  Duch. ;  Mart. :  Sieb.  —  Sc.  spiralis  Rottb.  Indiae 
orientalis  ex  ic.  (gr.  t.  15.  f.  1)  distingui  non  potest,  sed  sec.  Kth.  setis  hypo- 
gynis  glabris  recedit. 

Sc.  secL  2.     Isolepis. 

1231.  Sc.  articulatus  L.  —     S.  Croix  (Kth.). 
Sc.  sect.  3.     Fimbristylis. 

1232.  Sc.  annuus  AU.  -     Syn.  Fimbristylis  laxa  Vahl.    F.  villosa  Kth.: 

a 

forma  pubescens.  —  Guad.:  Duch.;  S.  Thom.  (Schlecht,  sec.  Kth.).  Achenium 
costis  longitudinalibus  crebris,   quales  etiam  in  speciminibus  boreali-americanis. 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  271 

1233.  Sc.  ferrugmeus  L.  —  Ic.  Sl.  t  77-  f.  2.  —  Fimbristylis  Vahl.  — 
Guad.:  Doch.;  S.  Thom.  (Schlecht,  sec.  Kth.). 

1234.  Sc.  amentaceus  Gr.  —  Ic  Rudge  guian.  1. 19.  —  Syn.  Cyperos 
Rudg.  Trachelostylis  Ns.  —  Guad. :  Duch.  —  Ab  affini  Fimbristyli  cora- 
planata  Lk.  hunc  achenio  muricato  recedere,  recte  statuit  Ns.  —  Articulis 
rhacheolae  (sicut  in  Cyperi  speciebus)  in  alas  productis  a  celeris  differt,  quae 
alae,  si  squamulis  Hypolytri  responderent,  generis  peculiaris  a  Cypero  squamis 
quadrifariis  distincti  typum  exhiberent. 

1235.  Abildgaardia  monostachya  Vahl.  —  Ic.  Sl.  t.  79.  f.  2.  —  Guad.:  Dach. 

1236.  Fuirena  utnbelkUa  Rottb.  —  Ic.  Rottb.  gr.  1. 19.  f.  3.  —  Guad.:  Duch. 
Tr.  III.  Scboeneae.     Spica  panciflora,  squamis  inferioribus  vacuis. 
Rhynchospora  sect.  1.   Dichromena.     Spiculae  capitatae,  capitulo  involu- 

crato.     Selae  hypogynae  0. 

1237.  Rh.  stellata  Gr.  ~  Ic.  Sl.  t.  78.  f.  1.  —  Syn.  Schoenus  Lam. 
Sw.  Dichromena  leucocephala  Mich.  —     Guad. :  Doch. 

Rh.  sect.  2.  Spermodon.  Spicnlae  fasciculatae.  Setae  hypogynae  0. 
Achenium  parvirostre. 

1238.  Rh.  pusilla  Gr.  —  Ic.  Sw.  Fl.  t.  6.  —  Syn.  Schoenus  Sw.  Di- 
chromena Kth.  —     Guad.:  Duch. 

Rh.  sect.  3.  Haloschoenus  Ns.  Spiculae  corymbosae.  Acbenii  rostrum 
decurrens. 

1239.  Rh.  micrantha  Vahl.  —  Syn.  Dichromena  Kth.  Haloschoenus 
sparsns  Ns.  —     Guad.  in  humidis  reg«  inf .  m.  Mark :  Duch. 

Rh.  sect.  4,  Mürospora  Liebm.  Setae  obsoletae.  Stylus  apice.  bidentatus. 
Achenii  rostrum  conicum  basi  solutum. 

1240.  Rh.  polyphylla  Vahl.  —  Guad.  in  m.  Soufriöre  pr.  S.  Jacob: 
Duch.;  Montserr.  (Vahl),  Mark  (Sieb.). 

Rh.  sect  5.  HaplostyUs  Ns.  Spiculae  capitatae,  Setae  elongatae.  Stylus 
apice  bidentatus. 

1241.  Rh.  polycephala  Wydl.  —  Ic.  Ns.  Cyperogr.  bras.  1. 12.  —  Syn. 
Epbippiorhynchium  Ns.  —     Guad.:  Duch. 

Rh.  sect.  6.  Calyptrostylis  Ns.  Spiculae  corymbosae.  Setae  elongatae. 
Stylus  apice  bidentatus.     Rostrum  achenii  elongatum. 


272  A.  GR18EBACH, 

1242.  Rh.  aurea  Vdkl—  Ic.  Rottb.  gr.  t.  21.  f.  1.  Rudge  guian.  t. 18. 
Ns.  Cyperogr.  bras.  1. 13.  —  Syn.  Calyptrostylis  fiorida  Ns. —  Guad.  ad  ripas 
torrentinm:  Duch.  —  Exsiant  duae  formae,  altera  panicnla  composita,  spiculis 
fasciculatis,  altera  corymbosa,  spiculis  dense  capitulatis,  sed  acheninm  utrique 
idem  et  cum  ic.  Neesiana  conforme. 

Rh.  sect.  7.  Eurkynchospora.     Setae  elongatae.     Stylus  bifidus. 

1243.  Rh.  glauca  Vahl.  —     Mart.  (Sieb.). 

1244.  Cladium  occidentale  Schrad. —  Syn.  Schoenus  Cladium  Sw. — 
Guad.  in  paludosis:  Duch.  —     »Herbe  coupante«. 

1 245.  Machaerina  retlioides  Vahl.  —  Syn.  Schoenus  Sw.  —  Guad. :  Duch. 
Tr.  IV.    Sclerieae. 

1 246.  Scleria  pratensis  Ns.  —   Syn.  Sei.  communis  Ktb.  —  Mart.  (Kth.). 

1247.  Sei.  microcarpa  Ns.  —     Mart.  (Kth.). 

1248.  Sei.  filiformis  Ns.  —     S.  Thom.  (Schlecht.). 

1249.  Sei.  milis  Sw.  —  Ic.  Ns.  Cyperogr.  bras.  1 25.  —  Syn.  Opbryoscleria 
mitis  Ns.     0.  lucida  Ns.  —     Guad. :  Duch. 

Liliaceae. 
Tr.  I.    Asphodeleae. 

1 250.  Aloe  barbadensis  MM.  —  Syn.  A.  perfoliata  Wst.  —  Guad. : 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.). 

Tr.  IL     Amaryllideae. 

1251.  Amarylüs  tnbispatha  GawL  —  Guad.:  Dach.  —  Exstant  praeter 
normalem  formam  speeimina  perigonio  breviori  brevius  pedicellato  et  stylo  exserto. 

1252.  A.  egueslris  L. —  Rot.  mag.  U  305.  —  Syn.  A.  Belladonna  Sw. 
(non  L.)  et  Mey.  Fl.  Esseq.!  Hippeastrum  Herb.  H.  occidentale  Roem.  — 
Guad.  in  eultis:  Duch. 

1253.  Pancratium  caribaeum  L.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  826.  Linn.  TranBact 
2.  t.  11.  —  Syn.  P.  declinatum  Jacq.  P.  patens  Red.  Hymenocallis  caribaea 
Herb.  H.  Sloanei  Roem. —  Guad.:  Duch.;  S.  Barth.  (Wickstr.). —  *Lya 
du  pays«. 

1254.  Agave  americana  L. —     S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.); 

1255.  Fourcraea  gigantea  Vent.  —  Ic.  Jacq.  ic.  rar.  t.  379.  —  Syn. 
Agave  foetida  L.  —      Guad.:   Duch.  —     Flores  in   bulbillos  mutanter,   ut  in 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARA1BEN.  273 

Agave  vivipara.  Perigonium  ad  medium  61obum  (nee  6phyllum,  ut  in  char. 
gen.  ap.  Kth.),  plane  ut  in  Agave,  sed  stamina  inclusa.  —  „Ex  fibra  funes 
praeparantur«  :  Duch. —     »Karatas«. 

Stnilaceae. 

1256.  Cordyline  Sieben  Kth.  —     Guad.:  Duch.;  Mart.  (Kth.). 

1257.  Smilax  cuspidala  Duh.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  85.  —  Guad.: 
Duch. —  Bacca  mucronata,  nigra.  A  Sm.  oblongata  Sw.  differt  nostra  foiiis 
inermibus  latioribus  et  peduneulis  umbelliferis  petiolum  paullo  excedentibus. 

Dioscoreae. 

1258*.  Dioscarea  alaia  L.—     Ic.  Wight  ic.  3.  t.810.  —     Guad.:  Duch. 

1259.  D.  cayennensis  Lam.  —  Syn.  D.  Berteroana  Kth.  —  Guad.: 
Duch.  —  Helraia  est  ex  definitione  generis  Kunlhiani  minime  adoptanda:  nam 
ala  seminis  nunc  basilaris  nunc  semen  cingens  tantummodo  characteres  specie- 
rum  dat,  ne  sectionum  quidem,  quae  e  staminum  foruiatione  derivandae  sunt, 
formisque  mediis  (e.  c.  in  D.  adenocarpa  et  D.  piperifoliae  varietatibus)  utrumque 
seminum  genus  conjungitur.  —  Folia  eximie  variabilia  ab  bastatis  ad  figuram 
auriculis  amissis  basi  subtruncato-ovalam,  nervis  7—0,  extimo  bifido  aut  fere 
indiviso,  lineoiis  pellucidis  nunc  creberrimis  nunc  obsaletis.  Spica  fruclifera 
matura  elongata  spithamea,  capsulis  triquetro  -  oblongis  basi  rotundatis  apice 
ro  tun  dato- acut  iusculis,  loculis  9—  12'"  longis,  3  — 4'"  latis,  epicarpio  fusco 
aspero,  endocarpio  pergameno,  semine  quadrato-oblongato  complanato  (3"':  2"'), 
ala  marginali  destituto,   alam  basilarem  rotundatam  duplo  superante. 

1260*    D.  trifida  L.  —     Guad.:  Duch. 

Obs.  D.  luteae  Mey.  Fl.  Esseq.!  est  Synonyma  D.  heptaneura  Vell.  Kth. 
(D.  sativa  Gr.  in  Fl.  bras.). 

1261.  Rajania  angustifolia  Sw.  —     Guad.:  Duch. 

Irideae. 

1262.  Cipura  martinicensis  Kth.  —  Ic.  Bot.  mag.  t.  416.  —  Guad.  in 
graminosis  bumidis  reg.  inf.  m.  Mart.:  Duch.;  Marl  in  pratis  montanis  m.  Nov. 
Dec.  (Jacq.). 

1263.  C.  Sabina  Lindl.  —     S.  Thom.  (Lindl). 

1264.  Sisyrinchium  latifolium  Ait. —  Syn.  Moraea  plicata  Sw. —  Guad. 
(Wickstr.). 

Phys.  Classe.  Vll  Mm 


274  A.   GR1SEBACH, 

Haemodoraceae. 

1 265.  Xiphidium  albidura  Lam.  —     S.  Christ.  (Sw.). 

Bromeliaceae. 

1266.  Bromelia  Pinguin  L. —  Ic.  Red.  Lil.  t.  396. —  Guad.  in  m. 
Soufrtere:  Dach.;  S.  Thom.  (Schlecht.),   S.  Croix  (Wst.). 

1267.  B.  Karatm  L.  —     Mart.  (Jacq.). 

1268.  B.  br acte  ata  Sw. —  Guad.  in  arboribus:  Duch. —  »Folia  nume- 
rosa,  ensiformia,  rigide  coriacea,  apice  spinescentia,  margine  spinosa,  spinis 
brevibus  recurvis  nigricantibus":  Duch. 

1269.  Pitcairnia  angustifolia  Ait.  —     S.  Croix  (Schult.). 

1270.  P.  broraeliifolia  l'Her.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1271.  Tillandsia  usneoides  L.  —     S.  Croix  (Wst.). 

1272.  T.  recurvata  L.  —     Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.). 

1273.  T.  fasciculata  Sw.  —     Guad.:  Duch. 

1274.  T.  paniculata  L.  —     Guad.,   S.  Barth.  (Wickstr.). 

1275.  T.  utriculata  L.  —  SI.  1.  p.  188.  VI.  —  Guad.:  Duch.  — 
77  Ananas  bätard«. 

1276.  T.  nutans  Sw  —     Guad.  (Wickstr.). 

1277.  T.  nitida  Hook.  —  Guad.  in  sylvis  humidis  reg.  mont.  pr.  Home 
ä  l'eau:  Duch.  —  7?  Varia t  spica  simplici  et  ramosa;  flores  albi  fruclusque  vis 
pollicares«:  Duch. —     ^Ananas  bätard«. 

1278.  T.  monostachya  L.  —  Ic.  Plum.  descr.  t.  238.  f.  1:  inflorescentia 
ramosa.  —  Guad.  in  arboribus  et  frulicibus:  Duch.  —  Descriptio  Linnaeana 
recedit  spica  simplici,  magisque  nostrae  conformis  est  diagnosis  T.  polystachyae 
L.,   sed  citatum  Plumieri  apud  priorem  nomina  casligat. 

1 279.  Caraguata  lingulata  Lindl.  —     Mart.  (Jacq.). 

1280.  C.  serrata  Schult.  —     Mart.  (Schult.) 

Ponlederiaceae. 

1280.  Heteranthera  reniformis  R.  P.  —  Ic.  R.  P.  I.  71  fig.  sup.  — 
Guad.:   Duch. 

Scitamineae. 
Tr.  I.     Zingiberaceae. 

1281.  Renealmia  occidentalis  Gr.        Ic.  SI.  t.  105.  f.  1 :  verosimiliter. — 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  275 

Syn.  Alpinia  Sw.  —  Guad.  in  sylvis  ad  ripas  torrentium  reg.  mont.:  Duch.  — 
Proxima  R.  aromaticae  (Alpin.  Jacq.  fragm.  t.  74.  75),  distincta  Capsula  ovoidea 
(nee  globosa)  et  rhachi  pubescente;  R.  exaltata  L.  rhacbeos  pube  convenit, 
at  ex  speeim.  essequeb.  (Alpin.  Mey  !)  differt  a  nostra  praeter  staturam  excelsam 
flore  duplo  majori  (in  ic.  Rose,  rubro). —  »Scapus  1 — 2pedalis,  flore  luteo, 
neetario  bifido;  semina  pulpa  crocea  induta;  odor  totius  plantae  aromaticus«:Duch. 

1282.  Costus  glabratus  Sw. —  Guad.  in  aquosis:  Duch. —  »Caulis 
4 — 6pedalis,  calyce  rubente  apice  tridentato,  dentibus  obtusis,  corolla  alba 
bipollicari,  neetario  ad  fundum  rubro  -  luteoque  -  maculato« :  Duch.  Conferatur 
igitur  C.  niveo-purpureus  Jacq.,  in  ins.  Marl,  indigenus:  C.  spicatus  Jacq.  corolla 
rubra  et  bracteis  carinatis  recedunt. 

1283.  C.  spicatus  Jacq.  —  Guad.  (Wickstr.),  Mart.  ad  torrentes  reg. 
mont.  m.  Sept.  Oct.  (Jacq.). 

1284.  C.  cylindricus  Jacq.  —     Mart.  (Jacq.). 
Tr.  IL     Cannaceae. 

1285.  Maranta  arundinacea  L.  —  Guad.,  S.  Barth.  (Wickstr.),  Domin.  (Sl.). 

1286.  M.  Arouma  Jacq.  —  Ic.  Jacq.  fragm.  t.  73.  Rudg.  guian.  t.  37.  — 
Syn.  M.  petiolata  Rudg.  M.  surinamensis  Miq. !  in  pl.  Hostm.  —  Guad.  in  reg. 
mont.:  Duch.  —  Nostra  ab  utraque  icone  recedit  vagina  folii  ad  basin  petioli 
restrieta:    quem   characterem   tarnen  in  speeiminibus   Hostmannianis   variabilem 

'   Video.  —  Calathea  polyphylla  Poepp.  Endl.  (t.  131)  et  C.  leueophaea  P.  E.  (t.  129) 
parum,  si  omnino,  a  M.  Arouma  diversae  sunt,  certe  ad  idem  genus  revocandae. 
1287*.  Canna  indica  L.  —     Ic.  Bot.  reg.  t.  776. —     Guad.:  Duch.;   S. 
Croix  (Wst.). 

Musaceae. 

1288.  Heliconia  psittacorum  L. —     Guad.  in  eultis  m.  Mart.:  Duch. 

1289.  H.  caribaea  Lara.  —     Guad.  (Wickstr.). 

Orchideae. 
Trib.  I.     Malaxideae. 

1290.  Pleurothallis  ruseifolia  R.  Br.  —    Guad.  (Wickstr.),  Mart.  (Jacq.). 

1291.  Specklinia  floribunda  Lindl.  --     Mart.  (Sieb.). 

1292.  Lepantkes  tridentata  Sw.  —      Guad.  in  reg.  montana:    Duch.  — 
Specimina  deflorata,  racemis  in  apice  caulis  vaginati  fasciculatis. 

Mm  2 


276  A.  GRISEBACH, 

1293.  Stelis  ophioglossoides  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.),   Mart  (Jacq.). 
Trib.  IL     Epidendreae. 

1294.  Epidendrom  bifidum  Sw.  -  S.  Thom.  (Lindl.),  S.  Croix  (Wst), 
S.  Christ,  S.  Barth.  (Sw.). 

1295.  E.  ciliare  L.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  209.  — '  Guad.:  Ducb.; 
S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),   Mart.  (Jacq.). 

1296.  E.  cuspidalum  Lodd.  —     Domin.  (Lindl. j. 

1297.  E.  ramoswn  Jacq. —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  L  202. —  Guad.  in 
reg.  mont.  super  arboribus:  Duch.;   Mart.  (Jacq.). 

1298.  E.  umbellatum  Sw.  —     Syn.  E.  difforme  Jacq.  —    Mart.  (Jacq.). 

1299.  E.  fuscalum  Sw.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  208.  —  Syn.  E.  anceps 
Jacq.:  a  nostro  foiiis  longioribus  acutioribus  recedens.  —  Guad.:  Duch.; 
Mart.  (Jacq.). 

1300.  E.  nocturnum  L.  —     Mart.  (Jacq.). 

1301.  E.  crassifolium  Lindl.  —     Guad.  in  sylvis  raonlanis:  Ducb. 

1302.  E.  secundum  L.  —     Mart.  (Jacq.). 

1303.  E.  rigidum  Jacq.    -      Mart.  (Jacq.). 

1304.  Isochilus  linearis  R.  Br.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  201.  —  Guad. 
in  sylvis  super  arboribus:  Duch.;   Mart.  (Jacq.). 

1305.  /.  globosus  Lindl.  —  Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  203.  —  Guad.  in 
m.  Soufrtere:  Duch.;   Mart.  (Jacq.). 

1306.  Brassavola  cucullata  R.  Br. —     Guad.:   Duch. 

1307.  B.  nodosa  Lindl.  —     Ic.  Jacq.  amer.  pict.  t.  213.  —    Guad.:  Duch. 

1308.  B.  subulifolia  Lindl.  —     Nevis  (Lindl.). 

1309.  Tetramicra  rigida  Lindl  —     D6sirade:   Duch. 
Trib.  III.     Vandeae. 

1310.  Ornithidium  coccineum  Salisb.  —     Mart.  (Jacq.). 

1311.  Maxiilaria  palmifolia  Lindl.—     Guad.  (Wickstr.). 

1312.  Cyrlopera  Woodfordii  Lindl  —  Guad.  in  reg.  inf. :  Duch.; 
Mart.  (Lindl.). 

1313.  Jonopsis  testiculata  Lindl.  —     Guad.:  Duch. 

1314.  Oncidium  tetrapetalum  W.  —     Guad.  (Wicksir.). 

1315.  0.  altissimum  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.),   Mart.  (Jacq.J. 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  277 

1316.  Leockilus  cochlearis  Lindl.  —     Guad.  in  reg:  mont.:   Duch. 

1317.  Dichaea  glauca  Lindl.  —     Guad.  in  sylvis  reg.  mont.  super  ar- 
boribus:  Duch. 

Trib.  IV.    Opbrydeae. 

1318.  Habenaria  maculosa  Lindl.  —    Guad  in  graminosis  huraidis:  Duch. 
Trib.  V.    Neottieae. 

1319.  Cranichis  muscosa  Sw.  —    Domin.  (Lindl.). —    Cr.  ovata  Wickstr. 
sec.  Lindl.  forte  ej.  var.:   Guad.  (Wickstr.). 

1320.  Prescottia  stachyoides  Lindl.  —    Guad.  (Wickstr.). 

1321.  Spiranthes  tortilis  Rieh.  —   Ic.  Sw.  Fl.  t.  28.  e.  —  Guad.:  Duch.  - 
Paullo  recedit  labello  angustiori. 

1322.  Stenorhynchus  speciosus  TUch.  —     Ic.  Sl.  t.  103.  f.  3.     Jacq.  ic. 
rar.  t.  600.  —     Guad. :  Duch. 

1323.  Pelexia  spiranthoides  Lindl.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1324.  Phymrus  elatior   G.  Rchb.  —       Guad.   in   reg.   mont.:   Duch.  — 
Caulis  triqueter,   folio  subsessili. 

1325.  Ph.  plantagineus  Lindl.  —      Guad.   (Wickstr.),    Domin.  (Lindl.), 
Mart.  (Jacq.). 

Lycopodiaceae. 

1326.  Lycopodium  rigidum  W.  —    Syn.  L.  Sieberianum  Sprg.  -     Guad. 
(Wickstr.),  Mart.  (Sieb.). 

1327.  L.  reßexum  Lam.  —      Ic.  Kz.  Farnkr.  t.  90.  —     Guad.  in  reg. 
mont.:  Duch.;  Mart  (Sprg.). 

1328.  L.  myrsinites  Lam.  —     Domin.  (Sprg.). 

1329.  L.  linifolium  L.  —     Guad.,  Mart.  (Sprg.). 

1330.  L.  taxifoUum  Sw.  —     Ic.  Hook.  Grev.  ic.  fil.  2.  t  131.—     Guad. 
in  m.  Soufriöre  super  arboribus  pr.  S.Jacob:  Duch. 

1331.  L.  dichotomum  Jacq.  —     Ic.  Jacq.  ht.  vind.  3.  t.  45  et  amer.  pict. 
t.  252. —     Guad.  in  ra.  Soufrtere:  Duch.;   Mart.  (Jacq.). 

1332.  L.  verticillatum  L.  —    Syn.  L.  acerosum  Sw.  —    Guad.  (Wickstr.^, 
Mart.  (Sieb.). 

1333.  L.  funiforme  Bor.  —     Guad.  (Sprg.). 


278  A.   GRISEBACH, 

1334.  L.  passerinoides  Kth.  —     Guad.  (Sprg.),   Mart.  (Sieb.). 

1335.  L.  aqualupianum  Spr.  —     Guad.  (Sprg.). 

1336.  L.cernuumL. —  Guad.  in  terra  m.  Soufrifere:  Duch.;  Mart.  (Sprg.). 

1337.  L.  curvatum  Sw. —    Guad.  in  arboribus  ra.  Soufriöre  pr.  S.Jacob: 
Duch.;   Domin.  (Sprg.),   Mart.  (Sieb.). 

1338.  L.  clavatum  L. —     Guad.  (Sprg.). 

1339.  L.  carolinianum  L.  —     Guad.  (Sprg.). 

1340.  Selaginella  albonitens  Spr. —     Guad.:  Duch. 

1341.  S.  rotundifolia  Sprg.  —     Guad.,  Mart.  (Sprg.). 

1342.  S.  ßabellata  Sprg.  —    Guad.  in  reg.  mont.:  Duch.;  Domin.  (Sprg.). 

1343.  S.  mbstipitata  Sprg.  —  Guad.  in  reg.  mont.:  Duch.;  Domin.  (Sprg.). 

1344.  S.  stolonifera  Sprg.  —     Domin.  (Sprg.). 

1343.     Psilotum  nudum  Gr.  —    Syn.  Lycopodium  L.  —     Guad.  in  sylvis 
paludosis  super  arboribus :  Duch. ;   Mart.  (Sprg.). 

Filices. 
Tr.  I.     Marattiaceae  Kaulf. 

1346.  Danaea  nodosa  Sm.  —     Ic.  Scbk.  t.  151.     Hook.  Grev.  t.  51. — 
Guad.  in  reg.  mont.  alt.  2000':  Duch. 

1347.  D.  stenophylla  Kz.  —     Ic.  Kz.  Farnkr.  t.  28.  —     Guad.  in  sylvis 
reg.  mont.  all.  2000':  Duch.  —    Venis  plerisque  simplicibus  differt  a  praecedente. 

1348.  Marattia  laevis  Sm.  —     Domin.  (Kaulf.). 
Tr.  IL    Scbizaeaceae  Mt. 

1349.  Anehnia  adiantifolia  Sw.  —     Ic.  Hook.  Grev.  1. 16:   pinnis  obtn- 
sioribus.  —     Guad.:  Duch. 

Tr.  HL    Gleicheniaceae  R.  Br. 

1350     Mertensia  pubescens  W.  —     Ic.  Hook.  Grev.   t.  15.  —     Syn.  M. 
immersa  Kaulf.  —     Guad.  in  reg.  inf.  m.  Soufrifere:  Duch. 

1351.  M.  furcata  Sw.  —     Guad.  in  m.  Soufrifcre:   Duch. 

1352.  M.  glaucescens  W.  —    Ic.  Hook.  Grev.  t.  14.  —    Syn.  Gleichenia 
Hermanni  Hook.  Grev.  —     Guad.  in  graminosis  reg.  inf.:  Duch. 

Tr.  IV.     Polypodiaceae  Endl. 
Subtr.  i.     Cyatheaceae  Endl. 

1353.  Hemitelia  Kohautiana  Kz.  in   Bot.  Zeit.   1844.  p.  297. —     Guad. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KA KAIBEN.  279 

in  sylvis  raontanis:  Duch.  —  Recte  monente  Kunze  ab  H.  grandifolia  Spr., 
quacura  junxerat  Hook.,  sec.  ej.  iconem  (spec.  filic.  t.  14.  B.)  differt  venis 
3-  (nee  2-)  partitis. 

1354.  Alsophila  aspera  R.  Br.  —  Ic.  Hook.  sp.  fil.  t.  9. 13.  Mail,  crypt. 
bras.  t.  48. —  Guad.  in  sylvis  raontanis:  Duch.;  Montserr.  (Kaulf.).  —  Exstat 
quoque  forma  pinnulis  minus  profunde  divisis. 

1355.  A.  phalerata  Mt.  ß.  alulacea  Kz.  -      Guad.,  Domin.  (Hook.). 

1356.  Cyathea  arborea  Sm.  —    Guad.  (Wickstr.),  Mart.  (Kaulf.). 

1357.  C.  muricata  W.  —     Mart.  (Sieb,  ex  Kz.  1.  c   p.  280). 
Subtr.  2.     Dicksonieae. 

1358.  Dicksonia  adiantoides  W.  —  Syn.  D.  Plumieri  Hook.  —  Guad. 
in  m.  Soufriöre  alt.  3300':  Duch.  -  Auetoribus  Hook,  et  Kz.  a  D.  adiantoide 
Hook.  (sp.  filic.  t.  26.  B.)  di versa,  nostra  vero  ab  eadem  icone  nonnisi  soris 
in  incisura  solitariis  (nee  1  —  3)  recedit. 

1359.  D.  cornuta  Kaulf.—     Mart.  (Sieb,  ex  Kaulf.  I.e.  1845.  p.  318). 
Subtr.  3.     Lindsaeeae  PrL 

1360.  Lindsaea  trapeziformi*  Dry.  —  Ic.  Linn.  Transact.  3.  t.  9  et  7. 
f.  2.  —     Guad.:  Ducb. 

1361.  L.  guianensis  Dry.  —     Guad.  (Wickstr.). 
Subtr.  4.    Pteroideae. 

1362.  Adianlum  obliquum  W.  —  Hook.  —  Ic.  Hook.  Grev.  1. 190.  — 
Syn.  A.  Kaulfusii  Kz.  (forma  glaucescens).  —  Guad.  (Hook.),  Montserr. 
(Kaulf.),  Mart.  (Sieb.). 

1363.  A.  pulverulentum  L.  —     Mart.  (Kaulf.). 

1364.  A.  mllomm  L.  —     Ic.  Schk.  t.  120.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1365.  A.  tetraphyllum  W.  (ex  synon.).  —  Syn.  A.  prionophyllum  Hook. 
A.  ternatum  Moritz  fil.  Caracas.! —     Guad.  (Hook.),   Mart.  (Sieb.). 

1366.  A.  intermedium  Sw.  —   Guad.  (Wickstr.,  Hook.),  Domin.  (Hook.). 

1367.  A.  triangulatum  Hook,  (non  Kaulf.).  —  Guad.  in  sylvis  humidis: 
Duch.  —  Nomen  conservari  polest,  etsi  A.  triangulatum  Kaulf.  planta  distineta 
est,  tarnen  praecedentis  sec.  Kz.  Synonyma:  speciem  nostram  ad  A.  villosum 
L.  retulerat  Kz.,  et  revera  variat  soris  continuis,  sed  optime  distineta  est  stipite 
elongato  nudo  inferne  tetragono  (qui  in  A.  villoso  trigonus). 


»0  A-  GRISEBACH, 

1368.  A.  capfllos  veneris  L  —     Dobul  (Hook.). 

1369.  A.  tenerum  Sr.  —     Goad.  in  ooris:  Duck 

1 370.  Cbeilantbes  radiala  J.  Sm.  —  Syn.  Adiantum  L.  —  Goad.  (Wickstr.), 
Mart.  Domin.  (Sieb.). 

1371.  Hfpolejm  repems  PrL  —  Ic  Ptam.  fiL  t 12-  Hook.  sp.  EL  L  9a 
B.  —      Syn.  Loncbitis  L.  —     Goad.  in  m.  Soufriere :  Dach.:  Hart  (Sieb). 

1372.  Pteris  gramdifolia  L.  —  1c.  Scbk.  L89:  peccat  venis  aon  reli- 
colatis.  —     Goad.  in  sylvis  bnmidis  reg.  mont:  Doch.;  Mart  (Fee). 

1373.  PL  longifofa'a  L.     Goad.  (Wickstr.). 

1374.  Loncbitis  aurita  L.  —     Mart 

1375.  L.  birsota  L.  —     Mart 
Smblr.  5.     Blechnoideae. 

1376.  Taenüis  amgmtifolia  Spr.  —  Syn.  Pteris  Sw.  Pleropsis  Desr.  — 
Guad.  in  m.  Soufriere  super  arboribos:   Duch. 

1377.  T.  lanceolata  Kaulf.  —  Syn.  Pteris  L.  Pleropsis  Desv.  —  Mart 
(KaulC). 

1378.  T.  linearis  Kaulf.  —  Syn.  Pleorogramma  Prl.  —  Goad.  in  sylvis 
monlanis  super  arboribos:  Duch.  —  Insignis  frondis  parte  sorifera  anguslata 
involuta  (margine  fere  indosräm  referente):  quo  cbaractere  eximie  accedit  ad 
Hymenolepidem,  parte  sterili  a  sorifera  frondis  magis  distinda  parnm  diversam. 

1 379.  Xiphopteris  serrulata  Kaulf.  —  Ic.  Schk.  t  7.  fig.  inf.  dextr.  Fee 
Polyp.  1 10.  B.  —     Gnad.  in  sylvis  m.  Soufri&re  saper  arboribos:  Dach. 

1 380.  Antropkyum  lanceolalum  Kaulf  —  Ic.  Plum.  fil.  1 1 27.  B.  Schk. 
t.18.  dextr.  —     Guad.:  Duch.;  Mart  (Kaulf.). 

1381.  Blechnum  occidentale  L.  —  Ic.  Schk.  t  108.  b.  —  Syn.  B.  carti- 
lagineum  Scbk.  —  Guad.:  Duch.  (forma  iconi  Schkubriaoae  respondens): 
Mart  (Sieb.). 

1382.  B.  solubile  Kaulf.  —  Goad.  in  reg.  mont.:  Duch.  —  Coavenit 
com  specimin.  Kz. 

1383.  Lomaria  tHermmieri  Bor.—  Ic.  Kz.  Farnkr.  1 73.  -  Guad.  in 
sylvis  m.  Soufriere:   Ducb. 

1384.  L.  Plumerii  Desv.  —     Mart  (Sieb.)- 

1 385.  L.  striata   W.  —     Mari. .  (Sieb.). 


Ober  die  Vegetation  der  karaiben.  281 

1386.  L.  Ryani  Kanlf.  —     Monts.  (Kaulf.). 

1387.  L.  rufa  Spr.  —     Gnad.  (Wickstr.). 

1388.  Stenochlaena  sorbifolia  I.  Sm.  —  Ic.  Plum.  fil.  1. 117.  —  Syn. 
Acrostichum  L.  Loraaria  Kaulf. —  Guad.  in  sylvis  pr.  Moroe  &  l'eau:  Dach.; 
Monosen*.,  Mart.  (Kaulf.}. 

Subtr.  6.     Acrosticheae. 

1 389.  Acrostichum  latifoUum  Sw.  (ex  observ.  Hook,  et  Grev.  ad  1 237).  — 
Ic.  Raddi  1. 15.  f.  4.  —  Syn.  A.  Lingua  Radd.  —  Gnad.  in  sylvis  montanis:  Duch. 

1390.  A.  undulatum  W.  —     Mart.  (Sieb.). 

1391.  A.  apodum  Kaulf.  —     Montserr.  (Kaulf.). 

1392.  A.  martinicense  Desv. —    Mart.  (Desv.). 

1 393.  A.  longifolium  Jacq.  —    Mart.  (Jacq.). 

1394.  A.  crinitum  L.  —  Ic.  Hook.  Grev.  t.  1.  Plum.  fil.  t.  125.  — 
Guad.  in  sylvis  montanis  super  arboribus:  Duch.;   Mart.  (Plum.). 

1395.  A.  aureum  L. —  Ic.  Schk.  t.  1.  dextr.  —  Guad.  in  paludosis: 
Duch.;  S.  Croix  (Wst.). 

1396.  A.  acuminatum  W.  —     Mart.  (Plum.). 

1397.  Polybotrya  cervina  Kaulf.—     Guad.  (F<§e),  Marl. .  (Kaulf.). 
Subtr.  7.    Asplenieae. 

1398.  Gymnogramme  calomelanos  Kaulf.  —  Ic.  Schk.  L  5.  sup.  —  Guad., 
v.  c.  in  m.  Soufrtere:  Duch.;  S.  Croix  (Wst.),  S.  Barth.  (Wickstr.),  Mart. 
(Sieb.).  —    Exstat  quoque  forma  tenuisecta,   segmentis  anguslioribus. 

1399.  G.  tartarea  Desv.  —     Guad.:  Duch. 

1400.  G.  chrysophylla  Desv.  —  Guad.  in  m.  Soufriöre:  Duch.;  Mart. 
(Sieb.).  —     »Fougfcre  dor6e«. 

1401.  G.  l'Herminieri  Bor.  —     Guad.  (Kz.). 

1402.  G.  palmata  Lk.  —  Syn.  Hemionitis  L.  —  Guad.  (Wickstr.),  S. 
Croix  (Wst.),  Mart.  (Sieb.). 

1403.  Asplenium  serratum  L.  —  Ic.  Schk.  t.  64.  —  Syn.  A.  integrum 
F6e.  —  Guad.:  Duch.  —  Characteres,  quibus  F6e  A.  integrum  et  surinamense 
distinguit,  plane  fallaces  sunt. 

1404.  A.  marginatum  L.  —     Mart.  (Plum.). 

1405.  A.  cultrifolium  L.  —     Mart.  (W.> 

Phys.Classe.   VII.  Nn 


282  A.  GRISEBACH, 

1406.  A.  salicifolhim  L.  —     Guad.  (Wickstr.). 

ß.  gibbosum  Fee,  basi  folioli  superiori  in  auriculam  magis  producta.  — 
Guad.  in  m.  Soufri&re:  Duch.  —  Fronde  plane  aequale  A.  eroso  L.  ex  Ic.  Sl. 
t.  33.  f.  2 ,   sed  ei  caulis  hirlus  apud  Kaulf. 

1407.  A.  obtusifolium  L.  —     Mart.  (W.). 

1408.  A.  abscismm  W.  —     S.  Thom.  (W.). 

1409.  A.  cirrhatum  Rieh.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1410.  A.  zamiifoUum  W.  —  Syn.  A.  falcatum  Sw.  (non  Lara.).  —  Guad. 
in  m.  Soufri&re:  Duch.  -  Species  Willdenowiana  (non  Kz.)  est  ex  Obser- 
vation e  (Sp.  pl.  5.  p.  325)  A.  zamiifolium  W.  ab  A.  falcato  stipite  paleaceo 
distinguente,  nee  non  sec.  notam  apud  Kz.  (Farnkr.  1.  p.  251):  A.  falcatum 
Lam.  Indiae  orientalis  (Burm.  thes.  zeyl.  43) ,  valde  simile,  stipite  nudo  differre. 

1411.  A.  dentatum  L.  —     Ic.  Hook.  Grev.  t.  72.  —     Guad.:  Duch. 

1412.  A.  recognitum  Kz.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  46.  —  Guad.  in  sylvis 
humidis  reg.  mont.  ad  truncos:  Duch. 

1413.  A.  pumilum  Sw.  —     Mart.  (Sieb.). 

1414.  A.  bissectum  Sw.  —     Mart.  (Sw.). 

1415.  A.  striatum  L.  —     Mart.  (W.). 

1416.  A.  martinicense  W.  —     Mart.  (W.). 

1417.  A.  cicutarium  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1418.  A.  myriophyllum  Spr.  —  Syn.  Darea  W.  —  Guad.  pr.  Morne  h 
l'eau:  Duch.  —     Proximum  A.  cicutario,   rhacbi  marginata  differt. 

1419.  Diplazium  plantagineum  Sw.  —  Ic.  Schk.  t.  85.  sin.  —  Guad. 
in  m.  Soufriöre:  Duch. 

1420.  D.  undulosum  Sw.  —     Syn.  Callipteris  Prl.  —   Mart.  (Plum.). 

1421.  Meniscium  reticulatum  Sw.  —  Ic.  Plum.  amer.  t.  9.  —  Guad.: 
Duch.;  Marl.  (W.). 

1422.  M.  sorbifolium  W.  —     Guad.  (Wickstr.),   Mart.  (Jacq.). 

1423.  Grammüis  mar g  ine  IIa  Sw.  —  Ic.  Schk.  t.  7.  partim.  —  Syn. 
G.  limbata  F6e:  forma  fronde  undulata.  -  Guad.  in  m.  Soufrifere  super  arbo- 
ibus  :  Duch. 

Sublr.  8.     Polypodieae. 
f.     Eleutherophlebia. 


ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  283 

1424.  Polypodium  trichomanoides  Sw.  —      Syn.  P.  serricula  F6e.  — 
Guad..  (F6e). 

1425.  P.  jubiforme  Kaulf.  —  Syn.  P.  saccatum  ¥6e.  —  Guad.  (F6e). 
Mart.  (Sieb.). 

1426.  P.  cultratum  W.  —    Mart.  (W.). 

1427.  P.  venustum  Desv.* —  Ic.  Plum.  fil.  t.  85.  —  Syn.  P.  tenuiculum 
F6e  ex  diagn.  el  loco.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  super  arboribus :  Duch.  — 
Icon  Plum.,  vulgo  ad  P.  tenuifolium  W.  (quod  diversum)  citata,  hujus  loci 
videtur.  Synonymon  ¥6ei  a  Mett.  P.  jubiformi  approximatur ,  sed  diagnosis 
nostro  filici  respondet. 

1428.  P.  pendulum  Sw.  —     Guad.  (Mett.). 

1429.  P.  Adenophorus  Hook.  Arn.  —     Guad.  (Mett). 

1430.  P.  Suspensum  L. —     Guad.:  Duch.;  Mart.  (W.). 

1431.  P.  asplenifolium  L.  —     Mart.  (W.). 

1432.  P.  taxifolium  L.  —     Mart.  (W.). 

1433.  P.  pectinatum  L.  —  Ic.  Schk.  t.  17.  b.  --  Syn.  P.  Schkuhrii 
Radd. —  Guad.:  Duch.;  Mart.  (W.).  —  Forma  Linnaei  ex  ic.  Plum.  (fil.  t.  83) 
parum  a  nostra,  quae  Schkuhriana  est,  recedit  pinriis  e  basi  paullo  dilatatis. 
Species  contra  eos,  qui  ex  nervatura  genera  filicura  artificialia  derivarunt,  grave 
argumentum  dat:  nam  exstant  formae  (in  isthmo  panamensi  lectae),  ubi  venae 
juxta  marginem  pinnarum  hinc  inde  ansas  forraant,  aliae  vero  pinnae  omnino 
ut  in  speciminibus  guadalupensihus  dicbotomiam  liberam  ostendunt  (Syn.  Gonio- 
phlebium  pectinatum  J.  Sm.!). 

ff.     Dictyophlebia. 

o.     Venis  apice  incrassatis. 

1434.  P.  incanum  Sw.  —     Ic.  Schk.  t.  1 1.  b.  —    Guad.  in  sylvis  super 
arboribus:  Duch. 

1435.  P.  loriceum  L.  —     Guad.  (Mett.),   Mart.  (Sieb.). 

1436.  P.  chnoodes  Spr.  •—     Guad.,  Mart.  (Mett.). 

1437.  P.  neriifoüumSchk.  —  Ic.  Schk.  1. 15.  —  Guad.  super  arboribus:  Duch. 

1438.  P.  glaucophyllum  Kz. — ■     Ic.  Kz.  Farnkr.  t. 93.  —    Guad.:  Duch. 

1439.  P.  repem  Sw.  —      Syn.   P.  Phyllitidis  Kz.  in  Kappl.  pl.  surin. 
nr.  1386!:  forma  fronde  latiori. —     Guad.:  Duch.;   Mart.  (Sw.). 

Nn2 


284  A.  GRISEBACH, 

1440.  P.  pUoseüoides  L.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  118.  —  Guad.  in  reg. 
mont.  super  arboribus:  Duch.;  S.  Thom.,  Mart.  (W.). 

1441.  P.  serpens  Sw.  —     S.  Croix  (Wst.). 

1442.  P.  salicifolium  W. —     Guad.  in  sylvis  raontanis:  Ducb. 

1443.  P.  lycopodioides  L.  —  Ic.  Plum.  fil.  t. 119.  Schk.  t  8.  c.  dextr.  — 
Guad.  in  sylvis  montanis:  Ducb.;  Mart.  (W.). 

1444.  P.  aureum  L.  —  Ic.  Schk.  t. 12.  inf.  —  Guad.  super  arboribus: 
Ducb.;  S.  Croix  (Wst.).  Exstat  forma  soris  biserialibus  et  segmentis  frondis 
remotissime  serrulatis,  venarum  indole  cum  typica  conveniens. 

1445.  P.  dulce  Sw.  —    Mart.  (W.). 

1446.  P.  drynarioides  Gr.  (Chrysopteris)  caudice  repente  paleis  ferru- 
gineis  setaceis  onusto,  fremde  stipitem  nudum  subaequante  coriacea  glabra 
subtus  glaucescente  profunde  pinnatifida,  segmentis  patentibus  lanceolatis  ob- 
tusiusculis  marginatis  remote  serratis,  terminali  longiori,  serraturis  adpressis- 
simis,  sinubus  rotundatis  v.  obtusiusculis,  areolis  venarum  non  seriatis  clausis, 
venis  utrinque  arete  prominulis  versus  marginem  raro  appendiculatis ,  soris 
rotundis  majuscults,  plerisque  uniseriatis  costae  approximalis  ex  appendicularum 
pari  oriundis,  in  segmento  terminali  biseriatis. —  Guad.:  Duch. —  Habitus 
P.  vulgaris,  at  vulgo  elatior:  forma  ejus  ex  diagn.  videtur  Chrysopteris  trilobata 
F6e,  nee  non  quam  proxime  accedit  ad  P.  glaucinum  Mart.  Gal.  (t.  5.  f.  1), 
ulterius  comparandum,  apud  Metten,  omissum. 

1447.  P.  crassifolium  L.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  130.  —  Guad.  in  sylvis 
ad  truncos  arborum  senilium:  Duch.;  Mart.  (Sieb.). 

oo.     Venis  apice  aequalibus. 

1448.  P.  trifurcatum  L.  —     Mart.  (Sieb.). 

1449.  P.  scolopendroides  L.  —  Syn.  Goniopteris  affinis  F6e.  —  Fronde 
basi  pinnata  differt  a  P.  trifurcato  L.  (Hook.  Grev.  t.  42) :  ceterum  multo  va- 
riabile  est  lobis  integris  et  crenatis,  venis  simplieibus  et  forcatis  iisque  distinetis 
et  conjugatis;  P.  incisum  Sw.  distinguere  nescio. 

1450.  P.  crenalum  Sw.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  111.  —  S.  Croix  (Wst.), 
Mart.  (Sieb.). 

1451.  P.  tetragonum  L.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  121.  Schk.  t.  18.  b.  — 
Guad.:  Duch. 


ÜBER  DIE  VEGETATION  DER  KARAIBEN.  285 

1452.  P.  asplenioides  Sw.  —     Ic.  SL  t.  43.  f.  2.  —     Guad.:  Duch. 

1453.  P.  flavopunctatum  Kaulf.  —  Ic.  SL  t.  50.  f.  1.  —  Guad.  in  sylvis 
montanis:  Duch.;  Monts.  (Kaulf.),  Mart.  (Sieb.).  —  Icon  Sloanei,  a  Willd. 
ad  Aspidium  invisum  Sw.  citata,  haud  dubio  hujus  loci  est. 

1454.  P.  obliteratura  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1455.  P.  decussatum  L.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  21.  —  Guad.  in  sylvis 
montanis:  Duch.;   Monts.  (Kaulf.),  Mart.  (Sieb.). 

1456.  P.  Sloanei  Kz.  (non  Desv.).  —  Ic.  Sl.  t.  57.  f.  3.  —  Guad.  in 
sylvis  udis  pr.  Morne  h  feau:  Duch*.  —  Kunze  figuram  Sloanei  non  citaverat, 
sed  descriptio  ejus  (Linnaea  9.  p.  51)  ipsam  significat,  quam  a  fig.  1  et  2. 
similibus  Sl.  stipite  paleaceo  distinguit.  P.  Sloanei  Liebm.,  cui  venae  furcatae 
dantur,  excludendum  est. 

f     Eleutheropblebia. 

o.     Soris  terminalibus ,  venis  apice  incrassatis. 

1457.  Aspidium  mucronatum  Sw.  —  Ic.  Schk.  t.  29.  c.  —  Guad.  in  sylvis 
montanis:  Duch.  —  Variat  forma  pinnarum,  sed  aupcula  ejus  sursum  porrecta 
acuta  dignoscitur. 

Obs.  Venae  furcatae,  ramo  breviori  apice  sorifero,  seriem  specierum 
naturalem  constituunt,  neque  vero  indusii  fabrica,  ex  qua  genera  mere  artifi- 
cialia,  conjunctissimas  species  dilacerantia ,  formari  solent:  ita  A.  mucronatum 
ex  indusio  peltato  Polystichum,  A.  acutum  et  neglectum  i.  laterali  subrotundo 
Nephrolepis,  A.  punctulatum  et  acuminatum  L  reniformi  Lepidoneuron  (F6e), 
nervatura  habituque  intime  connectuntur. 

1458.  A.  acutum  Schk.  —  Ic.  Schk.  t.  31.  —  Guad.:  Duch.  —  Nostra 
forma,  minor  quam  in  icone,  bene  convenit  cum  descriptione  ampla  apud  Liebm. 

1459.  A.  punctulatum  Sw.  —  Kz.!  —  Ic  F6e  Polyp.  L  23.  f.  1.  — 
Guad.  in  sylvis  bumidis :  Duch. ;  Mart  (W.). 

1460.  A.  pedatum  Desv.  —     Guad.  (Kz.). 

oo.     Soris  dorsalibus. 

1461.  A.  cicutarium  Sw.  —     Guad.  (F6e). 

1462.  A.  polyphyUum  Kaulf. —  Ic.  Sl.  t.  48.  f.  1.  —  Syn.  A.  sanctoides 
F£e!  —  Guad.  in  m.  Soufriöre:  Duch.;  Mart  (Sieb.).  —  A.  polyphyUum 
Metten.  Fil.  Lechler.  (nr.  2019)  recedlt  rbachi  frondis  paleacea. 

1463.  A.  patens  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1464.  A.  Sprengel«  Kaulf.  —     Mart.  (Sieb.). 

1465.  A.  invisum  Sw.  —     S.  Croix  (Wst). 

1466.  A.  Serra  Sw.  —  Ic.  Schk.  t.  33.  b.  dextr.  —  Guad.  in  sylvis 
humidis:  Duch. 

1467.  A.  macrurum  Kaulf.  —     Mart.  (Sieb.). 

1468.  A.  motte  Sw.  —  Ic.  Schk.  L  34.  b. —  Guad.:  Duch.  Indusium 
reniforme,  demum  centrale,  quo  cum  Lastreis  magis  convenit,  quam  cum  Nepbrodio. 


286  A.  GRISEBAGH9   ÜBER  DIB  VEGETATION  DER  KARAIBEN. 

ff     Haplophlebia. 

1469.  A.  nodosum  W.  —     Mart.  (W.). 
fff     Dictyophlebia. 

1470.  A.  plantagineum  Gr.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  128.  Jacq.  coli.  2.  t.  3. 
1. 1.  —  Syn.  Polypodium  Jacq.  —  Guad.  in  sylvis  montanis  ad  torrentes: 
Ducb.;  Monte.,  Mart.  (Kaulf.). 

1471.  A.  trifoliatum  Sw.  —  Ic.  Schk.  t  28.  -    Guad.:  Duch.;  Mart.  (W.). 

1472.  A.  macrophyllum  Sw.  —  Ic.  Plum.  fil.  t.  145.  —  Guad.:  Duch.; 
S.  Eust.  (W.),   Mart.  (Sieb.). 

1473.  A.  heracleifolium  W.  —  Guad.  (Wickstr.). 

Tr.  V.     Hymenophylleae. 

1474.  Hymenopbyllum  fucoides  Sw.  —     Mart.  (Sieb.). 
Trichomane8  sect.  Eutrichomanes  Hook. 

1475.  T.  membranaceum  L.  —  Ic.  Kz.  Farnkr.  t  88  f.  sup.  -  Guad. 
in  sylvis  udis  super  truncis  emortuis:  Duch.,  Mart.:  Sieb. 

1476.  T.  punctatum  Poir.  —     Guad.  (Wickstr.),   Mart.  (Kaulf.). 

1477.  T.  sphenoides  Kz.  —  Ic.  Kz.  Farnkr.  t.  88.  f.  inf.  sin.  —  Guad. 
in  m.  Soufrifcre:   Duch. 

(i.  Hookeri  fW.,  stipite  elongato,  fronde  cuneata.  —  Ic.  Kz.  Farnkr. 
t  88.  fig.  inf.  med.  —  Syn.  T.  reptans  Hook,  (non  Sw.).  —  Guad.  in  sylvis 
reg.  inf.  super  arboribus:  Duch. 

1478.  T.  sinuomm  Rieh.  var.  decurrens  Gr.  —  Ic.  Kz.  Farnkr.  L  77. 
f.  2. —     Syn.  T.  holopterum  Kz.  —     Guad.  in  reg.  mont.:  Duch.;  Mart.  (Kz.). 

1479.  T.  attenuatum  Hook.  —  Ic.  Hook.  sp.  fil.  t.  39.  C.  —  Guad.  in 
sylvis  humidis  reg.  mont.  in  m.  Matouba  et  Soufri&re:  Duch.;  Domin.  (Hook.). 

1480.  T.  alatum  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1481.  T.  pyxidiferum  L.  —  Ic.  Hook.  Grev.  t  206.  —  Guad.  in  arbo- 
ribus m.  Soufrifcre:   Duch. 

1482.  T.  pennatum  Kaulf.  (ex  diagn.  Kz.  in  Bot.  Zeit.  1847.  p.  351).  — 
Ic.  Hook.  Grev.  t.  9.  —  Syn.  T.  floribundum  Hook.  Grev.  —  Guad.  in  sylvis 
humidis  reg.  mont.  ad  torrentes:  Duch. —  Affine,  sed  a  Kz.  bene  distinetum 
est  T.  pinnatum  Hedw.,   quod  in  isthmo  panamensi  legit  Duch. 

1483.  T.  crispum  L.  —     Ic.  Hook.  Grev.  t.  12.  —     Guad.:  Duch. 

1484.  T.  rigidura  Sw.  —     Guad.  (Wickstr.). 

1485.  T.  Prieurei  Kz.  (Bot  Zeit.  1.  c.  p.  403).  —  Ic.  Hook.  sp.  fil. 
t.  40.  C. —     Syn.  T.  aneeps  Hook. —     Guad.  in  sylvis  montanis:  Duch. 

T.  sect.  Feea  Bor. 

1486.  T.  spicatum  Hedw.  —  Guad.  ad  torrentes:  Duch.,  in  m.  Sou- 
frtere  (Kz.). 


Ueber  das  Bor; 

toh 

H.   Sainte  Ciaire  Deville 

und 

F.    Wohler. 


Der  Königlichen  Societft  am  8.  April   1857  rorgelegt. 


D 


'as  Radical  der  Borsäure  ist  bekanntlich  zuerst  im  J.  1808  von  Gay-Lussac 
und  Thönard  isolirt,  und  später,  1824,  von  Berzelius  näher  untersucht  wor- 
den. Sie  erhielten  es  aber  in  einem  nur  wenig  characterisirten,  pul  verförmigen 
Zustand,  man  konnte  keine  Ahnung  haben  von  den  Eigenschaften,  die  es  im 
dichten  und  kristallinischen  Zustande  zeigen  würde,  in  der  schönen  Form,  die 
wohl  alle  starren  Grundstoffe  anzunehmen  fähig  sind ,  und  in  der  ein  Grundstoff 
auch  in  anderer  als  bloss  chemischer  Hinsicht  Interesse  darzubieten  vermag. 
Nach  Untersuchungen,  welche  jeder  von  uns  für  sich  begann  und  die  wir  dann 
gemeinschaftlich  fortsetzten,  können  wir  jetzt  darthun,  dass  das  Bor,  analog 
dem  Kohlenstoff  und  dem  Silicium ,  in  verschiedenen  Zuständen  erhalten  wer- 
den kann,  in  einem  amorphen  pul  verförmigen ,  einem  krystallisirten  graphit- 
förmigen,   und  einem  krystallisirten  diamantförmigen  Zustand. 

1.  Amorphes  Bor.  Es  wird  bekanntlich  durch  Zersetzung  von  Fluor- 
borgas oder  Fluorborkalium  durch  Kalium  dargestellt.  Wir  bereiteten  es,  zum 
Zwecke  anderer  Untersuchungen,  auf  folgende  Weise:  60  Gramm  in  kleine 
Stücke  zerschnittenes  Natrium  und  100  Grm.  klein  gestossene,  geschmolzene 
Borsäure  werden  rasch  gemengt,  in  einen  eisernen  Tiegel  gegeben  und  darauf 
ungefähr  30  Grm.  Pulver  von  geschmolznem  Kochsalz  geschüttet.  Der  Tiegel 
wird  rasch  zum  Glühen  erhitzt,  wobei  eine  heftige  Reaction  eintritt  und  die 
ganze  Masse  flüssig  wird.  Man  zerrührt  sie  sorgfältig  mit  einem  Eisenstab, 
bis  kein  freies  Natrium   und  auf  der  Oberfläche   kein  geschmolznes  Kochsalz 


288  H.  SAINTE  CLAIRE   DEVILLE  UND  F.  WÖHLER, 

mehr  zu  bemerken  ist  und  giesst  sie  dann  vorsichtig  in  mit  Salzsäure  sauer 
gemachtes  Wasser.  Indem  sich  die  Masse  darin  auflöst,  bleibt  das  Bor  zurück, 
das  man  auswäscht  und  vorsichtig  trocknet,  da  es  leicht  Feuer  fängt.  Wir 
haben  dem,  was  Berzelius  über  das  amorphe  Bor  anführt,  nichts  hinzu- 
zufügen, wir  heben  nur  hervor,  dass  es  bald  als  unbestimmt  dunkelbraunes, 
bald  als  hell  grünlichbraunes,  bald  als  schwarzes  Pulver  erhalten  wird,  und 
dass  es  beim  Erhitzen  an  der  Luft  sich  noch  vor  dem  Glühen  entzündet  und 
lebhaft,  wiewohl  nicht  vollständig,   verbrennt. 

2.  Graphüförmiges  Bor.  Es  ist  halb  metallglänzend,  ähnlich  dem 
Graphit  oder  dem  krystallinischen  Eisenoxyd,  aber  mit  einem  deutlichen  Schein 
in  blass  Kupferroth.  Es  bildet  dünne  sechsseitige  Tafeln,  die  vielleicht  Seg- 
mente von  regulären  Octaedern  sind;  meist  erhält  man  es  aber  nur  in  Gestalt 
feiner,  glänzender  Krystallblättchen  von  nicht  bestimmbarer  Form  und  es  bildet 
dann  ein  schimmerndes  graues  Krystallpulver  mit  einem  Schein  in  s  Röthliche. 
Es  ist  vollkommen  undurchsichtig.  An  der  Luft  zum  Glühen  erhitzt,  verbrennt 
es  nicht  und  scheint  sich  überhaupt  nicht  zu  verändern,  während  das  amorphe 
so  leicht  verbrennt.     Es  wird  weder  von  Säuren  noch  Alkalien  aufgelöst. 

In  dieser  Form  erhält  man  es,  wenn  man  Aluminium  in  einem  Strom 
von  Chlorborgas  längere  Zeit  geschmolzen  erhält.  Das  Metall  nimmt  nur 
wenig  Bor  auf,  aber  zerbricht  man  es  nachher,  so  bemerkt  man  auf  seiner 
Bruchfläche,  ähnlich  wie  Graphitblätter  im  Roheisen,  oft  ziemlich  grosse,  blass 
kupferrothe  Krystallblälter  von  Bor,  welche  bei  der  Auflösung  des  Aluminiums 
in  Chlorwasserstoffsäure  zurückbleiben. 

Wir  erhielten  es  ferner,  wiewohl  nur  als  feinschuppiges  Krystallpulver, 
indem  wir  in  einem  Porzellantiegel  8  Th.  Fluorborkalium,  gemengt  mit  einem 
Fluss  aus  9  Th.  Chlorkalium  und  7  Th.  Chlornatrium,  mit  5  Th.  Aluminium 
bei  Silberschmelzhitze  zusammenschmolzen  und  ungefähr  eine  halbe  Stunde 
bei  dieser  Temperatur  erhielten.  Obgleich  die  angewandte  Menge  von  Alu- 
minium fast  das  dreifache  war  von  der,  welche  nöthig  ist,  um  das  nur  8,6 
Procent  betragende  Bor  im  Salz  zu  reduciren,  so  fanden  wir  doch  in  der 
wohl  geflossenen  Schlacke  eine  nur  unvollständig  geschmolzene  metallische 
Masse,  ähnlich  feinkörnigem  grauem  Roheisen,  welche  aber  bei  der  Behand- 
lung  mit   Chlorwasserstoffsäure  und   später   noch   mit   Flusssäure  das  Bor  in 


über  das  cor.  269 

feinen  schwarzgrauen  Krystallschuppen  zurückliess.  Auch  bei  mehreren  an- 
deren Versuchen  der  Art  zeigte  es  sich,  dass  das  Aluminium  durch  Aufnahme 
von  Bor  sehr  viel  strengflüssiger  wird.  Zuweilen  waren  die  erhaltenen  metal- 
lischen Massen  mit  filasenrinmen  erfällt,  deren  Wände  mit  grossen  metall- 
glänzenden  Blättern  von  Bor  ausgekleidet  waren.  Diess  war  besonders  bei 
einem  Versuche  der  Fall,  bei  dem  wir  ein  Gemenge  von  15  Tb.  wasserfreier 
Borsäure,  10  Th.  Flussspath  und  2  Tfa.  Aluminium  zusammenschmolzen,  wobei 
iadess  ebenfalls  keia  scharf  getrennter  Reguhis,  sondern  nur  eine  gesinterte 
Metallmasse  erhalten  wurde.  Ein  gutes  Resultat  erhielten  wir  auch  beim  Zu- 
sammenschmelzen von  Aluminium  mit  BorsäQre  und  Kryolith  unter  Zusatz  des 
Gemenges  von  Chlorkalium  und  Chlornatrium;  und  noch  zweckmässiger  scheint 
es  zu  sein,  hierbei  statt  der  Borsäure  geschmolznen  Borax  anzuwenden« 
Immer  aber  muss  das  Aluminium  in  grossem  Uberschuss  angewandt  und  viel 
davon  geopfert  werden,   um  nur  kleine  Mengen  von  Bor  zu  erhalten. 

Es  scheint,  dass,  ähnlich  wie  beim  Silicium,  nur  das  Aluminium  fähig 
ist,  das  Bor  in  diese  krystalliniscfae  Form  zu  versetzen.  Bei  Versuchen, 
dasselbe  aus  Fluorborkalium  mit  Magnesium  zu  reduciren,  wurde  es  in  der- 
selben schwarzen  amorphen  Form  erhalten,  wie  bei  der  Reduction  mit  Na- 
trium; eben  so,  als  ein  Gemenge  von  Borsäure,  Kryolith  und  Natrium,  mit 
Zusatz  von  Cblorkalium- Natrium,  zusammengeschmolzen  wurde«  —  Stickstoff- 
bor, unter  einer  Decke  von  Cblorkalium  mit  Aluminium  zusammengeschmolzen* 
blieb  unverändert 

3.  DiammUßrmiges  Bar.  In  diesem  merkwürdigen  Zustand  bildet  das 
Bor  durchsichtige  Krystalle  von  dem  Glanz  und  der  Härte  des  Diamanta. 
Man  erhält  es,  indem  man  80  Grm.  Aluminium  in  ganzen  Stücken  mit  100  Grm. 
geschmolzner  wasserfreier  Borsäure  bei  einer  Temperatur  zusammenschmilzt, 
bei  welcher  Nickel  leicht  in  Fluss  geräth.  Es  geschieht  diess  in  einem  der 
Tiegel  von  dichter  Kohle,  die  von  dem  einen  von  uns  früher  besehrieben 
wurden.  Derselbe,  bedeckt  mit  einer  Kohlenplatte,  wird  in  einen  hessischen 
oder  Graphit- Tiegel  gestellt,  der  Zwischenraum  mit  KoUenpulver  ausgefüllt 
und  ein  Deckel  mit  einem  schwerschmelzbaren  Kitt  aufgeklebt  Man  gibt 
4  bis  5  Stunden  lang  die  stärkste  Hitze,  die  man  in  einem  Windofen  mit 
hohem  Schornstein  unter  Anwendimg  eines  Gemenges   von  Cooks  und  Hols- 

Phys.Classe.  VII.  Oo 


290  H.  SA1NTE  CLAIRE  DEVILLE  UND  F.  WÖHLER, 

kohlen  hervorbringen  kann.  Nach  dem  Erkalten  zerschlägt  man  die  Tiegel; 
man  findet  dann  zwei  deutlich  getrennte  Schichten  darin ,  deren  eine  glasig 
ist  und  aus  Borsäure  und  Thonerde  besteht,  während  die  andere  metallisch, 
eisengrau  und  blasig  aussieht  und  mit  kleinen,  sehr  glänzenden  Krystallen  von 
Bor  besetzt  ist  Letztere  besteht  aus  Aluminium,  das  durch  seine  ganze 
Masse  hindurch  mit  krystallisirtem  Bor  durchdrungen  ist.  Die  metallische  Masse 
wird  mit  massig  starker  Natronlauge  erhitzt,  welche  das  Aluminium  auflöst, 
dann  zur  Entfernung  von  Eisen  (aus  dem  letzteren)  mit  heisser  Salzsäure 
und  zuletzt  mit  einem  Gemische  von  Flusssäure  und  Salpetersäure  behandelt, 
um  etwa  noch  vorhandenes  Silicium  wegzunehmen.  Das  zugleich  gebildete 
grapbitförmige  Bor  ist  leicht  von  den  Krystallen  zu  trennen,  da  es  in  feinen 
Blättchen  länger  in  der  Flüssigkeit  suspendirt  bleibt.  Die  Kry stalle,  die  man 
so  erhält,  sind  mit  Stückchen  von  krystallinischer  Thonerde  gemengt  und  theils 
damit  verwachsen,  die  man,  so  weit  es  möglich  ist,  auslesen  kann,  aber  deren 
Entfernung  durch  chemische  Mittel  uns  nicht  gelungen  ist. 

Die  Krystalle  des  durchsichtigen  Bors  sind  theils  dunkelbraunroth,  theils 
honiggelb  bis  fast  farblos,  und  zeigen  einen  Glanz  und  ein  Lichtbrechungs- 
vermögen, die  mit  denen  des  Diamants  vergleichbar  sind.  Manche  Krystalle 
sind  so  tief  gefärbt,  dass  sie  schwarz  und  metallglänzend  erscheinen.  Es  ist  zu 
vermutben ,  dass  wenn  es  gelingt ,  das  Bor  in  grossen  und  farblosen  Krystallen 
zu  erhalten,  es  ganz  das  Aussehen  des  Diamants  und  die  an  diesem  Edelstein 
durch   Reflexion   und  Refraction   bewirkten  Lichteffecte   zeigen  würde. 

Das  specifische  Gewicht  dieses  Bors  ist  2,68,  also  etwas  höher  als  das 
des  Siliciums.  Es  ist  bemerkenswerth ,  dass  während  das  spec.  Gewicht  der 
Kieselsäure  höher  ist  als  das  des  Siliciums ,  das  der  Borsäure  beträchtlich  nie- 
driger ist,  als  das  des  Bors  in  dieser  Form,  ähnlich  wie  das  spec.  Gewicht 
des  Diamants  sehr  hoch  ist  im  Verbältniss  zu  dem  der  liquiden  Kohlensäure. 
Leider  war  es  uns  noch  nicht  möglich,  das  spec.  Gewicht  des  Bors  in  der 
Grapbitform  festzustellen.  Zur  Vergleichung  wollen  wir  noch  an  das  spec. 
Gewicht  der  kry  stall  isirten  Thonerde  erinnern,  das  fast  zwei  Drittel  höher  ist, 
als  das  des  Aluminiums. 

Die  Härte  des  Bors  ist  bei  verschiedenen  Krystallen  ziemlich  ungleich, 
doch  stets  weit  grösser  als  die  des  Korunds,   den  es  mit  Leichtigkeit  ritzt. 


Ober  das  bor.  291 

Bei  manchen  Krystallen  ist  sie  gleich  der  des  Diamants.     Wir  kommen  unten 
hierauf  noch  näher  zurück. 

Die  verschieden  gefärbten  Krystalle  des  Bors  scheinen  einerlei  Grund- 
form zu  haben.  Diese  ist  ein  Quadrat -Octaed er,  bei  welchem  die  Hauptaxe 
zu  den  Nebenaxen  im  Verhältniss  0,577  zu  1  steht  Die  an  dßm  gemessenen 
Krystall  beobachteten  Formen  sind  (nach  Millers  Bezeichnungsweise):  zwei 
Octaeder  (111),  (221),  welche  auf  die  Kanten  der  Basis  aufgesetzt  sind, 
das  Prisma  (110)  und  ein  zweites  Prisma  (100),  dessen  Flächen  die  Kanten 
des  ersteren  abstumpfen.  Nach  den  Neigungen  dieser  Flächen  kann  man  das 
Bor  als  isomorph  mit  dem  Zinn  betrachten.  Diese  Bemerkung  wurde  gleich- 
zeitig von  den  Herren  Sella  und  Sartorius  von  Waltershausen  ge- 
macht, die  mit  der  näheren  krystallographischen  Bestimmung  der  zum  Theil 
sehr  verwickelten  Formen  des  Bors  beschäftigt  sind  und  ihre  Beobachtungen 
darüber  publiciren  werden.  Die  von  uns  selbst  gefundenen  Winkel  (der 
Normalen  der  Flächen)  sind: 

Gefunden.        Berechnet. 

HO  zu  221 310  29' 

221  zu  111 19°  36' 

der  an  einander  liegenden  Flächen  desOctaöders  111  —77°  50' —  77°  50' 

der  abwechselnden  Flächen 53°        —  53°  2' 

der  neben   einander   liegenden  Flächen   der  beiden 

Prismen   HO  zu   100 45° 

der  abwechselnden  Flächen 90°. 

Das  Bor  in  dieser  Form  ist  sehr  schwer  oxydirbar.  Beim  Glühen  an 
der  Luft  laufen  die  Krystalle  gelb  und  blau  an,  vollkommen  wie  Stahl,  ohne 
sich  dann  merklich  zu  verändern.  In  Sauerstoffgas  oxydirt  es  sich  bei  der 
Temperatur,  bei  der  Diamant  verbrennt,  jedoch  ebenfalls  nur  oberflächlich, 
indem  die  sich  bildende  dünne,  aber  wahrnehmbare  Schicht  von  Borsäure  die 
weitere  Oxydation  •  verhindert. 

Erhitzt  man  die  Krystalle  vorm  Ltithrohr  auf  Platinblech ,  so  wird  das* 

selbe  augenblicklich  durchlöchert,  indem  sich  ein  leicht  schmelzbares,  Silber- 

weisses  Borplatin  bildet.     Diess  ist  eine  sehr  characteristische  Eigenschaft,  die 

auch  den  anderen  Modificationen  des  Bors  eigentümlich  ist     Wir  erhielten 

Oo2 


711(1  H.  SAIXTE  CLAIMS  DEVILLE  UND  F.  WÖHLEft, 

diese,  wie  es  scheint  m  Bor  nur  sehr  rae  Verbradung  in  wohlgetesaesen 
Kugeln ,  als  wir  ein  Gemenge  von  Platinpol ver  und  amorphem  Bor  unter  einer 
Decke  von  Borax  hei  Silberscbmelzbitxe  usamaHmschniohen ,  ferner  als  wir 
Ptetinschwaorai  mit  \  seines  Gewichts  Aluminium  unter  einer  Decke  von  Bor- 
More  4er  NickelsehroHzhiUe  aussetzten.  Unter  einer  weissen  Schlacke  fand 
sich  borhatögea,  blasiges  Aluminium,  und  darunter  em  wohlgeflossener  Regaine 
von  sprödem  Borplatin.  Die  innere  Wand  der  Alominiomblase  war  mit  grossen 
Blättern  von  blase  röthlicbem  grapfattftnnigein  Bor  ausgekleidet,  das  sieh 
überall  auch  auf  dem  grossblittrigen  Brach  zeigte  and  bei  der  Auflösung  in 
Salzstore  in  ansehnlicher  Menge  zurückbbeb. 

Aach  mit  Palladium  bildet  das  Bor  eine  leicht  schmelzbare ,  silberweisse 
V erbindang,  die  wir,  gleich  der  des  Platins,   näher  untersuchen  werden. 

In  trocknet»  Cblorgas  zum  Globen  erhitet,  entz&ndet  sich  das  krystallisifle 
Bor  und  verbrennt ,  zum  Tbeil  anter  sehr  lebhafter  Fnererscheinung,  zu  Chlor- 
borgas. 

Die  Säuren  zeigen  weder  für  sich  noch  vermischt  eine  Einwirkung  auf 
das  krystallisirte  Bor.  Nor  bei  starker  Rothglühhitze  wird  es  von  schmelzen- 
dem zweifach -schwefelsaurem  Kali  oxydrrt. 

Eben  so  unveränderlich  ist  es  in  concentrirter  siedender  Natronlauge, 
die  doch  das  Silicium  oxydirt.  Von  schmelzendem  Natronhydrat  und  kohlen- 
saurem Natron  dagegen  wird  es  bei  Gl&hhitze  langsam  aufgelöst.  Aber  Sal- 
peter scheint  bei  dieser  Temperatur  nicht  darauf  zu  wirken. 

Bei  dem  näheren  Studium  der  verschieden  aussehenden  Krystalle  des 
diamantfftrmigen  Bors  haben  wir  dreierlei  Varietäten  erkannt ,  die,  wie  gesagt, 
einerlei  Grundform  zu  haben  scheinen ,  deren  verschiedene  physikalische  Eigen* 
Schäften  aber  von  varrirenden  fremden  Beimischungen  bedingt  werden.  Wir 
wollen  sie  im  Folgenden  einzeln  betrachten. 

a.  Diese  Art  Bor  bildet  schwarze,  flache  Krystalle  von  vollkommen 
Diamantglanz;  sie  sind  undurchsichtig  und  nur  in  dornten  Splittern  durchschei- 
nend. Sie  haben  einen  deutlichen  Blätterdurchgang  und  sind  ziemlich  zer- 
brechlich, aber  ihre  Härte  ist  sehr  bedeutend ,  sie  greifen  den  Diamant  m 
Ein  Diamant  mit  natürlichen  Flächen,  welcher  auch  durch  Diamantpol  vor  rar 
sehr  langsam  angegriffen  wird,   Hess  sich  mittels*  Bor  an  den  Kanten  in  der 


ÜBER  DAS  BOR.  293 

Art  abschleifen,  dass  vorher  daran  vorhandene  Vertiefungen  und  Erhöhungen 
ganz  verschwanden. 

Herr  Guillot,  ein  geschickter  Steinschleifer  w  Paris,  welcher  diese 
Versuche  in  seinem  Atelier  anstellen  Hess  und  sie  mit  Aufmerksamkeit  Ter* 
folgte,  theitte  uns  mit,  dass  das  Bor,  wiewohl  es  den  Diamant  angreift ,  doch 
langsamer  ab  Diamantpalver  darauf  einwirkt,  und  dass  nach  Verlauf  einer 
gewissen  Zeit  das  Werkzeug,  auf  welches  das  Borpulver  aufgetragen  ist,  sich 
verschmiert,  was  für  dieses  Bor  eine  geringere  Härte  als  fttr  den  Diamant 
anzeigt»  Diese  Varietät  des  Bors  scheint  sich  jedesmal  zu  bilden,  werm  man 
bei  der  Darstellung  desselben  die  Borsäure  und  das  Aluminium  nur  kurze  Zeit 
und  bei  nicht  zu  hoher  Temperatur  in  Berührung  lässt;  doch  sind  wir  hierüber 
noch  nicht  ganz  sicher.     Bei  der  Analyse  wurde  darin  gefunden: 

Kohlenstoff      2,4 
Bot  97,6 

100,0. 

Die  Analyse  geschab  auf  folgende  Weise:  das  in  einem  Schiffchen  von 
Platin  oder  Porzellan  befindliche  und  abgewogene  Bor  wurde  in  ein  langes 
Rohr  von  böhmischem  Glas  geschoben  und  darin  bis  zum  Erweichen  das 
Glases  in  einem  durch  Schwefelsäure  und  Chlorcakium  getrockneten  Strom 
von  Chlorgas  erhitzt,  bis  kein  Theilchen  mehr  brannte.  Es  bildete  sich  Chlor- 
borgas, welches  an  der  Luft  dicke  Nebel  bildete,  und  es  blieb  schwarze, 
amorphe  Kohle,  zuweilen  noch  m  der  Form  der  Kry stalle,  zurück,  die  ge- 
wogen und  nachher  in  einem  Sauerstoffstrom  zu  Kohlensäure  verbrannt  wurde. 
Wir  erhielten  hierbei  stets  eine  kleine  Menge  eines  gelblichen  Sublimate,  wel- 
ches sieb  in  Wasser  unter  Erhitzung  tu  ChlorlvaSserstoSsäure  und  Borsäure 
auflöste  und  wahrscheinlich  ein  auf  Kosten  von  einem  Best  von  Luft  oder 
Feuchtigkeit  gebildetes  Boroxychlorid  ist,  das  auch  bei  der  gewöhnlichen 
Darstellung  des  CblOrbors  entsteht  und  das  wir  später  zu  untersuchen  beab- 
sichtigen. 

Öfters  fanden  wir  in  diesem  Sublimat  ancfe  Chloratumioium.  Es  löste 
sich  dann  In  Wasser  anter  starker  Erhitzung  und  unter  Abscheidung  einer 
weissen  Substanz,  die  Borsäure  waf  und  die  sich  dllmälig  ganz  auflöste.  Aes 
der  Auflösung  feilte  d4*tf  k  Ammoniak  Theaerdekydrat,     Als  ein  andrtt  TdrcM 


294  H.  SAINTE  CLAIRE  DEVILLE  UND  F.  WÖHLBR, 

verdunstet  warde,  blieb  eine  durchsichtige  amorphe  Substanz,  die  bei  der 
Auflösung  in  wenigem  Wasser  feine  Krystallschuppen  von  Borsäure  hinterliess. 
Dieses  Sublimat  scheint  demnach  eine  Verbindung  von  Chloraluminium  mit 
Chlorbor  zu  sein. 

b.  Die  zweite  Varietät  des  Bors  bildet  fast  farblose,  durchsichtige  Kry- 
stalle,  welche  als  lange ,  sägenförmig  ausgezackte  Prismen  an  einander  gereibt 
sind.  Manchmal  findet  man  sehr  kleine  Krystalle,  welche  wirkliche  Prismen 
sind  und  an  den  Enden  8  Flächen  zeigen,  die  wahrscheinlich  den  oben  er* 
wähnten  Octaedern  angehören.  Sie  sind  in  hohem  Grade  diamantglänzend, 
aber  ihre  Härte  ist  etwas  geringer,  als  die  der  vorhergehenden  Varietät. 
Auch  scheinen  Säuren,  namentlich  Königswasser,  bei  lange  andauernder  Ein- 
wirkung ihre  Oberfläche  etwas  anzugreifen.  Diese  Krystalle  bilden  sich  jedes 
Mal,  wenn  man  Borsäure  mit  einem  Uberschuss  von  Aluminium  in  einem 
Kohlentiegel  lange  Zeit  einer  Temperatur  aussetzt,  welcher  der  äussere  Tiegel 
öfters  nicht  widersteht. 

Die  Zusammensetzung  dieser  Art  Bor  zeigte  sich  sehr  schwankend.  Die 
folgende  Analyse  gibt  eine  Vorstellung  von  dem  durchschnittlichen  Verbältniss 
der  darin  enthaltenen  Bestandtheile;  sie  wurde  mit  sehr  schönen,  ausgesuchten 
Krystallen  angestellt: 

Kohlenstoff         4,2 
Aluminium  6,7 

Bor  89,1 

100,0. 
Wenn   es   gelingt,    etwas  voluminöse  Krystalle,    die  nicht  Zusammen- 
wachsungen   einzelner  Individuen  sind,   von  dieser  Substanz  darzustellen,  so 
wird  sie  gewiss  als  Edelstein  Anwendung  finden  können. 

c.  Die  härteste  Varietät  des  Bors,  die  noch  bei  weitem  härter  ist,  als 
die  zuerst  besprochene,  wird  erhalten,  indem  man  wiederholt  überschössige 
Borsäure  auf  Aluminium  bei  so  hoher  Temperatur  einwirken  lässt,  dass  die 
Borsäure  sehr  rasch  verflüchtigt  wird;  um  1  bis  2  Gramm  dieser  Varietät  zu 
erhalten,  muss  man  in  einem  Tiegel  von  dichter  Kohle  20  bis  30  Grin.  Bor- 
säure verflüchtigen  und  jedesmal  2  bis  3  Stunden  erhitzen.  Es  bleibt  dann  in 
dem  Tiegel  eine   blasige  Masse  von  rother,   ins  Hell  -  Chocoladefarbene  zie- 


hender  Farbe,  welche  der  Varietät  fe»  *. 
wird,  ganz  ähnlich  aassieht  Dieselbe  \t\  , 
bedeckt,  welche  man  durch  Behandlung  r 
Aluminium  und  Eisen  befreit.  Leider  lasat 
von  der  Thonerde  befreien,  die  es  durchzi 
erkennen  ist.  Deshalb  können  wir  auch 
geben,  obgleich  uns  dieselbe  von  allen  dr< 
merkwürdigste  zu  sein  scheint.  Denn  es 
in  Gegenwart  des  Kohlenstoffs,  welchen  d 
dieses  selbst,  in  Chlorgas  Kohlenoxyd 
geben  kann.  Bei  den  anderen  Analysen 
sung  der  Krystalle  diese  Fehlerquelle  mög 

Diese  Art  Bor  zeigt  sich  unter  dem 
kleinen  Krystallen  bestehend;  schon  mit  b 
nen,  wiewohl  sie  nur  so  klein  sind,  dat» 
Die  Härte  dieses  Korpers  ist  so  gross,  dos 
des  Diamants  nicht  nachsteht,  und  wenn  mai 
nachher  denselben  Grad  von  Feinheit  wie  vorher  zeigt,  was,  wie  es  scheint, 
etwas  dem  guten  Diamantpulver  Eigentümliches  ist.  Er  lasst  sich  nur  mit 
äusserster  Schwierigkeit  zerdrücken  nnd  bietet  anch  in  dieser  Beziehung  die 
grösste  Ähnlichkeit  mit  der  Art  Diamant  dar,  welche  die  Steinschleifer  als  Bowr 
bezeichnen. 

Wir  haben  noch  darauf  einzugehen,  wie  die  Resultate  der  oben  angege- 
benen Analysen  aufzufassen  sind. 

Der  Kohlenstoff,  welchen  wir  in  den  Borkryslallen  gefunden  haben,  muss 
nothwendig  im  Diamantzustand  in  denselben  enthalten  sein.  Denn,  wie  aus 
allen  unsern  Analysen  hervorgeht,  in  dem  Maasse,  wie  der  Gehalt  an  Kohlenstoff 
zunimmt,  scheint  anch  die  Durchsichtigkeit  zuzunehmen;  und  andrerseits  weiss 
man,  dass  einige  Tausendtbeile  schwarzer  Kohle,  und  selbst  noch  weniger, 
hinreichen,  Glasmassen,  in  welchen  man  den  Kohlenstoff  nicht  mit  der  durch 
ihn  gefärbten  Substanz  verbunden  annehmen  kann,  intensiv  dunkel  färben1). 

1)  In  Betreff  der  schwarzen  Farbe  gewisser  Borkrystatle  könnte  man  auch  ver- 
muthen,  dass  sie  von  amorphem  Bor  verursacht  werde,  denn  wir  haben  gefunden,  dass 


WO       31 LU       Uli       lll  OB  31111(4       «IHiieilt'Il, 

sie,  nach  Herrn  Gnillot,  der 
ihn  zum  Schleifen  anwendet,  er 


296    H.  SAlNiß  CLA1RE  DEVILLE  UNO  F.  WÖHLER,   ÜBER  DAS  BOR. 

Man  rauss  ausserdem  auch  annehmen,  dass  der  Kohlenstoff  mit  dem  Bor,  ob- 
gleich er  davon  in  seiner  Krystallform  abweicht,  zusammenkrystallisirt  ist. 
Diese  Annahme  steht  im  Einklang  mit  einigen  Thatsachen,  nach  welchen  eine 
Substanz,  wenn  in  vorherrschender  Menge  vorhanden,  anderen  Substanzen,  mit 
welchen  sie  gewisse  Analogien  in  dem  chemischen  Verhalten  bat,  ihre  Krystali-  . 
form  gleichsam  aufzwingen  kann.  Der  Thonerdegehalt  einiger  Hornblendearten 
gibt  hierfür  ein  Beispiel  ab.  Ausserdem  steht  es  noch  gar  nicht  fest,  ob  nicht 
der  Diamant,  wie  manche  der  natürlich  vorkommenden  Körper,  dimorph  ist 
und  unter  noch  unbekannten  Umständen  die  Form  des  Bors  annehmen  kann. 
Der  selenbaltige  Schwefel,  welchen  man  aus  einer  Lösung  von  Selen  und 
Schwefel  in  Schwefelkohlenstoff  krystallisirt  erhalten  kann,  bietet  etwas  Ana- 
loges. Der  Schwefel  wird  alsdann,  wenn  man  gewisse  Vorsichtsmaassregeln 
beobachtet,  selenhaltig.  Die  Menge  des  ihm  beigemischten  Selens  kann,  bei 
dessen  geringer  Löslichkeit,  nur  klein  sein,  aber  die  Anwesenheit  des  Selens, 
dessen  Krystallform  doch  von  der  des  Schwefels  verschieden  ist,  lässt  sich  in 
dem  so  dargestellten  Schwefel,  dessen  Winkel  mit  den  von  Mitscherlich  für 
den  rhombischen  Schwefel  angegebenen  übereinstimmend  gefunden  wurden,  sehr 
leicht  qualitativ  nachweisen. 

Übrigens  bedarf  der  Isomorphismus  der  einfachen  Körper  und  das  Zu- 
sammenkrystallisiren  derselben  noch  experimentaler  Untersuchungen,  die  mit 
der  kleinen  Zahl  solcher  Substanzen  anzustellen  wären,  welche  sich  bezüglich 
ihres  chemischen  Verhaltens  so  nahe  stehen,  dass  sie  sich  nicht  nach  festen 
Äquivalent  Verhältnissen,  sondern  zu  blossen  Mischungen  mit  einander  vereinigen. 
In  dieser  Art  könnten  der  Kohlenstoff,  das  Bor  und  das  Sflicium  l)  sich  gegen- 
seitig auflösen,  ohne  feste  Verbindungen  einzugehen,  und  indem  krystallisirten 
Bor  enthalten  sein,   ohne  dessen  Krystallform  zu  ändern. 

Diese  Bemerkungen  finden  Anwendung  auf  das  Aluminium,  dessen  An- 
wesenheit in  dem  Bor  nach  sehr  veränderlichen  Verhältnissen  (von  0  bis  13 
Procent)  niemals  eine  wahre  chemische  Verbindung  anzeigt.  Denn  einem  Ge- 
halt von  z.  B.  13  Procent  würde  die  Formel  A1B8  entsprechen,  was  eine  sehr 
unwahrscheinliche  Zusammensetzung  wäre.  Diese  neue  Thatsache  .wird,  wie 
wir  hoffen,  dazu  beitragen,  die  Bedingungen  erkennen  zu  lassen,  unter  welchen 
man  die  chemisch- einfachen  Körper  als  isomorph  betrachten  kann;  sie  kann 
auch  die  von  dem  einen  von  uns  schon  ausgesprochene  Ansicht  unterstützen, 
nach  welcher  das  Aluminium  mit  demselben  Recht  mit  dem  Kohlenstoff  und 
dem  Bor  in  eine  Reihe  zu  setzen  wäre,  mit  welchem  das  Antimon  mit  dem 
Phosphor  und  dem  Stickstoff  in  eine  Reihe  gestellt  wird. 

z.  B.  schmelzende  Borsäure   von  einer  sehr  kleinen  Menge   amorphen  Bors  sohwarz 
gefärbt  wird. 

1)  In  der  That  haben  wir  in  einigen  Arten  des  krystallisirten  Bors  Silicium  nach- 
weisen können. 


Ueber  die  Krystallformen  des  Bors 

PF.   Sartorius  v.   Walter shausen. 


Ueb  ergeben  der  K.  Societüt  der  Wissenschaften  d.  I.  Aug.  1857. 


Die 


ßie  ausgezeichneten  Untersuchungen  von  Wöfaler  und  Sainte  Ciaire  DeTille 
aber  die  Darstellung  des  Bors  in  seinen  verschiedenartigen  Zustanden,  sind 
im  Vorhergehenden  mit  grosser  Ausführlichkeit  mitgetheill  worden. 

Als  Nachtrag  zu  denselben  mag  es  mir  verstattet  sein  den  Krystallformen 
ins  Bors  einige  Aufmerksamkeit  au  widmen,  eine  Arbeit,  welche  für  die  Mine- 
ralogie und  die  Molecularpbysifc  nm  so  wünschenswerter  erscheint,  da  man 
bis  vor  Kurzem  von  den  krystallographischen  Eigenschaften  dieses'  Elementar- 
körpecrs  noch  gar  keine  Kenntniss  besessen  hat. 

Es  ist  bereits  von  Wühler  und  Deville  darauf  aufmerksam  gemacht  worden, 
dass  das  Bor  dimorph  sei  und  je  nach  verschiedenen  Bereitungsmethoden  in 
dem  sogenannten  diamantförmigen,  graphitförmigen  und  amorphen  Zustande  er- 
scheine. Das  Bor  im  diamantförmigen  Zustande,  welches  man  durch  Zosammen- 
aennetaen  von  Almnininm  mit  wasserfreier  Borsäure,  der  auch  wohl  noch 
Borax  zagesetzt  wird,  erhält,  scheidet  sich  hl  den  Blasenräumen  der  geschmol- 
zenen Masse  in  kleinen  0,?  bis  0,4  mm  langen  und  etwa  ebenso  breiten  Kry- 
Btallen:  von  byacinthrotber  bis  wein-  und  honiggelber  Farbe  aus,  welche  eine 
solche  Schärfe  und  Regelmässigkeit  zeigen,  dass  sich  ihr  Krystall-System  kei- 
nen Augenblick  verkennen  lässt.  * 

An  einigen,  von  meinem  Collegen  Wöhler  mir  mitgetheilten  Fragmenten 
des  ersten,  im  öcteber  des  vergangenen  Jahres  in  Göttiagen.  erhaltenen  Prä- 
parats, versuchte  ich  sogleich  einige  Messungen  aussufübren ,  indess  wa- 
ren die  Krystalle  auf  der  Grundmasse  so  wenig  günstig  vertheilt,  dass  die- 
Phyt.Claue.  VII.  Pp 


296    H.  SAINiK  CLA1RE  DEVILLE  UNO  F.  WÖHLER,   ÜBER  DAS  BOR. 

Man  nauss  ausserdem  auch  annehmen,  dass  der  Kohlenstoff  mit  dem  Bor,  ob- 
gleich er  davon  in  seiner  Krystallform  abweicht,  zusammenkrystallisirt  ist. 
Diese  Annahme  steht  im  Einklang  mit  einigen  Thatsachen,  nach  welchen  eine 
Substanz,  wenn  in  vorherrschender  Menge  vorhanden,  anderen  Substanzen,  mit 
welchen  sie  gewisse  Analogien  in  dem  chemischen  Verhalten  bat,  ihre  KrystaH- 
form  gleichsam  aufzwingen  kann.  Der  Thonerdegehalt  einiger  Hornblendearten 
gibt  hierfür  ein  Beispie)  ab.  Ausserdem  steht  es  noch  gar  nicht  fest,  ob  nicht 
der  Diamant,  wie  manche  der  natürlich  vorkommenden  Körper,  dimorph  ist 
und  unter  noch  unbekannten  Umständen  die  Form  des  Bors  annehmen  kann. 
Der  selenballige  Schwefel,  welchen  man  aus  einer  Lösung  von  Selen  und 
Schwefel  in  Schwefelkohlenstoff  krystallisirt  erhalten  kann,  bietet  etwas  Ana- 
loges. Der  Schwefel  wird  alsdann,  wenn  man  gewisse  Vorsichtsmaassregeln 
beobachtet,  selenhaltig.  Die  Menge  des  ihm  beigemischten  Selens  kann,  bei 
dessen  geringer  Löslichkeit,  nur  klein  sein,  aber  die  Anwesenheit  des  Selens, 
dessen  Krystallform  doch  von  der  des  Schwefels  verschieden  ist,  lässt  sich  in 
dem  so  dargestellten  Schwefel,  dessen  Winkel  mit  den  von  Mitscherlich  für 
den  rhombischen  Schwefel  angegebenen  übereinstimmend  gefunden  wurden,  sehr 
leicht  qualitativ  nachweisen. 

Übrigens  bedarf  der  Isomorphismus  der  einfachen  Körper  und  das  Zu- 
satnmenkrystallisiren  derselben  noch  experimentaler  Untersuchungen,  die  mit 
der  kleinen  Zahl  solcher  Substanzen  anzustellen  wären,  welche  sich  bezüglich 
ihres  chemischen  Verhaltens  so  nahe  stehen,  dass  sie  sich  nicht  nach  festen 
Äquivalent  Verhältnissen,  sondern  zu  blossen  Mischungen  mit  einander  vereinigen. 
In  dieser  Art  könnten  der  Kohlenstoff,  das  Bor  und  das  Sflkrium  l)  sich  gegen- 
seitig auflösen,  ohne  feste  Verbindungen  einzugehen,  und  indem  krystallisirten 
Bor  enthalten  sein,   ohne  dessen  Krystallform  zu  ändern. 

Diese  Bemerkungen  finden  Anwendung  auf  das  Aluminium,  dessen  An- 
wesenheit in  dem  Bor  nach  sehr  veränderlichen  Verhältnissen  (von  0  bis  13 
Procent)  niemals  eine  wahre  chemische  Verbindung  anzeigt.  Denn  einem  Ge- 
halt von  z.B.  13  Procent  würde  die  Formel  A1B8  entsprechen,  was  eine  sehr 
unwahrscheinliche  Zusammensetzung  wäre.  Diese  neue  Thatsache  .wird,  wie 
wir  hoffen,  dazu  beitragen,  die  Bedingungen  erkennen  zu  lassen,  unter  welchen 
man  die  chemisch -einfachen  Körper  als  isomorph  betrachten  kann;  sie  kann 
auch  die  von  dem  einen  von  uns  schon  ausgesprochene  Ansicht  unterstützen, 
nach  welcher  das  Aluminium  mit  demselben  Recht  mit  dem  Kohlenstoff  und 
dem  Bor  in  eine  Reihe  zu  setzen  wäre,  mit  welchem  das  Antimon  mit  dem 
Phosphor  und  dem  Stickstoff  in  eine  Reihe  gestellt  wird. 

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z.  B.  schmelzende  Borsäure  von  einer  sehr  kleinen  Menge  amorphen  Bors  sohwarz 
gefärbt  wird. 

1)  In  der  That  haben  wir  in  einigen  Arten  des  krystallisirten  Bors  Silicium  nach- 
weisen können. 


Ueber  die  Krystailformen  des  Bors 

•  ■  l    ton 

FF.   Sartorixis  v.  FFaltershausen. 


Uebergeben  der  K.  Societät  der  WiggeDßchaften  d.  1.  Aug.  1857. 


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"ie  ausgezeichneten  Untersuchungen  von  Wöhler  und  Sainte  Ciaire  Devtlle 
über  die  Darstellung  des  Bors  in  seinen  verschiedenartigen  Zuständen,  sind 
im  Vorhergehenden  mit  grosser  Ausführlichkeit  mitgetheilt  worden. 

Als  Nachtrag  zu  denselben  mag  es  mir  verstattet  sein  den  Krystailformen 
des  Bors  einige  Aufmerksamkeit  zu  widmen,  eine  Arbeit,  welche  für  die  Mine- 
ralogie und  die  Molecularpbysik  um  so  Wünschenswerther  erscheint,  da  man 
bis  vor  Kurzem  von  den  krystallographischen  Eigenschaften  dieses  Elementar- 
körpers «noch  gar  keine  Kenntniss  besessen  hat. 

Es  ist  bereits  von  Wöhler  und  Deville  darauf  aufmerksam  gemacht  worden, 
däss  das  Bor  dimorph  sei  und  je  nach  verschiedenen  Bereitungsmethoden  in 
dem  sogenannten  diamantförimgen,  graphitförmigen  und  amorphen  Zustande  er* 
scheine.  Das  Bor  im  diamantförmigen  Zustande,  welches  man  durch  Zusammen- 
Mbflfcelzeti  von  Aluminium  mit  wasserfreier  Borsäure,  der  auch  wohl  noch 
Borax  zugesetzt  wird ,  erhält,  scheidet  sich  in  den  Blasehräumen  der  geschmol- 
zenen Masse  in  kleinen  Ö/2  bis  0,4  mm  langen  und  etwa  ebenso  breiten  Kry- 
stallen  von  hyacinthrotber  bis  wein-  und  honiggelber  Farbe  aus,  welche  öine 
solche  Schärfe  und  Regelmässigkeit  zeigen,  dass  sich  ihr  Krystall-System  kei- 
nen Augenblick  verkennen  lässt.  * 

An  einigen,  von  meinem  Collegen  Wöhler  mir  mitgeteilten  Fragmenten 
des  ersten ,  im  October  des  vergangenen  Jahres  in  Göttingen  erhaltenen  Prä- 
parats, versuchte  ich  sogleich  einige  Messungen  auszuführen,  indess  wa- 
ren die  Kry stalle  auf  der  Grundmasse  so  wenig  günstig  vertheilt,  dass  die- 
Phys.Classe.  VII.  Pp 


299  W.  SARTORIUS  VON  WALTERSHAUSEN, 

selben  weder  auf  dem  Goniometer  centrirt,  noch  von  den  verschiedenen  Flä- 
chen die  reflectirten  Bilder  beobachtet  werden  konnten. 

Bei  diesen  Voruntersuchungen  überzeugte  ich  mich,  dass  unter  etwas  gün- 
stigem Umständen  scharfe  Krystallmessrnngeil  des  Bors  würden  erhalten  werden 
können.  Einige  Monate  später  theilte  mir  Wähler  mehrere  andere  Krystalle  mit, 
auch  schickte  Deville  aus  Paris  sehr  ausgezeichnete  zweier  verschiedener  Prä- 
parationen, so  dass  mir  bereits  im  Anfang  dieses  Jahres  ein  sehr  vollstän- 
diges Material  für  meine  Untersuchungen  zu  Gebote  stand. 

Schon  nach  wenigen  Wochen  würde  ich  die  wesentlichsten  Resultate  mei- 
ner Messungen  haben  veröffentlichen  können,  wenn  nicht  ein  mir  angeborener 
Trieb  einen  neuen  Gegenstand  womöglich  zu  erschöpfen,  mich  zu  einer  wei- 
tem Verfolgung  dieser  Untersuchungen  aufgemuntert  hätte.  Zwar  etwas  ver- 
spätet, aber  um  so  ausführlicher  sind  die  in  dieser  Richtung  gewonnenen  Re- 
sultate, welche  ich  in  der  Kürze  in  den  folgenden  Blättern  zusammenzustellen 
versuche. 

Zu  den  drei  Präparationen  des  diamantförmigen  Bors,  kommen  noch 
zwei  des  graphitförmigen ,  durch  Zusammenschmelzen  von  KF  «+  BF5  mit 
Aluminium  bereitet.  Auf  das  Innigste  gemischt  mit  dem  graphitförmigen 
Bor,  von  dem  weiter  unten  ausführlicher  die  Rede  sein  wird,  bemerkte 
ich  unter  den  kleinen  biegsamen  sechsseitigen  Täfelchen  verschiedene 
zum  Theil  ausgezeichnete  Krystalle  des  diamantförmigen  Bors.  Wöhler 
erinnert  sich  nicht,  dass  dieselben  durch  einen  Zufall  etwa  von  einer 
der  beiden  Pariser  Bereitungen  dazwischen  gekommen  sein,  auch  lässt 
es  sich  nicht  verkennen,  dass  dieselben  einen  von  den  Pariser  Krystaütn 
etwas  verschiedenen  Typus  besitzen.  Man  darf  daher  wohl  annehmen ,  dass 
sich  unter  geeigneten  Umständen,  wahrscheinlicher  Weise  unter  verschiedenen 
Temperaturen,  beide  Modificationen  des  Bors  neben  oder  kurz  nacheinander 
bilden  können. 

Obwohl  die  Borkrystalle  sich  sogleich  als  dem  monodimetriscben  Sy- 
steme angehörig  zeigen,  so  ist  doch  einer  jeden  Präparation  ein  eigentüm- 
licher Typus  aufgedrückt;  eine  jede  besitzt  ihre  eigenthümlichen  Flächen  und 
Combinationen,  oder  wenigstens  bestimmte  Flächenerweiterungen  und  Zwillings- 
verwachsungen. 


Ober  die  krystallformen  des  bors.        299 

Die  Krystallmessungen  waren  bei  der  Kleinheit  der  in  der  Regel  gut  spie- 
gelnden Flächen ,  die  meist  nur  0,2  bis  0,4  mm  breit  und  nicht  viel  länger  sind, 
öfter  sehr  schwierig  auszuführen.  Eine  grosse  Erleichterung  für  dieselben 
gewährt  indess  ein  dunkles  Zimmer,  in  welches  das  Tageslicht  durch 
einen  schmalen,  nach  Belieben  zu  öffnenden  und  zu  schliesSenden  Spalt  ein- 
gelassen werden  kann. 

Um  den  nachfolgenden  Beobachtungen  eine  etwas  concentrirtere  Gestalt 
zu  geben,  habe  ich  immer  nur  die  Mittel  aus  einer  Reihe  von  Messungen 
angeführt,  und  ihre  Anzahl  durch  eine  beigesetzte  Ziffer  angegeben.  Es  sind 
im  Ganzen  24  einfache  und  verschiedene  Zwillingskrystalle~  ausführlich  unter- 
sucht und  ihre  Winkel  zwischen  allen,  oder  doch  zwischen  den  hauptsäch- 
lichsten Flächen  gemessen  worden. 

Die  angegebenen  Winkel  sind  die,  welche  die  respectiven  Flächennorma- 
len mit  einander  bilden. 

I. 

Wir  beginnen  zunächst  mit  der  Beschreibung  der  Bor- Kry stalle  der  er- 
sten Göttinger  Präparation  aus  dem  October  des  vergangenen  Jahres.  Die- 
selben  sind  in  den  Figuren  1,  2,4,  5,  7,  8  abgebildet;  sie  sind  kurze  gedrun- 
gene Gestalten ,  etwa  in  ihrem  Ansehen  den  Zirkonen  vom  Vesuv  und  vom 
Laacher-See  vergleichbar.  Obgleich  sie  mit  wenigen  Ausnahmen  sehr  klein 
sind ,  müssen  wir  sie  als  wahre  Musterbilder  schöner  Krystallformen  bezeich- 
nen; sie  geben  uns  einen  sprechenden  Beweis,  dass  solche  Bildungen  unter 
dem  Einflüsse  der  höchsten  Temperaturen  in  anhaltender  Weissglühhitze  ebenso 
gut,  vielleicht  noch  schärfer  ausgebildet  entstehen  können,  als  auf  nassem 
Wege  bei  niedrigen  Temperaturen.  v 

Diese  Borkrystalle  gleichen  kleinen  Juwelen,  die  das  Licht  kräftig  brechen 
und  zurückwerfen  und  es  ist  daher  nicht  zu  verwundem,  dass  die  Winkel- 
messungen öfter  einen  hohen  Grad  von  Übereinstimmung  zeigen.  Ihre  Farbe 
ist  in  der  Regel  hellbraun  bis  hy acinthroth ;  sie  sind  vollkommen  durchsichtig 
und  besitzen  eine  ausserordentliche  Härte,  welche  der  des  Diamants  nur 
weqig  nachsteht. 

Wjr  lassen  jetzt  zunächst  die  an,  den  verschiedenen  Krystallen  dieser  er- 

Pp2 


300  W.  SARTORIUS  VOM  W ALTERS HAOSE N , 

sten  Präparation  beobachteten  Winkel  folgen  und  betrachten  die  Flicbti  a  als 
Grandgestalt ,  deren  krystallographische  Bezeichnung  1  1  1  ist  Um  die  ver- 
schiedenen Winkel ,  welche  an  ein  und  derselben  Pyramide  gemessen  worden 
sind  von  einander  zu  unterscheiden,  bezeichnen  wir  die  oberen  4  Flächen 
einer  Pyramidenfläche  mit  af  a"  a'"  a4,  die  entgegengesetzten  mit  at  a„  a,„  &+. 

Kry stall   i. 

Neigung  Februar  27. 

Fig.  1  u.  2         a',a"  520    5^,7     (5) 

afya"  53         9,4     (5)     neu  centrirt 

Mittel  53        3,0     (10) 

Krystall  2. 
af-.cP  53       1,2       (5)        März  2. 

Der  Krystall  1  ist  von  gelbbrauner,  ziemlich  heller  Färbung,  die  Flächen 
sind  etwas  verzogen  und  nur  das  Paar  atp"  messbar;  auch  erlaubte  der 
Krystall  2  keine  andere  Messungen. 

Krystall  3. 
Stellt  die  Combination  in  Fig.  7  dar.  Es  Hessen  sich  in  diesem  ausser- 
ordentlich schönen,  jedoch  nicht  vollständig  ausgebildeten  Krystall  die  Win- 
kel in  der  Hauptzone  mit  grosser  Schärfe  und  Vollkommenheit  mesäen. 
Der  Polkäntenwinkel  der  Grundpyramide  1  1  1  konnten  nur  an  einer  Sötte 
gemessen  werden,  auch  kam  die  Fläche  d,  nicht  zum  Vorschein. 
Die  an  diesem  Krystall  beobachteten  Winkel  sind  folgende: 

April  5  August  1  August  3  August  4 

äjC  c9d  anc  a,d 

500  85/5  (5)    3l<>32',0(8)  50°36',3(5)     19°3',3  (5)      : 
50   38,7   (5)     31  32,9  (3)  50   38,7(5)     19  5,8  (5) 
50    37,0  (5)     31  35,6  (3j  50  37,0(5)     19   2,4  (5) 
50    35,9   (5)     31  32,6  (3)  50   35,6(5)    19  3,0(50) 
36,8  31  33,3  50   36,9  19  3,8 

Winkel  der  Pyramidenflächen  a'af'    53°  2',95  (10)   Aug.  3. 

Von  den  Borkrystallen  der  ersten  Göttinger  Bereitung,  sind  ausser  den 
angegebenen  noch  einige  andere  gemessen  worden,  indess  »heilen  wir  dte  sich 
darauf  beziehenden  Messungen  nuat  mit,  da  sie  mit  minder  gnt  ausgebildeten 
Individuen  angestellt  wurden  und  nur  eine  geringere  Zuverlässigkeit  besitzen. 


;  .  ÜBER  Bl*  KRY8TALLF0RMEN  DES  S0BS.7-  301 

Bei  wiederholtem  Betrachten .  der  obengenannten  Krystalle  fand  ich  erst 
kürzlich  einen  sehr  deutlich  ausgebildeten  Zwilling,  welcher  in  Fig.  18  abge- 
bildet worden  ist  Man  beobachtet  dieselben  Zwillinge  ziemlich  häufig  unter 
den  Krystallen  der  ersten  Pariser  Präparatien  und  wir  werden  noch  ein  Mal 
weiter  outen  darauf  zurückkommen. 

IL 

Es  folgen  jetzt  die  Krystalle  der  ersten  Pariser  Bereitung,  welche  von 
Herrn  Sainte  Ciaire  Deville  an  Wöbler  mitgeteilt  und  von  mir  näher  un- 
tersucht  worden  sind.  Man  findet  sie  auf  keiner  Grundjnasse  aufgewach- 
sen; gewöhnlich  sind  sie  nach  allen  Seiten  hin  ausgebildet  :  und  zeigen 
die  grösste  Formenmannigfaltigkeit;  Säulen  und  nadelartige  Krystalle,  Zwil- 
lingsbildungen, und  sehr  eigentümliche  hemiedrische  Gestalten  kommen  hier  bei 
genauerer  Untersuchung  zum  Vorschein.  Sie  zeigen  einen  starken  Glanz,  sind 
der  Mehrzahl  nach  halb  durchsichtig  und  von  dunkelbrauner  bis  eisenschwarzer 
Färbung.  Mehrere  derselben,  besonders  die  nadeiförmigen  Typen  sind  durch- 
sichtig  und  , von  rothbrauner  bis  honiggelber. Farbe:  ein  einziger  Kr y stall  er-r 
schien  bei  durchfallendem  Lichte  blaugrün. 

Viele  dieser  Krystalle  sind  an  ihren  Oberflächen  angelaufen  und  zeigen  bm 
auffallendem  Lichte  eiae  schön  stahlblaue,  messinggelbe,  tombackbraune ,  rothe 
oder  violette  Färbung.  ;  /    ..} 

Viele  Tausende  kleiner,  sehr  sierüeler  Krystalle  erblickt  ntorr  hier  näbeA 
einander^  die  indes?  durch  ihre  merkwürdigen  FlächenerWeiterutigett  öfter  erst 
nach  vorangegangenen  sorgfältigen  Messungen  entziffert  werden  kömtoft,  ütid 
in  vielen  Fällen  anfänglich  als  krystallographische  RftthseT  erscheinen  bis  es 
endlich  gelingt  sie  auf  eine  der  von  uns  angegebeilen  Formen  aurückauführen. 
Obgleich  ich  es  nicht  an  Sorgfalt  und  Mühe  bei  dieser  Untersuchung  habe  feh- 
len lassen,  so  ist  es  doch  immer  möglich,  dass  bei  länger  fortgesetzten  Mes- 
sungen noch  manche  neue  bisjetzt*.  anbemerkt  gebliebene  Flächen  und  Combi- 
nationen  in  dieser  krystallographischen  Schatzkammer  aufgefunden  werden. 

Wir  theilen  zunächst  die  an  den  verscbieddfieta  Krystallen  dieser  Präpara- 
tion  gemessenen  Winkel  mit. 


Oben 

«Vi" 

530 

Unten 

a"af» 

53 

*flit 

52 

Mittel 

53 

302  W.  8AITOIIDS  VON  WALTEBSHAÜSEK, 

Krystall  4. 

Kleiner  sehr  glänzender,  etwas  verzogener  Krystall,  stellt  die  Combinatio* 
io  Fig.  2  dar.  Er  ist  von  hell  honiggelber  Farbe,  vollkommen  durchsichtig 
und  aa  beiden  Enden  wenigstens  theilweise  ausgebildet 

Die  Neigung  der  Pyramidenflächen  an  den  entgegengesetzten  Enden  wwde 
an  je  zwei  Flächenpaaren  mit  grosser  Sorgfalt  ermittelt. 

Das  Resultat  dieser  Messungen  war: 

Juli  29.  1857. 

2',0 

1,5   (5) 
59,1 
0,9 
Krystall  5. 
Er  ist  halb  durchsichtig,  braunroth,  nadelartig  und  dem  Rutil  dem  Süssem 
Anschein  nach  ahnlich;   er  ist  etwa   1,5  mm  lang,    verhältnissmässig  breit  und 
in  Fig.  10  abgebildet.     Nach   einigen  provisorischen  Messungen,  welche   nur 
ein  geringeres  Zutrauen  verdienen  und  daher  hier  nicht  mit  aufgenommen  sind, 
wurden  bei  heller  Witterung  den  28.  u.  29.  Januar  verschiedene  Winkel  bestimmt 
Zuerst  wurden  die  4  Winkel  der  Hauptpyramide  111  gemessen,  welche 
auf  der  einen  Seite  vollständig  ausgebildet  waren. 

Von  der  Grösse  dieser  Flächen  kann  man  sich  einen  Begriff  machen,  wenn 
man  bedenkt,  dass  dieser  Krystall  nur  0,3  mm  breit  ist  Die  gemessenen  4  Py- 
ramidenflächen, von  denen  das  eine  Paar  grösser,  das  gegenüberliegende  sehr 
viel  kleiner  ist,  dürften  wohl  kaum  mehr  als  -fa  bis  -j-fo.  Quadratmillimeter 
Oberfläche  besitzen.  Diese  kleinen  Flächen  reflectiren  bei  den  gehörigen  Vor- 
sichtsmassregeln deutliche  Bilder  und  es  wird  dadurch  möglich  ihre  gegenseiti- 
gen Neigungen  mit  ziemlich  grosser  Schärfe  zu  bestimmen. 
Es  ergab  sich  die  Neigung  von: 


a'/i"     52° 

58',5 

(10) 

a"a"'    53 

0,0 

(5) 

a'"a*    53 

20,0 

(5) 

a+a'      52 

53,8 

(5) 

Mittel  nach  den  Gewichten            52° 

2',1 

•  i' 


ÜBER  MB  KRY9TALLF0RMEN  DBS  BORS. 


303 


Ans  diesen  Messungen  geht  auf  das  Deutlichste  hervor,  dass  die  KrystaU- 
formen  des  Bors  dem  monodimetrischen  Systeme  angehören.  Am  Abweichend- 
sten ist  der  Winkel  o'"a\  indess  sind  diese  Flächen  ausserordentlich  klein 
und  die  reflectirteo  Bilder  weniger  deutlich  als  bei  den  andern,  wesshalb  eine 
etwas  grössere  Ungenauigkeit  in  dieser  Messung  leicht  erklärlich  ist 

An  demselben  Krystall  erscheint  die  Fläche  g. 

Der  Winkel   von  a}g    9<>  27',2     (5) 

Die  Prismen  winkel  erlaubten  nur  eine  approximative  Messung;  es  ergab  sich: 

ddf    890    54/    (2) 
cd     45        4 

Krystall    6. 
Schmaler  nadelartiger  Krystall  von  dunkelbrauner,   fast  schwarzer  Farbe. 
Die  Flächen  der  Pyramide  111  waren  mit   Schärfe  zu  bestimmen  und 
gaben  folgende  Resultate :  Januar  30. 


a',af' 

530 

7',4 

(10) 

a",af" 

53 

6,6 

(5) 

a?",a* 

53 

5,2 

(5) 

a\a? 

52 

59,2 

(10) 

53 

4,18 

Mittel 

Die  Prismenflächen  waren  undeutlich  ausgebildet  und  erlaubten  keine  ge- 
nauere Messung. 

Krystall  7.:1 

Kleiner  nadeiförmiger  schwarzer  Krystall,  etwa  1,2 mm  lang  und  0,4  breit 
Zeigt  ausser  der  Pyramide  die  beiden  Prismen,  die  indess  in  der  Regel  sehr 
undeutlich  ausgebildet  sind. 

Jfib  fand  den  Polkanten  winkel  der  Grundpyramide 

August  10. 

ö'o"  530  8',9  (10) 
Es  ist  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  die  Messung  dieser  schwar- 
zen Borkrystalle  besonderer  Vorsicht  bedarf,  da  häufig  dicht  aneinander  lie- 
gende  Flächen  verschiedener  Individua  doppelte  Bilder  reflectiren,  deren  Be- 
obachtung leicht  zu  unrichtigen  Resultaten  Veranlassung  geben  kann.  Man 
thut  daher  wohl  alle  Flächen  der  gruppirten  Krystalle  wie  Fig.  12  und  Fig.  13 


304  W?#ARWJttro8  VON  WAITER8H£U$EN, 

soweit  ttiit  einer  matten  schwarzen  Farbe  su  überziehen,  dass  nur  das  Flftchen- 
Paar,  welches  gemessen  werden  soll  davon  frei  bleibt;  unter  Umständen  kann 
auch  dieses  sogar  tbeilwei9e  in  einiger  Entfernung  voti  der  Durchschnittskante 
gedeckt  werden,  wodurch  die  gespiegelten  Bilder  zwar  nicht  an  Helligkeit 
aber  bedeutend  an  Schärfe  gewinnen,  und  daher  eine  ungleich  genauere  Be- 
stellung als  vorher  erlauben.  ; 

*  Krystall  & 

Kleiner  hellbyäbhtthröther  Krystall,  fast  genau  wie  Fig.  2  und  von  ausge- 
zeichnetem Glanz.  Die  Messungen  liesseh  sich  mit  besonderer  Schärfe  aus- 
führen; es  konnten  die  Neigungen  der  4  Pyramidenflächen  am  obern,  und 
ein   Flächenpaar  am  entgegengesetzten  untern  Ende  gemessen  werden. 

Die  Resultate  waren  folgende: 

August  7  v»d  August  8.      *) 

a'af'      52°     40',6  (20) 

2.7  (15) 

7.8  (10) 
47,1  (5) 

0,2    (5) 
Mittel  52       55,68 

Krystall  9. 

Unter  den  Krystallen  der  ersten  Pariser  Präparation,  erblickt  man  häufig 
sehr  merkwürdige,  aus  vielen  Individuen  gruppirte  Formen,  welche  sich  ge- 
wöhnlich dureo  eine  schwarze  oder  braune  Farbe  auszeichnen  tmd  die  in  Fig. 
12  und  13  von  mir  abgebildet  sind.  Sie  sind  Combhiatidnen  von  1  1  1  tmd 
0  1  0  Fig.  14. 

Dieser  Krystall  von  dunkelbrauner  Farbe,  der  später  beim  Abnehrftön  zer- 
brach, Hess  sich  ringsum  messen,  so  dass  dadurch  2  Pyramiden  -  Winkel  von 
111  und  4  Winkel  zwischen  111  und  0  1  0  gewonnen  wurden.  Bei  der 
Nähe  des  gespiegelten  Objects,  wovon  weiter  unten  die  Rede  sein  wird,  macht 
sieb  die  Excentricitat  in  diesen  Beobachtungen  sehr  bemerklich,  indem  nur  eine 


o'V" 

53 

«'"a* 

53 

aV 

52' 

a,a„ 

53 

52 

#)  Noch  vor  dem  Druck  dieser  Abhandlung  habe  ich    die  oben  angeführten  und 
mehrere  andere  neue  Messungen  hinzugefügt. 


Ober  die  krystallformen  des  bors.        305 

Kante  des  Krystalls  in  die  Drehungsaxe  des  Instrumentes  fiel.  Durch  das  Neh- 
men der  Mittel  wird  diese  Unregelmässigkeit  gewiss  zum  grössern  Theil,  wenn 
auch  nicht  vollständig  beseitigt. 

Es  sind  zwei  Reihen  von  Messungen  gemacht,  von  denen  wir  der  zwei- 
ten den  Vorzug  geben,  da  sie  unter  etwas  günstigem  Umständen  ausgeführt 
aus  einem  Mittel  von  5  Beobachtungen,  die  erste  aber  nur  aus  3  Beobachtun- 
gen abgeleitet  worden  ist. 

Diese  Messungen  ergaben: 


Mai 

i  18 

lßte  Reihe 

2te  Reihe. 

d',a" 

63« 

36',2 

(3) 

630 

15',5 

C5) 

af\a' 

52 

58,7 

(3) 

52 

59,3 

(5) 

a',d 

63 

1,8 

(3) 

63 

1,3 

(5) 

d,a' 

62 

39,7 

(3) 

62 

37,0 

(5) 

a,a„ 

52 

44,0 

(3) 

52 

52,8 

(5) 

a",df 

64 

59,6 

(3) 

65 

14,1 

(5) 

3600 

0,0 

3600 

0,0 

Die  Mittelwerthe  sind: 

tste  Reihe 

2te  Reihe. 

a',d 

J630 
\63 

19',0 

630 

8',4 

49,65 

63 

55,5 

a',a" 

520 

51 ',35 

520 

56',05 

Kryslall   10. 

Juli  29. 

An  einem  dem  letzten  ähnlich  gruppirten  Krystalle  von  schwarzer  Farbe 
ergab  sich  der  Polkantenwinkel 

a',a"    53°    8',1     (10) 

Kry  stall    11. 
Kleines  dem  ersten  Anschein  nach  fast  reguläres  Octaeder  von  messing- 
gelber Farbe ;  einem  Schwefelkieskrystall  ähnlich.     Es  Hessen  sich  an  demsel- 
ben Folgende   Winkelmessungen  ausführen: 

1  Winkel  der  Polkanten  K 

Februar    19. 

efef'  70«  4g',4  (5) 

e"e'"  70  49,5  (5) 

e'"e*  70  44,0  (5) 
Phyt.  C lasse.  VII.  Qq 


N.* 


306  W.SARTORIÜS  VON  WALTER  BHAÜ8EN, 


• 

Winkel  an 

der  Basis  L 

Februar  20. 

e'e, 

69» 

53',4    (5) 

e'%, 

69 

49,2    (5)  , 

Es  ist: 

cos  K 

=  sin  £  L2 

Reducirt  man  hiermit 

L  auf  K  so 

hat  man  für  diesen  letzten  Winkel  fol- 

gende  5  Bestimmungen: 

j 

K 

70° 

48',4 

70 

49,5 

t 

70 

44,0 

70 

50,8 

70 

52,9 

Mittel 

70 

49,0 

Krystall    12. 
Kleine  schwefelkiesfarbene  Doppelpyramide,  dem  Krystall  7  sehr  ähnlich. 

Es   ergab   sich :  Juli  20  August  20 

K  zi  700     48/,0     (10) 

K1  =l  700     34,4     (10) 

L  =  690  58^  (io)  L  -  700  7',8  (15) 
Unter  den  Krystallen  der  ersten  Pariser  Bereitung  bemerkt  man  ziemlich 
häufig  tafelartige  Gestalten,  die  man  auf  den  ersten  Blick  den  charakteristisch- 
sten Formen  des  trimetrischen  Systemes  zurechnen  könnte.  Sie  sind  in  den 
Fig.  3,  6,  9  von  uns  abgebildet  worden  und  gehören  zu  den  grössten  Kry- 
stallen, welche  ich  bisjetzt  beim  Bor  beobachtet  habe,  indem  sie  mitunter  die 
Länge  von  2mm  erreichen;  an  ihren  Oberflächen  sind  sie  meist  farbig ,  beson- 
ders tief  stahlblau  angelaufen. 

Bei  etwas  genauerer  Prüfung  erkennt  man  in  ihnen  eine  hemiedrische 
Formausbildung.  Die  Gestalten  Fig.  3,  6  zeigen  die  rhombotype  Herniedrie 
auf  welche  Naumann  zuerst  beim  Harmotom  aufmerksam  gemacht  hat.  Danach 
gehören  die  Flächen  ff  ftfit  den  Hälften  einer  quadratischen  Pyramide  an, 
deren  Nebenflächen  in  Fig.  3  gänzlich  verschwunden   und   in  Fig.  6   so  weit 


OBER  DIB  KRYSTALLFORMEN  DBS  BORS.  307 

zurückgedrängt  sind,  dass  sie  noch  eben  erkannt,  auch  noch  mit  einiger  Mühe 
gemessen  werden  können. 

In  dar  Figur  9  kommt  die  geneigtflächige  spbenoidische  Hemiedrie  zum 
Vorschein ,  so  wie  sie  im  triinetrjschon  Systeme  an  den  Krystallen  der  schwe- 
felsauren Magnesia  beobachtet  wird. 

Diese  hemiedrischen  Pyramiden  von  denen  ich  eine  grössere  Anzahl  von 
Individuen  gemessen  habe,  erlauben  nur  eine  approximative  Bestimmung,  da 
die  Flächen  meistens  etwas  gekrümmt  und  niemals  so  eben  erscheinen  als  die 
andern  beim  Bor  beobachteten  Pyramiden. 

Diese  hemiedrischen  Krystalle  verrathen  auch  in  allen  Fällen  eine  Zwil- 
Hngsbildung,  indem  man  auf  der  Mitte  der  zu  einem  Doma  erweitertem  Pyra<- 
midenfläche  in  der  Längsrichtung  entweder  eine  Streifung  oder  eine  Naht 
bemerkt,  an  der  einspringende,  nur  durch  schärfere  Vergrößerung  zu  beob- 
achtende Flächen  zum  Vorschein  kommen.  Eine  Winkelmessung  derselben 
ist  jedoch   unmöglich. 

An  diesen  hemiedrischen  Krystallen  sind  folgende  Messungen  ausge- 
führt worden  : 

Krystall  13. 

Es  ist  in  Fig.  3  abgebildet  Eisenschwarze  etwa  1,0"""  lange,  halb  so 
breite  und  sehr  dünne  Tafel.  Es  wurden  die  Domaflächen ,  welche  ich  mit 
ff"  und  f,  ffl9  bezeichne,  an  beiden  Seiten  gemessen. 

Die  beobachteten  Winkel  sind 

Juli  3. 

Oben    f  f»    590       7;6    (5) 
.    Unten   ft  f„     59       14,0    (2) 

Krystall  14. 

Abgebildet  in  Fig.  6.     Gemessen  Man  15. 

Neigung  des  Domas: 

Oben    r  t1    590     30',2     (5) 
Unten   f,  f„    59      22,2    (5) 
f  f"    42      20,8    (5) 
f  /*     40      22 ,0     5.    (5) 

Qq2 


308  W.  SARTORIÜS  VON   WALTERSHAUSEN, 

Krystall  15. 

Gemessen  Min  27. 

Dieser  Krystall  ist  sphenoidisch  gestaltet  und  in  Fig.  9  abgebildet.  Die 
Domaflächen  sind  in  der  Mitte  stark  gestreift,  welche  Eigentümlichkeit  auf 
Zwillingszusammensetzung  hindeutet. 

Es  wurde  beobachtet 

f  f"    590     36'    (2) 
f.fn     590    58'     (2) 

Es  sind  ausserdem  noch  an  einer  Reihe  von  Krystallen  diese  domatischen 
Flächen  gemessen  worden,  welche  indess  alle  sehr  weit  von  einander  abwei- 
chen. Sie  gehören  zu  den  Bor-Krystallen,  welche  von  der  Natur  am  wenig- 
sten exact  gebildet  worden  sind  und  ihre  Oberflächen  reflectiren  in  Folge  von 
Zwillingsbildung  und  Krümmung  niemals  so  scharfe  Bilder  als  die  Flächen 
der  Pyramide  111. 


Wir  haben  in  der 

* 

nachfolgenden  Uebersicht  die  an  verschiedenen  Kry 

stallen  gemessenen  Domawinkel  zusammengestellt. 

Krystall 

r  r 

Feb.     3. 

13 

590 

7',6    (5) 

13 

59 

14,0     (2) 

März  15. 

14 

59 

30 ,2     (5) 

14 

59 

22,2     (5) 

März  17. 

15 

59 

35,0    (2) 

15 

59 

58,0    (2) 

Juni  24. 

16 

60 

0,4    (3) 

JuU      8. 

16 

60 

8,4    (5) 

Juli     19. 

17 

60 

48 ,6     (3) 

Juli     19. 

18 

60 

7,7     (3) 

Juli    19. 

19 

58 

25 ,7     (3) 

Juli    19. 

19 

58 

29,0    (5) 

Juli   20. 

20 

60 

26 ,3     (3) 

Mittel     590     38 , 1 


.# 


ÜBER  DIB  KRYSTALLFORMEN  DES  BOBS.  309 

Krystall   21. 

Dieser  in  Fig.  1 1  abgebildete  Krystall  ist  der  einzige  seiner  Art  der 
unter  denen  der  ersten  Pariser  Präparation  aufgefunden  worden  ist.  Er 
ist  nadelartig  gebildet,  etwa  l,3mm,  0,35«m  breit,  0,25  dick,  durchsichtig, 
spiegelglatt  und  von  hell -bonig -gelber  Farbe,  und  zeigt  ausser  den  beiden 
Prismen  eine  Combination  einer  Pyramide  der  ersten  und  zweiten  Art. 

Es  wurden  folgende  Winkel  beobachtet: 


Feb.  18        a'  a" 

a'a" 

45° 

23',7 

(5) 

440 

36',7 

(5) 

neu  centrirt    45 

30,2 

(5) 

44 

26,5 

(5) 

Feb.  19 

neu  centrirt    45 

34,0 

(5) 

44 

28,6 

(5) 

Mittel     45°    29',3  (15)        44<>     30',6  (15) 

Diese  beiden  Winkel  sollten  der  Theorie  nach  gleich  sein,  während  sie 
fast  um  einen  Grad  von  einander  abweichen.  Die  Ursache  dieser  Unregel- 
mässigkeit ist  nicht  zu  ermitteln,  sie  kann  aber  nicht  in  der  Fehlerhaftigkeit 
der  Winkelmessungen,  sondern  nur  in  der  innern  Beschaffenheit  des  Krystalles 
selbst  gesucht  werden. 

Die  Prismenwinkel  sind  nahe  zu  90  und  45  betrachtet  worden. 


HL 

Es  folgen  jetzt  die  Messungen  der  Krystalle  der  2ten  Pariser  Bereitung. 
Sie  sind  sehr  viel  weniger  mannigfaltig  gebildet  als  die  eben  beschriebenen, 
namentlich  fehlen  ihnen  durchaus  alle  hemiedrischen  Formen;  ich  konnte  nur 
die  Pyramide  111  und  die  beiden  Prismen  erkennen. 

Krystall  22. 

Er  ist  von  hellbrauner  Farbe,  durchscheinend  aber  nicht  durchsichtig 
und  zeigt  die  Combination  der  Pyramide  111    110010  wie  Fig.  5. 

An  dem  einen,  dem  obern  Ende,  sind  alle  4  Pyramidenflächen  deutlich 
ausgebildet  und  daher  gemessen  worden.     Ich  beobachtete  folgende  Winkel: 


310  W.  SA1TORIOS  VON  WALTBB9HAOSEN, 

Juli  78. 


,    af 

1 

af 

53o 

l',6 

(5) 

\  «" 
Oberes  KrysUllende  {     iu 

1   af" 

a'" 

52 
52 

46,1 
47,4 

C5D 

af 

53 

8,2 

Unteres                          a, 

an 

53 

13,1 

IV. 

Wöhler  hatte  verschiedene  Male  graphitförmiges  Bor  ans  Zusammen- 
schmelzung von  KF  4-  BF5  mit  Aluminium  bereitet.  Besonders  schön  ge- 
lungen ist  eine  dieser  Präparationen,  welche  über  das  Krystallsystem  der- 
selben keinen  Zweifel  lässt. 

Indem  ich  beabsichtigte  das  graphitförmige  Bor  womöglich  genauer  kry- 
stallographisch  zu  untersuchen,  bemerkte  ich,  dass  dasselbe  mit  zwar  sehr 
kleinen  aber  ausgezeichneten  diamantartigen  Borkrystallen  gemischt  war. 

Man  findet  darunter  theils  die  Formen  der  ersten  Göttinger,  theils  die 
der  ersten  Pariser  Bereitung,  deren  Messungen  wir  hier  folgen  lassen. 

Krystall  23. 
Farbe  braunroth  durchscheinend   aber  nicht  durchsichtig  wie  viele  Kry- 
stalle   der  ersten   Göttinger  Präparation     Die  4  Pyramidenwinkel   von  111 
wurden  folgendermassen  beobachtet: 

Juni  10,  11,  23,  24. 

42',7  (23) 

8,8  (8) 

54 ,6  (3) 

56,6  (13) 
55,7 

Wir  haben  ausserdem  noch  mehere  ganz  ähnliche  Kry stalle  dieser  Prä- 
paration approximativ  gemessen ,  welche  anzuführen  wir  kaum  für  nöthig  halten. 

Krystall   24. 

Endlich  wurde  ein  dem  regulären  Octaeder  ähnlicher  Krystall  wie  Fig.  3 

gemessen,  der  Polkantenwinkel  fand  sich  von  den  frühem  etwas  verschieden, 

nämlich : 

K  =  71°    49',9     (3) 


a',a" 

52 

a"}a'" 

53 

af'\a+ 

52 

a\a' 

52 

Mittel 

52 

ÜBER  DIB  ERYSTALLFORMEN  DES  BORS. 


311 


Man  findet  hier  ebenfalls  Zwillingsbildungen  wie  in  der  ersten  Pariser 
und  ersten  Göttinger  Präparation. 

Nachdem  wir  so  das  Material  unserer  Messungen  in  concentrirtester 
Weise  mitgetheilt  haben,  wenden  wir  uns  zu  einer  genaueren  Prüfung  und 
Berechnung  desselben. 

Wir  beginnen  damit  aus  allen  Beobachtungen  die  wahrscheinlichsten 
Werthe  der  Grundpyramide  111  und  den  zugehörigen  Parameter  c  abzulei- 
ten, mit  welchem  wir  alsdann  die  Dimensionen  der  übrigen  Gestalten  berech- 
nen und  die  so  gewonnenen  Resultate  mit  unsern  Beobachtungen    vergleichen. 

In  der  nachfolgenden  Übersicht  finden  sich  zunächst  die  an  den  verschie- 
denen Krystallen  gemessenen  Polkantenwinkel  KJ£\K"  .  . .  der  Grundpyramide 
111  und  die  zugehörigen  Parameter  c,C)C"  .  •  .  zusammengestellt. 

Es  bedeuten  hier  Gf  ß"  die  Krystalle  der  ersten  und  zweiten  Göltinger-, 
P,  P"  die  Krystalle  der  ersten  und  zweiten  Pariser  Bereitung. 

Unter  Z  findet  sich  die  Anzahl  der  gemessenen  Winkel  deren  Mittelwerthe 
hier  aufgenommen  sind. 


Tab. 

I. 

1857 

Datum 

Kryst 

Farbe             l 

1 

Aug. 

3 

Hyacinthbraun  '53° 

2 

März 

1 

Hyacinthroth 

53 

3 

— 

2 

Hyacinthroth 

53 

4 

Jan.    28 

5 

52 

5 

28 

Dankelbraun' 

53 

6 

28 

53 

7 

28 

52 

8 

Jan.    30 

6 

53 

«• 

30 

Schwans 

53 

10 

30 

• 

53 

11 

30 

52 

12 

Mai     18 

9 

Dunkelbraun 

52 

13 

Mai     18 

52 

14 

Juli    29 

10 

Schwarz 

58 

15 

29 

4 

53 

16 

29 

Hellgelb    durch- 

53 

17 

29 

sichtig 

52 

18 

Aug.    8 

9  1 

■ 

52 

19 

-    81 

• 

Jkllhyaointhrotb 

53 

( 

z 

ß 

Parameter  c 

2',9 

5 

G' 

0,57600 

3,0 

10 

G' 

0,57601 

1,2 

5 

G' 

0,57549 

58,5 

10 

F 

0,5747-6 

0,0 

5 

F 

0,57518 

20,0 

5 

F 

0,58078 

53,8 

5 

F 

0,57356 

7,4 

10 

F 

0,57721 

6,6 

••■5  ■ 

F 

0,57705 

5,2 

5 

F 

0,57664 

59,2 

10 

F 

0,57498 

51,3 

6 

F 

0,57275 

56,0 

10 

F 

0,57405 

8,1 

10 

F 

0,57747 

2,0 

10 

F 

0,57573 

1,5 

10 

F 

0,57562 

59,1 

6 

F 

0,57491 

40,6 

20 

F 

0,56979 

2,7 

15  i 

i  F 

0,57588 

312 


W.  SART0R1US   VON  WALTERSHAUSEN, 


1857 

Datum 

Kryst. 

20 

Aug.   8 

9 

21 

8 

22 

8 

i 

23 

Aug.  10 

7 

24 

Juli  28 

22 

25 

26 

27 

i 

28 

29 

Juni  10 

23 

30 

11,23,24 

31 

32 

!' 

1 

Farbe 


Schwarz 
Hellbraun 


K 

1  z 

B 

Parameter  c 

530  7^81  10 

F 

0,57735 

52  47,1 

5 

F 

0,57159 

53   0,2 

5 

F 

0,57521 

53   8,9 

10 

F 

0,57765 

53   1,6 

5 

F' 

0,57564 

52  46,1 

0 

F> 

0,57125 

52  47 ,4 

5 

pu 

0,57165 

53   8,2 

5 

F' 

0,57745 

53  13,0 

10 

F' 

0,57880 

52  42,7 

23 

G" 

0,57035 

53   8,8 

8 

G" 

0,57766 

52  54,6 

3 

G" 

0,57365 

52  56,6 

13 

G"   | 

0,57433 

Eine  nähere  Betrachtung  der  so  zusammengestellten  Zahlen  zeigt,  dass 
im  Werthe  von  K  und  in  dem  von  ihm  abhängigen  Parameter  c  nicht  uner- 
hebliche Unregelmässigkeiten  auftreten ,  welche  streng  genommen  mit  dem 
Charakter  des  dimetriscben  Systeines  unvereinbar  sind.  Sie  rühren  aus  vier 
verschiedenen  Ursachen  her,  welche  man  womöglich  erst  von  einander  zu 
sondern  hat,  bevor  man  die  Übereinstimmung  zwischen  Theorie  und  Beobach- 
tung  sicher  zu  beurtheilen  vermag.     Nämlich: 

1)  Aus  den  Beobachtungsfehlern  der  Messungen. 

2)  Aus  der  Unregelmässigkeit  im  Bau  der  Krystalle. 

3)  Aus  verschiedenartiger  isomorpher  Substitution. 

4)  Aus    ungleichen    Temperaturen    bei    den    verschiedenen   Messungen. 
Wir  werden  zunächst  diese  vier  Momente  im  Bezug  auf  unsere  Beobach- 
tungen näher  betrachten  und  ihren  Betrag,  so  weit  als  thunlich  zu  ermitteln  suchen. 

1)  Man  darf  sich  nicht  wundern,  dass  bei  so  kleinen  Krystallen,  deren 
Flächen  von  einem  ungeübten  Auge  nicht  erkannt  werden  können  und  deren 
Oberflächen  in  der  Regel  zwischen  0,1  und  0,01  Quadratmillimeter  zu  schwan- 
ken pflegen  verhältnissmässig  bedeutendere  Beobachtungsfehler  vorkommen,  als 
bei  etwas  grössern  Krystallen  deren  ebene  Flächen  so  viel  Licht  reflectiren, 
dass  man  in  ihnen  ein  fernes  gespiegeltes  Object  mit  Hülfe  eines  Fernrohrs 
beobachlen  kann.  Die  meisten  Borkrystalle  waren  von  der  Beschaffenheit, 
dass  sie  sich  nur  in  einem  dunklen  Zimmer,  in  welches  durch  eine  quadrat- 
förmige  etwa  zollgrosse  Öffnung  das  nöthige  Licht  eingelassen  wurde,  messen 


ÜBER  DIB  KRYSTALLFORMEN  DES  BORS.  313 

Hessen.  Die  Verhältnisse  der  Localitat  bringen  es  mit  sich,  dass  für  so  ausser- 
ordentlich iichtsch wache  Krystalle  nur  eine  sehr  massige  Entfernung  des  Licht- 
punkts vom  Auge  angewandt  werden  kann;  auf  die  Centrirung  ist  daher  die 
alleräusserste  Sorgfalt  zu  verwenden.  Ebenso  erlaubt  die  Einstellung  der  ge- 
spiegelten Bilder  der  verschiedenen  Flächen  nur  einen  sehr  verschiedenen  Grad 
von  Genauigkeit.  Blanche  Flächen  lassen  in  dieser  Beziehung  nichts  zu  wünschen 
übrig  und  man  würde  bei  ihnen  ohne  Zweifel  den  äussersten  Grad  von  Genauig- 
keit erreichen,  der  nur  überhaupt  zu  erreichen  ist;  doch  trifft  es  sich  zu 
selten,  dass  beide  Flächen  gleich  vollkommene  Bilder  reflectiren ,  und  während 
das  eine  eine  scharfe  Einstellung  möglich  macht,  erlaubt  das  andere  nur  mit- 
unter eine  sehr  approximative.  Man  wird  unter  solchen  Umständen,  selbst  bei 
Durchschnittswerthen  von  vielen  Messungen,  immerhin  Fehler,  welche  auf 
einige  Minuten  steigen ,  begehen  können. 

2)  Abgesehen  von  diesen  unvermeidlichen  Beobachtungsfehlern  zeigen 
alle  Krystalle,  und  so  auch  die  hier  untersuchten,  in  ihrem'  Bau  gewisse  Unre- 
gelmässigkeiten ,  welche  wenigstens  bei  unsern  jetzigen  Kenntnissen  auf  kein 
Princip  zurückführbar  sind  und  sich ,  um  ein  Bild  zu  gebrauchen ,  mit  den 
Unregelmässigkeiten  in  den  Winkeln  eines  Daches  vergleichen  lassen,  wel- 
che durch  eine  unvollkommene  im  Innern  ausgeführte  Zimmerung  des  Fach- 
und  Sparrenwerks  ihren  Grund  haben.  Sie  treten  mitunter  in  den  von  uns 
gemachten  Messungen  auf  eine  sehr  auffallende  Weise  hervor,  z.  B.  im  Kry- 
stall  Nro.  8,  gemessen  am  Sten  Aug. 

Die  vier  Pyramidenwinkel  weichen  von  dem  aus  allen  Krystallmessungen 
gefundenen  Mittel  in  folgender  Weise  ab: 

Mittel  Beob.-Ber. 

K  =     52ö  40,6  (20)  530  ^4  _  20',8 

K1  -     53      2,7  (15)  53  1,4  +  1,3 

K"  =53       7,8  (10)  53  1,4  +  6,4 

K»'  -     52     47,1  (5)  53  1,4  -  14,3 

Insofern  wir  den  Krystall  als  dimetrisch  und  nicht  als  monoklin  betrach- 
ten, sollten  die  Winkel  K}K'9K"}K'"  unter  einander  gleich. Min,  während  K 
Phys.Classe.  VII  Rr 


314  W.  SARTORIUS  VON  WA  LTERSHAÜSEN, 

gegen  den  aus  allen  Beobachtungen  abgeleiteten  Durchschnittswert   um  etwa 
2t'  zu  klein  erscheint. 

Der  Winkel  K,  der  übrigens  gut  beobachtet  werden  konnte,  ist  20  Mal 
nach  einander  gemessen  worden  und  ist  daher  bis  auf  eine  oder  zwei  Hinu- 
ten zu  verbürgen.  Die  hervorgehobene  Abweichung  liegt  also  in  der  Bauart 
des  Krystalls,  nicht  in  den  fehlerhaften  Winkelmessungen,  und  zeigt  eine  jener 
Unregelmässigkeiten,    auf  welche  wir  soeben  hingedeutet  haben. 

Betrachten  wir  diesen  Krystall  als  monoklin,  so  müssten  die  über  der 
Orthodiagonale  liegenden  Winkel  K  und  KUI  unter  einander  gleich,  K'  und  K" 
über  der  Klinodiagonale  ungleich  sein. 

Wenn  sich  bei  unserer  Aufgabe  durch  Annahme  des  monoklinen  Kry- 
Stallsystems  zwischen  Theorie  und  Beobachtung  eine  grössere  Übereinstim- 
mung erzielen  Hesse,  als  mit  Zugrundelegung  des  dimetrischen ,  so  würde  das 
letztere  aufzugeben  sein;  allein  ein  Blick  auf  die  in  Tab.  I.  zusammengestell- 
ten Beobachtungen  wird  uns  überzeugen,  dass  die  unregelmässigen  Schwan- 
kungen in  K  nicht  durch  Annahme  eines  monoklinen  Systems  zu  beseitigen  sind. 

3)  Wenn  wir  so  eben  beispielsweise  am  Krystall  8  auf  die  Unregel- 
mässigkeiten seiner  Bauart  aufmerksam  gemacht  haben,  so  ist  doch  nicht  un- 
beachtet zu  lassen,  dass  nur  ein  Theil  derselben,  in  unserra  Beispiele  —  20',8 
u.  s.  w.  keine  Gesetzmässigkeit  befolgt,  während  ein  anderer  von  der  iso- 
morphen Substitution  des  Bors  durch  Kohle  und  Aluminium  herzurühren 
scheint.  Die  grosse  Farbenmannigfaltigkeit  der  dimetrischen  Borkrystalle, 
vornehmlich  bei  der  ersten  Pariser  Präparation,  welche  vom  tiefsten  Schwarz 
bis  zum  hellsten  Gelb  und  Hyacinthroth  alle  möglichen  Übergänge  zeigt, 
macht  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  einer  jeden  eine  eigene  chemische  Zu- 
sammensetzung zugehöre,  welche  bisjelzt  nur  durch  die  wenigen  Analysen, 
die  freilich  nicht  mit  Berücksichtigung  dieses  Gegenstandes  ausgeführt  sind, 
bestätigt  werden.  Dass  die  in  diesem  Körper  verbundenen  Elemente  Bor, 
Kohle  und  Aluminium  nach  bestimmten  Verhältnissen  gemischt  sind,  ist  nicht 
wahrscheinlich,  denn  man  bemerkt  öfter  an  ein  und  demselben  Krystalle  zwei 
verschiedene  Farben,  zum  Beispiel  hyacinthroth  an  seiner  Spitze  und  braun- 
schwarz am  untern  Ende. 

Demungeachtet  findet  zwischen   den  verschiedenen  Spielarten   des  dime- 


OBER  DIB  KKYSTALLFORMEN  DES  BORS. 


315 


frischen  Bors  eine  so  grosse  Übereinstimmung  der  Winkel  statt ,  dass  man 
nicht  daran  zweifeln  kann,  dass  hier  Kohle  und  Aluminium  das  Bor  isomorph 
in  der  mannigfaltigsten  Weise  vertreten. 

Immerhin  wird  es  von  besonderem  Interesse  sein  nachzuforschen,  ob  für 
diese  verschiedenen  Farbennüancirungen,  denen  sehr  wahrscheinlich  ver- 
schiedene, aber  isomorphe  Zusammensetzungen  entsprechen ,  auch  eine  durch 
Messungen  zu  ermittelnde  Formverschiedenbeit  nachzuweisen  sei.  Dieser 
Versuch  ist  im  Nachfolgenden  angestellt. 

Wir   haben    nämlich    aus   Tab.  I.    die  Mitlelwerthe    von    /f,  K'  K" . 
für    die    einzelnen    Krystalle    mit    Berücksichtigung    ihrer    Farbe    zusammen- 
gestellt. 

Nachdem  dadurch  die  unregelmässigen  Fehler  in  ihrem  Bau,  so  wie 
die  Beobachtungsfehler,  entweder  sogut  als  ganz  unterdrückt  oder  doch  we- 
nigstens sehr  ausgeglichen  sind,  werden  die  Winkelverschiedenheiten,  welche 
von  der  verschiedenen  isomorphen  Substitution  der  vorhin  angeführten  Ele- 
mente abhängen,  deutlicher  hervortreten. 

Die  nachfolgende  Tabelle  II.  enthält  diese  Mitlelwerthe  von  K  und  c  für 
12  verschiedene  Krystalle,  mit  Angabe  ihrer  Farben,  der  Bereitung  und  der 
Zahl  der  gemessenen  Winkel. 


Tab.  II. 


Farbe 

Hyacinthbraun 

Hyacinthbraun 

Hyacinthbraun 

Dunkelbraun 

Schwarz 

Dunkelbraun 

Schwarz 

Hellgelb 

Hyacinthroth 

Schwarz 

Hellbraun 

Hellbraunroth 

Mittel 


B 

K 

z 

Parameter  c 

a 

530  2',9 

5 

0,57600 

a 

53  3,0 

10 

0,57601 

G* 

53  1,2 

5 

0,57549 

F 

53  3,1 

25 

0,57607 

F 

53  4,6 

30 

0,57647 

F 

52  53,7 

16 

0,57340 

F 

53  8,1 

10 

0,57747 

F 

53  0,9 

26 

0,57542 

p 

52  55,7 

55 

0,57396 

F 

53  8,9 

10 

0,57765 

F' 

52  58,7 

25 

0,57479 

G" 

52  55,8 

47 

0,57399 

|53°  1,4|264|  0,57556 


Rr2 


316 


W.  SART0R1DS  VON  W  ALTBR3H  AOSEN  , 


f 


Aus  der  Zusammenstellung  dieser  Beobachtungen  geht  ziemlich  deutlich 
hervor,  dass  die  hellen  Varietäten  des  diamanlfönnigen  Bor  etwas  flachere, 
die  dunkeln  etwas  spitzere  Pyramiden  besitzen.  Die  einzige  Ausnahme  macht 
davon  die  Messung  6,  die  wahrscheinlicher  Weise  mit  einem  constanten 
Centrirungsfehler  behaftet  ist.  Der  Krystall  konnte  später  nicht  noch  ein 
Mal  gemessen  werden,  da  der  aus  vielen  Individuen  zusammengesetzte  beim 
Abnehmen  vom  Goniometer  zerbrach.  Lassen  wir  diese  Beobachtung  unbe- 
rücksichtigt ,  so  ordnen  sich  die  übrigen  Krystalle  nach  ihren  Farben  in  folgen- 
der Weise: 


Schwarz 


Dunkelbraun 
k  c 

53°  3;!  0,57607 


Gelb 


53°  i',0  0,57544 


53°4,,6  0,57647 

53  8,1  0,57747 

53  8,9  0,57765 

"5307^2  0,57720 

Hjacinthbraun 

53°2',9  0,57600 

53  3,0  0,57601 

53  1,2  0,57549 

53°  2',4  0,57583 

Hellbraun ,  Hellhjacinthroth 
k  c 

52<>55',7  0,57396 

52  58,7  0,57479 

52  55,8  0,57399 

52°56',7  0,57325 

Endlich  ergibt  sich  für  K  und  c,  nach  der  Farbe  folgende  Uebersicht: 


Diamaotförmigei  Bor 

Schwarz 

Dunkelbraun 

Hyacinthbraun 

Gelb 

Hellbraun ,  Hyacintbroth 


K 

53°  7',2 
53  3,1 
53  2,4 
53  0,9 
52  56 ,7 


0,57620 
0,57607 
0,57583 
0,57544 


0,57325 
Der  grösste  Winkelunterscbied  in  K  zwischen   der   schwarzen   und  hell- 


ÜBER  DIR  KRYSTALLFORMEN  DES  BORS.  317 

hyacinthrothen  Varietät  beträgt  danach  dK-=.  10',5  und  die  entsprechende  Grösse 
für  den  Parameter  de  -  0,00295. 

In  der  eben  mitgetheilten  Zusammenstellung  unserer  Beobachtungen  er- 
blicken wir  einen  ersten,  doch  nur  höchst  unvollkommenen  Versuch ,  der  die 
Möglichkeit  zeigt,  zwischen  der  chemischen  Zusammensetzung  und  der  davon 
abhängigen  äusseren  Form  einen  Zusammenhang  zu  ermitteln;  eine  Arbeit  von 
deren  eigentlichen  Anfang  wir  freilich  noch  weit  entfernt  sind.  Um  diesem  Ziele 
wenigstens  mit  der  Zeit  näher  zu  kommen  würde  es  erforderlich  sein  eine  be- 
detende  Menge  diamantförmigen  Bors,  etwa  in  der  Art  der  ersten  Pariser  Prä- 
paration darzustellen,  dann  die  Krystalle  nach  den  Farben  zu  sondern  und  sie, 
nachdem  die  besten  derselben  gruppenweise  gemessen  sind,  verschiedenen 
chemischen  quantitativen  Analysen  zu  unterwerfen.  Für  den  angegebenen  Zweck 
sind  vielleicht  auch  etwas  grössere  und  schärfer  gebildete  Krystalle  zu  erzie- 
len ,  welche  mit  Hülfe  eines  Fernrohrs  gemessen  auf  der  einen  Seite  schärfere 
Resultate  liefern,  auf  der  andern  bei  einer  geringern  Anzahl  von  Messungen, 
die  dann  nur  nöthig  wären,  diesen  Theil  der  Arbeit  beträchtlich  abkürzen  würden. 

4)  Es  ist  sodann  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  die  von  uns  mit- 
getheilten Krystallmessungen ,  im  Laufe  eines  halben  Jahres,  bei  sehr  unglei- 
chen etwa  um  20°  C  von  einander  liegenden  Temperaturen  angestellt  worden  sind. 

Bei  feinern  Untersuchungen  würde  der  bisjetzt  unbekannte  Einfluss  der 
Temperatur  auf  die  Krystalldimensionen  des  Bors  nicht  ausser  Acht  zu  lassen 
und  bei  der  Vergleicbung  zwischen  Beobachtung  und  Theorie  mit  in  Rech- 
nung zu  bringen  sein. 

Nachdem  wir  im  Vorhergehenden  für  den  Mittelwerth  des  Parameters 

c  =  0,57556 

gefunden  .haben ,  werden  wir  mit  demselben  die  Winkel  mehrerer  Pyramiden, 
so  wie  einige  andere  aus  ihnen  abgeleitete  Winkel  berechnen  und  mit  unsern 
Beobachtungen  vergleichen. 

Man  berechnet  zuerst  die  Abmessungen  für  folgende,  beim  Bor  beobach- 
tete Pyramiden: 


318  W.  8ART0RIUS   VON  WALTERSHAUSEN, 

(Miller)  (Naumann) 

h  h  l                         K  \L  L 

111  P  53°   l',3  50°51',5  101»  43',0 

2  2  1  2P  74    5,9  31    33,8  63       7,6 

7  7  4  IP  70  43,3  35      4,2  70      8,4 

7  7  5  fP  64  12,7  41     16,1  81     32,2 

4  45  £/>  45  23,6  56    55,7  113     51,4 

7  7   10  foP  40  59,0  60    19,6  120    39,2 

Die    aus    raehrern  Combinationen    bestehenden    Krystalle    sind     hauptsächlich 

folgende : 

KrystaU  3  Fig.  8 
zeigt  die  Combinationen 

111     211     110     010 

Ein  sehr  ähnlicher  nicht  gemessener  in  Fig.  7   abgebildeter  Kryslall  zeigt  die 

Combination 

111     2  11     110 

Zwischen  Rechnung  und  Beobachtung  ergibt  sich  für  den  KrystaU  3  folgende 

Uebereinstimmung : 


Beob. 

Ber. 

Ber.-ßeob. 

1 1 1 

1  10 

50°  36',7 

50°  51 ',5 

+  14',8 

1 1 1 

22  1 

19    3,8 

19    17,7 

+  13,9 

1  10 

221 

31  33,3 

31   33,8 

+     0,5 

1 1 1 

11  1 

53     3,0 

53      1,4 

-     1,6 

KrystaU  5  Fig.  10 
zeigt  die  Combination 

111,  77  10,  110,010 

Die  Vergleichung  zwischen  Rechnung  und  Beobachtung  ergibt: 

Beob.  Ber.  Ber.-Beob. 

111111       53°     2,1         53       1,3    —  0',8 

111     775        9     27,2  9     35,4     +  8,2 

110     0  10      45       4,0        45       0       —  4 ,0 

KrystaU  9  Fig.  14 
Combination    1110  10 

Beob.  Ber.  Ber.-Beob. 

111     Ti  1       52°     53',7         53»     1^3         7/^ 
111     010      63       29,9        63    32,0        2,1 


Ober  die  krystallformen  des  bors.        319 

Krystall  13  Fig.  3 

Rhombotyp-hemiedrische  Combination  von 

7  7  10     110 
Die  Neigung  der  Domafläche 

Beob.  Ber.  Ber.-Beob. 

ff"     7  7  10     7  710      59°  10',8  59°20',6       +  9',8 

Kryslall  14 

Beob.  Ber.  Ber.-Beob. 

7  7  10    J7  7  10     59°26',2  59°20',6     —     5,6 

7  7  10     7  7  10     41  20  40  59,0     —  21,0 

An  den  Kryslallen  15  bis  20  ist  die  Neigung  derselben  rhombotyp-hemie- 
drischen  Pyramiden  oder  Domaflächen 

7  7  10  "7  7  10 
mit  sehr  schwankenden  Werthen  beobachtet,  die  im  Mittel  von  der  Theorie 
um  17',5  abweichen.  Die  Fläche  7  7  10  ist  in  allen  Fällen  uneben,  öfter 
etwas  gekrümmt  und  nie  recht  deutlich  spiegelnd  ausgebildet,  dazu  sind  alle 
diese  Individuen  ohne  Zweifel  Zwillings -Verwachsungen  parallel  der  Fläche 
110,  was  ich  in  Fig.  3  und  6  durch  die  Mittellinie  in  f  anzudeuten  ge- 
sucht habe. 

Dass  der  Pyramidenwinkel  7  7  10  7  7  10  nur  einen  sehr  angenäherten 
Werth  gibt,  ist  bei  der  ausserordentlichen  Kleinheit  und  undeutlichen  Ausbil- 
dung der  Flächen  nicht  zu  verwundern. 

Krystall  11. 
Diese  Pyramide  bekommt  die  Form  7  7  4 

K      Beob.  Ber.  Ber.-Beob. 

70°   49'  70°  43'  —     5',0 

L 

69°   51'  700  8',0  +   16',0 

Es  ist  hervorzuheben,  dass  diese  Abweichung  zwischen  Rechnung  und  Beob- 
achtung nicht  Folge  der  unregelmässigen  Bauart  dieses  Krystalles  ist,  sondern 
dass  demselben  ein  etwas  anderer  Parameter  zukömmt  als  der,  welchen 
wir  fitr  unsere  Rechnung  angenommen  haben;  es  geht  dieses  schon  daraus 
hervor,  dass  sich  L  auf  K>  oder  umgekehrt  K  auf  L  mit  ziemlich  grosser 
Genauigkeit  reduciren  lässt. 


Ber.-Beob. 

+ 

0,7 

— 

0,4 

+ 

5,1 

+ 

2,6 

+ 

7,8 

320  W.  S.A&TORIUS   VON   WALTERSHAUSEN, 

Legen  wir  für  diese  Pyramide  die  Bezeichnung  7  7  4  zum  Grunde,  so  ist 

/   cos  45° 

Mit  dem  vorhin  gefundenen  Mittelwerte  \L  =  34°58',5  ergibt  sich 

c  =  0,57761 
Zwischen  Rechnung  und  Beobachtung  findet  man  alsdann: 

K     Beob.  K      Ber. 

700  48*,4  70°  49',  1 
70  49,5  70  49,1 
70   44,0         70   49,1 

L  L 

69°  53',4  69  57,0 
69  49,2  59  57,0 
Diese  kleinen  Pyramiden  -  Octaeder  dürfen  also  nicht  nach  den  eben  unter- 
suchten Zahlenwerthen  mit  dem  regulären  Octaeder  des  isometrischen  Systemes 
verwechselt  werden.  Ihre  eigentliche  Farbe,  wie  ich  aus  vielen  Beobachtun- 
gen bemerkt  habe,  ist  eine  tief  schwarze;  mehrere  derselben,  zumal  Kryslall 
Nro.  11  sind  nach  Aussen  messinggelb  angelaufen. 

Die  mitgetheilten  Beobachtungen  sprechen  ebenfalls  dafür,  dass  den 
schwarzen  Varietäten  des  diamantförmigen  Bors,  ein  etwas  grösserer  Parame- 
ter als  den  lichtbraunen  und  hellhyacinthrothen  angehört. 

Wir  fanden  vorhin  als  Mittelwerth  für  die  schwarzen  Varietäten: 
für  die  Pyramide  111     K  =  53°7',2    c  =  0,57720 

für  Krystall  Nro.  11.        111     K  =  53°  &',8  c  =  0,57761 
und  fast  genau  übereinstimmend  mit  Krystall  Nro.  7. 

Es  sind  von  diesem  Pyramiden-Octaäder  noch  mehrere  andere  Individuen, 
die  namentlich  in  sogleich  zu  beschreibenden  Zwillingsformen  auftreten  und 
nahezu  dieselben  Winkelverhaltnisse  zeigen ,  gemessen  worden. 

Krystall    12. 
Man  findet  bei  demselben  den  Mittelwerth  von  K  =  70°  41 ',2  und  nach 
der  letzten  sehr  zuverlässigen  Bestimmung  L  —  70°  7',8. 
Daraus  folgt: 

Beob.  Berech.  Ber.-Beob. 

K  -  70°  41 ','2         70°  42,5         +    l',3 
L  -  10       7,8         70     10,2         +2,4 


Ober  die  krtstallformen  des  bors.        321 

Die  Indices  dieser  Pyramide  sind  7  7  4,  mit  denselben  und  dem  berech- 
neten L  findet  sich  c  =  0,57525,  etwa  dem  Mittelwerthe  entsprechend. 

Im  Krystall  24  ist  möglicher  Weise  ein  Versehen  beim  Ablesen  um  1° 
vorgekommen,  bei  neuen  Messungen  ist  er  verloren  gegangen. 

Endlich  ist  noch  der  Krystall  21  mit  der  Rechnung  zu  vergleichen.  Er 
zeigt  die  bisjetzt  noch  nicht  beobachtete  Combination  Fig.  11. 

445    04  5     110    010 

Beob.  Berech.  Ber.-Beob. 

4  4  5     4  4  5        45°  29',3        45°  23',6       —  5',7 

Es  ist  eine  besondere  Eigentümlichkeit  der  Bor-Krystalle ,  dass  mit- 
unter gewisse  Flächen  auf  Kosten  anderer  ausserordentlich  erweitert  werden, 
wodurch  sehr  schwer  zu  entziffernde  Formen  entstehen;  in  denen  man  sich 
nur  mit  Hülfe  des  Goniometers  orientiren  kann. 

Als  eines  der  interessantesten  Beispiele  dieser  Art  führen  wir  einen 
kleinen  schwarzen  Krystall  an,  welcher  in  Fig.  17  abgebildet  worden  ist.  Auf 
den  ersten  Blick  wird  man  denselben  für  eine  Form  des  monoklinen  Systemes 
halten,  doch  erkennt  man  in  ihm  bei  genauerer  Untersuchung  das  soeben 
beschriebene  Pyramidenoctaeder  7  7  4,  in  dem  6  Flächen  die  zwei  ent- 
gegengesetzten 7  7  4  und  7  7  4  gänzlich  verdrängt  haben.  Die  Richtigkeit 
dieser  Ansicht  zeigt  sogleich  eine  sorgsam  ausgeführte  Messung.  Man  findet 
nämlich  den  Polkantenwinkel  der  Pyramide  übereinstimmend  mit  dem  einen 
Winkel  des  monoklinen  Prismas  nämlich  =:  70°  5 3 ',7  (5),  während  vorbin 
bei  Krystall  Nro.  11.   K  =  70°  49'  beobachtet  worden  ist. 

Um  diese  merkwürdige  Flächenerweiterung  noch  etwas  deutlicher  zu 
machen,  ist  in  die  von  6  Rhomben  umschlossene  Gestalt  Fig.  17  die  Pyra- 
mide 7  7  4  hineinconstruirt  Wir  müssen  ferner  bemerken,  dass  dieser  Kry- 
stall wahrscheinlicher  Weise  ein  Zwilling  ist,  da  man  auf  der  Fläche  e  e\  in 
der  geneigt  liegenden  Diagonale  eine  Streifung  oder  bei  genauerer  Betrach- 
tung einen  einspringenden  Winkel  bemerkt.  Die  Verwachsungsfläche  wäre 
dann  parallel    0  7  4. 

Ein  zweiter  durch  seine  Flächenerweiterungen  sehr  merkwürdiger  Kry- 
stall wurde  von  mir  erst  vor  wenigen  Tagen  beobachtet  und  ist  daher 
nicht  abgebildet  worden.  Er  wird  von  14  Flächen  umschlossen  und  gleicht 
Phys.  Classe.  VII.  Ss 


322  W.  SARTORIÜS  VON  WALTER SHA  ÖSEN, 

einer    hexagonalen    Combination.      Es  gehören    8    derselben    der  'Pyramide 

1   1   1   an,    von  denen  4  paarweise  erweitert   und    4  paarweise   zurückge- 
drängt sind. 

Erweitert  sind                            h  h    l 

h  T    l 

h  h    1 

A_  "*  7 

Zurückgedrängt                         h  h    l 

h  h    l_ 

I    h   i 
Ä    "ä     l 
Ferner  erscheinen  die  4  Flächen  von    110    paarweise  erweitert  und 

zurückgedrängt,  und  endlich  nur  ein  Paar  von  0  1  0   so  erweitert,  dass  der 

Krystall  dadurch  ein  tafelartiges  Ansehen  bekömmt. 

Man  beobachtet  diese  Krystalle,  welche  sich  durch  eine  hell  hyacinth- 
rothe  Farbe  und  besondern  Glanz  auszeichnen,  unter  den  Krystallen  der  er- 
sten Pariser  Präparation. 

Wir  haben  zuletzt  noch  den  beim  Bor  beobachteten  Zwillingsbildungen 
unsere  Aufmerksamkeit  zu  schenken. 

Es  gibt  ausser  dem  in  Fig.  17.  beschriebenen  drei,  vielleicht  vier  we- 
sentlich verschiedene  Arten. 

1)  Die  rhombotypen,  nach  110  verbundenen  Zwillinge  von  Fig.  3 
und  6.  die  nicht  näher  untersucht  werden  können,  da  keine  genügenden  Mes- 
sungen derselben  zu  erhalten  sind. 

2)  Zwillinge  von  1  1  1  0  10,  parallel  0  1  0.  Sie  sind  in  Fig.  16. 
abgebildet  und  zeigen  sich  sehr  ausgezeichnet  in  der  ersten  Göttinger  Präpa- 
ration. Die  gruppirten  Krystalle  von  Fig.  12.  und  Fig.  13.,  welche  von  tief 
brauner  oder  schwarzer  Farbe  in  grosser  Mannigfaltigkeit  in  der  ersten 
Pariser  Präparation  gefunden  werden,  sind  nur  Wiederholungen  solcher 
Zwillinge. 

3)  Ausserordentlich  merkwürdig  sind  die  in  Fig  18  und  19  abgebildeten 
Zwillinge,  welche  aus  Pyramidenoctaöder-Segmenten  der  Form  7  7  4  Fig.  15, 
zwei-,  drei-  und  vielleicht  mehrfach  parallel  7  7  4  zusammengesetzt,  hervorge- 


Ober  die  krystallformen  des  bors.       .  323 

hen.     Sie  haben  mit  den  bekannten  Hemitropien  des  Spinells  und  Magneteisen- 
steins die  grösste  Aehnlichkeit  und  sind  in  den  beiden  Göttinger   und  der  er- 
sten Pariser  Präparation,  in  der  letzten  sehr  häufig,  beobachtet  worden. 
Der  einspringende  Winkel  ee"  Fig.  18.  ergibt  sich  durch  die  Messung: 

370  35' 

Der  Pyramidenwinkel  wurde  K  zz  70°  51'  beobachtet,  woraus  der  be- 
rechnete Winkel  ee"  =:  38°  12'  folgt.  Erst  in  der  aller  neuesten  Zeit  ist  es 
mir  gelungen  eine  4te  Art  von  Zwillingen  zu  beobachten,  welche  den  Gestal- 
ten von  Fig.  3.  und  Fig.  6.  ähnlich  sind ;  sie  zeigen  indess,  wie  es  scheint,  die 
rbombotyp  ausgebildete  Pyramide  111  und  einige  noch  nicht  hinreichend  con- 
statirte  Flächen,  über  die  nach  genauerer  Untersuchung  gelegentlich  berichtet 
werden  soll. 

Eine  ganz  besondere  Aufmerksamkeit  verdienen  die  ebenfalls  kleinen  aber 
sehr  zierlichen  Krystalle  des  graphitförmigen  Bors.  Wöhler  hat  diesen  ausge- 
zeichneten Körper  zu  zwei  verschiedenen  Malen  dargestellt.  Beide  Bereitun- 
gen zeigen  sehr  dünne,  elastisch  biegsame  6seitige  undurchsichtige  Täfelchen, 
welche  imm  bis  l,5mm  im  Durchmesser  und  kaum  0,lmm  Dicke  besitzen.  Ihre 
Farbe  ist  zwischen  stahlgrau  und  kupferroth,  sie  gleichen  unter  den  bekann- 
ten Mineralkörpern   am  Meisten  den  Magnetkieskrystallen. 

Bei  der  Ungewissheit ,  welchem  System  das  graphitförmige  Bor  zuge- 
rechnet werden  müsste ,  .erkannte  ich  die  Notwendigkeit  einer  näheren  Unter- 
suchung und  Messung  desselben,  welche  letztere  anfangs  unmöglich  schien, 
aber  schliesslich  nicht  ohne  Mühe  in  approximativer  Weise  soweit  gelang, 
dass  dadurch  das  in  Frage  stehende  Krystallsystem  ohne  Zweifel  für  das  hexa- 
gonale  erkannt  worden  ist. 

Das  graphitförmige  Bor  der  ersten  Bereitung  zeigte  eine  grosse  Menge 
dieser  ßseitigen  Täfelchen  von  einer  solchen  Dünne,  dass  sich  eine  Messung 
derselben  als  durchaus  unmöglich  erwies ;  dagegen  fanden  sich  unter  der  zwei- 
ten Präparation  Krystalle  von  etwas  grösserer  Dicke  und  von  ausserordentli- 
cher Regelmässigkeit,  unter  denen  ich  nach  längerra  vergeblichen  Suchen  ei- 
nige von  der  Form  von  Fig.  20  auffand,   weiche  sich   zur  Messung  eigneten. 

Ss* 


324   •  W.  SARTORIDS  VON  WALTERSHAUSEN, 

Sie  zeigen  sich  als  die  Combination  des  sechsseiligen  Prismas  mit  einer  (Zei- 
tigen Pyramide,  welche  letztere  in  sehr  zarten  glänzenden  Linien  jene  an  bei- 
den Seiten  ringförmig  begrenzt  In  der  Natnr  ist  das  Verhältniss  der  Dicke 
zor  Breite  der  Tafel  meist  noch  geringer  als  in  der  mitgetheilten  Zeichnung; 
ich  schätze  die  erstere  unter  0,lmm.  Eine  jede  der  drei  Flachen,  die  des 
Prismas  und  der  Doppelpyramide  sind  daher  kaum  0,03mm  breit.  Ungeachtet 
ihres  Glanzes  reflectiren  sie  daher  so  wenig  Licht,  dass  nur  folgende  Messun- 
gen möglich  wurden: 

Die  Messung  ergab     Beob.         Theorie. 

r,  l       900    15/  900 

r,  r       59     38  60 

r,  o       39,5 

Es  geht  daraus  auf  das  Deutlichste  hervor ;  dass  diese  Kry stalle  keine 
Octaeder-Segmente  des  regulären  Systems,  sondern  deutliche  hexagonale  Formen 
sind;  um  so  geeigneter  erscheint  der  von  Wöhler  gewählte  Name  graphitför- 
miges  Bor. 

Während  ich  mit  den  Untersuchungen  des  Bors  vom  Ende  des  verflosse- 
nen Jahres  an  vielfach  beschäftigt  gewesen  war,  hatte  zu  gleicher  Zeit  Herr 
Quintino  Sella  in  Turin  der  Erforschung  desselben  Gegenstandes  seine  Aufmerk- 
samkeit gewidmet.  Er  hatte  die  Güte  mir  über  seine  Beobachtungen,  so  weit 
es  die  Entfernung  erlaubte,  einige  Mittheilungen  zu  machen,  welche  in  vieler 
Beziehung  mit  den  von  mir  gefundenen  übereinstimmen. 

Zuerst  erhielt  ich  im  April  dieses  Jahres  von  Herrn  Sella  eine  sehr  aus- 
gezeichnete Abhandlung  „Sülle  forme  cristalline  di  alcuni  sali  di  Piatino  e  del 
Boro  adamanlino",  aus  der  wir  hinsichtlich  der  Krystallformen  des  Bors  Fol- 
gendes hervorbeben. 

Herr  Sella  erhielt  zufälligerweise  durch  Herrn  Sainte  Ciaire  Deville  aus 
Paris  einige  kleine,  auf  der  schon  erwähnten  Grundmasse  aufgewachsene  Kry- 
stalle,  welche  wahrscheinlich  der  ersten  Göttinger  Präparation  angehören. 

Unter  den  von  Sella  und  mir  beobachteten  Winkeln  findet  folgende  lieber- 
einstimmung  statt: 


ÜBER  DIB  KRYSTALLFORMEN  DES  BORS.  325 

Sella  S.  v.  W. 

10  0     111     =    630  24'  63o  29',9 

110     111     =50    56  50    51,5 

110    2^2  1     =    31     50  31     33 ,3 

1  1  1     1  1  1     =     53     12  53       1,3 

Seitdem  hat  Herr  Sella  der  Turiner  Akademie  eine  zweite,  mir  bisjetzt  noch 
unbekannte  Abhandlung,  welche  denselben  Gegenstand  bebandelt,  übergeben, 
aus  welcher  mir  nur  ein  Auszug  aus  der  Gazzetta  Piemontese,  sabato  li  20  di 
Gugno  1857  mitgetheilt  worden  ist. 

Diese  kurze  Anzeige  gibt  keine  deutliche  Einsicht  in  die  Arbeiten  des 
Herrn  Sella,  und  ich  möchte  fast  daraus  entnehmen,  dass  ihm  das  von  Wöh- 
ler  dargestellte  graphitförmige  Bor  nicht  zur  Untersuchung  vorgelegen  hat,  da 
er  sonst  ohne  Zweifel  die  hexagonale,  von  mir  beschriebene  Krystallform  er- 
kannt haben  würde*  Während  Wöbler  und  Deville  das  graphitförmige,  dia- 
mantartige und  amorphe  Bor  in  ihrer  Abhandlung  unterscheiden,  bemerkt  Sella, 
dass  jene  beiden  ausgezeichneten  Chemiker  folgende  3  Arten  beschreiben: 

1)  Schwarze  Lamellen  von  fast  reinem  Bor; 

2)  diamantglänzende  Prismen  in  denen  das  Bor  durch  Kohle  und  Alumi- 
nium theilweise  vertreten  wird; 

3)  mikroskopische,  sehr  glänzende  Octaeder  von  noch  unbekannter  Zu- 
sammensetzung, in  denen  sich  vermutlich  auch  Bor  mit  Kohle  und  Aluminium 
verbindet. 

Das  von  Sella  mit  1  bezeichnete  Bor,  von  dem  er  keine  Krystallform 
angibt,  dürfte  vielleicht  das  graphitförmige  sein ;  das  mit  3  bezeichnete,  als  be- 
sondere Präparation,  ist  uns  gänzlich  unbekannt. 

Dagegen  finden  sich  zwischen  dem  diamantförmigen  Bor  der  ersten  Pa- 
riser und  zweiten  Göttinger  Bereitung,  wie  ich  sie  genannt  habe,  zugleich  mit 
den  prismatischen  Formen  jene  kleinen,  dem  Octaeder  ähnlichen  Krystalle,  die 
wenigstens  nach  meinen  Messungen  dem  dimetrischen  und  nicht  dem  iso- 
metrischen Systeme,  für  die  sie  Herr  Sella  zu  nehmen  geneigt  scheint,  an- 
gehören. 

Es   sprechen  dafür  folgende  Gründe:    zuerst  weichen   die   verschiedenen 


326      W.  SARTORIUS  VON  WALTER SHAÜSEN,  ÜB. D.KRTSTALLF. D.BORS. 

Polkanten winkel  Ä,  ÜP,  K"...  die  unter  sich  nahezu  fibereinstimmen  und  die 
Winkel  L,  L\  L"  ...  an  der  Basis  fast  um  einen  Grad  von  einander  ab, 
während  sie  sich  durch  Rechnung  auf  einander  reduciren  lassen.  Sie  entfer- 
nen sich  etwa  um  die  Hälfte  dieses  Betrages  vom  regulären  Octaeder,  eine 
Grösse,  die  bei  der  Schärfe,  welche  die  Messungen  erlaubten,  nicht  wohl  ge- 
irrt werden  kann. 

Diese  dem  Octaeder  so  nahe  verwandte  Pyramide  ist  endlich  aus  dem 
Parameter  c  und  ihren  Indices  7  7  4  scharf  zu  berechnen.  Ob  ihre  Win- 
kel von  Herrn  Sella  gemessen,  lässt  sich  aus  dem  mir  mitgetheilten  Auszuge 
seiner  zweiten  Abhandlung  nicht  ersehen,  indess  ist  es  dieselbe,  an  welcher 
wir  gemeinsam  jene  vorhin  beschriebenen  Zwillingsformen  beobachtet  haben. 
Obgleich  über  die  chemische  Beschaffenheit  dieser  kleinen  octaedrischen  Pyra- 
miden bisjelzt  noch  alle  Erfahrungen  fehlen,  ist  es  kaum  zu  bezweifeln,  dass 
sie  eine  den  nadelartigen  Borkrystallen  ähnliche  Zusammensetzung  besitzen, 
mit  denen  sie  gemeinsam  und  in  der  nächsten  Berührung  entstanden  sind. 
Die  Flächen  beider  lassen  sich  mit  befriedigender  Genauigkeit  durch  Rechnung 
aufeinander  reduciren  und  ihre  allerdings  etwas  verschiedenen  Typen,  die  ich 
nur  den  verschiedenen  sehr  wechselnden  isomorphen  Substitutionen  von  Bor, 
Kohle  und  Aluminium  zuschreiben  kann ,  sind  nicht  wunderbarer  als  zwei  un- 
gleich gefärbte,  etwas  verschieden  gemischte  Kai kspatbkry stalle,  z.  B.  Rhom- 
boeder  und  sechsseitige  Säulen,  die  an  ein  und  derselben  Stufe  dicht  neben 
einander  erscheinen.  Die  Untersuchungen  über  diese  interessanten  sehr  kleinen, 
nur  dem  geübten  Blicke  erkennbaren  Borkrystalle  sind  von  Herrn  Sella  und 
mir  ganz  unabhängig,  etwa  zu  derselben  Zeit  mit  gleicher  Liebe  zur  Sache 
durchgeführt.  Die  von  uns  erhaltenen  Endresultate  werden  gewiss  in  allen 
wesentlichen  Punkten  übereinstimmen ,  und  sich  vielleicht  hier  und  da  in  der 
einen  oder  andern  Richtung  gegenseitig  ergänzen. 


Erklärung  der  Kupfertafeln. 

Tafel  I. 

Fi* 

1.  Grundkrystallisation  des  diamantförmigen  Bors,  Pyramide  111,  ohne 
Combination  an  sehr  kleinen  zierlichen,  hellhyacinthrothen  Krystallen  der 
ersten  Pariser  Bereitung  beobachtet. 

2.  Combination  111  110,  mehrfach  von  hellbrauner  und  honiggelber 
Farbe,  unter  den  Krystallen  der  ersten  Göttinger  und  ersten  Pariser  Be- 
reitung beobachtet 

3.  Rhombotyp  -  hemiödrische  Form  der  Combination  7  7  10  110  immer 
von  schwarzer  Farbe  und  meist  farbig  angelaufen.  Findet  sich  nur  unter 
den  Krystallen  der  ersten  Pariser  Bereitung.     Undeutliche  Zwillinge. 

4.  Pyramide  7  7  4,  dem  regulären  Octaeder  ähnlich.  Die  Flächen  sind 
glänzend;  öfter  angelaufen.  Beobachtet  bei  der  ersten  Pariser  und  zwei- 
ten  Göttinger  Bereitung. 

5.  Combination  111     110    010;  eine  der  häufigsten  Formen  beim  Bor. 

6.  Der  Fig.  3  ähnlich,  nur  erscheint  noch  die  andere  Hälfte  der  kleinen  Py- 
ramide 7  7  10,  beobachtet  unter  den  Krystallen  der  ersten  Pariser  Be- 
reitung. 

7.  Combination  111  2  2  1  110  0  10,  beobachtet  an  Krystallen 
der  ersten  Göttinger  Bereitung. 

8.  Combination  111  221  110010,  Krystall  der  ersten  Göttinger 
Bereitung. 

9.  Sphenoidiscb  hemiödrischer  Krystall  von  7  7  10,  110.  Erste  Pariser 
Bereitung. 


328  ERKLÄRUNG  DER  KUPFERTAFELN. 

Tafel  IL 

Fig. 

10.  Lang-säulenförmige  Combination  von  111,  775,  110,  010;  nur 
ein  Mal  beobachtet  bei  der  ersten  Pariser  Bereitung. 

1 1 .  Lang  -  säulenförmige  Combination  von  hellgelber  Farbe  4  4  5,  045, 
110,  0  10. 

12  und  13.  Gruppirte  Krystalle  von  der  Combination  1  1  1,  0  1  0,  wie  sie 
sich  in  vielfachen  Modificationen ,  meist  von  schwarzer  oder  dunkelbrau- 
ner Farbe,  in  grosser  Menge  zwischen  den  Krystallen  der  ersten  Pariser 
Bereitung  finden. 

14.  Combination  von  1  1  1,  0  1  0,  häufigste  Form  beim  Bor,  mit  mannig- 
faltigen, oft  sehr  eigenthümlichen  Erweiterungen  einzelner  Flächen. 

15.  Segment  der  Pyramide  7  7  4,  ziemlich  häufig  in  kleinen,  schwarzen,  sehr 
glänzenden  Krystallen  in  der  ersten  Pariser  Bereitung. 

16.  Zwilling  von  1  1  1,  0  1  0.  Zusammensetzungsfläche  parallel  0  10.  Be- 
obachtet bei  der  ersten  Göttinger  und  ersten  Pariser  Bereitung. 

17.  Eigenthümlich  erweiterte  Pyramide  7  7  4.  Wahrscheinlich  Zwillingsbil- 
dung, verwachsen  nach  0  7  4.  Nur  ein  Mal  unter  den  Krystallen  der 
ersten  Pariser  Bereitung  beobachtet. 

18.  Zwilling  von  zwei  Pyramiden  7  7  4;  Zwillingsfläche  7  7  4,  häufig  un- 
ter den  Krystallen  der  ersten  Pariser  und  ein  Mal  unter  den  Krystallen 
der  ersten  Göttinger  Bereitung  beobachtet. 

19.  Drilling  in  derselben  Weise,  unter  den  Krystallen  der  ersten  Pariser  Be- 
reitung beobachtet. 

20.  Krystall  des  graphitförmigen  Bors;  Endfläche,  hexagonales  Prisma  und 
Pyramide. 


Krysfallformen  des  Bor 


Krys  fallt 


ormen 


des  B 


Ol 


I 


6 


8 


SvWdeletsc 


Ueber  neue  Verbindungen  des  Siliciums; 


von 


H.  Buff  und  F.  Wohler. 


Der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  vorgelegt  am  22.  September  1857. 


1.     Silicium  wasserstoffgas. 

JLfas  Aluminium  als  Bestandtheil  einer  galvanischen  Kette  zeigt,  je  nach  Be- 
schaffenheit der  Flüssigkeit,  in  welche  juan  es  eintaucht,  Analogien  bald  mit 
den  schwer  oxydirbaren  Metallen,  bald  wieder  im  auffallendsten  Grade  mit  den 
metallischen  Grundlagen  der  Alkalien,  und  im  Allgemeinen  von  einer  Flüssigkeit 
zur  andern  so  mannichfaltige  Beziehungen,  dass  man  aus  seinem  Verhalten  in 
einem  gewissen  Falle  auf  dasjenige  in  einem  andern  Falle  bisher  kaum  mit 
einiger  Sicherheit  Folgerungen  zu  ziehen  vermochte.  Betrachtungen  dieser 
Art  gaben  uns  zunächst  die  Veranlassung,  die  electrische  Einwirkung  des 
Aluminiums  auf  neutrale  Chlorsalze  einer  Prüfung  zu  unterwerfen. 

In  den  Lösungen  des  Chlornatriums,  des  Chlorammoniums,  des  Mangan- 
und  Eisenchlorürs  wird  das  Aluminium  bei  gewöhnlicher  Temperatur  kaum 
bemerkbar  und  selbst  in  der  Siedhitze  nur  sehr  wenig,  obwohl  unter  sicht- 
barer Entwickelung  von  Wasserstoffgas,  angegriffen.  Nach  Tage  langer  Ein- 
wirkung bemerkt  man  Spuren  von  Thonerdehydrat  in  Gestalt  einzelner  zarter 
Flocken.  Da  man  beim  Zink,  Eisen  und  bei  anderen  Metallen,  die  sich  in 
Säuren  unter  Wasserstoffentwickelung  auflösen,  die  Erfahrung  'gemacht  hat, 
dass  diese  directe  chemische  Action  unter  dem  Einflüsse  des  electrischen 
Stroms  immer  vermindert  und  oft  sogar  ganz  unterbrochen  wird,  so  durfte 
man  erwarten,  dass  das  Aluminium,  als  positives  Ende  einer  galvanischen 
Kette  in  Kochsalzlösung  getaucht,   nicht  den  geringsten  directen  chemischen 

Phys.Classe.  VII.  Tt 


330  H.  BDFF  UND  F.  WOHL  ER, 

Angriff  erfahren  werde.  Wir  waren  daher  überrascht,  einen 
Aluminiumstab,  vom  Augenblicke  des  Schliessens  einer  Kette  von  8  bis  12 
Bun senschen  Paaren,  unter  starker  Gasentwickelung  an  seiner  Oberfläche 
sich  auflösen  zu  sehen;  und  unsere  Aufmerksamkeit  wurde  noch  mehr  gespannt, 
als  einzelne  der  aufsteigenden  Gasblasen  bei  dem  Zerplatzen  an  der  Luft  sich 
von  selbst  entzündeten  und  mit  weisser  Flamme,  unter  -  Erzeugung  eines 
weissen  Rauchs  verbrannten. 

Dieses  eigenthümliche  Gas,  in  Glasröhren,  die  mit  Salzwasser  gefüllt 
waren,  gesammelt,  liess  sich  über  der  Salzlösung  unverändert  aufbewahren. 
Wenn  man  aber  eine  Luftblase  oder  eine  Blase  reines  Sauerstoffgas  zutreten 
liess,  explodirte  es  augenblicklich  unter  Feuererscheinung,  indem  sich  zugleich 
der  ganze  innere  Raum  mit  einem  weissen  Nebel  erfüllte.  Zuweilen  konnten 
mehrere  Sauersloffblasen  nach  einander  immer  von  Neuem  Entzündung  be- 
wirken. Doch  verschwand  dadurch  in  allen  Fällen  nur  ein  kleiner  Theil  des 
Gasinhaltes.  Der  Rest,  der  sich  dann  nicht  mehr  bei  der  Berührung  mit 
Sauerstoff  von  selbst  entzündete,  eudiometrisch  geprüft,  verhielt  sich  wie 
Wasserstoffgas. 

An  dem  Aluminiumstab  als  positivem  Pole  hatte  sich  also  Wasserstoffgas 
entwickelt,  dem  eine  geringe  Menge  eines  anderen,  selbstentzündlichen  Gases 
beigemengt  war. 

Die  Leichtigkeit,  womit  sich  dieses  Gasgemenge  beim  Zutritt  der  Luft 
entzündete,  blieb  sich  übrigens  nicht  immer  gleich.  Zuweilen  geschah  es 
unter  heftigen  Explosionen,  begleitet  von  glänzender  Lichterscheinung.  Zu- 
weilen wieder  trat  die  Entzündung  nicht  freiwillig  ein,  konnte  aber  herbei- 
geführt werden,  indem  man  die  auf  der  Flüssigkeit  schwimmenden  Blasen  mit 
einem  beissen  Platindrahte  berührte.  Viele  der  aufsteigenden  Blasen  konnten 
selbst  durch  dieses  Hülfsmittel  nicht  entzündet  werden.  Diese  letztern  konnten 
folglich  nur  wenig  oder  nichts  von  dem  selbstentzündlichen  Gase  enthalten 
haben.  Wif  erkannten  bald,  dass  diese  Verschiedenheiten  theils  von  der 
Beschaffenheit  des  angewendeten  Aluminiums,  theils  aber  auch  von  der  Erzen- 
gungstemperatur  des  Gases  abhängig  waren.  Wenn  die  Flüssigkeit,  aus  der 
es  sich  entwickelte,  durch  lange  Dauer  eines  starken  Stroms  nach  und  nach 
erhitzt  worden  war,   oder  wenn  man  die  Steigerung  der  Temperatur  dadurch 


Ober  neue  Verbindungen  des  siliciums.  331 

förderte,  dass  der  Salzlösung  nur  eine  kleine  Aluminiamfläche  dargeboten 
wurde,  so  nahm  die  Menge  des  selbstentzündlichen  Gases  ab,  und  endlich 
blieb  es  ganz  aus.  Die  Abnahme  dieses  Gases  und  selbst  sein  gänzliches 
Ausbleiben  war  ohne  merklichen  Einfluss  auf  die  Gasentwickelung  im  Allge- 
meinen. Die  Erscheinung  des  selbstentzündlichen  Gases  konnte  daher  nur  in 
einem  untergeordneten  Zusammenhange  stehen  mit  der  Art  der  Einwirkung 
des  Aluminiums  auf  die  Salzlösung.  Eine  weitere  Bestätigung  erhielt  diese 
Folgerung  durch  die  Erfahrung,  dass  die  Gasentwickelung  am  positiven  Pole, 
bei  verschiedenen  Aluminiumstücken  von  ungleicher  Reinheit,  sich  so  ziemlich 
unverändert  zeigte,  während  die  reichlichste  Ausbeule  an  selbslentzündlichettt 
Gase  besonders  von  solchen  Stücken  erhalten  wurde,  die  ziemlich  viel  Silicium 
enthielten. 

Gestützt  auf  diese  Erfahrungen  benutzten  wir  zur  Darstellung  des  Gases 
in  der  Folge  vorzugsweise  ein  an  Silicium  reiches  Aluminium,  wozu  das  ans 
Paris  im  Handel  vorkommende  schon  hinreichend  geeignet  ißt,  da  es  stets 
eine  bedeutende  Menge  Silicium  enthält;  zugleich  vermieden  wir  während  der 
Dauer  des  electrolytischen  Vorgangs  möglichst  eine  starke  Erhitzung  der  Flüs- 
sigkeit. Wenn  wir  dadurch  sicher  waren,  das  selbstentzündliche  Gas  immer 
wieder  erhalten  zu  können,  so  blieb  gleichwohl  das  quantitative  Verhältniss 
desselben  immer  nur  gering.  Da  wir  überdiess  kein  Mittel  fanden,  dasselbe, 
ohne  es  zu  zerstören,  von  dem  in  grossem  Ubermaasse  beigemengten  Wasser- 
Stoff  zu  (rennen,  so  musslen  wir  uns  vorläufig  auf  die  qualitative  Untersuchung 
beschränken,  aus  der  indessen  unzweifelhaft  hervorgegangen  ist,  dass  dieses 
selbstentzündliche  Gas  eine  Verbindung  von  Silicium  mit  Wasserstoffgas  ist. 

Wir  verschafften  uns  zu  diesem  Zweck  grössere  Quantitäten ,  bis  sn 
300  CC.  des  Gasgemenges.  Sie  wurden  in  einer  am  oberen  Ende  durch  pinen 
Hahn  verschliessbaren  Glasglocke  gesammelt  Liess  man  dieses  Gas  durch  die 
Öffnung  des  Hahns  unmittelbar  in  die  Luft  austreten,  so  entzündete  es  sich 
gewöhnlich  von  selbst  und  verbrannte  mit  weisser  leuchtender  Flamme,  indem 
sieb  an  dem  Rande  der  Ausmündung  ein  weisser  Anflug  absetzte,  der  sieh 
wie  Kieselerde  verhielt. 

Wenn  eine  Scheibe  von  weissem  -  Porcellan  gegen  die  Flamme  gehalten 
wurde,   so  bildeten  sich  darauf  Flecken,  je  nach  ihrer  Dicke  von  brännlich- 

Tt2 


332  H.  BÜFF  UND  F.  WÖHLER, 

gelber  bis  chocoladebrauner  Farbe.  Dieselben  veränderten  sich  nicht  in  der 
Löthrohrflamme ,  waren  in  Wasser  und  Säuren  unlöslich,  lösten  sich  aber  in 
Ätzkali  unter  Gasentwickelung.  Diese  Substanz  konnte  also  nur  aus  Silicium 
bestehen. 

Eine  andere  Menge  des  Gases  wurde  durch  ein  ll/2  Millimeter  weites 
Rohr  von  schwer  schmelzbarem  Glase  geleitet,  in  welches  man  zuvor  mehrere 
schmale  Streifen  Platin  gebracht,  dann  bis  zum  Erweichen  des  Glases  erhitzt 
hatte.  Die  Platinfläche  so  wie  die  Glaswände  bedeckten  sich  mit  dem  vor- 
erwähnten braunen  Anfluge,  der  auf  dem  Glase  spiegelnd  erschien  und  gleich 
dem  aus  der  Flamme  abgeschiedenen  die  characteristischen  Eigenschaften  des 
amorphen  Siliciums  zeigte.  Das  der  äusseren  Mündung  des  Glasrohrs  ent- 
strömende Gas  entzündete  sich  jetzt  nicht  mehr  von  selbst.  Angezündet  war 
seine  Flamme  gleichwohl  heller  als  die  des  reinen  Wasserstoffs;  auch  bildete 
sie  noch  immer  einen  weissen  Nebel.  Ein  Theil  des  leicht  entzündlichen 
Gases  schien  hiernach  zurückgeblieben  zu  sein,  obschon  die  grössere  Menge 
augenscheinlich  unter  Abscheidung  von  Silicium  zersetzt  worden  war.  Die 
Gewichtszunahme  des  Glasrohrs  betrug  dessenungeachtet  nur  4,5  Milligrm.  auf 
250  CC.  des  ursprünglichen  Gasgemenges. 

Bei  einer  Wiederholung  dieses  Versuchs  wurde  das  aus  dem  erhitzten 
Glasrohr  strömende  Gas  über  Salzwasser  in  einer  graduirten  Glocke  aufge- 
fangen. Es  schien  sein  anfängliches  Volum  nicht  geändert  zu  haben.  Sicher 
liess  sich  darüber  nicht  entscheiden,  weil  in  der  Röhrenverbindung  beider 
Glocken  etwas  Luft  zurückgeblieben  war,  und  weil  als  Verbindungsstücke 
Cautschuckschläuche  angewendet  werden  mussten.  Kleine  Volumänderungen 
konnten  daher  der  Wahrnehmung  entgangen  sein.  Mit  Hülfe  des  folgenden 
genaueren  Verfahrens  zeigte  sich,  dass  in  der  That  eine  geringe  Volumvermeh- 
rung stattgefunden  hatte. 

Es  wurden  183  CC.  des  Gases  bei  23°,2  C.  und  unter  331"',1  Druck  in 
einer  33mm  weiten,  graduirten  Glasglocke  gesammelt.  Letztere  stand  in  einem 
hohen,  mit  Salzwasser  gefüllten  Cylinderglase.  In  diese  Glocke  wurde  von 
unten  ein  dünner  Plalindraht  eingeschoben,  dessen  beide  Enden  um  dickere, 
in  gebogene  Glasröhren  geschmolzene  Platinstücke  gewickelt  waren.  Die 
doppelschenkelig  gebogenen  Röhren  enthielten  Quecksilber  und  gestatteten  da- 


ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN  DES  SILICIDHS.  333 

durch  eine  leitende  Verbindung  des  Drahts  nach  Aussen.  Diese  Anordnung 
war  getroffen  worden,  urp  den  dünnen,  sich  fast  durch  die  ganze  Länge  der 
Glocke  in  doppelter  Linie  erstreckenden  Draht  mittelst  des  electrischen  Stroms 
zum  Glühen  bringen  zu  können.  Die  Erreichung  dieses  Zwecks  wurde  in- 
dessen durch  den  bekannten  abkühlenden  Einfluss  des  Wasserstoffs  über  alle 
Erwartung  erschwert,  und  erforderte  einen  Strom,  dessen  Stärke  diejenige, 
wobei  derselbe  Draht  in  der  Luft  zum  Glühen  kam,  um  mehr  als  das  Drei- 
fache übertraf.  Während  des  Glühens  bedeckte  sich  der  Draht  seiner  ganzen 
Länge  nach  mit  Silicium.  Leider  wurde  aber  auch  die  Innenwand  der  Glas- 
glocke theilweise  mit  einem  dünnen  Anfluge  davon  bedeckt,  wodurch  die 
Hoffnung,  auf  diesem  Wege  zugleich  eine  genauere  Gewichtsbestimmung  des 
Siliciumgehaltes  zu  gewinnen,  getäuscht  wurde.  Nach  dem  vollständigen  Er- 
kalten des  Glases  ergab  sich  bei  21°  Lufttemperatur  und  unter  331 '",54  Druck 
ein  Gasvolum  von  190  CC,  welches  sich  nach  mehrmals  wiederholtem  Er- 
glühen des  Platindrahts  und  Abkühlung  nicht  weiter  änderte.  Der  Zutritt  von 
Sauerstoff  zu  demselben  bewirkte  unmittelbar  keine  Entzündung  mehr,  und 
als  dieselbe  durch  erneuertes  Glühen  des  Platindrahts  herbeigeführt  wurde, 
bildeten  sich  keine  weissen  Nebel.  Das  selbstentzündliche  Gas  war  also  unter 
Abscheidung  von  Silicium  vollständig  zerstört  worden.  Die  beiden  gemessenen 
Gasvolume  auf  0°Mind  33ö"',9  Druck  reducirt,  gaben  165,76  und  173,61  CC. 
Das  anfängliche  Volum  hatte  also  durch  Entfernung  seines  Siliciumgehaltes  um 
7,85  CC.  zugenommen.  In  einem  andern  Falle  waren  70,66  CC.  des  Gasge- 
menges in  74,79  reinen  Wasserstoff  verwandelt  worden. 

Diese  Erfahrungen  sind  leider  unzureichend,  um  über  die  quantitative 
Zusammensetzung  des  selbstentzündlichen  Gases  Aufschluss  zu  geben;  doch 
dürfen  wir  als  ausgemacht  betrachten,  dass  dieses  Gas  eine  Verbindung  ist 
von  Silicium  mit  Wasserstoffgas ,  dessen  Volum  dabei  eine  Verdichtung  er- 
halten  hat. 

Das  Silicium- Wasserstoffgas  ist  in  reinem,  luftfreiem  Wasser,  gleich 
wie  im  Salzwasser  unlöslich.  Verdünnte  Schwefelsäure  und  Salzsäure  lassen 
dasselbe  unverändert.  Mit  Ätzkalilösung  geschüttelt  wird  es  schon  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  zersetzt,  und  zwar  unter  Vermehrung  des  Gasvolums. 
Mit  Chlor  entzündet  es  sich  ähnlich  und  selbst  noch  leichter  als  mit  Sauerstoff. 


334  H.  BDFF  UND  F.  WÖHLER, 

Aus  den  Lösungen  des  Chlorkaliums,  Chlorammoniums,  des  Eisen-  und 
Manganchlorürs  und  selbst  des  Chloraluminiums  entwickelt  das  Aluminium  als 
positiver  Pol,  ähnlich  wie  aus  Salzwasser,  ein  Gemenge  von  Wasserstoffgas 
mit  wenig  Silicium-Wasserstoffgas.  Auch  in  Salzsäure,  so  weil  verdünnt,  dass 
sie  das  Aluminium  für  sich  nur  wenig  angreift,  entstand  unter  Mitwirkung  des 
Stroms  sogleich  eine  starke  Entwicklung  von  Wasserstoffgas  mit  einzelnen 
Blasen  von  Siliciumwasserstoffgas  das  sich  an  der  Luft  entzündete. 

Wir  haben  eine  grosse  Zahl  von  Versuchen  gemacht,  die  Bildung  des 
Sfliciumwasserstoffs  auf  rein  chemischem  Wege  in  die  Gewalt  zu  bekommen, 
ohne  aber  bis  jetzt  den  Zweck  zu  erreichen.  Nur  noch  auf  eine  Art  haben 
wir  seine  Bildung,  wiewohl  nur  in  kleiner  Menge,  beobachtet,  nämlich  bei 
der  Auflösung  von  siliciumhaltigem  Aluminium  in  verdünnter  Chlorwasserstoff- 
Säure.  Wird  das  sich  entwickelnde  und  durch  Chlorcalcium  getrocknete  Was- 
serstoffgas angezündet ,  so  brennt  es  mit  leuchtenderer  Flamme  als  reines  Wasser* 
stoffgas,  und  hält  man  gegen  dieselbe  eine  kalte  Glasfläche,  so  bildet  sich 
darauf  ein  weisser  Hauch  von  Kieselerde  und  selbst  zuweilen  ein  bräunlicher 
Hauch  von  Silicium.  Treibt  man  das  getrocknete  Gas  durch  ein  an  einer 
Stelle  glühendes  enges  Glasrohr,  so  bildet  sich  hier  ein  sehr  deutlicher  brauner 
Spiegel  von  Silicium.  Nie  aber  erhielten  wir  auf  diese  Weise  ein  an  Silicium- 
wasserstoff  so  reiches  Gas,  dass  es  sich  von  selbst  entzündete,  selbst  wenn 
wir  ein  Aluminium  anwandten,  das  durch  Schmelzen  mit  Wasserglas  und 
Kryolitb  mit  Silicium  übersättigt  war.  Wir  vermuthen,  dass  das  den  electro- 
lytischen  Vorgang  begleitende  Siliciumwasserstoffgas  einen  gleichen  Ursprung 
bat,  dass  nämlich  in  beiden  Fällen  Wasserstoff  im  Eutstehungsaustand^  mit  dem 
im  Aluminium  enthaltenen  Silicium  in  Berührung  kommt  Jedoch  scheint  nut* 
die  mit  dem  Aluminium  chemisch  verfcv&dene  kleine  Menge  Silicium,  und  nicht 
das  bloss  eingetneagte  die  Verbindung  mit  dem  Wasserstoff  eingehen  zu  kön- 
nen, denn  die  bei  weitem  grössere  Menge  des  Siliciums  fällt  während  der 
Auflösung  des  Aluminiums  davon  ab,  tkeils  in  Gestalt  krystalünischer  Blättchen, 
theils  als  feines  sohwaraes  Pulver. 

Wenn  das  Aluminium,  sei  es  mit  rein  metallischer  Oberfläche  oder 
bereits  schob  mit  Silicium  überdeckt,  •  als  negativer  Pol  einer  galvanischen 
Kette  in  eine  Salalösang  getaucht  wirft* r  so  bildet  sich  keine  Spur  von  selbst*- 


ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN   DES  SIL1GIÜMS.  335 

entzündlichemGase,  das  Aluminium  wird  nicht  angegriffen  und  verliert  nichts 
von  seinem  Gewichte. 

Die  sonderbare  Eigenschaft  des  Aluminiums,  in  den  Lösungen  vieler 
Chlorsalze,  in  welchen  es  für  sich  unauflöslich  ist,  sowohl  als  negativer  wie 
als  positiver  Pol  einer  galvanischen  Kette  Wasserstoffgas  auszuscheiden,  eine 
Eigenschaft,  die,  soweit  uns  bekannt ,  ohne  Analogie  ist,  kann  nur  die  Folge 
sein  eines  vom  rein  electrolytischen  Vorgange  in  secundärer  Abhängigkeit 
stehenden  Processes.  Darauf  deutet  zunächst  der  Umstand  hin,  dass  die  Gas- 
mengen an  beiden  Polen  in  keinem  einfachen  und  ganz  unveränderlichen  Ver- 
hältnisse zu  stehen  scheinen.  In  der  folgenden  Tafel  sind  einige  der  von 
uns  ausgeführten  Messungen  zusammengestellt.  Die  bezeichneten  Ablenkungen 
beziehen  sich  auf  die  Nadel  einer  Tangentenbussole,  haben  jedoch  nur  eine 
approximative  Geltung,  da  man  kein  Gewicht  darauf  legte,  die  Stromstärke 
im  Laufe  eines  Versuchs  absolut  unveränderlich  zu  erhalten. 


Ablenkung  der  Nadel 

in  uraden               " 

Wasserstoffgas 
—  Pole 

in  CC.  am 
+  Pole 

Verhiltniss  beider 

Gasmengen 

wie    100   zu 

10<>,9 

23,4 

5,5 

23,50 

20°,7 

27,1 

6,0 

22,14 

29°,0 

39,5 

8,25 

20,88 

34<>,0 

31,5 

9,75 

30,95  (*) 

35°,0 

695,6 

165,8 

23,83 

46°,0 

52,5 

11,5 

21,90 

48°,0 

52,0 

12,0 

23,08. 

Mit  einziger  Ausnahme  des  vierten  mit  (#)  bezeichneten  Versuchs  ent- 
hielt das  Gas  des  positiven  Pols  stets  Silicium -Wasserstoff.  Bei  diesem  Verv 
suche  war  nur  eine  kleine  Aluminiumfläche  dem  Strom  ausgesetzt  worden,  die 
Zersetzung  ging  unter  starker  Erwärmung  vor  sich,  und  in  Folge  der  Erhitzung 
der  Flüssigkeit  dauerte  die  Gasentwickelung  auch  nach  Unterbrechung  des 
Stroms  mit  abnehmender  Stärke  noch  einige  Zeit  fort.  In  allen  übrigen  Fällen 
hätten  durch  Ausscheidung  des  Siliciums  die  in  der  vierten  Spalte  enthaltenen 
Zahlen  noch  etwas  zunehmen  müssen.  So  erhielt  man  im  fünften  Versuche 
aus  165,8  CC.  Gas  durch  Abscheidung  des  Siliciums  173,6  CC,  was  fast 
genau   %   von  dem   am   negativen  Pole  gesammelten  Gase   ausmacht.      Die 


336  IL  BDFF  UND  F.  WÖHLKR, 

Messungen  waren  mit  grosser  Sorgfalt  ausgeführt  und  auf  0°  und  336 '",9 
reducirt.  Doch  mag  das  Verhältniss  4 :  1  nur  ein  zufälliges  sein.  Jedenfalls 
sehen  wir  bis  jetzt  keinen  nothwendigen  Grund  dafür  ein. 

Die  Gewichtsmenge  des  aufgelösten  Aluminiums  ist  mehrmals  mit  der 
Wirksamkeit  des  electrolytischen  Vorgangs,  als  deren  Alaass  das  Volum  des 
am  negativen  Pole  entwickelten  Wasserstoffs  dienen  konnte,  verglichen  wor- 
den.     So  wurde  erhalten: 

Wasserstoffgas  bei  0°  und  unter  GewichUrerlust  des  Alumini umdrahti 

336"',9  Druck  in  Milligrm. 

CC.  Milligrm.  gefunden  berechnet 

51,9  4,65  53,5  42,5 

222.2  19,90  247,8  181,8 

240.3  21,50  257,6  196,6. 

Der  berechnete  Gewichtsverlust  entspricht  der  Annahme,  dass  3  Aqui- 
valente  des  am  Aluminium  sich  abscheidenden  Chlors  sich  mit  2  Aq.  Aluminium 
zu  Aluminiumchlorid  verbanden.  Die  wirkliche  Gewichtsabnahme  betrug  aber 
reichlich  um  l/+  mehr.  Nur  ein  kleiner  Theil  dieses  Unterschiedes  kann  auf 
Rechnung  des  während  der  Auflösung  des  Aluminiums  sich  gleichzeitig  los- 
reissenden  Siliciums  gebracht  werden.  Die  beiden  ersten  Versuche  waren 
mit  einem  Drahte  ausgeführt  worden,  der  nur  Spuren  von  Silicium  enthielt 
Der  bei  dem  dritten  Versuche  •  benutzte  Draht  enthielt  6,25  pC.  Silicium.  Im 
Gewichtsverluste  konnten  hiernach  ungefähr  16  Milligrm.  Silicium  eingeschlossen 
sein.  Damit  stimmte  die  directe  Bestimmung  gut  überein.  Man  hatte  nämlich 
die  electrolytische  Auflösung  des  Drahts  in  einer  besonderen  porösen  Zelle 
(gebildet  aus  einem  weiten  Glasrohr,  dessen  untere  Öffnung  mit  Blase  um- 
bunden  war)  vor  sich  gehen  lassen,  wodurch  es  leicht  wurde,  die  Abfälle 
zu  sammeln,  nach  sorgfältigem  Auswaschen  unter  der  Luftpumpe  zu  trocknen 
und  zu  wägen.  Man  fand  13  Milligrm.  Diese  Masse  enthielt  kein  Aluminium 
mehr,  denn  Salzsäure  löste  nichts  davon  auf.  Ausglühen  bewirkte  keine 
Änderung  des  Gewichtes.  Da  höchstens  einige  Milligramme  Silicium  in  Ver- 
bindung mit  Wasserstoff  fortgegangen  sein  konnten,  so  nahmen  wir  16  Milligrm. 
als  den  Siliciumgehalt  des  Gewichtsverlustes  der  Aluminiummasse.  Das  wirk- 
lich aufgelöste  Aluminium  betrug  demnach  257,6—16  =  241,6,  während  als 
Aluminiumchlorid  nur  196,6  hatte  aufgenommen  werden  können.     Der  Unter- 


\ 


ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN  DES  SILICIUHS.  337 

schied  von  45  Gewichtstheilen,  d.  h.  nahe  y4  der  berechneten  Menge,  konnte 
sich  nicht  mit  Chlor  verbunden  haben,  und  musste  folglich  in  Form  von 
Thonerde  in  die  Flüssigkeit  übergegangen  sein. 

Hierdurch  nun  erklärt  sich  die  Bildung  von  Wasserstoffgas  am  positiven 
Pole,  deren  Menge  ebenfalls  beiläufig  %  von  dem  electroly tisch  abgesetzten 
Wasserstoff  ausmachte. 

In  den  unlöslichen  Abfällen  des  positiven  Pols  fand  sich  keine  Thonerde; 
dieselbe  musste  sich  folglich  mit  dem  gleichzeitig  entstandenen  Chloraluminium 
zu  einem  im  Wasser  löslichen  basischen  Aluminiumchlorid  vereinigt  haben. 
In  der  That  lässt  sich  die  Existenz  einer  solchen  Verbindung  leicht  darthun. 

Das  Aluminium  wird,  wie  bereits  bemerkt  wurde,  in  reiner  Salzlösung 
äusserst  wenig,  jedoch  unter  Abscheidung  von  Thonerdehydrat  angegriffen. 
Nimmt  man  anstatt  der  reinen  Salzlösung  eine  solche,  in  welcher  durch  den 
electrischen  Strom  in  einer  besonderen,  den  positiven  Pol  umschliessenden 
porösen  Zelle  sich  Chloraluminium  gebildet  hatte,  worin  also  in  keinem  Falle 
freie  Säure,  aber  auch  kein  freies  Alkali  enthalten  sein  konnte,  so  wird  ein 
Aluminiumdraht,  zumal  in  der  Hitze,  merklich  mehr  als  in  reiner  Salzlösung 
angegriffen.  Gleichwohl  entsteht  kein  Niederschlag  von  Hydrat.  Dagegen 
verschwindet  das  in  reiner  Salzlösung  erzeugte  Hydrat,  wenn  chloraluminium- 
haltige  Salzlösung  zugesetzt  und  damit  geschüttelt,  oder  wenn  das  Gemische 
erwärmt   wird. 

Ebenso  wird  der  in  einer  Lösung  von  sublimirtem  Chloraluminium  durch 
Zusatz  einiger  Tropfen  Ammoniak  gebildete  Niederschlag  durch  Schütteln,  oder 
rascher  durch  Erwärmen  in  Menge  wieder  aufgenommen,  und  Aluminium  wird 
in  einer  Lösung  dieses  Salzes  unter  Wasserstoffgas  -  Entwicklung  in  Menge 

aufgelöst. 

Wenn  man  die  Eleclrolyse  des  Salzwassers  in  zweien  durch  eine  poröse 
Wand  getrennten  Zellen  vor  sich  gehen  lässt,  dann  die  Flüssigkeiten  beider 
Zellen  vermischt,  so  wird  das  am  positiven  Pole  dargestellte  basische  Chlor- 
aluminium  durch  das  am  negativen  Pole  entstandene  Atznatron  vollständig 
ausgefällt. 

Das  Auftreten  von  Wassersloffgas  am  electropositiven  Aluminiumdraht  in 
Kochsalzlösungen  Hess  uns  anfänglich  vermuthen,  dass  unter  Vermittelung  des 
Phys.  Classe.   VII.  Uu 


338  H.  BUFF   DND  F.  WÖHLER, 

electriscben  Stroms  ein  Aluminium -Chlorür  gebildet  werde  das  dann  durch 
die  Berührung  mit  Wasser  unter  WasserstofTentwickelung  sieb  theilweise  in 
Thonerde  umwandle.  Wir  mussten  jedoch  diese  Annahme  wieder  fallen  lassen, 
indem  es  uns  auf  keinem  anderen  Wege  gelungen  ist,  dieses  hypothetische 
Chlorür,  sei  es  für  sich  oder  in  Verbindung  mit  andern  Körpern ,  darzustellen. 
Wir  erhielten  es  z.  B.  nicht,  als  wir  durch  ein  mit  Aluminiumstücken  gefülltes, 
bis  kaum  zum  Glühen  erhitztes  Glasrohr  ChlorwasserstoiFgas  leiteten,  welches 
dabei  sehr  leicht  und  vollständig  zersetzt  wurde,  aber  unter  Bildung  des  ge- 
wöhnlichen Chloraluminiums,  Al2€l3. 

Es  scheint  somit,  dass  die  leichte  Auflöslichkeit  des  basischen  Chlor- 
aluminiums die  einzige  Ursache  ist,  warum  unter  dem  Einflüsse  des  Stroms 
das  Aluminium  als  positiver  Pol  einer  Kette  in  grösserer  Menge  aufgelöst  wird, 
als  sich  mit  dem  an  seiner  Oberfläche  eleclrisch  abgesetzten  Chlor  direct 
verbinden  kann. 

Die  in  dem  Vorhergehenden  beschriebenen  Untersuchungen  über  das 
Siliciumwasserstoffgas  veranlassen  uns,  wie  schon  erwähnt,  zu  Versuchen, 
dieses  merkwürdige  Gas  auch  ohne  Mitwirkung  des  electriscben  Stroms  zu 
erzeugen.  Diese  Versuche  führten  nicht  zum  Ziel,  sie  führten  uns  aber  zur 
Entdeckung  einer  Reihe  anderer  neuer  Silicium -Verbindungen,  die  wir  in  dem 
Folgenden  beschreiben  wollen. 

2.     Siliciumchlorür-Chlorwasserstoff, 

Sia€15  +  2H€L 

Dieser  Körper,  eine  flüchtige  Flüssigkeit,  entsteht,  wenn  man  kryslallini- 
sches  Silicium  bis  kaum  zum  Glühen  in  einem  Strom  von  ChlorwasserstoiFgas 
erhitzt.  Man  schüttet  das  Silicium  in  ein  langes  Glasrohr,  worin  man  es  der 
ganzen  Länge  nach  ausbreitet,  verbindet  das  eine  Ende  mit  einem  Entwicke- 
lungs- Apparat  für  woblgetrocknetes  Chlor wasserstofTgas,  das  andere  mit  einem 
langschenkligen  U-förmig  gebogenen  Rohr,  das  man  durch  ein  Gemenge  von 
Eis  und  Kochsalz  abgekühlt  erhält  und  versehen  mit  einem  Gasableitungsrohr, 
dessen  Mündung  trichterförmig  erweitert  ist.  Letzteres  taucht  in  ein  grosses 
Gefäss  voll  Wasser,   abgekühlt  bis  zu  0°. 

Sobald  der  Apparat  mit  Salzsäuregas  erfüllt  ist,    umlegt  man  das  Rohr 


Ober  neue  Verbindungen  des  silicidms.  339 

mit  glühenden  Kohlen  und  erhitzt  es  bis  noch  nicht  zrnn  sichtbaren  Glühen. 
Es  ist  wichtig,  die  Temperatur  auf  diesem  niedrigsten  erforderlichen  Grad  zu 
erhalten,  weil  bei  höherer  viel  gewöhnliches  Siliciurachlorid  gebildet  wird. 
Das  Gas  wird  sehr  leicht  zersetzt  und  fortwährend  gehen  nun  Blasen  von 
entzündbarem  Wasserstoffgas  durch  das  vorgeschlagene  Wasser,  in  dem  sich 
zugleich  durch  Zersetzung  von  nicht  condensirtem,  mit  dem  Wasserstoffgas  weg- 
geführten Chlorttr  eine  weisse  Substanz  in  Menge  abscheidet,  welche  die  Mün- 
dung der  Röhre  verstopfen  würde,  wenn  sie  nicht  erweitert  wäre  und  die 
man  selbst  dann  noch  durch  Einführung  eines  gebogenen  Platindrahts  offen 
erhalten  muss.  Diese  Substanz  ist  ein  neues  Siliciumoxyd ,  das  man  hierbei 
als  Nebenproduct  erhält.  Um  es  unzersetzt  zu  erhalten,  muss  man  das  Wasser 
stets  bis  0°  abgekühlt  erhalten  oder  dasselbe,  wenn  es  sich  erwärmt,  durch 
neues  ersetzen. 

Nach  beendigter  Operation  findet  man  das  Chlorür  in  dem  U-Rohr.  Es 
ist  gewöhnlich  trübe  und,  wie  es  scheint,  etets  ein  Gemenge  von  mehreren 
Verbindungen.  Man  unterwirft  es  daher  einer  fractionirten  Destillation,  indem 
man  den  einen  Schenkel  des'  U-Rohrs  mit  einem  Kork  verschliesst  und  den 
anderen  mit  einer  gebogenen  Glasröhre  versieht ,  die  in  ein  mit  Eis  abgekühltes 
an  einer  Stelle  verengtes  und  daher  leicht  zuschmelzbares  Rohr  führt.  Auch 
fanden  wir  es  zweckmässig,  als  Condensationsgefäss  bei  "der  Bereitung  eine 
kleine  tubulirte  Retorte  anzuwenden,  deren  Hals  dünn  ausgezogen  und  abwärts 
gebogen  war,  und  aus  der  dann  die  Rectification  um  so  leichter  geschehen 
konnte.  Diese  geschah  im  Wasserbade  mit  eingesenktem  Thermometer.  Das 
Sieden  begann  gewöhnlich  bei  28  bis  30°,  die  Temperatur  stieg  aber  rasch 
bis  zu  40  bis  43°,  wobei  sie  sich  am  längsten  erhielt.  Die  dabei  überdestil- 
lirende  Portion,  die  den  grössten  Theil  ausmachte,  fingen  wir  für  sich  auf. 
Wir  halten  sie  für  das  HauptproducL  Auf  das,  was  überging,  als  sich  der 
Siedepunct  zuletzt  bis  zu  92°  erhöht  hatte,  kommen  wir  weiter  unten  zurück. 

Das  Siliciumchlorür ,  wie  wir  es  der  Kürze  wegen  nennen  wollen,  ist 
ein  farbloses  Liquidum,  sehr  leicht  beweglich,  an  der  Luft  stark  rauchend, 
Alles  mit  einem  weissen  Hauch  bedeckend  und  erstickend  riechend.  Sein  Siede- 
punct ist  bei  42°,  sein  spec.  Gewicht  =  1,65.  Doch  können  beide  Zahlen 
nicht  auf  Genauigkeit  Anspruch  machen,   sie  sind  nur  als  Approximationen  zu 

Uu2 


340  H.  BÜFF  UND  F.  WÖHLER, 

betrachten  und  müssen  mit  Anwendung  grösserer  Mengen  Materials,  als  uns 
zu  Gebote  stand,  genauer  controlirt  werden.  Den  electrischen  Stropi  leitet  es 
durchaus  nicht.  Sein  Dampf  ist  so  leicht  wie  Atherdampf  entzündlich  und  es 
brennt  dann  mit  schwach  leuchtender  grünlicher  Flamme  unter  Verbreitung 
von  Dampf,  von  Kieselsäure  und  Chlorwasserstoffsäure  von  selbst  fort.  Lässt 
man  einige  Tropfen  in  einem  Verpuffungsrohr  zu  Quecksilber  über  Sauerstoffgas 
treten  und  darin  abdunsten,  so  lässt  sich  das  Gasgemenge  durch  den  electri- 
schen Funken  leicht  entzünden  und  explodirt  sehr  heftig  mit  weissem  Feuer, 
indem  sich  die  innere  Wand  des  Rohrs  mit  weisser  Kieselsäure  belegt.  Das 
rückständige  Gas  ist  rauchend  und  enthält  Siliciumchlorid  und  Chlorwasserstoff- 
gas. Diese  Verbrennungen  beruhen  also  darauf,  dass  die  Hälfte  des  Siliciuras 
zu  Kieselsäure  oxydirt  wird. 

Wird  der  Dampf  des  Chlorürs  durch  ein  langes  glühendes  Rohr  geleitet, 
so  wird  es  sehr  leicht  zersetzt,  in  amorphes  Silicium,  welches  als  brauner 
Spiegel  das  ganze  innere  Rohr  .auskleidet,  und  in  Siliciumchlorid  und  Chlor- 
wasserstoffgas. Dieses  Verhallen  zeigt,  warum  man  bei  seiner  Bereitung  das 
Rohr  nicht  bis  zum  Glühen  erhitzen   darf. 

Wird  der  Dampf  des  Chlorürs  über  schmelzendes  Aluminium  geleitet, 
so  wird  es  mit  grosser  Leichtigkeit  zersetzt,  es  wird  eine  Menge  Wasserstoff- 
gas frei,  es  sublimirt  sich  Aluminiumchlorid  und  das  Aluminium  findet  man 
nachher  mit  einer  leicht  ablösbaren  Rinde  von  schwarzem,  krystallinischein 
Silicium  bedeckt.  Die  innere  Wand  des  Rohrs  belegt  sich  ausserdem  mit 
dunkelbraunem  amorphem  Silicium  von  der  durch  die  Hitze  für  sich  bewirkten 
Zersetzung  eines  Theils  des  Chlorürs.  Dieses  Verhalten  war  es,  welches  uns 
die  wahre  Zusammensetzung  des  Chlorürs  verrieth,  das  wir  Anfangs  nach  den 
Analysen  für  Si2€15  zu  halten  geneigt  waren,  indem  die  2  Wasserstoff- 
äquivalente,  die  nur  0,9  Proc.  ausmachen,  das  relative  Verhältniss  zwischen 
Chlor  und  Silicium  nach  Procenten  kaum  merklich  ändern.  Diese  Zusammen- 
setzung erklärte  auch,  warum  wir  es  nicht  erhalten  konnten,  als  wir  den 
Dampf  des  gewöhnlichen  Chlorids,  Si€l3,   über  erhitztes  Silicium  leiteten. 

Mit  Wasser  zersetzt  es  sich  momentan  unter  starker  Erhitzung  in  Chlor- 
wasserstoffsäure und  weisses  Oxyd,  sehr  verschieden  im  Ansehen  von  Kiesel- 
säure  durch   seine   weisse,    nicht  gelatinöse  Beschaffenheit.      Stellt  man   eine 


Ober  nede  Verbindungen  des  siliciums.  341 

kleine  Schaale  voll  über  eine  Wasserfläche  nnd  überdeckt  das  Ganze  mit  einer 
Glocke,  so  ist  es  nach  kurzer  Zeit  verschwanden  und  die  Wasserfläche  mit 
einer  dicken  Rinde  von  weissem  Oxyd  bedeckt 

Von  Alkohol  und  von  Äther  wird  das  Gas  des  Chloriirs,  wie  wir  einige 
Mal  bei  der  Bereitung  beobachteten,  in  grosser  Menge  ohne  Abscheidung  von 
Oxyd  absorbirt.  Diese  Lösungen  rauchten  an  der  Luft  und  hinterliesien  beim 
Freiwilligen  Verdunsten  über  Schwefelsäure  und  Kalk  ein  theils  weisses  erdiges, 
theils  durchsichtiges  Oxyd,  welches  aber  eine  Atherverbindung  zu  enthalten 
schien. 

Die  Analysen  dieses  Chloriirs  waren  wegen  seiner  Flüchtigkeit  und 
leichten  Zersetzbarkeit  mit  der  Feuchtigkeit  der  Luft  mit  Schwierigkeiten  ver- 
knüpft, die  es  entschuldigen  mögen,  dass  die  gefundenen  Zahlen  nicht  tadellos 
mit  der  theoretischen  Formel  übereinstimmen.  Auch  lassen  wir  die  Analysen 
von  solchem  Chlorür  unerwähnt,  von  dem  wir  erst  nachher  mit  Gewissheit 
fanden,   dass  es  Chlorid  beigemengt  enthielt. 

I.  0,672  Chlorür  mit  Wasser  zersetzt,  das  Oxyd  abfiltrirt,  die  Lösung 
zur  Verwandlung  des  aufgelösten  Oxyds  in  Kieselsäure  mit  Ammoniak  schwach 
alkalisch  gemacht,  mit  Salpetersäure  sauer  gemacht  und  mit  salpetersaurem 
Silberoxyd  gefällt,   gaben  2,209  Grm.  geschmolzenes  Chlorsilber. 

IL  1,069  Grm.  Chlorür,  in  verdünntem  Ammoniak  gelöst,  die  Lösung 
im  Wasserbade  zur  Trockne  verdunstet,  die  Masse  mit  Wasser  behandelt,  die 
Kieselsäure  abfiltrirt  und  die  Lösung  mit  Silber  gefällt,  gaben  3,490  Grm.  ge- 
schmolzenes Chlorsilber  (die  Kieselsäure  ging  verloren). 

III.  1,463  Grm.  Chlorür,  mit  Ammoniak  zersetzt,  abgedampft  und  die 
Salzmasse  bis  zur  Verflüchtigung  des  Salmiaks  vorsichtig  erhitzt,  gaben  0,601 
Grm.  Kieselsäure. 

IV.  2,513  Grm.  auf  dieselbe  Art  behandelt,  gaben  1,016  Grm.  Kieselsäure. 
Verglichen  mit  der  aus  diesen  Analysen  abgeleiteten  Formel  geben  die 

obigen  Data  folgende  Zahlen: 


Theorie 

Gefunden 

A 

i. 

II.            Ul. 

tvT 

Si2 

19,180 



—      19,30 

18,98 

€15 

79,919 

81,26 

80,70     — 



»2 

0,901 

V           w» 

—        — 



UZ  H.  BUFF   UND   F.  WÖHLER, 

Die  zur  Analyse  I.  genommene  Portion  war  zwischen  45°  und  50°  über- 
gegangen, sie  enthielt  also  wahrscheinlich  Chlorid,  dessen  Siedepunkt  59°  ist 
und  welches  83,33  pC.  Chlor  enthält.  Nach  dem  gefundenen  Chlorgehalt 
könnte  sie  39,3  pC.  Chlorid  enthalten  haben,  was  wir  nur  anführen,  um  zu 
zeigen,  dass  dem  Chlorür  eine  bedeutende  Menge  Chlorid  beigemengt  sein 
kann,  ohne  dass  das  Yerhältniss  der  procentischen  Zusammensetzung  dadurch 
bedeutend  geändert  wird. 

3.  ,  Siliciumbromür-Brom Wasserstoff, 

Si2»r*  -f  2HBr. 

Es  wurde  mit  Anwendung  von  Bromwasserstoffgas  auf  dieselbe  Weise 
dargestellt  wie  das  Chlorür  und  bildete  sich  unter  denselben  Erscheinungen. 
Es  war  anfangs  gelb  gefärbt  durch  etwas  freies  Brom,  welches  durch  Behan- 
deln mit  Quecksilber  weggenommen  wurde. 

Es  ist  ein  farbloses,  an  der  Luft  sehr  stark  rauchendes  Liquidum.  Nach 
einer  approximativen  Wägung  ist  sein  spec.  Gewicht  2,5.  In  Wasser  umgiebt 
es  sich  augenblicklich  mit  einer  Hülle  von  Oxyd,  die  das  übrige  eine  Zeit 
lang  vor  der  Zersetzung  schützt. 

2,560  Grm.  Bromür  gaben  0,471  Kieselsäure,  entsprechend  einem  Gehalt 
von  8,63  pC.  Silicium.  Nach  der  obigen  Formel  miisste  es  9,76  enthalten. 
Das  Bromid  enthält  8,3.     Es  enthielt  also  wahrscheinlich  von  diesem  beigemengt. 

4.     Siliciumjodür-Jodwasserstoff, 

Si2P  +  2  HI. 

Die  Darstellung  geschah  wie  bei  den  beiden  anderen  Verbindungen,  nur 
war  hier  ein  Recipient  nicht  nöthig,  da  sich  das  Jodür  als  fester,  weniger 
flüchtiger  Körper  schon  in  dem  absichtlich  lang  gelassenem  Ende  des  Glührohrs 
condensirte. 

Das  Jodür  bildet  eine  dunkelrothe,  spröde  Masse,  die  an  der  Luft  stark 
raucht  und  dabei  anfangs  lebhaft  zinnoberroth,  zuletzt  schneeweiss  wird.  Es 
ist  leicht  schmelzbar  und  erstarrt  beim  Erkalten  krystallinisch.  Stärker  erhitzt 
geräth  es  ins  Sieden  und  destillirt  über.  Ob,  wie  es  schien,  sein  Gas  gefärbt 
ist,    konnten   wir  nicht  mit  Sicherheit  sehen.      Von  Wasser,    worin   es   sich 


Ober  neue  Verbindungen  des  siliciüm9.  343 

augenblicklich  zinnoberroth  färbt,  wird  es  nur  langsam  zersetzt  In  Schwefel- 
kohlenstoff ist  es  in  grosser  Menge  mit  blutrother  Farbe  löslich.  Wird  diese 
Lösung  durch  Destillation  concentrirt,  so  scheidet  es  sich  beim  Erkalten  in 
dunkelrothen  Krystallen  aus. 

I.  Zur  Bestimmung  des  Siliciumgehalts  wurden  2.379  Grm.  Jodür  in 
Wasser  gelöst,  zur  Trockne  verdunstet  und  der  Rückstand  geglüht.  Gaben 
0,316  Kieselsäure. 

IL  Zur  gleichzeitigen  Bestimmung  des  Siliciums  und  des  Jods  wurden 
2,513  Gr.  von  einer  anderen  Bereitung  in  reiner  Natronlauge  aufgelöst,  bereitet 
durch  Oxydation  von  Natrium  auf  Wasser.  Die  Auflösung  des  Jodürs  fand 
bis  auf  die  letzten  Antheile  unter  Wasserstoffgasentwickelung  statt.  Die  Flüs- 
sigkeit wurde  mit  gewaschenem  Kohlensäuregas  gesättigt  und  dadurch  ein 
grosser.  Tbeil  der  Kieselsäure  gefällt,  die  sich  leicht  abfiltriren  und  auswaschen 
Hess  und  nach  dem  Glühen  0,208  wog.  Die  abfiltrirte  Lösung  wurde  voll- 
ständig mit  Silberlösung  ausgefällt,  aus  dem  Niederschlage  das  kohlensaure 
Silber  durch  verdünnte  Salpetersäure  ausgezogen  und  das  Jodsilber  geschmolzen. 
Es  wog  4,440.  Die  von  demselben  abfiltrirte  Flüssigkeit  wurde  zur  Trockne 
verdunstet,  der  Rückstand  nahe  bei  Glühhitze  geschmolzen ,  die  Masse  in  ver- 
dünnter Salpetersäure  gelöst  und  die  Kieselsäure  abfiltrirt.  Sie  wog  0,091. 
Die  ganze  Menge  der  Kieselsäure  also  0,299. 

Gefunden 


Theorie 

i. 

ii. 

Si2 

6,26 

6,22 

5,59 

15 

93,44 



94,11 

H* 

0,30 

•  — 



Das  Siliciumjodid,  Sil?,  enthält  94,72  Jod  und  5,28  Silicium. 

Höchst  wahrscheinlich  existirt  auch  eine  entsprechende  Fluorrerbindung. 
Wir  haben  darüber  keine  Versuche  gemacht  in  Betracht  der  voraussichtlichen 
Schwierigkeiten  wegen  der  anzuwendenden  Gefässe  und  der  Gefahr,  mit  Fluss- 
säuredämpfen zu  operiren. 

Ehe  wir  wussten,  dass  diese  Verbindungen  Wasserstoff  enthalten,  er- 
hitzten wir  Silicium  in  Fluorkieselgas  bis  zum  Glühen.  Es  war  ohne  alle 
Einwirkung.    Dasselbe  Resultat  erhielten  wir,  als  wir  Silicium  in  dem  Dampf 


344  H.  BUFF   UND  F.  WOHLER, 

von  Cyanwasserstoff  und  in  Schwefel  wasserstoffgas  theils  bis  zum  nahen,  tbeils 
bis  zum  vollen  Glühen  erhitzten.  Auch  war  Schwefelwasserstoffgas  ohne 
Wirkung  auf  das  Chlorür. 

5.     Siliciumoxydhydrat, 
Si208  +  2  HO. 

Es  entsteht  bei  der  Zersetzung  der  vorhergehenden  Verbindungen  mit 
Wasser.  Man  erhält  es,  wie  oben  erwähnt,  am  leichtesten  als  Nebenproduct 
bei  der  Bereitung  des  Chlorürs,  indem  man  das  mit  letzterem  gesättigte  Was- 
serstoffgas und  überschüssige  Salzsäuregas  in  Wasser  leitet.  Dieses  muss  bis 
zu  0°  abgekühlt  werden,  weil  sich  das  Oxyd  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
mit  dem  Wasser  zu  zersetzen  anfängt.  Nachdem  man  es  abfiltrirt  hat,  wäscht 
man  es  mit  eiskaltem  Wasser  aus,  legt  das  Fillrum  zwischen  Löschpapier, 
presst  es  allmälig  stark  aus  und  lüsst  es  dann  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
am  besten  über  Schwefelsäure  trocknen. 

Das  Siliciumoxydhydrat  ist  ein  schneeweisser,  amorpher  Körper.  Es  ist 
sehr  leicht  und  voluminös  und  schwimmt  auf  Wasser.  In  Äther  sinkt  es 
unter.  Von  Alkalien,  sowohl  caustischen  als  kohlensauren,  selbst  von  Am- 
moniak wird  es  unter  schäumender  Wasserstoffentwickelung  zu  kieselsaurem 
Alkali  aufgelöst  Säuren,  selbst  concentrirte  Salpetersäure,  sind  ohne  Wirkung 
darauf;  nur  von  Flusssäure  wird  es  unter  lebhafter  Wasserstoffen! Wickelung 
aufgelöst.  Es  kann  bis  300°  erhitzt  werden,  ohne  Wasser  zu  verlieren  oder 
sich  sonst  zu  verändern.  Stärker  erhitzt  entzündet  es  sich  und  verglimmt 
lebhaft  und  mit  phosphorescirendem  Licht,  indem  sich  zugleich  Wasserstoffgas 
entwickelt,  das  sich  mit  Explosion  entzündet.  In  Sauerstoffgas  erhitzt  verbrennt 
es  mit  glänzender  Feuererscheinung.  In  einem  bedeckten  Tiegel  erhitzt  ver- 
brennt es  ebenfalls,  aber  die  zurückbleibende  Kieselerde  ist  dann  mehr  oder 
weniger  braun  von  amorphem  Silicium  und  die  Wände  des  Tiegels  findet  man 
mit  einem  Beschlag  von  Kieselsäure  belegt.  Bei  näherer  Untersuchung  dieses 
Verhaltens  zeigte  es  sich,  dass  dieses  Hydrat  beim  Erhitzen  in  der  That 
Silicium  wasserstoffgas  entwickelt,  aber  leider  erst  bei  einer  Temperatur,  wobei 
dieses  selbst  wieder  grossenlheils  zersetzt  wird.  In  einer  Röhre  erhitzt  ent- 
wickelt es  ein  an  der  Luft  rauchendes  Gas,    das  sich  aber  wegen  des  beige* 


ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN  DES  SILICIUMS.  345 

mengten  Wasserstoffgases  an  der  Luft  nicht  von  selbst  entzündet.  Angezündet 
verbrennt  es  aber  unter  Abscheidung  von  Kieselsäure.  Die  Kieselsäure  in  der 
Röhre  ist  braun  von  Silicium.  Als  das  Hydrat  in  einem  Strom  von  Wasser- 
stoffgas getrocknet  und  zum  Glühen  erhitzt  und  das  weggehende  Gas  durch 
eine  enge,  an  einer  Stelle  glühende  Röhre  geleitet  wurde ,  belegte  sich  diese 
hier  mit  einem  braunen  Spiegel  von  Silicium,  und  das  Gas,  angezündet ,  ver- 
brannte unter  Ablagerung  eines  Hauchs  von  Kieselsäure  auf  einer  dagegen 
gehaltenen  Glasfläche.  Die  im  Rohr  zurückbleibende  Kieselsäure  war  durch 
Silicium  braun  gefärbt,  und  die  innere  Wand  des  Rohrs  selbst  war  mit  einer 
dünnen  Lage  von  braunem  Silicium  belegt.  3  Aq.  Oxyd  =  3  (Si203  -j-  2  HO} 
könnten  5Si03,  58  und  1  SiH  geben,  vorausgesetzt,  dass  das  Siliciumwas- 
serstoffgas  wirklich  diese  Zusammensetzung  hätte. 

Das  Siliciumoxydhydrat  ist  in  Wasser  etwas  löslich.  Das  bei  seiner 
Bereitung  davon  abfiltrirte  saure  Wasser  befindet  sich  fortwährend  wie  in 
einer  Gährung  und  ist  mit  aufsteigenden  Bläschen  von  Wasserstoffgas  erfüllt, 
das  sich  nach  und  nach  in  solcher  Menge  entwickelt,  dass  von  einem  ver- 
schlossenen Gefäss  der  Stöpsel  abgeschleudert  wird.  Noch,  rascher  geht  diese 
Zersetzung  beim  Erwärmen  vor  sich.  Mit  Ammoniak  vermischt  entwickelt 
diese  Lösung  sogleich  lebhaft  Wasserstoffgas.  Sie  wirkt,  wie  die  folgenden 
Reactionen  zeigen,  kräftig  reducirend,  behält  aber  diese  Eigenschaft  nur 
kurze  Zeit. 

Mit  Goldchlorid  vermischt  beginnt  nach  wenigen  Augenblicken  die  Ab- 
scheidung von  metallischem  Gold,   das  die  Glaswände  vergoldet. 

Aus  Palladiumchlorürlösung  fällt  sie  augenblicklich  ein  schwarzes  Pulver, 
wahrscheinlich  ein  Gemenge  von  Metall  und  kieselsaurem  Palladiumoxydul. 

Silberlösung  fällt  daraus  zuerst  Chlorsilber,  dann  kommt  ein  dunkelbrauner 
Niederschlag,  wahrscheinlich  identisch,  obgleich  dunkler  an  Farbe,  mit  dem 
braunen  Körper,  in  den  das  gewaschene  Oxyd  in  Substanz  beim  Übergiessen 
mit  Silberlösung  verwandelt  wird.  Übergiesst  man  diesen  braunen  Körper 
mit  Ammoniak,  so  wird  er  sogleich  schwarz.  Letztere  schwarze  Substanz  ist 
ohne  Zweifel  kieselsaures  Silberoxydul.  Es  ist  in  Ammoniak  unlöslich  und 
wird  von  Salpetersäure  nur  schwer  zersetzt,  unter  Abscheidung  von  Kiesel- 
säure. Beim  Glühen  wird  es  grau.  Nun  mit  Salpetersäure  erhitzt  wird  es  in 
Phys.CIasse.  VII.  -  Xx 


346  H.  BUFF  UM)  F.  WÖHLER, 

bräanlicbgelbes  kieselsaures  Silberoxyd  verwandelt,  das  selbst  durch  kochende 
Säure  nicht  verändert  wird.  Vor  dem  Löthrohr  wird  es  von  Borax  mit  gel- 
ber, bläulich -schillernder  Farbe  aufgelöst. 

Wird  das  oxydhaltige  saure  Wasser  mit  einem  Kupferoxydsalz  und  dann 
allmalig  mit  Alkali  vermischt,  so  wird  gelbes  Kupferoxydulhydrat  gefällt. 

Aus  seleniger  Säure  reducirt  es  rothes  Selen,  aus  einer  Lösung  von 
telluriger  Säure  in  Salzsäure  graues  Tellur,  aus  Quecksilberchloridlösung  kry- 
stallinisch- schimmerndes  Chlorür,  das  mit  einem  Überschuss  der  Lösung  in 
Berührung  gelassen  allmalig  zu  grauem  Metall  wird. 

Mit  schwefliger  Säure  vermischt  trübt  sie  sich  allmalig  und  scheidet 
weissen  Schwefel  aus. 

Eine  Lösung  von  übermangansaurem  Kali  wird  dadurch  augenblicklich 
entfärbt. 

Sie  ist  dagegen  ohne  Wirkung  auf  Chromsäure,  Platin-,  Iridium-  und 
Indiglösung. 

Die  vielen  Analysen,  die  wir  von  dem  Siliciumoxydhydrat  machten, 
gaben  uns  anfangs  sehr  abweichende  Resultate,  weil  wir  mit  Kieselsäure  ge- 
mengte Präparate  anwandten  und  wir  noch  nicht  die  Umstände  kannten,  unter 
denen  es  rein  erhalten  wird.  Den  Siliciumgehalt  bestimmten  wir  aus  der  Kie- 
selsauremeuge,  die  eine  gegebene,  bei  150°  getrocknete  Quantität  bei  der 
Oxydation  lieferte;  der  Wassergehalt  wurde  nach  Art  einer  organischen  Analyse 
durch  Glühen  mit  Kupferoxyd  und  Ansammlung  des  Wassers  in  einem  Chlor- 
calciumrohr  bestimmt 

I.  0,1067  Grm.  Oxyd  gaben  0,1157  Kieselsäure. 

II.  0,1869  Grm.  von  anderer  Bereitung  gaben  0,2025  Kieselsaure. 

III.  0,1715  Grm.  gaben  0,181  Kieselsäure. 

IV.  0,2605  Grm.  gaben  0,0565  Wasser. 

V.     0,495  Grm.  von  anderer  Bereitung  gaben  0,1055  Wasser. 

Diese  Data  geben  für  100  Th.: 

Theorie  I   u.  IV.  II  u.  V.  III. 

Si2     50,35  50,98  50,99  49,62 

()5     28,37  27,34  27,68  29,05 

2  HO     21,28  21,68  21,33  21,33. 


k 


ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN  DES  SILIC1UMS.  34? 

Wir  glauben,  dass  durch  die  gefundenen  Zahlen  die  Annahme  der  Formel 
Si205  +  2 HO  gerechtfertigt  wird;  auch  kann  das  Oxyd  nicht  anders  zu« 
sammengesetzt  sein,  wenn  das  Chlor ür,  woraus  es  entsteht,  die  Zusammen« 
Setzung  hat,  die  wir  auf  den  Grund  unserer  Analysen  angenommen  haben. 
Indessen  haben  wir  einige  Beobachtungen  gemacht,  die  es  sehr  wahrscheinlich 
machen,  dass  es  ein  an  Siliciura  noch  reicheres  Chlorür  und  folglich  auch  ein 
diesem  entsprechendes  niedrigeres  Oxyd  giebt.  Alle  unsere  Bemühungen, 
hierüber  positive  Gewissheit  zu  erlangen,  waren  bis  jetzt  fruchtlos;  jedoch 
hoffen  wir  diese  Frage,  sobald  wir  wieder  im  Besitz  von  Silicium  sind,  durch 
fernere  Versuche  noch  beantworten  zu  können,  deren  Vornahme  um  so  mehr 
von  Wichtigkeit  ist,  als  sie  die  immer  noch  nicht  entschiedene  Frage,  ob  die 
Kieselsäure  SiO3  oder  SiO2  ist,  zur  Entscheidung  zu  bringen  versprechen. 

Wie  man  aus  der  obigen  Aufstellung  sieht,  wurde  in  zwei  der  dort  an- 
geführten Analysen  der  Siliciirtngehalt  um  0,63  und  0,64  pC.  zu  hoch  gefun- 
den, während  er  durch  die  möglichen  Fehlerquellen  eher  zu  niedrig  werden 
müsste.  Wir  haben  aber  selbst  Arten  von  Oxyd  analysirt,  die  einen  noch 
höheren  Gehalt  von  Silicium  gaben.  Sie  sind  auffallend  dadurch  characlerisirt, 
dass  sie  lebhafter  verbrennen,  und  zwar  mit  rother  Flamme,  und  dass  sie 
selbst  bei  vollem  Luftzutritt  keine  weisse,  sondern  eine  durch  unverbranntes 
Silicium  mehr  oder  weniger  braun  gefärbte  Kieselsäure  geben,  so  dass  sie 
zur  vollständigen  Oxydation  bei  der  Analyse  durch  Ammoniak  in  Kieselsäure 
verwandelt  werden  mussten. 

I.  0,306  Grm.  von  einem  solchen  Oxyd  gaben  durch  Glühen  0,340  Kiesel- 
saure -=.  51,96  pC.  Silicium. 

II.  0,2785  Grm.   von   demselben   mit  Ammoniak  oxydirt,    gaben  0,3125 
Kieselsäure  =  52,75  pC.  Silicium. 

III.  0,2262  Grm.  von  anderer  Bereitung  gaben  durch  Glühen  0,2462  Kiesel- 
säure t=  51,14  pC.  Silicium. 

IV.  0,3005  Grm.  von  derselben  Bereitung,   mit  Ammoniak  oxydirt,   gaben 
0,3360  Kieselsäure  =  52,54  pC.  Silicium. 

V.  0,2852  Grm.  gaben  0,0625  Wasser. 

VI.  0,2605  Grm.  gaben  0,0565  Wasser. 

In  der  folgenden   Aufstellung  lassen   wir  die  Analysen   I  und  III   weg, 

Xx2 


348  H.  BUFF  UND  F.  WOHLER, 

weil  die  zurückgebliebene  Kieselsäure  von  unverbranntem  Silicktm  braun  ge- 
färbt war,  obgleich  die  eine  fast  vollkommen  mit  der  theoretischen  Zahl  stimmt. 

Theorie  11  u.  V.  IV  u.  VI. 

Si*       51,99  52,75  52,54 

0*        26,70  25,34  25,78 

3  HO        21,31  21,91  21,68 

Diese  Formel  Si^O*  +  3  HO  würde  sieh  in  SiO  +  SPO?  +  3  HO  auf- 
lösen lassen,  also  in  eine  Oxyd -Oxydul  Verbindung.  Indessen  sind  wir  weit 
entfernt,  sie  als  sicher  ausgemacht  anzunehmen,  zumal  der  gefundene  Silicium- 
gehalt  auch  hier  wieder  höher  ist,  als  der  berechnete;  aber  so  viel  schein» 
aus  diesen  Thatsachen  mit  Gewissheit  hervorzugehen,  dass  es  ein  Silicium- 
oxydul  giebt,  welches  in  allen  Arten  von  Oxyd  enthalten  ist,  deren  Silicium- 
gehalt  Über  50,35  pC.  geht.  Es  scheint,  dass  vorzugsweise  dieses  Oxydul 
es  ist,  welches  sich  in  Wasser  löst  und  die*  oben  erwähnten  Reductions*» 
erscbeinungen  bewirkt,  wie  ans  folgendem  Versach  hervorgebt,  der  auch  zeigt, 
wie  schwierig  es  ist,  ein  Oxyd  von  constanter  Zusammensetzung  zu  erhalten. 
Bin  Theil  des  Oxyds,  welches  über  52  pC.  Silicium  gegeben  hatte,  wurde 
von  Neuem  mit  Wasser  vermischt  und  auf  einem  Filtrum  mit  Wasser  von 
gewöhnlicher  Temperatur  so  lange  ausgewaschen,  bis  Silberlösung  in  der 
ablaufenden  Flüssigkeit  nicht  mehr,  wie  anfangs,  einen  braunen  Niederschlag, 
sondern  nur  noch  eine  bräunliche  Färbung  hervorbrachte. 

0,200  Grm.  voh  diesem  wieder  bei  150°  getrockneten  Oxyd  gaben  heim 
Glühen,  wobei  es  noch  mit  Flamme  verbrannte,  0,2088  weisse  Kieselsäure, 
entsprechend  49,05  pC.  SJKcium. 

Diesem  an  Silioium  reicheren  Oiyd  muss  ein  Chlorür  entsprechen,  aus 
dtem  es  entstanden  ist,  denn  alles  Oteyd,  welches  aas  zu  diesen  Versuchen 
diente,  war  aus  Chlorür  gebildet.  Es  ist  zu  vermuthen,  dass  dieses- Chtorür 
viel  fluchtiger  sein  müsse,  als  das  oben  beschriebene,  da  es  bei  den  Berei- 
tungsoperationen, ungeachtet  der  Abkühlung  des  Coftdensationsgefasses  XJ  bis 
—  15°,  von  den  Gasen  so  leicht  bis  in  (las  vorgeschlagene  Wasser  fortgeführt 

• ■  .\        > 

1)  Als  wir  einmal  ■  zwei  U~R#hren  hfrnier  einander  und  beide  in  Eis  und  Salz 
stehend  anwandten,  blieb  die.  weite  .ganz  leer,  obgleich  rieh  in  dem  vorge- 
schlagenen Wasser  eine  grosse  Menge  Oxyd  gebildet  hatte. 


ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN  DES  SILICIÜMS.  349 

wird.  Eine  Beobachtung  macht  es  sogar  wahrscheinlich,  dass  dieses  Chlorür 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  gasförmig  ist  Als  wir  nämlich  zur  Bereitung 
des  Chlorürs  amorphes  Silicium  l~)  anwandten ,  und  zwar  in  ansehnlicher  Menge, 
wurde  das  darüber  geleitete  Chlorwassecstoffgas  ebenfalls  noch  unter  der  Glüh- 
hitze und  unter  fortwährendem  Freiwerden  von  Wasserstoffgas  sehr  leicht  zer- 
setzt; aber  in  dem  bis  zu  —  15°  abgekühlten  U-Rohr  hatte  sich  kaum  ein 
Tropfen  liquides  Chlorür  angesammelt,  während  sich  dagegen  in  dem  vorge- 
schlagenen Wasser  eine  grosse  Menge  weisses  Oxyd  gebildet  hatte.  Dieses 
Oxyd  war  unter  allen  bis  dahin  erhaltenen  das  am  lebhaftesten  verbrennende 
und  das,  welches  beim  Verbrennen  stets  eine  braungefärbte  Kieselsäure  gab; 
es  war  dasselbe,   welches  bei  der  Analyse  52,75  pC.  Silicium  gab. 

Mit  dieser  Vermuthung ,  dass  es  ein  an  Silicium  reicheres,  sehr  flüchtiges 
oder  gasförmiges  Chlorür  gebe,  welches  dem  anderen  mehr  oder  weniger  bei** 
gemengt  ist  und  dadurch  dessen  Siedepunkt  bis  auf  28°  erniedrigen  kann, 
steht  eine  Beobachtung  in  anscheinendem  Widerspruch,  die  wir  nicht  unerwähnt 
lassen  dürfen,  obgleich  wir  sie  nur  ein  Mal  gemacht  haben.  Wir  hatten  bei 
noch  nicht  zum  Glühen  gehender  Hitze  aus  ungefähr  30  Grm.  kristallinischen 
Siliciums  das  Chlorür  bereitet,  das  wir  aus  der  kleinen  Retorte,  worin  es 
condensirt  worden  war,  einer  fractionirten  Destillation  unterwarfen.  Das  Sieden 
begann  schon  bei  28°,  dann  stieg  die  Temperatur,  wie  früher,  rasch  bis  auf 
42°,  wobei  sie  am  längsten  stehen  blieb.  Sie  erhöhte  sich  dann  bis  zu  48°, 
bis  wohin  eben  so  viel  als  bei  42°  überdestillirt  war.  Dann  stieg  sie  fort- 
während bis  zu  92°,  wo  dann  nur  noch  wenig  Flüssigkeit  übrig  war.  In 
Folge  des  Wechsels  der  Vorlage  kühlte  sich  die  Retorte  zufällig  etwas  ab, 
so  dass  sie  sich  mit  Luft  erfüllte,  und  als  nun  von  Neuem  erhitzt  wurde,  trat 
eine   heftige  Explosion  ein  mit  rolhem  Feuer,    und   die   ganze  innere  Wand 


1)  Das  amorphe  Silicium  lässt  sich  ebenfalls  in  einem  Thontiegel  darstellen.  Es  ist 
dabei  vorteilhaft,  das  Fluorkieselnatrium  mit  etwa  gleich  viel  geglühtem  Koch- 
salz zu  vermischen.  Das  Salzgemenge  mit  dem  in  kleine  Stücke  zerschnittenen 
Natrium  wird  dann  in  einen  zuvor  zum  Glühen  erhitzten  Tiegel  geschüttet  und 
bedeckt  bis  zum  schwachen  Glühen  erhitzt.  Nach  dem  Erkalten  wird  die  Masse 
mit  salzsäurehaltigem  Wasser  ausgekocht  und  das  Silicium  zuletzt  noch  mit  Fluss- 
säure gereinigt. 
Pkys.  Classe.  VII.  Yy 


350    IL  BD  FF  UND  F.  WOHLE  R,  ÜBER  NEUE  VERBINDUNGEN  DES  SILICIÜMS. 

der  Retorte  belegte  sich  mit  braunem  Siliciura.  Zum  Glück  war  noch  eine 
kleine  Menge  Flüssigkeit  in  der  Retorte  zurückgeblieben,  so  dass  noch  ein 
Versuch  damit  gemacht  werden  konnte.  An  der  Luft  bildete  sie  weissere 
Nebel,  als  das  gewöhnliche  Chlorür.  Als  sie  in  einem  offenen  Schälchen 
zum  Sieden  erhitzt  wurde,  mit  der  Vorsicht,  dass  die  Flamme  der  Spiritus- 
lampe nicht  mit  dem  Dampf  in  Berührung  kommen  konnte,  entzündete  sich 
derselbe  von  selbst  und  brannte  mit  rotber  funkelnder  Flamme  und  Verbrei- 
tung saurer  Dämpfe  von  selbst  fort,  indem  sich  die  ganze  Oberfläche  der 
Schaale  mit  einer  braunen  Lage  von  Kieselsäure  und  Silicium  belegte.  Als  in 
die  Flamme  eine  Porzellanfläche  gehalten  wurde,  belegte  sie  sich  mit  demselben 
dicken  braunen  Beschlag.  Dass  das  Gas  dieses  Chlorürs  wirklich  die  merk- 
würdige Eigenschaft  hat,  sich  an  der  Luft  von  selbst  zu  entzünden,  wurde 
auch  noch  dadurch  bestätigt,  dass  der  letzte  Tropfen  in  der  Retorte,  so  wie 
er  durch  Erhitzen  von  Aussen  verflüchtigt  wurde,  dieselbe  heftige  Explosion 
unter  rother  Feuererscheinung  und  Ablagerung  von  braunem  Silicium  hervor- 
brachte, wie  sie  das  erste  Mal  zufällig  statt  fand.  Fast  sieht  es  aus,  als  ob 
dieses  selbstentzündliche  Chlorür  eine  Verbindung  mit  Siliciumwasserstoff  wäre, 
oder  bei  seinem  Siedepunkt  dieses  Gas  bildete  l). 


1)  Wir  benutzen  diese  Gelegenheit,  den  Hrn.  Dr.  Geuther  und  F.  Engelhardt 
unseren  Dank  auszudrücken  für  die  grosse  Hülfe,  die  sie  uns  bei  dieser  Unter- 
suchung geleistet  haben. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


MATHEMATISCHEN  CLASSE 


•• 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZU  GÖTTINGEN. 


SIEBENTER   BAND. 


Mathem.  C lasse.  VII. 


Beiträge 


zur 


Theorie  der  durch  die  Gauss'sche  Reihe  F(a,ß,y,x) 

darstellbaren  Functionen 

▼OD 

Bernhard  Riemann, 

Assessor    der  König].   Gesellschaft  der  Wissenschaften. 


Der  Königlichen  Societat  rorgelegt  am   6.  Noremher  1856. 

JLfie  Gau ss1  sehe  Reibe  F(a,  ß,y,x^>  als  Function  ihres  vierten  Elements  x 
betrachtet,  stellt  diese  Function  nur  dar,  so  lange  der  Modul  von  x  die 
Einheit  nicht  überschreitet.  Um  diese  Function  in  ihrem  ganzen  Umfange, 
bei  unbeschränkter  Veränderlichkeit  dieses  ihres  Arguments,  zu  untersuchen, 
bieten  die  bisherigen  Arbeiten  über  dieselbe  zwei  Wege  dar.  Man  kann 
nämlich  entweder  von  einer  linearen  Differentialgleichung  welcher  sie  genügt 
ausgeben,  oder  von  ihrem  Ausdrucke  durch  bestimmte  Integrale.  Jeder  dieser 
Wege  gewährt  eigenthümliche  Vortheile;  jedoch  ist  bisjetzt,  in  der  reichhalti- 
gen Abhandlung  von  Kummer  im  15.  Bande  des  mathematischen  Journals 
von  Crelle  und  auch  in  den  noch  unveröffentlichten  Untersuchungen  von 
Gauss,  nur  der  erste  betreten,  wohl  hauptsächlich  desshalb,  weil  die  Rech- 
nung mit  bestimmten  Integralen  zwischen  complexen  Grenzen  noch  zu  wenig 
ausgebildet  war,  oder  doch  nicht  als  einem  grossen  Leserkreise  geläufig  vor- 
ausgesetzt werden  konnte. 

In  der  folgenden  Abhandlung  habe  ich  diese  Transcendente  nach  einer 
neuen  Methode  behandelt,  welche  im  Wesentlichen  auf  jede  Function,  die 
einer  linearen  Differentialgleichung  mit  algebraischen  Coefficienten  genügt,  an- 
wendbar bleibt.  Nach  derselben  lassen  sich  die  früher  zum  Tbeil  durch 
ziemlich   mühsame  Rechnung   gefundenen   Resultate   fast   unmittelbar  aus  der  *' 

A2 


% 


Beiträge 

sor 

Theorie  der  durch  die  Gauss'sche  Reihe  F(atß,y,x) 

darstellbaren  Functionen 

▼OD 

Bernhard  Riemann, 

Aueseor   der  Konigl.  Getetttcheft  der  Wissenschaften. 


Der  Königlichen  Societit  yorgelegt  am  G.  Norember  1856. 

XJie  Gauss'sche  Reibe  F(a,  ß,  yy a?),  als  Function  ihres  vierten  Elements  x 
betrachtet,  stellt  diese  Function  nur  dar,  so  lauge  der  Modul  von  x  die 
Einheit  nicht  Überschreitet*  Um  diese  Function  in  ihrem  ganzen  Umfange, 
bei  unbeschränkter  Veränderlichkeit  dieses  ihres  Arguments,  zu  untersuchen, 
bieten  die  bisherigen  Arbeiten  über  dieselbe  zwei  Wege  dar.  Man  kann 
nämlich  entweder  von  einer  linearen  Differentialgleichung  welcher  sie  genügt 
ausgehen ,  oder  von  ihrem  Ausdrucke  durch  bestimmte  Integrale.  Jeder  dieser 
Wege  gewährt  eigentümliche  Vortheile;  jedoch' ist  blsjetzt,  in  der  reichhalti- 
gen Abhandlung  von  Kummer  im  15.  Bande  des  mathematischen  Journals 
von  Cr  eile  und  auch  in  den  noch  unveröffentlichten  Untersuchungen  von 
Gauss,  nur  der  erste  betreten,  wohl  hauptsächlich  desshalb,  weil  die  Rech- 
nung mit  bestimmten  Integralen  zwischen  complexen  Grenzen  noch  zu  wenig 
ausgebildet  war,  oder  doch  nicht  als  einem  grossen  Leserkreise  geläufig  vor- 
ausgesetzt werden  konnte. 

In  der  folgenden  Abhandlung  habe  ich  diese  Transcendenle  nach  einer 
neuen  Methode  behandelt,  welche  im  Wesentlichen  auf  jede  Function,  die 
einer  linearen  Differentialgleichung  mit  algebraischen  Coefficienten  genügt,  an- 
wendbar bleibt  Nach  derselben  lassen  sich  die  früher  zum  Theil  durch 
ziemlich   mühsame  Rechnung  gefundenen   Resultate   fast  unmittelbar  aus  der 

A2 


4  BERNHARD   RIEMANN, 

Definition  ableiten,  und  dies  ist  in  dem  hier  vorliegenden  Theile  dieser  Ab- 
handlung geschehen,  hauptsächlich  in  der  Absicht  für  die  vielfachen  Anwen- 
dungen dieser  Function  in  physikalischen  und  astronomischen  Untersuchungen 
eine  bequeme  Übersicht  über  ihre  möglichen  Darstellungen  zu  geben.  Es  ist 
nöthig,  einige  allgemeine  Vorbemerkungen  über  die  Betrachtung  einer  Function 
bei  unbeschränkter  Veränderlichkeit  ihres  Arguments  voraufzuschicken. 

Betrachtet  man  den  Werth  der  unabhängig  veränderlichen  Grösse  xzzy  +  zi 
zur  leichteren  Auffassung  ihrer  Veränderlichkeit  als  vertreten  durch  einen 
Punkt  einer  unendlichen  Ebene,  dessen  rechtwinklige  Coordinaten  y,  z  sind, 
und  denkt  sich  die  Function  w  in  einem  Theile  dieser  Ebene  gegeben,  so 
kann  sie  von  dort  aus  nach  einem  leicht  zu  beweisenden  Satze  nur  auf  eine 

Weise  der  Gleichung  —  z=  •  —  gemäss  stetig  fortgesetzt  werden.  Diese  Fort- 
setzung muss  selbstredend  nicht  in  blossen  Linien  geschehen,  worauf  eine 
partielle  Differentialgleichung  nicht  angewandt  werden  könnte,  sondern  ki 
Flächenstreifen  von  endlicher  Breite.  Bei  Functionen,  welche,  wie  die  hier 
zu  untersuchende,  »mehrwerthig«  sind  oder  für  denselben  Werth  von  x  je 
nach  dem  Wege,  auf  welchem  die  Fortsetzung  geschehen  ist,  mehrere  Werthe 
annehmen  können,  giebt  es  gewisse  Punkte  der  a?-Ebene,  um  welche  herum 
sich  die  Function  in  eine  andere  fortsetzt,  wie  z.B.  bei  \T(x  —  a),  log(a?— a)} 
(x —  a/*,  wenn  fs  keine  ganze  Zahl  ist,  der  Punkt  a.  Wenn  man  von 
diesem  Punkte  a  aus  sich  eine  beliebige  Linie  gezogen  denkt,  so  kann  der 
Werth  der  Function  in  der  Umgebung  von  a  so  gewählt  werden,  dass  er  sich 
ausserhalb  dieser  Linie  überall  stetig  ändert;  sie  nimmt  aber  dann  zu  beiden 
Seiten  dieser  Linie  verschiedene  Werthe  an,  so  dass  die  Fortsetzung  der 
Function  über  diese  Linie  hinüber  eine  von  der  jenseits  schon  vorhandenen 
verschiedene  Function  giebt. 

Zur  Erleichterung  des  Ausdrucks  sollen  die  verschiedenen  Fortsetzungen 
Einer  Function  für  denselben  Theil  der  x- Ebene  »Zweige«  dieser  Function 
genannt  werden  und  ein  Werth  von  x7  um  welchen  herum  sich  ein  Zweig 
einer  Function  in  einen  andern  fortsetzt,  ein  »Verzweigungswertb«;  für  einen 
Werth,  in  welchem  keine  Verzweigung  stattfindet,  heisst  die  Function  »ein- 
ändrig  oder  monodrom«. 


ZUR  THEORIE  DER  GAUSS'SCHEN  FUNCTION  F{«,ß>r,x). 

I. 

Ich  bezeichne  durch 

Ia  b  c 
a  ß  y  x 
a  ß  y 

eine  Function  von  x1  welche  folgende  Bedingungen  erfüllt: 

1 .  Sie  ist  für  alle  Werthe  von  x  ausser  a,  b,  c  einändrig  und  endlich. 

2.  Zwischen  je  drei  Zweigen  dieser  Function  P\  P"y  P'"  findet  eine 
lineare  homogene  Gleichung  mit  constanten  Coefficienten  Statt, 

c'P'  +  c"P"  +  c"P'"  -  0. 

3.  Die  Function  lfisst  sich  in  die  Formen 

a  a  7    ß  ß  Y  Y 

mit  constanten   c  ,  c  ,,  ....  c  ,   setzen,  so  dass 

a1    a  ?        '    y  7 

/*  J(x  —  ä)       ,   /*■    \x  —  ä) 
für  xzza  einändrig  bleiben  und  weder  Null  noch  unendlich  werden,  und  ebenso 

P^)(a?_6)— £  p£P\x_bf-  &  für  x=b  und  pC/)(a._c)- r  i&\a^f-? 

für  a?r:c.  In  Betreff  der  sechs  Grössen  a,  c*',  . ..,  y'  wird  vorausgesetzt, 
dass  keine  der  Differenzen  a — a\  ß  —  ß\  y —  y'  eine  ganze  Zahl  und  die 
Summe  aller  «  +  «'  +  /J  +  /J'  +  y  +  y'=:l   sei. 

Wie  mannigfaltig  die  Functionen  seien,  welche  diesen  Bedingungen  ge- 
nügen, bleibt  vorläufig  unentschieden  und  wird  sich  im  Laufe  der  Untersuchung 
(Art.  IV)  ergeben.  Zu  grösserer  Bequemlichkeit  des  Ausdrucks  werde  ich  x 
die  Veränderliche,  a,b,c  den  ersten,  zweiten,  dritten  Verzweigungswertb  und 
<*,<*';  ßyß'\  y7y'  das  erste,  zweite ,  dritte  Exponentenpaar  der  P-function 
nennen. 

II. 

Zunächst  einige  unmittelbare  Folgerungen  aus  der  Definition. 

Ia  b  c     ) 
a  ß  y  x\  können  die  drei  ersten  Vertikalreiben  be~ 
a  ß  y     ) 
liebig  unter  einander  vertauscht  werden,  sowie  auch  a  mit  a',  ß  mit  ß',  y 


6  BERNHARD    RIEMANN, 

Ia  b  c     1  (a    b'  c        \ 

a  ß  y  x)    -  P\a  ß   y   x'\  >    wenn    ^an   für   x 

a  ß  y     )  \cc  ß  y        ) 

einen  rationalen  Ausdruck  ersten  Grades  von  x  setzt,  der  für  x  zz  a,  b,  c  die 
Werthe   a\  b',  c    annimmt. 

JOoo  1      J 
Für  Pia  ß  y  x] ,  auf  welche  Function  sich  demzufolge  alle  P-functionen 

r«  ß  y    ) 

mit  denselben   #,  #',  ...,  y'  zurückführen   lassen,    werde  ich  zur  Abkürzung 
auch  bloss   />(  ,  ot    9x\  setzen. 

\€C  ß   y      / 

In  einer  solchen  Function  können  also  von  den  Grössen  er,«';  ß,ß';  y,  y' 
die  Grössen  jedes  Paars  unter  sich,  sowie  auch  die  drei  Grössenpaare  beliebig 
mit  einander  vertauscht  werden,  wenn  man  nur  in  der  sich  ergebenden  P- 
funetion  als  Veränderliche  einen  rationalen  Ausdruck  ersten  Grades  von  x 
substiluirt,  welcher  für  die  zum  ersten,  zweiten,  dritten  Exponentenpaar  dieser 
Function  gehörigen  Werthe  von  x  die  Werthe  0,  oo,  1  annimmt.      Auf  diese 

Weise  erhält  man  die  Function  Pf  ,  ~,    ,xj  ausgedrückt  durch  P-functionen 

1  1         x  1 

mit  den  Veränderlichen  x.  1 — x.  — ,  1 ,  1,  und  denselben 

x  x    x —  1     1  —  x 

Exponenten  in  anderer  Ordnung. 

Aus  der  Definition  folgt  ferner: 

Ia  b  c     j   /    _    x£  ia  b  c      \ 

a  ß  y  x)   ( )     zz  P{a  +d  ß  -  d  y  x), 
a'ß'y     |    ^-V  W+9  ß'  —  ty'    | 

also  auch    x\i  -  xf  P(a,ß*,x)  =  pf  +  J  J"  '-'  Y  +  *  x). 

v  J       \a  ß  y     I  V«   +  o   p  —  o  —  *   y  +  $     / 

Durch  diese  Umformung  können  zwei  Exponenten  verschiedener  Paare  beliebig 
gegebene  Werthe  erhalten  und  als  Werthe  der  Exponenten,  da  zwischen  ihnen 
die  Bedingung  «  +  «'  +  ^  +  |!/+)/+/=  1  stattfindet,  jedwede  andere 
eingeführt  werden ,  für  welche  die  drei  Differenzen  a  —  a ',  ß  —  ß\  y  —  y' 
dieselben  sind.  Aus  diesem  Grunde  werde  ich  später  zur  Erleichterung  der 
Übersicht   durch   P{a  —  a',   ß  —  ß\   y  —  y',  x)  sämmtliche  in  der  Form 

x    (1  —  x)   Pl   ,a, '  ,x)   enthaltenen  Functionen  bezeichnen. 

\a  ß  y     ' 


ZUR  THEORIE  DER  GAUSS'SCHEN  FUNCTION   F(a, /?,?,*).  7 

III. 

Es  ist  jetzt  vor  allen  Dingen  nöthig,  den  Verlauf  der  Function  etwas 
genauer  zu  untersuchen.  Zu  diesem  Ende  denke  man  sich  durch  sämmlliche 
Verzweigungspunkte  der  Function  eine  in  sich  zurücklaufende  Linie  /  gezogen, 
welche  die  Gesammtheit  der  complexen  Werthe  in  zwei  Grössengebiete  scheidet. 
Innerhalb  jedes  von  ihnen  wird  alsdann  jeder  Zweig  der  Function  stetig  und 
von  den  übrigen  gesondert  verlaufen;  längs  der  gemeinschaftlichen  Grenzlinie 
aber  werden  zwischen  den  Zweigen  des  einen  und  des  andern  Gebiets  in 
verschiedenen  Begrenzungstheilen  verschiedene  Relationen  stattfinden.     Zu  ihrer 

bequemeren  Darstellung  werde  ich  die  mittelst  des  Coefficientensystems  S  =  [  "'  M 

aus  den  Grössen  t,u  gebildeten  linearen  Ausdrücke  pt  -\-  qu,  rt  +  su  durch 
(S)  (/,  ü)  bezeichnen.  Es  möge  ferner  nach  Analogie  der  von  Gauss  vor- 
geschlagenen Benennung  »positiv  laterale  Einheit«  für  +t  als  »positive"  Sei- 
tenrichtung zu  einer  gegebenen  Richtung  diejenige  bezeichnet  werden,  welche 
zu  ihr  ebenso  liegt,  wie  f  t  zu  1  (also  bei  der  üblichen  Darstellungs  weise 
der  complexen  Grössen  die  linke).  Demgemäss  macht  x  einen  »positiv  eu 
Umlauf  um  einen  Verzweigungswerth  a«,  wenn  es  sich  durch  die  ganze  Be- 
grenzung eines  nur  diesen  und  keinen  andern  Verzweigungswerth  enthaltenden 
Grössengebiets  in  einer  gegen  die  Richtung  von  Innen  nach  Aussen  positiv 
liegenden  Richtung  bewegt.  Es  gehe  nun  die  Linie  /  der  Reihe  nach  durch 
die  Punkte  x  z=  a}  x  =  b,  x-=z  c,  und  in  dem  auf  ihrer  positiven  Seite  lie- 
genden Gebiete  seien  P',  P"  zwei  in  keinem  constanten  Verhältnisse  stehende 
Zweige  der  Function  P.  Jeder  andere  Zweig  P"'  lässt  sich  dann,  da  in  der 
Vorausgesetztermassen  stattfindenden  Gleichung  c  P'  •+-  c"  P"  +  c'"  P'"  =  0 
c"  nicht  verschwinden  kann,  linear  und  mit  constanten  Coefficienten  in  P' 
und  P"  ausdrücken.  Nimmt  man  nun  an,  dass  P'}  P"  durch  einen  positiven 
Umlauf  der  Grösse  x  um  a  in  (.4)  (P';  P"),  um  b  in  {B^\p\  P"),  um  c  in 
(C)(P\  P")  übergehe,  so  wird  durch  die  Coefficienten  der  Systeme  (^4), 
(5),  (C)  die  Periodicität  der  Function  völlig  bestimmt  sein.  Zwischen  diesen 
finden  aber  noch  Relationen  Statt.  Wenn  nämlich  x  das  negative  Ufer  der 
Linie  /  durchläuft,  so  müssen  die  Functionen  P',  P"  die  vorigen  Werthe 
wieder  annehmen,  da  der  durchlaufene  Weg  negativerseits  die  ganze  Begren- 


8  BERNHARD  RIEMANN, 

zung  eines  Grössengebiets  bildet,  innerhalb  dessen  diese  Functionen  allent- 
halben einändrig  sind.  Es  ist  dies  aber  dasselbe,  als  ob  der  Werth  x  sich 
von  einem  der  Wert  he  c,  b,  a  bis  zum  folgenden  auf  der  positiven  Seite 
fortbewegt,  dann  aber  jedesmal  um  diesen  Werth  positiv  herum,  wobei 
(/>',  O  der  Reihe  nach  in  iC){P',  /»"),  {B)(C)iP'1  O,  schliesslich  in 
04)  (£)  (C)  (/>',  P")  übergeht.     Es  ist  daher 

CO  <XK*)(0  =  Q°), 

welche  Gleichung  vier  Bedingungsgleichungen  zwischen  den  zwölf  Coefficienten 
von  A}  B,  C  liefert. 

Bei   der  Discussion   dieser  Bedingungsgleichungen   beschränke  ich  mich, 

zur  Fixirung  der  Vorstellungen,  auf  die  Function  P(  ,  £,     ,x\  also  auf  den 

Fall,  wenn  azzO,  &  =  co,  c=l,  was  die  Allgemeinheit  der  Resultate  nicht 
wesentlich  beeinträchtigt,  und  wähle  für  die  durch  1,00,  0  zu  ziehende 
Linie  /  die  Linie  der  reellen  Werthe ,  welche  um  der  Reibe  nach  durch  c,  6,  a 
zu  gehen  von  —  oo  nach  +  cc  gerichtet  sein  muss.  Innerhalb  des  auf  der 
positiven  Seite  dieser  Linie  liegenden  Gebiets,  welches  die  complexen  Werthe 
mit  positiv  imaginärem  Gliede  enthält,  sind  dann  die  oben  eharakterisirten  Be- 

standtheile  der  Function  P,  die  Grössen  P*  Pa ,  P*,  P^ ,  Pr}  Pr  einändrige 
Functionen  von  x  und  sind  bis  auf  constante  Factoren ,  welche  von  der  Wahl 
der  Grössen  c  %  c  ,,  ..M  c  ,  abhängen,   völlig  bestimmt,   wenn  die  Function 

P  gegeben  ist.  Die  Functionen  P  ,  P  gehen  durch  einen  positiven  Umlauf 
der  Grösse  x  um  0  in   P  e       ,  P    e  über  und   ebenso  durch  einen 

positiven  Umlauf  dieser  Grösse  um  oo  die  Functionen   P  ,  Pp    in  Pp  er       , 

/?'  £'2m  y      y$ 

Pr  er  und  durch  einen  positiven  Umlauf  um  1   die  Functionen  P  ,  P/ 

y  y2^it    w^y    y  %7ii 
in  P*  ef      ,  P*  er  Bezeichnet  man   den  Werth,   in  welchen  P  durch 

einen  positiven  Umlauf  von  x  um  0  übergebt,  durch  P'7  so  ist,  wenn 

P  zz  c   P     +  c  ,P    .    P    zz  c   e         P     +  c  ,e  P    . 

a  '      et        7  a  a 


ZUR   THEORIE  DER  GAUSS'SCHEN  FUNCTION  F[a,ß,y,x).  9 

Diese  Ausdrücke  haben   eine  von  Null  verschiedene  Determinante,    da   n.  V. 

a  —  a   keine  ganze  Zahl  ist  und  folglich  können  P  ,  P     auch  umgekehrt  in 

P,  P',  also  auch  in  r,  Pp  ;  P'}  P*    linear  mit  constanten  Coefficienlen  aus- 
gedrückt werden.      Setzt  man  nun 

Pa  ~  aaP$   +   a0,t$    =  a    P7  +   a  ,  PY 

ß  ß  y  y 

P"  =  «'TP  +  «'  y '  =  «'    P*  +   a*  .?' 

ß  ß  y  y 

S  «'  \  -  oo  \J  J  !  =  oo 

ß     ß  \  f  y     y ) 

und  die  inversen  Substitutionen  von  (6)  und  (c)  bez.w.  =  (6)         und  (c) 
so  ergeben  sich  für  die  Functionen  (/'   ,  P    )  die  Substitutionen 

[A'=\o  ,/H-  (ß,=,io  ,>t  ,(CM>  ,/H 

Aus  der  Gleichung  (A^(E)(C)  sr  ('  .j  folgt  nun  zunächst,  da  die  Deter- 
minante einer  zusammengesetzten  Substitution   dem  Producte  aas  den  Deter- 
minanten ihrer  Componenten  gleich  ist, 
1   =  Det  04)  Det  (£)  Det  (C) 

=  e(a  +  *'+ß  +  ß'+  r  +  /)  2*1  Det  (6)  De,  (6)- 1  Del (c)  Del  (c)-l 

oder,    da  Det  (6)  Det  (6)      i  =  1,    Det  (c)  Det  (c)~  *  =  1, 

(2)     a-f  #'+/?  + /?'+/  +  y'  =  e*ner  ganzen  Zahl,   womit  die  obige  An-' 
nähme,   das 6  diese  Exponentensumme  =  1   sei,   vereinbar  ist 

Die  übrigen  drei  in  (Ä)(B)(C)  =  Cj  /)  enthaltenen  Relationen  geben 

drei  Bedingungen  für  (6)  und  (c),  welche  indess  leichter  auf  folgendem  Wege 
gefunden  werden. 

Wenn  x  erst  um  oo   und  dann   um  0  positiv  herumgeht,   so  bildet  der 
durchlaufene  Weg  zugleich   einen   negativen  Umlauf  um  1.      Der  Werth,    in 


M 


welchen  P     dadurch  übergebt,  ist  daher 

Mathem.  Classe.  VII.  B 


10  BERNHARD  RIEMANN, 

r  r  ^  ß  ß  J 

Multiplicirt  man  diese  Gleichung  mit  einem  willkürlichen  Factor   e 
and  die  Gleichung 

a    Py  +  «  ,Pr'  =  «aPß  +  a„  Pß'  mit  e~ °2ni 

y  y  ß  ß 

und  subtrahirt,   so  ergiebt  sich  nach  Abwerfung  eines  allgemeinen  Factors 

—  V7ii     y  ,        y  7ii     y 

a    sin(a  —  y)ne  P*    +  a  ,  sin  (o — y)ne     '       P      =r 


aR  sm(ff-f  u  +  ß)ne^        rj     Pr  +  (*„,  sin(a-f  c*  +  ß)neK        r        Pr  . 

Aus  ganz  ähnlichen  Gründen  hat  man  auch,  wenn  man  überall  a   für  a  setzt, 
die  Gleichung 


/   •      / 


a     sm((7  —  jOrce     '      P'  +  cc    ,sm(a — y^ne     '       P'     zz 

'        -     r       x        'i     o\        (<*'+ß)™,iß    i        '         •     r       t        >  •    o+\        («  +  /071*  nß' 

ctß8in(o  +  ct  -\-ß)neK     Ir      f^+«Ä,sm(a  +  a -|-/?)7rev     ,ry     /^ 

mit  der  willkührlichen  Grösse  o.     Befreit  man  beide  Gleichungen  von  einer 

der  Functionen,  z.B.  I"  ,  indem  man  a  demgemäss  bestimmt,  so  können  sich 
die  resultirenden  Gleichungen  nur^  durch  einen  allgemeinen  constanten  Factor 

pß  v      * 

unterscheiden,   da  — ,  nicht  constant  ist.     Diese   Elimination   von    P7    giebt 

pß 
daher : 

a           a~ sin(«  +  p  4-  y  ) 71  e  «-,  sin («  +  P  +  Y ) ^ e 

(3)        Y  =  ± 


ani  /       .    ^  ,  .    ^  .      ^      am 


a  a  Ä  sin  («  +  p  +  y  )  7r  e  a  ~,  sin  («  4"  ß  +  /  )  ^  e 

y  p  p 

und  die  ähnliche  Elimination  von  r 

«  ,         «„  sin(a  +  p  +  y)7re  a~,  sm(a  +  p  +  y)ne 

Y  _      P _      P 

(3)  —    ;;    :  —  ;    :> 

a  a '    sin(a'+  ß  +  y)ne  et'  ,  sin («'+/?'•+-  y) n e 

Y  P  P 

welches   die   vier  gesuchten  Relationen  sind.      Aus  ihnen  ergeben   sich    die 


ZUR  THEORIE  DER  GADSS'SCHEN  FUNCTION  F(„,ß,r,x).  11 

"a    V    %    V 

Verhältnisse  der  Quotienten  _ _ ,  -ü,  -!—,  — _.     Die  Gleichheit  der  beiden 

ß     ß      r     r 

aus  der  zweiten  und  vierten  fliessenden  Werthe  von    —  :  —iL  erbellt  leicht 

a'ß  "> 

als  eine  Folge   aus    «+«'+/?  +  ß'  +  y  +  y*  =  *    mittelst    der   Identität 
sin  sn  =  sin  (1 — s)n. 

p  P  Y  Y 

Demnach  sind  von  den  Grössen   _Hf  _L_,  __l_,    _J1_  durch  eine  von 

0         '  0  0        "  0 


ß        ß         y        Y 


"ß 


ihnen,  z.B.  _J_,  die  übrigen  bestimmt  und  die  drei  Grössen  «'       «'  «' 

«'                                                                     ß       r  r 
ß 

durch   die  fünf  Grössen   aa,  a  a.  aa..  a  ,  a  ,.      Diese  fünf  Grössen  aber 

ß     ß     ß      y     y 

et       (t        ß       8*       Y       Y* 

bangen  von  den  in  p  ,  P  y  P  ,  Pr  ,  P  ,  P  }  wenn  die  Function  />  ge- 
geben ist,  noch  willkürlichen  Factoren  oder  vielmehr  von  deren  Verhältnissen 
ab,  und  können  durch  geeignete  Bestimmung  derselben  jedwede  endliche 
Werthe  erhalten. 

IV. 

Die  so  eben  gemachte  Bemerkung  bahnt  den  Weg  zu  dem  Satze,  dass 
in  zwei  P-functionen  mit  gleichen  Exponenten  die  denselben  Exponenten  ent- 
sprechenden Bestandteile  sich  nur  durch  einen  constanten  Factor  unterscheiden. 

In  der  That,   ist  P   eine  Function  mit  denselben  Exponenten  wie  P}   so 

kann  man  die  fünf  Grössen  aa,  cc„,,  a  .  et  ,  und  a'     bei  beiden  gleich  an- 

ß      ß       Y      Y  ß 

nehmen  und  dann  müssen  auch  die  Grössen  a',}  a    ,  a    .  bei  beiden  über- 

ß        Y       Y 

einstimmen.     Man  hat  also  gleichzeitig: 

"°d      c".*.  pfi  =  m  </•.',  >•?■)  =  wer.  p?) 

folglich 

(P«ra'-r°P«)  =  TtoQxifipP-tPph  =  DetCcX^  -p^'p^ 

B2 


12  BERNHARD  EHEMANN, 

Von   diesen   drei  Ausdrücken   bleibt  der  erste,    mit    x  multiplicirt, 

offenbar  für  x  •=.  0  einändrig  und  endlich;  ebenso  der  zweite,  mit  xr       p   — 

£g  _  ß  y y     I     1  .  -  y       y 

x  '  multiplicirt,  für  #  =  O0,  der  dritte,  mit  (1     x) 

multiplicirt,   für  x—\)   und  dasselbe  gilt  von  allen  drei  Ausdrücken   für  alle 
von  0,  00,  1   verschiedenen  Werthe  von  x:    es  ist  daher 

(P«  PU'  -   P"  P^  x-  tt-a\\~x-)-y-  Y' 
eine  allenthalben   stetige  und  einändrige  Function,  also  eine  Constante.      Sie 
ist  ferner  =0  für  x  —  00  und  muss  folglich  allenthalben    —  0  sein. 
Hieraus  folgt 


p»       p» 

p"       p" 

pß   pß- 

1                    1 

aß  pß  +  V  p? 

Pa 

i 

Ptt 

pY         pS 

a    PY  +  a  ,PY 

y  '         y    • 

et    P7    +  a  ,Py 
Y                 Y 

Pa 
Ptt' 

p" 

Die  Function   — *-    ist 

pa 

demnach   einwerthig    und 

muss 

endlich,   also,   w.  z.  b.  ist,   constant  sein,    wenn  noch  bewiesen  wird,  dass 

P    und  P      nicht  zugleich  für  einen  von  0,  1,  oo  verschiedenen  Wertb  von 
x  verschwinden  können. 

Zu  diesem  Ende  bemerke  man,   dass 

a  dP"  a'  dP<*  _  s   ß  dPß'  ß'  dPK   _ 

dx  dx  ^  dx  dx '   ~~ 

r  v  dp/        y>  dpr>. 


ZUR    THEORIE   DER  GAUSS'SCHEN  FUNCTION  F{u%ßtyyx).  13 

und  folglich  für  x  =  0,  00,  1  unendlich  klein  von  den  Ordnungen  ct  +  d—  1, 

ß  +■  ß'+  1  =  2  —  et  —  et'—  y  —  y\   y  +  y'—  1  wird,   übrigens  aber  stetig 
und  einändrig  bleibt,   so  dass 

f    a  dP  a'  dP  \      —  «  —  «'4-  1  y  —  y'  j.   1 

(  />   — P     -—)  x  ^      (1  —  x~)      Y       /+1 

aar  a# 

eine  allenthalben  stetige   und    einändrige  Function  bildet,   folglich   einen  con- 

stanten  Werth  hat.      Dieser  constante  Werth   dieser  Function   ist   notbwendig 

et  Ct' 

von  Null  verschieden,  weil  sonst  log  P         log  P      =  const.,  folglich  et  zz  et' 

sein  würde  gegen  die  Voraussetzung;   offenbar  müsste  sie  gleich  Null  werden, 

ct  et' 

wenn  für  einen  von  0,  1,  00  verschiedenen  Werth  von  x   P     u.  P      gleich- 

dptt  dptt' 

zeitig  verschwänden ,  da  — - ,  — —  als  Derivirte  einändrig   und  stetig   blei- 

dx       dx 

bender  Functionen   nicht  unendlich  werden   können. 

ct  et' 

Es    werden   daher   P     u.  P      für   keinen   von   0,  1,00   verschiedenen 

Werth  von  x  gleichzeitig  =0,  und  es  bleibt  die  einwerthige  Function 

Pa        P«'        pf        Pß'        PY        PY' 


Ptt        Ptt'         /        /        P*         jV' 
allenthalben  endlich,   mithin  constant,   w.  z.  b.  w. 

Aus  dem  eben  bewiesenen  Satze  folgt,  dass  in  zwei  Zweige  Einer 
P-function,  deren  Quotient  nicht  constant  ist,  jede  andere  P-function  mit 
gleichen  Exponenten  sich  linear  mit  constanten  Coefficienten  ausdrücken  lässt 
und  dass  durch  die  im  Art.  L  geforderten  Eigenschaften  die  zu  definirende 
Function  bis  auf  zwei  linear  in  ihr  enthaltene  Constanten  völlig  bestimmt  ist. 
Diese  werden  in  jedem  Falle  leicht  aus  den  Werlhen  der  Function  für  specielle 
Werthe  der  Veränderlichen  gefunden,  am  bequemsten,  indem  man  die  Ver- 
änderliche einem  der  Verzweigungswerthe  gleich  setzt. 

Ob  es  immer  eine  jenen  Bedingungen  genügende  Function  gebe,  bleibt 
freilich  noch  unentschieden,  wird  sich  aber  später  durch  die  wirkliche  Dar- 
stellung der  Function  mittelst  bestimmter  Integrale  und  hypergeometrischer 
Reihen  erledigen  und  bedarf  daher  keiner  besondern  Untersuchung. 


14  BERNHARD  RIEMANN, 

V. 
Ausser  den  für  jedwede  Werthe  der  Exponenten   möglichen  Transfor- 
mationen  des   Art.  II.  ergeben   sich  aus  der  Definition   noch  leicht  die  beiden 
Transformationen : 


0  oo  1     i  (1  oo  1 

ß    y  x     =  P  )y  2/9  y 

*  P  Y'     '  W  2/?'  Y' 


(A)     P   0  ß   y  x[  =  P  }y  Iß  y   Vx[ , 


wo  nach  dem  Früheren  ß  +  ß'  +  Y  +  Y*  —  k  se*n  muss,    und 

[0  00  1      i  ll   9  Q*  s    , 

(B)     P    0    0    y  * [   =  P  ]r  Y  Y    Vx[, 

'H/     <  W  Y  Y  ' 

wo  y  +  V  =  i  un(*  9  e*ne  imag*näre  dritte  Wurzel  der  Einheit  bezeichnet. 
Um  sämmtliche  Functionen ,  welche  sich  mit  Hülfe  dieser  Transformationen 
auf  einander  zurückführen  lassen,  bequem  zu  übersehen,  ist  es  zweckmässig, 
statt  der  Exponenten  ihre  Differenzen  einzuführen  und,  wie  oben  vorge- 
schlagen,   durch   P(a  —  «',   ß  —  /?',   y  —  Y>  <0    sämmtliche  in   der  Form 

<?  €     fcc    ß    y      ^ 

x  (1  —  x)   P(    .  R,     ,  x  )    enthaltenen  Functionen  zu   bezeichnen,    wobei 

a  —  ct,  ß  —  ß'}  Y  —  Y'  die  erste,  zweite,  dritte  Exponentendifferenz  genannt 
werden  mag. 

Aus  den  Formeln  im  Art.  II.  folgt  dann ,   dass  in  der  Function 

P&>  P,  v,  *) 
die   Grössen  Jt,  /u,  v  beliebig  ins  Entgegengesetzte   verwandelt  und  beliebig 

unter   einander   vertauscht  werden   können.      Die  Veränderliche   nimmt   dabei 

1  1  1  x 

einen  der  6  Werthe   x}   1  —  xy  — ,    1 ,  ,  an,    und  zwar 

x  x     1  —  xx  —  1 

haben  von  den  48  auf  diese  Weise  sich  ergebenden  P-functionen  je  acht, 
welche  durch  blosse  Zeichenänderung  der  Grössen  X,  /u,  v  aus  einander  her- 
vorgehen,  dieselbe  Veränderliche. 

Von  den  in  diesem  Art.  angegebenen  Transformationen  A  und  B  ist  die 
erste  anwendbar,   wenn  von  den  Exponentendifferenzen  entweder  eine  gleich 
£  oder  zwei  einander  gleich  sind,  die  zweite,  wenn  von  ihnen  entweder  zwei   . 
=r  £  oder  alle  drei  einander  gleich  sind.     Durch  successive  Anwendung  dieser 
Transformationen  erhält  man  daher  durch  einander  ausgedrückt: 


ZUR  THEORIE  DER  GAUSS'SCHEN  FUNCTION  F{a,  ß,  r,  x).  15 

I.  PQi,  v,  £,  <r2),   P(ji,  2t>,  fi,  *0  and   P(v,  2/i,  v,  <r3), 

wobei   V(_l  —  xi)  =1  —  2xx,  v(i        — )  =  1  —  2xi}   also 

x2/ 

x2  =  4a?i  (1  —  xi~)  =  sich  ergiebt. 

4aj3(l  —  x{) 

II.  P(v,  p,  v,  a?3),   PO,  *-,  £,  xz),   PQj,  2v,  j,  xrf, 

wenn    1  - 1  =  f  *±£-V  und  folglich  1  =  B^~  &  *>  ^  ~J*J, 

*4  ^*3  +  ?2^  *4  (?2  +  *3)3 

CP  +  ^3)3C?2+^3)3  (1—  *3(1  —  *3))3      * 

4L           4j*            27*52C1— *3)2  27x32a-*3)2 

4x4(l  -  x4)  =  x5  =: — -,    4ät3(1  —0:3)  =  x2  = 


4*6(1  —  *6)  4^(1  —  *i) 

III.     P(>,  ",  ii  *2),   *>(>,  2»,  r,  xO 

wenn   *3  =  ±  (2  -  x2  —  1)  =  4  *4  (i  _  ^   .T2  =  4  xx  (1  —  *!> 

Alle  diese  Functionen  können  noch  mittelst  der  allgemeinen  Transformationen 
umgeformt  und  dadurch  ihre  Exponentendifferenzen  beliebig  vertauscht  und 
mit  beliebigen  Vorzeichen  versehen  werden.  Ausser  den  beiden  Transcen- 
denten  II.  und  III.  lässt,  wenn  eine  Exponentendifferenz  willkührlich  bleiben 
soll,  nur  noch  die  Function  P(V,  £,  £)  =  P(y}  1,  *)  eine  häufigere  Wieder- 
holung der  Transformationen  A  und  B  zu,  welche  indess,  da  p(  x\  zz 

const.  x?  +  const.',   auf  ganz  elementare  Formeln  führt. 

In  der  That  ist  die  Transformation  B  nur  anwendbar  auf  P(r,  r,  v)  oder 
PQ-,  ",  £),  also  nur  auf  die  Transcendente  IL;  die  Transformation  A  aber 
lässt  sich  häufiger  als  in  I.  nur  wiederholen,  wenn  entweder  von  den  Grössen 
juy  r}  2/u,  2v  eine  gleich  £  gesetzt  oder  eine  der  Gleichungen  fi  =  v,  /u  -  2r, 
v  =r  2/u,  angenommen  wird.  Von  diesen  Annahmen  führt  /u,zz2r  oder  v—2fi 
auf  die  Transcendente  IL,  fi  =  v}  sowie  2/u  oder  2?  =  £  auf  die  Transcen- 
dente III.,   endlich  /u  oder  v=  ±  auf  die  Function  P(p,  £,  £). 


16  BERNHARD  RIEMANN, 

Die  Anzahl  der  verschiedenen  Ausdrücke,  welche  man  durch  diese 
Transformation  für  jede  der  Transcendenten  I— III.  erhält,  ergiebt  sich,  wenn 
man  berücksichtigt,  dass  in  den  obigen  P-functionen  als  Veränderliche  alle 
Wurzeln  der  Gleichungen,  durch  welche  sie  bestimmt  werden,  zulassig  sind 
und  jede  Wurzel  zu  einem  Systeme  von  6  Werthen  gehört,  welche  mittelst 
der  allgemeinen  Transformationen  für  einander  als  Veränderliche  eingeführt 
werden  können. 

Es  führen  aber  im  Falle  I.  die  beiden  Werthe  von  xi  und  #3,  welche 
zu  einem  gegebenen  .v2  gehören,  auf  dasselbe  System  von  6  Werthen,  so 
dass  jede  der  Functionen  I.  durch  P-functionen  mit  6 .  3  =  13  verschiedenen 
Veränderlichen  ausgedrückt  werden  kann. 

Im  Falle  II.   führen   von   den  zu  einem  gegebenen  Werthe  von  #5   ge- 

■ 

hörigen  Werthen  die  beiden  Werthe  von  xq  und  *+,  die  6  Werthe  von  jc3 
und  von  den  6  Werthen  von  x2  und  von  xi  je  zwei  zu  demselben  Systeme 
von  6  Werthen.  Es  liefern  also  xi  und  x2  je  drei  und  #3,  ...,  x6  je  ein 
System  von  6  Werthen,  also  alle  zusammen  6.10  =  60  Werthe,  durch 
deren  P-functionen  sich  jede  der  Functionen  II.  ausdrücken  lässt. 

Im  Falle  HI.  endlich  liefern  ar3,  die  beiden  Werthe  von  x2}  die  beiden 
Werthe  von  #4,  und  von  den  vier  Werthen  von  xi  je  zwei  ein  System  von  6 
Werthen ,  so  dass  jede  der  Functionen  III.  durch  P-functionen  von  6  . 5  =  30 
verschiedenen  Veränderlichen  darstellbar  ist. 

In  jeder  P-function  können  nun  ohne  Änderung  der  Veränderlichen  mit- 
telst der  allgemeinen  Transformationen  die  ExponentendifTerenzen  beliebige 
Vorzeichen  erhalten,  und  also  kann,  da  keine  dieser  Exponentendifferenzen 
=2  0  ist,  eine  und  dieselbe  Fuqclion  auf  8  verschiedene  Arten  als  P-functlon 
derselben  Veränderlichen  dargestellt  werden.  Die  Anzahl  sämratlicher  Aus- 
drücke beträgt  also  im  Falle  I.  8.6.3=  144 ,  im  Falle  II.  8 . 6  .  10  =  480, 
im  Falle  III.  8.6.5  =  240. 


VI. 

Wenn   man   sämmtliche   Exponenten   einer  P-function  um   ganze  Zahlen 
ändert,   so  bleiben  in  den  Gleichungen  (3j  Art.  III.  die  Grössen 


ZUR  THEORIE  DER'  <SüDSS<SCHEfiilFOflIG1ION  F(a,ß,y,x).  H 

itm 


..     s>n(>  +  /?  +  Y )T  e  sin  f*  +  0  +  yln  e 


•      '; 


«'m        .    ^  , ■      „,   .      ^    '  am 


:•> 


sin£a+ß  +  f^n  e  sin(>'  +  #.+  jO*# 


sin(>'+0  +  y)^e   ...     vsul(>'  +  ff  +  r>*  e 
ungeändert.  M  ' 

Sind  daher  in  den  Fiipctk>ifeni^(*  (L?   *),   Pi("?  J  VJ  *)  die  ent- 

a  p   y  &%P  i  y  i 

sprechenden  Exponenten  a  und  a,  etc.  um  ganze  Zählen  verschieden,  so  kann 
man  die  acht  Grössen  (O/C^'p*  C^g^  ~   ^en  »cht  Grössen  «„,  «',  aßn  ... 

gleich  annahmen,  da  au«  <ier  Gleichheit  der  i;ünf  wil^ührlichen  die  Gleichheit 
der  drei  übrigen  folgt. 

Nach  der  im  Art. IV.  angewandten  Schlussweise  folgt  hieraus: 

und  wenn  man  von  den  Grössen  a-^ct\  und  ax  +  ayß  +  ß\  und  ßx+ß', 
V  +  y'i  und  yt  -f  y'  diejenigen  Grössen»  jedes  Paars,  welche  um  eine  positive 

ganze  Zahl  kleiner  sind,  als  die  andern ,   durqh  a+ß9%y  bezeichnet,  so  ist 

eine  Function  von  x,  welche  eroftndrig  und  endlich  bleibt  für  x=0,  *  =  i 
ypd  alle  übrigen  endlichen  Werthe  von  xf  für  »=  oo  aber .  unendlich  wird 

v^Br>^frMOrdaung  --7  a,  -r-.y  —  ß>  folglich  eine  gaoze  Function  F  vom  Gradq 

I  '  .        *  i       O  •  •  •  \  '  '  .  '.  i  •  • 

—    '«f    »'P'  y.»  *■■     -        ..'.••.  '  .■■.....,■  '  ;■.!,;  ••<».: 

Man  bezeichne  nun,  wie  früher,  die  Exponentendiffcren&en  a  -  et', 
ß\Li.ß*y  y.L*  y*  durch  i,«  ^  *  In /Betreff  dieser  ergiebt  sich  zunächst:  ihre 
Sartttüe'  ändert  «ich  um  eine  gerade*  Zably-  wenn  sich  simmtliche  Exponenten 
um  ganze  Zahlen  ändern;  denn  sie  übertrifft  die  Summe  sämmtlicher  Expo- 
nenten, wikhe  unverändert  =s  1  bleibt,;  um  .  —  2{V  +  ff  +  y'),  welche 
Grösse  sich  dabei  «üb  einö  gerade  Zahl -ändert.  Sie  können  sich  aber  dabei; 
fori  jedwede  ganze  Zahlen  andern,  deren  Summe  gerade;  ist.  Bezeichnet  man. 
ferner  et}—.*' xf  ßi^~ß '■i\-yi-i-iif\  *tarch  A»  WH  und  dmei  ,^4u,  ^di* 

JfaOem.  Ckute.  VII  C 


18  •  BERNHARD  RIEMANH» 


absoluten  Werthe  der  Differenzen  A  —  A19  fi — pl9  v  —  vl}   so  ist  von  den 

Grössen  a  -f-  a\  und  «'  +  al  diejenige,   welche  am  die  positive  Zahl  JA 

kleiner  ist,  als  die  andern  ;  - 

et  +  et'.  +  a  4-  <tx        JA  , 

=  — ' ±-t- L — * also-, 

2  2  ' 

—  a  =  —   —  — - — ■ — -   und  ebenso 

2  2 

2  2 

—  y  =  —  —  y  +  y'i  +  y'  +  y> 

y         2  2 

Der  Grad  der  ganzen  Function  F}  welcher  gleich  der  Summe  dieser  Grössen 
ist ,   ergiebt  sich  daher 

'     JA  -|-  Jfx  -|-  Jv 


VII. 

Sind  jetzt  'P("A.y.x);   Pi(a)by}*X    P,(^6y?"*}    drei 

Functionen,  in  welchen  sich  die  entsprechenden  Exponenten  um  ganze  Zahlen 
unterscheiden,  so  fliesst  aus  diesem  Satze  mittelst  der  identischen  Gleichung 

Pa(paiPa* paipa*~\  +  jp^r|/*2pa if  *&*")  -f-  fft%(Vatft  l~PaI**l}=£0 

der  wichtige  Satz,  dass  zwischen  ihren  entsprechenden  Gliedern  eine  Kneftito 
homogene  Gleichung  stattfindet,  deren  Coefficienten  ganze  Functionen  vop  x 
sind,  und  dass  also 

'       »sümmtliche  P-functionen ,  derön  entsprechende  Exponenten  sich  um  ganze 

Zahlen  unterscheiden,  sich  in  zwei  beliebige  vop  ihnen  linear  mit  ratior 

nalen  Functionen  von  x  als  Coefficienten  ausdrücken  lassen«. 

Eine  specieTle  Folge  aus  den  Beweisgründen  dieses  Satzes  ist,  dass  sieb 

der  zweite  Differentialquotient  einer  P-fimction  linear  mit  rationalem ,  Functionen 

als  Coefficienten  in  den  ersten  und  die  Function  selbst  ausdrücken  lässt,  und  also, 

die  Function  einer  linearen  homogenen  Differentialgleichung  zweiter  Ordnung  genügt. 


\» 


ZUR  THEORIE  DER  GADSS'SCBEN  FUNCTION  F[a}  ß,  y,  x).  19 

Beschränkt  man  sich,  um  ihre  Ableitung  möglichst  zu  vereinfachen,  auf 
den  Fall  y  =  0,  auf  welchen  der  allgemeine  nach  Art.  IL  leicht  zurückgeführt 

wird,  und  setzt  P=y,  Pa=y',  r  —  y",  so  ergiebt  sich,  dass  die  Functionen 

,  dy"  „   dy'         d*y       „'   _    d*y"     ,       äy'      d*y"         dy"     d*y' 

9  «flog*     V   «flog*'  dlogar2^        rflog*2^'  dlogxdlog*2    ~dlog*dlog*2 

mit  x  (A  —  x~)      '  multiplicirl,  endlich  nnd  einändrig  bleiben 

für  endliche  Werthe  von  x  und  unendlich  von  der  ersten  Ordnung  werden 
für  x  =  oc ,  und  dass  überdies  das  erste  dieser  Producte  für  x  =  1 .  unendlich 
klein  von  der  ersten  Ordnung  wird.  Für  y  =  const.'  y'-f-  const."  y"  findet 
daher  eine  Gleichung  von  der  Form  statt 

»  -  '~>*£&  -(-A+ *•>«& + (-A'-*'')* = °- 

in  welcher  A,  By  A\  B'  noch  zu  bestimmende  Constanten  bezeichnen. 

Nach  der  Methode  der  unbestimmten  Coefficienten  lässt  sich  eine  Lösung 
dieser  Differentialgleichung  nach  um  1  steigenden  oder  fallenden  Potenzen  in 
eine  Reihe 

JSa  x 
n 

entwickeln,   und  zwar  wird  der  Exponent  fi.  des  Anfapgsgliedes  im  ersten 

Falle,   wo  er  der  niedrigste  ist,   durch  die  Gleichung 

fifi  —  Afi  +  A'  =  0 

und  im  zweiten,  wo  der  höchste  ist,  durch  die  Gleichung 

W  +  Bfi  +  B'  =  0 

bestimmt     Die  Wurzeln   der   ersteren  Gleichung  müssen   a  und  a\  die  der 

letztern  —  ß  und  —  ß '  sein  und  folglich  ist 

A  =  a  +  a    A    —  a& 

B  =  ß  +  ß'  B'  =  ßß', 

und  es  genügt  die  Function  P(a ,  „,    ,  x)  =  y  der  Differentialgleichung 

Ka    ß   Y 

d2v  du 

^-^dl^^^  +  a'  +  {ß  +  ß)^d^  +  Ctta,-ßß'^  =  0' 

C2 


*20  ./,,.;•.  .>'\    /.<)!IEKNBft&D  RUM  AHN;   .--i;w  ».-SSM*    HJS 

Es  bestimmen  sieh  ferner  üe  Cotffßcretiten  au*  einem  voö  ibüe»;  mittelst 
der  Rjecursiontforaie);  .)■»/.  i'.-.u  •  .•;;.;  •,<;•"•  l--.;  •!•:  ;.•  .'>.. -y  !!-■'!  .:•>!> 


°«   .  •.,    C»  +1  —  «0  O  +  l".-  *').' . 


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•   V. 


welcher   w  = ; — -  genügt. 

ti  '■..'.'im      ,..'i     .   i.Jii"'      i:h.'i       I    j\i   :'.'!      .  ,W   ,  { ,  ■    . ,;   ,'. :  '         V  ;    /......     .     } 

Demnach  bildet  die  Reihe  ,  . 


ö  ±^  Coiist.JP 

sowohl  wenn  die  Exponenten  von  dt  öder  a'  an  um  die  Embeit  s^igen,:;als 
auch  wenn  sie  von  — ß  oder  -r^/3  an  um  die  Einheit  fallen,  eine  Lösung 
der  Differentialgleichung'  utid  zwar  Jbefc.  W.  tHeJeÄigen  particularen  Lösungen, 

welche,  obeh  durtfh  :  P^ ijflfr}  P^,  -  J%;.  bgz^hjie^wQrdeii  sy»d.       -;,:,•./  ,:i 
^n«;  ( .Nwb»  Q«jußs^J(vyelc|ier  dijrph  FSß}  b,ß9  ^):.emfj  .Reihe  .Jbezeictyiet,    in 

weicKw^  feliini  dfe^»  fiten  Ötiedesln  das  folgende*  't-  ft  ^'ffi*  *  *?« 

und  das  erste  Glied  =1  ist.  lässt  sich  dieses  Resultat  für  den  einfachsten 
Fall,   für  a  =  0,   so  ausdrücken 


oder  (  t     ..       ; 


■  I     '  f 


l/i. 


t  < 


!:it» 


Aus  demselben  erhält  man  auch  leicht  einen  Ausdruck  dpi*  P-function 
durch  ein  bestimmtes  Integral,  indem  map  in  dem  allgemeinep  Gliede  der 
Reihe  für  die  JT-functionen  ein  Eulersches  Integral  zweiter  Gattung  einfuhrt 
und  dann  die  Ordnung  der  SummfUiou  und  Integration  vertauscht.  Auf  diese 
Weise  findet  man,   dass  das  Integral 

i 

"ton   ^Dem  der  vier  Werthe.,0,i  4, -r,  oc^  bi«  aa -pineqa  dieser  vier  Werthe 


t . 


) 


ZQR/niBOftJS  DB»  -GAÜSÄ8CHÄN  FÜNGTIOS  *(«,-&*,  afri       .     21 

jutf,  beliebigem  Wege  erstreckt  eine  Function  P(a,  %,  y,  «)  bildet  und  bei 

passender  Wahl  dieser  Grenzwerthe  tmd  des  Weges  von  einem  zum  anderii 

jefie  der  sechs  Functionen  Pa>Sr. ....  Py   darstellt.     Es  lftsst  sich  aber  auch 

direct  zeigen,    dass   das  Integral   die   charakteristischen  Eigenschaften  einer 

solchen  Function  besitzt.     Es  wird  dies  in  der  Folge  geschahen,   wo  dieser 

Ausdruck  der  P-function  durch  ein  bestimmtes  Integral  zur  Bestimmung  der  in 
$ 

P^,SP^,..  noch  willktthrlieh  gebliebenen  Factoren  benutzt  werden  soll;  und 
ich  bemerke  hier  nur  noch,  dass  es,  um  diesen  Ausdruck  allgemein  anwendbar 
zu  machen,   einer  Modifikation  des  Weges  der  Integration  bedarf,   wenn  die 

Function   unter   dem  Integralzeichen   für  einen   der   Wefthe  0,  1,  — ,  oc   rfo 
•]•■••  •.,...  ®  . 

unendlich  wird,  dass  sie  die  Integration  bis  an  denselben  nicht  zulässt. 

vm. 

.'  '    '  '         '  •  ... 

Zufolge  der  im  Art.  IL  und  dem  vorigen  erhaltenen  Gleichungen 

xct   p   y     ß  V* —  ap+a  +  yy— y    ß 

;  *   .  .  .  ■•  *  ■  •  " 

Gonst.a>a(l  —  op)V  F(3  +  a^y,  ß'+ct+y,  a-r-a[+ 1,  *) 
fliegst  aus  jedem  Ausdrucke  einer  Function  durch  eine  P-function  eine  Ent- 
wicklung derselben  in  eine  hypergeonwtrische  Reihe,  welche  nach  steigende« 
Potenzen  der  Veränderlichen  in  dieser  P-function  fortschreitet.  Nach  ArtvV. 
giebt  es  8  Darstellungen  einer  Function  durch  P-functionen  mit  derselben 
Veränderlichen,  welche  durch  Vertauschung  zusammengehöriger  "Exponenten 
aus  einander  erhalten:  werden,  aTSo  z. B.  8  Darstellungen  mit  der  Veränder- 
lichen fr.  Von  diesen  liefern  aber  je  zwei,  welche  durch  Vertauschung  ihres 
zweiten  Paares,  $  und  3V  aus  einander  entstehen,  dieselbe  Entwicklung; 
man   erhält  also  vier  Entwicklungen   nach  steigenden  Potenzen   von  x,   von 

denen  zwei,  wplche  durch  Vertauschung  von  y  und  y'  aus  einander  erhalten 

•  i.  •  .  t 

werden,  die  Function  P  ,  die  beiden  anderp  die  Function  P  darstellen. 
Diese  vier  Entwicklungen  convergiren,  solange  der  Modul  von  a?<l,  und 
divergiren,  wenn  er  grösser  als TTfct,  während  die  vier  Reihen  nach  fallen- 


'  i 


:-i 


22    B.  RIE1UIW,  ZOK  THEORIE  DßR  GAÜSS'SCHEN  FUNCTION  *(«, ß,r%  x\ 

den  Potenzen  von  x,  welche  F&  and  P?  darstellen,  sieh  umgekehrt  ver- 
halten. Für  den  Fall,  wenn  der  Modul  von  x  gleich  1  ist,  folgt  aus  der 
Fouri  er  sehen  Reihe,  dass  die  Reihen  zu  convergiren  aufhören,  wenn  die 
Function  für  x  =  1  unendlich  von  einer  hohem  Ordnung  als  der  ersten  wird, 
aber  convergent  bleiben,  wenn  sie  nur  unendlich  von  einer  niedrigem  Ordnung 
als  1  wird  oder  endlich  bleibt.  Es  convergiren  also  auch  in  diesem  Falle 
nur  die  Hälfte  der  8  Entwicklungen  nach  Potenzen  von  «/solange  der  reelle 
Theil  von  y' —  y  nicht  zwischen  —  1  und  +  1  liegt,  und  sie  convergiren 
sämmtlich,   sobald  dieses  stattfindet. 

Demnach  hat  man  zur  Darstellung  einer  P-function  im  Allgemeinen  24 
verschiedene  hypergeometrische  Reihen,  welche  nach  steigenden  oder  fallen- 
den Potenzen  von  drei  verschiedenen  Grössen  fortschreiten,  und  von  denen 
für  einen  gegebenen  Werlh  von  x  jedenfalls  die  Hälfte,  also  zwölf  conver- 
giren. Im  Falle  I.  Art.  V.  sind  alle  diese  Anzahlen  mit  3 ,  im  Falle  II.  mit 
10,  im  Falle  III.  mit  5  zu  multipliciren.  Am  geeignetsten  zur  numerischen 
Rechnung  werden  von  diesen  Reihen  meistens  diejenigen  sein,  deren  viertes 
Element  den  kleinsteh  Modul  hat. 

Was  die  Ausdrücke  einer  P-function  durch  bestimmte  Integrale  betrifft, 
die  sich  durch  die  am  Schlüsse  des  vorigen  Art.  aus  den  Transformationen 
des  Art.  V.  ableiten  lassen ,  so  sind  diese  Ausdrücke  sämmtlich  von  einander 
verschieden.  Man  erhält  also  im  Allgemeinen  48,  im  Falle  I.  144,  im 
Falle  II.  480,  im  Falle  HI.  240  bestimmte  Integrale,  welche  dasselbe  Glied 
einer  P-function  darstellen  und  also  zu  einander  ein  von  x  unabhängiges 
Verhältniss  haben.  Von  diesen  lassen  sich  je  24,  welche  durch  eine  gerade 
Anzahl  von  Vertauschungen  der  Exponenten  aus  einander  hervorgehen,  auch 
in  einander  transformiren  durch  eine  solche  Substitution  ersten  Grades,  dass 

für  irgend  drei  von  den  Werthen  0,  1,  oo,  —  der  Integrationsveränderlichen  $ 

die  neue  Veränderliche  die  Werthe  0,  1,  oo  annimmt.  Die  übrigen  Gleichun- 
gen erfordern,  soweit  ich  sie  untersucht  habe,  zu  ihrer  Bestätigung  durch 
Methoden  der  Integralrechnung  die  Transformation  von  vielfachen  Integralen. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


HISTORISCH  -  PHILOLOGISCHEN  CLASSE 


•• 


DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZU  GÖTTINGEN. 


SIEBENTER  BAND. 


BitL-PkUoi.  Ckut*.  VII. 


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Erklärung 

der  grossen  PhÖnikischen  Inschrift  von  Sidon 
und  einer  Aegyptisch- Aramäischen,   mit  den 

zuverlässigen  Abbildern  beider. 

Der  Königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  am  19ten  Januar  1856 
als   dem   ersten  Jahrestage   der  Entdeckung   der  Sidonischen  Inschrift 

vorgelegt 
von 

H.   Ewald. 


Die  grosse  Phönikische  Inschrift  von  Sidon. 


iVls  ich  im  Spätjahre  1848  der  Kön.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  die 
Abhandlung  »über  die  neuentdeckte  Phönikmcke  Inschrift  zu  Marseille«  vor* 
legte,  war  jene  Inschrift  die  einzige  Phönikische  welche,  obwohl  auf  eine 
beklagenswerte  Art  zur  Hälfte  verstümmelt  und  vorzüglich  auch  deshalb 
sehr  schwer  zu  verstehen,  eine  grosse  und  schon  durch  diese  Grösse  sehr 
lehrreiche  genannt  werden  konnte.  Durch  einen  äusserst  glücklichen  Zufall 
ist  nun  am  19ten  Januar  1855  nahe  bei  Ssaidft  oder  dem  alten  Sidon  selbst 
eine  andre  nicht  nur  eben  so  grosse  sondern  auch  im  Allgemeinen  besser 
erhaltene  entdeckt,  welche  auch  an  Alter  und  gewichtigem  Inhalte  sich  leicht 
als  hinter  jener  nicht  zurückstehend  zu  erkennen  gibt.  Haben  nun  die  wis- 
senschaftlichen Bemühungen  um  eine  genauere  Erkenntniss  des  ganzen  PhÖ- 
nikischen Alterthumes,  bei  der  grossen  Zerstreutheit  seiner  Überbleibsel  und 
den  besondern  Schwierigkeiten  welche  sich  hier  ungewöhnlich  aufhäufen,  erst 
in  unsern  neuesten  Zeiten  wirklich  begonnen,  so  kommt  uns  ein  solches  neu- 
entdecktes inhaltreicheres  Hülfsmittel  dabei  höchst  willkommen  entgegen.     Ohne 

Übereilung  bei  dem  Bestreben  es  zu  entziffern  sicher  zu  verstehen  und  richtig 

A2 


4  H.  EWALD, 

anzuwenden,  müssen  wir  doch  sobald  als  möglich  uns  bemühen  es  nicht  nur 
seinem  Inhalte  und  Werthe  nach  einzureihen  in  die  bisherigen  noch  ziemlich 
unansgefüllten  Fächer  unsrer  Phönikischen  Erkenntnisse x) ,  sondern  auch  es 
in  so  zuverlässigen  Abbildern  als  möglich  allgemein  nutzbar  zu  machen.  Folgt 
dann,  wie  wir  dieses  am  meisten  zu  wünschen  und  zu  hoffen  haben,  bald 
eine  neue  Bereicherung  unsrer  Hülfsmittel ,  wozu  jetzt  durch  diesen  glück- 
lichen Fund  eines  Königssarges  auf  der  langgestreckten  Küste  Phönikiens 
selbst  die  berechtigtste  Erwartung  gegeben  ist,  so  können  wir  sie  dann  desto 
leichter  richtig  verstehen  und  schätzen.  Jeder  geringere  oder  grössere  Bei- 
trag dieser  Art  welcher  aus  den  weitzerstreuten  und  tiefverschütteten  Trüm- 
merhaufen Phönikischer  Bildung  wieder  auftaucht,  ist  uns  von  unschätzbarem 
Werthe:  aber  die  ungemein  grossen  Schwierigkeiten  eines  richtigen  Verständ- 
nisses welche  uns  hier  von  allen  Seiten  umgeben ;  lichtefi  sich  nur  wenn  wir 
hier  von  Stück  zu  Stück  von  Stufe  zu  Stufe  ebenso  emsig  als  möglichst 
sicher  fortschreiten. 

Ein  richtiges  wenn  auch  dunkles  Gefühl  der  Wichtigkeit  dieses  Fundes 
hat  sich  denn  auch  alsbald  von  den  in  Sidon  und  Palästina  damals  gerade 
anwesenden  gebildeteren  Europäern  und  Amerikanern  aus  sehr  bald  in  der 
wissenschaftlichen  Welt  verbreitet;  und  man  hat  sich  sowohl  in  Amerika, 
wohin  zwei  Abschriften  durch  die  in  Sidon  zufällig  anwesenden  Amerikanischen 
Glaubensboten  am  frühesten  gelangten;  als  in  Europa  sogleich  sehr  eifrig 
bemühet  die  Inschrift  zu  veröffentlichen  zu  übersetzen  und  zu  erklären.  Was 
nun  in  dieser  Beziehung  bis  gegen  das  Ende  des  vorigen  Jahres  von  sehr 
verschiedenen  Seiten  aus  versucht  und  geleistet  ist,  habe  ich  bereits  an  einem 
andern  Orte 2)  so  ausführlich  und  so   bestimmt  erörtert  dass  es  hier  leicht 

1)  Diese  sind  seit  1847 — 48  besonders  durch  eine  Menge  Punischer  Inschriften 
und  deren  Entzifferung  vermehrt :  s.  die  Entu/ferung  der  Neupunischen  Inschriften 
in  den  Gott.  gel.  Anz.  1852  St.  172— 175;  ich  fahre  unten  diese  Abhandlung 
nach  dem  ebenfalls  1852  erschienenen  besondern  Abdrucke  in.  Die  Abhand- 
lung über  die  Massilische  Inschrift  führe  ich  hier  ebenfalls  nach  ihrem  beson- 
dern Abdrucke  1849  an,  da  der  Druck  in  den  Jahrbüchern  der  Biblischen  Wis- 
senschaft I.  1849  weniger  genau  ist. 

2)  In  den  Gott.  gel.  Anz.  1856  St.  3.  Auf  diesen  Aufsatz  weise  ich  hier  zurück, 
da  sein  Inhalt  sonst  auch  ganz  in  diese  Abhandlung  gezogen  werden  könnte. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖN1KISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        5 

übergangen  werden  mag,  umsomehr  da  dort  schon  auf  diese  Abhandlung  als 
sogleich  folgend  verwiesen  wurde  und  man  jenen  Aufsatz  auch  als  eine  Vor- 
rede für  diese  längere  Abhandlung  betrachten  kann.  Ich  habe,  sobald  ich 
im  vorigen  Sommer  die  aus  Sidon  nach  Deutschland  gekommene  Abschrift  in 
dem  viel  Gutes  enthaltenden  Buche  Fr.  Dietrich's  empfing,  die  Inschrift  rein 
fürsich  untersucht  und  mir  entziffert,  auch  schon  damals  ihre  Erklärung  im 
Ganzen  völlig  so  festgestellt  wie  ich  sie  hier  gebe.  Allein  ich  erkannte  auch 
damals  sofort  dass  mehrere  Stellen  dieser  in  Stein  gedruckt  vorliegenden 
Abschrift  unrichtig  und  unzuverlässig  seien:  und  da  man  schon  damals  erwarten 
konnte  der  bei  Sidon  ausgegrabene  Königssarg  werde  bald  durch  den  um  die 
Kunde  und  Erklärung  aller  solcher  Alterthümer  vielverdienten  edelmüthigen 
Duc  de  Luynes,  welcher  ihn  für  sich  erworben,  näher  untersucht  und  sicher 
beschrieben  werden,  auch  von  einer  zweiten  an  dem  Sarge  zu  lesenden 
Inschrift  verlautete,  so  beschloss  ich  mit  der  Veröffentlichung  meiner  Erklärung 
einige  Zeit  zu  warten ;  da  es  ja  überhaupt  in  diesen  Dingen  keiner  übergrossen 
Eile  bedarf.  Jetzt  nun  lege  ich  diese  so  vor  wie  sie  sich  mir  ganz  unab- 
hängig von  den  bisherigen  Versuchen  einer  Entzifferung  gestaltet  hat.  Zugleich 
aber  mit  dieser  Abhandlung  kann  ich  jetzt  das  erste  treue  Abbild  der  Inschrift 
veröffentlichen,  einem  offenbar  ganz  genauen  Lichtbilde  folgend  welches  der 
Duc  de  Luynes  von  der  Inschrift  genommen  und  mir  in  einigen  Abbildern 
mitzutheilen  die  Güte  hatte.  Ausserdem  verdanke  ich  seiner  Hand  die  erste 
nähere  Nachricht  über  die  zweite  Inschrift  welche  auf  dem  Sarge  sich  findet 
and  welche,  wie  bald  erhellen  wird,  zwar  nicht  ihres  Inhaltes  aber  einiger 
andern  Umstände  wegen  uns  von  nicht  geringer  Wichtigkeit  ist. 

Der  Zustand   der  Inschrift 

Die  Inschrift  findet  sich  eingegraben  in  die  Brust  und  den  Leib  des 
Königsbildes  welches  den  Sarg  bedeckt.  Warum  sie  auf  eine  uns  so  auffal- 
lende Weise  gerade  dieser  Stelle  eingegraben  sei,  sodass  sie  jedem  der  etwa 
den  Sarg  zu  öffnen  und  den  hier  ruhenden  Todten  zu  stören  sich  erkühnen 
sollte  zuerst  in  die  Augen  fallen  musste,  das  erklärt  sich  nur  aus  ihrem 
Inhalte;  wie  unten  leicht  erbellen  wird. 

Sie  besteht  aus   22  langen  Zeilen,    welche  äusserlich  ziemlich  gleich- 


6  H.  EWALD, 


i  i  ■ 


massig  sieb  halten;  und  ist,  schon  nach  dem  ersten  Anscheine  zu  urtheilen, 
mit  vieler  Genauigkeit  in  grossen  festen  nur  hie  und  da  etwas  dünner  gehal- 
tenen Zügen  ausgeführt. 

Sie  hat  aber  nirgends  irgendein  Lesezeichen,  weder  am  Ende  der  Sätze 
noch  zur  Abtrennung  der  einzelnen  Wörter,  noch  auchnur  am  Ende  des 
letzten  Wortes;  noch  weniger  bei  einem  einzelnen  Buchstaben.  Nur  mitten  in 
der  Z.  13  hat  sie  hinter  einem  Worte  einen  etwas  grössern  Zwischenraum, 
welcher  absichtlich  gelassen  zu  seyn  scheint,  der  aber  keineswegs  einen 
Stillstand  der  Rede  oder  das  Ende  eines  Satzes  anzeigein  soll:  es  wird  unten 
bei  der  Erklärung  von  Z.  13  über  diese  einzelne  jedenfalls  nicht  sehr  bedeu- 
tende Erscheinung  weiter  zu  reden  seyn. 

Mit  dem  Ende  jeder  dieser  sehr  langen  Zeilen  scbliesst  zwar  oft,  ja 
man  kann  sagen  in  den  meisten  Fällen,  das  Wort,  aber  doch  nicht  beständig. 
Da  die  Inschrift  ihrer  ganzen  Ausdehnung  nach  also  nur  Buchstabenreihen 
gibt,  so  ist  sie  uns  schon  wegen  des  Mangels  an  aller  Worttrennung  nicht 
ohne  grosse  Anstrengung  zu  verstehen,  da  wir  die  Worte  selbst  zu  verstehen 
heute  oft  die  grössten  Schwierigkeiten  haben.  Wir  umschreiben  sie  daher 
unten  zur  leichtern  Lesung  mit  Hebräischen  Buchstaben  so  dass  wir  zugleich 
durch  die  Worttrennung  überall  din  Sinn  andeuten  welchen  uns  die  Worte 
zu  haben  scheinen. 

Übrigens  ist  die  ganze  Inschrift  sichtbar  sehr  gut  erhalten ;  auch  wie 
die  Erklärung  zeigt  vollständig.  Nur  auf  Z.  16  und  1?  hat  sie  eine  schad- 
hafte Stelle  wodurch  ziemlich  viele  Buchstaben  mehr  oder  weniger  verstümmelt 
oderauch  ganz  ausgelöscht  sind  x).  Diese  Beschädigung,  welche  uns  die  voll- 
kommen sichere  Erklärung  nicht  wenig  erschwert  wie  unten  weiter  zu  zeigen 
ist,  hat  sie  aber  erst  beim  Aufgraben  durch  die  Arbeiter  erlitten;  und  leider 
scheint  die  Lücke  höchstens  durch  wahrscheinliche  Veitnuthung  wieder  ergänzt 
werden  zu  können. 


1)  Gerade  hierin  sind  die  bisher  veröffentlichten  Abschriften  höchst  unzuverlässig: 
sowie  sie  auch  sonst  manches  unrichtige  enthalteil.  Wir  bemerken  dieses'  alles 
aber  unten  nicht  weiter,  da  wir  vielmehr  da»  getreue  Abbild  selbst  veröffent- 
lichen. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖN1KISCHEN   INSCHRIFT  VON  SIDON.         7 

Von  der  grössten  Wichtigkeit  ist  uns  nun  aber  hier  die  Beachtung  der 
andern  Inschrift  welche  ebenfalls  dem  Königsbilde  auf  dem  Sarge  eingegraben 
ist  Sie  findet  sich  um  den  Kopf  des  Bildes  in  einer  Art  von  Halbkreise, 
und  besteht  aus  6  Zeilen  und  einer  unvollendeten  siebenten.  Als  man  sie 
näher  untersuchte,  fand  man  aber  dass  sie  dem  Inhalte  nach  ganz  dieselbe 
sei  wie  die  auf  Brust  und  Leib  zu  lesende,  nur  nicht  ebenso  lang.  Sie  er- 
streckt sich  nämlich  bis  in  die  Mitte  der  Z.  13  der  vollständigen  Inschrift: 
woraus  man  schon  ersehen  kann  dass  ihre  Zeilen  etwa  noch  einmal  so  lang 
ausgedehnt  sind.  Was  dabei  noch  sonderbarer ,  sie  hört  mitten  in  einem 
Worte  auf;  nämlich  hinter  dem  »  des  Wortes  -»ao&WN  Z.  13. 

Diese  ganze  Erscheinung  zu  deuten  könnte  schwer  scheinen.  Da  die 
Inschrift,  wie  unten  erhellet,  alle  zurückschrecken  sollte  welche  etwa  den 
Sarg  zu  öffnen  oder  sonst  den  Todten  in  seiner  Ruhe  zu  stören  sich  erkühnen 
würden,  so  könnte  man  vermuthen  sie  sei  eben  dieses  schreckenden  Inhaltes 
wegen  absichtlich  wiederholt  Allein  da  wäre  sie  doch  wohl  'entweder  ganz 
vollständig  oder,  wenn  verkürzt,  in  ihrem  Haupttheile  und  bis  zu  einer  pas- 
senden Ruhestelle  wiederholt:  sie  schliesst  aber  mitten  in  einem  Worte  wel- 
ches, wie  sich  unten  zeigen  wird,  sogar  selbst  wieder  mitten  in  einem  Satze 
steht  Wir  nehmen  daher  wohl  richtiger  an  dass  der  Steinhauer  sie  zuerst 
wirklich  vollständig  um  den  Kopf  des  Todtenbildes  einhauen  wollte,  als  spräche 
der  Todte  sie  so  nahe  als  möglich  aus  dem  eignen  Munde,  dann  aber  aus 
irgendeinem  Beweggrunde  sie  hier  nicht  vollendete,  sondern  sie  von  vorne 
an  noch  einmal  und  nun  vollständig  auf  Brust  und  Leib  schrieb. 

Wie  dem  $eyn  mag.,  diese  Wiederholung  der  ganzen  grössern  Hälfte  der 
Inschrift  bringt  uns  zum  desto  sicheren)  Verständnisse  zufällig  einige  Vortheile 
welche  nicht  willkommner  seyn  können.  Einmal  nämlich  scheint  sich  das 
Denkwürdige  zu  ergeben  dass  jede  ihrer  6  Zeilen  mit  einem  Worte  schliesst: 

,     ihre  7»  1  schliesst  mit  wi*  ?fra  Z.  2  der  vollen  Inschrift, 

—  2,     —       —  n>N  nno>       4  —     —         — 
T-r     3       — ,      —  a>»vn  hn  — 6  —      —  ■       — 

—  4       —       —  -opn  inp1»  —  8  —      —         — 

—  5       -         —    j-PN  Nun   —  IQ —      —  — 

—  5       —        —.       -     "PN  —13—      —         — 


8  H.  EWALD, 

Indess  scbliessen  doch  auch  in  der  vollständigen  Inschrift  die  meisten  Zeilen 
mit  dem  vollen  Worte ;  nnd  umgekehrt  ist  hier  aus  Z.  2  der  letzte  Bubstab  n 
von  rpN  ganz  abgefallen,  als  wäre  er  im  Anfange  der  folgenden  Zeile  ver- 
gessen. Wir  wollen  also  nicht  zuviel  Gewicht  darauf  legen,  obgleich  die 
Erscheinung  immerhin  merkwürdig  bleibt.  Dass  die  Worttrennung  desto  leichter 
als  Gesetz  angenommen  wird  je  länger  die  Zeilen  sind ;  ist  leicht  verständlich.  — 
Viel  wichtiger  ist  zweitens  dass  sich  auch  einige  verschiedene  Lesarten  zwi- 
schen beiden  Inschriften  zeigen :  zwar  im  Ganzen  wenige  und  grösseren  Theiles 
unbedeutende,  aber  doch  für  uns  sehr  lehrreiche.  Sie  sind,  wenn  man  sie* 
näher  untersucht,  nur  kleine  Versehen  die  dem  Steinhauer  zur  Last  fallen; 
und  das  jedesmal  richtige  konnte  von  einem  geschickten  Leser  ziemlich  leicht 
gefunden  werden,  wo  es  zweifelhafter  war.  Aber  für  uns  haben  auch  diese 
Kleinigkeiten  alle  noch  eine  weit  wichtigere  Bedeutung.  Auch  zeigt  sich  dass 
von  den  5  Versehen  dieser  Art  4  allein  auf  die  unvollendete  Inschrift  fallen: 
und  vielleicht  war  dieses  ein  Grund  sie  unvollendet  zu  lassen. 

Sehen  wir  aber  dabei  auf  das  Ganze  und  Grosse,'  wie  es  sich  aus  der 
richtiger  treffenden  Entzifferung  und  Erklärung  ergibt,  so  müssen  wir  trotz 
dieser  kleinen  vom  Steinhauer  verschuldeten  Versehen  sagen  dass  die  Inschrift 
mit  einer  sehr  gleichmässigen  Genauigkeit  und  Emsigkeit  ausgeführt  ist 1). 
Als  sie  eingehauen  wurde,  stand  Pbönikische  Schrift  offenbar  in  ihrer  Blttthe, 
und  man  befleissigte  sich  allgemein  einer  nicht  bloss  äusserlich  gefälligen  und 
deutlichen  sondern  auch  möglichst  fehlerlosen  und  dabei  gleichmässigen  Schrift 
Die  Inschrift  ist  gross  genug  und  einzelne  Worte  und  Sätze  kehren  in  ihr 
genug  zu  verschiedenen  malen  wieder  um  dieses  zu  erkennen.  Dass  sie  auf 
einen  Königssarg  geschrieben  wurde,  mag  dazu  mitgewirkt  haben,  aber  erklärt 
nicht  alles. 

Doch  verschiedene  und  daher  auch  bessere  oder  schlechtere  Lesarten 
treffen  wir  hier,  wie  gesagt:  ja  wir  haben  sie  hier  in  ihrer  allernächsten  Ent- 
stehung und  schon  aus  jenen  Urzeiten  stammend  vor  Augen.  Da  wir  nun 
hier  doch  die  ganze  Inschrift  wie  oben  bemerkt  Hebräisch  umschrieben  geben 


1)  Man  könnte  höchstens  denken  n«n  Z.  12  wechsle  mit  n«n  Z.  19:  doch  war  die 
Bedeutung  beider  Wörter  wohl  etwas  verschieden. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖN1KISCHEN   INSCHRIFT  VON  SIDON.         9 

wollen,  so  fügen  wir  zugleich  die  eben  besprochenen  verschiedenen  Lesarten 
hinzu,  mit  kurzer  Bemerkung  welche  in  jedem  Falle  die  bessere  sei *).  Ausser- 
dem bezeichnen  wir  durch  kleine-  lateinische  Bqchstaben  das  Ende  der  6  Zeilen 
der  unvollendeten  Inschrift  —  Und  um  bei  der  Umschrift  einem  in  Semiti- 
schen Schriften  stehenden  Grundsatze  zu  genügen,  ziehen  wir  einen  einzelnen 
Buchstab  der  ein  obwohl  ursprünglich  selbständiges  Wort  nach  seiner  Ab- 
Schwächung  an  das  vorige  bloss  anlehnt,  also  hier  das  ?2),  mit  dem  vorigen 
Worte  in  eins  zusammen. 

nSna  *vonS  «D3*is  ^jta  ^3ttVN  ^ö  ^ni  m*ix  -jSe  n^n  ^hyo  p  2 

napni  mSnn  naw  mvV  n^w  p»  n^i  in  dö1»  *|ö»  p  ^nvSn  3 

-i  nav»  ^n^N  nnor  Sn  din  Sdi  roSütt  Sa  hn  nwp  n»  vn  opwa  4 

»v*»  Sni  '»nsuno  nSn  n>N  nw>  Sni  omn  o«4)ho  w>o«  vp:r>  Sn  5 

i  roStt»  Sdd  om  c  y»vn  Sn  im  *n»  din  ün  qN  "ov  mwo  nSv  n:^»^  p  6 

>on  jo&s»  vn  dn  '»aav«  nhn  n^N  nw>  wn  dn  tmvjo  nSv  nnö>  vn  d*in  Sd  7 

ann  p  d*?  p^  SNi5)d*Dpa  nnp*»  bw  ono*>  dn  mwd  öS  p*  Sn  imv  8 

pS»  p  Sve  vn  vtn  "]S«  onN  ovnpn  ddSnh  o:nao^  oannn  9 

rn^N    NUT»    VN   DN    13DVE   nSi>    nnCP    VN    NH    D*1N    DN    PIDSü»    n^N    D3n*    10 

i  ioöS  unv  dS  p*  Sn  n»rro  d*in  dn  nh  nab»«7)  an?  nwn'inSn6)  11 

o>o  p  ^nvba  nbna  jna  ijnd  v»v  nnn  o^nn  -wm  SvöS  *>o  12 

p  orrs  i^»  W3»vm  *pN2       ffcpN  naSN  p»  ni«i  in  doi  -j  13 

nvraw&M  •»»Nn  D3*ix  "iS>o  ^»»wm  "jb«  p  in  dd-tx  -jb»  nann  -jb»  14 

na  nw  pa  on  ds-ix  -jb>o  ^wövn  -jb»  nn  rpS»n  jnm  nnnv»  wns  15 

irwn  d*>  in*  dv  n*>nvv  nwpw  d>  y^N  pxn  njpta»  na  nj^N  ddSn  16 


.*» .  ■ 


1)  Dagegen  wäre  es  jetzt  ganz  überflüssig  noch  die  vielen  Fehler  der  bisher  ver- 
'  öffentlicbten  blossen  Abschriften  zu  bemerken. 

2)  Nach  dem  in  der  Entzifferung  der  Neupunisohen  Inschriften  S.  12  Gesagten. 

3)  Das  n  fehlt  in  der  unvoll.  Inschrift  übel. 

:   4)  In  der  unvoll.  Inschr.  steht  Da  nur  durch  ein  leichtes  Versehen. 

*  "...  .    i  •      .  i : . 

5)  Das  i  fehlt  in  der  unvoll.  Inschr.,   steht  aber  doch  passender. 

6)  Das  n  vorne  fehlt  in  der  unvoll.  Inschr.  aus  Versehen. 

7)  So  richtig  die  unvoll.  Inschr.,  während  die  vollendete  unrichtig  nbtttt  ohne  3  hat. 
a—g  bezeichnen  das  Ende  der  sechs  bis  stehen  Zeilen  der  unvollendeten  Inschrift. 

Hist.-Phüol.  Classe.  VII  B 


«• 


10  E.  EWALD, 


pn  wn  jroN^  a*)  nwo  am  ■on  vj^^n  nhh  t>  |aw  np[o  jJeujnS  m  pa  vn  17 

ddS*>  pN  jb  |n^  *w  ^vn  du;  mrwsS  na1)  px  SvaS  na  d^  y*>N  psa  dd-ix  j^nS  18 

D3^öd^  nSs)ö  wi  n»xa>  rn>oS  punwa  vn  nvtNn  pn  runw  ^ö^  *)ni  n^N  19 

inSv  nno^  Sn  qhn  SD*)  nab»»  Sd  jin  voap  nfr^S  oanxS  jddddS  y*)N  hz*  nSv  20 

od*>jö^  afr  «ODuno  nSn  rr>N  n^  Sni  osunon  jo^an  Sn^  mSa>  iar>  Sni  21 

afrvS  onn  n»n»  omm  nh  ro^isn  |xp^  Sn  D\mpn  d^n  22 

Die   Schriftart 

• 

Wenden  wir  uns  nun  von  diesen  Äusserlichkeiten  der  Inschrift  weiter 
zu  ihrer  Betrachtung  sofern  sie  uns  eine  bestimmte  Phönikische  Schriftart  vor 
Augen  stellt:  so  haben  wir  hier  sichtbar  eine  Schrift  vor  uns  welche  ihren 
Buchstabenzügen  nach  so  alt  oder  noch  älter  seyn  kann  als  irgendeine  andre 
uns  bisjetzt  bekannte  Phönikische.  Die  Züge  weichen  von  denen  der  Massili- 
schen  Inschrift  in  einigen  Einzelnheiten  merklich  ab:  allein  dass  deshalb  unsre 
Sidonische  jünger  sei  folgt  daraus  umsoweniger  da  die  Phönikische  Schrift  sich 
ja  in  den  von  einander  ziemlich  unabhängigen  sehr  verschiedenen  Städten  und 
Ländern  wo  sie  bestand  und  sich  erhielt,  auch  sehr  verschieden  ausbilden 
konnte.  Erst  wenn  wir  aus  Sidon  selbst  noch  weit  mehrere  Inschriften  hät- 
ten ,  könnten  wir  leicht  näher  erkennen  welchem  bestimmteren  Zeitalter  jede 
angehöre.  Bisjetzt  muss  uns  genügen  dass  wir  keine  kennen  die  wir  für  eine 
ältere  als  unsre  halten  müssten. 

Die  Schriftart  zeigt  sich  auch  darin  noch  ganz  alterthümlich  und  acht 
Phönikisch  dass  sie  die  möglichen  Vocalbuchstaben  nirgends  anwendet  wo  sie, 
nach  dem  Grundgesetze  der  Semitischen  Schrift,  nicht  durchaus  nothwendig 
sind.  Denn  das  *wn  Z.  12  und  wr  Z.  19  brauchte  nicht  eben  tär  und  dar 
zu  lauten,  sondern  könnte  auch  wie  *)**£)  oder  ähnlich  sonstwie  gesprochen 
werden.  Wenn  freilich  das  Wörtchen  rpN  Z.  4.  5.  7.  10  zweimal.  11.  15.  16 
(wahrscheinlich  zweimal).  21  welches  (wie  unten  zu  zeigen  ist)  seiner  Bedeu- 
tung nach  fast  ganz  dem  hebräischen  Zeichen  des  Accusativs  entspricht,  bloss 
so  wie  das  yth  in  Plautus'  Pönulus  V.  1.  6.  7.  8  oder  das  aus  ihm  verkürzte 
Hebräische  -j-in  gesprochen  wäre,  so  würde  i  in  der  Mitte  des  Wortes  gar 
für  einen  gewöhnlichen  Vocal  zwischen  zwei  Mitlauten  geschrieben  gelten 
müssen:    allein   alles  zwingt  uns   vielmehr  anzunehmen   dass  es  ursprünglich 


ERKLÄRUNG  DER   GROSSEN  PHÖN1KISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        11 

ijät  lautete 1) ,  und  wir  wüssten  nicht  warum  es  in  jener  weit  altern  Zeit  aus 
welcher  jedenfalls  unsre  Inschrift  abstammt,  nicht  noch  wirklich  so  auch  in 
gemeiner  Rede  gelautet  habe. 

An  dieser  ebenso  alterthttmlichen  als  ursprünglichen  Gedrungenheit  und 
Gleichmässigkeit  der  Schriftart  hat  keine  Semitische  Schrift  so  fest  gehalten 
wie  die  Phönikische,  auch  die  Hebräische  nicht  Und  gewiss  ist  dieses  eins 
von  den  vielen  Zeichen  der  hohen  Schriftbildung  und  Schulgelehrsamkeit  welche 
in  den  Phönikischen  Städten  schon  in  so  frühen  Zeiten  länger  und  fester  als 
in  den  umliegenden  Ländern  einheimisch  geworden  seyn  muss.  Dass  diese 
hier  so  lange  und  so  zähe  festgehaltene  Schriftart  sich  aber  allerdings  auch 
in  dieser  Schrift  endlich  verändern  und  der  gemeinen  Hebräischen  immer  ähn- 
licher werden  konnte,  zeigen  die  Neupunischen  Inschriften,  wie  ich  diese 
1852  in  der  Kürze  entziffert  vorlegte. 

Allein  daraus  folgt  nicht  dass  auch  die  älteste  und  ihrem  eignen  Grund- 
satze am  treuesten  gebliebene  Phönikische  Schrift  die  Vocalbuchstaben  da 
ausgelassen  hätte  wo  sie  dem  Gesetze  aller  Semitischen  Schrift  zufolge 2) 
nothwendig  zu  setzen  waren.  Wie  ich  nun  schon  früher  alle  Phönikische 
Schrift  hierauf  immer  besonders  angesehen  habe  3) ,  so  zeigt  auch  unsre  eben- 
entdeckte grosse  Inschrift  keine  Abweichung  von  diesem  Grundgesetze :  was  ich 


1)  Was  sich  aus  d6m  in  der  grössern  Spl.  §.  105  f  erörterten  hinlänglich  erklärt. 

2)  Wie  ich  dieses  Gesetz  in  andern  Schriften  wohl  hinreichend  erklärt  habe.  Will 
man  aber  sehen  wie  gewiss  dieses  ein  ganz  besondres  Schriftgesetz  sei,  so 
vergleiche  man  nur  die  Schrift  welche  der  Semitischen  örtlich  und  zeitlich  so 
nahe  angrenzt,  die  in  gewisser  Hinsicht  ihre  eigne  Mutter  ist,  nie  Ägyptische 
nämlich  noch  in  ihrer  Koptischen  Gestaltung.  Denn  sosehr  die  Koptische  Schrift 
Buchstabenschrift  geworden  ist,  so  trägt  sie  dennoch  noch  einige  Spuren  ihrer 
alten  Urquelle  an  sich ,  sofern  sie  z.  B.  erlaubt  'N  für  en  zu  schreiben :  was 
dem  Semitischen  Gesetze  völlig  widerstreitet,  aber  sich  als  zerstreutes  Über- 
bleibsel aus  der  Wort-  und  Sylben  -  Bilderschrift  erklärt. 

3)  S.  die  Abb.  über  die  Massilische  Inschrift  S.  6  f.  und  jenen  Aufsatz  Gott.  gel. 
Anz.  1856  S.  28  f.  Leider  gibt  unsere  Sidonische  Inschrift  kein  Beispiel  eines 
»tat.  const.  pl.  auf  *  - ,  wie  er  sonst  im  Semitischen  geschrieben  wird :  aber  im 
Neupunischen  wird  dafür  et-  geschrieben ,  s.  die  Entzifferung  der  Neupun.  Ins  ehr. 
S.  11.  24.  28. 

B2 


12  ";."-    •'.  '  •'    •"■•      ■  B.  EWALD, 


. , ! ;  .  i 


hier,   da  es  seinen  Folgerungen  nach  sehr  wichtig  ist/  noch  mit  besonderem 
Nachdrucke  hervorzuheben  für  der  Mühe  werth  halte. 

In  der  Mitte  des  Wortes  wird  also  der  Vocalbuchstab  geschrieben,  wo 
zwei  Vocale  dicht  zusammenstossen.  Zwar  gehört  dahin  ein  Laut  wie  ae 
von  selbst  nicht  noth wendig,  weil  er  als  ein  einfacher  gelten  konnte:  vielleicht 
sprach  das  Phönikische  diesen  Mischlaut  auch  noch  etwas  einfacher  als  blosses 
£,  wie  es  beständig  p  und  nn  auch  für  das  Hebräische  pä  zwischen  und  xv\ 
Haus  schreibt.  Allein  ein  Wort  wie  rp£-)  Z.  3.  13  lautete  dann  gewiss  wie 
rrxn  ich  ward  geworfen,  nach  der  Aramäischartigen  Verkürzung  dieser  Bildung 
für  das  Hebräische  \nvö^;  ähnlich  w  Z.  6  wie  -p>s.  Und  die  Buchstaben 
un-n  Z.  17  wurden  wohl  gewiss  tfyi->  oder,  wie  man  wenigstens  später  lieber 
ü  für  6  sprach,  \ary\  ausgesprochen:  wie  dieses  unten  im  Einzelnen  weiter 
zu  erklären  ist.  In  letzterem  Falle  könnte  zwar  nach  strenger  Folgerichtigkeit 
auch  \im  zu  schreiben  hinreichen:  aber  die  Bezeichnung  des  abweichenden 
Vocales  vor  dem  bloss  durch  ■>  getrennten  folgenden  drängle  sich  vonselbst 
leicht  ein. 

Dass  am  Ende  des  Wortes  ein  rein  und  voll  auslautender  Vocal  ohne 
Bezeichnung  durch  einen  Vocalbuchstab  bleiben  könne,  dafür  gibt  unsre  In- 
schrift keinen  Beleg  noch  Beweis :  wir  haben  vielmehr  in  ihr  eine  Menge  von 
Fällen  wo  das  Wort  mit  i  schliesst,  meist  als  Zeichen  des  -I  als  angelehnten 
Fürwortes  meiner  (da  die  Rede  in  der  ersten  Person  ich  durch  die  ganze 
Inschrift  hindurchgeht),  aber  auch  sonst,  wie  *>&i  Z.  19  was  wahrscheinlich 
wie  im  Hebr.  ^)  Schönheit  bedeutete  und  ebenso  auszusprechen  war.  Das 
Arabische  schreibt  am  Ende  des  Wortes  zwar  den  kurzen  Vocal  durch  keinen 
Buchstaben,  wenigstens  mitten  im  Satze:  abef  das  ist  eben  dieser  Schrift 
eigentümlich  und  aus  der  feinen  Unterscheidung  der  kurzen  und  langen  Vocale 
im  Arabischen  erklärbar.  Das  Hebräische  kann  einen  auslautenden  Vocal  im 
vielsylbigen  Worte  unbezeichnet  lassen,  aber  nur  das  -a  und  auch  dieses*  nur  in 
tonlosen  Anhängsylben ,  wie  mnp  qabdrta.  Aus  alle  dem  folgt  aber  nicht  dass 
das  Phönikische  hierin  viel  weiter  ging  als  das  Hebräische.  Das  Wörtchen  *>& 
Z.  12  entspricht  dem  Hebräischen  i*iq  Frucht,  konnte  aber  im  Phönikischen 
sehr  wohl  kürzer  per  ausgesprochen  werden,   da   sogar   das  Hebräische   von 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        13 

ihm  die  Mehrzahl  ni^D  bildet L).  Und  das  u»?S  Z.  10  entspricht  zwar  gewiss 
dem  Hebräischen  ntsoS  nach  unten,  ebenso  wie  hw1?  Z.  11  dem  Hebräischen 
nS^oS  nach  oben,  und  beide  gehören  zu  dön  Wörtern  und  Bildungen  in  wel- 
chen diese  beiden  Sprachen  im  Gegensatze  zu  allen  übrigen  verwandten  zu- 
sammentreffen: allein  so  gewiss  als  auch  im  Hebräischen  in  gewissen  Fällen 
schon  verkürzt  bvtt.  für  nSano.  gesagt  wurde2),  konnten  im  Phönikischen  diese 
häufigen  Ortswörtchen  schon  beständig  so  hinten  abgekürzt  ausgesprochen 
werden.  Wenn  ferner  pa  Z.  15.  17  (zweimal)  dem  Hebräischen  n2<oä  wir 
baueten  entspricht,  oder  m^S  Z.  19.  4  dem  Hebräischen  *ßhX£j?  ich  lernte: 
so  können  diese  Bildungen  im  Phönikischen  sehr  wohl  kürzer  etwa  banin  und 
lamadt  oder  lamadet  gelautet  haben ,  wie  ähnlich  im  Aramäischen ;  wohin  dann 
auch  Fälle  wie  )üjc^  Z.  6.  7.  21  für  das  Hebräische  -*eni  (mich)  gehören.  Im 
Abschleifen  solcher  Endungen  ging  das  Phönikische  sicher  früh  viel  weiter 
als  das  Hebräische  5) ,  und  näherte  sich  in  derselben  Stufe  mehr  dem  Aramäi- 
schen ,  dem  es  ja  auch  sonst  wo  es  vom  Hebräischen  weiter  absteht  leicht 
am  nächsten  kommt.  Wir  sehen  also  bisjetzt  keine  Ursache  uns  in  dieser 
Hinsicht  seine  Schrift  als  eine  grundsätzlich  andre  zu  denken. 

Die  Sprache. 
Übersehen  wir  ferner  die  ganze  Art  der  Sprache  der  Inschrift,  wie 
diese  sich  aus  unsern  einzelnen  oft  so  überaus  mühsamen  Entzifferungen  ergibt: 
so  finden  wir  durch  diesen  neuen  grossen  Beitrag  im  Wesentlichen  ganz  die- 
selben Erkenntnisse  über  das  Phönikische  als  Sprache  bestätigt  welche  ich 
nach  viel  geringern  Hülfsmitteln  schon  in  den  früheren  Abhandtungen  als  die 
Ergebnisse  meiner  Untersuchungen  aufgestellt  hatte.  Allerdings  sind  unsre 
bisherigen  Quellen  zur  Erkenntniss  der  Phönikischen  Sprache  so  ungemein 
karg  und  dazu  durch  besondre  Verhängnisse  getrübt  und  verdunkelt  gewesen 

1)  Wenigstens  in  der  Mischna,  deren  Sprache  (wie  ich  schon  früher  behauptet) 
als  um  Tiberias  gesprochen  überhaupt  in  gewissen  Dingen  der  Phönikischen 
etwas  näher  steht;   s.  über  dies  alles  die  Spl.  S.  419  der  letzten  Ausg. 

2)  S.  die  Spl.   S.  494  der  letzten  Ausg. 

3)  Ich  bemerkte  dieses  schon  auf  Plautus'  Pönulus  gestützt  in  der  Abb.  über  die 
Massilische  Inschrift  S.  14.  Doch  hat  der  Poenulus  auch  oordM  d.  L  ntnp  aber 
mit  tonlosem  t. 


14  H.   EWALD, 

dass  jeder  Zufluss  schon  aus  einer  schwachen  Quelle  stets  überaus  willkom- 
men seyn  muss,  um  vieles  was  vorher  noch  sehr  dunkel  oder  zweifelhaft 
war  zu  erhellen  zu  sichten  und  zu  sichern.  Wie  schwach  und  noch  besonders 
schwierig  zu  gebrauchen  waren  die  ersten  Hülfsmittel  als  ich  im  J.  1841 
meine  erste  Arbeit  zur  Erklärung  des  Phönikischen  veröffentlichte!  Allein 
dennoch  war  schon  in  jener  Abhandlung ,  abgesehen  von  den  einzelnen  Er- 
kenntnissen welche  sich  doch  auch  seitdem  grösstenteils  immer  mehr  bestätigt 
haben,  der  Grund  einer  allgemeinen  Erkenntniss  gewonnen  welcher  durch  die 
folgenden  Entdeckungen  und  Entzifferungen  sich  nur  immer  erweitert  und  ver- 
dichtet, durch  die  vorliegende  letzte  grössere  Entdeckung  aber  nun  eine  fast 
überraschende  Sicherheit  gewonnen  hat;  sodass  wir,  wenn  wir  dies  stets 
wünschten,  so  jetzt  am  meisten  wünschen  dass  nur  recht  bald  noch  viele 
andre  Funde  der  Art  nachfolgen  mögen. 

Das  Phönikische  hat  mit  keiner  Semitischen  Sprache  soviele  Gleichheit 
und  nächste  Verwandtschaft  als  mit  dem  Hebräischen,  aber  es  ist  dennoch 
von  diesem  wieder  verschieden  genug  und  trennt  sich  nach  gar  vielen  Seiten 
von  ihm:  dieses  ist  der  Doppelsatz  unsrer  allgemeinen  Erkenntniss  der  sich 
von  jener  ersten  Abhandlung  an  nur  immer  mehr  bestätigt  hat  und  sich  jetzt 
wiederum  aufsneue  noch  vollkommuer  bewährt.  Und  freilich  ist  dieser  Dop- 
pelsatz der  Art  dass  wir  ihn  auch  nach  der  grossen  Völkergeschichte  selbst 
nicht  gerne  anders  hätten,  so  gewiss  ich  übrigens  was  ich  in  der  Sprache 
aus  ihren  Quellen  erkannte  von  Anfang  an  wie  heute  ganz  unabhängig  von 
den  geschichtlichen  Sagen  über  die  alten  Verhältnisse  dieser  Völker  gefunden 
und  erkannt  habe.  Wäre  das  Phönikische  in  allem  Wesentlichen  dem  Hebräi- 
schen gleich,  sodass  es  sich  etwa  nur  durch  einige  Lautwechsel  von  ihm 
unterschiede,  so  würden  wir  nicht  entfernt  begreifen  können  wiedenn  die 
alten  Sagen  diese  beiden  Völker  dennoch  so  weit  von  einander  trennen  konn- 
ten; und  die  Treue  vieler  Erinnerungen  aus  dem  frühesten  wie  aus  dem 
späteren  Alterthume  würde  empfindlich  leiden  müssen.  Aber  das  Phönikische 
ergibt  sich  vielmehr,  wenn  man  es  näher  erkennt,  bei  aller  engern  Verflech- 
tung und  Verähnlichung  mit  dem  Hebräischen  als  von  diesem  so  wesentlich 
verschieden  wie  es  seyn  musste  wenn  die  beiden  obwohl  ursprünglich  ver- 
wandten doch  sehr  früh  von  einander  geschiedenen  Völker  dennoch  schon  in 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        154 

sehr  alter  Zeit  wiederum  in  so  nahe  Berührung  und  Vermischung  mit  einander 
kamen  wie  wir  dies  geschichtlich  zum  Theil  wissen  zum  Theil  noch  immer 
weiter  und  deutlicher  erkennen  können. 

Eben  deshalb  aber  ist  es  für  uns  sowohl  geschichtlich  als  um  der  Sicher- 
heit der  Erklärung  Phönikischer  Denkmäler  und  Überbleibsel  willen  auch  sprach- 
lich gewiss  am  wichtigsten  dass  wir  gerade  die  Abweichungen  des  Phönikischen 
vom  Hebräischen  überall  am  sorgfältigsten  aufsuchen  und  am  zuverlässigsten 
erkennen.  Nach  <jer  altern  Art  alle  solche  Phönikische  Überbleibsel  zu  be- 
trachten und  zu  behandeln  hat  man  vielfach  noch  in  der  neuesten  Zeit  sie 
zusehr  bloss  mit  Hebräischem  Auge  und  Sinne  zu  entziffern  gesucht:  es  ist 
Zeit  dass  man  hierin  endlich  zu  richtigeren  Ansichten  komme.  Wir  gehen 
keineswegs  darauf  aus  das  Phönikische  so  wenig  als  möglich  Hebräisch  zu 
machen:  es  ist  uns  lieb  eine  vollkommne  oder  doch  möglichst  nahe  Gleichheit 
zwischen  beiden  Sprachen  zu  finden,  den  ältesten  Semitischen  die  uns  bisjetzt 
in  grössern  Stücken  deutlicher  erkennbar  vorliegen.  Aber  wir  halten  es 
weder  für  sicher  noch  für  nützlich  die  nicht -Hebräischen  Bestandteile  des 
Phönikischen  zu  verkennen,  und  werden  stets  durch  die  genauere  Entzifferung 
selbst  zu  deren  Anerkenntniss  getrieben.  Dies  bestätigt  sich  nun  auch  jetzt 
wiederum  bei  dem  grössten  und  wichtigsten  Stücke  Phönikischen  Schriftthumes 
welches  bisjetzt  wiederentdeckt  ist 

Wie  sich  dies  alles  nun  im  Einzelnen  offenbare,  werden  wir  besser 
unten  in  der  Entzifferung  des  Einzelnen  sehen,  da  diese  noch  immer  aus 
vielen  Ursachen  so  schwierig  ist  dass  man  nur  von  der  genauesten  Durch- 
forschung des  Einzelnen  aus  zu  sicheren  Ergebnissen  über  das  Allgemeinere 
fortschreiten  kann,  und  alles  Einzelne  hier  möglichst  fürsich  erklärt  werden 
muss.  Nur  einige  allgemeinere  Bemerkungen  über  Sprachliches  schliessen  wir 
sogleich  hier  an. 

1.  Wie  das  Phönikische  sich  in  den  Lauten  von  dem  Hebräischen  unter- 
schieden habe,  kann  einem  sehr  grossen  Theile  nach,  nämlich  bei  den  meisten 
Vocalen,  nicht  mehr  wenigstens  aus  solchen  Denkmälern  als  unsre  Inschrift  ist 
deutlich  erkannt  werden,  da  wir  sahen  wie  wenig  diese  Schriftart  gerade 
dazu  fähig  sei.  Was  dagegen  den  aus  der  Schriftart  sicherer  zu  erkennenden 
und  zugleich  gleichsam  sinnlicheren  Bestand  theil  der  Laute,  nämlich  die  Mitlaute 


16  H.  EWALD, 

betrifft,  so  können  wir  genug  sehen  dass  doch  zwischen  beiden  Sprachen  eine 
grössere  Verschiedenheit  herrschte.  Wir  wählen  hier  nur  einige  wichtigere 
Belege. 

Für  das  Hebräische  o  wurde  im  Phöni Irischen  in  vielen  Wörtern  der 
entsprechende  Zischlaut  y  gesprochen:  dies  ist  unten  bei  Z.  9  f.  22  erörtert. 
Ähnlich  sprachen  sich  die  Tyrier  selbst  mit  y,  wie  wir  jetzt  aus  den  Denk- 
mälern wissen:   während  ihre  Nachbaren  sie  meist  mit  /  aussprachen. 

Dass  im  Anfange  der  Wurzeln  zwei  dumpfere  Stummlaute  wie  no  leicht 
in  die  entsprechenden  helleren  -rn  übergingen,  ist  bei  Z.  6  erwähnt;  es  be- 
stätigt sich  auch  sonst,  vgl.  das  bodya  im  Poenulus  V.  10  und  was  unten  bei 
der  Ägyptisch -Aramäischen  Inschrift  über  iä  gesagt  wird. 

Dass  das  Phönikische  auch  wohl  d  für  /  sprach,  wurde  zum  Poenulus 
V.  3  erwähnt.  Wir  können  dieses  auch  zur  Erklärung  eines  ebenso  häufigen 
als  leicht  etwas  sehr  dunkeln  Wortes  anwenden.  Nämlich  das  alonim  als 
Götter  im  Poenulus  V.  1  hat  sich  nun  durch  unsre  Inschrift  Z.  9.  16.  18.  22 
aufs  vollkommenste  bestätigt:  aber  wenn  man  fragt  was  das  Wort  ursprünglich 
bedeute,  so  erheben  sieb  viele  Schwierigkeiten.  Mit  dem  Worte  elOkkn 
welches  sonst  als  das  rechte  Semitische  Urwort  für  diesen  Begriff  erscheint, 
kann  es  in  keiner  Weise  verwandt  seyn:  denn  so  scheinbar  die  Verwandt- 
schaft beim  ersten  Anblicke  ist,  ebenso  wenig  lässt  sie  sich  beim  genaueren 
Erforschen  irgendwie  beweisen  oder  auchnur  als  wahrscheinlich  darthun  1). 
Aber  auch  mit  dem  kürzeren  Namen  Sn  für  Gott,  welcher  mit  elöhim  sicher 
aus  6iner  letzten  Wurzel  abstammen  kann ,  lässt  sich  das  Phönikische  alon 
nicht  zusammenbringen,  schon  weil  das  Phönikische  dieses  ganz  kurze  Wort 
als  7i\  oder  Tk  selbst  besass2).  Nehmen  wir  aber  alon  nur  als  einen  Phö- 
nikischen  Wechsel  von  adon  {Herr  und  so  Gotf),  so  erklärt  es  sich  voll- 
kommen. Wirklich  findet  sich  in  unsrer  Inschrift  Z.  18  am  Ende  dieses 
pN  in  völlig  gleicher  Bedeutung  mit  ]Sn;  und  der  Lautwechsel  mag  im  Phö- 
nikischen  allmählig  desto  fester  geworden  seyn,  je  mehr  das  Wort  in  seiner 

1)  S.  die  Geschichte  des  V.  I.  I.  S.  353  f.  der  2ten  Ausg.     Zwar  spricht  das  Syrische 
das  Wort  vorne  mit  a  ]o£±\,   aber  das  t  vielmehr  ist  vorne  ursprünglich,   und 
auch  sonst  ist  das  Wort  mit  al6n  nicht  zusammenzubringen. 
<    2)  Sanehun.  p.  28,  16  Or.    Job,  Dam.  in  Photü  bibl.  ed.  242  p.  343  Bek. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.         17 

nächsten  Aussprache  mit  d  zur  Bezeichnung  des  Begriffes  Herr  im  gemeinen 
Leben  blieb ,  wie  man  aus  dem  Poenulus  ersieht x). 

2.  Der  Gebrauch  des  Hebräischen  Artikels  -n  zeigt  sich  in  dieser  acht 
Hebräischen  Art  und  Farbe  auch  nach  unsrer  Inschrift  weit  seltener  als  im 
Hebräischen,  übrigens  immer  in  einem  -n,  nicht  wie  im  Arabischen  in  einem 
-n  bestehend ;  man  sollte  meinen  er  klebe  fast  nur  noch  an  gewissen  .altheiligen 
Wörtern  und  Redensarten ,  wie  ownpn  osSmh  die  heiligen  Götter  Z.  9  und 
bloss  djSn  Z.  21  f.,  roSion  die  Herrscherin  Z.  15,  umvr  der  Beschützer  Z.  17; 
einmal  findet  er  sich  auch  vor  einem  nachzuholenden  Eigenschafts worte  Z.  19, 
sowie  Z.  22  zweimal  rückweisend.  Dies  sind  alle  Fälle  in  denen  er  sich  hier 
zeigt:  und  man  ersieht  daraus  wie  weit  das  Phöuikische  sich  auch  nach  dieser 
Seite  hin  schon  so  früh  vom  Hebräischen  entfernt.  Aber  statt  seiner  reisst 
auch  schon  hier  ziemlich  stark  das  so  acht  Phönikische  i-  am  Ende  des  Wortes 
ein,  welches  in  der  Entzifferung  der  Neupunischen  Inschriften  S.  12  nach- 
gewiesen wurde. 

Dass  das  luntenangelehnte  Fürwort  der  dritten  Person  im  Phönikischen 
-im  lautete,  wie  ich  seit  1841  wiederholt  bewies,  bestätigt  sich  hier  nun 
aufs  vollkommenste  weiter,  wie  Dm  Z.  6.  oh  {ihm)  8  (zweimal).  11  und 
Dan?  Z.  22  zeigen;  auch  hinter  dem  Thatworte  sogar  in  dessen  Mehrzahl  wo 
im  Imperf  das  -n  bleibt,  miaoi  Z.  9.  21 2),  und  nach  einer  Präposition  mit 
dem  n  oonnn  statt  seiner5)  Z.  9;   auch  in  dsin  er  selbst  Z.  9,   worüber  so- 


1)  Hieraus  löst  sich  dennauch  eines  der  Räthsel  bei  Sanchuniathon ,  welches  ich 
in  der  Abhandlung  über  die  Phönikischen  Ansichten  von  der  Weltschöpfung  S.  60  f., 
weil  unsre  Inschrift  damals  noch  im  Staube  lag,  auch  noch  nicht  vollständig 
genug  lösen  konnte. 

2)  Dies  ist  also  das  seinem  Ursprünge  nach  so  dunkle  -n-,  welches  im  Aramäi- 
schen weit  mehr  als  im  Hebräischen  sich  erhalten  hat,  und  im  Phönikischen 
demnach  auch  weit  mehr  als  im  Hebräischen  sich  finden  würde,  s.  LB.  §.  250  a. 

3)  Was  in  diesem  Falle  auch  Hebräisch  ist,  LB.  §.  263  a.  —  Im  Neupunischen 
freilich  (nicht  im  Punischen  bei  Plautus)  scheint  nach  dem  in  der  Entzifferung 
S.  11  erwähnten  dieses  -m  ebenso  wie  im  Hebräischen  verloren  zu  seyn:  allein 
das  kann  für  das  alt  Phönikische  nichts  entscheiden.  Im  Hebräischen  aber  er- 
klärt sich  daraus  wohl  desto  leichter  das  dichterische  und  seltene  tob  ffftr  ft, 
LB.  $.  247  d. 

Hit t- Philo l.  Clont.  VII.  C 


18         ..-.■-■•.  H.   EWALD, 

gleich  weiter.  —     Ebenso  bestätigt  sich  -innom  als  dasselbe  Fürwort  in  der 
Mehrzahl,  am  Namen  und  am  Thatworte  Z.  10.  19. 

Am  lehrreichsten  ist  was  hier  das  Fürwörtchen  nw  betrifft.  Dass  dieses 
wenigstens  im  ältesten  Phönikischen  noch  immer  ijät  lautete,  sahen  wir  S.  10: 
aber  unsre  Inschrift  lehrt  auch  dass  es  im  Phönikischen  sehr  häufig  war  und 
dabei  noch  weit  mehr  in  seiner  ursprünglichen  Bedeutung  gebraucht  wurde 
als  sonst  in  einer  andern  Semitischen  Sprache.  Denn  es  hebt  zwar  auch 
wie  das  Hebräische  -riN  den  bestimmten  Accusativ  hervor  Z.  4.  5.  7. 10.  16. 
19.  21:  aber  es  findet  sich  auch  noch  in  der  ursprünglicheren  Bedeutung  selbst 
Z.  10.  1 1 ;  und  mit  jenem  angelehnten  Fürworte  ont*  er  selbst  Z.  9,  in  welchem 

Falle  es  schon  verkürzter  und  wohl  dem  Hebräischen  ähnlicher  omn  lautete. 

•  •• 

Dass  viele  Wörter  durch  das  starke  Abfallen  der  auslautenden  Vocale 
am  Ende  vom  Hebräischen  ziemlich  verschieden  lauten  konnten,  ist  schon 
S.  12  f.   erörtert. 

3.  Im  Satzbaue  bemerkt  man  Z.  20  einen  weiteren  und,  weil  er  das 
Imperf.  nach  dem  Per  f.  betrifft,  noch  besonders  wichtigen  Fall  vom  Vae 
consec.  coneers.,  wovon  in  der  Abhandlung  über  die  Massilische  Inschrift  S.  10 
geredet  ist. 

Der  Satzbau  selbst  war  aber,  dem  Zeugnisse  dieser  grossen  Inschrift 
ebenso  wie  dorn  des  Poenulus  zufolge,  im  Phönikischen  keineswegs  so  einfach 
wie  im  Arabischen  und  vorherrschend  auch  im  Hebräischen ,  sondern  konnte 
vielverschlungen  und  weitausgedehnt,  auch  mehr  rednerisch  abgerundet  und 
leicht  fügsam  seyn.  Auch  dieses  gehört  sichtbar  zu  den  Eigentümlichkeiten 
des,  .Phönikischen,  und  stimmt  zu  der  hohen  volkstümlichen  Bildung  welche 
die  einzelnen  Phönikischen  Städte  und  Reiche  schon  in  so  ungemein  frühen 
Zeiten  erreicht  haben  müssen.  .;  ...    . 

Übersetzung  und    Erklärung. 

Indem  wir  rtun  zu  der  einzelnen  Erklärung  übergehen,  stellen  wir  der 
leichteren  Übersicht  wegen  die  Übersetzung  hier  voran;  sie  lautet  so  treu  als 
möglich  so: 

nlm  Monate  Bül  im  vierzehnten  Jahre  meiner  Herrschaft,  Königs 
Eschmüriazdr's  Königs  der  Sidonier  Sohnes  Königs  Tabtnat's  Königs  der  Sido- 
nier  Mutterenkels  Königs  Eschmüriazdr's  Königs  der  Sidonier,  —   ward  be- 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN   PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        19 

schlössen  mein  Untergang  mitten  in  der  Kraft  der  Tage ,  so  ich  dahingerafft 
mitten  aus  der  Jugend;  und  liege  nun  in  diesem  Sarge  und  diesem  Grabe,  an 
dem  Orte  den  ich  gebauet:  schwörend  vor  aller  Obrigkeit  das*  niemand  öffne 
dieses  Ruhelager,  noch  einen  verborgenen  Schatz  suche  da  dort  kein  solcher 
ist,  noch  den  Sarg  meines  Ruhelagers  aufhebe,  noch  mich  in  diesem  Ruhe- 
lager mit  dem  Eingange  eines  zweiten  Ruhelagers  beschwere;  auch  wenn  jemand 
dich  dazu  versuchen  will,  so  höre  nicht  auf  seine  Versuchung,  sowenig  wie 
alle  Obrigkeit!  Wenn  aber  jemand  den  Eingang  dieses  Ruhelagers  öffnet, 
oder  wenn  er  den  Sarg  meines  Ruhelagers  aufhebt,  oder  wenn  er  mich  in 
diesem  Ruhelager  beschwert:  so  werde  ihm  kein  Ruhelager  bei  den  Schatten, 
er  werde  in  keinem  Grabe  begraben  y  habe  weder  Sohn  noch  Spross  an  seiner 
statt,  und  schliessen  ihn  aus  die  heiligen  Götter l  Selbst  wenn  ein  mächtiger 
König  welcher  unter  den  obrigkeitlichen  Innungen  selbst  herrscht  dir  Mann 
wäre  welcher  den  Eingang  dieses  Ruhelagers  öffnete  oder  welcher  diesen  Sarg 
aufhöbe,  und  wäre  es  selbst  ein  Spross  der  Obrigkeit  oder  ein  Mann  aus  dem 
Volke:  er  habe  weder  Wurzel  nach  unten  noch  Frucht  nach  oben,  noch  eine 
Dauer  im  Leben  unter  der  Sonne!  Ja  weil  nun  beschlossen  ward  mein 
Untergang  in  der  Kraft  der  Jahre,  so  ich  dahingerafft  ward  mitten  aus  der 
Jugend  ich  —  nämlich  ich  Eschmünazdr  König  der' Sidonier  Sohn  Königs 
TabtnaPs  Königs  der  Sidonier  Enkel  Königs  Eschmtiriazär's  Königs  der  Sidonier, 
und  meine  Mutter  Am  aschtarte  Priesterin  unserer  Herrin  Aschtarte  und  Herr- 
scherin, Tochter  Königs  Eschmünazdr9 s  Königs  der  Sidonier:,  wenn  wir  das 
Haus  der  Götter  das  [Haus  der  Obrigkeit]  in  Sidon  dem  Meereslande  baueten 
und  die  Arschtarte  wiederaufrichteten  die  von  sehr  hohem  Namen,  und  wenn 
wir  ein  Haus  baueten  dem  Eschmünazdr  dem  Wachsamen  der  Stütze  der  Hand 
des  Schwachen  dem  Beschützer  meiner  Kinder,  und  wenn  wir  Häuser  baueten 
dem  Gölte  der  Sidonier  in  Sidon  dem  Meereslande,  ein  Haus  dem  Baal  der 
Sidonier  und  ein  Haus  der  Aschtarte  göttlichen  Namens;  und  dass  der  Herr 
Milküm  die  Dauer  und  Schönheit  der  herrlichen  Frucht f eider  verewigte ,  wenn 
ich  das  mit  Geschick  lernte  und  konnte,  wenn  ich  bewirkte  dass  er  die  Grenz- 
emgänge  des  Landes  den  Kanaanäern  den  Sidoniern  beständig  beschützte: 
so  beschwöre  ich  alle  Obrigkeit  dass  niemand  meinen  Eingang  öffne  noch  mei- 
nen Eingang  überschreite  noch  mich  in  diesem  Ruhelager  beschwere  noch  den 

C2 


20  H.  EWALD, 

Sarg  meines  Ruhelagers  aufhebe,  damit  ihn  nicht  ausschliessen  jene  heiligen 
Götter  und  er  verende,  sei  es  die  Obrigkeit  oder  der  Mann  aus  dem  Volke 
oder  sein  Spross  auf  immer !« 

1.  Die  zwei  am  leichtesten  zu  verstehenden  Redensarten,  die  Zeitbe- 
Zeichnung  und  den  Namen  des  Königs  betreffend,  finden  sich  sogleich  zu 
Anfange:  die  erste  in  den  Worten  ^ohch  i  in — i^s-ihn  -)Ov  rown  Sn  rryo 
Im  Monate  Bül  im  Jahre  14  meiner  Herrschaft.  Dass  der  Monat  Bül  der 
achte  des  Jahres  vom  Frühlinge  an  gerechnet  war,  wissen  wir  aus  1  Kön.  6, 
38:  und  da  diese  Stelle  der  Königsbücher  des  ATs  dem  B.  der  Ursprünge 
entstammt,  also  schon  zu  Anfange  des  zehnten  Jahrhunderts  vor  Gh.  geschrieben 
ist1),  so  haben  wir  damit  die  Gewissheit  dass  dieser  Monatsname  mit  allen 
ihm  entsprechenden  schon  in  so  frühe  Zeiten  hinaufgeht.  Diese  Monatsnamen, 
ganz  verschieden  von  den  auch  in  die  späteren  Bücher  des  ATs  eindringen- 
den chaldäischen ,  waren  also  gewiss  die  altkanaanäischen ,  und  nach  altem 
Landesbrauche  den  Phönifcen  und  den  Hebräern  gemeinsam.  Denn  wenn  das 
B.  der  Urspp.  daneben  die  Monate  lieber  allein  oder  doch  zugleich  nach  der 
blossen  Zahl  benennt,  so  erklärt  sich  dieses  aus  seiner  besondern  Eigentüm- 
lichkeit: es  wollte  die  priesterliche  Jahreseintheilung  mit  ihrem  Beginne  im 
Frühlinge  einführen,  und  nennt  daher  die  Monate  lieber  nach  der  blossen 
Zahl.  Ansich  aber  lag  es  gewiss  bei  allen  ältesten  Völkern  näher  die  Monate 
nach  den  Jahreszeiten  und  andern  lebendigen  Merkmalen,  als  sie  nach  der 
blossen  Zahl  zu  benennen:  obwohl  Fälle  auch  dieser  letztern  Bezeichnungsart 
zerstreut  ziemlich  früh  vorkommen. 

Dass  das  Verbindungswörtchen  -i  auch  noch  die  Zehner  und  Einer  ver- 
band, wie  hier  wun  *>dv,  war  im  Hebräischen  ganz  ungewöhnlich,  im 
Phönikischen  aber  wohl  nicht  so  selten,   wie  man  jetzt  aus  der  Entzifferung 


1)  S.  die  Geschichte  des  Volkes  Israel  I.  S.  101  ff.  der  zweiten  Ausg.  Dass  nämlich 
das  B.  der  Urspp.  auch  sonst  diese  Monatsnamen. wohl  gebrauchte,  ergibt  sich 
aus  Ex.  13,4;  in  solchen  Stellen  aber  wie  1  Kön.  6,  1.37  f.  8,2  wo  neben  dem 
einen  der  andre  Name  steht,  verrfith  sich  keiner  von  beiden  als  etwa  von 
späterer  Hand  eingeschaltet:  nur  der  Name  rrv  Monat  selbst  ist  allen  Zeichen 
zufolge  in  den  Stellen  I  Kön.  37  f.  8,  2  von  späterer  Hand  für  tzhh  umgetauscht, 
weil  das  B.  der  Urspp.  sonst  überall  nur  diesen  kennt. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIK1SCBEN  INSCHRIFT  VON  S1DON.        21 

der  Neupunischen  Inschriften  S.  13  und  S.  18  leicht  folgern  kann.  —  Unsre 
Inschrift  lehrt  nun  aber  ebenso  leicht  dass  man  im  Phönikischen  der  in  Buch- 
staben geschriebenen  Zahl  wie  der  Sicherheit  wegen  auch  wohl  noch  einmal 
dieselbe  Zahl  in  Zeichen  nachzusetzen  pflegte.  Denn  das  Zeichen  für  10, 
auch  wohl  wie  O  geschrieben ,  war  wohl  Anfangs  a,  also  aus  zwei  nicht 
getrennten  sondern  gegen  einander  gekehrten  Einheiten  zusammengesetzt,  wie 
in  der  Keilschrift  dafür  ein  Winkel  dient,  und  wie  auch  das  altAgyptische  die 
10  durch  O  ausdrückt:  während  dies  Zeichen  im  Lateinischen  schon  etwas 
künstlicher  als  V  nur  für  5  und  erst  wieder  verdoppelt  X  für  10  angenom- 
men wurde;  so  sicher  hangen  alle  diese  Zeichen  in  den  verschiedensten  alten 
Ländern  zusammen,  und  haben  sich  gewiss  erst  von  Einern  Lande  und  Vplke 
aus  (wahrscheinlich  Babel,  wenn  nicht  Ägypten)  in  uralter  Zeit  nach  den 
übrigen  hin  verbreitet.  —  Die  Verbindung  beider  Bezeichnungsarten  der  Zahl 
findet  sich  aber  in  allen  Neupunischen  Inschriften  nicht  mehr:  wohl  zum  deut- 
lichen Zeichen  dass  sie  eher  dem  höheren  Alter  angehört.  Im  Neupunischen 
wird  die  Zahl  beständig  in  Buchstaben  ausgeschrieben:  kaum  einmal  scheint 
sie  in  Zahlen  sich  darzustellen 1).  Nun  aber  ist  jetzt  leicht  zu  sehen  dass 
sich  dieselben  Zahlzeichen  auch  in  der  Massilischen  Inschrift  finden:  dieses 
eigenthümliche  Zeichen  — ■  für  10  ist  auch  dort  unverkennbar,  theils  neben 
mu/y  Z.  3,  theils  ohne  es  Z.  12:  ja  es  wird  nun  ferner  sehr  leicht  dort  Z.  6 
die  Zahlzeichen  für  die  eben  zuvor  in  Buchstaben  ausgedrückten  150  zu 
finden.  Für  20  zeigt  sich  hier  nämlich  ein  Zeichen  welches  dem  H  oder 
vielmehr  vollkommen  dem  phönikischen  i  gleicht,  mir  aber,  ähnlich  wie  das 
zuvor  erwähnte  lat.  X  aus  V,  aus  zwei  übereinandergestellten  — >  entstanden 
scheint;  und  für  100  zeigt  sich  hier  dasselbe  Zeichen  — >  nur  anders  gestellt 
i —  und  mit  einem  kleinen  Striche  oben  sowie  einem  i  vorne,  ähnlich  wie  in 
der  Keilschrift  für  100  nur  ein  schräger  Keil  rechts  zu  dem  geraden  hin- 
zutritt 2> 


1)  Nämlich  in  J.  21  nach  der  Entzifferung  der  Np.  Inschr.  S.  14,  wo  die  drei 
letzten  Zeichen  vielleicht  31  (Jahre)  bezeichnen  sollen. 

2)  Dass  man  diese  Zahlzeichen  in  der  Massilischen  Inschrift  nicht  sogleich  sicher 
erkannte,  ist  sehr  verzeihbar:  sie  stehen  dort,  theilweise  auch  wegen  der 
grossen  Verstümmelung  des  Steines,  bei  weitem  nicht  so  vonselbst  deutlich  wie 


22 


H.   EWALD, 


Der  König  selbst  welcher  sich  so  von  vorne  an  als  •  hier  redend  an- 
kündigt, nennt  sich  alsdann  sehr  bestimmt  König  Esekmünazar  König  der 
Sidonier,  Sohn  Königs  Tabtnat  Königs  der  Sidonier,  Enkel  Königs  Esekmünazar 
Königs  der  Sidonier,  und  man  sieht  vonselbst  ans  der  Fassung  dieser  Worte 
wie  eifrig  diese  Könige  auf  ihre  Königswürde  hielten.  Auch  dass  unten 
Z.  13  f.,  wo  die  zweite  Hälfte  der  ganzen  Inschrift  eben  begonnen  hat,  der 
König  noch  einmal  fast  ebenso  steif  mit  dem  doppelten  Königsnamen  seiner 
selbst  und  seiner  zwei  Ahnen  aufgeführt  wird,  beweist  wie  eifersüchtig  man 
damals  in  Sidon  diese  Würde  hütete.  Aber  den  Worten  nach  finden  wir 
Z.  14  eine  einzelne  Abweichung:  statt  des  zunächst  zweifelhaften  ->m  steht 
unten  p  p  Sohn  des  Sohnes .  .  .  Nun  ist  freilich  auch  dieser  Ausdruck  Sohn 
des  Sohnes  ...  in  den  Semitischen  Sprachen  fast  ganz  unerhört:  allein  da 
nach  Z.  14  f.  die  Mutter  unsres  Königs  Amaschtöret  die  Tochter  Königs 
Eschmünazar  Königs  der  Sidomer  war,  also  desselben  der  wenigstens  Z.  14 
sicher  als  vorletzter  Vorgänger  unsres  gleichnamigen  Königs  erscheint,  so 
kann  damit  nur  unser  Begriff  Enkel  gemeint  seyn.  Für  diesen  Begriff  fehlt 
es  nämlich  in  den  Semitischen  Sprachen  an  einem  einfachen  Worte  wenigstens 


in  der  Sidonischen ;  ihre  Gestalt  weicht  von  den  in  Gesenius'  monumenta  p.  87 
gegebenen  bedeutend  ab;  und  vorzüglich  gleicht  das  Zeichen  für  20  dort  ganz 
dem  Phönikischen  t.  Der  Sinn  des  Ganzen  ändert  sich  dadurch  dort  sehr 
wenig:  nur  Z,  12  ist  zehn  Silberpfennige  zu  übersetzen;  und  statt  Züz  welches 
Wort  als  Name  eines  Gewichtes  nun  ganz  wegfällt,  ist  das  Wort  bp-£ft  für 
diesen  Namen  zu  halten.  Übrigens  bleibt  dort  auchso  das  Zeichen  n  zur  blossen 
Andeutung  dass  die  Bezeichnung  des  Preises  zu  Ende  sei  Z.  7.  (9.)  1 1 :  wenig- 
stens ersieht  man  bisjetzt  nicht  was  diese  beiden  Striche  sonst  bedeuten  könn- 
ten. Wenn  aber  Einer  die  zusammengesetzte  Zahl  schlössen ,  so  ersieht  man 
aus  obigem  Beispiele  <m-n  dass  auch  dann  der  letzte  Strich  gern  etwas  anders 
gestellt  wurde.  —  Dass  das  Zeichen  für  10  auch  in  einen  geraden  Querstrich 
—  abgekürzt  wurde,  habe  ich  schon  bei  der  Entzifferung  der  in  Layard's 
zweitem  Assyrisch  «Babylonischen  Reisewerke  veröffentlichten  Phönikischen  In- 
schriften erklärt,  s.  Gott.  gel.  Anz.  1853  S.  1679  f.:  auch  habe  ich  eine  ganz, 
ähnliche  Verbindung  dieser  Zahlzeichen  mit  den  entsprechenden  Zahlwörtern 
bereits  dort  auf  jenen  mit  Keilschrift  gemischten  Phönikischen  Inschriften 
bemerkt. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHON  IRISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        23 

in  der  gemeinen  Rede:  so  wagte  das  Phönikische  ihn  durch  diese  Zusammen- 
setzung zu  bilden.  Dennoch  aber  kann  damit  nicht  ein  gewöhnlicher  Enkel 
gemeint  seyn,  wofür  in  dem  Zusammenhange  der  Worte  Z.  14  auch' das  ein- 
fache p  ausgereicht  hätte:  und  war  der  vorletzte  Vorgänger  unsres  Königs 
der  Vater  seiner  Mutter,  so  folgt  vonselbst  dass  unter  dieser  neuen  Zusam- 
mensetzung p  p  Sohnsohn  der  Enkel  mütterlicher  Seite  gemeint  ist.  Der 
Vater  unsres  Königs  war  ein  neuer  Mann  in  diesem  Königsgeschlechte ,  von 
dem  altern  Eschmftn'azar  wohl  weil  er  keinen  Sohn  hatte. zum  Eidam  und  wie 
an  Kindes  Statt  angenommen ,  sodass  sein  Sohn  sogleich  bei  der  Geburt  nach 
uralter  Sitte  den  Namen  von  ihm  wie  vom  Grossvater  empfing.  Etwa  gleich- 
bedeutend mit  diesem  p  p  ist  nun  wohl  gewiss  das  ->nn  Z.  2 :  das  Wort 
kann  einen  Mann  des  hinteren  oder  späteren  Geschlechtes,  also  etwa  auch 
unsern  Enkel  bedeuten  1).  —  Zwar  könnte  man  sehr  leicht  zu  der  Vermuthung 
kommen  das  Wort  nnn  entspreche  hier  ganz  dem  hebr.  *£ri  in  der  sonst  auch 
im  Phönikischen  vorkommenden  Bedeutung  reden,  und  der  Sinn  sei  hier  Es 
redet  Escbmriazary  alsob  erst  hier  seine  eigne  Rede  recht  angekündigt  werde. 
Dies  Hesse  sich  alsdann  leicht  noch  weiter  erhärten  durch  das  folgende  eben- 
falls ganz  hebräischartige  SjonS,  welches  so  oll  nach  der  Ankündigung  die 
Rede  wirklich  einleitet.  Allein  inderthat  wäre  es  nach  dem  Zusammenhange 
der  ganzen  Rede  völlig  unpassend  dass,  nachdem  der  König  Z.  1  sogleich  von 
vorne: von   sich  selbst  zu  reden  angefangen,    hier  Z.  2   von  ihm  wie  von 


1 1 1  > 


1)  Viele  Ableitungen  von  -Di   -x>  zeigen  die  Bedeutung  des  ^unteren,  späteren, 
•und  diese  kann  ebenso  leicht  auf  Enkel  übertragen  werden  wie  j^i  oder  wüte 

nach   dem   QAmüs;    vgl.  auch  Ot^te»    Abulf.  tab.    quaed.    geogr.    ed.  Wüsten  f. 

p.  70 ,  6  v.  u.     Ähnlich  haben  die  meisten  Semitischen  Sprachen  kein  gemeines 

(  Wort  für  Grossvater,  wohl  aber  das  Arab.  Jti>.  —  Denkwürdig  ist  hier  dass 
Dabar  wirklich  als  Mannesname  im  Numidischen  oder  vielmehr  Punischen  er- 
scheint, und  zwar  wie  man  nach  der  Beschreibung  in  Sallust's  Jugurtha  c.  108 
meinen  sollte,  für  einen  in  das  Geschlecht  erst  aufgenommenen.  Auch  das 
Wort  iai  neben  dem  eigentlichen  Hannesnamen  auf  einer  Punischen  Inschrift 
(s.  die  Entzifferung  der  Np.  Inschr.  S.  31 )  weist  vielleicht  auf  dieselbe  Bedeu- 
tung zurück. 


24  H.  EWALD, 

einem  Dritten  geredet  und  seine  Selbstrede  erst  angekündigt  würde,  obwohl 
sein  Name  ganz  so  wie  er  hier  vorkommen  würde  schon  genannt  ist.  Wir 
haben  keine  Ursache  eine  so  völlig  sinnlose  Gedankenfolge  bei  diesem  öffent- 
lichen Denkmale  vorauszusetzen.  Vielmehr  wissen  wir  ja  1)  dass  nach  Phö- 
nikischer  Sitte  auf  den  Grabdenkmälern  der  Todte  immer  sogleich  von  sich 
selbst  redend  eingeführt  wurde:  dies  muss  wenigstens  die  uralte  Sitte  bei 
diesem  Volke  gewesen  seyn,  die  sich  freilich  in  den  Neupunischen  Grabin- 
schriften schon  völlig  verloren  hat.  Dazu  kommt  dass  die  ganze  lange  Wort- 
reihe des  vollen  Namens  unsres  Königs  Z.  13  f.  wiederkehrt,  der  andere 
Eschmün'azar  also  nothwendig  auch  Z.  1  f.  als  der  Grossvater  gelten  muss. 
Das  Wörtchen  -»ot*b  aber  am  Schlüsse  der  vielen  den  vollen  Namen  des 
Königs  vorführenden  Worte  kann  recht  wohl  anzeigen  dass  diese  vielen  Namen 
zu  Ende  seien  und  die  schon  vorne  angefangene  Rede  des  Königs  selbst  nun 
weiter  gehe. 

Unser  König  und  sein  Grossvater  sprach  seinen  Namen  wahrscheinlich 
Eschmünazdr  nach  hebräischer  Weise  aus,  der  Eigenname  nach  LB.  §.  273  d 
gebildet.  Zwar  leidet  es  nach  dem  in  der  Entzifferung  der  Np.  Inschr.  S.  10 
erörterten  -keinen  Zweifel  dass  man  im  Neupunischen  das  Thatwort  etwa  wie 
'i&or  aussprach,  allein  für  das  ältere  Phönikische  dies  im  Allgemeinen  anzu- 
nehmen haben  wir  keine  Ursache 2).  —  Der  Name  des  Vaters  unsers  Königs 
rmn  sprach  sich  wohl  nicht  Tabntt,  obwohl  dieses  ansich  nicht  unmöglich 
wäre,  sondern  Tabtnat:  denn  so  entspricht  ihm  Griechisch  etwas  umgebildet 
der  Name  Qaßiow  bei  Sanchuniathon  inEusebios'  pr.  er.  1, 10  p.  38;  und  wenn 
dieser  Name  nach  der  dortigen  Erzählung  auf  Weisheit  hinweist,  so  haben 
wir  jetzt  eine  leichte  Ableitung  desselben  vor  uns.  Man  darf  wenigstens 
diesen  Namen  ronn  nicht  mit  dem  Königsriamen  TivvTjS  in  Diodor's  von  Sic.% 
Gesch.  16,  41  ff.  vergleichen,   wie  ich  schon  an  einem  andern  Orte  zeigte3). 

2.     Aber  fassen  wir  die  Beschreibung  unsres  Königes  in  diesem  Anfange 
noch  einmal  nach  d6r  Art   zusammen   wie  Z.  14  ff.  seine  Mutter  aufs  engste 

1)  Z.B.  aus  dem  in  der  Abhandl.  über  die  Massilische  Inschrift  S.  11  f.  erörterten. 

2)  Doch   vgl.   den   Mannesnamen   Budf&Qoe   nwin   mit  BaXedtaQOc  -n*b*n  aus 
Menander  bei  Joseph,  g.  Ap.  1, 18. 

3)  S.  G.  g.  A.  1856  S.  23  £ 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKJSCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        25 

mit  ihm  zusammengestellt  und  näher  als  riohpn  die  Herrschende  beschrieben 
wird,  so  müssen,  wir  abnehmen , dass  er  ziemlich  jung  starb  und  die  14  Jahre 
deiner  Herrschaft  mit  seiner  Mütter  theilte.  Denn  seine  Mutter  wird  ganz  als 
seine  Mitherrscherin  dargestellt,  auch  nicht  entfernt  angedeutet  dass  sie  zur 
Zeit  seines  Todes  ebenfalls  schon  gestorben  sei:  hatte  er  selbst  aber  nach 
Z.  17  schon  einen  Sohn  oder  einige/,  so  waren  doch  sein^  Kinder  auch  nach 
der  in  Z.  17  enthaltenen  Andeutung  gewiss  noch  sehr  jung.  Die  Mutter  einsa 
Jüngern  Fürsten  hat  zwar  nach  uralter  Sitte  jener  Länder  immer  eine  hohe 
Bedeutung  für, die  Herrschaft  im  Reiche  selbst  gehabt1);  allein,  hier  erscheint 
sie  so  völlig  ab  noch  lebende  Mitherrscherin  ihres  nur  14  Jahre  König  ge- 
wesenen Sohnes  dass  wir  sehr  wohl  annehmen  können  dieser  sei  zur  Zeit 
als  er  dem  Namen  nach  König  wurde  noeh  unmündig  gewesen  und  sei  als- 
dann schon  in  seiner  Jugend  gestorben. 

Eben  dieser  Sinn  scheint  mir  nun  klar  genug  jn  den  zunächst  folgen- 
den Worten  Z»  2  —  4  zu  liegen:  po  ft\pn  In  om  ywo  p  m^n  nVnp 
roa  ur*r.  Dppn  .rppm -inSra  *pN  M«h  mioSn  §  beschlossen  ward  mein  Untergang 
mitten  in  der  Kraß  der  Tage ,  so  ward  ich  muten  aus  4er  Jugend  dahingerafft, 
und  liege  nun  in  diesem. Sarge  und  m  diesem  Grabe  ab  dem  Orte  den  ich  gebauet. 
Dass  diese  drei  Sätze  gerade  in  diesem  ihrem  Zusammenhange  einen  sehr 
guten  Sinn  geben,  leuchtet  vonselbst  ein:  der  erste  Satz  berührt  das  göttliche 
Verhängniss  welches  hier  die  letzte  Ursache  war  und  als  aller  wirklichen 
Erscheinung  vorausgehend  treffend  hingestellt  wird;  der  zweite  zeichnet  dann 
das  wirklich   eipgetretene  bitlere  Ereigniss,  der  dritte  dessen   nun  dauernde 

Folge.  .  ;-"-••  >  •'  .•; 

In  dem  ersten  dieser  drei  Satye  können  wir  nämlich)  da  das  Wort 
H?1»  sich  sehr  leicht  und  sicher  von  dem  göttlichen  Verderben  oder  traurigen 
Todesverhängnisie  verstehen  lässt,  das.  erste  Wort  n^w  wohl  ohne  Schwie- 
rigkeit als  mit  einem  hebräischen  rrrij}  wechselnd  erklären.  Dass  im  Semiti- 
schen die  Wurzeln  in  und  hu  in  ihrer  Urbedeutung  des  Sckeidens  wechseln 
leidet  keinen  Zweifel:  denkwürdig  dabei  ist  jedoch  dass  die  geistige  Bedeutung 
des  Entscheiden^   dem   -na   garnicht  im  Arabischen  und   Äthiopischen,    wohl 


1)  S.  die  Geschickte  des  V.  Isr.  ID.  S.  340  der  2ten  Ausg. 
Hist.-Philol.  Ciasse.  VII.  D 


26  H.  EWALD, 

aber  im  Syrischen  l)  und  nochmehr  im  Targümiscben  und  Neuhebräischen  an- 
klebt, was  gut  zu  der  schon  oft  von  mir  bemerkten  Beobachtung  stimmt  dass 
das  Phönikische  in  manchen  Einzelnheiten  ins  Aramäische  überspielt;  während 
das  Wort  im  Hebräischen  kaum  dichterisch  einmal  (Tjob  22,  28)  so  gebraucht 
wird«  Dass  die  weibliche  Endung  im  Perf.  des  Thatwortes  hier  noch  -at 
lautet  während  sie  im  Neupunischen  das  t  verloren  hat,  kann  nicht  auffallen.  — 
In  den  folgenden  Worten  kommt,  da  qö>  deutlich  genug  ist,  alles  vorzüglich 
auf  die  richtige  Fassung  des  rjtf  $  an :  es  scheint  mir  aber  soviel  als  Kraft  zu 
bedeuten.  Auf  die  bisjetzt  nicht  ganz  gesicherten  Angaben  dieses  Sinnes  in 
den  Syrischen  und  Arabischen  Wörterbüchern  wollen  wir  hier  kein  zu  grosses 
Gewicht  legen:  die  Bedeutung  der  Kraß  ergibt  sich  aber  vonselbst  aus  d6r 
des  Festanhaltens  und  der  Dauer2),  welche  das  Wort  unstreitig  hat;  und 
wir  können  nun  auch  in  der  Stelle  Qoh.  2,  3  die  neuthatige  Bedeutung  des 
Tfpyo  gesund^  stark  machen  oder  erquicken,  welche  bisher  zweifelhafter  schien, 
mit  grösserer  Sicherheit  annehmen.  —  Nun  könnte  man  die  beiden  vorigen 
Buchstaben  »  mit  diesem  *)uns  zwar  so  verbinden  dass  man  n^x^ä  aus- 
spräche;  mit  dem  einfachen  -n  in  und  *}W03  als  in  jener  Bedeutung  von  Nif. 
abgeleitet:  allein  da  das  einfache  tjujö  inderthat  hinreicht  und  ja  als  zwischen 
oder  mitten  in  hier  sehr  sprechend  ist,  so  ziehen  wir  dieses  vor.  Wirklich 
ist  ja  das  kurze  -n,  wie  man  am  richtigsten  annimmt,  selbst  erst  aus  pa 
zwischen  verkürzt;  und  dieses  treffen  wir  als  ein  im  Phönikischen  beliebtes 
Wort  sogleich  wieder  in  der  folgenden  Redensart  an: 

so  ward  ich  muten  aus  der  Jugend  dahingerafft  D>qSn  ja»,,  das  M»Sn 
als  mit  httta  wechselnd  angenommen.  Das  r\xr\  werfen ,  welches  wir  hier 
sehr  wohl  als  ein  leidendes  Wort  aussprechen  können,  drückt  schon  ansich 
leicht  das  Hinabwerfen  von  der  Höhe  in  den  Staub  oder  in  Grab  und  Unterwelt 
aus,  und  ist  dazu  in  diesem  Zusammenhange  aller  Worte  deutlich  genug.    Am 

1)  So  bedeutet  das  seltenere  Aj|^v^  »dem  Beschlüsse  gemäss,  bestimmt,  unaus- 
weichlich" und  ebenfalls  so  vom  göttlichen  Verhängnisse  aber  im  schlimmen 
Sinne  gebraucht  in  der  neuerdings  gedruckten  Didascalia  Apostolorum  p.  3,  4. 
Vergleicht  man  mit  der  Syrischen  Übersetzung  hier  das  Griechische  in  den  bis- 
herigen Ausgaben,  so  findet  sich  in  diesen  kein  ihm  entsprechendes  Wort. 

2)  Vgl.  sehr  ähnlich  die  von  der  W.  mp  abgeleiteten  Bedeutungen. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖN1KISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        27 

merkwürdigsten  ist  hier  nur  das  itf,  dessen  Gebrauch  im  Phönikiscben  hier 
zum  ersten  male  erscheint :  es  entspricht  nun  zwar  der  Gestalt  nach  ganz  dem 
hebräischen  Wörtchen,  drückt  aber  der  Bedeutung  nach  hier  nur  die  Zeit- 
und  Sinnfolge  aus,  unserm  so  entsprechend;  in  welcher  Bedeutung  es  im 
Hebräischen  kaum  in  der  höhern  fast  dichterischen  Rede  das  eine  oder  andre 
mal  vorkommt,  wie  Gen.  49,  4.  Jer.  22,  15  f. x). 

Im  folgenden  t^n  Muh  und  ich  liege  mm  geht  die  Rede  aber  richtig  in 
die  dauernde  Gegenwart  über;  und  es  ist  in  diesem  Satze,  nachdem  ich  die 
Anhangung  des  i-  fast  in  der  Bedeutung  eines  Aramäischen  status  emphat. 
aus  den  Neupunischen  Inschriften  hinreichend  bewiesen  habe,  nur  noch  das 
dunkle  Wort  rhn  zu  erklären  übrig.  Da  indessen  dieses  Wort  unten  Z.  5. 7. 
11.  21  wiederholt  wird  und  dort  aus  einem  andern  Zusammenhange  noch  deut- 
licher wird,  so  wollen  wir  hier  nur  kurz  sagen  dass  es  etwa  soviel  als  Sarg 
bedeuten  muss,  eigentlich  Höhlung,  Trog,  W.  Sn2).  Aber  auch  schon  hier 
weist  der  Zusammenhang  der  Worte  gerade  auf  diese  Bedeutung  hin.  Denn 
der  Todte  beginnt  unter  den  drei  Dingen  die  er  hier  nennen  will  richtig  mit 
dem  Sarge  als  dorn  worin  er  zunächst  ruhet,  erwähnt  dann  sphon  etwas  all- 
gemeiner das  Grab,  und  schliesst  mit  dem  Orte  überhaupt  den  er  sich  zum 
Begräbnisse  gebauet  habe.  Leicht  aber  versteht  sich  dass  der  Todte  gerade 
als  König  diesen  Ort  als  von  ihm  gebauet  bezeichnen  konnte  auchwenn  er 
erst  nach  seinem  Tode  durch  die  Erben  und  namentlich  durch  die  überlebende 
Mutter  gebauet  seyn  sollte. 

3.  Besonders  schwierig  ist  in  der  folgenden  Redensart  rotatt  Sd  »-in  »oap 
das  erste  Wort:  und  dieses  würde  noch  weit  zweideutiger  seyn  wenn  die 
ganze  Redensart  nicht  unten  gegen  das  Ende  hin  Z.  20  wiederkehrte,  und 
zwar  so  dass  dieselben  längeren  Sätze  darauf  folgen  wie  hier.  Es  liegt  zu- 
nächst sehr  nahe  in  »o:p  das  Syrische  Itooio  q'nümo  zu  erblicken,   ein  dem 

1)  Nämlich  so  mit  dem  Perf.  nach  einem  vorigen  Perf.  verbunden,  es  ist  aber 
denkwürdig  wie  ich  unabhängig  davon  den  Ursprung  des  Vac  consec.  conv.  imperf. 
daraus  ableitete,  LB.  $.231  a. 

2)  Vgl.  11\'m  für  Höhle  Barhebr.  chron.  p.  397,  4  mit  p.  109,  6;  auch  ]L^ 
findet  sich   im   Isa.  carm.  de  Tamerl.  V.  80  in  derselben  Bedeutung,    da  die 

Lesart  ganz  richtig  ist ,   wie  Jk>pj  mit  dem  Wechsel  von  r  und  /  V.  72. 

D2 


28  '■<■<    ■'  H.  EWALD,    .■      ><;;;.         •'.    r>/ ';:-,; .=  ,;;:  ; 

Syrischen  so  durchaus  eigentümliches  Wort1)  dass  es  sich  sogar  in  dem 
übrigen  Ära mäis eben  nicht  findet.  Dann  wäre  der  Sinn  der  Worte  wem  Leib 
d.  I  ich  selbst  mit  dem  ganzen  Reiche,  alsob  damit  gesagt  werden  solle  der 
König  habe  diesen  Ort  nicht  allein  sondern  mit  dem  ganzen  Reiche,  also  wie 
auf  öffentliche  Kosten  gebauet.  Allein  dieser  Sinn  wäre  schon  ansich  wenig 
passend  auch  dem  Ausdrucke  nach;  und  er  lägst,  sich  dazu  unten  Z.  20  nicht 
anwenden.  Es  kommt  hinzu  dass  das  Wort  rotatt  naeh,  allen  Stellen  wo  er 
noch  sonst  in  dieser  Inschrift  vorkommt,  Z.  6.  10.  22,  eine  ganz  andre  Be- 
deutung hatte,  nämlich  etWa  unserm  Herrschaft  (po desto)  4.  i.  Obrigkeit  ent- 
sprach:  wie  unten  weiter  zu  erörtern  ist. ^ —  Das  Wörteben  nt<,  aber,  als  bei 
oder  vor  kehrt  auch  Z.  8  wieder,  war  also  gewiss  gut  Phon  Ais  eh.    . 

Wollen  wir  vielmehr  das  als  das  .wahrscheinlichste  annehmen  was  hier 
und  Z.  20  schon  durch  den  Zusammenhang  aller  Worte  uns  so  gegeben  seyn 
kann,  so  erwarten  wir  hier  etwa  den  Sinn:  mein  Schwur  sei  vor  aller  Obrig- 
keit oder  beschworen  will  ich  haben  alle  Obrigkeit.  Dada  dann  mit  und  nie- 
mand Öffne  diese  Ruhestelle  fortgefahren  wird,  erklärt  sich  aus  dem  eigen- 
tümlichen Satzbaue  im  Semitischen  leicht  LB.  §.  3446;  war  aber  die  Redensart 
selbst  mehr  eine  abgerissene  und  verkürzte  wie  oft  in  solchen  Fallen  wo  ein 
Ausruf  passend  ist2),  so  erklärt  sich  auch  dass  sie  dagegen  mit  dem  vorigen 
in  keiner  engeren  Wortverknüpfung  steht.  Die  Bedeutung  Schwur  aber  lässt 
sich  bei  einer  W.  o:p  insofern  denken  als  sie  mit  geringen  Lautübergängen 

der  so  weit  herrschenden  altSemitischen  W.  für  schwören  ^Sn  5)  entsprechen 

---•»,■-•■         .  .    i ,       ,  ■  ,  ,,  ■  , .  ' 


'! 


1)  Daß  Wort  ist  auch  seiner  Ableifcag  und  Urbedeutung  nach  schwierig;  wahr- 
scheinlich jedoch  ist  es  nach  LB.  fi.  163  f , gebildet  und  von  mp  abzuleiten  34- 
gentHch  soviel  als  das  Aufrechtstehen  daher  die  Wirklichkeit,  das  Daseyn  und 
die  Erscheinung }  also  endlich  aucji  die  Person,  ähnlich  wie  das  gemeine  arab. 
Wort  für  Person  <j<aÄÄ  solche  Bedeutungen  durchlaufen  hat.  Denn  eine  hieher 
gehörende  W.  ttap-  ist  weder  im  Syrischen  noch  sonst  im  Semitischen  nachzu- 
weisen oder  als  wahrscheinlich  darzuthun;  in  jenem  Falle  aber  entspricht  der 
W.  zuletzt  auch  ^tf. 

2)  Hier  gerade  sind  die  Schwurredensarten  in  der  Mishna  Nedarim  c.  1—3,  z.  B. 
das  kurze  w\tt  Schwur!  2,  2  so  lehrreich. 

3)  S.  die  Alter thümer  des  V.  Isr.  S.  18  der,  weiten  Ausg. 

•  i 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIK1SCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.         29 

kann.  Denn  der  Übergang  eines  h  (oder  ->)  in  :  mitten  in  der  W.  namentlich 
vor  o  findet  sich  ebenso  in  dem  mn  Z.  5,  wie  dort  zu  zeigen  ist1);  der 
Wechsel  der  Lippenlaute  ist  zwar  im  Anfange  der  Sylbe  leichter,  findet  sich 
indes*  auch  wohl  an  ihrem  Ende  LB.  32  e;  und  wie  entfernt  und  selten  der 
Wechsel  gerade  fcwisehen  n  und  p  ist ,  so  kann  man  ihn  doch  nicht  laug- 
nen2),  ebensowenig  wie  dass  überhaupt  solche  Laut  Wechsel,  sofern  sie  ein- 
zeln möglich  und  sicher,  sind,  in  selteneren  Fällen  wohl  auch  in  demselben 
Worte»  sieh;  stärker  begegnen  können.  —  Eine  sonderbare  Sage  in  der 
Mishna  trifft  mit  diesem  so  schwierigen  Worte  zusammen«  :  In  Sidon  öoll 
jemand  zu  seinem  Weibe  gesagt  haben  HSH*??  ^n  öm  <  «sp i  verwünscht  wenn 
ich  dich  nicht  vettlossel  3).  Man  könnte  sehr  wohl  meinen  hier  dasselbe 
Wort  oapi unserer  Inschrift  anzutreffen;  und  dass  jenes  Wort  gerade  in  Sidon 
wenuauch  von  einem  Iudäer  gehört  ist,  könnte  sogar  mit  dem  örtlichen  Sido- 
nischen  Sprachgebrauche  unserer  Inschrift  in  einem  Zusammenhange  zu  stehen 
scheinen.  Aber  freilich  muss  man  hier  zugleich  erwägen  dass  nach  einer 
andern  Mishna -Stelle*)  ein  Wort  wie  o:ip  in  dem  Munde  der  späteren  Iudäer 
nur  durch  eine  halb  absichtliche  Entstellung  aus  ^^  Opfer!  oder  heilig! 
verdrehet  seyn  soll ,  wie  solche  absichtliche  Entstellungen  von  Schwur-  und 
Fluch  Wörtern  bei  späteren  Völkern  leicht  aus  einer  gewissen  ängstlichen  Scheu 
hervorgeben,  Ähnliche  J&otstellungen  in  aolchen  Wörtern  finden  sich  gerade 
bei  den  v  Späteren  ;  ludäerö  hus  ;  leicbt  erklärlichen  Gründen  häufig,  Hiedurch 
wird  nun;  -allerdings  die  Sicherheit  dieser  Anwendung  eines  Neuhebniischen 

1)  Es  ist  sehr  denkwürdig  dass  auch  HJ<^  so  dep  5pT  wie  ich  schon  früher 
zeigte,  und  Äf^ weben  eigentlich  /kehlen  dem  37«  und  :n»   entsprechen, 

-    und  dass  mau  ih  beiden  Fällen  ebenso  dfen  Übergang  eines  Lippenstumtnlautes 
in  ein  m>  sieht- j'  aber  auch  -piije  Bild  ist  aus  tbbs  entstanden. 

2)  Vgl:  tt*£  und  mfc  etWas^reKherfer  Bedeutung  rt^rt;  töSr  und  tohnj  yaä  tet 
nur  wie  mundartig  verschieden  von  jUas*  ^m 

3)  Mishna  Gittin  4, *7.  ; 

4)  Mishna  Nedarim  1,2:  wo  eine  Meugö  ähnlicher  Worte  zusammengestellt  werden. 
Wirklich  wechselt*  von  i,  4.  2,1  an  aWp  tehr  gäwöliälibh  mft'ian^  iW"b* 
ist  doch  auch  von  4eh  vielen  sonstigen  Wörtern  die  1,  2 j  als  ^ntstelfte  wrstm- 
men  g^^nt  wMeja  fai  em\&s.  ...   n  ,.  ;,i:  >  •;;,;.    .!fr.tL;-;!,<,a  ->-v:>    • 


30  H.  EWALD, 

Ausdruckes  auf  das  Phönikische  wieder  sebr  zweifelhaft;  und  ansicb  wollen 
wir  hier  darauf  nichts  bauen. 

4.  Was  nun  der  Todte  unter  so  feierlicher  Beschwörung  der  Obrigkeit 
sich  verbittet,  ist  Z.  4  — 6  viererlei,  ein  jedes  ganz  nach  Hebräischem  Sprach- 
gebrauche mit  Sn  eingeleitet;  doch  da  dieses  Vierfache,  wie  alsbald  erhellen 
wird,  wesentlich  nur  auf  etwas  Dreifaches  zurückkommt,  weil  das  zweite  der 
vier  Dinge  schon  im  ersten  angedeutet  liegen  kann,  so  ist  nicht  auffallend 
dass  dafür  Z.  7  auch  nur  dreierlei  gesetzt,  ja  dass  diese  drei  Dinge  bei  der 
dritten  Wiederholung  Z.  10  sogar  auf  die  zwei  wesentlichsten  zurückgeführt 
werden ;  während  ganz  zu  Ende  Z.  20  f.  wo  alles  dies  sehr  bestimmt  noch 
einmal  zu  sagen  ist,  wiederum  viererlei  Dinge  aufgezählt  werden,  etwas 
anders  als  hier  Z.  4  —  6  und  doch  dem  letzten  Sinne  nach  sehr  ähnlich. 
Beachten  wir  dieses,  so  wird  schon  dadurch  manches  in  der  Erklärung  der 
einzelnen  zum  Theile  allerdings  dunkleren  Worte  ziemlich  erleichtert. 

Das  erste  was  er  verbietet  ist  niemand  öffne  dieses  Ruhelager,  womit 
das  zweite  aufs  engste  zusammenhängt  noch  suche  einen  verborgenen  Schatz, 
da  dort  kein  verborgener  Schatz  ist.  Die  meisten  Worte  dieses  zweiten 
Satzes  sind  allerdings  sehr  schwierig  zu  verstehen  wenn  wir  auf  ihren  ganz 
genauen  ursprünglichen  Sinn  sehen.  Allein  zunächst  scheint  das  doppelt  wie- 
derholte d:»^  beidemale  auch  ganz  dasselbe  Wort  seyn  zu  müssen;  dann 
aber  muss  man  sicher  darin  ein  Namenwort  nach  LB.  §.  157c  gebildet  suchen. 
Die  zwischen  diesen  zwei  Worten  in  der  Mitte  stehenden  Züge  ounio  kön- 
nen nun  aber  sehr  wohl  bedeuten  da  dort  nicht  ist  dw  w  ^:  denn  das 
w  oder  w  finde  ich  als  Verneinungswörtchen  auch  in  der  Massil.  Z.  18,  und 
es  erklärt  sich  ausserdem  leicht  aus  dem  in  LB.  §.2156  Erörterten.  Das  d 
aber  an  der  Spitze  von  Sätzen  oder  in  ähnlichen  Fällen  finden  wir  auch 
Z.  12  und  13  so  dass  es  etwa  dem  hebr.  o  entspricht  und  im  Anfange  von 
bezüglichen  Sätzen  noch  am  meisten  unserm  da  ähnlich  kommt.  Wenn  aber 
dieses  hebräische  ^  im  Phönikischen  nicht  wie  w  am  Ende  mit  *  geschrieben 
wird,  obwohl  es  mit  einem  langen  Vocale  schloss:  so  erklärt  sich  dies  schon 
daraus  dass  das  einsylbige  Wörtchen  als  ein  blosser  Vorsatz  des  Satzes  (als 
conjunctio)  galt.  Es  ist  wenigstens  völlig  unwahrscheinlich  dass  das  Wörtchen 
in  dieser  Bedeutung  nur  ebenso  wie  die  Präposition  wie  und  ebenso  kurz  wie 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.         31 

diese  gelautet  habe:  es  lautete  aber  wahrscheinlich  doch  etwas  anders  als  im 
Hebräischen,  nämlich  etwa  wie  ko  l\  —  Dass  D2»2ä  einen  Schatz  bedeute, 
ist  wie  gesagt  nur  aus  dem  Zusammenhange  erschlossen,  ermöglicht  sich  aber 
der  W.  nach  wenn  die  W.  o»  nach  dem  zu  Z.  4  erklärten  aus  ota  )o\s 
zuschliessen  entstand,  sodass  es  eigentlich  den  wohlverschlossenen  kostbaren 
Schatz  andeutet,  wie  )S»tttt  und  das  dichterische  jidx  Ijob  20,  26;  und  der 
Stammbildung  nach,  wenn  es  im  Phönikischen  etwa  so  gebraucht  wurde  wie 
rl*^'  eig.  stark  gehäuft  auch  das  Heer  als  den  grossen  Haufen  (vgl.  rww) 
bezeichnet.  Wie  passend  aber  sogleich  auf  dem  Deckel  des  Sarges  bemerkt 
werde  dass  Diebe,  kleine  oder  grosse,  in  ihm  keine  Schätze  finden  würden, 
bedarf  keines  Beweises.  Man  könnte  nun  aber  gespannt  seyn  ob  der  Sarg 
wirklich  nichts  Kostbares  weiter  in  sich  schliesse:  unsres  Wissens  ist  er  noch- 
nicht  geöffnet. 

Das  zweite  nach  diesem  Doppelverbote  ist  noch  hebe  man  den  Sarg 
meines  Ruhelagers  auf  und  trage  ihn  fort.     Über  nSn  s.  oben  zu  Z.  3. 

Das  dritte:  noch  beschwere  er  mich  in  diesem  Ruhelager  mit  dem  Ein- 
gänge eines  zweiten  Ruhelagers.  Dass  das  schwierige  Wort  rhv  nämlich 
von  jenem  rhn  ganz  verschieden  sei,  versteht  sich  schon  daraus  dass  es  in 
der  Inschrift  stets  in  ganz  anderem  Zusammenhange  vorkommt  als  jenes : 
fassen  wir  aber  alle  Stellen  wo  es  sich  findet  Z.  7.  10.  20  zweimal  u.  21  zu- 
sammen, so  passt  für  es  gut  die  Bedeutung  eines  Einganges;  es  leitet  sieb 
dann  vom  aramäischen  ^  ab,  entspricht  aber  der  Bedeutung  nach  etwa  dem 
hebr.  mn»,  mag  man  es  riV*>  oder  sonst  mit  einem  andern  kurzen  Selbstlaute 
vorne  aussprechen.  Wie  diese  Bedeutung  zu  dem  ersten  Worte  der  Z.  20 
stimme,  wird  dort  gezeigt  werden.  Hier  bemerken  wir  wie  gut  sie  zu  dem 
Thatworte  nno  öffnen  stimme,  womit  das  Wort  Z.  7. 10.  20  zusammengesetzt 
wird.  Nach  hinten  zu  wird  das  Wort  ebenso  wie  hier  auch  Z.  7.  10  an  das 
Wort  üDW9  durch  Anziehung  angelehnt  als  der  Eingang  des  Ruhelagers: 
allein  diese  ganze  Redensart  den  Eingang  des  Ruhelagers  öffnen  kann  auch 
sehr   wohl  in    die   kürzeren   das  Ruhelager   öffnen  Z.  4   oder   den  Eingang 


1)  Wie  man  aus  dem  in  der  Entzifferung  der  Neupunischen  Inschriften  s.  S.  22  f. 
Erörterten  schliessen  kann. 


32         .'_!>■''..-'.   /Mi    ■  -..    ::  H.  EWALD,     -.;-*>:  ?    ...>,  ,'  ;.-.  >,,;... 

äfften  Z.  20  zusammengezogen,  werden.  —  Das  Thatwort  otto  aber,  welches 
auch  in  der  MassiL  Inschrift  Z.  13  aber  dort  in  einer  etwas:  andern  Bedeutung 
gebraucht  wird,  .kann  hier  sehr  wohl  nach  dem  Hebräischen  beschweren  be- 
deuten und  so  wie  die  Thalwörter  des  Bedeckens  nach  JLB.  §.  2836  zwei' 
verschiedene  Gegenstände  sich  unterordnen.  Dass  man  aber  |Oto>y  oder 
1P^\  bö  aussprechen  ken^,  dass  -ew  oder  -in  unser  mich  bedeutete  ate  aus 
dem  Hebräischen  -eni  verkürzt,  leidet  keinen  Zweifel.  > 

.  Diese  drei  bis  vier  böse  oder  doch,  nach  dem  (uralten  Glauben,  dem 
Todten  unangenehme  und  seine  Ruhe  störende  Dinge  welche  er  sich  hier 
verbittet,  folgen  nun  sichtbar  ,  sehr  gut  gerade  in  fieser  Reihe  aufeinander. 
Niemand  soll  diesen  geweiteten  Ruheort  öffnen  und  in  ihn  eindringen,  etwa 
um  Schätze  da  zu  suchen;  niemand  den  Sarg  aufbeben  odergar  forttragen; 
niemand  den  Todten  dadurch  auchnur  beunruhigen  dass  er  diesen  Ruheort 
und  Sarg  als  Eingang  und  Schwelle  zu  einem  andern  bpijutzen,  also  Über  ihn 
fortschreiten  und  ihn  wie  einen  unheiligen  Ort  betreten  will.  In  derselben 
Folge  der  drei  Grundverbote  und  wesentlich  auch  im  Ausdrucke  gleich  wird 
dasselbe  wiederholt  Z.  7  f.,  nur  dass  es  hier  bei  dem  ersten  etwas  bestimmter 
heisst  er  öffne  nicht  den  Eingang  meines  Lagers,  und  in  dem  dritten  kürzer 
er  beschwere  mich  nicht  in  diesem  Lager;  Z.  IQ  f.  wird  das  ganze  dritte 
Verbot  als  aus  dem  obigen  deutlich  ausgelassen.  Am  Ende  aber  Z.  20  f. 
wird  dagegen  das  was  hier  zuletzt  genannt  war  noch  etwas  stärker  hervor- 
gehoben in  die  Mitte  gesetzt,  und  das  ganze  mannigfache  Verbot  auf  eine 
noch  etwas  bestimmtere  Weise  in  die  vier  Sätze  zerlegt:  niemand  öffne,  mei- 
nen Eingang >  noch  gehe  er  über  meinen  Eingang,  noch  beschwere  er  mich, 
in  diesem  Ruhelager , noch  hebe  er  den  Sarg  meines  Lagerst  Man  kanji 
nämlich  das  ny  wohl  am-  besten  so  fassen,  als  von  rm  überschreiten  abzur- 
leiten  und  "w  >  auszusprechen ;,  woraus  sich  ergeben  würde  dass  der  Willens- 
ausdruck  solcher  hintenvocaliger  Thatwörler  im  Phönikischen  sich  ebenso  wie 
im  Hebräischen  bildete.  ,^ 

5.  D6r  Satz  welcher  sich  demnächst  an  diese  anschliesst,  muss  auch 
nach  dem  ganzen  Zusammenhange  der  Rede  noch  etwas  dem  Sinne  nach 
ähnliches  enthalten:  er  kann  nichts  so  überaus  wichtiges  enthalten  wie  diese 
letzten   Sätze,   schon   weil  er  nachher  nicht  wie  diese  auchnur  kürzer  sich 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        33 

wiederholt,  aber  er  kann  auch  nicht  wohl  etwas  Neues  anfangen ,  weil  dieses 
(wie  bald  erhellen  wird)  erst  mit  den  folgenden  Sätzen  beginnt.  Ich  lese 
und  erkläre  ihn  daher  so:  D37ä  »ttwn  Sn  qana  *n>o  din  dn  ^n  auch  wenn 
jemand  dich  versuchen  (d.  i.  dazu  verführen)  will,  so  höre  nicht  auf  seine 
Versuchung.  Das  entscheidendste  Wort  ist  hier  pn:  ich  halle  es  für  einerlei 
mit  QÄi  versuchen,  meist  im  sittlichen  Sinne,  eine  Wurzel  welche  selbst  wie- 
derum nur  etwas  feiner  abgeschliffen  lautet  als  die  verwandte  J*J±  erforschen, 
suchen  vgl.  ätb.  A/Vi,  dass  aber  der  Milderung  öines  Wurzellautes  leicht 
der  angrenzende  folgt ,  lägst  sich  vielfach  beweisen;  und  ganz  ebenso  steht 
das  erweichtere  geistigere  UXj  neben  nno  Öffnen.  Was  aber  imd  in  der  hier 
angenommenen  Bedeutung  ibollen  betrifft,  so  ergibt  sie  sich  aus  <Xy«,  *>u  kreisen, 
sich  heftig  bewegen,  streben  ebenso  wie  die  des  ähnlichen  ty  *iiyi  aus  -nv, 
und  das  im  Arabischen  veraltete  in  der  gewöhnlichen  Sprache  ganz  unge- 
wöhnliche 6>+*  wegen  gebt  von  derselben  Wurzel  und  vom  Begriffe  der  Ab^ 
sieht  und  des  Zweckes  aus.  Über  das  angehängte  Fürwort  -im  für  unser  ihn 
ist  schon  oben  S.  17  geredet.  —  Ist  dies  nun  der  Sinn  dieser  Worte,  so 
erhellet  leicht  wie  treffend  sie  sich  an  das  Vorige  anschliessen  ohne  dass  es 
nothwendig  oder  räthlich  würde  sie  im  Folgenden  da  zu  wiederholen  wo  die 
drei  vorigen  Sätze  als  die  grossen;  Hauptsätze  der  ganzen  Inschrift  noch 
mehrere  male  wiederholt   werden. 

Schwieriger  auf  den  ersten  Blick  scheinen  die  paar  Worte  womit  dieser 
Satz  erst  schliesst  roStttt  Sm,  nicht  zwar  im  mindesten  ansich,  aber  eben  in 
ihrem  Zusammenhange  mit  den  vorigen :  jedoch  ist  die  Schwierigkeit  nur 
scheinbar,  sobald  man  nur  festhält  was  über  die  Bedeutung  des  Wortes  rata» 
in  dieser  ganzen  Inschrift  oben  bei  Z.  4  bemerkt  ist.  Bedeuten  nämlich  diese 
Worte  wie  auch  alle  Obrigkeit,  so  erhellet  leicht  wie  sie  mit  den  vorigen  so 
verbunden  werden  müssen  dass  sie  Aussagen  auch  alle  Obrigkeit  oder  alle 
die  obrigkeitlichen  Männer  sollten  sich  durch  niemanden  versuchen  und  ver- 
leiten rasseh  m  zu  tfrari  waä  4#  Todte  sich  io  ernstlfeh  verWtf«.;  :  Bäsä 
Vöriüglich  auth  alle ^Obtigfeeit  tfär*n  getttfhat  werden  rtiuss  Wtff1  titerträüdeS 
Wunsch  und  Verleitung  den  Todt^n  ^t^ren  zu  lassen,  versteht,  sjjqJi  ,fa$t  yon- 
selbst:  deshalb  hat  der  Todte  eben  sie  oben  Z.  4  sogleich  von:  yprne  PO.  heilig 
beschworen ,  und  .  auf  dasselbe  koatot  der  Redenden  unten;  Z.8fJ—l  !»<.£&  im 
HisL-PhiM.  Classe.  VII.  E 


34  H.  EWALD, 

wesentlichen  wiederholt  zurück.  —  Nur  dass  das  kurze  -r>  wie  diese  im 
Hebräischen  ungewöhnliche  so  stark  die  kleinen  Sätze  verbindende  Kraft  haben 
soll ,  könnte  auffallend  scheinen.  Allein  umgekehrt  folgt  aus  der  Kit.  II  Z.  2 x) 
dass  dieses  Vorsatzwörtchen  gerade  im  Phönikischen  recht  eigentlich  diese 
stärker  verbindende  Kraft  trug. 

6.  Allein  was  hilft  es  dem  Todten  diese  Dinge  alle  zu  verbieten  wenn 
er  keine  Strafe  auf  die  Übertretung  setzt!  Freilich  steht  dem  todten  Könige 
keine  solche  strafende  Macht  mehr  zur  Seite  wie  zuvor  dem  lebenden:  aber 
dafür  steht  nach  uralter  Vorstellung  dem  Todten  eine  Waffe  zu  welche  noch 
viel  wirksamer  ist,  der  Fluch  oder  wie  wir  sonst  das  Wort  heiliger  Ver- 
wünschung nennen  wollen.  Zu  diesem  also  wendet  sich  jetzt  die  Rede 
Z.  7  —  9  mit  dem  richtigen  Übergänge  Jedermann  aber  der  den  Eingang  dieses 
Lagers  öffnen  oder  (qn  fast  ganz  hebräisch)  der  den  Sarg  meines  Lagers 
aufheben  oder  der  mich  in  diesem  Ruhelager  beschweren  wird,  dem  werde 
kein  Ruhelager  bei  den  Schatten  (oind*)  das  ächthebräiscbe  Wort  für  die 
Schatten  in  der  Unterwelt) ,  noch  werde  er  in  einem  Grabe  begraben,  noch 
werde  ihm  Sohn  und  Samen  an  seiner  statt  I  Also  ein  dreifacher  Fluch, 
etwa  wie  sogleich  vorne  Z.  3  f.  die  Ruhe  des  Todten  nach  drei  Dingen  be- 
schrieben und  auch  dort  das  Grab  in  die  Mitte  dieser  drei  gestellt  war.  Aber 
auch  unter  sich  sind  diese  drei  Wünsche  entsprechend  gereihet,  sofern  die 
Rede  von  dem  hier  wünschenswertesten,  der  Ruhe  in  der  Unterwelt  selbst, 
ausgeht  und  von  der  Unterwelt  durch  das  Grab  auf  die  Oberwelt  zurückkehrt, 
wo  von  dem  Frevler  kein  Nachkomme  irgendwelcher  Art  bleibe,  wie  ihn  mit 
seinem  Geiste  und  seinem  Frevel  fortzusetzen  und  zu  erhalten  unter  den 
Menschen!  2). 

Doch  tritt  zu  diesen  drei  Wünschen  als  vierter  endlich  noch  der  gewal- 
tigste hinzu,  welcher  sie  alle  wiederum  so  stark  zusammenfasst  dass  er  am 
Ende  der  ganzen  langen  Rede  wo  sich  alles  dieses  kürzer  wiederholt,  Z.  21  f., 
auch  allein  erscheint.  Die  Götter  müssen  abgerufen  werden  den  Frevler  nicht« 
in  ihren  Schutz  zu  nehmen;  und  schüessen  ihn  aus  die  heiligen  Götter l    Man 

1)  Wie  Ich  diese  schon  1841  in   der  Zeitschrift  für  die  Kunde  des  Morgenlandes 
IV,  S.  417  f.  erklärte.  ;  >< 

2)  Das  B.  Ijob  führt  manche  Ähnliche  tlterthttmlicke  heilige  Rede  ein,  wie  18,  J9ii 


ERKLÄRUNG  DBR  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        35 

» 

kann  nämlich  das  hier  wichtigste  Thatwort  wohl  am  besten  d^üd^  aussprechen: 
über  das  Anhängsel  -nim  ist  oben  S.  17  geredet;  das  Thatwort  ijd  selbst  ist 
mit  "DD  sckliessen  verwandt,  hatte  aber  im  Phönikischen  wohl  diese  ganz 
besondre  heilige  Bedeutung  des  Ausschliessens  oder  des  lat.  interdicere  ange- 
nommen. Auf  eine  solche  Bedeutung  führen  auch  die  entsprechenden  Syri- 
schen Wörter,  das  Thatwort  k^d  und  das  Sachwort  Ik^d;  und  ich  zweifle 
nicht  dass  dazu  das  *^d^|  welches  unsre  Syrischen  Wörterbücher  in  der 
Bedeutung  verhindert,  ausgeschlossen  werden  anführen,  nur  verschrieben  ist 
für  rv^B'-  Ahnlich  hat  ja  auch  das  gewöhnliche  hebräische  Din  Bann,  vom 
Sondern  und  Heiligen  genannt,  nur  in  einer  besondern  Sprache  diese  schlimme 
Bedeutung  angenommen.  Un<i  es  kann  nun  die' Frage  entstehen  ob  nicht  das 
hebräische  ^go  und  won  preisgeben  ebenso  wie  dieses  Phönikische  Wort 
zunächst  vom  Ausschliessen  diesen  Begriff  trägt,  nicht  aber  vom  Einschliessen; 
denn  obgleich  es  durch  den  häufigen  Gebrauch  sehr  abgenutzt  etwa  nur  noch 
unserm  kingeben  entspricht,  so  kann  doch  seine  ursprüngliche  Bedeutung  eine 
viel  stärkere  gewesen  seyn.  —     Über  ]Sn  älön  als  Gott  s.  oben  S.  16. 

7.  Wie  aber  das  obige  Verbot  nach  Z.  6  sich  nicht  bloss  auf  den  ge- 
meinen Mann  sondern  auch  auf  alle  Obrigkeit  und  obrigkeitliche  Männer  er- 
strecken sollte,  so  wird  dasselbe  nun  auch  hier  bei  dem  Fluche  nur  noch 
deutlicher  und  stärker  wiederholt  Z.  9  — 12:  dies  ist  nämlich  der  wahrschein- 
lichste Sinn  welchen  die  nun  folgenden  theilweise  schwierigen  Worte  haben/ 
und  der  sich  auch  ganz  am  Ende  der  Inschrift  bei  ihrer  sehr  kurzen  Wieder- 
holung Z.  22  als  der  wahrscheinlichste  ergibt.  Wir  beginnen  den  neuen  Satg 
mit  den  Buchstaben  onfc  und  deuten  diese  nach  S.  18  durch  unser  er  selbst: 
dieses  Wörtchen  stellt  sich  dann  aber  unmittelbar  vor  sein  bestimmteres 
Namen  wort;  und  so  ergibt  sich  als  der  erste  Satz  hier  d6r:  Selbst  wenn  ein 
mächtiger  König  welcher  herrscht  unter  den  obrigkeitlichen  Innungen  selbst  dar 
Mann  wäre  welcher  den  Eingang  dieses  Lagers  öffnete  oder  welcher  diesen 
Sarg  aufhöbe.  Hier  ist  das  Wort  tvrphv  besonders  dunkel:  eine  W.  ypS 
findet  sich  sonst  in  allen  Semitischen  Sprachen  nicht.  Allein  sie  ist  doch 
gewiss  mit  upS  sammln  welches  durch  sie  alle  hindurchgeht  sehr  nahe  ver- 
wandt; und  mit  geringer  Umsetzung  der  Laute  ist  das  arab.  (j^J  äth.  AA4> 

E2 


36  H.  EWALD, 

kleben  oder  sich  vereinigen  ebenso  sicher  mit  ihm  wiederum  ganz  nahe  ver- 
wandt als  es  das  y  noch  ganz  ebenso  wie  unser  Phönikisches  Wort  bewahrt 
hat.  Wir  können  nun  sehr  wohl  annehmen  dass  das  Namenwort  ein  collegium, 
^ine  geschlossene  Gesellschaft  oder  Innung  bezeichnete ,  wie  (j**^  einen  Ge- 
sellen'oder  Freund:  und  wie  es  im  alten  Rom  ein  collegium  praetor  um,  sa- 
cerdotum  u.  s.w.  gab,  so  mochten  in  dem  ältesten  Sidon  die  herrschenden 
Häuser  (oder  Patriciergescblechter)  Innungen  oder  curiae  oder  mit  dem  grie- 
chischen Ausdrucke  Phratrien  bilden  aus  denen  der  König  hervorging  und  mit 
denen  er  zusammen  erst  die  Obrigkeit  ausmachte.  Heisst  nun  in  dieser  Inschrift 
die  gesammte  Obrigkeit  roStt»  nach  S.  28 ,  so  konnten  auch  sehr  wohl  die 
Worte  roS^JO  n^N  Dbnkjfoa  ihre  der  Obrigkeit  (der  Patricier)  Innungen  nach 
S.  18  zusammengesetzt  werden,  um  sie  so  stark  als  möglich  zu  bezeichnen; 
und  ein  solcher  König  welcher  nur  an  der  Spitze  der  herrschenden  Geschlechter 
oder  Innungen  steht/  herrscht  inderlbat  nur  zwischen  )n  (pa  s.  oben  S.  12) 
oder  unter  ihnen.  So  wenig  wir  aber  sonst  über  das  Sidonische  Königthum 
zumal  in  älterer  Zeit  wissen,  so  können  wir  es  uns  doch  am  leichtesten 
gerade  so  beschränkt  und  gebunden  wie  es  hier  angedeutet  wird  denken : 
alles  Phönikische  und  Kanaänäische  Königthum  war  gewiss  in  diesen  Städten 
seit  den  ältesten  Zeiten  kein  anderes,  wie  auch  die  uns  bekanntere  spätere 
Geschichte  lehrt. 

,  '.  Der  besondere  Nachdruck  nun  welcher  auf  diese  ersten  Worte  Selbst 
env  mächtiger  König  welcher  unter  den  obrigkeitlichen  Immngen  selbst  herrscht 
gelegt  wird,  erklärt  sich  leicht  wenn  man  bedenkt  dass  der  Redende  selbst 
ei»  '-König  ist,  welcher  wohl  wissen  kann  welche  Macht  leicht  Könige  sich 
nehmen,  der  aber  anch  zu  ihnen  ein  strengeres  Wort  zu  reden  kräftig  genwg 
ist  Also  fügt  er  erst  nach  dieser  Hervorhebung  des  neuen  Grundwortes  un*- 
tenkend  hinzu  *n  dtn  dn  wenn  es  der  Mann  ist  welcher  .  *i.  AUktoon 
aber  fährt  er  fort  andre  mögliche  Thäter  zu  unterscheiden  und  ist  es  selbst 
ein  Same  d.  i,  nach  dem  eigentümlichen  Sprachgebrauche  dieser  Inschrift 
(Zi  8.  22)  Nachkomme  der  Obrigkeit,  also  einer  der  zwar  nicht  König  aber 
den  obrigkeitlichen  Geschlechtern  entsprossen  oder  ein  Edler  (nöbtlis,  patriciusj, 
ei*  Man*,  am*  dem  Volke ,  ein  Gemeiner  fplebejusj,     loh  zweifle  nicht 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT   VON  SIDON.        37 

dass  n>^n>o  hier  und  Z.  22  so  zu  verstehen  ist;  auch  in  der  Massil.  Inschrift 
Z.  17,  wo  ganz  ebenso  nimo  d*inh  zusammengesetzt  wird,  ist  diese  Redensart 
nun  deutlich,  während  sie  freilich  dort  in  dem  verstümmelten  Steine  so  völlig 
abgerissen  steht  dass  man  sie  ansich  nie  hätte  sicher  genug  erkennen  können. 
Der  Name  m?n  entspricht  also  ganz  dem  weiblichen  **t  Volk,  welches  arabi- 
sche Wort  auch  leicht  in  demselben  Nebensinne  des' Gegensatzes  des  grossen 
Haufens  zu  den  Edeln  gebraucht  wurde,  wie  J*\  ein  Gemeiner  (ein  Idiot) 
zeigt;  auch. die  Aramäischen  Mundarten  kennen  dieses  Wort;  während  es  im 
Hebräischen  sogar  dichterisch  nur  sehr  selten  und  nur  in  der  Mehrheit  nttDN  sich 
findet.  Dass  das  Wort  aber  mit  zu  den  ältesten  aller  Semitischen  Sprachen 
gehöre,  ist  umso  weniger  zu  bezweifeln  da  das  bekannte  dv  mit  ihm  ver- 
wandt ist;  und  wechselten  in  ihm  schon  sonst  immer  die  Laute  n  und  v  leicht, 
so  erklärt  sich  desto  mehr  wie  es  im  Phönikischen  auch  mit  Ti  statt  n  lauten 
konnte  *).  —  Dass  hier  roS>o>o  ant  die  richtige  Lesart  sei,  wurde  schon 
S.  9  bemerkt. 

Wir  können  hier  also  zugleich  die  drei  Stände  erkennen  in  welche  das 
ganze  Sidoniscbe  Volk  zerfiel  und  die  wir  in  den  ältesten  Reichen  überall  fast 
ganz  ebenso  wiederfinden:  König,  Edle,  Gemeine2),  jener  aus  den  edeln 
oder  obrigkeitlichen  Geschlechtern  und  Innungen  nur  wie  der  erste  unter 
.gleichen  hervorgehend  und  so  mit  ihnen  die  Obrigkeit  bildend.  Aber,  sagt 
pnser  Tpdter,  iflag  ^r  Frevler  irgendeiner  aus  diesen  drei  Ständen  seyn, 
und  wennauch  der  König  selbst:  der  Fluch,  treffe  ihn !  Und  dieser  wird  hi$r 
iura  Sc^lus^,  pur  noch  einmal  in  etwas  andrer  Weise  aber  nicht  minder 
schreckend  s6  ausgedruckt:   er  habe  kernt  Wurzel  weh  unten  noch  Frucht 


1)  Der  Mannesname   jfoeQvjnoe  bei  Menander  in  Jos.  g.  Ap.  I,  18  war  also  wohl 
n^H '^£n/ wie  in  baorn  im ' Hebröischen.     Man  Könnte  riftmlich  in  dem  ersten 

'  v   [    ftliede  aucft  tfilr  Wörf:'*U9-''fcu'  ÄAdeft -Vetttid&t  werden,   vgl.  «jkö^Vk  in  der 
Entzifferung  der  Neupun.  Inschriften  &  30:   allein  jenes  scheint  ans  sicherer. 

2)  Um  hier  wenigstens  aus  d6m  was  örtlich  bei  PhönUoen  das  nächste,   aus  Syri- 
scher Rede  auf  etwas  ganz  entsprechendes  hinzuweisen,   bemerke  man  wie  im 

~  !        Syrischen  Atexdnderffede*  (bäi  Knös  Chrest.  p.  89,   11  — 13)    das   was  zuerst 
foK  ci^D  dasv^%n%e  FöW  heisst,  dann  darch  |/o,\"i»»o  )?1<mo  ln\vt  König 
•y.'   '.:-.  Möli  und  Gemeine  (Krieger)  umschrieben  wird 


38  B.  EWALD, 

* 

nach  oben  (fast  ganz  so  wie  Ijob  18,  16  in  einem  ähnlichen  Falle),  noch 
Dauer  im  Leben  unter  der  Sonne  l  (dieses  fast  ganz  so  wie  es  im  B.  Qoheleth 
immer  heisst  unter  der  Sonne).  Denn  das  Wort  -wn,  etwa  -tf*m  oder  ^nfj 
zu  sprechen ,  konnte  im  Phönikischen  in  der  Bedeutung  Zeit  oder  Dauer  umso 
eher  mit  -^  wechseln  da  auch  das  nur  in  gewissen  Verbindungen  noch  vor- 
kommende  Js  (vjs  ist  Einheitswort  einmal)  dasselbe  n  bewahrt  hat.  Unten 
Z.  19  steht  dafür  wohl  in  wenig  veränderter  Bedeutung  "wn. 

8.  Hier  ist  fühlbar  ein  grösserer  Stillstand.  Alles  bisjetzt  Gesagte  hing 
unter  sich  eng  genug  zusammen:  aber  man  merkt  leicht  dass  es  hier  auch 
geschlossen  seyn  könnte.  Nur  eins  ist  noch  zurück.  Der  Todte  hat  zu 
seinem  Schutze  zwar  schon  die  heiligen  Götter  angerufen  Z.  9 :  aber  sogewiss 
als  diese  Anrufung  nach  altem  Glauben  erst  dann  die  erfolgreichste  wird  wenn 
der  Mensch  auch  seinerseits  die  Götter  an  das  erinnern  kann  was  er  selbst 
zu  ihrer  Ehre  getban,  oder  ihnen  ähnlich  solche  Wohlthaten  mahnend  ins 
Gedäcbtniss  zurückrufen  kann  welche  sie  ihm  schon  früher  erwiesen,  so  er- 
warten wir  beinahe  vonselbst  dass  der  Todte  auch  hier  dieses  thue,  um  die 
Verbote  die  er  im  Obigen  ausgesprochen  und  die  Flüche  gegen  deren  frevelnde 
Übertreter  dadurch  nur  noch  stärker  und  überhaupt  hier  am  Ende  so  stark 
alsnur  möglich  zu  bestätigen.  Und  wirklich  ist  dieses  der  richtigste  Inhalt 
aller  von  hier  an  folgenden  Zeilen  den  wir  noch  erkennen  können.  Alle 
diese  von  "pto  Z.  12  noch  folgenden  Worte  und  Zeilen  bis  zum  Ende  der 
ganzen  Inschrift  bilden ,  obgleich  beinahe  noch  die  Hälfte  derselben  ausfüllend, 
nur  öinen  grossen  vielumfassenden  und  allerdings  auch  vielverschlungenen  Satz, 
der  im  Grunde  nichts  enthält  als  die  Anrufung  der  Götter  zu  dem  eben  be- 
stimmten Sinne :  aber  da  diese  nun  die  grosse  Hauptsache  werden  muss  womit 
die  ganze  Todtenrede  und  Todtenbeschwörung  schliesst,  so  sammelt  und 
drehet  sich  die  Rede  hier  allerdings  s6  stark  als  wollte  sie  mit  ihrem  ge- 
wichtigen Inhalte  ihren  Lauf  noch  einmal  wie  von  vorne  beginnen,  um  end- 
lich desto  gesammelter  und  stärker  zu  schliessen. 

Ich  habe  damit  schon  d6n  allgemeinen  Inhalt  aller  folgenden  Worte  an- 
gedeutet welcher  sieb  am  richtigsten,  ergibt.  Viele  Worte  und  einzelne  Sätze 
sind  allerdings  im  Folgenden  noch  besonders  schwierig:  und  dazu  kommt  die 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        39 

Lücke  im  Steine  Z.  16  f.,  welche  leider  nicht  wenige  Buchstaben  gerade  da 
wo  sie  am  wenigsten  durch  Vermuthung  ergänzt  werden  können  und  wo 
doch  der  Inhalt  auch  rein  geschichtlich  sehr  wichtig  wird,  völlig  unlesbar 
gemacht  hat.  Allein  im  Ganzen  und  Grossen  kann  doch  auch  hier  kein  Zweifel 
über  den  richtigeren  Sinn  herrschend  bleiben:  auch  nicht  über  den  wahren 
Zusammenhang  dieser  Hälfte  der  ganzen  Inschrift  mit  der  vorigen  und  die 
Stelle  wo  diese  Hälfte  beginne.  Auf  dem  Steine  ist  zwar  erst  Z.  1 3  vor 
-pro  dar  etwas  grössere  Zwischenraum  gelassen  den  wir,  sollte  der  kleine 
Zwischenraum  den  Anfang  der  zweiten  Hälfte  bezeichnen,  vielmehr  vor  dem 
-pro  Z.  12  erwarten  müssten.  Allein  wir  wissen  doch  nicht  genug  was  der 
Steinhauer  sich  bei  diesem  kleinen  Zwischenräume  dachte  und  ob  dieser  über- 
haupt einen  Sinn  für  den  Inhalt  haben  sollte.  Möglich  ist's  jedoch  dass  da- 
durch der  nun  folgende  Name  des  Königs  und  seiner  Mutter  etwas  hervorge- 
hoben  werden  sollte,  etwa  wie  die  Königsnamen  im  altAgyptischen  durch  den 
Schild  ausgezeichnet  wurden ;  und  in  dem  ähnlichen  Falle  oben  Z.  2  wurde 
der  lange  Königsname  wenigstens  ähnlich  mit  ^>onS  geschlossen. 

Besondre  Aufmerksamkeit  verdient  hier  noch  die,  wie  sich  bald  im 
Einzelnen  zeigen  wird,  ungemein  grosse  Verschlingung  des  folgenden  aus 
einer  Menge  kleinerer  und  sehr  verschiedenartiger  Sätze  bestehenden  so  lan- 
gen Satzes.  Allein  wenn  man  bedenkt  dass  die  guten  Thaten  für  die  Götter 
welche  der  König  hier  aufzählen  will ,  nach  dem  S.  25  Erörterten  zugleich 
von  seiner  Mutter  herrührten,  dass  diese  also  hier  mit  zu  nennen  war  und 
wahrscheinlich  selbst  diese  ganze  Inschrift  auf  den  Sarg  setzen  liess,  so  ver- 
steht sich  dadurch  leicht  wie  dieser  grosse  Schlusssatz  so  gedehnt  und  vielfach 
verschlungen  werden  konnte. 

Von  den  einzelnen  Sätzen  nun  aus  denen  er  sich  zusammensetzt,  lautet 
der  erste  Z.  12  f.:  Da  nun  beschlossen  ward  mein  Untergang  in  der  Kraft 
der  Tage,  ich  so  aus  der  Jugend  dahingerafft  ward,  mit  absichtlicher  Wie- 
derholung aus  dem  Anfange  Z.  2  f.  Die  Haltung  des  Satzes  ist  vorne  etwas 
weniger  gelenk  aber  acht  hebräisch  und  arabisch:  da  ich  nun  —  beschlossen 
ward  mein  u.  s.  w.  LB.  §.  308.  Schwierig  ist  (da  über  d  an  der  Spitze  des 
Satzes  schon  S.  30  f.  geredet  wurde)  nur  das  Wort  jro :  ich  halte  es  für  eine 
Wiederholung  desselben  Wärtehens  welches  sich  im  Hebräischen  als  Nach- 


40  H.  EWALD, 

satz wörtchen  nj-  nach  LB.  §.  103A  erhalten  hat  und  etwa  unserm  mm,  also 
entsprechend;  ein  Wechsel  der  Hauchlaute  zeigt  sich  auch  in  d6m  dem  Ur- 
sprünge nach  entsprechenden  aber  dem  Gebrauche  nach  sehr  verschiedenen 
äth.  £U;. 

9.  Nachdem  aber  der  Redende  seinen  unter  solcher  Lage  doppelt  be- 
klagenswerten Tod  wieder  erwähnt  hat,  muss  er  in  Begriff  von  seinen  guten 
Thaten  gegen  die  Götter  zu  reden  doch  auch  seine  Mutter  hier  zugleich  nen- 
nen als  mit  welcher  zusammen  er  sie  ausführte;  also  nennt  er,  da  er  der 
Königin-Mutter  als  seiner  Mitherrscherin  Namen  und  Würde  genau  bezeichnen 
muss,   auch   seine   eignen  Würdenamen  noch  einmal  Z.  13  — 15:   ich  nämlich 

ich  Eschmünazdr  König und  meine  Mutter  Amaschtart  Priesterin  unserer 

Herrin  Aschtart  die  Herrscherin  Tochter  Königs  u.  s.  w.  Dass  hier  zu  Anfange  der 
Deutlichkeit  wegen  noch  einmal  das  ich  zu  wiederholen  war,  versteht  sich  sehr 
leicht:  aber  wegen  des  Gegensatzes  zur  nachher  ihm  gleichzustellenden  Herr- 
scherin wiederholt  sich  darauf  sogleich  auch  poch  richtig  nämlich  ich  * . .  und 
meine  Mutter.  Das  D  erscheint  also  hier  als  zwischen  zwei  gleichbedeutenden 
Namenwörtern  stehend  wie  in  seiner  nächsten  Bedeutung  zur  blossen  Erklärung, 
ganz  in  seiner  ersten  bezüglichen  Bedeutung  der  da,  aber  unpersönlich,  also 
dem  Sinne  nach  unser  nämlich.  -•  Auffallen  könnte  hinter  diesem  *pio  das 
Fehlen  des  Wortes  *|Stt  König,  welches  wir  nach  Z.  1  f.  und  den  übrigen 
Königsnamen  auch  hier  Z.  14  erwarten.  Liess  der  Steinbauer,  wie  man  aller- 
dings vermuthen  muss,  es  durch  Versehen  aus,  so  brachte  das  wenigstens 
hier  keinen  grossen  Schaden. 

Dass  die  Mutter  l)  eigentliche  Herrscherin  (Regentin)  war  und  damals 
allem  Anscheine  nach  noch  lebte,  folgt  auch  aus  dem  so  bestimmten  Beinamen 
der  ihr  gegeben  wird  noSon  die  Herrschende.  Aber  noch  höher  galt  ihr 
doch  die  Würde  einer  Priesterin  unserer  Herrin  Astarte:  nur  deshalb  kann 
diese  Bezeichnung  voraufgesetzt  seyn.  Dieses  enthält  gewiss  einen  bedeut- 
samen geschichtlichen  Zug,  und  stimmt  gut  zu  der  kochst  altertümlichen 
Verehrung  der  Götter  welche  die  ganze  Rede  der  Inschrift  durchdringt. 


1)-  Ifcr  Name  n-inaW«'  eig.  Astartedimerin  whrd  in  der  fiit.H  2.$  völler  mntD*n»«- 
geschrieben:   dodh  koame  er  wohl  auch  so  wie!  kitfr  verkürzt  werde*  • 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  S1DON.        41 

10.  Nachdem  die  zwei  zusammengefasst  sind,  fängt  das  erste  Wort 
Z.  15  pn  dn  wenn  wir  baueten  den  Schwur  an,  als  sagte  der  König:  sb 
gewiss  als  wir  den  Göttern  Heiligtümer  baueten,  ich  also  auf  ihren  Dank 
hoffen  kann,  beschwöre  ich  sie  den  Frevler  zu  bestrafen.  Da  jedoch  vieles 
der  Art  was  der  König  den  Göttern  Gutes  that  und  was  für  Gutes  er  dagegen 
von  ihnen  empfing  aufzuzählen  ist,  so  wiederholt  sich  für  dieses  dn  wenn 
nachher  Z.  17.  19  viermahl  beständig  das  blosse  wn  dass,  in  derselben  Be- 
deutung, nur  etwas  weicher  und  geläufiger  im  Ausdrucke;  etwa  ebenso  wie 
im  Französischen  auf  ein  erstes  si  nachher  in  den  folgenden  Bedingungssätzen 
que  folgen  kann,  als  setzte  sich  die  Kraft  der  einmal  eingeleiteten  Bedingung 
nun  vonselbst  auch  mit  einem  bloss  bezüglichen  Wörtchen  fort.  Etwas  ganz 
Ähnliches  l~)  ist  mir  freilich  sonst  aus  dem  Gebiete  der  Semitischen  Sprachen 
nicht  bekannt:  allein  die  Möglichkeit  davon  selbst  bei  einer  so  uralten  Sprache 
muss  man  zugeben. 

Als  bleibende  Wohltbaten  welche  der  Redende  den  Göttern  erwiesen 
habe,  werden  hier  nun  Bauten  heiliger  Häuser  und  ähnliches  aufgeführt:  und 
etwas  anderes  der  Art  konnte  in  diesen  alten  Zeiten  des  Heidenthums  inder- 
that  kaum  genannt  werden.  Aufgeführt  aber  werden  durch  ein  dreimal  wie- 
derholtes pn  gewiss  drei  verschiedene  Arten  von  Bauwerken,  deren  Anord- 
nung hier  eben  so  wenig  zufällig  seyn  kann.  Könnte  es  aber  auffallen  dass 
der  König  in  den  14  Jahren  seiner  Herrschaft  so  vielerlei  Bauten  von  Gottes- 
häusern als  von  ihm  ausgegangen  hier  nenne,  so  ist  zu  bedenken  dass  dabei 
auch  die  bloss  angefangenen  oder  auch  die  bloss  fortgesetzten  oder  neu  um- 
geänderten verstanden  werden  •  mögen ,  da  das  n:o  bauen  in  diesen  Sprachen 
den  weitesten  Sinn  in  sich  schliesst.  Wirklich  werden,  die  verschiedenen 
Häuser  zy>nn  welche  gebauet  seien,  schon  äusserlich  ganz  verschieden  ein- 
geführt: nur  das  erste  Z.  15  f.  wird  mit  dem  Wörtchen  ivn  (s.  oben  S.  18) 
als  ein  bestimmtes  längst  bekanntes  eingeführt;  sodass  wir  sehr  wohl  anneh- 
men  mögen  _  dieses   zuerst  genannte  sei   ein   schon    längst   gebautes   grosses 


1)  Denn   im  Allgemeinen   ähnlich  ist  schon   z.  B.  die  Art  wie   im  Arabischen  die 
Verneinungen  stets  schwächer  auf  einander  folgen  [Gr.  Arab.  §.  702) ;  noch  ihri-I»' 
lieber  wenn   im  Koptischen  auf  einen   Satz   wie   MAPENOTSLM  lasst  uns 
eisen  fortgefahren  wird  OTO&  NTENCJl  wörtlich  und  dass  wir  trinken! 
Hist.-Phibl.  Classe.   VII.    *  F 


42  H.  EWALD, 

Heiligthum   gewesen   welches  jetzt   nur  weiter   gebauet  und    ausgeziert  wor- 
den  sei. 

Und  wirklich  müssen  wir  uns  auch  nach  allen  übrigen  Spuren  dieses 
zuerst  genannte  Haus  Z.  15  f.  so  denken.  Zwar  ist  gerade  hier  Z.  16  in  den 
Stein  die  böse  Lücke  gekommen  welche  uns  den  wahren  Sinn  dieser  Worte 
sicher  wiederzufinden  so  schlimm  verhindert.  Denn  zwischen  den  beiden 
verstümmelten  Buchstaben  dieser  Zeile  sind  wenigstens  6  oder  7  völlig  ver- 
schwunden: und  hier  gerade  können  wir  auch  aus  keiner  entsprechenden  Stelle 
die  verlorenen  leicht  ergänzen.  Indessen  ist  zweierlei  hier  deutlich.  Dieses 
hier  zuerst  genannte  ganz  bekannte  Haus  musste  eine  Art  von  Pantheon  seyn: 
der  Name  osSn  nn  Haus  der  Götter  wie  man  die  ersten  Buchstaben  Z.  16 
gewiss  am  besten  abtheilt,  führt  ebenso  nahe  darauf  hin  als  die  besonders 
hohe  Würde  welche  das  hier  zuerst  genannte  Heiligthum  haben  musste;  und 
die  Worte  welche  dann  bald  darauf  folgen  in  Sidon  dem  Lande  am  Meere 
welche  in  einem  ähnlichen  Falle  Z.  18  sich  wiederholen  und  über  deren  ge- 
schichtliche Bedeutung  noch  unten  zu  reden  ist,  lassen  uns  ebenfalls  erwarten 
dass  dieses  Götterhaus  eine  so  allgemeine  Bedeutung  hatte.  Zweitens  aber 
fügt  ja  der  Redende  alsdann  sogleich  näher  hinzu  was  er  in  diesem  Heilig- 
thume  vorzüglich  wiederhergestellt  habe:  und  (wenn}  wir  wiederherstellten 
die  Astarte  von  sehr  hohem  Namen,  denn  irch  gerade  machen  kann,  obgleich 
diese  Bedeutung  gerade  in  dieser  selben  Anwendung  noch  nicht  weiter  wie- 
dergefunden ist,  doch  unstreitig  als  Bauausdruck  auch  dieses  bedeuten  und 
so  dem  arab.  gJL*t  entsprechen:  dann  aber  müssen  wir  uns  das  Bild  der 
Astarte  als  eins  der  vielen  denken  welche  in  diesem  Götterhause  seit  Alters 
standen  und  welches  wir  wissen  nicht  wodurch  beschädigt  oder  zertrümmert 
der  Redende  glänzend  wiederherstellen  Hess.  Darum  mag  es  uns  denn  auch 
erlaubt  seyn  über  die  zerstörten  Buchstaben  eine  Vermuthung  hier  zu  äussern. 
Wir  erwarten  hinter  o:Sn  und  vor  pxn  keinen  Namen  eines  oder  einzelner 
besonderer  Götter:  und  die  ersten  noch  deutlichen  Züge  w  sowie  der  folgende 
halb  zertrümmerte  der  ein  n  seyn  konnte  lassen  uns  mit  diesem  n>N  nach 
dem  eben  genannten  rpN  eine  blosse  Wiederholung  desselben  Götterhauses 
in  einem  andern  Namen  voraussetzen.  War  nun  das  Pantheon  auch  der  beste 
Ort  wo   die  Obrigkeit  wie  sie  S.  28  beschrieben   ist  sich  versammelte,  so 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        43 

mögen  wir  vor  dem  n  am  Ende  die  Buchstaben  dS»»  nn  ergänzen :  das  Haus 
der  Obrigkeit  war  dann  nur  «in  anderer  Name  für  dasselbe. 

11.  Bei  dem  zweiten  Baue  Z.  16  f.  ist  leider  der  Name  des  Gottes 
selbst  durch  jene  Verletzung  des  Steines  mitgetroffen:  jedoch  sind  es  diese 
Züge  nicht  so  schwer  wie  die  in  der  vorigen  Zeile;  und  wir  müssen  vorallem 
diesen  Namen  hier  sicherer  zu  erkennen  suchen.  Schon  der  lOte  Buchstab 
der  Zeile  17  scheint  unten  so  verletzt  dass  man  vermuthen  könnte  es  solle 
ein  »  seyn;  der  14te  und  löte  soll  wohl,  nach  den  erhaltenen  Spuren  zu 
schliessen,  ein  np  oder  *ip  seyn;  der  12te  scheint  nach  der  unten  gebliebenen 
kleinen  Krümmung  zu  vermuthen  ein  b  zu  seyn,  der  Stummel  des  13ten 
könnte  etwa  von  einem  p  übrig  seyn.  So  würde  man  ^ppS>o  dn  die  Mutter 
des  Melqqar  (Melkar)  vermuthen  können.  Allein  diese  Schreibart  des  Namens 
des  Gottes  selbst  wäre  auffallend;  der  Zug  des  h  hängt  nie  so  weit  herab; 
und  die  folgende  Beschreibung  führt  nicht  auf  eine  Göttin.  Da  nun  der  lOte 
Buchstab  doch  auch,  trotz  des  etwas  herabgezogenen  mittlem  Striches,  ein  w 
seyn  kann,  so  lesen  wir  vielmehr  npo  powN  Eschmün  der  Wachsame:  upd 
wenigstens  der  Gott  Eschmün  passt  ganz  vorzüglich  hieher  und  namentlich 
auch  an  diese  zweite  Stelle.  Denn  hatte  unser  König  seinen  Namen  von  ihm 
und  musste  ihn  schon  deswegen  als  seinen  nächsten  Schutzgott  verehren,  so 
ist  es  erklärlich  dass  er  unter  allen  einzelnen  Göttern  ihm  zuerst  und  am 
liebsten  ein  Heiligthum  bauete,  welches  übrigens  wie  alle  die  solchen  einzel- 
nen Göttern  gebaueten  nicht  eben  gross  zu  seyn  brauchte  sondern  sich  sogar 
an  ein  früheres  anlehnen  konnte.  Galt  nun  Eschmün  als  der  dem  Askläpios 
zu  vergleichende  milde  heilende  Gott,  so  koftnte  er  wohl  auch  npo  =  n$o 
der  Wachsame  zubenannt  werden,  sollte  diese  Lesart  richtig  seyn.  Sicherer 
ist  seine  folgende  Beschreibung  zu  verstehen :  die  Stütze  der  Hand  des 
Schwachen,  der  Schutzherr  meiner  Kinder  (oder  meines  Sohnes),  er  von  sehr 
hohem  Namen.  Schwierig  sind  hier  nur  zwei  Wörter  ab1?  und  urnvi:  denn 
dass  sie  so  getheilt  zu  lesen  seien  ist  schon  ansich  das  Wahrscheinlichste. 
Das  abS  indessen  lässt  sich,  nach  der  Bildung  LB.  §.  158c,  sehr  wohl  mit 
s_*J&  oder  o^Ui  schwach,  hinfällig  vergleichen:  die  Wurzel  wäre  zuletzt  auch 
mit  dem  lat.  labi  verwandt;  und  spielte  in  ihr  der  Lautwechsel  n  o  und  % 
so  erklärt  sich  daraus  auch   die  Entstehung  des  hnS  zr  inS  erschöpft  seyn. 

F2 


44  H.  EWALD, 

Das  unvi  aber  kann  nach  LB.  §.151  sehr  wohl  von  wtn  Haupt  oder  Herr 
neu  abgeleitet  den  Schutzherrn  bezeichnen;  und  da  es  eigentlich  ein  Mittel- 
wort ist,  gut  auch  mit  dem  Artikel  vor  dem  folgenden  <on  stehen.  Dass  aber 
der  jung  erblichene  König  beiläufig  so  auch  seines  Sohnes  oder  (wenn  >^3 
zu  sprechen  ist)  seiner  Kinder  erwähnt  als  solcher  die  er  dem  Schutze  dieses 
seines  eignen  nächsten  Schutzgottes  überlassen  habe,  erklärt  sich  leicht. 

12.  Zum  drittenmal e  heisst  es  und  wenn  wir  baueten  Z.  17  ff.;  und 
jetzt  werden  offenbar  Häuser  dreier  Götter  enger  zusammengestellt:  Häuser 
dem  Gotte  der  Sidonier  in  Sidon  . . . .,  ein  Haus  dem  Baal  Sidon's  und  ein 
Haus  der  Astarte.  Bei  dieser  unleugbaren  engeren  Verbindung  dieser  drei 
haben  wir  hier  gewiss  die  Dreiheit  der  obersten  Götter  Sidon's  vor  uns: 
gerade  eine  solche  Dreiheit  ist  acht  Phönikisch  ]);  und  obwohl  es  zu  bedauern 
ist  dass  der  Gott  der  Sidonier  hier  nicht  näher  bezeichnet  wird,  so  dürfen 
wir  doch  nicht  zweifeln  dass  es  gerade  diese  Dreiheit  war  welche  zur  Zeit 
unsres  Königs  in  Sidon  als  die  Gruppe  der  obersten  Götter  galt.  Auch  ist 
es  wahrscheinlich  dass  die  vorangestellte  Mehrzahl  Häuser  schon  alle  drei 
zusammenfassen  sollte ,  da  sich  sonst  für  diese  Mehrzahl  kein  rechter  Grund 
denken  lässt  Und  diese  drei  Häuser  konnten  sehr  wohl  zusammen  nur  6in 
Heiligthum  bilden:  während  der  König  hier  sie  mit  den  Göttern  selbst  lieber 
besonders  nennt. 

Die  Astarte  Z.  18  kann  also  als  Göttin  betrachtet  auch  sehr  wohl  die- 
selbe seyn  welche  Z.  16  gemeint  war.-  Denn  die  Würdebezeichnung  die  sie 
hier  trägt  San  dw  com  Namen  Baats  d.  i.  die  als  Gott  zu  verehrende,  soll 
gewiss  nichts  anders  aussagen* als  was  Z.  16  und  17  schon  zweimahi  wenig 
verschieden  so  ausgedrückt  war  von  sehr  hohem  Namen. 

13.  Schliessen  die  drei  vorigen  längern  Sätze  in  welchen  der  Redende 
die  drei  Baustücke  deren  er  sich  vor  den  Göttern  rühmen  kann  so  genau 
aufzählt,  alle  gleichmässig  mit  dem  zuletzt  erklärten  loberhebenden  Namen  der 
Gottheit:  so  erwarten  wir  schon  deshalb  dass  die  Rede  nun  zu  etwas  anderem 
übergehe."    Und  wirklich  ändert  sich  fühlbar  der  Sinn  der  nun  folgenden  Worte 


1)  S.   die    Abhandlung    über   die   Phömhiscken  Ansichten   von   der    Weltschöpfung 
S.  23  ff. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        45 

Z.  18 — 20:  aber  sie  sind  zugleich  sehr  schwierig  für  uns  ganz  richtig  zu 
verstehen.  Das  zweimal  wiederholte  um  Z.  19  ebenso  wie  der  ganze  Zn- 
sammenhang lässt  uns  indessen  nur  eine  Fortsetzung  des  Schwures  bei  den 
Göttern  erwarten:  und  die  Thatwörter  hinter  diesem  wn  können  in  der  ersten 
Person  sg.  des  perf.  gelesen  werden;  wenn  aber  dabei  vor  uu*  kein  *p*r  ich 
steht,  so  ist  zu  bedenken  dass  das  vorangesetzte  jroN  wir  Z.  16.  17  nur  die 
zwei  zuvor  genannten  Herrscher  Z.  13 — 15  wiederaufzunehmen  diente.  Unser 
Todter  konnte  als  König  sicher  sich  auch  einiger  nur  von  ihm  zu  vollführender 
königlicher  Thaten  rühmen;  und  diese  sofern  sie  zugleich  als  von  den  Göttern 
oder  von  einem  besondern  Gotte  empfangene  Wohlthaten  .gelten  konnten, 
finden  wir  inderthat  hier  erwähnt 

Wir  verstehen  nämlich  diese  Worte  so:  und  dass  der  Herr  (oder  Gott) 
Müküm  die  Dauer  und  Schönheit  der  herrlichen  Fruchtfelder  uns  verewigte  wenn 
ich  das  mit  Geschick  lernte  und  konnte;  wenn  ich  bewirkte  dass  er  die  Grenz- 
eingänge  des  Landes  den  Kanaanäern  den  Sidoniern  beständig  beschützte. 
Dann  nennt  der  König  zwei  Wohlthaten  dieses  Gottes  Milküm  die  er  von 
diesem  durch  sein  eigenes  Bemühen  gleichsam  gewonnen  habe,  und  die  ihm 
als  Unterpfänder  auch  für  den  ferneren  Schutz  der  Götter  gelten.  Fortdauernde 
Fruchtbarkeit  des  Landes  und  Sicherheit  der  Grenzen  sind  diese  zwei  gött- 
lichen Wohlthaten  welche  der  König  während  seiner  ganzen  Herrschaft  em- 
pfangen zu  haben  meint:  aber  der  jedesmalige  König  muss  nach  uralter  Vor- 
stellung auch  selbst  dazu  wirken ,  durch  Opfer,  Gebete  u.  s.  w.:  und  es  ist 
demnach  zugleich  seine  Kunst  und  Geschicklichkeit  wenn  ihm  solchen  Segen 
dem  Gotte  zu  entlocken  so  wohl  gelingt.  Über  pN  AdOn  als  Namen  eines 
Gottes  s.  oben:  der  Gott  Milküm  aber  ist  uns  zwar  dem  Namen  nach  als 
der  zunächst  von  dem  cAmmonäern  verehrte  aus  dem  AT.  bekannt:  allein  er 
konnte  sehr  wohl  auch  in  Sidon  verehrt  seyn:  und  wissen  wir  sonst  nicht 
welcher  Art  er  etwa  war,  so  können  wir  nach  unserer  Inschrift  leicht  an- 
nehmen dass  er  als  von  Baal  verschieden  dem  Griechischen  Kronos  glich, 
nämlich  als  einer  der  ältesten  Gölter1).  Er  wäre  dann  einerlei  mit  d6m  der 
Z.  18  der  Gott  der  Sidonier  hiess. 


1)  Dann   erhebt  sieb  allerdings  die  Frage   aufsneue   obnicht  der  Milküm   einerlei 


46  H.  EWALD, 

Über  *wi  Z.  19  s.  oben  S.  38.  Dass  n»*y  etwa  soviel  als  ich  ver- 
mochte bedeuten  könne,  und  die  zwei  ohne  Verbindungswörtcben  zusammen- 
gestellten Thalwörter  trox»  m>oS  nach  LB.  §.2856  zu  verbinden  seien,  leidet 
keinen  Zweifel.  Wir  können  daher  auch  das  pun\t/",  so  wenig  es  sonst  im 
Hebräischen  oder  Aramäischen  etwas  ihm  näher  entsprechendes  hat,  doch  gut 
mit  yy»?»  sorgsam,  geschickt x)  als  ein  davon  abgeleitetes  Sachenwort  ver- 
gleichen: es  hat  dann  diese  Bedeutung  vom  festen,  gewissen  vgl.  H*>  ähnlich 
wie  DDn  weise.  Das  Wörtchen  nv  aber  womit  der  ganze  Satz  beginnt,  kann 
am  Ende  auch  bloss  die  Absicht  und  Folge  unserm  dass  entsprechend  aus- 
drücken; und  dass  der  dem  Sinne  nach  untergeordnete  Satz  auch  voraufgestellt 
werden  konnte,  lässt  sich  nicht  läugnen.  Das  ;rn  aber  als  Imperf.  von  jro 
geben  aufzufassen  scheint  uns  weniger  richtig,  als  es  als  Perf  W.  jrp  zu 
nehmen.  Im  sogleich  Folgenden  aber  folgt  auf  nSvo  ich  bewirkte  das  Imperf. 
mit  dem  Vav  der  Folge  dsshsö*^,  da  schon  anderweitig  feststeht  dass  das 
Phönikische  auch  hierin  dem  Hebräischen  gleichen  konnte 2).  Und  können 
wir  das  nach  S.  31  zu  verstehende  ri^v  als  Mehrzahl  denken  und  aussprechen, 
so  konnte  nach  LB.  §.  309c  auf  den  folgenden  stärkern  Gegenstand  sehr  wohl 
zuvor  durch  sein  Suffix  -innöm  angespielt  werden,  wie  in  einem  ähnlichen 
Falle  oben  Z.  10;  po  aber  als  bergen  kann  auch  sehr  wohl  schützen  be- 
deuten. Endlich  kann  das  d^dS  unmittelbar  vor  o:nxS  schwerlich  etwas 
anderes  als  den  Kanaänäern  bedeuten,  auchwenn  es  ohne  y  in  der  Mitte 
geschrieben  ist 3) :  dieser  Laut  stumpfte  sich  leicht  allmählig  ab ;  und  wir 
können  hier  sehen  wie  gerne  Sidon  damals  noch  immer  sich  allen  Phöniken 
gleichstellte. 


war  mit  Mölokh  und  dieser  mit  Kronos:  allein  bisjetzt  ist  die  Einerleiheit  dieser 
Namen  nicht  zu  beweisen,  s.  die  AUerthümer  S.  261  der  2ten  Ausg.  und  unten 
den  Zusatz. 

1)  Der  Qftmüs  erklärt  das  Wort  durch  l*J  gJWKj  jy*M  &  <Jl2oJI  >JUJt  ^^biJI. 

2)  S.  die  Abhandlung  über  die  Phönikische  Inschrift  von  Marseille  S.  13.  Im  He- 
bräischen ist  dieses  freilich  weit  seltener  als  im  Aramäischen:  das  Phönikische 
schliesst  sich  also  auch  hierin  mehr  an  dieses  an. 

3)  Wie  ba  für  b*n  s.  die  Entzifferung  der  Neupunischen  Inschriften  S.  30. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  S1DON.        47 

14.  Nach  allen  diesen  vielfach  verschlungenen  Sätzen  welche  doch 
zuletzt  nur  erst  6inen  grossen  Vordersatz  bilden ,  beginnt  mit  122p  Z.  20 
sichtbar  der  Nachsatz,  wie  schon  oben  erläutert  Auch  die  einzelnen  Worte 
und  deren  Sinn  im  Zusammenhange  der  Rede  sind  oben  meist  schon  erklärt. 
Nur  drei  Worte  sind  hier  noch  besonders  zu  besprechen. 

Einmal  das  Sn  hinter  ounpn  d:Sn:  es  kann  in  diesem  Zusammenhange 
sehr  wohl  als  ein  zurückweisendes  Deutewörtchen  gefasst  werden  diese  hei- 
Ugen  Götter,  die  oben  so  vielfach  und  so  stark  angerufen  sind.  Denkwürdig 
ist  aber  dass  es  dann  in  dieser  Verkürzung  ganz  dem  Einzelwörtchen  ?-  in 
seiner  ächtPhönikischen  Abkürzung  und  Anlehnung  entspricht  Auch  im  He- 
bräischen kürzt  sich  n1**  in  einem  einzelnen  Falle  so  ab,  LB.  §.  183a. 

Das  folgende  Wort  jxp«n  fassen  wir,  dem  ganzen  Zusammenhange  völlig 
gemäss,  so  auf  dass  es  bedeute  und  er  verende,  vergehe.  Eine  W.  jxp 
findet  sich  zwar  sonst  in  den  Semitischen  Sprachen  nicht:  allein  sie  konnte 
im  Phönikischen  mit  der  Hebräischen  W.  pp  ebenso  übereinstimmen  wie  ypS 
Z.  9  f.  mit  upS.  Hat  sich  nun  diese  W.  im  Hebräischen  einseitig  zu  der 
ganz  besondern  Bedeutung  klein  eig.  verkürzt,  abgestumpft  seyn  ausgebildet, 
so  hat  sie  im  Phönikischen  freilich  eine  ganz  andre  Geschichte  durchlaufen 
welche  aber  doch  ebenso  gut  möglich  war:  denn  auch  die  Bedeutung  ver- 
enden,  vergehen  knüpft  sich  leicht  an  n*g  oder  yp  Ende.  Auch  wurde  das 
Wort,  diesem  Zusammenhange  nach  zu  schliessen,  im  Phönikischen  wohl 
besonders  nur  in  einem  verächtlichen  Sinne  gebraucht  um  das  der  Frevler 
würdige  Ende  zu  bezeichnen. 

Endlich  das  Wörtchen  ob  Z.  21  kann  hier  unmöglich  ihm  bedeuten  wie 
Z.  8.  11 :  es  ist  an  dieser  Stelle  auch  garnicht  so  verbunden  um  dieses  be- 
deuten zu  können,  da  es  nach  eben  vollendetem  Satze  einfach  einem  Imperf. 
vorantritt,  als  solle  es  den  Sinn  eines  solchen  Imperf.  herbeiführen  helfen. 
Wir  fassen  es  daher  als  dass  nicht  oder  damit  nicht,  also  dem  auch  ins  Nord- 
hebräische übergreifenden  Aramäischen  n>o  Vi  (s.  LB.  §.  3376  a.  E.)  entspre- 
chend und  etwa  VmA  oder  tmö  auszusprechen.  Als  ein  solches  Wörtchen 
aber  konnte  es  mit  dem  folgenden  Thatworte  fast  in  eins  zusammengezogen 
werden. 

So  bauet  sich  dennauch  dieser  Nachsatz,   ähnlich  dem  Vordersatze  nur 


48  r  H.   EWALD, 

nicht  ebenso  weitläufig,  aus  sehr  verschiedenen  kleineren  Sätzen  auf,  welche 
doch  erst  zusammen  6in  Ganzes  bilden  und  mit  ihrem  schweren  Gewichte 
sowohl  ihren  langen  Vordersatz  als  die  grosse  drohende  Rede  selbst  treffend 
schüessen. 

Blicken  wir  aber  schliesslich  von  dem  Ende  der  einzelnen  Entzifferung 
aus  auf  d6n  Sinn  und  Zusammenhang  der  Rede  der  ganzen  Inschrift  zurück 
welcher  sich  so  ergeben  hat:  so  können  wir  für  das  Allgemeine  einige  weitere 
Ergebnisse  ziehen  welche  von  grosser  Bedeutung  sind. 

Wie  gross  verhältnissmässig  die  Inschrift  ist,  sie  hat  demnach  nur  6inen 
Sinn  und  Zweck;  und  wie  mannichfach  der  Inhalt  und  wie  verschlungen  der 
Satzbau  in  ihr  theilweise  seyn  mag,  alle  ihre  einzelnen  Sätze  Gedanken  und 
Worte  reihen  sich  doch  wiederum  ganz  fest  nur  um  6inen  einfachen  Grund- 
gedanken, zu  welchem  alles  Einzelne  was  sie  umfasst  vollkommen  stimmt. 
Dieses,  wie  es  sich  aus  den  obigen  Erörterungen  ganz  von  selbst  ergeben 
hat,  wird  aber  zugleich  zu  einem  guten  Beweise  für  die  Richtigkeit  der  Ent- 
zifferung im  Ganzen. 

Ist  ferner  der  Sinn  der  Inschrift  im  Ganzen  der  oben  erklärte,  so  ver- 
steht sich  leicht  wie  sie  gerade  an  der  Stelle  wo  sie  wiedergefunden  ist 
eingegraben  wurde.  Sie  sollte  nicht  die  Thaten  und  Verdienste  des  Todten 
alle  verewigen  und  lobend  der  Nachwelt  übermelden:  dann  hätte  sie  auch  an 
einem  ganz  andern  Orte  eingegraben  und  vielmehr  aufgerichtet  werden  müssen. 
Sie  sollte  die  Ruhe  des  Todten  sichern,  und  alle  welche  aus  irgendeinem 
Beweggrunde  diese  etwa  zu  stören  wagen  würden  von  ihrem  Beginnen  zurück- 
schrecken. So  wurde  sie  am  besten  oben  auf  die  Decke  des  Königssarges 
geschrieben,  ja  so  nahe  dem  Munde  des  auf  diesem  abgebildeten  Königs  als 
möglich,  als  riefe  er  noch  aus  dem  Grabe  heraus  diese  Worte  jedem  zu  der 
ihn  zu  stören  käme. 

Und  dieser  Grundgedanke  der  Inschrift  mit  der  ganzen  Art  wie  er  im 
Einzelnen  ausgeführt  wird,  führt  uns  fühlbar  in  ein  Volk  mit  sehr  eigentüm- 
lichen Sitten  und  Vorstellungen,  aber  auch  in  eine  Zeit  ein  welche  bei  diesem 
frühgebildeten  Volke  selbst  verhältnissmässig  einb  ältere  seyn  musste.  Diese 
Furcht  vor  jeder  Störung  im  Grabe,  in  solchen  Betheuerungen  und  Drohungen 
vor  aller  Obrigkeit  und  in  solchen  Anrufungen  der  Götter,  ja  in  einer  solchen 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN   PHÖNIKISCHBN  INSCBRIFT  VON  SIDON.        4f 

an  gen  schweren  Todtenrede  auf  dem  Sarge  vofl  heiliger  Drohungen  und 
Verwünschungen  sieb  ergiessend;  diese  Art  wie  der  Todte  die  Götter  an 
seine  Verdienste  um  sie  und  an  ihre  am  ihn  erinnert,  dies  alles  führt  unsr, 
wir  würden  wenn  vom  Griechischen  Alterthume  die  Rede  wäre  sagen,  in  ein 
wahrhaft  Homerisches  Zeitalter  ein;  und  wir  meinen  hier  überall  Worte  und 
Gedanken  aus  einem  noch  mehr  jugendlichen  als  bereits  ausgebildeten  überreifen 
Volksleben  zu  hören.  Bei  den  Phöniken,  deren  hohe  Bildung  schon  Homer 
rühmt,  kommen  wir  dadurch  leicht  in  ein  noch  vorHomerisches  Zeitalter  hin« 
auf:  und  die  Inschrift  wird  uns  auch  nach  dieser  Seite  bin  ein  sehr  seltenes* 
wichtiges  Denkmal.  —     Fragen  wir  nämlich  zuletzt  nach  dem 

Zeitalter  der  Inschrift, 
so  liegt  für  uns  nach  dem  jetzigen  Stande  unsrer  Phönikiscben  Erkenntnisse 
das  Hauptmerkmal  desselben  eben  in  dem  genauen  Beachten  dieser  inneren 
Spuren.  Nach  diesen  würden  wir  die  Inschrift  für  eine  verhältnissmässig  sehr 
alte  halten  können:  und  es  fragt  sich  nur  noch  ob  anderweitige  Merkmale 
dieser  Erkenntniss  widersprechen  oder  nicht 

Dass  die  Phönikiscbe  Schriftart  welche  hier  erscheint  bisjetzt  kein  für 
uns  genügendes  Merkmal  eines  bestimmteren  Zeitalters  an  sich  trage,  ist  schon 
S.  10  bemerkt.  Man  würde  aber  auch  wohl  bisjetzt  nirgendwoher  ein  Zeichen 
herbeibringen  können  dass  sie  nicht  schon  aus  jenem  frühern  Zeitalter  ab- 
stammte. 

Von  dem  Eschmünazär  und  dessen  ganzer  königlicher  Verwandtschaft, 
wie  wir  sie  aus  der  Inschrift  kennen  lernen,  wissen  wir  aber  qus  andern 
Quellen  bisjetzt  nichts.  Dass  der  Sidonische  König  Tennes  weioher  nach 
Diodor's  von  Sic.  Geschichte  16,  41— 45  unter  dem  Persischen  Artaxerxes  III 
Ochus  eine  traurige  Berühmtheit  erlangte,  in  dem  n:nn  unserer  Inschrift  (S.  24) 
nicht  verborgen  seyn  könne,  wie  man  bereits  vermulhete,  habe  ich  anderswo 
gezeigt1).  Unter  der  Persischen  Oberherrschaft  hatte  zwar  Sidon  auch  vor 
diesem  Tennes  welcher  wohl  der  letzte  war,  seine  Unterkönige:  allein  unsre 
Inschrift  weist  uns  offenbar  in  eine  Zeit  der  ruhigen  Macht  und  Bljithe  Sidon's 
hin,  nicht  in  diese  gedrückten  Persischen  Zeiten.  In  jenen  Jahrhunderten  nun 
wo  Tyrus  übermächtig  geworden  war  und  den  noch  Altern  Glanz  und  Vor- 

1)  S.  Gott.  gel.  Anz.  1856  S.  23  f. 
Hist.-PhiloL  Classc.  VII.  G 


50  H.  EWALD, 

rang  Sidon's  verdunkelte,  konnte  Sidon  zwar  auch  seine  kleinen  Könige  bei- 
behalten :  und  dass  es  im  siebenten  und  sechsten  Jahrh.  v.  Ch.  solche  hatte, 
wissen  wir  aus  einigen  zerstreuten  Nachrichten  x).  Aliein  dass  diese  Könige 
damals  sehr  mächtig  und  Sidon  sehr  Uttbend  gewesen  ist  allen  Anzeichen  nach 
unwahrscheinlich.  Unsere  Inschrift  fällt  aber  vielmehr  in  solche  Zeiten  wo 
nach  Z.  20  die  Kanaänäer  noch  etwa  soviel  waren  wie  die  Sidonier,  und 
nach  Z.  16.  18  Sidon  selbst  sich  noch  rühmen  konnte  »das  Land  des  Meeres« 
zu  seyn,  als  habe  es  damals  dieses  ganze  Land  beherrscht.  Diese  beiden 
näheren  Bestimmungen  entsprechen  sieb  inderthat  fast  vollkommen:  und  wäre 
die  Erklärung  jenes  Wortes  Z.  20  von  den  Kaoaänäern  vielleicht  zweifelhafter 
als  sie  wirklich  ist  (S.  4ß) ,  so  würde  sie  schon  durch  den  sehr  entsprechen- 
den Ausdruck  Z.  16.  18  geschützt  seyn. 

So  scheint  es  denn  dass  die  Inschrift  in  jene  Zeiten  fällt  wo  Sidon  vor 
dem  Aufkommen  der  Übermacht  Tyrus'  noch  in  seiner  vollen  Macht  und  Herr- 
lichkeit blühete,  die  Kanaänäer  zwar  schon  ganz  ans  Meer  gedrängt  waren, 
die  Sidonier  aber  noch  als  mit  ihnen  gleichbedeutend  betrachtet  wurden.  Fällt 
Tyrus'  vormächtiges  Aufkommen  in  das  eilfte  Jahrhundert,  so  mag  der  König 
unsrer  Inschrift  kurze  Zeit  zuvor  in  Sidon  geherrscht  haben.  Dieses  war 
also  die  Zeit  von  welcher  her  noch  Homer  die  Sidonier  nicht  aber  die  Tyrier 
nennt  und  bewundert2).     Wenigstens  treffen   diese  wenigen  geschichtlichen 


1)  Nämlich  Jer.  25,22.  27,3  werden  stehend  Könige  von  Sidon,  jedoch  nach  denen 
von  Tyrus  aufgezählt;  und  ohne  dass  Sidon  damals  selbständig  gewesen,  hätte 
es  Hez.  28,20 — 26  nicht  jene  Reihe  von  sieben  Reichen  füllen  können.  Tyrus 
uttd  Sidon  waren  nach  solchen  Zeichen  damals  die  einzigen  selbständigen  Pho- 
bischen Reiche:  wir  wissen  nicht  näher  unter  welchen  Verhältnissen  damals 
Sidon  neben  Tyrus  wieder  eine  gewisse  Selbständigkeit  erlangt  hatte,  vielleicht 
noch  in  Folge  der  Belagerang  Tyrus*  durch  Salmanassar,  vgl.  Jes.  c.  23.  Aber 
dass  Sidon  damals  dennoch  weit  schwächer  war  als  Tyrus,  folgt  aus  Hez.  28,8 
und  vielen  andern  Anzeichen. 

2)  Von  einer  ganz  andern  Seite  her  kann  man  auch  aus  den  kurzen  Worten  Rieht. 
10,  11  schliessen  dass  Sidon  gerade  in  der  fetzten  Zeit  vor  Tyrus'  Erhebung 
noch  einmal  recht  mächtig  und  glücklich  gewesen  war.  Die  geschichtliche 
Bemerkung  erscheint  zwar  hier  äusserst  verkürzt,  dock  kann  sie  nicht  grund- 
los seyn. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        51 

Andeutungen  welche  sich  aus  der  Inschrift  ziehen  lassen,  mit  jenem  Merkmale 
eines  solchen  höhern  Alters  aus  ihrem  ganzen  altertümlichen  Inhalte  so  un- 
gesucht zusammen,  dass  bisjetzt  kaum  etwas  noch  Bestimmteres  über  ihr 
Zeitalter  sich  ausfinden  läset 


Zusatz  zu   S.  45. 

Über  Phönikische  Eigennamen  mit  -jb»  — . 

Wegen  des  oben  S.  45  über  einen  Phönikischen  Gottesnamen  Gesagten 
ist  es  wohl  lehrreich  zu  bemerken  dass  sich  zwar  bisjetzt  noch  nicht  der 
Name  mS»  aber  ziemlich  häufig  der  Name  *|ta  als  zweites  Glied  in  zusam- 
mengesetzten Mannesnamen  wiedergefunden  bat.  Dass  der  so  im  Phönikischen 
geschriebene  Name  einen  Gott  bezeichnete,  ist  danach  unz weifelbar:  man 
sprach  ihn  aber  wohl  sicher  nicht  wie  man  nach  dem  Hebräischen  meinen 
könnte  malk,  sondern  eher  wie  milik  aus,  vgl.  die  Mannesnamen  Hmüko, 
Hamilkar:  und  diese  Aussprache  "irtflreif-sfch  etwas  mehr  dem  ohhq. 

So  findet  sich  ein  yrcnw  'Abdmilik  sehr  oft1);  ferner  ein  Y?»3ptt 
welcher  wahrscheinlich'  t]Sq:p5  Meqinmilik  auszusprechen  ist  und  den  Gläubigen 

MiWfs  bedeutet  vgl.  mit  ^1.  Dieser  Mannesnäme  findet  sich  auf  einem  erst 
vor  kurzem  gefundenen  Siegelringe,  welchen  sein  erster  Europäischer  Erwerber 
Herr  JuL  Oppert  von  Haleb  aus  nach  Paris  einsandte  2).     Er  trägt  die  Inschrift 

I       a 

1)  Wie  in  der  Kit.  II.  Z.  3,  und  in  einem  neulich  nach  Paris  gekommenen  Siegel- 
ringe welchen  Longpörier  im  Journ.  as.  1855  II.  p. 426,  sowie  einen  andern 
p.  422  mit  dem  Mannesnamen  b*nna*  zuerst  mittheilt. 

2)  Zuerst  veröffentlicht  durch  Longpörier  ebendort  p.  429.  Wenn  aber  dort 
der  erste  Buchstab  dieses  Hannesnamens  als  ein  m  gelesen  und  der  Name 
Sacanmelek  ausgesprochen  wird,  so  scheint  uns  dieses  grundlos  zu  seyn,  ist 
der  Buchstab  zuverlässig  abgebildet.  Ist  er  aber  ein  tt  wie  dieses  Zeichen 
dort  nodh  zweimal  vorkommt,  so  bleibt  fcaum  etwas  übrig  als  die  oben  ange- 
nommene Aussprache  Miqm, 

G2 


52  H.  EWALD,  :        *-../   ..   *i    ;»*     .*.    *.'.   * 

d.  h  (Siegelring)  Tamuka's  Sohnes  MtqmmiHk's :  doch  ist  die  nähere  Aus- 
sprache des  ersteren  der  beiden  Namen  noch  nicht  sicher.  Zwischen  j....a 
auf  dem  %  weiten  Felde  ist  ein  springender  Bock   gezeichnet:   vielleicht  also 

bedeutete  der  Mannesname  soviel  als  Springer ,  vgl.  «6y+$  mit  g*i>.  Man 
findet  viele  Siegelringe  altPhönikischer  Inschrift:  woraus  man  auch  sehr  klar 
erkennt  wie  hoch  diese  Kunst  bei  den  Phöniken  und  den  diesen  verwandten 
Völkern  schon  sehr  früh  ausgebildet  sayn  musste*  Der  vorliegende  enthält 
dazu  eine  zierliche  aber  bisjetzt  in  dieser  Art  seltene  Schriftart:  wir  lassen 
ihn  deshalb  auf  der  Steinplatte  unten  rechts  abbilden  x).  —  Übrigens  gibt 
dieser  Siegelring  nicht  soWohl  Phönikische  Schrift  im  engern  Sinne,  als  viel- 
mehr eine  Art  unter  den  vielen  altAramäischen  welche  allmfihlig  wieder  an 
den  Tag  kommen;  er  scheint  auch  in  einer  Gegend  des  nördlichen  Syrien 
gefunden  zu  seyn.  Auf  eine  Aramäische  Sprachbifdnng  könnte  auch  das  fc 
von  toion  hindeuten:  und  dass  p  für  Sohn  in  gewissen  Aramäischen  Mund- 
arten nicht  unmöglich  war,  wird  aus  der  Erklärung  der  folgenden  Inschrift 
erhellen. 


oft 


•  •  •• 

über  eine  neulichst  gefundene  Ägyptisch- 
Aramäische  Inschrift. 

Es  ist  bekannt  welche  reiche  Ausbeute  neulichst  die  Ausgrabungen  Hrn 
Mariette's  in  dem  verschütteten  Serapeum  von  Memphis  eingebracht  haben. 

1)  Recht  denkwürdig  ist  auch  der  dort  p.^428  von  Longpärier  nütgetheille  Stein 
welcher  auf  der  einen  Seite  den  Mannesnamen  iimi»  mit  dem  Gottesnamen 
Addd  oder  Adöd,  auf  der  andern  bei  dem  altertümlichen  Kopfe  einer  Astarte 
den  Namen  nrunri?  erkennen  lässt;  in  diesem  scheint  mir  nämlich  der  letzte 
dort  nicht  vollständig  und  deutlich  genug  zu  erkennende  Zug  ein  rr  zu  seyn. 
Wir  wissen  nun  aus  den  Hirajarischen  Inschriften  das!  der  Name  Astarte  auch 
Athar  verkürzt  werden  konnte:  nnp  aber  entsprich!  wohl,  dem  d&d  .welches 
nach  Philon  bei  Steph,  By«.  unter  A*r>dix*ta  soviel  als:  Gott; bezeichnen  konnte 
und  sieb  wohl  auch  in  dem;  Namen  «&*»  .bei  Meliton  in  Cturetoa's  sptcil.  syr. 
p.  25,  9—1.1  wiederfinde*.  Hiefaus  würde  sich  dann  der  seiner  ursprünglichen 
Schreibart  und  Bedeutung  nach  auffallende  Nana  .'*/rtw«vi»  erklären;  und  der 

Name  JfQxciw  )teJZ  wäre  erst  wieder  ein  U«ttalt  voa,<fieaepi.  r 

»' 


Ober  eine  ägyptisch -aramäische  Inschrift.  53 

Unter  anderem  fand  er  dort  an  einem  Orte  den  man  als  das  Apisgrab  betrachtet, 
an  eine  Tempelmauer  gelehnt  etwa  500  niedrige  Steingeftsse  von  sehr  ver- 
schiedenen Steinarten,  welche  nach  ihren  Merkmalen  zn  urtheilen  zu  ebensovielen 
kleinen  Heiligtümern  geweihet  scheinen.  Manche  von  ihnen  sind  durch  Mariette 
nach  Paris  in  das  Louvre  gebracht:  unter  ihnen  auch  ein  Stein  welcher  ob- 
wohl weit  weniger  feingearbeitet  als  viele  andre  doch  durch  seine  nicht 
Ägyptische,  sondern  wie  man  meinte  Phönikische  Inschrift  mit  Recht  besonders 
merkwürdig  schien.  Der  Stein  hat  oben,  wie  manche  andre  dieser  500,  zwei 
tiefeingehauene  Kufen,  durch  eine  Wand  getrennt  auf  welche  das  Bild  des- 
selben Gussopfergeftsses  eing ehauen  ist  welches  man  auf  allen  erblickt 1): 
diese  zwei  Kufen  sollten  wohl  gewiss  die  geweiheten  Gegenstände  aufnehmen. 
Auf  der  breiten  vorderen  Seite  erblickt  man  die  Inschrift  in  drei  vollen  und 
einer  halben  Zeile  eingegraben ,  von  einem  etwas  rohen  Striche-  rings  ein- 
gerahmt 

Von  dieser  Inschrift  hatte  der  bereits  durch  manche  treffliche  Arbeit  im 
Gebiete  der  Morgenländischen  Sprache  ausgezeichnete  Hr  Ernest  Renan  in 
Paris  zu  Anfange  des  letzten  Augustmonates  die  Güte  aus  freien  Stücken  mir 
eine  Abschrift  zu  übersenden.  Sie  zog  damals  sogleich  meine  Aufmerksamkeit 
auf  sich,  und  einige  der  bedeutsamsten  Worte  entzifferte  ich  aus  ihr  schon 
damals  ebenso  wie  sie  unten  erklärt  werden.  Später  empfing  ich  eine  sehr 
deutliche  und  unterrichtende  Beschreibung  des  Steines  mit  den  Abbildern 
•seiner  oberen  und  seiner  vorderen  Seite  r  enthalten  in  einer  längern  Abhand- 
lung 2)  in  welcher  der  um  alle  diese  Alterthüraer  in  den  neuesten  Zeiten  so 
vielverdienie  Duc  de  Luyn^s  eine  vollständige  Erklärung  der  Inschrift  ver- 
sieht Diese  Abhandlung  mit  den  beigegebenen  Bildern  ist  sehr  verdienstlich: 
and  ich  würde  über  vieles  was  im  Folgenden  erläutert  werden  soll ,  bei 
tireitem  nicht  so  sicher  urthtfflea  können  wenn  ich  sie  nicht  vor  Augen  ge- 
habt hätte. 


1)  Man   kann  sich   etwa   aus   dem  dieser  Abhandlung  beigefügten  Abbilde  einen 

Begriff  davon  entwerten. 
2J  Unter  der  Aufschrift  Jnscription  Ph6n%c%enne  sur  üne  pienre  ä  libation  du  Sära- 
-' '       petam  de  Memptini,  in  den  BbMin  afehtölogiqtte  6e  l'£thenaeum  ffan<?ais  1855. 

Nr.  8  und  9.  '<  '•'*■•»•   •»  ;     <  ■*""   *»  <!    '■  ' "■ 


•  t. 


54  ;  ;!."■  H.  EWALD, 

Der  Duc  de  Luynes,  an  dem  man  den  reinen  hohen  Eifer  mit  weichem 
er  alle  diese  aus  vielen  Ursachen  so  äusserst  schwierigen  Gegenstände  unsrer 
heutigen  Wissenschaft  verfolgt  bewundernd  anerkennen  muss,  und  der  unter 
seinen  vielen  Standesgenossen  in  Deutschland  darin  keinen  Nacheiferer  hat, 
entziffert  nun  die  Inschrift  und  übersetzt  sie  so: 

0 

oonS  n:an  mpS  lann 
insui  SN—na  no-nn 

VIV      » 

cön  onp  nryh  ron-ja 

no-n  vr*n 

T 

Ignem  tulhnus  admovendo  imaginem  Apidi:  Ruach-Pdä  terms  Hort,  et 
Tobbor  fiUua  Tokeh,  et  mmistrans  coram  Apide  Chai- Ruach-Pdä.  Die  drei 
hier  genannten  Männer  hätten  demnach  dem  Apis  unter  Weihung  eines  Bildes 
ein  Feueropfer  dargebracht:  dies  würde  der  Sinn  der  Inschrift  aussagen;  und 
da  diese  Alterthümer  in  einem  Apisheiligthume  gefunden,  so  würde  der  Sinn 
sich  insofern  empfehlen.  Auch  wird  ans  dem  unten  zu  Sagenden  erhellen 
dass  in  dieser  Entzifferung  allerdings  einige  Worte  richtig  gelesen  und  ver- 
standen sind.  Und  dazu  scheint  uns  die  ganze  Inschrift  sowie  sie  auf  dem 
Steine  steht  hier  so  getreu  dargestellt  zu  seyn  dass  .wir  uns  im  Folgenden 
ganz  auf  sie  verlassen  zu  können  meinen« 

Fragen  wir  aber  zunächst  nach  den  Scbriftzügen  der  Inschrift  im  Allge- 
meinen, so  scheint  uns  doch  vieles  darin  noch  einer  näheren  Bestimmung 
und  Rechtfertigung  zu  bedürfen.  Die  Schriftzüge  gleichen  sehr  den  Phöniki- 
schen:  allein  näher  betrachtet  entfernen  sie  sich  von  diesen  dennoch  in  gar 
vielen  Einzelnheiten,  ja  in  einigen  Buchslaben  völlig.  Vielmehr  gleichen  sie 
stark  dän  Schriftzügen  welche  man  auf  dem  Steine  von  Carpentras  und  andern 
in  Ägypten  gefundenen  Denkmälern  antrifft,  während  sie  von  der  andern  Seite 
wieder  ebenso  stark  an  eine  gewiss  einst  weitverbreitete  Aramäische  Schrift 
erinnerte  aus  welcher  die  gewöhnliche  Syrische  entsprungen  seyn  muss.  Die 
Züge  erscheinen  im  Allgemeinen  nur  etwas  altertümlicher  als  die  auf  dem 
Steine  von  Carpentras. 

Gehen  wir  alsdann  zu  den  einzelnen  Buchstaben  über,  so  finden  wir 
nur  folgende  anders  zu  bestimmen:  man  wird  aber  sehen  dass  dadurch  aller- 
dings auch  der  Sinn  sehr  bedeutend  sich  ändere. 


ÜBER  EINE  ÄGYPTISCH-ARAMÄISCHE  INSCHRIFT.  55 

Der  zweite  Z.  1  scheint  zwar  einem  n  ähnlich  zu  seyn,  wenn  man  bloss 
die  zwei  Züge  links  von  dem  dritten  an  ihm  betrachtet:  allein  dieser  dritte 
Zug  auf  der  rechten  Seite  ist  doch  wohl  zu  stark  und  eigenthümlich  um  ihn 
mit  dem  mittlem  zusammen  nur  für  den  gewöhnlichen  rechten  Zug  des  n  zu 
halten.  Ich  halte  diesen  Buchstaben  also  für  einen  andern  als  n,  nämlich  für 
ein  y:  das  Zeichen  für  y  auf  dem  Steine  von  Carpentras  ist  ihm  Verhältnisse 
massig  ähnlich  genug. 

Den  vorletzten  Buchstaben  Z.  1.  3  und  4,  welcher  auch  als  der  vierte 
Z.  2  wiederkehrt,  hält  de  Luynes  für  ein  q:  allein  dieses  bat  wohl  in  allen 
Semitischen  Schriftarten  zu  beständig  und  zu  ursprünglich  oben  und  unten 
einen  gewundenen  Strich  als  dass  wir  das  hier  vorliegende  Zeichen  ihm  gleich- 
stellen könnten.  Dazu  kommt  dass  uns  vielmehr  der  vierte  Buchstab  Z.  3 
ein  q  zu  seyn  scheint:  zwar  gibt  sich  auch  dieses  Zeichen  wie  es  hier  er- 
scheint nicht  als  eines  der  sonst  schon  ganz  ebenso  bekannten  für  ^,  allein 
es  zeigt  doch  mit  diesen  eine  überwiegende  Ähnlichkeit  und  lässt  sich  in  die 
ganze  Reihe  der  Semitischen  Zeichen  für  1  wohl  einfügen. 

Die  Frage  wasdenn  das  Zeichen  welches  de  Luynes  f)  liest  wirklich  sei, 
hängt  nun  aber  gewiss  mit  der  andern  genau  zusammen:  was  der  zweite  und 
der  eilfte  Bucbstab  Z.  2  sowie  der  dritte  Z.  3  bedeute.  Der  Duc  de  Luynes 
hält  es  für  v.  es  gleicht  aber  vielmehr  einem  *  gerade  in  dieser  Aramäischen 
Schriftart.  So  nehmen  wir  denn  jenes  Zeiches  welches  1  seyn  sollte  desto 
richtiger  für  i,  obgleich  sein  oberer  Zug  auf  Z.  1  allerdings  etwas  ungewöhn- 
lich weit  nach  links  gedehnt  ist. 

Endlich  ist  noch  der  fünfte  Buchstab  Z.  3  etwas  dunkel,  auch  in  dem 
hier  wiederholten  Abbilde  gewiss  durch  ein  Verwittern  des  Steines  etwas 
unklar  zu  lesen.  Er  scheint  am  meisten  einem  n  zu  gleichen,  wofür  ihn  auch 
der  Duc  de  Luynes  hält.  Allein  der  eine  oder  die  zwei  mittleren  Striche 
sind  doch  insofern  undeutlich  als  man  nicht  siebt  ob  sie  zur  Schrift  gehören 
oder  blosse  Risse  seyn  sollen.  In  letzterem  Falle  würde  man  hier  ein  d  (")) 
finden  können:   und  wirklich  scheint  dieses  sicherer  zu  seyn. 

Hinter  dem  ersten  Buchstaben  Z.  4  meint  der  erste  Herausgeber  fehle 
ein  v  man  erblickt  hier  zwar  einen  etwas  auffallenden  grössern  Zwischen- 
raum;  allein   dass   hier  ein  Buchstabe  ganz  verwittert  und  unkenntlich  ge- 


56  H.   EWALD,  f 

worden,  kann  ich  aar  dem  Steine  nach  beiden  mir  vorliegenden  Abbildern 
nicht  erkennen,  und  ich  wüsste  nicht  wodurch  ich  den  leeren  Raum  aus- 
füllen sollte. 

Dies  sind  die  wichtigsten  Abweichungen  im  Entziffern  der  Schrift,  welche 
ich  hier  bemerke.  Ausserdem  möchte  ich  nur  noch  den  zehnten  Bachslaben' 
Z.  2  nicht  für  ein  i  oder  i,  sondern  für  ein  n  halten.  Beiderlei  Buchstaben 
haben  zwar  ziemlich  ähnliche  Züge:  allein  einige  kleinere  Unterschiede  lassen 
sich  doch  wohl  als  vom  Steinhauer  eingehalten  aufweisen;  und  auch  nach 
diesen  scheint  es  mir  sicherer  das  Zeichen  als  ein  a  zu  lesen. 

Wollten  wir  indessen  die  Zeichen  auch  alle  wirklich  so  lesen  wie  nach 
der  obigen  Übersetzung  vorgeschlagen  ist,  so  würden  sich  doch  auch  aus 
ihnen  selbst  gegen  dieses  Wortverständniss  einige  Zweifel  erheben.  D6r 
Ägyptische  Gottesname  den  wir  jetzt  den  Griechischen  Lauten  folgend  Apis 
nennen,  würde  Semitisch  wohl  nicht  ddn  geschrieben  seyn,  da  er  Ägyptisch 
&AIII  lautet;  man  müsste  sonst  annehmen  unsre  Inschrift  sei  erst  aus  einem 
sosehr  späten  Zeitalter  dass  man  bereits  die  völlig  Griechisch  umgebildeten 
Laute  Ägyptischer  Namen  in  Ägypten  selbst  nicht  mehr  anders  habe  sich 
denken  und  schreiben  können.  —  Ferner  ist  es  auch  schwer  denkbar  dass 
man  den  Namen  des  Ägyptischen  Gottes  Ptah  in  einer  Semitischen  Gestalt 
bloss  mit  den  zwei  Buchstaben  iö  geschrieben  hätte:  wenn  am  Ende  ded 
Wortes  ein  auslautender  Vocal,  zumal  ein  langer,  im  Semitischen  nicht  durch 
einen  Buchstaben  ausgedrückt  wird,  so  ist  das  eigentlich  eine  Ausnahme; 
der  Namen  UTAS  schliesst  dazu  im  Ägyptischen  mit  einem  Hauche,  den 
man  im  Semitischen  jedenfalls  durch  einen  Buchstaben  ausgedrückt  zu  sehen 
erwartet. 

Wirklieb  lässt  steh  nicht  läugnen  dass  die  ganze  sichere  Entzifferung 
solcher  in  Ägypten  gefundener  Denkmäler  mit  Aramäischartiger  Schrift  noch 
immer  für  uns  auch  ans  allgemeinen  Gründen  sehr  schwierig  ist.  Schon  das 
ziemlich  häufige  Vorkommen  solcher  Denkmäler  in  Ägypten  ist  sehr  auffallend 
und  für  uns  geschichtlich  noch  immer  etwas  dunkel,  obgleich  wir  im  Allge- 
meinen hinreichend  wissen  dass  viele  Phöniken  Syrer  und  Babylonier  seit  den 
Persischen  Zeiten  und  auch  wohl  schon  früher  in  Ägypten  wohnten.  Fänden 
sich  in  Ägypten  altbebrftische  öder  phönikische  Inschriften,  so  würden  wir  dag 


ÜBER  EINE  ÄGYPTISCH-ARAMÄISCHE  INSCHRIFT.  57 

geschichtlich  leicht  genug  verstehen  können:  aber  die  Schrift  dieser  Denk- 
mäler ist  weder  atthebräisch  noch  phönikisch;  die  Menschen  welche  sie  setzten 
und  deren  Namen  auf  ihnen  verewigt  sind,  waren  sichtbar  Heiden;  und  ihre 
Sprache  gibt  sich  wenigstens  im  Allgemeinen  als  eine  Aramäische  kund,  wie 
in  der  vorliegenden  Inschrift  wenigstens  das  on£.  Z.  3,  welches  der  Dnc  de 
Luynes  ganz  richtig  gelesen  hat  und  welches  in  der  Inschrift  von .  Garpentras 
Z;  3  wiederkehrt;  acht  aramäisch  ist.  Welche  Aramäer  waren  es  nun  die 
solche  Inschriften  setzen .  Hessen  ?  Jedenfalls  waren  es  mehr  zerstreut  lebende, 
reiche  Kaufherren  und  ähnliche,  welche  wir  in  dem  alten  Ägypten  voraus- 
setzen können:  ähnlich  wie  sich  Phönikische  Inschriften  auch  weitab  von 
Phönikten  und  Phönikischen  Anbaustädten  wiedergefunden  haben.  Die  Aramäi- 
schen Länder  bildeten  aber  in  jenen  Zeiten  nie  eine  sehr  feste  Einheit:  wir 
haben  also  nicht  nöthig  in  ihnen  allen  nur  ganz  dieselbe  Sprache  überall  vor- 
auszusetzen, sondern  können  auf  eine  gewisse  Mannichfaltigkeit  gefasst  seyn. 
Dieses  alles  vorausgesetzt,   lese  und  verstehe  ich  die  Inschrift  so: 

•nnu  «on  -oa  -nn  n 
Dw  dt£.  nni)  ■oon  p 

7)  Mein   Bild  als  Darbringung  einer  Tochter  für  Osiris-Hörus  opferte  mein 
Vater  Tötribür  Sohn  Tofkfs,   opfernd  vor  Osiris-Hörus.« 

Das  erste  Wort  <oxn  könnte  man  vielleicht  als  Bezeichnung  eben  dieses 
dem  Ägyptischen  Gotte  geweiheten  heiligen  Gefässes  betrachten.  Denn  bei  der 
nahen  Verwandtschaft  der  Wurzeln  p*n  q**>  und  jon  kann  eine  Namenbildung 
wie  etwa  jsn  (pacn)  sehr  wohl  eine  Art  Gefäss  bedeuten  worin  etwas 
aufbewahrt  wird,   wie  im  Aramäischen  Nr>on  J);   und  wenn  das  im  Hebräi- 

J)  So  wenigstens  in  der  Mishna  Kelim  16,  5:  eine  neuere  Ausgabe  liest  hier  wohl 

unnöthig  njDn.     Im  gewöhnlichen  Aramäischen  findet  sich  allerdings  das  Wort 

nicht:  aber  ganz  entsprechend  an  Bedeutung  wennauch  der  Bildung  nach  etwas 

.  verschieden  ist  ^J*^  oder  0L*a^,  ebenfalls  ein  etwas  seltenes  und  im  Qftmüs 

ganz  fehlendes  Wort,    welches  aber  seiner  Bedeutung  nach  feststeht,   s.  die 
Scholien  zur  Hamftsa  S.  92,  6  f.  t.  u.      Vgl.  auch  über  •jum  die  ÄUerthümer 
S.  337  der  2ten  Ausg. 
Hist.-Philol.  Claste.  Vit.  H 


58  H.  EWALD, 

sehen  nur  dichterisch  vorkommende  seltene  yw»  wie  wahrscheinlich  dasselbe 
Wort  ist 1) ,  so  kehrte  hier  auch  derselbe  Wechsel  von  10  und  y  zwischen 
diesen  beiden  Sprachen  wieder  den  wir  oben  S.  1 6  sahen.  —  Allein  vergleicht 
man  das  Wort  ni-ims  wodurch  auf  einer  Palmyrischen  Inschrift 2)  das  Griechisch- 
Lateinische  TO  XirNON  in  der  Bedeutung  eines  den  Göttern  geweiteten 
Budes  ausgedrückt  wird,  so  muss  es  uns  wahrscheinlicher  seyn  dass  es  als 
l'xn  auszusprechen  dasselbe  bedeute,  etwa  wie  im  Hebräischen  Jim  und  rmn 
von  dieser  Wurzel  aus  wesentlich  dasselbe  (nur  freilich  im  rein  geistigen 
Sinne)  bedeuten.  Den  Wechsel  von  n  und  ^  auf  der  einen,  von  i  und  y 
auf  der  andern  Inschrift  können  wir  bei  so  verschiedenen  Aramäischen  Mund- 
arten ertragen.  Von  einer  Wurzel  aber  welche  das  Sehen  bedeutet  ^konnte 
in  diesen  Aramäischen  Mundarten  sehr  wohl  das  Bild  benannt  werden. 

Von  grosser  Wichtigkeit  zur  Feststellung  des  Sinnes  dieser  kurzen  In- 
schrift ist  nun  aber  die  Wiederkehr  der  Wortgruppe  Yin  *win  Z.  1  f.  und 
Z.  3  f.     Dass  das  erstere  dieser  beiden  Wörter  so  zu  trennen  und  den  Osiris 


.  1)  S.  zu  Ijob  21,  24. 

2)  Nämlich  der  zweisprachigen  auf  dem  schönen  Weihbilde  für  die  Götter  Aglibölos 
biaba*  und  Malachbel  ib^sbtt  (Malakbölu  hier  wie  auch  auf  der  andern  Palmy- 
rischen Inschrift  bei  Lajard  pl.II  zu  sprechen;  jenes  wohl  das  BwXu&y  als  »Phö- 
nikischeru  Name  für  Gott  bei  Joh.  Damask.  in  Photios' Bibl.  S.343Bekk.)  vom  Monate 
Peritios  des  J.  547  der  Seleukiden,  welche  mit  der  genauesten  Abbildung  des 
ganzen  Kunstwerkes,  nach  so  vielen  früheren  unvollkommenen  Abbildungen  und 
Erklärungsversuchen,  zuletzt  Hr  F61ix  Lajard  in  den  Recherche*  sur  le  eulte 
du  cypres  pyramidal  chez  les  peuples  civilisös  de  l'Antiquitö  (in  den  M&noireä 
de  l'academie  des  Inscriptions  T.  XX  p.  2.  Paris  1854)  p.  39  ff.  pl.  III  nach  de» 
Erklärungen  einiger  heutiger  Sprachgelehrten  sehr  ausführlich  beschrieben  hat* 
Hier  habe  ich  nicht  den  Raum  diese  sowie  die  übrigen  Palmyrischen  Inschriften 
näher  zu  erörtern:  beschränke  mich  also  auf  die  Bemerkung  dass  das  dritte 
Wort  dieser  Inschrift  weder  fitm»D  als  entspräche  dieses  dem  Signum,  noch 
ttrp»a  als  entspräche  das  Wort  dem  hebräischen  ntoa  in  der  Bedeutung  Altar, 
sondern  «rro  zu  lesen  ist.  Der  erste  Buchstab  ist  von  dem  n  verschieden 
und  dem  s  ähnlich  genug;  der  zweite  aber  scheint  mir  nur  ein  t  seyn  zu 
können,  welches  auch  auf  der  andern  oben  berührten  Palmyrischen  Inschrift 
noch  wie  t-,  also  noch  nicht  wie  ein  einfacher  Strich  i  aussieht. 


. '  •'.  •  ~» \         •*        . '.  t 


ÜBER  EINE  ÄGYPTISCH -ARAMÄISCHE  INSCHRIFT.  59 

bedeuten  solle,  ist  unz weifeJbar :   ich  bemerke  jedoch  hier  mit  vieler  Freude 
dass  Hr  Ernest  Renan  in  Paris  in   seiner  oben   erwähnten  Zusendung  an 
mich  das  Wort  schon  richtig  erkannt  hatte.     Auch  im  Steine  von  Carpentras 
wird  Osiris  ebenso  oder  wenig  verschieden  so  erwähnt.     Das  folgende  Wort 
T>n  scheint  mir  alsdann  in   diesem  Zusammenhange  nur  den  Höros  bedeuten 
zu  können:  erscheint  dieser  sonst  als  Sohn  des  Osiris  und  der  Isis,  so  hängt 
er  doch  auch  mit  Osiris   so   enge   zusammen  dass  beide  Namen  auch  wohl 
zusammentreten  können,   etwa   wie  die  Griechen  Horapollon  bildeten.«    Zwar 
steht  Höros  in   keiner  so   unzertrennlich  festen  Verschlingung  mit  Osiris   wie 
Apis  oder  vielmehr  Hapi 1) :   aber  als  Sohn  vertritt  er  nach  alter  Anschauung 
den  Vater  in  sovielen  Stücken  dass  sein  Name  mit  dorn  des  Osiris  eng  genug 
verbunden  werden  konnte.     Von  der  andern  Seite  ist  Hapi  ansich  noch  kein 
so  unmittelbar  göttlicher  Name  und  Begriff  dass  man  auch   ihm  leicht   hätte 
opfern  können,  wennauch  das  Heiligthum  dessen  Trümmer  Hr  Mariette  wieder 
aufdeckte  von  ihm   seinen  Namen  hatte.      Und  es  ist  möglich  dass  man  den 
Hapi,    solange   er  jünger   war,    in   der   höhern    Sprache   nicht   bloss   Osiris 
schlechthin  sondern  auch .  Osiris-Höros  nannte  2).     Jedenfalls  wäre  schwer  zu 
sagen  was  das  Wort  -nn  in  diesem  Zusammenhange  sonst  bedeuten  könne. 

Bei  der  Wiederholung  dieser  beiden  Wörter  Z.  3  f.  finden  wir  aber  noch 
ein  n  nach  den  Zügen  ow,  welches  auf  den  ersten  Blick  sehr  auffallend 
scheint  Dass  nach  ihm  nicht  etwa  ein  ganzer  Buchstabe  ausgefallen  oder 
verwittert  zu  denken  sei,  wurde  schon  S.  55  f.  gezeigt  Dass  <nnow  für  Osiri 
zu  schreiben  mit  dem  Wesen  Semitischer  Schrift  sich  vertrage,  ist  nicht 
minder  schwer  zu  denken.  Es  bleiben  daher  nur  folgende  zwei  Annahmen. 
Entweder  sollte  hier  eigentlich  ein  •>  stehen,  da  der  Name  ebenso  leicht 
n^üw  wie  now  zu  schreiben  war:  das  Zeichen  dieser  Schrift  für  *»  hat 
inderthat  viele   Ähnlichkeit  mit   dem   für  n,    und   der  Steinhauer   könnte  sie 


1)  Oi  nXeloxot  idv  hgiutv  eis  *o  av%6  qpooi  %6v  "Ooiqiv  ovfmBni.ii&ai  xa< 
xov  *  Antv%  efyyov/ievoi  ual  dtdaonoptee  7/iätf  we  ev/iioQ<pov  rfxbva  XQV  vo/ui- 
&iv  vtjr  'Ooigtioe  tyvxijp  %6v  yAmv,  sagt  Flutarch  über  Isis  und  Os.  c.  29. 

2)  Wenn  der  Apis  nach  Ägyptischem  Glauben  auch  dem  Höros  gleichgestellt  wird, 
wie  man  aus  den  Worten  bei  Älian  in  der  Th.G.  11,  10  sieht,  so  haben  wir 
dabei  wohl  keine  blosse  Verwechselung  der  Namen  anzunehmen. 

H2 


€0  H.   EWALD, 

leicht  einmal  verwechselt  haben.  Oder  der  Steinbauer  war  schon  hier  in 
Begriff  das?  folgende  Wort  *^n  anzufangen ,  bemerkte  dann  aber  den  Fehler 
noch  früh  genug,  und  Hess  den  Zug  nun  stehen:  der  etwas  grössere  Zwi- 
schenraum den  er  nach  ihm  Hess,  scheint  dafür  mit  zu  sprechen.  Jedenfalls 
kann  also  dieser  Zug  die  Gleichheit  der  beiden  Worte  Z.  3  f.  mit  denen  Z.  1  f. 
nicht  aufbeben:  und  damit  ist  für  eine  richtigere  Ansicht  des  Sinnes  der 
ganzen  Inschrift  viel  gewonnen. 

Ein  demnächst  sehr  entscheidendes  Wort  ist  *nnto,  welches  hier  vor 
p  offenbar  als  Eigenname  eines  Mannes  steht.  Dieser  gibt  sich  schon  seiner 
Schreibart  nach  als  acht  Semitisch:  ja  man  könnte  auf  den  ersten  Blick  an 
den  einfachen  Namen  acht  Semitischer  Bildung  "tau  Tibb&r  denken,  wenn  es 
nicht  gegen  alle  Semitische  Sitte  und  Möglichkeit  wäre  einen  solchen  Laut 
und  gerade  an  dieser  Stelle  mitten  in  der  Wurzel  durch  denselben  Buchstaben 
doppelt  zu  schreiben.  Müssen  wir  demnach  in  dem  Mannesnamen  vielmehr 
eine  Zusammensetzung  erblicken,  so  könnten  wir  auch  vermuthen  er  sei  der 
Zweideutigkeit  des  letzten  Schriftzeichens  wegen  vielleicht  inau  zu  lesen 
als  wäre  das  letzte  Glied  (denn  das  erste  ist  gewiss  dasselbe  wie  in  Tobia) 
das  sonst  als  erstes  Glied  in  Phönikischen  Mannesnamen  oft  dienende  6o4l): 
aber  viel  wahrscheinlicher  ist  es  *)ä  zu  sprechen,  ähnlich  wie  in  dem  Namen 
der  bekannten  uralten  Stadt  Börät. 

Da  nun  die  drei  vorigen  Züge  sich  ferner  <on  lesen  lassen,  so  möchten 
wir  dadurch  zunächst  leicht  versucht  werden,  dies  Wort  nach  der  im  Hebräi- 
schen und  Arabischen  häufigen  Namenbildung  mit  dem  folgenden  Mannesnamen 
in  6inen  zusammen  zu  ziehen.  Zwar  ist  eine  solche  Zusammensetzung  von 
Mannesnamen  mit  abi-  oder  abti-  wenigstens  im  Phönikischen  so  selten  dass 
mir  jetzt  kein  sicheres  Beispiel  davon  bekannt  ist,  da  der  Königsname  Abibai2) 

1)  Dieses  Phönikische  -na  bod-  ist  aber  gewiss  nicht  von  dem  auch  an  Laut  so 
ganz  verschiedenen  -na*  ca6rf-  verkürzt,  als  hiesse  es  Diener  ton  — ;  sondern 
ist  wohl  einerlei  mit  ">ne>  j$  (junger)  Mann,  sodass  ein  solcher  Mannesname 
wie  Bodostor  im  Phönikischen  eigentlich  soviel  bedeuten  würde  wie  nalQ 
'AoTaQiijQ.    Über  die  Laute  b  d  in  solchen  Fällen  s.  oben  S.  16. 

2)  Nach  dem  alten  Königsverzeichnisse  der  Tyrier  in  Jos.  gegen  Apion  1,  18. 
Neulich  ist  derselbe  Name  auf  einem  geschnittenen  Steine  gefunden,  s.  Luynes' 
Numismatique  des  Satrapies  p.  70. 


ÜBER  EINE  ÄGYPTISCH -ARAMÄISCHE  INSCHRIFT.  61 

unstreitig  ursprünglich  mein  Vater  ist  Baal  bedeutete.  Auch  im  Aramäischen 
scheint  solche  Namenbildung  ungewöhnlich  gewesen  zu  seyn.  Doch  die 
Möglichkeit  dass  ein  Mannesname  wohl  auch  unter  diesen  Völkern  so  gebildet 
wurde,  Hesse  sich  ansich  nicht  läugnen.  Aber  da  würde  sich  dann  die  andre 
Schwierigkeit  erheben  dass  wenigstens  im  Hebräischen  solche  Zusammen- 
setzungen mit  abt-  nie  vorkommen  wenn  das  Grundwort  selbst  schon  zusam- 
mengesetzt ist l) ,  wie  dieses  hier  der  Fall  seyn  würde.  —  Wir  können  aber 
dies  Wort  <on  auch  sehr  gut  fürsich  hinstellen  als  mein  Vater:  und  es  wird 
sich  bald  zeigen  dass  dieses  allein  zum  Sinne  der  ganzen  Inschrift  passt. 

Der  Eigenname  nach  p  Z.  3  kann  nach  S.  55  %icn  oder  wahrschein- 
licher "oon  gelesen  werden:  jedenfalls  haben  wir  hier  einen  Mannesnamen 
zu  suchen  der  von  einem  Orte  abgeleitet  ist,  mochte  dieser  Tofek  (etwa  wie 
njpcn  Num.  33,  12  f.)  heissen  oder  etwas  anders. 

Das  Thatwort  nrn?  Z.  2  muss  hier  vonselbst  die  in  Aramäischen  Inschrif- 
ten so  häufige  heilige  Bedeutung  weihen  oder  opfern  tragen:  seine  Verbindung 
aber  und  demnach  auch  leicht  etwas  seine  Bedeutung  ändert  sich  sichtbar 
Z.  3,  nach  der  verschiedenen  Wortgruppe  in  welcher  es  hier  wiederholt  wird. 
Wir  können  nämlich  das  zweite  na»  Z.  3  sehr  gut  als  das  Mittelwort  nib 
lesen  und  erkläret] :  die  Schreibart  mit  i  tm*  wäre  zwar  im  Hebräischen 
möglich,  aber  im  Aramäischen  unrichtig,  wenn  man  in  dieser  Aramäischen 
Mundart  -ov  sprach.  Ist  dieses  so,  so  kann  das  Wort  hier  schon  ansich 
einen  Zustandsatz  bilden2),  und  muss  wenn  der  Sinn  des  Ganzen  es  erlaubt 
demnach  gelesen  und  verstanden  werden:  wobei  denn  auch  der  nähere  Sinn 
desselben  Thatwortes  im  Zusammenhange  aller  Worte  und  kleinen  Sätze  sich 
etwas  ändern  kann. 

Achten  wir  nämlich  zuletzt  darauf  war  die  Gabe  dem  Ösiris-Höros  ge- 


1)  Wie  in  der  neuesten  Ausgabe  der  grössern  H«br.  Spl.  S.  585  kur?  bemerkt  ist. 
Allerdings  bilden  die  Araber  auch  abü- Abdallah,  aber  das  war  ihnen  wohl 
ganz  eigentümlich. 

2)  Zwar  könnte  man  dann  nach  d6m  in  der  Spl.  §.  341  erörterten  ein  trn  (firnn) 
vor  dem  Mittelworte  hinzugesetzt  erwarten:  allein  ansich  ist  dieses  doch,  wenn 
dasselbe  Wort  das  Grundwort  des  Satzes  bleibt,  weniger  noth wendig,  wie  dort 
ebenfalls  erklärt  ist. 


62  H.  EWALD, 

weihet  habe,  so  finden  wir  bei  näherer  Ansicht  nur  6inen  Mann:  das  Thatwort 
-13 v  in  der  Einheit  sogar  doppelt  gesetzt  führt  darauf,  und  der  Sinn  des 
Ganzen  lässt  sich  gut  damit  vereinigen.  Aber  als  der  bier  Redende  ergibt 
sieb  eine  andre,  nämlich  eine  Tochter  des  Weihenden.  Der  Geber  opferte 
d.  k  weihete  dieses  Bild  dem  Osiris-Höros  zunächst  als  Darbringung  einer 
Tochter  von  ihm,  also  für  diese,  wohl  infolge  eines  Gelübdes;  indem  er  dabei 
zugleich  vor  dem  Gotte  in  dem  Heiligthume  opferte.  Der  Fall  dass  ein  Vater 
statt  seiner  minderjährigen  oder  unverheirateten  Tochter  eine  Gabe  stiftete 
und  Opfer  darbrachte,  kam  gewiss  nicht  so  selten  vor,  da  diese  von  sich 
selbst  aus  nicht  wohl  handeln  konnte:  aber  sie  konnte  dann  in  des  Denkmales 
Inschrift  doch  von  sich  selbst  redend  eingeführt  werden. 

Ist  dieses  nun,  wie  schon  oben  kurz  durch  die  Übersetzung  angedeutet 
wurde,  der  Sinn  der  Inschrift  im  Ganzen  wie  im  Einzelnen,  so  erheben  sich 
am  Ende  allerdings  noch  manche  gewichtige  Fragen.  Denn  die  Sprache 
ebenso  wie  die  Schreibart  der  Inschrift  ergibt  sich  zwar  danach  im  Ganzen 
und  Grossen  als  acht  Aramäisch,  wie  wir  dieses  auch  von  der  Schriftart  selbst 
schon  zum  voraus  erwarteten :  allein  eine  Ausnahme  bildet  nun  die  Aussprache 
p  Z.  3  für  Sohn  und  roa  Z.  l^für  Tochter,  da  man  dafür  nach  acht  Aramäi- 
scher Weise  ^n  und  rna_  erwartet,  sowie  sich  dieses  auch  im  Steine  von 
Carpentras  wirklich  findet.  Allein  ansich  ist  es  doch  sehr  wohl  möglich  dass 
in  einer  einzelnen  Aramäischen  Mundart,  etwa  wo  das  übrige  Semitische  dem 
Aramäischen  näher  angrenzte,  auch  die  sonst  im  Semitischen  durchaus  herr- 
schende Aussprache  desselben  Wortes1}  gebräuchlich  war:  ein  solches  Spiel 
der  Mundart  lässt  sich  nicht  zum  voraus  lüugnen,  wenn  es  etwas  so  Ein- 
zelnes und  so  leicht  Mögliches  wie  dieses  betrifft.  Es  kommt  also  hier  alles 
auf  die  Frage  zurück  aus  welchem  besondern  Aramäischen  Lande  der  Urheber 
unsrer  Inschrift  war:  wir  können  diese  Frage  heute  noch  nicht  bestimmter 
beantworten. 

Eine  andre  Frage  dieser  Art  ist  die  nach  dem  bestimmteren  Zeitalter 
der  Inschrift:   auch  diese  können  wir  heute  kaum  erst  ihren  nächsten  Grund- 


1)  Denn  dass  das  Aramäische  "D  für  Sohn  keineswegs  der  Wurzel  nach  ein  anderes 
Wort  sei  als  p ,  ist  schon  in  der  letzten  Ausgabe  der  grössern  Spl.  S.  6ti 
bewiesen. 


ÜBER  EINE  ÄGYPTISCH* ARAMÄISCHE  INSCHRIFT.  63 

lagen  nach  aufwerfen.  Herr  Mariette  hält-  den  ganzen  grossen  Ägyptischen 
Bau  den  er  wieder  aufdeckte,  für  in  den  Zeiten  der  letzten  Ägyptischen 
Herrschaften,  also  im  vierten  oder  höchstens  fünften  Jahrh.  vor  Chr.  entstan- 
den :  es  ist  möglich  dass  auch  unsre  Inschrift  mit.  der  heiligen  Gabe  an  welcher 
sie  sich  findet  nicht  in  ältere  Zeiten  zurückgeht  Dass  jedoch  die  Schriftzüge 
ein  etwas  älteres  Zeitalter  verrathen  als  die  des  Steines  von  Carpentras,  ist 
schon  oben  bemerkt.  Nur  die  Entdeckung  und  sorgfältige  Vergleichung  noch 
vieler  anderer  ähnlicher  Inschriften  wird  uns  hierin  vielleicht  künftig  sicherer 
leiten  können. 


Nachträge. 

Auf  S.  9  hätte  zu  Z.  7  noch  bemerkt  werden  können  dass  das  fünfte 
Wort  vom  Ende  inaw»  durch  ein  Versehen  des  Steinhauers  wie  laDttio  aus- 
sieht. Die  Zeichen  für  »  und  w  können  nach  der  Eigentümlichkeit  dieser 
Schrift  nicht  durch  den  Leser  aber  durch  den  Steinhauer  leicht  verwechselt 
werden:  ebenso  hatte  der  Steinhauer  das  vierte  Wort  Z.  17  schon  wie  )»>ön 
ausgedrückt  als  er  den  untern  Strich  noch  auslöschte  damit  man  jjoutn  lese. 

—  Erst  nach  Beendigung  des  Druckes  geht  mir  das  Werk  zu  in  welchem 
der  um  die  thätige  Förderung  der  Wissenschaft  so  hoch  verdiente  Duc  de 
Luynes  seine  Erklärung  der  Sidonischen  Inschrift  vorlegt1}.  Da  ich  nach 
S.  4  die  bis  zum  Anfange  des  Druckes  dieser  Abhandlung  erschienenen  Ver- 
suche einer  Erklärung  in  den  Gott.  gel.  Anz.  beurtheilte,  so  werde  ich  auch 
über  diese  Schrift  dort  näher  reden:  finde  jedoch  folgende  Bemerkungen  an 
dieser  Stelle  geeignet. 

1.  S.  17  führt  der  so  kundige  Duc  Münzen  an  mit  den  Inschriften 
nshmn  pöö  in  der  Revue  numism.  XH  p.  312  pl.XI,  ftDh'&on  -ruon,  ■»siawa 
robtt»n,  beide  noch  ungedruckt.  Sind  diese  Münzen  also  von  den  Königen 
Syphax,  Hamud,  Iuba:  so  dienen  sie  nicht  wenig  zur  Bestätigung  gerade  dör 


1)  Memoire  sur  le  sarcophage  et  l'inscription  funäraire  d'Eschmunazar  roi  de  Sidon, 
Paris-,   1856. 


64  ,  ;::..:•  H.  EWALD, 

Bedeutung  des  Wortes  n^S^o  im  Phönikischen,  welche  ich  oben  S.  28  ohne 
diese  Münzen  zu  kennen  aus  unserer  Inschrift  erschloss. 

2.  Auf  Z.  19  findet  der  Duc  in  -)N-r  und  -»d>  die  zwei  Städte  Dör  und 
Iafi^  und  versteht  die  demnächst  folgenden  Worte  nun  vielmehr  dem  ent- 
sprechend die  herrlichen  Getraideländer  ] -j  u/^tt/n  wh  welche  an  der  Wurzel 
d.  i.  am  Abhänge  von  Dan  sind,  als  solle  dadurch  Werth  und  Lage  dieser 
beiden  Städte  beschrieben  werden.  Eine  solche  Vertauthung  über  den  Sinn 
dieser  schwierigen  Worte  liegt  ziemlich  nahe;  dennoch,  konnte  ich  sie  nicht 
billigen,  und  will  hier  nur  nachträglich  meine  Gründe  erläutern.  Wir  wollen 
also  einmal  annehmen  unu;  WurzeL^i  2hQink\sch  und  könne  ansich  die  Wurzel 
eines  Berges  andeuten,  ferner  der  Name  Dan  welcher  rein  Israelitisch  ist 
könne  hier  die  bekannte  Stadt  im  höchsten  Norden  des  Landes  Israel's  be- 
zeichnen: aber  schon  die  Namen  der  zwei  Städte  erregen  unüberwindbare 
Bedenken.  Die  hier  ic»  geschriebene  Stadt  müsste  v>q>  Jos.  19,  12  seyn: 
schon  die  Schreibart  ist  also  eine  ganz  andere,  da  man  Phönikisch  vcp  ge- 
schrieben erwartet;  ^nt  müsste  mit  Chammoth-Dör  d.i.  Chammoth  bei  Dör1') 
zusammengestellt  werden,  während  wir  dieses  Dör  nicht  weiter  kennen.  Jene 
Stadt  lag  im  St.  Zebülün,  diese  im  St.  Naftali:  aber  von  jener  wissen  wir 
zugleich  soviel  näher  dass  sie  nicht  weit  vom  Tabör  lag 2) ,  also  viel  zu 
östlich  um  mit  Sidon  und  viel  zu  südlich  um  mit  Dan  in  Verbindung  gebracht 
oder  um  auchnur  leicht  von  einem  Sidonischen  Könige  in  Besitz  genommen 
zu  werden.  Sollte  ferner  gesagt  werden  der  König  habe  diese  zwei  Städte 
als  ihm  von  dem  Gotte  geschenkt  erobert  oder  sonstwie  erworben,  so  könnte 


1)  nfcrt  risn  nach  Jos.  21,  32:  der  Name  scheint  in  n»n  verkürzt  Jos.  19,35  ob- 
gleich die  Masora  ihn  nach  dieser  abweichenden  Aussprache  für  einen  andern  hält; 
1  Chr.  6,  61  ist  er  ähnlich  verkürzt,  aber  mit  Verwechselung  von  7  und  n  j'ieh 
geschrieben. 

2}  Nach  der  Beschreibung  Jos.  19,  12:  diese  Beschreibung  fahrt  in  ihrem  Zusam- 
menhange deutlich  genug  auf  das  oben  Gesagte.  Aber  auch  das  in  später 
Zeit  etwas  kürzer  so  genannte  'layd  von  welchem  Josephus  so  oft  redet!  lag 
nach  der  ausführlichsten  Beschreibung  in  seinem  Leben  c.  37  im  untern  Galiläa 
und  nicht  weit  von  Tabor.  Also  hätte  es  nicht  am  Abhänge  Ddn's,  wenn  man 
überhaupt  so  reden  konnte,  sondern  am  Abhänge  Tabor9 s  heissen  sollen. 


ERKLÄRUNG  DER  GROSSEN  PHÖNIKISCHEN  INSCHRIFT  VON  SIDON.        65 

das  Imperf.  jh/»  nicht  gebraucht  seyn.  Aber  dazu  fügen  sich  diese  Worte  in 
keiner  Weise  in  den  Zusammenhang  der  übrigen  Worte  sei  es  dieses  Satzes 
oder  der  ganzen  Inschrift,  sobald  man  es  mit  dem  Verständnisse  aller  Worte 
genau  nehmen  will.  Ich  habe  daher  an  die  Möglichkeit  in  diesen  paar  Worten 
Städtenamen  zu  sehen  nie  ernstlich  denken  können.  —  Eher  noch  könnte 
man  an  die  bekannten  Küstenstädte  DOra  und  Ioppd  als  damals  von  den 
Sidoniern  in  Besitz  genommen  denken:  dann  würde  punw  am  besten  für 
einerlei  mit  dem  Namen  Saron  für  diesen  ganzen  Küstenstrich  genommen; 
und  wie  er  y*w  als  Bezeichnung  Sidon's  das  Land  (Stadt)  Poseidon'*  seyn 
könnte  1)9  so  würde  man  dann  pn  nx*w  gut  als  Länder  Dagdn's  verstehen. 
Allein  die  übrigen  oben  entwickelten  Schwierigkeiten  würden  bleiben. 

3.  Dass  Sidon  jemals  solche  zwei  Städte  besonders  besessen  habe  wissen 
wir  nicht,  können  also  danach  nicht  das  Zeitalter  der  Inschrift  bestimmen. 
Der  Duc  möchte  dieses  etwa  um  das  J.  600  v.  Ch.  bestimmen :  der  einzige 
haltbare  Grund  für  diese  Vermuthung  wäre  wohl  nur  dar  dass  das  äussere 
des  Sarges  in  seiner  Kunstarbeit  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  drei  Ägyptischen 
zeigt  welche  Gliedern  des  Königshauses  Amasis'  aus  dem  6ten  Jahrh.  angehören 
sollen.  Wir  haben  nun  garkein  Vorurtheil  welches  uns  hinderte  ein  solches 
ziemlich  spätes  Zeitalter  des  Sidonischen  Sarges  anzuerkennen,  wenn  es  sich 
wirklich  noch  näher  beweisen  lässt.  Allein  blsjetzt  ist  ein  solcher  Beweis 
noch  nicht  streng  genug  geführt,  weil  dazu  eine  weit  ausgedehntere  und  genauere 
Vergleichung  vieler  sowohl  Sidonischer  als  Ägyptischer  Mumien  mit  ihrem 
äussern  Schmucke  aus  den  verschiedensten  Zeitaltern  gehören  würde. 

—  Zu  S. 51.  Herr  Ernest  Renan  in  Paris  liest  im  Journ.  asiat.  1856. 
L  p. 87  ebenso  wie  Hr  Longpärier  den  Namen  dieses  Siegels  Sacanraelek, 
und  benutzt  dieses  daraus  den  Namen  Sanchuniathon  zu  erklären ,  als  bedeute 
dieser  seinem  Ursprünge  nach  Freund- Gottes ,  von  dem  bekannten  hebr.  pt> 
und  d&fo  S.  52.  Den  Wechsel  von  7  und  p  könnte  man  dabei  leichter  zu- 
geben :  aber  der  erste  Buchstab  ist  zu  deutlich  ein  »  ,  nicht  ein  &.     Übrigens 


1)  Der  Wechsel  der  Begriffe  von  Land  und  Stadt  würde  sich  nach  d^m  was  LB. 
$.  155/  (S.  347  der  neuesten  Ausgabe)  erklärt  ist,   leicht  erklaren. 
HisL-PhiloL  Classe.  VII.  I 


66  B.  EWALD, 


könnte  eine  solche  Ableitung  des  Namens  Sanchoniathon  dennoch  richtig  seyn, 
auch  abgesehen  von  dem  Namen  dieses  Siegelringes:  ich  habe  in  der  Ab- 
handlung aber  Sanch.  S.  54  f.  mir  gegen  weit  grössere  frühere  Irrthümer  eine 
neue  Erklärung  aufgestellt;  und  eine  letzte  Sicherheit  in  dieser  Frage  könnte 
uns  nur  die  Entdeckung  des  Namens  in  Phönikischen  Zeichen  geben. 


Über  die  neuentdeckte  Phönikische  Inschrift 

von  Malta. 

.  In  dem  eben  erwähnten  Werke  veröffentlicht  der  Duc  de  Luynes  S.  65-70 
auch  eine  ganz  neu  (soviel  hier  verlautet ,  um  das  Ende  des  J.  1854)  ent- 
deckte  Inschrift  von  Malta  mit  Übersetzung  und  Erklärung:  und  ich  glaube 
den  Lesern  einen  Gefallen  zu  thun,  wenn  ich  ihnen  sofort  mein  eignes  Urtheil 
über  sie  mittheile,  wegen  des  übrigen  auf  die  Gel.  Am.  verweisend. 

Leider  erfahren  wir  bloss  dass  der  Abb6  L  a  n  c  i  sie  dem  Duc  übersandte. 
Wo  und  von  wem  der  Stein  welcher  sie  enthält  in  Malta  gefunden  sei,  oder 
wo  er  jetzt  aufbewahrt  werde,  ersehen  wir  hier  nicht:  es  sind  aber  in  den 
neuesten  Zeiten  wiederum  soviele  erdichtete  Alterthümer  betrüglich  in  Umlauf 
gesetzt  dass  wir  auch  deswegen  desto  strenger  nach  solchen  Dingen  fragen 
müssen. 

Die  Züge  sind  altPhönikisch ,  sehr  fest  gross  voll  und  klar,  dazu  in 
vielen  Einzelnheiten  sehr  eigentümlich,  jedoch  auch  in  diesen  Eigentümlich- 
keiten mit  dem  Wesen  Phönikischer  Schrift  wohl  vereinbar.  Namentlich  ist 
das  D  immer  sehr  wohl  vom  n  und  -),  aber  sogar  auch  diese  beiden  sind 
sehr  beständig  dadurch  unterschieden  dass  n  kürzer  herabhängt  ab  ■>.  Da- 
gegen ist  das  d  dem  3  hier  ähnlich  geworden.  Recht  eigentümlich  ist  ferner 
das  Zeichen  für  ?;  auch  das  für  y  Z.  2,  womit  wohl  das  noch  vollere  dritt- 
letzte Auf  Z.  7  gleichbedeutend  seyn  soll.  Übrigens  finden  sich  mit  Ausnahme 
des  D  alle  Buchstaben  in  den  wenigen  Zeilen,  da  das  drittletzte  Zeichen  auf 
Z,  4  wohl  kein  >  sondern  n  seyn  soll.  —  Auffallend  ist  dass  die  Wörter 
durchgängig   durch   kleine  Zwischenräume   getrennt  erscheinen,    auch  (was 


ÜBBR  DIE  NEUE  PHÖNIKISCHB  INSCHRIFT  VON  MALTA.  67 

daraus  folgerichtig  fliesst)  die  Zeile  lieber  mit  dem  vollen  Worte  beginnt. 
Indessen  sehen  wir  S.  6  f.  doch  auch  schon  auf  der  Sidonischen  Inschrift  einen 
Anfang  die  Zeile  immer  mit  dem  vollen  Worte  zu  schliessen;  und  Z.  5-7 
sind  die  Worte  auch  hier  weniger  getrennt ,  vorzüglich  bei  den  vielen  ein- 
zelnen Wörtern  welche  den  Eigennamen  bilden. 

Aber  links  ist  der  Stein  verstammelt:  und  man  könnte  so  leicht  vor- 
muthen  es  fehlten  auf  dieser  Seite  viele  Buchstaben.  Genauere  Untersuchung 
tiberzeugt  mich  aber  dass  auf  den  Zeilen  dieser  Seite  höchstens  ein  bis  drei 
Buchstaben  fehlen.  Man  kommt  nämlich  mit  dieser  Annahme  bei  jeder  Zeile 
aus,  wie  unten  erhellen  wird;  und  das  >o  welches  Z.  2  schliesst,  ist  offenbar 
nur  deshalb  hier  so  allein  gelassen  weil  der  Steinhauer  das  Wort  w-tp>o  als 
hier  zu  viel  Raum  einnehmend  am  Anfange  der  folgenden  ganz  zu  wieder- 
holen für  besser  fand.  Dieses  nun  vorausgesetzt,  lese  ich  mit  den  nöthigen 
Ergänzungen  links  und  verstehe  das  Ganze  so: 

»  rv»Ni  S«»*)*  na  unp»    2 

7w]np)o  rphn  mnw>  na  unp>o    3 

hun  ja  udn  na->a  tin  ^n*>a    4 

•>  ja  jttw*nay  ja  Dpa*»*  ja  iddvj    5 

jaj]»wnaa>  ja  ton  ja  ^SwSva  nai     6 

>aan»  i»w  w»  ja  ahi  ja  N*?a     7 

Vu  Da)  8 
d.  i.  Es  Hess  neumachen  das  Volk  von  Gaulos  das  dreifache  h.  Bild  des 
Hauses  Ssürtnubaats  und^das  A.  Bild  des  Hauses  der  Astarte  und  dieses  h. 
Bild9  durch  Hülfe  des  ehrenwerthen  Arash  Sohnes  Hail-  schüfet }s  Sohnes 
Zaibeqam's  Sohnes  'Abdeshmun's  Sohnes  Jizbach-baalmilik's  Sohnes  Channa's 
Sohnes  'Abdeshmun's  Sohnes  Balla's  Sohnes  Züim's  Sohnes  laxer*  s,  des  Auf- 
sehers der  Steinhauer  des  Gaulos  -  Volkes. 

Unter  Vu  Gaul  wäre  das  kleinere  Eiland  Gaulos  (Gozzo)  bei  Melite 
zu  verstehen:  es  lässt  sich  denken  dass  dessen  Bewohner  Antheil  an  den 
Heiligthümern  in  Melite  suchten  und  so  drei  kleinere  Heiligthümer,  zunächst 
wohl  nur  h.  Bilder,  in  drei  Tempeln  errichteten;  das  eine  von  diesen  stand 
dann  über  dem  Steine  unsrer  Inschrift.     Der  Gott  Svatt^s  stimmt  ganz  zu  dem 

12 


68    H.  EWALD,  ÜBER  DIE  NEUE  PHÖNIKISCHE  INSCHRIFT  VON  MALTA. 

^LtivgfuovßyXos  im  Senchnniathon  p.  42  Or. ;  und  die  menschlichen  Eigennamen 
welche  sich  hier  häufen  lassen  sich  alle  als  acht  Pbönikische  leicht  denken; 
auch  der  Golt  Baal-Milik  Z.  6  passt  gut  zu  dem  S.  51  Gesagten.  Das  ->htfn 
Z.  4  konnte  wohl  nicht  bloss  opulentid  sondern  auch  einfach  öpe  bedeuten ; 
*vw  ist  ein  acht  Phönikisches  Wort;  und  ro*i*>  bedeutete  wohl  dem  hebr. 
Tp?  entsprechend  Werth.  Die  Zusammensetzung  tf^p«  w'Su;  Z.  1  f.,  obgleich 
auf  den  ersten  Blick  seltsam ,  erklärt  sich  hinreichend  aus  LB.  §.  270  /;  das 
vhpo  aber  konnte  im  Pbönikischen  ebenso  wohl  wie  im  Hebräischen  das  \tfnb 
irgend  etwas  Geweihetes  andeuten. 


Verbesserung. 

S.  19   Z.  5  Ton  unten   lies  Fruchtfelder  uns  verewigte  mit  eingeschaltetem  uns 


[ 


Über 

die  Anfange  der  Vassallität. 

Von 

Georg    W  a  i  tz. 


Der  Königlichen  GeielUchaft  der  Wisvent  chatten   überreicht  am   i%  Juni  1856. 


XJas  Beneficial  wesen ,  das  als  Grundlage  des  Lehnwesens  eine  so  grosse 
Bedeutung  für  alle  öffentlichen  Institutionen  der  germanisch-romanischen  Staa- 
ten erlangt  hat,  ruht  auf  der  Vereinigung  mehrerer  ursprünglich  verschiedener 
Verhältnisse,  dem  Eingeben  einer  eigenthümlichen  engen  Verbindung  zwischen 
zwei  Personen,  der  Verleihung  von  Land  zu  Niessbrauch,  der  Behandlung 
öffentlicher  nutzbarer  Rechte  wie  anderes  Gut  Das  erste  bezeichnen  wir  am 
passendsten  mit  dem  Ausdruck  Vassallität  (»vassaticam«  oder  » vassaticus « 
nennen  schon  alte  Quellen  das  so  begründete  Verhältnis);  das  andere  ist  das 
Beneficial  wesen  im  engern  Sinn;  während  das  zuletzt  erwähnte,  das  sich  jenem 
anschliesst,  zunächst  mit  der  Immunität  zusammenhängt.  Das  Ganze  ist  in 
neuerer  Zeit  wiederholt,  zuletzt  in  dem  ausführlichen  und  gelehrten  Buch 
von  Roth  (Geschiebte  des  Beneficial wesens  von  den  ältesten  Zeiten  bis  ins 
zehnte  Jahrhundert,  Erlangen  1850),  der  Gegenstand  eindringender  Untersu- 
chungen gewesen,  und  durch  diese  ist  ein  helleres  Licht  über  die  wahre  Be- 
deutung, die  allmähliche  Ausbildung  und  auch  die  ersten  Anfänge  dieser  später 
so  weitreichenden  Institutionen  verbreitet.  Ganz  erledigt  sind  aber  die  Fragen 
welche  da  entgegentreten  noch  keineswegs;  über  manche  wichtige  Punkte 
ist  es  nicht  gelungen  ein  vollständiges  Einverständnis  zu  erzielen.  Wenn 
meine  Deutsche  Verfassungsgeschichte,  zunächst  mit  Rücksicht  auf  die  Zustände 
im  Fränkischen  Reich,  zu  zeigen  suchte,  dass  das  Beneficialwesen  nicht,  wie 
man   früher  meist  angenommen   hatte,    in  Zusammenbang  stehe   mit  der  alten 


70  GEORG  WAITZ, 

Gefolgschaft,  am  wenigsten  als  eine  einfache  Fortbildung  derselben  angesehen 
werden  könne,  sondern  dass  es  sich  vielmehr  erst  allmählich  von  verschie- 
denen Grundlagen  aus  entwickelt  habe,  doch  so  dass  es  in  der  späteren  Zeit 
des  Merovingischen  Reichs  in  bedeutender  Ausbildung  dastand,  so  knüpft 
Roth  auf  der  einen  Seite  wieder  an  die  Gefolgschaft  an,  auf  der  andern, 
setzt  er  aber  die  wahre  Entstehung  des  Beneficialwesens  in  eine  spätere  Zeit, 
indem  er  die  Ertheilung  von  Beneficien  durch  die  Könige  und  das  Bestehen 
sowohl  dessen  was  er  die  Privatgefolgschaft  als  dessen  was  er  das  Seniorat 
nennt,  und  was  zum  Theil  dasselbe  bedeutet  was  hier  mit  dem  Worte  Vassallität 
bezeichnet  ist,  erst  am  Anfang  der  Karolingischen  Periode  zugiebt.  Diese  mit 
viel  Gelehrsamkeit  und  Eifer  durchgeführte  Behauptung  hat  bei  Geschichts- 
forschern und  Rechtshistorikern  Beifall  gefunden,  um  so  mehr  da  die  Darstel- 
lung andere  wichtige  Theile  der  Verfassungsgeschichte  gründlich  und  scharf- 
sinnig behandelt  und  aufgeklärt  hat.  Sie  enthielt  so  eine  Aufforderung  die 
Sache  einer  neuen  Untersuchung  zu  unterwerfen,  die  wenigstens  in  mir 
nur  die  Überzeugung  befestigt  hat,  dass  dort  wichtige  Verhältnisse  unrichtig 
aufgefasst  und  das  Ganze  unter  falsche  Gesichtspunkte  gebracht  worden  ist. 
Namentlich  die  eine  Seite  der  Sache,  das  was  oben  mit  dem  Ausdruck  Vas- 
sallität bezeichnet  wurde,  hat  bei  Roth  nicht  die  rechte  Würdigung  er- 
halten, und  ebenso  ist  der  Einfluss  der  Immunität  nicht  hinreichend  beachtet 
worden.  Den  Verhältnissen  der  Vassallität  ist  aber  auch  sonst  nicht  die  ein- 
gehende Behandlung  zu  theil  geworden,  die  diese  eigenthümliche  Institution 
in  jeder  Weise  verdient-,  und  die  nöthig  ist  wenn  der  wahre  Zusammenhang 
mit  der  Ertheilung  von  Beneficien  und  die  Bedeutung  des  auf  diesem  beru- 
henden späteren  Beneficialwesens  erkannt  werden  soll.  Indem  diese  Abhand- 
lung sich  die  Aufgabe  stellt  zunächst  diesen  Gegenstand  möglichst  genau 
und  vollständig  zu  behandeln,  wird  sie  nicht  umhin  können  zugleich  auf  die 
Verbindung  mit  den  anderen  vorher  angegebenen  Verhältnissen  Rücksicht  zu 
nehmen,  wird  auch  nicht  vermeiden  dürfen  vor  allem  gerade  Roths  Ausfüh- 
rungen einer  besonderen  Prüfung  zu  unterwerfen. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  71 

Es  empfiehlt  sich  auszugehen  von  einer  Stelle  in  der  das  um  welches 
es  sich  hier  handelt  zuerst  in  voller  Ausbildung  und  in  Anwendung  auf  ein 
besonders  wichtiges  Verhältnis  erscheint.  Ann.  Laurissenses  maj.  a.  757, 
Pertz  SS.  I,  S.  140:  Et  rex  Pippinus  tenuit  placitum  suum  in  Compendio  cum 
Francis ,  ibique  Tassilo  venit  dux  Bajoariorum ,  in  vasatico  se  commendans 
per  manus,  sacratnenta  juravit  multa  et  innumerabilia  reliquias  sanctorum  mar- 
tyrum  manus  inponens ,  et  fidelitatem  promisit  regi  Pippino  et  supradictis  filiis 
ejus  domno  Carolo  et  Carlomanno,  sie  ut  vassus  reeta  mente  et  firma  devo- 
tione  per  justitiam  sie  ut  vassus  dominos  suos  esse  deberet.  In  der  Über- 
arbeitung der  Annalen  die  man  dem  Einhard  beizulegen  Grund  hat  heisst  es, 
dies  sei  geschehen  »more  Francico«.  Die  Sache  ist:  dass  der  mächtige 
Herzog  von  Baiern  zu  dem  Fränkischen  König  in  eine  Verbindung  tritt  welche 
vasaticum  (-cus?)  heisst,  dass  er  da  eine  besondere  Handlung  vornimmt  welche 
bezeichnet  wird  »per  manus  se  commendare«,  dass  er  eidlich  Treue  gelobt 
und  zwar  solche  Treue  wie  sie  ein  vassus  seinem  Herrn  schuldig  ist. 

Zahlreiche  Nachrichten  ober  ein  solches  Verhältnis1)  finden  sich  in  den 
andern  Denkmälern  der  Karolingischen  Zeit,  namentlich  in  den  Gesetzen  Karls 
und  seiner  Nachfolger.  Es  wird  darauf  ankommen,  sich  an  ihrer  Hand  die 
Zustände  zu  vergegenwärtigen  wie  sie  damals  waren,  und  dann  zurückblickend 
zu  untersuchen,  soweit  es  möglich  ist,  wie  sie  geworden  sind.  Dabei  soll 
vornemlich  nur  auf  die  Quellen  bis  zur  Mitte  des  9ten  Jahrhunderts  Rücksicht 
genommen  werden,  da  sich  um  diese  Zeit  und  später  Veränderungen  geltend 
machen ,   auf  die  es  bei  dieser  Darstellung  nicht  ankommt  2). 

Vassus  heisst  der  welcher  in  einem  eigenthümlichen  persönlichen  Ver- 
hältnis zu  einem  andern  steht.  Gleichbedeutend  wird  vassallus  gebraucht,  und 
dies  Wort  bezeichnet  nicht  etwa,  wie  man  früher  annahm,  denjenigen  welcher 
mit  einem  der  selbst  Vassus  ist  wieder  dasselbe  Verhältnis  eingegangen  ist :   , 


1)  Fränkische  Quellen  übertragen  die  Sache  auch  bereits  auf  andere  Völker  Das 
Chron.  Moissiac.  Pertz  SS.  I,  S.309  spricht  von  einem  Vassallen  des  Dänenkönigs 
Gotfried. 

2)  Die  Gapitularien  sind  angeführt  nach  der  Ausgabe  von  Pertz  Leges  1  und  II ;  auf 
den  ersten  Band  beziehen  sich  die  Seitenzahlen  ohne  weiteren  Zusatz. 


72  GEORG   WAITZ, 

dies  hat  Roth  S.  384  gezeigt.  Gleichbedeutend  wird  in  vielen  Stellen  aber 
auch  »homo«  gesagt.  Das  Wort  »homines«  bezeichnet  allerdings  im  weiteren 
Umfang  alle  die  welche  unter  einem  andern  stehen,  Unfreie  und  Freie,  na- 
mentlich auch  die  welche  auf  dem  Land  eines  andern  wohnen;  vgl.  Guörard, 
Polyptyque  de  l'abbö  Irminon  I,  S.  421.  Doch  wird  es  in  vielen  Stellen 
gleichbedeutend  mit  Vassalien  genommen.  Pippin.  cap.  a.  789  c.  5  S.  70: 
Stetit  nobis  de  Mos  homines  qui  hie  intra  Italia  eorum  seniores  dimittunt,  ut 
nullus  eos  debeat  reeipere  in  vassatico  sine  comiato  senioris  sui.  Divisio 
imperii  a.  806  c.  9  S.  1 42 :  ut  post  nostrum  ex  bac  mortalitate  discessum  ho- 
mines uniuseujusque  eorum  aeeipiant  beneficia  unusquisque  in  regno  domini 
sui  et  non  in  alterius;  verglichen  mit  Divisio  a.  817  c.  9  S.  177:  ut  post 
discessum  nostrum  uniuseujusque  vasallus  tantum  in  potestate  domini  sui  bene- 
ficium  habeat 1).  —  Der  mit  welchem  der  Vassall  in  Verbindung  steht  heisst 
wie  in  diesen  Stellen  auch  sonst  regelmässig  senior  oder  dominus  (Herr). 
Auch  diese  Worte  sind  an  sich  von  allgemeinerer  Bedeutung,  werden  ebenso 
gut  von  der  Stellung  andern  abhängigen  Leuten  gegenüber  gebraucht 2). 
Schon  deshalb  empfiehlt  es  sich  zur  Bezeichnung  dieses  besonderen  Verhältnisses 
einen  Ausdruck  zu  wählen ,  der  nicht  wie  das  von  Roth  gebrauchte  Seniorat 3) 
von  einem  dieser  Worte  abgeleitet  ist 

Die  Vassallität  findet  sich  in  höheren  und  niederen  Lebenskreisen.     Es 
giebt  Vassalien  des  Königs,  welche  regelmässig  vassi  dominici  heissen,   auch 


1)  In  den  Gest.abb.Fontan.  c.  10. 15,  Pertz  SS.  II,  S.  282. 290,  sind  die  regii  homines 
entschieden  königliche  Vassalien. 

2)  z.  B.  Cap.  pro  pago  Cenomanico  a.  850  S.  82 :  de  hominibus  ecclesiasticis  seu 
fiscalinis  . . .  ut  quicumque  de  praedictis  hominibus  quartana  facti  teneret,  cum 
suis  animalibus  seniori  suo  pleniter  unum  diem  cum  suo  aratro  in  campo  domi- 
nico  araret.  Cap.  a.  853  c.  9  S.  419:  si  seniores  ipsorum  colonorum.  Über 
das  Verhältnis  der  sogenannten  freien  Hintersassen  zu  den  Vassalien  s.  unten. 

3)  Es  findet  sich  in  dieser  Bedeutung  wohl  zuerst  im  J.  856,  Pertz  Legg.  I,  S.  446 
c.  13:  Et  mandat  vobis  noster  senior  (der  König),  quia  si  aliquis  de  vobis  talis  est 
cui  suus  senioratus  non  placet  etc.  Nach  Roths  Ansicht  bezeichnet  dann  frei- 
lich Seniorat,  wie  die  weitere  Erörterung  ergeben  wird,  auch  anderes  und 
umfasst  noch  weiteres  als  hier  der  Name  Vassallität. 


Ober  die  abfange  der  vassallität.  73 

vassi  regales  (Cap.  Mant  c.  13  S.  41.  Cap.  a.  786  c.  7  S.  51.  Cap,  Ingelh. 
a.  807  c.  9  S.  151),  der  Grafen  (forliores  vassi  comitom ,  Cap.  Lang.  a.  803 
c.  17  S.  111  ^  exceptis  ....  vassis  [vassallis]  comitum,  Cap.  Aquisgr.  a.  809 
c.  5  [13]  S.  156),  der  Bischöfe  und  Äbte  (vassi  nostri  et  vassi  episcoporum 
abbatum  abbatissarum  et  oomitwn,  Cap.  a!817  c.  27  S/218)  und  anderer  Per- 
sonen: wer  selbst  Vassall  ist  hat  häufig  wieder  andere  unter  ach,  Cap.  Bonon. 
a.  811  c.7  S.  173:  De  vasallis  dominicis  ....  statutum  est,  nt  .-..  vasallos  suos 
casatos  secum  non  retineanL 

Dass  die  VassaUen  des  Königs  Freie  sind,  wird  offenbar  überall  voraus- 
gesetzt Sie  ziehen  in  den  Krieg  und  sollen  vor  dem  Grafen  zu  Recht  stehen. 
Cap.  Mant  a.  781  c.  13  6.41:  De  vassis  regalis  de  justitiis  eorum,  ut  ante 
eomitem  suum  recipiant  et  reddant  :  Auch  bei  den  Vassallen  anderer  ist  es 
regelmässig  der  Fall:  auch  sie  werden  Überall  als  solche  bezeichnet  welche 
zum  Kriegsdienst  verpflichtet  sind;  die  des  Grafen  sollen  auf  dem  von  diesem 
gehaltenen  Placitnm  erscheinen«  Cap.  Aqnisgr.  a.  809  c.  5  S.  156:  Ut  nullus 
alius  de  liberis  hominibus  ad  placitnm  vel  ad  mallum  venire  cogatar,  exceptis 
scabineis  et  vassis  comitum  (die  letzten  Worte  fehlen  in  der  einen  Handschrift, 
in  anderen  steht:  et  vassallis  comitum).  Nach  einer  Stelle,  Constitutio  de 
liberis  et  vassallis  c.  2  (s.  unten),  gehört  der  Versuch  eines  Herrn  den  Vassallen 
in  einen  Unfreien  zn  verwandeln  zu  den  Gründen  die  diesen  berechtigen  den** 
selben  zu  verlassen.  Auch  die  vassalli  casati  in  der  vorher  angeführte»  Stelle 
darf  man  doch  nicht  für  angesiedelte  Hörige  halten,  da  sie  der  allgemeinen 
Heerespflicht  unterliegen  sollen.  Wenn  aber  nach  einem  Capituiare  Pippins 
a.  757  c.9  S.  28  die  Rede  davon  ist  dass  einer  seine«  Vassallen  mit  sich  nach 
einem  neuen  Besitztiura»  führt  und  derselbe  hier  von  dem  Nachfolger  seines 
Herrn  mit  einer  Frau  ans  diesem  vermählt  wird,  so  liegt  auch  darin  noch  kein 
Beweis  der  Unfreiheit;  später  verlässt  er  beide,  die  Frau  und  den  neuen 
Herrn,  und  kehrt  zu  den.  Verwandten  des  ersten  verstorbenen  zurück.  Nur 
in  einer  SteHe  ist  wirklich  von  Unfreien  im  Verhältnis  der  Vassallität  die  Redö, 
Cap.  Langob.  a.  786  c.7  8.51:  fiscilini  quoqae  et  coloni  et  ecclesiasbci(s} 
adque  servi  qui  hpnorati  beneficia  et  ministeria  tenent  vel  bassallatico  honorati 
sunt.  Der  letzte  Satz  bezieht  sich  offenbar  nicht  allein  auf  servi,  sondern 
a*f  alle  die  vorher  genannt  sind ;  Hörige  und  Knechte  beide  erscheinen  als 

Uist.-PhiLClasse.  VIL  K 


74  GEORG   WAITZ, 

geehrt  durch  den  Eintritt  in  die  Vassallität.  Doch  ist  das  offenbar  eine  Aus- 
nahme, und  die  es  trifft  sind  damit  gewissermassen  über  ihren  Stand  hinaus- 
gehoben iy 

Dia  Verbindung  des  Vassalien  mit  seinem  Herrn  wird  begründet  durch  die 
sogenannte  Commendation.  Dies  ergeben  zahlreiche  Stellen  mit  voller  Be- 
stimmtheit. Praeceptum  pro  Hispanis  c.  6  (Walter  II,  S. 291):  Noverint  ... 
iidem  Hispani  sibi  licentiam  a  nobis  esse  concessam  ut  se  in  vassaticum  co- 
mitibus  nostris  more  solito  commendent.  Cap.  Lang.  a.  786  c. 7  S.  51:  qui ... 
in  bassalatico  commendatt  sunt.  Const  de  liberis  et  vasallis  c.  2  S.  196:  si 
senior  vasalli  sui  defensionem  facere  potest,  -postquam  ei  ipse  manus  saas 
commendaverit,  et  non  fecerit,  liceat  vasallum  eum  dimittere.  Vgl  Pippini 
cap.  a.  789  c.  5  (oben  S.  72)  mil  c.  13:  Stetit  nobis  de  illos  liberos  Lango- 
bardos,  ut  licentiam  habeant  se  commendandi  ubi  volueriot,  si  seniorem  non 
habuerit;  wo  der  Gegensatz  der  Freien  die  in  Vassallität  und  die  noch  ausser- 
halb einer  solchen  stehen  entgegentritt  und  das  »in  vasaüco  recipere«  der 
ersten  Stelle  dem  »se  commendare«  der  zweiten  in  der  Weise  entspricht  dass 
jenes  die  Sache  vom  Standpunkt  des  Herrn,  dieses  von  dem  des  Vassalien 
aus  bezeichnet.  In  der  Divisio  imperii  a.  817  c.9  S.  199:  ut  post  discessum 
nostrum  uniuscujusque  vasallus  tantum  in  potestate  domini  sui  beneßcium  . . . 
habeat ...  et  licentiam  habeat  unusquisque  liber  homo  qui  seniorem  non  habuerit 
cuicumque  er  his  tribus  fratribus  voluerit  se  commendandi,  ist,  wie  dominus 
und  senior  gleichbedeutend,  so  vassallus  derjenige  welcher  sich  bereits  com* 
mendiert  hat  im  Gegensatz  gegen  den  welcher  noch  die  Freiheit  hat  dies  zu 
thun.  Vgl.  auch  V.  Rimberti  c.  21  Pertz  SS.  II,  S.  774:  per  manus  acceptionem 
hominem  regis  illum  fieri  et  inter  consiliarios  ejus  collocari  obtinuit 

Das  »se  commendare«  bedeutet  nicht,  wie  Roth  S.  380  will,  einfach 
Treue  schwören,  sondern  es  bezeichnet  ein  »sich  ergeben,  sich  in  den  Schutz 
ergeben«.  Es  geschah  »per  manus,  in  manus«,  d.h.  in  jener  sinnbildlichen 
Weise  dass  der  Vassall  seine  Hände  in  die  des  Herrn  legte,  was  man  später 
das  »homagium  ligium«  nannte2).      Als    eigentümlich   fränkisch   bezeichnet 

1)  Ich  sehe  nicht,  warum  man  mit  Roth   S.  371  n.  zweifeln  soll,   oder  auch  nur 
darf,  dass  hier  von  wirklichen  Vassalien  die  Rede  ist. 

2)  Vgl.  Lezardiöre,    Theorie   des    lois   politiques    ed.  2.  II,  S.  74:    „L'acte  que 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  75 

dies  Verfahren  ausser  der  Stelle  der  Ann.  Lauras,  die  von  Tassilo  spricht 
auch  eine  andere  V.  Hludowici  c.  21:  Wala  ...  humillima  snbjectione  se  ejus 
nntni  secandnm  consuetudinem  Francornm  commendans  subdidit.  Vgl.  ebend. 
c.  24.  Die  ausführlichste  Beschreibung  des  Vorgangs  aber  giebt  Ermoldus 
Nigellus,  da  er  erzählt  wie  der  Dänenkönig  sich  dem  Kaiser  Ludwig  com- 
mendierte,  IV,  v.  601  ff.,  Pertz  SS.  II,  S.512: 

Mox  manibuä  junctis  regi  se  tradidit  ulfaro, 

Et  secum  regnuin,  quod  sibi  jure  fuit. 
»Suscipe,  caesar,  ait,  me  necnon  regna  subacta; 

Sponte  tuis  memet  confero  servitiis«. 
Caesar  at  ipse  manus  manibus  suscepit  honestis; 

Junguntur  Francis  Denica  regna  piis. 
Mox  quoque  caesar  ovans  Francisco  more  veterno 
Dat  sibi  equum  necnon  ut  solet  arma  simul. 
Die  Geschenke  erinnern  an  die  welche  einst  schon  den  Gefolgsgenossen  ge- 
geben wurden. 

Es  kann  übrigens  nicht  blos  einer  sich  selbst,  es  kann  auch  einer  den 
andern  commendieren ,  freilich  nur  wenn  er  dazu  ein  Recht  hat,  der  Vater  den 
Sohn,  der  Herr  den  Vassallen.  Einhard  epist.  2:  sed  postquam  eum  domno 
Hlothario  commendavi.  Vgl.  die  aus  älteren  Vitis  Verf.  G.  II,  S.  394  n.  ange- 
führten Stellen  und  vorher  V.  Rimberti  c.  21. 

Ob  übrigens  alle  die  sich  dem  König  commendierten  auch  seine  Vassallen 
wurden ,  was  Roth  S.  385  verneint,  ist  eine  Frage  auf  die  später  zurückzu- 
kommen ist,  wenn  noch  näher  von  der  rechtlichen  Redeutung  der  Sache  ge- 
handelt wird. 

Die  Verbindung  beruht  im  allgemeinen  auf  freiem  Willen  der  Retheiligten. 
Die  angeführten  Stellen  (Tippini  cap.  a.  789  c.  13.  Divisio  imp.  a.  817  c.  9) 
zeigen  dass  es  dem  Freien  an  sich  gestattet  ist  eine  solche   einzugehen  mit 

•  ■ 

dans  l'empire  franc  on  appela  recommandation ,  <6tait  absolument  ie  nräme  acte 
que  Phommage:  par  cet  acte,  an  citoyen  venait  en  personne  devant  le  roi,  ou 
tont  autre  possesseur,  le  reconnattre  pour  son  seigneur,  et  s'avouer  sori  homme 
ou  son  vassal,  en  mettant  ses  mains  dans  les  siennestf.  Die  Handreichung 
erkennt  übrigens  auch  Roth  an. 

K2 


* 


76  GEORG  WA/ITZ, 

wem  er:  will-1).  Wenn  dagegen  Beschränkungen  ausgesprochen  werden,  so 
beziehen  sie  sich  nur  darauf  dass  den  staatlichen  Verpflichtungen  dadurch  kein 
Abbruch  geschehe.  Cap.  a.  805  c.  19  S.  134:  ne  per  aliquod  malum  ingenium 
subtrahant  nostram  justitiam  alteri  tradendo  aut  cotnmendando ;  vgl  Cap.  a.  811 
c«8  S.169. —  Durch  übereinstimmenden  Willen  beider  Theile  kann  die 
Verbindung  jeden  Augenblick  gelöst  werden.  Einbardi  epist.  59  (ed.  Teulet 
II,  S.  104):  Vasallus  iste...  propinquus  meud  est  et  fuit  per  aliquantum  tempus 
[in  nostro  servitio];   sed  quia  nunc  desiderat  sub  vestro  dominatu  dies  suos 

du[cere ].     Precor  igitur  ut  eum  [suscipere  et  sicut]  vassallum  vestrum 

nutrire  dignemini.  Vgl.  epist.  1 :  quondam  hominis  nostri ,  nunc  autem  dorani 
Hlotharii. 

Dagegen  ist  es  dem  Vassalien  nicht  erlaubt  willkürlich  den  einmal  ge- 
wählten Herrn  zu  verlassen  und  einen  anderen  zu  wählen.  Darauf  beziehen 
sich  mehrere  gesetzliche  Vorschriften.  Das  wiederholt  angeführte  Capitular 
Pippms  vom  J.  789  c*5  bestimmt,  dass  jemand  einen  andern  der  seinen  Herrn 
verlassen  hat  nur  dann  als  Vassall  aufnehmen  darf  wenn  er  weiss:  pro  qua 
causa  aut  culpa  ipse  suum  seniorem  dimisit;  und  dann  soll  er  ihn  binnen 
6  Wochen  (40  Nächten)  dem  König  vorführen,  oder  wenn  dieser  nicht  in 
itatieft  anwesend  ist,  6  Wochen  nach  seiner  Ankunft.  Eine  ähnliche  Bedeu- 
tung hat  die  Bestimmung  des  Cap.  Mant.  o.  11  S.  41:  Ut  nullus  quilibet  bomi- 
nem  Languwardiscum  in  vassatico  vel  in  casa  sua  recipiat,  antequam  sciat> 
unde  sit  vel  comodo  natus  est;  eine  Beschränkung  für  den  Herrn,  die  ver- 
bitten soll  dass  er  nicht  solche  annimmt  welche  keine  freie  Verfügung  über 
sich  haben.     Ein  späteres  Gesete,  Cap.  a.  813  o.  16  S.  189,  Jässt  die  Ver- 

1)  Im  Cap.  Marsn.  a.847  c.  2  S.395  heisst  es:  Volumus  etiam  ut  unusquisque  Iiberhomo 
in  riostto  regnö  seniorem  qaalem  Yoluerit  in  aobis  et  in  nostrls  fidelibus  accipiat. 
Dies  wird  gewöhnlich  als  Befehl  verstanden  dfcss  alle  einen  Herrn  wählen  sollen, 
Und  inan  streitet  nur,  ob  die  freien  BigenUiümer  dann  zugleich  ihr  Gut  zu' 
Beneficium  auftragen  mussten  oder  nicht;  Gourcy,  Quel  fut  l'ötat  des  personnes 
en  France  sous  la  premiere  et  la  seconde  race.  Paris  1769.  8.  S.  243.  Guörard 
S.  558.  Anderer  Meinung  scheint  Roth  S.  381  n.  Eine  Freiheit  auch  für  den 
der  schon  einen  Herrn  hat  sich  einen  anderen  zu  wählen  kann  die  Stelle  nicht 
begründen  sollen,  Guizot,  Essais  S.  173.  Sie  gehört  aber  schon  einer  etwas 
späteren  Zeit  an  und  beweist  nichts  für  ältere  Zustände. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLI  TAT.  77 

pflichtung  des  Vassalien  erst  dann  eintreten,  wenn  er  von  seinem  Herrn  irgend 
eine,  freilich  nur  sehr  geringfügige  Sache  zum  Geschenk  erhalten  hat;  wenn 
das  geschehen,  sind  es  nur  gsnz  bestimmte  Ursachen  welche  zum  Verlassen 
ein  Recht  geben:  wenn  der  Herr  ihn  hat  tödten,  schlagen,  Frau  oder  Tochter 
entehren  oder  ihm  sein  Erbe  nehmen  wollen*  Quod  nullus  seniorem  suum 
di mittat,  postquam  ab  eo  acceperit  Talente  solido  uno,  excepto  si  eum  vult 
occidere  ant  cum  baculo  caedere  vel  uxorem  aut  filiam  maculare  seu  heredi- 
tatem  ei  tollere.  Näher  bezeichnet  diese  Fälle  die  bald  nach  Karls  Tode 
erlassene  Constitutio  de  liberis  et  vasallis,  c.  2  S.  196:  Si  quis  seniorem  suum 
dimittere  voluerit  et  ei  approbare  potuerit  unum  de  bis  criminibus :  id  est 
primo  capitulo ,  si  senior  eum  injuste  in  servitio  redigere  voluerit ;  secundo 
capitulo,  si  in  vita  ejus  consiliaverit;  tertio  capitulo,  si  senior  vassalli  sui 
uxorem  adulteraverit;  quarto  capitulo,  si  evaginato  gladio  super  eum  voluntarie 
occurrerit;  quinto  capitulo,  si  senior  vassalli  sui  defensionem  facere  potest, 
postquam  ei  ipse  manus  suas  commendaverit,  et  non  fecerit,  liceat  vassallam 
eum  dimittere.  Qualecumque  de  istis  quinque  capitulis  senior  contra  vassallum 
suum  perpetraverit,  liceat  vassallum  eum  dimittere.  Ein  Attentat  auf  diq  Frei- 
heit, auf  das  Leben,  auf  die  Ehre  der  Frau  (doch  hier,  wie  wenigstens  der 
Ausdruck  lautet,  nur  wenn  es  wirklich  vollbracht  ist}  und  ausserdem  die  Nicht- 
leistung eines  Schutzes,  zu  dem  der  Herr  im  stände  gewesen  wäre,  berech- 
tigen den  Vassall  sich  von  demselben  zu  trennen. 

Sonst  löst  der  Tod  des  Herrn  die  Verbindung.  Divisio  imp.  c.  806 
c.10  S.  142:  Ut  unusquisque  über  homo  post  mortem  domini  sui  licentifttt 
habeat  se  commendandi  inter  haec  tria  regna  ad  quemcunque  voluerit.  Simi- 
liter  et  ille  qui  nondum  alicui  commendatus  est.  Es  wird  ein  Fall  erwähnt, 
wo  ein  Vassall,  da  sein  Herr  gestorben,  erst  auf  dem  Gute  blieb  das  dieser 
innegehabt  hatte  und  jetzt  ein  anderer  empfing,  dann  zu  den  Verwandten 
des  Verstorbenen  sich  begab.  Pippini  cap.  a.  757  c.  9  S.  28 :  Homo  Francus 
accepit  beneficium  de  seniore  suo,  et  duxit  secum  suum  vassallum,  et  postea  fuit 
ibi  mortuus  ipse  senior  x) ,  et  dimisit  ibi  ipsum  vassallum ;  et  post  hoc  accepit 
alius  homo  ipsum   beneficium,   et  pro  hoc  ut  melius  potuisset  habere  illum 

1)  Das  ist  natürlich  der  homo  Francas,  der  in  Beziehung  auf  den  vassallus  wieder 
senior  ist 


78  GEORG  WAITZ, 

vassallum,  dedit  ei  mulierem  de  ipso  beneficio,  et  habuit  ipsam  aliquo  tempore; 
et  dimissa  illa ,  reveraus  est  ad  parentes  senioris  sui  mortui ,  et  accepit  ibi 
uxorem,  et  modo  habet  eam.  Offenbar  hing  es  von  dem  Vassalien  ab,  ob  er 
bei  dem  Nachfolger  im  Gut  oder  bei  den  Verwandten  des  Herrn  bleiben 
wollte;  er  zog  das  letztere  vor,  nnd  in  gleicher  Weise  wird  oft  das  Ver- 
hältnis fortgesetzt  sein ;  aber  er  hätte  ohne  Zweifel  auch  einen  neuen  Herrn 
wählen  oder  sich  ganz  von  der  Vassallität  losmachen  können.  Vgl.  die  Stelle 
aus  dem  Testament  des  Aldricus,  bei  Roth  S.  379  n:  Aldricus  vermacht  Ge- 
treide  den  Vassalien  wie  den  Capelianen  und  andern,  ut  habeant  unde  sustentari 
queant,  usquequo  se  cum  s.  successore  nostro  ....  collocare  ....  utiliter 
queant;  es  hängt  von  dem  Nachfolger  ab,  ob  das  Verhältnis  fortdauern  soll, 
aber  offenbar  ebenso  sehr  von  den  Vassallen. 

Der  Vassall  war  dem  Herrn  zur  Treue  verpflichtet.  Eine  Hauptstelle  ist 
die  schon  angeführte  Stelle  der  Ann.  Lauriss.  maj.  a.  757  über  Tassilo,  wo  es 
hefegt:  sacramenta  juravit  multa  et  innumerabilia  reliquias  sanctorum  martyrum 
manus  inponens,  et  fidelitatem  promisit  regi  Pippino  et  supradictis  filiis  ejus 
...,  sie  ut  vassus  reeta  mente  et  firma  devotione  per  justitiam  sie  ut  vassus 
dominos  suos  esse  deberet.  Vgl.  Ann.  Einhardi  a.  781  und  Ann.  Laur.  maj. 
a.  786,  wo  als  Inhalt  des  von  Tassilo  geleisteten  Eides  angegeben  wird:  ut 
subjeetus  et  oboediens  eis  esse  deberet;  ut  in  omnibus  oboediens  et  fidelis 
fuisset  domno  regi  Carolo  et  filiis  ejus  vel  Francis.  Dem  entsprechend  heisst 
es  V.  Walae  H,  c.  17,  Porta' SS.  II,  S.  563:  Mementote  etiam  quod  mei  vasalli 
estis  mihique  cum  juramento  fidem  firmastis.  Ein  solcher  Eid  wird  auch  nicht 
blos  von  den  königlichen  Vassallen  geleistet,  sondern  ebenso  von  andern. 
Cap.  a.  805  c.  9  S.  133:  De  juramento  ut  nulli  alteri  per  sacramentum  fidelitas 
promittatur  nisi  nobis  et  unieuique  proprio  seniore  ad  nostram  utilitatem  et  sui 
senioris1).     Der  allgemeine  Unterthaneneid ,  den  Kart  im  Jahr  802  forderte, 


1)  Ich  glaube  nicht  dass  man  mit  Roth  S.  387  annehmen  darf,  es  habe  der  dem 
Senior  geleistete  Fidelitätseid  als  apch  dem  König  geschworen  gegolten;  die 
Worte  „ad  nostram  utilitatem a  beziehen  sich  auf  „nobis",  „et  sui  senioris"  auf 
„et  unieuique  proprio  seniore";  es  sind  zwei  Eide  von  deren  jedem  die  Be- 
ziehung, der  Inhalt  angegeben  wird.  Roth  selbst  führt  die  Stellen  an,  nach 
denen  die  homines  anderer  für  sich  den  Eid  an  den  König  leisten  mussten. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  79 

war  diesem  nachgebildet;  es  heisst  in  der  Formel  S.  99:  man  verspreche  treu 
KU  sein,  sicut  per  drictum  debet  esse  homo  domino  suo  x).  Eben  als  Folge 
der  so  gelobten  Treue  erscheint  es  dann  dass  der  Vassall  den  Herrn  nicht 
ohne  rechtmässigen  Grund  verlassen  darf. 

Was  die  Stellung  der  Vassallen  betrifft,  so  hören  wir  von  denen  des 
Königs,  dass  einige  im  Hause  oder  Pallaste  dienen.  Cap.  Bonon.  a.  811  c.7 
S.  173:  De  vasallis  dominicis  qui  adhuc  intra  casam  serviunt  Cap.  a.  821 
c. 4  S.  231:  De  vassis  nostris  qui  ....  nobis  assidue  in  palatio  nostro  ser- 
viunt Vgl.  Ann.  Lauresh.  a.  802,  Pertz  SS.  I,  S.  38:  noluit  de  infra  palatio 
pauperiores  vassos  suos  transmittere.  Andere  sind  zur  Grenzvertheidigung 
beordert.  Cap.  a.  821  a.a.O.:  De  vassis  nostris  qui  ad  marcam  nostram  con- 
stituti  sunt  custodiendam.  Wieder  andere  bekleiden  öffentliche  Ämter,  in 
Italien  namentlich  das  des  Gastalden.  Edictum  de  expeditione  Corsicana  a.  825 
&  2  S.  142:  ut  dominici  vassalli  qui  austaldi  sunt  et  in  nostro  placito  frequenter 
serviunt  Oder  sie  werden  doch  zu  öffentlichen  Geschäften  verwandt.  Cap. 
Aquense  a.  807  c.  3  S.  149:  Et  unusquisque  missorum  nostrorum  per  singula 
ministeria  considerare  faciat  unum  de  vassallis  nostris  (in  Beziehung  auf  die 
Ausführung  der  Bestimmungen  über  den  Kriegsdienst).  Bouquet  •  VI ,  S.  652 : 
istos  vassallos  nostros  . . .  mittimus  ad  has  partes  in  fiscum  promovendas  et 
varias  redibitiones  exigendas.  Allgemeine  Befehle  werden  an  die  Vassallen 
wie  an  die  Beamten  gerichtet 2).  Karls  edictum  de  episcopis  a.  800  S.  81. 
Urk.  Ludwigs,  Bouquet  VI,  S.  487:  Noverit  utilitas  fidelium  nostrorum,  comi- 
tum  videlicet  et  vassallorum  nostrorum.  Ebend.  S.  648 :  Omnibus  praelatis 
ecclesiarum  sive  comitibus  aut  vassallis  nostris  vel  junioribus  vestris.  Gerne 
werden  königliche  Vassallen  neben  Grafen  und  andern  Beamten  in  eroberte 
Lande  geschickt,  um  den  Besitz  derselben  zu  sichern,  die  königlichen  Rechte 


1)  Ob  dieser  Eid  in  Form  und  Bedeutung  ganz  derselbe  war  den  man  früher  dem 
König  leistete,  wie  Roth  S.  414  sagt,  scheint  mir  doch  noch  zweifelhaft,  kommt 
hier  aber  nicht  weiter  in  Betracht. 

2)  Indem  sie  neben  den  Beamten  genannt  werden,  findet  das  zunächst  auf  diese 
bezügliche  Wort  ministeriam  auch  wohl  auf  sie  Anwendung,  während  speciell 
von  einem  minißterium  eines  vassus  doch  nicht  die  Rede  ist ,  wie  man  aus  Roth 
S.  384  n.  74  schliessen  könnte. 


80  GEORG  WAITZ, 

wahrzunehmen.  V.  Hludowici  c.  3,  Pertz  SS.  II,  S.  608:  Ordinavit  autem  per 
totam  Aquüaniam  comites  abbates  necnon  elios  plurimos  quos  vassos  vulgo 
vocant,  ex  gente  Francorum,  ....  eisque  commisit  curam  regni  prout  utile 
judicavit,  finium  tutamen  villarumque  rogiarum  ruralem  pro  visionem. ,  Andere^ 
Stellen  bei  Roth  S.  383  n.  73.  Anderswo  werden  sie  neben  Herzogen  und 
Grafen  als  besonders  wichtige  Personen  bei  Kriegszügen  aufgeführt.  Karott 
epist.  ad  Fastradam,  Bouquet  V,  S.  623:  Qui  autem  hoc  egerunt,  fuerunt  ille 
episcopus,  ille  dax,  ille  et  ille  comites — •  vassi  vero  nostri  fuerunt  Uli.  — 
Vassalien  der  Grafen  müssen  die  gewöhnlichen  Gerichtsversaaimlungen  besuchen. 
Cap.  Aquisgr.  a.  809  c.  5  S.  156:  Ut  nuttos  alias  de  liberis  hommibus  ad  pla- 
citum  vel  ad  mallum  venire  cogatur,  exceptis  scabineis  et  vassis  comitum 
(die  letzten  Worte  fehlen  in  einer  Handschrift}.  In  Abwesenheit  des  Grafen 
haben  einzelne  die  Aufacht  auch  über  sein  Amt  zu  führen.  Cap.  de  exercitu 
promovendo  c.  4  S.  119:  qui  propter  ministerium  ejus  custodiendum  et  servi- 
tium  nostrum  faciendum  remanere  jussi  sunt.  —  Vassalien  der  Bischöfe  sollen 
den  Grafen  und  andern  Beamten  unter  Umständen  Hülfe  leisten  gegen  Gewalt- 
täter. Hludow.  cap.  a.  850  c.  2  S.  406 :  ut  comites  nostri  eorumque  sculdasii, 
adjunctis  secum  vassallis  episcoporum,  si  necessitas  fuerit,  ubkumque  tales 
audierint,  studiosissime  perquirant  et  eos  capiant  atque  distringant.  —  Vas- 
salien anderer  können  von  ihrem  Herrn  gebraucht  werden ,  den  Frieden  zu 
bewahren,  Frau  und  Haus  zu  schützen,  aber  auch  die  Dienerschaft  in  Zucht 
und  Ordnung  zu  halten,  ja  die  Früchte  des  Feldes  einzusammeln.  Cap.  a.  817 
c.  27  S.  218:  Ut  vassi  nostri  et  vassi  episcopörum  abbatutn  abbatissarum  et 
oomitnm  qui  anno  praesente  in  hoste  non  fuerunt  heribammn  rewadient,  ex- 
ceptis his  qui  propter  necessarias  causas  et  a  domno  ac  geaitore  nostro 
Karolo  constitutas  domi  dimissi  fuerunt,  id  est  qui  a  comite  propter  pacem 
conservandam  et  propter  conjugem  ac  domum  ejus  custodiendam ,  et  ab  epi- 
scopo  vel  abbate  vel  abbatissa  similiter  propter  pacem  conservandam  et  propter 
fruges  colligendas  et  familiam  constringendam  et  missos  recipiendos  dimissi 
fuerunt.  Wenigstens  ein  Theil  derselben  hat  Land  empfangen:  sie  heissen 
casati.  Cap.  Bonon.  a.  a.  0. :  vasallos  suos  casatos  non  retineant.  Regelmässig 
ist  es  eben  solches  welches  als  Benefidum  bezeichnet  wird,  und  von  dem 
nachher  ausführlich  die  Rede  sein  muss. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  8i 

Ein  Vassali  kann  aber  auch  Eigengut  haben;  ja  dies  scheint  als  Regel 
angenommen  zu  werden.  Cap.  a.  821  c.  4  S.  230:  De  vassis  nostris  qui  in 
longinquis  regionibus  sua  habent  beneficia  vel  res  proprias.  In  den  Urkunden 
über  die  Divisio  imperii  ist  gleich  nach  der  Bestimmung  dass  jeder  nur  in 
dem  Lande  seines  Herrn  Beneficien  haben  soll  hinzugefügt ,  dass  er  seine 
Eigengüter  in  allen  drei  Reichen  frei  haben  und  behalten  soll,  a.  806: 
Hereditatem  autem  suam  habeat  unusquisque  Worum  hominpm  absque  con- 
tradictione,  in  quocumque  regno  hoc  eum  legitime  habere  contigerit;  a.  817: 
Proprium  autem  suum  et  hereditatem,  ubicumque  fuerit,  salva  justitia  cum 
honore  et  securitate  secundum  suam  legem  unusquisque  absque  injusta  in- 
quietudine  possideat.  Und  wenn  sich  dies  auf  königliche  Vassalien  bezieht, 
so  auf  alle  die  oben  angeführte  Stelle  des  Cap.  a.  813,  nach  der  es  für  den 
Vassalien  ein  Grund  ist  den  Herrn  zu  verlassen  wenn  dieser  »hereditatem  ei 
tollere«' will. 

Eine  ganze  Reibe  von  Bestimmungen  der  Capitularien  Karl  des  Grossen 
und  seiner  Nachfolger  bezieht  sich  auf  den  Kriegsdienst  derer  die  sich  com- 
mendiert  haben,  der  Vassalien.  Es  wird  hauptsächlich  Fürsorge  getroffen, 
dass  die  Begründung  eines  solchen  persönlichen  Verhältnisses  nicht  als  Anlass 
oder  Vorwand  benutzt  werde,  um  sich  der  allgemeinen  Dienstpflicht,  wie 
sie  eben  durch  Karl  näher  reguliert  war,  zu  entziehen.  Nur  zwei  oder  vier 
seiner  Leute  —  homines  —  durfte  nach  einer  späteren  Bestimmung  einer  zu 
Hause  behalten  oder  wenn  er  selbst  auszog  dort  lassen,  um  gewissen  not- 
wendigen Geschäften  obzuliegen.  Inwiefern  unter  den  »homines«  auch  noch 
andere  als  wirkliche  Vassalien  zu  verstehen  sind,  soll  unten  besprochen  werden. 
Soweit  diese  Grundbesitz  haben1),  sind  sie  sonst  verpflichtet,  wie  die  Capi- 
tularien Karls  und  seiner  Nachfolger  bestimmen ,  zunächst,  mit  oder  unter  ihrem 
Herrn  auszuziehen;  wenn  dieser  selbst  befreit  war  oder  aus  irgend  einem 
Grunde  an  dem  Zuge  keinen  Antheil  nahm,  traten  sie  unmittelbar  unter  den 
Grafen.     Die  wichtigsten  Stellen  sind  hier  anzuführen.    Cap.  a.  805  c.  19  S.  134: 


1)  Darüber  dass  dieser  verlangt  wird  kann  kein  Zweifel  sein ;   das  betreffende  Ca- 
pitel  4  des  Capitulare  de  exercitu  promovendo  ist  überschrieben:  De  hominibus 

« 

comitum  casatis]  vgl.  Cap.  Bonon.  a.  811  c.  7  S.  173:  vasallos  suus  casatos  non 
retineant. 
BisL-Philol.  Classe.  VII.  L 


82  GEORG  WAITZ, 

Et  nostri  raissi  caveant  et  diligenter  inquirant,  ne  per  aliquod  malum  ingenium 
subtrahant  nostram  justitiam,  alteri  tradendo  aut  commendando.  Cap.  Aquen. 
a.  807  c.  2.  3  6. 149:  Et  pro  hac  consideratione  (wegen  der  damals  getroffe- 
nen  Bestimmungen  über  den  Kriegsdienst  und  der  Geldhülfe  die  die  Armeren 
leisten  sollen)  nullus  suum  seniorem  dimittat  Omnes  itaque  fideles  nostri 
capitanei  cum  eorum  hominibus  et  carra  sive  dona,  quantum  melius  praeparare 
potuerint,  ad  coqdictum  placitum  veniant.  Cap.  de  expeditione  exercitali  a.  811 
c.  4  S.  168:  Quod  episcopi  et  abbates  sive  comites  dimittunt  eorum  liberos 
homines  ad  casam  in  nomine  ministerialium.  Similiter  et  abbatissae.  Hi  sunt 
falconarii,  venatores,  telonearii,  praepositi,  decani  et  alii  qui  missos  recipiunt 
et  eorum  sequentes.  Sunt  Herum  et  alii  qui  remanent  et  dicunt  quod  seniores 
eorum  domi  resideant  et  debeant  cum  eorum  senioribus  pergere  ubicumque 
jussio  domni  imperatoris  fuerit.  Alii  vero  sunt  qui  ideo  se  commendant  ad 
aliquos  seniores  quos  sciunt  in  bostem  non  profecturos.  Cap.  de  exercitu 
promovendo  *)  c.  1.  4  S.  119:  Ut  omnis  über  homo  qui  quatuor  mansos  vestitos 
de  proprio  suo  sive  de  alicujus  beneficio  habet  ipse  se  praeparet  et  per  se  in 
hostem  pergat,  sive  cum  seniore,  suo,  si  senior  ejus  perrexerit,  sive  cum 
comite  suo.  (4)  De  hominibus  comitum  casatis.  Isti  sunt  excipiendi  .... 
duo  qui  dimissi  fuertint  cum  uxore  illius  et  alii  düo  qui  propter  ministerium 
ejus  custodiendum  et  servitium  nostrum  faciendum  remanere  jussi  sunt.  In 
qua  causa  modo  praecipimus,  ut  quanta  ministeria  unusquisque  comes  habuerit, 
totiens  duos  homines  ad  ea  custodienda  domi  dimittat,  praeter  illos  duos  quos 
cum  uxore  sua.  Ceteros  vero  omnes  secum  pleniter  habeat,  vel  si  ipse  domi 
remanserit,  cum  illo  qui  pro  eo  in  hostem  proficiscitur  dirigantur.  Episcopus 
vero  vel  abbas  duo  tantum  de  casatis  et  laicis  hominibus  suis  domi  dimittant. 
Cap.  Bonon.  a.  811  c.7. 9  S.  173:  De  vasallis  dominicis  qui  adhuc  intra  casam 
serviunt  et  tarnen  beneficia  habere  noscuntur  statutum  est,  ut  quicumque  ex 
eis  cum  domino  imperatore  domi  remanserint,  vasallos  suos  casatos  secum  non 
retineant,  sed  cum  comitem  cujus  pagenses  sunt  ire  permittat.  Quicumque 
Über   homo   inventus   fuerit   anno   praesente   cum   seniore  suo   in   hoste   non 


1)  Dass  dies  nicht  ins  Jahr  803  gehören  könne,    sondern  jünger  sein  müsse  als 
das  vorher  angeführte,  hat  Roth  S.  397  ff.  überzeugend  dargethan. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  83 

füisse,  plenum ,  heribannum  persolvere  cogatur.  Et  si  senior  vel  comes  illius 
eum  domi  dimiserit,  ipse  pro  eo  eundem  bannum  persolvat;  et  tot  heribanni 
ab  eo  exiganlur  quod  (quot)  homines  domi  dimisit.  Et  quia  nos  anno  prae- 
sente  unicuique  seniorum  duos  homines  quos  domi  dimitteret  concessimus, 
illos  volumus  ut  missis  nostris  ostendant,  qnia  hisque  tantummodo  heribannum 
concedimus.  Etwas  abweichend  sind  die  Bestimmungen  des  Edictum  de  ex- 
peditione  Corsicana  a.  825  S.  242  und  späterer  Gesetze ,  auf  die  hier  nicht 
weiter  einzugehen  ist. 

Über  eine  besondere  Dienstpflicht  der  königlichen  Vassallen  als  solche 
finden  sich  erst  später  gesetzliche  Vorschriften 1).  Im  J.  850  zu  Marsen  ward 
der  wichtige  Grundsatz  ausgesprochen  c.  5  S.  395 :  Et  volumus  ut  cujus- 
cumque  nostrum  homo,  in  cujuscumque  regno  sit,  cum  seniore  suo  in  hostem 
vel  aliis  suis  utilitatibus  pergat;  nisi  talis  regni  invasio  quam  lantweri  dicunt, 
quod  absit,  acciderit,  ut  omnis  populus  illius  regni  ad  eam  repellendam  com- 
muniter  pergat.  Sie  sollen  auch  dann  dem  Herrn  in  den  Krieg  folgen  wenn 
kein  allgemeines  Aufgebot  zur  Landesvertheidigung  erfolgt.  Es  hängt  von 
der  Auslegung  des  Wortes  »nostrum «  ab  (ob  man  übersetzt  »eines  jeden 
von  uns"  oder  »eines  jeden  der  unsrigen«),  ob  man  es  auch  auf  die  After- 
vassallen  ausdehnen  will 2).  Dass  aber  die  Stellung  jener  es  mit  sich  brachte 
vorzugsweise  und  in  jedem  Augenblick  zum  Dienst  bereit  zu  sein,  dass  die 
allgemeine  Verpflichtung  wegen  der  besonderen  Treue  die  sie  gelobt  hatten 
noch  einen  mehr  persönlichen  Charakter  annahm,  wird  man  nicht  bezweifeln 
können  5).    Und  ebenso  war  gewiss  jeder  andere  Vassall  gehalten  seinem  Herrn 


1)  Wem  K.  Ludwig  einmal  einem  Vassallen,  dem  er  die  Vogtei  eines  Klosters 
übertrug,  verleiht:  quia  memorata  ad  peragendum  ei  injunximus,  ab  omni  hoste 
vel  wacta  sive  ab'  omni  publico  servitio  immunem  existere,  quatinus  advo- 
cationem  a  nobis  sibi  injunctam  liberius  atque  utilius  peragere  valeat,  Bouquet 
VI,  S.  600,  so  scheinen  nur  die  allgemeinen  Dienstverpflichtungen  gemeint 
zu  sein. 

2)  Die  letzte  Auslegung  haben  Gourcy  S.  243  u.  a. ,  und  sie  ist  allerdings  die 
nächstliegende. 

3)  So  sagt  selbst  Roth  S.  411:  „Die  Stellung  der  königlichen  Vassen  beruhte  eben 
darauf  dass  sie  jeden  Augenblick  zum  Dienste  des  Königs  bereit  sein  mussten, 

L2 


84  GEORG  WAITZ, 

Hülfe  und  Beistand  zu  leisten  wenn  dieser  ihrer  bedurfte;  wie  er  in  Abwe- 
senheit des  Herrn  die  Frau  und  das  Haus  zu  schützen  hat,  so  natürlich  auch 
jenen  selbst ,  wenn  dies  erfordert  ward.  Später  haben  besondere  Dienst- 
verträge es  genauer  geregelt :  und  auch  in  dieser  Zeit  mochte  es  durch  Beredung 
oder  auch  durch  Herkommen  bestimmt  werden.  So  wenig  daraus  dass  später 
das  Lehnrecht  als  allgemeine  Lehnspflicht  nur  die  Theilnahme  am  Reichsdienst 
kennt  geschlossen  werden  kann  dass  der  Vassall  nicht  auch  dem  Lehnsherrn  zu 
dienen  hatte  und  wirklich  diente,  ebenso  wenig  kann  der  Mangel  ausdrücklicher 
Bestimmungen  hierüber  in  der  Karolingischen  Zeit x)  berechtigen  die  Sache  selbst 
in  Zweifel  zu  ziehen.  Nur  wenn  solches  der  Fall  war,  hatte  es  Interesse 
die  Vassallen  eines  andern  für  sich  zu  gewinnen,  wie  es  von  Tassilo  gesagt 
wird  dass  er  die  Karls  an  sich  zu-  locken  gesucht  habe  (vassos  supradicti 
domno  rege  ad  se  adortasse,  Ann.  Laur.  maj.  a.  788,  Pertz  SS.  I,  S.  172), 
und  wie  solches  bei  den  Streitigkeiten  der  Karolinger  unter  einander  häufig 
vorkam. 

Der  Vassall  folgte  seinem  Herrn  auch  in  die  Fremde,  und  wenigstens 
manchmal  war  er  dazu  verpflichtet.  Pipp.  cap.  a.  757  c.  9  S.  28 :  Homo  Francus 
accepit  beneficium  de  seniore  suo  et  duxit  secum  suum  vasallum.  Cap.  a.  753 
c.  9  S.  23:  Si  quis  necessitate  inevitabili  cogente  in  alium  ducatum  seu  pro* 
vinciam  fugerit  aut  seniorem  suum,  cui  fidem  mentiri  non  poterit,  secutus  fueriL 

Das  ganze  Verhältnis  wird  manchmal  als  ein  Dienen  (servire)  bezeichnet, 
doch  ohne  dass  darin  etwas  herabsetzendes  und  unehrenhaftes  zu  sehen  ist: 
der  königliche  Vassall  dient  im  Pallast  und  im  Gericht  (in  palatio  und  in 
placitis;   s.  die  oben  S.  79  angeführten  Stellen}. 

Die  Vassallilät  wird  vielmehr  als  etwas  ehrenvolles  betrachtet.  Nament- 
lich sollten  die  königlichen  Vassallen  besonderer  Ehre  theilhaftig  sein2).     Cap. 


während  die  Dienstpflicht  der  Unterthanen  durch  Gewohnheit  bemessen  war". 
Ja  er  nimmt  an,  dass  die  Vassallen  jedem  Aufgebot  des  Senior  Folge  zu  leisten 
hatten,  was  ich  nur  in  dem  Sinn  wie  ich  im  Text  angegeben  für  begründet 
halten  kann. 

1)  Über  einige  Stellen  die  man  wohl  anführt  die  aber  mit  dem  Besitz  von  Bene- 
ficien  zusammenhängen  s.  unten. 

2)  Nach  Cap.  a.  817  c.  29  S.  219  stand  der  Vassall  in  Beziehung  auf  den  Unterhalt 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALL1TÄT.  85 

Ingelh.  a.  807  c.  9  S.  151 :  De  vassis  regalibus  ut  honorem  habeant  et 
per  se  aut  ad  nos  aut  ad  filios  nostros  caput  teneant  (die  letzten  Worte 
scheinen  nur  zu  heissen:  den  ersten  Platz  einnehmen).  Cap.  Langob.  a.  802 
c.  10  S.  104:  Ut  vassi  et  austaldi  nostri  in  vestris  ministeriis ,  sicut  docet, 
honorem  et  plenam  justitiam  habeant,  et  si  presentes  esse  non  possunt,  suos 
advocatos  habeant,  qui  eorum  res  ante  comitem  defendere  possint;  et  quic- 
quid  eis  queritur,  justitiam  faciant.  Const.  Olonn.  a.  823  c.  13  S.  233:  His 
vero  qui  se  nobis  commendaverunt  aut  in  futurum  commendaverint  volumus 
specialiter  hoc  honoris  Privilegium  concedere  prae  ceteris  liberis,  ut  in  quo- 
cumque  loco  venerint,  sive  ad  placitum  vel  ubicuraque,  omni  honore  digni 
babeantur  et  caeteris  anteponantur.  Et  quicquid  ad  querendum  habuerint, 
absque  ulla  dilatione  justitiam  suam  accipere  mereantur.  Cap.  Aquisgr.  a.  825 
c.  26  S.  246 :  Vassi  quoque  nostri  nobis  famulantes  volumus  ut  condignum 
apud  omnes  habeant  honorem,  sicut  a  genitore  nostro  et  a  nobis  saepe  ad- 
monitum  est 

Ausser  einem  gewissen  äusseren  Vorrang  sind  es  Vorzüge  in  Beziehung 
auf  gerichtliche  Verhältnisse  die  sich  finden.  Sie  sollen  vor  andern  auf  Erledigung 
ihrer  Rechtssachen  Anspruch  haben,  dürfen  sich,  wenn  sie  selbst  nicht  anwesend 
sein  können,  durch  andere  ([advocatos)  vertreten  lassen.  Einen  eximierten 
Gerichtsland  hatten  sie  nicht,  d.  h.  es  war  nicht  etwa  blos  das  königliche 
Gericht  dasjenige  in  dem  sie  Recht  empfangen  und  nehmen  sollten.  Vielmehr 
wird  mehrmals  ausdrücklich  eingeschärft,  dass  sie  beides  vor  den  Grafen  zu 
thun  haben.  Cap.  Mant.  c.  13  S.  41:  De  vassis  regalis,  de  jusütiis  illorum:  ut 
ante  comitem  suum  recipiant  et  reddanL  Const.  Olonn.  a.  825  c.  1 :  Si  autem 
vassallus  noster  in  hac  culpa  lapsus  fuerit,  .  .  .  per  comitem  distringatur. 
Doch  findet  der  König  es  nöthig  ausdrücklich  zu  bemerken,  dass  gesetzliche 
Vorschriften,  namentlich  Strafen  auf  seine  Vassallen  ebenso  gut  wie  auf  andere 


der  ihm  bei  Aufträgen  im  Dienst  des  Königs  geliefert  werden  musste  allerdings 
nicht  blos  einem  Abt  und  Grafen,  sondern  auch  dem  „ministerialis"  des  Königs 
nach.  Dies  Wort  bezeichnet  hier  aber  den  Beamten  überhaupt ;  s.  Fürth,  Mini- 
sterialen S.  24. 


86  GEORG   WAITZ, 

Anwendung  finden  sollen.  Cap.  de  exercitalibus  c.  1  S.  169  x).  Und  ihre 
Sachen  konnten  immer  leicht  an  das  königliche  Gericht  gebracht  werden,  und 
mussten  es  .unter  gewissen  Verhältnissen.  Die  Stelle  des  Cap.  Mant.  fährt 
fort:  Quod  si  non  audierit,  nobis  innotescatur  antequam  in  vinculis  mittatur. 
Cap.  a.  829  c.  7  S.  350 :  Et  si  quis  contemptor  inventus  fuerit  et  nee  episco- 
pum  nee  comitem  audire  velit,  si  noster  homo  fuerit,  ad  praesentiam  nostram 
venire  compellatur.  Vgl.  Form.  Baluz.  8 :  Jemand  (eine  Äbtissin)  beklagt  sich 
beim  König  wegen  »hominis  vassi  vestri«,  der  »multas  inquietudines«  geübt 
»et  nulla  justitia  apud  ipso  illo  consequere  posso",  und  bittet  um  Schutz. 
Beispiele  wo  ein  Vassall  des  Königs  vor  diesem  einen  Rechtsstreit  führt  fin- 
den sich  mehrfach;  z.B.  Ann.  Guelf.  a.  823,  Pertz  SS.  I,  S.  46:  Hatto  comes 
et  vassus  domni  regis  Peretolt  inter  se  aecusarent  coram  imperatore. 

Aber  auch  für  die  Vassalien  eines  andern  Herrn  bestanden  in  Beziehung 
auf  die  Gerichtsbarkeit  eigenthümliche  Verhältnisse.  Die  vorher  angeführte 
Stelle  der  Const.  Olonn.  fährt  fort:  Et  de  illorum  liberis  hominibus  qui  eis 
commendati  sunt  aut  fuerint,  si  ipse  senior  eos  secum  in  servitio  habuerit, 
propter  justitiam  faciendam  nee  distringantur  nee  pignerentur,  quousque  de 
nostro  servitio  reversi  fuerint.  Et  tune  si  quid  ab  eis  quaeritur,  primum  senio- 
ribus  eorum  admoneantur,  ut  justitiam  quaerentibus  faciant;  et  si  ipsi  facere 
noluerint,  tum  legaliter  distringatur.  Also  die  Vassalien  eines  königlichen 
Vassallen  können ,  wenn  und  solange  sie  mit  diesem  sich  im  königlichen  Dienst 
befinden,  nicht  gerichtlich  in  Anspruch  genommen  oder  gepfändet  werden. 
Die  letzten  Worte  lassen  sich  in  doppelter  Weise  verstehen:  entweder:  sie, 
die  Vassallen,  sollen  von  ihren  Herren  angehalten  werden  dem  Recht  Genüge 
zu  thun,  wenn  sie  es  nicht  thun,  werden  sie  gerichtlich  dazu  gezwungen; 
oder:  die  Herren  werden  angehalten  für  ihre  Vassallen  Genugtuung  zu  leisten, 
oder  wenn  sie  das  nicht  wollen,  werden  sie  gerichtlich  dazu  gezwungen. 
Ich  glaube  man  muss  die  erste  Erklärung  vorziehen;  aber  auch  dann  ergiebt 
sich  eine  Vertretung  der  Vassallen  durch  die  Herren;  man  gelangt  an  jene 
durch  diese;  erst  wenn  die  Aufforderung  der  Herren  ohne  Erfolg  geblieben 


1)  Über  die  ganz  misverständliche  Auslegung  welche  Roth  dieser  Stelle  gegeben 
hat  s.  unten. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  87 

ist,  tritt  die  öffentliche  Gewalt  ein.  Dem  entspricht  es  durchaus,  wenn  in 
den  Form.  Baluz.  3  (bezeichnet:  Conquestio  de  vasso  qui  justitiam  facöre  renuit) 
ein  Herr  sich  an  den  andern  deshalb  wendet,  weil  homo  noster1)  ...  ad  nos 
venit  et  nobis  dixit ,  eo  quod  vassus  vester  ...  res  post  se  malo  ordine  reteneat 
injuste  et  dixit  quod  nulla  justa  justitia  apud  ipso  exinde  consequere  possit. 
Propterea  solicitamus  vobis  precamus,  ut  hoc  (1.:  haec)  causa  diligenter  in- 
quirere  jubeatis,  ut  ipse  homo  noster  ...  sine  ulla  dilatatione  ad  suum  exinde 
debeat  perquirere  justitiam.  Ganz  ähnlich  ist  ebend.  N.  4,  nur  an  einen  Geist- 
lichen gerichtet.  Anderswo  vertritt  der  Herr  seinen  Vassallen  in  der  Weise 
dass  durch  ihn  allein  dieser  selbst  dem  König  zur  Bestrafung  vorgeführt  wer- 
den kann.  Earoli  Calvi  cap.  Silvac.  c.  4  S.  424:  Et  si  aliquis  missos  illorum 
non  obaudierit,  si  regis  homo  fuerit,  per  fidejussores  ad  illius  praesentiam 
perducatur.  Si  autem  alterius  homo  fuerit,  senior  cujus  homo  fuerit  illum 
regi  praesentet 

Hieran  reihen  sich  Bestimmungen  noch  etwas  anderer  Art.  Cap.  a.  779 
c.  21  S.  38:  Et  si  vassus  noster  justitiam  non  fecerit,  tunc  et  comis  et  missus 
ad  ipsius  casa  sedeant  et  de  suo  vivant  quousque  justitiam  faciat.  Der  Zu- 
sammenhang der  Stelle  (unmittelbar  vorher  geht,  wie  der  missus  mit  dem 
Grafen  zu  verfahren  hat  der  in  suo  ministerio  justitias  non  fecerit)  scheint  zu 
ergeben  dass  hier2)  das  »justitiam  facere«  nicht  bedeutet  »dem  Recht  Genüge 
thun«  in  Beziehung  auf  einen  dritten,  sondern  »das  Recht  handhaben,  aus-, 
üben«  in  Beziehung  auf  seine  Untergebenen:  dem  vassus  wird  so  wie  dem 
Grafen  eine  Gerichtsbarkeit  beigelegt ,  die  sich  nur  auf  Leute  beziehen  kann 
welche  wieder  ihm  commendiert  sind  oder  sonst  in  einer  Abhängigkeit  zu  ihm 
stehen  und  über  die  er  solche  Rechte  erlangt  hat.  Dem  entspricht  es  wenn 
das  Cap.  Aquisgr.  a.  825  c.  17  S.  245  verfügt,  nachdem  es  ausgesprochen  hat 
dass  jeder  Friedensstörer  im  Heer  bestraft  werden  soll:  et  senior,  qui  talem 
secum  duxerit,  quem  aut  constringere  noluit  aut  non  potuit,  ut  nostram  jus- 
•  sionem  servaret  et  insuper  in  nostro  regno  praedas  facere  non  timeret,  pro 
illius  neglegentia,  si  ante  eum  de  his  non  admonuerit  et  postquam  neglegentia 


1)  Dass  dieser  zugleich  „serviens  nosteru  heisst,  scheint  nur  eine  höfliche  Redeweise. 

2)  Anders  in  der  unmittelbar  vorher  angeführten  Stelle  aus  den  Form.  Bai.  3. 


68  GEORG   WAITZ, 

conteitfptoris  ad  ejus  notitiam  pervenerit  eum  corrigere  sicut  decet  neglexerit, 
honore  süo  privetur:  der  Herr  ist  es  der  zunächst  strafen  soll  und  wegen 
Versäumnis  der  ihm  obliegenden  Pflicht  ;selbst  zur  Strafe  gezogen  wird;  er 
wird  allgemein  für  sie  verantwortlich  gemacht ,  für  alle  wie  es  heisst,  qui  in 
suo  obsequio  in  tali  itinere  pergunt,  sive  sui  sint  sive  alieni  (ut  ille  de  eorum 
factis  rationem  se  sciat  redditurum);  auch  solche  die  nicht  seine  Vassallen 
(alieni)  sind  können  vorübergehend  in  ein  solches  Verhältnis  treten  welches 
hier  »obsequium«  genannt  wird,  ein  Wort  welches  auch  sonst  eine  Schutz- 
verbindung bezeichnet  (s.  unten). 

Bestimmter  und  genauer  noch  ist  das  Verhältnis  der  Herren  zu  ihren 
Vassallen  in  einem  spätem  Gesetz  Karl  des  Kahlen ,  aber  mit  Rücksicht  auf 
ältere  Gewohnheiten,  angegeben.  Conventus  ap.  Pistas,  adnunciatio  Karoli  c.  2 
S.  511:  Et  volumus  atque  jubemus,  ut  vassalli  episcoporum  abbatum  et  abba- 
tissarum  atque  comitum  et  vassorum  nostrorum  talem  legem  et  justitiam  apud 
seniores  suos  habeant  sicut  eorum  antecessores  apud  illorum  seniores  tempore 
antecessorum  habuerunt.  El  si  aliquis  episcopus  abbas  aut  abbatissa  vel  comes 
ac  vassus  noster  suo  homini  contra  rectum  et  justitiam  fecerit,  et  se  inde  ad 
nos  reclaraaverit,  sciat,  quia,  sicut  ratio  et  lex  atque' justitia  est,  hoc  emendare 
faciemus.  Die  Worte  beziehen  sich  zunächst  auf  die  rechtliche  Stellung  der 
Vassallen  gegen  die  Herren,  sie  zeigen  aber  zugleich  eine  gerichtliche  Gewalt 
der  letztern  an,  gegen  welche  dann  freilich,  wenn  sie  misbraucht  wird,  Schutz 
bei  dem  König  zu  erhalten  ist. 

Die  Hauptsache  ist  dass  die  Vassallen  unter  den  Schutz  des  Herrn  tre- 
ten; Schutz  haben  sie  von  ihm  zu  erwarten.  Wenn  der  Herr  denselben 
(defensionem)  da  nicht  leistet  wo  er  ihn  leisten  kann,  ist  es  nach  der  oben  S.  77 
angeführten  Stelle  der  Constitutio  de  liberis  et  vasallis  c.  2  ein  Grund  ihn  zu 
verlassen.  Damit  hängt  es  zusammen,  dass  unter  Umständen  der  Herr  für 
den  erschlagenen  Vassallen  Rache  zu  nehmen  oder  die  Composilion  zu  fordern 
hat.  Das  Capitulare  de  exercitalibus  a.  Sil  c.  6  S.  170  spricht  von  dem  Fall 
wo  Personen  die  in  » via  remaneant  expectantes  seniorem  suum«  sich  einen 
Raub  zu  Schulden  kommen  lassen,  deshalb  zur  Verantwortung  gezogen  wer- 
den und  dabei  das  Leben  verlieren.  Da  heisst  es:  incomposilus  jaceat;  et 
neque  senior  neque  propinquus  ejus  pro  hoc   nullam  faidam  portet  aut  com- 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  69 

motionem  facfat;  et.  si  fecerit,  nobis  et  gopulo  nostro  i&imicus  annotetur. 
Vgl.  Cap.  a.  850  e.  6  S.  406 :  Et  si  aliquis  ejus>  senior  aut  propinquus  propte* 
hoc  vindictam  facere  oonatuft  fuerit  etc.  Wie  der  Herr  Rache  flu  nehmen 
hat,  so  steht  ihm  auch  die  Befagnis  zu  Klage  zu  erheben.  In  Form.  Bign.  £ 
klagt  jemand  vor  Gericht,  dass  einer  hominem  suum  . ...  quondara  bene  in* 
genuum  in  via  raalo  ordine  ipsum  adsallisset  et  ipsum  ibidem  interfecisset. 

Passen  wir  diese  Bestimmungen  zusammen,  so  zeigt  sich  die  Vassallität 
als  eine  persönliche  Verbindung  zwischen  Freien ,  die  auf  die  rechtlichen  und 
sonstigen  Verhältnisse  derselben  einen  bedeutenden  Einfluss  bat:  der  Herr 
kann  die  VassaHen  zu  mancherlei  Diensten  verwenden,  führt  sie  im  Heer; 
hat  eine  gewisse  Gerichtsgewalt,  eine  Vertretung  gegen  die  öffentlichen 
Beamten;  er  verleibt  ihnen  seinen  Schutz;  die  Vassallität  ist  ehrenvoll.  Gilt 
das  da  wo  Private,  weltliche  oder  geistliche,  die  Herren  sind,  so  besonders 
wo  der  König  als  solcher  eintritt.  Die  Verbindung  mit  ihm  giebt  besondere 
Ehre,   der  Schutz  den  er  ertheilt  hat  besondere  Bedeutung. 

Dazu  kommt  die  Verbindung  in  welcher  die  Vassallität  mit  dem  Benefi- 
cialwesen  steht.  Die  Vassalien  sind  es  welche  regelmässig  als  Inhaber  von 
Beneficien  erscheinen.  Ich  fahre  zunächst  die  Stellen  der  Gesetze  an  in  denen 
dies  4er  Fall  ist.  Pippini  cap.  a.  757  c.  9  S.  28 :  Homo  Francus  accepit  bene- 
ficium  de  seniore  suo;  Cap.  a.  779  c.  9  S.  36:  Similiter  et  vassos  noster  st 
hoc  non  adimpleverit,  beneficium  et  honorem  perdat  Et  qui  beneficium  non 
habuerit,  bannum  splvat  (Cap.  Lang.  S.  37:  Similiter  et  vassi  dominici  ipsum 
exemplum  exinde  sustineant.  Et  qui  suprascripto  sacraraento  sine  perjurio 
jurare  neu  potuerit,  si  beneficium  habuerit  aut  actum,  per  ipsum  perdat,  et 
si  beneficium  non  habuerit,  bannum  dominicum  solvat).  Divisio  imp.  a.  806 
c.  9  S.  1 42 :  ut  post  nostrum  ex  hac  mortalitate  discessum  homines  unius- 
cujusque  eorum  accipiant  beneficia,  unusquisque  in  regno  domini  sui,  et  non  in 
alterius;  a.  817  c-9  S.  149:  *rt  post  discessum  nostrum  uniuseujusque  vasallus 
tantum  in  potestate  domini  sui  beneficium  propter  discordias  evitandas  habeat, 
et  non  in  alterius.  Cap.  Aqueo.  &  807  c.  6.  7  S.  149:  comites  et  vasalli  nostri 
qui  beneficia  habere  videntur  .,. .  ut  missi  nostri  per  'singulos  pagos  prae- 
videre  stadeant  omnia  beneficia  quae  nostri  et  aliorum  homines  habere  videntur. 
Cap.  Bcmon.  a.  807  c.  7  S.  173:  De  vasallis  dominicis  <jm  adhuc  intra  casam 
Ritt- Phil.  Classe.  VII  M 


00  GEORG   WAITZ, 

serviunt  et  tarnen  beneficia  habere  noscuntur.  Cap.  Aquisgr.  a.  807  c.  8  S.  174: 
Vt  non  solum  beneficia  episooporum  abbatom  abbatissarum  atque  comitum 
sive  vasallorum  nostrorum' . . . .  describantur.  Cap.  a.  821  c.  4  S.  230:  De 
vassis  noslris  qui  ....  in  longinquis  regionibus  sua  habent  beneficia.  —  Man 
vgl.  das  Praeceptum  pro  Hispanis  c.  6:  Et  si  beneficium  aliquod  quisquam 
eorum  ab  eo  cui  se  commendavit  fuerit  jgonsecutus ,  sciatse  de  illo  tale  ob- 
seqnium  seniori  suo  exbibere  debere  quäle  nostrates  homines  de  simili  beneficio 
senioribus  suis  exbibere  solent ;  und  die  spätere  Urkunde  für  dieselben! 
Bouquet  VI,  S.  487 :  qui  se  aut  comitibus  aut  vassis  nostris  aut  paribus  suis 
(vorher  heisst  es:  vel  etiam  ad  vassos  comitum)  se  commendaverunt  et  ab 
eis  terras  ad  habitandum  acceperunt,  sub  quali  convenieotia  atque  conditione 
acceperunt,  tali  eas  in  futurum  et  ipsi  possideant  et  suae  posteritati  tlere- 
linquant. 

Die  Stellen  ergeben,  dass  ein  Vassall  nicht  nolhwendjg  Beneficium  zu 
haben  brauchte,  in  manchen  Fällen  ein  solches  nicht  hatte.  Dagegen  kann 
nicht  bezweifelt  werden,  dass  wer  damit  bedacht  ward  die  Commendation 
leisten,  sich  in  die  Vassallität  begeben  musste  l). 

Roth  erkennt  die  Commendation  nur  als  Gewohnheit  bei  den  Inhabern 
königlicher  Beneficien  an,  S.  385.  480,  während  sie  offenbar  mehr  war  als 
das  and  allgemein  bei  allen  galt.  Er  will  diese  Commendation  ausserdem 
unterscheiden  von  der  welche  die  Vassallität  begründete. 

Aber  das  Einzige  was.  er  anführt:  es  wäre  sonst  nicht  erklärlich  dass. 
Bischöfe  Äbte  Grafen  und  Primores,  die  auch  ßeneficiare  waren,  von  den 
Vassalli  dominici  ausdrücklich  unterschieden  wurden,  trägt  wepig  aus.  Denn  was 
wir  finden  ist  nur  dass  in  manchen  Stellen  die  weltlichen  pnd  geistlichen 
Beamten  welche  Beneficien  haben  und  die  Vassalien  neben  einander  genannt  wer- 
den, jene  als  Beamte  besonders  aufgeführt,  diese  als  die  übrigen  welche  neben, 
ihnen  in  Frage  kommen2).    Cap.  Aquisgr.  a.  812  c.  7  S.  174:  Ut  non  solum 


T" 


1)  So  mit  Recht  schon  Gourcy  S.  225.     Lezardidre  II,  S.  75.     Guörard  S.  530. 

2)  Primores  werden  nicht  neben  den  andern  genannt,  sondern  es  heisst  nur  ein-» 
mal  V.  Hludowici  c.  50,   Pertz  SS.  II,  S.  644  ganz  allgemein:   Et  praesentes 

ü        quidem  Neustriae ,  prowaciae  primores  /Karqlo  et  manus  dederunt  et  fidelitatem( 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VAS9ALLITÄT.  91 

beneficia .  episcoporum  ab  bat  um  abbatissarum  atque  comitum  sive  vasallorum 
nostrorum ,  sed  etiam  nostri  fisci  describantur.  Ann«  Laurish.  a.  799 ,  Pertz 
SS.  I,S.  38:  inter  fidel  es  suos,  id  est  episcopos  presbyteros  comites  et  alios 
vassos  suos.  V.  Hludowici  c.  3,  Pertz  SS.  II,  S.608:  Ordinavit  autem  per 
totam  Aquilaniam  comifes  abbales  necnon  alios  plurimos  quos  vassos  vulgo 
vocant.  Ann.  Bert.  a.  837,  Pertz  SS.  I,  S.431 :  episcopi  abbates  comites  et  vas- 
salli  dominici  in  merooratis  locis  beneficia  habentes.  In  der  einen  Stelle  heisst 
es  ausdrucklich:  et  alios  vassos  suos;  Roth  selbst  (S.  586  n.  83)  führt  Bei« 
spiele  an  wo  ein  Abt  vassus  genannt  wird,  und  ich  sehe  durchaus  nicht 
warum  er  hinzusetzte  »Und  doch  werden  wir  kaum  annehmen  dürfen  dass 
diese  Geistlichen  wirkliche  vassi  dominici  gewesen  seien«,  noch  weniger  wie 
er  behaupten  kann,  »dass  die  königlichen  Vassalien  immer  noch  von  den 
übrigen  . Commendierten  unterschieden  werden«.  Wie  seine  ganze  Ausein- 
andersetzung hier  unklar  und  schwankend  ist,  so  komiht  er  aueb  zu  so  un- 
sicheren Aussprüchen  wie  der:  »Es  lässt  sich  wohl  kaum  unterscheiden,  ob 
sich  die  Commendation  der  Beneficiare  äusserlich  von  der  der  Vassalien  unter- 
schied«. Diese  Trennung  ist  eine  blosse  Fiction,  die  der  Begründung  in 
den  Quellen  gänzlich  entbehrt 1).  Und  so  ist  volles  Gewicht  auf  die  Stellen* 
zu  legen  nach  denen  für  jemanden  welcher  Beneficium  empfangen  oder  be- 
stätigt erhalten  will  die  Commendation  nothwendig  ist. 


sacramento  obstrinxerunt.  Hier  umfasst  das  Wort  beide  Klassen  zusammen. 
Roth  würde  manchmal,  wenn  er  die  in  den  Noten  citierten  Stellen  wirklich 
mittheilte,  seine  Behauptung  im  Text  selbst  widerlegen. 
1)  Nicht  anders  oder  wo  möglich  noch  übler  verhält  es  sich  mit  der  Idee,  man 
habe  darnach  gestrebt,  dass  die  Seniores,  d.  h.  solche  welche  Vassalien  unter 
sich  hatten ,  dem  König  persönlich  den  Fidelitfltseid  leisteten ;  wobei  dann 
freilich  hinzugesetzt  wird ,  es  sei  dies  nicht  rechtlich  ausgesprochen  worden, 
sondern  factisch  dadurch  erreicht  dpss  der  grösste  Theil  der  königlichen  Bene- 
ficien  in  der  Hand  der  grossen  Seniores  war.  Gewiss,  wer  jene  hatte,  musste 
sich  commendieren,  d.h.  auch:  dem  König  persönlich  Treue  schwören;  aber  die 
Commendation  ist  mehr  als  das,  und  von  solchen  besonderen  Nebenabsichten, 
wie  sie  Roth  hier  und  sonst  so  oft  annimmt,  ist  nichts  zu  merken.  Ebenso 
wenig  von  der  Absicht  die  Zahl  der  Senioren  auf  möglichst  wenige  zu  be- 
schranken. 

M2 


92  GEORG  WA1TZ, 

Es  kommen  besonders  mehrere  Briefe  des  Einhard  in  Betracht.  In  26 
(ed.  Teulet  II,  S,  38)  bittet  Einhard  um  Verwendung  für  einen  Freund  der 
ein  Beneficium  vom  Grossvater  und  Vater  des  Kaisers  (Lothar}  gehabt  bat, 
jetzt  aber  (wie  der  Zusammenhang  ergiebt,  da  dieser  eben  gefolgt  ist)  krank 
daniederliegt  und  nicht  persönlich  am  Hofe  erscheinen  kann:  »domnum  im- 
peratorem  rogare  dignemini ,  ut  permittat  se  habere  beneficium  ....  quousque 
viribus  receptis  ad  ejus  praesentiam  veneritac  se  solemni  more  couimendaverit«. 
Epist.  27  (ebend.  8.40)  scheint  sich  auf  denselben  Fall  zu  beziehen;  der 
für  den  gebeten  wird  heisst  vassus  dominicus:  »postulat  ul  sibi  liceat  benefi- 
cium suum  habere,  quod  ei  domnus  Karolus  imperator  dedit  ....  usque  dum 
ille  ad  praesentiam  ejus  venerit  ac  se  in  manus  ejus<iommendaverit«.  Es 
erscheint  als  Pflicht,  als  Bedingung  für  den  Wiederempfang  oder  Fortbesitz 
des  Beneficiums,  dass  man  sich  dem  neuen  Herrn  commendiert,  d.  h.  durch 
jene  symbolische  Handlung  der  Handreichung  sich  in  das  Verhältnis  der  Vas- 
saüilat  begiebt,  und  der  Kaiser  soll  nur  vorläufig  davon  dispensieren.  — 
Epist.  28  ist  von  dem  Fall  die  Rede,  wo  wegen  der  bei  der  Reichstheilung 
ausgesprochenen  Grundsätze  einer  sein  Gut  »ultra  Rhenum"  verlieren  soll;  es 
wird  der  Ausweg  ergriffen  dass  sein  Bruder  »cum  illo  quod  ultra  Hrenum  est 
se  ad  N.  (Hludowicum)  commendet«  und  beide  dann  ihr  gesammtes  Beneficium 
gemeinsam  haben.  Der  bisherige  Inhaber  und  sein  Geschlecht  werden  hier 
als  Besitzer  betrachtet  die  sich  mit  dem  Gut  dem  neuen  Herrn  ergeben;  dass 
aber  von  diesem  die  Bestätigung  ganz  abhing,  zeigt  der  Zusammenhang  aufs 
deutlichste.  —  In  52  aber  (Teulet  a.  a.  0.  S.  94)  wird  Lothar  für  einen  Freund 
gebeten:  ut  eum  suscipere  dignemini,  et  quando  in  vestras  manus  se  com- 
iqendaverit,  aliquam  consolationem  ei  faciatis  de  beneßciis  quae  hie  in.nostra 
vicinia  absoluta  et  aperta  esse  noscunlur.  Est  enim  bomo  nebilis  et  bonae 
fidei,  bene  quoque  doetus  ad  servienduro  utilius  in  quaiieumque  negotio  quod 
et  fuerR  injunetum.  Servivit  enim  avö  et  patri  Vestfo  fideliter  dt  strenue. 
Nach 'den  letzten  Worten  isl  es  möglich,  wie  Roth  (SJ  428  n.  49)  annimmt, 
dass  er  Vassall  Ludwig  des  Frommen  und  Karl  des  Grossen  war.  obschon 
das  z>servire«  auch  allgemeiner  verstanden  werfleq  kann;  aj>er  ein  Vassall 
des  Lothar  war  er  jeden Wls  nqcl^  nicht,  wollte  e3  <  aber  werden  um  ein 
Beneficium   zu   erhalten.  —     Ebenso    wichtig   ist  53    (Teulet  a.  a.  0.  •  S.  96), 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  93 

mir  lückenhaft  und  deshalb  nicht  ganz  klar;  doch  bat  der  Herausgeber  wohl 
den  Zusammenhang  richtig  erkannt  und  auch  im  ganzen  glücklich  ergänzt 
Einbard  schreibt ,  wie  es  scheint ,  an  den  König  Ludwig  den  Deutschen  und 
entschuldigt  sich,  dass  er  nicht  vor  ihm  erschienen  und  den  Eid  geleistet,  sich 
vielmehr  bei  Lotbar  eingefunden  habe;  es  sei  geschehen,  weil  er  nicht  gewusst 
wie  die  Theilung  ausfallen  werde:  [»increbuerjat  enim  fama,  quod  illa  portio 
erientaMum  ....  Francorum  ....  [in  qua]  parvum  beneficium  habeo  ad  regnum 
domni  Hl(otharii)  pertinere  debebat  Nun  ersuche  er  ihn  dringend  ihm  das- 
selbe zu  lassen,  [donec]  a  domno  HL  licentiara  accepero  ad  vos  veniendi  et 
in  vestras  [mannst  me  comra]endandi ,  si  hoc  ullatenus  impetrare  potuero. 
Auch  hier  erscheint  die  Commendation  als  Bedingung  für  den  Besitz  des  Be- 
neficiums,  und  auch  ein  Abt,  was  damals  Einhard  zu  St.  Bavo  war,  sehen 
wir,  leistete  sie  um  dasselbe  zu  erlangen:  nur  die  persönliche  Beziehung 
zu  Lotbar  macht  ihm  ^  eine  Schwierigkeit.  Ich  füge  dem  noch  ep.  2  hinzu, 
wo  Einbard  von  einem  Bebo  schreibt:  ego  beneficium  illi  dedi  de  monasterio 
S.  Chlodowaldi  propter  hoc  quod  (so  ist  offenbar  zu  lesen,  nicht  qoi)  mihi 
bene  serviebat.  Sed  postquam  euro  domno  Hlothario  eommendarvi,  Hnpetravi 
a  domno  imperatore,  at  ei  eonfirmationetn  faceret  de  eodem  beneficio  ad  dies 
vitae  suae.  ! 

Andere  Stellen  sind  hiermit  vdllig  in  Übereinstimmung1).  Da  Ludwig 
der  Fromme  seinem  Sohn  Karl  bestimmte  Provinzen  überträgt,  heisst  es, 
Ann.  Bert.  a*S37,  Pertz  SS.  I,  S.  431:  sicqne  jubente  imperatore  in  sui  prae- 
sentia  episcopi  abbates  comites  et  vassalli  dommici  in  memoratis  locis  bene- 
ficia  habentes  Carolo  se  commendavernnt  et  fidelitatem  sacramento  firmaverunt. 
Um  die  Beneficien  zu  bebalten,  coftnaendieren  sie  sich;  Wie  hier  bei  einem 
neuen  König  eine  n^üe  Commendation  nöthig  ist,  nm  das  erhaltene  Gut  (oder 
Affltyzü  behalten,  so  findet  sie  auch  statt,  da  einer  von  Karl  dem  Gr.  die 
Bestätigung  einer  von  dem  Sohn  Ludwig  in  Aquitanien  ertheilten  Verleihung  will. 


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1)  Hierher  wird  auch  die  Stelle  geh örea  welche  sich  in  einer  fälschlich  dem  Au- 
gustin zugeschriebenen  Predigt  findet  (angeführt  bei  Ducange  s.  v.  beneficium, 
ed.  Henschel  I,  S.  t?50):  Not  um  est  quod  iflilftes  saeculi  beneficia  temporalia  a 
lempor^libus  dqnpinis  accepturi,  prius  müitaribus  saoramontis  obligantüf  et  do- 
minis  suis  fidem  se  servaturos  profitenfer.    Si«  wird  wohl  aus  dem  9.  Jahrb.  sein. 


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94  ;  ./GEORG  WAITZ*     1  ; 

Bouquet  V,  S.  778 :  in  manibus  nostris  se  commendavit  et  petivit  a  nobis  etc. 
Nach  Karls  Tod  sucht  derselbe  wieder  die  Bestätigung  Ludwigs,  ebend. 
VI,  S.  472:  in  manibus  nostris  se  commendavit  et  petivit  nobis  sua  eprir 
sione  >)  etc.  In  einer  Urkunde  Karls  für  Le  Alans,  Bouquet  V,  S.  757,  heisst 
es  von  den  durch  den  König  zu  Beneficien  vergabten  Kirchengütern,  sie 
sollen  an  das  Bisthum  zurückfallen:  quando  quisque  de  Ulis  qui  saepedictae 
ecclesiae  beneficia  nostra  largitate  habent,  de  hoc  seculo,  infantibus  masculis 
non  natis  vel  nobis  non  commendatis,  migraverint.  Der  Mangel  der  Commen- 
dation  lässt  das  Gut  verloren  gehen. 

Was  Roth  einwendet,  dass  auch  gewöhnliche  Untertbanen,  fideles,  im 
Besitz  von  königlichen  Beneficien  sich  befunden  hätten,  beweist  nichts  da- 
gegen. Die  Stellen  die  er  anführt  (8.  429  n  56)  lassen  durchaus  nicht  er- 
kennen, dass  die  von  denen  die  Rede  ist  keine  Vassalien  sind,  wenn  sie  auch 
hier  nicht  so  bezeichnet  werden  2).  In  mehreren  werden  allgemein  Franken 
Langobarden  Sachsen  wie  anderswo  Friesen  als  Inhaber  von  Beneficien  ge- 
nannt; in  einer  andern  beisst  es,  Cap.  a.  806  c.  6  S.  144:  et  comites  et  alii 
homines  qui  nostra  beneficia  habere  videntur,  wo  »homines«  gerade  sehr  wohl 
so  viel  wie  Vassalien  sein  kann,  am  wenigsten  diese  ausschliesst;  Cap.  a.  806 
c.  8  S.  145  aber  zählt  in  einer  Weise  alle  Inhaber  königlicher  Beneficien  auf: 
omnes  episcopi  abbales  abbatissae  obtimates  comites  seu  domestici  et  cuncti 
fideles  qui  beneficia  regalia  ....  habere  vide[n]tur,  dass  man  deutlich  sieht  wie 
es  nur  darauf  ankommt  alle  die  namhaft  zu  machen  welche  überhaupt  Bene- 
ficien haben  konnten:  dazu  gehörten  natürlich  alle  fideles;  aber  alle  diese 
konnten  auch  Vassalien  sein,  und  brauchten  nicht  in  jeder  Stelle  ausdrücklich 
so  genannt  zu  werden.  Niemand  wird,  wenn  es  später  heisst:  alle  Grafen 
Ritter  und  andere  Getreue  welche  Lehen  haben,  schliessen  dass  es  Leute  gebe 
die  Lehn  haben  ohne  Vassalien  zu  sein.     Gerade  wenn  sie  dies  sein  roussten, 


1)  Dies  Wort  heisst  nicht,  wie  Lezardiere  II,  S.  365  meint,  geradezu  beneficium, 
sondern  bezeichnet  ein  neu  gerodetes  Land,  welches  aber  zugleich  Beneficium 
sein  kann. 

2)  In  der  von  Roth  auch  angeführten  Stelle  des  Cap.  a.  779  c.  8  S.  36  ist  vollends 
nicht  von' gewöhnlichen  Untertbanen,  sondern  von  den  Inhabern  einer  Immunität 
neben  dem  Vassus  dominicus  die  Rede. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALL1TÄT.  95 

war  es  am  wenigsten  noth  sie  jedesmal  so  zu  bezeichnen,  obschon  es  in  den 
meisten  Fällen  geschieht  In  den  königlichen  Urkunden  werden  die  Inhaber 
von  Beneficien ,  wenn  es  nicht  Grafen  sind ,  meistens  auch  als  Vasallen 
benannt. 

Roth  sagt  weiter:  »Noch  bezeichnender  ist,  dass  auch  solche  Personen 
die  im  Seniorat  eines  Untertbanen  standen,  Beneficien  unmittelbar  vom  König 
erhalten  konnten «.  Das  ergeben  aber  die  angefahrten  Stellen  keineswegs, 
sondern  nur,  dass  Leute  anderer  königliche  Beneficien,  d.  h.  königliches  Gut 
zu  Beneficium,  hatten.  Cap.  Aquen.  a.  807  c.  7  S.  140:  Volumus  itaque  atque 
praecipirous ,  ut  missi  nostri  per  singulos  pagos  praevidere  studeant  omni« 
beneficia  quae  nostri  et  aliörum  homines  habere !  videntur.  Auf  solche  After- 
verleihungen weist  das  Cap.  a.  806  c.  7  S.  144  hin,  das  wohl  die  Übertragung 
königlichen  Beneficiums  zu  Eigenthum  verbietet,  aber  nicht  gegen  ein  Aus- 
geben zu  anderem  Rechte  spricht.  Die  Worte  der  ersten  Stelle  würden  an 
sich  nicht  fordern  >  dass  diese  neue  Ertheilung  auch  wieder  als  Beneficium  er» 
folgte  —  sie  konnte  vielleicht  auch  unter  anderm  Titel  geschehen  ~-,  aber  es 
hindert  nichts  anzunehmen  dass  eine  solche  jetzt  wie  später  erlaubt  war  und  vor- 
kam. Und  dass  es  geschah ,  zeigt  ganz  entschieden  eine  Urkunde  Ludwig  des 
Frommen ,  Bouquet  VI,  S.  493 :  quicumque  ex  largitione  nostra  vel  comitum  aut 
vassorum  nostrorum  de  rebus  praefati  monasterii  beneficia  habetis ;  wo  die 
letzten  natürlich  von  den  Grafen  und  Vassen  das  ihnen  von  dem  König  er- 
theilte  Kirchengut  weiter  zu  Beneficium  empfangen  hatten;  vorher  heisst  es: 
Noveril  utilitas  fidelium  nostrorum,  comitum  videlicet  et  vassorum  nostrorum, 
vel  quisquis  beneficia  ex  raüone  monasterii  s.  Michaelis  habere  videtur. 

Eine  andere  Frage  ist,  ob  die  Commendation  auch  für  diejenigen  nöthig 
war  welche  Ämter  empfingen.  Das  Wort  welches  zur  Bezeichnung  des  Amtes 
regelmässig  gebraucht  wird  ist  honor.  Cap.  a.  779  c.  9  S.  36  und  37 ,  wo 
der  Fränkische  Text  sagt:  beneficium  et  honorem  perdat,  der  Langobardische : 
si  beneficium  habuerit  aut  actum,  per  ipsum  perdat.  Vgl.  die  aus  einem 
handschriftlichen  Chartular  von  Guörard  (Irminon  S.  529  n.)  angeführte  Stelle, 
wo  es  von  einem  servus  der  vicarius  ist  heisst:  honor  ejus  S.  Petro  remaneat. 
Anderes  hat  Roth  S.  432,  angeführt,  und  zugleich  bemerkt,  dass  seit  der 
Mitte  des  9ten  Jahrhunderts  der  Sprachgebrauch  sich  allerdings  geändert,  honor 


1H>  *;  ;.J       -GEORG  WAITZ,  J-ii    >!.J 

wesentlich  die  Bedeutung  von  beneficium  erhalten  bat.  Aber  ursprünglich 
war  «dies  nicht  der  Fall x).  Dass  beides  regelmässig  verbänden  "war/  unterliegt 
freilich  keinem  Zweifel  Ich  muss  auch  gegen  Roth  (S.  430)  daran  festhalten 
dass  gewisse  Beneficien  eben  zu  dem  Amt  als  solchem  gehörten.  Dafür 
spricht  dass  ein  und  dasselbe  Beneficium  sich  längere  Zeit  in  der  Hand  der 
sich  in  einem  Gau  folgenden  Grafen  befand  (Roth  S.  431  n.  67) ,  spricht 
namentlich  die  Stelle  des  Cap.  a.  817  c,  26  S.  218:  Ut  missi  nostri,  qui  vel 
episcopi  vel  abbates  vel  comites  sunt,  quamdiu  prope  stratn  beneficium  faerint, 
nihil  de  aliorum  eonjecto  accipiant;  postquam  vero  inde  longe  reces gerint,  tunc 
accipiant  secundum  quod  in  sua^tractoria  continetur:  hier  wird  offenbar  vor- 
ausgesetzt dass  jeder  Graf  als  solcher  ein  Beneficium  hat*);  bei  dem  Bischof 
und  Abt  sind  an  die  seinem  Stift  verliehenen  königlichen  Güter  zu  denken. 
Wenn  die  Stelle  fortfährt:  Vassi  vero  nostri  et  ministeriales  qui  missi  sunt 
ubicumque  venerint  conjectum  accipiant,  so  kann  man  dies  nur  so  erklären 
dass  diese  ihr  Beneficium  nicht  um  eines  Amtes  willen  erhalten  hatten  und 
deshalb  auch  nicht  gehalten  waren  die  Kosten  amtlicher  Thtttigkeit  davon  zu 
tragen.  Dass  man  später  solche  Güter  welche  mit  dem  Amt  verbunden  waren 
von   den   anderen  persönlichen  Beneficien  unterschied,    ist  begreiflieb,    auch 

• 

zuzugeben,  dass  man  dann  vorzugsweise  nur  die  letzteren  als  Beneficien  be- 
zeichnete, für  die  andern  andere  Ausdrücke  suchte;  Roth  S.  431  n.  623). 
Aber  wie  eng  verbunden  auch  Amt  und  Beneficium  sein  mochten,  zusammen- 
fallen thaten  sie  vor  der  Mitte  des  Oten  Jahrhunderts  nicht;   man  unterschied 


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1)  Weniger  genau  sagt  Gu6rard,  honor  sei  ein  Beneficium  mit  Amt  oder  wenn 
man  wolle  Amt  mit  Beneficium. 

2)  Die  Grafschaft  selbst  wird  in  dieser  Zeit  niemand  unter  dem  Ausdruck  verstehen 
wollen.  , 

3)  In  einer  der  hier  angeführten  Stellen,  eiaer  Urkunde  Ludwig  des  Fr.,  Bouq*et 
VI,  S.  509,  steht  neben  einander:  Land  „de  fi&co  nostro  quem  W.  in  beneficium 
habetu  und  „de  fisco  nostro  quem  Hr.  comes  in  ministerium  habet",  wo  dies  aber 
doch  eigentlich  nur  ein  Beneficium  bezeichnet  das  mit  dem  Amt  oder  um  des 
Amtes  willen  gegeben  ist.  Ein  wirklicher  Gegensatz  findet  sich  nur  in  der 
Formel,  Bouquet  VI,  & 446:  comes  ille  ex  comitatn  *uo  aut  beneficio  suo,  wo 

Jenes  das  mit  der  Grafstrhaft,  dies  das  ausserdem  verliehene1  Out  bezeichnet.  * 


ÜBER  DIB  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  97 

vielmehr  beide  bestimmt  von  einander  und  führte  sie  neben  einander  auf; 
s.  vorher  Cap.  a.  779  c.  9.  Cap.  Bonon.  a.  811  c.  5  S.  173:  honorem  suum 
et  beneficium  perdat.  Wenn  also  der  Beamte  als  solcher  sich  hat  com- 
mendieren  müssen ,  so  ist  es  nicht  geschehen  weil  sein  Amt  selbst  als  Bene- 
ficium  betrachtet  und  behandelt  wurde  iy 

Dagegen  dass  jenes  der  Fall  war  würde  die  oben  angeführte  Stelle  der 
Ann.  Bert,  sprechen,  wenn  die  Worte  »in  memoratis  locis  beneficia  babentes« 
sich  nicht  blos  auf  die  vassalli  dominici,  die  unmittelbar  vorhergehe*,  sondern 
auch  auf  die  weiter  voranstehenden  episcopi  abbates  und  comites  bezögen: 
dies  anzunehmen  sind  wir  aber  freilich  nicht  berechtigt  Und  anderswo 
stehen  allerdings  die  Inhaber  der  honores  den  Beneficiaren  gleich.  Nithard 
DD,  c.  2:  der  Herzog  Bernhard  schickt  seinen  Sohn  zum  König  Karl,  et,  si 
honores  quos  idem  in  Burgundia  habuif  eidem  donare  vellet,  ut  se  Uli  common« 
daret,  praecepit;  ich  glaube  nicht  dass  es  erlaubt  ist  »honores«  hier  schon 
allgemein  für 'Beneficien  zu  nehmen.  Andere  Stellen,  die  allgemein  der  Com- 
mendation  der  Grossen  erwähnen,  lassen  unbestimmt  ob  diese  wegen  Ämter  oder 
Beneficien  stattfindet.  V.  Hludowici  c.  59 :  Et  praesentes  quidem  Neustriae 
provintiae  primores  Karolo  et  manns  dederunt  et  fidelitatem  sacramento  obstrin- 
xerunt,  absentium  autem  quisque  postea  itidem  fecit;  vgl.  die  oben  S.  75  an- 
geführte Stelle  vom  Wala  ebend.  c.  21,  auch  c.  61.  Nithard  I,  6.8.  Doch  wird 
wenigstens  nirgends  auf  Beneficien  ausdrücklich  Bezug  genommen.  Merk- 
würdig ist  besonders  eine  spätere  Stelle  der  Ann.  Bert.  a.  877 ,  Pertz  SS.  II, 
S.  504,  die  hier  noch  erwähnt  werden  mag:  et  episcopi  se  suasque  ecclesias 
illi  ad  debitam  defensionem  et  canonica  privilegia  sibi  servanda  commendave- 
runt,  profitentes  secundum  suum  scire  et  posse  juxta  suum  ministerium  consilio 
et  auxilio  illi  fideles  fore;  abbates  autem  et  regni  primores  ac  vassalli  regis 
se  illi  commendaverunt  et  sacramentis  secundum  morem  fidelitatem  promiserunt. 
Allerdings  wird  hier  die  Commendation  der  Bischöfe  ihrem  Inhalt  nach  noch 


1)  So  sagen  Eichhorn  $.167,  Phillips  D.6.  II,  S.461.    Dagegen  auch  Roth  S.  432. 
In  der  von  Phillips  angeführten  Stelle  der  Ann.  Bert.  p.  839,  Pertz  SS.  I,  S.  434 : 
Suorum  quoque  complures  non  solum  proprietatibus,  verum  etiam  beaefioiariis 
donavit  honoribns,  steht  das  letzte  schon  für  Beneficium  im  allgemeinen. 
Hitt.-Philol.  Classe.  VII.  N 


98 


GEORG   WAITZ, 


von  der  der  übrigen  unterschieden  l);  doch  versprechen  auch  sie  nach  der 
mitgetheilten  Formel  des  Eides  dem  König  Treue,  »sicut  episcopus  recte 
seniori  suo  debitor  est«.  Gerade  auf  Bischöfe  beziehen  sich  dann  andere 
Zeugnisse ,  wo  von  Beneficien  gar  keine  Rede  ist.  Rimbert  lässt  den  Adelgar, 
da  dieser  als  sein  Nachfolger  anerkannt  wird,  zugleich  per  manus  acceptionem 
hominem  regis  fieri,  V.  Rimberti  c.  21,  oben  S.  74;  Karl  der  Kable  sagt  von 
Wenilo  von  Sens,   Conventus  ap.  Saponarias  c.  1   S.  462:   metropolis  Seno~ 

num,   quam   Weniloni   tunc  clerico  meo  in   capella   mea   mihi   servienti, 

qui  more  liberi  clerici  se  mihi  commendaverat  et  fidelitatem  sacramento  pro- 

miserat ,  ad  gubernandum  commisi.     In  diesen  Berichten  stellt  sich  freilich 

die  Gommendation  nicht  gerade  als  ein  durchaus  notwendiges  Erfordernis 
dar;  beim  Wenilo  scheint  sie  auch  der  Erlangung  des  Erzbisthums  schon 
geraume  Zeit  vorangegangen  zu  sein;  immer  zeigt  sich  aber  dass  sie  auch 
mit  einem  geistlichen  Amte  häufig  verbunden  ward2),  dass  bei  einem  neuen 
König  Geistliche  und  Weltliche  sie  aufs  neue  leisteten,   ohne  dass  man  den 

i 

Anlass  dazu  direct  auf  den  Besitz  von  Beneficien  zurückführen  könnte. 

Das  gleich  zu  Anfang  angeführte  Beispiel  des  Tassilo  lehrt,  dass  die 
Gommendation  schon  vor  Beginn  der  Karolingischen  Zeit  auch  auf  höhere 
politische  Verhältnisse  angewandt  ward :  wir  haben  allerdings  Grund  anzunehmen 
dass  es  damals  das  erste  Mal  war  dass  es  geschah.  Eben  sie  ist  ohne  Zweifel 
gemeint,  wenn  es  von  dem  König  Bernhard  von  Italien  beisst,  Tbegan  c.  13: 
tradidit  semet  ipsum  ei  (K.  Ludwig)  ad  procerem  (andere  Handschrift:  ad 
obsequium)   et  fidelitatem   cum  juramento   promisit 3).      Denn  selbst  die   als 

1)  Wenn  die  Äbte  den  Weltlichen  gleichgestellt  werden,  so  hängt  das  damit  zu» 
sammen  dass  die  Abteien  gerade  als  Beneficien  verliehen  wurden,  wie  es  das 
Cap.  a.  783  c.6  S.  46  ausdrücklich  ausspricht:  De  rnonasteria  et  senodochia ,  qui 
per  diversos  comites  esse  videntur,  ut  regales  sint,  et  quicumque  eos  habere 
voluerit,  per  beneficium  dono  regis  habeant.    Vgl.  Roth  S.  347. 

2)  Wenn  Geistliche  im  J.  838  schreiben :  et  nos  episcopi  Deo  consecrati  non  sumus 
hujusmodi  homines,  ut  sicut  homines  seculares  in  vassalatico  nos  debeamus 
cuilibet  commendare ,  so  bezieht  es  sich  nur  auf  die  Commendation  an  andere 
als  den  König,  zu  der  sie  nicht  gehalten  waren. 

3)  Thegan  c.  22  sind  die  Worte:  „et  commendati  sunt"  von  dem  sich  ergebenden 
Bernhard  mit  seinen  Freunden  in  der  einen  Classe  der  Handschriften  das  dem: 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  99 

1 

Könige  eingesetzten  Söhne  bezeichnete  K.  Ludwig  als  seine  Vassalien  nach 
V*  Walae  II,  c.  17,  Pertz  SS.  II,  S.  563  :  Mementote  etiamquod  mei  vassalli 
estis  mihique  cum  juramento  fidem  firmastis.  Ebenso  findet  die  Sache  bei 
auswärtigen  Fürsten  Anwendung.  Der  König  der  Abodriten  heisst  vassns 
Karl  des  Gr.,  Ann.  Lauresh.  a.  795,  Pertz  SS.  I,  S.  36;  von  dem  Dänen 
Harald  wird  gesagt,  V.  Hludowici  c.  24:  ad  imperatorem  Hluduicum  confugium 
fecit  et  juxta  morem  Francorum  manibus  illius  se  tradidit,  vgl.  Erm.  Nigellus 
IV,  v.  601  sqq.  (oben  S.  75);  ebenso  von  dem  Herzog  der  Bretagne  Salomon, 
Ann.  Bert.  a.  863 :  seque  Uli  (Karl  dem  K.)  commendat  et  fidelitatem  juraL 
Und  zwar  wird  die  Commendation  meist  nicht  allein  auf  die  Person  des  Für- 
sten ,  sondern  auch  auf  sein  Land  bezogen.  '  Bei  der  Wiederholung  des  Actes 
bei  Tassilo  unter  Karl  dem  Gr.  sagt  eine  Quelle,  Ann.  Guelf.  a.  787,  a.a.O. 
S.  43 :  et  reddit  ei  ipsam  patriam  cum  baculo  in  cujus  capite  similitudo  hominis 
erat  scultum;  vgl.  die  Ann.  Nazar.  ebend.;  nur  scheint  dieses  Sinnbild  sich 
eher  auf  die  herzogliche  Gewalt  als  auf  das  Land  bezogen  zu  haben.  Von 
dem  König  der  Wilzen  wird  gesagt,  Ann.  Nazar.  a.  789,  ebend.  S.44:  ipsi 
jam  praefato  regi  illam  patriam  commendavit,  ebenso  von  dem  Herrscher 
Barcelonas,  Ann.  Laur.  a.  797  S.  182:  domno  regi  semet  ipsum  cum  civitate 
commendavit.  Die  Hauptstelle  aber  ist  die  oben  angeführte  des  Nigellus  über 
die  Commendation  des  Harald: 

Mox  manibus  junctis  regi  se  tradidit  nitro, 

El  secum  regnum,   quod  sibi  jure  fuit. 
»Suscipe,  caesar,  ait,  me  necnon  regna  subacta; 

Sponte  tuis  memet  confero  servitiis«. 
Es  hat  dies  eine  gewisse  Verwandtschaft  damit  wenn  einer  sein  Land 
einem  Herrn  auftrug  und  es  zum  Niessbrauch  oder  Beneficium  wiedererhielt; 
und  auch  hei  Commendationen  von  Untertbanen  an  den  König  findet  sich  ähnliches; 
s.  die  Stelle  aus  der  Epist.  Einhardi  28:  cum  illo  quod  ultra  Rhenum  est  se 
ad  N.  commendat,   wo  das  Gut  aber  vorher  schon  Beneficium  gewesen  zu 


„et  sese  repraesentabant u  der  andern  entsprechende;  es  durfte  daher  nicht 
beides  neben  einander  in  den  Text  gesetzt  werden.  Es  bezeichnet  hier  übri- 
gens die  Übergabe  zur  Bewachung  wie  c.  37.  48  (commendavit  eum  ad  custo- 
diendum). 

N2 


100  GEORG  WAITZ, 

sein  scheint1).  Doch  bin  ich  zweifelhaft,  ob  man  diesen  Ausdruck  (benefi- 
cium) wirklich  schon  auf  jene  mehr  politischen  Verhältnisse  anwenden  darf. 
Es  beisst  Ann.  Laur.  a.  748  S.  137:  Tassilonem  in  ducatu  Bajoariorum  eon- 
locavit  per  suum  beneficium;  bei  Einhard  a.  748  S.  138.:  Grifo  seien  12  Graf- 
Schäften  gegeben;  sed  ille  tali  beneficio  contentus  non  erat.  Man  wird  das 
Wort  hier  vielleicht  in  der  eigentlichen  Bedeutung  »Wohlthat«  zu  nehmen 
haben. 

Nicht  weil  ihr  Land  oder  ihr  Amt,  Königlhum,  Hereoglbum,  Grafschaft, 
ein  Beneficium  war,  hatten  sich  die  Genannten  dem  König  zu  commendieren ; 
sondern  die  Commendation  oder  die  durch  diese  begründete  Vassallittbt  war  die 
Form  der  persönlichen  Verbindung  und  Ergebenheit,  in  die  sich  alle  begeben 
mussten,  die  unter  dem  König  eine  Stellung  einnahmen,  eines  Vortheils 
gemessen  wollten,  mochte  dieser  aus  dem  Besitz  von  Land  oder  einem  Amt 
entspringen.  Es  ist  die  Begründung  und  Betätigung  besonderer  Treue  auf 
die  es  in  allen  diesen  Verhältnissen  ankommt.  Aber  eben  damit  bat  die 
Vassallitöt  eine  Ausdehnung  gewonnen  weit  über  ihre  ursprünglichen  Grenzen 
hinaus.  Eine  noch  höhere  Bedeutung  erlangten  diese  Verhältnisse  dann  als  sie 
Anwendung  fanden  auf  die  Normannen,  die  sich  innerhalb  des  Fränkischen 
Reiches  niederliessen  und  denen  man  grössere  oder  kleinere  Landstriche  über- 
liess;  zuerst  schon  im  J.  877,  Ann.  Bert.,  Pertz  SS.  I;  S.  496:  ut  primores 
eorum  ad  illura  venerint  seque  illi  commendaverint  et  sacramenta  qualia  jussit 
egerint  etc.  Nichts  ist  für  die  Fortbildung  der  Sache  wichtiger  geworden  als 
dies,  aber  es  führt  auch  über  die  Grenzen  hinaus  welche  dieser  Untersuchung 
gesteckt  sind. 

Bisher  war  von  solchen  die  Rede  welche  Beneficien  oder  Ämter  von 
dem  König  erhalten  hatten.  Es  fragt  sich,  wie  es  sich  mit  denen  verhielt 
welche  Beneficien  von  Privaten,  Kirchen  oder  Weltlichen,  hatten.    Auch  von 


1)  Es  bleibt  zu  untersuchen,  inwiefern  das  Aufgeben  der  Freiheit  und  des  Eigen- 
tums arn  Lande  das  die  Sachsen  vornahmen  und  das  mit  einer  symbolischen 
Handlung  „manibus"  geschah ,  hiermit  zusammenhängt  Ann.  Laur.  a.  776, 
Pertz  I,  S.  156:  reddiderunt  patriam  per  wadium  omaes  manibus  eoru«;  a.  777 
ebend.  S.  158:  secundum  morem  Worum  omaem  ingenuitatem  etalodem  manibus 
dulgtum  fecerunt,  si  amplius  immolassent. 


r. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  101 

ihnen  wird  die  CommendaÜon  verlangt1).  Concil.  Tnron.  a.  813  c.  45,  5t, 
Sirmond,  Concil.  Gall.  II,  S.  305:  Nam  et  nobis  vieura  est,  praedictis  heredibus 
hanc  dare  optionem,  ut,  ei  voluissent  traditiones  parentnm  suorum  conseqni, 
rectoribus  ecclesiarum  se  commendarent  et  hereditatem  illam  in  benefi- 
cium, nnde  se  adjuvare  et  sustentare  possent,  acciperent  Ich  entlehne  diese 
Stelle  Lezaniiöre  II,  S.  375. 

Es  weist  aber  einiges  darauf  hin  dass  in  Karolingischer  Zeit  alle 
Freie,  die  überhaupt  Land  von  einem  andern  Freien  empfangen  hatten,  als 
Vassalien  betrachtet  worden,  also  die  Commendation  zu  leisten  hatten.  Darauf 
fQhrt  die  Art  und  Weise  wie  in  einseinen  Urkunden  dem  Hofland  (terra 
indominicata)  das  zu  Benefidum  an  Vassalien  ausgegebene  Land  entgegenge- 
fetzt wird.  Pärard  S.  22 :  ein  Graf  Eccardus  schenkt  im  J.  840  tarn  ea  quae 
hos  indominicata  habemus  quam  etiam  quae  vasalJi  nostri  subter  inserti  de 
«ledo  in  feeneficio  videntur  habere;  solcher  werden  11  aufgeführt;  vgl.  ebend. 
S.  27 ,  wo  es  in  einem  andern  Fell  ganz  ähnlich  heisst.  So  wären  die  vassalli 
casati  (oben  S. 73)  zu  erklären,  die  doch  eben  nur  mit  Land,  mit  einem  Hofe 
ausgestattete  Vassalien  sein  können. 

Dann  ist  es  freilich  nicht  möglich  in  dieser  Zeit  einen  so  bestimmten  Un- 
terschied zwischen  Vassallen  und  sogenannten  freien  Hintersassen  festzuhalten; 
wie  Roth  (6.  372  ff.)  wffi.  Auch  ist  die  Verschiedenheit  die  er  angiebt 
(S.  375)  in  der  That  nur  eine  scheinbare:  der  Vassall  sei  eine  persönliche 
Verpflichtung  eingegangen,  und  habe  dann  gewöhnlich,  aber  nicht  nolhwendig, 
ein  Beneficium,  der  freie  Hintersasse  dagegen  habe  ein  Gut  zur  eigenen  Be- 
bauung gegen  Zins  und  andere  Leistungen  erbalten,  und  erst  nachträglich  sei 
bei  ihm  eine  persönliche  Verpflichtung  gegen  den  Senior  gleichsam  als  Ac- 
eessorium  hinzugetreten.  Nur  so  viel  kann  man  zugeben,  dass  bei  den  Vassallen 
die  persönliche  Verpflichtung  die  Hauptsache,  das  Wesentliche  war,  ein  Besitz 


1)  Eine  Stelle  des  Einhard,  epist.  1,  scheint  zu  zeigen,  dass  einer  ein  Beneficium 
eines  Privaten  behalten  konnte,  auch  wenn  er  der  Vassall  des  Königs  wurde. 
Jener  schreibt  von  dem  Fall  eines  solchen  „quondam  hominis  nostri,  nunc 
autem  hominis  domni  Hlothariitf,  und  bittet  dass  ihm  das  bisherige  Beneficium 
gelassen  werde ,  bis  er  ihm  ein  anderes  „  ex  largitate  domiaorum  nostrorum tt 
geben  könne. 


102  GEORG  WAITZ. 

von  Land  zu  Beneficium  nicht  erfordert  wurde;  dagegen  ist,  wenn  bfei  den 
Besitzern  fremden  Landes  überhaupt  eine  ausdrückliche  persönliche  Verpflich- 
tung gegen  den  Herrn  statthatte,  diese  nicht  als  Accessorium  hinzugekommen, 
sondern  Bedingung  der  Landerlheilung  gewesen;  auch  kann  sie  keinen  andern 
Charakter  als  die  der  Vassalien  gehabt  haben;  von  einer  andern  Art  der 
Treugelobung  an  Private  als  der  Commendation  ist  nirgends  die  Rede  x). 

Wahrscheinlich  hat  man  eine  solche  aber  nie  allgemein  gefordert.  In 
den  nieder»  bäuerlichen  Verhältnissen,  von  denen  es  sich  da  regelmässig 
handelte,  hatte  es  kaum  einen  Sinn  die  Handreichung  und  den  Treueid  in  der 
Weise  eintreten  zu  lassen  wie  sie  nun  in  den  höchsten  politischen  Sphären 
vorkamen:  je  mehr  hier  Vassallität  und  Beneficialverhältnisse  zur  Anwendung 
kamen,  desto  mehr  musste  man  die  Aufforderung  haben  die  gewöhnlichen 
Landübertragungen  gegen  Zins  von  denen  an  angesehenere  Personen  zu  unter- 
scheiden und  auf  diese  die  Forderung  einer  Verpflichtung  zu  beschränken 
welche  ganz  persönlich  war  und  in  eigentümlicher  Weise  zur  Treue  nöthigte. 
Der  Unterschied  zeigt  sich  in  Ausdrücken  wie  denen  der  Urkunde  Arnulfs  für 
Corvei  (Erhard,  Reg.  I,  S.  27),  wo  die  vassalli  nobiles  und  inferioris  conditionis  . 
unterschieden  werden,  von  denen  diese  dieselben  sind  welche  in  älteren  Urkunden 
einfach  homines  terram  ejus  incolentes  beissen  (Roth  S.  406),  während  in  der 
Urkunde  K.  Ludwigs  für  Kempten  (Mon.  B.  XXVIII,  S.  27)  die  tributarii  ent- 
gegenstehen den  nobiliores  personae  de  rebus  memorati  monasterii  beneficia 
haben tes,  oder  vassi  vel  casati  homines  neben  einander  stehen  (Adalhardi  stat. 
Corb.  H,  17,  Guerard  I,  S.  431),  oder  anderswo  zusammengestellt  werden 
(Bouquet  VI,  S.  563)  homines  eines  Klosters  qui  beneficia  habere  sive  super 
ejus  terras  commanere  videntur.  In  den  Güterverzeichnissen  der  Zeit,  z.  B. 
dem  des  Irminon  von  St.  Germain,  werden  doch  meist  nur  einzelne  Freie  als 
Inhaber  von  Beneficien  genannt,   der  Ausdruck  vassalli  wird  hier  vermieden. 


1)  Die  Idee  Roths  S.  380,  die  eidliche  Verpflichtung  der  freien  Hintersassen  and 
der  Vassalien  möge  sich  in  der  Form  vielleicht  ebenso  unterschieden  haben  wie 
die  der  Unterthanen  und  Vassen  des  Königs ,  schwebt  ganz  in  der  Luft.  Übri- 
gens ergiebt  Cap.  a.805  c.  9  (oben  S.78)  schwerlich  dass  alle  freien  Hintersassen 
den  Eid  leisten  mussten,  am  wenigsten  dass  sie  es  als  solche  raussten.  War 
es  der  Fall,  so  kann  es  nur  eine  Folge  der  Commendation  sein. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  103 

Man  gewöhnte  sich  unter  diesen  eine  höhere  Classe  als  blosse  Besitzer  ab- 
hängiger Hafen  zu  verstehen.  Aber  ursprünglich  werden  diese  entschieden  mit 
begriffen;  ja  der  Name  ist,  wie  wir  spater  bemerken  werden,  eben  von 
ihnen  ausgegangen. 

Es  hängt  hiermit  zusammen  die  Art  und  Weise  wie  der  Ausdruck  Be- 
neficiam  selbst  gebraucht  wird. 

R#tb  geht  darauf  aus  genauer  zwischen  Beneficien  und  Precarien  zu 
unterscheiden  (8.  433).  Ursprünglich  ist  aber  ein  solcher  Unterschied  gar 
nicht  vorhanden;  eine  Verleihung  allgemein  zum  Ususfructus,  eine  Verleihung 
per  precarium  und  eine  ex  beneficio,  per  beneficium,  sind  ganz  und  gar  das- 
selbe: oft  genug  werdeh  alle  drei  Bezeichnungen  bei  einem  und  demselben 
Act  gebraucht,  anderswo  wechseln  sie  ohne  dass  irgend  welche  Verschiedenheit 
nachzuweisen  wäre;  V.  G.  II,  S.  196  n. i).  Für  die  eigentliche  Precarie  gilt  die 
Vorschrift  dass  sie  alle  5  Jahr  erneuert  werden  soll,  und  Roth  weiss  am  Ende 
auch  nichts  anderes  als  eigentbümlich  anzuführen  2),  fügt  dann  aber  selbst  hinzu, 
dass  diese  Vorschrift  wieder  keineswegs  immer  beobachtet  wurde,  dass  namentlich 
bei  Auftraguhgen  von  Gut  an  Kirchen  die  Rückgabe  desselben  an  den  Schenker 
als  Precarie,  auch  wenn  es  durch  anderes  Kirchengut  vermehrt  ward,  ge- 
wöhnlich auf  Lebenszeit  erfolgte  3).  Aber  auch  andere  Fälle  wo  die  Precarie 
lebenslänglich  ist  lassen  sich  nachweisen;  z.B.  Bouquet  VI,  S.  477,  wo  K. 
Ludwig  einem  Grafen  Hartmann  eine  Precarie  bestätigt,  welche  der  Vorsteher 
der  Kirche,   Von  der  jener  sie  empfangen  hatte,    nicht  anerkennen  wollte; 

1)  Vgl.  Neugart  I,  S.  65:  beneficium  meura  quod  ego  Ulis  per  precarium  beneficiavi. 
In  den  Tradd.  Sang,  heisst  es  regelmässig:  per  precariam  in  beneficium  repre- 
stare,  oder:  pro  beneficio  in  censum  represtare,  aber  auch  S.  78  N.  41 :  pro 
beneficio  in  censum  per  hanc  cartam  precariam  represtare,  8.  91  N.  60:  in 
censum  vel  in  beneficium  prestare;  vgl.  Meichelbeck  I,  N.  243  S.  140:  in  bene- 
ficium et  in  censum  accepit. 

2)  Ebenso  sagt  Jacobi  in  seiner  Ausgabe  des  Anselminp*  de  Orto  S.  48  n.  nach 
längerer  Auseinandersetzung  über  die  Natur  der  Precarien :  discrimen  fere  nul- 
luni ,  nisi  quod  quinquennio  quoque  renovandae  erant ,  inter  das  et  beneficia 
fuisse  videtur. 

3)  Guörard  I ,  S.  569  hält  diese  sogar  für  die  Regel.     Die  Frage  nach  dem  Ver- 
•    hältnis  der  Precarien  zu  den  Beneficien  erörtert  er  nicht  näher. 


104  GEORG  WAITZ, 

Ludwig  verfügt,  dass  er  die  Güter  diebua  vitae  suae  secture  possidett  and 
davon  einen  Zins  zahle.  —  Roth  (S.  416  ff.}  will  ausserdem  das  Wesen  des 
Beneficiums  im  Geg ensatz  gegen  andere  Arte»  des  Besitzes  darin  finden  dass 
die  Dauer  jenes  zunächst  und  hauptsächlich  bestimmt  war  durch  die  Lebens* 
zeit  des  Verleihers.  Allein  das  passt  gar  nicht  auf  die  kirchlichen  Beneficien, 
die  ersten  und  lange  die  wichtigsten  von  allen.  Denn  nicht  der  Vorsteher 
der  Kirche,  der  Bischof  Abt  oder  wer  es  sonst  sein  mochte,  war  hier  der 
Eigentümer  und  demgemäss  auch  der  Verleiher;  wir  finden  nirgends  dass 
ein  Wechsel  in  seiner  Person  eine  Erneuerung  der  Verleihung  notwendig 
machte.  Was  Both  sagt  (S.  436):  » es  ist  sehr  wahrscheinlich  dass  sie 
vom  Thron-  und  Lebenfall  abhingen  a  ist  eine  Behauptung  ohne  den  mindesten 
Beweis. 

Einige  Stellen  der  Karolingischen  Zeit  scheinen  freilich  doch  einen 
Unterschied  zwischen  Beneficien  und  Precarien  vorauszusetzen.  Bouquet  V, 
S.  749 :  ut  jam  fatam  villam  nunquam  praesumant  alicui  beneficio  tribuere  nee 
per  praecariam,  ut  fieri  adsolet,  praebere.  EbendL  VI,  S.  559:  quiequid  inde 
homines  per  precarias  tenent  vel   quiequid  per  beneficium  illius  aliqiri  adhuc 

habent quiequid  homines  per  precarias  vel  beneficia  illius  tenent     Ebend. 

VI,  S.  580:  cum  omnibus  quae  per  precarias  aut  per  beneficia  exinde  homines 
retinent.  Gap.  a.  853  c.  1 1  S.  420 :  inSuper  beneficia  ecetesiastica  vel  prae- 
starias  ....  praeeepta  confirmationis  nostrae  ullo  modo  faciamus.  Synodus 
Verm.  a.853  S.421 :  nee  beneficiario  neque  precaria  jure  distrahendam.  Doch  ist 
es  in  diesen  Stellen  am  Ende  mehr  auf  eine  vollständige  Aufzählung  aller  den 
Namen  nach  bekannten  Ubertragungsarten  als  auf  eine  bestimmte  Unterscheidung 
derselben  abgesehen.  In  den  Güterverzeichnissen  dieser  Zeit  stehen  Besitzungen 
in  beneficio  und  in  precaria  neben  einander,  ohne  dass  eine  rechtliche  Ver- 
schiedenheit derselben  erkennbar  wäre;  z.B.  Irminon  XIV,  92:  habet  B.  in 
beneficio ;  93 :  habet  B.  in  precaria.  Dem  entspricht  wohl  die  Bezeichnung  im 
Verzeichnis   der  Besitzungen  von   Weissen  bürg,   Pertz  Legg.  I,  S.  177:   De 

Ulis  clericis  et  laicis  qui  illorum  proprietates  donaverunt  ad  monasterium 

et  econtra  reeeperunt  ad  usumfruetuarium ,  und:  De  beneficiariis  qui  de  eodem 
monasterio  beneficium  habere  videntur.  Hier  aber  liegt  der  Unterschied  in 
dem  Ursprung  des  Verhältnisses,   so  dass   die  welche  ihr  Gut  dem  Kloster 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄIV  105 

übertragen  und  zu  Niessbrauch  zurückerhalten  haben  denen  gegenübergestellt 
werden  welchen  ursprüngliches  Klostergut  verliehen  ist.  Jenes  scheint  dann 
vorzugsweise  Precarium,  dies  Beneficium  genannt  zu  sein  l).  Aber  ein  all- 
gemeiner und  durchgehender  Unterschied  war  es  auch  nicht  2). 

Der  Übergang  aus  dem  einen  Begriff  in  den  andern  zeigt  sich  namentlich 
bei  den  Verleihungen  von  Kirchengut  die  unter  Karlmann  und  Pippin  statt* 
fanden  und  die  einen  so  bedeutenden  Einfluss  auf  die  Ausbildung  der  Beneficial- 
verhältnisse  erlangt  haben. 

In  den  Stellen  wo  zuerst  von  diesen  Verleihungen  die  Rede  ist  werden 
sie  Precarien  genannt,  und  es  ist  auch  von  einer  Erneuerung,  nur  nicht  gerade 
einer  fünfjährigen,  die  Rede.  Karlomanni  capit.  Liptin.  a.  743  c.  2  S.  18:  Sta~ 
tuimus  quoque  . . .  ut  sub  precario  et  censu  aliquam  pdrtem  ecclesialis  pecuniae 
in  adjutorium  exercitus  nostri  ...  aliquanto  tempore  retineamus,  ea  conditione 
ut  annis  singulis  de  unaquaque  carata  solidus  ....  ad  ecclesiam  vel  ad  mona- 
sterium  reddatur,  eo  modo  ut  si  moriatur  ille  cui  pecunia  commodata  fuit 
ecclesia  cum  propria  pecunia  revestita  sit.  Et  iterum,  si  necessitas  cogat  ut 
princeps  jubeat,  precarium  renovetur  et  rescribatur  novum.  Vgl.  Cap.  a.  768 
c.  11,  Pertz  II,  8.14:  Ut  omnes  laici  et  seculares  qui  res  ecclesiae  tenent 
precarias  inde  accipiant.  Cap.  a.  779  c.  13  S.  37:  De  rebus  vero  ecclesiarum 
unde  nunc  census  exeunt  decima  et  nona  cum  ipso  censu  sit  soluta  ...  Et 
de  precariis,  ubi  modo  sunt  renoventur,  et  ubi  non  sunt  scribantur.  Et  sit 
discretio  inter  precarias  de  jyerbo  nostro  factas  et  inter  eas  quae  spontanes 
voluntate  de  ipsis  rebus  ecclesiarum  faciunt.  Später  aber  werden  diese  Ver- 
leihungen  gerade  als   Beneficien   bezeichnet.      Cap.  a.  794   c.  25   8.  73 :    Ut 


1)  Damit  stimmt  es  überein  dass  in  manchen  Urkunden  über  Precarien  bei  dem  was 
eitler  über  das  geschenkte  Gut  hinaus  erhält  der  Ausdruck  gebraucht  wird,  er 
habe  es  in  beneficium  erhalten ;  s.  z.  B.  die  von  Wyss  herausgegebenen  Ala- 
mannischen  Formeln  N.  14.  15.     Trad.  Sang.  S.  181   N.  108. 

2)  In  den  Gestis  abb.  Font.  c.  15,  Pertz  SS.  II,  S.  291,  werden  die  mansi  welche  in 
beneficiis  relaxati  sunt  (2120  an  der  Zahl)  noch  unterschieden  von  denen  die 
der  Laienabt  Wido  aut  regiis  hominibus  contradidit  aut  etiam  sub  usufructuario 
aliis  concessit.  Jene  sind  die  gewöhnlichen  Zinsgüter  im  Gegensatz  gegen  die 
quae  ad  usus  proprios  fratrumque  stipendia  pertinere  videntur. 

Hitt.-PhiLClaste.  VII.  0 


106  GEORG  WAITZ, 

decimas  et  nonas  sive  census  omnes  generaliter  donent  qüi  debitores  sunt 
ex  beoeficia  et  rebus  ecclesiarum  secundum  priorura  capitularura  domni  regis. 
(Die  Ausgabe  führt  ganz  mit  Recht  das  c.  13  des  Capit.  a.  779  an).  Vgl. 
Cap.  excerpta  c.  56  S.  101 :  Ut  ii  qui  per  beneficium  domni  imperatoris 
ecclesiasticas  res  babent  decimam  et  nonam  dare  et  ecclesiarum  restaurationem 
facere  studeant.  Edictum  pro  episcopis  a.  800  S.  8 1 :  Insuper  nonas  et  decimas 
vel  census  inproba  cupiditate  de  ecclesiis,  unde  ipsa  beneficia  sunt,  abstrahere 
nitimini,  et  precariis  de  ipsis  rebus ,  sicul  a  nobis  dudum  in  nostro  capitulare 
institutum  est,  accipere  neglegitis.  Cap.  Long.  a.  802  c.  6  S.  104:  Praecipimus 
etiam  comitibus  et  omnibus  fidelibus  domni  imperatoris  nostrique,  ut  quicumque 
de  rebus  aecclesiae  beneficia  habent,  pleniter  nonas  et  decimas  ad  ipsas  ec- 
clesias  donent  absque  ulla  deminoratione  aut  dilatione,  in  quantum  melius  possunt; 
et  juxta  possibilitatem  quando  necessitas  exigit  de  opera  ad  ipsas  ecclesias 
restaurandas  adjutorium  faciant.  Urk.  Karls,  Bouquet  V,  S.  757 :  qui  saepedictae 
ecclesiae  beneficia  nostra  largitione  babent  (vorher  heisst  es,  sie  sollen  sie 
haben:  sub  legitimo  censu  et  nonas  et  decimas  persolvendas  seu  restauraliones 
ecclesiae  faciendas).  Ebend.  S.  767:  qui  res  sancti  Gervasii  beneficiario 
munere  possidebant  ....  nachher:  qui  eadem  coenobia  nostro  beneficio  tenent 
....  quas  fideles  nostri  nostra  largitate  habent.  Vgl.  den  Brief  Ludwig  d.  Fr., 
ebend.  VI,  S.  347:  quidam  vassalli  nostri  ....  beneficia  ex  tuo  episcopio  habent 
quae  olim  per  precarias  inde  alienata  fuerant;  Urk.  desselben,  ebend.  S.  487: 
ut  quicumque  ex  largitione  nostra  de  terris  praefatae  ecclesiae  beneficia  habent 
nonas  et  decimas  annis  singulis  praedicto  episcopo  . . .  dare  non  negligant,  et 
ad  domos  ipsius  ecclesiae  restaurandas  unusquisque  pro  viribus  suis  adjutorium 
ferre  non  differat;  andere,  ebend.  S.  493:  quicumque  ex  largitione  nostra  vel 
coraitum  aut  vassorum  nostrorum  de  rebus  praefali  monasterii  beneficia  habetis, 
[ut]  nonas  et  decimas  annis  singulis  .  .  .  dare  non  neglegatis  et  ad  domos 
ipsius  ecclesiae  restaurandas  unusquisque  pro  viribus  suis  adjutorium  ferre  non 
differat  (s.  über  die  Stelle  oben  S.  95).  Diese  werden  als  beneficia  ecclesiarum 
den  beneficia  imperatoris  zur  Seite  gestellt;  Cap.  a.  803  c.  3  S.  122:  Qui 
beneficium  domni  imperatoris  et  aecclesiarum  Dei  habet,  nihil  exinde  ducat  in 
suam  hereditatem.  Sie  heissen  auch  wohl  geradezu  beneficia  regalia;  Cap. 
a.  806  c.  8  S.  145:  cuncli  fideles  qui  beneficia  regaJia  tarn  de  rebus  ecclesiae 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALL1TÄT.  107 

quamque  et  de  reliquis  habere  vide[n]tur.  Die  solche  Beneficia  hatten  waren 
Vassallen  des  Königs:  es  ist  nicht  zu  zweifeln  dass  sie  ihm  säromtlich  die 
Commendation  geleistet  haben  mossten. 

Überhaupt  ist  es  wahrscheinlich  dass  man  später  als  Beneficien  die  Land- 
verleihungen unterschied  mit  denen  eine  Commendation  verbunden  war 1). 
Wenn  diese  aber  früher  allgemein  üblich  gewesen  zu  sein  scheint,  so  ist  sie 
in  der  Folge,  wie  wir  oben  sahen,  mehr  beschränkt  worden. 

Gegenstand  des  Beneficiums  konnten  übrigens  sehr  verschiedene  Dinge 
sein.  Man  bat  nicht  blos  Landgüter,  man  hat  auch  Kirchen  und  Klöster  zu 
Beneficium.     Cap.  a.  783  c.  6   S.  46 :    De  monasteria   et  senodochia   qui  per  J 

diversos  comites  esse  videntur,  ut  regales  sint;  et  quicumque  eas  habere 
voluerint,  per  beneficium  dono  regis  babeant.  Cap.  a.  813  c.  1  S.  188:  Et 
infra  Worum  parrochias  ecclesiae,  cui  necesse  est,  emendandi  curam  habeant. 
Mitunter  sind  es  Weltliche  die  solche  geistliche  Stifter  zu  Beneficium  haben. 
Bouquet  VI,  S.  553:  qualiter  quoddam  monasterium  ....  cum  Omnibus  rebus 
sibi  juste  competentibus  per  beneficium  regum  antecessorum  nostrorum  in 
potestate  comitum  aliquandiu  constitutum  esse.  Mitunter  aber  auch  Geistliche 
die  sie  vom  König  empfangen:  Ansegisus  die  Klöster  Flavigny  und  Luxeuil; 
Gest.  abb.  Font.  c.  17,  Pertz  SS.  II,  S.  293.  Oder  niedere  Geistliche  von 
einem  höheren:  ein  Priester  Filiprandus,  der  mit  dem  Bischof  Jacob  von  Lucca 
Streit  hat  über  eine  Kirche,  ejhält  sie  von  diesem  am  Ende  zu  Beneficium;  Brünett; 
Cod.  dipl.  Tose.  II,  S.  333.  Pfarrer  des  Klosters  S.  Germain  haben  ihre  Kir- 
chen nicht  selten  zu  Beneficium;  Guärard,  Irminon  I,  S.  567.  —  Ein  ander 
Mal  ist  Gegenstand  eines  Beneficiums  eine  piscatio  mit  Zubehör  und  unter 
diesem  namentlich  32  familiae;  Erhard  Reg.  bist.  Westf.  I,  S.8.  Ebenso  maneipia; 
Trad.  Weiss.  N.  60  S,  63.  Lehrreich  ist  die  Aufzählung  dessen  was  zum  Bene- 
ficium eines  Vassallen  Herembertus  gehörte2},  Bouquet  VI,  S. 587:  beneficium 


1)  Insofern  hat  Gu&rard,  Irminon  II,  S.  525  wohl  das  Richtige  getroffen,  wenn  er 
sagt:  c'est  que  le  bönäfice  est  une  espöee  d'usufruit  qui  met  l'usufruüier  dans 
la  dgpendance  personelle  du  proprielaire;  auquel  il  doit  fid61it6,  et  dont  il  devient 
Fhomme.  Nur  dass  dies  freilich  nicht  Folge  blos  des  Empfangs  von  Beneficien, 
sondern  der  damit  verbundenen  Commendation  ist. 

2)  Ich  führe  hier  die  Stelle  einer  sehr  merkwürdigen  Urkundenformel  an,   Bouq. 

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108  GEORG  WAITZV 

Heremberti,  id  est  forestem  illara  quae  G.  dicitur  cum  duabus  forestulis  quae  D. 
et  T.  vocantur,  cum  aedificiis  in  eadem  constructis  quae  brolius  nominatur,  nec- 

non  et  Novam  villam  cum  Omnibus  ad  se  pertinentibus ,  id  est ,   in  M. 

capellam  unam  cum  omnibus  ad  se  pertinentibus ,  et  in  C.  dimidium  mansura, 
et  in  V.  mansum  unum  et  in  C.  et  B.  eos  quos  jumentarios  dicunt  cum  red- 
ditione  census  quem  singulis  annis  solvere  noscuntur,  id  est  mel  et  ceram, 
et  in  C.  eos  quos  porcarios  vocant  et  eos  qui  in  illa  ruba  quae  est  contra 
orientem  manere  noscuntur,  necnon  et  illos  qui  super  fluvium  qui  dicitur 
Sartba  consistere  noscuntur,  similiter  et  medietatem  telonei  quod  de  illo  porto 
annis  singulis  persolvitur. 

Regelmässig  sind  es  allerdings  Freie  welche  Beneficien  haben.  Bouquet 
V,  S.  724:  cum  ....  accolabus  mancipiis  litis  libertis  et  beneficia  ingenuorum. 
Ebend.  VI,  S.  564:  bomines  ejusdem  monasterii,  sive  liberi  qui  beneficia  ex- 
inde  habere  vel  super  ejus  terras  commanere  noscuntur,  sive  coloni  vel  servi. 
Es  werden  wohl  selbst  »nobiliores  personae«  als  die  regelmässigen  Inhaber 
der  Beneficien  genannt;  Mon.  B.  XXVIII,  S.  27.  Doch  kommen  auch  coloni 
als  solche  vor;  Guärard  I,  S.  566;  ja  Unfreie;  Trad.  Weiss.  N.  58  S.  61. 
N.  102  S.  106  (dieser  ist  aber  freigelassen).  Nach  einer  Urkunde,  Meichelbeck 
N.  251  S.  142,  begiebt  sich  jemand  »in  servitium«  um  ein  Beneficium  zu  erlangeu. 

Erst  allmählich  haben  sich  diese  Verhältnisse  mehr  geschieden,  und  die 
Verbindung  mit  der  Commendation  oder  Vassallitgt  trug  ohne  Zweifel  dazu 
bei  dass  es  geschab. 

Der  Empfang  von  Beneficium  konnte  dann  die  an  sich  schon  dem  Vas- 
salien obliegenden  Verpflichtungen  vermehren.  Man  kann  Roth  nicht  bei- 
stimmen, wenn  er  behauptet  (S.  429),  dass  das  Beneficium  allein  keine  posi- 
tiven Verbindlichkeilen  auferlegte.  Die  vorher  angeführten  Stellen  der  Urkunden 
pro  Hispaniß  zeigen,  dass  solche  tbeils  bei  Empfang  der  Beneficien  ausdrücklich 


VI,  S.  648,  wo  es  heisst:  Servi  vero  forestarii  tarn  ecclesiastici  quam  fiscalini 
de  eorum  mansis  superioribus ,  de  quorum  beneficio  sunt,  rogas  faciant.  Sie 
bezieht  sich  nur  auf  ein  Beneficium  das  aus  Hufen  besteht  zu  denen  wieder 
andere  von  Knechten  gehören.  Jene  heissen  mansi  superiores,  wie  in  einer 
Urk.  von  Le  Hans  VI,  S.  631  villae  seniores  genannt  werden,  Ausdrücke  die  der 
Abhandlung  über  die  Deutsche  Hufe  S.  223  (47)  nachgetragen  zu  werden  verdienen. 

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S 


ÜBER  DIB  ANFÄNGE   DER  VASSALLITÄT.  109 

eingegangen  werden  konnten1),  theils  aber  auch  allgemein  bestanden:  sciat 
se  de  illo  tale  obsequium  seniori  suo  exhibere  debere  quäle  nostrates  homines 
de  simili  beneficio  senioribus  suis  exhibere  solent. 

Der  Besitz  von  Beneficium  war  namentlich  von  Einfluss  auf  die  Ver- 
pflichtung zum  Kriegsdienst  im  allgemeinen  und  insbesondere  die  der  Vas- 
salien 2).  Das  älteste  Gesetz  Karls  welches  davon  handelt ,  vom  J.  807,  sagt 
c.  1  S.  149:  Inprimis  quicumque  beneficia  habere  videntur,  omnes  in  hostem 
veniant;  daran  reihen  sich  zunächst  Bestimmungen  über  die  Leistung  des 
Dienstes  je  nach  der  Grösse  des  Eigengutes  (Quicumque  liber  mansos  quinque 
de  proprietate  habere  videtur  etc.) ;  dann  folgt  c.  6 :  De  Frisionibus  volumus, 
ut  comites  et  vassalli  nostri  qui  beneficia  habere  videntur  et  caballarii  omnes 
generaliter  ad  -  placitum  nostrum  veniant  bene  praeparati.  *  Ohne  Zweifel 
sind  hier  königliche  Beneficien  gemeint :  der  Inhaber  solcher  blieb  damals 
ohne  Rücksieht  auf  die  Grösse  des  Beneficiums  verpflichtet  den  Dienst  zu 
leisten3). —      Das  spätere  Capitulare  de  exercitu  promovendo  c.  1   S.  119 

1)  Ein  Beispiel  von  beim  Empfang  eines  Beneficiums  gegebenen  Versprechungen 
ist  die  Urkunde  bei  Brunetti,  Cod.  diplom.  Tose.  II ,  S.  333:  Proinde  per  hanc 
cartulam  reproinitto  et  manum  meara  facio  (bezieht  sich  das  auf  die  Commen- 
dation?)  ego  qui  supra  Filiprando  clerico  tibi  domno  meo  Jacobo  episcopo,  ut 
ipsam  ecclesiara  S.  Georgii,  in  quantum  (quam?)  me  confirmasti,  simul  et  ipsas 
res  ipsius  ecclesiae,  quas  mihi  dedisti,  in  Omnibus  bene  lavorare  et  meliorare 
debeam,  et  tibi  omnem  consuetam  de  ipsa  ecclesia  facere  et  persolvere  debeam, 
et  in  omnibus  tuam  voluntatem  et  irnperationem  usque  ad  possivilitatera  meam 
facere  promitto.  Et  numquam  abeam  licentiam  nee  presumam  ipsam  Dei  eccle- 
sia m  S.  Georgii  neque  praefatas  res  desub  potestate  ipsius  ecclesiae  S.  Georgii 
vel  vestra  subtraere  aut  alienare  neque  contra  vos  causare  aut  agere  presumam. 

2)  Die  filtere  Ansicht  (noch  Eichhorn  $.  167),  dass  die  Beneficien  recht  eigentlich' 
gegen  die  Verpflichtung  zu  Kriegsdienst  gegeben  seien,  bedarf  freilich  keiner 
Widerlegung  mehr.      Sie  ist  jedenfalls  durch  Roth  vollständig  und  für  immer 

abgethan. 

3)  Dies  erkennt  auch  Roth  S.  400  an ,  ohne  davon  nachher  die  nOthigen  Conse- 

quenzen  ^u  ziehen.  Wenn  er  dort  sagt:  »Dagegen  wurde  bei  Beneficien  auf 
den  Umfang  keine  Rücksicht  genommen,  die  Inhaber  derselben  orassten  sämmt- 
lich  persönlich  erscheinen",  so  ist  es  gewiss  im  Widerspruch  damit  wenn  es 
später  S.  428  heisst :   „Das  Beneficium  setzte  ursprünglich  überhaupt  keine  Lei- 


"* 


HO  GEORG   WA1TZ, 

geht  von  dem  Satze  aus :  Ut  omnis  über  homo  qui  quatuor  mansos  vestitos 
de  proprio  suo  sive  de  alicujus  beneficio  habet  ipse  se  praeparet  et  per  se 
in  hostera  pergat,  sive  cum  seniore  suo,  si  senior  ejus  perrexerit,  sive  cum 
comite  suo.  Hier  wird  Beneficium  und  Eigengut  sich  gleichgestellt,  und  wenn 
in  den  folgenden  Sätzen,  die  von  der  Verpflichtung  derer  mit  einem  kleinen 
Besitz,  3,  2  u.s.w.  Mansen,  handeln,  nur  von  Eigengut  die  Rede  ist,  so  darf 
doch  wohl  angenommen  werden  dass  auch  hier  Beneficium  von  gleicher 
Grösse  gleich  behandelt  werden  soll.  Aber  die  Frage  ist,  ob  jedes  Beneficium 
oder  nur  das  eines  andern  als  des  Königs.  Nicht  selten  nimmt  man  das 
erste  an,  und  meint  die  Bestimmung  des  Cap.  a.  807  sei  durch  diese  Vor- 
schrift aufgehoben  oder  verändert  worden  x).  Allein  die  Worte  lassen  ebenso 
gut,  ja  eher  eine  andere  Auslegung  zu:  sie  weisen  zunächst  auf  Beneficien 
privater  Personen  hin  (sive  de  alicujus  beneficio;  sollte  das  königliche  mit- 
verstanden werden,  wäre  gewiss  »de  nostro«  hinzugefügt}.  Und  damit  ist 
das  spätere  c.  5  vollständig  in  Übereinstimmung:  De  homioibus  nostris  et 
episcoporum  vel  abbatum,  qui  vel  beneficia,  vel  lalia  propria  habent  ut  ex 
eis  secundum  jussionem  in  hostem  bene  possunt  pergere.  Die  letzten  Worte 
beziehen  sich,  wie  das  »talia«  zeigt,  nur  auf  »propria«;  dagegen  sollen  die 
Mannen  des  Königs  und  der  Kirchen,  welche  Beneficien  haben,  alle  ausziehen 
mit  nur  ganz  bestimmten  Ausnahmen.  Wenn  man  auch  Gewicht  darauf  legen 
wollte  dass  hier  von  »homines«  des  Königs  und  der  Kirchen  die  Bede  sei, 
würde  wenigstens  für  diese  der  Besitz  von  Beneficien  einen  Unterschied  in 
der  Dienstpflicht  machen;  es  ist  aber  schon  bemerkt,  dass  eben  mit  dem 
Empfang  von  Beneficien  wenigstens  in  dieser  Zeit  jemand  zum  Mann  oder 
Vassall  des  Verleihers  werden  musste.  Hieran  reibt  sich  dann  die  Vorschrift 
des  Cap.  Bonon.  c.  5  S.  173:  Quicumque  ex  bis  qui  beneficium  principis  habent 
parem  suum  contra  hoates  commones  in   exercitu   pergentem  dimiserit  et  cum 

stung  irgend  einer  Art  voraus,  nicht  einmal  die  gewöhnlichen  aller  Unter- 
thanen  tt. 
1)  Roth  S.  400:  „Dagegen  erstreckt  sich  jetzt  die  Bestimmung  der  niedersten  Quote 
auch  auf  die  Beneficienu.  Guärard  S.  552  äussert  sich  unbestimmt,  erklärt  sich 
nur  dagegen  dass  nicht  jeder  der  überhaupt  von  irgend  jemand  Beneficium 
hatte,  ohne  Rücksicht  auf  die  Grösse,  ausziehen  musste. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE    DER   VASSALL1TÄT.  Hl 

eo  ire  vel  stare  noluerit,  honorem  suum  et  beneficium  perdat1),  die  voraus- 
setzt dass  jeder  solcher  überhaupt  in  den  Krieg  ziehen  musste.  Ich  führe  noch 
an  das  Ediclum  de  expeditione  Corsicana  c.  2 :  Uli  vero  qui  beneficia  nostra 
habent  et  foris  manent  volumus  ut  eant.  Die  Worte  beziehen  sich  auf  die 
»homines«  königlicher  Vassalien,  die  unbedingt  ziehen  sollen  wenn  sie  nicht 
auf  dem  Eigengute  der  Herren  wohnen  (»in  proprietate  eorum  manent «  ist 
der  Gegensatz  zu  dem  » foris  manent«)  und  königliche  Beneficien  (königliches 
Gut  zu  Beneficium}   haben. 

Cap.  Aquisgr.  a.  813  c.  20  S.  189  heisst  es:  Et  si  quis  fidelibus  suis  (oder: 
de  fidelibus  noslris)  contra  adversarium  suum  pugnam  aut  aliquod  certamen 
agere  voluit  et  convocavit  ad  se  aliquem  de  conparis  suis  ut  ei  adjutorium 
praebuisset,  et  ille  noluit  et  exinde  neglegens  permansit,  ipsum  beneficium 
quod  habuit  auferatur  ab  eo  et  detur  ei  qui  in  stabilitate  et  fidelitate  sua 
permansit.  Die  Stelle  lässt  keinen  Zweifel ,  was  sich  übrigens  von  selbst 
versteht,  dass* der  Besitz  des  Beneficiums  Treue  voraussetzte;  als  Folge  der 
Treue  wird  der  Beistand  bezeichnet  der  hier  geleistet  werden  soll;  der  Aus- 
druck 7i  conparis «  weist  aber  darauf  hin  dass  es  sich  bei  demselben  nicht  um 
die  Verpflichtung  der  Empfänger  gegen  ihren  Herrn,  sondern  der  sich  in 
gleicher  Lage  befindlichen  fidel  es  unter  einander  handelt ,  und  es  verdient 
deshalb  die  Lesart  der  einen  Handschrift  (de  fidelibus  nostris)  den  Vorzug: 
die  Getreuen  des  Königs  sollen  sich  unter  einander  Hülfe  leisten;  da  aber 
der  Verlust  des  Beneficiums  als  Strafe  auf  die  Übertretung  dieser  Vorschrift 
gesetzt  ist,  so  sind  natürlich  solche  gemeint  welche  Beneficium  haben ,  und 
man  darf  wohl  annehmen  dass  ihre  Verpflichtung  auch  eben  hierauf  beruhte 2). 

1)  Roth  S.  425  hat  entschieden  Unrecht  wenn  er  sagt  die  Stelle  beziehe  sich  auf 
unkriegerisches  Benehmen  während  der  Schlacht;  es  heisst:  et  cum  eo  ire  vel 
slare  noluerit.  Das  Verlassen  nach  dem  Auszug  wird  noch  harter  bestraft  als 
das  Wegbleiben  selbst;  wo  in  dieser  Zeit  allerdings  nur  die  Strafe  des  Heer- 
banns auch  von  dem  Inhaber  von  Beneficien  verwirkt  ward. 

2)  S.  über  diese  Stelle  besonders  Gu6rard  S.  553  ff.  Roth  S.  426  sagt  ohne  Grund, 
sie  beziehe  sich  auf  Unterlassung  des  Beistands  in  Fällen  wo  der  Dienst  des 
Königs  ausserhalb  des  Aufgebots  dringend  Beihülfe  erforderte;  es  ist  vielmehr 
bestimmt  davon  die  Rede  dass  einer  der  fideles  gegen  seinen  Feind  kämpfen 
wollte  und  dazu  die  Hülfe  seines  Genossen  in  Anspruch  nahm. 


112  GEORG   WAITZ, 

Eine  allgemeine  Verpflichtung1  welche  den  Inhabern  von  Beneficien  oblag 
war  die  das  Gut  nicht  zu  verschlechtern,  sondern  in  gutem  Stand  zu  erhalten  ja 
zu  verbessern.  Pippini  cap.  Aquit.  a.  768  c.  5,  Pertz  II,  S.  14:  Quicumque 
noslrum  beneficium  habet,  bene  ibi  iabore  condirgat.  Cap.  a.  789  c.  19  S.  69: 
Ut  missi  noslri  provideant  beneficia  nostra  quomodo  sunt  condirecta.  Cap.  a.  813 
c.  4  S.  188:  Ut  hi  qui  beneficium  nostrum  habent  bene  iilud  inraeliorare  in  omni 
re  studeant.  Noch  weniger  durfte  das  Beneficium  in  Eigenthum  verwandelt  wer- 
den: dass  dies  weder  direcl  noch  auf  Umwegen  geschehe,  daraufsind  die  Vor- 
schriften Karls  wiederholt  gerichtet.  Cap.  Aquisgr.  a.  802  c.  6  S.  9 1 :  Der  neue 
Eid  den  alle  dem  Kaiser  zu  leisten  haben  verpflichtet  auch :  ut  beneficium  domni 
imperatoris  desertare  nemo  audeat,  propriam  suam  exinde  construere.  Cap.  a.  803 
c.  3  S.  122:  Qui  beneficium  domni  imperatoris  et  aecclesiarum  Dei  habet,  nihil 
exinde  ducat  in  suam  hereditatem,  ut  ipsum  beneficium  deslruatur.  Cap.  Nium. 
a.  806  c.  6.  7  S.  1 44 :  Auditum  habemus ,  qualiter  et  comites  et  alii  homines 
qui  nostra  beneficia  habere  videntur  conparant  sibi  proprietates  de  ipso  nostro 
beneficio  et  faciant  servire  ad  ipsas  propriaetates  servientes  nostros  de  eorum 
beneficia,  et  curtes  nostras  remanent  desertas  ....  Audivimus,  quod  aliqui 
reddunt  beneficium  nostrum  ad  aiios  homines  in  proprietatem ,  et  in  ipso  placito 
dato  pretio  conparant  ipsas  res  Herum  in  alode  sibi;  quod  omnino  cavendum 
est.     Dies  galt  natürlich  gleichmttssig  von  königlichen  Beneficien  und  andern. 

Von  einer  bestimmten  Art  der  kirchlichen  Beneficien,  die  im  weiteren 
Sinn  auch  zu  den  königlichen  gerechnet  wurden,  waren  Abgaben  zu  ent- 
richten, die  decimae  et  nonae,  und  ausserdem  mitunter  auch  ein  weiterer 
Zins.  S.  die  vorher  S.  105  angeführten  Stellen.  Ausserdem:  Cap.  a.  817,  c.  5 
S.  215:  Et  qui  nonas  et  decimas  dare  neglexerit,  primum  quidem  illas  cum 
lege  sua  restituat,  et  inmiper  bannum  nostrum  solvat,  ut  ita  castigatus  caveat, 
ne  saepius  iterando  beneficium  amitlat.  Auch  hier  ist  vorher  von  der  wei- 
teren Verpflichtung  zur  Herstellung  der  Kirchen  beizutragen  die  Rede :  ut 
unusquisque  eorum  tantura  inde  accipiat  ad  operandum  et  restaurandum,  quan- 
tum  ipse  de  rebus  ecciesiarum  habere  cognoscitur.  »Und  dieselbe  Vorschrift 
wird  öfter  eingeschärft,  an  einer  Stelle  wie  es  scheint  unbedingt .  für  alle 
kirchlichen  Beneficien.  Cap.  a.  813  c.  24  S.  190:  Quicumque  beneficium  ec- 
clesiaslicum  habet,  ad  tecta  ecclesiae  restaurandam  vel  ipsas  ecclesias  omnino 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALL1TÄT.  113 

adjuvet.  Vgl.  Cap.  Worin,  a.  829  c.  5.  8.  9  S.  350.  351.  Cap.  Sparnac.  a.  846 
c.  63  S.  392.  Eine  grosse  Anzahl  von  Urkunden  nimmt  hierauf  Bezug,  z.  B. 
Bouquet  V,  S.  769,  wo  es,  nachdem  die  Leistungspflicht  vorher  im  einzelnen 
angegeben  ist,  zuletzt  nochmals  heisst:  De  bis  autem  omnibus  praecipimus,  ut 
censum  legitimum  et  nonas  et  decimas  annis  singulis  partibus  praescriptae 
matris  ecclesiae  absque  uila  maritione  vel  dilatione  reddere  aut  minoratione  ple- 
niter  persolvere  faciant;  insuper  restaurationes  tarn  in  praefixa  ecclesia  quam 
domibus  juxta  eam  adjacentibus  in  teguminibus  et  restaurationibus ,  pro  possi- 
bilitate  rerum  quas  in  beneficium  exinde  possident,   facere  non  negiigant,   si 

gratiam  nostram  et  eadem   beneficia  unusquisque  habere   voluerit Qui 

negligit  causam ipsa  perdant  beneficia.     Andere  s.  Bouquet  V,  S.  757. 

VI,  S.  347.  487.  493.  510.  553. 557.  582. 617.  618.  619.  627. 636  (N.  6  und  7). 
666.     Näher  über  den  Charakter  der  Abgaben  bandelt  Roth  S.  363  —  366. 

Oft  genug,  ja  regelmässig  ward  auch  von  andern  Beneficien,  namentlich 
freilich  wieder  solchen  die  die  Kirchen  ausgaben  und  die  man  von  Precarien 
nicht  unterschied,  Zins  gezahlt.  Die  Beispiele  sind  in  jeder  Traditionensamm- 
lung  so  häutig  dass  es  keiner  besonderen  Anführung  bedarf. 

Das  Beneficium  wird  wohl  auch  für  eine  wirkliche  Abhängigkeit  gegeben. 
Meichelbeck  I,  S.  142  N.  251:  ipse  enim  U.  se  ipsum  tradidit  in  servilium 
Attonis  ep.  ...  ad  finem  vitae  suae ;  in  hoc  enim  ipsum  beneficium  acceperat, 
ut  fideliter  in  servitio  . . .  permansisset.  Mitunter  scheint  das  Verhältnis  des 
Inhabers  eben  als  solchen  schon  als  »servitium«  bezeichnet  zu  werden.  Trad. 
Pat.,  Mon.  Boic.  XXVIII,  2,  S.  23:  ut  ipse  Tagadeo  tocius  (?)  cum  ipso  bene- 
fitiolo  debuisset  consistere  in  suum  servitiura  quam  in  ullius  alterius.  Vgl. 
die  oben  S.  109  n.  1  angeführte  Stelle  aus  Brunetti. 

Wenn  Roth  zur  Begründung  seiner  Behauptung,  dass  das  Beneficium 
an  sich  keine  Verbindlichkeiten  auferlegte,  sich  darauf  beruft  dass  Personen 
im  Besitz  von  solchem  waren  die  zu  manchen  Leistungen,  namentlich  krie- 
gerischen, ungeeignet  waren,  niedere  Geistliche,  Mönche,  Krauen,  so  kann 
dies  nichts  erweisen:  die  Last  war  eine  reale,  und  war  ein  einzelner  Inhaber 
durch  Geschlecht  Stand  Alter  oder  andere  Verhältnisse  an  der  persönlichen 
Leistung  verhindert,  so  war  das  eine  Ausnahme,  die  an  der  Regel  nichts 
ändern  konnte;  auch  mussten  dann  ohne  Zweifel  die  auf  dem  Beneficium 
Hist.-Philol.  Classe.   VII.  P 


114  GEORG  WAITZ, 

wohnenden  Leute  der  Pflicht  soweit  an  ihnen  lag  Genüge  thun;  es  war  ein 
Fall  dem  analog  wo  ein  königlicher  Vassall  der  im  Pallast  diente  zurückblieb, 
aber  seine  »vasalios  casatos«  mitziehen  lassen  musste.  Indem  Roth  weiter  sagt 
(S.  435):  » die  Grafen,  welche  Beneficien  von  Kirchen  und  Klöstern  tragen, 
können  doch  unmöglich  im  Dienstverband  zu  denselben  gedacht  werden«, 
vergisst  er  wohl,  dass  sie  nach  den  Gesetzen  und  Urkunden  gewiss  ver- 
pflichtet waren,  die  deciraae  et  nonae  zu  zahlen,  bei  den  Arbeiten  zur  baulichen 
Herstellung  der  Kirchen  Hülfe  zu  leisten;  was  hätte  denn  hindern  sollen  dass 
sie  auch  Beistand  gegen  feindliche  Angriffe  gewährten?  Der  ganz  vereinzelte 
Fall  aber,  da  schon  im  9ten  Jahrhundert  ein  König  ein  Gut  von  einem  Kloster 
zu  Beneficium  empfangen  hat  (Roth  S.  404  n.  64) ,  kann  natürlich  nichts  für 
die  Auffassung  der  Sache  im  allgemeinen  austragen. 

Dies  alles  soll  übrigens  nur  bemerkt  sein  um  zu  begründen,  dass  der 
Empfang  von  Beneficium,  der  bei  den  Vassalien  Regel  war,  die  Verpflich- 
tungen dieser  wohl  vermehren  oder  verstärken  konnte  x). 

Auch  sonst  berührten  sich  beide  Verhältnisse  in  mancher  Beziehung. 
Wie  es  Vassallen  von  Privaten  und  vom  König  gab,  so  ertheilten  auch  beide 
Beneficien.  Wie  das  Verhältnis  der  Vassallen  regelmässig  für  die  Lebenszeit 
beider  Betheiliglen  galt  und  mit  dem  Tod  des  einen  wie  des  andern  gelöst  ward 
oder  erneuert  werden  musste,  so  war  es  im  ganzen  auch  mit  der  Ertheilung 
der  Beneficien  der  Fall.  Diese  gingen  nicht  auf  die  Erben  über.  Cap.  a.  759 
c.  9,  wo  der  Nachfolger  im  Beneficium  von  den  Verwandten  des  früheren 
Inhabers  verschieden  ist.  Cap.  Tbeodon.  a.  821  c.  9  S.  230:  Volumus,  ut 
uxores  defunetorum  post  obitum  maritorum  tertiam  partem  conlaborationis,  quam 
simui  in  beneficio  conlaboraverunt,  aeeipiant.  Et  de  bis  rebus  quas  is  qui  illud 
beneficium  babuit  aliunde  adduxit  vel  comparavit  vel  ei  ab  araicis  suis  conlatum 
est,  has  volumus  tarn  ad  orphanos  defunetorum  quam  ad  uxores  eorum  per- 
venire.  Dass  die  Ertheilung  nur  für  die  Lebenszeit  des  Verleihers  galt  und 
nach   seinem   Tode   eine  neue  Verleihung   noth wendig   war,   die  gewöhnlich, 


1)  Ich  bemerke  ausdrücklich,  dass  was  hier  angenommen  wird  natürlich  etwas 
wesentlich  anderes  ist,  als  wenn  z.  B.  Philipps,  D.  G.  I,  S.  507,  II,  S.  456, 
die  Lehnstreue  als  ein  stärkeres,  bindenderes  Verhältnis  der  persönlichen  Hulde 
gegenüberstellt. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  115 

aber  doch  nicht  immer  erfolgte,  gilt  freilich  nicht  von  den  kirchlichen  Beneficien 
(oben  S.  104),  aber  wohl  von  anderen,  wie  schon  die  Bestimmungen  der 
Divisiones  imperii  a.  806  and  817  c.  9  zeigen,  und  ein  Brief  Einhards  N.  28 
(ed.  Teulet  II,  S.  40)  erläutert;  vgl.  die  Urkunde  K.  Ludwig  des  Frommen, 
Bouquet  VI,  S.  615:  ut  jam  dicta  villa  ....  diebus  vitae  nostrae  beneficiario 
munere  in  dominatione  et  gubernatione  Aniani  monasterii  rectorumque  illius 
permaneat,  und  Roth  S.  417. 

Ausserdem  konnte  das  Beneficium  zur  Strafe  aus  verschiedenen  Gründen, 
namentlich  beim  Bruch  der  Treue,  entzogen  werden,  was  hier  im  allgemeinen 
keiner  weiteren  Ausführung  bedarf1).  Nur  ein  Fall  ist  hervorzuheben,  der  sich 
darauf  bezieht  wenn  jemand  im  Besitz  einer  Immunität  oder  als  Vassall  nicht 
nach  der  darüber  erlassenen  gesetzlichen  Vorschrift  aus  seinen  Besitzungen 
Räuber  vor  das  Gericht  des  Grafen  stellt.  Cap.  a.  779  c.  9  S.  36:  Ut  latrones 
de  infra  inmunitatem  Uli  judicis  ad  comitum  placita  praesentetur,  et  qui  hoc  non 
fecerit,  beneficium  et  honorem  perdat.  Similiter  et  vassus  noster,  si  hoc  non 
adimpleverit,  beneficium  et  honorem  perdat.  —  Nach  einer  andern  Stelle  hatte 
aber  der  Inhaber  von  Beneficien  auch  eine  Gerichtsbarkeit  über  die  auf  denselben 
sesshaften  Leute.  Cap.  a.  782  c.  7  S.  43 :  Et  si  forsitan  Francus  aut  Lango- 
bardus  habens  beneficium  juslitias  facere  noluerit,  judex  ille  in  cujus  ministerio 
manserit  contradicat  illi  beneficium  illum,  interim  quod  ipse  aut  missus  ejus 
justitias  faciant.  Das  »justitias  facere«  bezeichnet  hier:  als  Inhaber  einer 
Gerichtsbarkeit  Recht  gewähren;  unmittelbar  vorher  wird  es  von  den  ver- 
schiedenen Beamten,  Grafen  Gastalden  Schultbeissen,  gesagt.  Natürlich  be- 
zieht es  sich  nur  auf  königliche  Beneficien. 

So  viel  über  die  Verbindung  der  Beneficien  mit  der  Vassallität. 

Es  kommt  nun  darauf  an  genauer  den  rechtlichen  Charakter  zu  be- 
stimmen den  das  Verhältnis  der  Vassalien  an  sich  trägt 

Roth   in  Übereinstimmung   mit   älteren  Forschern  2)  hält  die  Vassallität 


1)  Dass  sie  nicht  ganz  willkührlich  entzogen  werden  konnten,  belegt  ausführlich, 
sowie  die  meisten  anderen  hier  hervorgehobenen  Punkte,  Lezardi&re  II,  S.  377  ff. 

2)  Es  ist  dies  die  gewöhnliche  Ansicht  der  filteren  Französischen  und  Deutschen 
Gelehrten;  die  Commendation  ist  ihnen  Eintritt  ins  Gefolge.  Anders  freilich 
schon    um  die    Mitte  des   vorigen  Jahrhunderts  der  Franzose   Garnier,    nach 

P2 


116  GEORG   WAITZ, 

einfach  für  die  alte  Gefolgschaft:  der  vassus  der  Karolinger  ist  ihm  der 
antrustio  der  Merovingischen  Zeit  (S.  382),  und  wenn  er  darin  mit  mir  einig 
ist  dieser  sogenannte  Privatgefolgschaften  abzusprechen,  so  lässt  er  sie  später 
7> als  Seniorat  hervortreten"  (S.  367).  Ich  muss  dieser  Auffassung  entschieden 
widersprechen.  Insofern  man  nicht  jede  nähere  Verbindung  zwischen  Freien 
und  dem  König  oder  einem  andern  Freien  als  Gefolgschaft  bezeichnet,  sondern 
das  altgermanische  Institut  das  wir  so  benennen  in  seiner  Eigentümlichkeit 
vor  Augen  hat,  kann  die  Vassallität  nicht  als  Forlsetzung  oder  Ableitung  der- 
selben bezeichnet  werden.  Die  Gefolgschaft  setzt  ein  regelmässiges  Zusam- 
menleben, Zusammenwohnen  der  Genossen  und  des  Führers  voraus,  sie  ist 
ein  Ehrenrecht  germanischer  Fürsten  und  Könige,  ein  Theil  kann  man  sagen 
der  alten  Verfassung.  Dass  sie  jemals  erweitert,  auf  andere  übertragen  sei, 
ist  an  sich  unwahrscheinlich,  und  durch  nichts  zu  belegen.  Bei  den  Vassallen, 
welche  regelmässig  Land  von  ihren  Herren  empfangen,  ist  an  sich  an  ein 
Zusammenwohnen,  wie  es  dort  vorausgesetzt  wird,  nicht  zu  denken;  nur 
einzelne  von  jenen  erscheinen  in  dem  persönlichen  Dienst  des  Herrn,  aber 
ein  solcher  ist  keineswegs  die  Regel,  die  Grundlage  des  ganzen  Verhält- 
nisses1). Der  königliche  Vassus  der  späteren  Zeit  und  der  Antrustio  sind 
entschieden  nicht  dieselben;  es  ist  keineswegs  richtig  dass  sie  alles  bis  auf 
den  Namen  gemein  hatten  (Roth  S.  382).  Dies  zeigt  vor  allem  die  Formel 
der  Urkunde  durch  welche  die  Aufnahme  eines  Antrustio  erfolgte,  Marc.  I,  18. 
Hier  ist  nicht  von  der  Handreichung  die  Rede  wie  sie  der  Vassali  bei  seiner 
Commendation  zu  leisten  hatte,  nicht  von  einem  Einfluss  den  das  Verhältnis 
auf  die  rechtlichen  Verhältnisse  des  Antrustionen  hatte.  Dieser  schwört  wie 
der  Vassall  Treue,  aber  ausserdem  »trustem«,  eben  Gefolgschaft,  d.  h.  eine 
dergestalt  persönliche  Verbindung  dass  er  nun  zur  regelmässigen  Umgebung 
des   Herrn   gehörte.      Der   Antrustio   erhält   vom   König   einen   Schutz,'  eine 


welchem  die  Klasse  der  Vassalien  freilich  auch  die  Gefolgsgenossen  umfasst, 
ausserdem  aber  „tous  ceux  qui  s'&oienl  recommandäs  ä  lui  pour  obtenir  sa 
protection44;  s.  die  Stelle  welche  Naudet  anführt,  Mämoires  de  I'acadömie  des 
inscriptions  VIII,  S.  421  n. 

1)  Dies  hat  im  ganzen  auch  schon  richtig  hervorgehoben  Fürth,  Ministerialen  S.  27. 


ÜBER   DIE  ANFANGE  DER  VASSALL1TÄT.  117 

Hülfe1),  aber  diese  hat  einen  ganz  bestimmten  Charakter:  er  geniesst  eines 
höheren  Wergeides  nnd  wird  damit  aus  den  Reihen  der  übrigen  Volksge- 
nossen hervorgehoben ;  dies  ist  für  die  Stellung  des  königlichen  Gefolgsgenossen 
das  eigentlich  Wesentliche  und  Charakteristische,  and  hei  allen  Deutschen 
Stämmen  kehrt  es  wieder.  Ware  der  königliche  Vassail  ein  Antrustio,  so 
würde  es  nothwendig  auch  bei  ihm  sich  finden.  Aber  in  den  zahlreichen 
Stellen  der  Capitularien  die  von  demselben  handeln  ist  davon  nirgends  die 
Rede.  Wenn  Roth  dennoch  meint,  die  Vassen  hätten  wohl  (!)  wie  die 
Antrustionen  ein  dreifaches  Wergeid  gehabt  und  dafür  wenigstens  eine  Stelle 
anführt,  so  ist  er  in  einem  gänzlichen  Mis Verständnis  dieser  befangen.  Cap. 
de  exercitalibus  c.  1  S.  169:  Si  quis  super  missum  dominicura  cum  coilecta 
et  armis  venerit  et  missaticum  injunctum  contradixerit  aut  contradicere  voiuerit, 
et  hoc  ei  adprobatum  fuerit  quod  se  sciens  contra  missum  dominicum  ad 
resistendum  venisset,  de  vita  componat,  et  si  negaverit,  cum  12  suis  juralo- 
ribus  se  idoneare  studeat,  et  pro  eo  quod  cum  coilecta  contra  missum  domini- 
cum armatus  venerit  ad  resistendum,  bannum  dominicum  componat.  Simili 
modo  domnus  imperator  de  suis  vassis  judicavit  Et  si  servus  hoc  fecerit, 
discipiinae  corporali  subjaceat.  Dies  heisst  nicht,  wie  Roth  sagt,  dass  ein 
Angriff  auf  die  Vassallen  dem  auf  den  Missus  gleichgesetzt  ist,  sondern  um- 
gekehrt, dass,  wenn  königliche  Vassallen  einen  Missus  angreifen,  sie  nicht 
anders  als  andere  Freie  behandelt  werden  sollen.  Könnte  an  sich  in  dem 
ganzen  Zusammenhang  der  Stelle  darüber  ein  Zweifel  sein,  so  würde  er 
durch  die  nachfolgende  Bestimmung  über  die  Behandlung  der  Knechte  gänzlich 
beseitigt  werden.  Dass  der  König  aber  etwas  derartiges  für  seine  Vassallen 
ausdrücklich  aussprach,  ist  nach  dem  was  oben  S.  85  über  die  rechtlichen 
und  gerichtlichen  Verhältnisse  derselben  gesagt  worden  ist  nicht  auffallend. 
Eine  andere  etwas  spätere  Stelle  ist  von  der  Lezardi&re  (II,  S.  396)  für 
jene  Ansicht  angeführt  worden.  Karoli  Calvi  capit.  Carisiac.  a.  877  c.  20 
S.  540:   et  nullus   bomines    nostros   sive   alios   depraedari   audeat,   et   eorum 


1)  Die  Worte:  Rectum  est  ut  qui  nobis  firiem  pollicentur  inlaesam  nostro  tueantur 
auxilio,  enthalten  offenbar  nicht  etwas  von  dem  höheren  Wergeid  verschiedenes, 
sondern  sind  die  allgemeine  Ankündigung  dessen  was  später  folgt 


118  GEORG    WA1TZ, 

qui  nobiscum  vadunt  beneficia  et  villae  sub  immunitale  raaneant.  Quod  si 
aliquis  praesumpserit ,  in  triplo  componat,  sicut  ille  qui  in  truste  dominico  com- 
mittit.  Allein  diese  Worte  enthalten  offenbar  nichts  von  einem  dreifachen 
Wergeid  der  Yassallen  überhaupt,  sondern  sagen  nur,  dass  es  für  die  eintreten 
soll  die  den  König  auf  seinem  Weg  nach  Italien  begleiten,  zu  deren  Gunsten 
in  diesem  Capitular  auch  andere  Bestimmungen  getroffen  werden.  Wenn  der 
Vassall  an  sich  schon  das  Recht  des  Antrustio  gehabt  hotte,  hätte  es  gar 
nicht  erst  einer  solchen  Anordnung  bedurft.  Die  Stelle  ist  aber  zugleich  ein 
Beweis  dass  das  Institut  der  trustis,  des  Gefolges,  nicht  ganz  vergessen  war. 
Ich  erinnere  hier  an  die  Vorschrift  des  Cap.  a.  779  c.  14  S.  37:  De  truste 
faciendo  nemo  praesumat;  vgl.  Cap.  a.  789  c.  15,  II,  S.  14:  De  truste  non 
faciendo.  Die  Auslegung  welche  sich  zunächst  darbietet,  dass  kein  Gefolge 
im  eigentlichen  und  alten  Sinn  des  Wortes  gebildet  werden  soll,  glaube  ich 
festhalten  zu  müssen.  Wie  aber  kann  dann  die  Vassallität  mit  der  Gefolg- 
schaft zusammenfallen?  Wie  wäre  es  auch  denkbar,  dass,  wenn  vassus  oder 
vassallus  der  jetzt  dem  alten  antrustio  entsprechende  Name  wäre,  in  den 
Karolingischen  Texten  oder  Handschriften  der  Volksrechle  derselbe  nirgends 
an  die  Stelle  des  letztem  getreten  wäre,  niemand  das  Bedürfnis  einer  Erläu- 
terung oder  Glosse  gehabt  hätte.  Und,  kann  man  weiter  fragen,  wie  hätte 
für  den  Gefolgsgenossen  überhaupt  ein  Name  aufkommen  sollen  der  ursprüng- 
lich den  unfreien  Diener  bezeichnete? 

Die  Vassallität  ist  also  nicht  die  Fortsetzung  der  alten  Gefolgschaft;  man 
kann  höchstens  sagen,  dass  sie  an  die  Stelle  derselben  getreten  ist,  sie  mehr 
und  mehr  verdrängt,  in  gewissem  Sinne  in  sich  aufgenommen,  absorbiert  hat. 

Es  bieten  sich  aber  andere  Verhältnisse  dar  deren  Vergleichung  dazu 
dienen  kann  über  den  eigentlichen  Charakter  und  die  rechtliche  Bedeutung 
der  Vassallität  Aufschluss  zu  erhalten.  Nach  den  oben  gegebenen  Nachwei- 
sungen kann  es  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  das  »se  commendare«,  »se  in 
manus,  per  manus  commendare«,  etwas  durchaus  wesentliches  ist  für  die 
Begründung  der  Vassallität.  Bei  der  Handlung  Tassilos  wird  dies  als  das 
Charakteristische  hervorgehoben,  in  den  Stellen  der  Gesetze  und  anderer 
Denkmäler  erscheint  diese  Commendation  und  die  Begründung  der  Vassallität 
als  völlig  gleichbedeutend.     Eine  solche  Commendation  kommt  aber  auch  sonst 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  JI9 

vor  wo  wir  es  zunächst  nicht  mit  der  Vassaliität  zu  thun  zu  haben  scheinen, 
wo  aber  ihre  Bedeutung  und  ihre  Folgen  näher  angegeben  werden. 

Einmal  bei  Geistlichen,  namentlich  bei  Äbten.  Diese  commendieren  sich 
dem  König  sammt  ihrem  Kloster.  Die  Folge  ist  Aufnahme  in  den  königlichen 
Schutz,  wie  es  genauer  zu  heissen  pflegt ,  in  die  königliche  Mundeburdis  x) 
([das  königliche  Mundium),  und  in  Zusammenhang  damit  eine  Begünstigung 
namentlich   in   Beziehung    auf   gerichtliche   Verhältnisse.       Das   Muster    einer 

« 

Urkunde  darüber  giebt  Form.  Lindenbrog.  N.  38 :  Comperiai  magnitudo  seu 
industria  vestra,  quod  veniens  venerabilis  vir  ille  abba  de  monasterio  sancti 
Hl.  tarn  se  quam  et  ipsum  monasterium  cum  omnibus  rebus  suis  ad  nos  se 
plenius  commendavit,  et  nos  postea  gratante  animo  ipsum  venerabilem  virum 
illum  abbatem  cum  ipso  monasterio  vel  hominibus  suis  et  omnes  causas  suas 
amabiliter  sub  nostro  recipimus  mundeburde  vel  defensione.  Ideoque  salutantes 
magnitudinem  seu  industriam  vestram,  vobis  omnino  per  has  litteras  rogamus 
atque  praecipimus,  ut  nullus  ex  vobis  jam  dictum  venerabilem  abbatem  vel 
ipsum  monasterium  nee  homines  nee  res  suas,  quas  ad  praesens  habere  videtur 
vel  in  antea  Christo  propitio  per  bonis  hominibus  ibidem  conlatum  fuerit,  nullus 
inquietare  nee  condemnare  vel  aliquid  de  rebus  suis  minuare  omnino  praesumat; 
sed  cum  Dei  gratia  et  nostro  mundeburdo  vel  defensione  tarn  eum  quam  suos 
homines  residere  cum  quiele  sinatis.  Et  si  aliquae  causae  adversus  ipsum 
abbatem  vel  monasterium  ipsius  seu  homines  ejus  fuerint  quae  in  pago  absque 
suo  iniquo  dispendio  recte  definitae  non  fuerint,  eas  usque  ante  nos  omnimodis 
fiant  suspensas  vel  reservatas,  et  postea  ante  nos  per  legem  et  justitiam 
finitivara  aeeipiant  sententiam.  —  In  mehreren  Urkunden  wird  noch  bestimmter 
der  Ausdruck  gebraucht  »in  manu  se  commendare«;  Bouquet  V,  S.  698: 
semet  ipsum  et  illam  congregationem  ...  in  manu  nostra  plenius  commendavit; 
VI,  S.  485:  propter  ejus  (des  Klosters)  defensionem  vel  propter  pravorum 
ho  min  um  illicitas  infestationes  in  manu  ejusdem  d.  imperatoris  una  cum  monachis 
ibi  degentibus  se  commendavit.     In   einer  anderen ,    Bouquet  V,  S.  704 ,   tritt 


1)  Dass  die  trustis  selbst  nichts  sei,  als  die  mundeburdis  ist  eine  Behauptung  von 
Guörard,  Irminon  S.  518  ff.,  die  aller  Begründung  entbehrt.  Lehuerou,  Inst. 
Carol.  p.  134,  unterscheidet  beide,  behauptet  -  aber  wieder  ohne  Grund,  die 
Gefolgsgenossen  oder  Antrustionen  hatten  sich  auch  im  Mundium  befunden. 


120  GEORG    WAITZ, 

an  die  Stelle  der  mundeburdis  des  Königs  (Tippin)  die  seines  Sohnes  (Karl), 
von  dem  es  dann  heisst:  qui  causas  ipsius  abbalis  vel  monasterii  habet  re- 
ceptas;  und  ebenso  wird  schon  Marc.  I,  24  die  Mundeburdis  des  Major  domus 
gegeben  und  hinzugefügt:  ut  sub  ipso  vfro  illo  inlustris  vir  ille  causas  ipsius 
pontificis  aut  abbatis  vel  ecclesiae  aut  monasterii  ....  tarn  in  pago  quam  in 
palatio  nostro  persequi  deberet.  Überall  also  wird  zunächst  ein  Einfluss  auf 
die  Behandlung  der  Rechtssachen  hervorgehoben.  Ich  führe  noch  die  Worte 
an  die  in  dem  Schutzbrief  Karl  Martells  für  Bonifaz  gebraucht  werden: 
Brequigny  II ;  S.  344:  sub  nostro  mundeburdo  et  defensione  quietus  vel  con- 
servatus  esse  debeat,  ea  ratione  ut  justitiam  reddat  et  justitiam  faciat  et 
accipiat.  Et  si  aliqua  causatio  vel  necessitas  ei  advenerit  quae  per  legem 
definiri  non  potuerit,  usque  ante  nos  quietus  et  conservatus  esse  debeat,  tarn 
ipse  quam  qui  per  ipsum  reclamare  se  et  sperare  videntur,  ut  ei  nemo  aliquam 
contrarietatem  vel  damnationem  adversus  eum  facere  praesumat,  sed  omni 
tempore  sub  nostro  mundeburdo  vel  defensione  quietus  vel  conservatus  resi- 
dere  debeat  Vgl.  Urk.  Karls  für  den  Presbyter  Arnald,  Cod.  tradd. Sang.  S.3S: 
Et  si  aliquas  causas  adversus  ipso  Arnaldo  presbytero  seu  milio  (so  ist  statt 
»initio«  zu  lesen}  dicti  hominis,  qui  per  ipsum  sperare  noscuntur,  surrexerint 
aut  ortas  fuerint,  quas  in  pago  diffinire  non  potueritis,  usque  ante  nos  sint 
suspensas  vel  reservatas,  qualinus  ibi  secundum  legem  finitivara  accipiant 
sentenliam.  Auf  dasselbe  Verhältnis  bezieht  sich  auch  Form.  Baluz.  5,  wo 
aber  die  Ausdrücke  etwas  anders  sind:  der  König  sagt  von  dem  der  den 
Schutz  verlangt:  nostra  eommendatione  expetivit  habere,  und  von  sich:  no9 
ipso  gratante  animo  recepimus  vel  retinemus.  Die  Folgen  sind  aber  ganz 
dieselben  wie  in  den  andern  Fällen.  —  Später  kommt  zu  dem  Schutz  regel- 
mässig die  Immunität  hinzu1);  sie  wird  aber  ausdrücklich  erwähnt.  Bouquet 
V,  S.  704:  sub  sermone  tuitionis  nostrae  vel  emunitatibus.  Würtemb.  Ur- 
kundenbuch  N.  71   S.  79  (v.  J.  814):   sub   sermone  nostra   defensione  atque 


1]  Sie  fehlt  noch  wie  Bouq.  V,  S.  698  auch  ebend.  S.  755.  Dagegen  findet  nur 
sie  sich,  wenn  das  Kloster  nicht  commendiert,  sondern  dem  Kaiser  delegiert  wird 
(in  manibus  nostris  visus  est  delegasse),  ebend.  S.  751.  762.  In  dem  letztern 
Fall  geht  es  in  das  Eigenthum  (sub  nostra  dominatione)  über  und  erhält  das 
Recht  des  Fiscalgutes. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  121 

sub  emunitatis  nomine.  Sie  kann  wohl  nicht  als  eine  blosse  Anwendung,  als 
ein  Ausfluss  des  Schutzes  betrachtet  werden  l). 

Auch  in  den  Gesetzen  ist  von  Kirchen  und  Klöstern  in  solchem  Schutz 
mehrmals  die  Rede.  Pippini  cap.  Langob.  c.  3  S.  42 :  Monasteria  virorum  et 
puellarum  tarn  quae  in  mundio  palatii  esse  noscuntur  vel  etiam  in  mundio 
episcopale  seu  et  de  reiiquis  hominibus  esse  inveniuntur,  distringat  unusquisque 
in  cujus  mundio  sunt  ut  regulariter  vivant.  Cap.  a.  823  c.  5  S.  237:  De  ec~ 
clesiis  et  monasteria  et  senodochia  quae  ad  mundio  palatii  pertine[n]t  aut  pertinere 
debent,  ut  unusquisque  justitiam  dominorum  nostrorum  regum  et  eorum  rectum 
consentiat.  Die  erste  Steile  zeigt,  dass  aber  auch  ein  Mundium  anderer  Per« 
sonen  für  dieselben  eintreten  konnte. 

Aber  in  dem  Mundium  des  Königs  befanden  sich  noch  andere  als  Geist- 
liche. Es  heisst  allgemein  Cap.  a.  802  c.  52  S.  101:  Ut  ii  qui  in  mundeburde 
domni  imperaloris  sunt  pacem  et  defensionem  ab  omnibus  habeant. 

Wir  besitzen  ein  Zeugnis  über  eine  eigentbümliche  Anwendung  welche 
die  Sache  erhalten  hat.  Die  Formel  einer  Urkunde  Ludwig  des  Frommen, 
Bouquet  VI,  S.  651,  bezieht  sieb  auf  einen  Juden,  den  Hebraeus  Abraham, 
der  den  königlichen  Schutz  erhält.  Da  heisst  es  gerade  wie  sonst  etwa  bei 
einem  Abt:  ad  nostram  veniens  praesentiara  in  manibus  nostris  se  commendavit, 
et  eum  sub  securitate  tuitionis  reeepimus  ac  retinemus.  Die  Folge  ist  auch 
hier  einmal  ein  besonderer  Rechtsschutz,  eine  begünstigte  Stellung  bei  Rechts- 
streitigkeiten, und  die  Ausdrücke  sind  fast  ganz  dieselben  wie  bei  Kirchen 
und  Klöstern:  Quod  si  etiam  aliquae  causae  ad  versus  eum  vel  homines  suos 
qui  per  eum  legibus  servire  videntur  surrexerint  vel  ortae  fuerint,  quae  absque 
gravi  et  iniquo  dispendio  infra  patriam  detiniri  non  possent,  usque  ad  prae- 
sentiam  nostram  sint  suspensae  vel  conservatae,  quatenus  ibi  seeundum  legem 
finitivam  aeeipiant  sententiam.  Dazu  kommt  eine  Freiheit  von  Abgaben  (Im- 
munität} und  ausserdem  mehreres  was  sich  auf  die  besonderen  Verhältnisse 
des  Juden  bezieht.  —     Ebenso  ist  in  andern  Urkunden   derselben  Sammlung 


1)  Dass  die  Immunität  und  besonders  die  Gerichtsbarkeit  ein  „annexe"  des  Mundium 
sei,  wie  Lehuerou  S.252  sagt,  hat  wohl  eine  gewisse  Wahrheit,  wird  aber  doch 
von  ihm  zu  weit  ausgedehnt. 

Htst.-Phil.Classe.  VII.  Q 


122  GEORG   WAITZ, 

(Nr.  3t.  32.  33.  35.  36.  37)  von  der  Aufnahme  in  den  königlichen  Schutz 
(defensio,  oder  securitas  tuitionis  ac  defensionis,  oder  blos  securitas  tuitionis) 
die  Rede;  zum  Theil  beziehen  sie  sich  ebenfalls  auf  Juden  oder  Kaufleute, 
ausserdem  aber  auch  auf  andere  Personen,  eine  auf  eine  Frau;  in  der  letzten 
wird  ausdrücklich  die  mundeburdis  genannt,  in  den  meisten  mit  denselben 
Worten  wie  sie  vorher  angeführt  sind  der  rechtlichen  Stellung  gedacht,  da- 
gegen nicht  von  einer  Commendation  gesprochen.  Dies  ist  wieder,  nur  in' 
anderer  Wendung  als  gewöhnlich,  der  Fall  in  einer  Formel  die  eine  allge- 
meine Anwendung  zulässt,  Lindenbr.  N.  177:  Cognoscatis,  quod  iste  praesens 
ille  ad  nos  venit  et  nostram  commendalionem  expetivit  habere,  et  nos  ipsum 
gratanli  animo  recepimus  vel  retinemus.  Propterea  omnibus  vel  rogamus  atque 
jubemus,  ut  neque  vos  neque  juniores  neque  successores  vestri  ipsum  vel 
homines  suos,  qui  ad  ipsum  legitime  spectare  videntur,  inquietare  nee  con- 
demnare  nee  de  rebus  suis  in  ullo  abstrahere  nee  dismannire  praesumatis  nee 
facere  praeeipiatis.     Et  si  talis  causa  ad  versus  eum  surrexerit  aut  orta   fuerit 

et  ibidem absque  eorum   iniquo  dispendio  minime  difinita  fuerit  ....  talis 

causa  ante  nos  finitivam  aeeipiat  sententiam. 

An  sich  scheinen  diese  Verhältnisse  und  die  Vassallität  weit  von  ein- 
ander abzuliegen.  Aber  doch  wohl  nicht  weiter  als  der  Bischof  Bonifaz,  der 
Schützling  Karl  Mortells,  entfernt  stand  von  dem  Schutzjuden  oder  der  hilfs- 
bedürftigen Frau  die  das  Mundium  des  Königs  aufsuchte.  Und  wenigstens 
die  Verhältnisse  dieser  werden  ganz  mit  denselben  Ausdrücken  bezeichnet. 
Wir  haben  leider  keine  Urkunde  oder  Formel  über  die  Reception  eines  könig- 
lichen Vassalien.  Ich  zweifle  nicht,  sie  würde  in  den  Ausdrücken  die  grösste 
Ähnlichkeit  mit  denen  bieten  die  hier  zuletzt  in  Betracht  gezogen  worden 
sind.  Der  Vassall  wie  der  Abt  oder  Jude  commendiert  sich  dem  König  »per 
manus,  in  manus«.  Gerade  bei  jenen  wissen  wir  dass  der  Ausdruck  eine 
bestimmte  Handlung,  die  Handreichung,  bezeichnet  Die  Hand  aber  ist  das 
Symbol  der  Gewalt  überhaupt,  des  Mundiums  insbesondere;  »munt«  scheint 
ursprünglich  Hand  zu  bedeuten;  Grimm,  Rechtsalt.  S.  138.  Und  auch  sonst 
zeigt  sich  eine  durchgehende  Übereinstimmung.  Was  der  königliche  Vassall 
vor  andern  voraus  hat  ist  eben  auch  eine  begünstigte  Lage  in  Beziehung 
auf  seine  gerichtlichen  Verhältnisse:   seine  Sachen   sollen  vor  andern  erledigt, 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE    DER  VASSALLITÄT.  123 

sie  können  an  den  König  gebracht  werden  (s.  oben  S.  85) :  eben  das  was 
die  Aufnahme  in  das  Mundram  zur  Folge  bat. 

Von  Freien  die  sich  einem  geistlichen  Stift  unterwerfen ,  diesem  ihr  Gut 
übertragen  und  es  etwa  nur  als  Beneficium  zurückempfangen,  wird  auch  der 
Ausdruck  »se  commendare«  gebraucht.  Trad.  Lunael.  S.  27:  Tassilo  beur- 
kundet, dass  er  dem  W.Erlaubnis  gegeben,  se  ipsum  commendare  ....  ad 
cenobium  istum  etc.  Neugart  I,  S.  12:  ubi  mihi  plenius  commendo.  Es  mag 
dahin  gestellt  bleiben,  ob  auch  dies  ein  »in  manus  commendare«  war  und  also 
förmliche  Vassallität  begründete.  Aber  es  erinnert  daran  dass  auch  sonst 
die  Freien  welche  Land  von  einem  andern  haben  allgemein  als  seine  Vas- 
sallen  bezeichnet  werden;  s.  oben  S.  101.  Und  hierhin  gehören  dann  weiter 
die  Stellen  wo  von  solchen  die  Rede  ist  »qui  in  mundeburde  monasterii«,  die 
munborati  oder  mundiliones  heissen  (\.  G.  II,  S.  171  n.,  die  Urkunde  für  Görtz 
bei  Calmet  I,  S.  282.  283). 

Das  ist  jedenfalls  den  auf  der  Aufnahme  in  das  Mundium  beruhenden 
Verhältnissen  eigen,  dass  sie  so  gut  bei  Privaten  wie  beim  König  vorkommen. 
Das  königliche  Mundium  reicht  weiter,  hat  factisch  grössere  Bedeutung,  aber 
es  unterscheidet  sich  rechtlich  nicht  von  dem  einer  Kirche  oder  eines  freien 
Mannes  L). 


1)  Gegen  die  von  mir  Verf.  G.  II,  S.  170  n.  ausgesprochene  Behauptung,  dass  nicht 
die  natürliche  Familiengewalt  des  Vaters  über  den  Sohn  (der  man  allenfalls  die 
des  Herrn  über  den  Knecht  vergleichen  kann),  sondern  nur  die  diese  ersetzende, 
ihr  nachgebildete,  Mundium  heisse,  haben  Walter,  Rechtsgeschichte  §.474  n.  4, 
und  Hildebrand,  Lehrbuch  der  D.  St.  und  R.  G.  §.49,  Widerspruch  erhoben. 
Ich  kann  meine  Ansicht  aber  durch  die  angeführten  Stellen  nicht  für  widerlegt 
halten.  L.  Alam.  Hloth.  LI,  3:  Wenn  jemand  eine  Frau  raubt  und  Kinder  von 
ihr  hat:  non  sint  Uli  qui  eos  genuit,  sed  ad  illum  pristinum  maritum  mundio 
pertineat;  hier  ist  das  Mundium  des  ersten  Gatten  eben  nicht  die  natürliche 
väterliche  Gewalt;  ebend.  LIV,  2:  antequam  illius  mundium  aput  patrem  ad- 
quirat,  bezeichnet  es  die  von  dem  Mann  erworbene  Gewalt,  die  natürlich, 
Mundium  heisst.  Edict.  Rotharis  c.  199:  Si  pater  filiam  aut  frater  sororem  suam 
ad  maritum  dederit,  et  contigerit  casus  ut  ille  maritus  moriatur  et  pater  aut 
frater  ejus  mundium  liveraverit,  ist  es  die  von  dem  Mann  an  den  Vater  zurück- 
fallende,   also   nun  ebenfalls  nicht  mehr  ursprüngliche  und   natürliche  Gewalt. 

Q2 


124  GEORG   WAITZ, 

Man  wird  nicht  sagen  können  dass  die  Vassallität  in  der  Zeit  ihrer 
vollen  Ausbildung  ganz  zusammenfiel  mit  der  Aufnahme  in  das  Mundium  1). 
In  Karolingischer  Zeit  unterschied  man  wohl:  »se  commendare  in  vassatico« 
und  »se  commendare  in  mundeburde«.  Aber  beides  ruhte  offenbar  auf  der- 
selben Grundlage;  das  erste  ist  nur  eine  besondere  Anwendung  oder  Ab- 
zweigung von  diesem.  Der  nahe  Zusammenhang  von  beiden  zeigt  sich  auch 
darin  wie  noch  später  die  Commendation  der  Bischöfe  an  den  König  der  der 
weltlichen  Grossen  an  die  Seite  gestellt  wird.  Die  oben  S.  97  angeführte 
Stelle  der  Ann.  Bert.  a.  877  S.  304   ergiebt,  dass  jene  zunächst  auf  die  Er- 


Bedeutender  erscheinen  ebend.  c.  195  — 197,  wo  es  wiederholt  heisst:  Si  quis 
mundium  de  puella  libera  aul  mulierem  potestatem  habens,  excepto  patre  aut 
fratre  etc.  Aber  da  doch  zunächst  nicht  von  der  Gewalt  des  Vaters  die  Rede 
ist,  sondern  nur  hinweisend  auf  diese  wie  auf  das  Mundium  des  Bruders  Rück- 
sicht genommen  wird,  so  konnte  wohl  ein  solcher  Ausdruck  gebraucht  werden, 
ohne  dass  daraus  folgt  dass  wirklich  die  väterliche  Gewalt  ursprünglich  als 
Mundium  betrachtet  und  bezeichnet  ward.  Die  Stelle  ebend.  c.  186,  nach  der 
eine  Frau,  der  Gewalt  angethan  und  die  wider  ihren  Willen  zur  Ehe  gezwun- 
gen, das  Recht  erhält  zu  wählen,  qui  mundium  ejus  in  potestatem  debeat  habere, 
und  wo  unter  denen  die  sie  wählen  kann  auch  der  Vater  neben  Brüdern  Oheimen 
und  dem  König  genannt  wird,  scheint  mir  nur  zu  bestätigen,  dass  eine  so 
begründete  Gewalt,  auch  wenn  der  Vater  sie  erhält,  dem  Begriff  nach  noch 
verschieden  gedacht  wird  von  der  natürlichen  des  Vaters,  die  durch  die  Heirath 
gelöst  war,  obgleich  es  bei  dieser  zu  keiner  rechtlichen  Erwerbung  des  Mun- 
diums  gekommen:  jene  war  zerstört  und  konnte  nicht  wieder  hergestellt 
werden,  der  Vater  stand  nun  nur  den  andern  Verwandten  gleich:  er  war, 
wenn  er  gewählt  ward,  rechtlich  nicht  mehr  Vater,  sondern  eben  Mundwald. 

1)  Wenn  Gudrard,  Irminon  I,  S.  522,  meint,  das  Praeceptum  pro  Hispanis  bewiese 
die  Verschiedenheit  des  mundium  (der  protection)  und  des  vassaticum,  so  kann 
ich  dem  doch  nur  theilweise  beistimmen.  Einmal  ist  kaum  von  einer  speciellen 
Aufnahme  in  das  königliche  Mundium  die  Rede,  wenn  K.Ludwig  allgemein  sagt: 
sub  protectione  et  defensione  nostra  receptos  in  libertate  conservare  decrevi- 
mus.  Dann  aber  scheint  mir  der  Umstand  dass  der  Kaiser  ihnen  ausdrücklich 
die  Erlaubnis  (licentiam)  giebt,  ut  se  in  vassaticum  comitibus  nostris  more  solito 
commendent,  mehr  für  eine  ursprüngliche  Gleichheit  als  für  eine  Verschieden- 
heit dieser  Verhältnisse  zu  sprechen. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  125 

langung  des  königlichen  Schutzes  gerichtet  war;  und  die  erhaltene  Formel 
derselben  bestätigt  dies  vollkommen :  Me  ac  ecclesiam  mihi  commissam  vobis 
commendo  ad  debitam  legem  et  justitiam  conservandam  et  defensionem  exhi- 
bendam,  sicut  rex  episcopis  ecclesiae  suae  justo  judicio  censervare  et  exhibere 
debet.  Doch  schloss  sich  daran  auch  die  professio  (eidliche  Versicherung): 
Ego  ille  ipse  sie  profiteor:  De  ista  die  et  deineeps  isti  seniori  et  regi  meo 
Ludovico  ....  seeundum  meum  scire  et  posse  et  meum  ministerium  auxilio  et 
consilio  fidelis  et  adjutor  ero,  sicut  episcopus  recte  seniori  suo  debitor  est, 
in  mea  fide  et  meo  sacerdotio.  Das  ist  keine  Commendation  in  die  Vassallität, 
aber  sie  steht  ihr  zur  Seite,  ist  für  den  Bischof  dasselbe  was  jene  für  die 
weltlichen  Grossen,   wie  es  scheint  auch  für  die  Abte  war. 

Der  Ausdruck  »vassaticus«  (-cum)  ist  ein  späterer,  von  »vassus«  abge- 
leitet So  ist  auch  der  Abt  genannt  worden  der  sich  commendiert  hatte  (s. 
oben  S.  91);  meist  aber  behielt  man  bei  den  Geistlichen  die  Bezeichnung  bei, 
welche  das  rechtliche  Verhältnis  ursprünglich  ausdrückte,  welche  aber  sonst 
in  späterer  Zeit  nur  für  mehr  untergeordnete  Verhältnisse  gebraucht  wurde: 
sie  seien  ins  Mundium  eingetreten.  Vielleicht  dass  ursprünglich  »vassaticus« 
deshalb  auf  sie  weniger  anwendbar  erschien,  weil  das  zu  Grunde  liegende 
»vassus«  eigentlich  den  unfreien  Diener  bezeichnete,  während,  wie  es  manch- 
mal geschehen  ist,  das  Wort  später  dergestalt  an  Ansehn  und  Bedeutung 
gewann,  dass  es  nun  gerade  vorzugsweise  auf  höher  gestellte,  in  einer 
solchen  persönlichen  Verbindung  stehende  Personen  Anwendung  fand. 

Man  hat  Gewicht  darauf  gelegt  (Roth  S.  367),  dass  das  Wort  »vassus« 
besonders  erst  in  Karolingischer  Zeit  diese  Bedeutung  erhielt.  Doch  werden 
Vassen  des  Königs  wenigstens  in  6iner  älteren  Stelle  erwähnt;  Lex  Bajuv.  II, 
15,  1:  Qui  infra  illum  comitatum  manent,  sive  regis  vassi  sive  ducis,  omnes 
ad  placitum  veniant;  Vassen  eines  Herzogs  oder  Grafen  in  der  entsprechenden 
der  Lex  Alamann.  Chlotharii1)  XXXVI,  4:  qualiscumque  persona  sit,  aut  vassus 
ducis  aut  comitis  aut  qualis  persone,  nemo  neglegat  ad  ipsum  placitum  venire. 


1)  Durch  die  Ausgabe  von  Merkel  sind  die  Bedenken  welche  Roth  S.  369  n.  gegen 
das  Alter  dieser  Stelle  geltend  machen  wollte  beseitigt,  sie  werden  nun  auch 
für  die  entsprechende  Stelle  der  Lex  Bajuv.  keine  Bedeutung  haben. 


126  GEORG   WA1TZ, 

Die  Commendation  kommt  in  Denkmälern  der  Merovingischen  Zeit  in 
verschiedener  Anwendung  vor. 

Einmal  bei  dem  König.  Ob  der  Ausdruck  hier  bei  Kirchen  die  sich 
in  den  Schutz  des  Königs  begaben  gebraucht  ward,  kann  freilich  zweifelhaft 
sein.  Eine  Urkunde  bei  Brequigny  I,  S.  33  erwähnt  ihrer  schon  unter  Chlo- 
dovech:  locellum  suum  ....  nostrae  celsitudini  tradidit  et  commendavit,  ut 
sub  nostra  emunilate  et  mundiburnio  nostrorumque  successorum  regum  semper 
maneat;  allein  diese  Worte  bestärken  nur  die  auch  sonst  vorhandenen 
Zweifel  gegen  die  Echtheit,  da  sich  ähnliche  Ausdrücke  nachher  erst  wieder 
in  einem  Diplom  Pippins  als  Major  domus  (vom  J.  748?),   ebend.  II,  S.  413, 

linden:  ad  nos  se  una  cum  omni  re  monaslerii  sui  commendavit, et  nos 

ipsum  . . .  sub  nostrum  mundeburde  plenum  recepimus  vel  retinemus.  Dagegen 
sind  andere  Bezeichnungen  für  den  Eintritt  der  Kirchen  in  den  königlichen 
Schutz  auch  früher  üblich;  ebend.  I,  S.  110:  expetiit,  ut  eum  et  ipsum  mona- 
sterium  ...  vel  sermone  tuitionis  nostrae  vel  mundeburde  recipere  deberemus; 
vgl.  Marculf  I,  24:  sub  sermone  tuitionis  nostrae  visi  fuimus  recepisse,  ut 
sub  mundeburde  vel  defensione  inlustris  viri  illius  majoris  domus  nostri  . . . 
quietus  debeat  residere.  —  Bei  den  Langobarden  heisst  es  von  Kirchen  und 
Klöstern:  in  defensione  oder  ad  defensionem  sacri  palatii  esse  noscuntur, 
Aistulf  edict.  c.  17. 19;  von  Frauen:  ad  curlem  regis  se  commendare,  Rotharis 
edict.  c.  195.  196.  197.  Der  Herzog  von  Spoleto  nennt  einen  Abt:  et  com- 
menditum  nostrum;  Troya,  Codice  diplom.  III,  S.  59. —  Ausserdem  sprechen 
die  Geschichtsschreiber  nicht  selten  von  einer  Commendation  jüngerer  Männer, 
die  an  den  Hof  kamen,  an  den  König  (V.  G.  II,  S.  394  n.  1),  und  ich  bin  fort- 
während der  Meinung  dass  sie  damit  ein  bestimmtes  Verhältnis  bezeichneten, 
welches  wohl  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  der  Gefolgschaft  hatte,  aber  nicht 
rechtlich  ihr  gleich  stand.  Man  mochte  Bedenken  tragen  diese  jungen  Männer 
des  dreifach  höhern  Wergeides  geniessen  zu  lassen  und  eben  deshalb  für 
ihre  Stellung  jetzt  ein  anderes  Verhältnis,  wie  es  in  der  Aufnahme  in  das 
königliche  Mundium  gegeben  war,   zur  Anwendung  bringen. 

Häufiger  sind  dann  die  Zeugnisse  welche  von  einer  Commendation  in 
den  Schutz,   in  das  Mundium  von  Privaten  in  Merovingischer  Zeit  sprechen. 

Allerdings  sind  es  wieder  noch  etwas  verschiedene  Verhältnisse  welche 


ÜBER  DIB  ANFÄNGE  DER  VASSALL1TÄT.  127 

mit  denselben  Aasdrücken  bezeichnet  werden,  and  auf  den  ersten  Blick  mag 
es  scheinen  dass  sie  wenig  oder  nichts  mit  einander  gemein  haben.  Bald 
sind  es  junge  Männer  aus  angesehenen  Familien  welche  wie  dem  König  selbst 
so  auch  einem  vornehmen  Hofbeamten,  namentlich  dem  Major- domus,  com- 
mendiert  werden,  und  dann  unter  seinem  Schutze  leben,  sich  hier  für  den 
Hof-  und  Staatsdienst  ausbilden  (V.  G.  II,  S.  394.  395):  da  scheint  das  Ver- 
hältnis einen  loseren  und  mehr  transitorischen  Charakter  an  sich  zu  tragen. 
Wie  aber  der  König  gegen  einen  solchen  Commendierten  auch  später  Rechte 
geltend  macht  (s.  die  Stelle  a.a.O.  S.  394  n.),  so  finden  wir  doch  auch  sonst 
dass  solche  Verbindungen  von  längerer  Dauer,  von  Einfluss  auf  das  ganze 
Leben  waren.  Verus  schreibt  dem  Desiderius,  Bouquet  IV,  S.  48:  rogamus, 
ut,  sicut  dum  patrocinia  vestra  elegimus  et  hactenus  nos  defensio  protectionis 
vestrae  insigniter  munivit,  ita  nunc  quoque  de  conditionibus  nepotum  nostro- 
rum  ...  talem  sollicitudinem  atque  instantiam  adponatis,  unde,  sicut  nos  vobis 
sumus,  ita  ipsos  quoque  adquiratis  per  omnia  debitores;  wo  offenbar  von 
anderem  die  Rede  ist  als  einer  persönlichen  Gunst  und  Empfehlung  des  Sohnes 
zu  günstiger  Aufnahme.  Vgl.  die  Worte  in  der  Vita  des  Desiderius  c.  3: 
multi  quoque  ducum  atque  domesticorum  sub 'ala  tuitionis  ejus  degebant;  und 
die  Stelle  aus  der  Vita  Eligii  I,  5:  factus  est  notus  cuidam  regis  thesaurario 
Bobboni,  cujus  patrocinio  se  committens  sub  ejus  ditione  degebat.  Eine  engere 
Verbindung  tritt  uns  namentlich  in  den  kirchlichen  Gesetzen  entgegen  welche 
den  Geistlichen  den  Eintritt  in  den  Schutz  eines  Weltlichen  verbieten.  Zu 
der  Stelle  des  Conc.  Cabillonense  (V.  G.  II,  S.  172  n.  2),  wo  der  Ausdruck 
»patrocinium  saeculare«  gebraucht  wird,  ist  hinzuzufügen:  Conc.  Burdigal., 
Brequigny  II,  S.  130:  Kein  Geistlicher  solle  sein  seculari  mundeburdo,  ut 
familiäre  est,  nisi  cum  convenientia  episcopi.  Die  Worte  zeigen  einmal,  dass 
jenes  patrocinium  dem  Deutschen  »mundeburdis«,  dem  Mundium  entspricht,  und 
sie  ergeben  ausserdem,  dass  das  Verhältnis  ein  sehr  häufiges  war.  Hierher 
gehören  aber  weiter  mehrere  Stellen  der  Gesetze.  Lex  Rib.  XXXI,  1.  2: 
Quod  si  homo  ingenuus  in  obsequio  alterius  inculpatus  fuerit,  ipse  qui  eum 
post  se  eodem  tempore  retinuit  in  praesentia  judicis  . . .  repraesentare  studeat 
aut  in  rem  respondere.  Quod  si  eum  non  repraesenta verit ,  tale  damnum 
incurrat,    quäle  ille   sustinere  debuerat  qui  in   ejus   obsequio  est  inculpatus. 


128  GBORG   WAITZ, 

Die  Erklärung  welche  Roth  (S.  167)  giebt  ist  ganz  willkürlich,  der  Einwand 
dass  nach  den  Worten  selbst  nur  von  einem  vorübergehenden  Verhältnis  die 
Rede   sei   unzutreffend,    da   einmal   die   Commendation   überhaupt   keine   ganz 
unlösliche  Verbindung   begründete,    anderer   Seits   die   Worte   wenigstens  in 
keiner  Weise  andeuten,   dass   das  Verhältnis   von   dem  sie  sprechen  sogleich 
wieder  gelöst  werden  konnte,    vielmehr  die  Vergleichung  mit  dem  vorherge- 
henden  Kapitel,    wo   von   der  Vertretung  des  unfreien   Knechtes   durch   den 
Herrn  die  Rede  ist,   offenbar  zeigt,  dass  ein  ähnliches  Verhältnis   wie  dieses 
gemeint  ist.     Noch  unzweifelhafter  ist  dies   bei  den  Worten  der  Lex  Bajuv. 
DI,  13,  1:   Si  quis  liberum  hominem  occiderit,  solvat  parentibus  suis  si  habet; 
si   autem   non   habet,   solvat   duci  vel  cui  commendatus  fuit  dum  vixit.      Ich 
ziehe  nun  auch  hierhin   die  form.  Sirmond.  44,    deren  Inhalt  ich   früher  zu 
sehr  von  diesen  Verbindungen   getrennt  gehalten  habe  (V.  6.  II,  S.  168  n.): 
Der   Aussteller   der  Urkunde   ist   durch  Mangel,    da   er   sich   nicht  ernähren 
konnte,   genöthigt,   ut  me  in  vestrum  mundoburdum  tradere  vel  commendare 
deberem;   gegen   Kost  und   Kleidung   verpflichtet  er  sich:   dum  ego  in  caput 
advixero,   ingenuiU  ordine  tibi  servitium  vel  obsequium  impendere  debeam,  et 
me   de  vestra  potestate  vel   mundoburdo  tempore  vitae  meae  potestatem  non 
habeam  subtrahere,  nisi  sub  vestra  potestate  vel  defensione  diebus  vitae  meae 
debeam  permanere.     Es  ist  allerdings  eine  lange  Stufenleiter,  kann  man  sagen, 
verschiedenartiger  Abhängigkeiten   von  dieser   völligen  Hingebung  zu  Dienst, 
wenn   auch  unter  Wahrung  persönlicher  Freiheit,    bis  zu   den  Verbindungen 
vornehmer  junger   Männer   mit    einem    hohen    Hofbeamten.      Allein   auch    in 
Karolingischer  Zeit  befanden  sich  offenbar  die  welche  sich  commendiert  haben 
und  Vassen  oder  Vassalien  heissen  in  nicht  weniger  verschiedenen  Verhältnissen, 
und  der  Abstand  zwischen  dem  Vassalien  der  seinem  Herrn  nach  einem  andern 
Beneficium  folgt  und  hier  eine  Frau  empfängt  (Cap.  a.  757  c.  9 ,  oben  S.  73) 
und  dem  Herzog  Tassilo   von  Baiern,   der  sich  in   demselben  Jahr  wo  von 
jenem   die  Rede   ist  dem  König   in   vasatico  commendierte,   ist  gewiss   nicbt 
geringer  als  der  zwischen  dem  welcher  ingenuili  ordine  seinem  erwählten  Herrn 
dient  und   dem  Schützling   des  Desiderius  oder  dem  Hermelandus  den  seine 
Eltern  dem  König  magno  cum  honore  militaturum  commendaverunt      Es   ist 
nicht  zu  zweifeln,  dass  das  Ganze  von  den  niedrigen  Verhältnissen  ausgegangen 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  129 

ist  und  dann  Anwendung  auf  höhere  und  freiere  Verbindungen  erhalten  hat, 
die  man  nach  der  Analogie  jener  behandelte  ohne  sie  doch  ganz  identificieren 
zu  können.      Dort  wird  auch  der  Name  vassus  zuerst  gegolten   haben;   so, 
und  nur  so,  erklärt  es  sich,  dass  ein  Wort  welches  ursprünglich  den  unfreien 
Diener   bezeichnete   auch   für   den  angesehenen   und    hochgestellten   Mann  in 
Anwendung  kam.     Roth,  der  sich  abmüht  alle  diese  und  andere  Zeugnisse 
wegzuschaffen   oder  als  nichtsbeweisend   darzustellen    (S.  146  ff.),    hat  sich 
gänzlich  den   richtigen  Gesichtspunkt  verrückt,  indem  er  stets  von  Privatge- 
folgschaften spricht  und  mit  allem  Eifer   darauf  besteht   dass  es  solche,   d.  h. 
bewaffnete  Scharen   von  freien  Begleitern,   vor  der  Karolingischen  Zeit  nicht 
gegeben  habe.    Ich  stimme  ihm  darin  völlig  bei:   so  wenig  wie  die  Vassalien 
der  Karolingischen  Könige  dieselben  sind  wie  die  allen  Antrustionen,  so  wenig 
sind  die  welche  sich  einem  Privaten  durch  Commendation  verbunden,  sich  in 
seinen  Schulz,    sein  Mundium  begeben   haben,   als  sein   Gefolge  zu  fassen; 
sie  bildeten  nicht  nothwendig  seine  regelmässige  Begleitung  und  Umgebung, 
sie  wohnten  nicht  alle  in  oder  bei  seinem  Hause,  sie  gingen  nicht  alle,  na- 
mentlich die  Geistlichen  nicht,   bewaffnet;  dagegen  war  ihre  rechtliche  Lage 
eine  mehr   abhängige   als  die  der  Gefolgsgenossen.     Es  ist  überflüssig  und 
würde  zu  weit  fuhren,   hiernach  noch  einmal,   mit  Rücksicht  auf  Roths  Be- 
merkungen, zu  untersuchen,  in  wie  weit  die  pares  amici  und  suscepti,  die 
gasindi1),  oder  andere  die  in  den  Quellen  genannt  werden,  zu  diesen  freien 
Schutzgenossen  oder  zu  den  unfreien  Dienern  gerechnet  werden  müssen.     Das 
Gesagte  genügt  vollkommen,  um  eine  eigenthümliche  durch  die  Commendation 
begründete  Verbindung  zwischen  Freien  auch  in  Merovingischer  Zeit  darzuthun. 
Und  es  dient  nur  zur  Bestätigung  dass  sich  ganz  analoge  Verhältnisse 
bei  den  andern  Germanischen  Stämmen  finden.     Bei  den  Langobarden.    Edict. 
Rotharis  c.  225:  Et  si  aliqnit  in  gasindio  doces  (ducis)  aut  privatorum  hominum 
obsequium   donum   conquisivit,    res    ad    donatorem   revertantur.      Das   Wort 
gasindium,  welches  bei  den  Langobarden   die  Gefolgschaft  bezeichnet,  findet 
Anwendung  auch  auf  die  Verbindung  mit  den  Herzogen,  die  sich  hier  be- 


1)  In  Karolingischer  Zeit  erscheint  dies  Wort  als  gleichbedeutend  mit  vassus  oder 
vassallus  in  det  Urkunde  Bouquet  V,  S.  701.     Vgl.  Roth  S.  36b  n. 
Hist.-Phtlol.  Ctasse.  VII.  R 


130  GEORG  WA1TZ, 

kanntlich  in  besonders  anabhängiger  Stellung  befanden  und  wohl  das  Recht 
haben  konnten  ein  wahres  Gefolge  zu  halten  (später  wird  es  auch  bei  dem 
judex  gebraucht,  Edict.  Rachis  c.  10:  forsitan  adtenderit  ad  gasindio  suo  vel 
ad  parentem  aut  ad  amicum  suum);  ähnlich  ist,  aber  nicht  identisch,  das 
»obsequium  privatorum«. —  Bei  den  Westgothen.  Lex  Wisigothorum  antiqua 
c.  3101):  Si  quis  buccellario  arma  dederit  vel  aliquid  donaverit,  si  in  patroni 
sui  manserit  obsequio,  aput  ipsum  quae  sunt  donata  permaneant.  Si  vero 
alium  sibi  patronum  elegerit,  habeat  licentiam  cui  se  voluerit  commendare;  quo- 
niam  ingenuus  homo  non  polest  prohiberi,  quia  in  sua  polestate  consistit;  sed 
reddat  omnia  patrono  quem  deseruil.  Der  spätere  Text  V,  3, 1  hat,  was  hier 
zunächst  für  einen  besonderen  Fall,  für  einen  Schenken  im  Dienst  eines  andern 
festgesetzt  ist,  generalisiert  und  für  alle  die  sich  im  patrocinium  befinden  aus- 
gesprochen; er  fügt  ausserdem  weitere  Bestimmungen  hinzu,  die  über  dies 
Verhältnis  nur  noch  helleres  Licht  verbreiten :  c.  3 :  Sicut  superius  dictum 
est,  si  quis  cum  aliquo  patrocinii  causa  consistat  et  aliquid  dum  cum  eo  habitet 
adquisierit,  si  ei  inveniatur  infidelis  vel  eum  derelinquere  voluerit,  medietas 
adquisitae  rei  patrono  tradatur;  aliam  vero  medietatem  qui  adquisivit  obtineat, 
et  quidquid  ei  ipse  donavit  recipiat.  c.  4:  Ita,  ut  supra  praemissum  est,  qui- 
cunque  patronum  suum  reliquerit  et  ad  alium  tendens  forte  se  contulerit,  ille 
cui  se  commendaverit  det  ei  terram.  Nam  patronus  quem  reliquerit  et  terram 
et  quae  ei  dedit  obtineat.  Die  Stelle  zeigt,  dass  der  welcher  sich  commendiert 
hatte  bald  Land  von  seinem  Herrn  empfing,  bald  bei  demselben  wohnte  und 
also  in  eine  Art  von  Hausgenossenschaft  eintrat:  das  Letzte  geschah  natürlich 
wenn  er  einen  Dienst  wie  den  des  Schenken  übernahm;  in  dem  einen  aber 
wie  in  dem  andern  Fall  war  die  Verbindung  lösbar  nach  dem  freien  Willen 
des  Commendierten ;  die  Worte  welche  hier  gebraucht  werden  erinnern  un- 
mittelbar an  die  Ausdrücke  deren  sich  die  Gesetze  der  Karolingischen  Zeit 
für  das  Verhältnis  der  Vassallität  bedienen  (s.  oben  S.  74).  Man  müsste  ge- 
waltsam  die  Augen  vor  der  offen  zu  Tage  liegenden  Übereinstimmung  der 
Erscheinungen  verschliessen ,  wenn  man  hier  einen  Zusammenbang  läugnen 
wollte. 

1)  Ich   gebe   den   Text   mit  Blumes  Ergänzungen,    die   meist   gar  keinem   Zweifel 
unterliegen. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VA8SALLITÄT.  131 

Man  wird  auch  nicht  in  Abrede  stellen  können,  dass  diese  Verhältnisse 
anknüpfen  an  Zustände  die  sich  in  der  späteren  Zeit  des  Römerreichs  aus- 
gebildet hatten,  von  denen  uns  Salvian  und  andere  Schriftsteller  jener  Zeit 
Kunde  geben  (V.  G.  H,  S.  172),  Aber  sie  erhielten  eine  wesentlich  andere 
Bedeutung  als  früher.  An  die  Stelle  des  römischen  »patrocinium«  setzte  man 
das  deutsche  » mundium «  mit  seinem  weiterreichenden  Einfluss  namentlich 
auf  die  rechtlichen  Zustände.  Ausserdem  kam  der  recht  eigentlich  deutsche 
Begriff  der  Treue  auch  hier  zur  Anwendung;  wie  diese  bei  dem  Westgothi- 
schen  patrocinium  erwähnt  wird,  so  ist  sie  auch  der  Inhalt  des  Eides  der 
bei  der  Commendation  geleistet  werden  muss.  Wann  dieser  zuerst  gebräuchlich 
ward,  wäre  von  besonderem  Interesse  zu  wissen,  ist  aber  jetzt  nicht  zu 
ermitteln  *}• 

Auch  die  Verbindung  in  welche  die  Vassallität  mit  der  Ertheilung  von 
Beneficien  trat  geht  in  ihren  Anfängen  über  die  Karolingische  Zeit  zurück. 
Wenigstens  dem  Anfang  des  8ten  Jahrhunderts  gehört  eine  Urkunde  an  in 
der  neben  Knechten  auch  Vassen  als  solche  vorkommen  die  von  dem  Grafen 
Eberhard  Beneficium  empfangen  haben ;  Bräquigny  II ,  S.  357 :  vel  ad  vassos 
nostros  beneficiatum  habui.  Aber  viel  früher  sehen  wir  bei  den  Westgothen, 
dass  wer  sich  in  das  patrocinium  begab  auch  Land  für  die  Dauer  dieser 
Verbindung  empfing2).  Ob  es  zufällig  ist  dass  gerade  für  Landübertragungen 
auch  das  Wort  »commendare«  gebraucht  wird  (V.  G.  II,  S.  215),  oder  ob 
darin  selbst  schon  ein  gewisser  Zusammenhang  dieser  Dinge  sich  ausspricht, 
muss  wohl  dahingestellt  bleiben. 

Es  ist  aber  nöthig,  hier  ein  Wort  über  das  Alter,  den  Ursprung  der 
Beneficien  hinzuzufügen. 


1)  Roth  S.  152  will  darthun,  dass  ein  Eid  der  Treue  unter  den  Merovingern  bei 
Privaten  gar  nicht  habe  vorkommen  können.  Ich  will  nicht  behaupten  dass  er 
vorgekommen,  aber  die  von  ihm  angeführten  Fälle  beweisen  jenes  in  der  That 
nicht,  da  es  sich  in  ihnen  um  Prätendenten  handelt  die  als  Herrscher  einen 
Unlerthaneneid   forderten. 

2)  Ausser  der  vorher  angeführten  Stelle  vgl.  auch  V,  1 ,  4 :  Heredes  episcopi 
seu  aliorum  clericorum,  qui  filios  suos  in  obsequium  ecclesiae  commendaverint 
et  terras  vel  aliquid  ex  munificentia  ecclesiae  possederint  etc. 

R2 


c 


132  GEORG   WAITZ, 

Roth  äussert  einmal  die  Meinung  (S.  436) ,  dass  die  kirchlichen  Bene- 
ficien,  zunächst  in  Beziehung  auf  die  Art  der  Verleihung,  den  königlichen 
nachgebildet  seien.  Aber  gerade  das  Umgekehrte  ist  anzunehmen.  Nicht 
blos  der  Name  »beneficium«  findet  sich  zuerst  bei  den  kirchlichen  Verleihungen 
—  bei  Roths  Auseinandersetzung  bleibt  es  unerklärt  und  unerklärlich ,  wie  der- 
selbe überhaupt  für  die  königliche  Landverleihung  in  Gebrauch  gekommen  — , 
die  Übertragung  von  Land  zu  Niessbrauch  an  Freie  ist  überhaupt  offenbar  von 
den  Kirchen  ausgegangen  und  erst  später  von  andern  nachgeahmt  worden. 
Dort  ist  die  Sache  so  alt  dass  sie  vielleicht  noch  auf  Römische  Zeiten  zurück- 
geht, während  sie  freilich  unter  den  Deutschen  dann  einen  wesentlich  anderen 
Charakter  angenommen  hat.  Darüber  ist  ausführlich  in  der  V.  G.  II,  S.  195 — 
206  gehandelt,  und  es  ist  kein  Grund  auf  das  zurückzukommen  was  dort 
näher  dargelegt  worden  ist.  Roth  ist  damit  auch  eigentlich  nicht  in  Wider- 
spruch,  nur  widmet  er   diesen   Verhältnissen   zu  geringe  Beachtung. 

Wie  die  Kirchen  haben  auch  Weltliche  Gut  zu  Beneficium  gegeben  vor 
der  Karolingischen  Zeit.  Schon  die  Marculfschen  Formeln  D,  41  erwähnen 
des  Falles,  da  ein  Freier  von  einem  andern  Land  »ad  excolendum«  hat;  er 
will  es  in  Eigenthum  verwandeln,  wird  deshalb  verjagt,  erhält  es  aber  »per 
precariam«  wieder.  Das  Wort  beneficium  wird  nicht  gebraucht,  aber  die 
Sache  ist  wesentlich  dieselbe;  die  Verpflichtung  welche  der  Empfänger  über- 
nimmt besteht  darin  zu  thun:  quicquid  reliqui  accolani  vestri  faciunt.  Be- 
stimmte Beispiele  sind  dann  erst  aus  den  20er  und  30er  Jahren  des  8ten 
Jahrhunderts  (s.  V.  G.  II,  S.  204.  206);  da  finden  wir,  dass  Freie  von  dem 
Herzog  Lintfried  und  seinem  Bruder  Land  »pro  beneficio«  oder  »in  beneficio« 
haben ,  und  wenigstens  in  einem  Fall  (Trad.  Weiss.  N.  25  S.  37)  ist  deutlich 
dass  dieser  Besitz  kein  erblicher  war:  was  der  Vater  in  der  Weise  besessen 
hatte  wird  dem  Sohn  verkauft;  vgl.  die  Urkunde  des  Grafen  Eberhard,  Brg- 
quigny  II,  S.  357,  vorher  S.131.  Von  besonderem  Interesse  sind  ausserdem 
die  Bairischen  Verhältnisse:  hier  zuerst  wird  das  Wort  »beneficium«  nicht 
blos  auf  die  Verleihung,  sondern  auch  auf  das  verliehene  Land  angewandt. 
Es  sind  die  Herzoge  von  denen  andere  Land  zu  Beneficium  empfangen  haben, 
über  das  sie  nur  mit  Zustimmung  jener  verfügen  dürfen.  Trad.  Fris.  N.  37 : 
ut  dominum   meum   et   inlustrissimum   ducem  Tassilonem   deprecare  debuissem, 


OBER  DIB  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  133 

«t  ex  beneficiis  illius  aliquid  ad  ecclesiam  tradendi  concederetur  licentiam. 
Congestum  Arnonis,  Kleimayrn  S.  23 :  hoc  quqd  tradiderunt  liberi  Bajoarii  per 
licentiam  Tassilonis  ad  supradictura  episcopatum,  quod  fuit  eis  ex  causa  dominica 
beneficlatum ;  und  dann  im  Folgenden  öfter.  Allerdings  sind  diese  Zeugnisse 
aus  Karolingischer  Zeit;  doch  aus  den  Anfängen  derselben  und  aus  Jahren 
wo  die  Bairischen  Herzoge  sich  der  Oberhoheit  der  Fränkischen  Könige 
entzogen  haben. 

Wenig  später  finden  wir  die  Sache  auch  bei  den  Langobarden.  Gleich 
die  erste  Karolingische  Urkunde  bei  Brunetti,  Cod.  dipl.  Toscano  II,  S.  214, 
noch  aus  dem  J.  774,  betrifft  die  Verfügung  einer  Frau  über  ein  Gut  das 
»usque  modo  Ghisalpertus  clericus  per  beneficium  habuit«  l). 

Die  wichtigste  Frage  ist  die,  wie  es  mit  der  Entstehung  königlicher 
Beneficien  sich  verhält.  »Die  Verleihung  von  Krongut  zu  Beneficium  ist  eine 
Karolingische  Neuerung«,  sagt  Roth  S.  358.  Das  erste  Beispiel  führt  zurück 
in  die  Zeit  Karl  Martells;  eine  Urkunde  vom  Jahr  756  erwähnt,  dass  jener 
dem  Hildebrannus  Güter  »beneficiaverat«  (Perard  S.  33).  In  Urkunden  Mero- 
vingischer  Könige  wird  dieser,  oder  werden  die  entsprechenden  Ausdrücke 
»beneficium«,  »per  beneficium«  besitzen,  bei  Königsgut  nicht  gefunden;  V.  G. 
II,  S.  220.  Dagegen  ist  oft  genug  von  Verleihungen  des  Königs  die  Rede 
»ex  munere,  ex  munificentia«.  Ich  habe  früher  auszuführen  gesucht,  wie 
diese  ursprünglich  allerdings  verschieden,  dem  Wortlaut  der  Urkunden  und 
der  ursprünglichen  Absicht  nach  wahre  Schenkungen  waren,  aber  doch  in 
mancher  Hinsicht  behandelt  wurden  wie  Übertragungen  die  nicht  jede  Be- 
ziehung, jedes  Recht  des  Königs  zum  Lande  aufhoben,  deshalb  wenigstens 
eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  den  Beneficien  hatten  und  im  Lauf  der  Zeit 
mehr  und  mehr  diesen  gleichgestellt  wurden2}.  Darauf,  vermuthete  ich,  sei 
die  Behandlung  der  Kirchengüter  unter  Karl  Martell  von  Einfluss  gewesen. 

Roth  dagegen  scheidet  strenge  und  entschieden  die  Übertragung  von 
Krongut  zu  Eigenthum  unter  den  Herovingern  von   der   zu  Niessbrauch  oder 

1)  Dagegen  finden  sich  aus  Langobardischer  Zeit  wohl  Landübertragungen  mit  Vor- 
behalt des  Ususfructus  (Troya  IV,  S.  591.  653.  657)  oder  andere  bedingte  Land- 
verleihungen';  aber  wenigstens  jener  Ausdruck  ist  mir  nicht  vorgekommen. 

2)  Ich  finde  es  erwfthnungswerth ,  dass  in  Karolingischer  Zeit  der  Ausdruck  vor- 
kommt, Bouquet  V,  S.  767:  „beneficiario  munere  possiderett. 


134  GEORG   WAITZ, 

zu  Beneficium  unter  den  Karolingern;  er  lässt  die  letzte  plötzlich  und  mit 
Absicht  einführen  um  damit  bestimmte  politische  Zwecke  zu  erreichen.  Die 
Behandlung  des  Kirchenguts  unter  Karl  Martell  oder  vielmehr  unter  seinen 
Nachfolgern  ist  ihm  weniger  ein  Grund  zu  der  Vermischung  und  Verbindung 
der  Verhältnisse  als  ein  Zeichen  der  eingetretenen  Veränderung  (S.  245)  *). 
Diese  steht  in  nächstem  Zusammenhang  mit  der  Begründung  dessen  was  er 
das  Seniorat  nennt  und  was  eben  damals  zuerst  ins  Leben  gerufen  sein  soll. 
Und  zwar  geht  seine  Ansicht,  soweit  sich  aus  der  nicht  sehr  klaren  Ent- 
wicklung (S.  353  ff.)  entnehmen  lässt2),  im  wesentlichen  dahin:  es  sei  darauf 
angekommen  die  zahlreichen  in  Abhängigkeitsverhältnissen  stehenden  Freien 
zum  Kriegsdienst  heranzuziehen ;  dies  sei  dadurch  erreicht  dass  man  sie 
unter  der  Anführung  ihres  Herrn  ausziehen  Hess;  deshalb  sei  für  die  Geist- 
lichen, welche  ja  solche  zahlreich  unter  sich  hatten,  im  8ten  Jahrhundert  der 
persönliche  Kriegsdienst  eingeführt  und  ihnen  damit  die  Pflicht  auferlegt,  ihre 
Hintersassen  mit  in  den  Krieg  zu  führen;  bei  den  Weltlichen  habe  »die  Ver- 
leihung von  Krongut  als  Entschädigung  derjenigen  gedient  die  durch  ein 
zahlreiches  Gefolge  den  Bestand  des  fränkischen  Heeres  vermehrten«,  habe 
„geradezu  den  seniores  das  Halten  eines  Gefolges  erleichtern  sollen«.  Darum 
spricht  er  dann  wiederholt  davon,  die  Karolinger  hätten  das  Seniorat  begünstigt. 


1)  Etwas  anders  hat  es  Leo  gewandt,  Vorlesungen  S.  439:  „Da  aber  die  Einziehung 
der  Hälfte  des  Kirchenguts  ebenso  wie  die  Heranziehung  des  Krongutes  in  wei- 
terem Masse  durch  Karl  nur  zum  Zweck  hatte  eine  vermehrte  ritterliche  alle- 
zeit gerüstete  Dienstmannschaft  herzustellen,  wurden  die  Vergabungen  aus  den 
so  ausgeworfenen  Gütermassen  eben  nur  für  wirklichen  Dienst  und  Dienstzeit, 
nicht  auf  Erbe  ertheilt.     Es  waren  also  eigentliche  Beneficia". 

2)  Neuere  die  Roth  folgen  scheinen  mir  noch  über  seine  Behauptungen  hinauszu- 
gehen. Walter,  Rechtsgeschichte  $.73:  „Dadurch  wurde  es  auch  möglich 
ausser  den  königlichen  Vasallen  regelmässig  alle  Senioren  mit  königlichen  Be- 
neficien  zu  belehnen  und  durch  die  Commendation  an  den  König  zu  knüpfen". 
Giesebrecht,  Geschichte  der  Deutschen  Kaiserzeit  I,  S.  123:  „Gegen  eine  aber- 
malige Erweiterung  ihres  Besitzes  traten  alle  Gefolgsherren  mit  ihren  Vasallen 
selbst  als  Vasallen  in  den  Dienst  des  neuen  Herrschers  (Pippins),  der  so  der 
Obergefolgsherr  aller  Vasallen  in  seinem  Reiche  wurde".  Von  alle  dem  lässt 
sich  aber  auch  gar  nichts  in  den  Quellen  nachweisen. 


Ober  die  anfange  der  vassallität.  135 

Was  zunächst  die  Behandlung  des  Kirchenguts ,  die  Verwendung  dessel- 
ben zur  Belohnung  der  weltlichen  Getreuen  der  ersten  Karolinger  betrifft,  so 
ist  die  Sache  neuerdings  der  Gegenstand  noch  einer  andern  eindringenden 
Untersuchung  gewesen :  Memoire  sur  la  spoliation  des  biens  du  clergä  attribuöe 
ä  Charles  Martel  par  M.  Beugnot ,  M&noires  de  l'Institut  de  France,  Academie 
des  inscriptions  et  belles-lettres  XIX,  S.  361  —  462.  Wenn  der  Verfasser 
mit  Roth  darin  einverstanden  ist  Karl  Martell  gegen  die  gewöhnlichen  Be- 
schuldigungen gewaltsamer  Confiscation  des  Kirchengutes  zu  rechtfertigen,  so 
weicht  er  darin  bedeutend  von  ihm  ab,  dass  er  auch  die  Massregeln  Karl- 
manns und  Pippins  nur  als  die  Fortsetzung  einer  alten  Gewohnheit  ansieht, 
welche  »remontait  aux  premiers  tems  de  la  monarchie«,  und  nach  der 
Kirchengüter  „verho  regis«  an  Laien  gegeben  wurden.  Ich  habe  dasselbe 
früher  behauptet  und  muss  daran  festhalten:  das  Kirchengut,  zunächst  soweit 
es  von  Königsschenkungen  herrührte,  dann  aber  auch  in  weiterer  Ausdehnung 
alles,  ward  unter  den  Merovingern  so  betrachtet  dass  sich  die  Könige  ein 
Recht  der  Verfügung  über  dasselbe  beilegten.  Ein  Beispiel  giebt  die  Urkunde 
Pippins,  Bouquet  V,  S.  701 :  ein  Gut,  welches  der  Kirche  geschenkt  war, 
hatte  ad  petitionem  inlustri^viri  Ebroini  majoris  domus  ein  gewisser  Johannes 
per  precariam  empfangen,  dann  ebenso  Frodoinus  und  Geruntus  besessen,  und 
darüber  hatten  König  Childebert  und  der  Majordomus  Grimoald  precarias  ausge- 
stellt, welche  die  Mönche  zu  lesen  gaben;  damals  aber  hatte  »gasindus  noster 
Teudbertus  per  nostrum  beneficium«  das  Gut  inne;  und  dies  erscheint  als  blosse 
Fortsetzung  des  früheren  Verhältnisses.  Die  Kirche  betrachtete  die  Sache  als 
einen  Misbrauch  und  erklärte  sich  dagegen  (s.  die  Stellen  V.  G.  II,  S.  2 1 6  n.)  l) ; 


1)  Roths  Erklärung  derselben,  S.  316,  sie  könnten  (!)  sich  auf  den  Fall  beziehen, 
wo  Kirchengut  deshalb  zur  Verfügung  kam,  weil  der  Grundsatz  bei  demselben 
zur  Anwendung  kam,  dass  der  Besitz  desselben  (durch  die  Kirche)  von  dem 
Unterthanenverband  bedingt  war,  ist  ganz  willkürlich  und  ohne  einen  Schein 
der  Begründung.  Doch  giebt  er  zu,  dass  auch  anderes  vorkam,  meint  aber, 
dass  es  „eine  vielleicht  nur  selten  vorkommende  Ausnahme",  „nicht  gewöhnlich 
waru,  „nicht  häufig  vorkam".  Mit  solchen  Schlüssen  kann  bei  unseren  dürftigen 
Quellen  alles  in  Abrede  gestellt  werden.  Das  ganze  folgende  Raisonnement 
ist  ähnlicher  Art. 


136  GEORG  WA1TZ. 

aber  ihre  wiederholten  Verbote  zeigen  eben  nur  dass  es  geschah  und  oft  geschah. 
Und  was  die  ersten  Karolinger  thaten  hatte  daran  wenigstens  ein  Vorbild.  Das 
Königsgut  der  Merovinger  war  verschleudert  (s.  die  Stellen  V.  G.  II,  S.  611), 
den  neuen  Herrschern  kam  es  darauf  an  sich  namentlich  in  Neustrien  Anhänger 
zu  verschaffen,  die  gewonnenen  zu  belohnen,  und  sie  griffen  da  zu  einem 
Mittel,  das  auch  schon  vorher  angewandt  war,  nun  aber  allerdings  in  weit 
grösserer  Ausdehnung  als  je  benutzt  ward.  Karl  Martell  that  es  in  mehr 
gewaltsamer  Weise  —  von  einem  solchen  Vorwurf  werden  seine  Vertheidiger 
ihn  schwerlich  reinigen  können  —  x),  die  Söhne  suchten  ein  Abkommen  mit 
der  Geistlichkeit  zu  treffen,  welches  ihren  Interessen  entsprach,  ohne  diese 
ganz  um  ihr  Recht  zu  bringen.  Von  welcher  Bedeutung  dies  war,  erhellt 
schon  daraus  dass  selbst  die  kurzen  Annalen  das  Ereignis  aufgezeichnet  haben. 
Ann.  Alam.  a.  751,  Pertz  SS.  I,  S.  27:  Res  eclesiarum  descriptas  atque  divisas. 
Gegen  ein  solches  »dividere«  suchten  sich  dann  wohl  die  Kirchen  später 
durch  Privilegien  zu  schützen;  s.  Roth  S.  335.  Die  allgemeine,  von  der  Kirche 
selbst  anerkannte  Durchführung  der  Sache  gab  ihr  eine  besondere  Bedeutung, 
einen  andern  Charakter:  dadurch,  aber  auch  nur  dadurch,  erscheint  sie  als 
eine  Neuerung.  Es  ist  oben  bemerkt  wie  die  Verleihungen  dieses  Kirchen- 
gutes dann  geradezu  als   »beneficia  regalia«   bezeichnet  werden;  es  ist  nicht 


1)  Es  ist  richtig,  dass  er  keine  gesetzliche  Säcularisation  vornahm;  aber  deutlich 
genug,  dass  das  was  später  eintrat  und  von  Roth  so  genannt  wird,  nicht  als 
eine  Verschlechterung,  sondern  als  eine  Verbesserung  der  Lage  der  Kirche  galt. 
Es  ist  gewiss  nicht  zufällig,  wenn  wiederholt  von  einem  Zurückgeben  (reddere) 
der  Kirchengüter  die  Rede  ist.  Karlomanni  cap.  a.  742  c.  1  S.  16:  Et  fraudatas 
pecunias  (steht  für  Gut  allgemein,  s.  Cap.  a.  743  c.  2)  ecclesiarum  reslituimus 
et  reddidimus.  Urkunde  für  Le  Mans,  angeführt  Roth  S.  362  n.:  Pipinus  villas 
ad  ipsam  ecclesiam  reddere  jussit.  Roth  hat  sehr  Unrecht,  wenn  er  sagt: 
„der  in  allen  aufgenommene  Satz  dass  der  König  die  Güter  an  die  Kirche 
zurückgegeben  habe  ist  nur  eine  Phrase":  von  den  meisten  sei  bekannt  dass 
sie  die  nonae  et  decimae  gezahlt  und  also  der  Kirche  noch  entzogen  gewesen. 
Allein  auch  jenes  ward  schon  als  ein  Zurückgeben  betrachtet  im  Vergleich  mit 
dem  Zustand  vorher,  wo  die  Kirchen  und  ihre  Güter  ganz  in  die  Hün.ie  der 
Weltlichen  übergegangen  waren. 


ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT.  137 

eu  zweifeln  dass  sie  auch  früher  schon  wo  sie  vorkamen  als  Verleihungen 
des  Königs  betrachtet  wurden  oder  doch  dazu  beitrugen  den  Zusammenhang 
zwischen  diesen  und  den  kirchlichen  Beneficien  zu  vermitteln.  Es  spricht 
nichts  dafür  dass  ein  plötzlicher  und  jäher,  mit  Absicht  und  Bewusslsein  vor- 
genommener Übergang  von  dem  einen  System  zum  andern  gemacht  wor- 
den sei. 

Ich  habe  früher  die  Umstände  zusammengestellt  (V.  G.  II,  S.  211.  212), 
welche  dafür  sprechen  dass  auch  in  Merovingischer  Zeit  die  Königsschen- 
kungen nicht  als  ganz  definitive  und  unter  allen  Umständen  unwiderrufliche 
Übertragungen  angesehen  wurden.  Die  Schenkung  ward  gegeben  zur  Be- 
lohnung der  Treue  und  verpflichtete  aufs  neue  zu  derselben:  wer  sie  verletzte, 
ging  des  Gutes  verlustig;  sowohl  wenn  der  Schenker  als  wenn  der  Be- 
schenkte starb,  ward  eine  neue  Bestätigung  erfordert  oder  schien  doch  zur 
Sicherung  des  Besitzes  nützlich;  Verfügungen  über  das  Gut  waren  nicht  un- 
bedingt frei,  sondern  man  suchte  auch  für  sie  eine  Bestätigung.  Roth  ist 
dieser  Ausführung  entgegengetreten  in  der  Weise  dass  er  jedes  einzelne 
Zeugnis  als  zweifelhaft  oder  doch  nicht  vollen  Beweis  erbringend  darzustellen 
sucht.  Aber  theils  gelingt  es  ihm  auch  so  nicht  alles  zu  beseitigen  was  seiner 
Ansicht  entgegensteht x) ,    theils   verkennt   er   dass   das   Zusammentreffen   der 


1)  So  giebt  er  zu  (S.  216),  während  er  ausrührt  dass  bei  Untreue  regelmässig  das 
ganze  Vermögen,  auch  das  Eigengut  confiscirt  wurde,  dass  einige  Fälle  erwähnt 
werden  wo  nur  das  Fiscalgut  der  Einziehung  verfiel.  Ebenso  war  es  in  Karo- 
lingischer  Zeit,  Roth  S.  424.  Hier  ward  auch  wohl  bei  wirklicher  Eigen  thums- 
übertragung,  wie  bei  Verwandelung  von  Beneficien  in  Eigeothum,  dies  vorbe- 
halten, Urk.  Ludwig  des  D.,  Erhard,  Reg.  I,  S.  13:  ita  tarnen  ut  nusquain  a 
nostra  discedat  fideütate,  sed  inmobiliter  in  nostris  perseveret  obsequiis  absque 
aliqua  tergiversatione.  Was  die  Bestätigung  des  Königs  bei  Verfügungen  über 
geschenktes  Königsgut  betrifft,  so  reicht  Roths  Auseinandersetzung  (S.  220),  dass 
eine  solche  oft  gegeben  sei  auch  wo  sie  an  sich  nicht  erforderlioh ,  gewiss 
nicht  aus  Stellen  gegenüber  wie  die  folgenden:  Testament  des  Bertramnus, 
Bröquigny  I,  S.200:  der  König  CMothar  pro  fidei  meae  conservatione  ad  integrum 
suis  praeceptionibus   manu    sua    roboratis  mihi   integram   tribuit  licentiam,    ut 

praedicto  loco ipsas  villas  quas  munere  suo  promerui  conferre  deberem ; 

vgl.  II ,  S.  1 1 :  Et  quia  . . .  munuscula  ipsa  ex  largitate  christianissimi  et  piissimi 
Hist.-Phil.  Classe.  VII.  S 


138  GEORG   WA1TZ. 

verschiedenen  Zeugnisse  wohl  geeignet  ist  die  Mängel  manches  einzelnen  zu 
ersetzen.  Es  sind  dieselben  Umstände  welche  in  Karolingischer  Zeit  bei  den 
königlichen  Beneficien  in  Betracht  «kommen  x),  und  es  wäre  ein  wahres  Wunder 
wenn  sie  auch  unter  den  Merovingern  sich  bei  königlichen  Landübertragungen 
finden  sollten,  ohne  dass  irgend  ein  Zusammenhang  zwischen  beiden  bestände2). 
Landverleihungen  des  Königs  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  den  Fran- 
ken   kommen   auch   in   den    andern   germanischen   Reichen   vor  3),    nur  mit 


domni  Dagoberti  regis  videor  habere  et  possidere,  ideo  ut  perpetuum  in  Dei 
nomine  ipsa  cessionis  meae  epistola  sortiatur  effectum,  praefato  principi  obtuli 
confirmandam ;  auch  II,  S.  33:  Dagobert  bestätigt  einem  Kloster  seine  Be- 
sitzungen und  Freiheiten:  dum  super  fiscum  nostrum,  quod  pro  remedio  animae 
nostrae  indulsimus,  videtur  esse  constructum  atque  ex  parte  ditatum  ...  dum 
super  nostra  est,  ut  diximus,  largitate  constructum.  In  Beziehung  aber  auf 
die  Bestätigung  durch  den  Nachfolger  ist  es  wohl  zu  beachten  dass  eine  eigene 
Forme]  dafür  bei  Marculf  (I,  16)  sich  findet,  wo  sie  gleich  hinter  der  für  die 
Schenkung  selbst  steht;  die  Worte  lassen  auch  kaum  einen  Zweifel  dass  sie 
die  Regel  wenn  auch  nicht  absolute  Pflicht  war:  cujus  petitionem  pro  respectu 
fidei  suae  sicut  unicuique  de  fidelibus  nostris  justa  petentibus  nequivimus  denegare. 

1)  In  der  Karolingischen  Periode  steht  Besitzen  von  Fiscus  ini  Gegensatz  gegen 
als  Mode  Besitzen,  Fiscus  im  Gegensatz  von  Erbgut;  vgl.  P6rard  S.  33:  quod 
Hildebrando  illam  habere  vidi  ad  fiscum  regis  et  deinde  Heccardo  ad  allaudum. 
Derselbe  Gegensatz  findet  sich  in  Herovingischer  Zeit  und  scheint  mir  beach- 
tenswerth,  nicht  weil  ich,  wie  Roth  S.  208  sagt,  meine,  dass  er  den  Unterschied 
erblichen  und  nicht  erblichen  Guts  ausdrückte,  sondern  nur  weil  er  zeigt  dass 
man  das  geschenkte  Königsgut  von  anderem  unterschied. 

2)  Vielleicht  darf  man  auch  anführen  dass  Thegan  c.  19  sagt:  In  tantum  largus,  ut 
antea  nee  in  antiquis  libris  nee  modernis  temporibus  auditum  est,  ut  villas 
regias,  quae  erant  patris  sui  et  avi  et  tritavi,  fidelibus  suis  tradidit  eas  in  pos- 
sessionem  sempiternam.  Hätte  Thegan  das  wirklich  schreiben  können,  wenn 
die  Ertheilung  nicht  zu  Eigenthum  eine  Neuerung  seit  etwa  drei  Menschenaltern 
gewesen?  Die  Ertheilung  von  Eigenthum  im  bestimmten  Gegensatz  von  Bene- 
ficien war  es  wirklich.  Vgl.  V.  Hludowici  c.  6.  —  Bekanntlich  geht  durch  das 
ganze  germanische  Staatsleben  eine  Tendenz  Krongut  als  in  gewissem  Sinne 
nie  ganz  verftusserlich  zu  betrachten. 

3)  Vgl.  Lex  Burg.  I,  3.  4:  die  frühern  Schenkungen  werden  bestätigt,  aber 
hinzugefügt:   Superest  ut  posteritas  eorum  ea  devotione   et  fide   deserviat,   ut 


ÜBER   DIE  ANFÄNGE   DER  VASSALL1TÄT.  139 

Ausnahme  des  Angelsächsischen,  in  dem  allein  zwischen  Staatsland  (folcland) 
und  Königsland  unterschieden  ist.  Dass  sie  im  Fränkischen  Reich  eine  so  viel 
höhere  Bedeutung  erlangten ,  hängt  nach  meiner  Ansicht  allerdings  damit  zu- 
sammen, dass  es  unter  den  Franken  in  Gallien  zu  keiner  wahren  Landtheilung 
gekommen  war,  sondern  der  König  zunächst  als  Eigenlhümer  des  zahlreichen 
Staats-  Municipal-  und  herrenlosen  Landes  eintrat,  und  dann  durch  ihn  in 
vielen  Fällen  erst  Land  an  die  mit  ihm  einziehenden  Volksgenossen  gelangte. 
Dies  gab  schon  in  Merovin^ischer  Zeit  den  auf  dem  Empfang  königlichen  Landes 
beruhenden  Verbindungen  eine  höhere  Bedeutung,  ohne  dass  man  freilich 
sagen  könnte,  die  Staatsordnung  sei  darauf  begründet.  Die  Karolinger  knüpften 
an  diese  Zustände  an,  suchten  in  und  unter  ihnen,  so  weit  es  ging,  das  Recht 
der  Krone  zu  wahren  und  herzustellen. 

Dass  sie  zuerst  die  Beneficien  aufgebracht  hätten ,  um  so  besser  die 
Senioren  welche  ihnen  dienten  belohnen  und  auf  das  ganze  Seniorats Verhältnis 
einwirken  zu  können,  ist  eine  Behauptung  die  ganz  in  der  Luft  schwebt1). 
So  viel  lässt  sich  allerdings  sagen,  dass  die  Behandlung  der  Land  Übertragung 
ganz  nach  den  Grundsätzen  der  kirchlichen  Beneficien  für  den  Herrscher  vor- 
teilhaft war,  und  dass  die  Karolinger,  die  schon  als  Hausmeier  oder  Fürsten, 

augere  sibi  et  servare  circa  se  parentum  nostrorum  munera  cognoscat ;  Liutprandi 
edict.  c.  59.  Urkunden  bei  Troya,  Codice  dipl.  III,  S.  317.  IV,  S.650.  662. 
1)  Roth  selbst  giebt  dieser  Behauptung  die  grösste  Beschränkung  wenn  er  sagt: 
„Zwar  legte  auch  jetzt  die  Ertheilung  von  Krongut  rechtlich  weder  die  Pflicht 
zum  Kriegsdienst  noch  zum  Halten  eines  Gefolges  auf a ;  fügt  dann  aber  wieder 
hinzu:  „allein  es  ist  keinem  Zweifel  unterworfen  dass  beides  bei  der  Verkei- 
lung der  Beneficien  im  ganzen  den  Ausschlag  gabu.  Während  in  der  Mero- 
vingischen  Zeit  bei  der  Beurtheilung  der  Zustände  nichts  gelten  soll  als  das 
sicher  nachweisbare  formale  Recht,  wird  darauf  hier  keine  Rücksicht  genom- 
men, sondern  eine  weit  reichende  Bedeutung  für  noch  dazu  mehr  vermuthete 
als  bestimmt  bezeugte  Gewohnheiten  in  Anspruch  genommen.  —  Dagegen  hatte 
Mably,  Observations  sur  l'histoire  de  France,  Livre  I,  eh.  6  (ed.  Kehll  1788), 
Vol.  II,  S.  44,  behauptet:  Karl  habe  eine  ganz  neue  Art  von  Beneficien  einge- 
führt, c'est-ä-dire  des  dons  faits  &  la  Charge  de  rendre  au  bienfaiteur,  con- 
jointement  ou  söpar&nent,  des  Services  militaires  et  domestiques.  Einiges  von 
seinen  Behauptungen  berührt  sich  doch  mit  den  Ausführungen  von  Roth;  s. 
S.  266  ff. 

S2 


V, 


HO  GEORG  WA1TZ, 

dann  als  Könige  darauf  ausgingen  die  entschwundene  Herrschermacht  wieder 
herzustellen,  wohl  auch  zu  diesem  Mittel  gegriffen  haben  können.  Aber,  wie 
*  es  die  Natur  der  germanischen  Staatsentwickelung  mit  sich  brachte,  gewiss 
nur  wenn  dies  vorher  vorbereitet,  durch  den  Gang  den  die  Dinge  genommen 
hatten   angebahnt  war. 

Viel  weniger  aber  noch  bin  ich  im  stände  eine  plötzliche  und  planmässige 
Veränderung  in  Beziehung  auf  die  Vassallitätsverhältnisse  unter  des  ersten 
Karolingern  anzuerkennen. 

Die  Massregel  auf  die  es  nach  Roth  besonders  ankommt,  dass  allgemein 
ein  Herr,  geistlicher  oder  weltlicher,  seine  Leute  in  den  Krieg  zu  führen 
hatte,  lässt  sich  mit  Sicherheit  über  die  Zeit  Karl  des  Grossen  nicht  zurück- 
führen; die  oben  (S.  81  ff.)  angeführten  Stellen  gestatten  schwerlich  einen  Zwei- 
fel, dass  es  eine  neue  Einrichtung  war  welche  dies  er  traf  um  die  Gefahren 
welche  in  der  Zunahme  der  Abhängigkeitsverhältnisse  für  die  staatliche  Ord- 
nung lagen  zn  beseitigen;  die  Kriegspflicht  wenigstens  für  alle  freien  Grund- 
besitzer war  eine  allgemeine,  aber  man  war  darauf  aus  sich  ihr  zu  entziehen 
eben  indem  man  sein  Gut  an  Kirchen  und  mächtige  Weltliche  auftrug,  die  in 
Folge  der  Immunität  anfingen  auch  die  Erhebung  des  Heerbanns  und  damit  in 
Wahrheit  die  Entscheidung  über  die  Theilnabme  am  Heerzug  für  die  auf  ihren 
Besitzungen  wohnenden  Freien  zu  erlangen  (V.  G.  H,  S.  506  n.  Montag, 
Gesch.  der  staatsbürg.  Freiheit  H,  S.  318).  Dem  treten  die  Vorschriften  Karls 
entgegen.  Und  darauf  beziehen  sich  dann  Bestimmungen  wie  die  Bouquet  VI, 
S.  525:  De  liberis  autem  hominibus  qui  super  terram  ipsius  supradictae  eccle- 
siae  Parisiacae  comraanere  videntur  ac  eam  perservire  noscuntur  volumus,  ut, 
sicut  in  praecepto  Pippini  avi  nostri  continetur,  nullus  in  hostem  pergat,  nisi 
una  cum  episcopo  ipsius  ecclesiae  vel  secundum  suara  Ordinationen)  remaneat. 
Die  Berufung  auf  ein  Privilegium  Pippins  ergiebt  nicht  dass  damals  schon  die 
in  den  Capitularien  Karls  enthaltenen  Vorschriften  galten,  sondern  nur  dass  mau 
anfing  der  Immunität  eine  Ausdehnung  auch  auf  diese  Verhältnisse  zu  geben 1). 

1)  Dass  man  dies  wenigstens  später  zur  Immunität  rechnete,  zeigt  der  Brief 
K.  Ludwig  des  Fr.,  Erhard,  Reg.  I,  S.  7,  wo  er  ragt,  dass  quidam  comites 
memoratum  praeceptnm  nostrum  infringere  et  convellerc  velint,  in  eo  videlicet 
quod  homines  tarn  iiberos  quam  et  latos,   qui  super  lerram  ejusdem  monasterii 


ÜBER  DIB  ANFÄNGE   DER  VASSALLITÄT  141 

Nichts  aber  kann  unbegründeter  sein  als  die  Annahme  Roths,  der  per- 
sönliche Kriegsdienst  der  höheren  Geistlichkeit  sei  am  Anfang  des  8ten  Jahr- 
hunderts eingeführt,  unter  Einfluss  der  Staatsgewalt  eingeführt,  um  so  ihren 
Hintersassen  beizukommen *).  Es  sollen  doch  wohl  die  Karolingischen  Fürsten 
sein  welche  diese  Einrichtung  trafen.  Aber  einer  von  ihnen,  Karl  mann,  ver- 
bietet die  Sache  entschieden  im  Jahr  742,  Cap.  c.  2  S.  16:  Servi  Dei  per 
omnia  omnibus  armaturam  portare  vel  pugnare  aut  in  exercitum  et  in  hosten 
pergere  omnino  prohibuimus,  nisi  Uli  tantummodo  qui  propter  divinum  myste- 
rium,  missarum  scilicet  solemnia  adimplenda  et  sanctoram  patrocinia  portanda, 
ad  hos  electi  sunt,  id  est  unum  vel  duos  episcopos  cum  capellanis  presbiteris 
princeps  secum  habeat,  et  unusquisque  praefectus  unum  presbiterum.  Dies 
wiederholt  Karl  d.  Gr.  Cap.  a.  769  c.  1  S.  33.  Vgl.  Pippins  Cap.  a.  744  c.  3 
S.  21:  Et  abbati  legitimi 2)  ostem  non  faciant,  nisi  tantnm  hominis  eornm 
transmittant.  Allerdings  sind  diese  Vorschriften  nicht  beachtet  worden,  der 
Gebrauch  war  mächtiger  als  das  Gesetz.  Aber  nimmermehr  wird  man  das 
als  eine  aus  Staatsraison  eingeführte  Einrichtung  betrachten  können,  was  50 
Jahre  nachdem  es,  wie  wenigstens  Roth  annimmt,  entstanden  ist,  von  den 
Königen  verpönt  wird.  Es  liegt  vielmehr  deutlich  zu  Tage,  wie  die  persön- 
liche Theilnahme  der  Bischöfe  und  Äbte,  die  unter  den  Herovingern  seltener 
vorkam,  aber  allerdings  vorkam,  eine  Folge  ist  der  Verweltlichung  in  welche 
die  Kirche  immer  mehr  und  namentlich  am  Anfang  des  8ten  Jahrhunderts  ver- 


(Corvei)  consistant,  in  hostem  ire  compellant  et  distringere  judiciario  more 
velint  Das  angezogene  praeceptum  ist  eine  gewöhnliche  Immunitätsurkunde. 
Dass  übrigens  die  Worte  eine  gänzliche  Freiheit  von  Kriegsdienst  bezeichnen, 
hat  man  keinen  Grund  anzunehmen.    Nur  die  Grafen  sollen  nicht  dazu  aufbieten. 

1)  Eigentlich  ist  bei  Roth  diese  höchst  mechanische  und  mit  allen  Quellen  in  Wi- 
derspruch stehende  Ansicht  das  Fundament  für  seine  ganze  Theorie  von  der 
Entstehung  des  Seniorats.  S.  S.  356 :  „Man  darf  als  bestimmt  annehmen ;  dass 
sich  diese  Massregel  nicht  auf  die  Kirche  beschränkte,  dass  sie  sich  auch  auf 
die  Hintersassen  weltlicher  Guisbesitzer  ausdehnte.  Damit  war  die  Entstehung 
des  Seniorats  gegeben14.  Man  darf  dies  aber  durchaus  nicht  annehmen;  und 
wenn  die  Entstehung  des  Rothschen  Seniorats  damit  erklärt  wäre,  so  doch  noch 
in  keiner  Weise  die  der  eigentlichen  Vassallität. 

2)  Es  ist  der  Gegensatz  gegen  solche  Weltliche  welche  eine  Abtei  empfangen  hatten. 


142  GEORG  WAITZ, 

sank:  da  die  geistlichen  Stellen  an  weltliche  Grosse  vergeben  wurden,  war 
es  natürlich  dass  diese  an  der  Spitze  ihrer  Leute  auszogen,  sei  es  dem  Herr- 
scher zu  Hülfe ,  dem  sie  ihre  Einsetzung  verdankten,  sei  es  zur  Fehde  mit 
Nachbarn  oder  andern 1).  Die  Sache  war  aber  auch  keine  ausschliesslich 
Fränkische  Einrichtung.  Wir  finden  sie  zu  einer  Zeit,  da  schon  die  Verbote 
Karlmanns  und  Pippins  ergangen  waren,  unter  den  Langobarden  im  yollen 
Schwange.  S.  die  Urkunde  bei  Troya,  Cod.  diplom.  IV,  S.  541,  v.  J.  754: 
Walprandus  in  Dei  nomine  episcopus,  quia  ex  jussione  d.  nostri  Astulfi  regis 
directus  sum  in  exercitu  ad  ambulandum  cum  ipso. 

Was  Roth  im  weitern  Sinn  das  Seniorat  nennt,  d.  h.  die  Ausübung  gräf- 
licher Rechte  eines  Geistlichen  oder  Weltlichen  über  die  Freien  auf  seinen 
Besitzungen,  ist  eine  Folge  der  Immunität;  die  besondere  Anwendung  auf  die 
Führung  im  Krieg  ist  durch  Privilegien  wie  das  angezogene  Pippins  einge- 
leitet, umfassend  erst  durch  die  Gesetze  Karls  und  seiner  Nachfolger  gegeben. 
Die  eigentümliche  engere  Verbindung  aber,  in  welcher  solche  und  andere 
Freie  zu  dem  Herrn  stehen  und  die  wir  als  Vassallität  bezeichnen,  deren 
Entstehung  Roth  gänzlich  unerklärt  lässt2),  gehl  umgekehrt  in  viel  frühere 
Zeit  zurück,  erhält  nur  im  Lauf  der  Zeit  eine  immer  weitere  Ausdehnung, 
eine  immer  grössere  Bedeutung.  Es  geschieht  das  hauptsächlich  dadurch  dass 
sie  die  Bedingung  wird  für  die  Ertheilung  von  Beneficien.  Sie  findet  sich  von 
jeher   auch  zwischen   dem   König   und    Angehörigen   seines  Reichs,    und   sie 


1)  Ein  Beispiel  von  diesem  Gang  der  Dinge  freilich  aus  späterer  Zeit  giebt  eine 
Urkunde  bei  Brunetti,  Cod.  dipl.  II,  396,  vom  J.  812:  Ein  Abt  des  Klosters 
S.  Bartholomaei  zu  Pistoja  ist  vertrieben  und  das  Kloster  datum  in  beneficio 
Nebulungni  Bajuario;  da  jener  hergestellt,  per  illa  mala  consuetudine  que  per 
eodem  Nebulungo  facta  est  ab  illo  die  faciunt  me  ire  in  hostes  et  omnes  paratas  et 
conlectas  facere  ad  missos  ac  de  datione  ad  palatio  que  cum  lege  facere  non  debeo. 

2)  Er  weiss  nichts  zu  sagen  als  S.  367 :  „die  als  Seniorat  nun  bestimmt  hervor- 
tretenden Privatgefolgschaften",  während  jenes  gerade  nach  ihm  bedeutend  mehr 
umfasst  als  die  Vassalien.  Wären  übrigens  die  Vassallen  wirklich  Gefolgsge- 
nossen  gewesen,  so  hätte  es  für  sie  gewiss  am  wenigsten  einer  gesetzlichen 
Verfügung  bedurft,  dass  sie  unter  ihrem  Herrn  in  den  Krieg  ziehen  sollten,  da 
es  sich  doch  bei  Mitgliedern  eines  Gefolges  von  selbst  verstehen  musste,  dass 
sie  mit  ihrem  Herrn,  und  nur  mit  ihrem  Herrn  ausziehen  konnten. 


ÜBER  DIB  ANFÄNGE  DER  VASSALUTÄT.  143 

verdrängt  hier  allmählich  die  auf  andern  Grundlagen  beruhende,  wenn  auch 
äusserlicb  in  mancher  Beziehung  ähnliche  Gefolgschaft  Auch  darauf  scheint 
es  von  Einfluss  gewesen  zu  sein  dass  die  Könige  oder  die  ihre  Stelle  ver- 
tretenden Herrscher  des  Frankenreichs  sich  immer  mehr  gewöhnten  die  Krongut- 
verleihungen ebenso  wie  die  Beneficien  der  Kirchen  oder  anderer  Privaten  zu 
behandeln.  Schon  früher  ist  es  geschehen,  aber  entschiedener  tritt  es  hervor, 
seit  im  8ten  Jahrhundert  das  Kirchengut  in  grossem  Umfang  zur  Belohnung 
der  Anhänger  der  Karolinger  verwandt  ward.  Weder  die  königlichen  Beneficien 
noch  die  Vassallität  entstehen  damals  plötzlich  und  auf  einmal,  am  wenigsten 
werden  sie  planmässig  eingeführt.  Sondern  beide  sind  in  ihren  Anfängen  vorher 
vorhanden,  die  Vassallität  schon  in  vollständigerer  Ausbildung.  Die  Zustände 
des  Fränkischen  Reichs  in  der  spätem  Zeit  der  Merovinger,  das  Emporkommen 
einer  mächtigen  Aristokratie,  die  Beschränkung  der  königlichen  Macht,  hängen 
wesentlich  auch  hiermit  zusammen;  mit  der  Vergabung  königlichen  Guts  an 
die  Leudes,  mit  der  Begründung  und  Ausdehnung  persönlicher  Verbindungen 
auf  der  einen  Seite  zwischen  diesen  und  dem  König,  auf  "der  andern  Seite 
zwischen  den  Grossen  und  anderen  geringeren  Freien 1).  Was  die  Karolinger 
thaten,  besteht  wesentlich  darin,  dass  sie  Zustände  die  sie  vorfanden  und  nicht 
mehr  beseitigen  konnten,  ihren  Bestrebungen  dienstbar  zu  machen,  der  von 
ihnen  durchzuführenden  Ordnung  des  Reiches  einzufügen  suchten2).     Sie  for- 


1)  Es  ist  ein  ungerechter  Vorwurf  wenn  Roth  sagt  (S.  VI),  ich  habe  das  Vassallen- 
verhältnis  zur  Grundlage  auch  des  Merovingischen  Staates  gemacht.  Nicht  die 
ursprüngliche  Staatsordnung,  sondern  die  spätere  Umbildung  der  alten  Zustände 
ist  mit  der  zunehmenden  Bedeutung  theils  persönlicher  Verbindungen  mit  dem 
König,  theils  anderer  Abhängigkeitsverhältnisse  in  Verbindung  gebracht.  Wenn 
derselbe  meint,  die  Auflösung  des  Karolingischen  Reiches,  die  nach  seiner  Ansicht 
der  Ausbildung  des  Seniorats  bald  gefolgt  ist,  sei  ein  Zeichen  dass  dies  nicht 
schon  vorher  bestanden  haben  könne,  da  sonst  ähnliche  Folgen  schon  früher 
hätten  eintreten  müssen,  so  verkennt  er  eben,  dass  die  Zustände  unter  den 
späteren  Merovingern  vielfach  wirklich  einen  ähnlichen  Charakter  an  sich  trugen. 

2)  In  gewissem  Sinne  kommt  auch  Roth  S.  415  zu  diesem  Resultat,  nur  dass  er 
das  von  ihm  sogenannte  Seniorat  für  die  Institution  hält,  die  nach  dem  Plan 
der  Karolinger  den  Übelständen  der  bestehenden  auf  allgemeiner  Dienstpflicht 
beruhenden  Heeresverfassung  begegnen  soll. 


144  GEORG   WAITZ,    ÜBER  DIE  ANFÄNGE  DER  VASSALLITÄT. 

derten  dass  die  Freien  welche  auf  fremdem  Lande  wohnten  und  besonders  die 
welche  im  Verhältnis  der  Vassallität  sich  befanden  mit  in  den  Krieg  zogen, 
und  Hessen  zu,  damit  es  um  so  sicherer  geschehe,  dass  sie  es  unter  der 
Führung  ihres  Herrn  thaten ;  sie  verfügten,  dass  Beneficialgut  in  Beziehung  auf 
die  Kriegspflicbt  dem  Eigengut  gleich  behandelt  werde,  Inhaber  königlicher 
Beneficien  unbedingt  den  Dienst  leisteten.  Unter  ihnen  stellte  es  sich  fest  dass 
wer  Beneficium  empfangen  wollte  sich  commendieren ,  d.  h.  Vassall  werden 
musste.  Sie  schrieben  vor  dass  der  besondere  Treueid  an  den  Herrn  dem 
allgemeinen  Eid  an  den  König  keinen  Abbruch  thun  dürfe.  Sie  haben  aber 
mit  alle  dem  nicht  hindern  können,  dass  die  eingetretene  Umwandelung  und 
Zersetzung. der  alten  Verhältnisse  doch  ihren  Fortgang  nahm:  nur  aufgehalten 
haben  sie  dieselbe  eine  kurze  Zeit.  Die  getroffenen  Massregeln  erwiesen  sich 
theils  als  ungenügend  —  der  Treueid  an  den  Herrn  ging  doch  dem  an  den 
König  vor,  das  königliche  Gut  ward  doch  factisch  wieder  erblich  besessen, 
die  erweiterte  Immunität  gab  doch  Freiheit  von  Kriegsdienst  für  die  Hinter- 
sassen — ,  theils  -dienten  sie  bei  einseitiger  Ausbeutung  oder  eintretender  Aus- 
artung am  Ende  nur  dazu  das  zu  befördern  was  sie  hindern  sollten  —  die 
Macht  der  Herren  über  die  Vassalien  nahm  zu  durch  das  Recht  der  Führung 
im  Kriege,  die  Verpflichtung  aller  die  Beneficien  empfingen  zur  Commendation 
verbreitete  die  persönlichen  Abhängigkeitsverhältnisse. 

Aus  schwachen  Keimen  sind  grosse  gewaltige  Institutionen  erwachsen. 
Ursprünglich  verschiedene  Verhältnisse  haben  sich  in  ihrer  weitern  Ausbildung 
berührt,  sind  gevfissermassen  zusammengewachsen.  Die  Vereinigung  der  auf 
der  Commendation  beruhenden  Vassallität  mit  der  Übertragung  von  Land  zu  Be- 
neficium ist  die  eine  Hauptstufe  in  der  Geschichte  des  Beneficialwesens.  Dazu 
kam  der  Einfluss  der  Immunität.  Wie  diese  den  Anlass  gab  zu  Verfügungen 
der  Fränkischen  Könige  die  das  Recht  der  Herren  ihren  Vassalien  gegenüber 
nur  vermehrten,  so  begründete  sie  namentlich  die  Gewohnheit  nutzbare  öffentliche 
Rechte  zu  behandeln  wie  Land  und  anderes  das  Einkommen  gewährte:  auch  sie 
wurden  der  Gegenstand  kirchlicher  und  königlicher  Beneficien.  Dies  und  was 
weiter  sich  hieran  knüpft  bezeichnet  eine  zweite  Stufe  in  der  Entwicklung 
des  Beneficialwesens. 


Zusätze  zu   der  Abhandlung 

über 

die  grosse  Phönikische  Inschrift  von  Sidon 

(oben  S.  3—68.) 


Seit  der  Vollendung  des  Druckes  dieser  Abhandlung  erschienen  noch  me- 
bere  Versuche  zu  ihrer  Erklärung  auf  welche  in  jenem  noch  keine  Rücksicht 
genommen  werden  konnte.  Da  ich  indessen  über  sie  alle,  sofern  sie  nur  ir- 
gendeine Bedentnng  haben  mochten,  an  andern  Orten  weiter  geredet  habe,  so 
genügt  es  hier  wohl  die  Leser  welche  sich  darüber  näher  unterrichten  wollen 
auf  die  Stellen  hinzuweisen  wo  ich  sie  beurtheiKe.  Man  findet  diese  Urtheile 
in  den  Gott.  Gel  Ans.  von  1856  S.  689—708.  1393—1414  und  von  1857 
S.  321—334;  ferner  in  den  Jahrbüchern  der  BihL  Wissenschaft  WH  S.134— 
136.  Eine  neueste  Meinung  welche  die  Erklärung  der  Inschrift  fördern  soll, 
findet  sich  in  der  Zeitschrift  der  DM6.  1857  S.  328  abgedruckt.  Der  Ver- 
fasser stellt  nämlich  die  Meinung  auf  die  Phöniken  hätten  mein  König  schlecht- 
hin far  der  König  sagen  können,  und  so  könnten  die  Anfangsworto  der  In- 
schrift Im  Jahre  14  meines  Königs  EschmAnazar  bloss  ebensoviel  bedeuten 
als  wenn  das  Wörteben  mein  nicht  hinzugefügt  wäre:  eine  Meinung  welche 
schon  ansich  so  völlig  grundlos  ist  und  dazu  durch  die  ganze  Haltung  und 
Sprache  der  langen  Inschrift  so  leicht  widerlegt  wird  dass  man  nicht  begreift 
wie  sie  gedruckt  werden  konnte.  Wir  erwähnen  ihrer  hier  nur  als  eines 
neuesten  Zeichens  des  jetzigen  Zugtandes  dieser  Wissenschaft  in  Deutschland. 
Ausserdem  habe  ich  bei  einer  jener  Gelegenheiten  in  den  Gott.  GeL  An». 
185?  S.  334  einige  Stellen  angezeigt  wo  das  Verständniss  der  Worte  dieser 
grossen  Inschrift  noch  immer  etwas  genauer  werden  könne.  Es  sind  dies 
Bist.  PhiloL  Clasic.   VII  T 


146  H.  EWALD, 

ansich  im  Verhältnisse  zum  Ganzen  Kleinigkeiten,  die  indess  doch  wiederum 
ihre  Wichtigkeit  haben  und  durch  welche  namentlich  auch  die  Klarheit  des 
Zusammenhanges  aller  Worte  und  Sätze  noch  etwas  gewinnt.  Da  sich  nun  in 
die  oben  S.  18 — 20  gedruckte  Uebersetzung  auch  einige  Druckversehen  ein- 
geschlichen haben,  so  scheint  es  uns  nützlich  die  ganze  Uebersetzung  zum 
Besten  der  Leser  hier  noch  einmal  zu  geben.     Sie  lautet: 

Im  monate  Bül  im  14ten  jähre  meiner  Herrschaft,  Königs  Echmüriazdr's 
königs  der  Sidonier  sohnes  Königs  Tabtnafs  königs  der  Sidonier  mutterenkels 
Königs  Esckmunazär's  königs  der  Sidonier,  —  ward  mein  Untergang  beschlos- 
sen mitten  in  der  kraft  der  tage,  so  ich  dahingerafft  mitten  aus  der  Jugend; 
und  Hege  nun  in  diesem  sarge  und  diesem  grabe,  an  dem  orte  den  ich  ge- 
bauet,  beschwörend  alle  obrigkeit  und  jeden  einzelnen  dass  niemand  dieses 
ruhelager  öffne,  noch  einen  verborgenen  schaz  suche  da  dort  kein  solcher  ist, 
noch  den  sarg  meines  ruhelagers  aufhebe,  noch  mich  in  diesem  ruhelager  mit 
dem  eingange  zu  einem  zweiten  ruhelager  beschwere;  auch  wenn  jemand  dich 
zu  versuchen  strebte,  so  höre  nicht  auf  seine  Versuchung!  Denn  mag  irgend- 
eine obrigkeit  oder  ein  einzelner  den  eingang  zu  diesem  ruhelager  öffnen,,  oder 
den  sarg  meines  ruhelagers  aufheben,  oder  mich  in  diesem  ruhelager  beschwe- 
ren: so  werde  ihm  kein  ruhelager  bei  den  Schatten,  noch  werde  er  in  einem 
grabe  begraben,  noch  habe  er  söhn  und  spross  an  seiner  statt,  und  aus- 
schUessen  ihn  die  heiligen  Götter  l  Selbst  ein  mächtiger  könig  welcher  herrscht 
unter  ihren  Innungen,  sei  es  eine  obrigkeit  oder  ein  einzelner  welcher  den 
eingang  zu  diesem  ruhelager  öffnet  oder  welcher  diesen  sarg  aufhebt,  sei  es 
ein  spross  der  obrigkeit  oder  ein  einzelner  aus  dem  volke:  er  habe  weder 
wurzel  nach  unten  noch  frucht  nach  oben,  noch  eine  dauer  im  leben  unter  der 
Sonne!  Ja  weil  nun  mein  Untergang  beschlossen  ward  mitten  in  der  kraft  der 
tage ,  so  ich  dahingerafft  ward  mitten  aus  der  Jugend :  —  wenn  wir ,  nämlich 
ich  Eschmüiiazdr  könig  der  Sidonier  söhn  Königs  TabinaPs  königs  der  Sido- 
nier enkel  Königs  Eschmatiazär's  königs  der  Sidonier,  und  meine  mutier 
Aniaschtarte  Priesterin  unserer  herrm  Aschtarte  und  Herrscherin,  tochter 
Königs  Eschmüriazär's  königs  der  Sidonier,  wenn  wir  das  haus  der  Götter 
das  haus  [der  obrigkeit]  in  Sidon  dem  meereslande  baueten  und  die  Asok~ 
tarte  wieder  aufrichteten  die  von  sehr  hohem  namen;  und  wenn  wir  ein  haus