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Full text of "Abhandlungen - Bayerische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-Historische Klasse"

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ABHANDLUNGEN 


DER 


PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN  CLASSE 


DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 


AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTER  BAND. 

IN  DER  REIHE  DER  DENKSCHRIFTEN  DER  XLIX.  BAND. 


MÜNCHEN, 

1878. 
VERLAG  DER   K.  AKADEMIE, 

IN  COMMISSION  BEI  G.  FRANZ. 


AS 


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Inhalt  des  XIV.  Bandes. 


I.  Abtheilung.  Seite 

Register  zum  Capitular  des  Deutschen  Hauses  in  Venedig  nach  der  Handschrift 
im  venetianischen  Archiv.  'Capitolare  dell'officio  del  fontego  dei  Todeschi'. 
Eingeleitet  und  herausgegeben  von  Dr.  Georg  Martin  Thomas        .     .     .         1 

Alexander  in  Aegypten,.      Von  Dr.  Lauth.     Mit  einer  Tafel 95 

Commission  des  Dogen  Andreas  Dandolo  für  die  Insel  Oreta  vom  Jahre  1350. 

Eingeleitet  und  herausgegeben  von  Dr.  Georg  Martin  Thomas       .     .     .     165 

II.  Abtheilung. 

Troja's  Epoche.    Von  Dr.  Lauth 1 

Norwegens  Schenkung  an  den  heiligen  Olaf.     Von  Dr.  Konrad  v.  Maurer      .       65 

Theilung  des  Chors  im  attischen.  Drama  mit  Bezug  auf  die  metrische  Form  der 

Chorlieder.     Von   Wilhelm  v.  Christ 157 

III.  Abtheilung. 

Die  rhythmische  Continuität  der  griechischen  Chorgesänge.  Von  Wilhelm  v.  Christ  1 

Busiris  und  Osymandyas.      Von  Dr.  Lauth 73 

Das  Taufbuch  der  Aethiopischen  Kirche.     Aethiopisch  und  Deutsch  von  Ernst 

Trumpp 147 

Vita  Adae  et  Evae.     Herausgegeben  und  erläutert  von   Wilhelm  Meyer  .  .     185 


ABHANDLUNGEN 


DER 


PHILOSOPH ISCH-PHILOLOG1SHEN    CLASSE 


DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 


AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTEN   BANDES 

ERSTE  JLBTHEILUNG. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN  CLASSE 


DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 


AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTEN  BANDES 

ERSTE  ABTHEILUNG. 

IN  DER  REIHE  DER  DENKSCHRIFTEN  DER  XLIX.  BAND. 


MÜNCHEN, 

1876. 

VERLAG  DER    K.  AKADEMIE; 

IN  COMM1SSION  BEI  G.  FRANZ. 


I  n  h  a  1 1. 


Seite 
Register  zum  Capitular  des  Deutschen  Hauses  in  Venedig  nach  der  Handschrift 

im  venetianischen  Archiv  cCapitolare  dell'  officio  del  fontego  dei  Todeschi* 

Eingeleitet  und  herausgegeben  von  Dr.  Georg  Martin  Thomas  .     .     . 


Alexander  in  Aegypten.     Von  Dr.  Lauth.     Mit  einer  Tafel 


Commissi on  des  Dogen  Andreas  Dandolo   für  die  Insel  Greta  vom  Jahre  1350 
Eingeleitet  und  herausgegeben  von  Dr.  Georg  Martin  Thomas  .     .     . 


1 

95 


165 


Register 


zum 


Capitular  des  Deutschen  Hauses 

in  Venedig 

nach  der  Handschrift  im  venezianischen  Archiv 
Capitolare  dell'  officio  del  fontego  dei  Todescln 


eingeleitet  und  herausgegeben 
von 

Dr.    Georg  Martin  Thomas. 


Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ad.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth. 


Wenn  ich  in  der  Vorrede  zu  meiner  Ausgabe  des  Capitulars  des 
Deutschen  Hauses  in  Venedig  —  ' Capitolare  dei  Visdomini  del  fontego 
dei  Todeschi3  aus  der  Handschrift  von  Cicogna  —  die  Hoffnung  aus- 
sprach, es  würde  mir  vielleicht  gestattet  werden,  den  Index  des  damit 
innig  verwandten  'Capitolare  delV  officio  del  fontego  dei  Todeschi  aus  der 
Handschrift  im  Venezianischen  Archiv  ebenda  zu  veröffentlichen,  wo 
bereits  im  Jahre  1855  die  Original-Register  des  Liber  Albus,  des  Liber 
Blancus  und  der  Libri  Pactorum  zu  vielseitiger  Befriedigung  aufgenommen 
worden  sind,  nehmlich  in  den  Denkschriften  der  k.  b.  Akademie  der 
Wissenschaften  zu  München,  so  habe  ich  mich  hierin  nicht  getäuscht, 
Dank  der  Einsicht  und  Dank  dem  Wohlwollen  der  philosophisch-philo- 
logischen Classe,  welche  in  ihrer  Sitzung  vom  6.  November  1875  den 
gemeinsamen  Beschluss  fasste,  dieses  handschriftliche  Register  als  ein 
auch  sie  selbst  berührendes  Forschungsergebniss  alsbald  in  den  Denk- 
schriften ihrer  Abtheilung  bekannt  zu  geben. 

Die  Freunde  dieses  neuen  Forschungsgebietes  und  seiner,  für  die 
Culturgeschichte  insgemein,  wie  für  die  Deutsche  Handelsgeschichte  ins- 
besondere reichhaltigen  Quellen,  werden  dem  hohen  Sinne  dieser  Classe 
mit  mir  und  gerne  die  volle  Anerkennung  ob  dieser  fördersamen  Gut- 
heissung entgegenbringen.  Ebendieselbe  hat  sich  vor  einigen  Jahren 
durch  Aufnahme  der  'ältesten  Verordnungen  der  Venezianer  für  aus- 
wärtige Angelegenheiten5  in  ihre  Denkschriften  —  München  1873  — 
in  ähnlicher  Weise  um  die  Wissenschaft  der  Geschichte  verdient  gemacht : 
die  richtige  Herausgabe  von  sogenannten  Fontes  ist  ja  an  sich  guten 
Theiles  Aufgabe  philologischer  Akribie,  und  Kunde  der  Sprache  wesent- 
liche Grundbedingung  historischer  Erkenntniss. 

1* 


Die  Pergamenthandschrift  selbst  im  allgemeinen  Archiv  ai  Frari 
zu  Venedig  aufbewahrt  und,  wie  in  der  erwähnten  Vorrede  angegeben, 
das  eigentliche  amtliche  (oder  besser  gesagt  dienstliche)  Exemplar  neben 
dem  Capitular  der  Vicedome  im  Codex  Cicognae,  zeigt  diesen  seinen 
Dienst  und  seine  häufige  Handhabung  schon  äusserlich:  es  ist  stark 
gebraucht  und  viel  benützt,  mit  unterstrichenen,  angestrichenen  oder 
sonst  gezeichneten  Stellen,  namentlich  im  Register  selbst. 

Die  Handschrift,  35,50  cm,  hoch  und  24  cm.  breit,  zählt  195 
nummerirte  Blätter:  1  — 193,  dann  sind  14  unnummerirte  und  zum 
Theil  (5)  leere  Blätter  eingeschoben,  hierauf  folgen  erst  194,  195;  im 
ganzen  also  210  ccarte\  Der  Index  vertheilt  sich  auf  die  Blätter 
1 — 8a;  145b — 146b  und  194,  195  und  beurkundet  dadurch  seine  zu 
verschiedenen   Malen  gemachte  Herstellung. 

Naturgemäss  ist  auch  das  Capitular  selbst  eine  Aufschreibung  und 
Ansammlung  verschiedener  Zeiten.  Da  von  Blatt  1  — 132  etwa  bis  ums 
Jahr  1558,  wenn  auch  nicht  eine  und  die  gleiche,  aber  doch  eine  gleich- 
alterige  und  ähnliche  Hand  erscheint,  so  darf  man  wohl  die  erste  in  diesem 
Bande  vorliegende  und  geordnete  Zusammenfassung  aller  bis  dahin 
giltigen  Erlasse  und  wirksamen  Gesetze  in  Betreff  des  Deutschen  Hauses 
etwa  für  das  Jahr  1560  in  Ansatz  bringen.  Auf  jene  im  Ganzen  ähn- 
liche Handschrift1)  folgen  dann  verschiedene  Hände,  von  Blatt  19  lb  an 
in  cursiver,  öfter  die  Eile  des  Eintragens  bezeugender  Schreibweise. 
Die  Ueberschriften  der  Capitel  sind  bis  Blatt  124   mit  roth  eingeschrieben. 

Ich  erachtete  es  für  geeignet  und  mit  Rücksicht  auf  spätere  Unter- 
suchungen für  nothwendig,  den,  wo  es  erforderlich  dünkte,  erweiterten 
Titeln  des  Registers  auch  die  Anfänge  des  jedesmaligen  Textes  anzu- 
schliessen;  welchen  Werth  der  Auszug  von  Initien  überhaupt  hat,  weiss 
ein  Bibliothekar  am  meisten  zu  schätzen.  Auf  diese  Weise  war  mir 
selbst  der  Vergleich  mit  den  Texten  des  Capitulars  aus  dem  Codex 
Cicognae  sehr  erleichtert;  es  wird  aber  gleichermassen  den  Genossen 
dieser  Studien  zu  statten  kommen.  Die  meisten  Capitel,  welche  in 
beiden  Sammlungen  zugleich  vorkommen,  fallen  in  das   15.  Jahrhundert. 


1)  Ein  schärferes  Auge  will  von  1  — ll1';    llb— 75;    75b— 107:    108—112;    112—133,  dann  von 
133—172;  172— 203b;  203b— 201b  die  Unterschiede  erkennen. 


Es  ist  ebendamit  ein  weiterer  guter  Anhalt  geboten  für  die  Prüfung 
und  Vergleichung  der  anderen,  in  besagter  Vorrede  angeführten  Urkunden- 
sammlungen,  wer  immer  einmal  diese  lehrreiche  Arbeit  auszuführen  im 
Stande  ist;  eine  Arbeit  unerlässlich ,  wie  noch  manche  andere  und  in 
Venedig  allein  vollendbare,  ehe  man  an  die  Geschichtschreibung  des 
Deutschen  Hauses  herantreten  kann. 

Von  besonderer  Bedeutung  für  die  Einsicht  in  unsere  nationale 
Handels-  und  Verkehrsthätigkeit  am  Rialto  sind  in  dem  cCapitolare  delP 
officio  del  fontego3  einige  umfassende  und  auf  vieles  Einzelne  gehende 
Regulative  der  Regierung  während  des  16.  Jahrhunderts;  bei  solchen 
grösseren  Stücken  wurden  denn  auch  die  einzelnen  Artikel  kurz  ange- 
deutet und  die  Beglaubigung  erwiesen.  Man  wird  zwar  ersehen,  dass 
ülle  diese  Regolazioni  oder  Terminazioni  wesentlich  auf  den  alten  Grund- 
einrichtungen und  den  früheren  Bestimmungen  fussen ,  und  dass  man 
den  Verhältnissen  nur  einräumte,  was  zuzugeben  Staatsklugheit  und 
allgemeine  Wohlfahrt  erheischte  und  was  zugleich  dienlich  schien,  den  so 
manches  Jahrhundert  hoch  blühenden ,  fruchtbaren  und  gewinnreichen 
Wechselverkehr  zwischen  der  Republik  und  der  Deutschen  Nation  zu 
stützen  und  zu  erhalten.  Denn  die  verständige  und  verträgliche  Politik 
zwischen  beiden  währte,  innerlich  unversehrt,  fort,  so  lange  der  aristo- 
kratische Freistaat  aufrecht  stund;  so  gross  die  Veränderungen  waren, 
welche  die  neuen  Handelswege  allmählich  im  adriatischen  Welt-Emporium 
hervorbrachten  und  so  empfindlich  die  Einbussen  wurden ,  welche  den 
so  lange  und  so  strenge  geregelten  Haushalt  Venedigs  trafen. 

Freilich  hatte  auch  die  lange  Zeit,  welche  alles  hebt  und  alles 
nimmt,  dem  ursprünglichen  Geist  der  Handelsrepublik  gar  vieles  von 
seiner  alten  Kraft,  Kühnheit  und  Klugheit  genommen  und  der  helden- 
inüthigen  Vaterlandsliebe,  dem  hochherzigen  Gemeinsinn  hatte  sich  die 
verführerische  Genossin  des  Genusses  und  der  Behaglichkeit  an  die 
Seite  gesetzt. 

Am  12.  Mai  des  Jahres  1797  beugte  sich,  nicht  ohne  die  letzte 
erhebende  Erscheinung  altvenezianischer  Charaktere,  das  einst  stolze 
Regiment  des  Grossen  Rathes,  nach  fünfhundert  Jahren  seiner  Herrschaft, 
vor  der  soldatischen  Gewalt  Buonaparte's. 


Die  letzten  Einzeichnungen  in  dem  Capitular  fallen  schon,  wie  er- 
sichtlich, in  die  Epoche  cdella  Libertä  ed  Eguaglianza3,  in  das  Universal- 
reich des  Dogma  von  cFreiheit  und  Gleichheit1,  welches  von  Paris  aus 
verkündet  und  mit  wildem  Eifer  verbreitet  viel  Faules  und  Abgelebtes 
zu  Falle  gebracht,  aber  im  Sturme  des  Gleichmachens  viel  Edles  und 
Gesundes  schonungslos  mit  vernichtet,  und  den  Boden,  auf  welchem 
es  geboren  wurde,  für  alle  Zukunft  gefährlich  untergraben  hat,  den  Boden 
eines  Landes,  von  welchem  schon  Strabo  sich  gedrungen  fühlt  zu  bekennen, 
es  erscheine  von  der  Vorsehung  als  zu  einer  glücklichen  Wohnstätte  ein- 
gerichtet :  wäre  ml  %&v  roiomcor  xav  rb  rfjg  nyovoiag  tqyov  emfiaQtv- 
yslo&ai  xig  av  do&iev,  ovyv  oncog  ervyey,  aXV  wg  av  /uera  Xoyiöjuov  nvog 
$iäx€ifi£ywv  rwv  zotziov  (lib.  IV.   1.  pag.    156  ed.  F.  Didot). 

Wenn  Andrea  Cappello,  der  Venezianische  Gesandte  für  Frankreich, 
in  seiner  denkwürdigen  ßelazion  am  2.  Dezember  1790  unter  anderem 
ausspricht:  ,,della  favorita  massima  della  sovranitä  del  popolo,  vera 
in  astratto,  ma  ineseguibile  in  atto  prattico,  e  scaturito  il  dogma  dell' 
eguaglianza  assoluta  di  tutti  gli  uomini,  la  quäle  non  esiste  nemmeno 
in  istato  di  natura,  e  per  realizzarla  conviene  tutto  distruggere,  e  si 
sono  aboliti  tutti  gli  ordini,  tutti  i  corpi  e  tutti  i  ranghi  intermediarii 
che  come  tanti  anelli  legano  il  sovrano  ai  sudditi  ed  i  sudditi  al 
sovrano;  quest'  idea  chimerica,  disordinando  le  teste,  portö  l'indi- 
sciplina  nelle  armate  e  l'insubordinazione  in  tutto",  so  hat  die  Folge- 
zeit die  ernste  Wahrheit  dieses  Urtheils  eindringlich  dargethan. 


Indice 

del  Capitolare  dell'  officio  del  Fontego 

dei  Todeschi. 


1329. 


3.  ottobre. 


1330. 


27.  aprile. 


^L354._ 
5.  ottobre. 


1355. 
4.  gennajo. 


(1299.) 


1368. 


22.  ottobre 
1376. 


1.  agosto. 


Capitolare  delP  officio  del  fontegho  di  Todeschi. 

Del  numero  delli  ligadori. 
Mille  cccxxvirn.  di  tre  de  octubrio. 
Conciosia   cosa   che   li  uisdomini  del  fontego    di  Todeschi  conseia 
che  la  libertade,  la  qnal  li  ha  de  far  ligadori  de  balle,  sia  reuocada  .  .  . 

Che  si  el    nascera   alcuna   differeutia   tra   l'officio   del   fontego 
et  altri  officij  per  causa  de  datii,  et  altre  cose,  debbiano  andar 
auanti  el  serenissimo  principe  et  conseieri. 
Millesimo  cccxxx    indictione  xina.  die  xxvir  aprilis. 
Cum  coram  dornino  duce  et  eius  consiliariis  questio  .... 

Che  li  meseta  non  tegna  li  marcadanti  oltra  tre  mesi. 
Mille  cccliiii.  di  quinto  del  mese  de  octabrio. 
Conciosia  che  in  fin  mo  .  .  .  si  a  obseruado,  et  osserva  .  .  . 

Che  la  preditta  parte  sia  cridada 
Mille  ccclv.  di  im  de  zener. 
Fo  azonto  all'  ordine  sopraditto  che  .... 

Che  li  visdomini  ueda  desligar  le  balle. 
Conciosia  cosa  che  li  uisdomini  del  fontego  per  lo  so  capitolario  .  .  . 

Che  li  meseta  ueda  ligar  balle  di  suoi  marcadanti. 
Conciosia  cosa  che  in  mcclxxxxviiii.  fosse  presa  una  parte  .  .  . 

De   dar   sagnimento    alli   uerieri,    e    del   salario    del    scriuan 
de  Muran. 
Conciosia  che  per  Information  habuda  dalli  uisdomini  .  .  . 

Della  licentia  delle  arme. 
Mille  ccclxviii.  di  xxn.  ottobrio.     Fo  preso  in  gran  conseio  .  .  . 


Chel  si  debia  tenir  uno  libro   da  notar  de  tempo  in  tempo   le 
cose  che  occorerano  alle  spetial  persone,  che  non  sono  perpetue 
cose,  et  quelle  che  sono  perpetue  si  debia  metter  in  capitulario. 
Millesimo  ccclxxvi.  indictione  xiiii.  die  primo  augusti. 
Cum  in  capitularibus  judicum  et  officialium  .... 
Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  2 


10 


1374. 


15.  aprile. 


1379. 


14.  aprile- 


1400. 


16.  novembre. 


1404. 

15.  decembre. 


1405. 
20.  novembre. 


1405. 


19.  luglio. 


1411. 

25.  gennajo. 


Che  algun  forestier   non  possa  intrar   in   lo  fontego  per  cason 
de  marcadantar.    ♦ 
Mille   ccclxxkii.    indictione  xn.  di  xv.   de  auril.   Fo   preso   in 
pregadi  .... 

Che  se  togia  la  mita  delle  utilitade. 

mccclxxviiii.  indictione  2da.  di  xnn.  mensis  aprilis. 

Capta  in  consilio  rogatorum  et  addictione. 
Cum    comune   nostrum   sit  grauatum  magnis   et    diuersis  expensis 
in  tantura  quod  necessario  est  .  .  . 

Item  ordinetur  quod  salarium  procuratorum  ecclesie  s.  Marci  .  .  . 
Item  ordinetur  quod  omnes  scribe  et  notarii  .  .  . 

Della  pena   la  quäl  incorre  a  quelli  che   tanssa  lo  hauer  delli 
Todeschi  in  le  sue  caxe,  ouer  uolte. 
Conciosia  che  li  datij  del  nostro  comuu  molte  uolte  .  .  . 

Che  li  sanseri  veda  a  ligar  le  balle. 
mcccc.  die  xvi.  novembris  in  rogatis. 
Anchora  per  purgar  megio  l'animo  de  cadaun  .  .  . 

Chel  si  faci  desligar  le  balle  et  ueder  li  contrabandi. 
Sia  zonto  che  in  caso  che  li  visdomini  hauesse  sospetto  .  .  . 

Limitation  de  schriuani. 
mcccciiii.  die  xv.  decembris. 
Per  li   nobeli  homeni  s.  Bernardo  Pasqualigo  s.  Polo  Loredan  s. 
Marin  Capello  uisdomini  .  .  . 

Come   cadaun  mercadante    che  appresenta  per  ducati  x.  debia 
hauer  meseta. 

mccccv.  adi  xx.  novembrio. 
Per  i  nobeli   homeni   m.  Renier  Vituri  m.  Nicolo  Malipiero  e  m. 
Andrea  Signollo  uisdomini  .  . . 

mccccv.  indictione  xin.  die  xvmi.  julii. 
Capta  in  magiori  consilio. 
Quod  attenta  humili  supplicatione  nobis  porrecta  per  Uivianum  q. 
Antonii  pistorem  famulum  nunc  ad  fonticum  .  . . 

Limitation  del  salario. 

Capta  in  rogatis  die  xxv.  januarii  mccccxi. 
Quod   uicedomini   fontici   Theuthonicorum   qui  habent   de  salario 
ducatos  xx  auro  comuni  in  anno  .  .  . 


11 


1411. 


30.  gennaio. 


1412. 


26.  febbraio. 


1418. 


5.  settembre. 


1425. 


6.  maggio. 


1429. 


6.  marzo. 


1429. 


6.  luglio. 


1431. 


1.  maggio. 


Quod  duo  scribani  dicti  officii  qui  habent  de  salario  libras  sex  .  .  . 
Quod  massarius  fontici  qui  habet  de  salario  ducatos  quiuquaginta  .  .  . 
Quod  duo  famuli  dicti  officii  qui  habent  de  salario  libras  quinque  .  .  . 

Contribution  fano  li  sanseri  al  dominio  nostro. 
Capta  in  rogatis  die  xxx  januarii.  mccccxi. 
Quia  considerata  necessitate  pecunie  .  .  . 

Del  salario  de  xl. 

Presa  in  mazor  consegio  in  mccccxti.  adi  xxvi.  feurer. 
Conciosia  cosa  el  sia  da  uegiar  a  tutta  possa  de  tegnir  el  consegio 
nostro  de  xl  ben  in  ordene  .  .  . 

Come    queli   de    Vilaco    ouer    de    Lubiana   dieba   esser   spaza 
come  Todeschi. 

mccccxviii.  die  v.  septembris. 
Capta  in  rogatis. 
Conciosia  che  lo  illustre  m.  lo  doxe  Hernesto  de  Ostreich  .  .  . 

Che  li  marcadanti  non  possano  acetar  altri  uiandanti  in  camera 
sino  per  un  zorno. 

mccccxxv.  adi  vi.  mazo.  termination  di  uisdomini. 
Conciosia  che    molte    fiade    i     marcadanti    ch"ha    meseta    spaza 
marcadanti  e  marcadantie  d'  altri  .  .  . 

Et  per  cason  che  molti  mercadanti  i  quali  ha  le  camere  in  fontego 
et  stancia  entro  longamente  aceta  altri  mercadanti  .  .  . 

Che   tutti   queli   che   compra   robe   in   fontego   in  termene  de 
zorni  vm.  le  debia  hauer  träte  de  ditto. 
mccccxxviiii    die  sexto  martii  in  magiori  consilio. 
Cum  per  retroacta  tempora  optime  provisum  fuerit  .  .  . 

Determination   fatta    per  i  prouedidori   de   commun  et  consoli 

di  mercadanti.     - 

mccccxxviiii.  adi  vi.  lugio. 
Conciosia   che'l   sia  nassudo  discordia  fra  i  mercadanti  del  fontego 
di  Todeschi  da  Norimberga  et  d'Allemagna  alta  da  una  parte  et  quelli 
da  Cologna  d'Allemagna  (Lassa)  dall'  altra  .  .  . 

Che  niun  sanser  de  Rialto  non  possi  uegnir  in  fontego. 
mccccxxxi.  adi  p°.  mazo  in  magiori  consilio. 

2* 


12 


1434. 
16.  febbraio. 


1439. 

20.  agosto. 


1443. 

13.  ottobre. 


1447. 
4.  decembre. 


1454. 
19.  ottobre. 


Conciosia  che  nel  capitulario  de  i  uisdomini  .  .  . 

Anchora  azo  che  marcadanti  Todeschi  non  possa  sostegnir  algun 
senestro  o  danno  per  sanseri  .  .  . 

Anchora  sia  azoiito  alla  preditta  parte  che  i  sanseri  debiano  esser 
prouadi  do  uolte  al  anno  ... 

Pagamento  de  scriuani. 
mccccxxxiiii.  die  xvi    februarii. 
I  spetabili  et  generosi  homeni  m.  Nicolo  Venier  e  m.  Piero  Balbi 
honorandi  provedadori  de  commun  absente  m.  Marin  Soranzo  .  . . 

Che  li  patroni  dele  barche  ouer  burchi   non  si   parti   senza  la 
boleta  de  le  sue  robe. 
mccccxxxix   adi  xx  auosto. 
Item  per  molti  danni  potria  occorer  ai  nostri  mercadanti  cittadini .  .  . 

Che  quelli  che  ha  canton  in  fontego  e  sia  stado  anni  doi  ch'el 
non   babia    fato   mercantie   quele  camere  e  uolte  sia  messe  in 
commun. 
Item  chel  sia  ordenado  che  tutti  quelli  che  ha  habudo  camera  .  .  . 

Che   quelli   che   moreno   et   camere  che  lor  haueuano  sia  tor- 
nade  in  commun. 
Item  che  tutte  le  camere  de  quelli  sono  morti  .  .  . 

Che   queli   che   scampa  e  falisse  le  lor  camere  sia  tornade  in 
commun. 
Item  che  tutti  quelli  che  se  scampadi  et  de  cetero  scampera  li  sia  tolto . . . 

Nessun  mercadante  non  possa  alienar  camere  alcuna  nome  per 
6.  consieri  e  xl  de  xl  e  le  tre  parte  del  gran  consegio. 
mccccxliii.  adi  xiii.  ottobrio  in  magiore  consegio. 
Conciosia  che  i  autiqui  progenitori  nostri  uedando  quanta  utilita  . .  . 

Che  i  rami  se  debi  condur  recto  tramite  a  Venetia. 
mccccxlvii.  adi  iv.  decembrio  in  rogatis. 
Perche  per   el   passado   i  rami  i  quali  se   conduseua   per  la   via 
d'Alemagca  qui  a  Venessia  .  .  . 

Del  pagamento  della  quarantia  ciuil  nuoua. 
mccccliiii.  adi  xix.  octobrio  in  rogatis. 


13 


1455. 


24.  settembre. 


_1455._ 
19.  decembre. 


1457. 


9.  marzo. 


_2i58J_ 
23.  febbraio. 


1464. 
12.  giugno. 


1466. 


5.  settembre. 


Quod   de   pecuniis   fontici   Theutonicorum   que    deputate    sunt  ad 
soluendum  quadraginta  . .  . 

Che  i  danari  del  fontego  paga  la  xl"  noderi  et  officiali. 
mcccclv.  adi  xxiiii.  setterabrio.  in  consilio  x. 
Conciosia  che  como  tutti  claramente  intende  el  nostro  eonsegio  de  xl.  . . 

Che  i  signori,  scriuani,  masser  et  altri  non  possi  portar  i  denaji 
nostri  a  casa  ne  altro  luogo  saluo  che  i  charaerlenghi. 
Mille  ccccly.  adi  xvim.  decembrio  in  pregadi. 
Benche  per  leze  e  ordeni  nostri  fatti  in  li  terapi  passadi  .  .  . 

Che  i  meseti  del  fontego  deba  pagar  el  quarto  de  le  sue  utilitade. 
mcccclvii.  adi  ix.  marzo. 
Conciosia  segondo  el  tenor  de  la  parte  presa  in  mazor  eonsegio  .  .  . 

Chel  non  si  paghi  algun  salariado  auanti  tratto. 
mcccclviii.  adi  xxm.  februari  in  rogatis 
Le  obseruada  una  pessima  consuetudine  in  questa  uostra  citta  .   .  . 

Chel   se  paga  un   soldo  per   partida  de  quello   se   pago   ouer 
seuode  chel  non  se  possa  far   boletini  a  palazo  de  meter  uno 
debitor  che  non  sia  debitor. 
mcccclxiiii.  adi  xii.  zugno  in  rogatis. 
Sia  ordenado  a  tutti  i  offizii  che  receue  danari  .  .  . 

Che  li   condutori  de  mercantie  debiano  uenir  recto  tramite  a 
Venetia  serano  deputade. 
mcccclxvi.  die  v.  septembris.  in  rogatis. 
Essendo  comessi  molti  contrabandi  per  la  uia  del  fontegho  .... 

Che  li  burchi  ouer  barche  debi  uenir  recto  tramite  al  fontego. 
Item  che  tutti  i  burchi  et  barche  che  cargherano  ubique  locorum 
nostrorum 

Se    aleun  zentil'homo   desse   fauor   a   contrabandi  sia  priuado 
d'offizi. 
Et  se  el  fosse  aleun   zentil'homo  nostro  che  parteeipasse   .  .  . 

Che  se  debi  dar  i  mercadi  in  nota  de  zorno  in  zorno  et  contra 
i  sanser  de  fora  uia. 
Preterea  che  tutti  i  mercadi  faranno  i  sanseri 


14 


1470._ 
227  ottobre. 


1470. 

3.  febbraio. 


Che  se  debia  lezer  do  saDseri  che  inquira. 
Item  che  per  visdomini  del  fontego  el  sia  constituido  do  ouer  tre 
de  i  sanseri  del  fontego  .  . 

Del  ligar  de  le  balle. 
Item  che  i  sanseri  sieno  tegnudi  diligentemente  ueder  ligar   .  .  . 

Chel  se  debi  tegnir  a  uender  de  le  merze  in  fontego  e   fuora. 
El  fatto  de  le  merze  che  i  mercadanti  hanno  le  debia  tegnir  entro 
barili  .  . 

Del  datio  del  ferro. 
Postremo  perche  i  marcadanti  i  comprauano  el  ferro  soleuano .... 

Delle  uendition  di  panni  in  fontego. 
Demum  perche  nel  preditto  fontego  si  nelle  camere  come  de  fuora 
se  uendi  panni  a  schauezo  .  .  . 

Che   tutti   i  mercadanti   habia  a  pagar  una  per  cento  de  tuto 
quello  i  traze. 

mcccclxx.  adi  xxn.  ottubrio  in  rogatis. 
Quod  omnes  mercatores  quos  ex  hac  ciuitate  nostra  de  cetero  . . . 

Chel  si  faci  uno  nouo  libro  per  tegnir  conto  del  datio  del  ferro. 
mcccclxx.  die  in.  mensis  februari  in  coliegio  dorn,  aduocatorum. 
consilio  rogatorum. 
Che  per  redur  le  cose  a  buon  muodo  et  ordine  sia  fatto  un  nuouo 


libro 


Che  i  condutori  piezi  partecipi  non  possi  esser  piezi  del  datio 
del  ferro. 
Item  che  i  condutori  piezi  ne  partecipi  di  questo  datio  non  possino .  .  . 

Che  i  stimadori   del   ferro    non   possi   stimar    quello   sei   non 
sera  presente  un  dei  signori. 
Item  che  cusi  come  stimadori  del  ferro  ouer  lauor  di  ferro  .... 

Che  i  principali  che   condura   ferro  a  Venetia  non   possi  esser 
assolti  se  prima  non  sera  pagado  la  signoria  del  tutto. 
Item  che  i  principali  che  de  caetero    condura  ferro  a  Veniesia  .  .  . 

Del  termene  del  pagar  del  datio  del  ferro. 
Item  perche  per  uigor  de  la  parte  presa  nel  conseio  de  pregadi .  I 


15 


1472. 


12.  settembre. 


1474. 


13.  settembre. 


1475. 


31.  agosto. 


Chel  non  se  possi  acetar  algun  per  principal  ne  piezo  de  ferro 
che  sia  debitor  de  datio  de  ferro. 
Item  che  alcun    e  sia  chi  esser  si  uogli  non  possia  esser  acepta  . . . 

Che   li  sanseri  ueda  ligar  e  daga  in  nota  el  tutto  et  altri  de 
fuora  uia  non   se  ne  impaza. 
Per  caso  che  nel  fontego  nostro  di  Todeschi   la   signoria  nostra  e 
molto  inganada 

Del  scuoder  de  l'una  per  cento  incantade  nuouamente. 
mcccclxxiiii.  adi  xm.  settembrio. 
I  magnifici   et   generosi  m.  Ambroso  Contarini   m.  Bernardo   Ca- 
pello  m.  Piero  Marcelo 

Che  tutti  habbi  pagado  i  suo  resti  fra  termene  de  mesi  2. 
mcccclxxv.  adi  31.  agosto  io  rogatis. 
Per  gran  summa  di  dinari  se  atroua  debitori  de  la  nostra  signoria 
molti  mercadanti  Todeschi  .  .  . 

Che  non  si  possi  tegnir  magazen  fuor  de  fontego. 
Che   per  Information  delle   leze  nostre  che  alcun  mercadante  To- 
descho  ... 

Chel  non   se  possa  meter  roba  ni  magazeni  da  cha  Ruzini. 
De  i  corami  i  mete  ni  magazeni  da  cha  Ruzini  et  altroue  .... 

Che  alcun  deputado  in  fontego  non  fazi  mercadantia. 
Che  alcun  offizial  scriuan  deputado  nel  fontego  nostro  cusi  ligadori . . 

Che  i  ligadori  siano  sagramentadi   non  ligar  cosa  alcuna  con- 
trabando  in  balla. 
Item  che  i  ligadori  siano  sagramentadi  .... 

Chel  sansser  stia  a  ueder  ligar  le  balle  con  sagramento. 
Et  perche  el  senssaro  habbi  caxon  de  star  uigillante 


Che  i  scriuani  del  fontego  siano  tenuti  aricordar  a  i  uisdomini 
de  dar  sagramento  a  i  sansseri  al  dar  le  polize  di  non  esser  sta 
liga  alcuna  altra  cosa  de  quelo  e  sta  da  in  nota. 
Et  i  scriuani  del  fontego  nostro  siano  tenuti  arecordar  .  .  . 

Che  se  fazix.  tessere  a  sanseri  tre  per  tessera  a  ueder  ligar  le  balle. 
Et  perche  al  serrar  delle  balle  .  .  . 


16 


1475. 
31.  agosto. 


Chel  non  se  uadi  in  Alemagna  ne  a  uender  ne  a  comprar. 
Che  alcun  cittadin  o  subdito  nostro  non  possa  andar  in  Alemagna  .  . . 

Che  i  bastasi  o  fachini  che  lauora  in  fontego  siano  maudadi  uia 
et  messi  altri  per  i  bisogni. 
Perche   i  fachini   del  fontegho  predicto  non    uegiano  ad  altro  cha 
fraudar  i  datii  nostri  .  .  . 

Che  i  barcharuoli  debi  condur  a  Venetia  i  caui  boladi  et  non 
legar  ad  star  le  bolle 
Che  tutti  i  barcharuoli  e  burchieri  che  conduceno  in  fontego  caui 
bolladi  debi  far  ogni  bona  diligentia  delle  bolle  .  .  . 

Che  tutti  i  mercadanti  si  de  Alemagna  alta  come  bassa  uegnir 
debi  in  fontego. 
Che  per  remouer  ogni  dubitation  et  differentia  .  .  . 

Che  Zuliau  da  Nouelo  doanier  a  Treviso  debia  andar  a  i  tempi 
debiti  et  sei  metesse  altri  sia  casso. 
Chel  sia  comandado  a  Zulian  da  Nouelo  dohanier  a  Treuiso  che  .  .  . 

Che   i  pesadori   sia  obligadi   dar  in  nota  con  sagramento  tute 
robe  pexade  per  Todeschi  qualita  e  quantita. 
Item  che  tutti  i  pexadori  che  pesera  robe  .  .  . 

Che    i   specieri    debi   far   do   polize   de   le   cose   uendude   con 
sagramento 
I  specieri  che  uendera  spetie  et  altre  cose  a  Todeschi  .  .  . 

Che  alcun  mercadante  Todescho  non  possi  alozar  fuor  del  fontego. 
Che  alcun  mercadante  Todescho  per  forma  ouer  inzegno  alcun  .  .  . 

Chel  sia  condaua  i  mercadanti  che  uende  a  menudo  si  in  fontego 
come  fuora. 
Et  perche  da  un  certo  tempo  in  qua  contra  la  forma  de  li  ordini  .  .  . 

Chel   non    se   possi  incassar   ueri   a  Muran  senza  licentia  del 
fontego. 
Et  perche  se  comete  molte  fraude  in  alcune  casse  de  ueri  .  .  . 

Che  i  ligadori  de   ueri   non   possi   ligar  in  altro  luogho  saluo 
che  in  le  botteghe. 
I  ligadori  non  possa  ligar  in  altro  luogho  .  .  . 


17 


1475. 


31.  agosto. 


1475. 


19.  settembre. 


1475 


26.  eettembre. 


Che  cadaun  maistro.  capo  ouer  fattor  de  bottega  sia  sagramentado 
a  dar  in  nota  tutta  la  draparia  per  l.or  uenduda. 
Che  cadaun  maistro  capo  ouer  fattor  de  bottega  de  seda  .  .  . 

Che  alcun    sanser   se  possi  impazar  a  far  mercadi  saluo  che  i 
sanseri  ordenari. 
Le  sta  prouisto  per  molte  leze  e  ordeni  nostri  die  altri  sanseri  .  .  . 

Che   Venier   de  Nicolo   bolador  a  porto   sia   casso  e  che  non 
se  faza  piui  in  suo  luogo. 
E  per  notitia  che  se  ha  che  Uenier  de  Nicolo  deputado  bolador  .  .  . 

Che  i  scriuani  serado  che  sera  1  offitio  non  possi  piu  far  bolette. 
Che  i  scriuani  del  fontego  nostro  da  poi  serado  el  fontego    .  .  . 

Che  i  ligadori  nostri  senza  sanser  non  possi  ligar  balla  alcuna. 
I  ligadori  non  possi  ligar  alcuna  balla  saluo  .  .  . 

Ch'el  si  faci  la  cerca  per  i  magazeni  e  camere  per  ueder  quello 
e  sta  uendudo  e  uon  da  in  nota. 
Et  che  secondo  la  forma  de  le  leze  nostre  .  .  . 

Che  i  scriuani   non  possi  far  boleta  ad  alcun  cada  debitor  de 
piu  de  uu  mese. 
Chel  sia  comesso  a  i  scriuani  del  fontego  nostro  .  .  . 

Che  i  fanti   dell'  offitio  sia  tegnudi  per  muda  star  alle  porte. 
Et  che  i  fanti  dell'  offitio  siauo  tenuti  star  per  muda  .  .  / 

Ch'el  sia  coretto  el  capitolo  di  uerieri  da  Muran. 
Chel  sia  coretto  el  capitolo  di  ueriari  da  Muran  .  .  . 

Ch'el  gastaldo  di  uerieri  sia  obligado   dar  sagramento  ai  liga- 
dori delle  casse  de  uero. 
Item  sia  tenuto  el  prefato  gastaldo  sotto  la  pena  preditta  .  .  . 

Eletion  de  Zuah  de  Martin  del  autorita  et  premio. 
mcccclxxv.  die  xviiii.  septembris. 
Et  azo  che  i  ordeni  et  lege  nostre  siano  exeguide  .  . . 


Chel  sia  reuocado  el  capitolo  che  altro  sanser  se  potesse  impazar 
a  far  mercadi    saluo  a  quel  sanser  che  era  tocha  per  justitia. 
mcccclxxv.  die  xxvi.  septembris. 
Circha  el  capitolo  de  la  utilita  di  sanseri  del  fontegho  .  .  . 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  W isa.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  3 


18 


1475. 


8.  novembri. 


1478. 


24.  aprile. 


1478. 


30.  decembre. 


1478. 


14.  luglio. 


Cliel  non  a  posgi  crescer  salario  ad  alchun. 
mcccclxxv.  die  vm.  nouembris. 
Perche  el  par  che  senza  authorita  ue  consentimento  .  .  . 

Che  i  ueiidadori  debia  manifestar  i  nomi  de  tutti  i  compradorL 
mcccclxxviii.    die  xxnii.    aprilis.    in  collegio   xn.   sapientium 
super  datiis. 
Perche  el  datio  del  fontego  nostro  di  Todeschi  .  .  . 

Chel   sia  manda  in   nota   a  i   pesadori  i  nomi  di    corapradori 
Todeschi. 
Et  per  obuiar  ad  ogni  fraude  .  .  . 

Ch'el  si  manda  iu   nota  alla   doana  i  rami  e  stagni  che  se 
conduse  in  fontego  in  lincanto  del  datio  dell'intrade. 
mcccclxxviii.  die  xxx.  deeembris. 
Et  per  el  simel  deputa  in  fontego  per  i  nostri  gouernadori  .  .  . 

Ch'el  non  se  uenda  vin  in  la  camera  de  meza  schalla. 
Che  la  camera  che  e  a  meza  scalla  apresso  la  riua  .  .  . 

Che  etiam  la   camera  de  meza  schalla  che  e  all  incontro  de 
quella  del  fontego  non  se  possi  uender  uin  a  furatola. 
L'alti  a  camera  a  mezo  le  scale  al  incontro  della  preditta  deputada  . . . 

Che  i  zapharani  che  se  condura  per  transito  debi  pagar  ducati 
12.  ogni  l.  500  al  sotil   et  una  per  cento  a  la  inscida. 
mcccclxxviii.   die  xmi.  julii  in  collegio  xn.  sapientum  super 
datiis. 
Da  certo  tempo  in  qua  per  le  angarie  dade  al  condur  i  zaffarani. 

Che  ge  fazza  pagar  li  datii  de  tutte  robe  fosse  condutte  da  sie 
mesi  in  qua  a  rason  delle  altre  simil  uendude. 
Perche  se  attroua  nel  offitio  del  fontego  nostro  di  Todeschi    .  .  . 

Ch'el   se  hauera   le  balle  con  uno   di  scriuani   del  fontego  et 
non  senza. 
Le  usata  per  consuetudine  nel  fontego  nostro  che  zonte  .  .  . 

Che    tutti   i   sanseri   siano    obligadi  scontrar  i  so  libri  con  el 
libro  del  nostro  deputato. 
Benche  el  sia  sta  prouisto  altre'  uolte  .  .  . 


19 


1478.  Ch'el  se  debi  deputar  i  capi  de  tessera. 
H.  luglio.                 Le  prouisto  per  leze  che  al  serar  de  le  balle  .  .  . 

Che  le  porfce  della    riua  del  fontego  sieno  serade  ai  tempi  de- 
biti,  et  per  el  simile  la  porta  che  ua  in  calle  della  ßissa. 
El  se  comete  niolte  fraude  in  dano  de  li  datii  nostri  .  .  . 

De  le  pene  incore  chi  indebitamente  fesse  aprir  le  ditte  porte. 
Se  ueramente  fosse  algun  prosumesse  aprir  o  far  aprir  .  .  . 

Che  sei  pesador  a  chi  tocha  pesar  in  fontego  non  sera  li  el  se 
possa  tuorne  uno  altro. 
Item    per    commodo    di    mercadanti   Todeschi    sia   prexo    che  sei 
pexador  .  .  . 

1479.  Che  i  signori  governadori  siano  auditori. 
27.  ottobre.                       mcccclxx villi,  adi  xxvii.  ottubrio  in  collegio  duodecim  sapientum. 

Cum  sit  che  al  offitio  de  li  nostri  gouernadori  de  lintrada  .  .  .    - 

Chel  sia  eletto  xn.  sauii  sopra  i  datii. 
Cognoscendosse  per  experientia  quanto  erano  sminuiti  .  .  . 

1481.  Chel  sia  confermado  tutte  leze  fate  per  i  ditti  12.  savii  et  el 

2.  febbraio.  deputado  nostro  che  e  s.  Lazaro  Ruffaldelli  sia  tegnudo  tegnir 

do  libri  ordenarii  per  scontro  de  do  scriuani. 
mcccclxxxi.  die  n.  februarii  in  collegio  magnificorum  dorn.  xu. 
sapientum  super  datiis. 
Cum  sit  che  per  lo  excelsso   consegio   de  pregadi   e  per  lo  illmo 
collegio  de  xn.  savii  .  .  . 

Che  i  pexadori  debia  rechieder  al  mercadante  auanti  che  pesa 
chi  se  sta  el  sansser  et  farne  nota  de  quello. 
Che  pexadori  siano  tenuti  quaudo  loro  serano  per  pexar  .... 

Che  essi  sanseri  sian  obligadi  dar  in  nota  al  detto  deputado  i 
marcadi  de  zorno  in  zorno  per  loro  pratichadi. 
Et  azo  chel  prefato  deputado  possia  trar  la  uera  utilita  .  .  . 

Che  i  scriuani  siano  obligadi  reffar  le  rason  e  non  star  fidi 
sopra  quello  ha  fatto  i  sanseri. 
Ulterius  per  piu  diligente  execution  de  ordeni  nostri  .  .  . 

3* 


20 


1481. 
2.  febbraio. 


1482. 
2.  agosto. 


1482. 
2.  decembre. 


Ch'el   deputado   debi   far  tutte  rason  di   pagamenti  come  fano 
i  scriuani. 
Preterea  perche  grandi  (errori)  si  troua  esser  comessi  entro  i  pagamenti  .  .  . 

Chel  se  tegna  conto  suso  un  libro  i  boletini  di  danari  franchi. 
Et  perche  per  ordene  ouer  consuetudine  el  se  troua  per  i  libri  de 
fontego  .  .  . 

Che  i  sansseri    debi  notar   suso  le  polize   si  suso  i  suo  libri  i 
auanzi  di  quello  si  uedono  ligar. 
Subsequenter  perche  el  uien  ditto  per  i  scriuani  et  sansseri  .  .  . 

Della  Obligation  che  ha  i  capi  de  tessera  a  ueder   ligar. 
Item  perche  per  certo  ordene  prexo  .  .  . 

Ch'el  nostro  deputado  sia  obligado  far  tutto  quello  li  sera  co- 
messo  per  questo  collegio. 
Item  chel  deputado  per  questo  collegio  in  fontego  di  Todeschi . . . 

Che  tutti  i  sanseri  siano  obligadi  cou  sagramento  dar  in  nota 
.    de  sua   man  de  zorno  in  zorno  a  i  uisdomini   presente    el  de- 
putado nostro  con  li  ueri  pretii. 

mcccclxxxii.  die  n.  augusti  in   coli0.  magn.um  dorn.  xn.  sapien- 
tum  super  datiis. 
Cum  sit  che  per  i  tempi  passati  quando  el  uegniua    uno   mercar- 
dante  Todescho  in  Venetia  .  .  . 

Che  le  mercantie   che  uende  i  Todeschi    non  se  moua  de  ma- 
gazen  se  prima  le  non  sara  date  in  nota  all  offitio. 
De  le  mercadantie  uendude  per  Todeschi  .  .  . 

Che  i  mercadauti  debi  dar  in  nota  le  robe  per  lor  uendude  in 
ditto  zorno  et  pagar  i  suo  datii. 
Et   perche   el  se   troua   assaissime   marcadantie  uendude   per   essi 
Todeschi  .  .  . 

Che  i  sanseri  che  non  desse  in  nota  i  ueri  presii  siano  priui. 
Preterea  sei  sera  alguu  sansser  che  non  desse  el  uero  prexio  .  .  . 

La  cazation  de  Aluise  Taiapiera  alla  pria  {aW  aprir)  de  le  balle. 
mcccclxxxii.  die  n.  decembris  in  coli.0  xn.  sapientum. 
El  fo  a    questi  mesi  passadi  cassado  per  questo  collegio  Zuan   de 
Martin  soprastante  in  fontego  .  .  . 


21 


1482. 
10.  decembre. 


1483. 

28.  novembre. 


1483. 
21.  gennaio. 


1484. 


9.  settembre. 


1481. 
16.  agosto. 


1483. 
10.  novembre. 


1481. 
16.  agosto. 


1486. 


16.  maggio. 


1486. 


giugno. 


Che  a  i  quattro  del  raese  seguente  se  habbi  salda  le  casse. 
mcccclxxxii.  die  x.  decembris  in  rogatis. 
Inducta  est  quedam  pessima  et  detestanda  consuetudo  .  .  . 

Chel  sia  fatto  un  portello  alla  porta  de  la  riua  per  commodita 
de  mercadauti. 

mcccclxxxiii.  die  xxviii.  uouembris  in  collegio. 
Le  comparso  al  collegio  nostro  tutti  i  mercadanti  Todeschi  .  .  . 

Chel  non  se  possi  conzar  alcuna  parteda  de  robe   auerte  saluo 
che  in  quel  zorno  che  le  son  auerte. 
mcccclxxxiii.  die  xxi.  januarii  in  collegio  xn.  sapientura. 
El  fo  preso  per  questo  collegio  hora  uno  anno  .  .  . 

Che  i  comini  et  ogni  altro  sacco  sia  ligado  per  i  ligadori  del 
fontego. 
Conzosia  cosa  chel  sia  sta  tratto  del  fontego  .  .  . 

Copia  de  una  parte  tratta  della  mariegola  de  quelli  delle  corde 
presa  iu  collegio  de  i  xn.  sauj  nel  mcccclxxxi.  adi  16  agosto. 

Che  non  se  possi  reffar  sartie  de  caneuo  uechio. 
Anchora  che  nisun  non  possi  reffar  ne  uender  .  .  . 

Che   le   corde  fatte  de  sartia  uecchia   non  si  possi  adoperar  a 
ligar  balle. 
Che  damo  auanti  corde  fatte  de  sartia  uechia  .  .  . 

Copia  del  mcccclxxxi.  adi  1 6  agosto  tratto  dalla  mariegola  di 
filacaneuo. 

Chel  non  possi  uegnir  in  quesla  terra  corde  forestere. 
Chel  non  possi  uegnir   corde  o  robe  fatte  de  rason  nissuna  fores- 
tiere  in  questa  terra  sotto  pena  de  l.   100  et  sia  contrabando. 

Che  li  ligadori  non  possi  ligar  fuora  del  fontego. 
mcccclxxxyi.  adi  xvi.  mazo. 
Li  egregii  homeni  ra.  Gasparo  Soranzo,  Domenego  Erizo  consoli  . . . 

Che  l'offitio    del  fontego   non  se  possi  impazzar  de  grassa  al- 
cuna aspettante  alla  ternaria. 

mcccclxxxvi.  die  septima  junii  in  collegio  xn.  sapientum. 
Benche  per  lege  et  ordeni  contenuti   nel  capitular  di   signori   of- 
ficiali  alla  ternaria  .  .  . 


22 


i486. 
18.  lufflio. 


Ch'el  se  debi  pagar  i  datii  fra  tanto  termene  delle  robe  se 
conduse  a  Yenetia  dandoli  i  pretii  secondo  la  stima  fara  i  sig- 
nori  gouernadori. 

mcccclxxxvi.  die  xvm.  julii  in  collegio  duodecim  dorn,  sapientum. 
Le  iütroduto  da  pocho  tempo  in  qua  una  pessima  e  dannosa  con- 
suetudine  ... 

Che  i  mercadanti   babbia  a  pagar  tutti  i  suo  resti  fra  termene 
de  uno  mese. 
Item  che  tutti  i  mercadanti  babia  tempo  un  mese  de   saldar  .  .  . 

Che  tutti  i  sauseri   habbi  a  esser  a  aequal  utilita  et  far  capi 
de  tessera  nuouamente  ordenado. 
Ancbora   che  tutti  i   sansari   del   fontego  che  mo  e  auanti  per  i 
tempi  .  .    . 

Chel  doanier  da  Porto  debi  mandar  i  scontri  de  mese  in  mese 
delle  mercadantie  se  traze  per  Veniesia. 
II  uien  comesse  molte  fraude  in  le  robe  et  marcadantie  uien  con- 
dute  de  Alemagna   ... 

Che  i  barcbaruoli  sia  obligadi  dar  in  nota  ai  casteli  et  palade 
al  uenir  e  all  au  dar  suso  e  zoso  con  le  marcadantie. 
Barcbaruoli  che   conduseno   da  Porto  a  Veniesia   e  da  Veniesia  a 
Porto  .  .  . 


Che  in  la  franchita  ouer  boleta  se  fa  alla  stimaria   del  vin  el 
se   debi   scriuer   el  nome  del  Todesco  comprador  e  quello  del 
uendador. 
In  questi  zorni  passadi  e  sta  trouado  esser  sta  trato  contra  i  ordeni . . 

Che  i  mercadanti  che  condura  cuori  per  doana  dieba  uegnir  a 

zurar  al  fontego  che  in  quelli  algun  Todescho  non  n'ha  a  far. 

Perche  el  uegniua  gran  quantita  de  cuori  et  rami  per  uia  da  Trieste . . 

Che  1  aprir  delle  balle  sia  auerte  alli  tempi  debiti. 
L  instade  da  terza  fino  al  sonar  delle  campanelle  et  post  pran- 
dium  da  uespero  fino  alla  auemaria  de  Rialto  et  d'inverno  etc. 
Che  neir  aurir  delle  balle  sia  auerte  al  tempo  del'instade  .  .  . 

Che  i  barcharioli  siano  obligadi  a  tuor  le  bollete  al  primo  luogo. 
Item  perche  i  barcharioli  da  Trieste  et  Segna  uien  senza  bolletta . . . 


23 


1486. 


8.  settembre. 


1486. 
4.  gennaio. 


1487. 
16.  aprile. 

1487. 
18.  lufflio. 


1487. 


26.  agfosto. 


1488. 


21.  luglio. 


1488. 


19.  gennaio. 


Ch'el   non  si  possi   comprar  alcun  fusto  de  balastra  se  prima 
el  non  e  uista  per  el  gastaldo  del  mestier. 
mcccclxxxvi.   die  vm.  septembris   in  collegio   xn.  sapientum. 
Item   che   algun  si  terrier   come  forestier  no  possi  comprar  algun 
fusto  de  balastra  .  .  . 

Ch'el  non  se  possi  descargar  stagno  ne  rame  se  prima  el  non 
sera  fato  a  sauer  all'  offitio  della  doana  da  terra. 
mccccclxxxyi.  die  im.  jauuarii  in  collegio  xn.  sapientum. 
Conciosiache  i  rami  e  stagni  sono  condutti  in  questra  citta  .  .  . 

Sopra  i  ligadori  del  fontego  di  Todeschi. 
mcccclxxxvii.  die  xvi.  aprilis  in  collegio  xn  sapientum. 
Essendo  fata  la  soprascritta  confirmation  nel  collegio  .  .  . 

mcccclxxxvii.  die  xvm.  jnlii  in  collegio    di  magnifici   signori 

xn.  sauii. 
L'e   necessario   meter   fin  ala  lite  et  controuersia   che  uertesse  tra 
mercadanti  Todeschi   et   ligadori   del  fontego  da   una  parte  et  ligadori 
de  sotto  le  staiera  dall'  altra  .  .  . 

De  quello  die  hauer  el  bolador  del  fontego  di  Todeschi. 

mcccclxxxvii.  adi  xxvi.  agosto. 
Quoniam  antiqaitus  semper  fuit  ...       i 

Quoniam    bulatore    fontici   Theutonicorum   constituto   per  offitium 
consulatus  .  .  . 

La  eletion  de  Bernardin  bollador  del  fontego  di  Todeschi. 
Spectabiles  et  generosi  dorn.  Mariuus  de  Priolis  Donatus  Theupolo .  .  . 

Ch'el  sia  incanta  e  deliuera   el  datio  del  ferro  e  che  terre  sono 

quelle  che  sono  obligade  al  fontego  et  quelle  che  sono  obligade 

alla  ternaria. 

mcccclxxxviii.   die   xxi.   julii    in   collegio  magnificorum  dorn. 

xn.  sapientum  super  datiis  etc. 
Chel  sia  incanta  et  delibera  el  datio  del  ferro  .  .  . 
Chel  tutti  i  hubitanti  nel  canal  di  Uenzon  et  da  Uilacho  in  qua  . . . 
Item  el  fo  prouisto  per  questo  collegio  che  tutto  el  ferro  .  .  . 

De  quelli  che  sono  obligadi  andar  a  doana  et  non  spazarse  in  fontego. 
mcccclxxxviii.    die   xviiii.   januarii   in   collegio  magnificorum 
dorn.  xn.  sapientum  super  datiis. 
El  sono   raolti   subditi  della   nostra   illustrissima  signoria  i   quäl 
dieno  esser  obligati. 


24 


1490. 


aprile. 


1491, 


1.  marzo. 


1491. 


29.  agosto. 


1493. 


16.  aprile. 


1493. 

24.  maggio. 


1493. 


4.  giugno. 


1493. 


8.  giugno. 


Una   termination    di   gouernadori   che   i  cuori   de   Lubiana   se 
habbi  a  spazzav  in  fontego. 
mcccclxxxx.  die  in.  mensis  aprilis. 
Cum   coram  magnificis  gubernatoribus  introytuum  et  eorum   offitio 
comparuerint  spectabiles  Jacobus  Michael  et  socii  vieedomini  .  .  . 

Ch'  el  se  debi  acetar  Francesco  Rosso  a  attender  per  i  danari 
dell  una  per  cento. 

mcccclxxxxi.  die  prima  mensis  martii. 
I  magnifici  signori  gouernadori  de  lintrade  comanda  .  .  . 

Che  la  cassetta  sia   rotta  e  non  se  possa  far  bollete  per  me- 
nudo  senza  sanser. 
El  uien  trato  molte  robe  per  uia  del  fontego  .  .  . 

Limitation  de  quello  die  hauer  i  scriuani  per  sua  mercede. 
Limitationes  et  taxationes  utilitatum  scribanorum  .  .  . 
Bollador  .  .  . 
Fanti  .  .  . 

Limitation  della  utilita  de  sanseri. 
mcccclxxxxiii.  adi  xyi.  april. 
Limitation  et  taxation  della  utilita  de  sanseri  del  fontego  .  .  . 

Che  i  sanseri  non  possa  far  ligar  cosa  alcuoa  senza  el  sorastante. 
mcccclxxxxiii.  adi  24  mazo. 
I  maguifici  signori  gouernadori  de  lintrade  commanda  .  .  . 

Che  el  soprascritto   commandamento    sia  casso  et  che   el  sia 

osseruado  quel  di  auogadori  sottoscritto. 

mcccclxxxxiii.  adi  im.  zugno. 
Refferi   sier  Piero   ditto  Mado    (di  Tornado?)   fante  all  offitio  de 
signori  gouernadori  .  .  . 

Refferi  Simon  fante  di  magnifici  signori  auogadori  de  commun  .  .  . 

Che    sauanzi   delie   mercantie    che  non  se  liga  se  debi  dar  in 
nota  a  s.  Lazaro  et  farui  nota  su  la  poliza  di  pexadori  e  spitieri. 
mcccclxxxxiii.  adi  vm.  zugno. 
Et  perche  molte  uolte  iatraiüen  per  commodita  de  mercadanti  To- 
deschi  in  fontego  .  .  . 


25 


1493. 


27.  luglio. 


1493. 


1493. 

16.  decembre. 


1494. 


2.  giugno. 


1494. 

20.  agosto. 


1494. 


13.  gennaio 


1494. 


29.  gennaio 


Che  le  canne  de  ueri  sia  ppxade  e  paghi  i  suo  datii  per  stima 
de  ducati  5.  el  centener  fo  reconzado  in  ducati  4.  el  cento. 
mcccclxxxxiii.  die  xxvn.  iulii. 

I  magnifici  et  clarissimi   d.  Hieronimus  Venerio,  Bernardus  Justi- 
niano  .... 

Chel  non  se  possi  far  bollette  de  Maluasie  altramente  de  quello 

se  fa  alla  stimaria  del  uino 

Capitolo  incanti  datii  stimarie  uini.  1493. 
El  se  fano  molte  bollete  al  datio  del  uin  .  .  .  . 
Preterea  tutte  bollete  se  fanno  de  gran  (gratia?)  de  Maluasia  .  .  . 

ÜDa  termination  delle  robe  uien  per  Po  in  doaoa  da  mar. 
mcccclxxxxiii.    die    xvi.    decembris.    in    collegio    Serenissimi 
principis. 

II  degnissimo  tribunal  della  ducal  signoria  essendo  alla  bancha  el 
serenissimo  principe  e  la  signoria  de  miser  Marin  de  Garzoni  .  .  . 

Una   parte   nouamente   prexa  ch'el  non  si  possi  andar  in  Ale- 
magna  a  comprar  mercautie. 
mcccclxxxxiiii.  adi  2.  zugno.  in  pregadi. 
Per  obuiar  alle  molte  fraude  e  decision  che  se  cometteriano  .  .  . 

De  una  defferentia  tra  s.  Zuan  Foller  e  i  datieri  de  doana 
mcccclxxxxiiii.  adi  xx.  agosto. 
Vertendo  difl'erentia  fra   li  mercadanti  Todeschi  del  fontegho  Zuan 
Foller  et  compagni  da  una  parte  et  li  dacieri  .  .  . 

Che  i   panni  zeneurini   come  per  Po  sia  spazada   per   dohana 
da  terra. 

mcccclxxxxiiii.  adi  xm.  zener  in  consiglio  de  x. 
Studiosamente  sono  da  esser  procurade  tutte  quelle  cose  .  .  . 

Che  la   parte    prexa  per  auanti   delle  robe   d'Alemagna    sia 
cassa  et  reuocada. 
Anchora  perche  la  parte  prexa  nel  nostro  consiglio  de  pregadi  .  .  . 


Parte  ch'el  non  sia  alcum  quäl  si  uoglia  non  ardischa  dir 
parole  iniuriose  ad  alcun  scriuan  ne  masser  fazando  li  suo 
offitii  molto  streta. 

mcccclxxxxiiii.  die  xxix.  zener  in  conseglio  de  x. 
Conciosiache  per  quelle  cose  le  quäl  a  notitia  del  nostro  dominio  .  .  . 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  4 


2G 


1495. 


12.  gennaio. 


1498. 


6.  marzo. 


1498. 


4.  agosto. 


1498. 


4.  settembre. 


1498. 


19.  decembre. 


1498. 
31.  gennaio. 


1499. 

18.  giugno. 


Del  scuoder  Ja  repressaia  a  quel  tempo  le  son  obligade. 
mcccclxxxxv.  die  xii.  zener  in  pregadi. 
Landera  parte  che  le  soprascritte  communita  de  Berna  e  de  Friburgo 
siano  et  se  intendano  esser  libere  .  . . 

Chel  sia  salda  tutti  i  libri  etiam  el  sia  da  in  nota  li  mercadi 
segondo  la  forma  del  commandamento  deli  excellentissimi 
signori  capi  del  consiglio  de  x.  et  che  la  bolla  staghi  arente 
i  signori  serada. 
mcccclxxxxviii.  adi  6.  marzo. 
Nos  capita  excelsi  consilii  x.  uobis  spect.  vicedominis  fontici 
Theutonicorum  mandamus  .  .  . 

Che  i  sanseri  de  Rialto  non  se  impaza. 
Anchora  ue  comandemo  che  uui  per  alcun  modo  non  permete  .  .  . 

Che  Hettor  Rosso  habbi  a  tegnir  conto  delle  bollette  et  bollar 
quelle. 

mcccclxxxxviii.  adi  4.  agosto. 
Per  i  magnifici  signori  capi  del  excellentissimo  consiglio  di  x.  ne 
i  passati  mexi  .  .  . 

Chel   non   possi  aprir  le  balle  senza  la  presentia  de  Zuane  di 
Zanchi. 

mcccclxxxxviii.  die  im.  septembris. 
Nos  capita  excellentissimi  consilii  x.  uobis  spectab.  d.  uicedominis 
fontici  .... 

Confirmation  de  Hector  Rosso  per  li  s.  gouernadori  et  confir- 
mada  per  li  consiliarii. 
mcccclxxxxviii.  die  xix.  decembris. 
Magnifici  et  clarissimi  domini  Aloysius  Mudatio  Joannes  Marcello  .  . 

Confirmation  d'Hettor  Rosso  in  luogho  de  Bernardo  Venier. 
mcccclxxxxviii.  die  ultimo  ianuarii. 
Magnifici  et   excellentissimi  domini  Troylus  Maripetro  Franciscus 
Basadonna  et  Aloysius  da  Molino  capita  .  .  . 

De  quello  sono  obligadi  li  capi  di  tessera. 
mcccclxxxxviii.  die  vm.  iunii. 
Per  obuiar  a  molte  fraude  che  e  occorse  e  continuo  occorre ...    . 


27 


1499. 


8.  giugno. 


1499. 


SO.  decembre. 


1501. 


11.  giugno. 


1501. 
22.  decembre. 


1501. 

13.  marzo. 


1501. 
15.  novembre. 


Che   li   scriuani   meta   in  nota  el  nome  del  sanser  che  uede 
ligar  quando  se  fa  le  bollete. 
Insuper  sia  comesso  a  i  scriuani  nostri  soto  pena  de  ducati  cento  .  .  . 

Che   s.   Lazaro  debi   intender  tute  le  spetie  uendude  a  questa 
fiera  passada  de  zener. 
Item  se  fa  comandamento  per  nui  soprascritti  uisdoniini   .  .  . 

Chel  sanser  sia  obligado  a  zurar  hauer  fato  lui  exclamado. 
Considerando  le  infinite  fraude  che  se  comete  per  dar  i  mercadi  .  .  . 

Del  dar  delle  2  polize  de  spetieri  quando  i  uende. 
Essendo  necessario  al  tuto  proueder  per  caxon  totaliter  extirpar  .  .  . 

Che  i  scriuani  ne  altri  possa  scuoder  ne  impazar  algun  saluo 
chel  sanser. 

mcccclxxxx villi,  adi  xxx.  decembrio  nel  consiglio  de  x. 
Conciosiache  per  quelle  cose  che  a  certa  notitia  de  caui  de  questo 
consiglio  sono  peruenute  .  .  . 

Che  i  uisdomini  se  redugha  alli  offitii  soi  debiti  tempi. 
Ueramente  azoche  de  couueniente  remedio  resti  prouisto  .  .  . 

Cassation  de  Hector  Rosso  bollador. 
mdi.  die  xi.  mensis  iunii 
I  magnifici  mis.  Marco  da  Molin,  Christophoro  Soranzo  .  .  . 

De  li  fanti  dell'  offitio  che  nouamente  si  de  tuor  in  luogo  de 
quelli  manchasse. 

mdi.  die  xxn.  decembris  in  rogatis. 
Le  sta  sempre  costume  della  signoria  nostra  .  .  . 

Delle  lane  Francese  quello  i  die  pagar  de  datio. 
mdi.  die  xiii.  marzo. 
Landera  parte  che  se  dia  faculta  a  cadauno  cosi  subdito  e  citadin 
nostro  .  .  . 

Termination  che  i  sanseri  capi  de  tessera  che  uede  ligar  noti 
zu  i  zornali  uedendo  per  el  suo  compagno. 
mdi.  adi  15.  nouembrio. 
Conciosiache  per  molte  leze  in  prossimi  tempi  sia  sta  prouisto  .  .  . 


28 


1502. 


9.  marzo. 


1502. 

6.  aprile. 


1502. 
7.  settembre. 


1502. 


26.  settembre. 


1502. 


4.  gennaio. 


1502. 


10.  gennaio. 


1503. 

29.  maggio. 


1503. 
14.  giugno. 


1503. 


12.  novembre. 


Termination  de  gouernadori  non  se  fazi  boleta  de  piper  de  nuntii. 
mdii.  die  nono  mensis  martii. 

I  magnifici  et  clarissimi  signori  gouernadori  delle  intrade  comanda  .  . 

Elletion  de  Dominico  Vinci  soprastante  a  Muran. 
mdii.  die  yi.  aprilis. 
Li  magnifici   et   clarissimi    signori   gouernadori   delle   intrade   per 
authorita  ...  * 

Termination  de  li  signori  capi  del  consiglio  di  x.  de  far  i  resti 
et  pagar  li  marcadanti  sono  debitori. 
mdii.  die  yii    septembris. 
Li   magnifici  signori  capi  dell'  excelso  consiglio  de  x.  m.  Marcho 
Zorzi  etc.  .  .  . 

Molta  prouision  fata  cercha  le  mercadantie  uien  nella  terra. 
Le  necessario  proueder  ed  obuiar  alli  manchamenti  .  .  . 

Comandamento   della  illustrissima   signoria  che  i  rami  non  se 
meti  in  gbeto. 

Et  che  i  feri  sono  in  e  li  magazeni  siano  pexadi. 
mdii.  die  im.  ianuarii. 
La  illustrissima  signoria  con  tutto  el  collegio  comanda  a  uui  .  .  . 

Che  i  terzi  di  datii  debia  durar  anchora  per  mexi  6. 
mdii.  die  x.  ianuarii.  in  rogatis. 
Landera  parte  che  la  exation  del  t?rtio  de  datii  .  .  . 

Termination  per  i  capi  del  consiglio  de  x.  circha  le  rathe  de 
saponi  de  farse  de  6.  mesi  in  6  mesi. 
Li  magnifici  et  clarissimi  signori  m.  Franzesco  Bernardo  m.  Marcho 
da  Molin  .  .  . 

Provision  che  cose  pagano  franchita  non  uegni  in  fontego  senza. 
mdiii.  die  xiiii.  junii  in  collegio. 

II  se  comete  infinito  numero  de  contrabando  nel  fontego  .  .  . 

Capta   in    excellentissimo    collegio   regiminis   Veneti   die    xn. 
mensis  nouembris  1503  ex  auctoritate  majoris  consilii. 
Molta  prouision  fatta  cercha  el  dar  de  mercadi  in  nota  e  delli 
auanzi  et  non  tuor  bonandade  e  ne  boneman. 
Ha  cognosuto  manifestamente  la  signoria  nostra  .  .  . 


29 


1503. 


12.  noveinbre. 


1504. 
17.  marzo. 


1504. 
30.  agosto. 


1505. 


31.  maggio. 


1507. 


7.  febbraio. 


1508. 


5.  maggio. 


1508. 


9.  maggio. 


Che  li  auanzi  se  metano  in  un  magazen. 
Se  ueramente  i  uanzasse  cosa  alcuna  .  .  . 

Che  non  se  possi  far  gratia. 
De  le  quäl  tute  pene  non  se  possi  far  gratia  .  .  . 

Che  li  sanseri  daghi  in  nota  i  mercadi. 
El  se  conosse  manifestamente  lo  excessiuo  danno  receue  la  signoria 
nostra  .  .  . 

Eletion  de  Dominico  Vinci  soprastante   a  Muran. 
mdjiii.  die  17.  marzo. 
Cum  ad  notitiam  magnificorum  dominorum  gubernatorum  introytuum 
peruenerit  ...  v 

Tefmination  per  i  gouemadori  delle  casse  de  canne  de  ueri  che 
se  trazeno  paghi  datio  a  rason  de  ducati  3  per  cento  de  pexo 
al  sotile  che  le  se  spazano. 
mdjiii.  die  xxx.  augusti. 
Comparuit    ad    officium   coiam    magnificis   dominis  gubernatoribus 
introytuum  ser  Georgius  q.  ser  Petri  uitrarius  in  Muriano  .  .  . 

Termin ation  che  tutti  li  feri  che  uien  per  Todeschi  la  exation 
del  datio  sia  fata  per  li  uisdomini  del  fontego  e  non   altroue. 
MDy.  die  ultimo  maii. 
Infiascripti  domiui  consiliarii  auditis  nobilibus  uicedominis  .  .  . 

Consignation   delle   camere   noue    a   mercanti   Todeschi   per  li 
proueditori  del  sal. 
mdvii.  die  yii.  februarii. 
De  comandamento  de  m.  Marco  Tiepolo  prouedador    al  sal  depu- 
tado  alla  fabrica  del  fontego  di  Todeschi  .  .  . 

Parte  prexa  che  alcun  non  possa  comprar  mercantie  che  uegni 
d'Alemagna  fuora  de  Venitia  et  che  botteghieri  non  possi  uender 
in  grosso  et  molte  altre  cose  et  che  tute  robe  che  uien  de 
terra  Todescha  se  debi  spazar  in  fontego  sotto  pena  d'esser 
tolto  per  contrabando. 

mdyiii.  die  v.  maii  in  collegio  Serenissimi  principis. 
El  fo  prouisto  altre  uolte  come  apar  .  .  . 

Consignation  de  magazeni  ai  mercadanti. 
mdyiii.  adi  ix.  mazo. 
Magazeni  e  uolte  del  fontegho  nuouo  consegnade  a  mercadanti  .  .  . 


30 


1508. 


9.  maggio. 


1509. 


11.  febbraio. 


1510. 


19.  ottobre. 


1510. 

28.  agosto. 


1510. 


2.  novembre. 


1510. 


16.  decembre. 


1511. 


14.  agosto. 


Chel  non  si  possi  tenir  fuora  delle  camere  nelli  portegalli  piu 
d'una  cassa  e  barili  con  molti  altri  ordeni. 
mdviii.  die  ix.  raazo. 
Per  obuiar  grandissime  discordie  tra  mercadanti  e  per  utilita  .  .  . 

Parte  prexa  nel  consiglio  de  pregadi  ch'el  se  debia  pagar  grossi 
uno  per  ducato  delli  danari  che  pagherano. 
mdviiii.  die  ix.  februarii  in  rogatis. 
Landera  parte  che  per  autorita  de  questo  consiglio  de  coetero  tutti 
quelli  che  pagano  datii  alli  offitii  nostri  .  .  . 

Parte  del  consiglio  di  x.  con  la  zonta  che  el  se  debbi  far  pagar 
grossi  do  per  ducato. 

mdx.  die  xix.  octobris  in  consilio  x.  cum  additione. 
Landera  parte  che  per  authorita  de  questo  consiglio. 

mdx.  adi  xxviii.  augusti. 
Landera  parte  che  de  cetero  tutti  quelli  de  che  condition  esser  si 
uoglia  che  uorano  trazer  de  questa  nostra  citta  ouer  metter  in  quella 
robe  et  marcantie  pagar  debino  de  intrada  uscida  datio  et  messeteria 
quello  che  pagano  i  zentilhomini  et  cittadini  nostri  come  e  honesto  et 
conueniente  exceptuando  i  Todeschi  de  fontego  da  questo  ordene  nostro. 

mdx.  adi  xxviii.  augusti. 
In  questo  tempo  superior  per  dar  fondo  al  monte  nouissimo   .  .  . 

Parte  che  non  se  dia  denari  a  rebelli  ne  altri  se  non  hauer- 
anno  boletin  de  li  offiti  tutti  che  non  siano  debitori  de  la  signoria 
nostra. 

mdx.  die  ii.  nouembris  in  consilio  x.  cum  additione. 
Sunt  aliqui  ex  creditoiibus  rebellium  quibus  comissum  est  .  .  . 

Capitoli  concessi  per  el  dominio  a  mercadanti  Todeschi. 
mdx.  die  xvi.  decembris. 
Comissiones  seu  capitula  concessa  per  serenissimum  d.  ducem  cum 
uniuerso  collegio  marchatoribus  Germanice  nationis  .  .  . 

Pagamenti  de  datii  de  diuerse  mercantie. 
mdxi.  die  xiiii  augusti. 
Pagamento  de  datii  de  tutte  le  mercantie  .  .  . 


31 


1512. 


22.  febbraio. 


1513. 


24.  novembre. 


1513. 


12.  novembre. 


1514. 


30.  gennaio. 


1515. 
4.  maggio. 


1515. 

18.  gennaio. 

1515. 
22.  gennaio. 


1516. 

9'.  maggio. 


1516. 

7.  settembre. 


Comanclamento  della  illustrima  signoria  che  uol  ch'el  non  sia  tolto 
decime  alle  lane  che  uegnirano  de  ponente  de  rason  de  Todeschi. 
mdxii.  die  xxn.  februarii. 
La  illustrima  signoria  cum  universo  collegio  commanda  .  .  . 

Termination  della  illustrima  signoria  nostra  che  tutte  le  lane 
uenirano   in  questa  citta  de  raxon  de  Todeschi    siano  spazade 
in  fontego  et  lane  Francesche  uenute  per  terra  come  altro. 
MDXlll.  die  xxim.  nouembris. 
Cum  iut^r  uicedominos  tabule  introytus  ex  una  et  .  .  . 

Termination    fatta  auanti   questa   soprascritta   dei    serenissimi 
gouernadori  delle  sopraditte  lane  con  suo  dependentie. 
mdxiii.  die  xii.  nouembris. 
Comparueruut  coram  magnificis  dorn,  gubernatoribus  introytuum  .  .  . 

Parte  prexa  nel  excellentissimo  consiglio  de  x.  che  non  se  togli 
moneta  da  8.  ne  da  4. 

mdxiiii.  die  xxx.  januarii  in  consilio  x.  cum  additione. 
Che  per  authorita  de  questo  consiglio  sia  statuido  .  .  . 

Termenation  per  el  datier  della  seda  Uisentina. 

MDXV.  die  im.  maii. 
Hauendo  la  illustrissima  signoria   aldido    d.  Antonio  Colb   merca- 
dante  Alemano   per   nome   della    compagnia   de   d.  Vielmo  Eenliger  et 
compagni  ... 

Parte  della  limitation   de  credadori  della  illustrissima  signoria 
sia  mandati  e  quäl. 
Azoche  i  creditori  per  conto  del  imprestido  .  .  . 

Parte   de   quelo    se    die   pagar    al  mexe  alla  signoria  remesso 
tutti  altri  pagamenti. 
mdxv.  adi  xxn.  zener  in  rogatis. 
Landera  parte  che  tutti  li  cassieri  si  prexenti  come  futuri  .  .  . 

Modo  de  far  le  rate  de  saponi. 
mdxvi.  die  ix.  maii  in  consilio  x.  cum   additione. 
Che  per  aucthorita  de  questo  conseglio  sia  comesso  .  .  . 

Parte  che  non  se  possa  cambiar  monede  per  i  cassieri. 
MDXVI.  adi  7.  septembrio. 
E  cosa  uergognosa  et  che  ricerca  imediate  prouision  .  .  . 


32 


1517 


4.  aprile. 


1517 


21.  aprile. 


1517 


21.  aprile. 


1517 


21.  aprile. 


1517 


27.  maggio. 


1517 

30.  giugno 


1517 


11.  settembre. 


Capitoli  che  abrazza  tute  le  cose  di  sanseri. 

MDXVJI.    die    4.   aprilis   in   collegio   quinque   sapientum   super 

mercatura. 
El  fo  longamente  prouisto  per  li  ordeni  del  offitio  nostro  .  .  . 
Preterea  che  tutti  i  mercadi  i  faranno  .  .  . 
Item  sia  preso  reseruado  ogni  altro  ordene  .  .  . 
Item  siano  obligadi  li  sanseri  dar  in  nota  al  deputado  .  .  . 
Item  che  li  sanseri  siano  obligadi  ogni  uolta  .  .  . 
Item  che  essendo  li  sanseri  fati  capi  de  tessera  .  .  . 
Item  che  tutti  i  sanseri  del  fontego  debia  dar  in  nota  .  .  . 
Et  perche  ditti  capitoli  et  mandati  non  sono  obseruadi  .  .  . 

Che  tutti  li  auanzi  delle  polizze  siano  messi  in  doana. 
mdxvii    die  xxi.  aprilis  in  collegio  ultrascripto. 
Essendo  una  pessima  et  damnosa  consuetudine 

Che  i  ligadori  non  possa  ligar  saluo  in  corte. 
Die  xxi.  aprilis  in  collegio  sapientum. 
Essendo  uenuto  a  notitia   di  magnifici  prouedidori   sopra   la   mer- 
cantia  .  .  . 

Che  li  scriuani  tegnano  scontro  cum  el  soprastante. 
mdxvii.  die  xxi.  aprilis  in  collegio  antedicto. 
El  se  comete   molti   et  infiniti    desordeni  nell'  intrar  delle  merca- 
dantie  .  .  . 

Ch'el  non  si  possi  ligar  saluo  con  i  soprastanti  capi  de  tessera. 
mdxvii.  die  xxvn.  maii  in  collegio  antedicto. 
Usandose  pochissima  diligenza  .  .  . 

Parte  del  pagar  le  30  et  40  per  cento  e  salari  si  ai  signori 
come  scriuani  e  ogni  mese  se  porta  ai  gouernadori  li  danari. 
mdxvii.  adi  ultimo  zugno  in  consiglio  de  dieci  cola  zonta. 

Per  meter  meta  che  el  danaro  delle  30  et  40  per  100  del  corpo 
de  Venitia  che  se  scuode  all'  offitio  .  .  . 

Ulterius  le  da  proueder  cerca  le  tanse  per  le  utilita  de  fuora  .  .  . 

Che  nelle  partide  se  fara  se  debi  notar  el  nome  de  colui  a  chi 
se  fa  la  partida  et  che  lui  la  fara  far  se  a  lui  proprio   houer 
habi  comission  specificada  altramente    non  uaglia  essa  partida 
el  numero  de  li  danari  distintamente  drento. 
mdxvii.  adi  xi.  septembrio  in  rogatis. 
Se  ha  ueduto  per  la  experienza  propria  cum  non  uulgar  dauno . .  . 


33 


19.  lutflio. 


12 

gennaio. 

1518 

24. 

gennaio. 

1519 

10. 

marzo. 

19.  settembre. 


1519 
30.  luio. 


1519 
22.  setterubre 


1519 
17.  febbraio. 


Che  li  danari  dell'  uDa  e  meza  per  cento  sia  dada  a  i  camer- 
lenghi  peli  bisogni  del  arsenal. 
mdxviii.  adi  xix.  luio  in  consilio  x.  cum  additione. 
Quanta  necessita  se  habi  de  danari  per  supplir  alli  bisogni  .  .  . 

151£  Comandamento  che   non  debi  scuoder   reprexagia  da  quelli  de 

s.  Gallo. 

mdxviii.  adi  vii.  zener. 
Reseui  per  Constantin  Cauaza  secretario  ducal  per  parte  .  .  . 

Che  tutte  le  monede  false  se  debino  butar  et  le  bone  pexar. 
mdxviii.  die  24.  januarii. 
Nos  capita  illustrissimi  consilii  x.  uobis  d.  officialibus  fontici  nostri . . . 

Termination  che  li  scriuani  se  debbino  sottoscriuer  allo  bollete. 
mcxviiii.  adi  x.  marzo. 
Per  li   magnifici   m.    Pasqual  Gradenigo,    m.  Zuan  Bembo   e  im 
Christopholo  Barbarigo  dignissimi  uisdomini  .  .  . 
1503  Capitolo  di   sanseri. 

mccccciii.   die   xix.   mensis   Septem  bris    in  collegio   regiminis 
Serenissimi. 
Le  continue  contrafacion    el  numero  infinito  de  sanseri  et  in  gran 
parte  forestieri  souo  sta  causa  .  .  . 

Landara  parte  quod  in  nome  domini  Jexu  Christi  et  sanctissimi  Diui 
Marci  protectoris  nostri  far  se  debi  sanseri  numero  100  quali  sieno 
Venetiani  .  .  . 

(Monede.) 

mdxix.  die  xxx.  luio  in  consilio  x.  cum  additione. 
Vedendose  chiaramente  che  da  certo  tempo  in  qua  .  .  . 

(Pene  ai  contrafacenti  non  sanseri  della  sopraditta  parte.) 
Noi  gouernadori  delle  intrade  etc. 
Comandemo  a  uui  spectabili  signori  uisdomini  .  .  . 

mdxix    die  xvii.  februarii  in  rogatis. 
Landera  che  per  authorita  de  questo   consiglio   el  sii  donado    el 
datio  de  le  robe  träte  per  lanteditto   nuntio   del   reuerendissimo  cardi- 
nal  Stridonia  ... 

1399  Capitolo  che  niun    signor  ne  proueditor  non  possa  dar  salario 

ad  algun  di  danari  della  illustrissima  signoria. 
mccclxxxxviiii.  die  xiii.  julii  in  majori  consilio. 
Quod  de  caetero  aliquod  donum  prouisio  uel  salarium  .  .  . 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  5 


34 


1476 


1503 


16.  decembre. 


1510 


8.  raarzo. 


1510 


12.  aprile. 


13.  febbraio. 

1521 

28.  gennaio. 


1523 


27.  febbraio. 


1527 
27.  marzo. 


Parte  che  li  cancellieri  et  altri  fano  bolette  debano  specificar 
la  qualita  et  quantita  et  sorte  del  tutto  sotto  pena  a  loro  et 
de  contrabando  esse  robe. 

Ex  incantu  datium  tabule  introytus  anni  mcccclxxvi. 
Che  tutti  i  cancellieri  et  tutti  altri  scriuani    de  tutti  i  altri  lochi 
nostri  et  palade  et  poste  che  fano  bolette  .  .  . 

Parte  delli  rami  stagni  et  metalli  che  non  se  trouera  che  siano 
specificati  in  le  bollette  sorte  et  qualita  et  quantita  o  con  nostre 
robe  siano  contrabando  el  simil  quelli  fanno  le  bolette  siano 
obligati  tenir  li  incoutri  et  quelli  mandar  de  tempo  in  tempo 
all'  offitio  del  fontego. 

mdiii.  die  xvi.  decembris  in  collegio  serenissimi  principis. 
Receue  la  signoria  nostra  non  mediochre  danno  per  li  rami  et  stagni .  . . 

Parte  del  pregadi  del  depositar  in  li  offitii  del  fontego  di 
Todeschi. 

mdx.  die  viii.  martii  in  rogatis. 
Landera  parte  che  per  authorita  de  questo  consiglio  sia  preso  non 
obstante  parte  alcuua  .  .  . 

Die  xii.  aprilis  1510.  in  consilio  x.  cum  additione. 
Fo  delibera  nel  conseglio  nostro  de  pregadi  per  confirma  nel  mag- 
gior  consiglio  che  tutti  quelli  uorano  depositar  sopra  i  offitii  .  .  . 

Parte  del  redursi  alli  offitii  in  collegio. 
Fu  preso  adi  13.  feurer  per  questo  collegio  .  .  . 

Capitolo  circa  la  messetaria  del  fontego. 
mdxxi  die  xxviii   januarii  in  rogatis. 
Et   perche   la  mercantia   se    uendeua  in  fontego   di   Todeschi  per 
nostri  .  .  . 

Parte  di  pagar  li  ballotini  in  fontego  di  Todeschi. 
mdxxiii.  die  xxvii.  februarii  in  consilio  x. 
Essendo  multiplicato  da   alchuni  mesi  in  qua  nel   nostro  mazor 
consiglio  non  picciol  numero  de  zentilhomeni  .  .  . 

1527.  die  27.  martii  in  consiglio  di  x. 
Sono  sta  fatte  in  diuersi  tempi  per  questo  consiglio  molte  prouisioni 
cerca  la  regolation  de  bollettini  .  .  . 


35 


1524 


1.  marzo. 


1525 


10.  gennaio. 


1528 


29.  aprile. 


1529 
22.  luglio. 


1530 

6.  aprile. 


1530 


giugno. 


1530 
4.  luglio. 


1531 
25.  settembre. 


Copia  della  parte  di  clarissimi  gouernadori  sopra  il  far  delle  bol- 
lette  che  si  debia  dar  in  nota  il  pretio  delle  robbe. 
Die  prima  martii  mdxxiiii.  in  collegio  interuenientes  dorn,  gu- 
bernatores  introytuum. 
Se  uede  manifestamente   li  damnosi   mezi  tenuti  nel  fontego  .  .  . 

Capitolo  di  sanseri. 
mdxxv.  die  x.  januarii. 
Infrascripti  magnifici  uice  domini  fontici  Theutonicorum  .  .  . 

Termination  di  signori  sopra  datii  che  li  rami,  stagni  uegnano 
su  quadri  a  sua  posta  et  mandati  dicti  quadri  a  posta  per  ditte  robe. 
mdxxviii.  die  xxviiii.  aprilis. 
Per  quanto  chiaramente  e  sta  uisto  per  li  clarissimi  auogadori .  .  . 

Chel  non  si  possi  spazar  chiodi  in  fontego  se  non  di  Todeschi. 
mdxxix.  die  xxn.  julii  in  collegio  interuenientes  d.   guberna- 
natores  introytuum. 
El  fu  preso  per  questo  collegio  del  1517  adi  primo  marzo  che  chiodi .  . 

Parte  di  lassar  le  15  per  cento  et  che  li  pesadori  non  possano 
lassar  se  non  25  per  peso. 

mdxxx.  die  vi.  aprilis  in  collegio  interuenientes  d.  gubernatores 
introytuum. 
Che  a  doana  da  terra  et  da  mar  et  in  fontego  di  Todeschi  se  debbi 

Parte  che  de  cetero  non  si  possi  far  eletion  di  sanseri  per  rotulo. 
mdxxx.  die  m.   junii  in  collegio   clarissimorum  d.   gubernat. 
introytuum  et  uice  dominorum  fontici  Theutonicorum. 
Cum  cio  ch'el  sia  introdutta  uua  pessima  coruttella  .  .  . 


Parte  chel  si  debba  ellezer  sanseri  extraordinarii. 
mdxxx.  die  im.  julii. 
Landera  parte    che   si    come  sono    deputadi   sanseri    numero  30 
ordinarii  .  .  . 

Termination  cerca  la  sansaria  di  barati. 
mdxxxi.  die  xxv.  septembris. 
Aldido   la  richiesta   de  domino  Sancto  Barbarigo  aduocato  et  in- 
terueniente  ... 

.      5* 


pesar 


36 


1531. 


28.  settembre. 


J_530._ 

21.  nouembre. 


1531. 


12.  ottobre. 


1531. 


9.  gennaio. 


1533. 


21.  aprile. 


1533. 
3    decembre. 


1534. 
2.  gennaio. 


1535. 
5.  giugno. 


1536. 
27.  marzo. 


Che  li  scriuani  che  fano  partide  spectante  alla  cassa  del  con- 
siglio  di  x    ogni  mese  le  debino  scontrar. 
mdxxxi.  die  xxviii.  septembris  in  consilio  decem. 
Landera  parte  eher  per  auetorita  de  questo  conseglio  .  .  . 

Che  sia  tenuto  sempre  uno  magazen  per  metter  dentro  li  auanzi. 
mdxxx.  die  21.  nouembris. 
Fo  sapientemente   del  1503.    adi    16.    decembrio   nel   collegio  del 
serenissimo  principe  prouisto  che  .  .  . 

Comandamento  di  prouedadori  de  comun  de  soldi  1.  per  partia. 
mdxxxi.  die  xii.  octobris. 
De   mandato   di    magnifici   domini    Priuli    et    coleghi    honorandi 
provodatori  .  .  . 

Parte  del  quarto  di  contrabandi  per  le  raxon  delle  camere. 
mdxxxi.   die  viiii.  mensis  januarii. 
Nos   Aloysius  Lauredano,  Franciscus  Trono   et  Augustinus   Mauro 
prouisores  super  rationibus  camerarum  .  .  . 

Parte  del  excellentissimo  consiglio  di  x.  delle  do  per  cento. 
mdxxxiii.  die  xxi.  aprilis  in  consilio  x.  cum  additione. 
Landera  parte  che  per  autorita  di  questo  consiglio  sia  delibera  et 
ordina  che  de  tutti  li  danari  .  .  . 

TermiDation   de   signori   u.   d.   in   fontego   di  Todeschi  per  li 
fachini  robano. 
mdxxxiii.  die  in.  decembris. 
I  magnifici  et  clarissimi  signori  uisdomini  del  fontego  di  Todeschi . . . 

Parte  del  eccm0  conseglio  di  x.  delle  quattro  per  cento. 
mdxxxiiii.  die  seeunda  januarii. 
Nos    capita    illustrissimi    consilii    xm    uobis    dominis  uicedominis 
fontici  .  .  . 

Parte  del  eccmo  conseglio  di  x.  delle  do  per  cento 
mdxxxy.  die  v.  junii  in  consilio  xm  cum  additione. 
Terminandossi  le  prouisioni  deliberate  per  benefitio  de  queste  lagune . . . 

Mandato  delli  excellentissimi  signori  capi  de  dar  una  per  cento 
delle  teile  de  san  Gallo  a  m.  Mattio  Uituri. 
mdxxx  vi.  die  xxvn.  martii. 
Nos  capita  illustrissimi  consilii  decem  uobis  magnificis  uicedominis  . . . 


37 


1536. 
6.  luglio. 


1536. 

29.  novembre. 


1537. 
4.    giugno. 


1538. 


22.  maggio. 


2f 

1538. 
1.  ottobre. 

1539. 

14 

.  giugno. 

1539. 

16. 

decembre. 

1540. 

23. 

settembre. 

1540. 

23.  settembre. 


Mandato  delli  excellentissimi  signori  eapi  di  pagar  li  boletini. 
mdxxxvi.  die  vi.  juli. 
Linfrascritti  clarissimi  signori  capi  dell'  illustrissimo  consiglio  di  x . . . 

Termination   et  capitoli   di  signori  uisdomini  cercha  li  fachini 
del  fontego. 

mdxxxvi.  die  xxvim.  nouembris. 
Atrouandossi  nel  fontego  nostro  di  Todescbi  certi  fachini  .  .  . 

Mandato   delli  excellentissimi   signori   capi  dell  imitation   del 
officio. 

mdxxxvii.  die  iv.  junii. 
Nos  capita  illustrissimi  consilii  x.  comandiamo  a  uui  signori  uice- 
doraini  .  .  . 

Termination  di  signori  prouedadori  sopra  datii  che  li  signori 
uicedomini  del  fontego  possano  far  tagli  bolati  et  quelli  man- 
dar  a  Verona  per  beneficio  del  dominio.  etiam  che  li  doanieri 
delli  lochi  fanno  bollette  siano  obligati  di  mesi  tre  in  mesi  tre 
mandar  li  scontri  di  quelle. 
mdxxxviii.  die  xxn.  maii. 
Sono  comparsi  dauanti  li  signori  prouedadori  sopra  i  datii  li  signori 
uisdomini  del  fontego  di  Todeschi  .  .  . 

Parte  del  eccellentissimo  consiglio  di  x.  delle  4.  per  cento. 
Nos  capita  illustrissimi  consilii  xm  uobis  dominis  uicedomini3  .  .  . 

Termination  di  signori  uice  domini  delli  fanti  del  fontego. 
mdxxxviiii.  die  xim.  junii. 
I  magnifici  signori  uice  domini  .  .  . 

Nota  della  expedition  de  una  causa  con  quelli  dell'  intrada. 
mdxxxviiii.  die  xvi.  decembris. 
Fazo  nota  qualmente  in  questo  zorno  fu  expedita  una  causa   .  .  . 

Parte  del  excellentissimo  consiglio  di  xci   cerca  della  imitation 
dell  offitio. 

mdxxxx.  adi  xxm.  settembrio. 
Fo  preso  in  questo  consiglio  sotto  di  25  zugno  1537  che  de  cetero  . . 

Termination  de  signori  uicedomini  delle  lane  de   m.  Venturin. 
mdxxxx.  die  xxm.  septembris. 
Unde  li  magnifici  uice  domini  del  fontego  di  Todeschi  .  .  . 


38 


1541. 


28.  settembre. 


1541. 


10.  novembri. 


1541. 


2.  decembre. 


1541. 


26.  gennaio. 


1542. 
12.  luglio. 


1543. 
12.  giugno. 


1543. 
17.    decembre. 


Capitoli  octo  fatti  per  li  signori  cinque  sauii  sopra  la  mer- 
cantia  delli  desordini  se  fanno  in  fontego  di  Todeschi  ut  iofra. 
mcxli    die  xxviii.  septembris  in  collegio  d.  supra  mercaturam. 

Essendo  peruenuta  a  notizia  delli  excellentissimi  signori  cinque  sauii 
sopra  la  mercantia  zoe  a  m.  Antonio  da  cha  de  Pesaro  .  .  . 

Che  el  non  possi  aprir  saceo  alchuno  .  .  . 

Chel  non  si  fazi  casseta  pizola  .   .  . 

Che  non  si  lassi  portar  uia  robe  .  .  . 

Che  li  scriuani  siano  obligadi  ogni  raese  far  tutte   le  raxon  .  .  . 

Chel  non  si  possi  far  bolletta  ad  alchuno  .  .  . 

Che  tutte  le  robe  che  saranno  uedute  et  date  in  nota    .  .  . 

Che  la  bolla  con  la  quäle  se  bollano  le  bollette  .  .  . 

Che  niun  possi  far  bolletta  per  insida  .  .  . 

Termination  di  signori  uisdomini  del  fontego  di  Todeschi.   del 
salario  di  quelli  nettano  l'officio. 
mdxxxxi.  die  x.  nouembris. 
I  magnifici    et   clarissimi   signori   uisdomini  zoe    el '  magnifico  m. 
Zuan  Maria  Malipiero  .  .  . 

Termiuation  per  li  capi  de  tessera. 
mdxxxxi.  die  n.  decembris. 
I  magnifici  signori  uisdomini  del  fontego  di  Todeschi  considerando 
l'offitio  di  capi  di  tessera  dessere  di  grandissima  importantia  .  .  . 

Termination  di  capi  di  tessera. 
mdxli.  die  xxvi.  januarii. 
I  magnifici   signori    uisdomini   del   fontego    di   Todeschi   zoe    m. 
Antonio  Zorzi  .  .  . 

Chel  si  debba  obseruar  li  capitoli  fatti  del  1541  adi  28.  settembre. 
mdxlii.  die  xn.  julii  in  fontico  Theutonicorum. 
Nui  sauii   sopra   la   mercantia   zioe   m.  Jacomo  Michiel,   Lunardo 
Justinian,  Lorenzo  Barbarigo  et  Bartholamio  Zane  .  .  . 

Comandamento   di   prouedadori  sopradicti   cerca  far  le  bollette 
alli  mercadanti. 
mdxxxxiii.  die  xn.  junii. 
Essendo  peruenuto  a  notitia  de  magnifici  signori  prouedadori  sopra 
li  datii  le  grande  et  diuerse  fraude  .  .  . 

Chel  si  debba  far  la  consignation  delle  rathe  di  saponi. 
mdxxxxiii.  die  xvn.  decembris. 
I  magnifici  signori  uice  domini  del  fontego  di  Todeschi  uidelicet . . . 


39 


1044. 


29.  ottobre. 


1544. 


20.    decembre. 


1544. 


5.  febbraio. 


1544. 


25.  febbraio. 


1545. 


2.  marzo. 


1546. 


18.  giugno. 


1546. 


16.  lug-lio. 


1546. 


25.  gennaio. 


1547. 


30.  aprile. 


Che   non    si   possa   ligar  balle   in  fontego  di  Todeschi  si  non 
sara  presente  il  soprastaute. 
mdxxxxiiii.  die  xxix  ottobris. 
Li  raagnifici  signori  prouedadori  sopra  i  datii  videlicet  .  .  . 

Che  tutti  li  datii  di  questa  citta  et  lochi  di  terra  ferma  debbi 
scuoder  soldi  3  de  piu  per  lira. 
mdxxxxiiii.  die  20.  decembris  in  rogatis. 
Landera  parte  che  per  auctorita  di  questo  consiglio  sia  preso.  .  . 

Chel  si  debba  scuoder  li  soldi  tre  per  lira. 
mdxliiii.  die  v.  februarii  in  collegio. 
L'illustrissima  signoria  cum  Tuniverso  collegio  comette  a  uoi  signori 
uisdomini  .  .  . 

Chel  si  debba  notar  li  auanzi  per  il  capo  di  tessera. 
mdxliiii.  die  xxv.  februarii. 
I  magnifici  signori  uisdomini  uidelicet  s.  Sebastian  Barbarigo  m.  .. . 

Chel  si  debba  notar  i  rami  in  zonta. 
mdxxxxv.  die  secunda  martii. 
I  magnifici  signori  uisdomini  del  fontego  di  Todeschi  .  .  . 

Chel  si  debba  sbassar  li  cancelli  como  erano  in  prima. 
mdxxxxvi.  die  xviii.  junii  in  collegio. 
De  ordene   delli    excellentissimi   signori   capi   dello  excellentissimo 
consiglio  di  x.  .  .   . 

Chel  si  debba  mandar  in  nota  li  salariati. 
mdxxxxvi.  die  xvi.  julii. 
Nui  gouernadori  delle  intrade  et  cinque  sauii  sopra  la  mercantia . . . 

Parte   dei   signori   cinque   sauii  et  signori   gouernadori  de  ap- 
pontar  li  fanti  et  altri  ministri  delli  otto  offitii. 
mdxxxxvi.  die  xxv.  januarii. 
Che  tutti  li  scriuani,  nodari,  massari,  soprastanti,   stimadori  a  chi 
tochasse  la  settimana  et  ogni  altro  ministro  .  .  . 

Termination   de   signori   uice    doraini   in  fontego   di   Todeschi 
di  metter  li  datii  et  far  li  cunti  all!  mercadanti  separati. 
mdxxxxvii.  die  xxx.  aprilis. 
I  magnifici    uice    domini    del   fontego   di   Todeschi,    uidelicet  il 
magnifico  m.  Francesco  Contarini  .  .  . 


40 


1547. 


16.  luglio. 


1548. 


11.  gennaio. 


1549. 


24.  decembre. 


|5501_ 

20.  Agosto. 


1550. 


24.  novembre. 


1550. 


24.  novembre. 


Chel  non  si  possi  sequestrar  marcantia  in  le  doane. 
mdxxxxvii.  die  xvi.  julii. 

Copia  di   uno   capitolo  che  si  contiene  nella  parte  presa  nello 
excellentissimo  consiglio   de  pregadi  sotto  di  11.   del  mese  de 
zugDO  del  1541.  il  quäl  dice  in  questa  forma: 
Et  per  liberar  la  mercantia  da  tanti   struscii   et  impedimenti  .  .  . 

Che  non  se  possa  piu  tenir  uacheta  ne  libri  ne  memoriali  ne 
consignar  debitori  al  saldar  della  cassa  ne  consegnar  reporti 
ne  altro  sotto  le  pene  statuite. 

MDxxxxvin.  die  xi.  januarii  in  consilio  x.  cum  additione. 
Sono  stati   questa   matina   nel    collegio  nostro   li  camerlenghi  de 
comun  .  .  . 

Chel  non  si  possi  depenar  cosa  alchuna  como  hauera  dato  in  nota. 
mdxxxxix.  die  xxini.  decembris  in  consilio  x. 
Li  excellentissimi  signori  capi  dell'  illustrissimo  consiglio  di  x.  per 
obuiar  alli  inganni  et  fraude  .  .  . 

Parte  dell'   excellentissimo  consiglio  di  x.  de  tuor  l'utilita  de 
tre  sansarie  per  li  zoueni  extraordinarii  della  cancellaria. 
mdl.  die  xx.  augusti  in  consilio  xm. 
Se  ritrouano  trenta  giouani  extraordinarii  nella  cancellaria  nostra  i 
quali  seruono  in  questa  citta  et  fuori  assiduamente  .  .  . 

Parte  dell'  excellentissimo  consiglio  di  x.  et  zonta  de  portar  li 
soldi  3  per  lira  grossi  tre  per  ducato  alla  cassa  dell'  excellen- 
tissimo consiglio  di  x. 

mdl.  die  xxiiii.  nouembris  in  consilio  x.  cum  additione. 
Fu  prouisto  per  questo  conseglio  dell'  anno  1546.  che  alla  cassa  di 
esso  conseglio  .'  .  . 

Parte  presa  nel  consiglio  di  x  che  comette  alli  goueruadori 
dell'  intrade  et  alli  cinque  sauii  sopra  la  mercantia  che  debbano 
reueder  le  cose  del  fontego  di  Todeschi  et  quelle  regolar  come 
li  par. 

mdl.  die  xxiiii.  nouembris  in  consilio  decem  cum  additione. 
Si  scuode  nel  fontego  di  Todeschi  li  datii  per  conto   della  signoria 
nostra  .  .  . 


41 


1551. 


18.  marzo. 


K>51. 
24.  aprile 


Regulation  delle  cose  del  fontego  di  Todeschi  in  exe- 
cution  delle  parte  presa  sotto  24.  nouembre  1550. 

mdli.  die  xviii.  martii. 
Essendo   sta   comesso   per  parte  dell'  illustrissimo  consiglio  di  x. 

1.  Che  al  capitolo  primo  delli  capitoli  gia  deliberati  per  li  cinque 
sauii  preditti  del  1541   a  28.  settembre  .  .  . 

2.  Che  li  cassieri  che  de  tempo  in  tempo  serano  .  .  . 

3.  Chel  sia  obseruado  ad  unguem  come  li  sta  e  giace  .  .  . 

4.  5.  6.  Che  siano  confirraati  come  stauno  .  .  . 

7.  Chel  sia  gionto  chel  principal  che  ha  ditto  cargo  de  bollar  . . 

8.  Chel  sia  exequito  inuiolabilmente  .  .  . 

9.  Che  li  pesadori  che  serano  di  tempo  in  tempo  .  .  . 

10.  Et  perche  le  robe  che  uanno  a  conto  li  cai  .  .  . 

11.  Che  li  sanseri  ordiDarii  .  .  . 

12.  Che  li  doanieri  di  Porto  et  Treniso   non   possano   mandar  cao 
alchuno  .  .  . 

13.  Che  niun  Trentin  bastaso,  fachin,  garbellador  .  .  . 

14.  Che   sia   obseruata   et   exequita   inuiolabilmente    la   parte  dell' 
illustrissimo  consiglio  di  x.  6.  settembre  1502  .  .  . 

15.  Che  quelli  doanieri  ouero  cancellieri  quäl  fano  le  bolete  a  Porto- 
gruer  Treuisi  ... 

16.  Chel  scriuan  non  possi  far  boleta  .  .  . 

17.  Che  li  capi  de  tessera  et  li  doi  soprastanti  d'insida  .  .  . 

18.  Che  la  uolta  n°.   12  che  era  di  auanzi  .  .  . 

19.  Che    li   bolletini    de   danari   franchi   che   seranno    fatti    per   li 
scriuani  .  .  . 

20.  Che  il  mandato  delli  excellentissimi  signori  capi  dell'  illustrissimo 
consiglio  di  x.  24.  decembre  1549  sia  .  .  . 

21.  Chel  bollador  delle  balle  non  possi  bollar  .  .  . 

22.  Item  che  non  si  possi  far  bolletta  .  .  . 

23.  Che  li  signori  debbano  far  di  riceuer  delle  bollette  .  .  . 
La  execution  ueramente  delli  soprascritti  ordeni  .  .  . 

Adi   23.   marzo    1551.   publicato   nella   corte  del   fontego  per 

Antonio  Taiapiera  comandador. 

Bernardus  Sandelli  ducalis  et  exe.  sap.  super  merc.  notarius. 


Dichiaration  et  modification  delli  infrascripti  capitoli  ut  supra. 
mdli.  die  xxiiii.  aprilis. 
Hauendosi  doluto  li  mercadanti  Alemani  del  fontego  .  .  . 
al  3.  Che  il  terzo  capitolo  sia  ad  uuguem  obseruato  .  .  . 
Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  6 


42 


1551. 


23.  giugno. 


1551. 
17.  settembre. 


1551. 


24.  settembre. 


1551. 


7.  ottobre. 


1551. 


6.  nouembre 


1551. 


11.  aprile. 


al  10.  Che  di  telami  carisee  terlise  et  sarze  sia  tolto  un  cao  per  sorte  . . . 
al  17.  Che  per  quanto  aspetta  alle  sede  .  .  . 
al  19.  Che  il  capitolo  prefato  sia  confirmato  .  .  . 
al  20.  Che  per  quanto  aspetta  al  mandato  .  .  . 
Beruardus  Sandelli  ut  supra. 

Mandato  delli   excellentissimi   s.  capi  chel   si  debbia  obseruar 

li  ordeni  et  regulation  fatte  in  execution  della  parte  presa  nel 

excellentissirao  consiglio  di  x.  et  zonta  sotto  di  24.  nouembris  1550. 

Nos  capita  illustrissimi  consilii  decem  uobis  uicedominis  fontici .  . . 

Che  delle  robbe  che  si  spazzano  in  fontego  di  Todeschi  come 
tellami  et  altre  robbe  che  si  contano  sia  lassato  alli  mercadanti 
diese  per  cento. 

mdli.  adi  17.  settembrio  nel  collegio  delli  clarissimi  signori 
gouernadori  delle  intrade  et  saui  sopra  la  mercantia. 

Che  le  robe  de  intrada  che  se  spazano  in  fontego  .  .  . 

Item  che  non  si  possi  donar  bolletta  .  .  . 

Mandato  dell'  illustrissimo  consiglio  di  x.  che  si  debba  obseruar 
li  ordini  fatti  sotto  li  17.  settembre  1551. 
mdli.  xxnn.  septembris. 
Nos    capita    illustrissimi    consilii    x.    uobis    dominis    uicedominis 
fontici  .  .  . 

Mandato  delli  signori  prouedidori  sopra  li  ori  et  monede  chel 
si  debba  exequir  la  parte  presa  sopra  li  ori. 
mdli.  die  vii.  octobris. 
Nos  Alexandro  Contarini  et  Piero  Grimani  procuratori  et  .  .  . 

Che  non  si  debbi  far  stima  delle  robbe  de  intrada  ouer  uscida 
per  alchun  altro  saluo  che  per  il  scontro  nostro  del  fontego 
di  Todeschi. 

mdli.  die  vi.  nouembris. 
Li  excellentissimi   signori  capi   dello  illustrissimo   consiglio   di  x. 
hauendo  il  fedelissimo  Jacomo  di  Stefani  ... 

Termination  delli  excellentissimi  signori  capi  del  consiglio  di  x. 
cerca  la  camera  de  Zuan  Jacomo  Flor  in  contraditorio  cum  li 
consoli  di  mercadanti  et  altri  sui  creditori  de  di  xi.  aprile  mdli. 
Essendo  stati  in  contradittorio  .  .  . 


43 


1546. 

31.  maggio. 


1512. 
24.  febbraio. 


1471 


1503. 
14.  luglio. 


1525. 
12.  marzo. 


1576. 


1508. 


1530. 
12.  agosto. 


1539. 
22.  marzo. 


Termination  di  signori  gouernadori   delle  intrade   che  le  robe 
di  Todeschi,  uengano  de  che  locho  esser  si  uoglia,  siano  portate 
in  fontego  in  contradittorio  cum  el  datier  di  ultimo  mazo  mpxlvi. 
Clarissimi  d.  Paulus  Cornelio  et  Jacobus  Emiliano  .  .  . 

Parte  del   collegio   cerca  lordine   de   far  le  bollete  et  tuor  li 
piezi  per  li  cancelieri  et  altri. 
De  di  xxiiii.  februarii  mdxii. 
El  fu  prouisto  altre  uolte  per  obuiar  delle  fraude  .  .  . 

Termiuation   tolta  del  capitolar    di   sora  datii   cercha   il    far 
delle  franchita. 

MCCCCLXXI. 

Che  tutti  quelli  che  uenderanno  a  quelli  de  fontego  ... 

Parte   del   collegio   cerca   al   far   delle  franchita   de  frutti  et 
mandole  comprano  Tedeschi. 
Di  xiiii.  luio  mliii. 
El  se  comette  infinito  numero  de  contrabandi  .  .  . 

Parte  del   collegio   de  far  le  stime  alle  robe  et  merce  ueneno 
in  fontego. 

mdxxv.  die  xii.  martii. 
Vertendo  differentia  fra   li  mercadanti  Alemanni  et  il  datier  .  .  . 

Copia  trata  del  capitolar  di  sora  datii  a  carte  66.  del  ordine 
delli  cancellieri  et  altri  scriuani  delli   lochi  fanno   bollette  et 
par  sia  del  mdlxxvi. 
Che  tutti  li  cancelieri  et  tutti  li  altri  scriuani  .  .  . 

Che  tutte  le  robbe  et  mercantie  Thodesche  che  sarano  condute 
a  Venetia ,   debbiano  uenir   recto   tramite   a  far  le  bolete  in 
fontego.  capitolo  in  la  parte  del  mdviii.  in  collegio. 
Insuper  perche  e  sta  trouato  a  la  tauola  delle  intrade  .  .  . 

Confirmation  della  parte  del  1508. 
mdxxx.  die  12.  auosto. 
Per  obedir  al  mandato  de  uostra  signoria  per  la  delegation  fatta  .  .  . 

Che  per  obuiar  alli  contrabandi  le  doane  debbi  restar  et  conti- 

nuar  nella  cita  nostra  di  Verona. 

mdxxxix.  adi  xxn.  marzo  in  pregadi. 

Landera   parte  che   salue   et  riseruate   le    deliberation  in   questa 

materia  .  .-  . 

6* 


44 


1545. 
10.  febbraio. 


Preterea  sia  etiam  preso  et  da  novo  sia  reffermato  et  concesso  che 
in  gran  fation  (sie)  delli  illustrissimi  signori  duchi  di  Bauiera  della 
illustre  prouintia  de  Tiruol  et  cita  dello  Imperio  sia  concesso  il  transito 
per  Verona  sensa  Obligation  de  uenir  in  questa  citta  del  piper  cere 
sucari  et  cremese,  solamente  a  beneplacito  della  signoria  nostra. 

Che  le  robbe  che  capiterano  in  Verona  che  uenirano  de  Inghil- 
tera  et  altri  loci  poi  che  1  hauerano  pagato  il  suo  datio  a 
Verona  debino  uenir  recto  tramite  a  Chioza  et  li  pagar  L.  5 
per  cento. 

mdxlv.  adi  x.  febraro  in  pregadi. 
Introducendosi  de  far  capitar  a  Chioza  tutte  sorte  di  ferramenta  .  .  . 
Landera  parte  che  per  auetorita  de  questo  consiglio  sia  statuito  che 
tutte  le  robbe   che  de   cetero  capiterano  in   Verona   che   uenirano  de 
Inghiltera  Fiandra  et  Alemagna  .  .  . 

Item  tutte  le  casse  de  barette  et  tutte  balle  di  panni  .  .  . 
Item  tutti  li  azzalli  et  ferramenta  .  .  . 

Item  sia  declarito  che  per  la  presente  parte  non  sia  preiudicato 
el  transito  della  Frata  sopra  il  Polesine  .  .  . 

Item  tutte  le  uie  che  si  faranno  et  che  per  tutte  le  uie  capiterano 
in  Verona  .  .  . 

Et  ex  nunc  sia  preso  che  sia  data  auetorita  ai  5.  sauii  sopra  la 
mercantia  ...  et  prima: 

a  Chioza  trouar  un  magazen  ... 

Item  tutti  li  patroni  che  cargherano  .  .  . 

Item  per  la  presente  parte  se  intenda  che  non  sia  preiudicato  ne 
in  parte  aleuna  ouiato  .  .  . 


1548.  Che  le  sede  Calaurese  et  Messinese  non  debbiano  per  auni  dui 

•  luglio.  pagar   datio   di  sorte  alchuna  ma  siano  expedite  dalle  doane 

nostre  senza  grauezza. 
mdxlviii.  die  xi.  julii.  in  rogatis 
Essendo   il   mestier   della    seda    di   questa  citta  redduto  in  tanta 
miseria  .  .  . 


_1544. 
27.  febbraio 


Termination  de  signori  uicedomini   del  fontego  di  Todeschi  de 
spazar  li  rami  per  insida  senza  lassar  le  15.  per  cento. 
mdxxxxiiii.  die  xxvn.  februarii. 
Aldido  s.  Zuan  Giger  dimandante  che  cum  sia  che  l'habbia  expedito 
per  conto  de  intrada  alchuni  rami  .  .  . 


45 


1550. 


23.  ottobre. 


1551. 


4.  marzo. 


9.  ottobre. 


1551. 


22.  gennaio. 


1551. 


5.  decembre. 


1519. 
22.  settembre. 


1542 


19.  luglio. 


1385 


26.  luglio. 


Mandate»  de  signori  gouernadori  dell'  intrada  che  si  debba  dar 
iuramento  alli  stimatori. 
mdl.  adi  xxiii.  ottobrio. 
Ordinemo    a    uui    speetabili    signori    uis   domini    in    fontego    di 
Todeschi  .  .  . 

Mandato  de  signori  gouernadori  delle  intrade  che  si  debba  dar 
sagramento  alli  stimadori. 
mdli.  adi  im.  marzo. 
Ordinemo  a  uui  speetabili  signori  uisdomini  in  fontego  di  Todeschi  . . 

Litere  et  confirmation  per  li  signori  gouernadori  al  maguifico 
podesta  di  Treuiso  chel  si  debba  far  i  segni  su  le  bollette. 
Die  viiii.  octobris  mdli. 
Si  hanno  condoluto  all  officio  nostro  .  .  . 

Confirmation  delle  litere  al  magnifico  podesta  di  Treuiso. 
mdli.  die  xxii.  ianuarii 
Clarissimi  domini  gubernatores  omnes'tres  concordes  .  .  . 

Parte  de   pregadi  di  donar  el  datio  ad  un  agente  dell  imperador. 
Die  v.  decembrio  mdli. 
E  uenuto  in  questa  citta  uno  della  casa  della  Cesarea  Maesta  .  .  . 

Comandamento   di   signori   gouernadori   alli   signori  uisdomini 
del  fontego  delle  robe  di  Todeschi  uenute  con  naue  siano  ex- 
pedite  in  fontego. 
Die  xxii.  settembrio  mdxviiii. 
Magnifici  et  clarissimi  domini  Dominicus  Griti  Zacharias  Priuli  .  .  . 

Termination   di   signori  gouernadori  che  li  ferri  de  cauallo  et 
li  chiodi  grandi  siano  spazadi  per  fontego. 
mdxxxxii.  adi  xviiii.  luio. 
Coram  magnificis   et   clarissimis   dominis  Vincentio  Gritti  Aloysio 
Contareno  ... 

Parte   de   pregadi   che   altri  che  citadini  non  possino  trafegar 
in  fontego  etiam  cum  le  arte  et  mestieri  di  questa  cita. 
mccclxxxv.  die  xxvi.  julii  in  rogatis. 
Couciosia  che  li  antiqui  nostri  hanno  uigilado  .  .  . 


46 


1271. 


7.  agosto. 


1476. 
3.  settembre. 


1476. 

6.  settembre. 


1518. 
12.  auosto. 


1537. 


12.  luglio. 


1538. 
11.  aprile. 


Parte  del  gran  consiglio  chel  piezo  sia  et  se  intende  per 
principal. 

mcclxxi.  die  vn.  augusti. 
Capta  fuit  pars  in  maiori  consilio  quod  quicumque  de  caetero .  .  . 

Parte  de  collegio  de  uno  offitial  che  prima  trouera  contrabandi 
siaDO  presentadi  et  diuisi  nel  offitio  dove  il  sara  fante  ouer 
offitial  et  similiter  sia  delle  denuntie. 

Conciosia  l'occora  molte  differentie  alla  zornada  tra  officiali  .  .  . 

Similmente  sia  obseruado  delle  aecuse  et  ambassade  .  .  . 

Parte   de  pregadi   che  li  auditori  non  si  possano  impedir  in 
contrabandi  ma  sia  cargo  di  gouernadori. 
mcccclxxvi.  die  m.  septembrio. 
Captum  fuit  die  xi.  maii  proxime  elapsi  .  .  . 

Parte  de  pregadi  che  ditti  gouernadori  se  habbino  de  impazzar 
se  non  de  contrabandi  de  questa  citta. 
mcccclxxvi.  die  vi.  septembris. 
Quoniam  multe  sunt  cause  datiorum  terrarum  .  .  . 

Parte  dell'  excellentissimo  consiglio  di  x.  cum  la  zonta  che  si 
seranno  trouate  barche  cum  robbe  senza  bolletta  perdano  esse 
robbe,  et  similiter  quelli  anderano  cum  le  robe  et  bolete  a 
casa.  et  che  quelli  sarano  stati  offitiali  siano  trouati  far 
contrabando  perdano  esse  robe.     adi  12.  auosto  mdxviii. 

Tutte  ueramente  le  barche  che  fusseno  trouade  saluo  che  cum 
una  barilla  .  .  . 

Ceterum  per  autorita  di  questo  consiglio  sia  statuido  .  .  . 

Item  per  respetto  che  ogni  datio  .  .  . 

Littera  di  excellentissimi  signori  capi  del  consiglio  di  x.  scritta 
alli  rectori  di  Verona  in  materia  di  rami. 
Vi  comettemo  con  li  capi  del  consiglio  nostro  di  x.  che  debbiate  .  .  . 

Lettera  scritta  per  li  eccellentissimi  signori  capi  del  consiglio 
dix  che  a  Verona  debano  far  dar  piezaria  a  quelli  che  mena 
roba  perüenetia  et  dar  tutti  li  incontri  al  sorastante  presente 
et  de  mexi  tre  in  mesi  tre  mandar  ditti  incontri  alli  capi  del 
conseglio  di  x.     et  non   liberar  ditti  piezi  senza  la  fede  delli 


47 


1541. 


30.  aprile. 


1533. 


29.  gennaio. 


1540. 


16.  febbraio. 


1541. 


11.  decembre. 


1541. 

10.  decembre. 


1542. 


5.  luglio. 


signori  uisdomini    del    fontego   di   hauer    condutte   ditte  robe 
in  fontego. 

mdxxxyiii.  die  xi.  aprilis. 
Per  obuiar  alle  fraude  che  si  ponno  cometter  .  .  . 

Patente  delli  excellentissimi  signori  capi  quäl  conciede  a  Simon 
Larduzo  de  passar  somme  (300)  di  rame  per  Verona  per  andar 
a  Bressa  et  altri  lochi  del  dominio. 
mdxli.  die  ultimo  aprilis. 
Uniuersis  et  singulis  nobilibus  et  sapientibus  .  .  . 

Letera  excellentissimorum  d.  capitum  excellentissimi  consilii  x. 

che  si  debbia  dar  fauor  alli  uisdomini  del  fontego  de  inquirir 

ed  examinar  testimonii. 

mdxxxiii.  die  xxvim.  ianuarii. 
Andreas  Gritti  dei  gratia  dux  Venetiarum  etc.  universis  et  singulis 
nobilibus  et  sapientibus  viris  rectoribus  et  officialibus  nostris  in  patria 
Foroiulii  .  .  . 

Parte  del  excellentissimo  consiglio   di  x.  chel  sia  data  faculta 
alli  sauii  di  proponer  la  sua  opinione  circa  il  leuar  del  datio 
et  di  regolar  le  spese  delli  otto  offitii. 
mdxxxx.  die  xvi.  februarii  in  consilio  x.  cum  additione. 
Che  per  le  cause  dechiarite  nella  scrittura  hora  letta  .  .  . 

Comandamento   di   signori   5.    sauii   sopra   la   mercantia  alli 
scriuani  et  altri  ministri  del  fontego  di  Thodeschi  de  obseruar 
li  ordeni  fatti  per  li  precessori  suoi. 
mdxxxxi.  die  xi.  decembris. 
Noi   5    ?auii    sopra    la    mercantia    commandemo    a  uui    scriuani 
soprastanti  de  intrada  .  .  . 

Termination   di   signori   cinque   sauii   che  si  debba  expedir  le 
bollette  di  ogli  et  altro  senza  li  capi  di  tessera. 
mdxli.  die  x.  decembris. 
Sono  comparsi  alla  presentia  delli  clarissimi  m.  Iacomo  Michiel  .  .  . 

Termiüation  di  signori  gouernadori  per  le  sede  Calaurese  che 
se  dieuo  spazzar  in  fontego  di  Thodeschi. 
mdxxxxii.  die  quinto  iulii. 
Magnifici  et  clarissimi  domini  Vincentius  Gritti,  Aloysius  Contareno 
et  Hieronymo  Zeno  dignissimi  gubernatores  introytuum  .  .  . 


48 


1543. 


29.  ottobre. 


1548. 
22.  maggio. 


3.534. 
7.  luglio. 


1525. 


7.  febraro. 


1530. 

11.  febraro. 


1503._ 
3Ö.~lüglio! 


1532. 


21.  giugno. 


1542. 


24.  maggio. 


Parte  del  excellentissimo  consiglio  di  x.  sopra  il  saldar  delle  casse. 
mdxxxxiii.  die  xxix.  octobris  in  consilio  x.  cum  additione. 
Oltre   a  quello   che   ali  27.  zugno   proximo   fu   opportunatamente 
deliberato  .  .  . 

Parte  del  excellentissimo  consiglio  di  x.  circa  il  pagamento  del 
novo  collegio  di  xn. 

mdxxxxyiii.  die  xxn.  maii  in  maiori  consilio. 
Hauer  debbano  grossi  dodese  a  oro  al  giorno  per  cadauno  .  .  . 

Parte  de  pregadi  della  reuocation  dellaparte  1520,  28.  agosto. 
de  robe  et  merce  ueniuano  qui  in  Uenetia  per  trausito. 
mdxxiiii    vn.  luglio. 
Fu   preso  in   questo  consiglio  sotto  li  28.  agosto  1520.  che  tutte 
le  robe  .  .  . 

Parte  dello  excellentissimo  consiglio  di  x.  et  zonta  circa  il  quarto 
delli  contrabandi. 
mdxxv.  adi  7.  febraro. 
Fu  altre  uolte  per  piu  deliberation  di  questo  conseglio  statuito  .  .  . 

Parte  dello  excellentissimo  consiglio  di  x.  et  zonta  circa  il  datier 
dil  quarto  di  contrabandi  et  etiam  circa  ditto  quarto. 
mdxxx    adi  xi.  febraro. 
Essendo  sta  piu  uolte  prouisto  .  .  . 

Parte   di   pregadi    che   robe    ne   mercanzie  alcune  uon  possi 
esser  condutte  nelli  luoghi  della  illustrissima  signoria,  se  non 
robbe  tratte  da  Venezia. 
mdiii.  xxx.  luglio. 
El  se  conduse  senza  alchun  respetto  contra  le  forme  delle  lege  .  .  . 

Parte  de   pregadi   quando   fu  leuata  la   doana  da  Ponton  et 
Gussolengo  et  fu  fatta  ditta  doana  a  Verona. 
mdxxxii.  die  xxi    iunii  in  rogatis. 
Si  uede  manifestamente  seguir  molti  contrabandi  con  grande  jattura  . . 

Lettera    scritta   et   fatta  per  li  eccellentissimi  signori  capi  del 
consiglio  dix   alli  rettori  di  Verona  et  altri  rettoriin  materia  de 
rami  et  de  altre  robe  de  Allemagna  spetante  al  fontego  di  Todeschi. 
mdxxxxii    adi  xxiiii   mazzo. 
Petrus  Landus  dei  gratia  dux  Venetiarum  etc.  uniuersis  et  singulis . . . 


49 


1529. 


3.  settembre. 


1531. 


25.  settembre. 


1533. 


1.  agosto. 


1341. 


1363. 


12.  aprile. 


1285. 


30.  agosto. 


1371. 


luglio. 


1408. 


5. 

maggio. 

1433 

16 

febbraio. 

1428. 


15.  luglio. 


Abh.  d.  I. 


Mandato    delli   signori   gouernadori  per  li  poueri  dil  passo,  e 
fo  del  mdxxix.  adi  3.  settembrio.  • 

Nui  gouernadori  delle  intrade  comandemo  .  .  . 

Termination  cercha  li  barati  de  quello  dieno  Lauer  li  sanseri. 
Et  fo  del  mdxxxi.  adi  25.  settembrio. 
Aldido  la  richiesta  de  domino  Sancto  Barbarigo  aduocato  .  .  . 

Mandato  de  spazzar  ie  robe  della  rezina  di  Pollonia. 
Et  fo  del  mdxxxiii.  adi  primo  auosto. 
Nos  dux  cum  nostro  consilio  .  .  . 

Capitulo  cercha  el  salario  de  li  uisdomioi  del  fontego. 
Et  fo  del  mcccxli.  die  penultimo  —  indictione  x. 
Fo  preso  in  gran  couseglio  che  li  officiali  de  sora  el  fontego. 

Chel  non  si  compri  marchantie    da  Todeschi  nome  in  Venetia 
solamente  et  fo  del  mccclxiii.  xii.  aprile. 
Ad  obuiar  le  malitie  che  se  po  cometer  per  alchuui  .  .  . 

Che  li  uisdomini  uedano  disligar  le  balle. 
Cum  ciosia  che  li  uisdomini  del  fontego  per  lo  suo  capitolario  .  .  . 

Che  sia  in  liberta  de  li  zudesi  et  officiali  de  tuor  et  descazar 
noderi,  scriuani  et  fanti  et   fo  del  mcclxxxv.  indict.  vm.  die 
penultimo  auosto. 
Fo  preso  parte  che  el  sia  in  libertade  delli  zudexi  et  officiali  cussi 
de  qua  da  canal  como  di  la  da  canal  ... 

De  la  corba  de  carbon  che  ha  li  scriuani  per  ciaschun  el  masser. 
Et  fo  del  mccclxxi.  del  mese  de  luglio. 
Cum  cio  sia  che  per  usanza  antiqua  se  troua  che  li  scriuani  .  . 

Che  li  Judei  non  possino  uenir  in  fontego. 
mccccviii.  die  v.  maii. 
Cum  sit  in  maximum  uituperium  fidei  christianae  .  .  . 

Capitula  cercha  il  pagamento  delli  scriuani. 
Et  fo  del  mccccxxxiii.  die  xvi.  februarii. 
I  spectabili  et  generosi  homeni  m.  Nicolo  Venier  .  .  . 

Chel  si  debbia  far  le  bollette  in  nome   de  quelli  Todeschi  del 
fontego  che   comprarano  uini  o  merce   da  altri  marcadanti  et 
fo  del  mccccxxviii.  die  xv.  julii. 
Cum  introducta  sit  quedam  consuetudo  a  certo  tempore  .  .  . 
Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV. Bd.  I.  Abth.  7 


50 


1448 


5.  febbraio 


1384. 


11.  agosto. 


1503 


21.  luglio. 


1514 


1541. 


11.  febraro. 


1543. 


15.  decembre. 


1544. 


29.  ottobre. 


Zonta  circa  el  far  delle  bollette  et  fo  del  mccccxlviii.   die  v. 
februarii. 
Per  spectabilem  d.  Georgium  Delphine-,   Andream  Mocenieho  .  .  . 

Che  alchuno  official  ne  alchuno  scriuan  ne  etiam  dio  noder  ne 
comandador  de  li  offitii  de  Venetia  non  possi  tuor  piu  de  quello 
li  ze  tansado  per  l'officio  et  fo  del  mccclxxxiiii.  adi  11.  del 
mese  di  auosto. 
Fo  preso  parte  in  lo  mazor  consiglio  cum  cio  sia  che  per  li  noder 
et  scriuani  delli  zudegadi  ... 

Terrnination  di  signori  capi  di  X.  che  Jacomo  Zaparin  debbia 

perseruerar  in  la  sansaria  a  lui  renuntia  et  che  de  cetero  non 

se  possi  piu  renuntiar  per  li  sanseri  et  fo  del  mdiii.  di  2 1  lugio. 

Essendo  uenuto  a  notitia  de  magnifici  signori  capi  dell'  illustrissimo 

consiglio  di  x.  el  grauame  de  alchuni  .  .  . 

Comandamento   fatto    a    Antonio    Falascho    scontro   del   fon- 
tego  MDXIIII. 
De  comandamento  della  illustrissima  signoria  fatto  .  .  . 

Comandamento  fato  a  Antonio  Falascho  scontro  del  fontego. 
De  comandamento  et   ordene  della  illustrissima  signoria  ordenado 
et  comandado  a  mi  Antonio  Falascho  schontro  dil  fontego  .  .  . 

Terrnination  dei  signori  uisdoraini  in  fontego   di  Todeschi  che 
,  altri  cha  quel  fante  a  chi  tochara  la  uardia  sia  obligato  andar  a 
doana  et  fo  del  mdxli.  xi.  febraro. 
I  magnifici  signori    uicedomini  uidelicet  el  magnifico   m.  Antonio 


Zorzi 


Terrnination  dei  signori  uisdomini   in   fontego  di  Todeschi  alli 
pexadori  che  debano  notar  sopra  le  polize  el  comprador  il  uenditor 
il  sanser  mdxxxxiii.  15.  decembrio. 
De  ordine  de  magnifici  signori  uisdomini  del  fontego  di  Todeschi . . . 

Terrnination  di  signori  sopra  i  datii  che  li  capi  di  tessera  non 
possimo  far  ligar  cosa  alchuna  senza  il  soprastante  dil  dominio 
in  pena  de  ducati  50. 
adi  29.  ottubri  mdxxxxiiii. 
Li  magnifici  signori  proueditori  sopra  i  datii  .  .  . 


51 


1545. 


15.  ottobre. 


1517. 


17.  marzo. 


1518. 


11.  giugno. 


1518. 


t.  gennaio. 


1520 
13.  settembre. 


1520. 


26.  settembre. 


Comandamento  delli  eccmi.  siguori  auogadori  di  comun  alli 
scriuani  che  non  debino  far  bolletta  a  niuno  di  frutti  senza  la 
franchita. 

mdxxxxv.  15.  ottobrio. 
Li  magnifici  signori  auogadoii  di  comun  .  .  . 

Comandamento  dei  signori  uisdomiui  al  fontego  di  Todeschi 
alli  pesadori  in  ditto  fontego  che  de  tempo  in  tempo  seranno 
et  il  simile  alli  capi  di  tessera  che  ogni  uolta  che  pesarano  et 
uederano  ligar  siano  tenuti  zurar  hauer  dato  in  nota  el  zusto 
mdxvii.  17.  marzo. 
De  mandato  di  magnifici  st.  clarissimi  signori  u.  d.  del  fontego . . . 

Parte   de  pregadi  che   non   possano   esser  aperte  le  casse  de 
mercadanti  ne  tolto  li  manzarie  ne  regalie  de  sorte   alchuna. 
mdxviii.  die  xi  junii  in  rogatis. 

Esssendo  redute  le   mercadantie  di  questa   citta  in  malissimi  ter- 
mini  .  .  . 

Landera  parte  che  per  auctorita  de  questo  consiglio  .  .  . 

Uerum  sei  sera  querela  ad  legum  .  .  . 

Ceterum  li  burchi  et  barche  che  cargheranno  .  .  . 

Et  accio  el  soprastante  sopraditto  habbi  .  .  . 

Similiter  el  se  dichiara  chel  non  possi  esser  alchuna  barca    .  .  . 

Demum  se  dechiara  che  tutte  le  cose  et  robbe  che  harrano  esser 
bollate  .  .  . 

Termination  de  5.  sauii  contro  li  pesadori  della  staiera. 
mdxviii.  die  vii.  januarii. 
Magnifici  et  clarissimi  d.  Marinus  de  Molino  .  .  . 

Lettera  scritta  alli  retori  di  Verona  circa  le  mercantie  infra- 
scripte. 

mdxx.  die  xiii.  septembris. 
Per  uostre  di  cinque  dell'  instante  habbiamo  inteso   come  alchuni 
mercadanti  .  .  . 

Termination  de  5.  sauii  che  se  debba  far  i  pagamenti  segondo 
le  tariffe  uecchie. 
mdxx.  die  xxvi.  septembris. 
Desiderando  i  magnifici  m.  Zuan  Dolfin  .  .  . 

<7* 


52 


1524 


lt>.  aprile. 


1527. 


21.  marzo. 


1527 


12.  luerlio. 


1527. 


31.  decembre. 


1530. 

11.  marzo. 


Parte  di  pregadi  che  nesun  zentilhomo   ne  citadin  de  Venetia 

debbia  far  compagnia  con  forestieri. 

mdxxiiii.  die  xix    aprilis  in  rogatis. 
Non  se  die  mancar  de  far  ogni  debita  et  ualida  prouisione  .  .  . 
Landera  parte  che  salue  et  reseruate  tutte  le  leze  .  .  . 
Li  forestieri  etiam  se  intendino  in  omnibus  incorsi  in  la  pena   .  .  . 
Ne  possino  etiam  ditti  forestieri  sotto  la  stessa  pena  .  .  . 
Et  accio  meglio  se  possi  uenir  in  luce  di  detti  forestieri  .  .  . 
Et  sia  comesso  alli  consoli  nostri  de  Alexandria  et  Damascho  .  .  . 
Dechiarando  che  da  questo  ordine  sia  exceptuado  .  .  . 

Parte  di  pregadi  che  li  bottoni  di  corallo  et  ambre  lauorade  si 
uenderano  in  questa  citta  debbano  esser  uiste  per  li  stimadori 
da  doana. 

mdxxvii.  die  xxi   martii  in  rogatis. 
Soleua  uenir  in  questa  nostra  cita  bottoni  de  corallo  .  .  . 

Parte  di  pregadi  che  li   patroni  de  naue   non  possano   cargar 

merce  in  couerta. 

mdxxvii.  die  xii.  julii  in  rogatis. 
Le  introduto  da  certo  tempo  in  qua  un  pessimo  desordine  .  .  . 
Landera  parte  che  salue  et  riseruate  tutte  le  altre  parte  .  .  . 
Item  larsenal  nostro  habbi  do  terzi  di  noli  .  .  . 
Preterea  quando  le  naui  ueniranno  sopra  porto  .  .  . 
Et  perche  molte  naue  descargano  .  .  . 

Ulterius  li  partroni  dell'  arsenal  nostro  debbano  mandar  a  chiamar 
li  scriuani  .  .  . 

Preterea  larmiraglio    dell'   arsenal   nostro  descargate   che  saranno 
le  balle  .  .  . 

Mandato  della  illustrissima  signoria  alli  signori  cinque  sauii  sopra 

le  mercantia. 

mdxxvii.  die  xxxi.  decembris. 
La  illustrissima   signoria  comette   a  uui   sauii  sopra   la  mercantia 
che  sopra  il  grauame  che  fanno  li  mercadanti  del  fontego   di  Todeschi 
che  li  sia  sta  imposto  noua  spesa  et  grauezza  .  .  . 

Parte  del  consilio  di  x.  che  li  5.  sauii  debbano  reueder  i 
sanseri. 

mdxxx.  die  xi.  martii  in  collegio. 
Sia  etiam  ordinato  et  preso  che  per  tutto  il  presente  mese  di  marzo 
siano  ballotati  .  .  . 


53 


1530 


18.  maggio. 


1532. 


27.  settembre. 


1535. 


14.  maggio. 


1535 


1.  giugno 


1553. 
23.  agosto. 


1553. 


19.  agosto. 


1553. 
15.  decembre. 


1553. 

2.  giugno. 


Dimanda  di  mercadanti  che  sia  cassa  Ja  tariffa  di  sanseri  delli 
zafarani. 

mdxxx.  die  xviii.  maii. 
Comparse  dauanti  li  magnifici  signori  cinque  sauii  sopra  la  merca- 
dantia  .  .  . 

Confirmation  de  Piero  Rizzo  in  sorastante. 
mdxxxii.  die  xxvii.  septembris. 
Essendo  comparso  alla  presentia  delli  signori  5.  sauii  .  .  . 

Termination  di  signori  5.  sauii,  di  esser  zudesi  tra  li  Allemani 
et  sanseri. 
mdxxxv.  die  xmi.  maii. 
Essendo  comparso  auanti  li  signori  5.   sauii  sopra  la  mercadantia 
il  magnifico  m.  Zuanfrancesco  Mocenigo  aduocato  della  parte  Alemanna  . . . 

Termination  de   signori  5.  sauii  che   le  carisee  debbano  pagar 
de  sansaria  grosso  un  et  mezzo  per  pezza. 
mdxxxv.  die  primo  junii. 
Comparseno  dauanti  li  magnifici  signori  cinque  sauii  sopra  la  mer- 
cadantia .  .  . 

Che  il  scontro  debbia  reueder  li  libri  di  scriuani   et  li  uisdo- 
mini  et  sorastanti  debbano  scriuer  li  numeri  distinti. 
mdliii.  die  xxiii.  augusti  in  consiglio  di  signori  gouernadori  delle 
intrade  et  signori  5.  sauii  sopra  la  mercantia. 
Sono  stati  uditi  delli  clarissimi  signori  gouernatori  delle  intrade  .  .  . 

Parte  de  pregadi   che  le  deliberation   del  1545  et  1551  siano 

nulle  et  remossa  la  doana  da  Chioza. 
Per   deliberation  fatta    per   questo    consiglio  sotto   di  xi.   febraio 
l'anno   1543  .  .  . 

Et  perche  il  tratto  del  datio  del  transito  di  Chioza  .  .  . 

Termination  del  soprabondante  del  datio  del  fontego  di  Todeschi 
sia  obligato  alli  noli  delle  naue  portano  sal  di  Cipro. 
mdliii.  adi  xv.  decembrio  in  consilio  x.  cum  additione. 
Fu  prouisto  per  questo  consiglio   che    tutte   quelli  naui   che    con- 
ducessero  .  .  . 

Che  le   sede   Calaurese   Mesinese   et   Spagnole   sia  assolte    da 

datio  per  doi  anni. 

mdliii.  adi  2.  zugno. 

Et  de  piu  le  sede  Calaurese  .  .  . 


54 


1513. 


19.  novembre. 


1544. 


10.  gennaio. 


1554. 


9.  febbraio. 


1515. 


16.  luglio. 


1516. 


13.  gennaio. 


1516. 


10.  febbraio. 


Termination  de  signori  gouernadori  delle  intrade  che  li  ferri  et 
legnami  compitamente  lauoradi  aspetti  al  datio  della  tauola  dell» 
intrada  et  quelli  non  compiti  all'  offitio  delli  uicedomini  della 
ternaria  uecchia. 
mdxiii.  adi  xix.  nouembris. 
Comparse  nell'  officio  dauanti  li  magnifici  signori  gouernatori  delle 

intrade    il    nobilhomo    m.    Piero    da  Canal    coudutor    del    datio    del 

ferro  .  .  . 

Mandato  dell'  illustrissimo  consiglio  di  x.  alli  signori  gouerna- 
dori delle  intrade  che  debbino  far  intimar  alli  palatieri  datieri 
et  capi  de  barche  che  non    debbano   aprir   le   buste  ne   ualise 
de  mercadanti. 
Adi  x.  zener  mdxxxxiiii. 
Aldidi  li  mercadanti  del  fontego  nostro  di  Todeschi  .  .  . 

Parte  del  consiglio  di  x.  che  per  l'aduenir   non   se  possi  far 
Opposition    ad    alcun   judice    ma    sia   dechiarito    si  dee   esser 
cassato  o  non. 
mdliiii.  die  ix.  februarii  in  consilio  x.   cum  additione. 

Le  introdutto  nouamente  da  alchuni  che  hanno  cause  .  .  . 

Landara  parte  che  in  tutti  li  juditii  .  .  . 

Et  il  medesimo  si  debba  obseruar  .  .  . 

Oltra  de  cio  si  se  trouera  .  .  . 

Mandato  della  illustrissima  signoria  che  la  camera  o  uolta  era 
de   sier  Villmo  Condiner  sia  data  a  s.  Simon  Zuane  Marich. 
mdxv.  adi  16.  luio  trata  dal  notatorio   del  fontego  a  carte  5. 
De  comandamento  et  ordene   della  illustrissima   signoria  ordenado 
et  comandado  a  mi  Antonio  Falascho  scoutro  .  .  . 

Mandato  alli  officiali  al  fontego  che  lassa  trazer  le  mercantie 
con  la  bolletta. 

mdxvi.  adi  xin.  zener.  tratta  dal  notatorio  del  fontego  a  carte  14. 
De   mandato    Serenissimi   principis    et   uniuersi    collegii    refferisco 
io  Lorenzo  Quarto  nodaro  ducal  .  .  . 

Mandato  delli  signori  sauii  alli  pesadori  della  stadera  che  debbia 
notar  sotto  li  pesi  delle  mercantie  il  sanser  ouer  presio  delle 
ditte. 

mdxvi.  adi  x.  feurer,  trata  dal  notatorio  di  fontego  a  carte  14. 
I  magnifici  signori  sauii  sopra  la  mercantia  hauendo  inteso  .  .  . 


55 


1519.  Mandato  di  signori  prouedadori  sopra  i  datii  alli  ministri  pu- 

16.  gennaio.  blici  che  non  debbano  far  legar  ne  imbalar  robe  de  sorte  alcuna 
al  tempo  de  note,  et  alli  capi  de  tessera  che  debbino  far  l'of- 
fitio  suo   in  persona  et  alli   scriuani  che   debbano  tenir  legal 
conto. 
mdxix.  adi  xvi.  zener.  trata  dal  notatorio  di  fontego  a  carte  28. 

I  magnifici  m.  Sebastian  de  Prioli,  m.  Piero  Morosini  et  m.  Piero 
Mocenigo  dignissimi  prouedadori  sopra  i  datii  .  .  . 
Item  comandemo  ai  capi  di  tessera  .  .  . 
Appresso  comandemo  a  uui  scriuani  .  .  . 

1524.  Mandato  delP  auogaria  alli  signori  uice  domini  del  fontego  de 
8.  giugno.                        far  pubblicar  la  parte  delli  sanseri  che  non  sono  di  fontego. 

mdxxiiii.  adi  viii.  zugno.  trata  dal  notatorio  di  fontego  de  carte  49. 
De  comandameuto  del  magnifico  m.  Domenego  Treuisan  auogador 
de  comun  se  fa  intender  a  uoi  signori  uisdomini  in  fontego  .  .  . 

1525.  Comandamento  de  signori  gouernatori  delle  intrade  cho  non  si 
faccia  bolletta  a  marcadanti  se  prima  per  li  sanseri  del  fontego 
non  sera  dato  in  nota  li  mercadi  con  li  pretii  et  tempo. 
mdxxv.  adi  x.  mazo  trata  dal  notatorio  del  fontego  a  carte  62* 

Refferi  Bartolo  de  Zorzi  fante  alli  magnifici  signori  gouernatori  . . . 

1527.  Capitolo  in  una  parte  de  pregadi  che  le  charisee  siano  stimade 

cussi  all'  intrada  come  all'  uscida  ducati  tre  e  mezo  la  pezza. 

mdxxvii.  adi  xxx.  auosto.     tratta   dal  notatorio  del  fontego  a 

carte  110. 

Per  authorita  di  questo  consiglio  sia  preso  accio  che  cadaun  possi . . . 

1529.  Mandato   alli   uicedomini   in  fontego  che  debian  far  notar  per 

14.  maggio.  stimador  ordinario  de  rami  s.  Zuan  Anzolo  Vituri. 

mdxxix.  adixim.  mazo.  trata  dal  notatorio  dil  fontego  a  carte  126. 
Magnifici   signori  uisdomini   in  fontego  de  Todeschi   si  dinota  per 
l'offitio  .  .  . 

1503.  Parte  che  li  merchadanti  che  uorano  trazer  del  fontego  lauori 

17.  giugno.  de  laton  et  altro  per  uia   de   mar  siano   obligati  far  le  bolete 
in  fontego  et  poi  andar  al  insida  et  far  li  sigillar. 
mdiii.  adi  xvn.  zugno.  tratta   da   ditto   notatorio  di  fontego  a 
carte  132. 

Che  tutti  i  merchadanti  quali  uoranno  trazer  per  la    via  del  fon- 
tego preditto  di  Todeschi  lauori  di  laton  .  .  . 


56 


1530 


4.  aprile. 


1530 


10.  settembre. 


1530. 


5.  decembre. 


1533. 


fl.  gennaio. 


1533. 


6.  febbraio. 


1535. 


2.  giugno. 


Mandato  alli  signori  uicedomini  che  debbano  tuor   il    datio   di 
rami  de  s.   Sebastian  dal  Sol  et  tenir  il  danaro  in  deposito. 
mdxxx.  adi  im.  auril.  trata  dal  notatorio  di  fontego  a  carte  134. 
Refferi  Antonio  da  Venetia  fante  de  magnifici  signori  gouernadori . . . 

Termination  de  signori  uisdomini  che  li  fanti  che  si  trouerano 
al  aurir  de  le  merce  debbano  hauere  la  utilita. 
mdxxx.  adi  x.  settembrio.  -  trata  dal  notatorio   de  fontego  a 
carte  140. 
Cum  sit  che  per  piu  termination  sia  sta  prouisto  .  .  . 

Comandamento    di    signori    gouernadori    dell'  intrada     che   li 
scriuani  del  dazo  debbia  far  pagar  il  datio  consueto. 
mdxxx.  adi  v.  decembrio.  trata  dal  notatorio  del  fontego  a  carte  143. 
Refferi   Antonio    da   Venetia    fante   di   magnifici  gouernatori  dell' 
intrada  .  .  . 

Comandamento  delli  signori  uisdomini  che  li  mercadanti 
Toscani  de  Rialto  et  altri  botteghieri  di  panni  doro  ueludi  or- 
mesini  et  altra  sorte  seda  siano  tenuti  in  termene  de  zorni  dui 
uenir  a  dar  in  nota  per  suo  juramento  il  marcado  qualita  et 
quantita  et  nome  del  comprador. 

mdxxxiii.    adi  ix.   zener.    trata   dal   notatorio    del    fontego  a 
carte  161. 
Conciosia  cosa  che  altre  uolte  el  sia  sta  bene  et  diligentemente .  .  . 

Mandato   di   signori  proueditori   sopra   li  datii   che  li    signori 
uisdomini  non   debbano  sottoscriuer  boleta   de  sorte  alcuna  di 
seda  se  sotto  quella  non  sara  nota  la  qualita  et  quantita. 
mdxxxiii.   adi  v.  feurer.     trata  dal   notatorio  del  fontego   a 
carte  162. 
Li  magnifici  signori  proueditori  sopra  li  datii,  auctoritate  offitii  sui . . . 

Comandamento  di  signori  gouernatori  dell'  intrada  che  li  signori 
uisdomini  del  fontego  non  debba  piu  donar  uia  partida  alcuna 
aspetanti  al  datio. 

mdxxxv.  adi  n.  zugno.    trata  dal  notatorio  di  fontego  a  carte 
172. 
Kefferi    s.    Piero    de    Jacomo   fante   di   clarissimi    signori    gouer- 
nadori .  .  . 


57 


1545. 


20.  auosto. 


1536. 


11.  luglio. 


1555. 


27.  agosto. 


1555. 


27.  agosto. 


1555. 


10.  settembre. 


Termination  di  signori  uice  domini  del  fontego  che  trouandossi 
fardelotti  ouer  balle  de  raercantia  contrabando  che  li  fachini 
del  fontego  siano  obligati  cargar  et  discargar  quelle  quante 
uolte  farano  bisogno  senza  premio  alcuno. 
mdxxxv.  adi  xx.  auosto.  trata  dal  notatorio  di  fontego  a 
carte  126. 
Per  obuiar  alli  infiniti  disordini  che  occorrono  spessissime  uolte . .  . 

Mandato  di  signori  capi  alli  signori  uisdomini  del  fontego  di 
Todeschi  che  debbia  far  pagar  in  danari  contadi  a  tutti  li 
ministri  dell  offitio  uostro  che  son  tansadi  accio  si  pagano  li 
ballotini  uechi  del  mazor  conseio. 

mdxxxvi.   adi  xi.   luio.      tratta  dal   notatorio   del    fontego    a 
carte  186. 
Li  infrascritti  excellentissimi  signori  capi  dello  illustrissimo  consiglio 
di  x.  .  .  . 

Mandato   dell'   illustrissimi   signori   capi    dello   excellentissimo 
consiglio  di  x.  che  non  si  possa  far  pasti  ne  tollele  con  arme 
ne  altre  spese  estraordinarie. 
mdliiiii.  die  xxvn.  augusti. 
Nos    capita   illustrissimi   consilii   x.  uobis    dominis   uice   dominis 
fontici  .  .  . 

Mandato  delli   excellentissimi  signori    capi    dell'    illustrissimo 
consiglio   di  x.   cerca  la  regolation    delle  cose  del  fontego  di 
Todeschi   alli   signori   gouernadori   delle   intrade  et   signori  5. 
sauii  sopra  la  marcantia. 
mdliiiii.  die  xxvn.  augusti. 
Nos  capita  consilii  x.  uobis  dominis  gubernatoribus  introituum  . . . 


1. 


Regulation  delle  cose  del  fontego  di  Todeschi. 

mdlv.  adi  x.  settembrio. 

Uolendo  li  clarissimi  signori  gouernadori  delle  intrade  et  signori 
5.  sauii  sopra  la  mercantia  proueder  alli  desordeni  che  seguono 
nel  fontego  di  Todeschi  a  maleficio  di  quel  datio  et  dar  modo 
che  i  ordeni  ....  de  xxmi.  nouembre  1550  .  .  . 

2.  Che  al  primo  capitolo  gia  delle  deliberation  del  1551.  18.  marzo  sia 
azonto  che  quelli  non  osseruarano  la  continentia  .  .  . 

3.  Che  alcun  uiandante  per  conto  del  intrada  non  possa  portar  uia 
le  robbe  se  prima  non  hauera  pagato  el  datio  .  .  . 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  8 


58 


1555. 


17.  settembre. 


1555. 


28.  settembre. 


4.  Che  li  prefati  capitoli  siano  obseruati  come  stanno  .  .  . 

5.  Che   noa   pesando  li  pexador  juxta  la  forma   della  leze  debba 
cascar  alla  pena  .  .  . 

mdi/v.  17.  settembrio. 

6.  Che  li  sanseri  ordinarii  della  cassetta  fazzando  mercadi  debbano 
dar  quelli  in  nota  .  .  . 

7.  Che  li  doanieri  da  Porto  et  da  Treuiso  cargando  cai  desbolladi 
contro  la  disposition  del  articolo  xn.  .  .  . 

8.  Che  sia  scritto  al  cancellier  et  doanier  de  Porto  che  eseguisca 
il  capitolo  di  mandar  li  incontri  delle  bollette  .  .  . 

9.  Che  se  alcun   scriuan  fara  bolletta  non  essendo  notado  il  mer- 
cado  juxta  la  forma  del  capitolo  xvi.  .  .  . 

10.  Che  se  li  capi  di  tessera  et  soprastanti  de  insida  se  partiranno 
auanti  che  balle  siano  legate  et  bollate  .  .  . 

11.  Che  sia  intimato  alli  uisdomini  del  fontego  che  in  termine  de 
zorni  otto  debbano  far  exequir  il  capitolo  decimo  ottauo  .  .  . 

12.  Che  li  scriuani  dell'  offitio  doue  interuien  bolletini  .  .  . 

13.  Che  li  soprastanti  et  capi  de  tessera  nel  dari  pretii  alledroghe.  .  . 

14.  Che  se  alcun  scriuan  sara  cosi  ardito  de  tenir  alcun  taglio . . . 
Che  quelli  da  Porto,  Treuiso,  Verona,  Vicenza,  Castelli  et  altri 
loci  dcüe  capitano  metali  come  uerghe,  rami,  stagni .  .  . 

15.  Et  perche  ancora  per  la  leze  sia  prouisto  che  le  robbe  d'Alle- 
magna  alta  e  bassa  de  cadauna  sorte  non  si  possino  spazzar 
in  altri  luoghi  che  in  fontego  .  .  . 

16.  Et  perche  molte  uolte  capitando  robbe  a  doana  si  da  mar  come 
da  terra  de  alcun  Todesco  i  datieri  fanno  stentar  quelli  in 
darghele  .  .  . 

17.  Sono  nel  fontego  de  Todeschi  doe  mano  di  stimadori  .  .  . 

18.  Che  tutti  le  steri  et  maifili  dogni  sorte  siano  reduti  a  grossi  12. 
la  lira. 

19.  Che  li  ministri  del  fontego  de  cadauna  sorte  siano  tenuti  esser 
redutti  nell'  officio  all  hora  debita  .  .  . 

20.  Che  tutti  li  capitoli  presi  in  questo  collegio  sotto  18.  marzo, 
24.  april  et  12.  settembrio  1555  et  li  presenti  hora  deliberati 
siano  confirmati  .  .  . 

Li  sopraditti   capitoli   forno   publicati   in    fontego   de  Todeschi   per 
Francesco  de  Simon  comandador  alla  procuratia. 

MDLimi.  adi  xxviii.  settembrio. 
.    Non  capita  illustrissimi  consilii  x.  uobis  dominis  uice  dominis  fontici . . . 


59 


1555. 


6.  ottobre. 


1555. 


24.  ottobre. 


1551. 


6.  nouembre. 


1541. 


2.    giugno. 


1554. 


31.  agosto. 


Che  hauendo  li  gouernadori  delle  intrade  et  li  saui  sopra  la  mer- 

cantia fatti  alcuni  ordeni   per  la  regolation   circa  le  cose  del 

ditto  fontego  .  .  . 

Lettera  scritta  per  i  signori  gouernadori  delle  intrade  et  li 
signori  cinque  sauii  sopra  la  mercantia  alli  rettori  di  Verona 
Treuiso  et  Porto  con  li  capitoli  inclusi  in  essa  uidelicet  el  n° 
6,  n°-  7,  n°-  14,  et  n°-  15.  0 

AI  podesta  et  capitano  de  Treuiso. 
Deliberassemo  col  collegio  nostro  delle  intrade  et  5.  sauii  sopra  la 
mercantia  sotto  di  xvm   marzo  mdli.  et  xxm.  settembrio  mdlv  .  .  . 

Lettera  del  magnifico  podesta  di  Treuiso  alli  magnifici  gouer- 
nadori delle  intrade  et  signori  5.  sauii  sopra   la  mercantia  in 
risposta  alla  soprascritta. 
Clarissimi  signori. 
Li  furono  date  le  lettere  di  V.  M.  di  xvi.  del  presente  .  .  . 

Mandato    delli   excellentissimi   signori    capi   dell'   illustrissimo 

consiglio  di  x. 
Li  excellentissimi    signori   capi   dell'   illustrissimo   consiglio  di  x. 
hauendo  il  fidelissimo  Jacomo  di  Stephani   scontro   nel  fontego  di  To- 
deschi  .  .  . 

Copia  de  un  capitolo  tratto  dal?  officio  delle  rason  uecchie. 
Copia  de  uno  capitolo  contenuto  nell'  incanto  del  datio  del  pesce 
da  Treuiso  et  Treuisana,  affittando  perl'offitio  delle  rason  uecchie. 
Item  che  alcuna  persona  non  possi  far,  ne  far  far  bolletta  .  .  . 

Parte    de  pregadi,   che   non   se  possi  sequestrar  mercantie  de 
sorte  alcuna  in  doana. 
mdxxxxi.  adi  2.  zugno. 
Et  per  poter   liberar  la  marcantia  da  tante  struscie  et  impedi- 


menti 


Parte  dell'  eccellentissimo  et  illustrissimo  consiglio  di  x.  che 
alcun  giudice  o  rettor  non  debbia  far  sententie  condenando 
una  galea,  prigion,  ouer  altra  pena  corporale  li  fanno  gratia 
in  pena  pecuniaria. 

mdliiii.  die  ultimo  augusti  in  consilio  x.  cum  additione  .  .  . 
E  introdutto  che  alcuni  rettori  nostri  de  fuori  .  .  . 

8* 


60 


1557. 
31.  maggio. 


1557. 


16.  giugno. 


1557. 


21.  giugno. 


1557. 


22.  giugno. 


1531, 

2'J.  gennaio. 


1557. 


lo.  gennaio. 


Appellation  di  signori  uice  domini  del  fontego  di  Todeschi  da 
certo  atto  fatto  per  li  signori  gouernadori  delle  intrade  a  fauor 
delli  signori  all'  intrade. 
Die  31.  maii  mdlvii. 
Li  magnifici  m.  Francesco  Barbarigo,  m.  Luca  Pisani  e  m.  Andrea 
Pasqualigo'  signori  in  fontego  di  Todeschi  .  .  . 

Termination   delli  signori   gouernatori   delle   intrade    contra  li 
signori  uisdomini  del  fontego  di  Todeschi. 
Die  xvi.  junii  mdlvii  et  xxix.  maii  mdlvii. 
Li  clarissimi  m.  M.  Antonio  Foscarini  et  m.  Zuan  Mattio  Bembo  .  .  . 

Die  xxi.  junii  mdlvii. 
Constituidi  in  offitio  li  sopraditti  magnifici  m.  Francesco  Barbarigo 
m.  Luca  Pisani  et  m.  Andrea  Pasqualigo  signori  in  fontego  di  Todeschi 
hanno  richiesto  sia  notado,  qualiter  declarando  l'appellation  .  .  . 

Die  xxii.  junii  mdlvii. 
Reduto  il   collegio  di  magnifici  signori  x.  sauii  a  n°-  di  7  et  alditi 
li  magnifici  signori  in  fontego  di  Todeschi  con  il  suo  aduocato,  diman- 
danti  esser  tagia  et  annulla  certa  termination  fatta  per  li  signori  gouer- 
nadori delle  intrade  .  .  . 

Parte  dell'  eccellentissimo  consiglio  di  x.  circa  el  poner  de 
sustituti  per  loro  nelli  offiti  et  che  niun  ne  principal  ne  so- 
stituto  non  possi  exercitarse  se  non  in  uno  offitio  con  le  pene 
come  in  essa. 

mdxxxi.  adi  xxix.  zener  in  consiglio  de  x. 
Ad  ognuno  die  esser  noto  di  quanta  importantia  sia  al  stato  nostro 
che  li  ministri  nostri  siano  legali  et  fedeli  .  .  . 

Landera  parte  che  reseruando  ogni  parte  quäl  fusse  in  questa  ma- 
teria  alla  presente  non  repugnante  sia  preso  .  .  . 

Preterea   accioche  piu  possino   partecipar  delli  offitii  della  signoria 
nostra  sia  preso  .  .  . 

Parte  dell'  excellentissimo  consiglio  de  x.  che  tutti  li  offitii, 
che  si  danno  in  questa  citta,  et  per  li  regimenti  di  fuora  di 
qualunque  sorte,  si  debbano  dar  a  persona  meriteuole  et  non 
per  danari  ouer  promessa  di  sorte  alcuna  sotto  la  pena  in  essa 
parte  contenuta  con  additione. 
mdlvii.  x.  januarii. 
Sempre  e  stata  intentione  della  signoria  nostra  che  li  officii  e  be- 
neficii  di  qualunque  sorte,  .siano  conferiti  et  dati  a  quelli  che  meritano  .. . 


61 


1557. 


5.  febbraio. 


1557. 


26.  novembre. 


1558. 


26.  aprile. 


1558. 


20.  giugno. 


1558. 


26.  luglio. 


1558. 


3.  settembre. 


Parte  dell'  excellentissimo  consiglio  di  x.  che  i  danari  de  tutti 
li  offitii  de  Kialto  siano  portati  ogni  sera  alli  camerlenghi,  et 
dell'  officio  delle  acque  et  biaue  in  ceca  come  in  essa. 
mdlvii.  v.  februarii. 
Douendossi  proueder  che  i  danari  della  signoria  nostra  siano  tenuti 
con  quella  securta,  che  si  conuiene  .  .  . 

Parte   dell'    eccellentissirao   consiglio   di   x.  con  zonta,    che  li 
cassieri  delli  officii  debbano   loro  portar  li  danari  cloue  uanno, 
et  ueder  a  far  le  partide  cum  additione. 
mdlvii.  adi  xxvi.  nouembrio. 
Douendossi  con  ogni  uigilantia  proueder,  che  li  ministri  nostri  alli 
quali  e  commessa  la  custodia  .  .  . 

Termination  fatta  per  i  signori  gouernadori  delle  intrade,  che 
alcuue  grane  de  uno  da  Lugan  siano  portate  et  spazzate  in 
fontego,  et  ghe  sia  restituito  el  suo  segnal  per  quelli  dell' 
intrada. 

mdlviii.  adi  xxvi.  aprile. 
I  clarissimi   signori   gouernadori   delle  intrade  uidelicet  m.  Nicolo 
Nani,  m.  Zuan  Francescho  Memo  et  m.  Sebastian  Miani  .  .  . 

Termination  fatta  per  i  signori  gouernadori   delle  intrade.  che 
alguni   uari   de  un  s    Zuan  de  ...  .  debbano   esser  spazzati, 
et  il  datio   de   quelli   pagato   in  fontego  di  Todeschi,  in  con- 
traditorio  con  il  masser  della  doana. 
Die  xx.  junii  mdlviii. 
Li  clarissimi  signori  m.  Nicolo  Nani,  m.  Zuanfrancesco  Memo  .  . . 

Ordene  de  signori  cinque  sauii,  che  altri  cha  cittadini  originarii 
non  possino  pratichar,  ne  mercantar  in  fontego   con  Todeschi. 
mdlviii.  adi  xxvi.  lugio. 
El  se  fa  saper  de  ordine  delli  clarissimi  signori  cinque  sauii  sopra 
la  mercantia,  che  alcuno  sia  che  si  uoglia  .  .  . 

Parte  de  signori  gouernadori  delle  intrade  et  cinque  sauii  sopra 

la  mercantia,    circa  li   cai   uengono   desbollati   da  Portogruer, 

Treuiso  et  altri  lochi. 

Die  in.  septembris  mdlviii. 
In  excellentissimo   collegio  clarissimorum   d.  gubernatorum  introy- 
tuum  et  cl.  d.    sapientum   super  mereantiis,    et  rebus  fontici  Theutoni- 
corum  .  .  . 


62 


1558. 
12.  gennaio. 


1559. 
2.  maggio. 


1558. 
26.  aprile. 


_155_8._ 

7.  giugno. 


1558. 
6.  luglio. 


Vedendosse  Terror  seguisse  nel  uenir  le  robbe  da  Porto  a  Yenetia 
desbollate,   o  bollate  malamente  .  .  . 

Landera  parte  che  de  cetero,  reseruando  tutte  altre  leze  .  .  . 

Mandato   di   cinque    sauii    sopra  la   marcantia,  de   non  Iassar 
expedir  robbe,  che  uanno  a  peso,  senza  la  polizza  del  pesador 
de  coraun. 
Comettemo  noi  Fantin  Dolfin  et  colleghi  sauii  sopra  la  mercantia, 
a  uoi  capi  de  tessera  .  .  . 

Mandato  di  excellentissirai  signori  capi  dell'  illustrissimo  con- 
siglio  di  x.  che  li  signori  uice  domini  debbino  mandar  li  danari 
che  scuodeno  a  tutti  li  offitii  doue  sono  depntati  de  tempo  in 
terapo. 

ii.  maii  mdlix. 
Nos  capita   illustrissimi  consilii  x.   uobis   magnificis  uice   dominis 
fontici  ... 

Termination  di  signori  gouernadori  dell'  intrade,   che  colli  tre 
di  grana   de  rason    de  m.  Z.  Alberto  Camutio   da  Lugan  To- 
descho  siano  spazzati  in  fontego  di  Todeschi. 
Ex  libro  terminationum  offitii  d.  gubernatorura  introituum. 
xxvi.  april  mdlviii. 
I  clarissimi  signori  gouernatori  delle  intrade  .  .  . 

VH.  zugno  MDLVIII. 
Li  clarissimi  m.  Nie.  Nani.  m.  Z.  Francesco  Memo  e  m.  Sebastian 
Miani  dignissimi  gouernatori  delle  iotrade  in  absentia  de  Aluise  di 
Modesti  cittado,  et  non  comparente,  pro  ut  in  preeepto,  hanno  tagliato 
la  soprascritta  partida  como  mal  fatta,  e  come  robbe,  che  aspetta  a 
pagar  el  datio  in  fontego  di  Todeschi  juxta  la  termination  di  sue  claris- 
rissime  signorie  de  di  xxxn.  april  mdlviii.  —  Rifferi  s.  Jacomo  fante.  — 
Epaminondaa  de  Zanchanariis  officii  dorn,  gubernatorum  introituum 
secretarius. 

Termination  di  excellentissimi  signori  capi  dell'  illustrissimo 
consiglio  di  x.  che  lauda  lantescritta  e  soprascritta  termination 
de  signori  gouernatori  delle  intrade. 

L'infrascritti  capi  dell  illustrissimo  consiglio  de  x.  alditi  li  signori 
gouernatori  delle  intrade  .  .  . 

Et  similmente  perseuerando  li  detti  signori  alli  x.  offitii  .  .  . 


63 


(1560.) 


1560. 


13.  settembre. 


1560. 


26.  novembre. 


1560. 


1560. 


17.  decembre. 


1560. 


7.  febbraio. 


1561. 
maggio. 


Sententia  di  signori  de  la  messetaria  contra  alguni  hauer  con- 
duto  chiodi  per  fontego. 
Li  magnifici  signori  alla  messetaria  .  .  . 

Suspension  di  signori  gouernadori  de  ditta  sententia. 
Refferi  Iseppo  de  Nicolo  fante   de  clarissimi  gouernadori   delle  in- 
trade  .  .  . 

Tagio  del  collegio  di  gouernadori  et  signori  de  sopra  le  camere 
et  rason  uechie  la  sententia  di  signori  della  messetaria  in  fauor 
di  signori  del  fontego. 
xm.  settembre  mdlx. 
Referto  in  lofficio   di  signori   gouernadori  delle   intrade  l'excellen- 
tissimo  consiglio  sopra  le  discordie  .  .  . 

Terrnination  de  la  illustrissima  signoria  in  contradittorio  con 
li  signori  auogadori  fischali  quali  uoleano  condanar  alcuni  bo- 
tegieri  haueuaoo  uenduto  mercantie  in  fontego  etc.  contratato 
con  Todeschi  etc.  ferma  la  Suspension  non  fosseno  molestati. 
mdlx.  adi  xxvi.  nouembrio.  in  collegio  della  serenissima  signoria. 
La  serenissima  signoria  uditi  li  auogadori  fiscali  in  contraditorio 
con  Euangelista  d'Ugubio  specier  .  .  . 

Parte  de  pregadi  de  scuoder  soldi  3.  per  lira. 
Landera  parte   che  tutti  quelli   che  pageranno  datii  de  qualunque 

sorte  .  .  . 

< 

mdlx.  di  xvn.  decembris. 
L'illustrissima  signoria  con  uuiuerso  collegio  commette  a  uui  signori 
uisdomini  in  fontego  di  Todeschi  che  in  execution  della  parte  del  senato 
di  Xu.  presente   oltra  li  primi    tre  soldi  per  lira  che  si  scodeua  debbi 
scoderne  altri  tre  .  .  . 

Die  vii.  februarii  mdlx. 
Nos  dnx  cum  nostro  collegio  mandamus  a  uoi  uicedomini  in  fon- 
tego di  Todeschi   che   dobiate   dar  principio   a  scoder  dalli  marcadanti 
Todeschi  di  fontego  li  altri  soldi  per  lira  .  .  . 

mdlxi.  die  viii.  maii   in  collegio   interuenientibus  et  ballotan- 
tibus  gubernatoribus  introituum  et  sapientibus  super  mercaturis 
juxta  decretum  consilii  x.  diei  5.  praeteriti. 
Excellentissimi:  dalla  scrittura  hora  letta  dalli  mercadanti  del  fon- 
tego di  Todeschi  ... 


64 


Landera  parte,  che  per  authorita  de  questo  collegio  sia  concesso  a 
tutti  li  mercadanti  della  sudetta  natione  Alemanna  del  fontego  nostro 
di  Todeschi  che  oltra  le  sie  per  cento  ordinarie  che  al  presente  sono 
lassate  per  el  trazer  de  le  robe  .  .  . 

1561.  Laus  deo  mdlxi.  xvi.  mazo. 

16.  maggio.  L'illustrissima  signoria  et  uniuerso  consiglio  auendo  sotto  di  7.  feurer 

passato  fatto  uno  mandato  alli  magnifici  signori  uice  domini  in  fontego 
di  Todeschi  che  douessero  principiar  a  scodere  soldi  in.  per  zeuto  .  .  . 

1561.  mdlxi.  die  xi.  junii  in  collegio  interuenientibus  et  ballotantibus 

d.  gubernatoribus   iutroytuum  et   sapientibus   super   mercatura 

juxta  decretum  consilii  x.  diei  5.  preteriti. 

Che  per  autorita  di  questo  collegio  sia  concesso  a  tutti  i  mercanti 

della  natione   Alemanna   del   fontego    nostro    di  Todeschi,   secondo  che 

consigliano  i  cinque  sauii  nostri  sopra  la  mercantia,  che  cerca  le  mer- 

cantie  che  comprerano  senza  sansari  habbiano  el  beneficio  delle  x.  per 

cento  .  .  . 


1562.  Mandato  di  eccellentissimi  signori  capi  del  illustrissirao  et  ec- 

14.  ottobre.  cellentissimo  consiglio  di  x.  alli  signori  gouernatori  delle  intrade. 

Nos  capita  illustrissimi  consilii  x.  uobis  magnificis  dominis  guber- 
natoribus presentibus  et  futuris  mandamus  che  essendo  stati  fatti  per  li 
precessori  nostri  insieme  con  li  cinque  sauii  sopra  la  mercantia  alcuni 
ordini  et  regulatione  circa  le  cose  del  fontico  .  .  . 

Debiate  pero  osseruare  li  ordini  et  regulatione  preditti  ... 

1564.  Capitoli  della  regolation  della  doana  de  Portogruer  et 

8.  agosto.  del  fontego  di  Todeschi. 

mdlxiiii.  adi  vm.  agosto.  in  collegio  del  serenissimo  principe 
interuenienti  li  clarissimi  signori  gouernatori  delle  intrade  et 
li  signori  cinque  sauii  sopra  la  mercantia  et  signori  aduocatori 
fiscali  in  uirtu  della  delegation  delP  illustrissimo  dominio  de  di 

XXVIII.    ZUgllO.    MDLXIIII. 

I.  Che  sier  Alessandro  da  Mulla  dohanier  a  Portogruer  fln  ter- 

mine  de  giorni  8.  sia  obligato  andar  in  ditto  locho  .  .  . 
IL  Che  uenendo  le  mercantie  de  Alemagna  a  Porto,  si  comettano 
molti  errori  et  fraude  .  .  . 
III.  Et  accioche  le  cosse  passano  con  quel  meglior  ordine  che  sii 
possibile  per  obuiar  alla  fraude  .  .  . 


65 


iv.  Et  per  obuiar  le  occasion  di  rnolte  frande  che  si  cometeuano 

giunte  che  sarano  le  mercantie  nel  locho  di  Porto  non  pos- 

sino  esser  scaricade  .  .  . 
v.  Oltra    a  cio   sia   agionto   che  ne   barcharuoli   ne   altri  non 

ardischa  .  .  . 
vi.  Ma  perche  quanto  e  preditto  non  basta  intieramente  a  tanta 

regolatione  .  .  . 
vii.  Et  perche   s.  Francesco   Belegno   soprastante  a  Venzon  non 

fa  el  debito  .  .  . 
vm.  Et  perche  potria  esser  che  il  soprastante  di  Venzon  hauesse 

la  strada  aperta  di  cometter  fraude  .  .  . 

1564.  mdlxiiii.  die  xvm.  augusti  in  collegio  nel  quäl  sono  inter- 

18.   agosto.  uenuti  li  clarissimi  signori  gouernatori  delle  intrade  et  li 

cinque  sauii  sopra  la  mprcantia  et  magnifici  signori  auoga- 
dori  fischali   per  la  delegation  soprascritta. 
ix.  Oltra  de  cio  essendo  necessario  proueder  alla  regolatione  del 

fontego  .  .  . 
x.  Che  il  ditto  dohanier  sii  pagato  del  suo  salario  .  .  . 
xi.  Et  perche  e  il  douer  che  tutte  le  mercantie  pagino  li  sui  dretti. 
xii.  Che  essendo  stato  prouisto  per  parte  presa  nell  eccellentissimo 

collegio  .  .  . 
xm.  Si  deue  di   piu  proueder  a  uno  interueniente   .  .  . 
xiiii.  Ne   di  minor  consideratione   e  questo   che  dandosi   credito 
alli  mercadanti  .  .  . 
xv.  Et  perche  li  scriuani  del  fontego  preditto  .  .  . 

1564.  mdlxiiii.    die   xxn.   augusti  in  collegio   supra   et   ultra 

'  22.  agosto.  scripto. 

xvi.  Che  tutti  li  scriuani  scontro  et  altri  ministri  di  esso  fontego 

posti  per  la  illustrissima  signoria  siano  obligati  in  .  .  . 
xvn.  Che  le  spese  del  fontego  le  quali  fin  hora  sono  sta  fatte .  .  . 
xviii.  Che  la   spesa  di   carta   et  libri  inchiostro   cera  candelle  et 

sachetti  sia  fatta  per  mano  del  masser  .  .  . 
xvim.  Che  non  si  possino   pesare  in  fontego   robe  di  sorte  alcuna 
le  quäl  non  siano  obligate  di  pagar  datio  .  .  . 
xx.  Che  li  cinque   sauii  sopra   la   mercantia  e  gouernatori  delle 
intrade   debbino   formar  una  tariffa  per   li  ministri  del  fon- 
tego .  .  . 
xxi.  Che  il  masser   del   fontego  sia  tenuto  tenir  tutti  li  libri  e 
scritture  .  .  . 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  W iss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  9 


66 


1564. 


settembre. 


_J1564._ 
19.  settembre. 


1565.  ' 

15.   decembre. 


1567. 

18.  giugno. 


xxn.  Che   il  scontro   di  esso  fontego  debbi  scontrar  di  tempo  in 

tempo  le  partide  et  libri  .  .  . 
xxiii.  Et  accioche    li   preditti  ordeni  siino  in  ogni   tempo  esequiti 
sii  preso    che  il  dohanier   del  fontego  preditto  sia  obligato 
ogni  anno   farli  publicar  in  fontego  di  Todeschi  et  etiam  in 
Venzon  et  Porto. 

mdlxiiii.  settembrio  in  collegio  delli  datii. 
xxiiii.  Furono  eletti  li  oltra  scritti  capitoli  per  la  confirmation   sua 
li  quali  tutti  furono  presi  .  .  . 

mdlxiiii.  die  xviiii.  setembris  in  collegio  datiorum  ballo- 

tantibus  d.  gubernatoribus  introituum. 
xxv.  Chel  x.  capitolo  preso  in  questo  collegio  sotto  di  vi.  del 
presente  in  proposito  della  regolatione  del  fontego  di  Tho- 
deschi  sia  rifformato  in  questo  modo  chel  fidel  nostro  Andrea 
Machrini  uno  di  quelli  che  si  e  ricordato  in  ditta  regola- 
tione   sia  eletto  per  dohanier  in  ditto  fontego .... 

mdlxv.  die  xv.  decerabris. 

Termination  de  collegio  del  locho  detto  comun  de  Collogna  remessa 
la  differentia  alli  signori  del  fontego. 

Hauendo  la  serenissima  signoria  ueduta  la  risposta  delli  magnifici 
uisdomini  .  .  . 

mdlxvii.  adi  xvin.  zugno. 

Keducione  del  collegio  de  nui  sanseri  ordinarii  per  far  la  ele- 

tione  del  nostro  scontro  doue  furono  redutti  al  numero  de  xxvi. 

quali  furono. 
Presidenti : 
M.  Zuan  Antonio  da  Valle  .  .  . 

Eletion  del  rasonato  degli  sanseri  ordinarii. 
Accioche  quello  che  sara  detto  .  .  . 

Vedendosi  per  la  balotatione  fin  ora  fatta  che  gli  eletti  non  passano 
i  do  terzi  .... 

Che  le  scritture  preseutate  per  m.  Antonio  de  Stefani  fiol  de  s. 
Jacomo  per  le  quäl  fu  concesso  ad  esso  m.  Jacomo  et  figliuoli  che 
doppo  lui  sucederanno  nell'  offitio  di  scontro  nel  fontego  di  Todeschi 
del  anno  mdlvii.  .  .  . 


67 

1567.  mdlxyii.  die  decimo  januarii  in  consilio  xm  cum  additione. 

10.  gennaio.  (debbitori.) 

Se  le  deliberationi  et  prouisioni,  che  alla  giomata  si  fanno  contra 
le  fraudi  usate  per  li  debbitori  della  signoria  nostra  .  .  . 

Landera  parte  che  salue  et  riserbate  le  altre  deliberationi,  che  sono 
in  questa  materia  .... 

Ne  si  possi  distribuir  alcun  danaro  di  guadagno  de  i  datii  .  .  . 

Con  espressa  dichiaratione  che  le  cose  di  sopra  dette  .  .  . 

Et  che  detta  pena  si  intendi  incorso    non  solamente  quel  caratta- 
dore  cessionario  .  .  . 

Nou  derogando  pero  alla  autorita  delli  auogadori  .  .  . 

Et  li  officiali  alle  rason  noue,  o  altri,  a  chi  spettasse  .  .  . 

Tutti  quelli,  che  dal  tempo  della  deliberation  sopradetta  .  .  . 

Et  perche   nelli   datii,   che  hanno  guadagnato  et  che  finirono  li 
anni  prossinri  .  .  . 

Et  quelli  che  fossero  trouato  hauer  giurato  il  falso  .  .  . 

Si  ministri  che  hanno  cargo  della  scrittura  .  .  . 

Et    la    presente  deliberation   sia  mandata  all'  officio  delle  rason 
noue 

Et  per  uniuersal  notitia  sia  publicata  immediate  .  .  . 


1564. 
17.  ottobre. 


mdlxiiii.  die  xvii.  octobris. 

Inibition  di  signori  uisdomini  con  la  stante  altera   del   claris- 
simo  auogador  fatta  alli  signori  sopra  datii. 
Di  ordine  di  magnifici  signori  uisdomini  in  fontego  di  Todeschi . . . 


_J564-_ 
31.  ottobre. 


Die  xxxi.  ottobrio. 

Confirmation   di   ditta  inibitione   aldide   le  parte   per   la  sma 
signoria. 
Essendo   sta   dalla  serenissima  signoria   udito   l'interueniente  delli 
magnifici  signori  sopra  datii  ... 


1569.  mdlxix.  die  xxvn.  man. 

27.  maggio.  jn  oonsilio  decem  cum  additione. 

Douendosi  con  ogni  mezo  possibile  proueder,  che  dalli  ministri 
nostri  nelli  officii  publici,  e  nelle  camere  della  citta  nostre  siano  osser- 
uate  le  leggi  in  materia  di  ori  et  monede  cosi  nel  receuer  come  nel 
da  fuora  .  .  . 

L'andera  parte,  che  nell'  auuenir  li  cassieri  delli  officii  .  .  . 
Et  oltra  di  cio  quelli  officii,  che  hanno  carico  di  riueder  .  .  . 

9* 


68 


1565. 


19.  maggio. 


C1569) 
(novembre.) 


1565. 


19.  maggio. 


1570. 


28.  luglio. 


1570. 


16.  settembre. 


1570. 


16. 

settembre. 

22^ 

1570. 

settembre 

1570. 

27. 

settembre. 

mclxv.  adi  xix.  maggio. 

I  clarissimi  signori  dclle  intrade,  uidelicet  m.  Zuan  Mathio  Bembo . . . 
Aldido  s.  Iseppo  e  Crestofolo  come  datier  del  ferro  domandando  et 
esponendo  che  cum  sit  chel  sia  uenuto  una  quantita  de  anchore  et 
rampegoni  compidi  con  boletta  de  fontego  .  .  . 

Comparso  alla  presentia  di  clarissimi  signori  infrascritto  sier 
Aodrea  Magrini  doanier  del  fontego  di  Todeschi  per   beneficio  publico 

et  di  mercadanti  Alemanni fu  preso  che  per  li  deputadi  nostri 

della  Chiusa,  di  Gemona,   Udene,  Ciuidal  et  Portogruer  douessero   cor- 
rispondersi  ... 

Essend o  sta  ricercato  il  magnifico  m.  Siluestro  Pisani  uice  do- 
mino  et  cassier  del  fontego  di  Todeschi  da  Zuane  interueniente  per  s. 
Christofolo  Chilpigner  agente  de  s.  Daniel  Federman  ad  espedir  dui 
cai  uenuti  cum  bolletta  da  Portogruero  .  .  . 

mdlxv,  xix   maggio  (mdlxix.  ?) 

Li  magnifici  m.  Nicolo  Salomon 

Aldido  m.  Pieri  de  Zorzi  auocato  fiscal  del  suo  officio  dimandante 
per  interesse  de  l'illustrissimo  domiuio  douer  esser  mandato  alla  leze  il 
stagno  trouado  esser  sta  posto  studiosamente  .  .  . 

mdlxx.  a  xxviii.  luglio. 
Fu  terminato  per  i  clarissimi    signori   cinque   sauii   sopra  la  mer- 
cantia  a  xn.   de   agosto   mdliii.  che  i  poueri  al  peuere  douessero   con- 
signar  soldi,  in.  per  pezza  di  carisea  .  .  . 

Laus  deo  mdlxx.  die  xvi.  setembrio. 

II  magnifico  m.  Nicolo  Salomon  et  el  magnifico  m.  Andrea  Donado 
uacante  el  terzo  colega  honorandi  uice  domini  del  fontego  ditto  di  To- 
deschi, comparse  dauanti  sue  excellentissime  signorie  s.  Zorzi  Chilpiner 
come  comesso  de  s.  Philippo  Prey  .   .  . 

Laus  deo  mdlxx.  die  xvi.  setembrio. 
Riferi  s.  Ercule  Negro  fante  di  clarissimi  signori  gouernadori  .  .  . 
Suspende  la  causa  de  s.  Zorzi  Chilpiner  .  .  . 

Die  xxn.  setembrio. 
Riferi  s.  Ercule  Negro suspende  la  soprascritta  sententia  .  .  . 

Riferi  Nicoletto  Astor suspende  la  ditta  causa  .  .  . 


69 


1570. 


10.  ottobre. 

1570. 

19.  ottobre. 

1570. 

4.  nouembre 


1570. 


4.  novembre. 


1570. 


22.  decembre. 


1570. 


8.  gennaio. 


1570. 
27.  gennaio. 


1570. 

1.  febbraio. 

1572. 

2.  agosto. 

1574. 
21.  ottobre. 


Referi  Zuan  Jacomo  faute  di  clarissimi  gouernadori   delle   intrade 
.  .  .  suspende  


ßiferi  il  sopradetto  m.  Zuan  Jacomo  el  mandato  ut  supra  .  .  . 

mdlxx.  die  im.  nouembrio. 
Per  cassa  contante  al  officio  del  fontegho  di  Todeschi,  contati  da 
Andra  Donado  uice  domino  in  fontego  di  Thodeschi  ducati  cento  e  uinti, 

disse  esser  una   condanason  fatta  sotto  li  xvi.  settembre del 

Filippo  Prui 

Da  s.  Philippo  Prui  per  zonta  per  ducati  tresento  quaranta  uno  et 
sono  per  li  uari  spediti  per  contrabando  .  .  . 

mdlxx.  xxii.  decembre.     (facchini.) 

Di  ordine  comission  et  mandato  delli  magnifici  m.  Andrea  Donado 
et  m.  Marc'  Antonio  -Erizzo  .... 

Tutti  et  cadaun  mercante  Alemanno debba  hauer  dato 

in  nota il  nome  di  quelli  facchini  delli  quali  intendono  ser- 

uirsi  per  l'auuenire  .... 

mdlxx.  vm.  zenaro. 
Forno  fatti  alcuni  ordeni  per  li  mercanti  Alemanni  del  fontego  di 
questa  citta si  nello  elegere  i  facchini  .... 

mdlxx.  xxvii.  zener. 
De  comandamento  de  magnifici  signori  uice  domini  del  fontego  di 
Todeschi  si  fa  a  sapere  a  tutti  li  facchini  .  .  . 
Habbiamo  ueduto  noi  infrascritti  facchini  .  .  . 

Die  primo  februarii  mdlxx. 
Vista  la  contenuta  scrittura  .  .  . 

mdlxxii.  adi  doi  agosto.     (saponi.) 
Hessendo   necessario    et   conueniente   proueder    et    dar   forma  per 
lauenire  nella  materia  delle  rate  di  sauoni  .  .  . 

(in  materia  del  danaro.) 

mdlxxiiii.  adi  xxi.  ottobre  in  consiglio  di  x. 
Nos    capita  illustrissimi   consilii  x.  comettemo   a  tutti  li  scriuani 

scontri  delli  cassieri  et  quadernieri di  saldar  le  sue  casse 

ai  tempi  debiti  .  .  . 


70 


1574. 


23.  novembre. 


1575. 


4.  marzo. 


1575. 


5.  marzo. 


1575. 


12.  marzo. 


1575. 


29.  nouembre. 


1564. 


2.  maggio. 


1576. 


9.  marzo. 


1576. 


23.  maggio. 


mdlxxiiii.  adi  23.  nouembrio  in  consiglio  di  x.  et  zonta. 
Landera   parte   che   da  qui  inanzi    di  quei  danari  che  al  presente 

se  trazeno  le  quatro  et  quatro  e  doi  cento  per  cento si  debono 

trare  doi  altri  per  cento  .... 

mdlxxv.  adi  im.  marzo  in  consiglio  di  x.  con  la  zonta. 
Landera  parte    che    nel   auenir   di   quei   denari  che  al  presente  s1 
trazeno   le   quatro   et  quatro   et   doi  per  cento  et  etiamdio  le  due  per 
cento  secondo   la   deliberatione   di  questa  consiglio  di  xxm.  nouembrio 
mdlxxiiii 

mdlxxv.  a  v.  di  marzo  in  pregadi. 
Essendo   necessario   far   qualche   prouisione   percbe   li  danari  delle 
uacantie  delli  officii  spettanti  alla  signoria  nostra  siano  riscossi  .  .  . 

mdlxxv.  a  xii.  di  marzo  in  pregadi. 
Essendo    necessario  far   conueniente   prouisione   sopra  la  essatione 
delli  soldi  doi  per  lira  ...  « 

(bollete.) 
Essendo   uenuto   a    notitia   alli   clarissimi   m.  Thomaso  Surian  m. 
Nicolo  Cicogna  e  m.  Aluise  Mocenigo,    honorandi   proueditori   sopra  li 
datii,  che  seguono  molti  desordini  nelle  bollette  .  .  . 

(Ebrei.) 

mdlxiiii.  adi  n.  mazo  in  pregadi. 
Si  ha  uisto   esser   stato   introdutto   che  molti  Hebrei  leuantini,  et 
altri  mercanti  nel  trazer   le  sue  mercantie   fuori  di  questa  citta  ingan- 
nano  con  diuersi  mezi  li  datii  della  signoria  .  .  . 

mdlxvi.  adi  ix.  marzo.     (sanseri.) 

Referi  Domenico  Grimani  comandador  dell'  officio  d'ordine  delli 
clarissimi  signori  gouernadori  delle  intrade  .  .  . 

Hauendo  habuto  notitia  essi  magistrati,  che  molti  si  essercitano 
in  far  sensarie  in  detto  fontego  che  non  sono  sanseri  ne  ordinarii  ne 
estraordinarii  pero  fano  publice  proclamar  che  niuna  persona  .  .  . 

Adi  xxm.  mazo  mdlxxvi. 

Li  clarissimi  m.  Lunardo  Dandolo  et  m.  Lucha  Michiel  .  .  . 

Aldidi  li  magnifici  signori  uisdomini che  le  botte  n°  sei 

de  camozze  et  guanti  di  lana  condute  a  Venetia  per  s.  Hieronimo  di 
Lodouico  di  Venetia,  debbino  come  robbe  tratte  di  Alemagna  ouero  di 
terra  Todesca  esser  expedite  all'  officio  del  fontego  di  Todeschi  .  .  . 


71 


1577. 


1577.  _ 
13.  settembre. 


1577. 


27.  settembre. 


1578. 


28.  luglio. 


1580. 


6.  agosto. 


1581. 
31.  agosto. 


1581. 
12.  ottobre. 


21.  ottobre. 


mdlxxyii.  vin.  marzo.  in  consiglio  di  x.  con  la  zonta. 
Sono  stati  dati  per  deliberation  di  questo  consiglo  de  x.  nouembre 
xvn   decembre  et  vin.  genaro  prossimi  passati  delli  danari  della  S.  N. 
all  officio  del  fontego  di  Todeschi  per  supplir  al  pagamento  delle  qua- 
rantie  ciuil  uecchia  et  criminal  .... 

mdlxxvii.  xni.  settembre  in  pregadi.  (peuare.) 
Hebbero  nuoua  li  sauii  nostri  sopra  la  mereantia  delle  quattro  naue 

uenute  da  Lisbona  li  mesi  passati  che  essendo  quelli   in  detta  citta  si 

era  dato  ordine  cargar  sopra  di  essi  per  Venetia  una  buona  summa  di 

peuare  .... 

Landera  parte  che  non  ostante  la  ditta  parte  mdxix.  sia  preso  che 

li  detti  peuaii  di  ponente  .  .  . 

In  materia  di  scansation  di  spese  superflue. 

mdlxxvii.  adi  xxvn.  setembrio. 
Noi  Iseppo  Dolfin,  Aluise  Foscari  et  Domenego  di  Prioli, 
Prouedadori  et  reuisori  sopra  le  scansation  et  regolation  delle  spese 
superflue,  uedute  le  qualita  dei  libri  che  si  adoperano  in  fontego  .  .  . 

In  materia  di  spese  superflue  et  scansation. 
mdlxxviii.  adi  xxviii.  luglio. 
Gli  infrascritti   clarissimi   signori   proueditori   et  reuisori   sopra  la 
scansatione  et  regolatione  delle  spese  superflue  .  .  . 

mdlxxx.  adi  vi.  agosto.     (saponi.) 

Considerando  li  magnifici  m.  Francesco  Bon quanto  sia 

conueuiente  leuar  tutte  occasioni  di  mala  satisfattione destribuiti 

li  sauoni  .... 

Nos   capita  illustrissimi  consilii    x.    uobis   dominis   uice    dominis 

fontici che  non  potendo  si  come  non  possono  le  tre  sansarie, 

che  sono  concesse  alla  cancellaria  ducal  per  supplimento  del  salario?  . . . 

mdlxxxi.  xii.  ottobrio. 
II  clarissimo    m.  Zuan  Formento   degnissimo   cancelier   grande   di 
Venetia  sostituisce  nel  fontego  di  Todeschi  per  essercitar  una  delle  cassele 
ouer  sanserie  del  fontego  preditto  s.  M.  Dolce  .  .  . 


Li  clarissimi  m.  Zuan  Aluise  Baflb 
fontego  approbano.  .  .  . 


uice  domini  in 


72 


1582. 


4.  settembre. 


1  15^3*_ 
13.  luglio. 


1583. 


21.  luglio. 


1585. 
30.  ottobre. 


1586. 


26.  marzo. 


1587. 


17.  marzo. 


1587. 
2.  aprile. 


1587. 
30.  aprile. 


mdlxxxii.  im.  setembrio. 
Riferi  Michiel  Moreto   fante  de  ordene  delli   clarissimi  signori  go- 
uernadori  delle   intrade   si   fa   comission   a   uoi  s.    Iseppo   de  Saluador 

scontro che .    dobbiate  per  tutto   hoggi  hauer 

consignato  alli  scriuani tutte  le  bergamine  et  notatorii 

libri   .  .  . 

Adi  xiii.  luglio  mdlxxxiii. 
Li   magnifici    signori    m.    Bemardin    Lippomano,    m.    Zuanpaolo 
Contarini  et  m.  Luca  Michiel  honorandi  gouernatori  delle   intrade  aldido 
in  longa  disputatione  Francesco  di  Alessi  scontro  el  deputado   del  fon- 
tego  di  Todeschi  .  .  . 

Adi  xxi.  di  luglio  mdlxxxiii. 
Referi  Michiel  Moreto  fante  del  officio  de  mandato  delli  clarissimi 

Zuan  Paulo  Contarini hauer  lassato  una  polizza  alla  cassa 

doue  habita  Francesco  di  Alessi  .  .  . 

mdlxxxv.  adi  xxx.  ottobre. 
Considerando  li  clarissimi  m.  Piero  Corner,  m.  Lorenzo  Falier  ab- 
sente  el  clarissimo  m.  Bortalamio  de  Priuli  lor  terzo   colega  uisdomini 
in  fontego  di  Todeschi  esser  necessario  proueder  delli  danari  delli  bol- 
lettini  pero  hauendo  considerato  quanto  si  de  considerare  .  .  . 

Laus  deo  mdlxxxyi.  adi  xxvi.  marzo. 
Vedendo    noi   Piero    Corner,   Lorenzo    Fallier    et  Benetto   Soranzo 
uisdomini  in  fontego  di  Todeschi  iutrodutti   molti  disordini  concernenti 
interesse  publico  in  materia  del  espedition  delle  mercantie  .  .  . 

Noi  gouernadori  delle  intrade: 
Ordinemo  a  uoi  siguori  uisdomini  al  fontego  di  Todeschi  che  stante 

la  sustitution  fatto per  el  clarissimo  m.  Andrea  Surian  can- 

celier  grande  nella  persona  di  m.  Alessandro  Cauazza  .  .  . 

Nos  capita  illustrissimi  consilii  x.  infrascripti 

che  non  potendo  si  come  non  possono  le  tre  sansarie  che  sono  concesse 
alla  cancellaria  ducal  per  supplimento  del  salario  ... 


Adi  xxx.  april  mdlxxxyii. 
Li  clarissimi   m.  Luca  Valaresso,  m.  Stoi  Balbi 
bano  m.  Alessandro  Cauazza  .  .  . 


appro- 


73 


1587. 


25.  maggio. 


1587. 


27.  maggio 


1587. 


4.  maggio. 


1587. 


16.  giugno. 


1588. 


16.  maggio. 


1591. 
9.  decembre. 


1595. 


2.  maggio 


Noi  gouernatori  delle  intrade: 

Ordinemo  a  uoi  uisdomini  al  fontego che  stante  la  in- 

stitutione  hoggi  fatta  per  il  clarissimo  m.  Andrea  Surian 

nella    persona    de    s.    Zuanbattista    di    Cabrieli    q.     s.     Panfilo     da 
Serauale  .  .  . 


Li  clarissimi  m.  Lucha  Valaresso 
scritto  s.  Zuanbattista  di  Cabrieli  .  .  . 


approbano  il  sopra- 


Termination  delli  clarissimi  signori  gouernatori  delle  intrade  in 
raateria   delle   utilita  delli  signori  uisdomini  nel  finir  delf  of- 
ficio.    Registrata  adi  xx.  zugno  mdlxxxvii. 
mdlxxxvii   adi  im   mazo. 
Li  clarissimi  m.  Zuan  Donado,  m.  Zuan  Mathio  Pisani,  honorandi 
gouernatori  delle  intrade  hauendo  udito  il  nobil  homo  m.  Luuardo  Venier 
uice  domino  atual  al  fontego  di  Todeschi  domandante  che  per  sue  sig- 
norie  clarissime  douer  esser  terminato  .... 

Termination  di  clarissimi  signori  uice  domini    del   fontegho  di 
Todeschi  in  materia  delli  fanti  del  preditto  officio. 
Adi  xvi.  zugno  mdlxxxvii. 
Essendosi  doluto  dauanti  li  clarissimi  m    Lucha  Valaresso    .... 
s.  Antonio  de  Marsilii  che  essendo  lui  nouo  ad  esercitar  la  sansaria  in  ditto 
foutego  non  esser.do  conosciuto  dalli  raercanti  non  uiene  adoperato  .  . 

mdlxxxviii.  die  xvi.  mazo 
Constituidi  all'  offitio  li  infrascritti  principali  delle  sansarie .... 

Termination  di  clarissimi  signori  uisdomini  del  fontego  di  To- 
deschi in  materia  del  meter  li  capi  di  tessera. 
Essendo  comparso  dauanti  li  eccellentissirui  mis.  Alessio  Gradenigo 

m.  Conforto   Morosini,    m.  Francesco  Barbaro   honorandi  uice    domini 

del  fontego  di  Todeschi  s.  Zuane  Vinzi  .  .  . 


Termination  delli  clarissimi  signori  uicedomini  dell'   eccellente 
s.  Geronimo  Lucadelli   auocato   fiscal   del   presente   officio  del 
fontego  di  Todeschi. 
mdlxxxxv.  adi  n.  mazo. 

Li  clarissimi  m.  Andrea  Diedo hauendo  considerato  che 

ser  Geronimo  Lucadelli  auocato  fiscal  si  affaticha  nel  presente  offitio  .  .  . 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  10 


74 


1596. 


5.  aprile. 


1596. 


giugno. 


(1597.) 


1597. 


11.  agosto. 


1598. 


27.  nouembre. 


1599. 


8.  luglio. 


Termination  di  clarissimi  signori  uisdomini   circa  le  regalie  di 

sauoni. 

Adi  v.  april  mdlxxxxvi. 
Essendo    che    per  il  passato  rillustrissimi  signori  capi  dell'  eccel- 
lentissimo  consiglio   di  x.  mandauano  li  mandati   delle  ratte  di  sauoni 
a  noi  .  .  . 

Termination  di  clarissimi  signori  uisdomini  per  la  dispensa  di 

sauoni,  con  il  modo  della  dispensa  di  essi. 

mdlxxxxvi.  adi  vm.  zugno. 
Li  clarissimi  m.  signori  Cornelio  Corner,  m.  Andrea  Contarini  non 
essendo  ancora  intrato   il  loro  terzo  collega  il    clarissimo    signor    Julio 
Querini uedendo  molti  disordini  nelle  ratte  de  sauoni  .... 

Termination   delli   clarissimi    signori    uice  domiui  per  occasion 
delli  sauoni  con  il  modo  della  dispensa  di  quelli. 
Hauendo   li  clarissimi   signori  Antonio  Vituri   sier   Zuane  Tron  et 
sier  Francesco  Grimani  honorandi   uize  domini  in  detto  fontego  di  To- 
deschi  uisto  le  tre  termination  per  ochasion  di  sauoni  .  .  . 

Nota  della  partision  dei  sauoni  chome  qui  sotto  .  .  . 

Termination  delli  clarissimi  signori  uize  domini  come  qui  sotto. 

mdlxxxxvii.  adi  xi.  auosto. 
Li  clarissimi   signori  Aluise  da   Riua  signor  Giulio  Querini  hono- 
randi uize  domini  in  fontego chassa  et  annulano  s.  Gero- 
limo Luchatello  era  auochato  fischal  .  .  . 

Laus  deo.  mdcxxxxviii.  xxvii.  nouembrio. 
Li  clarissimi  signori  Antonio  Vitturi  signor  Zuane  Tron  et  signor 

Francesco  Grimani  onorandi  uize  domini uista  la  sopradetta 

cassazion  .  .  . 

(Del  pagar  all'  uscida.) 
mdlxxxxix.  vm.  luio  in  pregadi. 
Fo  deliberato   per   questo  conseglio  sotto  xvm    mazo  mdlxxxxvi. 
nella  regolation   del   fontego   di  Tode^chi   che   per  anni   tre  uenturi  le 
merze  di  esso  fontego  che  per  usida  soleuano  pagar  diese  per  zento  .  . 

fossero  spedite  per  lauenir  a  rason  de  sei  per  zento   .  .  . 

Landara  parte  che  per  tre  anni sia  prorogato  che  li 

uari  dosi  armelini  zibellini  che  capitano  in  fontego possino 

esser  condoti  a  Venetia  senza  uerun  pagamento  .  .  . 


75 


1600 


15.  aprile. 


1600 


5.  luio. 


1600. 


6.  luglio. 


1600. 


7.  luio. 


1600. 

3.  agosto. 


1600. 


15.  agosto. 

1600. 

3.  gennaio 

1601. 

29.  genuaio. 


Laus  deo.  mdc.  adi  xv.  aprile. 
Douendosi  far   elezion  di  aduochato  fischal   nel  officio  del  fontego 
di  Todeschi  in  locho  del  q.  magnifico  signor  Zuane  Varischo  passato  a 
miglior  uita  li  giorni  passati  .  .  . 

Laus  deo.  mdc.  adi  v.  luio. 

Tratta  dal  libro   di  contrabandi  dell'   officio   della   tauola  del 
intrada  de  sora  a  carte  46. 
mdc.  v.  luio. 
Denonzia  Antonio  Caminella  capitaaio  della  barcha  all'  officio  r-ostro 
eri  sera  auer  trouato  in  doi  piatarelle  .  •  . 

Li  vi.  luio.     (Inibitioni.) 

Referi  s.  Enea  Todeschin  fante  dell'  officio  auer  sottoscritto  li  sie 
del  instante  la  inibition  ut  iufra : 

De  mandato  delli  clarissimi  s.  uicedomini  al  fontego  di  Todeschi 
si  inibise  a  uoi  clarissimi  signori  uizedomini  alla  intrada  che  uostre. 
signorie  clarissiuie  non  prozedano  ad  atto  alchuno  sopra  li  marochiui  di 
ragion  di  m.  Zuan  Rubin  .  .  . 

vii.  luio. 
De  mandato   de   clarissimi   signori   alla   intrada   si  conza  in  base 
alla  inibition  fatta  da  uoi  uizedomini  .  .  . 

Laus  deo.  in.  auosto  mdc. 
Sopra  le  mutue  inibition. 
Delli  uizedomini   al  fontego  di  Todeschi  et  di   quelli  della  tauola 
della  intrada  una  di  vi.  Ultra  di  vii.  del  mese  p°  p0,  .  .  . 

Laus  deo.     xv.  auosto  mdc. 
Clarissimus  dominus  Petrus  Arimondo  aduocatus  communis  auditis  .  .  . 

m.  zener  mdc. 
Essendo  finita  la  proroga  della   esenzione  che  se  fa  alli  rami  .  .  . 

Termination     delli     clarissimi    uisdomini     del    eccellente    m. 
Zuanne  Spinelli  auocato  fischale  del  presente  officio  del  fontego 
di  Todeschi. 
Adi  xxix.  zener  mdci. 
Li  clarissimi  signori  Nicolo  Quiriui,  Aluise  Cuiran  et  Piero  Memo 
honorandi  uisdomini  considerando  quanto  e  necessario  .  .  . 

10* 


76 


1603. 


5.  aprile. 


1603. 


12.  agosto. 


1426. 


1605. 
10.  marzo. 


1605. 
1.  febbraio. 


1607 


12.  nouembre. 


1607. 
14.  zener. 


1604. 

31.  gennaio. 


Laus  deo.     mdciii.  v.  aprile. 
Douendosi  far  eletion  de   auochato  fischal   nel  officio   del   fontego 
di  Todeschi  in  locho  del  q.  magnifico  m.  Zuane  Spinelli   .  .  . 

Laus  deo.  mdciii.  xii.  auosto  in  collegio. 
Aldidi   in   conti  aditorio   nel  collegio  nostro  gli  interuenienti  della 
magnifica  naeion  Alemana  che  richiedeuano  douersi  ordinäre  ali  signori 
alla  insida   che   douesser  far  restituir  dui  panni  de  settanta    scharllati 
a  Marchio  Aderlar  .  .  . 

mccccxxvi.  die  in.  jaouarii  in  consilio  rogatorum. 

Cum  illustrissimus  dominus  dux  Sabaudie  per  oratores  suos  qui 
fuerunt  ad  presenciam  nostri  dominii  exponi  fecerit  .  .  . 

Vadit  pars  in  complacentia  dicti  domini  et  etiam  pro  dando  sub- 
ditis  suis  causam  ueniendo  Venecias  ad  mercandare  quod  de  cetero 
omnino  subditi  dicti  illustrissimi  ducis  Sabaudie  de  ultramontes  trac- 
tarentur  pro  ut  tractentur  Teutonici  in  facto  daciorum  mercanciarum. 

Adi  x.  marzo  mdcv.     (Grisoni.) 

Nos  Marinus  Grimano  dei  gratia  dux  Venetiarum 

che  debbano  rescuoter  i  dritti  spettanti  al  consolato  de  Grisoni  .  .  . 

mdcv.  adi  i.  febraro.    (legnami  lauorati.) 
Essendo  ueuuto  a  notitia  a  noi  Francesco  Contarini  et  collega  uice- 
domini  del  fontego  di  Todeschi  qualmente  e  solito  uenire  in  questa  citta 
alcune  sorte  legnami   lauorati  e   sono   condoti   di    Alemagna  sottoposti 
all'  officio  nostro  corae  sono  tagier,  vernicali,  martelle,  creuelli  .  .  . 

Adi  xn.  nouembre  mdcvii. 
Essendo  necessario   che  noi  uicedomini  al  fontego  di  Todeschi  ab- 
biano  auochato  fiscal e  .  .  . 

mdcvii.  adi  xiiii.  zener.     (sauoni.) 
Essendo   uenuto  a   notitia   alli   clarissimi   signori  Lorenzo  Surian, 
Marco  da  Molin  et  Nicolo  Boldi  honorandi  uice  domini  .  .  . 

(Capitolo :  camere  tolle.) 

mdciiii.  xxxi.  zener  in  collegio  coli'  interuento  et  ballotatione  delli 
gouernatori  delle  intrade  et  v.  sauii  alla  mercantia  .  .  . 

Douendossi  per  essecution  della  parte  del  senato  di  xxxi.  decembre 
proximo  preterito  per  questo  collegio  dar  quella  regola  et  ordeni .  .  . 


77 


1607. 


6.  nouembre. 


1607 


6.  nouembre. 


1607. 


15.  settembre. 


1608. 


30.  aprile. 


1609. 


20.  giugno. 


1615. 


30.  marzo. 


1618. 
28.  settembre. 


1618. 
30.  ottobre. 


mdcvii.  vi.  nouembre.    (mercanti  Alemanni.) 
De  mandato  delli  clarissimi  signori  cinque  sauii  sopra  la  mercantia 

si  comette  a  uoi  Simon  Quarto che  essendo  capitate  et  do- 

uendo  per  lauenir  capitar  in  esso  fontego  mercantie  di d.  Zuau 

Battista  Bergis  marcante  Allemano  nato  di  legittimo   matrimonio  nella 
citta  di  Colonia  Agrippina  .  .  . 

mdcvii.  vi.  nouembre. 

De  mandato  delli  clarissimi  signori  v.  sauii si  comette  a 

uoi  Simon  Quarto che  essendo  capitate mercantie 

di  raggion  et  spettanti  al  nome  de  Giacomo  Val di  Norim- 

bergha debbiate  quelle  expedire  .  .  . 

mdcvii.  a  xxv.  settembre  in  pregadi. 
In  commesso  di  questo   consiglio  sotto  li  xxxi.  settembre  mdciiii. 
la  decisione  delle  difficolta  che  ueniuano  tra  li  datiari   della  intrada  et 
fontego  di  Todeschi  con  li  mercanti  interessate  .  .  . 

mdcviii.  xxx.  april. 
De  mandato  delli  clarissimi  signori  cinque  sauii  sopra  la  mercantia 
si  comette  a  uui  Simon  Quarto  deputato  al  gouerno  del  datio  del  fon- 
tego di  Todeschi  .  .  .  che  essendo  capitate  .  .  .  mercantie  di  Giacomo 
Haschlinger  .  .  .  .  di  Colonia  Agrippina  .  .  . 

mdcix.  adi  xx.  zugoo. 

De  mandato  delli  illustrissimi  signori  v.  sauii si  comette 

a  uoi  Simon  Quarto che  essendo  capitate mercantie 

di  Gioachino  Clivan di  Norimberga  .... 

mdcxv.  adi  xxx.  marzo  (sauoni.) 
Hauendo  uisto  li  clarissimi  signori  uisdomini  Girolamo  Zorzi  .... 
che  altre  uolte  sone  state  fatte et  compartir  li  sauoni   .  .  . 

mdcxviii.  adi  xxviii.  settembre.     (sensaria  uacante.) 
Essendo   uacata   ultimamente  noll'  officio   del  fontego  di  Todeschi 
una  sensaria  per  la  morte  di  Anzolla  Verde  .  .  . 

mdcxviii.  adi  xxx.  ottobre,    (scansation  delle  spese  superflue.) 
Noi  proueditori  et  reuisori  sopra  la  scansation  et  regolacione  delle 
spese  superflue  .  .  . 


78 


1621. 


10.  luglio. 


1588 


27.  febbraio 


1623. 

6.  agosto. 


1626. 
12.  giugno. 


1626. 


14.  agosto. 


1625. 

4.  febbraio. 


1626. 


23.  giugno. 


1627. 


19.  giugno. 


mdcxxi.  adi  x.  luglio  in  pregadi. 
Hauendo   li   proueditori   et  reuisori    nostri   sopra  la  scansasion  et 
regolacione  delle  spese  superflue  fatto  dil  passato  molte  scansasioni  .  .  • 

Parte  presa  dalla  uuiuersita  de  sanseri  ordinari  del  fontego. 
mdlxxxviii.  adi  xxvn.  febraio. 
Volendo  dar  occasione  ad   oguuno   si   di  questo  capitolo  come  ad 
altri  di  affaticarsi  in  farsi  recuperar  danari  et  ampliar  Tutele  .  .  . 

Die  vi.  augusti  mdcxxiii.     (sauoni.) 
Hauendo    uisto    noi   uisdomini  del  fontego  di  Todescbi  infrascritti 
le  compartite  di  sauoni  .  .  . 

mdcxxvi.  a  xii.  giugno.     (regolatori  alla  scrittura.) 

Noi  regolatori    alla  scrittura   infrascritti  in  uista  della  parte  dell' 

eccellentissirao   consiglio   di   x.   et  eccellentissimo   senato  n.  decembre 

mdlxxxi.,  vii.  giugno  mdlxxxviii.    et  ix.  del  corrente  a  noi   comesse: 

comettemo  a  uoi   Gio:  Antonio  Volpin  nodaro  dell'  officio   del  fontego 

che  in  peua  ....  non  dobbiate  notar  per  alcun  modo    .  .  . 

....  sopra  i  libri  dell'  officio  uostro  elettione  alcuna  .  .  . 

mdcxxvi.  a'  xim.  agosto  in  pregadi.  (esatione  del  danaro.) 
Essendo  uecessario  per  buona  regola  da  tenersi  nella  essatione  del  pu- 
blico  danaro  del  magistiato  dei  uisdomini  .  .  . 

Copia  tratta  dal  notatorio  existente  nell  officio  di  x.  officii. 

Adi  im    febraio  mdcxxv. 
Li  illustrissimi  signori  Pietro  Foscarini,  Piero  Priuli  et  s.  Gaspare 
Querini   honorandi  proueditori   alli  x.  offitii  aldido  linterueniente  di  d. 
Zorzi  Vitte  con  l'eccellenti  suoi  auocati  dimandante  esser  liberato  ed  essatto 
dal  debito  .  .  . 

mdcxxvi.  xxin.  giugno. 
Reduto  il  collegio  degli  illustrissimi  signori   sauii  sopra  le  decime 
in  Rialto   al  uumero  di  vm.  compresi  li  illustrissimi  signori  Francesco 

Michiel  tre  sauii  sopra  li  conti aldido  d.  Francesco  Usubeli  in- 

terueniente  per  nome  delli  eredi  di  .  .  d.  Zorzi  Vitte  .  .  . 

mdcxxvii.  xix.  zugno  in  pregadi.     (essemtoria  del  fontego.) 
Essendo  molto  ben  ragioneuole  che  quel  ordine  in  uirtu  delli  antichi 
publici  decreti  inuiolabilmente  se  obserua  della  essemptoria  del  fontego  .  .  . 


79 


1637. 


10.  decembre. 


1641. 


27.  gennaio. 


1641. 


7.  settembre. 


1641. 


22. 

nouembre. 

1641. 

22. 

nouembre. 

2ÖT 

1641. 
decembre. 

(1641.) 
(5.  febbraio.) 


Landera  parte  che  per  lauuenire  tutte  le  mercantie  che  saranno  qui  sotto 
annotate  .... 

Douendo  obuiarsi  alle  fraudi  .  .  . 

Segue  il  nome  de  le  merzi  .  .  . 

Adi  x.  decembre  mdcxxxvii.  (regolatori  alla  scrittura.) 
Volendo    gli   illustrissimi  signori    regolatori  alla  scrittura  imporre 
ordini  che  uagliano  a  migliorare  le  regole  et  forme  nel  tener  la  scrittura 
hanno  ordinato  .  .  . 

Adi  xxvii.  genaro  mdcxxxxi. 
Li  illustrissimi  signori  uisdomini  infiascritti  al  fontego  di  Todeschi 

concedemo  per  esperientia  de  esserci  bisogno  nel  loro  officio- 

di  un  carter  .  .  . 


mdcxxxxi.  vn.  settembre. 
Noi  regolatori  alla  scrittura  infrascripti   inherendo   per   quanto  in 
altri  casi  simili  e  stato   praticato  cometemo  a  uoi  scontro  dell'  officio 

che  dobiate  meter  nel  foglio  solito .  .  .  .  il  nome  di  Giusto« 

q.  Giacomo  Bon  masser  .  .  . 

Redution  del  collegio  delli  sauseri  ordinari  per  far  eletion  del  pre- 
sidente  et  del  ragionato  di  essi  sanseri. 

Adi  xxii.  nouembre  mdcxxxxi. 
Conuocato  il  congresso  di  sanseri  ordinari  .  .  . 

Terminatione  delli  illustrissimi  et  eccellentissimi  sig- 
nori cinque  saui  alla  mercantia  et  reuisori  et  regola- 
tori de  i  dacii  per  essecutione  delle  parti  prese  nelP 
eccellentissimo  senato  mdcxxxx.  xxii.  decembre^ 
mdcxxxxi.  xxyiii.  settembre  et  xx.  decembre. 
In  materia  della  regolatioue  del  datio  del  fontego  di 
Todeschi. 
Douendosi  per  buona  regola  del  dacio  del  fontego  .  .  . 

1.  Che  in  conformita  della  parte  dell'  eccellentissimo   collegio  di 
datii  .  .  . 

2.  Che  dal  soprastante  che  e  destinato  all'  aprir  delli  colli  .  .  .. 

3.  Che  tr.tti  quelli  ministri,  capi  di  tessera  .  .  . 

4.  Che  li  ministri  o  spedizioneri  a  chi  si  aspetta  .  .  . 

5.  Che  nella  stima  che  occorera  a  farsi  .  .  . 

6.  Che  il  soprastante  dell'  eccellentissimo  consiglio  di  x 


80 


1641. 


5.  febbraio- 


1641. 


5.  febbraio. 


1643. 


16.  settembre. 


7.  Che  nelle  bollette,  che  in  auenire  si  faranno  a  Verona  ...» 

8.  Che  l'essecutione  dell  ordine  sopradetto  debba  principiare  .  .  . 

9.  Che  ritrouandosi  dopo  il  terinine  sopradetto  .  .  . 

10.  Che  inherendo  alla  deliberazione  dell'  excellentissimo  .  .  . 

11.  Che  il  soprastante  destinato  per  questo  effetto  .  .  . 

12.  Che  essendo  ritrouate  mercantie  destinate  per  li  lochi  sudetti . . . 

13.  Che  per  cautar  maggiormente  il  publico  dalle  contrafationi  .  .  . 

14.  Che  dal  riuerso  delle  bollette  quando  i  carichefa  la  mercantia . . . 

15.  Che  trouandosi  da  officiali  simil  bolette  .  .  . 

16.  Che  il  palatiero  oue  passeranno  simil  bolette  .  .  . 

17.  Che  le  bollette  che  se  fano  per  Mestre  .  .  . 

18.  Che  al  carico  del   soprastante   in   fontego   dell'   uscida   dall' 
eccellentissimo  consiglio  di  x.  .  .  . 

19.  Che  i  mercanti  che  fanno  bollette  in  fontego  di  mercantie  .  .  . 

20.  Et  quanto   al   decimo  capitolo   delle   regolatione  xxviii.  set- 
tembrio  .  .  . 

21.  Et  da  mo  sia   preso  che  sia  data    facolta  ai  reuisori  et  rego- 
latori  sopra  i  datii  .  .  . 

(Firme  delle  parte  mdcxxxxi.  v.  febbraio.) 
s.  Antouio  Venier 
s.  Zuane  Moro 

s.  Francesco   Corner  cau.     \     saui  alla  mercantia. 
s.  Lorenzo  Dolfin  l 

s.  Bernardo  Kenier 


8.  Carlo  Contarini 
s.  Polo  Dandolo 
s.  Aluise  Mocenigo   IL 
s.  Piero  Giustinian 
s.  Antonio  Lipomano 


reuisori  et  regolatori  sopra  li  datii. 


Adi  v.  febbraio  mdcxxxxi. 
Riferi  s.  Zuane  Pisenti  comandador  hauer  sopra  le  scale  di  s.  Marco 
e  Rialto  publicata  la  soprascritta  parte  in  tutto  e  per  tutto  come  sta  e 
giace  alle  ore  solite. 


Adi  xvi.  settembrio  mdcxxxxiii.  (saponi.) 
Hauendo  li  illustrissimi  signori  Nadal   Duodo 
ueduto  le  comparti  che  si  fanno  di  sauoni  .  .  . 


uicedomini 


I 


1567. 


24.  marzo. 


1657. 


22 

decembre 

1621. 

11. 

settembre. 

1657. 

22. 

decembre. 

1659. 

7.  giugno. 


1659. 
21.  giugno. 


1659. 

20.  settembre. 


1661. 
11.  aprile. 


MDLXvn.  xxiiii.  marzo  in  pregadi.  (dacii  publici.) 
Di  quanta  importanzia   m  al  buon  gouerno  delli  stati  la  conser- 
uatione  del  danaro  publico  .  .  . 

Adi  xxn.  decembre  mdclvii. 
Ilegistrata  nel  capitular  corrente    del  magistrato  degli  illustrissimi 
et  eccellentissimi  signori  gouernatori  delle  intrade   a  carte  lxxxxix. 

mdcxxi.  xi.  settembre  in  pregadi. 
Hanno  alcuni   conduttori   de  dacii   de  sali  sotto  pretesto  di  nuoue 
proposte  o  partiti  ottenute  nel  collegio  del  sale  bonificationi  .  .  . 


Registrata  nel  capitular  corrente 


a  carte  lxxxxix. 


mdclviiii.  adi  vn.  giugno  in  pregadi. 
Sopra   a   disordini   che   a  pregiuditio    de    publici    datii    uengono 
praticati  et  che  restarono  dalla  uirtu  dell'  inquisitor  Erizzo  .  .  . 

mdclix.  xxi.  giugno  in  pregadi. 
Che  alla   parte  presa    in    questo    conseglio  sotto  li  xxxi.  maggio 
passato  in  proposito    di  douersi  annotare  supra  quadri  separati  le  mer- 
cantie  .  .  . 

mdclix.  xx.  settembre  in  pregadi. 
Ad  oggetto  di  reprimere  li  disordini  et  fraudi  che  con  pregiuditio 
essentialissimo  delle  publiche  rendite  e  del  datio  importante  del  fontego  . . . 

Adi  xi.  aprile  mdclxi.     (legnami  laborati.) 
Vedendo  li  illustrissimi  uisdomini  infrascritti  esser  totalmente  pas- 
sato in  obliuione   le  buone  regole,    che   gia  nel   presente  magistrato  si 
teneuano  circa  l'espeditione  de  legnami  lauorati  .  .  . 

II  serenissimo  principe  fa  sapere  ... 
Et  per  termination   dell'  illustrissimi  signori  uicedomini  al  fontego 
di  Todeschi  si  fa  pubblicamente  intender  a  cadaun  barcarolo,  marinaro, 
negotiante   che  conduce  o  fa   in   qualsia  modo   condure  in  questa  citta 
legnami  lauorati  che  uenghino  estratti  da  luochi  dell'  Imperio  .  .  . 


1661.  Noi  uice  domini  al  fontego  di  Todeschi: 

11.  aprile.  Comettemo  a  uoi  soprastante  al  far  le  bollette   alli  castelli   et  ad 

altri  luochi  .  .  . 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  1 1 


82 


1659. 


31.  maggio. 


1678. 


28.  marzo. 


1686. 
26.  aprile. 


1686. 


2.  maggio. 


1688. 
26.  agosto. 


1689. 
30.  gennaio. 


1689 
10.  febbraiö. 


1689. 
11.  l'ebbraio. 


Copia  di  contenuto  in  deliberazione  dell'  eccellentissimo  senato 

di  xxxi.  maggio  mdclix. 
Et  aggiungendo  piu  sempre  il  medesirao  magistrato  a  gl'ogli,  gradi 

a  se  stesso  di  merito  et  alla  serenissima  signoria  di  uantaggio 

altro   notabile    inconueniente  osseruato  praticarsi   nelle  condotte   di  al- 
cune  mercantie  nelle  quali  uengono  confusi  li  datii  .  .  . 

mdclxxviii.  xxviii.  marzo. 
La  sottoscritta  boletta   di  pellame    da  uarotter  fu  pretesa  spedirsi 
a  doana  da  terra  da  quel  daeiero  et  si  diffese  il  signor  Gio.  Cortinoui 
gouernator  del  dacio  del  fontego  .  .  . 

Die  xxvi.  aprile  mdclxxxvi. 
L'illustrissimi   signori   uicedomini   del   fontico   de'  Todeschi  infra- 
scritti  udito  domino  Francesco  Christoforo  Amtman,  console  della  natione 

Alemanna,  dicendoli  che  essendoli  stato concesse  camere  in 

ditto  fontico  ....  et  essendosi  ritrouata  in  detta  camera  una  cassella 
bislonga  serata  .  .  .  si  ritrouo  esserui  dentro  un  corno  d'unicorno  .  .  . 

mdclxxxvi.  ii.  maggio. 
L'illustrissimi  signori  uisdomini  in  fontico  di   Todeschi   infrascritti 
aldido   domino  Francesco  Cristoforo  Amtman   console   dicente  che   non 
intende  hauer  piu  carte  ne  tener  la  sudetta  cassella  .... 

mdclxxxviii.  xxvi.  agosto. 
Presentation   alla   cancellaria   ducal  insieme   con  un   protocollo  et 
intimatione  com  in  quello  .  . 

mdcxxxix.  xxx.  genaro. 
L'illustrissimi  signori  uisdomini  di  fontico   di  Todeschi  infrascritti 
che  in   esecuzione    della  terminatione  sopradetta,   hanno  ordinato  che 

detto  corno  di  unicorno  sia  riposto  nel  conuento  dei  reuerendi 

padri  del  Carmine  .  .  . 

mdclxxxix.  x.  febraro. 
De  ordeni  delli  illustrissimi  signori  uisdomini  di  fontego  di  Todeschi 
si   fa   commandamento   a    uoi   donna   Anna   Hizzel  relitta  del  console 
dorn.  Francesco  Amtman  .... 

mdclxxxix.  xi.  febraro. 
Costituito  in  officio  il  signore  Zuane  Haurocher,  e  per  nome  della 
signora  Anna  Hizzel  .  .  . 


83 


1671. 


15.  luglio. 


1671. 
15.  luglio. 


1675. 


31.  agosto. 


1675. 


20.  setteuibre. 


MDCLXXI.   XV.   luglio. 

Tariffa  stabilita  per  il  fontico  di  quanto  douera  esser  stimate  le 
marcantie  per  uscida  come  in  essa  con  il  rilascio  di  im.  per  cento  sopra 
la  stima  delle  lastre  e  specchi  et  di  dieci  per  cento  sopra  l'altre  mer- 
cantie  alli  soli  nationali  priuileggiati  .... 

mdclxxi.  xv.  luglio 

Gli  illustrissimi  et  eccellentissimi  signori  cinque  sauii  alla  mer- 
cantia  .... 

Che  il  pagamento  del  datio  di  uscita  nel  fontego  di  Todescbi .  .  . 
Che  delli  gottoni  mandole  galle  .... 
Che  nel  espeditione  per  uscita  .... 
Che  per  li  soli  uetri  di  Muran  .... 
Che  finalmente  per  leuar  quelli  abusi  .  .  . 

(Regolatione  della  tariffa :  priuilegio  della  natione  Alemanna.) 
mdclxxv.  adi  xxxi.  agosto  in  pregadi. 

Unitasi  la  rassegnatione  e  prudenza  de  due  magistrati  de  cinque 
sauii  alla  mercantia  e  regolatori  de  datii  .  .  . 

Landera  parte  che  resti  la  regolatione  della  tariffa  .  .  . 

Resta  in  oltre  stabilito  che  a  essi  soli  Alemanni  pero  partecipanti 
del  capitolo  sii  bonificato  .... 

E  perche  e  publica  intentione  che  li  stessi  nationali  Alemanni  .  .  . 

Restando  per  gratioso  priuilegio  che  la  benignita  publica  concede 
alla  natione  .  .  . 

Ad  effetto  di  che  douendosi  stabilire  una  puntual  liquidatione  .  .  . 

Douera  esser  sempre  affissa  in  fontico  uisibilmente  li  nomi  de 
nationali  stessi  participanti  del  capitolo  .  .  . 

Osseruandosi  inoltre  redotta  a  summa  insensibile  la  rendita  del 
datio  ... 

Questo  decreto  che  tiene  per  oggetto  laumento  del  negotio  e  la 
conseruatione  in  questa  citta  della  natione  Alemanna  .  .  . 

E  perche  dalle  considerationi  de  suddetti  magistrati  si  comprende  .  .  . 

Gianfrancesco  Giacomazzi  nodaro  ducale. 

Termin atione    del   colleggio   eccellentissimo   dei  signori  cinque 
sauii  alla  mercantia  e  reuisori  e  regolatori  de  datii  in  materia 
della  regolatione  del  fontico  de  Todeschi. 
mdclxxv.  xx.  settembre. 
Li  illustrissimi  et  eccellentissimi  signori  cinque  sauii  alla  mercantia 

e  reuisori  e  regolatori hanno  terminato  che  salue  nelle  altre 

11* 


84 


1543. 
10.  giugno. 


1682. 
25.  luglio. 


16S7. 


21.  lebbraio. 


1694. 


13.  marzo. 


1507. 


5.  febbraio. 


parti  la  sudetta  terrainatione  sia  leuata  la  obligatione  di  dichiarar  la 
qualita  specifica  delle  mercantie  .  .  . 

Item  che  rauiuandosi  la  parte  dell'  eccellentissimo  collegio  mdxliii. 
x.  zugno  .... 

Ma  perche  si  deue  anche  prouedere  che  non  possono  in  conto  al- 
cuno  essere  defraudate  le  publiche  ragioni  .  .  . 

Parte  presa  nell'  eccellentissimo  consiglio    di  pregadi  che  con- 
ferma  alli  mercanti  nationali  i  loro  priuilegi  et  il  poter  espedir 
in   fontico  tutte   le   mercantie   che   introduranno  e  li  saranno 
adrizzate  da  quäl  si  uoglia  paese. 
mdclxxxii    xxv.  luglio  in  pregadi. 

Esaminata  pesatamente    da   reuisori la  pratica  della 

natione  Alemanna  stabilita  in  questa  citta  per  la  speditione  delle  mer- 
cantie che  introducono  .  .  . 

Landera  parte  che  il  datio  del  fontico  di  Todeschi  .  .  . 
E  perche  e  intention  pubblica  che  da  medemi  non  si  presti  ad  al- 
cuu  il  nome  .  .  . 

(esention  e  minoration  del  dacio.) 
mdclxxxvii.  xxi.  febraro  in  pregadi. 
La  benemerita   nation  Alemanna   la   sempre    goduto  le  destintioni 

del  publico  affetto supplicando  che  resti  per  estesa  al  fontico 

de  Todeschi  l'esention  e  minoration  del  datio  .  .  . 

Landera  parte  che  per  atto  della  solita  benignita  di  questo  con- 
siglio resti  dechiarito  che  le  mercantie  che  si  estragono  dal  fontico  de 
Todeschi  per  terre  aliene  habbino  a  bonficarsi  nel  datio  d'uscita .... 

mdclxxxxiiii.  xin.  marzo. 
Rapresentato   agli  illustiissimi   et   eccellentissimi   signori  ragionati 
reuisori  et  inquisitori  sopra  datii  dal  zelo  degli  illustrissimi  signori  uis- 
domini  al  fontico  de  Todeschi   il  disordine  importantissimo  della  man- 
canza  di  sopra  tre  mille  seicento  quadri  di  bollette  .  .  . 

Consegnatione   delle   camere   noue    a  mercanti  Todeschi  per  li 
proueditori  al  sal. 
mcccccvii.  adi  vn.  febbraro. 
De  comandamento  de  mis.  Marco  Tiepolo   proueditor  al  sal  depu- 
tato  alla  fabbrica  del  fontego  di  Todeschi  .  .  . 


85 


1508. 
12.  marzo. 


1694. 

17.  masrsrio. 


1694.  _ 
16.  giugno. 


1698. 
5.  aprile- 


1704. 

10.  marzo. 


1738. 
19.  aprile. 


Consegnation  de  magazini  a  mercanti. 

mcccccviii.  adi  xii.  marzo. 
Magazeni  e  uolte  del  fontego  nouo  consegnade  a  mercanti. 
N.  1.  s.  Bulfardo  Negro  .  .  . 

A  xvn.  maggio  mdclxxxxiiii. 
La    sudetta   consegnatione   e   stata    qui    registrata  di  ordine  delli 
eccellentissimi  signori  uisdomini  del  presente  eccellentissimo   magistrato 
et  per  copia  hauta  dal  siguor  cousole  del  fontego  del  magistrato  eccel- 
lentissimo del  sal  .  .  . 

mdclxxxxiiii.  a  xvi    zugoo.  (bollette.) 
Veduto   da  signori  eccellentissimi   che    Sebastian    Persuto   scriuan 
alla  Chiusa  habbino  trascurato  di  registrare  sopra  i  libri   delle  bollette 
delle  mercantie  di  fonticho  di  Todeschi  quelle  bolette  .  .  . 

mdclxxxxviii.  v.  aprile.     (magistrato  del  sindico.) 
Udito   il   magistrato    del   sindico   e  giudice   estraordinario   che    in 

essecutione    delle  leggi sia  dalla  serenissima  signoria  confir- 

mato  il  comandamento  et  contrasuspensione  per  il  loro  magistrato  .  .  . 
Et  dall'  altra  uditi  li  signori  uisdomini  al  fontico  di  Todeschi  di- 

mandanti   humilmente   la   reuocatione   della  suspensione   del  magistrato 

del  sindico  .... 

Fu  posto  il  bossolo  bianco  per  il  magistrato  del  sindico  et  il  uerde 

per  il  magistrato  del  fontico  et  il   rosso   non   sinciero,    e  fu   preso   nel 

uerde. 

(in  materia  della  publica  esatione.) 

Terminatione  dell'  illustrissimi  et  eccellentissimi  signori  inqui- 
sitori   alli   gouernatori   dell'   intrade   delli  x.    marzo  mdcciiii., 
approuato  dall'  eccellentissimo  senato  xxn.  marzo  sudetto. 
Gli  illustrissimi  et  excellentissimi  signori  inquisitori alli 

gouernatori  delle  intrade resta  raccomandata l'impor- 

tante  materia  della  publica  esatione. 

(defraudazioni.) 

mdccxxxviii.  xix.  aprile  in  pregadi. 
Le  grauissime  dilapidationi,  che  per  la  rapacita  e  per  l'infedelta 
dei  ministri  affliggono  in  tante  e  si  strane  guise  la  publica  economia 
crebbero  ora  mai  a  dismisura  tale  onde  non  senza  ragioneuole  fondamento 
poter  sospettarsi  che  per  cosi  fatta  infettione  di  tutte  le  casse  di  questa 
dominante  alcuna  non  ne  rimanga  incontaminata  e  sicura  .  .  . 


86 


1738. 

6.  giugno. 


1738. 


6.    giugno. 


1661. 


11.  giugno. 


mdccxxxviii.  vi.  giugno.  (reuision  delle  casse.) 

Auendo  conosciuto  gli  illustrissimi  et  eccellentissimi  signori  inqui- 
sitori  alla  reuision  delle  casse  negl'incontri  sin  hora  fatti  ne  libri  di 
uari  magistrati  che  se  si  fosse  mantenuta  l'istessa  constanza  nella  esecution 

delle  leggi  quanto  fu  usata  prudenza  nel  stabilirle et  auendo 

riscontrato  per  la  maggior  parte  ineseguito  il  trasunto  delle  parti  del 
senato  e  dell'  eccellentissimo  consiglio  di  x.  che  per  ordine  del  nobil- 
homo  ser  Ottauian  Malipiero  fu  inquisitor  sopra  la  reuisione  delle  casse  e 
stato  compilato  nell'  anno  mdclxi.  .  .  . 

Andrea  Memo  kav.  inquisitor. 

Polo  Renier  inquisitor. 

Michele  Priuli  inquisitor. 

Candido  Querini  nodaro. 

Ordeni  e  trassunto  di  parti  dell'  eccellentissimo  senato  et  eccel- 

lentissimo   conseglio  di  dieci  fatti   publicare  da  noi   Ottauian 

Malipiero  inquisitor  alli  signori  gouernatori  delle  intrade  sopra 

la  reuis.on  delle  casse  di  publica  esation. 

In  esecution  della  parte  dell'eccellentissimo  senato xi.  zugno  mdclxi. 
In   materia   di   giro   di   scrittura,    saldi   di  casse,    e  maneggio  di 
publico  danaro  da  essere  inuiolabilmente  obbediti  per  li  cassieri, 
scontri,  quadernieri,  contadori,  massari,  e  cadaun  altro. 
I.  Che  oltre  a  quello  che  con  somma  prudenza  dell'  eccellentissimo 

consiglio  di  dieci  e  stato  sotto  li  xxvi.  aprille  passato  decretato 

circa  li  cassieri  de  magistrati  .  .  . 
ii.  Che  non  possino  girar   partite   d'alcuna  sorte   se  non  sopra  li 

libri  .  .  . 
in.  Che   non   possino  girar  partita  alcuna  e  senza  la  presenza  di 

chi  contassa  il  danaro  .  .  . 
im.  Che  le  copie  delle  partite  non  possino  esser  date  fuori  .  .  . 
v.  Che  li  cassieri  che  conterano  danaro  a  conto  del  scosso  .  .  . 
vi.  Che  non  possino  far  scriuere  in  bauco  da  suoi  ministri  .  .  . 
vn.  Che  siino  obligati  saldar  le  loro  casse  .  .  . 
vm.  Che  non  permettino  che  sii  riscosso  danaro  de  loro   ministri  a 

parte  .  .  . 
ix.  Che  li  scontri,   quadernieri  e   contadori  debbino  puntualmente 

obbedire  .  .  . 
x.  Che  non  permettino  che  sii  portato  auanti  il  far  il  saldo  delle 

casse  . 
xi.  Che  li  contadori  debbano  pagar  delle  monede  che  riscuotano .  . . 


87 


XII. 

XIII. 

XIV. 

XV. 

XVI. 

XVII. 

XVIII. 

XIX. 

XX. 

XXI. 

XXII. 
XXIII. 
XXIV. 

XXV. 

XXVI. 

XXVII. 


XXVIII. 

XXIX. 

XXX. 

XXXI. 
XXXII. 


Che  in   nessun  modo  li  scontri   permettino  che  li  cassieri  fac- 
ciano  de  casse,  una  dietro  l'altra  .  .  . 
Che  non  possi  scuoder  in  una  cassa  se  prima  non  sara  saldata 
la  precedente  .  .  . 

Che  nelli  giri  delle  partite siino  espresse  le  summe 

del  danaro  girato,  il  nome  del  cassiero  .  .  . 

Che  non  si  possino  far  riceuute  ne  fogli  o  copie  di  partite. 

Che  ogni  datio  debbi  auer  li  suoi  libri  separati  .  .  . 

Che  tutte  le  bolette  e  suoi  scontri,  siino  stampate  e  numerate. 

Che  in  tutti  li  magistrati  d'esatione  debbino  li  cassieri  .  .  . 

Che  li  quadernieri  debbano  puntualmente  metter  in  la  scrittura . . . 

Che  non  siino  eseguite  le  leggi  dalli  magistrati  .  .  . 

Che  tutti  li  publici  libri  siino  cartati,  bolati  e  ad  ogni  faciata 

numerati  ... 

Che  tutti  li  libri  ....  stiino  nelli  magistrati  ... 

Che  saldati  li  datii  alle  raggion  noue  .  .  . 

Che  tutti  li  predetti  libri restino  consegnati  alli 

masseri  ... 

Che  nelli  mensuali,  doue  si  scuodono  bollette  numerate  .  .  . 
Che  li  cassieri  debbano  tener  un  libro  cartato  e  bollatto  .  .  . 
Che  tanto  li  cassieri  quanto  li  scontri  quadernieri  contadori  e 
massari  siino  obligati  ossernar  ed  ubbidir  non  solo  tutti  li  pre- 
ditti  ordini  .  .  . 

si  aggiunge: 
Tutti  quelli  che  per  qualunque  ragione  farano  pagamento  .  .  . 
Cadaun  giorno  che  si  ridura  il  cassiero  .  .  . 
In  quegli  uffitii  poi  ne  quali,  quelli  che  contano  il  danaro  .  .  . 
Per  li  quadernieri  poi  oltre  lobligo  che  tengono  per  le  leggi .  .  . 
E  perche  sia  ad  uniuersale  notitia  ....  douera  .  .  .  .  oue  le 
casse  si  tengono  ...  tenersi  affisso  il  seguente  cartello:  .  .  . 


1747. 

18.  marzo. 


Signori  pagadori. 
Osseruate  a  scriuer  le  partite  ne  libri  bollati  del  danaro  che  da 
uoi  sara  contato  perche  in  caso  d'ommissione  d'alcuna  partita,  sarete 
tenuti  a  nuouo  pagamento  giusto   dl   decreto   di  approuazione  delV 
eccelso  senato  de  di  XXIX.  maggio  MDCCXXXVIII. 

Adi  xviii.  marzo  mdccxxxxvii. 
D'ordine  degli  illustrissimi  signori  uisdomini  del  presente  officio  si 
fa  nota  in  capitolar  qualmente  attrouasi  nel  detto   officio  una  foghera 
di  bronzo  ... 


88 


1787. 


15.  decembre. 


1787. 


20.    decembre. 


1789. 


17.  decembre. 


mdcclxxxvii.  xv.  decembre.  (dispeasioni  di  soldo.) 
Noi  Zuanne  Pesaro  inquisitor  alle  reuision  et  appuntador: 
Disposte   dall'   autorita   dell'  eccellentissimo    senato  coa  il  decreto 
xxix.  nouembre  proximo  passato  le  iraponenti  sue  determinationi  sopra 
l'argomento  grauissimo  delle  rileuanti  dispensioni  di  soldo  recentemente 
scoperte  sotto  il  titolo  di  largizioni  .  .  . 
Donato  il  piu  raaturo  rifflesso  .  .  . 
i.  Si   fa   publicamente  manifesto,  che  sia   proibito  a  qualsisia  ma- 

gistrato di  segnar  atto  ....  per  esborsi  .  .  . 

ii.  Li  secretari  fiscali  ....  che  formasseno  atti  .  .  . 
in.  E  perche  le  prescrizioni  emanate  .  .  . 

im.  Rissoluto  essendo  dalla  publica  uolonta  che  da  qualunque  cassa 
seguir  non  abbiano  .  .  . 
V.  Alla  uerinVatione  delli  publici  rissoluti  commandi  .  .  . 
vi.  A  conseguirne  di  queste  prescrizioni  rimmancabile  suo  adempi- 

mento  .  .  . 
vii.  La  disciplina  imposta  coli'  articolo  precedente  .  .  . 
Till.  Adempite   da    ragionati   reuisori   et  appuntadori   suddetti  le  re- 
uisioni  '.  .  . 
ix.  Affinche  pero  non  manchino  alli  ragionati  .  .  .  .  Ii  mezzi .  .  • 
x.  Riportato  che  abbia  la  presente  terminatione  il  sourano  publico 
assenso  .  .  . 
Zuanne  Pesaro  inquisitor. 


Approuata  con   decreto   dell'  eccellentissimo   senato  xx.  decembre 
mdcclxxxvii. 


mdcclxxxix.  xvii.  decembre  in  pregadi.  (sensali  di  Rialto.) 

Riconosciuta  dalla  sapienza  de  maggiori  nostri   l'importanza  e  ge- 
losia  dell'  officio  de  sensali  ordinarii  di  Rialto  .  .  . 

Frenato   cosi   in   ordiue    alle   leggi    l'inualso  arbitrio    del   raetodo 
della  elezione  .  .  . 

Omissis : 

E  delle  presenti  sia  data  copia  .  .  . 

Giacomo  Zon  notaio  ducale. 

Gl'  illustrissimi  ed  eccellentissimi  signori  gouernatori  delle  intrade 
e  uisdomini  al  fontico  di  Todeschi  .  .  . 


89 


1683. 


19.  giugno. 


1792. 
21.  agosto. 


1793. 


16.  maggio. 


1793 


24.  maggio. 


Essendo  prossima  a  consumarsi   la  disposizione  delli  xxx.  numeri 
soliti   darsi  all'  officio  di  sensali  ordiDarii  in  Kialto  .  .  . 
Francesco  Dandolo  uice  dominus  cassier. 
Zusto  Antonio  Zorzi  uice  dominus. 
Antonio  Condulmer  uice  dominus. 
Orio  Partecipazio  Badoer  uice  dominus. 
Andrea  Bon  uice  dominus. 


Serenissimo  principe. 
Inerendo  al  uenerato  decreto  di  uostra  serenita   xxviii.  luglio  de- 

corso  alla  precedente  sua  deliberazione  mdclxxxiii.  xix.  giugno 

rapporto  ai  xxx.  sensali .  .  . 


(elezion  de'  sensali.) 

Gli  illustrissimi  et  eccellentissimi  signori  gouernatori  delle  in- 

trade  e  uisdomini  al  fontico  di  Todeschi. 
Incaricati  li  magistrati   de   gouernatori   delle   intrade  e  uisdomini 

del  fontico rapporto  ai  requisiti  tutti  occorrenti  per  essercitar 

l'officio  di  Sensale  nelle  uenture  elezioni  delli  xxx.  sensali  .  .  . 
Benetto  Molin  uice  dominus  gouernator  delle  intrade. 
Siluestro  Valier  gouernator  delle  intrade. 
Girolamo  Dona  gouernator  delle  intrade. 
Francesco  Dandolo  uice  dominus. 
Orio  Partecipazio  Badoer  uice  dominus. 
Antonio  Condulmer  uice  dominus. 
Giacomo  Lorenzo  Soranzo  uice  dominus. 
Angelo  Cicogna  uice  dominus. 


MDCCXcm.  xvi.  maggio  in  pregadi. 
Agradito   riscontro   de  benemeriti    e  diligenti   prestati   studi,  pre- 
senta  al  senato  uell'  ora   intesa    scrittura   il  magistrato  de  proueditori 
di  comun  preside  del  collegio  deputato  alla  elezion  de  sensali  .  .  . 


Serenissimo  principe. 
Adempie  l'obbedienza  nostra  al  commando  di  uostra  signoria  .... 
;   di  estendere  articolata  terminatione  comprendente  li  metodi  e  le  discipline 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  12 


90 


1793. 


8.  agosto. 


1790. 


16.  settembre. 


1794. 


22.  gennaio. 


da   osseruarsi   nell'   auuenire   al   caso   di   uacanza   di  alcuno  di  trenta 
sensali  .  .  . 

Orazio  Dolce  gouernador. 

Domenico  Marcello  gouernador. 
t  Marco  Corner  gouernador. 

Vicenzo  Antonio  Bragadin  uice  dominus. 

Agostino  Pizzomano  uice  dominus. 

Angelo  Cicogna  uice  dominus. 

Zuanne  Barbaro  uice  dominus. 

Giacomo  Lorenzo  Soranzo  uice  dominus. 

Gl'illustrissimi  eccellentissimi  signori  gouernatori    delle  intrade 
et  uisdomini  del  fontico  de  Todeschi. 

Prescritto  essendo  dalli  decreti che  la  sola  norma  anche 

per  le  elezioni  in  auuenire  de  trenta  sensali  .  .  . 
seguono  le  stesse  firme  di  sopra. 

mdcclxxxxiii.  vm.  agosto  in  pregadi. 
Prestatisi  con  merito  ed  esattezza  li  magistrati  di  gouernatori  dell' 

intrade esecutiuamente  al  decreto  xvi.  maggio  ultimo  decorso 

all'  estesa  ed  articolata  terminazione  comprendente  li  metodi  et  discipline 
da  osseruarsi  nelle  elezioni  al  caso  di  uacanza  di  alcuno  di  xxx.  sensali  .  . . 

La  parte  mdcclxxxx.   xvi.  settembre  in  pregadi 
e  un  brano  di  terminazione  che  prescriue  ai  magistrati: 
„non  douer  far  alcun  passo  ne  segnare  atto  in  affari  ciuili  o  giuditiari 
,,attiui  o  passiui  contro   qualsisia   figura,    corpo   o   indiuiduo   se   prima 
,,non  sia  rappresentata  l'emergenza  a  questo  consiglio  (cioe  pregadi). 

Omissis: 
Ma  sicome  in  tale  uertenza  come   in  altri  casi  anteriori  si  dessu- 
mono  esposti  gli  oggetti  importanti  della  publica  cassa  .  .  . 

mdcclxxxxiiii.  xxii.  gennaro  in  pregadi. 
Incontrata  dal  magistrato  de  proueditori  sopra  beni  inculti  come 
rappresente  nella  sua  scrittüra  la  spesa  di  lire  1127.  10.  in  consultazioni 
stampe  et  altro  per  l'intromissione  di  due  decreti  che  assentiuauo  alla 
estrazione  di  quadretti  cento  di  acqua  della  Piaue  troua  conueniente  il 
senato  .  .  . 


91 


1797. 


24.  ottobre. 


1797. 


3.  novembre. 


1797. 


24.  novembre. 


1797. 


22.  decembre. 


Liberta  Eguaglianza. 

II  comitato  banco  giro  commercio  ed  arti. 
Udita  la  petizione  delli  due  cittadini  gouernatori   delle  dogane  da 
terra  e  fontico  di  Todeschi,  e  riconoscendo  giusto,  che  abbiano  ad  esigere 
le  loro  indennizzazioni  intiere  e  senza  ritardi  .  .  . 

Liberta  Eguaglianza. 

II  comitato  banco  giro  commercio  ed  arti. 

Udita  la  petizione  dei  ministri,  scontro,  contador,  capo  tessere,  masser 
e  fante  della  dogana  fontico  di  Todeschi,  e  riconoscendo  giusto  al  con- 
seguimento  delle  loro  indennizzazioni  .  .  . 

Liberta.  Eguaglianza. 

In  nome  della  souranita  del  popolo 
II  comitato  banco  giro  commercio  ed  arti. 

Udita  la  uocal  petizione  del  cittadino  üio.  Maria  Memo  attual  de- 
putato  ai  bollettini  di  Mestre  per  la  dogana  fontico  di  Todeschi  ricer- 
cante  di  ottener  dalla  cassa  della  dogana  medesima  la  mensual  inden- 
nizzazione  .  .  . 

Liberta.  Eguaglianza. 

La  municipalita  prouisoria  di  Venezia. 
Udito    il    rapporto  del   comitato    banco   giro,    commercio    ed  arti, 
relatiuo  al  carico  di  contador  alla  dogana  fontico  Todeschi 

Decreta: 

Che  sia  prouuisoriamente  sospesa  l'esecuzione  dell'ex  seDato  x.  aprile 
mdcclxvi.  sieche  1' attual  esercente  cittadino  Giuseppe  Rinaldi  continui 
ad  esiger  li  assegui  appartementi  al  sudetto  carico  nella  loro  integrita 
come  li  esiggeua  prima  del  mese  di  gennaio  mdcclxxxxvi.  ne  possa 
per  occasione  del  sudetto  decreto  esser  astretto  a  rifusura  aleuna  in 
cassa  nazionale  saluo  per  altro  ad  esso  il  debito  di  pagar  alla  cassa 
stessa,  la  metta  del  netto  sopra  tutti  gli  assegni  surrifferiti,  e  cio  tanto 
per  l'auuenire,  quanto  per  il  passato  se  non  l'auesse  eseguito.  —  preso 
per  appello  nominale. 

Data  li  xxii.  decembre  mdcclxxxxvh. 


Martinelli, 

Presidente. 


Marchetti, 

Segretario  per  copia  conforme. 


92 


Anmerkung, 


Die  Zeitrechnung  dieses  Capitulars  hält  durchweg  den  venetianischen  Gebrauch  fest, 
wonach  das  Jahr  mit  dem  Monat  März  beginnt:  es  muss  demgemäss  bei  allen  Daten 
der  Monate  Januar  und  Februar  1  zur  Jahreszahl  addirt  werden,  um  die  Ueber  ein  Stim- 
mung mit  der  gemeinen  christlichen  Zeitrechnung  herzustellen. 


*<f>k-«^@0;^^^;p>o- 


93 


Blattweiser 


zum  Vergleichen  des  vorstehenden  Registers  mit  dem  Standort  der  Stücke  des  Capitulars 

in  der  Handschrift  selbst. 


Seiten 

des 

gedruckten 

Registers. 

Seiten 

der 

Handschrift. 

Seiten 

des 
gedruckten 
Registers. 

Seiten 

der 

Handschrift. 

Seiten 

des 

gedruckten 

Registers. 

Seiten 

der 

Handschrift. 

9       = 

8b  bis 

10a 

37       == 

81b    bis    84a 

65       = 

136a    bis   138a 

10      = 

10a     — 

12a 

38       = 

84a    _     85b 

66       = 

138a    —    140a 

11      = 

12a    — 

14b 

39       = 

8ßa    _     88a 

67       = 

140a    —    142a 

12       = 

14b    4_ 

17b 

40      = 

88b    —     90a 

68      = 

142a    —    144a 

13      = 

17b     _ 

19b 

41       = 

90b    —     92b 

69       = 

144a    —    148a 

14       — 

20a    — 

21b 

42       = 

92b    —     94a 

70       = 

148b     —    löia 

15       == 

21b    _ 

22b 

43       = 

94b    —     96b 

71       = 

151a    —    153b 

16       = 

23a    — 

24b 

44      = 

96b    _     89a 

72       = 

154a    —   15£a 

17       = 

24b    — 

25b 

45       == 

98b    —    99b 

73       = 

156b    —    157b 

18      = 

25b    — 

27a 

46       = 

100a    —  101b 

74       = 

157b    —    ißla 

19       = 

27b    — 

30a 

47       = 

101b    —  104a 

75       = 

161b    —    163b' 

20      = 

30a    — 

32a 

48       = 

104a    —  107a 

76       = 

163b    —    165b 

21       = 

32b    _ 

34b 

49       = 

107b    —  109b 

77       = 

166a    —    168b 

22       = 

34b    — 

36b 

50       = 

109b    —  111b 

78       =± 

,    169a    —    171b 

23       = 

36bi  — 

39a 

51       = 

111b    —  113b 

79       = 

171b    —    173b 

24       == 

39a    — 

41a 

52       = 

114a    —  115b 

80      = 

173b    —    175b 

25       = 

41b    — 

44b 

53       = 

116a     —  U9a 

81       =z 

176a    _    179b 

26      = 

45a    _ 

47b 

54      = 

119a    _  121a 

82       = 

]79b    —    181b 

27       = 

48a    _ 

50b 

55       = 

121a    —  122a 

83      = 

182"    —    184a 

28      = 

50b    _ 

54a 

56       — 

122a    —  122b 

84      = 

184a    —    187a 

29       = 

54b    — 

59a 

57       = 

123a    _  124a 

85       = 

187b    —    190a 

30      = 

59b    — 

62a 

58       == 

124b    —  126a 

86       = 

190b    _    191b 

31       = 

62b    _ 

66a 

59      == 

126a    —  127b 

87       = 

19!b    —    193a 

32       = 

66b    — 

70a 

60      = 

128a    _  129b 

88       = 

193b    —   196b 

33       = 

70b    _ 

73a 

61       == 

130a    —   131b 

89       = 

197a    _   200b 

34       = 

73b    — 

76a 

62       = 

131b    _  133a 

90      == 

201a    —    203a 

35       = 

76a    _ 

79a 

63       = 

133b    —  135a 

91       =  1 

203b     -    204b 

36       = 

79b    _ 

18a 

64       == 

135a    _  136a 

Abh.  d.  I.  Cl  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth 


13 


Alexander  in  Aegypten. 


Von 


Dr.  Lauth. 


(M  i  t    einer    Tafel.) 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abtk.  14 


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Zur  Abhandlung  »Alexander  in  Aegyjiten*  von  Dr  Lauth. 


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Alexander  in  Aegypten. 


Von 

Dr.  Lauth. 

(Mit  einer   Tafel.) 


Wenn  es  sich  um  Berühmtheiten  des  Alterthums  handelt,  so  kommt 
sicherlich  Niemand  eher  in  Betracht,  als  Alexander  der  Grosse, 
der  Verehrer  Homers  als  des  Heroldes  Achillei'schen  Ruhmes,  der  Schüler 
des  Aristoteles,  der  Gegenstand  abgöttischer  Verehrung  z,  B.  des  Kaisers 
Septimius  Severus,  worüber  ich  am  Schlüsse  dieser  Abhandlung  Einiges 
beibringen  werde. 

Indess ,  wie  es  bei  mancher  anderen  Berühmtheit  zu  geschehen 
pflegt,  sobald  man  der  Sache  auf  den  Grund  sehen  will,  zerfliesst  der 
Nimbus  auch  in  Betreff  Alexanders  des  Grossen.  Nicht  als  ob  ich  seine 
Thaten  in  Abrede  stellen  wollte  —  diese  gehören  unwiderruflich  der 
Geschichte  an  —  allein  bis  jetzt  ist  von  Seite  der  Aegyptologie,  geschweige 
denn  der  classischen  Philologie,  kein  Denkmal,  keine  Urkunde  auf- 
gezeigt, wodurch  die  Existenz  des  grossen  Macedoniers  in  Aegypten 
von  einem  Zeitgenossen  constatirt  würde.  Zwar  wird  derselbe  häufig 
erwähnt  z.  B.  in  der  Rosettana  und  Tanitica  bei  Gelegenheit  des  Datums, 
wo  die  Priesterthümer  als  chronologische  Indicatoren  aufgeführt  und 
durch  die  grössere  oder  kleinere  Reihenfolge  der  Ptolemäer  hindurch 
bis  auf  den  Begründer  ihrer  Dynastie  d.  h.  Alexandros  rückschreitend 
fortgesetzt  werden.  Aber  dies  könnte  ja  auch  einem  mythischen 
Herrscher  gelten! 

Wie  genügsam  die  sogenannte  gelehrte  Welt  ist,  hat  der  Zusatz 
„Sohn  Amon's"  in  seinem  Namensringe  bewiesen :  man  glaubte  dadurch 
den  Widder  köpf  oder  doch  die  Widder  hörner  am  Haupte  Alexander's 

14* 


98 

auf  vielen  seiner  Münzen  hinlänglich  rnotivirt  zu  haben.  Allein  es  trifft 
sich  unglücklicherweise,  dass  dieser  Amon,  dessen  Sohn  Alexander 
genannt  wird,  regelmässig  mit  menschlichem  Haupte  und  dem  Aufsatze 
der  Doppelfeder  dargestellt  wird,  also  keine  Spur  von  Widder- 
hörnern zeigt.  Es  muss  folglich  die  Thatsache,  dass  Alexander's 
Kopf  den  Schmuck  oder  das  Emblem  der  W  i  d  d  e  r  hörner  erhielt,  aus 
anderen  Quellen  erläutert  werden.  Schon  dieser  Umstand  allein  hätte 
eine  neue  Behandlung  des  Gegenstandes  gerechtfertigt  und  man  wird 
das  Gewicht  meines  Novums  ermessen,  wenn  ich  behaupte  und  beweise, 
dass  Alexander  der  Grosse  in  Aegypten  den  Beinamen  „der  Bock"  er- 
halten hatte  und  demgemäss  die  bildliche  Darstellung  desselben  auf 
Münzen  und  sonst  in  der  Kunst  begreiflich  werden. 

Ausserdem  werde  ich  aber  auch  Denkmäler  und  Urkunden,  vorder- 
hand fünf  an  Zahl,  vorführen,  die  von  Zeitgenossen  Alexanders  her- 
rühren und  auf  denen  seine  Eigentümlichkeit  als  ,,Bock"  oder  ,,Widder'; 
zum  Ausdruck  gelangt  ist.  Den  Weg  zur  Ermittlung  dieses  durchaus 
neuen  Beweismateriales  bahnte  ich  mir  durch  meinen  Artikel  „Aenig- 
matische  Schrift"  (Zeitschrift  für  ägypt.  Spr.  1866)  der  für  die  Ent- 
zifferung der  ptolemäischen  Inschriften  entscheidend  geworden  ist  — 
auch  die  viel  älteren  Texte  in  den  Königsgräbern  von  Biban-el-Moluk 
wurden  dadurch  dem  Verständniss  erschlossen  —  sowie  durch  gewissen- 
hafte Beachtung  der  demotischen  Schriftart.  Möge  dieser  Prospect 
einstweilen  genügen ! 

Bei  dem  gegenwärtigen  Stande  der  Aegyptologie  ist  es  einerseits  nicht 
allzu  verwegen,  andererseits  ein  wirkliches  Bedürfniss  der  Wissenschaft, 
zusammenhängende  grössere  Texte  philologisch  zu  zergliedern,  besonders 
wenn  dieselben  wohlerhalten  und  als  ein  Ganzes  überliefert  sind,  um 
so  allmälig  zu  einer  motivirten  Ansicht  über  die  altägyptische  Litteratur 
zu  gelangen.  Habe  ich  schon  in  meinen  bisherigen  academischen  Ab- 
handlungen dieses  Bestreben  zu  verwirklichen  gesucht,  so  wTar  seit 
längerer  Zeit  mein  Augenmerk  auf  die  grosse  Inschrift  in  Miramar 
gerichtet,  umsomehr,  als  H.  Dr.  Reinisch,  der  verdienstvolle  Herausgeber 
der     betreffenden     Sammlung1),     Seite  258     seines     gelehrten     Werkes, 


1)  „Die  ägyptischen  Denkmäler  in  Miramar."  Wien  1865.  W.  Braumüller. 


99 

darüber  nur  Folgendes  bemerkt  hat:  „No.  36  Stele  (Grabstein),  53  Zoll 
Länge  und  15  Zoll  Höhe,  aus  der  letzten  Zeit  der  ägyptischen  Herr- 
schaft. Die  Person,  für  welche  dieselbe  bestimmt  wurde,  war  die  Haus- 
frau B  a  n  t  i  -  t'a-  T  a  u  d ,  die  Tochter  der  Hausfrau  T'a  -  A  m  u  n  (Taf.  XLTII). 
Die  Inschrift  enthält  für  mich  eine  Reihe  unverständlicher  Stellen,  da- 
her ich  es  noch  nicht  wagen  kann,  eine  Uebersetzung  derselben  hier 
schon  zu  liefern". 

Diese  Zurückhaltung  meines  Herrn  Collegen  vor  eilf  Jahren,  während 
deren  die  Entzifferung  ungeahnte  Fortschritte  gemacht  hat,  wurde 
diesem  Texte  gegenüber  auch  von  den  übrigen  Aegyptologen  seither 
beobachtet,  aus  dem  triftigen  Grunde,  weil  hier  jene  Zeichenwahl  vor- 
liegt, welche  man  die  der  basse  epoque  zu  nennen  pflegt.  Sie  enthält 
viele  geradezu  änigmatische  Elemente,  herübergenommen  aus  der  altern 
Räthselschrift,  über  welche  ich  in  der  „Zeitschrift  für  ägyptische  Sprache 
und  Alterthumskunde"  1866  einige  solide  Beispiele  beigebracht  habe. 
In  seinem  Lexicon  hat  H.  Dr.  Brugsch  natürlich  auch  manche  Gruppen 
dieses  Textes  erwähnt  und  einige  Stellen  übersetzt,  die  ich  in  meinem 
Commentare  gebührend  würdigen  werde.  Nehmen  wir  noch  hinzu, 
dass  ich  in  genannter  Zeitschrift  eine  Stelle  der  5.  Zeile  mit  vier  ver- 
schiedenen Bezeichnungen  für  die  Nekropolis  besprochen  habe,  worüber 
auch  H.  Le  Page-Renouf  ebendaselbst  zu  vergleichen  ist,  und  dass  H. 
Goodwin  einige  Sätzchen  daraus  übersetzt  hat,  so  ist  das  eigentlich 
Litterar-Historische  unseres  Textes  erschöpft. 

lieber  den  Fundort  des  Denkmals,  eines  rechtwinkligen  Steines, 
dessen  Form,  an  einen  aufgerollten  Papyrus  erinnert,  bemerkt 
H.  Dr.  Reinisch  in  seiner  Vorrede  (p.  IX),  dass  der  kaiserliche  Prinz 
(Erzherzog  Maximilian,  der  nachmalige  Kaiser  von  Mexico)  statt  anderer 
vom  damaligen  Vicekönige  freigebigst  angebotener  Geschenke,  sich  aus 
dem  Museum  von  Cairo  (Bulaq)  diejenigen  Antiquitäten  auswählte,  welche 
gegenwärtig  im  Schlosse  Miramar  sich  befinden.  Ich  hoffe  zu  beweisen, 
dass  unser  Denkmal  aus   Saqqarah  stammt. 

In  dem  ersten  meiner  „Aegyptischen  Reisebriefe2)"  habe  ich  mich 
darüber    so    geäussert:    ,, Diese  Grabstele   eignete  ....  einer  vornehmen 


2)  Allgemeine  Zeitung,  Beilage  vom  2.  Januar  1873  p.  30. 


100 

Frau,  der  Gemahlin  eines  hohen  Würdenträgers  in  Memphis.  Statt 
ihres  Namens  erscheint  im  hieroglyphischen  Theile  (zu  Anfang)  bloss 
der  Ehrentitel  „Hausherrin",  wie  die  ägyptischen  Hausfrauen  allgemein 
bezeichnet  wurden,  was  uns  einen  Einblick  in  die  socialen  Verhältnisse 
und  die  hohe  Culturstufe  der  Aegypter  gewinnen  lässt.  Durch  die  unter- 
halb angebrachte  demotische  Zeile  erfahren  wir  auch  ihren  Eigennamen : 
T-se-n-pa-onch  „die  Tochter  des  Lebens".  Ihr  Gatte  führte  die  Titel 
„Augen-  und  Ohrenpaar  des  Königs",  er  hatte  also  für  den  Herrscher 
gleichsam  zu  hören  und  zu  schauen.  Der  König  selbst  ist  (im  hiero- 
glyphischen Theile  oben)  nicht  genannt  ausser  mit  dem  Epitheton 
ßan-tut(-nef)  „der  Unvergleichliche".  Im  Zusammenhalte  mit  den  Namen 
der  schönen  Wiener  Sarkophage:  des  Pnohemisis  und  Nes-Schu- 
Tefnut,  Sohn  des  Anhuramu  aus  der  Zeit  der  30.  Dynastie,  sowie 
in  Berücksichtigung  des  Passus  (unserer  Inschrift)  „der  königliche 
Sperber,  dessen  Ruhm  beide  Welten  erfüllt",  dürfte  dieses  Denkmal  von 
Miramar  auf  Alexander  d.  Gr.  gedeutet  werden.  Der  Text  ist  sehr 
lehrreich  für  die  hohe  Stellung  der  ägyptischen  Frauen  (wodurch  sich 
Altägypten  vom  jetzigen  Orient  vortheilhaft  auszeichnet)  und  die  vielen 
Stellen,  wo  die  betreffende  mit  mütterlichem  Stolze  der  Würden  ihres 
Sohnes  erwähnt,  bieten  ein  ganz  besonderes  Interesse  (weil  es  die  Titel 
des  Manetho  (Manethoth)  sind)u.  Es  handelt  sich  nunmehr  darum,  den 
hiemit  nur  skizzirten  Inhalt  durch  eine  vollständige  Analyse  des  Textes 
des  Weiteren  auszuführen  und  mit  Beweisen  zu  belegen. 

Der  Umstand ,  dass  Brugsch  in  seinem  Lexicon  p.'  702  unsre  Stele 
der  Frau  Ta-Thod  (Ta-Thoth)  zuschreibt,  während  ich  zu  Anfang  der 
demotischen  Zeile  deutlich  den  weiblichen  Namen  Tsenpaonch  erkenne, 
könnte  zu  der  Annahme  verleiten,  als  meinten  wir  verschiedene  Denk- 
mäler, oder  als  sei  ich  mit  meiner  Lesung  im  Unrecht,  da  Brugsch, 
der  Begründer  des  demotischen  Studiums,  in  diesem  Falle  die  Praesumtion 
für  sich  hätte.     Allein  es  scheint,  dass  Brugsch  nur  den  hieroglyphischen 

Theil  berücksichtigt  hat  —  und  in  diesem  findet  sich  zweimal  ~kfj3)  Ta-Thod 

—  während  ich  meinerseits  damals  nur  die  demotische  Legende  Tsenpaonch 


3)  Im  Originale  eine  sitzende  Mannsfigur  mit  Ibiskopf. 


101 

in's  Auge  fasate.  In  dieser  doppelten  Annahme  liegt  aber  kein  Widerspruch, 
sondern  so  recht  eigentlich  der  Schlüssel  zum  Verständnisse  dieses 
äusserst  schwierigen  Textes.  Derselbe  ist  nämlich  durchweg  in  dem 
wohlbekannten  Parallelismus  der  Glieder  aufgebaut,  einer  Eigenthüm- 
lichkeit  der  poetischen  Sprache,  die  uns  durch  die  häufigen  Analoga  und 
Antithesen  meist  zur  Erfassung  des  Sinnes  dunkler  Stellen  verhilft,  wie 
denn  unser  Text  sich  besonders  durch  gewählte  dichterisch  zu  nennende 
Diction  auszeichnet. 

Zur  Erleichterung  der  Uebersicht  will  ich  das  Ganze  der  neun- 
zeiligen  Inschrift  von  ungefähr  600  Zeichen  in  sieben  Abschnitte  (a — g) 
zerlegen ,  die  der  Inhalt  selbst  an  die  Hand  gibt ;  den  Beschluss 
hinter  der  vollständigen  Uebersetzung  und  der  historischen  Digression 
soll  der  Commentar  bilden. 

I.  Uebersetzung. 

lin.  1.  a.  Tsenpaonch ,  die  Hausherrin  (Gattin)  des  Augenpaars  vom 
Könige  Oberägyptens,  des  Basilikogrammaten  aller  Rechnungen  (Rechnungs- 
kämmerers), des  Beamten  der  Getreidescheune,  des  Gouverneurs  Anhuramu 
des  seeligen  —  Schwester  (Gemahlin)  des  Ohrenpaares  vom  Könige  Unter- 
ägyptens, des  Festsängers  und  Grammaten  vom  Könige  B antat,  dem  Un- 
vergleichlichen (B antut):  Tha(nt)-Thot,  geboren  von  der  Hausherrin 
Tha(nt)-Amun  der  seeligen  (gerechtfertigten)  —  (so  weit  die  Rubrik). 

b.  Sie  spricht:  0  ihr  Edlen  alle,  die  ihr  ein-  und  ausgehet  in 
Roseta1*)  (Niederpforte)  der  Seele  der  Seelen  (Osiris),  der  heiligen 
Gegend  des  Grossen  der  Grossen,  der  Haupttreppe  der  Horusverehrer, 
dem  grossen  Himmelswege  der  Bewohner  der  Städte2  (Bürger),  dem 
Rechenschaftshause  der  Könige  Ober-  und  Unterägyptens,  dem  westlichen 
Horizonte,  wo  der  Herr  des  Himmels  untergeht  als  Atum  daselbst3 
(Abendsonne):  seid  willkommen!  Es  zeigt  sich  meine  Schönheit  (Un- 
schuld) und  meine  Reinheit  daselbst  als  einer  Mumie.  Nachdem  ihr 
gelesen  zufolge  dem  Belieben  der  Gefälligkeit  des  Herzens4  die  Schrift, 
so  vernehmet  (ihr)  was  ich  gethan  in 


*)  Vergl.  den  Commentar. 


102 

lin.  2.  meinem  Erdeuleben;  wünscht  es  euer  Herz4,  so  widmet 
das  Ohr  meinen  Erwägungen5,   so  lauschet  meinen  Lobpreisungen 

c.  Der  Sonnengott  begnadete  mich  mit  allem  Glücke,  nebst  einem 
meisterlichen  Gatten6,  nebst  Auszeichnung6  (Würdigkeit).  Ich  wandelte 
den  Weg  der  Göttin  Hathor,  ihre  Tüchtigkeit  war  bei  meinen  Gliedern7. 
Es  war  geschrieben  in  mein  Herz  zu  üben  ihre  Liebe.  Ich  ward  be- 
funden (bewährt)  in  meiner  Verdienstlichkeit,  dass  ich  schützte  die 
Frauen  der  Tempel  als  ihre  Vormauer8.  Es  waren  ihre  Herzen  voll 
von  mir,  mochten  sie  tragen9  das  Gewand  der  Jugend  oder  die  Hals- 
kette des  Alters10.  Ich  hörte  sie11  mich  preisen  derowegen  ;  ich  empfing 
meinen  Tribut  als  Belohnung  dafür  dass  ich  schirmte  die  Wittwen  in 
ihrer  Noth12.  Es  zeichnete  mich  aus  die  Herrin  der  Frauen  (Hathor) 
unter  den  Bemannten13,  sie  beförderte  mich  unter  den  Jungfrauen13, 
sie  vergrösserte 

lin.  3.  meine  Gunst  im  Herzen  des  Basilikogrammaten  aller  Rech- 
nungen des  gütigen  Gottes  (Königs),  sie  besiegelte  (bestätigte)  mich  auf 
ihrem  Gebiete14,  auf  dem  Boden,  welcher  enthielt  das  Haus  meiner 
Untergebenen.  Sie  gewährte  dass  ich  mit  ihm  war  bis  zur  Stunde,  wo 
umfing  seinen  Schemen15  das  Felsengrab16,  in  welchem  noch  Niemand 
Anderes  lag16.  Es  unterstützte  mich  hiebei  der  von  mir  Entsprossene 
(Sohn),  der  Wächter  der  Füsse  seiner  Majestät  auf  seinem  Throne. 
Siehe!  er  wickelte  dessen  Leib,  umhüllte  ihn  mit  dem  Anmiete,  gefertigt 
vom  Gotte  Anubis17,  bekleidete  ihn  mit  dem  Gewände  der  Gebühr,  that 
den  Kranz18  der  Caerimonien  auf  ihn,  geschmückt  zum  Besten  auf  dem 
Himmelswege  hier:  sein  Vater  und  seine  Mutter  freuten  sich  über  seinen 
Anblick  und  was  seine  Ahnen  betrifft,  so  jubelten  sie  vor  ihm  her. 
Denn  der  Gottesdiener  (s.  Sohn)  bereitete  ihm  ein  Felsengrab16  beim 
Uebertritte  zum  Himmel,  in  mitten  der  Million  und  aber  Million19  des 
Horizontes  der  Einwicklung. 

d.  Die  Hausherrin  des  Basilikogrammaten,  die  Gemahlin  des  Ober- 
festsängers: Tha-Thot  die  Gerechtfertigte,  spricht:  Mein  Herz  bot  ich 
dar  der  Tugend20 

lin.  4.  als  ich  noch  im  Zustande  des  Kindes  war.  Obwohl  ich 
damals  noch  nicht  verstand  Wahrheit  und  Tugend,  so  war  es  mir  den- 
noch in's  Herz  geschrieben,    sie    nicht  zu  verachten.     Gnädig  desshalb, 


103 

erfreute  mich  Gott:  wegen  der  Tugend  gewährte  er  (dies21)  zum  Lohne 
des  Schreiten  auf  seiner  Bahn  (Wasserstrasse).  Er  promovirte 
meinenSohn  zum  Oberen  des  Sitzes  von  Thot,  zum  Meister 
aller  Tempel  jedes  Gottes,  zum  Buleuten22  in  den  Götter- 
häusern des  Landes,  so  dass  alle  Beamten  des  im  Palaste 
(Königs)  welche  seinen  Thron  umgaben,  hinter  ihm  waren 
bei  der  Bedienung  des  Herrn  der  beiden  Ebenen.  Es  er- 
hob ihn  in  das  Land23  mehr  als  irgend  einen  der  Grossen 
(Magnaten)  welche  nahen  dem  Könige,  mehr  als  dessen  Be- 
gleiter, bei  jeder  geheimen  Berathung24  im  Palaste.  Es 
freute  sich  mein  Herz,  es  erweiterte  sich  meine  Gunst25  (goc),  es  er- 
reichte mein  Haupt  den  Himmel,  richtend  das  Gesicht  darauf,  dass 
ein  Haupt26  von  mir  (mein  Sohn)  zu  beaufsichtigen  hatte 
ihren  Dienst  bei  dem  Herrn  der  beiden  Ebenen. 

e.  Ich  flehte  alsdann  bei  der  Herrin  der  Götter  (Hathor)  —  sie 
ja  setzten  (lin.  5)  Seine  göttliche  Majestät  auf  den  Sitz  des 
Horus  —  zu  bringen  den  Schrecken  sein  (von  ihm)  rings 
um  die  Welt,  so  dass  reichte  seine  Macht  bis  zu  den  vier 
(Enden)  des  Himmels,  dass  seine  Zeit  die  des  Firmaments, 
seine  Dauer  die  des  Sonnendiscus,  die  Ausdehnung  seiner 
Königsherrschaft  überschwenglich  (wäre)27. 

Die  Herrin  (Hathor)  vergrösserte  meine  Einkünfte28  beim  Sammeln 
des  Tributes;  sie  segnete  mich  mit  Beständigkeit  meiner  Zeitdauer29, 
es  verflossen  meine  Stunden30  geschmückt,  meine  (die  mir  dargebrachte) 
Libation  erstreckte  sich  bis  zum  Horizonte  der  beiden  Ebenen:  der 
memphitische  Gau  in  seiner  Ganzheit  diente  mir  als  Umgebung.  Ich 
heimste  meine  Ernte31  ein  im  rothen  Lande  und  dem  Gau  von  Sai's. 
Ich  war  geehrt  von  den  göttlichen  Vätern  und  den  Oberpriestern  in 
Pe-Ptah  (Memphis) ;  der  Oberfestsänger  zeigte32  (mir)  die  Liturgie33  im 
Südhause  des  Sokar  (Saqarah),  der  Festvorleser  den  Ritus33,  so  dass 
ich  schaute  den  Gottesdienst33  zur  Zeit 

lin.  6.  aller  Caerimonien 33,  die  sonst  unzugänglich  sind,  die  Ein- 
weihung32 zur  Tugend  durch  den  Hohepriester  der  Nekropolis  des  Hap- 
Osiris  (Serapis),  die  Genossen34  des  Hauses  der  Stundenbeobachtung34 
in  den  Chargen35  ihres  Monatsdienstes36,  die  Thalfahrt  des  Oberlandes, 

Abh.  d.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  15 


104 

die  Bergfahrt  des  Unterlandes37  mit  allen  Gebräuchen37,  die  dabei  beob- 
achtet werden.  Es  wurde  mir  angezündet38  ein  Brandopfer  von  allen 
Angehörigen  derselben  (der  fcisHT  cf.  mtht!).  Was  die  Nutleute39  der 
Tempel  betrifft  zu  allen  Stunden,  so  leisteten  sie  mir  ihren  Dienst39 
durch  Einweihung33  in  das  Wesen  des  Lebensendes40,  das  ausgeschmückt 
wird  in  der  Amenti,  Se(t)mati,  Toser,  im   Roseta40. 

f.  Ich  sage  zu  euch:  Versetzt  euch41  an  das  Firmament,  kommet 
zum  Himmel,  wo  ich  bin,  regelt  alle  Dinge  nach  der  Schrift,  weihet33  ein 

lin.  7.  eure  Weiber  in  die  Pflicht  zu  wandeln  auf  dem  Wege  der 
Gebieterin  der  Götter,  der  mehr  werth  ist  als  irgend  ein  (anderer)  Weg: 
Weihet  sie33  ein  zu  ihrem  Fahrwasser,  zu  ihrer  Liebe,  eine  zweite  solche 
Einweihung42  ist  keine  Weihe  der  Götter  oder  Menschen.  Höret  mein 
Anliegen43,  sprecht  „gut"  zu  meinen  Worten,  sprecht  nicht  Leichtfertiges 
(chhini)  zu  meinen  Heischungen.  Die  Herrin,  sie  hört  auf  meine  Stimme; 
Ding,  um  Ding45  (durcheinander)  nicht  thut  sprechen  zu  mir,  wenn  ihr 
euch  versammelt  in  meinem  (Grabes-)  Hause:  es  ist  gepriesen46  in  Folge 
der  Darbringung  eines  königlichen  (rechtgläubigen?)  Opfers.  Wahr  ist 
es,  dass  Reichthum  gegeben  wird  dem  Gebenden47.  Es  weihe33  meinen 
Hingang  der  Oberfestsänger,  der  Meister  innerhalb  der  Phylen,  er  weihe33 
alle  Würden  ein  in  ihre  Verrichtungen  und  sie  wandeln  auf  dem  Fahr- 
wasser ,  das  er  ihnen  gebietet ,  thuend  Etwas47,  wann  er  ruft  (gegen- 
über seinen  Worten48,  des  Ausrufenden): 

g.  „Dein  Name  (Verstorbene)  bleibt  in  Geltung;  man  bestimmt 
seinen  Anspruch49 

lin.  8.  darauf  als  einer  Osirisfolgerin49  j  sie  geben  dir  Brod  vom 
vorzüglichsten50  ihrer  Tafel,  Wohlgerüche  aller  Art  vom  vorzüglichsten 
für  die  Auslese  der  Glieder51.  Es  ziehen  dahin  die  Weihrauchkörner52, 
um  sich  niederzulassen  auf  das  Brandopfer53.  Sie  empfangen  etwas  von 
deiner  Sättigung54.  Gerufen  wird  alsdann  dein  Name  zu  vorderst,  wann 
genannt  werden  alle  Namen  des  Osiris 55.  Weihrauch  ist  auf  deinem 
Altare,  man  bringt  ein  Trankopfer  deiner  Persönlichkeit;  zu  jeder  Zeit 
werden  dir  Huldigungen  erwiesen.  Erscheine 56,  nicht  wird  verhindert 
dein  Erscheinen;  nicht  stirbst  du,  du  wiederholst  das  Leben;  nicht 
wirst  du  beschädigt,  du  verjüngest  dich,  kein  Makel  ist  an  dir57.  Du 
erneuest  dich  (bis),    nicht    gibt  es    eine   Zerstörung57   für  dein  Wesen. 


105 

Sondern  jeder  Abkömmling58  deines  Hauses:  Verwandter59  nebst  dem 
Bruder  sein,  dient  als  Fortpflanzer59  der  Reihe  in  den  Zeitschranken  der 
Götter50  (d.  h.  ewig).  Ewig  ist  dein  Name:  du  bleibst  im  Munde  der 
Irdischen60,  nicht  kennend  Beschädigung  gleich  dem  Sonnengotte." 

II.  Namen  und  Titel4). 

Wenn  auch  nur  die  Namen  von  Privat-Männern  und  -Frauen  in 
unserm  Texte  vorkämen,  so  würde  er,  in  Anbetracht  des  sonstigen 
reichen  Inhaltes,  eine  Zergliederung  lohnen  und  rechtfertigen.  Die  Sache 
steht  aber  günstiger:  Die  Stele  von  Miramar  enthält  einen  Königs  - 
namen,  der  allerdings  als  solcher  mit  Einrahmung  nur  im  demotischen 
Theile,  jedoch  hier  als  Doppelname,  erscheint,  dessen  zweiter  mit 
dem  hieroglyphischen  B  an -tut  übereinstimmt.  Um  diese  bisher  über- 
sehene Thatsache  in  ihrem  ganzen  Umfange  zu  würdigen,  ist  es  nöthig, 
den  betreffenden  Text  genau  und  vollständig  zu  analysiren ;  denn  es 
ist  ein  wahres  Wort,  dass  ein  Denkmal  uns  erst  dann  alle  seine  Schätze 
erschliesst  und  seinen  vollen  Dienst  leistet,  wenn  wir  die  Zeit  seiner  Er- 
richtung kennen.  Beginnen  wir  darum  mit  dem  Anfange,  der,  wie  über- 
haupt dieser  ganze  Abschnitt,  mit  rothen  Zeichen  geschrieben  ist. 

.  .ü  <f  r  in  ü  h  #  uT$  %  p  i 

/vww\     xr        -<S5-    y    |  y    n — s     »^£x       | i      y-«-=i»f    Jj    ^       III       ■      " 

nebt  par  en  (m)arti  suten  an  suten  hebs-che-nib  dja  chenu  dja  Anhuramu  Jchruma 

„Die  Hausherrin  vom  Augenpaare  des  Südkönigs,  vom  Basilikogrammaten 

für  das  gesammte  Rechnungswesen,  vom  Beamten  des  Getreidespeichers, 

vom  Gouverneur:  Anhuramu,  dem  seeligen". 

Die  demotische  Zeile  bietet  hiefür: 

T-se-{n)  pa-anch  Jiimet   en   an  suten  .a.u.s.  aufap  Anhuramu  khruma 

„Tsenpaonch,    die  Frau  des  Basilikogrammaten,    des  Computators: 

Anhuramu,  des  seeligen". 


4)  Vergl.  Tafel,  1. 
5     Im  Originale  ein  auf  einem  Throne  sitzender  Mann  mit  diesem  Hute. 

15* 


106 

Der  demotische  Theil,  der  seiner  Wichtigkeit  wegen  auf  der  Tafel  unter 
No.  1  mitreproducirt  ist,  bietet  also  hier  ausser  dem  Eigennamen  Tsen- 
paonch,  der  im  hieroglyphischen  Texte  fehlt,  die  Gleichung  himet  ($\M.e. 
mulier)  =  nebt  par  ttH&-ne  domina  oder  mater  familias)  Diese  Thatsache 
selbst  ist  längst  bekannt ;  allein  ein  so  directer  Beweis  für  die  Identität  der 
Begriffe  „Frau"  und  „Hausherrin"  dürfte  doch  selten  gefunden  werden. 
Man  wird  also  nicht  denken  dürfen ,  dass  der  Beamte  Anhuramu  nur 
bei  dieser  „Hausherrin"  gewohnt  habe ,  sondern  sie  war  seine  eigent- 
liche Gattin.  Im  Todtenbuche  und  zwar  cap.  148  col.  23 — 28,  unmittel- 
bar vor  den  sieben  heiligen  Kühen ,  die  uns  den  bekannten  Traum  des 
Pharao  ins  Gedächtniss  rufen,  steht  eine  sechsspaltige  Legende  mit  einer 
dichotomischen  Paralleldarstellung  unterhalb.  Der  Gott  Osiris  mit 
Sperberkopf,  also  in  der  Auffassung  alsSokaris6)  wird  von  der  hinter 
ihm  stehenden  Göttin  Amenti  umfasst;  zu  ihr  gehört  col.  28  die  Legende: 
„Die  gute  Amenti  bietet  ihre  beiden  Arme  dar,  um  dich  zu  empfangen". 
In  der  Duplicata  dazu  col.  24  heisst  es  mit  geringer  Variation :  „Der 
Osirianer  NN  wird  aufgenommen  in  die  gute  Amenti  im  Frieden,  die 
(personifizirte)  Unterwelt  (seti  ccht  infra)  bietet  ihre  beiden  Arme  dar 

um    dich    zu    empfangen    8  ^=^>kji     nebst    deiner    Hausherrin". 

Die  bildliche  Darstellung  zeigt  wirklich  dem  Götterpaare  gegenüber  ein 
opferndes  menschliches  Ehepaar.  Im  Turiner  Exemplar  heisst  der  be- 
treffende Mann  Aufanch  (3E(pujvv%og) ;  seiner  Gattin  Name  fehlt,  wie 
auf  dem  Steine  von  Miramar  in  diesem  hierogl.  Theile. 

Was  den  Namen  Anhuramu  betrifft,  so  würde  er  in  classischer 
Form  Onuramys  lauten,  da  die  Griechen  den  Gottesnamen  Anhur  mit 
"OvovQig  wiedergaben  und  dieses  =  ""Aqfr\<s  auffassten.  In  der  That  be- 
deutet An-hur  dux  superus  und  was  das  davon  abhängige  A  1\  Var.  +y&  ' 
besagen  soll,    wird    durch    die    Varr.    des  Wiener    Sarkophags7}  (]  t\   !» 


6)  Der  ihm  zugehörige  Text  col.  27,  26,  25  enthält  die  gewöhnlichen  Titel  des  Osiris.  Allein 
ich  habe  schon  1866  in  der  Zeitschrift  dargethan,  dass  die  concrete  Darstellung  sich  nur 
aus  der  demotischen  Legende  erklärt,  die  der  Pariser  Papyrus  (Brugsch  Sammlung  demot. 
Urk  Taf.  VII  lin.  1)  darbietet.  Davon  weiter  unten  (X  40)  bei  Gelegenheit  des  Commen- 
tars  der  5.  Zeile. 

7)  Brugsch  Recueil  II  pl.  VI. 


107 

(1     ~.  dahin  gesichert,  dass  hiemit  die  „Zugehörigen"  gemeint  sind. 

Merken  wir  einstweilen  dieses  Denkmal  als  gleichzeitig  mit  dem  unsrigen. 
Warum  ich  die  thronende  Figur  des  Königs  mit  der  Südkrone  A  durch 
suten  lautire  und  dieses  suten  beim  Lesen  hinter  ^^  dem  Augenpaare 
(mal-ti  &dJV-^  oculi)  bringe,  ist  in  meinem  Artikel  über  die  änigmatische 
Schrift  weiter  ausgeführt ;  schon  der  Gegensatz  dazu ,  der  uns  in  |/27 
Sachet  begegnen  wird,  nöthigt  zu  der  Lautirung  suten.  Dieses  Wort, 
in  seiner  verkürzten  Form  1,  (wie  unser  K.  oder  kgl.),  ist  daher  auch 
in  dem  Titel  ßaaihxoy^a^fiaxsvg    Ki  nach  an  scriba  zu  lesen;   denn  ob 

man  „Schreiber  des  Königs"  oder  scribe  royal  übersetzt,  jedenfalls  muss 
der  grammatischen  Construction  zufolge  suten  das  zweite  Glied  bilden.  — 

Die  Gruppe  der  Rosettana  (lin.  ult.)  sechai  ^ll^Qfl*55^  neben  zwei- 
maligem    ij,  alle    drei    aber    mit    der  Uebersetzung  ygafifiava  „Schrift" 

cä^i  littera(e),  hatte  früher  zu  der  Annahme  geführt,  dass  das  ägyp- 
tische Schreibzeug  durchweg  c&.£  zu  lautiren  sei.    Allein  die  Gruppe  an 

Mio],  von  H.  Birch  zuerst  nachgewiesen,  legt  das  kopt.  om  (von  der 
erweiterten  Form  anu)  imitari,  similis  um  so  näher,  als  der  Kvvoziqxxlog 
(Horapollo  I,  14)  =  ygafifiara    mit   der  Legende  ^'v  fr)    ^n*Q    °^er 

bloss   *S,   €n(ni)  simia,  häufig  mit  Palette8)  und  Calamus  als  schreiben- 
der,   in    der    basse   ep.    geradezu   für  Hpi  getroffen  wird.     In  Bezug  auf 
das  dem  Schreibzeug  entsprechende  Zeichen,  welches  Brugsch  dem  hierogl. 
[  ut   „Befehl"    etc.    gleichstellt,    bin   ich    erst    halb    überzeugt    worden 

durch  die  Legende  I^^fig  einer  Pariser  Stele:  c.  15.  lin.  penult. 

Der  Titel  jfe*  dja,  den  ich  in  meiner  Arbeit  über  den  Papyrus 
Prisse  ausführlich  behandelt  habe,  kehrt  auf  dem  Wiener  Sarkophage9) 
mit  der  Variante  J^f         öfter  wieder,  und  zwar  bei  demselben  Namen 


b)  Cf.  Leemans:  Horapollo  Taf.  Nr.  34.     Brugsch:  lex.  Variante. 
9)  Brugsch :  Recueil  I  pl.  VI. 


108 

Anhuramu.  Man  könnte  sich  wohl  geneigt  fühlen  hieraus  auf 
die  Identität  der  beiden  Männer  zu  schliessen.  Das  hindert  aber 
einigermassen     der     Name     seiner    Frau:     Tahen.       Sein    Sohn     heisst 

""Iß  nv\  ^  ^$?  Nas-shu-tefnut,  abgekürzt  "^  W  .„Anhänglich  an 
Shu  und  TefhutT.  Jedenfalls  gehören  aber  dibue  Namen  demselben 
Zeithorizonte  und  vielleicht  der  nämlichen  Familie  an,  wie  die  unseres 
Denkmals,  zumal  der  letztgenannte  Sohn  ausser  andern  Titeln  auch  den 
eines  „Basilikogrammaten  des  gesammten  Rechnungswesens"  führt,  wobei 

pßi  mit  dem  Schakale  ~^  (Horapollo  139  xviov  —  leQoyQauuarevg)  wechselt. 

—  Was  endlich  die  Lautung  für  ^f\  betrifft,  so  wissen  wir,  dass  sie 
in    der  phonetischen    Gruppe     $>     liegt.      Brugsch    liest   sehen    und  dies 

/Www 

scheint  durch  njeTriti(^)  horreum  Scheune  foenile  Heuboden  thesaurus 
bestätigt  zu  werden.     Allein  was  thun   wir  dann  mit     0  V*  das  Haar,  das 

/www   W>» 

doch  im  Kopt.  ^^neir  KÄOie-qüJi10)  cincinni  vorliegt?  ich  bleibe  also, 
da  wohl  ch    sich  in  seh,    aber    nicht  umgekehrt  verwandelt,  bei  meiner 

Lesung  und  Lautirung  einen.  —  Schliesslich  verweise  ich  wegen   R|,    wo 

das  Zeichen  der  hochheilig  gehaltenen  Wahrheit,  bloss  in  der  Schrift, 
den  Ehrenplatz  behauptet,  auf  meine  früheren  Arbeiten  seit  der  Ent- 
zifferung des  Bokenchons-Textes.  Die  eingehenden  Untersuchungen  von 
Deveria  (Recueil)  und  Brugsch  (Lexicon)  haben  meine  Ueberzeugung, 
dass  Plutarch's  (pwvi]  akrj&rjg  sich  damit  decke,  durchaus  noch  nicht  er- 
schüttert. Statt  des  hierogl.  heseb  (O  2Dn  computus)  bietet  der  demot. 
Text  auf-ap  (kopt.  (p)eq(qi)wn  Computator).  Auf  der  bilinguen  Stele  bei 
Young  Hierogl.  1179  ist  Aufap  ein  Eigenname,  wie  auf  dem  demotischen 
Proskynema  (Revue  archeol.    1844/45.  No.  IV  publ.  von  De  Saulcy. 

Gehen    wir    nun    zum   zweiten  Gliede    des  Parallelismus  über.     Der 
hieroglyphische  Theil  stellt  sich  so  dar: 


^    o    4  PI '  '  '  ü  ^f  0   ^7     1     ü  9  0 
demt  n  mesdjerti  sacket  gerheb  hupe  an  suten  Ta-Dhuti  khruma 
ari  n  neb-pe  Ta-Amun  khruma. 


10)  Der  zweite  Bestandteil  ist  durch  G^^^  put  gesichert, 


109 

„Die  Gemahlin  vom  Ohrenpaare  des  Nordkönigs,   vom  Oberkolchyten  (u.) 
Basilikogrammaten :   Ta-Dhuti,    die    seelige,     Tochter    der    Hausherrin 

Ta-Amun,  der  seeligen". 

In   der  demotischen   Zeile  entspricht  Folgendes11): 

son  an  suten  a.u.s  Ta-Dhuti  Khruma,  mesu  Ta-Amun  Khruma. 

„Die    Schwester    des    Basilikogrammaten    des    Königs  .  .  . :    Ta-w£-Dhuti 

die  seelige,  geboren  von  der  Ta-w£12)-Amun,  der  seeligen". 

Das  Zeichen  der  Summirung  mit  der  Aussprache  dem13)  und  der 
Bedeutung  „vereinigen  toau  conjunctus",  ist  längst  erhärtet;  dass  hier, 
wo  das  feminine  ^  darauf  folgt,  die  conjux  gemeint  ist,  ergibt  sich 
aus  der  demotischen  come  soror.  Es  hat  nicht  erst  unserer  Inschrift 
bedurft,  um  die  Thatsache  der  Geschwisterehe  in  Aegypten  behaupten 
zu  können  —  hauptsächlich  aus  der  Ptolemäergeschichte  erinnerlich  — 
allein  einen  so  directen  Beweis  hat  man  bisher  nicht  getroffen.  Denn 
der  Parallelismus  mit  ,, Hausherrin"  und  „Frau"  verlangt,  dass  wir  die 
„conjux"  uud  „Schwester"  ebenfalls  in  dem  identischen  Sinne  von 
„Gattin"  auffassen. 

Hieraus  wird  jetzt  auch  begreiflich,  warum  der  Doppelname  Tsen- 
paonch  —  Ta-Dhuti ,  der  zugleich  alliterirt ,  auf  die  beiden  Glieder  des 
Parallelismus  vertheilt  ist  und  kein  Widerspruch  besteht  zwischen 
meiner  Tsenpaonch  und  der  Ta-Thod  von  Brugsch  und  Reinisch. 

Das  „Ohrenpaar"  mesdjerti  alliterirt  mitmarti  „Augenpaar"  in  der 
nämlichen  Weise,  wie  der  „Nordkönig"  Sachet  cä.£ht  oder  cä^ht  regio 
septentrionalis,  mit  dem  „Südkönig"  sutenu). 

Ueber  cher-heb  eigentlich  „Festhalter"  oder  „Besitzer  des  Festtextes" 
vergleiche  man  Brugsch  lex.  p.  1125.     Es  besteht  für  mich  kein  Zweifel, 


11)  Vergl.  Tafel,  2. 

12)  Die  Hinzufügung   des  genitivischen  nt   in    der  dernot.  Legende   ist   auch  im  hierogl.  Varr. 
nicht  selten;  vergl.  weiter  hin  Ta-chebes  und  Ta-nt-chebes. 

13)  Brugsch  lex.  p.  1640. 

14)  Plutarch.  de  Is.  c.  36  S-gvio  (#p%    I)  ßuaiXeu  xai  xo  potiov  xlCfia  tov  xöopov  yqctpovoiv. 


110 

dass    seine    Zusammenstellung :    cher-heb  =  xok-/v-rrjg  =  ra^ix^vxrjg    stich- 
haltig ist.     Ebenso  seine  Lesung  hitep  giTne  superior. 

Den  vielbesprochenen  Namen  des  ägyptischen  Hermes  anlangend, 
so  war  man  lange  Zeit  auf  das  Rathen  seiner  Phonetik  angewiesen,  bis 
Lepsius    in    seinem  verdienstvollen  Werke:    „Aelteste  Texte  des  Todten- 

buches"    aus    Sarg-Legenden    die  ausführliche    Schreibung  8^\^    Dhuti 

(0u)vfr)  aufzeigte.     Da  sie  wenigstens  sechsmal  wiederkehrt,  so  ist  kein 
Irrthum   möglich    und    es    lässt    sich   jetzt    auch    die   Inschrift  " 


Tahud  (n  Pnubs  Urovip),  die  wegen  des  Beisatzes  („der  Stadt  Pnubs") 
auf  keinen  andern  als  den  ägyptischen  Mercur  sich  beziehen  kann, 
genügend  als  jüngere  Schreibung  begreifen.  In  Bezug  auf  den  Sinn 
des  Wortes  Dhuti,  das  offenbar  eine  Reduplication  vorstellt,  bleibe  ich 
bei    meiner    früheren    Erklärung    als  „Herz"  Iß  ig  —  xagdla    (Horapollon) 

in    Thad    und    finde    die  Vermittlung   in    dem    Vogel    ^  n^,    tech  ^ä(m) 

grus  —  g<>  tech  herzförmiges   Zünglein    an    der   Waage  (demot.  lllO 

c.   125   des    Todtenbuches)   sowie   in    dem    herzförmigen    Gefässe  ^^NO 

techu  15)    zum  Ausdrucke    der  Trunkenheit  ^e  ebrietas.     Das  Praefix  ^ 

ta  dient  bei  den  Eigennamen  dazu,  die  Zugehörigkeit  zu  bezeichnen. 
Damit  ist  auch  der  Name  Ta-Amun 16)  erledigt.  Es  übrigt  noch,  die 
übersprungene  und  mit  .  .  .   angedeutete  Stelle   zu  besprechen. 

III.  Der  König  Bantut. 

Wie  hiess  nun  der  König,  dessen  Schreiber  der  Basilikogrammate 
Anhuramu  gewesen  ?  Die  Gruppe  ist  eine  sehr  kurze  und  entbehrt  der 
üblichen  Einrahmung  c^,  womit  angedeutet  wird,  dass  wir  es  nicht 
mit  einem  Hauptnamen,  sondern  einem  Epitheton  zu  thun  haben,  wie 
es   hauptsächlich    in    der  Ptolemäerzeit    unmittelbar    hinter  dem  Schilde 

mit  der  offiziellen  Legende  getroffen    wird:      J  ^\e     Bantut    mit    dem 


15)  Vergl.  Leemans :    Horap.  Taf.  No.  45a,    wo    der    Techvogel   an    dem  herzförmigen    Gefässe 
angebracht  ist.     Das  ebraeische  -pn  toc^  »Mitte"  ist  sicherlich  damit  verwandt. 

16)  Diesen  Namen   trug   auch  eine  Sclavin   (nach  Oppert),  die  vermuthlich  durch  Assurbanipal 
nach  Asien  gebracht  wurde.     Im  Papyrus  Casati  erscheint  eine  Frau  mit  Namen  Oäfxovpig. 


111 

Deutbilde  eines  Mannes.  Daraus  geht  mit  Notwendigkeit  hervor,  dass 
diese  Gruppe  nicht  zu  dem  weiblichen  Namen  Ta-dhuti  gehört,  wie 
Dr.  Reinisch  angenommen  hat.  Der  Beweis  hiefür  liegt  in  der  (Zeile  3 
gegen  das  Ende)  wiederholten  Legende  ^^J^f)J^.ß|  »die  Ge- 
mahlin (Hausherrin)  des  Basilikogrammaten ,  die  Gattin  des  Ober- 
kolchyten:  Ta-dhuti,  die  seelige  (spricht)"  —  wo  Bantut  fehlt,  weil 
dieser  Name  eben  nicht  zu  Ta-dhuti   gehört. 

Den  augenscheinlichsten  und  handgreiflichsten  Beweis  dass  das 
Epitheton  Bantut  einem  Könige  eignete,  liefert  die  demotische  Zeile 
und  bekundet  so  auf's  Neue  die  Wichtigkeit  auch  dieser  Schriftart. 
Hier  steht  nämlich  deutlich  zu  lesen : 

suten  a  .  u  .  s  Ba(n)tat  Menautut 
,,Der  König  (der  gesund  bleiben   möge!)  Ba(n)tat  Menautut". 

Ich  hätte  nie  gewagt,  diese  Legende  auf  einen  historischen  König 
zu  deuten,  wenn  nicht  eine  demotische  Urkunde  der  Ambraser  Samm- 
lung in  Wien  (Pap.  No.  489)  den  nämlichen  Doppelnamen  in  der- 
selben Reihenfolge  und  mit  der  werthvollen  Beigabe  eines  Datums 
darböte.  Ich  habe  diesen  Text  seiner  Wichtigkeit  wegen  und  weil 
er  noch  nicht  publicirt  ist,  auf  beifolgender  Tafel  unter  3  facsimilirt. 
In  Hieroglyphen  transscribirt ,  präsentirt  sich  die  erste  für  unsern 
Gegenstand  entscheidende  Zeile  also: 

9, Im  Jahre  VII  Monat  Tybi  des  Königs  Ba(n)tat-Menautut  sprach  (ein 
gewisser  Hriren  dessen  Mutter  Ta-dhuti,  zu  Urit  dessen  Mutter 
Ta-pasch)".      Es    ist    ein    Kaufcontract,    im    Verlaufe    dessen    öfter    von 

Tfc^  El   \ o    „die  Hälfte"    die    Rede    ist.      Dieses  Wort  unterscheidet  sich 

wesentlich  von  dem  Namen  1  ^  * — «  gebildet  wie  Ta-Amun  und  Ta-dhuti 
\%,  welcher  Name  also  auch  in  dieser  Urkunde  erscheint  und  auf 
Gleichzeitigkeit  mit  dem  Texte  von  Miramar  hinweist.  Glücklicherweise 
existirt  noch  ein  drittes  Denkmal,  auf  welchem  der  fragliche  Königs- 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  1 6 


112 

namen  vorkommt,  nämlich  der  schöne  Wiener  Sarkophag  des  Pnohem- 
isis ,  dessen  Text  mir  durch  Dr.  Reinisch  zum  Theile  bestätigt  ist  und 
vorliegt17).      Die  betreffende  Stelle  lautet  vollständiger  folgendermassen  : 

„in  dem  Verehren  den  Herrn  der  beiden  Länder,  den  Gott,  Sprössling 
eines  Gottes:  (den  König)  Ba(n)tat,  dessen  Kronen  beständig  dauern 
(mögen)"  !     Das  genitivische  n  ist  facultativ.     Um  mit  dem  letztgenannten 

Namensringe    zu    beginnen,    so    ist   bekanntlich   A    die  häufige  Variante 

zu  a d    (und  sogar  o)    sowie    zu     j  rar  (Pap.  Leyd.).     Meist  kömmt 

dieses  Zeichen  doppelt  vor:  p  19)  in  dem  Namen  einer  unterägyptischen 

Stadt,    die  Brugsch  auf  Grund  der  stereotypen  Legende    3£$u  (  Be-n-tat 

mit  dem  bekannten  Mevdijg  identifizirt  hat.  Die  Keilinschriften  des 
Assurbanipal  gedenken  neben  Sai  und  Mimpi  (Sais  —  Memphis)  einer 
Stadt  des  Delta  mit  Namen  Bi-n-didi.  Auch  der  jetzige  dem  antiken 
Mtvdrjg  voll  entsprechende  Ortsnamen  Tmai-el-Amdid  Q\m\  pagus)  stimmt 
vortrefflich  dazu.  Rechnet  man  dazu  Namen  wie  Zßtv8r\rig ,  so  hat 
man  die  ursprüngliche  Form  neben  der  durch  Erweichung  entstandenen. 

Aehnliche  Uebergänge    liegen    vor  in  s=>  Jj     Dheb(n)nuti  =  JZsßevvvrog 

'xeMtioTT  —  Samnud  —  während  das  früher  hiefür  angesehene   l        © 

Samhud  dem  heutigen  Damiette  tajuia/xi  entspricht;  ferner  in  ^3^  ==  neb 
=  niAi  und  iti&ew  omnis,  endlich  in  dem  Uebergang  der  hieroglyphischen 

J/WVWN  1 1 1 1  n  1     f\  ./TV 

ban   in  das  demotische         II  \\^rb   menau   koptisch  mR 
— -M— -  /WWV\     1        II 

MMb^n  MMosi  —  non,  nullus,  das  wir  dreist  dazu  rechnen  dürfen.  Wenn 
daher  e-AiR-iocK  haud  mora,  sine  mora  bedeutet,  so  muss  auch  der 
Name  des  Königs  unserer  Inschrift  Ban-tut  =  sine  pari  oder  „Ohne- 
gleichen" besagen  können. 

Wir    haben    also    in    unserem    Texte    so    wie   in  den  beiden  Wiener 
Legenden    für    einen    und    denselben  König    zwei  Namen,    die    offenbar 


17)  Vergl.  Tafel,  4. 

18)  Lepsius,  Königsbuch  No.  766. 

19)  In  der  Tnschrift  von  Rosette  wird  diese  Gruppe  mit  6ia[*£t>(ti>  übersetzt. 


113 

einander  nachgebildet  sind.  Die  dernotischen  Negationsbezeichnungen 
sind  zwar  nicht  vollkommen  erforscht  —  unter  andern  ist  in  Brugsch's 
Gr.  demot.  die  Transscription  iikh  des  gnostischen  Papyrus  zu  Leyden 
nicht    berücksichtigt   (womit    das    demot.  usch  \  o-yeuje  =  sine,  absque 

^fö  B  a  n  t  u  t  bürgt  uns  für  unsere  Les- 
ung, und  da  es  sich  um  Namen  handelt,  so  kann  die  demotische 
Transscription  nicht  weiter  abweichen ,  als  die  sprachliche  Erweichung 
des  b  in  m  mit  sich  brachte.  Darum  ist  es  auch  gestattet,  die  Variante 
lio  ,,der  zweite"  hier  nicht  meh-snau  sondern  tut  (cf.  tottiot  simul-acrum 
von  otwt  similis)  zu  lesen;  denn  es  gibt  eine  Menge  solcher  Parallelstellen 
wie  (Brugsch  lex.   p.    1532)    """tu  =  o'Vi   „nicht  ist  der  Gleiche,   nicht 

/WVW\  "^  Jl  *^e=w_ 

ist  sein  zweiter". 

Die  Legende  Mtvdrjg  eignet,  wie  man  au3  Herodot  II  sich  erinnert, 
dem  Bocke  rgayog  (Widder!).  Eigentlich  ist  aber  nur  der  erste  Be- 
standteil von  Ba-n-tat  mit  dieser  Bedeutung  behaftet,  wie  sich  aus  den 
Worten  &&.-M-ne  (^p)  hoedus,  caper  (domesticus),  ßev-Ai-n-gooTrT  hircus 
Silvester,  £iÄ<-pHiT  hircus  (cicur?)  unmittelbar  ergibt.  Ausser  diesem 
existirt  ein  Wort  ^^^^  qa  rih  ^ih,  ^le  hircus  hoedus.  Im  gnost. 
Pap.  zu  Leyden  erscheint  öfter  ein  Thier  ^^^,  das  mit  der  sonst 
bekannten  Gruppe  ser  oder  serau  „Widder"  (warum  Brugsch  lex.  p.  1259 
Xrjvalüjmjg?)  identisch  ist,  unter  andern  in  der  Stelle  XII,  26:  „ich  bin 
ein  Hörn  des  ser  (eccooir  aries),  ich  bin  ein  Zahn  des  Elephanten"  um 
die  Stärke  wider  das  Feindliche  zu  bezeichnen.  So  ist  auch  das  Thier 
meiner  früheren  Abhandlung  „über  altägyptische  Musik"  p.  573  lin.  13 
den  erhaltenen  Spuren  nach  ein  Widder  ^  von  40  Ellen,  in  den  sich 
der  Sonnengott  verwandelte ,  um  den  bösen  Apophis  niederzurennen. 
Sodann  das  bekannte  $3fe?  chnem  im  Namen  des  Gottes  Xrovtuig  (Krov- 
jtitg,  Xvovßig,  Kvrj(p)  und  endlich  g-^flfllg  schafi,  welches  bei  Plutarch 
dels.  c.  37  anlässlich  des  Götternamens  *At)-aoufr\g  durch  dvd^elov  virtus 
Q4X€$-avd()og?)  erklärt  wird.  Die  geistige  Kraft  ist  in  dem  erst- 
genannten *3fe?  ba  (Var.  'fcüj  mitausgedrückt,  da  Horapollo  I  6  ßa'C  = 
ipvyj]  setzt.  In  dem  gnostischen  Papyrus  zu  Leyden  col.  XXII  lin.  6 
steht  über  der  hieratischen  Gruppe  ^-*M1   m^  dem  Verdopplungszeichen 

16* 


114 

§  sop  snau  „zwei  Mal".  Die  koptische  Transscription  lautet  ujfte  uj&h 
und  unmittelbar  darauf  über  der  entsprechenden  demot.  Gruppe  &i&h?t. 
Ich  fasse  diese  beiden  Wortpaare  so,  dass  ich  sie  von  einander  abhängen 
lasse  und  übersetze  demnach:    „Tapferer  der  Tapfern,   Seele  der  Seelen!" 

IV.  Der  König' Mendes. 

Auf  der  wichtigen  Stele  von  Neapel20),  deren  ich  schon  in  meiner 
ersten  acad.  Abhandlung  (1866)  gedacht  habe,  treffen  wir  unmittelbar 
nacheinander  drei  Arten  von  Widdern  oder  Böcken.  Auch  die  in  der 
Ztsch.  für  Aeg.  von  Brugsch  übersetzte  grosse  Stele  hat  die  mendesischen 
Böcke  oder  Widder  zum  Gegenstande  —  natürlich,  da  sich  dieser  Cult 
zunächst  an  ^kegavdyog  6  AX'£  anlehnte.  Der  priesterliche  Würdenträger 
(Samtoui)-Tefnacht  redet  zuerst  den  widderköpfigen  Gott  Chnum  weit- 
läufig unter  seinen  verschiedenen  Eigenschaften  an,  nennt  sich  dessen 
Sclaven  (Theodulen),  gedenkt  des  ihm  vom  Chnum  geleisteten  Schutzes 
zur  Zeit  des  Krieges  wider  Aegypten  durch  den  Fürsten  (hyq)  von 
Asien  £rS  Seti  (Artaxerxes  Ochus)  und  fügt  daran  die  historisch  wich- 


tige Nachricht :  „Du  schirmtest  mich  auch  in  dem  Kampfe  der  "f"^"1^ 
Hanebiu  (demot.  Uinen  =  Jonier,  Griechen),  als  du  zurücktriebst  die 
Asiaten;  sie  (die  hellenischen  Macedonier  unter  Alexander  d.  Gr.)  tödteten 
eine  grosse  Menge  zu  meinen  beiden  Seiten,  aber  keiner  erhob  seinen 
Arm  wider  mich".  Von  der  15.  Zeile  an  spricht  er  zu  seinen  Amts- 
genossen im  Dienste  des  Chnum  „des  Königs  der  beiden  Welten",  des 
Harmachis,  des  Allherrn  (Osiris),  des  wohlthätigen  Widders  in  Chenesu- 
Heracleopolis  (d.  i.  Agocupris     "  (j  R  3g.21)  und  des  Tum:    IM&        3?5} 

-^^rz^nnH^a  -der  Köni« des  Ba- der  *'üm  der 

Schafi,  die  Majestät  des  Chnum  (?),   der  Stier  der  Besaainung,  der  Regent 

zweier  Reiche,  VSOT^ßfeljj^T ''Wf^f  As.    der    ge" 
liebte  Sohn  des  „Königs  der  beiden   Welten"   geht  zum  Himmel  (stirbt) 


20)  Brugsch  Geogr.  1  Taf.  LVIII. 

21)  Brugsch:  Recueil  IV  pl.  XXXVI  col.   12b. 

22)  Im  Originale  eine  sitzende  Mannsfigur  mit  Widderkopf. 


115 

und    schaut    darin    den    Chnum,    den    „König    beider  Welten",   und  den 

Tum  in  seiner  Behansnng  -  %1IHMÖ1(|[[SI  ChnUm 
den  grossen  Gott,  in  der  Halle  des  Königs  Unnefer  (Osiris)."  „Es  bleiben 
eure  Namen  auf  Erden  mit  Genehmigung  des  Chnum,  des  Königs  beider 
Welten,  wenn  ihr  sprecht:  Gepriesen  sei  unter  den  göttlichen  Rettern 
in  Herakleopolis  der  Lobpreiser  seines  Gottes,  der  Würdige  seines 
Gaues:  Samtoui  —  Tefnacht".  Dies  ist  vortheilhaft  für  euch  selber: 
es  nennen  Andre  euern  Namen  nach  Jahren."  Gerade  so  findet  sich 
auf  dem  Wiener  Sarkophage  der  Name  des  Königs  Bandat  in  Verbindung 
mit  dem   Götterkönig  Unnofris  ("O/uopig  "Slvvwcpyig-EveQyerrjg). 

Da  der  hier  als  verstorben  aufgeführte  König  mit  den  drei 
Hauptformen  der  heiligen  Widder  oder  Böcke  identificirt  wird  und  dem 
Zusammenhange  gemäss  kein  anderer  als  Alexander  sein  kann  so 
habe  ich  meine  in  der  Einleitung  als  Vermuthung  gebotene  Beziehung 
auf  diesen  grossen  Macedonier  nach  Kräften  bewahrheitet  und  befinde 
mich  in  Uebereinstimmung  mit  Reinisch  in  Betreff  des  allgemeinen 
chronologischen  Horizontes.  Da  jedoch  die  aus  Ba-n-tat  zu  Mevdrjg 
gräcisirte  Form  noch  öfter  getroffen  wird,  so  ist  es  nöthig  eine  längere 
historische  Digression  zu  machen,  um  diejenigen  Könige,  welche  wegen 
einer  ähnlichen  Namensform  sonst  in  Betracht  kommen  könnten,  definitiv 
von  der  Frage  auszuscheiden. 

Diodor  nennt  I  61  97  einen  König  Mivdrjg  —  Mccqqoq:  es  ist 
jiflevifirjs  III  Mayrjg  von  der  XII.  Dynastie,  der  Erbauer  des  Labyrinths, 
der  schon  wegen  des  Daseins  der  demotischen  Inschrift  hier  ausge- 
schlossen ist,  trotzdem  dass  an  der  zweiten  Stelle  die  Genitivform 
Mevdrjrog  gesetzt  ist,  die  mit  /LLtvdrjg  =  x^ayog  und  dem  Stadtnamen 
Mtvdr\g  stimmt.  Strabo's  Malv8r\g  —  3Io/u,dvdr]g,  des  Plinius  Moteris- 
Moeris  und  Zmandes-Zmarros  sind  nichts  anderes,  da  auch  diese  Namen 
sämmtlich  auf  den   Erbauer  des  Labyrinths  sich  beziehen. 

Näher  liegt  Sfiivdrig,  das  Haupt  der  XXI.  Dyn.,  und  wirklich  ist 
das  Schild  des  Wiener  Sarkophages  mit  dem  Namen  Ba-(n)-tat  auf 
diesen  König  gedeutet  worden.  Allein  mit  Unrecht ;  denn  auch  hier 
erhebt  die  Anwesenheit  des  Demotischen  und  der  ganze  Schriftstyl 
unserer  Inschrift  entschiedenen  Einspruch.     Die  Wichtigkeit  des  Gegen- 


116 

Standes  mag  es  entschuldigen,  wenn  ich  bei  dieser  Gelegenheit  meine 
Ansicht  über  die  Entstehung  dieses  Königsnamens  etwas  ausführlicher 
darlege.  Da  das  betreffende  Haupt  der  XXI.  Dynastie  in  seinem  Schilde 
neben  Her-hor  oder  Pehor  {<Pqov)  den  Zusatz  hat:  ^!)£^  Se-Amun' 
„Sohn  Amon's"  und  dieser  Zusatz  regelmässig  davor  steht,  so  könnte, 
mit  Berücksichtigung  des  gräcisirten  ^-juejn-xvovßig23)  um  so  mehr  an 
Se-Amen  gedacht  werden,  weil  daraus  sich  auch  der  Widder  erklären 
würde  und  sein  Thronschild  ihn  constant  den  „ersten  Propheten  des 
Amon"  nennt.  Allein  die  ganze  Stellung  des  Her-hor  als  eines  mili- 
tärischen Emporkömmlings  zur  Zeit  der  letzten  Ramessiden  macht 
es  wahrscheinlich,  dass  man  ihn  von  dieser  Eigenthümlichkeit  benannt 
haben  wird.  Auch  würde  das  Epitheton  ,,Sohn  Amon's,  welches  so 
viele  Königsschilder  enthalten  z  B.  auch  das  Alexan  der's  des  Grossen, 
ihn  zu  wenig  unterschieden  haben.  Dass  ich  aber  mit  meiner  Ver- 
muthung  auf  guter  Basis  stehe,  beweist  ein  hieratisches  Beispiel  der 
XIII.  Dyn.24).  Dort  steht  ausserhalb  des  Schildes  (im  Turiner  Königs- 
papyrus frag.  78  lin.  4)  hinter  dem  Hauptnamen  Ra-smench-ka,  der  Zu- 
satz   1u.<=>fJ||    wwr  menfediu    praefectus    militum    und    dieser    Beiname 


ist  von  Mariette  in  einem  mit    fe^     eingeleiteten  Hauptschilde  gefunden 

worden 25).  Was  ich  damals  sagte  ,,der  Name  praefectus  militum 
deutet  auf  Revolution"  .  .  .  und  das  vier  Zeilen  weiter  folgende  Bei- 
spiel des  Königs  Neferhotep  empfiehlt,  der  eines  Privatmannes  Haanchef 
Sohn,  also  ebenfalls  ein  Emporkömmlung  war,  kann  ich  jetzt  nur  wieder- 
holen und  auf  den  vorliegenden  Fall  anwenden.  (Brugsch  hat  dieses 
einfach  reproducirt,  ohne  seine  Quelle  zu  nennen.) 

Herhor  führt  in  seiner  Legende  denselben  militärischen  Titel        ]  |aj  i 

praefectus  militum.  Nur  vermuthe  ich,  dass  er  zum  Unterschiede  mit 
der    Lautung    ns    für    das    erste    Zeichen     ausgesprochen     wurde,    das 


23)  Lepsius:  ,,Aelteste  Texte"  p.  35. 

24)  Vergl.  meinen  „Manetho"  p.  237/238. 

25)  Warum  H.  Brugsch  in  seiner  Histoire  d'Egypte  2.  edit.  p.  119  meine  Uebersetzung  tadelt 
und  dafür  eine  „fonction  tres-paisible"  darin  erblickt,  ist  um  so  weniger  begreiflich,  als 
er  ja  selbst  (und  Mariette  noch  vor  ihm)  in  seinem  Aufsatze:  „Tanis  und  Avaris"  (Ztschr. 
f.  Erdkunde,  Neue  Folge  Bd.  XII)  geradeso,  wieich,  übersetzt  hat  „capitaine  de  troupes." 


117 

in  den  graecisirten  Namen  wie  z.  ß.  2-f.nvig,  2-nortovg,  JZ-vaxof-ivevg  etc. 
zu  einfachem  2  wurde.  Da  ferner  die  phonetische  Gruppe  für  „Truppen" 
unter  andern    demot.    menut  £^h  g  I   geschrieben    wird,     welches    einem 

hierogl.   *G  ebenso  entspricht,  wie  unmittelbar  daneben    t\    ol^-  ma^ 

einem  demot.   j^  JA]    mati    und     beide     dem     kopt.    M&/r(o)i     Söldner 

miles 26)  identisch  sind,  so  ist  auch  an  der  Identificirung  dieses  m(e)nut 
mit  MiioTT  janitor    nichts    auszusetzen.     Dieses  Corps    der    Palastwache 

war  aber,    wie  es  mir  wegen    der  häufigen  Var.  j°  im    Sinne  von    „Sol- 

x 
daten"  scheint,  nach  der  Gruppe  £-^l|l|  ^  „Stücke  Zeuges"  (Rosett.  lin.  2) 

im  Zusammenhalte  mit  dem  etwas  abgekürzten  V— "  fjf   „Soldaten"    (ibid. 

lin.  1),  nach  seiner  Uniformirung  so  benannt,  wie  wir  ja  auch 
„Uniformen",  „einerlei  Tuch"  =  „Militär"  gebrauchen.  Der  ganze  Titel 
auf  der  Stele  des  Chahap  zu  Berlin,  wie  ihn  Brugsch  1.  1.  anführt,  näm- 
lich :  (p)-  her  (p)  menut  en  (na)  mati  besagt  also :  „Der  Oberst  des  Corps 
der  Palastwache",  weil  die  Uniform  auch  die  Unität  oder  den  Corps- 
begriff ergibt.  Nun  aber  hatte  H erhör  den  Bestandtheil  her  schon 
zweimal  in  seinem  Hauptnamen,  ausserdem  den  Titel:  «Sg  uer  o-ypo 
Grosser,  König  (des  Doppellandes)  und  ^f(x  hauti  £otit,  gova^  primus, 
dux,  neben  der  höchsten  geistlichen  Würde  eines  ersten  Amonspropheten : 
es  bleibt  also,  wenn  er  vom  Mur-menutiu  (oder  murmenfediu)  der 
XIII.  Dyn.  unterscheidend  benannt  werden  sollte,  nur  der  Titel  ns-menut  = 
2-uevd-T}g  mit  der  Bedeutung  „attache  aux  troupes"  als  passende  Be- 
nennung für  ihn  übrig. 

An  Mevdrjg  =  Gott  Udv  (Herodot.  II.  46)  zu  denken,  verbietet 
die  Anwesenheit  eines  Datums  auf  dem  demot.  Contracte  zu  Wien ; 
ebenso  ist  anlässlich  unsers  B  an  tat  =  Mevdrjg  nicht  an  die  betreffende 
Stadt  zu  denken. 

Nach  dieser  negativen  Beweisführung  ist  es  erforderlich,  zu  der 
positiven  überzugehen ,  was  zunächst  durch  eine  genauere  Betrachtung 
der    letzten    nationalen     Dynastie    Aegyptens,     nämlich     der    XXX.    am 


26)  Brugsch  lex.  p.  648. 


118 

füglichsten  geschehen  dürfte.  Der  erste  König  dieses  sebennytischen 
Herrscherhauses:  JYezTavsßrjg  (Manetho)  Necthebis ,  Nectnebis  (Plinius) 
ist     durch     manches      Denkmal     gesichert      mit      dem     Namensschilde 

(  ""^^k.  !™ü  )    Necht-Har-hebi    „die    Stärke    des    Horus   (von  der  Stadt) 

Hebi  ('==  Jseum  =  Bo-hbait,  3  Stunden  von  Sebennytos).  Bisweilen  er- 
scheint dieser  Name  ohne  die  Einrahmung,  wie  z.  B.  auf  einer  Stein- 
bruchinschrift bei  Tura27)  wo  ein  V  |^\\<=>t  ity  ,, Prophet  der  Porträt- 
statuen des  Necht-Harhebi"  genannt  ist.28)  Aehnliches  ist  der  Fall  auf 
einer  andern  Stele,  datirt  vom  Jahre  37  des  Ptolemaeus  Philadelphia 
und  zweisprachig,  d„  h.  hierogl.  und  demot.  abgefasst.  Der  am  29.  Toth 
dieses  Jahres  bestattete  Basilikogrammate  A  ufap  (cf.  supra  p.  108)  war 
auch  „Prophet  des  Nechtharhebi".  Auf  einer  dritten  Stele  (oberägyptisch) 
von  Hamamat?29)  sagt  eine  „Dedication  (*ir)  einer  Felsenstele"  auf  den 
Namen  des  „Heraa  Sohn  des  Psenoer",  „Priesters  der  Felsenstele  seit 
der  Regierung  des  Königs  Nechtharhebi",  dass  der  griechische  Soldat 
(mati  na  uineri):  Ev/jjLi^ig  (Tenau- ehernen)  die  fremdsprachische  (halo- 
thlau  =  äXlo&Qoog?  30)  Inschrift  geschrieben  habe  und  wünscht,  dass 
dessen  Name  bleibe  vor  Chemen,  dem  Gotte  des  Berges  bis  in  Ewigkeit." 
Eine  vierte  demot.  Inschrift31)  nennt  den  Propheten  und  Basiliko- 
grammaten,  Rechner  (aufap)  des  Osiris,  Priester  und  Schreiber  der  Bast, 
Propheten  des  Chnum,  des  Herrn  von  Ib  (Elephantine),  Amonemau(?) 
bei  dem   to£  |f^^\  >jx.^  Angriffe  der  Fremdhorden    (p&.  numerus)    der 

Perser  auf  2  Standbilder  des  Königs  Nechtharheb ,  der  ewiglich  dauern 
möge! " 

Auch  der  zweite  Königsname  der  XXX.  Dynastie:  Tei'g  (Taywg) 
erscheint  bis  jetzt  nur  in  den  Sgrafitti  der  Steinbrüche  von  Tura  (mons 
Troicus).     Das  scharfe  Auge  des  unermüdlichen    Dr.   Brugsch 32)    unter- 


27)  Young  hierog.  II  88. 
28.)  Cf   Young  II  79  1.  1. 

29)  Revue  ach.   1844/45  Nro.  III  der  Tafel. 

30)  Vergl.  das  (Uoylonng.  der  Söldiierinschrift  von  Abusimbel. 

31)  Revue  arcli.  1844/45  Nro.  IV. 

32)  Recueil  I  pl.  X,  19 


119 

schied    neben    einem    Spametik     (statt    Psametik33)    einen    Privatnamen 

"^i    Djeho  und  die  nämliche  demot.  Gruppe  ist  im  bilinguen  Papyrus  34) 

griech.  durch  Tecog  umschrieben.  Diese  Beispiele  ermuntern  mich,  das  von 
ihm  aus  Tura  citirte  Proskjnema  (Nr.  18)  vollständig  so  zu  übersetzen: 
„(Andacht)  vor  Neith,  der  grossen  Mutter,  der  grossen  Gottesgebärerin, 

unter  der  Majestät    des    Anch-Bast,    des  Königs  'S,    Dje(t)ho  {Ttu>g)u. 

Es   ist   möglich,    dass    Anch-Bast    eines  der   officiellen  Epitheta  (Thron- 
name?)   des    Tsujg    bildete,    obgleich    alle    und   jede  Einrahmung    fehlt. 
Auf  dem  Sarge  des  Enkels  Nectanebos  zu  Berlin35)  steht  geschrieben: 

IvvM*^  *$  m^S'^S  i  $T  "c*er  ^a^er  ^es  Königs,  der  Oberzähler  der 
Uniformen  (Truppen):  Djeho".  Was  zuvörderst  den  Titel  ^  m  betrifft, 
der    beim    weiterhin    zu    erwähnenden    Schwager    des    Nectanebos    sich 

wiederholt,  so  glaube  ich,  dass  wir  in  «c^^t^i',  ( oTO  J36)  eine  Variante 
aus  der  Zeit  desPsametichll.  besitzen.  Die  bedenklich  erscheinende  Variante: 
ein   sitzender  Kynokephalos    hinter  "^   kann    uns    aus    einer    Stele  des 

Horapollo  1  16  ult.  erklärlich  werden,  wo  es  heisst,  der  sitzende  Hunds- 
kopfaffe zyaQsi  „schreie"  und  diess  sei  die  Ursache  seiner  Anbringung 
an  den  Wasseruhren  —  wo  wir  ihn  wirklich  treffen  werden  —  dess- 
halb  lese  ich  auch  hier  Djetho,  nicht  Sutenhi  (Lepsius),  um  so 
mehr,  als  Spuren37)  der  phonet.  Gruppe   "^   auf  dem   Denkmale  erhalten 

sind.  Der  Name  des  NtZTaveßujg  selbst  ist  bekanntlich  aus  f^,^  1 
Necht-neb-f   „die  Stärke    seines    Herrn"    entstanden  und  vielfach   belegt. 


33)  Cf.  Sammlung  demot.  Urkunden  Taf.  IV,  H  7  lin.  5. 

34)  1.  1.  Taf.  X  lin.  ult. 

35)  Lepsius  Königsbuch   Nro.  674. 

36)  ßrugsch  Recueil  I  pl.  X,  6.    Vergleiche  Wilkinson  „Manners   and  Customs"   Second  Series  pl. 

45,  2,  2a  neben  Dhuti  aa  ur  neb  Hemenu,  als  einem  schreibenden  KivoxtcpiiXog :     Jj  i  w  i  u 


Äl^ 


vwwv   Tahuti  aa. 


37)  Vergl.  Brugsch  Geogr.  I.    Taf.  XXX   Nro.  529  ult. 

Abh  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  1 7 


120 

Ausser  der  bekannten  Variante  J&=ß  =±  ^37  neb  gibt  es  auch  hiefür  eine 

vollständige    phonetische    Legende38):    u — oi*"    "Jk^WJ^    neben    der 

ebenfalls  demot.  geschriebenen  Q^ TlP  (_' — n|^="j|  1 1 1  ' 

Was  uns  aber  mehr  interessiren  dürfte,  im  Hinblicke  auf  unseren 
noch  immer  nicht  untergebrachten  Bantat-Meixfys,  ist  der  Name  seines 
Schwagers,  der  dessen  Schwester  Merthap  geheirathet  hat.   Die  betreffende 

Legende  lautet:    "o"  °=^ ^J _^T)  3fe? ft  j $  „Seine  Hochwohlgeboren  der 

Zähler 39)  der  Truppen  (Uniformen)  Tesbatat".   So  umschreibt  Lepsius 40). 

Ich  könnte  mich  auf  die  Analogie  des  vorhin  erwähnten  Titels  <$  mJ 

„Oberzähler  der  Truppen"    berufen    und  für  die  Gruppe  _^2j    mich   auf 

ihre  Bedeutung  ipse  beziehen  oder  «xoce,  &Z  etc.  altissimus  als  Var. 
geltend  machen,  um  den  Namen  Ba-n-tat  rein  zu  erzielen.  Allein 
ich  glaube  mit  Brugsch,  dass  im  Originale  _^\  steht,  was  dann  den 
aus    griech.  Transscriptionen    wohlbelegten  Zßev$rjtis   (JZutrdrjg)   ergibt. 

Auf  welche  Weise  nun  kann  dieser  Name  auf  die  Stellung  unseres 
noch  immer  historisch-fraglichen  Bantat  von  Einfluss  sein?  —  Ich 
erinnere  an  das  abgeschmackte  Märchen41),  wonach  Nectanebös  nicht 
nach  Aethiopien,  was  wahrscheinlicher  klingt,  sondern  nach  Macedonien 
vor  Ochus  dem  Perser  geflohen  sein  soll:  rjvixa  xal  30lv^madi  fii/S-elg 
dia  yoTjreiag  viov  h'o%£v  3A"ki§av d yov  ^iijiiwvog  üvai  &80v  viov 
vofÄi'Qoßsvov.  Man  beachte  vor  Allem,  dass  hiemit  Alexander  nur  als 
Sohn  des  widderköpfigen  Amon  in  genealogische  Verbindung  mit  dem 
letzten  Nationalkönig  Nectanebös  gesetzt  wird ,  um  die  dynastische 
Continuität  herzustellen. 

Müssen  wir  diesem  Märchen  allen  geschichtlichen  Werth  absprechen, 
so  fragt  es  sich,  ob  nicht  die  ägyptischen   Geschichtskünstler  selbst  die 


38)  Brugsch:  Recueil  I   pl.  X   Nro.  12,  11. 

39)  Das    v  im    variirt  mit    CT^S  ,   weil  dieses    ^ — r    nes   messen    „zählen"    bedeutet,    z.  B.    im 

Todtenbuch  108,  1;    149,  14.  *• 

40)  Königsbuch   Nro    676. 

41)  Syncellus   p.  487. 


121 

yorjzela  oder  eine  Art  Taschenspielerei  geübt  haben  werden,  um  den  als 
Retter  von  der  verhassten  persischen  Herrschaft  begrüssten  Macedonier 
an  ihren  letzten   Nationalkönig  anzuknüpfen. 

Nectanebos  hatte,  wie  selbst  aus  jener  gefälschten  Nachricht  her- 
vorgeht, keine  directen  männlichen  Nachkommen.  Nur  ein  Schwester- 
enkel, Sohn  der  Tachebs42)  und  ihres  Mannes  Petamun ,  Namens 
Nechtnebf,  setzt  die  Seitenlinie  fort.  Wenn  nun  in  Folge  dieser 
Verhältnisse  Nsba(n)tat  ==  Zßivdrjrig,  obschon  zunächst  berechtigt  (von 
seiner  Frau  her)  nach  Vertreibung  der  Perser  den  ägyptischen  Thron 
nicht  besteigen  konnte,  so  lag  es  allerdings  ziemlich  nahe,  seinen  Namen 
auf  den  Eroberer  Alexander  zu  übertragen  und  diesen  dadurch  gleichsam 
zu  legitimiren. 

Dies  wäre  also  die  Veranlassung  zu  der  sonderbaren  Darstellung 
des  Alexander  mit  Widderhörnern,  zu  seinem  abenteuerlichen  Zuge  nach 
der  Oase  des  Jupiter  Amnion,  welchen  Namen  Curtius  constant  Ham- 
mon43)  schreibt,  vermuthlich  desshalb ,  weil  hier  die  äthiopische  Auf- 
fassung des  Ammon  mit  Widder  köpf  in  Geltung  war.  Denn  hätte 
es    sich   einfach   um    die    factische  Anerkennung   seiner    Sohnschaft    des 

ägypt.   Atnun  gehandelt    —   M  f  ffl  J    Si.-Amun44)  in  seinem  Schilde  vor 

Alexandros,  notabene  ohne  Widderkopf,  sondern  mit  dem  üblichen 
Menschenhaupte  —  so  brauchte  er  nicht  mit  seinem  Heere  durch  die 
Wüste  zu  wandern,  da  es  ja  in  Aegypten  eine  Menge  von  Heiligthümern 
des  Amon  gab.  Aber  freilich  legt  die  in  Aethiopien  gefundene  Stele 
der  Inthronisation45)  eines  ausgekratzten  Königs  durch  ein  Orakel  des 
Amon  die  Vermuthung  nahe,  dass  hauptsächlich  der  widderköpfige 
Hamun  Aethiopiens  Orakel  ertheilte  und  dass  daher  die  Lesart  Jupiter 
Hammon  stammen  mag.  Auch  im  Quran  des  Muhammed  hat  Alexander- 
Iskender  (al  als  Artikel  aufgefasst  und  unterdrückt)  unter  dem  Namen 
Dhu-'l-qarnain  „der  zweigehörnte",    wörtlich    „der   Besitzer    eines  Horn- 


42)  Dieser  Name  bedeutet  „die  des  Bartes"  oder  „die  Bärtige"  —  höchst  auffallend  für  ein  weib- 
liches Wesen,  aber  bei  den  ägypt.  Erbtöchtern  und  Throncandidatinen  ist  ein  Knebelbart,  wie 
bei  den  rasirten  Männern,  angebunden.     Z.  B.  bei  der  Königin  Hachepsu. 

43)  In  der  That  adspiriren  die  äthiopisch-ägyptischen  Legenden  den  Namen  Amon  zu  Hammon. 

44)  Lepsius  Königsbuch  Nro.  684  e. 

45)  Mariette:  Fouilles. 

17* 


122 

paares"  eine  Stelle  erhalten46).  Q.  Curtius  lib.  IV  c.  VII,  30  schreibt: 
Jovis  igitur  filium  se  non  solum  appellari  passus  est,  sed  etiam  jussit. 
Man  weiss  auch,  dass  er  sich  geradezu  „Gott"  nennen  Hess,  was  den 
Laconismus  veranlasste:  „Quoniam  Alexander  Deus  haberi  vult,  esto 
Deus!"  Im  §  23  ist  eine  doppelt  anstössige  Stelle:  Id  quod  pro  Deo 
colitur,  non  eandem  effigiem  habet  quam  vulgo  Diis  artifices  accommo- 
daverunt:  umbilico47)  ...  similis  est  habitus ,  smaragdo  et  gemnris  coag- 
mentatus  24.  Hunc  quuni  responsum  petitur,  navigio  aurato  gestant 
sacerdotes  etc.  Da  wo  ich  .  .  .  gesetzt  habe,  hat  die  Ausgabe  von  C.  H.  Weise 
[tenus  arieti]  eingeklammert,  um  eine  Widderbüste  zu  erhalten,  wie  sie 
allerdings  sehr  häufig  auf  hölzernen  Ständern  und  getragenen  Barken 
erscheinen48).  Allein  ich  glaube,  dass  der  verblümte  Ausdruck  id  quod 
pro  Deo  colitur  sich  auf  eine  der  vielen  Phallephorieen  bezieht.  In 
diesem  Falle  will  der  Autor  nur  nicht  das  Glied  nennen ,  darum  setzt 
er  einen  halbsynonymen  Ausdruck:  umbilicus,  die  Holz  walze  im  Cen- 
trum einer  Rolle,  da  ja  das  betreffende  Ding  aus  lauter  Edelsteinen 
zusammengefügt  war. 

Einer  ähnlichen  verschämten  Ausdrucksweise  begegnen  wir  bei 
Herodot  II  46.  Nachdem  er  gesagt  hat,  dass  die  Mendesier  den  Tlav 
als  äiyonqoöamov  zal  r  Qayooxslta  bilden,  nicht  aber  in  menschlicher 
Form ,  fügt  er  hinzu :  orev  de  tlvexev  toiovtov  yyayovoi  avrbv,  ov  /hol 
rfiiov  Uyeiv.  Besonders  verehren  die  Mendesier  unter  den  männlichen 
aiyeg,  die  überhaupt  bei  ihnen  mehr  gelten  als  die  weiblichen,  einen, 
um  den  bei  seinem  Ableben  der  gesammte  Mendesische  Gau  trauert: 
xaXiszat  o  %s  i^ayog  xal  6  Tlav  Alyviiriojl  Mivdr(g.  'Eysvero  <T  Iv  rw 
vofxip  Tovxcp  Irt  t/Hei)  rovxo  to  xt(jag:  yvvaixl  rydyog  t/uloyezo  äva- 
(pavdov  tovto  ig  tjiLds'§iv  ävS-yamtov  änlxETO.  In  dem  letzten  Satze  ist 
angedeutet,  dass  noch  mehr  solcher  Fälle  vorkamen,  aber  als  Theil 
der  Mysterien  nicht  zur  öffentlichen  Kenntniss  gelangten 49J. 

46)  ZDMG  passim. 

47)  Wilkinson:  Manners  and  customs  of  the  anc.  Egypt.  I  246   liest  umbiculo,   was    er   auf  die 

head-dress   surmounted  by  two  long   feathers  \\\  deutet. 

48)  Cf.  Brugsch  Recueil  III  Dümichen  pl.  LXX1V  5  Stück  pl.  LXXV  8  Stück;  vergl.  LXXVII  1 
den  Chnum-Widder  —  LXXIX  11  ditto;  pl.  LXXXI  19  den  Harschafi  und  LXXXIII  14 
den  Ban(eb)tat. 

49)  Indess  vergl.,  was  ich  hierüber  in  der  acad.  Abh.  (die  Sothis  etc.)  gesagt  habe. 


123 

Jetzt  erklärt  sich  auch,  warum  in  der  Einleitung  unserer  Inschrift 
in  Miramar  der  ß  an  tat  —  Mevdrjg  nicht  ebenso  genannt  ist,  wie  in 
der  entsprechenden  demot.  Zeile  und  in  dem  Wiener  Kaufcontracte: 
aus  Rücksicht  für  die  als  sprechend  eingeführte  Frau  Tsenpaonch- 
Tadhuti  unterliess  der  Redacteur  der  Inschrift  die  Anbringung  des  als 
Personen-  und  Königsname  anstössigen  Schildes  mit  der  Legende  Bantat 
—  was  bei  dem  Wiener  Sarkophage,  der  einem  Manne  eignet,  nicht 
vermieden  zu  werden  brauchte.  Die  demot.  Legende  Bantat  enthält 
den  Widder  gar  nicht  und  konnte  als  Seele50)  von  Tat  (ßa'c)  aufgefasst 
werden.  Jedenfalls  war  dies  ein  Punkt  der  Geheimlehre,  wesshalb 
sich  bisher  in  keinem  offiziellen  für  die  Oeffentlichkeit  bestimmten 
Namensprotokolle  Alexanders  —  die  allerdings  wegen  seiner  kurzen 
Regierung  auch  sehr  selten51)  sind  —  sein  mysteriöser  Name  Bantat 
gefunden  hat.  Dagegen  hatte  Bentut  „der  Ohnegleichen",  welcher 
Name  unläugbar  dem  Bantat  nachgeformt  ist,  obschon  er  eine  grund- 
verschiedene Bedeutung  hat,  Nichts  Anstössiges  und  darum  figurirt 
er  allein  in  dem  hieroglyphischen  Theile  unseres  Textes. 

Der  einzige  Punkt,    welcher  noch  zu  erledigen  bleibt,   betrifft  den 

Vorschlag     T~"^    an  dem  Namen  ZßevdrjTtg   =  ^uevdrjztg,    den   wir  oben 

als  dem  Schwager  des  Nectanebos  ursprünglich  eignend  getroffen  haben. 
Wenn  dieser  Name  aus  den  oben  angeführten  Gründen  der  Legitimität 
auf  Alexander  übergehen  sollte,  so  musste  der  Vorschlag  ns  attache 
(ä  Mendes)  wegfallen,  weil  ja  Alexander  sich  selbst  für  diesen 
Gott  erklären  Hess.      Es  blieb  also  nur   Mevdrjg  übrig. 

Ob  der  Beiname  Bantut  „Ohnegleichen"  oder  „der  Unvergleich- 
liche" sich  für  Alexander  den  Grossen  in  classischen  Quellen  nachweisen 
lasse,  daran  werde  ich  im  rechten  Augenblicke  (unter  V)  erinnern, 
cf.  „Invictus"  bei  Curtius.  Einstweilen  stehe  hier  die  Bemerkung,  dass 
die  letzte  Ptolemaeerin:  Kleopatra  VI  auf  einer  gleichzeitigen  Stele 
(Birch:  „two  tablets"  p.  33)  den  Beinamen  führt  the  Incomparable 
^Q^Qrf),T"  „nulla  ei  par",  so  dass  Anfang  und  Schluss  der  Mace- 
donischen  Dynastie  durch  zwei  „Unvergleichliche"  bezeichnet  sind.      Die 


50)  Vergl.  weiterhin  den  Ansdruck  awfiK  (nicht  atjua)  'AXegecvdQov. 

51)  Das  Datum  „Jahr  sieben"  des  Wiener  Kaufcontractes  fällt  in  den  Schluss  seiner  Regierung. 


124 

sonst  bekannten  Beinamen  Meyag  und  Kriorrjg  lasse  ich  natürlich  aus 
dem  Spiele,  da  beide  erst  nach  seinem  Tode  gebräuchlich  wurden ,  be- 
sonders durch  die  Alexandrinische  Aera,  welche  man  gerade  so  gut 
«710  zfjg  jlle'SavdQov  zslevrfjg  als  vom  Regierungsantritte  seines  Stief- 
bruders Philippus  Aridaeus  (12.  Nov.  324/323  vor  Christus,  des  Jahres  423 
der  Nabonassarischen  Aera)  datiren  konnte.  Nun  wird  aber  gerade  die 
Gründung  der  Stadt  Alexandria  in  das  siebente  d.  h.  vorletzte  Jahr  des 
grossen  Macedoniers  verlegt  (Syncell.  p.  496):  ldlt'§avd()eia  f;  xaz  AXyvnzov 
eßdojuw  hei  Altigavdyov  ixriü&ti.  Daher  also  sein  Beiname  6  xriOTfjg 
der  „Stadtgründer",  um  so  mehr  als:  'Elhjycav  ßaoiltiag  trog  tiqwzov 
anb  ißdojuov  frovg  Akegavdfjov  a^i&^wvaiv  aE)Xr\vtg  yay  xal  Maxeooveg 
ol  avzoi.  Demzufolge  hatte  also  Alexander  der  Grosse  in  der  alexan- 
drinischen  Dynastieeneintheilung  in  so  ferne  eine  exceptionelle  Stellung, 
dass  er  nicht  zu  den  Macedoniern  mit  eingerechnet  wurde,  von  denen 
es  nach  dem  Schlüsse  der  31  Dynastieen  Manethos'  heisst  (Syncellus 
p.  486):  c'Eu)g  ^'Q.yov  xal  Ntxzavtßib  6  Mavt&ü){g)  rag  Xd  dvvaoztiag 
Alyvnzov  TieyityQaipe.  Tylzov  tojliov  tzr]  qv\  Ta  dt  f,iszä  z.avza  ii 
'EXfajvixwv  ovyyyacptcov.  Maxed  ovujv  ßaotlug  tt\  Aehnlich  lautet  der 
Schluss  unmittelbar  nach  den  Auszügen  des  Africanus  und  Eusebius 
(Syncell  pag.  145,  146.  Nach  Jagelog  Codomannus)  oV  3A/.8$avd()og  u 
Maxedüjv  xa&ukt  folgt :  'Ouov  ezi]  y*  zouov  av' .  Tavza  zov  Mave&uj. 
Me%Qi  züvde  Mavt&ä)-  za  dt  ueza  Tavra  c|  'Ehhjvixüv  na^iozazai 
Gvyyqaytaiv.    Maxtdovwv  ßaoiXelg  /«'. 

Wo  wurde  aber  Alexander  von  den  griechischen  Schriftstellern 
(nicht  von  Manetho!)  untergebracht?  Darüber  fehlen  uns  directe  Nach- 
richten. Nur  gibt  die  vom  Syncellus  als  Canon  befolgte  Sothisliste  des 
Pseudo-Manetho  p.  488  mit  Ausschliessung  der  (letzten)  Perser,  die  sonst 
die  31.  Dynastie  bilden,  zwar  dem  Ntxzaveßr]g  die  richtige  Bezeichnung 
J£sßsvvvz?]g  und  setzt  ihn  richtig  in  die  30.  Dynastie ,  aber  sie  lässt 
ihn  allein  diese  Dynastie  bilden,  ebenso  den  Nexzavsßbg  (JSeßeryvtrjg)  die 
31.  (also  State  der  drei  Perser)  und  auffallender  Weise  den  Ttiug  ohne 
die  Bezeichnung  JSeßswvrtjg  eine  32.  Dynastie,  die  sonst  nirgends  ge- 
nannt wird.  Abgesehen  von  der  noth wendigen  Umsetzung  der  beiden 
zuletzt  genannten  Könige  —  da  Ntxiaysßcog  ja  nach  des  Syncellus 
eigener    Angabe    p.  486   (und   sonst  z.  B.    p.  98    Nexzavtßuj  zov  loyäzov 


125 

ßaoiXewg  Aly.  geäusserten  Meinung)  den  Schluss  bilden  muss,  lässt  sich 
die  Willkürlichkeit  dieser  Anordnung  nur  dann  begreifen,  wenn  man 
den  letzten  nationalen  König  Aegyptens,  mit  absichtlicher  Ueberspringung 
der  verhassten  Perser,  mit  dem  Haupte  der  32.  Dynastie:  Alexander, 
in  nähere  d.  h.  Familienverbindung  bringen  wollte,  um  diesen  gleichsam 
nur  als  glänzende  Fortsetzung  des  einheimischen  Herrscherhauses  er- 
scheinen zu  lassen.  Dies  stimmt  vortrefflich  zu  der  oben  nachgewiesenen 
Üebertragung  .des  Namens  (Ns)  ßantat  —  Mevdrjg  von  einem  Mitgliede 
der  Sebennytendynastie  auf  Alexander,  wie  ihr  auch  das  Märchen  über 
das  Elternpaar  Nectanebos-Olympias  von  anderer  Seite  zur  Bestätigung 
dient. 

Einen  mehr  direkten  Beweis  für  die  Gleichung  Alexander  ==  Mevdr\g 
liefert  eine  Stelle  des  Tatian52):  Aiyvnxicor  di  elaiv  ai  hC  äxyißeg 
yjjorcov  ävayyaipal  xal  xoSv  "/.ax*  avxovg  nyayuaxwv  e()jLir]revg  eoxi  ITxo- 
Xeualog,  ovy  6  ß aö iXevg,  leyevg  de  Mevd r\x og.  Dieselbe  Notiz 
findet  sich  beim  Clemens  Alexandrinus  (stromm.  1.  c.  21),  wo  er  den 
Grammatiker  Apion  (aus  der  Oase,  6  HXeiaxovixr\g  emxXij&elg)  als  Ge- 
währsmann citirt  und  sagt:  uayxvya  na^axi&exai  TlxoXeixaXov  xov 
Merdrjaiov,  aber  des  Apion  Worte  selbst  so  anführt:  wg  er  xdig  yqovoig 
(sie)  äveyQaipev  6  Mev drjO  10 g  TTx  oXe /aalog.  Es  handelt  sich  um  die 
wichtige  Nachricht  über  die  Zerstörung  der  Hykschosveste  Avayig  durch 
den  König  'Ajuwöig.  Auffallend  ist,  dass  Tatian  mit  seinem  ovy?  6  ßaoiXevg 
(TTxoXettalog),  ieyevg  de  Mevdrjxog  sich  unnöthiger  Weise  gegen  eine  An- 
nahme verwahrt,  die  Niemand  hegen  konnte,  da  es  keine  Mendesischen 
Ptolemaeerkönige  gegeben  hatte.  Erklärlich  wird  uns  aber  die  Stelle, 
wenn  wir  voraussetzen,  dass  in  einem  chronologischen  Werke  unmittelbar 
hinter  Alexandros-MsW^e  der  HxüXeiialog  Aayov  aufgeführt  war,  etwa 
so:  Mevdrjxog  diede&xo  ßaoiXeiav  ITxoXeuaiog ;  dann  würde  sich  auch  der 
Genitiv  Mevdrjxog  begreifen.  Denn  einen  ßaoiXevg  Mevdrjxog  gab  es 
nicht,  wie  doch  der  Gegensatz  Leyevg  de  Mevdrjxog  wörtlich  aufgefasst, 
bedingen  würde.  Auch  ieyevg  Mevdrjxog  ist  befremdend,  wenn  nicht  der 
Priester  des  „Widders  vonDat"  verstanden  werden  soll,  während  doch 
hier    nur    die  Herkunft    des  Schriftstellers  Ptolemaeus    von    der  Stadt 


52)   Paraenesis  ad  gentes  p.  129. 


126 

Mendes  bezeichnet  werden  sollte.  Dies  konnte  regelrecht  nur  in  der 
Form  Tlrolefialog  6  Mevdipiog  geschehen,  wie  man  z.  B.  auch  immer 
Mavt&ibg  u  ^eßtvvvxijg  sagte.  Auch  die  Wortfolge  beim  Apion  6  Mev- 
dipiog  ITTolsfialos  lässt  zu  wünschen  übrig,  zumal  bei  einem  sylben- 
stechenden  Grammatiker  mit  dem  Beinamen  6  7iXeiaTovlxrjg ,  und  weist 
also  ebenfalls  auf  die  chronol.   Reihenfolge:   Mtr^g-ITToksualog. 

IV.  Der  König  Muthis. 

Im  Werke  Manethos',  das  sicherlich  mit  Nectanebos  und  Dareios 
Kodomannos  abschloss,  dürfen  wir  natürlich  den  mystischen  Namen  Alexan- 
ders, nämlich  Mtvdrjg,  nur  beiläufig  anzutreffen  erwarten.  Aber  in  seiner 
uns  leider  allein  überlieferten  und  durch  mehrere  Hände  gegangenen 
Königsliste  gibt  es  Zusätze  und  Versetzungen  (z.  B.  die  Bemerkung 
(p&syyo/uevog  Xl&og  beim  A/uwcocp&ig  Hl  und  die  fälschliche  Hinaufrückung 
des  Namens  JZeöwGTyig  in  die  XII.  Dynastie),  die  sicherlich  nur  nach- 
träglich hineingebracht  worden  sind.  Hat  man  aber  solche  Zusätze 
von  vornherein  als  Fälschungen  zu  bezeichnen  und  demgemäss  zu  ver- 
werfen ? 

In  einer  früheren  Abhandlung  über  „die  Pianchi-Stele" 53)  habe  ich 
gezeigt ,  dass  der  von  Kusebius  und  der  Sothisliste  an  der  Spitze  der 
XXVI.  Dynastie  aufgeführte  König  'A/u/ueyig  Al&icnfj  (Ajtiafjg)  ein  geschicht- 
licher Eroberer  Aegyptens  war.  Es  stimmt  dazu  ,  dass  gerade  wieder 
die  Liste  des  Eusebius,  der  wir  doch  sonst  vor  der  des  Africanus 
keinen  Vorzug,  auch  nicht  in  Bezug  auf  Vollständigkeit  der  Königs - 
namen,  einräumen  können,  in  der  XXIX.  Dynastie  einen  König  Mov&ig 
(so  schreibt  der  bessere  Cod.  B  gegen  Mov&ig  von  Cod.  A)  an  fünfter 
Stelle  nennt,  den  wir  füglicher  (wegen  des  Jotacismus  und  des  Accents) 
als  Mov&i]g  auffassen  dürfen ,  wie  der  armenische  Uebersetzer  des 
Eusebius  wirklich  schreibt:  Muthes.  Berücksichtigt  man  nun,  dass 
ihm  ein  Wa/Li/Liov&ig  voransteht,  woraus  sich,  da  p.  143  derselbe  Name 
(nicht  aber  der  nämliche  König!)  Wd/u/Liov&ig  heisst,  wo  die  monumentale 
Legende  Ps(a)m(e)t(i)k  lautet,  so  dürfte  man  auf  eine  Verschreibung 
schliessen.     Ja  ich  könnte  aus  der  bekannten  astrologischen  Inschrift54) 

53)  Denkschriften  d.  k.  b.  Akad.  d.  Wiss.  1869. 

54)  Young:  Hierogl.  II  52. 


127 

wo  der  Passus  vorkommt:  l4oxkrjniov  o  lariv  7 /.iev&ov  vlbg  cHs(prja- 
rov  (sie!),  während  der  Sohn  des  Ptah,  nämlich  der  ägyptische  Aes- 
culap  3Ituov&rig  (aus  I-m-hotep)  gräcisirt  ist,  gerade  so,  wenn  auch  in 
umgekehrter  Richtung,  statt  MovS-rjg  ein  Mivdrjg  einsetzen,  womit  wir 
ein  dem   Mevfirjg  wesentlich  gleiches  Wort  erzielen  würden ,    da    in    der 

Transscription  des  ägyptischen  Zeichens  j  ff:  rar  (Pap.  Leyd.)  gleichsam 

eine  neutrale  Mitte  vorliegt.  Allein  ich  verzichte  auf  dieses  Auskunfts- 
mittel, da  ich  glaube  ein  triftigeres  aufgespürt  zu  haben,  das  uns 
zugleich  einen  Blick  auf  das  Treiben  der  Bearbeiter  des  Manethoth  ge- 
stattet. Nehmen  wir  einen  Augenblick  an,  ein  ägyptischer  Chronograph 
von  der  Sorte  (eines  Apion  vielleicht  auch)  eines  Ptolemaeus  Mendesius 
habe  den  geschichtlichen  weil  monumentalen  Beinamen  des  Alexander: 
Mtrdrjg,  da  der  grosse  Macedonier  als  exceptionelle  Erscheinung  ausser- 
halb des  Uahmens  der  macedonisch-griechischen  Dynastie  gehalten  wurde, 
aus  Patriotismus  mit  einer  einheimischen  Dynastie  Aegyptens  in  Ver- 
bindung bringen  wollen,  so  bot  sich  ihm  doch  sicher  keine  andre  mit 
solcher  Noth wendigkeit  dar,  wie  die,  XXIX.,  nämlich  die  von  der  Stadt 
Mtrdrjg  benannte.  Dass  aber  die  Herrscher  dieser  mendesischen  Dynastie 
selbst  die  Beziehung  auf  den  ,,Widder  von  Dat"  (Bandat  =  M.£vdi\g  — ) 
erstrebten,  ergibt  sich  unwiderleglich  aus  einzelnen  Bestandtheilen  ihrer 
Namensringe. 

Um  nicht  der  Einseitigkeit  in  der  Anschauung  zu  verfallen,  lasse 
ich  hier  einen  Andern  das  Wort  ergreifen,  der  vor  mehr  als  einem 
halben  Menschenalter,  natürlich  ohne  allen  Zusammenhang  mit  unserm 
Texte  aus  Miramar,  den  er  auch  in  seiner  neuesten  Arbeit  über  die 
Widder  nicht  berührt,  Folgendes  geschrieben  hat55):  „Nach  den  mane- 
thonischen  Listen  wissen  wir,  dass  das  29.  Königshaus  aus  der  Stadt 
Mendes  herrührte.  Die  officiellen  Namensschilder  des  Naifaarut  (nicht 
„urt",  füge  ich  hinzu)  =  Nepherites  (genauer:  JYecpoQVTrjg  aus  N~£(po(>lrr}g 
und  Nupo^ong  zu  combiniren)  und  des  Hagl  =  Achoris  stehen  beide 
mit  dem  Widder  von  Mendes  in  Zusammenhang.  In  dem  (Vor-)Namen 
des  ersteren  erscheint  der  Widder  als  Thier  —  es  ist  das  Schild 
^(oÄC[  ~  M   gemeint    —    in    dem    des    zweiten    der    widderköpfige 

55)   Brugsch  Geogr.  I  p.  271. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  1 8 


128 

Gott  Ba-n-ded  ==  Mendes,  eine  besondere  Gestalt  des  Chnum-Osiris.  Auch 
dieser  Umstand,  auf  den  wir  bereits  oben  p.  140  hingewiesen  haben, 
bestätigt  die  ausgesprochene  Herleitung  des  griechischen  Mendes  vom 
aeg.  Banded  und  alle  damit  in  Verbindung  stehenden  Schlüsse."  So 
weit  Dr.  Brugsch. 

Für  meine  Hypothese,  dass  der  König  Mov&Tjg  nachträglich  zur 
XXIX.  Dynastie  (der  Mendesier)  hinzugefügt  worden  ist,  spricht  so- 
dann der  Umstand,  dass  er  am  Ende  steht  als  fünfter,  entgegen 
der  Ueberschrift : 

Elzoorr]  wart]  dvvaöreia  Mevdijaioi^  ßaoilslg  J1  (vier) 
die  auch  beim  Africanus,  aber  hier  mir  vollem  Rechte,  gerade  so  lautet. 
Nun  habe  ich  zwar  selbst  in  einem  früheren  Aufsatze  den  *Fautiiovd-ig 
aus  der  XXIX.  in  die  XXVIII.  Dyn.  verwiesen,  weil  der  von  Diodor 
unter  Olymp.  95,  1  genannte  aeg.  König  ^aaa'rixog  nur  unmittelbar 
hinter  Id/ivfrcaiog  J^atryg  Platz  haben  kann,  weil  er  nur  1  Jahr  regierte 
und  schon  seines  Namens  wegen  zu  den  Saiten  gehört.  Durch  die 
Ausscheidung  dieses  Wauuov&ig  bekäme  nun  die  29.  Dynastie,  in  Ueber- 
einstimmung  mit  der  Ueberschrift,  allerdings  nur  vier  Könige;  allein 
dann  müsste  man  beim  Africanus  corrigiren,  der  nur  3  Könige  über- 
schriftlich haben  dürfte ,  wenn  die  Versetzung  des  Psammuthis  und 
nicht  die  Anfügung  des  Muthis  Schuld  an  der  Disharmonie  beim 
Eusebius  wäre. 

Obschon  von  dem  zweiten  Nephorytes  (IVeyeQevg?)  bis  jetzt  keine 
Schilder  aufgefunden  sind,  was  bei  seiner  nur  viermonatlichen  Regierung 
nicht  befremdet,  so  scheint  sein  Hauptschild  —  aus  philologischen 
Gründen  —  denselben  Namen  wie  das  Hnupt  des  Herrscherhauses  ihn 
trug,  enthalten  zu  haben,  etwa  mit  einer  solchen  Differenz,  wie  sie  in 
Nectanebes-Nectanebos  vorliegt.  Die  von  Brugsch56)  veröffentlichten 
Steinbruchinschriften,  drei  hierogl.  und  drei  demotische,  sind  trotz  ihrer 
Kürze  belehrend,  weil  sie  ein  gewisses  Zeugniss  für  die  längere  Regie- 
rung (13   Jahre)  des  zweiten  Königs  Hakoris   ablegen.     Die  erste,    von 

seinem  1.  Jahre  datirt,  bringt  uns  die  vollständigste  Legende  (fl-Äa&i)^  1 


56)   Recueil  I,  X,  10,  14,  15,  16,  20,  22. 


129 

Hagrem  =  Hagaur,  woraus  sich  "A/joyig  (vielleicht  "Aywqig)  genügend 
erklärt.  Wenn  das  zu  diesem  Datum  gehörige  Proskynema  auch  nicht 
von  dem  Könige  oder  einem  Beamten,  sondern  von  einem  Steinmetzen 
herrührt,  so  hat  es  für  unsrige  jetzige  Frage  doch  eine  gewisse  Be- 
deutung,   Brugsch  las  den  ersten  Götternamen  Toth,   den  zweiten 

den  dritten  dubitativ  Min(?).      Was  den  letzten   betrifft,   so   steht  demot. 

ganz  deutlich    ^  D  [J^;  „Set  (Typhon)  der  grosse  Gott".     Den  Namen 

der  Göttin  ^g  können    wir   jetzt    auch    lesen :    es    ist  Semet   =   ^uifrig 

cf.  Ofjii&iov  die  Augenschminke,  ein  Beiname  der  Hathor.  Das  erste 
Mitglied  der  Triade  kann  nicht  wohl  Thot  sein,  da  dessen  demot.  sig- 
lum  einheitlich57)  gestaltet  ist,  während  hier  drei  Zeichen  stehen.  Am 
ähnlichsten  sieht  es  dem  demot.  Chnemu,  dem  Namen  des  Widder- 
Gottes.     Allein  der  unterste  Strich  müsste  dann    wagrecht    laufen.     Ich 

vermuthe,  dass  es   Bak  ist,  nämlich  jener  Sperber  '&St(]^»     Zu  dieser 

etwas  gewagt  scheinenden  Annahme  bestimmt  mich  ein  griechisches 
Distichon58},  das  Bezug  auf  diese  ägyptische  Triade  hat  und  also  lautet: 

Eig  Balg  big,  A&udq  /uia  töjv  Biet,   üg  de  Axcoyi  — 
Xalys  Tiarty  xüOjliov,  %cä()b  ryifxoQipe  &eog. 

I  i 
Dass  statt  ^tui&ig  Hathor  genannt  wird,   „eine  der  "^J  bau"  (oben 

Bhtt,  im  astron.  Verzeichnis«  der  Decane  &iot)  darf  nicht  befremden, 
da  der  bekanntere  Name  gewählt  wurde.  Ebenso  hat  man  den  Set- 
Typhon  durch  den  schlangengestalteten  ^^Äh  Azoy  ersetzt  (^luopi 
vipera),  der  als  Variante  für  <rJg*Äh  Apophis  ebenfalls  dem  Sonnengotte 

(Ra)  Bait  (bak)  gegenübertritt,    wie  Set  I\\59)    Sati  (Suti),    welche    alle 


57)  Trotz  des  griech.  'E^wij?  liest  Brugsch  das  Zeichen  der  Rosettana  lin.  15  demot.  p.  ra  "HXiog, 
da  doch  nur  das  Absplittern  eines  Steinfragmentes  das  ursprünglich  einheitliche  Zeichen  als 
zwei  erscheinen  lässt. 

58)  Wilkinson:  Manners  and  customs  of  the  anc.  Eg. 

59)  Todtenbuch  c.  64,  27;  besonders  cap.  39,  6,  9;  108,  9;  III,  4  unter  den  RlOT  von  Pa;  149, 
17;  153,  7  (?);  cap.  145,  54,  verglichen  mit  dem  Pylon  Nr.  14  (cap.  147),  worauf  eine  Schlange 
ruht  und  dessen  Text  sogar  die  Variante  rD^^1  H  a  k  o  r  bietet. 

18* 


130 

im  c.  108  vorkommen,  cf.  col.  8   die  bezeichnende  Stelle:  H  *ß  ^S^^P 
/=Ä~f*>^='i*^~  i  — ^  »Verflucht  der,   welcher  geht  auf  seinem  Bauche  und 

seinem  Hintern"  d.  h.   die  Schlange  in  der  Form  tBL  oder   Li.    Das  Ka- 

I  i      , 
pitel  handelt  von   den   I^J  ßt-a  d.  h.   „Seelen   oder  Geistern  des  Amenti- 


Westens"  und  wirklich  wird  darunter  auch  (Jy  Hathor  genannt ,  die 
sonst  (Recueil  III  p.  72,  19)  auch  „Hathor  die  grosse,    <^^^^:=:::::::::i^=3Tn 

die  Tochter  des  Herrn  von  Semet  auf  ihrer  Knospe"  heisst.  Wenn 
vielleicht  der  Gott  "Axldqi  hier  mit  Anspielung  auf  den  König  "Axatyig 
gewählt  sein  sollte,  so  wäre  die  Beziehung  auf  die  Mendesier  mittelbar 
gegeben. 

Y.  Der  Widder  (Bock?)  Thmuis. 

Alexander  II  heisst  Alegardyog  6  Alyog  —  also  war  Alexander  I 
=  AX'§  Widder  —  Bock60).  Hieronymus  spricht  an  zwei  Stellen:  in 
Jesaiam  lib.  XIII.  46,  T.  III.  col.  340  ed.  Paris  und  in  Jovinianum 
üb.  II.  6  T.  IV  col.  202  ed.  Paris  von  einem  Bocke  öfiovig  thmuis,  quod 
interpretatur  h ir cus  —  Thmuis  nomen  urbis  lingua  Aegyptia  abhirco. 
Da  wir  diesen  Ausdruck  weder  in  der  Reihe  der  oben  angeführten  noch 
sonst  auf  den  Denkmälern  oder  in  den  Urkunden  aufzufinden  vermögen, 
so  muss  der  ausdrücklichen  Angabe  des  Kirchenvaters  ein  Missver- 
ständniss  zu  Grunde  liegen. 

Brugsch61)  erklärt  sich  hierüber  folgendermassen :  „Es  muss  auf- 
fallen: 1)  dass  der  Bock  nach  zwei  nahe  gelegenen  Städten  im  Delta 
benannt  ward,  Mendes  und  Thmuis;  2)  dass  in  beiden  Städten  der 
Bock  als  das  heilige  Thier  des  äg.  Pan  verehrt  ward,  und  3)  dass  von 
beiden  Städten  dieselbe  Unzucht  erzählt  wird.  Herodot  nennt  als  zwei 
besondere  Nomen  den  von  Mendes  und  den  von  Thmuis.  Ptolemaeus 
kennt  dagegen  6/uovig  nur  als  einzige  Stadt  des  mendesischen  Nomos. 
.  .  .  .   Wenn  nun   der  Widder  von  Ded  (Ba-n-ded  =  Mevdr]x — )  auf  den 


60)  cf.  Birch  Introduction  speech  I  Transactions   of  the  Society  of  Biblical  Archaeology   „dated  in 
the  seventh  year  of  Alexander  II  Aigos". 

61)  Geograph.  I  267. 


131 

Denkmälern  fast  ohne  Ausnahme  mit  den  Zeichen  des  XVI.  Nomos  ver- 
bunden wird  (während  er  doch  zum  XXII.  Gau  gehört),  so  wird  dieser 
(Bock)  die  andere  Stadt  und  den  andern  Nomos  repräsentiren,  in  wel- 
chem nach  den  Alten  der  Bock  ausser  in  Mendes  verehrt  ward,  d.  h. 
die  Stadt  Thmuis  und  den  gleichnamigen  Nomos."  Nachdem 
Brugsch  die  Ableitung  Champollion's62):  von  Omoti  oder  ^jviotti  insula 
mit  Recht  verworfen  hat,  da  die  Stadt  Thmuis  nirgends  als  auf  einer 
Insel  gelegen  erwähnt  wird,  kommt  er  zu  dem  Schlüsse,  dass  das 
Wort  Thmuis  aus  dem  Namen  des  heiligen  Tempelackers  im  XVI.  Gau 
^__ sy^y^^H  Thamlij  entstanden  sein  kann.  Weiterhin  p.  271  vergisst 
er  nicht  zu  bemerken,  dass  die  Personifikation  dieses  heiligen  Tempel- 
ackers, welche  zu  Erment  neben  ihrem  Gemahle  Osiris  als  hr-hel-Tattu 
,,in  Mendes"  bezeichnet  wird,  eben  nichts  anderes  ist  als  Isis  =  Thamhjt63). 
Dazu  stimmt,  dass  die  Gaumünzen  des  Mevdrjoiog  den  Widdergott  Osiris 
mit  Lanze  und  Bock  darstellen,  während  dicht  daneben  die  des  Bov- 
oiQirrjg**)  die  Göttin   Isis   mit  Bock  aufweisen. 

Ist  hiemit,  wie  ich  glaube,  der  geographische  Namen  von  Thmuis 
erläutert ,  so  bleibt  immer  noch  zu  erwägen ,  ob  die  Gleichung  des 
Hieronymus  S-fiovig  =  hircus  dadurch  erledigt  ist.  Mir  scheint,  dass 
dieses  &taomg  gar  zu  nahe  an  Mov&ig  anklingt,  als  dass  wir  letzteres 
von  der  Hand  weisen  dürften,  um  so  mehr,  als  die  Vocalisation  darauf 
hinweist  und  wir  es  nur  noch  mit  einer  Metathesis  des  #  zu  thun  haben. 

Berücksichtigt  man  die  ausdrückliche  Angabe  des  Suidas:  Q/uovig 
ovo/ua  d-rjlvxov6'0),  so  lässt  sich  in  der  That  kein  stärkerer  Widerspruch 
ersinnen  als  zwischen  dem  männlichen  Bock,  der  inschriftlich  nek 
iuoir  adulter  und  seti  (cr^-)  schtaru  (ujTop)  ,, Besamer  der  Weiber"  ge- 
nannt wird,  und  dem  bloss  weiblichen  Namen  OjLiovtg.  Das  Unbegreif- 
liche aber  schwindet,  wenn  wir  Mov&ig  (=  Mtvdrjg)  für  den  Bock  und 
0-tuovig  „die  Katze"  (kopt.   t-€mott,  ta-mau)  zu   Grunde  legen. 


62)  l'Egypte  sous  les  Pharaons  vol  II  p.  119. 

63)  cf.  Jacques  de  Kouge  sur  les  monnaies  des  nomes  p.  46  u.  54  (Preisschrift). 

64)  Das  demotische  Exemplar   des  Todtenbuches  c.  125   setzt   die  Stadt  Pe-Osiri   statt   des   hiero- 
glyphischen Tattu. 

65)  Parthey:  Aeg.  Personennamen  p.  120. 


132 

VI.  Der  König  Phinuis. 

Es  bleibt  noch  eine  Schwierigkeit  aus  dem  Wege  zu  räumen:  dem 
König  Mov&ig  ist  als  Regierungsdauer  die  Zahl  ,,1  Jahr"  beigeschrieben. 
Ich  brauche  keine  weitläufige  Auseinandersetzung  darüber ,  dass  dieses 
eine  Jahr  eine  Störung  der  Chronologie  bezüglich  der  mendesischen 
Dynastie  (XXIX)  herbeiführt.  Ich  beschränke  mich  auf  die  obener- 
wähnte Thatsache,  dass  die  ebenfalls  einjährige  Regierung  des  Psam- 
muthis  (Psametich  IV),  die  uns  durch  Diodor  für  OL  95,  1  =  400/399 
gesichert  ist,  während  die  Eroberung  Aegyptens  durch  Alexander  dem 
astronomischen  Kanon  zufolge  auf  416  Nabon.  ==  331  v.  Chr.  fixirt 
erscheint,  für  die  Dynastieen  XXXI,  XXX  und  XXIX  nicht  mehr  als 
9  +  38  +  20 y3  -  67 V3  Jahre  gestattet,  nicht  21'*/«  für  XXIX,  wie 
Eusebius  bietet,  weil  seine  Liste  eben  den  Mov&ig  mit  einem  Jahre 
enthält.  Da  auch  die  Denkmäler  nichts  von  einem  Könige  Muthis  über- 
haupt, noch  insbesondere  an  dieser  concreten  Stelle  wissen,  so  fragt 
es  sich  jetzt,  da  die  Zutheilung  dieser  präcisen  Regierungszahl  „1  Jahr" 
an  Mov&ig  doch  nicht  dem  Zufalle  zugeschrieben  werden  kann  ,  woher 
diese  Zahl  entnommen  worden  ist. 

Ich  glaube,  auf  diese  Frage  eine  befriedigende  Antwort  ertheilen 
zu  können.  In  der  XXII.  Dynastie  erscheint  ausser  den  dynastischen 
Namen  Scheschonq66)  (4  Mal),  Osorkon  (2  M.)  und  Takeloth  (2  M.) 

auch  ein  König  f  \0 1  (J  1   abgekürzt   (  $^ U  J  und   bisweilen  bloss   durch 

den  Artikel  nebst  Kater  geschrieben,  der  Pe-maui  zu  lautiren  ist  und 
in  Manetho's  memphit.  Graecisirung  zu  <£>-/Liovig  werden  musste:  ,,der 
Kater"  oder  „der  der  Katze  Angehörige"  —  eine  für  einen  Bu- 
bastiten  höchst  passende  Benennung,  da  die  Göttin  Bast,  woher 
Bubastis  „Haus  oder  Stadt  der  Bast"  beständig  als  Katze  oder  mit 
Katzenkopf  abgebildet  wird,  und  schon  die  Vorgänger  des  Königs  <PjLiovig 
den   Beisatz  si-Bast  ,,Sohn  der  Bast"   im   Schiide  führen.      Da    nun    eine 

Enkelin  des  Takeloth  II    „Hausherrin"  l^QfijH  Ta-maut  „die  Katze" 

heisst,  wodurch  das  oben  erwähnte   Ouovig  ovofxa  &rjlvz6v  urkundlich 


66)  Lepsius:  Königsbuch  Tafel  LXIX  Nr.  858  auf  einem  Scarabaeus. 


133 

belegt  wird,  -so  lässt  sich  auch  <P-uovig  als  orojaa  a^sv  mit  „der  Kater" 
übersetzen. 

Aus  der  Liste  der  XXII.  Dyn.  ist  dieser  Königsname  verschwunden 
und  hat  nur  in  der  überschriftlichen  Zahl  der  BovßaoriTwr  ßaoiltujv  S-' 
(neun)  eine  Spur  hinterlassen. 

Die  Ueberarbeiter  des  Manetho  fanden  nun  diesen  König  fp/Liovig67), 
dessen  2.  Regierungsjahr  Mariette  auf  einer  Apisstele  gefunden  hat, 
ausserhalb  des  Rahmens  seiner  Dynastie  irgendwo  erwähnt.  Da  sie  ihn 
nicht  in  der  XXII.  Dyn.  unterbrachten,  so  ist  es  höchst  wahrscheinlich, 
dass  sie  ihn  mit  dem  ebenfalls  irrthümlich  aus  seiner  Stelle  gerückten 
König  Msvdrjg  (Alexander)  zu  der  Mischform  MovS-ig  amalgamirten. 
Wenigstens  wird  durch  diese  Hypothese  das  „1  Jahr"  erklärt. 

Der  von  Piaton  im  Phaedrus  274  d  erwähnte  König  Namens  Oafiovg 
ist  nicht  „mythisch",  wie  Parthey  gemeint  hat,  sondern  gehört  der 
XXIII.  Dyn.   an,  wo  er  von  Manetho  als   Wauuovg,  von  den  Denkmälern 

als  (ijä^-Aj    Pe-sa-(n)-muth    aufgeführt    wird.      Herodot  II   160 

verwechselt  ihn  mit  Wau/Liis  (Psametik  II)  von  der  XXVI.  Dyn.,  da  er 
an  diesen  die  Absendung  der  Eleer  wegen  der  olympischen  Spiele  ge- 
schehen lässt,  die  nur  in  Bezug  auf  Wauuovg  einen  chronologischen 
Sinn  erhält.  Man  ersieht  aber  auch  aus  der  Gleichung  Oapovg  =  Wa/uovg, 
wie  leicht  <I>jLwvig  und   O/Liovig  {Mov&ig)  verwechselt  werden  mochten. 

VII.  König  Bantut  und  Manethoth. 

Ich  habe  oben  unter  III  den  Namen  unsrer  Inschrift  in  Miramar: 
Bantut  „der  ohne  Gleichen",  „der  Unvergleichliche"  ausführlich  er- 
härtet und  als  eine  Nachformung  des  Hauptnamens  B  antat  =  Mtvdrjg 
für  Alexander  den  Grossen  dargethan.  Es  fragt  sich  nunmehr,  da  wir 
eine  directe  Zutheilung  auch  dieses  Beinamens  an  Alexander  nicht 
nachweisen  können,  ob  nicht  indirect  die  Zusammengehörigkeit  beider 
Namen  angedeutet  werde. 

Es  ist  oben  bereits  der  sonderbaren  Stellung  Alexanders  zwischen 
den    letzten    nationalägyptischen    Königen     und    den    Macedoniern  oder 


87)  Platon's  Octpovs? 


134 

Ptolemaeern  die  Rede  gewesen.  Betrachtet  man  nun  die  Schlussworte 
etwas  näher,  so  zeigt  sich,  dass  nach  dem  Schriftstellernamen  Mctvt&üj 
dreimal68)  eine  mit  t  beginnende  Artikelform  folgt,  während  das  vierte 
mal69)  r.avra  rov  tqItov  Mave&to  [tojuov]  steht.  Letzteres  Wort  tojuov 
ist  aus  der  Parallelstelle  'O/u-ov  tri]  y>  to^ov  av*  mit  Sicherheit  zu  er- 
gänzen. Wir  könnten  also  ohne  allzugrosse  Kühnheit  die  Namensform 
Mavi&iax  aufstellen ,  die  zu  Mavtd-öjg  gräcisirt  werden  mochte.  Nach 
Abwerfung  des  finalen  g  entstand  Mave&iu  und  später  das  jedenfalls 
unächte  Mavt&uw.  Dass  ich  mit  dieser  Hypothese  nicht  in  der  Luft 
schwebe,  beweist  der  Syncellus70),  wo  beide  Handschriften  A  und  B  die 
Summirung  des  zweiten  manethonischen  (manethothischen !)  Bandes  mit 
den  Worten  3Enl  rov  avrov  dtvrÜQOv  rouov  Mav£&(.ü&  ßaöilelg  ^g  trrj 
ßyxa  darbieten.  Der  Name  ist  entweder  im  Genitiv  zu  denken  und 
dann  ist  er  als  Indeclinabile  behandelt,  oder  nach  Analogie  der  Sum- 
mirung des  ersten  Bandes71):  Me/^i  rovde  rov  a'  rouov  xara^rjo/ev  6 
Mav8&(.b[&)  ouov  etc.  als  Subjectsnominativ  zum  ausgelassenen  Verbum 
7iaQ£X€l  aufzufassen.  Das  hieroglyphische  Prototyp  zu  diesem  Mave&u>&, 
wie  ich  es  im  Titelbilde  meines  Manetho  aufgestellt  habe,    nämlich   die 

urkundliche  Gruppe  ^^    Ma-n-Dlmti ,    habe   ich  desshalb  seit  geraumer 

Zeit  aufgegeben ,  weil  der  Papyrus  Casati  die  diesem  Namen  entspre- 
chende Graecisirung  Oorojnavg  oder  Ootojlwvt  darbietet ,  wo  also  die 
beiden  Bestandtheile  in  umgekehrter  Ordnung  gelesen  sind.  Berück- 
sichtigt man  Formen  wie  Ma-e-q)fra12j  —  <Pifo](pcuorog  im  Laterculus  des 
Eratosthenes ,  die  sich  leicht  in  "^sl  ma(r)i  und  den  Gottesnamen  zer- 
legen,  so  hat  die  allgemein   beliebte  Zusammensetzung  des  Autornamens 

aus    "-^csl   und  ^7^    Mai-n-Dhuti  —  Mavs&a)&  „der  Liebling  des  Hermes" 

gewiss  nichts  Anstössiges ,  um  so  weniger,  da  ein  solcher  Name  sehr 
häufig  getroffen  wird ,  obgleich  wir  zufälligerweise  keine  griechische 
Transscription  davon  in  einer  bilinguen  Urkunde  besitzen.  Heisst  ja 
doch  die  Inhaberin  unserer  Stele  selbst  Tha-Dhuti! 


68)  Syncellus  p.  145  lin.  11,  pag.  146  lin.  10,  p.  486  lin.  17. 

69)  Syncell.  p.  146  lin.  9  vergl.  mit  p.  145  lin.  10. 

70)  Syncell.  pag.  135  lin.  1. 

71)  Syncell.  p.  110,  14  u.  p.  112,  6. 

72)  Syncell.  p.  205  lin.  9. 


135 

Indem  ich  also  die  Möglichkeit  dieser  Namensformation  ausdrück- 
lich reservire  und  sogar  im  Hinblicke    auf  die  Stelle    unserer  Inschrift, 

wo    der    ungenannte    Sohn    der   Tsenpaonch    =    Ta-Dhuti  <:^lln,/f^ 

r  hitpe  ast  Dhuti  „zum  Oberen  des  Sitzes  von  Dhuti"  also  wohl  zu  einer 
Gelehrten-Stellung  berufen  wird,  als  Familienstück  (Ta-Dhuti!) 
geltend  machen  könnte,  weist  die  Thatsacbe  der  Doppelnamigkeit  in 
unsrer  Inschrift  von  selbst  darauf  hin,  eine  möglichst  nahe  anklingende 
Namensform  zu  Mai-n-Dhuti  =  Mavtfra){xf)S •-,  nämlich  eben  unser 
B antut  „Ohnegleichen"  als  zweiten  Namen  zu  vermuthen. 

Bedenkt  man,  dass  der  Grammatiker  Apion  6  Xjaalrijg  ausser  diesem 
Beinamen  auch  noch  6  Uleiororixrjg  genannt  wurde,  so  wird  meine  Ver- 
muthung,  dass  Manethoth  6  J£t ße vvvii]g  „der  Liebling  des  Thoth 
(Hermes)",  der  erste  Bibliothekar  des  alexandrinischen  Museums  —  Era- 
tosthenes  war  sein  Nachfolger  —  einen  adäquaten  Beinamen  geführt 
haben  wird,  weniger  befremden.  Wirklich  hat  der  Syncellus73)  den 
Passus:  6  dt  7ia.{S  Alyvnzioig  int o i] f^brarog  Mave&uJ  etc.,  worin  das 
Prädicat  imori jjiot arog  um  so  mehr  als  eine  Uebersetzung  des  Bantut 
(invictus,  cui  nemo  par)  angesehen  werden  könnte,  als  anderwärts74)  in 
nächster  Beziehung  auf  Alexander  dasselbe  Praedicat  im  Comparativ 
erscheint:  c'Ooa  f/iv  ovr  i%Qi}r  tiqo  rijg  *AXeg~a.vd{)ov  ßaoileiag  etc.  koinov 
dt  xal  rovg  per*  avrov  diadt^a/utrovg  ttjv  r^t^ioviav  STiiorj jliot eyovg 
äSiov  tintiv.  Es  werden  alsdann  genannt :  Ayidalog  adtl<p6g  avrov  nybg 
narobg  ix  <PtXivves  %f\g  OerTakijg,  6  imxlrj&tlg  <Pih7mog  .  . ,  xal  Alt^ard^og 
nötig  AXt^aydoov  ix  cPa>£ain]g  Tfjg  Xy^vafjxov. 

Eine  Anspielung  auf  die  Namensformation  Mave&wd-  aus  dem 
Gottesnamen  Dhuti  6co{y{&  liefert  eine  andere  Stelle73):  n^bxuxai  dt 
koiTiov  xv.l  7it(jl  rrjg  twv  Äiyvnxiwv  dvvaoxtiag  uix^a  dialaßtly  ix  xäty 
Ma  v  t&w  xov  ZZtßsvvvxov  dg  inl  UxoXs/iialov  xov  <i>iladel(pov  a^jyjeosvg 
xuJy  iv  Alyvnxip  tldcolticov  xyrjjuaxloag  ix  xojv  iv  xfi  JZsQiadixfi  yfj  xu- 
fitvwv  OT7]Xcjy  leoa  (prjoi  diakexxcp  xal  ityoyQacpixoig  y^a^uaoi  xtya^a- 
XTrjQioutyiJüi'  vnö  Oojd-  (Var.   Oat'vd)    xov   nqwrrov    cEytuov ,    xal    iyiM]vsv- 


73)  p.  97  1.  17. 

74)  Syncell.  p.  503  1.  12. 

75)  Syncell.  p.  72,  15  sqq. 

Abb.  d.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  19 


136 

&eiöri)V  jLisra  xov  xaxaxlvöfibv  ix  xfjg  hyäg  diakixiov  tig  j/)v  ' lülr^yi^a 
<pü)V7]V  ygafifiaöiv  le^oylvcpixoXg ,  xal  anoxE&tvxwv  iv  ßlßloig  wib  tov 
]dya&odaluovog ,  vlov  xov  devxEyov  'Ey/uov,  naxybg  #«  tov  Tax  iv  roig 
advxoig  xüjv  Ieqüjv  Alyvnxov,  TiQoaeopojvrjae  x(o  avx(p  <Pilac)el(p(p  ßaa.  ß' 
Uxol.  er  xfi  ßlßloj  xfjg  Sco&eog  etc. 

Man  sieht  auch  ohne  meine  Erinnerung,  dass  die  iQprjvevGig  dg 
xtjv  'Ellrjvlda  (pojvrjv  sich  auf  Manethos'  griechisch  geschriebenes  Werk 
AXyvnxia  vjio/nv^uaxa  bezieht,  dass  ferner  der  erste  Hermes  eben  der 
Gott  Dhuti  ist,  zu  dem  sich  der  seine  Wissenschaft  iv  ßlßloig  anori- 
&elg  als  alter  Hermes  gesellt.     Die   dunkle  Stelle  'AyaS-odalpovog  — 

Tiaxqbg  di   xov   Tax  jr  geht  wohl  auf  den  König  B antat  =  Mtvdrjg,  der 

wie  alle  Könige  den  Beisatz  |I  3Ayafrodaltuojv  vor  seinem  Schilde  führen 
mochte. 

In  der  That,  wenn  der  Schriftsteller  Mava&tod-  unter  Ptol.  Phila- 
delphus  etwa  um  275  v.  Chr.  seine  literarische  und  sonstige  priester- 
liche Wirksamkeit  (cf.  Serapis-Holung  unter  Ptol.  Lagi)  ausübte,  so 
steht  nichts  entgegen  und  spricht  alles  dafür,  dass  er  während  der 
7 — 8jährigen  Regierung  Alexanders  schon  geboren  war,  oder  seine 
Würden  erhalten  hatte.  Unter  dieser  Voraussetzung  wird  es  dann  nicht 
mehr  befremden,  dass  er  den  dem  Könige  beigelegten  Beinamen  B  an  tut 
ebenfalls  annahm ,  da  wir  solchen  Adoptionen  dynastischer  Namen  von 
Seiten  der  Privatleute  in  allen  Dynastieen  häufigst  begegnen.  Auch 
spricht  dafür  der  gelehrte  Ton  in  der  Inschrift  seiner  einstweiligen 
Mutter:  Tsenpaonch  ,,  Tha- Dhuti",  die  ja  selbst  einen  auf  Thoth 
bezüglichen  Beinamen  führt. 

Ja  es  besteht  gewissermassen  eine  psychologische  Notwendigkeit, 
in  der  Familie  des  Autors  Manethos  eine  gewisse  Griechenfreund- 
lichkeit vorauszusetzen.  Man  bedenke,  was  ein  ägyptischer  Priester, 
wie  Manethos  einer  war,  Alles  überwinden  und  wagen  musste ,  um  die 
Sprache  der  barbarischen  Jonier  als  Hermeneute  zu  gebrauchen  und 
schriftstellerisch  als  der  Erste  seiner  Amtsbrüder  darin  öffentlich  auf- 
zutreten, während  vor  ihm  nur  geborne  Graeculi  als  Ciceroni  gedient 
hatten. 

Flavius  Josephus  sagt  von  ihm  contra  Apion.  I   14:   Mave&ujv  d^v 


137 

ro  yivog  drrft)  Alyvnxiog,  xrjg  'Ellrjvixrjg  juexeöxrixafg  naideiag,  cog  drjXog 
toxi '  ytyyaxpeyäg  cElladi  (pwrf]  xr\v  naxQLOV  iöxoglav  i'x  xs  xwv  uqüjv, 
äg  (prjöiv  avxog,  utracp^aoag  xal  Tiollcc  xbv  'Hyodoxov  zktyy^L  xcov  Alyvn- 
xiaxüJv  vti>  dyvoiag  sifssvo/Lisrov.  Syncellus76)  nennt  ihn  Mave&ui  äQxisgevg 
xal  yyaujLiartvg  xwv  xax'  AXyvnxov  leyaiv  advxwv,  ytvu  Ssßevvvxrig 
vTidyxwv  cHfoov7iotixrjg  und  in  dem  wenn  auch  pseudomanethonischen 
Briefe  nennt  er  den  xQiyjueyiöxog  'Ey/Lifjg  (s)einen  tiqotlclxvjq. 

Wie  nun,  wenn  der  in  unsrer  Inschrift  ohne  seinen  Eigennamen 
aufgeführte  Sohn  der  Dame  Tsenpaonch-Ta-Dhuti  vielleicht  Manethos 
selber  wäre?  Man  vergleiche  seine  hohen  priesterlichen  Titel  mit  den 
dem  Mave&üg  von  den  Schriftstellern  beigelegten,  besonders  diejenigen, 
die  sich  auf  seine  Vorstandschaft  des  Sitzes  von  Dhuti,  seine  Meister- 
schaft über  die  Tempel  aller  Götter  des  Landes  und  seine  Funktion  als 
nächster  Eerather  des  Königs  betreffen,  um  zu  der  Ueberzeugung  zu 
gelangen,  dass  der  geschichtliche  Manethos  keine  anderen  Titel  gehabt 
haben  kann,  und  dass  dessen  Mutter  gerade  so  erfreut  über  seine  hohe 
Stellung  gewesen  sein  muss,  als  sich  Ta-Dhuti  in  unsrer  Inschrift 
wirklich  zeigt.  Allerdings  treffen  wir  ähnliche  Titel  auch  bei  andern 
Männern  und  darum  macht  meine  Hypothese  keinen  weiteren  Anspruch 
als  auf  Beachtung.  Da  er  als  pietätvoller  Sohn  wohl  in  dasselbe  Felsen- 
grab wie  seine  Mutter  und  sein  Vater  (Anhuramu)  bestattet  wurde,  das 
er  ihm  bereitet  hatte ,  so  könnten  uns  die  Ausgrabungen  in  Saqqarah 
einst  mit  der  Aufdeckung  seiner  Gruft  und  seiner  Mumie  überraschen. 
Und  wenn  dieser  seiner  Mumie  im  Sarkophage  sein  griechisches  Werk 
Alyvnxia  vfiofiyriftaxa  beigegeben  wäre,  wie  der  des  Grammatikers  TQcpojv 
die  Verse  der  Ilias  und  seine  grammatische  Abhandlung?  — 

Schwerlich  dürfte  sich  diese  Hoffnung  so  bald  verwirklichen,  viel- 
leicht erst  nach  Wiederauffmdung  des  /uvijjLia  oder  örj/ua  des  Alexander 
selbst,  dessen  oco/ua  einer  Ueberlieferung  gemäss  in  den  Fundamenten 
der  jetzigen  Athanasiuskirche  zu  Alexandria  ruhen  soll. 


76)  p.  73  1.  5  sqq. 


19* 


138 

VIII.   König  Alexander  der  Bock:  o  Ali. 

Der  Umstand,  dass  Alexander  II.77)?  der  Sohn  Alexanders  des  Grossen 
mit  der  Roxane,  kurzweg  Ale$avd()og  6  Alyog  ,, Alexander,  der  (Sohn)  des 
Bockes"  genannt  wird,  könnte  Manchen  der  Leser  zu  der  Frage  ver- 
anlassen: wozu  diese  deine  ganze  mühsame  Beweisführung,  wenn  classi- 
sche  Quellen  die  Sache  mit  einem  Schlage  abthun ,  und  uns  diese  so- 
nach eigentlich   schon  lange  bekannt  ist? 

Darauf  erwiedere  ich:  Aus  der  Thatsache,  dass  ein  nicht  zeitge- 
nössischer Schriftsteller  den  jungen  Alexander  einen  ,,Sohn  des  Bockes" 
nennt,  würde  noch  nicht  bewiesen,  dass  die  Aegypter  selbst  ihn  so  ge- 
nannt und  auf  Denkmälern  so  betitelt  haben,  da  ja  dieser  „Bock''  ein 
Rückschluss  von  den  Kunstdarstellungen  des  Alexander  mit  Widder- 
hörnern sein  könnte.  Sodann  musste  die  genealogisch-dynastische  Ver- 
anlassung zu  dieser  sonderbaren  Benennung  Ba-n-Tat  =  Mivdrjg  an 
der  Hand  der  Denkmäler  strengstens  erwiesen  werden.  Endlich  war 
die  Aufzeigung  dieses  M£vdr\g  als  Mov&rjg  in  der  mendesischen  (XX IX.) 
Dynastie  Manethos'   nichts  weniger  als  gleichgültig. 

Andererseits  bestätigt  jetzt  die  Legende  cAlt§avd()og  o  A%£n) ,  dass 
ich  Recht  gethan  habe,  sowohl  den  König  Bantat  =  Mtvdi]g  des  Wiener 
Sarkophages  von  Nohemisis,  dessen  Behandlung  durch  Collega  Dr. 
Reinisch  wünschenswerth  wäre,  als  die  demotische  Kauflirkunde  mit 
ihrer  Doppellegende,  als  endlich  den  dreifach  gebotenen  Namen  Bantat 
—  Bantut  des  Miramartextes  mit  Sicherheit  auf  cAli$avd()og  6  AY§  zu 
deuten.  Ich  denke,  hierin  liegt  ein  Fortschritt  gegen  die  frühere  Periode 
der  Aegyptologie,  wo  man  den  schönen  nach  England  gebrachten  Sar- 
kophag des  Nechtharhebi  (JYsxrartßrjg)  zuerst  dem  Alexander  und  dann 
dem  Amyrtaeus  (Amunrut)  zugeschrieben  hat.  Auch  war  „Alexander" 
selbst  bisher  nur  in  retrospectiven  Ptolemaeerurkunden  und  Denkmälern 
aufgezeigt,  allein  nirgends  als  regierender  König,  wenn  gleich  sein 
Namensring  „Alexandros,  Sohn  des  Amun",  einige  Mal  an  Bauten  vor- 
kommt und  seine  Stadt  „Haus  Alexanders"  öfter  erwähnt  ist. 


77)  Birch  (cf.  Transactt.  of  Soc.  f.  biblical  Archeology  Vol.  I  Introduction). 

78)  Herodot  gebraucht  II  46  gerade  diese  Bezeichnung  für  die  mendesischen  Böcke:  aeßovtcu  6e 
tovs  aiyas  oi  Mev6ijaioi  n&vius  xcd  /uäXXoy  tovs  tQatvctg  röJv  ihrjXecoy  .  .  .  ix  6k  tovtoiv 
eis  nakiGTa  etc. 


139 

Ich  bin  desshalb  auch  berechtigt,  den  Passus  unsrer  Inschrift,  der 
von  der  Thronbesteigung  und  der  nach  den  vier  Weltgegenden  ausgedehn- 
ten Herrschaft  Alexander's  handelt,  in  streng  geschichtlichem  Sinne  zu 
fassen  und  nicht  allenfalls  als  bloss  herkömmlichen  Bombast  der  Text- 
verfasser anzusehen.  Ich  habe  desshalb  die  betreffende  Textesstelle 
("unter  e)  gerade  so  unterstrichen  und  gesperrt  drucken  lassen ,  wie 
(unter  d)  die  auf  den  Sohn  der  Dame  bezügliche,  da  ich  in  ihm  keinen 
Geringeren  als  Manethos  selbst  vermuthe. 

Es  gibt  endlich  ein  zwar  kleines  aber  höchst  inhaltreiches  Denk- 
mal, nämlich  eine  kurze  demotische  Inschrift  in  Hammamät,  die  ich 
ihrer  Wichtigkeit  wegen  auf  der  Tafel  unter  f  mittheilen  und  hier  voll- 
ständig analysiren  muss;  sie  wird  uns  für  unsern  Gegenstand  erwünschte 
Aufschlüsse  bringen. 

Dieselbe  gehört  zu  den  von  Nestor  l'Hote  zuerst  abgeklatschten 
und  zwar  an  der  Strasse  von  Qobtos  nach  Qoseir,  dem  bekannten 
Hammamät79).  H.  de  Saulcy ,  der  sich  zuerst  mit  Muth  und  Geschick 
an  die  Entzifferung  wagte,  lieferte  folgende  Uebersetzung:  L'annee  26 
du  roi  Ptolemee,  fils  de  Ptolemee,  de  tobv  le  quatre,  Terpsenammon? 
fils  d'J^imire  a  offert  des  libations  en  ce  Heu,  selon  les  rites  prescrits 
ä  l'image  du  roi  Aritei?  fils  d'Arsinoe.  II  a  offert,  ou  acquitte  son 
adoration  ä  Ammon  generateur  et  au  dieux  du  temple?  ä  toujours.  II  a 
ecrit  cette  affiche."  Der  gelehrte  Letronne  erkannte  mit  gewohntem 
Scharfsinne  die  historische  Tragweite  dieses  wenn  auch  unvollkommen 
übersetzten  Textes,  indem  er  den  Hauptnachdruck  auf  Arsinoe  als  Mutter 
des  Aridaeus  legte.  Sehen  wir  zu,  was  der  Text  wirklich  bietet,  nach- 
dem  wir  die  Umsetzung  in  Hieroglyphen  möglichst  genau  gemacht  haben: 

fsRiii~~Q^fiP!-^kAAP£-  -I^Mfl 

Jahr  26    des    Königs    I.    h.   k.   Ptolemaios    (Sohnes)  des  Ptolemaios 

*  k  i  l  1  i   B  $1  I  Jö"i;i-^-r 

von  den  „Ersten  Freunden"  des  Gottes  Kind  (des)  B antut,  hat  die  Fluth 


79)  Cf.  Eevue  arch.  1845  I  pl.  I;  1845  II  p.  738—754.  785—809.  Lepsius:  Denkmäler  Abth.  VI 
pl.  69  mit  sorgfältigerer  Angabe  der  lückenhaften  Stellen.  Vergl.  die  Tafel  f  dieser  meiner  Ab- 
handlung. 


o  /wwv\ 


140 

des  Nil  weggerissen  die  Statue  des  Königs  1.  h.  k.   Aridaios  (Sohnes)  der 
Pharsine.    (Aber)  Sein  Name  bleibt  (aufgerichtet)  vor  Chemen  (dem  Gotte) 

(u.)  den  Göttern  der  Männlichkeit  bis  in  Ewigkeit.  Geschrieben  hat  (es)  Tenek. 

Man  sieht,  dass  meine  Uebersetzung  bei  aller  Uebereinstimmung 
in  Einzelnheiten  bedeutend  von  der  de  Saulcy's  abweicht,  an  die  wir 
freilich  nicht  die  seit  fast  dreissig  Jahren  erzielten  Fortschritte  im 
Demotischen  als  Massstab  anlegen  dürfen.  Behandeln  wir  die  Punkte 
der  Reihe  nach. 

Das  Datum:  „Jahr  26"  ist,  wie  Letronne  richtig  gesehen  hat,  schon 
allein  ein  Beweis ,  dass  der  zuerst  genannte  König  Ptolemaeus  kein 
anderer  als  Philadelphus  sein  kann.  Ich  brauche  mich  hier  nicht  dabei 
aufzuhalten,  dass  <f>iladel(fog  und  *Adel(pos  sowohl  in  griechischen  als 
ägyptischen  Urkunden  völlig  gleichbedeutend  sind.  Auch  von  'seinen 
hier  nicht  genannten  beiden  Gattinnen s0)  brauche  ich  kaum  zu  bemerken, 
dass  sie  beide  3Aqoivor\  <PiXadeX(pog  heissen.  *  Sonderbarer  Weise  war  aber 
die  frühere  Gattin,  die  er  in  seinem  8.  Jahre  verstiess ,  die  jüngere, 
nämlich  die  Tochter  des  Lysimaches  und  seiner  eigenen  Schwester  Ar- 
sinoe,  die  er  später  ehlichte.  Die  Münzen  lassen  hierüber  keinen  Zweifel. 
Da  Philadelphus  im  J.  285  v.  Chr.  zur  Regierung  gelangte,  so  entspricht 
das  Datum  unsrer  Inschrift  dem  J.  259   v.  Chr. 

Der  an  zweiter  Stelle  ohne  Einrahmung  und  Königstitel  genannte 
Ptolemaeus  muss  der  Sohn  des  Lagus  sein ,  der  nach  Alexanders  des 
Grossen  Tode  als  Satrape  (satrapes  Aegypti  sagt  Curtius)  die  Vormund- 
schaft über  die  nominellen  Könige  Aridaeus  (Philippus)  und  Alexander  II 
d.  Sohn  der  Roxane  führte,  bis  er  305  v.  Chr.  als  selbständiger  König 
Aegyptens  auftrat,  um  285  zu  Gunsten  seines  Sohnes  Philadelphus  ab- 
zudanken.    Er  war  aber  eigentlich  nicht  der  Sohn  des  Lagus,    sondern 


80)  Cf.  Champollion-Figeac :  Notice  de  deux  papyrus  egyptiens  passim. 


141 

des  Philippus,  der  ein  Kebsweib  Namens  *Aqgiv'i\  aus  dem  Geschlechte 
der  Heracliden  geschwängert  und  sie  in  diesem  Zustande  mit  seinem 
Offiziere  Lagus  verheirathet  hatte.  Ptolemaeus  Lagi  war  also  strenge 
genommen  ein  Halbbruder  Alexanders  des  Grossen,  gerade  so  wie  Ari- 
daeus,  und  daraus  wird  sein  Widerstand  gegen  die  Wahl  des  Aridaeus 
zum  Nachfolger  des  Alexander  noch  erklärlicher. 

In  ziemlich  vielen  demotischen   Urkunden    ist    sein  Beiname  Aayov 
,,der    Sohn     des    Lagus"     ägyptisch     nachgeahmt     durch     die    Legende 

^_ flj^^m  laq-av  ,, Abwehrer  des   Schreckens"  (GBH  Stupor).     Sein 

offizieller  Beiname  aber  laute  anut  oder  nut:   (]n_ '00,  ober  abgekürzt  T* , 

ein  Wort,  das  in  der  Rosettana  durch  ma/Ltvvag  „Vertheidiger,  Rächer" 
übersetzt  wird.  Vielleicht  sollte  er  auf  'Auvvrag  einen  in  Macedonien 
dynastischen  Namen  anspielen ,  obschon  die  Griechen  diesen  Titel  stets 
durch  2u)triQ  wiedergaben ,  wodurch  eine  Verwechslung  mit  JZcorrjQ  II 
herbeigeführt  wird!  Diese  existirt  aber  nicht  in  den  vollständigen 
ägyptischen  Legenden ;  denn  ausser  dem  Zusätze  <Pdotu  'twq  II  wird  hier 
der  Titel  des  Ptolemaeus  X  Soter  II  wenigstens  während  der  Zeit  seiner 

zweiten  Regierung   (89 — 81   v.  Chr.)    constant  D  |     ^  pe    nuter    ent 

nohem  „der  Gott  welcher  rettet"  geschrieben,   während  in  den  Schildern 

seiner  ersten  Regierung  (117 — 107)  ebenfalls  *       wie    bei   Ptolemaeus  I 

Soter  I  getroffen  wird. 

Die  interessante  Stele  von  Cairo81)  hat  uns  seinen  persischen  Titel 
«ss     — - 

ei  v — o  chshatrapan   (pers.    cJishaihrapävan)   geliefert,    übereinstim- 


mend mit  Curtius  X,   10,    1:   satrapes  Ptolemaeus  Aegypti  (et  Africae 
gentium  quae  in  ditione  erant,  imperium  obtineret). 

Unsre  demotische  Inschrift  eröffnet  uns  einen  neuen  Einblick  in 
die  Ptolemaeergeschichte  durch  die  zum  ersten  Male  hier  von  mir  auf- 
gezeigte Legende  $t^Jf  *&v  tiqwtwv  (pikcov ,  die  in  ihrer  griechischen 
Form  bei  den  Nachfolgern  des  Ptolemaeus  I  so  oft  wiederkehren  sollte. 
Dieser  Titel,    der   wohl   ursprünglich    eine  Art  Vormundschaft   besagte, 


81)  Cf.  Brugsch  in  der  Zeitschrift  1871  p.  9  u.  meine  Abhandlung  im  „Auslande." 


142 


ra  £ 


steht   auf  gleichem   Grunde  mit  ~|j^|"£      \\w    maliauti   —   avyyevrig^     im 

Miramartexte    ult.    einfacher  .A  geschrieben,    wozu   sich    1(1  s an  cott 

„Bruder"  gerade  so  gesellt,  wie  in  den  Rhind-Papyri.  Vielleicht  ist 
dieses  ma-haut  nur  ein  jüngerer  Ausdruck  für  1  rech-suten  „Be- 
kannter des  Königs"  in  den  älteren  Texten82).  —  Von  einem  Datum  des 
„toby  le  quatre"  ist  also  hier  nicht  die  Rede ,  sondern  es  steht  das 
ägyptische  Prototyp  chnemu  tep  v<  n  xtav.  tt^wtcjov  (piXmv  „Einer  von  den 
ersten  Freunden." 

Auch  die  nächstfolgenden  Gruppen  hat  de  Saulcy  miss verstanden. 
Es  steht  nicht  der  Eigenname  Terpsenamon  eines  Privatmannes,  sondern 
,,der  junge  Gott"  (König),  in  dessen  Namen  Ptolemaeus  I  die  Regierung 
führte.  Die  Umschrift  in  Hieroglyphen,  wie  ich  sie  gegeben  habe,  ist 
unanfechtbar.  Zu  stärkerer  Begründung  derselben  will  ich  aber  noch 
die  ganz  ähnliche  des  Caesarion  anführen,  wie  sie  auf  einer  gleichfalls 
demotisch  beschrifteten  Apis-Siele  vom  6.  Jahre  der  Kleopatra  VI  er- 
scheint83): ülojä  ji^flal rfjJ'^JL  ism-?-  pe  nuter  pe  chrat  nuter  (n)  pe 
nuter  a  ent  ar  hei  nib  anch  ,,Der  Gott,  das  göttliche  Kind  des  grossen 
Gottes,  welcher  macht  alle  Gesichter  (gXi  aliquis,  Menschen)  leben". 

Ist  also  mit  dem  „jugendlichen  Gotte"  in  unsrer  Inschrift  ent- 
schieden Alexander  II  gemeint,  so  verlangt  die  Analogie  mit  dem  eben 
angeführten  Texte,  wodurch  wir  die  ägyptischen  Titel  des  Divus  Julius 
Caesar  erfahren  —  die  Fortsetzung  bietet  wirklich  „Autokrator  Kai- 
saros"  —  dass  nach  der  Legende  des  Alexander  II  die  seines  Vaters 
Alexander  I  unmittelbar  sich  anschliesse.  Diess  wird  sofort  wahrschein- 
lich, wenn  wir  einen  Blick  auf  das  Determinativ  der  nächsten  Gruppe 
werfen:  es  ist  kein  anderes  als  _J),    wie    hinter    der    Legende   pe   nuter 

pe  chrud.  Indess  will  ich  vor  der  Besprechung  dieses  für  mich  wich- 
tigsten Punktes  zuvor  das  Uebrige  erledigen. 

Die  hinter  dem  eben  besprochenen  Determinative  3  folgenden  drei 

82)  Ueber  die    andern   verwandten    Titel  (pilog  u.  naTrjy  ßaaiUwg  vergl.   Champollion-Figeac  1.  c. 
u.  Letronne's:  Eecherches  p,  servir  a  l'histoire  etc.  pagg.  58,  60,  314,  320,  326  etc. 
.     83)  Young:  Hieroglyphics  II  74  mit  6*  über  der  Legende. 


143 

Gruppen  umschreibt  de  Saulcy  mit  oth  th  m  Nim,  deren  fünf  erste 
Zeichen  er  als  valeurs  indubitables  et  bien  determinees  bezeichnet. 
Allein  offenbar  ist  das  erste  ebenso  gut  ein  ti  als  das  dritte,  und  zwi- 
schen beiden  steht  Nro.  2  als  sicheres  m.  Wir  haben  also  das  Wort 
nun,  worauf  das  feminine  ^t  folgt  mit  einem  expletiven  oder  wort- 
abtheilenden  Punkte  °  (oder  vielleicllt  o?)  unterhalb.  Es  ist  dies  das 
nämliche   Wort  wie  vovv  des   Horapollo   =   Nsilov  dvaßaoig  (—  äßvooog), 

das  demotisch  oft  \/  }&/ nss'v\  geschrieben  ist,  in  welchem  Falle  der 
männliche  Artikel  n,   dem  Deutbilde  entsprechend,  am   Platze  ist.    Allein 

AAAAAA  — . 

daneben  existirt  ein    weibliches  nun't:  £—>  mit  vielen  Varr.84),   das 

ausdrücklich  den  weiblichen  Artikel  "^v  ta  bei  sich  führt,  wie  ja  be- 
kanntlich   das    Hauptnass    des  Landes:    der   Nil  <;=^  nun    selbst   mann- 

weiblich  mit  hängenden  Brüsten  dargestellt  und  das  Element  des  Was- 
sers (Urstoffes)  bei  den  sogen.  Elementargöttern  durch  einen  Nun  und 
eine  Nun't  repräsentirt  wird.  Wir  fangen  jetzt  an  zu  begreifen,  warum 
der  Verfasser  unsrer  Inschrift  am  Ende  neben  dem  ithyphallischen 
Chemen  [Xspflis  —  TJav  Evodog)  in  dem  griech.  Proskynem  an  der 
Strasse  von  Hammamät  so  auffallender  Weise  die  „Götter  der 
Männlichkeit"85)  hervorhebt.  Es  sollte  von  dem  Wasser  des  Nil  etwas 
Nachtheiliges  berichtet  werden;  da  nun  hiebei  der  Name  des  hochheilig 
verehrten  Nilus  nicht  wohl  genannt  werden  durfte,  so  wählte  der  Ver- 
fasser (Tenek?)  ein  von  seinem  Namen  abgeleitetes  Femininum,  gleich- 
sam eine  Nila,  um  die  Katastrophe  damit  zu  bezeichnen.  Welche 
historische  Anspielung  darin  liegt,  werden  wir  weiterhin  sehen.  Zur 
Ergänzung  dieses  nun't  nun  wird  im  oder  jwma  hinzugefügt,  wörtlich 
„des  Meeres",  wie  ja  der  Nil  der  Ueberschwemmung  auch  jetzt  noch 
ähnlich  von  den  Arabern  el-bah'r   =  r\  fralaxta  genannt  wird. 

Die  nächste  Gruppe  lautet  nicht  uti,    sondern   ist  anscheinend  das 
hieroglyphische  <2>"!   aru    „sie  machten".      Damit  dies  aber  richtig  sei, 


84)  Cf.  Brugsch  lex.  p.  779. 

85)  In  einer  vom  31.  Jahre  des  Philadelphns  datirten  demot.  Inschrift  zu  Radesieh  (Lepsius  Denk- 
mäler Abtb.  VI  Blatt  24,  2)  hat  der  Gott  Chemen  den  Zusatz  ^T^  pe  haut  „der  Männ- 
liche".    Ebenso  Bl.  69  Nro.  169  lin.  5  ultimo. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  20 


144 


müssten  vorher  zwei  Mannsnamen,  meinetwegen  Nun't  und  Aumu  stehen. 
Da  aber  kein  Deutbild  von  Männern  hinter  diesen  beiden  Gruppen  sich 
zeigt,  so  ist  diese  Annahme  unmöglich.  Auch  ist  es  an  sich  unwahr- 
scheinlich, dass  259  v.  Chr.  noch  Jemand  eine  Statue  des  Aridaeus 
errichtete.  Dass  aber  von  einem  solchen  Denkmal  die  Rede  ist,  zeigt 
unwiderleglich  das  Determinativ  des  Steines,  welches  hinter  der  Gruppe 

^fj)™  folgt    (de    Saulcy    liest    unrichtig    m^x&,    übersetzt   aber   richtig 

„image.") 

Ich  musste  desshalb  auf  ein  anderes  Verbum   verfallen,  das  in  den 
Context    passt.     Es    ist    dies  das  im  quost.   Papyrus  von  Leyden  häufig 

angewendete  demot.  *TJ,  mit  dem  Krahnen  determinirt,    welches  sich 

im  Kopt.  oy\   tollere    auferre    erhalten  hat.     Jetzt  ist  der  Strich  hinter 

är  nicht  mehr  hinderlich,    weil  er  nicht  mehr  aus  dem  Pluralzeichen  i, 

sondern    aus  V  (das  darüber  stehende  tep  |   reicht  so  weit  herunter,  um 

den  Seitenstrich  mitzuvertreten^)  erklärt  werden  kann.  Da  nun  über 
die  Lesung  ,,pe  tut  n  suten  Aredai"  (allenfalls  ist  wegen  Beschädigung 
des  betreffenden  Zeichens  statt  s=>  ein  <=^>  zu  transscribiren)  kein  Zweifel 
obwalten  kann,  so  fragt  es  sich,  wo  die  Fluth  des  Ueberschwemmungs- 
Niles  ein  steinernes  Standbild  des  Königs  Aridaeus  fortgerissen  habe. 
Ich  denke,  wir  haben  den  Ort  dieses  Elementarereignisses  nirgend 
wo  anders  als  in  Theben  zu  suchen ,  und  zwar  in  Karnak  bei  der  so- 
genannten Cella  Philippi,    wo    sein    nach    dem   Vorgange   seines    Vaters 


P  h  i  u  1  i  u  p- 


angenommener  Name  mit  der  Schreibung   I      (1(1  y^^Kn'Tf  j  '  ) 

p  o  s    erscheint.     Auch    in    der    Oase   des    Jupiter    „Hammon"    opfert    er 
unter  diesem   Namen  dem   Widdergotte86). 

Dass  ein  solches  Vorkommniss,  wie  die  Niederreissung  eines  könig- 
lichen Monumentes  durch  Wassergewalt  inschriftlich  verzeichnet  werden 
mochte,  dafür  bürgt  der  oben  p.  118  erwähnte  ebenfalls  im  Hammamät 
befindliche    Paralleltext,    demzufolge    „die    fremdländischen    Horden    des 


86)  Cf.  Minutoli  Reise   zum   Tempel   des  J.  A.   Tabul.  X,  2  u.  XIV   aus  Aschmunein   (Hermopolis 
magna). 


145 

Persers  (Artaxerxes  Ochus)  £^U  yflll  zwei  Denkmäler  (Statuen)  des 
Königs  Nechtharhebi  angriffen"  (verstümmelten  ]f^^  TO£  tran- 
situs),  wie  der  Schreiber  Hema,  der  Sohn  des  Psenoeris,  dort  an- 
schrieb. Der  Schreiber  des  demotischen  Proskynema  (Nro.  162)  unter 
dem  griechischen  ITPOCKYNHMA81)  des  jonischen  Soldaten  Tenau- 
chemen  =  Ev/e/Li/Liig  (in  fremdländischer  Schrift  ut  halothrau  =  uilo&übog) 
anbrachte,  hiess  ebenfalls  Hema,  war  aber  der  Sohn  des  Pethar- 
puchrad.  Auf  Bl.  69  Nro.  166  steht  die  ganze  Filiation:  Hema,  Sohn 
des  Nechtch  emm  is,  S.  d.  Hema,  S.  d.  Petharpu  chrad.  Der 
Gegensatz  zu  dieser  Zerstörung  von  Monumenten  liegt  in  der  Formel 
,,es  bleibt  (aber)  sein  Name  bis  in  Ewigkeit  (aufgerichtet)  vor  dem  Gotte 
Chemen",  zu  dem  die  Wanderer  des  Wüstenwegs  als  dem  TIavl  Evbdm 
ihre  nQooxvvr^iaxa  anbrachten. 

So  also  auch  in  Bezug  auf  das  durch  Wassergewalt  niedergerissene 
steinere  Standbild  des  Königs  Aridaios.  Vielleicht  liegt  eine  historische 
Anspielung  in  der  so  ostensibel  und  im  Gegensatze  zu  dem  ithyphalli- 
schen  Chemen  und  den  Göttern  der  Männlichkeit  in  unserm  Text  ver- 
steckt enthalten.  Man  weiss,  dass  Aridaios  durch  die  Mutter  des  Ale- 
xander 1:  Olympias,  aus  dem  Wege  geräumt  ward:  Kaxa  xfjv  (>/*'  okvfi- 
mada  (117/116  v.  Chr.)  xbv  A^idalov  3Qlviimag  xxelvti  fj  3Alt§avdyov 
/lh]T7]()  -fj  naoa  Aiaxov  axaltloa  rov  ßaoiltcog  'flmiyov,  i)  xovxov  (pvyovoa 
xal  Tiyog  Maxedovag  ll&ovoa-dixxibg  ycco  lüToonzai.  Tovxov  fiiv  ovv 
dvdovoa  ovv  x\[  ya^exi]  etc.  Man  beachte  auch  das  ävaiQHV,  welches 
wie  tollere  und  „aufheben"  sowohl  „in  die  Höhe  heben"  als  „aus  dem 
Leben  entheben"  bedeutet.  Denken  wir  uns  nun  einen  Augenblick,  dass 
die  Aegypter  nach  Analogie  des  Satzes  beim  Syncellus :  fj  yay  ösXfjvij 
na^  Alyvmioig  xvyiiog  oXv/miiag  xalelxai,  dtä  xb  xaxa  /Ltfjva  Tisümolelv 
xbv  'Qujöiaxbv  xvx'kov,  bv  oi  naXaiol  avxcuv  Olv/unov  ixaXovv  —  den 
himmlischen  Ocean  mit  einem  analogen  Ausdrucke  benannt  hatten,  wie 
das  griechische  ovyavbg  (varanas  sanscr.)    thatsächlich    von   Birch88)  mit 

der  Schreibung         ;^^\vwwvi=i  uranos  —  (Wasser)  zweimal  an  dem  Sar- 


87)  Ausser  der  Legende  (Nro.  161)  ro  npooxwrjfxa  unterscheidet  man  noch  eydauu[ov  Ev]xtfuo[s 
<STQctTitorov\iov  7r£o?[xu[r>2<rr«'ro£"]  Tluvi  (sehr  zerstört). 

88)  Zeitschrift  1869  p.  116. 

20* 


14b 

kophage  des  Nechtharhebi  aufgezeigt  ist.    Er  nennt  eine  andere  Legende 

ö  \>^w^  J)  urhanhannu,   aus  welchem  männlich  aufgefassten  Ge- 

wässer  der   Sonnengott  Atum  hervorkommt  „probably  a  Variant"    dazu 

"^^■c.  CA  T*\         I     AAAAAA 

oder  zu  Vv    in 1  **"**   üramchen,   Todt.  cap.   3,    col.   1.     Näher    an    die 


.www 


Lautung  Ovlvanog  führt  die  Legende  des  Todtenbuches  cap.  30,  4:  ,,Ich 
bin    begraben    in    (oder    Begräbniss    ist    mir)    f^j^^rs-^-"  ^   (__i  „die 

grosse  Westgegend  des  Himmels"  Amurt-ät-nt-pet.     Aber  geradezu  iden- 

n  i   ^^j 
tisch  mit  Ovlvfin-og  ist  die  Legende  cap.  25.  2/3   „Ich  sitze  im   j,z-.<=> 

AAAAAA     iöct  ^  m  ( 

bu-ul-nt-pe  „im  grossen  Räume  des  Himmels",  wobei  zu  bemerken 

/wvw\  a 

ist,   dass  statt     ^     w£  auch    ^\     oder  ^ =  w  stehen   könnte. 

Fassen  wir  das  Gesagte  zusammen,  so  wird  es  nicht  mehr  so  sehr 
befremden,  wenn  ich  anlässlich  der  als  feindlich  geschilderten  Nilfluth 
nunt-iuma  im  Sinne  des  dem  Aridaeus  günstig  gesinnten  Verfassers  eine 
Anspielung  auf  Olympia s  erblicke,  welche  den  Leib  des  Aridaeus 
aveile  (sustulit),  wie  die  Ueberschwemmung  das  steinerne  Standbild  des- 
selben  58  Jahre  später. 

Es  ist  möglich,  dass  der  Schreiber  (Tenek?)  dem  König  Aridaios 
wenn  nicht  persönlich  bekannt,  so  doch  gleichzeitig  gewesen  ist.  Aber, 
wie  ich  hinzufügen  muss,  nicht  sehr  wahrscheinlich.  Diess  schliesse 
ich  aus  dem  offenbaren  Fehler ,  den  er  hinsichtlich  der  Angabe  des 
Mutternamens  begangen  hat.  Während  wir  aus  ganz  bestimmten  und 
glaubwürdigen  Zeugnissen,  z.  B.  dem  des  Dikaiarchos89),  des  Schülers 
des  mit  Macedonien  wohl  vertrauten  Aristoteles,  wissen,  dass  die  Kebsin, 
t§  rjg  fpiliTiTios  3A()idaLÖi'  htzvcooe,  die  Tänzerin  aus  dem  thessalischen 
Larissa  (Aa^Lööcda)  <Pifara  {ß?iXkiva,  4>ikivva)  war,  die  Plutarch  eine 
yv vr\  ädo£og  xal  x.oivr\  nennt,  las  de  Saulcy  in  unserm  Texte  den  Namen 
Arsne  und  Letronne  deutete  diesen  Namen  auf  jene  obenerwähnte 
3A()öiv6r]  aus  dem  Geschlechte  der  Herakliden ,  obschon  Philina  die 
eigentliche  Mutter  des  Aridaeos  war:  II  a  pu,  dans  l'interet  de  sa  po- 
sition,  il  a  du  rejeter  une  originc  si  peu  honorable  (d'une  vile  baladine 
et  fille  publique)  et  soutenir  qu'il  devait  la  naissance  ä  une  descendante 


89)  Athenaeus  p.  557.  —  Cf.  Syncell.  p.  503. 


147 

des  Heraclides.  Allein  gegen  diese  Annahme,  die  dem  Aridaios  selbst 
eine  absichtliche  Täuschung  zuschiebt,  erheben  sich  allerlei  Bedenken, 
die  wir  durch  bessere  Hypothesen   ersetzen  können. 

Erstens  könnte  der  Schreiber  sich  absichtslos  geirrt  und  statt 
des  einen  Kebsweibes  ein  anderes  genannt  haben. 

Zweitens  erlaubt,  ja  fordert  die  Eigenthümlichkeit  des  ersten  Zei- 
chens, besonders  im  Hinblicke  auf  die  ähnlich  gestaltete  Initiale  von 
Pers  in  der  erwähnten  Inschrift  des  Hema  (Sohnes  von  Nechtchemmis) 

eher    die  Lesung  P   *§  als  "^\    (Arsinoe). 

Drittens  erhalten  wir  den  richtigen  Namen  Philine,  wenn  wir 
statt  des  demot.  5  (drei  Striche,  deren  letzter  ein  Winkel)  ein  demot.  * 
(drei  gleiche  Striche)  annehmen.  Da  aber  beide  Copieen  in  dem  s 
übereinstimmen  und  dieses  sehr  deutlich  gebildet  ist,  so  müssten  wir 
ein  graphisches  Versehen  des  Steinmetzen  annehmen.  Gegen  die  so 
hergestellte  Legende  Philine  spricht  aber  auch  das  Deutbild  der  vor- 
nehmen Frau:  |\$),   welches  dahinter  steht  oder  sitzt. 

Es  ergibt  sich  daraus,  dass  die  zweite  Conjectur  die  grössere  Wahr- 
scheinlichkeit für  sich  hat,  nämlich  den  Namen  Pharsine  zu  lesen. 
Von  dieser  <PaQölvr},  der  Tochter  des  <f>aQvaßaQog  (eines  Persers),  hatte 
Alexander  I  einen  Sohn  Namens  'Hyaxlfjg90).  Curtius91)  schreibt  den 
Namen  Bar  sine.  Nachdem  Nearchus  in  der  Versammlung  der  Feld- 
herrn gesagt  hatte:  Statt  des  erst  in  drei  Monaten  zu  erwartenden 
Sohnes  der  Roxane  ,,praeteriri  qui  jam  sit"  und  dies  zieme  weder  der 
Gesinnung  der  Macedonier,  noch  dem  Ernste  der  Zeitlage:  Esse  e  Bar- 
sine  filium  regis:  huic  diadema  dandum  —  erhob  sich  dagegen  ausser 
allen  übrigen  besonders  Ptolemaeus,  indem  er  ironisch  bemerkte :  Digna 
prorsus  est  soboles,  quae  Macedonum  imperet  genti,  Roxanes  vel  Bar- 
sinae  filias  !  cujus  nomen  quoque  Europam  dicere  pigebit,  majore  ex 
parte  captivi.  Est  cur  Persas  vicerimus,  ut  stirpi  eorum  serviamus  ? 
quod  justi  illi  reges  Darius  et  Xerxes  ....  nequidquam  petiverunt  etc. 
Endlich  lenkte  ein  quidam  ignotus  ex  infima  plebe  die  Aufmerksamkeit 
auf  den  Aridaeus  und    dieser  Vorschlag    drang    durch,    obgleich  Pithon 

90)  Syncell.  p.  504,  13. 

91)  lib.  X  6,  11  sqq. 


148 

dagegen  sprach,  worauf  dann  Meleager,  der  Gegner  des  Perdiccas,  dem 
Alexander  I  sterbend  seinen  Ring  gegeben  hatte,  den  Aridaeus  einführte 
und  unter  dem  Namen  Philippus  durch  die  Soldaten  begrüssen   Hess. 

Da  in  unserer  demot.  Inschrift  jedenfalls  ein  Fehler  statuirt  werden 
muss,  so  erklärt  sich  derselbe  am  einfachsten  durch  meine  Annahme, 
dass  der  Schreiber  die  Pharsine,  Mutter  des  Herakles,  eines  Halbbruders 
von  Alexander  II,  statt  Philina  der  wirklichen  Mutter  des  Aridaeus, 
eines  Halbbruders  von  Alexander  I,  gesetzt  hat.  Der  Ausdruck  justi 
reges  Darius  et  Xerxes  deutet  darauf  hin,  dass  Pharnabazus  wenigstens 
ein  regulus  war.  Mit  Einsetzung  seiner  Tochter  in  den  Text  gab  der 
Schreiber  dem  Aridaeus  doch  eine  fürstliche  Mutter. 

Es  übrigt  mir  noch,  den  Namen  Alexanders  I,  wie  er  in  diesem 
demot.   Texte    als  Vater    des    Alexanders  II    gefordert    und    durch    das 

Determinativ  3  angedeutet   wird,   näher  zu  zergliedern.    Die  letzten  drei 

Zeichen  sind  offenbar  dem  Schluss  der  Legende  Menau-tut  iiö  in  dem 
"Wiener  Contracte  identisch.  Die  zwei  ersten  Zeichen  anlangend ,  be- 
merke ich,  dass  der  Euss  des  anlautenden  Beines  in  beiden  Copieen 
etwas  absteht.  Lepsius  notirt  einen  weiteren  nach  links  ebenso  schräg 
aufrecht  gerichteten  Strich  an  einer  zerstörten   Stelle,    gleich    als    hätte 

der  Steinmetz  der  sonstigen  Schriftrichtung  entgegen,  das  Bein  J  so: 
J  statt  L  gestellt,  weil  letzteres,  das  richtigere,  vielleicht  wegen  der  Genitiv- 
partikel /  =  ww«  nicht  Platz  gefunden  hätte.  Uebrigens  ist  hierauf  kein 
Gewicht  zu  legen ,  da  wir  in  der  Legende  des  Caesarion  die  Eiliation 
mit  seinem  Vater  Julius  Caesar  ebenfalls  ohne  Genitivpartikel  getroffen 
haben,  die  überhaupt  häufig  ausgelassen  wird.  Der  so  zu  Stande  ge- 
kommene Name  B  an- tut  „Ohnegleichen"  unterscheidet  sich  von  den 
beiden  Parallelformen  (in  Miramar  und  im  Wiener  Contracte)  durch  die 
Abwesenheit  des  Determinativs  hinter  der  Negation  und  von  dieser  selbst 
(menau    =    ma.ii)     durch     die     archaistischere    Form     ban,     womit    er 

_  A/WW\ 

dem    J_n_  der  Miramar  Inschrift  gleichkommt,  wenn  er  auch  statt  www 

ein  ö  setzt,  was  als   Variante  in  dieser  Zeit  Niemand  befremden  wird. 

Wir    haben    also   jetzt    die    beiden  Namen   des  Alexander  I    sowohl 
Ba-n-tat  (=  Mevdrig  —  Mov&rjg)  als  auch  den  ihm  nachgeformten  Ban -tut 


149 

„Ohnegleichen"  aus  den  Denkmälern  selbst  zur  Genüge  erwiesen  und 
wenn  Ale'§avd yog  6  AX'§  nicht  nur  monumental,  sondern  auch  tradi- 
tional  erhärtet  ist,  so  dürfte  auf  classischem  Gebiete  ein  Glücksfund 
ebenso   den  Namen  Mave&i'&   im   Sinne    des  „Ohnegleichen"    darstellen. 

Schlussfoemerkung  über  das  o^ua  in  Alexandrien. 

Der  schöne  Sarkophag  des  Nechtharhebes  von  der  30. Dynastie 
stammt  sicher  aus  Alexandria  und  zwar  aus  einem  Souterrain,  auf 
welchem  jetzt  die  Kirche  des  hl.  Athanasius  steht.  Mahmoud-Bey92)  in 
seiner  ausführlichen  Beschreibung  Alexandria's  huldigt  der  Ansicht,  dass 
der  Kum-ed-Demäs,  wo  die  Moschee  Nebi-Daniel  steht,  das  awaa  des 
Macedoniers  enthalte(n  habe)  und  Hr.  Dr.  Tassos  Nerutsos 93)  -  Bey  in 
seinem  sehr  schätzbaren  Werke  über  die  neuesten  Funde  auf  dem  Boden 
des  alten  Alexandriens  stimmt  bei,  nur  bezieht  er  die  von  Achilles 
Tatius  erwähnte  „rue  du  Soma"  auf  eine  andere  Richtung.  Wenn  man 
erwägt;,  dass  noch  Dio  Cassius  (lib.  LXXV)  von  Septimius  Severus  zu 
erzählen  weiss,  dass  er  aus  Zuneigung  zu  Alexander  alle  Geheimschriften, 
deren  er  habhaft  werden  konnte,  aus  allen  Heiligthümern  beim  güj/ucc 
des  grossen  Macedoniers  verschlossen  habe,  damit  man  in  Zukunft 
ebenso  wenig  dessen  Leiche  schauen ,  als  das  dabei  schriftlich  Nieder- 
gelegte lesen  könne,  so  gewinnt  eine  lateinisch  abgefasste  Inschrift  bei 
Nerutsos94),  gerade  aus  dem  7.  Jahre  des  Tribunats  und  im  11.  der 
C^esarie  des  JZe'TiTijLuog  JZsovrjyog,  welche  besagt :  ort  rov  sm  tFjq  ßaoeatg 
ävd^iavra  (des  Kaisers!)  eorrjöar  ol  dsxovoiojveg  xal  inneig^Alrig  rfjg  tiüso- 
ßvreyag  FalXixfjg  xal  ol  rfjg  a'  rdiy  Ooäxwv  Mavüiravixfjg  —  also  199  n.  Chr., 
wo  er  Aegypten  schon  bis  nach  der  Thebais  hinauf  bereist  hatte,  eine 
gewisse  Bedeutung  als  Vergleichungsmaterial  mit  der  Angabe  des  Dio 
Cassius. 

Was  die  Lesart  oaj/ua  betrifft,  so  behauptet  Nerutsos  p.  42  seiner 
franz.  Schrift  mit  Recht,  dass  sie  der  Correctur  Casaubon's,  Wesseling's, 
Heyne' s  und  Coray's,  nämlich  ofjua  (=  jur^jtislor)  vorzuziehen  sei,  da  auch 


92)  Description  d'Alexandrie. 

93)  Notice  sur  les  fouilles  recentes  executees  a  Alexandrie  1875. 

94)  'ETiiygcccpai  r.  nak.  'AXti.  p.  2. 


150 

Kallisthenes  sie  und  zwar  doppelt  bezeuge  in  dem  Satze:  Kai  tzoisZ 
racpov  er  T(p  legio  xalovfxivcp  ^(Staa  ldls§avd^ov  xaztl  ro  oujjliü.  ijroi  Isl- 
ipavov  sHeiaydyov  xa&idyv&r}.  Sieht  es  nicht  so  aus,  als  ob  Kum-ed- 
Demas  aus  de/uag  ==  otiiua  entstanden  und  ou)ua  absichtlich  als  Gegen- 
satz zu  Ba-n-dat  (Bat  =  ifjvyXij)  gewählt  worden  ist,  wie  die  häufige 
Antithese  darthut:  ba-ker  pet,  cha-k  r  tiaut.  „Deine  Seele  gehört  dem 
Himmel,  dein  Körper  der  Unterwelt."  Die  tiaut  oder  Unterwelt  war 
in  diesem  Falle  das  caveau  funeraire  des  Küm-ed-Demäs."  Die  Stele  von 
Neapel  hat  ja  auch  den  Passus  ,,der  Widder  ba  ist  zum  Himmel  ein- 
getreten"  =   er  ist  gestorben! 

IX.  Commentar. 

1.  Statt  der  vollen  Schreibung  ^^a  &q  intrare  (cor)  und  ^^  A  per 
egredi  (nipe  germinare),  die  sonst  auch  durch  die  verschiedene 
Richtung  des  Beinpaares  t^zv  vertreten  wird,  bietet  unser  Text  die 
von  Chaeremon  beschriebene  Gruppe:  ocptg  eig  —  iyyousrog  slg  on'v 
==*  dvöig  —  ocpig  e&Qyofisvog  ex  xivog  onrjg  =  avazohq.  Streng  ge- 
nommen sollte  in  der  ersteren  Hieroglyphe  unseres  Textes  statt 
*^  die  Schlange  umgekehrt  ihren  Kopf  im  Innern  der  onri  haben. 
Was  den  vieldeutigen  Schakal  -^  betrifft,  der  unmittelbar  darauf 

«        folgt,   so  scheinen  seine  Beine  paarweise  zu  der  eben  besprochenen 

Doppelgruppe    als    Determinative    zu    gehören,    da  er  sonst  —    ö    i 

„gehen"  gilt.  Die  Hieroglyphe  ?  i,  welche  dahinter  steht,  ist  un- 
richtig; es  muss  t —  sein  als  Complement  zu  den  Verbis  der  Be- 
wegung. Endlich  steht  -^-  set  (ccht  infra)  ohne  <=>i  ro  aber  mit 
gleicher  Bedeutung. 

2.  Statt  ®£§j  „die  Dinglichen",  was  keinen 95)  Sinn  ergibt,  schlage  ich 
vor:  ®^j  „die  Städter"  Bürger,  weil  der  Text  eine  aufsteigende 
Scala  der  lebenden  Wesen  zu  bieten  scheint.  Es  folgen  zunächst 
die  Könige  und  dann  zuletzt  der  Sonnengott. 

3.  Da   wo    es  heisst:    „dem    westlichen    Horizonte,    wo    der   Herr 


95)  Doch  vergl.  Birch:   „Two    tablets"   die   nämliche   Gruppe    ^^1-L,1    in  Verbindung  mit  sahu 
nib,  ba-u  (her  nib)  und  nach  vorwärts  priests  scribes. 


151 

=   ^7  des  Himmels    untergeht  (II  as  „alsdann"    als    „Atum",  lese 

ich  statt  as  besser  All  am-s ,    weil    die    relative    Construction    dies 

erheischt  und  Horizont  !~f\  feminin  ist.  Vergl.  die  Parallelstelle 
gegen    das    Ende    der    6.  Textzeile    (cf.   not.  41),    wo    gesagt    wird: 

„kommet  zum  Himmel  (femin.)  wo  ich  bin  in  ihm  AI" 

4.  Die  Redensart  „(nachdem  ihr  gelesen)  zufolge  dem  Belieben  der 
Gefälligkeit  des  Herzens  die  Schrift",  wo  aq-het  völlig  dem  Kopt. 
cok-m-£Ht   complacere    entspricht.,    enthält   einen    Pleonasmus    statt 

„gefälligst",  da  die  sitzende  Figur  £&  =  gwc  favor.  Der  Paralle- 
lismus dazu  liegt  in  ab-het-ten  „wünscht  es  euer  Herz"  =  wenn  es 
euch  beliebt.  Die  sonderbare  Gruppe:  ein  an  der  Mutter-Kuh  sau- 
gendes Kalb  (ab  o&€  sitire)  gilt  auch  =  '  ^£3  nasch  posse,  zu- 
folge einer  Variante  von  Todt.  162,  3:  ntuk  nuter  nasch,  i  n-asch-nef 
„du  (Amnion)  bist  der  mächtige  Gott,  kommend  dem  achtend  rufen- 
den" (Wortspiel). 

5.  Was  ich  wegen  der  Alliteration  des  Textes  übersetze:  „Widmet  das 
Ohr  meinen  Erwägungen,  lauschet  meinen  Lobpreisungen",  ist  von 
Brugsch  lex.  p.  702  ähnlich  wiedergegeben:  „Höret  an  meine  Selbst- 
prüfung, lauscht  meiner  Lobrede".  Die  Ausdrücke  mesbeb  motujt 
considerare  und  hefhof  (^wq^  furari?)  gehören  dem  höheren  und 
gesuchteren  Style  an.  Ersteres  bedeutet  das  Erschleichen,  letzteres 
das  Hinkauern  mit  vorgebogenem  Leibe,  um  etwas  (ein  Wort)  zu 
erhaschen. 

i     AA/VNAA 

6.  Das  Wort  han  fn hat  z.  B.   in  den  Rhind-papyri  die  Bedeutung 

„Tochter",  eigentlich  „die  Erzeugte";  hier  ist  die  active  Bedeutung 
„der  Erzeuger,  Gatte"  am  Platze,  um  so  mehr  als   X   \J  _v^^=a  hannu 

einer  der  Namen  des  Phallus  ist.     Dem  Ausdrucke  *=>!  ad  bonum 

„zu  dem  Gute"  steht  parallel  «=>^^«  r  chu  „zu  der  Würde  (Wür- 
digkeit ujott")  gegenüber.  Als  Complement  zum  letzteren  hat  man 
sich  das  Folgende  zu  denken: 

7.  (Dass)  Ich  wandelte  auf  dem  Wege  der  Hathor    ]£s^^(l  schaßu-s  pu 

—u — N^ 

Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  2 1 


152 

chet  ha-u-ä  „ihre  Tüchtigkeit  war  bei  meinen  .Gliedern",  nicht  „ihre 
Furcht  war  der  Stecken  für  meine  Glieder"  (Brugsch  lex.  625),  da 
s^^  chet  häufig  statt  ^g-^^j\  8^ent  un(^  £ä»ootoo  apud  propter 
wahrscheinlich  als  chet-hctu  „bei  den   Gliedern"   bedeutet. 

8.  „als  ihre  Vormauer"  ^^)w^w  n  met  sen  R-mto  coram,  praesentia. 

9.  „mochten  sie  tragen"  ~a—  t=?P  ansch-sen ;  ich  vergleiche  ottui 
subire  (eine  Last  oder  dergl.)  und  verweise  wegen  der  Varr.  dieses 
Verbums  auf  Renouf's  Bemerkungen   in   der  „Zeitschrift"  Mai  1867. 

10.  Es  stehen  sich  parallel      'Z^Zffl1  sehet  nan  chrodu  „das  Gewand  der 

Kinder"  und    ^'wvvVvö-^  usech  nan  amchu    „das  Halsband    der  Alten" 

(Würdigen  ejunuj^).  Letzteres  gilt  auch  sonst  (Brugsch  lex.  p.  76) 
als  Synonymon  von  „Alt"  und  was  „das  Gewand  der  Jugend"  be- 
trifft, so  hat  schon  de  Rouge  in  der  Lebensbeschreibung  des  Aahmes 
chef  des  nautoniers  p.  150  einen  adaequaten  Ausdruck  aufgezeigt, 
den  er  überträgt:   et  induebar  habitu  juvenum. 

11.  „Ich  hörte  sie  preisen  mich"  ^aa^VO/^IJ   sotem-na   sen    hos-a.     Die 

Schreibung  des  Pronomens  sen  (eas)  ist  zwar  etwas  auffallend, 
aber    in  Anbetracht    der   basse  epoque    zu    begreifen ;    so    auch  das 

Deutbild   J%    zu  hos. 


12.  „Die  Wittwen  in  ihrer  Noth"  T^^^tT     _-^—  char-u    m   maar  (rut) 

sen.  Ueber  charu  cf.  xV9a  vidua.  besteht  kein  Zweifel ;  das  Deut- 
bild des  aufgelösten  Haares  spielt  auf  die  Trennung  (di-vido)  oder 
die  Trauer  an.      In   Bezug  auf  die  Lautirung  des  Zeichens   ft\  kann 

man   schwanken  zwischen  Jfc&ölft   maar  Mop  ligare,  womit  Gefangene 

und    andere    Elende    bezeichnet    werden  —    Gegensatz    ]  1^  vesur 

„reich  mächtig"  —  und         >J^  redu   AivsAe^    loramentum,    con- 

strictio    corrigiarum.      Das     vorausgehende  f""""*^  m  fek    (m.   fitere) 

in  mercedem  „zur  Belohnung"  hat  den  Stein  als  Determinativ  der 
Geldring-Gewichte. 

13.  ,,Es  zeichnete  mich  aus  die  Herrin  der  Frauen  (Hathor)"  etc.  kann 
keiner    Beanstandung    unterliegen,  da    noch    zwei    weitere    Verbal- 


153 

formen  mit  dem   causativen  s   folgen.     Nur    die  Uebersetzung    ,,die 
Bemannten"  für  die  Gruppe   n}^   (Vif1  pati-u  könnte  bestritten  werden 
Berücksichtigt  man  jedoch   die  Schreibung     ^  ^>sM      pat-u     „die 

Menschen",  was  von  Brugsch  lex.  pag.  462  passend  mit  3>ih  germen 
zusammengestellt    wird    (siehe    das  Ei  o!)   und    die   redupl.   Gruppe 

H      §    <*w   pä-pä  mit  dem  Deutbilde  der  gebärenden  Frau,   so  sind 

hier  „die  Gebärerinen"  d.  h.   „verheiratheten  Frauen"  geraeint,   was 

durch  die  Parallele  oder  Antithese  4äLi  schepsu  „die  Schönen"  d.  h, 

„Jungfräulichen"  empfohlen   wird. 

14.  „Sie  besiegelte  (bestätigte)   mich    auf   ihrem   Gebiete  ^m     t\  Q     H 

chen-nes-ua  m  hatu-s.  Dass  hatu,  hier  durch  den  weissen  (ga/r) 
Hut  mit   der  Ecke  bezeichnet,   das  Gebiet  oder  die  Erde  überhaupt 

bedeutet,   lehren  Legenden  wie96J  ^  ül    <  u  T        feb  pet   m  hebai, 

hatu    (hier  T    )    m  rasclii    ,,der    Himmel    ist  in    Feier,    die    Erde    in 

Freude'*. 

15.  „Bis  zur  Stunde  wo  umfing  seinen  Schemen"  etc.  Brugsch  über- 
setzt lex.  1212  diese  Stelle  anders:  „sie  gab  mich  ihm  (sc.  als 
Gattin)  zur  Zeit  der  vierSefech?  [oder:  zur  Zeit  wo  man  öffnete 
die  4   §"?]    „nicht    war    ihm    eine    andere    lieb".      Die    Stelle    ist 

schwierig.      Da  ich  sefech  ~J^    cf    Jwo-«xq£-q  cingere,    zona  auf 

die    Umwickelung    beziehe,    so    kann    ^    nur    Var.    des    bekannten 

ö  y>ö  saJiu  „Schemen,   Mumie"  sein. 

16.  Das  nächste  Zeichen  r^~i  lese  ich  du  (Berg  twot)  wie  Brugsch,  der 
es  aber  zu   dem   vorstehenden  *^=^   nimmt,  und  fdu  qTiooT  quatuor 

erzielt.     Ferner   beziehe  ich  ^z=*  (^z^  fehlt  bei  Reinisch)  f"^  nicht 

auf  das  Herz  des  Gatten  Anhuramu,  sondern  auf  das  P'elsengrab, 
in  welchem  noch  Niemand  sonst  begraben  lag.  Zahlreiche  Parallel- 
stellen   bestätigen    diese    Auffassung.     Z.B.    '<2>"l^=^iT 

o  <-J  A/WWV  Q 


96)  Dümichen:  Kalender  Ins.  94,  5. 

21* 


154 

„Ich  machte  (bereitete)  ein  schönes  Grab  da  wo  kein  Grab  war" 
Brugsch  lex.  776,  wörtlich  „an  einem  grablosen  Orte".  Aehnlich 
heisst  es  vom  Grabe  des  Herrn  bei  Johannes  Ev.  XIX,  41  :  r\v  ds 
iv  reu  xojiüj  otiov  iöxavocud-?]  xffiog ,  xal  iv  xm  xrjiKp  jurrjuslov 
xaivbv ,  iv  cb  ovöenaj  ovdug  irs&Tj.  Nach  Lucas  XXIII  53  nahm 
Nicodemus  den  Leichnam  des  Herrn  xal  e'&rjxev  avxö  iv  uvrj/Liaxi 
lagsvxco,  ov  ovx  r\v  ovdenu)  ovdtlg  xeiiievog.  Marcus  XV  46  .  .  . 
iv  silrjö  e  tfi  Givdovi  xal  xaxt&ijxev  avxb(y)  iv  /Lirrj/u-e  i(p,  o  r\v 
kEkaToiiTjjLitvov  ix  ntxQag.  —  Matthaeus  XXVII  60  ...  xal  xaxe- 
&i]xev  avxb  iv  x(p  xaiv ip  avxov  jliv rj /Lie i(p,  o  iXaxoutjOsv  iv  xf\ 
nkxoa.  —  Auch  weiterhin  in  unsrem  Texte  (cf.  not.  19)  wird  das 
Felsengrab  erwähnt :  £jjp  du,  welches  der  Sohn  für  den  Vater  be- 
reiten half. 

17.  Der  durch  die  ägyptische  Kelter  bezeichnete  Gott  ist  Anubis 
und  es  sieht  der  Epoche  unseres  Denkmals  ganz  ähnlich,  wenn  an 
das  semit.  2ty  aneb  gedacht  wurde. 

18.  „er  (der  Sohn)  bekleidete  ihn  (die  Mumie  seines  Vaters  0^5  ~~ •  Für 
ol5,  das  ich  nirgends  wieder  finden  kann,  lese  ich  als  eine  aenig- 
matische  Schreibung    das   go  Stück   statt   g^b*  peg  VQ  ßvaaog,    durch 

Vereinigung    der    beiden  Deutbilder  o'b*.      ' w»a    steht  häufig  für 

/ — i  die  Gebühr.  „That  den  Kranz  der  Mumie  auf  ihn:  -  n^fefl  u**a*w 
raa  mdh't  airu  rnef.  Diese  schwierige  Stelle  erklärt  sich  zum  Theile 
aus  der  Legende   fj^  >%^  waA  mä^i  cinctura  und  der  Häufung  der 

Praeposs.  <=>  und  ™™  vor  j^=^.  Die  Verdoppelung  des  Armes  - — fl 
und  die  Anbringung  des  Eies  o  (vielleicht  o?  Kreises)  (°  Pupille?) 
hinter  Kranz  kann  nicht  auffallen  in  einer  Umgebung,  wo  •  ^k^_ 
mut-f  „seine  Mutter"  durch  die  Hieroglyphe  der  molecula  ge- 
schrieben ist,    analog    der  aus    •  *|\  ö  *&.     mut    mori    abgekürzten 

•  mut  bei  Mariette :  Papyr.  egypt.  de  Boulaq  I  pl.  5  col.  4  oben, 
wo  man  liest:  Osiris  welcher  lebt,  g~s  •  m  chet  mut  „nach  dem 
Tode". 

19.  ,,Der  Gottesdiener  (s.  Sohn)  bereitete  ihm  ein  Felsengrab  (cf.  nott.. 
15,  16)  beim  Uebertritte  (^  qeb  o&ioio&e  transscendere)  zum  Himmel, 


155 

in  Mitten  £oirp  her  @*0  (das  letztere  Zeichen  etwas  verwischt)  der  Mil- 
lion von  2  Millionen".  Es  scheint,  dass  hah-n-hahui91)  überhaupt 
nur  die  grosse  Menge  der  Begrabenen  bezeichnet,  wie  ich  an  den 
Ausdrücken  alq-liahu  ak%al  und  f  ast-hahu  =  r  a  o  x  a  i  nachgewiesen 
habe,  cf.  Todtenbuch  cap.  132,    17   u.  Dümichen:  Kai.  Insch.  89,   1. 

20.  „Mein   Herz  bot  ich  dar  (chorp-a)  (1  y|H  ou  mench  ,,der  evegysala 

Wohlthätigkeit  oder  Tugend".    Statt  des  Determ.  V  vermuthe  ich  J 
die  Papyrusrolle. 

21.  „Wegen  der  Tugend  gewährte  er  dies"  SI^/vvv    wie  lat.  supra   =   de 

und  ,, wegen".  Das  Object  zu  "w™  „er  (Gott)  gewährte"  fehlt,  da 
es  nicht  in  der  Fortsetzung  z==<^=^(^p,vwwv  m-vuat-n  zum  Lohne 
(ä».tou>,  ü*(t)  pignus  €tto)  debitor  im  ursprünglichen  Sinne  von  ,,Gabe") 
liegen  kann.  Die  monotheistische  Färbung  dieses  Passus  und  vieler 
anderer  ist  bemerkenswerth.  Cf.  mein  Manetho  p.  58/59  aus  der 
Stele  v.   Cairo,  Pap.   Prisse  u.  andern. 

22.  „zum  ßuleuten"    (       |'[)  hi  anut-sesch.     Ich  denke  zunächst  an  cuj\, 

cuje,  ujujh  oportet  und  habe  sesch  auch  lin.  7  initio  mit  „Pflicht" 

übersetzt.      Da  jedoch   die  Tanitica  passim    die  Gruppe  "  i    mit 

ßovlevT/r]Q  überträgt,    so  habe  ich  diesen  Titel  hier  beibehalten,  um 

so  mehr,  als  dann  *   *  anut  im  Kopt.  Ren  oratio,    sermo  und  mit 

^  Tir  irape  consilium  opinio  bedeutet.  Die  Bezeichnung  „des  Lan- 
des" durch  ^  und  ein  Thier,  das  einer  Hyäne  (eines  Wolfes  oder 
Hundes)  ist  neu  und  vorderhand  noch  unerklärlich. 

23.  „Er  hob  das  Land"  /\  ,^  s'ar  tep't.     In  einem  Texte98),  der  von 

dem  Canale  \r==r  Meter  mto  gurges  handelt,  heisst  es:       '!<— > 

<Sa  »k.  ^*  senefer  sanu  m  teptu  ver  macht  gut  (schön)  den 
Schmuck  (c&no  omatus)  auf  den  Ländereien". 

24.  „Bei  jeder  geheimen   Berathung"      ffl^^^l/^   hi  sih  nib    ament     In 
meiner  Abhandlung  über  den  Pap.  Prisse  habe  ich  die  Hieroglyphe 

97)  Zeitschrift  für  aeg.  Sp.  1866. 

98)  J.  de  Rouge  Revue  archeol.  1867,  Mai. 


J56 

sih  (demot.)  mit  der  Bedeutung  „Rath"  erhärtet.  Vielleicht  deutet 
das  Determ  c~3  auf  cgi  theca  penuaria.  Im  Grabplane  Ramses'  IV 
ist  sih  der  hinterste  Raum. 

25.  „Es  erweiterte    sich    meine  Gunst   (Beliebtheit)."      Das  Zeichen   wie 

es  steht,  ist   r|  der  Sitz,    der   auch    für  „Stellung"    gebraucht    wird. 

Ist  es  aber  die  Figur  eines  Sitzbildes,  wie  wir  es  lin.  1  sub  fin.  und 
auf  der  Stele  von  Cairo  getroffen  haben ,  so  ist  es  als  gcoc  favor 
im   pass.   Sinne  zu   nehmen. 

26.  „Richtend  das  Gesicht  darauf,  dass  ein  Haupt  von  mir"  ja  "TT.OU- 
Der  Sinn  ist  offenbar  „dass  eines  meiner  lieben  Häupter  (d.  h.  Fa- 
milienmitglieder)   war    im    Beaufsichtigen    ihren    Dienst    (sesch     Iß 

officium)  bei  dem  Herrn  der  beiden  Ebenen  d.  h.  dem  Könige." 
„ Haupt"  im  Sinne  von  ,, Stück"  oder  „Person"  trifft  man  z.  B.  am 
Ende  bei  Summirungen  „Zusammen  Stücke  oder  Häupter"  so  und 
so  viele. 

27.  „überschwänglich  (wäre)"        J     .   Der  Plural  dieses  uteb-u  cf.  ot(x>t€& 

superare  erklärt  sich  aus  dem  Subiecte  '  3  i  ten-u  tcohot  valde, 
thhh  magnus. 

28.  „Die  Herrin  (Hathor)  vergrösserte  (s'ura)  meine  Einkünfte  ^^  (1 
per-u-a.  Gleich  darauf  folgt  „im  Sammeln  des  Tributes".  Aehn- 
lich    folgen    sich    die  Jahreszeiten  <^^q  Per^  ^*PW   hiems    und  %%%; 

/WWW 

schmu  ujwm  aestas  tributum. 

29.  „Sie  segnete  mich  mit  Beständigkeit  meiner  Zeitdauer"  sebeq-s-ua 
, — 'l^T^..']  m  aatteru-a.  Das  erste  Zeichen  des  sonst  ß^^o  aadt 
eidwT  intuitus  visus  „Augenblick"  geschriebenen  Wortes  ist  etwas 
undeutlich,  doch  glaube  ich  im  Hinblicke  auf  Horapollo  II  20  tjznog 
Tiora/uiog  —  wya  richtig  übersetzt  zu  haben,  da  die  nächste  Phrase 
einen  Parallelismus  liefert. 

30.  „Es  verflossen  meine  Stunden  geschmückt:  uunnut-u-a  chaker.  Die 
xle\pvd()a,  wie  sie  hier  und  in  anderen  Texten  der  Ptolemaeer  Zeit  auftritt, 
besteht    aus    einemrechtwinklichen  Dreieck  n^"l  mit  anstossendem 


157 

Quadrat  (D),  an  welchem  ein  Gefäss  &  herunterhängt.  In  der  zweiten 
Stelle  unseres  Textes  (lin.  6)  fehlt  dieses  Gefäss  ").  Das  mit  der  Lautung 

C3E3  JJ  scheb  («sen  hora)  behaftete  Instrument:   xvvoxkpalog  xa&ri^evog 

Jg   vor  M  und  beide  auf  ^^,  wird  von  Horapollo  I  16  angedeutet: 

.  .  .  ovx  aloywg  er  rdig  v d yokoy  ioig  avrujy  Alyvicriov  x v v o x s- 
(palov  xa&rjjLisvov  yyacpovör  ex  de  rov  uoyiov  dvrov  vdo)Q  ejiiQQeov 
noiovGi.  —  Auch  am  Gnomon  befand  sich  ein  sitzender  Hunds- 
kopfaffe, wie  an  der  Wage  der  Psychostasie  und  wie  zur  Bezeich- 
nung der  beiden  lorjueylai  (Horap.  I,  1 6),  weil  sein  Name  cf.  oki 
similis  (simia)  die  aani  Gleichheit  andeutete. 

31.  ,,Ich  heimste  meine  Ernte  ein"  etc.  p^^™aiU  sahu-a  nensch-a.  Das 
erste  Wort  hat  schon  de  Rouge  (Aahmes)  auf  ceoT£  congregare 
bezogen.  Schwieriger  ist  nensch.  Es  dient  dieses  Wort  zur  Be- 
zeichnung der  Milz  ncjiuj  önlrjv,  wovon  natürlich  hier  nicht  die 
Rede    sein    kann.      Wenn    nicht    das    Kopt.    pcouje    sufficientia   oder 

die  von  Renouf100)  aufgezeigte  Variante  _L  J  nensch  „ein  Product" 
als  genügendes  Auskunftsmittel  gelten  kann,   so  denke  ich  an  eine 

I      U      I 

Umstellung    zu  ZXX,  schemu  ujom  vectigal  tributum. 

32.  Der  Oberfestsänger  (cher-heb  ur)  hi  sem  dies  m  -|*  Sokar  ,, zeigte  (mir) 

o 

die  Liturgie  im  Südhause  des  Sokar".  Ausser  „zeigen  t&.mo  osten- 
dere"  hat  tthy  semu  oft  die  Bedeutung  „führen,  leiten,  ordnen".  Ich 
habe  es  wegen  informare  und  manifestare  (tä>.mo,  T^MOonre)  auch 
mit  „einweihen"  übersetzt.     Cf.  infra  lin.  6  das  Wort  P^\>    101)» 

33.  Da  dieses  Verbum  häufig  mit  hebai  „Fest"  im  Sinne  von  „An- 
ordnen" construirt  wird,  so  kann  auch  ?  ^^  ches  hier  nicht  be- 
fremden, und  da  auch  die  nasalirte  Form  ®  Q^»  chens  vorkommt, 
so  ist  wahrscheinlich  hieraus  lueMiue  liturgia  entstanden.    Was  vor 


99)  Cf.  Schlagintweit-Sakünlünski  1871  Sitzungsberichte    über  diese    Klepsydren  u.   den    indischen 
Jalghari  p.  129  not.  2. 

100)  Zeitschrift  1867  p.  43. 

101)  r       n  setuch  eig.  impraegnare. 


158 

dem  Gottesnamen  Sokar  (Saqarah  ^iu^a^ig)  steht,  ist  eher  ein 
Priestertitel  als  „Südhaus".    Synonyme  Ausdrücke  folgen  :  ®_f  ap-rat 

Vorschrift,  Ritus,    und    der  allgemeine     |^  chet   nuter  —   res    divina 

„Gottesdienst",    woran    sich  ü   "*>f    airu    epo    debere,    debitum    ra 

vofjii^ofjitva  „die  Caerimonien"  anreiht,  nebst  aaut    y  aaut  ä.ttht  ordo. 

34.  „Die  Genossen  des  Hauses  der  Stundenbeobachtung":  PtI^1"^!]  ^  ]o 
semeru  abel  aper  unutu.  Wenn  aus  dem  ersten  Worte  wirklich 
uj^Hp  socius    geworden    ist,    das    zweite    dem    ^ht  mansio    Haus, 

das  dritte  als  kürzere  (umgewendete?)  Schreibung  für     i  (ji-^5-  pera 

dem  Verbum  ncope  nepe  somniare  (ein  „Gesicht"  haben)  entspricht, 
so  dürfte  an   meiner  Uebersetzung  nichts  auszusetzen  sein. 

35.  „in  den  Lasten  ihres  Monatsdienstes"  -  ^t^Tq^I^  m  remen-u  <mm>- 
abod-sen.  Porphyrius  102)  schildert  recht  anschaulich  den  beschwer- 
lichen Dienst  der  ägyptischen  Himmelsbeobachter.  Dass  dieser 
Dienst  monatlich  wechselte,  scheint  durch  Birch's  103)  Papyrus  des 
britt.  Mus.  mit  Sternbeobachtungen  und  auch  durch  den  Ausdruck 
am-abod  ^&ot  angedeutet  zu  werden.     Da  Goodwin  einen  analogen 

Ausdruck  -rlfes.  *™jr  o>^^-ran  „Namenliste"  aufgezeigt  hat,   so  wird  es 

erlaubt  sein,  den  so  häufigen  Titel  am-abod  mit  Brugsch  lex.  p.  46 

mit  pertinens  ad  mensem  zu  übersetzen.     Und  sowie  -p^jj  am-par 

„die  Zubehör  des  Hauses"  als  ein  Ganzes  bezeichnet,  so  ist  hier 
wegen  des  Pronomens  sen  hinter  am-abod  an  ihren  Monatsdienst 
zu  denken. 

36.  „Die  Thalfahrt  —  Bergfahrt"  durch  je  eine  Barke  ausgedrückt,  die 
in  ersterem  Falle  die  Segel  eingerefft  hat,  während  die  zweite  mit 
aufgeblähten  Segeln  dahinfährt. 

37.  „mit  allen  Gebräuchen:  T*=*  (aaut  \tht):  dies  ist  der  letzte  der 
oben    not.  33  erwähnten  Ausdrücke.     Es    folgt  darauf  f^s>-^^  hi 

»— '  /vww\ 


102)  Lepsius:  Chronol.  I  pag.  55. 

103)  Zeitschrift  für  aeg.  Sprache. 


159 

ar  am  sen  „die  dabei  (od.   von  ihnen)  geübt  werden.    Die  Barke  &^ 
hat  in  der  basse  epoque  die  Lautung  am  od.  m. 
38.   „Es  wird  mir   angezündet"     (l^p  nut-ut-na.      Oben    kam  in  lin.   4 

med.  die  Gruppe  ]\  vor,  deren  Deutbild  übrigens  auch  das  Amulet 
^g3  mena  sein  könnte,  wesshalb  ich  nur  den  allgemeinen  Ausdruck 
„Beamte"  gebrauchte.  Hier  aber  steht  deutlich  nut  mit  dem  Deut- 
bilde der  Flamme  und  wegen  des  Subjects  ab  Opfer,  muss  über- 
setzt werden:  „es  wurde  angezündet".  Dasselbe  Wort  dient  weiterhin 
zur  Bezeichnung  einer  Klasse  der  Tempelbevölkerung,  die  ich  als 
„Nut-Leute"  bezeichnete.  Es  sind  wohl  dieselben,  welche  das  nut 
Feuer  anzündeten. 
40.   „Das  Wesen    des  Lebensendes  etc."    sem  r  einet  temem  arg.     Es   ist 

fraglich,  ob  ^ xiLt ^^   nur  temem  (Schluss,  Verschluss)  oder  auch 

noch  arqi  „letzter"  Ä/ypH-x  finis  terminus  extremitas  zu  lautiren  ist. 
Jedenfalls  ist  der  Abschluss  des  irdischen  Lebens  zu  verstehen, 
wozu  die  vier  folgenden  Ausdrücke:  Amenti  ('A/uey^g),  Se-mati, 
Toser  und  Boseta  vortrefflich  stimmen.  Was  Semati  betrifft,  so  habe 
ich  in  der  Zeitschrift  1866,  wie  schon  Eingangs  bemerkt,  darge- 
than,  dass  so  und  nicht  wieder  Amenti  zu  lesen  ist.  Ausser  vielen 
andern  Belegen  will  ich  nur  auf  die  dort  erwähnte  demot.  Legende 
des  Pariser  Pap.  104J  verweisen,  der  die  bildliche  Darstellung  des 
Todtenbuches  c.  148  col.  23 — 28  erläutert:  uä  tuut  cha  n  Sokar-Osiri 
n  ho  n  baute  au  un  uät  nuter  Semaut  chui  amf,  au  un  ua  hen  n  hof 
n  djadjef  au  Semaut  meht  n  p  rem  au  ar  cherof  „Ein  Festbild  des 
Gottes  Sokar-Osiris  mit  dem  Gesichte  eines  Sperbers;  es  ist  da 
eine  Göttin  Semaut  deckend  ihn  (mit  ihren  Armen);  es  ist  eine 
Krone  mit  einer  Schlangenverzierung  auf  seinem  Haupte;  es  ist 
die  Semaut  ergreifend  den  Menschen,  der  vor  ihm  (Sokar-Osiris) 
steht."     Die    hierogl.   Legende    bietet   ö  ö  als  Aequivalent  für    das 

gewöhnliche  fr  »    und  auch  der  Sarg  des  Pnohemisis  bietet  wieder- 
holt wl^Wj  Semati  nefert  als  Personifikation  der  Nekropolis. 


104)  Brugsch:  demot.  Urkunden. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  22 


160 

n        /www 

41.   „versetzt  euch  etc."     Die  Gruppe  H  jL   ©    105)  und  die  Lautirung  des 

Verbums  f\~rr  das  am  Schlüsse  von  c.  145  des  Todt.  21  mal  den 
Schlussrefrain  bildet  und  die  Bedeutung  „passire  (du  bist  gereinigt)" 
haben  muss,  unterliegt  einer  Schwierigkeit.  Mir  ist  wahrschein- 
lich ,  dass  letzteres  a-masi  zu  lesen  ist,  nicht  aseb  (Brugsch)  und 
dass  analog  f\£  mit  dem  Imperativischen  {j  a-se  lautirt  und  auf  ce 
progredi,  transire  bezogen  werden  darf  (parallel  damit  ist  hier 
-j^  i  „gehet"),   wenn  auch  die  Lautirung  a-sesch  Manches  für  sich 

J/wwv\ 
*      scJieben     miscere    di- 


versus  wird  oft  durch  die  Kreuzung  x  vertreten. 

42.  Die  schwierige  Stelle    Ib// j~n—  Ib//  sem  nemansem  ,,eine  zweite  (solche) 

Einweihung  ist  nicht  eine  (keine)  Weihe  der  Götter  und  Menschen" 
enthält  wohl  nur  eine  Epexegese  zu  „der  Weg  der  Hathor  ist  mehr 
werth  als  irgend  ein  (anderer)  Weg." 

43.  „Höret    mein    Anliegen":    ^)§()  sotem  chet-a.      Wir    sagen    auch   im 
Deutschen  „Angelegenheit"  statt  „Sache". 

44.  „Sprecht  nicht  Leichtfertiges":        ^1 !  2°ro  §A '  U    m    djet    seriän    r 
chepepu-u-a.     Bereits  in  meiner  Abhandlung    über    den    Pap.   Prisse 


IX  7  habe  ich  die  Gruppe  .ZZ^%^semn  mit  dem  Kopt-  chmiii 

etilem  ludere,  nugari  zusammengestellt,  ohne  leugnen  zu  wollen, 
dass  ^^tD  sent  mit  der  Pflugschaar  (emi  vomer ,  das  ich  zuerst 
identiticirt  habe)  oder  mit  dem  Dambrette  determinirt,  ebenfalls 
auf  diesen  Stamm  zurückgeht.    —    Das  reduplicirte  cJiepep  treffe  ich 

in   der  causativen  Form   Pn  £$)  106)  se-chep  in  dem  Satze  „der  Cher- 


105)  Dieser  Praeposition   entspricht  im   zweiten  Gliede  <£=^  der  Löwe  =  l  od.  r.     Daran   schliesst 

sich  die  Aufforderung  (e==ö]]  ' jft|°|  meter  chet  nib  m  an  „regelt  Alles  nach  der  Schrift". 

Die  Bedeutung  der  durch  den  Phallus  allein  vertretenen  Legende  meter  gibt  in  Uebereinstimm- 
ung  mit  dem  Deutbilde  der  zwei  Finger    j        Horapollo's  II  13   Gleichung:    SdxrvXos  rr  uva- 


flET()7]Glg. 

106)  Dümichen.  Kai.  Ins.  I  119,  7. 


161 

heb  ist  im  secJiep  ihm  Loblieder".  Es  scheint  also  die  Bedeutung* 
von  „anstimmen"  od.  dergl.  zu  haben  (ujii-£jw.ot  agere  gratias)  die 
sich  aus  der  ,,in  Bewegung  setzen"  (alsdann  mit  .a!)  ujn  R  ujom 
confestim  repente  erklärt.  Hier  habe  ich  „Heischungen"  übersetzt, 
das  vielleicht  mit  ujon  exspectare   stimmt 

45.  „Ding  zu  Ding"  (durcheinander).  Aehnlich  f  ^=zf ,  "g^/ ^  „Ge- 
sicht zu  Gesicht,  Auge  zu  Auge",  Todt.   c.  64,  25. 

46.  „gepriesen:  ^  hos  ohne  Determinativ,  Var.  zu  övOs/}  hos?  Es 
hängt  J^ü  erof  davon  ab  (cantatur  ei),  das  zu  cd  Haus"  mas.  gehört. 

47.  „Wahr  ist  es  dass  etc."  U^:Vvv2r-<2::^  ma  ent  chet  ar  ent  ar.  Die 
Redensart  gp^  „Vermögen  erwerben"  eig.  „machen",  wie  wir  „Geld 
machen"  sagen,  ist  sehr  häufig  und  unter  andern  auch  ein  Be- 
standteil des  königl.  Titelprotokolls  ^7^2>©o  „Herr  des  Reich- 
thums  und  der  Freigebigkeit".  Weiterhin  bedeutet  "ff^"®  aru-chet 
„thuend  Etwas",  nämlich  das  Befohlene.  Man  sieht,  wie  mit  der 
Vieldeutigkeit  dieser  Wortstämme  förmliche  Spielereien  getrieben 
werden.     Der  Gegensatz  zu  thun  liegt  in 

48.  „Wann  er  ruft"  oder  „gegenüber  seinen  Worten"  Jj^y  1*-=^  choft 
djeu-f.     Dahinter  steht  das  Bild  ^& ,  das  man  sowohl  zu  der  eben 


genannten   Gruppe  als   Determ.   oder  als  eigenen  Verbaibegriff  statt 
nas  exclamantis  auffassen  darf. 

49.  „seinen  Anspruch"  ®  T^Sf)  ches-f,  wieder  mit  sem  „weihen,  be- 
stimmen" construirt.  Da  dieser  Ausdruck  wegen  des  Pron.  f  auf 
ran  nomen  bezogen  werden  muss  und  unmittelbar  Q\  her-f  „ darauf" 
(auf  die  Geltung)  und  der  Titel  Osiri-m-chet  Osirisfolgerin  (statt  ^ 
dahinter  ist  ^J  zu  setzen)  so  habe  ich  hier  anlässlich  des  ches  an 
ujtutoo-y  desiderium,  ujeiynepco  aperto  ore  exclamare  gedacht,  was 
durch  Analoga  wie  engl,  claim  empfohlen  wird. 


50. 


„Brod  vom   vorzüglichsten"     (2     j  107)  vu  m  ha.    Oben  begegnete  uns 
vesurt  (das  ich  zuerst  mit  ßaooa^iov  =  dkwTirjB  identificirt  habe) 


107)  Im  Originale  der  Fuchskopf  auf  einer  Stange  und  statt  a^^  eine  hier  nicht  vorhandene  Type 
verwandter  Gestalt. 

22* 


162 

mit  seiner  gewöhnlichen  Geltung;  hier  wo  das  <=>  fehlt,  hat  man, 
in  Berücksichtigung  der  basse  epoque,  ha  £h  initium  zu  lesen,  wie 

in    der  Legende    |"^  ha-sop   =  ^cq>ü>oiri  annus  primus   =  rb  tiqo- 

7]yovf.ievov  trog  der  Tetraeteris. 

51.  „für  die  Auslese  der  Glieder"  C™>  sotep  ha-u  „die  Elite  der  Glieder" 
d.  h.  wohl  ,,die  vornehmsten  oder  edelsten  Glieder". 

52.  „Es  ziehen  dahin  die  Weihrauchkörner"      \7  u  bar-u.    Die  Lautirung 

des  von  Räucherwerk  angefüllten  und  brennenden  Gefässes  &  oder 
^  scheint  mir  einerseits  mit  _^_^1°  demot.  balbüa't  &Ä&i\h(t), 
&e\&me,  granum,  andererseits  mit  MÄ.p-M^p  aroma  quoddam  zu- 
sammenzuhängen und  ein  neues  Beispiel  für  b   =  m  darzubieten. 

53.  „um  sich  niederzulassen  auf  das  Brandopfer"  g=p  r  hotep  hi 
setu.  Bloss  das  letzte  Wort  zeigt  etwas  Auffallendes,  nämlich  eine 
Abkürzung  statt  fil  set  c^tc,  ignis  flamma,  welches  mit  P!pfe^  11 
betau  =  cotc  flamma  ignis  oft  zusammen  vorkommt.  Was  das 
„hinziehen"  betrifft,  so  ist  die  Bewegung  durch  die  Luft  gemeint, 
indem  sehr  häufig  der  ein  Brandopfer  mit  Weihrauch  Darbringende 
mit  der  einen  Hand  aromatische  Körner  in  das  Gefäss  wirft,  wel- 
ches er  an  einem  metallenen  Arme  mit  der  andern  Hand  vorstreckt 
und   so  gleichsam  im  Bogen  wirft. 

54.  „Sie  empfangen  etwas    von  deiner  Sättigung"  38t ^^Ö    schep  -  sen 

chet  (hi)  sa-t.     Offenbar  bildet  sliep  sen    accipiunt,    einen  Gegensatz 

zu  dem  Anfangs  der  Zeile  stehenden  "AäSES  ti-sen  net  dant  tibi.    Die 

zerstörte  Hieroglyphe  unter  ©<^  chet  etwas  (eine  Sache)  scheint  Ql 
hi  £i  zu  sein.  Es  ist  fraglich,  ob  man  nicht  besser  statt  £i  ci-t  ex 
satietate  tua,  vielmehr  £i  coi-t  in  dorso  tuo  d.  h.  nach  dir,  nach- 
dem du  empfangen  hast  —  übersetzen  soll.  Offenbar  ist  darauf 
hingewiesen,  dass  die  Priesterschaft  eigentlich  die  Opfergegenstände 
für  eigenen  Gebrauch  empfing,  nicht  die  Verstorbenen  selbst. 

55.  „wann  genannt  werden  alle  Namen  des  Osiris".  Im  Cap.  142  des 
Todt.   steht  eine  grosse  Liste    von    hundert  Namen    des  Osiris    und 

in    der  untersten  Reihe  col.  19  heisst  es:     H^fjk/wwvs(3l|l     Osiri    m 


163 
ran-f  nibu  „Osiris  in  all  seinen  Namen",   cf.   c.  44,   4        "gA-wwvx   fem 


ranf,  wie  hier. 

56.   „Erscheine !"    *^  per   ^\~Ä  °         aw  cheseftet  perj  (ujoujq  rejicere) 

„nicht  wird  gehindert  dein  Erscheinen".  Es  bezieht  sich  diese  Auf- 
forderung unzweifelhaft  auf  den  Titel  und  Hauptinhalt  des  Todten- 
buches.      Auf    dem    von    mir    in    München     entdeckten    Exemplare 

(Antiquarium)  ist  der  Titel   ^^    1\        \J\ '    per-m-hru,   wie  er  sich 

zu  Anfang    des  Todtenbuches    cap.  1    u.   c.  163   findet,   aussen    quer 

angebracht.     Vielleicht  ist  statt  e==:^^.  ha-m-reu    ,, Anfang    der 


Capitel",    ein  vorauszusetzender  -l-^E^  ff \\  am-per  das  Prototyp  zu 
Horapollo's  'Afißfnjs- 


57. -„Kein  Makel  ist  an  dir":         <=>   an  tu  scher-t   (*.ti   toc  ujA.po-T); 

,, nicht  gibt  es  eine  Zerstörung  für  dein  Wesen":  -^^^^jj^  an 
uscher  n  ka-t.  Man  sieht,  dass  hier  ein  Wortspiel  vorliegt,  wie  in 
dem  oben  not.  4  citirten  Beispiele  nasch  —  n-dsch. 

58.  „Sondern  jeder  Abkömmling  deines  Hauses" :  p.  eher  u 

nib  m  par-t.  Dass  eher  ganz  dem  de  und  sed  entspricht,  also 
nach  einer  Negation  statt  „aber"  mit  „sondern"   zu  übersetzen  ist, 

lehren  viele  Beispiele;  unter  andern  Todt.  c.  163,  18  cf.  Tk    c.  154,  4. 

„Der  Abkömmling"  u  exire,  exitus  wird  durch  das  Folgende  em- 
pfohlen. 

59.  „Verwandter  nebst  dem  Bruder  sein"   c=~ '7i    Y^k^_  mahau  M  sena-f. 

Vergleiche  hierüber  Abschnitt  IX  bei  den  Titeln  Gvyyevr}g  cpllog 
ädelcpog  etc.  Was  ich  mit  „als  Fortpflanzer  der  Reihe  in  den  Zeit- 
schranken der  Götter"    übersetzt  habe,    könnte  Bedenken    erregen. 

Allein    IT  s-uot  bedeutet  auf  den  Grabstelen  stets  die  Vererbung 

der  Würde  des  Vaters  auf  die  Kinder  (otot&  transferre)  und  m  ket 
ist  kopt.  kaot  norma  regula,  besonders  in  der  häufigen  Redensart 
UiIm*^"^  ma  ket-sen  „nach  ihrer  Rangordnung,  nach  ihrer  Reihen- 
folge oder  Ordnung"  ;  dies  führt  auf  meine  Uebersetzung.  Dass  ferner 
Abh.  d.  I.  GL  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth.  23 


164 

„die  Zeitschranken  der  Götter  =  Ewigkeit",  beweist  der  Rhind-Papyrus, 
der  das  hieratische  ifcj^fl  4  J^^  I  I??)1  m  a<^Jerau  nuteru  (wie 
hier 107)  demot.  durch  IÜÜASv  ßojf  ^J*  €lt(£)e£  us(lue  i*1  aeternum 
wiedergiebt. 
60.  „Ewigkeit  ist  deinem  Namen"  —  „Du  bleibst  im  Munde  der  Irdi- 
schen". Aehnlich  wünscht  Bokenchons  der  Münchner  Glyptothek: 
„Mögen  die  Götter  geben ,  dass  mein  Name  bleibe  in  der  Thebais 
fortdauernd  durch  Jahrhunderte  (saecula  saeculorum)"  und  „0  ihr 
Irdischen  alle,  die  ihr  nach  mir  kommt  in  Jahrhunderten  von  Jahr- 
hunderten etc." 


AA/WV\ 


107)  Nur  dass  unrichtig  /vww\  statt  jenes  (1  eintritt,  wenn  es  nicht  Artic.  plur.  statt  *^K  na  ist, 
wie  im  Kopt.  R  nehen  ne  und  tt€Ii  als  Art.  plur.  vorkommt,  cf.  Brugsch  sub  voce,  ater  u. 
ter.  net'er  bedeutet  etwas  Anderes,  nämlich  schlagen  (d^il-0-Hp  der  Schlägel  malleus  llOTKep 
ineidere.) 


Commission 


des 


Dogen  Andreas  Dandolo 


für 


die  Insel  Creta 

vom  Jahre  1350. 


Eingeleitet  und  herausgegeben 


von 


Dr.  Georg  Martin  Thomas. 


Abh.d.I.Cl  d.k.Ak.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth.  24 


Vorgetragen  in  der  Sitzung  vom  2.  Dezember  1876. 


Einleitung. 


Wenn  schon  die  Theilung  des  byzantinischen  Kaiserthums  am  Aus- 
gang des  Lateinerzuges  (Frühjahr  1204)  die  Ueberlegenheit  der  veneziani- 
schen Staatskunst  vor  Augen  stellt,  welche  das  beste  Loos  und  den 
eigenen  und  bleibenden  Gewinn  aus  jenem  grossen  orientalischen  Krieg 
des  13.  Jahrhunderts  zu  ziehen  weiss,  so  ist  der  im  Herbste  desselben 
Jahres  sich  anschliessende  Erwerb  der  Insel  Creta  aus  der  Hand  des 
Markgrafen  Bonifacius  von  Montferrat  gleichsam  der  Gipfel  der  klugen 
Berechnung  des  grossen  Heinrich  Dandolo  für  die  Zukunft  und  Herrscher- 
gewalt seiner  Vaterstadt,  jenes  Dogen,  welcher  —  nach  den  Worten 
der  Cronaca  Altinate  —  alles  was  er  in  seinem  Leben  gewollt,  auf's 
herrlichste  vollendet  hat  — ,  „quae  voluit  in  vita  sua  nobilissime  ad- 
implevit",  Archivio  storico  italiano  VIII,  p.  193.  Mit  dem  Vertrag  von 
Adrianopel,  der  sogenannten  cRefutatio  Cretae'  vom  12.  August  1204, 
vgl.  Urkundenbuch  von  Venedig,  Fontes  rerum  Austriacarum  (XII, 
p.  512)  erhält  Venedig  den  Besitz  jener  Insel,  welche  durch  ihre  be- 
herrschende Lage  von  Alters  her  —  doxsi  d'fi  yfjaog  xal  tiqoq  rr\v  äyxyv 
ttjv  'EXXrjvixrjv  necpvyJvcu  xal  xsla&ai  xalcag'  naüj]  yäy  InixEixai  rfj  &a- 
laoofi  —  Aristot.  Pol.  II,  10,  p.  51  ed  Bekker  — und  zu  allen  Zeiten 
für  die  Schiffahrt  und  den  Handel  des  Mittelmeeres  von  hervorragender 
Bedeutung  gewesen  ist. 

Creta  bildete  die  Anhaltstation  für  alle  vom  Westen  nach  dem 
Osten  auf  dem  Mittelmeer  segelnden  Fahrzeuge  und  umgekehrt;  am 
Molo    von    Candia   legte    an,    was    aus    dem   Aegeopelagos    nach    Süden 

24* 


168 

steuerte;  dort  begegneten  sich  im  Mittelalter  die  drei  Linien,  nach 
Aegypten,  nach  Syrien  und  durch  den  Archipel  nach  der  Wasserbrücke 
zweier  Welten,  nach  dem  Bosporus  und  in  das  schwarze  Meer,  drei 
Linien,  welche  mit  dem  Erwerb  von  Creta  vorzüglich  Venedig  zu  statten 
kamen,  welche  dasselbe  in  regelmässigen  Fahrten  —  mudae  —  mit  der 
Sorgfalt  einer  Handelsrepublik  einhielt,  überwachte  und  zu  wahren 
suchte.  *) 

Die  Erfolge  des  Lateinerzuges  waren  für  Venedig  geradezu  einzig 
gross;  es  wurde  die  Vormacht  im  Handel  mit  Aegypten,  und  in 
Alexandria  stapelten  sich  die  Waaren  aus  Indien  auf;  die  syrischen 
Häfen  und  damit  der  Handel  nach  dem  Euphratgebiet  und  darüber 
hinaus  standen  ihm  schon  seit  dem  ersten   Kreuzzug  offen. 

Der  Besitz  von  Creta  war  aber,  theils  durch  die  Art  und  das 
Wesen  der  Bevölkerung,  theils  durch  die  politischen  Verhältnisse  des 
Jahrhunderts  weder  ein  sorgenloser  noch  ungefährdeter.  Die  Mischlings- 
bevölkerung,  schon  im  griechischen   Alterthum  gezeichnet: 

K(}7]T1]  xig  yaV   toxi  tutöqj  tri  oivoni  novxcp 

xalrj  xal  nitida,  7it()i^(wxog  •   tv  (T   äv&Qa>7ioi 

nollol  antigtöioi  xal  tvvr\y.ovxa  noXr\tg' 

ällrj  (T  äkla>v  ylwGöa  tuttiuyjutyrj'   ....   (Odyss.    19,    172 — 175) 

und  durch  die  Geschichte  der  Insel  —  so  viel  uns  des  Näheren  auch 
fehlt  —  sicher  nicht  wesentlich  geändert,  hatte  eben  im  Zeitalter  der 
Kreuzzüge,  nachdem  der  Sturm  der  Sarazenen  Andalusiens  darüber  hin- 
gegangen war,  durch  die  fränkisch  latinische  Invasion  noch  an  Gemengsei 
zugenommen,  und  es  entwickelte  sich  ein  wahres  jLiigoßaoßaQov ,  wie  im 
Blut,  so  in  der  Sprache. 


1)  Die  Schiffahrt  Venedigs  ging  in  vier  solchen  regelmässigen  und  vom  Staate  üherwachten  Haupt- 
richtungen: 1)  nach  Alexandria  oder  Aegypten;  2)  nach  Barut  oder  Syrien,  mit  Berührung  von 
Alexandretta,  Aleppo,  Cypern;  3)  nach  Constantinopel  und  in  den  Pontus,  nach  Tana;  4)  nach 
der  Berberei  und  Marocco ;  von  da  nach  England  und  Flandern ;  heimwärts  bestrich  diese  'muda' 
die  Küsten  des  atlantischen  und  des  Mittelmeeres,  Spanien,  Marseille,  Sicilien.  Die  für  diese 
'mudae'  bestimmten  oder  befrachteten  Schiffe  erhielten  von  ihrem  Endziel  ihre  Benennung;  so 
begegnen  uns  häufig  in  den  Schiffahrts-  u.  Handelsverordnungen  galeae  de  Baruto\  'de  Fiandra" 
u.  dgl.;  sieh  den  Index  zum  'Capitular  des  Deutschen  Hauses  in  Venedig*  in  meiner  Ausgabe 
(Berlin  1874)  S.  297. 


169 

Trug  eine  solche  Verschiedenheit  der  Natur,  der  Sitte,  der  Gewohn- 
heit an  sich  den  Samen  der  Zwietracht  und  des  Unfriedens  verschlossen 
im  Schoose,  so  erhielt  diese  üble  Anlage  damals  durch  die  Gegensätze 
der  Zeit  und  die  Widerart  zwischen  Christenthum  und  Islam,  zwischen 
Lateinern  und  Romäern ,  zwischen  Franken ,  Italienern  und  Catalanen, 
sowie  durch  die  Eifersucht  der  grossen  Handelsrepubliken  am  adriatischen 
und  ligurischen  Golf  Nahrung  und  Anreiz  mehr  als  genug. 

Eben  diese  Verhältnisse  bestimmten  schon  den  Nachfolger  Heinrich 
Dandolo's,  Pietro  Ziani  (1205 — 1229),  gleichsam  nach  dem  Vorbilde 
altrömischer  Herrschaft  eine  Art  Militär  -  Colonie  aus  eigenen  Bürgern 
auf  Candia  zu  errichten.  Diese  venezianischen  Colonen,  theils  Adelige, 
für  den  Dienst  zu  Ross ,  theils  Gemeinfreie,  für  den  Dienst  zu  Fuss, 
erhielten  Ländereien  (militiae)  zugetheilt ;  die  Besitzungen  der  ersteren 
hiessen  cavalleriae,  die  der  zweiten  serventariae  (sergentariae).  Diese 
militiae  oder  Soldaten-Lehen  der  Jahre  1211,  1212  erfuhren  noch  von  dem- 
selben Dogen  eine  Vermehrung  1222;  die  merkwürdigen  Staatsurkunden 
sind  vollständig  erhalten;  vgl.  Urkundenbuch  a.  a.  0.  XIII.  p.  129 — 145 
u.   234—249. 

Der  Grundriss  dieser  Lehensvertheilung  ist  folgender:  Die  ganze 
Insel,  ausser  den  Besitzungen  der  Kirchen  und  Klöster,  welche  zwar 
Immunität  genossen,  sonst  aber  nach  dem  allzeit  herrschenden  Gesetze 
Venedigs  nur  vom  Staate  vergeben  wurden,  und  jenem  Küstenstrich  mit 
der  Hauptstadt  Candida,  welchen  die  Gemeinde  sich  vorbehielt,  sammt 
etwaigen  Silbergruben  oder  Goldwäschereien,  wurde  in  132  cavalleriae 
und  48  sergentariae  eingetheilt.  Jeder  miles  oder  Edle  sollte  sechs 
Theile,  ein  pedes  oder  Gemeiner  nur  einen  Theil  besitzen.  Das  Lehen 
wurde  als  Erbgut  zu  vollem  freiem  Gebrauch  überlassen,  es  konnte  ver- 
schenkt, vertauscht,  verkauft  werden,  nur  aber  wieder  ein  Venezianer 
durfte  in  Besitz  treten  und  mit  Zustimmung  des  Ducha  und  seines 
Rathes.  Die  Colonisten  konnten  auch  in  den  Staatsdomänen  und  in 
der  Stadt  Ländereien ,  Weideland  oder  Häuser  erwerben.  Sie  hatten, 
wie  alle  anderen  Venezianer,  volle  Handelsfreiheit;  nur  die  Ausfuhr  von 
Lebensmitteln  stand  unter  Obhut  des  Ducha. 

Dafür  sind  dieselben  sammt  ihren  Nachkommen  unter  dem  Eid  der 
Treue    verpflichtet,    die    Insel    gegen    alle    Feinde    zu    schützen    und    zu 


170 

vertheidigen ;    sie    haben    für    die    eigene  Ausrüstung   zu    Pferd    und    zu 
Fuss  zu  sorgen. 

Sie  sind  verbunden ,  die  Regierung  und  Verwaltung  in  allen  Ge- 
schäften, in  der  Rechtsprechung  und  bei  der  Regelung  der  Einkünfte 
zu  unterstützen,  und  die  bestehenden  Rechte  Dritter  zu  schonen. 

In  den  ersten  vier  Jahren  wurde  den  Freiwilligen  Steuerfreiheit 
gewährt;  nachher  hatte  jedes  Sestiere  jährlich  400  Hyperpern  an  den 
Staat  zu  entrichten. 

Man  hatte  nämlich,  nach  der  uralten  Einth eilung  der  Stadt  am 
Rialto  in  sechs  Bezirke  —  Canaregio  oder  Santi  Apostoli ,  S.  Marco, 
S.  Croce,  Castello ,  S.  Polo  und  Dorsoduro  —  auch  für  Creta  diese 
Sestieren  beibehalten  und  aus  jedem  venezianischen  Sestiere  einen  Capi- 
taneus  ernannt,  welcher  die  Vertheilung  der  Lehen  an  die  einzelnen  zu 
leiten  hatte. 

Es  ist  überhaupt  bemerkenswerth,  wie  sich  in  der  Verfassung  und 
Verwaltung  der  Colonie  das  Bild  der  Mutterstadt  abspiegelt.  Dem 
Dogen  entspricht  der  Ducha;  ihm  zur  Seite  stehen  zwei  Consiliarii,  vom 
grossen  Rath  in  Venedig  ernannt;  diese  drei  bilden  auf  zwei  Jahre 
die  Regierungsgewalt;  dazu  kommen  aus  den  Edeln  gebildet  ein  grosser 
und  ein  kleiner  Rath;  das  Gerichtswesen  leiteten  advocatores  comunis, 
gleichfalls  aus  dem  grossen  Rath  erwählt,  wie  in  Venedig;  wir  finden 
dazu  die  quinque  de  pace,  die  Friedensrichter  oder  anziani  cinque  alla 
pace,  die  domini  de  nocte;   das  Finanzwesen  leiteten  camerarii,  u.  s.  w. 

Die  militärische  Inbesitznahme  Creta's  steht  aber  nicht  etwa  ver- 
einzelt; die  Verleihung  von  Lehen  an  venezianische  Nobili  durch  deren 
persönliche  Tapferkeit  verdient,  ist  eine  damals  im  Inselreich  des 
Aegeischen  Meeres  oft  wiederkehrende  Erscheinung;  hervorragend  jene 
von  Corfu  im  Juli  1207;-  vgl.  Fontes  rerum  Austriacarum  XIII.  54,  woraus 
Hopf  (bei  Ersch  und  Gruber  85  p.  223)  seinen  Bericht  genommen  hat, 
welcher  über  alle  diese  Vorgänge  in  genauer  und  man  kann  sagen 
abschliessender  Weise  handelt.  Gibbon  beurtheilt  jenes  Verfahren  also 
(eh.  6.  t.  XI  p.  217  der  Leipziger  Ausgabe  von  1829):  „the  Venetians 
abandoned  their  maxims  of  government,  adopted  a  feudal  System,  and 
contented    themselves   with  the  homage  of  their  nobles,  for  the  posses- 


171 

sions  which  these  private  vassals  undertook  to  reduce  and  maintain" 
—  diese  Bemerkung  durfte  hier  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden. 
Am  feindseligsten  aber,  wie  immer,  gestalteten  sich  die  religiösen 
Gegensätze:  die  griechisch-orthodoxe  und  römisch- orthodoxe  Geistlich- 
keit, diese  von  der  Staatsregierung  begünstigt,  jene  gedrückt  und  von 
dem  herrschenden  Episcopat  instinctmässig  gehasst,  theilten  auch  auf 
Creta  Venezianer  und  Griechen  gleichsam  in  zwei  getrennte  Nationen. 
„Aus  keiner  Anordnung  —  sagt  Lebret  (I.  474)  —  sind  mehr  Zwistig- 
keiten  entstanden ,  als  aus  dem  beständigen  Vorzuge  der  Lateiner  vor 
den  Griechen;  und  Venedig  konnte  sich  niemals  rühmen,  das  Herz  der 
Candioten  besiegt  zu  haben.  Beständig  loderte  ein  neuer  Keim  des 
Grolles  zwischen  beiden  Religionsparteien  auf,  welcher  durch  die  Gewalt- 
tätigkeiten der  lateinischen  Bischöffe  oft  in  die  bittersten  Verfolgungen 
ausbrach.  Viel  glücklicher  waren  die  römischen  Colonien,  wo  man  über 
die  Gottheit  weniger  stritt,  als  man  in  Candia  über  das  gesäuerte  und 
ungesäuerte  Brod  gestritten  hat." 

Man  erwartete  durch  die  bezeichnete  Einrichtung  ein  verlässiges  Boll- 
werk der  Herrschaft  auf  dem  wichtigen  und  zum  Theil  so  fruchtbaren 
Eiland  zu  erhalten.  Diese  Erwartung  erfuhr  gar  manchen  und  fühlbaren  Ab- 
bruch. Wir  sehen  auf  der  Insel  Aufstand  nach  Aufstand  folgen,  nament- 
lich die  griechische  Bevölkerung  in  fortwährender  offenen  oder  geheimen 
Verschwörung,  oft  nicht  ohne  Mitschuld  der  Colonen  selbst  oder  der 
venezianischen  Verwaltung,  so  wol wollend  man  grundsätzlich  in  der 
Mutterstadt  gegen  die  Untergebenen  gesinnt  war,  —  es  ist  kein  leerer 
Schall,  wenn  es  anderswo  einmal  heisst,  man  wolle  und  trachte:  ut 
subditi  et  fideles  nostri  .  .  sentiant  et  videant  dulcedinem  et  benigni- 
tatem  nostram  et  ad  ipsorum  statum  pacificum  et  tranquillum  nos 
plurimum  vigilare,  non  volendo  aut  permittendo,  quod  aliquis  subditus 
noster    oblique  vel    indirecte  tractetur  et    contra  debitum    rationis 2)  — 


2)  In  einer  Commission  des  Dogen  Michael  Steno  an  Andreas  Barbaro,  Jacob  Michael,  Johannes 
Aymo  und  Lucas  Trono  als  "provisores  ac  syndici'  für  Corfu,  Mothon,  Coron,  Napoli  di  Komania 
und  Negroponte  vom  J.  1408,  im  cod.  lat.  cl.  XIV.  72.  No.  22  der  Marcianaj  vgl.  Valentinelli 
bibl.  manuscr.  ad  S.  Marci  Venetiarum  III,  p.  68.  Das  ganze  Stück,  aus  welchem  ich  mir  die 
bedeutsame  Stelle  vor  Jahren  ausgezogen  habe,  hat  Karl  Hopf  seinen  'Chroniques  greco-romanes* 
einverleibt. 


172 

so  scharf  und  streng  man  die  auswärtigen  Verwaltungsglieder  über- 
wachte. Gerade  auf  Creta  sah  sich  später  der  Rath  von  Venedig  zu 
Massregeln  gedrängt,  deren  berechnete  Absicht  bei  der  Ausführung,  wie 
dieses  so  oft  zu  geschehen  pflegt,  in  schonungslose  Grausamkeit 
überging. 

Ich  kenne  trotz  alledem  kein  Staatswesen,  in  welchem  sich  eine  rast- 
losere Thätigkeit,  eine  grössere  Umsicht  und  Eingeht  und  zugleich  eine  här- 
tere Anforderung  an  die  eigenen  Bürger  widerspiegelt,  als  in  der  Ober- 
leitung der  Republik  von  S.  Marco.  Der  Geist  dieses  Staates  verlangt  die 
volle  Entäusserung  des  Einzelnen,  die  Selbstaufopferung,  die  Entsagung  von 
Weib  und  Kind,  wenn  es  die  Ehre,  das  Wohl  und  die  Macht  des  Vater- 
landes gilt.  Dieser  Geist  hat  unstreitig  Venedig  eine  bewundernswerthe 
Reihe  grosser  Männer  und  edler  Bürger  gegeben;  aber  je  schwieriger 
dem  Menschen  die  Entsagung,  je  brünstiger  die  Selbstsucht  wird,  wenn 
Reichthum,  Glück  und  Herrlichkeit  den  Einzug  hält,  um  so  straffere 
Bande  musste  die  öffentliche  Wachsamkeit  ziehen  um  alle,  welche  im 
öffentlichen  Dienste  wirken  wollten.  Desshalb  ist  auch  wohl  keine 
Regierung  so  vorsichtig  in  der  Wahl,  so  peinlich-argwöhnisch  in  der 
Aufsicht,  so  streng  in  der  Rechenschaft  seiner  Beamten  gewesen,  als 
die  venezianische. 

Dafür  geben,  schon  in  früherer  Zeit  der  Republik,   die  Commissionen 


Der  Geist  der  Wohlordnung  und  des  Völkerfriedens  durchzieht  in  oft  classischem  Gepräge 
die  diplomatischen  Ausweise  und  Vollmachten  der  venezianischen  Eegierung;  so  beginnt,  um 
ein  meines  Wissens  unbekanntes,  Deutschland  berührendes  Actenstück  jenes  Zeitabschnittes  zu 
erwähnen,  die  Instruction  des  Dogen  Francesco  Foscari  für  Marco  Dandolo  als  Gesandten  an 
Kaiser  Sigismund  vom  2.  Nov.  1428  also  (in  den  libri  Commem.  des  Archivs  ai  Frari  XII,  58): 

Interest  omnium  Christianorum,  maxime  tarnen  illorum  qui  domiuorum  funguntur  titulis, 
summopere  niti  pacem  appetere  quam  dominus  Jesus  Christus  hereditariam  nobis  reliquit  in 
terris.  quippe  cum  per  ipsam  pacem  plurima  bona  et  adjumenta  generi  humano  proveniant. 
reges  enim  paeifice  regnant,  prineipes  domini  dominationes  intrepedi  dominantur,  populi  qui 
eorum  gubernaculis  moderantur,  mirum  in  modum  proficiunt  ac  in  tranquillitate  quieseunt.  at 
contra  qui  pacem  ipsam  neglexerint  necesse  est  ut  praeter  divini  salutarisque  moniti  contemptum 
ad  bellum  prosiliant.  quibus  ex  bellis  quot  urbium  direptiones,  quot  statuum  eversiones, 
depopulationes ,  ruinae,  caedes,  incendia  multaque  alia  execranda  flagitia  secuta  sint,  non  solum 
antiqua  sed  moderna  quoque  tradit  historia. 

Quae  cum  ita  sint,  operae  pretium  arbitror,  ut  omne  genus  belli  ab  Omnibus  Christi 
fidelibus  inter  semetipsos,  velut  portentum  teterrimum  ac  immanissimum  monstrum  totis  nixibus 
evitetur  paxque  suavissima  flagranti  desiderio  complectatur  et  ita  complectatur ,  ut  vere  ab 
omnibus  paeifici  censeantur  .  .  . 


173 

der  Dogen  an  ihre  Vertrauensbeamten  oder  an  ausserordentliche  Unter- 
suchungs-Bevollmächtigte lehrreiche  Beweisstücke.  Diese  Commissionen 
enthalten  oft  eine  historisch-geordnete  Auslese  aller  bezüglichen  Gesetze 
und  Beschlüsse  von  lange  her;  sie  bilden  desshalb  ein  ansehnliches, 
nicht  selten  geschickt  ergänzendes,  aufklärendes  Contingent  historischer 
Forschung. 

Ein  derartiges  und  —  ich  darf  sagen  —  ausgezeichnetes  Urkunden- 
stück ist  ein  Authenticum  der  Marciana,  eine  Commission  des  Dogen 
Andreas  Dandolo  für  Stephan  Bragadeno,  welcher  als  Consiliarius  und 
Rector  omnium  offlcialium  im  J.  1350  nach  Creta  abgeschickt  wurde 
Die  Urkunde  ist  einem  werthvollen  Sammelband  der  Marciana  (Codd. 
lat.  cl.  XIV.  cod.  LXXI.  n°.  25)  einverleibt;  dieser  enthält  eine  Anzahl 
Original-Documente  vom  12.  Jahrhundert  an,  welche  aus  dem  Archiv 
der  Procuratoren  der  Marcuskirche  im  J.  1786  in  die  Bibliothek  über- 
geführt worden  sind ;  vgl.  Valentinelli  bibl.  manuscripta  ad  S.  Marci 
III.  67.  Die  Sendung,  zu  welcher  Stephan  Bragadeno  erkoren  ward, 
erscheint  als  eine  ausserordentliche ;  auch  die  Zeit  war  eine  ausser- 
ordentlich schwierige  für  Venedig ;  der  Krieg  mit  Genua  immer  und 
nahe  vor  der  Thür,  die  Insel  ebendadurch  und  durch  Aufruhr  doppelt 
gefährdet,  das  Ansehen  des  Ducha  leicht  erschüttert:  es  galt  dort  soviel 
thunlich  Ordnung  und  Zucht  zu  wahren,  das  Pflichtgefühl  zur  That 
bereit  zu  halten:  ,,eundo,  stando  et  redeundo  consiliabis,  tractabis,  opera- 
beris  proficuum  et  honorem  Veneciarum  cum  salvatione  Cretae"  heisst  es 
desshalb  in  den  Eingangsworten. 

Die  Comissio  ducalis  —  am  Ende  durch  die  Zeit  beschädigt  und 
mangelhaft  —  enthält  nahezu  an  200  Puncto  oder  Beschlüsse  der 
Rogati  und  des  Grossen  Rathes,  deren  Einhaltung  und  genaue  Befolgung 
empfohlen  wird;  wir  schauen  damit  in  ein  volles  Jahrhundert  der 
Thätigkeit  und  Fürsorge  Venedigs  für  Creta,  und  gewinnen  daraus 
wiederum  eine  Uebersicht  über  die  eigenthümlichen  Verhältnisse  des 
Lebens  daselbst  sowohl  im  öffentlichen  als  im  häuslichen   Kreise. 

Die  Pflichten  des  Consiliarius  und  Rector  sowohl  für  sich  und  seine 

Familie,    als    im    Zusammenwirken    mit    dem    Ducha    und    dem    ganzen 

Regiment    der    Insel,    seine.  Bezahlung  und    Bestallung,    seine  Wohnung 

und   Bedienung,    sein    Umgang    und  seine  Gesellschaft,    werden    bis  in's 

Abh.d.I.Cl.d.k.Ak.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth.  25 


174 

einzelne  durchgenommen;  er  darf  z.  B»  in  der  Stadt  und  auf  3  Miliarien 
in  der  Nähe  keine  Einladung  zu  Tisch  annehmen ,  weder  bei  einem 
Lateiner  noch  Griechen,  einen  Hochzeitsschmaus  ausgenommen,  und 
ebenso  keinen  Lateiner  oder  Griechen  zu  sich  zu  Tische  laden  ;  besondere 
Vorsicht  wird  gegen  die  Griechen  anempfohlen,  welche  weder  ein  Lehen 
erwerben  noch  in  den   Rath  gewählt  werden  konnten. 

Der  betraute  Commissär  hat  volle  zwei  Jahre  am  Posten  auszu- 
halten und  im  Falle  der  Abwesenheit  des  Ducha  diesen  zu  vertreten, 
Montags  und  Freitags  nach  der  Messe  bis  zur  dritten  Stunde  mit  dem 
Ducha  und  seinem  Collegen  an  einem  öffentlichen  Platze  die  nothwendigen 
Geschäfte  zu  besorgen,  insonderheit  Dienstags  und  Donnerstags,  auch  an 
den  andern  Tagen  nach  dem  Mittagsessen  öffentlich  Gesuche  zu  erledigen 
und  anderes  zweckdienliches  zu  erledigen:  Recht  und  Gerechtigkeit 
gegen  alle  zu  pflegen;   Ueberforderungen  der  Notare  zu  hindern   u.  dgl. 

Er  führt  ein  eigenes  Buch  über  Einnahmen  und  Ausgaben  der 
Gemeinde,  hält  den  Grundcataster  des  Besitzes  und  der  Staatsrente 
evident  und  übergibt  denselben  seiner  Zeit  dem   Dogen. 

Es  ist  dem  Rector  während  seiner  Amtszeit,  wie  allen  unselbst- 
ständigen  Gliedern  seiner  Familie  verboten ,  von  den  Domänen  etwas 
zu  versteigern  oder  zu  verkaufen ,  irgend  welche  Geldgeschäfte  zu 
machen,  zu  leihen,  zu  borgen,  zu  wechseln  oder  auf  Zins  zu  legen,  zu 
kaufen  und  zu  verkaufen,  sich  an  Handelsgesellschaften  zu  betheiligen; 
er  darf  kein   Geschenk,   keine  Bezahlung,  kein  Pfand  annehmen. 

Dazu  kommt  eine  Anzahl  von  Bestimmungen  für  die  Schiffahrt  und 
das  Schiffswesen  überhaupt,  Befrachtung  der  Lastschiffe,  den  Schleich- 
handel nach  Alexandria,  den  Getreidehandel  nach  Venedig  und  Aufsicht 
über  Fälschungen  des  Korns  —  man  mischte  schon  damals,  namentlich 
werden  die  Griechen  bezichtigt,  altes  mit  neuem  Korn  und  brachte 
getauftes  Getreide  (cfrumentum  balneatum3)  in  Lieferung  —  oder  Unter- 
schleife beim  Beladen  der  Schiffe  durch  Benützung  verdeckter  Räume ; 
andere  Bestimmungen  betreffen  die  Verwendung  der  Gefälle  für  Bauten, 
namentlich  des  Hafens  von  Candida,  die  Verstiftung  der  Häuser  und 
Ländereien,  die  Ueberwachung  sämmtlicher  Beamten  vom  Ducha  an  bis 
zu    den    Gastalden    und    Curialschreibern ,    und  sämmtlicher    Einwohner, 


175 

Lateiner  und  Griechen,  Juden  und  Ausländer,  der  Freien  und  Lehens- 
herrn ,    der    Bürger    und    Bauern ,    der    Unfreien ,    Knechte    und    Sclaven. 

Theils  wegen  einiger  bemerkenswerther  Bestimmungen  für  diese 
letzte  armselige  Classe  von  Menschen  in  der  vorliegenden  Comissio 
ducalis,  theils  wegen  der  ganz  besonderen  Zustände,  in  welchen  uns 
dieselben  auf  Creta  begegnen,  mag  ein  kleiner  Abschweif  als  Versuch 
zu  deren  Aufhellung  gerecht  erscheinen. 

Eigenthümlich  waren  eben  diese  Verhältnisse  schon  in  der  griechischen 
Zeit,  auch  damals  wohl  Folgen  der  unstäten,  gleichsam  schwimmenden 
und  Anfällen  ausgesetzten   Bevölkerung. 

Den  Anhalt  dafür  giebt  Athenaeus,  wo  er  im  sechsten  Buche  auf 
das  Öclaventum  im  allgemeinen  zu  reden  kömmt;  dort  heisst  es  (p.  263 
c  c   I.   p.   571   ed.   Dindorf.) 

....  xakovöi  de  ol  Kyrjxeg  xovg  juer  xatd  noliv  olxexag  /^voojvrfiovg, 
acpajuiujrag  de  rovg  xax'  ay^ov,  ey%uj(jiovg  fttv  bvxag,  dovlojd-evxag  de  xaxd 
noXeuov    diä  xb  xXrjQioS-fjvai   de    xlayioxag.   6  "E(poyog  .  .  .   xlaycoxag  ((prjal) 

Kyfjzeg  xakovai    rovg  dovlovg  dnb  xov  yevopievov  neyl  avxujv  xXtjüov  

^woixoarrjg  dt  ....  zrjr  juev  xotvt)v  ((ptjol)  dov'keiav  ol  Kyfjreg  xakovoi 
fivoiav,  vrjy  de   Idiav  dopa/uicorag,  xovg  de  neyioixovg  vntjxoovg.   — 

Wir  haben  also  eine  Viertheilung  von  Unfreien  und  wirklichen 
Sclaven,  Periöken,  Mnolten,  Aphamioten  oder  Klaroten,  und  Kaufsclaven; 
was  über  diese  K.  Hoeck  im  dritten  Band  seines  Kreta  (p.  22 — 40) 
auseinandergesetzt  hat,  gilt  noch  heute  als  das  beste,  wie  denn  das 
ganze  ebenso  gründliche  als  klare   Werk  unübertroffen  ist. 

Dieses  Vielerlei  unfreier  Bewohner,  Hintersassen,  Hörige,  Leibeigene 
und  wirkliche  Sclaven,  scheint  sich  von  alter  Zeit  bis  herein  in's  späte 
Mittelalter,  eben  durch  die  Natur  und  Geschichte  der  Insel  fort  und 
fort  erhalten  zu  haben.  Dass  sich  in  den  Villani  der  Venezianer  das 
Verhältniss  der  früheren  Periöken  wieder  sichtbar  macht,  ist  Hoeck  nicht 
entgangen  (III.  p.  30);  sowenig  als  (III.  p.  36)  dass  man  die  Glosse 
des  Hesychius :  acpapLiujxcu '  olxexai  äyyolxoi,  naqoixoi  so  bewahren  muss, 
wie  sie  überliefert  ist.  Man  hat  seit  Meursius  (Creta.  p.  190)  —  an- 
schliessend an  Aristoteles  Pol.  II,  10:  —  e%ei  cT  dväloyov  fj  K^r\xixr\ 
xd&g  Tiybg  xtjv  Aaxoivixr\v  yeajyyovoi  xe  ydo  xöig  /uev  exlwxeg  xolg  de 
K()t]olv    ol    negioixoi   .  .    statt    nayoixoi    geschrieben    myioixoi,    auch    der 

25* 


176 

neueste  Herausgeber  des  Alexandrinischen  Lexicographen,  Herr  M.  Schmidt, 
thut  dieses,  vol.  I.  p.  331,  mit  Bezug  auf  0.  Müller  Dorier  II.  53; 
aber  man  zerstört  damit  den  wahren  Sinn  und  wirft  ungleiches  und 
ungleichzeitiges  zusammen;  das  spätere  und  byzantinische  naqoixoi,  naqixi 
der  Assissen  Jerusalems,  erscheint  sogar  noch  im  Venezianischen  'parizi1, 
cparigiJ,   wie  ein  folgendes  Citat  belehren  mag. 

Eine  merkwürdige  Gesetzesstelle  findet  sich  nämlich  in  den  cAggiunti 
alle  Assissie  di  Romania3  bei  Hopf  chroniques  greco-romanes  p.  221; 
das  1.  Capitulo  sovra  i  villani  che  sera  possedudi  anni  30  —  besagt 
nämlich :  Conzosia  che  ala  zornada  i  parigi  over  villani  de  angaria  se  in- 
zegnano  per  molte  vie  francarse,  che  e  in  maximo  danno  si  del  Comun 
como  dei  Citadini  di  questa  ixola  (sc.  Nigroponte),  perche  non  prove- 
dando  in  puocho  tempo,  se  francherano  per  i  muodi  per  lor  observadi 
cum  fraudi  et  inganni  cometandosse  ale  stride  et  per  haver  vilani  in 
provation  esser  insidi  de  bastardazo  over  per  altre  diverse  vie,  le  quäl 
molto  nociva  si  ala  Signoria  nostra  come  a  tuti  i  Citadini  de  questa 
ixola,  et  azoche  per  lavegnir  queste  cosse  possano  cessar  et  tajar  la  via 
dei  pensieri  cativi  et  fraudulenti  de  questi  vilani: 

Damo  sia  provisto  che  cadaun  che  possedeva  over  havesse  possesso 
per  lui  e  per  i  suo  passadi  anni  30  pacificamente,  che  e  la  prescription 
segondo  le  nostre  leze  et  anchora  de  Veniexia,  non  se  possa  meter  ale 
stride  ne  tentar  per  altro  muodo  de  francarse  per  algun  modo  e  forma, 

Auch  das  3,  und  4.  Capitulo  gehört  hieher,  in  denen  gewissen 
Anschlägen  der  villani ,  —  eine  Villana  de  engaria1  durch  Heirat  dem 
eigentlichen  Herrn  zu  entziehen,  oder  die,  um  ihre  Söhne  der  Sclaverei  zu 
entreissen  ccum  specie  de  bastardesimo1 ,  zwar  eine  Frau  mit  allen 
äusseren  Ehegebräuchen  im  Hause  halten,  aber  die  eigentliche  Trauung 
umgehen  —  „per  mantelarse  che  i  fiolli  non  sia  nasudi  de  legitimo 
matrimonio"  —  und  damit  nicht  mehr  Vilani  et  parizi  del  Signor' 
seien   —  mit  strengen   Gesetzen  begegnet  wird. 

Nicht  unähnlich  und  sicher  nicht  milder  und  menschenfreundlicher 
waren  die  Verhältnisse  der  Unfreien  auf  Cypern.  Bei  der  Seltenheit  der 
Quellen  mag  hier  noch  eine  Stelle  aus  der  cHistorie  de  reJ  Lusignani 
publicate  da  Henrico  Giblet  (eigentlich  Francesco  Loredano)  Bologna  1647 
p.  8  zum  Vergleiche  angezogen  werden: 


177 

Dividevasi  —  heisst  es  dort  —  il  popolo  di  Cipro  di  fuori  delle 
cittä  in  Parici,  Perpiriarii,  Lefteri,  Albanesi  e  Venetiani  Bianchi.  II 
Parico  che  vuol  dire  obligato,  era  quasi  schiavo  di  quel  signor  del 
feudo  ö-del  casale,  nel  quäle  egli  si  ritrovava.  Teneva  obligo  di  dar 
50  bisanti  all'  anno  e  la  terza  parte  dell'  utile  de'  terreni  al  padrone, 
e  di  servirlo  due  giorni  alla  settimana.  poteva  esser  venduto  ä  piacere 
del  signor  del  feudo,  permutato  anche  con  una  bestia.  II  perpero  era 
parico ,  ma  libero  delle  persone  e  de  i  figliuoli ,  cosi  essentato  da  i 
duchi  per  denari,  obligato  al  godimento  de  i  terreni  come  i  parici,  ed 
ä    contar    ogni    anno    15    perperi,    che    erano    la    Valuta    d' un    bisante. 

II  leftero  (d.  h.  lev&tQog  als  Gegensatz  von  äjzeXsv&eyog)  era  parico 
fatto  libero  ö  per  gratia  del  principe  ö  per  beneficio  del  padrone.  non 
teneva  altro  aggravio  che  di  dare  la  metä  di  quanto  cavava  da'  suoi 
terreni.  congiungendosi  perö  in  inatrimonio  con  una  parica,  i  figliuoli 
nascevano  con  1'  obligatione  deJ  parici. 

Belehrendes  geben  die  Artikel  von  Du  Cange  im  Glossarium  mediae 
et  infimae  graecitatis  sub  ndyoizoi,,  und  mediae  et  infimae  latinitatis  ed. 
Henschel  sub  'accola3;  hier  ist  namentlich  die  Gloss.  lat.  graec.  accola 
jahoixog,  nayoixog,  eroixog,  yewQyog  ein  Beispiel  des  etwas  wirren  Sprach- 
gebrauches. 

Um  auf  Athenaeus  zurückzukommen,  so  bemerkt  Flaminius  Corne- 
lius, ein  schätzbarer  Gewährsmann,  nachdem  er  auf  diese  Ueberlieferung 
des  Deipnosophisten  hingewiesen,  folgendes:  (Creta  sacra  II.  28)  ,,ut- 
cunque  de  nomine  res  sit,  hoc  compertum  ex  documentis  habemus,  ab 
indigenis  servis  Cretensiüm  agros  etiam  eo  tempore  excultos  fuisse,  quo 
Veneta  respublica  totius  insulae  possessionem  iniit,  cujus  deinde  rei- 
publicae  beneficio ,  ut  inferius  dicemus ,  Veneta  nobilium  colonia  non 
agros  solummodo,  sed  et  servos  quos  villanos  vocabant,  in  perpetuum 
pheudum  accepit."  Ebendort  (II.  240)  fügt  er,  wie  er  andeutet,  mit 
Bezug  auf  die  Vertheilung  der  Lehen  im  J.  1212  hinzu:  ,,nec  praedia 
solum  et  casalia,  sed  et  rustici  quoque  agrorum  cultores  ita  inter  insti- 
tutae  coloniae  viros  partiti  fuerunt,  ut  unicuique  ex  equitibus  viginti 
quinque  rustici  (eo  tempore  tamquam  captivi  habiti)  obtingerent,  quorum 
labore  concessi  agri  excolerentur.  qui  autem  fuerint  hi  rustici  et 
infelicis    eorum    conditionis    originem    non    abs    re    erit    indicare.     Quo 


178 

tempore  bellica  Nicephori  Phocae  virtus  imperio  Constantinopolitano 
Cretensem  insalam  a  barbaris  occupatarn  recuperavit,  Agareni,  seu  ex 
confüctu  superstites,  seu  in  variis  insulae  locis  degentes,  a  Graecis 
remissa  mortis  poena  in  captivitatem  redacti  fuerunt,  hac  lege,  ut  ipsi 
et  exinde  nati  natorum  in  perpetuum  tamquam  mancipia  terras  in 
Graecorum  utilitatem  excercerent. 

Diese  Thatsache  und  ihre  Folgen  stehen  ausser  Zweifel;  das  Loos, 
was  die  Sarazenen  im  8.  Jahrhundert  den  Insulanern  bereitet  hatten, 
fiel  schwer  und  rächend  im  nächsten  Jahrhundert  auf  sie  selbst  zurück. 
Die  Züge  der  Abendländer  nach  Palästina  und  die  lateinische  Feudal- 
herrschaft haben  der  Freiheit  der  Eingebornen,  auch  auf  Creta,  keinen 
Odem  gegeben. 

Unter  den  Bestimmungen  der  Comissio  ducalis  von  1350  beziehen 
sich  mehrere  auf  die  villani,  d.  h.  wirkliche  glebae  adscripti,  an  die 
Scholle  des  Lehensbesitzers  gebundene  Diensten.  Die  villani  heissen 
auch  einfach  rustici  (also  ayQÖixoi)  oder  werden  unter  dem  Begriffe  agrafi 
gleichgestellt. 

Es  sind  folgende  Artikel,  welche  hier  in   Betracht  kommen: 

110)  .  .   .  ducha  Cretae  non  faciat  gratiam  agraforum  alicui  per  se  non 

scribenii  in  feudis,  sed  si  pro  necessitate  terrae  fiat  gratia  de  cartis 

agraforum  aliquibus  personis,  quod  illa  gratia   fiat  per     ducham    et 

consiliarios,  et  quod  Uli  agrafi  qui  sie  dabuntur,  scribantur  in  feudis. 

140)  .   .   .  Uli  quibus  concedetur  capere  agrafos  per  gratiam,  non  possint 

capere  nisi  militiae  undique  sint  completae. 
142)  .  .   .   ducha    et   consiliarii   non  possint    donare    vel    alienare    aliquos 

rusticos  neque  franchare  aliquo  modo  vel  ingenio. 
166)  .   .   .  si  essent  villani  qui  vivos  vel  mortuos  .  .  rebelles   designarent 

pro  uno  malefactore  non  possit  fieri  nisi  unus  franeus. 

184)  .  .  .  omnes  villani  forenses  qui  aliunde  .  .  venerint  ad  habitandum 
in  insulam  Cretae  ....  nihil  solvant  nostro  comuni  nee  possint  per 
aliquos   capi  pro    agrafis   vel   villanis ,    cum  conditione   tarnen   quod 

ipsi  teneantur  ire   in  armatis  nostri  comunis de  Ulis  vero  qui 

sunt  ad  praesens  in  insula,  qui  solvunt  unum  yperperum  annuatim 
comuni  nostro,  ordinetur  quod  Uli  qui  voluerint  venire  ad  habi- 
tandum in  civitate  vel  burgo  Candidae,   absolvantur  habitando  ibi  a 


179 

solutione   dicti   hyperperi  nee  possint  similiter  capi   pro    agrafis   vel 
villanis,  cum  conditione  quod  teneantur  ire  in  armatis  nostri  eomunis 

et  si  ipsi  non  servarent  conditiones  praedietas,  tarn  isti  quam 

venientes  de  novo,  remaneant  villani  eomunis.  — 
Aus  dieser  Zusammenstellung  gewinnt  man  erstlich  Aufklärung  des 
Ausdrucks  agrafi ,  welcher  zwar  einfach  scheint ,  aber  mit  dem  Begriff 
der  äy^aipoc  im  altgriechischen  Leben  nichts  unmittelbar  gemein  hat. 
Die  äy^atpoi  des  venezianischen  Creta  sind  —  so  scheint  es  mir  — 
wirkliche  ,, Nichteingeschriebene",  d.  h.  solche  villani  oder  Bauern,  welche 
im  Gemeinde-Cataster  weder  bei  einem  feudum  noch  sonst  eingetragen 
waren;  dass  diese  Personal-Listen  bis  zu  den  Sclaven  herab  strenge  geführt 
wurden,  sogut  als  jeder  Rebstock  der  Weinberge  verzeichnet  war,  liegt 
im  Steuerwesen  Venedigs.  Solche  agrafi  konnten  per  gratiam  Duchae 
et  consiliariorum  weggenommen,  als  Besitz  angeeignet  werden  —  unter 
Umständen  auch  mit  einer  gratia  de  cartis,  wenn  der  Bedarf  der 
Soldaten lehen  gedeckt  war.  Diese  Eintragung  —  avayqöupr],  anagrafi  in 
den  Assissen  von  Romanien:  ,,ubi  scripti  sunt  per  anagrafi"  (Hopf  a. 
a.  0 )  geschah  wohl  protocollarisch  und  mit  Zeugen.  So  möchte  ich 
diese  Verhältnisse  unserer  Artikel  auffassen.  Solchen  villani  vel  agrafi 
stünden  die  dovXoi  r\  svanoyQacpoi  des  Jus  Graeco-Romanum  in  anderem 
Sinne :  „servi  vel  adscriptitii"  zur  Seite ;  vgl.  z.  B.  Zachariae  v.  Lingen- 
thal  Synopsis   Basilicorum  p.   266. 

Man  scheint  manchmal  mit  dieser  gratia  de  cartis  allzufreigebig 
gewesen  zu  sein:  ich  habe  wenigstens  einen  Beweis  dafür,  dass  bei 
verlangter  Revision  mehr  als  tausend  solche  Fälle  hätten  geprüft  werden 
sollen.  Es  ist  dieses  ein  Brief  des  Ducha  Fantin  Dandolo  an  den  Dogen 
vom  J.    1316;   in  den  libri  Commemoriali  I«   573. 3) 

Man  könnte  fragen,  woher  diese  agrafi?  wohl  theils  aus  dem  Nach- 
wuchs der  villani  auf  Creta  selbst,  theils  aus  der  Zuwanderung  Arbeit 
suchender  Fremder. 

Wir    sehen    ferner,    dem    Ducha    und    seinen  Räthen    stund    keine 


3)  Vgl.  jetzt  'Monumenti  storici  publicati  dalla  Deputazione  Veneta  di  storia  patria.  Serie  I. 
documenti:  i  libri  commemoriali  della  republica  di  Venezia  regesti.'  I,  156.  No.  685.  86.  Mein 
Citat  bezieht  sich  auf  die  Commemoriali  im  Wiener  Archiv. 


180 

weitere  Gewalt  auf  die  Person  der  villani  zu;  er  konnte  auch  keinen 
freilassen.  Die  Freilassung  von  Staatswegen  erfolgte  als  Lohn ,  wenn 
ein  villanus  einen   Rebellen  zur  Anzeige  bringt. 

Bemerkenswerth  ist  die  letzte  Bestimmung  vom  J.  1332.  Dieselbe 
bestätigt  nicht  nur  unsere  Vermuthung  wegen  der  Zuwanderung,  sondern 
zeigt  auch,  wie  die  Vortheile  der  Commune  und  der  Stadt  allemal  die 
Erleichterung  gewisser  Stände  als  Regel  der  Klugheit  an  die  Hand 
gaben.  Um  die  Bevölkerung  und  den  Verkehr  zu  steigern,  um  wehr- 
hafte Leute  zu  gewinnen,  gibt  Venedig  zu  Hause  und  draussen  bereit- 
willig alte  Vorrechte  auf  und  weiss  dabei  noch  den  Kern  seiner  Natur 
wohl  zu  bewahren. 


Diese  Commission  des  Dogen  Andreas  Dandolo  ergänzt  die  Geschichte 
der  Insel  Creta  in  schicklicher  Weise;  es  müsste  auffallen,  dass  von  der- 
selben weder  bei  den  Chronisten  —  soviel  ich  weiss  —  noch  bei  den 
Geschichtschreibern  Erwähnung  geschieht,  wenn  nicht  überhaupt  Zeit 
alter  wie  Oertlichkeit  noch  starker  Aufhellung  bedürfte.  Auch  über 
Stephan  aus  der  alten  edeln  Familie  der  Bragadin  entgeht  mir  eine 
weitere  Notiz.  Einen  gleichnamigen  Mann  des  15.  Jahrhunderts  führt 
Cicogna  an  in  den  Inscrizioni  Veneziane  I.  321.  No.  20.  Die  Familie 
gilt  als   Stifterin  der  uralten   Kirche  San  Daniele  in  Venedig. 

Durch  Bekanntgabe  dieser  Comissio  ducalis  vom  J.  1350  im  Anschluss 
*  an  einzelne  Bestimmungen  über  Creta,  welche  in  meiner  Abhandlung 
„die  ältesten  Verordnungen  der  Venetianer"  —  Denkschriften  I.  Cl- 
XIII.  1.  Abtheilung  —  enthalten  sind,  wird  nahezu  für  den  Lauf  eines 
Jahrhunderts  der  Einblick  in  die  Verwaltung  dieser  wichtigen  Insel 
ermöglicht. 


Comissio  Consiliarii  Cretae. 


1350. 


Abh.d.I.Cl.d.kAk.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth.  26 


JNos  Andreas  Dandulo,  dei  gratia  Veneciarum  Dalraaciae  atque  Chroaciae 
dux,  dominus  quartae  partis  et  dimidiae  totius  imperii  Romaniae,  committimus 
tibi  nobili  viro  Stephano  Bragadino,  fideli  nostro  dilecto,  ut  in  consiliarium  et 
rectorem  omnium  officialium  Cretae  vadas  ad  insulam  nostram  Cretae,  quos  of- 
ficiales  eliges  ex  Venetis  bonis  et  idoneis  Cretae,  et  alia  facies  in  officio  tui 
regiminis  consiliariae,  simul  cum  ducha  et  socio  tuo  consiliario  secnndum  hunc 
modum  et  formam: 

1.  videlicet  quod,  ubicumque  fuerit  ducha  ctfm  socio  suo  praedicto,  illud 
fieri  debeat,  quod  per  ipsum  ducam  et  consiliarium  tuum  socium  consultum 
fuerit  et  ordinatam.  et  si  aliquo  casu  contigerit,  quod  ducha  praedictus  erit 
cum  vobis  duobus  consiliariis,  illud  fieri  debeat,  quod  per  ipsum  ducham  et 
vos  duos  consiliarios  vel  maiorem  partem  vestrum  consultum  fuerit  et  ordinatum. 

2.  Et  eundo,  stando  et  redeundo,  consiliabis,  tractabis,  operaberis  pro- 
ficuum  et  honorem  Veneciarum  cum  salvatione  insulae  Cretae. 

3.  Et  ibi  moram  facies  in  praedictis  officiis  a  prima  die  in  antea  qua 
intraveris  Cretain  usque  ad  duos  annos  completos,  nisi  consiliarius  venturus  post 
te  prius  venerit,  cui,  quandocumque  venerit,  ei  consulatum  debeas  refutare, 
habendo  tarnen  integre  salarium  tuum  usque  ad  complementum  duorum  annorum 
tuorum,  et  faciendo  expensas  integre  usque  ad  illud  tempus;  et  tantum  plus 
ibi  stare  debeas  in  ipsis  officiis,  quantum  venturus  consiliarius,  qui  post  te  illuc 
debet  venire,  steterit  ad  veniendum ;  et  habere  debes  integre  secundum  rationem, 
de  quanto  plus  steteris,  tuum  salarium;  sed  de  quanto  steteris  post  adventum 
ipsius  consiliarii,  habere  debes  medietatem  tui  salarii  usque  per  totam  mudam 
primo  venturam,  scilicet,  usque  ad  diem  qua  ibi  moram  feceris;  a  termino 
vero  in  antea  ipsius  mudae,  si  aliquo  casu  contigerit  te  ibi  moram  facere, 
nullum  salarium  debes  habere,  ita  quod  post  adventum  consiliarii,  duobus  annis 
praedictis  completis,  festinare  debes  ad  redeundum,  quam  cito  poteris,  bona  fide. 

26* 


184 


4.  Licitum  autem  est  tibi,  a  die  adventus  praedicti  consiliarii  in  antea, 
duobus  annis  transactis,  deponere  medietatem  equorum  et  scutiferorum  et  ex- 
pensarum. 

5.     Et  si  novus  ducha  cum  ejus  consilio  a  te  sibi  dari  consilium    postu- 
labit  super  aliquo  facto,  tu  bona  fide  teneris  sibi  consilium  utilius  exibere. 

6.  Licentiam  quoque  habes  eundi  ad  consilium  praedicti  duchae  ven- 
turi,  quando  volueris,  donec  steteris  ibi. 

7.  Et  omni  die  Lunae  Mercurii  et  Veneris  debeas  ire  ad  missam  simul 
cum  ducha  et  socio  tuo  consiliario,  et  missa  cantata  statim  ibis  simul  cum  eis 
ad  aliquem  locum  constitutum  per  vos,  ad  faciendum  et  exercendum  ea  quae 
necessaria  fuerint  pro  negotio  dictae  terrae,  et  ibi  stabis,  nee  ab  ipso  loco  re- 
cedere  debeas  ad  minus  usque  ad  terciam. 

8.  Similiter  omnibus  aliis  diebus  debeas  esse  simul  cum  dicto  ducha 
et  socio  tuo  consiliario  et  specialiter  omni '  die  Martis  et  Jovis  post  prandium 
simul  cum  eis  esse  tenearis  ad  aliquem  locum  constitutum  per  vos,  ad  audiendum 
peticiones  et  ad  faciendum  alia  negotia,  quae  fuerint  opportuna. 

9.  E  t  si  non  ibis  et  non  eris  et  uon  stabis  simul  cum  eis,  sicut  dictum  est, 
perdere  debeas  qualibet  vice  qua  non  observaveris,  medium  yperperum  pro  poena, 
exceptis  pro  hiis  occasionibus  vel  aliqua  earum  —  videlicet  —  occasione  eundi 
pro  facto  et  servicio  comunis  dictae  terrae,  vel  occasione  infirmitatis  tui  cor- 
poris, vel  occasione  eundi  ad  mortuum  vel  ad  nuptias;  si  etiam  non  habueritis 
talia  facere  occasione  vestrorum  officiorum,  vel  essetis  vestris  diversis  negotiis 
impediti,  possitis  vos  absolvere  a  praedictis  capitulis,  si  omnes  fueritis  inde 
concordes. 

10.  Et  infra  unum  mensem  post  tuum  reditum  in  Venetias  omnia  quae 
de  facto  imperii  Romaniae,  et  specialiter  de  facto  insulae  Cretae,  esse  facta 
seiveris  vel  facienda  utilia  credideris,  licet  a  nobis  nostroque  consilio  fueris  inter- 
rogatus  vel  non,  a  te  ipso  dices  nobis  et  nostro  consilio  omnia,  quae  credideris 
esse  dicenda  et  fore  utilia  pro  honore  et  prode  tarn  nostri  comunis  Veneciarum, 
quam  etiam  imperii  Romaniae  et  specialiter  de  facto  insulae  Cretae;  et  si  post 
ipsum  mensem  a  nobis  nostroque  consilio  fueris  interrogatus  de  facto  imperii 
Romaniae  et  insulae  Cretae,  tenearis  dicere  veritatem,  de  eo  quod  a  te  inde 
requisitum  fuerit,  cum  proficuo  et  honore  Veneciarum. 


85 


11.  Studiosus  quoque  eris  cum  praedicto  ducha  et  consiliario  inqui- 
rere,  excntere  ac  intromittere,  et  facere  intromitti,  et  salvare  ac  salvari  facere 
ad  utilitatem  comunis  Veneciarum  oninia  quae  ad  ipsum  comune  videris  pelr- 
tinere,  ac  ipsa  boua  et  havere  expensabis  et  dabis  —  sive  expeusari  facies  et 
dari,  sicut  duchae  et  socio  tuo  cousiliario  et  tibi  secundum  formara  superius 
scriptam  videbuntur  danda  pro  utilitate  et  prode  nostri  comunis. 

12.  Habebis  quoque  uDura  quaternum,  in  quo  scribes  totuni  introitum 
et  exitum  comunis  et  facies,  quod  socii  tui  consiliarii  sicut  et  tu  sirailiter  in 
suo  quaterno  scribant  illud,  totum  introitum  et  exitum  comunis. 

13.  Item  omnes  possexiones  nostri  comunis  Cretae  et  redditus  qui  possi- 
dentur  pro  comuni ,  et  alias  possessiones  et  omnes  redditus,  quae  non  sunt 
intromissa  per  ducham  et  consiliarios  praedecessores  tuos,  et  comuni  pertinent, 
iutromittes  vel  intromitti  facies  pro  comuni  quam  cito  poteris,  et  ea  omnia 
intromitti  facies  vel  scribes  in  libro  comunis,  et  in  tuo  adventu  in  Venecias  nobis 
et  nostro  consilio  dices  et  dabis. 

14.  Omnes  autem  credencias,  quae  dictae  erunt  teneri  per  ducbam  et 
majorem  partem  sui  consilii,  secreta  servabis,  donec  solutae  fuerint  per  maiorem 
partem  consilii,  ducha  praefato  in  eodem  consilio  computato  tamquam  unus 
ex  uobis. 

15.  Et  nicliil  quod  ad  comune  pertineat,  debeas  incantare  nee  incan- 
tari  facere,  nee  comparare  nee  comparari  facere  ad  tuam  utilitatem  aliquo 
modo  vel  ingenio,  nee  etiam  aliquid  de  illo  comunis  mutuo  aeeipere  nee  ac- 
cipi  facere  ad  tuam  utilitatem  aliquo  modo  vel  ingeDio :  quod  quidem  sie  ob- 
servari  et  fieri  volumus  per  ducham. 

16.  Studiosus  itaque  eris  dandi  operam  cum  effectu ,  ut  omnia  illa 
juramenta  debeant  fieri  ab  ipsis,  qui  sicut  mandavimus  ea  non  feceriut  adhuc 
in  eadem  insula,  si  hoc  facere  poteris  cum  bono  et  salvatione  dietae  insulae;  et 
haec  tollantur  cum  illis  capitularibus  quae  propter  hoc  invenientur  scripta  in 
Creta  pro  ipsis  sacramentis  tollendis. 

17.  Item  cum  ducha  studiosus  eris,  in  civitate  Candida  morautes  extra 
Iudecara  nostram  redeant  ad  ipsam  Iudecam  ibidem  moraturi,  ipsos  exinde 
compellendo. 

18.  Omnia  autem  praeeepta  et  ordinamenta,  quae  tibi  in  poena  sa- 
cramenti  cum  maiori  parte  nostri  consilii  miserimus  per  nostras  litteras  sigil- 
latas,  tenearis  observare. 


186 


19.  De  salario  tuo  annuali,  quod  est  yperper.  cccci.  per  annum,  Solu- 
tionen! recipies  eo  modo  et  ordine,  ut  dictus  ducha  Solutionen!  sui  salarii  reci- 
pere  debet,  et  pro  ipso  tuo  salario  non  tolles  nee  tolli  facies  plus  modo  aliquo; 
quod  salarium  ineipit  a  prima  die  qua  intraveris  Caudidam  civitatem,  et  ste- 
teris  ibi  ordine  suprascripto. 

20.  Habebis  i  t  a  q  u  e  tecum  ad  tuum  expendium  usque  per  totum  tempus 
tui  officii  duorum  annorum  duos  equos  et  scutiferos  tres,  videlicet  a  quinto- 
deeimo  die  in  antea  quo  Candidam  intraveris;  et  aliquo  ipsorum  equorum  vel 
scutiferorum  deficiente,  mfra  XV  dies  postquam  tibi  defeeerit  alium  rehabebis; 
et  illos  equos  quos  apud  Cretam  comparabis,  de  insula  Cretae  extrahere  non  debes. 

21.  Si  autem  ducha  cum  maiore  parte  maioris  et  miuoris  consilii  tibi  dixerit, 
quod  debeas  equitare  pro  utilitate  insnlae  Cretae,  vel  ire  per  mare  in  servicio 
comunis,  vel  ire  alio  tarn  in  dieta  insula,  quam  foris  de  dieta  insula,  illud  ob- 
servabis  seeundum  quod  captum  fuerit  per  maiorem  partem  minoris  et  maioris 
consilii  et  computabis  tibi  pro  tuis  expensis  omni  die  de  tuo  havere  karatos  X 
usque  quo  steteris  in  servicio  comunis ;  si  plus  expensabis ,  de  havere  nostri 
comunis  tibi  reficiatur  et  persolvatur. 

22.  Et  praesens,  si  quod  reeeperis,  tunc  quando  fueris  extra  civitatem 
in  servicio  comunis,  sit  ad  utilitatem  comunis. 

23.  Et  de  omnibus  et  singulis  equis,  quos  feceris  emi  extra  Venecias, 
quando  erunt  condueti  Venecias,  debeas  dicere,  quantum  dicti  equi  constiterint 
condueti  Venecias  et  similiter,  si  quos  emeris  Yeneciis,  debes  dicere,  quantum 
constiterint  ipsi  equi  et  facere  pretium  dictornm  equorum  scribi  ad  curiam; 
et  si  quos  emeris  in  Creta,  debes  dicere  et  scribi  facere  quantum  consti- 
terint dicti  equi ;  et  si  aliquis  ex  dictis  tuis  equis  moreretur,  stando  in  ex- 
ercitu  vel  servicio  comunis  extra  civitatem  Candiae,  habere  debes  restaurum 
dicti  equi,  seeundum  quod  scriptum  fuerit  ipsum  equum  constitisse  tibi,  hoc 
modo  vidjBlicet :  si  dictus  equus  mortuus  fuerit  conduetus  de  Veneciis  Cretam, 
habere  debes  de  quibuslibet  solidos  xx  ad  grossos  ypp.  I.  et  si  equus'  mor- 
tuus fuerit  emptus  in  Creta,  habere  debes  restaurum  seeundum  quod  scriptum 
fuerit  ipsum  equum  constitisse  tibi,  et  si  aliquis  ex  dictis  tuis  equis  magag- 
naretur  *),  stando  in  exercitu  vel  servicio  comunis  extra  civitatem  Candiae,  ut 
dictum  est,  et  videretur  propterea  quod  inde  restaurum    habere   deberes,    debes 


1)     mangagnare,   mahemiare   =   graviter  laedere,    mutilare,   italice   ma'gagnare 
cfr.  Diez  sub  voce  magagna. 


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habere  pro  satisfactione  dicti  equi,  quantum  scriptum  fuerit  ipsum  equum  con- 
stitisse  tibi,  et  dictus  equus  deveniat  in  comune,  et  infra  xv.  dies  teneris  facere 
(habere?)  ipsum  equum  per  totum  tempus  tui  regiminis. 

24.  Si  vero  stando  in  exercitu  vel  servicio  comunis  extra  civitatem  Can- 
diae  aliqnid  de  tuis  armis  et  arnesiis  perderetur,  totum  illud  dampnum  de 
havere  comunis  tibi  restaurari  debet  secundum  illam  extimationem,  quod  duchae 
Cretae  et  sociis  tuis  consiliariis,  secundum  formam  praedictam,  vel  illis  qui  essent 
loco  eorum  apparebit;  sed  si  quis  furatus  esset  de  praedictis,  nou  debes  habere 
aliquam  satisfactionem  a  comuni,  et  de  nulla  alia  re  habere  debes  restauracionem, 
nisi  de  hiis  rebus  quae  dictae  sunt  superius. 

25.  Et  quum  veneris  ad  equitandum  vel  eundum  per  mare  in  servicio 
comunis.  cum  illa  quantitate  hominum  et  equitaturarum  ibis,  quod  consultum 
fuerit  tibi  et  dictum  per  ipsum  ducham  et  ejus  consilium,  te  tarnen  inter  eos 
computato  tamquam  unus  eorum. 

26.  Praeterea  per  te  vel  aliquem  alium  nomine  tui  in  eadem  insula  ne- 
gociationes  non  facies,  nee  notarium  vel  socium  tenebis  vel  aliam  personam  iu 
familia  tua,  qui  mercacionem  faciant  vel  exerceant  per  aliquod  ingenium  sive 
modum,  donec  steteris  in  regimine  tui  consulatus,  nee  exercebis,  excepto  quod 
possis  salarium  tuum,  quod  tibi  superfuerit  ab  expensis,  mittere  extra  Cretam 
in  coleganciam  vel  rogadiam  2)  vel  alium  modum. 

27.  Nulluni  amienm  juvabis  nee  inimico  nocebis  per  fraudem,  et  nulluni 
servicium  tolles  vel  tolli  facies,  et  si  tultum3)  scieris,  facies  illud  reddi  si  po- 
teris  sine  fraude. 

28.  Nullum  donum  vel  praesentem  reeipies  vel  reeipi  facies  ab  aliqua 
persona  modo  aliquo  vel  ingenio,  et  si  aeeeptum  scies,  facies  illud  reddi  si  po- 
teris,  et  hoc  per  tantum  tempus  quantum  in  consiliaratu  steteris,  et  per  medium 
annum,  postquam  de  consiliaratu  exieris ;  et  si  reeeperis,  perdere  debes  cluplum 
de  eo  quod  per  te  reeeptum  erit. 

29.  Et  omnes  de  familia  tua  iurare  facies  de  non  aeeipiendo  aliquod 
donum  sive  praesentem  ad  tuam  utilitatem  aliquo  modo  vel  ingenio,  nee  a 
monasteriis  imperialibus  Graecorum,  nee  a  Judaeis  Cretae  donum  vel  praesentem 
aliquod  reeipies  nee  reeipi  facies  aliquo  modo  ad  tuam  utilitatem. 


2)  quasi  synonymum  collegantiae  adde  lexicis. 

3)  forma  per  ora  vulgi  servata. 


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30.  Nee  comparabis  aut  comparari  facies  a  monasteriis  imperialibus 
nee  a   Synaitis  4)  aliquid  ad  tuam  utilitatein  aliquo  modo  vel  ingenio. 

31.  Insuper  aliquem  de  familia  tua  non  permittes  habere  aliquod 
placitnm  a  comuni. 

32.  Et  nulluni  imprestitum  tolles  nee  tolli  faeies  ab  aliqua  persona, 
quae  partem  habeat  in  insula  Cretae,  in  peeunia  vel  in  equis  vel  in  aliquibus 
aliis  rebus,  nisi  pro  utilitate  comunis. 

33.  Item  ad  prandium  vel  convivium  alieujus  Latini  vel  Graeci  in  ci- 
vitate  vel  a  tribus  miliariis  prope,  non  ibis  nee  intereris  ad  comedendum,  nisi 
forte  ad  nuptias,  ubi  licitum  est  tibi  interesse  et  comedere  ibi. 

34.  Et  nulli  Latino  vel  Graeco  habitatoribus  in  Creta  dabis  ad  come- 
dendum nee  eis  convivium  facies  in  civitate  Candida  vel  a  tribus  miliariis  prope. 

35.  Inhibemus  autem  tibi  quod  nulli  personae  subditae  comuni,  tarn 
Christiauae  quam  Judeae,  angarias  vel  aliquas  exaetiones  imponere  vel  facere  im- 
poni  debeas  nisi  pro  utilitate  comunis. 

36.  Praeterea  tenearis  ducere  ad  complementum  omnia  consilia,  quae 
per  dictum  ducham  socium  tuum  et  te  seeundum  formam  praedietam  capta 
fuerint,  nisi  postmodum  per  dictum  ducham  et  socium  tuum  consiliarium  et  te 
seeundum  formam  eatudem  extiterint  revocata. 

37.  Et  studiosus  eris  emendare  omues  offensiones  quae  faetae  essent 
tempore  tui  consulatus,  sicut  majori  parti  et  duchae  et  consiliariorum  sociorum 
tuorum  et  tibi  videbitur  seeundum  eamdem  formam  cum  proficuo  et  honore 
Veneciarum.  et  quod  super  hiis  per  praedictum  ducham  socium  tuum  consilia- 
rium et  te  seeundum  formam  praedietam  inventum  et  sententiatum  fuerit,  stu- 
diose  complebis  vel  compleri  facies,  nisi  remanserit  per  praedictum  ducham  et 
vos  ambo  consiliarios  seeundum  eandem  formam. 

38.  Praeterea  nulluni  donum  facies  noc  permittes  fieri,  de  havere 
comunis  nostri  alicui  personae  vel  aliquibus  personis,  nisi  cum  voluntate,  seeundum 
formam  praedietam,  maioris  partis  duchae  et  nostrornm  amborum  consiliariorum. 

4)  De  possessionibus  monasterii  in  monte  Sinai  positi  per  insulam  Cretae  deque  reditibus 
inde  provenientibus  v.  Cornelius  Flaminius  in  Creta  sacra  I.  222.  sqq.  adeas  quoque  Fontes 
rerum  Austriacarum  t.  XIII  No.  233  pag.  146. 


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39.  Ad  hoc  studiosus  eris  et  curam  habebis,  ut  praefatus  ducha  Cretae 
facere  debeat  et  observare  omnia  quae  continentur  in  sua  commissione  et  in 
suo  capitulari. 

40.  Praeterea  studiosus  eris  facere  praesentari  omnes  litteras  de  bina 
contestacione  quae  tibi  porrectae  fuerint,  et  quod  inde  fiant  breviaria  ordinate 
ad  expensas  illius  qui  ea  voluerit  praesentare. 

41.  Item  si  aliqua  diferencia  fuerit  inter  notarium  aliquem  et  aliquam 
personam  tarn  super  testamentis  quam  super  omnibus  aliis  cartulis,  quod.  no- 
tarius  nimis  accipere  velit,  tu  pro  utraque  parte  illum  finem  impones,  qui  tibi 
conveniens  apparebit. 

42.  Sciendum  est  vero,  quod  ordinatum  est  et  statutum,  quod  si  ac- 
cideret,  quod  deus  avertat,  te  viam  universae  carnis  ingredi  infra  tempus  tui 
regiminis,  salarium  non  debes  habere,  nisi  de  tanto  tempore,  quanto  in  officio 
steteris. 

43.  Rationem  et  justiciam  facies  et  fieri  facies  omnibus  petentibus 
eam,  nisi  remanserit  per  ducham  Cretae,  et  socium  tuum  consiliarium ,  et  te 
secundum  formam  supradictam. 

44.  De  maleficiis  autem  vindictam  et  justiciam  facies  et  fieri  facies  in 
personis  et  rebus  malefactorum ,  secundum  quod.  duchae  Cretae  et  socio  tuo 
consiliario  et  tibi  bonum  videbitur  secundum  formam  supra  dictam  faciendum 
pro  bono  et  honore  Veneciarnm  et  bono  statu  illarnm  partium ;  de  aliis  vero 
maleficiis  facies,  quae  tibi  declarabuntur  per  litteras  baiuli  Constantinopolis, 
baiulorum  Acon  et  Tyrii  et  Nigropontis  et  castellanorum  Mothouis  et  Coronis, 
tales  facies  justificationes,  quales  videbuntur  duchae  Cretae,  tibi  et  socio  tuo 
consiliario  secundum  formam  praedictam. 

45.  Et  nulluni  cursarium  recipies  in  iusula  Cretae,  et  si  ibi  venerit  et 
sciveris,  studiosus  eris  quod  inde  expellatur.  et  non  consencies  quod  aliquis  cur- 
sarius  victualia.  trahat  inde,  vel  quod  aliquas  mercationes  vendat  in  ipsa  insula ; 
et  si  aliquis  ab  aliquo  cursario  emerit  aliquid,  totum  illud  quod  emerit  ei 
auferes  et  pones  in  nostro  comuni. 

46.  Item  eris  studiosus  quod  illa  nim  yperper.  quae  nobis  solvere  te- 
nentur  milites  et  sergentes  Cretae  pro  annuali  censu,  amodo  in  antea  exigantur, 
et  totum  illud  quod  inde  excussum  fuerit,  poni  facies  in  laborerio  moli  portus 
civitatis  Candidae. 

Abh. d. I. Cl. d.  k.  Ak.  d.  Wiss. XIV. Bd.  I.  \bth.  27 


190 

47.  Et  si  ducha  Cretae  et  socius  tuus  consiliarius  iverint  ant  aliquo 
modo  fuerint  extra  civitatem  Candidae,  tu  solus  facere  tenearis  tarn  diu  regimen 
illius  iusulae,  quam  diu  ipse  ducha  et  consiliarius  steterint  aut  fuerint  aliquo 
modo  extra  civitatem  Candidae;  possis  inquirere  et  examinare  atque  imponere 
poenam  et  poenas  et  accipere  sacramentum,  sicut  tibi  videbitur,  non  compleudo 
aliquid,  sed  dimittendo  complementum  negocii  usque  ad  adventum  duchae  et 
alterius  consiliarii.  verum  si  ducha  iret  pro  stando  ultra  dies  v.,  dentur  tunc 
tibi  duo  consiliarii  per  electionem  majoris  consilii,  cum  quibus  possis  facere  re- 
gimen et  exercere ;  non  tarnen  possis  dare  vel  concedere  alicui  personae  vel 
aliquibus  personis  aliquas  cavalarias  vel  aliquas  terras  comunis,  nee  concedere 
nee  dare  nee  auferre  feudum  vel  terram  comunis  alicui  personae  vel  personis, 
nisi  ad  voluntatem  dicti  duchae  et  consiliarii  seeundum  formam  supradietam  et 
majoris  partis  sui  consilii,  et  nichilominus  capitulum  commissionis  duchae  supra 
regimine  totius  insulae  cum  uobis  duobus  consiliariis  remaneat  firmum. 

48.  Ad  h a e c  sollicitus  et  studiosus  eris  cum  ducha  et  socio  tuo  consiliario 
ad  inquirendum  et  seien  dum,  si  aliquis  Venetus  qui  a  tempore  nostri  ordinamenti 

1254  et  consilii,  facti  currente  anno  domini  mccliiii  indictione  xii.  die  XI.  exeuntis 
mensis  Marcii,  exiverit  de  Veneciis,  et  veniet  ad  partem  et  terram  Cretae  contra 
nostrum  ordinamentum  et  publicum  interdictum,  et  si  aliquis  inventus  fuerit 
qui,  sicut  dictum  est,  ad  partes  regiminis  vestri  accesserit  contra  ordinamenta 
nostra,  studiosus  eris  et  operam  dabis,  quod  unieuique  auferantur  per  ducham 
Cretae  librae  xxv.  pro  quolibet  centenario  de  suo  havere  pro  poena,  seeundum 
ordinamentum  nostrum  olim  factum  super  illos  qui  contra  ordinem  vadunt ;  et 
quod  idem  ducha  ipsos  Venetos  omnes  nobis  tuis  litteris  debeat  declarare  et 
si  ab  eis  aeeepta  fuerit  dieta  poena  vel  non,  ut  contra  eos  procedatur,  sicut 
est  per  nos  et  nostrum  consilium  ordinatum. 

49.  Comittimus  etiam  tibi,  quod  simul  cum  ducha  Cretae  et  socio  tuo 
consiliario  seeundum  formam  praedietam  debeas  Venetos,  si  qui  fuerint  in  par- 
tibus  Cretae,  qui  male  fecerint  et  traetaverint,  facta  sua  redarguere ,  amonere 
et  inducere  ad  bene  faciendum,  sicut  vobis  videbitur.  et  si  pro  vestra  redar- 
gutione  et  amonitione  non  cessaverint  male  traetare  et  facere  facta  sua,  bona 
omnia  quae  habuerint  in  partibus  vestri  regiminis,  debeatis  intromittere  et  ac- 
cipere et  eos  penes  vos  retinere.  et  ipsa  bona  traetare  et  procurare  et  Venecias 
ducere  vel  mittere  debeatis,  sicut  duchae  et  consiliario  socio  tuo  et  tibi  seeundum 
formam  praedietam  videbitur,  pro  utilitate  personarum,  ad  quas  dieta  bona 
speetaverint. 

50.  Item  non  consules  nee  permittes,  quod  plures  duobus  Latinis  cum 
octo  servitoribus  vadant  obviam  alicui  Graeco   in  civitatem  venienti,  nee  plures 


191 


duobus  Latinis  associent  aliquem  Graecum  pro  aliquo  facto  vel  petitione  coram 
ducha  et  consiliariis,  nee  coram  aliis  officialibus  comunis  Cretae. 

51.  Nee  peeuniam  aeeipies  mutuo  aliquo  modo  pro  tuo  salario  per- 
solvendo,  nee  navigium  comunis  pignorabis,  nee  vendes  modo  aliquo  pro  tuo 
salario  persolvendo  nee  pro  aliqua  alia  causa,  nee  etiam  ipsum  navigium  co- 
modabis. 

52.  Prohibemus  etiam  tibi,  quod  prohibitum  est  duchae  Cretae  et  con- 
siliariis  soeiis  tuis.  quod  peeuniam  non  debeatis  mutuo  aeeipere  pro  comuni 
Veneciaram  ad  solvendum  in  Veneciis  ullo  modo,  nisi  specialem  commissionem 
habebitis  a  nobis  et  nostro  consilio. 

53.  Item  non  conduces  tecum  nee  tenebis  filium,  fratrem  vel  nepotem, 
qui  non  sit  divisus  a  te,  qui  debeat  exercere  nee  uti  mercadantia  per  se  nee 
per  alios. 

54.  Comittimus  etiam  tibi,  quod  cum  ducha  et  socio  tuo  consiliario  esse 
debeas  cum  v.  de  pace  qui  sunt  in  Creta,  ad  dandas  et  difiniendas  sententias, 
quas  dabant  et  difiniebant  olim  v.  Uli  de  pace,  et  volumus,  quod  dictus  ducha, 
tu  et  socius  tuus  consiliarius  et  dicti  v.  de  pace,  vel  major  pars  illorum  qui 
fuerint  congregati,  possint  et  debeant  dare  et  difinire  illas  sententias,  quas 
inter  se  posuerint. 

55.  Sciendum  est,  quod  reeepisti  in  Veneciis  libras  L.  Venet.  quae  con- 
suetae  sunt  dari  consiliario  Cretae  pro  suis  expensis. 

56.  Et  est  sciendum,  quod  de  duobus  equis  quos  habere  debes,  unus 
esse  debet  de  precio  libr.  lxxx  vel  inde  supra,  si  de  Veneciis  conduxeris;  et 
si  in  insula  comparaveris,  debet  esse  de  precio  yperper.  LX  vel  inde  supra,  et 
debent  esse  de  tribus  annis  vel  inde  supra,  tarn  ipsi  quam  alii  quos  debes  habere 
in  Creta.  et  nulluni  de  equis  tuis  potes  vel  debes  vendere  vel  dare  alicui 
Graeco  ullo  modo  vel  ingenio. 

57.  Item  sciendum  est,  quod  de  Veneciis  Cretam  mittimus  duos  ca- 
merlengos  pro  scribendis  introitibus  et  expensis,  quae  fierent  ibidem,  quibus 
dare  debeas  in  exequendis  quae  eis  commissa  sunt,  auxilium  et  favorem. 

58.  Praeterea  non  potes  vel  debes  tu  vel  filius  tuus  aut  frater,  qui  non 
sint  a  te  divisi,  collegantiam  aliquam  ab  aliquo  burgense  reeipere  seu  ab  ali- 
qua alia  persona  pro  eo  ullo  modo  vel  ingenio  per  totum  tempus  tui  regi- 
minis  nee  per  medium  annum,   postquam  compleveris. 

27* 


192 

59.  Praeterea  non  potes  tecura  adducere  vel  mittere  Venecias  aliquas 
mercationes,  nisi  secundum  licentiam  mercatoribus  Veneciarum    datara. 

1-2S1  60 s).     Item,   si  aliquis  accipiet  uxorem   in  Creta  et   habebit    in   dotem 

feudum  aliquod,  ipse  teneatur  et  debeat  servire  in  propria  persona  deinceps,  et 
debeat  illud  feudum  scribi  marito,  per  aestimationem  factam  a  te  ducha  vel 
aliis,  sicut  tibi  et  tuo  consilio  bonum  videbitur,  ita  quod  ille  maritus  faciat 
quod  illud  feudum  sit  pignus  illi  suae  uxori,  et  quod  etiam  faciat  ei  securitatem 
super  omnia  sua  bona;  et  si  ipse  maritus  nollet,  vendatur  feudum  et  solvatur 
inde  marito  de  suis  dotibus. 

61.  Item  quod  non  debeat  dari  pro  iudicatu  alicuius  dominae  aliquod 
feudum,  salvo  quod  si  ipsa  haberet  filium  qui  possit  servire,  ipse  debeat  jurare 
et  servire ;  et  si  ipse  filius  esset  minor  quam  de  servitio,  ipsa  domina  teneatur 
et  debeat  facere,  quod  alius  serviat  secundum  formam  aliarum  militiarum,  et 
quando  ille  filius  erit  talis  aetatis,  quod  possit  illam  militiam  servire,  recipiat 
ipsam  et  serviat,  ut  dictum  est.  et  si  haberet  filiam,  similiter  faciat  illam  mi- 
litiam servire  aliquem  alium,  donec  ipsa  filia  nubat,  et  postea  maritus  ejus  eam 
suscipiat  et  serviat  secundum  formam  aliarum  militiarum.  et  si  ipsa  hoc  nollet, 
ipsa  militia  vendi  debeat,  et  inde  solvatur  sibi  de  sua  repromissa. 

62.  Item  non  permittes  accipi  nee  aeeipies  de  mensura  salis  ultra  n 
sterlinos. 

1273  63.     Item   cum  in  ista  commissione  contineatur  quod,    cum    consiliarius 

Cretae  teneretur  quilibet  eorum  portare  secum  libras  CCCC,  quod  de  caetero 
non  teneantur  portare  nisi  libr.  c  et  capitulum  primum  in  hoc  sit  revocatum ; 
quae  pars  fuit  capta  in  MCCLXXV  indictione  III  die  vn  intrante  Maclio  6). 

127G')  64.     Teneris    quidem   et   debes   facere   observari ,   quod    omnes  illi    qui 

liabent  vel  habebunt  de  cetero  in  insula  Cretae  pro  uxoribns  suis  usque  ad  me- 
diam  militiam  vel  inde  supra,  teneantur  servire,  sicut  tenentur  alii  milites 
de  Creta. 

65.  Item  facies  observari,  quod  omnes  illi  qui  tenentur  tenere  equos 
per  feudum,  quod  pejor  equus  debeat  esse  valoris  xx  yperperorum  et  inde  supra. 


5)  Cum  hoc  capitulo  et  quae  sequuntur  proxima   duo,   conferas   commentationis    meae    „die 
ältesten  Verordnungen  der  Venezianer"  pag.  18.  cap.  21. 

6)  cfr.  commentationis  meae  cap.  18  p.  17. 

7)  cfr.  commentationis  meae  cap.  20.  p.   17. 


193 

66.  Item  teneris  sacramento  inquirere  de  omnibus  tarn  homiuibus 
quam  mulieribus,  qui  vel  quae  remanserimt  vel  de  caetero  remanserint  commis- 
sarii  ali cujus,  qui  commisit  vel  de  caetero  committet  ad  vendendum  aliquam 
cavallariam  vel  sergentariain,  et  facere  observari  formam  testameuti  in  vendi- 
tione,  sicut  testator  duxerit  ordinandum. 

67.  Item  non  permifctes,  qnod  aliquis  de  feudatis  comunis  possit  nee 
debeat  venire  Venecias  pro  ambaxatore,  quando  est  guerra  in  insula  Cretae. 

68.  Item  non  aeeipies  aliquam  peeuniam  mutuo  aliquo  modo  vel  ingenio 
ab  aliquo  cive  vel  burgense  vel  habitatore  insulae  Cretae,  neque  filii  tui  non  divisi 
a  te  nee  et  socius  tuus  aeeipiet;  nee  etiam  stabis  plegius  tu  vel  ipsi  pro 
aliquo,  qui  reeipiet  peeuniam  mutuo,  et  hoc  quod  non  possis  tu  vel  ipsi  acci- 
pere  pro  nobis  absque  uostra  voluntate. 

69.  Item    observabis   formam  infrascriptorum  consiliorum   captorum   in   128» 
mcclxxxv  die  xn  Junii  xm  indictione: 

Capta  fuit  pars,  quod  casalia  omnia  comunis  Cretae  affictentur  ad  xxvmi 
annos  ad  renovandum  cartam  ad  alios  xxvmi,  et  postea  redeant  in  comune. 

70.  Item  illi  qui  aeeipient  casalia  praedieta,  debeant  solvere  solum 
yperpera sicut  ipsi  incantabunt. 

71  8).  Item  quod  omnes  domus  comunis,  quae  sunt  super  rugam  ma-  , 
gistram,  remaneant  in  comuni,  et  domus  posteriores  de  versus  sanetum  Titum 
quae  teuentur  cum  istis  et  omnes  aliae  debeant  incantari  ad  xxvmi  annos  ad 
renovandum  cartam  ad  alios  xxvmi,  et  postea  remaneant  in  comuni ;  et  illi  qui 
aeeipient  eas,  debeant  facere  comprehensum  de  foris  circum  circa  de  lapidibus 
et  calcina  et  alios  albergos  interiores  de  quocumque  eis  placebit. 

72.  Item,  quod  sit  in  libertate  duchaeet  consiliariorum,  de  burghesiis  quae 
datae  sunt,  quae  debent  servire  vel  facere  servire  per  mare,  et  debent  habere 
hominem  unum  pro  qualibet,  quando  exercitus  debet  ire  per  mare ,  dealienare 
ipsas,  sicut  eis  videbitur,  ad  faciendura  servire  sive  per  mare,  sive  per  terram 
tempore  quo  debet  servire,  non  intelligendo  per  mare,  quando  discedent  a  civi- 
tate  Candidae  cum  navigio. 

73.  Item  quod  caballariae,  quae  sunt  citra  scalam  et  non  possunt  guar- 
niri  infra  medium  annum,  postquam  ducha  praeeeperit  illis,   qui  habuerint  eas, 


8)   cfr.  cap.  23.  pag.  19  commentationis  raeae. 


194 


quod  debeant  eas  guarnire,  quod  praeceptum  dictus  ducha  teneatur  et  debeat 
eis  facere  statim,  debeant  auferri  illis  qui  non  poterunt  vel  nolent  eas  guarnire 
et  dari  aliis  secundum  commissionem  duchae,  auferendo  de  ipsa  commissione 
verbum  quod  dicit:  „cum  bono  terrae",  et  de  hoc  remanebunt  tot  caballariae 
in  comuni,  quod  dabunt  bene  c  sergentes,  partiendo  caballarias  per  sergentarias, 
sicut  debet,  et  sunt  bene  XL  caballariae  quae  non  guarniuntur. 

74.  Item  illi  qui  debent  servire  ad  pedes  per  unam  sergentariam,  ac- 
cipiantur  de  catastico  comunis  eorum  scripta  et  fiat  de  ipsis  unus  quaternus,  qui 
detur  in  manibus  duchae,  ut  sciat,  quos  debet  habere,  erunt  bene  xxx. 

75.  Item  omnes  sergentariae  quae  sunt  coniunctae  cum  caballariis  a  XX 
annis  citra,  debeant  redire  in  suum  statum  et  servire  per  sergentarias. 

70.  Item  quod  ballistarios  Latinos,  missos  de  Veneciis  in  Cretam,  de- 
beant gUarniri  omnia  castra  Cretae  et  constabunt  minus  et  habebunt  plures 
Latini  in  insula. 

77.  Item  quod  accipiantur  a  militibus  Candidae  illi  denarii,  de  quibus 
ipsi  nmniunt  castra  et  dentur  comuni,  et  comune  ea  munire  debeat  de  dictis 
balistariis,  si  eis  placebit,  quia  dicti  milites  illos  qui  sunt  ad  munitionem  dic- 
torum  castrorum,  faciunt  facere  suas  angarias  aliquando  et  non  solvunt  eis,  ita 
quod  possint  inde  vivere. 

78.  Item  quod  omnes  burgenses  qui  non  possunt  facere  imprestita  a  C 
yperperis  supra,  debeant  facere  de  una  pro  cent.  in  anno  imprestitum  tempore 
guerrae,  et  dare  duchae  pro  accipiendo  soldaderiis  pro  quatuor  meusibus,  duobus 
in  aestate  et  duobus  in  yeme,  vel  sicut  videbitur  a  quatuor  meusibus  infra  quo- 
libet  tempore  anni,  et  dictum  inprestitum  debeat  reddi  de  redditibus  comunis 
tempore  pacis. 

79.  Item  quod  milites  Cretae  debeant  dare  vobis  yperpera  MMM,  sicut 
debent  per  pacta  omni  anno,  aut  (et?)  debeant  esse  nostri  redditus  portae  quocumque 
istorum  ipsi  voluerint,  et  dicta  yperpera  debeant  expendi  in  serviciis  terrae  Cretae. 

80.  Item  quod  quilibet  miles,  qui  debet  tenere  socium  et  familiam, 
debeat  tenere  eum  et  eam  in  domo  sua  ad  omnes  suas  expensas.  et  cocienscumque 
fuerit  inventum,  quod  aliquis  de  caetero  non  tenuerit  eum  et  eam,  sicut  debet, 
cadat  in  poenam  yperp.  vi  pro  sergente,  et  qui  accusabit  aliquem  contrafacientem, 
habeat  medietatem  poenae,  si  per  eum  veritas  invenietur ,  '  et  alia  medietas  sit 
comunis,  et  nichilominus  infra  vm  dies  sequentes  teneatur  dictus  miles  rehabere 


195 

alium  loco  deficientis,  sub  poena  eadem,  et  si  ipse  se  ipsum  accusaret,  non  ha- 
beat  aliquam  partem  de  dicta  poena. 

81.  Item  quando  ducha  ibit  in  exercitum,  possit  ducere  secum  duos 
socios,  unum  Venetum  et  alium  de  Creta,  et  octo  sergentes  ultra  suam  familiam 
et  non  plures,  et  equos  sufficientes  ad  istos ;  et  dicti  sergentes  non  debeant 
comedere  ad  tabulam  cum  ipso  ducha.  et  consiliarii  possint  habere  unum  so- 
cium  pro  quolibet,  quando  ibunt  in  exercitum  et  quatuor  sergentes  ultra  suam 
familiam  et  non  plures,  qui  sergentes  non  debeant  comedere  ad  tabulam  cum 
ipsis.  et  hoc  intelligatur  tarn  de  rectore  Rethimii  et  Caneae  quam  de  aliis, 
et  dictus  ducha  et  consiliarii  non  possint  accipere  de  equis,  quibus  venerint 
texerae  ad  eundum  in  exercitum. 

82.  Item    observabis  formam  infrascripti    consilii  mcclxxxxvii  die  xxm   1297 
Aprilis :  . 

Capta  fuit  pars  quod  pro  praesenti  guerra  cum  Alexio  Carlegii  (i.  e. 
Calergi)9)  et  seguacibus  suis  dentur  omni  anno  per  istud  comune  duchae  et 
consiliariis  Cretae  xniim  yperp.  usque  ad  guerram  finitam,  tali  condictione,  quod 
ipsi  teneantur  mittere  ad  recipiendum  c  balistarios  de  ultra  mare,  quos  ipsi 
debeant  continue  retinere,  et  quod  stare  debeant  Septem  mensibus  in  anno  in 
exercitu  generali  ultra  scalas  cum  medietate  hominum  dictae  insulae,  dividendo 
ipsos  menses,  sicut  eis  videbitur,  habito  consilio  sapientum ;  et  debeant  mitti 
praedicta  yperp.  cum  caravana  Augusti  (?)  pro  anno  futuro,  et  de  inde  in  antea 
omni  anno  per  caravanam  Augusti  usque  ad  guerram  finitam ;  et  si  praedicta 
yperpera  non  essent  in  toto  vel  in  parte  expensata,  quando  dicta  guerra  fini- 
retur,  debeant  pecuniam  non  expensatam  mittere  Venecias,  quam  cito  poterunt 
bona  fide;  et  non  possint  expendere  dicta  yperpera  nisi  pro  dicta  guerra  prae- 
senti ;  et  quod  ducha  non  possit  expendere  ,  quando  erit  in  guerra  de  dictis 
yperperis,  nee  de  alia  peeunia  comunis  ultra  X.  yperpera  per  diem  pro  se  et  suis 
consiliariis  et  curia  sua,  et  non  possit  nee  debeat  eis  mitti  aliqua  peeunia  ultra 
per  istud  comune  nisi  dicta  yperpera. 

83.  Item    observabis  formam  infrascriptorum  consiliorum   captorum    in   1287 
MCCLXXXvil  die  seeunda  Julii  XV  indictione; 

Capta  fuit  pars  quod  ducha  et  consiliarii  Cretae  faciant  duci  in  civitatem 
aut  in  castra  comunis  seu  in  fortilitias  totum  bladum  quod  erit  de  foris,  sicut 
duchae,  tibi  et  socio  tuo  consiliario  videbitur  pro  bono  insulae,  varniendo  tarnen 
castra  comunis. 


8)   Haec  guerra  diuturna  finita  est  a.  1299;  vide  instrumentum  pacis  in  Font.  rer.  Austria- 
carum,  t.  XIV,  p.  377  et  epimetrum  nostrum  p.  384 — 390. 


196 


84.  Item  quod  ducha  cum  suo  consilio  debeat  stare  ultra  scalas  con- 
tinue,  usque  ad  guerram  finitam.  verumtamen  si  casus  occurreret,  per  quem 
videretur  eis  veuiendum  citra  scalas,  possit  sicut  duchae  et  suo  consilio  vide- 
bitur  venire  et  facere  id  quod  fuerit  opportunum,  revertendo  illuc  quam  citius 
poterunt.  ' 

85.  Item  cum  de  caballariis  sint  plures  defectus,  faciant  ducha  et  con- 
siliarii  quod  ipsae  caballariae  debeant  bene  teneri  guarnitae  sicut  ipsae  debent. 

86.  Item  quod  ducha  et  consiliarii,  quando  erunt  in  exercitu,  non  de- 
beant facere  nisi  unam  curiam;  sed  debeant  stare  omnes  ad  unam  mensam, 
nisi  esset  occasione  infirmitatis. 

87.  Praeterea,  quandocumque#  de  terra  Cretae  exibis  in  exercitu  vel  pro 
aliis  negociis  terrae  simul  cum  ducha  vel  camerariis,  debeas  tu  et  camerarii  simul 
cum  ducha  stare  ad  comunes  expensas,  et  unam  curiam  habere  et  tenere,  et 
non  plures,  computando  de  tuo  salario  tantum,  quantum  in  ista  commissione 
continetur. 

88.  Item  quod  nullus  homo  vel  foemina  possit  ire  ad  inimicos  nee  por- 
tare  aliquam  utilitatem  inimicis,  nee  possit  Parlamentäre  cum  ipsis,  nee  eis  lit- 
teras  mittere,  nee  aliquid  praedictorum  facere  sine  licentia  duchae  vel  ejus  con- 
silii  aut  aliorum,  qui  essent  constituti  pro  dieta  signoria,  ponente  ducha  cum 
suo  consilio  poenam  et  poenas  propter  hoc,  quae  sibi  videbuntur  expedire. 

89.  Item  quod  ducha  et  consiliarii  teneantur  sacramento  de  non  facere 
dari  aliquos  denarios  vel  pignus  tarn  a  judieibus  quam  ab  aliis  officialibus  ali- 
cui  scribano  de  palacio,  neque  cancellario,  neque  suo  cappellano,  sed  illi  denarii 
et  pignus  deveniant  in  manibus  cameratus.  et  postquam  erunt  in  manibus 
camerariorum,  ducha  cum  maiori  parte  sui  consilii  faciat  sicut  sibi  videbitur, 
et  camerarii  teneantur  sacramento  ipsos  denarios  et  pignora  reeipere,  et  addatur 
in  eorum  commissione  quod  teneantur  dare  operam,  quod  deveniant  in  manus 
suas,  et  de  excutiendo  ipsos. 

90.  Item  quod  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum  Cretae 
quod,  quando  erunt  in  exercitu  aliquo,  teneantur  habere  secum  unum  camerarium, 
et  nullus  denarius  possit  expendi  nisi  per  manum  dicti  camerarii,  et  ducha  et 
consiliarii  non  possint  in  sua  curia  inter  omnes  expendere  ultra  yperp.  x  in 
die,  et  si  plus  expenderent,  expendant  de  suo ;  et  addatur  in  commissione  came- 


197 


rariorum,  quod  teneantur  sacramento  ad  minus  unus  eorum  ire  in  exercitu  cum 
dicto  ducha  et  consiliariis  quibuslibet  quatuor  mensibus,  et  si  ille  qui  debebit 
ire,  non  iret,  perdat  omni  die  grossos  III,  salvo  pro  infirmitate  personae,  et 
ducha  cum  suo  consilio  praecipere  debeant  aliis  quod  vadant  et  stent  in  exercitu. 

91.  Item  quando  ducha  et  consiliarii  erunt  in  exercitu,  non  possint 
nee  debeant  dare  alicui  de  sua  familia,  nee  sescalco,  nee  expensatori,  aliquid 
de  be^tiis,  nee  de  aliquibus  aliis  quae  ipsi  lucrarentur  in  ipso  exercitu,  sed 
omnia  praedieta,  quae  lucrarentur,  venire  debeant  in  manibus  camerariorum,  et 
hoc  addatur  in  commissione   camerariorum. 

92.  Item  quando  ducha  ibit  in  exercitu  publico,  non  possit  conducere 
secum  ad  soldum  comunis  aliquem  de  suis  octo  servientibus  quos  ipse  debet 
tenere  in  civitate,  sed  debeat  alios  soldaderios  ad  soldum  communis  Veneciarum, 
sicut  videbitur  ei  et  suo  consilio,  et  hoc  addatur  in  capitulari  consiliariorum, 
quod  praedieta  debeant  facere  observari. 

93.  Item  quod  aliquis  Graecus  non  possit  esse  neque  de  parvo  neque 
de  magno  consilio,  neque  de  aliquo  alio  consilio  in  insnla  Cretae. 

94.  Item  quod  nee  aliquis  Graecus  nee  filius  Graeci  possit  esse  de 
aliquo  consilio  in  Crete,  et  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum. 

95.  Item  quod  notarius  duchae  vel  aliquis  alius  uotarius  Cretae  non 
possit  aeeipere  de  aliqua  carta  pertinente  ad  nostrum  comune  ultra  yperp. 
unum;  et  si  esset  carta  parvi  valoris,  aeeipiat  inde  minus  per  rationem,  salvis 
cartis  franchitatum,  quae  remaneant  sicut  erant. 

96.  Item  cum  sit  per  nos  et  nostrum  minus  et  raajus  consilium  ordi- 
natum,  quod  naves  quae  exeunt  de  Veneciis  et  redeunt  de  extra  Culfum,  non 
possint  nee  debeant  ponere  aliquam  mercationem  ab  arbore  de  medio  versus 
proram,  usque  ad  solarium  portae  prodis  de  versus  arbore  quod  est  iuxta  proram 
inter  duos  castellos  in  poena  cc  libr  ,  volumus  et  tibi  committimus,  quod  simul 
cum  soeiis  tuis  vel  altero  eorum  naves  quae  applicuerunt  Cretam,  quando  de 
portu  debent  recedere,  antequam  recedant,  debeas  diligenter  inquirere  et  circare, 
et  si  quem  patronum  contra  praedieta  inveneris  facientem,  dietam  poenam  ab 
eo  exigere  debeas,  et  si  aliqua  occasione  dietam  poenam  exigere  non  poteris,  id 
debeas  tuis  litteris  advocatoribus  comunis  declarare,  ut  dieta  poena  exigatur  ab 
eo.  et  navigatores  navis  patronum  contra  facientem  aecusare  tibi  debeant  et 
teneantur  in  poena  libr.  Xxv  pro  quolibet. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Äk.  d.  Wiss. XIV.  Bd.  I.  Abth.  28 


198 


97.  Item  inhibemus  tibi,  quod  supra  nostram  comune  Veueciarum  non 
accipias  aliquam  pecuniäm  ad  usuram. 

98.  Item   observabis  forinam  infrascripti  consilii  quae  talis  est: 
Capta  fuit  pars  quod   addatur   in    capitularibus   patronorum   navium   et 

aliorum  lignorum,  quod  non  debeant  recipere  nee  mittere,  nee  reeipi  nee  mitti 
facere  aliquas  mereationes  super  coopertam  nee  subtus  vannum,  nee  subtus  para- 
disum,  nee  subtus  corredores,  nee  subtus  tabernam  ipsarum  navium  et  lignorum, 
quae  de  caetero  navigabunt.  tarn  per  riperiam  Syriae  quam  per  alias  partes  de 
extra  Culfum,  sab  poena  dupli  maioris  nauli  quod  habebunt,  et  quicumque 
aecusaverit,  habeat  medietatem  dietae  poenae  et  teneatur  de  credentia,  et  alia 
medietas  sit  comunis  Veneeiarum.  quam  poenam  rectores,  ad  quorum  notitiam 
praedieta  pervenerint,  excutere  teneantur.  et  hoc  addatur  in  capitulari  dictorum 
reetorum. 

99.  Item  observabis  et  notificabis  fidelibus  nostris  et  facies  observari 
formam  infrascripti  consilii,  quae  talis  est: 

quod  aliquis  Venetus  seu  habitator  Veneeiarum  non  possit  incantare  nee 
recipere  ad  affictum  vel  ad  partem,  nee  emere  nee  acquirere  aliquo  modo  vel 
ingenio  per  se  vel  per  alios  aliquam  cecara,  doanam  xo),  muduam,  pedagium,  ali- 
quod  dacium  vel  tholoueum  seu  gratiam  aliquam,  quae  vel  quod  nou  pertineat 
ad  dominum  ducem,  comune,  seu  ducatum  Veneeiarum  seu  ad  terras  vel  loca 
supposita  domin o  duci,  sub  poeua  dupli  ejus  quod  quaelibet  dietarum  rerum 
constabit  et  sub  poena  libr.  M;  et  qui  aecussabit  aliquem  contrafacientem,  habeat 
quartum  poenae,  si  per  ejus  accusationeDi  veritas  cognoscitur,  et  teneatur  de 
credencia,  et  addatur  in  capitulari  advocatorum  comunis,  quod  dietam  poenam 
excutere  debeant. 

100.  Item  observabis  formam  infrascripti  consilii,  quae  talis  est; 
quod  naves  et  taritae  et  alia  ligna,  quae  fuerint  de  cc  rnil.  vel  inde  supra, 

vel  circa,  ita  quod  non  sit  praeiudicium  si  esset  plus  aut  minus  XX  mil.,  post- 
quam  extimatum  faerit  per  consules,  non  possint  elevari,  nee  iungi  eis  aliqua 
cooperta  nee  corredorium,  nee  aperiri  in  boccha,  sed  debeant  semper  permanere 
in  modo  et  mensuris  efc  magnitudinibus,  quibus  erunt,  quando  extimabuntur, 
salvo  in  vanno  seu  castello,  in  bertesca,  schermo  et  latere,  quae  essent  de  super 
cooperta  vel  corredorio.  et  illa  quae  fiet  de  minus  CC  miliariis,  possit  elevari 
et  duci  usque  ad  cc  milliarios  et  non  ultra  in  poena  libr.  D  qui  faceret  contra 


10)  doana  cod.;  donatara?  sed   illud  quoque  non  inconcinnum  est,  forma  donata   sub- 
stantivi  rarissima. 


199 


praedicta  vel  aliquod  praedictorum.  quam  poenam  catauere  excutere  debeant. 
et  addatur  in  suo  capitulari.  et  accusator  habeat  quartum  poenae,  si  per  ejus 
accusationem  veritas  cognoscitur  et  teneatur  de  credencia.  et  addatur  in  com- 
missione  rectorum,  quod  si  aliquis  aecusaretur  eis,  quod  fecerit  contra  praedicta 
vel  aliquod  praedictorum,  quod  teneantur  excutere  dictam  poenam,  et  si  non 
possent  excutere  dictam  poenam  aliqua  occasione,  quod  teneantur  notificare 
cathaveris  quam  cito  poterunt  bona  fide.  v 

101.  Item  non  potes  nee  debes  aliquo  modo  vel  ingenio  absolvere  ali- 
quas  condempnationes  in  peeunia,  faetas  per  aliquem  vel  aliquos  praedecessorum 
tuorum,  nee  de  ipsis  condempnationibus  vel  earum  occasione  facere  seu  fieri 
facere  aliquam  compensatio nem ,  donum  seu  gratiam  aut  ullam  provisionem, 
nisi  cum  voluntate  nostra  et  nostri  consilii  de  XL  vel  de  maiori  consilio,  sed 
potius  illas  condempnationes  ad  tuum  posse  excutere  seu  excuti  facere  teneris, 
si  non  sunt  excussae. 

102.  Item    observabis  formam  consilii  quae  talis  est: 

quod  sicut  non  potes  absolvere  aliquas  condempnationes  praedecessorum 
tuorum  in  peeunia  faetas,  sie  non  potes  absolvere  illas  quae  faetae  sunt  vel 
lient  de  caetero  in  persona  vel  rebus  occasione  homieidii,  furti  et  tradimenti, 
aliquo  modo  vel  ingenio. 

103.  Item  non  potes  nee  debes  per  te  aut  per  tuum  vicarium  vel  vi- 
carios,  vel  per  alios  impedire  vel  facere  impediri  aliquam  personam,  undecumque 
sit,  quae  velit  venire  Venecias  cum  frumento  vel  alia  blava  nee  ipsum  frumen- 
tum  vel  blavam;  potius  teneris  eis  dare  consilium  et  favorem  cito  cum  ipsis 
frumento  et  blava  Venecias  veniendi  et,  si  contrafeceris,  cades  in  poenam  libr. 
C  pro  qualibet  vice,  quam  poenam  infra  unum  mensem,  postquam  ab  hoc  tuo 
regimine  Venecias  rediveris,  camerariis  commuuis  sub  poena  tandem  solvere 
teneris.  et  advocati  comunis  poenas  ipsas  excutere  teneantur.  et  nichilominus 
illud  quod  impedieris,  Venecias  mittere  teneris  per  sacramentum. 

104.  Item  teneris  et  debes  restituere  vel  facere  restitui  fratribus  Sy- 
naitis11)  de  insula  Cretae  illa  yperpera.  quae  invenientur  in  libris  comunis 
Cretae  ipsos  fratres  praestitisse  pro  dicto  comuni,  de  quibus  non  est  eis  satis- 
factum,  videlicet  yperpera  L  omni  anno  usque  ad  perfeetam  solutionem. 


11)  cfr.  notam  supra  ad  cap.  30.  Eosdem  fratres  revoces  apud  Valentinelli  bibl-  manuscr.  ad 
S.  Marci  III  p.  183  ubi  in  excerptis  cod.  296  legendum:  nee  a  Synaitis.  Continet  hie 
codex  comissionem  datam  duchae  Cretae  a.  1494,  quae  multa  ex  hac  comissione  repetit. 
inde  quaedam  emendare  aut  resarcire  lieuit. 

28* 


200 

105.  Item  uon  debes  tu  nee  socii  tui  consiliarii  cum  ducha  ire  nee 
interesse  ad  pastum  consuetum  fieri  duchae  et  consiliariis  Cretae  per  dictos 
fratres,  nisi  cum  viginti  personis. 

106.  Item  non  debes  tu  nee  socii  tui  consiliarii  aeeipere  dictis  fratribus 
taurum  aliquein  nee  aliquam  bestiam,  nisi  prius  concordaveritis  uos  cum  dictis 
fratribus. 

1287  107.     Item    observabis   formas   infrascriptorum  consiliorum  captorum  in 

mcclxxxvii  : 

Capta  fuit  pars  quod  remaneat  in  libertate  duchae  et  consiliariorum  Cretae 
de  stare  ultra  scalas  et  citra,  sicut  eis  videbitur;  et  si  cousilium  est  contra, 
sit  revocatum  quantum  in  hoc. 

108.  Item  quod  ducha  Cretae  et  consiliarii  teneantur  facere  observari 
concessionem  militum  in  facto  varnitionis,  et  insuper  illud,  quod  continetur  in 
commissione  duchae  Cretae  super  facto  varnitionis  feudorum ,  quae  sunt  male 
actenus  observata,  ex  quarum  varnitionum  defectu  status  Cretensis  insulae  est 
hodie  in  mala  conditione,  quoniam  feuda  sunt  male  varnita. 

109.  Item  quod  ducha  teneatur  infra  duos  menses,  postquam  Candidam 
applicuerit,  inquirere  omnes  fraudes  et  deeeptiones  commissas  quocumque  modo 
in  varnitionibus  illorum  qui  non  serviunt  personaliter,  et  quod  ipse  ducha  cor- 
rigat  et  emendari  faciat  ipsas  fraudes. 

110.  Item  quod  ducha  Cretae  non  faciat  gratiam  agraforum  alicui  per 
se  non  scribenti  in  feudis,  sed  si  pro  necessitate  terrae  fiat  gracia  de  cartis 
agraforum  aliquibus  personis,  quod  illa  gratia  fiat  per  ducham  et  consiliarios  et 
quod  illi  agrafi,  qui  sie  dabuntur,  scribantur  in  feudis. 

111.  Item  cum  caballariae  de  Larva 1 2)  non  sint  scriptae  in  catastico 
comunis  Cretae,  comittimus  tibi  quod  facias  eas  scribi  in  catastico  comunis  Cretae. 

112.  Item  tenearis  scribere  domino  duci,  quam  citius  poteris,  die.  qua 
intrabis  in  hoc  regimine  sive  officio. 

113.  Item  tenearis  scribere  officialibus  super  mercationibus  de  Levante, 
tarnen  quod  portabitur  ad  partes  tui  regiminis,  sicut  tenetur  scribere  aurum  et 
argentum. 


12)   an  de   Larna?  cfr.  infra  cap.  166. 


201 

114.  Item   observabis  forniam  consilii    capti   in    MCCLXXXX    die  VI  Julii  1290 
III  indictione : 

Capta  fuit  pars  in  maiori  cousilio  et  ordinatum,  quod  addatur  in  com- 
missione  duchae  et  consiliariorum  Cretae,  quod  infra  unum  mensem,  postqnam 
applicuerint  ibi,  teneantur  et  debeant  inquirere  et  scire  omnes  guarnitiones  ca- 
strorum  nostrornm  insulae  Cretae  et  scire,  quantum  ascendunt  dictae  varnitiones, 
et  deputare  debeant  de  redditibus  comunis  Cretae,  quantum  ascendunt  dictae 
guarnitiones;  et  non  possint  dictam  pecuniam  expendere  in  aliqua  alia  re  aliquo 
modo  vel  ingenio,  nisi  in  dictis  guarnitionibus;  et  si  aliquo  tempore  aliqua  oc- 
casione  oporteret  fieri  maiorem  guarnitionem,  plus  debeat  deputare. 

115.  Item    observabis    formam    consilii   capti    eodem    millesimo    et    in-   1290 
dictione  die  II  Julii: 

Capta  fuit  pars,  quod  id  quod  intrabit  de  caetero  de  comerclo  comunis 
Cretae,  non  possit  expendi  in  aliquo  alio  quam  in  aptatione  et  melioratione 
portus  Candidae,  qui  est  multum  devastatus  et  cotidie  devastatur,  et  hoc  addatur 
in  commissionibus  duchae  et  consiliariorum  Cretae. 

116.  Item  observabis  formam  consilii  capti  in  mcclxxxx  indictione  im  1290 
die  xxviiii  Septembris: 

Capta  fuit  pars  in  maiori  consilio  quod,  quicumque  de  caetero  tansabit 
comerclum  solvendum  per  nostros  Judaeos,  perdat  medietatem  haveris  sie  tan- 
sati;  et  qui  aecusabit  contrafacientem  ita  quod  per  ejus  aecusationem  veritas 
sciatur,  habeat  medietatem  dictae  poenae,  et  teneatur  de  credencia,  et  alia  me- 
dietas  sit  comunis,  et  hoc  addatur  in  commissionibus  rectorum  quod  sie  debeant 
observare,  et  in  solutione  dicti  comereli  non  intelligantur  Judaei  de  Tyro. 

117.  Item  non  potes  emere  nee  emi  facere  aliquid  quod  pro  comnni  ven- 
datur  ad  incantum. 

118.  Item,  quando  erit  pax  in  insula  Cretae,  debes  reeipere  solutionem 
tui  salarii  in  Creta,  sed  si  guerra  esset  in  insula  et  non  posses  habere  solu- 
tionem tui  salarii  in  Creta,  ut  dictum  est,  debeas  dictum  salarium  tuum  reei- 
pere in  Veneciis  ad  rationem  de  grossis  xn  pro  quolibet  yperpero. 

119.  Item  observabo    formam    consilii   capti    in    mcclxxxxii    die   xxiiii  1292 
Junii : 

Capta  fuit  pars,  quod  totus  sal  necessarius  insulae  nostrae  Cretae  aeeipiatur 
a  castellanis  nostris  Mothoni  et  Coronis  pro  eo  precio  quo  habent  ipsum  modo, 
et  non  aeeipiatur  alieuude  sal ;  et  hoc  addatur  in  capitulari  duchae  et  con- 
siliariorum Cretae. 


202 

120.  Item  non  possum  aliquo  modo  vel  ingenio  affrancare  terrara,  nee 
domum  in  civitate  Candidae,  nee  de  foris,  si  dieta  domus  vel  terra  erit  ali- 
cujus  feudi. 

1293  121.     Item  observabo  formam  consilii  quae  talis  est; 

MCCLXXXXiil  indictione  vi  die  villi  mensis  Maij  capta  fuit  pars  in  maiori 
consilio,  quod  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum  Cretae,  quod 
omnes  res  comunis  quae  debebunt  incantari,  debeant  facere  incantari  et  deli- 
berari  solum  in  platea  et  non  alibi. 

1293  122.     Item  observabo  formam  infrascriptorum  consiliorum  quae  talis  est: 

Anno  domini  MCCLXXXXiil  indictione  vi  die  V  mensis  Maij  capta  fuit  pars 
in  majori  consilio  et  ordinatum,  quod  aliqua  domus  comunis  non  possit  dari  de 
caetero  per  ducham  et  consiliarios  Cretae  alicui  personae  sine  licentia  domini 
ducis  et  sui  consilii,  exceptis  amiralio,  pesatore  illo  qui  aptat  staterias,  illo  qui 
procurat  portam ,  et  duobus  gastaldionibus.  et  illae  domus  quae  datae  a  X 
annis  citra  aliis  quam  praedictis,  debeant  devenire  in   comune 

123.  Eodem  millesimo  indictione  et  die  capta  fuit  pars  in  maiori  con- 
silio et  ordinatum,  quod  si  aliquis  Latinus  feudatus  seu  habens  burghesiam 
non  possit  facere  parentelam  cum  aliquo  Graeco,  et  qui  fecerit,  perdat  feudum 
et  burghesiam,  et  numquam  possit  habere  feudum  et  burghesiam  nee  esse  habi- 
tator  in  insula  Cretae. 

124.  Eodem  millesimo  die  et  indictione  capta  fuit  pars  in  maiori  con- 
silio, quod  consiliarii  Cretae  non  possint  nee  debeant  stare  plegii  vel  pagatores. 
nee  dare  pignus  pro  aliquo  vel  aliquibus,  qui  dare  debeant  aliquid  coniuni  ali- 
quo modo  vel   ingenio. 

125.  Eodem  millesimo  indictione  et  die  capta  fuit  pars  in  maiori  con- 
silio, quod  ducha  et  consiliarii  Cretae  possint  imponere  poenam  et  poenas  ca- 
merariis  comunis  Cretae  pro  hiis,  quae  facere  debent  per  suum  capitulare  et 
poenas  quas  imposuerint,  excutere  teneantur  a  dictis  camerariis  si  facerent  contra. 

1293  126.     Item    observabo  formam  infrascriptorum  consiliorum: 

MCCLXXXXiil  indictione  vi  die  xxvi  Julii  capta  fuit  pars  in  maiori  con- 
silio quod  comendariae  quae  ponuntur  in  camer leugariis  Cretae,  non  possint 
inde  tolli  nee  per  mutuum  uec  aliter,  nisi  seeundum  formam  recordationis 
ipsarum  commendariarum. 

127.  Item  quod,  sicut  redditus  comereli  Cretae  expenditur  in  aptatione 
moli    et    portus,    ita   et    debeat   expendi   in    aptatione    domorum    desuper    ruga 


203 

magistra  secundum  discretionem  ducliae  et  consiliariorum,  et  iion  possit  expeudi 
dictum  coiuercluni  in  aliud  quam  in  praedicto  molo  et  portu  et  domibus  rughae 
magistrae. 

128.  Item   in  MCCLXXxxm  die  II  Julii  capta  fuit  pars,    quod  ducha   et  129S 
consiliarii  Cretae  non  possint  naulizare  nee  mutuare  aliquod  navilium,  nisi  tres 
eorum  fnerint  inde  concordes. 

129.  Item    observabis  formam  infrascriptorum  et  consilii  capti  in  con-   1292 
silio  rogatorum  et  XL  habita  licentia  a  maiori  consilio,  quae  talis  est: 

mcclxxxxh  indictione  v,  die  xxm  inensis  Junii  capta  fuit  pars  in  con- 
silio rogatorum  et  XL,  quod  debeant  dari  duchae  et  consiliariis  Cretae  yperper. 
xiinm,  sicut  est  ordinatum ;  de  quibus  dari  debeant  libr.  c  ad  parvos  in  anno 
pro  qualibet  cabalaria  Caneae  quae  dicitur  esse  circa  l  ;  sed  si  plures  seu  po- 
tiores  essent,  dentur  librae  C  illis  quae  invenientur,  cum  ista  conditione:  quod 
rector  qui  erit  in  Canea  habere  debeat  bonam  securitatem  ab  illis  quibus  da- 
buntur  dietae  librae  c,  quod  tenebunt  ad  plenum  suas  varnitiones  ut  debent; 
et  si  aliquis  esset  qui  non  teneret  suam  varnitionem  ad  plenum,  dictus  rector 
teneatur  ei  aeeipere  poenam  quam  propter  hoc  dixerit  imponendam. 

130.  Item  quod  ducha  praedictus  debeat  ire  et  stare  in  exercitu  ultra 
scalas  sicut  ei  et  suo  consilio  videbitur;  et  possit  residuum  dictorum  yperp. 
xmim  (expendere)  solum  in  exercitu  quem  ipse  ducha  faciet  ultra  scalas,  et  non 
alio  ullo  modo ;  et  si  illi  de  Canea  requisiverint  suecursum  a  ducha  pro  eorum 
opportunitatibus,  dictus  ducha  eis  suecursum  dare  debeat  equestrem  et  pede- 
strem,  sicut  ei  videbitur  secundum  eorum  requisitionein. 

131.  Item    observabo  formam  consilii  quae  talis  est: 

quod  iniungatur  in  capitulari  seu  commissione  omnium,  quae  faciunt 
extra  Venecias  cum  aliis  aliquas  expensas  de  peeunia  comunis,  de  quibus  de- 
beat reddi  ratio  Veneciis,  quod,  quando  aliquis  eorum  debeat  venire  Venecias, 
teneatur  requirere  a  remanentibus,  cum  quibus  expenderit,  exemplum  suorum 
quaternorum,  qui  faciunt  ad  rationes  suas,  et  ipsi  teneantur  sibi  illud  exemplum 
dare  et  ipsum  per  ipsos  mittere  sigillatum  de  suis  sigillis. 

132.  Item  debeo  videre  apud  domum  duchae,  ubi  mihi  melius  videbitur, 
de  aeeipiendo  tantam  terram  vel  domos,  in  qua  fiant  duae  pulchrae  domus  pro 
consiliariis,  dando  bonum  restaurum  illis,  quorum  erit  terra  vel  domus  taliter, 
quod  comune  potius  reeipiat  dampnum  quam  speciales  personae;  et  istae  duae 
domus  fieri  debeant  de  bonis  comunis  Cretae,  videlicet  de  eo  quod  supererit  ad 
faciendum  factiones  ipsius  terrae;  et  quod  ducha  Cretae  non  possit  a  modo  in- 


204 

cipi  facere  de  novo  aliquod  opus,  nisi  domus  praedictae  consiliariorum  prirao 
fuerint  factae.  et  si  tempore  istius  duchae  qui  iturus  est  ad  praesens,  domus 
praedictae  non  poterunt  compleri,  quod  alius  vel  alii  successores  sui  et  con- 
siliarii,  qui  erunt  pro  tempore,  teneantur  facere,  quod  ducantur  ad  comple- 
mentum.  et  postmodum  in  domibus,  in  quibus  morantur  cousiliarii  ad  prae- 
sens, habitare  debeant  tres  camerlenghi  comunis,  qui  mittuntur  hinc  illuc.  et 
si  consilium  vel  commissio  est  contra,  sit  revocatum  quantum  in  hoc. 

133.  Item  observabo  formam  infrasciptorum  consiliorum,  quod  addatur 
in  commissione  duchae  Cretae  et  ejus  consiliariorum,  quod  aliquis  suorum 
filiorum  non  possit  stare  nee  habitare  in  terris  suorum  regiminum  nee  habere 
suam  collegantiam,  nee  denarios  ipsorum  suorum  filiorum  ibidem,  nee  per  cam- 
bium  aliquem  modo  aliquo  vel  ingenio,  donec  ipsi  erunt  in  ipsi.s  regiminibus; 
et  si  consilium  vel  commissio  vel  capitulare  est  contra,  sit  revocatum  quantum 
in  hoc. 

134.  Item  quod  ducha  et  consiliarii  Cretae  non  possint  audire  quae- 
stiones,  rixas  et  brigas  aliquorum  propinquorura  suorum  sibi  attinentium  se- 
eundum  formam  consilii,  per  quod  exitur  de  consilio  in  Veneciis,  sed  reliqui 
debeant  eas  audire  et  diffinire  verum  si  aeeideret  iste  casus  ibi ,  tunc  unus 
camerariorum  qui  mittuntur  hinc  per  texeram  vel  ambo  si  duo  exirent,  succedant 
loco  ipsorum  exeuntium  pro  propinquitate,  ut  dictum  est. 

1300  135.     Item   observabo  formas  infrascriptorum    consiliorum    captorum   in 

consilio  rogatorum  et  XL  in  MCCC  die  xxil  Julii,  quorum  talis  est  tenor : 

quod  de  denariis  comereli  de  Creta  M  yperpera  sint  deputata  pro  apta- 
tione  moli.  CL  pro  aptatione  Rethemi.  CL  pro  muris  Caneae  et  turris  et  D 
pro  aptatione  domorum  comitis  Candidae  quae  sunt  ruinatae,  omui  anno ;  resi- 
duum  vero  dicti  comereli  deveniat  totum  in  comune  Veneciarum,  et  teneantur 
ducha  et  consiliarii  mittere  Venecias  investituras.  et  rectores  Rethimi  et  Caneae 
teneantur  facere  rationes  per  se  de  dictis  denariis  de  facto  Rethimi  et  Caneae 
et  domorum  sicut  supra  dicitur,  usque  ad  quatuor  annos,  et  si  non  expen- 
derentur,  mittant  Venecias;  residuum  de  facto  moli  etiam,  si  non  expenderent, 
mittant  huc. 

136.  Item  quod  ducha  et  consiliarii  omnes  equos,  quos  ipsi  ement  in 
Crete,  non  possint  eos  vendere  nee  alienare  nisi  per  duos  menses  ante  exitum 
sui  offieii. 

137.  Item  quod  omnes  equos  quos  ipsi  conducent  de  Veneciis  in  Crete, 
debeant  facere  scribi  pro  sua  guarnitione  usque  ad  perfeetam  guarnitionem,  et 


205 


superfluum  non  possint  vendere,  nisi  feudatis  qui  tenentur  habere  guarnitionem, 
et  illi  feudati  teneantur  incontinenti  facere  scribi  pro  guarnitione. 

138.  Item    quod  duplae  electiones  removeantur  et  fiant  ugnolae  13). 

139.  Item  quod  quilibet  castellanus  et  officialis  qui  fuerit  in  aliquo 
officio  et  exiverit  de  officio,  stet  tantum  extra,  quantum  steterit  in  dicto  of- 
ficio, exceptis  advocatoribus  et  capite  advocatorum. 

140.  Item  quod  illi  quibus  concedetur  capere  agrafos  per  gratiam,  non 
possint  capere  nisi  militiae  undique  sint  completae. 

141.  Item  quod  ducha  et  consiliarii  et  camerarii  Cretae,  cujus  ad venerit 
texera,  teneantur  ponere  ad  ordinem  condempnationes,  sicut  scriptae  erunt  in 
libro ;  scilicet  incipere  a  capite  libri,  et  ire  per  ordinem. 

142.  Item  quod  ducha  et  consiliarii  non  possint  donare  vel  alienare 
aliquos  rusticos  neque  franchare  aliquo  modo  vel  ingenio. 

143.  Item  quod  ducha  vel  unus  consiliarius  ad  minus  semper  nianeat 
in  civitate. 

144.  Item    observabo  formam  consilii  quae  talis  est: 

Quod  in  Candida  non  possit  esse  aliquis  messeta,  nisi  sit  Venetus  vel  nisi 
fuerit  habitator  Veneciarum  aut  aliarum  terrarum  et  locorum  domino  duci  et 
comuni  Veneciarum  subiectorum  a  xv.  annis  ultra,  et  illi  qui  erunt  privati  a 
dicta  messetaria,  sint  extra  ad  minus  per  unum  annum  et  non  possint  de  cae- 
tero  associare  aliquem  mercatorem  nee  dare  ei  consilium  de  aliquibus  merca- 
tionibus  faciendis,  nee  modo  aliquo  se  impedire  in  dicto  vel  facto  aliquo,  quod 
pertineat  ad  messetariam,  sub  poena  xxv  yperper.,  pro  quolibet  eorum,  qui 
contrafaceret  qualibet  vice,  et  qui  non  poterit  solvere,  stare  debeat  per  medium 
annum  in  carcere.  et  nichilominus  teneatur  observare  quod  dictum  est  supra, 
scilicet  non  intromittere  se  in  dicta   messetaria  per    unum   annum,    et   si   post- 


13)  vox  glossariis  addenda.  ugnolus  est  contrarium  duplo :  s im  plus,  unicus;  electiones 
ugnolae  sunt  quae  fiunt  uno  modo  seu  simpliciter.  infra  in  cap.  169  distinguuntur  elec- 
tiones ugnolae  et  per  plures  manus.  videtur  esse  vox  proprie  Veneta:  „ugnolo: 
scempio,  contrario  di  doppio."  —  „ugnolär:  scempiare;  sdoppiare,  contrario  di  addop- 
piare."  Boerio  dizionario  del  dialetto  veneziano  ed.  1856  p.  778.  Uti  docet  usus  huius 
verbi,  agitur  de  reduetione  duplicitatis  ad  simplum;  idem  vult  intelligi  hoc  loco;  modus 
ceteroquin  eligendi  magistratns  apud  Venetos  revera  erat  multiplicus  et  compositus. 

Ausd.  Abh.  d.I  Cl.d.kAk.d.  Wiss.XIV.Bd.I.Abth.  29 


206 


modum  poneretur  inter  mercatores,  quod  restituatur  ad  dictaui  messetariam,  11011 
possit  esse,  nisi  captnm  fuerit  per  duas  partes  mereatorum  Veneciarum.  qui 
tunc  erunt  in  Candida,  et  tarn  illi  messetae  qui  remanserint  quam  illi  qui  fient 
de  novo,  debeant  approbari  per  ducham,  consiliarios  et  mercatores  Veneciarum 
qui  tunc  erunt  in  Candida  in  quolibet  medio  anuo.  et  illi  qui  per  maiorem 
partem  mereatorum  fuerint  approbati,  sint  firmi.  et  alii  qui  non  fuerint  ap- 
probati,  non  possint  se  impedire  in  facto  praedicto  sub  poena  praedieta,  nisi 
fuerit  restitutus  ut  dictum  est  supra,  et  illi  qui  erunt  messetae,  non  possint 
habere  societatem  simul  modo  aliquo  vel  ingenio  sub  poena  praedieta,  et  qui  ac- 
cusaverit  aliquem  contrafacientem,  ita  quod  per  ejus  aecusationem  veritas  cognos- 
catur,  habeat  medietatem  poenae  et  teneatur  de  credencia.  et  addatur  in  com- 
missionibus  duchae  Cretae  et  consiliariorum ,  qui  teneantur  praedieta  facere 
observari  sub  debito  juramenti. 

145.  Item,  quia  multa  mala  fiunt  per  uxores,  filios  et  socios  rectorum 
qui  vadunt  in  regimina  domini  ducis  et  comunis  Veneciarum,   capta  fuit  pars: 

Quod  addatur  in  commissionibus  omnium  rectorum,  qui  ibunt  de  caetero 
per  dominum  ducem  et  comune  Veneciarum:  quod  si  eorum  uxores  aut  haeredes 
tarn  masculus  quam  foemina  vel  socius,  fecerint  aliquid,  quod  sit  vetitum  ipsi  rec- 
tori  per  suam  commissionem,  et  illa  uxor  sua  vel  socius  vel  filius  fuerit  aecusatus 
domino  duci  vel  advocatoribus  comunis;  quod  ille  rector  sit  responsator  et 
pagator  de  omni  eo  quod  advocatores  convincerent  ad  illud  consilium,  in  quo 
ipsi  volent  placitare.  et  hoc  addatur  in  capitulari  advocatorum  comunis,  qui 
ita  debeant  placitare  ipsum  rectorem  pro  uxore,  haeredibus  et  socio,  sicut  pla- 
citarent  ipsum  rectorem.  et  non  intelligatur  haeres  qui  non  habuerit  ultra 
xvi  annos.  et  hoc  non  possit  revocari,  nisi  per  v  consiliarios,  xxx  de  XL  et 
duas  partes  maioris  consilii.  et  advocatores  habeant  talem  partem  de  eo,  quod 
ipse  fuerit  propterea  condempnatus,  qualem  habent  de  aliis  quos  placitant. 

146.  Item  quod  addatur  duchae,  consiliariis  et  camerariis  Cretae.  quod 
teneantur  facere  fieri  unum  banchum  cum  tribus  clavibus,  in  quo  debeant'  poni 
omnes  denarii,  qui  perveniunt  in  comune  et  omni  die  sabati  colligere  denarios 
provenientes  in  comune  et  ponere  in  dicto  bancho,  et  quilibet  camerarius  habeat 
unam  clavim  divisatam  ab  aliis  et  non  possint  aperire  dictum  banchum  nisi 
omnes  simul  vel  maior  pars  eorum,  et  si  consilium  vel  commissio  vel  capitulare 
est  contra  sit  revocatum. 

147.  Item  existentibus  dominis  dueha,  consiliariis,  capitibus  de  XL  inter 
XL  captum  fuit: 

Cum  Judaei  et  Judaeae  qui  subsunt  nostro  comuni,  procurent  modis  variis 
et  diversis  ut  franchi  efficiantur,  quod  aliquis  Judaeus  vel  Judaea  franchari  non 


207 

possit  ab  aliqna  angaria,  nisi  per  susceptiouem  baptismi ;  et  iniungatur  in  com- 
missione  rectorum  praesentiurn  et  qui  per  tempora  erunt,  in  quorum  regiminibus 
dicti  Judaei  erunt,  quod  nulluni  Judaeum  vel  Judaeam  franchare  debeant  nee 
possint,  nisi  per  modum  et  formam  antedictos,  et  si  consilium  vel  punctum 
aliquod  alieujus  commissionis  est  contra,  sit  revocatum,  quantum  in  hoc,  et  hoc 
non  possit  revocari  nisi  per  dominum  ducem,  vel  consiliarios  xxx  de  XL  et 
duas  partes  maioris  consilii. 

148.  Item,  cum  per  ducham  et  consiliarios.  Cretae  data  sit  olim  terra 
aliquibus,  qui  vendunt  eam  et  de  ipsa  fit  contra  commissionem  ipsorum  rec- 
torum, capta  fuit  pars: 

Quod  iniungatur  in  commissi one  duchae  et  consiliariorum  qui  sunt  et  per 
tempora  erunt,.  quod  de  caetero  non  possint  nee  habeant  libertatem  concedendi 
alicui  feudum  aliquod,  borghesiam,  terram,  domos,  nee  aliquam  aliam  rem  im- 
mobilem comuni  speetantem,  positam  tarn  in  civitate  quam  extra,  nisi  per  in- 
cantum,  et  quod  ad  minus  incantari  debeat  per  dies  xv  et  omni  die  illorum 
xv  dierum  ad  minus  semel  et  non  debeat  deliurari  nisi  in  die  dominico  in  ora 
terciae  in  platea,  et  istud  erit  utile  tarn  comuni  quam  volentibus  emere,  et  si 
consilium  vel  capitulare  est  contra,  sit  revocatum.  et  hoc  revocari  non  possit 
nisi  per  v.  consiliarios,  duo  capita  de  XL,  XXX  de  XL  et  II  partes  majoris  con- 
silii. et  hoc  intelligatur  de  illis  de  quibns  ducha  et  consiliarii  habent  arbitrium 
per  suas  commissiones  et  si  fuerint  dominus  dux  et  consiliarii  .... 

149.  Item   observabo  formam  consilii  capti  in  MCCCViin,  die  im  Januarii  1309 
vii  indictione: 

Cum  universitas  Candidae  aeeipiat  datium  de  omnibns  mercationibus,  quae 
per  portas  in  ipsam  civitatem  deferuntur  ab  hominibus  Veneciarum  qui  ibi 
penitus  debent  esse  liberi  et  immunes  ab  omnibus  exaetionibus  et  gabellis  se- 
eundum  formam  concessionis ;  quod  datium  non  est  modicum,  sed  de  tali  re 
III  per  centenas  et  de  tali  v,  sicut  homines  ipsius  civitatis  referunt,  fuit  eisdem 
concessum  per  nostrum  comune  tunc,  quando  praedieta  civitas  muris  existebat 
immunita,  ad  hoc  ut  exinde  potuissent  muri  eidem  civitati  fieri.  et  ipsis  muris 
iam  diu  completis,  homines  ipsius  civitatis  praefatum  dacium  indebite  sumptum 
aeeipere  continue  minime  dubitant,  sed  amplius  etiam  de  omnibus. mercationibus, 
quae  cum  barchis  deferuntur  de  insulis  Cretae  et  onerantur  in  navibus  in  portu 
Candidae  existentibus,  ad  aeeipiendum  dacium  praedictum  se  extendunt;  unde 
ad  hoc  ut  talis  consuetudo  satis  inconveniens  et  dampnosa  amplius  non  existat 
et  etiam  ut  alia  consuetudo,  si  qua  ibi  fuerit,  per  quam  aliquid  de  Venetorum 
libertate  minuatur,  totaliter  extirpetur  et  deineeps  res  similis  minime  oriri 
possit : 

29* 


208 

Capta  fuit  pars  quod  iniimgatur  duchae  et  consiliariis  et  aliis  rectoribus 
Cretae  praesentibus  sub  debito  sacraraenti,  quatenus  cum  omni  diligentia  stu- 
deant,  ut  homines  Veneciarum  in  Candida  et  per  totam  insulam  sine  aliquo 
defectu,  liberi  et  immunes  tractentur,  et  quod  praedictam  universitatem  Can- 
didae  in  accipiendo  dicta  datia  et  de  observando  praedicta  superius  penitus  et 
statim  compescant,  ut  desistant,  et  si  videretur  duchae  et  consiliariis  vel  maiori 
parti  eorum,  quod  praedicti  muri  indigeant  aliqua  reparatione,  possint  prae- 
dicta datia  solvi,  solum  de  rebus  quae  intrant  per  portam  de  terra  Candidae, 
et  quando  dicti  muri  non  indigerent  aliqua  reparatione,  cessare  debeant  dicta 
dacia.  et  hoc  addatur  in  capitulari  sive  commissione  duchae  et  consiliariorum 
Cretae,  qui  per  tempora  de  caetero  fuerint,  et  si  consilium  vel  capitulare  est 
contra,  sit  revocatum  quantum  in  hoc. 

1309  150.     Item    observabo  formam  infracripti  consilii  quae  talis  est: 

Millmo  tricentesimo  nono  die  xxv  Septembris  Till  indictione  capta  fuit  pars 
in  maiori  consilio,  quod  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum  Cretae 
et  baiuli  Negropontis  et  consiliariorum  et  castellanorum  Coroni  et  Mothoni 
quod,  quociens  sibi  mittetur  de  hinc  quod  accipiant  denarios  mutuo  super  nos- 
trum  comune,  teneantur  et  debeant  ipsos  denarios  accipere  ad  incantum  et  non 
aliter,  accipiendo  eos  ad  quam  meliorem  presam  poterunt  pro  comuni. 

1312  151.     Millmo  cccxn  die  xxm  Septembris  capta  fuit  pars  in  maiori  consilio: 

Quod  mittatur  praecipiendo  duchae  et  consiliariis  Cretae  praesentibus  et 
ponatur  in  commissionibus  futurorum,  quod  omni  anno  debeant  mittere  Venecias 
yperp.  nm  omni  occasione  remota,  facientes  nichilominus  depositum  omni  anno 
nm  yperp.  de  introitibus  et  proventibus  Candidae  aliis  quam  de  comerclo  in 
camerlengaria  nostra  Candidae;  quae  non  debeant  inde  accipi  vel  moveri,  nisi 
propter  guerram  quae  occurreret  in  insula,  vel  propter  mandatum  domini  ducis, 
prout  olim  captum  fuit  in  consiliis  rogatorum  et  XL. 

Et  mittatur  rectori  Rethemi  et  in  commissione  futurorum  iniungatur, 
quod  sibi  de  suo  salario  et  saldatis  Rethemi  satisfaciant  de  redditibus  Rethimi. 
Et  mittatur  etiam  rectori  Chaneae  et  iniungatur  in  commissione  futurorum, 
quod  de  redditibus  et  proventibus  Chaneae  ponant  omni  anno  yperper.  vm  in 
aptatione  et  conservatione  moli  Chaneae ;  si  opus  fuerit,  etiam  de  suo  salario 
et  satisfaciant  et  solvant,  et  si  aliquid  dictis  rectoribus  Retimi  et  Chaneae  de- 
fecerit  ad  faciendum  dictas  expensas,  mittant  ad  ducham  et  consiliarios  et  ab 
eis  requirant  et  ipsi  teneantur  eis  dare  seu  mittere,  id  quod  deficeret,  et  si  ali- 
quid superhabundaret  eis  a  dictis  expensis,  debeant  dare  et  assignare  omni  anno 
duchae  et  consiliariis  Cretae  praedictis.  et  nichilominus  ipsi  rectores  teneantur 
adducere  suos  quaternos  rationum  et  reddere  suas  rationes  Venecias,  sicut  tenentur 
modo,     verum  si  videretur  rectori  Rethimi  de  faciendo  aliquod  laborerium   pro 


209 


fortitudine  loci,  faciat  id  notum  ducliae  et  consiliariis  Cretae  et,  secundurn  quod 
eis  videbitur,  exequatur.  et  si  commissi o,  capitulare  vel  consilium  sunt  contra, 
sit  revocatum  quantum  in  hoc.  • 

152.  Praeterea  ab  omnibus  nostris  fidelibus,  qui  portarent  ad  terras 
Saracenorum  soldano  subiectas  equos,  arma,  ferrum,  lignamina  vel  alia,  cum  quibus 
Saraceui  possent  impugnare  Christianos,  accipies  totum  illud  quod  portarent  vel 
valorem  ipsius,  et  insuper,  si  quis  mitteret  praedicta  vel  aliquid  de  praedictis, 
vel  incambium  faceret  aut  fieri  faceret  aut  imprestitum  cum  aliqua  persona, 
quae  iret  ad  praedicta  loca  per  se  vel  per  alium  ullo  modo  aut  ingenio,  vel 
etiam  portaret  vel  portari  faceret  Mamaluchos  14),  cadat  in  similem  poenam.  et 
si  quis  contrafaceret,  qui  esset  de  maiori  consilio,  sit  extra  omne  consilium  et 
beneticium  comunis  Veneciarum  in  perpetuum ;  et  si  non  esset  de  maiori  con- 
silio, numquam  possit  esse  de  ipso  vel  elegi;  et  si  aliquis  marinarius  esset  ob- 
ligatus  ad  tale  viagium,  nulla  sit  ejus  obligatio,  sed  sit  absolutus  de  ipsa;  et 
si  contra  faceret,  cadat  in  poenam  librarum  L  pro  quolibet  et  qualibet  vice;  et 
patronus  et  nauclerius  in  libris  C.  et  si  in  partibus  tui  regiminis  caricarentur 
praedicta  vel  aliquod  praedictorum ,  clebeas  accipere  plezariam,  quod  ipsa  non 
portabunt  ad  loca  praedicta. 

Et  si  aliquis  in  Veneciis  vel  in  Segna  vel  alibi  caricaret  lignamina  vel 
ferrum  pro  ire  extra  Culfum  ad  aliquam  terram,  teneatur  facere  venire  infra 
unum  annum  litteram  a  rectore  illius  loci,  quod  praedicta  illuc  portaverit,  vel 
aliam  probam  facere  vel  fieri  facere,  quod  dominus  dux  et  suum  consilium  ha- 
beat  contentari,  sub  poena  quarti.  et  si  aliquis  caderet  ad  aliquam  dictarum 
poenarum  et  non  inveniretur  de  suis  bonis,  stet  in  carcere,  donec  solvent  die- 
tam  poenam,  et  si  consilium  est  contra  etc.  et  provisores  nostri  comunis 
dictas  poenas  excutere  teneantur,  et  carcerari  facere  illos,  quorum  bona  non 
invenirentur,  et  qui  accusaverit,  si  per  ejus  accusationem  veritas  habebitur, 
habeat  medietatem  ipsius  poeuae  et  teneatur  de  credencia. 

153.  Item  non  possum  nee  debeo  vendere  nee  vendi  facere  aliquem 
equum  modo  aliquo  vel  ingenio ,  nisi  per  unum  meusem  ante  complementum 
mei  regiminis,  et  si  vendere  per  unum  mensem  ante  complementum  mei  regi- 
minis non  possum,  vendere  alicui  Graeco ,  et  si  commissio  vel  capitulare  est 
contra,  sit  revocatum  quantum  in  hoc. 

154.  Praeterea  cum  mulieres,  quae  detineutur  pro  ducha  in  Candida, 
detineantur  in  quodam  castello,  quod  castellum  non  est  honestum,  nee  con- 
venieus,  capta  fuit  pars,  quod  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum 


14)  scilicet  maneipia. 


210 

Cretae  praesentium  et  futurorum,  quocl  provideant  et  providere  debeant  de  alio 
loco  honesto  et  convenienti  in  Candida,  ubi  ranlieres  possint  et  debeant  detineri 
honeste  ....  et  erit  opportunum,  sicut  nobis  melius  videbitur  expedire;  et  si 
commissio,   capitulare  vel  consilium  est  contra,    sit  revocatum  quantum  in  hoc. 

13U  155.     Item    observabo  formam   consilii    capti   in    consilio   rogatorum    et 

XL  in  MCCCXim  die  xxiii  Julii  XII  indictione  quae  talis  est : 

Capta  fuit  pars  in  consilio  rogatorum  et  XL,  quod  ad  minus  medietas  om- 
nium  officialium  civitatis  Candidae  fieri  debeat  per  ducham  et  suum  consilium 
de  feudatis  et  habitatoribus  Candidae ,  dividendo  ipsa  officia  tarn  bona  quam 
minus  bona  aequaliter,  praeter  quod  domini  de  nocte  remaneant  in  libertate 
ducliae  et  sui  consilii.  et  ille  qui  habuerit  aliquod  officium,  debeat  stare  tantum 
extra  omnia  alia  officia  quantum  steterit  in  illo  officio,  salvo  quod  de  capitibus 
advocatorum  remaneat  etiam  in  libertate  ducbae  et  consiliarii  Cretae;  intelligendo 
quod,  qui  semel  habuerit  aliquod  ex  dictis  officiis  pro  milite  et  habitatore  Cretae, 
non  possit  ab  illa  vice  in  antea  habere  aliquod  ex  ipsis  officiis,  nisi  pro  milite 
vel  habitatore  Cretae,  ut  prima  vice  habuerit;  et  non  possit  aliquis  dictorum 
officialium  stare  in  domo  cum  ducba  vel  cum  consiliariis,  nee  cum  eis  comedere 
in  civitate.  et  teneantur  ipsi  ducha  et  consiliarii  denotare  huc  per  suas  litteras 
domino  duci  et  consiliariis  ornnes  officiales  quos  tempore  fecerint.  et  illae  lit- 
terae  ad  hoc,  ut  omnibus  sit  manifestum,  debeant  publice  legi  in  maiori  con- 
silio. et  praedieta  intelligantur  ad  beneplacitum  domini  du  eis  et  dorainacionis 
Veneciarum. 

1314  156.     Item    observabo   formam  consilii    capti  in  consilio    rogatorum    et 

XL  suprascripto  millesimo  et  die  quae  talis  est: 

Capta  fuit  pars  quod  iniungatur  in  commissione  duchae  consiliariorum  ei 
rectorum  nostrorum  insulae  nostrae  Cretae  praesentium  et  futurorum,  quod  non 
possint  modo  aliquo  vel  ingenio  dare  licentiam  alicui  Graeco  emendi  feudum 
alieujus  Latini  sub  poena  salarii  sui  de  uno  anno,  et  qui  aecusabit,  si  per  ejus 
aecusationem  veritas  invenietur,  habeat  medietatem  ipsius  poenae.  verum  si  dicti 
ducha,  consiliarii  vel  rectores  darent  licenciam  alicui  Graeco  aliqua  occasione, 
quae  videretur  esse  iusta  —  xxv  de  XL,  —  sint  ipsi  ducha,  consiliarii  vel  rec- 
tores absoluti  a  dieta  poena;  et  hoc  sit  ad  beneplacitum  domini  ducis  et  do- 
minationis  Veneciarum. 

157.     Item    observabo  formam  infrascripti  consilii  quae  talis  est: 
Capta  fuit  pars   in   maiori    consilio    quod,    quandocumque  ducha    et   con- 
siliarii Cretae  debebunt  facere  aliquas  condempnationes,  ad  quas  esse  requiratur 
aliquis  ex  camerariis,  non  possit  nee  debeat   esse  aliquis    camerarias   ad    dietas 
condempnationes  faciendas,  qui  sit  propinquus  praedictorum.    et  si  forte  aliquo 


211 

casu  accideret  —  quod  crecli  ncm  potest,  quod  possit  accidere,  —  quod  omnes  tres 
camerarii  essent  propinqui  alicujus  eorura,  tum  praedicti  ducha  et  consiliarii 
possint  et  debeaut  dictas  condempnaciones  facere  sine  aliquo  praedictoruni  ca- 
merariorum;  et  hoc  addatur  in  cointnissione  duchae  et  consiliariorum  et  came- 
rariorum  Cretae,  et  si  consilium,  commissio  vel  capitulare  est  contra,  sit  revo- 
catum  quantum  in  hoc. 

158.  Item    observabo  formam  infrascripti  consilii  capti  in  consilio  roga-  1315 
torum  et  XL  in  MGCCXV  die  paen ultimo  Marcii,  cujus  tenor  talis  est: 

Quod  mandetur  duchae  et  consiliariis  Cretae  caeterisque  rectoribus  insulae 
Cretae  praesentibus  et  futuris,  et  ponatur  in  commissione,  illis  rectoribus  vide- 
licet,  qui  frumentum  pro  nostro  comuni  recipiunt  a  militibus  Graecis  aliisque 
personis,  quod  semper,  quando  frumentum  pro  nostro  comuni  recipi  faciuut, 
debeant  constituere  unum  vel  plures  bonos,  ydoneos  et  legales  homines  ad  vi- 
dendum  ipsum  frumentum,  cum  illis  qui  positi  essent  ad  recipiendum  ipsum  fru- 
mentum a  militibus  Graecis  et  aliis  quibuscumque  personis,  qui  nostro  comuni 
frumentum  dare  debent,  qui  per  sacramentum  curam  debeant  adhibere,  quod  re- 
cipiatur  frumentum  novum,  bonum  et  mercadante  ,5).  et  non  recipiatur  aliquo 
modo  frumentum  mixtum  vetus  cum  novo,  vel  balneatum  vel  aliter  fraudatum. 

159.  Item  observabo  formam  infrascripti  consilii  capti   in   consilio    ro-   1317 
gatorum  et  de  XL  in  MCCCxvil  die  xm  Augusti  quae  talis  est : 

Capta  fuit  pars  quod  addatur  in  commissionibus  duchae,  consiliariorum, 
rectorum  et  camerariorum  Cretae  praesentium  et  futurorum,  quod  de  denariis 
qui  mittentur  eis  pro  arris  16)  et  solutione  frumenti  nostri  comunis,  non  possint 
accipere  nee  expendere,  nee  movere  de  ipsis  pro  aliqua  alia  causa  quam  pro 
praedictis,  aliquo  modo  vel  ingenio  sub  poena  solidorum  V  pro  libra  de  toto 
eo  quod  aliter  aeeiperent  vel  moverent. 

160.  Item    observabo  formam  infrascripti  consilii    capti   in   MCCCXV    die  1815 
in  Aprilis,  cujus  tenor  talis  est: 

Cum  olim  in  MCCCV  provisum  et  ordinatum  fuerit,  quod  catastiea  Cretae  1805 
exemplari  deberent  et  mater  ipsorum  sub  sex  clavibus  diversis  conservari  deberet 
in  uno  tuto  loco,  quarum  tenerent  ducha  et  consiliarii  unam  pro  quolibet ;  et 
reliquas  tres  camerarii  unam  pro  quolibet ;  et  exemplum  stare  deberet  ad  ca- 
meram  ipsorum  camerariorum ,  quam  ostendereut  petentibus ,  quociens  opus 
esset,     et  quando  expediens  esset,  quod  in  exemplo   aliquid    adderetur   vel   mu- 


15)  quasi  pro  mercantile. 

16)  sie  explieaverim  compendium  scripturae. 


212 

taretur,  infra  octo  dies  post  additionem  vel  mutationera,  addi  et  rautari  deberet 
in  matre  etc.  et  dictum  consiliura  nullo  modo  plene,  sicut  dicitur,  fuerit  ob- 
servatum : 

Capta  fuit  pars  in  consilio  rogatornm  et  XL,  quod  iterum  mandetur  duchae 
et  consiliariis  Cretae  et  camerariis  tarn  praesentibus  quam  futuris,  quod  dictum 
consilium,  sicut  continet,  debeant  sub  debito  iuramenti  inviolabiliter  observare 
et  facere  observari,  non  constituentes  aliquem  alium  officialem  ad  ipsorum  ca- 
tasticorum  officium  exercendum,  sed  solum  ipsum  officium  camerariis  Cretae  et 
eorum  officio  totaliter  et  absque  condictione  vel  addictione  seu  impedimento 
aliquo  relinquendo,  salvo  de  matre  conservanda,  üt  superius  est  expressum. 

1317  161.     Item   observabo  formam  infrascripti  cousilii  capti    in    consilio   ro- 

gatorum  et  XL  in  MCCCXVii  .  .  .  Augusti  (quae  talis  est): 

Capta  fuit  pars  quod  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum 
Cretae  praesentium  et  futurorum  quod,  sicut  tenentur  pouere  omni  anno  in 
opere  moli  Caudidae  introitus  comercli  dictae  civitatis,  sicut  de  caetero  teneantur 
per  sacraraentum,  quia  ipse  yntroitus  comercli  tenuis  est,  ponere  in  dicto  opere 
moli  omni  anno  tarn  de  reditibus  comercli  quam  de  aliis  introitibus  Cretae  yper- 
pera  mile  ad  minus  omni  occasione  remota.  et  si  poterunt  plus  ponere,  tene- 
antur ponere  etiam  a  mile  supra  usque  ad  ilm  yperperorum,  sicut  plus  poterunt, 
mittendo  nichilominus  cum  integritate  Venecias,  id  quod  tenentur  mittere  per 
suas  commissiones. 

1317  162.     Item    dicto    millesimo   indictione    et    die   captum   fuit    in    consilio 

rogatorum  et  XL  quod  iniungatur  in  commissionibus  [vacat  quia  alibi  scriptum  est 
duchae  consiliariis  et  camerariis  Cretae  quod  de  denariis  qni  mittentur  eis  .  .  .].17) 

1318=  163.     Item    observabis    formam   infrascripti   consilii   capti    in    MCCCXYin 

indictione  secunda  die  xm.  Februarii  quae  talis  est: 

Capta  fuit  pars  in  maiori  consilio,  quod  addatur  in  commissione  omnium 
rectorum  qui  mittuntur  per  comune  Veneciarum,  quod  de  caetero  in  partibus 
sui  regiminis  non  compellant  seu  compelli  faciant  per  se  vel  alium  aliquem  pis- 
catorem  vel  venditores  piscium,  quod  sibi  vendat  pisces  nee  eos  conducat  ad 
domum  ipsorum  rectorum  nee  patiantur,  quod  aliquis  de  sua  familia  vel  alius 
faciat  eis  violenciam  aliquam  vel  gravamen,  sed  permittant  quoslibet  libere  et 
sine  impedimento  vendere  in  locis  publice  solitis,  sicut  voluerint,  suos  pisces.  et 
si  consilium  vel  commissio  est  contra,  sit  revocatum  quantum  in  hoc. 


17)   supra  cap.  159. 


213 

164.  Item   observabis  formam  infrascripti  consilii  capti  in  consilio  ro-  isi8= 
gatorum  de  XL  de  decem  et  de  xyiii  cum  addictione  in  mcccxviii  mense  Februarii  18W 
die  paenultimo  indictione  secunda  quae  talis  est: 

Capta  fuit  pars,  quod  a  modo  in  antea,  qnod  nullus  Graecus  possit  emere 
vel  aliquo  modo  vel  ingenio  habere  nee  cambire  aliquod  feudum  vel  feuda  de 
feudis  Latinorum  et  denarios  Latinorum  per  totam  insulam  Cretae,  et  non 
possit  hoc  revocari,  nisi  per  vi  consiliarios,  in  capita  de  xl,  XXX  de  XL  et  per 
II  partes  maioris  consilii,  et  addatur  in  commissione  duchae  et  consiliariorum  et 
rectorimi  insulae  Cretae. 

165.  Item    observabis  formam  consilii  capti  in  consilio  rogatorum  et  de  ww 
XL  in  mcccxviiii  indictione  II  die  xyiii  mensis  Marcii,  quae  talis  est: 

quod  castellanariae  officia  et  judicatum  Caneae  a  scalis  Strambuli  citra, 
non  possint  dari,  nisi  illis  qui  faciant  residenciam  in  Canea,  et  ibi  moram  fe- 
cerint  continue  per  unum  annum  et  ultra  et  debeant  fieri  electiones  per  ducham 
et  vos  consiliarios.  et  hoc  addatur  in  commissionibus  vestris,  quod  ita  a  modo 
in  antea  observare  debeatis. 

166.  Item  de  rebellibus,  villanis  inobedientibus,  praedatoribus  et  homi- 
eidiariis,  qui  morantur  in  partibus  de  Arena18),  si  de  ipsis  a  modo  in  antea 
casus  aliquis  oecurreret,  per  quem  videretur  rectori  Caneae  aliquid  faciendum 
fore,  debeat  et  teneatur  illud  notifichare  duchae  et  consiliariis  Cretae,  qui  tene- 
antur  et  debeant  facere  convocari  consilium  rogatorum  Candidae,  in  quo  ex- 
ponant  ipsum  casum  qui  oecurrerit,  et  inde  habeant  suum  consilium,  quo  habito 
fiat  postea,  sicut  videbitur  ipsis  et  rectoribus  et  consiliariis  Caneae,  existentibus 
ipsis  quatuor  in  una  consiencia  l  9)  de  franchando  et  de  providendo  inpeeunia; 
intelligendo  tarnen,  quod  si  essent  villani,  qui  vivos  vel  mortuos  dictos  rebelles 
designarent,  donatorium  20) :  quod  pro  uno  malefactore  non  possit  fieri,  nisi  unus 
franeus.  et  hoc  addatur  in  commissionibus  rectorum  Rethimi  et  Sithiae. 
similiter  quod  si  eis  dictus  casus  oecurreret,  debeant  observare,  in  aliis  vero 
locis  non  subiectis  iurisdictioni  dictorum  rectorum  insulae  fiat,  sicut  videbitur 
duchae  et  suo  consilio  in  concordia  et  caetera. 


18)  Locum  Arna  habet  Creta  sacra  Oornelii  Flaminii  II.  309. 

19)  consiencia  sa  consentia,  consensns. 

20)  construe:  intelligendo  —  donatorium;  quo  pacto  sequens  enuntiatio  explicat  quid  valeat 
hie  donatorium,  seil,  id  quod  donatur,  gratia;  pro  uno  malefactore,  designato  a  vil- 
lanis, unus  villanus  donatur  libertate.  Adjectivum  donatorius  =:  cui  aliquid  do- 
natur —  donataire,  item  donarius  glossaria  illustrant.  substantivum  in  illis 
deest. 

Abh.d.I.Cl.d.k.Ak.d.Wiss.XIV.Bd.I.Abth.  30 


214 

1319  .  .  167».  ..  Item  observabo,  quantum  ad  nie  spectat,  consilium  captum  in 
MCCCXViin  die  xmi  Februarii  continens,  quod  iniungatur  in  commissione  om- 
nium  rectorum  Veneciarum,  quod  in  eorum  recessu  a  regimine  consignent 
eorum  successoribus  per  singulum  omnia  arma  comunis  nostri  quae  erunt  in 
suo  regimine,  quae  dicti  successores  faciant  notari  in  quaterno,  sicut  fuerint 
consignata.  et  nichilomiuus  per  suas  literas  rescribant  domino  duci  ipsa  arma, 
et  ad  conservandmn  ipsa,  ne  devastentur  sint  studiosi;  et  si  consilium  est  contra 
et  caetera. 

1321  168.  Item  observabis  formam  consilii  capti  in  mcccxxi  indictione  V  die 
xxn  Decembris  quae  talis  est: 

quod  addatur  in  commissionibus  omnium  rectorum  de  extra  Culfum  de 
Veneciis,  quod  ipsi  teneantur  inquirere  diligenter  de  mercationibus ,  quae  ad- 
portabuntur  per  Venetos  ad  partes  tui  regiminis  cuqi  navigio  dexarmato,  si  ali- 
quae  fuerint  adductae  de  Veneciis  aut  vel  aliunde  contra  ordinem  Veneciarum, 
et  si  quem  contrafacientem  invenerint,  rescribant  provisoribus  veritatem  in- 
ventam  et  propterea  habeant  ipsi  rectores  medietatem  poenarum  et  alia  sit  co- 
munis, et  si  accusator  inde  fuerit,  dividatur  poena  per  tercium ;  et  si  consilium 
est  contra  etc. 

169  21).  Item  cum  in  quodam  capitulo  contento  in  praesenti  commis- 
sione contineatur,  quod  electiones  debeant  fieri  ugnolae  et  milites  Cretae  dicant 
ipsum  capitulum  non  extendi  ad  electiones  ambaxatorum,  quos  mittunt  suis 
propriis  expensis,  capta  fuit  pars,  quod  ipsum  capitulum  revocetur  in  tantum, 
quod  dicti  milites  possint  facere  electiones  ambaxatorum,  quos  mittent  suis 
expensis,  et  ugnolas  et  per  plures  manus,  sicut  sibi  videbitur;  et  si  consilium 
vel  commissio  etc. 

1322  170.  1 1  e  m  observabo  formam  consilii  infrascripti  capti  in  consilio  roga- 
torum  et  xl  in  mcccxxii  indictione  v  die  xm  Julii: 

Quod  de  caetero  in  Candida  sint  et  esse  debeant  tantum  xvi  advocati,  de 
quibus  sint  quatuor  capita,  habentibus  ipsis  advocatoribus  et  capite  tantum 
quantum  soliti  erant  habere  de  lucro  officii  et  non  possit  esse  advocator  aliquis, 
minor  xx  annorum  nee  qui  erit  advocator  habere  aliud  officium,  quousque  fuerit 
advocator;  et  et  si  consilium  vel  capitulare  est  contra  etc. 

171.     Item   quod ypp.    diffinitionum  de   Creta,    inm    yperper. 

sint  et  retineantur  pro  comodo  militum  de  (inde  ad)  beneplacitum  dominii,  et 
residuum,  si  quod  est  ad  praesens  de  dictis  diffinitionibus,  et  id  quod  de  ipsis 
de  caetero  intrabit,  deputetur  et  sit  solum  pro  reparatione  castrorum  dietae  in- 


21)   hoc  capitulum  respicit  cap.  138. 


215 

sulae  et  etiam  pro  redificatioue  moli,  et  hoc  mittatur  duehae  et1  consiliariis, 
quod  facere  debeant  et  reddant  de  ipsis  denarüs  rationeni,  sicut  reddunt  de 
aliis  introitibus  comunis. 

172.  Item    observabo    formam    eonsilii   capti   in    consilio    rogatorum    et  jo^g- 
XL  in  MCCCXXII  die  xvm  Januarii  indictione  VI,  cujus  tenor  talis  est:  1323 

Videlicet  quod  ex  nunc  prohibeatur  via  Alexandriae  et  aliarum  terrarum 
Aegypti  prohibitatarum  hoc  millesimo,  videlicet  quod  a  modo  nullus  Venetus 
et  qui  pro  Veneto  distringatur,  modo  aliquo  vel  ingenio  audeat  ire  in  Alexan- 
driam,  vel  ad  alias  terras  soldano  subiectas  cum  aliquibus  rebus  vel  mercibus, 
seu  ad  dictas  partes  res  aliquas  aliquo  modo  mittere,  seu  inde  conducere  aut 
conduci  facere  sub  poena  libr.  L  pro  centenario  totius  valoris  rerum,  quas  ad 
ipsas  partes  portaverit  vel  miserit  seu  conduxerit  vel  conduci  fecerit  inde,  et 
committatur  provisoribus  comunis  in  Veneciis ;  et  extra  Venecias  committimus 
omnibus  rectoribus  terrarum  Veneciis  subiectarum,  quod  super  hoc  teneantur 
et  debeant  inquirere  diligenter  et  a  contrafacientibus  excutere  dictam  poe- 
nam;  cuius  poenae  quartum  habeat  accusator,  si  per  eius  accusam  veritas 
habeatur.  et  provisores  comunis  in  Veneciis  seu  ipsi  nostri  rectores  de  extra 
habeant  soldos  duos  pro  libra  totius  quantitatis,  quam  propter  hoc  excutient, 
reliquum  vero  deveniat  in  comune.  quod  in  Veneciis  et  in  terris  Veneciis  sub- 
iectis  publice  proclametur. 

173.  Item    observabo    formam    eonsilii    capti    in    majori    consilio     in  1326 
mcccxxvi  die  x  mensis  Aprilis  hujus  tenoris: 

Cum  plures  gratiae  de  blado  extrahendo  de  insula  nostra  Cretae  faetae 
sint  et  fiant  nostris  fidelibus  pro  suis  insulis  et  dicatur,  quod  fraus  in  hoc  fiat 
in  dampnum  comunis  per  illos  qui  habent  dictas  gratias,  qui  faciunt  deferri 
bladum  alio  quam  ad  suas  insulas,  pro  utilitate  quam  conseeuntur;  capta  fuit 
pars,  quod  quicumque  tarn  de  habeutibus  ad  praesens  graciam  extrahendi  fru- 
mentum  vel  bladum  de  insula  Cretae  vel  de  caetero  habuerit  pro  usu  hominum 
insularum  suarum,  conduxerit  vel  conduci  fecerit  de  ipso  frumento  vel  blado 
alio  quam  ad  insulas  suas,  pro  quibus  faetae  fuerint  gratiae,  vel  postquam  esset 
conduetum  ad  insulas  alio  portaretur,  cadat  in  poenam  dupli  valoris  ejus,  quod 
sie  contra  gratiam  alio  foret  conduetum,  et  qui  aecusaverit,  teneatur  de  cre- 
dencia  et  habeat  medietatem  poenae,  si  per  ejus  aecusationem  veritas  habebitur, 
et  rectores  inquirentes  et  exigentes  habeant  quartum,  et  quartum  sit  comunis, 
et  inquirant  dicti  rectores  et  poenas  excutiant  a  contrafacientibus  et  nichilo- 
minus  non  permittant  rectores  eos  qui  haberent  gratias  uti,  quousque  non  sol- 
verint  poenam. 

174.  Item  quod  cancellarius  Cretae  praesens  et  futuri  non  possint  de 
aliqua   carta    (vel    scriptura)    ofticii    reeipere    aliquam    solutionem    a    quatuor 

30* 


216 

grossis  supra,  nisi  fuerit  extiraata  per  duchain  et  consiliarios  vel  maiorem 
maiorem  partem  eorum,  et  secundum  ipsam  extimationem  accipiant  et  11011  aliter ; 
et  si  consilium  vel  capitulare  est  contra  etc.,  et  addatur  in  commissionibus 
duchae  et  consiliariorum  Cretae,  quod  sie  observent  et  faciant  observari. 

175.  Et  insuper  non  possit  ipse  cancellarius  nee  alii  cancellarii  Cretae 
futuri  reeipere  donum  vel  praesens  ab  aliqua  persona  ullo  modo  vel  ingenio, 
nisi  in  fructibus  rezentibus  tantum,  et  hoc  addatur  in  commissione  duchae  et 
consiliariorum  Cretae,  qui  sie  observent  et  faciant  observari  et  si  consilium  vel 
capitulare  est  contra  etc. 

176.  Item  non  reeipies  nee  abebis  in  aliquo  tuo  consilio  aliquem  uo- 
strorum  confinatorum. 

1329  177.     Item    observabis  formam  infrascripti  consilii  capti  in  consilio  ro- 

gatorum  in  MCCCXXViin  die  paenultimo  Aprilis,  sie  continentis  per  totum: 

Quia  pro  honore  dei  et  eultu  iusticiae  ac  conservatione  melioris  status 
insulae  expedit,  quod  detur  opera,  quod  in  posterum  homieidia  non  commit- 
tantur  ibidem,  capta  fuit  pars,  quod  declaretur  et  observetur  in  homieidiis  quae 
de  caetero  committentur  in  insula  antedieta,  hoc  videlicet : 

quod  si  quis  a  modo  interfecerit  aliquem  ibi,  sit  perpetuo  de  tota  in- 
sula forbannitus  cum  condictione:  quod  si  infra  unum  mensem,  postquam  pro- 
venerit  ad  noticiam  dominii,  deinde  de  culpa  sua  vel  infra  alium  terminum 
breviorem,  qualis  videbitur  duchae  et  consiliariis  antedictis  seu  maiori  parti 
eorum,  ipse  non  exibit  et  recedet  de  insula  supradieta,  vel  si  infra  terminum 
hujusmodi  exiens  postmodum  redibit,  non  observans  bannum  praefatum,  quod 
feuda  omnia  sua,  si  quae  habebit  talis  homieida,  intromittantur  et  confiscentur 
comuni;  in  aliis  vero,  qui  feuda  non  haberent,  qui  ut  dictum  est  homieidium 
in  posterum  perpetrarent,  ipsi  rectores  observent  et  studeant,  quod  omni  modo 
qui  sibi  videbitur,  in  insula  non  possint  vel  audeant  remanere.  et  ad  cautelam 
...  ex  nunc  determinatum  sit,  quod  aliqua  alienatio  vel  transaetatio,  quae  fieret 
per  homieidam  talem  ab  omieidio  perpetrato,  nullius  sit  protinus  firmitatis.  et 
addantur  haec  in  commissionibus  rectorum. 

1329  178.     Item    observabis    formam   infrascripti  consilii  capti  in  consilio  de 

XL  in  MCCCXXViin  die  Xill  Octubris  XII  indictione  sie  per  omnia  continentis : 

Quod  cancellarius  Cretae  praesens  et  futuri  non  possint  facere  nee  fieri 
facere  mercationes  bladi,  ullo  modo  vel  ingenio,  per  se  vel  per  alios  nee  habere  de 
suis  denariis  in  blado,  nee  per  colleganciam  nee  aliter;  item  non  possint  ac- 
cipere  (aliquid  ad)  iueantum  nee  emere  nee  emi  facere  aliquas  res  quae  ven- 
derentur  ad  incantum  [nee]  habere  partem  in  eis,  ullo  modo  vel  ingenio,  sub 
poena   quarti;    cujus    poenae    a  [ecusator    habeat]    tercium,    si   aecusator    inde 


217 

fuerit  et  teneatur  de  credencia,  et  aliud  sit  comunis,  et  rectores  teneantur  ex- 
igere  dictam  poenam  et  praedicta  facere  observari. 

179.  MCCCXXVin  die  sexto  Novembris  capta  fuit  pars  in  maiori  cousilio:   1328 
Cum  consiliarii  Cretae  non  habeant  tantuni  salarium,  quantum  esset  con- 

gruum    pro  konore  tanti  dominii  et  quäle  requireret  labor  ipsius  regiminis,    et 
periculum  cui  subiaeent  euutes  et  redeuntes,  capta  fuit  pars: 

quod  consiliarii  Cretae  eligendi  de  caetero  habeant  de  salario  anuuatim 
libras  triginta  grossorum,  quemadmodum  habent  praesentes  consiliarii  circa  libr. 
....  gross,  in  anno,  cum  condictione,  quod  propterea  teneantur  habere  et  tenere  in 
ipso  regimine  duos  equos  et  duos  famulos  ultra  illos,  quos  praesencialiter  con- 
siliarii tenentur  habere,  ex  hoc  enim  magis  sufficientes  eligentur  ad  consiliariam 
praedictam  et  satis  est  leve  quid,  quantum  ad  comune  Cretae,  de  quo  solvitur 
salarium  antedictum  quodque  habet  de  introitibus  annuatim  ultra  s.  XXlllim  grossos 
et  si  consilium  etc. 

180.  Item    sciendum  est  quod  in  mcclxv  die  xiiii  exeuntis  mensis  Maii   lätt 
capta  fuit  pars  in  maiori  consilio: 

Quod,  quicumque  de  caetero  ibit  seu  modo  est  in  regimine ,  ambassariis, 
capitanariis  vel  aliquo  alio  officio  pro  comuni  Veneciarum  et  convictus  fuerit 
per  dominum  ducem  et  ejus  consilium  et  XL  vel  per  XL  cum  domino  duce  et 
ejus  consilio  vel  per  maius  consilium  aut  pro  placitare  advocatores  comunis, 
quod  furatus  fuerit  de  bonis  et  havere  comunis  vel  aliter  ab  aliis  contra  suam 
commissionem  et  suum  capitulare,  acceperint  libr.  l  illi  de  extra  et  libr.  xxv 
illi  de  intus,  debeant  solvere  quod  sententiatum  fuerit  et  duplum  usque  ad  octo 
dies  tunc  proximos;  et  si  non  solvent  capitale  et  poenam  dupli,  non  possit 
habere  officium  in  Veneciis  nee  extra,  nee  de  maiori  consilio  esse,  usque  ad 
quinque  annos  proximos.  et  nichilominus  dominus  dux  et  consiliarii  teneantur 
exigere  capitale  et  poenam  ab  eis.  et  quicumque  donaverit  de  bonis  et  habere 
comunis  contra  suum  capitulare  vel  commissionem,  debeat  restaurare  de  suo 
bono  infra  vm  dies  tantum  quantum  dederit ;  et  si  non  solvent,  cadat  in  dietas 
poenas  dupli,  privationis  officiorum  et  maioris  consilii  ut  est  dictum,  praeterea 
si  illi  a  ratione  dixerint,  quod  de  praedictis  facta  eorum  ratione  habeant  de 
habere  comunis  libr.  xxv  illi  de  extra  vel  inde  supra  et  libr.  x  illi  de  intus 
vel  inde  supra,  praeeeperint  eis  quod  solvant  usque  ad  octo  dies,  si  non  sol- 
verint,  cadant  in  poenam  dupli  et  non  possint  usque  ad  quinque  annos  habere 
officium  comunis  nee  esse  de  maiori  consilio,  salvo  in  omnibus  officio  advoca- 
torum  comunis;  et  haec  omnia  debent  addi  in  commissionibus  omnium  rec- 
torum  seeundum  quod  captum  fuit  in  maiori  consilio  MCCCXXX  die  x  Julii.  isso 


218 

1331=  181.     Item  observabo  formam  infrascriptorum  consiliorum   captorum    in 

consilio  rogatorum  et  XL   in  millesimo  CCCXXXi   indictione   xv    die   vn  Januarii 
quorum  tenor  per  orania  talis  est: 

Quod  quilibet  ducha  suo  tempore  duorum  annorum  faciat  depositum  de 
yperp.  iim,  quae  yperp.  poni  debeant  et  mercati  22)  in  frumento  pro  utilitate 
terrae  Candidae  et  totius  insulae  Cretae,  quae  neqneant  removeri  nee  expendi, 
nisi  pro  frumento  per  modum  supra  contentum. 

182.  Item  quod  filii  et  fratres  duchae  consiliariorum  et  aliorum  rec- 
torum  insulae  Cretae  non  possint  habere  officia  in  ipsa  insula  tempore  sui 
regiminis. 

183.  Item  faciam  observari  formam  infrascripti  eonsilii,  capti  in  supra- 
dicto  consilio  eodem  millesimo  indictione  et  die,  cujus  tenor  talis  est  : 

Quod  inhibeatur  rectoribus  insulae  Cretae,  quod  non  possint  laborari  fa- 
cere  suo  tempore  a  c.  ypp.  supra  absque  licentia  duchae  et  consiliariorum  vel 
maioris  partis  eorum. 

1332  184.     Item  observabo  formam  infrascripti  eonsilii  in  consilio  supradicto 

capti  in  MCCCXXXii  indictione  xv  die  xvi  Juuii,  cujus  tenor  talis  est: 

Quod  iuxta  consilium  et  continenciam  litterarum  duchae  et  consiliariorum 
Cretae  pro  bono  nostrae  insulae  ordinetur  et  iiat,  quod  omnes  villani  forenses, 
qui  alinnde  de  caetero  venerint  ad  habitandum  in  insulam  Cretae,  durum  odo 
habitent  in  media  infra  duas  scalas,  nichil  solvant  nostro  comuni,  nee  possint 
per  aliquos  capi  pro  agrafis  vel  villanis,  cum  conditione  tarnen ,  quod  ipsi  te- 
neantur  ire  in  armatis  nostri  comunis  quae  fierent  pro  eo  soldo  quod  daretur 
aliis  per  ipsum  nostrum  comune.  de  illis  vero  qui  sunt  ad  praesens  in  insula, 
qui  solvunt  unum  ypp.  annuatim  comuni  nostro,  ordinetur,  quod  illi  qui  vo- 
luerint  venire  ad  habitandum  in  civitate  vel  burgo  Candidae,  absolvantur  ha- 
bitando  ibi  a  solutione  dicti  yperperi,  nee  possint  similiter  capi  pro  agrafis  vel 
villanis,  cum  condictione ,  quod  teneantur  ire  in  armatis  nostri  comunis  pro 
soldo  qui  daretur  aliis,  sicut  dictum  est  supra  de  venientibus  de  novo ;  et  si 
ipsi  non  servarent  condictiones  praedietas  tarn  isti  quam  venientes  de  novo,  re- 
maneant  villani  comunis;  et  praedieta  addantur  in  commissione  duchae  et  con- 
siliariorum Cretae  qui  ea  servent  et  faciant  servari  et  si  consilium  etc. 

1857  185.     mcccxx  (xvn)    indictione  v  die  vn  Decembris. 

Cum  tarn  de   cancellariis,  quam  de  scribis  curiarum  insulae  Cretae  plures 


22)  Sic  codex;  alter  codex,  ubi  haec  pars  Rogatorum  memoratur :  provideant  et  mercari. 
sensus  fere  requirit :  poni  debeant  et  provideant  mercatui. 


219 

exerceant  mercationem  in  blado  et  aliis  rebus    in  darapnum  non   modicum    co- 
munis  et  specialium  personarum : 

Capta  fuit  pars,  quod  dando  causam  praedictis  operandi  solum  quod  per- 
tineat  honestati,  quod  nullus  dictorum  cancellariorum  seu  scribarura  palacii 
Candidae  et  quarumcumque  aliarum  curiarum  et  etiam  castrorum  insulae,  possit 
deinceps  facere  seu  fieri  facere  per  se  vel  alium  mercationem  de  frumento  seu 
de  aliquo  alio  blado  nee  aliqua  re  quae  nascatur  in  insula ;  et  hoc  ponatur  in 
eorum  capitularibus  sive  commissionibus. 

186.  Item    observabis    formam    consilii    capti    in    consilio    de    XL    in  1338 
MCCCxxxyiii  indictione  vi  die  ultimo  Julii,  videlicet  quatenus  ad  te  spectat,  quae 
talis  est: 

Cum  istud  maleficium,  perpetratum  per  Marcum  Valaresso ,  tilium  ser 
Bellini,  in  persona  Nicholeti  Maripero,  ejus  eugnati,  existentibus  ipsis  in  Costan- 
tinopoli  mattando  et  oeeidendo  eura  cum  una  securi  et  proieiendo  eum  in  una 
latrina,  sit  orribile  et  crudelissimum,  capta  fuit  pars,  ut  de  ipso  facto  fiat  quod 
spectat  pro  honore  dominii,  et  quod  requirit  iusticiam  orribilitas  maleficii,  quod 
cridetur  publice,  quod  quicumque  dederit  ipsum  Marcum  in  manibus  et  forcia 
dominii  vel  manifestaverit  dominio  taliter,  quod  habere  possit  per  ejus  aecusa- 
tionem  vel  manifestationem ,  habeat  a  nostro  comuni  libr.  nc  grossas.  et  si 
quis  dederit  eum  mortuum  vel  interfecerit  eum,  probando  ita  esse ,  habeat  a 
nostro  comuni  libr.  c  gross. ;  et  scribatur  omnibus  nostris  rectoribus  et  addatur 
in  eorum  commissione  et  capitulari,  quod  dent  operam  de  capiendo  dictum 
Marcum,  si  inventus  fuerit  in  suis  regiminibus,  et  de  mittendo  eum  nobis  sub 
bona  custodia  et  in  ferris ;  et  quod  dictum  bandum  faciant  notum  et  publicari 
semel  ad  minus  tempore  suorum  regiminum  in  suis  partibus,  intelligendo  quod 
tarn  rectores  quam  omnes  de  sua  familia  et  habentes  salarium  vel  soldum  co- 
munis,  quam  omnes  alii  quicumque  sint,  si  eum  darent  mortuum  vel  vivum, 
habeant  dietam  peeuniam  in  casibus  antedictis. 

187.  Item   observabis  formam  infrascriptorum  consiliorum  captorum  in  1339 
consilio  rogatorum  in  mcccxxxviiii  mense  Marcii  et  Aprilis : 

videlicet  quod  pars    primitus   in  rogatis   capti   mcccxxxvi   mensis    Marcii 


Epimetmm. 


Ea  quae  leguntur  supra  in  capitulis  96.  98.  100  haud  spernendam  materiem 
adstruunt  archaeologiae  uavali  medii  aevi,  niaximopere  quoad  structurara  et  mensuras 
navium  vel  lignorum,  rem  per  se  satis  difficilem  cognitu  etiam  illis  qui  rei  marina- 
riae  peritiores  aestimantur. 

Nominum,  quae  partes  navium  indicant,  signifieatum  —  veluti  bertesca,  bocca, 
castellum,  cooperta,  corredorium ,  paradisus,  schermum,  Solarium,  taberna,  vannum 
majorem  partem  scite  ac  solerter  illustravit  A.  Jal,  Archeologie  navale  tom.  II  p. 
356—364;  418.  quaedam  ex  hisce  capitulis  illa  roborant  aut  amplificant.  Addere 
iuvat  de  voce  bertesca,  alias  betrescha,  bretachia,  gallice  breteche  —  cfr.  Diez  sub 
bertesca  et  Du  Cange-Henschel  sub  bretachiae  -  quod  Somavera  ctesoro  della  lingua 
italiana  e  greco-volgare  habet:  „bertesca  rca^aitixi,  ro",  quae  explicatio  prorsus 
congrua  videtur;  scilicet  erat  bertesca  —  parapetto,  i.  e.  propugnaculum  et  forta- 
liciorum  in  terra  et  lignorum  in  mari,   pro  ratione  diversum. 

In  commodum  lectoris  ex  cCapitulari  nautico'  seu  'Statatis  navium>  Venetorum 
pauca  excerpam  quae  hucce  pertinent : 

I  .  .  .  .  patroni  navium  debeant  dare  naves  suas  bene  corzatas  et  calcatas  de 
foris,  et  paredos,  et  ambas  cooperturas,  et  vannum,  et  supervannum,  et  coredorium, 
et  andicta,  scermum  et  barcham  et  gondolam  .  .  . 

CXXV1  ....  nulla  navis  nee  aliud  ligmim  de  CG  milliariis  et  inde  supra 
habere  debeat  a  modo  in  antea  supra  coredorium  ab  arbore  de  medio  usqiie  ad  van- 
num supra  camarelas  plus  de  una  bertescha  .  .  . 

Reliqua  de  uavibus  caricandis,  mensurandis,  extimandis,  capp.  LV.  LVI.  CXI1I 
„Statutorumu,  v.  in  Appendice  Fontium  rerum  Austriacarum  t.  XIV,  ubi  totum  ca- 
pitulare  ,,pretiosum  Venetae  antiquitatis  monumentum"   —   repetendum  curavimus. 


Index  et  Glossarium. 


numeri  respiciunt  capitula. 


Acon  44. 

advocatores  comunis  96.    99.    103.    139. 

145.    180. 
advocatorum  capita  155. 

—  numerus  in  Candida  170. 
Aegyptus  172. 

agrafi  (ayQcc<poi)   110.    140.     184. 

alber gi,  septa  murorum  71. 

Alexandria  172. 

alienatio,  exemptio  177. 

ambassariae  180. 

amiralius   122. 

angaria  35.    147. 

Arena  (Arna)  166;  cfr.  Larna. 

arma  non  ferenda  Saracenis  152. 

arrae  159. 

bajuli : 

—  Acon  44. 

—  Constantinopolis  44. 

—  Nigropontis  44.    150. 

—  Tyri  44. 
balistarii  76.  82. 

banchus  (pro  denariis  servandis),    mensa 

nummaria  146. 
band  um,  bannum  186. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  I.  Abth. 


bannum  177. 

bladum  83.    173.    178.    185. 
briga,  rixa   134. 
burgenses  58.    78. 
burgesiae  72.    123.    148. 

Calergi  Alexius  82. 

camerarii  (camerlengi)   57.    87.    90.    91. 

103.    125.    132.     134.     146. 

157.    160. 
cameratus  89. 
camerlengaria  126.    151. 
cancellarius  89.    174.    185. 
Candida  (burgum)   184  (civitas)  17.    19. 

23.    24.    34.    47.    72.    120. 

144.    151.    184. 

—  molns,  portus  46.  115.  127.  135. 

161.   171. 

—  ruga  magistra  71.     127. 

—  scalae  73.    107.    130.    184. 

—  S.  Titus  71. 

—  universitas   149. 

Canea  81.  129.  130.   135.  151.  165. 
capellanus  89. 
capitanariae  180. 
caravana  82. 

31 


222 


carta  officii  174. 
casalia  69.    70. 
castellanaria   165. 
castellani  139. 

—  Coronis  et  Mothoni  44.  119.  150. 
castra  83.   171. 

catasticum  comunis,  alias  catastrum, 
catasto  Italorum,  catastico 
Venetoram    74.    111.    160. 

catavere  (magistratus)  100. 

cavalleriae    47.    66.    73.    111. 

collegantia,  societas,  colleganza  Italorum 
26.    58.    153.    178. 

comendariae,  deposita  126. 

comerclum  comunis  115.   116.   135.  161. 

commissarii  66. 

comprehensum,  septum,  Gallis  compris  71. 

condempnationes  101.    102.    141.    157. 

confinati,  relegati,  banditi,  exules  176. 

consiencia,  consensus  166. 

consiliaratus,  munus  eonsiliarii  28. 

consiliaria  item,  ab  initio;  179. 

eonsiliarii  Cretae 

—  equi  4.    20.    23.     56.    136.    137. 

153.    179. 

—  familia  29.    31. 

—  famuli  179. 

—  filii  etc.  53.  58.   133.  182. 

—  salarium  3.  19.  42.  51.  118.  179. 

—  scutiferi  4.    20. 

consilium  (Cretae)  majus  et  minus  21.  93. 

—  sapientum  82. 

—  ducis  Venetiarum  10.  18. 
Constantinopolis  44.    186. 
consulatus,  consiliaratus  26.  37. 
consules  (navium)  100. 

Coron  44.    119.    150. 


credentiae,  res  creditae  14. 
Culfus  96.    98.    168. 
cursarii  45. 

dealineare,  tradere  alteri  72. 

deliurare  (deliberare)  incantata,   tradere 

148. 
diffinitiones  (pecuniarum)   171. 
domini  de  nocte  155. 
donatorium  gratia  166. 

electiones  ugnolae  138.    169. 

factiones  terrae  132. 

feuda  47.    55.    148.    156.    164. 

—  filiorum-uxorum  60.    61. 

—  guarnitio  108.   139. 
feudati  155. 

filii  (fratres)  non  divisi  53.    58. 
forbanniti  177. 
forcia,  forza  Italorum  186. 
frumentum  158.     181.    185. 

gastaldiones   122. 

Graeci    29.    33.    34.    50.    93.    94.    129. 

153.    156.    158.    164. 
gratiae  de  blado  extrahendo  173. 
guarnitio  castrorum  114. 
guerra  67.    151. 

homicidiarii   166.    177. 

incantum  148.    178. 

imprestita  32. 

investiturae  135. 

Judaei  (Cretae)    29.    38.    116.    147. 

de  Tjro  116. 
Judeca  (Venetiarum)  17. 
judicatum,  dignitas,  officium  judicis  165. 


223 


laborerium  46.   151. 

Lama    111.    cfr.  Arena. 

Latini  33.  34.  50.  76.   123.   164. 

Levante  113. 

litterae  de  bina  contestatione  40. 

Mamaluchi  152. 
Maripero,  Nicholetti   186. 
mercadante  mercatile   158. 
mercationes   168.    178.    185. 
mercatores  Veneti  59.    144. 
messetae  144. 
militiae  140. 

—  uxoruni  64. 
milites  46.    80. 
monasteria 

—  imperialia  29.    30. 

—  Synaitaruni   30. 
Mothonum  44.    119.    150. 
muda  (navium)  3. 
mulieres  (pro  ducha)   154. 

naves-extra  Culfum: 

—  quo  modo  ponantur   mercationes 

96. 

—  extimandae  per  consules  100. 

—  inquirendae  de  mercationibus  168. 
Nigroponte  44.   150. 

notarii  41.    95. 

officiales  civitatis  Candidae    155. 
officiales  super  mercationibus  de  Levante 
113. 

patroni  navium  98. 
placitum,  conventio  31. 
pesatores  122. 


piscium  venditores   163. 

placitare  decernere   180. 

plegius  vel  pagator  68.    124. 

plezaria  152. 

praesens,  presente  Italorum  22.    28.  29. 

175. 
provisores  comunis   152.    168.    172. 
prode,  utilitas  10.   11.  . 
prodes  (navis)  96 ;  cfr.  Diez  sub  prua. 

quinque  de  pace  54. 

illi  a  ratione,  magistratura  180. 

rebelles  166. 

rectores  81.    98.    145.    147.    163.    164. 

167.     168.    172.     173.     175. 

177.    178.    186. 

—  Caneae  81.    129.    151.    166. 

—  extra  Culfum  168. 

—  Rethimi    81.    151.    166. 

—  Sithiae  166. 

redificatio,  reaedificatio,  reparatio  171. 
repromissa,    dos    repromissa,    Gallis   re- 

prise  61. 
restaurum,  satisfactio   23.    132. 
Rethimum    81.    135.    151.    166. 
rogadia,  collegantia  26. 
rogati    129.    135.    161.    162.    164.    166. 

181. 
Romania  10. 
rustici  142. 

sal  62.    119. 
Saraceni  152. 
scribae  curiarum  185. 
scribanus  palatii  89.    185. 
Segna  152. 


81' 


224 


sescalcus,  senescalcus  91. 

sergentes  46.    80. 

sergentariae  66.    74. 

Sithia  166. 

soldaderii  78.    92. 

soldanus  (Aegypti)  152.    172. 

Strambuli  scalae  165  (ab  occidente  Can- 

didae). 
Synaitae  30.    104.    105.    106. 
Syria  98. 

tansare,  quasi  obpignerare  116. 
taritae   100. 


testamenta  41. 
transactatio,  transactio   177. 
Tyrus  44.    116. 

ugndlus,  simplus  138.  169. 

Valaresso,  Bellini  186. 

—  Marcus  186. 

Veneti  in  Creta  48.  49.   149. 

—  insularum  173. 

viagium  Alexandriae  prohibitum  172. 
villani  comunis  166. 

—  forenses  184. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN  CLASSE 


DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 


AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTEN   BANDES 

ZWEITE  ABTHEILUNG. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN  CLASSE 


DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 


AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTEN  BANDES 

ZWEITE  ABTHEILUNG. 

IN  DER  REIHE  DER  DENKSCHRIFTEN  DER  XLIX.  BAND. 


MÜNCHEN, 

1877. 


VERLAG  DER   K.  AKADEMIE, 

IN  COMMISSION  BEI  G.  FEANZ. 


I  n  h  a  1 t. 


Seite 

Troja's  Epoche.     Von  Dr.  Lauth 1 

Norwegens  Schenkung  an  den  heiligen  Olaf.     Von  Konrad  v.  Maurer     ...     65 

Theilung  des  Chors  im  attischen  Drama  mit   Bezug  auf  die  metrische  Form  der 

Chorlieder.     Von   Wilhelm  v.  Christ 157 


Troja's    Epoche. 


Von 


Dr.  Lauth. 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth. 


Troja's    Epoche. 


Von 

Dr.  Lauth. 


Troja's  Epoche. 

Schon  längst  hatte  ich  mir  die  Frage  gestellt,  warum  Eratosthenes 
gerade  das  Jahr  1184  v.  Chr.  als  die  Epoche  von  Troja's  Fall  bestimmt 
habe.  Wenn  ich  jetzt  versuche,  darauf  eine  Antwort  zu  ertheilen,  so 
geschieht  dies  desshalb,  weil  ich  nach  Auffindung  der  chronologischen 
Epochen  Aegyptens  ein  neues  Element  der  Forschung  geltend  machen 
kann.  Ist  ja  doch  überhaupt  die  Behandlung  eines  allgemein  bekannten 
Gegenstandes  nur  dann  gerechtfertigt,  wenn  neue  Gesichtspunkte  auf 
Grund  einer  festen  Unterlage  geboten  werden,  wie  es  z.  B.  durch  Schlie- 
manns  Ausgrabungen  geschehen  ist.  Demgemäss  schicke  ich  mich  nun 
an ,  für  des  Eratosthenes  berühmten  diacfQayfxbg  anb  Tgoiag  älwoecog 
einen  Punkt  der  ägyptischen  Geschichte  und  Chronologie  als  massgebend 
zu  bezeichnen  und  unter  der  Aufschrift  „Troja's  Epoche"  eingehender 
zu  behandeln.  Hiemit  wird  selbstverständlich  der  Frage  über  die  wirk- 
liche lEpoche  Troja's  und  über  die  Geschichtlichkeit  des  trojanischen 
Krieges  nicht  praejudicirt,  sondern  nur  der  Ansatz  des  Eratosthenes  zu 
erklären  versucht.  Nebengewinn  ist  vielleicht  dabei  die  Eruirung  ägyp- 
tischer Könige  beim  Homer.  Es  sollte  mich  freuen,  wenn  sich  hiedurch 
ein  classischer  Philologe  bewogen  fühlen  sollte,  die  Frage  nach  Homer's 
Quellen  eingehend  zu  behandeln.  Wer  daran  Anstoss  nehmen  wollte, 
dass  ein  griechisch  schreibender  Autor,  wie  Eratosthenes,  einen  Punkt 
der  hellenischen  Vorzeit  durch  ausländische  Mittel  bestimmt  haben  sollte, 
den    verweise    ich    auf    das    analöge  Verfahren    der  Römer.     Es    leidet 

1* 


nicht  den  geringsten  Zweifel,  dass,  abgesehen  von  Cato,  Varro,  Tarutius, 
(Fabius  Pictor,  Cincius)  die  Kalender-Reform  des  Julius  Caesar,  basirt 
auf  den  vierjährigen  Schalt  cyclus  zu  1461  Tagen,  von  dem  Alexandriner 
Sosigenes  direct  aus  ägyptischer  Quelle  abgeleitet  ist.  Die  von  mir  in 
einem  der  „ägyptischen  Reisebriefe"  erwähnte  und  durch  Herrn  v.  Koller  *) 
bestätigte  Darstellung  des  kleinen  Tempels  von  Hermonthis,  worin  die 
Geburt  des  Caesarion  unter  Assistenz  von  Kleopatra  und  Jul.  Caesar 
(als  Kriegsgott  Month!)  in  religiös-mythischem  Gewände  aufgeführt  ist, 
liefert  uns  die  psychologische  Erklärung  des  Umstandes,  dass  das  Jahr 
der  Verwirrung  (annus  confusionis  46  v.  Chr.)  und  die  Einführung  des 
verbesserten  Kalenders  (45  v.  Chr.)  sich  so  unmittelbar  an  jene  Nati- 
vität  von   Hermonthis  anschliessen. 

Ein  zweites  Beispiel  der  Accommodation  oder  der  Anlehnung  liegt 
in  dem  Horoscope  des  Rundbildes  von  Denderah.  Ich  habe  längst 
nachgewiesen2),  dass  die  betreffende  Constellation  auf  das  Jahr  36 
v.  Chr.  gemünzt  ist,  wo  den  Doppeldaten  der  Münzen  zufolge:  J.  16 
=  J.  1,  J.  19  =  J.  4  —  Kleopatra  eine  neue  Aera  als  &eä  veujteQa  Jlai<; 
begründete.  Das  genaue  Datum  ist  der  1.  September  —  warum?  Weil 
damals  der  rückläufige  1.  Tbot  des  ägyptischen  Wandeljahres  mit  die- 
sem Tage  des  römischen  Kalenders  coincidirte.  Dass  aber  das  römische 
Jahr  in  diesem  Rundbilde  vor  allen  andern  Formen  bevorzugt  werden 
sollte,  das  ergibt  sich  aus  der  Thatsache,  dass  die  emblematische  Be- 
zeichnung für  VIII  post  brumam  =  1.  Januar  in  der  Linie  der  Süd- 
Karyatide  steht  —  der  Süden  bildet  immer  den  Anfang  —  und  dass 
die  Rundlegende  gerade  an  diesem  Punkte  beginnt.  Man  kann  nicht 
umhin,  darin  eine  absichtliche  Schmeichelei  für  den  Antonius  zu 
erkennen ,  der  sich  ja  bei  dem  betreffenden  Feste  an  der  Seite  der 
Kleopatra  öffentlich  zeigte  und  auch  so  abbilden  Hess.  Die  Münz- 
legenden bestätigen  dies. 

Der  rechtwinklige  Thierkreis  von  Denderah  versinnlicht  nach  meiner 
Untersuchung  das  Horoscop  für  das  Geburtstagsfest  des  Tiberius: 
17.  November  =   21.  Athyr  des  Jahres  34  n.Chr.     Wer  diesem   meinem 


1)  Zeitschrift  für  aeg.  Spr.  1873,  21. 

2)  Zodiaques  de  Denderah  1865. 


aus  den  ägyptischen  Emblemen  gewonnenen  Ergebnisse  kein  Vertrauen 
schenkt,  oder  nicht  folgen  kann,  der  muss  wenigstens  das  doppelt  vor- 
handene Zeugniss  der  griechisch  abgefassten  Dedications  -  Inschrift  an- 
erkennen, welches  an  der  Facade  des  Pronaos  und  auf  dem  Dache  an- 
gebracht ist.  Sollte  Jemand  noch  Bedenken  hegen  hinsichtlich  meiner 
aus  Conjectur  nach  den  Spuren  und  der  erforderlichen  Zahl  der  Buch* 
Stäben  hergestellten  Lesart  des  Schlusses :  JEEBAJZTHL  sc.  r\^ii^a  „am 
Geburtstage  des  Kaisers",  so  vergleiche  man  nur  die  jüngst3)  aufge- 
grabene Dedications-Inschrift ,  welche  ganz  deutlich  mit  ebendemselben 
2EBA2THI  schliesst.  Auch  wird  es  nicht  zufällig  sein,  dass  man  ge- 
rade in  dieses  21.  Jahr  des  Tiberius  einen  Phoenix  ansetzte  (Tacitus 
Annal  VI,  28).  Hat  nicht  auch  der  alterthümelnde  Kaiser  Claudius  ab 
Urbe  800  solch  einen  Saecular- Vogel  sogar  nach  Rom  gesendet  erhalten, 
der  auf  dem  Forum  öffentlich  aufgestellt  wurde?  Aber  Plinius  weiss 
recht  gut,  dass  dieses  ein  falscher  Phoenix  war,  sowie  Tacitus  1.  1. 
richtig  angibt  „unde  nonnulli  f als  um  hunc  phoenicem  (Tiberii  anno 
XXI),  neque  Arabum  e  terris  credidere,  nihilque  usurpavisse  ex  his,  quae 
vetus  memoria  firraavit."  In  der  That  stimmen  beide  Epochen  nicht; 
aber  für  die  25  v.  Chr.  unter  den  Auspicien  des  Augustus  bewerk- 
stelligte Fixirung  des  ägyptischen  Wandeljahres:  1  Thot  =  29.  August 
trifft  die  epochenhafte  Erscheinung  des  Phoenix  zu.  Es  scheint  also, 
dass  man  in  Betreff  des  Phoenix  statt  des  ursprünglich  richtigen  Oebg 
JZsßo.GTog  d.  i.  Augustus,  nachträglich  den  Neog  JZeßaorbg  (Tiberius)  &eov 
^sßaarov  vlog  substituirt  hat  und  dass  wegen  der  Doppelnamigkeit  des 
Tiberius  Claudius  auch  sein  Nachfolger  Claudius  damit  in  Zusammen- 
hang gebracht  wurde,  zumal  da  die  Gelegenheit  des  800.  Anniversariums 
der  Stadt  gar  so  verlockend  hereinspielte. 

Es  könnte  desshalb  auch  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  die  Setzung 
der  Gründung  Rom's  auf  754  v.  Chr.  auf  ägyptischer  Basis  geschehen 
sein  sollte.  Ein  Chronologe  von  Fach 4)  behauptet  nicht  ohne  gute 
Gründe,  dieser  Ansatz  erkläre  sich  aus  dem  Umstände,   dass  man  dieses 


3)  Dümichen  in  der  Zts.  f.  äg    Spr.  1876  p.  34,  Tafel. 

4)  August  Mommsen:  „Römische  Daten"  (passim)    und  in   „Zweiter  Beitrag   zur  Zeitrechnung  der 
Griechen  u.  Römer"  p.  434  (Jahrbücher  für  class.  Philol.  III.  Supplementband,  3.  Heft  1859). 


Jahr  oder  das  dazu  gehörige  Quadriennium  aus  dem  ägyptischen 
Kalender  retrocomputando  errechnet  habe,  weil  in  der  betreffenden  Zeit 
der  1.  Thot  des  Wandeljahres  mit  den  Kaienden  des  März,  des 
ersten  Monats  im  altrömiscjien  Jahre,  zusammengetroffen  sei. 

Ich  habe  also  jedenfalls  die  Analogie  für  mich,  wenn  ich  behaupte, 
dass  des  Eratosthenes  Ansatz  für  Troja's  Epoche  aus  ägyptischer  Zeit- 
rechnung sich  erklären  dürfte.  Man  bedenke  ferner,  dass  dieser  Era- 
tosthenes an  der  alexandrinischen  Bibliothek  als  unmittelbarer  Nach- 
folger Manetho's  fungirte.  So  wie  er  nun  seinen  Laterculus  der  Könige 
Aegyptens  aus  dem  Werke  dieses  nationalen  Geschichtschreibers  ent- 
nahm —  Alyvnriaxa  v/nojurrjiLLara  betitelt5)  —  ebenso  musste  er  als 
Chronologe  des  Manetho  ßißlog  Tfjg  JZuj&Ewg  kennen  und  benützen,  weil 
es  eben  keine  andre  Quelle  gab,  wenn  er  über  die  erste  Olympiade,  sei 
es  des  Koroebus  oder  des  Iphitus  hinaufgehen  wollte.  Das  Wort  des 
ägyptischen  Priesters:  ,,0  Solon,  ihr  Hellenen  seid  allzumal  Kinder 
(Junge)  und  kein  in  alter  Weisheit  Ergrauter  ist  unter  euch"  erhält 
seine  nächste  Deutung  aus  der  Beziehung  auf  die  Zeitrechnung,  und  da 
es  gerade  hierin  den  Griechen  an  überlieferten  Daten  von  Bestimmtheit 
und  Zuverlässigkeit  gebrach,  so  hatten  griechische  Chronologen  so  gut 
wie  die  römischen,  gar  keine  andere  Wahl,  als  auf  den  allein  gleich 
einer  richtig  gestellten  Uhr  verlaufenden  Kalender  des  Aegyptervolkes 
zu  recurriren. 

Alexanders  Todestag. 

Da  die  in  zehn  Abschnitte  zerfallende  Summe  des  Eratosthenes: 
„860  Jahre",  als  Schlusspunkt  den  Tod  Alexanders  aufweist  —  r[  'Ale- 
£avd()ov  tslevxr]  —  so  kommt  es  vor  Allem  darauf  an,  das  betreffende 
Datum  möglichst  genau  zu  bestimmen,  um  von  da  aus  die  Rückrech- 
nung bis  zu  Troja's  Einnahme  sicher  führen  zu  können. 

Der  Begleiter  Alexanders:  Aristobulus,  setzt  das  Factum  des  Ab- 
lebens auf  die  rgiaxag  des  (syro-?)  macedonischen  Monats  Daesius.  Nach 
den  Ephemeriden    des    Diodotus    von    Erythrae    und    des    Eumenes    von 


5)  Vergl.  meinen  „Manetho"  p.  12. 


Cardia6)  war  er  krank  vom  18. — 28.  Daesius.  Man  bat  dieses  Datum 
=  6.  Thargelion  und  11.  Juni  des  Jahres  323  v.Chr.  gefunden.  Arrian 
nennt  bestimmt  Olympias  114,  1  aQxoinos  cHyr\oiov.  Es  scheint  also 
diese  Bestimmung  den  Vorzug  zu  verdienen  vor  der  des  Champollion- 
Figeac 7),  welcher  nach  des  Petavius  Vorgange  das  Ereigniss  in  Ol. 
113,  4  und  zwar  auf  den  30.  Mai,  also  fast  ein  ganzes  Jahr  früher 
setzt. 

Besässen  wir  ein  ägyptisches  Datum  dafür  —  welches  ich  in  meiner 
vorigen  Abhandlung  „Alexander  in  Aegypten"  nicht  zu  citiren  vergessen 
hätte  —  so  wäre  die  Streitfrage  mit  einem  Schlage  entschieden.  Hoffen 
wir ,  dass  eine  alexandrinische  Inschrift  dieses  Inhaltes  einmal  aus  den 
Schutthügeln  der  eponymen  Stadt  des  Helden  ausgegraben  wird.  Diese 
Erwartung  dürfte  eher  in  Erfüllung  gehen ,  als  dass  man  mit  dem 
aegypto-macedonischen  Kalender  in's  Reine  kommt. 

So  lange  man  nur  die  Inschrift  von  Rosette  kannte  mit  dem  Dop- 
peldatum 4.  Xanthicus  =  18  Mechir  (27.  März  196  v.  Chr.),  konnte 
man  sich  mit  der  Ueberlieferung  begnügen,  dass  der  Xanthicus  dem 
ebraeischen  Nisan  entspreche,  also  ungefähr  von  der  Frühlungsgleiche 
auslaufe.  Allein  die  Tanitica  (Decret  von  Canopus  vom  7.  März  238 
v.  Chr.)  bietet  die  Gleichung  7.  Apellaeus  =17  Tybi,  so  dass  in  diesem 
Jahre  sich  die  macedonischen  Monate  Hyperberetaeus ,  Dius,  Apellaeus 
mit  den  Monaten  unsers  Kalenders:  Januar,  Februar,  März  fast  voll- 
ständig decken.  Nun  aber  liegen  zwischen  dem  Apellaeus  und  Xan- 
thicus die  Monate  Audynaeus,  Peritius ,  Dystrus  —  also  würde  der 
Xanthicus  des  Jahres  238  v.  Chr.  dem  Juli  entsprechen,  d.  h.  um 
3  Monate  von  der  Frühlingsgleiche  gewichen  sein.  Auch  die  übrigen 
Doppeldaten  wie:  4.  Peritius  =  25  Mesori  bieten  keine  Hülfe,  um  so 
weniger,  als  bei  dem  Mangel  der  betreffenden  Regierung  ein  bestimmtes 
Jahr  sich  nicht  ermitteln  lässt.  Ideler  sucht  dadurch  zu  helfen,  dass 
er  bald  nach  dem  Regierungsantritte  des  Alexander  eine  Versetzung 
des  Lous  um  zwei  Monate  nach  vorwärts  annahm ,  nämlich  vom  Boe- 
dromion    zum  Hecatombaeon.      Allerdings    lässt    sich    die  von   mir  oben 


6)  Plutarch;  cf.  Ideler:  Handbuch  der  Chronologie  I  p.  406/407. 

7)  Annales  des  Lagides  I,  177. 


8 

aufgezeigte  Differenz  von  94  Tagen  in  42  Jahren  (238 — 196)  weder 
durch  Schalttage,  noch  selbst  durch  Schaltmonate ,  sondern  nur  durch 
Statuirung  einer  Versetzung  (jasraßolrf)  erklären.  Allein  die  beiden 
Daten  liegen  nach  Alexanders  Regierungsantritt.  Von  Idelers  Gleich- 
ungen : 

1.   Apellaeus   =14.  Nov.   245  v.  Chr. 

1.  Dius  =    16.  Oct.   237  v.   Chr. 

1.  Xanthicus  ==  26.  Febr.  229  v.  Chr. 
stimmen  die  beiden  ersten,  wie  man  leicht  erkennt,  zur  Tanitica ;  die 
dritte  zur  Rosettana,  nur  dass  hier  ein  Schaltmonat  dazwischen  getreten, 
oder  dort  einer  ausgelassen  worden  ist.  Auch  die  geistreiche  Con- 
struction  des  syro-macedonischen  Kalenders,  wie  sie  durch  H.  Martin8) 
getroffen  worden  ist,  bietet  keine  sichere  Hülfe ,  da  -in  Kleinasien  das 
Jahr  nicht  mit  dem  Hyperberetaeus ,  sondern  mit  dem  Dius  begann. 
Aber  dieses  Beispiel  der  Metabole  beweist  wenigstens  für  die  Möglich- 
keit einer  Versetzung,  wie  die  ägyptisch-macedonischen  Doppeldaten 
zwischen  245 — 196  v.  Christi  sie  erheischen.  Sehr  ansprechend  ist  die 
von  H.  Vincent  (Revue  arch.  1868,  1 — 32)  gebotene  Erklärung,  dass 
die  Ptolemaeer  immer  den  ersten  Monat  Dius  genannt  und  danach  das 
lunisolare  Jahr  bestimmt  hätten.  Indess  werden  dadurch  doch  nicht 
alle  Schwierigkeiten  gehoben ,  wie  seine  etwas  bedenkliche  Annahme 
von  bisher  unbekannten  Mitregentschaften  beweist. 

Bei  dieser  Sachlage  ist  es  rathsam,  sich  an  die  Nachricht  zu  halten, 
dass  der  Todestag  Alexanders  in  den  Sommer  fiel  und  zwar  in  den 
Monat  Thargelion  des  Olympiadenjahres  324/323  v.  Chr.,  welcher  dem 
Juni  entspricht.  Jedenfalls  ist  das  Ereigniss  nicht  lange  vor  die 
Olympienfeier  dieses  Jahres  (um  die  Sonnenwende)  zu  setzen.  Zum  Glücke 
bedürfen  wir  hier  keiner  genaueren  Bestimmung,  da  Eratosthenes  nur 
mit  ganzen  Jahren  rechnet 

Aber  welche  Jahresform  hatte  er  seinem  Diaphragmos  zu  Grunde 
gelegt?  Die  Beantwortung  dieser  Frage  lässt  sich  nicht  umgehen. 
A.  Mommöen  bietet  drei  Ansätze,  wovon  die  beiden  ersten  das  Olym- 
piadenjahr  zur    Basis   haben,     nur    dass    einmal    Anno   1    =    1184/1183, 


8)  Boeckh:  Mondcyclen. 


das  andere  Mal  =  1183/1182  v.  Chr.  angenommen  ist.  Der  dritte 
Ansatz  mit  der  Ueberschrift:  „Eratosthenes'  Aera  in  altägyptischen  Jahren 
der  Sothisperiode"  setzt  ebenfalls  Anno  I  =  1183/82,  gelangt  aber, 
weil    er   eben    das   Wandel  jähr    zu  Grunde    legt,    als  Endpunkt  zum 

11.  November   324  v.  Chr.,    da    nach    dem  chronologischen  Kanon    am 

12.  Nov.  324  die  Aera  des  Philippus  Arrhidaeus  beginnt,  die  unmittel- 
bar an  77  3Ale§avd()ov  teIsvtt]  sich  anschliesst.  Daraus  würde  auch  ver- 
ständlich, warum  Eratosthenes  dem  Alexander  nur  12  Jahre  statt  seiner 
geschichtlichen   122/3  Jahre  beilegt. 

Ich  kann  mit  Mommsen  in  Betreff  der  hier  gewählten  Ueberschrift 
nicht  ganz  übereinstimmen,  da  zweierlei  Jahresformen  darunter  begriffen 
werden  könnten.  Ich  ziehe  überhaupt  vor,  nur  im  Sinne  einer  messen- 
den Aera  für  Eratosthenes  fixe  Sirius  jähre  anzusetzen,  welche  vom 
20.  Juli,  dem  Tage  des  Sothisfrühaufgangs,  auslaufen  und  ebendahin 
zurückkehren.  Glücklicherweise  macht  es  hier  ebenfalls,  wie  bei  dem 
Todestage,  keinen  wesentlichen  Unterschied,  ob  man  mit  "Wandeljahren 
vom  11.  November  324  oder  mit  Olympiadenjahren  vom  24.  Juni  323 
um  860  Jahre  zurückrechnet.  Im  ersteren  Falle  gelangt  man  fast  eben- 
soweit, als  im  letzteren.     Denn  der  Unterschied  der   860  Jahre  beträgt 

=   215  Tage  und  vom   24.  Juni  rückwärts  bis  zum   11.  November 

4 

liegen  216  Tage. 

Es  gibt  indess  einen  eigenthümlichen  Grund,  zugleich  an  der  Epoche 
des  fixen  Sothisjahres  festzuhalten.  Wie  ich  in  meiner  vorigen  Abhand- 
lung dargethan  habe,  nannte  man  das  Grabmal  des  grossen  Macedo- 
niers  in  Alexandrien  nicht  orj/ua,  sondern  aw/ua.  Dieser  Ausdruck  er- 
hält eine  passende  Bedeutung,  wenn  man  sich  denkt,  dass  die  Ankunft 
der  Leiche  aus  Babylon  damit  gemeint  sei.  Die  Zeit  vom  11.  Juni 
bis  19.  Juli,  also  beiläufig  35  Tage  nach  der  Einbalsamirung,  würde 
den  Bedingungen  der  Entfernung  so  ziemlich  genügen.  Wie  man  also 
auch  die  Sache  betrachten  möge,  immer  wird  das  Anfangsjahr  des  Era- 
tosthenischen  Zeitquantums  860  Jahresstellen  vor  323  v.  Chr.  zu  stehen 
kommen.  Das  ist  1183/1182  vor  Christus.  Ich  sage  damit  nichts 
Neues,  ebensowenig  thue  ich  es  damit,    dass  ich  folglich   Tyoiag  alwöig 

in   1184/1183  v.   Chr.  setze. 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  2 


10 

Aber  theilt  man  das  Quantum  der  860  Jahre  in  zwei  Hauptposten: 
407  Jahre  vor  und  453  Jahre  nach  der  1.  Olympiade,  so  zeigt  sich, 
dass  bei  letzterer  Rechnung  zwar,  wie  es  sich  gebührt,  Ol.  I,  1  auf 
776/775  v.  Chr.  zu  stehen  kommt,  und  die  407  Jahre  anb  Tyoiag 
älcoascog  führen  ebenfalls  auf  776/775  als  xb  jiQorjyoviisvoy  exog  xuSv 
TiQurioov  'OlvfjLmvov.  Aber  et  wäre  diese  Bezeichnung  synonym  mit  Ol. 
I,  1,  was  noch  nicht  Alle  einräumen  mögen. 

Was    bedeutet   xb   TiQorjy ov fjuevov    exog   xwr   tiqojxojv 

30lv ju>7iicx)v?  9) 

Sehr  viele  Chronologen,  z.  B.  A.  Mommsen,  fassen  diesen  Aus- 
druck so,  als  ob  damit  das  dem  Zeitbegriffe  Ol.  I,  1  unmittelbar  vor- 
angehende Jahr,  also  777/776  gemeint  sei,  mag  man  es  nun  mit  Ol. 
0,4  oder  mit  Ol.  —  1,4  bezeichnen.  Allein  mich  hindert  der  griechische 
Sprachgebrauch,  mich  dieser  Auffassung  anzuschliessen.  So  sagt  z.  B. 
Diodor  I,  4  bezüglich  seiner  Bücher  I — VI :  xwr  yay  ßißlujv  (xexxayd- 
xovxa)  r\^Civ  «£  al  TiQOJxai  neüie^ovöi  rag  tiqo  xuSv  Tqoj'Cxüjv  TiQak'eig  xal 
fxv&oloyiag,  xal  xovxcor  al  [iev  n^or\yov  fisva  i  xqelg  xag  ßaoßaqixag, 
al  d1  e£fjg  ö%edbv  xag  xüv  'EIXtjvüw  aoftaioloyiag.  Man  sieht,  dass  die 
drei  TiQorjyovjLieyai  ßlßXoi  nicht  etwa  ein  noooif^iov  zu  dem  Ganzen  der 
Bücher  I — VI,  sondern  einen  integrirenden  Theil  desselben  bilden,  wo- 
für Diodor  nur  desshalb  den  Ausdruck  TigorjyovjLievai  gewählt  hat,  weil 
er  das  Ganze  der  sechs  Bücher  vorher  schon  als  e£  TiQidxai  bezeichnet 
hatte.  Es  ist  also  mit  Tifjorjyov/aevai  die  erste  Hälfte  der  TiQuixai  gemeint. 
Aehnlich,  ja  identisch  ist  die  Verbindung  dieser  beiden  Wörter  in  der 
Ueberschrift  xb  nqor\yov jjlbvov  exog  xwv  tiqcjxwv  30lvtu7iia)v;  offen- 
bar ist  es  nur  eine  Variation  für  xb  jiqwxov  exog  xöjv  tiqojxüjv  30'kv^inio)v\ 
und  dieses  heisst  mit  Recht  so,  da  es  zugleich  Ol.  I,  2 ;  I,  3 ;  I,  4  zu 
vertreten  hat. 

Dazu  kommt,  dass  diese  Art  der  Bezeichnung  eine  acht  ägyptische 
ist.  Ich  habe  schon  im  „Manetho"  p.  104  und  im  „Horapollon"  ad 
I,    5    die    Ueberzeugung    ausgesprochen",    dass    die    Gleichung    xexayxor 


9)     Vergleiche  den  Excurs  am  Schlüsse  dieser  Abhandlung. 


11 

» 

ayovQag  '=  tviorajuerov  trog  auf  der  Phonetik  hesep  beruht,  welche  bald 
als  X«  x>  „V4  Acker",  bald  als  '"^g"©  g^-con  principium  vicis  aufge- 
fasst  ist.  Das  Koptische  bietet  äx^cootti  =  primus  annus  und  eine 
bisher  unerklärte  Gruppe  des  grossen  Horus-Textes  von  Edfu  10)  liefert 
mir  den  urkundlichen  Beweis  für  meine  Ansicht,  dass  der  koptische 
Ausdruck  aus  £ä,-c3>oooti  abgeschliffen  ist.  Es  wird  nämlich  dort  die 
grosse    und    entscheidende  Waffenthat    des   Horus    wider    Set-Typhon    in 

ein  Jahr  gesetzt,  welches  «l^^^P^  fv^ce  ]    bezeichnet   ist,    d.    h. 

ha-sop  363  —  „Leitjahr  363  des  Harmachis".  Nun  habe  ich  schon 
im  Manetho  erhärtet,  dass  die  oberen  Götter  je  eine  Sothisperiode 
eklektisch  zugeschrieben  erhielten.  Folglich  ist  mit  obigem  Datum  die 
363.  Tetraeteris  gemeint,  speziell  der  Zeitpunkt,  wo  der  Sothisfrüh- 
aufgang  am  3.  Epagomen  des  Wandeljahres  stattfindet.  Wie  passend 
dieses  Datum  für  den  Sieg  des  Horus  gewählt  ist,  ersieht  man  sofort 
daraus,  dass  der  2.  Epagomen  dem  Horus,  der  3.  Epagomen  dem  Set- 
Typhon  als  Geburtstag  zugetheilt  wird.  Es  ist  also  das  Jahr  1448/49 
der  betreffenden  Sothisperiode  gemeint. 

Um  vom  Syncellus  zu  schweigen,  welcher  öfter  die  ägyptische 
Tetraeteris  mit  der  griechischen  Olympiade  vergleicht,  möchte  ich  hier 
blos  darauf  hinweisen,  dass  das  Leitjahr  ha-sop  für  den  ganzen  vier- 
jährigen Cyclus  gebraucht  wird,  mit  um  so  grösserem  Rechte,  als  be- 
kanntlich der  Frühaufgang  des  Sirius  oder  seine  fjXiazrj  ävarolr]  nur 
alle  vier  Jahre  sich  ereignet.  Ferner  bedeutet  Horapollon's  Ausdruck 
eviora/uerov  srog  nicht  etwa  Pannee  future,  wie  Brugsch  gemeint  hat, 
sondern  nach  Analogie  von  iviorao&ai  bdov  =  ingredi  viam,  das  „An- 
fangsjahr". Dass  dieses  an  der  Spitze  des  vierjährigen  Cyclus  einher- 
schreitende  Jahr  als  „Anfangsjahr"  gemeint  war,  ergibt  sich  unmittelbar 

aus  dem  hieroglyphischen  Ausdruck    ]"^   ha-sepui   =   £^-cq>to07ri  = 

primus  annorum".  Die  eigenthümliche  Endung  -otti,  die  in  alter  Zeit 
dem  Dual  eignet,  steckt  auch  in  der  aenigmatischen  Schreibung  mittels 
des  vierbeinigen    Schakals   während   sonst  g"@,   wie  das  Determinativ  © 


10)   Naville:  textes  relatifs  au  mythe  d'Horus  pl.  12,  col.  2. 


12 

mit  den  zwei  Strichen  zeigt,  ebenfalls  dualisch  zu  fassen  ist.  Es  wird 
also  erlaubt  sein,  des  Eratosthenes  Ausdruck  xo  nQor\yoviiwov  erog  tcuv 
ttqojtüov  30lv^niüjv  mit  diesem  £a.c3>ü>oti  in  allen  Stücken  identisch  zu 
finden. 

Bestände  noch  ein  Zweifel  über  die  Richtigkeit  meiner  Ansicht,  so 
müsste  er  einem  zweiten  Beispiele  gegenüber  vollends  schwinden.  In 
der  oben  erwähnten  Wandinschrift  des  Tempels  von  Denderah11)  er- 
scheint eine  Stelle,  die  Herr  Dr.  Dümichen  folgendermassen  übersetzt: 
,,und  es  erscheint  (bes)  die  göttliche  Hathor  hinter  ihr  (?)  um  zu  schauen 
die  Strahlen  ihres  Erzeugers  zur  Zeit  des  Uebergangs  der  Jahreszeiten". 
Das  Fragezeichen,  welches  „hinter  ihr"  nach  sich  hat,  dürfte  recht  wohl 
ans  Ende  des  ganzen  Satzes  verlegt  werden,  da  derselbe  offenbar  keinen 
befriedigenden  Sinn  ergibt.  Es  ist  im  Vorausgehenden  von  der  Treppe 
die    Rede,    welche    zum    Saale   führt;    in    diesen    wird    eingetreten    von 

Seiten    der  ,,oder"  durch   <5j[j  =    M     die    Hathor,    die    Herrin    von    Den- 

JK0  A         /wwv\ 

derah.  Jetzt  schliesst  sich  passend  der  fragliche  Passus  an :  ,,es  ist  der 
Götterkreis  der  Bes12)  (Hathor)  hinter  ihr,   nachdem   sie    geschaut    die 

Strahlen  ihres  Erzeugers  ^_  y>(|»S?;m  zur  Zeit  der  Umkehr  (Wieder- 
kehr) der  (acht)  Jahre".      Was  ^\(]<Q^ — o      uan     mit    dem     Deutbilde 

des  bewaffneten  Armes  bedeutet ,  habe  ich  schon  längst  erhärtet  im 
„Papyrus  Prisse",  wo  I,  10  gesagt  ist  ,, Nicht  weise  es  zurück",  nämlich 
was  dir  der  Gastfreund  anbietet  13).  Im/  Kopt.  creme  commovere  abire 
transire   ist    nicht    mehr    die    volle    Bedeutung    des    Stammes    uan    (mit 

i n  und  Ä)  erhalten,   wohl  aber    in   £^tioimcooTi    annus    vertens,    abzu- 

theilen,  nicht  in  £&.ti-omuoo7ri  Plural  von  othott  hora  mit  dem  artic. 
indefin.  g&n,  wie  Parthey  in  seinem  Lexicon  thut  —  sondern  in  g^-n-OTrruooTri 
principium  anniversariorum. 


11)  Zts.  f.  aeg.  Spr.  1876,  p.  34  sqq.  nebst  Tafel. 

12)  Vergl.  hierüber  meine  Abhandlung  „Altägyptische  Musik". 

13)  Schon  dieses  Beispiel  ist  eine  kräftige  Widerlegung  der  Ansicht  des  H.  Naville,  welcher  in  der 

Zts.   f.   äg.    Spr.   1876  die   Bedeutung    ne    firj   des    ägyptischen      ftsW =   m  bezweifelt 

und  bestreitet. 


13 

Nun    beachte    man    die    acht  Kerbe    am  Jahreszeichen:     U  welches 

wohl  nicht  ohne  Absicht  umgestellt    ist,    statt   {   und  man  wird  mit  mir 

überzeugt  sein,  dass  der  Verfasser  des  ägyptischen  Textes  ausdrücken 
wollte,  was  man  allenfalls  wörtlich  iv  xaigqt  xijg  ävaoxycxpfjg  xaiv  xs- 
r^aerri(jidoiv  übersetzen   könnte. 

Vergleicht  man  die  beiden  nach  Form  und  Inhalt  so  eben  erläu- 
terten Ausdrücke  ^(tt^ct^iooiri  u.  ^ev-n-oimoüoiri,  so  wird  man  die 
Analogie  beider  sogar  in  der  Versetzung  und  Färbung  der  Vocale  nicht 
verkennen.  Denn  so  wie  jenes  aus  ha-n-sopui ,  so  ist  dieses  aus 
ha-n-uanui  entstanden.  Auch  in  der  Bedeutung  sind  sie  verwandt, 
insoferne  ersteres  den  Anfang,  das  andere  die  Wiederkehr  (Umkehr)  der 
beiden  Tetraeteriden  bezeichnet,  speziell  den  Zeitpunkt ,  wo  die  Sothis 
(Hathor)  ihren  Vater  Ra  ('Hliog)  x  am  Osthimmel  erschaut  und  ihre 
Strahlen  mit  den  seinigen  vereinigt.  Dieses  Factum  der  Beobachtung 
des  Sothisfrühaufgangs  (rjliaxrj  dvaxoXrf)  festzustellen,  ist  in  meinen  Augen 
wichtiger  als  die  Aufzählung  der  verschiedenen  Tempelräume  von 
Denderah. 

Aus  dem  Gesagten  wird  jetzt  hoffentlich  auch  für  Nichtägyptologen 
der  Beweis  erbracht  sein ,  dass  Eratosthenes  mit  xb  n^orjyovfxevov  sxog 
xwv  TiQwxwv  ¥)Xvtum(oy  das  ,, Anfangsjahr  der  ersten  olympischen  Spiele" 
hat  bezeichnen  wollen,  was  sich  um  so  besser  empfiehlt,  als  das  ägyp- 
tische -=^  Xeovxog  tiqoxojlmi  =  äQ%rj,  §&.,  £H  dux  princeps  sich  mit 
riysjLicjy  und  TH>oriyov{ihvog  vollständig  deckt. 

Auch  über  die  Richtigkeit  der  Rechnung  vom  Endjahre  324/323 
her  kann  kein  Zweifel  bestehen,  da  die  aus  den  sechs  letzten  Posten 
des  Eratosthenes  erwachsende  Summe  von  453  Jahren  nach  vorn  nur 
776/775  einschliesst,  nicht  aber  777/776.  Also  auch  von  diesem  Ge- 
sichtspunkte aus  empfiehlt  sich  meine  Auffassung  des  TiQorjyovjLievov  exog 
vom  5.  März  776  bis  wieder  den  5.  März  775,  also  die  erste  Olympien- 
feier einschliessend,  wenn  das  Jahr  auch  nicht  bis  zum  Schlüsse  der 
griechischen  Ol.  I,   1   reichte. 

Rechnet  man  nun  von  dieser  Epoche  die  bekannten  407  J.  hinauf, 
so  erhält  man  als  Anfangspunkt  der  Aera  den    15*  Juni   1183    v.  Chr., 


14 

sehr  nahe  1  Jahr  nach  der  Sommerwende,  1184,  wohin  die  Tradition 
Tyoiag  alcooig  verlegt  (Thargelion  oder  Skirophorion).  Darum  sagt  der 
auf  Eratosthenes  fussende  Dionys  von  Halikarnass  I  63,  dass  die  vom 
nächsten  Monat  Hekatombaeon  auslaufende  Aera  beginne  mit  tw  a§f\g 
stBi,  Tzycotq)  jbLsrd  xr\v  alioöiv.  Da  aber  andererseits  die  Katastrophe  mit 
dem  Frühuntergange  der  Plejaden  j4),  also  dem  Anfang  Novembers  (5) 
zusammengebracht  wird,  wohin  auch  die  Constellation  bei  Dionysius  von 
Halik.  I  63  führt,  die  nur  auf  1185/84  passt,  so  sieht  man,  wie  das 
Factum  selbst  unsicher  hin-  und  herschwankt. 

Proleptische  Cyclen. 

Dass  Troja's  Epoche  den  Griechen  keine  geschichtlich-chronologisch 
überlieferte  war,  erhellt  am  besten  aus  der  Verschiedenheit  der  Ansätze. 
Nehmen  wir  z.  B.  Timaeus.  Er  bietet  dreierlei  Epochen:  1194,  1308, 
1346  v.  Chr.  =  22  X  19,  28  X  19,  30  X  19,  also  418,  532,  570  Jahre 
vor  776. 

Die  418  J.  schreibt  Tzetzes  auch  dem  Diodor  zu,  in  dessen  erhal- 
tenen Schriften  sie  sich  nicht  findet,  wenn  man  nicht  die  I  5  berichteten 
1138  J.  vor  dem  gallischen  Kriege,  den  er  dort  56  v.  Chr.  (sonst  Ol. 
180,  1)  als  Schlusstermin  setzt,  hieher  ziehen  will,  wie  es  kaum  anders 
gestattet  ist;  denn  da  er  bis  Ol.  I,  1  hinauf  730  statt  720  Jahre  rechnet, 
(730  +  56  =  786  15)),  so  muss  man  auch  für  den  Ansatz  der  1138 
Jahre  von  56  v.  Chr.  ausgehen,  was  1194  ergibt.  Ebendaselbst  setzt 
er  nach  Apollodor  (und  Eratosthenes)  80  -f-  328  =  408  seit  der  Trojischen 
Epoche  bis  Ol.  I,  1;  was  also  wieder  1184  v.  Chr.  ergibt.  Hingegen 
XIII,  1  macht  er  eine  Retrocomputation  vom  sicilischen  Unglück  der 
Athener  415/414  in  10  Kalippischen  Perioden  zu  je  76,  oder  in  40  Me- 
tonischen  Cyclen  zu  je  19  Jahren;  dies  führt  auf  1175/74  vor  Chr., 
also  gerade  um  19  oder  20  J.  unter  seinem  ersten  Ansätze.  Aehnlich 
erklärt  sich  des  Aretes  Ansatz  auf  1289  =  27  X  19   oder  513  vor  776; 


14)  Aeschylos:    Agamemnon  v.  826  cf.  Plut.  Is.  Osir.  c.  65   und  69,   wo   die  Einlegung   der  Saat, 
sowie  die  Bestattung  des  Osiris  usqi  nteiuöct  gesetzt  wird. 

15)  Diodor  schrieb  entweder  720,  oder,  wenn  730,   so  rechnete  er  von    46   v.  Chr.   an,   dem   annus 
confusionis. 


15 

ferner  des  Isokrates  Ansatz  auf  1137=19X19  oder  361  vor  776. 
Analog  verhalten  sich  die  Ansätze  des  Sosibius  1171,  des  Vellejus  1191, 
des  Parischen  Chronisten  1209:  sie  sind  um  19  oder  20  und  38 
(2X19)  von  einander  entfernt,  unterscheiden  sich  aber  um  ein  Jahr- 
viert  von  der  ersten  Gruppe.  Es  wären  noch  viele  andere  Beispiele  zu 
citiren  16),  wo  der  metonische  Cyclus  nicht  nur  bei  den  Griechen,  und 
für  Troja,  sondern  auch  bei  den  Römern  und  für  die  urbs  condita  zur 
Anwendung  gekommen  ist  z.  B.  814  für  die  Gründung  Roms  und  Car- 
thago's  d.  i.  2  X  19  =  38  vor  776.  Allein  die  Hauptfrage,  welche  hier 
zu  beantworten  ist,  lautet:  Hat  Eratosthenes  ebenfalls  das  Jahr  der 
Katastrophe  Troja' s :  1184/83  durch  proleptische  Cyclen  erreicht? 
Dass  1194  auf  diesem  Wege  erzielt  worden  ist,  dürfte  aus  dem  oben 
Gesagten  erhellen.  Da  nun  Troja' s  Einnahme  in  das  Ende  des  10. 
Jahres  seit  Beginn  des  Krieges  vom  Dichter  gesetzt  wird  und  derselbe 
Homer,  die  Quelle  der  Historiker  und  Chronologen,  die  Rückkehr  des 
Odysseus  elxoar<p  hei  ansetzt  —  gerade  wie  Livius  I  19  mit  vicesimo 
anno  die  Wiederkehr  der  svveaxai&exaeviiQig  ausdrückt  —  so  scheint  es 
mir,  dass  der  Metonische  Cyclus  wegen  der  Homerischen  Angabe  mit 
Vorliebe  zu  proleptischen  Rechnungen  gewählt  worden  sei 17). 

Eratosthenes  hätte  demnach  indirect  das  Jahr  1184  für  die  Ka- 
tastrophe durch  den  Anfang  eines  proleptischen  Metoncyclus  erreicht, 
indem  er  sie  gleichsam  in  medias  res  versetzte.  Aber  warum  wählte 
er  denn  gerade  das  Multiplicat :  22  X  19?  Hiezu  konnte  ihn  nur  eine 
Epoche  der  ägyptischen  Chronologie  und  Geschichte  bestimmen. 

Man  kann  sicherlich  doch  nicht  annehmen,  dass  ein  Chronologe 
wie  Eratosthenes  sein  Resultat  durch  eine  so  mechanische  Retrocompu- 
tation,  wie  die  oben    citirten    Cycliker 18),    ausschliesslich  erreicht   habe. 


16)  Vergl.  Düntzer:  Homerische  Fragen  p.  122,  wo  Herodots  (II  145)  Ansatz  der  Tywixu  auf  1270 
berechnet  wird,  während  er  als  Extreme  die  Zahlen  1353  und  1120  v.  Chr.  angibt.  Herodot 
kann  aber  auch  833'/3  vor  seiner  Zeit  meinen  und  dies  würde  den  Ansatz  1284/1283  v.  Chr. 
liefern,  um  ein  Jahrhundert  höher  als  Eratosthenes  geht. 

17)  Die  von  Iphitos  auslaufenden  Olympiaden  1 — 27  enthalten  wegen  der  beim  Syncellus  erhaltenen 
Anzahl  14,  die  Andeutung,  dass  früher  die  Oktaeteris  im  Gebrauche  war.  Indess  auf  solche 
Untersuchungen  kann  ich  mich  hier  nicht  einlassen. 

18)  Vergl.  hierüber  Boeckh:  „Commentar  zur  Parischen  Chronik  II,  326;  „Mondcyclen"  p.  30. 


16 

Allein  da  776  und  selbst  884  eine  überlieferte  Angabe  war,  so  begann 
ihm  erst  jenseits  dieser  gegebenen  Ansätze  das  Bereich  der  runden 
Summen:    160,   60,   80  -  300  19)  +  884  =  1 184. 

Nach  A.  Mommsen  (Beitrag  p.  379)  konnte  Eratosthenes,  wie  der 
auf  ihm  fussende  Dionys  v.  Hai.  Rücksicht  nehmen  auf  das  obligate 
Mondjahr  vom  1.  Hecatombaeon  1184  =  19.  Juli  (sichtbarer  Neumond). 
Das  ist  zugleich  die  Jahresepoche  des  Sothisfrühaufgangs.  Auf  der 
nächsten  Seite  (380)  führt  er  den  Gedanken  der  Doppelära  weiter  aus 
und  gelangt  so  zu  dem  Satze :  ,,So  hat  auch  Eratosthenes  der  vor- 
gefundenen lunarischen  Zeitrechnung  nach  Troja  eine  parallele  ägyptische 
angelehnt;  die  eratosthenische  fängt,  wie  die  des  Nabonassar,  ihrer  lu- 
narischen Seite  nach,  mit  einem  neumetonischen  Epochenjahre  an,  jedoch 
so,  dass  jene  das  oberste  Epochenjahr  =  Null  setzt,  wodurch  die 
Nöthigung  entsteht  auch  äg.  1184/3  =  Null  zu  behandeln,  was  in  Na- 
bonassars  Zeitrechnung  anders  ist.  Das  äg.  Schlussjahr  der  ausschliess- 
lich Nabonassars  Namen  führenden  Jahresfolge  (vom  26.  Febr.  747  bis 
zum  11.  Nov.  325/324)  ist  auch  das  Eratosthenes  Schlussjahr/'  Ich 
werde  sofort  zeigen,  dass  auch  eine  Thatsache  der  ägyptischen  Geschichte 
den  Eratosthenes  bestimmt  hat. 

Der  Epochenkönig  Ramses  IX.  Nei'ievg. 

Wohl  besassen  die  -griechischen  Stämme  Ueberlieferungen  altein- 
heimischer Fürsten  wie  z.  B.  Diodor  I,  5  sagt,  dass  die  328  Jahre  von 
der  Rückkehr  der  Herakliden  bis  Ol.  I,  1  nach  den  lacedaemonischen 
Königen  berechnet  seien.  Höher  hinauf  führen  die  attischen,  argivischen, 
sikyonischen  Regentenreihen,  Wenn  man  nun  auch  diese  Listen,  ob- 
schon  ihre  Systematik  oder  Abhängigkeit  von  der  dichterischen  Sage 
stellenweise  gar  zu  sichtbar  ist,  doch  nicht  geradezu  als  durchaus  un- 
geschichtlich bezeichnen  darf,  so  ist  es  andererseits  gewiss,  dass  sie  dem 
Chronologen  Eratosthenes  für  seinen  Zweck  unbrauchbar  erscheinen 
mussten. 

Anders  lag  die  Sache  in  Aegypten :  uralte  Königsreihen ,  durch 
eine  Menge  Denkmäler  und  Urkunden  beglaubigt  und  controlirbar,  waren 


19)  Vergl.  am  Schlüsse  des  Eratosthenes  Ansatz  für  Homer  gerade  100  Jahre  nach  den  Tpwixa. 


17 

durch  Manetho  dem  griechischen  Publikum  zugänglich  geworden.  Dass 
sein  unmittelbarer  Nachfolger  Eratosthenes  von  den  betreffenden  Werken : 
AlyvTiriaza  viioavi]fiara  und  ßtßlog  tfjg  JZcj&ewg  wirklich  Gebrauch  ge- 
macht hat,  ist  durch  den  Laterculus  der  38  Könige  bewiesen,  deren 
Namen  Eratosthenes  aus  königlichem  Auftrage  in's  Griechische  über- 
setzt hat.  Wäre  uns  des  Eratosthenes  Arbeit  selbst  und  nicht  bloss 
ihre  Ueberarbeitung  durch  Apollodorus  von  Athen  erhalten,  so  würden 
wir  sicherlich  viel  mehr  chronologische  Beinamen  darin  finden,  welche 
die  Epochenkönige  führten.     Einer  von  diesen  ist  Ramses  IX.  Ntilevg. 

Gewiss  ist  es  höchlichst  zu  bedauern,  dass  bei  Manetho's  Aus- 
züglern die  Könige  der  XX.  Dyn.  nur  summarisch:  12  mit  135  (lies  185) 
Jahren  angegeben  sind.  Allein  schon  die  Anzahl  12  zeigt,  dass  die 
Ramessiden  von  Numero  III. — XIV.  darin  untergebracht  waren.  Der 
Stammvater  dieses  so  berühmt  gewordenen  Namens  ist  Ramessu  I,  sein 
Enkel  Ramessu  II  Sesostris;  beide  stehen  jetzt  in  Dyn.  XVIII,  aber  ur- 
sprünglich in  der  siebengliedrigen  Dyn.  XIX.  In  dieser  erscheint  der 
Herodotische  Rhampsinitos  als  letzter,  es  ist  jener  Ramses  III,  der  wegen 
der  Epoche  der  Söthisperiode  1325  auch  zur  XX.  Dyn.  gehört.  Ausser 
Ramses  XII20)  ragt  in  dieser  Dyn.   hauptsächlich  Ramses    IX21)   hervor 

«U  der  Legende  \%  (oufeS] |  VWl^dS^K]  "?* 
kera-sotep-en-ra  Ramessu  Meri-amun  Chamoas".  Die  Geschichtlich- 
keit dieses  Königs  unterliegt  keinem  Zweifel;  ja  H.  Chabas  (Melanges  III) 
behauptet  mit  Recht,  dass  man  seine  Regierung  unter  die  grands  regnes 
rechnen  müsse.  Er  äussert  dieses  anlässlich  des  Pap.  Bathurst,  der 
eine  Ergänzung  zum  Pap.  Abbott22)  bildet,  jenem  interessanten  Akten- 
stücke des  Processes  gegen  die  Plünderer  der  Königsgräber  in  Biban- 
el-moluk.  Der  König  Ramses  IX  ist  oft  darin  genannt  und  ausserdem 
drei  Daten:  Jahr  14,  J.  16  und  J.  19.  Letzteres  verdient  eine  beson- 
dere Beachtung,  da  es  ein  Doppeldatum  ist  und  für  die  Chronologie 
äusserst  wichtig  erscheint. 


20)  Vergl.  meine  Abhandlung:  „Die  Princessin  Bentrosch  und  Sesostris  II". 

21)  Wenn  Brugsch  Recht  hat,   Tor  ihm   den   Ramses  Meri-Tum  einzuschieben   (Hist.  d'  Egypte 
pl.  XIII  No.  290)  so  erhöht  sich  die  Numerirung  um  1. 

22)  Vergl.  meine  akadem.  Abhandlung  hierüber. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  3 


18 

Das  Doppeldatum  auf  p.  VIII.  lin.  1  sieht  hieroglyphisch  so  aus : 
\**<^_  '^1^  4.  „Jahr  der  Erscheinung,  Tag  2,  entsprechend  dem 
Jahre  19".  Dass  man  pert  hier  nicht  als  2.  Saison  (q>pio  hiems 
fassen  darf,  sondern  „Erscheinung"  übersetzen  muss,  ergibt  sich  daraus, 
dass  keine  Ordinalzahl  dabei  steht  um  anzugeben,  der  wie  vielte  Monat 
dieser  angeblichen  Tetramenie  gemeint  sei.  Hingegen  bei  meiner  Auf- 
fassung erklärt  sich  der  „Tag  2"  sehr  gut,  weil  eben  ,,Tag  1"  dem 
Feste  der  Erscheinung,  nämlich  der  Sothis,  gewidmet  war  und  erst  der 
nächstfolgende  wieder  den  Geschäften  gewidmet  wurde.  Ungewöhnlich 
bleibt  dieses  Datum  immerhin,  natürlich,  da  solche  Doppeldaten  ihrem 
Wesen  nach  nur  selten  vorkommen  können.  Um  nicht  zu  weitläufig 
zu  werden,  verweise  ich  auf  mein  eben  erschienenes  Werk23),  worin 
durch  Probe  und  Gegenprobe  bewiesen  ist,  dass  Ramses  IX.  JVedsvg  der 
Epochenkönig  für  1205  v.  Chr.  ist,  wo  der  heliakalische  Aufgang  des 
Sirius  (Sothissternes)  am  1.  Phaophi  sich  ereignete. 

Dieses    selbe    Jahr     19     des     Ramses    IX    erscheint     im     Papyrus 
Mayer24),   der    ebenfalls    ein   Process- Aktenstück  ist,    unter    der    Form 

fol^/^ilffiP^^  "Jahr  l  deS  Wiedergeborenen"-  WennH.  Goodwin 
daselbst  meint:  nem  mesu  means  simply  „the  king",  without  implying 
any  particular  king",  so  täuscht  er  sich  und  Andere  gewaltig.  Wohl 
findet  sich  dieser  Zusatz  bei  mehreren  Königen,  aber  jedesmal  sind  es 
solche,  die  eine  chronologische  Epoche  bilden,  z.  B.  Amenemha  I 
JTeTEad-vQfjg,  Thutmosis  III  Mesphres,  Sethosis  (Setuchi)  I  "Enacpog.  In 
dem    Geieruräus-    und    Goldhorustitel    dieses    letzteren 25)    wechselt    die 

Schreibung  zwischen   fNrö  und   j    '   neben  jffiPjß    zum    Beweise,    dass 

der  betreffende  Beinamen  des  Epochenkönigs  gerade  so  gut  als  „twice- 
born"  wie  als  „twice-crowned"  aufgefasst  werden  mochte.  Beide  An- 
sichten  lassen  sich  nach   meiner    Theorie    recht    wohl    combiniren :    trat 


23)  „Aegyptische  Chronologie,  basirt  auf  die  vollständige  Reihe  der  (37)  Epochenkönige  von  4245 
v.  Chr.  bis  136  n.  Chr." 

24)  Zts.  f.  äg.  Spr.  1873,  p.  39. 

25)  Siehe  Lepsius  Königsbuch  No.  413  B  C,  o. 


19 

das  Ereigniss  einer  nach  je  120  Jahren  wiederkehrenden  neuen  hanti 
ein,  so  wurde  der  gerade  in  diesem  Zeitpunkte  regierende  König  mit 
einem  Extra-Beinamen  geehrt,  der  ihn  als  „Sohn"  oder  „Gabe" 
der  eponymen  Monatsgottheit  bezeichnete.  Zugleich  aber  begann  der 
ausnahmsweise  so  hervorgehobene  Pharao  eine  neue  Aera,  indem  er 
seine  Regierangsjahre  von  da  an  noch  einmal   1,  2,   3  etc.  fortzählte. 

Den  dritten  Beweis  liefert  der  Papyrus  Vindobonensis  (Ambraser 
Sammlung26).  Dieses  äusserst  interessante  Aktenstück,  von  2  Krügen 
und  den  darin  enthaltenen  Schriftwerken  handelnd,  worunter  auch  wieder 
ein  Prozess  gegen  Diebe   vorkommt,   gehört   in    die    Regierung    unseres 

Ramses  IX.  Es  beginnt  mit  dem  Datum:  {^IM  ^|t^%3  [j]P.  Hier- 
über bemerkt  Brugsch:  „dieses  Datum  bedarf  weiterer  Aufklärung". 
Ich  schätze  mich  glücklich,  dieses  Bedürfniss  befriedigen  zu  können. 
Nach  dem  Vorausbemerkten  ist  es  sicher,  dass  „Jahr  6  des  Wieder- 
gekrönten  (Wiedergeborenen)"  eben  nichts  Anderes  bedeutet,  als  das 
sechste  Jahr  der  neuen  Aera,  also  gerade  1200  v.  Chr.,  und  dass 
Ramses  IX.   wenigstens  23 — 24  Jahre  regiert  hat. 

Es  hat  uns  also  eine  günstige  Fügung  alles  erforderliche  Material 
aufbewahrt,  um  Ramses  IX.  als  Epochenkönig  für  1205  v.  Christus 
sicher  bestimmen  zu  können.  Nun  beachte  man,  dass  der  zweite  Monat 
der  ersten  Tetramenie,  um  dessen  hanti  es  sich  hier  handelt,  nach 
dem  Nile:  Hapi  benannt  ist,  woraus  sich  sein  Name  Pha-ophi  „der 
(Monat)  des  Hapi"  genügend  erklärt.  Zugleich  fällt  aber  auch  ein 
Schlaglicht  auf  den  Namen  Neilevg,  der  diesem  Könige  angehört,  wie 
sofort  au3  Diodor  I,  62,  63  erheilt.  Denn  im  unmittelbarsten  Anschlüsse 
an  den  reichen  Rhampsinit,  bei  Diodor  cPsju,(pig  statt  'PejLiiprjg,  lässt  er 
stiI  yeveäg  facta  verweichlichte  Könige  folgen,  die  wegen  ihrer  Unthätig- 
keit  in  der  Geschichte  mit  Stillschweigen  übergangen  wurden  tiXtjv  ivbg: 
JVsilswg.  Dieser  habe  den  früher  A^yvnrog  genannten  Fluss  Neilog 
benamst,  auch  sehr  viele  zu  rechter  Zeit  (evzaiQovg)  gemachte  Ka- 
näle hergestellt  und  da  er  grossen  Ehrgeiz  in  die  Nutzbarmachung  des 
Niles  gesetzt,  so  habe  er  diese  Flussbenennung  veranlasst. 


26)    Vergl.  Zts.  f.  äg.  Spr.  1876  1—4,  Tafel. 


20 

Nun  verhält  es  sich  zwar  umgekehrt:  der  König  Nedsvg  erhielt 
diesen  Beinamen  vom  JYellog,  oder  noch  genauer  vom  Nil-Monat  Phaophi. 
Wichtiger  ist  der  Zeitabstand  von  König  Ramses  III,  den  ich  ebenfalls 
als  JVsT/Log  aufgezeigt  habe27).  Da  dieser  auf  1325  steht  und  Ramses 
IX.  Nsitovg  auf  1205  v.  Chr.  (eine  ganze  Monatsverschiebung  oder 
hanti  später),  so  sieht  man  jetzt  besser  ein,  warum  Diodor  cPsjiiyjr]g 
(III)  und  (cPajU€Oöfjg  IX)  Neilevg  zusammengruppirt.  In  der  That  ist 
letzterer  der  7.  König  seit  Rhampsinit,  auch  ohne  dass  Meritum  vor 
ihm  eingeschoben  wird. 

Dass  Diodor  in  diesem  Falle  aus  einer  guten  Quelle  geschöpft  hat, 
beweisen  zwei  kleine  Denkmäler  des  British  Museum 28),  deren  Werth 
bisher  unerkannt  geblieben  ist.  Das  erstere  stellt  den  König  Ramses 
IX.  (Neferkera-sotepenra  Ramessu-meriamun-chamoas)  dar,  wie  er  in 
einem  reichgeschmückten  Distylon  steht  und  die  Huldigungen  zweier 
Beamten,  eines  weltlichen  und  eines  geistlichen,    entgegennimmt;    beide 

tragen  das   Sieges-  oder  Schutzzeichen  \  (mit   der   Straussfeder)    in  der 

Linken,  während  die  Rechte  die  Geberde  des  Sprechenden  ausdrücken 
hilft.  In  den  ersten  7  Verticalcolumnen  sind  die  Titel  und  Namen  des 
Königs    sowie    der    beiden    Würdenträger    enthalten.       Der    Schluss    der 

siebenten  zeigt    das  Pronomen    der   zweiten    (angeredeten)    Person : 


ementuk  =  „Du!"  Schon  hieraus  erhellt,  dass  alles  Folgende  ein  Pan- 
egyricus  auf  den  dargestellten  Pharao  sein  soll.  Die  wörtliche  Ueber- 
setzung  der  betreffenden   10  Coli,   lautet:  ,,Du  bis  Ha  (der  Sonnengott) 

dein  Aufleuchten  ist  wie  das  seinige.    Du  erscheinst  ( a)   wie  Ba  den 

Edlen  (Freien :  pA.i£c  liber  ingenuus).  Dein  starkes  Schlachtschwert 
wirft  nieder  die  neun  Völker,  während  du  mildgesinnt  bist  gen  Kemi 
(Aegypten)  das  unter  dem  Siege  deiner  Tapferkeit  (sicher)  ist.  Menthu 
(der  Kriegsgott)  hat  durchdrungen  deine  Glieder;  deine  Rathschläge 
sind  trefflich ,  deine  Entwürfe  verwirklichen  sich.  Es  fand  für  gut 
Amon  selber,  zu  geben  sein  Ebenbild  in  das  Land  Merat  {IJ-ri-^ivQig 
=  Aegypten).     Du  bist  sein  Sohn,  den  sein  Herz  liebt,  ein  wohlthätiger 


27)  Vergl.  meine  akad.  Abh.  „Die  Sothis  und  Siriusperiode." 

28)  Birch:  Inscr.  in  the  hieratic  and  demotic  character  pl.  I  u.  IV. 


21 

Fürst  in  Anu-asu  (Hermonthis),  ein  Hapi    ||n«w«   (Nil)    [der  sich    er- 

giesst]  wie  ein      j^=d  qeb  (jy  Krug  zu  Gussopfern).    Du  bist  Ra,  deine 

Emanation  ist  seine  Emanation,  deine  Dauer  ist  seine  Dauer.  Du  bist 
der  Sohn  Amons,  entsprossen  seinen  Gliedern.  Er  gibt  Dir  [desshalb] 
die  Dauer  des  Ra,  die  Jahre  des  Tum  (Abendsonne),  die  Siege  (Stärke) 
des  Menthu  in  Oast  (Theben),  die  Königsherrschaft  des  Horus  [an  der 
Spitze  der  Lebenden],  die  Dauer  des  Ra  am  Firmamente.  Er  gibt  dir 
die  Königsherrschaft,  er  gewährte  dir  den  grossen  Wasserumfang 
(chen-ur  Mittelmeer)  und  das  grosse  Becken  (rer-ur  Rothes  Meer)  unter 
deine  Sohlen,  Herr  der  beiden  Gegenden  Neferkerasotepenra,  Sohn  des 
Ra,  Herr  der  Diademe,  Ramessu  Meriamun-chamoas,  lebenspendender, 
wohlgefälliger  Fürst  in  der  Eigenschaft  eines  Königs  wie  Horus  .  .  .  . 
der  aufrichtet  das  Land  durch  seine  trefflichen  Verfügungen,  der  mäch- 
tige Kämpfer,  welcher  kennt  seine  Tapferkeit  als  Sutech  (Set,  Baal); 
sein  Zorn  [wüthet  wider  die  Feinde] ;    der  kräftige  Stier,    dessen  Klaue 

(sie   „wwA*—    annet-f  eine   pollex   pedis)   auf   den  Häuptern    der    Fremd- 

Völker  lastet;  dessen  Ruhm  (Brüllen?)  vernommen  wird  fp=g  Um  cmi 
cognoscere)  vom  ganzen  Erdkreise".     Der  Rest  ist  zerstört. 

Man  sieht,  wie  die  Bestandtheile  der  königlichen  Namen  in  diesen 
Panegyricus  musivartig  verwoben  sind;  alle  Texte  wimmeln  von  solchen 
Accommodationen 29).  Dies  ist  hier  von  einiger  Wichtigkeit,  weil  wir 
daraus  wohl  schliessen  dürfen,  dass  auch  Hapi- Nil  zu  den  Namen  des 
Königs  gehörte. 

Leider  ist  unmittelbar  hinter  Hapi  eine  Textlücke,  aus  der  nur 
\  erkannt  werden  kann;   das  Raumverhältniss    erfordert  die  Ergänzung 

^f    nu  „unser".     Diese  Ausdrucksweise  schwebt  nicht  in   der  Luft;    ich 

11/ 

habe    sie  bei   einer    früheren    Gelegenheit30)    aufgezeigt    in    dem    Satze: 

„Wohlgestimmt  ist  das  Herz  des  Königs  (wegen  der  Vortrefflichkeit  der 

Tempelbauten)    und   er   bekommt    alsdann   die    Wahrheit   zu    hören    aus 


29)  Vergl.  meine  Abh.  in  der  Zt.  DMC  1875  „Der  grosse  Sesostristext  Ton  Abydos." 

30)  „Altägyptische  Lehrsprüche"  —  Pap.  Leydens.    I.  340,  III,  13. 


22 

jeder  Kehle  (?) :  J^T^D^^j^P^  „Er  ist  unser  Wasser,  unser 
Grün;  wer  ist  es  sonst,  der  uns  fern  hält  das  Verderben?-'  Da  dieser 
Text  ebenfalls  dem  Zeithorizont  unseres  Königs  Ramses  IX.  angehört, 
vielleicht  unter  seiner  Regierung  geschrieben  und  auf  seine  Person  be- 
züglich ist,  so  erhält  meine  Vermuthung  in  Betreff  der  Ergänzung  des 
Panegyricustextes  zu  Hapi-nu  „unser  Nil"  eine  kräftige  Unterstützung. 
Uebrigens  würde,  da  jedenfalls  ein  Plural  nach   Hapi  folgt ,    die    Lücke 

auch  mit     s==>    ausgefüllt  werden  können,  doch  würde  dann  das  gewöhn- 
liche   Deutbild  ^^    fehlen. 

Auch    hinsichtlich    des    Beiwortes,    welches    dem    Hapi    in    obigem 
Texte  gefolgt  sein  muss,    führt    die    Analogie    sonstiger    Inschriften   auf 

die  ziemlich  sichere  Ergänzung  durch  Joo<>0£>     hasch     R^uj     exonerare, 


AAWV\ 


oder  ^-ww«     du-ura    OtooireX    inundare    submergere.       Hierüber    ein 

<^ — ^>  >|  /www 

Mehreres  im  nächsten  Abschnitte  anlässlich  des  Doppelnamens  cPalueaafj 
lovßaoöfj. 

Erwägt  man,  dass  die  beiden  Würdenträger  vor  Ramses  IX  gleich- 
sam als  Vertreter  der  ganzen  Beamtenwelt,  ja  des  gesammten  Volkes 
auftreten,  so  hindert  nichts  anzunehmen,  dass  der  Anlass  zu  dieser  Auf- 
wartung ein  feierlicher  war.  Dies  ergibt  sich  auch  aus  der  Anbringung 
der  rothen  Linien  neben  den  schwarzen,  nicht  als  Correctur,  wie 
Birch  meint,  sondern  zur  Verschönerung  und  um  die  Farbenpracht  des 
Originals  nachzuahmen.  Denn  dass  diese  Kalkplatte  bloss  eine  Copie 
für  Privatzwecke  darstellt,  beweist  sowohl  das  dünne  Material  (Kalk- 
steinplatte) als  die  geringen  Dimensionen  (2   Ellen  Breite,    1  Elle  Höhe). 

Welche  Staatsaction  lässt  sich  nun  aber  besser  mit  dem  „Hapi"- 
Namen  des  Königs  Ramses  IX  vereinigen,  als  eben  die  Beilegung  dieses 
Epoche-Namens  von  Seiten  der  Würdenträger?  Wenn  es  sich  dazu 
herausstellen  sollte,  dass  dieser  Pharao  sich  wirkliche  Verdienste  um 
die  Canalisation  des  Landes  erworben  hatte,  wie  Diodor  angibt,  so  war 
auch  ein  praktischer,  nicht  bloss  ein  chronologischer  Beweg- 
grund hiebei  bestimmend  gewesen. 


23 

Zum  Glücke  bietet  dieselbe  Publication  des  British  Museum  ein 
ähnliches  kleines  Denkmal,  leider!  ebenfalls  stark  zerstört,  welches  Birch 
so  beschreibt:  „PI.  IV  Nr.  5622.  A  fragment  of  calcareous  stone,  on 
which  is  traced  the  figure  of  a  crocodile  facing  to  the  right.  The  ten 
lines  of  hieroglyphs  inscribed  above  it  are  a  portion  of  the  address  of 
a  deity  (probably  Sebak,  of  whom  a  crocodile  was  the  living  emblem) 
to  some  monarch  of  the  19  th  or  20  th  dynasty".  So  weit  der  berühmte 
Verfasser  vom   Brit.  Museum. 

Zuvörderst  ist  es  ein  Irrthum  zu  glauben,  dass  das  Krokodil,  als 
Emblem  eines  Gottes,  den  König  anrede.  Denn  hiezu  passt  die  Rich- 
tung nicht,  welche  ganz  die  der  Textcolumnen  selbst  befolgt.  Daher 
kommt  es,  dass  der  Namen  des  Königs  zuletzt  folgt,  also  geradezu  ent- 
gegengesetzt der  ersten  Kalksteinplatte,  deren  Columnen  von  links  nach 
rechts  fortschreiten.  Die  Kalksteinplatte  auf  pl.  IV.  bildet  also  gleich- 
sam einen  Verso  zu  diesem  Recto. 

Sodann  brauchen  wir    den  König   nicht   so   unbestimmt   zu   lassen, 

wie  Birch  gethan  hat.      Denn    obgleich    lin.   10    nur  '^^c=>lll  „Sohn  des 


Sonnengottes,  Herr  der  Diademe",  die  gewöhnliche  Einleitung  des 
Hauptnamens ,  auf  der  Platte  erhalten  ist ,  so  zeigt  doch  der  Titel : 
|^™^^==I/)||J    „wohlgefälliger    Fürst    in    der    Eigenschaft    als    König", 

der  uns  identisch  auf  der  vorigen  Platte  begegnet  ist,  dass  es  sich 
wieder  um  Ramses  IX*  handelt. 

Leider!  ist  der  Anfang  ganz  und  die  Coli.  1  und  2  grösstentheils 
abgebrochen  oder  verwischt.     Indess  zeigt  der  Fuss  von  lin.    1   deutlich 

W    cheper  „es  ereignete  sich".     Von  lin.  2  ist  ebenfalls  nur  das  unterste 

Stück  erhalten  und  sicher  zu    ergänzen    zu  ^Ff  1    i    Taoabu,    woher    der 

Name  Ofjßcu  (Plural).  Dies  ist  um  so  sicherer,  als  weiterhin  (lin.  7) 
die  Verdienste  des  Königs  um  die  Bewässerungs- Anlagen  dieser  Stadt 
erwähnt  sind.     Auch  die  vorige  Platte  ist  ein  thebanisches  Denkmal. 

Von  der  dritten  Columne  an  wird  der  Zusammenhang  herstellbar: 
„Der  Uraeus  und  die  Kronen  all  sind  auf  dem  Haupte  unseres  Oberen, 
des  lieblich  anzuschauenden.  Die  Verdienste  Seiner  Majestät  —  möge 
er  leben,  heil  und  gesund !  —  bleiben  fort  und  fort,  im  Hause  A  m  o  n '  s  , 


24 

der  geworden  ist  desshalb  sein  liebender  Vater.  Er  gewährt  dir 
eine  lange  Zeit  als  König  beider  Gegenden,  eine  Permanenz  in  der  Herr- 

schaft;  www'wwvs^^^^  U         <^.[|H^r  Hr      :    fts  verbleibt    das  Wasser  des 

M/WA 

Nils  dauernd  auf  der  Höhe  innerhalb  der  Sitze  (Ost-Theben).  Dein  Name, 
der  grosse,  verbleibt  desshalb  (ebenfalls)  in  den  Schriften  des  Herrn 
von  Hemennu  (Aschmunein  oder  Hermopolis)  zur  Zufriedenheit  des  wohl- 
gefälligen Fürsten  in  seiner  Eigenschaft  als  König,  welcher  schafft 
Memnonien  in  Oas*t  (Theben)  S.  d.  Sonne  Herr  der  Diademe  [Ra- 
messu  Meriamun   Chamoas]". 

Man  sieht,  dass  dieser  Text  in  allen  Stücken  dem  vorigen  analog 
ist;  spezielle  Beachtung  verdient  der  wohlerhaltene  und  ganz  sichere 
Passus  über  die  Veranstaltung  dieses  Königs,  dass  das 
Nilwasser  sich  auf  der  Höhe  innerhalb  der  Thebals  hielt. 
Dieser  Satz  gehört  nicht  zu  den  banalen  Phrasen,  sondern  bezeichnet 
ein  besonderes  Verdienst  um  die  Canalisation  der  Thebais,  wenigstens 
auf  der  Ostseite  des  Nils.  Auch  die  Verheissung  der  Fortdauer  seines 
dessfalsigen  Namens  ,, Nilischer"  in  den  Schriften  des  ägyptischen  Hermes 
(Duhuti,  Thoth)  hat  sich  erfüllt.  Denn  mit  gutem  Gewissen  erkennen 
wir  jetzt  in  ihm  Diodor's    Nsilsvg. 

Es  bleibt  noch  das  grosse  Krokodil  zu  erklären,  welches  unter- 
halb der  Textcolumnen  von  2 — 10  in  der  Schriftrichtung  liegt.  Dass 
vom  Gotte  Sebak  hier  keine  Rede  gehalten  wird,  wie  Birch  meint,  hat 
der  Text  selbst  gelehrt.  Eher  ist  es  der  angeredete  Theil,  resp.  da  der 
Panegyricus  dem  Könige  gilt,  so  hat  das  Krokodil  eine  emblematische 
Beziehung  zu  diesem.     Aber  welche? 

Plutarch  (de  Is.  et  Osir.  c.  75)  sagt:  i&rpcovTa  de  (ata  ol  y.Qoxodeiloi) 
TiXTOVöiv,  xal  Tocaviaig  rjjLitocug  ty.Xtnovoiv ,  aal  r  oöovxovg  Qüjöiv 
sv  tavrovg  ol  /uaz  qot  ar,ov  "QuivTsg,  o  r  üjv  jxex  yuov  ji()üjt  ov  sör  i 
rolg  7ie()l  iß  ovyavia  n yay jacct evo [iev oig.  ,,Die  Krokodile  legen 
60  Eier  [jeden  Tag  eines]  und  brüten  sie  in  ebenso  viel  Tagen  aus; 
gerade   so  viele  Jahre  leben  die  am  längsten  Lebenden31); 


31)   cf.  Herodot  I  163  „'  AQyuvS-wviog,  Fürst  von  Tccqttjooos  (auf  Kvqvos?)   ißicoat    tu   nävta   et- 
xoat,  xai   ixccroy   (ETtj). 


25 

welches  das  erste  der  Zeitmasse  ist  für  diejenigen,   welche 
sich    mit    den    Himmelserscheinungen    beschäftigen/' 

Diese  Stelle  ist  von  principieller  Wichtigkeit  für  die  ägyptische 
Chronologie:  120  Jahre  beträgt  eine  Monatsverschiebung  des  Wandel- 
jahres im  Verhältniss  zum  festen  Sothisfrühaufgange.  Ich  habe  längst 
(Manetho  p.  72)  die  hieroglyphische  Schreibung  für  diesen  Zeitkreis  er- 
mittelt: es  ist  $  MX  j-kft  hanti,  Dualform  von  han,  wie  oben  cq>cooin 
und  oTiuooTi  von  sop  und  uan.  Nun  wird  aber  diese  Gruppe  ebenso 
häufig  mit  dem  Deutbilde  des  Krokodils  getroffen :   §   vi  oder  bloss 

hanti32).       In    der    grossen    Inschrift    von    Siut33)     steht    col.     2: 


W~*)H  Iwv,  ~VT"  swv^  w§  woraus  allenfalls  der  Schluss  abgeleitet  werden 
könnte,  dass  auch  auf  unsrer  Kalksteinplatte  unter  dem  einen  Krokodil 
noch  ein  anderes  zu  denken  wäre,  das  durch  den  Bruch  des  Denkmals 
verschwunden  ist.  Auf  jeden  Fall  versinnbildlicht  das  Krokodil  hier 
den  erforderlichen  Zeitbegriff34),  und  da  wir  hoffentlich  von  der 
Epochenhaftigkeit  Ramses  IX.  durch  obige  Beweise  überzeugt  worden 
sind,  so  steht  nichts  im  Wege,  das  Krokodil  hanti  als  emblematische 
Schreibung  jener  Zeitperiode  hanti  zu  betrachten ,  die  im  Turiner 
Königspapyrus  deutlich  auf  120  Jahre  bestimmt  ist,  da  dort  19  solcher 
Monatsverhchiebungen  ==  2280  J.  gesetzt  sind,  wie  zuerst  Hincks  ver- 
muthet  hat. 

Wenn  es  befremden  sollte,  dass  auf  beiden  bisher  besprochenen 
Kalksteinplatten  der  Gott  Amun  die  Hauptrolle  spielt,  so  ist  daran 
nicht  bloss  der  Beiname  des  Königs  Meri  -Amun  (MictjLtovv)  ,, Lieb- 
ling des  Amon"  Schuld;  auch  nicht  der  Umstand,  dass  Amun  der 
Hauptgott  Thebens  und  der  dortigen  Triade  war,  sondern  eine  eigen- 
tümliche Beziehung  dieses  Gottes  zu  dem  Tempel,  worin  das  Jahr  mit 
365  Tagen  dargestellt  war.  Indem  ich  der  Kürze  wegen  auf  Diodor 
I  49,  50  verweise,  citire  ich  nur  eine  Papyrus-Legende35): 


32)  Todt.  c.  145,  27;  142,  17a. 

33)  Mariette:  Monn.  divers  pl.  1. 

34)  Vergl.  meinen  „Horapollon"  am  Schlüsse. 

35)  Mariette:  Papyrus  egyptiens  —  Boulaq,  I  pl.  34,  e— g,  1.     Der  Schriftcharakter  passt  für  die 
XX.  Dyn. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  4 


26 

„Mögest  du  rufen  die  365-heit  von  Göttern  zur  Rechten  dein,  zur 
Linken  dein" !  Dem  Contexte  zufolge  kann  der  angeredete  Gott  nur 
Amun  sein.  Da  nun  laut  unseres  zweiten  Kalksteintextes  Ramses  IX.  im 
Hause  Amons  Etwas  that,  so  könnte  die  astromische  Darstellung  ge- 
meint sein,  von  der  Diodor  I.  49  weitläufig  spricht. 


Der  EpOChenkÖnig  'Pa/uecförj  Iovßaaafj. 

Wenn  aus  der  eben  geführten  Untersuchung  die  Ueberzeugung  ge- 
schöpft werden  muss,  dass  der  König  Ramses  IX.  dem  ihm  von  Diodor 
beigelegten  Beinamen  Nedsvg  in  der  That  vollständig  adaequat  ist,  so 
handelt  es  sich  nunmehr  darum ,  die  ägyptische  Namensform  ausfindig 
zu  machen,  welche  dem  griechischen  Ntilevg  entspricht,  und  zugleich 
mit  dem  Hauptnamen  Ramessu  verbunden  auftritt.  Wie  schon  oben 
bemerkt ,  ist  bei  Manetho  in  seiner  Königsliste  die  XX.  Dynastie ,  zu 
welcher  Ramses  IX.  jedenfalls  gehört,  nur  summarisch  angegeben ,  also 
das  Gesuchte  nicht  zu  finden. 

Aber  wir  erinnern  uns  zu  guter  Stunde,  dass  Manetho  auch  ,,das 
Buch  der  Sothis"  Bißlog  Tfjg  JZwfcwg  geschrieben  hat.  Dieses  leider 
sammt  der  zugehörigen  Liste  verloren  gegangene  Werk  musste  haupt- 
sächlich die  Epochenkönige  enthalten.  Zum  Glücke  hat  uns  die 
Sothisliste  oder  der  Kanon  des  Syncellus  eine  ziemliche  Anzahl  dieser 
werthvollen  Haltpunkte  der  Chronologie  gerettet  und  überliefert,  wie 
man  sich  aus  meiner  „Aegyptischen  Chronologie"  auf  Schritt  und  Tritt 
überzeugen  wird.  Ich  lenke  die  Aufmerksamkeit  des  Lesers  zunächst 
auf  die  Nummern  18 — 24,  in  denen  auch  Lepsius37)  längst  Könige  der 
XX.  Dynastie  vermuthet  hat.  Unter  diesen  7  Namen  ist  es  Nr.  23: 
cPau€Ooi]  lovßaoofj,  der  zumeist  unsre  Beachtung  fordert,  da  er  den 
urkundlichen  Beweis  für  Ramesses  IX.  Neikevg  in  erwünschtester  Weise 
darbietet.     Denn  dass  wir  'Pa/uworj  zu  'PafjLtooijg  ergänzen  müssen,  wie 


36)  Das  Prototyp  dieses  tüü  ist  undeutlich;  *"wv\  hinter  samahu  («»r^«/)  abundat. 

37)  üeber  die   Manethon.   Bestimmung  des  Umfangs    der   ägyptischen  Geschichte  p.  203,  2.     Vgl. 
meinen  Manetho  p.  22. 


27 

sonst  von  Manetho  die  Urform  Ramessu  graecisirt  ist,  lehrt  ein  Blick 
auf  Verschreibungen  wie  Box%oQiGaCTrig  statt  Box%oQig  2a'tr?]g  in  der 
XXIV.  Dynastie.  Damit  will  ich  aber  nicht  behaupten,  dass  der  Bei- 
name   allenfalls  2ovßaaoi]{g)    gelautet    habe,    obschon    sich    diese    Form 

ägyptisch  durch  ls\  su  (cot  facerej  „Sohn"  rechtfertigen  Hesse.  Viel- 
mehr erfordert  der  Anlaut  dieses  Beinamens  als  Element  ein  Sigma 
lunatum  c,  damit  die  Weglassung  dieses  c  am  Schlüsse  von  'Pctjusoorj 
erklärlich  werde.  Die  Correctur  —  denn  eine  solche  ist  unumgänglich, 
da  ägyptische  Wörter  überhaupt  nur  höchst  selten  mit  'iov  beginnen  — 
ergibt  sich  von  selbst,  wenn  wir  statt  /  ein  <£>  ansetzen,  welches  mit 
/  unverkennbare  Aehnlichkeit  besitzt.  Der  Beiname  lautete  also  ur- 
sprünglich fßovßaoaij  oder  <PoPßaGofj(g),  und  da  wegen  des  unmittelbar 
folgenden  hr\  Ifr'  ,,59  Jahre"  wieder  ein  c  lunatum  ausgefallen  ist,  in 
vollständiger  Form   <Povßaöofjg  oder  <Po()ßaaofjg. 

Was  nun  die  erste  Sylbe  betrifft,  so  ist  dies  <£,  die  aspirirte 
(memphitische)  Art  den  bestimmten  Artikel  zu  schreiben.  Ich  erinnere 
der  Kürze  wegen  an  den  König  Phynezem  I.  (und  (II.)  der  XXI,  der 
bei  Manetho    als   <i>ovoav6g,    Wovoevrjg,    Wovevog    statt   <Povv£örig    figurirt. 

Mit    Hinzunahme    von  Hj^JZZCC,  mir   "W,    fluvius,    Nilus,    entsteht    Fh-aur 

Was  den  Stamm  des  Beinamens  ~ßaoofj(g)  betrifft,  so  haben  wir 
in  Rücksicht  auf  die  einzige  Var.  ßaoij(g)  ein  Analogon  in  dem  bekann- 
ten cYzöojg ,  dessen  achtere  Form  in  'Yxovöowg  vorliegt,  wörtlich  ent- 
sprechend    der     Uebersetzung     ßaodelg     Tioi/usveg:     \    j) 1I1XJ  ]s^,  1  j>  1  ^ ^ 

Jiyqu-schasu.  Wir  müssen  also  für  ßaaorj-g  ein  dem  kopt.  ILxiij  exonerare 
laxare  zu  Grunde  liegendes  Prototyp  erwarten. 

In  der  That    bezeichnet    dieses    Verbum,    welches    im    Todtenbuch 

108,   5   —  Pap.   med.   99,    ult.  initio  u.   93,   6    unter    der  Gestalt  Jf^, 

hasch,  im  letzteren  Beispiele  als  Synonymon  von  A  n_y»oDC^  Qau  KÄ> 
vomitus  auftritt,  sehr  häufig  die  Thätigkeit  des  hochangeschwollenen 
und  sich  über  seine  Ufer  er gies senden  Nilflusses.  Es  wird  ein 
einziges   Beispiel    genügen,    um    diese  Thesis    zu    erhärten.     In  den  Nil- 

4* 


28 

texten38)  beginnt  die  Aufzählung  gewöhnlich  mit  dem  Katarrakt  bei 
Syene  oder  Elephantine ,    wo    auch  die  beiden  Quelllöcher  des   Herodot 

Kycucpi    und    Mivcpi    zu    suchen    sind,     d.    h.   <^o8g  |  i^w^.   Qer-Jiapi  und 

/www  Q  nwwvi 

/wwwoH  ii™*    Mu-hapi.     Auch    sonst    wird,    z.   B.    in    der    Inschrift    der 

Stele  von  Kuban,  wo  es  sich  um  die  Erbohrung  eines  Wüstenbrunnens 
handelt,    der  reichliches  Wasser    ergoss,    ein  Vergleich    mit    den   beiden 

qer-ti  von   '    Im)  (oder  '=J  qebh),  d.  h.  dem  Katarrakt  angeknüpft. 

Nun  ist  es   doch   jedenfalls    bemerkenswerth,    dass    die   erste    aller 
Legenden  lautet:  ,,Er  führt  dir  vor  das  Doppel^erfo'  (von  Takenes  =  Nu- 

bien)    mit    seiner  Wasserfülle      J    „o^/ww^  U    -jj  indem    es    sich    ausgiesst 

(&Ä.aj)  für  deine  Person. "  Wenn  nun  an  diesen  Stamm  &ä.uj  ein  ab- 
leitendes f\!\  i  angesetzt  wird,  so  entsteht  der  Begriff  Nei"kevg  Ntilüog 
Niliacus,  besonders  da  der  Artikel  ph  +  aur  vorn  antritt.  Ich  bin  also 
berechtigt,  die  ursprüngliche  Legende  der  Denkmäler  und  Manetho's: 
Papeoarjg  <Po(jßaööfjg  mit  des  Diodors  Epochenkönig  Neilsvg  identisch 
zu  finden.  Die  Lesart  <Po(jßaooi]g  P-aur-baschi  führt  zu  <Po()ßag  und 
IToXvßog  (Der  Troer  <Poyßag}  Vater  des  'Ikiovevg,  war  der  Liebling  des 
cE()f.ieiag  Homer  Iliad.  Z  490 —  491).  Wenn  nun  dieser  Beiname  fest- 
steht,   so  wird  meine  oben    anlässlich  der  ersten  Kalkplatte   geäusserte 

Vermuthung,  dass  die  Lücke  nach  Hapi  (NilJ  durch  J  o00^  basch  zu  er- 
gänzen sein  dürfte,  weil  der  Vergleich  Uli  j  f==^  wie  ein  Libationskrug 
(oder  der  Katarrakt  ?)  unmittelbar  hinter  der  Textlücke  folgt,  nicht  sehr 
gewagt  erscheinen.    Denn  ein  ännl.  Niltextdy)  lautet:    V'WWVA \\~~™x=k 

J  |^/WWV\|^'WW\A  V -d      J 

„Der  Libationskrug"  oder  „der  Katarrakt  libirt  deiner  göttlichen  Person", 
Da  ferner  dieser  Doppelname  'Pa/Lieoofjg  (PoQßaaofjg  aus  Manetho's 
Sothisliste  stammen  muss,  welche  besonders  die  Epochenkönige  her- 
vorhob, so  verdient  auch  die  beigeschriebene  Regierungszahl  „39  Jahre" 
unsre  vollste  Werthschätzung.  Ich  habe  oben  strengstens  erwiesen, 
dass    Ramses  IX.    JYeiXevg    1205    v.  Chr.    eine    neue    Zählung    seiner    Re- 


38)  Dümichen  :  Recueil  III,  pl.  II. 

39)  Dümichen  1.  1.  XCVI. 


29 

gierungsjahre  begann,  deren  6.  Jahr  uns  der  Pap.  Vindobonensis  auf- 
bewahrt hat.  Also  liegen  18  Jahre  vor  und  21  Jahre  nach  der  Epoche 
1205.  Dies  führt  nothwendig  zum  Jahre  1185/4  v.  Chr.  als  Todesjahr 
Ramses  IX.  Wenn  es  sich  nun  zeigen  sollte ,  dass  er  noch  etwa  ein 
halbes  Jahr  weiter  gelebt  und  regiert  hat,  so  wäre  die  Uebereinstim- 
mung  mit  des  Eratosthenes  Ansatz  für  Tgoiag  akvooig :  1184/3  eine  voll- 
ständige  zu  nennen. 

Diese  Bedingung  wird  in  erwünschter  Weise  erfüllt  durch  eine 
andre  Nummer  des  Syncellischen  Kanons.  Ich  muss  nämlich  voraus- 
bemerken, dass  der  Fabrikant  dieses  späten  Machwerks  manche  Posten 
der  ächten  Sothisliste  Manetho's  zweimal  aufführt,  ja  einen  sogar  drei- 
mal, wie  ich  gleich  nachher  zeigen  werde.  Die  gemeinte  Nummer  ist 
58:  Oovwyig  sttj  v.  Ovrog  sütiv  6  nao1  'Oar^ip  TIo'Kv ß og ,  "AlyMvdoag 
avr\Q,  Iv  'Odvööeiq  cpsgouevog,  nao'  w  (prjoi  t,ov  Mevtlaov  avv  rfj  'EXtVfl 
/Liera  xr\v  aXatoiv    Tgolag  xarr\yi&ai  Jilavoj/Lisi'ov. 

Ich  habe  schon  im  ,,Manetho"  p.  25  gesagt:  „In  Betreff  des 
Oovwyig  ist  zu  bemerken,  dass  er  diesmal  in  richtiger  Umgebung 
steht.  Die  beigefügte  trojische  Gleichzeitigkeit  etc.  1183  v.Chr.  übrig." 
Nach  Auffindung  der  Epochenkönige  kann  ich  jetzt  diese  Bemerkung 
bedeutend  verstärken.  Denn  warum  hat  denn  Nro.  59,  der  unmittel- 
bare Nachmann  dieses  Oovojoig:  'A&w&ig  (lies  "A&atQig  A0I2PIC  statt 
AOI20IC)  6  xal  <Povöavog,  der  doch  kein  anderer  als  Phynezem  I.  von 
der  XXI.  Dyn.  ist,  wie  die  Umgebung  lehrt,  den  bedeutsamen  Namen 
A&ujyig  oder  vielmehr  A&wyig  oder  A&oQfjg^  Dies  ist  nichts  Anderes 
als  ein  mit  \\  i  von  dem   Namen  der  Göttin    und    zugleich    des  dritten 


Monats  der  ersten  Tetramenie  gebildetes  Adjectiv  [M^BtUU'W  Hathori 
(Acpyodioiog  Venereus)  und  bezeichnet  die  Epoche  1085  v.  Chr.,  wo  der 
Frühaufgang  des  Sothissternes  am  ersten  Athyr  des  Wandeljahres  statt- 
fand. Ich  werde  hierauf  bei  der  Frage  über  die  Zeit  des  Homer 
zurückkommen. 

Aber  was  ist  mit  den  50  Regierungsjahren  anzufangen,  welche 
diesem  Oovwyig  beigeschrieben  sind?  Ich  werde  nachher  zwei  Beispiele 
aufzeigen,  wo  eine  Vermehrung  um  10  stattgefunden  hat.  Setzen  wir 
also  40  Jahre,   so  ist  deren  Identität  mit    den    39    Jahren    von    No.   23 


30 

einleuchtend ,  da  die  ursprüngliche  Zahl  39  Jahre  6  Monate  ebenso- 
wohl zu  der  einen  als  zu  der  andern  abgerundet  werden  konnte. 
Manethos  Königsliste  zeigt  dieses  Princip  durchgehends.  Folglich  hatte 
Ramses  IX.  nach  dem  15.  Juni  1184,  wo  die  Jahre  seines  Nachfolgers 
gezählt  zu  werden  anfingen,  noch  5  bis  6  Monate  weiter  regiert  und 
sein  Tod  träfe  demnach  mit  dem  November  1184  zusammen,  wohin  die 
bei  Aeschylos  Agamemnon  v.  826  erhaltene  Ueberlieferung  von 'dem 
Plejadenfrühuntergange  zu  führen  scheint.  Wenigstens  ist  diese  Notiz 
aus  besserer  Quelle  geflossen,  als  der  Ansatz  um  die  Sonnenwende,  der 
ja  nur  durch  die  proleptische  Cyclen  (vergl.  oben)  erreicht  worden  ist, 
nämlich  durch  Sommerjahre  von  Wende  zu  Wende.  Was  den  Namen 
Oovwytg  betrifft,  so  kann  er  ungeändert  stehen  bleiben.  Denn  die 
Niltexte  bringen  ausserordentlich  oft  das  Verbum  du-ura  als  Syno- 
inymon    zu    den    oben    besprochenen    qeb    und    basch.      So    z.    B. 40) 

ob  i  is»  ^=*^^^  ^ipn^~^       ,,Der    Süd-Nil    benetzt    deiuen    Leib    in 

dem  göttlichen  Teiche".  Diesem  duura  entspricht  das  bereits  oben  er- 
wähnte kopt.  OiooTreX  inundare  submergere  —  eine  baschmurische 
Dialectform  statt  OwoTrep.  Vielleicht  hat  Malalas  in  seinem  OovAig  (beim 
^cjoryig  und   <t>ct()aw  6  xal  Na%a)Q)  eine  Spur  dieses  OiooireX  erhalten. 

Indess  könnte  OovwQig  auch  aus  der  so  häufigen  Schreibung  atur 
\\<=^Z£ZXI=L  für  f|  Q%ZZt=t  aur  —  fluvius  entstanden  sein.  Letzteres 
ist  im  Kopt,  i^po,  in'1,  flumen,  Nilus;  ferner  in  Aeyia,  AvqItcu,  wie  die 
Aegypter  früher  hiessen  —  Alyvjirog  ist  selbst  ein  Name  des  Nils  bei 
Homer  —  ziemlich  getreu  erhalten.  Aus  der  durch  Einschiebung  eines 
t  entstandenen  Form,  die  auch  ateru  oder  bisweilen  auter  41j  lautet,  z.  B. 
in  dem    nicht    wohl    anders    zu    ergänzenden    Namen    einer   Tochter   des 

Ramses  —  Sesostris42)  8  ^iM^JSSM  Hont  ....  ateru"  —  ent- 
stand mtthc  Atrog  =   Nilus,  Asrla   —  AXyvnrog^). 


40)  Dümichen:  Recueil  III.  pl.  XCVIII.  6/7. 

41)  Damit   hängt    wohl   der   <PcääQos  7roru{uos  bei    Plutarch    Is.    Osir.   c.    16  als   Reminiscenz    an 
I'h-autr  zusammen. 

42)  Lepsius :  Königsbuch  No.  463. 

43)  Es  verdient   auch   Beachtung,    dass   das   alte   Cbronikon   Syncell.   p.   95   die   ganze   ägyptische 
Geschichte  in  drei   grosse   Abschnitte  zerlegt :    AvQixtav,   Msarpamf,    Jlyvntlwv ,    welche    sich 


31 

Da  indessen  keine  Var.  auf  tur  hinführt  und  die  constante  Schrei- 
bung aller  Quellen  den  Königsbeinamen  unter  der  Form  Qovcoyig  bietet, 
so  bleibe  ich  vorderhand  bei  der  Ableitung  aus  du-ura  und  corrigire 
nicht  in   <Pova)()ig. 

Man  hat  nämlich  —  und  ich  selbst  habe  früher  diese  Meinung 
getheilt  —  diesen  Namen  Oovwyig  mit  dem  (pyovoyui  tjtoi  NsTlog  des 
Eratosthenischen  Laterculus  zusammengestellt  und  wirklich  stimmt  die 
Bedeutung,  wie  die  authentische  Uebersetzung  Nsllog  beweist.  Allein 
ich  unterscheide  jetzt  zwischen  Nsrtevg  und  Nslkog ;  jener  ist  mir 
Ramses  IX.,  dieser  Ramses  III,  auf  beide  aber  ist  der  Name  Oovwyig 
anwendbar. 

Dies  ergibt  sich  zunächst  aus  der- Sothisliste  des  Syncellus.  Die- 
selbe bringt  nämlich  unter  No.  49  wieder  einen  Oovcoyig,  der  sich  zu- 
nächst an  'Pa/LLeoofjg  Alyvnrog  (Sesostris  Nr.  47  und  'AjLterwyig  Menoptah 
No.  48)  anschliesst,  also  unzweifelhaft  Ramses  III.  ist,  Herodots  cPau- 
ipiviTog,  der  bei  allen  Auszüglern  Manethos  die  XIX.  Dyn.  und  den  II. 
Band  schliesst. 

Die  Auszügler  setzen  nämlich  daselbst:  OovwQig  ert]  £'.  Nun  ver- 
gleiche man  damit  den  Qovwyig  der  Sothisliste  Nr.  49  mit  17  Jahren, 
so  hat  man  die  Vermehrung  um  10,  welche  ich  oben  bemerklich  ge- 
macht habe.  Diese  ist  aber  keine  willkürliche.  Denn  Nr.  16  cPalu€Orjg 
mit  29  Jahren  ist  derselbe  Ramses  III.  und  unter  Nr.  54  kehrt  er  als 
'Paiuixprig  mit  45  Jahren  wieder.  Zählt  man  nun  die  beiden  Posten 
29  +  17  zusammen,  so  erhält  man  46  Jahre,  die  sich  zu  den  45  genau 
so  verhalten,  wie  die  oben  bloss  vermutheten  40  zu  den  39  des  Ramses  IX. 
Gibt  man  dem  OovatQig  I.  (Ramses  III.)  7  Jahre  statt  der  17  und  zählt 
sie  zu  den  29  ,  so  gewinnt  man  die  ächte  Summe  ,,36  Jahre"  für 
Ramses  III.  Sein  32.  Jahr,  wo  er  seinen  Sohn  Ramses  IV.  zum  Mit- 
regenten   annahm,  hat  uns  der  grosse  Papyrus  Harris  geliefert. 


offenbar  an  die  drei  Namen  des  Flusses  aur,  meterai  (Mvdqa  CHÜp)  UQd  AXyvnxog  Aqui- 
p-to  anlehnen.  Da  nun  Ptah,  der  Protomonarch  nach  Memphitischer  Lehie,  auch  mit  dem 
Beinamen  Nun  =  Nil  aufgeführt  wird  und  'PctfieaariS  Atyvnxog  (neben  ~i9-<o<ns  Aiyvxzos) 
als  7.  der  XIX.  Dyn.  bezeichnet  ist,  so  scheint  es  mir,  dass  ursprünglich  die  drei  Epochen- 
könige für  den  Monat  Pahapi  (&c«ocpi)  gemeint  waren,  die  sich  je  um  eine  Sothisperiode 
oder  ein  Multiplicat  derselben  gegenseitig  fernstanden. 


Wenn  ich  oben  gesagt  habe,  dass  die  Vermehrung  um  10  bei  den 
Posten  50  und  17  keine  willkürliche  sei,  so  muss  ich  dies  jetzt  nach- 
träglich auch  beweisen.  Die  7  Jahre  des  Ramses  III.  liegen  vor  der 
Epoche  1325  v.  Chr.,  folglich  regierte  er  noch  29  nach  derselben.  Bei 
der  unausbleiblichen  Verwechslung  aber  dieses  Nsilog  mit  dem  JVsdevg, 
welcher  39  Jahre  (+  6  Monate)  regierte,  konnte  letztere  Regierungszahl 
in  10  +  291/2  zerlegt  und  sogar  10  +  39]/2  zusammengezählt  werden, 
woraus  die  Summe  50  entstand,  welche  der  wirklichen  von  49  Ys  um 
gerade  so  viel  überlegen  ist,  als  für  Ramses  III.  die  Summe  45  um 
1/-2  Jahr  hinter  der  zu  fordernden  von   451/2  zurückbleibt. 

Dass  man  aber  frühzeitig  den  NslXog  mit  dem  Neilevg  verwechselte 
oder  amalgamirte,  beweisen  die   Beischriften  desselben. 

Der  Epochenkönig  Ramses  III.  Neiiog. 

Die  Auszügler  bringen  ihn  als  letzten  der  XIX.  Dyn.  Manethos  in 
folgender  Gestalt: 

0ovu)()ig ,  6  7ia(S  cOu7]()cp  y.akovuwog  Uolv ßog,  'Aixavdyag  ärrjQ, 
iq?  ov  tu  "Iliov  ialio,  txr\  £'.  Dies  ist  im  Wesentlichen  dieselbe  Bei- 
schrift, welche  die  Sothisliste  unter  ihrer  Nummer  58  für  Oovcoyig  II. 
Ntiltvg  gebracht  hat.  Wohin  gehört  sie  aber  ursprünglich?  Offenbar 
xu  Ramses  IX.  Ntiitvg.  Um  dies  zu  erhärten  und  den  urkundlichen 
Beweis  zu  führen,  dass  Ramses  III.  einen  ähnlichen  Beinamen  nämlich 
Ntllog  gehabt  hat  • —  woraus  allein  die  Verwechslung  und  Vermengung 
der  beiden  Könige  sich  endgültig  erklärt  —  müsste  ich  die  betreffenden 
Monumentalangaben  beibringen.  Da  ich  dies  aber  schon  bei  anderer 
Gelegenheit44)  gethan  habe,  so  begnüge  ich  mich,  darauf  zu  verweisen. 

Aber  ausser  den  Monumentalangaben  gibt  es  noch  andere  Beweise. 
Da  ist  zuerst  die  Nachricht  des  Dikaearch45),  dass  von  der  I.  Olympiade 
bis  zum  Könige  Neilog  436  Jahre  verflossen  sind.  Da  dieser  ein 
Schüler  des  Aristoteles  war,  der  als  erste  Olympiade  die  des  Iphitos 
ansah,  welche  man  um  27   Stellen  oder  vielmehr,   wie  der  Syncellus  an- 


44)  Vergl.  meine  ak.  Abhandlung  „Die  Sothis-  oder  Siriusperiode" 

45)  Schol.  zu  Apoll.  Khod.  Argonaut. 


33 

deutet,  um  27*/2  Olympiaden  oder  133/4  Octaeteriden  d.  h.  um  110 
Jahre  vor  die  Olympiade  des  Koroebus  setzte,  so  stand  ihm  sein  König 
Nukog  auf  886  +  436  —  1322,  wohin  auch  der  Ansatz  des  Theon  für 
die  kfj&g  der  Aera  des  Mevofpyrjg  führt.  Dies  ist  das  letzte  Jahr  der 
epochalen  Tetraäteris   1325 — 1322   v.   Chr. 

Ich  habe  jetzt  noch  einen  besonderen  Grund ,  diesen  JYsTXog  des 
Dikaearch  mit  Ramses  III.  und  der  Epoche  1325  v.  Chr.  coincidiren  zu 
lassen,  nachdem  ich  die  Doppeleigenschaft  des  2tG6y%a>öig,  den  er  zu- 
gleich mit  dem  NsiXog  als  chronologisch  wichtig  anführt,  erkannt  habe. 
Dieser  kommt  nämlich  auf  3285  v.  Chr.  zu  stehen,  in  welchem  Jahre 
der  Sothisfrühaufgang  und  zugleich  die  Sommerwende  mit  dem  1.  Pachons 
des  Wandeljahres  zusammenfiel.  Nun  fällt  auch  ein  Schlaglicht  auf  die 
Summe  des  dritten  Bandes  bei  Manetho:  1050  Jahre;  denn  im  J.  275 
v.  Chr.  wo  Manetho  sein  Werk  schrieb ,  fiel  wieder  die  Sommerwende 
auf  den    1.  Pachons:    1325   minus   1050   =   275. 

Der  zweite  Beweis  für  die  Gleichung  JYsTlog  =  Ramses  III  liegt  in  dem 
Laterculus  des  Eratosthenes.  Er  führt  ihn  alsx  <&qovoqü)  tjtoi  JYsllog  auf 
und  zwar  in  Gesellschaft  des  JEup&äg  tEQ/i.ifjg  ('AQ{ia%ig,  'Eyucuog,  c'A^f.ta'Cg) 
der  auf  der  Epoche  1465  steht,  und  des  A/uoviiayralog  d.  i.  cPa/Li€Oöfjg 
Miajuovv  wegen  der  Phoenixerscheinung  1525  v.  Chr.,  wofür  ich 
schon  vier  Beweise  erbracht  habe.  Es  ist  also  nur  natürlich,  wenn  man  als 
den  König  der  Epoche  1325  Ramses  III.  ansieht  und  diesen  mit  dem 
Nellog    identifizirt.      Die    Namensform    anlangend    zerlegt    sich    <Pqovoqu) 

ungezwungen  in    <f>yov-o()-w   $r*  Phru-hor-o,    la    grande   bouche 

superieure  (Chabas).  Dass  man  "f  ru  mit  ,, Mündung"  oder  Flusstheil 
po  ostium,  pars  zu  übersetzen  hat,  beweist  der  fpayadj  6  xal  JVaxojy  — 
auch  in  iVapct/cu  umgestellt  —  wie  er  bei  den  Byzantinern  erscheint, 
ebenfalls  kein  anderer  als  Ramses  III  am  Schlüsse  der  XIX.  Dyn.  und 
zugleich  des  II.  Bandes  von  Manetho.     Lässt  sich  ja    dieses    semitische 

Na/wy  in^'  ^DJ  JVe-Uog,  ebenfalls  aus  ägypt.  ^2^^^Jj  Nuher,  Nuhel  ab- 
leiten, mit  der  Bedeutung  abyssus  coelestis  sive  superior. 

Man  ersieht  jetzt  auch  den  Grund,  warum  gewisse  Könige  in  der 
Sothisliste    zwei-    und    dreimal    auftreten.       Bei    den    beiden    Nilkönigen 

Nellog  uad  Nedevg  ist  es  die  Thatsache,    dass    ihre    Regierungen    durch 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II  Abth.  5 


34 

die  betreffenden  Epochen  oder  Sothisincidenzen  unterbrochen  wurdenr 
wesshalb  sie  eine  doppelte  Zählung  ihrer  Jahre  hatten :  vor  und  nach 
der  Epoche ;  bei  Ranises  III.  kam  noch  hinzu ,  dass  er  zugleich  zwei 
Dynastieen  XIX.  und  XX.  und  zwei  Bänden  des  Manethonischen  Werkes  r 
II.  und  III.  angehörte.  Aus  der  Sothisliste  lässt  sich  noch  Manches 
lernen.      Auch  der  Epochenname  am  Schlüsse  der  XIX.  Dyn.    Mavs&iofr 

^c^l^^,    MandaJiuti  cDie    Gabe    des    ThothJ    eignet    dem    Könige 

Ramses  III.  wegen   des   1.  Thoth. 

Der  kräftigste  Beweis  aber  dafür,  dass  die  Notiz  über  die  trojische 
Gleichzeitigkeit  im  Sinne  des  Eratosthenes  ursprünglich  zu  Ramses  IX. 
Neiltvg  gehörte,  und  erst  durch  Verwechslung  dem  Ramses  III.  Neilog 
beigesetzt  wurde,  liegt  in  der  absichtlichen  Verkürzung  der 
Dynastiesummen   des  III.   Manethon.   Bandes. 

Boeckh40)  hat  mit  gewohnter  Meisterschaft  den  Nachweis  geliefert, 
dass  die  Summen  des  III.  Bandes,  wie  sie  jetzt  lauten,  von  Alexanders 
Anfang  rückwärts  bis  zum  7.  Jahre  des  Oovwqls  bei  Manetho  netto 
853,  also  1183  Jahre  v.  Chr.  ergeben.  Ihm  war  natürlich  noch  nicht 
das  Material  zugänglich,  aus  welchem  gegenwärtig  für  uns  die  That- 
sache  entgegentritt,  dass  in  Dyn.  XX.,  XXII.  und  vielleicht  XXVI.  be- 
deutende Verkürzungen  vorgenommen  wurden,  um  dieses  concrete  Jahr 
1184/3  v.  Chr.  zu  erreichen.  Zählt  man  zu  diesen  853  die  7  Jahre 
des  Alexander,  so  hat  man  wieder  die  860  Jahre  der  Aera  des  Era- 
tosthenes, also  eine  Bestätigung.  Nun  lässt  sich  aber  doch  nicht  wohl 
annehmen,  dass  Eratosthenes,  der  Nachfolger  Manetho's  und  im  Besitze 
des  Werkes  Älyvmiaxa.  vlaoluv?]luara  nebst  dem  Buche  tfjs  ^atäecog,  eine 
solche  Verstümmelung  sich  habe  zu  Schulden  kommen  lassen,  zumal, 
da  sie  ganz  unnöthig  war,  indem  es  zwei  Könige  des  Namens  Nilus 
(Nileus)  gab,  von  denen  der  spätere,  wie  wir  gesehen  haben,  gerade 
seinem  Zwecke  der  Anknüpfung  an  Aegyptisches  am  besten  entsprach. 
Weil  es  nun  ferner  auch  unwahrscheinlich  ist,  dass  Manetho  selbst  die 
trojische  Gleichzeitigkeit  in  seiner  Liste  bemerkt  haben  sollte,  so  bleibt 
nur  die  Annahme,  dass    spätere   Bearbeiter    seiner    Liste,    nachdem    die 


46)   Manetho  u.  die  Hundssternperiode  (passim). 


35 

Schrift  ß.  ifjg  JEw&Hog  verloren  war,  weil  sie  den  Neihtvg  in  der  sum- 
marischen XX.  Dyn.  nicht  mehr  auffinden  konnten,  sich  an  den  NeiXog 
d  h.  Ramses  III.  hielten  und  auf  ihn  übertrugen,  was  Eratosthenes 
selbst  auf  den  Ramses  IX.  Neilevg  bezogen  hatte.  So  scheint  sich  mir 
der  durch  diese  Verwechslung  und  Amalgamation  herbeigeführte  Wirr- 
warr befriedigend  aufzulösen.  Ich  will  indess  nicht  verschweigen,  dass 
Manetho  selbst,  dessen  Namen  ja  ebenfalls  Mave&iod-  ,,die  Gabe  des 
Thoth"  lautete,  wie  der  Epochenamen  Ramses  III.  wegen  des  Sothis- 
frühaufgangs  am  1.  Thoth,  zu  der  Weissagungsgabe  des  TTycoTeog  ver- 
anlasst haben  könnte.  Denn  der  sein  Buch  rtfe  JZoj&eog  (sie !)  bei  Syn- 
cellus  einleitende  Brief  hat  den  Passus:  mi'Qr]TovvTi  ooi  tieql  xvSv  ael- 
lovr.iov  rw  xoatucp  yiyven&ai,  xa&ojg  ixelevoag  fis,  na^acpavipezai 
<joi  ä  tfia&ov  Uqcc  ßißlia  y^onpivra  vno  r.ov  nyonaroyog  TQtgfisyiorov 
cE(j/uov  (Ocuß-).  ^'E()(jwo6  uoi  dtonoT.a  uov  ßsoilev!  —  Dies  erinnert  an 
die  pseudomanethonischen  AnoTeleo/tiaTa  und  so  wie  alle  Schriften  auf 
Thoth  zurückgeführt  werden,  so  auch  bildet  derselbe  Thoth  den 
Anfang  der  S  othis  periode.  Dieser  trifft  aber  1325  v.  Chr.  in  das 
8.  Jahr  des  Ramses  III.  Wenn  ferner  Synceli.  p.  76  den  Namen 
AYyvTTrog  dem  Bruder  des  Javaog  und  zwar  als  siebentem  der  XIX. 
Dyn.  also  Ramses  III,  beilegt,  so  rechneten  einige  diese  7  Stellen  rück- 
wärts und  versahen  wie  z.  B.  Eusobius,  den  Ramses  II.  Sesostris  mit 
diesem  Beinamen  AXyvnr.og.  Berücksichtigt  man  Diodors  sieben  Ge- 
schlechter, zwischen  cPijj,<pig  und  Ntilevg,  so  könnte  Äiyvnxog  auch  ihm 
eignen  und  nur  eine  andere  Var.  für  „Nil"  darstellen,  cf.  S.  30  AvqItcu, 
WLtar^aioi  Alyviinoi,  so  wie  den   ,, Nachtrag". 

Auf  jeden  Fall  aber  beweist  selbst  die  falsche  Anmerkung  bei 
OoviüQig  am  Schlüsse  der  XIX.  Dyn.,  dass  Eratosthenes  Troja's  Kata- 
strophe an  einen  ägyptischen  König  mit  dem  Beinamen  „Nil"  anlehnte. 
Ich  hoffe  gezeigt  zu  haben,  dass  er  den  Ramses  IX.  Netlsvg  und  keinen 
andern  im  Sinne  gehabt  hat,  da  dessen  Tod  in  dasselbe  Jahr  1184/3 
gefallen   ist,   welches  er  als    Tgoiag  alwoig  ansetzte. 

Freilich  wird  man  fragen,  was  denn  der  Tod  eines  ägyptischen 
Königs  mit  dem  Falle  des  Priamus  und  seiner  Stadt  zu  schaffen 
habe?  Die  Antwort  hierauf  lautet  vorderhand  dahin,  dass  Eratosthenes 
als  Chronologe  nirgends  als  in  Aegypten  einen  festen  Haltpunkt  antraf, 

5* 


36 

um  seine  Aera  daran  zu  knüpfen.  Vielleicht  folgte  er  auch  einer 
homerischen  Ueberlieferung.  Betrachten  wir  daher  diesen  Dichter 
etwas  genauer. 

Aegyptische  Könige  beim  Homer. 

So  wie  Herodot  und  Diodor  im  Allgemeinen  aus  Aegyptens  Ge- 
schichte nur  chronologische  Epochenkönige  namhaft  machen, 
ebenso  ist  dieses  der  Fall  mit  Homer:  ich  schicke  mich  an,  den 
Nachweis  zu  liefern,  dass  wenigstens  fünf  der  von  ihm  genannten  Per- 
sönlichkeiten ägyptische  Könige,  also  historisch  sind;  dass 
dieselben  ferner  chronologische  Epochen  bezeichnen,  und  end- 
lich —  was  von  der  höchsten  Wichtigkeit  ist  —  dass  diese  Epochen 
eine    zusammenhängende    Reihe    bilden. 

1.  Ramses  III.  n^Loxevg.  Unmittelbar  nach  S  e  s  o  s  tr  is  (Ramses  II.) 
und  Pheron  (Menophthas)  bringt  Herodot  II,  112  den  Proteus.  Er 
nennt  ihn  einen  Memphiten  und  lässt  ihn  das  im  Norden  vom  Ptah- 
tempel  gelegene  Heiligthum  bauen,  worin  ein  iqov  Tfjg  geivrjg  l4(pyodhr]g 
gewesen  sei,  welches  er  auf  die  Helena  deutet.  Desshalb  kommt 
Paris- Alexandros ,  der  Tevxyog ,  mit  dieser  dem  Menelaos  entführten 
Frau  zum  Proteus.  Da  nun  bei  ihm  auf  IT^mT.evg  unmittelbar  der 
König  cPau\pivirog  folgt  (Ramses  III.)  und  von  diesem  die  Tekkuri  und 
Pulasta  (Teukrer  und  Pelasger)  zu  Land  und  zu  Wasser  besiegt,  sowie 
ihre  Frauen  in  seinem  Gynaeceum  zu  Theben  in  erotischem  Verkehre 
mit  Ramses  III.  jetzt  noch  zu  sehen  sind 47),  so  ist  es  augenscheinlich, 
dass    Ilywzsvg    mit     'Pauiplvirog     identisch     ist.       In    der    That     führte 

Ramses  III.  den  Titel   ?P  f=3    P'ruti„     das    Doppeloberhaupt",     den 

schon  Ramses  II  im  Pap.   Anastasi  I.   p.   ult.   beigelegt  erhielt. 

Nun  bedeutet  aber  ruti  auch    exterus    z.    B.    Pap.    Leydens    I,    340 

HI,  1:  TTTcJJ^Tx^^^H^©  gentes  exterae  veniunt  in  Aeg.yp- 
tum".  Desshalb  ist  bei  Diodor  1.  62  ITfJunsvg  mit  Khr\g  identifizirt,  in 
welchem    ich    den    Krjyrwg    der    Sothisliste    und    das    kopt.    rct    alienus 


47)  Vergl.  hierüber  meine  Aufsätze  in  der  „Allgemeinen  Zeitung"   1875  (Juli-August). 


37 

erblicke.  Sonst  bietet  Diodor  I.  45  den  Ramses  III.  zuerst  als  o/jHjl- 
rv/Liog  des  Sohnes  von  Busiris  (Sethosis  I.),  also  des  Ramses  II.- 
Miamun-Aegyptus;  sodann  I.  50 — 53  unter  der  Namensform 
Ov%o()8vg  =  30yvQag  der  Sothisliste  und  NaftioQ  ini  fluvius,  Nilus"  der 
Byzantiner;  Eratosthenes  bietet  analog  <£>qovoq(jj  =  Nellog  d.  i.  buch- 
stäblich   W  ^_^  Phru-hor-ö  la  grande  bouche  superieure  48).  welchen 

Titel  ihm  sein  Vater  Necht-Set  als  Mitregenten  beilegte.  Endlich  kennt 
Diodor  I.  62,  63  den  Proteus  als  unmittelbaren  Vorgänger  und  Vater 
des  reichen  'Pe/ucpig  lies  cPetuipig  oder  'Pejuyjrjg.  Beide  Namen  eignen 
wieder,  wie  bei  Herodot,  dem  einzigen  Könige  Ramses  III.  Der  kräf- 
tigste Beweis  hiefür  liegt  darin,  dass  er  sieben  Geschlechter  nach 
ihm  den  Neilevg  bringt  mit  der  Andeutung,  dass  Rempsis  III.  den  Bei- 
namen Äiyvjixog  d.  h.  Nilus  geführt  habe.  In  der  That  liegen  zwischen 
Ramses  III.  und  Ramses  IX.  NsiXsvg  7  yevsai,  wie  schon  aus  der  Nu- 
merirung  des  Ramessiden  III. — IX.  erhellt.  Nimmt  man  dazu,  dass 
Ramses  III,  wegen  seines  Seesieges  über  die  Tekkuri  und  Pulasta  aXiog 
ytyujv  (seine  Söhne  waren  ebenfalls  dabei  betheiligt),   wegen  seines  Titels 

T;::~:7  jfl  44  n$  »dominus  transformationis  MsTauoQyiorog" 49)  je- 
ner sprüchwörtliche  Gestaltverwandler,  und  wegen  des  Satzes: 
IL  .  ^£<=> $ ^y^11^  Sapi  chnemwk  ,,der  Nil  ist  mit  dir  vereinigt''  ge- 
radezu Nellog  (Eratosthenes)  genannt  werden  mochte,  so  hat  man  die 
Hauptzüge  des  Epochenkönigs  Ramses  III.  beisammen.  Seine  Epoche 
ist  1325  v.  Chr.  und  der  betreffende  Epochalname  Mave&wd*  „Gabe 
des  Thoth"   bezeichnet  den   Sothisfrühaufgang  am   1.  Thoth. 

2.     Ramses  IX.   NeiXevg.     Die    Zusammengruppirung    dieses  Königs 
mit  Ramses  III.   bei  Diodor  ist  keine  zufällige.    Denn  für's  Erste  beweist 

die  Textlegende  der  Kalksteinplatte :  iL,  VN^^Vi  Hapi-nu  ,,du  unser  Nil" 
und     9.  Q^S3^  ß  (M^*    „das    Mittelmeer    und    das    Rothe    Meer 

sind  unter  deinen  Sohlen",  dass  schon  die  Zeitgenossen  ihn  nach  dem 
Nil  benannten.      Sodann  ist  er,  wie  Ramses  III.,   ein    Epochalkönig 


48)  Chabas:  Rech.  XIX.  Dyn.  p.  27. 

49)  Dümichen:  Hist.  Ins.  X.  col.  40  cf.  pl.  VIII.  col.  14/15. 


38 

und  zwar  für  das  Jahr  1205,  wo  der  Sothisfrühaufgang  am  1.  Tage  des 
Monates  Pa-hapi  <Paw(fl  heliakalisch  aufging.  Dass  sein  Todesjahr  1184 
des  Eratosthenes  Ansatz  für  Tyoiag  alataig  veranlasst  hat,  ist  oben 
weiter  ausgeführt.  So  wie  nun  unter  1  so  eben  der  Nachweis  geliefert 
worden  ist,  dass  der  vielbesprochene,  aber  niemals  bisher  richtig  ver- 
standene ä&at'arog  Proteus  in  der  Quelle  des  Homer  ein  ägj'ptischer 
König  gewesen,  ebenso  ist  es  gewiss  nicht  zufällig,  dass  die  Auszügler 
Manethos  auch  seinen  ITolv  ßog  als  König  auffassten.  Freilich  be- 
wog  sie  vielleicht  zu  dieser  Annahme  der  Wohnsitz  Theben,  weil  sie 
wissen  konnten,  dass  die  XX.  Dyn.  eine  thebanische  war.  Ich  kann 
mir  nun  nicht  versagen,  die  Legende  herzusetzen,  welche  Ramses  IX. 
nicht  bloss  in  seiner  Bannerdevise,  sondern  auch  —  das  erste  Beispiel 

dieser  Art!  —  in  seinem   Hauptringe   führt:       _1      Cha-m-oas  ,,thro- 

nend  in  Theben".  Sieht  das  nicht  aus  wie  das  Prototyp  zu  der  home- 
rischen Uebertragung  3Ahtav8^r\  üolvßoio  da^ay  og  erat3  irl  Orjßrjg 
AlyvmLrig  ? 

Den  Namen    dieser  Gattin,    der    bisher   nur  (Lep^ius   Nr.     513)    als 

fiiJjj  mit  den  Titeln  „göttliche  Frau  (nallag)  des  Amon-ra,  könig- 
liche Hauptfrau"  vermuthet  werden  konnte,  hat  uns  wahrscheinlich  ein 
Turiner  Papyrus 50)  aufbewahrt    unter    einer    Form ,    die.  H.   Chabas  als 

(I  W  £&  1  zu  lesen  scheint,  da  er  Nefert-ari  transscribirt,  welches 
„die  Tüchtige  des  Gefährten"  übersetzt  werden  kann.  Es  würde  sich 
der  Name  mit  A'ky.avd^r\  decken,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  man 
griechische  Anklänge  bei  der  Uebertragung  gesucht  haben   wird. 

Nun  muss  auch  die  Frage  wegen  des  UoXvßog  an  die  Reihe  kommen. 
Ist  er  eine  Uebersetzung,  oder  vielmehr  eine  Adaptation  an  den  grie- 
chischen ITolvßog?     Denken   wir  uns  ein  ägyptisches  Prototyp  von  der 

Form    (jg q      a££a  Jn5    P-aur-basch    und    erwägen    den    baschmurischen 

Dialekt,  welcher  /'statt  r  setzt,  sowie  den  Umstand,  dass  neben  B^iy 
auch  Iloiy  Btouj  ttfl3  erscheint,  so  mochte  Polubosch  ungezwungen 
entstehen,   um  so  mehr,   als  das   Schluss-s  der  Namen  ^r/.elog,   Ayafcog, 


50)  Lieblein  :  Deux  papyrus  pl.  III,  6. 


39 

'Oozog  damals  breit  gesprochen  wurde,  wie  die  von  mir  zuerst51)  auf- 
gezeigte Originalschreibung  Schakalasch,  Aqaiwasch,  Oaschasch  darthut. 
Auch  erhielten  die  Griechen  manche  Form  aus  dem  Baschmurischen 
Dialect,  der  l  für  r  gebraucht.  Daher  der  Wechsel  in  der  Schreibung 
Tlolvßog  und  <Pooßagy  wobei  auch  noch  die  Memphitische  Adspiration 
mitspielt. 

Dieser  Name  mochte  aber  auch,  da  ägyptisches  b  dem  Laute  m 
sehr  nahe  stand  z.  B.  Benument  =  Benevent;  «xejunoTTTe  =  ^eßevvvxog 
etc.,  in  seiner  Form  Paurbosch  an  Priamos  anklingen.  Dies  ist  noch 
lange  nicht  so  weit  hergeholt,  als  der  ,, Peter  von  Mos"52),  welcher 
=  H^la/uog  sein  soll,  da  er  als  mythischer  Stammvater  der  Franken 
auftritt. 

Wir  haben  also  in  dem  homerischen  Tlolvßog  eine  passende  An- 
knüpfung an  Ramses  IX.  NeiXevg  =  Palu-bosch  gefunden,  unterstützt  durch 
den  Namen  Nefertari  =  sHxavdori  und  besonders  durch  den  Beinamen 
des  Königs:  Chamoas,  welcher  das  erat  evl  Orjßrjg  Alyvnxij]g  trefflich 
erläutert. 

3.  Dass  man  aber  nicht  alle  homerischen  Namen  ägyptischer 
Männer  zu  Königen  stempelte,  beweist  der  Oujv  in  dem  Verse  io&Xät 
xä  oi  Uolvd a/uva  noyey,   Owvog  naoaxoixig,  AiyvTixLr}. 

Herodot  macht  den  Oiövig  (II.  113,  114)  zum  Wächter  der  Kano- 
bischen  Mündung  des  Nils  und  dies  mag  eine  Personifikation  der  am 
Ausflusse  dieser  Mündung  gelegenen  Stadt  Thonis  (Thennu)  sein  (Strabo)r 
die  mit  der  Mündung  selbst  gleichnamig  gewesen  zu  sein  scheint 53) ; 
allein  wir  müssen  uns  mit  dem  Namenpaare  Otiovig  —  ITolydauva  hier 
doch  noch  weiter  befassen. 

Entschieden  ägyptische  Ueberlieferung  liegt  dem  homerischen  Be- 
richt über  die  Aerzte  Aegyptens  zu  Grunde.  Wenn  man  auch  nicht 
mit  Diodor  und  Tzetzes  54J  annehmen  will,  dass  Homer  selbst  in  Aegypten 
gewesen  sei  und  die  Hieroglyphenschrift  verstanden  habe,  so  lässt  sich 


51)  In  meinem  Schulprogramme  (Max-Gymnasium  16G7J  „Homer  und  Aegypten". 

52)  Vergl.    C.    Hofmaim:    akad.   Sitzungsber.   Nov.    1876.     Die   als  Abkürzung  Priamos    gefasste 
Schreibung  führte  auf  den  Peter  v.  Mos  wie  ähnlich  Pythagoras  zu  Peter  Gower  wurde! 

53)  Vergl.  hierüber  mein  oben  citirtes  Programm. 

54)  cf.  meinen  „Horapollon"  in  der  Einleitung  und    Müllers  frgg.  histor.  graec. 


40 

doch   nicht  mehr    in   Abrede    stellen ,    dass   ihm  Aegyptisches    zu   Ohren 
und  zu  Gesicht  gekommen  ist. 

Das  schmerzstillende  Mittel,  welches  Helena  dem  Telemach  reichte, 
veranlasst  den  Dichter  Od.  <f  227 — 232  zu  der  vielbesprochenen  Aus- 
führung: 

Tota  Jiog  &vyari]()  e%8  (payfiaxa  fj/rpcioBvra 
3Eci&'kä,  tcl  oi  JToXvda /Lira  tioqbv,   Ocövog  naydxoing 
AlyvTuiii],  rfi  Tikelara  ysysi   'QeidatQog  afjovya 
<PaQuaxa,  nolla.   fUv  eo&lä  [tspiy flava,   nolla   &t  Kvy^a. 
3lrjT()os    <5*   ezacfTog  smara/uevog  ntyl  navtwv 
*Av&()U)7iiüV'   i]  j/«(>  Uaii]ovog  eUfi  ytvt&h]g. 
Von    den    vielen    altägyptischen    Urkunden    medicinischen    Inhaltes 
will  ich  hier    nur    den    Papyrus    Ebers    und    den    Papyrus    raedical    des 
Berliner  Museums  erwähnen.     Ersterer  hat  auf  seinem  Verso  ein  merk- 
würdiges   Doppeldatum,    welches    ich    noch    immer    auf  Chuenra    Siptah 
beziehe ;  letzterer  ist  seiner  Schlussformel  zufolge   geschrieben    zur   Zu- 
friedenheit des  königlichen  (Gemahls  ?)  Amunmesu.   Es  sind  dies  wohl  die  2 
Könige  der  XIX.  Dynastie,  welche  in  den  offiziellen  Listen  der  Ramessiden 
als  illegitim   mit  Stillschweigen  übergangen    werden.      Aber    ihre  Denk- 
mäler und  Gräber  55)  bezeugen,  dass  sie  factisch  regiert  haben  vielleicht 
auf  Grund  der  Verheirathung  mit  Princessinnen    des  Ramessidenhauses. 
Es    ist     mir     nun     längst     zur     Gewissheit     geworden 5ß) ,     dass     beide 
Aerzte    waren,  und  dass   sich  daraus  der  Ausdruck  dvo  adtlcpoi  sowie 
vA<j[ia'Cs  adelcpog  —  Javabg  erklären.      Es  ist  nämlich  von  den  späteren 
Bearbeitern    das    Wort    c&.eiii    medicus    mit    cdoi57)    frater    verwechselt 


55)   Vergl    meine  Abhandlung:  „Die  Sothis-  oder  Siriusperiode". 
5H)   Vergl.  meinen  Aufsatz  in  der  Allg.  Zeit.  1875  „Papyrus  Ebers." 

57)   Daraus    erklärt    sich    auch,    wie    die    'Yxov-naojs    =    ßuaiXtig   noiuivts    bei   den    Auszüglern 
zu    c<deX<poi  (Poii'ixtg   —  " jQcißeg    werden    konnten.      Vermuthlich    stand    in    der    Quelle 


i^-Ä  ss?7  ^   ^    sanu  nu  Punt  latrones  Phoenices  und  da  im  Pap.  Anast.  I.  20,    1    in 

ganz  sicherer  Umgebung  dieses  identisch  mit  c^tl  frater  geschriebene  Wort  CÄ>.d>.ttl  Cüitll 
latrones  vorkommt,  so  ist  an  dieser  Verwechslung  nicht  zu  zweifeln.  Was  den  <Poivt£  in  der 
fingirten  Erzählung  des  Odysseus  betrifft,  so  vergl.  mein  Programm  „Homer  und  Aegypten" 
sowie  Gladstone  „Homeric  Synchronism"  pagg.  186,'  196,  271. 


41 

worden.  Noch  ist  zu  bemerken ,  dass  Manetho's  Liste  in  der  XIX. 
Dynastie  unmittelbar  nach  Afierecp&rjg  (Meneptah)  unter  den  entstellten 
Formen  'PajLieofjg  und  A/ueveiivfjg  aufführt.  Für  letzteren  bietet  die 
Sothisliste  No.  55  den  Doppelnamen  A/uevorjg  6  aal  AjLisvs/LU]g,  aus  dessen 
Combination  die  ächte  Form  Ausvfieo^g   =   Amenmesu  entspringt. 

Was  den  'Pajtieofjg  betrifft,  so  zeigen  die  Schreibungen  cAojLta'ig. 
cEyuaTog,  'Eyufjg,  dass  der  Epochennamen  cAousoi]g  d.  i.  aA^fxayig  zu  Grunde 
liegt.  Da  nun  aber  schon  einmal  für  die  Epoche  2925  v.  ein  König 
cA()uayig  vorkommt  —  Censorinus  kennt  ihn  als  Arminon,  d.  i.  IdQ^aCv-ov, 
worin  Lindenbrog  richtig  Armahin  erkannt  hat  —  so  war  es  nöthig, 
demselben  noch  einen  unterscheidenden   Beinamen  zu    geben.      Dies    ist 

aber   ^.  "^ _f    dun  tcoii  -e-um  &hki  surgere  germinare ;  also  ein  Begriff", 

der  mit  Aofiayjg  —  ov   d.  i.   S^J^ö^o  %   Jiunnu  vwg  so  ziemlich  in   der 

Bedeutung  übereinstimmt.  Da  aber,  wie  gerade  das  Beispiel  hun  = 
hunu  beweist,  die  ägyptischen  Wortstämme  auf  n  einer  Art  Reduplication 
des  Auslautes  unterliegen,  so  mochte  statt  des  dem  Otiov  entprechenden 
Tcon,  -ecoii  ;f  dun  auch  ein  zweisylbiges  Wort  wie  Odovig  und  e^Hiti  mit 
derselben  Bedeutung  gebildet  werden.  Die  Griechen  nun  sahen  darin 
Javaog,  während  doch  damit  nur  der  Epochalname  des  Siptah 
1465  gemeint  war,   wo  sich  die  Sothiserscheinung  am  ersten  Tage    des 

Mesori  ereignete.     Da   nun    dieser    der    letzte    Monat:    <==>Jf    o>vq    — 

A.pe'x,  ^TpH"*  terminus  im  ägyptischen  Jahre  ist,  so  wird  verständlich, 
warum  man  diesen  Javaog  als  Fremden  in  das  Land  ^Aqyog  hat  wan- 
dern lassen. 

Dieser  König  führt  die  offiziellen  Namen:     V&k  cha-m-clieb  „thro- 
nend in  Cheb(unteräg.  el  Hebe58)  Jj^  f  o^,®3  £^©j|    Chuenra-  sotepenra 

(Vorname)  ^  (SlW^SÖ  MerienPtah  Siptah  (Hauptname).  Dieser 
letztgenannte  entspricht  offenbar  dem  JEup&ag  ==  v^g  cHcpaiorov  beim 
Eratosthenes,  so  wie  der  Zusatz  6  xal  'Ey/Lifjg  als  Beiname  =  aA^ixayig 
zu  fassen  ist.  Ueber  das  Prototyp  zu  Javaog  =  Qojv  —  Oiövig  ist  oben 
hinlänglich  gehandelt. 

58)   Der  Pap.  Ebers  sagt  in  der  That  zu  Anfang,  dass  der  Verfasser  aus  Sais  hervorgegangen  sei. 
Abh.  d.  1.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  6 


42 

Um  nun  seinen  ursprünglichen  Titel  c^em  medicus  (nicht  c&n 
äfoltpogl)  zu  begreifen,  erinnere  man  sich  vor  Allem,  dass  ,,der  Sohn 
des  Ptah"  seit  urältester  Zeit  ein  synonymer  Ausdruck  für  „Arzt"  ist, 
denn  schon  in  der  III.  Dyn.  Manetho's  erscheint  ein  Arzt  oder  Aes- 
culap  als  zweiter  König  Toöoy&og'  ovrog  lioxlrjTiibg  Alyvniioig  y.axä 
(dia)  rr\v  laryizrjv  vsvojuiarcu  (szXrj&rj).  Ich  habe  die  Monumental- 
schreibung dieses  Königs  längst  erhärtet  tss  (  "^^Lj  (Sw^^üllrfl 
Täsort-Imhotep ,  wovon  Toooy&og  'IjLuofrrig  (=  Aönlrpiiog)  getreue  Um- 
schriften sind. 

Dieser  König59)  bildet  ebenfalls  Epoche  und  zwar  für  das  Jahr 
3525  v.  Chr.  Man  sieht  jetzt  auch  ein,  warum  sich  der  Arzt- König 
der  XIX.  Dyn.  nicht  ebenfalls  Imhotep  (3Itua>d-r]g ,  ^I/novO-^g)  genannt 
hat:  er  wählte  für  sich  die  Bezeichnung  Si-Ptah  JZup&ag  =  vlbg 
'Hcpaiorov,  weil  sie  sich  begrifflich  damit  deckt  und  doch  nicht  lautlich 
damit  zusammenfällt,  um  nicht  eine  Verwechslung  herbeizuführen,  wie 
er  ja  auch  neben  seinem  Epochenamen  "AQ^ia/jg  den  unterscheidenden 
Zusatz  OöiJv  „Sprössling"  annahm,  weil  ihm  in  der  ägyptischen  Ge- 
schichte schon  einmal  ein  anderer  König  mit  dem  EpochenanTen  c!A(jtua%ig- 
(bv  vorausgegangen  war.  Dass  das  Epitheton  Merienptah  „Liebling  des 
Ptah"  zum  2icp&ag  passt,  wird  doch  wohl  Jeder  einräumen. 

Seine  interessante  Gemahlin,  die  überall  sogar  den  Vortritt  vor  ihm 
hat,  heisst  i^^&fäEl0 "k^  | P^J]  „die  königliche  Hauptfrau,  die  Ge- 
bieterin der  beiden  Gegenden:  Tavesurt"  und  ist  vielleicht  mit  der  Prin- 
zessin und  Königlichen  Hauptfrau,  Gebieterin  von  Ober-  und  Unter- 
ägypten l  r\jvij  60)  Nebtentoui  „Gebieterin  beider  Gegenden"  iden- 
tisch, da  ihre  Schwester  (?)  die  „Prinzessin,  die  kgl.  Hauptfrau,  die  Gebie- 
terin beider  Gegenden",    Namens:   l    ^bs*'^^^'  '  ,'MJ      Bokturnur      in 

analoger  Weise  den  Arzt-König  Amenmesu  geheirathet  hat. 

Der  Hauptname  Tavesurt  (mit  dem  bewaffneten  Arme!)  bedeutet  rj 
dajLictTeiQa,  was  zu  Tlohuda^iva  stimmt.      Als   Gemahlin    des    Arzt-Königs 


59)  Vergl.  meinen  „Manetho"  p.  144—151. 

60)  Lepsius:  Königsbuch  No    456;  cf.  No.  459,  479. 


43 

0wv  (^tcp&dg)  war  sie  recht  wohl  in  der  Lage,  der  Helena  Arzneimittel 
zu   geben. 

Ich  hoffe,  dass  man  in  diesem  Beitrage  zur  Erklärung  des  Homer 
mehr  als  einen  müssigen  Einfall  erkennen  wird,  besonders  da  ich  sofort 
noch  andere  Könige  im   Homer  nachweisen  werde. 

4.  Diesmal  gibt  der  Dichter  den  Titel  ßaoiltvg  „König" 
ausdrücklich;  es  ist  nur  fraglich,  ob  damit  gerade  ein  ägyptischer 
König  gemeint  sei.  Od.  er  84 — 87  droht  Antinoos  dem  Bettler  j1qoq 
mit  den   Worten: 

n/ui/'ü)  o    fjTieiQovde,  ßafoov  tv  vifi  fitlalrrj, 
Elg  **E£itov    ßaoilfja,   ßyorujv  firjlrjuova  narrcor, 
c'Og  z    dnb  §iva  ra/ujicn  kal  &vara  vrfku  ya'ky.m, 
M'rjdea  x'   t&yvoag  d\oj]  xvoiv  wua   d<xaao&m. 
Ebenso    y,    307    dem    in    unscheinbarem     Aufzuge     erscheinenden 
Odysseus  :   .   .    äipay  dt  ot   vrfi  fislalvrj 

Eig   'E/stov  ßaoüija  ßyordiv  drjlrjuova  ndvxmv, 
TTsfitpo/Lisv'   evd-ev  (T   ov  n  oaioatai.   alla  l'xijlog 
Ulys  T«,    u^cT   t^idaive  fier1   ard^aoi  xovyoTtyoiotv. 
In  meinem  Programme  von    1867    habe    ich   mit    diesem  "JS/«tos61)  den 
Nasen-  und  Ohrenabschneider  tdxxiodvrjg    des  Diodor,  den  Gründer    von 
'PivoxoXovya;  ferner  den  grausamen  Tyrannen   "Ay&og  (A%&6?]g,  Ochitois) 
der  Manethonischen  Auszügler  zusammengestellt,  auch  die  monumentale 

Legende    ( (llj ^   J    Ahetes   von    einem    auf   Sicilien    gefundenen    Diorit- 

fragmente  aufgezeigt.  Ich  denke,  diese  Uebereinstimmungen  sind  kein 
Werk  des  Zufalls  und  das  homerische  "Eyerog  stammt  aus  einer  guten 
Quelle,  die  alles  Zutrauen  verdient. 

Jetzt,  nachdem  ich  sämmtliche  Epochenkönige  der  ägyptischen 
Chronologie  aufgefunden  habe,  wird  es  erst  möglich,  dem  "Eyetog  seinen 
wahren  Platz  sicher    anzuweisen    und    zwar    in    der   IX.    Dyn.    auf   dem 


61)  Sonderbarer  Weise  erwähnt  Gladstone:  Homeric  synchronism  p.  271  gerade  diesen  Namen 
"E/ftos  nicht,  da  er  doch  sonst  die  Aegyptiaca  aus  meinem  Programme :  „Homer  und  Aegypten" 
1867  ziemlich  ausführlich  gibt.  Dazu  kommen  bei  ihm  Druckfehler  vor  wie  Achthors  statt 
Achthoes,  Isis  statt  Iris,  ja  sogar  mein  Name  ist  in  seiner  ersten  Ausgabe  p.  10*  sqq.  con- 
sequent  „Lauch"  gedruckt,  obschon  dem  Verfasser  meine  Schrift  vorlag. 

6* 


44 

Jahre  2665  v.   Chr.     Zu  dieser  Entdeckung  verhalf  mir  sein  beim  Abul- 
faragius    aufbewahrter    Epochenname   Semunus.      Es    zeigt    sich,    dass 

dieser  Name,  ohnehin  ==  ^ifxovvog  oder  JEs/liovvoA,  aus  der  Originallegende 

'•'•<•'  ,1111111, 

j: 


/wv?e  Semunch,  assibilirt  SemunscJi,  entstanden  ist.     Denn    ^^    munch 

ist  ein  Titel  des  Ptah  in  seiner  Eigenschaft  als  deus  tutelaris  des 
zweiten  Monats  Pa-häpi,  d.  h.  <Paiocpl.  Daher  kommt  es,  dass  Ptah 
bisweilen  den  Doppelnamen  „Ptah-  g£§  ™  62)  Nuliel"  =   Nsllog  führt. 

Nun  aber  liegt  die  Epoche  dieses  "E/ctos  —  3£euovvo/k  2665  ge- 
rade um  eine  volle  Sothisperiode  vor  der  Epoche  des 
Ramses  IX.  'PajLieööfjg  <Povßaoorjg  (=  TTolvßog  <Po(jßag?) 
1205  v.  Chr.  Man  sieht  also  aus  einem  neuen  Grunde  ein,  warum 
Homer  diesen  Epochenkönig  zugleich  mit  dem  Neilevg  seiner  trojischen 
Gleichzeitigkeit  überkommen  hat.  Wieder  eine  Sothisperiode  vor 
'E%€rog  JEsjLiovvo/k  erscheint  der  Protomonarch    Menes    auf  dem  Jahre 

4125  v.  Chr.  mit  dem  Epochenamen  fpdrcacpig  =  ^l^'WWNAj{§  i  i™£ 
Pa-n-hapi,  mit.  dem  n  des  Genitivs,  um  ihn  von  dem  Monatsnamen 
selbst:  <Pau3(pl  zu  unterscheiden.  Vielleicht  lassen  sich  auch  noch  von 
diesem  Protomonarchen  Menes -Phanophis  im  Homer  die  Spuren  auf- 
finden.- —    Die  stete  Gleichung    Mrjrrjg    =    Msar^atfi    gibt    zu     denken, 

da    dieser  semitisirte  Namen  Dn^p  Mizraim  auf  I  il1^1     meter    mto 


sc 

meto(r)    gurges   (cf.  lüpn?'   pluvia)   zurückleiten    könnte.      In    dem    meteru 
suchte  Isis  den  zerstückelten   Leichnam    des  Osiris    (Plutarch    c.    18    ta 

elrj).     Dazu  kommt,  dass    "2^||1  aau^  »die  Mitte"  in  der  Bedeutung  mit 
1  meter  mh^  medium  übereinstimmt  und  dass  mit  Hinzunahme  von 


=f  p-to  ,,des  Landes",   ungezwungen  AXyvmog    entsteht,    welches   ja 


ursprünglich  den  Nil  bedeutet.  Nun  ist  aber  j  eine  der  Nilmün- 
dungen und  zwar  die  Kanobische.  Auch  das  Steph.  und  Hesych.  /7t/- 
[ivyig  =  P-to-merat,  „das  Land  Merat  (Aegypten)  und  Mudga  gehören 
hierher;  letzteres  erklärt  den  Uebergang  Meter  in  Mizraim,  also 
auch   <Pav(xxpig  =   MsöryaCtA,! 


62)   Chabas:  Etüde  sur  l'ant.  histor.  p.  248:  Nefer-ho-Nuhe  1  =a  „Ptah-Nil". 


45 

Für  jetzt  enthalte  ich  mich  der  dessfalsigen  Untersuchung  und  be- 
gnüge mich  mit  der  Constatirung,  dass  man  in  der  Wahl  der  Epochen- 
namen wechselte,  weil  eben  die  in  der  chronologischen  Zeitreihe  schon 
vorhandenen  zu  berücksichtigen ,  resp.  zu  vermeiden  waren.  Wer 
aber  glauben  sollte,  erst  Manetho  unter  Ptolemaeus  Philadelphus  habe 
diese  Epochenamen  geschaffen,  der  irrt  sich  gewaltig,  da  ich  schon 
auf  einem  Denkmale  der  II.  Dynastie  die  betroffende  Bezeichnung 
des  Königs  Fexläg  (Bav&lag)  cPrjOcov:  3765  v.  Chr.  nachzuweisen 
vermag. 

Es  übrigt  noch   ein  Epochenkönig  des  Homer:   Nrjdv^og. 

5.  Der  im  Homer  öfter  aufstossende  Ausdruck:  vrfivfiog  vnvog 
lässt  sich  mit  griechischen  Sprachmitteln  nicht  erläutern ;  denn  dass  er 
nicht  fjdvg  mit  vorn  angetretenem  v  ecpel/cvöuzuv  sein  kann ,  wie  man 
als  Nothbehelf  der  Erklärung  vorgebracht  hat,  oder  aus  vi]  -f-  dva> 
(wegen  vrjyysros)  stammen  mag,  dürfte  jetzt  eine  ausgemachte  Sache 
sein.  Dagegen  bietet  sich  das  Koptische  hotcm  hottcju.  dulcis,  suavis 
ungezwungen  dar.  Die  demotische  Schreibung  ist  nedem,  die  hierogly- 
phische netem.  Ich  dachte  mir  nun,  dass  dieser  Ausdruck  dem  Dichter 
desshalb  bekannt  geworden,  und  in  sein  Wörterverzeichniss  übergegangen 
sei,  weil  ein  ägyptischer    König    diesen  Namen  getragen  habe. 

In  der  That  erscheint  am  Schlüsse  der  Ramessidendynastie  XX.  eine 

„Königstochter,  Gebieterin  beider  Länder  (Q^,J  £  j  63)  Tanetemi,  „die 
Angenehme".  Dass  der  Artikel  ta  bei  diesem  Namen  nicht  obligat  ist, 
zeigt  die  Variante:   ,,die  königliche  Hauptfrau,  die  er  liebt, 


Netem't  mit  dem  nachschlagenden  t  des  weiblichen  Geschlechtes.     Diese 
Princessin    aus    dem    Ramessidenhause    legitimirte    den     „Hohepriester" 

P  e  h  o  r  (ob  nicht  Her-hor?)  —  <Pqov  mit  dem  Beinamen    1^^  J  §wf   smen-da 

JZfiev&fjg,  das  Haupt  der  XXI.  Dyn.  gerade  so,   wie  wir  es  oben  bei  der 
Tavesurt  —  Ilolvda^va  dem    Qujv  JEicp&ag    gegenüber,    erkannt    haben. 

Ein  zweites  Beispiel  bietet  der  Name  seines  Sohnes     ^wt"®"  Pi-anch  = 


63)  Lepsius:  Königsbuch  No.  529,  532.     Er   liest   ersteres   Tahemi,   was    entschieden   falsch   ist. 
Allerdings  hat  er  statt  o  netem,  h  Q   was  keinen  Sinn  gibt. 


46 

6  "Qdjy.     In  der  assibilirenden  Aussprache,  die  schon  hieroglyphisch  sich 

als  :  "^-V-  anusch  (cf.  'Eyujwxog  —  Aufänuch)  darstellt,  ward  dieser  Name 

zu  "Avvoig  von  der  Stadt  "Avvaig^)  (Herodot).  Er  ist  der  famose 
Blinde  (rvcplog)  auf  den  eine  Rechnung  mit  500 — 700  (lies  600!) 
Jahren  von  dem  Epochenkönige  'AjuvyTalog  (lies  AQ/Livralog  485  v.  Chr.) 
zurückgeführt  wurde. 

Der  Sohn  dieses  niemals  zur  Regierung  gelangten  Pianch  oder 
Arvaig,  Namens  Phi-netem,  hat,  so  lange  er  regierte,  die  Ringeinfassung 
ebenfalls  nicht  angenommen.     Aber  sein  Sohn  „der  erste  Prophet  Amon's 

f  Oö!§)  ]   Mencheper-ra  Neytlyjyrig  statt  MtvxE(ptQr[g,    erwähnt  ihn  öfters 

in  seinen  Legenden  unter  der  Form:  f  ( .  >fcVNf  J  Meriamun  „der 
Amonsliebling  Pliinetemu.  Dass  aus  diesem  Prototype  Wovsvog,  Wovotvr\g, 
Wovvioi]g  4*ovoavog  entsprossen  und  in  <t>ovvtai]g  zu  verbessern  sind, 
liegt  auf  der  Hand.  Ich  habe  nun,  wegen  seines  Beinamens  A&coyig 
in  der  Sothisliste  N.  59,  seine  Epoche  auf  1085  v.  Chr.  festzustellen 
vermocht,  weil  dieser  sein  Beiname  auf  den  Zeitpunkt  hinweist,  wo  der 
Sothisfrühaufgang  am   1.  Athyr  (Hathor)  sich  ereignete. 

Da  aber,  wie  wir  oben  an  den  Beispielen  Netenvt  statt  Tanetemi 
und  Avvoig  statt  Pianch  gesehen  haben,  gerade  in  dieser  Zeit  und 
innerhalb  dieser  Familie  der  articulus  praepositivus  pi  —  6  und  ta  = 
r\  facultativ  war,  so  ist  es  kein  übereilter  Schluss,  auch  das  homerische 
vrjdv/Liog  auf  diesen  König  als  Nrjdv/nog  =  fPovyrjdujLiog  zu  beziehen.  Die 
nächste  Veranlassung  zur  Herübernahme  dieses  Fremdwortes  mag  der 
Name  wottt€m  =  niavd^ayo^ag  geboten  haben,  da  der  Mandragoras  oder 
Alraun  ein  betäubendes  (narkotisches)  Kraut  ist  und  desshalb  füg- 
lich als  Eigenschaftswort  vrjdv/iiog  zu  vnvog  sich  gesellen  konnte:  „der 
betäubende  Schlaf". 

Warum  hat  aber  Homer  nur  bei  einem  einzigen  der  in  diesem  Ab- 
schnitte erläuterten  Namen  den  Titel  ßaoiltvg.  da  doch  jetzt  festgestellt 
sein  dürfte,  dass  sie  sämmtlich  Könige  bezeichnen?  Die  Antwort 
scheint  mir  ziemlich  leicht:   er  fürchtete    offenbar,    keinen    Glauben    zu 


CA)   cf.  Todtenbuch  c.  125,  28,  c;  142,  22  a. 


47 

finden,  wenn  er  so  verschiedene  und  in  weit  von  einander  entfernten 
Zeiten  lebende  Menschen  als  Herrscher  Aegyptens  genannt  hätte,  mit 
denen  doch  nur  seine  trojischen  Helden,  also  Leute  derselben  Zeit,  in 
Berührung  kamen.  Wird  dieses  Ergebniss  zu  Gunsten  der  Ver- 
schiedenheit des  Verfasserthums  von  Iliade  und  Odyssee  oder  für  die 
Einzeln-Liedertheorie  sprechen?  Wie  liesse  sich  dann  die  Ab- 
sichtlichkeit der  Weglassung  des  Titels  „König"  begreifen?  Aber  der 
cOtu-i]()og  ,, Zusammenfüger"  mochte  dieses  bewerkstelligen.  Auch  diese 
eine  Hauptsache  muss  ich  noch  betonen,  dass  dem  Homer  lauter  suc- 
cessive    Epochenkönige    Aegyptens  überliefert  wurden. 

Homer's  Zeithorizont. 

Im  unmittelbaren  Anschlüsse  an  den  Satz:  Neilevg  IIsloTiopvrjoiGw 
xal  "A&rjvaiwv  f\yov{i£Vog  slg  'Aöiav  sXS-wr  rag  'lioriag  (pziGs  noleig  txßa- 
Iwv  rovg  Käyag  —  der  uns  ein  analoges  Beispiel  der  Verpflanzung 
eines  ägyptischen  Königsnamens 65)  in's  Ausland  zeigt,  wie  Uyiauog  — 
Uolvßog  =  'Pa/ueGofjg  <Po^ßaoofig  —  spricht  der  Syncellus  p.  309/340 
über  die  verschiedenen  Ansätze  der  Zeit  des  Homeros.  „Einige, 
sagt  er,  setzen  seine  Blüthe  vor  die  Rückkehr  des  Herakliden  (1104); 
Eratosthenes  aber  und  seine  Schule  100  Jahre  nach  den 
Trolca;  Aristarchus  ferner  mit  seinen  Anhängern  100  J.  nach  der 
Colonisirung  Joniens  (1040),  Philochorus  aber. und  sein  Anhang  in  die 
Zeit  der  Jonischen  Auswanderung;  als  zu  Athen  Archippus  lebens- 
länglicher Archont  gewesen,  184  J.  nach  den  Troica  (1000);  Apollodorus 
von  Athen  aber  nebst  seinen  Schülern  240  J.  später  als  die  Ilischen 
Geschichten  (944);  Andere  kurz  vor  die  Olympiaden  ungefähr  400  J. 
nach  Ilion's  Eroberung,  und  Andere  nach  Archilochos  um  die  23.  OL 
etwa  500  Jahre  nach  Troija's  Katastrophe  (684):  kurz  die  Bestimmung 
seiner    Zeit    wird    bei    den    Alten     durchaus     abweichend    angegeben." 


H5)  cf.  Herodot's  NhuxQis,  in  Aeg.  und  Persien;  hier  Ntiktvs  Syncell.  339  als  Führer  der  Athener 
und  Peloponnesier  nach  Jonien ;  ~Jms  in  der ,  ai-givischen  und  sikj'onischen  Linie.  So  mögen 
auch  durch  Uebertragung  Juvuos  und  ^o^ßag  aus  Aegypten  nach  Argos  gekommen  sein,  da 
ja  der  äg.  Ze&iog  als  No.  11  zu  den  Assyrern  und  vielleicht  als  InS-  zu  den  Ebraeem,  so  wie 
als  ZrjS-oe  zu  den  Griechen  gebracht  wurde. 


48 

Nimmt  man  noch  den  Ansatz  des  Sosibios  auf  866  und  des  Herodot 
(Vita  Hom.)  auf  622  vor  der  Diabasis  des  Xerxes:  1102  v.  Chr.  —  nach 
den  Troica  168  J. :  1016  hinzu  —  Mommsen  in  seiner  Tafel  gibt  833  v. 
Chr.  —  so  hat  man  so  ziemlich  die  bekanntesten  Daten  der  beweglichen 
Scala.  Ohne  den  Gegenstand  ex  professo  hier  behandeln  zu  wollen,  so 
ist  es  mir  auf  Grund  meiner  Untersuchung  doch  mehr  als  wahrschein- 
lich, das  Eratosthenes  auch  hierin  den  Vorzug  verdient.  Denn 
sein  Ansatz,  obgleich  in  runden  100  Jahren  seit  Troja,  also  1084, 
schliesst  sich  unmittelbar  an  Nrfiviiog   1085   v.  Chr.   an. 

In  meinem  Programme  von  1867  habe  ich  am  Schlüsse  die  Ver- 
muthung  geäussert,  dass  uns  der  Ausdruck  jnfövjuog  die  obere  Grenze 
für  Homers  Zeithorizont  gewährleiste.  Man  sieht,  dass  dies  jetzt  um  so 
mehr  zutrifft,  nachdem  ich    den   <Povvrjdv/Liog   (<Povvtöi]g    cf.   Kb']/Lir]g  aus 

Clemens  —  "^  ist  ein  Quetschlaut,  der  eben  so  wohl  durch  griech. 
T.  cf.    i)     Tang    «x^hh    als    durch    o    bezeichnet    werden    mochte    cf. 

AAAAA    \ 

^eßtvvvrog  —  -xeMtioTTe  — )  als  Epochenkönig  für  1085  v.  Chr. 
erhärtet  habe. 

Ueberhaupt  verdient  es  auch  die  höchste  Beachtung,  dass  die  von 
mir  aufgezeigten  Epochen-Könige  Homer's  eine  fortlaufende  Reihe 
bilden.  Als  Vertreter  des  Monats  Msöwql  ist  Oüjv:  1465  v.  Chr.  an- 
zusehen. Für  den  Monat  Thoth  ist  Mar£&co&  „die  Gabe  des  Thoth" 
1325  v.  Chr.  als  Repraesentant  nachgewiesen66).  Für  den  nächst 
folgenden  Monat  <Paa)cpl,  den  wichtigsten  von  allen,  weil  die  Tycoted  in 
dieser  Epoche  (von  Homer?)  und  Eratosthenes  angesetzt  sind,  haben  wir 
den  cPafxtaofjg  <£>o(jßaoofjg  ==  Ntilsvg  1205  ( — 1184)  und  zugleich  den 
"Exerog  SijjLovvofk  2665  zu  begrüssen.  Ja  wenn  sich  die  Spur  des  Mrjvijg 
fparcocpig   im    Homer    wieder   auffinden   lässt:    Epoche    4125    v.   Chr.,  so 


66)  Auch  wenn  man  dieses  nicht  zugeben  wollte,  so  steht  doch  Ramses  III.  nicht  minder  gewiss 
auf  1325  v.  Chr.  und  sein  Beiname  Nefkos  <Pqovoq(Ü  garantirt  uns  seinen  Platz  Man  erinnere 
sich,  dass  die  erste  Tetramenie,  welche  er  inaugurirt:  LLJo  scha't  dem  kopt.  ujeei 
fiuctuatio  entspricht  und  dass  die  Basis  des  überschwemmten  Feldes  häufig  die  Gestalt  <^E53 
d.  h.  ein  Bassin  mit  Wasser  aufweist.  Es  unterscheidet  sich  also  Eamses  III.  Ntllog  von 
Ramses  IX.  Nulevg  dadurch,  dass  er  die  ganze  Saison  s  c  h  a  *  t  einleitet,  während  dieser  nur  den  Monat 
Phaophi  bezeichnet.  In  der  That  existirt  die  Gruppe  f77lT^T%J^    Mariette :  Karnak  pl.  47  d. 


49 

wäre  der  Posten  des  Nilmonats  Phaophi  sogar  dreifach  besetzt.  End- 
lich ist  an  der  Gleichung  <Povvtoi]g  A&wQtg  1085  v.  Chr.  nicht  zu  zwei- 
feln erlaubt  und  hiemit  eine  ununterbrochene  Reihe  von  4  Monaten  her- 
gestellt. Es  liegen  diese  in  einer  Sothisperiode,  und  sie  umfassen 
einen  Zeitraum  von  4  X  120  +  20  =  500  Jahren  =  */3  Phoenixperiode 
oder  ein  Ausschnitt  der  Sothis. 

Zur  Verdeutlichung  des  eben  Gesagten  stehe  hier  ein  Auszug  von 
Tafel  III.  und  IV.   meiner  „Aegyptischen  Chronologie": 

II.  Periode.  Dritte  Tetramenie  (vergl.  Erste  Tetramenie  3.  Monat 
"E/^rog  JZsfiovvog  2665   v.   Chr.): 

4  ter  Monat:  Chuenra,-Gherres~Armais-!d()iiiaxi£-4ava6g-Qwv-J£i(p&ag 
Erster  Tag  des  Wandelmonats   Meow^i:  Sothisfrühaufgang   1465  v.  Chr. 

III.  Periode.      Erste  Tetramenie: 

lter  Monat:  Ramessu  III.  -  Ramesses-Rampses-  Maved-wd--  (pQovoQdi- 
JVnlog  -  TJQOJxevg.  Erster  Tag  des  Wandelmonates  QiaS-:  Sothisfrühaufgang 
1325   v.   Chr. 

2  ter    Monat:     Ramessu  IX,  -Ramesses-  ^oQßaoofjg-JYsdsvg- ITolvßog 
{ITQiajLiog    +    1184).      Erster    Tag    des    Wandelmonats    <Paoj(pl    {Nellog) 
Sothisfrühaufgang   1205   v.  Chr. 

3 ter  Monat:  Phinetem-Phuneses-  <PovGav6g-(J£sv)-A&ü)()lg  (NrjdvjLiog 
bei  Homer?)  Erster  Tag  des  Wandelmonats  'A&vq  (Ad-uagi):  Sothisfrüh- 
aufgang  1085  v.   Chr. 

Fasst  man  meine  bisher  über  Homer  aus  ägyptischen  Quellen 
entnommenen  Ergebnisse  zusammen:  ,, Homer  und  Aegypten",  die  Völker- 
namen des  Mittelmeeres  nachweisend  — ;  „Ilion",  im  Zusammenhange 
mit  den  andern  Völkern  der  vorderasiatischen  Confoederation ;  ,,Teukrer 
und  Pelasger"  nebst  der  Frage  über  Helena  (AUg  Zeitung  1875  Juli- 
August)  und  verbindet  sie  mit  den  hier  in  „Trojas  Epoche4'  und  in 
der  „Aegyptischen  Chronologie"  erzielten  Aufschlüssen,  besonders  in 
chronologischer  Beziehung:  so  dürfte  damit  eine  ziemlich  solide  Basis 
zur  Ermittlung  des  Zeithorizontes  von  Odyssee  und  Iliade,  so  wie  des 
Verfassers  dieser  beiden  Gedichte,  hergestellt  sein  —  eine  um  so 
nothwendigere  und  darum  hoffentlich  willkommenere  Ergänzung  in 
sachlicher  Hinsicht,  als  die  bisherige  Litteratur  der  Classiker  und  der 
S c h o  1  i e n  einseitig  fast  nur  das  Sprachliche  Homers  berücksichtigt  hat. 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abtb.  7 


50 


Excurs  über  die  erste  Olympiade  und  die  XXIII.  Dynastie. 

Die  XXIII.  Dynastie  Manetho's,  aus  vier  Tauiten  bestehend: 
TavixvSv  ßaoiUioy  d\  hat  bei  dem  getreuesten  Auszügler  Jul.  Africanus 
folgende  Gestalt:* 

a.   IlBTOvßa(ö)r/ris  ert]  ft.  kq?   ov  30lv finiag   rjx&r]    tiqwttj. 

ß.    *Qao{i%(X)(v)  er?]  7] .  ov   'HyazXea  Ätyvmioi  zalovoi. 

y  .   Waja/Ltovs  srtj  i. 

0        £7\X    8X7]    Xa 

OfXOV    8X7]    71&'. 

Da  die  Ueberarbeiter  Manetho's,  wie  oben  gezeigt  worden  ist,  den 
Epochenkönig  JYsZkog  <Pqovoüoj  d.  i.  Ramses  III«  am  Schlüsse  der  XIX. 
Dyn.  für  den  eigentlich  von  Eratosthenes  gemeinten  ditto  Epochen- 
könig 'Pajusoafjg  <Po()ßaG(7f]g  =  JYeiXevg  d.  i.  Ramses  IX.  (von  der  XX. 
Dyn.)  einsetzten,  so  mussten  sie  die  folgenden  Dynastien  bedeutend  ver- 
kürzen, um  den  beabsichtigten  Zweck  zu  erreichen.  Dieser  bestand 
darin,  das  erste  Jahr  der  XX.  Dyn.  =  1183  v.  Christus  zu  setzen,  um 
mit  dem  Epochenjahr  des  Eratosthenes  ihre  Rechnung  zu  beginnen. 
Sie  gaben  der  XX.  Dyn.  135,  der  XXI  130,  der  XXII.  120  resp.  116 
Jahre,  zusammen  385.  Es  fehlten  also  zu  den  407  des  Eratosthenes 
von  Troja's  Epoche  bis  zur  ersten  Olympiade  noch  22  Jahre.  Folglich 
fiel  ihnen  Ol.  I,  1  mit  dem  23ten  Jahre  des  Petubastes  zusammen  und 
ist  somit  die  Notiz:  ecp1  ov  'Olv/umag  rj%&r]  n^ont]   gerechtfertigt. 

Aber  auch  zufolge  der  ursprünglichen  Liste  des  Manetho,  die  dem 
Eratosthenes  vorlag,  kommt  Ol.  I,  1  noch  in  die  Regierung  des  Petu- 
bastes. Denn  es  sind  seit  dem  Epochenjahr  Ramses  III:  1325  v.  Chr., 
verflossen:  185  +  130  +  196  Jahre  —  511.  Nimmt  man  noch  von 
der  40jährigen  Regierung  des  Petubastes  39  Jahre  zu  diesen  511  hinzu, 
so  erhält  man  550,  welche,  von  1325  abgezogen,  auf  776  v.  Chr.  hin- 
führen. Nach  diesem  Ansätze  also  fiel  Ol.  I,  1  mit  dem  vorletzten 
Jahre  des  Petubastes  zusammen  und  es  kann  also  recht  wohl  Erato- 
sthenes der  Urheber  der  betreffenden  Notiz  sein,  aber  schwerlich  Ma- 
netho selber. 


51 

Dieser  ursprüngliche  Ansatz  des  Eratosthenes  stimmt  vortrefflich 
zu  der  Nachricht  des  Herodot  II.  160  über  die  Anfrage  der  Eleer  beim 
ägyptischen  Könige  Wa/u/Liig.  Ja  er  weiss  aus  der  Regierung  dieses 
Psammis  nur  diese  einzige  Thatsache  zu  berichten; 

„Zu  diesem  Könige  Psammis  also  (den  er  II  159  „Sohn  des  Nexwg" 
genannt  hat)  kamen  Abgesandte  der  Eleer,  welche  sich  damit  brüsteten, 
den  Wettkampf  in  Olympia  auf  die  unparteiischste  und  trefflichste  Weise 
unter  allen  Menschen  zu  veranstalten ,  und  die  sich  einbildeten ,  dass 
nicht  einmal  die  Aegypter,  die  weisesten  der  Menschen,  benebst  dieser 
Einrichtung  etwas  Weiteres  erfunden  hätten.  Als  aber  die  Eleischen 
Abgesandten  nach  Aegypten  gekommen  waren  und  nun  den  Zweck  ihrer 
Ankunft  darlegten,  da  berief  dieser  König  die  im  Rufe  der  höchsten 
Weisheit  unter  den  Aegyptern  Stehenden.  Als  diese  sich  versammelt 
hatten,  forschten  sie  die  Eleer  aus,  welche  auch  Alles  vorbrachten,  was 
sie  in  Betreff  des  Wettkampfes  zu  thun  verpflichtet  seien.  Nach  dieser 
Erzählung  sagten  sie,  sie  seien  gekommen ,  um  zu  erfragen ,  ob  die 
Aegypter  irgend  etwas  weiteres  hätten  ausfindig  machen  können,  was 
unparteiischer  als  ihr  eigenes  Verfahren  sei.  Diese  beriethen  sich  und 
befragten  nun  die  Eleer  weiter,  ob  ihre  eigenen  Mitbürger  sich  bei  dem 
Wettkampfe  betheiligten.  Sie  erhielten  zur  Antwort:  sowohl  sie  selber 
als  jeder  Lusttragende  der  übrigen  Hellenen  dürfe  sich  am  Wettkampfe 
beteiligen.  Darauf  erklärten  dann  die  Aegypter,  dass  dieselben,  bei 
dieser  Einrichtung  der  Spiele,  alle  Unparteilichkeit  bei  Seite  gesetzt 
hätten;  denn  es  sei  gar  nicht  anders  möglich,  als  dass  sie,  mit  Benach- 
theiligung des  Fremden,  ihrem  Mitbürger  den  Vorzug  im  Wettspiel  ein- 
räumten. Wenn  sie  also  unparteiisch  zu  Werke  gehen  wollten,  —  wesshalb 
sie  ja  nach  Aegypten  gereist  seien,  —  so  müssten  sie  blos  für  Nicht- 
einheimische den  Wettkampf  veranstalten,  aber  keinen  der  Einheimischen, 
der  Eleer,  daran  sich  betheiligen  lassen.  Solche  Auskunft  ertheilten  die 
Aegypter  den  Eleern".  (Hierauf  folgt  nach  Erwähnung  der  6jährigen67) 
Regierung  des  Psammis,  der  Abschnitt  über  seinen  Sohn  Apries  — 
Ovdcpyrjg  Wahabra,  in  der  Bibel  Hophra  =   Haabra). 


67)   Zählt  man  diese  6  zu  den  10  des  tPapfxovs,   so  erhält   man   die  richtigen    16   des   Wdpvovd-tg 
z=  Wctfifievnos  d.  h.  Psammetichos  IL,  nicht  III! 

7* 


52 

Ich  behaupte  nun,  dass  diese  ganze  Erzählung  gar  nicht  für  den 
Zeithorizont  der  XXVI.  Dyn.  passend  ist.  Abgesehen  davon,  dass 
*Faju/uig  sich  nicht  mit  WajLi/iirjTixog  ja  nicht  einmal  mit  dem  Epocbe- 
namen  Wd/biiuou&ig  lies:  Wdfxvov&ig  deckt,  mit  welchem  vielmehr  Hero- 
dots  Wa/Lijuevirog  übereinstimmt  —  so  sieht  man  gar  keine  Wirkung 
dieses  Rathes  der  Aegypter.  Auch  setzen  die  Gewährsmänner  des 
Diodor  I.  95  dieselbe  Anfrage  der  Eleer  unter  Amasis  d.  h.  wohl  unter 
den  letzten  König  der  XXVI.  Dyn.,  der  bei  Manetho  Psamecherites 
(Psametich  III)  genannt  wird.  Wie  ganz  anders,  wenn  man  mit  mir 
annimmt,  dass  dem  Herodot  wie  dem  Diodor  eigentlich  die  Namensform 
Wa/ufiovg  überliefert  ward,  welche  durch  die  Uebergangslegende  Wa/u/Livg 
zu  Wa/ß/uig  geworden  ist.  Denn  jetzt  springt  es  sofort  in  die  Augen, 
dass  die  Thatsache  zwar  getreu  berichtet,  aber,  wie  noch  öfter68),  die 
chronologische  Einordnung  verfehlt  ist.  Denn  setzt  man  den 
Wa/Li/Liovg  als  denjenigen  König,  zu  welchem  die  Eleer  kamen,  so  stimmt 
Alles  auf  das  Vollkommenste.  Nach  Manetho  regierte  WatajLiovg  von 
766 — 756.  Es  steht  folglich  sein  Schlussjahr  auf  Ol.  VI.  Nun  besehe 
man  sich  die  Liste  der  Olympioniken : 

ITycjTTj  ölv/unidg,  t\v  Ivixa    Koqoi ß og   'HXeZog    oraSiov 
/jevrtya  olvjUTiiag  „       Avri/Liaxog   'HXeZog  „ 

Tgizrj  „  „        Avdyoxlog  Msaorjviog        „ 

TerayTT]         „  „        HoXvxdyrjg  Meaarjviog        „  . 

Ue/nTir?]         „  „        Alo%ivr)g  'HleZog  „ 

Nun  vergehen  9  Olympiaden,  bis  wieder  ein  Eleer  erscheint:  ifr 
6k.  Jf-öjLiaJr  Koyiv&iog  oradioi'.  JJ^ogtred^rj  xal  diavlov  o(v)  ivixa  'Ynrjviog 
*HXsZog.  Also  bloss  in  einer  untergeordneten  Partie.  Aehnlich  trifft 
man  Ol.  XCIII.  Tiyogste&r]  owoj^ig  (biga)  xal  Ivixa  3Evay6(jag  3HXsZog. 
Erst  Ol.  XCVI.  liest  man  EvjzolejLiog  3HXsZog  örddiov.  nyogeTt&rj  oaX- 
myxTrjf)  xal  Ivixa  Tifxaiog  *HXeZog.  IlQogsTt&ri  xal  xrjQvi;  xal  Ivixa 
Knarrig  3HXeZog.  Ol.  XCVII.  und  XCVIII.  zeigen  im  Stadion  wieder 
Eleer  als  Sieger.  Nach  einer  grossen  Distanz  folgt  Ol.  CXLII.  Kan{^)og 
als  Sieger  in  der  ndlr/,  ein  *HXeZog.    Dann  Ol.  CLXXVII.  ein  3HXeZog  im 


68)  Sogar  noch  in  den  Perserkriegberichten.    Vergl.  Wecklein:  „Ueber  die  Tradition   der  Perser- 
kriege".    Sitzungsberichte  der  k.  bayr   Ak.  d.  Wiss.  1876,  I,  III. 


53 

Stadion,  worauf  bis  zum  Schlüsse  des  Verzeichnisses:  OL  CCIXL.  kein 
Eleer  mehr  getroffen  wird. 

Es.  besteht  also  zwischen  Ol.  I.— V.  und  Ol.  XCVI.— XCVIII.  eine 
gewisse  Verwandschaft.  Der  grosse  Zeitraum  von  766 — 396  v.  Chr., 
wo  die  Eleer  durch  Abwesenheit  glänzen,  erklärt  sich  zur  Genüge,  wenn 
man  den  König  Waja/Liovg  766 — 756  als  denjenigen  ansieht,  zu  welchem 
die  Abgesandten  der  Eleer  gekommen  sind.  Denn  alsdann  sieht  man 
sofort  die  Wirkung  des  Rathes  seiner  Schriftgelehrten,  während  um  die 
Zeit  des  Psammetichus  II.  605 — 589  gar  keine  Veranlassung  war,  die 
Anfrage  zu  stellen,  da  unmittelbar  vorher  seit  mehr  als  150  Jahren 
ohnehin  kein  Eleer  Olympionike  gewesen  war.  Anders  aber  verhält  es 
sich  um  die  Zeit  der  Ol.  V. — VI.  Denn  da  unter  den  5  Preisen  drei 
auf  Eleer  gefallen  waren,  so  mochte  dies  bei  den  andern  Hellenen 
Missstimmung  erregen  und  so  die  Sendung  an   Wajuuovg  veranlassen. 

Man  sieht,  wie  hiedurch  auch  bewiesen  wird,  dass  Eratosthenes  die 
Gleichzeitigkeit  von  Ol.  I.  nicht  in  die  Mitte  oder  gar  in  den  Anfang 
der  40  jährigen  Regierung  des  Petubastes  gesetzt  haben  kann.  Denn 
unter  dieser  Voraussetzung  käme  Psammus  um  15 — 30  Jahre  vor  den 
Zeitpunkt,  wo  die  Ausschliessung  der  Eleer  ein  praktisches  ßedürfniss 
geworden  war,  oder  sein  Rath  wäre  nicht  befolgt  worden,  da  nach  jenem 
Ansätze  wenigstens  der  Olympionike  Alö%Lvr\g  'Hletog  Ol.  V,  1  unbe- 
greiflich würde. 

Ich  glaube  mich  daher  auch  berechtigt,  die  Sendung  der  Eleer  an 
Psammus  als  streng  geschichtliche  Thatsache  festzuhalten,  nachdem  ich 
sie  an  ihren  richtigen  chronol.  Platz  gebracht. 

Noch  einige  Worte  über  die  zwei  andern  Mitglieder  der  XXIII. 
Dynastie.  Die  Bemerkung  zu  dem  zweiten  Könige:  'Oooqx^^j  w 
'HyasAea  Alyvnriot  xalova  ist  bisher  unverständlich  gewesen.  Ich 
habe  aber  gefunden ,  dass  sie  dem  'Oöoqxüv  I.  der  XXII.  Dyn.  als 
chronologischer  Beiname  zugehört.  Denn  er  bildet  die  Epoche 
965  v.  Chr.  und  wurde  desshalb  ^^ißäorr\g  genannt  „Sohn  der  Bast", 
weil  diese  Göttin  die  Tutelargottheit  des  Monats  Choiahk  gewesen  ist. 
Da  nun  im  Laterculus  des  Eratosthenes  überall ,  wo  ein  ägyptisch  mit 
JZejli  —  oder  Fear  —  anlautender  Namen  vorkommt:  Nr.  5,  26,  34  die 
Uebersetzung  'H^axleldrig,    'HQaxlrjg,   'ÜQaxlrjg   xpazaiog    beigefügt    ist,   so 


54 

musste  auch  der  vorauszusetzende  ^e/Lißaarrjg  als  'Hgaxlfjg  gelten,  und 
er  wurde  daher  zu  demjenigen  Namen  gruppirt ,  der  die  ganz  gleiche 
Bedeutung  „Sohn  der  Bast"  besass.  Dies  ist  aber  JJerovßaarrjg  „die 
Gabe  der  Bast"  —  der  von  der  Bast  Gegebene".  Da  ferner  auch  noch 
die  Olympiade  bei  diesem  erwähnt  ist  und  Herakles  als  der  erste 
Einsetzer  dieses  Kampfspiels  69),  sowie  als  erster  Sieger  in  der  nalrj  und  im 

nay/^axiov  galt,  so  begreift  sich  es  jetzt,  wie  der  'Oooqx&v  {jn^^.  ,  JJ^  J 
Osarkun   Se-m-Bast  aus  seiner    ursprünglichen    Stelle    in   Dyn.  XXII.  an 

seinen  jetzigen   Platz  hinter   (  ADn||ct      Petubast    versetzt  wurde. 

In  Betreff  des  letzten  Königs  der  XXIII.  Dyn.,  den  Eusebius  aus- 
lässt,  kann  kein  Zweifel  bestehen,  dass  er  geschichtlich  ist.  Ich  habe 
schon  anderwärts  gezeigt,  dass  ägyptisch  (Uüüi)|  K- seh  et  überliefert 
war,  woraus  griechisch  £rpc  (=  Ktkqtt)  werden  musste,  nicht  aber  Zrjr10),  wie 
jetzt  steht.  Seine  31  Jahre  sind  nothwendig,  um  die  nächste  Epoche, 
die  des  B6%%OQig  ^aivrjg  zu  erreichen,  der  von  725 — 719  regierte.  Wie 
sich  die  Notiz  über  seine  Gefangennahme  und  Verbrennung  durch  J£a- 
ßaxwg  erklärt,  möge  man  in  meinem  Werke  „Aegyptische  Chronologie" 
gefälligst  nachlesen. 

Ein  wichtiger  Fund  der  jüngsten  Zeit  nöthigt  uns,  die  Legende 
des     Psammus     einer    wiederholten    Prüfung     zu    unterwerfen.      Den 

Namensring    fojiiOj^  j   Psa-(n)-muth    „Der  Sohn  der  Mutter    (Isis)'"   hatte 

Lepsius  in  seinem  „Königsbuch"  Nr.  614  mit  dem  Manethonischen 
WajLi/Liovg  der  XXIII.  Dynastie  identifizirt  und  ich  selbst  in  einem  Auf- 
satze 71)  dieses  Verfahren  gebilligt,  weil  ich  gefunden  zu  haben  glaubte, 
dass  der  Name  Wa/Li^ov&ig  in  der  XXIX.  Dyn.  Niemanden  sonst  eignen 
könne,  als  dem  von  Diodor  XIV  35  unter  Ol.  95,  1  erwähnten  Könige 
Aegyptens:  WujLt,iu,r}ri%og.  Auch  ohne  die  ausdrückliche  Bezeichnung 
anoyovov  ovra  rov  Wajti/Lirjrlxbv  (I)  hätte  man  auf  kein  andres  Herrscher- 


69)  Die  Alten   brachten  die   Lustration   des   Herakles  auf   Ol.   —   137,3    =    1326/1325  v.   Chr. 
CA  Mommsen  II.  Beitrag  p.  386)  was  zu  der  Sothisepoche  1325  v.  Chr.  stimmt. 

70)  Vergl.  Bulletin  de  l'institut  egypt.  1870,  worin  H.  Dr.  Nerutsos  mehrere  epigraphische  Beispiele 
der  Verwechslung  von  Z  und  S  anführt. 

71)  Zts.  f.  äg.  Sp.  1869  p.  55. 


00 


haus  verfallen  können,  als  das  der  Saiten  und  darum  ordnete  ich 
den  Wa/LijLiovfrig  =  Wa/Li/Lirjrixog  IV.  unmittelbar  hinter  IdfivQtaiog  JSfctTffö 
der  die  XXVIII.  Dyn.   bildet. 

Die  von  H.  Eugene  Reviliout 72)  gemachte  Entdeckung  einer 
„Chronique  egyptienne  contemporaine  de  Manethon"  in  dem  demotischen 
Papyrus  (No.  215  der  Biblioth.  nationale)  bestätigt  nun  zwar,  dass 
Amyrtaeus  einen  Sohn  hatte,  lässt  ihn  aber  ungenannt  und  bemerkt, 
dass  er  nicht  zur  Regierung  berufen  worden  sei:  „(Amyrtee)  il  n'eut 
pas  son  fils  apres  lui".  Es  ist  also  zu  vermuthen,  dass  dieser  Psam- 
metichos  IV,  dessen  Existenz  durch  Diodor  gewährleistet  ist,  während 
des  Jahres  400/399  v.  Chr.  eine  Zeit  lang  factisch  herrschte,  aber  bald 
vielleicht  gerade  wegen  der  an  dem  schutzflehenden  Tamos  aus  Memphis 
(Diodor  XIV,  19)  geübten  Verrätherei,  des  Thrones  verlustig  wurde.  Aus 
diesem  Grunde  hat  ihn  wohl  Manetho  in  seiner  Liste  übergangen. 

Ungleich  wichtiger  für  meinen  vorliegenden  Zweck  der  Namens- 
bestimmung des  Psammus  ist  die  XXIX.  Dyn.  Es  zeigt  sich  sofort, 
dass  Manetho  in  seiner  gegenwärtigen  Gestalt  bei  den  Auszüglern  und 
diese  neu  aufgefundene  ihm  gleichzeitige  Quelle  eine  verschiedene  Ord- 
nung darbieten.  Ich  stelle  die  beiderseitigen  Legenden  einander  gegen- 
über und  mache  durch  die  vorangesetzte  Ziffer  ihre  Reihenfolge  be- 
merklich. 

Manetho    (Eusebius)  Demotische  Liste. 

1.  NE(p£()izr]g  I.  6  Jahre.  1.  Naifarut  I. 

-     Ig'  Mov&ig  (Möv&rig)   1   J.  2.  Muthi 

3.   Wdfi/uov&ig  1   J.  3.  Psa-(n)-muth 

2.  ^xeoQig  13   J.  4.  Haqor 

|   '  JYs(p€()tT7]g  II.   ys  J.  5.  Naifarut  II. 

Die  Namen  stimmen  offenbar  überein  und  man  ersieht,  dass  die 
Varr.  beim  Africanus :  Nefpoglrrig,  NsyoQcrtig  der  Urform  NscpoQvxrjg  be- 
deutend näher  stehen.  Bei  Eusebius  nimmt  der  Mov&ig,  welcher  beim 
Africanus  gänzlich  fehlt,    in  der  griech.  Redaction  die  5.,  in  der  arme- 


72)  Kevue  arch.  1877,  Feyrier  pag.  1  sqq. 


56 

nischen  Uebersetzung  die  4.  Stelle  ein,  hat  also  mit  ^'Aywqig  den  Platz 
gewechselt  und  ist  nach  Psammuthis  statt  vor  denselben  gestellt  worden. 
So  erklärt  sich  die  Versetzung  mit  einem  Schlage  —  aber  noch  ist 
kein  Grund  ersichtlich,  der  die  Auszügler  Manetho's  zu  dieser  Orts- 
veränderung gerade  des  Mov&ig  bestimmt  hat ,  wenn  man  nicht  mit 
mir  annimmt,  was  ich  bereits  bei  zwei  Gelegenheiten  73)  geäussert  habe, 
dass  bei  Mov&ig  sich  ein  chronologischer  Anklang  geltend  machte.  Be- 
denkt man  nämlich,  dass  aus  der  XXII.  Dyn.  der  monumental  wohl 
bezeugte  König  Ph-mui  ,,der  Kater'',  griechisch  <Pjuovig ,  spurlos  ver- 
schwunden ist  und  dass  dessen  Sohn,  Scheschonq  IV:  JEeooy%is  wegen 
der  Epoche  845  v.  Chr.  den  Beinamen  2e-v-&{iovig  ,,Sohn  der  Löwin 
(Tefnut)"  erhielt,  so  dass  er  allenfalls  den  Doppelnamen  J:e-)'-<p/Liovig 
JSay&jLiovig  neben  seinem  Hauptnamen  ^sooyyjg  führen  mochte,  so  ist 
grosse  Wahrscheinlichkeit  vorhanden,  dass  ursprünglich  das  Haupt  der 
XXX.  Dyn.  den  chronologischen  Beinamen  J£sv-%ü)VG-ig  „Sohn  des  Chons" 
(bei  Manetho  im  „Buche  der  Sothis")  führte,  welcher  eine  Anziehung  auf 
den  anklingenden  Mov&ig  übte  und  dadurch  die  Versetzung  desselben 
veranlasste. 

Die  XXX.  Dyn.  der  drei  Könige  Nezxaveßrig,  Tewg14c)  und  Nexxa- 
vißwg  nennt  die  demot.  Liste  übereinstimmend  mit  Manetho  und  er- 
streckt sich  bis  Darius  III.   und  Alexander.     Allein  dieser  Abschnitt,   so 

interessant  er  auch  ist,  ebenso  das  über  den  Amenrut  =    (  öö  <==>^3  \    — 

'AfAVQTcäog,  den  siegreichen  Bekämpfer  des  Darius  II.  Gesagte  muss  ich 
hier  übergehen. 

In  dieser  neuen  Quelle  (des  demotischen  Papyrus)  wird  nun  der 
Name  Psa-n-muth  „der  Sohn  der  Muth"  =  Wafji^ov&ig  um  so  verständ- 
licher, weil  ihm  ein  Mov&ig  unmittelbar  vorangeht,  dessen  Sohn  er 
ausdrücklich  genannt  ist.  Da  nun  auch  bei  Plutarch  (Is.  Osir.  c.  56) 
'laig    =    MovS-,    so    wird    es    höchst    problematisch,    dass    der    Name 


73)  „Alexander  in  Aegypten"  (Denkschriften  der  k.  Akad )  und  „Aegyptische  Chronologie"  1877. 

74)  H.   Kevillout  identifizirt  in   seiner  Schlussnote  diese  Form   mit   der   monumentalen     **— >*  y 

T  e  h  o ,  eine  Gleichung,  die  ich  selbst  längst  dargethan  habe.     Die  Varr.  Ta%i6g  und  {Zev-) 
aaoe  gehören  dazu. 


57 

WajLi/LLovg  in  der  XXIII.  Dyn.  ebenfalls  der  „Sohn  der  Muth"  bedeuten 
solle,  obschon  das  Vorkommen  desselben  Namens  an  verschiedenen 
Stellen  der  Geschichte  eigentlich  nichts  Verdächtiges  hat. 

Vergegenwärtigt  man  sich,  was  ich  oben  (p.  45)  schon  angedeutet 
habe,  dass  die  Namen  der  XXIII.  Dyn.  sich  an  die  der  XXII.  Dyn.  an- 
lehnen, indem  ITerovßaOT7]g  und  *Qgoq%6Sv  III.  =  'HQaxlTJg  (SejLtßdarrjg) 
der  bubastitischen  Bast  und  der  Legende  Osarkun  I.  (II.)  entsprechen, 
so  möchte  man  vermuthen,  dass  der  unmittelbare  Nachfolger   Wauuovg, 

zu  dem  die  Abgesandten  der  Eleer  kamen,  von  der  Katze  Qu^^ 
mau  kopt.  cmott  felis  benannt  worden  sei,  wie  ja  auch  Phmui  <P/uovig 
(Var.  fp/uovg),  der  Vater  des  ^eaoyxiS  IV,  eigentlich  „der  Kater"  hiess. 
So  wie  aber  der  letztgenannte  Scheschonq  IV.  den  chronol.  Beinamen 
^er-^juovig  „Sohn  der  Löwin",  führte,  und  sich  überhaupt,  sowohl  bei 
der  Göttin  Bast-Pacht  (auch  Sochet)  als  in  der  Naturgeschichte  felis 
und  leo  sich  berühren,  so  könnte  Wa/LijLiovg  auch  „der  Sohn  der  Löwin" 
kopt.  moth,  aitth  leaena,  aioti  leo"  bedeuten.  Zugleich  würde  dadurch 
ein  Uebergang  geboten  zu-  der  Fortsetzung  dieser  Dyn.  (XXIII.),  da 
Kschet  Ztjt,  der  Nachfolger  des  ^ajLv/Liovg,  den  Schaba-ka  zum  Sohne 
hatte,  der  gleichsam  eine  Uebersetzung  des  Löwen  ins  Aethiopische 
darstellt  (verl.   das  Arabische  es  -  s  e  b  u  a  75). 

Was  schliesslich  den  allenfalsigen  Einwurf  betrifft,  dass  gegenüber 
dem  noch  nicht  aufgefundenen  Namensringe  ,,der  Sohn  der  Katze  oder 
der  Löwin",  die  vorhandene  Legende  „der  Sohn  der  Muth"  grössere 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  habe,  um  so  mehr  als  Psammus  10  Jahre 
regiert  hat,  während  ^a^juov&ig  nur  1  Jahr,  so  erledigt  sich  derselbe 
durch  die  parallele  Erscheinung,  dass  von  JVs(po()vri]g  II.  obschon  er  nur 
4  Monate  regierte,  doch  ein  unterscheidendes  Namenprotokoll  vorliegt. 
H.  Revillout  bemerkt  am  Fusse  seiner  Tafel :  „Champollion  reconnaissait 
ä  ce  roi  (Nepherites  I.)  un  cartouche  different  de  celui  de  Nepherites 
II".  —  Was  den  Verso  des  demot.  Papyrus  mit  der  Legende  eines  frü- 


75)  Bei  Jesaia  XXI.  und  35,1  und  Jeremias  II.  erinnert  das  mugierunt  leones  an  die  Aethiopen 
Schaba-ka  Schaba-t&-\a  (iFs&cog),  so  wie  dem  tfiD  Sava  scnon  hieroplyphisoh  ein  *J^ JSsa 
saba  als  Namen  des  Löwen  entspricht  (Lepsius:  Königsbuch  Nr.  321  (317). 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  8 


58 

heren  Königs  betrifft  (,,que  je  n'ai  pu  encore  assimiler"  sagt  Revillout), 
so  vermag  ich  jetzt  schon  darüber  Aufschluss  zu  ertheilen. 

Es  ist  der  betreffende  Königsnamen  allerdings  äusserst  flüchtig  ge- 
schrieben und  daher  schwer  zu  entziffern,  wenigstens  in  seinem  ersten 
Bestandtheile ;  ohne  die  glückliche  Fügung,  dass  ich  mich  gerade  beim 
Erscheinen  des  Artikels  von  Herrn  Revillout  mit  der  fraglichen  Legende 
beschäftigte,  wäre  mir  die  Lösung  des  Räthsels  vermuthlich  nicht  so 
bald  gelungen. 

Der  vom  Papyrus  Abbott  her  bekannte  König  Antef,  dessen 
Stele  mit  seinem  Bilde,  zwischen  dessen  Füssen  sein  Lieblingshund 
Bahuka,  von  der  Gerichtscommission  unter  Ramses  IX.  Nsiltvg  consta- 
tirt  wurde,  regierte  zufällig  um  eine  volle  Sothisperiode  früher:  2  665 
v.  Chr.  Herr  Birch,  dem  H.  Mariette  den  Fund  dieser  Stele  in  Theben 
(Drah-abu'1-neggahj  notificirte,  gab  in  den  Transactt.  Soc.  Bibl.  Aren. 
IV,  I.  die  freilich  sehr  ungenügende  Uebersetzuug  der  sieben  Text- 
columnen,     versäumte    jedoch     über     den     Zusatz    zum     Königsnamen : 

f^^K        Jj   ,,Sonnensohn  Antef-aau,  nämlich  ffi/n    nem-mes(t)u  irgend 

eine  Erklärung  zu  geben.  Und  doch  ist  dieser  Titel  neben  dem  Datum 
Jahr  50  in  chronologischer  Beziehung  von  grosser  Wichtigkeit.  Denn 
er  bezeichnet  diesen  König  Antef-aa  als  Epochalkönig  und  zwar 
für  die  Coincidenz  des  Sothisfrühaufganges  mit  dem  1.  Phaophi  des 
Wandeljahres:  2665.  Da  sein  Vormann  Molkig  —  Mtvocpyijg  (VI)  auf 
2785  so  wie  sein  Nachmann  Autreuijg  I.  FTeTsa&vQfjg  (XII.  Dyn.)  auf 
2545  fixirt  ist,  so  bleibt  allerdings  keine  andere  Wahl,  als  den  Antef-aa 
mit  der  Epoche  2665  v.  Chr.  zu  identificiren.  Er  wird  dadurch  zum  chro- 
nologischen Collegen  des  3Ay&vr[g  JZe/Liovvog  (Herakleopolite  VIII.— IX.) 
und  des  Hanti  (Memphite  VII. —VIII.);  er  repraesentirt  passend  die 
gleichzeitige  Dyn.  XI,  welche  eine    diospolitische   war. 

Mit  diesem  Antef-aa  scheint  der  König  des  demotischen  Akten- 
stückes identisch ;  sicherlich  gehört  er  zu  derselben  Dynastie,  da  sich  seine 

Legende  ungezwungen  mit:  ^™^Q^^£?)]f $  „König  An(a)tef " 
wiedergeben  lässt,  ein  Name,   der  nur  in  der  XI.  Dyn.   vorkommt. 

Die  Publication  des  vollständigen  Verso  durch  H.  Revillout  wird 
uns  die  Möglichkeit  gewähren  zu  bestimmen,  ob  ausser  dieser  dreifachen 


59 

Bezeugung  —  hieratisch,  hieroglyphisch,  demotisch  —  derselbe  Königs- 
name ein  viertes  Mal  erscheint.     In  dem  Pap.  ßulaq  Nr.   9  col.  6  treffe 

r\  /wwv\ 

ich    den   Namen    A  ^  -»«=»  Antef-aa  zwar  ohne  Ringeinfassung,    aber  an 

der  Identität  mit  dem  oben  eruirten  Antef-aa  ist  nicht  zu  zweifeln. 
Indem  ich  dieses  älteste  Document  einer  eignen  Behandlung  vorbehalte, 

fasse  ich  hier  nur  den   Schluss  col.    12  ins  Auge:   ^^'cjmj  „des  Herrn, 

„des  wiedergebornen"  oder  „des  neugekrönten".  Man  beachte,  dass 
dieser  Titel  hier,  wie  auf  der  Stele  mit  den  Jagdhunden,  den  Be- 
sohl u  s  s  macht.  Die  Gleichheit  des  Titels*  nem-mesu  selbst  ist  nicht 
zu  bestreiten  und  wir  sind  somit  berechtigt,  in  Antef-aa  den  Epochal- 
könig für  2665  v.  Chr.  zu  erkennen  —  ein  Zuwachs  der  Bestätigung 
für  .meine  Aegyptische  Chronologie,  wie  ich  ihn  bei  der  Seltenheit 
der  Denkmäler  und  Urkunden  aus  jener  alten  Zeit  nicht  erwartet 
hätte. 

P.  S.  Freilich  hat  die  Kritik  ein  Recht,  diese  Entdeckung  der 
Epochen  eben  wegen  ihrer  Neuheit  scharf  zu  prüfen.  Damit  sie  aber 
nicht  blindlings  verfahre,  mache  ich  an  dieser  Stelle  aufmerksam,  dass 
mir  unterdessen  in  der  von  H.  Dümichen  publicirten  „Baugeschichte 
des  Denderatempels"  pl.  IX.  in  dem  Kaiserringe  Harmais  =  Augustus 
eiere  weitere  Bestätigung  geworden  ist,  wie  ich  sie  nicht  eclatanter  hätte 
wünschen  können75).  Ich  hatte  nämlich  vermuthet,  dass  wegen  der 
Coincidenz  des  Sothisfrühaufganges  mit  dem  1  sten  Tage  des  Monates 
Mesori  im  Wandeljahre  einen  entsprechenden  Beinamen  erhalten  hätte, 
der  von  der  eponymen  Gottheit  dieses  Monates  hergenommen  sein 
müsste.  Nun  aber  wird  an  der  betreffenden  Stelle  immer  der  Gott 
Har-m-achu  =  "Apaxig  genannt,  woraus  durch  Abschleifung  und  die 
thebanische  Mittelform  Harmahis  schliesslich  "A^fials  und  "Agfiatg  ent- 
stand. Man  sieht,  welch  kräftige  Stütze  aus  diesem  nun  monumental 
erhärteten  H a r m a i s  meinem  ganzen  System  der  Epochalnamen 
erwächst. 


75)  Die  I.  Classe  der  kgl.   Akademie   der  Wissenschaften  hat  in  der  Maisitzung  den  betreffenden 
Vortrag  für  ihre  „Berichte"  genehmigt. 


60 


Nachtrag 

zu    Seite    30,    31,    35. 

Unter  die  Namen  des  Landes  Aegypten,  welche  mit  denen  des  Flusses 
Avyvjirog  identisch  sind ,  gehört  auch  das  bisher  nur  sehr  mangelhaft, 
erklärte  cnup  (jn$  arez)  Mizraim,  ebenfalls  einem  Könige  eignend,  und  zwar 
dem  Protomonarchen  Menes.  Die  Gleichung  Mtjrrjg  =  MeargaC^  wie- 
derholt sich  so  hartnäckig,  dass  man  nothgedrungen  einen  tieferen  Zu- 
sammenhang beider  Namen  annehmen  muss.  Ich  schätze  mich  glück- 
lich, in  dieser  Beziehung  der  Sache  auf  den  Grund  gekommen  zu  sein. 
Um  es  kurz  zu  sagen,  so  ist  MsöT^aCix  (—  Mizraim)  in  diesem  Falle 
nicht  gerade  als  der  F  i  u  s  s ,  sondern  als  der  damit  identische  Monat: 
Phaophi    <Pauu(pL   =   Pdhapi  gemeint.     Nachdem  ich  diese  Legende  als 

Pa-Hapi  n^fgjione,  q>fc.-(£)wq>i  d.   h.  der  (Monat)  des  Hapi   ?g7i 


wv\/w 


oder  Nil us  erkannt  hatte,  war  nur  noch  ein  weiterer  Schritt  zu  thun, 
um  den  Namen  Phanophis(us),  der  in  der  Liste  des  Abulfaragius 
ganz  bestimmt  dem  des  Protomonarchen  Menes  entspricht,  in  seiner 
Entstehung  zu  begreifen.  Augenscheinlich  ist  es  der  Monatsname 
<£>au)(pi  mit  dem  kopt.  R  des  Genitivs  erweitert,  um  eben  eine  Differenz 
zwischen  Monat  und  Mann  und  dadurch  eine  Unterscheidung  zu  ge- 
winnen. Das  Ergebniss  dieser  Gleichung  Men  es-Phan.ophis  war  für 
die  Chronologie  Aegyptens  von  entscheidender  Wichtigkeit ;  denn  mit 
Hülfe  dieses  Epochalnamens,  welcher  auf  den  Sothisfrühaufgang  am 
1.  Phaophi  deutlich  hinweist,  können  wir  nach  leichter  Rückrechnung 
das  Jahr  412  5  v.  Chr.  als  dasjenige  bestimmen,  wo  diese  Colncidenz 
stattgefunden  hat.  Da  nun  anderweitige  Spuren  darauf  führten,  dass 
dies  mit  dem  Beginne  des  33.  Regierungsjahres  von  Menes  geschehen 
sei,  so  war  auch  der  Anfang  dieses  Protomonarchen    4157   v.  Chr.  ge- 


61 

funden.     Die  Fpoche  4125  v.   Chr.  liegt    um  volle   zwei  Sothisperioden : 
2920  J.   vor  der   Kpoche  des  Neiltvg. 

Es    ist    folglich    Mearyatu    nur    ein     anderer    Ausdruck     für     den 
Epochalnamen    Phanophis,    zunächst  vom  Nil-Monate,   mittelbar  vom 

Flusse    Meter ui    entnommen.       Die    Legende      <=>   y^ä»  meter  ist  sehr 


/wwv\ 


häufig  zu  treffen;  dass  der  Nil  damit  gemeint  ist,  ergibt  sich  unwider- 
leglich daraus,  dass  Isis  in  diesem  Gewässer  die  Glieder  ihres  Bruders 
und  Gemahles  Osiris  sucht.  Auch  hat  das  Koptische  das  Wort  ÄtTo(p) 
gurges  und  jm.h^  medium,  beide  mit  Abwerfung  des  Schluss-r  (wie  so 
häufig  der  ältere  Rhotacismus  später  verschwindet)  ziemlich  getreu  be- 
wahrt. Bedenkt  man  nun,  dass  die  Semiten  für  den  Begriff  ,, Mitte" 
gern  die  Dualform  anwenden,  z.  B.  0*}3  ,,dev  mittlere  Platz  zwischen 
zwei  Herren"  (von  j1?  inter);  cn~^  das  Zwischenlicht,  die  Mitte  des 
Tages,  der  Mittag",  so  fällt  jetzt  ein  Schlaglicht  auf  das  bisher  uner- 
klärliche cn^p  Mizrai'm:  es  ist  Meter  in  der  semitischen  Dualform,  also 
eine  hybride  Wortbildung  und  bedeutet  „die  Mitte,  die  Thalsohle,  der 
Fluss  Nilus".  Der  dualistische  Regriff  ist  schon  in  dem  Deutbilde  der 
2  Finger  versinnlicht ,  namentlich  wenn  man  Horapollo  II.  6  ver- 
gleicht: av&Qü)7ioi'  GTO{ia%ov  dr{koi  d axrvlog;  der  orouayog  ist  aber 
entschieden  als  die  Mitte  des  menschlichen  Körpers  gemeint. 

Die  alte  Form  des  Nilnamens  Meter  „die  Mitte",  erinnernd  an 
Herodots  II.  17  JVeTXog'.  .  .  Qeei  jllsötjv  AXyvnrov  GyJiC.wv  eg  d-alaööav, 
ist  möglicherweise  durch  Uebertragung  des  Begriffes  Nässe,  in  dem 
Worte  "il£ö  matar  „Regen",  sicherlich  aber  in  der  von  Steph.  Byz.  auf- 
bewahrten Form  Mvdya,  sowie  in  der  keilschriftlichen  Mudraya  be- 
wahrt. Wie  hier  die  Benennung  des  Flusses  auf  das  Land  ,,Mydra, 
nomen  Aegypti  phoenicium"  (Parthey)  übergetragen  ist,  so  wird  ja  auch 
AXyvmog  bei  Homer  zunächst  als  Name  des  Flusses  erwähnt.  In  der 
That  bedeutet  Aquip-to  woraus  Aiyimzog  geflossen  ist,  „die  Mitte  des 
Landes",  und  bildet,  da         |T|~ww»   äqui,   als  Name  des  Nils   feststeht,  mit 

A      ü  Ua/ww\ 

Beiziehung  von  Horapollons  I.  22  S-v  aiarrj(jior  xcuotaevor  xal  Inavin 
xayd ia  —  Äiyvniog—  A=-  °  ||'Ö,°Ö  Aqui-p-to,  ein  passendes  Seiten- 
stück zu  meterui,   woraus  Mizrai'm  formirt  ist.     Denn  es  sind  wieder  die 


62 

beiden  Finger  als  Determinativ  dahinter  angebracht  und  was  den 
Wortstamm  aq(ui)  betrifft,  so  ist  er  im  Kopt.  o-xi  finis,  terminus  „die 
Grenzmarke"   mit  noch  ziemlich  durchsichtiger   Bedeutung  erhalten. 

Es  gibt  aber  auch  einen  Namen  Aegyptens,  worin  uns  der  Begriff 
Land  factisch  entgegentritt,  ich  meine  ITt i  tuv qi  g,  bei  Steph.  Byz. 
auf  das  Jslra  gedeutet.  Es  ist  die  so  häufige  Schreibung  5J§  Var. 
*^~©  Ta-merat,  woraus  mit  Praefigirung  des  bestimmten  Artikels  p  @ 
ungezwungen  IT-rl-fivQig  entsteht. 

Daran  schliesst  sich  eine  Benennung  des  Landes,  welche  die  beiden 
eben    genannten    Bestandtheile    Ta-mera    mit    der    Zuthat    des    Sylben- 

zeichens     {     =   T^p  surculus  und  dem  doppelten  Determinativ  der  Stadt 

oder  des  Landes  aufführt.  Ich  betrachte  diese  Schreibung  als  eine 
Rückübersetzung  des  Ausdruckes  cn^p  £1$  „Land  Mizralm".  Die 
Beweise  für  meine  Thesis  sind  folgende : 

Die  Häufigkeit    der    Legende    "^-Ul      welche    wegen    des   Zeichens 

f    vollständig  ^J\\    tera  (cf.   T&.p  surculus)  nur  die  Lesung  Ta-mitera-ui 

,,Land  Miteraur'  gestattet,  indem  das  doppelte  Deutbild  der  Stadt  die 
Dual-Endung  ui  erheischt,  deutet  darauf  hin,  dass  hier  ein  Seitenstück 
zu  ^==3©  Kerne  yji^Lv-  Aegyptus  vorliegt.  Nun  wissen  wir  aber  aus  dem 
Beinamen  Ramses  des  Grossen  Sesostris:  (I  Mer-Amun   =   Mio.- 

[i0uv,  dass  die  Sylbe  mer  amare  schon  frühzeitig  zu  mci  (durch  Auf- 
gebung des  Rhotacismus)  abgeschliffen  worden  war.     Auch  hatte  schon 

der  seelige  Hinoks  wregen  der  Anwesenheit  des  Zeichens    j       tera      auf 

Mitera  geschlossen,  ohne  übrigens  des  dualistischen  Determinative  da- 
hinter zu  gedenken.  Lautirt  man  nun  Ta-mitera-ui,  so  hat  man  ein 
Analogon  zu  arez-Mitra-im. 

Es  erscheint  aber  diese  Schreibung  auch  in  einer  Legende,  die 
einer  mit  Necht-Seth,  dem  Vater  Ramses  III.  NsZXog,  in  Verbindung  ste- 
henden Prinzessin,  wahrscheinlich  Gemahlin,    angehört.      Lepsius    bietet 

sie  unter  Nr.   448    seines    „Königsbuches"    also:      (©%£        flj®    1     mit 

der  Lesung  Sit-Ra  .  .  .  asnu  „die  Sonnentochter  .  .  .  asnu".  Allein 
ein  mit  asnu  endigender  Name  ist   unerhört    und    unmöglich,    weil    das 


63 

Doppeldeutbild  der  Stadt  uns  sofort  die  Lautirung  Ta-mi-tera-ui  in's 
Gedächtniss  ruft. 

Da  wegen  Beschädigung  diese  Legende  nicht  beweiskräftig  ist,  so 
müssen  zwei  andere  zur   Erklärung    herangezogen    werden.      Unter   Nr. 

490  wird  der  Name  der  Gemahlin  von  Ramses  III.  (jLfljJ  iJs^s"  ge- 
boten:    diese    führt    den     bedeutsamen    Zusatz     (         -fes^ -i^fi        Var. 

^^.^jlT^l  »die  (Tochter)  der  Sa-maUra  -  nr^D"  -  der 
Aegyptierin"  mit  dem  semitischen  Artikel.  Man  sieht  deutlich,  wie  der 
Schreiber  bei  der  Rücktransscribirung  das  gequetschte  X   der  semitischen 

Legende  bald  durch  o  bald  durch    \   =  t  näher  bestimmt  hat. 

Bestünde  ein  Zweifel,  dass  es  sich  so  verhalte,  so  würde  er  sofort 
gehoben  durch  den  Namen  ihres  Vaters,  der  indess  ohne  Einrahmung 
erscheint.     So  wie  die  Königin   Isis  oben    „die    (Tochter)    der   Hamatera 

hiess,  so  steht  hier  deutlich  t)*-^      ,,ihr     Vater"     vor      den      Gruppen 

Jy   '  'jj  K^ «,      A     von    Lepsius     mit     Habenurotänt     umschrieben. 

Offenbar  liegt  ein  semitischer  Name  vor:  er  lautet  mit  dem  Artikel  ha 
(~)  an;  ob  wir  die  nächste  Gruppe  benur,  die  sonst  dem  Kopt.  RoA, 
R*.\  entspricht,  mit  dem  semit.  b%2  und  den  Schluss  zanedh  mit  nas? 
„Schild"  identifiziren  dürfen,  bleibe  dahingestellt.  Jedenfalls  trugen  die 
Eltern  der  Königin  Isis  semitische  Namen,  und  ihre  Mutter,  die  bei 
Necht-Seth  vorkommende  Prinzessin,  ist  in  dreifacher  Schreibung  als 
(Ta)-mi-tera't  „die   Aegyptierin"  dargethan. 

Nachdem  uns  die  Gleichung  MqfqQ  ==  Msor^atfi  bis  zum  Anfange 
der  ägyptischen  Geschichte  hinaufgeführt  hat,  endet  die  stattliche  Reihe 
der  Epochenkönige,  unter  denen  mehrere  des  Namens  Nellog,  A%yvjiTog, 
fpayauj  6  xal  Na%u)Q  theilhaftig  sind,  mit  Ramses  IX.  Ntilevg,  dem 
*Po(jßaoofjg  Manetho's,  dem  Palubasch  der  Denkmäler,  dem  IJolvßos 
Homers,  der  den  Eratosthenes  zu  seinem  Ansätze  von  Priamos  Fall 
veranlasst  hat 

Wenn  nun,  wie  vorstehende  Erörterung  ergeben  haben  dürfte,  der 
Historiker  und  Chronologe  Eratosthenes  in  Betreff  der  Bestimmung  des 
Zeitpunktes  von  Troja's  Epoche,   sich  an  die  Eingangs  erwähnten  beiden 


64 

Werke  AlyvriTiaxa  vno/uvrjfAaTa  und  ßißlog  vf\g  JZco&eayg  seines  Vorgängers 
an  der  Alexandrinischen  Bibliothek:  Manetho  des  Selennyten,  angelehnt 
hat,  so  wird  es  sich  weiter  fragen ,  ob  der  berühmte  Vater  der  Geo- 
graphie auch  noch  in  anderer  Beziehung  an  ägyptische  Kenntnisse  an- 
bindet z.  B.  bei  seiner  so  berühmt  gewordenen  Gradmessung. 
Nachdem  man  bisher  die  Genauigkeit  seines  Resultates  und  dessen 
Uebereinstimmung  mit  der  neuesten  Wissenschaft  gerühmt  hat,  scheint 
jetzt  ein  Weildepunkt  einzutreten  und  der  gefeierte  Kyrenäer  in  seinem 
Ruhme  als  Astronom  und  Geodäte  ernstlich  bedroht. 

Es  hat  nämlich,  nicht  allenfalls  ein  Anfänger,  sondern  der  Alt- 
meister unter  den  deutschen  A  egy ptologen :  H.  Prof.  Lepsius76)  ein 
Werk  angekündigt,  worin  dargethan  werden  soll,  dass  Eratosthenes 
bei  der  Messung  eines  Grades  der  Erdoberfläche,  wobei  er  sich 
eines  Stadiums  zu  180  Meter  bedient  haben  soll,  um  nicht  weniger 
als  1/ii/a  geirrt  hätte.  Daraus  würde  hervorgehen ,  dass  er  z.  B.  vom 
Wendekreis  des  Krebses  bis  nach  Alexandria,  wo  er  schrieb,  um 
einen  ganzen  Grad  zu  viel  gerechnet,  also  den  einzelnen  Grad  und  die 
daraus  entspringende  Peripherie  der  Erde  sehr  ungenau  bestimmt  hätte. 
Sowie  ich  anderwärts  Bunsen's  Theorie  von  der  unbedingten  Geltung 
des  chronologischen  Kanons  von  Eratosthenes  bekämpft  habe, 
weil  dieser  Laterculus  ja  von  dem  Athener  Apollodoros  überarbeitet 
worden  ist,  ebenso  gedenke  ich  gegen  die  nach  der  andern  Seite  dem 
Eratosthenes  zu  nahe  tretende  Ansicht  des  H.  Lepsius,  welche  nicht 
einmal  die  positive  Angabe  des  Plinius  bestehen  lässt,  dass  Eratosthenes 
einen  Schoinos  von  40  Stadien  angewendet  habe,  geltend  zu  machen, 
dass  der  Geograph  Eratosthenes  abgesehen  von  seiner  eignen  Befähigung, 
schon  um  desswillen  keinen  so  groben  Fehler  bei  seiner  Gradmessung 
begangen  haben  kann,  weil  er  sich  auf  genaue  Messungen  der  Aegypter 
selbst  zu  stützen  vermochte.  Auch  ist  die  runde  Zahl  seiner  700 
Stadien  auf  den  Grad  recht  sehr  zu  berüchsichtigen. 


76)   „Zeitschrift  für  ägyptische  Sprache  und  Alterthurnskunde"  Heft   für  Januar-März    1877,   erster 
Artikel. 


Norwegens  Schenkung  an  den 

heiligen  Olaf. 


Von 

Konrad  Maurer. 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth. 


Norwegens  Schenkung  an  den  heiligen  Olaf. 


Von 

Konrad  Maurer. 


Durch  Professor  Philipp  Zorn's  interessante  Schrift  über  „Staat 
und  Kirche  in  Norwegen"  ist  die  Aufmerksamkeit  weiterer  Kreise  dem 
altnorwegischen  Kirchenrechte  und  jenem  merkwürdigen  Kampfe  zuge- 
wandt worden,  welcher  sich  in  der  zweiten  Hälfte  des  12.,  und  weiter- 
hin wider  gegen  das  Ende  des  13.  Jahrhunderts  in  Norwegen  auf 
kirchenstaatsrechtlichem  Gebiete  entspann.  Nicht  diesen  Kampf  in  seiner 
Gesammtheit,  sondern  nur  einen  einzelnen  Punkt  innerhalb  desselben 
gedenke  ich  hier  einer  eingehenderen  Untersuchung  zu  unterziehen,  weil 
er  mir  für  die  ganze  Geschichte  des  norwegischen  Kirchenstaatsrechtes 
von  der  grössten  Bedeutung,  und  doch  von  dem  genannten  Verfasser 
nicht  scharf  genug  in's  Auge  gefasst  worden  zu  sein  scheint,  die 
Schenkung  Norwegens  nämlich  an  den  heil.  Olaf,  welche 
während  der  Regierungszeit  K.  Magnus  Erlingsson's  stattgefunden  haben 
soll,  und  die  Glaubhaftigkeit  der  Quellen  Zeugnisse,  aufweiche 
dieselbe  gestützt  werden  will.  Aber  freilich  sehe  ich  mich  genöthigt, 
meiner  Untersuchung  eine  gedrängte  Uebersicht  des  Verlaufes  voran- 
zuschicken ,  welchen  der  Kampf  der  beiden  Schwerdter  in  Norwegen 
nam,  weil  nur  durch  eine  solche  die  Bedeutung  jener  speciellen  Frage 
für  die  gesammte  Geschichte  dieses  Kampfes  in  das  gehörige  Licht  ge- 
setzt, und  zugleich  für  die  Führung  jener  Untersuchung  die  nöthige 
Grundlage  gewonnen  werden  kann. 

9* 


68 

Es  ist  bekannt,    dass    das  norwegische  Volk    um  die  Grenzscheide 
des   10.  und   11.  Jahrhunderts  auf  Betreib  seiner  Könige  und  mit  Hülfe 
deutscher  sowohl    als   englischer  und  irischer  Missionäre    zum  Christen- 
thume  bekehrt  wurde ;   bekannt  aber  auch,  dass  diese  Bekehrung  zunächst 
eine  ziemlich  aüsserliche  blieb,  und  dass  es  noch  geraumer  Zeit  bedurfte, 
um  der  christlichen  Lehre    und  Sitte    eine    feste    Stätte    im  Herzen    des 
neubekehrten   Volkes,    und  der  christlichen  Kirche    eine  dauerhafte  Or- 
ganisation  in  dem  neugewonnenen  Lande  zu  verschaffen.     Des  heil.  Olafs 
(f   1030)  kirchliche  Gesetzgebung,  wie  hoch  wir  auch  deren  grundlegende 
Bedeutung  anschlagen  mögen,    vermochte  doch  kaum  den  dringendsten 
Bedürfnissen    kirchlicher    Ordnung    zu    genügen.     Erst    durch    K.    Olafr 
kyrri   (f   1093)    wurde    dem    Lande    eine    geregelte    Diöcesaneintheilung 
geschaffen,  und  erst  durch  K.  Sigurör  Jörsalafari  (fll30)  die  Zehntlast 
eingeführt,    welche    dem   Klerus  pecuniäre  Selbstständigkeit   verschaffte. 
Wie  unfertig  aber  selbst  noch  in  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts 
die    kirchlichen  Zustände    des  Reiches    waren,    lässt    sich    sehr    deutlich 
aus  jenen  Rechtsaufzeichnungen  entnemen,    welche,    um   jene  Zeit   ent- 
standen und  vielfach  den  Namen  von   Gesetzen    des  heil.  Olafs  tragend, 
uns  unmittelbar  oder  mittelbar  noch  theilweise  erhalten  sind.     Wir  er- 
sehen aus  ihnen,    dass  die  Gesetzgebung    in    kirchlichen  Dingen  damals 
noch    durchaus    in    der  Hand  des  Staates  lag,    wenn  auch  das  Erlassen 
ergänzender    Vorschriften    den    Bischöfen    unverwehrt   war , J)    und    dass 
von  einer  geistlichen  Gerichtsbarkeit  ebensowenig  die  Rede  war,    wenn 
man    anders  von   dem  forum   internum    und    der  Disciplinargewalt    über 
den    nideren  Klerus    absieht,    welche    letztere    die  Bischöfe    in    rohester 
Weise  gehandhabt    zu  haben   scheinen.2)     Die  Besetzung   der  Bisthümer 
lag    ausschliesslich    in    der  Hand    des  Königs;    die    Besetzung    aber    der 
nideren  Kirchenämter  stand  -theils  ebenfalls  beim  Könige,  theils  bei  den 
Bauerschaften,  theils  bei  einzelnen  grösseren  Grundbesitzern.8)     Die  Ehe 
war  den  Priestern  noch  gesetzlich  erlaubt,  und  ganz  allgemein  betheiligte 


1)  vgl.  BJ>L.  I,  §.  18,  und  II,  §.  27. 

2)  vgl.  GtL.  §.  15. 

3)  B5L.,  I,  §.  12,  und  II,  §.  23;  EJL.  I,  §.  31,  und  II,   §.  27;   vgl.  Anekdoton   Sverreri, 
cap.  17,  S.  186. 


69 

sich  der  Klerus  an  den  verschiedenartigsten  weltlichen  Interessen  und 
Geschäften.  Es  ist  klar,  dass  derartige  Zustände  weit  hinter  den  An- 
forderungen zurückblieben,  welche  das  kanonische  Recht  in  Bezug  auf 
die  kirchliche  Ordnung  aufstellte,  ja  dass  dieselben  theilweise  sogar  im 
unleugbaren  Interesse  des  kirchlichen  Dienstes  einer  Abhülfe  schlechter- 
dings bedurften.  Früher  oder  später  mussten  dieselben  mit  dem  allge- 
meinen Rechte  der  abendländischen  Christenheit  in  Conflict  gerathen; 
die  Umstände  aber,  unter  welchen  dieser  Conflict  eintratt,  waren  ebenso 
eigenthümlich  wie  die  Verwicklungen,  zu  welchen  derselbe  führte. 

Das  curialistische  System ,  wie  es  sich  in  Recht  und  Verfassung 
der  Kirche  bis  in  die  erste  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  herein  ausge- 
bildet hatte,  war  im  Norden  nicht,  wie  anderwärts,  allmälig  neben  der 
Staatsgewalt  herangewachsen.  Wenig  bekannt  mit  den  Zuständen  und 
Bedürfnissen  des  weitentlegenen  Landes,  ohne  regelmässige  Verbindung 
mit  demselben,  endlich  auch  genöthigt,  auf  festgewurzelte  Gewohnheiten 
sowie  auf  massgebende  Persönlichkeiten  stete  Rücksicht  zu  nemen,  wenn 
sie  nicht  den  Bestand  der  Kirche  selbst  unter  dem  neubekehrten  Volke 
gefährden  wollten,  hatten  die  Päpste  die  nordische  Kirche  zunächst  sich 
selbst  überlassen,  nur  selten,  und  dann  stets  in  mildester  Form,  in  deren 
Entwicklung  eingreifend.  Ausser  aller  Fühlung  mit  der  Curie  hatte 
sich  demnach  das  nationale  Kirchenrecht  in  Norwegen  entwickelt,  ausser 
aller  Fühlung  mit  dem  norwegischen  Staatswesen  andererseits  auch  das 
kanonische  Recht  seine  Gestalt  gewonnen ,  sodass  man  beiderseits  des 
zwischen  beiden  bestehenden  Zwiespaltes  erst  recht  gewahr  wurde,  als 
beide  sich  bereits  zu  voller  principieller  Schärfe  herangebildet  hatten. 
Und  doch  hatte  man  im  Norden  das  Christentum  als  ein  gegebenes 
angenommen,  und  vermochte  sich  demnach  auch  der  Consequenz  nicht 
zu  entziehen,  dass  man  die  in  der  abendländischen  Kirche  einmal  all- 
gemein herrschenden  Einrichtungen  als  zum  Wesen  der  Kirche  gehörig 
gelten  lassen  musste;  da  nun  andererseits  auch  das  einheimische  Land- 
recht in  anerkannter  Geltung  stand,  lag  somit,  soweit  dieses  mit  den 
Grundsätzen  des  kanonischen  Rechts  nicht  übereinstimmte,  ein  Wider- 
spruch zwischen  zwei  Rechtsordnungen  vor,  deren  jede  doch  auf  abso- 
lute Gültigkeit  Anspruch  machte.  Nicht  darum  konnte  es  sich  unter 
solchen  Umständen  handeln,    dass  man    eine    allseitig   als  zu  Recht    be- 


70 

stehend  anerkannte  Rechtsordnung  auf  verfassungsmässigem  Wege  neuen 
Bedürfnissen  entsprechend  umzugestalten  und  weiter  zu  entwickeln  suchte ; 
vielmehr  musste  der  norwegische  Klerus  von  dem  Augenblicke  an,  da 
in  ihm  ein  lebendigeres  Standesbewusstsein  und  das  Gefühl  seiner  Zu- 
sammengehörigkeit mit  der  ganzen  Hierarchie  des  Abendlandes  erwachte, 
auch  sofort  seine  Stellung  ausserhalb  des  nationalen  Landrechtes  und 
auf  dem  Boden  des  kanonischen  Rechts  nemen ,  um  dieses  so ,  wie  es 
lag,  als  ein  formell  bereits  geltendes,  nicht  blos  als  ein  materiell  zur 
Geltung  berufenes,  aber  formell  zu  solcher  erst  noch  zu  bringendes  zu 
verfechten.  Es  war  die  Sendung  des  Cardinales  Nikolaus  Brek- 
spear  nach  Norwegen,  an  welche  sich  der  in  dieser  Richtung  entschei- 
dende Umschwung  knüpfte. 

Seit  der  Stiftung  des  Erzbisthumes  Hamburg  durch  Kaiser  Ludwig 
den  Frommen  (831  )*)  hatte  Norwegen  wie  der  ganze  übrige  germanische 
Norden  als  ein  der  Kirche  erst  noch  zu  eroberndes  Missionsland  zu 
dessen  Provinz  gehört.  Als  dann  P.  Paschalis  II.  den  bischöflichen 
Stuhl  zu  Lund  in  einen  erzbischöflichen  verwandelt  hatte  (1104),  war 
Norwegen  ebenso  wie  Dänemark  und  Schweden  dessen  Metropolitan- 
sprengel  zugetheilt  worden.  Aber  auch  in  Norwegen  hatte  sich  schon 
kurz  nach  der  Loslösung  der  Lunder  Kirchenprovinz  vom  hamburger 
Stuhle  ein  Streben  nach  Abtrennung  von  jener  ersteren  geltend  gemacht, 
und  schon  K.  Sigurör  Jorsalafari  soll  gelegentlich  seines  Aufenthaltes 
im  gelobten  Lande  (1110)  die  Errichtung  eines  eigenen  Erzbisthumes 
für  sein  Reich  beschlossen  haben.  Um  die  Mitte  des  Jahrhunderts 
müssen  neuerdings  Unterhandlungen  in  dieser  Richtung  mit  der  Curie 
angeknüpft  und  nicht  *ohne  Erfolg  geführt  worden  sein ,  da  wir  von 
B.  Hreiöarr  von  Niöarös  hören ,  dass  er  auf  einer  Südfahrt  zum  Erz- 
bischof geweiht,  aber  noch  vor  der  Rückkehr  auf  seinen  Stuhl  im 
Jahre  1151  verstorben  sei.  Nur  um  ein  Jahr  später,  im  Jahre  1152 
also,  erschien  nun  aber,  von  P.  Eugen  III.  geschickt,  Cardinal  Nikolaus 
von  Albano,  der  spätere  P.  Hadrian  IV.,  im  Norden,  um  in  Norwegen 
sowohl    als    in    Schweden    eine    neue    Kirchenprovinz    einzurichten,    und 


1)  Bezüglich  des   Datums   vgl.  jetzt  Dehio,   Geschichte  des  Erzbisthums  Hamburg -Bremen   bis 
zum  Ausgang  der  Mission,  Bd.  I,  Anmerkungen  und  Ausführungen,  S.  54  (1877). 


71 

zugleich  sonst  vorzukehren  ,  was  zur  besseren  Befestigung  der  kirch- 
lichen Ordnung  in  beiden  Ländern  ihm  diensam  erscheinen  würde. 
Durch  ihn  wurde  sofort  die  bischöfliche  Kirche  zu  Niöaros  für  alle  Zu- 
kunft zu  einer  Metropolitankirche  erhoben ,  und  der  bisherige  Bischof 
von  Stafängr,  Jon  Birgisson ,  gleich  von  dem  Legaten  selbst  mit  dem 
Pallium  bekleidet.  Zu  den  4  älteren  norwegischen  Diöcesen,  nämlich 
Niüaros  oder  Drontheim,  Bergen,  Stavanger  und  Oslo,  wurde  gleichzeitig 
eine  fünfte,  die  von  Hamarr,  hinzugefügt,  und  ausser  Norwegen  selbst 
die  neue  Kirchenprovinz  auch  noch  über  Island  mit  seinen  beiden  Diö- 
cesen ,  Grönland ,  die  Fseröer,  die  Orkneys  und  die  Hebuden  mit  Man 
erstreckt,  sodass  dieselbe  volle  1 1  Bisthümer  umfasste.  Die  Geschichts- 
quellen berichten  überdiess,1)  derselbe  habe  in  vielen  Stücken  die  Sitten 
im  Lande  gebessert,  und  zumal  ein  Verbot  des  Waffentragens  in  den 
Städten  veranlasst,  wie  er  ein  änliches  auch  in  Schweden  durchgesetzt 
zu  haben  scheint.2)  Aus  einer  unten  noch  des  Näheren  zu  besprechenden 
Urkunde  des  K.  Häkon  Sverrisson  vom  Jahre  1202  erfahren  wir  ferner, 
dass  die  norwegischen  Könige  dazumal  dem  Legaten  gewisse  Zugeständ- 
nisse zu  Gunsten  ihrer  Kirche  machten  und  eidlich  bekräftigten ;  aber 
die  hiefür  in  Bezug  genommene  Urkunde  K.  Eysteins  ist  verloren,  und 
so  hält  es  schwer,  über  den  Inhalt  dieser  Zugeständnisse  völlig  ins  Klare 
zu  kommen.  Doch  berichtet  uns  eine  Streitschrift,  welche  zu  K.  Sver- 
rir's  Zeiten  zu  Gunsten  des  Königthumes  gegen  die  Kirche  gerichtet 
wurde,  dass  dazumal  an  den  sämmtlichen  Kathedralkirchen  des  Landes 
Domcapitel  errichtet  wurden,  welchen  die  Könige,  sei  es  nun  vorüber- 
gehend oder  für  alle  Zukunft,  die  bisher  ihnen  allein  zustehende  Wahl 
der  Bischöfe  überliessen,3)  und  es  stimmt  hiezu  recht  wohl,  dass  einer- 
seits eine  Bulle  P.  Cölestins  III.  vom  17.  März  1196  von  der  Einsetzung 
eines  Decanes  und  dreier  Archidiakonen  an  der  Kirche  zu  Niüaros  durch 
P.  Hadrian  I V.  (f  1159)  spricht,4)  und  dass  andererseits  eines  der  älteren 


1)  Heimskringla,  Inga  s.  Haraldssonar,  cap.  23,  S.  744-45;  PMS.,  VII,  cap.  22,  S.  240 
bis41;  Mor  kinskinna,  S.  232;  noch  kürzer  Fagrskinna,  §.  260,  S.  171,  und  Annälar,  h.  a. 

2)  Diplom,  suecan.,  I,  nr.  38,  S.  57. 

3)  Anekdoton  Sverreri,  cap.  17—18,  S.  186. 

4)  Diplom,  norveg.,  I,  nr.  1,  S.  1. 


72 

Provincialrechte  den  Grundsatz  aufstellt:1)  „Der  soll  Bischof  sein  auf 
dem  Stuhle,  welchen  der  König  will,  und  welcher  dazu  richtig  gewählt 
ist,  und  welcher  hier  zu  Stab  und  Stuhl  geweiht  ist",  welche  letztere 
Vorschrift  man  nicht  mit  einigen  neueren  Schriftstellern 2)  auf  eine 
Volkswahl  beziehen  darf,  von  welcher  vielmehr  in  Norwegen  keine  Spur 
zu  finden  ist.  Wenn  ferner  in  einer  langen  Reihe  von  Urkunden  von 
einem  noch  viel  weiter  reichenden  Verzichte  auf  das  königliche  Patro- 
natsrecht  gesprochen  wird,  welchen  gewisse  nicht  namentlich  genannte 
Könige  von  Norwegen  abgelegt  haben  sollten , 3)  so  wird  es  kaum  zu 
gewagt  sein,  auch  diesen  auf  die  drei  im  Jahre  1152  zusammen  re- 
gierenden Brüder  lugi,  Sigurö  und  Eysteinn  zu  beziehen,  zumal  da  die 
Art,  wie  jene  Könige  erwähnt  werden,  mehrfach  auf  Ascendenten  K. 
Sverrirs  und  seiner  Nachkommen  hindeutet.  Fest  steht  ausserdem,  dass 
gleichzeitig  das  Recht,  Seelgaben  zu  machen,  unter  Mitwirkung  einer 
aus  dem  ganzen  Reiche  beschickten  Versammlung  sehr  beträchtlich  er- 
weitert, und  damit  der  Kirche  die  Vermehrung  ihres  Besitzes  erheblich 
erleichtert  wurde.4)  Endlich  wenn  wir  hören,  dass  der  Peterspfenning 
(Rümaskattr)  durch  den  Cardinal  in  Schweden  eingeführt  wurde,5)  und 
denselben  auch  in  der  uns  vorliegenden  Bearbeitung  des  drontheimer 
Rechtes  als  eine  gesetzliche  Last  erwähnt  finden , 6)  während  wir  nach- 
weisen können,  dass  diese  Bearbeitung  im  Wesentlichen  auf  eine  unter 
Magnus  Erlingsson  vorgenommene  Revision  des  älteren  Rechtsbuches 
sich  stützt,7)  so  dürfen  wir  doch  wohl  ohne  Anstand  auch  für  Norwegen 
die  Einführung  dieser  Abgabe  auf  denselben  Urheber  zurückführen. 
Nur  in  einem  Punkte  scheint  der  Cardinal,   den  Umständen  klug  Rech- 


1)  EH.  I,  §.  31,  und  II,  §.  27. 

2)  So  Zorn,    ang.  0.,   S.  32—34;   Dehio,  ang.  0.,  I,  S.  188;    Sars,  Udsigt  over   den  norske 
Historie,  II,  S.  38  (1877). 

3)  Diplom,  norveg.,  VI,  nr.3,  S.  5  (1190);  II,  nr.  3,  S.  2  -  3  (1194);  I,  nr.  13,  S.  11,  und  VI, 
nr.  17,  S.  19  (1234);  I,  nr.  43,  S.  33  (1247). 

4)  FriL.,  III,  S.  17;   BjarkR.,  III,  §.  70;   Verordnung  vom  Jahre   1224   (Norges  gamle 
Love,  I,  S.  447-448). 

5)  Diplom,  suecan.,  I,  nr.  38,  S.  58  (1153). 

6)  Fr  PL.,  II,  §    20. 

7)  vgl.  meine  Abhandlung  über  „die  Entstehungszeit  der  älteren  FrostuKngslög",   in  den  Denk- 
schriften unserer  Classe,  Bd.  XIII,  Abth.  3,  S.  1—84. 


73 
• 
nung  tragend,  die  strengen  Anforderungen  des  kirchlichen  Rechtes  seiner 
Zeit  beträchtlich  herabgestimmt  zu  haben ,  nämlich  in  Bezug  auf  den 
Cölibat.  Noch  zu  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  berief  sich  der  nor- 
wegische Klerus  ausdrücklich  darauf,  dass  Cardinal  Nicolaus  die  Priester- 
ehe ihm  gestattet  habe,1)  und  wir  haben  um  so  weniger  Grund  an  der 
Glaubwürdigkeit  dieser  Behauptung  zu  zweifeln ,  da  auch  in  Schweden 
der  Klerus  auf  ein  ähnliches  Privileg  ,,cujusdam  summi  pontificis"  sich 
berief, 2)  welches  doch  wohl  ebenfalls  nur  von  P.  Hadrian  IV.  ertheilt 
sein  konnte,  der  als  Cardinallegat  nachweisbar  Bestimmungen  ,,de 
matrimonio"  für  dieses  Land  erlassen  hatte.3)  Bei  der  bekannten  Ge- 
schmeidigkeit, mit  welcher  die  Curie  ihre  Grundsätze  stets  zu  modi- 
ficiren  wusste,  sobald  deren  folgerichtige  Durchführung  auf  allzu  ernste 
Schwierigkeiten  zu  stossen  schien,  kann  die  Verwilligung  eines  solchen 
Privileges  für  eine  einzelne  Landeskirche  nicht  übermässig  auffallen, 
während  dieselbe  andererseits  ganz  befriedigend  erklärt,  dass  noch  in 
Legalquellen  des  13.  Jahrhunderts  die  Zulässigkeit  der  Priesterehe  ohne 
Anstand   vorausgesezt  werden  konnte.4) 

Die  weittragenden  Ergebnisse,  zu  welchen  des  Cardinales  Nikolaus 
Sendung  geführt  hatte,  werden  nur  durch  die  ungewöhnliche  Gunst  der 
Umstände  begreiflich,  unter  welchen  dieselbe  erfolgt  war.  Einerseits 
hatte  die  religiöse  Strömung,  welche  am  Schlüsse  des  11.  und  am  An- 
fange des  12.  Jahrhunderts  das  ganze  christliche  Abendland  durchzog, 
nicht  ermangelt  auch  den  Norden  zu  erfassen.  In  der  Ordnung  der 
Diöcesaneintheilung ,  welche  sich  dazumal  vollzog ,  in  der  Stiftung 
von  Klöstern,  welche  um  dieselbe  Zeit  ihren  Anfang  nam,  in  der  Ein- 
führung der  Zehntlast  endlich,  welche  derselben  Zeit  angehörte,  erkennt 
man  leicht  einzelne  Wirkungen  dieser  Richtung  der  Geister;  aber  auch 
die  Kreuzzüge,  welche  jetzt  mehrfach  vom  Norden  aus  unternommen 
wurden,  geben  für  dieselbe  beredtes  Zeugniss,  während  sie  zugleich 
selbst  wieder  zu  einem  weiteren  Aufschwünge  der  religiösen  Begeisterung 


1)  Diplom,  norveg.,  I,  nr.  19,  S.  15.  16  (1237). 

2)  Diplom,  suecan,  I,  nr.  150,  S.  176  (1213). 

3)  ebenda,  nr.  38,  S.  57  (1153). 

4)  vgl.  z.B.  GJ.L.,  §.  298;  FriL.,  VII,  §.  17. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abtb.  10 


74 

beitrugen.1)  In  den  Jahren  1103 — 4  hatte  Skopti- Ögmundarson  von 
Gizki  mit  seinen  Söhnen  einen  solchen  unternommen,  und  in  den  Jahren 
1107 — 11  war  der  Kreuzzug  K.  Sigurös,  in  den  Jahren  1118 — 20  der 
des  Jarles  Häkon  Pälsson  von  den  Orkneys  gefolgt;  nur  wenig  später 
finden  wir  den  Sigurö  slembidjakn  im  gelobten  Lande,  und  eben  im 
Jahre  1152  unternam  Rögnvaldr  jarl  von  den  Orkneys  in  Gemeinschaft 
mit  Eindriöi  üngi,  Erling  Ormsson  und  anderen  vornemen  Norwegern 
seinen  Zug,  von  dem  er  erst  im  Jahre  1155  zurückkam.  Eine  Menge 
kleinerer  Pilgerfahrten  schob  sich  zwischen  diese  grösseren  Züge  hin- 
ein, und  es  konnte  nicht  fehlen,  dass  solche  Unternehmungen,  welche 
Viele  beschäftigten  und  auch  von  den  Zurückgebliebenen  eifrig  be- 
sprochen wurden,  ebensowohl  eine  gewisse  religiöse  Schwärmerei  för- 
derten ,  als  sie  selbst  bereits  aus  solcher  hervorgegangen  waren.  An- 
dererseits aber  war  Norwegen  bereits  unmittelbar  nach  K.  Sigurös  Tod 
in  eine  Zeit  der  blutigsten  Bürgerkriege  eingetreten.  Zuerst  hatten 
K.  Magnus  Siguröarson  und  K.  Haraldr  gilli  einander  befehdet.  Nach- 
dem der  Erstere  gefangen ,  geblendet  und  in  ein  Kloster  gesteckt 
worden  war  (1135),  war  der  Letztere  von  Sigurö  slembidjakn  ermordet 
worden  (1136),  und  es  standen  sich  nun  dieser  Letztere  sammt  dem 
wider  aus  seinem  Kloster  geholten  Magnus  blindi,  und  die  Söhne  Har- 
alds,  Ingi  und  Sigurör  munnr,  gegenüber.  Die  ersteren  Beiden  unter- 
lagen (1139);  aber  auch  Ingi  und  Sigurör,  zu  denen  bald  noch  ein 
dritter  Bruder,  Eysteinn,  als  Mitkönig  hinzukam  (1142),  konnten  sich 
auf  die  Dauer  nicht  mit  einander  vertragen ,  so  dass  auch  jetzt  noch 
nicht  Friede  und  Ruhe  widerkehren  wollte.  So  war  demnach  der 
Cardinallegat  in  der  günstigen  Lage  gewesen,  zugleich  in  der  religiös 
erregten  Stimmung  des  Volkes  einen  wohlbereiteten  Boden  für  seine 
Bestrebungen  zu  finden,  und  durch  kluge  Ausnützung  der  Zerwürfnisse 
unter  den  drei  Königen  sich  eine  entscheidende  Stellung  hinsichtlich 
der  inneren  Angelegenheiten  des  Landes  sichern  zu  können ,  —  Vor- 
theile ,  die  in  ihrem  Zusammentreffen  vollkommen  genügen ,  um  die 
grossen  von  ihm  erzielten  Erfolge  zu  erklären.    —    Dieselbe  Gunst  der 


1)   vgl.   Paul   Kiant,    Expeditions   et   Pelerinages   des   Scandinaves    en   Terre    sainte,    Paris 
1865  und  1869. 


75 

Umstände,  welche  die  Begründung  des  hierarchischen  Systems  im  Norden 
ermöglicht  hatte,  begleitete  aber  zunächst  auch  noch  dessen  weiteren 
Ausbau.  Die  unter  den  drei  königlichen  Brüdern  herrschende  Span- 
nung artete  bald  in  offenen  Kampf  aus,  und  kurz  nach  einander  ver- 
loren K.  Sigurör  munnr  (1155)  und  K.  Eysteinn  (1157)  das  Leben; 
aber  auch  K.  lngi  fiel  in  der  Schlacht  bei  Oslo  (1161)  gegen  K.  Häkon 
heröibreiö,  einen  Sohn  K.  Sigurö  munns,  der  ihm  als  Gegenkönig  gegen- 
übergetreten war,  und  selbst  sein  Tod  brachte  noch  keine  endgültige 
Entscheidung.  Die  Anhänger  des  gefallenen  Königs,  nicht  wagend  dem 
Sieger  sich  zu  unterwerfen,  beschlossen,  da  sich  kein  anderer  Kron- 
prsetendant  auftreiben  Hess,  ein  fünfjähriges  Kind  als  König  auszurufen, 
den  Magnus  Erlingsson  nämlich,  für  welchen  sein  Vater,  der  oben 
unter  den  Kreuzfahrern  genannte  Erlingr  skakki,  Ormsson,  die  Führ- 
ung der  Parthei  übernam  (1161).  Diesem  gelang  es  nun  zwar  schon 
im  folgenden  Jahre  den  K.  Häkon,  und  wider  ein  Jahr  später  auch  den 
Sigurö  Marküsföstri,  Häkons  Bruder  und  Nachfolger  zu  erlegen;  aber 
immerhin  stand  das  Reich  des  jungen  Magnus  nur  auf  schwachen 
Füssen ,  da  es  demselben  an  jedem  Rechtsanspruche  auf  den  Thron 
fehlte.  Nur  ein  Königssohn  sollte  nach  altnordischem  Staatsrechte  auf 
den  Thron  berufen  werden;  Magnus  aber  gehörte  nur  durch  seine 
Mutter,  eine  Tochter  K.  Sigurö  Jorsalafari's,  dem  königlichen  Hause  an, 
während  sein  Vater  lediglich  zu  der  Classe  der  lendirmenn  oder  Land- 
herrn zählte.  Die  dänische  Hülfe,  welche  Erling  der  Gegenparthei 
gegenüber  in  Anspruch  genommen  hatte,  vermochte  den  wankenden 
Thron  nur  wenig  zu  stützen;  so  beschloss  er  denn,  die  Kirche  an- 
zugehen ,  um  durch  ihr  Ansehen  zu  ersetzen ,  was  seinem  Sohne  an 
Legitimität  abgieng,  und  die  Kirche  säumte  nicht,  die  ihr  damit  ge- 
botene Gelegenheit  in  ihrem  eigenen  Interesse  auszunützen. 

Jon  Birgisson,  der  erste  Erzbischof  von  Niöarös,  war  im  Jahre  1157 
gestorben,  und  Eysteinn,  des  Erlendr  himaldi  Sohn,  an  seine  Stelle 
getreten.  Von  Natur  hochbegabt,  und  überdiess  einem  der  angesehen- 
sten Häuser  im  Drontheimischen  angehörig,  hatte  dieser  dem  K.  Ingi 
als  Caplan  und  Schatzmeister  gedient,  und  war  von  diesem  Könige  auf 
den  erzbischöflichen  Stuhl  berufen  worden,  ohne  dass  das  Domcapitel 
auch    nur    um    seine  Meinung    befragt    worden    wäre.      Als  er  mit  dem 

10* 


76 

Pallium  aus  dem  Süden  heimkam  (1161),  war  er  im  Drontheimischen 
freundlichst  aufgenommen  worden ,  und  diese  gute  Stimmung  hatte  er 
benützt ,  um  eine  sehr  bedeutende  Steigerung  der  Einkünfte  seines 
Stuhles  durchzusetzen.  Indem  er  seinen  Bauern  vorstellte,  wie  arm 
sein  Stuhl,  und  wie  nöthig  eine  Erhöhung  seiner  Einnamen  durch 
dessen  Erhöhung  zu  einem  Metropolitansitze  geworden  sei,  hatte  er 
einen  Dingbeschluss  zu  Stande  gebracht,  kraft  dessen  innerhalb  der 
drontheimer  Diöcese  in  Zukunft  alle  dem  Erzbischofe  zufallenden  Straf- 
gelder nach  Silberwerth  statt  nach  gewöhnlichem  Handelswerthe  ent- 
richtet werden  sollten,  was  dieselben  der  eingerissenen  Münzverschlech- 
terung gegenüber  auf  den  doppelten  Betrag  erhöhte. J)  Für  das  König- 
thum  war  dieser  Beschluss  sehr  verletzend,  weil  er  die  erzbischöflichen 
Bezüge  besser  stellte  als  die  königlichen;  als  aber  Erlingr  den  Erz- 
bischof hierüber  zur  Rede  stellte,  wurde  er  von  diesem  mit  trotzigem 
Hohne  auf  die  Illegitimität  seines  Sohnes  hingewiesen.  Da  fanden  nun 
schliesslich  beide  Theile  ihren  Vortheil  dabei,  ihren  Frieden  mit  einander 
zu  schliessen,  und  dem  geltenden  Landrechte  gegenüber  gemeinsame  Sache 
zu  machen;  der  Erzbischof  verstand  sich  dazu,  durch  eine  feierliche  Krön- 
ung des  jungen  Königs  den  Mangel  seiner  Berechtigung  zur  Thronfolge 
zu  decken,  Erlingr  aber  versprach  ihm  dafür,  wie  er  ihm  diess  schon 
früher  zugesagt  hatte,  seine  kräftige  Unterstützung  zu  jeder  Förderung 
des  kirchlichen  Rechts.  Unter  Zustimmung  des  gesammten  Episkopates, 
sowie  eines  gerade  im  Lande  anwesenden  päpstlichen  Legaten ,  wurde 
die  Krönung  wirklich  im  Sommer  des  Jahres  1164  in  Bergen  voll- 
zogen; aber  „Erlingr  skakki,  und  mit  ihm  12  Landherren,  schwuren 
gesetzliche  Eide  mit  dem  Könige." 2)  Auch  eine  bereits  einmal  an- 
geführte Verordnung  des  K.  Hakon  Sverrisson  aus  dem  Jahre  1202 
erwähnt  der  Eide,  „welche  geschworen  wurden  vor  dem  Legaten,  da- 
mals als  der  Jarl  den  Streit  begann  mit  dem  Erzbischofe  über  der 
heiligen  Kirche  Freiheit ," 3)    und  wenn  zwar  die  eine    der    beiden    Hss. 


1)  Heiraskr.  Magnüss  s.  Erling  ssonar ,  cap.  16,  S.  792;  PMS.  VII,  cap.  8,  S.  299—300; 
Fagrsk.,  §.  268,  S.  179. 

2)  Heimskr.,  cap.  21—22,  S.  795—97;  PMS.,  cap.  13-14,  S.  304—6;    Fagrsk.  §.  268—69, 
S.  180.    Doch  erwähnt  die  zuletzt  genannte  Quelle  der  Eide  nicht. 

3)  Norges  garale  Lore,  I,  S.  445;  Diplom,  norveg.,  VIII,  nr.  5,  S.  8. 


77 

statt  der  Worte  „firer  legaten"  liest  ,,firer  legato  Fidencio,"  so  ist  doch 
diese  letztere  Lesart  eine  entschieden  falsche,  und  vielleicht  nur  durch 
falsche  Lesung  eines  Anfangsbuchstabens  veranlasste,  da  wir  wissen, 
dass  der  beim  Beginne  des  Streites  in  Norwegen  weilende  Legat  Ste- 
phanus  hiess,  und  dass  Jidantius  erst  im  Winter  1196 — 97  als  Legat 
nach  dem  Norden  kam. *)  Dass  hiernach  auch  diese  Angabe  auf  die 
im  Jahre  1164  geschworenen  Eide  zu  beziehen  ist,  darf  nicht  bezweifelt 
werden;  über  den  Inhalt  aber  dieser  Eide,  und  überhaupt  über  den 
Inhalt  der  Verabredungen,  welche  dazumal  zwischen  Erling  und  dem 
Erzbischofe  getroffen  wurden ,  spricht  sich  die  Verordnung  so  wenig 
aus  als  die  Geschichtsquellen  dies  thun.  Nach  dieser  Seite  hin  tritt 
dagegen  eine  in  die  älteren  Gula^ingslög  eingerückte  Bestimmung,  sowie 
ein  Schreiben  ergänzend  ein ,  welches  K.  Magnus  Erlingsson  an  Erz- 
bischof Eysteinn  gerichtet  haben  soll ,  und  auf  diesen  beiden  Quellen- 
zeugnissen,  sammt  einer  unten  noch  zu  erwähneöden  Angabe,  welche 
Erzbischof  Jon  rauöi  um  ein  Jahrhundert  später  gelegentlich  der  Ver- 
handlungen über  das  Bergener  und  Tünsberger  Concordat  machte,  be- 
ruht demnach  Alles,  was  man  über  eine  von  jenem  Könige  damals  ge- 
machte  Schenkung  Norwegens  an  den  heil.  Olaf  zu  wissen  glaubt.  Von 
beiden  Stücken  wird  im  weiteren  Verlaufe  dieser  Untersuchung  noch 
eingehend  zu  handeln  sein;  dagegen  mag  hier  schon  bemerkt  werden, 
dass  auch  eine  officielle  Revision  der  für  das  Gula^ing  und  für  das 
Frostuping  bestimmten  Rechtsbücher,  welche  unter  K.  Magnus  Erlings- 
son's  Regierung  zu  Stande  kam,2)  mit  jenen  Abmachungen  in  engstem 
Zusammenhang  gestanden  zu  sein  scheint. 

Durch  die  rücksichtsloseste  Ausnützung  des  Nothstandes,  in  welchem 
sich  ein  illegitimer  Träger  der  Krone  befand,  hatte  Erzbischof  Eysteinn 
mit    einem  Male    die  Stellung    der  Kirche    zum   Staat    in  Norwegen    auf 


1)  vgl.  Munch,  Det  norske  Polks  Historie,  II,  S.  936,  Änra.,  und  III,  S.  426,  Anm.,  sowie  die 
bestimmten  Angaben  der  Herausgeber  in  Norges  gamle  Love,  ang.  0.  Aucb  Sars,  Udsigt 
over  den  norske  Historie,  II,  S.  180  hält  sich  an  die  Lesart,  die  keinen  Namen  nennt,  ohne 
der  anderen  auch  nur  zu  gedenken. 

2)  vgl.  meine  Abhandlungen  über  „die  Entstehungszeit  der  älteren  Gulaju'ngslög"  und  „die 
Entstehungszeit  der  älteren  FrostuMngslög"  in  den  Denkschriften  unserer  Classe,  Bd.  XII, 
Abth.  3,  S.  98-170  (1872),  und  Bd.  XIII,  Abth.  3,  S.  1-84  (1875). 


78 

einen  völlig  neuen  Fuss  gesetzt;  indessen  Hess  ein  Rückschlag  gegen 
die  von  ihm  begründeten  Zustände  nicht  lange  auf  sich  warten.  Die 
kirchliche  Krönung  des  jungen  Königs  vermochte  nicht  alle  Zweifel  an 
dessen  Berechtigung  zu  ersticken,  und  nach  wie  vor  tratt  ein  Gegen- 
könig  um  den  andern  gegen  denselben  auf..  Olafr  ügsefa  mit  seinen 
Hettusveinar  (1166 — 69),  dann  Eysteinn  meyla  mit  seinen  Birkibeinar 
(1174 — 77)  hatten  freilich  nur  wenig  P>folg;  eine  andere  Wendung 
nam  aber  die  Sache ,  als  K.  S  v  e  r  r  i  r  sich  an  die  Spitze  der  letzteren 
Parthei  stellte.  Nach  seiner  eigenen  Angabe  ein  unächter  Sohn  K.  Sig- 
ur5  munns ,  aber  auf  den  Faeröern  aufgewachsen  und  zunächst  zum 
geistlichen  Berufe  erzogen,  war  dieser  angeblich  erst  nach  empfangener 
Priesterweihe  über  diese  seine  Abstammung  aufgeklärt  worden ;  darauf- 
hin war  er  nach  Norwegen  hinübergegangen,  und  hatte  sofort  die 
Führung  der  zersprengten  Birkibeinar  übernommen  (1177).  Nach 
harten  Kämpfen  gelang  es  ihm,  erst  den  Jarl  Erling  (1179),  und  dann 
auch  den  K.  Magnus  selbst  zu  erlegen  (1184),  und  auch  ein  paar 
weitere  Gegenkönige,  welche  ihm  die  geschlagene  Parthei  entgegen- 
stellte, wurden  rasch  von  ihm  unterdrückt;  aber  es  konnte  nicht 
fehlen ,  dass  er  dabei  von  Anfang  an  auch  der  Kirche  gegenüber  in 
eine  feindselige  Stellung  gerieth ,  da  diese  ihre  eigenen  Interessen  mit 
denen  K.  Magnus  Erlingsson's  eng  verflochten  wusste,  und  über- 
diess  dem  unehelich  Geborenen  und  dem  abtrünnigen  Priester 
auch  aus  anderen  Gründen  entgegentreten  musste.  Von  Anfang  an 
hatte  demgemäss  Erzbischof  Eysteinn  fest  zu  K.  Magnus  gehalten,  und 
erst  dann  seinen  Frieden  mit  Sverrir  gemacht  (1183),  als  des  Ersteren 
Sache  hoffnungslos  verloren  war;  wenn  ferner  zwar  seine  klare  Er- 
kenntniss  der  Sachlage  den  alten  Erzbischof  seine  letzten  Lebensjahre 
(f  1188)  in  Frieden  verbringen  Hess,  so  brach  doch  unter  seinem 
Nachfolger,  Eirikr  Ivarsson,  das  alte  Zerwürfniss  nur  um  so  hef- 
tiger aus.  Kaum  mit  dem  Pallium  von  Rom  heimgekehrt,  begann 
dieser  auch  schon  die  siegreiche  Parthei  in  seinen  Predigten  anzugreifen; 
der  König  aber  brachte  seinerseits  die  Erhöhung  der  kirchlichen  Geld- 
bussen wider  zur  Sprache,  welche  Erlingr  seit  der  Krönung  seines 
Sohnes  nicht  weiter  beanstandet  hatte,  und  machte  mit  aller  Entschie- 
denheit geltend,  dass  dieser  nicht  befugt  gewesen  sei,  durch  eine  Ver- 


79 

änderung  des  althergebrachten  Rechtes  die  rechtswidrige  Krönung 
seines  Sohnes  zu  erkaufen.1)  Bald  dehnte  sich  der  Conflict  auch  auf 
andere  Streitpunkte  aus,  zumal  auf  das  Laienpatronat  und  die  Zahl  der 
Begleiter ,  welche  der  Erzbischof  bei  seinen  Amtsreisen  um  sich  haben 
durfte.  Vergebens  berief  sich  der  Erzbischof  auf  das  kanonische 
Recht,  auf  päpstliche  Bullen  und  auf  „das  Buch,  welches  die  Goldfeder 
genannt  wurde,  und  welches  Erzbischof  Eysteinn  hatte  schreiben  lassen," 
d.  h.  doch  wohl  auf  die  unter  Eysteins  Mitwirkung  erfolgte  Revision 
der  Frostul>ingslög ;  der  König  setzte  dem  die  Berufung  auf  das  Dront- 
heimer  Landrecht  entgegen,  wie  es  der  heil.  Olaf  gesetzt  und  K.  Magnus 
goöi  zur  Aufzeichnung  gebracht  habe,  und  auf  seinen  Betrieb  wurde  an 
offenem  Ding  im  Sinne  des  alten  Landrechts  gegen  den  Erzbischof  er- 
kannt. Da  gab  dieser  seine  Sache  verloren,  verliess  das  Land  und 
floh  nach  Dänemark  (1190). 2)  Nach  einer  Beschwerdeschriffc,  welche 
Abt  Wilhelm  von  Ebelholt  von  hier  aus  in  des  Erzbischofes  Namen  an 
die  Curie  richtete,3)  wäre  freilich  vielmehr  die  Weigerung  des  Erz- 
bischofs, den  König  ohne  vorgängige  päpstliche  Ermächtigung  zu 
krönen ,  dann  ein  Streit  über  die  Widerbesetzung  des  Bisthumes  Staf- 
ängr,  endlich  auch  eine  Reihe  von  Differenzen  über  die  geistliche  Ge- 
richtsbarkeit und  die  Ausdehnung  des  königlichen  Patronatrechtes  der 
Grund  des  Zerwürfnisses  gewesen ;  indessen  scheinen  doch  beide  Dar- 
stellungen des  Sachverhaltes  eher  sich  gegenseitig  zu  ergänzen  als  ein- 
auder  zu  widersprechen , 4)  und  für  unseren  Zweck  kommt  jedenfalls 
auf  diesen  Punkt  nur  wenig  an.  Zweifellos  steht  fest,  dass  Erzbischof 
Eirik  den  Kampf  von  Dänemark  aus  in  entschlossenster  Weise  fort- 
führte, zumal  seitdem  P.  Cölestin  III.  mittelst  einer  sehr  merkwürdigen, 
die  sämmtlichen  Privilegien  des  erzbischöflichen  Stuhles  bestätigenden 
Bulle  vom  15.  Juni  1194  sich  entschieden  auf  seine  Seite  gestellt 
hatte;  5)  nicht  minder  gewiss  ist  aber  auch,  dass  weder  die  Verhängung 


1)  Sverris  s.,  cap.  112,  S.  269— 71. 

2)  ebenda,  cap.  117,  S.  277-80. 

3)  Dipl.  norveg.,  VI,  nr.  3,  S.  4 — 6;  vgl.  auch  noch  Wilhelmus  de  Newburgh,   historia 
rerum  anglicarum,  III,  cap.  6,  S.  230. 

4)  vgl.   meine   Abhandlung   über    „das    sogenannte  Christenrecht   K.  Sverrirs",    S.  61 — 63,    in 
Bartsch' s  Germanistischen  Studien,  Bd.  I. 

5)  Diplom,  norv.,  U,  nr.  3,  S.  2—5. 


80 

i 

von  Bann  und  Interdict,  noch  die  Aufstellung  von  Gegenkönigen  und 
die  von  P.  Innocenz  III.  versuchte  Aufreizung  benachbarter  Fürsten 
zum  Kriege  gegen  Norwegen  K.  Sverrirs  Macht  zu  brechen  vermochte. 
Am  9.  Mserz  des  Jahres  1202  starb  K.  Sverrir.  Sein  Sohn  und 
Nachfolger,  K.  Häkon,  beeilte  sich,  wie  es  heisst  auf  des  sterbenden 
Vaters  Rath,  mit  dem  Erzbischofe  seinen  Frieden  zu  machen,  aber,  so- 
viel eine  schon  mehrfach  angeführte,  dem  Jahre  1202  angehörende  Ver- 
ordnung erkennen  lässt,1)  wurde  dabei  von  ihm  kein  wesentliches 
Recht  des  Königthumes  aufgegeben.  Neben  der  sehr  vieldeutigen  Ver- 
sicherung, der  Kirche  alle  die  Freiheiten  zugestehen  zu  wollen,  welche 
ihr  nach  „den  heiligen  Schriften"  zukommen,  und  deren  sie  von  alter 
und  neuer  Zeit  her  genossen  habe,  jedoch  unbeschadet  des  König- 
thumes und  der  königlichen  Majestät ,  nimmt  der  König  noch  speciell 
Bezug  auf  die  Anordnungen  des  Cardinales  Nikolaus  und  die  von  den 
Königen  Ingi,  Sigurö  und  Eysteinn  ihm  gemachten  Zugeständnisse,  auf 
deren  Bestätigung  durch  K.  Magnus  Erlingsson  und  K.  Sverrir,  endlich 
auf  die  im  Jahre  1164  geschworenen  Eide,  und  bedingt  sich  umgekehrt 
der  Kirche  gegenüber  das  Maas  von  Rechten  aus,  welches  ihm  nach 
,,den  heiligen  Schriften"  und  dem  Landrechte  zukomme.  Es  halten 
sich  demnach  in  diesem  wunderlichen  Documente  die  allgemeinen  Zu- 
sicherungen und  Vorbehalte  ziemlich  die  Wage,  und  ausdrücklich  be- 
stätigt werden  nur  die  im  Jahre  1152  gemachten  Zugeständnisse,  so- 
wie der  von  K.  Magnus  Erlingsson  geschworene  Krönungseid ,  dessen 
Inhalt  wir  nicht  kennen ,  wogegen  alle  anderen  Zugeständnisse  dieses 
Königs  stillschweigend  beseitigt  werden ;  aber  freilich  war  mit  einer  so 
unbestimmt  gefassten  Übereinkunft  der  Zwiespalt  nicht  gelöst,  wenn 
auch  äusserlich  zunächst  wider  volle  Ruhe  zwischen  Kirche  und  Staat 
zu  herrschen  schien.  Wie  der  König,  so  hatte  auch  die  Kirche  den 
Standpunkt  keineswegs  förmlich  aufgegeben,  welchen  sie  in  den  Kämpfen 
während  der  letzten  Jahre  eingenommen  hatte,  wenn  sie  auch  that- 
sächlich  den  ihr  ungünstigen  Umständen  sich  fügte ,  und  insbesondere 
liefen    nach    wie  vor  zweierlei  Rechtsbücher    neben    einander    im   Lande 


1)  Norges    gamle    Love,    I,    S.    444 — 45;    Diplom,    norveg.,    VIII,     nr.    5,    S.    7 — 8, 
vgl.  nr.  75,  S.  93. 


81 

um ,  deren  eine  Classe  die  ältere ,  des  heil.  Olafs  Namen  tragende  Re- 
cension  der  Gulapingslög  oder  Frostubingslög  enthielt,  während  die  an- 
dere den  unter  kirchlichem  Einflüsse  entstandenen  revidirten  Text  der- 
selben nach  K.  Magnus  Eriingsson's  Redaction  zeigte;  ja  man  fertigte 
sogar,  wie  es  scheint  aus  praktischen  Gründen,  gemischte  Texte  an,  in 
welchen  man  die  Bestimmungen  der  älteren  und  der  neueren  Recension 
sich  als  solche  gegenüberstellte.  Bis  in  K.  Häkons  des  Alten  Re- 
gierungszeit herein  (1217 — 63)  setzte  sich  diese  Verworrenheit  der  Zu- 
stände fort.  Die  Stimmung  der  kirchlichen  Kreise  spricht  sich  sehr 
deutlich  darin  aus ,  dass  Erzbischof  {>6rir  auf  einer  Provincialsynode, 
welche  er  im  Jahre  1229  nach  Niöarös  berief,  *)  sich  allen  Ernstes  an- 
schickte, seinen  streitbaren  Vorgänger  Eysteinn  zu  canonisiren, 2)  und 
dass  von  dieser  Zeit  ab  widerholt  mit  der  Curie  verhandelt  wurde, 
um  von  derselben  die  hiezu  nöthige  Mitwirkung  zu  erlangen. 3)  Auch 
darinn,  dass  Bischof  Päll  von  Hamar  während  eines  Streites  mit  seinem 
Könige  widerholt  bei  der  Curie  über  die  Nichtanerkennung  der  geist- 
lichen Gerichtsbarkeit  sowie  über  die  ungebührliche  Ausdehnung  seiner 
Patronatsrechte  Seitens  dieses  Letzteren  zu  klagen  hatte,4)  zeigt  sich, 
wie  wenig  noch  die  principiellen  Gegensätze  ausgeglichen  waren.  Ein 
Christenrecht,  über  welches  sich  nach  dem  Zeugnisse  späterer  Urkun- 
den der  König,  wie  es  scheint  im  Jahre  1244,  mit  seinem  Erzbischofe 
Sigurö  einigte,  und  welches  wir  in  dem  Christenrechte  unserer  Frostu- 
bingslög widererkennen  dürfen,5)  stellt  sich  allerdings  in  einer  Reihe 
von  Punkten,  welche  zwischen  K.  Sverrir  und  Erzbischof  Eirik  bestritten 
gewesen  waren,  auf  die  Seite  der  Kirche,  nicht  des  Königthumes,  wie 
zumal  bezüglich  der  Zahlung  der  kirchlichen  Bussen  in  Silberwerth, 
der  Zahl  der  Begleiter  des  Erzbischofes,  des  Laienpatronates;  aber  nach 
wie  vor  bildet  das  Christenrecht  nur  einen  Theil  der  weltlichen  Gesetz- 
gebung,   von    einer   geistlichen  Gerichtsbarkeit   ist   in  demselben   keine 


1)  Häkonar  s.  gamla,  cap.  162,  S.  416. 

2)  Annälar,  h.  a. 

3)  vgl.  Diplom,  norveg,  I,    nr.  23,   S.  18—19  (1241),    VI,  nr.  22,  S.  22—23  (1246),   nr.  23, 
S.  23  (1251),  undnr.  30,  S.  28  (1255);  Kayiialdus,  Annales,  a.  1268,  §.48  (Bd. XIV,  S.  169). 

4)  Diplom,  norveg.,  I,  nr.  13,  S.  11—12,  und  VI,  nr.  17,  S.  19  (1234). 

5)  vgl.  meine  Abhandlung  über  „die  Entstehungszeit  der  älteren  Frostujingslög",  S.  46—61. 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  1 1 


82 

Spur  zu  finden,  vielmehr  nach  wie  vor  die  Judicatur  über  kirchliche 
Personen  und  Sachen-  den  weltlichen  Gerichten  überlassen ,  endlich 
bleibt  die  Art  der  Besetzung  der  Bisthümer  und  der  sonstigen  Prse- 
laturen  gänzlich  unbesprochen,  und  ebendarum  die  Einflussname  des 
Königs  auf  dieselbe  unbehindert.  In  anderer  Richtung  ist  bezeichnend, 
dass  die  Bischöfe,  vom  Könige  aufgefordert  mit  ihm  gemeinsam  die 
Zustimmung  zu  einer  feierlichen  Krönung  zu  erbitten  (1245),  nur  unter 
der  Bedingung  sich  hiezu  bereit  erklärten,  dass  er  ihre  Privilegien 
vermehre,  und  überdiess  sich  zur  Ableistung  desselben  Krönungseides 
verstehe,  wie  ihn  seinerzeit  K.  Magnus  Erlingsson  geschworen  habe, 
und  dass  K.  Häkon  diese  Zumuthung  entrüstet  abwies ,  mit  der  Be- 
merkung, die  Privilegien  der  Kirche  seien  bereits  gross  genug  und  von 
ihr  noch  weiter  ausgedehnt  worden ,  als  sie  eigentlich  reichten ,  er 
selber  aber  sei  rechtmässig  zum  Reiche  geboren,  und  nicht  gesonnen 
die  Krönung  durch  eine  Demüthigung  zu  erkaufen,  welcher  sich  der 
illegitime  Magnus  Erlingsson  allenfalls  habe  unterwerfen  können ;  lieber 
wolle  er  niemals  die  Krone  tragen ,  meinte  der  König ,  als  sie  durch 
eine  solche  Schmach  sich  gewinnen.  *)  Als  dann  später  in  Folge  von 
Verhandlungen,  welche  der  König  für  sich  alleinn  mit  dem  päpstlichen 
Stuhle  angeknüpft  hatte,  Cardinal  Wilhelm  von  Sabina  als  Legat 
des  Papstes  Innocenz  IV.  nach  Norwegen  kam  um  die  Krönung  zu  voll- 
ziehen (1247),  erneuerte  dieser  nochmals  den  Versuch ;  aber  auch  diess- 
mal  blieb  der  König  standhaft  bei  seiner  Erklärung,  dass  er  lieber 
keine  Krone  tragen,  als  diese  durch  einen  derartigen  Schacher  sich  er- 
kaufen wolle ,  und  so  wurde  er  schliesslich  bedingungslos  gekrönt. 2) 
Auch  diessmal  gab  die  Anwesenheit  eines  Cardinallegaten  wider*  zu 
manchen  Verhandlungen  über  kirchenrechtliche  und  kirchenstaatsrecht- 
liche Fragen  Veranlassung.  Nach  den  Berichten  einer  nahezu  gleich- 
zeitigen Geschichtsquelle 3)  verbot  der  Cardinal  den  Gebrauch  des 
glühenden  Eisens  als  eines  Gottesurtheiles ,  gegen  welchen  sich  ja 
bereits      das     vierte      lateranische     Concil      im     Jahre      1215      erklärt 


1)  Hakonar  s.,  cap.  247,  S.  6—7. 

2)  ebenda,  cap.  251,  S.  11—12. 

3)  ebenda,  cap.  252,  S.  13,  und  cap.  255,  S.  21—22. 


83 

hatte ;  *)  verwilligte  er  ferner  den  Bauern  eine  Erleichterung  der  Feier- 
tagsordnung, welche  ihnen  zu  Gunsten  ihrer  Fischerei  und  Landwirt- 
schaft gewisse  Notharbeiten  auch  an  Feiertagen  gestattete;  stellte  er 
endlich  gewisse  missbräuchliche  Eingriffe  der  Bischöfe  in  das  Kirchen- 
vermögen, und  die  missbräuchliche  Erhebung  einer  Geldentschädigung 
für  die  diesen  gebührende  Verpflegung  für  den  Fall  ab,  dass  sie  ohne 
ehehafte  Noth  ihre  Visitationsreisen  unterliessen.  Auch  über  eine 
weitere  Befreiung  des  Klerus  von  der  Kriegslast  soll  verhandelt  worden 
sein ,  jedoch  ohne  Erfolg ,  da  sich  die  Prselaten  der  als  Gegenleistung 
geforderten  Verabreichung  der  Saladinszehnten  weigerten ;  eine  Reihe 
von  Urkunden  aber,  welche  der  Cardinal  ausfertigte,  2)  zeigt,  was  auch 
die  Hakonarsaga  selbst  andeutet,  dass  damit  noch  keineswegs  der  Um- 
fang dessen  erschöpft  ist,  worüber  verhandelt  und  Beschluss  gefasst 
wurde.  Ich  erwähne  unter  ihnen  nur  ein  am  16.  August  1247  aus- 
gestelltes Document,  in  welchem  der  Cardinal,  doch  wohl  den  Mund 
etwas  voll  nemend,  bezeugt,  dass  er  den  Zustand  der  norwegischen 
Kirche  ganz  befriedigend,  und  dass  er  zumal  in  Bezug  auf  die  Wahl 
der  Bischöfe  und  Prälaten,  das  Patronatsrecht  und  die  geistliche  Ge- 
richtsbarkeit Alles  den  Vorschriften  des  kanonischen  Rechtes  ent- 
sprechend geordnet  gefunden  habe.  —  Alles  in  Allem  genommen  lässt 
sich  die  Haltung  K.  Häkons  dahin  charakterisiren ,  dass  derselbe  zwar 
den  Frieden  mit  der  Kirche  zu  erhalten  sich  bemühte,  und  darum  auch 
wohl  zu  mancherlei  Zugeständnissen  an  dieselbe  sich  bereit  finden  Hess, 
soweit  es  sich  um  lediglich  kirchliche  Dinge,  oder  auch  um  Befugnisse 
handelte,  in  deren  Besitz  die  Kirche  nun  einmal  thatsächlich  sich  be- 
fand, wenn  auch  dieser  ihr  Besitzstand  im  älteren  Rechte  nicht  be- 
gründet war ;  dass  er  aber  mit  unbeugsamer  Zähigkeit  an  allen  wesent- 
lichen Rechten  der  Staatsgewalt  festhielt,  und  sorgfältig  jeden  Schritt 
mied,  der  irgendwie  auf  eine  Ueberordnung  der  Kirche  über  den  Staat 
hätte  gedeutet  werden  können. 

Neue    Zerwürfnisse    mit    der   Kirche    brachen    aber   unter   der   Re- 


1)  c.  9.  X.  ne  clerici  vel  monachi  ssecularibus  negotiis  se  immisceant  (HI,  50). 

2)  Am  Vollständigsten  steht   alles   hieher   Gehörige   gedruckt  im  Diplom,  island.,  I,  nr.  139 
und  140,  S.  540—68;  vgl.  S.  727. 


11 


* 


84 

gierung  des  Sohnes  K.  Häkons,  des  Königs  Magnus  lagabcetir, 
aus  (1263 — 80).  Zunächst  zwar  setzte  dieser  im  Jahre  1267  für  das 
GulaJ>ing,  und  im  Jahre  1268  für  das  Borgar^ing  und  Eiösifafcing  die 
Anname  von  Gesetzbüchern  durch,  welche  noch  in  früherer  Weise  ein 
Christenrecht  an  ihrer  Spitze  trugen,  und  als  deren  Ueberreste  wir  die 
uns  aufbewahrten  jüngeren  Christenrechte  des  GulaJ>inges  und  des 
Borgartinges  betrachten  dürfen.  Ihrem  Inhalte  nach  verrathen  diese 
vielfach  die  Benützung  neuerer  kirchenrechtlicher  Bestimmungen ,  wie 
denn  z.  B.  der  Cölibat  in  ihnen  als  eine  Rechtspflicht  behandelt  wird; 
aber  in  Bezug  auf  Gesetzgebung  und  Gerichtsbarkeit  stehen  auch  sie 
noch  auf  dem  älteren  Standpunkte,  und  über  die  Ernennung  der  Prse- 
laten  enthalten  auch  sie  keine  Vorschrift.  Aber  diese  Erfolge  des 
Königs  scheinen  nur  dadurch  ermöglicht  worden  zu  sein ,  dass  die 
nordische  Kirchenprovinz  in  der  betreffenden  Zeit  ohne  Haupt  war, 
soferne  Erzbischof  Einarr  Gunnarsson  im  Herbste  1263  gestorben,  der 
zu  seinem  Nachfolger  gewählte  Abt  Birgir  von  P.  Clemens  IV.  nicht 
bestätigt,  der  im  Jahre  1265  gewählte  Bischof  Häkon  von  Oslo  endlich 
erst  im  Jahre  1267  mit  dem  Pallium  bekleidet  worden  und  schon  im 
August  desselben  Jahres  gestorben  war;  als  dagegen  der  zu  des  Letz- 
teren Nachfolger  gewählte  Domcapitular  Jon  rauöi  gegen  Ende  des 
Jahres  1268  mit  dem  Pallium  von  Rom  heimkehrte,  änderte  sich  die 
Sachlage  mit  einem  Schlage.  Am  Frostul>inge  des  Jahres  1269  wurde 
dem  Könige  nur  die  Ermächtigung  ertheilt,  diejenigen  Theile  des 
drönter  Rechtes  einer  Revision  zu  unterziehen,  welche  weltlicher  Natur 
seien,  und  wurde  somit,  offenbar  auf  Grund  eines  vom  Erzbischofe  er- 
hobenen Widerspruches,  das  Christenrecht  dem  Bereiche  der  staatlichen 
Gesetzgebung  entzogen»  Wirklich  enthalten  die  späteren  Gesetzbücher 
des  Königs,  also  die  für  Island  erlassene  Järnsiöa  (1271),  das  gemeine 
Landrecht  (1274)  und  das  gemeine  Stadtrecht  (1276),  endlich  die  für 
Island  bestimmte  Jonsbök  (1280),  nur  noch  formell  einen  Kristindöms- 
bälk,  indem  zwar  ein  diese  Ueberschrift  tragender  Abschnitt  nach  wie 
vor  an  deren  Spitze  gestellt  ist,  aber  lediglich  einige  kirchenstaats- 
rechtliche Stücke  in  demselben  enthalten  sind,  wie  solche  auch  schon 
den  Eingang  der  Christenrechte  von  1267  und  1268  bildeten,  wogegen 
der  eigentliche    kirchenrechtliche  Inhalt    völlig    fehlt,    und    andererseits 


85 

sehen  wir  bereits  im  Winter  1272 — 73  den  Erzbischof  mit  der  Ab- 
fassung eines  Christenrechtes  beschäftigt,  welches  freilich  zunächst  auch 
noch  nicht  zu  rechtlicher  Anerkennung  gelangt  zu  sein  scheint.  — 
Bald  dehnte  sich  der  Streit  über  das  legislative  Gebiet  hinaus  auch 
noch  auf  andere  Fragen  aus,  bezüglich  deren  die  Ansprüche  des  Staats 
und  der  Kirche  sich  gegenüberstanden.  Unmittelbar  nach  der  Be- 
steigung seines  Stuhles  hatte  Erzbischof  Jon  sich  bereits  berufen  ge- 
fühlt zu  untersuchen,  wie  weit  den  Rechten  und  Privilegien  dieses 
letzteren  Anerkennung  gezollt  werde  oder  nicht,  und  ein  Circular- 
schreiben,  mittelst  dessen  P.  Gregor  X.  unterm  31.  Mserz  1272  den 
gesammten  Episkopat  zu  einem  allgemeinen  Concile  zusammenberief, *) 
dann  ein  weiterer  Erlass  desselben  Papstes  vom  11.  Mserz  1273,2) 
hatte  ihm  eine  solche  Untersuchung  neuerdings  zur  Pflicht  gemacht. 
Da  glaubte  er  nun  zu  finden,  dass  die  norwegische  Kirche  in  mehr- 
fachen Punkten  nicht  im  Besitze  der  ihr  gebührenden  Rechte  sei,  und 
um  wo  möglich  einem  immerhin  bedenklichen  Conflicte  mit  der  Staats- 
gewalt vorzubeugen,  beschloss  er,  sich  erst  in  Gutem  an  den  König  zu 
wenden,  ehe  er  das  nach  seiner  Meinung  der  Kirche  zugefügte  Unrecht 
auf  dem  Concile  zur  Sprache  zu  bringen  hätte.  Der  König  behauptete 
nun  freilich,  gegen  die  vom  Erzbischofe  erhobenen  Ansprüche  wohl- 
begründete Einwendungen  machen  zu  können,  erklärte  sich  aber  den- 
noch zu  gütlichen  Verhandlungen  bereit,  und  so  kam  denn  am  1.  August 
1273  an  einem  Reichstage  zu  Bergen  ein  Concordat  zu  Stande,  welches 
im  Wesentlichen  der  Kirche  überaus  günstig  war,  wenn  dieselbe  auch 
die  exorbitantesten  unter  ihren  Forderungen  fallen  lassen  musste.  Den- 
noch ertheilte  der  Papst,  dessen  Bestätigung  des  Vergleiches  ausdrück- 
lich vorbehalten  und  mittelst  eines  königlichen  Schreibens  vom  15.  August 
erbeten  worden  war,  diese  unterm  26.  Juli  1274  nur  unter  den  lästig- 
sten Bedingungen,  und  damit  fiel  der  ganze  Vergleich  für  diessmal  zu 
Boden,  da  der  König  die  nur  bedingte  Bestätigung  als  eine  Verwerfung 


1)  Siehe   dasselbe   bei   Raynaldus,    a.    1272,    §'.   21—24   (Bd.  XIV,   S.   192-94),   sodann   bei 
Rymer,  Födera,  I,  2,  S.  121—22. 

2)  Diplom,  norveg.,  VI,  nr.  35,  S.  34—35. 


86 

desselben  betrachtet  zu  haben  scheint. *)  Indessen  wurden  die  Ver- 
handlungen zwischen  dem  Könige  und  seinem  Erzbischofe  darum  nicht 
abgebrochen,  vielmehr  kam  unterm  9.  August  1277  zu  Tünsberg 
zwischen  Beiden  eine  neue  Uebereinkunft  zu  Stande,  welche  im  Grossen 
und  Ganzen  mit  jener  ersteren  gleichen  Inhalts ,  und  überdiess  ohne 
den  Vorbehalt  einer  päpstlichen  Bestätigung  abgeschlossen  war.  2)  Gleich- 
zeitig scheint  auch  das  Christenrecht  des  Erzbischofs  Jon  die  könig- 
liche Bestätigung  erhalten  zu  haben,  auf  welche  einige  Hss.  desselben 
hindeuten,3)  wenn  auch,  wie  es  scheint,  in  einer  etwas  veränderten 
Gestalt,  und  war  somit  der  Frieden  zwischen  den  beiden  Gewalten  in 
einer  sehr  vorwiegend  für  die  Kirche  günstigen  Weise  hergestellt.  Dass 
dieser  Frieden  nur  für  einige  wenige  Jahre  Bestand  hatte,  soferne  nach 
des  friedfertigen  K.  Magnus  Tod  sofort  eine  erbitterte  Reaction  gegen 
die  Uebergriffe  der  Kirche  losbrach,  welche  mit  einem  Male  die  ,,com- 
positio"  und  das  erzbischöfliche  Christenrecht  wegfegte,  und  dass  beide 
sich  nur  langsam  auf  dem  Wege  der  Praxis  wider  zu  thatsächlicher 
Geltung  hinaufarbeiteten,  soll  hier  nur  zum  Schlüsse  noch  erwähnt 
werden ,  liegt  aber  schon  völlig  über  die  Grenze  der  hier  in  Betracht 
kommenden  Zeit  hinaus.  Dagegen  muss  hier  noch  die,  im  Vorüber- 
gehen bereits  erwähnte,  Thatsache  etwas  näher  ins  Auge  gefasst  werdeu, 
dass  gelegentlich  der  Verhandlungen,  welche  zum  Abschlüsse  des  Ber- 
gener Concordates,  und  dann  wider  des  Tünsberger  Concor- 
dates  führten,  die  angebliche  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil. 
Olaf  durch  K.  Magnus  Erlingsson  in  sehr  unzweideutiger  Weise  zur 
Sprache  gebracht  wurde.  Gelegentlich  dieser  Verhandlungen  berief  sich 
nämlich  Erzbischof  Jon  auf  diese  Schenkung  und  einige  mit  derselben 
in  Verbindung  stehende  Rechte,  und  zwar  lauten  seine  Worte  nach 
dem    ersteren    Vergleichsinstrumente 4) :    „Privilegiis    siquidem    omnibus 


1)  Siehe  die  päpstliche  Bestätigungsurkunde,  in  welche  auch  die  Uehereinkunft  selbst  und  das 
königliche  Schreiben  inserirt  ist,  in  Norges  gamle  Love,  II,  S.  455—62;  getrennt  stehen 
alle  drei  Stücke  im  Dipl.  norv.,  I,  nr.  64—65,  S.  52—59. 

2)  Siehe  dieselbe  in  Norges  gamle  Love,  II,  S.  462 — 67. 

3)  ebenda,  S.  341. 

4)  Diplom,  norveg.,  I,  nr.  64,  a,  S.  53. 


87 

sibi  a  quibuscumque  concessis  detractum  fuerat  multipliciter  ut  creditur 
non  utendo,  et  precipue  privilegio  a  Magno  quondam,  ut  dicitur,  rege 
Nörwagie  in  ea  parte,  qua  continebatur ,  quod  prefatus  rex  devovit  se 
et  regnum  suum  beato  Olavo  regi  et  martiri,  et  in  signum  perpetue 
subiectionis  precepit,  coronam  suam  post  decessum  suum  et  omnium 
in  regno  sibi  succedentium  offerri  prefato  martiri  Nidrosie  in  ecclesia 
cathedrali,  nee  non  et  cuidam  constitutioni  antique  patrie,  forte  per 
eumdem  Magnum  edite,  que  innuit  reges  Nörwagie  debere  eligi,  et  in 
electione  archiepiscopum  et  episcopos  regni  inter  ceteros  electores  vocem 
preeipuam  obtinere."  Der  König  aber  setzte  gerade  diesen  Ansprüchen 
den  bestimmtesten  Widerspruch  entgegen,  und  sagt  die  Urkunde  dieser- 
halb :  „Verum  licet  predictus  dominus  rex  assereret  sufficientes  rationes 
ad  respondendum  prefatis  articulis  se  habere,  si  super  hiis  coram  iusto 
iudice  duceret  contendendum ,  et  maxime  contra  electionem  et  obla- 
tionem  corone,  de  quibus  vix  posset  probari  Nidrosiensem  ecclesiam 
possessionem  paeificam  habuisse,  et  novum  genus  exaetionis  videri  po- 
terat  illud  ab  eo  exigi,  quod  non  fuerat  hactenus  attemptatum  vel  con- 
suetum,  et  precipue  quia  de  subiectione  regni  sui  agebatur,  quod  ipse 
post  patrem  et  antecessores  suos  asserebat  se  iure  hereditario  liberum 
suseepisse,  et  sie  illud  proponit  per  dei  gratiam  suis  heredibus  et 
succesBoribus  dimittere  liberum  et  quietum/'  Daraufhin  bequemte  sich 
der  Erzbischof  dazu,  auf  alle  drei  Ansprüche  zu  verzichten,  nur  mit 
Vorbehalt  eines  seinem  Range  gebührenden  Antheiles  an  der  Königs- 
wahl ,  soferne  diese  durch  ein  gänzliches  Aussterben  des  königlichen 
Hauses  nöthig  werden  sollte  J) :  „Videlicet,  quod  predictus  archiepiscopus 
pro  bono  pacis  et  comodo  ecclesie  et  animarum  procuranda  salute  re- 
nunciavit  nomine  Nidrosiensis  ecclesie  pro  se  et  successoribus  suis 
canonice  intrantibus  in  perpetuum  omni  iuri,  si  quod  in  predieta  elec- 
tione regum  subiectione  seu  oblatione  corone  habebat  vel  habere  po- 
terat,  tarn  in  petitorio  quam  in  possessorio  ratione  dicti  privilegii  seu 
legis,  vel  quaeunque  alio  modo  sibi  competere  videretur,  Omnibus  aliis 
iuribu8  ad  ecclesiam  speetantibus,  que  in  legibus  patrie  continentur,  et 
ecclesiarum    privilegiis    semper    salvis,    dummodo    supersit    aliquis,    qui 


1)  ebenda,  S.  54. 


88 

legitime  possit  et  debeat  iure  hereditario  succedere.  Si  vero  nullus 
inveniatur  successor  legitimus,  archiepiscopus  et  episcopi  inter  ceteros 
nobiliores  et  discretiores  regni  electores  in  electione  tantum  voces 
primas  et  potissimas  obtinebunt."  In  dem  Schreiben  endlich  mittelst 
dessen  P.  Gregor  X.  dem  Bergener  Vergleiche  seine  bedingte  Bestätig- 
ung ertheilte,  *)  erwähnt  derselbe  nicht  nur  eingangsweise  gleichfalls 
wider  „quamdam  piam  ordinationem,  quam  clare  memorie  Magnus  rex 
Norwagie  predecessor  suus  super  exhibendis  coronis  regum  Norwagie 
cum  decedunt  in  signum  subiectionis  memorate  ecclesie  Nidrosiensis," 
und  ihrer  Nichtbeobachtung  durch  den  regierenden  König,  sondern  es 
beziehen  sich  auch  unter  den  Bedingungen ,  von  deren  Eingehung 
Seitens  des  Königs  die  Bestätigung  des  Vergleiches  abhängig  gemacht 
werden  will,  zwei  geradezu  auf  die  hier  fraglichen  Rechte.  Der  Papst 
sagt  nämlich  einerseits :  „Videlicet  quod  si  eumdem  regem,  vel  illos  qui 
ei  in  regno  Norwagie  successerint,  manifeste  contra  huiusmodi  ooin- 
positionem  venire  contigerit,  et  tu  ac  tui  successores  de  consilio  eorum- 
dem  suffraganeorum  in  Norwagia  consistentium ,  vel  maioris  partis 
ipsorum,  si  forte  omnes  requiri  nequiverint  vel  consentire  recusaverint, 
requisiti,  regem  ipsum  sive  ipsius  successores  duxeritis  requirendos,  ut 
pro  eo  quod  compositionem  ipsam  non  servaverint  super  hoc  satisfaciant 
competenter,  idque  ipsi  denegaverint  efficaciter  adimplere,  tu  et  ecclesia 
Nidrosiensis  ius  in  electione  et  subiectione  regis,  et  regno  Norwagie, 
quod  ante  compositionem  huiusmodi  habuistis,  recuperetis  eo  ipso,  et 
ad  eum  perveniatis  statum ,  in  quo  tempore  huiusmodi  compositionis 
eratis."  Andererseits  aber  fügt  er  bei:  „Quod  si  ex  aliqua  iusta  causa 
oportuerit  regi  Norwagie ,  qui  pro  tempore  fuerit ,  dati  (lies :  dari)  tu- 
tores  seu  etiam  curatores,  et  id  per  electionem  fieri  debuerit,  tu  et 
successores  tui  unicam  et  primam  vocem  in  electione  tutorum  et  cura- 
torum  huiusmodi  habeatis."  In  dem  Tünsberger  Vergleichsinstrumente 
kehren  die  obigen,  dem  Bergener  Concordate  entnommenen  Sätze,  nur 
in  der  Wortfassung  hin  und  wider  unbedeutend  verändert,  wider,  wo- 
gegen von  einem  päpstlichen  Bestätigungsschreiben  nach  dem  oben 
Bemerkten  natürlich  nicht  die  Rede  sein  konnte. 


1)  ebenda,  nr.  65,  S.  58—59. 


89 

Nach  dieser  vorläufigen  Uebersicht  über  den  gesammten  Entwick- 
lungsgang, welchen  die  Beziehungen  zwischen  Staat  und  Kirche  in  Nor- 
wegen vom  11.  bis  zum  13.  Jahrhunderte  genommen  haben,  kann  nun 
auf  die  Erörterung  der  uns  hier  zunächst  beschäftigenden  Frage  ein- 
getreten werden,  wieweit  die  herkömmliche  Anname  einer  Schenkung 
Norwegens  an  den  heil.  Olaf  durch  K.  Magnus  Erlingsson  begründet 
sei  oder  nicht?  Da  kann  nun  zunächst  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass 
gelegentlich  der  Verhandlungen,  welche  dem  Abschlüsse  des  Bergener, 
und  weiterhin  des  Tuns  berger  Concordates  vorangiengen,  wirklich 
von  einer  solchen  Schenkung  die  Rede  war,  und  dass  dieselbe  bei  dieser 
Gelegenheit  mit  einer  Opferung  der  Krone  nach  dem  Tode  eines  jeden 
Königes,  und  mit  einer  Bestimmung  in  Verbindung  gebracht  wurde, 
durch  welche  das  Reich  in  ein  Wahlreich  verwandelt  worden  sein  sollte. 
Aber  man  sieht  auch,  dass  es  lediglich  der  Erzbischof  und  der  mit  ihm 
gemeinsame  Sache  machende  Papst  war,  welcher  die  Existenz  derartiger 
Zugeständnisse  behauptete,  wogegen  der  König  dieselbe  mit  aller  Ent- 
schiedenheit in  Abrede  stellte,  sodass  also  über  die  Begründung  oder 
Nichtbegründung  der  Seitens  der  Kirche  erhobenen  Ansprüche  bis  auf 
Weiteres  noch  Nichts  feststeht.  Es  wird  demnach  auf  eine  Prüfung 
jener  anderen  beiden  Quellenstücke  eingegangen  werden  müssen,,  welche, 
wie  oben  schon  zu  bemerken  war,  über  Erlingr  skakki's  Abmachungen 
mit  Erzbischof  Eysteinn   uns  Aufschluss  geben. 

Das  eine  dieser  beiden  Stücke  ist  in  den  älteren  Gula^ingslög 
zu  finden,  und  zwar  zeigt  es  sich  hier  zwischen  die  Eingangsformel  und 
die  auf  die  Dingordnung  bezüglichen  Bestimmungen  eingeschoben.1)  Es 
lautet  aber  die  Ueberschrift  des  betreffenden  §.  im  Cod.  Ranzov.:  „Her 
ero  nymsele  ]?au  er  tekin  varo  meö  Ms  Ks  Ebsteins  serkibiscops  oc  Erlings 
jarh  oc  allra  hinna  vitrasto  manna  i  Noregi  umraeftom",  von  welcher 
Wortfassung  die  zweite  hier  einschlägige  Hs.  nur  sehr  unwesentlich  ab- 
weicht. Seinem  Inhalte  nach  bezieht  sich  das  Stück  dagegen  auf  das 
Verfahren,  welches  im  Falle  einer  Thronerledigung  eingehalten  werden 
soll,  und  wird  dabei  zunächst  die  Thronfolgeordnung  neu  geregelt.  In 
erster  Linie    soll    der   älteste  unter    den    ehelich  geborenen  Söhnen    des 


1)  G]>L.,  §.  2. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  1 2 


90 

jüngstverstorbenen  Königs  zur  Thronfolge  berufen  sein,  falls  er  nicht 
wegen  geistiger  Schwäche  oder  bösartiger  Gemüthsbeschaffenheit  unfähig 
erscheint  die  Regierung  zu  übernemen,  wessfalls  dann  unter  den  nach- 
geborenen Söhnen  der  passendste  zu  wählen  ist.  Hinterlässt  ferner  der 
verstorbene  König  keine  ehelich  geborenen  Söhne,  so  soll  derjenige  auf 
den  Thron  berufen  werden ,  welcher  nach  den  Regeln  des  gemeinen 
Erbrechtes  zum  Zuge  zu  kommen  hätte,  jedoch  wider  nur  unter  der 
Voraussetzung,  dass  er  als  regierungsfähig  erscheine ;  trifft  diese  Voraus- 
setzung nicht  zu,  so  soll,  doch  wohl  innerhalb  des  regierenden  Hauses, 
derjenige  zum  König  gewählt  werden,  welcher  am  Geeignetsten  erscheint 
„das  Recht  Gottes  und  das  Gesetz  des  Landes  zu  schirmen".  Dabei 
wird  die  Prüfung  der  Regierungsfähigkeit  des  zunächst  Berufenen  so- 
wohl als  die  Wahl  dessen,  der  eventuell  an  dessen  Stelle  zu  setzen  ist, 
in  die  Hand  einer  Versammlung  gelegt,  welche  sich  aus  dem  Erzbischofe, 
dessen  vier  norwegischen  Suffraganen ,  endlich  aus  je  12  der  verstän- 
digsten Männer  aus  jeder  Diöcese  zusammensetzt,  welche  jeder  einzelne 
Bischof  sich  zu  solchem  Ende  auswählt;  können  sich  aber  diese  Wahl- 
berechtigten nicht  einigen,  so  soll  zwar  die  Mehrheit  der  Stimmen  ent- 
scheiden, jedoch  nur  unter  der  doppelten  Voraussetzung,  dass  deren 
Angehörige  sich  bereit  erklären  ihr  Votum  eidlich  zu  bekräftigen,  und 
dass  der  Erzbischof  sammt  seinen  Bischöfen  mit  der  Mehrheit  stimmt. 
Das  ältere  Recht  wird  durch  diese  Bestimmungen  sehr  erheblich  um- 
gestaltet, und  nicht  in  allen  Punkten  in  einer  den  staatlichen  Interessen 
förderlichen  Weise.  Als  ein  unzweifelhafter  Fortschritt  darf  die  Ein- 
führung einer  Individualsuccession  gelten  anstatt  des  bisher  herrschenden 
Principes  der  gleichzeitigen  Berufung  gleich  nahe  Verwandter;  als  ein 
Fortschritt  auch  die  Zurückdrängung,  wenn  nicht  völlige  Ausschliessung 
der  unächten  Geburt,  wenn  dieselbe  auch  vielleicht  mehr  aus  Nach- 
giebigkeit gegen  die  Kirche  als  in  Berücksichtigung  der  staatlichen  In- 
teressen erfolgt  sein  mochte;  als  ein  Fortschritt  allenfalls  auch  die 
Verweisung  auf  die  gemeine  Erbenfolge,  obwohl  diese,  wenn  man  anders 
mit  ihr  vollen  Ernst  machen  wollte,  wegen  der  Zulassung  der  Weiber 
und  der  erweiterten  Berechtigung  des  Weibsstammes  auch  ihre  sehr 
bedenklichen  Seiten  hatte,  wiewohl  sie  für  den  Augenblick  im  Interesse 
der  Dynastie  lag,   soferne  ja  Magnus  Erlingsson  selbst  nur  dem  Weibs- 


91 

stamme  des  alten  Königshauses  angehörte.  Aber  höchst  bedenklich 
war  die  jetzt  angeordnete  Prüfung  der  Regierungsfähigkeit  des  kraft 
Geblütsrechtes  berufenen  Thronfolgers;  höchst  bedenklich  auch  die  Ein- 
führung einer  Königswahl  für  den  Fall,  dass  der  zunächst  Berufene  als 
unfähig  erklärt  werden  sollte;  am  Bedenklichsten  aber  die  Art,  wie 
jene  Prüfung  und  diese  Wahl  erfolgen  sollte.  Allerdings  hatte  schon 
das  ältere  Recht  Geisteskranke  nicht  zur  Verwaltung  ihres  eigenen  Ver- 
mögens zugelassen,1)  und  die  Behandlung  des  ,,6ös  manns  vig",  d.  h.  des 
in  der  Raserei  begangenen  Todtschlages  zeigt , 2)  dass  es  sich  dabei, 
ganz  wie  im  isländischen  Rechte,3)  wenigstens  ursprünglich  nicht  blos 
um  eine  Ausschliessung  von  der  Vermögensverwaltung,  sondern  um  eine 
wirkliche  Ausschliessung  vom  Erbrechte  und  Vermögensbesitze  gehandelt 
hatte.  Damit  war  sicherlich  gesagt,  dass  auch  zur  Thronfolge  ein 
Geisteskranker  nicht  berufen  erscheinen  konnte;  aber  von  hier  aus  ist 
noch  ein  weiter  Weg  bis  zu  dem  Satze  unserer  Thronfolgeordnung,  dass 
Bösartigkeit  des  Gemüthes  oder  Mangelhaftigkeit  der  geistigen  Anlagen 
genüge,  um  den  zur  Thronfolge  Berufenen  von  dieser  auszuschliessen, 
und  dass  von  Fall  zu  Fall  in  dieser  Beziehung  eine  Prüfung  stattzu- 
finden habe.  Allerdings  hatte  ferner  schon  das  ältere  Recht,  vielleicht 
als  letzte  Spur  einer  längst  vergessenen  Zeit,  in  welcher  Wahl  und  Erb- 
recht noch  mit  einander  verbunden  gewesen  waren ,  bei  der  Thron- 
besteigung Formen  festgehalten,  welche  als  Vorbedingung  des  Regierungs- 
antrittes eine  Anerkennung  des  Thronfolgers  durch  einen  förmlich  ge- 
fassten  Beschluss  des  Volkes  hinstellten;  aber  materiell  hatte  es  sich 
dabei  doch  immer  nur  um  eine  Prüfung  des  Erbrechtes  des  betreffenden 
Thronbewerbers  gehandelt,  und  zeigt  sich  nirgends  eine  Spur  davon, 
dass  man  sich  das  Recht  beigelegt  hätte,  einem  zweifellos  Erbberechtigten 
die  Anerkennung  zu  versagen,  oder  einem  zweifellos  Nichtberechtigten 
solche  zu  verwilligen.  Jetzt  dagegen  wurde  wenigstens  für  den  Fall, 
da  der  zunächst  berufene  Thronerbe  zur  Uebername  der  Regierung  nicht 
befähigt  erschien,  eine  wirkliche  Wahl  eröffnet,  und  da  die  Wahlberech- 


1)  vgl.  Fr.  Brandt,  Brudstykker  af  Forelaesninger  over  den  norske  Eetshistorie,  S.  182. 

2)  G*L.,  §.  164. 

3)  Kgsbk,  §.  118,  S.  222. 

12* 


92 

tigten  zugleich  die  Prüfung  der  Regierungsfähigkeit  des  berufenen  Erben 
vorzunemen  hatten,  konnte  dieser  Fall  von  ihnen  nach  eigener  Willkür 
jederzeit  herbeigeführt  werden;  jeder  Intrigue,  jeder  Partheiung  war 
damit  der  freieste  Spielraum  eingeräumt,  und  das  Reich  allen  den  Ge- 
fahren ausgesetzt,  welche  sich  erfahrungsgemäss  an  die  Wahlmonarchie 
knüpfen.  Endlich  war  nach  älterem  Rechte  die  Anerkennung  des  Thron- 
folgers jederzeit  an  einer  Dingstätte  des  Reichs  nach  der  anderen  erfolgt; 
jetzt  dagegen  wurde  nicht  nur,  was  allerdings  schlechthin  nothwendig 
war,  wenn  man  mit  der  Königswahl  Ernst  machen  wollte,  eine  einheit- 
liche, aus  dem  ganzen  Reiche  beschickte  Versammlung  mit  derselben 
betraut,  sondern  es  wurde  auch  die  Bildung  dieser  Versammlung  ganz 
in  die  Hand  des  Episkopates  gelegt,  indem  die  Ernennung  des  beschlies- 
senden  Ausschusses,  welche  an  den  lög^ing  in  der  Hand  der  königlichen 
Beamten  lag,  lediglich  auf  die  Bischöfe  übertragen  wurde,1)  und  diesem 
überdiess  sogar  noch  für  den  kaum  denkbaren  Fall,  dass  in  einer  so 
zusammengesetzten  Versammlung  keine  Einstimmigkeit  zu  erzielen  sein 
sollte,  das  Recht  eingeräumt,  durch  seine  5  Stimmen  jeden  Mehrheits- 
beschluss  zu  verhindern.  Es  ist  hiernach  nicht  zuviel  gesagt,  wenn 
Dahlmann  bemerkt,2)  durch  die  Thronfolgeordnung  des  Jahres  1164  sei 
Norwegen  in  ein  freies  Wahlreich  mit  5  geistlichen  Kurfürsten  verwandelt 
worden;  der  politische  Grundgedanke  des  Gesetzes  ist  mit  diesen  Worten 
in  der  That  kurz  und  bündig  bezeichnet.  —  Weit  weniger  bedeutsam 
als  die  bisher  alleinn  besprochene  erste  Hälfte  des  hier  in  Frage  stehenden 
Stückes  ist  dessen  zweiter  Theil;  indessen  enthält  doch  auch  er  wenig- 
stens eine  Bestimmung,  welche  für  unsere  Untersuchung  von  Erheb- 
lichkeit ist.  Die  Vorschrift,  dass  binnen  Monatsfrist  nach  eingetretener 
Thronerledigung  alle  Bischöfe  und  iEbte ,  alle  königlichen  Dienstleute 
mit  ihren  Führern ,  endlich  auch  die  sämmtlichen  von  den  Bischöfen 
ernannten  Notabein  „nordwärts  zum  heil.  Olaf,  zur  Berathung  mit  dem 
Erzbischofe"  kommen  sollen,  natürlich  um  hier  die  Königswahl  vorzu- 
nemen,   hat   für  uns  höchstens  insoferne  Interesse,    als    auch  sie  wider 


1)  Eine  änlich  zusammengesetzte  Versammlung  war  allerdings  schon  zuvor  einmal,  im  Jahre  1152 
nämlich,  zu  legislativen  Zwecken  verwendet  worden;    vgl.  Norges  gamle  Love,  I,  S.  447. 

2)  Geschichte  von  Dännemark,  II,  S.  152. 


93 

diesen  Erzbischof  sehr  entschieden  in  den  Mittelpunkt  der  Wahlverhand- 
lungen gestellt  zeigt;  die  Androhung  von  Strafen  für  diejenigen,  welche 
entweder  die  ihnen  vorgeschriebene  Reise  unterlassen,  oder  aber  sich 
selbst  in  anderer  als  der  vorgeschriebenen  Weise  in  den  Besitz  des 
Thrones  setzen  oder  anderen  hiezu  behülflich  sind ,  die  Bestimmung 
ferner  der  Umstände,  unter  welchen  die  zur  Reise  Verpflichteten  aus 
den  kgl.  Cassen  Ersatz  für  ihre  Reisekosten  erhalten  sollen  oder  nicht, 
betreffen  lediglich  den  Vollzug  des  Wahlgeschäftes,  und  mögen  darum 
hier  unbesprochen  bleiben.  Dagegen  muss  noch  erwähnt  werden,  dass 
gelegentlich  jener  in  Drontheim  abzuhaltenden  Wahlversammlung  jedes- 
mal die  Krone  des  jüngstverstorbenen  Königs  „für  dessen  Seele"  in  der 
dortigen  Metropolitankirche  geopfert  werden  sollte,  um  dort  „zu  Ehren 
Gottes  und  des  heil.  Olafs"  auf  ewige  Zeiten  hängen  zu  bleiben,  „gleich- 
wie es  K.  Magnus  zugestanden  hatte,  der  erste  gekrönte  König  in  Nor- 
wegen".    Weiteres  enthält  das  in  die  Gl>L.  eingerückte  Stück  nicht. 

Die  geschichtliche  Glaubwürdigkeit  des  bisher  besprochenen  §.  2 
der  GpL. ,  gegen  welche  früher  niemals  Einwendungen  erhoben  worden 
waren,  ist  neuerdings  durch  den  dänischen  Historiker  Caspar  Peter 
Paludan-Müller  scharf  angefochten  worden,1)  und  obwohl  die  von 
ihm  vorgebrachten  Bedenken  bereits  durch  einen  norwegischen  Rechts- 
historiker, Ebbe  Hertzberg,  eine  vielfach  treffende  Zurückweisung 
erfahren  haben,2)  und  ich  selbst  mich  gleichfalls  bereits  gelegentlich 
gegen  dieselben  ausgesprochen  habe,3)  wird  es  doch  nöthig,  hier  noch- 
mals eingehender  auf  dieselben  sich  einzulassen,  zumal  da  ein  anonymer 
Recensent  der  Zorn'schen  Schrift  sich  erst  kürzlich  wider  für  die  von 
dem  gelehrten  Dänen  verfochtene  Ansicht,  wenn  auch  dieselbe  einiger- 
massen  modificirend,  erklärt  hat. 4) 

Paludan  Müller    hat  sich  aber   zunächst  darauf  berufen,    dass  jede 


1)  Nogle  Bemaerkninger  ved  Professor  R.  Keysers  „den  norske  Kirkes  Historie  under  Katholicismen", 
in  der  Historisk  Tidsskrift,  III.  Rsekke,  Bd.  I,  S.  263-89  (Kopenhagen,  1858—59).  Hieher 
gehört  zumal  S.  274  und  288. 

2)  En  fremstilling  af  det  norske  aristocratis  historie  indtil  kong  Sverres  tid,  S.  128—36,  Anm. 
(Cristiania,  1869). 

3)  Die  Entstehungszeit  der  älteren  GulaMngslög,  S.  125—27. 

4)  Ton  Syhel,  Historische  Zeitschrift,  Bd.  36,  S.  639— 46  (1876).  Meines  Wissens  ist  der  Verfasser 
der  Anzeige  der  verdiente  dänische  Philolog  und  Historiker  Dr.  E.  Jessen. 


94 

Angabe  über  das  Alter  unseres  Stückes  fehle,  und  dass  nicht  ersichtlich 
sei,  wann,  von  wem,  und  mit  welcher  rechtlichen  Kraft  dasselbe  in  die 
Hss.  der  Gula^ingslög  eingerückt  worden  sei;  allein  die  erstere  Behauptung 
ist  vollständig  unbegründet,  die  zweite  dagegen  wenigstens  nur  theil- 
weise  begründet,  und  überdiess  ohne  alle  und  jede  Erheblichkeit.  Die 
oben  angeführte  Ueberschrift  des  §.  bezeichnet  dessen  Inhalt  als  eine 
Novelle,  welche  von  K.  Magnus,  Erzb.  Eysteinn,  Erlingr  jarl  und  den 
weisesten  Männern  in  Norwegen  beschlossen  worden  sei,  und  damit  ist 
denn  doch  bereits  das  Alter  des  Stückes  so  genau  bezeichnet,  als  diess 
überhaupt  bei  den  Novellen  zu  geschehen  pflegt,  welche  sich  in  den 
Text  unserer  Rechtsbücher  eingeschaltet  finden.  So  trägt  §.  32  der 
G]?L.  die  Ueberschrift:  „Magnus  geröe  nymsele  l>etta",  §.  148:  ,,Her  ero 
rettar  bcetr  ^ser  er  Magnus  goöe  gaf  i  Langeyiar  sundi.  En  sumar  gaf 
Hakon  J>ores  fostre",  §.  316:  „Her  hefr  upp  saktal  hit  nyia.  fat  er 
Biarne  Maröars  sun  skipaöe  af  6  morcom  gullz" ;  in  Fr^L.  I,  §.  3  aber 
lauten  die  Eingangsworte:  „|>at  er  räö  oc  boö  Eysteins  erkibiscops  oc 
äsiä  hinna  vitrasto  manna",  in  II,  §  3 :  „Sva  hefir  ion  erkibiskup  maelt 
oc  lceypt",  in  II,  §.  26  (Cod.  Resen.):  „petta  er  su  linan  oc  miskunn 
er  Alexandr  paue  iattaöe  Eysteini  serkibiscopi  at  gera  vm  silld  fiski  i 
noregi  eptir  boen  Magnuss  konongs  oc  Erlings  iarls  foör  hans  oc  Eysteins 
serkibiscops",  in  III,  §.  27:  „Sva  er  raö  oc  boö  Nikulass  go5a  cardinala 
er  paue  uarö  siöan  oc  Jons  erkibiskups",  in  V,  §.  44 :  „pesse  aeinka  mal 
väro  tekin  me5  umräöe  Magnus  konongs  oc  Eysteins  erkibyscops  oc 
anriarra  byscopa  oc  allra  hinna  vitrastu  manna",  u.  dgl.  m.  Niemand 
bezweifelt  trotz  der  Kürze  dieser  Angaben,  dass  die  betreffenden  Novellen 
wirklich  von  K.  Magnus  goöi  oder  K.  Häkon  porisfostri,  von  K.  Magnus 
Erlingsson  oder  P.  Alexander  III. ,  von  Erzbischof  Jon  Birgisson  oder 
Eysteinn,  u.  s.  w.,  herrühren;  warum  sollte  nun  für  unseren  Fall  aus- 
namsweise  ein  Anderes  gelten  ?  Es  dürfte  aber  überdiess  gelingen, 
gerade  in  unserem  Falle  die  Abfassungszeit  der  fraglichen  Bestimmungen, 
wenn  auch  nicht  mit  voller  Sicherheit,  so  doch  mit  hoher  Wahrschein- 
lichkeit, noch  etwas  genauer  festzustellen.  Die  Ueberschrift  unseres 
§.  2  weist,  ganz  ebenso  wie  die  einer  in  GfcL.  §.  32,  und  Fr^L.  V, 
§.  44  u.  fgg.  eingestellten  Novelle,  auf  die  Entstehung  der  betreffenden 
Stücke    auf   einem  Reichstage    hin ,    zu    welchem    K.  Magnus    Erlingsson 


95 

mit  seinem  Vater,  dann  mit  dem  Erzbischofe,  den  Bischöfen  und  den 
übrigen  Magnaten  des  Reiches  zusammengetreten  war.  Nun  wissen  wir, 
dass  ein  solcher  im  Jahre  1164  gelegentlich  der  Krönung  des  jungen 
Königs  zu  Bergen  gehalten  wurde,  und  dass  Erlingr  skakki  bei  dieser 
Gelegenheit  mit  dem  Erzbischofe  über  kirchenstaatsrechtliche  Fragen 
gewisse  Verabredungen  traff,  wogegen  von  einer  zweiten  derartigen  Ver- 
sammlung, welche  während  der  Regierungszeit  dieses  Königs  gehalten 
worden  wäre,  nirgends  Etwas  verlautet.  Unter  solchen  Umständen  wird 
demnach  der  Schluss  kaum  zu  gewagt  erscheinen  können,  dass  die  be- 
treffenden Bestimmungen  gerade  an  diesem  Reichstage  zu  Stande  ge- 
kommen, und  dass  sie  eben  nur  das  von  ihm  genemigte  Ergebniss  jener 
zwischen  Erling  und  Eysteinn  getroffenen  Vereinbarungen  seien.  Der 
Umstand  darf  jedenfalls  nicht  gegen  diese  Schlussfolgerung  eingewandt 
werden ,  dass  Erlingr  in  der  Ueberschrift  unseres  §.  2  bereits  als  Jarl 
bezeichnet  wird,  während  er  doch  diesen  Titel  erst  gelegentlich  seines 
Friedensschlusses  mit  K.  Valdimar  von  Dänemark  im  Winter  1170 — 71 
erhielt.  Diese  Ueberschrift  gehört  ja  nicht  einer  officiellen  Ausfertigung 
der  Novelle  als  solcher  an ;  vielmehr  ist  dieselbe  augenscheinlich  erst 
gelegentlich  ihrer  Einrückung  in  die  Gulapingslög  beigefügt  worden, 
und  kann  diess  ebensowohl  Seitens  der  Männer  geschehen  sein,  welche 
unter  K.  Magnus  Erlingsson  die  Revision  dieses  Rechtsbuches  besorgten, 
als  von  dem  Compilator  unseres  aus  der  Olaf'schen  und  Magnüs'schen 
Recension  gemischten  Textes  desselben,  oder  endlich  sogar  erst  von  den 
Schreibern  unserer  beiden  Hss.  desselben.  Jeder  dieser  Männer  konnte 
aber  dem  Erling  denn  doch  ganz  ebensogut  den  Jarlstitel  hinterher 
bereits  für  eine  Zeit  beilegen,  in  welcher  er  ihn  doch  in  Wahrheit  noch 
nicht  geführt  hatte,  wie  diess  die  schon  mehrfach  erwähnte  Verordnung 
des  K.  Häkon  Sverrisson  vom  Jahre  1202  nachweisbar  gethan  hat,  wie 
hierauf  Munch  bereits  ganz  richtig  aufmerksam  gemacht  hat.  *)  —  Die 
Thatsache  also,  dass  die  in  Gj>L.  §.  2  enthaltene  Thronfolgeordnung 
wirklich  zwischen  K.  Magnus  und  seinem  Vater ,  dann  Erzb.  Eysteinn 
verabredet,  und  weiterhin  von  einem  Reichstage  genemigt  wurde,  muss 
immerhin  als  bewiesen  betrachtet  werden ,    und    gegen    sie    erhebt  denn 


1)   Det  norske  Folks  Historie,  II,  S.  932—33,  Anm. 


96 

auch  der  anonyme  Recensent  Zorn's  keine  Einwendungen  mehr;  um  so 
entschiedener  hält  derselbe  dagegen  an  der  zweiten  Behauptung  fest, 
dass  nicht  erweislich  sei,  dass  jene  Thronfolgeordnung  jemals  am  Gula- 
]>inge,  oder  vollends  an  den  sämmtlichen  4  grossen  Landsdingen  rechts- 
förmliche Anname  gefunden  habe,  während  doch  solche  Anname  erfor- 
derlich gewesen  wäre,  wenn  dieselbe  Kraft  und  Geltung  eines  Reichsgesetzes 
hätte  gewinnen  sollen.  Indessen  ist  doch  auch  diese  zweite  Behauptung 
keineswegs  von  dem  Gewichte,  welches  ihr  beigelegt  werden  will.  Richtig 
ist  zwar,  dass  unseren  §.  2  nur  der  Cod.  Ranzovianus  ganz,  und  nur 
eine  einzige  weitere  Hs.  seiner  Ueberschrift  und  seinen  Anfangsworten 
nach  giebt,  mit  einem  „etc."  abbrechend ;  aber  diese  beiden  Hss.  sind 
eben  überhaupt  die  einzigen,  welche  den  Anfang  unseres  Rechtsbuches 
enthalten,  und  ausserdem  darf  auch  nicht  unbemerkt  bleiben,  dass  das 
Inhaltsverzeichniss,  welches  dem  sog.  Christenrechte  K.  Sverrirs  voran- 
geht, die  Bestimmung  genau  an  derselben  Stelle  aufführt,  an  welcher 
sie  in  unseren  Gj>L.  steht,  womit  denn  doch  erwiesen  ist,  dass  sie  auch 
in  derjenigen  Recension  dieses  Rechtsbuches  enthalten  gewesen  war, 
welche  bei  der  Herstellung  jener  Compilation  verwendet  wurde.  An 
eine  mehr  oder  minder  zufällige  Einschaltung  des  Stückes  in  eine  ein- 
zelne Hs.,  welche  auf  die  Willkür  eines  einzelnen  Schreibers  zurückge- 
führt werden  könnte,  ist  hiernach  nicht  zu  denken,  und  wenn  uns  zwar 
allerdings  nicht  ausdrücklich  gesagt  wird ,  dass ,  wann  und  wie  dessen 
Einstellung  in  das  Rechtsbuch  auf  officiellem  Wege  erfolgt  sei,  so  steht 
es  doch  auch  in  dieser  Beziehung  um  den  §.  2  nicht  schlimmer  als  um 
nahezu  den  ganzen  übrigen  Inhalt  dieses  letzteren,  von  welchem  ja  auch 
nur  ganz  ausnamsweise  angegeben  ist,  wann  und  wie  derselbe  in  dieses 
gelangt  sei.  Die  blose  Thatsache,  dass  die  betreffenden  Sätze  überhaupt 
in  den  Text  eines  im  Allgemeinen  zuverlässigen  Rechtsbuches  gelangt 
sind ,  muss  auf  solange,  als  nicht  gewichtige  Gegengründe  beigebracht 
werden  können,  immerhin  eine  gewisse  Gewähr  für  deren  Authenticitset 
und  Rechtsverbindlichkeit  bieten,  und  sie  müsste  diess  selbst  unter  der 
Voraussetzung,  dass  wirklich  feststünde,  dass  dieses  Rechtsbuch  nur 
,,eine  private  (vielleicht  sogar  von  geistlicher  Hand  herrührende)  Gesetz- 
aufzeichnung" wäre,    wie  jener  Recensent  diess  annimmt.1)     Aber    diese 

1)   Historische  Zeitschrift,  S.  640—41. 


97 

letztere  Anna  nie  selbst  dürfte  nicht  in  der  Weise  begründet  erscheinen, 
in  welcher  dieselbe  aufgestellt  worden  ist,  und  im  Zusammenhange  da- 
mit dürfte  sich,  wenn  auch  nicht  mit  unumstösslicher  Gewissheit,  so 
doch  immerhin  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  allerdings  ermitteln  las- 
'sen,  dass  und  wie  unser  §.  2  in  die  GpL.  hereingekommen  sei.  Oben 
ist  bereits  erwähnt  worden,  dass  unter  K.  Magnus  Erlingsson's  Regierung 
eine  officielle  Revision  der  GpL.  zu  Stande  kam,  und  dass  bis  auf  K. 
Häkons  des  Alten  Zeit  herab  die  ältere  und  die  neuere  Recension  dieses 
Rechtsbuches  zugleich  umlief,  oder  auch  Compilationen  gebraucht  wurden, 
welche  die  ältere  und  die  neuere  Recension  desselben  zugleich  benützten.1) 
Drei  verschiedene  gemischte  Recensionen  des  Christenrechtes  der  GpL. 
sind  uns  ganz  oder  theilweise  erhalten,  welche  bei  den  einzelnen  in  sie 
aufgenommenen  Bestimmungen  regelmässig  angeben ,  ob  sie  aus  der 
älteren ,  oder  aus  der  neueren  Recension,  oder  aus  beiden  geschöpft 
seien ,  und  zu  ihnen  gehören  die  beiden  hier  in  Frage  stehenden  Hss., 
und  gehörte  überdiess  auch  jener  Text  der  GpL.,  welcher  für  das  Christen- 
recht Sverrir's  benützt  wurde.2)  Wenn  nun  in  diesen  Hss.  neben  zahl- 
reichen Umgestaltungen  des  Textes  der  älteren  Recension ,  welche  auf 
K.  Magnus  zurückgeführt  werden ,  auch  einzelne  grössere  Stücke  zu 
finden  sind ,  welche  ausdrücklich  als  von  diesem  Könige  herrührende 
Novellen  bezeichnet  werden,  so  ist  denn  doch  im  höchsten  Grade  wahr- 
scheinlich ,  dass  diese  Novellen  ebenfalls  gelegentlich  dieser  Revisions- 
arbeit in  deren  Text  eingereiht  worden  seien ,  m.  a.  W.  höchst  wahr- 
scheinlich, dass  die  am  Herrentage  zu  Bergen  im  Jahre  1164  gefassten 
Beschlüsse  hinterher  gelegentlich  der  Revision  der  älteren  GpL.  in  diese 
eingestellt,  und  somit  als  Bestandtheile  des  revidirten  Rechtsbuches  der 
Dingversammlung  vorgelegt  und  von  ihr  angenommen  wurden.  Wenn 
demnach  der  erwähnte  Recensent  selber  annimmt,3)  man  werde  wohl 
dem  Klerus  versprochen  haben,  den  von  dem  Reichstage  angenommenen 
Entwurf  eines  Thronfolgegesetzes  an  den  4  Landsdingen  vorzulegen  und 


1)  vgl.  oben,  S.  77  und  80-81. 

2)  vgl.  meine  „Studien  über  das  sogenannte  Christenrecht  König  Sverrirs",  in  der  „Festgabe  zum 
Doctor-Jubilseum  des  Herrn  Professors  Dr.  Leonhard  von  Spengel"  (München,  1877),  S.  10—12. 

3)  ang.  0.,  S.  643.  . 

Abh.  d.  1.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.XIV.  Bd.  IL  Abth.  13 


98 

zum  Gesetz    erheben    zu  lassen ,    so  dürfte  für  das  Gula^ing  wenigstens 
dieses  Versprechen  auch  gehalten  worden  sein. 

Man  hat  nun  freilich  auch  darauf  Gewicht  legen  wollen,  dass  die 
neue  Thronfolgeordnung  sich  nur  in  den  Gj>L.  finde,  dagegen  in  keines 
der  anderen  Provincialrechte,  und  insbesondere  nicht  in  die  FrpL.  ein- 
gerückt worden  sei,  in  welchen  man  sie  doch  vor  Allem  erwarten  möchte; 
indessen  ist  doch  auch  dieser  Einwand  theils  auf  irrige  Voraussetzungen 
gebaut,  theils  nicht  zutreffend.  Von  dem  Rechte  Vikin's  und  der  Hoch- 
lande sind  uns,  von  einem  sehr  geringen  weiteren  Fragmente  des  letzteren 
Rechtsbuches  abgesehen ,  nur  die  Christenrechte  erhalten ,  und  diese 
überdiess,  soviel  sich  erkennen  lässt,'  in  einer  ziemlich  alterthümlichen 
Recension;  daraus,  dass  in  ihnen  jene  Thronfolgeordnung  nicht  zu  finden 
ist,  lassen  sich  demnach  gar  keine  Schlüsse  ziehen.  Es  ist  ja  recht 
wohl  möglich,  dass  die  Thronfolgeordnung  des  K.  Magnus  in  den  Eiösifa- 
^ingslög  und  in  den  Borgarpingslög  nur  an  einem  anderen  Orte  als  im 
Christenrechte  eingeschaltet  worden  war,  wie  etwa  dessen  strafrechtliche 
Novelle  von  den  Gl>L.  in  das  Christenrecht,  von  den  Fr^L.  dagegen  in 
das  Strafrecht  eingestellt  wurde,  und  dass  dieselbe  somit  nur  mit  den 
übrigen  weltlichen  Bestandtheilen  jener  Rechtsbücher  für  uns  verloren 
gieng;  möglich  auch,  dass  dieselbe  wirklich  in  diese  Christenrechte  ein- 
geschaltet worden  war,  und  nur  von  deren  späteren  Abschreibern  als 
unpraktisch  geworden  weggelassen  wurde,  wie  etwa  der  Schreiber  der 
mit  B.  bezeichneten  Hs.  unserer  Gl>L.  nur  deren  Anfangsworte  giebt, 
oder  der  Compilator  des  sog.  Christenrechtes  K.  Sverrir's  dieselbe  zwar 
in  seinem  Inhaltsverzeichnisse  aufführt,  aber  im  Texte  selbst  weglässt. 
Widerum  wäre  ja  recht  wohl  denkbar,  dass  das  Recht  der  beiden  öst- 
lichen Dingverbände  ebensogut  wie  das  der  beiden  westlichen  unter  K. 
Magnus  Erlingsson  eine  durchgreifende  Revision  erfahren  hätte,  dass 
uns  aber  zufällig  nur  Bruchstücke  der  älteren,  nicht  auch  der  neueren 
Recension  erhalten  wären,  sodass  wir  also  in  Bezug  auf  diese  beiden 
Provincialrechte  in  der  Lage  wären,  in  welcher  wir  den  Gl>L.  gegenüber 
uns  befinden  würden,  wenn  uns  nur  die  mit  C.  bezeichnete  Hs.  dieses 
Rechtsbuches  aufbewahrt  wäre,  dagegen  die  mit  A,  B.  und  E.  bezeich- 
neten Codices  verloren  wären.  Endlich  besteht  auch  noch  die  weitere 
Möglichkeit,    dass    man    die    am  Herrentage    des  Jahres   1164   gefassten 


99 

Beschlüsse  dem  Borgar^inge  und  dem  Ei5sifaJ>inge  gar  nicht  zur  Anname 
vorgelegt  hätte,  wie  diess  z.  B,  bezüglich  der  am  Herrentage  des  Jahres 
1152  gefassten  Beschlüsse  über  die  Seelgaben  wirklich  der  Fall  war, 
welche  ebendarum  im  Jahre  1224  am  Borgarpinge  noch  nachträglich 
zur  Anname  gebracht  wurden;  5)  solchenfalls  wäre  dann  freilich  die 
formelle  Gültigkeit  der  Thronfolgeordnuug  für  jene  beiden  Provinzen 
eine  recht  sehr  anfechtbare  gewesen,  und  von  hier  aus  deren  Nichtein- 
steilung in  unsere  Christenrechte  derselben  sehr  einfach  zu  erklären,  — 
besonders  auffällig  könnte  aber  auch  ein  solches  Versaümniss  kaum  er- 
scheinen, und  eine  besondere  Bedeutung  wäre  demselben  doch  wohl 
ebensowenig  zuzuerkennen.  Es  fehlte  eben  der  norwegischen  Verfassung 
an  jedem  Organe  für  eine  gemeinsame  Gesetzgebung,  vielmehr  konnte 
eine  gesetzliche  Bestimmung  verfassungsmässig  nur  dadurch  für  das 
ganze  Reich  verbindlich  werden,  dass  sie  nicht  nur  an  den  sämmtlichen 
vier  grossen  Lögdingen,  sondern  überdiess  auch  noch  an  den  sämmtlichen 
einzelnen  Fylkisdingen  der  noch  unverbundenen  Volklande  rechtsförmlich 
angenommen  wurde.  Daran  mochte  man  nun  allenfalls  festhalten  in 
Fällen ,  welche  eine  Verschiedenheit  des  Rechts  in  den  verschiedenen 
Theilen  des  Landes  zulässig  erscheinen  Hessen;  aber  bei  Gesetzen  und 
Beschlüssen  über  Angelegenheiten,  welche,  wie  die  Thronfolgeordnung 
oder  die  Anerkennung  eines  neuen  Königs ,  schlechterdings  eine  ein- 
heitliche Regelung  für  das  ganze  Reich  forderten ,  war  auf  diesem  Wege 
nicht  voranzukommen.  In  solchen  Fällen  versicherte  man  sich  eben 
der  Mitwirkung  der  Magnaten  des  Reiches ,  und  legte  allenfalls  noch 
die  mit  ihnen  vereinbarten  Bestimmungen  den  wichtigsten  unter  den 
Dingversammlungen  zur  Anname  vor;  hatten  diese  aber  erst  ihre  Zu- 
stimmung ertheilt,  so  galt  die  der  übrigen  Versammlungen  nur  noch 
als  eine  wenig  bedeutsame  Formalitset,  über  deren  Beobachtung  man 
sich  auch  wohl  hinwegsetzen  konnte,  ohne  dass  dadurch  dem  betref- 
fenden Beschlüsse  oder  Gesetze  seine  Verbindlichkeit  benommen  worden 
wäre.  —  Anders  steht  die  Sache  nun  freilich  bezüglich  der  Frostu- 
tingslög;  aber  gerade  hinsichtlich  ihrer  ist  auch  der  Thatbestand  ein 
ganz  anderer    als    der   von  Paludan-Müller  vorausgesetzte.      Von    den    3 


1)   Norges  gamle  Love,  I,  S.  447 — 48. 

13* 


100 

hier  allein  in  Betracht  kommenden  Hss.  haben  allerdings  zwei  nichts 
hieher  Bezügliches,  nämlich  die  in  unserer  Ausgabe  des  Rechtsbuches 
zu  Grunde  gelegte  Hs.  (AM.  nr.  60  in  4t0)  und  eine  andere,  dieser 
nahezu  gleichlautende  und  mit  B.  bezeichnete  (AM.  nr.  322  fol.);  da- 
gegen hat  der  Cod.  Resenianus  (A)  zwar  am  Anfange  des  Christenrechtes 
eine  Lücke,  aber  an  der  Spitze  des  diesem  vorangehenden  Inhaltsver- 
zeichnisses den  Eintrag:  ,,1.  Hinn  fyrsti  capituli  i  cristnum  rette  um 
konongs  kosning".  In  dieser  Hs.  also,  oder  doch  wenigstens  in  ihrer 
Vorlage,  stand  wirklich  an  derselben  Stelle,  an  welcher  die  Gj>L.  die 
Thronfolgeordnung  von  1164  geben,  eine  Bestimmung,  welche  von  der 
Königswahl  handelte,  und  welche  somit  eben  jene  Thronfolgeordnung 
gewesen  sein  muss,  da  ja  das  ältere  Recht  von  einer  Wählbarkeit  der 
Könige  Nichts  wusste,  und  erst  in  der  Thronfolgeordnung  von  1273 
wider  von  einer  solchen ,  freilich  nur  für  eine  sehr  entfernt  gedachte 
Eventualität,  gesprochen  wird.  Ihre  Weglassung  in  jenen  anderen  beiden 
Hss.  ist  sehr  leicht  zu  erklären,  mögen  wir  nun  darauf  Gewicht  legen, 
dass  diese  lediglich  das  Christenrecht  geben  wollten  und  somit  die 
Thronfolgeordnung  recht  wohl  als  zu  diesem  nicht  gehörig  ausschliessen 
konnten,  oder  dass  diese  Thronfolgeordnung,  weil  seit  K.  Sverrir's  Zeiten 
unpraktisch  geworden,  von  ihnen  weggelassen  worden  sein  mochte; 
dagegen  ist  es  eine  reine  Willkürlichkeit,  wenn  Zorn's  Recensent  dem 
Schreiber  des  Cod.  Resen.  oder  irgend  einem  Vormanne  desselben  ohne 
weiters  einen  ,, klerikalen  literarischen  Betrug"  Schuld  geben  will,  und 
die  Behauptung  aufstellt:  „irgend  Jemand  hat  das  verworfene  Kapitel 
der  Goldfeder  dennoch  einschmuggeln  wollen,  um  künftigen  klerikalen 
Betrügern  Material  zu  liefern".1)  Wir  wissen  nicht,  ob  die  „Goldfeder" 
eine  reine  Privatarbeit  Erzb.  Eysteins  war,  wie  der  Recensent  annimmt, 
oder  ob  sie  nicht  vielleicht  nur  als  ein  auf  des  Erzbischofs  Geheiss 
geschriebenes  Exemplar  der  Magnüs'schen  Recension  der  Fr^L.  zu  be- 
trachten ist;2)  wir  wissen  nicht,  ob  sie,  wenn  sie  den  ersteren  Charakter 
wirklich  trug,  die  Thronfolgeordnung  von  1164  wirklich  enthielt,  und 
ob  diese  somit  aus  ihr  in  den  Cod.  Resen.  auch  nur  gelangen   konnte; 


1)  ang.  0.,  S.  645. 

2)  vgl.  oben,  S.  79. 


101 

wir  haben  endlich  nach  dem ,  was  oben  über  die  Einstellung  ■  dieser 
Thronfolgeordnung  in  die  Magnüs'sche  Recension  der  Gj>L.  ausgeführt 
wurde,  allen  Grund  für  wahrscheinlich  zu  halten,  dass  sie  auch  in  des- 
sen revidirte  Frl>L.  eingerückt  worden  sein  werde.  Nach  allem  Dem 
kann  ich  nur  finden,  dass  die  Vergleichung  der  Fr^L.  eine  Bestätigung, 
nicht  eine  Widerlegung  der  Authenticitset  des  §.  2  der  Gj>L  gewährt, 
und  dürfte  damit  auch  das  zweite  der  gegen  diese  erhobenen  Bedenken 
vollständig  erledigt  sein. 

Man  hat  sich  aber  schliesslich  auch  noch  darauf  berufen,  dass  nicht 
nur  keine  der  Geschichtsquellen,  welche  für  die  Regierungszeit  K.  Magnus 
Erlingsson's  zu  Gebote  stehen,  irgend  etwas  von  einer  Thronfolgeordnung 
weiss,  welche  dieser  erlassen  hätte,  sondern  dass  auch  später  während 
der  langwierigen,  zwischen  Staat  und  Kirche  ausgefochtenen  Kämpfe 
niemalen  auf  dieselbe  Bezug  genommen  wurde,  bis  endlich  im  Jahre 
1273,  und  wider  im  Jahre  1277  Erzb.  Jon  auf  eine  derartige  Bestim- 
mung sich  berufen  habe.  Aber  auch  dieser  Einwand  dürfte  sich  un- 
schwer beseitigen  lassen.  Trotz  Allem,  was  der  mehrerwähnte  Recensent 
dagegen  anführt,1)  scheint  mir  dennoch  Hertzberg's  Ausführung  voll- 
kommen stichhaltig,  dass  im  Grunde  keine  Parthei  während  der  späteren 
Streitigkeiten  viele  Veranlassung  hatte,  von  jener  Thronfolgeordnung 
zu  sprechen.  König  Sverrir  und  seine  Nachkommen  konnten  selbst- 
verständlich nicht  im  Falle  sein,  auf  eine  Thronfolgeordnung  sich  zu 
berufen,  welche  sie  von  der  Thronfolge  geradezu  ausschloss,  und  welche 
von  ihnen  überdiess,  weil  von  einem  illegitimen  Könige  erlassen,  nicht 
als  zu  Recht  bestehend  anerkannt  wurde;  sie  hatten  aber  auch  sonst  keinen 
Grund,  ihrer  zu  erwähnen,  da  eine  Aenderung  der  Successionsordnung 
im  Königshause,  zumal  wenn  sie  in  einzelnen  Punkten  den  staatlichen 
Interessen  zweifellos  günstig  war,  nicht  so  ohne  Weiters  als  ein  Attentat 
gegen  Land  und  Leute  hingestellt  werden  konnte ,  und  da  überdiess 
deren  rechtliche  Ungültigkeit  eben  doch  bezweifelt  werden  konnte,  nach- 
dem dieselbe  einmal  von  einem  Herrentage  beschlossen,  und  überdiess 
wenigstens  von  einzelnen  Dingversammlungen  anerkannt  worden  war. 
Aber  auch  die  Gegenparthei  konnte  sich  kaum  veranlasst  sehen  auf  jenes 


1)  ang.  0.,  S.  643—44. 


102 

Gesetz '  Bezug  zu  nemen.     Der  norwegische  Episkopat  hatte  ja  zunächst 
versucht    mit  K.   Sverrir  Frieden    zu    machen    und    zu  halten ,    nachdem 
dieser    sich    einmal    siegreich   in    den  Besitz    des  Thrones    gesetzt  hatte, 
und  selbst  als  der  Streit  zwischen    dem  Könige  und  Erzb.  Eirik    wider 
ausbrach,    waren    es    doch    vorerst    nur    einzelne   kirchenstaatsrechtliche 
Punkte  gewesen,  über  welche  er  sich  entsponnen  hatte;   insolange  musste 
es    aber    unklug    erscheinen,    durch    die  Berufung    auf  jene  Thronfolge- 
ordnung   das  Recht  Sverrir's    auf  den  Thron   in  Frage  zu  stellen ,    und 
demgemäss  findet  sich  denn  auch  wirklich  selbst  noch  in  jener  Beschwerde- 
schrift,   welche    der  Erzbischof  nach  seiner  Flucht   nach  Dänemark    an 
die  Curie  richten  Hess  (1190),  nur  eine  ganz  verdeckte  Anspielung  auf 
des  Königs  zweifelhaftes  Folgerecht.1)     Als  dann  freilich  der  Kampf  zu 
grösserer  Erbitterung  führte,  und  jede  Hoffnung  auf  eine  gütliche  Aus- 
gleichung verschwand,  fiel  jede  derartige  Rücksicht  weg ;   aber  auch  jetzt 
noch  mochte  es  sowohl  unvortheilhaft  als    unnütz   erscheinen ,    auf  jene 
Thronfolgeordnung  Bezug  zu  nemen.     Einerseits  nämlich  war  die  Rechts- 
gültigkeit  dieser    letzteren    nach    dem    soeben  Bemerkten    eine  sehr  an- 
fechtbare, oder  doch  jedenfalls  thatsächlich  sehr  entschieden  angefochtene. 
Wenn    dieselbe    nämlich    zwar    an    zweien    von    den    vier  Lögdingen,   ja 
vielleicht  sogar  an  allen  zur  Anname  gebracht  worden  war,  so  war  diese 
Anname    doch    nur    unter    der  Autoritset   des  K.  Magnus  Erlingsson  er- 
folgt;   nur  von  seinen  Beamten  waren    die  Dingleute  ernannt,    war  die 
lögretta  besetzt  worden,    und  nur  seine  Sanction    hatte  das   von  dieser 
angenommene  Gesetz  erhalten.    Nun  war  aber  der  dem  modernen  Staats- 
rechte   geläufige    Satz,    dass    der   legitime    Nachfolger    eines    illegitimen, 
aber  de  facto  regierenden  Königs  an  dessen  verfassungsmässige  Regier- 
ungshandlungen gebunden  sei,    den  Anschauungen  der  älteren  Zeit,    im 
Norden  wie  anderwärts ,    durchaus  fremd ,    und  K.  Sverrir   insbesondere 
sprach  von  hier  aus  allen  den  Zugeständnissen,  welche  K.   Magnus  der 
Kirche    gemacht   hatte,    die  Rechtsgültigkeit   ab,2)    wie  denn  auch  nur 
von  diesem  Gesichtspunkte  aus  sich  erklärt,   dass  noch  auf  lange  hinaus 


1)  Diplom,  norveg. ,    VI,   nr.  3,  S.  4:    ille,  qui  de  regis  nomine  et  usurpata  regni  plenitudine 
gloriatur. 

2)  vgl.  Sverris  s.,  cap.  112,  S.  270—1,  und  cap.  117,  S.  277—80. 


1.03 

die  älteren,  des  hl.  Olafs  Namen  tragenden  Recensionen  der  Provincial- 
rechte  neben  den  unter  K.  Magnus  entstandenen  revidirten  Texten  der- 
selben umliefen,  ohne  dass  zweifellos  festgestanden  hätte,  ob  diese  oder 
jene  die  rechtlich  geltenden  seien.  Wenn  aber  die  verbindende  Kraft 
der  Thronfolgeordnung  von  1164  mit  der  Legitimita3t  des  K.  Magnus 
stand  und  fiel,  was  konnte  es  dann  helfen  sich  auf  jene  erstere  einem 
Gagner  gegenüber  zu  berufen,  welcher  diese  letztere  mit  bestem  Erfolge 
bestritt?  .Andererseits  wusste  man  von  dem  Momente  an,  mit  welchem 
man  Sverrir's  Recht  auf  den  Thron  überhaupt  anzufechten  begann,  ganz 
andere  und  weit  drastischere  Gründe  gegen  dieses  in's  Feld  zu  führen 
als  die  Berufung  auf  eine  ihrer  Rechtsgültigkeit  nach  so  zweifelhafte 
Thronfolgeordnung.  Man  bestritt  dem  Sverrir  seine  Abstammung  von 
K.  Sigurör  munnr,  für  welche  in  der  That  ausser  seiner  eigenen  Be- 
hauptung kein  Beweis  vorlag,  und  für  die  selbst  sein  angeblicher  Bruder, 
Eirikr,  die  Eisenprobe  nicht  wagen  wollte,  der  er  sich  doch  für  seine 
eigene  Person  unterzog;  l)  man  warf  ihm  vor,  dass  er  ein  apostasirter 
Priester  sei  und  dass  er  in  Bigamie  lebe,2)  wie  denn  insbesondere  auch 
P.  Innocenz  III.  in  einer  an  den  Erzbischof  erlassenen  Bulle  beiderlei 
Vorwürfe  verbindet : 3)  was  wollte  solchen  ungleich  weiter  reichenden 
Angriffsmitteln  gegenüber  die  Berufung  auf  ein  Thronfolgegesetz  bedeuten, 
dessen  Gültigkeit  bestritten ,  und  dessen  Anwendbarkeit  auf  einen  vor 
seiner  Publication  Geborenen  überdiess  sehr  zweifelhaft  war?  Unter  den 
Nachfolgern  K.  Sverrir's  aber  stand  die  Sache  ebenfalls  wesentlich  nicht 
anders.  Einerseits  war  nämlich  auch  deren  Recht  auf  den  Thron  durchaus 
von  der  Vorfrage  abhängig,  ob  K.  Sverrir  selbst  K.  Siguro's  Sohn  war 
oder  nicht,  und  die  Bestreitung  dieses  Filiationsverhältnisses  bot  dem- 
nach auch  ihnen  gegenüber  eine  ungleich  günstigere  Angriffsbasis  als 
die  Berufung  auf  die  höchst  problematische  Rechtsbeständigkeit  des 
Thronfolgegesetzes  von  1164;  andererseits  aber  suchte  die  Kirche  über- 
diess sich  mit  den  Nachfolgern  Sverrir's  möglichst  gut  zu  vertragen, 
und  konnte  somit  gar  nicht  wohl  in  den  Fall  kommen,  deren  Recht 
auf  den  Thron    ernstlich    in  Frage  zu   stellen.     Erst    der    erneute  Aus- 


1)  ebenda,  cap.  59,  S.  150. 

2)  ebenda,  cap.  122,  S.  295. 

3)  Diplom,  norveg. ,  VI,  nr.  6,  S.  9. 


104 

bruch  des  alten  Zwiespaltes  unter  K.  Magnus  lagaboetir  und  Erzb.  Jon 
konnte  allenfalls  einen  Anlass  bieten,  zu  einer  so  scharf  geschliffenen 
Waffe  wenigstens  versuchsweise  und  in  der  Hoffnung  zu  greifen ,  dass 
deren  Gebrauch  den  König  zu  anderweitigen  Concessionen  an  die  Kirche 
bestimmen  möchte ;  in  jener  Zeit  sehen  wir  aber  auch  wirklich  den 
genannten  Erzbischof  widerholt  auf  das  Thronfolgegesetz  von  1164 
zurückgreifen.  Allerdings  schliessen  nun  freilich  derartige  Erwägungen 
die  Möglichkeit  keineswegs  aus,  dass  darum  doch  im  Verlaufe  der  Zer- 
würfnisse zwischen  Staat  und  Kirche  ab  und  zu  einmal  Andeutungen 
über  das  Vorhandensein  jener  Thronfolgeordnung  gemacht  worden  sein 
könnten.  Aber  solche  Andeutungen  konnten  der  Natur  der  Sache  nach 
doch  nur  sehr  spärlich  vorkommen,  und  könnte  es  demnach  ganz  und 
gar  nicht  auffallen,  wenn  uns  von  ihnen  keine  Spur  erhalten  wäre; 
einiges  hieher  Bezügliches  lässt  sich  überdiess  in  der  That  immerhin 
noch  nachweisen.  Das  Schreiben  freilich ,  welches  Abt  Wilhelm  von 
Ebelholt  im  Jahre  1190  Namens  Erzb.  Eirik's  an  den  Papst  richtete, 
deutet  an  der  oben  angeführten  Stelle x)  nur  sehr  beiläufig  an ,  dass 
Sverrir  nicht  zum  Throne  berechtigt  sei,  ohne  sich  über  die  Gründe 
seiner  Nichtberechtigung  auszusprechen;  dagegen  hat  Hertzberg  bereits 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  ein  Schreiben,  welches  P.  Innocenz  III. 
unterm  6.  October  1198  an  den  norwegischen  Klerus  richtete,  und  ein 
paar  ziemlich  gleichlautende  Schreiben,  welche  derselbe  gleichzeitig  ein 
paar  dänischen  und  schwedischen  Königen  und  Fürsten  zugehen  liess, 
dem  Sverrir  vorwerfen,  dass  er  weder  durch  Wahl  noch  Erbrecht  auf 
den  Thron  berufen  sei,2)  womit  denn  doch  zweifellos  auf  das  Gesetz 
von  1164  Bezug  genommen  wird,  als  welches  allein  eine  Königswahl 
kennt.  Wenn  ferner  die  Baglar  im  Jahre  1207  den  Philippus  Simunarson 
zum  Könige  wählen,  der  weder  väterlicher  noch  mütterlicher  Seits  vom 
Königshause  abstammte,  weil  sie  eines  kräftigen  Heerführers  zu  bedürfen 
glaubten,  und  die  Söhne  K.  Erling  steinveggs  ihrer  Kindheit  wegen  ihnen 


1)  oben,  S.  102,  Anm.  1. 

2)  Diplom,  norveg. ,  VI,  nr.  7,  S.  10:  quod  usque  adeo  in  vos  et  totum  regnum  Norwagise  ty- 
rannica  Sverri  crudelitas  et  violenüa  detestanda  prsevaluit,  ut  et  regnum  nee  electione  prineipum 
prout  aeeepimus,  nee  ratione  sanguinis  oecupavit.     Vgl.  Diplom,  suecan.,  I,  nr.  107,  S.  130. 


105 

untauglich  schienen ,  so  ist  damit  zweifellos  auf  das  Gesetz  von  1164 
zurückgegangen ,  welches  die  Wahl  eines  tauglichen  Königs  gestattete, 
wenn  der  nächstberufene  Thronerbe  untauglich  schien.1)  In  gleicher 
Richtung  ist  es  aber  auch  zu  verstehen ,  wenn  nach  dem  Tode  des  K. 
Ingi  Bäröarson  Zweifel  über  die  Thronfolgeberechtigung  entstehen.  Als 
mit  dem  jungen  K.  Guöorm  Siguröarson  der  Mannsstamm  K.  Sverrir's 
erloschen  zu  sein  schien  (1204),  war  ein  Schwestersohn  Sverrir's,  lngi 
Bäröarson,  auf  den  Thron  gelangt,  und  er  hatte  sich  auch  dann  auf 
diesem  behauptet,  als  hinterher  aufkam ,  dass  noch  ein  unächter  Sohn 
K.  Häkon  Sverrisson's  vorhanden  sei,  dem  vor  ihm  das  Reich  gebührt 
hätte.  Als  nun  K.  Ingi  selber  starb  (1217),  erklärte  sich  zwar  der 
Kern  der  alten  Birkenbeine  sammt  dem  grösseren  Theile  der  Bauern  in 
Drontheim  für  den  jungen  Häkon  Häkonarson,  weil  sie  den  zum  König 
haben  wollten,  „der  königlichen  Geschlechtes  sei  von  väterlicher  Seite 
bis  in's  Heidenthum  hinauf,  so  dass  kein  Weib  dazwischen  gekommen 
sei  im  Stammbaume";2)  andererseits  aber  fehlte  es  auch  nicht  an  Leuten, 
welche  sich  für  den  jungen  Guöorm  erklärten,  einen  unehelichen  Sohn 
K.  lngi's,  oder  für  Sküli  Bäröarson,  desselben  Königs  ächtgeborenen 
Bruder.3)  Nach  gemeinem  Erbrechte  war  der  letztere  wirklich  zum 
Nachlasse  lngi's  berufen,  und  dessen  gesammte  Fahrhabe  hatte  er  denn 
auch  ohne  Anstand  in  Besitz  genommen;4)  aber  auf  den  Thron  konnte 
er  augenscheinlich  nur  auf  Grund  des  Gesetzes  von  1164  Anspruch  er- 
heben ,  nicht  auf  Grund  des  älteren  Rechtes ,  welches  schlechthin  den 
Königssohn  vorgehen  liess.  So  steht  denn  auch  der  Klerus  entschieden 
auf  Sküli's  Seite,  und  wenn  dem  Dringen  der  alten  Birkenbeine  nach 
rascher  Anerkennung  Häkon' s  das  Verlangen  entgegengesetzt  wird,  man 
möge  die  Rückkunft  des  Erzbischofes  nach  Niöarös  abwarten,  und  erst 
alle  Bischöfe  und  Magnaten  zur  Berathung  dahin  berufen,  so  möchte 
man  hierinn  um  so  mehr  eine  verschämte  Hindeutung  auf  das  Gesetz 
von   1164  erkennen,    als    die  Birkenbeine   sofort   mit   einer  energischen 


1)  Häkonars.,  Guttorms  ok  Inga,  cap.  14,  S.  34 — 36. 

2)  Hakonar  s.  gamla,  cap.  12,  S.  251;  vgl.  cap.  15,  S.  255,  und  öfter. 

3)  ebenda,  cap.  12,  S.  250. 

4)  ebenda,  cap.  22,  S.  263. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  14 


106 

Verweisung  auf  die  „Gesetze  des  heil.  Olafs"  antworten.1)  Auch  nach- 
dem dem  jungen  Hakon  schon  förmlich  gehuldigt  worden  war,  ja  nach- 
dem seine  Mutter  sich  mit  Erfolg  der  Eisenprobe  unterzogen  hatte,  um 
die  Seitens  des  Klerus  erhobenen  'Zweifel  an  seiner  Abstammung  nider- 
zuschlagen,  dauerte  der  Streit  über  die  Thronberechtigung  noch  fort;2) 
an  einem  Herrentage,  der  im  Jahre  1223  in  Bergen  gehalten  wurde, 
kam  derselbe  unter  den  Betheiligten  zu  einer  eingehenden  Erörterung, 
und  sprachen  schliesslich  die  sämmtlichen  anwesenden  Lögmänner  sowohl 
als  der  Erzbischof  sich  unter  Berufung  auf  des  heil.  Olafs  Gesetz  un- 
bedingt für  das  ausschliessliche  Recht  K.  Häkon's  aus.  Bezeichnend 
aber  ist,  dass  bei  dieser  Gelegenheit  einigen  Lögmännern  vorgehalten 
wird,  sie  hätten  dem  Sküli  erklärt,  dass  er  zum  Reiche  berufen  sei, 
was  sie  freilich  sofort  in  Abrede  stellen;3)  nicht  minder  bezeichnend, 
dass  weit  später  noch,  im  Jahre  1239,  als  Sküli  neuerdings  daran  dachte 
Ansprüche  auf  den  Thron  zu  erheben ,  ihm  widerum  von  seinen  An- 
hängern Rechtsbücher  vorgelegt  wurden,  um  ihm  zu  beweisen,  dass  er 
zum  Königsnamen  ebensogut  erbberechtigt  sei  wie  zum  Privatnachlass 
seines  Halbbruders  Ingi.4)  Da  die  Thronfolgeordnung  von  1164,  abge- 
sehen von  der  Einführung  einer  Individualsuccession  und  allenfalls  der 
Ausschliessung  der  unächten  Geburt,  auf  die  gemeine  Erbenfolge  ver- 
weist, konnte  Sküli  nach  ihr  allerdings  als  zur  Thronfolge  berufen  er- 
scheinen; aber  auch  nur  nach  ihr,  da  jede  andere  ihn,  den  vom  Königs- 
hause nicht  abstammenden ,  von  dieser  schlechterdings  ausschloss ,  und 
nur  auf 'das  Gesetz  von  1164  können  sich  somit  die  Lögmänner  berufen 
haben,  welche  dem  Sküli  ein  Recht  auf  die  Thronfolge  zusprachen,  — 
nur  die  Magnus' sehe  Recension  der  FrbL.  können  die  Rechtsbücher  ent- 
halten haben,  welche  man  ihm  vorlegte,  um  ihn  von  demselben  Rechte 
zu  überzeugen.  —  So  bleibt  demnach  nur  noch  die  einzige  Thatsache 
bestehen ,    dass    von    den    Geschichtsquellen ,    welche    über    K     Magnus 


1)  ebenda,  cap.  12,  S.  252. 

2)  ebenda,  cap.  85,  S.  324. 

3)  ebenda,  cap.  89,  S.  329;  cap.  93,  S.  332—34. 

4)  ebenda,   cap.  198,   S.  460;   vgl.  meine  Abhandlung  über   »die  Entstehungszeit  der  älteren 
Frostufcngslög",  S.  72—73. 


107 

Erlingsson's  Regierungszeit  berichten,  keine  der  Einführung  einer  neuen 
Thronfolgeordnung  unter  demselben  gedenkt.  Aber  diese  Geschichts- 
quellen sagen  uns  ja  überhaupt  Nichts  über  den  Inhalt  jener  Abmach- 
ungen, welche  im  Jahre  1164  gelegentlich  der  Krönung  des  jungen 
Königs  zwischen  Erling  und  dem  Erzbischofe  stattfanden ,  während  sie 
doch  ausdrücklich  bezeugen ,  dass  solche  stattgefunden  haben ;  sie  er- 
wähnen ferner  nicht  das  Mindeste  von  einer  Revision  der  Gula^ingslög 
und  der  Frostu^ingslög,  welche  unter  diesem  Könige  vorgenommen  worden 
sei,  während  wir  doch  aus  den  Rechtsquellen  sehr  bestimmt  entnemen 
können,  dass  eine  solche  wirklich  unter  demselben  vorgenommen  wurde, 
und  auch  in  den  Geschichtsquellen  der  späteren  Zeit  noch  mehrfach 
auf  deren  Spuren  stossen.  Was  kann  unter  solchen  Umständen  aus 
dem   Schweigen  jener  früheren  Geschichtsquellen  gefolgert  werden? 

Ich  wende  mich  nunmehr ,  einige  weitere  Bemerkungen  über  die 
Thronfolgeordnung  von  1164  mir  für  später  vorbehaltend,  zu  dem  zweiten 
Documente,  welches  über  die  von  K.  Magnus  und  seinem  Vater  Erling 
der  Kirche  gemachten  Zugeständnisse  Aufschluss  geben  soll ,  zu  dem 
Schreiben  des  Königs  Magnus  selbst.  Ueber  den  handschriftlichen 
Befund  bezüglich  dieses  letzteren  giebt  den  vollständigsten  Aufschluss 
Jon  Sigurösson,  in  den  Vorbemerkungen  zu  seinem  Abdrucke  desselben.1) 
Nach  ihm  ist  das  Original  der  Urkunde  nicht  erhalten,  und  beruht  unsere 
Kenntniss  derselben  lediglich  auf  einer  Abschrift,  welche  in  AM.  nr.  22, 
b,  fol.  („Adversaria  Hvitfeldiana")  vorliegt;  3  weitere  Abschriften,  welche 
er  nennt,  und  welche  von  Arni  Magnüsson,  Jon  Marteinsson  und  Foss 
genommen  wurden,  sind  lediglich  Copieen  jener  ersteren,  und  somit 
ohne  alle  se'lbstständige  Bedeutung.  Jene  erstere  und  alleinn  mass- 
gebende Abschrift,  welche  für  uns  das  Original  zu  vertreten  hat,  ist 
nach  Jon  Sigurösson,  wohl  dem  gründlichsten  Kenner  der  arnamagnse- 
anischen  Hss.  zumal  aus  späterer  Zeit,  von  der  Hand  des  dänischen  Ge- 
schichtschreibers Arild  Hvitfeld  (f  1609)  geschrieben,  nicht  von  der 
Bartholins,  wie  die  Herausgeber  der  altnorwegischen  Rechtsquellen  an- 
geben,2) und  dürfte  damit  ebensowohl  R.  Keyser's  Angabe,  dass  dieselbe 


1)  Diplom,  island.,  I,  S.  225—26. 

2)  Norges  gamle  Love,  I,  S.  442. 

14s 


108 

dem  17.  Jahrhundert  angehöre,1)  als  der  von  Paludan -  Müller  gegen 
diese  Angabe  erhobene  Zweifel2)  seine  Erledigung  gefunden  haben.  Von 
Ami  Magnüsson  scheint  Hvitfeld's  Abschrift  wider  aufgefunden  worden 
zu  sein,  und  nun  wurde  sie  zuerst  durch  Gerhard  Schöning,3)  dann 
durch  Grimr  Jonsson  Thorkelin,4)  widerum  durch  P.  A.  Munch  und  R. 
Keyser , 5)  endlich  zuletzt  noch  durch  Jon  Sigurösson 6)  herausgegeben, 
und  an  diesen  letzten  Abdruck  halte  ich  mich  hier,  als  an  den  genauesten. 
Es  hat  aber  das  Document  schon  von  seiner  ersten  Entdeckung  an 
zunächst  durch  seine  Datirung  Anstoss  geboten.  Während  nämlich  des- 
sen Eingang  lautet:  „Magnus  dei  gracia  rex  Norwegie.  Augustino  eadem 
gracia  Throndensium  archiepiscopo  .  apostolice  sedis  legato .  et  uniuersis 
episcopis .  clero  et  omni  populo  per  Norwegiam  constitutis  salutem", 
schliesst'  dasselbe  mit  der  Bemerkung:  „Actum  MCCLXXVI.  X.  Kai. 
Aprilis  in  vestiario  ecclesie  Nidrosiensis",  und  das  Datum  will  somit  zu 
dem  Eingange  wenig  passen,  da  dasselbe  ungefähr  auf  ein  Jahrhundert 
später  als  des  K.  Magnus  und  des  Erzb.  Eysteinn  Lebenszeit  weist. 
Mit  einer  blosen  Berichtigung  der  Jahrzahl,  welche  allerdings  um  so 
weniger  bedenklich  wäre,  weil  uns  das  Original  der  Urkunde  nicht  vor- 
liegt ,  lässt  sich  diesem  Uebelstande  nicht  abhelfen ,  da  die  in  ihrem 
Contexte  gebrauchten  Worte:  „in  hac  die  gloriose  resurreccionis"  auf 
einen  Ostertag  hinweisen,  welcher  während  der  ganzen  Regierungszeit 
des  K.  Magnus  niemals  auf  den  23.  Masrz  fiel,  und  so  hat  man  denn 
mehrfach  durch  ausgiebigere  Correcturen  sich  zu  helfen  gesucht.  Arni 
Magnüsson  wollte  das  Datum  in  „MCLXXIV.  IX.  Kai.  Aprilis"  geändert 
wissen,  weil  der  24.  Mserz  1174  wirklich  ein  Ostersonntag  war,7)  und 
seiner  Meinung  schlössen  sich  Schöning,  Thorkelin  (dieser  jedoch  nicht 
ohne  Zweifel  an  der  Aechtheit  der  Urkunde  zu  äussern),8)  Dahlmann,9) 


1)  Den  norske  Kirkes  Historie,  I,  S.  242. 

2)  ang.  0.,  S.  269,  Anm.  3. 

3)  Forsög  til  Forbedringer  i  den  gamle  Danske  og  Norske  Historie,  ved  Peter  Fridericli  Suhm  og 
Gerhard  Schöning,  S.  428—31,  Anm.  y  (1757). 

4)  Diplomatarium  Arna-Magnseanum,  Bd.  II,  S.  8 — 10  (1786). 

5)  Norges  gamle  Love,  I,  S.  442—44  (1846). 

6)  Diplom,  island.,  I,  S.  226—30  (1857—76). 

7)  Siehe  seine  Worte  im  Diplom,  island.,  I,  S.  225—6. 

8)  Index  znm  Diplom.  Arnamagn.,  II,  S.  2. 

9)  Geschichte  von  Dännemark,  II,  S.  150 — 1. 


109 

R.  Keyser,1)  und  neuerdings  noch  Jon  Sigurösson  an;  dagegen  hat  Wer- 
lauff ,  welcher  anfänglich  sich  derselben  Meinung  angeschlossen  hatte, 2) 
hinterher  den  24.  Masrz  1163  als  den  Ausstellungstag  bezeichnen  zu 
sollen  geglaubt,3)  welcher  gleichfalls  ein  Ostertag,  und  darum  auch  schon 
von  Arni  Magnüsson  in  Betracht  gezogen  worden  war.  Die  Heraus- 
geber des  Documentes  in  der  altnorwegischen  Gesetzsammlung  beschränken 
sich  darauf,  in  der  Jahrzahl  das  eine  C  zu  streichen,  und  setzen  dem- 
nach den  23.Mserz  1176  an,  freilich  unter  Beifügung  eines  Fragezeichens 
und  nachträglicher  Mittheilung  der  von  Arni  Magnüsson  und  von  Wer- 
lauff  vorgeschlagenen  Verbesserungen;  in  seiner  norwegischen  Geschichte 
aber  spricht  sich  P.  A.1  Munch  sehr  bedenklich  über  die  Authenticitset 
der  Urkunde  aus ,  und  in  den  Berichtigungen ,  welche  er  dem  letzten 
Bande  der  ersten  Abtheilung  dieses  Werkes  beigab,  erklärt  er  geradezu, 
dass  überwiegende  innere  Gründe  dafür  sprechen,  dass  dieselbe  in  späterer 
Zeit  gefälscht  sei.4)  Ich  meinerseits  glaube,  um  mich  vorläufig  nur  an 
diesen  einen  Punkt  zu  halten,  dass  die  sämmtlichen  Versuche,  das  bei- 
gefügte Datum  durch  Conjecturen  zu  berichtigen,  unzutreffend,  und 
überdiess  auch  vollkommen  überflüssig  sind.  Mit  einer  blosen  Correctur 
der  Jahrzahl  lässt  sich,  wie  bemerkt,  nicht  helfen,  da  sie  den  Wider- 
spruch zwischen  der  Nennung  des  Ostertages  im  Text  und  der  Angabe 
des  23.  Mserz  im  Datum  der  Urkunde  ungelöst  lässt,  während  doch 
unter  der  „dies  gloriosse  resurrectiouis"  kein  anderer  als  der  Ostersonntag 
verstanden  werden  kann.  Allerdings  wird  anderwärts  die  Bezeichnung 
„resurrectio  dominica"  hin  und  wider  für  ein  unbewegliches  Fest,  näm- 
lich für  den  27.  Maerz  gebraucht;  aber  dieser  Umstand  kann  hier  nicht 
in  Betracht  kommen,  da  dem  nordischen  Sprachgebrauche  diese  Ver- 
wendung des  Ausdruckes  fremd  ist,5)  und  da  überdiess  auch  dieser  Tag 
nicht  stimmt.  Ebensowenig  wird  man  sich  darauf  berufen  dürfen,  dass 
jeder  Sonntag   als   resurrectio    dominica   oder    dominica  resurrectio    be- 


1)  Den  norske  Kirkes  Historie,  I,  S.  244—45,  und  Norges  Historie,  II,  S.  102—3. 

2)  Anekdoton  historiam  Sverreri  regis  Norvegiae  illustrans,  S.  XIII,  Anm. 

3)  Om  de  norske  Kongers  Salving  og  Kroning  i  Middelalderen,  S.  8—9,  Anm.  **). 

4)  Det  norske  Folks  Historie,  III,  S.  186—7,  Anra.,  und  IV,  2,  Eettelser. 

5)  vgl.  Lange,  im  Diplom,  norveg.,  I,  2,  S.  XL  VI,  Anm.  2. 


110 

zeichnet  werden  konnte,  *)  denn  auch  dieser  Sprachgebrauch  scheint  für 
den  Norden  nicht  nachweisbar  zu  sein,  und  als  „gloriosa"  resurrectio 
hätte  sicherlich  auch  anderwärts  kein  anderer  als  der  Ostersonntag  be- 
zeichnet werden  können.  Den  beiden  weitergehenden  Emendationen 
aber,  der  von  Arni  Magnüsson  sowohl  als  der  von  Werlauff  vorgeschla- 
genen ,  steht  zunächst  ganz  gleichmässig  das  Bedenken  im  Wege ,  dass 
sie  eine  dreifache  Correctur  des  Datums,  nämlich  des  Monatstages  und 
zweier  Ziffern  der  Jahrzahl  erfordern,  eine  Willkürlichkeit  also  des  Ein- 
greifens, wie  sie  kaum  grösser  gedacht  werden  könnte;  beide  stossen 
aber  überdiess  auch  noch  auf  ihre  besonderen  Schwierigkeiten.  Keine 
unserer  Geschichtsquellen  weiss  Etwas  von  irgendwelchen  Verhandlungen, 
die  im  Jahre  1174  zwischen  dem  König  und  dem  Erzbischofe  stattge- 
funden hätten ,  und  wenn  man  diese  aus  der  Furcht  des  ersteren  vor 
der  eben  damals  unter  Eysteinn  meyla  sich  erhebenden  Parthei  der 
Birkenbeine  erklären  zu  können  glaubte,  so  widerlegt  sich  auch  diese 
Motivirung  sehr  einfach  durch  die  Thatsache,  dass  diese  Parthei  erst 
im  Sommer  des  Jahres  1174  auftratt,  und  während  der  beiden  ersten 
Jahre  ihres  Bestandes  überdiess  als  durchaus  nicht  gefährlich  galt,  so- 
dass ihre  Erhebung  unmöglich  auf  die  Haltung  bestimmend  einwirken 
konnte ,  welche  der  König  bereits  im  Frühlinge  des  genannten  Jahres 
seinem  Erzbischofe  gegenüber  eingenommen  haben  soll. 2)  Umgekehrt 
würde  Werlauff's  Datirung  die  Urkunde  um  ein  volles  Jahr  hinter  des 
Magnus  Krönung  zurückverlegen,  in  eine  Zeit  also,  in  welcher  nach  dem 
Zeugnisse  unserer  Quellen  die  Verhandlungen  zwischen  seinem  Vater 
und  dem  Erzbischofe  noch  gar  nicht  begonnen  hatten,  welche  schliesslich 
zu  jener  Krönung  führten,  und  in  welcher  Magnus  überdiess  noch  ein 
6 — 7jähriges  Kind,  und  somit  nicht  im  Falle  war,  ohne  die  Mitwirkung 
Erling's,  der  für  ihn  die  Reichsregierung  führte,  ein  Document  von 
solcher  Tragweite  ausstellen  zu  können.  Beiden  Datirungen  steht  über- 
diess auch  noch  die  weitere  Thatsache  entgegen,  dass  die  Urkunde  die 
Krönung  des  Magnus  als  bereits  vollzogen,  aber  doch  soeben  erst  voll- 
zogen  bezeichnet,   wie  diess   sogleich  dargelegt  werden  wird;    alles  Mo- 


1)  Ducange,  s.  v.  dominica  und  resurrectio  (ed.  Henschel). 

2)  vgl.  die  sehr  zutreffende  Ausführung  Palud an- Mü  11  er's  üher  diesen  Punkt,  ang.  0.,  S.  276—  79. 


in 

mente,  welche  den  auf  die  Berichtigung  des  Datums  abzielenden  Versuchen 
alle  und  jede  Stütze  entziehen  müssen.  Um  so  mehr  empfiehlt  es  sich, 
einem  von  Munch  zuerst  hingeworfenen,1)  und  dann  von  Paludan-Müller 
aufgegriffenen  und  weiter  ausgeführten  Gedanken 2)  nachzugehen ,  ver- 
möge dessen  unsere  Hs.  des  Documentes  nicht  als  eine  Abschrift  des 
Originales,  sondern  nur  als  eine  Abschrift  eines  Transsumptes  zu  be- 
trachten, und  das  anstössige  Datum  nur  einem  ursprünglich  beigefügten, 
von  dem  späteren  Copisten  aber  weggelassenen  Vidisse  zuzutheilen  wäre. 
Unter  dieser  Voraussetzung  würde  sich  nicht  nur  Tag  und  Jahr  der 
Ausstellung,  sondern  auch  der  Ausstellungsort,  ,,in  vestiario  ecclesise 
Nidrosiensis",  vollkommen  befriedigend  erklären.  Es  würde  sich  näm- 
lich leicht  begreifen  lassen,  dass  Erzb.  Jon,  welcher  gelegentlich  der 
Verhandlungen,  welche  zum  Bergener  Concordate  führten  (1273),  bereits 
mit  Ansprüchen  hervorgetreten  war,  wie  sie  unser  Document  bezeugt, 
und  welcher  dieselben  zwar  in  diesem  Vergleiche  fallen  gelassen ,  aber 
als  dieser  nicht  zu  Bestand  gelangte,  neuerdings  wider  aufgenommen 
hatte,  um  sie  erst  im  Tünsberger  Concordate  nochmals  aufzugeben  (1277), 
gerade  im  Jahre  1276  im  Falle  sein  konnte,  eine  fidimirte  Abschrift 
dieser  Urkunde  produciren  zu  sollen ,  und  es  könnte  auch  in  keiner 
Weise  auffallen,  wenn  das  Transsumpt  eines  Originales,  das  in  des  Erz- 
bischofes  Archiv  liegen  musste,  weil  es  in  einem  an  einen  seiner  Vor- 
gänger gerichteten  Briefe  bestand,  gerade  in  der  Sacristei  seiner  Metro- 
politankirche  ausgestellt  wurde.  Auch  die  Bezeichnung  „Actum",  nicht 
„Datum"  würde,  wie  Paludan-Müller  ganz  richtig  bemerkt  hat,  eher 
einem  Transsumpte  als  einem  Originalbriefe  entsprechen,  und  wenn  zwar 
die  sonst  am  Eingange  und  am  Schlüsse  von  Transsumpten  sich  findenden 
Formeln  hier  fehlen ,  so  ist  doch  darauf  kaum  ein  entscheidender  Werth 
zu  legen,  da  ja  diese  recht  wohl  bei  dem  flüchtigen  Nemen  einer  Copie 
durch  den  Schreiber  unserer  Hs.  erst  weggelassen  worden  sein  mögen. 
In  der  That  bezeichnet  Hvitfeld's  Hs. ,  wie  sich  aus  Jon  Sigurösson's 
Abdruck  ergiebt,3)  unser  Document  ausdrücklich  als  ein  „Transscriptum 


1)  ang.  0.,  III,  S.  187,  Anm. 

2)  ang.  0.,  S.  279—82.    Auch  Ebbe  Hertzberg  und  der  Recensent  Zorn's  haben   sich  dieser  Ver- 
rnuthung  angeschlossen. 

3)  Diplom,  island.,  I,  S.  226,  Anm.  1. 


112 

de  subiectione  regni  Norw.  corone  facta  beato  Olavo  et  Ecclesie  Nidro- 
siensi  per  regem  magnum  primum  coronatum",  was  denn  doch  darauf 
schliessen  läset,  dass  Hvitfeld  selbst  oder  einer  seiner  Vorgänger  in 
dem  copirten  Exemplare  noch  Formeln  vorgefunden  hatte,  welche  das- 
selbe als  ein  bloses  Transsümpt  bezeichneten. 

Man  sieht,  die  Richtigkeit  der  bisherigen  Schlussfolgerung  zuge- 
geben ,  verschwindet  sofort  jeder  von  der  Datirung  unserer  Urkunde 
hergenommene  Einwand  gegen  deren  Aechtheit.  Diese  Urkunde  ist 
solchenfalls  vielmehr  gar  nicht  datirt,  was  auch  nicht  auffallen  kann, 
da  nach  Lange's  Zeugniss  den  ältesten  norwegischen  Urkunden  regel- 
mässig die  Angabe  des  Ortes  und  der  Zeit  fehlt,  welche  erst  seit  der 
Mitte  des  13.  Jahrhunderts  mehr  und  mehr  üblich  wurde.1)  Wir  haben 
von  K.  Häkon  Sverrisson,2)  K.  Philippus,3;  K.  Häkon  gamli,4)  K.  Magnus 
lagabcetir5)  undatirte  Urkunden ;  warum  sollte  da  nicht  auch  eine  solche 
von  K.  Magnus  Erlingsson  vorliegen  können?  Lediglich  aus  inneren 
Gründen  wird  demnach  sowohl  die  Entstehungszeit  als  auch  die  Aechtheit 
oder  Unächtheit  unserer  Urkunde  festgestellt  werden  können ;  aber  aller- 
dings erheben  sich  auch  von  diesem  Standpunkte  aus  schwere  Bedenken 
gegen  deren  Authenticitast. 

Zunächst  weist  der  ganze  Inhalt  der  Urkunde  unverkennbar  darauf 
hin,  dass  deren  Ausstellung  im  engsten  Zusammenhange  mit  der  Krön- 
ung des  K.  Magnus  stehend,  und  dass  sie  speciell  dieser  letzteren  un- 
mittelbar nachfolgend  gedacht  ist.  Die  Eingangsworte  des  Schreibens: 
„Quoniam  communicato  sapienciorum  consilio  dominatum  et  diadema 
regni  huius  .  inuocato  spiritu  sancto  .  vestre  manus  imposicione  .  r  eueren  de 
pater  Augustine  .  de  manu  domini  suscepimus",  deuten  denn  doch  ganz 
unzweifelhaft  darauf  hin,  dass  die  kirchliche  Krönung  des  Ausstellers 
der  Urkunde  bereits  vollzogen,  und  zwar  durch  Erzb.  Eysteinn  vollzogen 
war,  als  diese  letztere  ausgestellt  wurde,  und  auch  die  später  nachfol- 
genden Worte:    ,,ln  perpetue  quoque  subieccionis  testimonium  .  hoc  pro 


1)  Diplom,  norveg.,  I,  2,  S.  XXV. 

2)  ebenda,  VIII,  nr.  5,  S.  7-8. 

3)  ebenda,  I,  nr.  3,  S.  3.  , 

4)  ebenda,  I,  nr.  51,  S.  38—39;  II,  nr.  5,  S.  5—6;  III,  nr.  1,  S.  1—2;  V,  nr.  1—3,  S.  1-  3. 

5)  ebenda,  I,  nr.  60,  S.  49—50. 


113 

me  et  pro  omnibus  meis  catholicis  successoribus  priuilegium  huic  me- 
tropolitane  ecclesie  concedo  et  literis  meis  sigillatis  confirmo,  ut  post 
vocacionem  meam  regale  diadema  et  meum  .  quod  hodiema  die  sacro  altari 
in  confirmacionem  offero  .  et  omnium  mihi  succedencium  .  presenti  delegetur 
ecclesie",  dürfen  in  keinem  anderen  Sinne  verstanden  werden.  Paludan- 
Müller  hat  sich  freilich  dadurch  beirren  lassen,1)  dass  der  wirkliche 
Anfall  der  Krone  an  die  Metropolitankirche  erst  mit  dem  Ableben  des 
Königs  eintreten  soll,  und  dass  überdiess  K.  Magnus  nachweisbar  noch 
lange  nach  seiner  Krönung  im  Besitze  seiner  Krone  war,  soferne  diese 
im  Jahre  1183  von  K.  Sverrir  zu  Bergen  erbeutet  wurde,2)  und  er  hat 
darum  die  letzteren  Worte  auf  die  am  Ausstellungstage  der  Urkunde 
erfolgte  Niderlegung  der  Krone  auf  den  Altar  beziehen  wollen,  damit 
sie  der  junge  König  geweiht  aus  des  Erzbischofes  Hand  zurückempfange; 
indessen  dürfte  diese  Auslegung  sowohl  dem  feststehenden  Sprachge- 
brauche bezüglich  des  Wortes  offerre ,  als  auch  dem  unzweideutigen 
Sinne  jener  früheren  Worte  widersprechen,  und  andererseits  das  Bedenken, 
dass  doch  nicht  wohl  gleichzeitig  von  einem  sofortigen  (hodierna  die) 
Opfern  der  Krone  und  von  einem  Verfallen  derselben  an  die  Kirch 
nach  dem  Tode  des  Opfernden  (post  vocationem  meam)  gesprochen 
werden  könne,  sich  durch  die  Bemerkung  erledigen,  dass  ja  auch  ein 
sofortiges  Opfern  der  Krone  den  Vorbehalt  ihres  Gebrauches  auf  Lebenszeit, 
und  die  Verschiebung  ihrer  wirklichen  Aushändigung  an  die  Kirche  bis 
zur  Zeit  des  Ablebens  des  Schenkers  keineswegs  ausschliesst.  Auch 
die  Bezugname  auf  das  zahrte  Alter  des  Königs  und  die  religiösen  Be- 
trachtungen über  die  schwere  Verantwortung,  welche  dieser  mit  seiner 
Krone  übernimmt,  zwingen  zu  der  Anname,  dass  unsere  Urkunde  un- 
mittelbar nach  der  Krönung  ausgestellt  sein  will,  und  wenn  uns  zwar 
nicht  ausdrücklich  gesagt  wird,  dass  deren  Ausstellung  noch  am  Krön- 
ungstage selbst  erfolgt  sei,  so  passt  doch  die  Opferung  der  Krone  un- 
mittelbar nach  ihrem  Empfang  ganz  vortrefflich  zu  dem  Gedankengange 
und  der  Stimmung,  welche  allein  zu  jenem  Opfern  derselben  führen 
konnten,    und    auch    die  Ausstellung    der  Urkunde    an    einem    Ostertage 


1)  ang.  0.,  S.  282-3. 

2)  Sverris  s.,  cap.  78,  S.  193. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  1 5 


114 

weist  im  Zusammenhalte  mit  dem  feststehenden  Gebrauche,  solche  feier- 
liche Acte  nur  an  hohen  Festtagen  vorzunemen, ])  auf  den  Tag  der 
Krönung  als  auf  den  Tag,  an  welchem  die  Urkunde  ausgefertigt  wurde. 
Will  man  aber  auch  diese  letzteren  Schlussfolgerungen  nicht  als  hin- 
reichend bündig  anerkennen ,  will  man  sogar  mit  Paludan-Müller  die 
Oblation  der  Krone  auf  eine  blose  Hingabe  derselben,  um  sie  weihen  zu 
lassen,  deuten ,  so  hätte  doch  auch  diese  letztere  wohl  nur  am  Krön- 
ungstage selbst  ei  folgen  können,  und  bliebe  jedenfalls  keine  Möglichkeit, 
die  Ausstellung  der  Urkunde  sich  von  diesem  letzteren  durch  eine  grös- 
sere Zeitfrist  getrennt  zu  denken.  Gerade  dieser  Umstand  begründet 
nun  aber  eine  erste,  schwer  zu  beseitigende  Schwierigkeit.  Der  Ostertag 
ist,  wie  schon  mehrfach  zu  bemerken  war,  in  unserer  Urkunde  als  der 
Tag  ihrer  Ausstellung  bezeichnet,  und  zugleich  wird  Niöaros,  wie  nun- 
mehr beizufügen  kommt,  als  der  Ort  genannt,  an  welchem  ihre  Aus- 
fertigung erfolgte.  Nicht  nur  die  Ueberschrift  des  Documentes  bezeichnet 
den  K.  Magnus  als  den  ,,qui  primus  coronatus  Nidrosise",  sondern  auch 
dessen  Text  spricht  von  einer  „huic  metropolitane  ecclesie"  gemachten 
Schenkung,  welche  ,,presenti  delegetur  ecclesie",  und  bezeichnet  durch 
Ausdrücke  wie  „presenti  ecclesie",  ,,hanc  ecclesiam",  „hec  metropolitana 
(sc.  ecclesia)",  „huic  ecclesie"  stets  die  Domkirche  zu  Drontheim,  was 
denn  denn  doch  nur  unter  der  Voraussetzung  verständlich  ist,  dass  die 
Urkunde  eben  in  dieser  Stadt  ausgefertigt  wurde.  Bei  dem  zwischen 
der  Ausstellung  der  Urkunde  und  der  Krönung  bestehenden  engen  Zu- 
sammenhange muss  die  Stadt  Niöarös  und  die  Osterzeit  selbstverständlich 
auch  als  Ort  und  Zeit  dieser  letzteren  verstanden  werden ;  aus  den  Ge- 
schichtsquellen dagegen  ergiebt  sich  mit  vollster^  Bestimmtheit,  dass  die 
Krönung  des  K.  Magnus  in  Bergen  vor  sich  gieng,  und  dass  sie  jeden- 
falls erst  spät  im  Sommer,  vielleicht  sogar  erst  im  Herbste  erfolgte. 
Munch's  Vermuthung  freilich,  dass  dieselbe  erst  am  8.  September  vor 
sich  gegangen  sei,2)  stützt  sich  nur  auf  die  doppelte  Thatsache,  dass 
Brandr  Ssemundarson,  welcher  bei  der  Krönung  anwesend  war,   an  diesem 


1)  vgl.  z.  B.  wegen  der  konungstekja  die  Hirffskrä,  §.  5;  wegen  der  Krönung  K.  Häkon's  die 
Häkonar  s.  gamla,  cap.  252,  S.  13;  wegen  der  des  K.  Magnus  lagaboetir  die  Magnüss  s. 
lagaboetis,  S.  162-3,  und  dazu  Munch,  IV,  1,  S,  541. 

2)  ang.  0.,  II,  S.  933,  Anm.  1.  und  S-  939. 


115 

Tage  zum  Bischöfe  von  Hölar  auf  Island  geweiht  wurde,1)  und  dass  der 
Tag,  als  das  Fest  der  Geburt  Mariae,  zur  Vorname  der  Krönung  ganz 
passend  erscheinen  konnte,  wogegen  ihr  die  übereinstimmende  Angabe 
der  Hüngrvaka  und  der  isländischen  Annalen  im  Wege  steht,  nach 
welcher  B.  Björn  Gilsson  von  Hölar  am  20.  October  1162  starb,  Brandr 
im  folgenden  Sommer,  also  1163,  zu  seinem  Nachfolger  gewählt  wurde, 
sofort  nach  Norwegen  hinüber  gieng  und  dort  am  8.  September,  wie 
es  scheint  in  Niöarös,  die  Weihe  empfieng,  hierauf  in  Bergen  überwinterte, 
und  erst  im  folgenden  Sommer,  also  1164,  nach  Island  heimkehrte,  so- 
dass also  seine  Weihe  um  etwa  ein  Jahr  vor  der  Krönung  des  Königs 
stattfand.  Es  stimmt  mit  dieser  letzteren  Darstellung  auch  recht  wohl 
überein,  dass  nach  der  Heimskringla  und  den  ihr  folgenden  Königssagen 
Brandr  die  Bischofsweihe  bereits  empfangen  hatte,  als  die  Königskrönung 
vor  sich  gieng,  was  man  doch  nur  gezwungen  mit  Munch  auf  eine  an 
demselben  Tage  mit  letzterer  vollzogene  Handlung  beziehen  könnte; 
aber  immerhin  lassen  diese  Bedenken  gegen  Munch's  Anname  die  That- 
sache  unberührt,  dass  die  Krönung  jedenfalls  nicht  früher  als  tief  im 
Sommer  stattgefunden  haben  kann.  Die  Fagrskinna  sagt  von  dem 
Reichstage,  auf  welchem  die  Krönung  beschlossen  und  vollzogen  wurde, 
,,var  sä  fundr  lagör  um  sumarit  i  Björgvin",2)  und  die  anderen  Königs- 
sagen lassen  den  Erling  erst  ,,lengi  um  värit"  in  Tünsberg  sich  aufhalten, 
dann  ,,er  sumraöi"  nach  Bergen  gehen,  hier  längere  Berathungen  mit 
dem  Erzbischofe  pflegen,  an  welche  sich  wider  Verhandlungen  des  letzteren 
mit  seinen  Bischöfen  u.  s.  w.  knüpfen,  endlich  die  Vorbereitungen  für 
die  Krönung  treffen.3)  Beide  Berichte  versetzen  demnach  übereinstim- 
mend die  Krönung  nach  Bergen  und  in  die  spätere  Hälfte  des  Sommers, 
wenn  nicht  in  eine  noch  spätere  Jahreszeit,  und  man  könnte  somit  etwa 
an  eines  der  beiden  Feste  des  heil.  Olafs  als  des  königl.  Schutzpatrones 
des  Landes  denken  (29.  Juli  oder  3.  August),  wenn  man  sich  nach 
einem  für  die  Festlichkeit  passenden  Feiertage  umsehen  wollte;   vielleicht 


1)   Hüngrvaka,  cap.  18,  S.  83.    Vgl.  übrigens  auch  Jon  Sigurftsson,  im  Diplom,  island.,  I, 

S.  224. 
2i   Fagrsk  ,   §.  268,  S.  180. 
3)   Heimskr.  Magnuss  s.  Erh'ngsso  nar,  cap.  21—22,  S.  795-7;   FMS.,  VII,  cap.  13— 14, 

S.  305-7. 

15* 


116 

ist  aber  auch  die  Angabe  nicht  unbeachtet  zu  lassen ,  welche  sich  in 
„Bergens  Rimkrönike  1560"  (bei  Nicolassen,  Norske  Magasin,  I,  S.  20) 
findet,  wonach  der  Bergener  Herrentag  auf  Laurentius,  d.  h.  den  10  August, 
fiel.  —  Den  Widerspruch,  in  welchem  die  Angaben  unserer  Urkunde 
über  Ort  und  Zeit  ihrer  Ausstellung  mit  den  Berichten  unserer  Geschichts- 
quellen über  Ort  und  Zeit  der  Krönung  K.  Magnus  Erlingsson's  hiernach 
unleugbar  stehen,  hat  nun  Paludan- Müller  durch  eine  eigenthümliche 
Vermuthung  zu  beseitigen  gesucht,1)  welche  sowohl  bei  Ebbe  Hertzberg2) 
als  bei  dem  Recensenten  der  Historischen  Zeitschrift3)  Anklang  gefunden 
hat,  mir  jedoch  in  keiner  Weise  einleuchten  will.  Er  geht  nämlich  von 
der  Anname  aus,  dass  man  in  unserer  Urkunde  nur  einen  Entwurf  zu 
einer  Uebereinkunft  zu  sehen  habe,  welcher  vom  Erzbischofe  dem  Könige, 
oder  vielmehr  dessen  Vater,  schon  geraume  Zeit  vor  der  Krönung  mit- 
getheilt  worden  sei,  in  einer  Zeit  also,  in  welcher  die  Unterhandlungen 
noch  in  der  Schwebe  waren,  die  später  zu  dieser  Krönung  führten;  von 
Erling  zurückgewiesen,  und  somit  ohne  alle  rechtliche  Bedeutung  ge- 
blieben ,  sei  dieser  Entwurf  dann  hinterher  von  Erzb.  Jon  in  seinem 
Archive  vorgefunden,  und  weil  er  ihn  für  eine  wirklich  vollzogene  Ur- 
kunde hielt,  gelegentlich  seiner  Verhandlungen  mit  K.  Magnus  lagaboetir 
als  solche  benützt  worden.  Mir  meinerseits  erscheint  nun  aber  geradezu 
undenkbar,  dass  Erzb.  Eysteinn  einem  von  ihm  ausgehenden  Entwürfe 
die  Form  nicht  einer  Punctation,  sondern  eines  von  K.  Magnus  an  ihn 
selbst  gerichteten  Schreibens  gegeben,  und  dass  er  in  diesem  Schreiben 
die  Krönung,  deren  Vollzug  einen  Hauptgegenstand  der  Unterhandlungen 
bildete,  als  bereits  erfolgt,  und  sogar  als  an  einem  ganz  bestimmt  be- 
zeichneten Tage  erfolgt  besprochen  haben  sollte;  der  Erzbischof  musste 
denn  doch  wissen,  dass  deren  Vollzug  an  dem  betreffenden  Tage  durch 
die  verschiedenartigsten  Zufälligkeiten  vereitelt  werden  konnte,  und 
auch  abgesehen  hievon  ist  es  denn  doch  schon  an  und  für  sich  sehr 
wenig  wahrscheinlich ,  dass  man  sich  zu  einer  Zeit  bereits  über  die 
Wahl    des    Krönungstages    sollte    schlüssig   gemacht    haben ,    in    welcher 


1)  ang.  0.,  S.  284-89. 

2)  ang.  0,  S.  134,  Anm. 

3)  ang.  0.,  S.  641. 


117 

noch  keine  Einigung  hinsichtlich  der  Bedingungen  erzielt  war,  unter 
welchen  die  Krönung  überhaupt  ertheilt  werden  wollte.  Ebenso  un- 
denkbar scheint  mir  ferner,  dass  der  sonst  so  umsichtige  Erzbischof 
ein  so  wichtiges  Schreiben  lediglich  auf  des  Königs  Namen  gestellt 
haben  sollte,  ohne  des  Reichsregenten  Erling  Namen  in  demselben  auch 
nur  zu  nennen,  während  ihm  doch  unmöglich  entgehen  konnte,  dass 
die  von  einem  Kinde  ohne  alle  Mitwirkung  seines  Vaters  und  Vormundes 
übernommenen  Verpflichtungen  ohne  alle  und  jede  rechtliche  Geltung 
waren.  Den  Krönungseid  Hess  man  nach  dem  ausdrücklichen  Zeugnisse 
der  Geschichtsquellen  neben  K.  Magnus  auch  noch  von  Erling  und  12 
weiteren  Landherren  abschwören ;  sollte  man  sich  da  gelegentlich  der 
Ausfertigung  einer  so  inhaltsschweren  Handfeste  mit  dem  blosen  Nanuen 
des  königlichen  Kindes  begnügt  haben?  Endlich  wüsste  ich  mir  auch 
nicht  zu  erklären,  wie  ein  vom  Erzbischofe  ausgegangener,  von  der 
Gegenparthei  aber  verworfener  Vorschlag  wider  in  des  ersteren  Hand 
zurückgelangt,  und  ein  volles  Jahrhundert  über  im  erzbischöflichen 
Archive  zwar  sorgfältig  aufbewahrt,  aber  auch  völlig  unbeachtet  gelassen 
worden  sein  sollte,  um  dann  plötzlich  nach  so  langer  Frist  eben  zur 
rechten  Zeit  wider  entdeckt,  aber  in  seiner  Bedeutung  völlig  verkannt, 
sofort  als  Beweismittel  dem  Königthume  gegenüber  verwendet  zu  werden? 
Lässt  man  aber  diesen  zu  den  abenteuerlichsten  Voraussetzungen  drän- 
genden, und  darum  wenig  gedeihlichen  Erklärungversuch  fallen,  so  muss 
sich  auch  sofort  der  Verdacht  regen,  dass  die  Widersprüche,  welche 
zwischen  unserer  Urkunde  und  den  Angaben  der  Geschichtsquellen  be- 
stehen, überhaupt  nicht  zu  heben  seien,  dass  vielmehr  die  erstere  ledig- 
lich als  eine  Fälschung  zu  betrachten  sei,  welche  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  erst  auf  Betrieb  des  Erzb.  Jon  und  in  der  Absicht  gemacht  wurde, 
um  gelegentlich  der  mit  K.  Magnus  lagabcetir  geführten  Concordats- 
verhandlungen  ein  Beweismittel  für  die  erhobenen  Ansprüche  zu  gewinnen, 
zu  derselben  Zeit  also,  auf  welche  das  Datum  des  Yidisse  hinweist.  In 
der  That  hat  bereits  Thorkelin  diesen  Verdacht  ausgesprochen,  Munch 
nach  mehrfachem  Schwanken  denselben  für  begründet  erklärt,  und 
neuerdings  auch  Zorn   sich  zu  derselben  Auffassung  bekannt; J)  es  wird 


1)   ang.  0.,  S.  106;  vgl.  oben,  S.  108—9. 


118 

nun  zu  prüfen  sein,  wieweit  derselbe  durch  Form  und  Inhalt  unserer 
Urkunde  bestärkt  werde,  oder  nicht,  und  mag  dabei  mit  der  Untersuchung 
ihres   Inhaltes  begonnen  werden. 

Es  enthält  aber  die  Urkunde  in  ihrer  ersten  Hälfte,  eingekleidet 
in  eine  Fülle  der  schwülstigsten  frommen  Betrachtungen ,  die  für  uns 
in  erster  Linie  bedeutsame  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil.  Olaf, 
und  weiterhin  die  Zusicherung  des  Kronenopfers,  und  lauten  die  be- 
züglichen Bestimmungen  folgendermassen :  x)  „Deo  namque  in  hac  die 
gloriose  resurreccionis  me  cum  regno  in  perpetuum  et  glorioso  martyri 
regi  Olao  .  cui  integraliter  speciali  deuocione  secundo  post  dominum  . 
regnum  assigno  Norwegie  .  et  huic  regno  .  quantum  deo  placuerit  .  velut 
eiusdem  gloriosi  martyris  possessioni  hereditarie  .  sub  eius  dominio  . 
tamquam  suus  vicarius  et  ab  eo  tenens  possidebo",  und  weiterhin :  ,,In 
perpetue  quoque  subieccionis  testimonium  .  hoc  pro  me  et  pro  omnibus 
meis  catholicis  successoribus  priuilegium  huic  metropolitane  ecclesie 
concedo  et  literis  meis  sigillatis  confirmo .  ut  post  vocacionerh  meain 
regale  diadema  et  meum  .  quod  hodierna  die  sacro  altari  in  confirmacionem 
offero  .  et  omnium  mihi  succedencium  .  presenti  delegetur  ecclesie".  In 
ihrer  zweiten  Hälfte  bespricht  die  Urkunde  sodann  noch  eine  Reihe 
einzelner ,  mit  jenem  er&teren  Punkte  in  keiner  Beziehung  stehender 
Privilegien  ,  und  soll  hier  zunächst  nur  ihre  erste  Hälfte  in  Erwägung 
gezogen  werden.  Da  fällt  nun  sofort  der  grosse  Unterschied  auf,  welcher 
zwischen  dem  Inhalte  unserer  Urkunde  und  dem  jener  in  Gj>L.  §.  2 
eingestellten  Novelle  besteht,  die  oben  besprochen  worden  ist.  Die  No- 
velle regelt  lediglich  das  in  einem  Thronerledigungsfalle  einzuhaltende 
Verfahren.  Sie  stellt  dieses  ganz  unter  die  Obhut  des  Erzbischofes, 
raümt  diesem  und  seinen  Suffraganen  auch  einen  sehr  bedeutenden  Eiri- 
Üus8  auf  die  Bestimmung  des  Thronfolgers  ein,  und  ordnet  die  Opferung 
der  Krone  des  verstorbenen  Königs  „fyrir  säl  hans"  an;  von  irgend- 
welchen weiteren  Zugeständnissen  an  die  Kirche,  und  insbesondere  von 
einer  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil.  Olaf  ist  dagegen  mit  keiner 
Sylbe  in  derselben  die  Rede.     Umgekehrt    spricht  unser  Document  von 


1)  Diplom,  island.,  I,  S.  227. 

2)  ebenda,  S.  228. 


119 

der  Thronfolgeordnung  und  dem  ganzen  Verfahren  in  Thronerledigungs- 
fällen nicht  mit  einem  Worte,  sondern  lediglich  von  der  Schenkung  des 
Reichs  an  den  heil.  Olaf,  die  es  in  den  unzweideutigsten  Worten  aus- 
spricht; es  verfügt  ferner  zwar  ebenfalls  die  Opferung  der  Krone  eines 
jeden  Königs  nach  seinem  Ableben ,  aber  mit  dem  ausdrücklichen  Bei- 
fügen, dass  dieselbe  „in  perpetuse  subjectionis  testimonium"  zu  erfolgen 
habe.  So  leicht  sich  nun  begreift,  dass  jene  ganze  Reihe  von  Privilegien, 
welche  der  zweite  Theil  unserer  Urkunde  enthält,  nicht  in  die  Gj»L. 
übergegangen  ist,  in  welche  man  ja  nicht  den  ganzen  Inhalt  eines  Pri- 
vilegienbriefes, sondern  nur  den  Theil  desselben  einzustellen  veranlasst 
sein  konnte,  welcher  sich  auf  die  Thronfolge  bezog,  so  bleibt  doch  im- 
merhin bedenklich,  dass  das  Rechtsbuch  von  der  Schenkung  des  Reichs 
an  den  heil.  Olaf  keine  Notiz  nimmt,  die  doch  den  König  zum  Lehns- 
manne  des  Landesheiligen,  oder  in  Wahrheit  seines  eigenen  Erzbischofes 
'machte,  also  staatsrechtlich  sicherlich  von  der  höchsten  Bedeutung  war. 
Bedenklicher  noch  ist,  dass  die  Urkunde  umgekehrt  auch  der  neuen 
Thronfolgeordnung  keine  Erwähnung  thut,  während  doch  der  Einfluss, 
welchen  diese  der  Praelatur  auf  die  Besetzung  des  Thrones  einräumt, 
diese  als  eines  der  wichtigsten  Zugeständnisse  an  den  Erzbischof  er- 
scheinen lassen  musste,  wie  denn  auch  wirklich  um  ein  Jahrhundert 
später  Erzb.  Jon  die  ihm  gebührende  Stimme  bei  der  Königswahl  mit 
gleicher  Entschiedenheit  wie  die  Lehnsherrlichkeit  über  das  Königthum 
und  das  Kronenopfer  in  Anspruch  nimmt.  Am  Anstössigsten  ist  end- 
lich, dass  dieses  Kronenopfer  zwar  in  der  Urkunde  und  in  der  Novelle 
gleichmässig  widerkehrt,  dass  dasselbe  aber  hier  als  eine  einfache  Seel- 
gabe, dort  dagegen  als  ein  Zeichen  der  Unterwerfung  des  Königthumes 
unter  den  Schutzheiligen  der  Metropolitankirche  bezeichnet,  also  hier 
und  dort  in  ganz  verschiedener  Weise  gedeutet  wird.  Mit  vollem  Recht 
macht  Paludan -Müller,  um  zunächst  von  diesem  letzteren  Punkte  zu 
sprechen,  darauf  aufmerksam,1)  welch'  gewaltiger  Unterschied  zwischen 
dieser  und  jener  Auffassung  des  Kronenopfers  besteht;  mit  nicht  min- 
derem Rechte  macht  aber  andererseits  auch  wider  Ebbe  Hertzberg  ihm 


1)  ang.  0.,  S.  273. 


120 

selbst  gegenüber  geltend,1)  wie  es  geradezu  unmöglich  sei  anzunemen, 
dass  dieses  Opfer  in  einem  früheren  erzbischöflichen  Entwürfe  wirklich 
als  ein  Zeichen  der  Lehn  barkeit  der  Krone  gefordert,  hinterher  aber, 
nachdem  jener  Entwurf  und  mit  ihm  die  ganze  Unterwerfung  des  Reichs 
unter  die  Kirche  von  Erling  zurückgewiesen  worden  war,  dennoch  in 
einem  von  K.  Magnus  sanctionirten  Gesetze  beibehalten,  aber  nur  noch 
in  der  ganz  anderen  Bedeutung  einer  Seelgabe  beibehalten  worden  sei. 
Es  ist  klar,  dass  Seitens  des  Königthumes  das  Kronenopfer,  wenn  es 
erst  einmal  vom  Erzbisthume  als  ein  Zeichen  der  Unterwerfung  in  Vor- 
schlag gebracht  worden  war,  schlechterdings  nicht  mehr  zugestanden 
werden  konnte,  soferne  man  nicht  ebendamit  diese  Unterwerfung  selbst 
zugestehen  wollte;  aber  freilich  wird  dadurch  Hertzberg's  eigene  Auf- 
fassung des  Sachverhaltes  um  Nichts  glaubhafter,  nach  welcher  die  in 
das  Rechtsbuch  eingerückte  Novelle  im  Grunde  auch  eine  Schenkung 
des  Reichs  an  die  Kirche  enthalten  hätte,  nur  dass  man  sich  gescheut' 
habe,  der  Öffentlichkeit  gegenüber  die  unverhüllte  lehnrechtliche  Ter- 
minologie zu  gebrauchen.  Meines  Erachtens  steht  dieser  letzteren  An- 
name,  und  überhaupt  der  ganzen  Auffassung  unserer  Urkunde  als  eines 
blosen  vorläufigen  Entwurfes ,  schon  die  einfache  Thatsache  im  Wege, 
dass  Erlingr  unmöglich  in  demselben  Zeitpunkte,  in  welchem  er  sich 
stark  genug  fühlte  den  ihm  zugemutheten  Auftrag  des  Reiches  zu  einem 
Lehen  der  Kirche  zu  verweigern ,  sich  zugleich  schwach  genug  zeigen 
konnte,  die  unbedingte  Erblichkeit  der  königlichen  Würde  preiszugeben, 
und  die  Besetzung  des  Thrones  ganz  und  gar  vom  Willen  der  Prselatur 
abhängig  zu  machen ,  während  doch  dieses  für  seine  Dynastie  wie  für 
das  Reich  so  schwerwiegende  Zugeständniss  ihm  nicht  einmal  in  dem 
erzbischöflichen  Entwürfe  angesonnen  worden  war.  —  Ganz  anders  stellt 
sich  dagegen  die  Sache,  wenn  wir  annemen,  dass  nur  der  Inhalt  der 
Novelle  acht,  der  Königsbrief  dagegen  eine  spätere  Fälschung  sei.  Unter 
dieser  Voraussetzung  erklärt  sich  der  Widerspruch  zwischen  beiden  Do- 
cumenten  sehr  einfach  aus  den  Umständen  und  Bedürfnissen,  unter 
welchen  und  wegen  welcher  die  Fälschung  begangen  wurde.  Thatsächlich 
stand  hiernach  die  Sache  so,   dass  der  junge  König,    sei  es  nun   unmit- 


1)    ang.  0.,  S.  135,  Änm. 


121 

telbar  nach  seiner  Krönung,  oder  doch  in  einem  nur  wenig  späteren 
Zeitpunkte,  gelobte,  dass  seine  Krone  nach  seinem  Tode  zur  Ehre  Gottes 
und  des  heil.  Olafs,  dann  zum  Besten  seiner  Seele,  in  der  Metropolitan- 
kirche  geopfert,  und  dass  das  gleiche  Opfer  auch  nach  dem  Tode  jedes 
seiner  Nachfolger  daselbst  dargebracht  werden  sollte.  Das  war  lediglich 
ein  Act  christlicher  Demuth ,  ganz  desselben  Schlages  wie  die  von  K. 
Knut  dem  Mächtigen  erzählte  Geschichte,  nach  welcher  dieser  seine 
eigene  Krone  einem  Bildnisse  des  gekreuzigten  Heilandes  aufgesetzt, 
und  seitdem  niemals  mehr  eine  solche  getragen  haben  sollte;  *)  dass  in 
unserem  Falle  das  Gelübde  nicht  auf  die  eigene  Person  des  Gelobenden 
beschränkt,  sondern  auch  noch  auf  dessen  Nachfolger  erstreckt  wurde, 
kann  hieran  Nichts  ändern,  und  an  einen  Lehnsauftrag  ist  somit  dabei 
in  alle  Weite  nicht  zu  denken.  Aber  freilich,  wie  man  die  Kaiserkrönung 
Karls  des  Grossen  kirchlicherseits  seinerzeit  dazu  benützte,  um  die 
Kaiserwürde  als  eine  vom  Papst  aus  eigenem  Rechte  verliehene  und 
darum  auch  von  ihm  abhängige  hinzustellen,  so  konnte  man  ja  auch 
in  Norwegen  sich  beigehen  lassen ,  den  Krönungsact  unter  diesen  Ge- 
sichtspunkt zu  bringen,  und  wenn  diess  erst  geschehen  war,  Hess  sich 
ja  wohl  auch  dem  Kronenopfer  hinterher  eine  andere  Bedeutung  unter- 
schieben, als  welche  es  ursprünglich  gehabt  hatte.  'Der  Umstand,  dass 
K.  Olaf  zugleich  als  der  Schöpfer  und  Urquell  alles  Rechts  im  Lande 
und  als  dessen  erster  Heiliger  und  Schutzpatron  betrachtet  wurde, 
während  zugleich  die  Metropolitankirche.  in  Drontheim,  in  welcher  die 
Krone  zu  opfern  war,  ihm  geweiht  war,  musste  sich  einer  solchen  Um- 
wandlung der  Auffassung  dieses  Opfers  ohnehin  günstig  erweisen,  und 
wenn  das  drönter  Landrecht  bei  Blutvergiessen  in  dieser  Kirche  Buss- 
bezüge  sich  gegenüberstellt,  welche  ,,hinn  helgi  Olafr  konüngr"  und 
welche  ,,jarölegr  konüngr"  zu  beanspruchen  haben  soll,2)  oder  wenn 
eine  norwegische  Chronik,  welche  zwar  selbst  meines  Erachtens  erst 
der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  angehört,  aber  jedenfalls  aus 
weit  älteren  Materialien  geschöpft  hat,  den  heil.  Olaf  kurzweg  als  „per- 


1)  So  nach  Heinrich  von  Huntingdon,  histor.  Arglorum,  VI,  S.  758    (Monumenta  historica 
Britannica). 

2)  FrJ>L.,  II,  §.  10. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  1 6 


122 

petuus  rex  Norwegise"  bezeichnet, J)  so  ist  damit  der  Weg  bereits  deut- 
lich gezeigt,  auf  welchem  dieselbe  vorzuschreiten  hatte.  So  begreift 
sich  denn  recht  wohl,  dass  gelegentlich  der  Verhandlungen,  welche  in 
den  Jahren  1273  und  1277  zum  Abschlüsse  des  Concordates  von  Bergen, 
dann  von  Tünsberg  führten,  Erzb.  Jon  sich  nicht  nur  auf  die  Thron- 
folgeordnung von  1164,  sondern  auch  auf  jene  angebliche  Schenkung 
des  Reichs  an  den  heil.  Olaf  und  auf  das  Kronenopfer  als  auf  ein  äus- 
seres Zeichen  dieser  letzteren  berufen  konnte.  Bezüglich  der  Thron- 
folgeordnung hatte  er  wirklich  den  Beschluss  des  Bergener  Reichstages 
von  1 1 64 ,  und  dessen  Sanctionirung  am  Gula]>inge  und  Frostu]?inge, 
wenn  nicht  gar  an  allen  4  Lögdingen  für  sich  anzuführen;  bezüglich 
der  Reichsschenkung  und  der  zwischen  ihr  und  dem  Kronenopfer  be- 
stehenden Verbindung  dagegen  stützte  er  sich  im  Grunde  nur  auf  eine 
traditionelle  Auslegung,  welche  die  Kirche,  ganz  mit  Unrecht,  den  Vor- 
gängen des  Jahres  1164  gab,  wenn  er  auch  bezüglich  beider  Punkte 
auf  ein  Privileg  des  K.  Magnus  sich  berief.  Die  Verschiedenheit  der 
in  dieser  und  in  jener  Beziehung  vom  Erzbischofe  angezogenen  Beweis- 
behelfe tritt  in  seinen  Worten  sehr  deutlich  hervor,  soferne  er  für  die 
Schenkung  des  Reichs  und  das  ,,in  signum  perpetuse  subjectionis"  ge- 
lobte Kronenopfer  auf  das  Privileg  des  K.  Magnus ,  dagegen  bezüglich 
der  ihm  bei  der  Königswahl  zustehenden  Rechte  auf  eine  ,,constitutio 
antiqua  patriae"  Bezug  nimmt;  .  nicht  minder  deutlich  spricht  sich  die 
gleiche  Duplicitset  der  Begründung  aber  auch  in  den  Einwendungen 
aus ,  welche  der  König  gegen  das  Vorbringen  seines  Erzbischofes  zu 
machen  hat.  Der  König  stellt  zunächst  das  Kronenopfer  mit  der  Ver- 
wandlung des  Reichs  in  ein  Wahlreich  zusammen,  nicht  mit  dessen 
Schenkung  an  die  Kirche,  und  er  wendet  in  Bezug  auf  jene  ersteren 
beiden  Punkte  nur  ein,  dass  die  Kirche  niemals  zu  einem  unangefochtenen 
Besitze  beider  Rechte  gelangt  sei;  bezüglich  der  Unterwerfung  des  Reiches 
unter  die  Kirche  dagegen  setzt  er  den  Ansprüchen  des  Erzbischofs  einen 
kategorischen,  nicht  nur  den  Besitzstand,  sondern  auch  den  Rechtstitel 
selbst  bestreitenden  Widerspruch  entgegen,  indem  er  sich  auf  die  selbst- 
ständige Begründung    seines  Königthums    auf   göttliche   Einsetzung    und 


1)  Breve  Chronicon  Noryegiae,  S.  12. 


123 

Erbrecht  beruft.  Die  Existenz  des  Thronfolgegesetzes  und  die  Anordnung 
des  Kronenopfers  in  demselben  wird  also  Seitens  des  Königs  nicht  be- 
stritten, sondern  nur  behauptet,  dass  dasselbe  niemalen  zu  gehörigem 
Vollzuge  gekommen  sei;  die  angebliche  Unterwerfung  des  Reiches  unter 
die  Kirche  dagegen  wird  als  in  keiner  Weise  begründet,  und  lediglich 
auf  fälschlichem  Vorgeben  beruhend  zurückgewiesen.  Durch  diesen 
Widerspruch  des  Königs  war  der  Erzbischof  nun  in  eine  üble  Lage  ge- 
bracht. Bezüglich  der  Wahlrechte  freilich,  die  er  für  den  Fall  der 
Thronerledigung  beanspruchte,  genügte  für  die  Begründung  seiner  An- 
sprüche die  Bezugname  auf  die  Thronfolgeordnung  von  1164,  wie  sie 
sich  in  die  neueren  Recensionen  der  GfcL.  und  FrfcL.  eingestellt  fand, 
und  war  nach  dieser  Seite  hin  nur  noch  die  Frage  des  Besitzstandes 
zu  erörtern,  mit  welcher  die  Prüfung  der  Rechtsbeständigkeit  der  zu- 
gestandenermassen  erlassenen  Verfügung  eng  zusammenhieng;  bezüglich 
der  Reichsschenkung  aber,  und  auch  bezüglich  des  Kronenopfers,  wenn 
man  dieses  nicht  als  eine  blose  Seelgabe,  sondern  als  ein  Symbol  der 
Unterwerfung  des  Reichs  unter  die  Kirche  aufgefasst  wissen  wollte, 
musste  er  in  ernsthafte  Verlegenheit  gerathen.  Die  Metropolitankirche 
besass  ja  mancherlei  Privilegien;  aber  keines  von  ihnen  enthielt,  wie 
sich  unten  noch  zeigen  wird,  eine  Spur  von  den  hier  fraglichen  An- 
sprüchen, und  keines  von  ihnen  konnte  eine  solche  enthalten,  weil  diese 
Ansprüche  in  der  That  nicht  auf  ein  schriftlich  formulirtes  Privileg 
gestützt,  sondern  nur  auf  die  Auslegung  begründet  waren,  welche  die 
Kirche  selbst  gewissen  wirklich  ihr  gemachten  Zugeständnissen,  und 
gewissen  wirklich  von  ihr  vorgenommenen  Handlungen  gab.  Da  mochte 
denn  wohl  im  Drange  der  Noth  zu  der  Fälschung  eines  Documentes 
gegriffen  worden  sein ,  als  zu  einem  Auswege,  welcher  den  Erzbischof 
in  den  Stand  setzte  die  ihm  abverlangten  Beweisbehelfe  sofort  vorzu- 
legen, und  von  hier  aus  erklärt  sich  denn  auch  das  eigenthümliche  Zu- 
sammentreffen des  Ortes  und  der  Zeit  der  Ausstellung  des  angeblichen 
Transsumptes.  Der  23.  Maerz  1276  fällt  in  die  schwüle  Zeit,  welche 
zwischen  der  nur  bedingten  Bestätigung  des  Bergener  Vergleiches  durch 
P.  Gregor  X.  (26.  Juli  1274)  und  dem  Abschlüsse  des  Tünsberger  Con- 
cordates  (9.  August  1277)  in  Mitte  liegt,  und  in  welcher  somit  der 
Erzbischof  seine  letzten  Anstrengungen  zu  machen  hatte   um  soviel  als 

16* 


124 

möglich  von  seinen  Ansprüchen  durchzusetzen ;  „in  vestiario  ecclesise 
Nidrosiensis"  musste  andererseits  das  angebliche  Transsumpt  ausgestellt 
werden,  wenn  ihm  in  Wirklichkeit  keine  ächte  Urkunde  zu  Grunde  lag, 
wogegen  man  doch  wohl  von  einem  königlichen  Beamten ,  oder  doch 
von  einer  aus  königlichen  und  erzbischöflichen  Bediensteten  gemischten 
Commission,  und  somit  auch  an  einem  anderen  Orte  dasselbe  hätte 
nemen  lassen,  wenn  man  wirklich  ein  unverdächtiges  Original  vorzulegen 
im  Stande  gewesen  wäre. 

Eine  Untersuchung  des  übrigen  Inhaltes  der  hier  fraglichen 
Urkunde  dürfte  die  Ergebnisse  der  bisherigen  Erörterung  sehr  ent- 
schieden bestätigen.  An  erster  Stelle  wird  unter  den  weiteren  Privi- 
legien der  Metropolitankirche  das  Recht  erwähnt,  den  Zoll  eines 
Schiffes  zu  beziehen,  und  überdiess  alljährlich  30  Last  Mehl  nach 
Island  auszuführen ,  soferne  nicht  etwa  wegen  Miswachses  im  eigenen 
Lande  solche  Ausfuhr  unthunlich  erscheinen  sollte.  Beide  Rechte  wer- 
den bereits  in  dem  Schutzbriefe  erwähnt,  welchen  P.  Cölestin  III.  im 
Jahre  1194  dem  erzbischöflichen  Stuhle  ausstellte,1)  und  zwar  hier  mit 
der  näheren  Erläuterung,  dass  diese  Mehlausfuhr  den  Eintausch  wollener 
Stoffe  für  die  Bekleidung  der  Dienerschaft  des  Metropoliten  ermöglichen 
sollte,  welche  Stoffe  damals  bereits  einen  hervorragenden  Ausfuhrartikel 
Islands  bildeten,  und  dass  der  Bezug  des  Zolles  sich  auf  je  ein  von  Is- 
land kommendes  Schiff  beziehe;  die  „landaurar"  also,  welche  von  allen 
von  Island  aus  nach  Norwegen  gehenden  Schiffen  von  Alters  her  hier 
zu  Gunsten  der  königlichen  Casse  erhoben  zu  werden  pflegten,  sollten, 
soweit  sie  von  je  einem  Schiffe  jährlich  zu  entrichten  waren ,  an  den 
Erzbischof  statt  an  den  König  bezahlt  werden.  Allerdings  fällt  auf, 
dass  im  Jahre  1276,  in  welches  nach  der  obigen  Vermuthung  die 
Fälschung  unserer  Urkunde  zu  setzen  wäre,  noch  von  diesen  landaurar 
gesprochen  werden  sollte,  während  doch  der  König  bereits  in  dem  im 
Jahre  1262  abgeschlossenen  Vertrage,  mittelst  dessen  Island  sich  seiner 
Herrschaft  unterwarf,  auf  deren  Bezug  Verzicht  geleistet  hatte;2)  in- 
dessen   steht    doch    fest,    dass   jener  Zollbezug    des  Erzbischofes  diesem 


1)  vgl.  oben,  S.  79,  Anm.  5. 

2)  Diplom,  island..  I,  S.  620. 


125 

sowohl  durch  den  Bergener  als  durch  den  Tünsberger  Vergleich  wirk- 
lich bestätigt  wurde,  und  kann  demnach  auch  dessen  Aufname  in  unsere 
Urkunde  nicht  als  ein  Beweis  höheren  Alters  derselben  betrachtet  werden. 
Im  Bergener  Concordate  (nicht  im  Tünsberger)  wird  bei  Bestätigung 
des  Zollbezuges  die  Bemerkung  beigefügt:  ,,quia  hoc  in  littera  sua  con- 
tinetur",  welche  vielleicht  gerade  dadurch  veranlasst  wurde,  dass  man 
sich  bewusst  war,  wie  dieses  Privileg  mit  dem  dermaligen  Rechtszustande 
nicht  mehr  im  Einklänge  stehe,  während  man  dasselbe,  weil  einmal 
urkundlich  nachweisbar,  doch  von  der  Bestätigung  nicht  ausschliessen 
mochte,  wobei  übrigens  vorläufig  noch  dahinstehen  mag,  von  wem  die 
in  Bezug  genommene  Urkunde  ausgestellt  war.  Um  so  entschiedener 
muss  aber  darauf  Gewicht  gelegt  werden,  dass  nicht  nur  die  völlig 
ungenügenden ,  und  erst  durch  die  Vergleichung  des  Schutzbriefes  von 
1194  oder  der  Concordate  von  1273  und  1277  verständlich  werdenden 
Worte  ,,unius  navis  vectigalia"  auf  eine  sehr  ungeschickte  Benützung 
eines  älteren  ächten  Privileges  deuten,  sondern  auch  noch  ein  weiterer 
Umstand  nach  der  gleichen  Richtung  hinweist.  Am  Schlüsse  der  auf 
die  Mehlausfuhr  bezüglichen  Bestimmung  hat  nämlich  der  Bergener  Ver- 
gleich die  Worte:  ,,propter  hoc  in  aliis  rebus  portandis  ipso  archiepis- 
copo  licentia  non  negata",  und  im  Tünsberger  Vergleiche  steht  dieselbe 
Bemerkung  nur  mit  wenig  abweichenden  Worten;  in  unserer  Urkunde 
entsprechen  derselben  augenscheinlich  die  für  sich  allein  betrachtet  ganz 
unverständlichen  Worte:  „nee  ab  aliis  eadem  penitus  exeludatur  licencia", 
wogegen  der  päpstliche  Schutzbrief  von  1194  gar  keine  derartige  Clausel 
enthält.  Da  besteht  nun  allerdings  die  Möglichkeit,  dass  diese  in  einem 
älteren,  ächten  Privilege  wirklich  gestanden,  und  aus  diesem  in  verstüm- 
melter Gestalt  in  unsere  Urkunde,  und  in  unverstümmelter  in  die  beiden 
Concordate  übergegangen  sein  könnte,  wogegen  der  päpstliche  Schutz- 
brief dieselbe  als  wenig  bedeutsam  weggelassen  hätte;  viel  wahrschein- 
licher dürfte  aber  doch  sein,  dass  der  Zusatz  erst  im  Bergener  Vergleich 
gemacht  wurde,  um  ein  dem  Erzbischofe  ungünstiges  argumentum  a 
contrario  abzuschneiden,  welches  königliche  Beamte  sich  etwa  hin  und 
wider  erlaubt  haben  mochten,  und  dass  somit  in  Bezug  auf  ihn  dieses 
Concordat  die  Quelle  unserer  Urkunde  war !  —  In  zweiter  Linie  folgen 
sodann    einige    Bestimmungen,    welche    sich    auf   den    Schutz    der    nach 


126 

Drontheim  reisenden  Pilger,  sowie  auf  die  Bestrafung  derjenigen  beziehen, 
welche  sich  an  solchen  vergreifen.  Auch  sie  finden  in  dem  päpstlichen 
Schutzbriefe  sowohl  als  in  den  beiden  Concordaten  ihr  Gegenstück; 
dabei  ist  zwar  die  Wortfassung  da  und  dort  eine  etwas  verschiedene, 
jedoch  keine  Abweichung  zu  bemerken,  auf  welche  sich  irgendwelche 
Schlüsse  bauen  Hessen.  —  Drittens  wird  der  Metropolitankirche  jener 
höhere  Rechtsschutz  gegen  Blutvergiessen  zugesichert,  welcher  ihr  bereits 
durch  die  bestehende  Gesetzgebung  eingeräumt  sei.  Es  kann  keinem 
Zweifel  unterliegen,  dass  damit  auf  eine  Stelle  unserer  FrfcL.  hingewiesen 
wird,  von  welcher  man  mit  Bestimmtheit  anzunemen  hat,  dass  sie  der 
Magnüs'schen  Redaction  dieses  Rechtsbuches  angehörte;1)  da  diese  Re- 
daction  das  Thronfolgegesetz  und  die  strafrechtliche  Novelle  von  1164 
bereits  enthielt,  und  somit  jedenfalls  erst  um  einige  Zeit  nach  dem 
Bergener  Reichstage  dieses  Jahres  zu  Stande  gekommen  sein  kann, 
konnte  selbstverständlich  eine  unmittelbar  nach  der  Krönung  des  jungen 
Königs  ausgestellte  Urkunde  jene  Zusicherung  unmöglich  in  der  Gestalt 
enthalten  haben ,  in  welcher  sie  unser  Königsbrief  zeigt.  Andererseits 
ist  aber  auch  beachtenswerth,  dass  nicht  nur  der  päpstliche  Schutzbrief, 
sondern  auch  die  beiden  Concordate  des  13.  Jahrhunderts  von  einer 
derartigen  Vorschrift  Nichts  enthalten.  Ihre  Ignorirung  in  dem  Schutz- 
briefe von  1194  erklärt  sich  nun  freilich  sehr  einfach  daraus,  dass  die- 
selbe in  die  Magnus' sehe  Recension  der  FrJ>L.  Aufname  gefunden  hatte, 
und  somit  ebensowenig  wie  die,  gleichfalls  in  diese  eingestellte,  Thron- 
folgeordnung von  1164  als  ein  bloses  Privileg  des  erzbischöflichen 
Stuhles  behandelt  werden  konnte;  ihre  Nichtberücksichtigung  in  den 
beiden  Concordaten  aber  lässt  sich  nicht  minder  ungezwungen  darauf 
zurückführen,  dass  sie  inzwischen  in  das  erzbischöfliche  Christenrecht 
eingereiht  worden  war,2)  und  dass  bei  dem  Abschlüsse  beider  Concor- 
date die  Meinung  die  gewesen  war,  dass  dieses  Christenrecht  gleichzeitig 
die  königliche  Anerkennung  finden  sollte.  Auffällig  könnte  hiernach 
allerdings  erscheinen ,    dass    der  Erzbischof  sich  veranlasst  sah ,    in    die 


1)  Fr5L.,  II,  §.  10;  vgl.  meine  Abhandlung  über  „die  Entstehungszeit  der  älteren  Frostufings- 
lög",  S.  52—53. 

2)  Jons  KrR.,  §.  13. 


127 

gefälschte  Urkunde  den  Punkt  einstellen  zu  lassen;  alleinn  auch  hiefür 
fehlt  es  nicht  an  einer  Erklärung.  Man  wird  sich  daran  erinnern  dürfen, 
dass  weder  das  gemeine  Landrecht  noch  das  gemeine  Stadtrecht  des  K. 
Magnus  lagabcetir  die  betreffende  Vorschrift  aus  dem  älteren  Rechte 
herübergenommen  hat,  obwohl  beide  von  den  an  befriedeten  Orten  be- 
gangenen Rechtsverletzungen  handeln;  *)  berücksichtigt  man  zugleich, 
dass  das  gemeine  Landrecht  am  24.  Juni  des  Jahres  1274  am  Frostu- 
fcinge,  und  das  gemeine  Stadtrecht  am  22.  Januar  des  Jahres  1276  in 
der  Stadt  Bergen,  und  somit  doch  wohl  ungefähr  um  dieselbe  Zeit  auch 
für  die  Stadt  Niöaros  gesetzliche  Kraft  erlangte,  so  ist  klar,  dass  um 
die  Zeit,  auf  welche  das  Datum  unseres  Transsumptes  weist,  die  Nicht- 
berücksichtigung der  betreffenden  Vorschrift  in  den  beiden  weltlichen 
Gesetzbüchern  bereits  fest  stand,  dagegen  noch  unsicher  erscheinen 
mochte,  ob  das  erzbischöfliche  Christenrecht,  in  welches  dieselbe  aller- 
dings eingestellt  war,  auch  die  Anerkennung  der  weltlichen  Gewalt  er- 
langen werde.  Gerade  in  dieser  Zwischenzeit,  aber  auch  nur  in  ihr, 
konnte  somit  der  Erzbischof  ein  Interesse  daran  haben,  den  Punkt  in 
einem  Privilegienbriefe  seiner  Kirche  zur  Sprache  gebracht  zu  sehen.  — 
Viertens  verspricht  der  König,  von  allen  seinen  Gütern  und  Besitzungen 
den  vollen  Zehnt  entrichten  zu  lassen ,  und  auch  seine  Dienstleute  zur 
getreulichen  Verzehntung  ihres  Diensteinkommens  anhalten  zu  wollen. 
Vergleicht  man  nun  mit  dieser  Bestimmung  die  Vorschriften  einerseits 
des  Schutzbriefes  von  1194  und  andererseits  der  Concordate  von  1273 
und  1277,  so  ergiebt  sich,  dass  in  ihnen  allen  nur  die  erste  Hälfte 
derselben  berücksichtigt  ist,  nämlich  diejenige,  welche  sich  auf  die  Ent- 
richtung des  Zehnts  von  den  Besitzungen  des  Königs  bezieht,  wogegen 
deren  andere,  auf  die  Verzehntung  des  Diensteinkommens  der  könig- 
lichen Dienstleute  bezügliche  Hälfte  in  allen  3  Documenten  ganz  gleich - 
massig  fehlt.  Wir  wissen  überdiess,  dass  das  Versprechen,  von  seinen 
eigenen  Gütern  den  Zehnt  geben  zu  wollen,  bereits  von  K.  Sigurö 
Jörsalafari  gegeben  und  gehalten  wurde,2)    sodass   dieser  Theil  der  Be- 


1)  Landslög,  Mannhelgi,  §.  18;  BjarkR.,  §.  19. 

2)  Heimskr.  Sigurfrar  s.  Jorsalafara,  cap.  11  und  24,  S.  667  und  680;  FMS.,  VII,  cap.  10 
und  22,  S.  91  und  110;  Agrip,  cap.  47,  S.  416. 


128 

Stimmung  weit  über  K.  Magnus  Erlingsson's  Zeit  hinausreicht,  und  so- 
mit in  einem  von  ihm  ausgestellten  Privilege  recht  wohl  bestätigt,  wenn 
auch  nicht  neu  eingeführt  werden  konnte;  wir  wissen  aber  auch  nicht 
minder  bestimmt ,  dass  die  Verzehntung  des  Diensteinkommens  der 
königlichen  Dienstleute  ,,forn  sicjr  ok  heit  Birkibeina"  war,1)  d.  h.  auf 
einem  Gelübde  der  Birkenbeine  beruhte,  einer  politischen  Parthei  also, 
welche  erst  im  Jahre  1174  sich  bildete,  und  welche  somit  zu  der  Zeit 
noch  gar  nicht  vorhanden  war,  in  welcher  K.  Magnus  Erlingsson  ge- 
krönt, und  unser  Königsbrief  angeblich  ausgefertigt  wurde.  Da  nun 
als  feststehende  Thatsache  gelten  kann,  dass  das  Dienstmannenrecht  des 
K.  Magnus  lagabcetir,  welchem  wir  die  letztere  Nachricht  verdanken,  in 
den  Jahren  1274 — 77  entstand,  und  da  dieses  Dienstmannenrecht  die 
Zehntpflicht  der  königlichen  Dienstleute  anerkennt,  erklärt  sich  leicht, 
warum  die  Concordate  über  diese  Nichts  enthalten ,  indem  ja  der  Erz- 
bischof bei  der  Einrückung  der  bezüglichen  Vorschrift  in  das  neue 
Dienstmannenrecht  sich  beruhigen ,  und  diese  andererseits  auch  schon 
in  dem  älteren  Dienstmannenrechte ,  der  mehrfach  angeführten  forn 
hiröskrä,  vorgesehen  gewesen  sein  mochte;  in  dem  päpstlichen  Schutz- 
briefe aber  konnte  von  derselben  noch  nicht  die  Rede  sein,  weil  dieselbe 
zur  Zeit  seiner  Ausfertigung  entweder  noch  gar  nicht  in  Geltung,  oder 
aber  doch  nur  auf  Grund  eines  Gelübdes  einer  der  Kirche  feindlich 
gegenüberstehenden  Parthei  in  Geltung,  und  somit  sicherlich  nicht  in 
einem  dem  erzbischöflichen  Stuhle  ausgestellten  Privilegienbriefe  ent- 
halten gewesen  war.  Es  hat  übrigens  sein  Interesse ,  die  Vorschriften 
des  Dienstmannenrechtes  über  diesen  Punkt  mit  dem  bezüglichen  Inhalte 
unserer  Urkunde  noch  etwas  genauer  zu  vergleichen.  Es  heisst  aber 
dort  (§.  21),  nachdem  bemerkt  worden  war,  dass  die  beiden  Hofcapläne 
(hiröprestar)  des  Königs  „af  handgegnum  monnum  l>an  triöiung  tiundar 
sem  aör  er  forn  vane  a"  nemen ,  und  unter  sich  zu  gleichen  Hälften 
theilen  sollen,  weiter:  ,,En  l>at  er  forn  siör  oc  hseit  Birkibseina  at  gera 
tiund  af  mala  sinum  bseöe  hirömanna  oc  gesta  oc  scipta  i  l>riöiunga  . 
taka  sein  aller  biskupar  aller  iafnt  oc  oölaz  konongs  men  J>ar  i  staöen 
groft  i  tseim  stoöum   sem  forn  er  uandi  a  .  annan  taka  prestar  firir  sina 


1)   Hird-skrä,  §.  21,  vgl.  §.  38. 


129 

syslu  .  priöia  tsekr  spitallen  a  Uarnu",  und  sodann  später  (§.  38):  „tat 
er  forn  baeit  Birkibeina  at  gera  uael  oc  fullulega  tiund  af  ollu  herfange 
en  engu  af  lceyna".  Es  wird  also  hier  allen  königlichen  Dienstleuten, 
welcher  Stufe  der  Gefolgschaft  sie  auch  angehören  mögen ,  zur  Ver- 
pflichtung gemacht,  sowohl  von  ihrem  Solde  als  von  ihrer  Kriegsbeute 
den  Zehnt  zu  geben.  Dieser  Zehnt  soll  jedoch  anstatt  der  sonst  üb- 
lichen Viertheilung  nur  in  3  Theile  gehen,  von  welchen  die  sämmtlichen 
Bischöfe  des  Reiches  den  einen  bekommen,  um  ihn  unter  sich  gleich 
zu  theilen,  die  beiden  Hofcapläne  den  zweiten,  endlich  das  Johanniter- 
Hospital  zu  Varna  den  dritten.1)  Dabei  wird  bemerkt,  dass  die  Bischöfe 
als  Gegenleistung  für  ihren  Bezug  den  verstorbenen  Dienstleuten  eine 
Grabstätte  zu  gewähren  haben,  und  dass  die  Hofcapläne  als  Entgeld  für 
den  ihrigen  die  priesterlichen  Functionen  für  die  Dienstmannschaft  ver- 
richten sollen;  von  dem  Spitale  zu  Vserne  aber  können  wir  anderweitig 
nachweisen,  dass  es  als  Versorgungsanstalt  für  arme  und  dienstunfähig 
werdende  Dienstleute  des  Königs  gebraucht  wurde,  sodass  auch  bei  ihm 
der  Bezug  sich  befriedigend  erklärt.  Diese  Art  der  Vertheilung  und 
Verwendung  des  Dienstmannenzehnts  wird  dabei  ebensogut  wie  die  Ver- 
pflichtung zu  dessen  Entrichtung  selbst  als  altes  Herkommen  bezeichnet. 
In  unserer  Urkunde  dagegen  lautet  die  Vorschrift:  „Curiales  quoque 
stipendiales,  in  quo  episcopatu  certa  (lies :  circa)  natale  conuersati  fuerint . 
de  suis  stipendiis  episcopo  ibidem  constituto  decimabunt.  Quorum  de- 
cime  communiter  per  episcopos  distribuentur.  Si  vero  ipsi  vocati  fuerint 
dum  stipendialiter  regis  adherent  curie  .  in  episcopali  ecclesia  debita 
erit  eis  sepultura".  Die  Urkunde  also  nennt  nur  den  Zehnt  vom  Solde, 
nicht  auch  den  von  der  Kriegsbeute,  was  vielleicht  auf  ein  gewisses 
Anstandsgefühl  des  Erzbischofes,  vielleicht  aber  auch  nur  darauf  zurück- 
zuführen sein  mag,  dass  bei  einer  flüchtigen  Benützung  des,  sei  es  nun 
älteren  oder  neueren,  Dienstmannenrechtes  die  etwas  versteckte  Bestim- 
mung über  den  Beutezehnt  leicht  übersehen  werden  konnte.  Sie  ent- 
hält andererseits  eine  Bestimmung  über  den  Ort,  an  welchem  der  Zehnt 
entrichtet  werden  sollte,  welche  im  Dienstmannenrechte  fehlt,  aber  der 
Praxis    entnommen    sein    mochte,    und    welche  jedenfalls    den   geltenden 


1)   Vgl.  über  dieses  Lange,  de  norske  Klostres  Historie,  S.  461—72  (ed.  2). 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  17 


130 

Rechtsgrundsätzen  vollkommen  entsprach,  da  man  auch  sonst  den  Auf- 
enthalt eines  Mannes  um  die  Weihnachtszeit  zur  Bestimmung  seines 
Domiciles  zu  benützen  pflegte.  *)  Sie  enthält  ferner  die  Bestimmung 
über  die  den  Bischöfen  obliegende  Gegenleistung  dem  Sinne  nach  ganz 
in  derselben  Weise  wie  unsere  Hir5skrä,  giebt  ihr  indessen  eine  ungleich 
deutlichere  Wortfassung.  Sie  verfügt  aber  endlich  über  den  Zehnt  in 
ganz  anderer,  und  den  Bischöfen  weit  günstigerer  Weise  als  diese,  in- 
dem sie  denselben  seinem  vollen  Betrage  nach  unter  die  Bischöfe  ver- 
theilen  lässt,  während  das  Dienstmannenrecht  diesen  unter  Berufung  auf 
das  alte  Herkommen  nur  ein  Drittel  dieses  Betrages  zusprach.  Insoweit 
enthält  demnach  unsere  Urkunde  einen  gänzlich  unmotivirten ,  lediglich 
aus  der  Habsucht  des  Episkopates  hervorgegangenen  Versuch,  das  alt- 
hergebrachte Recht  zu  verändern ,  welcher  Versuch  jedoch ,  wie  das 
neuere  Dienstmannenrecht  im  Zusammenhalte  mit  dem  Schweigen  der 
beiden  Concordate  über  den  Punkt  zeigt ,  an  dem  Widerstände  des 
Königs  scheiterte.  —  Zum  Schlüsse  endlich  werden  dem  Erzbischofe 
noch  bestätigt  die  ,,dignitates  et  priuilegia  .  huic  ecclesie  propter  ho- 
norem pallii  concessa  et  legibus  confirmata  .  scilicet  de  augmento  equo- 
rum  .  et  de  farina  ducenda  .  30  lest .  et  de  hereditate  aduenarum  cleri- 
corum  .  et  preter  hoc  de  eleccionibus  faciendis  et  ecclesiis  disponendis  . 
in  quibus  olim  regius  consensus  abolitus  est  et  abiuratus  .  scilicet  (quod, 
fehlt  in  der  Hs.)  regibus  inrequisitis  et  episcopatus  darentur  et  ecclesie  . 
et  reliqua  tunc  concessa".  Nicht  um  neue  Zugeständnisse  handelt  es 
sich  insoweit,  sondern  nur  um  eine  Bestätigung  älterer  Rechte  des  erz- 
bischöflichen Stuhles,  und  zwar  um  die  Bestätigung  zweier  scharf  ge- 
schiedener Kategorien  von  Rechten.  Eine  erste  Classe  von  Rechten 
wird  nämlich  dahin  charakterisirt,  dass  dieselbe  dem  erzbischöflichen 
Stuhle  zugestanden  worden  sei  um  der  Ehre  des  Palliums  willen,  d.  h. 
aus  Anlass  der  Erhöhung  des  früheren  bischöflichen  Stuhles  zu  Niöarös 
zu  einem  erzbischöflichen,  und  werden  dahin  gezählt  die  Vermehrung  der 
Pferde,  die  Verschiffung  von  30  Last  Mehl,  und  die  Erlschaft  aller 
fremden  Kleriker ;  von  diesen  Rechten  wird  zugleich  gesagt,  dass  dieselben 
nicht  nur  auf  königlicher  Bewilligung  beruhten,  sondern  auch  gesetzliche 


1)   vgl.  (HL.,  §.  35  und  46. 


131 

Bestätigung  erlangt  hätten,  Eine  zweite  Classe  von  Rechten,  bezüglich 
deren  von  keiner  gesetzlichen  Bestätigung  die  Rede  ist,  bildet  dagegen 
die  freie  Bischofswahl  und  der  freie  Kirchensatz ,  unter  Beseitigung  des 
früher  hergebrachten  dem  Könige  zustehenden  Einflusses  auf  die  Besetzung 
der  Bisthürner  und  Pfarreien ,  sowie  alle  die  übrigen  Rechte ,  welche 
gleichzeitig  der  Kirche  zugestanden  worden  waren.  Nun  wissen  wir, 
dass  der  Verzicht  auf  die  Ernennung  der  Bischöfe  und  auf  die  könig- 
lichen Patronatsrechte,  nach  der  kirchlichen  Auffassung  der  betreifenden 
Acte  wenigstens,  bereits  im  Jahre  1152  von  den  Königen  Ingi,  Sigurö 
und  Eysteinn  abgelegt  worden  sein  sollte,1)  und  es  müssen  demnach 
auch  die  übrigen,  nicht  des  Näheren  bezeichneten,  „tunc"  gemachten 
Zugeständnisse  auf  sie  bezogen  werden.  Da  andererseits  die  ,,propter 
honorem  pallii"  gemachten  Verwilligungen  dieser  Classe  von  Rechten 
ausdrücklich  gegenübergestellt  werden ,  dürfen  sie  natürlich  nicht  auf 
dieselbe  Zeit  zurückgeführt  werden,  obwohl  die  angeführten  Worte  aller- 
dings ganz  wohl  auf  den  Zeitpunkt  bezogen  werden  könnten,  in  welchem 
das  Erzbisthum  errichtet  wurde ;  man  wird  sich  vielmehr  daran  zu 
erinnern  haben,  dass  Erzb.  Eysteinn,  als  er  seine  Bauern  zur  Erhöhung 
der  an  die  Kirche  zu  zahlenden  Bussgelder  zu  bestimmen  suchte,  zur 
Unterstützung  dieses  seines  Begehrens  geltend  gemacht  hatte,  „hversü 
mikla  uppreist  staöarinn  ]?urfti  at  hafa,  ef  hann  skyldi  t>a  vera  ^eim 
mun  scemiligar  haldinn  en  äör,  sem  hann  var  J>ä  tignari  en  ä5r,  er  £ar 
var  erkibiskupsstöll  settr",2)  und  es  stimmt  hiezu  ganz  gut,  dass  von 
dieser  Classe  von  Rechten  gesagt  wird,  sie  seien  „legibus  confirmata", 
also  mit  Zustimmung  der  Landsgemeinde  verwilligt  worden.  Doch  stos- 
sen  wir  auch  in  Bezug  auf  sie  wider  auf  einen  Anstand.  Darauf  zwar 
dürfte  wenig  Werth  zu  legen  sein,    dass  die  Geschichtsquellen  zunächst 


1)  Siehe  oben,  S.  71— 72.  Daraus,  dass  nach  der  |>orläks  bps  s.,  cap.  11,  S.  100,  Erzb.  Eysteinn 
im  Jahre  1177—78  Anstand  nam,  den  für  Skälholt  gewählten  porläk  ohne  Zustimmung  Erh'ngs 
und  des  K.  Magnus  zu  weihen,  glaube  ich,  von  Munch,  III,  S.  245 — 6,  und  Sars,  II,  S.  103 
bis  4,  abweichend,  nicht  schliessen  zu  können,  dass  ein  bindendes  Zugeständniss  in  dieser  Be- 
ziehung nicht  gemacht  worden  war.  Auf  Island  konnte  sich  ein  solches  von  Vornherein  nicht 
bezogen  haben;  umgekehrt  aber  mochte  der  Erzbischof,  da  völkerrechtliche  Zerwürfnisse  mit  Is- 
land vorlagen,  trotz  eines  für  Norwegen  ihm  zugestandenen  Eechtes  Bedenken  tragen,  wider 
der  regierenden  Herren  Willen  einen  Bischof  für  Island  zu  weihen. 

2)  Heimskringla,  Magnüss  s.  Erlingssonar,  cap.  16,  S.  792. 

17* 


132 

nur  von  der  Erhöhung  der  Geldbussen  als  von  einer  damals  vom  Erz- 
bischofe  durchgesetzten  Massregel  sprechen ,  während  gerade  von  ihr 
unsere  Urkunde  nicht  spricht.  Die  Nichtherabsetzung  der  kirchlichen 
Geldbussen,  war  allerdings  sowohl  in  dem  päpstlichen  Schutzbriefe  von 
1194  wie  in  den  Concordaten  von  1273  und  1277  ausdrücklich  vor- 
gesehen; aber  es  mag  ja  sein,  dass  gerade  sie,  die  ohnehin  schon  ge- 
setzlich vorgesehen  war,1)  bei  den  Concordatsverhandlungen  auf  keinen 
heftigen  Widerstand  stiess ,  und  dass  es  darum  dem  Fälscher  nicht 
nöthig  schien,  ihrer  in  seinem  Machwerke  zu  gedenken,  und  könnte 
überdiess  sein,  dass  ihre  Nichtberücksichtigung  in  diesem  mit  einer 
Veränderung  zusammenhieng,  welche  der  Erzbischof  selbst  inzwischen 
in  Bezug  auf  die  kirchlichen  Geldbussen  durchgeführt  hatte.  Ich  habe 
bereits  bei  einer  anderen  Gelegenheit  darauf  aufmerksam  gemacht, 2) 
dass  manche  Hss.  des  erzbischöflichen  Christenrechtes  den  Betrag  der 
Geldbussen  noch  in  der  gleichen  Höhe  wie  die  alten  FrfcL.  geben, 
während  andere  dieselben  auf  die  Hälfte  heruntergesetzt  zeigen,  und. 
dass  diese  Abweichung  mit  der  Thatsache  zusammenzuhängen  scheint, 
dass  dieses  Christenrecht  im  Winter  1272  —  73  zuerst  ausgearbeitet, 
später  aber  nochmals  revidirt,  und  nur  in  dieser  revidirten  Gestalt  ge- 
legentlich des  Tünsberger  Vergleiches  vom  Könige  anerkannt  wurde; 
war  nun  in  den  Jahren  1273 — 77  durch  den  Erzbischof  selbst  diese 
Herabsetzung  der  Bussen  erfolgt,  und  damit  die  unter  seinem  Vorgänger 
Eysteinn  durchgesetzte  Erhöhung  derselben  wider  fallen  gelassen  worden, 
so  konnte  es  selbstverständlich  bei  einer  im  Jahre  1276  in  seinem 
Dienste  begangenen  Fälschung  kein  Interesse  mehr  haben,  deren  früheren 
Betrag  in  dem  gefälschten  Documente  sich  zusichern  zu  lassen ,  wenn 
man  auch  im  Tünsberger  Concordate  die  hierauf  bezügliche  Clausel, 
weil  sie  einmal  im  Bergener  Concordate  gestanden  hatte,  noch  beibehielt. 
Andererseits  aber  zeigt  sich  gelegentlich  des  Streites,  welchen  K.  Sverrir 
im  Jahre  1190  mit  Erzb.  Eirik  hatte,  dass  unter  Erzb.  Eysteinn  gleich- 
zeitig mit  der  Erhöhung  seiner  Geldbussen  auch  noch  in  anderen  Punkten 
eine  Veränderung    des    älteren  Rechtes    zu    seinen  Gunsten    erfolgt    sein 


1)  FrJ-L.,  III,  §.  2. 

2)  Stadien  über  das  sogenannte  Christenrecht  König  Sverrirs,  S.  58—59  und  S.  62 — 65. 


133 

musste,  und  einer  der  dabei  in  Betracht  kommenden  Punkte  gehört 
sichtlich  hieher.  Gestützt  auf  das  ältere  Landrecht  Drontheims  be- 
hauptete nämlich  K.  Sverrir  damals ,  dass  der  Erzbischof  bei  seinen 
Amtsreisen  nicht  mehr  als  30  Begleiter  bei  sich  zu  haben  befugt  sei, 
wogegen  dieser  letztere  unter  Berufung  auf  die  Gullfjööur,  welche  sein 
Vorgänger  Eysteinn  hatte  schreiben  lassen,  von  jeder  derartigen  Be- 
schränkung frei  zu  sein  beanspruchte.1)  Berücksichtigt  man  nun,  dass 
die  uns  vorliegende  Redaction  der  Fr^L.  dem  Erzbischofe  wirklich  das 
Hecht  einräumt,  von  den  Bauern  gelegentlich  seiner  Rundreisen  die 
Stellung  jedes  Pferdes  zu  fordern ,  auf  welches  jemals  Sattel  oder  Ge- 
schirr gelegt  worden  war, 2)  während  die  übrigen  Provincialrechte  dem 
Bischöfe  selbst  für  seine  wichtigsten  Reisen  nur  30  Männer ,  oder 
30  Männer  mit  ebensovielen  Pferden  verwilligen,3)  so  ist  klar,  dass  die 
Er^L.  bis  auf  Erzb.  Eystein's  Zeit  mit  den  übrigen  Provincialrechten 
sich  gleich  verhalten  haben  müssen  und  erst  unter  ihm  in  Würdigung 
des  Vorzuges,  welcher  dem  Erzbischofe  vor  seinen  Suffraganen  gebührte, 
die  eben  bezeichnete  iEnderung  erfahren  haben  können;  klar  ist  aber 
auch,  dass  das  „augmentum  equorum",  von  welchem  unsere  Urkunde 
spricht,  gerade  auf  diese  Neuerung  zu  beziehen  ist.  Nur  insoferne 
könnte  demnach  die  Erwähnung  dieses  Punktes  in  der  Urkunde  etwa 
auffallen,  als  derselbe  weder  in  dem  Schutzbriefe  von  1194  noch  in 
den  beiden  Concordaten  berührt  wird ;  aber  doch  ist  klar,  dass  die  in 
den  letzteren  3  Documenten  ganz  gleichmässig  ertheilte  Zusicherung, 
das  geltende  Landrecht  überhaupt  nicht  ohne  Zustimmung  des  Episko- 
pates zum  Nachtheil  der  Kirche  ändern  zu  wollen ,  jede  Erwähnung 
irgendwelcher,  im  Landrechte  bereits  eingerückter  Rechte  der  Kirche 
überflüssig  machte,  während  für  den  Verfasser  unserer  Urkunde,  welcher 
jene  viel  weiter  reichende  Zusicherung  in  diese  nicht  aufgenommen 
hatte,  die  Sache  in  der  That  anders  stand.  Bedenklicher  ist  dagegen, 
dass  das  Recht  der  Mehlausfuhr    nach  Island,    dann    der  Anspruch    auf 


1)  Sverris  s.,  cap.  117,  S.  277—78. 

2)  FrJL.,  II,  §.  44. 

3)  G)>L.,  §.  11,  14  und  33;  BX>L.,  I,  §.10,  II,  §.  19,  und  III,  §.  14;  El»L.,  I,  §.34  und  40.  Die 
in  BJ>L.,  II,  §.27,  und  III,  §.24,  angehängte  abweichende  Vorschrift  ist  den  Frt>L.  entnommen 
und  ohne  Werth. 


134 

den  Nachlass  fremder  Kleriker  unter  den  „in  honorem  pallii"  gemachten, 
und  sofort  durch  einen  Act  der  Gesetzgebung  anerkannten  Zugeständ- 
nissen genannt  werden ,  während  doch  unsere  Geschichtsquellen  von 
beiden  keinerlei  Erwähnung  thun,  und  auch  unsere  Fr^L.  weder  an 
der  Stelle ,  welche  von  den  Ausfuhrverboten , J)  noch  an  der  anderen, 
welche  von  der  Beerbung  der  Ausländer  handelt,2)  eine  Spur  derartiger 
Vorrechte  des  Erzbischofes  zeigen.  Bezüglich  des  Nachlasses  der  Fremden 
kommt  noch  hinzu,  dass  das  angebliche  Recht  des  Erzbischofes  auf  den- 
selben weder  im  päpstlichen  Schutzbriefe  von  1194,  noch  in  den  Con- 
cordaten  von  1273  und  1277  erwähnt  wird;  bezüglich  der  Mehlausfuhr 
dagegen,  welche  hier  wie  dort  besprochen  wird,  ist  der  andere  Umstand 
anstössig,  dass  sie  in  unserer  Urkunde  bereits  an  einer  früheren  Stelle 
aufgeführt  wurde;  bezüglich  beider  Ansprüche  endlich  ist  ganz  gleich- 
massig  zu  sagen,  dass  sie  zwar  recht  wohl  in  einem  königlichen  Privi- 
legienbriefe stehen,  aber  kaum  jemals  zum  Gegenstande  einer  gesetz- 
lichen Vorschrift  gemacht  werden  konnten,  da  es  sich  bei  beiden  nur 
um  einen  Verzicht  des  Königs  auf  ihm  zustehende  Rechte  handelte,  mit 
welchem  die  Gesetzgebung  Nichts  zu  thun  hatte.  Man  wird  kaum  um- 
hin können  hier  an  eine  Nachlässigkeit  des  Fälschers  zu  denken ,  der 
übersah,  wie  wenig  die  beiden  dem  „augmentum  equorum"  beigefügten 
Ansprüche  in  dieselbe  Kategorie  mit  diesem  passten ,  und  überdiess 
vergass,  dass  er  die  Mehlausfuhr  schon  vorher  weitläufiger  besprochen 
hatte;  vielleicht  ist  aber  zugleich  auch  die  Absicht  bei  ihm  mit  im 
Spiele,  die  Rechte  des  erzbischöflichen  Stuhles  um  ein  weiteres  zu  ver- 
mehren, und  auf  diese  die  Erwähnung  des  sonst  nirgends  genannten 
Anspruches  auf  den  Nachlass  der  fremden  Kleriker  zurückzuführen.  — 
Zum  Schlüsse  mag  noch  auf  ein  Bedenken  eingegangen  werden,  welches 
sich  von  einer  bisher  noch  nicht  besprochenen  Seite  her  gegen  die  An- 
name  erheben  Hesse,  dass  in  unserer  Urkunde  lediglich  eine  Fälschung 
zu  erblicken  sei.  Eine  Vergleichung  dieser  Urkunde  mit  dem  mehr- 
erwähnten päpstlichen  Schutzbriefe  von  1194  nicht  nur,  sondern  auch 
mit  den  Concordaten  von   1273   und   1277  zeigt  nämlich  auf  den  ersten 


1)  FrJ>L.,  VII,  §.  27. 

2)  ebenda,  IX,  §.  3,  5  und  6. 


135 

Blick,  dass  in  jener  ersteren  eine  Keine,  und  zwar  z.  Th.  sehr  erheb- 
licher Rechte  unberücksichtigt  geblieben  ist,  welche  doch  diese  letzteren 
übereinstimmend  erwähnen,  und  deren  Einstellung  durch  einen  Fälscher 
somit  allerdings  zu  erwarten  gewesen  wäre.  Schon  die  Freiheit  der 
Bischofswahlen  und  des  Kirchensatzes  wird  in  unserer  Urkunde  nur  ganz 
kurz  an  ihrem  Schlüsse  erwähnt,  während  sie  in  jenen  anderen  Docu- 
menten  ungleich  weitläufiger  und  genauer  besprochen  wird ,  wie  denn 
zumal  der  Kirchensatz  in  den  königlichen  Capellen  von  diesen  aus- 
drücklich erwähnt  wird,  während  von  demselben  dort  mit  keiner  Sylbe 
die  Rede  ist ;  ausserdem  wird  aber  auch  die  so  wichtige  geistliche  Ge- 
richtsbarkeit ,  die  Befreiung  des  Klerus  und  der  Dienstleute  des  erz- 
bischöflichen Stuhles  von  der  Heerlast,  das  Versprechen  des  Königs  jeder 
legislativen  Neuerung  zum  Nachtheile  der  Kirche  sich  enthalten  zu  wollen, 
endlich  das  Recht  des  Erzbischofes  Falken  zu  kaufen,  in  unserer  Ur- 
kunde unerwähnt  gelassen.  Gegenüber  der  Voraussetzung,  dass  diese 
Urkunde  eigens  angefertigt  worden  sei,  um  bei  den  Vergleichsverhand- 
lungen gebraucht  zu  werden,  mögen  diese  Auslassungen  allerdings  auf- 
fallen; indessen  lässt  sich  doch  wohl  auch  dieser  Anstoss  beseitigen. 
Auf  ein  bloses  Uebersehen  des  Fälschers  wird  man  sich  allerdings  nicht 
berufen  dürfen;  wenn  nämlich  zwar  der  Umstand,  dass  man  beim  Ab- 
schlüsse des  Bergener  Vergleiches  vergass  die  Befreiung  des  Klerus 
vom  persönlichen  Heerdienste  in  das  Vergleichsinstrument  einzurücken, 
und  sich  darum  genöthigt  sah  dieselbe  erst  in  dem  Begleitschreiben 
nachzutragen ,  mit  welchem  dieses  an  den  Papst  eingeschickt  wurde ,  ') 
deutlich  genug  zeigt,  welch'  unbegreiflicher  Nachlässigkeit  man  sich 
sogar  bei  der  Ausfertigung  der  wichtigsten  ächten  Documente  schuldig 
machen  konnte ,  so  sind  doch  in  unserem  Fälle  die  Auslassungen  zu 
zahlreich  und  zu  grossen  Umfanges,  als  dass  dieselben  sich  lediglich 
auf  diesen  Grund  zurückführen  Hessen.  Dagegen  wissen  wir,  dass  man 
wirklich  Urkunden  besass,  welche  über  die  Zugeständnisse  Aufschluss 
gaben,  die  zu  verschiedenen  Zeiten  der  norwegischen  Kirche  gemacht 
worden  waren.  So  wird  in  der  schon  mehrfach  erwähnten  Verordnung 
K.   Häkon   Sverrisson's    vom  Jahre   1202    als    Zeugniss    über    den  Inhalt 


1)  Diplom,  norveg.,  I,  nr.  64,  b,  S.  57. 


136 

der  im  Jahre  1152  der  Kirche  ertheilten  Privilegien  eine  Urkunde  des 
K.  Eysteinn  Haraldsson  in  Bezug  genommen,  und  zugleich  auf  Bestätig- 
ungen derselben  verwiesen,  die  K.  Magnus  Erlingsson  und  K.  Sverrir 
ausgestellt  hätten.1)  Wenn  ferner  Abt  Wilhelm  von  Ebelholt  hinsichtlich 
des  Verzichtes  auf  ihren  Einfluss  auf  die  Bischofswahl,  welchen  gewisse 
Vorgänger  K.  Sverrirs  abgelegt  haben  sollten,  sich  auf  Documente  der 
Metropolitankirche  bezieht,  welche  von  diesen  Königen  unterschrieben 
und  von  den  Päpsten  Hadrian  und  Clemens  bestätigt  worden  seien , 2) 
so  ist  unter  den  ersteren  vielleicht  dieselbe ,  vielleicht  aber  auch  die 
eine  oder  andere  weitere ,  gleichzeitig  ausgefertigte  Urkunde  gemeint. 
Widerum  erwähnt  der  Schutzbrief  von  1194  nicht  nur  im  Allgemeinen 
die  ,,libertates  et  immunitates,  quas  de  concessionibus  regum  et  precipue 
regis  Magni  Norwagiensis  ecclesia  obtinuisse  dinoscitur",  sondern  bezieht 
sich  auch  insbesondere  hinsichtlich  des  Kirchensatzes  auf  die  „renuncia- 
cionem  quam  de  iure  patronatus  per  publica  instrumenta  et  per  priui- 
legia  sua  constat  eosdem  reges  fecisse",  und  lässt  die  Exemption  der 
Bediensteten  der  Metropolitankirche  von  der  Heerlast  „iuxta  regie  pie- 
tatis  priuilegia"  bestehen.3)  Bezüglich  des  von  einem  Islandsfahrer  zu 
beziehenden  Zolles  beruft  sich  das  Bergener  Vergleichsinstrument  selbst 
auf  eine  vom  Erzbischofe  vorgelegte  Urkunde,4)  u.  dgl.  m.  Wir  werden 
kaum  fehl  gehen,  wenn  wir  annemen,  dass  ganz  wie  es  in  anderen  än- 
lichen  Fällen,  z.B.  im  Jahre  1247  hinsichtlich  der  von  Cardinal  Wilhelm, 
oder  im  Jahre  1277  hinsichtlich  der  gelegentlich  des  Tünsberger  Ver- 
gleiches ausgestellten  Urkunden  zu  geschehen  pflegte,  so  auch  in  den 
Jahren  1152  und  1164  nicht  etwa  alle  gemachten  Zugeständnisse  und 
getroffenen  Abreden  in  einer  einzigen  Urkunde  vereinigt,  sondern  viel- 
mehr eine  Reihe  von  Urkunden  gleichzeitig  ausgestellt  wurde ,  deren 
jede  eben  nur  einzelne  Verwilligungen  und  Verabredungen  umfasste, 
während  andere  wider  anderen  Documenten  überlassen  blieben.  Unter 
dieser  Voraussetzung  begreift  sich  aber  leicht,   dass  der  Fälscher  unserer 


1)  ebenda,  VIII,  nr.  5,  S.  7—8. 

2)  ebenda,  VI,  nr.  3,  S.  5. 

3)  ebenda,  II,  nr.  3,  S.  2  und  3. 

4)  ebenda,  I,  nr.  64,  a,  S.  55. 


137 

Urkunde  zwar,  um  diese  glaubwürdig  erscheinen  zu  lassen ,  neben  den 
Angaben,  um  die  es  ihm  eigentlich  alleinn  zu  thun  war,  auch  noch  einer 
unzweifelhaft  ächten  Zuthat  bedurfte,  welche  er  aus  den  ihm  zur  Ver- 
fügung stehenden  authentischen  Urkunden  im  erzbischöflichen  Archive 
leicht  entnemen  konnte,  dass  er  aber  dabei,  weil  ja  neben  der  gefälschten 
Urkunde  auch  noch  die  ächten  producirt  werden  konnten,  keinen  Grund 
hatte,  in  jene  erstere  den  gesammten  Inhalt  dieser  letzteren  herüber- 
zunemen.  Bei  derselben  Gelegenheit  konnte  es  dann  auch  geschehen, 
dass  derselbe,  wie  diess  oben  bezüglich  des  Rechtes  auf  die  Mehlausfuhr 
bereits  bemerkt  wurde,  ein  und  dasselbe  Privileg  zuerst  auf  Grund  einer 
Urkunde  einstellte,  mittelst  deren  dasselbe  dem  erzbischöflichen  Stuhle 
neu  verliehen  worden  war,  und  dann  hinterher  nochmals  auf  Grund 
einer  anderen,  welche  dasselbe  diesem  nur  bestätigt  hatte! 

Spricht  hiernach  der  Inhalt  unserer  Urkunde  in  seinen  beiden 
Hälften  sehr  bestimmt  für  die  Anname  einer  Fälschung,  so  wird  diese 
Anname  durch  eine  Prüfung  ihrer  Form  vollends  bestärkt.  Schon 
Paludan- Müller  hat  auf  die  höchst  übereilte  und  oberflächliche  Art  auf- 
merksam gemacht,  in  welcher  dieselbe  concipirt  ist. 2)  Dieselbe  zeigt 
einen  Mangel  an  grammatischer  sowohl  als  stylistischer  Correctheit, 
welchen  man  doch  nicht  ausschliesslich  auf  die  Rechnung  späterer  Co- 
pisten  wird  setzen  dürfen,  und  zwar  kann  man  es  zumal  nicht  auf 
diese  zurückführen,  wenn  an  Stellen,  welche  den  König  redend  ein- 
führen, wiederholt  in  wunderlichster  Weise  aus  der  Pluralform  in  die 
Singularform  übergesprungen  wird.2)  Die  von  Paludan-Müller  widerholt 
gerügte  Verweisung  auf  eine  weitere  gesiegelte  Urkunde,3)  welche  erst 
genauer  bestimmen  sollte,  was  der  Brief  nur  kurz  andeutet,  erweist 
sich  zwar  als  ein  Missverständniss,  da  die  „literse  sigillatae,"  die  ge- 
legentlich des  Kronenopfers  erwähnt  werden,  sicherlich  nur  auf  unsere 
Urkunde  selbst  zu  beziehen  sind,  und  auch  darauf  ist  wenig  Werth  zu 
legen,    dass    in    dem  Briefe    manche    erhebliche    Rechte    der  Kirche    gar 


1)  ang.  0.,  S.  288,  Anm. 

2)  S.  226:  „suscepimus",  aber  „conformer",  „me  devoveam";  S.228:  „concedo",  „confirmo",  „offero", 
aber  „concedimus",  „addimus" ;    S.  229:  „annuo  et  confirnio",  aber  „promittimus". 

3)  ang.  0.,  S.  283—4,  und  288,  Anm. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  1 8 


138 

nicht,  oder  doch  nur  sehr  flüchtig  erwähnt  werden,  da  ja  dieser  Um- 
stand, wie  oben  schon  bemerkt,  im  Hinblicke  auf  andere  zu  Gebot 
stehende  Urkunden  sich  befriedigend  erklären  lässt;  um  so  auffälliger 
ist  aber  die  zweimalige  Erwähnung  der  Mehlausfuhr,  die  Flüchtigkeit 
des  Excerpirens  älterer  Documente,  welche  zu  unvollständigen  oder 
sinnlosen  Bestimmungen  wie  „unius  navis  vectigalia",  dann  „nee  ab 
aliis  eadem  penitus  exeludatur  licentia",  oder  zu  irrigen  Angaben,  wie 
die  Subsumption  der  Mehlausfuhr  unter  die  „privilegia  legibus  confir- 
mate"  führte,  —  die  verkehrte  Bezugname  auf  den  Ostertag,  welcher 
doch  wohl  auch  nur  eine  sehr  unbeholfene  Benützung  ächter  Docu- 
mente, wenn  nicht  gar  nur  ein  falscher  Calcul  zu  Grunde  liegen  konnte, 
sowie  die  Nichterwähnung  irgend  welcher  Mitwirkung  Erlings,  welche 
bei  einer  ächten  Urkunde  geradezu  unerklärlich  wäre,  u.  dgl.  m.  Alles 
diess  dürfte  sich  denn  doch  weit  leichter  durch  die  Anname  erklären 
lassen,  dass  wir  es  mit  einer  im  Drange  der  Noth  eiligst  angefertigten 
Fälschung  zu  thun  haben,  als  durch  die  Voraussetzung,  dass  uns  in 
der  Urkunde  ein  vom  Erzbischofe  dem  Könige  vorgelegter  Entwurf  er- 
halten sei,  welcher  denn  doch  wohl  umsichtiger  und  fleissiger  aus- 
gearbeitet worden  wäre.  Ein  weiterer,  nicht  zu  übersehender  Punkt 
ist  aber  der,  dass  in  unserem  Brief  der  Aussteller  sich  als  „Magnus  dei 
gracia  rex  Norwegie"  bezeichnet.  Nun  hat  bereits  R.  Keyser  bemerkt,1) 
dass  die  norwegischen  Könige  erst  von  K.  Hakon  gamli  angefangen 
diesen  Titel  in  ihren  in  lateinischer  Sprache  aufgesetzten  Urkunden  zu 
führen  pflegten,  und  wirklich  sind  die  ersten  Königsurkunden,  in  welchen 
ich  ihn  geführt  finde,  von  dem  genannten  Könige  in  den  Jahren  1 1247 — 50 
ausgestellt;2)  in  einer  älteren  Urkunde  aus  dem  12.  Jahrhunderte  konnte 
derselbe  demnach  unmöglich  sich  finden ,  wogegen  es  nicht  auffallen 
kann,  wenn  ein  Document,  welches  im  Jahre  1276  gefälscht  wurde, 
dem  Curialstyle  seiner  Zeit  folgend  ihn  braucht.  So  ist  auch  die  Ad- 
dresse:  ,,Augustino  eadem  gracia  Throndensium  archiepiscopo  .  aposto- 
lice  sedis  legato  .  et  universis  episcopis"  u.  s.  w.  nicht  unanstössig; 
fasst    man    nämlich    die    Worte    „apostolicae    sedis    legato"     als    einen 


1)  Norges  Stats-  og  Ketsforfatning  i  Middelalderen,  S.  66. 

2)  Diplom,  norveg.,  V,  nr.  1—4,  S.  1—4. 


139 

weiteren  Titel  Eysteins  auf,  so  steht  entgegen,  dass  Eysteinn  diesen 
Titel  sonst  nirgends  führt,  —  bezieht  man  dieselben,  wie  R.  Keyser  als 
möglich  betrachtet,1)  auf  einen  neben  dem  Erzbischofe  anwesenden 
päpstlichen  Legaten,  so  muss  höchlich  auffallen,  dass  dieser  nicht  vor 
dem  Erzbischofe  erwähnt,  und  dass  nicht  einmal  sein  Name  genannt 
ist.  So  drängt  demnach  auch  die  formelle  Gestalt  unseres  Königsbriefes 
auf  die  Anname  einer  Fälschung  hin,  wie  sie  oben  bereits  aufgestellt 
wurde.  Es  ist  leicht  zu  begreifen ,  dass  Erzbischof  Jon ,  nachdem  er 
während  der  Verhandlungen  mit  K.  Magnus  lagaboetir  sich  in  der  oben 
angedeuteten  Weise  mit  aller  Bestimmtheit  auf  die  angebliche  Lehnbar- 
keit  der  Krone  berufen  hatte,  die  man  doch  kirchlicherseits  nur  aus 
der  Thatsache  der  Krönung  und  des  Kronenopfers  K.  Magnus  Erlings- 
son's  sich  herausconstruirt  hatte,  von  dem  Könige  gedrängt  wurde,  für 
diese  seine  Behauptung  seine  urkundlichen  Beweise  vorzulegen,  und 
dass  er  nun  in  aller  Eile  ein  hiezu  qualificirtes  Document  anfertigen 
Hess,  welches  denn  freilich  auch  die  Spuren  seiner  hastigen  Ausarbeitung 
deutlich  an  sich  trug,  und  vielleicht  gerade  darum  nicht  weiter  in  Be- 
tracht gezogen  wurde,  weil  sich  in  Folge  seiner  allzu  deutlich  erkenn- 
baren Unächtheit  ein  wirksamer  Gebrauch  von  ihm  nicht  machen  liess. 
Da  übrigens  das  Machwerk  mit  Ausname  des  auf  die  Lehnbarkeit  des 
Reichs  und  das  Kronenopfer,  dann  etwa  noch  einige  wenige,  vergleichs- 
weise wenig  bedeutsame  Zusätze,  wirklich  aus  ächten  Quellen  geschöpft 
war,  und  da  es  selbst  bezüglich  jener  ersteren  beiden  Punkte  wenigstens 
nur  die  Consequenzen  widergab ,  welche  die  Kirche  aus  geschichtlich 
wirklich  begründeten  Thatsachen  und  Zusagen  ziehen  zu  dürfen  glaubte, 
überschreitet  die  Fälschung  auch  ganz  und  gar  nicht  die  Grenzen  eines 
„frommen  Betruges",  wie  ein  solcher  bekanntlich  oft  genug  gerade  von 
kirchlicher  Seite  her  begangen  wurde.2)  Sie  stellt  sich  ganz  jener  an- 
deren Fälschung  zur  Seite,  mittelst  deren  um  ein  halbes  Jahrhundert 
zuvor  der  hamburger  Erzbischof  (Friedrich?)  eine  Reihe  ächter  Docu- 
mente  seines  Stuhles    hatte    interpoliren   lassen,    um  die  neuerdings  an- 


1)  Den  norske  Kirkes  Historie,  I,  S.  245. 

2)  vgl.  hierüber  die  treffenden  Worte  Dehio's,  Geschichte  des  Erzbisthumes  Hamburg-Bremen,  I, 
S.  128—29. 

18* 


140 

gefochtene  Ausdehnung  seiner  Provinz  über  den  ganzen  Norden  nicht 
nur  stillschweigend,  sondern  auch  ausdrücklich  in  denselben  zugestanden 
aufweisen  zu  können.1)  In  einer  Zeit,  in  welcher  die  Gegensätze  zwischen 
Kirche  und  Staat  auf's  Aeüsserste  gespannt  waren,  konnte  ein  solcher 
Schritt  vollends  recht  wohl  unternommen  werden.  Beschuldigt  doch 
P.  Innocenz  III.  in  einem  Erlass  vom  6.  October  1198  den  K.  Sverrir 
ganz  unumwunden,2)  mehrere  Bullen  P.  Cölestins  III.  gefälscht  zu  haben, 
vielleicht  nicht  ganz  ohne  Grund,  da  die  Umstände,  unter  welchen  der 
König  diese  erhalten  zu  haben  behauptete,  in  der  That  verdächtig  genug 
aussehen,3)  und  beruft  sich  doch  derselbe  Papst  an  demselben  Orte  ganz 
naiv  auf  die  Thatsache,  dass  er  beim  Antritte  seiner  Würde  in  Rom 
selbst  eine  Menge  von  Fälschern  päpstlicher  Urkunden  habe  aufgreifen 
lassen! 

Die  bisherigen  Ausführungen  dürften  nun  allerdings  dargethan  haben, 
dass  von  den  beiden  Stücken,  auf  welche  man  die  Schenkung  des  nor- 
wegischen  Reiches  an  den  heil.  Olaf  begründen  wollte,  das  eine,  näm- 
lich die  Novelle  in  den  GpL.  §.  2  zwar  acht  ist,  aber  von  einer  solchen 
Schenkung  Nichts  weiss,  das  andere  dagegen,  nämlich  der  Königsbrief, 
zwar  von  dieser  Schenkung  handelt,  aber  dafür  nicht  acht,  sondern 
eine  in  der  zweiten.  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  angefertigte  Fälschung 
ist.  So  beruht  demnach  die  Anname,  dass  jene  Reichsschenkung  wirk- 
lich stattgefunden  habe,  lediglich  auf  den  Behauptungen,  welche  Erzb. 
Jon  gelegentlich  der  Concordatsverhandlungen  in  dieser  Richtung  auf- 
stellte ,  und  auch  das  Vertrauen  auf  diese  Behauptungen  ist  dadurch 
nothwendig  erschüttert,  dass  dieselben  einerseits  bezüglich  des  Kronen- 
opfers unzweifelhaft  mit  den  verlässigen  Angaben  der  Gl>L.  §.  2  in 
Widerspruch  stehen ,  und  andererseits  die  Anfertigung  einer  falschen 
Urkunde  während  des  Verlaufes  jener  Verhandlungen  mit  Sicherheit 
auf  das  Nichtvorhandensein  einer  ächten  schliessen  lässt.  Immerhin 
wird  es  sich  indessen  empfelen ,  noch  einmal  Umschau  zu  halten ,  ob 
nicht  etwa  doch  noch  irgendwelche  im  Bisherigen  unbeachtet  gelassene 


1)  Dehio,  II,  Anmerkungen,  S.  38 — 41. 

2)  Diplom,  norveg.,  VI,  nr.  7,  S.  11. 

3)  Sverris  s.,  cap.  128,  S.  302—3. 


141 

Beweisbehelfe  zur  Unterstützung  der  erzbischöflichen  Angaben  zu  finden 
seien ,  und  zugleich  die  Frage  einer  Prüfung  zu  unterziehen ,  wieferne 
etwa  die  innere  Wahrscheinlichkeit  für  oder  gegen  diese  Angaben  spreche. 
Da  ist  nun  in  der  ersteren  Beziehung  zunächst  klar,  dass  man  sich  auf 
eine  päpstliche  Bulie  nicht  berufen  darf,  welche  noch  unter  der  Regierung 
des  P.  Martinus  IV.  (28.  Mserz  1285)  entworfen,  aber  erst  unter  der 
Regierung  seines  Nachfolgers,  P.  Honorius  IV.,  ausgefertigt  und  besiegelt 
wurde.  Dieselbe  ist  uns  nur  in  einer  isländischen  Uebersetzung  erhalten,1) 
scheint  indessen  acht  zu  sein,  obwohl  Potthast  sie  nicht  erwähnt,  da 
unter  Berufung  auf  den  Bericht  desselben  Magister  Peter  von  Mailand, 
welchen  sie  als  Gewährsmann  anführt,  noch  zwei  andere  unter  Martin  IV. 
entworfene  Urkunden  unter  Honorius  IV.  ausgefertigt  wurden,  nämlich 
eine  am  5.  April  1285  für  den  Bischof  von  Ribe,2)  die  andere  aber  am 
12.  April  1285  für  den  Abt  von  Tautra;3)  die  beiden  letzteren  Docu- 
mente  sind  bezüglich  ihrer  Aechtheit  nicht  beanstandet,4)  und  wird 
man  daraus  keinen  Verdachtsgrund  ableiten  dürfen ,  dass  in  beiden 
Meister  Peter  als  „vicecancellarius",  in  unserer  Uebersetzung  aber  als 
,, kanzeler"  bezeichnet  wird.  In  dieser  an  K.  Eirik  gerichteten  Bulle 
wird  nun  allerdings  auf  die  Privilegien  K.  Magnus  Erlingsson's  Bezug 
genommen ,  mittelst  deren  er  sich  und  sein  Reich  dem  heil.  Olaf  ge- 
schenkt, zum  Zeichen  dessen  das  Krönungsopfer  angeordnet,  und  über- 
diess  bezüglich  der  Königswahl  dem  Erzbischofe  und  seinen  Suffraganen 
den  massgebenden  Einfluss  eingeräumt  habe.  Aber  man  wird  hierinn 
um  so  weniger  ein  Zeugniss  für  die  Wahrheit  der  betreffenden  That- 
sachen  erkennen  dürfen ,  als  nach  dem  ausdrücklichen  Bemerken  der 
Bulle  selbst  deren  Angaben  sich  lediglich  auf  eine  einseitige  Darstellung 
der  Sachlage  Seitens  des  norwegischen  Episcopates  stützten,  nicht  auf 
eine  eigene  Einsichtname  von  vorgelegten  Beweisdocumenten.  Nur  eine 
Widerholung    der   vom    Erzbischofe    bereits    in    den    Jahren   1273    und 


1)  gedruckt  bei  Finnr  Jönsson,  historia  ecclesiastica  Islandiae ,  I,  S.  404—10;  bei  Torfseus, 
bistor.  rer.  norveg.  IV,  lib.  VII,  cap.  2,  S.  372—74,  findet  sich  eine  Rückübersetzung  aus  dem 
Isländischen. 

2)  Kirkehistoriske  Samlinger,  V,  S.  380—82. 

3)  Diplom,  norveg.,  VIII,  nr.  13,  S.  22,  und  nr.  12,  S.  20—21. 

4)  vgl.  Potthast,  Regesta  pontificum,  II,  S.  1796. 


142 

1277  vorgebrachten  Behauptungen  liegt  somit  in  dieser  Bulle  vor,  aber 
keinerlei  Beweis  dafür,  dass  diese  begründet,  und  durch  irgend  eine 
authentische  Urkunde  unterstützt  waren.  Eher  könnte  der  Eid  in  Be- 
tracht kommen,  welchen  K.  Magnus,  sein  Vater  Erlingr  und  12  weitere 
als  Eidhelfer  verwendete  Landherren  gelegentlich  der  Krönung  des 
Ersteren  abzuleisten  hatten.1)  Die  Berichte  der  Geschichtsquellen  über 
diese  Krönung  geben  zwar  den  Inhalt  dieses  Eides  nicht  an;  aber  weiter 
als  auf  das  getreuliche  Halten  und  Schirmen  des  Landrechts,  welches 
K.  Magnus  selbst  einmal  als  von  ihm  bei  seiner  Krönung  beschworen 
bezeichnet,2)  muss  er  entschieden  gereicht  haben,  da  sich  ausserdem  die 
Art  nicht  begreifen  Hesse,  wie  später  mehrfach  auf  denselben  Bezug 
genommen  wird.  Die  entrüstete  Ablehnung  der  gleichen  Eidesleistung 
Seitens  K.  Häkons  des  Alten,  als  solche  gelegentlich  seiner  Krönung 
von  ihm  begehrt  wurde ,  kann  hierüber  keinen  Zweifel  lassen , 3)  und 
auch  die  Bezugname  auf  die  Eide,  ,,er  suarnir  voro  firer  legaten,  l>a  er 
iarlenn  hof  deilu  viö  (Eystein  aerkibiskup  vm  heilagrar  kirkiu  frialse", 
in  der  Verordnung  K.  Häkon  Sverrisson's  aus  dem  Jahre  1202  deutet 
ebendahin,  während  sie  doch  andererseits  jede  Möglichkeit  ausschliesst, 
dass  in  denselben  von  einer  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil.  Olaf 
die  Rede  gewesen  sein  könnte.  König  Häkon  machte  damals  seinen 
Frieden  mit  der  Kirche,  jedoch  ohne  die  Rechte  des  Königthumes  we- 
sentlich schmälern  zu  lassen;  er  bestätigte  dabei  die  im  Jahre  1152 
gemachten  Zugeständnisse,  wie  sie  von  K.  Magnus  Erlingsson  und 
Sverrir  bestätigt  worden  waren,  und  bezieht  sich  bei  dieser  Gelegenheit 
auch  auf  die  im  Jahre  1164  geschworenen  Eide,  womit  denn  doch  von 
selbst  gesagt  ist,  dass  diese  nicht  einen  Inhalt  haben  konnten,  der  die 
Grundlage  des  norwegischen  Königthumes  in  Frage  stellte.  Mag  sein, 
dass  die  damals  abgeschworene  Eidesformel  ungefähr  derjenigen  gleich 
war,  welche,  nachdem  mehrfach  über  deren  Inhalt  hin  und  her  ver- 
handelt worden  war,  im  Jahre  1280  von  K.  Eirik  Magnüsson  gelegentlich 


1)  vgl.  oben,  S.  76. 

2)  Sverris  s.,  cap.  60,  S.  155.    Vgl.  auch  noch  Landslög,  Kr  istindomsb.,  §.  8;  BjarkR. 
§.  7;  Jonsbok,  Kon ungserfd"ir,  §.  7;    endlich  Hird"skrä,  §.  6,  S.  397,  Anm.  12. 

3)  vgl.  oben,  S.  82. 


143 

seiner  Krönung  abgeleistet  wurde,  und  welche  in  lateinischer  und  nor- 
wegischer Fassung  folgendermassen  lautete:1)  „Profiteor  et  promitto 
coram  deo  et  sanctis  eius  a  modo  pacem  et  iusticiam  ecclesie  dei . 
populoque  mihi  subiecto  obseruare  .  pontificibus  et  clero  .  prout  teneor  . 
condignum  honorem  exhibere  .  secundum  discrecionem  mihi  a  deo  datam  . 
atque  ea  que  a  regibus  ecclesiis  collata  ac  reddita  sunt  ♦  sicut  compositum 
est  inter  ecclesiam  et  regnum  .  inuiolabiliter  conseruare  .  malasque  leges 
et  consuetudines  peruersas  precipue  contra  ecclesiasticam  libertatem 
facientes  abolere  et  bonas  condere  prout  de  concilio  fidelium  nostrorum 
melius  inuenire  poterimus.  {>at  jatta  ek  gudi  ok  hans  helgum  mannum  . 
at  ek  skal  vardvseita  frid  ok  rettyndi  hseilagre  kirkiu  ok  J>ui  folki  sem 
ek  er  overöugr  ivir  skipaör.  Byscopum  ok  lserdom  mannum  skal  ek 
vseita  vidrkvsemelega  scemd  eftir  t»ui  sem  ek  er  skyldugr  .  ok  gud  gisefr 
mer  skynsemd  til .  ok  J>a  luti  halda  obrigöilega  .  sem  af  konunggum  ero 
kirkiunni  gefner .  ok  aftr  fegner  sva  sem  sam^ykt  er  millum  kirkiunnar 
ok  rikissens.  Rong  log  ok  illar  siöueniur  einkanlega  fcser .  sem  mote 
ero  hseilagrar  kirkiu  frselsi  af  taka  ok  betr  skipa  eftir  t>ui  sem  framazt 
faam  ver  raad  til  af  varom  tryggastu  mannum".  Eine  derartige  Be- 
stätigung aller  der  Kirche  jemals  ertheilten,  und  zumal  gelegentlich  der 
unmittelbar  vorhergehenden  Abmachungen  zugestandenen  Rechte,  und 
eine  solche  Zusicherung,  den  gesammten  Rechtszustand  im  Reiche  den 
kirchlichen  Ansprüchen  entsprechend  verändern  zu  wollen,  ist  gerade 
was  wir  als  Inhalt  der  im  Jahre  1164  geschworenen  Eide  erwarten 
müssen,  da  die  beabsichtigte  Revision  der  Gj>L.  und  Frl>L.  damals  be- 
reits recht  wohl  vorgesehen  sein  konnte;  es  begreift  sich  aber  auch, 
dass  K.  Häkon  gamli,  als  ihm  derselbe  Eid,  und  zwar  ebenfalls  mit  der 
ausdrücklichen  Forderung  einer  vorbehaltlosen  Privilegienbestätigung 
abverlangt  wurde,  sich  zu  dessen  kategorischer  Ablehnung  veranlasst 
sehen  mochte,  während  andererseits  K.  Häkon  Sverrisson  in  Anbetracht 
der  ziemlich  vagen  Ausdrucksweise  in  der  Formel  diese  dennoch,  zwar 
nicht  selber  abschwören,  aber  doch  als  eine  von  einem  seiner  Vorgänger 
abgeschworene  in  Bezug  nemen  konnte.  Von  weiteren  Behelfen  aber, 
welche    etwa    zum   Beweise    der  angeblichen  Schenkung  des  Reiches    an 


1)  Diplom,  norveg.,  I,  nr.  69,  S.  62. 


144 

den  heil.  Olaf  herangezogen  werden  könnten,  weiss  ich  keine  Spur  zu 
finden.  —  Eine  solche  Schenkung  muss  endlich  aber  auch  aus  in- 
neren Gründen  vollkommen  unwahrscheinlich  genannt  werden.  Paludan- 
Müller  hat  bereits  sehr  treffend  bemerkt,1)  dass  allerdings  mehrfache 
Fälle  bekannt  sind  von  Reichen,  welche  dem  päpstlichen  Stuhle  zu 
Lehen  aufgetragen  wurden,  von  denen  Werlauff  ein,  übrigens  bei  Weitem 
nicht  vollständiges,  Verzeichniss  zusammenstellte;2)  dass  aber  in  unserem 
Falle  der  König  sein  Reich  nicht  vom  Papste,  sondern  von  dem  National- 
heiligen des  Landes,  d.  h.  in  Wahrheit  von  seinem  eigenen  F>zbischofe 
zu  Lehen  genommen  haben  müsste!  Es  bedürfte  unbedingt  zwingender 
Beweise,  um  eine  solche  Ungeheuerlichkeit  glaubhaft  zu  machen;  statt 
dessen  treten  uns  nur  weitere  Unwahrscheinlichkeiten  entgegen ,  wenn 
wir  den  weiteren  Verlauf  der  Begebenheiten  vom  Jahre  1164  an  mit 
der  Voraussetzung  betrachten ,  dass  in  diesem  ein  solcher  Lehnsauftrag 
erfolgt  sei.  Während  der  heftigen  Kämpfe,  welche  K.  Sverrir  und  des- 
sen Nachkommenschaft  mit  der  Kirche  zu  bestehen  hatte,  wird  nicht 
einmal  auf  diesen  Lehnsauftrag  Bezug  genommen,  bis  endlich  Erzbischof 
Jon  gelegentlich  des  Bergener  Concordates  mit  dem  betreffenden  An- 
sprüche hervortritt.  Weder  die  Beschwerdeschrift,  welche  Abt  Wilhelm 
von  Ebelholt  im  Jahre  1190  Namens  Erzb.  Eiriks  an  die  Curie  richtete, 
noch  der  Schutzbrief,  welchen  P.  Cölestin  III.  im  Jahre  1194  dem  erz- 
bischöflichen Stuhle  ausstellte,  erwähnt  mit  einer  Sjlbe  der  Schenkung 
des  Reichs  an  den  heil.  Olaf  oder  des  Kronenopfers  als  eines  Zeichens 
derselben.  Ebensowenig  wird  in  der  Streitschrift  derselben  gedacht, 
weiche  K.  Sverrir  gegen  die  Kirche  ausgehen  Hess,  und  umgekehrt  wird 
unter  den  bitteren  Beschwerden,  welche  P.  Innocenz  III.  widerholt  gegen 
diesen  König  erhob,  nirgends  der  Verletzung  der  vasallitischen  Treue 
Erwähnung  gethan  oder  des  widerrechtlichen  Eindringens  in  den  Besitz 
des  Lehens,  wie  diess  doch  mit  Sicherheit  zu  erwarten  wäre,  wenn  die 
Krone  wirklich  von  der  Kirche  damals  als  lehnbar  betrachtet  worden 
wäre.  Endlich  steht  die  Sache  auch  nicht  anders  bezüglich  der  Urkunde 
K.  Hakon  Sverrisson's   von   1202,    dann   bezüglich  der  mehrfachen  Ver- 


1)  ang.  0.,  S.  269. 

2)  0m  de  norske  Kongers  Salving  og  Kroning,  S.  10. 


145 

handlung  K.  Häkon  gamli's  mit  seinen  Bischöfen  und  Cardinal  Wilhelm 
über  seine  eigene  Krönung,  obwohl  auch  dabei  Anlass  genug  gewesen 
wäre  des  Lehnsverhältnisses  zu  gedenken,  wenn  von  einem  solchen  in 
der  betreffenden  Zeit  überhaupt  die  Rede  gewesen  wäre.  Nun  habe  ich 
zwar  allerdings  oben  auseinanderzusetzen  gesucht,  dass  in  Bezug  auf  die 
im  Jahre  1164  eingeführte  neue  Thronfolgeordnung,  von  welcher  alle 
diese  Documente  und  Berichte  ganz  gleichmässig  schweigen ,  dieses 
Schweigen  ganz  ohne  erhebliche  Bedeutung  sei ;  indessen  liegt  doch  die 
Sache  in  beiden  Fällen  ganz  und  gar  verschieden.  Bezüglich  der  Thron- 
folgeordnung begreift  sich  jenes  Schweigen,  soferne  K.  Sverrir,  welcher 
diese  einfach  als  nichtig  behandelte,  keine  Veranlassung  hatte  sie  an- 
zurufen ,  und  doch  auch  aus  ihrer  Besprechung  nicht  anderweitig  für 
sich  Capital  schlagen  konnte,  während  seine  Gegner  seine  Regierung 
sich  Anfangs  gefallen  Hessen,  später  aber  mit  ganz  anders  wirksamen 
Gründen  anzufechten  suchten,  und  somit  auch  nicht  in  der  Lage  waren, 
auf  jenes  Gesetz  und  seine  problematische  Gültigkeit  viel  Gewicht  zu 
legen ;  eine  gelegentliche  Andeutung  davon,  dass  die  Wahl  bei  der  Be- 
setzung des  Thrones  auch  ihre  Rolle  spielte,  ein  gelegentlicher  Meinungs- 
zwiespalt darüber,  ob  das  ältere  oder  das  neuere  Recht  in  Bezug  auf 
die  Erbenfolge  zum  Zuge  zu  kommen  habe,  ist  Alles  was  wir  in  den 
Quellen  allenfalls  zu  finden  erwarten  können,  und  derartige  Aeusserungen 
haben  wir  denn  auch  wirklich  in  ihnen  nachzuweisen  vermocht.  Aber 
wie  sollte  das  gleiche  Schweigen  über  den  Lehnsverband  sich  erklären, 
falls  das  Königthum  sich  wirklich  der  Kirche  gegenüber  in  einen  solchen 
begeben  hätte?  Die  Streitschrift  K.  Sverrir's  kehrt  sich  ganz  einlässlich 
gegen  die  Uebergriffe,  welche  die  Geistlichkeit  in  Norwegen  sich  neuer- 
dings dem  Königthume  gegenüber  erlaubt  hatte;  wie  konnte  sie  da 
einen  so  unzweideutigen,  auch  dem  blödesten  Auge  erkennbaren  Eingriff 
in  das  weltliche  Gebiet  unberührt  lassen,  wie  ihn  der  Anspruch  auf  die 
Lehnsherrlichkeit  über  das  gesammte  Reich  und  den  Träger  seiner  Krone 
in  sich  schloss?  Die  Lebensbeschreibung  ferner  K.  Sverrir's,  welche 
unter  dessen  persönlichem  Einflüsse  entstand ,  und  welche  mit  vielem 
Geschick  zu  verwerthen  weiss,  was  sich  zu  Gunsten  ihres  Helden  und 
zu  Ungunsten  seiner  Gegner  beibringen  Hess,  hätte  doch  wohl  ebenfalls 
gelegentlich  der  Thatsache  Erwähnung  thun  müssen,  dass  der  erstere 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  19 


146 

die  uralte  Selbstständigkeit  des  Reiches  widerhergestellt  habe,  nachdem 
dieselbe  Seitens  der  letzteren  zu  Gunsten  der  Kirche  aufgegeben  worden 
war,  wenn  nur  diese  Thatsache  irgendwie  begründet  gewesen  wäre.  Auf 
der  anderen  Seite  aber  müsste  denn  doch  in  der  Reihe  von  Urkunden 
und  Schreiben,  welche  die  ganze  Conflictszeit  über  von  kirchlicher  Seite 
ausgiengen,  in  allen  den  Geschichtsquellen  ferner,  welche  über  die  Re- 
gierung K.  Sverrir'8  nicht  nur,  sondern  auch  seines  Sohnes  K.  Häkon, 
seines  Enkels  K.  Guöormr,  seines  Schwestersohnes  K.  Ingi,  endlich  seines 
weiteren  Enkels  K.  Häkon  gamli  so  ausführlich  und  als  gleichzeitige 
Schriftwerke  berichten,  irgend  eine  Spur  davon  zu  finden  sein,  dass  die 
Kirche  die  Lehnsherrlichkeit  über  den  Staat  ansprach ,  und  über  die 
Verweigerung  ihrer  Anerkennung  Klage  führte,  da  sich  denn  doch  kein 
Grund  ausfindig  machen  lässt ,  der  sie  sei  es  nun  zu  einem  Verzichte 
auf  diesen  Anspruch,  falls  derselbe  überhaupt  rechtlich  begründet  war, 
oder  auch  zu  einem  Schweigen  über  denselben  bewegen  konnte,  falls 
sie  auf  denselben  nicht  zu  verzichten  gesonnen  war.  Unter  solchen  Um- 
ständen wird  in  der  That  das  Schweigen  unserer  Quellen  beredt ;  es  be- 
stärkt auch  seinerseits  die  aus  anderen  Gründen  gewonnene  Ueberzeugung, 
dass  die  angebliche  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil.  Olaf  in  Wirk- 
lichkeit niemals  stattgefunden  hat,  und  dass  die  dieserhalb  von  Erzb. 
Jon  aufgestellten  Behauptungen  aller  und  jeder  geschichtlichen  Begründung 
entbehren. 

Zum  Schlüsse  will  ich  noch  zur  leichteren  Orientirung  über  die 
literarische  Entwicklung  der  Streitfrage  eine  Uebersicht  der 
wichtigeren  bisherigen  Aeüsserungen  über  dieselbe  zusammenstellen, 
welche  am  Anfange  dieser  Abhandlung,  an  welchem  sie  eher  hätte  er- 
wartet werden  können,  nicht  wohl  gegeben  werden  konnte,  weil  sie  erst 
nach  Vorführung  des  gesammten  Beweismateriales  in  ihren  vielfach  sich 
kreuzenden  Windungen  verständlich  zu  werden  verspricht.  —  Es  wird 
aber  meines  Wissens  der  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil.  Olaf  von 
keinem  Schriftsteller  Erwähnung  gethan  vor  Torfseus,  und  insbesondere 
berichtet  auch  Arild  Hvitfeld  Nichts  von  einer  solchen,  obwohl  er  den 
zwischen  Magnus  Erlingsson  und  seinem  Erzbischof  geschlossenen  Ver- 
trag bespricht,  auf  Grund  dessen  des  Ersteren  Krönung  erfolgte;1)  auf- 
1)  Danmarckis  ßigis  Krönicke,  I,  S.  106  (ed.  1652). 


147 

fällig  genug,  da  von  seiner  Hand  die  älteste  Copie  unseres  Königsbriefes 
geschrieben  ist.  ]>orm6br  Torfason  ferner,  welcher  als  der  Erste  von 
der  Unterwerfung  des  Reiches  unter  die  Kirche  spricht,  stützt  sich  da- 
bei lediglich  auf  die  Angaben  des  Bergener  Vergleiches,  neben  welchen 
er  noch  die  Bestimmungen  der  GpL.  über  die  Thronfolgeordnung  kennt, 
wogegen  er  von  dem  Königsbriefe  noch  Nichts  weiss.  *)  Erst  Ami 
Magnüsson  scheint  Hvitfelds  Abschrift  der  Urkunde  entdeckt  zu  haben, 
und  von  ihm  stammt  auch  bereits  eine  Aeusserung  über  deren  Bedeutung, 
welche  sofort  weite  Verbreitung  erlangt  hat.  Ausgehend  von  der  Be- 
merkung, dass  in  dem  Datum  der  Urkunde  nicht  nur  die  Jahrzahl, 
sondern  auch  die  Ziffer  des  Monatstages  verschrieben  sein  müsse,  weil 
während  der  ganzen  Regierungszeit  des  K.  Magnus  der  Ostertag  niemals 
auf  den  23.  Mserz  fiel,  kam  er  durch  eine  Berechnung  der  Monatstage 
sämmtlicher  in  Men  Maerz  fallender  Ostertage  dieser  Zeit  zu  dem  Ergeb- 
nisse, dass  die  Urkunde  nur  entweder  am  24.  Maerz  1163,  oder  am 
24.  Mserz  1174  ausgestellt  sein  könne,  und  meint,  das  erstere  Datum 
könne  nicht  in  Betracht  kommen,  weil  Magnus  damals  noch  unmündig 
und  überdiess  noch  nicht  gekrönt  gewesen  sei ,  wogegen  das  letztere 
ganz  wohl  passe,  da  im  Jahre  1174  die  Parthei  der  Birkenbeine  sich 
gebildet  habe,  und  sehr  begreiflich  sei,  dass  Magnus  durch  den  Wunsch, 
sich  des  Erzbischofs  kräftige  Unterstützung  gegen  diese  zu  sichern,  sich 
zu  weiteren  Zugeständnissen  habe  bestimmen  lassen.2)  Obwohl  nur  auf 
einem  Zettel  eingetragen ,  welchen  Arni  seiner  Abschrift  der  Urkunde 
beilegte,  wurde  doch  diese  Vermuthung  desselben  bald  bekannt,  indem 
Gerhard  Schöning  in  seiner  Abhandlung  über  Erzbischof  Eysteinn  sich 
ihr  anschlosB,  in  welcher  er  zugleich  den  Königsbrief  selbst  zum  ersten 
Male  veröffentlichte;  3)  er  giebt  aber  seiner  Darstellung  die  Wendung, 
dass  die  massgebenden  Verabredungen  bereits  im  Jahre  1164  gelegentlich 
der  Krönung  des  jungen  Magnus  getroffen  worden  seien,    wogegen  sich 


1)  Historie  rerum  norvegicarum  Pars  III,  Lib.  X,  cap.  5,  S.  567;    vgl.  Pars  IV,  Lib.  VI,  cap.  7, 
S.  354  (1711». 

2)  Siehe  Arni's  Worte  im  Diplomatarium  islandicum,  I,  S.  225—26. 

3)  Forsög  til  Forbedringer  i  den  gamle  Danske  og  Norske  Historie  ved  P.  Fr.  Suhm  og  G.  Schön- 
ing, S.  428—33,  Anm.;  Tgl.  S.  425—26  (1757). 

19* 


148 

dieser  erst  um  ein  Jahrzehnt  später  unter  dem  Drucke  des  unter  Eysteinn 
meyla  sich  erhebenden  Aufstandes  zur  Ausstellung  der  sie  enthaltenden 
Handfeste  habe  bestimmen  lassen,  und  in  dieser  Gestalt,  höchstens  in 
einzelnen  Nebenpunkten  einigermassen  modificirt,  geht  dieselbe  nunmehr 
ungeprüft  und  unangefochten  in  eine  lange  Reihe  geschichtlicher  Werke 
der  verschiedensten  Verfasser  über.  Ich  erwähne  nur  Jon  Mriksson, 
welcher  sowohl  in  den  Beiträgen,  welche  er  zur  dritten  Auflage  von 
Holberg's  bekanntem  Werke  beisteuerte,1)  als  in  seinem  Vorworte  zu 
der  älteren  Ausgabe  des  Königsspiegels , 2)  und  in  seinen  Bemerkungen 
in  Kongslew's  rechtsgeschichtlicher  Arbeit3)  auf  den  Punkt  zu  sprechen 
kommt,  L.  A.  Gebhardi  in  der  dänischen  Bearbeitung  seiner  Geschichte 
von  Norwegen,4)  und  Peter  Friedrich  Suhm  in  seiner  Geschichte  von 
Dänemark;5)  ferner  Friedrich  Munter  in  seiner  Kirchengeschichte,6) 
Dahlmann,1)  u.  dgl.  m.  Ein  kritischer  Zweifel  an  der  Aechtheit  des 
Königsbriefes,  welchen  Grimur  Jonsson  Thorkelin  erhob,  indem  er  be- 
merkte, dass  dieser  recht  wohl  eine  Fälschung  aus  späterer  Zeit  sein 
könnte,8)  blieb  entweder  ganz  unbeachtet,  oder  wurde  doch  nur,  wie 
von  Werlau/f,  mit  mehr  scheinbaren  als  wirklich  zutreffenden  Gründen 
bekämpft,  und  keinen  besseren  Erfolg  hatte  dieser  letztere  Verfasser 
selbst,  wenn  er,  nachdem  er  zuerst  sich  für  die  gemeine  Meinung  er- 
klärt gehabt  hatte,9)  hinterher  den  24.  Mserz  1163  als  den  Ausstel- 
lungstag des  Königsbriefes  bezeichnete,  wozu  freilich  wenig  stimmt,  dass 
er  denselben  dennoch  nach  der  im  Jahre  1164  erfolgten  Krönung  aus- 
gefertigt sein  lassen  will.  10)  In  frischeren  Fluss  kam  die  ganze  Frage 
erst,  als  die  neueren  norwegischen  Historiker  anfiengen,  sich  eingehender 
als    bisher    geschehen    war   mit    derselben    zu    beschäftigen.      In    Rudolf 


1)  Dannemarks  og  Norges  Geistlige  og  Verdslige  Staat,  S.  492—94  (1762,  ed.  3). 

2)  Kongs-skugg-sio,  edd.  Halfdan  Einersen,  S.  LXII-IV  (1768). 

3)  Den  danske  og  norske  Private  Rets  forste  Grunde.  I,  S.  131—2  (1781). 

4)  Kongeriget  Norges  Historie,  I,  S.  159  (1777). 

5)  Historie  af  Danmark,  VII,  S.  174—75,  und  435—37  (1800). 

6)  Kirchengeschichte  von  Dänemark  und  Norwegen,  II,  1,  S.  198—99  und  401;  II,  2,  S.  573-74 
(1831). 

7)  Geschichte  von  Dännemark,  II,  S.  148-52  (1841). 

8)  Diplomatarium  Arnamagnseanum,  II,  Index,  S.  2  (1786). 

9)  Anekdoton  historiam  Sverreri  regis  Norvegiae  illustrans,  S.  XI — XIV  (1815). 
10)  Om  de  norske  Kongers  Salving  og  Kroning  i  Middelalderen ,  S.  7—10  (1832). 


149 

Keyser's  Schriften  tritt  uns  allerdings  noch  im  Wesentlichen  die  von 
Ami  Magnüsson  begründete  Ansicht  entgegen;  aber  dieselbe  wird  doch 
wenigstens  schärfer  als  bisher  formulirt,  und  zugleich  in  Bezug  auf  ihre 
Haltbarkeit  an  der  Hand  der  Quellen  geprüft.  In  seiner  Kirchenge- 
schichte1) zunächst  spricht  der  Verfasser  unverholen  aus,  dass  der  In- 
halt der  im  Jahre  1164  zwischen  Erling  und  dem  Erzbischofe  getrof- 
fenen  Uebereinkunft,  also  die  Schenkung  des  Reiches  an  den  heil.  Olaf 
einerseits  und  die  neue  Thronfolgeordnung  andererseits,  uns,  abgesehen 
von  den  späteren  Concordatsurkunden,  lediglich  durch  die  in  die  Gj>L. 
eingerückte  Novelle  und  den  Königsbrief  bekannt  seien;  von  diesen 
beiden  Documenten  aber  betrachtet  er  nicht  nur  das  erstere  als  zweifel- 
los glaubwürdig,  sondern  er  meint  auch  das  letztere  nicht  beanstanden 
zu  sollen,  indem  er  annimmt,  dass  das  bedenkliche  Datum  desselben 
auf  einen  Fehler  des  Abschreibers  sich  zurückführen  lasse,  und  dass 
der  Inhalt  des  Königsbriefes  durch  den  der  Novelle  vollständig  bestätigt 
werde.  Die  Novelle  hält  er  dabei  für  nicht  allzu  lange  nach  der  Königs- 
krönung  erlassen,  und  den  Königsbrief,  wie  diess  Arni  Magnüsson  schon 
angenommen  hatte,  für  am  24.  Mserz  1174  ausgefertigt,  und  meint, 
man  werde  wohl  zunächst  Anstand  genommen  haben,  den  vollen  Inhalt 
der  mündlich  getroffenen  Verabredungen  bekannt  werden  zu  lassen; 
von  hier  aus  soll  sich  insbesondere  erklären,  dass  die  am  GulaJ>inge 
angenommene  Thronfolgeordnung  sich  hinsichtlich  des  Kronenopfers, 
das  doch  von  Anfang  an  als  ein  Zeichen  der  Unterwerfung  des  Reichs 
unter  die  Kirche  gemeint  gewesen  sei,  noch  ungleich  vorsichtiger  und 
unklarer  ausdrücke,  während  der  Erzbischof  hinterher  durch  kluge 
Benützung  der  Bedrängniss,  in  welche  der  König  durch  die  neu  auf- 
tretende Parthei  der  Birkenbeine  gerathen  sei,  vermocht  habe  den  in- 
zwischen mündig  gewordenen  Magnus  zur  Ausstellung  des  die  Schenkung 
des  Reichs  an  den  heil.  Olaf  offen  aussprechenden  Königsbriefes  zu  be- 
stimmen. Vielleicht,  meint  der  Verfasser,  sei  im  Jahre  1174  auch  be- 
reits Cardinal  Fidencius  ein  erstes  Mal  in  Norwegen  gewesen,  obwohl 
allerdings  die  Geschichtsquellen  nur  von  einer  Anwesenheit  desselben 
im  Norden  während  des  Winters  1196 — 97  wissen,  und  sei  die  Erwähnung 


1)   Den  norske  Kirkes  Historie  under  Katholicisraen,  I,  S.  236 — 46  (1856). 


150 

der  vor  ihm  geschworenen  Eide  in  der  Verordnung  von  1202  eben  auf 
die  Abmachungen  dieses  Jahres  zu  beziehen ;  letzteres  freilich  ein  wun- 
derlicher Einfall,  da  doch  das  Jahr  1174  nicht  wohl  als  die  Zeit  be- 
zeichnet werden  konnte,  „er  jarlinn  hof  deilu  vi5  Eystein  erkibiskup 
um  heilagrar  kirkju  frelsi"!  In  änlicher  Weise  spricht  sich  der  Ver- 
fasser aber  auch  in  seiner  norwegischen  Rechtsgeschichte,  sowie  in  seiner 
Geschichte  Norwegens  aus,1)  zwei  Werken,  welche  erst  nach  seinem 
Tode  durch  Professor  Olaf  Rygh  herausgegeben  wurden;  schon  einige 
Jahre  früher  hatte  sich  überdiess  Fr.  Brandt,  freilich  nur  in  kurzen 
Worten ,  in  änlichem  Sinne  ausgesprochen , 2)  was  doch  wohl  auch  als 
ein  weiteres  Zeugniss  für  die  damals  in  Norwegen  verbreitete  Auffassung 
betrachtet  werden  darf»  Weitaus  kritischer  fasste  dagegen  P.  A.  Munch 
die  Frage  an,  nur  dass  freilich,  wie  es  bei  ihm  der  Fall  zu  sein  pflegt, 
seine  Ansichten  über  dieselbe  nur  sehr  allmälig  sich  klärten,  und  in 
den  verschiedenen  Bänden  seines  grossen  Geschichtswerkes  in  Folge 
dessen  nicht  völlig  übereinstimmende  Aeusserungen  über  dieselbe  sich 
finden.  In  seinem  zweiten  Bande  hält  er  noch  wesentlich  an  der  von 
R.  Keyser  vertretenen  Darstellung  fest.3)  Er  führt  demnach  nicht  nur 
die  in  GfcL.  §.  2  eingerückte  Novelle  auf  den  Bergener  Reichstag  des 
Jahres  1164  zurück,  sondern  nimmt  auch  an,  dass  ebendamals  auch 
schon  die  Schenkung  des  Reichs  an  den  heil.  Olaf  ausbedungen  worden 
sei,  und  meint  dabei  auch  seinerseits  in  der  Art,  wie  jene  Novelle  das 
Kronenopfer  erwähne,  einen  Beweis  dafür  erkennen  zu  sollen,  dass  man 
damals  diese  Schenkung  noch  nicht  bekannt  zu  machen  gewagt  habe. 
Den  Königsbrief  ferner,  welcher  diese  letztere  unumwunden  ausspreche, 
hält  auch  er  für  erst  um  ein  Jahrzehnt  später  ausgestellt;  aber  er  be- 
merkt dabei  doch  schon,  dass  die  Aechtheit  dieses  Briefes  recht  sehr 
zweifelhaft  sei,  und  dass  derselbe,  wenn  überhaupt  acht,  doch  jedenfalls 
nicht  veröffentlicht  und  nicht  allgemein  bekannt  geworden  sein  könne, 
da    von  demselben    bis   zu    den   Concordatsverhandlungen  des   13.  Jahr- 


1)  Norges  Stats-  og  Retsforfatning  i  Middelalderen,  S.  45—48,  in  Keyser's  Efterladte  Skrifter,  II, 
1  (1867);  Norges  Historie,  II,  S.  88—89,  und  102-4  (1870). 

2)  Grundrids  af  den  norske  Retshistorie,  S.  8  (1853). 

3)  Det  norske  Folks  Historie,  II,  S.  929—36  (1855). 


151 

hunderts  herab  kein  Gebrauch  gemacht  worden  sei.  In  seinem  dritten 
Bande  kommt  er  sodann  nochmals  auf  den  Königsbrief  zu  sprechen , l) 
und  widerholt  dabei  die  früher  schon  ausgesprochenen  Ansichten;  diess- 
mal  jedoch  zählt  er  die  einzelnen  gegen  die  Aechtheit  der  Urkunde 
sprechenden  Verdachtsgründe  ausdrücklich  auf,  ohne  indessen  noch  zu 
einem  bestimmten  Urtheile  über  deren  Aechtheit  oder  Unächtheit  zu 
gelangen,  und  auch  in  der  ersten  Abtheilung  seines  4.  Bandes  kommt 
er  über  solche  Zweifel  nicht  hinaus.  Erst  in  den  Berichtigungen,  welche 
er  am  Schlüsse  der  ersten  Hauptabtheilung  seines  Geschichtswerkes 
bietet,  spricht  er ,  ohne  weitere  Begründung ,  seine  Meinung  kurz  und 
bündig  in  den  Worten  aus:2)  „Overvejende  indre  Grunde  tale  for,  at 
det  her  omhandlede  Document  er  forfalsket  i  en  senere  Tid".  Ziemlich 
gleichzeitig  gab  der  dänische  Historiker  Paludan- Müller,  welcher  früher 
gelegentlich  einer  Besprechung  von  P.  A.  Munch's  „Norges,  Sveriges  og 
Danmarks  Historie  til  Skolebrug",  sich  für  die  Unächtheit  des  Königs- 
briefes erklärt  hatte,3)  gelegentlich  einer  Besprechung  der  Kirchenge- 
schichte R.  Keyser's  der  Untersuchung  wider  eine  neue  Wendung.4)  Mit 
grosser  Schärfe  hebt  er  nicht  nur  die  Unwahrscheinlichkeit  der  That- 
sache  hervor,  dass  K.  Magnus  sein  Reich  dem  Nationalheiligen  des  Landes, 
d.  h.  in  Wahrheit  seinem  eigenen  Erzbischofe  zu  Lehen  aufgetragen 
haben  sollte,  sondern  er  macht  auch  mit  voller  Entschiedenheit  geltend, 
wie  auffällig  es  sei,  dass  von  seiner  Zeit  ab  bis  zu  den  Verhandlungen 
über  das  Bergener  Concordat  herab  nirgends  eines  solchen  Lehnsauftrages 
Erwähnung  geschehe,  obwohl  Erzb.  Eiriks  Beschwerdeschrift  gegen  K. 
Sverrir,  P.  Cölestins  III.  Schutzbrief,  K.  Sverrir's  eigene  Streitschrift, 
endlich  auch  so  manche  Vorkommnisse  aus  späterer  Zeit  hiezu  die  vollste 
Veranlassung  geboten  hätten.  Er  erörtert  ferner,  wie  wenig  die  Be- 
zeichnung des  Kronenopfers  als  einer  Seelgabe  in  den  GpL.  §.  2  zu 
dessen  Auffassung  als  eines  Zeichens  der  Unterwerfung  des  Königthums 
unter  die  Kirche  in  dem  Königsbriefe  stimme,  und  sucht  überdiess  durch 


1)  ebenda,  III,  S.  186—7,  zumal  die  AnraerkuDg  (1857);  vgl.  IV,  1,  S.  530,  Änm.  2. 

2)  ebenda,  IV,  2,  Berichtigungen  zu  Bd.  III,  S.  186  (1859). 

3)  in  P.  C.  Petersens  Tidsskrift  for  Litteratur  og  Kritik,   III,   S.  186  fgg.   (1840).    Der  Artikel 
ist  mir  nicht  zugänglich. 

4)  in  der  Historisk  Tidsskrift,  III  Ksekke,  Bd.  I,  S.  261—330   (1858  -59). 


152 

Anfechtung  der  Glaubwürdigkeit  dieser  Stelle  im  Rechtsbuche  den  Ver- 
theidigern  der  Authenticitset  dieses  letzteren  die  Stütze  vollends  zu  ent- 
ziehen ,  welche  sie  in  der  angeblichen  Uebereinstimmung  dieses  nach 
ihrer  Ansicht  unanfechtbaren  Documentes  mit  jenem  zweifelhaften  zu 
finden  geglaubt  hatten.  Trotz  aller  dieser  Umstände  glaubt  er  indessen 
doch  nicht  auf  die  Fälschung  des  Königsbriefes  durch  Erzb.  Jon  con- 
cludiren  zu  sollen,  für  welche  Vermuthung  er  sich  doch  früher  selber 
ausgesprochen  hatte;  vielmehr  sucht  er  zunächst,  "einer  von  Munch  ge-^ 
wiesenen  Spur  folgend,  die  aus  dem  Datum  der  Urkunde  erwachsenden 
Schwierigkeiten  durch  die  Anname  zu  beseitigen ,  dass  dieses  Datum 
nur  dem  uns  vorliegenden  Transsumpte,  nicht  der  Originalurkunde  selbst 
angehöre,  und  sucht  weiterhin  darzuthun,  dass  der  Brief  keine  Fälschung 
sein  könne,  weil  Erzb.  Jon  denn  doch  habe  wissen  müssen,  dass  K. 
Magnus  Erlingsson  weder  an  einem  Ostertage  noch  in  Drontheim  ge- 
krönt worden  sei,  wie  diess  der  Text  des  Briefes  voraussetze,  und  weil 
überdiess  ein  Fälscher  nicht  durch  die  Worte  „et  literis  meis  sigillatis 
confirmo"  auf  ein  weiteres  Document  hingewiesen  haben  würde ,  statt 
lieber  gleich  das  in  Bezug  genommene  zu  fälschen.  Den  Ausweg  aus 
allen  diesen  Schwierigkeiten  glaubt  er  aber  in  der  Anname  zu  finden, 
dass  Erzb.  Jon  den  Brief  wirklich  in  dem  Archive  seiner  Kirche  vor- 
gefunden habe,  dass  derselbe  aber  jedenfalls  vor  der  Krönung  des 
Magnus  Erlingsson  ausgestellt  worden  sein ,  und  somit  dem  Stadium 
der  Verhandlungen  angehört  haben  müsse,  welche  zwischen  Erling  und 
Erzb.  Eystein  über  die  in  Aussicht  genommene  Krönung  geführt  worden 
waren.  Von  hier  aus  sieht  sich  der  Verfasser  sofort  zu  der  Vermuthung 
geführt,  dass  unser  Königsbrief  nur  ein  Entwurf  eines  Reverses  sei, 
welchen  Entwurf  der  Erzbischof  im  Winter  1163  dem  Erling  zugeschickt, 
und  gegen  dessen  Unterzeichnung  er  sich  bereit  erklärt  habe  den  Magnus 
auf  Ostern  in  Drontheim  zu  krönen;  dass  ferner  dieser  Entwurf  dann 
zunächst  wegen  verschiedener  kriegerischer  Unternemungen  Erlings  gegen 
aufständische  Partheien  nicht  zum  Vollzuge  gekommen,  und  hinterher, 
als  diese  glücklich  unterdrückt  worden  waren ,  von  Erling  endgültig 
abgelehnt  worden  sei.  Aus  der  Beschaffenheit  des  Briefes  als  eines 
blosen  Entwurfes  soll  sich  auch  dessen  wenig  sorgfältige  Zusammen- 
stoppelung    erklären,    und    damit,    dass    derselbe  niemals   zum  Vollzuge 


153 

kam,  zusammenhängen,  dass  er  die  längste  Zeit,  weil  ungekannt  oder 
auch  weil  zu  gut  gekannt,  unbenutzt  im  erzbischöflichen  Archive  liegen 
bleiben  konnte,  während  doch  andererseits  Erzb.  Jon,  als  er  ihn  bei 
der  Durchmusterung  dieses  Archives  entdeckte,  im  guten  Glauben  an 
seine  Gültigkeit  sich  veranlasst  sehen  konnte  von  ihm  Gebrauch  zu 
machen,  nachdem  inzwischen  der  wahre  Sachverhalt  bezüglich  desselben 
in  Vergessenheit  gerathen  war.  Die  hergebrachte  Anname,  dass  Nor- 
wegen durch  K.  Magnus  Erlingsson  in  ein  Lehen  des  Erzbisthumes  ver- 
wandelt worden  sei,  lässt  der  Verfasser  demnach  fallen,  indem  er  viel- 
mehr annimmt,  dass  eine  solche  Unterwerfung  nur  Seitens  der  Kirche 
in  Vorschlag  gebracht,  aber  Seitens  des  Königthumes  abgelehnt  worden 
sei,  und  selbst  das  Gelöbniss  des  Kronenopfers,  und  man  kann  beifügen 
auch  die  Einführung  einer  neuen  Thronfolgeordnung,  betrachtet  er  in- 
solange  als  unerwiesen ,  als  nicht  die  Authenticitset  der  in  Gj>L.  §.  2 
eingerückten  Novelle  eine  strengere  kritische  Prüfung  bestanden  haben 
werde.  Diesem  auf  ganz  neuer  Grundlage  geführten  Angriffe  gegenüber 
suchte  nun  Ebbe  Hertzberg  die  ältere  Lehre  in  Schutz  zu  nemen.1)  Den 
Königsbrief  zwar  ist  er  nicht  abgeneigt  mit  Paludan  -  Müller  für  einen 
blosen,  nicht  zum  Vollzuge  gekommenen  Entwurf  zu  halten;  um  so 
entschiedener  vertheidigt  er  dagegen  die  Authenticitset  des  in  die  G]jL. 
§.  2  eingerückten  Stückes,  von  welchem  er  darzuthun  sucht,  dass  das- 
selbe wirklich  auf  einem  im  Jahre  1164  zu  Bergen  gefassten  Reichs- 
tagsbeschlusse  beruhe,  welcher  hinterher  wenigstens  am  Gula^inge  rechts- 
förmlich als  Gesetz  angenommen  werden  sei.  Er  führt  aus ,  dass  das 
Schweigen  der  nächsten  Folgezeit  über  den  Inhalt  dieser  Novelle  keinen 
genügenden  Grund  bilde  um  diese  zu  verdächtigen ,  da  dasselbe  sich 
aus  den  Partheiverhältnissen  dieser  Zeit  und  aus  der  Art  vollkommen 
befriedigend  erkläre,  wie  der  Kampf  unter  den  beiden  sich  gegenüber- 
stehenden Partheien  geführt  worden  sei.  Er  meint  aber  schliesslich, 
dass  doch  auch  den  Vorschriften  der  Novelle  die  Unterwerfung  des 
Reiches  unter  die  Kirche  als  der  massgebende  Gedanke  zu  Grunde  liege, 
und  dass  man  diesen  am  Wenigsten  dann   übersehen  dürfe ,    wenn  man 


1)  En  fremstilling  af  det  norske  aristokratis  bistorie  indtil  kong  Sverres  tid,   S.  128—36,   Anm 
(1869). 
Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abtb.  20 


154 

in  dem  Königsbriefe  einen  vorgängig  vorgelegten,  aber  freilich  nicht 
angenommenen  Entwurf  sehen  zu  sollen  glaube;  die  Novelle  spreche 
eben  nur  in  verhüllterer  Weise  denselben  Gedanken  aus,  den  jener  Ent- 
wurf mit  rücksichtsloser  Offenheit  verkündigt  wissen  wollte.  Ueber 
Munch's  von  ganz  anderer  Seite  her  gegen  die  Beschaffenheit  des  Königs- 
briefes erhobene  Bedenken  äussert  sich  der  Verfasser  überhaupt  nicht, 
obwohl  sie  ihm  bereits  vorlagen.  Mit  den  bisher  besprochenen  Schriften 
hat  aber  die  Streitfrage  den  Standpunkt  erreicht,  auf  dem  sie  sich  zur 
Zeit  befindet.  Jon  Sigurhsson,  in  seinen  Vorbemerkungen  zu  seiner  Aus- 
gabe des  Königsbriefes , l)  trägt  noch  ganz  unbefangen  die  ältere  Lehre 
vor,  wie  sie  im  Ganzen  gleichförmig  von  Arni  Magnüsson  ab  bis  auf 
R.  Keyser  herab  die  herrschende  gewesen  war,  ohne  dabei  auf  die  Be- 
denken Rücksicht  zu  nemen,  welche  sich  inzwischen  gegen  die  Aechtheit 
und  Beschaffenheit  der  Urkunde  erhoben  hatten;  das  betreffende  Heft 
des  Diplomatares  war  freilich  auch  bereits  im  Jahre  1857  ausgegeben 
worden,  zu  einer  Zeit  also,  da  Munch's  und  Paludan-Müller's  einschlä- 
gige Aeusserungen  noch  nicht  vorlagen.  In  gleicher  Weise  trägt  auch 
Bischof  Darre  in  seiner  Lebensgeschichte  K.  Sverrir's  lediglich  die  ältere 
Lehre  vor , 2)  ohne  sich  um  die  Aechtheit  oder  Unächtheit  der  hieher 
bezüglichen  Documente  irgendwie  zu  bekümmern,  während  ihm  doch 
die  hier  massgebenden  Untersuchungen  bereits  zur  Hand  sein  mussten. 
Sehr  vorsichtig  äussert  sich  dagegen  Professor  Aschehoug  in  seiner  vor- 
trefflichen Geschichte  der  norwegischen  und  dänischen  Staatsverfassung.3) 
Er  bespricht  zunächst  die  in  die  Gj>L.  §.  2  eingerückte  Thronfolge- 
ordnung als  eine  auf  den  Beschlüssen  des  Bergener  Reichstages  von 
1164  beruhende;  aber  er  lässt  dabei  dahingestellt,  wieweit  dieselbe  in 
den  verschiedenen  Theilen  des  Reichs  wirklich  rechtsverbindliche  Geltung 
erlangt  habe.  Er  erwähnt  sodann  auch  des  Versuches ,  welchen  Erzb. 
Eysteinn  gemacht  habe  den  K.  Magnus  zu  bestimmen ,  sein  Reich  von 
dem  heil.  Olaf  zu  Lehen  zu  nemen;  aber  er  erklärt  auch,  unter  aus- 
drücklicher   Verweisung    auf  R.    Keyser's    und    Paludan-Müller's    Unter- 


1)  Diplom,  island.,  I,  S.  223—26  (1857—1876). 

2)  Kong  Sverre  og  Norge  paa  hans  Tid,  S.  254—55  (1869). 

3)  Statsforfatningen  i  Norge  og  Danmark  indtil  1814,  S.  19—20,  und  82  (1866). 


155 

suchungen,  für  sehr  zweifelhaft,  wieweit  Erling  diese  Forderung  einge- 
räumt habe.  Neuestens  hat  sich  Ph.  Zorn  für  die  Aechtheit  der  in  die 
Gt>L.  eingestellten  Thronfolgeordnung,  und  gegen  die  Aechtheit  des 
Königsbriefes  ausgesprochen,  den  er  als  von  Erzb.  Jon  gefälscht  be- 
zeichnet, ohne  sich  doch  über  die  Gründe  dieser  zwiefachen  Anname 
zu  äussern;  3)  andererseits  meint  er  aber  doch,  dass  der  Staat  durch 
die  Uebereinkunft  des  Jahres  1164  factisch  zu  einem  Lehen  der  Kirche 
herabgesunken  sei,  ohne  sich  darüber  zu  erklären,  wie  er  diese  Anname 
begründen  wolle,  nachdem  er  das  erheblichste  Beweismittel  für  dieselbe  als 
ein  gefälschtes  hingestellt  hat.  Der  anonyme  Becensent  derZorn'schen  Arbeit 
in  von  Sybel's  Zeitschrift  tritt  wider  im  Wesentlichen  für  Paludan- 
Müller's  Ansicht  ein ,  die  er  nur  in  einzelnen  Punkten  noch  schärfer 
formulirt. 2)  Er  nimmt  demgemäss  an,  dass  der  Klerus  wirklich  im 
Jahre  1164  beabsichtigte,  das  Reich  in  ein  Lehen  des  erzbischöflichen 
Stuhles ,  und  zugleich  in  ein  Wahlreich  mit  geistlichen  Kurfürsten  zu 
verwandeln,  dass  er  aber  in  keiner  von  beiden  Beziehungen  diese  seine 
Absicht  zu  verwirklichen  vermochte;  vielmehr  sei  zwar  eine  in  seinem 
Sinne  ausgearbeitete  Thronfolgeordnung  von  dem  Bergener  Reichstage 
des  Jahres  1164  angenommen,  aber  nicht  zur  Anname  an  den  4  Lög- 
dingen gebracht  worden,  und  somit  niemalen  zu  gesetzlicher  Kraft  ge- 
diehen, die  Lehnbarkeit  der  Krone  aber  sei  zwar  in  einem,  Seitens  der 
Kirche  vorgelegten  Entwürfe  gestanden,  dieser  Entwurf  aber  im  Jahre 
1164  von  Erling  und  dem  Reichstage  abgelehnt  worden,  und  dann  weiter 
nicht  mehr  von  ihm  die  Rede  gewesen.  Unser  Königsbrief  sei  nun  le- 
diglich dieser  abgelehnte  Entwurf,  in  den  G]>L.  §.  2  aber  nur  jener, 
zum  Gesetz  niemalen  erhobene,  Reichstagsbeschluss  enthalten,  sodass 
keines  von  beiden  Documenten  rechtliche  Bedeutung  habe,  und  sei  so- 
mit die  vom  Klerus  beabsichtigte  Neuerung  in  ihren  beiden  Theilen 
ganz  gleichmässig  nur  ein  nicht  gelungenes  Attentat  auf  die  Selbst- 
ständigkeit des  Staates  geblieben.  J.  E.  Sars  endlich  erklärt  sich,  ohne 
eine  selbstständige  Untersuchung  der  Frage  anzustellen,  nicht  abgeneigt, 


1)  Staat  und  Kirche  in  Norwegen  bis  zum  Schlüsse  des  dreizehnten  Jahrhunderts,  S.  103 — 7.  vgl. 
mit  208—11  (1875). 

2)  Historische  Zeitschrift,  Bd.  36,  S.  639—46  (1876). 

20* 


156 

die  von  Paludan-Müller  ausgesprochenen  Ansichten  über  die  Bedeutung 
des  Königsbriefes  sich  anzueignen,  wogegen  er  an  der  Authenticitaet 
von  GtL.  2  festhält.1)  Das  Verhältniss  meiner  eigenen  Ansicht  zu  diesem 
Stande  der  Streitfrage  wird  sich  hiernach  leicht  erkennen  lassen.  Ich 
vertheidige  die  Authenticitset  der  in  §.  2  der  Gl>L.  übergegangenen 
Novelle,  und  neme  somit  an,  dass  die  Verwandlung  Norwegens  in  ein 
Wahlreich  dasjenige  Mass  von  rechtlicher  Verbindlichkeit  erlangt  habe, 
welches  überhaupt  einem  unter  der  Regierung  eines  illegitimen  Regenten 
erlassenen  Gesetze  zukommen  konnte;  ich  betrachte  dagegen  den  Königs- 
brief für  eine  im  Jahre  1276  gemachte  Fälschung,  und  bestreite  somit, 
dass  die  Kirche  im  Jahre  1164  auch  nur  den  Versuch  gemacht  habe, 
Norwegen  in  ein  Lehen  des  erzbischöflichen  Stuhles  zu  verwandeln. 


1)   Udsigt  over  den  norske  Historie,  Bd.  II,  S.  101,  Anm.,  dann  S.  101—4,  und  110 — 12. 


Theilung1   des   Chors 


im 


attischen  Drama 


mit 


Bezug  auf  die  metrische  Form  der  Chorlieder 


von 


W.  Christ. 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  2 1 


Theilung  des  Chors  im  attischen  Drama 

mit 

Bezug  auf  die  metrische  Form  der  Chorlieder 

von 

W.  Christ. 


Die  Frage  nach  der  Vortragsweise  der  Chorgesänge  des  griechischen 
Dramas,  speciell  nach  der  Vertheilung  derselben  unter  die  einzelnen 
Theile  des  Chors,  war  nach  den  glänzenden  Anläufen,  die  zu  ihrer 
Lösung  G.  Hermann,  A.  Böckh,  0.  Müller,  L.  Bamberger  u.  a.  genom- 
men hatten,  gegen  die  Mitte  unseres  Jahrhunderts  wieder  halb  einge- 
schlafen. Man  lehnte  nicht  geradezu  die  Vertheilung  einzelner  Chorge- 
sänge unter  mehrere  Choreuten  ab,  aber  man  hielt  die  Sache  für  zu 
zweifelhaft  und  ungewiss,  als  dass  es  sich  verlohnte,  weiter  darauf  ein- 
zugehen und  die  Resultate  der  Untersuchung  in  die  Ausgaben  der  Dra- 
matiker einzuführen.  Hauptvertreter  dieser  skeptischen  Richtung  waren 
die  beiden  Dindorf,  welche  in  ihren  Ausgaben  sich  darauf  beschränkten, 
nur  hin  und  wieder  ein  Chorikon  unter  Halbchöre  zu  vertheilen. 
Gegenüber  diesem  faulen  Skepticismus  brachten  in  den  letzten  Jahren 
mehrere  jüngere  Gelehrten,  R.  Arnoldt,  Chr.  Muff,   0.  Hense  *)  die  Frage 


1)  Eich.  Arnoldt,  die  Chorpartien  bei  Aristophanes  scenisch  erläutert,  Leipz.  1873.  Chr. 
Muff,  die  chorische  Technik  des  Sophokles,  Halle  1877.  0.  Hense,  de  Ionis  fabulae  Euri- 
pideae  partibus  choricis,  Lips.  1876,  der  Chor  des  Sophokles,  Berlin  1877,  die  ABCtragödie 
des  Kallias  im  Bhein.  Mus.  XXXI.  Nach  Abschluss  meiner  Abhandlung  erhielt  ich  noch  durch 
die  Güte  des  Verfassers  das  neue  Werk  Arnoldt's.,  die  chorische  Technik  des  Euripides, 
Halle  1878. 

21* 


160 

wieder  in  Fluss  und  begannen  auch  die  Erklärer  des  Sophokles  und 
Euripides  der  Sache  ein  grösseres  Augenmerk  zuzuwenden.  Mit  Recht 
heben  jene  Forscher  hervor,  dass  es  sich  hier  nicht  um  eine  müssige 
Frage  wissenschaftlicher  Neugierde  handelt,  dass  die  Sache  auch 
nicht  blos  für  die  Versuche  der  scenischen  Wiederbelebung  des  antiken 
Dramas  von  Bedeutung  ist,  dass  vielmehr  bei  vielen  Chorgesängen  das 
volle  Verständniss  und  namentlich  die  ästhetische  Würdigung  derselben 
von  der  Aufhellung  jenes  dunkelen  Punktes  abhängt.  Denn  wenn  wir 
in  mehreren  Chorgesängen  denselben  Gedanken  in  verschiedenen  Wen- 
dungen wiederkehren  sehen,  so  wird  der  Dichter  vor  dem  Vorwurf 
breitspuriger  Gedankenarmuth  geschützt,  sobald  wir  nachzuweisen  ver- 
mögen, dass  nicht  der  Gesammtchor  denselben  Satz  drei-  und  viermal 
wiederholt,  sondern  dass  mehrere  Einzelchoreuten  in  demselben  Gedan- 
ken sich  begegnen ;  und  wenn  auf  der  anderen  Seite  verschiedene 
Meinungen,  wie  in  der  Parodos  der  Alkestis,  in  demselben  Chorgesange 
uns  entgegentreten,  so  fragt  es  sich,  ob  dieser  Widerstreit  aus  der  ver- 
schiedenen Anschauung  der  Theile  des  Chors  erklärt  werden  könne  und 
ob  der  Dichter  in  der  Durchführung  der  Theilung  auch  den  Charakter 
der  einzelnen  Theile  des  Chors  gewahrt  habe.  Nach  allen  Seiten  unterschreibe 
ich  daher  das  Urtheil  Hense's,  der  Chor  des  Sophokles  S.  4:  „Man  sagt 
nicht  zu  viel  mit  der  Behauptung,  dass  uns  erst  ein  gründliches  Ein- 
gehen in  diese  Studien  den  vollen  Aufschluss  über  Kunstart  und  Com- 
positionsweise  der  Sceniker  gewähren  kann;  wollen  wir  einen  Blick  in 
die  Werkstatt  des  denkenden  Dichters  thun,  so  dürfen  wir  nicht  ver- 
schmähen, zuvörderst  in  das  Choregeion  einzutreten." 

Aber  so  unbestritten  auch  die  Wichtigkeit  unserer  Frage  ist  und 
so  sehr  wir  uns  auch  bemühen  müssen  aus  blossen  Allgemeinheiten  zur 
bestimmten  Lösung  der  Frage  in  den  einzelnen  Fällen  vorzudringen, 
so  befürchte  ich  doch,  dass  viele  der  aufgestellten  Diatheseis  an  dem 
Fehler  allzugrosser  Künstelei  leiden  und  dass  namentlich  Muff  und 
Hense  mehr  wissen  und  feststellen  wollen,  als  uns  zu  wissen  möglich 
und  zu  lernen  nützlich  ist.  Das  Misstrauen  in  diese  Seite  der  philo- 
logischen Forschung  wird  dadurch  von  Neuem  genährt  und  eine  Ver- 
werthung  der  wissenschaftlichen  Errungenschaft  für  die  Bedürfnisse  der 
Schule  und  des  Lebens  hintangehalten.     Ich    stelle  in  dieser  Beziehung 


161 

unumwunden  den  Satz  auf,  dass  man  überall  da ,  wo  nicht  Form  und 
Gedanken  geradezu  zur  Vertheilung  eines  Chorgesangs  unter  mehrere 
Abtheilungen  oder  mehrere  Einzel choreuten  drängen,  auf  ein  weiteres 
Wissen  verzichten  und  mit  der  allgemeinen  Ueberschrift  XOPOY  sich 
begnügen  solle;  nur  dadurch  wird  sich  das  sicher  erkennbare  von  dem 
problematischen  scheiden  und  die  bequeme  Zweifelsucht  überwunden 
werden.  In  diesem  Sinne  habe  ich  mich  schon  in  den  ver- 
schiedenen Recensionen  der  auf  diesem  Gebiete  erschienenen  Werke  aus- 
gesprochen ;  wenn  ich  nun  selbst  hier  das  Wort  ergreife  und  mich  in 
die  positive  Lösung  der  Frage  einmische,  so  haben  mich  dazu  wesent- 
lich metrische  Studien  veranlasst. 

Natürlich  war  auch  bisher  schon  die  metrische  Form  mit  in  den 
Kreis  der  Untersuchung  gezogen  worden.  Namentlich  hatte  schon  Bam- 
berger den  Unterschied  beachtet  zwischen  den  streng  lyrischen  Weisen, 
welche  sich  am  besten  zum  vollen  Chorgesang  eigneten,  und  den  doch- 
mischen, jambischen  und  anapästischen  Versen,  welche  mehr  zu  Trägern 
des  Dialoges  geschaffen  waren  und  ebendesshalb  auch  eher  einzelnen 
Vertretern  des  Chors  zum  declamatorischen  Vortrag,  als  dem  Gesammt- 
chor  zum  vollen  Gesänge  zugewiesen  werden  konnten.  Noch  natürlicher 
war  es,  dass  alle  Forscher,  welche  mit  unserer  Frage  sich  beschäftig- 
ten, mit  fast  einziger  Ausnahme  Lachmanns,  darauf  sahen,  dass  dann, 
wenn  sie  ein  Chorikon  unter  mehrere  Einzelchoreuten  vertheilten,  die 
einzelnen  Partien  sich  mit  den  metrischen  Perioden  möglichst  deck- 
ten. Aber  gleichwohl  haben  die  früheren  Gelehrten  —  und  ich  bin 
weit  entfernt,  damit  einen'  Tadel  aussprechen  zu  wollen  —  zunächst 
auf  den  Inhalt  geschaut  und  aus  dem  Sinne  die  Vertheilung  des  Chor- 
gesangs abgeleitet,  die  metrische  Form  aber  nur  so  nebenbei  in  Betracht 
gezogen.  Mich  dagegen  führten  meine  sonstigen  Studien,  welche  in  den 
letzten  Jahren  fast  ausschliesslich  der  Metrik  und  Rhythmik  zugewendet 
waren,  mehr  auf  die  metrische  Form,  und  ich  hoffe  durch  zusammen- 
fassende Berücksichtigung  derselben  unserer  schwierigen  Frage-  neue 
Seiten  abzugewinnen  und  dieselbe  zugleich  der  Lösung  näher  zu  führen. 

Zunächst  führte  mich  die  gleichzeitige  Beschäftigung  mit  den  Oden 
Pindars  und  mit  den  Chorgesängen  der  attischen  Dramatiker  auf  einen 
bedeutsamen    Unterschied    in    dem  Verhältniss    der  Gedankentheile    und 


162 

der  metrischen  Perioden  in  den   beiden  Dichtgattungen.     Einmal  treten 
die  grösseren  metrischen  Abschnitte  bei  den  Dramatikern  viel  bestimm- 
ter und  schärfer  hervor  als  bei  Pindar,  und  dann  stimmt  ganz  ungleich 
häufiger  bei  den  ersteren  die  Interpunktion    oder    die  Sinntheilung    mit 
den  metrischen  Perioden  überein  als  bei  dem  letzteren.    Jeder,  der  nur 
die  Chorgesänge  eines  Dramas  mit  einigen  pindarischen  Epinikien    ver- 
gleicht,  wird    sich    von   der  Wahrheit    des  Gesagten    leicht    überzeugen. 
Bei  Pindar  gelingt  es  kaum  über   die  Zerlegung  einer  Strophe    in  Kola 
und  Verse  hinauszukommen  und    mehrere  Verse   zu    grösseren   Gruppen 
oder  Perikopen  zu  vereinigen ;   bei  den  Dramatikern  liegt  nicht  in  allen, 
aber  doch  in  den  meisten  Fällen    der  Perikopenbau   offen    zu  Tag    und 
bietet    bei    der    Abgrenzung    der    Perikopen    ausser    der    rhythmischen 
Schlussform  auch    die  Uebereinstimmung    der  Interpunktion    in  Strophe 
und      Antistrophe      einen     wichtigen     Fingerzeig.        Worin     liegt     nun 
dieser    weitgreifende  Unterschied    begründet?    hat    man  hier  blos  einen 
Fortschritt  der  Kunst  anzunehmen  —  denn  jene  Durchsichtigkeit  der  An- 
lage   und    jene  Harmonie     von  Inhalt    und  Form    ist    ein    entschiedener 
Fortschritt  —  oder  waren  zugleich  die  Dramatiker    zu    jener  Verschie- 
denheit des  Baues  durch  die  dramatische  Beweglichkeit  des  Chors  und 
seine    häufigere    Auflösung    in    verschiedene    Theile     veranlasst    worden? 
Man  wird  schwerlich,  wenn  man  einmal    die  Richtigkeit    der  Thatsache 
erkannt  hat,  jenen  zweiten  Gesichtspunkt  so  kurzweg    abweisen  wollen, 
zumal  er  so  sehr  zum  Unterschiede  der  feierlichen  Ruhe   des  dorischen 
Chorgesangs  und  des  bewegten  Lebens    des    attischen    Dramas    stimmt. 
Ein    zweiter  Punkt,     der    meine  Aufmerksamkeit  fesselte,    war    die 
Wahrnehmung,  dass  sich  so  häufig  Strophen  der  Tragödie  in   3,   Strophen 
der  Komödie  in  4  Perioden  zerlegen  lassen.    Da  nun  der  tragische  Chor 
aus   3,  der  komische  aus    4  Reihen  (öto2%oi)    bestand,     so    drängte  sich 
mir  der  Gedanke  auf,    ob  nicht   jener  Zahlenunterschied    zwischen    den 
tragischen  und  komischen  Strophen  mit  der  Vortragsweise  der  Chorlieder  oder 
mit  anderen  Worten  mit  der  Vertheilung  der  Strophe  auf  die  einzelnen  Rotten 
des  Chors  zusammenhänge.      Mit  sanguinischer  Hoffnung   griff   ich  jene 
Idee  auf  und  glaubte  schon  den  Stein  der  Weisen  für  die  richtige  Ana- 
lyse der  Chorgesänge  gefunden  zu  haben.    Aber  als   mir  beim  Fortgang 
der  Untersuchung  die  Zahlen    doch    nicht    immer  klappen    wollten    und 


163 

als  namentlich  bei  Aeschylus  und  Euripides  die  Zerlegung  nicht  weniger 
Strophen  mich  auf  andere  Verhältnisse  unzweideutig  hinwies,  gedachte 
ich  des  Fiaskos,  das  Lachmann 2)  seiner  Zeit  mit  der  Siebenzahl  erlebt 
hatte,  und  entschloss  mich  nach^langem  Widerstreben  zur  Aufgabe  des 
vermeintlichen  Princips.  Aber  nur  als  Princip  für  die  Analyse  der 
tragischen  und  komischen  Strophen  habe  ich  die  Drei-  und  Vierzahl 
aufgegeben;  denn  dass  die  häufige  Wiederkehr  jener  Zahlenverhältnisse 
nicht  aus  dem  blossen  Zufall  geboren  sei,  sondern  in  irgendwelcher, 
wenn  auch  nur  sekundärer,  aus  älterer  Zeit  herübergenommenen  Beziehung 
zur  Zusammensetzung  des  Chors  aus  3,  beziehungsweise  4  Reihen  stehe, 
ist  meine  feste  Ueberzeugung  geblieben. 

Auf  solche  Weise  zunächst  durch  jene  zwei  Beobachtungen  über 
den  äusseren  Bau  der  griechischen  Chorgesänge  angeregt  habe  ich  die 
verschiedenen  Arten  lyrischer  und  parakatalogischer  Partien  der  attischen 
Tragödien  und  Komödien  auf  unsere  Frage  hin  untersucht.  Ausgegan- 
gen bin  ich  dabei  von  der  einfachsten  Form  des  alten  dramatischen 
Chorgesangs,  von  der  Parabase  der  Komödie;  denn  dass  uns  in  diesen 
Nachahmungen  der  alten  Festspiele  vorliegen,  welche  von  den  Dichtern 
mit  glücklichem  Wurf  in  die  entwickelte,  weit  über  die  ursprünglichen 
Grenzen  ausgebildete  Komödie  eingelegt  wurden,  darüber  wird  unter 
Kennern  kaum  ein  Zweifel  bestehen.  Ich  ging  dann  auf  jene  Theile 
der  aristophanischen  Komödie  über,  welche,  obgleich  nicht  zu  den  Para- 
basen  gehörend,  sich  doch  in  der  Form  mit  ihnen  nahe  berühren.  Nach 
den  Parabasen  und  den  parabasenähnlichen  Gesängen  der  Komödie, 
waren  es  sodann  die  Parodoi,  welche  zur  genaueren  Untersuchung  an- 
zogen. Denn  von  selbst  stellen  sich  zu  den  Anapästen  der  Parabase  die 
anapästischen  Einzugssysteme  der  Tragödie,  und  schon  Arnoldt  hat  er- 
kannt, dass  in  den  Parodoi  der  Komödie  weit  öfters  als  in  den  anderen 
Chorgesängen  Vertheilung  des  Vortrages  auf  einzelne  Choreuten  vor- 
kommt. Schliesslich  untersuchte  ich  sodann  noch  die  Stasima  und 
Kommoi  mit  Bezug  auf  unsere  Frage  und  den  Aufbau  der  Strophe. 
Bekanntlich  hat  man  bei  den  Klaggesängen  der  Tragödie  die  offenbar- 
sten Fälle  abwechselnden  Einzelgesanges  nachgewiesen ;  aber  gleichwohl 


2)  K.  Lachmann,  De  choricis  systematis  tragicorum  graecorum. 


164 

boten  dieselben  für  uns  keine  besonders  reiche  Ausbeute,  da  die  Ver- 
theilung  derselben  unter  mehrere  Einzelchoreuten  mehr  aus  dem  Inhalt 
als  aus  der  Form  sich  ergiebt. 

Die  Parabase. 

R.  Arnoldt,  der  meines  Wissens  zuletzt  über  den  Vortrag  der  Theile 
der  Parabase  gehandelt  hat,3)  gibt  im  Anschluss  an  G.  Hermann  das 
Kommation,  die  anapästischen  Tetrameter  und  das  Pnigos  dem  Chor- 
führer, die  Ode  und  Antode  den  zwei  Halbchören,  endlich  das  Epir- 
rhema  und  Antepirrhema  den  Führern  der  beiden  Halbchöre.  An 
dieser  Vertheilung  ist  unbedingt  zu  loben,  dass  die  lyrischen  oder  ge- 
sungenen und  die  gesprochenen  oder  parakatalogisch  vorgetragenen 
Partien  des  zweiten  Theiles  der  Parabase  auch  in  der  Person  der  Vor- 
tragenden von  einander  geschieden  sind,  und  dass  entgegen  der  Hypo- 
these Agthe's4)  der  Vortrag  des  anapästischen  Schlusssystems  von  dem 
der  vorausgehenden  anapästischen  Tetrameter  nicht  geschieden  wird; 
auch  das  halte  ich  für  eine  äusserst  wahrscheinliche,  obendrein  durch 
die  handschriftliche  Ueberlieferung  theilweise  unterstützte  (s.  Arnoldt 
S.  144)  Vermuthung,  dass  der  Chor  nach  dem  Schluss  der  Anapästen 
in  Halbchöre  auseinandertrat.  Aber  im  Uebrigen  bleiben  bei  Hermanns 
und  Arnoidts  Annahme  mehrere  auffällige  Erscheinungen  unerklärt  und 
kommt  man  bei  Durchführung  derselben  im  Einzelnen  ins  Gedränge. 

Um  zuerst  von  den  unerklärten  Erscheinungen  zu  handeln,  so  haben 
bereits  die  alten  Grammatiker  (s.  Hephaestion  p.  74  W.)  bemerkt,  dass 
das  Epirrhema  und  ebenso  das  Antepirrhema  in  der  Regel  aus  16  tro- 
chäischen Tetrametern  besteht,  und  hat  in  unserer  Zeit  Enger  (Rhein. 
Mus.  X  119  f.)  jener  Beobachtung  die  weitere  zugefügt,  dass  die  Vers- 
zahl aller  Epirrhemata  mit  4  theilbar  ist.  Prüfen  wir  zuerst  die  That- 
sache  selbst,  so  ist  es  unbestreitbar,  dass  in  den  meisten  Fällen  das 
Epirrhema  in  der  That  aus  16  Versen  besteht;  denn  unter  den  12 — 14 
Epirrhemen  des  Aristophanes  haben  7  (Ach.  676 — 91  =  703 — 18,  Equ. 
565—80  =  595—610   und  1274—89  =  1300—15,  Nub.   1115—30,   Av. 


3)  R.  Arnoldt,  die  Chorpartien  bei  Aristophanes  S.  139—46,    woselbst    zugleich   auf  S.  140  die 
ältere  Literatur  über  diesen  Gegenstand  sich  zusammengestellt  findet. 

4)  Agthe,  die  Parabase  und  die  Zwischenakte  der  Komödie  S.  49. 


165 

753—98  =  785—800  und  1072—87  =  1102  —  17,  Thesm.  830—45)  je 
16  Tetrameter.  Bezüglich  der  übrigen  Epirrhemen  bemerkt  der  Scho- 
liast  zu  den  Wespen  v.  1066,  dem  möglicher  Weise  noch  ein  grösseres 
Material  vorlag:  ro  tnioyrjiia  wg  minav  öxTWxaidexa  ori/ujvr]iß'  iq  ig,  tv&adt 
dz  81X001.  Da  hätten  wir  also  ein  Zeugniss  für  Epirrhemen,  deren 
Verszahl  nicht  mit  4  theilbar  war ;  aber  auf  dieses  Zeugniss  ist  kein 
Werth  zu  legen ;  denn  in  der  Regel  (wg  minav)  hatte  das  Epirrhema 
sicher  keine  18  Verse ,  und  vielleicht  lautete  unser  Scholion  in  der 
ächten  P'orm  nur:  tu  iniyorjiia  ojg  minav  txzaideza  GT.Lyjiav ,  8vS~ad8  dl 
8iy.oöi.  Wenden  wir  uns  daher  von  der  trügerischen  Ueberlieferung  des 
Scholiasten  ab  und  fragen  wir  die  erhaltenen  Texte  selbst,  so  haben 
wir  3  weitere  Epirrhemen  von  4X5  oder  20  Versen,  nämlich  Nub. 
575—94  =  607—26,  Vesp.  1071  —  90  =  1102—21  und  Ran.  686—705 
=  718 — 37.  Ein  Epirrhema  von  12  Versen  hat  Enger  a.  a.  0.  in  den 
Acharnern  971 — 87  =  988 — 1000  finden  wollen,  aber  mit  Recht  hat 
schon  Agthe  S.  89  dagegen  Einspruch  erhoben;  denn  das  nächste  Er- 
forderniss  eines  Epirrhema  ist,  dass  es  aus  gleichen  Versen  besteht, 
jene  Stelle  in  den  Acharnern  aber  besteht  aus  kurzen  lyrischen  Kolen 
und  langen  Tetrametern,  so  dass  höchstens  die  9  schliessenden  Verse, 
8  kretische  und  1  trochäischer  Tetrameter,  als  Epirrhema  gefasst 
werden  können.  Für  diese  letztere  Annahme  scheint  aber  in  der  That 
auch  die  Analogie  der  Vespen  1275 — 83  ==  1284 — 91  zu  sprechen,  wo 
gleichfalls  auf  die  lyrische  Strophe  eine  Partie  von  9  Tetrametern  folgt, 
von  denen  der  letzte  trochäischen ,  die  8  ersten  kretischen  Rhythmus 
haben.  Geradezu  8  Tetrameter  hat  die  parabasenartige  Ansprache  an 
die  Richter  in  den  Eccles.  1155 — 62.  Endlich  folgt  in  dem  Epirrhema 
der  unvollständigen  Parabase  des  Friedens  v.  1140 —  58  =  1172  —  90 
auf  16  trochäische  Tetrameter  zum  Abschluss  ein  dreigliederiges  tro- 
chäisches System. 

Es  haben  demnach  alle  Epirrhemen  der  vollständigen  Parabasen 
des  Aristophanes  4X4  oder  4X5  Tetrameter,  und  findet  sich  nur  in 
2  oder  3  unvollständigen  Parabasen  der  Fall,  dass  auf  die  mit  4  theil- 
bare  Verszahl  (8  oder  16)  des  Epirrhema  noch  eine  abweichende  Schluss- 
periode folgt.  Ist  das  nun  reiner  Zufall?  ist  eine  Erklärung  der  Theile 
der    Parabase    genügend,     welche    dieses    auffallende    Factum     einfach 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abtb.  2  2 


166 

ignorirt?  Damit  soll  zwar  noch  nicht  als  erwiesen  gelten,  dass 
jene  Theilbarkeit  mit  4  auf  die  Weise  des  Vortrags  Bezug  habe  —  es 
lassen  sich  ja  noch  andere ,  melodische  und  orchestische  Beziehungen 
denken  —  aber  jedenfalls  darf  jene  Thatsache  bei  Lösung  der  dunklen 
Frage  über  den  Vortrag  der  Theile  der  Parabase  nicht  umgangen 
werden. 

Zu  dem  besprochenen  Factum,  das  schon  längst  erkannt  und  klar 
gelegt  wurde ,  kommt  ein  anderes ,  das  bis  jetzt  dem  Scharfblick  der 
Forscher  entgangen  ist.  Wie  in  dem  Epirrhema  die  Zahl  4X4  die 
Regel  bildete ,  so  besteht  die  specielle  Parabase  in  mehreren  Stücken 
aus  6X6  oder  x  X  6  Tetrametern.  Ungesucht  ergibt  sich  die  Zahl  36 
in  den  Acharnern  626  —  64  und  im  Frieden  734 — 76,  indem  an  der 
ersten  Stelle  zu  33  katalektischen  Tetrametern  6  anapästische  Dimeter 
oder  3  akatalektische  Tetrameter,   an  der  zweiten  zu   31   katalektischen 

5  akatalektische  Tetrameter  kommen ;  in  ähnlicher  Weise  besteht  in  den 
Rittern  507  —  50  die  Parabase  aus  40  +  2  oder  6X7  Tetrametern. 
Weniger  stimmen  zur  Sechszahl  die  übrigen  Parabasen :  in  den  Wespen 
v.  1015 — 59  hat  dieselbe  36  Langverse,  auf  welche  ein  anapästisches 
System  von  18  Doppelfüssen  oder  4V2  Versen  folgt;  in  den  Vögeln 
v.  685 — 736  besteht  sie  aus  38  Langversen  und  27  Doppelfüssen,  in 
den  Thesmophoriazusen  v.  785 — 829  aus  29  Langversen  und  30  Doppel- 
füssen, in  den  Wolken  v.  518 — 62  aus  45  eupolideischen  Versen,  denen 

6  ähnlich  gebaute  Kola  von  dem  rhythmischen  Werthe  dreier  Tetra- 
meter vorangehen.  Ich  will  nicht  durch  gewagte  Hypothesen  die  Sechs- 
zahl zu  grösserer  Geltung  bringen,  aber  Laune  des  Zufalls  wird  es  doch 
kaum  sein,  dass  in  den  zwei  ältesten  Stücken,  den  Acharnern  und  den 
Rittern,  wie  bei  dem  Epirrhema  die  Vierzahl,  so  bei  der  speciellen 
Parabase  die  Sechszahl  herrscht.  Auch  dieses  Verhältniss  nun  ist  von 
Hermann  und  Arnoldt  in  ihrer  Lehre  vom  Vortrag  der  Theile  der  Para- 
base völlig  ausser  Acht  geblieben. 

Ehe  ich  weiter  gehe  und  auf  die  beiden  soeben  entwickelten  That- 
sachen  weitere  Schlüsse  baue,  will  ich  zuerst  noch  beweisen,  dass  die 
Hermannische  Lehre  in  einzelnen  Fällen  sicher  unhaltbar  ist.  Das  Vor- 
spiel oder  lyrische  Kommation  also  soll  von  dem  gleichen  Chorführer 
wie    die    specielle    Parabase    recitirt    worden  sein.     Dem  gegenüber  lese 


167 

man    doch    unbefangen     den    Eingang    der    Parabase    in     den    Wespen 
v.   1009  ff.: 

all'   %it  yaiyovreg  onoi  ßovleod-'. 

vusTg  de  rtcog,   uj  tuv()iadeg 

äyaQid-ariroL. 

vvv   luv  T.a  {uekXopx:   ev  leyeöfrai 

jiirj  tisotj   (pavlwg  yauä'C 

evlaßelo&e. 

tovto  yay  axaidiv   frearuiv 

satt  naayeiv  xov  nyog  vuwv. 
vvv  avT.e  lecp  Tiyoöyere  tov  vovv,  elns^  xct&aQov  ti  (piltlxt  x.  r.  I. 
Wäre  es  nicht  eine  unerhörte  Tautologie,  wenn  derselbe  Mann  den 
ersten  und  den  zweiten  Satz  mit  vvv  declamiren  würde?  Spricht  nicht 
in  dem  ersten  ganz  äugen-  und  ohrenfällig  der  Chorführer,  welcher  auf 
die  kommende  weise  Rede  aufmerksam  macht,  und  in  dem  zweiten  der 
Chor  selbst  oder  doch  ein  grösserer  Theil  desselben?  Und  wird  man 
nicht  in  ähnlicher  Weise  auf  Verschiedenheit  der  vortragenden  Personen 
geführt,  wenn  man  das  Kommation  und  die  Tetrameter  in  den  Rittern 
v.  503  ff.,  in  den  Vögeln  v.  676  ff.  und  selbst  im  Frieden  v.  729  ff. 
liest?  Dass  manche  Parabasen  des  Kommation  entbehren,  macht  nichts 
zur  Sache;  umgekehrt  scheint  der  Umstand,  dass  in  den  Thesmophoria- 
zusen  v.  776  ff.  die  den  Tetrametern  der  Parabase  vorausgehenden 
Kola  von  Mnesilochos  vorgetragen  werden,  zu  beweisen,  dass  auch  sonst 
die  lyrische  Partie  oder  das  Kommation  nicht  demselben  Choreuten  wie 
die   parakatalogischen  Tetrameter  zufiel. 

Noch  weniger  kann  der  zweite  Satz  Hermann's ,  dass  der  Chor- 
führer die  anapästische  Parabase  und  das  Epirrhema  declamirt  habe, 
durchgeführt  werden.  Entschieden  steht  dem  die  Parabase  in  den  Thes- 
mophoriazusen  v.  785 — 845  entgegen.  Dieselbe  gehört  zur  Klasse  der 
unvollständigen  Parabasen  und  besteht  nur  aus  anapästischen  Tetra- 
metern mit  schliessenden  Dimetern  und  einem  trochäischen  Epirrhema; 
sie  entbehrt  also  der  Oden  und  des  Antepirrhema.  Hier  kann  demnach 
die  Unterscheidung  des  Führers  des  ganzen  Chors  und  der  Führer  der 
beiden  Halbchöre  nicht  Platz  greifen ;  es  müsste  vielmehr^  wenn  Her- 
mann und  Arnoldt  Recht  behielten,    ein    und    derselbe    Koryphaios    die 

22* 


168 

Anapästen  und  die  darauf  folgenden  Trochäen  vortragen.  Wie  aber  ist 
dieses  möglich?  ist  der  Dichter  so  ganz  sinn-  und  planlos  von  einem 
Metrum  zum  andern  übergesprungen?  Mich  wird  nie  einer  überreden, 
dass  der  genialste  und  kunstgerechteste  aller  griechischen  Dichter  ein  so 
geringes  Verständniss  der  Kunstformen  gehabt  habe;  wenn  irgendwo,  so 
ist  hier  der  Wechsel  im  Metrum  ein  Anzeichen  des  Wechsels  im 
Vortrag. 

Gibt  man  also  die  Lehre  Hermann's  wenigstens  in  ihrer  allgemeinen 
Giltigkeit  auf  und  beachtet  man  die  eben  beleuchteten  Thatsachen,  so 
kommt  man  unwillkürlich  auf  die  Vermuthung,  dass  die  Zahlenverhält- 
nisse in  dem  Epirrhema  und  der  Parabase  mit  der  Aufstellung  des 
komischen  Chors  in  6  Quer-  (Qvya)  und  4  Langreihen  (pTolyoi)  zusam- 
menhänge. Man  wird  diese  Idee  um  so  begieriger  aufgreifen,  je  mehr 
sie  mit  allem  in  Einklang  steht,  was  wir  von  der  Aufführung  der  Para- 
base wissen  und  vermuthen.  Vor  Beginn  der  Parabase  stund  der  Chor 
der  Bühne  zugekehrt  6  Mann  hoch;  fing  er  nun  an  sich  zu  drehen 
und  vor  das  zuschauende  Publikum  zu  treten  (nayaßaiveiv  nyog  ro 
frearyor),  so  mussten  zunächst  die  6  Zyga  oder  ihre  Vordermänner  in 
Thätigkeit  treten;  der  Koraödiendichter  Kratinos  hatte  eigens  in  einem 
Stücke,  Pylaia  genannt,  jener  6  Zyga  unter  Bezugnahme  auf  die  Para- 
base gedacht5).  Am  Schlüsse  der  Schwenkung  trat  sodann  der  Chor 
zum  Vortrag  der  Strophen  in  2  Halbchöre  auseinander,  so  dass 
die  Halbchöre  4  Mann    hoch    sich  gegenüberstanden 6).     Nachdem  dann 

5)  Wir  erfahren  dieses  aus  einem  Scholion  zu  Aristoph.  Pac.  733,  das  ich  wegen  seiner  Wichtigkeit 
ganz  hersetze:  naget  ßuaiv  ixaXovv  dno  xov  netgaßedvtiv  xov  %ogov  etno  xijg  vsvofxiafxivrjg 
axdaswg  eis  ?V1'  xaxetvuxQv  xov  &ee'tXQov  oipiv,  onoxe  eßovhtxo  6  nottjxtjg  diatox&ijvai  xi  lifco 
xrjg  vno&soeujg  «Vm  xwv  vrtoxgixwv  ngog  xo  &iaxgov  öiti  xov  %oqov'  iaxgiopexo  de  ö  %opog 
xeti  eyivovxo  axol%oi  6'.  elxet  SieX&ovxeg  xrjv  xalov  (itvriv  nageißaaiv  iaXQ£<povxo  ndXtv  (ig 
xqv  ngoxigav  axdaiv,  örjXov  6s  noiovaiv  avioi  ol  notqxai ,  xo  cxgEcptad-eu  arjfxatvovxeg  xal  xo 
nagaßetlvtiv.   flXdzwv  iv  xw   üaidaQuo 

ei  fxhv  {itj  Xütv  ojvdgtg  >jvayxa£6 /uyv 
CXQExpai  devf>\   oiix  du  nagtßrjv  etg  Xigtv  xoidvd'  intuv. 
ufiipw  atjfidfag,    xal  xo  axgieptad-ai  xal  id  netgetßetivfiv.    Kgaxivog  dt  iv  xrj   Jlv'kaia  örjXoi  bxt 
eg~  eaxi  £vya  xov  %oqov. 

6)  Auf  diese  Gegenüberstellung  (dvxingocriunog  xdgig)  der  Halbchöre  würde  man  von  seihst  kom- 
men, wenn  man  eine  Parabase  wieder  aufzuführen  gedächte;  sie  ist  aber  überdiess  aueb  noch 
ausdrücklich  bezeugt  durch  den  Scholiasten  zu  Nub-563:  xovxo  w6t}  xal  argoep^  6vo[xd£exai  6id 
xo  oigoepijv  xivet  noitia&ai  xov  %ogov  dno  xov  ngog  xovg  &fazdg  ogav  y.eti  eiötiv  eig  titgov 
eiopogwvxa  fitgog.  > 


169 

die  Halbchöre  unter  orchestischen  Bewegungen  ihre  Strophe  gesungen 
hatten ,  marschirten  sie  nacheinander  in  trochäischem  Rhythmus  von 
ihrer  seitlichen  Stellung  in  die  Mitte  der  Orchestra,  um  sich  hier  wieder- 
zusammenzufügen. Bei  diesem  Marsch  zogen  die  4  Vordermänner  der 
4  Halbreihen  (ötoI/ol)  voran,  und  das  lözeilige  Lied,  das  sie  dabei  zur 
Begleitung  des  Marsches  sangen  oder  vielmehr  recitirten,  hiess  Epir- 
rhema   oder  Antepirrhema  7). 

Bis  dahin  liegt  die  Sache  einfach;  nun  aber  kommen  die  Schwierig- 
keiten und  Bedenken.  Steht  die  specielle  Parabase  in  Zusammenhang 
mit  den  6  Quer-,  das  Epirrhema  mit  den  4  Langreihen  des  Chors,  so 
fragt  es  sich,  wie  kam  dieses  Verhältniss  bei  dem  Vortrag  jener  Theile 
der  Parabase  zum  Ausdruck?  Das  Einfachste  scheint  zu  sein,  dass  sich 
die  6,  beziehungsweise  4  Reihen  oder  ihre  Vordermänner  zu  gleichen 
Theilen  in  den  Vortrag  theilten,  so  dass  z.  B.  in  dem  16zeiligen  Epir- 
rhema jeder  derselben  4  Verse  recitirte.  Auch  zweifle  ich  nicht,  dass 
dieses  die  alte  Kunstregel  war,  und  dass  anfangs  wie  Strophe  und  Anti- 
strophe  von  den  Halbchören,  so  die  4  Absätze  des  Epirrhema  von  den  4  Stoi- 
choi,  die  6  Absätze  der  Parabase  von  den  6  Zyga  vorgetragen  wurden. 
Aber  ganz  unmöglich  ist  es,  diese  Ordnung  in  den  erhaltenen  Para- 
basen  des  Aristophanes  durchzuführen.  Würde  noch  zu  Aristophanes 
Zeiten  mit  dem  5.  9.  13.  Vers  des  Epirrhema  ein  Wechsel  im  Vor- 
trag eingetreten  sein,  so  könnte,  ja  müsste  man  erwarten,  dass  mit  dem 
jedesmal  vorausgehenden  Vers  der  Sinn  einen  gewissen  Abschluss  fände. 
Das  ist  aber  nirgends  in  Epirrhema  und  Antepirrhema  gleichmässig  der 
Fall.     Ja  es  würden  nicht  selten,    wie  in  Ach.   679,    Equ.    1303.   1311, 


7)  Es  gab  unter  den  alten  Grammatikern  sogar  solche,  welche  jene  Bewegung  in  dem  Namen 
ercLQQTjpcc  selbst  ausgedrückt  wähnten;  siehe  schol.  Nub.  575  rolto  E7iCQQrjfj.ee  ovo tuct£ irai  dW 
to  {THQQtTitiy  avSi?  xov  xoqov  tiqos  tovg  d-ectTKs  Doch  ist  diese  Etymologie  offenbar  falsch; 
aber  ob  in  dem  Worte,  wie  man  gemeinhin  annimmt,  blos  ausgedrückt  ist,  dass  die  Verse  des 
Epirrhema  nach  dem  Gesang  der  Strophe  gesprochen  wurden  (indyeTcu  Poll.  IV,  111),  ist  mir 
doch  zweifelhaft;  es  konnte  auch  mit  dem  Worte  angedeutet  sein,  dass  die  Verse  zum  Marsche 
des  Chors  gesprochen  wurden  Wichtig  für  diese  letztere  Auffassung  sind  die  Worte,  welche 
der  Chorführer  unmittelbar  vor  dem  Epirrhema  in  den  Ekklesiazusen  v.  1152  spricht: 

iv  oaw  de  xaiaßctivtig,  iy<6 
en(cao[x,cct  fxeXog  n  fiiXko6tmvix6v, 
o/jixqov  (5'  v7to9£0&ca  totg  Kgiruiai  {iovXofXttt. 


170 

Nub.   579.   584,    Ran.   690.   727,    bei    einer    Theilung    des  Systems    in  4 
gleiche  Theile  die  Sätze   in  unleidlichster  Weise  durchschnitten  werden. 

Jedenfalls  also  hatte  sich  schon  Aristophanes  erlaubt,  von  der 
alten,  einfachen  Regel  des  Vortrags  abzuweichen,  wenn  er  auch  noch 
nicht  mit  dem  Herkommen  des  16zeiligen  Epirrhema  vollständig  brach. 
Es  fragt  sich  nur,  bis  zu  welchem  Grade  er  abwich,  ob  er  den  Ein- 
zelvortrag ganz  aufgab,  oder  nur  statt  der  gleichen  Gruppen  auch  un- 
gleiche zu  bilden  sich  erlaubte  ?  Antwort  auf  diese  Frage  kann  man 
wieder  am  ehesten  von  den  Texten  erwarten.  Nun  gelingt  bei  sämmt- 
lichen  7  Parabasen  die  in  den  Stücken  des  Aristophanes  vorkommen, 
die  Zerlegung  in  je  6  Theile  sehr  gut:  aber  bei  den  Epirrhemen  ge- 
langt man,  auch  wenn  man  ungleiche  Theile  annimmt,  nicht  zu  gleichen 
Theilen  in  Epirrhema  und  Antepirrhema,  führen  vielmehr  die  Sinn- 
anzeichen auf  verschiedene  Theilung  der  respondirenden  Systeme.  Das 
ist  bedenklich  und  ich  finde  es  daher  leicht  begreiflich,  wenn  einer  aus 
diesem  Grund  für  Aristophanes  es  vorziehen  würde,  von  einer  Theilung 
überhaupt  abzustehen  und  die  anapästische  und  trochäische  Partie  in 
ihrer  Gesammtheit  den  vereinigten  6  oder  4  Vordermännern  zuzuweisen. 
Nur  wird  man  zuvor  noch  fragen  müssen ,  ob  nicht  doch  der  Inhalt 
eine  Theilung  in  einzelnen  Fällen  räthlich  mache. 

Da  muss  ich  nun  zuvörderst  geltend  machen,  dass  die  einleitenden 
Verse  der  Parabase,  auch  wenn  sie  die  gleiche  Form  anapästischer 
Tetrameter  haben  wie  die  eigentliche  Parabase  (Ach.  626 — 7  und  Pac. 
729  —  33),  eine  Verschiedenheit  in  der  Person  des  Vortragenden  er- 
heischen. Dem  würde  aber  einfach  dadurch  Rechnung  getragen  werden 
können,  dass  man  das  Kommation  oder  die  stellvertretenden  Tetrameter 
dem  Chorführer ,  die  folgenden  Anapästen  den  6  Vordermännern  zu- 
wiese. Im  Uebrigen  bilden  die  Anapästen  und  Epirrhemen  ein  einheit- 
liches Ganze ,  so  dass  sie  als  e  i  n  Körper  angesehen  werden  wollen, 
auch  wenn  sich  mehrere  Personen  in  ihren  Vortrag  sollten  getheilt 
haben.  Ich  kenne  nur  ein  Epirrhema,  bei  dem  Gedanken  und  Glieder- 
ung durch  Theilung  des  Vortrags  lebensvoller  und  anschaulicher  her- 
vortreten, ich  meine  das  Epirrhema  im  Frieden  v.  1140 — 58: 
Ov  ya()  eoS-'  rfiiov  rj  rv/^elr  tuiv  ijdrj  ' ' OTca^fxtva, 
tov  &tov  <$*'   Imxpay.aQuv  v.o.L  tiv1   elnelv  yelrova ' 


171 

eine   uoi,  %i  Tijvr/MVTa   (?qojjlisv,  a    fCcouay/idrj ; 
tjLimeiv  s'fioiy'   äyeoxei  rov  &eov  dywvTog  xaldg. 

*AIX   äcpeve  tojv  (paatjkiov,  cd  yvvai,  rgeTg  %oivixag, 
zwv  %e  jivqvjv   algov  avrolg,  ribv  r,e  avxojv  e$eke, 
rov  je  Marfjv  fj  Svya  ßcoar^rjodrco  'x  rov  %(oqIou  • 
ov  yay  olov  t'   eaxl  narriog  olvagi'Qeiv  ttjjlisqov 
ovde  TvvrlaQeiv,  eTieidrj  Tiuydaxbv  to  /ojqiov. 

Kä£  eaov  (T   eveyxdrio  rig  ttjv  xL%'kr\v  xal  xib  anino ' 
f{V   qs  xal  nvog  rig  evSov  xal  kayipa  rerraga, 
et  tl   utj  '{fyveyxev  avriuv  r\  yakrj  rf]g  eönegag ' 
eipoipei  yovv  evdov  ovx  o/J4'   dira  xdxvdoidona- 
(hv  eveyx\   üj  nal,  ryi'   fj/Lilv,   er  Je   dovvai  np  nargi. 

Mvyyivag  r*   airrpiov  e§  Ala/vivddov  rwv  xagniaiov 
%äua  rfjg  avrfjg  odov  Xaywddrjv  rig  ßojödrix), 
ujg  uv  ejUTzir]  /Lieft'   rj/uxöv, 
ev  noiovvrog  xwipelovvrog 
rov  &eov  rdycoiiara. 

Besonders  beachte  man  in  diesem  Epirrhema  die  Worte  xd'§  e/nov. 
Wem  soll  das  Haus  des  Sprechenden  entgegengestellt  werden  ?  etwa  der 
abgesonderten  Wohnung  der  Frau?  aber  wie  käme  dann  die  frische 
Milch  (nvog)  in  die  Männer wohnung?  oder  dem  Hause  des  Nachbarn? 
aber  dann  müsste  man  den  Nachbarn  bis  zu  v.  1148  sprechen,  und  an 
dieser  Stelle  den  Komarchides  einfallen  lassen.  Wie  ungleich  leichter 
und  lebensvoller  gestaltet  sich  ein  solcher  Wechsel  in  der  Rede,  wenn 
man  mit  xo.g~  eiiov  auch  gleich  einen  anderen  Choreuten  sprechen  lässt? 
Doch  ich  will  nichts  entscheiden ;  ich  konnte  mit  mir  selbst  nicht  zu 
einer  festen  Ueberzeugung  gelangen,  und  blieb  schwankend,  ob  ich  immer 
von  den  4  Vordermännern  vereint  das  ganze  Epirrhema  oder  noch  in  einzel- 
nen Fällen  nach  alterthümlicher  Weise  von  den  4  sich  ablösenden  Vorder- 
männern die  Theile  desselben  sollte  vorgetragen  sein  lassen  8J. 

Zum  Schlüsse  setze  ich  noch  die  ganze  Parabase  in  den  Wolken 
v.   510  —  626  hieher,    wie    ich    mir  dieselbe    in  ihre  Haupt-    und  Unter- 


3)  In  den  Ekklesiazusen  v.  1155 — 62  hat  Muff",  Chorische  Partien   hei  Aristoph.    S.  174,  die  8  in 
der  Form  eines  Epirrhema  an   die   Richter  gerichteten    Verse    dem  Koryphaios  statt  den  ver- 


172 

theile   gegliedert    denke,    wobei    ich    durch    Ein-    und  Ausrücken    die  7 
Haupttheile,  durch  Unterstreichung  der  ersten  Buchstaben    den    Beginn 
der  kleineren  Abschnitte  in   den  Haupttheilen  andeute: 
3AXV   l&i  yalocov  xfjg  avdoeiag 
ovvsxa  xavxi]g. 

evxvyia  yivotro  xav&oujTzu),  oxi  rtfywjxwv 
ig  ßa&i)  rfjg  r/lixiag 
515  vewxtooig  xr\v  cpvoiv  ov 

Tioayuaotv  yocoxiQexai 
xal  GoyLctv  inaoxsl. 
y£2  ■d-eojju,evoi,  xaxsyd)  TtQog  v/uäg  iltv&toujg 
xäXrjfrij  vi]  xbv   Jiovvoov  xbv  ix&QEipavxa  fie. 
520        ovxio  i'ixtjoaiul  x'iycv  xal  vo/uiQol/Lii]V  öocpog, 
tog  vfxag  f/yovfitvog  tivai  &taxag  ds&ovg 
xal  xavxr/v  ooipujxax^   ty^uv  xcbv  ituov  xiouwüiun', 
TiQioxovg  ifeiioö'1    ävaysvo3  v/uäg,  rj  Tia^eöye   uoi 
toyov  Tileiözov  tlx1   dveyvjoovv  vtC   avdoinv  ipoorixibv 
525        fjxxrjdslg  ovx  ä£iog  cor-  xavx1   ovv  vfüv  [ij-iiyouai 
xolg  oocfoig,   wv  oüra'    iytb  xavx    in^ayiiaxtvour/v. 
a'kV   ovfr   wg  v/uojv  noiP   ixwv  noodioöio  xovg  dtiiotu. 
i'§  oxov  ydo  iv&ad'   vtC   avdouiv,   olg  rjdv  xal  ksyeiv. 
6  ou)(poa)v  xs  yjh  xaxanvyujv  äoiaxS  i/xovoaxr/v, 
530        xdyco  (TiaQ&svog  ydo  hV   r/v  xovx  i$fjv  txü)  /not  xexslr) 
sicbhjxa,  nalg  (V   ixtoa  xtg  kaßovo'   äjssilexo, 
vuelg   $'    t&iroi-ipaxe  yevvalwg  xanaidtvöaxt- 
ix  xovxov  /uoi  moxa  Tiao'   v/luv  yva)fii]g  «;#'   ooxta. 
vvv  ovv  3H'ktxxoav  xar'   ixeivr/v  r/(T   r\  xwuuidia 
535        'Qr/xova^   V^%  W  nov  *Mtt>XYl  ^«^c^S  ovxoj  oocpolg- 


einten  Vordermännern  zugewiesen,    nicht   ohne  einige  Wahrscheinlichkeit;   aber  ich  ziehe   auch 
hier  vereinten  Vortrag  vor,  um  nach  dem  Schlüsse  jener  Anrede  mit  den  Worten 

ft?    WQCI    Sl], 

(o  cpiXai  yvvalxtS;  CtTttg  fj.sXlofJ.ef  zo  XQtjfjcc  Sftqv, 

inl  tö  Silrcfop  vnunoxiviTv. 
wieder  den  Chorführer  eintreten  zulassen.    Jedenfalls  aber  könnte  mit  jener  Partie,  die  ja  keine 
Parabase  ist,   sondern  höchstens  nur  die  Form   eines  Stückes  einer  Parabase  nachahmt,  meine 
Ansicht  voiv  dem  Vortrage  eigentlicher  Parabasen  nicht  umgestossen  werden. 


173 


yvu)GBxai  ydy,   r/V  ttbq  t$%   rädt'kcfov  tov  ßoGT^vyov. 
mg  dt  oujfpycov  iarl  (fwoti,  OXsipaöß-1.   rjng  ngwza   uir 
ovdiy  ijX&B  (>a\f)a^ievr[  oxvtivov  xaOsiuivov 
iov&ybv  i§  dxyov,  nayv,  Tolg  naidiotg  tV   //  yBÄtog- 
540        ovo''   eoxioipB  xovg  cpaXaxoovg,  ovdt  xboday1   biXxvgbv. 
ovdi  7iQtößvTi]g  b  Xtywv  toth]  tj\  ßctxtrjQiq 
tvtitbi  tov  naqovT^ ,   d(pavlQoJV  novr\od  oxcoauaTa. 
ovd'   elofjize   dqdag  eyova\  ovd'   lov  lov  ßoä. 
dXV   avTfi  xal  rolg  bttboiv  moxEvovrf   iXijXv&BV. 
545        xdyo)   uiv  toiovtoq  dvr)o  (ov  JioirjTijg  ov  xojlwj, 

ovd'   vtuäg  'Ct]rd>  '§üttaT$V   tilg  xal  rplg  raiV    elaayujv. 
dXV   dtl  xawdg  Weag  eloqpeQwv  aocpi'Qoucu, 
ovdiv  dXXi(Xaioiv  buoiag  y.al  naoag  dfiiag. 
og   iityiaiov  övxa   KXbojv'   t'jiairf    ig  %r\v  yaoreoa, 
550        xovx  iroXfiip^   av&ig  £7i£(«7i7^/}a'   avt(p  xbiubvoj. 
ovroi   (T,   u)g  anag'  nü.ysdujxsv  Xaßr\v  cYnBoßoXog, 
tovtov  deiXaiov  xoXbtqvjo1   dsl  xal  ri]v  pajtBoa. 
Ev TT oX ig   utv  tov   Mayixav  n^umarov  TiaoeiXxvösv, 
ixöTübipag  rovg  ■rjluetB()ovg  'inniag  xa.xbg  xaxaig, 
555        TTQoo&elg  avrui  yoavv   iiB&varjv,  tov  xoodaxog  ovveyj,  r/V 
<pQvviyog  nakai  7iBnoh]y\  rjv  rb  xfjTog  tjöS-ibv. 
£/#'    c'E()tui7T7iog  av&tg  moirjOev  tlg  cY7is()ßoXov, 
äXXoi  t'   rfiij  Tidvreg  ioeidovöiv  elg  ^YnB^ßoXov , 
rag  elxovg  tüjv  eyytlewv  rag  i/ndg  lh/lwvjlibvoi. 
560        oor ig  ovv  tovt.oiöi  yzXq,  rdig  iuölg  utj  yaiQBTOJ- 

rjv  (T   iuol  xal  tolgiv  ijLtolg  Bvqpyalvrjod-'  sv(ji]tiaair, 
ig  rag  u>oag  rag  ireyag  ev  qpyoveTr  doxipBTB. 

'Yipifitdovra   luv  &ewv 

Zrjva  Tv^avvov  ig  yo()bv 
565  ngwua  tueyav  xixXrjaxaj- 

tov  TB  utyao&tvf[  r.QiaLvi]g  raulav 

yr)g  tb  xal  aXpLvyag   &aXao- 

oijg  äyyiov  jnoyXBVTrjr  • 

xal  fiByaXvJvv^iov   r)^iBTB(jov  naTBQ' 

Abh.  d.  I.  CT.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  23 


174 


570  Al&eoa  oe^voxaxov,  ßio&ot/Lijuova  navxcov 

x  ov  #'   i7i7iova)jnar,   og  vtisq- 
idjUTipotg  dxxloiv  xax8%si 
yf\g  nedov,  {ityag  iv  &edig 
iv  &vrjxolal  xb  daiixwv. 
575        y£l  ootptoxaxoi  &8axai,   Übvoo  xbv  vovv  ttqoö%8X8. 
r\dixr\[i8Voi  yao  v/iuv  jLtsjucpo/usod-1   ivavxiov. 
nkeiöxa  yao  &8lov  dnavxiov  axpelovoaig  xr\v  nohv 
daifxovuov  rjjuiv  juovcug  ov  &V8x'   ovdt  OTiivdsre, 
ahiveg  xi]oovtu8v  v/uäg.  fpf,  yao  fj  xig  h'&dog 
580        jLirjdevl  g~vv  V(p,  tot'   r)  ßoovxm^iBv  rj  tyaxa'QofiBV . 

slra  xbv  &8oTöiv  i%&obv  ßvoGodt-iprjv  Uacplayova 
f\vLy?   fiyelöS-e  Gxoaxrjyov,  rag  ocpovg  ovvrjyojUBV 
xdjioiovjLisv  deiva*  ßoovxrj  $'   iooayrj  oV   daxoanijg' 
r\  aekrjvij  (T    egtfoim  rag  bdovg-   6  cT   rjXiog 
585        xrjv  ^ovallid1   dg  iavrbv  8v&£a>g  §vveXy.voag 

ov  cpavsZv  h'cpaöXBV  v/luv,  sl  Gxoaxr\yi]08i  KXetor. 
d"kV   o/uwg  uleöfre  xovxov.    cpaol  yao  dvoßovXiav 
xffis  xfj  nokei  nooaüvai,  xavxa  utvxoi  xovg  &eovg, 
«W   av  v/LiBig  £§a{idüxrjx\  int  xb  ßelxiov  xosnsiv. 
590        tbg  dt  xal  xovxo  tjuvoiöei,  (mdicog  dida^ofxev. 

rjv  Kktvova  xbv  laoov  dujouov  ilovxeg  xal  xlonfjg 
dxa  (pijU(6arjx£  xovxov  xcp  §vXip  xbv  avy^iva, 
av&ig  ig  xdo%a2ov  Vfitv,  eX  xi  xdtyftaQxexe, 
fall  xb  ßsXxiov  xb  noayfxa  xfj  nolsi  £vvoiöexai. 
595  Ajucpl  juoi   avxe,   <£>oI/?'   ävab~, 

drjlis,   Kvv&Lav  b'xojv 
vxpixioaxa  nexoav 

r\  t'  'Ecpeoov  juaxaioa  jidyxovaov  t%sig 
600  olxov,  iv  cp  xooai  oe  Av-. 

dojv  jusyaXcog  oißovoiv. 
r\  x1    im%ujQiog  ri^iBxioa  &eog, 
alyldog  r\vio%og,  nokiovyog  *A&ava  ' 
Tlaovaoiav  #'   og  xaxByiav 


175 

nsTQav  ovv  navxaig  asXaysi 

605  Raxyaig  Jelcpiow  $unQi7i(ov 

x&fmxOTtjg  diowaog. 
HvtX>  fjftBTg  devtf   äcpo()fj,äö&ai   naoeaxsvaa  fie&a. 
fj  ^Xr\v7]  ovvxvyova>  fjulv  meOTsiXev  cp^aaai 
jroujTa   idv  yaiosiv  3A&i]vaioiai  xal  roTg  iva^ayoig, 

610        sira   &vfxalvtiv  sipaaxs'   (hiva.  yay  TitTiov&evai, 

ujyeXovo'   vuag  anavT.ag,  ov  loyoig,  akV   unpavujg' 
nQwxa   utv  tov  urjvog  fig  dq<V   ovx  ilaTxov  ff   $Qa%p,r\ir, 
lüots  xal  Xiyeiv  anavrag  tc~iovrag  iam^äg- 
tiu)  nQLJi,  nal,  däd\   tneidri  (palg  ^fh]vah]g  xalov. 

615        älla  t'    sv  düäv  (pipiv,  vuäg  cT    ovx  äyeiv  rag  fjjLieoag 
ovdhv  oQ&iug,  a/Ä'   avuj  ti  xal  xcctoj  xvdotdonqv  • 
Ügt'   dnetkelv  (prjotr  avrfi  rovg  i9eovg  bxaarors, 
fjvix'   ar  xjjbvo&ojol   delnvov  xämwaiv  orxads 
Tfjg  toyTfjg   ur/  TvyovTtg  xar.a  loyov  tüjv    r^iBQWV. 

620        xaxf  orav  xrvetv  dutl,  üToeßlovT.8  xal  dixä%ere' 
nolXaxig  fi'   fjjLiriiv  ayovxoiv  tüjv  &ta>v  anaOTiav, 
r^/ix?   av  mv&üjjiti'  rj  tov    Meuvov'   i)  ^ao7ii}d6va, 
onevded^   v/utlg  xal  ythäz1  •   avd-''   ujv  kayjhv  'Yjieyßokog 
TrjiBg  Uüotuvi]jLiovth'  xanEid-'   ixp'   tJjuojv  tüjv   &€ojv 

625        tov  OTtopavov  äqprmES-rj  -    iiakkov  yay  ovrojg  eioercu, 
xara  öel'vtjV  wg  aysiv  /yrj  tov  ßiov  Tag  fj/ne^ag. 

Ich  habe  mir  zur  Zergliederung  gerade  diese  Parabase  heraus- 
gewählt, weil  in  ihr  auch  die  Strophen  in  gleicher  Weise  wie  die  Epir- 
rhemata  in  4  Perioden  zerfallen ,  so  dass  man  daran  denken  könnte, 
es  seien  die  4  Perioden  gesondert  von  den  4  Halbreihen,  wie  die  4 
Gruppen  des  Epirrhema  von  den  4  Vordermännern  der*  Halbreihen  vor- 
getragen worden.  Doch  muss  ich  der  Wahrheit  zur  Steuer  hinzufügen, 
dass  sich  eine  gleich  durchsichtige  Zerlegung  der  Strophen  in  4  Pe- 
rioden in  den  andern   Parabasen  nicht  nachweisen  lässt. 


23! 


176 

Die  gemischten  Chorlieder  der  Komödie. 

Unsere  in  dem  vorausgehenden  Kapitel  entwickelte  Lehre  von  der 
Vertheilung  der  Theile  der  Parabase  unter  eine  grössere  Anzahl  von 
Choreuten  geht  in  letzter  Linie  zurück  auf  den  demokratischen  Cha- 
rakter des  attischen  Staates.  Uns,  die  wir  nur  allzusehr  daran  gewöhnt 
sind,  einem  Herrn  uns  unterzuordnen  und  einem  das  Führerwort  zu 
geben,  mag  es  von  vornherein  natürlicher  scheinen ,  dass  ein  Einziger, 
der  Koryphaios,  den  Chor  vertritt  und  im  Namen  aller  das  Wort  führt. 
Bei  den  Athenern ,  denen  die  demokratische  Isegorie  fest  in  den  Glie- 
dern sass,  war  das  anders:  sie  hätten  sich  fremdartig  angemuthet  ge- 
fühlt, wenn  der  Chor,  der  ja  das  Volk  vertrat,  nicht  in  seinen  einzelnen 
Gliedern  zu  Wort  gekommen  wäre.  In  der  vornehmeren,  aristokra- 
tischeren Tragödie  zwar  erwarb  sich  frühzeitig  der  Chorführer  als  Ver- 
treter des  Chors  eine  hervorragende  Stelle,  so  dass  er  fast  ausschliess- 
lich die  Verbindung  zwischen  Orchestra  und  Bühne  vermittelte;  dort 
war  er  auch,  seitdem  Sophokles  den  Chor  von  12  auf  15  erhöht  hatte, 
aus  der  Reihe  der  übrigen ,  gewissermassen  plebeischen  Choreuten 
herausgetreten,  so  dass  er  nach  dem  Einzugslied  eine  gesonderte  bevor- 
zugte Stelle  einnahm.  In  dem  aus  4X6  oder  24  Sängern  bestehenden 
Chor  der  Komödie  gab  es  für  einen  Führer  keine  gesonderte  Stellung 
ausser  der  Reihe;  der  Koryphaios,  wenn  er  überhaupt  diesen  Namen 
verdiente,  war  so  recht  der  primus  inter  pares  und  scheint  dieses  sein 
prekäres  Principat  besser  gewahrt  zu  haben  als  diejenigen,  welche  sich 
heut  zu  Tage  mit  Vorliebe  die  primi  inter  pares  nennen.  Daraus  er- 
klärt es  sich ,  dass  in  der  Parabase  und  in  dem  Epirrhema  die  Rede, 
auch  wenn  sie  aus  einem  Guss  war  und  so  zu  sagen  nur  für  einen  ge- 
schrieben zu  sein  schien,  gleichwohl  von  mehreren  vorgetragen  wurde. 
In  jenem  alten  Stück  attischer  Lustspieldichtung  war  man  an  jene  ab- 
wechselnde oder  gemeinsame  Vortragsweise  von  Alters  her  gewöhnt, 
und  der  Dichter  bemühte  sich  daher  nicht  mehr  in  dem  Texte  An- 
deutungen für  den  Wechsel  im  Vortrage  zu  geben.  In  den  anderen 
Theilen  der  Komödie  hingegen,  wo  schon  zur  Zeit  des  Aristophanes 
nur  ausnahmsweise  statt  der  Halbchöre  oder  des  Chorführers  einzelne 
Choreuten    nacheinander   das  Wort    ergriffen ,    pflegte    der  Dichter   auch 


177 

den  Text  so  zu  formen,  dass  er  bei  einiger  Aufmerksamkeit  auf  Ver- 
keilung unter  mehrere  Personen  hinführen  musste.  Geradezu  zu  ver- 
wundern ist  es  daher,  dass  dieses  Verhältniss  so  lange  verborgen  blieb 
und  dass  erst  G.  Hermann  die  Fackel  besserer  Erkenntniss  anzünden 
musste,  um  die  eingerosteten  Vorurtheile  von  dem  einen  Chore  zu 
brechen.  Jetzt,  wo  R.  Arnoldt  in  seinem  trefflichen  Buche,  Die  Chor- 
partien bei  Aristophanes,  die  ganze  Frage  im  Zusammenhang  beleuchtet 
und  die  Vertheilung  im  Einzelnen  vorgenommen  hat,  wird  es  nicht 
mehr  so  leicht  erlaubt  sein  über  die  offenkundigste  Wahrheit  zu  stol- 
pern. Ich  selbst  habe  mich  bei  wiederholtem  Studium  der  Sache  immer 
mehr  mit  Arnoldt's  Anschauung  befreundet,  und  bin  nur  in  einzelnen 
Punkten,  wie  sich  gleich  näher  zeigen  wird,  zu  anderer  Meinung  ge- 
kommen. 

Geht  man  die  von  Arnoldt  zergliederten  Chorpartien  mit  wechseln- 
dem Vortrage  durch ,  so  wird  man  sehen ,  dass  auch  ausserhalb  der 
Parabase  eine  grössere  Gruppe  trochäischer  Tetrameter  in  der  Regel 
nicht  einem  Vertreter  des  Chors  zugewiesen,  sondern  unter  mehrere 
Choreuten  vertheilt  wurde.  Wir  dürfen  darin  gewiss  eine  Erbschaft 
der  alten  Zeit  erblicken,  wo  der  Komos  nur  aus  Tetrametern  bestand 
und  wesentlich  nur  durch  den  Wechselgesang  der  Choreuten  dramatisches 
Leben  in  den   Scherz  kam. 

Auch  in  einem  zweiten  Punkt  gewinnt  durch  Vergleichung  der  von 
Arnoldt  besprochenen  Chorpartien  unsere  Analyse  der  Parabase  an 
Wahrscheinlichkeit.  Bei  dem  grossen  Streben  nach  Symmetrie,  das  die 
antike  Tragödie  und  Komödie  beherrschte ,  sollte  man  erwarten ,  dass, 
wenn  eine  Gruppe  von  Versen  unter  mehrere  Choreuten  vertheilt  werden 
sollte,  jedem  eine  gleiche  Anzahl  von  Versen  zufiel.  Aus  der  Verszahl 
des  Epirrhema  haben  wir  auch  die  Vermuthung  geschöpft,  dass  dieses 
wirklich  ehemals  der  Fall  war,  indem  jeder  der  4  Vordermänner  4 
Verse  sprach  oder  sang.  Aber  Aristophanes,  sahen  wir,  hatte  sich 
jener  beengenden  F'esseln  schon  entschlagen  und  das  Epirrhema  aus 
4  ungleichen  Theilen  zusammengesetzt.  Aehnlich  verfuhr  nun  Aristo- 
phanes auch  sonst  in  den  unzweifelhaft  von  mehreren  Choreuten  vor- 
getragenen Chorpartien,  so  dass  neben  gleichen  Abschnitten  von  je  2> 
4  oder  5  Versen    auch    ungleiche    von    verschiedener  Verszahl    vorkom- 


178 

men;     vgl.     Vesp.     230  —  72     bei     Arnoldt     20,    Lys.    614  —  57     bei 
Arn.  95  9). 

Aber  auf  der  anderen  Seite  müssen  wir  ebenso  unumwunden  ein- 
gestehen,  dass  die  Kühnheit,  mit  der  wir  die  sich  entsprechenden  Sy- 
steme der  Parabase,  Epirrhema  und  Antepirrhema ,  in  verschiedene 
Theile  zerlegten,  an  der  sonstigen  Praxis  des  Dichters  keinen  Rückhalt 
hat.  Denn,  wo  sonst  zwei  respondirende  Partien  unter  Einzelchoreuten 
vertheilt  werden ,  entsprechen  sich  auch  die  kleineren  Theile  in  Bezug 
auf  Versmass  und  Grösse,  wie  in  Lys.  614 — 35  =  636 — 57  bei  Arn.  94. 
Zwar  trifft  das  nach  der  Analyse  Arnoldt's  nicht  zu  bei  Pac.  346 — 385, 
aber  wir  können  uns  auch  an  dieser  Stelle  der  Aufstellung  des  scharf- 
sinnigen Gelehrten  nicht  anschliessen. 

Nachdem  wir  so  das  Verhältniss  der  getheilten  Parabase  zu  den 
sonstigen  getheilten  Chorpartien  der  Komödie  im  Allgemeinen  be- 
sprochen haben,  müssten  wir  nun  diese  letzteren  für  sich  näher  ins 
Auge  fassen.  Aber  da  erst  jüngst  Arnoldt  diesen  Gegenstand  in  er- 
schöpfender Vollständigkeit  behandelt  hat  und  wir  nicht  Lust  haben 
eine  Ilias  post  Homerum  zu  schreiben,  so  beschränken  wir  uns  auf 
einige  Gegenbemerkungen.  Ein  Haupteinwand,  den  ich  aber  nicht  gegen 
Arnoldt  allein,  sondern  in  noch  höherem  Grade  gegen  die  jüngsten  Be- 
arbeiter der  sophokleischen  Chortechnik,  Muff  und  Hense,  erhebe,  be- 
trifft die  häufige  Verwendung  sämmtlicher  Einzelchoreuten.  Von  vorn- 
herein ist  eine  solche  Anordnung  eine  zu  künstliche  und  sachwidrige. 
Bei  einem  viereckigen  Chor  mussten  naturgemäss  ausser  den  Reihen 
zunächst  die  Vordermänner  zur  Geltung  kommen ;  sie  standen  den  Per- 
sonen der  Bühne  gegenüber,  und  sie  mussten  daher  in  erster  Linie  den 
Verkehr  zwischen  Orchestra  und  Logeion  vermitteln.  Aus  den  hinteren 
Reihen  konnte  wohl  auch  hin  und  wieder  einmal  eine  Stimme  erschal- 
len, aber  dass  in  einem  Dialog  mit  den  Schauspielern  die  Hintermänner, 
weil  am  zahlreichsten,    auch  die  Hauptrolle  spielten,  ist  mir  von  vorn- 


9)  Arnoldt  gegenüber  muss  ich  indess  bemerken,  dass  ich  seiner  Zerlegung  der  Parodos  der 
Acharner,  der  Wespen  und  der  Ritter  schon  desshalb  entgegentrete,  weil  sie  so  ganz  verschieden- 
artige Theile  den  24  Einzelchoreuten  zuweist,  und  dass  ich  auch  in  der  Lysistrate  den  10. 
Choreuten  mit  v.  307,  den  11.  mit  v.  312,  den  12.  mit  v.  317  anheben  lasse,  um  die  Con- 
cinnität  in  der  Vertheilung  der  Verse  eine  grössere  werden  zu  lassen. 


179 

herein  undenkbar.  Etwas  anderes  ist  es,  wenn  die  Choreuten  unter 
sich  zur  Berathung  zusammentraten,  wie  im  Agamemnon  v.  1346 — 71, 
in  der  Lysistrate  v.  254 — 316  u.  614 — 705  und  in  den  Ekklesiazusen 
v.  478 — 503,  oder  wenn  die  Choreuten  einzeln  in  die  Orchestra  ein- 
traten, wie  in  den  Sieben  gegen  Theben.  In  dem  Dialog  hingegen 
zwischen  Chor  und  Schauspieler  ist  mir,  wie  gesagt,  die  allmähliche 
Verwendung  sämmtlicher  Schauspieler  von  vornherein  äusserst  unwahr- 
scheinlich; ich  finde  aber  auch,  dass  hier  die  Vertreter  jener  Lehre  nur 
mit  grösster  Willkür  ihre  12  oder  24  Personen  herausbekommen.  Was 
ist  z,  B.,  um  nur  die  eine  Parodos  der  Acharner  herauszugreifen,  für 
ein  Grund  die  zwei   vortrefflich  zusammenhängenden  Verse  333  f. 

wg  d7iü)Xotueod'\      6  layxog  ^rjjLKrrrjg  od*'   «oV   etuog. 

dl'Aa  jLiij  dgaöfjg  o  juel'Aeig'  jLirjdautijg,  w  /Li7]d<xjLiri)g. 
unter    zwei    Choreuten    zu    vertheilen?    Und    enthalten  die  Schlussworte 
nicht  eine  wirkungsvollste  Anspielung    auf   den  Schluss  des  Verses   324 

jiir]da/uü)g ,   djxctyvizoi. 
so    dass    derselbe,    welche    Schwierigkeiten    auch    immer    seine    Stellung 
bereiten  mag,  jedenfalls  dem  Dikaiopolis  zu  belassen  und  nicht  mit  Ar- 
noldt  einem  der  Choreuten  zuzutheilen  ist. 

Weitere  Controverspunkte  zwischen  mir  und  Arnoldt,  die  aber  mit 
jenem  ersten  zusammenhängen,  betreffen  die  mangelhafte  Unterscheidung 
zwischen  gesprochenen  und  gesungenen  Partien ,  und  die  Vertheilungen 
auf  einen  zu  grossen ,  ungleichartigen ,  und  zum  Theil ,  wie  in  der  Pa- 
rodos der  Ritter  und  der  Acharner,  von  anderen  Bestandtheilen  unter- 
brochenen Verscomplex.  Unter  mehrere  Choreuten  vertheilt  sich  leicht 
und  einfach  eine  Gruppe  gleicher,  oder  doch  nur  wenig  von  einander 
abweichender  Verse;  aber  dem  einen  Choreuten  trochäische  Tetrameter, 
dem  andern  rein  lyrische  Partien  zuzuwenden,  das  hat  seine  äussersten 
Bedenken.  Wie  konnte,  frage  ich,  in  einem  solchen  Fall  noch  jene 
Schönheit  des  Ebenmasses  zur  Geltung  kommen,  auf  welches  die  griechi- 
schen Dichter,  Philosophen  und  Künstler  so  grosses  Gewicht  legten? 
Muss  nicht  ferner  eine  solche  Vertheilung  auch  schon  desshalb  an- 
stössig  erscheinen,  weil  Tetrameter  und  Trimeter  in  der  Regel  gesprochen 
und  desshalb  schicklich  vom  Dichter  einem  Einzelnen  in  den  Mund  ge- 
legt wurden,  kretische  und  andere  lyrische  Perioden  hingegen  nur  zum 


180 

Gesänge  sich  eigneten  und  desshalb  im  Dialog  fast  gar  keine  Verwend- 
ung fanden?  Ebenso  wird  die  Durchsichtigkeit  der  Anordnung  bedenk- 
lich gestört,  wenn,  wie  Arnoldt  dieses  namentlich  in  der  Parodos  der 
Ritter  angenommen  hat,  zwischen  dem  xten  und  dem  darauf  folgenden 
Choreuten  eine  grössere  Scene  eingelegt  ist,  in  der  gar  keine  Choreuten, 
sondern  ganz  andere  Personen  sprechen.  Ich  lasse  mir  eine  solche 
Unterbrechung  noch  gefallen,  wenn  die  auseinandergerissenen  Theile 
sich  als  Strophe  und  Antistrophe,  oder  als  System  und  Antisystem  ent- 
sprechen und  durch  die  begleitende  Musik  verbunden  wurden;  aber 
Arnoldt  hat  dieselbe  auch  angenommen ,  ohne  dass  ein  solcher  ent- 
schuldigender Umstand  dazu  getreten   wäre. 

So  erheben  sich  auch  in  diesem  Punkte  von  vornherein  gegen  Ar- 
noldt's  Lehre  gewichtige  Bedenken;  dieselben  werden  aber  noch  be- 
deutend erhöht,  wenn  man  sieht,  auf  welch  unsichere  Weise  Arnoldt 
die  Vertheilung  an  den  einzelnen  Stellen  durchgeführt  hat.  Ich  wähle 
mir,  um  das  an  einem  Beispiel  zu  erläutern,  die  Parodos  der  Wespen 
230 — 487  aus,  die  zuerst  G.  Hermann  und  dann  in  einer  theilweise  ab- 
weichenden Weise  Arnoldt  unter  die  24  Choreuten  zu  vertheilen  ver- 
sucht hat.  Ausser  Zweifel  also  steht  auch  mir,  dass  in  dieser  Parodos 
nicht  der  ganze  Chor,  sondern  einzelne  Personen  aus  dem  Chore 
sprechen,  sowie  dass  der  Chor  in  4  Reihen  gegliedert  6  Mann  tief  in 
die  Orchestra  einzieht  und  dass  demselben  3  Knaben,  zwischen  die  ein- 
zelnen Reihen  postirt,  mit  Laternen  vorausgehen.  Es  sind  das  so  offen- 
kundige Dinge,  dass  man  entweder  mit  Blindheit  geschlagen  oder  von 
einem  besonderen  Geist  des  Widerspruchs  besessen  sein  muss ,  wenn 
man  dagegen  Einsprache  erheben  wollte.  Aber  über  das  Wie  der  Ver- 
theilung und  das  Wann  des  Wechsels  der  Stellung  ist  es  nicht  so 
leicht  zu  einer  gleich  festen  Ueberzeugung  zu  gelangen.  Einige  An- 
ordnungen Arnoldt's  jedoch  sind  entschieden  falsch  oder  doch  discu- 
tabel.  Gleich  im  Anfang  hat  Arnoldt  die  18  jambischen  Tetrameter 
v.  230 — 47  unter  6  Choreuten  vertheilt;  die  Vertheilung  ist  gut  ge- 
troffen, aber  es  ist  auch  eine  Vertheilung  unter  4  Choreuten  möglich, 
und  ich  ziehe  dieselbe  vor,  weil  sie  mit  dem  Einzug  des  Chors  in  4  Reihen 
harmonirt.  Es  folgt  dann  ein  launiges  Gespräch  zwischen  den  laternen- 
tragenden Knaben  und  dem  Chor;   das  Gespräch   verläuft  in  3  Absätzen, 


181 

wie  weiter  unten  das  Duett  zwischen  Knaben  und  Chor  (v.  290 — 316) 
in  6;  es  hat  desshalb  Arnoldt  dieselben  unter  die  3  Knaben  und  3,  be- 
ziehungsweise 6  Choreuten  vertheilt;  aber  es  spricht  ganz  deutlich  im- 
mer nur  derselbe  Knabe  und  immer  nur  derselbe  Choreute ;  ich  stimme 
daher  trotz  jener  neckischen  Dreizahl  und  trotz  des  Plurals  ^juäg  in 
v.  254  im  Wesentlichen  Chr.  Muff  bei,  der  in  seinem  Buche,  Ueber  den 
Vortrag  der  chorischen  Partien  bei  Aristophanes  S.  T43  beidemal  einen 
Wechselgesang  zwischen   dem  Koryphaios  und  einem  Knaben  statuirt. 

Bezüglich  der  nächsten  Tetrameterpartie  v.  259  —  72  folge  ich 
Arnoldt,  um  dann  bei  dem  Ständchen  vor  dem  Hause  des  prozess- 
liebenden  Philokieon  wieder  stark  abzuweichen.  Der  Chor  oder  ein 
Choreute  hatte  v.    270  gesagt: 

dlla  uot,  doxel  aravrag  lv&ad\  covdyeg,  adovtag  avxov  sxzaXelv 
Weisen  nicht  schon  diese  Worte  darauf  hin,  dass  das  folgende  Ständ- 
chen nicht  in  einer  Monodie,  sondern  in  einem  mehrstimmigen  Gesang 
bestand?  und  wäre  es  nicht  ein  Missbrauch  des  Sologesanges,  wenn 
hier ,  wo  alle  mit  kräftigem  Cantus  den  Genossen  heraussingen  sollen, 
ein  Einzelner  mit  schwacher  Stimme  eine  Arie  anstimmen  wollte?  Nein, 
wenn  nicht  alles  trügt,  werden  die  4  Strophen  des  Ständchens  von  dem 
ganzen  Chor  gesungen  und  zwar  so ,  dass  jede  der  4  Reihen  eine 
Strophe  übernimmt. 

Nach  dem  Duett  zwischen  einem  Knaben  und  einem  Choreuten  und 
dem  Solo  des  freiheitsdurstigen  Philokieon  folgt  dann  die  Scene  zwischen 
Philokieon  und  Chor,  welche  den  Fluchtversuch  des  ersteren  einleitet. 
Da  dieselbe  in  2  genau  respondirende  Theile  zerfällt  (334  —  64  = 
365 — 94),  und  in  jedem  derselben  6  bestimmt  abgegrenzte  Chorpartien 
vorkommen,  so  zweifle  ich  hier  nicht,  dass  Arnoldt  mit  seiner  Ver- 
theilung  auf  2X6  Choreuten  im  Rechte  ist.  Dabei  beachte  man 
noch  insbesondere,  dass  mit  dem  Ständchen  der  Chor  Stellung  genom- 
men hatte  und  nunmehr  mit  einer  Fronte  von  6  Mann  der  Bühne  zu- 
gekehrt stund.  Wie  ist  es  nun  passend  und  sachentsprechend,  dass 
gleich  in  der  nächsten  Scene  jene  6  Vordermänner  zweimal  hinter  ein- 
ander in  respondirenden  Scenen  zur  Geltung  kommen !  Dieselben  6 
Vordermänner  scheinen  sodann  nochmals,  wie  wiederum  Arnoldt  scharf- 
sinnig gesehen  hat,  in   der  nachfolgenden  Scene  v.   403 — 29  =  463 — 87 

Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  24 


182 

Träger  des  halblyrischen  Dialoges    zwischen  Orchestra  und  Logeion  ge- 
wesen zu  sein. 

Ich  setze  zum  Schluss  noch  den  Anfang  der  Parodos  nach  meiner 
Vertheilung  her;  den  grösseren  zweiten  Theil  herzusetzen  finde  ich 
nicht  für  nöthig,  da  ich  ja  hier  wenigstens  in  der  Hauptsache  mich 
mit  Arnoldt  im   Einklang  befinde : 

XOPOY 
6  a      Xl'fm,  n^oßatv"1  i^fWfMViog'   w  Kcof.Ua  ßoadvveig; 

jucc  rov  Ji\  ov   uevroi  nyb  rov  y\   dXti  ?)a#'   Ifidg  xvveiog. 
vvvl  dt  xoslvtwv  earl  öov  Xaoivadrjg  ßadi'Qeiv. 
co  J£rovfi6(fu)()E  Kov&vXev,  ßeXriare  avrdixaorwv, 
Eveoyidrjg  do'   earl  ttov  "'vjavfF   fj  Xaßrjg  o  <PXvevg; 
6  ß'     ndoeaS^   o  drj  Xomov  y-    er1   eariv,  arnianai  ncmaiag\ 
r\ßr{g  exelvijg,  fjvix'   iv   livQa.VT.ia)  1svvr\fi8V. 
(pyovQOVVT^    eyto  re   "Aal  ov  ■   xqra  ne^maT.ovvre   vvxtojo 
rfjg  doroTiioXidog  Xa&ovr'   exXeipa/uev  rov  oX/uov, 
xq&   7]ipojU€r  rov  xoyxoüov,   xarao^ioavreg  avrov. 
6  y      dXX'   eyxoj'üj/uev,  ajvdyeg,  wg  eorai  Aayr\ri  vvvl' 
Gifxßlov  de  opaöi  %Qrj/Liaro)v  ey^eiv  dnavreg  avrov ' 
%&eg  yovv  KXeiov  6  xrjdeiiwv  r\utv  eopelr7   ev  üoq 
r\xeiv  e%ovrag  fjjLieytov  ögyrjV  ryiaiv  TiovrjQav 
fai7  avrov,  ojg  xoXoj/uevovg  wv  rjdlxrjoev  ■   dXXd 
onevdojßev,  lovdyeg  r\Xixeg,  tiqIv  fj/Lieyav  yeveöS-ai. 
6  d'     %un)<a{isv,  atua  re  reo  Xvyvu)  navrr\  diaoxonujjLiev, 
jurj  Ttov  XlO-og  rig  eunodcov  fjuäg  xaxov  n  dyaorj. 

ITAl^. 
%bv  7ir\Xbv,   co  nare()  Tiarey,  rovrovl  (pvXafai. 

XOPOY  6  a 
xaqcpog  %a{ia&ev  vvv  Xaßwv  rov  Xv/yov  TtQoßvöov.- 

IIAIZ. 
ovx,  dXXd  rwdl   uoi  doxa)  rov  Xv%vov  nqoßvoeiv. 

XOPOY 6  a 
rl  dfj  jLia&a)v  reo  daxrvXqj  rrjv  &QvaXXld'   to&elg, 
xal  xavra  rovXaiov  Gnav'iQovrog,  co  'vorjre; 
ov  yäg  daxvei  o~\   orav  deji  rl/niov  noiaa&ai. 


183 


TIAIZ. 

eI  vi]  J'C   av&ig  xovdvloig  vov&ExtpEd-'   rjjLiäg, 
änooßtoarTeg  xovg  Iv/yovg  äm/LiEv  oixacT   avxol. 
xänEix'  Yoa>g  ev  xqj  oxoxw  rovrovl  oxEorj&Etg 
rbv  TifjXov  ujgtisq  dxxayäg  xvoßaosig  ßadi'Qojv. 

XOPOY 6  a 
tj  jLirjv  eyio  öov  %dxEQOvg  jLisi'Qovag  xola^co. 
6  ß      all1  ovxoöl  juoi  juayfiaoog  cpalvExai  naxovvxi' 

xovx  sod-'   oncog  ov%  rj/uEüiuv  xExxaocov  xb  tiIeZgxov 
vdioy  dvayxaiujg  e/ei  rbv  &ebv  Tioifjoai. 
6  y      meiöi  yovv  xoloiv  Ivyvoig  ovxoil  jtivxrjXEg- 

cpilet  d'   oxav  xovx1   ?y,  tioieXv  vexbv  /uäliöxcc 
dsTxai   dt  xal  xibv  xao7jljHü)v  arxa  fit)  'üxl  Ttowa 
vdiüf)  ytvso&ai  xdnini'Evoai  ßoyswv  avxoTg. 
6  (5*      xi  XV^ff*1   <*V   °vx  TVS  olxiag  xfjode  ovvdixaaxr\g 

tietiov&ev,  (og  ov  (palvExai  dsvoo  nobg  xb  nlfj&og ; 
ov  jLirjv  7i()b  xov  y1   kpolxbg  rjv,   dlla  nomxog  r^xOSv 
r\yüx>   av  admv   <&Qvvi%ov  xal  yao  eöxiv  dvrjQ 
cpilwdbg.   dlla  jtioi  doxst  axavxag  lv&ad\   wvdoEg, 
adovxag  avxbv  ixxaleiv,  rjv  xi  nwg  dxovoag 
xovuov  jiiilovg  vcp1  ridovrjg  eqtivoi]  d-vqa'Qe. 

XOPOY 
öxoi%.   ä      Ti  nox1   ov  txqo  &voa>v  (paivEX1   atf  f\- 
/luv  6  ysoojv  ovo*1   vnaxovei; 
fxwv  diioliulexs  xdg 
t/Lißddag,  rj  nooöEXoifJ'   ev 
x(p  oxoxqj  xbv  daxxvlov   nov, 
eIx1   eopley^rjvev  avx.ov 
xb  öcpvybv  yioovxog  bvrog; 
xal  xatf   av  ßovßojviwrj. 
oxoi%.  ß'     r\  jüTjv  Tioli)  dyi/nvxaxog  y1  r\v  xurv  nao1  rjjLUV, 
xal  jLtovog  ovx  av  Insi&ex* , 
all''   bnox1   dvxtßoloir] 
xig,  xaxio  xvnxcov  av  ovx  et) } 

ll&OV    ElpEig,    E/.EyEV. 

24* 


184 

6x01%.  y       xa%a  (T   av  dm  xbv  yS't'Qivov  av- 

S-QUJTiov,  dg  fjjLiäg  diedvex' 

e&Ttarwi'  jus  Itywr 

wg  (piXa&rjvaiog  i]v  xal 

xav  ^atuco  TiQÖJxog  xaxslnoi, 

dia  xovx^   odvvrjdslg 

«It'   Yöcog  xslxai   nvQtxxwv. 

toxi  yay  xoiovxog  uvr^. 
(3roi%.   d       akV ,  <oyaß-\  avioxaao   arj^   ovxojg  otavrbv 

söd-is   iirjd'   äyavaxxei. 

y.al  yay  ävrjQ  nayvg  r/xsi 

xujv  Tiüodovxwv  xanl   0()qxr]g, 

dv  oTicog  sy/vxoiug. 

Die  Parodos  der  Tragödie  und  die  anapästischen  Systeme. 

Es  sind  bekanntlich  nur  4  Tragödien  auf  uns  gekommen,  in  denen 
der  Chor  unter  Absingung  eines  Marschliedes  in  anapästischem  Rhythmus 
in  die  Orchestra  einzieht,  die  Perser,  die  Schutzflehenden  und  der 
Agamemnon  des  Aeschylus  und  der  Aias  des  Sophokles.  Dass  diese 
Form  des  Einzugs  die  älteste  Weise  der  tragischen  Parodos  darstellt, 
ersieht  man  daraus,  dass  Euripides  sich  dieser  Form  gar  nicht  mehr 
bediente  und  Sophokles  nur  in  dem  ältesten  seiner  auf  uns  gekom- 
menen Stücke.  Sehen  wir  nun  zu,  ob  der  Bau  dieser  anapästischen 
Einzugsanapäste  keine  Analogie  mit  dem  Eingang  der  Parabase  und 
der  verwandten  Parodoi  der  Komödie  hat. 

Die  anapästische  Parodos  der  Perser  v.  1 — 64  besteht  aus  9  jedes- 
mal mit  einem  Paroimiakos  abschliessenden  Systemen;  nur  Dindorf  hat 
dadurch,  dass  er  in  v.   55 

xal  xo§ovlxu)  Irjuaxi  moxovg 

das  unschuldige  xal  strich,  die  Zahl  der  Systeme  auf  10  erhöht.  Die 
einzelnen  Systeme  sind  nicht  von  gleichem  Umfang,  bewegen  sich  aber 
doch  innerhalb  gewisser  Grenzen ,  indem  dieselben  folgende  Grössen- 
verhältnisse  in  Doppelfüssen  (juexya)  aufweisen : 

13      15      10      15     8      16      16      19      11 


185 

Jeder  der  9  Abschnitte  schliesst  nicht  blos  rhythmisch  mit  einer  Kata- 
lexis ab,  sondern  enthält  auch  einen  in  sich  abgerundeten  Gedanken; 
nur  das  3.  System  hängt  mit  dem  2.,  und  das  4.  mit  dem  5.  etwas 
enger  als  die  übrigen  zusammen. 

Die  Parodos  der  Schutzflehenden  v.  1 — 40,  mit  der  nach  alter- 
tümlichster Weise  geradeso  wie  in  den  Persern  das  Stück  beginnt,  hat 
gleichfalls  9  ungleiche  Systeme  von  folgendem   Umfange 

8      6      11      10     7      13     8     6 
Die  Neunzahl    setzte    eine    kleine  Besserung  des  Textes  voraus ,    welche 
Turnebus   vornahm,  indem  er  in  v.   4 

NsiXov  dLav  dt  XsLjiovGai 
das  den  Rhythmus  störende  IsLnovöcu  in  fonovocu  änderte.  Seidler 
schlug  einen  anderen  kühneren  Weg  der  Verbesserung  ein,  indem  er 
IxXünovoai  zu  lesen  vorschlug,  und  kam  so  auf  10  statt  9  Systeme. 
Der  Sinn  schliesst  in  dieser  kleineren  Parodos  nicht  in  gleichent- 
sprechender Weise  wie  in  den  Persern  mit  den  einzelnen  Systemen  ab; 
am  auffallendsten  tritt  dieses  bei  dem  ersten  System  in  dem  eben  be- 
sprochenen 4.  Vers  hervor,  wo  das  Adjektiv  und  das  dazu  gehörige 
Substantiv  durch  den  Systemschluss  auseinander  gerissen  werden. 

Der  Parodos  der  Perser  kommt  an  Umfang  und  Bau  am  nächsten 
die  des  Agamemnon  v.  40 — 103;  dieselbe  besteht,  wenn  wir  in  v.  87  mit 
der   2.   Hand  des  Mediceus 

xivog  ayy eklag  j  nev&dl  TieomejLCTna  &voöxiyüg ; 
lesen  —  die  erste  Hand  hat  S-vooxvüg  —  aus  9  jedesmal  mit  Rhythmus- 
und  Sinnschluss  endenden   Systemen  von  folgender  Grösse: 

14      12      9      14     9      20     15     9      13 
Enger    zusammen    hängen  das   1.  und  2.,    sowie   das  4.   und  5.   System, 
doch  hat  der  Dichter  an  letzterer  Stelle 

xaj.iay.og  drjöwv  Javaoioiv 
T(ju)öI  #'  bfioiujg. 
dadurch,  dass  er  TqlogL  in  das  nächste  System  hinüberzog,  in  wirkungs- 
vollster Weise  die  Leiden  der  Danaer  denen  der  Troer  als  gleichgross 
gegenübergestellt.  Fragt  man  nach  grösseren  Einschnitten,  so  schliessen 
sich  die  3  ersten  und  die  3  folgenden  Systeme  enger  zusammen,  und 
beginnt  mit  dem   7.   System  ein  neuer .    durch   das    Eintreten    der    Kly- 


186 

temnestra  auch  äusserlich  gekennzeichneter  Abschnitt.  Schwierigkeit 
bereitet  nur  das  Verbum  &vooxivelg  in  v.  87 ;  dass  damit  der  Corrector 
des  Mediceus  die  Hand  des  Dichters  hergestellt  habe,  bin  ich  weit  entfernt 
zu  glauben,  obschon  selbst  Hermann  dasselbe  in  den  Text  aufgenommen 
hat.  Aber  noch  weniger  haltbar  ist  das  monströse  &vooxveig  der 
1.  Hand,  mit  dem  man  die  Glosse  des  Hesychius  S-eoaxvel'  &eovg  ri/Ltä 
zusammenstellt.  Grössere  Wahrscheinlichkeit  hat,  für  sich  betrachtet, 
die  Conjectur  von  Turnebus  &voöxelg,  welche  an  einer  anderen  Glosse 
des  Hesychius  S-voaxelv  IsQoig  naqeg'eö&cu  rj  Osotg  einen  Rückhalt  hat 
und  allerdings  an  ganz  passender  Stelle  einen  Paroimiakos  bringt.  Mit 
Billigung  dieser  Lesart  würden  wir  10  Systeme  erhalten;  da  aber 
doch  die  Form  des  Verbums  Anstoss  erregt  und  die  Analogie  der  be- 
trachteten Parodoi  gegen  die  Zehnzahl  spricht,  so  neige  ich  mich  mehr 
zur  Vermuthung  Lobeck's  &vooxoisig  oder  Hermann's  SvoaxoieTg,  wenn 
nicht  vielmehr  an  anderer  Stelle  der  Fehler  zu  suchen  und  etwa  in 
v.   91    statt 

ßmjnol  dwQoiai  (pltyovrai  ßco/Ltol  dm^oioiv  (peyyovrai 

zu  schreiben  ist. 

Die  letzte  anapästische  Parodos,  die  des  Aias  v.  134 — 171  besteht, 
aus   6  ziemlich  ungleichen  Systemen  von 

6     8      13      11      20      15 
Doppelfüssen.     Mit  jedem  System  schliesst  zugleich  der  Gedanke;   doch 
finden    sich    auch    noch    innerhalb  der  grösseren  Systeme    weitere  Satz- 
schlüsse, wie  namentlich  v.    150   und   157. 

In  den  drei  äschylischen  Stücken  also  beträgt  die  Zahl  der  ana- 
pästischen Systeme  der  Parodos  9,  in  dem  einen  sophokleischen  6; 
jedesmal  ist  demnach  dieselbe  mit  3  theilbar.  Bedenkt  man  nun,  dass 
der  aus  12,  später  15  10)  Mann  bestehende  Chor  der  Tragödie  in 
3  Reihen,  wie  der  der  Komödie  in  4  seinen  Einzug  in  die  Orchestra 
hielt,    so    drängt    sich    einem,    sobald    man    einmal    auf   jenes    Zahlen- 


10)  Für  alle  uns  erhaltenen  Stücke  des  Aeschylus  hat  neuerdings  Wecklein,  Studien  zu  Euripides 
in  Jahrb.  f.  class.  Phil.  Suppl.  Bd.  VII  S.  432  ff.  die  Zwölfzahl  der  Choreuten  zu  erweisen 
gesucht;  dasselbe  bewies  für  den  Aias  des  Sophokles  Muff,  Chorische  Technik  des  Sophokles 
S.  73  f.  u.  77  f.  Auf  die  Frage  über  die  Grösse  des  Chors  in  der  Orestie  werden  wir  unten 
noch  einmal  zurückkommen. 


187 

verhältniss  aufmerksam  geworden  ist,  unwillkürlich  die  Vermuthung  auf, 
dass  sich  die  3  Reihen  oder  vielmehr  die  Vordermänner  (oi  h'gayxoi) 
jener  3  Reihen  in  den  Vortrag  der  Anapästen  der  Parodos  getheilt  haben. 
Das  konnte  nun  entweder  so  geschehen,  dass  jeder  Vordermann  nur  je  ein 
System  vortrug  und  dass  also  nach  dem  3.  und  6.  System  die  Reihe 
wieder  von  vorn  anfing ,  oder  so  dass  ein  Vordermann  gleich  3,  bei 
Sophokles  2  Systeme  hintereinander  recitirte;  das  letztere  hat  wenig- 
stens in  den  Schutzflehenden  die  grössere  Wahrscheinlichkeit  für  sich, 
da  dort  das  1.  und  2.  System  zu  enge  zusammenhängen.11)  So  wären 
wir  denn  zu  einer  ausserordentlich  interessanten  Analogie  zwischen  Ko- 
mödie und  Tragödie  gekommen:  wie  in  den  Wespen  und  der  Lysistrate 
der  Chor  so  einzog,  dass  sich  die  4  Vordermänner  in  die  18  Einzugstetra- 
meter theilten ,  und  wie  in  den  Zwischenstücken  der  Komödie,  den 
Parabasen,  sowohl  beim  anapästischen,  wie  beim  trochäischen  Theile  eine 
gleiche  Vertheilung  des  Vortrags  zwischen  die  4,  beziehungsweise  6 
Vordermänner  stattfand,  so  wurden  auch  in  der  älteren  Tragödie  die 
Einzugsanapästen  unter  die  Führer  der  3  Reihen  vertheilt;  die  Theilung 
war  nur  in  der  Tragödie  bestimmter  auch  im  Rhythmus  ausgeprägt,  in- 
dem bei  der  systematischen  Form  der  Composition  jede  grössere  Pause 
innerhalb  des  Abschnittes  ausgeschlossen  war.  Besondere  Beachtung 
zur  gegenseitigen  Stütze  meiner  Annahmen  schenke  ich  dabei  auch  dem 
Umstände,  dass  in  der  Komödie  wie  in  der  Tragödie  die  einzelnen  Ab- 
schnitte nicht  von  gleichem   Umfange  sind. 

Diese  Lehre    von   der  Vertheilung   der  Einzugsanapästen    unter    die 
3   Reihen  des  tragischen  Chors  ist  nicht  neu.    Ich  selbst  habe  zwar  die 


11)  Müller's  Bemerkung  in  der  Ausgabe  der  Eumeniden  S.  89,  dass  in  den  anapästischen  Chor- 
liedem  gemeiniglich  immer  drei  Systeme  enger  zusammenhängen,  lässt  sich  nur  im  Agamemnon 
aufrecht  erhalten;  selbst  in  den  Persern  würde  man  nach  dem  Sinn  eher  mit  dem  H.  als  mit 
dem  4.  System  einen  neuen  Abschnitt  beginnen.  Keinerlei  Bedeutung  aber  kann  ich  der 
weiteren  Beobachtung  Müller's  beilegen,  dass  auch  die  Summe  der  übrigen  in  den  3  Stücken 
des  Aeschylus  zerstreuten  anapästischen  Systeme  eine  Theilung  durch  3  zulasse ;  denn  abgesehen 
davon,  dass  die  Müller'sche  Zählung  selbst  sehr  anfechtbar  ist,  kann  ich  mir  auch  nicht  vor- 
stellen, wie  dann,  wann  wie  in  den  Persern  und  den  Schutzflehenden  die  2  ersten  und  da« 
dritte  System  durch  weiten,  mehrere  Hunderte  von  Versen  umfassenden  Zwischenraum  getrenn 
waren,j  ein  Wechsel  des]  Vortrags  zwischen  den  3  Reihen  noch  begründet  und  verständlich 
sein  konnte. 


188 

Beobachtung  ganz  selbständig  gemacht;  habe  mich  aber  hintendrein  aus 
Büchern,  die  ich  längst  gelesen  hatte,  ohne  aber  gerade  auf  diesen 
Punkt  zu  achten,  belehren  lassen,  dass  schon  Lindner,  Ueber  den  Chor 
im  Aeschylus  in  Jahn's  Jahrb.  1827  S.  102 — 4  die  Theilbarkeit  der 
Zahl  der  anapästischen  Einzugssysteme  durch  3  erkannt  und  0.  Müller 
in  seiner  Ausgabe  der  Eumeniden  daraus  den  Vortrag  jener  Systeme 
durch  die  3  Reihen  des  Chors  geschlossen  hatte ;  G.  Hermann  in  seiner 
berühmten  Recension  der  Müller'schen  Ausgabe  (Opusc.  VI  2,  142) 
äussert  sich  über  die  Sache  sehr  zurückhaltend,  scheint  aber  dieselbe 
doch  nach  der  Anmerkung  zu  Aesch.  Agam.  V  87  für  bedeutsam  ge- 
nug gehalten  zu  haben,  um  sie  bei  der  kritischen  Behandlung  der  be- 
treffenden Chorpartien  ins  Gewicht  fallen  zu  lassen.  In  neuerer  Zeit 
scheint  die  alte  Beobachtung  so  gut  wie  vergessen  worden  zu  sein,  so 
dass  sich  Dindorf,  wie  wir  sahen,  um  sie  in  der  Feststellung  des  Textes 
nicht  kümmerte,  und  Keck  in  seiner  Ausgabe  des  Agamemnon  S.  214  f. 
eine  ganz  neue  auf  willkürlichsten  Conjecturen  beruhende  Anordnung 
der  Systeme  vornahm. 

Schliesslich  mache  ich  aber  noch  auf  einen  Punkt  aufmerksam, 
der  zeigt,  welche  Bedeutung  unsere  Lehre  von  der  Vertheilung  der 
ältesten  anapästischen  Parodoi  unter  mehrere  Choreuten  für  die  Be- 
urtheilung  der  weiteren  Entwicklung  der  attischen  Tragödie  hat.  Be- 
kanntlich wurden  jene  langen  Einzugslieder  des  Chors  in  feierlichem 
anapästischen  Rhythmus  frühzeitig  als  eine  altmodische,  langweilige  Form 
der  Parodos  verschmäht;  an  ihre  Stelle  traten  andere  Formen,  welche 
nicht  blos  durch  ihre  Neuheit  neues  Interesse  erregten,  sondern  auch 
grössere  Beweglichkeit  und  Mannigfaltigkeit  gleich  in  das  erste  Auf- 
treten des  Chors  brachten.  Unter  jenen  neuen  Formen  scheint  sich 
namentlich  die  Betheiiigung  der  Schauspieler  an  den  Anapästen  des 
Einzugsliedes  einer  besonderen  Beliebtheit  erfreut  zu  haben.  Wie  man 
nun  sieht,  lehnte  sich  zugleich  diese  neue  Form  sehr  nahe  an  das  alte 
Herkommen  an,  und  bestand  wesentlich  nur  in  einer  kleinen  Abänderung 
der  alten  Ordnung:  statt  der  drei  Vordermänner  des  Chors  traten  nun- 
mehr nur  ein  oder  zwei  Führer  des  Chors  und  ein  Schauspieler  ein. 
Eben  diese  Analogie  der  jüngeren  Form  der  Parodos  macht  es  uns  aber 
auch  wahrscheinlich,  dass  in  jenen  älteren  Einzugsliedern  die  einzelnen 


189 

Absätze  nicht  von  den  ganzen  Reihen,  wie  0.  Müller  annahm,  sondern 
nur  von  den  Führern  der  Reihen  vorgetragen  wurden.  Indess  ist 
dieses  eine  strittige  Sache,  da  auch  sonst  anapästische  Systeme  sowohl 
von  Einzelnen  als  von  einer  Gesammtheit  recitirt  wurden,  wesshalb  ich 
keinen  Streit  erheben  möchte,  wenn  einer  der  entgegengesetzten  Meinung 
lieber  folgen   wollte. 

Wir  haben  bis  jetzt  gesehen,  dass  die  längeren  anapästischen  Ein- 
zugslieder 12)  nicht  von  einem  einzigen,  sondern  von  mehreren  abwech- 
selnd vorgetragen  wurden,  und  dass  ursprünglich  die  Katalexis  in  ana- 
pästischen Liedern  die  Bedeutung  hatte ,  dass  mit  ihr  der  Gesang  des 
einen  zu  Ende  war  und  der  eines  andern  folgte.  Galt  nun,  frage  ich 
weiter,  diese  Regel  auch  von  den  andern  anapästischen  Liedern  der 
Tragödie?  in  jener  Allgemeinheit  sicherlich  nicht;  wir  haben  dafür  un- 
zweideutige Beweise.  Denn  auch  die  einem  Schauspieler  in  den  Mund 
gelegten  Anapäste  zerfallen  häufig  in  mehrere  Systeme,  wiewohl  doch 
hier  von  einer  Abwechselung  im  Vortrag  selbstverständlich  keine  Rede 
sein  kann.  Selbst  zwei  anapästische  Chorlieder  bei  Aeschylus  in  der 
Exodos  der  Sieben  v.  1066 — 71  und  1072 — 7  bestehen  aus  je  2  Systemen, 
wurden  aber  trotzdem  von  ein  und  denselben  Personen  des  Halbchors 
vorgetragen.  Ja  ich  gehe  noch  weiter,  in  der  Hekabe  des  Euripides 
v.  98 — 153  haben  wir  ein  56  Kola  füllendes  anapästisches  Chorlied,  das 
aus  5  Systemen  besteht;  gleichwohl  weise  ich  dasselbe  dem  einen  Kory- 
phaios  zu;  denn  dasselbe  enthält  eine  Erzählung,  eine  solche  aber  unter 
mehrere  zu  vertheilen,  widerspricht  dem  Wesen  der  Erzählung.  Wir 
sehen  also,  dass  in  der  späteren  Zeit,  wo  der  Koryphaios  eine  hervor- 
ragendere Rolle  spielte  und  wo  zu  derselben  jedenfalls  eine  gut  ge- 
schulte Persönlichkeit  ausersehen  wurde,  die  Dichter  sich  nicht  scheuten 
dem    Chorführer    die    Declamation    und    den  Gesang    auch    sehr   langer, 


12)  Ich  spreche  hier  und  sprach  schon  öfters  von  anapästischen  Einzugs lied er n;  das  will  ich 
nicht  so  verstanden  hauen,  als  sei  der  Vortrag  der  anapästischen  Systeme  und  der  trochäischen 
Tetrameter  ein  förmlicher  Gesang  gewesen  und  als  wolle  ich  meine  frühere  Behauptung,  dass 
dieselben  dem  Gebiete  der  Parakataloge  angehören ,  hiemit  zurücknehmen.  Aber  nachdem 
Aristophanes  selbst  in  den  Eccles.  1153  die  trochäischen  Tetrameter  als  {xelog  bezeichnet 
hat,  möge  auch  mir  bei  dem  Mangel  eines  eigenen  Wortes  die  allgemeine  Benennung  cLied" 
gestattet  sein. 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  IL  Abth.  25 


190 

vielsätziger  Anapäste  zuzumuthen.  Aber  was  in  der  späteren  Zeit 
nicht  unerhört  war,  das  braucht  nicht  auch  von  der  älteren  zu  gelten; 
treten  wir  also  zunächst  an  Aeschylus  heran ,  der  ohnehin  hier  fast 
einzig  in  Frage  kommt,  da  die  Einführungs-  wie  die  Schlussanapäste 
des  Chors  nur  bei  ihm  aus  mehreren  Systemen  zu  bestehen  pflegen, 
während  Sophokles  und  Euripides  dieselben  meist  zu  einem  Systeme 
zusammenschrumpfen  Hessen. 

In  den  Sieben  haben  wir  ein  längeres  anapästisches  Lied  am 
Schlüsse  des  Stückes,  welches  den  Auszug  des  Chors  begleitet;  es  besteht 
aus  6  Systemen  und  zerfällt  deutlich  in  2  Theile,  von  denen  der  erste 
dem  Koryphaios,  der  zweite  den  beiden  Halbchören  zuzuweisen  ist: 

XOPOY 

KOP.     <P&v  (psv. 

d)  jLieyaXavyoi  xal  ip&e^aiyevelg 

Krjoeg  3Eoirv€g}  cuV   Oidinoda 

yevog  wksaare  nye/uvo&sv  ovriog, 

xl  na&uj;  xl  St   dotiJ;  %i  8  k  /Lirjocjuai; 

nujg  xoliirjooj   urjxe  Ok  xkaitiv 

jLirjT€    7l()07ieU7I€tV    ETIL    XVflßw; 

d'k'kd   (poßovjLiai  xanoxomoaai 

dsifxa  nokixwv. 

ov  Y€  firjy  no'k'kwv  nkv^r\j.ri^ix)v 

xsv§ei '  xklvog  d1   o  xa'kag  dyoog 

tuovoxkavxov  s'xidv  &(jtivov  ddekcpijg 

elöi.  xig  ovv  av  xd  ni&oixo; 
HM.  a    Jodxuj  xi  nokig  xal   urj  dydzoj 

xovg  x'kaiovxag  Tlokvvkixi]. 

Tj/LisTg  jitiy  Xakv  xal  avv&aipofiev 

a%de  nyonofinoi '  xal  ydo  ysveq 

xoivov  roJ1'   ä%og,  xal  nokig  ä'kkojg 

äkkox'   tnaivtl  rd  dixaia. 
H  M.ß     'Hfiug  (T   d/tia  xmd\   üoneo  xe  nokig 

xal  xo  (flxaioy  §vvenaivti. 

juexd  ydo  juaxaoag  xal  Jiog  loyvv 


191 

<,(tt   Kadf,uiav  7JQVJ;€  nokiv 

juävaryamjvai  /ai]^   ailodaniüv 
xvfiari  (pojjcov  xaraxXvo&fjv. 

Zweifelhaft  ist  es  nur,  ob  man  nicht  noch  weiter  gehen  und  mit 
jedem  neuen  System  die  Vortragenden  wechseln  lassen  darf.  Dann 
würde  schon  in  den  ersten  Theil  der  hier  noch  schlummernde  Zwiespalt 
der  Meinung  getragen  und  von  den  zwei  Führern  der  Halbchöre  ver- 
treten werden ;  es  müsste  dann  weiter  ein  Auszug  in  4  Reihen  an- 
genommen werden,  so  dass  in  jedem  Halbchor  jeder  der  beiden  aus  je 
3   Mann  bestehenden  Reihen  ein   System  übernehme. 

Eine  ähnliche  Vertheilung  des  anapästischen  Liedes  auf  den  Chor- 
führer und  den  Gesammtchor  liegt  in  den  Choephoren  v.  719 — 29  und 
in  den  Sieben  v.  861 — 73  vor;  ich  begnüge  mich  die  erste  Stelle  her- 
zusetzen : 

KOP.      Ehv,  (pifocu   ducoideg  oixcov, 

710T.8    Öl]    OTO/LLarOJV 

dei§oiAtv  \oyyv  ItC  'Oytorrj; 
XOP.      12  TioTVta  y&wv  xal  norvC   dxTTj 
yw/LiaTOs,  rj  vvv  enl  vavayyu) 
ocotiari  xelaai  to>  ßaöilsiip, 
vvv  snaxovaov,  vvv  ina^rj^ov 
vvv  yäy  axua'Qei  Usi&w  do'kiav 
^vyxaraßfjyai  vvyiov  #'  'Ey^fjv 
roiod1   bcpodevöai 
£i(podrjkr]ToiGiv  aycnüiv. 

Weniger  klar  liegen  die  Verhältnisse  in  den  übrigen  anapästischen 
Chorliedern  des  Aeschylus ,  aber  doch  so ,  dass  uns  die  Uebereinstim- 
mungen  in  den  Zahlen    zu    einer    bestimmten  Entscheidung  hindrängen. 

In  den  Persern  haben  wir  ausser  den  bereits  besprochenen  Ana- 
pästen des  Eingangs  und  den  kommatischen  Anapästen  der  Exodos 
zwei  längere  anapästische  Lieder  v.  139 — 54  und  532 — 47,  welche  zur 
Einleitung  der  nachfolgenden  Handlung  oder  des  nachfolgenden  Gesanges 
dienen.  Jedes  derselben  hat  4  Systeme,  wenn  wir  v.  152  die  ganz 
unverdächtige  Lesart    der   Handschriften  tiqoojiItvw   (nach  Porson's  Vor- 

25* 


192 

schlag  lesen  Weil  und  Dindorf  TTyoojiirycjuev)  beibehalten,  und  v.  545 
mit  Prien  den  vom  Sinn  fast  geradezu  geforderten  Paroimiakos  durch 
die  Verbesserung  von  axo^saraToig  in  axo^sOToig  herstellen.  An  beiden 
Stellen  stehen  die  Anapäste  mit  lyrischem,  in  Strophen  und  Anti- 
strophen  gegliederten  Chorgesang  in  unmittelbarer  Verbindung.  Da 
nun  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  jene  Strophen  von  Halbchören  vor- 
getragen wurden,  deren  jeder  aus  zwei  Reihen  (2  X  3)  bestund,  so  stelle 
ich  die  Vermuthung  auf,  dass  in  den  Vortrag  jener  4  Systeme  sich  die 
4  Reihen  oder  vielmehr  die  Vordermänner  der  4  Reihen  theilten. 
Namentlich  an  der  ersten  Stelle  hat  jene  Vertheilung  die  grösste  Wahr- 
scheinlichkeit, wesshalb  ich  es  mir  nicht  versagen  will,  den  ganzen 
Schluss  der  Parodos  herzusetzen: 

HM.a        ITag  yd(j  ijmrjlaTrjg  xal  JTtdoarißrjg  Xewg 

Ofifjvog  cijg  exhelor/isr   usfooaäv  avv  oy/dum  oryarov, 
tüv  aiMpL'Qevzrov  t^ajLieii/jag 
äucpoTtfjag  aliov 
TiQoiva  y.oivbv  aiag. 
HXI.ß'       AizT^a   (T    ävdywv  iroßcp  niaTilarai    dax^vuaoiv 
Ileyoideg  (T    aßyoTitv&ug  ixaora  tto&ü)  (pilavoyi 
%bv  aiyuaerra  &ov()ov  evva- 
rfjQa  TiyoTiejLMfjajiieva 
lüntxai  /liovo'Qv§. 
XOP.  6  a      AXV   äye,   ITeQGcu,   rod'   tve'Qojuej'oi 
\         GTtyog  a^yaiov, 

(pyovrida  x.edvi)v  xal  ßa&vßovXov 
frcuued-a,  xysia  de  7iQoar]xei. 
o  ß       TTCug  äya  nyaooei  Zey&'jg  ßaGilevg 
^/ayeioyevrjg, 

to  TKXTyiorv jlliov  ytvog  r^itxi^oy ' 
Tioreyov  tü^uv  (wjua  rb  vc/mv 
rj  doQiZQavov 
loyyrjg  loyvg  xey.(ja%rixsv ; 
b  y      aXV   i]de  &t(nv  %aog  ocpd-aliiolg 
cpdog  oQfxänai  jLirjTrj(j  ßaoileiog, 


193 

o  (J      xal  nQoay&oyyoig  &i  xyeiuv  ccvxrjy 
nayxag  jllv&oiöl  Tiyoöavdqy. 
XOP.     !T2  ßa&v'Cü)Vüjy  avaoaa  IIsyGldwy  vTteQxaxri, 
fifjxFQ  fj  £sq§ov  ytyaia,  %cuQe,  da^tiov  yvvai  ■ 
&80V  fdy  svyaxsiya  Ilsyoiuy,  &eov  dt  xal  jli^xtj()  tcpvg, 
u   xi    ui]   dai/Licor  Tialaiug  vvv  fie&eöxrjxe  OxQaxcp. 

In  der  Orestie  haben  wir  folgende  längere  anapästische  Lieder:  im 
Agamemnon  trägt  der  Chor  nach  einem  antistrophischen  Wechselgesang 
zum  Einzug  des  Königs  Agamemnon  6  ungleiche  Systeme  vor,  die  sich 
dem  Sinne  nach  in  zwei  Gruppen  von  je  3  Systemen  zusammenfügen 
(v.  783 — 98  und  789 — 809)  lassen  und  desshalb  wahrscheinlich  von 
den  zwei  Chorführern  gesprochen  wurden.  In  demselben  Agamemnon 
folgen  auf  jambische  Trimeter,  welche  zweifelsohne  vom  Koryphaios 
gesprochen  wurden,  3  einleitende  anapästische  Systeme  v.  355 — 66, 
und  drei  die  Scene  abschliessende  Systeme  v.  1331 — 41.  Vom  Chor- 
führer können  dieselben  nicht  vorgetragen  worden  sein;  denn  dieser 
spricht  die  vorausgehenden  Trimeter,  mit  dem  Wechsel  des  Metrums 
war  aber  sicherlich  auch  ein  Wechsel  in  der  Person  des  Vortragenden 
verbunden.  Da  ferner  die  Wiederkehr  der  Dreizahl  doch  weder  zu- 
fällig noch  bedeutungslos  gewesen  sein  wird,  so  vertheile  ich  an  beiden 
Stellen  die   3   Systeme  unter  die   3   Reihen  ,des  Chors. 

Dasselbe  ist  in  gleicher  Weise  angemessen  in  den  Choephoren 
v.  306 — 14  und  1065 — 76;  an  der  ersten  Stelle  liegt  ein  Gebet  des 
Chors  an  die  Moiren  in  3  anapästischen  Systemen  vor;  an  der  zweiten 
verlässt  der  Chor,  nachdem  der  Koryphaios  noch  den  Orestes  mit 
Segenswünschen  begleitet  hatte,  unter  dem  Takt  eines  anapästischen 
Liedes  die  Orchestra.  Dasselbe  hat  zwar  nach  der  handschriftlichen 
Ueberlieferung  4  Systeme,  aber  mit  vollem  Recht  hat,  nicht  der  Drei- 
zahl zulieb,  sondern  aus  inneren  Gründen  G.  Hermann  in  v.  1069  die 
Worte  xe  Oveöxov  gestrichen  und  so  3  Systeme  hergestellt.  Es  ist  viel- 
leicht auch  nicht  zu  kühn  und  gesucht,  wenn  ich  in  den  Worten 

x Qiytyujy  /Liufrog  xade  (pwyel 
in  v.    314   und  in 

xylxog  av  %£iuuyy xyixog  fjX&e  no&ev  owttJq 


194 

in  v.  1066  und  1073  eine  versteckte  Anspielung  auf  den  Vortrag  der 
beiden  Lieder  durch  die   3  Reihen  des  Chors  erblicke. 

Gegenüber  diesen  anapästischen  Liedern  der  Orestie,  welche  sich 
alle  in  die  Dreizahl  fügen,  wird  nun  das  Fessellied  in  den  Eumeniden 
v.  306 — 20  durch  5  anapästische  Systeme  eingeleitet.  Der  Chorführer 
spricht  dieselben  nicht;  denn  dieser  sprach  die  vorausgehenden  Tri- 
meter,  auch  möchte  ich   den  Uebergang  vom   Singular  in   den   Plural 

8/nol  r()a(p€ig  ts  xal  xa&itytouh'og ; 
xal  yoUv  fi  e   datOEig  ovdt  nyog  ßcofMp  ocpaysis, 
vjuvov  (?'   äxovosi  rovde  dtcffiiov  atdsv. 
aye   di]  xal  %o()ov  a  ip  io  u  e  v 

nicht  so  leicht  für  bedeutungslos  halten.  Dem  ganzen  Chor  die  5 
Systeme  zu  geben,  stünde  an  und  für  sich  nichts  entgegen;  doch  macht 
die  Analogie  der  übrigen  anapästischen  Lieder  auch  hier  eine  Theilung 
wahrscheinlich.  Man  möchte  daher  am  liebsten  an  die  5  Querreihen 
des  15  Mann  starken  Chors  denken;  Bedenken  erregt  nur  der  Umstand, 
dass  andere  Stellen  auf  einen  Chor  von  12  Mann  hinführen  (siehe  An- 
merkung 10).  Vielleicht  ist  desshalb  die  Annahme  erlaubt,  dass  die  2 
ersten  und  die  2  letzten  ganz  kurzen  Systeme  zusammengenommen  und 
je  einer  Reihe  zugewiesen   wurden. 

Nichts  besonderes  vermag  ich  beizubringen  zu  dem  zweigliederigen 

O  O  CO 

Einleitungslied  in  den  Sieben  v.  822 — 31,  und  zu  dem  offenbar  ver- 
stümmelten und  desshalb  schwer  zu  beurtheilenden  Liede  in  den  Schutz- 
flehenden v.   966—79. 

Bezüglich  der  übrigen  Tragiker  kann  ich  mich  kürzer  fassen ,  da 
dieselben  bei  den  Einführungsanapästen  und  in  der  Exodos  sich  auf  ein 
System  zu  beschränken  pflegten ,  das  natürlich  dem  Koryphaios  oder 
dem  ganzen  Chor  zukam.  Nur  in  wenigen  Fällen  finden  wir  hier  grös- 
sere anapästische  Lieder,  deren  einzelne  Systeme  verschiedenen  Theilen 
des  Chors  zufielen.  Ein  besonders  einleuchtender  Fall  der  Art  findet 
sich  im  Rhesos,  der  überhaupt  in  seinen  lyrischen  Partien  vieles  Eigen- 
thümliche  hat,  was  nicht  zur  Manier  des  Euripides  stimmt  und  Berühr- 
ungen mit  der  älteren  Tragödie  zeigt.  Gleich  im  Eingang  dieses 
Stückes  steht  ein  anapästisches  Chorlied,  dessen  2   Systeme  ganz  offen- 


195 

bar  zwei  verschiedenen  Personen   des   Chors,   wahrscheinlich  den   Proto- 
staten  oder  Flügelmännern   und   dem   Koryphaios,  zuzuweisen   sind. 
XOP.     Bä&i  TTQog  svvag 

rag  'Exroyeovg  rig  vjiaömordiv 
äy^vnvog  ßaOt'/Jcng  rj  %ev%oipo()(ßv, 
dt  reTQauoiQov  vvxrog  cpvlaxi]v 
naar\g  oryaTiag  Tiyoxa&rjvrai. 
KOP.     oyftov  xtcpalrjv  nfiyvv  eyeLoag, 

kvoov  ßkt(pa(ju)v  yo(jyu)7iöv  tdyav, 
'keine  yatuevvag  (pvlkooryiuTovg 
de£cu  re  veujv  xkrftmra   iav&ujv, 
c/Exto(j-   xatyog  ya.Q  äxovoai.13} 
Ebenso  äussern  offenbar  zwei  Choreuten,  wahrscheinlich  die  Führer 
der  beiden  Halbchöre,  ihr  Erstaunen  über  die  Erscheinung  des  deus  ex 
machina  v.  882  —  9: 

XOPOY 
ö  a       Ti  tlot*   evrvylag  ex  Trjg  jLieyahrjg 
Tgoiaj'  avayei   nokiv  elg  nev&og 
daiuiov  äkkog,  %i  (pvjeviov ; 
o  p       ea   ea,  io  iu, 

rig  VTity  xecpakfjg  &eog,   tu  ßaoikev, 
tov  veod/LirjTOV  rexQov  ev  yeifjolv 
(poftafitjv  Tie'ftTrei ; 
rayßdi  kevaawy  zode  cpaofta. 
Entgegen  der  sonstigen  Uebung  schliesst  ferner  Euripides  die  Iphi- 
genia  auf  Tauri    mit  einem    aus  2  Systemen   bestehenden  anapästischen 
Chorlied,    dem  die  Interpolatoren    noch   das  gewöhnliche  Schlusssystem 
d  fxeya  oef.ivi]  Nlxr\  x.  r.  L    angehängt    haben.      Die  2    ächten   Systeme 
sind  unter  den  Koryphaios  und  den  Gesammtchor  zu  vertheilen: 


13)  Arnoldt,  Chorische  Technik  des  Euripides  S.  173  hat,  wie  ich  nachträglich  sehe,  das  erste 
System  in  2  Gruppen  getheilt  und  den  beiden  Parastaten  gesondert  zugewiesen.  Ich  halte 
aber  nach  wie  vor  an  meiner  Vertheilung  fest;  allerdings  hängt  dieselbe  von  der  Nauck'schen 
Umstellung  und  Verbesserung  des  Verses  Stl-ai  ts  viwv  xXr)66vu  fiv&iov  ab;  aber  ich  trete 
dieser  genialen  Conjectur  unbedingt  bei  und  halte  sie  noch  besonders  durch  das  nachfolgende 
x«i(}ds  yitQ  dxovata  begründet.  Auch  Dindorf  ist  Nauck  beigepflichtet  und  hat  dessen  Conjectur 
in  den  Text  aufgenommen. 


196 

KOP.     IV    ItC  6vtv/Jcx  rfjg  ow^o/utj^g 

uoiyag  svdaijLioveg  uvteq. 
XOP.     all*  (o  Ge^ri)  naya  r'    ä&avarotg 

xal  Tiaya  d-vrpr.dig  ITalldg  l4&a.va, 

dyaoousv  ovriog  wg  öi)  xekevsig' 

jLiaXa  yay  %zqjivi]V  xavtkniözov 

(p'urjv  dy.odtoi   dtöty^iai. 

Bei  zwei  anderen  aus  2  Systemen  bestehenden  anapästischen  Lie- 
dern des  Euripides,  Electr.  988—97  und  Suppl.  1114 — 22  ist  kein 
Grund  sie  unter  2  Personen  zu  vertheilen  und  nicht  ganz  dem  Kory- 
phaios,  für  den   sie  sich  trefflich  eignen,  in  den  Mund  zu  legen. 

Zu  besonderem  Nachdenken  gibt  das  grosse  anapästische  Chorlied 
in  der  Medea  v.  1081  — 1115  Anlass.  Dasselbe  erinnert  durch  Stellung 
und  Rhythmus  an  die  Parabase  der  Komödie  (s.  Myriantheus,  Marsch- 
lieder d.  griech.  Dramas  S.  115)  und  besteht  aus  4  Systemen ,  wie  so 
viele  Stasima  des  Sophokles  und  Euripides  aus  2  Strophenpaaren.  Die 
beiden  mittleren  Systeme  sind  gleich  gross ,  aber  die  beiden  äussern 
sind  wenn  auch  nur  um  einige  Metra  grösser  und  entsprechen  sich 
auch  unter  eiuander  nicht.  Man  hat  verschiedene  Versuche  gemacht 
eine  genaue  llesponsion  herzustellen,  worüber  man  Wecklein  im  kriti- 
schen Anhang  seiner  Ausgabe  S.  143  nachsehe;  aber  dieselben  sind  zu 
gewaltsam,  um  auf  Billigung  Anspruch  machen  zu  können.  Mir  macht 
angesichts  des  Baues  der  übrigen  anapästischen  Chorlieder  die  Ungleich- 
heit der  Systeme  keine  Skrupeln;  aber  die  Vierzahl  genirt  mich.  Denn 
diese  scheint  auf  den  Vortrag  durch  4  Reihen  oder  4  Vordermänner 
hinzuweisen;  vier  Vordermänner  lassen  sich  aber  nur  bei  einem  Chor  von 
3X4  =  12  Mann,  nicht  aber  bei  einem  von  15  Choreuten  denken. 
Daraus  möchte  man  schliessen,  dass  dem  Euripides  ,bei  der  Aufführung 
seiner  Medea,  welche  in  das  Jahr  431  fiel,  nur  ein  Chor  von  12  Mann 
zur  Verfügung  stand.  Das  aber  wird  allerdings  ein  bedenkliches  Kopf- 
schütteln erregen,  und  müsste  unbedingt  verworfen  werden,  wenn  Hense 
Recht  behielte,  der  in  seiner  Abhandlung,  de  lonis  fabulae  Euripideae 
partibus  choricis  p.  28  das  5.  Stasimon  der  Medea  v.  1251 — 92  unter 
15   Choreuten    vertheilt.      Aber  gerade  dieses  Stasimon    führt    eher    auf 


197 

einen  Chor  von  12  als  einen  von  15  Mann.  Das  1.  Strophenpaar 
v.  1251—60  =  1261—70  hat  Hense  selbst  auf  2  X  3  Choreuten  ver- 
theilt;  schon  das  lässt  uns  auch  in  dem  2.  die  gleiche  Zahl  vermuthen. 
In  der  That  ergibt  aber  auch  der  überlieferte  Text u)  ungezwungen 
6  Sprechende,  so  dass  wir,  wenn  wir  nicht  dieselben  Personen  wieder 
einführen  wollen,  auf  einen  Chor  von  2X6  oder  12  Choreuten  kommen. 
Ich  empfehle  diese,  wie  ich  wohl  einsehe,  gewagte  Vermuthung  dem 
prüfenden  Urtheil  der  Leser;  schliesst  man  sich  derselben  nicht  an,  so 
wird  man  wohl  an  eine  Aufstellung  des  Chors  in  4  Reihen  denken 
und  diesen  die  4  anapästischen   Systeme  zuweisen  müssen. 

In  den  anapästischen  Einzugsliedern,  in  die  sich  die  Orchestra  und 
die  Bühne  theilten,  führt  schon  der  Sinn  für  Symmetrie  dahin,  dem 
einen  Schauspieler  den  einen  Koryphaios  als  Vertreter  des  Chors 
ires:enüberzustellen.  Eine  Ausnahme  von  der  Ree:el  machen  die  Troades; 
hier  kommen  auf  das  Rufen  der  jammernden  Hekabe  die  gefangenen 
Troerinnen  erst  nach  und  nach  aus  dem  Zelte  heraus  und  rufen  die 
einen  den  andern  zu.  Hier  also  kann  von  einer  stellvertretenden  Rolle 
des  Koryphaios  keine  Rede  sein ,  und  haben  auch  bereits  die  alten 
Scholien  eine  Theilung  des  Chors  in  Halbchöre  angenommen.  Aber 
mehrstimmige  Halbchöre  lassen  sich  nur  in  dem  zweiten  Theile  der 
Parodos  v.  197  —  213  =  214  —  29  verwenden;  aus  dem  ersten  Theile 
v.  153 — 175  =  176  — 196  wird  jeder  bei  einiger  Aufmerksamkeit  die 
Stimmen  einzelner  Choreuten ,  nicht  die  Rufe  grösserer  Massen  heraus- 
hören, so  dass  wir  jedenfalls  neben  Halbchören  noch  Führer  von  Halb- 
chören einführen  müssen.  Vielleicht  aber  wollte  der  Dichter  in  der 
Theilung  des  Chors  noch  weiter  gegangen  sehen;  in  dem  ersten  Strophen- 
paar wenigstens  ergeben  sich  sehr  einfach,  wie  Hense,  de  Ionis  part. 
chor.  p.  33  richtig  gesehen  hat,  sechs  Choreuten,  durch  deren  Ein- 
führung ein  ungleich  grösseres  dramatisches  Leben  erzielt  wird.  Auch 
in  dem  zweiten  Theil  Hessen  sich  je  4  Absätze  in  Strophe  und  Anti- 
strophe    (197  —  200=214—17,    201  —  2  =  118—9,    203—6  =  220—3, 


14 j  Nach  der  Ueberlieferung  hat  die  Antistrophe  zwischen  dem  2.  und  3.  dochmischen  Dimeter  2 
jambische  Trimeter,  welche  in  der  Strophe  fehlen.  Da  die  in  die  Strophen  eingelegten  Tri- 
meter  nicht  immer  zu  den  respondirenden  Theilen  gehören,  so  ist  es  gerade  nicht  absolut  noth- 
wendig  in  der  Strophe  eine  Lücke  anzunehmen;  aber  auch  wenn  in  derselben  2  Trimeter  aus- 
gefallen sind,  so  brauchten  doch  dieselben  keineswegs  dem  Chore  zu  gehören. 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  26 


198 

207 — 13  ==  224  —  29)  annehmen15)  und  unter  die  8  folgenden  Choreuten 
vertheilen ,  so  dass  dann  dem '15.  Choreuten  das  ausser  Responsion 
stehende  Schlusssystem  zukäme.  Aber  diese  Theilung  träfe  doch  nicht 
in  Strophe  und  Antistrophe  gleichmässig  mit  der  Interpunktion  zusam- 
men und  würde  überdiess,  freilich  in  Folge  der  Neuerung,  welche  Euri- 
pides  in  dem  Bau  der  Anapäste  überhaupt  vorgenommen  hat ,  nicht 
äusserlich  durch  katalektische  Schlussverse  unterstützt  werden.  Da 
ausserdem  das  mit  xal  ^ir\v  beginnende  Schlusssystem  v.  230 — 4  sich 
besser  von  der  vorausgehenden  Partie  abhebt,  wenn  dieselbe  nicht  auch 
von  Einzelnen,  sondern  von  ganzen  Halbchören  gesungen  wird,  so  bleibe 
ich  lieber  bei  der  einfacheren  Annahme  und  lasse  in  dieser  Parodos 
nur  die  2  Führer  der  Halbchöre,  die  Halbchöre  selbst  und  schliesslich 
den  Koryphaios  zu   Wort  kommen. 

Strophe,  Antistrophe  und  Epode. 

Die  Gliederung  der  Chorlieder  des  Dramas  in  Strophe,  Antistrophe 
und  Epode  stammt  bekanntlich  aus  der  lyrischen  Poesie  der  Dorer. 
Hat  somit  das  Drama  aus  einer  früher  ausgebildeten  Dichtungsart  ein 
wichtiges  Element  herübergenommen ,  so  hat  es  dasselbe  doch  nach 
mehreren  Seiten  hin  umgestaltet  und  seinen  Bedürfnissen  anbequemt. 
Einmal  folgt  im  Drama  nicht  in  allen  Chorliedern  auf  Strophe  und 
Antistrophe  eine  Epode,  vielmehr  sind  die  Chorlieder  ohne  abschlies- 
sende Epode  weitaus  die  zahlreichsten  und  gibt  es  mehrere  Tragödien, 
um  voü  der  Komödie  ganz  zu  schweigen,  welche  gar  keine  Epode  auf- 
weisen, wie  des  Aeschylus  Schutzflehende,  Eumeniden  und  Sieben  gegen 
Theben,  des  Sophokles  König  Oedipus,  des  Euripides  Alkestis  u.  a. 
Zweitens  folgt  in  dem  Drama  nicht  auf  jedes  Strophenpaar  eine  Epode, 
sondern  gehen  in  den  ineisten  Fällen  der  Epode  mehrere  Strophen- 
paare voraus;  nur  in  der  Parodos  dreier  Stücke,  des  Agamemnon,  der 
Phönissen    und    der  Iphigenia  in  Aulis 16)    wird    das    erste  Strophenpaar 


15)  Acht  Absätze,  unter  8  Choreuten  nur  etwas  verschieden  vertheilt  nimmt  Hense  a.  a.  0. 
wirklich  an. 

IG)  Ich  weiss  wohl,  dass  in  der  Iphigenia  die  Aechtheit  der  auf  die  Epode  folgenden  Strophen  an- 
gezweifelt wurde;  aber  mit  der  Epode  kann  die  Parodos  nicht  geschlossen  haben,  da  dieselbe 
sonst  jedes  Abschlusses  entbehrt  und  mitten  in  der  Erzählung  abgebrochen  hätte.  Auf  die 
Epode  also  rauss,  wenn  auch  die  überlieferten  trochäischen  Strophenpaare  nicht  von  Euripides 
sind,  noch  eine  andere  lyrische  Partie  gefolgt  sein. 


199 

mit  einer  Epode  abgeschlossen  und  beginnt  dann  eine  neue  Serie  von 
Strophen  und  Antistrophen.  Drittens  pflegen  bei  den  Dramatikern  mit 
ganz  wenigen  Ausnahmen  die  aus  mehr  als  3  Strophen  bestehenden 
'Chorgesänge  so  componirt  zu  sein,  dass  je  2  Strophen  ein  Paar  bilden 
und  dann  weitere  Strophenpaare  von  abweichender  rhythmischen  Form 
folgen ,  während  bei  Pindar  die  der  Epode  entbehrenden  Epinikien  aus 
lauter  gleichen  Strophen  bestehen,  deren  Gesammtzahl  nicht  einmal 
regelmässig  die  Theilung  mit  2  zulässt. 

Diese  drei  Abweichungen  hingen  alle  mit  der  grösseren  Beweglich- 
keit und  dem  regeren  Leben  zusammen,  welche  die  dramatische  Poesie 
vor  der  dorischen  Lyrik  auszeichnen.  Das  Bedürfniss  des  Dramas 
führte  von  selbst  dazu  dem  Wechsel  der  Stimmung  in  dem  Wechsel  der 
rhythmischen  und  melodischen  Formen  Rechnung  zu  tragen.  Das  er- 
kennt man  weniger  an  den  langen ,  von  Aristophanes  in  den  Fröschen 
mit  Recht  verspotteten  Chorgesängen  des  Aeschylus ,  in  denen  4  bis  8 
Strophenpaare  wie  an  einer  Schnur  aneinandergereiht  sind,  als  an  den 
kleineren ,  aus  2  Strophenpaaren  bestehenden  Gesängen  des  Sophokles 
und  Euripides ,  die  durchweg  so  componirt  sind ,  dass  die  Rhythmen 
des  zweiten  Paares  durch  ihre  grössere  Unruhe  auf  die  weitere  Ent- 
wicklung der  Handlung  hinüberleiten.  Zugleich  scheint  aber  auch,  der 
häufigere  Gebrauch  der  Antistrophe  und  der  seltenere  der  Epode  darauf 
hinzuweisen ,  dass  in  dem  Drama  die  Halbchöre  eine  gewichtvollere 
Stellung  einnahmen.  Das  führt  uns  auf  die  Frage  von  der  Bedeutung 
der  Antistrophen  und  Epoden  überhaupt,  die  allem  Anscheine  nach 
nicht  zu  allen  Zeiten  und  in  allen  Fällen  die  gleiche  war. 

Die  ursprüngliche  Bedeutung  der  triadischen  Composition  war  wohl 
diejenige,  welche  uns  der  lateinische  Grammatiker  Atilius  p.  295  K. 
(vgl.  Metrik  §  630)  mit  folgenden  Worten  schildert:  olim  carmina  in 
deos  scripta  ex  his  tribus  constabant:  circumire  aram  a  dextra  strophen 
vocabant,  redire  a  sinistra  antistrophen,  post  cum  in  conspectu  dei  con- 
sistentes  canticis  reliqua  peragebant,  epodon.  Dabei  fand  also  keine 
Theilung  in  Halbchöre  statt ,  sondern  sang  der  ganze  Chor  Strophe, 
Antistrophe  und  Epode,  indem  er  sich  bei  der  ersten  von  rechts  nach 
links  bewegte,  bei  der  zweiten  von  der  linken  Seite  zur  rechten  zu- 
rückkehrte,  bei  der  dritten  vor  dem  Altare  stehen   blieb.    Bis  in  welche 

26* 


200 

Zeit  sich  jene  Einrichtung  erhielt,  darüber  ermangeln  wir  jedes  Zeug- 
nisses, vielleicht  aber  darf  man  schon  aus  dem  colimJ  des  Grammatikers 
abnehmen,  dass  dieselbe  später  in  Abnahme  und  ausser  Brauch  kam. 
Am  festesten  wird  sie  sich  jedenfalls  in  den  sogenannten  Prosodien  er- 
halten haben,  aber  auch  in  dem  Drama  und  namentlich  in  der  Parodos 
der  Tragödie  mochten  sich  Reste  jener  orchestischen  Bedeutung  der 
Dreigliederung  des  Chorgesangs  finden.  Vgl.  Myriantheus,  Die  Marsch- 
lieder des  griech.  Dramas  S.  49,   von  der  Parodos  des  rasenden  Herakles. 

Eine  zweite  Bedeutung  der  triadischen  Composition  möchte  ich  im 
Gegensatz  zur  ersteren ,  der  orchestischen ,  die  melodische  nennen ;  sie 
bestand  darin ,  dass  das  gleiche  Melos  und  die  gleichen  Rhythmen  in 
Strophe  und  Antistrophe  wiederkehrten ,  und  erst  in  der  Epode  einen 
differenzirten  Abschluss  erhielten;  natürlich  werden  es  gute  Dichter 
nicht  versäumt  haben  diesem  Verhältniss  auch  in  dem  Inhalt,  in  dem 
Gedankengang  einen  adäquaten  Ausdruck  zu  geben,  und  hatten  nament- 
lich die  dramatischen  Dichter  dazu  reichlichen  Stoff  und  vielfachen  An- 
lass.  Diese  melodische  Bedeutung  hat  selbstverständlich  zu  allen  Zeiten 
und  in  allen  Dichtgattungen  eine  Rolle  gespielt;  einen  Unterschied 
machte  es  nur,  ob  sie  das  einzige  Motiv  der  Dreigliederung  bildete  oder 
neben  anderen  Motiven  herging.  Im  Drama  waren  es  wohl  nur  die 
Monodien ,  bei  denen  ausschliesslich  melodische  Rücksichten  den  Aus- 
schlag für  die  antistrophische  oder  epodische  Composition  abgaben,  wie 
in  dem  Sologesang  der  Elektra  in  Soph.  El.  86 — 102  =  103  —  120, 
oder  des  Ion  in  Eur.  Ion  112 — 183;  und  selbst  hier  ist  eine  begleitende, 
die  antistrophische  Anlage  deutlicher  hervorhebende  Bewegung  nicht 
ausgeschlossen. 

Drittens  konnte  aber  auch  der  antistrophische  und  der  drei- 
gliederige  Bau  der  Chorlieder  in  Zusammenhang  stehen  mit  der  Theilung 
des  Chors.  Dass  dieses  in  der  Tragödie  und  Komödie  wenn  nicht 
durchgängig,  so  doch  häufig  der  Fall  war,  unterliegt  keinem  Zweifel; 
ob  das  Gleiche  auch  schon  für  Pindar  anzunehmen  sei,  ist  eine  schwer 
zu  entscheidende  Sache;  wir  halten  uns  hier  ausschliesslich  an  die 
Dramatiker.  Bei  diesen  also  wurden  zunächst  Strophe  und  Antistrophe 
häufig  so  vorgetragen,  dass  sich  die  beiden  Halbchöre  oder  die  Führer 
(fiyejuovsg)  derselben   in  den  Vortrag  theilten.      Das  war  Regel,   wie  wir 


201 

bereits  oben  S.  169  sahen,  in  der  Parabase;  das  war  aber  sonder 
Zweifel  auch  häufig  in  den  anderen  Chorgesängen  der  Komödie  und 
nicht  minder  häufig  in  der  Tragödie  der  Falf  Dabei  war  das  Aus- 
eiuandertreten  des  Chors  in  Halbchöre  leicht  und  einfach  in  der  Komö- 
die und  der  älteren  Tragödie,  indem  von  den  4  Reihen  je  2,  von  den 
6  je  3  zu  einem  Halbchor  zusammentraten  und  die  inneren  Flügel- 
männer die  Rollen  der  Führer  übernahmen: 


o     © 


o    o 


0    © 


Etwas  complicirter  ward  das  Verhältniss  in  der  Tragödie,  nachdem 
der  Chor  von  12  auf  15  Sänger  erhöht  worden  war.  Wahrscheinlich 
übernahmen  hier,  wie  Muff  und  Hense  des  Näheren  ausgeführt  haben, 
die  Seitenmänner  (na^aoraraL)  des  Koryphaios  die  Führung  der  Halb- 
chöre und  blieb  der  Koryphaios  selbst  beim  Gesang  der  Strophe  und 
Antistrophe  unbetheiligt,  um  desto  mehr  beim  Verkehr  der  Orchestra 
mit  der  Bühne  in  Anspruch  genommen  zu  werden.  Daraus  ergaben 
sich  3  Möglichkeiten  der  Aufstellung  des  Chors  beim  Vortrag  von 
Strophe  und  Antistrophe: 


<E>  *   © 


0*0. 


o       o 


Von  diesen  3  Aufstellungen  kam  gewiss  die  erste  am  gewöhnlich- 
sten vor;  sie  diente  als  Vorbild  der  oben  S.  180  von  uns  berührten 
Aufstellung  des  komischen  Chors  in  Aristophanes  Wespen  und  ist  deut- 
lich von  Euripides    in   der  Iphigehia    auf  Tauri    v.   1068  ff.    angedeutet, 


202 


wo  Iphigenia  die  beiden  Parastaten  an  der  Rechten  fasst  und  die  Chor- 
führerin bei  der  Wange  und  den  Knien  beschwört. 

Sehr  schwierig  abe*r  ist  es  zu  bestimmen,  wie  weit  sich  die  Theil- 
ung  des  Chors  in  Halbchöre  bei  dem  Vortrag  von  Strophe  und  Anti- 
strophe  ausgedehnt  habe.  Neuerdings  hat  besonders  Muff,  indem  er 
in  die  Fusstapfen  Hermann's  trat,  Halbchöre  überall  da  angenommen, 
wo  Strophe  und  Antistrophe  einen  gewissen  Parallelismus  im  Inhalt  und 
im  sprachlichen  Ausdruck  zeigen,  hingegen  eine  Theilung  da  abgewiesen, 
wo  sich  der  Gedanke  in  stetiger  Folge  ohne  Rück-  und  Umkehr  ent- 
wickelt. Und  allerdings  wird  man  am  ehesten  auf  Halbchöre  oder  Ver- 
treter von  Halbchören  geführt,  wo  Strophe  und  Antistrophe  denselben 
Gedanken  ausführen  und  gleiche  Ausdrücke  an  den  gleichen  Stellen  in 
Strophe  und  Antistrophe  wiederkehren.  So  liegt  die  Theilung  des 
Chors  in  Halbchöre  offen  zu  Tage  an  Stellen  wie  Aesch.  Pers.  658  —  64 
=  665—71: 


€/.#'     SJt'     aXQOV    XUOV/LlßoV    0%&OV, 

x^oxoßanxov  TTodbg  evjlmxüiv  äeigcav, 

ßaai'uiov  Tiayag 

(pakaQov  mcpavoxcov. 

ßaoxs,  ttuteo  äxaxs  da^siav,  ol. 


dsönora   deGTiOT&v,   (pavrj&i, 

JZrvyia  yay  rig  in1  a/Jkvg  nsjiOTarai 

vsolaia  yc\(j  jjdi] 

y.aia  yag  oIüjXev. 

ßaoxs,   tlclteü  äxaxs  Ja^Eiav,  61. 


oder  Soph.   Oed.   Col.    1211  —  23=1224—38 


oöTig  tov  Tileovog  fieyovg 

%Qt]Qei,    TOV    JLLETQIOV    Tiaysig, 

Qcoeiv,  Gzaioövvav  cpvlaa- 
öcov  ev  ejLtol  xaTafi?]kog  eGtai. 
ensl  Tiolla  taiv  cd  jLiaxyal 
ä/Liegcu  xmte&evto  dq 
Xvnag  syyvrsQco,  ra  teq- 
novxa  (T   ovx  av  Xdoig  onov, 
orav  ng  ig  tiXeov  tieotj 
tov  dsovTog'    b    d1  inlxovoog 

iGOT.eltGTOg 

"Aidog  ote  uoTq7   äwiiEvaiog 


/Litj  (pvvai  tov  cmavTa  vi- 
xa  Xoyov  to  J1'   stiel  (pctvfj, 
ßf\vai  xeZ&ev,  o&ev  jieo  r\- 
xel,  noXv  Öevte^ov  wg  T.a%iGTa. 
cog  evt'   av  to  veov  naofj 
xovcpag  acpooovvag  (pigov, 
tig  Jikayx&t]  noXvjnoy&og  s§- 
co,   Tig  ov  xajuaTü)v  svt ; 
(p&ovog  OTCtOEig  tyig  fiayai 

Xal    CpOVOl'    TO    TB    XCCTaUSlMTOV 

Enikskoy%E 

nv/uciTov  äxyccTsg  dn^ooouiXov 


203 


ahvyog  äyogog  ävaTif-cprjj's, 
ßavaxog   eg  xt'kevxav. 


yfjyag  äcpilov,  %va  nqonavxa 
xaxä  xaxüSv  ^vvoixsl. 


oder  Euripides  Electra   1147  —  54  =  1155 — 62 


äuoißal  xaxdjy  ■    • 

jusxaxfJOTioi    nvsovaiv    av^ai   douiov. 

xoxs  jiitr  8V  kovxyoig 

STieoev  euog  s/Ltog  ayyjxag. 

laxyjpe  dt;  oxtyai  laivoi 

xe  ßyiyxol  düfxcov,  xad'  h'enovxEg '  w 

aytxha,  xi  jtte,  yvvai,  (poveveig  (pilav 

nazQida,   dextxioiv 

OTToyaloiv  eI&ovx'   e/uav. 


7iall()()ovg  (Tfi  xavd' 

VJiaytTai   dixa   diad^o^ov  Xeyovg, 

usltog  a  tioölv 

yqoviov  Lxojueyov  eig  oixovg 

Kvxlumua  x'   ovyavia  xsLys1   ü§- 

v&rjxxtp  ßelei  xaxJxav''   avxoyeiQ, 

nelexvv  iv  yjqoiv  kaßovaa.  xlajuioy 

nooig,  o  xi  tiots  rar 

xakaivav  h'aysy  xaxov. 


Aber  so  sehr  in  Chorliedern  dieser  Art  der  Inhalt  die  Theilung 
des  Chors  in  Halbchöre  nahe  legt,  so  sehr  vermissen  wir  in  andern 
gleich  sprechende  Anzeichen  für  die  Theilung  des  Chors,  indem  z.  B. 
in  dem  1.  und  2.  Stasimon  derselben  Elektra  v.  432  ff.  und  699  ff. 
die  Schilderung  der  Waffen  des  Achilles  und  die  Erzählung  von  der 
Wundererscheinung  des  goldenen  Lammes  in  gerader  Linie  ohne  markirte 
Einschnitte  durch  die  2  Strophenpaare  fortschreitet.  Bedenklicher  aber 
noch  ist  es,  dass  in  vielen  Chorliedern  aus  der  Gedankenentwicklung 
weder  für  die  Annahme  von  Halbchören  noch  gegen  dieselbe  irgend 
entscheidende  Gründe  geltend  gemacht  werden  können,  so  dass  selbst 
diejenigen  Gelehrten ,  welche  sich  speciell  mit  diesen  Untersuchungen 
abgeben,  in  ihrem  Urtheile  schwanken  und  sich  gegenseitig  wider- 
sprechen. Nun  sollte  man  aber  doch  meinen,  dass  wenn  es  wirklich 
von  der  Art  der  Gedankenentwicklung  abhing,  ob  Strophe  und  Anti- 
strophe  von  dem  Gesammtchor  oder  von  Halbchören  vorgetragen 
werden  sollten,  die  Dichter  sich  bemüht  hätten  den  unterscheidenden 
Charakter  bestimmt  und  deutlich  auszuprägen.  Es  hat  daher  für  mich 
die  grössere  Wahrscheinlichkeit,  dass  der  Vortrag  von  Strophe  und 
Antistrophe  durch  Halbchöre  oder  deren  Vertreter  im  attischen  Drama 
die  stehende  Regel  bildete,  und  dass  nur  die  Dichter  jenes  äussere  Ver- 
hältniss  bald  mehr  und  bald  minder  für  die  Formation  des  Gedankens 
verwertheten.    Ich  sehe  auch  nicht,  dass  dieser  meiner  Annahme  irgend 


204 

erhebliche  Bedenken  im  Wege  stünden.  Zwar  ist  manchmal  der  Ge- 
danke aus  der  Strophe  in  die  Antistrophe  hinübergezogen  (Aesch.  Prom. 
420,  Suppl.  1020,  Pers.  120.  871.  888,  Eur.  Hippol.  130)  und  hängt 
auch  grammatisch  die  Antistrophe  mit  der  Strophe  zusammen,  indem 
dieselbe  mit  einem  Relativum  (Aesch.  Suppl.  63,  Eur.  Bacch.  88.  997, 
Heracl.  362),  oder  einem  Participialsatz  (Aesch.  Agam.  176,  Sept.  750, 
Suppl.  531,  Eur.  Phoen.  214?,  Suppl.  48)  oder  einer  Apposition  (Aesch. 
Suppl.  582)  beginnt.  Aber  diese  Fälle  engeren  Anschlusses  sind  doch 
nur  verschwindende  Ausnahmen  von  der  Regel ,  und  überdiess  ist  nir- 
gends die  Antistrophe  mit  der  Strophe  so  verkettet,  dass  sie  nicht  pas- 
send von  einer  anderen  Gruppe  von  Sängern  vorgetragen  werden  könnte. 
Denn  auf  die  oben  angegebene  Weise  hängt  auch  die  Epode  mit  der 
Antistrophe  in  Eur.  Heracl.  647  und  Hec.  943,  und  selbst  das  Epir- 
rhema  mit  der  Strophe  in  Aristophanes  Frieden  1172  zusammen,  ohne 
dass  desshalb  Westphal,  Prolegomena  zu  Aeschylus  S.  45,  Beifall  ge- 
funden hätte,  der  eben  daraus  einen  Schluss  auf  den  Vortrag  der 
Strophe  und  des  Epirrhema  durch  die  gleichen  Personen  zu  ziehen 
wagte. 17) 

Weit  schwieriger  und  verwickelter  stellt  sich  die  Frage  über  den 
Vortrag  der  Epoden.  G.  Hermann  hatte  darüber  in  den  Elem.  doctr. 
metr.  p.  727  f.  den  allgemeinen  Satz  aufgestellt,  dass  die  Epode  theils 
von  dem  ganzen  Chor,  theils  von  einem  Theile  desselben  gesungen 
worden  sei ;  in  neuerer  Zeit  hat  man  mit  einer  gewissen  Vorliebe  den 
Koryphaios  herangezogen.  Aber  es  lassen  sich  noch  mehr  Möglich- 
keiten denken,    und  es    müssen   vor  allem  in  dieser  Frage    die  Stasima 


17)  Zu  meiner  Freude  sehe  ich,  dass  Hense  in  einem  so  ehen  im  Rhein.  Museum  N.  P.  XXXII 
erschienenen  Aufsatz ,  üher  die  Vortragsweise  Sophokleischer  Stasima ,  die  gleiche  Ansicht 
wenigstens  bezüglich  der  Sophokleischen  Stasima  vertritt.  In  scharfsinniger  Weise  hat  dabei 
Hense  auch  auf  den  Unterschied  der  Pindarischen  Oden  hingewiesen,  in  denen  häufig  ein  Ge- 
danke der  Strophe  derartig  in  die  Antistrophe  hinüberragt,  dass  sie  ohne  die  Ergänzung  der 
Antistrophe  nicht  verstanden  würde.  Geradezu  die  entgegengesetzte  Meinung  hat  neuerdings 
bezüglich  der  Stasima  Arnoldt,  Chorische  Technik  des  Euripides  S.  212  aufgestellt;  doch  be- 
merkt derselbe  selbst  S.  189:  'Freilich  bliebe  noch  anzunehmen  übrig,  der  Dichter  habe  ein- 
fach ein  für  allemal  angeordnet,  dass  bei  der  Inscenirung  die  antistrophisch  gesetzten  Chor- 
gesänge den  Hälften  des  Chors  zu  überweisen  seien.  Dass  aber  diese  Annahme  eine  verzweifelte 
ist,  wer  wollte  es  leugnen.'     Ich  denke,  diesen  Schritt  der  Verzweiflung  dürfen  wir  wagen. 


205 

und  die  Parodoi  unterschieden  werden.  Denn  bei  dem  Einzug  hatte 
der  Chor  eine  andere  Aufstellung,  und  diese  rausste  namentlich  in  dem 
Fall,  dass  der  Chor  xara  aroi/wovg  in  3  Reihen  einzog,  von  Einfluss  auf 
die  Art  des  Vortrags  sein.  Der  Einzug  in  3  Reihen  scheint  aber  überall 
da  angenommen  werden  zu  müssen,  wo  das  bei  dem  Einzug  gesungene 
Chorlied  aus  Strophe  Antistrophe  und  Epode  besteht,  wie  namentlich 
in  Aeschylus  Agamemnon,  Euripides  Phoenissen  und  Iphigenia  in  Aulis, 
in  welchen  drei  Stücken  auf  die  Epode  noch  eine  Serie  von  Strophen- 
paaren folgt,  sodann  in  Sophokles  Aias,  Euripides  Rasender  Herakles 
und  Kyklope,  in  denen  die  Parodos  nur  eine  Strophe  Antistrophe  und 
Epode  umfasst,  und  vielleicht  auch  in  Sophokles  Trachinierinnen  und 
Euripides^  Bacchen,  in  denen  der  Epode  mehrere  Strophenpaare  voraus- 
gehen. Denn  wie  in  den  Fröschen  v.  397 — 414  die  3  Strophen  des 
lacchosliedes  von  den  3  Abtheilungen  des  Chores  vorgetragen  wurden 
(s.  Arnoldt,  Chorpartien  bei  Aristophanes  S.  147  ff.),  so  eignete  sich 
ein  aus  Strophe  Antistrophe  und  Epode  bestehendes  Einzugslied  am 
besten  zum  Vortrag  für  die  3  Reihen  des  Chors.  Freilich  besteht  das 
Iacchoslied  aus  3  gleichen  Strophen  und  könnte  man  desshalb  er- 
warten, dass  auch  das  Einzugslied,  wenn  sich  in  seinen  Vortrag  die 
3  Reihen  theilten,  aus  3  gleichen  Strophen  bestehe.  Aber  auch  eine 
Zusammensetzung  aus  2  gleichen  und  1  ungleichen  Strophe  hatte  ihre 
gute  Berechtigung,  wenn  man  sich  Strophe  und  Antistrophe  von  dem 
I.  und  3.  Stoichos  ,  die  Epode  hingegen  von  der  mittleren  Reihe  vor- 
getragen denkt.  Dazu  kommt  auf  der  anderen  Seite,  dass  wie  in  dem 
Iacchoslied  jede  der  3  Strophen  mit  dem  gleichen  Refrain  schliesst,  so 
auch  in  Aeschylus  Agamemnon  auf  Strophe  Antistrophe  und  Epode  der 
Parodos  der  Refrain  ailivov  ailivov  eins  xo  <T  ev  vi'/.axw  folgt.  Ich 
schlage  aber  dieses  Verhältniss  um  so  höher  an,  als  an  zwei  anderen 
Stellen,  in  Euripides  Bacchen  v.  877  ff.  und  992  ff.  der  Refrain  nur 
auf  Strophe  und  Antistrophe,  nicht  auch  auf  die   Epode  folgt. 

Anders    muss    die  Epode    in    den   Stasimis  18J    und    denjenigen  Ein- 


18)  Indess   ist    doch    auch   bei   den    Stasimis   mit   schliessender    Epode   die  Möglichkeit  nicht  aus- 
geschlossen, dass  dabei  der  Cbor  mit  der  schmäleren  Seite  der  Bühne  zugekehrt  war  und  sich 
dann  die  3  Eeiben    oder   ihre    Führer    in    den  Vortrag    von    Strophe,    Antistrophe  und   Epode 
theilten. 
Abh.  d.i.  CI.d.k.Ak.d.  Wiss.XIV.Bd.il.  Abth.  •     27 


206 

zugsliedern,  bei  denen  der  Chor  zara  'Qvya  geordnet  war  oder  bereits 
seinen  Einzug  gehalten  hatte,  vorgetragen  worden  sein.  Hier  bieten 
sich  von  vornherein  3  Vortragsweisen,  entweder  durch  den  Gesammt- 
chor  oder  durch  den  Koryphaios  oder  durch  die  Vordermänner.  So- 
dann herrschte  entweder  in  allen  Stücken  die  gleiche  Regel,  oder  es 
wurde  von  dem  Dichter  in  den  einzelnen  Stücken  je  nach  Verschieden- 
heit des  Inhaltes  eine  verschiedene  Anordnung  getroffen.  Der  letzteren 
Annahme  sind  wir  ohnehin  nicht  zugethan ,  da  sie  der  sonstigen  Vor- 
liebe der  Hellenen  für  feste  typische  Kunstformen  widerstrebt,  und 
würden  wir  nur  dann  beitreten  können,  wenn  sich  ein  durchschlagender, 
leicht  erkennbarer  Unterschied  zwischen  Epoden  zeigte,  welche  für  den  Ge- 
sammtchor,  und  solchen,  die  für  den  einzelnen  Chorführer  bestimmt  waren. 
Nun  zeigt  sich  aber  mit  nichten  ein  scharf  ausgeprägter  charakteristischer 
Unterschied  und  findet  sich  nicht  leicht  anderswo  eine  grössere  Un- 
sicherheit der  Ausleger  als  in  diesem  Punkte.  Gar  nicht  aber  kann 
daran  gedacht  werden ,  dass  alle  Epoden  von  dem  Koryphaios  vor- 
getragen worden  seien;  dem  stehen  mit  Entschiedenheit  jene  Stellen 
entgegen ,  in  denen  auf  die  Epode  ein  anapästisches  System ,  wie 
in  Euripides  Hippol.  170,  Suppl.  980,  Troad.  568,  Ale.  136,  Iph.  Aul. 
590,  oder  jambische  Trimeter,  wie  in  Eur.  Herc.  für.  138  folgen,  durch 
welche  das  nachfolgende  Epeisodion  eingeleitet  und  die  Ankunft  neu  ein- 
tretender Personen  gemeldet  wird.  Denn  da  jene  Anapästen  und  Trimeter 
zweifelsohne  von  dem  Koryphaios  gesprochen  wurden, 19)  der  Wechsel 
des  Metrums  aber  mit  einem  Wechsel  der  Person  verbunden  war,  so 
muss  die  Epode  von  einem  anderen  als  dem  Chorführer,  also  entweder 
vom  Gesammtchor  oder  von  den  Vordermännern  vorgetragen  worden  sein. 
Zum  Vortrag  durch  den  ganzen  Chor  scheinen  sich  allerdings 
einige  Epoden  nicht  übel  zu  eignen,  wie  in  den  Persern  672  ff.,  wo  der 
Chor,  nachdem  er  zweimal  den  Dareios  beschworen,  in  die  laute  Klage 
ausbricht 


19)  Diese  Aufgabe  übernimmt  der  Koryphaios  auch  häufig  nach  einer  Antistrophe,  wie  in  Aesch 
Pers.  140,  Agam.  782,  Soph.  Ant.  155,  376,  626,  801,  Eur.  Ale.  238,  Androm.  494,  El.  1233, 
Herc.  für.  442,  Suppl.  794,  Iph.  Taur.  456,  Orest.  349,  ßhes.  380,  Troad.  230,  1118  —  Aesch. 
Agam.  258,  Sept.  369,  Soph.  Oed.  Col.  1096,  Eur.  Ale.  1006,  El.  213,  747,  Orest.  Z08, 
Bacch.   1200. 


207 

alal  alal 

w  TiokvxkavTS  &av<hv  dvvaöja  x.  r.  I. 

oder  in  den  Bacchen  902  ff.,  wo  der  Chor  nach  einer  mehr  persönlichen 
Anpreisung  des  frommen  gläubigen  Sinnes  zu  einer  allgemeinen  Verherr- 
lichung der  von  der  Gottheit  begnadigten  Menschen  übergeht.  Aber  an 
den  meisten  Stellen  lässt  sich  keinerlei  Bezug  auf  die  Gesainmtheit 
herausdeuten,  an  vielen  schreitet  die  Gedankenentwicklung  auch  in  der 
Epode  ununterbrochen  fort,  wie  in  Aesch.  Pers.  897,  Soph.  Trach.  517, 
Eur.  El.  476,  an  einigen  spricht  geradezu  der  Ton  des  Liedes  und  ins- 
besondere die  Anrede  an  die  Hauptperson  der  Bühne  für  Vortrag  durch 
wenige  Personen,  wie  dieses  schon  Hermann  a.  0.  von  Aesch.  Agam. 
475  ff.  angemerkt  hat  und  mit  gleichem  Recht  von  Soph.  Trach.  132  ff., 
Arist.   Vesp.    1535   ff.   u.  a.  aufgestellt  werden  kann. 

Dagegen  wüsste  ich  nichts,  was  gegen  die  Annahme,  dass  die 
Epode  in  der  Regel  von  den  Vordermännern,  oder  dem  Koryphaios  und 
den  beiden  Parastaten  vorgetragen  worden  sei,  mit  Erfolg  eingewendet 
werden  könnte.  Für  diese  Meinung  aber  lässt  sich  geltend  machen, 
dass  nachweisbar  einige  Mal  jene  3  Vordermänner  einzeln  den  Vortrag 
der  Epode  übernahmen,   nämlich  in  Soph.  Trach.  863 — 7ß: 

ß'     tiotbqov  eya)  /uaraiog  fj  xkvco  rivbg 

oYxrov  <5V  oixwv  äyricog  oqucojusvov. 
a      %l  (prjju-i; 

rj%eZ  ng  ovx  äorjjLiov,  älla  dvorv%fj 

xutxvrov  uooy  xai  n  xan'iQei  areyrj. 
y      $vveg  dt 

rrjvd'   u)g  är)drjg  xai  ovvaxpyviouevr] 

%u)Qei  TTybg  fifxäg  yyala  orjuavovoa  n. 

Eur.  Herc.  für.  815—21: 

p       ea  ea 

ay  elg  %bv  amov  nirvlov  rjxojuev  tpoßov, 
ytyovteg,  olov  cpaöiV  vnty  do^itov  oqia); 

a     <pvyfj  <pvyfi 

vat&tg  nsdaiQE  xwkov,  sxnodwv  e'Xa. 

27* 


208 

y       ujva§  naiav, 

anoTQOTiüs  ytvoiö  uot   nrjuaTtoy. 

Eur.   Hippol.    114:-]  — 52: 

a       tyd)  dt  au   dvoTv/ia   oaxgvot   dioiauo 

notuov  anoTuov  u)  xahxiva 

fiäxepy   trtxtg  dvova.Ta  •   (/tu, 

uai'iüj   iholair. 
y       ho  liu  (n'Cuytat   Xayirsg, 

tl  top   zoLkav*  ix  wuTQias  y&S 

jov  ovukv  ärag  attiop 

TituntTt    ru»'(V   urC   oixmp ; 
ß      xal  ui)v  imaobv  Innokvxorv  tqvv   elooyüj 

onwöfl  oxv9()ü)7ibv  jzyog  oofiovg  byjLMjjjuevoy. 

Vielleicht  ist  auch  die  viel  angefochtene  Stelle  in  den  Sieben  des 
Aeschylus  v.  448 — 68  so  zu  erklären,  dass  von  der  Herstellung  von 
Strophen  abgesehen  und  das  Ganze  zum  Einzelvortrag  den  4  Vorder- 
männern zugewiesen  wird.  Dann  würde  auch  hier  der  Chorführer  zu- 
letzt mit  seinen  das  Folgende  einleitenden  Anapästen  eingreifen.  Ver- 
gleiche überdiess  Eur.   Ion.   714 — 24  und  Orest.    1295 — 8. 

Die  Perioden  oder  Absätze  der  Strophe. 

Die  Elemente,  aus  denen  sich  die  Strophe  zusammensetzt,  sind,  von 
dem  Fuss  und  Doppelfuss  abgesehen,  das  Kolon,  der  Vers  und  die 
Periode.  Es  gibt  Strophen ,  in  denen  sich  jene  drei  Elemente  genau 
unterscheiden  lassen,  in  denen  mit  anderen  Worten  es  gelingt,  die 
Strophe  in  mehrere  Perioden  oder  Versgruppen,  diese  wieder  in  mehrere 
Verse,  und  endlich  die  Verse  in  mehrere  Kola  zu  zerlegen.  Aber  es 
gibt  auch  Strophen ,  in  denen  das  eine  oder  andere  der  genannten 
Glieder  übersprungen  ist,  das  ist  sowohl  solche,  in  denen  die  einzelnen 
Verse  nicht  mehr  zu  gesonderten  Gruppen  zusammengefasst,  sondern 
gleich  der  höchsten  Einheit,  der  Strophe,  untergeordnet  sind ,  als  auch 
solche,  in  denen  sich  die  Perioden  oder  Systeme  unmittelbar,  ohne 
durch  die  Mittelstufe  des  Verses    durchzugehen,    in  ihre  Kola   zerlegen. 


209 

Ich  hebe  diesen  dreifachen  Bau  der  Strophe  eigens  hervor,  weil  man  in 
neuerer  Zeit  in  der  Analyse  dramatischer  Gesänge  alle  Strophen  über 
den  gleichen  Kamm  geschoren  hat.  Auf  der  einen  Seite  hat  H.  Schmidt 
selbst  bei  den  in  der  Form  der  ovartj/Liara  e'§  oaolcov  gehaltenen  Strophen 
zwischen  die  Systeme  und  Kola  auch  noch  den  Vers  einzuschieben  ver- 
sucht, und  auf  der  anderen  Seite  haben  namentlich  Brambach,  Die 
sophokleischen  Gesänge,  Gleditsch,  Die  sophokleischen  Strophen,  und 
Wecklein  in  seinen  Ausgaben  der  Medea  und  der  Tragödien  des  So- 
phokles auch  da  jene  Dreitheilung  der  Strophe  in  Perioden,  Verse  und 
Kola  durchzuführen  unternommen ,  wo  man  mit  Sicherheit  kaum  etwas 
mehr  unterscheiden  kann,  als  was  die  alten  Grammatiker  bereits  unter- 
schieden haben ,  nämlich  Strophe  und  Kola.  Ich  selbst  bekenne  offen 
nach  der  letzteren  Seite  hin  manchmal  selbst  gesündigt  und  mehr  zu 
analysiren  und  zu  wissen  angestrebt  zu  haben,  als  bei  dem  heutigen 
Stande  unserer  Kenntniss  von  der  antiken  Compositionskunst  uns  zu 
wissen  möglich  ist.  Aber  eine  wachsende  Unbefangenheit  Hess  mich 
immer  mehr  die  bezeichneten  Unterschiede  des  Strophenbaues  erkennen, 
lehrte  mich  aber  auch  zu  gleicher  Zeit ,  dass  es  sich  hier  nicht  um 
drei  scharf  abgesonderte  Kategorien  mit  festgezogenen  Grenzen  handle, 
sondern  dass  nicht  selten  die  eine  Compositionsart  in  die  andere 
hinüberspiele. 

Wesentlich  nur  Verse  und  Kola  lassen  sich  innerhalb  der  Strophe 
unterscheiden  bei  der  hauptsächlichsten  Gattung  (sldog)  der  chorischen 
Lyrik  der  Dorer,  bei  den  Daktylo-Epitriten ;  das  Gleiche  pflegt  bei  den 
Päonen  der  Fall  zu  sein ,  nur  dass  man  leicht  geneigt  sein  kann ,  die 
päonischen  Verse  wegen  ihres  grossen  Umfangs  und  ihrer  mangelhaften 
Gliederung  lieber  Perioden  als  Verse  zu  nennen.  Die  Bedeutung  des 
Verses  kommt  nicht  zur  Geltung  oder  tritt  ganz  zurück  bei  allen 
Strophen ,  welche  die  Form  von  Systemen  haben  oder  sich  derselben 
nähern,  also  insbesondere  bei  den  glykoneischen,  jonischen,  trochäischen 
und  jambischen  Strophen.  In  den  Strophen  der  choriambischen  und 
logaödischen  Gattung  endlich  löst  sich  theils  direkt  die  Strophe  in  ihre 
Kola  auf,  theils  schieben  sich  zwischen  Kola  und  Strophe  noch  Anzeichen 
von  Periodenschlüssen  ein. 

Dieses  Kapitel  aus  der  Metrik    mussten  wir  hieher  setzen,    weil  es 


210 

uns  als  Grundlage  für  die  hier  zu  behandelnde  Frage  dienen  muss.  Ist 
man  nämlich  einmal  zur  Erkenntniss  gelangt,  dass  der  Chor  der  Tra- 
gödie und  Komödie  bei  dem  Vortrag  seiner  Lieder  es  mehr  geliebt  hat 
in  seinen  Theilen  als  in  seiner  Gesammtheit  aufzutreten ,  so  liegt  die 
Vermuthung  nahe,  dass  sich  auch  in  den  Vortrag  der  einzelnen  Strophen, 
wenn  sie  aus  mehreren  Perioden  oder  Absätzen  bestehen,  der  Chor  ge- 
theilt  haben  könne.  Man  wird  dem  entgegnen ,  dass  einerseits  in  den 
grossen  aus  8  und  mehr  Strophen  bestehenden  Chorliedern ,  wie  sie 
Aeschylus  zu  bauen  liebte,  eine  Zerspaltung  der  einzelnen  Strophen 
nicht  nöthig  war,  da  eich  die  Vielheit  der  Theile  des  Chors  in  dem 
wechselnden  Vortrag  der  ganzen  Strophen  zur  Geltung  bringen  konnte, 
und  dass  anderseits  selbst  bei  den  nur  aus  einem  Strophenpaar  oder 
einem  Strophenpaar  und  einer  Epode  bestehenden  Chorliedern ,  wie  sie 
häufig  bei  Sophokles  und  Euripides  vorkommen,  durch  die  Theiluug 
des  Chors  in  Halbchöre  genugsam  für  dramatisches  Leben  gesorgt  war. 
Ich  habe  mir  diese  Einwendungen  selber  vorgehalten ,  ehe  ich  auf  der 
schlüpfrigen  Bahn  weiter  ging,  und  habe  mir  namentlich  bei  den  grossen 
Chorgesängen  des  Aeschylus  die  grösste  Vorsicht  zur  Pflicht  gemacht. 
Aber  auf  der  anderen  Seite  ist  doch  eine  Theilung  des  Chors  über  die 
Theilung  in  Halbchöre  hinaus  recht  wohl  denkbar,  und  ist  uns  oben- 
drein ausdrücklich  überliefert,  dass  in  einzelnen  Stücken,  wie  in 
den  Sieben  gegen  Theben,  der  Chor  nicht  in  geschlossenen  Reihen  als 
einheitliches  Ganzes  seinen  Einzug  hielt,  sondern  nach  und  nach  in 
einzelnen  Abtheilungen  oder  Mann  für  Mann  (ano^ddriv)  in  die  Or- 
chestra  eintrat.  Ausserdem  spricht  die  Wahrscheinlichkeit  und  das  Ge- 
setz des  Ebenmasses  dafür,  dass  überall  da,  wo  der  Chor  in  Verbindung 
mit  der  Bühne  trat,  also  insbesondere  in  den  Klageliedern  oder  Kommoi, 
•dem  einzelnen  Schauspieler  eher  einzelne  Choreuten  als  der  Gesamtnt- 
chor  antwortete. 

Sollte  sich  aber  der  Chor  in  kleinere  Theile  auflösen,  so  stunden 
ausser  der  Theilung  in  Halbchöre  noch  drei  weitere  Wege  offen :  ent- 
weder traten  die  einzelnen  Reihen  fevya)  nacheinander  in  Thätigkeit, 
spalteten  sich  also  entweder  die  Halbchöre  in  2  oder  der  Gesammtchor 
in  3,  4  oder  6  Reihen,  oder  es  sprachen  nacheinander  sämmtliche 
Glieder  des  Chors,  oder  endlich  es  übernahmen  blos  die  Vordermänner 


211 

die  Vertretung  der  Orchestra  gegenüber  der  Bühne.  In  letzterem  Falle 
lösten  in  der  Komödie  6  oder  4  Choreuten  einander  ab ,  je  nachdem 
der  Chor  in  seiner  breiteren  oder  in  seiner  schmäleren  Seite  der  Bühne 
zugekehrt  stund.  Aehnlich  war  das  Verhältniss  in  der  älteren  Tragödie, 
nur  dass  die  Zahl  der  Vordermänner  nur  3  oder  4  betrug;  nachdem 
aber  durch  Sophokles  Einfluss  die  Zahl  der  Choreuten  von  12  auf  15 
erhöht  worden  war,  lag  nach  der  oben  S.  201  erläuterten  Aufstellung 
des  Chors  die  Vertheilung  des  Gesangs  unter  den  Koryphaios  und  seine 
beiden  Parastaten  am  nächsten ;  es  konnten  aber  auch  die  sämmtlichen 
5  Glieder  der  Vorderreihe  als  Vertreter  des  Chors  eintreten,  namentlich 
wenn  der  Chor  die  zweite  der  oben  S.  201  geschilderten  Aufstellungen 
eingenommen  hatte.  Jede  andere  Art  der  Chortheilung,  wie  z.  B.  die 
Heranziehung  von  7  oder  9  Choreuten ,  hätte  eine  unleidliche  Dis- 
harmonie ergeben;  höchstens  iässt  sich  mit  Muff,  Chortechnik  d.  So- 
phokles S.  1920)  noch  daran  uenken,  dass  bei  dem  Wechselgesang  des 
ganzen  Chors  der  Koryphaios  sich  nicht  betheiligte;,  also  in  der  jün- 
geren Entwicklungsstufe  der  Tragödie  nicht  15,  sondern  nur  14 
Choreuten  zu  Wort  kamen. 

Kehren  wir  nun  wieder  zur  äusseren  Form  der  Chorlieder  zurück,  so 
leuchtet  von  vornherein  ein,  dass  die  antistrophische  Composition  am 
meisten  angezeigt  war,  wenn  der  Chor  oder  die  Halbchöre  in  ihre  Zyga 
auseinandertraten;  denn  dann  konnte  passend  das  1.  Zygon  dem  3.  und 
das  2,  dem  4.  entsprechen.  In  gleicher  Weise  kam  die  Bedeutung  des 
antistrophischen  Baus  zur  Geltung,  wenn  statt  der  ganzen  Reihen  die 
Vordermänner  den  Gesang  oder  das  Gespräch  übernahmen.  Auch  wenn 
der  Wechselgesang  zwischen  Chorführer  und  seinen  Parastaten  sich 
wiederholte,  oder  wenn  die  einzelnen  Choreuten  so  auftraten,  dass  sich 
allmählich  der  Chor  in  die  sich  entsprechenden  Reihen  aufrollte,  hatte 
die  Anlage  von  Strophe  und  Antistrophe  einen  Sinn.  In  allen  anderen 
Fällen  war  die  frei?,  von  der  Wiederkehr  (avaxvxlrjöig)  losgelöste  Form 
der  Composition    die    natürlichste    und    sächgemässeste,    und  kann  man 


20)  Vergleiche  dazu  meine  Eecension  in  der  Jenaer  Literaturzeitung  1877  N.  7,  S.  111.  Nur  nehme 
ich  meine  dort  bezüglich  der  Parodos  des  Ion  geäusserte  Vermuthung  zurück,  nachdem  ich 
durch  Arnoldt,  Eurip.  Chortechnik  S.  167  f.  eines  Besseren  belehrt  worden  bin. 


212 

höchstens  noch  in  längeren  Klageliedern  erwarten,  dass  einzelne  Sätze, 
welche  symmetrisch  postirten  Choreuten ,  wie  z.  B.  den  beiden  Para- 
staten  zukamen,  auch  in  der  Form  sich  entsprechen. 

Was  aber  die  speciell  metrische  Form  anbelangt,  so  ist  man  am 
meisten  berechtigt  Vortrag  durch  verschiedene  Elemente  des  Chors  an- 
zunehmen, wenn  das  betreffende  Chorikon  in  verschiedenen  Metren  ab- 
ofefasst  ist;  denn  es  hat  keine  Wahrscheinlichkeit,  dass  der  Dichter 
zu  einem  wesentlich  verschiedenen  Metrum ,  also  z.  B.  von  lyrischen 
Perioden  zu  einfachen  Trimetern  und  Tetrametern  übergegangen  sei, 
ohne  zugleich  einen  Wechsel  in  der  Person  der  Vortragenden  zu  be- 
absichtigen. Von  den  anderen  Chorgesängen  kommen  zumeist  diejenigen 
in  Betracht,  welche  sich  in  mehrere,  durch  die  metrische  Form  und  die 
Interpunction  scharf  von  einander  geschiedene  Gruppen  oder  Perioden 
zerlegen  lassen,  so  dass  wir  also  nach  dem  oben  Gesagten  bei  den 
daktylo-epitritischen  und  päonischen  Strophen  am  wenigsten  an  Einzel- 
vortrag denken  dürfen.  Endlich  wird  auch  noch  zu  beachten  sein,  ob 
sich  das  Metrum  mehr  zum  Gesang  oder  mehr  zum  Sprechen  eignete; 
denn  zu  jeder  Zeit  war  ein  Wechsel  der  Person  mehr  beim  Zwiegespräch 
als  beim  Gesang  gebräuchlich.  Dabei  gilt  es  zu  gleicher  Zeit,  wenn 
auch  nur  mit  dem  Gefühl  ohne  stringente  Beweise  herauszufinden,  ob 
der  betreffende  Absatz  zum  vollen  Chorgesang  oder  zum  Vortrag  durch 
Einzelne  geschaffen  sei. 

Wir  beabsichtigen  nun  nicht ,  hier  auf  den  wenigen  Blättern  den 
ganzen  reichen  Stoff  zu  erschöpfen.  Vielmehr  wollen  wir,  wie  wir  in 
der  Ueberschrift  des  Kapitels  andeuteten ,  nur  die  antistrophisch  com- 
ponirten  Chorgesänge  berücksichtigen ,  und  werden  also  den  weit  er- 
giebigeren Kreis  der  freien  Compositionen  ganz  bei  Seite  lassen. 

Aristophanes  Acharn.  Parodos  v.  204  —  36  Der  Ge- 
sang, mit  dem  der  Chor,  den  Araphitheos  verfolgend,  auf  die  Bühne 
tritt,  besteht  aus  5  Theilen,  aus  2  respondirenden  Strophen,  von  denen 
jede  wieder  in  2  Partien,  in  vier  den  stürmischen  Lauf  begleitende  tro- 
chäische Tetrameter  und  ein  aus  26  Füssen  bestehendes  kretisches  Melos 
zerfällt,  und  aus  einer  mit  alka  eingeleiteten  Schlusspartie  von  3  trochäischen 
Tetrametern.  Deutlich  angedeutet  ist  durch  die  den  Gesang  und  die 
Betrachtung  abbrechende  Partikel  alla,    dass  dieser   5.  Theil  von  einem 


213 

andern  als  die  vorausgehenden  vorgetragen  wurde,  und  da  derselbe  eine 
Aufforderung  an  den  Chor  enthält,  so  kann  kaum  ein  Zweifel  bestehen, 
dass  ihn  der  Chorführer  sprach.  Die  4  vorausgehenden  Theile  hängen  dem 
Sinne  nach  eng  zusammen,  so  dass  sogar  die  Antistrophe  mit  der  Strophe 
durch  die  Partikel  d£  verbunden  ist.  Zwar  klingt  der  2.  Theil  der  Strophe 
ly.necpevy'  oi%stcu  wie  eine  Antwort  auf  das  vorausgehende  dlXa  uoi  jLiTjrvext, 
aber  da  in  der  Antistrophe  die  Tetrameter  mit  den  Kretikern  auf  das 
engste  zusammenhängen ,  so  werden  wir  auch  die  Strophe  richtiger  so 
fassen,  dass  der  Chor  zuerst  sich  gegenseitig  zur  Verfolgung  auffordert 
und  die  ihm  begegnenden  Leute  (bdomoQoi)  nach  dem  Verräther  Amphi- 
theos  fragt,  und  dann,  als  er  den  Verfolgten  weder  sieht  noch  über 
denselben  etwas  erfährt ,  in  die  Worte  ausbricht  exjiecpeuye  x.  r.  X.  Die 
4  Theile  sind  also  so  gedichtet,  dass  sie  die  Einheit  des  Chors  fest- 
halten und  recht  gut  unbeschadet  des  Sinnes  von  dem  einen  Gesammt- 
chor  hätten  gesprochen  werden  können.  Aber  wofür  alsdann  die  Glie- 
derung in  Strophe  und  Antistrophe,  und  wofür  der  Wechsel  im  Metrum? 
Das  letztere  kann  man  allerdings  gut  aus  den  Bewegungen  erklären, 
mit  denen  der  Chor  seine  Worte  begleitet:  der  Chor  stürmt  anfangs  in 
eiligem  Laufe  (zyoxaioig)  auf  die  Bühne,  und  geht  dann  mit  den  Päonen 
zum  kretischen  Tanze  über.  Aber  wenn  wir  auch  davon  absehen  wollen, 
dass  in  der  Antistrophe  ein  gleicher  Wechsel  in  den  Bewegungen  nicht 
angezeigt  ist,  so  schliesst  doch  jedenfalls  die  eine  Erklärung  einen 
zweiten  begleitenden  Erklärungsgrund  nicht  aus,  und  weist  die  Analogie 
der  übrigen  antistrophisch  componirten  Gesänge  darauf  hin ,  dass  die 
Theilung  unseres  Gesanges  in  Strophe  und  Antistrophe  mit  der  Theil- 
ung  des  Chors  in  Halbchöre  zusammenhängt.  Bedenkt  man  weiter,  dass 
die  Aufforderung  rffie  nag  snov  divjxe  /..  t.  L  sich  besser  in  dem  Munde 
einzelner,  die  übrigen  anfeuernder  Männer  ausnimmt,  aus  der  resigni- 
renden  Betrachtung  ixniiptvf  oY^etai  hingegen  deutlich  das  Gros  des 
Chores  spricht,  so  wird  man  unserer  Vermuthung,  dass  die  2X4  tro- 
chäischen Tetrameter  von  den  Vordermännern  der  beiden  Halbchöre, 
die  2  kretischen  Gesänge  von  den  Halbchören  selbst  und  endlich  die 
trochäische  Schlusspartie  von  dem  Koryphaios  gesprochen  worden  seien, 
einen  hohen  Grad  der  Wahrscheinlichkeit  nicht  absprechen.  Die  5  Theile 
unseres  Gesangs  hat  bereits  Arnoldt,  Die  Chorpartien  des  Aristoph. 
Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  28 


214 

S.  30  ff.  richtig  erkannt,  dieselben  aber  sämmtlich  Einzelchoreuten  zu- 
gewiesen. Ich  höre  deutlich  in  den  Schlussversen  einen  Einzelnen 
sprechen,  aber  ebenso  unverkennbar  klingt  mir  aus  den  Strophen  und 
namentlich  aus  den  Kretikern  der  Gesang  einer  Mehrzahl  entgegen ; 
wenn  irgend  ein  Rhythmus,  so  war  der  päonische  für  den  vollen  Chor- 
gesang und  nicht  für  den   Sologesang  geeignet. 

Aristoph.  Ach.   280 — 346.     Das  Einstürmen  des  Chors  auf  den 
Dikaiopolis  wird  mit  "den  4   Versen  eingeleitet: 

ovrog  avrog  torir  ovrog. 
ßdlle  ßdlle  ßdlle  ßakle. 
Treue  nag  rbr  jllkxqop. 
ov  ßah&Zg,  ov  ßaleJg; 

Natürlich  waren  dieselben  nicht  bestimmt  alle  von  einem  ge- 
sprochen zu  werden ;  naturgemäss  fallen  sie  den  4  Reihen  oder 
deren  Vordermännern  zu;  packender  war  ihre  Wirkung,  wenn  die 
ganzen  Reihen  den  Schlachtruf  erhoben.  Es  folgt  dann  ein  Wechsel- 
gesang zwischen  Dikaiopolis  und  Chor  v.  384 — 301.  der  sich  unten 
v.  335 — 46  in  gleicher  Form  wiederholt.  Der  bestürzte  Dikaiopolis 
spricht  in  trochäischen  Tetrametern ;  der  leidenschaftlich  erregte  Chor 
entgegnet  in  feurigen  Päonen.  Dieser  Unterschied  des  Metrums  wirkt 
imposanter  wenn  wir  der  Einzelrede  des  Dikaiopolis  vielstimmigen  Chor- 
gesang entgegentönen  lassen.  Nun  umfasst  Rede  und  Widerrede  in 
Strophe  und  Antistrophe  4  Absätze;  es  liegt  also  auf  der  Hand,  dass 
die  4  Reihen  des  Chors  nach  einander  dem  Dikaiopolis  entgegentreten. 
Zwischen  Strophe  und  Antistrophe  wird  der  Streit  von  Dikaiopolis  und 
Chor  gleichmässig  in  trochäischen  Tetrametern ,  also  in  einem  dem  ge- 
wöhnlichen Gesprächston  nahe  stehenden  Versmasse  geführt:  hier  wird 
♦  also  dem  einen  Dikaiopolis  immer  nur  ein  einzelner  Choreute  geant- 
wortet haben,  mag  dieser  einzelne  nun  durchweg  der  Koryphaios  ge- 
wesen sein ,  oder  mögen  sich  bei  steigender  Heftigkeit  von  v.  324  an 
alle  4   Vordermänner  an  dem   Streite  betheiligt  haben. 

Aristoph.   Equ.   322—34  =  397 — 408.    Arnoldt,   Chorpartien  des 
Aristoph.   S.  43  ff.    hat    die   ganze    Parodos    mitsammt    der    daran    sich 


215 

schliessenden  Dialogpartie  von  247  bis  487  unter  die  24  Choreiiten 
vertheilt.  Bei  dieser  Vertheilung  ging  es  aber  nicht  ohne  Gewaltthätig- 
keiten  ab.  Die  4  gut  zusammenhängenden  Verse  457 — 60  sind  unter 
2  Choreuten  vertheilt  worden,  was  schon  desshalb  bedenklich  ist,  weil 
Aristophanes  Gruppen  von  4  Tetrametern  besonders  liebte;  die  6  gleichen 
Trimeter  482 — 7  boten  weit  weniger  Grund  zur  Theilung  als  die  aus 
2  äusserlich  verschiedenen  Versen  bestehenden  Gruppen  303 — 313  und 
382 — 390;  endlich  bricht  Arnoldt  mitten  in  der  jambischen  Partie  ab, 
statt  seine  Vertheilung  entweder  bis  zum  Schlüsse  des  Aktes  fort- 
zusetzen ,  oder  mit  dem  bedeutsamen  auch  äusserlich  gekennzeichneten 
Einschnitt  v.  460  zu  schliessen.  Mehr  aber  als  alles  dieses  stört  mich 
der  andere  Umstand,  dass  bei  dieser  Vertheilung  alle  Chorpartien  gleich 
behandelt  und  in  gleicher  Weise  einem  Choreuten  zugewiesen  sind.  Ich 
betone  nicht  den  metrischen  Unterschied,  der  ganz  und  gar  unbeachtet 
blieb ,  ich  weise  nur  darauf  hin ,  dass  der  ganze  Ton  einiger  Partien 
uns  auf  vollen  Chorgesang  hinweist.  Wenn  der  Chor  emphatisch  in 
geräuschvollen  Rhythmen  v.  303  ff.  ausruft,  dass  Markt  Hafen  Ge- 
richte die  ganze  Stadt  von  der  Frechheit  und  dem  Geschrei  des  Kreon 
erfüllt  sind,  so  musste  auch  von  diesen  Worten  die  Stadt  widerhallen, 
indem  sie  nicht  von  der  schwachen  Stimme  eines  Einzelnen  gesprochen 
wurden,  sondern  aus  vielen  Kehlen  allgewaltig  erklangen.  Ebenso  ver- 
langen die  stürmischen  Worte  des  Eingangs 

iiale  Ticue   xov  Tiavov^yov  xal  Ta(ta§i7i7ioöT(jaTop  x.  r.  I. 

einen  vielstimmigen ,  das  Schlachtgeschrei  einer  Reiterschaar  wieder- 
gebenden Vortrag;  und  zwar  wurde  dieser  Eingang  offenbar,  wie  schon 
Sauppe  eingesehen  hat,  von  den  2  Halbchören  der  Ritter  in  je  4  tro- 
chäischen Tetrametern  gesprochen,  welchen  zwei  Gruppen  die  4  Schluss- 
tetrameter 457 — 60 

w  ytvvixwTaioy  x(Jtag  ipv%riv  r'   äyiora  thxvtujv  x.  t.  L 

entsprechen,  mit  denen  der  ganze  Chor  oder  doch  die  Vertreter  sämmt- 
licher  Reihen  des  Chors  den  Wursthändler  zu  seinem  Siege  beglück- 
wünschen. 

Von    besonderem    Interesse   für    die   in    diesem   Kapitel   behandelte 

28* 


216 

Frage  ist  die  Strophe  v.  322 — 34  sammt  ihrer  Gegenstrophe  v.  397 — 408, 
die  ich  der  Bequemlichkeit  des  Lesers  zulieb  hersetze: 

322     Idga  dfjjjfc'   ovx  an1   a^x^g  idrjXovg  ava'i- 

deiav,  tj7Z8()  fiovT]  TiQodTaTel  (>r)TO()U)y ; 

fl  av  nicfTevmv  djueXyei   tujv  §eva>v  Tovg  xa^Til^iovg, 

TZQwrog  d)v.  o  (T   *Innoda.jjLov  heißeren  d^emfxevog. 

dXX1   ecpavi]  yay  ävrjQ  tfreyog  noXv 

aov  juiaouheüog,  uiare  fie  yaiQUv 

og  ae  navöei  xal  nayeiGi.  dfjXog  eoriv  ai>To&ev, 

uavovoyia  rt  xal  &yaöet 

xal  xoßaXixevfxaaiv. 

dXX   w  Toaepelg  o&ev  ttsq  eiaiv  ävdyeg  oineQ  eloiv, 
334      vvv  del§ov  cog  ovdev  Xeyet  to  ouHpyovuyg  ryaipfjvai. 

397     '£2g  fit  Tiybg  Ttär  draideverai  xov   ue&lo- 

rrjot  rov  yytojuaTog  rov  TiaQSöTTjXozog. 

ei  oe   urj  /j.toa>?  yevoljLtrjv  ev  Kqaxivov  xj'diov, 

xal  didaöxoLurjv  nyoGctdeiv  MoqöLfiov  T^aywSiav. 

tu  neol  narr'   enl  näoi  re  Tioayjtiaai 

dwQodoxoiöiv  ItC   av&eaiv  TQüjv, 

eid-e  (pavlwg,  äone{)  ei>Qeg,   exßaXoig  %r\v  ev&eoiv  • 

äaaijLti  yaQ  tot''   av   uovov, 

7iive  tu?''   im  GVjLMpoyaig' 

tov  'lovXiov  t'   av  oTojjiai   yeQovra  nvqooninr\v 
408      fio&evr,''   irjnaiandoai  xal   Bax%eßax%ov  aoai. 

Dass  in  den  Vortrag  jeder  dieser  Strophen  sich  mehrere  theilen, 
scheint  mir  Arnoldt  mit  vollstem  Rechte  aufgestellt  zu  haben.  Dass 
namentlich  in  der  Strophe  mit  dlV  w  ryacpeig  eine  neue  Person  einfällt, 
ist  zu  deutlich  vom  Dichter  angedeutet;  aber  auch  der  Uebergang  zu 
den  jubelnden  Daktylen  im  5.  Vers  erhält  eine  stärkere  Begründung, 
wenn  zum  Umschlag  der  Stimmung  auch  noch  der  Wechsel  der  Person 
hinzutritt.  Handelt  es  sich  nun  weiter  darum,  wie  viele  Theile  man 
anzunehmen    habe,    so  kann    man  zwischen   3  (4.   5.   2.)   4  (2.   2.   5.   2.) 


217 

und  5  (2.  2.  2.  3.  2.)  schwanken.  Doch  wird  man  die  Fünftheilung 
am  ehesten  wieder  aufzugeben  geneigt  sein,  da  in  Strophe  und  Anti- 
strophe  der  7.  Vers  mit  dem  6.  ziemlich  eng  zusammenhängt.  Die 
Dreitheilung  hat  Arnoldt  erwählt,  ich  ziehe  die  Theilung  in  4  Gruppen 
vor,  da  sie  dem  Aristophanes  besonders  geläufig  ist  und  den  4  Reihen 
des  Chors  entspricht. 

Eine  weitere  Frage  dreht  sich  darum ,  ob  man  alle  4  Theile  auf 
gleiche  Weise  sich  vorgetragen  denken  soll.  Hätte  man  blos  die 
Strophe,  so  würde  man  leicht  die  Frage  in  verneinendem  Sinne  beant- 
worten, da  die  Aufforderung  an  den  Wursthändler  sich  am  besten  in 
dem  Munde  eines  Einzelnen  ausnimmt,  die  3  vorausgehenden  Theile 
aber  recht  gut  von  einer  Mehrheit  könnten  gesprochen  sein.  Aber  zur 
entgegengesetzten  Annahme  drängt  uns  die  Antistrophe,  in  welcher  der 

4.  Theil  dem  Sinne  nach  ganz  auf  gleicher  Stufe  steht  wie  der  dritte. 
Ich  ziehe  es  daher  vor,  alle  4  Theile  von  den  Vordermännern  der 
4   Reihen  nacheinander  vorgetragen  sein  zu  lassen. 

Aristoph.    Equ.    551  —  64  =  581 — 94.      Wir    haben   schon    oben 

5.  175  gesehen,  dass  in  der  Parabase  der  Wolken  die  Ode  und  Antode 
sich  gewisser  Massen  von  selbst  in  vier  Gruppen  zerlege.  Ein  ähn- 
liches, wenn  auch  minder  scharf  ausgeprägtes  Verhältniss  haben  wir 
auch  in  den  vorbezeichneten  Oden  der  Parabase  der  Wolken,  ohne  dass 
ich  jedoch  Vortrag  durch  die  4  Reihen  des  Chors  mit  Zuversicht  zu 
behaupten  wage: 

541     "liinC  ava.%  Iloasidov,  <p 

Xalxoxgorwv  innwv  xrvnog 
xal  %QE[ASTiöiJ,bQ  avdavEi, 
xal  xvavEfißoXoi  &oal 

555        /UlOd-OCpOQOl    TQlTjQBig, 

/Lieiyccxiatv  #'   a/nilka  Xafi- 

71QVVOIJLBVWV    EV    OLQ^aOlV 

xal  ßaQvdaiiAovovvratv, 
dsvO*   &#'   eo  x°Q°r>  <*>  XQvaortQLuw\  ^ 
560      dsfopivcov   ueÖecdv,  ^owiagaTE, 
co  I'EQaioTiE  not   Kqovov, 


218 

fpoyuiujyi    rt   (puraz\   bx 

TLüV    üXKOJV    Tb     {fotioV    *Ä&1\- 

564     valoig  nyog  tu  mxQeorog. 

581      J12  nohüuyt   FFallag,   in 

rijg  UfMOzazrjg,  ajia- 

(7iov  noXsuia  Tb  xal  :ionr 

xaig  dvvaubi  #'   vjib{KpbOüv- 
585      orjg   usdbovaa  yw^ag, 

devQ''   dcpixov  laßovaa  rrjv 

Iv  öryariaTg  xb  xal   aayaig 

fjjuszsQav  Svvbyyov, 

Nixr\v ,  Y[  yoyixuiv  ioriv  txalya, 
590     rolg  t'   iyd-QoioL  /utS-'   r\^i(x)v  axaaiaQbi' 

vvv  ovv  dbvyo  (pavrjfri '   dbl 

yay  rolg  avdyaoi  xolodb  7ia- 

°!i   T^Xvil  nogioai  Ob  vi- 

594        XTjV    billbQ    TlOXb    XCtl    VVV. 

Aristoph.  Equ.  973 — 96.  Das  beissende  Spottlied  auf  den 
Kreon  in  glykoneischem  Rhythmus  besteht  aus  6  jedesmal  durch  einen 
Pherekrateus  abgeschlossenen  Strophen;  ich  wage  daher  die  Vermuth- 
ung,  dass  sich  in  seinen  Vortrag  die  6  Querreihen  (t,vya)  des  Chors 
getheilt  haben. 

Aristoph.  Pac.  346 — 60.  Das  Preislied  auf  den  Frieden,  an  das 
zwei  andere  Chorlieder  desselben  Stückes  v.  385 — 99  und  582 — 600 
anklingen,  besteht  aus  4  grossen  Perioden.  Da  mit  jeder  derselben 
Rhythmus  und  Sinn  einen  Abschluss  erhält  und  die  24  Personen  des 
komischen  Chors  wohl  nur  ausnahmsweise  alle  zusammen  sangen,  so 
vermuthe  ich  auch  hier,  dass  sich  die  4  Reihen  des  Chors  in  den  Ge- 
sang theilten  in  folgender  Weise: 

El  yay  Ixybvoix'   Ideiv  xavxrjv  fit  noxt  xrjv  ijUbüav ' 
nokka  yay  dvbOymti]v  |  noayiiaxa.  Tb  xal  axtßadag, 
ag  elayb   <i>o(>uioji'. 


219 

y.Qvy.tT?  av  iC  evQwg  (hxaGrijv  ()\uuvv  ovdti  dvoxolov, 

ovdt  rovg  Toonovg  yt-  dr[.iov  axlr^uv  luaTzsy  xal  tiqotov. 

a'/./C   anakov  av   iC    Yfioig  I  xal  7TqXv   j'sarrFyov  d- 

TiaÜMyh'ra  nyay udrwv '. 

xal  yaQ  ixavov  ygovoi'  d- 

TtoXXvfie&a  xal  xarai eh q£ au ?&a  nXavwun'oi 

4'  slvxuov  xdx   Avxeiov  avv  doyti  avv  äonuJi. 

dt  XV   un   adXiaxa  xa9'~ 

ovjLie&a  TioiovvTtg,  ayt 

(pya'Ce  •   oe  yd(>  aviox^äio^ 

uXez1   dya&rj  rig  i)ulv  rv%7]. 

Aristoph.  A  v.  1470—81  =  1482—93,  1553—64  =  1694—1705, 
Ran.  534—48  -  590—604,  1099—1108  =  1109—18.  Die  vier  Stro- 
phenpaare bestehen  aus  je  4  trochäischen  Systemen ,  von  denen  jedes 
katalektisch  schliesst,  so  dass  ein  gemessener  Raum  für  die  Pause  nach 
dem  Periodenschluss  übrig  bleibt;  vgl.  Metrik  S.  149.  Gleichwohl 
möchte  ich  hier  keine  Theilung  der  Strophe  unter  die  4  Reihen  des 
Chors  annehmen,  da  die  Strophen  zu  wenig  Umfang  haben,  als  dass 
eine  Theilung  angezeigt  sei,  und  dann,  weil  an  der  ersten  Stelle  der 
Frösche  auf  den  Chorgesang  gleich  ein  ähnlich  componirter  Sologesang 
des  Dionysos  folgt,  der  gleichfalls  aus  4  trochäischen  Systemen  besteht, 
ohne  dass  natürlich  an  einen  getheilten  Vortrag  gedacht  werden  kann. 
Bemerkenswerth  dürfte  indess  immer  die  Vorliebe  des  komischen  Dich- 
ters für  die  Vierzahl  sein,  an  welche  er  sich  aus  Liedern,  in  welche 
sich  die  4   Chorreihen  theilten,  gewöhnt  zu  haben  scheint. 

Aristoph.  Lys.  781—804  =  805—28.  Hier  tritt  in  der  Erzähl- 
ung des  Männer-  und  des  Weiberchors  die  Viergliederung  noch  deut- 
licher hervor  als  in  den  eben  verzeichneten  vier  trochäischen  Strophen- 
paaren, so  dass  es  mir  schwer  hält  zu  glauben,  dieselbe  hänge  mit  der 
Vierzahl  der  Reihen  oder  vielmehr  ihrer  Vordermänner  nicht  zusammen. 
Ich  lasse  den  Mythos  der  Männer,  in  seine  4  Theile  zerlegt,  ohne 
weitere  Erläuterungen  folgen: 

Mv&ov  ßovXopiai  Xe§ai  riv"1  vjulv,  ov  not*  ijxovo' 
avrog  en  TiaXg  wv . 


220 

ovrwg'  r\v   VBavioxog   Mü.avwjv  rig,  ög 

tpBvyvov  ya^iov  dcpixBr'   ig  eptflLiiav 

xdr  rdlg  oqboiv  wxti. 

xqr'   t'kayodi'iQti* 

nlfgdjLiwog  dyxvg, 

xal  xvva  rtr'   bI/bv. 

xovxbti  xcattfifre  na'uv  oXxad'1  vnb  fiiaovg. 

ovrw  Tag  yvvalxag  ißdtkvy&t] 

xelvog,  fjfislg  t'   ov&iv  fjTTcrv  t 

tov   MeXaviwvog  oi   avjcpyuvtg. 

Aristoph.  Lys  1043— 58=  1059— 72  u.  1188—1203  =  1204—15. 
Das  Lied  v.  1043 — 72,  dem  ein  ganz  gleiches  unten  nachfolgt,  wird 
zur  Einleitung  der  feierlichen  Friedensspende  (s.  1040 — 2)  vom  ver- 
einten Chor  der  Weiber  und  Männer  gesungen,  und  vertritt,  wie  Agthe, 
die  Parabase  S.  144,  richtig  bemerkt  hat,  die  Stelle  einer  parabatischen 
Ode  und  Antode.  Wichtig  ist,  dass  wir  nun  nicht  blos  nach  Art  der 
Parabase  Ode  und  Antode  haben ,  sondern  dass  auch  die  Strophen  ge- 
rade so  wie  in  der  Parabase  der  Wolken  und  Ritter  (s.  S.  217)  in  4  Pe- 
rioden zerfallen,  von  denen  indess  je  2  wieder  zu  einer  höheren  Ein- 
heit zusammengefasst  zu  sein  scheinen 

Ov  naQaaxBva'Qofieo&a 

twv  Tioknwv  ovöiv\  u'u'dfJBgj 

(p'kavQov  bIjibIv  ov^bbv  • 

dlkd  nokv  TOVfi7iaXiv  navT?   dyaS-d  y.al  XByBiv 

xal  &{xjlV'  Ixavd  ydy  r.d  xaxd  xal  id  nayaxBijuBva. 

d'kV   BJiayyBkkBTü)  nag  dvriQ  xal  yvvr\, 

bX  zig  d^yvQidiov  ÖbI- 

xai  Xaßeiv,  jtipäg  i)  dt/  i)  ryslg. 

wg  tiIbud  'örlv 

a%opLBV  ßaXhavjia. 

xav  tzot'   bIq7]vi]  <pavfj, 

oong  dv  vvvl  oavuor\- 

xai  Tiay*  fifiüJv, 

dv  kdßn  fifjxfa?   dnodin. 


221 


Strophen    der    Tragiker. 

Aehnliche  Erscheinungen,  wie  wir  sie  bei  Aristophanes  beobachtet 
haben,  begegnen  uns  auch  bei  den  Tragikern;  nur  dass  bei  diesen  die 
Vertheilung  eines  Gesanges  unter  mehrere  einzelne  Choreuten  sich  am 
meisten  in  der  der  Tragödie  eigenthümlichen  Gattung  der  Klaggesänge 
findet,  die  zum  grössten  Theil  nicht  antistrophisch  componirt  sind  und 
desshalb  ausser  den  Kreis  unserer  Erörterung  fallen. 

Wie  also  in  der  Parodos  der  Acharner  jede  der  lyrischen  Strophen 
mit  einer  Gruppe  trochäischer  Tetrameter  verbunden  war ,  so  folgen 
anapästische  Systeme  des  Chors  auf  Strophe  und  Antistrophe  in  der 
Parodos  der  Antigone  und  Alkestis  und  dem  3.  Stasimon  des  Rhesus. 
Auch  hier  also  wurden  die  Anapäste  nicht  von  dem  ganzen  Chor, 
sondern  von  den  Parastaten  als  Führern  der  Halbchöre  vorgetragen, 
und  zwar  in  der  Alkestis  und  im  Rhesus  im  Wechselgespräch  zwischen 
den  beiden  Parastaten.  Das  Gleiche  ist  vielleicht  auch  in  dem  vierten 
Stasimon  der  Trachinierinnen  v.  953 — 61 ■  =;  962 — 70  anzunehmen,  wo 
logaödische  Anapäste  der  Halbchorführer  den  Schritt  der  Träger  des 
sterbenden    Herakles   begleitet  zu  haben   scheinen. 

II  W.u.    Hif   ävauoeaoa  rtg  II  M.ß  äy/ov  cV   ö.ya  zov   uazQav 

ytron'  movyig  iancutig  avycc,  n^oi)xX<xiov.  d£vqxovog  tog  ärjotov. 

ifrtg  //'  anoixtOHBvhx  ro  naw,  tmiog  s~h'toi>  yäy  tSoui/.og  rjde  rig  ßaaig. 

to)'  /fior  ähcifiov  yovov  na  <Vuv  (pÖQtl   viv:    tog   tpiXov 

ui)  Tayßulta  Oai'oiui  7iQ03C7]OOfitya  ßctquav 

fiovvov  uaidovo'   ä(f((()'  äipoaov  ut^ti   ßaair. 

Jir.a    InellvdvoanaKkaxTOigbdvvatg   ///'. ß'alal .  oP    äravöarog  tpaytrai' 

yw()Hr  ?7(>o   doutov  leyovow  ti  /(>?}  S-avovxü.  vir  r\  xad" 

dfokftov  n   Sm/fiec,  r.iroi'  o$tä  x^ilrcu: 

Eine  Theilung  der  Halbchöre  in  2  Zyga  konnte  am  leichtesten  im 
alten  Chor  von  12  Mann  stattfinden.  Die  Sinneinschnitte  und  der 
Wechsel  des  Rhythmus  machen  eine  solche  Theilung  wahrscheinlich  in 
Sophocles  Aias  221 — 32  =  245 — 56,    wie  Muff  und  Hense  gut  erkannt 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  29 


222 

haben.  Ein  noch  viel  einleuchtender  Fall  der  Art  findet  sich  in  der 
Exodos  der  Schutzflehenden  des  Aeschylus  v.  1018  ff.  Hier  verlässt 
der  Chor  die  Bühne,  indem  er  seine  Segenswünsche  für  das  gastliche 
Argos  und  seine  fromme  Verehrung  der  waltenden  Götter  in  jonischem 
Rhythmus  ausspricht.  Dass  sich  dabei  der  Chor  in  Halbchöre  theilte, 
geht  deutlich  aus  dem  Wechselgesang  zwischen  den  beiden  Führern  der 
Halbchöre  im  dritten  Strophenpaar  hervor  und  ist  durch  die  anti- 
strophische Anlage  der  ganzen  Exodos  angedeutet.  Ausserdem  aber 
zerfällt  jede  der  4  ersten  Strophen  in  2  scharf  durch  den  Sinn,  in  dem 
ersten  Paare  auch  durch  die  Form  des  gebrochenen  jonischen  Schluss- 
verses geschiedene  Theile.  Hermann  führt  daher  in  jeder  Strophe  die 
2  Halbchöre  ein ;  aber  das  passt  nicht  zu  der  sonstigen  Verwendung 
der  Halbchöre,  und  gründet  sich  obendrein  auf  die  falsche  Deutung  des 
Wortes  bnadol  in  Vers  1022,  unter  denen  Hermann  die  virgines  socias 
verstand,  unter  denen  aber  nach  Weil's  Darlegung  nur  die  dienenden  Be- 
gleiter der  Danaiden  verstanden  werden  können.  Wir  lassen  daher  die 
Strophen  von  dem  ersten  Halbchor  und  seinen  Begleitern ,  die  Anti- 
strophe  von  dem  zweiten   Halbchor  und  dessen   Begleitern   singen: 

HM.  a      %xe  uav  darudvazrag  fidzayag  &eovg  yavdovreg  oryocp.  a 

nokiovyovg  t*  xai  dt  yjvu'  'Eqaoivov 

najivaLovxai  nakaiov. 
OFT.   a       imodf§ao&e   (T   onaöol 

utXog,  alvog  dt  näliv  jdvdeTItXaoyujv  1/Jtw  ur^  tri  NdXov 

nyoyoag  otßco/uer  v^ivoig, 
HM.  ß'     norajuovg  <T  dl  dia  x<*>QaS  Sslefiov  JKOjua  yjovoiv  clvtigtq.  a 

nökvTSXvoi  kinaQoig  yevfiaöi  yaiag 

rodt   uuXiooovTtg  ovdag. 
OTI.  ß'      tnldoi   J"  "AQTtfiig  ayva 

oxoXov  olxrt'Qoptva,  firjö1  vtC  dvayxag  ydfiog  el&oi  Kv&tyeiag- 

orvytQcoy  neXoi  xofT   a&Xov. 
HM.  a      KvTTQidog  J"   ovx  dfieXel  freouog  ffi   tvtpQwy  oryocp.ß 

dvvarai  yäy  Jiug  ayyiGia  ovv   'Hqcc, 

Tisrai   (T'   aloXojurjrig  &eög  tyyoig  ml  aefivolg. 
OTT.  d      iinaxoivoi  81  (fiXa  juaryl  Ttayeiaiv 


223 

IIo&oq  (t  t'  oxdtv  dna^vov  xelt&ti  dslxxoQi  Tlti&ol- 

didoxai   (T  dyuovla  jlhhq'  *A(pQodLxag 

iptdvyai  xQißoi   x'    tyojxioy. 
UM.  ß      qvyddeooiv  d'   tmvoiaig  xay.d  t'   dkytj  dvxiGXQ.ß' 

noXtuovg  #'   al/naxotyxag  7tQO(poßovtuai  • 

xi  ttox1  tvnkoiav  bTiQa^av  xa^VTiofmoLOi  diwyuolg: 
0/7.   ß       o  ri  xoi  jLioyoijLiov  toxiv,  xo  yevoix'   dv 

dibg  ov  naqßaxog  toxiv  ^ityaka  (py?iv  dniyaxog- 

uezd  tio'Ümv  tfe  yaucov  ddt  xt'ktvi.d 

xyoxtyär  ntkoi  yvvars.wv. 
///'.    a        6   utyag  Zsvg  dnaltSai  oxyoop.  y' 

yaiiov  Alyvnxoytvf]  fioi. 
Hl\  ß       tu  fitv  dv  ßelxaxov  tirj. 
Hl\  a       oi)  dt  S-i'kyotg  dv  a&elxxov. 
///'.  ß       ou   dt  y*    ovx  oio&a  xb  ftsXlov. 
///'.   a        xi  dt  jtiilXü)  ip^tva  Jiav 

y.ad-oqav  oxpiv  äßvooov;  dvxiOXQ.  y 

///'.   ß       utxyiov  vvv  enog  sv%ov. 
///'.   a       xiva  xaiqov  ut  diddoxeig ; 
///'.   ß       xd   d-ttiüv   urjdtv  dyd'Ctiv. 

Eine  ähnliche  Theilung  der  Halbchöre  in  ihre  Zyga  scheint  auch 
in  der  Parodos  der  Choephoren  stattgefunden  zu  haben.  Hier  theilen 
sich  in  schärfster  und  bestimmtester  Weise  die  zwei  ersten  Strophen- 
paare in  2  Theile:  v.  22  —  26  =  32—36,  27—31  =37—41,  42—48  = 
54 — 60,  49 — 53  =  61  —  65.  Da  hier  von  einem  begleitenden  Nebenchor 
keine  Rede  sein  kann,  so  vermuthe  ich,  dass  bei  diesen  zwei  ersten 
Strophenpaaren  die  4  Reihen  des  Chors  zur  Geltung  kamen ;  erst  bei 
dem  dritten  Strophenpaare  treten  dann  die  beiden  Halbchöre  und  bei 
der  Epode  der  Gesammtchor  ein. 

Bei  dem  Chor  von  15  Mann  möchte  man  von  vornherein  eine 
Theilung  der  Haibchöre  in  Zyga  weniger  vermuthen;  aber  doch  scheint 
eine  solche  Theilung  in  der  Art  stattgefunden  zu  haben,  dass  entweder 
die  4  Reihen  oder  die  rechten  und  linken  Parastaten  und  Tritostaten 
sich  in  den  Vortrag  der  Strophe  und  Antistrophe  theilten.    Wenigstens 

29* 


224 

weist  darauf  die  Zweitheilung  der  Strophe  hin  in  Eur.  Med.  86 — 88 — 
92  =  98—100—104  (siehe  Hense  im  Rhein.  Mus.  XXXI,  584)  Ale. 
36  —  88  —  92  =  98  —  100  —  104,  Bacch.  72  —  83  —  87  =  88  —  98  —  104, 
Rhes.  527— 31— 45  =  546— 50— 56  u.  692—701—703  =  710—719  — 
722.  Doch  ist  es  auch  möglich,  dass  die  2  Absätze  der  Strophe  wie 
Antistrophe  von  den  beiden  Halbchören  oder  ihren  Führern  vorgetragen 
wurden,  wie  dieses  sicher  der  Fall  ist  in  der  Parodos  des  Ion  v.  184 — 
189—193  =  194—200—204. 

Auffälliger  ist  eine  andere  Erscheinung  in  den  Chorgesängen  der' 
Tragödie,  dass  sich  nämlich  so  oft  eine  Strophe  oder  ein  freies  Chori- 
kon  in  3  Perioden  zerlegen  lässt.  Zeigt  sich  dieses  Verhältniss  in 
Partien,  welche  sich  zum  Einzelvortrag  eignen,  so  wird  man  unbedenk- 
lich zu  dem  Koryphaios  und  seinen  beiden  Parastaten  greifen,  wie  in 
Eur.  Cycl.  608—11  —  19—23,  El.  585—89—91—95.  Aber  eine  Theil- 
ung  der  Halbchöre  in  3  Unterabtheilungen  ist  namentlich  bei  einem 
Chor  von  15  Mann  nicht  leicht  denkbar  und  ich  möchte  daher  in  mehr- 
stimmigen Chorgesängen  dem  Aufbau  der  Strophe  aus  3  Perioden  keine 
Bedeutung  für  den  Vortrag  beimessen;    vgl.  S.  219  zu  Arist.  Av.  1470. 

In  4  deutlich  geschiedene  Absätze  theilt  sich  Strophe  und  Anti- 
strophe in  Eur.  Ale.  213 — 25  =  226 — 37.  Hier  ist  eine  doppelte  Mög- 
lichkeit des  Vortrags  gegeben ;  entweder  sangen  die  3  ersten  Absätze 
der  Koryphaios  und  die  beiden  Parastaten  und  den  vierten  der  Ge- 
sammtehor,  oder  es  übernahmen  die  4  Absätze  die  2  Parastaten  und 
2  Tritostaten  und  trat  der  Koryphaios  erst  mit  dem  Vortrag  der  Ana- 
päste v.  238  ein.  Eine  Entscheidung  des  Dilemmas  fällt  mir  schwer, 
da  die  Strophe  ebenso  sehr  der  ersten,  wie  die  Antistrophe  der  zweiten 
Auffassung  günstig  ist. 

Sieben  Absätze  hat  das  Chorikon  in  Eur.  Orest.  1537 — 48,  die 
sich  mit  völliger  Sicherheit  unter  die  5  Vordermänner,  den  Gesammt- 
chor  und  den  Koryphaios  vertheilen  lassen : 

XX).   o  v.       m    iv)  rvya- 

sreyov  eis  ccywv ,   Vityor  av  oojitog 

(poßtQO)'  dfixfl  Tovg  "ATQudas  niivti. 
XO.   o  ß       il  ()\m)uw:   ayytluoutv   el§  iiuliv   r«#«, 


225 

t]  aly    ?%(j){itv ;    XO.  o  y .  daipaltartQor,  <pilai. 
XO.  u  d       ids  tiqo  dtD/Liartoi'  iVTc  TiQOxriQvaoti 

&oaQujv  o(T   aiStyog  arm  xanvog. 
XO.   o  e      ajirovoi  nevxag  wg  TivywäovTtg  do/uovi; 

rovg   TavraXsiovg  oud'   dcpiaxavrai  cpovov. 
XO.  rtlog  t%ti  daipicuv  ßgorolg, 

xtkog  ona  S-tlti. 

utya'ka   dt  xig  d   ihwauig-   $4Ü   dlaoxoy' 

sneo1   tJitot   ueladya  xadt  dC   aijLidxuJv 

did  xo  MvQxilov  ntai]p?   ix  dUpyov. 
KOP.  dlld  [irjv  xal  xm'dt  ktvaou)  Mtviltvjy  douaty  ntkag. 

Auffällig  ist  es  nur,  dass  in  der  entsprechenden  Strophe  v.  1353 — 
65  an   Stelle  der   5   Vordermänner  der  eine  Koryphaios  getreten  ist. 

Noch  verwickelter  sind  die  Verhältnisse  in  dem  grossen  Threnos 
des  Aesch.  Agam.  1448 — 1566  und  in  der  Parodos  der  Eumeniden.  Na- 
mentlich über  letztere  sind  die  verschiedensten  Vermuthungen  von 
Bamberger  Passow  Müller  und  Hermann  aufgestellt  worden,  die  alle 
schon  desshalb  zu  verwerfen  sind ,  weil  sie  von  der  falschen  Voraus- 
setzung eines  fünfzehngliederigen  Chors  ausgehen.  Mir  möge  es  zum 
Schlüsse  noch  gestattet  sein  meinen  eigenen  Versuch  ohne  jeden  Com- 
mentar  herzusetzen. 

Hl\   a  tyti(S,  eysiys  xal  ov  xr\vd^ ',   iya)  dt  ae. 

///'.  ß'  tvdtig;  dviaxw  xdxokaxxioaa*  vnvov, 

idüjf.it&^   ti  xi  xovdt  cpyoiuiuv  tuara. 

XOP.  o  y  lov  iov  TTOiiaZ,  ind&o^itv,  (pl'/Lai.  axy.   a 

6  (?'  rj  Tiollä   drj  nafrovöa  xal  judxrjv  iyi  . 

6  k  tTiäfrojusv  TidSog  dvaa^tg,  oj  ttojioi,  äcptQxov  xaxbv. 

6  X>  *$  dyxvovv  ntnxaixtv  oi%txai  #'   o  d-qy 

u  g'  vnrqj  xyaxrj&tlo'   äyyav  uiltaa. 

6  rf  Iuj  neu  /tiog,  inixkonog  ntXti  ■  dvxiGtf).  a 

6  0-  vtog  dt  y^a'iag  daluovag  xa&innaGU), 

o   i  xov  ixixav  otßuov,  ä&tov  ärdya  xal  xoxtvaiv  nixqov  ■ 

6   ta  tov  /urjTQaloiav  d:   i^txktipag  wr  &tog. 
Abb..  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  II.  Abth.  30 


226 


6  iß'     tl  röäviV   iytl  rig  üixaiwg  t%eiv. 
ZYT.  a  e/llol  (V  bveidog  i$  bvei^dxLov  /uohbr  otq.  ß' 

hvipsv  dixav  dupQifkv.Tov 

jueoolaßel  xevj^ip 

vnb  (p()8vag  vnb  loßov. 
ZYF.  ß'         7id()€OTi  f.iaaxiXT.oQog  daiov  dapiiov 

ßayv  r.b  TitQißaQV  XQVog  e%eiv. 
ZYV.  y  roiavra  dyiooiv  oi  veorrtyoi  &eoi  ävriGTQ.ß 

XfMXT&DytSQ    TU    7XÖ.V    OlXOg    TTltOV. 
cpovofoßfj   S-QOjLlßof' 

tuqI  nöda.  neyi  xaga. 
ZYl\  ö'         nd^taxi  yäg  "bfjupaXbr  nyoadyaxtZv  aljudrior 

ß'koovQov  aQOfierov  äyog  e%eiv. 
HM.   a  tcpearun  dt   udvrig  wv   utaauari  otq.  y 

fiv%bv  tyjiavag  avroaavrog  avzoxlrjrog, 

naQCt  rojLiov   d'iwv  ßgoxta  piiv  tliov, 

nakcuyevetg  dt  Liotyag  cp&ioag. 
HM.  ß'         xd/LLol  ye  Xvnybg  xal  rbv  ovx  exlvotrai.  ävriotQ.y 

vnb  ye  yav  (pvyibv  ov  nm?   sfav&SQOvrai  ' 

mrtiTQCJiaiog  ujv  »V   trt^ov  er  xaqa 

tiidoTotf   «£  t/LLüv  naöerai. 


Ich  benütze  den  leeren  Baum,  um  noch  auf  eine  meines  Wissens  bisher  unberücksichtigte 
Stelle  des  Aristoteles,  de  aud.  p.  80lb  15  ed.  Bekk.  aufmerksam  zu  machen,  die  für  die  Einführung 
von  Einzelchoreuten  in  gesprochenen  Partien  von  äusserster  Wichtigkeit  ist.  Es  spricht  dort  der 
Philosoph  von  der  Störung,  welche  ein  schlecht  articulirter  Ton  auf  die  andern  ausübe,  und  fährt 
dann  fort:  <?to  xal  fiaXkop  kyos  tatqvovteg  awituEv  »j  noXkiöi'  eine,  tkvtu  Xtyövxwv,  xa&aneQ  xal, 
inl  rtöv  %o()ö(5f  xtti  'tokv  rjXtov  (sc.  awikfifv),  otav  rtgosavlfj  ns  tcfxcc  xai  xiB-agi^,  cfia  ro 
<rvyx(to&ca  rüg  (pwvüs  vnn  twp  frsyun'.  Ich  bringe  eben  diese  Bemerkung  unmittelbar  mit  dem 
Drama  in  Verbindung;  denn  in  der  Poetik  c.  15  extr.  beruft  sich  Aristoteles  bezüglich  der  bei  Auf- 
führung der  Tragödie  vorkommenden  Sinneswahrnehmungea   auf  seine  früher  herausgegebenen  Bücher. 


ABHANDLUNGEN 

DER 

PHIL0S0PHISCH-PHIL0L0G1SHEN   CLASSE 

DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 

AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTEN   BANDES 

DRITTE  ABTHEILUNG. 


ABHANDLUNGEN 


DER 


PHILOSOPHISCH-PHILOLOGISCHEN  CLASSE 


DER  KÖNIGLICH  BAYERISCHEN 


AKADEMIE  der  WISSENSCHAFTEN. 


VIERZEHNTEN  BANDES 

DRITTE   ABTHEILUNG. 

IN  DER  REIHE  DER  DENKSCHRIFTEN  DER  XLIX.  BAND. 


MÜNCHEN, 

1878. 
VERLAG  DER   K.  AKADEMIE, 

IN  COMMISSION  BEI  G.  FRANZ. 


Inhalt. 


Seite 

Die  rhythmische  Coutinuität  der  griechischen  Chorgesänge.   Von  Wilhelm  v.  Christ       1 

Busiris  und  Osymandyas.     Von  Dr.  Lauth 73 

Das  Taufbuch    der  Aethiopischen  Kirche.     Aethiopisch   und  Deutsch    von  Ernst 

Trumpp 147 

Vita  Adae  et  Evae.     Herausgegeben  und  erläutert  von   Wilhelm  Meyer    .     .     .185 


Die  rhythmische  Oontinuität 


der 


griechischen  Chorgesänge. 


Von 


W.  Christ. 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth. 


Die  rhythmische  Continuität 

der 

griechischen    Chorgesänge. 


Das  Alpha  und  Omega  aller  metrischen  Untersuchungen  auf  dem 
Gebiete  der  lyrischen  Poesie  der  Griechen  bildet  die  Frage,  ob  die  alte 
Musik  in  gleicher  oder  ähnlicher  Weise  wie  die  moderne  an  eine  strenge 
Regelmässigkeit  der  rhythmischen  Bewegung  gebunden  war  oder  nicht. 
Da  die  uns  erhaltenen  Texte  der  griechischen  Gesänge,  die  der  eigent- 
lichen Lyriker  sowohl  wie  die  der  Dramatiker,  der  Annahme  einer  strikten 
Taktgleichheit  wenig  günstig  sind ,  so  setzte  sich  bei  den  Philologen 
seit  Maybom,  dem  berühmten  Bearbeiter  der  alten  Musiker,  die  Meinung 
fest,  dass  die  zum  Gesänge  bestimmten  lyrischen  Perioden  und  die  zur 
Recitation  geschaffenen  Verse  nicht  mit  dem  gleichen  Mass  gemessen 
werden  dürften,  dass  diese  an  einen  bestimmten,  leicht  erkennbaren  Takt 
gebunden  gewesen  seien,  in  jenen  eine  freiere  Behandlung  des  Rhythmus 
Platz  gegriffen  habe.  Ausser  an  den  Texten  der  Dichter  glaubte  man 
an  der  von  den  alten  Grammatikern  und  Metrikern  wiederholt  ausge- 
sprochenen Unterscheidung  von  metrum  und  rhythmus  einen  Anhalts- 
punkt für  diese  Auffassung  zu  haben.  Lange  Zeit  erhielt  sich  diese  Un- 
klarheit der  Vorstellung,  so  dass  man  wesentlich  nur  zum  Behufe  der 
Kritik  in  den  Strophen  die  Aufeinanderfolge  der  kurzen  und  langen 
Sylben  notirte.  Erst  im  Anfange  unseres  Jahrhunderts  hat  ein  genialer 
Mann,  der  allerdings  mehr  Musiker  als  Philologe  war,  hat  Aug.  Apel 
mit  jenem  Vorurtheil  gebrochen  und  in  seiner  i.  J.  1814  erschienenen 
Metrik  den  Satz  durchzuführen  gesucht,  dass  in  keiner  Art  der  antiken 
Poesie  Taktlosigkeit  geherrscht  habe  und  dass  in  Bezug  auf  die  Regel- 
mässigkeit des  Rhythmus  die  alte  Musik  der  neuen  vollkommen  gleich 


gewesen  sei.  Aber  G.  Hermann,  der  eben  damals  um  die  Herstellung 
und  das  Verständniss  gerade  der  lyrischen  Reste  des  hellenischen  Alter- 
thums  sich  die  glänzendsten  Verdienste  erwarb,  hatte  sich  eine  andere 
Vorstellung  von  dem  Vortrage  der  griechischen  Gesänge  gebildet  und 
vertheidigte  dieselbe  mit  einer  Hartnäckigkeit,  welche  einer  besseren 
Sache  würdig  gewesen  wäre,  gegen  das  cephemere  Phantasma1  des  phi- 
lologischen Dilettanten.  Und  auch  Aug.  Böckh,  wiewohl  er  anfangs 
der  neuen  Lehre  mehr  zugethan  war,  warf  sich  derselben  doch  nicht 
mit  voller  Hingabe  in  die  Arme,  hauptsächlich  weil  er  für  die  von  Apel 
neu  eingeführten  Zeitmasse  die  Begründung  in  den  Sätzen  der  alten 
Rhythmiker  vermisste;  s.   Böckh,  de  metris  Pindari  p.   92. 

Gegenüber  diesen  Männern,  welche  damals  durch  das  Gewicht  ihrer 
Autorität,  zumal  wenn  sie  übereinstimmten,  die  philologische  Welt  ins 
Schlepptau  zu  nehmen  gewohnt  waren,  hat  H.  Feussner  als  junger 
Mann  in  seiner  Doctordissertation,  de  antiquorum  metrorum  et  melorum 
discrimine,  Hanoviae  a.  MDCCCXXXVI,  die  Lehre  Apels  wieder  aufge- 
griffen und  durch  den  Hinweis  auf  zerstreute  Zeugnisse  des  Alterthums 
tiefer  begründet.  Seitdem  haben  so  ziemlich  alle,  welche  sich  mit  me- 
trischen Untersuchungen  befassten,  namentlich  Rossbach,  Westphal, 
Bellermann,  H.  u.  M.  Schmidt,  Brambach,  Brill,  Vogelmann 
an  dem  Grundgedanken  Apels  festgehalten;  aber  alle  werden  mir  zu- 
geben, dass  der  Streit  über  die  Skandirung  und  Rhythmisirung  der 
griechischen  Chorgesänge  noch  nicht  zum  endgiltigen  Austrag  gekommen 
ist.  Um  das  Wie  der  Durchführung  des  allgemein  anerkannten  Apel'schen 
Grundsatzes  gehen  die  Meinungen  noch  vielfach  auseinander;  über 
die  Ausdehnung  des  Taktwechsels  (jueraßolrj  (w&juov),  durch  den  das 
Princip  der  Taktgleichheit  wieder  stark  durchkreuzt  wird,  begegnen  uns 
fast  bei  jeder  Strophe  variirende  Ansichten ;  endlich  sind  die  verwickelten 
Compositionen  der  Lyriker  zum  grössten  Theil  unberührt  oder  doch 
wenigstens  unentwirrt  bei  Seite  liegen  geblieben.  Ich  selbst  klopfe 
schuldbewusst  an  die  Brust  und  bekenne  offen,  dass  ich  lange  Zeit  zu 
keiner  festen  Ueberzeugung  kam  und  auch  noch  als  ich  die  Epinikien 
Pindars  herausgab  und  meine  Metrik  schrieb,  über  die  Ausdehnung  der 
rhythmischen  Continuität  bei  den  Alten  im  Unklaren  war.  Was  ich  da- 
mals versäumte,  oder  vielmehr  worüber  ich  damals  mit  mir  noch  nicht 


völlig  ins  Keine  zu  kommen  vermochte,  habe  ich  in  der  Zwischenzeit 
eifrigst  nachzuholen  versucht  und  vorstehende  Abhandlung  enthält  die 
Grundlinien  meiner  jetzigen  Auffassung,  um  nicht  zu  sagen  Lösung  der 
obschwebenden  Frage. 

Mit  allgemeinen  Erwägungen,  mit  dem  Satz,  dass  das  Gefühl  für 
Rhythmus  dem  Menschen  angeboren  sei  und  das  Wesen  der  Musik  die 
rhythmische  Ordnung  der  Töne  erheische ,  wird  man  in  unser  con- 
creten  Frage  nicht  weit  kommen.  Bereits  die  Alten,  wie  Dionysius,  de 
adm.  vi  die.  Demosth.  c.  47  u.  50 ,  haben  auf  das  Bestimmteste  /uüog 
und  §v&ju6g,  Melodie  und  Takt  unterschieden;  und  wenn  auch  die  voll- 
kommene Musik  in  der  Vereinigung  der  geregelten  Bewegung  [(vS-fiog) 
und  der  harmonischen  Mischung  der  Töne  (^elog)  besteht,  so  wäre  es  doch 
immerhin  denkbar,  dass  die  Griechen  hinter  jenem  Ideal  zurückgeblieben 
seien.  Die  hohe  Vollendung,  welche  uns  aus  den  griechischen  Werken  der 
Plastik  und  Architektur  entgegenstrahlt,  kann  dagegen  nicht  mit  ent- 
scheidendem Erfolge  geltend  gemacht  werden.  Denn  nicht  zu  allen  Kün- 
sten war  der  griechische  Genius  gleich  glücklich  angelegt,  und  schwerlich 
hätte  sich  je  die  einfache  homophone  griechische  Musik  mit  dem  Töne- 
reichthum  der  modernen  Polyphonie  messen  können.  Ja  in  bedenklicher 
Weise  scheint  sogar  das  byzantinische  Kirchenlied,  welches  sich  doch 
aus  der  altgriechischen  Musik  entwickelt  hat,  gegen  die  Annahme  zu 
sprechen,  dass  die  antike  Melik  in  gleicher  Weise  wie  [die  moderne 
Musik  an  das  Gesetz  der  Taktgleichheit  gebunden  war.  Freilich  darf 
der  Taktlosigkeit  der  mittelalterlichen  Kirchenmusik  auch  nicht  nach 
der  anderen  Seite  zu  viel  Beweiskraft  beigelegt  werden.  Denn  einmal 
wäre  es  nicht  der  erste  Fall,  dass  eine  Kunst,  zumal  eine  nicht  durch 
äussere  Zeichen  fixirte,  im  Laufe  der  Zeiten  verloren  gegangen  wäre, 
um  später  wieder  von  neuem  erfunden  zu  werden.  Sodann  werden  die 
Kirchenlieder  der  griechischen  Gemeinden  von  einzelnen  Sängern  im 
Stehen  gesungen ,  während  die  meisten  altgriechischen  Lieder  für  den 
Chorgesang  bestimmt  waren  und  ihr  Vortrag  von  Marsch-  und  Tanz- 
bewegungen begleitet  war.  Ein  Mangel  der  rhythmischen  Gleichmässig- 
keit  aber,  der  beim  Sologesang  eines  Stehliedes  einem  minder  fein  ge- 
bildeten Ohr  kaum  auffällt,  würde  den  Zusammenklang  und  die  Marsch- 
ordnung eines  Chores  völlig  zu  stören  und  in  ein  wirres  Durcheinander 


G 

aufzulösen  vermögen.  Aber  wenn  man  auch  zugeben  muss,  dass  schon 
allgemeine  Erwägungen  mehr  für  Taktgleichheit  in  der  antiken  Melik 
sprechen  als  für  das  Gegentheil,  so  kann  doch  auf  diesem  Wege  unsere 
Frage  noch  nicht  einer  sicheren  Entscheidung  zugeführt  werden. 

Von  grösserer  Bedeutung  sind  die  Zeugnisse  der  alten  Schriftsteller, 
welche  uns  von  dem  rhythmischen  Werthe  der  einzelnen  Sylben  im  Ge- 
gensatz zu  ihrer  Quantität  in  der  gewöhnlichen  Umgangssprache  und 
von  der  Gleichmässigkeit  der  einzelnen  Intervalle  in  dem  Gesänge  und 
der  Musik  berichten.  Aussprüche,  wie  die  des  Cicero,  de  orat.  III  50, 
196  cnon  solum  verbis  arte  positis  moventur  homines,  verum  etiam 
numeris  ac  vocibus.  quotus  enim  quisque  est  qui  teneat  artem  nu- 
merorum  ac  modorum?  at  in  his  ei  paullum  modo  offensum  est,  ut 
aut  contractione  brevius  fieret  aut  productione  longius,  theatra  tota  re- 
clarnant*  weisen  doch  zu  deutlich  auf  strenge,  ja  strengste  Beobachtung 
des  Taktes  in  den  Canticis  des  antiken  Dramas  hin.  Und  wenn  Quinti- 
lian  IX  4,  55  von  den  Rhythmen,  also  speciell  von  den  freieren  lyrischen 
Dichtungen  sagt  crhythmi  neque  finem  habent  certum  nee  ullam  in 
contextu  varietatem,  sed  qua  coeperunt  sublatione  ac  positione 
ad  finem  usque  decurrunt*  so  lässt  sich  doch  an  dieser  bestimmten  An- 
gabe von  der  Gleichheit  der  einzelnen  Takte  schliesslich  nicht  herum- 
mäkeln. Die  Zeugnisse  der  Alten  von  der  rhythmischen  Ordnung  sind 
zusammengestellt  von  Feussner  in  der  bereits  oben  angezogenen  Schrift; 
zu  den  damals  bekannten  Stellen  kamen  später  noch  durch  Bellermann's 
und  Vincent's  Bemühungen  die  Auszüge  aus  Aristoxenos  in  dem  Frag- 
mentum  Parisinum  und  das  so  oft  vermisste  ausdrückliche  Zeugniss 
über  die  [lax^a  r^i^ovog  rsryaxQovog  und  neyrd^goyog  bei  dem  Beller- 
mannischen Anonymus  neyl  uovöizrjg.  Den  Werth  aber  aller  dieser  Stellen 
und  ihre  Beweiskraft  für  die  uns  hier  beschäftigende  Frage  näher  zu 
prüfen,  kann  uns  wohl  füglich  erlassen  werden,  nachdem  Feussner  diesen 
Punkt  schon  in  überzeugender  Weise  beleuchtet  hat  und  neuerdings 
Cäsar  und  Westphal  die  rhythmischen  Lehrsätze  der  Alten  nach 
allen  Seiten  in  möglichst  helles  Licht  gestellt  haben.  Aber  wenn  man 
auch  den  zerstreuten  Zemgnissen  der  Alten  von  der  Taktgleichheit  der 
lyrischen  Gesänge  unbedingten  Glauben  schenkt  und  die  späten  Zeug- 
nisse von  den  verschiedenen  rhythmischen  Werthen    der  Sylben    unein- 


geschränkt  auch  für  die  ältere  klassische  Zeit  gelten  lässt,  so  bleibt 
doch  immer  noch  die  Hauptaufgabe  zu  lösen,  nämlich  die,  wie  sich  die 
lyrischen  Gedichte,  namentlich  die  Strophen  Pindars  und  der  Dramatiker 
jenem  Gesetze  der  Taktgleichheit  fügen.  Denn  so  willkürlich  wird  doch 
jedenfalls  nicht  der  Dichter,  der  in  der  besten  Zeit  des  Alterthums 
seine  Gedichte  selbst  in  Musik  setzte,  mit  dem  Texte  und  dem  natür- 
lichen Sylbenwerth  umgesprungen  sein,  dass  er  sich  nicht  in  der  .Dehn- 
ung (rov')  der  Längen  und  der  Zusammenziehung  der  Kürzen  an  ge- 
wisse Gesetze  band.  Dieses  vorausgesetzt,  muss  man  aber  erwarten,  dass 
sich  aus  den  uns  erhaltenen  Texten  durch  Vergleichung  der  verschie- 
denen Verse  jene  Regeln  wieder  reconstruiren  und  somit  die  wahren 
rhythmischen  Werthe  der  einzelnen  Sylben  aufdecken  lassen.  Einen 
Hauptgesichtspunkt,  der  bei  dieser  zwischen  nüchterner  Beweisführung 
und  kühner  Divination  vermittelnden  Thätigkeit  ins  Auge  gefasst  werden 
muss,  bildet  aber  eben  die  Gleichmässigkeit  der  Takte  und  die  rhyth- 
mische Continuität. 

In  der  eben  bezeichneten  Richtung  bewegen  sich  nun  mehr  oder  minder 
die  Reconstructionsversuche  des  rhythmischen  Baues  der  griechischen  Stro- 
phen. Die  Schemata,  in  denen  nur  die  natürliche  Quantität  der  Sylben  ange- 
merkt ist,  werden  nach  und  nach  immer  seltener;  immer  mehr  gewinnen  die 
Zeichen  für  drei-  und  mehrzeitige  Längen,  für  unvollkommene  Längen  und 
Kürzen  und  auch  für  leere  Zeiten  in  unseren  Ausgaben  und  metrischen  Hand 
büchern  Verbreitung.  Ja  selbst  der  moderne  Taktstrich  hat  bereits  in  die 
antike  Poesie  Eingang  gefunden  und  scheint  sich  namentlich  in  der  Weise, 
wie  ihn  Brambach  gebraucht,  als  ein  ganz  vorzügliches  Mittel  zu  bewähren, 
um  mit  ihm  statt  mit  der  immerhin  doch  mangelhaften  Semasiologie 
der  neuen  und  alten  Rhythmik  ein  Gedicht  in  seine  einzelne  Füsse  zu 
zerlegen.  Aber  fast  kommt  es  mir  vor,  als  ob  man  nachgerade  allzu 
weit  in  der  blos  empirischen  Behandlung  der  Sache  gehe,  als  ob  man 
mehr  im  Einzelnen  taste  und  probire ,  als  von  der  Erkenntniss  be- 
stimmter Gesetze  sich  leiten  lasse.  Sicher  wird  der  nur  allzu  häufige 
Widerstreit  in  der  rhythmischen  Zerlegung  der  Chorgesänge  sich  nicht 
ausgleichen  lassen,  ohne  dass  gewisse  Kardinalpunkte  in  der  Lehre  von 
der  Taktgleichheit  durch  Heranziehung  sämmtlicher  analoger  Fälle  fest- 
gestellt werden.     Ich  selbst  bringe  daher  einmal  in  dieser  Abhandlung 


8 

alle  diejenigen  rhythmischen  Werthe  zur  Besprechung,  welche  wir  zur 
Herstellung  der  Taktgleichheit  in  den  griechischen  Gesängen  bedürfen. 
Es  werden  dabei  viele  Dinge  berührt  werden  müssen ,  über  die  unter 
vorurtheilslosen  Forschern  schon  längst  keine  Controverse  mehr  herrscht. 
Bei  diesen  werde  ich  mich  kurz  fassen  und  nicht  von  neuem  die  ganze 
Beweisführung  wieder  aufnehmen,  um  bei  den  bis  jetzt  noch  nicht  im 
Zusammenhang  erörterten  Punkten  desto  mehr  ins  Detail  einzugehen. 
Ueberdiess  werde  ich  mich  wesentlich  auf  die  lyrischen  Partien  der 
Dramatiker  beschränken,  nicht  als  ob  die  Lyriker  ganz  anderen  Ge- 
setzen unterworfen  gewesen  seien  oder  als  ob  ich  an  den  Schematen 
meiner  Pindarausgabe  nichts  zu  ändern  und  zu  bessern  hätte,  sondern 
weil  ich  zuvor  einmal  in  einem  beschränkteren  Kreise  und  an  leichteren 
Beispielen  die  Durchführbarkeit  meiner  Sätze  erweisen  wollte. 

I. 

Die  rhythmische  Gleichstellung  äusserlich  verschiedener  Füsse. 

1)  Rationale  Takte  neben  irrationalen.  Seit  Alters  galt  es 
als  feststehende  Regel  für  den  Bau  des  jambischen  Trimeter  und  tro- 
chäischen Tetrameter,  dass  von  den  2  zu  einem  zusammengesetzten  Takte 
vereinigten  einfachen  Füssen  der  zweite  auf  eine  zweifelhafte  statt  auf 
eine  kurze  Sylbe  endigen  dürfe,  so  dass  das  Schema  der  beiden  Verse 
sich  folgender  Massen  darstellte: 

xr  \  —  ^  —  -c  |  —  w  — '  -u-  |  —  ^  — 

Es  wechselten  also  reine  und  irrationale  Takte  in  jenen  Versmassen 
mit  einander  ab,  und  es  kann  auch  kaum  daran  gedacht  werden,  dass 
im  Vortrag,  etwa  durch  längeres  Anhalten  der  Länge  des  reinen  Fusses 
der  Zeitunterschied  zwischen  den  beiden  Füssen  wieder  aufgehoben 
worden  sei.  Gleichwohl  blieb  die  Taktgleichheit  in  diesen  Versen  inso- 
fern gewahrt,  als  der  Dirigent  nicht  nach  einzelnen  Füssen,  sondern 
nach  Dipodien  den  Takt  schlug.  Bemerkenswerth  ist  es  aber  doch,  dass 
in  den  trochäisch-jambischen  Liedern  der  Tragödie  der  syll.  anceps  so 
gut  wie  gar  keine  Stelle  eingeräumt,  also  auch  jene  untergeordnete  Un- 
gleichheit der  einzelnen  Füsse  vermieden  wurde. 


In  der  lyrischen  Poesie  begegnet  uns  ein  irrationaler  Trochäus 
neben  einem  reinen  in  dem  Glyconeus,  dem  Eupolideus  und  anderen 
freier  behandelten  Versen: 

T7  |  W     V     |  W    |  — 

—  TT  |  —  TT         |— uu)u_|_xr|  —  T7|—    ^|_ 

Theilweise,  wie  bei  dem  polyschematistischen  Eupolideus,  mag  jene 
Verletzung  der  strengen  Taktgleichheit  auf  Rechnung  der  nachlässigeren 
Thalia  geschrieben  worden,  die  es  auch  mit  den  Gesetzen  des  Rhythmus 
nicht  so  streng  nahm,  wie  ihre  Schwester  Melpomene.  Ausserdem  aber 
wird  auch  die  äussere  Ungleichheit  der  einzelnen  Füsse  jener  Verse  sich 
im  Gesänge  zum  mindesten  gemindert  haben,  indem  in  denselben  jeder 
Fus8  den  Umfang  von  3  Zeiten  etwas  überschritten  zu  haben,  und  spe- 
ciell  der  irrationale  Trochäus  dem  nachfolgenden  kyklischen  Daktylus 
halbwegs  entgegengekommen  zu  sein  scheint. 

Mehr  ward  die  strenge  Taktgleichheit  gestört  durch  die  syll.  anc. 
am  Schlüsse  eines  Kolon,  wie  in  dem  Verse  des  Alcäus  fr.  15,  in  dem 
ich  durch   Doppelstriche  die  Gliederung  in  Kola  angedeutet  habe: 

—  -CT  |  —  u     V    |  _   v    |  u_  ||  _  -er  |  —v     V    |  _    V    |  _  X7  ||  —   v    |  •—  || 

(xaqfxaiqEL  de.  fteyctg  ög/aoq  |  %cik/.ij)  '  naoa  <?  ^Qf]  y.ex6a/j.rjTai  axeya 
}.af.i7iQaiöLV  xvvlaioi,  x.ar  |  xav  Xevxoi  xa&V7te()d,ev  ucitioi  Xocpoi 

oder  in  dem  Verse  Pindars  Nem.   IV  5 

—  X7  |  —  v   |  —  w    v   |  _  tt  ||  _  u    u   |  _  w   |  •—  || 

yv~ux  roGöov  svXoyla  qtoQfiiyyi  avvaoQog. 
KaöfxeloL   vlv  qvy.  äax.ovteg  av&eot,  (.dyvvov. 

Denn  hier  erlaubten  sich  die  Dichter  sicher  nur  desshalb  im  Texte 
an  den  bezeichneten  Stellen  statt  einer  Kürze  auch  eine  Länge  zu  setzen, 
weil  am  Ende  des  Kolon  der  Rhythmus  in  eine  langsamere  Bewegung 
auslief.  Wir  haben  also  in  der  That  an  dieser  syll.  anc.  am  Ende  eines 
akatalektischen  Kolon  ein  Anzeichen  von  einer  grösseren  rhythmischen 
Freiheit,  als  mit  den  strengeren  Gesetzen  der  Taktgleichheit  unserer 
Musik  vereinbar  ist.  Bezeichnend  aber  ist  es  für  die  Entwicklung  der 
alten  Kunst,  dass  derartige  akatalektische  Kola  mit  schliessender  syll. 
anc.  bei  den  Dramatikern  sich  seltener  als  bei  Pindar  finden. 

Abh.  d.  I.  CL  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  2 


10 

2)  Kyklische  Daktyle  neben  Trochäen.  In  einer  Anzahl 
von  lyrischen  Versen,  wie  in  dem  Glyconeus  und  Hendecasyllabus  steht 
ein  Daktylus  neben  Trochäen 

_  -CT  |  —  <->    v|_u|_u|  — 

Es  wird  jetzt  allgemein  zugegeben,  dass  jener  Daktylus  ein  kyk- 
lischer  Daktylus  von  dem  Umfang  von  beiläufig  3  Zeiten   y  j  J  war  und 

dass  beim  Gesänge  nicht  ungleiche,  sondern  gleichlange  Rhythmen  ge- 
hört wurden.  In  gleicher  Weise  wurde  durch  den  rascheren  Vortrag 
der  Daktylen  der  äussere  Unterschied  aufgehoben,  wenn  in  einem  Liede 
neben  glykoneischen  oder  trochäischen  Tetrapodien  vierfüssige  daktylische 
Kola  stehen,  wie  in  Soph.  Antig.   388  ff. 

■frecov  ts  xav  vrce^taxav  Täv 

llXofXtVlüV    OQOTQCOV    ETOQ    sIq    STOQ. 

3)  Kyklische  Päone  neben  Daktylen.  Die  kyklischen  Dak- 
tyle  mit  dem  rhythmischen  Werthe  von  3  Zeiten  haben,  nachdem  sie 
Apel  aufgedeckt,  nach  und  nach  allgemein  Eingang  in  die  metrische 
Theorie  gefunden.  Hingegen  blieb  es  bis  auf  die  neuste  Zeit  unbeachtet, 
dass  es  auch  Päone  von  der  gleichen  rhythmischen  Geltung  gab,  welche 
desshalb  mit  kyklischen  Daktylen  und  reinen  Trochäen  zu  einer  Periode 
verbunden  werden  konnten.  Den  einleuchtendsten  Beleg  dafür  bieten  die 
im  raschesten  Tempo  vorgetragenen  Schlussverse  der  Parodos  der  Euri- 
pideischen  Bacchen  v.    157  ff. 


"U    u     c      — w    v    v      — \J    w 


evia  tov  sviov  ayaXXofxsvai  &eov 

ev  WQvylaiai  ßoalg  evortalol  re     ~~  w  u       |~~  w  v       |"v  v|"u  u| 

Vergleiche  meine  Metrik  S.  240  ff.,  wo  zuerst  auf  diese  kyklischen 
Päone  aufmerksam  gemacht  worden  ist. 

In  den  so  eben  erörterten  Verhältnissen  ist  es  auch  begründet,  dass 
in  Strophe  und  Antistrophe  der  kyklische  Daktylus  und  der  Trochäus 
ihre  Stelle  tauschen  können,  wie  in  Phil.   1124  =  1147 

7V0VT0V   &IVOQ   e(pTj[XBVOg.       —  T7  |  "~w    u  |  —     ü  I1"! 

h'&vrj  &rjQtüv  ovg  od'  syei.  —  "v  |  —   'S"  I  ~u  u  1 1~~  I 


11 

4)  Jonicus  neben  Ditrochäus.  Weitere  Fälle  der  Gleichstel- 
lung äusserlich  verschiedener  Takte  ergeben  sich  bei  den  zusammenge- 
setzten oder  sechszeitigen  Füssen.     Der  verbreitetste  Fall  ist  der,   dass 

ein    Jonicus vv    und    ein    Ditrochäus    mit   gleicher  Geltung    neben 

einander  stehen,  wie  ganz  offenbar  in  dem  sotadeischen  Vers: 

u    vi  —  v  —  u  I v    vi. , 

et  v.a.1  ßaoilevg  TtegjvKag,  wg  dvrjTog  äxovoov. 

Es  scheint  dieses  der  Taktunterschied  zu  sein,  welchen  Aristoxenus 
p.   298   M.  als  diayoQa  nodatv  xara  o^/r^ia  bezeichnet  hat. 

Da  ein  kyklischer  Daktylus  die  Stelle  eines  Trochäus  vertreten 
konnte,  so  ziehe  ich  mit  Apel  I  473  hieher  auch  die  Gleichstellung  von 

v     v     —    — V     V   V     —    v   — V     V 

in  den  von  Hephästion  c.    11    und    14  angeführten  Versen    der    Sappho 
und  des  Alkman 


ü     — V     V 


öiövxe  [tev  d  2eldva     xal  ührftadeg,  f.uaai  d£ 
»>txT£g,  7taqd  d*  eQxetf  i"qcc  •     syto  de  (.wva  '/.a&evdw. 

tieqlooov  •  dt  ydq  ^ÄTtoXkoiv  6  ^ivxyog. 
II. 

Scheinbare  Unterbrechung  des  Rhythmus  durch  Fehlen  eines 

Takttheiles. 

Eine  der  gewöhnlichsten  Erscheinungen  in  den  Liedern  der  griech- 
ischen Lyriker  und  Dramatiker  ist  die,  dass  mitten  im  Verse  oder 
mitten  in  der  Periode  die  Thesis  eines  Fusses  im  Texte  keinen  Ausdruck 
gefunden  hat,  so  dass  also  im  Texte  zwei  Arsen  zusammenstossen.  Es 
hat  sich  auch  hier  jetzt  ziemlich  allgemein  die  Ueberzeugung  Bahn  ge- 
brochen, dass  diese  Unterbrechung  des  rhythmischen  Ganges  nur  eine 
äusserliche  ist,  dass  thatsächlich  im  gesanglichen  Vortrag  die  Reihe 
wieder  hergestellt  wurde,  dadurch  dass  entweder  der  Sänger  während 
der  Zeitdauer  der  Thesis  pausirte,  oder  dadurch  dass  er  die  voran- 
gehende Länge  bis  zum  Umfange  eines  ganzen  Fusses  anhielt.  Die  Lehre 

2* 


12 

der  Alten  von  den  leeren  Zeiten  (jcqovoi  y.evoi)  und  <ler  längeren  Dauer 
(rovri)  der  Sylben  berechtigt  uns  um  so  mehr  zu  dieser  Annahme,  als 
die  Sätze  des  Anonymus  neyl  juovaixfjg  von  den  4  Arten  der  leeren 
Zeiten  (xevbg  ß()a%vg,  uaxyog,  rylörj/Liog,  rszyaörj/Liog)  und  den  4  Arten  der 
Länge  (jiaxQoi  di%Qovog,  ryixyovog,  tetqclxqov og ,  Tierxa/jjorog)  vortrefflich 
zu  derselben  stimmen.  Denn  gerade  diese  Werthe  bedürfen  wir,  um 
jene  scheinbare  Unterbrechung  in  den  verschiedenen  Khythmenge- 
schlechtern,  dem  diplasischen  daktylischen  und  päonischen  wieder  auf- 
zuheben. 

Ursprünglich  ward  nun  offenbar  der  fehlende  Takttheil  durch  eine 
Pause  ausgefüllt;  man  kann  dieses  vornehmlich  durch  zwei  Dinge  be- 
weisen, einmal  daraus  dass  in  dem  ältesten  Verse  der  Art,  in  dem  syn- 
kopirten  Hexameter  odir  elegischen  Pentameter,  zu  allen  Zeiten  Wort- 
schluss  nach  der  Länge  des  unvollständigen  Fusses  eintreten  musste, 
sodann  daraus  dass  sich  die  Synkope  überhaupt  am  meisten  am  Ende 
eines  Kolon  findet.  Aber  bei  der  Ausfüllung  der  unterdrückten  Thesis 
durch  eine  leere  Zeit  oder  die  den  Schluss  eines  Kolon  begleitende 
Pause  blieb  es  nicht ;  die  Dichter  setzten  sich  bald  über  die  Forderung 
des  Wortschlusses  an  jener  Stelle  hinweg ,  und  da  nun  unmöglich  die 
Sylben  eines  Wortes  durch  eine  Pause  auseinandergerissen  werden 
durften ,  so  blieb  nichts  anderes  übrig  als  die  vorausgehende  Länge 
auch  noch  über  die  Dauer  der  Thesis  anzuhalten.  Die  Verschiedenheit 
des  Textes  in  Strophe  und  Antistrophe  lässt  uns  sogar  vermuthen,  dass 
der  Sänger,  je  nachdem  ein  Wort  oder  gar  ein  Satz  an  der  fraglichen 
Stelle  schloss  oder  nicht,  bald  zur  Einlegung  einer  leeren  Zeit,  bald 
zum  längeren  Anhalten  der  vorausgehenden  Sylbe  schritt.  Die  Sache 
selbst  ist  ausserordentlich  einfach ,  da  wir  nur  einmal  von  dem  Buch- 
staben abzusehen  und  uns  selbst  bei  dem  Lesen  zu  beobachten  brauchen, 
um  sofort  einzusehen,  dass  wir  unwillkürlich  sogar  bei  der  gewöhn- 
lichen ßecitation  des  Pentameter  die  Länge  des  3.  Fusses  länger  an- 
halten und  mit  der  nachfolgenden  Pause  bis  auf  den  Umfang  von 
4  Zeiten  bringen. 

Es  wird  nun  auch  hier  unsere  Aufgabe  sein ,  die  einzelnen  Fälle 
dieser  rhythmischen  Ergänzung  zu  behandeln  und  an  deren  Aufzählung 
specielle  Bemerkungen  anzuschliessen. 


13 

1)  Synkope  in  jambis  ch- trochäischen  Versen.  Da  bei 
dieser  Art  der  Synkope  nur  eine  einzige  Zeit  durch  rhythmische  Mittel 
ausgefüllt  zu  werden  brauchte,  so  findet  sich  dieselbe  am  häufigsten, 
und  zwar  nicht  blos  in  Perioden  der  höheren  Lyrik ,  sondern  auch  in 
stichischen  Compositionen  (s.  Arist.  Vesp.  248  —  72).  In  der  Regel  traf 
dieselbe  den  2.  Theil  des  zusammengesetzten  Kusses.  Als  Beispiele 
können   die  von   Hephästion   c.    15   angeführten   Asynarteten  dienen: 

drn.n]TQog  ayvijg  y.al  KoQtjg  |  tr)v  TtavrflVQiv  oeßcov  (Arcliilochus). 
Xaßovocc  avyyoQEvaov,  cu  \  qtov  dt  y.ovcptio  o'  iyo'j  (Aristophanes). 


lEi[)Os  rjviy    uc7c6rag  j  sBeXajmpev  ccotiJq  (Euripides). 

t6  7täv  Jiog  otßag  7iaqe/.  \  ßavreg  ov  &e{4iOfcog  (Aeschylus). 

Der  erste  Fuss  der  Dipodie  hat  Synkope  erlitten  in  den  choliam- 
bischen   Versen,  wie  in 

ei  fxh  Ttovr/Qog,  f.irj  jcQoatQyev  t<?)  xvfAßti). 
elg  ccy.qov  I'Iy.wv  iöo7teQ  dXlaviüiJ'iytov. 

ebenso  in  denjenigen  zusammengesetzten  Versen,  in  denen  scheinbar 
die  Thesen,  nicht  die  Arsen  zusammentreffen,  wie  in  dem  von  Hephä- 
stion angeführten   Verse  des  Kallimachus 

Jr\\ir[V^i  tj}  Ttvkaij]  Tfj  tovtov  ovy.  IleXaoytöv. 

2)  Synkope  in  Logaöden.  Fast  gleich  oft  und  unter  den 
gleichen  Bedingungen  findet  sich  die  Synkope  in  den  verschiedenen 
Arten  logaödischer  Verse,  d.  i.  derjenigen  Verse,  in  denen  kyklische 
Daktyle  mit  Trochäen  vereinigt  sind.  Auch  hier  hat  Hephästion  unter 
seinen  Asynarteten  die  Hauptformen  angeführt: 

— V    \J    u   I  —    u   ' —  I  —    w   —  "C    I   —    w   — 

Evie  /.loooyaix    avai;  \  ya~iQ,  ecpaox    'ExyccvTidyg  (Cratinus). 
Slpalov  elöov  h  %oqi7>  |  7tr]/.Titf  zypvxa  xaXyv  (Anacreon). 
XQvaavyfig  x^oxoc  oitf  avn  |  voi  xQrjvai  fiiw&ovoip  (Sophocles). 


14 

Bekanntlich  ist  aus  dieser  Art  der  Synkope  ein  eigenes  Metrum, 
das  choriambische  erwachsen,  wie  sich  denn  in  der  That  mehrere  chori- 
ambische Verse  ganz  deutlich  als  synkopirte  Logaöden  kund  geben,  z.  B. 

aOTtlda  Qiipccg  Ttoxa^iov  -/.ccXXiqoov  naq    oy&ag  (Anacreon). 

3)  Synkope  eines  daktylischen  Fusses.  Seltener  als  in 
jambischen  und  logaödischen  Versen  findet  sich  die  Synkope  in  daktyl- 
ischen ;  natürlich,  da  es  hier  galt  2  Zeiten  durch  rhythmische  Freiheiten 
auszufüllen,  sich  also  bedeutend  weiter  von  dem  natürlichen  Quantitäts- 
werthe  der  Sylben  zu  entfernen.  Eben  daraus  erklärt  es  sich  auch, 
wesshalb  die  Dichter  sich  hier  in  der  Regel  die  Beschränkung  aufer- 
legten an  der  Stelle,  wo  eine  Synkope  stattfand,  Wortschluss  eintreten 
zu  lassen;  denn  auf  solche  Weise  wurde  ein  Theil  der  2  Zeiten  durch 
das  Intervall  ausgefüllt,  welches  auch  in  der  gewöhnlichen  Rede  zwei 
Wörter  von  einander  scheidet.  Das  bekannteste  Beispiel  daktylischer 
Synkope  ist  der  elegische  Pentameter 

"^=^  I  —  ww  I  i —  AI  v    vi  —  v    vi  — 

ov  yaQ  drjv  dvrjTolg  vßqiog  sqya  Ttilei  (Solon). 

4)  Synkope  eines  Päon.  Noch  gewaltsamer  war  die  Unter- 
drückung der  3 zeitigen  Thesis  eines  päonischen  Fusses;  ich  weiss  für 
dieselbe  nur  ein  sicheres  Beispiel  in  Pind.   Ol.  II  3 


7|T0i  Hioa  [isv  diog,  301v(.miada  S3  eavaaev  cHQcr/,Xertg. 

5)  Unterdrückung  zweier  Thesen.  In  den  jambisch-trochä- 
ischen ,  sowie  in  den  logaödischen  Versen  kommt  nun  aber  auch  der 
Fall  vor,  dass  in  2  Füssen  hintereinander  die  Thesis  keinen  Ausdruck 
im  Texte  gefunden  hat.  Am  häufigsten  findet  sich  diese  doppelte  Unter- 
drückung der  Thesis  im  Anfang  eines  Verses  und  am  Schlüsse  eines 
Kolon;  regelmässig  aber  mussten  die  beiden  synkopirten  Takte  der 
gleichen  Dipodie  angehören.  Beispiele  dieser  doppelten  Synkope  sind 
gar  nicht  selten,   wie 

7rel&ovTai  d"  aoidol  oaftaoiv  (Pind.  P.  I  3). 


15 


öevqo  öevte,  Mdloai,  xqvoiov  Ämoloai  (Sappho). 
xQccTvveig  ßiofxov,  sgticcv  %&ovog  (Aeschylus). 


'V     V   \J      ' —  l—     — u    w    u 


[aeIXixqooq  d'  £tt    IfXEQTco  viyvTai  ttqogwtiii)  (Sappho). 

6)  Unterdrückung  der  zweiten  Länge  des  Jonicus.  In 
mehreren  streng  gebauten  jonischen  Systemen  geht  der  Rhythmus  re- 
gelmässig und  ununterbrochen  fort  bis  auf  eine  und  die  andere  Stelle, 
wo  im  Texte  statt  eines  Jonicus  a  minore  ein  Anapäst  steht.  Westphal- 
Rossbach  haben  zuerst,  so  viel  ich  weiss,  in  solchen  Systemen  die  voll- 
ständige Continuität  dadurch  hergestellt,  dass  sie  die  Länge  des  schein- 
baren Anapäst  als  eine  vierzeitige  Sylbe  fassten.  Danach  werden  also 
die  jonischen  Verse  in  der  Parodos  der  Perser  v.  102  ff.  folgender 
Massen  gemessen: 

ÖEod-sv  yaQ  yf.azd  MoIq        w  u  | u  v  l1-1 

€"/.QatrjU£V    TO    TtCCÄCU- 

OV    £7tiGKt]lpE    ÖE    ÜEQGCCig 

7toXi(.iovg  TtvQyodaUzovg. 

Dieser  Messung  wird  man  unbedingt  beitreten,  wenn  mit  dem  un- 
vollständigen Fuss  ein  Kolon  und  zugleich  ein  Wort  schliesst,  da  in 
diesem  Falle  ein  Theil  des  vierzeitigen  Intervalls  durch  die  Pause  aus- 
gefüllt werden  konnte.  Aber  auch  wenn,  wie  in  dem  2.  Kolon,  kein  Wort 
mit  dem  katalektischen  Jonicus  schliesst,  erheischt  die  Analogie  und 
die  Continuität  des  Rhythmus  die  gleiche  Messung.  Nur  wenn  der  un- 
vollständige Fuss  im  Anfang  des  Kolon  steht,  kann  man  mit  Buchholtz, 
Priscae  latinitatis  origines  p.  334  auch  an  eine  Auflösung  der  ersten 
Länge  des  Jonicus  denken  und  demnach  den  Schlussvers  in  der  ange- 
zogenen Strophe  der  Perser  und  den  Proodos  in  der  Parodos  der  Bac- 
chen  des  Euripides  also  skandiren  ; 

diETZEiv  tTtTTioxoQfiag  te  xlovovg   u  v| w  u  I v  u  I  ^ 

7ToIecov  dvaGzaGEig. 


V      V 


V     u       


vioiag  (xtio  yalag 
Uqov  T/nwXov  ctfAEiipaoa.  &oa£io.    w 


^-"—  W      V 


w—  \J      \J 


16 

Die  Richtigkeit  dieser  Analyse  hängt  in  dem  2.  Falle  mit  der  in 
dem  folgenden  Kapitel  zu  besprechenden  Frage  zusammen,  in  dem  1. 
von   der  Stellung  der  Clausulae. 

III. 

Kopflose  Verse. 

In  unser  Musik  kann  nicht  blos  ein  unvollständiger  Schlusstakt 
seine  Ergänzung  durch  leere  Zeiten  erhalten,  sondern  können  auch  dem 
Beginne  des  Gesanges  leere  nur  durch  die  Musik  ausgefüllte  Zeiten  vor- 
angehen. Etwas  ähnliches  scheint  auch  bei  den  Alten  vorgekommen  zu 
sein,  indem  nicht  selten  in  einem  sonst  regelmässig  gebauten  Liede  der 
erste  Fuss  eine  abweichende,  unvollständige  Gestalt  hat.  Man  kann  nun 
hier  entweder  annehmen,  dass  der  erste  Fuss  ausser  Takt  gestanden  sei 
und  die  rhythmische  Bewegung  erst  mit  dem  zweiten  begonnen  habe, 
oder  dass  auch  der  erste  Fuss  durch  Zuhilfenahme  von  rhythmischen 
Mitteln  den  übrigen  gleichzustellen  sei.  Im  Wesentlichen  laufen  beide 
Auffassungen  auf  das  Gleiche  hinaus,  und  ich  möchte  G.  Hermann,  der 
zuerst  mit  seiner  Basis  die  aus  solchen  Versen  sich  ergebenden  Schwierig- 
keiten zu  beseitigen  suchte,  nicht  der  gebührenden  Ehre  berauben. 
Aber  gleichwohl  entschliesse  ich  mich  lieber  zu  dem  zweiten  Auskunfts- 
mittel, weil  es  auf  eine  grössere  Klasse  von  Versen  ausgedehnt  werden 
kann  und  weil  solche  Verstümmelungen  des  ersten  Fusses  auch  mitten 
in  einer  Periode  bei  dem  Beginne  des  2.  oder  3.  Kolon  vorkommen, 
wo  man  doch  nicht  wohl  von  einem  praeludium  numeri  deinceps  secu- 
turi  (Hermann  Elem.  p.  69)  reden  kann.  Ich  nenne  desshalb  solche 
Verse  kopflose  Verse  oder  uhya  ayMpala.  Der  Ausdruck  war  schon  den 
Alten  geläufig,  jedoch  in  einem  etwas  verschiedenen  Sinne,  indem  sie 
die  trochäische  Reihe  im   Gegensatz  zur  jambischen 

tj  —  v  —  tr  —  v  —  xr 

V  T7  —    ^    —  T7 

kopflos  nannten;   s.  Metrik  §  303. 

In  diese  Klasse  kopfloser  Verse  gehören  : 

1)  Die  antispastischen  Verse,  d.  i.  Verse,   welche  mit  einem 
Antispast  oder  mit  einem  Jambus  und  kyklischen  Daktylus  beginnen,  wie 


17 


o  Movoayirag  pe  xaXei  yogevocu  (Pindar) 

V V     I   — V      V      

Tto&M  tag  cc7toixofievag  (Enr.  Hei.  1306) 

v   — v    v    I  —    v   i —  I  —  X7  — v     vi 

ctQiGxov  fiiv  vdcoQ,  6  de  \  XQvaog  cu&6[xevov  tcvq  (Pindar). 

Diese  Verse  lassen  sich  so  messen,  dass  man  die   l.Sylbe  oder  den 

1.  Fuss    als  Auftakt    oder  Basis    absondert;    sie    lassen    aber    auch  die 

Auffassung  zu,    dass  der   1.   Fuss  vorn  verstümmelt  sei,    dass    also  die 
Reihe  mit  einem  Antispast  statt  mit  einem  Ditrochäus  beginne: 

v   I  i_  —   vi  —  v    >-',,,.  v   —  I ^  —  WV-'J....  W vi  _  V    <-',,.. 

Die  letzte  Auffassung  verdient  entschieden  da  den  Vorzug,  wo  in 
der  Antistrophe  der  Kürze  eine  Länge  gegenübersteht,  wie  in  Eur.  Hei. 
1306   =    1324 

Tto&io  rag  aitoixo(.iivag  'löcciav  Nvficpav  oxoTtidg 

ebenda  v.   1313   =    133 1 

XOQtüv  l'fw  TrccQ&evttov  ßooy.ag  ev(pvlAa)v  ellxwv. 

Meistens    findet    sich  ein    solcher  unvollständiger    Fuss    im  Anfang 
eines  Verses  oder  einer  Periode ;   mitunter  kommt  er  aber  auch  mitten 
im  Vers  beim  Beginn  des  zweiten  Gliedes  vor,  wie  im  eupolideischen  Vers 
io  d^etöfievoi,  '/.atEQio  j  Ttqog  vfxag  elev^iqiog. 

—  T7  —  "v    |  — v    W1 —  ||   v   —    —   v|  —   v' —  | 

2)  Der  Telesillische  Vers.     Die  Verse  der  Telesilla 

a<T  }^4QT£f.ng,  to  xoqcci, 
cpevyoioa  xov  ZdXcpeov 

werden  von   Hephästion  c.    1 1   als  katalektische  jonische  Dimeter  gefasst 
und  demnach  folgendermassen  gemessen : 

v     v|_v   ^  | 

Der  Vers  ist  bekanntlich  ausserordentlich  oft  von  Aristophanes  an- 
gewendet worden,  aber  so,  dass  er  die  erste  Sylbe  als  syll.  anc.  be- 
handelte.    Man  könnte  nun  in  Versen,  wie 

6  <5'  ä[.icpi&aXrjg  "Eqcog 

seine  Zuflucht  zur  ünvollständigkeit  des  ersten  Fusses  nehmen  und  den- 
selben durch  Annahme  einer  leeren  Zeit  ergänzen 

A    v   v    v    I v  —   A   | 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  3 


18 

Aber  da  sich  die  Kürze  im  Anfange  des  Kolon  findet,    auch  wenn 

dasselbe  mit  dem  vorausgehenden  durch  Wortgemeinsamkeit  verbunden 

ist,   wie  in  den  Fröschen  v.   456   f. 

oaoi  [ie[ivrjie&1  ev- 
oeßr]  xe  öi^yof.i€v 

so  muss  man  wohl  für  Aristophanes  von  der  jonischen  Messung  über- 
haupt abgehen  und  den  Vers  mit  den  Neueren  als  eine  logaödische 
Tripodie  mit  vorausgehendem  Auftakt  auffassen ,  der  blos  durch  den 
Ictus  auf  dem  vorletzten  Fusse  an  die  jonischen  Dimeter  erinnerte: 

— <~i    v  —   v   —  — L  —   vj     w   —  — 

•0-    — v       u    —   w    —  X7    — u      u   uL   — 

Daneben  kommen  aber  die  Kola 

—  —  v  v  | , |  und xx  |  —  ^  «—  j 

nicht  selten  bei  den  Dramatikern  in  glykoneischen  Strophen,  haupt- 
sächlich im  Anfange  und  am  Schlüsse  von  Perioden  vor,  wo  man  nach 
den  Versen  der  Umgebung  gar  nicht  daran  zweifeln  kann,  dass  dieselben 
die  Geltung  einer  Tetrapodie  oder  eines  Dimeters  hatten.  So  beginnt 
im  Oedipus  Rex  v.   1186  die  Strophe  mit  \ 

lio  yeveal  ßqoriov 
und   schliesst  v.    1195   mit 

ovdiv  (.ia.Y.a.QiLto 
und  werden  wir  unten  im  speciellen  Theil  noch  vielen  ähnlichen  Versen  der 
Art  begegnen.  Auch  Pindar  scheint  in  Pyth.  VIII  den  Vers  3  und  in  Ol.  IX 
den  Vers  7  und  vielleicht  auch  das  2.  Kolon  von  VV.  3 — 6  in  ähnlicher 
Weise  gemessen  zu  haben1).  Wenn  aber  zu  den  angezogenen  Versen  des 
Sophokles  noch  Bellermann  in  seiner  Ausgabe  des  Oedipus  einfach  be- 
merkt :  cVers  1  und  4  haben  statt  der  Basis  blos  einen  Auftakt1,  so  ist 
mit  dieser  Bemerkung  uns  wenig  gedient,  zumal  damit  gar  nicht  erklärt 


1)  Wenn  ich  mich  bezüglich  Pindars  reservirt  ausdrücke,  so  hat  dieses  darin  seinen  ßrund,  dass 
an  einer  anderen  Stelle  Nem.  IV  4  die  fragliche  Sylbe  in  allen  Strophen  kurz  ist-  Bestimmter  lässt 
sich  die  tetrapodische  Messung  von  dem  Distichon  des  Theokrit  fr  XVII  aufstellen  : 

i'c  TS  (ptuvcc  Aiäqiog  %(x>vriQ  6  rur  xw[t(pdiKv 

fvfjojy  ' Eni/ccQftos. 


19 

ist,  warum  jene  erste  Sylbe  fast  ausnahmslos  lang  ist.  Vielmehr  wird 
man  die  Taktgleichheit  entweder  mit  H.  Schmidt,  Kunstf.  II  53  durch 
dreizeitige  Messung    der    ersten  Länge    oder    durch   Heranziehung    einer 

leeren  Zeit  herstellen   müssen : 

1 —  —  u  o  |  _.  v  •—  |    oder   ^  --  ~~w  ^  i  —  u  ' —  | 

■—  —  -o-  j  —  ^  • —  I  oder  ^  -  —  X7 1  —  "  >—  j 
Die  zweite  Messung  verdient  immer  im  Anfang  einer  Periode  den 
Vorzug  und  ist  unbedingt  da  anzunehmen ,  wo  statt  der  beginnen- 
den Länge  auch  eine  Kürze  zugelassen  ist.  Besonders  zu  beachten 
ist  dabei  noch,  dass  manchmal  dem  kopflosen  Kolon  ein  überschüssiges, 
d.  i.  ein  auf  einen  Spondeus  statt  auf  einen  Trochäus  oder  eine  drei- 
zeitige Länge  endigendes  Kolon  vorangeht ,  so  dass  sich  gleichsam  der 
überschüssige  nnd  der  unvollständige  Takt  gegenseitig  ergänzen,  wie  in 
Eur.   Helena  v.    1301   f. 

ögeta  7iOTe  ÖQOf.iddi  '/.wIm    w  —  ~. w  w    -wu  —  V 

(.läcTjQ  d-etov  eov&rj.  u  | — °  w  /" 

wo  man  geradezu   schreiben  und  messen   könnte: 

OQElCt    710TE    ÖQOf.ldÖL    Y.C0-  v  —  ~w    w   I  ~~""   w  1—  I 

ty  f.i(xTrjQ  &6(3y  iovxh).         — "^  —  u  |~~ w  w  ~  I 

3)     Kopflo,se    Anfangsverse    jonischer    Systeme.     Das 
jonische  Lied  in  dem   1.   Stasimon  des  Prometheus   beginnt  mit 
Gxivto  oe  xäg  ovlofiivaq  Tv%ctg,  II()0[xi]&£v. 
Diesen  Vers  könnte  leicht  jemand  choriambisch  messen  wollen: 

w    I  —    u    < —  I  — V     \J   V    I  \J 

Aber  dagegen  spricht  der  Ausgang  des  Verses,  indem  fast  in  allen 
choriambischen  Versen  die  2  schliessenden  Längen  einen  eigenen  Dop- 
pelfuss,  nicht  den  2.  Theil  eines  Doppelfusses  bilden,  mehr  aber  noch 
der  jonische  Charakter  des  ganzen  Liedes,  wesshalb  schon  Dindorf, 
Metra  Aesch.  Soph.  Eur.  et  Arist.  p.  6  richtig  bemerkt:  versus  sunt 
ionici  a  minore,  non  choriambici.  Stellen  wir  aber  jonischen  Rhythmus 
her,  so  erhalten  wir  im  Anfang  einen  unvollständigen  Fuss 

An  einer  anderen  Stelle,  in  der  Elektra  des  Sophokles  v.  1066 — 9 
geht  den  vollständigen  Jonikern  ein  Daktylus  voraus,  der  also  gleich- 
falls nur  einen  Theil  des  ersten  Doppelfusses  repräsentirt: 


20 

co  yßovia  ßgorolai  Oa/ua,  ~ °  v  |-  ^  -  u  | 

/.axa  (.toi  ßoaaov  olxTQav      u  w  \  —  ^  —  u  | 

OTia  TÖlg  evEQff  L4iQeidaig    w  u|-  u-  u  | 

dyoQevra  cp&QOvo'1  oveidr^.       w  ^  |~w  u  —  u  ' 

vgl.  Aesch.   Pers.   648  und   659  ,    Eur.   Heracl.   910,  Pind.   Pyth.  VIII   5. 

Wenn  wir  aber  hier  den  beginnenden  kyklischen  Daktylus  als  zweiten 
Theil  des  ersten  unvollständigen  Doppelfusses  fassen,  so  geht  diese  An- 
nahme von  der  Voraussetzung  aus ,  dass  dipodiach  gemessene  Kola 
nie  mit  Tripodien  und  Pentapodien  verbunden  worden  seien.  In  dem 
folgenden  Kapitel  werden  wir  dieser  Frage  näher  treten,  dabei  aber 
sehen,  dass  einzelne  Tripodien  unter  katalektischen  oder  akatalektischen 
Tetrapodien  schwerlich  unbedingt  abzuweisen  sind.  Daher  bleibt  auch 
hier  die  Möglichkeit,  dass  der  1.  Vers  gar  nicht  in  Doppelfüsse  zu  zer- 
legen ist,  mithin  auch  nicht  mit  einem  unvollständigen  Doppelfuss  an- 
fängt. Dann  muss  man  annehmen ,  dass  blos  durch  den  Ausgang  des 
1.  Verses  auf  2  Längen  der  Uebergang  zu  den  nachfolgenden  gebro- 
chenen Jonikern  angebahnt  sei. 

4)  Endlich  gibt  es  noch  eine  Reihe  einzelner  scheinbar  mit  einer 
ein-  oder  zweisylbigen  Anakrusis  beginnender  Verse,  bei  denen  der  Zu- 
sammenhang der  Strophe  ergibt,  dass  sie  vielmehr  mit  einem  Ionicus  a 
maiore  anfangen.  Dabei  ist  besonders  darauf  zu  achten,  ob  die  ge- 
wöhnlich als  Auftakt  betrachtete  Anfangssylbe  wirklich  den  Charakter 
einer  syll.  anc.  trägt,  ob  sie  nicht  vielmehr  in  Strophe  und  Antistrophe 
gleichmässig  lang  ist;  denn  dann  hat  immer  die  Ansicht,  dass  jene 
Sylbe  einen  anderen  rhythmischen  Werth  als  den  eines  Auftaktes  re- 
präsentire,  von  vornherein  einen  hohen  Grad  von  Wahrscheinlichkeit. 
So  ziehen   wir  die  erste   Sylbe  in   das  rhythmische  Gefüge  in 

—      v    i/  I  —   v  —  u  I 

qcxTTXtov  ItxUov  xd  noXV  aoidol  (Pind.  Nein.  II  2) 
vergl.  Pind.  Pyth    II    8,    Nem.    III    1.    IV   7,    Soph.   Oed.   C.   211,    1244 
und  Sappho  fr.   53. 

YjüoqeIv  7Cqo  d6f.icov  leyovoiv  aorceröv  ri  d-avfia  (Soph.  Tracli.  960) 

t'ivi  rtov  nd()og  w  1-iay.aiqa  Qiqßa  (Pind.  Isth.  VI   1). 
vgl.   Pindar  Nem.   111   8,   X   1,  Pyth.  X   6,   Eur.   Hec.   927. 


21 


Mtvtla  öia  yag  nvQog  f]l&  hiqto  li^Bi  (Eur.  Andr.  487) 

ffaeoif.ißQOTOi  avyai 

r/Jrag  mcodex^dg  (Eur.  Heracl.  750  u.  757). 

vgl.   Eur.  Andr.    125.    1034,   Arist.   Av.    1319   f. 

Auch  hier  würde  man  um  die  von  uns  gebilligte  jonische  Messung 
herumkommen,  wenn  man  die  Verse  in  einzelne  Takte  statt  in  Doppel- 
takte zerlegen  dürfte.  Da  aber  dieselben  nicht  blos  als  Proodoi  oder 
Epodoi  auftreten,  sondern  sich  auch  mitten  unter  dipodisch  gemessenen 
Versen  finden,  so  spricht  die  grössere  Wahrscheinlichkeit  dafür ,  dass 
auch  sie  in  Dipodien  zu  zerlegen  sind,  was  dann  die  jonische  Messung 
des  ersten  Fusses  zur  natürlichen  Folge  hat.  Schwerlich  indess  hatte 
dieser  Jonicus  auf  der  ersten  Sylbe  einen  gleich  starken  Ictus,  wie  die 
übrigen  Doppelfüsse ;  namentlich  führt  uns  das  rhythmische  Gefühl  bei 
dem   an  letzter  Stelle  angeführten  Kolon  unwillkührlich  auf  die  Betonung 


IV. 
Tripodien  neben  dipodisch  gemessenen  Versen. 

Vollkommene  Taktgleichheit  fordert,  dass  nicht  nur  die  einzelnen 
Takte  einander  gleich  sind,  sondern  dass  auch  innerhalb  der  Periode  immer 
gleich  viele  einfache  Füsse  zu  einem  zusammengesetzten  Fuss  vereinigt 
werden ,  dass  mit  anderen  Worten  nicht  der  eine  Theil  dipodisch,  der 
andere  monopodisch  oder  tripodisch  gemessen  werde.  Entsprechen  dieser 
höheren  Forderung  der  Taktgleichheit  auch  die  Gesänge  der  Griechen? 

Bevor  wir  an  die  Beantwortung  dieser  Frage  gehen,  müssen  wir 
zuerst  festzustellen  suchen,  welche  Versmasse  nicht  nach  einfachen,  son- 
dern nach  zusammengesetzten  Füssen  zu  messen  sind.  Denn  H.  Schmidt 
hat  sich  in  seinen  Kunstformen  der  griechischen  Poesie  die  Sache  sehr 
leicht  gemacht ,  indem  er  die  Kola  aller  Strophen  monopodisch  misst« 
Aber  schon  Apel,  Metrik  I  467  hat  treffend  von  dieser  Methode  bemerkt, 
dass  man  mit  ihr  Alles  rechtfertigen  könne.  Es  spricht  aber  gegen  die 
durchgängige  monopodische  Messung  die  übereinstimmende  Lehre  der  alten 


22 

Rhythmiker  und  Metriker,  welche  nicht  blos  die  jambischen  und  tro- 
chäischen Reihen,  sondern  auch  die  jonischen  und  choriambischen  und 
ausserdem  sämmtliche  gemischten  Verse  dipodisch  messen.  Und  setzt 
man  sich  auch  leichten  Fusses  über  den  'Unverstand  der  alten  Schul- 
pedanten3 hinweg,  wie  will  man  die  Thatsache  erklären,  dass  in  den 
anapästischen,  trochäischen,  glykoneischen  und  logaödischen  Gedichten 
die  Tetrapodie  der  Art  vorherrscht,  dass  sie  unter  andern  Heimsöth  ge- 
radezu zum  Grundschema  der  melischen  Composition  erheben  konnte? 
Es  geht  also  sicher  nicht  an,  alle  melischen  Verse  monopodisch  zu 
messen.  Aber  bei  welchen  Rhythmen  ist  man  berechtigt  oder  genöthigt 
dipodische  Messung  anzunehmen?  Sicherlich  vor  allem  bei  jenen  Vers- 
massen, in  denen  die  Dipodie  einen  bestimmten  äusseren  Ausdruck  ge- 
funden hat,  also  namentlich  in  anapästischen,  epitritischen,  jonischen 
und  choriambischen  Perioden.  Zweifelhafter  stellt  sich  die  Sache  schon 
bei  den  jambischen  und  trochäischen  Perioden  der  Tragödie.  Denn  diese 
sind  bekanntlich  in  der  Regel  so  gebaut,  dass  alle  Füsse  rein  sind ;  es 
fehlt  also  in  ihnen  an  äusseren  Anzeichen,  welche  zur  Zusammenfassung 
von  2  einfachen  Füssen  zu  einem  Doppelfuss  nöthigen.  Aber  möglich, 
ja  wahrscheinlich  bleibt  jene  Zusammenfassung  doch,  da  die  den  Di- 
metern  Trimetern  Tetrametern  entsprechende  Zahl  von  4  6  8  einfachen 
Füssen  unverändert  beibehalten  worden  ist.  Sodann  fehlen  bekanntlich 
auch  in  den  trochäisch-jambischen  Versen  der  Tragiker  die  zweifelhaften 
Sylben  nicht  ganz ,  stehen  aber  ausnahmslos  nur  an  solchen  Stellen, 
welche  bei  dipodischer  Messung  eine  zweifelhafte  Sylbe  zuliessen,  wie 
in  Aesch.  Prom.  163  =  182,  Eur.  Hei.  170.  174.  197,  Phoen.  1717, 
Iph.  Aul.  281.  Endlich  ist  es  auch  nicht  ohne  Gewicht,  dass  wenn 
2  Füsse  hintereinander  Synkope  erleiden ,  dieselben  regelmässig  einem 
Doppelfuss  angehören  und  sich  nie  auf  zwei  vertheilen.  Ich  bin  daher 
geneigt  auch  für  die  reinen  Trochäen  und  Jamben  die  dipodische  Mes- 
sung als  Regel  aufzustellen,  gebe  jedoch  zu,  dass  gerade  der  eigen- 
tümliche Bau  dieser  Verse  Ausnahmen  begünstigte  und  dass  jambische 
oder  trochäische  Tripodien  und  Pentapodien  namentlich  wenn  sie  an 
letzter  oder  vorletzter  Stelle  der  Periode  stehen,  wie  in  Aesch.  Pers.  552 
Eur.  Phoen.  338.  1715,  Suppl.  77,  Soph.  Ant.  881,  nicht  mehr  Anstoss 
erregen  dürfen   wie  daktylische  Tripodien  und  Pentapodien  in  der  gleichen 


23 

Stellung.  Grössere  Hedenken  bezüglich  der  Messung  nach  Dipodien  er- 
regen die  Glykoneen  und  ihnen  verwandte  Verse,  wenn  man  sie  nach 
der  Methode  Hermanns  skandirt.  Denn  sondern  wir  bei  dem  Glyconeus 
den  ersten  Fuss  als   Basis  ab 

dann  bleibt  eine  Tripodie,  keine  Tetrapodie  übrig.  Aber  wiewohl  auch 
ich  glaube,  dass  der  erste  Fuss  jener  Verse  ursprünglich  bei  den  äolischen 
Dichtern  ausserhalb  des  Taktes  stund  und  dass  die  logaödischen  Kola 
nicht  von  Hause  aus  dipodisch  gebaut  waren ,  so  legt  doch  schon  die 
veränderte  Behandlungsweise  jenes  Fusses  bei  Pindar  und  den  attischen 
Dichtern  die  Vermuthung  nahe,  dass  später  mit  dem  Umsichgreifen  der 
dipodischen  Messung  eine  andere  Auffassung  eintrat  und  auch  die  ehe- 
malige Basis  mit  in  das  Taktgefüge  hineingezogen  wurde.  Entscheidend 
aber  spricht  für  die  dipodische  Messung  der  Glykoneen  bei  den  Drama- 
tikern ihre  Verbindung  mit  trochäischen  und  daktylischen  Tetrapodien; 
auch  ist  von  grossem  Gewicht  die  syll.  anc.  in  dem  sogenannten  ersten 
Glykoneion 


bei  Aristophanes  Equ.   552  =  582,  welche  sich  nur  erklären  lässt,  wenn 
mit  dem  zweiten   Fuss  ein   Metron  schliesst. 

Ausser  Zweifel  steht  sodann  die  dipodische  Messung  in  den  Versen 
des  gemischten  jonischen  oder  choriambischen  Rhythmengeschlechtes, 
wie  in  dem  anakreontischen  alkäischen  sotadeischen  eupolideischen 
kratineischen    priapeischen  Tetrameter  und    dem  phaläkischen  Trimeter: 


—  \J 

w 

—  \j 

<_> 

<— 

— u 

w 

— 

u 

u-H- 

1- 



— 

w    yj 

__    w    — 

.    \J 

— 

w 

— 

w 

, 

— 

~ 

—  V 

—  <_>         V 

■r- 

— 

X7 

— 

CT 

—  w  i 

—  u 

w 

w 

V 

i— 

— 

T7 

— 

-o- 

—  v  i 

— 

T7 

— u    V 

, «_» 

^— 

— 

T7 

—  w 

V 

i 

— 

xr 

— u    v 

—    <_»  — 

-    V 

'— 

/\ 

sowie  in   dem   von  Theokrit  Idyll.   29  nachgeahmten  äolischen  Verse  der 
Sappho 

•  • — \J      V     I  — U      \J     V      Vi. Vi | 

Endlich    hat    nach    dem    Zeugniss    der    alten    Metriker    (vgl.    Metr. 
§   183)  die  dipodische  Messung  auch    in  den  daktylischen  Hypermetern 


24 

Platz  gegriffen,  und  werden  wir  namentlich  ein  aus  Tetrapodien  und 
Dipodien  aufgebautes  daktylisches  System  unbedenklich  nach  Doppel- 
füssen  messen  dürfen. 

Aber  auf  der  anderen  Seite  gibt  es  ebenso  unzweifelhaft  auch  Verse, 
welche  nur  monopodische  Skandirung  zulassen.  Dahin  gehören  vorerst 
alle  diejenigen  Verse,  welche  sich  aus  Tripodien  aufbauen.  Die  älteste 
und  verbreiteste  Tripodie  aber  war  die  daktyliche  von  der  Form 

Ihr  steht  in  dem  ungleichen  Rhythmengeschlecht  der  Dochmius  zur 
Seite.  Denn  mag  man  denselben  analysiren,  wie  man  will,  auf  eine  Tri- 
podie kommt  man  jedenfalls  hinaus.  Ferner  liegen  Tripodien  zu  Grunde 
den   Versen 

sTtug  av  elaiöoifx    |  a&faog  a'  dvrjQ  (Sophocles) 

ogag  del  Xtqv  '  \  noXkoiai  ydq  [teXeig  (Anacreeu) 

ov  TcarrJQ  e%ei  |  Jiog  eto7(aov  av  |  vtp  TtaqedQOv  (Piudar) 

'Eqaofioviör]  XaqlXae,   \  XQVf^a  TOi  V&oiov  (Archilochus) 


mortales  immortales  |  si  foret  fas  flere  (Epigr.  Naevii). 

Bei  anderen  Versen  aber  erheben  sich  Zweifel,  ob  man  sie  in  Tri- 
podien oder  Dipodien  zerlegen  soll.  So  ist  der  daktylische  Hexameter 
ursprünglich  aus  2   Tripodien  aufgebaut 


<U      U     U      V 


tog  (pocro  öccxqv  yiiov,  xov  <T  exXv e  (Dölßog  l4noXXa)v. 

Aber  der  lateinische  Grammatiker  Marius  Victorinus  p.  70  ed.  K  lehrt 
ausdrücklich,  dass  derselbe  auch  in  3  Dipodien  zerlegt  werden  könne, 
und  es  fragt  sich  nun,  welche  der  beiden  Messungen  in  jedem  einzelnen 
Falle  anzunehmen  sei.  Sodann  hat  den  kleineren  asklepiadeischen  Vers 
Apel  I   476  in   2   Tripodien  zerlegt 

— iL  -xj  — \j    u  i L  v    v  —  w  i 

nld-eg  ex  tieqÜtüjv  |  yäg  sXacpavzlvav  (Alcaeus) 


25 

Auch  ist  diese  Analyse  von  Horaz  und  den  lateinischen  Dichtern 
durch  die  regelmässige  Cäsur  nach  der  6.  Sylbe  bestimmt  angedeutet; 
aber  die  alten  Metriker  messen  unseren   Vers  dipodisch 

—  X7  — w    u   I  i v    v   I  —  w  i 

und    diese    Messung    erhält    einen    gewissen    Rückhalt    daran ,    dass    die 
griechischen  Dichter  die  Cäsur  nach  der  6.   Sylbe  oft   vernachlässigten. 

Noch  schwieriger  stellt  sich  die  Sache  bei  den  eigentlichen  Log- 
aöden,  da  ihr  daktylisches  Element  auf  monopodische,  ihr  trochäisches 
auf  dipodische  Messung  schliessen  lässt,  mehrere  unter  ihnen  der  dipo- 
dischen  Skandirung  sich  willig  fügen,  andere  hinwieder  hartnäckig  wider- 
streben. 

Unterliegt  so  schon  die  Vorfrage,  welche  Kola  und  Verse  nach 
Dipodien  und  welche  nach  Tripodien  oder  Einzelfüssen  zu  messen 
seien,  grossen  Schwierigkeiten,  so  steigern  sich  dieselben  noch  erheblich 
bei  Erledigung  der  Hauptfrage,  ob  die  Griechen  sich  erlaubt  haben  in- 
nerhalb derselben  Strophe  oder  Periode  von  dipodisch  gebauten  Gliedern 
zu  monopodischen  überzugehen.  Von  einer  unbedingten  Verneinung  dieser 
Frage  kann  von  vornherein  nicht  die  Rede  sein;  denn  sichere  Thatsache 
ist  es,  dass  Archilochus  in  den  epodischen  Dichtungen  daktylische  Tri- 
podien mit  jambischen  Dimetern  und  Trimetern  verbunden  hat,  und 
dass  sich  auch  die  dramatischen  Dichter  nicht  scheuten  in  Wechselge- 
sängen mit  vorherrschendem  dochmischen  Rhythmus  einzelne  jambische 
Dimeter  und  Trimeter  sowie  logaödische  Tetrapodien  einzulegen,  ja 
dass  selbst  Plautus,  der  in  seinen  Canticis  den  dipodischen  Bau  mit 
ungleich  grösserer  Consequenz  als  die  Griechen  durchgeführt  hat,  neben 
kretischen  Dimetern  und  Tetrametern  nicht  selten  katalektische  trochä- 
ische Tripodien  gebrauchte;  s.  meine  Metrik  S.  310.  Es  kann  sich  daher 
die  Untersuchung  nur  um  die  zwei  Punkte  drehen, 

1)  haben  die  Dichter  bei  Verbindung  von  ursprünglich  verschieden 
gemessenen  Elementen  jene  rhythmische  Verschiedenheit  aufzuheben  ge- 
sucht ? 

2)  dürfen  die  in  dipodisch  gemessenen  Strophen  vereinzelt  vor- 
kommenden Tripodien  durch  rhythmische  Mittel  den  Versen  der  Um- 
gebung angepasst  und  zu  Tetrapodien  erhoben  werden? 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  4 


26 

Um  mit  dem  ersten  Punkt  zu  beginnen,  so  war  bei  der  Vereinigung 
von  daktylischen  und  jambischen  Elementen  ein  doppeltes  Verfahren 
möglich:  entweder  behielt  jedes  der  beiden  Elemente  die  ihm  eigen- 
thümliche  Gliederung,  oder  es  akkommodirte  sich  ein  Element  dem  an- 
deren sowohl  in  Bezug  auf  die  Zeitgrösse  der  einzelnen  Füsse,  als  auch 
in  Bezug  auf  die  Grösse  der  zusammengesetzten  Füsse.  Das  erste  war 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  der  epodischen  Poesie  des  Archilochus 
der  Fall,  so  dass  also  in  ihr  ein  Taktwechsel  innerhalb  der  Periode 
angenommen  werden  muss;  das  zweite  scheint  mehr  oder  minder  in 
der  nacharchilochischen  Poesie,  in  der  chorischen  Lyrik  und  im  at- 
tischen Drama  eingetreten  zu  sein.  Das  ist  durch  die  Umgestaltungen 
angedeutet,  welche  beide  Elemente  bei  ihrer  Vereinigung  in  der  jüngeren 
Poesie  erlitten  haben.  Ehedem  konnte.n  in  den  daktylischen  Versen  an 
allen  Stellen  Spondeen  mit  Daktylen  wechseln;  in  den  mit  Trochäen 
und  Epitriten  verbundenen  daktylischen  Gliedern  erlangte  der  reine 
Daktylus  ein  fast  ausschliessliches  Vorrecht.  Doch  war  diese  Veränderung 
mehr  für  das  Zeitmass  der  einzelnen  Füsse  als  für  die  Art  der  Skan- 
dirung  von  Bedeutung.  Nach  beiden  Seiten  aber  übten  die  Modifica- 
tionen,  welche  im  Bau  der  jambischen  und  trochäischen  Glieder  ein- 
traten, ihren  bestimmenden  Einfluss.   Denn  wenn  in  den  Daktylo-Epitriten 

an  die  Stelle  des  trochäischen  Metron   —  ^  —  xr  das  epitritische  —  ^ 

trat,  so  trug  dieses  zur  Ausgleichung  des  Zeitmasses  der  einzelnen  Füsse 
entscheidend  bei,  zumal  wenn  die  einzelnen  Epitriten,  was  alle  Wahr- 
scheinlichkeit für  sich  hat,  folgenden  rhythmischen   Werth  erhielten 

r«—     IM 

•  •    0      0       0 

Und  wenn  in  den  Daktylo-Trochäen  das  trochäische  oder  jambische 
Kolon  sich  der  Freiheit  der  syll.  anceps  begab,  so  nahm  es  damit  einen 
Charakter  an,  der  die  monopodische  Messung  ermöglichte  und  eine  ver- 
bindende Brücke  zu  den  monopodisch  gemessenen  Daktylen  schlug. 

Aber  bei  der  Annahme  einer  blossen  Annäherung  ist  weder  die  alte 
noch  die  neue  Rhythmik  stehen  geblieben.  Den  Versuch  einer  völligen 
Ausgleichung  machten  nämlich  die  alten  Rhythmiker,  welche  nach  Ma- 
rius   Victorinus  p.   73   K.   daktylische  Hexameter  von  der  Form 


27 

statt  in  6  einfache  Füsse  in  2  Tttyiodbt  duydexaorjpoi  zerlegten,  deren 
jede  aus  4   Füssen 

—    ulu   —  I    v    v    I I 

bestehe.     Denn    damit    sollte    doch    wohl  erklärt  werden ,    wie    in    ge- 
mischten  Strophen  z.   B.  in  dem  Hymnus  auf  die  Muse 
KctkXioneia.  oocpä  Movowv  7tQoy.ad^ayeti  xeQ7tvwv 
y.al  oo(ps  [xvoxodoxa  ^iaxovg  yove  Jähe  Ilcciav 
evfteveig  TtccQeoxe  fxoi 

daktylische  Tripodien  neben  zwölfzeitigen  trochäischen  und  glykone- 
ischen  Tetrapodien  vorkommen  konnten.  Aber  die  Zerlegung  einer  dak- 
tylischen Tripodie  in  einen  Trochäus  Jambus  Pyrrichius  Spondeus  ist 
eine  solche  Ausgeburt  verstandloser  Schulweisheit,  dass  wir  auf  die- 
selbe in  keiner  Weise  eingehen  können. 

Weit  verständiger  ist  der  Versuch  neuerer  Rhythmiker  in  den  Dak- 
tylo-Epitriten  die  daktylischen  Elemente  mit  den  epitritischen  auszu- 
gleichen.  Schon  Feussner  nämlich  hat  den  Vers  Pindars 

oooa  de  pr}  Ttecpihrjxe  Zevg  axvQovxai  ßodv 
folgender  Massen  gemessen: 

v    v    —    uw     li i      i il      i v    —   —    I      i vi —    AI 

n  !  i  !  i  j  i  i  i    i  m  I 

4  J  d  d  d'  d  0  d  §•■  0  d 
Auf  solche  Weise  wurden  in  den  Daktylo-Epitriten  nicht  blos  die 
einzelnen  Füsse  zur  selben  Zeitgrösse  erhoben,  sondern  wurde  auch  die 
dipodische  Messung  von  den  Epitriten  auf  die  scheinbaren  daktylischen 
Tripodien  übertragen,  so  dass  eine  vollständige  rhythmische  Ausgleichung 
der  nach  dem  äusseren  Sylbenwerth  so  ungleichen  Elemente  eintrat. 
Es  ist  nicht  zu  leugnen ,  dass  eine  solche  Ausgleichung  sehr  gut  dem 
hesychastischen  Charakter  der  dorischen  Musik  und  der  daktylo  -  epi- 
tritischen Poesie  entspricht.  Auch  ist  es  möglich,  dass  jene  Messung 
wirklich  manchmal  vom  Dichter  beabsichtigt  war;  aber  als  Norm  und 
Kegel  kann  sie  nicht  aufgestellt  werden.  Vor  allem  wird  dieselbe  nicht 
bewiesen  durch  die  von  Feussner  angezogene  Stelle  der  Harmonik  des 
Aristoxenus    p.    34    ed.    Meib.    xal    rb    avro2)  jtuye&og   noda  re  dvvazai 


2)  Die  Handschriften  haben  ctiro  to  (leytSog  und  so  liest  auch  ohne  Beanstandung  der  neueste 
Herausgeher  Marquard;  aber  der  Sinn  verlangt  gebieterisch  to  «iro  piye&os. 

4* 


28 

y.al  avQvyiav.  Denn  dieser  Satz  hat  mit  den  Daktylo-Epitriten  nichts 
zu  thun,  sondern  bezieht  sich,  wie  Marquard  in  seinem  Commentar  der 
Schrift  S.  300  bemerkt,  auf  die  gemischten  jonischen  Verse  und  will 
nur  besagen,  dass  in  diesen  Versen  die  Grösse  von  6  Zeiten  sowohl 
einen  jonischen  Fuss  als  einen  trochäischen  Doppelfuss  bilden  kann, 
wie  in  dem  Sotadeus 


Sodann  würde  man  aber  auch  mit  der  Adoption  jener  Messung  zu 
rhythmischen  Werthen  kommen,  die  jeder  Wahrscheinlichkeit  entbehren 
und  mit  der  Ueberlieferung  der  alten  Theoretiker  in  direktem  Wider- 
spruche stehen.  Denn  einmal  steht  am  Schlüsse  der  daktylischen  Tri- 
podie  einige  Mal  (s.  meine  Metrik  S.  587)  ein  Trochäus  statt  eines  Spon- 
deus,  wie  in  Pindar  Nem.  X  65 

xca  Tta&ov  deivov  7iaXdf.iaig  ld(paqy]Xi6ai  diog 
so  dass  man  also  entweder  auch  einer  syll.  anc.  den  Umfang  einer 
/LiaxQa  rerQaarjjLiog  geben  oder  der  ersten  Länge  den  Werth  von  7  Zeiten 
beilegen  müsste.  Sodann  kommt  gar  nicht  selten  der  Fall  vor,  dass  der 
2.  Theil  des  Spondeus  unterdrückt  ist,  und  dieses  selbst  ohne  dass  mit 
der  ersten  Länge  ein  Wort  schliesst,  wie  in  Pindar  Pyth.  I  5 
devdov  tzvqoq  '  evdei  d'  dvd  ov.rftxqoi  diog  alexog. 

Es  müsste  also  angenommen  werden,  dass  eine  Dipodie  nicht  blos 
durch  einen  einfachen  Fuss,  sondern  auch  durch  einen  Theil  eines  ein- 
fachen Fusses  vertreten  werden  könne,  oder  mit  anderen  Worten,  dass 
es  Sylben  von  dem  rhythmischen  Werthe  von  8  Zeiten  gegeben  habe. 
Solche  Dehnungen  kommen  ja  auch  in  der  modernen  Musik  vorj  aber 
weder  kennt  die  Theorie  der  alten  Musiker  eine  grössere  Länge  als  die 
fiaxya  nsvxd^ovog  noch  lässt  der  Charakter  der  antiken  Poesie  eine  solche 
vermuthen. 

Wir  werden  also  zugeben  müssen,  dass  die  Alten  sich  erlaubten, 
dipodische  und  tripodische  Rhythmen  mit  einander  zu  verbinden,  ohne 
darin  eine  Störung  der  rhythmischen  Gleichmässigkeit  zu  finden  3).  Aber 


3)  In  dem  Texte  habe  ich  nur  diejenigen  Verbindungen  von  Daktylen  und  Trochäen  berück- 
sichtigt, in  denen  die  dipodische  Messung  nicht  zur  durchgängigen  Geltung  gekommen  ist,  die  Dak- 
tylo-Epitriten  und  die  epodischen  Daktylo-Iamben.  Daneben  gibt  es  aber  auch  noch  daktylo-trochäische 
Verse  und  Perioden,  in  denen  alle  Glieder  so  gebaut  sind,  dass  je  zwei  einfache  Füsse  einen  zusammen- 


29 

wenn  sie  dieses  sich  auch  in  Perioden  gestatteten,  welche  aus  verschie- 
denartigen rhythmischen  Elementen  zusammengesetzt  waren,  so  fragt  es 
sich  doch,  ob  sie  auch  bei  Verbindung  gleichartiger  Kola  eine  einzelne 
Tripodie  unter  Dipodien  und  Tetrapodien  zu  setzen  sich  erlaubten ,  ob 
mit  anderen  Worten  in  jambischen  trochäischen  jonischen  choriam- 
bischen glykoneischen  Versen  und  Strophen  eine  einzelne  Tripodie  oder 
Pentapodie  geduldet  werden  dürfe.  Dabei  kommen  aber  von  vornherein 
die  akatalektischen  Tripodien  und  Pentapodien  gar  nicht  in  Betracht, 
da  diese  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  durch  Dehnung  der  vorletzten 
Länge  den  rhythmischen  Werth  von  Tetrapodien  oder  Hexapodien  er- 
hielten, wie 

oig  fxr\  (xerQiog  alcov. 


rag  y.£QaO(poQOv  nsqivxev  3Iovg. 

Auch  jambische  und  logaödische  Kola,    in  denen  drei  vollständigen 
Füssen  eine  Länge  vorausgeht,   müssen  ausser   Berechnung  bleiben,    da 
auch    sie    durch  dreizeitige  Messung    der  beginnenden  Länge    zu  Tetra- 
podien erhoben  werden  können,  wie  in  Eur.  Phoen.   684  ff. 
IlEQGscpaooa  nai  <fiXa 

navTcov  avaoaa,  Ttctvxoiv  öi  Ja  rqocpog. 


Uebrig  bleiben  demnach  nur  die  katalektischen  Tripodien  und  die 
scheinbaren  auf  2  Längen  endigenden  Dipodien  und  Tetrapodien  mit 
und  ohne  Anakrusis: 


gesetzten  Fuss  bilden.  Es  gehören  in  diese  Kategorie  insbesondere  die  hyporchematischen  Daktylo- 
Trochäen  und  diejenigen  trochäischen  Strophen,  in  denen  das  trochäische  Element  derart  vorherrscht, 
dass  dem  Grundstock  der  trochäischen  oder  jambischen  Verse  nur  ein  oder  der  andere  daktylische  Vers 
beigemischt  ist.  Diese  Daktylen  sind  aber  auch  keine  eigentlichen,  sondern  kyklische  Daktylen  und  un- 
terscheiden sich  auch  äusserlich  in  ihrem  Bau  von  den  vierzeitigen  Daktylen  des  heroischen  Epos.  Denn 
während  im  Epos  sowie  in  den  Epoden  und  den  daktylo-epitritischen  Strophen  die  Tripodie  vorherrscht, 
ist  hier  das  herrschende  Mass  der  4füssige  Dimeter  oder  die  Tetrapodie  und  der  brachykatalektisch« 
Trimeter  oder  die  Pentapodie.  Als  Beispiele  dieser  dipodischen  Daktylo-Trochäen  aber  können  gelten 
die  Strophen  in  Aesch.  Agam.  160—7,  975—87,  Choeph.  585-93,  Eum.  526—37,  Soph.  Oed.  Col. 
1670-87,  Eur.  Cycl.  356—74,  608-23,  Bacch.  576-95,  Arist.  Av.  1313—22,  Lys.  1379—90. 


30 

Dass  nun  diese  Kola  vorkommen,  bedarf  keines  Nachweises;  dafür  hat 
jeder  Kenner  der  Dramatiker  ein  Dutzend  von  Stellen  bei  der  Hand. 
Aber  es  fragt  sich,  ob  nicht  ihr  Vorkommen  auf  Stellen  eingeschränkt 
war,  an  denen  sie  keine  Störung  der  dipodischen  Messung  herbeiführten. 
In  dieser  Beziehung  ist  aber  vor  allem  zu  beachten,  dass  solche  Tripo- 
dien  am  gewöhnlichsten  ihre  Stelle  am  Schlüsse  oder  am  Anfange  von 
Perioden  oder  Versen  haben.  Am  Versschluss  aber  geben  die  Pausen, 
welche  an  jenen  Stellen  nicht  blos  zulässig,  sondern  geradezu  nöthig 
sind,  ein  ebenso  einfaches  als  unverfängliches  Mittel  an  die  Hand,  um 
die  scheinbare  Tripodie  zu  einer  Tetrapodie  zu  ergänzen,  und  auch  im 
Anfang  hilft  uns  unsere  Lehre  von  der  häufigen  Unvollständigkeit  des 
ersten  Fusses  über  die  Schwierigkeiten  weg. 

Es  finden  sich  aber  Tripodien    am  Schlüsse    von    dipodisch  gemes- 
senen Perioden  und  Versen  in  Pindar  Ol.  I   6 

aXko  d-ahcvoTEQOv  sv  ctfxeQa  (pasvvdv  ccgtqov  Iq^iag  dt'  al&€Qog. 

ebenso  in  Pind.  Pyth.  VIII  4  u.  6,  X  6,  Nem.  III  3,  Isthm.  VII  5  u.  7, 
Simonides  37,  4  B. 

ferner  in  Aristoph.  Lys.    1307 

xa  otwv  yoQol  [teXovTi  |  aal  nodwv  KTimog. 


ebenso   Arist.    Lys.    1295,    Av.   853,  Aesch.   Suppl.    137,  Eur.  Iph.  Aul. 
295,  Hec.   210. 

Euripides  Elect.    121 

tpev  q)ev  rwv  oyßzXitov  tcovcov  |  v.ai  ozvyeQCtg  toag. 

ähnlich  Eur.  Ale.   990,    Heracl.   799,  Med.   647,   Cycl.   81,  El.  447,  Iph. 
Aul.   1088. 

Soph.  Philoct.  1175 

ei  öv  tav  s^ioi  atvyeqav  Tgtoada  yav  fx1  r^Ttioag  aSeiv. 


ähnlich  Aesch.  Agam.   687  u.  1506,  Choeph.  331.   384  u.  811,  Pers.  659, 
Prom.   166,  Suppl.   662,  Soph.  Aias   701,  Eur.  Rhes.  345.  351.  360.860. 


31 


Eur.  Bacch.  536. 

Jiovvaov  yctQLv  ol'vag  |  eu  ooi  rot  ßgoplov  /nelrjasi. 


Vergleiche    den  Versus    Reizianus  Metr.   S.   381,    ferner    Eur.   Med. 
438,  Aesch.   Prom.   129,  Terentius  Adelph.   614. 
Anacreon  fr.    19  u.   20 

7teTQr]Q  ig  tcoXlov  xvfxa  y.oXvfißw  (ae&vwv  eqüjxi. 
TQeipag  &v(xov  ig  ijßqv  teqevcov  fj^iOTtcov  vzt'  ccvXaiv. 


Sappho  (?)  bei  Hephaestion  c.   11 

Kq^oocu  vv  710&1  wo1  e/.i/Lie?J(og  tioöegolv 
wqyßvvi}'1  änaXolg  df-iaf  iqöevza  ßcofxov. 

Anacreon  bei  Hephaestion  c.    12 

(.leyaXo)  drjvre  p    "Eocog  exoipsv  ojote  %aXv.Evg.  4) 

Umgekehrt  geht  nicht  selten,  namentlich  in  daktylischen  und  log- 
aödischen  Perioden  eine  einzelne  Tripodie  als  Proodos  mehreren  Tetra- 
podien voraus,  wie  in  Arist.   Nub.   275 

lAivaoi  NecpiXai 

ccq&ü)(.iev  gjavEQal  dqoGEqav  cpvoiv  y.tX. 
oder  Soph.  Phil.   176 

(o  7taXa(xai  dscöv, 
io  övaxava  yivrj  ßQOxwv  v.xX. 
Eur.  Med.   180 

dXXd  ßäod  viv 

ÖEVQO    7Z0QEVG0V    OIV.LOV. 

und  ähnlich  in  Eur.  Andr.  790,  Iph.  Aul.  235.  256.  1088.  1276,  El. 
150  u.  452,  Suppl.  960,  Phoen.  331,  Troad.  1081,  Ion.  212,  Cycl.  361, 
Rhes.  367,  Aesch.  Choeph.  345,  Agam.  211,  Soph.  Aias  1199,  Phil. 
1090,  El.  479,  Arist.   Av.   676. 


4)  Vielleicht  kann  jedoch  in  einigen  der  hier  angezogenen  Verse  der  tripodische  Ausgang  durch 
andere  Messung,  durch  Absonderung  der  ersten  Sylbe  als  Auftakt  wie  in 

Kyrjooat  vv  7io#'  w«T  ifxfxtlibjg  noSsaßiu     —  |  "~v    ^  ' —  |     w    ^  —  w  | 

oder  durch  Zerlegung  des  Verses  in  2  Kola,  wie  in 

fxtyakta  ötvti  f*1  "JEpw?      u    w  | w   w  |  — 

exoxpsp  wäre  /aXxsvs  "C"  j  —  w  —  u  |  —  — 

beseitigt  werden. 


32 

Mit  diesen  epodischen  und  proodischen  Tripodien  könnten  wir  uns 
also  leicht  abfinden.  Aber  der  Gebrauch  der  Tripodien  ist  nicht  aus- 
schliesslich auf  jene  Stellen  beschränkt ;  es  finden  sich  ausserdem  einige 
Dutzend  von  Tripodien  in  der  Mitte  oder  an  vorletzter  Stelle  der  Pe- 
riode. Lassen  sich  nun  vielleicht  auch  diese  Tripodien  und  Pentapodien 
durch  rhythmische  Mittel  mit  der  dipodischen  Messung  der  umgebenden 
Kola  in  Einklang  bringen?  Das  ginge  leicht  an  allen  Stellen,  wenn  man 
sich  erlauben  dürfte  der  Schlusslänge  die  Bedeutung  nicht  blos  eines 
einfachen  Fusses,  sondern  einer  ganzen  Syzygie  zu  geben,  wenn  man 
also  z.  B.  in  den  Trachinierinnen  v.   527  ff.   messen  dürfte: 

to  (T  äfxcpiveixtjTov  6^f.ta  vvfxcpag  -  I  —  >-     *-      I  —  w  —  wl 

eleivov  anfitvu  y;\ —  w  I  —        X  | 

uärtö  fxccTQog  aqjaQ  ßtßaxEV  —  *■>  — ~  -  |  —  ~  —  ■-  \ 

Ü07CEQ  TiOQTig  eqri(.ia.  —  of  —  ~  -  |  —      —  ^  ! 

Aber  ich  nehme  Anstand  eine  so  grosse  Dehnung  einer  Sylbe,  zumal 

wenn  sie  nicht  durch  Zuhilfenahme  leerer  Zeiten  etwas  reducirt  werden 

kann,  in  die  alte  Rhythmik  einzuführen.    Hingegen  lasst  sich  an  vielen 

Stellen  mit  anderen  unbedenklicheren  Mitteln  auskommen.    Nicht  selten 

bedarf  es  blos  einer  richtigeren  Kolometrie,   wie   z.   B.  in  den  Thesmo- 

phoriazusen  v.   966,  wo  nicht  mit  Dindorf  abzutheilen   ist 

qv&{aov  yogslag  vmxye  Ttaoa  ■  ßctlve 
•/.aQ7iaXifxoLv  tioöo'iv 

sondern  mit  H.  Schmidt  im   Einklang  mit  der  Interpunction 

QV&ftdv  yoQEiag  vrcayE  Ttaoa  • 
ßalve  yiaQTtaXifxoiv  nodölv. 

Manchmal  wird  auch  mit  Conjectur  eine  Abhilfe  zu  treffen  sein, 
wie  in  Eur.   Suppl.   825 

(.lazegeg  xöckawai  ze/.vajv 

wo  Härtung  mit  Recht  zhvcov  getilgt  hat,  oder  in  Eur.   Hei.    1501 

[/Aca'/cov]  cXwv  in"1  oid/na  "/.vaviyqod  %e  '/.v^drcov 
qod-ia  rcofaä  dalaoorfi 

wo  ich  ylavxbv  als  Glosse  von  zvavoyjjoa  zu  tilgen  vorschlage,  oder  in 
Eur.  Cycl.   616 

alV  I'to)  Magtov  rtQaootiü) 


33 

wo  das  unsinnige  Maycor  mit  /LiaQfiayovv  vertauscht  werden  dürfte,  oder 
in  Iph.  Taur.   1135 

oegi  di  [lozia]  ttqctovol  xara  rcQÖJQav  vneq  otoXov  sxTtETaoovoi  Ticda. 
wo  loria  eine  Glosse  zu  nuda    zu  sein  scheint5).      Gewagter,  aber  nicht 
überkühn  ist  die  Entfernung  der  Tripodie    durch    spondeische  Messung 
der  scheinbaren   Basis,    die  ich  in  Anbetracht  des  feierliches  Tones  un- 
bedenklich annehme  in  Arist.  Thesm.   368 

Zev  w  7tay"/.QocTtg     ■-  •- 1  —  >-  »-  | 

und  die  vielleicht  auch  in  Soph.  Ant.  136,  Eur.  Hec.  482,  Herc.  für.  677 
zu  billigen  ist.  Auch  eine  Entfernung  der  Tripodie  durch  rhythmische 
Verbindung  zweier  aufeinanderfolgender  Kola,  wie  in  Soph.  Oed.  Col.  129 
(vgl.  Ant.    104,  Iph.  Aul.    176,  Pind.   Pyth.  VIII   5) 

ctg  rQSfxofiev  'kiyuv 

i  ü ,  — ;  y  | w|__/n| 

und  an  allen   Stellen,    wo  2   Tripodien  aufeinander  folgen,    wie  in  Eur. 

Ale.   218 

öijla  [Atv,  tpiXoi,  dr^Xct  /  dXX'  bf.icog 


möchte  ich  nicht  unbedingt  ablehnen,  wiewohl  Apel  von  diesem  Mittel 
einen  übertriebenen,  äusserst  bedenklichen  Gebrauch  gemacht  hat.  Aber 
immer  bleiben  noch  einige  Fälle  übrig,  an  denen  man  mit  den  ange- 
führten Mitteln  weniger  leicht  auskömmt,  wie  in  Aesch.  Agam.  404  f. 
775,  Suppl.  42,  Soph.  Ant.  807,  Aias  1209,  Trach.  528,  Oed.  Col.  1246, 
Eur.  Ale.  982,  Andr.  799,  Bacch.  873.  875,  Med.  660,  Hec.  453,  Troad. 
1295,  Hei.  1303.  1453,  Phoen.  1023—5,  Orest.  992—4,  Iph.  Aul.  1040. 
1045.  1080,  Rhes.  680 6).  Glückt  es  aber  nicht  an  allen  Stellen  die 
Tripodien  und  Pentapodien  mit  Sicherheit  zu  entfernen ,  so  wird  das 
Zutrauen  zur  Anwendung  jedes  kühneren  Mittels  und  selbst  der  Glaube 


5)  Umgekehrt  sind  nicht  selten  durch  verkehrte  Emendationen  falsche  Pentapodien  in  den  Text 
gekommen,  so  serbst  durch  G.  Hermann  in  Aesch.  Agam.  170.  389,  Prom.  425. 

6)  Mit  den  aufgezählten  jambischen  und  logaödischen  Tripodien  sind  auch  noch  die  katalek- 
tischen  daktylischen  in  Verbindung  zu  bringen,  welche  sich  in  einigen  trochäischen  Strophen,  namentlich 
als  xio'kov  nQoioduov  und  itccQatiXfvzov  finden,  wie  in  Aesch.  Prom  164,  Pers.  131,  Eur.  Andr.  137. 
464,  Troad.  1081.  1094—8,  Iph.  Aul.  1485.  1489.  1494,  Bacch.  1162,  Suppl.  835. 

Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  5 


34 

an  die  dipodische  Messung  der  diesbezüglichen  Verse  erschüttert.  Indess 
so  viel  steht  doch  unter  allen  Umständen  fest,  dass  in  jambischen  trochä- 
ischen glykoneischen  choriambischen  Strophen  Tripodien  nur  ausnahms- 
weise und  fast  nur  am  Anfang  und  am  Schluss  der  Periode  zugelassen 
wurden ,  und  dass  sich  im  Laufe  der  Zeit  die  Abneigung  gegen  Tri- 
podien immer  mehr  steigerte.  Einer  specielleren  Untersuchung  wird  es 
vielleicht  gelingen  hier  noch  bestimmtere  Grenzen  zu  ziehen  und  den 
Kreis  der  Freiheit  noch  mehr  einzudämmen.  Insbesondere  wird  es  sich 
empfehlen  dabei  zu  untersuchen,  ob  nicht  zwischen  Aeschylus  und  den 
jüngeren  Dramatikern  auch  in  diesem  Punkte  ein  Unterschied  besteht, 
und  ob  nicht  einzelne  Liedergattungen,  wie  insbesondere  das  Hyporchem, 
einer  Mischung  von  Dipodien  und  Tripodien  günstiger  gewesen  sind. 

Wiewohl  ich  meine  Untersuchung  auf  die  Dramatiker  beschränken 
wollte,  so  scheint  es  doch  in  diesem  dunklen  Punkte  von  Wichtigkeit 
zu  sein  noch  einen  Seitenblick  auf  die  Lyriker  und  speciell  auf  Pindar 
zu  werfen.  Bei  Pindar  also  ist  es  noch  weit  bedenklicher  in  logaödischen 
Strophen  den  Gebrauch  von  Tripodien  neben  Dipodien  und  Tetrapodien 
absolut  in  Abrede  stellen  zu  wollen.  Der  thebanische  Dichter  hat  sogar 
in  Daktylo-Epitriten  neben  daktylischen  Tripodien  ab  und  zu  auch  dak- 
tylische Dipodien  und  Tetrapodien  gebraucht  (s.  Metrik  S.  585);  gar 
nicht  so  selten  aber  finden  wir  bei  ihm  Tripodien  in  den  logaödischen 
Strophen  und  zwar  nicht  blos  an  dem  Versende.  An  einigen  Stellen  zwar 
lässt  sich  vielleicht  ein  Einklang  durch  Absonderung  der  Basis  her- 
stellen, wie  in  Isthm    VI   5 

Yotco  yaQ  oaq)£Q,  cavig  sv  xavxc^  vsqi&lct  %ahx^av 
cufAcczog  7tqo  cplXag  nax^ag  dfitverai. 

Aber  an  anderen  Stellen  ist  auch  dieser  Ausweg  abgeschlossen, 
wie  in  Ol.  I  ep.  3  4  u.  7,  Ol.  II  ep.  3,  Pyth.  V  4,  ep.  6.  Indess  hoffe 
ich  doch  auch  bei  Pindar  gerade  dadurch,  dass  ich  in  den  logaödischen 
Strophen  von  der  dipodischen  Gliederung  als  der  herrschenden  Regel 
ausgehe,  in  die  Analyse  jener  schwierigen  Strophengattung  grössere  Si- 
cherheit zu  bringen. 


35 
V. 

Die  rhythmische  Continuität  innerhalb  der  Strophe, 

Bei  Quintilian  IX  4,  51  lesen  wir:  inania  quoque  tempora  rhythmi 
facilius  accipient,  quamquam  haec  et  in  metris  accidunt.  maior  tarnen 
illic  licentia  est,  ubi  tempora  etiarn  inania7)  metiuntur  et  pedum  et 
digitoruin  ictu  et  intervalla  signant  quibusdarn  notis  atque  aestimant, 
quot  breves  illud  spatium  habeat.  Wir  sehen  daraus ,  dass  in  den 
Rhythmen  oder  den  zum  Gesang  bestimmten  lyrischen  Gedichten  von 
dem  Dichter  oder  Componisten  die  leeren  Zeiten  mit  in  den  Rhythmus 
eingerechnet  und  nach  ihrer  Grösse  bestimmt  wurden.  Damit  steht  in 
Einklang,  wenn  von  dem  Anonymus  neyl  juovoizrjg  unterschieden  wird  ein 

y.evdg  ßgcc/vg  /s 

Y.EVOQ    HCCXQOQ  7\ 

xevög  f.i.  TQior^og        x 
xevdg  ft.  T£TQaat]i.iog  x 

Denn  diese  verschiedenen  Zeichen  setzen  voraus,  dass  nicht  eine 
beliebig  lange  Pause  an  dem  Schlüsse  eines  Kolon  oder  einer  Periode 
angenommen  wurde,  sondern  dass  dieselbe  eine  genau  normirte  Zeit 
auszufüllen  bestimmt  war.  Etwas  Auffälliges  hat  diese  Lehre  von  vorn- 
herein für  uns  nicht;  umgekehrt  müsste  es  uns  befremden,  wenn  es 
bei  den  Alten  keine  eingerechneten  emmetrischen  Pausen  gegeben  hätte. 
Denn  ähnliche  Pausezeichen  haben  wir  ja  auch  in  unsern  Melodien- 
büchern, und  kaum  können  wir  uns  vorstellen,  wie  bei  Marschgesängen 
eine  grössere  Schaar  hätte  Schritt  halten  können,  wenn  es  nicht  genau 
festgesetzt  gewesen  wäre,  wie  viele  Schritte  während  der  Pausen  am 
Schluss  der  einzelnen  Perioden  gemacht  werden  durften. 

Aber  auf  der  anderen  Seite  muss  doch  daran  erinnert  werden,  dass 
es  recht  wohl  auch  Lieder  ohne  emmetrische  Pausen  geben  konnte. 
Denn  ohne  Pause  zwar  kann  keine  längere  Strophe  gesungen  oder  de- 
clamirt  werden ;  wird  dieselbe  aber  von  einem  Einzelnen  vorgetragen, 
so  braucht  keine  Störung  befürchtet  zu  werden,  wenn  es  in  das  Be- 
lieben desselben  gestellt  wird,  ob  er  eine  Achtel-  oder  eine  Viertel- 
oder eine  Halbezeit  an  dem  Schlüsse  der  einzelnen  Sätze  ausruhen  wolle. 


7)  So  habe  ich  bei  Halm  das  handschriftliche  etiam  animo  gebessert. 

5* 


36 

Und  selbst  beim  Chorgesang  ist  auch  ohne  emmetrische  Pausen  ein  ge- 
ordneter Zusammenklang  möglich,  wenn  nur  der  Chormeister  mit  der 
Hand  oder  der  accompagnirende  Musiker  mit  der  Flöte  ein  Zeichen  gibt, 
wann  mit  dem  Gesang  des  folgenden  Satzes  begonnen  werden  soll. 
Quintilian  selbst  deutet  an,  dass  es  bei  den  Alten  in  den  mehr  zur 
Declamation  bestimmten  Gedichten  keine  emmetrischen  Pausen  gab,  und 
in  den  Melodienbüchern  des  byzantinischen  Mittelalters  gibt  es  wohl 
Zeichen  für  das  längere  Anhalten  der  Schlusssylben  der  einzelnen  Kola 
und  Perioden,  aber  keine  für  die  den  Versschluss  begleitenden  Pausen. 
Auch  darf  nicht  übersehen  werden,  dass  jene  zwei  Nachrichten,  von  denen 
wir  oben  ausgegangen  sind,  aus  verhältnissmässig  später  Zeit  stammen 
und  uns  keinen  sicheren  Schluss  auf  die  klassische  Periode  der  griech- 
ischen Musik  und  Poesie  zu  machen  erlauben. 

Treten  wir  nun  ohne  jedes  Vorurtheil  in  die  Untersuchung  unserer 
Frage  ein,  so  werden  wir  am  besten  von  den  gewöhnlichen  xara  oxiyov 
gebrauchten  Versen  ausgehen.  Bei  diesen  treffen  wir  aber  eine  zweifache 
Behandlung  der  Pausen.  Die  ältesten  Verse,  der  daktylische  Hexameter 
und  der  jambische  Trimeter  haben  wohl  einen  rhythmischen  Abschluss, 
aber  keinen  Platz  für  eine  emmetrische  Pause  weder  in  der  Cäsur  noch 
auch  am  Versende.  In  der  Cäsur  entrathen  wir  leicht  eines  eigenen 
Raumes  für  die  Pause,  da  hier  der  Vortragende  nur  so  kurze  Zeit  mit 
der  Stimme  einhalten  durfte,  dass  der  Verzug  ausser  Berechnung  bleiben 
konnte.  Aber  am  Ende  des  Verses  kann  und  konnte  Niemand  ohne 
merkliche  Pause  auskommen ;  gleichwohl  aber  hat  auch  diese  keinen 
Ausdruck  in  dem  Versbau  gefunden.  Bei  dem  Vortrag  der  Epen  des 
Homer  und  der  Jamben  des  Archilochus  ward  also  gewisser  Massen  mit 
jedem  Vers  der  rhythmische  Gang  unterbrochen  und  fing  mit  jedem 
neuen  Vers  eine  neue  selbständige  rhythmische  Periode  an. 

Anders  sind  die  jüngeren  Verse,  der  anapästische  trochäische  jam- 
bische sotadeische  Tetrameter  und  der  Hendekasyllabus  gebaut;  in  ihnen 
allen  lässt  der  Text  Raum  für  die  Pause  am  Versschluss ,  indem  das 
letzte  Metron  unvollständig  ist  und  um  2  bis  3  Zeiten  hinter  seinem 
gesetzmässigen  Umfang  zurückbleibt.  Diese  2  Zeiten  wurden  wenigstens 
zum  Theil  durch  /qovoi  zevol  ausgefüllt.  Ich  sage  zum  Theil,  weil  auch 
durch  längeres  Anhalten  der  Schlusssylbe  bei  kretischem,  und  der  vor- 


letzten  Sylbe  bei  spondeischem  Ausgang  ein  Theil  jener  Zeit  in  An- 
spruch genommen  werden  konnte.  Dieses  Verbältniss  schien  den  Späteren 
so  naturgemäss  zu  sein,  dass  Aristoxenus  nach  Marius  Victorinus  p.  63 
K.  in  jenen  älteren  Versen  eine  kurze  Schlusssylbe  bevorzugte,  damit 
doch  wenigstens  etwas  Raum  für  die  die  Verse  trennende  Pause  übrig 
bliebe:  Aristoxenus  musicus  dicit  breves  finales  in  metris,  si  collectiores 
sint,  eo  aptiores  separationi  versus  a  sequente  versu  fieri  idcircoque  in 
sexta  sede  trisyllabos  figura  non  ponitur,  quia  moram  habet;  at  contra 
dissyllabos  familiaris  est,  quia  celerius  desinit  et  eo  magis,  si  posteriorem 
syllabam  brevem  habuerit8). 

Aehnlich,  so  lässt  sich  von  vornherein  vermuthen,  werden  nun  auch 
die  Verhältnisse  in  den  noirifiaxa  xara  nsyiodov  oder  in  den  zum  Gesang 
bestimmten  Gedichten  gewesen  sein.  Auch  hier  konnte  der  Dichter  ent- 
weder die  zum  Ausruhen  nöthigen  Zeiten  in  dem  Texte  offen  halten, 
oder  die  Strophe  so  componiren,  dass  die  am  Schlüsse  der  einzelnen 
Absätze  selbstverständlichen  Pausen  im  Texte  der  Strophe  ausser  Be- 
rechnung blieben.  Nur  mussten  sich  bezüglich  der  Grösse  und  Stellung 
der  Pausen  die  Verhältnisse  in  den  noirj/Liara  xara  nsylodov  etwas  anders 
wie  in  den  Tioirjuaza  xaza  Gxiypv  gestalten.  Im  Allgemeinen  nämlich 
pflegten  die  den  einzelnen  Versen  des  Epos  und  Dialoges  entsprechenden 
Absätze  (neylodoi)  der  Strophen  von  grösserem  Umfang  zu  sein,  so  dass 
ein  einzelner  Satz  nicht  selten  aus  drei  vier  und  mehr  Gliedern  be- 
stund, während  es  Regel  war,  dass  ein  Vers  nur  2  Glieder  haben  sollte. 
Die  Folgen  dieses  Unterschiedes  in  der  Grösse  der  Sätze  äusserten  sich 
in  doppelter  Weise,  einmal  darin,  dass  die  Ruhepunkte  am  Ende  der 
einzelnen  Kola  an  Umfang  wuchsen  und  somit  auch  einen  Ausdruck  im 
Texte  zuliessen,  und  zweitens  darin,  dass  die  Pause  des  Hauptschlusses 
am  Ende  der  Periode  sich  nicht  mehr  in  der  engen  Grenze  von  1  —  3 
Zeiten  zu  halten  brauchte.  Das  sage  ich  aber  nur  in  dem  Sinne,  dass 
uns  in  den  lyrischen  Strophen  emmetrische  Pausen  am  Schlüsse  der 
Kola  und  längere  bis  zum  Umfang  eines  Doppelfusses  ausgedehnte  Pausen 


8)  Keil  in  der  Ausgabe  des  Victorinus  ergänzte  nach  in  sexta  sede  den  Genetiv  trimetri 
iambici.  Mit  Recht  unterliess  Hense,  de  Iuba  artigrapbo  p.  219  jene  Ergänzung,  da  es  zweifelhaft 
ist,  ob  sich  jene  Bemerkung  auf  den  Trimeter  oder  den  Hexameter  bezieht. 


38 

am  Schlüsse  der  Perioden  nicht  befremden  dürfen,  keineswegs  in  dem, 
dass  wir  eine  derartige  Gestaltung  der  Pausenverhältnisse  in  allen  lyr- 
ischen Partien  voraussetzen  müssen.  Denn  gerade  umgekehrt  treffen  wir 
in  den  parakatalogischen  oder  zum  melodramatischen  Vortrag  bestimmten 
Partien,  in  den  anapästischen  Systemen  und  in  den  numeri  continuati 
der  Lateiner,  weder  emmetrische  Pausen  am  Schlüsse  der  Kola  noch 
längere  die  Grösse  der  Versschlusspausen  überragende  Pausen  am  Schlüsse 
der  Systeme,  und  auch  in  anderen  Compositionen,  namentlich  in  allen 
Systemen  und  systemartig  gebauten  daktylischen  Gesängen  werden  wir 
durch  die  Texte  auf  kleine  und  seltene  Pausen  innerhalb  der  Strophe 
hingewiesen. 

Ein  zweiter  Unterschied  der  Pausenverhältnisse  in  den  lyrischen 
Perioden  gegenüber  denen  der  stichischen  Compositionen  hängt  mit  der 
Verschiedenheit  der  Zeitwerthe  der  einzelnen  Sylben  zusammen.  In  den 
gewöhnlichen  Versen  hatte  jede  Sylbe  den  Werth  entweder  von  1  oder 
von  2  Zeiten,  in  der  Lyrik  gab  es  auch  Längen  von  mehr  als  2  Zeiten 
und  Kürzen  von  weniger  als  1  Zeit.  Kam  nun  eine  mehrzeitige  Länge 
an  den  Schluss  eines  katalektischen  Kolon  zu  .stehen,  so  konnte  es 
recht  wohl  geschehen,  dass  ein  Theil  der  überschüssigen  Zeit  für  das 
Ausruhen  der  Stimme  verwendet  wurde,  so  dass  man  also  z.  B.  in 
Strophen,  wie 

ßccQEia  <T  aOTtov  <pccTig  iftV  'kotc^  ' 

drj[iov,QdvTOv  <$'  dqäg  xlvei  XQSog ' 

(.tevei  (T  d/.ovoai  x'i  \iov 

/ueqi^iva  vvxTi]Q£cpeg. 

zwischen  folgenden  zwei  Notirungen  schwanken  kann : 


w  y\ 


Das  Gleiche  ist  der  Fall,  wenn  Kola  oder  Verse  einer  Strophe  auf 
Spondeen  ausgehen;  denn  auch  da  kann  man,  wie  z.  B.  in  demselben 
Stasimon  des  Agamemnon 

dicoY.ei  Ttalg  Ttoravöv  oqviv 
KOkzi   TtQOOTQlfXfA     ag)EQTOV   sv&slg 

zweifeln,  ob  man  die  vorletzte  Sylbe  dreizeitig  messen 


39 
oder  eine  Pause  am  Schlüsse  des  Kolon 

ansetzen  soll.  Das  Richtige  wird  wohl  sein,  dass  das  eine  und  das  an- 
dere stattgefunden  hat,  je  nachdem  der  Gedanke  in  Strophe  und  Anti- 
strophe  an  der  betreffenden  Stelle  fortging  oder  eine  in  der  Interpunc- 
tion  ausgedrückte  Unterbrechung  erhielt.  Aber  in  jedem  Falle  war  dem 
Bedürfniss  der  Stimme  nach  Ruhepunkten  hinlänglich  Rechnung  ge- 
tragen, indem  die  Stimme  nicht  blos  ausruht,  wenn  sie  vollständig  ver- 
stummt,  sondern  auch  wenn  sie  länger  auf  einer  Sylbe  verweilt. 

Gehen  wir  nach  diesen  Vorbemerkungen  näher  auf  unsere  Frage  ein, 
so  wird  man  zur  Annahme,  dass  die  dramatischen  Dichter  in  ihren 
Strophen  emmetrische  Pausen  gesetzt  haben ,  dann  am  ehesten  geneigt 
sein,  wenn  die  Texte  so  gebaut  sind,  dass  sie  sich  der  Einfügung  von 
Pausen  in  massigen  Zwischenräumen  und  namentlich  an  dem  Schlüsse 
von  Perioden  leicht  fügen.  Das  ist  aber  zunächst  der  Fall,  wenn  die 
Verse  oder  Systeme  katalektisch  schliessen,  wie  in  Eur.  Orest.  831  ff. 
Tig  voaog  rt  xlva  ddxQva  v.cti  —  «-  ~  ——  --  I  — -  «r  y»      I 

rlg  eleog  fiei^iov  nccra  yäv  — - ■=  |  — .<-<  —  •-      I 

?j  pccTQOKTovov  cu/tct  xBLQL  #«7#a*>       —    ~  —^  ~l— w  I Ä  I 

oder  wenn  das  erste  Kolon  der  neuen  Periode  ein  xülov  äxscpalov  ist, 
indem  entweder  eine  ganze  Sylbe  fehlt  oder  die  erste  Sylbe  kurz  statt 
lang  ist,  wie  in  Eur.  Hei.    1506  ff. 

dvövJkeiav  <T  oltvo  avyyovov  —  s»  —  w  —  |  —  <-»w| 
ßdlets  ßaqßoqtov  Äej^W,  •*.*■;  *  —  *-  I  — '  r  -  I 
av  'Idatcov  eqiöcüv  xtä.  ^    =■  —     ~  |  — <-  -  —  I  . . . . 

oder  in  Soph.  Ant.   100  ff. 

ccktiq  dekiov,  ro  xaA-  —  —  —  -  "I     —  —  —      I 

Xigtov  £7tra7TvXii)  cpaviv  —  ~  — «-»  «|    —  «-  _      \ 

Grfßa  TWV  TvqoreQcov  cpccog,  —  ~  — ^  *■*  |     —  **  —  ^  | 

scpdv&tjg  7tox%  u)  xqvoeag  wvX.     ~ ~  I  —  —  -'  •-      I  •  •  . 

Auch  spricht  es  für  emmetrische  Pausen,  wenn  an  vorletzter  Stelle 
ein  katalektischer  Vers  zu  stehen  kommt,  da  die  griechischen  Dichter 
es  liebten  vor  dem  Schlusskolon  den  Rhythmus  noch  einmal  anstauen 
oder  durch  eine  Pause  unterbrechen  zu  lassen.  Es  ist  daher  von  grosser 
Bedeutung,  dass  Aeschylus  so  häufig  in  den  synkopirten  Trochäen  vor 
dem   Schlusskolon  eine  daktylische  Pentapodie  setzt,   wie  in  Agam.   165 


40 

ovx  tyui  7TQoaeiY.aoai  —  —  —     **■  I  —     —  *-         1 

Travr'  STCiOTa&fitoiAevog  —  w  —     w  I  —     -  i-         I 

ttAj}»'  ^/tog,  et  ro  /ndtav  cltio  q^qovTidog  ay&og  — <-  *-  | — - -  -  |  ■ ^  | 

ygrj  ßaXeiv  «r^rt^uwg.  _  w  _    _  |  _     _  _         | 

Ferner  gewinnt  die  Annahme  fortgebenden  Taktes  an  Wahrschein- 
lichkeit, wenn  in  dem  Falle,  dass  der  Schlusstakt  des  vorausgehenden 
Kolon  durch  die  scheinbare  Anakrusis  des  folgenden  seine  Ergänzung 
erhält,  diese  Anakrusis  in  Strophe  und  Antistrophe  durch  eine  kurze 
Sylbe  vertreten   wird,   wie  in   Soph.  Ant.   360   »    370 

nccvTonoQog  '  artOQog  in'  ovöiv  EqyEtai  —  -  ~w  -'|WWw._~|_w_ 

to  juellov  •   c!Aiöa  {xövov  <-  \  —  ~  •-        |  —    -  —      | 

(pev^Lv  ovx,  e7tdg~eTcu  •  —  —  —     ~  |  — 

voowv  d'  äf^rjyavajv  (pvydg  £vfi7t£(pQaOTai.  —| •  —     ~  j  —     ~  —      |  —  —  —  — 

Auf  der  anderen  Seite  begegnen  aber  auch  nicht  wenige  rhythmische 
Anzeichen,  welche  uns  gegen  die  Annahme  von  eingerechneten  Pausen  ein- 
nehmen. Bedenken  erregen  schon  die  Verse,  welche  so  schliessen,  dass 
der  noch  nicht  durch  den  Text  ausgefüllte  Takttheil  von  der  Anakrusis 
des  folgenden  Verses  in  Anspruch  genommen  wird,  da  an  solchen  Stellen 
für  eine  Pause  kein  Platz  mehr  übrig  bleibt,   wie  in  Aesch.  Pers.    1 28  ff. 

Gftrjvog  wg  ey.?Jkoi7tev  [xsXiooäv  ovv  oQya(.i^)  otq<xtov 
tov  d(.iq>iCEvy.rov  s^af-tetipag 


Doch  erregt  diese  Stelle  noch  weniger  Bedenken,  weil  einerseits 
die  Anakrusis  in  Strophe  und  Antistrophe  kurz  ist  und  anderseits  gleich 
auf  die  Anakrusis  2  dreizeitige  Längen  folgen,  auf  denen  die  Stimme 
hinlänglich  ausruhen  kann.  Mehr  Anstoss  aber  erregen  Verse,  in  denen 
an  der  Stelle,  wo  man  Raum  für  eine  Pause  wünscht,  eine  syll.  anceps 
steht,  also  eine  Jylbe,  welche  den  regulären  Zeitwerth  noch  etwas  über- 
schreitet und  um  so  weniger  ein  Pausiren  der  Stimme  duldet,  wie  in 
Arist.   Ran.   1100  ff.  (vgl.  Anacreon  fr.  21) 

yakeTtov  ovv  tqyov  öiaiQEiv,     ~~  <-  —  ~  |  — w '] 

OXCtV    6    [XEV    TEIVfl    ßlCtlCOg,  w~w_w|_--_C7| 

6  <5'  ETiavaoTQeqjEiv  dvvrjTcu    ~~  »*  -  c  |  —  • ~| 

xäTiEQEidEO&ai  roqtög  —  v  —  -  I  —  <-  >*?      | 


41 

oder  in  Eur.   Bacch.   902   ff. 

Evöaif-tcov  fiiv  og  l/.  üaläooctg  —  ~  — -  .-  !     —  y    -  ~ 

l'fpvye  yEi(.ia  li/^uva  (T  £/.iyßv  •       - -  |  _^  - 

€vdaif.nov  (T  og  vtteq&e    (.wyötov  —  w  — -w|     _  _•    _  ^ 

eytved'''  '  txeqa   <T   eregog  WeQÖv  w_  w  . — .  ~  j  ^_  —  w^  L 

oÄ/%>  zat  fiwctfcei  naqr^Ev.  —  ~  —--  ^  \     —  ~    _  - 

oder  in  Aesch.   Prometb.   415  ff. 

XaXy.iöog  da  yag  evoc/.oi  ■  —     —  |  _  w  _  ^ 

naotttvoi,  f-iäyag  cctqeotoi,       —  ■ _<  |  _  w  _  — 

-/ml  SxVdijQ  bf-iiÄog,    ot  yag  —  w  —     >-  j  _  ^  _  — 

eoyavov  xortov  /.rl.  — i  .  .  .  . 

Nimmt  man  auch  an  derartigen  Stellen  nicht  geradezu  an,  dass  sie 
die  Lehre  von  den  emmetrischen  Pausen  über  den  Haufen  zu  werfen 
geeignet  sind,  so  wird  man  doch  jedenfalls  zugeben  müssen,  dass  sie 
eine  Retardirung  des  Rhythmus  an  dem  Ende  der  einzelnen  Sätze  vor- 
aussetzen, die  mit  den  strengen  Regeln  der  modernen  Taktgleichheit  wenig 
vereinbar  ist.  Aber  völlig  ins  Gedränge  kommt  der  Verfechter  emme- 
trischer  Pausen  durch  Stellen ,  wo  nicht  blos  kein  Platz  für  die  Pause 
in  dem  Texte  offen  gehalten  ist ,  sondern  auch  ein  klaffender  Hiatus 
den  Schluss  der  ersten  und  den  Anfang  der  zweiten  Periode  von  ein» 
ander  trennt.  Stellen  der  Art  sind  Soph.  Oed.  Col.  1214  u.  1218 
bazig  tov  nXiovog  {.itQovg  —  ~  — ■  —  |  —  ^_  ■_  | 

XQijCei  tov  (.ietqLov  TtaoEig  —  ~  —  <-  —  i  —  w  •—  I 

uüeiv,  o/.atoovvav  cpvXda-  —  -  —  -r  I  — —  —  I 

Giov  ev  EjAoi  '/.azadrjlog  eotai.         — •  ~  —- ■  —  \  —  —  —  -  I 

STtsl  7to)J.a  f.iiv  cä  f.iay.qal  — -  -  \  —  ~  ^-  \ 

ufxtQai  -/.aTaÜEVTO  dt]                          -  ~  — \ w  !■  r-  r -f* ! 
Xvnctg  iyyvTeoto,  xd  reo-                    —  ~  —  *-  |  —  -  —  | 
Ttovxa  (3'  ov/.  dv  i'doig  otiov,             —  ~  —  -  —  |  —  —  — 
brav  Tig  Eg  nXiov  niot]  xxl.     —  | «-"I  —  ^  —  | .; : . 

Aesch.   Choeph.  458    f. 

oxdoig  öi  ndyy.oivog  ad'  E7tiQQO&El,    ~  \  —  -'  -       I  —  ~  —  >-  j  —  ~  — 
d'AOvaov  ig  (päog  /.ioXiov  w  !  "~  ^  —  -  \  —  wl-      I 

ferner  Aesch.  Suppl.  147,  Choeph.  627,  Soph.  Oed,  R.  890.  1227,Trach.  108, 
Eur.  Med.  416,  Bacch.   82,  Hec.   641,  El.  442,  Herc.  f.  350,  Arist.  Thesm. 
1156,  Vesp.  1064;  vgl.   Alcman   16,   22,  Anacreon  75,  3.     Diese  Stellen 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  6 


42 

scheinen,  wenn  sie  nicht  wegemendirt  werden  können,  wie  man  in  Arist. 
Vesp.  1064  versucht  hat,  der  Annahme  von  emraetrischen  Pausen  ent- 
schieden zu  widerstreiten.  Es  gibt  indess  einen  Weg  sich  auch  mit  ihnen 
abzufinden;  der  besteht  darin  an  dem  Schlüsse  der  betreffenden  Perioden 
grosse  einen  ganzen  Doppelfuss  ausfüllende  Pausen  anzunehmen;  in  der 
Stelle  des  Oedipus  Coloneus  und  der  Bacchen  ist  sogar  die  Interpunk- 
tion der  Annahme  so  grosser  Pausen  nicht  ungünstig;  doch  verhehle 
ich  nicht  meine  Abneigung  gegen  derartige  Ausdehnungen  der  Pausen, 
wie  sie  in  unserer  Zeit  namentlich  M.  Schmidt  bei  Sophokles  und  Pindar 
anzunehmen  liebte,  da  wir  ganz  umgekehrt  an  der  überwiegenden  Mehr- 
zahl der  Stellen  durch  die  Formation  des  Textes  auf  kleine,  nach  un- 
serer Empfindung  sogar  überkleine  Pausen  innerhalb  der  Strophen  hin- 
gewiesen werden.  Ich  ziehe  es  daher  meinerseits  vor,  entweder  zur  An- 
nahme eines  illegitimen  Hiatus  meine  Zuflucht  zu  nehmen  oder  für  jene 
Strophen  den  Beweis  des  Mangels  emmetrischer  Pausen  für  erbracht 
zu  halten. 

Es  wird  aber  ferner  die  Lehre,  dass  die  Pause,  welche  den  Vers- 
schluss  begleitete,  keine  emmetrische  war  und  keinen  Ausdruck  im  Texte 
gefunden  hatte,  wesentlich  noch  unterstützt  durch  die  Stelle  in  der  Ly- 
sistrate   1191   f.   ==    1206  f. 

ov  (pd-ovog  eveorl  [xot  itaai  TzaQ£%eiv  (pegeiv 
tolg  rtcuoLv,  bnoxav  ze  ^vyarrjq  xivl  xavrjcpoQfj. 

|    _    w    ww    |    _    w    _  |    _    w    ww    |    _    w    _ 

-  J    ^  w    ww    |    _    «    ^w    |    -    w    ww  1   _   W   - 

Denn  hier  soll  gerade  dadurch,  dass  zwischen  die  beiden  kretischen 
Tetrameter  eine  Sylbe  getreten  ist,  eine  engere  Zusammenfassung  der 
beiden  Verse  bewirkt  werden.  Das  ist  aber  nun  doch  nur  dann  möglich, 
wenn  die  Zeit,  welche  sonst  durch  die  die  zwei  kretischen  Tetrameter  tren- 
nende Pause  eingenommen  zu  werden  pflegte,  hier  durch  die  dazwischen 
geschobene  Sylbe  ausgefüllt  wurde;  da  nun  aber  jene  Sylbe  ausserhalb 
des  rhythmischen  Gefüges  steht,  so  geht  daraus  hervor,  dass  auch  die 
reguläre  Pause  keine  Stelle  im  Rhythmus  hatte,  also  keine  emmetrische 
war.  Dasselbe  Verhältniss  ist  ähnlich,  wenn  auch  minder  prägnant  in 
Arist.  Vesp.  1520  ff.,  Soph.  Oed.  R.  487,  Phil.  141,  1201,  Aesch.  Prom. 
891  ausgeprägt. 


43 


Endlich  wird  man  auch  gegen  emmetrische  Pausen  eingenommen, 
wenn  der  Text  solche  nur  in  allzu  grossen  Zwischenräumen  anzusetzen 
erlaubt.  Es  geht  aber  z.  B.  im  Oed.  Col.  v.  228  ff.  der  Rhythmus  durch 
28  Takte  ununterbrochen  fort,  ohne  dass  eine  Stelle  für  eine  Pause 
offen  gelassen  sei : 

ovdevl  fioiQiöla  xioig  eqyExat  __-w_^w_^v_ww 

tOV    7tQ07tCC&7]    XO    XLVELV  '  —  ->  —  —  -  X  —  II 

dndxa  (51  drcaxaig  Ixegaig  exega  *-w._^___*_-_ww_ 

TtaoaßaXXofieva  w  w  —  w  w  — 

tcovov  ov  yccQiv  avTididtoGiv  eyeiv,  -—_  —  —  _-'>-_-.■->_ y 

ov  de  tiovo"1  eÖQavtov  rtdXiv  exzoTtog  w  ^  —  -'-'  —  ^  —  —  —  -' 

av&tg  dyoofiog  ifiäg  yß-ovog  ex&OQe  _^-_-_v___^_*-_ 

[M\  tl  niqa  xgeog  _  w  w  _  -_-  w 

ifiy  Ttolsi  TtQOodipyg.  w  —  w      -  w  -  -  A  II 

Denn  wenn  wir  auch  nicht  fortlaufende  daktylische  Tetrapodien 
in  dieser  Monodie  annehmen ,  sondern  den  Text  nach  den  Anzeichen 
des  Sinnes  so,  wie  wir  gethan  haben,  in  3  Absätze  schreiben,  so  bleibt 
doch  kein  Platz  für  eine  emmetrische  Pause  innerhalb  des  Gesangs,  wir 
müssten  denn,  was  wenig  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat,  nach  rb  xivuv 
und  nach  tyjiv  grosse,  mehr  als  einen  Fuss  umfassende  Pausen  annehmen 
wollen.  Etwas  ganz  Aehnliches  stösst  uns  in  der  Parodos  der  Wolken 
v.  277  ff.  auf,  wo  erst  nach  dem  16.  Doppeltakt  für  eine  Pause  eine 
Stelle  im  Texte  offen  gelassen  ist: 

TtaxQog  tat'  3Q*eavov  ßaqvaytog 

vipqhüv  oq&ojv  xoQtcpdg  eni 

devÖQO-/.6fiOvg,  iva 

xrjXeg?avelg  oxoTtidg  dqjOQtofie&a, 

'/.aqnovg  r'  dqdofievav  legdv  ySova 

xai  noxafitov  £a&Uov  xeXadrjfiaxa, 

%al  növxov  y.elddovxa  ßaqvßqofiov  ' 

Of.if.ia  ydq  al&tqog  dxdfiaxov  oekayelxai 

fiaqfiaotaig  iv  avyalg. 

Ausser  in  den  daktylischen 9),  anapästischen  und  jambischen  Com- 
positionen  lassen  auch  noch  in  den  jonischen  die  Stellen,  an  denen  der 


w     >_/    w    I   i_  •V 


9)  Zu  beachten  aber  ist,  dass  der  eigentliche  Begründer  des  sUos  xara  6äxrv}.oy,  Ibykos  seine 
Strophen  so  baute,  dass  ihre  Gliederung  auf  das  Bestimmteste  zur  Annahme  von  emmetrischen  Pausen 
führt;  vergleiche  insbesondere  fr.  1  u.  2  bei  Bergk. 

6* 


44 

Text  eine  emmetrische  Pause  einzulegen  gestattet,  ausserordentlich  lang 
auf  sich  warten,  wie  in  der  Exodos  der  Schutzflehenden  des  Aeschylus 
und  in  Horaz  Od.  III  12.  Doch  muss  man  nach  der  anderen  Seite  zu- 
geben, dass  in  jonischen  Strophen  die  Stimme  weit  weniger  ein  Bedürf- 
niss  nach  öfter  sich  wiederholenden  emmetrischen  Pausen  hatte,  weil 
dieselbe  auch  ohne  sie  auf  den  2  gedehnten  Längen  des  jonischen  Fusses 
ausruhen  konnte.  Weniger  schon  gilt  diese  Ausrede  für  die  kretischen 
Liedern,  in  denen  gleichfalls  in  längeren  Zwischenräumen  keine  Stelle 
für  eine  Pause  im  Texte  offen  gelassen  zu  sein  pflegt.  Denn  wenn  auch 
der  Creticus  aus  einer  katalektischen  trochäischen  Dipodie  entstanden 
ist  und  somit  seine  Schlusslänge  leicht  ein  wenig  über  das  Mass  einer 
gewöhnlichen  Länge  ausgedehnt  werden  durfte,  so  reichte  doch  diese 
Kleinigkeit  nicht  aus,  um  die  Stimme  in  erwünschtem  Masse  ausruhen 
zu  lassen. 

Wir  haben  bis  jetzt  für  und  wider  die  Annahme  emmetrischer 
Pausen  diejenigen  Gründe  erörtert,  welche  sich  aus  der  für  die  Pause 
nöthigen  Zeit  herleiten  lassen.  Es  kommt  aber  für  unsere  Frage  auch 
noch  ein  anderer  Gesichtspunkt  in  Betracht.  In  den  7ioii]uo.Ta  y.aza 
axiyov  beginnen  nämlich  alle  Verse  in  gleicher  Weise  mit  demselben 
Takttheil ,  also  entweder  alle  mit  der  Thesis ,  oder  alle  mit  der  Arsis. 
Dasselbe  Verhältniss  ist  in  den  daktylischen  und  päonischen  Strophen 
beibehalten  worden ;  aber  in  den  meisten  anderen  Strophengattungen, 
namentlich  in  den  logaödischen  und  daktylischen  wurde  jene  Ein- 
förmigkeit durchbrochen.  Da  pflegten  vielfach  die  einen  Verse  mit  der 
Thesis,  die  andern  mit  der  Arsis  zu  beginnen,  die  einen  akatalektisch, 
die  anderen  katalektisch,  andere  wieder  brachykatalektisch  zu  schliessen. 
Jeden  wohl,  der  sich  nicht  mit  der  blossen  Notirung  von  kurz  lang  zu- 
frieden gibt,  hat  schon  die  Frage  beschäftigt,  wie  diese  Ungleichheit  zu 
erklären  sei.  Von  selbst  kommt  man  dabei  auf  den  Gedanken,  dass  die- 
selbe mit  den  Pausen  in  Zusammenhang  stehe,  und  der  specielle  Theil 
wird  zeigen,  dass  dieses  in  der  That  vielfach  der  Fall  ist.  Doch  lehrte 
mich  eine  eingehende  sorgfältige  Untersuchung  der  Sache,  dass  mit  den 
emmetrischen  Pausen  ein  Generalschlüssel  zur  Erklärung  der  diesbezüg- 
lichen Erscheinungen  durchaus  nicht  gegeben  ist.  Denn  hätte  die  Rück- 
sicht auf  die  Verspausen  den  Grund  abgegeben,   wesshalb  ein  Vers  mit 


45 

der  Arsis  ein  anderer  mit  der  Thesis  anfängt,  so  sollte  man  erwarten, 
dass  regelmässig,  wenn  der  vorausgehende  Vers  mit  einer  Arsis  ab- 
schliesst,  der  folgende  wieder  mit  einer  Arsis  anfange,  und  dass  nie 
auf  eine  mit  der  Thesis  abschliessende  Periode  ein  Vers  mit  beginnender 
Arsis  folge.  Nun  gibt  es  aber  nicht  wenige  Verse  namentlich  in  den 
daktylo-epitrischen  Strophen,  welche  gegen  diese  Regel  Verstössen,  und 
sind  die  Ausnahmen  durchaus  nicht  immer  derart,  dass  man  aus  dem 
engeren  Zusammenhang  der  betreffenden  Verse  den  Mangel  einer  em- 
metrischen  Pause  erklären  könnte.  Wollte  man  aber  sich  damit  aus  der 
Verlegenheit  ziehen,  dass  man  in  allen  jenen  Fällen  die  Pause  statt  blos 
die  Hälfte  eines  Fusses  einen  ganzen  Fuss  oder  gar  einen  Doppelfuss 
ausfüllen  Hesse,  so  würde  auch  gegen  diese  Annahme  der  Text  an  vielen 
Stellen  entschieden  Einsprache  erheben.  Denn  wie  wäre  es  z.  B.  denkbar, 
dass  in  Pind.  Isth.   III  4  die  beiden  Verse 

Zer,  /LieydXai  d'  dqeral  ^vardig  trtovTai 

e/.  oe&ev  '  Ccoei  de  {.läootov  olßog  oniCof-iivcov 

durch  eine  Pause  von  der  Grösse  eines  Epitrit  oder  von  7  —  8  Zeiten 
von  einander  getrennt  seien  ? 

Ich  kann  daher  nicht  in  der  Rücksicht  auf  die  Verspausen  den 
massgebenden  Grund  erblicken,  wesshalb  verschiedene  Verse  einer  Strophe 
mit  verschiedenen  Takttheilen  beginnen.  Auch  fehlt  es  nicht  an  anderen 
Erklärungsgründen  der  fraglichen  Erscheinungen.  Die  griechischen  Dichter 
liebten  den  ersten  einleitenden  Vers  einer  Strophe  und  noch  mehr  den 
Schlussvers  von  dem  übrigen  Theile  der  Strophe  durch  eine  rhyth- 
mische Unterbrechung  zu  trennen ;  ebenso  deuteten  sie  gern  den  engeren 
Zusammenhang  zweier  Verse  durch  rhythmische  Continuität  an,  wie  sie 
umgekehrt  beim  Uebergang  zu  einem  neuen  Gedanken  selten  die  Unter- 
brechung des  Rhythmus  versäumten;  sodann  Hessen  sie  bei  grösseren 
Einschnitten  das  letzte  Kolon  meist  voll  auf  einen  spondeischen  Schluss 
auslaufen,  und  erhöhten  beim  Uebergang  zu  einem  neuen  Metrum  die 
Bedeutung  jener  starken  Schlussfigur  noch  durch  den  anakrusischen  An- 
fang der  neuen  Periode;  endlich  nahmen  auch  noch  die  Dichter,  na- 
mentlich die  römischen  Dramatiker  auf  den  rhetorischen  Accent  der 
Wörter  Rücksicht,  so  dass  sie  nicht  leicht  ein  vollbetontes  Wort  oder 
deiktisches  Pronomen  im  Versanfang  anders  als  in  der  Arsis  gebrauchten. 


46 

Achtet  man  auf  diese  Momente,  so  ergibt  sich  meist  eine  sehr  einfache 
Erklärung  der  Verschiedenheit  der  einzelnen  Verse  einer  Strophe  in 
Bezug  auf  ihren  Anfang  und  ihren  Ausgang.  Aber  erkennt  man  auch 
in  jenen  Regeln  der  Compositionskunst  die  entscheidenden  Gründe  der 
verschiedenen  Versausgänge  und  Versanfänge,  so  kann  man  doch  nicht 
leicht  den  Gedanken  los  werden ,  dass  die  Rücksicht  auf  die  Pausen 
und  die  Continuität  des  Rhythmus  auch  mit  im  Spiele  gewesen  sei;  man 
wird  diesen  Gedanken  aber  um  so  weniger  kurzweg  abweisen,  wenn 
man  sich  an  die  Stelle  des  Quintilian,  von  der  wir  ausgegangen  sind, 
erinnert,  wonach  es  innerhalb '  der  lyrischen  Perioden  gemessene  leere 
Zeiten  gegeben  hat. 

Was  ist  nun  das  Facit  aus  all  diesen  Erwägungen  für  und  wider? 
dass  wie  die  xard  G%iyvov  wiederholten  Verse,  so  auch  die  Strophen  der 
Lyrik  nicht  zu  allen  Zeiten  und  in  allen  Gattungen  auf  gleiche  Weise 
in  Bezug  auf  die  Versschlusspausen  behandelt  wurden.  Ich  glaube  aber 
3  Stufen  unterscheiden  zu  müssen,  zu  deren  Abgrenzung  ich  sofort  über- 
gehen will. 

1)  Die  Theile  einer  Periode  oder  Strophe  folgen  so  aufeinander, 
dass  innerhalb  derselben  nirgends  eine  förmliche  Unterbrechung  der 
regelrechten  Aufeinanderfolge  von  Arsis  und  Thesis  eintritt.  Dieses  Ge- 
setz galt  als  Norm  zunächst  für  alle  Systeme ,  jedoch  mit  dem  Unter- 
schied ,  dass  bei  den  einen ,  den  anapästischen ,  auch  jeder  Hiatus  im 
Innern  des  Systemes  ausgeschlossen  wurde,  bei  andern ,  wie  den  jam- 
bischen, sich  ein  unberechtigter  Hiatus  einschlich,  wie  bei  Alkman 
im  Parthenion  und  bei  Anakreon  fr.  75.  Die  gleiche  Composition  ging 
aber  dann  von  den  gleichartigen  Epoden  und  Systemen  auch  auf  die 
mannigfaltiger  gestalteten  Strophen  der  älteren  Kunstrichtung  über. 
Namentlich  wurde  dieselbe  durchgeführt  in  den  beiden  schönsten  Stro- 
phen der  äolischen  Melik,  in  der  sapphischen  und  alkäischen,  dann  aber 
auch  in  den  meisten  Strophen  des  päonischen  und  daktylischen  Rhythmus. 
Als  Beispiel  setze  ich  nur  die  eine  Strophe  des  Stasimon  in  Eur.  Heracl. 
608—18  =  619—29  her: 

OvxLva  (prjfxi  &eiov  ccteq  olßiov  -i---<w_w^_L>_-__  —  _- 

ov  ßaQVTCOt^iov  ävdqa  yevio&ai,         -iww__-,_iw>_ 

ovöi  top  ocvtov  del  ßeßdvai  d6f.iov     -^-<w_--,_^w_ww 
evTv%la  •  7taqd  d'  aXkav  dXXa 


'  «_- 


47 

JYLölqa  duoxei ' 

zov  f.iev  acp1  viprjXcüv  ßqa%vv  wxioe, 

rov  <T  atlxctv  evdalf^ova  tev%el. 

fWQGif.ia  d*  övtl  (pvyetv  &e{.ug  •  ov  aocpiarig  arciooExai 

aXka  fxaxav  6  7TQod-V[xoQ  ael  novov  £'£«. 

Hier  geht  der  Rhythmus  ununterbrochen  von  Anfang  bis  zu  Ende 
durch  und  nur  der  Schluss  der  ganzen  Strophe  hat  durch  den  brachy- 
katalektischen  Ausgang  des  letzten  Verses  einen  rhythmischen  Ausdruck 
erhalten.  Natürlich  musste  sich  aber  in  einem  so  ausgedehnten  Lied 
die  Stimme  des  Sängers  öfters  eine  Pause  gönnen,  auch  fehlt  es  nicht 
an  rhythmischen  Anzeichen  von  Ruhepunkten  am  Schluss  des  2.  4.  5. 
7.  Kolon ;  aber  der  Spondeus  erfordert  so  viel  Zeit  zum  Vortrag  wie 
der  Daktylus ,  mit  dem  schliessenden  Spondeus  an  jenen  Stellen  war 
also  noch  kein  Raum  für  eine  emmetrische  Pause  gegeben.  Kurzum  in 
unserer  Strophe  ist  für  die  Pausen  innerhalb  der  Strophe  kein  Raum  im 
Texte  offen  gehalten  worden,  sei  es,  dass  der  Dichter  darin  einem  alten 
Gesetze  der  Composition  daktylischer  Strophen  folgte,  sei  es,  dass  er  damit 
den  geringen  Umfang  der  Pausen  andeuten  wollte.  Ganz  das  Gleiche  ist 
auch  in  den  kretischen  Strophen  des  Aristophanes  der  Fall,  wo  gleich- 
falls kein  Platz  für  emmetrische  Pausen  sich  findet,  gleichwohl  aber  durch 
die  Form  der  Füsse  das  Ende  einzelner  Verse  innerhalb  der  Strophe 
angedeutet  ist;   vgl.   Metrik  S.   428. 

2)  In  der  dorischen  Poesie  der  Daktylo-Epitriten  wurde  eine  Stro- 
phengattung ausgebildet,  in  der  theils  in  regelmässiger  Ordnung  Arsis 
auf  Thesis  folgte,  theils  eine  Unterbrechung  jener  Folge  sowohl  am  Ende 
einzelner  Kola,  als  am  Schlüsse  einzelner  Verse  nicht  ohne  Berücksich- 
tigung der  für  die  menschliche  Stimme  nothwendigen  Pausen  zugelassen 
wurde.  Es  ist  das  der  Standpunkt,  welchen  Pindar,  wie  es  scheint,  in 
allen  seinen  Gedichten  eingenommen  hat,  und  welcher  auch  theilweise 
noch  auf  die  Strophen bildung  der  dramatischen  Dichter  übergegangen 
ist.  Jene  Unterbrechung  des  Rhythmus  im  Texte  der  Strophe  war  aber 
an  gewisse  Regeln  gebunden,  nämlich 

a)  in  der  Regel  erhielt  die  Thesis  eines  Fusses  am  Versende  keinen 
Ausdruck  im  Texte,  so  dass  im  Texte  Arsis  auf  Arsis  folgte,  wie  in 

rcöv  de  ^ieHovtwv  TeTtcpÄcovrai  (pQaöai  '        j-  ^ '--> '-  <-      —  r\ 

TtoXXä  (5'  dv&()iü7voig  nctQa.  yvwfxav  eneaev.  j-  -> 1~ l  -  -_/\ 


48 

b)  mit  einer  in  einer  syll.  anc.  oder  in  2  Kürzen  bestehenden  Ana- 
krusis  (Thesis)  kann  der  zweite  Vers  beginnen,  wenn  der  erste  ein  versus 
brachycatalectus  oder  catalectus  in  duas  syllabas  ist10),  wie  inEur.  Hec.  908 

toIov  'Elldviov  vtrpog  d/urfl  oe  kqvtttei  —  w -  — — 

do(>i  drj  öoql  rctQöav  ~  ~  ~  ~ 

und  ähnlich  Hec.  v.   940 

e&pxioev  x1  ol'xtov  ydfxog,  ov  yäfxog  aAÄ'  a-   ~  —  -  — f  -     —  -  ~  —  ~ 

XäoroQog  Ttg  ol^vg '  -  w  —     w  —     — 

av  [xrjTE  nilayog  ahov  ditaydyoi  na"kw         ~  — :~  w  w~  w  ~~  w ■  — 

c)  Der  Rhythmus  verbietet  die  Aufeinanderfolge  eines  akatalektisch 
schliessenden  Verses  und  eines  mit  der  Thesis  beginnenden  Verses.  Eine 
Abweichung  von  dieser  Regel  ward  nur  statthaft  befunden  bei  einem 
vollständigen  Wechsel  des  Rhythmus ,  bei  dem  Uebergang  zu  einem 
neuen  Abschnitt,  ab  und  zu  auch,  wie  in  Pind.  P.  III  ep.  Isth.  I  ep., 
Soph.  Oed.  Col.  1736,  Arist.  Nub.  290  bei  dem  Abschluss  der  Strophe 
durch  einen  versus  epodicus11). 


10)  Beachtenswerth  und  für  die  Messung  entscheidend  ist  es  ,  dass  ein  anakrusischer  Anfang 
auch  nach  den  kleinen  Versen 

~  -  ~       -  -  Eur.  Hippol.  1104,  Hec.  925. 
—  -  ~       -  -  Arist.  Av.  1318. 

w  w  _  _  w  , Arist.  Av.  456 

'       *-  -  Soph.  Trach.  499. 

vorkommt ;  es  scheinen  eben  diese  Verse  als  katalektische  Tripodien  oder  als  brachykatalektische  jo- 
nische Dimeter  angesehen  worden  zu  sein,  wenigstens  den  Hauptictus  auf  der  vorletzten  Sylbe  gehabt 
zu  haben. 

11)  Ausnahmen  von  den  3  aufgestellten  Regeln  findet  man  bei  Pindar  nicht;  auch  bei  den 
Dramatikern  begegnen  nur  wenige  und  diese  wenigen  haben  theils  ihre  Entschuldigung,  theils  lassen 
sie  sich  leicht  wegemendiren.  So  ist  in  Aesch.  Agam.  368  =  386  zu  schreiben 

■nuQtaxiv  (rtuQioTi  vulgo)  xoZxö  y1  Egt/vivam    w  I  u_  !"!"  I  —  w  —  w  I 

7iQoßovXov  rcaig  (TtfJoßovXoTicag  vulgo)  u<fictTog  ictas. 
Ebendaselbst   v.  412   ist  die  ganze  Ueberlieferung  unsicher    und    folgt  Westphal  Metr.    II2  530  einer 
falschen  Lesart.  In  Eur.  Med.  208  f. 

&eoxl.vTti  <T  ("Sixa  nad-ovact 
tuv  Zrjvog  oqxLuv  Oifxiy  uv 

schlage  ich  die  Tilgung  von  r«V  vor,  was  aus  der  Correctur  Z^vog  entstanden  sein  kann.  In  Eur. 
Androm.  796  f. 

'IXtccScc  te  7i67.iv  ote  nccQog 
fvöoxtfiog  6  Jiog  ivig 
hat  schon  G.  Hermann  mit  Recht  den  Artikel  6  vor  Aiog  getilgt.     In  Eur.  Troad.  832 

cd  de  (luTEQttg  ySQUiug. 
zu  6e  aii  ÖQoaoiviu  Xovrgu 


49 

3)  Die  unter  Nr.  2  entwickelten  Gesetze  galten  für  alle  Strophen ; 
während  aber  in  den  Daktjlo-Epitriten,  welche  wir  als  Hauptvertreter 
der  2.  Strophengattung  betrachten,  die  Pausen  blos  in  Berücksichtigung 
gezogen ,  nicht  zum  Ausgangspunkt  der  Composition  erhoben  wurden, 
führten  die  Dichter  in  einer  dritten  Art  von  Strophen  das  Princip  der 
emmetrischen  Pausen  consequent  durch,  indem  sie  überall,  wo  sie  eine 
längere  Pause  eingelegt  wissen  wollten,  für  dieselbe  auch  eine  Stelle  in 
dem  Texte  der  Strophe  offen  Hessen.  Ich  sagte  absichtlich 'längere  Pause3, 
da  die  kleineren  Ruhepunkte  am  Ende  der  einzelnen  Kola  auch  in  diesen 
Strophen  meistens  ohne  Ausdruck  im  Texte  blieben.  Diese  dritte  Art 
der  Composition  scheint  von  den  Marschliedern ,  namentlich  von  den 
Einzugs-  und  Auszugsliedern  des  Dramas  ihren  Ursprung  genommen, 
von  da  aber  sich  auch  auf  andere  Gesänge  ausgebreitet  zu  haben.  Bei- 
spiele werde  ich  in  reicher  Auswahl  in  dem  Anhange  geben ;  hier  will 
ich  nur  im  Allgemeinen  bemerken,  dass  das  Princip  der  emmetrischen 
Pausen  sich  am  meisten  in  trochäischen  glykoneischen  und  jonischen 
Strophen  durchgeführt  findet. 

VI. 

Taktwechsel. 

Derselbe  Quintilian ,  der  uns  die  Hauptauktorität  für  die  strenge 
Taktgleichheit  der  antiken  Musik  ist ,  spricht  an  der  nämlichen  Stelle, 
Inst.  orat.  IX  4  auch  von  dem  Taktwechsel  oder  der  jusraßokrj  §v&uov. 
Genauere  Detailbestimmungen  über  jenen  Taktwechsel  hat  uns  der  grie- 
chische Musiker  Aristides  Quintilianus  p.  42  erhalten:  usraßolrj  da  kon 
(w&uixi)  fyv&'fiwv  ctklouooig  ?/  dywyfjg-  yivovjai  dt  tuezaßolal  xard  XQonovg 
dwdexa 


entschuldigt  wohl  die  starke  Interpunction  die  ungewöhnliche  Aufeinanderfolge  der  Verse  und  die 
damit  verbundene  grössere  Pause.  Sehr  auffällig  ist  die  Anakrusis  nach  einer  akatalektischen  dakty- 
lischen Tetrapodie  in  Soph.  Oed.  K.  182  ff.  =  171  ff. 

ev  <5'  üXo/oi  nokicti  r'  sni  fiars^eg 

(t/uv  rtaQctßaiiaov  uXkoxhtv  uXkui 

Xvyguiv  Ttovwv  IxsTrJQes  sniaTsyd/ovaiy. 
Vielleicht  ist  hier  zu  messen 

_w     w     _w     w    |    _w w     W    | 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k\  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Ahth. 


50 


xax1  äyo)yr\v, 


xard  Xoyov  7ioöixov, 

brav  s£  evog  elg  tva  ixeraßcclvi]  Xoyov, 

rj  brav  i§  evog  elg  TtXeiovg, 

rj  orav  «if  aovv&irov  elg  (xixröv, 

rj  ex  fxixwv  elg  fiixzov, 

rj  ex  qtjtov  elg  aXoyov, 

r)  eg  akoyov  eig  aloyov, 

rj  ex  xdv  dvTi&eoei  diaqpeQovTwv  elg  alhqkovg. 

Also  auch  die  alten  Dichter  und  Musiker  machten  Gebrauch  von 
der  Freiheit  des  Taktwechsels,  und  scheinen  dieselbe  sogar  in  weiterem 
Umfang  als  die  modernen  geübt  zu  haben ,  namentlich  seitdem  Lasos 
von  Hermione  die  freiere  Art  der  Composition  (di&VQajußixr)  ö.ycoyri)  in 
die  Musik  eingeführt  hatte;  s.  Plutarch  de  mus.  c.  29.  Es  liegt  nicht 
in  meiner  Absicht  die  Lehre  von  dem  Taktwechsel  in  der  antiken  Poesie 
im  Einzelnen  zu  behandeln;  ich  beschränke  mich  darauf  die  Haupt- 
punkte hervorzuheben,  welche  mit  der  in  diesem  Aufsatz  behandelten 
Frage  in  unmittelbarer  Verbindung  stehen. 

Kaum  den  Namen  eines  Taktwechsels  verdient  es,  wenn  einer  aus 
reinen  Trochäen  oder  Jamben  aufgebauten  Periode  ein  einzelner  irra- 
tionaler Trochäus  oder  Jambus  beigemischt  ist;  wir  haben  die  wenigen 
Fälle  der  Art,  welche  sich  bei  den  griechischen  Tragikern  finden,  be- 
reits oben   S.   2  2   zusammengestellt. 

Schon  bedeutender  ist  der  Taktwechsel,  wenn  von  einer  Art  des 
sechszeitigen  Taktes  ((w&/ti6g  /umzog)  zum  andern  übergegangen  wird; 
doch  findet  darin  unsere  musikalische  Theorie  keine  Störung  des  Taktes, 
sondern  nur  einen  verschiedenen  Ausdruck  der  gleichen  Taktgrösse;  vgL 
oben  S.  11.  Die  leichteste  Art  dieses  Wechsels,  der  Uebergang  von 
einem  Ditrochäus  zu  einem  Jonicus 

HU   HJJ 

findet  sich  in  dem  sotadeischen  Vers ;  aber  auch  in  den  jonischen  Stro- 
phen der  Dramatiker  sind   Beispiele  dieses  Wechsels  nicht  selten. 

Die  anderen  Arten  des  Wechsels  sechszeitiger  Rhythmen  oder  die 
Uebergänge    von    einer  trochäischen  Dipodie   zu    2  kyklischen  Daktylen 


51 

oder    einer    aus    einem  Trochäus    und    einem    kyklischen    Daktylus    be- 
stehenden  Syzygie 

0   0      0   0  0-  0    0'  4 


finden  sich  nicht  mehr  in  den  gewöhnlichen  Versen;  aber  in  den  Chor- 
liedern und  Monodien  der  Dramatiker  sind  diese  Doppeltakte  nicht  selten 
einander  gleichgestellt,  und  in  dem  speciellen  Theil  werden  wir  Gelegen- 
heit erhalten  zahlreiche   Beispiele  dieser  Gleichstellung  nachzuweisen. 

Schon  eine  Störung  der  Taktgleichheit  enthält  der  Uebergang  von 
einem  Ditrochäus  zu  einem  Creticus ,  da  beide  Füsse  zu  verschiedenen 
Rhythmengeschlechtern  gehören  und  der  erste  6,  der  zweite  5  Zeiten 
umfasst.  Gleichwohl  standen  sich  im  Alterthum  beide  Rhythmen  in 
Folge  der  ähnlichen  Lage  ihrer  Taktheile  (Arsis  und  Thesis)  sehr  nahe, 
und  gehen  namentlich  bei  den  Komikern  nicht  blos  kretische  Verse 
häufig  in  trochäische  über,  sondern  findet  sich  auch  ein  kretisches  und 
ein  trochäisches  Kolon  zu  einem  Verse  vereint  in 

ovdiv  zoti  d-rjQiov  yvvavKog  äfia%toTeQOv. 

Den  Griechen  erschien  dieser  Taktwechsel  innerhalb  desselben  Verses 
nicht  unerhört,  da  sie  in  ähnlicher  Weise  auch  trochäische  Tetrameter 
häufig  so  bauten,  dass  das  1.  Kolon  nur  irrationale,  das  zweite  nur  ra- 
tionale Füsse  enthielt,  wie 

rag  cpvaeig  vf.aov  dedowcog  Aal  %6v  avioda^  tqottov. 

Der  stärkste  Taktwechsel ,  den  sich  die  Griechen  innerhalb  einer 
Periode  erlaubten,  bestand  in  dem  Uebergang  von  Daktylen  zu  Epitriten, 
da  nicht  blos  die  Einzelfüsse  jener  beiden  Rhythmen  äusserlich  von 
verschiedener  Gestalt  und  verschiedenem  Umfange  waren,  sondern  auch 
die  epitritischen  und  daktylischen  Kola  und  Verse,  wenigstens  wenn  sie 
für  sich  stunden ,  auf  verschiedene  Weise ,  die  einen  dipodisch  die  an- 
deren monopodisch,  skandirt  wurden.  Auf  welche  Weise  indess  die  Ver- 
schiedenheit der  beiden  Elemente  auf  rhythmischem  Wege  gemildert  und 
so  der  Taktwechsel  auf  ein  Minimum  reducirt  wurde,  ist  im  Voraus- 
gehenden bereits  dargethan  worden,  und  fügen  wir  hier  nur  noch  hinzu, 
dass  wenn  die  daktylische  Tripodie  mit  einem  stärkeren  Ictus  auf  dem 
ersten  und  dritten  Fusse 


52 


vorgetragen  wurde ,  sich  die  daktylischen  und  epitritischen  Elemente 
noch  mehr  einander  näherten. 

Dieses  sind  die  Arten  des  Taktwechsels ,  welche  sich  die  Griechen 
innerhalb  desselben  Verses  oder  doch  innerhalb  derselben  Periode  er- 
laubten ;  sie  bedeuten  keinen  vollständigen  Umschlag  des  Taktes,  son- 
dern enthalten  nur  Modificationen  der  Form,  theilweise  auch  der  Grösse 
desselben  Taktes,  welche  den  Griechen  mit  dem  Princip  der  Taktgleich- 
heit vereinbar  schienen. 

Daneben  findet  sich  aber  auch  in  den  Gesängen  der  dramatischen 
Dichter,  namentlich  in  den  längeren  Monodien  und  in  den  von  ver- 
schiedenen Theilen  des  Chors  vorgetragenen  Chorgesängen  ein  förmlicher 
Taktwechsel,  so  dass  in  einem  neuen  Vers  oder  einer  neuen  Periode 
von  Daktylen  zu  Jamben,  von  Jamben  zu  Anapästen,  von  Trochäen  zu 
Päonen ,  von  Jonikern  und  Choriamben  zu  Daktylen,  von  Epitriten  zu 
Jonikern  und  umgekehrt  übergegangen  ward.  Die  Fälle  dieses  Takt- 
wechsels gehören  nicht  mehr  in  den  Kreis  vorstehender  Untersuchung, 
da  sie  die  Continuität  des  Rhythmus  durchbrechen  und  demnach  höch- 
stens nur  die  Frage  anregen ,  ob  und  wie  der  Uebergang  von  einem 
Rhythmengeschlecht  zum  anderen  vermittelt  worden  sei.  Nur  beim 
Uebergang  von  Daktylen  zu  Jamben  oder  Trochäen  ist  es  zweifelhaft, 
ob  mit  dem  jambischen  Vers  geradezu  ein  neuer  Rhythmus  begonnen, 
oder  der  daktylische  Rhythmus  dem  trochäischen  sich  der  Art  angenähert 
habe,  dass  kein  förmlicher  Taktwechsel  stattfand,  sondern  beide  Elemente 
Theile  einer  Periode  (negiodog  6tuoioeidr}g)  bildeten.  Wahrscheinlich  wal- 
teten über  diesen  Punkt,  wie  wir  bereits  oben  S.  26  angedeutet  haben, 
nicht  zu  allen  Zeiten  die  gleichen  Anschauungen.  Archilochus,  der  in 
seinen  Epoden  zuerst  jene  Verbindung  einführte ,  scheint  einen  förm- 
lichen Taktwechsel  vorausgesetzt  zu  haben ,  indem  er  die  beiden  Ele- 
mente nach  den  eigenthümlichen  Gesetzen ,  welche  für  jedes  derselben 
seit  Alters  galten,  zu  behandeln  fortfuhr.  Aber  im  Laufe  der  Zeit  muss 
eine  Aenderung  und  eine  grössere  Annäherung,  wenn  nicht  Ausgleichung 
der  beiden  Elemente  stattgefunden  haben.  Das  erkennt  man  daraus, 
dass  bei  den  Tragikern  die  mit  daktylischen  Versen  verbundenen  jam- 
bischen an  keiner  Stelle  eine  syll.  anc.  haben  und  dass  die  daktylischen 


53 

Verse  in  der  Regel  aus  lauter  reinen  Daktylen  bestehen.  Dadurch  ward 
die  dipodische  Gliederung,  welche  den  Jamben  von  Hause  aus  eigen  war, 
verwischt  und  die  kyklische  Messung  der  Daktylen  ermöglicht;  waren 
aber  diese  Ausgleichungen  durchgeführt,  so  stund  nichts  mehr  der  Ver- 
einigung des  daktylischen  und  jambischen  Verses  zu  einer  gleichartigen 
Periode  entgegen. 

Nur  über  einen  Punkt  erhebt  sich  noch  ein  schwer  zu  lösender 
Zweifel.  Wurden ,  so  fragt  es  sich ,  die  beiden  Verse  so  eng  ver- 
bunden, dass  auch  der  Uebergang  von  einem  Vers  zum  anderen  durch 
eine  genau  normirte  emmetrische  Pause  vermittelt  wurde,  oder  begann 
nach  einer  beliebig  langen  Pause  mit  dem  2.  Vers  eine  neue,  für  sich 
dastehende  rhythmische  Reihe?  Dass  emmetrische  Pausen  nicht  überall 
und  sicherlich  nicht  unter  der  Voraussetzung  dipodischer  Messung 
zwischen  zwei  Verse  eingelegt  wurden,  ersieht  man  ausstellen,  wie 
Aesch.  Agam.    119   f. 

ßoo*6}ie,voi  layivav  eQr/.vf.iaöa  (ptQ^axi  yivvav  ßXaßtvca  Xoio&tcov  öqo^iojv. 

Denn  wollte  man  diese  Periode  dipodisch  messen  und  von  der  Voraus- 
setzung emmetrischer  Pausen  ausgehen,  so  käme  man  zu  folgendem  Schema 

_w~_ww|_ww__ww|_ww |XA 

-h-  - w  I-  -  -  I 
Niemand  aber  wird  eine  so  grosse  Pause  zwischen  Vorder-  und  Schluss- 
vers wahrscheinlich  finden.  Man  wird  daher  in  solchen  Perikopen  sich 
entschliessen  müssen,  entweder  die  Voraussetzung  emmetrischer  Pausen 
aufzugeben  oder  bei  Normirung  derselben  von  monopodischer  Messung 
auszugehen: 

Man  wird  sich  aber  zu  diesen  Annahmen  um  so  leichter  bestimmen 
lassen,  als  ein  ähnliches  Verhältniss  in  Soph.  Oed.  Col.    1736 

ccv&ig  cod'  eQrjpog  cctvoqoq 
cclwvcc  xXaiiov'  e£co. 

auch  bei  dem  Uebergang  von  Trochäen  zu  einem  jambischen  Epodos 
stattgefunden  zu  haben  scheint. 

Nun  findet  sich  aber  auf  der  anderen  Seite  bei  Sophokles  und 
Euripides  die  eigenthümliche  constante  Erscheinung,  dass  wenn  auf  eine 
kyklisch  gemessene  daktylische  Tetrapodie  ein  jambischer  Epodos  folgt, 


54 

die  Tetrapodie  regelmässig  mit  einem  reinen  Daktylus  schliesst,  der 
Epodos  mit  einer  Kürze  beginnt  und  das  Gesetz  Vocalis  ante  vocalem 
corripitur1  sich  auf  die  Schlussthesis  des  1.  und  die  Anfangsthesis  des 
2.  Verses  erstreckt,  wie  in   Soph.   Oed.   Col.   676  f.   =   689  f. 

(pvXkäda  iivqiokccqtiov  avTqXiov 

dvrjVEfiov  xe  navxtov. 

toxvToytog  Tcediiov  etclvlooexcii 

dx,r]Q<xTtp  avv  ofißQtij. 

Soph.  Phil.   1093  f.   =    1114  f. 

nxioxdÖEg  o^vxovov  did.  TtvEVfiaxog 

ZACDOl    (X   •    OVK    ET     LO%ü). 

xöv  xaÖE  (xrjodfiEvov  xov  Xoov  %qovov 
E[xdg  Äct%ovx'  dviag. 

vgl.  Soph.  Phil.  142  f.  =  157  f.  1130  f.  1207  f.  Oed.  C.  234  f.  540  f. 
=  547  f.  1671  f.,  =  1698  f.  El.  125  f.  =  141  f.12).  Eur.  Hec.  167. 
209,  Phoem    1502;   vgl.   Suppl.   836,  Iph.  Aul.   1338. 

Woraus  ist  nun  diese  Eigentümlichkeit  des  Baus,  welche  die 
Dichter  gewiss  mit  bewusster  Absicht  durchführten,  zu  erklären?  Wollte 
man    auch    hier    diejenige    Messung  billigen,    welche    wir    oben   für   die 

Stelle  des  Aeschylus  vermutheten  und  demnach  skandiren 

_w  w  |  —  ~  |  _w  w  i  —  w  i     oder  _w  w  |  — ■  w  i  _w  ~ 1  -  -  i  * 

/\  w    |   _  w|_  w|_  ^  |  w    |    _  w|_  -|-~| 

so  würde  man  manches  unerklärt  lassen  und  nicht  allen  Verlegenheiten 
aus  dem  Wege  gehen.  Denn  nicht  würde  erklärt,  warum  nur  dann  ein 
langer  Vokal  am  Schlüsse  der  Tetrapodie  steht,  wenn  der  folgende  Vers 
wieder  mit  einem  Vokal  anfängt,  und  warum  die  letzte  Sylbe  des  jam- 
bischen Epodus  regelmässig  lang  ist,  nie,  wie  man  doch  voraussetzen 
sollte,  kurz  oder  zweifelhaft.  Auch  ist  an  den  angeführten  Stellen  die 
monopodische    Messung    äusserst    bedenklich ,    da    der    übrige  Theil    der 


12)  Eine  Ausnahme  von  der  Kegel  steht  in  Soph.  El.  150  f. 

i<o  navx'Kr^^nav  Nioßcc,  as  <T  e'yioye  vEfiU)  d-eov, 

a  x    du  xcc<pw  Ttergalut 

alcci   öccxqv&is. 
aher  jene  Form  des  Pronomens  «  xe  hat  hier,    wo    es   sich  um  eine  bestimmte  Person  handelt,    mit 
Eecht  Anstoss  erregt  und  zu  Conjecturen  Anlass  gegeben.     In  der    entsprechenden  Stelle   der  Strophe 
.  135  steht  auch  die  regelrechte  Kürze. 


55 

Strophen  sich  der  dipodischen  Messung  fügt  und  kyklische  Tetrapodien 
sonst  regelmässig  in  Dipodien,  nicht  in  Einzelfüsse  zerlegt  werden  müssen. 
Ich  wage  daher  die  kühne  Vermuthung,  dass  in  jenen  Perioden  der 
schliessende  Daktylus  zusammen  mit  der  anakrusischen  Kürze  einen 
einzigen  Takt  bildete,  indem  ein  kyklischer  Päon  mit  kyklischen  Daktylen 
und  reinen  Trochäen  (vgl.  S.   10)  verbunden  ward. 


Im  Uebrigen  ist  es  sehr  zweifelhaft,  dass  die  Dichter  beim  Ueber- 
gang  von  einem  Rhythmus  zum  anderen  eine  Continuität  des  rhyth- 
mischen Ganges  beabsichtigten  und  die  zur  Herstellung  derselben  nö- 
thigen  tempora  inania  eingelegt  wissen  wollten.  Man  käme  bei  Durch- 
führung dieses  Grundsatzes  zu  Pausen,  welche  theils  wegen  ihrer  zu 
grossen  Kürze,  theils  wegen  ihrer  zu  grossen  Länge  begründeten  Zweifeln 
begegnen  würden.  Hingegen  Hessen  es  sich  auch  hier  die  Dichter  ange- 
legen sein,  einen  gefälligen  Uebergang  der  beiden  Rhythmen  dadurch  zu 
vermitteln,  dass  sie  gern  die  erste  Periode  auf  2  Längen  auslaufen,  die 
zweite  mit  einer  Anakrusis,  meist  einer  zweisylbigen  beginnen  Hessen, 
wie  in  Aesch.  Agam.  446  ff. 

iv  tpovaig  '/.aktog  tiegovt*  —  w  —  —  I  —  -'  L- 

dXXoTQiag  öial  yvvaixog.  — w  w  —  ^  I  —  w  —  — 

Tads  olya  xig  ßavCei,  w  w  |    -w-w| 

<P&oveqov  <T  vre1  alyog  €Q7tei.  ** "  v  |    -  -  —  -  | 

Aristoph.  Vesp.   278  ff. 

aW  Sri 6t*  ävTißoXoirj  — w  w  —  w  w  I 1 

Tig    Y.CCTIO    XV71TCOV    (XV    OVTCÜ,  —  w      —  -  |  —  -' | 

Xl&ov  eipeig,  e'Xeyev.  w  w  | vvl- 

Beispiele  von  Strophen  mit  Taktwechsel  haben  wir  im  Anhang 
unter  Nr.  13,  14,  17,  18,  20  gegeben;  zum  Studium  epodischer  Stro- 
phenbildung ohne  emmetrische  Pausen  empfehlen  sich  besonders  Aesch. 
Suppl.  57—62,  Soph.  Oed.  R.  167—77,  Eur.  Androm.  117—25,  135—40, 
274—83,   294—301,  Hippol.    1102—10,   1119—30. 

Es  ist  aber  nicht  blos  in  jenen  nach  Art  der  archilochischen  Epoden 
componirten  Strophen  die  strenge  Continuität  des  Rhythmus  vernach- 
lässigt, es  hat  auch  in  anderen  Strophen  mit  einheitlichem  Rhythmus 
öfters  das  Schlusskolon  eine  abgesonderte  Stellung  für  sich.  Wir  haben 


56 

darauf  bereits  oben  S.  45  hingewiesen,  und  fügen  hier  noch  hinzu,  dass 
es  mit  dieser  selbständigen  Stellung  des  epodischen  Schlusskolons  in  Zu- 
sammenhang steht,  wenn  dasselbe  mehrmals  mit  einem  jambischen  Vor- 
schlag (Basis)  eingeleitet  wird,    wie   in  Eur.   Suppl.   802 — 4 

w  Ttaldeg,  w  nv/.qov  yikiov        -l-w-wl-w- 
TtqoöTqyoQr^a  (.ictreQuov  -  |  -  -  —  -  I—  ~  •-  | 

Ttqooavdw  oe  tov  &av6vTa.    w  —  |  —  -  —  ~  \—      —  ^ I 

Aber  auch  darin  ist  mit  der  Zeit  eine  Aenderung  eingetreten,  indem 
bei  Terenz  die  Clausula  mit  dem  vorausgehenden  Vers  in  rhythmischer 
Continuität  zu  stehen  pflegt;  s.  Conradt,  Metrische  Composition  der 
Komödien  des  Terenz  S.   16  ff. 


Fassen  wir  schliesslich  unsere  Untersuchungen  mit  Bezug  auf  die 
im  Eingang  der  Abhandlung  aufgeworfene  Frage  zusammen,  so  werden 
wir  sagen  können : 

1)  Die  Taktgleichheit  galt  als  allgemeines  Gesetz  in  gleicher  Weise 
für  die  gewöhnlichen  Verse  wie  für  die  melischen  Compositionen ,  nur 
dass  in  letzteren  nicht  immer  die  gleichen  Takte  auch  einen  gleichen 
Ausdruck  im  Texte  fanden. 

2)  Die  Gesetze  der  Taktgleichheit  waren  bei  den  Hellenen  nicht  in 
gleich  präciser  Weise  wie  in  der  modernen  Musik  ausgeprägt  und  er- 
fuhren ausserdem  in  den  verschiedenen  Dichtgattungen  eine  bald  stren- 
gere, bald  laxere  Anwendung. 

3)  Die  grössere  Freiheit  der  antiken  Rhythmik  zeigt  sich  zumeist 
in  drei  Dingen  : 

a)  dass  rationale  Füsse  neben  irrationalen,  sowie  kyklische  Daktyle 
neben  Trochäen  keinen  Anstoss  erregten, 

b)  dass  aus  dem  verschiedenen  Bau  der  beiden  Hauptmasse  der 
Alten,  des  daktylischen  und  jambischen,  sich  die  Vereinigung  von  mono- 
podisch  und  dipodisoh  gemessenen  Elementen  in  die  lyrische  Poesie  ein- 
schlich und  die  nie  ganz  beseitigte  Einmischung  von  Tripodien  unter 
Tetrapodien  zur  Folge  hatte, 

c)  dass  die  Pausen  am  Schlüsse  der  Kola  und  Verse  nicht  immer  in 
den  Rhythmus  eingerechnet  wurden, 


57 

d)  dass  ein  leichter  Rhythmenwechsel,  wie  der  Uebergang  von  Dak- 
tylen zu  Trochäen  und  von  Trochäen  zu  Päonen,  nicht  blos  in  den  ver- 
schiedenen Periöden  einer  grösseren  Strophe,  sondern  selbst  in  den 
Theilen  derselben  Periode  nicht  strenge  verpönt  war. 

4)  Die  Hauptschwierigkeiten  in  der  Analyse  griechischer  Gesänge 
drehen  sich  um  die  Frage,  ob  in  dem  jedesmal  vorliegenden  Falle  die 
strengere  oder  laxere  Praxis  zur  Anwendung  gekommen  sei,  insbesondere 
ob  die  dipodische  Gliederung  vom  Anfang  bis  zum  Schluss  durchgehe 
und  ob  die  Pausen  emmetrischer  Natur  seien. 

5)  Der  von  mehreren  Gelehrten  ergriffene  Ausweg  alle  lyrische  Kola 
nach  Einzelfüssen  zu  messen  würde  allerdings  über  fast  alle  Schwierig- 
keiten hinweghelfen,  kann  aber  desshalb  nicht  gebilligt  werden,  weil  er 
viele  Thatsachen  im  Bau  der  Verse  unerklärt  Hesse  und  eine  allzu  hohe 
Schranke  zwischen  den  trochäisch-jambischen  Versen  der  Komödie  und 
der  Tragödie  aufrichten  würden. 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.1' 


Beilagen, 


Analyse  einzelner  Strophen  der  Dramatiker. 

1. 

Arist.  Ban.  1099—1108  =  1109  —  18: 

(.itya  xö  7tQayf.ia,  tcoXv  xö  vsr/.og,  dÖQog  6  'jcoXejuoq  egyerai. 
yaXsTTOv  ovv  e'gyov  ÖicciqeJv, 
bxav  6  f.iev  relvr]  ßiaicog, 

6  <T   InavaöTQtcfEiv  dvvrjxai  xdjiEQEidEG&ai  xoqcog. 
5  dXXd  /Lirj  V  xavxot  Y.d$rio&ov  • 
elaßoXal  yaq  eiol  noXXal  yaregai  Gocfio/.iaxcov. 
o  xt  neo  ovv  eysxov  egrCeiv, 
XsyeTov,  e/rixov,   dvadtQso&ov 
xa  xe  rcaXaia  v.al  xa  xaiva, 
10  x(X7tOY.tvdvvEi£xov  Xetcxov  xl  /.al  oocpov  Xeyeiv. 


-  -     -«l---Al 


Die  Continuität  und  Gleichmässigkeit  des  Ehythmus  steht  in  dieser  trochäischen  Strophe  ausser 
allem  Zweifel.  Die  leeren  Zeiten  oder  die  rhythmischen  Einschnitte  wiederholen  sich  zwar  nicht  in 
gleichen  Zwischenräumen,  sind  aber  so  vertheilt,  dass  sie  mit  den  herrschenden  Gesetzen  des  Strophen- 
baues in  vollem  Einklang  stehen :  die  erste  Periode  vertritt  gewisser  Massen  die  Stelle  eines  Pro- 
ömion  und  ist  desshalb  von  kleinerem  Umfang ;  im  Gegensatz  zu  ihr  baut  sich  die  letzte  Periode,  den 
anapästischen  und  trochäischen  Systemen  nach  vorausgehenden  Tetrametern  vergleichbar,  zu  einer  mehr 
als  doppelten  Grösse  auf. 

Aber  wiewohl  durch  das  ganze  Gedicht  der  gleiche  Rhythmus  durchgeht,  erleidet  derselbe  doch 
an  verschiedenen  Stellen  eine  kleine  Variation  durch  das  Tempo;  unter  den  Perioden  ist  am  leichtesten 
gebaut  die  erste,  während  in  den  folgenden  durch  die  selteneren  Auflösungen  und  den  häufigeren  Ge- 
brauch der  syll.  anceps  eine  gewisse  Retardirung  des  Rhythmus  eintritt;  in  den  einzelnen  Dimetern 
hinwiederum  ist  der  letzte  Fuss  fast  durchweg  schwerer  gebaut,  und  zeichnen  sich  die  katalektischen, 
dem  Periodenschluss  zueilenden  Dimeter   durch   eine  graciösere  Anmuth   vor  ihren  Vordergliedern  aus. 


59 


2. 
Eur.  Hei.  229-51.    Monodie  der  Helena. 

cfev,  q>Ev,  zig  rjv  (Dqvywv  —  —  «-< 

7]  zig  'EXXaviag  mtö  yd-ovog  —  ~  — 

eze/ue  zdv  daxQvoeooav  7Atw  ~w  «-  _ 

Ttevxav;  evÜev  oXofievov  oxacpog  ovvccQfxooag  <-  ._ 

5  o  nQuxfxidag  etcXevoe  ßccQßagci)  nXdva         ~  |  ww  .w  _ 

zav  i^tdv  taf  zoziav  —  —  _ 

xaXXog  inl  zo  dvazvyeg,  —  -  ~~ 

wg  e'Aot  yd^tov  ifiov  (fort,  ydfxovg  s/xovg).  —  ~  s- 

a  c5s  öoXwg  d  7ioXvy.z6vog  KvrCQig  —  *-  ww 

10  Jctvatdaig  äyovoa  &dvazov  ÜQiafxiöaig  z\  —  «-.  —  -  |    _  -  —  -  (  ww  w^_  t 

co  zaXaiva  GVf.i(pOQdg.  _  -  _ 

a  de  xQvaeoig  üqovoig  —  -  _ 

z^£0£  VTrayxdfao(.ia  OEfivov  "Hqa  -»-  ~  _ 

tov  lov.vTtovv  87iE(.i\pE  Maiddog  yovov,          ^  \    —  >-  — 

15    0£    CC£    J(ÄO£(?ß    ÖQE7COtU6VaV    l'aiO     7CETlXlOV  —  -  ww 

cSccfca  nezccXa,  yaX/.ioiY.ov  tag  Idihdv-  -w-  _  _w 

ai>  [aoXoi/li\  dvaQ7iccoag  dt    ai&tQog 

Ttt^dg  yaiav  Etg  ävoXßov  _  w     _ 

6£cv  6(0cv  zaXaivav  e'0-ezo  «« <  w     _ 

20  Tlgia/niöaiaiv  lEX?uxöog.  --  -     _ 

ro  c5    £/cov  ovof-ia  jtaqd  Sifxovvzioig  qoccIgi      --  w  —  w  |  ^^  _     _w|_w_w| 

f-iaifiißiov  i'xßi  qjccTiv.  _  w  w_ 

Der  Rhythmus  des  jambisch-trochäischen  Eidos  ist  vom  Anfang  bis  zum  Schluss  in  Doppel- 
füssen  gegliedert;  zwar  ist  diese  dipodische  Messung  nicht  wie  in  den  jambischen  und  trochäischen 
Versen  des  Dialoges  durch  zweifelhafte  Sylben  angedeutet;  aber  sie  ergibt  sich  sicher  daraus,  dass 
alle  Verse  entweder  8  oder  12  oder  16  einfache  Füsse  enthalten,  also  durchgängig  eine  Theilung  mit 
2  zulassen.     Eine  Ausnahme  macht  nach  der  Ueberlieferung  nur  der  Vers 

etil  zö  övozvyjg 
xaXXog  cug  eXot  ya/.iov  efitv. 
Aber  hier  habe  ich  mit  aller  Zuversicht  xtiXkos  umgestellt,  da  nur  so  sich  der  7.  und  8.  Vers 
einem  erträglichen  Rhythmus  fügen.  Zweifelhafter  bleibt  es  mir  selbst,  ob  man  ausserdem  auch  im 
8.  Vers  yuy.ov  ifxop  in  yufxotg  Efxovs  emendiren  soll.  Mit  jener  Aenderung  würden  wir  allerdings 
eine  einfachere,  oft  wiederkehrende  rhythmische  Form  erhalten,  aber  möglich  ist  es  doch,  dass  der 
Dichter  an  dem  Schlüsse  des  Absatzes  eine  ungewöhnlichere  Form  mit  Absicht  gewählt  hat. 

Nur  ein  Mal,  in  v.  16,  schliesst  mit  dem  Vers  nicht  das  Wort;  wer  daran  Anstoss  nimmt, 
kann  auch  das  ganze  ^A&üvuv  in  den  16.  Vers  setzen  und  den  folgenden  zu  einem  axl%os  ihicpalog 
gestalten : 

Unbedenklicher  habe  ich  in  v.  10  den  Apostroph  am  Versschluss  zugelassen,  zumal  a>  xülcava 
avfxcpo(j(cs  noch  mit  dem  Vorausgehenden  zusammenhängt  und  nicht  durch  einen  Punkt,  wie  Kirch- 
hoff gethan  hat,  davon  getrennt  werden  darf.  Ueber  die  Messung  von  nevxav  in  v.  4  hege  ich  keinen 


60 

Zweifel;    wohl  aber  könnte  man  zweifeln,  ob  man  nicht  diesen  Dispondeus  ähnlich  wie  in  v.  177  und 
350  an  den  Schluss  des  vorausgehenden  Verses  setzen  soll,  da  mit  demselben  der  Satz  schliesst. 

Endlich  im  Eingang  der  Monodie  habe  ich  die  erste  Länge  dreizeitig  gemessen;  man  könnte 
auch  annehmen,  dass  der  erste  Fuss,  wie  so  oft,  unvollständig  (ccxecpa\og)  sei.  Aber  ich  ziehe  meine 
oben  aufgestellte  Messung  vor,  da  sie  gut  zu  dem  Tone  des  Liedes  und  zum  langgedehnten  Klageruf 
cpsv  passt. 


Eur.  Suppl.  778—85  =  786—93  Stasimon. 

xd  fitv  ev,  %a  de  dvötvyfj' 
noku  (.isv  evdo^ia 
y.al  OToaTrjldraig  dogog 
dinXaLexai  rt^id ' 
5    l(.iol  de  Ttaiöcov  (.tev  eloiöelv  ueXrj 

nr/.QOv,  ymXov  deafia  ö',    eltceq  oipofiai 

xav  cceXtttov  oueQav, 

löovoa  rcävTiüv  /.leyiarov  dXyog. 


oder  w 


Auch    in    diesem  jambischen  Liede  lässt   sich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit    die  Continuität 

des  Khythmus  herstellen.     Nur  an  einer  Stelle,  am  Schlüsse  von  Vers  4  findet  sich  ein  entschiedener 

Einschnitt  des  Rhythmus    und  des  Gedankens,    welcher  die  Strophe  in  zwei  Hälften  theilt;  wesshalb 

hier  vielleicht,  wie  ich  in  dem  Schema  angedeutet,  eine  grössere  Pause  anzunehmen  ist.    Im  Uebrigen 

hängen  immer  je  2  Kola  enger  mit  einander  zusammen.     Nur  bei   dem  1.  Kolon   kann  man  zweifeln, 

ob  man  es  als  xülov  axiyakov,  wie  wir  in  dem  Schema  gethan,    oder  als  tripodisches  Proodikon  mit 

vorausgehender  Anakrusis  fassen  soll.     Im  letzteren  Fall,  den  in  der  Strophe,  nicht  aber  in  der  Anti- 

strophe,  die  Satzbildung  unterstützt,  würde  der  Proodus  von    dem    eigentlichen  Körper   des  Gedichtes 

durch  eine  Pause  passend  getrennt  werden: 

V  w, — .  w_w,-y\ 

wenn  man  es  nicht  vorzöge,  ihn  ähnlich   wie  öfters   den  Epodus  (s.  S.  55)  ausser  rhythmischer  Con- 
tinuität zu  setzen. 


4. 

Eur.  Phoen.  202—13  —  2U— 25.     Parodos. 
Tvqiov  old(.ia  XiTtovo'  tßav 
ccY.QO&ivia   yio%iq 
OoLviooag  anb  vdoov, 
(Dolßq)  dovla  (.lEka&QCov, 
5  clv    V7id  öeiqciol  vicpoßoXoig 


^_    /\ 


61 


TlaQvaooov  v.aT£vdo&i]v, 

^loviov  v.axd  rcövxov  eXd- 

Tq  vrXevoaoa  7T£qiqqvtcov 

V7tsQ  äxctQniOTiov  Tcediiov 
10  ^r/.sliag,  Zecptgov  Ttvoaig 

\nrrevaavTog  ev  dgutvci) 

v.aXkioxov  "/.Ekadn][ia. 

Da  zum  Gesang  dieser  glykoneischen  Strophe  marschirt  wurde  (s.  Myriantheus,  die  Marschlieder 
d.  griech.  Drama  S.  74),  so  müssen  wir  von  vornherein  Taktgleichheit  und  ennnetrische  Pausen  er- 
warten; beide  ergehen  sich  auch  ganz  einfach  aus  der  Zergliederung  des  Gedichtes.  Doch  war  die 
Taktgleichheit  keine  so  strenge,  dass  sie  nicht  kleine  Modifikationen,  welche  ich  in  dem  Schema  zum 
Ausdruck  gebracht  habe,  zugelassen  hätte.  Insbesondere  wurde  der  Anfang  der  einzelnen  Perioden  in 
rascherem  Tempo  und  mit  erregterer  Lebhaftigkeit  vorgetragen,  wesshalb  sich  hier  öfter  die  Längen 
aufgelöst  finden  und  an  den  Stellen,  welche  eine  zweifelhafte  Sylbe  zuliessen,  eine  reine  Kürze  ge- 
setzt ist. 

Leere  Zeiten  habe  ich  ohne  Schwanken  an  dem  katalektischen  Schluss  der  einzelnen  Perioden, 
also  in  v.  3.  6.  12  angenommen;  die  Interpunction  in  der  Antistrophe  v.  221,  sowie  der  Wechsel  des 
Tempos  bewogen  mich  auch  den  Schluss  von  v.  8  lieber  mit  —  w  —  ^  als  mit  —  w  ■—  wiederzugeben. 
Bei  dem  ersten  Vers  der  2.  Periode  muss  man  es  zweifelhaft  lassen,  wie  viele  von  den  6  Zeiten  des 
Doppeltaktes  durch  die  3  Längen  und  wie  viele  durch  die  vorausgehende  kurze  Pause  ausgefüllt  wurden; 
schwerlich  aber  hatte  der  xqovos  xevog  den  Umfang  von  auch  nur  1  Zeit. 

Sehr  auffällig,  und  ein  Zeichen  der  schlotterigen  Observanz  des  Euripides  in  metrischen  Dingen 
ist  die  Auflösung  einer  3 zeitigen  Länge  in  2  Kürzen,  wovon  ich  in  der  Metrik  §  110  gehandelt  habe. 


5. 

Soph.  Ant.  332—42  —  343—53.  Stasimon. 

TtoXXä  rd  deivd  v.ovdev  dv-  —y  w     — 

&Qti)ltOV    deiVOTEQOV   Ttzktl  '  — ^ 

tovxo  v.ai  tioXlov  Ttegav  —  ~  — <- 

7V0VT0V    yfilUEQUj)    VOTtO  —«- 

5    XC0Q£l    7t£QlßQV%lOl0lV  —  — 

7TEQ0JV    VTC'    OldfACtOlV.  —      — 

dscov  di  xdv  vneQzaTav  Täv  ■-  \  —  -,  — 
dcpfriTov  d/.df.iarov  drcoTQVETai  — — -  —  —  *- 
llXo/Lievcov  dqtTQiov  l'rog  elg  trog      —-  ~  — ■ 

10    t7t7TSl(p    ytVEl    7CO?i£üC0V.  <~.  «-        |      —  -'      —  "- {  ^  —  I 

Eine  Erläuterung  bedürfen  nur  die  Kola  5  und  6.  Des  ersteren  Kolon  erster  Doppeltakt  lässt 
sich  auf  doppelte  Weise  messen,  entweder  so,  dass  man  der  1.  Länge  den  Umfang  von  3  Zeiten  gibt 
"-  —  w,  oder  so  dass  ein  Theil  des  ersten  Fusses  durch  eine  leere  Zeit  ausgefüllt  wird  ^  —  —  w. 
Beide  Messungen  sind  zulässig,  je  nachdem  die  1.  Sylbe  als  syll.  anc.  behandelt  ist  oder  nicht,  und 
je  nachdem  die  Wörter,  welche  den  vorausgehenden  Vers  schliessen  und  den  folgenden  einleiten,  eng 
zusammenhängen  oder  durch  eine  Interpunction  von  einander  getrennt  sind.  Sodann  ergänzen  sich  ge- 
genseitig der  überschüssige  Schlusstakt  des  5.  Kolon  und  der  vorn  verstümmelte  {dy.£<paXog)  Anfangs- 
takt des  6.  Kolon.  Man  könnte  dieses  zum  sprechenden  Ausdruck  bringen  durch  das  Schema 


62 


Aber  da  in  Strophe  und  Antistrophe  an  der  7.  Versstelle  ein  Wort  schliesst  und  die  den  Ver- 
schluss begleitende  Pause  auch  in  Betracht  zu  ziehen  ist,  so  habe  ich  lieber  das  Schema  den  Anzeichen 
des  Textes  anbequemt.  Im  Uebrigen  sind  in  unserem  Liede ,  zu  dem  ja  nicht  marschirt  wurde,  die 
Taktverhältnisse  freier  behandelt,  was  sich  besonders  in  dem  7.  Kolon  zeigt,  das  am  Schlüsse  vor  dem 
Uebergang  zu  den  beflügelten  Daktylen  eine  durch  die  Zeitmasse  nicht  motivirte  Retardirung  des 
Ehythmus  aufweist. 


6. 


Soph.  Phil.  169—79  —  180—90  Parodos. 
olxTEiQto  vw  eya)y\  omog 

[itf   XOV   XT]ÖOfA6VOV   ßqoTiov 

fitjde  avvTQoepov  o^'  zyoiv 
övatavog  fiovog  aet, 
5  vogel  [iiv  voaov  dyglav, 
dlvei  d'  in l  Ttavxl  rw 


%QEL(Xg    lOta{lEVLt). w  w 

Ttwg  Ttors,  Ttwg  öva^ioQog  dvri%Ei;  ^  — ^  w 

cü  Ttakaiiai  &eiov, .  w 

w  dvoTava  yevr]  ßqoTwv,  __  ^ 

10  oig  firj  fiETQiog  aliov. 

Im  Allgemeinen  wurde  dieses  Lied  in  einem  weit  gedämpfteren  Tempo  vorgetragen,  wie  die  kurz 
zuvor  analysirte  Strophe  aus  der  Parodos  der  Phönissen;  es  zeigt  sich  das  in  der  Vermeidung  jeder 
Auflösung  und  in  der  häufigen  Wiederkehr  der  spondeischen  Form  der  hasis.  In  dem  glykoneischen  Theile 
des  Liedes  verdient  das  5.  Kolon  unsere  besondere  Aufmerksamkeit.  In  der  Strophe  beginnt  dasselbe 
scheinbar  mit  einem  Jambus ;  rhythmisch  aber  bilden  die  beiden  Sylben  eine  unvollständige  (üxicpalog) 
Basis,  deren  rhythmischer  Werth  folgender  Massen  sich  darstellen  lässt : 

Es  passt  aber  zugleich  die  Form  der  scheinbar  jambischen  Basis  gut  zur  Einleitung  der  neuen 
Periode.  Das  entsprechende  Kolon  der  Antistrophe 

OTixTtdv  r\  Xaaitov  \xE%d 
hat  umgekehrt  am  Schlüsse  eine  kurze  Sylbe  statt  einer  langen ;   auch   diese   wurde   durch   eine  leere 
Zeit  zu  ihrem  vollen  rhythmischen  Gehalte  ergänzt,  wenn  man  nicht  annehmen  will,  dass  der  Dichter 
von  dem  Sänger  auch  diese  kurze  Sylbe  über  ihren  natürlichen  Gehalt  bis  zum  Umfange  von  3  Zeiten 
angehalten  wissen  wollte. 

In  dem  choriambischen  Theile  der  Strophe  gehen  die  Choriamben  in  Joniker  dadurch  über,  dass 
die  letzte  Länge  des  Choriamb  mit  dem  beginnenden  Daktylus  der  folgenden  Zeile  zu  einem  Fusse 
vereinigt  wird.  In  der  Strophe  treten  die  beiden  Kola  schärfer  auseinander,  indem  dieselben  durch 
eine  starke  Interpunction  von  einander  getrennt  sind;  in  der  Antistrophe  hingegen 
Xi[ttjj  t'  olxTQog,  avrj-AEOxa  fj.EQLf.ivrifxaz''  e'xcov  ßctQrj. 
sind  dieselben  sogar  durch  Wortgemeinsarakeit  mit  einander  verbunden  {avvr^nxuC).  Der  nachfolgende 
Vers  hat  die  Form  einer  logaödischen  Tripodie;  eine  solche  vereinzelte  Tripodie  mitten  unter  Tetra- 
podien hat,  wie  wir  im  allgemeinen  Theile  gesehen  haben,  ihre  grossen  Bedenken.  Hier  wird  man 
dieselbe  um  so  zuversichtlicher  durch  Annahme  einer  Pause  zu  einer  Tetrapodie  ergänzen,  als  mit  ihr 
eine  neue,  durch  starke  Interpunction  in  Strophe  und  Antistrophe  von  dem  vorausgehenden  Theile  ge- 
trennte Periode  beginnt,  und  in  einer  Parodos  von  vornherein  strengere  Taktebenmässigkeit  als  in 
einem  anderen  Chorlied  der  Tragödie  zu  erwarten  ist. 


63 


Soph.  Phil.  135—43  =  150—58.  Parodos. 

xi  XQ7},  xi  %Qiq  jue,  d£o7tor\  iv  ±8va  ^hov 
axiyEiv  y]  xi  Xeysiv  7tQog  dvöcf  VTtomav, 
cpqdCe  /tioi. 

xiyva  ydq  xeyvag  sriqag 
5  TTQOvyu  xat  yvwf.ia,  Ttaq1  oxco  xo  &eiov 
Jibg  OY.rJ7iT()ov  dvaGGExai. 
oe  ö\  10  xixvov,  xod"1  eXi^XvSev 
Ttäv  v.qaxog  toyvyiov  •  xo  (.101  evvene, 
xi  oot  xqecov  VTiovQyeiv ; 


~l 


I-  - 


oder  «-•  j 


In  der  Strophe  steht  zweimal  in  v.  2  u.  6  ein  jonischer  Fuss  inmitten  zwischen  6  zeitigen  Di- 
trochäen;  ich  habe  denselben  in  Uebereinstimmung  mit  den  neueren  Metrikern  so  gemessen,  dass  ich 
der  1.  Länge  3  Zeiten  gab  und  den  Daktylus  als  einen  3  zeitigen  kyklischen  Fuss  fasste.  Doch  kann 
man  bei  dem  zweiten  Vers  auch  an  ein  xcSkoy  c<xi<pecXov  mit  beginnendem  Jambus  denken. 

Das  4.  Kolon  beginnt  in  der  Antistrophe 

Xey\  aiXdg  noiag  eveÖQog 
mit  einer  kurzen  statt  einer  langen  Sylbe,  etwas  was  sich  nur  mit  der  freieren  Behandlung   des  Ein- 
gangs glykoneischer  Kola  entschuldigen  lässt,    wesshalb  ich  Wecklein  nicht  beistimmen  kann,   der  in 
der   neuen  Bearbeitung   der  Wunder'schen  Ausgabe    des  Philoktet  v.  3  u.   4  zu    einem  Langvers  ver- 
einigt hat. 

Ueber  die  rhythmische  Vereinigung  der  beginnenden  Kürze  des  letzten  Kolon  mit  dem  schlies- 
senden  Daktylus  des  vorausgehenden  habe  ich  im  allgemeinen  Theile  S.  54  gehandelt.  M.  Schmidt 
Soph.  Chorgesänge  S.  12  hilft  sich  auf  andere  Weise,  indem  er  jener  Kürze  eine  Pause  von  nicht  we- 
niger als  13  Achteln  vorausgehen  lässt.  Eine  solche  Theorie  richtet  sich  selbst.  Stimmt  man  also  un- 
serer allerdings  gewagten  Hypothese  nicht  bei,  so  bleibt  nichts  anderes  übrig  als  das  epodische  Schluss- 
kolon ausser  rhythmischer  Continuität  zu  lassen. 


Eur.  Orest.  807—18  =  819—30   Stasimon. 

6  i-ieyag  oXßog  a  x1  ccqexcc  wv-'  w  —  -' 

fitya  qjQOvova'1  dv'  'EXXdda  zai  w-/  w  —  w 

7tctQa  ^if.wvvxloig  oyExdlg  -,—  *-*  —  w 

Ttaliv  dvijX&''  «|  Evxvyiag  l4xQ£idaig,  "-"-'  w 

5  TtdXai  rtaXaiag  dito  GV(xq>OQag  doftcov,  w  |    —  w  — 

otioxe  yavoEiag  e'qig  dg-  —^  ^  —  *= 
vog  S7Z0Q0VGE  (ijXv&E  codd.)  TavxaXidaig,      —  «  «-«  —  — 


/\  -^      


64 

oIktqotcctcc  &oivaf.iara  "Aal 
acpäyia  yevvalcüv  texeiov  ' 
10  o&ev  cpovi^  cpovog  i^af.ielßcov 

(5t'   CU[.lCCTOQ   ov  txqoXeitiei       i-  |  —-  "-     —  ~  i 

ÖlOOOioiV    IdzQEldaig.  —  | "" oder ^  \ 

Von  den  drei  deutlich  von  einander  getrennten  Perioden  haben  Nauck,  Kirchhoff,  Schmidt 
Kunstf.  III  414  die  letzte  v.  10—12  mit  Wortbrechung  geschrieben: 

o&ev  q)6v(p  cpovog  i^a^Ei 
ßcov  <J*'  aifiarog  ov  jvqoXeI- 
71 El  diooöloiv  ^AzQEidaig. 

Gegen  diese  Zergliederung  erregt  das  Widerstreben  des  Textes  in  Strophe  und  Antistrophe 
äusserstes  Misstrauen;  denn  auch  in  der  Antistrophe  endigt  das  Wort  nicht  mit  dem  Schlüsse  jener 
Verse,  sondern  nach  der  1.  Sylbe  des  folgenden  Verses.  Auch  die  handschriftliche  Ueberlieferung 
spricht  gegen  jene  Theilung;  wenigstens  in  den  beiden  Handschriften  von  St.  Marcus  n.  468  u.  470, 
aus  denen  mir  die  Versabtheilung  zu  notiren  mein  lieber  Freund  Römer  die  grosse  Güte  hatte,  sind 
die  Verse  gerade  so  abgetheilt  wie  bei  uns  und  Dindorf.  Dass  nun  aber  diese  Abtheilung  auch  die 
richtige  ist,  geht  aus  unserer  rhythmischen  Zergliederung  zur  Evidenz  hervor,  da  nur  so  Platz  für 
eine  hier  absolut  nothwendige  Pause  gewonnen  werden  konnte.  Bezüglich  des  Schiasskolons  hege  ich 
auch  hier  den  Zweifel,  ob  dasselbe  nicht  besser  ausser  rhythmischer  Continuität  gesetzt,  oder  als  di- 
meter  ionicus  catalectus  gefasst  würde. 


Eur.  Hec.  629—37  =  638—46.    Stasimon. 


/\    w    


Efxoi  Xorlv   OV/.l<pOQCCV,  ^  I 

if.wl  xq^v  Ttrjfxovav  yeveo&ai,  w  i      — 

'löcciccv  bze  ttqiotov  vlav  — 

l4Xe^avÖQog  eiXazivav 
5  era(AE&\  aliov  eti'  olö^a  vavozoXrjOcov 
cEXivag  ETti  layaoa,  rdv 
naXliGTav  6  xQtaocparjg 
Z^liog  avyaCEi. 

Dass  die  Strophe  aus  3  Perioden  besteht  und  dass  an  dem  Ende  des  2.  und  4.  Verses  mit  dem 
starken  spondeischen  Periodenschluss  zugleich  eine  Pause  verbunden  ist,  passt  gut  zur  Sache.  Auch 
die  antispastische  Form  des  1.  Doppelfusses  in  V.  4  nach  einem  überschüssigen  Ditrochäus  steht  mit 
unserer  Lehre  gut  in  Einklang;  vgl.  S.  19.  Aber  unsere  Berechnungen  werden  in  bedenklicher  Weise 
dadurch  gestört ,  dass  in  der  Antistrophe  die  Verse  4  und  5 ,  welche  nach  unserer  Analyse  auf  das 
engste  zusammenhängen,  durch  einen  Hiatus  von  einander  getrennt  werden: 

xccxöv  rä  2i/uovvrldi  ycjc 

oXe&qiov  ejxoXe  ov[.icpoQa  t?   ctrt    aXXtov. 

Ich  weiss  mir  hier  nicht  anders  zu  helfen,  als  indem  ich  zur  Annahme  eines  illegitimen  Hiatus 
meine  Zuflucht  nehme;  siehe  oben  S.  41. 


65 


10. 

Eur.  Hec.  444—54  =  455 — 65.  Stasimon. 

av qa  novxiag  ccvqcc,  —  ~  — • 

aze  7tovT07iOQOvg  xofxiKeig  —  w  — - ■ 

-9-odg  dy.drovg  £jt'  oldfxa  XL[.ivag,      w  — w 
not  /.iE  tccv  fiskeav  TtoQEVösig;         x     — 
5  Ty  dovXoovvog  Ttqog  olxov 
Y.Trj&eio'  dcplBofxai; 
7j  ztcjQiöog  oqiiov  mag 
rj  WO-iddog,  ev&a  \xov\  y.aXXi- 
otcüv  iddrcov  nariqa 
10  (paoiv^47tLdavdv7tediaXi7taivEiv.  —  w  —  «- 

Durch  Annahme  einer  im  Satzbau  und  im  Rhythmus  begründeten  Pause  in  V.  4  haben  wir 
den  Uebergang  von  Glykoneen  zu  Jonikern  zu  begründen  gesucht.  Zweifeln  kann  man,  ob  man  in 
V.  8  mit  Porson  den  Artikel  xov  vor  xaXktaruyv  streichen,  oder  in  der  Antistrophe  xovyaiaiv  statt 
xovquls  lesen  soll.    Ich  habe  das  erstere  aus  leicht  einleuchtenden  rhythmischen  Gründen  vorgezogen. 

Ueber  die  Messung  der  Tripodie  v.  9  sehe  man  den  allgemeinen  Theil  S.  32.  Ich  habe  mich 
hier  dazu  verstanden,  die  scheinbare  Tripodie  durch  rhythmische  Mittel  zu  einer  Tetrapodie  zu  er- 
gänzen, weil  am  Schlüsse  des  vorletzten  Kolon  sich  häufig  eine  grössere  Pause  findet;  man  kann  aber 
auch  mit  mindestens  gleich  gutem  Eecht  die  Continuität  des  Rhythmus  vor  dem  Schlussvers  unter- 
brochen sein  lassen  und  dann  die  Tripodie  einfach  durch  den  Gebrauch  der  Tripodien  am  Schlüsse  der 
Perioden  erklären. 

11. 

Eur.  Med.  846—55  =  856—65.    Stasimon. 

ncog  ovv  ieqcov  7to%a\.itov  —  |  — **■  ~  —-  — 

■>\      >-\       t\      >i 

r[  Ttokig  r\  qpiXiov  —  w     —  w 

7t6f.iTtii.iog  as  xcoqa  —  l  — w  w     —  w 

TUV    TtCLldoXbTElQCtV    E^El,  —  I  — w  w      —  w 

5  tülv  ov%  oaiav  jugr'  dXXtov ;        —  \  ——  *-    "•- 
oxtipai  rexEiüv  TtXaydv,  —  |  — »-  *■«     —  ~ 

OXElpOU    (fOVOV    OlOV    CUQSl.  —  |  — '  —       —  -' 

(irj,  Ttqdg  yovccTtov  ge  rtavTtog  —  \  — ~  —     —  ^ 
Ttdvtrj  a'  IxETevofxev, 
10  teuvo.  qpovEVOyg. 
Hier  hängt  rhythmisch  das  1.  Kolon  mit  dem  2.  und  das  vorletzte  mit  dem  letzten  zusammen; 
nur  bei  dieser  Annahme,  welcher  ich  in  dem  Schema  Ausdruck  gegeben  habe,  lässt  sich  mit  der  Takt- 
continuität  durchdringen;  doch  lässt  sich  auch  hier  an  der  zweiten  Stelle  an  eine  rhythmische  Abson- 
derung des  Schlussverses  denken.    Leere  Zeiten  habe  ich   bei  dieser  Strophe   nicht  angedeutet,   aber 
wenn  das  Satzgefüge  oder  die  menschliche  Stimme  solche  erheischte,  so  war  für  dieselbe  an  mehreren 

Stellen  Raum  vorhanden ;  denn  mit  dem  Doppelfuss  ' w  w    in  v.  1  und  9  Hess  sich  auch  das  Zeit- 

mass  —  ^  ~~ ""  w    vertauschen,  und  die  Füsse in  v.  3—8  Hessen  sich  auf  verschiedene  Weisen, 

durch  ' ~  so  gut  wie  durch  —  ^  /x  ~  rhythmisch  wiedergeben;   ich    habe    nur  nicht   gewagt  das 

Leimmazeichen    am  Schlüsse   des   3.  und   7.  Kolon  zu  setzen,   weil   die  Interpunction  in  der   Strophe 
und  Antistrophe  zu  wenig  zusammenstimmt. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  9 


66 


12. 

Eur.  Heracl.  892-900  =  901—9.    Stasiraon. 
€f.wl  yogog  /uev  r^dvg,  et  Xlysia 
Xioxov  yccQig  elvi  öaixl, 
rodelet  d'  Evyagig  l4cfQodixa, 
xeqivvov  dt  tl  Kai  cpiXtov  aef 
5  Evxvylav  löea&ai 

xtov  rcaqog  ov  doxovvxcov. 
TtoXXa  ydq  xlkxei 

MolQCC    TEÄ£GOld(i)tElQ' 

aitov  xe  xqovov  Ttalg. 
ibid.  v.  910—18  =  919—27: 

EGXLV   €V   OVQCCVü)   ßeßaxioQ 

&Eiog  yovog,  co  ysQcud ' 

cpsvyco  Xoyov  tag  xov  Z4iöa 

dof.wv  '/.axtßa  nvqog 

ösiva  cfXoyi  acoiia  dcuo&Eig  ' 

c'Hßag  r1  EQazdv  ygöiZsi 

Xiyog  XQvaeav  xar'  avXav' 

co  'Y/nevaiE,  diooovg 

Ttaidag  diog  rfeicooag. 
Gegen  die  Richtigkeit  der  Analyse  des  zweiten  Strophenpaares  wird,  Continuität  des  Rhythmus 
vorausgesetzt,    kaum   ein   begründeter  Zweifel   erhoben   werden   können.     Denn  dass  die  Messung  von 
H.  Schmidt  Kunstf.  III  181,  der  unter  anderem  das  erste  Kolon  mit 

wiedergibt,    wiewohl  dasselbe  in  Strophe  und  Antistrophe  auf  zwei  gewichtvolle ,  kräftig  austönende 
Längen  schliesst,  das  Richtige  nicht  trifft,  werden  mir  vorurteilslose  Beurtheiler  leicht  zugeben. 

Mit  dem  ersten  Strophenpaare  aber  wüsste  ich  nichts  anzufangen,  wenn  man  den  überlieferten  Text 

Xcoxov  yccQig  svl  dal 
el'jy  <$'  Evyaqig  ^äcpQodlxa 
der  Analyse  zu  Grunde  legen  müsste.    Aber  alle  Schwierigkeiten  heben  sich,   wenn  man  die  wahrhaft 
ingeniöse  Conjectur  Madvigs  Adv.  crit.  I.  109  annimmt,   wie  ich  oben  im  Texte  gethan  habe.    In  der 
Antistrophe  ist  dann  xov  <$'  ttcpha&ui  statt  xov  <5'  {t<peX£o&ca  zu  schreiben. 

Indess  muss  ich  doch  zugeben,  dass  eine  Zerlegung  der  beiden  Strophenpaare  ohne  Annahme 
emmetrischer  Pausen  und  ohne  strenge  Durchführung  der  dipodischen  Messung  einfacher  und  anspre- 
chender ist.  Namentlich  gestehe  ich  selbst,  dass  mir  die  Absonderung  des  1.  Pusses  im  2.  Strophen- 
paare wenig  wahrscheinlich  dünken  will. 

13. 

Eur.  Iph.  Aul.  164—84  =  185—205.  Parodos. 

elioXov  dfiqji  ?zaQa/.xiav  w-  w  —  w  I    —  w  —  I 

ipa/xafrov  ^ivXiöog  ivaXlag,        ~w  *■'  —  ~  w  I  ww  w  —  I 
EvQirtov  did  ysv(.iaxtov 


67 


'/.aXaaoa  gtevo/ioq^/xcov,  — 

5  XaXxida  itöXiv  i/.idv  TtQolinova'  — r  -  rw 

dyyidXiov  vöariov  ZQoepöv  —^  —  — ■ 

Tag  xXeivag  ^Qed-ovaag,  —y 

^Ayaiiov  Gxqazidv  log  "/.azidolfiav  w| ~ 

dyavcov  re  rcXdxag  vavoutoqovg  17-  w| «- 

10  i-il&Üüv,  ovg  STciTqoiav  iXazaig  yiXiovavGiv  -^| ~ 

tov  ^avd-ov  MeveXaov  — ~ 

atlbTEQOl   JTOGEig  —-  >-'      — 

Evtrtovo'  L4ya/.U[xvova  t'  svnaTQidav  **.  —  |— --  -,  — — 

GrsXXeiv  ettI  xav  cE?Jvav  cm'  — |— w  w  — 

15  EvQiota  dovaY.OTQuqjov,  — — 

Haqig  6  ßovv,6Xog  av  e'Xaße,  ww  w  _w 

dtüQOv  rag  l4qjQ0Öitag,  —  «-  — — 

oV  €tt2  XQrjvalaioi  öqoooig  ww  w     _ 

"Hqcc  üaXXdöi  t'  I'gw  Icuv  — - 

20  [lOQcpag  d  Kvjtqig  soyev.  —  - 

In  dieser  Strophe  geht  der  Dichter  von  Glykoneen  (v.  1—7)  zu  Jonikern  (v.  8 — 10)  üher  und 
kehrt  von  den  Jonikern  wieder  zu  Glykoneen  (v.  11 — 19)  zurück.  Diese  Partien  sind  aber  nicht  schroff 
von  einander  geschieden ,  sondern  vermittelst  gefälliger  Uebergänge  gewisser  Massen  in  einander  ge- 
schoben. Es  drückt  sich  dieses  in  dem  Texte  aus,  indem  namentlich  am  Schlüsse  von  V.  10  jeder 
Satzeinschnitt  fehlt;  es  hat  dieses  aber  auch  in  dem  Khythmus  seinen  Ausdruck  gefunden,  indem  der 
letzte  Takt  des  1.  Abschnittes  V.  7  durch  die  Anakrusis  des  folgenden  seine  Ergänzung  erhält,  wenn 
man  hier  es  nicht  vorzieht,  die  beiden  Perioden  durch  eine  längere,  5  Zeiten  füllende  Pause  von  ein- 
ander zu  scheiden. 

Der  erste  glykoneische  Theil  der  Strophe  zerfällt  wieder  in  2  durch  katalektische  Pherekrateen 
bestimmt  begränzte  Perioden;  in  den  zweiten  ist  durch  Vermittlung  einer  Tripodie  ein  anapästisches 
Element  eingeschoben,  das  sich  sonst  nicht  mit  Glykoneen  zu  verbinden  pflegt,  in  dieser  Strophe  aber, 
die  durch  häufigen  Rhythmenwechsel  charakterisirt  ist,  nichts  auffälliges  hat.  Man  könnte  nun  diese 
Anapäste,  sowie  die  vorausgehenden  Joniker  v.  8 — 10  unter  Annahme  einer  vollständigen  fieraßoXt] 
QvS-fiov  von  den  übrigen  Versen  absondern  und  für  sich  messen  wollen  (vgl.  S.  53);  aber  da  sich  die- 
selben doch  leicht  durch  einfache  rhythmische  Mittel  mit  den  umgebenden  Versen  verknüpfen  lassen, 
so  habe  ich  es  um  so  mehr  vorgezogen  die  Continuität  des  Rhythmus  in  der  ganzen  Strophe  durch- 
zuführen, als  dieselbe  einen  Theil  des  Einzugsliedes  bildet. 

14. 

Eur.  Bacch.  120—34  =  105—19.  Parodos. 

co  &aXd(.iEV[ia  Kov^q-  — w  ^     - 

xlov  ^d&Eol  te  KQijvag  — w  w     - 

zlioyEvitOQEg  evavXoi,  w  I  ww  w  -"- 

ev&a  TQixoqv&sg  dvTQOig  ——  w  v-"- 

5  ßvQOozovov  xvx.Xcof.ia  — w  w    - 
rode  (.toi  KoqvßavTeg  tjvqov.  w  w  I  —'  ^     - 

dvd  de  ßd'/.yia  gvvtovcij  ~~  y  —  - 


w    _| 


9* 


68 

xtqaoav  äövßoa  0Qvyiiov  ^^  *?  —  —  *-- 1  —  «-  *>  .- 

avXwv  TcveviiaTL  fxavQog  %e  lPlag  slg  —  w  —  -| - 

10  X6?a  ^^«^  wivtcov  EvaOfictoi  Baxyav.  -«| -  w  l    -  —  w 

7ictQo.  de  fxaivofievoi  ^cctvqoi  «-"-  —  — ^  —  |  —  —  — 

(.lari-QOg  e^avvaavro  &eäg  — ■  —  —  -  |  — «  -  >- 

£tg  (Je  yoQEVfxara  — <  -     —  - 1    —      7^ 

ovvrjipav  TQiEzrjQidtov,  ~  —  —  w  —  |    _  w  i_ 

15  atg  ycciQEi  diovvoog.  —  w  —  w  |    >-      — 

Weder  der  Text  noch  die  metrische  Analyse  der  Strophe  unterliegt  einer  erheblichen  Schwierig- 
keit. Zweifeln  kann  man  nur,  ob  ich  mit  Recht  die  einzeln  stehende  Tripodie  v.  13  durch  Annahme 
einer  leeren  Zeit  entfernt  habe.     Ausserdem   würde   die  Möglichkeit    des  Uebergangs   von  Choriamben 

zu  Jonikern  noch  besser  in  die  Augen  gesprungen  sein,  wenn  ich  den  Jonicus  statt  mit w  w  mit 

seinem  rhythmischen  Werthe  ' w  ""    bezeichnet  hätte. 

In  den  beiden  ersten  Perioden  v.  1 — 3  und  v.  4 — 6  ist  hier  im  Unterschiede  von  dem  sonstigen 
Brauch  das  Schlusskolon  nicht  durch  eine  Pause  von  dem  vorletzten  Gliede  getrennt,  sondern  im  Ge- 
gentheil  mit  demselben  enge  dadurch  verknüpft,  dass  die  erste  Sylbe  desselben  noch  zur  Ausfüllung 
des  Schlusstaktes  des  vorletzten  Kolon  verwendet  ist.  Etwas  Aehnliches  haben  wir  oben  im  allge- 
meinen Theil  S.  54  bei  dem  Abschluss  eines  daktylischen  Systems  durch  einen  jambischen  Epodus 
kennen  gelernt.  Es  kam  eben  in  erster  Linie  nur  darauf  an,  durch  die  abweichende  Form  der  Clausula 
den  Abschlus  yaafxmq)  der  Periode  anzudeuten;  das  konnte  aber  ebenso  gut  durch  Ausrücken,  wie 
Einrücken  geschehen. 

15. 

Eur.  Suppl.  42—47  =  48—53.     Parodos. 
r/.ETEVcü  oe,  yeQccia, 

yEQccQcov  £/.  GTOiiariov  nqog  yovv  rclmovaa  xo  gov, 
an  6  f.101  texvcc  Xvaai  q>&if.izvtov 
ve'/.vcov,  ot  "ActTaXeinovoi  /neXt] 
5  öaväraj  Xvol^ieXeX,  &rjQoiv  oqeIoioi  ßoQav. 

w    w  I  ^  -*| w    w  |U  /X 

W     W, w     w| w     w,^_^ 


In  diesem  einfachen  jonischen  Liede  liegt  die  Continuität  des  Rhythmus  so  auf  platter  Hand, 
dass  sie  keines  weiteren  Commentars  bedarf.  Die  Pausen  haben  in  demselben  mehr  rhythmische  als 
logische  Bedeutung ;  das  heisst  sie  kennzeichnen  weniger  die  Marksteine  des  Satzbaues ,  als  sie  der 
Stimme  des  Sängers  in  angemessenen  Zwischenräumen  Zeit  zum  Ausruhen  geben ;  nur  an  dem  Schlüsse 
der  ersten  Periode  fällt  die  leere  Zeit  in  Strophe  und  Antistrophe  mit  der  Satzinterpunction  zusammen" 

In  dem  3.  Vers  sind  einmal  die  2  Längen  des  Jonicus  durch  eine  fxaxgd  rstQuarifxos  vertreten ; 
siehe  darüber  oben  S.  15. 

16. 
Aesch.  Prom.  128—35  =  144—51.     Parodos. 

prjdiv  cpoßt]&ijg '  —  —  w  I 

cpiXia  yctQ  ads  rd^ig  t*  ~  |  —  -  —  -  I 


69 


TtTEQvycov  &oa7g  a(.dllctiQ  •*  w  |  —  w  —  <-• 

7rgooißa  rovöe  itdyov  TtavQcpag  w  w  | w  w 

5  (.ioyig  Ttaqeinovoa  cpQtvag '  —  _  w 

XQaiTivocpoQOt.  dt  ^'  ETcefAipav  avqai.       /s  w  —  w 

xr^TTOü  ya(>  a/w  yaXvßog  difj^ev  ccvtqcov  ~  w  |  —  w  —  — 

f-ivyov,  sk  d'  Mnhrfei  (.tov  %av  ~_^~|-^^_w|__ 

&E(XEQwn iv  aldio' 
10  av&rjv  (5'  a7T6dfAog  o#w  titeqcüto). 

Ich  habe  in  dem  metrischen  Schema  gleich  den  5.  und  6.  Vers  zusammengefasst,  weil  sonst  die 
zusammengehörigen  Theile  des  Doppeltaktes  zu  sehr  auseinander  gerissen  worden  wären.  Nach  der 
verschiedenen  Interpunction  in  Strophe  und  Antistrophe  zu  schliessen  hatte  vielleicht  jener  mittlere 
Fuss  in  der  Strophe  den  Werth  von  —  ^  ~~  w  """,  in  der  Antistrophe  von  "-  —  **  w ;  doch  das  sind 
unbedeutende  Subtilitäten  ,  welche  an  der  Hauptsache,  der  Continuität  des  Rhythmus  nichts  ändern. 
Die  Strophe  besteht  aus  zwei  Haupttheilen,  v.  1 — 6  u.  7 — 10,  welche  möglicher  Weise  auch  von  zwei 
verschiedenen  Reihen  (£vya)  des  Halbchors  vorgetragen  wurden  (siehe  meine  Abhandlung  von  der 
Theilung  des  Chors  S.  68).  Dieselben  sind  mindestens  durch  eine  leere  Zeit,  vielleicht  aber  ausserdem 
noch  durch  eine  Pause  von  6  einen  ganzen  Takt  ausfüllenden  Zeiten  von  einander  getrennt.  Ueber  die 
vorn  verstümmelte  Form  des  1.  Fusses  in  V.  1.  5.  7.  10  siehe  oben  S.  19. 


17. 

Eur.  ßacch.  370—85  =  386—401.     Stasimon. 

ooia  noxva  dstuv,  w 

oola  J'  et  xarä  yav  w 

XQvaeccv  niiqvya  cftQEtg,  w 

rads  IIev&iiüq  äiEig ;  *- 

5  a'i'eig  oiy  oaiav  w 

vßqiv  Eig  rov  Bqofiiov,  - 

rov  ^Ef.ttXag  tov  TtctQa.  xaXXiOTEcpdvoig 

EvcpQoavvaig  dalfiova  7vqojtov  /.ictxaQtov ; 

ho  zdd'1  eyst, 

SlCtöEVElV  te  yoQolg,  w 

10  /uETa  r'  ccvXov  yslctoai,  - 

cmoTzavGai  te  (XEQi(.ivag,  — 

bnöxav  ßorQvog  eX&rj  «* 

ycxvog  sv  öairl  &£tov,  - 

xiooocpoQoig  ö"1  iv  &aXiaig 
15  dvdqäoL  /.QarrJQ  ittvov  ofxcfißaXkrj. 

Die  richtige  Analyse  unserer  Strophe  hängt  von  der  Erkenntniss  ab,  dass  dieselbe  aus  4  Theilen 
(v.  1—6,  7-8,  9  —  13,  14—15)  besteht,  welche  von  einander  durch  den  Umschlag  des  Metrums,  vom 
jonischen  zum  choriambischen  und  vom  choriambischen  zum  jonischen  getrennt  sind.  Diese  Architek- 
tonik des  Liedes  hat  in  der  überlieferten  Kolometrie  ihren  Ausdruck  gefunden  und  wurde  auch  von 
Dindorf  Metra  p.  264  sq.  anerkannt;  für  sie  spricht  ausser  der  metrischen  Form  auch  noch  die  Satz- 
bildung, indem  gleichmässig  in  Strophe  und  Antistrophe  mit  dem  Taktwechsel  auch  ein  Sinneinschnitt 


_       <->        W 

1_  /\ 

_     w      W 

l_  /\ 

w     ,_     w 

i —  /s 

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L_      /\ 

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u-    /\ 

i.  w„>- 

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1 

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7s 

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1 —  /\ 

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— 

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■— '  7\ 

1 

w     w     _ 

_    w     w 

- 

w     w     _ 

_    w     W 

— <- 

-  -1 

70 

oder  eine  Interpunction  zusammentrifft.  Trotzdem  haben  gerade  Metriker  in  unserer  Zeit,  Westphal- 
Eossbach  Metr.  III1  320  und  Schmidt  Kunstf.  III  52  jenes  einfache  Verhältniss  verkannt,  und  die 
Kola  6  u.  7  sowie  13  u.  14  zu  einem  zusammenhängenden,  durch  keine  Pause  unterbrochenen  Verse 
vereinigt.  Zweifeln  kann  man  nur,  ob  der  Uebergang  von  einem  Metrum  zum  anderen  durch  leere 
Zeiten  vermittelt  worden  sei;  siehe  darüber  oben  S.  53  ff. 


18. 

Soph.  El.  1058-69  =  1070-81.   Stasimon. 
tl  tovg  avto&ev  (pQOvif-tcordxovg  OltüVOVQ     w  —  w 
ioooa)/.i£voL  XQOopag  xjj-  -  - 

dof-dvovg,  ay?  cor  xs  ßldaxco-  -  *-' 

aiv  a<jp'  wv  t'  ovaoiv  evqco-  ~  ^ 

5  Gl,  lad''  ovy.  ht1  Xaag  teIov^ev;  *- 

all''  ov  xdv  zfiög  dox^arcdv 
xal  xdv  ovQccviav  Qtpiv 
Öccqov  ovx  cc7t6vr]TOi. 
w  ySov'ia  ßgoxotoi  ®d(Aa, 
10  xaxd  [xoi  ßoccoov  olyixqdv 
OTta  xdlg  IWg#'  LdxQEidaig 
dyoQEvxa  ojsqovg''  ovelörj. 

Unsere  Strophe  besteht  aus  3  durch  verschiedenen  metrischen  Charakter  deutlich  von  einander 
gesonderten  Perioden :  die  ersten  5  Kola  haben  jonischen  Khythmus,  die  drei  folgenden  glykoneischen, 
die  letzten  4  wieder  jonischen.  Nur  dadurch,  dass  man  die  Wortschlüsse  oder  Cäsuren,  die  namentlich 
in  dem  3.  Theil  der  Strophe  durch  die  Uebereinstimmung  in  Strophe  und  Antistrophe  von  unabweis- 
barer Bedeutung  sind,  ganz  vernachlässigte,  nat  man  sich  verleiten  lassen  auch  die  jonischen  Theile 
der  Strophe  in  die  Zwangsjacke  des  glykoneischen  Rhythmus  zu  spannen.  Es  genügt  die  letzten  4  Kola 
der  Strophe  und  Antistrophe  nach  der  gewöhnlichen  Abtheilung  neben  einander  zu  stellen,  um  die 
Unrichtigkeit  der  vulgären  Kolometrie  einzusehen 

w  y&ovia  ßgotölai  &a-  ovxe  xi  xov  ■d-avelv  nqoinq- 

/ua,  %axd  [xol  ßoaoov  ob/.-  di^g  %6  xe  f.nij  ßteixEiv  sxoi- 

tqccv  OTta  xolg  eveq^  L4xqel-  fxa  ötövfxav  zXovo'  'Eqi- 

daig,  dyoQEVxa  cptQOva^  ovEidiq.  vvv .  zig  av  Evnaxqig  wöe  ß'Aaoxoi; 

In  dem  ersten  Theile  stimmen  zwar  nur  in  der  Antistrophe  die  Cäsuren  mit  unserer  Abtheilung, 
doch  ist  auch  da  der  jonische  Charakter  unverkennbar.  Aus  der  Erkenntniss  der  3  Abschnitte  ergibt 
sich  dann  von  selbst  die  Grösse  der  Pausen.  M.  Schmidt  Soph.  Chorges.  40,  der  in  der  Hauptsache 
hier  mit  uns  übereinstimmt,  hat  nur  zu  kühne  und  unerwiesene  Messungen  seiner  Zergliederung  zu 
Grunde  gelegt. 

19. 


Arist.  Nub.  804—13  =  700—6.  Monodie  des  Chorführers. 

oq'  ala&cvEi  TtlELOxa  dt1  17-  —  I  —  w     ■-      [— w  w  — 

(xäg  dyd&  avxiy'  h^cov  /x  ~  — ~  w  I - 

(.lövag  Üeiov;  wg 


71 

iTOif.iog  od'  eoriv  dnavta  dqav,      —  |    —  w  ^a.  »-  |    —  *■'  —,  |  — w  w     —  —  |  —  w_#«v| 
5  off'  aV  '/.eleuflg.  —  -  -'     —     |  —  ~  —  |-ww_w|_w_=|_.^j 

(Tü  <T  «vd(iog  ey.7ierchjyfj.ivov  — *-  <■*     —  w  I    —      '—  I 

xcu  cpccvEQtog  enrjQfievov 
yvovg  aitoXaipeig  o  xi  tzXüoxov  dvvaoai 
Tayjcog  '  q)iXel  ydq  n wg  rd  tol- 

10  öüt'  Ir^or  TQcmtö&ai  . 

Von  den  Gliedern   der  Strophe   hängt   das    1.  mit  dem  2.,    das  6.  mit  dem  7.  und  das  9.  mit 
dem  10.  eng  zusammen,  wesshalb  dieselben  die  neueren  Herausgeber,  sowie  auch  H.  Schmidt,  Kunstf. 

11  225  in  je  einen  Vers  vereinigt  haben.  Rhythmisch  ist  aber  nach  unserer  Analyse  auch  noch  dem 
2.  Kolon  das  3.,  dem  8.  das  9.  und  dem  4.  das  5.  verbunden,  indem  jedesmal  der  Schlusstakt  durch 
den  Anfang  des  folgenden  Verses  seine  Vervollständigung  erhält.  Auffallen  könnte  nur  der  Mangel 
einer  Pause  nach  dem  1.  Vers  oder  dem  2.  Kolon,  sowie  nach  dem  5.  Vers  oder  dem  8.  Kola.  Aber 
an  der  ersten  Stelle  wird  die  Pause  ersetzt  durch  die  gedehnte  Dauer  der  vorletzten  Länge,  wobei  man 
sich  erinnern  möge,  dass  in  den  Hymnen  des  Mesomedes  die  Dreizeitigkeit  einer  Sylbe  geradezu  durch 
Hinzufügung  eines  Leimmazeichens  ausgedrückt  wurde  (vgl.  Metrik  S.  39) ;  an  der  zweiten  Stelle 
schliesst  aber  nicht  blos  mit  dem  Vers  nicht  der  Satz,  sondern  dient  auch  der  rasche  pausenlose  Vor- 
trag der  Worte  divuam  ra/ecus  zur  rhythmischen  Ausmalung  des  in  den  Worten  liegenden  Sinnes. 


20. 

Aesch.  Agam.  750—62  =  737—49.    Stasimon. 

TTaXaLyarog  d'  ev  ßQOTÖlg  ytqiov  Xoyog  TtrvxTca, 
fAtyav  TeXeo&evTct  cpcoTog  oXßov 
Tey.vovofrai  fxrjd1  änaida  &viqov.£iv, 
iv.  ö'  dya&ag  zvyag  yivei 
5  ßXaardveiv  d'/.OQeavov  olCvv. 

diyct  <5'  aXXtov  f.iovog)Qcov  eifii '  ro  övooeßig  ydq  eqyov 
j-ietcc  {.isv  TiXeiova  tiktei,  0(peTeQcc  <J'  eIxotcc  yivvq. 
oiY.tov  (T  ccq''  ev&vdixiov 
y.aXXlrtaig  novf,iog  asi. 


-  wl 


In  dieser  Strophe  findet  ein  Wechsel  des  Rhythmus  innerhalb  des  sechszeitigen  Rhythmus  statt. 
Die  5  ersten  Verse  bewegen  sich  im  jambisch-trochäischen  Takte;  die  2  grossen  Verse  6  und  7  haben 
jonischen  Rhythmus,  die  2  letzten  Kola  gehören  der  choriambisch-glykoneischen  Versgattung  an.  Die 
drei  Rhythmen  sind  mit  einander  verwandt,  und  bleibt  es  nur  zweifelhaft,  ob  man  einen  förmlichen 
Taktwechsel  annehmen  und  die  einzelnen  Perioden  alsdann  für  sich  skandiren  soll,  oder  ob  es  vorzu- 
ziehen sei  trotz  des  theilweisen  Taktwechsels  durch  Pausen  die  Verbindung  zwischen  den  einzelnen 
Theilen  der  Strophe  herzustellen. 


72 

Entgegen  der  von  Dindorf,  Metra  p.  39,  Westphal  Metrik  II  532,  Schmidt  Kunstf.  I  172  ge- 
troffenen Anordnung  habe  ich  im  Eingang  der  Strophe  titvzxca  noch  in  den  ersten  Vers  hineingezogen, 
was  sich  durch  den  Satzhau  tund  die  Analogie  der  übrigen  auf  einen  Spondeus  ausgehenden  Verse 
empfiehlt. 


._<     _  /\ 


21. 

Arist.  Equ.  1264—73  =  1290—99.    Oden  der  Parabase. 

TL    "/.CtXXlOV    aQ%0(AtVOlOlV 

r\  '/.a.%a.7tavo\.dvoioiv 
7}  d-oäv  %7t7icov  sXarrßag  deldeiv, 
prjdev  ig  yivoioxQaTOv, 
5  [trjde  Qovf-iavriv  tov  dvioxtov  av 
hmeiv  exovar]  xaqdia; 
•Aal  yaQ  ovzog,  co  gp/A'  y^4itolXov,  äei 
Tteivfj,  d-aleQOig  daxQvoioiv  —  \ 

aag  artzo/uevog  (paqezQag  —  \ 

10  Ilv&idvi  iv  diy  xaxwg  nevsa&ai.       ^  | 

Die?e3  Lied,  eine  Nachahmung  eines  pindarischen  Prosodion,  ist  desshalb  für  unsere  Frage  von 
besonderem  Interesse,  weil  es  zeigt,  dass  auch  Daktylo-Epitriten  sich  in  den  sechszeitigen  Doppeltakt 
fügen  lassen.  Doch  ist  daraus  noch  keineswegs  der  Schluss  zu  ziehen,  dass  die  gleiche  Messung  bei 
allen  daktylo-epitriti sehen  Strophen  anzuwenden  sei.  Vielmehr  scheint  Aristophanes  die  alten  in  wech- 
selnden Dipodien  und  Tripodien  sich  bewegenden  Daktylo-Epitriten  so  umgeformt  zu  haben,  dass  auch 
sie  mit  der  neuen  herrschenden  Form  in  Einklang  kamen.  Das  3.  und  4.,  das  5.  und  6.,  das  7.  und  8., 
endlich  das  9.  und  10.  Kolon  unserer  Strophe  hängen  enger  zusammen  und  finden  sich  in  den  meisten 
neueren  Ausgaben  in  je  eine  Zeile  zusammengeschrieben.  Ich  habe  es  vorgezogen  die  kleineren  Kola 
beizubehalten,  weil  sich  so  der  Uebergang  der  alten  grossartig  angelegten  Daktylo-Epitriten  in  die 
neuere  elegantere  Liedform  besser  veranschaulichen  Hess.  Im  Uebrigen  stimmt  meine  Messung,  von 
der  Einführung  der  Doppelfüsse  abgesehen,  fast  ganz  mit  der  von  Rossbach-Westphal,  Metrik  II2  688 
über  ein. 


Busiris  und  Osymandyas. 


Von 


Prof.  Dr.  Lauth. 


Abb.  d.  I  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth. 


10 


Busiris  und  Osymandyas. 

Von 

Prof.  Dr.  Lauth. 

Die  Ueberlieferung  ägyptischer  Königsnamen  in  graecisirter  Form 
bei  Manetho  und  den  Classikern  mit  den  Angaben  der  Denkmäler  und 
Urkunden  zu  vergleichen,  ist  ein  zu  natürliches  Bestreben,  als  dass  es 
sich  nicht  schon  bei  dem  Entdecker  des  Hieroglyphenalphabets:  Cham- 
pollion-le-Jeune,  bethätigt  hätte.  Wie  seine  Entdeckung  in  erster  Linie 
auf  der  Vergleichung  der  Namen  Ptolemaios  und  Kleopatra  des  Philen- 
ser  Obelisken  beruhte,  so  drang  er  allmälig  bis  zu  den  Benennungen 
der  einheimischen  Pharaonen  aufwärts  und  gelangte  so  frühzeitig  zu  der 
wichtigen  Constatirung  der  Könige  Amosis,  Amenophis,  Thutmosis  und 
Ramesses,  wie  sie  Manethös  Auszügler  darbieten,  auf  den  Monumenten 
selbst.  Ward  er  auch  in  chronologischer  Beziehung  durch  ein  falsches 
System  seines  Bruders  Champollion-Figeac  auf  Abwege  geleitet,  so  ist 
dieses  mangelhafte  System  zum  Glücke  nicht  sehr  von  der  Wahrheit 
entfernt  und  andererseits  behaupten  seine  grossartigen  Untersuchungen, 
wie  er  sie  vom  Turiner  Museum  aus  in  seinen  lettres  au  Duc  de  Blacas 
niederlegte,  namentlich  für  die  Ramessiden  der  XIX.  Dynastie  jetzt  noch 
ihre  Richtigkeit,  wenn  auch  einzelne  Fehlgriffe  mitunterliefen.  Seine 
Nachfolger  suchten  die  Lücken  der  Beweisführung  zu  ergänzen,  bisher  nicht 
mit  so  durchschlagendem  Erfolge,  dass  eine  erneute  Prüfung  des  Gegen- 
standes J)  überflüssig  erscheinen  könnte,  besonders  wenn  ausser  den 
acht  manethonischen  Quellen  auch  die  abgeleiteten  Auszüge  und  Notizen 
berücksichtigt  werden. 


1)  Vergl.  hierüber  den  Excurs  am  Ende  dieser  Abhandlung. 

10* 


76 

Zu  den  letzteren  gehört  Diodor,  der  im  Allgemeinen  dem  Herodot 
folgt,  aber  insbesondere  das  Werk  des  Hekataeus  von  Abdera  ausschreibt, 
wie  er  selbst  I  46  andeutet.  Nachdem  ich  bei  anderen  Gelegenheiten 
die  Namen  Moeris,  Asychis,  Sesostris  und  andere  auf  historische  oder 
chronologische  Persönlichkeiten  gedeutet  habe,  sollen  uns  die  bei  ihm 
in  den  Kapiteln  45 — 50  vorkommenden  Könige  Busiris  und  Osyman- 
dyas  diesmal  ausschliesslich  beschäftigen.  Sie  versetzen  uns,  da  ich 
ihre  Identität  mit  Sethosis  I  und  Ramesses  II.  Sesostris  erhärten  werde, 
in  die  Blüthezeit  des  ägyptischen  Reiches. 

Hiegegen  erhebt  sich  gleich  im  Anfange  ein  bedeutendes  Hinder- 
niss,  indem  Eratosthenes,  der  Nachfolger  des  Manetho  an  der  Alexan- 
drinischen  Bibliothek,  die  absolut  scheinende  Verneinung  mit  ov  fxa  Jia 
ausgesprochen  hat2):  „Niemals,  beim  Zeus,  hat  es  einen  solchen  Ty- 
rannen Busiris  gegeben,  ja  nicht  einmal  einen  König  dieses  Namens ." 
Sieht  man  indess  etwas  näher  zu,  so  verliert  dieser  Einwurf  alles  Ge- 
wicht. Was  nämlich  den  ersten  Theil  betrifft,  dass  es  niemals  einen 
solchen  Tyrannen  Busiris  gegeben  habe,  so  bringt  schon  Diodor  I 
88  eine  genügende  Erklärung  bei,  indem  er  wörtlich  sagt:  „Die  mit 
dem  Typhon  gleichfarbigen  Menschen  sollen  vor  Alters  von  den  Königen 
bei  dem  Grabe  des  Osiris  geopfert  worden  sein;  nun  aber  seien  unter 
den  Aegyptern  wenige  Leute  rothhaarig,  unter  den  Fremden  aber  die 
Mehrzahl:  desshalb  habe  die  Fabel  über  die  Fremdentödtung  des  Bu- 
siris bei  den  Hellenen  Geltung  erlangt.  Dies  ist  aber  nicht  ein  Bu- 
siris genannter  König,  sondern  die  Benennung  eines  Osiris grabes 
in  einheimischer  Sprache".  Dass  er  dessungeachtet  IV  18  den  Busiris 
durch  Herakles  tödten  lässt,  gehört  zu  den  Unachtsamkeiten  dieses 
Schriftstellers,  der  ja  auch  die  Gleichheit  von  Osymandyas  und  Sesoosis 
nirgends  ahnt,  so  nahe  sie  ihm  auch  liegen  musste. 

Wir  sind  gegenwärtig  im  Stande,  den  Ursprung  des  Namens  Busiris 
aus  einer  so  lautirten  Localität  ausgiebig  nachzuweisen.  Eine  Menge 
von  Städten,  die  sich  ja  naturgemäss  stets  um  Tempel  ansiedelten,  führte 

die    Benennung  cf]  r|J)  Pe-Osiri    „Haus    des    Osiris",    besonders    die  16 


2)  Bei  Strabo  XVII,  1. 


77 

Oertlichkeiten,  wohin  man  die  Bestattung  der  16  Körpertheile  des  von 
Typhon  verstümmelten  Osiris  verlegte.  Desshalb  trifft  man  noch  auf 
der  heutigen  Landkarte  Aegyptens  mehrere  Abusir.  Die  Tödtung  der 
Fremden  anlangend,  so  wird  sie  von  keinem  Geringeren  als  Manetho 
selbst  behauptet,  wie  Porphyrius  (de  abstin.  p.  199  R)  mit  den  Worten 
berichtet :  Kartlvotv  iv  cHllov  nokti  rfjg  Alyimrov  rbv  rfjg  ävd-QwnozToviag 
vouovA/Liwoig,  atg  juaQTvytl  Mavt&vjg  iv  reo  Tityl  aQ%a'Cö jjiov  zal  tvatßtlag. 
3E&vovto  dt  Tfi  c'H()q  xal  tdo/d/aä^ovro  xaS-cmtQ  ol  'Qrjrovjiitvoi  zad-ayol 
iioö/oi  aal  övöcpyayi'Qoutvof  i&vovro  dt  rfjg  fjtutyag  ryug,  avS-*  wv  XTjoi- 
i'ovg  txtltvotv  6  'Auwoig  rovg  Xöovg  änoTt&tü&ai.  Das  Nämliche  findet 
sich  bei  Plutarch  (de  Is.  Osir.  c.  73)  angegeben:  *Ev  EUi&vlag  nolti  'Qüvtag 
av&Qi'novg  aaxtnian^aGav ,  wg  Mavt&wg  laroQrjxt,  Tvipcuviovg  zalovvTtg  xal 
rrjv  rtip^av  avTiöv  hxtuuvrtg  TjtpaviEpv  xal  diionti^ov  ....  iv  ralg  zvvaoiv 
fj/iitQaig.  Die  ehemaligen  Opferungen  solcher  rothhaarigen  Ausländer  be- 
zeugt auch  noch  das  bei  den  Opferthieren  gebräuchliche  Siegel:  ein  ge- 
fesselter und  in  die  Kniee  gesunkener  Mensch,  dem  ein  Messer  an  der 
Kehle  sitzt.     Die  Hera  ist  nichts    anderes    als    die    Eilithyia    von    Klkab 

früher  ±ö J|Q  Enchab  genannt  und  in  dem  koptischen  Worte  eXiiwfe, 
eX^coJfe  noctua  ardea  erhalten,  obgleich  der  Vogel,  welcher  sie  sym- 
bolisirt,  mehr  dem  Geier  ähnelt. 

Ist  hiemit  der  locale  Ursprung  des  Namens  Busiris  erwiesen  und 
damit  zugleich  des  Eratosthenes  Verneinung  des  Tyrannen  Busiris  ge- 
rechtfertigt, so  übrigt  noch  die  Erledigung  seiner  zweiten  Negation, 
dass  es  überhaupt  keinen  König  dieses  Namens  gegeben  habe.  Dem 
Anscheine  nach  hat  er  hierin  ebenfalls  Recht,  da  in  der  langen  Liste 
Manetho's  keine  Nummer  dieses  Nomen  proprium  aufweist  und  das  Pro- 
totyp des  Herodotischen  HavoiQig  zur  Zeit  der  ersten  Perserherrschaft 
noch  nicht  vorliegt.  Allein  ebensogewiss  ist,  dass  der  Legendenring 
des  Königs  Sethosis  I  in  seinem  von  Belzoni  zuerst  entdeckten  pracht- 
vollen Grabe  (Biban-el-moluk)  regelmässig  statt  der  Lesung  Sutechi, 
woraus  durch  Metathesis  der  Vocale  Setuchi  und  dann  durch  Assibilation 
^t&cvoig  gebildet  ist,  die  Figur  des  sitzenden  Osiris  aufweist.  Darum 
spricht  Champollion  mit  Fug  von  einem  Pharao  des  Namens  Usirei* 
und  fügt  man  als  Präfix  den  Artikel  p  dazu,    so  erhält  man  P-usiri, 


78- 

welches  durch  Erweichung  nach  Analogie  von  Anepu  =  "Avovßig,  end- 
lich zu  ßovoiyig  werden  rnusste.  Die  Analogie  des  Namens  fpa/tierwcp 
am  Colosse  des  Memnon  =  Amenophis  III  beweist,  dass  wirklich  der 
Artikel  den  Eigennamen  vorgesetzt  werden  konnte.  Den  eigentlichen 
Grund  für  diese  exceptionelle  Benennung  wird  uns  die  weiterhin  fol- 
gende ausführliche  Besprechung  im  chronologischen  Theile  enthüllen. 
Für  jetzt  begnüge  man  sich  mit  der  Thatsache,  das  Sethosis  I  in  seinem 
Grabe  den  Namen  Osiri  wirklich  führt  und  daraus  ergibt  sich  mit 
Nothwendigkeit,  dass  Eratosthenes  mit  seiner  Läugnung  nur  gemeint 
haben  kann,  es  habe  kein  König  während  seiner  Begierungszeit  Busiris 
geheissen.  Man  sieht,  dass  die  monumentale  Eigentümlichkeit,  nach 
welcher  sich  die  Legende  Osiri  nur  in  dem  Grabe  findet,  mit 
dem  grossen  Cyrenaeer  insoferne  übereinstimmt. 

Derselbe  Eratosthenes  bietet  aber  in  seinem  sogenannten  Laterculus 
der  38  Thebaeer  unter  Nr.  34  eine  Spur,  aus  welcher  hervorgeht,  dass 
ihm  ein  nach  seinem  Tode  Busiris  oder  Osiris  genannter  König  nicht 
unbekannt  gewesen :  Qrjßalwv  Ad*'  sßaollsvos  J£iözoöi%e()/Lifjg  —  cH()ax/.ijg 
y.qaxaiog.  Vergleicht  man  diese  Legende  mit  der  entsprechenden  der  Aus- 
zügler Manetho's,    Africanus    und  Eusebius:    ^socoor  yig dg  vjzo 

tüjv  Alyvnxiwv  /Liera  j'Ooiqiv  tiqiutov  ro/Luo&fjvai,  so  ersieht  man  deut- 
lich, dass  ursprünglich  zwei  Könige  genannt  waren,  welche  sich  in  der 
Ordnung  Osiris— Sesostris  folgten.  Dadurch  nun,  dass  Eratosthenes  den 
Helden  des  Aegypterlandes :  Sistosis,  (Nebenform  zu  Sesostris  und  Se- 
soosis)  mit  dem  griechischen  Herakles  identificirte,  entstand  jene  bei 
Diodor  IV  18  stehende  Notiz:  Mara  äs  rbr  Avraiov  dävajov  na^löun' 
elg  AVyvmov,  avnle  (^HyazXrjg)  Bovöiqiv  xov  ßaoikta  §€voxtororvvta  xovg 
Tzaysmdrj/LLovvTag.  Unter  dem  Eindrucke,  dass  Busiris  ein  grausamer 
Fremdentödter  gewesen  und  ein  passendes  Seitenstück  zum  Antaeus 
(Sutech-Typhon,  dessen  Namen  ja  ohnedies  in  Sutechi  —  ^a&ajaig  steckt) 
musste  sein  unmittelbarer  Nachfolger  Sistosis-Herakles  als  Rächer  des 
Unrechts  auftreten  und  ihn  tödten,  während  die  ursprüngliche  Nach- 
richt nur  trocken  gemeldet  hatte,  dass  nach  dem  Tode  des  von  da  an 
Busiris  genannten  Königs  Sethosis  I  der*  ägyptische  Herakles:  Sistosis 
zur  Herrschaft  gelangte. 

Man  wird  nunmehr  besser  als  es  bisher  möglich  gewesen,  die  enge 


79 

Verbindung  begreifen,  in  welcher  die  Könige  Busiris  und  Osymandyas 
bei  Diodor  I  45 — 50  aufgeführt  sind,  vorausgesetzt,  dass  es  uns  gelingt, 
auch  die  Identität  von  Osymandyas  mit  Sesostris  zu  erweisen.  Am 
Schlüsse  werde  ich  nachweisen ,  dass  die  analoge  Verbindung  dieses 
BovoiQig  mit  M.r\väg  bei  Diodor  denselben  chronologischen  Sinn  hat, 
wie  Herodots  II  142  Paar  M.r\v -  2£e&öjg.  Ja,  es  drängt  siqh  die  Ver- 
muthung  auf,  dass  die  offiziellen  Tafeln  von  Abydos  mit  Mena  bis 
Sethosis  und  Sesostris  das  Vorbild  dazu  gewesen  sind. 

Bevor  ich  diesen  Nachweis  beibringe,  ist  noch  die  Frage  zu  be- 
antworten, woher  es  komme,  dass  sowohl  im  Laterculus  des  Eratosthenes 
als  bei  den  Auszüglern  Manetho's  der  berühmte  Sesostris  inmitten  der 
Könige  der  XII.  Dynastie  getroffen  wird,  während  die  Denkmäler  ihn 
doch  entschieden  und  unwiderleglich  in  der  XIX.  Dyn.  aufführen.  Offen- 
bar hat  nur  die  Aehnlichkeit    der    Namen    dazu    verleitet.      Wir   wissen 

zwar  nicht,  wie  Manetho  die   monumentale  Form   ("    I^Hl  |    Vesurtesen 

7  V.    I    I     'vwwv  _/| 

graecisirt  hatte,  die  in  der  XII  Dyn.  dreimal  wiederkehrt.  Vermuth- 
lich  lautete  sie  bei  ihm  Fsoo^rootg  oder  nach  Abwerfung  des  Rhotacis- 
mus:  FeoTooig.  Darauf  deutet  die  Legende  unter  No  33  des  Later- 
culus :  Iß'  (ky)  eßaotievöe[2€\öT.  Id/LLjueyejLtrjg,  worin  offenbar  Vestosis  I  und 
Ammenemes  II  stecken,  wie  analog  in  Manetho's  li/Lijueyrjg  derselben 
XII.  Dyn.  die  Königsnamen  3A{ij.i£Vs{irig  III  —  Mdyrjg  enthalten  sind. 
Nun  las  man  bei  Herodot  von  dem  berühmtesten  Pharao  Sesostris,  und 
bei  Diodor  von  dem  damit  identischen  Sesoosis,  Grund  genug,  diese 
Formen  in  dem  Festosis  der  XII.  Dyn.  wiederzuerkennen  und  Festosis 
als  Variante  =  Sestosis  und  Sistosis  aufzufassen.  Ein  weiterer  Grund  der 
Vermengung  lag  in  der  Bezifferung :  Vesurtesen  II  und  III,  die  in  jener 
Nummer  33  des  Laterculus  verbunden  sind,  erscheinen  auch  bei  Mane- 
tho's Auszüglern  amalgamirt  und  tragen  die  Ziffer  ;/  —  3  (dritter)  vor 
sich.  Dieselbe  Nummer  3  musste  der  wirkliche  Sesostris  (Ramesses  II.) 
in  der  richtigen  XIX.  Dyn.  ursprünglich  führen,  da  ihm  sein  Vater 
Sethosis  I.  (Busiris)  und  sein  Grossvater  Ramesses  I  vorausgegangen 
waren.  Ferner  mochte  auch  die  Gleichartigkeit  der  Kriegsthaten  des 
Vesurtesen  III  mit  denen  des  Ramesses  II  —  Sesostris  zu  der  Ver- 
wechslung beitragen,  da  beide  in  ihren  respectiven  Dynastieen  die  Glanz- 
punkte bilden. 


80 

Endlich  ist  der  Umstand  in  Betracht  zu  ziehen,  dass  der  Namens- 
bestandtheil  Vesur  sowohl  bei  jenem  Vesurtesen  III  der  XII.  Dyn.  als 
bei  Ramessu  II  vorkommt  und  zwar  mit  der  weiteren  Gleichheit,  dass 
ebenmässig  der  Rhotacismus  stehen  bleibt  oder  abfallt.  Aus  der  letz- 
teren Form  f  .  if'yjl  mik  Vernachlässigung  des  Sonnenzeichens  Ra  und 
Hinzufügung  des  ihm  schon  bei  seinen  Lebzeiten  eignenden  Beisatzes 
1 1  nuter-aa  „der  grosse  Gott",  ohne  r:nuti-aa,  ist  das  bisher  so  räthsel- 
hafte  Compositum  30av-[ia-vdv-a-g  endgültig  erklärt. 

Der  Unterschied  in    der  Anwendung    dieses    Elementes    vesu(r)    bei 

jenen  beiden  Namen  besteht  nur    darin,    dass   Vesu(r)tesen  der  mit    «^^ 

vlbg  cHUov  eingeleitete  Hauptname,  V  e  s  u  (r)  m  a  dagegen  der  Thronname 
ist,  den  Ramessu  zugleich  mit  seinem  Regierungsantritte  annahm.  Der- 
selbe ist  regelmässig  eingeleitet  durch   ^^s  ßaoilevg    rdijy    re    ava)    xal 

rcov  xdtco  %u)q6)v  und  solche  Thronnamen  werden  daher  in  geschicht- 
lichen Urkunden  wie  z.  B.  in  dem  Turiner  Königspapyrus,  welcher  die 
Regierungszeit  hinter  jedem  angibt,  fast  ausschlüsslich  und  allein  auf- 
geführt. Manetho  bringt  solche  dagegen  nur  ausnahmsweise  und  die 
Hauptnamen  bilden  bei  ihm  die  Regel.  Diese  beiden  Namen  sind  ge- 
wöhnlich im  Siegelringe  eingeschlossen  (cartouches,  Schilder  uneigentlich 
genannt),  weil  sie  zum  Siegeln  der  Acten  verwendet  wurden.  Ausser 
diesen  beiden,  die  den  Schluss  des  Protocolles  bilden,  erscheinen  noch 
in  der  Ordnung  von  hinten  nach  vorn:  der  sogenannte  Goldsperbertitel 

der    Geier-Uraeustitel    mit  ^^  und  die  Bannerdevise  durch  v\ 


mit    Yf    und  o  bezeichnet. 


In  dem  Protocolle  des  Königs  Ptolemaios  V.  Epiphanes  sind  diese 
fünf  Namen  und  Titel  der  Reihe  nach  in  folgender  Weise  übersetzt 3) : 
1.  Bao ikevori :og  tov  veov  xal  na^alaß 'vxog  rr\v  ßaoileiar  naga  tov 
TiarQog.  —  2.  Kv  qlov  ß aa  ilei  üjv  /ueyalodo^ov  tov  r.r\v  Äiyvmov  xaraOTr\- 
öa/uerov  xal  ra  TiQog  rovg  d-eovg  evoeßovg. —  3.  ' ivx inaliov  vn eqt tyov 
tov  tov  ßiov  tüüv    ärß-QcajcuJV    ETzavoQfrtooavTog,    xvoiov   r^iaxovraetTjoiü^wy 


3)  Ich  hebe  das  unterscheidende  Merkmal  durch  gesperrten  Druck  hervor. 


za&aTzey  6  c'H(paiOTog  6  jLttyag  [fieyalov]  ßaoiXsuig  xa&aTisQ  oaHhog  (/Lityag 
versetzt).  4.  B  aoiXev  g  xwr  xs  ävu)  xal  xcjv  xax  io  %uj  qüv ,  sxyovov 
&etuv  <f>iko7ia.Tot}U)v,  ov  6aHcpaiarog  edoxi/uaosv,  w  o'Hfoog  edwxev  xr\v  vixrjv, 
elxovog  'Cwarjg  xov  Jiog.  5.  Ylov  x  ov  cHllov:  IIxoisua.Lov  altovoßlov, 
xov  fiycmriiih'ov  inb  xov  <&&ä.  Hiezu  kommen  die  Beinamen  &eov  'Em- 
(pavovg,  Ev/aQiöTov  und  die  Betitlung  seines  Standbildes  als  nxolepaiov 
xov  ma/LivvavTog  tfj  Alyvnxo),  während  die  zehn  Phylakterien  um  das 
Pschent  (Wyjvx)  ausdrücken  sollten,  ort  sorlv  rov  ßaöileatg  rov  iriioDavr\ 
noirjOavTog  xr\v  xs  ävco  y.al  xr\v  xaxco  yio^av.  Man  sieht,  wie  reichhaltig 
ein  solches  Protocoll  und  wie  verschiedene  Möglichkeiten  es  darbot, 
einen  König  zu  bezeichnen.  Desshalb  konnte  Syncellus  p.  117  mit 
Recht  sagen :  diüJVVJLioi  yäy  xal  xQ/xorv/uoi  noXkayov  xwv  Alyvnxiwv  oi 
ßaöilstg  evyrjrxcu.  Es  wäre  nun  sicherlich  höchst  interessant,  das  eben 
zergliederte  Namenregister  des  Ptolemaios  V  Epiphanes  mit  den  Proto- 
collen  der  Könige  Sethosis  I  und  Ramesses  II  zu  vergleichen.  Da  die 
Denkmäler  für  diese  beiden  ebenfalls  die  Fünfgliedrigkeit  aufweisen  und 
wir  glücklicherweise  in  der  griechischen  Uebersetzung,  die  Hermapion 
von  einer  Obeliskeninschrift  gemacht,  ein  weiteres  Analogon  besitzen 
—  denn  dieser  Obelisk  war  von  Sethosis  I  bestellt  und  darum  der 
Mittelstreifen  oxlyog  devxeyog  auf  ihn  bezüglich,  während  sein  Sohn 
Ramesses  II  den  oxlyog  nquixog  und  öx.  xqixog  auf  den  4  Seiten  hinzu- 
fügen und  das  Denkmal  aufstellen  Hess  —  so  scheint  Nichts  an  dem 
Vergleichungsmateriale  zu  fehlen.  Allein  der  Text  ist  von  Ammianus 
Marcellinus  leider!  unvollständig  überliefert  und  ausserdem  hat  das 
Original  selbst  nur  eine  eklektische  oder  musivartige  Mittheilung  der 
beiden  Protocolle  beliebt.4)  Wir  können  daher  diese  Quelle  nur  subsidiär 
beiziehen,  um  die  in  griechischer  Formung  überlieferten  einzelnen  Theile 
des  Namenprotocolles  von  Sethosis  I  und  Ramesses  II  zu  erläutern  und 
zu  bekräftigen.  Ich  bemerke  zum  Voraus,  dass  ich  in  Rücksicht  auf 
den  Zweck  dieser  Abhandlung  nur  diejenigen  Legenden  näher  erörtere, 
welche  zu  den  Rubriken  1,  4,  5  gehören,  oder  als  chronologische  Bei- 
namen sich  anderwärts  aufspüren  lassen. 


4)  Vergl.  hierüber  meine  „Obelisken  und  Pyramiden".     Sitzungsber.  1866. 
Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  1  1 


82 

Chamoas   =    Chamo  i'  8. 

In  seiner  Bannerdevise,  die  man  mit  Birch5)  vielleicht  treffender 
als  Palastmotto  bezeichnen  dürfte,  führt  Sethosis  I  die  Legende 
Q"1wv  1  Cha-m-oas,  die  ich  in  meiner  vorigen  Abhandlung6)  dem  ho- 
merischen og  hmC  Ivl  Orjßijg  verglichen  habe.  Die  Uebersetzung  „Thronend 
in  Theben"  ist  unanfechtbar  und  bei  den  Aegyptologen  so  ziemlich  all- 
gemein adoptirt.  Als  neues  Element  der  Forschung  geselle  ich  dazu 
die  Thatsache,  dass  in  der  sogenannten  Sothisliste  (Kanon  des  Syncellus) 
unter  Nr.  14  ein  König  Xctaöig  mit  14  Jahren  erscheint,  der  noth wen- 
digerweise mit  Sethosis  I  identificirt  werden  muss,  da  er  zwischen 
'Ayuivofjg  (Nr.  13)  und  Miauovg  (Nr.  15)  in  der  Mitte  steht,  die  unbe- 
stritten den  Königen,  Hyuatg  und  'Paasaafjg  Miauovv  der  Auszügler 
enti-prechen.  Ja,  es  hat  diese  Sothisliste  in  diesem  Xauo'i'g  allein  unter 
allen  Quellen  die  richtige  Stelle  des  Sethosis  I  bewahrt ;  die  übrigen 
verwischen  dieselbe  durch  Dissographie  der  Könige  2,  3,  4  der  XIX. 
Dyn.  sowie  durch  Vermengung  von  Sethosis  I  und  II.  Schon  die  That- 
sache, dass  unser  Chamois  unmittelbar  vor  Ramesses-Miamun  (Sesostris) 
steht,  würde  genügen,  die  Vergleichung  dieses  Namens  mit  Cha-m-oas 
zu  rechtfertigen.  Dass  nach  Sethosis  I  auch  andre  Könige  z.  B.  Ra- 
messes  IX.,  diese  Legende  in  ihrem  Protocolle,  sogar  im  Hauptnamen 
geführt  haben,  ist  oben  durch  wai1  evi  Orfti^  schon  angedeutet  worden. 
Uebrigens  bieten   auch  die  Byzantiner  die  Reihenfolge  Xau-JLaiOTyig. 

Viel  directer  als  dieser  homerische  Nachklang  ist  die  Uebersetzung 
eines  andern  Theiles  der  Bannerdevise  des  Königs  Sethosis  1  in  der 
Obeliskeninschrift  des  Hermapion.  Die  Stelle  "Anolliov  zqaTtQog  \rav()og} 
6  tOTOjg  eil''  l4lrj&tiag  ist  doch  nichts  anderes  als  die  wörtliche  Ueber- 
setzung von  ^  (mit  t/  und.  o)  5fc^  Har-phra,  Ka  neckt  nebst  Snü?^7^. 
welche  Gruppen  sich  darin  so  finden,  zugleich  mit  %J)  j  n  .  welches  dem 
ov  "Hliog  cpilel  entspricht. 

Fragt  man  nach  dem  Grunde,   warum  von  Sethosis  I  ausnahmsweise 


5)  Transactt.  of  the  Soc.  f.  Bibl.  Arch. 

6)  „Troja's  Epoche". 


83 

die  in  Namensform  auftretende  Legende  Xafiotg  überliefert  worden  ist, 
so  liegt  es  nahe,  an  die  Bedeutung  dieses  Namens  zu  denken,  der  eine 
deutliche  Hinweisung  auf  die  Stadt  Theben  enthält.  In  der  That  nennt 
Diodor  I  45  zwischen  Mtjväg,  dem  Protomonarchen  Mena,  der  Memphis 
gegründet,  unmittelbar  den  BovaiQig  und  bringt  ihn  mit  der  Gründung 
Theben  s  in  Verbindung:  <Paol  xrlaai  %r\v  vjxo  jiitv  Alyvnrimv  xaXoviuerr}v 
J iog-7ioliv  ri]p  fLißy aXr\v,  vno  dt  tüSv  cEllrjvtov  (jrjßag,  nur  dass 
er  einen  seiner  8  Nachkommen,  deren  letzter  dem  ersten  gleichnamig 
gewesen,  damit  combinirt.  Man  hat  darin  Busiris  I  und  II  erkennen 
wollen ;  allein  es  sind  ohne  Zweifel  Ramses  II  und  III  gemeint,  die 
beide  Miamun  beigenannt  wurden. 

Denn  nachdem  er  mit  Beiziehung  der  Verse  aus  der  Ilias :  ovd' 
ooa  Qr\ßag  etc.  von  der  Pracht  Thebens  gesprochen  und  die  100  mnöjvag 
anb  Meucpecog  äxyi  Oijßujv  erwähnt  hat,  fährt  er  fort:  ov  {iovov  de  rovxov 
tbv  ßaöilta  (Bovöiqiv)  naoeilrupaaev  äXlä  xal  rcov  vars^ov  äggctVTwv  »nolkovg 
slg  rrjv  av%r\Giv  Tr\g  nolewg  7ie(piloTiiirjo&ai.  Wirklich  blühte  unter  Se- 
thosis  I  die  Kunst  —  man  denke  nur  an  die  Riesenarchitektur  des 
Amontempels  in  Karnak,  an  Qurnah  und  die  Prachtsyringe  seines  Grabes 
—  und  von  seinen  Nachfolgern  haben  Ramses  II  und  III  unstreitig 
am   meisten  in  diesem   Sinne  geleistet,    späterer  Könige  zu  geschweigen. 

Ramenma(t).     Osymandyas. 

Die  Legende  des  Thronringes  von  Sethosis  I:  Ramenma(t)  mit  der 
wahrscheinlichen  Bedeutung  Sol  munimen  veritatis  ist  trotz  ihrer  Häufig- 
keit nicht  in  die  griechische  Tradition  übergegangen ;  auch  in  der  Ueber- 
setzung  des  Hermapion  ist  keine  Spur  davon  anzutreffen.  So  wie  aber 
auf  dem  Rücken  des  Sitzbildes  von  Bokenchons  in  der  Münchner  Glypto- 
thek Sethosis  I  und  sein  Sohn  Ramesses  II  in  unmittelbarer  Succession 
auftreten,  so  begleiten  auch  bei  Hermapion  die  Legenden  des  einen  die 
des  andern.  Und  analog  mit  dem  Fehlen  der  Gruppen  Ra-men-ma(t) 
ist  der  Thronname  des  Ramesses  II:  Ra-vesur-ma(t)  =  Sol  dives  veritate 
nicht  anzutreffen,  aus  welchem  mit  Hinzunahme  von  nuti-aa  doch  un- 
streitig Diodor' s  3Oovtuavdvag  entstanden  ist  (cf.  supra).  Dagegen  bietet 
Hermapion  dreimal  den  Satz :  ov  aHhog  nyotxotvev,  die  wörtliche  Wieder- 

11* 


84 

gäbe  des  inschriftlichen  &^©  sotep-en-Ra,  welcher  Zusatz  als  Accessorium 
des  Thronringes  zu  betrachten  ist.  • 

Sethosis-  Maiephthas-Busiris. 

Der  Hauptname  Sethosis  kehrt  unter  den  Varianten  JSe&tog,  ^kd-iooig, 
JSe&otaaog,  ^tfrvoijg  häufig  wieder;    alle    diese    Spielarten    erklären    sich 

durch  Voraussetzung    der   monumentalen    Legende  Sutech-i  £ö  (1(1,  aber 

nicht  der  allgemein  supponirten:  SetcHe-;  denn  in  diesem  Falle  würde 
Manetho  sicherlich  die  graecisirte  Form  ^fj&ig  gebraucht  haben. 

Ich  habe  aber  noch  einen   besondern  Grund,   Sutechi  als  ursprüng- 
liche Lautirung  anzusetzen,   nämlich  die  sonderbare  Variante,  welche  sich 

hauptsächlich  am  Tempel  von  Gurnah  statt  der  Type  W   so  häufig  findet. 

Es  ist  eine  bisher  unerklärte  Hieroglyphe  (über  welche  unser  Typarium 
leider!   nicht  verfügt),  vermuthlich  ein  Schmuckgegenstand  und   mit  der 

Phonetik  [Ij^J  =0=  setuch   impraegnare   gleichlautend.    Unwillkürlich  muss 

man  hiedurch  auf  die  Nummer  29  des  Eratosthenischen  Laterculus  ver- 
fallen :  x&'  tßaoiXevas  [.Se]  %ü)(g)[iae(pd-a{g)  —  xoa/nog  (pili](paiG%og,  die  mit 
der  Originallegende  Setuch-Ma(r)o-e(n)-phthah  vollständig  übereinstimmt.7) 
Es  scheint,  dass  man  in  der  Westregion  (Qurnah)  den  typhonischen 
Namen  Sutech  vermeiden  wollte. 

Im   Grabe  dagegen  wird    der  Name    constant    so    geschrieben,    dass 

statt  der  Figur  des  typhonischen  Gottes  Sutech  Oj   sowohl    als  des  eben 

besprochenen  Schmuckgegenstandes  setuch,  die  Figur  des  Osiris  in 
den  Namensring  eingesetzt  wird.  Dies  ist  offenbar  der  Ursprung  des 
Namens  Osiris  und  Busiris,  den  Sethosis  von  seinem  Todestage  an  ge- 
führt   hat.      Hiebei    ist    zu    bemerken,    dass    nicht    allenfalls    die    Figur 

tjj  oder  ihre  Variante  pvl  ausgemeisselt  ist,  wie  so  häufig  in  den  Rin- 
gen des  Sethosis  II,  sondern  die  Osirisfigur  ist  ursprünglich  darin  vor- 
handen und  bildet  somit  einen  wesentlichen  Bestandtheil  seiner  Legende. 


7)  Der  Wechsel  des  X  mit  0  erklärt  sich  aus   der  Kreuzung  X,    welche    in   der  Rundung  des 
letztern  oft  vorkommt;    ein    ähnliches  Beispiel  liegt    in  Bw/os  =  Bori&og  —  Butau  vor  (Dyn.  II,  1). 


85 

Auch  ist  aus  diesem  Grunde,  dass  Osiris  innerhalb  des  Ringes  steht, 
nicht  an  den  gewöhnlichen  Titel  AS\  Osiris  zu  denken,  den  alle  Verstorbenen 
ohne  Unserschied  des  Geschlechtes  und  Ranges  führten.  Dieser  Titel 
ist  gerade  im  Grabe  den  Namenlegenden  des  Königs  sehr  häufig  eben- 
falls praefigirt  und  zwar  unter  der  Form:  A  J\  1  J^  Co  tath  dH  „der  ver- 
storbene (Osiris  gewordene)  König  Ramenmat".  Aber  gerade  wegen 
seiner  Allgemeinheit  konnte  dieser  Titel  Osiris  nicht  zu  einer  Art  Nomen 
proprium  für  Sethosis  I  werden,  weil  ihm  die  unterscheidende  Bezeich- 
nung abgeht  und  er  auch  ausserhalb  des  Ringes  steht. 

Warum  ist  denn  aber  Sethosis  I  mit  dem  Namen  Osiris  oder  Bu- 
siris seit  seinem  Absterben  bedacht  worden?  Die  ausführliche  Antwort 
werde  ich  im  chronologischen  Theile  bringen;  sie  gipfelt  in  dem  Nach- 
weise,  dass   Sethosis  I  an  einem    dritten  Tage   eines  Monates    gestorben 

ist,   der  von  Alters  her  /wwvv  Aj\   „Tag  des  Osiris"  genannt  wurde. 


Busiris-Epaphos- Abib-Nemmesu. 

Busiris,  der  Stellvertreter  (sjiijusXi]Tr]g)  des  Osiris  und  Genosse  des 
Antaios8)  (Typhon,  wegen  des  Namens  Sutechi!)  wird  sehr  häufig  mit 
dem  Epaphos  in  Verbindung  gebracht.  Dies  kann  nicht  befremden,  da 
nach  Herodotll  153  o  St^Airig  xara  rrjv  cEkhjyior  yliüaoäv  ton  ^'Ejiacpog 
und  der  Apis  (Hapi)  bekanntlich  eine  Incarnation  des  Osiris  —  Jiovvöog 
war,  welcher  desshalb  zu  Osirhapi  3S2ol^07itg  =  ^eyamg  wurde.  Auch 
Mnaseas  hatte  nach  Plutarch  de  Is.  Osir.  c.  37.  die  Gleichung  Osiris- 
Epaphos:  hü  dt  Mvaotav  toj  ^Enacpip  nQoon&svra  röv  J iovvoov  xal 
ihr  'OoiQiv  xal  rbv  ^Et^aniv.  Nach  Syncellus  (pp.  237,  288,  298) 
heirathete  Jo-Isis  den  Telegonos  und  gebar  den  Epaphos.  Dessen  Enkel 
Busiris,  (Sohn  des  Poseidon  und  der  Libye,  der  Tochter  des  Epaphos) 
beherrschte  als  Tyrann  die  Nilgegenden  und  opferte  die  reisenden 
Fremden. 

Diese  Sagen    und  Mythen9)    erhalten    ihr  Verständniss    erst,    wenn 


8)  Diodor  I,  17. 

9)  Vergl.  hierüber  Pott  in  den  Jahrbüchern  für  classische  Philologie.  1859,  Supplementband. 


86 

man  sich  auf  den  festen  Boden  der  ägyptischen  Geschichte  begibt» 
Hier  wird  sofort  ersichtlich,  dass  dieser  Busiris,  der  Enkel  des  Epaphos, 
wieder  kein  anderer  als  der  historische  König  Sethosis  I  ist.  Das 
Enkel-Verhältniss  erklärt  sich,  wenn  man  einen  Augenblick  auf  das 
chronologisch  -  kalendarische  Moment  seine  Aufmerksamkeit  richtet. 
Denn  da,  wie  oben  angedeutet  ist  und  weiterhin  bewiesen  werden  wird, 
dieser  Pharao  am  dritten  Monatstage,  der  „Osiristag"  hiess  und  zwar 
im  Monat  Epiphi  starb,  der  urkundlich  Apap  lautete,  so  mochte  in 
Rücksicht  auf  die  Epoche  des  1.  Apap,  der  König  Busiris  nicht 
so  uneigentlich  ein  Enkel  des  Epaphos  genannt  werden. 

Die  heutigen  Bewohner  Aegyptens  haben  den  koptisch-ägyptischen 
Kalender  und  seine  Monatsnamen  beibehalten.  Sie  nennen  den  vorletzten 
Monat  des  Jahres  Ebib,  aus  Epiphi,  'EneKpl  erweicht  und  wie  diese 
griechischen  Formen  aus  den  urkundlichen  Apap,  Epap,  Epeph  ent- 
sprungen.    Hierüber  kann  durchaus  keine  Controverse  stattfinden. 

Mit  fast  ebenso  grosser  Zuversicht  ziehe  ich  den  einzigen  Monats- 
namen hieher,  der  im  Pentateuch  vorkommt.  Bekanntlich  sind  die  Mo- 
natsnamen, deren  sich  die  Juden  noch  heutzutage  bedienen,  erst  während 
der  babylonischen  Gefangenschaft  bei  ihnen  aufgekommen,  wogegen  die 
älteren  Bücher  die  Bezeichnung  1.,  2,  3.  etc.,  also  eine  bloss  numerirende 
Reihenfolge  gebrauchen.  Die  einzige  Ausnahme  bildet  der  im  Exodus 
XIII  4  angewendete  Monatsname  Abib  und  da  exceptiones  semper 
strictissimae  interpretationis,  so  muss  hier  eine  Hypothese  helfen. 

Man  wende  nicht  ein,  dass  die  Uebersetzungen  z.  B.  die  der  Vul- 
gata,  den  Passus  so  auffassen,  als  sei  in  dem  Satze  „hodie  (vos)  egre- 
dimini  mense  novarum  frugum"  das  Wort  ^3$  Abib  ein  ebraisches  sei 
mit  der  Bedeutung  „Aehren,  novae  fruges".  Denn  ähnliche  Versuche 
zu  Etymologieen  finden  sich  in  der  Bibel  gar  viele,  die  für  den  Philo- 
logen nichts  Bindendes  haben.  Auch  lehrt  die  Analogie  des  Verfahrens 
bei  den  Arabern,  dass  man  in  dieser  Beziehung  stets  auf  der  Hut  sein 
müsse.  So  z.  B.  erklären  sie  den  Namen  der  nubischen  Stadt  Abu- 
Simbel  als  ,, Vater  der  Aehre",  offenbar  ungeeignet,  da  ringsherum 
Wüsteneien  liegen.  Die  Schreibung  Ibsambul,  wie  man  früher  aussprach, 
entbehrt  schon  dieser  Bedeutung  und  nähert  sich  der  antiken  Legende 
Psampolis,  worin  natürlich  weder  von    einem  ,, Vater",    noch    von    einer 


87 

„Aehre"     die    Rede     ist.       Hieroglyphisch    lautete     der    Name    u  J  ^^ 

Abschek,  wegen  des  facultativen  ^z^  vielleicht  Prototyp  von  Wapnolis. 

So  ist  also  der  Monat  A  b  i  b  nicht  nothwendig  der  mensis  novarum 
frugum,  sondern  diese  spätere  Etymologie  muss  hinter  der  Gleichung 
Abib  =  Ebib  =  Epiphi  =  Apep  etc.  zurückstehen.  Was  ist  aber  damit 
gewonnen?  Ich  denke,  dass  ursprünglich  die  Signatur  des 
Jahres  mit  dieser  Angabe  beabsichtigt  war  und  dass  hajjom 
„diesen  Tag"  (hodie  heute)  im  Monat  Abib  ziehet  ihr  aus",  denjenigen 
notorischen  Tag  des  Epiphi  meinte,  an  welchem  damals  der  Sothis- 
frühaufgang  (der  mit  ^=g  j\  per  ausziehen,  hervorkommen,  bezeichnet 
wurde),  innerhalb  des  ägyptischen  Wandeljahres  erfolgte.  Nun  werden 
unmittelbar  an  Vers  4  (Cap.  XIII)  die  Vorschriften  über  die  sieben 
Tage  der  ungesäuerten  Brode  angeschlossen,  wohl  nur  desshalb,  weil 
vom  Tage  des  Exodus  an  bis  zum  Schlüsse  des  Monats  Abib  gerade 
sieben  Tage  liegen.  Ist  aber  der  Sothisfrühaufgang  demnach  am 
24.  Epiphi  intendirt,  so  entziffert  sich  daraus  für  den  Exodus  die  Te- 
traeteris  1493  — 1490  vor.  Chr.  Wie  passend  sich  dieses  Ergebniss  zu 
dem  im  nächsten  Abschnitt  anderweitig  ermittelten  Datum  des  Exodus: 
1492 — 1491  verhält,  wird  man  um  so  bereitwilliger  anerkennen  müssen, 
als  dieses  Resultat  mit  rein  ägyptischen  und  ausserbiblischen  Mitteln 
erzielt  wird. 

Es  übrigt  noch  ein  Titel  des  Sethosis  I,   der  entschieden    mit    der 
chronologischen   Epoche   1585  v.   Chr.    zu    schaffen  hat.     Ich  meine  die 

Gruppe  |(]i  '  y      nem-mesu    ,,der  wieder  geborne"    oder    (wegen    des 

mit     %)    wechselnden  Determinativs  Q)  ,,der  Neugekrönte".    Dieser  Titel 

erscheint  z  B  in  der  Beischrift  zum  Triumphzuge  des  Sethosis  I,  der 
die  gefangenen  Schasu  gefesselt  vor  sich  herführen  lässt  und  zwar  mit 
dem  Datum  „Jahr  1"  also  1585  v.  Chr.  Was  mich  bestimmt,  diesem 
Titel  eine  so  grosse  Tragweite  beizumessen,  ist  hauptsächlich  der  Um- 
stand, dass  er  sich  in  gewissen  Abständen  und  gerade  bei  solchen 
Pharaonen  wiederholt,  die  auch  aus  andern  Gründen  mit  chronologischen 
Epochen  der  Sothisperiode  zusammenhängen.  Bis  jetzt  habe  ich  dieses 
nemmesu   bei  folgenden  Königen  angetroffen:    Antefaa   der    XI.    Dyn., 


88 

Amenemha  I  der  XII.  Dyn.,  Thutmosis  III  der  XVII.  Dyn.,  Sethosis  I 
der  XIX.  Dyn.,  Ramses  IX  der  XX.  Dyn.  Diese  fünf  Fälle  berechtigen 
zu  der  Hoffnung,  dass  auch  noch  andere  derselben  Art  sich  nach  und 
nach  einstellen  werden. 

Was  im  Vorstehenden  über  das  Namenprotokoll  des  Königs  Se- 
thosis I  beigebracht  worden  ist,  wird  seine  endgültige  Bestätigung  durch 
die  astronomische  Darstellung  seines  prachtvollen  Grabes  in  Biban-el- 
moluk  erhalten.  Das  Verständniss  dieses  Denkmals  wäre  ihdess  nicht 
leicht  möglich  ohne  die  innigst  damit  zusammenhängende  astronomische 
Darstellung  des  sogenannten  Ramesseums,  wesshalb  sich  der  nächste 
Absatz  mit  dem  Hauptnamen  und  den  Beinamen  des  berühmtesten  aller 
Pharaonen  beschäftigen  muss. 

Ramesses  II.   S  esostris-Miam  u  n-Amumartaios-Rhapsakes. 
Der  tausendfach  wiederholte  und  darum  wohlbekannte  Hauptnamens- 
ring ^*(  U~^wfnU^>]  RamessU"M(er)iamun  ist  unbestritten  in  cPatii£öofjg 

Miauovv  graecisirt.  Was  nun  den  ersten  Theil  betrifft,  so  entstand 
frühzeitig,  noch  zu  Lebzeiten  des  Königs,  daraus  eine  Art  Spitzname, 
indem  man  die  Bestandtheile  etwas  veränderte  und  umsetzte.  So  findet 
sich  im  Papyrus  Anastasi  l  die  Legende  Sestsu,  Sesesu,  unter  Darius 
Ra-setetu,  aus  deren  Metathesis  Sesustra  ^eocjar^ig.  ^tGoioaig,  ^taroaig 
entsprangen.  Den  Anlass  zu  der  Einfügung  eines  t  bot  die  Participial- 
form  Ramesut  (Kambyses)  welche  der  fünfmal  bei  Hermapion  wieder- 
holten Form  cPaiusOT7]g  entspricht.  Da  ich  schon  mehrere  Mal10)  diese 
Varianten  besprochen  habe,  so  fasse  ich  mich  in  ihrem  Betreffe  hier 
um  so  kürzer,  als  es  mir  jetzt  hauptsächlich  darauf  ankommt,  die  chro- 
nologische Epoche  dieses  Königs,  den  ich  als  Osymandyas  oben  schon 
erhärtet  habe,  näher  zu  bestimmen.  Ich  verweise  darum  auf  die  wich- 
tige Notiz  des  Tacitus  Annal.  VI  28:  prioresque  alites  (phoenices)  Se- 
sostride  primum,  post  Amaside  dominantibus,  dein  Ptolemaeo  qui  ex 
Macedonibus  tertius  regnavit,  in  civitatem  cui  Heliopolis  nomen  advo- 
lavisse.      Auf  Grund  der  Theorie  des  Phönixcyclus    und    dieser  hier  an- 


10)  Vergl.  meinen  Aufsatz  „Sesostris"  in  der  Allg.  Zeitung. 


89 

gegebenen  Epochenkönige  habe  ich  schon  früher  den  Beginn  der  Periode 
unter  Ramses  II  Sesostris  auf  1525  v.  Chr.  festzusetzen  vermocht.  Die 
nächstfolgenden  Punkte  werden  sofort  darthun,  dass  die  Nachricht  des 
Tacitus  einer  verlässigen  Quelle,  wahrscheinlich  Manetho  selbst  enstammt 
und  alle  Beachtung  verdient. 

Ich  gehe  zu  dem  Beinamen  Mmxjlwvv  über.  Er  ist  von  Hermapion 
mit  ov  ^'AfAuatv  ayanä  und  <V  "A/^uiov  (piXel  richtig  übersetzt  und  man 
hätte  schon  in  Rücksicht  hierauf  niemals  die  Auffassung  „amans  Am- 
monem"  adoptiren  sollen.  Der  Gottesname  Amun  behauptet  nur  gra- 
phisch wegen  des  höheren  Ansehens  die  Priorität  und  in  sklavischer 
Abhängigkeit  davon,  oder  mit  willkürlicher  Umstellung  der  Bestandtheile 
wie  in  dem  Namen  Ramestsu  zu  Sesustra  —  ^wwGTQig  treffen  wir 
die  participial  gebildete  Namensform  AuovjLiaQTaiog11)  bei  Eratosthenes 
unter  Nro.  38  seines  Laterculus :  Orjßalwv  Xrj  eßaaiXevasv  A^iov/^a^TaTog 
errj  '§y .  Bunsen  bemerkt  dazu  „Ultimo  numero  3913  (annorum  mundi) 
si  annos  addideris  62,  annum  habebis  mundi  3975,  ad  quem  usque  hanc 
seriem  pertinere  in  iis  quae  jam  sequuntur,  docet  Syncellus."  Ich  citire  diese 
Rechnung  eines  Andern  desshalb,  damit  man  nicht  glaube,  ich  hätte 
dieses  spezielle  Weltjahr  3975  als  Endpunkt  der  ganzen  Reihe  willkür- 
lich zu  Gunsten  meiner  Hypothese  erkünstelt.  Gegen  eine  solche  Unter- 
stellung schützt  mich  schon  der  Wortlaut  des  Syncellus  p.  276  i)  tujv 
Xrf  ßaöiXewv  ....  evxav&a  eXrj&v  aQX7)  •  •  •  •  Xr)§aöa  elg  rovzo  t(p  yc^oe 
(3975  ten)  rov  zoö/liov  hei.  Zieht  man  nun  dieses  Weltjahr  von  5500 
ab,  wie  es  überall  in  diesem  Laterculus  zu  geschehen  hat,  da  Christi 
Geburt  in  das  Weltjahr  5500  seit  Jul.  Africanus  gesetzt  wurde,  so  bleibt 
1525  v.  Chr.  übrig. 

Ich  fasse  dieses  Jahr  als  die  Epoche  der  Phoenixperiode  Sesostride 
dominante,  wie  oben  bereits  auf  Grund  der  Notiz  des  Tacitus  erschlossen 
worden  ist ;  dass  ich  mich  hiebei  auf  richtiger  Fährte  befinde,  lehrt  jene 
Regierungsziffer  14  bei  dem  Namen  Miafxovg  der  Sothisliste,  deren  ich  oben 
schon  Erwähnung  gethan  habe. 


11)  Dass  'Afxov&uQTatoc  steht,   kann  uns  nicht  heirren,  da  M  in  der  bei  Jahrzahlen  noch  jetzt 
gebräuchlichen  Gestalt  (|)  unmittelbar  auf  0,  #  hinführte. 

Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Äk.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Äbth.  12 


90 

Um  diese  Partialziffer  14  gehörig  würdigen  zu  können,  erinnere 
man  sich,  dass  Manetho  seinem  Ramesses-Miamun  eine  Regierungsdauer 
von  66  J.  2  Monaten  zuschreibt.  Die  Denkmäler  bestätigen  diesen  An- 
satz trotz  der  ungewöhnlichen  Länge  einer  einzigen  Herrschaft,  indem 
Mariette  auf  einem  derselben  das  67.  Jahr  entdeckt  hat.  Ja  was  noch 
beweiskräftiger  ist,  auf  einer  Stele  zu  Abydos12)  spricht  Ramses  IV 
(etwa  200  Jahre  später)  von  dem  ,,was  gethan  Ravesu(r)ma  sotepenra 
(Osyma-)  der  Grosse  Gott  (nuti  aa  —  v$v  a-g)  in  seiner  67  heit  von  Jahr." 
Nimmt  man  runde  66  Jahre  an,  ohne  die  überschüssigen  zwei  Monate 
zu  berücksichtigen  und  zieht  jene  14  des  Miatuovg  davon  ab,  so  bleiben 
52  Regierungsjahre. 

Nun  trifft  es  sich  gewiss  nicht  zufällig,  dass  in  dem  Leydener 
Papyrus  I  350  unter  dem  Datum  „Jahr  52,  letzter  Tag  des  Monats 
Mechir",  von  dem  Lieblingsprinzen  Chamoas  (gleichnamig  mit  seines 
Grossvaters  Sethosis  I  Bannerdevise)  eine  Festlichkeit  angemerkt  ist, 
welche  in  dem  Schlusssatze  gipfelt:  „Anfang  des  Jahres  der  Zurück- 
weichung" ®vv^A  fovwwv^w  •  ^s  *s^  a^80  urkundlich  das  Jahr  52  des 
Ramses  II  ein  Epochenjahr  und  was  liegt  näher ,  als  an  den  Be- 
ginn der  Phoenixperiode  zu  denken,  zumal  uns  schon  anderweitige 
Spuren  auf  eben  dieses  Jahr  =  1525  v.  Chr.  geleitet  haben?  Die 
stärkste  Bestätigung  dieses  Resultates  wird  uns  in  der  absoluten  Be- 
stimmung des  Regierungsantrittes  von  Ramesses  II  auf  1577  vor  Chr. 
entgegentreten,  bezüglich  deren  ich  auf  den  nächsten  Abschnitt  einst- 
weilen verweise. 

Es  übrigt  noch  die  Erledigung  der  Namensformen  'Payjazrjg,  'Pauyjrjg, 
cPsjityjig;   denn  so  ist  statt  Diodor's  cPs/u(pig  zu  lesen. 

Bedenkt  man,  dass  in  der  oben  citirten  Legende  das  Leydener  Pa- 
pyrus zu  Ramessu-Meriamun  der  Titel  ?    |ö  haq    Anu    „Fürst    von  On 

oder  Heliopolis"  beigefügt  wird,  der  auch  sonst  in  seinem  Hauptringe 
erscheint,  und  berücksichtigt  man  in  Hermapion's  Uebersetzung  den  Satz: 
nlrjQwöag    rbv    veatv    rov    <¥>oivizog    äya&öjv,    der    sich    nur    auf    ßaöiltvg 


Vi)  Pierret  in  der  Revue  archeol.  1869,  April. 


91 

cPa/u,eöi;r]s  beziehen  kann,  so  zerlegt  sich  cPa(/u,)ipcixrjg  ungezwungen  in 
cPatu6ö(ö)r]g-ha,q.  Der  Name  Anu  kommt  hiebei  nicht  zur  Geltung,  wohl 
aber  in  dem  Thronringe  des  Ramses  III:  Meriamun  haq-Anu(t),  der 
offenkundig  dem  cPatuifjivirog  Herodot's  entspricht.  Es  haben  sich  also 
beide  Könige  —  welche  Diodor  I  45  mit  xov  Telsvxaiov  o^cjvvfiov 
ovra  zip  tiqüjtco  gemeint  hat  —  gewissermassen  in  die  Legende  haq 
Anut  getheilt  und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  sowohl  die  Phoenix- 
periode als  die  Sothisperiode  in  Anu-Heliopolis  ihren  Ursprung  gehabt  hat; 
jene  von  15.25  ist  durch  cPa{p)yaxrig  (Ramesses  II),  diese  durch  'Pa/Ltipivirog 
(Ramesses  III)  repräsentirt,  dessen  Epoche  1325  mit  der  Hauptepoche 
des  ganzen  Sothiscyclus   zusammenfällt. 

Der  genugsam  erläuterte  Name  3Oovtuavdvag  führt  uns  zur  Betracht- 
ung des  sogenannten  Ramesseums,  jenes  merkwürdigen  Baues  im  west- 
lichen Thelen,  dessen  Beschreibung  Diodor  nach  Hekataeus  so  ausführ- 
lich geliefert  hat.  Die  ganze  Tragweite  dieser  Benennung  des  Königs 
Ramesses  II  gerade  bei  dieser  Gelegenheit  mit  seinem  Thronnamen  Osy- 
mandyas  wird  sich  sofort  ermessen  lassen,  wenn  man  bedenkt  und  zu- 
gibt, dass  dieser  Bau  die  Thronbesteigu  ng  oder  den  Regier- 
ungsantritt des  Königs  durch  ein  Horo  scop  versinnlichen 
sollte.  Treten  wir  nunmehr,  durch  vorstehende  Untersuchungen  wohl 
ausgerüstet,  an  dieses  bedeutende  Denkmal  des  Sesostris. 

Das  Ramesseum  des  Osymandyas. 

Schon  die  Gelehrten  der  Description  de  l'figypte,  obwohl  der 
Schlüssel  zur  Entzifferung  der  Hieroglyphen  damals  noch  nicht  entdeckt 
war,  erkannten  in  dem  von  ihnen  Memnonium  genannten  Bauwerke 
des  westlichen  Thebens  le  tombeau  d'Osymandyas.  Wir  freilich  können 
den  Charakter  eines  Grabes  darin  nirgends  entdecken,  da  der  Bau  frei 
in  die  Luft  emporragt  und  sich  von  einem  Tempel  nicht  wesentlich 
unterscheidet.  Es  wird  sich  im  Laufe  unserer  Untersuchung  heraus- 
stellen, dass*  der  Ausdruck  avf^ia  und  Mefxvoviov  der  ursprüngliche 
war,  und  dass  der  oberflächlich  verfahrende  Diodor  die  Bezeichnung 
racpog  vom  Grabe  des  Sethosis  I  herübernahm.  Denn  beide  Monumente: 
das    Grabmal    des    Sethosis  I    und    das    Memnonium    des    Sesostris,    auf 

12* 


92 

seinen  Regierungsantritt  gemünzt,  haben  ihren  Identitätspunkt  im  Datum, 
da  sie  unmittelbar  aufeinander  folgten.  Wir  müssen  desshalb  in  den 
beiden  astronomischen  Darstellungen  dieselben  Aspecton  anzutreffen 
erwarten. 

Jetzt  wird  die  Schilderung  des  Diodor  schon  etwas  deutlicher. 
Nachdem  er  I  45  den  Busiris  (Sethosis  1)  als  Gründer  Thebens  behan- 
delt, geht  er  im  nächsten  Capitel  zur  Beschreibung  der  grossartigen 
Monumentalbauten  dieser  Stadt  über  und  zwar  von  der  Ostseite  zur 
Westseite.  Hier  (tvrav&a)  lagen  die  wunderbaren  Grabsyringen  der 
Könige,  darunter  die  von  Belzoni  wiederentdeckte  des  Sethosis-Busiris 
die  prachtvollste  ist.  Alsdann  fährt  er  wörtlich  fort  I  46 :  ,,Die  Priester 
behaupteten  auf  Grund  schriftlicher  Ueberlieferung  47  Königsgräber, 
davon  seien  aber  zur  Zeit  des  Ptolemaeus  Lagi  nur  noch  17  übrig  ge- 
wesen, von  denen  die  Mehrzahl  zerstört  war,  als  ich  (Diodor)  an  jene 
Oertlichkeiten  gelangte,  in  der  180.  Olympiade  (58  v.  Chr.  in  dem  Jahre 
als  Jul.  Caesar  wider  Gallien  auszog  I  4).  Aber  nicht  nur  die  ägyp- 
tischen Priester  haben  dies  aus  den  Verzeichnissen  erkundet,  sondern 
auch  viele  Hellenen,  welche  unter  Ptolemaeus  Lagi  nach  Theben  ge- 
langten, und  die  ägyptischen  Geschichten  verfassten,  wie  z.  B.  Heka- 
taeus,  stimmen  mit  meiner  Aussage  überein."  I  47.  „Von  den  ersten 
Gräbern  nämlich,  in  denen  nach  der  Tradition  die  Pallakiden13)  des 
Amon  bestattet  sind,  10  Stadien14)  entfernt  befindet  sich  nach  dem  Zeug- 
nisse der  Genannten  das  Denkmal  des  Osymandyas  zugenannten 
Königs.  Am  Eingange  zu  diesem  fxvfifjia  steht  ein  Pylon  von  Rosen- 
granit, 200'  lang  und  45  Ellen  hoch.  Ist  man  durch  diesen  geschritten, 
so  folgt  ein  viereckiger  Peristyl  aus  Stein,  von  je  400'  Seitenlänge; 
statt  der  Säulen  ragen  monolithe  Figuren  von  16  Ellen  Höhe,  von 
alterthümlichem  Typus;  die  gesammte  Decke  auf  die  Breite  von  zwei 
Klaftern  ist  monolith,  mit  Sternen  auf  blauem  Grunde  bemalt.  Auf 
diesen  Peristyl  folgt  anschliessend  ein  zweiter  Eingang    und    ein  Pylon, 


13)     I^^Jjl  doautu  nuter  „Verehrerinnen  des  Gottes",  häufig  Königinnen  und  Prinzessinnen. 

14)  Noch  jetzt  geht  man  von  den  Bab-es-sultanat  „Königinnengräbern"  an  Medinet  Abu  vorüber, 
zum  Kamesseum  in  ungefähr  einer  halben  Stnnde. 


93 

sonst  dein  vorigen  ähnlich,  aber  von  mannigfaltigerer  Bildhauerarbeit. 
An  der  Seite  des  Einganges  befinden  sich  drei  Bildsäulen  aus  einem 
einzigen  Steinblocke  von  Syenit.15)  Davon  ist  das  Sitzbild  des  Königs 
das  grösste  unter  allen  in  Aegypten,  da  das  Maass  seines  Fusses  sieben 
Ellen  beträgt." 

Ich  kann  diese  Colossalität  selbst  bezeugen,  vergl.  meine  Reise- 
briefe VIII,  IX,  da  ich  vergeblich  versuchte,  ohne  Leiter  die  Höhe  des 
liegenden  Kopfes  zu  erklimmen.  Die  Kraft  der  Zerstörungswuth  des 
Kambyses  verdient  ebenfalls  Bewunderung.  „Die  zwei  anderen  (Stand- 
bilder) aber  an  seinen  Knieen  (d.  h.  unter  seiner  Stuhllehne)  rechts  und 
links,  stellen  die  Tochter  und  die  Mutter  des  Königs  dar,  an  Grösse 
hinter  seinem  Sitzbilde  zurückstehend.  Dieses  (Riesen-)  Werk  ist  aber 
nicht  bloss  seiner  Grösse  wegen  merkwürdig,  sondern  auch  in  Hinsicht 
auf  Kunstarbeit  zu  bewundern  und  durch  das  Material  ausgezeichnet, 
indem  man  trotz  seiner  enormen  Grösse  weder  eine  Spalte  noch  einen 
Fleck  daran  bemerkt.  Die  Inschrift  lautet :  „Ich  bin  der  König  der 
Könige  Osymandyas.  Will  aber  Jemand  erfahren,  wie  gross  ich  bin 
und  wo  ich  liege  (throne)16),  so  möge  er  eines  meiner  Werke  über- 
treffen." 

„Es  gibt  dort  auch  ein  anderes  Bild  seiner  Mutter  vereinzelt,  mo- 
nolith, von  20  Ellen  Höhe  und  mit  drei  Kronen  auf  dem  Haupte,  zum 
Zeichen,  dass  sie  sowohl  Tochter  als  Frau,  als  Mutter  eines  Königs 
gewesen." 

Diese  letztere  Angabe  kann  ich  wenigstens  zu  zwei  Dritteln  monu- 

muntal  bestätigen.     Die  Legende  der  Gemahlin  Sethosis  I  ist  (^  p  ( (  j 

Tui17J  (Thei  nwi  Lust,  Zier),  welche  gleich  ihrer  Ahnmutter  Thaja, 
Gemahlin  Amenophis'  III  (Memnon),   von  semitischer   Herkunft    war  — 


15)  Der  Zusatz  Mefivoyog  ist  ein  Missverständniss,  entstanden  aus  der  Legende  mamenun  „das 
Memnonium"  oder  „grosse  Denkmal". 

16)  xelfiai  =  xB&eifxai  „ich  bin  gesetzt".  % 

17)  Bei  Ideler  Hermapion  Nr.  22  steht  statt  des  Hühnchens  \\  der  Geier  j^ ,    was   jeden- 
falls  gefehlt   ist.     Stünde  ^s.    ti,  so  Hesse  sich  diese  Variante  mit  den  sonstigen  vereinigen. 


94 

das  Bild  der  Tmei  (Themis)  in   Marseille  trägt    ihre  Züge    —    und    die 
sogenannte  Judennase  auf  ihren  Sohn  Ramessu  II  Sesostris  vererbte; 

sie  führt  die  Titel  x  X^^  ^ —    '  muth,   suten,   kirnet   suten   uert    „königliche 

Mutter,  königliche  Hauptfrau." 

*"  Nach  dieser  Abschweifung  kehre  ich  zu  Diodor's  Bericht  zurück, 
der  sich  nunmehr  mit  dem  eigentlichen  Ramesseum  befasst:  „Nach 
diesem  Pylone  folgt  ein  Peristyl,  ansehnlicher  als  der  zuerst  geschilderte, 
in  welchem  mannigfaltige  Bilder  (ylvipal)  vorkommen,  welche  den  Krieg 
gegen  die  abtrünnigen  Baktrer  darstellen  (vergl.  Tacitus  Annal.  II  60, 
wo  ebenfalls  die  Baktrer  als  Besiegte  des  Rhamses  erscheinen  —  ich 
übergehe  Diodors  dessfallsige  Beschreibung  als  jetzt  unwesentlich) 
I  48  ...  .  ,,An  der  letzten  Wand  befinden  sich  zwei  monolithe  Sitz- 
bilder von  27  Ellen  Höhe,  neben  denen  drei  Eingänge  (Ausgänge)  aus 
dem  Peristyl  angebracht  sind.  Diese  führen  in  ein  hypostyles 
Haus,  welches  nach  Art  eines  Odeons  gebaut  ist,  jede  Seite 
200'  lang.  (Es  folgt  nun  die  Beschreibung  der  Gerichtshalle  mit  den 
Bildern  der  „Dreissiger"  und  des  Archidikasten,  alle  ohne  Hände18), 
damit  deutlich  würde,  dass  Richter  keine  Geschenke  annehmen  oder 
sich  bestechen  lassen  dürfen). 

I  49  .  .  .  „Daran  schliesst  sich  ein  Umgang  (ne^inaros)  ver- 
schiedener Gebäude,  mit  den  genehmsten  Opfergaben  angefüllt.  Der 
König  als  bemaltes  Bild  reicht  dem  Gotte  (Amon)  das  Gold  und  Silber 
Aegyptens  in  der  beträchtlichen  Zahl  von  32'000.000  Minen  Silberwerth. 
Unmittelbar  darauf  folgt  die  heilige  Bibliothek  mit  der  Aufschrift 
ipv%7jg  laryslor.1' 

Ich  muss  hier  einen  Augenblick  anhalten,  um  diesen  vielbesproche- 
nen Ausdruck  monumental  zu  erhärten.  An  der  Hinterwand  sitzen 
der  Gott  Thot  (Hermes)  und  seine  Gehülfin  die  ägyptische  Muse  der 
Geschichte  (Klio)  Namens  Safech  und  beide  schreiben  den  Thron- 
namen  des  Ramses  Sesostris  auf  die  herzförmigen  Früchte  des  Baumes 
asched  (Terebinthe)  mit  der  Verheissung  der  ewigen  Fortdauer  dieses 


18)  Auf  einer  Stele  des  Münchner  Antiquariuras  wiederholt  sich  diese  Eigenthiimlichkeit  drei 
Mal,  weil  es  sich  um  Juristen  handelt,  die  „Träger  des  Stahes  am  Sitze  der  Gerechtigkeit",  also 
batonniers  betitelt  sind. 


95 

seines  Namens.  Die  Titel  der  beiden  Bibliotheksgottheiten  lauten  „Herr 
der  göttlichen  Worte"  (Sprache,  Schrift,  Hieroglyphen;  und  „Herrin 
des  Hauses  der  Papyrusrollen."  Letztere  wird  meist  figurativ  "^f,  aber 
auch  phontisch  ^5^  sc  ha  geschrieben.  Sehr  häufig  aber  er- 
scheint  im  Sinne  von  Büchersammlung  oder  Bibliothek  die  bisher  un- 
verstandene Gruppe  ^^L^^l  bau  paidu,  in  umgekehrter  Ordnung  zu 
lesen  pautu  bau  „Nahrungsmittel  der  Seelen",  oder  „des  Geistes". 
Denn  die  Hieroglyphe  *j*  steht  oft  für  1,  S,  ^  "|\  ^©  paut  nutrimentum 
und  insoferne  hat  Leibnitz  an  der  Pforte  der  Berliner  Bibliothek  rich- 
tiger sein  ,, Nutrimentum  Spiritus"  angebracht  als  des  Diodor 
yv%fjs  IcetQetov  zutrifft. 

Unmittelbar  hinter  der  Bibliothek  folgt  im  Berichte  Diodors  die 
Götterhalle  mit  den  Opfergaben  des  Königs.  In  der  That  sieht  man 
jetzt  noch  die  merkwürdigen  Opferlisten,  obschon  hier  schon  Manches 
zerstört  ist,  sowie  man  die  beiden  Seitengemächer  nur  mehr  aus  dem 
Grundrisse  zu  erkennen  vermag. 

Was  weiter  folgte,  ist  jetzt  bis  auf  Spuren  von  Ziegelbauten 
mit  dem  Stempel  Ramses'  II  in  Ruinenhügeln,  gänzlich  zerstört.  Nach 
Hekataeus  und  Diodor,  der  seine  Ansicht  reproducirt,  schlössen  sich 
daran  weitere  Räume  mit  zwanzig  Götterlectisternien,  sowie  ein  gol- 
dener (Thier-)  Kreis  von  365  Ellen  an  Umfang,  eine  Elle  breit,  für  die 
einzelnen  Tage  des  Jahres  bemessen,  mit  den  Sternauf-  und  Untergängen 
und  den  daran  geknüpften  Zeichendeutungen  der  ägyptischen  Astrologen. 
Diesen  goldenen  Kreis  habe  Kambyses  der  Perser  plündern  lassen.  „So 
beschaffen",  schliesst  Diodor  seine  aus  Hekataeus  geschöpfte  Beschreibung, 
„soll  das  Grab  (zacpog)  des  Königs  Osymandyas  gewesen  sein,  welches 
nicht  bloss  in  Bezug  auf  Aufwand  sondern  auch  durch  die  Geschick- 
lichkeit der  Kunstarbeit  sich  vor  den  andern  Denkmälern  weit  hervor- 
gethan  habe." 

Vergleicht  man  diesen  ausführlichen  Bericht  mit  dem  noch  con- 
trolirbaren  Thatbestande,  so  findet  man  Wahres  und  Falsches  sonderbar 
gemischt :  vom  ersten  Pylon  an  bis  zur  hypostylen  Säulenhalle  verhält 
«ich  Alles  richtig ;  dann  aber  verkehrt,  indem  Hekataeus  den  Bibliotheksaal 


96 

erst  nach  dem   Opfertempel  folgen  lässt,   während  in  der  That  letzterer 
gegenwärtig  den  Beschluss  macht. 

Einer  meiner  strebsamsten  Hörer:  H.  Graf  Prokesch-Osten  hat  in 
seinem  trefflichen  Reisehandbuche  für  Gebildete19)  dieses  Verhältniss 
(Seite  400  flgdd.)  sehr  gut  characterisirt,  wenn  er  auch  die  Identität 
von  Ramses  II  mit  Osymandyas  auf  eine  ,,irrthümliche"  Auffassung  zu- 
rückführt, was  sie  nicht  ist,  da  ich  die  Legende  Vesu-ma-nuti-aa 
—  'Oov/uardvag  längst  erhärtet  habe.  Ebenso  dürfte  sein  Versuch,  die 
Irrung  des  Hekataeus  in  der  Aufeinanderfolge  der  letzten  Räumlichkeiten 
aus  dem  Umstände  zu  erklären,  dass  Hekataeus  als  Uneingeweihter  nicht 
in  die  geheiligten  Gemächer  eindringen  durfte,  durch  meine  Hypothese, 
dass  der  Grieche  den  letzten  Theil  seiner  Beschreibung  gleichsam  von 
hinten  her,  nämlich  durch  einen  andern  und  zwar  entgegengesetzten 
Eingang  sich  vermittelt  habe,  vielleicht  ersetzt  werden.  Endlich  der 
Hauptstein  des  Anstosses,  dass  Hekataeus  den  geschildeten  Baucomplex 
als  Grabmal  (xacpog)  des  Osymandyas  bezeichnet,  wird  von  ihm  auf 
eine  „Verwechselung"  gedeutet,  ,,da  selbst  die  sorgfältigsten  Nachgrab- 
ungen im  Ramesseum  keinerlei  Spur  von  einem  Grabe  zu  Tage  geför- 
dert haben".  Ich  nehme  Akt  von  dieser  Constatirung  und  wiederhole 
meine  oben  gegebene  Erklärung,  dass  das  „Grabmal"  auf  Sethosis  I 
sich  bezieht,  während  das  „Memnonium"  dem  Ramses  II  Sesostris 
gilt,  dessen  Regierungsantritt  mit  dem  Tode  seines  Vaters  naturgemäss 
zusammenfallen  musste. 

Begeben  wir  uns  nun  in  das  Innere  des  Bibliotheksaales,  der  hinter 
den  Trümmern  des  Ramsescolosses,  obgleich  von  Zerstörung  rings  be- 
droht, dessungeachtet  durch  eine  günstige  Fügung  ziemlich  gut  erhalten 
dasteht  und  sowohl  durch  seine  regelmässige  Anlage,  als  vermöge  der 
an  seinem  Plafond  angebrachten  astronomischen  Darstellung  als  Perle 
aller  Menmonien  bezeichnet  werden  muss.  Für  meinen  vorliegen- 
den Zweck  nehme  ich  Umgang  von  allen  sonstigen  Einzelnheiten  seines 
reichen  Inhaltes  an  Bildwerken  und  halte  mich  ausschliesslich  an  die 
Deckenscenen,  um  daraus  die  Epoche  des  Osymandyas  ab- 
zuleiten. 


19)  Nilfahrt  bis  zu  den  Katarakten.    Leipzig  —  Brockhaus  —  1874. 


97 

Hören  wir  zuerst  die  kurzgefasste  Beschreibung  des  Innern,  wie 
sie  Graf  Prokesch-Osten  (Seite  405)  gibt:  „der  nächste  Saal  ist  der- 
jenige der  Bibliothek,  über  deren  Eingang,  nach  Diodor,  geschrieben 
stand:  „Labsal  der  Seele";  er  hat  acht  Säulen  und  zeichnet  sich  durch 
seine  astronomischen  Deckengemälde  aus,  in  denen  die  zwölf  Monate 
des  Jahres  mit  den  Dekanen,  Planeten,  Hauptsternbildern,  und  den 
Schutzgottheiten  der  Monate  und  Tage  dargestellt  sind.  Auf  der  Wand 
aber  sehen  wir  Thoth,  Safch  und  Atmu 20)  den  Namen  des  Königs  auf 
die  Blätter  des  Baumes  Ascht  —  des  Baumes  des  Lebens  —  einzeich- 
nen, und  Safch  ,,die  Herrin  der  Schriften  und  die  Vorsteherin  der  Bi- 
bliothek", spricht:  „Ich  vermehre  Dir  Deine  Jahre  auf  Erden,  die  Summe 
zusammengezählt  sei:   10,000.000." 

Aehnlich  lautet  die  Beschreibung  bei  Lepsius21):  „Viertes  Decken- 
bild. Diese  Darstellung  ist  an  der  Decke  des  Tempels  (?)  Ramses  II  im 
westlichen  Theben  erhalten.  Das  oberste  Band  (der  Tafel  34)  enthält 
die  Gruppen  der  zwölf  ägyptischen  Monate,  so  dass  der  erste  und  letzte 
in  der  Mitte  zusammenstossen.  Darunter  sind  auf  der  rechten  Seite 
wiederum  (wie  Bl.  33)  die  36  Dekane,  zum  Theil  mit  der  Anzahl  ihrer 
Sterne  verzeichnet.  Einzelne  Sternbilder  sind  auch  ihren  Figuren  nach 
dargestellt,  z.  B.  in  der  Mitte  der  sich  umschauende  Mann  im  Schiffe, 
das  Gestirn  des  Orion,  und  daneben  die  schiffende  Göttin,  das  Gestirn 
der  Sothis  oder  des  Sirius.  Links  von  ihnen  folgen  die  drei  Haupt- 
planeten, gleichfalls  in   Schiffen. 

In  der  mittleren  Abtheilung  ist  die  Gruppe  des  Nordpols  darge- 
stellt, auf  welche  von  beiden  Seiten  Götter  mit  Disken  über  dem  Haupte 
zuschreiten.  —  In  der  unteren  Abtheilung  werden  die  Götter  der 
zwölf  Monate  einzeln  von  dem  Könige  ßamses  angebetet  (Denkm.  III 
170,    171)." 

Diese  Beschreibung  Hesse  sich  leicht  erweitern  und  mit  Hinzunahme 
des  Begleittextes  vervollständigen,  aber  selbst  dann  würde  etwas  fehlen : 


20)  Dies  scheint  ein  Versehen  zu  sein,  da  Champollion  (lettres)  hinter  je  einer  der  beiden  zu- 
erst genannten  Gottheiten:  Thot  und  Safech,  die  Repräsentanten  des  Gehörs  (Setemu)  und  des 
Sehens  notirte,  welche  den  Eintretenden  auf  das  zu  Erwartende  sinnvoll  vorbereiteten.  Jetzt  sind 
diese  letzteren  Bilder  zerstört. 

21)  Die  Wand-  und  Deckengemälde  des  Berliner  Museums  Bl.  34. 

Abh.  d.  I  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  13 


98 

die  Hauptsache,  nämlich  die  Erklärung  der  Tragweite  des 
Denkmals.  Einen  Versuch,  diese  natürliche  und  sich  von  selbst  auf- 
drängende Frage  zu  beantworten,  enthält  desselben  Verfassers  „Chrono- 
logie der  Aegypter"  S.  118,  119.  Ich  citire  ausführlich,  um  jeden 
Schein  zu  vermeiden,  als  hätte  ich  die  Ansicht  dieses  Aegyptologen  un- 
genau wiedergegeben. 

„An  der  Decke  im  Tempel  Ramses  II  erscheinen  die  Decane 
nicht  fortlaufend  mit  bestimmten  kalendarischen  Angaben  verbunden. 
Die  genauere  Zeitbestimmung  mochte  entweder  in  solchen  Andeutungen 
ausgedrückt  sein,  die  wir  noch  nicht  verstehen,  oder  in  der  Zusammen- 
stellung mit  den  Deckenfeldern  liegen,  welche  neben  dem  erhaltenen 
in  demselben  Saale  vorhanden  waren,  uns  aber  verloren  gegangen  sind. 
Auf  der  erhaltenen  Darstellung  ist  aber  ohne  Zweifel  die  Zusammen- 
stellung mit  den  einzelnen  Monaten,  sowie  die  Einschiebung  der  Person 
des  Königs  oder  auch  seiner  Namensschilder  an  gewissen  Stellen  nicht 
ohne  Bedeutung. 

Es  drängt  sich  ferner  die  Bemerkung  auf,  dass  in  dem  Streifen 
über  der  obersten  Darstellungsreihe  nicht  ohne  Absicht  zwischen  Mesore 
und  Thoth  ein  Raum  leer  gelassen  ist,  welchem  in  der  untersten  der 
Kynokephalos  entspricht,  der  gleichfalls  zwischen  den  Monatsgöttern  des 
Mesore  und  Thoth  eingeschlossen  ist.  Zwischen  dem  Ende  des  letzten 
und  dem  Anfang  des  ersten  Monats  lagen  im  ägyptischen  Kalender  die 
fünf  Epagomenen,  und  es  wäre  möglich,  dass  sich  hierauf  die  fünf 
kleinen  Disken  beziehen,  welche  in  dem  entsprechenden  Felde  der  mitt- 
leren Darstellungsreihe  an  dem  Nacken  des  Stierkopfes  stehen. 

Wenn  wir  nun  in  dieser  Darstellung  eine  noch  genauere  Andeutung 
der  Errichtungszeit  des  Tempels  mit  seinen  Sculpturen  suchen  dürfen, 
so  liegt  es  nahe,  den  langen  Strich  unmittelbar  hinter  den  Decanen 
des  Orion  und  vor  der  Isis-Sothis,  welcher  genau  über  der  Mitte  des 
Kynokephalos  und  der  ganzen  Darstellung  steht,  für  den  Scheidepunkt 
des  festen  Jahres  und  den  Aufgang  der  Sothis,  deren  Schiff  ihn  be- 
rührt, zu  halten.  Er  würde  also  mitten  über  den  Epagomenen,  nach 
unserer  Zeichnung  über  dem  zweiten  Discus  stehen,  jedenfalls  an  das 
Ende  des  bürgerlichen  Jahres  fallen.  Wäre  wirklich  der  zweite  Tag 
der  Epagomenen  gemeint,  so  würde  der  Zeitpunkt   16   bis   12  Jahre  vor 


99 

dem  Jahre  1322,  also  in  das  Ende  der  Regierung  Ramses'  II  fallen, 
dessen  Grabtempel  nach  Diodor  das  Gebäude  sein  sollte.  Wilkinson 
ist  auf  ein  ähnliches  Resultat  gekommen,  Am  nächsten  aber  würde 
diese  Erklärung  mit  der  von  Tomlins on  übereinstimmen,  nach  welcher 
der  Aufgang  des  Sirius  auf  den  vierten  Tag  der  Epagomenen  gefallen 
wäre.  Dieser  Schluss  beruht  aber  auf  einer  Stelle  der  Seiteninschrift 
der  Decke  in  der  Publication  von  Burton,  welche  zu  berichtigen  ist. 
Sie  lautet:  er  verleiht  dir  zu  glänzen  wie  Isis  Sothis  am  Himmel,  das 
Gestirn  (*{)!Jq,  nicht  xlj©)  des  Jahresanfangs".  So  weit  die  Deutung 
des  H.  Lepsius. 

Das  chronologische  System  von  Lepsius  beruht  auf  seiner  Annahme 
eines  Schreibfehlers  in  dem  Namen  MsvocpQrig,  des  Epochenkönigs 
bei  Theon  von  Alexandrien,  indem  er  daraus  ,,mit  leichter  Aenderung" 
Mevocpfrrjg  oder  Mevecp&rig  gestaltet  und  darin  Menoptah,  den  Sohn 
des  Ramses  II  Sesostris  erblickt,  unter  den  also  die  Epoche  der  Sothis- 
periode  (1325 — )  1322  v.  Chr.  fallen  müsse.  Allein  ich  habe  schon 
wiederholt  darauf  hingewiesen,  dass  wir  auch  die  Variante  Mevaxpyrjg 
besitzen  und  da  diese  Namensform  acht  ägyptisch  ist:  Mei-n-phre  „Lieb- 
ling des  Sonnengottes",  so  dürften  wir  nur  in  dem  Falle  an  Menoptah 
denken,  wenn  monumentale  Gründe  dazu  nöthigen  würden.  Diese  fin- 
den sich  aber  nirgends  und  so  ist  das  chronologische  System  von 
Lepsius,  obschon  scharfsinnig  und  von  vielen  acceptirt,  auf  einer  un- 
soliden Basis  errichtet.  Sein  Ansatz  des  Ramses  II  Sesostris  auf  1400 
bis  1334  v.  Chr.  kann  also  auf  keine  höhere  Beachtung  Anspruch 
machen,  als  die  vielen  andern  willkürlichen  Systeme,  die  bereits  so 
zahlreich  sind,  dass  nach  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  irgend  eines 
der  Wahrheit  nahe  kommen  zu  müssen  scheint. 

Aehnlich  auf  eine  fälschliche  Sothis-Epoche  gestützt,  hatte  schon  Cham- 
pollion-Figeac,  ausgehend  von  der  Notiz  des  Syncellischen  Kanons  p.  193 
(Pseudo-Sothis),  dass  im  5.  Jahre  des  Koy%aqig  700  Jahre  des  bei  Ma- 
netho  „Hundssterncyclus"  genannten  Zeitkreises  voll  werden,  woran  sich 
unmittelbar  die  Hyqschos  mit  254  J.  und  die  XVIII.  Dynastie  mit 
348  J.  anschliessen,  die  Folgerung  abgeleitet,  dass  Ramses  II  Miamun 
Sesostris  von  1469 — 1403  v.  Chr.  regiert  habe.  Allein  die  trübe  Quelle, 
aus  welcher  er  diese  Notiz  schöpfte,  meint  mit  dem  Titel  xvvixög  xvxlog 

13* 


100 

nicht  einmal  die  Sothisperiode,  sondern  ein  Buch,  welches  dem  ächten 
des  Manetho:  myl  JZw&sog  (sie!)  nachgebildet  war.  Wir  müssen  also 
auch  diese  Basis  verwerfen,  obschon  sie  zufällig  von  der  Wahrheit  nicht 
weit  abführt,  und  uns  nach  einer  haltbareren  umsehen 

Monumentale  Bezeichnungsarten  der  Sothis-Aufgänge. 

Es  ist  eine  ziemlich  allgemeine  Klage,  dass  die  altägyptischen 
Denkmäler,  bei  aller  sonstigen  Reichhaltigkeit  und  Ausführlichkeit,  in 
Bezug  auf  Chronologie  bisher  nur  geringe  Ausbeute  geliefert  haben. 
Die  Schuld  dieses  unbefriedigenden  Ergebnisses  liegt  aber  weniger  an 
den  Denkmälern,  als  an  den  Forschern  selbst,  die  den  reichen  Schatz 
des  jetzt  schon  zugänglichen  chronologischen  Materiales  nicht  zu  heben 
verstanden  haben.  Wer  meine  „Schalttage  des  Euergetes  und  Augustus", 
meine  Abhandlungen  ,,über  die  Sothis",  von  meinem  „Moses  der  Ebraeer" 
und  den  ,,Zodiaques  de  Denderah"  zu  schweigen,  ja  wer  nur  meine 
ägyptologischen  Aufsätze  in  der  „Allgemeinen  Zeitung"  aufmerksam 
gelesen  hat,  wird  bemerkt  haben,  dass  es  am  Stoffe  nicht  fehlt,  dass 
aber  die  „Schulweisheit"  von  diesem  ßeichthume  bisher  nicht  einmal 
geträumt  hat. 

Es  wäre  zu  weitläufig  und  zum  Theil  auch  gegen  den  Grundsatz 
.,ne  bis  in  idem",  wenn  ich  hier  alle  dessfalsigen  Angaben  noch  einmal 
recapituliren  wollte.  Ich  beschränke  mich  auf  die  Vorführung  mehrerer 
Hauptdata  von  unwiderleglicher  Beweiskraft,  namentlich  solcher,  welche 
auf  die  Bezeichnungsart  der  Sothisaufgänge    helle  Schlaglichter    werfen. 

I,  Die  Inschrift  von  Tanis  oder  das  Decret  von  Canopus. 

Abgesehen  von  der  weitläufig  darin  entwickelten  Theorie  über 
das  Verhältniss  zwischen  dem  fixen  und  dem  Wandeljahre,  wird 
lin.   18    des    hieroglyphischen  Textes  der   praktische  Fall  so  eingeführt: 


^f£*ä^  ieWLi^W«^- 


in 

in  r-TT-i 


Die  griechische   Uebersetzung  lin.    36/37   lautet:    rfj  fjutyq,   w  i]  tiarelXsi 
ro  äoTQüv   tu  Tijg  ^'loiog,  i)  vouiQtTai   dia  raJv  ieyüv  yyauuazcoy  rsov  trog 


101 

üvai  .  aysTcu  de  vvv,  kv  rm  tvarip  %%u}    vov^via  rov  TIavvl  /nrjvog.    Der 
demotische  Randtext    bietet    das  Nämliche,    nur  dass  er    zwischen    den 

Ausdrücken  flg  (sie  !)  ^^^  und  ^  [1  (j  (j  ^«^ jg|J„diegöttlicheSothis" 

und  „der  Stern  der  Isis"   wechselt. 

Also  das  9.  Regierungsjahr  des  Euergetes  I,  welcher  247  v.  Chr. 
zur  Regierung  gelangt  war,  entsprach  dem  Dekret  zufolge  dem  Sothis- 
frühaufgange  am  1.  Payni  des  Wandeljahres!  Ich  habe  schon  früher 
gezeigt,  dass  diese  Fixation  nicht  in  erster  Linie  dem  Quadriennium 
241 — 238  (letzteres  ist  Epochenjahr),  sondern  der  unmittelbar  voraus- 
gegangenen Tetraeteris  245 — 242  entspricht,  wo  „laut  eines  früheren 
Decretes"  in  den  Tempeln  bereits  die  Consolidirung  des  Jahres  erfolgt 
war,  ehe  sie  238  v.  Chr.  durch  das  Decret  von  Canopus  zu  einer  all- 
gemein begangenen  öffentlichen  Feier  und  zn  einer  Einrichtung  auch 
des  bürgerlichen  Kalenders  erweitert  ward. 

Der  Gewinn,  den  dieses  absolute  Datum  der  Inschrift  von  Tanis 
abwirft,  ist  ein  doppelter:  wir  erfahren  nicht  nur  eine  bestimmte  Epoche 
der  Regierung  des  Königs  Euergetes  I  mittels  des  Sothisfrühaufganges 
am  1.  Payni  des  Wandeljahres,  sondern  wir  werden  zugleich  aufmerk- 
sam gemacht,  dass  die  Incidenzpunkte,  wie  z.  B.  der  Anfang 
einer  Tetra menie  oder  eines  Wandelmonates,  mit  Vorliebe  notirt 
wurden.  Welche  weittragenden  Ergebnisse  diese  Beobachtung  für  die 
Chronologie  liefern  wird,  davon  werde  ich  bald  ein  Beispiel  anführen. 

II.  Die  Epoche  des  Rhampsinit  zu  Medinet- Abu  1325  v.  Chr. 

Die  Grabungen  des  Herrn  Greene  haben  1854  die  Südwand  des 
Tempels  von  Medinet-Abu  biosgelegt  und  darauf  einen  Fest -Kalender, 
dessen  wichtigstes  Datum  schon  von  Champollion  bemerkt  und  von  de 
Rouge,  sowie  von  dem  Astronomen  Biot  behandelt  wurde.  Nachdem 
unter  dem  26.  Pachons  (erstem  Monat  der  dritten  Tetramenie)  die 
Krönungsfeier,  die  Taf.  XXXII  auch  unter  dem  1.  Tybi  (erster  Monat 
der  zweiten  Tetramenie,  der  der  Aussaat,  erscheint,  erwähnt  ist)  folgt 
col.    12   folgender  (senkrecht  angebrachte)  Passus: 

fiLH"  A*  8°  —  ^ra  o^^nsiHitv  — -°  ' 
S^ö^TÜ  öoä  -=-  is^^Ho  1 1  !  lim  —  d — 


102 

„Erster  Monat  der  Ueberschwemmungsjahreszeit :  Erscheinung  der  Sothis, 
Fest,  Tag  der  Opferung  an  ^/noy^aooy&i]^  (und  seinen  Götterkreis  am 
Feste  dieses  Tages)".  Champollion  und  de  Rouge  hatten  Recht,  zu  über- 
setzen: ,,le  1.  Thoth,  fete  de  l'apparition  de  Sothis."  Denn  der  Schluss 
des  Passus  redet  ja  bestimmt  vom  Feste  dieses  Tages,  also  musste 
ein  solcher  unter  dem  conventionell  gewordenen  Ausdrucke  „Thot"  statt 
„erster  Thot"  miteinbegriffen  und  nicht  allgemein  der  ganze  Monat  ge- 
meint sein,  da  ja  auch  Theon  in  seiner  Berechnung  ähnlich  sagt: 
„xamag  tag  fj/Lieyag  anolvaov  anb  Oü)&"  und  nicht  anb  rov  tiqc'tov 
0(  '#,  oder  anb  tfjg  vov^ir\vlag  tov  Owd;  obschon  sicher  der  erste  gemeint  ist22). 

Diese  für  die  ägyptische  Chronologie  so  wichtige  Angabe  des  Fest- 
kalenders von  Ramses  III  ist  von  Brugsch  (Materiaux  etc.)  gänzlich 
misskannt  worden,  indem  er  darin  wohl  auch  den  ,, ersten  Thot"  er- 
blickt, aber  den  Ausdruck  „Erscheinung  der  Sothis"  als  Eponymie, 
wie  ungefähr  rovjLirjvla,  ansieht,  also  da3  Factum  des  himmlischen  Phä- 
nomens in  Nichts  verschwinden  lässt :  es  ist  eben  wieder  einmal  die 
Hauptsache  verkannt  worden. 

Dieses  absolute  Datum,  welches  die  Tetraeteris  1325 — 1322  v.Chr. 
garantirt  und  zwar  als  entsprechend  dem  Quadriennium  8 — 11  der  Re- 
gierungsjahre des  Ramses  III,  dem  desshalb  als  Nellog  (<&ovü)Qig,  oder 
Oovwyig!)  bei  Manetho  am  Schlüsse  der  XIX.  Dyn.  und  zugleich  seines 
zweiten  Bandes  nur  7  Jahre  eignen,  weil  die  folgenden  (bis  32-j-x)  dem 
dritten  Bande  und  der  XX.  Dyn.  angehören  —  darf  als  der  Grund- 
und  Eckstein  der  gesammten  ägyptischen  Chronologie  betrachtet  und 
demgemäss  gewürdigt  werden. 

111.  Der  Opferstein  von  Elepliantine. 

Inmitten  von  Columnen  mit  Opfergegenständen  und  ihrer  betreffen- 
den Anzahl  zeigt  dieser  am  Quai  der  Insel  Elephantine  als  Block  verbaut 


22)  Die  Auslassung  des  Numerale  1  beim  Monate  Thot  rührt   vielleicht  daher,   dass   die  Epo- 
nymie des  ersten  Monatstages  ebenfalls  dem  Gotte  Thot  eignete.  Denn  die  Neomenie:  7\    -^=7^ 

"  /wwv\     p^ 

paut   enti   hebai  hat  zum  Patron  den  Thot:   ^x^^r^     „Tag  desThöt,  Fest".  Die  Namen  Tachi 
(Göttin  des  ersten  Monats)  taehu  ^t)l    grus    Ibis    und    tahu-ti    a  J^.     Owv&  —  Thot  =  'EourtS 


sind  aber  identisch. 


103 

gewesene,  durch  den  Prinzen  Jerome  Napoleon   in's  Louvre   verbrachte 
Stein    folgende  im  rechten  Winkel  verlaufende  Inschrift: 

m7^°1i!1,!2J  „Monat  dritter  der  Erntezeit,  Tag   28,    das  ist  der  Tag 


h 


$        des  Aufganges  der  Sothis.     Gebühr   an    diesem  Tage    für  (die 
^        Priester)." 

Die  Rechnung  ist  leicht  gemacht:  der  28.  Epiphi  ist  vom 


^T  1.  Thot  des  Wandeljahres  um  3  -f  30  -f-  5  —  38  Tage  entfernt, 

n        denen    38X4  —  152  Jahre    entsprechen.      Diese    zur   Epoche 

1325  v.   Chr.  (vergl.   II)    hinzugezählt    ergeben  das  Jahr   1477 

v    Chr.   als  den  Anfang    des  Quadrienniums    von   1477 — 1474. 

(fw/~       Dieses  Datum:   1477  ist  gerade  um   100  Jahre   später   als  die 

"j|  •         Epoche  des  Osymandyas :   1577,  weil  eben  der  28.  Epiphi  um 

25  Tage    hinter   dem    3.    Epiphi    liegt    und    25  X  4  =  100  ist. 

Ueber  den  König,    unter    den  dieser  Stein    von  Elephantine    fällt,    hier 

nur  so  viel,  dass  es  nicht  Thutmosis  III  gewesen  ist. 

Das  vom  Mathematiker  Theon  aus  Alexandria  herrührende  Beispiel 

eines  Sothisdatums  auf  Grund  der  Aera  des  Menophres    lautet    auf  den 

29.   Epiphi,  ist  aber  um  fast  eine  ganze  Periode:    1460 — 4    Jahre    vom 

vorigen  entfernt  und  stützt  sich  zugleich    auf   das    fixe    alexandrinische 

Jahr,   statt  auf  den  annus  vagus,  was  eine  weitere  Differenz  von  40X4 

=  160  Jahren  bedingt. 

f 

Das  Datum  des  Papyrus  Ebers:  -v  "f  fTT" £££°  J^F*  -^  ZW  *  deute    ich 

vs&i'  /www 

noch  immer  auf  den  letzten  (30.  Epiphi)  und  den  dazu  gehörigen  Königs- 
namen ^Äsfo/v-^^My  «^   als  aenigmatische  Schreibungauf  Chu-n-ra, 

den  Thronnamen  des  JZup&ag,  der  nicht  umsonst  vom  Chronologen  Era- 
tosthenes  unmittelbar  mit  3Afxov&a^rmog  (Mia/uovr)  verbunden  wird. 
Denn  die  Epoche  des  Chuenra  Siptah  1469- — 66  streift  an  den  Ueber- 
gang  der  Sothis  auf  den  1.  Mesori,  der  eine  Epoche  bildet,  gerade  wie 
Ramses  Miamun  von  Eratosthenes  wegen  der  Epoche  der  Phönixperiode 
„Jahr  52   letzter  Mechir"    =    1525  aufgeführt  wird. 


104 

IV.  Das  Sothisdatum  der  Epoche  des  Osymandyas. 

Um  dieses  gehörig  würdigen  zu  können,  muss  nunmehr  die  ganze 
Darstellung  am  Plafond  —  und  dieser  Platz  ist  nicht  zufällig  so  ge- 
wählt, da  es  sich  ja  um  eine  astronomisch-kalendarische  Thatsache  han- 
delt —  in  ihren  wesentlichen  Theilen  zergliedert  und  von  Legenden 
Alles  mitgetheilt  werden,  was  zu  der  von  mir  hier  zum  ersten  Male  be- 
haupteten  Epoche  des  Denkmales  in  nothwendiger  Beziehung  steht. 

Die  Dreitheilung  des  Plafondgemäldes. 

Zwischen  dem  zertrümmerten  Colosse  des  Königs  und  der  Wand 
mit  den  Bibliotheksgottheiten,  die  oben  schon  erwähnt  sind,  ragt  der 
Wunderbau  des  von  Diodor  nach  Hekataeus  so  genau  beschriebenen 
Osymandyaeums.  Weder  seine  Fronte,  die  nach  Südosten  gerichtet  ist, 
noch  seine  Wanddarstellungen  interessiren  uns  hier  weiter,  da  es  jetzt 
darauf  ankommt,  die  Epoche  des  herrlichen  Denkmales  zu  ergründen 
und  damit  einen  Haltpunkt  nicht  bloss  für  die  Chronologie  des  be- 
rühmtesten Pharao,  sondern  auch,  da  er  den  Höhepunkt  der  ägyptischen 
Macht  darstellt,  für  die  gesammte  altpharaonische  Geschichte  und  damit 
des  Alterthums  überhaupt  zu  gewinnen. 

Betrachtet  man  das  Deckengemälde  auch  nur  flüchtig  oder  ober- 
flächlich, so  muss  die  Dreitheilung  in's  Auge  fallen,  und  da  diese 
drei  parallelen  Streifen  kein  natürliches  Abbild  des  Himmels  darstellen 
können,  so  müssen  wir  von  vornherein,  wie  beim  rechtwinkligen  Thier- 
kreis  von  Denderah,  an  eine  astronomisch-kalendarische  Darstellung  zum 
Behufe  eines  Horoskopes  denken.  Meine  Zergliederung  des  Ganzen 
wird  diesen  Charakter  des  Denkmales  (jLLvfj/Lia)  über  allen  Zweifel  er- 
heben. 

Die  drei  Abtheilungen  haben  etwas  Gemeinsames  in  den  drei  run- 
den Scheiben  oder  vielmehr  Globen,  welche  sich,  wie  ich  mich  an 
Ort  und  Stelle  durch  Autopsie  überzeugt  habe,  gerade  so  aus  der  Sculp- 
turfläche  erheben,  wie  die  10  Geier  und  11  Disken,  welche  am  Plafond 
des  rechtwinkligen  Zodiacus  von  Denderah  die  im  griechischen  Texte 
der  Facade  und  noch  einmal  auf  dem  Dache  genannten  21  Jahre 
LKA  ausdrücken.    Wir  haben  also  drei  verschiedene  Jahresformen 


105 

an  der  Decke  des  Osymandyaeums  vor  uns:  links  (auf  unsrer  Tafel) 
stehen  zwei  Disken  und  zwar  je  einer  bei  dem  untersten  und  dem 
obersten  Streifen ;  rechts,  wo  die  Legenden  des  Begleittextes  zusammen- 
stossen,  steht  ein  Discus,  der  zum  mittleren  Streifen  gehört  und  ver- 
möge seiner  Stellung  diese  Mitte  noch  deutlicher  als  das  Centrum  des 
Ganzen  erscheinen  lässt. 

Ferner  ist  unbestreitbar,  dass  Anfang  und  Schluss  der  drei  Jahres- 
formen wieder  in  der  Mitte  zusammentreffen,  wenn  man  zu  der  eben 
genannten  Längenausdehnung  senkrecht  die  Breite  oder  geringere  Dimen- 
sion in  Kreuzung  setzt.     Unten   sitzt    der  Kynokephalos    auf   dem    Tat: 

u;   beide    Zeichen    symbolisiren    die  Tag-    und  Nachtgleiche    und    zwar 

wie  weiterhin  erhellen  wird,  das  Aequinoctium  auctumnale;  denn  wäre 
das  aeq.  vernale  gemeint,  so  wäre  mit  dem  Kynokephalos  der  Oryx 
adossirt,  wie  dies  auf  den  beiden  Thierkreisen  von  Denderuh  der  Fall 
ist.  —  Im  obersten  Streifen  bildet  Isis-Sothis  den  Mittelpunkt  und 
im  centralen  Bande  das  Stierviertel,  welches  ich  schon  1865  als 
Repräsentanten  des  Viertel tages  aufgezeigt  habe. 

Auf  das  Einzelne  übergehend  bemerkt  man,  dass  in  dem  untersten 
Streifen  die  zwölf  Monate  des  fixen  Jahres,  symmetrisch  zu  beiden 
Seiten  des  Kynokephalos  in  ihren  göttlichen  Repräsentanten  angebracht, 
von  dem  Könige  mit  Gebeten  und  Opfern  bedacht  werden.  Da  ich 
schon  in  meinen  „Zodiaques  de  Denderah"  ausführlich  bewiesen  habe, 
dass  die  zwölf  Monatsnamen,  wie  sie  in  griechisch-ägyptischen  Inschrif- 
ten und  in  der  koptischen  Literatur,  auch  in  dem  betreffenden  Kalender 
bezeichnet  sind,  direct  von  diesen  altägyptischen  Götter-Namen  und 
-Festen  abgeleitet  sind,  so  übrigt  mir  hier  nur,  dieselben  vollständig 
herzusetzen:  1)  Tachi  (Tuhuti,  Thot),  2)  Ptah-res-anbu-f  (Schutz- 
gott; —  der  Name  Phaophi  hängt  vermuthlich  mit  dem  Nil  Hapi 
(cf.  KQVJcpi  und  Mwcpi)  zusammen  — );  3)  Hat  hör  (Athyr);  4)  Sech  et 
(Name  der  Bast,  als  Anspielung  auf  Kahika  =  Choiahk  wegen  Aehn- 
lichkeit  der  Bedeutung). 

Die  zweite  Tetramenie  setzt  sich  zusammen  aus: 

5)  Che  min  (ithyphallisch,  sonst  Schaf-  betu,    entspricht  dem  Tybi) 

6)  Rokh-ur,    Repräsentant   des    Mechir;    7)  Rokh-nezes    (vertritt 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  l4 


IOC 

den  Phamenot).  Es  verdient  Beachtung,  dass  diesem  Monatssymbole 
(schwarzer  Schakal  unmittelbar  nach  dem  Schakal  mit  weissem  Hals- 
bande) allein  von  Seiten  des  Königs  keine  Huldigung  zugewendet  wird. 
Auch  sonst  wird  hier  die  Halbtheilung  des  Jahres  bemerklich  gemacht 
und  z.  B.  im  Kalender  des  Pap.  Sallier  IV  das  Uzatauge  während  der 
ersten  sechs  Monate  als  ^j^  linkes,  für  die  folgenden  sechs  Monate 
als  jrjpj?  rechtes  Auge  dargestellt.  Da  nach  der  Stele  von  Neapel  letz- 
teres der  Sonne,  ersteres  dem  Monde  entspricht,  so  scheint  es  mir, 
dass  die  Zeit  zwischen  den  beiden  Aequinoctien  von  Frühling  bis  Herbst 
als  die  sonnige  Hälfte  des  Jahres  galt,  weil  der  Tag  die  Nacht  über- 
ragt, während  die  Zeit  von  der  Herbstgleiche  bis  zur  Frühlingsgleiche 
dem  Monde  zugeschrieben  wurde,  indem  alsdann  die  Nacht  den  Tag 
überwiegt.  Daraus  dürfte  sich  ein  Schluss  auf  die  Epoche  des  Kalen- 
ders Sallier  ableiten  lassen.  In  der  That  beginnt  das  fixe  Jahr  des 
Osymandyaeums  ebenfalls  mit  dem  Herbstaequinoctium  und  die  äusseren 
Kennzeichen  des  genannten  Papyrus-Kalenders  weisen  auf  denselben 
Zeithorizont. 23) 

8.  Rannuti,  woraus,  mit  Präefigirung  des  Possessiv-Artikels  Pha  — , 
der  Monatsname  Pha-rmuti  entstand,  wie  ich  schon  vor  12  Jahren  aus 
Conjectur  behauptet  hatte  und   jetzt    durch    die    monumentale    Variante 

2=^§  Remut    statt  ^Jö"\\ö  Rennuti  erhärtet  ist.24)    Die  Ableitung  der 


beiden  zuletzt  aufgeführten  Monatsnamen :  Phamenot  und  Pharmuti 
von  den  Götternamen  Thebens :  Amon  und  Mut,  wie  sie  Lepsius  (Chro- 
nologie der  Aegypter  p.  138)  aufstellt,  erweist  sich  schon  hiedurch  als 
ganz  und  gar  irrthümlich  und  müsste,  wenn  überhaupt  Jemand  darauf 
weiterbauen  wollte,  zu  total  falschen  Schlüssen  über  den  Kalender  ver- 
leiten. 

Die  dritte  Tetramenie  besteht  aus  folgenden  vier  Namen:  9.  Chonsu, 
woher  Pachons  und  die  Varianten .  10.  Chonthi,  Beiname  des  Horus, 
aus  dessen  Auge  ^^J*n>-  äni  (py)    die    Monatsbenennung    Paoni,    Payni 


23)  Cf.  Chabas:  „Le  calendrier  .  .  .  Sallier  IV"  p.  7  „au  revers  la  legende  de  Ramses  II." 

24)  Es  zeugt  von  wenig  Wahrheits-  und  Gerechtigkeitsliebe  der  Aegyptologen,  dass  noch  keiner 
diese  Thatsache  erwähnt  hat.  Dieser  Mangel  an  dem  wichtigsten  Ingrediens  wissenschaftlicher  Forschung 
erklärt  genügend  die  geringen  Fortschritte  in  der  ägyptischen  Chronologie. 


107 

entstand.  11.  Apti  oder  Apap,  woher  Epiphi,  und  endlich  12.  Har- 
machu,  sonst  Mes-Hor-Ra,  woher  Mesori. 

Die  Frage,  ob  denn  in  diesem  Streifen  des  fixen  Jahres,  dessen 
Monatsnamen  noch  heutzutage  in  Aegypten  gelten,  die  fünf  Zusatztage 
oder  Epagomenen  gar  nicht  vertreten  seien;  beantwortet  sich  durch 
so  manche  Inschrift,  worin  sie  als  Anhängsel  des  Monats  Mesori  er- 
scheinen und  also    mit    diesem    implicite    schon    gegeben    sind.     Etwas 

Aehnliches  findet  statt  bei  dem  Gebrauche  des  Wortes    ^^  ^  {  ^    ronpi 

poMni(^)  annus,  welches  öfter  z.  B.  in  dem  Kalender  des  Rhampsinit 
zu  Medinet-Abu,  für  das  früher  einmal  gebrauchte  Jahr  von  12  X  30 
oder  360  Tagen  erscheint,  während  es  doch  sonst  die  fünf  Epagomenen 
miteinschliesst,  also  den  Werth  von   365  Tagen  darstellt.     Ob  das  Jahr 

mit  der  Einschaltung  durch   \      ronpi    sop(?)    ausgedrückt    worden    sei 

und  also  366  Tage  bedeutet  habe,  wissen  wir  noch  nicht  bestimmt; 
doch  ist  es  wahrscheinlich  365Y4  Tage  gross. 

Der  obere  Streifen  stellt  das  Wandeljahr  zu  365  Tagen  dar. 
Die  Monate  laufen  ebenfalls,  wie  im  unteren  Streifen  des  fixen  Jahres, 
von  der  Mitte  aus  und  kehren  ebendahin  zurück,  so  dass  sie  wieder, 
obgleich  bandartig  geordnet,  mit  ihrem  Anfang  und  Ende  in  der  Mitte, 
wo  Isis-Sothis  in  ihrer  Barke  steht,  zusammentreffen.  Diese  Monate 
sind  alle  eingeleitet  durch  die  Gruppe  ^^  abdu  äJiot  mensis,  worauf 
dann    die    specielle   Bezeichnung    gemäss    den    drei    Tetramenien    folgt: 

T^JM    bis    mTTI*H    =   L,    2.,    3.,    4.    Monat    der    Tetramenie    Schat 

/www  ^    Cl)  /www  ^    w 

(Ueberschwemmung  tueei    fiuctuatio)  —      i    <=>    bis    1111-=-   1.,    2.,     3., 


A/WVW 


4.  Monat  der  Tetramenie  Pert  (Saatzeit  npco  hiems).  Hiebei  verdient 
es  Beachtung,  dass  vom  3.  Monate  dieser  Saison  an  die  Legenden  die 
umgekehrte  Schriftrichtung  befolgen,  wie  dies  auch,  obschon  nicht 
consequent  in  dem  unteren  Streifen  geschieht  —  die  Legenden  Rannuti, 
Chonthi,  Harmachu  für  die  Monate  Pharmuti,  Payni  und  Mesori  weichen 
von  diesem  Princip  ab,  nicht  zufällig,  sondern  weil  die  betreffenden 
Legenden  den  Götterfiguren  in  der  Richtung  anbequemt    sind.   —  End- 

lieh  folgen  die  4  Monate  der  dritten  Tetramenie:      i     /www   bis    mm  /www 

O  /WA/VW 


/WA/WA 
/W/W/W       AA/WftA 

14* 


108 

1.,  2.,  3.,  4.  Monat  des  Jahreszeit  schemu  lyom  tributum  aestas.  An 
den  letzten,  der  dem  Mesori  des  fixen  Jahres  entspricht,  schliesst  sich 
Osiris  als  Repräsentant  des  Orion  und  der  fünf  Epagomenen,  ent- 
weder den  Schritt  oder  das  Gesicht  abwendend  von  der  Isis-Sothis, 
die  zunächst  folgt  und  sowohl  Anfang  als  Ende  der  Bewegung  in  sich 
vereinigt.  Sie  steht  hier  als  haq*t  chabesu  „ Führerin  der  Lampen- 
sterne" oder  Dekane.  Dass  diese  aber  hier  vorzugsweise  in  ihrer 
Anwendung  auf  den  Kalender  als  Vertreter  der  Dekaden  oder  lOtägigen 
Wochen  stehen,  beweist  schon  der  Umstand,  dass  alle  36  Dekane  sich 
nur  auf  der  einen  (rechten)  Seite  des  Streifens  angeschrieben  finden, 
was  doch  bei  einem  wenn  auch  noch  so  sehr  projicirten  und  bandartigen 
Himmelsbilde  nicht  der  Fall  sein  könnte. 

Dass  dieser  obere  Streifen  das  Wandel  jähr  darstellt,  ergibt,  sich 
aber  nicht  nur  aus  der  Qualität  der  Monatsbezeichnungen  —  mittelst 
numerischer  Fortschreitung  innerhalb  der  drei  Tetramenieen,  wie  sie 
constant  bei  den  Datirungen  der  Denkmäler  gebraucht  wird  —  sondern 
auch  aus  der  Anbringung  der  mobilen  Planeten  in  diesem  oberen 
Streifen.  Es  folgen  sich  nämlich  die  fünf  damals  ausschliesslich  be- 
kannten Planeten  in  folgender  Ordnung,  von  der  Mitte  angefangen  nach 
links  hin : 

1)  Har-tasch  der  Südstern:  "Eqtcjoöi,  der  Mars; 

2)  Har-ka:   Saturn,  der  „Stern  des  Ostens"  genannt; 

3)  Har-chuti:  Jupiter  „der  Weststern,  rückläufig"; 

4)  Sebeq    (c&ok):    Merkurius  „der  Kleine"  betitelt; 

5)  Bennu:   Venus,   der  Stern  des  Osiris,  wandelnd. 

Es  erhellt  aus  dieser  Reihenfolge,  welche  die  Planeten  weder  nach 
ihrer  Grösse,  noch  nach  ihrer  Distanz  von  Erde  oder  Sonne  aufführt, 
dass  eine  bestimmte  Constellation,  also  ein  Horoscop  beabsich- 
tigt ist. 

Der  mobile  und  wechselnde  Mond  durfte  im  Streifen  des  Wandel- 
jahres natürlich  auch  nicht  fehlen ;  er  befindet  sich  unmittelbar  vor 
der  Legendencolumne  des  Mercurius  als  J>fpG  Sotep25).     Wir  werden 


25)  Im  Grabe  Sethosis'  steht      |X  )i   w  i    nuter  osch  „der  gepriesene  Gott." 


109 

weiterhin  sehen,  dass  der  Begleittext  dicht  nebenan  auf  diese  Himmels- 
körper als  „Götter  des  Südens"  Bezug  nimmt,  und  dass  diese  Zusam- 
mengehörigkeit vom  Randtext  und  dem  oberen  Streifen  das  wichtigste 
Element  der  ganzen  Darstellung  bildet,  indem  daraus  mit  zwingender 
Nothwendigkeit  das  bestimmte  Datum  des  Horoscops  gewonnen 
wird. 

Da  dieser  Begleittext  auch  den  Sonnengott  erwähnt  and  zwar 
unmittelbar  vor  der  Legende  des  Mondes  aah  io£  Lunus,  so  steckt  er 
entweder  in  dem  grossen  Discus  zu  Häupten  des  oberen  Streifens  mit- 
einbegriffen oder  in  einer  der  Legenden,  die  zwischen  den  Planeten 
Jupiter  und  Mercur  —    Venus  in    den    drei  Columnen    mit    den  Namen 

ojnn    äbesch    wfeuj    candidus,    albus  —   ^^    schept    ujenujton 

/www  ^\ 

illuminans  —  _f=r\<=>v\  nesru  t,DJ  ignivomus  —  bezeichnet  sind. 
Jedenfalls  ist  mit  der  unmittelbar  vor  diesem  nesru  angebrachten  Legende 
1:2=1  "y\  sehe  du,  von  zwei  Schildkröten  determinirt,  also  dualiter  zu 
fassen  und  scheduti  zu  lautiren,  der  beständige  Gegensatz  zu  Ra  dem 
Sonnengotte  auf  der  Höhe  seiner  Entwicklung  d.  h.  zur  Zeit  des  sol- 
stitium   aestivum  gemeint.     Denn  auf  den  Sarkophagen  und  sonst  z.  B. 

Todtenbuch  c.  161  wiederholt  sich  oft  der  Passus:  "f  V0^^™^ 
(Schildkröte,  Deutbild)  vivit  Sol,  moritur  testudo.  Daher  stammt  nach 
meiner  bestimmten  Ueberzeugung  das  koptische  Wort  ujtit  „Satan as." 

Nun  besehe  man  sich  die  Stelle,  welche  das  Schildkrötenpaar  in 
unserer  Darstellung  einnimmt:  es  steht  (unter  dem  Ende  des  letzten 
Monates  der  ersten  Tetramenie)  unmittelbar  vor  nesru,  dem  Feuer- 
speier  und  bezeichnet  das  Wintersolstitium,  welches  in  dem  Jahre 
des  Denkmals  dem  Sommersolstitium  wirklich  vorangeht. 

Eine  fernere  Eigenthümlichkeit  bildet  die  Legende  des  Königs 
rechts,  ohne  allen  Zusammenhang  mit  den  Namen  der  Dekane,  da  diese 
die  entgegengesetzte  Schriftrichtung  befolgen.  Es  muss  also  dieses 
Namenprotokoll  des  Königs  in  Beziehung  gesetzt  werden  zu  der  un- 
mittelbar vorhergehenden  Legende  Bennu  Osiri.  Ich  vermuthe,  dass 
dieser  Osiris  hier  zugleich  auf  den  an  dem  identischen  Tage  verstor- 
benen Vater  Sethosis  =  Bovöiqis  geht  und  somit  die  Namensringe  seines 


110 

Sohnes  Osymandyas    Ramessu   am    andern  Ende,   mit    conträrer    Schrift- 
richtung, als  Gegensatz  sich  passend  anschliessen. 

Dass  ich  mich  mit  dieser  Vermuthung  auf  richtiger  Fährte  befinde, 
ergiebt  sich  aus  den  Legenden  der  beiden  Endpunkte  des  Mittel- 
streifens: links  stehen  die  beiden  Namensringe  mit  Osymandyas  Ra- 
messu, rechts,  ohne  Ringeinfassung  o|vj  (Ra)- Vesu-Ma,  dem  Haupt- 
bestandteile des  Namens  Osyma(-ndyas).  Dem  ersten  Namenpaare  ist 
die  Legende  *y    ^y   Khebti  „die  beiden  Schirme  (Schatten)  I)hiäi(^-)  umbra, 

protectio,  beigeschrieben.  Die  Figur  des  Königs  Osymandyas  trägt  in 
den  drei  Fällen  eine  Scheibe  auf  dem  Haupte,  gerade  wie  die  andern 
9  — {—  8  oder  17  Figuren  des  Mittelstreifens,  welche  ausserdem  durch 
ihre  Namen  als  Repräsentanten  einzelner  Tage  des  Monats 
charakterisirt  sind.  Wir  hätten  also  drei  königliche  Tage  darin  zu 
erblicken,  vermuthlich  den  Geburtstag,  den  Tag  der  Mitregent- 
schaft und  den  Tag  der  eigentlichen  Thronbesteigung.  Diese 
17  -j-  3  =  20  Tage  scheinen  zwei  Dekaden  zu  bilden;  allein  ihre  Auf- 
einanderfolge ist  nicht  regelmässig.  Denn  rechts,  vom  Mittelpunkte 
aus  angefangen,  was  auch  durch  die  Schriftrichtung  gefordert  wird, 
werden  wohl  die  Repräsentanten  der  Tage  4,  5,  6,  7,  8,  9,  10,  11  des 
Monats  in  üblicher  Ordnung  aufgeführt.  Aber  links  ist  die  Folge:  15, 
13,  16,  30,  20,  12,  21,  25(?),  14(?)  Es  fehlen  also  die  Repräsentan- 
ten der  Tage  1,  2,  3,  17,  18,  19,  22,  23,  24,  26,  27,  28,  29  d.  h.  13, 
und  mit  Wegrechnung  der  drei  Gedenktage  des  Königs  würden  immer 
noch  zehnTage  oder  eineganzeDekade  fehlen.  Ich  glaube  daher,  dass 
die  Auswahl  mit  Rücksicht  auf  die  dies  fasti  und  nefasti  des  Kalenders 
getroffen  ist  und  nur  die  günstigen  Tage  gewählt  sind,  welche  dess- 
halb  in  den  zugehörigen  Textcolumnen  dem  Könige  alles  Gute  zusagen. 
Bei  weitem  wichtiger  als  diese  Frage,  ist  für  unsern  gegenwärtigen 
Zweck  das  eigentliche  Mittelfeld  des  Centr als t reif ens  mit  der 
sonderbaren  Darstellung,  die  ich  schon  vor  zwölf  Jahren  in  meinen  „Zodia- 
ques  de  Denderah"  als  „scene  de  l'intercalation"  bezeichnet  habe. 
Man  begreift  auf  den  ersten  Blick,  dass  dieses  wichtige  Element  des 
Kalenders  passend  zwischen  die  beiden  Jahresformen  annus  fixus  und 
annus  vagus  in  den  Mittel  streifen  verlegt  ist,  weil  es  ja  thatsächlich 


111 

die  Differenz  zwischen  beiden  darstellt.  Auch  musste  das  Osymandyaeum, 
wenn  es  ein  Horoskop  darstellt,  —  wie  hoffentlich  Niemand  mehr  be- 
zweifeln wird  — das  bestimmte  Jahr  der  vi  erjährigen  Schalt- 
periode kennzeichnen,  ob  es  x/4,  2/4,  3/4  oder  4/4  d.  h.  einen  gan- 
zen Tag  Ueberschuss  über  die  Zahl  der  365  Tage  hatte.  Der  Früh- 
aufgang des  Sirius  oder  der  Sothis  war  hierin  ein  genauer  Regulator, 
da  er  dreitausend  Jahre  hindurch  zu  Aegypten  eine  solche  Stellung 
einnahm  (Petavius),  dass  er  genau  ein  astrales  Jahr  zu  365]/4  Tagen 
bedingte  und  also  im  ägyptischen  Kalender  nicht,  wie  im  Gregorianischen, 
eine  zeitweilige  Ausschaltung  oder  Unterlassung  der  Einschaltung 
nöthig  würde. 

Ich  habe  vor  zwölf  Jahren   behauptet,  dass  der  nach  je  vier  Jahren 

erwachsende   Tag    einen    eignen   Dekan  besass:    pe    siu    ua  g*ft,  Stella 

unica 26)  genannt,  dessen  Symbol,  ein  kleiner  Widder,  mit  der  Tages- 
oder Sonnenscheibe  ausgestattet  ist.  Er  steht  genau  zwischen  den 
Dekanen  JE/uat  und  Tnip^iax  „Theiler,  Kopf  des  Theilers  (Halbirers)", 
mit  den  Nummern  18  und  19,  trifft  also  genau  in  die  Mitte  der  De- 
kanenreihe und  somit  des  Jahres  selbst.  Ich  schätze  mich  glücklich, 
einen  Text  produciren  zu  können,  worin  dieser  Einzelstern  neben 
Sonne,  Mond,  Osiris-Sahu  oder  Orion,  dem  Vertreter  der  fünf 
Epagomenen,  sowie  der  Isis-Sothis  eine  religiöse  Bedeutung  be- 
ansprucht. .  N 

In  einem  hieratischen  Papyrus  des  Museums  von  Bulaq  (Nr.  3)27), 
der  einem  Priester  (Pater  divinus)  Namens  Heter  in's  Grab  mitgegeben 
wurde,  und  der  eine  um  so  grössere  Wichtigkeit  besitzt,  als  dieser 
Heter,  Sohn  des  Harsiesis  und  der  Taiho,  mit  dem  Priester  Heter  (cf. 
supra  identisch  ist,  dessen  Todes-Epoche  ich  auf  das  7.  Jahr  Hadrian's: 
123  n.  Chr.  bestimmt  habe,  lautet  ein  Passus  pl.  13,  lin.  6 — 8  folgen- 
dermassen: 

„Du  ergreifst  den  Mond  in  der  Nacht,  du  gehst  auf  am  Tage 
gleichwie  das  schöne  Licht  des  leuchtenden  Sonnengottes.     Es  sind 


26)  Nicht  pe  siu  sat  „der  Stern  des  Pfeiles",  wie  Lepsius  Chronol.  d.  Aeg.  p.  76  bietet. 

27)  Cf.  Mariette:  Les  papyrus  egyptiens  du  Musee  de  Boulaq. 


112 


alle  Länder  beleuchtet  in  der  Nacht  vom  Monde,  dem  schönen,  an  dem 
Feste  des    15.  Monatstages,    um  zu  schaffen  Freudestunden    im   Gefolge 

der  Strahlen.      Du    erglänzest    am    Firmamente    1^*r$         y>\fl£l     a*8 
Einzelstern;   du  bis  wie  (als)Sahu  (Osiris- Orion)  am  Leibe  der 


Nut  ^.STQM©AroP8).     Dein    Scheinen    innerhalb    dieses  Landes  ist 

wie  das  des  Mondes,   wenn  er    sein  Uzatauge  ^g  erfüllt    (d.  h.  in  der 
Nacht    des    Vollmondes).'      Isis    ist    mit    dir    als    göttliche  Sothis 

iA*qJ)  am  Himmel:  nicht  trennt  sie  sich  von  Dir  in  Ewigkeit." 

Man  sieht,  wie  hier  der  Einzel stern  einerseits  dem  Osiris,  dem 
Vertreter  der  5  Epagomenen  und  der  Isis-Sothis  vorangestellt  wird  und 
doch  andererseits  mit  diesen  letzteren  zwei  unzertrennlich  verbunden 
ist.  Diese  Doppelstellung  des  Einzelsternes  als  Repräsentanten  des 
Schalttages  erklärt  sich  aus  der  Thatsache,  dass  das  betreffende 
Emblem:  das  Stier  viertel,  wie  ich  längst  nachgewiesen  und  zuletzt 
in  meinem  Artikel  über  ,,die  Pyramide  des  Cheops" 29)  wiederholt  be- 
tont habe,  sowohl  mit  dem  antiken  Symbole  des  Nordpols  und  des 
Monats  Phamenot:  dem  weiblichen  Hippopotamus,  als  mit  dem 
(sperberköpfigen)  Horus,  dem  Vertreter  des  Monats  Mesori,  in  Ver- 
bindung gesetzt  wird.  Der  Sinn  dieser  Doppelstellung  ist  der,  dass 
der  Einzelstern  als  Dekan  des  Schalttages  astronomisch  in  die 
Mitte  des  Jahres  fällt  (zwischen  Tapesmat  und  Smat);  aber  kalendarisch 
vom  Mesori,  gleich  den  5  Epagomenen,  absorbirt  oder  annexirt  d.  h.  an 
das  Ende  des  Jahres  gesetzt  wird,  so  dass  er  dann  zwischen  Osiris- 
Orion  und  Isis-Sothis  zu  stehen  kommt.  —  Die  Inschrift  von  Tanis, 
worin  diese  Stellung  des  Schalttages  hinter  den  5 '  Epagomenen  am 
Schlüsse  des  Jahres  und  unmittelbar  vor  dem  Sothisfrühaufgange  weit- 
läufig erörtert  ist,  sowie  die  constante  Uebung  des  koptischen  Kalenders 
bis  auf  den  heutigen  Tag,  dem  6.  Epagomen  dieselbe  Stellung  am  Ende 
anzuweisen,  spricht  entschieden  zu  Gunsten  meiner  Annahme. 

Auch    fehlt    es    nicht    an  einem  monumentalen  Beweise  dafür,  dass 


28)  Diese  Legende   habe   ich   in  dem  Sitzungsberichte   der   k.  Ak.  d.  Wiss.  vom  5.  Juni  1875 
p.  144  auch  aus  einer  Inschrift  von  Philae  citirt. 

29)  Allg.  Zeitung  Beilage  1876  Nr.  84—86. 


113 

die  Tetraeteris  oder  vierjährige  Schaltperiode  den  Aegyptern  bekannt 
und  von  ihnen  gebraucht  war,  was  übrigens  nur  eine  einfache  Consequenz 
der  Sothisperiode  im  Verhältniss  zum  Wandeljahre  gewesen  ist.  Aus 
dem  Decrete  von  Kanopus  lin.  22  entnehmen  wir,  dass  der  in  dem 
bürgerlichen  Kalender  neueinzuführende  Schalttag  „hinzugefügt  werden 
sollte  als  Festtag   t^uü  der    beiden    Euergeten."     In    der  That    war 


diese  Einrichtung  keine  eigentliche  Neuerung,  da  wir  schon  viel  früher, 
z.  B.  in  einem  Ramessidengrabe 30)  das  Zeichen  QJ,  welches  Jiebai  ge- 
lesen und  mit  navriyvQig  übersetzt  wird,  bei  der  Einschaltungsscene  an- 
gebracht finden.  Dass  es  sich  in  dieser  Darstellung  um  ein  wirkliches 
Schaltjahr  des  religiösen  Kalenders  handelt,  ergibt  sich  mit  einer 
gewissen  Notwendigkeit  daraus,  dass  in  der  späteren  Zeit  das  Zeichen 

für  die  Zahl  4  gebraucht  wird.     Ferner  lehrt  das  unterhalb  ange- 


brachte Datum  aus  dem  Wandeljahre:  TTT^^njj  »Athyr  Tag  26," 
|7mS  ! !  „Choiahk  Tag  6",  dass  in  jenem  Schaltjahre,  wie  es  auch 
durch  die  Theorie  gefordert  wird,  die  Dekaden  übergreifen  d.  h.  dass 
die  Epagomenen  mit  den  5  ersten  Tagen  des  Thot  eine  Dekade  bilden, 
so  dass  die  Zählung  das  ganze  Schaltjahr  und  folglich  auch  das  2.  Jahr 
des  Quadriemiums  hindurch  vom  6.  bis  15.,  vom  16.  bis  25.,  vom  26. 
bis  zum  5.  des  nächsten  Monats  reichen,  während  im  ersten  und  dritten 
Jahre  der  Tetraeteris  die  Dekaden  von  1 — 10,  11 — 20,  21 — 30  laufen. 
Hierüber  werde  rch  weiterhin  noch  ein  ausführliches  monumentales  Bei- 
spiel beibringen. 

Aus  dem  Gesagten  lässt  sich  jetzt  schon  so  viel  folgern,  dass  am 
Plafond  des  Osymandyaeums  kein  wirkliches  Schaltjahr  dargestellt 
ist,   sondern  das  erste  Jahr  einer  vierjährigen  Periode  —    weil    eben 

der    Stiervorderschenkel    allein,    und    kein  Uü    dabei   angebracht 


ist.     Es  ist  längst  erwiesen  und  von  Lepsius  31)  zuerst  vermuthet  worden, 
dass  die  sieben   Sterne   des    Grossen   Bären    (Heerwagens)  ***££    dem 


30)  Vergl.  meine  „Zodiaques  de  Denderah"  pl.  VI,  c. 

31)  Chronologie  der  Aegypter  p.  144. 

Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  15 


114 

conventionellen  Stierschenkel  **^3,  wie  er  in  Denderah  und  sonst  er- 
scheint, identisch  sind;  man  braucht  sie  nur  mit  Verbindungslinien  zu 
umfassen,  so  erhält  man  den  Stiervorder  Schenkel,  das  ächte  Sym- 
bol des  Viert eltages,  dieses  für  den  Kalender  so  wichtigen  und  trotz 
meiner  seit  12  Jahren  gemachten  Entdeckung  so  sehr  vernachlässigten 
Elementes« 

Häufig  wird  mit  diesem  Schenkel  der  Kopf  des  Stieres  ver- 
bunden und  so  entstehen  Figuren,  wie  im  Thierkreis  des  Heter,  in  den 
astronomischen  Darstellungen  von  Philae,  Edfu  und  wie  in  dem  uns 
jetzt  beschäftigenden  des  Osymandyaeuins.  Man  sieht,  wie  einerseits 
das  weibliche  Nilpferd  (Drache,  Phamenot  als  Jahresmitte)  Anspruch 
auf  das  Stierviertel  (Vierteltag)  erhebt,  andererseits  der  sperberköpfige 
Horus  mit  o  auf  dem.  Haupte  und  dem   Dreizack    in  der  Rechten,    eine 


Umwendung  ^zzß  an,  auch  ^^     y\        annu  on  rursus  (—  reversus)  oder 

Umkehrung  desselben  Stierviertels  wie  auf  einer  Drehscheibe  bewerk- 
stelligt, weil  eben  der  Monat  Mesori  nebst  den  5  Epagomenen  auch  den 
Vierteltag  (2/4,  3/4,  4/4)  sich  annexirt. 

Die  übrigen   Symbole  stehen  damit  im  Zusammenhange:    das  kleine 

gekauerte    Krokodil    U^saq  co^i  oov/yog  crocodilus  in  Verbindung 

mit  der  Scorpiongöttin  Selq  3$^  (Wsk/jg)  welche  eine  Tagesscheibe    auf 

dem  Kopfe  trägt  und  die  Hände  wie  zum  Empfangen  vor  sich  hinstreckt, 
bezeichnet  das  Verhältniss  von  Nacht  und  Tag.32)  Da  ihre  Legenden 
der  Richtung  des  weiblichen  Hippopotamus  ädaequa!,  sind  und  dieses 
Thier  selbst  von  einem  mächtigen  Krokodile  am  Rücken  überragt  wird, 
und  sich  auf  ein  kleineres  Krokodil  wie  auf  einen  Stab  stützt,  so  scheint 
damit  angedeutet  zu  werden,  dass  eigentlich  die  Nachthälfte  des  Jahres 
von  dem  Ueberschusse  des  Vierteltages  profitiren  sollte,  aber  factisch 
die  Taghälfte  gewinnt,  weil  eben  das  Ende  des  Mesori,  von  dem  es 
annexirt  wird,  noch  in  den  Sommer  fiel. 

Das  Stierviertel  hat  in  seiner  bauchartigen  Einfassung  die  Legende 

ffi    yj^    mesti:  es  ist  das  kopt.  Oep-Mici  pars  quarta  (cf.  Tep,    pars 


32)  Vergl.  Horapollon  hierogl.  II  35. 


115 

und  mici  quartus),  welches  Athanasius  Kircher  uns  glücklicher  Weise 
überliefert  hat.  Ich  werde  weiterhin  zeigen,  dass  ausser  der  Schlange 
jUfiol  mici  serpens,  die  in  der  Hand  des  Horus  auf  den  Namen  des  Monats 
Mesori  anspielt,  auch  eine  Krone  des  Namens  mes  existirte,  die  für 
unser  Denkmal  von  entscheidender  Wichtigkeit  ist  und  bisher  nur  ver- 
kannt wurde,  weil  man  bei  diesem  mes  ausschliesslich  an  juec,  juici 
natus  etc.  gedacht  hat.  —  Nun,  dieses  Stierviertel  m  e  s  t  i  ist  von  fünf 
Scheiben  rückwärts  umgeben,  welche  offenbar  die  5  Zusatztage  oder 
Epagomenen  bedeuten.  Wir  haben  also  noch  einmal  den  Beweis, 
dass  factisch  damals  schon  der  überschüssige  Vierteltag  an  das  Ende 
des  Jahres  hinter  die  fünf  Epagomenen  gesetzt  wurde. 

Dies  ergibt  sich  auch  aus  dem  unterhalb  angebrachten  Paare:  Löwe 
und  Krokodil,  welche  in  entgegengesetzter  Richtung  sehen  als  das 
Paar  Krokodil  und  Skorpion:  während  diese  beiden  andeuten,  was 
astronomisch  eigentlich  sein  sollte,  besagen  jene  beiden,  was  kalen- 
darisch wirklich  geschah,  dass  nämlich  der  überschüssige  Vierteltag  der 
Sonnenhälfte  des  Jahres  zugerechnet  wurde.  In  der  That  entspricht 
der  Löwe  als   Symbol  des  Sonnengottes  Horus 33)  und  allenfalls  vermöge 

seiner    Legende    j|Nf  (I  v^  <^    maau  moti  leo ,    verglichen     mit    jw     m 

maui  mot€  splendor  fulgor,  dem  Tage,  sowie  umgekehrt  das  Krokodil 
besonders  sein  Schwanz  ^ — ,  qam,  dem  Ende  und  der  Nacht34) 
eignet. 

Es  übrigt  noch,  die  länglichten  Fruchtkörner  zu  erklären,  welche, 
19  an  Zahl,  in  der  Mitte  des  Centralfeides  wie  ausgestreut  liegen.  Es 
ist  dies,  um  es  kurz  zu  sagen,  der  mysteriöse  Name  des  fruchtbringen- 
den Nils,  der  wegen  des  Begleittextes  (vergl.  den  nächsten  Abschnitt) 
nicht  fehlen  durfte,  und  sonst  z.  B.  im  Pap.  Sallier  II  2,    8  phonetisch 

g  <=>i||^rjf  neptra  w^npi  granum  (grenier,  granificus)  geschrieben  wird. 

Es  scheint  hier  also  nicht  die  Aussaat  (pert),  sondern  die  Ernte  also 
der  Sommer  gemeint  zu  sein. 


33)  Cf.  Horapollon  I  17. 

34)  Cf.  Horapollon  I  69,  70. 

15* 


116 

Der  Begleittext. 

Nachdem  wir  die  bildliche  Darstellung  in  ihren  wesentlichen  Theilen 
gründlich  zergliedert  und  die  Textcolumnen,  als  nebensächliche  Zuthat, 
nur  im  Allgemeinen  berücksichtigt  haben,  sind  wir  gehörig  vorbereitet, 
den  Begleittext  selbst  in  Angriff  zu  nehmen,  vollständig  zu  übersetzen 
und  die  wichtigeren  Legenden  eingehender  zu  behandeln. 

Die  Seitencolumne,  welche  längs  des  untersten  Streifens,  recht- 
winklich  zu  den  Figuren  und  Texten  des  fixen  Jahres,  sich  entwickelt, 
beginnt  (hier  auf  unsrer  Tafel)  linker  Hand  und  lautet  folgender 
Maassen : 

„Harphre  d.  h.  Horus  der  Sonnengott  als  Thronfolger  (Anolltov), 
der  starke  Stier  (ravyog  XQarsQog)  der  die  Wahrheit  liebt  (cpilab]d-r}g)3b) 
der  König  des  oberen  und  des  unteren  Landes:  Ra-vesu-ma-sotepenra 
—  3Oov{iavdvag,  der  Sohn  des  Sonnengottes:  Ramessu  Meriamun  (*PajLieööfjg 

Mia/uovv)    hat    errichtet   sein   Memnonium    v\ööö  Marne  nun,  dem  Vater 

Amonra,  König  der  Götter  (Amunra  suten  nuteru  =  3A}jLov^aoovd-r\q) 
als  Centralbau  (oder  im  Innern)  des  Hauses  Ravesuma-sotepenra 
(Oövfjiavdvaeiov).  Er  hat  erbaut  eine  Halle  (ctotä.  aroa  porticus)  mit 
Säulen  aus  Lotosbüscheln  auf  der  Treppe  zu  seinem  Adyton,  dem  präch- 
tigen, als  Huldigung  für  den  Herrn  der  Götter:  Amunra,  den  Fürsten 
fliyq)  Thebens.  Die  Mauern  bestehen  aus  Stein,  die  Einmeisselungen 
auf  den  Wänden  aus  der  Schrift  des  Gottes  Tahuti  (Thot).  Ihr  (der 
Halle)  Atrium  ist  gebildet  aus  hartem  Sandstein  (H&og  özeQsbg),  wie 
auch  aus  Sontholz  der  Landschaft  Uti.  Man  ist  zufrieden  darüber 
stets  (?)36)  von  Seiten  des  Südhimmels  und  der  prächtigen  (Decan-) 
Sterne  des  Firmamentes :  sie  gewähren  (desshalb)  eine  lange  Reihe  (Er- 


streckung) von  Tetraeteriden  UJJ^==^  -Festen  dem  Sohne  des  Sonnengottes  : 

Ramessu  Meri-Amun,    dem    gleich    Ra    Lebenspendenden   in    Ewigkeit." 

Dieser  Text,  der  sich  hauptsächlich  auf  den  Bau  selbst  bezieht,  ist 

doch  nicht  ohne  Absicht  — ,    vermöge    des    festen  Materiales    und    der 


35)  Vergl.    die    Uebersetzung   des    Hermapion   bei    Ammian.    Marcellinus    und    meine   ak    Abh. 
„Obelisken  und  Pyramiden"  Sitzungsb.  186t'.. 

36)  Diese  Stelle  ist  etwas  zerstört. 


117 

durch  Thot  verbürgten  und  auch  wirklich  erreichten  Fortdauer  —  ge- 
rade an  der  Seite  des  fixen  Jahres  angebracht.  Auch  enthält  er  die 
Ueberleitung  zu  den  Tetraeteriden  des  Mittelstreifens  mit  dem  Embleme 
der  Einschaltung,  sowie  zu  den  Planetengöttern  des  obersten  Streifens. 
Ich  habe  desshalb  mit  dem  untersten   Streifen  den  Anfang  gemacht. 

Was  den  Mittelstreifen  betrifft,  so  hat  er  eigentlich  nur  die 
(links)  symmetrisch  von  der  Mitte  auslaufende  Legende  als  Begleittext: 
,,Es  lebe  der  König  des  oberen  und  des  unteren  Landes:  Ravesuma- 
sotepenra,  des  Amonrasonther37)  Liebling".  —  Es  lebe  der  Sohn  des 
Sonnengottes :  Ramessu  Meri-Amun,  der  Götter  am  Himmel  Liebling". 
Ausserdem  eignet  ihm  der  grosse  Discus  am  rechten  Ende,  bei  welchem 
gewiss  nicht  unabsichtlich  die  Legenden    der    beiden    Langstreifen    mit 

dem  Worte    ZI    djet  <7eT  alwv  Ewigkeit  (Permanenz)  zusammenstossen. 

Denn  das  Schaltwesen  ist  ein  getreues  Abbild  der  himmlischen  Nord- 
polgegend und  sichert  die  Perpetuität  der  Zeitrechnung.  Desshalb 
sind  auch  an  beiden  Endcolumnen  des  Mittelstreifens  die  Namen  des 
Königs  symmetrisch  angebracht,  damit,  wie  so  manche  Inschrift  (z.  B. 
Bokenchons)  lehrt,  sein  Gedächtniss  fortleben  möchte  im  Munde  der 
kommenden  Geschlechter. 

Das  Hauptinteresse  übrigens  beansprucht  der  Seiten- Text  des 
oberen  Streifens  (Tafel),  der  längs  der  Columnen  des  Wandel- 
jahres sich  erstreckt,  weil  er  uns  die  Mittel  bietet,  im  Zusammen- 
halte mit  den  dazu  gehörigen  Emblemen  und  Legenden,  die  Epoche 
des  Osy m  andyaeums  und  damit  des  Regierungsantrittes 
von  RamsesIISesostris  genau  zu  bestimmen.  Es  sind  zwar  gegen 
das  Ende  hin  einige  Gruppen  zerstört;  indess  genügt  das  Erhaltene  zu 
der  Ueberzeugung,  dass  kein  wesentlicher  Gedanke  damit  für  uns  ver- 
loren ist,  weil  eben  die  dem  oberen  Streifen  benachbarten  Columnen 
uns  über  den  Sinn  genügend  aufklären.  Der  Text  des  oberen  Lang- 
streifens lautet : 

,,Es    sprechen    die  Götter    und   Göttinen   am    Südhimmel  (d.  h.  die 


37)  Man   beachte,   dass   in   der   Legende  'Apov-Qa-zo-v&riQ   —   Amon-Ba-suten-nuteru  „Amon- 
Ka  König  der  Götter",  die  Lautverbindung  v#  der  analogen  v6  in  Oavfxcc-vdv-ag  entspricht. 


118 

Planeten  Mond-  und  Sonnenphasen)  zu  den  Herrscher  mit  dem  weissen 
und  dem  rothen  Hute  (Symbole  von  Ober-  und  Unterägypten) :  Rave- 
suma-sotepenra  (Osymandyas),  dem  Sohne  des  Sonnengottes:  Ramessu 
Meri-Amun:  „Es  gewährt  dir  Ra  deine  Metamorphosen  wie  die  des 
Mondes,  dass  deine  Jugend  neugeboren  wird  an  jeder  Procession 
(Festlichkeit,  Feier),  dass  du  ausstrahlest  Lichthelle  wie  der  Horizon- 
tige (Sonnengott  Harmachis)  wenn  er  sich  darbietet  (aufgeht)38); 
dass  du  erglänzest  (aufleuchtest)  gleichwie  Isis-Sothis  am  Firma- 
mente,    am  Morgen    des    Jahresanfanges39).      Sie    bereitet    dir 

10  Millionen  von   Tetraeteriden ,    Nile,    nicht   mangelhafte  (  ^  §'*-a 

-xoA^,  <ypo£  parvus,  deficiens).  Es  erscheinen  dir  die  Dekansterne 
(Khabesu)  jede  Dekade40),  um  zu  häufen  (ce-yg)  deine  Jahre;  wohlge- 
sinnt ist  dir  (die  Neomenie  (?)  —  Jedermann)  wegen  deiner  Sculpturen, 
der  unwandelbaren.  [Du  fährst  in]  deiner  Barke  daher  gleichwie  Sahu(0rion- 
Osiris)  am  Firmamente:  deine  Dauer  ist  wie  seine  Dauer,  o  Sohn  des  Son- 
nengottes: Ra.vesuma-sotepenra,  Leben  spendend  wie  Ra  in  Ewigkeit." 
Das  Aufleuchten  wie  Sothis  ist  der  Regierungsantritt,  der  dem  helia- 
kalischen  Aufgange  entspricht.  Es  ist  auffallend,  dass  im  letzten  Satze 
gegen  alle  sonstige  Gewohnheit,  der  Titel  §  viog  cHliov,  der  sonst  nur 
vor  dem  Ringe  mit  dem  Namen  Ramessu  Meri-Amun  vorkommt,  hier 
mit  dem  Thronnamen  Rav  es  um  a  sotepenra  verbunden  ist,  aus  welchem 
OovjLia-vdvag  sich  gebildet  hat.  Das  Befremdende  schwindet  etwas  und 
wir  brauchen  gerade  keinen  Schreibfehler  anzunehmen,  wenn  wir  be- 
denken, dass  gegenüber,  in  dem  Schlusssatze  des  unteren  Kurzstreifens, 
der  Name  Ramessu  Meri  amun  schon  vorgekommen  ist,  also  der  Thron- 
name ein  passendes  Seitenstück  dazu  bildet.  Man  könnte  also  höchstens 
den  Irrthum,  wenn  es  einer  ist,  dahin  beschränken,  dass  der  Steinmetz, 


38)  Nicht  „er  verleiht  dir"  (zu  glänzen),  wie  Lepsius  Chron.  p.  119  übersetzt.    Denn    es  steht 
deutlich     ^^ — » —  taf  s  u  =  „er  gibt  sich,  bietet  sich  dar." 

39)  Nicht  „das  Gestirn  des  Jahresanfangs"  wie  Lepsius  ibid.  hat.  Uebrigens  hat  schon  Brugsch 
(Nouvelles  recherches  etc.)  diesen  Fehler  so  corrigirt. 

40)  Wie  man  trotz  solcher  Legenden,  die  ich  in  einem  Aufsatz  der  Z.  d.  aeg.  Spr.  besprochen 
habe,  die  Existenz  der  Dekade  noch  immer  bestreiten  kann,  ist  unbegreiflich. 


119 

eben  im  Hinblicke  auf  dieses  vis-ä-vis,  sich  das  §  zweimal  erlaubt  hat, 
statt  dass  er  hier  in  dem  Schlusssatze  des  oberen  Kurzstreifens  ^\^ 
hätte  setzen  sollen.  —  Aber  wie,  wenn  er  absichtlich  so  einmeisselte 
in  dem  Bewusstsein,  den  Hauptnamen  des  Baues  anbringen  zu  müssen? 

Bestimmung  der  Epoche  des  Osymandyas. 

Wir  haben  gesehen,  wie  die  ,, Götter  und  Göttinen  des  Südhimmels" 
über  den  Planeten  Venus  und  Mercur  sowie  dem  Monde  und  den 
Sonnenphasen  in  dem  seitlichen  Begleittexte  des  oberen  Streifens 
absichtlich  zuerst  aufgeführt  sind.  Es  wird  nun  auch  einleuchten,  dass 
die  Legende:  „es  erscheinen  dir  die  Dekane  jede  D e k a d e"  nicht  ohne 
Grund  da  beginnt,  wo  daneben  der  18.  und  19.  Dekan,  d.  h.  die  Mitte 
dieser  Repräsentanten  der  zehntägigen  Wochen  angebracht  ist,  gleich 
als  ob  sie  die  Ueberschrift  zu  diesen  36  Dekanen,  neben  ihrem  textuellen 
Zusammenhange  mit  der  übrigen  Seitenlegende,  mitbezeichnen  sollte. 

Die  Richtung  der  Monatsbenennungen  des  Wandeljahres  folgt  einer- 
seits der  Richtung  dieser  Seitenlegende  ganz  parallel  (von  links  nach 
rechts),  andererseits  schreitet  die  Zählung  innerhalb  der  Tetramenie  um- 
gekehrt von  rechts  nach  links  fort,  wie  die  Namencolumnen  der  Dekane. 
Selbstverständlich  sind  letztere  rechtwinklich  zur  Seitenlegende  senk- 
recht gestellt.  Dieses  Verhältniss  brachte  mich  zuerst  auf  den  Gedan- 
ken, dass  derjenige  Monat,   dessen  Fortschreitung  von  rechts  nach  links 

mit  der  Gruppe  der  Seitenlegende:     1     Jahresanfang    auf    ihrem 

V 

Gange  gleichsam  begegnet,  der  gesuchte  Monat  des  Wan- 
deljahres sein  müsse,  in  welchem  die  Isis-Sothis  helia- 
kalisch  d.  h.  zugleich  mit  dem  horizontigen  Sonnengott 
am  Osthimmel  erschien.  Ein  ähnliches  rechtwinkliges  Zusammen- 
treffen hat  uns  oben  der  Stein  von  Elephantine  gezeigt. 

Dieser  Monat  des  Wandeljahres  aber  ist  TTT£S     der    ,  dritte     der 

A/WW\  A/WW\ 

schom- Tetramenie,  oder  der  Epiphi.  Nun  umfasst  freilich  dieser 
ganze  Monat  in  Bezug  auf  die  Rechnung  den  grossen  Spielraum  von 
30  X  4  =  120  Jahren,    welche    vor  dem  Mesori:    35  X  4  =  140  &  al80 


120 

360  J.  vor  der  Sothis-Epoche  1325  v.  Chr.  liegen  und  also  von  1585 
bis  1465  reichen  würden.  Allein  es  gibt  zum  Glücke  noch  ein  ge- 
naueres Mittel  der  Bestimmung. 

Betrachtet  und  zählt  man  die  Dekane  oder  Dekaden  und  be- 
ginnt wie  billig  mit  der  JSai&ig*1'),  als  der  ,, Führerin  der  Dekane",  da 
sie  hier  der  übrigen  Centralbilder  wegen  ebenfalls  nach  der  Mitte  ver- 
pflanzt ist,  weil  sie  ebenfalls  den  Anfang  bildet  —  so  trifft  man  bei 
keiner  dessfallsigen  Legende  eine  Bemerkung  angeschrieben,  als  bei  dem 

Dekane  Nr.  31:  \^t'^^c7p  Si-Ket  2ixh.  Die  zwei  unmittelbar  darunter 
folgenden  Gänse  mit  der  Lautung  Hapi  gehören  zum  vorhergehenden 
Dekane  \<=^  Ket-Ksr  als  Patron  und  dieselbe   Rolle   dem  Dekane  JEixfa 

gegenüber    spielt    das    unterhalb  stehende  Jö**-0»   welche  Gruppe  durch 

die  Patronin    des    23.  Dekans  :  nll*  sat  eccooT  ovis  das  (darunter  gross 

abgebildete)    Schaf,    nämlich    rfg^**^  erläutert  oder  verständlich  wird. 

Von  dieser  Legende  und  dem  am  Schlüsse  beigefügten  eigenthümlichen 
Zusätze  werde  ich  sogleich  sprechen.  Jetzt  gilt  es,  die  Rechnung  auf 
Grund  der  ermittelten  Dekade  zu  machen. 

Die  Dekade  Nr.  3 1 :  2ixez  entspricht  o f f e n b a r ,  da  die  dem 
Epiphi  vorangehenden  zehn  Monate  des  Jahres  10X3  oder  30  Dekane 
beanspruchen,  der  Zeit  vom  1.  bis  zum  10.  Epiphi.  Dadurch  ist 
die  Epoche  des  Osymandyas  d.  h  seiner  Thronbesteigung,  auf  den 
dritten  Theil  des  obigen  Spielraums  beschränkt,  nämlich  auf  das  Inter- 
vall 1585 — 1545  v.  Chr.,  vorausgesetzt,  dass  es  gelingt,  den  Zusatz 
wirklich  als  eine  Eigenthümlichkeit  zu  erweisen.  Dies  ist  aber  der  Fall, 
wie  schon  aus  seinem  exceptionellen  Herunterreichen  bis  zur  Basis 
wahrscheinlich  wird. 

Erwägen  wir  zuerst  den  Namen  der  Patronin  dieses  Dekans,  2ixer. 
Fast  auf  allen  astronomischen  Denkmälern42),  besonders  aber  im  Grabe 


41)  Lepsius  Chronol.  p.  71:    Text  des  Salmasius   (Hephaestion).    Auch   auf  den   Zodiaques   de 
Denderah  beginnt  die  Kuh  der  Sothis  den  ganzen  Katalog. 

42)  Vergl.  meine  Zodiaques  de  Denderah  pl.  IV,  c.  f. 


121 

Sethosis  I  steht  *^=>  ^g  oder  ^gr^S^^  (cf.  oben  die  Legende 
des  Papyrus  von  Bulaq)  d.  b.  „Bauch  der  Nut."  Die  Hiraraelgöttin 
»rCR3  s^a^  des  Conventionellen  (Trag-)  Himmels  l — J  zeigt  natürlich  zwei 
Wölbungen  ihres  Bauches,  vor  und  hinter  dem  Nabe],  und  thatsächlich 
entspricht  die  Distanz  vom  Dekan  Nro.  23  bis  Dekan  Nro.  31,  wo  wir 
die  „zweite  Isis  des  Bauches  der  Nut"  als  Patronin  treffen,  annähernd  dem 
Raumverhältnisse  der  gesammten   Himmelswölbung. 

Wir  wissen  nun  schon  aus  Plutarch  (de  Iside  et  Osiride  c.  12)  um 
wie  viel  mehr  und  authentischer  aus  den  Originaltexten,  dass  Isis  und 
Osiris  Zwillingsgeschwister  und  Kinder  der  Nut  (!P««)  von  Seb  und 
Thot  waren  und  schon  im  Mutterleibe  einander  liebten:  ~loiv  de  xai 
TJoiqiv  tQÖJVTag  äk/JjXwv  xal  tiqIv  fj  yevto&cu  y.axa  yaorpög  (Pe'ag)  vno 
oxotio  ovvelvcu. 


'WWV\ 


Vergleicht  man  nur  den  Text  von  Denderah43):  <=>  ÜLo  i'iVl 
^'^  ^P=^  ,,bis  zu  sieben  Tagen  verbrachte  er  im  Bauche  seiner 
Mutter  Nut"44),  welche  Zeit  mit  der  siebentägigen  Trauer  um  den  Tod 
des  Osiris  (col.   9)  parallel  gesetzt    wird,    mit    der    Thatsache,    dass    der 

dritte  Monatstag  als  Eponymie  die  Legende  bietet  ^  \\J\^=^  ?>Tag 
des  Osiris,  Fest  (Panegyrie)",  so  muss  man  auf  die  Vermuthung  ge- 
rathen,  dass  die  sieben  Tage  vom  dritten  an  gerechnet  gerade  so  die 
Dekade  voll  zu  machen  bestimmt  waren,  wie  uns  der  Plafond  des  Osy- 
mandyaeums  in  dem  Mittelstreifen  rechts  die  auf  den  dritten  Monatstag 
unmittelbar  folgenden  Tagespatrone  Amset,  Hapi,  Tiaumutef,  Kebhsonuf  etc. 
gezeigt  hat,  wo  uns  das  Fehlen  der  drei  ersten  Monatstage  befremdete. 
Es  begreift  sich  nun,  dass  die  „2.  Isis  des  Nut-Bauches"  weil  sie 
eben  die  Zwillingsschwester  des  Osiris  ist,  der  dem  dritten  Monats- 
tage entspricht,  ebenfalls  auf  diesen  dritten  und  zwar  hier  des  Monats 
Epiphi45)  hinweist.    Dadurch  wird  die  Epoche  desOsymandyas 


43)  Brugsch:  Materiaux  pl.  IX  cqI.  9—10. 

44)  Dieselbe  Schlusslegende  bietet  der  Begleittext  des  Zod.  circ.  von  Denderah:  „am  (im)  Bauche 
seiner  Mutter  Nut." 

45)  Im  Grabe  des  Sethosis  fehlt  bei  „Nut-Bauch"  der  Zusatz  Isis,  wohl  desshalb,  weil  sie  sich 
ob  des  Todes  ihres  Bruders  und  des  Königs  Osiris  d.  h.  Busiris  verbarg.     Der  Dekan  Iixet  ist  auf- 

Abh.  d.  I  C1.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  16 


122 

d.  h.  des  Regierungsantritts  von  Ram  ses-  Sesostris  auf 
28  +  30  +  5  =  63  X  4  =  257  J.  vor  1325  v.  Chr.  bestimmt,  d.  i. 
1577,  wenn  das  Ereigniss  in  das  erste  Jahr  der  betreffenden  Tetraeteris 
fiel.  Dass  dies  der  Fall  war,  lehrt  die  Anbringung  des  einfachen 
Stierviertels  im  Mittelfelde. 

Wie  lautet  nun  jener  von  mir  oben  in  Aussicht  gestellte  eigen- 
thümliche  Zusatz  zu  dem   3.  Epiphi? 

Er  ist,  wahrscheinlich  wegen  des  beschränkten  Raumes,  sehr  ein- 
fach und  unscheinbar,  aber  dessungeachtet  von  der  höchsten  Wichtig- 
keit. Nach  der  Copie  des  H.  Lepsius  besteht  er  aus  folgenden  Hiero- 
glyphen: lllflf«»  die  keinen  Sinn  ergeben,  weil  ein  dreimalig  su  su  su 
ohne  Beispiel  dasteht.     Liest    man    aber    mit   mir  lllffinY   nen  su(ten) 

mes  und  beachtet  des  Determinativ  des  stabhaltenden  Mannes  oder 
Würdeträgers  dahinter,  so  wird  man  übersetzen  dürfen:  „dieser  (Tag) 
ist  des  Königs  Krönung/'  Ich  habe  oben  schon  bemerkt  und  die  con- 
stante  Uebung    der    ägyptischen  Schreiber    aenigmatisch    zu    verfahren, 

spricht  dafür,   dass  H   mes  hier  dasselbe  Wort   ist  wie  jlj^    mesu  ,,die 

Kronen",  nur  dass  statt  der  Krone  der  Gekrönte  selbst  dahinter  steht. 
Dieselbe  Gruppe  mes  bezeichnet  im  Mittelfelde  den  Vierteltag  mici  (quarta 

pars)  und  in  dem   Seitenbegleittexte    steht  ^Sal^H    \^  „deine  Jugend 

wird  (neu-)  geboren  (jede  Processionsfeier)."   Hier  zeigt  Schon  das  Kind 

S)  bei  ehr o tu  F)po^-,  dass  [p  y  in  seiner  gewöhnlichen  Bedeutung 
„geboren"     Aiec    zu    fassen    ist;     zugleich    aber    deutet    der    Ausdruck 

S  ^=r  se-chä  riib  Iv  Tidotj  i^odelq,  dass  der  Schreiber  Wortspiele   bildet, 

die    auf  jenes  \\  unter  dem   3.  Epiphi  das  erwünschte  Licht  werfen,    so 

dass  nen  su(ten)  mes  in  der  von  mir  erhärteten  Bedeutung  ,, dieser  (Tag) 
ist  die  Königs-Krönung"  gesichert  wird.  Ich  werde  weiterhin,  wenn  ich 
auf  die  Epoche  des  Sethosis  I  zu  sprechen  komme,    auch    seines    Titels 

l\  I   _e        ^  der  Datirung  seines  siegreichen  Feldzuges  gegen  die  S  ch  a  s  u 


fallend  gross  geschrieben  zum  Zeichen,  dass  der  Todestag    des    Busiris    und   der  Kegiei  ungsantritt 
des  Osymandyas  dem  identischen  3.  Epiphi  entspricht. 


123 

gedenken  und  nachweisen,  dass  dieses  nicht  eine  „ere  des  renaissan- 
ces"  (Brugsch)  noch  ein  nichtssagender  Titel  (Lepsius)  ist,  sondern  die 
Epoche  des  Sethosis  I:  1585  v.Chr.  bezeichnet.  Auch  dieser  Titel, 
„wiederholend  die  Krönung"  zu  übersetzen,  ist  von  weittragender  chro- 
nologischer Bedeutung,  da  er  ausser  dem  genannten  Resultate  in  Betreff 
des  Sethosis  I  (XVIII.  Dyn.)  uns  sogar  die  Epoche  des  Hauptes  der 
XII.  Dyn.  Arnenemhal  mit  dem  identischen  Titel  nem-mesu  bestimmt 
auf  2545  v.  Chr.  festsetzen  lässt. 

Die  eben  besprochene  Legende  nem-mesu  „wiederholend  die 
Krönung",  womit  eine  neue  Aera  des  betreffenden  Regenten  in  Bezug 
auf  den  Kalender  gemeint  ist,  enthält  zugleich  wegen  der  Wahl  des 
Ausdrucks  mesu  eine  Anspielung  auf  den  unmittelbar  vorangegangenen 
Tod  des  Vaters  Sethosis.  Dieser  starb  am  Abend  oder  in  der  Nacht 
des  2.  Epiphi,  und  seinem  Tode  entspricht,  wie  beim  Osiris  (cf.  oben 
„Bauch  der  Nut")  am  Morgen  die  Throngeburt  seines  Sohnes  und  un- 
mittelbaren Nachfolgers  Osymandyas  Ramses  II    Sesostris. 

Wir  haben  hiefür,  nämlich  für  die  präcise  Stunde  des  Regierungs- 
antrittes, ein  paralleles  Beispiel  in  dem  von  H.  Dr.  Ebers 46)  veröffent- 
lichten Texte  bezüglich  Thutmosis  III.  Hier  ist  nach  der  Erwähnung 
der  Regierungsdauer  dieses  berühmten  Pharao  „von  Jahr  1   bis  Jahr  54" 

sein  Todestag  auf  den  letzten  oder  30.  Phamenot  und  zwar  *öl\  UJ^o 

„zugleich  mit  dem  (Untergange  des)  Discus"  also  am  Abend  angegeben. 
Sein  Sohn  und  unmittelbarer  Nachfolger  Ra-aa-cheperu  (Amenophis  II) 
gelangte  am  Morgen  des  nächsten  Tages  „als  die  Sonnenscheibe  am 
Himmel  aufleuchtete"  zur  factischen  Regierung. 

Also  auch  hier  berührten  sich,  wie  bei  Sethosis  I  Busiris  und  Osy- 
mandyas (Ramses  II.  Sesostris)  Tod  und  Geburt  d.  h.  Krönung  fast 
unmittelbar  und  es  lag  ohnehin  in  der  Gewohnheit  der  Aegypter,  den 
Tod  mit  dem  Untergange,  den  Regierungsantritt  mit  dem  Aufgange  der 
Sonne  zu  assimiliren.  Dass  Sethosis'  Grab  denselben  Charakter  des 
3.  Epiphi  zeigt,  wie  das  Osymandyaeum,  rührt  daher,  dass  in  dem  Grabe 
vom  Abend  an  gezählt  wird.  So  bestätigt  also  diese  scheinbare  Aus- 
nahme meinen  Ansatz  in   erwünschtester  Weise. 


46)  Zeitschrift  für  aeg.  Spr.  1873  S.  7.  —  Brugsch  1876. 

16* 


124 

Ich  hatte  also  Recht,  wenn  ich  in  meinem  Artikel  über  „die  Pyra- 
mide des  Cheops"  ankündigte,  nicht  bloss  Jahr,  Monat,  Woche, 
(Dekade)  Tag,  sondern  auch  die  praecise  Stunde  des  Horoscops  und 
des  damit  gemeinten   Ereignisses   angeben  zu  können. 

Wenn  nun  die  Epoche  desOsymandyas  auf  den  3.  Epiphi  ==  Sothis- 
frühaufgang  =  20.  Juli  (des  alten  Styles)  so  musste  der  erste  Thot 
jenes  Wandeljahres  124-31-f20=:63  Tage  später  treffen,  d.  h.  mit 
dem  20.  September  zusammenfallen.  Das  ist  die  Bedeutung  des 
Kynokephalos  oder    der  Herbst-Tag-  und  Nacht-Gleiche. 

Ich  habe  oben  ein  weiteres  Beispiel  über  die  Dekaden  ausserdem 
über  die  Einschaltung  eines  ganzen  Tages  (4A)  im  vierten  Jahre  des 
vierjährigen  Cyclus  (26.  Athyr  bis  6.  Choiakh)  aufzuzeigen  versprochen 
und  will  nun   mein  Wort  einlösen. 

Auf  einem  leider!  fragmentarischen  Pfeiler  des  Duc  de  Choiseul 
Gouffier  entdeckte  Champollion-le-Jeune47)  eine  kalendarisch- astrono- 
mische Darstellung,  deren  erste  erhaltene  Legende  so  lautet:  pj^luunn<g-nn 
„vierter  Monat  der  Scha- Saison  (Choiakh)  Tag  21  bis  Tag  30''.  Darauf 
folgt  in  unmittelbarem  Anschlüsse  )  ru  §<§^'  „erster  Monat  (Tybi)  der 
Saat-Saison,  Tag  1  bis  Tag  10."  Aehnlich  lautet  ein  Beispiel  der  dritten 
Tetramenie:  l^^%^n°iofin  »er8ter  Monat  der  Ernte-Saison  (Pachons) 
Tag  11  bis  20.u  Diese  drei  Angaben  genügen,  um  sich  den  Dekaden- 
lauf des  ganzen  Jahres  zu  construiren,  da  immer  von  1  — 10,  11 — 20, 
21 — 30  fortgeschritten  wird,  während  im  zweiten  oder  vierten  Jahre 
des  vierj.  Schaltcyclus  die  Bewegung  von  6. — 16-,  16. — 26.,  26. — 6.  ge- 
schieht. Auch  dieser  Kalender  eignete  entweder  dem  ersten  oder  dem 
dritten  Jahre  des  Quadrienniums.  Er  ist  passend  mit  dem  Gotte 
Thot  von  Nubs  (Uvovip  —  'leyaGvxafiivog)  verknüpft,  da  dieser  dem 
ersten  Monats  tage  und  dem  ersten  Monate  (letzteres  durch  seine 
weibliche  Seite  Tachi),  vorstand.  Auch  ist  dieser  Kalender  in  Beziehung 
gesetzt  zu  einem  Könige,  dessen  Name  leider!  abgebrochen  ist  (ver- 
muthlich  ein  Ptolemäer);  derselbe  opferte  dem  Thot,  „um  das  Land  zu 


47)  Young:  Hieroglyphics  X  pl.  XXVII.  „months". 


125 

schützen."     Eine    andere    Figur:  fe^     ba     „Seele"     in     einem     Kahne, 

darunter  eine  Schlange  mit  ®  auf  dem  Haupte  und  der  Legende  J|vi  \ü 

Wange,  (Wärme)  „brennende  Wange"  hat  hinter  sich  den  Text  ,,der 
Opfernde  erbittet  Wasser,  Wind,  Felder  von  ihm  '^jy*^.  in  seiner  De- 
kade am  Teiche  von  Nubs." 

Ich  denke,  hiemit  ist  der  Beweis  vollständig  erbracht,  dass  Osy- 
mandyas  entweder  am  3.  Epiphi  des  Jahres  1577  vor  Chr.  den  Thron 
seines  Vaters  Busiris  wirklich  bestiegen  hat,  oder  dass  dieses  Ereigniss 
wegen  des  Sothisfrühaufgangs  auf  diesen  Tag  verlegt  wurde.  Daraus 
ergibt  sich  die  Folgerung,  dass  der  von  ihm  desshalb  angeordnete  Bau 
bestimmt  war,  das  betreffende  Horoskop  mittels  der  Darstellung  am 
Plafond  der  Mit-  und  Nachweit  zu  überliefern.  Die  Wichtigkeit  des 
Gegenstandes  erheischt  es  indess,  noch  andere  Beweise  für  die  Richtig- 
keit dieses  absoluten  Datums,  zunächst  aus  Sesostris  Zeit  selbst,  bei- 
zubringen. 

Die  astronomischen  Denkmäler. 

Es  dürfte  wohl  kaum  einem  Widerspruche  begegnen,  wenn  man 
sowohl  in  Bezug  auf  die  aligemeine  Archaeologie,  als  insbesondere  das 
ägyptische  Alterthum  die  Thesis  aufstellt: 

Jedes  Denkmal,  und  wäre  es  auch  mit  einem  ausführlichen  Texte 
versehen,  gewährt  uns  nur  einen  Theil  der  archäologischen  Ausbeute 
und  niemals  den  vollen  Ertrag  des  möglichen  Aufschlusses,  so  lange  wir 
nicht  den  chronologischen  Anhaltspunkt  ermittelt  haben.  Es  war 
desshalb  mein  Bestreben  von  allem  Anfang  an  dahin  gerichtet,  sichere 
Merkmale  zu  ergründen,  vermöge  deren  die  betreffenden  Darstellungen 
in  die  Zeitreihe  eingestellt  werden  könnten.  Schon  meine  erste  Arbeit 
aegyptologischer  Art  „Ueber  (die  demotischen  Beischriften  und)  den 
Thierkreis  des  Heter" 48)  hatte  auf  Grund  der  Stobart'schen  Tabletten 
das  7.  Jahr  des  Kaisers  Hadrian  (124  n.  Chr.)  als  das  Datum  des  astro- 
nomischen Sarkophagzodiacus  erzielt.     Ais    ich    dann    später  die  beiden 


48)  Zeitschr.  DMG.  1803,  Seite  358  flgd. 


126 

Tbierkreise  von  Denderah  49)  behandelte  und  für  den  rectangulären  Thier- 
kreis  im  Pronaos  den  17.  November  =r  21.  Athyr  34  n.  Chr.  als 
Geburtstags  ho  roscop  des  Kaisers  Tiberius,  sowie  für  das 
Rundbild  im  Dachzimmer  den  1.  September  36  v.  Chr.  als  Epoche 
der  neuen  Aera  der  Kleopatra  (&w  vewreya  rIaig)  entdeckt  hatte, 
war  es  mir  bereits  zur  Ueberzeugung  geworden,  dass  alle  alt  ägyp- 
tischen Denkmäler  astronomischen  Charakters  je  ein  H  o- 
roscop  des  dargestellten  Ereignisses  enthielten. 

Die  Auffindung  des  trigraphischen  Decretes  von  Canopus  (Inschrift 
von  Tanis)  im  Jahre  1866  gab  meinen  chronologischen  Forschungen 
neue  Nahrung,  indem  dieses  interessante  Aktenstück  eine  vollständige 
Theorie  der  S  othisperiode  nebst  einem  soliden  praktischen  Beispiele 
lieferte,  worauf  weiter  n gebaut  werden  konnte.  Allein  amtliche  Be- 
schäftigung an  einem  Gymnasium  verzögerte  meine  dessfallsigen  Unter- 
suchungen, sowie  andererseits  auch  noch  graphische  und  sprachliche 
Räthsel  zu  lösen  waren,  ehe  daran  zu  denken  war,  die  schwierige  Frage 
der  ägyptischen  Chronologie  wieder  aufzunehmen.  Erst  1874  gelangte 
ich  wieder  dazu ;  die  academische  Abhandlung  „die  Schalttage  des  Euer- 
getes  I  und  des  Augustus  50)u,  sowie  die  bald  darauf  folgende:  „Die 
Sothis-  oder  Siriusperiode"50),  endlich  die  Abhandlungen :  „König  Nechep- 
sos,  Petosiris  und  die  Triakontaeleris"50)  „Augustus-IIarmais"50)  beweg- 
ten sich  nicht  nur  auf  dem  Gebiete  der  Theorie,  welche  in's  Reine  zu 
bringen  war,  sondern  erschlossen  ganz  bestimmte  praktische  Fälle  der 
Chronologie. 

Ich  befände  mich  nicht  in  dem  unliebsamen  Falle,  ausschliesslich 
eigne  Werke  citiren  zu  müssen,  wenn  man  von  anderer  Seite  meinen 
Ergebnissen  die  gehörige  Aufmerksamkeit  geschenkt  hätte :  aus  den 
Resultaten  meiner  „Zodiaques"  wäre  für  jeden  Aegyptologen  dieselbe 
Nutzanwendung  möglich  gewesen,  die  mich  in  den  Stand  setzt,  eines 
der  wichtigsten  Denkmäler  chronologisch  zu  bestimmen. 


49)  Les  zodiaques  de  Denderah  1865. 

50)  Sitzungsbericht  vom  7.  Februar. 
Sitzungsbericht  vom  4.  Juli  1874. 
Sitzungsbericht  vom  5.  Juni  1875. 
Sitzungsbericht  vom  5.  Mai  1877. 


127 

Was  ich  am  Schlüsse  meiner  drei  letzten  oben  angeführten  Ab- 
handlungen als  zuversichtliche  Hoffnung  ausgesprochen,  dass  uns  die 
Thierkreise  von  Denderah,  weit  entfernt,  durch  ihre  junge  Epoche  an 
Werth  zu  verlieren,  vielmehr  als  astronomische  Bilingues  für  die  pharao- 
nische  Chronologie  dienen  würden  —  dass  der  vorläufige  Abschluss 
meiner  theoretischen  Arbeiten  demnächst  Beispiele  der  praktischen  Zeit- 
rechnung erwarten  lasse  —  kurz,  dass  möglicherweise  ein  Glücksfund 
in  Aussicht  stehe,  der  sowohl  über  die  jüngeren  als  die  älteren  Sothis- 
perioden  authentischen  Aufschluss  zu  ertheilen  geeignet  erscheine :  das 
hat  sich  wider  alle  Voraussicht  schnell,  wenn  auch  in  anderer  Weise 
verwirklicht.  Meine  im  Jahre  1877  erschienene51):  „Aegyptische  Chrono- 
logie'" beweist,  dass  ich  mich  gegenwärtig  im  Besitz  von  drei 
Dutzenden  absoluter  Daten  befinde,  welche  —  was  ihren  Werth 
unendlich  erhöht  —  den  verschiedensten  Zeiten  der  altägyptischen  Ge- 
schichte angehören  und  eine  ununterbrochene  Zeitreihe  darstellen. 

Es  sind  aber  nicht  ausschliesslich  So thisf ruh aufgänge,  welche 
hiebei  in  Betracht  kommen,  sondern  auch  andere  Zeitperioden  spielen 
mitunter  eine  entscheidende  Rolle.  Ich  erwähne  hier  nur  die  Phönix- 
periode und  ihre  Epoche  unter  Ramses  Sesostris  und  zwar  am  30.  Mechir 
seines  52.  Regierungsjahres,  wie  ich  sie  in  meinem  „Moses  der  Ebraeer" 
1868  bereits  nachgewiesen  und  oben  schon  erwähnt  habe.  Hätte  man 
hierauf  geachtet,  so  wäre  es  ziemlich  leicht  gewesen,  auch  die  Epoche 
des  Regierungsantrittes  dieser  interessantesten  Persönlichkeit  unter  den 
Pharaonen  genau  zu  ermitteln  und  damit  einen  höchstwichtigen  Zeit- 
punkt zu  bestimmen. 

Was  ich  jüngst  in  meinem  Artikel  „die  Pyramide  des  Cheops"52) 
behauptet  hatte,  dass  dieEpoche  des  Osymandy as  mittels  der 
astronomischen  Darstellung  des  sogenannten  Ramesseums 
in  Theben  sich  genau  nach  Jahr,  Monat,  Dekade,  Tag  und 
Stunde  bestimmen  lasse,  dieses  gegebene  Wort  habe  ich  in  Obigem 
eingelöst  und  damit  einen  wichtigen  Beitrag  zur  antiken  Chronologie 
überhaupt  geliefert. 


51)  Bei  Trübner  in  Strassburg. 

51)  Allgemein.  Zeitung,  Beilage  Nr.  86  p.  1304  (1876). 


128 

Die  Rechnung  selbst  erwies  sich  als  erstaunlich  leicht  und  einfach; 
die  Schwierigkeit  lag  in  der  Ermittlung  der  Factoren  oder  Posten,  die 
freilich  nicht  von  selbst  sich  aufdrängen,  sondern  mühsam  und  mit 
gewissenhafter  Beachtung  der  ägyptischen  Eigenthümlichkeit  räthsel- 
hafter  Einkleidung  aufgesucht  werden  mussten. 

Bevor  ich  jedoch  daran  ging,  die  Ergebnisse  der  Aegyptologie  in 
Bezug  auf  Schrift  und  Sprache,  sowie  die  Fingerzeige  der  ägyptischen 
Astronomie  für  die  Erklärung  des  fraglichen  Denkmals  zu  verwerthen, 
war  es  erforderlich,  darüber  in's  Klare  zu  kommen,  welcher  König  mit 
dem  Namen  Osymandyas  gemeint  sei.  Bekanntlich  erwähnt  nur 
Diodor  diese  Namensform,  aber  zum  Glücke  mit  solcher  Ausführlichkeit 
und  mit  Angabe  solcher  Merkmale,  welche  über  die  Geschichtlichkeit 
des  betreffenden  Königs  keinerlei  Zweifel  aufkommen  oder  bestehen 
lassen.  Andererseits  ist  das  fragliche  Denkmal  (jivrjjbia),  dessen  Identi- 
ficirung  mit  dem  Ramesseum  von  Seiten  der  französischen  Gelehrten 
der  Description  de  PEgypte  ich  als  bekannt  voraussetzen  durfte,  wie 
durch  ein  Wunder  von  fast  gänzlicher  Unversehrtheit. 

Der  Phoenix  des  Sesostris  (und  Augustus). 

Wären  die  Denkmäler  der  altehrwürdigen  Urhauptstadt  Aegyptens: 
Anu  (On)  —  Heliopolis  in  grösserem  Umfange  erhalten,  so  würden  wir 
in  dem  Baue,  vor  welchem  einst  das  Obeliskenpaar  des  Hermapion 
stand,  sicherlich  eine  auf  den  Phönix  bezügliche  Darstellung  antreffen. 
Denn  sonstige  Denkmalnotizen  und  die  Nachrichten  der  Classiker03) 
lassen  keinen  Zweifel  darüber  bestehen,  dass  wirklich,  wie  im  alten  Helio- 
polis der  Ursitz  aller  Ueberlieferung  war,  so  auch  der  Phönix,  das 
Symbol  eines  1500  jährigen  Zeitkreises,  von  Alters  her  dort  eine  Cultur- 
stätte  besass,  die  in  der  Uebersetzung  des  Hermapion  mit  vews  tov 
(poivixog  bezeichnet  ist.  Da  nun  der  König  'Pautox^g,  welcher  nach  der 
Angabe  der  betreffenden  Obeliskeninschrift  diesen  Tempel  des  Phönix 
mit  Gütern  anfüllte,  kein  anderer  als  Ramesses  II  Sesostris    sein  kann, 


53)  Herodot  II  73;  Tacitus  Annal.  VI.  28.    Horapollon  I.  34,  35;  II  57.    Plinius  h.   n.  X,  2; 
Plutarch.  de   plac.  philoss.  II  32 ;  Aelianus  h.  an.  VI  58  u.  Andere. 


129 

so  sieht  man  ein,  dass  des  Tacitus  Nachricht  über  den  Beginn  einer 
Phönixperiode  unter  eben   diesem  Sesostris    aus    ächter   Quelle    stammt. 

Die  Texte  nennen  nun  diesen  Vogel  Jj^  >)•  n5*  Bennu  und  der- 
selbe vertritt  auch  den  Osiris  und  den  Planeten  Venus.  Vielleicht  be- 
zieht sich  hierauf  die  monumentale54)  Legende:    JS££  jöA  ™~™  W  Mu^ 

/  O  /www  f£J\  1  Jf__       W         ..  I  I      9 

I^J^<l5'^[jl8  »Er  (König  Ramesses  II)  ward  erzogen  vom  Baneb- 
dat  (Mendet-Osiris)  an  dem  Hauptsitze  von  Anu".  Offenbar  iat  hiemit 
der  Phönix  von  Heliopolis  gemeint  und  als  Vater  des  Sesostris  wegen 
der  Zweideutigkeit  des  Namens  Osiris-Busiris  (Sethosis  I)  hingestellt. 
Da  ich  nun  die  auf  die  Sothisepochen  bezüglichen  chronologischen  Bei- 
namen der  Könige  öfter  mit  der  Legende  „Sohn  der  eponymen  Monats- 
gottheit" gefunden  habe,  so  deutet  auch  hier  die  Sohnschaft  des  Se- 
sostris mit  dem  Phönix  als  Vater  auf  eine  chronologischeEpoche. 
Es  gab  auch  falsche  Phönixe.  Ich  bemerke  hier  nur  kurz,  dass 
der  von  Tacitus  1.  1.  dem  Tiberius  34  n.  Chr.  zugeschriebene  Phönix, 
welchen  nonnulli  einen  falsum  Phönicem  nannten,  wie  analog  Plinius 
den  dem  Kaiser  Claudius  a.  u.  800  zu  Gefallen  nach  Rom  bestellten 
Phönix,  ausdrücklich  als  einen  falschen  bezeichnet,  von  der  rectan- 
gulären  Darstellung  des  Pronaos  von  Denderah  abgeleitet  wurde,  wo  aber 
das  Horoscop  auf  den  Geburtstag  (JZeßaorfj)  des  Kaisers  lautet. 
Dieser  Ausdruck,  im  Zusammenhalte  mit  der  zweimal  dort  angebrach- 
ten Legende:  LKA  Avxoy.QaxoQos  TißeyLov  KaloaQog  veov  2eß aarov , 
vlov  &tov  ^EeßaoTov,  ld&i)Q  xa  JZe ßaarfi,  konnte  geeignet  scheinen, 
das  eigentlich  dem  Augustus  (^sßaoxog)  zugedachte  Ereigniss  auf  den 
Tiberius  zu  übertragen.  Denn  in  der  That  war  das  J.  25  v.  Chr.,  wo 
Augustus  den  fixen  Kalender  nach  dem  Vorgange  des  Ptolemaeus  Euer- 
getes  I55)  einführte,  zugleich  ein  Epochen  jähr,  indem  die  mit  Se- 
sostris anhebende  Periode  damals  zu  Ende  ging,  Ihre  Dauer  von 
500  Jahren:  von  Augustus  bis  Amasis:  25 — 525  =  500  Jahre,  die 
allgemein56)    bezeugt  wird,    bezieht  sich  nur  auf  eine   der    drei  Tetra- 


54)  Young:  Hieroglyphics  II  62. 

55)  Vergl.  meine  akad.  Abb.  „die  Schalttage  des  Euergetes  I  und  des  Augustus." 

56)  Cf.  Lepsius,  Chronol.  d.  Aeg.  passim. 

Abh.  d.  1. 01.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.Abth.  17 


130 

menien,  und  man  sieht  aus  des  Tacitus  Bericht,  dass  auch  diese  wieder 
in  zwei  Stücke  zu  je  250  Jahren  getheilt  wurde,  welche  Zahl  folglich 
der  Verschiebung  von  je  2  Monaten  des  Wandeljahres  entspricht.  Die 
ganze  Periode  umfasste  demnach  1500  Jahre.  Rechnet  man  diese  Summe 
von  25  v.  Chr.  zurück,  so  gelangt  man  auf  das  Jahr  1525  v.  Chr.  als 
die  Haupt epoche  der  Phönixperiode,  wo  sie  ihren  Anfang  ge- 
nommen hat,  und  zwar  unter  Sesostris. 

Dieses  Resultat,  welches  ich  schon  früher  erzielt  hatte,  könnte  nur 
durch  eine  eingehende  Untersuchung  über  die  wahre  Natur  und  den 
Ursprung  der  Phönixperiode  über  allen  Zweifel  erhoben  werden.  Allein 
der  Rahmen  dieser  Abhandlung  gestattet  keine  solche  Ausführlichkeit 
und  ich  beschränke  mich  daher  darauf,  das  rechnerische  Ergebniss 
durch  die  astronomisch-kalendarischen  Incidenzen  festzustellen. 

Wenn  Lepsius  in  seiner  „Chronologie  der  Aegypter"  p.  189,  unter 
Ptolemaeus  Philadelphus  (qui  tertius  ex  Macedonibus  regnavit)  nach 
Biot's  genauer  Forschung,  einen  Wechsel  der  Epoche  und  zwar  auf 
das  Jahr  275  vor  Christus  ansetzt,  wo  die  Sommersonnenwende  mit 
dem  1.  Pachons  zusammenfiel,  so  kann  ich  ihm  darin  nur  beistimmen. 
Hiemit  steht  im  Einklänge,  dass  er  eine  Seite  weiter  (190)  in  dem 
Jahre  1275  v.  Chr.  den  Epochenwechsel  auf  den  1.  Tybi  verlegt.  Er 
kam  zu  diesem  richtigen  Ergebnisse,  weil  er  (p.  188)  vom  1.  Thot 
(proleptisch  1775)  ausging  und  je  nach  500  Jahren  den  1.  Tag  der 
nächsten  Tetramenie  eintreten  liess.  Er  hätte  aber  demnach  schon  775 
auf  den   1.  Pachons  gerathen  müssen. 

Ich  meinerseits  halte  ebenfalls  an  Biot's  Ergebniss  fest,  fasse  je- 
doch, in  Ueberein8timmung  mit  dem  Leydener  Papyrus  (I  350)  die  ka- 
lendarische Bewegung  als  eine  rückläufige,  wie  es  der  Ausdruck  „Anfang 
des  Jahres  der  Zurückweichung"  gebieterisch  erheischt.  Da  nun  diese 
dem  Sesostris  gleichzeitige  Urkunde  —  es  ist  ein  während  seiner  Re- 
gierung geschriebenes  Tagebuch  —  den  „Anfang"  der  Phönixperiode 
auf  den  30.  Mechir  setzt,  so  gewinnt  es  den  Anschein,  als  ob,  der 
rückläufigen  Bewegung  entsprechend,  die  einzelnen  Abschnitte  der 
Phönixperiode  von  dem  jedesmaligen  letzten  Tage  des  Monats  aus- 
liefen, während  die  Epochen  der  Sothisperiode  —  die  120jahrigen 
hanti  — an  den  ersten  Tag  des  betreffenden  Monats  geknüpft  wurden. 


131 

Wir  hätten  also  den  Anfang  der  Phönixperiode  1525  v.  Chr.  am  letzten 
Mechir,  und  die  folgenden  fünf  zweimonatlichen  Abschnitte :  1275,  1025, 
775,  525,  275  v.  Chr.  am  30.  der  Monate  Choiahk,  Phaophi,  Mesori, 
Payni  und  Pharmuti  (=  l.Pachons),  so  dass  die  ganze  Periode  25  v.  Chr. 
unter  Augustus  wieder  zum  30.  Mechir  zurückkehrt.  Vorläufig  ist  diese 
zu  den  Nachrichten  stimmende  Eintheilung  festzuhalten. 

Wenden  wir  nun  die  so  gewonnene  Haupt-P^poche  der  Phönix-Periode : 
1525  v.  Chr.  auf  die  uns  jetzt  vorliegende  Frage  nach  der  Epoche  des 
Osymandyas  an,  und  sehen  wir  zu,  ob  darin  eine  Bestätigung  des  An- 
satzes: 1577  v.  Chr.  liege.  Vergessen  wir  nicht,  dass  der  Phönix  zu- 
erst £>esos  tri  de  dominante  in  On  oder  Heliopolis  erschien  im  52.  Jahre 
des  Ramessu  hyq-Anu  und  zwar  genau  in  der  Mitte  des  Jahres, 
Zählen  wir  nun  diese  52  Jahre  zu  der  Phönixepoche  1525,  so  gelangen 
wir  unfehlbar  auf  das  Jahr  15  77  v.  Chr.,  das  heisst,  zu  derselben 
Epoche  des  Osymandyas,  die  ich  im  Vorausgehenden  aus  dem 
auf  seinen  Regierungsantritt  gemünzten  Baue  ermittelt  habe.  Ich  denke 
dieses  Ergebniss  vereinigt  in  sich  alle  Gewähr  der  Richtigkeit. 

Die  aus  diesem  Haltpunkte  der  antiken  Chronologie  zu  ziehenden 
Corollare  ergeben  sich  zum  Theil  von  selbst.  Ich  will  hier  nur  auf 
eines  näher  eingehen:  die  Epoche  des  Augustus.  So  wie  man  die 
unter  Tiberius  und  Claudius  erschienenen  Vögel  Phönix  als  falsche  be- 
zeichnen muss  d.  h.  als  solche,  die  keiner  Incidenz  oder  Epoche  inner- 
halb des  Cyclus  entsprechen,  ebenso  enthält  auch  der  Phönix,  den  man 
auf  den  Münzen  der  Kaiser  Constantius  und  Constans57)  „modo  supra 
rupem,  modo  supra  sphaeram  positum"  wahrnimmt,  nur  eine  Reminis- 
cenz  an  Augustus,  das  Prototyp  jedes  Augustus  auch  in  Neu-Rom.  Der 
Beweis  hiefür  liegt  in  der  Umschrift :  Felic[ium]  tempforum]  Re- 
parat io.  Dieser  Ausdruck  deckt  sich  dem  Begriffe  nach  vollkommen 
mit  ccTioxaraaraaig,  welche  Horapollon  II  57  ausdrücklich  als  Grundbe- 
deutung des  Phönix  angibt  und  die  übrigen  Quellen  bestätigen.  Wir 
haben  hierin  einen  ziemlich  directen  Fingerzeig  dafür  zu  erkennen,  dass 
die  mit  Sesostris  anhebende  Phönixperiode    unter  Augustus   25  v.  Chr. 


57)  Spanheirti :  de  praest.  et  usu  Nunrnm.  ant.  I  287. 

17« 


132 

zum  Abschlüsse  gelangte.  Dass  man  diese  Gelegenheit  wahrnahm,  an 
den  Namen  des  Augustus  die  Fixirung  des  Wandeljahres  zu  knüpfen, 
während  die  Sothisepoche  5  v.  Chr.  den  Beinamen  Harmais  erklärt, 
habe  ich  anderwärts  gezeigt. 

Sothisepoche  des  Busiris-Epaphos. 

Ueber  das  Zeitalter  des  Sesostris  besitzen  wir  das  Zeugniss  des 
Aristoteles  Polit.  VII  9:  nokv  yaQ  vn^xuvu  rotg  %Qovoig  n)y  Ml  rat 
ßaaileiav  fj  ^eowax  yiog.  Trotz  ihrer  allgemeinen  Fassung  ist  es 
meinem  Ansätze  doch  günstiger,  als  den  Systemen,  welche  ein  jüngeres, 
um  zwei  bis  vier  Jahrhunderte  späteres  Zeitalter  für  diesen  König  an- 
nehmen. Lepsius  kam  wegen  seiner  Gleichung  Mei/oyyrjg  —  Meyicp&rig 
auf  1400 — 1334,  Lieblein  wegen  Mevocp^rig  —  Manebra  (Thronname  des 
Amenophis  III)  auf  saec.  XIII — XII,  Hincks  bis  auf  1167  herab.  Von 
da  ist  es  nicht  mehr  gar  soweit  bis  zu  der  Gleichstellung  des  JZeowoTyig 
mit  JZovöazog  bei  Flavius  Josephus.  Ich  glaube  meinem  höheren  Ansätze 
grössere  Zuverlässigkeit  zuschreiben  zu  dürfen,  da  er  sowohl  durch  das 
Sothisdatum  des  Ramesseums,  als  durch  die  Epoche  der  Phönixepoche 
und  diese  selbst  durch  Tacitus,  Papyrus  Leydensis  I  350,  durch  Miauovg 
ST?]  td1'  und  durch  den  Id^ov^a^jalog  im  Laterculus  des  Eratosthenes 
empfohlen  ist. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  dem  damit  innigst  zusammenhängen- 
den Epochenjahre:  1585  v.  Chr.  für  Busiris-Epaphos;  denn  dass  damit 
der  Frühaufgang  des  Sirius  am  ersten  Tage  des  Epiphi  /|@(j^o58)  ange- 
deutet und  dieser  Beiname  auf  Sethosis  I  —  Busiris  gemünzt  ist,  er- 
gibt sich  schon  aus  den  Gleichungen  ^Anig  —  "Enacpog  —  Anig  =  y'Ooi()ig 
(BovoiQig)  und  besonders  scheint  die  oben  berührte  Notiz,  welche  den 
BovaiQig  zum  Enkel  des  ^'Enacpog  macht,  auf  den  Umstand  hinzuweisen, 
dass  derselbe  König  Sethosis  I,  welcher  wegen  seines  am  3.  Epiphi  er- 
folgten Todes  diesen  exceptionellen  Namen  BovoiQig  erhielt,  wegen  der 
Coincidenz  des  Sothisfrühaufgangs  mit  dem  1.  Epiphi  "Enacpog  beige- 
nannt wurde. 


58)  So   in    einem    Papyrus    Bulaq.,    vergl.   meine   vorige  Abhandlung  „Augustus-Hermais",    ge- 
schrieben. 


133 

Hiezu  stimmen  einige  Nachrichten  der  Alten.  Nach  Aelius  Theon 
setzte  Hesiod  den  Busiris  um  1 1  Geschlechter  vor  Herakles,  also  um 
12  yeveai  oder  400  Jahre  vor  Troja's  Katastrophe:  1584.  Isokrates 
nahm  für  denselben  200  Jahre  vor  Perseus  an  und  diesen  setzte  er  um 
vier  Geschlechter  vor  Herakles,  woraus  sich  11  ysveai  von  Busiris  bis 
zu  den  Troica  ergeben.  Scheint  dieser  Abstand  um  ein  Geschlecht  zu 
gering,  so  muss  man  die  verschiedenen  Ansätze  für  Troja's  Fall  berück- 
sichtigen 59).  Ebendaher  erklärt  es  sich,  dass  Herodot  II  145  den  He- 
rakles runde  900  Jahre  vor  seine  eigne  Zeit  hinaufrückt:  1350.  Es 
sind  dies  genau  zwei  Geschlechter:  66  Jahre  vor  dem  üblichen  Datum  der 
Troica:  1184  v.  Chr.  Wenn  er  also  den  Bovoioig  irgend  wo  chrono- 
logisch fixirt  hätte,  so  müsste  er  zu  gleichem  Endziele  seiner  Rechnung 
wie  Hesiod  und  damit  der  Wahrheit  sehr  nahe  gekommen  sein. 

Aber  wie?  hat  er  nicht  etwas  über  JZt&tög,  ich  meine  jene  vielbe- 
sprochene Stelle  II  142?  Obschon  Herodot  den  graecisirten  Namen  des 
zweiten  Aethiopen  der  XXV.  Dyn.  Schabata(-ka)  =  JZfefrwg  unter 
JS&fcäg  versteht,  so  ist  es  doch  wahrscheinlich,  dass  ihm  von  den 
Priestern  eine  Notiz  über  JZt&uyg-Maieip&ag  überliefert  werden  wollte, 
und  dieser  Beiname  <£>rir](pcu0Tog  erklärt  vielleicht  den  lysvg  rov  'Hcpaiozov. 
Nun  ist  aber  Sethosis  I  Epochenkönig,  wie  Menes-Phanophis  und  um  so 
begreiflicher  würde  eine  Berechnung  des  Abstandes  beider.  Es  liegen 
zwischen  ihnen  20  Monatsverschiebungen  (hanti),  oder  24  hanti  = 
2  Sothisperioden  minus  4  hanti.  Um  die  nach  meiner  Ansicht  mit 
diesen  4  hanti  identischen  vier  sothische  Sonnenaufgänge 
rsroaxig  ekeyov  ix  ^rj&twv  (statt  £'§  ij&ewv)  rov  rjliov  ävazeilai  etwas 
besser  zu  begreifen,  ist  es  nothwendig,  ähnliche  Stellen  bei  Diodor 
über  sothische  Abstände  zur  Vergleichung  heranzuziehen. 

Diodor  sagt  I  51:  fietct  de  rov  nooei^r\^ievov  ßaoilea  (Ov%oQea  — 
NeZXor)  dcodexa  yevealg  vareoov  diade&uevog  Tr\v  xcct'  j^iyvnxov 
fjyeuoviav  Mol  q  ig  x.  t.  I.  Also  zwischen  Neilos  —  Ramses  III  und 
Moeris  =  Phiops  setzt  er  zwölf  Geschlechter.  Betrachtet  man 
mit  mir  diesen  Ausdruck  yevea  hier  als  Aequivalent  für  hanti  oder  eine 


59)  Vergl.  meine  Abhandlung:   „Troja's  Epoche.' 


134 

Monatsverschiebung  zu  120  Jahren,  so  verhält  sich  Alles  richtig;  denn 
in  derThat  liegen  zwischen  diesen  beiden  Epochalkönigen  zwölf  hanti  oder 
eine  volle  Sothisperiode  zu  1460  Jahren,  welche  von  2785  v.  Chr.  {MoTqiq 
l4&a>&T]g)  bis  1325  v.  Chr.  ^PdjLitprjg  Mave&iu&)  herabreichen,  wesshalb 
Herodot  den  letzteren  Zeitpunkt  (I  13)  durch  MdiQig  rsrsXsvt^ycog  be- 
zeichnen konnte.  Man  sieht,  welch  wichtige  und  richtige  Notiz  uns 
Diodor,  ohne  es  selbst  zu  ahnen,  für  die  ägyptische  Chronologie  über- 
liefert hat.  Nur  muss  man  sein  /usra  im  aufsteigenden  Sinne  fassen 
und  also   seine  Zeitfolge  der  beiden  Könige  umkehren. 

Ein  zweites  Beispiel  eines  solchen  vgt£qov-ttq6teqov  bietet  er  I  62, 
wo  er  den  König  Merdrig-Mä^og,  d.  i  Amenemes  III  Mara,  den  Erbauer 
des  Labyrinths,  um  fünfGeschlechter  vor  die  av&Q%ia  setzt,  welche 
durch  den  (Syrer)  Ktrrjg  beendigt  wurde.  Es  versteht  sich  von  selbst, 
dass  von  einer  wörtlich  zu  nehmenden  Zeitfolge  hier  keine  Rede  sein 
kann,  da  Amenemes  III  der  XII.  Dyn.  angehört,  während  die  ävaQxia 
in  die  XIX.  Dynastie  fällt,  um  beiläufig  960  Jahre  davon  abstehend. 
Allein  wenn  man  den  epochalen  Charakter  dieser  beiden  Endpunkte  so- 
wie die  dazwischen  liegenden  hanti  oder  Monatsverschiebungen  berück- 
sichtigt, so  empfängt  diese  Nachricht  ihre  rechte  Bedeutung. 

Amememes  III  Mayrjg  (=  Mayyog  mit  dem  Epochalnamen  Asychis 
(Sasyches,  Petesuchis)60)  repräsentirt  den  Zeitpunkt,  wo  der  Sirius  am 
1.  Tage  des  Monats  Choiahk  heliakalisch  aufging,  dessen  eponyme  Gott- 
heit die  Suchet  war.  Damit  ist  nach  leichter  Berechnung  das  Jahr 
2425  v.  Chr.  gekennzeichnet.  Dieser  Monat  Choiahk  ist  der  vierte 
der  ersten  Tetramenie.  Geht  man  nun,  analog  wie  in  dem  vorigen  Bei- 
spiele, um  fünf  hanti  (ysveai)  aufwärts  (jusrd !),  so  gelangt  man  zum 
Monat  Mesori,  dem  vierten  der  dritten  Tetramenie.  Als  Vertreter 
dieser  Epoche  hat  sich  mir  der  JiMpd-ag  c£Q/ufjg  d.  h.  Harmais  ergeben, 
welcher  illegitim  erachtet  wurde  und  daher  innerhalb  der  Ramessiden- 
reihe  der  XIX.  Dyn.  die  ärayxla:  1465  v.  Chr.  bezeichnet.  Auf  diese 
Weise  werden  die  fünf  ytvzai  verständlich,  obgleich   es    nur  vier  volle 


60)  Vergl.  meine  „Aegypt.  Chronologie",  sowie  die  Aufsätze:   „der  geometrische  Papyrus"   und 
»das  Labyrinth"  in  der  Allg.  Zeitung  Nr.  255,  2S4  (1877). 


135 

sind,     und    verhelfen    uns    zum    Verständnisse    des    xexyaxig  ix  ^rfttouv 
avaxulai  xbv  rjliov  bei  Herodot. 

Ehe  ich  dieses  rechnerisch  nachweise,  mag  noch  ein  Blick  auf 
Diodor  I  45  geworfen  werden,  wo  er  an  den  Protomonarchen  Mrjväg 
unmittelbar  den  König  Bovoiyig  anschliesst.  Ist  denn  dies  nicht  iden- 
tisch mit  Herodot's  II  142:  anb  xov  jiqujxov  ßaoitiwg  (Mrjvogl)  ig  xov 
cH(paioxov  xbv  iaea  xovxov  xbv  xelevxaiov  ßaoilsvaavxa  (d.  h.  <Pdr](paiGxov) 

Und  nun  besehe  man  sich  die  Distanz  der  Monate  Phaophi  (I,  2) 
und  Epiphi  (III,  3)  als  deren  Repräsentanten  Mrjvrjg  <Parw(pig  und 
^€&tijg  ^'Enacpog  erhärtet  sind :  sie  liegen  um  vier  Stellen  auseinander. 
Daher  also  stammt,  wenn  auch  vom  Berichterstatter  nicht  begriffen  und 
mit  einer  selbstgefertigten  Rechnung  verquickt,  jenes  so  vielbesprochene 
xsxoäy.ig  tleyov  ix  J£r]&eiov  xbv  r\kiov  avaxelkail  Der  ursprüngliche  Sinn 
dieser  Notiz  war  der,  dass  die  Könige  Menes  und  Sethos  als  End- 
punkte einer  Reihe  überliefert  waren,  deren  Incidenzen  mit  den  Monats- 
ersten  des  Phaophi  und  des  Epiphi  zusammenfielen.  In  Wirklichkeit 
liegen  beide  um  21   hanti  =   2540   Jahre  von  einander  entfernt. 

Die  Epoche  des  Exodus. 

König  Ramesses  II  Sesostris  regierte,  wie  wir  oben  nicht  nur  aus 
Manetho,  sondern  auch  urkundlich  erfahren  haben,  66  Jahre  2  Monate 
und  da  er  als  Osymandyas  1577  v.  Chr.  den  Thron  seines  Vaters 
Sethosis-Maiephthas  bestiegen  hatte,  so  fällt  sein  Lebensende  mit  dem 
Jahre  1511/1510  v.  Chr.  zusammen.  Sein  13.  (oder  15.?)  Sohn,  der 
der  Beinamen  seines  Grossvaters  Menoptah  als  Hauptnamen  annahm^ 
die  zu  Uusvcxpad-  durch  Vorschlag  und  Umsetzung  statt  Mtvoy&ag  ge- 
worden ist,  führte  in  seinem  Thronringe  die  Legende  Ba-(en-)ra,  woraus 
Herodots  fpeoujg  und  sogar  des  Lysimachus  Bby.%oQig  entstanden  ist. 
Nun  sind  so  ziemlich  alle  Aegyptologen  darüber  einig  —  und  Manetho' s 
Bericht  beim  Josephus  über  den  Auszug  der  Aussätzigen  gestattet  wirk- 
lich keine  andre  Ansicht  —  dass  unter  diesem  Menoptah,  dessen  Sohn 
Sethosis  II  hiess,  der  Exodus  der  Kinder  Israels  aus  Aegypten  stattge- 
funden hat. 


136 

Da  nun  Menoptah  19  J.  6  Monate  regierte,  so  muss  die  Katastrophe, 
bei  welcher  er  das  Leben  verlor,  1492/1491  v.  Chr.  gefallen  sein.  Als 
ich  im  Jahre  1868 61)  durch  die  Entdeckung  der  Phönixepoche  1525 
v.  Chr.  auf  dieses  Ergebniss  geleitet  worden  war,  musste  ich  unwill- 
kürlich an  die  Zahl  „480  Jahre"  erinnert  werden,  welche  in  der  Bibel 
zwischen  Salomo's  Tempelbau  in  seinem  4.  Jahre  und  dem  Exodus 
überliefert  sind.  Man  kann  also  nicht  mit  Recht  behaupten,  dass  meine 
Rechnung  von  einer  ausserägyptischen .  Quelle  provocirt  und  bedingt 
sei,  sondern  es  hat  sich  mein  Resultat  ganz  unabhängig  von  der  bibli- 
schen Zahl  ergeben. 

Nachdem  aber  die  Uebereinstimmung  der  zwei  von  einander  unab- 
hängigen Quellen  in  Bezug  auf  das  Jahr  1492 — 1491  als  Datum  des 
Exodus  vorliegt,  beansprucht  sie  sicherlich  alle  Berücksichtigung,  Ich 
nehme  hier  Umgang  von  der  Persönlichkeit  des  Moses,  dessen  Namens- 
legende   ich    aus    Papyrus  Anastasi  I    und    Pap.   Leyd.    I   350    als    das 

ägyptische    ffi  '  yyf  Mesu  m*vc,  Mec  infans,    puer    erhärtet    habe    und 

beschäftige  mich  jetzt  nur  mit  der  Summe  ,,480  Jahre".  Boeckh  und 
Lepsius  nehmen  darauf  bei  ihren  Berechnungen  keine  Rücksicht,  indem 
sie  sagen,  auch  die  kirchlichen  Chronographen  wie  Eusebius  und  Afri- 
canus  hätten  diese  Zahl  unbeachtet  gelassen.  Dies  ist  allerdings  der 
Fall.  Allein  es  begreift  sich  sofort,  warum  sie  diese  Unterlassungssünde 
begangen  haben.  Beide  folgten  nämlich  der  schon  vor  Flavius  Josephus 
verfochtenen  Ansicht,  dass  „Hyqschos"  und  ,, Kinder  Iraels"  identische 
Begriffe  seien.  So  rechnet  z.  B.  Africanus  zwischen  der  ersten  Olym- 
piade und  Amosis,  dem  Vertreiber  der  Hirten,  1020  Jahre,  setzt  ihn 
also  auf  1796  v.  Chr.,  was  annähernd  richtig  ist,  aber  auf  den  Exodus 
nicht  passt,  da  dieser  erst  unter  Menoptah,  dem  18.  Nachfolger  des 
Amosis,  wirklich  erfolgt  ist,  beiläufig  350  Jahre  später.  Diese  Chrono- 
graphen konnten  also  wegen  ihrer  falschen  Grundansicht  die  Summe  480 
nicht  brauchen  und  darum  erwähnen  sie  dieselbe  nicht. 

Für  uns,  die  wir  Hyqschös-Vertreibung  und  Exodus  getrennt  halten 
müssen,  liegt  die  Frage  wesentlich  anders.     Wenn    man    auch    auf    die 


61)  In  meinem  Buche:  „Moses  der  Ebraeer" 


137 

Verschwägerung  des  Salorao  mit  Pharao62)  kein  Gewicht  legen  wollte  und 
selbst  bei  der  extremsten  Annahme,  dass  die  Summe  „480  Jahre"  erst 
zur  Zeit  der  Siebzig  Dolmetscher  in  den  biblischen  Text  gekommen 
sein  sollte,  so  hatten  doch  die  Zeitgenossen  eines  Manetho  die  Mittel 
zu  einer  richtigen  Chronologie. 

Vielleicht  hat  uns  der  Text  Exodus  XIII  4  „Heute  ziehet  ihr  aus 
im  Monat  (des)  A  b  i  b"  ein  wichtiges  Element  zur  absoluten  Bestimmung 
der  Epoche  des  Exodus  bewahrt.  Damit  man  nicht  von  vornherein 
gegen  meine  Gleichstellung  dieses  Monats  Abib  mit  dem  Epiphi-Abib 
der  Aegypter  den  Vorwurf  des  Unerhörten  erhebe,  citire  ich  wörtlich, 
was  schon  Lepsius  in  seiner  „Chronologie  der  Aegypter"  p.  141  darüber 
gesagt  hat:  .  .  .  „Epep  =  ^^>\  —  S'QNn.  Zur  Zeit  des  israelitischen 
Auszuges,  den  wir  unter  Sethos  II  setzen  zu  müssen  glauben,  entsprach 
in  dem  aegyptischen  Jahre  der  wandelnde  Epep  ungefähr  dem  hebräi- 
schen Abib ;  doch  dürfte  diese  einzelne  Uebereinstimmung  noch  zu 
keinen  ferneren  Schlüssen  berechtigen ,  da  uns  die  Namen  der 
übrigen  Mosaischen  Monate  fehlen."  Lepsius  setzt  bekanntlich  den 
Exodus  um  einige  Jahre  nach  der  Hauptepoche  der  Sothisperiode  (1325  — ) 
1322  v.  Chr.,  nämlich  1314  v.  Chr.  Um  diese  Zeit  lag  der  Epiphi  des 
Wandeljahres  zwischen  Mitte  Mai  bis  eben  dahin  im  Juni.  Wenn  diese 
Lage  auch  mit  der  „Aehre"  zu  stimmen  scheint,  so  ist  doch  eine  Con- 
gruenz  mit  dem  ersten  Monat  der  Ebraeer  ausgeschlossen,  welcher,  unter 
dem  späteren  Namen  Nisan,  von  der  Frühlingstag-  und  Nachtgleiche 
auslief  und  noch  fortwährend  von  den  Juden  bei  Bestimmung  des  Oster- 
festes so  angesehen  wird. 

Betrachtet  man  die  Stelle,  an  welcher  der  Abib  als  ana'§  leyofievov 
auftritt,  etwas  genauer,  so  zeigt  sich,  dass  er  nicht  identisch  ist  mit 
dem  Exod.  XII  2,  18  etc.  genannten  „ersten"  Monat,  in  dessen  dritter 
Woche  (vom  14.  bis  zum  21.)  das  Pasah  (jiaö%a)  oder  Osterlamm  als 
Zeichen  des  Transitus  Domini  gegessen  werden  soll,  und  zwar  am  ersten 
Tage,  dem  14.,  des  Abends.    Der  siebentägige  Cyclus  der  Azyma  schliesst 


62)  Der  merkwürdige  Text  über  die  Güter  der  Princessin  Rakamat  (Mariette  Mon.  div.)  deutet 
an,  dass  Schescha(n)q's  Zug  wider  ßehabeam  auf  Familienzwist  beruhte. 

Abb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Äk.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Äbtb.  18 


138 

mit  einem  zweiten  Festtage.  Von  diesem  Osterlamme  ist  Exod.  XIII  4 
keine  Rede,  sondern  von  der  Sacrification  der  Erstgeburt,  jedoch 
so,  dass  die  Vorschrift  ,, Septem  diebus  azyma  comedetis"  auch  damit  in 
Verbindung  gebracht  wird.  Es  scheint  demnach,  dass  zwei  verschiedene 
Wochen  in  einen  Brennpunkt  gestellt  worden  sind,  in  denen  je  der 
erste  Tag  von  besonderer  Wichtigkeit  erachtet  wurde  und  dass,  was  in 
dem  einen  Falle  ursprünglich  in  chronologischem  Sinne:  als  die  durch 
den  notorischen  Frühaufgang  des  Sothissternes  bestimmte  Signatur 
des  Jahres  gemeint  war,  der  Anziehungskraft  des  ritualistischen  Ge- 
dankens unterlag,  ohne  ursprünglich  zum  Osterlamm  in  einer  Beziehung 
zu  stehen. 

Nun  reicht  allerdings  die  dritte  ägyptische  Decade  vom  21.  bis 
zum  30.  Epiphi;  aber  die  siebentägige  Woche  der  Ebraeer  —  die  übri- 
gens in  der  siebentägigen  Trauer  über  das  Leiden  des  Osiris  ihr  Ana- 
logon  hat  —  entsprach  unter  gewissen  Voraussetzungen  dem  Zeitraum 
zwischen  24. — 30.  Epiphi,  wenn  z.  B.  die  Notiz  überliefert  war,  dass 
der  Exodus  in  demjenigen  Jahre  stattgefunden  habe,  wo  der  Sothis- 
frühaufgang  am  24.  Epiphi  erfolgte.  Dieser  bestimmte  Monatstag 
konnte  unerwähnt  bleiben,  weil  er  ein  notorischer  war,  wie  wir 
z.  B.  Neujahrstag  statt  1.  Januar  setzen.  Dies  war  nun  der  Fall 
während  der  Tetraeteris  1493 — 1490  v.  Chr.  und  wenn  man  die  Mitte 
derselben:  1492  — 1491  in's  Auge  fasst,  so  würde  diese  Angabe  auf's 
Genaueste  mit  der  oben  schon  auf  doppelte  Weise  ermittelten  Epoche  des 
Exodus  übereinstimmen.  Es  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  der  Name 
der  ungesäuerten  Brode  rvf-Xö   mazzoth    (vom  Singular  mazzah-mazzath)  in 

dem  ägyptischen  jjj  1(1(1  o  masit  63)  sich  wiedererkennen  lässt.  Wenig- 
stens hat  Brugsch64)  diese  Gruppe  damit  verglichen  und  durch  „Syl- 
vesterbrod"  übersetzt.  In  der  That  wurde  das  masit,  wörtlich  „Ge- 
burtsbrod"  in  der  Nacht  vor  dem  Jahresanfangsfeste  gegessen. 

Zum   Schlüsse  möchte  ich,  ohne    dieser  Hypothese  ein  entscheiden- 


63)  Der  Wechsel   zwischen   s  und  z   findet   sich    bei  dem  gleichlautenden  Stamm  M&.C€   ~Z 
Md».7€   vitulus. 

64)  Zts.  f.  aeg.  Spr.  1876. 


139 

des  Gewicht  beimessen  zu  wollen,  darauf  hinweisen,  dass  im  Neuen 
Testamente  eine  Art  Gegenstück  zu  dieser  verschleierten  Sothisangabe 
vorkommt:  ich  meine  die  Stelle  Matthaeus  II  2  sqq.  über  den  Stern 
der  Magier.  Da  ich  anderwärts65)  darüber  ausführlich  gehandelt 
habe,  so  genüge  dieser  einfache  Hinweis,  obgleich  die  Bezeichnung  des 
Monats  Mesori,  der  unmittelbar  auf  den  Epiphi  folgt,  als  „Fest  des 
Jahresanfangs"  eine  Digression  fordern   würde. 

Auf  dem  Doppelkalender  (Verso)  des  medicinischen  Papyrus  Ebers66) 
ist  diese  Gleichstellung  unbestreitbar,  da  sie  sich  auf  die  eilf  parallelen 
Fälle  der  übrigen  Monate  stützt.  Aus  der  Ptolemaeerzeit  hat  Brugsch  67) 
ein  solides  Beispiel  beigebracht,  welches  sich  ebenfalls  durch  eine  Parallel- 
stelle als  richtig  erweist. 

Was  aber  dieser  scharfsinnige  Verfasser  in  einem  Vortrage  vor  der 
Wiener  Gesellschaft  Concordia  geäussert  haben  soll,  dass  er  an  einer 
Säule,  die  noch  in  Aegypten  steht,  den  Satz  gelesen  habe:  „[Datum]; 
an  diesem  Tage  zogen  die  Emri  (Ebraeer)  fort"  —  das  scheint  auf 
einem  Missverständnisse  entweder  des  berichtenden  Hörers,  oder  des 
Redners,  zu  beruhen.  Denn  in  seiner  Monographie  „l'Exode"  geschieht 
dieser  monumentalen  Nachricht  keine  Erwähnung.  Wäre  sie  aber  zu- 
verlässig, und  Emri  statt  des  bisher  dafür  gehaltenen  Aperiu  das 
Aequivalent  von  Ebraei,  so  wären  wir,  da  auch  das  Datum  dabei 
steht,  mit  einem  Schlage  aller  Ungewissheit  über  die  wirkliche  Epoche 
des  Exodus  enthoben. 


Schlusswort. 

Die  chronologische  Fixirung  der  Epochen  des  Königspaares  Busiris- 
Osymandyas  sowie  des  unter  ihren  unmittelbaren  Nachfolger  Menoph- 
thas  fallenden  Exodus,  wie  sie  in  Vorstehendem  zu  bestimmen  versucht 
worden  ist,  erhält  ihre  endgültige  Bestätigung  durch  die  continuirliche 
Reihe  sämmtlicher  Epochenkönige,  welche  in  meinem  Werke:  „Aegyptische 


65)  „Augustus-Harmais  (Sitzungsberichte  1877  vom  5.  Mai). 

66)  Vergl.  Allg.  Zeitung  Beilage  Nr.  348  (1877). 

67)  Zts.  f.  äg.  Spr. 

18* 


140 

Chronologie"  durch  drei  Sothisperioden  —  4380  Jahre  seit  Bytes-Menes 
bis  auf  Hadrian-Antonin  durchgeführt  ist. 

Unter  dem  Ausdrucke  „Epochenkönige"  verstehe  ich  übrigens  nicht 
alle  Pharaonen,  welche  Manetho's  Auszügler  aus  dessen  Werk  Alyvnna- 
xä  v7io/LiyrituaTa  aufführen,  wie  dies  seltsamer  Weise  von  Brugsch  in  dem 
Anhange  zu  seiner  „Geschichte  Aegyptens"  geschehen  ist,  sondern  ich 
begreife  darunter  nur  diejenigen  Monarchen,  in  deren  Regierung  eine 
Epoche  oder  Unterabtheilung  der  Sothisperiode  eingetroffen  ist  und 
zwar  in  der  Weise,  dass  von  der  Coi'ncidenz  des  Siriusfrühaufgangs  mit 
dem  ersten  Tage  der  successiven  Monate  des  Wandeljahres  ein  ent- 
sprechender Epochalnarae  gebildet  wurde. 

Auf  den  vorliegenden  Fall  angewendet,  ist  diese  Theorie  in  dem 
"Enacpog  verkörpert,  welcher  Beiname  chronologische  Tragweite  besitzt, 
indem  König  Sethosis  I  —  Busiris  denselben  aus  Anlass  der  Coi'ncidenz 
des  Sothisfrühaufgangs  mit  dem  1.  Epiphi  (Epap)  erhielt.  Daraus  er- 
gibt sich  die  Epoche  1585  v.  Chr.,  da  der  1.  Epiphi  um  30  -f  30  +  5 
=  65  Tage  vor  dem  1.  Thot  liegt,  womit  die  Hauptepoche  1325  v.Chr. 
bezeichnet  ist.  Jene  65-  Tage  nun  entsprechen  einem  Zeiträume  von 
65  X  4  =  260  Jahren,  um  welche  Epaphos  vor  1325,  also  1585,  zu 
stehen  kommt. 

Daraus  folgt,  dass  die  nächst  frühere  Epoche  der  Coi'ncidenz  des 
Sothisfrühaufgangs  mit  dem  1.  Payni  um  30  X  4  =  120  Jahre  vor  1585, 
also  1705  v.  Chr.  gefallen  ist.  Ich  beziehe  darauf  den  Epochalnamen 
Mesphres  (Mes-p-Har),  welcher  dem  Könige  Thutmosis  III  eignet,  weil 
in  einem  auf  diesen  Pharao  bezüglichen  hieratischen  Texte  des  Papyrus 
Berolinensis  VI.     die    Stelle     vorkommt:     „Ein    königlicher    Befehl    des 

>mf  l^fnry  an  sem  Gefolge."  Da  der  Titel  nem-mesu  „der  wieder- 
geborene" oder  ,, neugekrönte"  uns  schon  bei  Sethosis  I  Busiris-Epaphos 
begegnet  ist  und  hier  mit  dem  Sperber  vv  des  Horus  vergesellschaf- 
tet erscheint,  so  wird  die  Gleichung  Mesphres-Thutmosis  III  wahrschein- 
lich und  dies  um  so  mehr,  als  ja  auch  das  Compositum  Meocpyayjuov&coGig 
in  Manetho's  Liste  keine  andre  Aullösung  gestattet. 

Höher  hinaufsteigend  gelangen  wir  zu  dem  Epochalnamen  Utriooiv- 
viog.     Nicht  selten   wird  die  Hyqschos- Vertreibung  und  der  damit  amal- 


141 

gamirte  Exodus  der  Kinder  Israels  unter  diesen  König  sowie  unter 
A/uwotg  gesetzt.  Daraus  folgt  einfach,  dass  beide  einer  einzigen  Persön- 
lichkeit eignen  und  dass  ITsTiaotuviog  der  Epochalname  des  'A/uwoig  ist, 
mit  einer  nicht  missverständlichen  Hinweisung  auf  den  ersten  Monat  der 
dritten  Tetramenie :  üa/iorg  n^ujwitc,  jetzt  Baschens  genannt.  Damit 
erhalten   wir  unwiderleglich  die  Epoche    J825  v.  Chr. 

Gehen  wir  von  diesen  beiden  Vorgängern  des  Sethosis  I  in  der 
Epochenreihe  auf  seine  entsprechenden  Nachmänner  über,  so  bietet  sich 
als  nächster  der  2uf&ag  'Ey/Lifjg  des  Eratosthenes  dar.  Der  Epochal- 
name 'Ey/Lifjg  =  'Eyjtialog,  c'AQfj,a'Cg  ^Qjua/tg  ist  öfter  von  dem  Zusätze 
Javaog  begleitet.  Ich  habe  nun  nachgewiesen  und  eine  in  Vorbereitung 
begriffene  Abhandlung  über  diesen  König  wird  den  ausführlichen  Beweis 
erbringen,  dass  der  Epochalname  "Aqfiayig  diesem  Pharao  wegen  der 
Coüncidenz  des  Sothisfrühaufgangs  mit  dem  1.  Mesori  zu  Theil  ward, 
dessen  eponyme  Gottheit  von  Alters  her  Harmachis  gewesen  ist.  Der 
Zusatz  Javaög  dient  dazu,  diesen  Siphthas  von  einem  menschlichen  Vor- 
gänger, 1460  Jahre  früher,  der  ^Q/Luxyjg-hon  ,,der  junge  Harmachis" 
hiess,  so  wie  von  dem  Gottec^(>(ao;/^'-Harmachu  selbst  zu  unterscheiden. 

Das  Intervall  bis  zum  1.  Thot  beträgt  120  -f-  20  —  140  Jahre,  weil 
die  fünf  Epagomenen  hinzutreten.  Als  Vertreter  dieser  Epoche,  welche 
zugleich  eine  Hauptepoche  ist,    bietet    uns    der  Text    von  Medinet-Abu, 

wo  die  Gleichung  |3M  —  ^j\*j}  „1.  Thot  =  Erscheinung  der  Sothis" 
vorkommt,  die  monumentale  Sicherheit,  da  diese  Legende  zum  Königs- 
namen Ramessu  III  (haq)-Anut,  dem  'Pa/mpivnog  Herodots,  gehört.  Der 
dazu  sich  gesellende  Epochalname  Mave&wd-  „die  Gabe  des  Thoth"  ent- 
hebt uns  allem  Zweifel. 

Mit  diesem  Könige  Ramesses  III  schliesst  Manetho(th),  der  ägyp- 
tische Geschichtschreiber  und  Chronologe,  seinen  II.  Band.  Sein 
III.  Band  umfasst  1050  Jahre,  welche  von  dem  Epochenjahre  1325 
v.  Chr.  bis  275  v.  Chr.  reichen,  wo  Manetho(th)  seinem  Auftraggeber 
und  Beschützer  Ptolemaios  II  Philadelphos  sein  Werk  ßißlog  zfjg  Swfreiog 
überreichte.  Dieses  Jahr  275  v.  Chr.  bildet  eine  Epoche  innerhalb  der 
Phönixperiode,  da  damals  die  Sommersonnenwende  mit  dem  1.  Pachons 
coiincidirte.     Man    ersieht    hieraus,    dass    beide    Zeitkreise:    die    Sothis 


142 

und  der  Phönix,  in  den  beiden  Endpunkten  jener  Summe  1050  Jahre 
zur  Verwendung  und  Geltung  gelangen,  wie  ich  ja  auch  oben  in  dem 
Namenpaare  Busiris-Osymandyas  die  Repräsentanten  für  die  Sothisepoche 
1585  und  die  Phönixepoche   1525  aufgezeigt  habe. 

Der  unbefangene  Leser  wird  hienach  zu  beurtheilen  vermögen,  auf 
welche  Gründe  gestützt  ich  diese  beiden  Vertreter  der  höchsten  Blüthe 
des  ägyptischen  Reiches,  die  Mitte  der  Dynastieen  des  hochberühmten 
Diospolitenhauses  von  Amosis  bis  Rhampsinitos,  auf  1585,  1577,  1525 
v.  Chr.  angesetzt  habe.  Nicht  in  Folge  eines  willkürlichen  Systems 
mit  beliebiger  Auswahl  convenirender  Zahlen,  sondern  auf  Grund  einer 
durch  Manetho  und  die  Denkmäler  vermittelten  Theorie,  welche  durch 
alle  Einzelnheiten  bestätigt  wird,  ist  dieses  Ergebniss  erzielt  worden. 


Excurs  über  die  Lesung  der  Königsnamen. 

Die  richtige  Lesung  der  in  den  Namensring  eingeschlossenen  Legenden  bildet 
die  Vorbedingung  ihrer  Vergleichuug  mit  den  graecisirten  Formen.  Wie  sehr  es  in 
dieser  Beziehung  selbst  bei  den  hervorragendsten  Aegyptologen  an  philologischer 
Genauigkeit  mangelt,  soll  zunächst  an  dem  betreifenden  Namensprotocolle  der  drei 
hier  einschlägigen  Könige  nachgewiesen  werden. 

Herr  Chabas  hat  in  einer  sonst  sehr  gediegenen  Schrift  68)  p.  76  die  Königs- 
namen der  XIX.  Dynastie  transscribirt,  gelesen  und  ihrem  Sinne  nach  übersetzt ; 
dass  dies  nur  sehr  unvollkommen  geschehen  ist,  lehrt  eine  Gegenüberstellung  seiner 
Auffassung  und  der  oben  erhärteten. 

Bei  aller  Analogie  wird  man  ziemlich  bedeutende  Abweichungen  wahrnehmen. 
Ich  will  nur  auf  drei  Hauptpunkte  aufmerksam  machen,  deren  irrige  Auffassung  von 
Seiten  des  französischen  Aegyptologen  ein  ernstliches  Hinderniss  bei  der  Vergleichung 
mit  Manetho's  Graecisirungen  bereiten  könnten. 

Die  Lesung  S  e  t  i  konnte  nicht  die  Grundlage  der  Formen  24*fa)Oig,  Ze&olooog, 
Se&voyg,  2e&io(gyMaie<p&d(g)  bilden.  Damit  würde  uns  zugleich  die  Möglichkeit 
geraubt,  den  Xa^dig  der  Sothisliste  auf  die  Legende  der  Bannerdevise:  Cha-m-oas 
zu  beziehen  und  die  Reihenfolge  der  Byzantina :  Xäp,  Zworgig,  'Egurjg,  (DaQa(o-NaQaxa> 
(NaxcoQ)  zu  verstehen.  Ein  Blick  genügt,  um  darin  des  Eratosthenes  Nr.  29,  36 — 38 
2£&io(g)  Maieq>$d(g),  'AtiovixaQtaiog,   2iq>$ag  c%%   und   Qqovoqw  r/rot   Ne'dog  und 


68)  Recherches  p.  servir  ä  l'histoire  de  la  XIX  »e  dynastie. 


143 

damit  die  Repräsentanten  der  chronologischen  Epochen  1585,   1525,   1465,   1325  v.  Chr. 
zu  erkennen. 

Die  Uebersetzung  von  Ramessou  =:  Sol  genuit  eum,  welche  indess  immer  noch 
besser  ist,  als  die  allgemein  beliebte  A  Sole  natus,  scheitert  an  der  Participialform 
Ramesut,  woraus  des  Hermapion  ^afieöT^g  geflossen  ist  und  welche  die  Form  des 
Spitznamens  Rasestsu  =  Sesustra  ~£atuoTQig  erzeugt  hat.  Ueber  ^Oav^avdvag  gibt 
natürlich  H.  Chabas  wegen  seiner  fehlerhaften  Lesung  Ra-ousor-ma-es  ohnehin 
keine  Auskunft. 

Die  Uebertragung  der  Form  Me(r)i-Amun  durch  amans  Ammonem  =:  Mia[.iovv, 
Miaf.wvg  wird  durch  Hermapion  widerlegt,  der  diesen  Beinamen  durch  ov  Z4fxf.ia)v 
yilei  (aymiq)  wiedergibt.  H.  Chabas  bleibt  sich  nicht  consequent,  wenn  er  den 
analog  gebildeten  Beinamen  Meri(en)-ptah,  der  des  Exodus-Pharao  Eigenname  ge- 
worden ist,  als  dilectus  a  Ptah  auffasst,  was  richtig  ist,  da  Eratosthenes  dafür  die 
Uebersetzung  OtlrlcpatOTog  und  die  Rosettana  r^ca7iy\nivog  v-ito  xov  ®$a  darbietet. 
Wir  müssen  daraus  die  allgemeine  Regel  ableiten,  dass  die  Pharaonen  sich  als 
Lieblinge  der  Gottheiten,  nicht  aber  als  Liebhaber  derselben  darstellen  wollten. 

Bei  so  bewandten  Umständen  hätte  H.  Chabas  sich  über  meine  Analyse  des 
Papyrus  Prisse  doch  etwas  vorsichtiger  äussern  sollen,  als  er  es  gethan  hat.69)  Dass 
ich  in  der  Beweisführung  etwas  lakouisch  verfuhr  und  z.  B.  auf  die  Beiziehung  von 
Parallelstellen  verzichtete,  lag  in  der  beschränkten  Bogenzahl  jener  Arbeit,  nicht 
aber  an  einem  Mangel  des  philologischen  Vermögens,  welche1*  rsich  umgekehrt  auf 
seiner  Seite  gezeigt  hat. 

Eine  ähnliche  Bemerkung  habe  ich  aus  Anlass  der  von  Vic.  Em.  de  Rouge 
commentirten  und  vom  Sohne  herausgegebenen  Stele  de  Pianchi  zu  machen.  In  den 
Anmerkungen  zu  der  betreffenden  Uebersetzung  liest  man  öfter  den  Satz:  M.  Lauth 
n'a  pas  reconnu  cette  ville,  wo  es  sich  um  Identification en  der  in  diesem  langen 
Texte  vorkommenden  Städtenamen  handelt.  Der  berühmte  Aegyptologe,  der  offenbar 
meine  Uebersetzung  fleissig  benützte,  hat  übersehen,  dass  es  bei  der  beschränkten 
Bogenzahl  für  mich  ein  Ding  der  Unmöglichkeit  war,  alle  die  zahlreichen  Städte- 
namen ausführlich  zu  behandeln. 

Uebrigens  sind  die  Vergleichungen  der  Monumentallegenden  mit  Manetho's 
Graecisirungen  bei  H.  Chabas  und  de  Rouge  trotz  mancher  Schwächen  doch  ungleich 
besser  ausgefallen,  als  bei  H.  Maspero  in  seinem  Buche :  Histoire  ancienne  de  TOrient 
z.  B.  da,  wo  er  die  III.  Dynastie  tabellarisch  aufführt :  keine  einzige  der  neun  Gleich- 
ungen stimmt,  was  um  so  mehr  befremden  muss,  als  in  jener  ältesten  Zeit  die  Könige 
nur  mit  einem  einzigen  Namen  auftreten.  Sonderbarerweise  geschieht  in  diesem  erst 
vor  ein  paar  Jahren  erschienenen  Buche  meines  „Manetho"  gar  keine  Erwähnung, 
dagegen  wird  sehr  häufig  H.  Unger's  „Chronologie  des  Manetho*'  citirt,  welches  Werk 
aus  dem  meinigen  so  Vieles  entlehnt  hat. 


69)  Zts.  f.  äg.  Spr.  1871. 


144 

Auch  in  Betreff  des  Namens  der  Einfassung  oder  Umrahmung,  in  welche  die 
Königsnamen  eingeschrieben  sind,  herrscht  überall  noch  grosse  Unsicherheit.  Die 
Franzosen  nennen  sie  nach  Champollion's  Vorgang  cartouche,  die  Engländer  scutcheon, 
die  Deutschen  (Lepsius)  „das  Schild."  Ich  habe  im  „Manetho"  p  134  bei  Gelegen- 
heit des  Königsnamens  XeveQiqg  —  (  0$  I  1    r=   Chen(nu)-ra   auf  eine  Darstellung   des 

Louvre  hingewiesen,  wo  diese  Legende  von  einem  unverkennbaren  Siegelringe  und 
zwar  auf  der  Platte  angebracht  ist. 

Ich  kann  den  Beweis  für  die  Richtigkeit  meiner  Ansicht  jetzt  durch  die  Legende 
^  a™~va  ^^    3  cjiennuTo^    vervollständigen,    welche    die   Einrahmung   cz>  hinter  der 

Lautung  chennu  zeigt,  während  sonst  der  Siegelring  Q  dahinter  als  Determinativ- 
zeichen steht. 

H.  Brugsch  bedient  sich  bereits  in  seiner  „Geschichte  Aegyptensu  Anfangs  der 
Bezeichnung  ,, Schildring"  deren  Zulässigkeit  mir  nicht  ausgemacht  erscheint,  da  es 
schwer  fällt,  mit  diesem  sonderbaren  Compositum  einen  bestimmten  Sinn  zu  verbin- 
den. Sollte  es  übrigens  eine  Uebergangsform  zur  definitiven  Adoption  meines  „Siegel- 
ringes" sein,  so  hätte  ich  natürlich  nichts  dagegen  einzuwenden.  Es  wäre  ja  er- 
freulich, wenn  man  sich  endlich  nicht  mehr  der  Einsicht  verschlösse,  dass  der  Begriff 
„Name"  p*vti;  der  dem  wegen  zunehmender  Länge  der  Legenden  in  die  Länge  oder 
Höhe  (  x  1  gezogenen  Siegelringe  Q  eignet,  mit  dem,, Siegelringe"  doch  augenschein- 
lich enger  zusammenhängt,  als  mit  cartouche,  scutcheon  oder  „Schild". 

Mit  wenigen  Ausnahme  sind  die  Königsnamen  Nr.  4  und  5  des  Protocolls  in 
solche  Siegelringplatten  eingeschlossen  und  erheischt  eine  solche  Abweichung  von  der 
Regel  immer  eine  besondere  Erklärung.  So  z.  B.  ist  auf  dem  Decrete  des  Ptole- 
maeus  Lagi  in  Betreff  des  Tempels  von  Bnto  [Pe-ut  Haus  der  Ut  {Arp;io)\  die  Le- 
gende Ptolemaios  ohne  Umrahmung,  weil  eben  Alexandros  II  wenigstens  nominell 
regierte,  und  der  Name  des  Xerxes:  Chschiarscha  entbehrt  diese  Auszeichnung  aus 
dem  Grunde,  weil  in  derselben  Inschrift  der  Libyer  (Saite)  Chabbasch  als  legitimer 
König  hingestellt  wird.  Ferner  habe  ich  schon  bei  einer  früheren  Gelegenheit  auf 
die  Legende  Amenmesu  (ohne  Ringeinfassung)  hingewiesen,  die  zu  Benihassan  in 
dem  nämiichen  Texte  wie  die  damit  versehene  Legende  des  Chu-en-ra  (Siphthas)  vor- 
kommt. Offenbar  ist  damit  angedeutet,  dass  Amenmesu  nicht  so  allgemein  wie  dieser 
anerkannt  war. 

Ein  drittes  Beispiel  wollte  H.  Goodwin  in  der  Gruppe    4-  1\    i~G    j^  <2  rW  *~ 

Amhauf  des  Todtenbuches  c.  115,  4   gefunden  haben.      Allein   ich    habe  gezeigt71), 


70)  De  Rouge :  Chrestomathie  egypt.  I,  106. 

71)  Sitzungsb.  vom  4.  Juli  1874. 


145 

dass    dieses    nur    eine   Variante    des    ebendaselbst    (3/4)    vorkommenden    Appellativs 
/ mj£v      pjf  hL  '  Amhau-uf  ,, Sippe,  Verwandte"  ist,   so  dass  dieser  angeblich 


praehistorische  König  höchstens  ein  sham-king  genannt  zu  werden  verdient.  Dagegen 
beansprucht  der  Name  Bytes,  den  Manetho  als  einzigen  der  praehistorischen  Nexveg 
erhalten  hat,  die  Ehre  königlicher  Geltung,    wenn   ich  ihn   auch  bis  jetzt  nur  durch 

die  ringlose  Legende  der  Papyrus  d'Orbiney  und  Anastasi  I.,  nämlich   <^e     o=-d  J*j 

B  a  t  e  u  belegen  kann. 

Zweifelhaft  ist  der  Fall  des  Syrers  im  grossen  Papyrus  Harris.  H.  Birch  fasste 

die    Stelle    (1  QA ^^  1  ^o  1  ^w  als  Nomen  proprium  Aar isu  und  hat  damit  ziemlich 

allgemeinen  Beifall  geerntet.  Allein  ich  meinerseits  erkannte  darin  eine  reflexive 
Verbalform :    „fuit  qui  fecit  se  regem,    Syrus   quidarn".  Zum  Beweise,  dass,  wie  hier 

das  Pronomen  1^>  als  Object  die  despectirlichen  Determinative  des  Pfahles  j  und  des 

o  ■'•-•■  * 

Privatmannes  ^  erhält,  citire  ich  die  analoge  dem  ißaollevoev  entsprechende  Legende 

des  Turiner  Königspapyrus   beim   Ne(f£QxeQ^S   der  V.  Dynastie:    ™~™  Jn      transegit 

(annos).  Hier  hat  das  Pronomen  *^  der  dritten  Person  das  Deutbild  der  würdigen 
Person  hinter  sich.  Ausserdem  entspricht  bei  Diodor  diesem  Syrer  der  Kiryg,  in 
der  Sothisliste  KrtQTiog  —  Grund  genug,  jenes  Aarisu  als  Nom.  propr.  anzuzweifeln, 
wenn  man  es  nicht  geradezu  verwerfen  will. 

Ein  entschiedener  sham-god  ist  in  der  neuesten  Zeit  von  H.  Lepage-Renouf 7  2) 
in   die    ägyptische    Mythologie   eingeführt    worden.     Er    traf    nämlich    die   Legende 

~h~   I    3)  Var.  MT  \\   w|  uud  las    desshalb    flugs  Amesi   in   der  Stelle   des  Todten- 

buches  17,11  wo  das  Turiner  Exemplar  richtiger  ^jp  Chem(em)  liest,  mit  solcher 
Entschiedenheit,  dass  er  sagt:  „there  can  be  no  doubt  that  here  as  well  as  in  the 
other  place  the  god's  name  is  Amesi,  not  Khem  or  Sechem."  Es  ist  billig  zu 
verwundern,  dass  der  gelehrte  Engländer  diese  angebliche  Berichtigung  in  einem 
Artikel  vorbringt,  der  ex  professo  über  die  zahlreichen  Schreibfehler  (blunders)  der 
ägyptischen  Texte  handelt.  Auch  hat  er  richtig  geahnt,  dass  diese  blunders  in  der 
Regel  aus  der  Transscription  hieratischer  Legenden  in  Hieroglyphen  herrührt.  So 
nahe  der  Wahrheit,  hätte  er  bemerken  sollen,  dass  die  fehlerhaften  Varianten,  welche 
ihn  zu  der  Lesung  Amesi  veranlassten,  aus  der  ächten  Lesart  ^^  Chem(em)  ent- 
standen sind.  Sowie  nämlich  statt  der  Legende  <=^a  R  \\  \\  3  D  u  h  u  t  i  woher  Qwii> 
=   0w#,   häufig   die   Sinnvariante    „der  in   Hermopolis  ujMOTtt(&)     (Aschmunein) : 


72)  Zts.  f.  äg.  Spr.  1877  p.  97. 
Äbh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.XIV.  Bd.  III.  Abth.  19 


146 

(1-|-:izZZ£5y\©  Amchmennu"  vorkommt,  so  hat  ein  Schreiber  in  obigem  Falle  „der 

in  Xifi^iig,  Xefifxw:    1]  J  ^TTxSil      statt   des  einfachen  ^P  geschrieben. 

Der  Zug  «ae*>,  etwas  nachlässig  hingeworfen,  wurde  zu  dem  formähnlichen 
— «—  s  und  statt  dieses  blunder's  tritt  dann  die  constante  Variante  I  ein.  Dass 
übrigens  dieses  Siphon  genannte  Zeichen  nicht  überall  „decidedly  phonetic"  ist,  er- 
gibt sich  aus  der  häufigen  Schreibung  1 1  j  I  AA^AA  \\  ©  statt  EE  EE  ö  ^§\  ©  ,  wofür 
Brugsch  aus  dem  bilinguen  Papyrus  die  entscheidende  Lautirung  2va-xofiv-evg  beige- 
bracht hat.     Wie   entstand   aber    I  I  aus  EEIEE?    Einfach  durch  die  hieratische  Acht 

^  ,  welche    aufrecht   gestellt   zu   f  f    und    dann    zu    II   wurde.  Eine  weitere  Frage 

wäre  die,  ob  die  Legende  X  ^^  ,    welche    auch    zuweilen    das  Femininzeichen  <=>  bei 

sich  hat,  und  in  sofern  zu  den  acht  Göttern  von  Hermopolis  stimmt,  als  auch  diese 
paarweise  als  männliche  und  weibliche  erscheinen,  zu  dem  erhärteten  yofxv  des  Meni- 
phitischen  Dialectes  die  thebanische  Form  hemen  darstellt,  wie  in  F)^Miie  =  £€Miie 
octoginta  sich  die  beiden  Mundarten  ebenfalls  gegenüber  stehen.  Daraus  würde  sich 
die  Lautirung  Miv,  aus  dem  Namen  &d}.uvig  erschlossen,  als  ursprüngliches  Hm  im 
erklären,  da  das  durch  das  Verdoppelungszeicheu  ^  \\  angedeutete  Prototyp  Chemem  in 
Chemin  abgeschwächt  wurde. 


Das  Taufbuch 


der 


Aethiopischen  Kirche. 


Aethiopisch  und  Deutsch 


von 


Ernst   Trumpp. 


Abli.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.Abth.  20 


Einleitung. 


Das  nachfolgende  Taufbuch  der  aethiopischen  Kirche  ist  aus  einem 
Mss.  der  hiesigen  k.  Hof-  und  Staatsbibliothek  genommen  (Cod.  Aeth. 
29),  das  erst  im  vorigen  Jahre  direct  aus  Abesinien1)  gekommen  und 
angekauft  worden  ist.  Es  ist  auf  Papier  geschrieben  und  eine  ganz  neue 
Abschrift  von  einem  des  Aethiopischen  nur  wenig  kundigen  amhärischen 
Copisten  gefertigt.  Die  Handschrift  trägt  daher  sehr  bedeutende  Mängel 
an  sich,  wie  fast  alle  neueren  Copien.  Die  Orthographie  ist  verworren, 
da  fast  durchaus  V  und  <h,  th  und  *^,  ft  und  0,  &  und  0  mit  einander 
verwechselt  sind.  Da  derartige  Abschriften  ohne  alle  Auctorität  für  die 
Rechtschreibung  sind,  so  habe  ich  kein  Bedenken  getragen,  die  gewöhn- 
liche Orthographie  wiederherzustellen ;  die  Abweichungen  habe  ich  in 
den  Anmerkungen  angegeben,  jedoch  für  jedes  Wort  nur  einmal,  da  es 
nuzlos  gewesen  wäre,  dasselbe  zu  wiederholen.  Gefährlicher  sind  die 
vielen  grammatischen  Verstösse,  die  dem  Verständnisse  des  Textes  hin- 
derlich sind.  Wir  können  natürlich  nicht  entscheiden,  ob  der  Abschreiber 
sie  schon  vorgefunden  oder  durch  eigene  Nachlässigkeit  sie  erst  in  den 
Text  hineingetragen  hat.  Wollte  ich  einen  lesbaren  Text  herstellen, 
so  blieb  nichts  übrig,  als  zu  corrigiren  wo  der  Fehler  klar  vorlag;  ich 
habe  jedoch  in  den  Anmerkungen  die  Textesworte  immer  beigefügt,  da- 
mit der  Leser  sich  sein  Urtheil  selbst  bilden  kann.  Es  ist  immer  etwas 
missliches,  einen  Text  aus  einem  einzigen  Mss.,  das  dazu  noch  von  der 
Hand  eines  unwissenden  Abschreibers  stammt,  herauszugeben,  leider 
aber  konnte  ich  in  den  Katalogen  aeth.  Mss.,  die  mir  zu  Gebote  standen, 
keinen  Titel  einer  entsprechenden   Handschrift  entdecken ;   selbst  in  der 


1)  Die  Schreibung  mit  zwei  s  ist  falsch  und  sollte  darum  aufgegeben  werden.    Der  eingeborne 

>  -  "  - 
Name  ist   U(\H      :     (bäbashä),  Arabisch  jjbju*. 

20* 


150 

Sammlung  der  Magdala  Handschriften  fehlt  ein  #»Ä'rh<£.  '  tlCÄvY**  '  oder 
o°ftt\\^  '•  ^9°*^^  '•  Aber  gerade  aus  diesem  Grunde,  dass  die  einschlä- 
gigen Handschriften  so  selten  zu  sein  scheinen,  entschloss  ich  mich, 
die  mir  zugängliche  zu  veröffentlichen,  da  ich  mit  Hilfe  der  vorhan- 
denen lateinischen  Uebersetzungen  des  „Ordo  baptismi  ecclesiae  Aethio- 
picae"  die  Fehler  derselben  entdecken  und  die  vorhandenen  Lücken  und 
Auslassungen  andeuten  konnte,  so  dass  im  Ganzen  dem  Verständniss 
des  Textes  kein  wesentliches  Hinderniss  im  Wege  steht.  Finden  sich 
mit  der  Zeit  noch  weitere  Handschriften  vor,  wie  wir  sicher  erwarten 
dürfen,  so  werden  sich  die  Mängel  des  hier  gebotenen  Textes  leicht 
ausgleichen  lassen. 

Die  liturgischen  Schriften  der  aethiopischen  Kirche  machen  keinen 
Anspruch  auf  Originalität,  sie  sind  alle,  bei  der  bekannten  Abhängig- 
keit dieser  Kirche  vom  Stuhle  des  hl.  Marcus  in  Alexandrien ,  Ueber- 
sezungen  der  alexandrinischen  Liturgie  und  zwar  sehr  wahrscheinlich 
aus  dem  Arabischen.  Nach  Denzinger  (Ritus  Orientalium  I,  p.  2)  hat 
der  alexandrinische  Patriarch  Gabriel,  Sohn  des  Tarik,  das  Ritual  der 
Jacobiten  geordnet  und  corrigirt  und  A.  D.  1141  eingeführt,  das  dann 
durch  den  Bischof  Cleonas  in's  Arabische  übersezt  worden  sein  soll. 
Die  Uebersezung  in's  Aethiopische  wurde  wohl  nicht  lange  später  ange- 
fertigt, obschon  uns  darüber  alle  positiven  Nachrichten  fehlen. 

Vergleichen  wir  nun  den  Ordo  Baptismi  der  alexandrinischen  Kirche, 
wie  er  bei  Denzinger  (I,  p  191  sqq.)  sich  vorfindet,  mit  dem  der  aethio- 
pischen Kirche  (I,  p.  222,  sqq.),  so  ergeben  sich,  troz  der  Ueberein- 
stimmung  im  Ganzen,  doch  manche  Abweichungen  und  Auslassungen, 
woraus  wir  den  Schluss  ziehen  müssen,  dass  die  aethiopische  Kirche 
einzelnes  anders  gestaltet  und  pro  ratione  temporis  et  loci  umgear- 
beitet, resp.  gekürzt  habe. 

Die  älteste  lateinische  Uebersezung  des  Ordo  baptismi  ecclesiae 
Aeth.  ist  die  von  dem  Priester  Petrus  Tesfa  Sion  (dem  Herausgeber 
des  N.  T.  Aeth.  Romae  15481)  zu  Rom  1548  publicirte  unter  dem  Titel: 
Modus  baptizandi,  preces  et  benedictiones,  quibus  utitur  ecclesia  Aethio- 
pum,  ex  lingua  Chaldaea  seu  Aethiopica  in  Latinam  conversae,  a  Petro 


1)  S.  Ludolf,  Comment.  p.  297. 


151 

Abbate  Aethiope.  Diese  Uebersezung  ist  in  die  Bibliotheca  Patrum  maxima 
übergegangen  und  auch  von  A.  Migne  in  seiner  Patrologia  Latina, 
T.  138,  p.  930,  sqq.  wiedergegeben  worden;  sie  enthält  jedoch  nur  die 
Taufe  selbst,  nicht  aber  die  sich  unmittelbar  daran  anschliessende 
Confirmation  nebst  Communion. 

Es  gibt  daneben  noch  zwei  weitere  lateinische  Uebersezungen,  die 
von  Assemanus  und  Renaudot  (s.  darüber  bei  Denziger  I,  p.  191);  die 
von  Assemanus  hat  Denzinger  in  seiner  Sammlung  wiedergegeben  (I, 
p.  222  sqq.),  indem  er  zugleich  die  Varianten  aus  Renaudot  dazu  an- 
gemerkt hat.  Diese  beiden  Uebersezungen  scheinen  aber  nicht  aus  der 
gleichen  Quelle  hervorgegangen  zu  sein,  da  die  von  Renaudot  kürzer 
ist,   wesswegen  sie  auch  Denzinger  für  älter  hält. 

Von  diesen  drei  Uebersezungen  weicht  unser  aeth.  Text  in  vielen 
Puncten  ab.  Kr  ist  weit  kürzer  (wohl  um  ein  gutes  Drittel)  und  ein- 
facher, so  dass  man  sich  bei  einer  eingehenden  Vergleichung  des  Ein- 
drucks nicht  erwehren  kann,  dass  er  eine  ältere  Quelle  ist,  aus  der 
die  anderen  Formulare  durch  spätere  Zusäze  und  Erweiterungen  ge- 
flossen zu  sein  scheinen. 

Unser  aeth.  Text  stimmt  mit  den  erwähnten  drei  lateinischen  Ueber- 
sezungen fast  wörtlich  überein  bis  zur  Hersagung  des  Glaubensbe- 
kenntnisses durch  den  Priester;  von  da  an  tritt  eine  bedeutende 
Abweichung  ein.  Die  anderen  Formulare  haben  nämlich  nach  Ablegung 
des  Glaubensbekenntnisses  drei  Gebete  mit  Rubriken ;  dann  nimmt  der 
Priester  Oel  und  salbt  wiederum  Schultern,  Brust  etc.,  wie  im  Ein- 
gang, dann  folgen  zwei  Gebete  und  ein  stilles  Gebet  des  Priesters  beim 
Taufbecken.  Hierauf  spricht  der  Priester  wieder  das  Dankgebet  (%ftorfr  ' 
Aho'fc'll"  ■■)  und  räuchert.  Alles  dieses  fehlt  in  unserem  Texte  ohne  dass 
man  etwas  vermisste:  denn  die  eingeschalteten  Gebete  sind  nur  Um- 
schreibungen von  dem,  was  schon  dagewesen  ist  und  die  zweite  Salbung 
mit  Oel  vor  der  Taufhandlung  ist  allem  Anschein  nach  eine  spätere 
Erweiterung,  entstanden  aus  dem  Streben,  die  Ceremonien  zu  vermehren. 

In  den  biblischen  Lectionen  ist  wieder  Uebereinstimmung,  nur  dass 
Ps.  61  und  Ps.  113,  20 — fin.  (nach  der  Zählung  der  Septuaginta)  in  den 
lat.  Uebersezungen  nicht  erwähnt  werden. 

Auch  die  folgenden  Reihengebete  {itf^Oh  •■)  sind  in  den  lat   Ueber- 


152 

sezungen  viel  weiter  ausgedehnt  als  in  unserem  Texte.  Es  folgt  dort 
zuerst  das  Gebet  pro  infirmis ,  dann  pro  peregrinantibus ,  pro  pluvia, 
pro  fructibus  terrae,  pro  aquis  fluvialibus,  je  mit  eingeschalteten  kurzen 
exhortationes  des  Diaconus  an  das  Volk;  erst  dann  kommen  die  Gebete 
pro  pace,  pro  pontifice,  pro  congregatione,  pro  Catechumenis,  die  unser 
Text  allein  vorschreibt ;  danach  schalten  die  lat.  Uebersezungen  noch  zwei 
weitere  Gebete  ein:  pro  offerentibus  munera  und:  pro  iis,  qui  dormi- 
erunt,  die  in  unserem  Texte  ebenfalls  fehlen.  Erst  dann  folgen  die  zwei 
Gebete:  ,,Auf  deinen  Knechten",  und:  „Gott  der  Propheten." 

Man  kann  mit  ziemlicher  Sicherheit  annehmen,  dass  diese  den  Zu- 
sammenhang zum  Theil  störenden  Einschaltungen  späteren  Datums  sind, 
zumal  in  den  lat.  Uebersezungen  nach  den  Gebeten :  „Auf  deinen 
Knechten",  und:  „Gott  der  Propheten"  nochmal  die  Gebete  pro  pace, 
pro  pontificibus,  pro  rege,  pro  congregatione,  pro  catechumenis  folgen, 
eine  ermüdende  Ueberladung,  die  in  der  älteren  Liturgie  nicht  anzu- 
nehmen ist.  Auf  diese  folgt  in  den  lat.  Uebersezungen  wieder  eine  Reihe 
von  Gebeten,  die  unser  Text  nicht  kennt,  ohne  dass  sich  dadurch  die 
geringste  Lücke  fühlen  Hesse. 

Dass  der  Text  der  lat.  Uebersezungen  auf  ein  späteres  Datum  hin- 
weist, lässt  sich  auch  aus  der  am  Ende  desselben  erwähnten  Liste  der 
Heiligen  schliessen.  Einzelne  Namen  derselben  sind  zwar  bis  zur  Un- 
kenntlichkeit entstellt,  der  zulezt  genannte  jedoch,  Takla  Häimänöt 
(Glaubenspflanze)  fällt  nach  Isenberg  (Amharic  Dictionary  sub  voce)  in 
das  13.  Jahrhundert1),  so  dass  der  Text  der  lat.  Uebersezungen  nicht 
vor  dem  14.  Jahrhundert  festgestellt  worden  sein  könnte.  Unser  Text 
dagegen  erwähnt  gar  keinen  aethiopischen  Heiligen;  über  die  Zeit  des 
erwähnten    aegyptischen    Heiligen    Marmehnäm    ist   mir    nichts  bekannt. 

In  historischer  Beziehung  bietet  der  aethiopische  Taufritus  manches 
Interessante  dar.  Schon  Ludolf  hat  in  seiner  Historia  Aethiopica  Lib.  III, 
cap.  6,  15  bemerkt:  „videas  igitur  vetustissimas  priscae  ecclesiae  cere- 
monias  alibi  obsoletas  et  fere  nunc  ignotas  hie  adhuc  durare.  Multa  in 


1)  Ludolf  freilich  sezt  ihn  um  620  A.  D.  an  (Hist.  L.  III,  c.  3,  15),  aber  sicherlich  mit  Un- 
recht. Isenberg,  der  lange  im  Lande  lebte,  hatte  bessere  Mittel  seine  Zeit  festzustellen,  wofür  ge- 
wichtige Data  und  Einrichtungen  in  der  aethiopischen  Kirche  sprechen. 


153 

Baptismo,  Eucharistia,  Agapis,  Jejuniis,  Sabbatis  et  Festis  usurpant, 
quae  ab  hodiernis  Latinae  ecclesiae  moribus  aliena  sunt,  ut  penitius 
consideratis  Habessinorum  ritibus  imaginem  quandam  veteris  ecclesiae 
contueri  te  putes."  Er  beschreibt  den  Taufritus  (wobei  er  übrigens,  wie 
er  selbst  darauf  hinweist,  der  lat.  Uebersezung  gefolgt  ist)  treffend  mit 
folgenden  kurzen  Worten  (Lib.  III,  cap.  6,  31):  „Sacerdos  a  lectione 
Psalmi  LI  orditur  et  suffitu  thure  facto  nomina  baptizandorum  ex- 
quirit,  deinde  recitatis  aliquot  orationibus  et  Diacono  auditores  saepius 
hortante,  ut  orent,  oleo  sacro  diversas  corporis  partes  ungit  manumque 
capitibus  singulorum  imponit.  Quo  facto  Neophyti  dextram  erigunt  et 
occidentem  respicientes,  Satanam  ceu  tenebrarum  principem  abjurant. 
Mox  orientem  versus,  tanquam  ad  justitiae  solem  conversi,  erectis  alte 
dextris,  veluti  sacramentum  Christo  dicunt,  et  praeeunte  Presbytero 
symbolum  fidei  christianae  profitentur,  eoque  interrogante ,  credere  se 
respondent.  Post  quae  unctio  iteratur  et  aliquot  pericopae  ex  evangelio 
Joannis,  Actis  apostolorum  et  epistolis  Paulinis  leguntur  addita  liturgia 
consueta.  Tandem  oleum  in  aquam  baptismi  inamissum  in  modum  crucis 
diffunditur,  multisque  precibus  rursus  dictis  sacerdos  in  locum,  ante 
fores  aedis  sacrae  hunc  in  finem  cavatum,  descendit  adductosque  a  Dia- 
cono ter  toto  corpore  mergit  et  in  nomine  Dei  Patris  et  Filii  et  Spiri- 
tus Sancti  baptizat.  Praesto  sunt  viri  viris,  foeminae  foeminis,  qui  as- 
cendentes  e  flumine  vel  lacu  juvant  et  attollendo  quasi  suscipiunt,  inde 
susceptores  vel  susceptrices  priscis  dicti.  Sic  abluti  et  dermo  uncti, 
quasi  modo  geniti,  alba  interula,  ad  puritatem  animi  significandarn.  ve- 
stiuntur  vesteque  rubicunda,  in  memoriam  salutis  sanguine  Christi  partae, 
superinduti  tunc  primum  in  ecclesiam  introducuntur,  ubi  Christianis 
immixti  sacrae  coenae  participes  fiunt.  Discedentibus  lac  et  mel  datur 
et  manu  capiti  imposita  hac  benedictione  dimittuntur:  ite  in  pace  filii 
baptismi." 

Zu  dieser  Beschreibung  Ludolfs  ist  nur  zu  bemerken,  dass  er  über- 
sehen hat ,  dass  der  Act  nach  der  Taufe  nicht  mehr  zu  derselben  ge- 
hört, sondern  die  Confirmation  darstellt,  die  bei  den  Orientalen  sich 
unmittelbar  an  die  Taufe  anschliesst  und  ebenfalls  vom  Presbyter  voll- 
zogen wird,  nicht  vom  Bischof. 

Die    Taufe    wird    immer   noch    in    erster  Linie    als  baptismus  adul- 


154 

torum  aufgefasst,  obgleich  dieselbe  auch  Kindern  ertheilt  wird,  für  die 
ihre  Sponsoren  eintreten ;  ein  eigenes  Formular,  speciell  für  die  Taufe 
von  Kindern,  scheint  die  aethiopische  Kirche  gar  nicht  zu  besizen;  es 
wird  nur  eine  benedictio  puerperae  erwähnt,  die  der  Taufe  voranzu- 
gehen pflegt. 

Da  sich  an  die  Taufe  der  adulti  die  Handauflegung  und  Salbung 
(Confirmation) ,  und  an  diese  wieder  die  Communion  anschliesst,  so 
werden  auch  Kinder,  die  sich  unter  den  baptizati  adulti  befinden,  bei 
diesem  feierlichen  Act  zur  Eucharistie  zugelassen,  sonst  aber  nicht.  Der 
gleiche  Gebrauch  findet  sich  auch  in  den  andern  orientalischen  Kirchen 
und  herrschte  früher  auch  längere  Zeit  in  der  lateinischen   Kirche. 

Am  auffallendsten  dürfte  in  unserem  aeth.  Texte  die  dreimalige 
Wiederholung  der  Taufformel  sein ,  für  die  bis  jetzt  kein  weiterer  Be- 
weis vorliegt.  In  der  heutigen  aeth.  Kirche  ist  dies  jedenfalls  nicht 
mehr  Sitte,  wie  ich  auf  Privaterkundigungen  hin  gehört  habe1). 

Dass  die  Taufe  nicht  wiederholt  wird,  wie  früher  der  aeth.  Kirche 
vorgeworfen  wurde,  ist  sicher:  denn  das  jährliche  Tauffest,  das  die  aeth. 
Kirche  am  11.  Jan.  (unserem  6.  Jan.)  feiert,  wird  zum  Andenken  an  die 
Taufe  Christi  im  Jordan  gehalten.  Es  gibt  für  dieses  Fest  eine  eigene  Li- 
turgie, welche  ebenfalls  in  unserem  aeth.  Mss.  enthalten  ist  und  den  etwas 
irreleitenden  Titel  führt:  TfH:  ■■  tf»ÄVli£  •'  TJ^+'Th  '  H£;i*3'fl'fl  '•  Y\0°  ' 
TflJö  (MDCÜ  •■  TC  s  auf  das  wir  später  noch  zurückzukommen  hoffen. 
Gemäss  dieser  Liturgie  versammelt  sich  das  Volk  in  der  elften  Stunde 
der  Nacht  im  Wasser;  der  Priester  räuchert  und  spricht  zuerst  die 
Litanei,  dann  verschiedene  Psalmen  und  Gebete  und  nimmt  zulezt  die 
Segnung  der  Wasser  vor  zur  Vertreibung  aller  Daemonen  und  aller 
Krankheiten.  Von  einer  Taufe  aber  ist  nicht  die  Rede.  Es  muss  weiteren 
Nachforschungen  vorbehalten  bleiben,  welches  Taufformular  gegenwärtig 
in  der  aeth.  Kirche  im  Gebrauche  ist  und  welche  ältere  Formulare  sich 
etwa  noch  auffinden  lassen ;  erst  dann  wird  sich  eine  eingehendere  Ver- 
gleichung  anstellen  lassen.  Ein  kleiner  Beitrag  dazu  möge  indessen 
die  Veröffentlichung  des   nachfolgenden  Taufbuches  sein. 


1)  Ich  habe  darüber  bei  Dr.  Krapf  angefragt,  der  mir  schrieb,  dass  ihm  die  dreimalige  Wie- 
derholung unbekannt  sei,  doch  könnte  es  sein,  dass  gewisse  Priester  die  Formel  wiederholen  in  dem 
abergläubischen  Wahne,  damit  um  so  gewisser  die  bösen  Geister  beschwören  zu  können. 


155 


flfttfD  ..  kn  ..  auDA^-  ■  atoo-i^ii  ■  *-S-A  •  fcrh-S.  i  ft?°AVl  « 

«D^-flA   ••  aDTioo-c  ..   v1)  (DR/W   ••   Äh"-b^  s 

ÄAfc  «  fl>£flA  I  hWi  i  H*H«  •  A/M-  ■   MH.M  i  Ä.P frfl  :  *1C*A  i  HÄÄ"»  * 

fcrrtje.'P  i  if-MJai-h«3)  i  n4»Ä"^h  i  -  -  -  - 

(D&ahtiao* :  AfcA-  ■  Jt^-flC-fch  ■  fcA  i  1-nK«  ■  aHM«  •■  -Thl^üC^h4) »  aifccfcP-tf»- 
«PT-h  i   tt£&&P<in'  •  X\oo  :  j&,fi.{-  i  fl-fc  ■  arnoVC**  ■  flhh9°C  »  «*»?£A 
4^-A  i  [M^JR^ft*»  i  fl>£th>«5)]  «  mipa*  i  ftCP-f'6)  •  -Tfm.K^ö1»*  ••  HÄ.J&»?/*** 
a>£tbth   ■    £"A<P>    i    A4>£-A*    ■    T?0*^  ■  fclf1  •  J&Vfc  •  ^^^  i  AÄ^ 
a>£Chn-  i  <w»-}£rt  i   4>-S-rt  i   h<">   i   £Ch£  »  no£?   *  -fl4-ü   •   Ä">o7) 
tarc-tti   i   a>£A-(Mi.ti8)   ■   fc?°Ata  •   Ah  ■  ££A-  i  A-flrh*  »  a>AÄ(Mi 

«w»**    «    a>A"»?£A    :    ^ft    :    «^f «E  :  £fcH,fc  :  ff)|f A^.>.  I  ©A^A*»    »    ^A^ 

fl>£nA  i  -S.«?*?  i  ÄA&  .:  a)£flA  i  hü"}  •  llM-fr  i  &A  i  JK-m*0*  »  Ah<7lU* 
fr7ll.JWMi.C  i  Ä0°Ata  i  Ä^H.  ■  W-A-  i  fcfl-^  •  Afr?H.M  •  owdJMW 
Juf  frfl  i  hCA*A  i  -JAJiA  <  <d?A-M14"-A  ■  fc0°>  ■  >.4«^h9)  »  *<*»¥+£ 
A-flh    •'    tthl-fr   ?    Yf-A-fl»-    «    hl-aCth    ••    hti    i  J&fr^tK.10)  i  +"tül\ra°- 


1)  <W>*H«n»*C  :  H9  s  Wir  würden  hier  den  Accus.  <n>7f"°"^  :  erwarten,  allein  bei  Ci- 
taten  von  Büchern  steht  in  dieser  Handschrift  consequent  der  Nominativ,  auch  wenn,  wie  hier,  ein 
Acc.  darauf  folgt. 

2)  j&flA/h  i     3)  -fdi(D^  i     4)  ^HrvhC^h  i 

5)  Der  Text  ist  hier  wahrscheinlich  verschrieben,  indem  diese  Worte,  die  nachfolgen,  durch 
ein  Versehen  hieher  gesezt  wurden. 

6)  /*'CP'fm  :      7)    Ä"}*J  s     8)    £A»*fl/h«h  :5    ^er  Indicativ  jedoch  gibt  hier  keinen  Sinn. 
9)    -\^    ' ,    es  fehlt  hier  das  Suffix-     10)  f^TaoM'    ' 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  21 


I5fi 

£A-nm.  i  '1r£A  ■  .*Ah  ■  H£ -1  °%\)^  i  flHl'/.H.  «  C*A  •■  £chn-  »  *Mn+2)  ' 
*SW  i  [Ä***)]  «  AACPI*  •  'Im»  ■  riV.AP-öw-  ■  "WJV.  ■•  A«*»  *£A  ■  *3A  ■ 
flÄ^ü-  ■  A<PU£'  «  iDA.^h  i  Mli.hV  «  fl>"»£"W.*  "  A«fA«A  «  hCA-f-A  ■ 
[HA»*4)]  i  A-flrirlh  •'  <»?i'>/H  «  £fcH,fc  ■  fl>HA<0.  '•  '»A'JA^  .•  <JA5>°  »  hm  •• 

äa»>  «  Hjrvton-n  «  haaa  ••  3»nh  ■  inf-*  ••  H£«^•n?l?,  •  a?»a  ••  ^m«*»*  « 
oi-Tr-j»i*M  ••  <*■» *^e  •  *nh  ••  nh&h  -  <»:i-ä,a.  •  iiaaawj-  •  öj'Hia  • 

?»<7H.Än,h,c  i  fc?°Am  hfl-u-  •  ATrfH.Tri  •  a)<n?:'W  '•  K?b-l\  »  hCA-f-A 

<PU£-    •    flJAÄh    ■    HfA4»A   i   iOxi'i'M    »    (\a°*Pöti    :    A.Arnfi    :    Ä'JflLV'e 

n*Ä?nir  ■  i*»ve  •■  'jAKAh  fl>vA-i*n^oh  ■  **■»*:+&  «  A-n?»  ••  -w  -■  >/-^h 

<0-  ■  'VJ&A  i  0°-}dA  i  4»^A  ■  -S.n  i  7f*>*  i  H£*  i  A£VK*  •  7JWh 
nß>1\4'(D9n  i  WA-  i  AAr»-J-  i  fl>tf-A»  «  /*'/*•?  ■  fl»tf*A~  ■  fcl^AVi  '  rn/,'> 
flJW-A-  ■  9na}(\£  '  fctf-JB,  •  JV70*  ■  £"V<:5)  i  fH£A-  ■  A<PU£-  •  <»A£"J: 
h<?H.M  i  axwZ-'itf  '  Kffrh  •  hCA#A  •  Hfl*  i  Ah  »  y°AA»iJ-  »  fl>J>°AA 
4»3A   i  "»IdA   i   AfMi  *>  i   fflh'J/H  ••   J&JiH.^   i   fl>HA£Jr  ■   »A'JAtf»  :  «JA?" 

ÄA»>  >  -^.n  i  Ti'J*  i  HJR->  i  fliJ?,nA  :  %.?$'}  i  ÄAVi  «  fl^flA  ■  hü^ 
?i^H.?i  i  ?i0?ll>-flrh,C  •■  Ä?°A3l>  •  h:iH.  i  Vf-A-  i  Äfl-ii-  •  AMH.M 
<d/w»ä"^>  •"  Auffrft  '  hCA*A  ■  *>A?iA  i  fl>VA*nt^A  ■  -W  •  'tf'^h 
haowt,  .-  A-fl?»  ■  ?»A«w»  «  hW  •  HA-t-l-h  i  Ä9°Ah  i  Ä-Ä-4»  •  fl^PU^ 
flJAÄ-h  i  MttM  !  ®^Ä"1i5:>  i  KVh-ti  ■  IfiCA-f-A  «  ffl^-J^A  ■  *3-A  «  ffl> 

x-c  ■  >ä*c  i  ^.n  i  th*  i  hj&>  ■  ©/.AP-  •  n&Mc*)  ■  w-a»  «  ^^->->*  • 

flJVf-A-  i  /^/.f  i  oitf-A»  i  A7A  »  flJtf-A-  •  AiJ^Ali  •  m/'-Th  «  fl>^AP-  ••  4»-nÄ  » 

?$wh  ■  h"» «  jk.v>*>  i  a>^a  ••  fl»/*'^  i  athnri1)  -•  nhnnjxt  •  ßj^Ä-^v  ■ 

Ä.PA-A  i  JlCA^A  ••   HA-*  i  tl-tlih*  i  flih-flC  ■  A'JAtf»  ••  ^AJT»  ••  h°Vi   * 


])     ÄAAA    •*      2)    ,7iMW"    ■'      3)    A^^    ■'    fehlt  im  Text   und  ist  wohl  nur  durch  ein 
Versehen  des  Copisten  ausgefallen,  da    'VdO*     s     3\"19°    :    fii&'l'    s    ein  bekannter  Ausdruck  ist. 
4)  Fehlt  im  Texte.    5)  £;}<{    :      6)    £/**AG    *      7)    fttfD}    : ,    s.  die  Uebersezung. 


157 

fohrii  i  ^^ah  -  vxr  i  mtoftfrh*  ■  Vah  ■  Mi^fte-fc*  ■  a>h£.<h2)  • 

h&O-    -•    VH«    -    ahtim-  i  (Dh<£hih  i  aiHnT  i  «»-"NlA  •  M"flfch8)  ■•  fcfr  •• 
*"£•>  •«  in*  i  H£->  i  £Aoc  i  "l-nt  i  flj&m?  i  öiäa/u  »  n&tPtx  •  Ä"r>  * 

IDHJRm««»*    ■    JH1A    I    Ä*^->    ::    IDj&flA    •    hU-}   I    ÄA-J*  I    Äho-t-lh  l  fD£4JTC   : 

<14tW*tf*-  :  AJiA  i  J&fflö«»*  •  «öJE-ää.  i  AöA.lf"1»-  •■  hU'J  i  fl)£flA  • 
lK-h  i  Ä^H.KnrlwC  •  fc9°Ah}  •  h'Mu  ■  W-A-  i  airK-ln  •■  A*»   i  A-flrh-fcu«  • 
+3-A   i    aifK-ln    i  <»A£-  :*PüÄ*  ■  MM.M  «  <***&%&    '•    hS A-A    ■    Hfl  fr» 
'/;*%!>    i    +äoh^    ■    W-A"ö,>-   i   JWhH-n    i    ?tjr»X-A^-lh   i   a>*M-   •   -(iCVt    • 
nh°Vi  i  ^->hc   •   ?»9°AA  t*  •  ht-P  -•  ttmPl-  :  -i(\  •  hh9°£  i  **+  « 

©j&nA  :  -s.^*^  i  äa^  «  ßi^nA  hu-»  i 

hA-7-h  i   Ä^-flC-fch   i   hh   i    Ä'PdJitf0-    ■   -Vfl    «   4»-?-A   •    A?°h  i  (DUdi^ 

"»CVHi  »  flJ9°AA  i  ATf-nh  »  fl>9°AA  «  ÄA  i  ££CU-h  i  A"»h  «  ä«??^ 
fr7H>  »  a>£'flKVh.  "  ^m>  i  MA  i  A'/JMT*  i  «DAACPI«  ■  -'im.h* 
a>db.  i  "IIRC*0-  •  fl<">?£A  •  4»SA  i  fl<PU£-  P  fl>AÄ"h  i  MH.to 
<»«w>£"1fc>  i  Ä,f  A«A  i  HA»*  i  A-flrh->  I  <d*M1C  «  A*JA<*»   :  «JA?"  ■  M?  « 

•        4)  <DUfl-  i  KA^V-tlf^*  ■  A-Jvn?°#  « 
a>£-nA  i  hv}  i 

'JAJiA   i  OJVA'i-n«J~A    s   HW-A-    «    JK-^Tf  i  Milh-üth.C  -  h-ü  i  A^H.?i 
öKwij^^jr  >  .■  Ä«f  A-A  •  *1CA*A  i  nM-l*  i  hA  «  fl»Wfl-  i  ÄA^-fclf  <»»•  •  a>li(i  i  oh« 

ny^^s"-!-  i  <da*  i  Ä^h5)  i  (D/sfr*.  i  ä-a^pj  •  je-chn-  •  Ä^h  •  ?%a  •  nh. 

'^n»h    i    JtA^    i    £M:    i    ^«79°    i    A^^  *  AACf-i-  •  -hatfx*  '    AH^K*h. 
Aö°-AV  •■  ^Afll?  i  a»-A+  i  fc£,h  »  Ai^H.  •■  W-A-  •■  Mn.h-aAuC  •  h9°^\  * 


i)  MlKtib  •     2)  ^.^  :     3)  h^-fl^h  • 

4)  Hier  sind  einige  Worte  im  Texte  ausgefallen.  Bei  Denz.  I,  p.  223,  heisst  die  Rubrik :  oratio 
pro  iis,  qui  dederunt  nomina  sua  ad  baptisraum.  Demgemäss  müssten  hier  die  Worte  stehen:  %ft°'t  s 
fl}^"}»!«    :    JiA    : ,    wie  gleich  nachher  im  Gebete. 

5)  fkPlh    :  j    offenbar  verschrieben,  s.  auch  die  Uebersezung. 

21* 


158 

a>£fiA  :  w*'}  •  ÄAfc  i  aht-t-  i  hu  i  fliwn-  i  fcA^-fcir^  •  h*»  -•  £<: 

cd^-H  i  ?0K*£  '  7il6ir<">~  i  +A.A  »  flJjrVOA  i  AdA»lf ff1»-  '  Wi-b  '  ÄA»-i* 
fr7li.tal<h.C  •'  Mll,h  •  h$n.  -  W*A-  i  hn-ii-  ■  A^H^i  •  fl><w£"W 
Auf A«A  i  >A?iAh  i  flJ^A+n^Oh  •  **»<£♦&  •  tl-tih  «  AfcA-  •  Ä^-nC-fch 
?iA   •■    (DUO-   •    hh^-tira»-  .■    -MiM-tf»-1)    •    (D^tX^oo-    ■    £-A«P*    ■    AÄ^ 

hA<w»  .•  +cn-  »  -iiui  •  fli^-chn-  i  a^k^ti  i  4»?-A  i  wf.AnA-  ■  fc^-mh 

-lr£A  *  "»Afr^h  ••  fl)£Yh>-2)  i  Jt0°AA  ■  fl»A£"h  i  MH.M  i  a>h9°fti\*i 
KVfrtl  i  -hCA-f  A  «  flJJ&Yl-V-  i  ftrh£  ■  9°AA.ü-3)  i  Ä«7*»<n»-  ••  An  ■  1&.M 
<D«iHS  ■  C*04)  :  oXMtf-l-lf  ■  7Al£-  i  Ah  »  7AKA  i  <DVA*n«f»^  ■  -mh 
MH.M  •  X\a»  i  ^"»/"M  «  i»M*ü5)  •  AM  i  m^asi  ■  AÄJt^C^h 
0iÄ«7fP«n».  :  AfhV  "  flJ^j^üC^  -'  öJ^AP-^-  i  £-A<PJ  •  Afc^-flG-fch  ■  ffl04»fl*  > 

n<PU£-  i  fl>A£-h  i  ^H.M  ■  a^ß-U*  ■■  AuffrA  !  *1CA*A  »  A*JA«w»  • 
^AJ^  p  fc"*?  « 

«d^ti  :  fox-^  i  hüt  ••  hitw*»-  -.  (D-nfairo»-  *  AfcA  ••  je-rn«*»*  • 
fli^-nA  i  hm  «  n-niti  ■  mi-mi+v*  ■  -w  ■  hin.hn<h.c  • 

h9°Wi  '  h'MU  i  W-A«  i  fcfWJ«  i    A?i«7H.?i>  <  <d<w£"W.V  ■  K.? A-A  •  hCA*A  < 

.  ■  .  . 6)  nx'j'h  i  hA  ••  foua-  •  hti°i±iro^  •  ^Yi^^  ••  hn^o^  •  mj-acv  \ 
flAdA.ir«»0-  *  -ncy>  •  Ä^h  -  (dYOxTC^Xi  •  h^»  .•  yh9°<-  -  -t/&A  •■  j^Ah  ■ 
Hi&'7*aii;n^  ■  ?iA^  .-  /"A"T>  ■  -flh  •  A^rüC^  •  h$\L  ■  W-A-  •  hlilh 
-n<h.c  ••  A»?°Ah*  « 

£flA  •■  ^*-}  i  AAP  k   flij&nA   ■   hü^   • 

Mn.h-n<h,C    i    >%9°AhJ    i    Ä^H.  i  tf-A-    i    Äfl-ii-  i  AMH.to  ■•  ataDfr-ltf  -. 

Kffrti    •    IncMti    i    >A?iAh   ■  HD^A^fl^oh   ■  haai£+&  •  A-flh  ••  h<w»  ■ 


1)   ^-u|y fto«n>.    ■       2)    Sing.    ^.Vi-'J    :       3)   j^AA.!!    •*    s.  die  Uebersezung. 
4)  AA.^    I    CW    l       5)   K*>*A    • 

6)  Hier  sind  im  Texte  offenbar  die  Worte,  die  so  oft  wiederkehren,  nämlich  "JATiAh  :  Q>*j 
ft-Ml^Oh  :  ,  ausgefallen.  Darauf  weist  der  Text  bei  Denzinger  (I,  p.  196)  hin:  „item  rogamus 
ac  etiam  atque  etiam  obsecramus  te." 


159 

(\9°tim.C  •  H<*»7£fl  •  *3-fl  i  ^tlOC)  *  -1JRA  «  fc-PTtf-  *  AfcA  «  £*?£ 
W  ••  «m/^^tm-2)  :  <DftAAA-<">*  •  hftö»  s  Mi-  ■  Wö\\o°*  «  AMilC-fch  I 
hti  ••  Oh.  •-  (DaDfjfa  s  h^Kfrv0^  .-  af-ti-t  ■■  ilCVJ  •■  iwh'P'Th  :  OhM-  » 
A^ffl^  :  h9°K?h9°C  •  flWli-  i  KhiPC  i  h9°h9°bXi  '•  mP*  t»«fii-  « 
^Ati-ttl   ••  ÄJPAM    »    *Pi-7   •  flMT^i-  i  Afl"1»-  ••   nh*»  »  Ai-^h  :  AAuf 

MA,r  •  n"7i*i-  ••  Tfl-nh  •  JcMjm  •■  ^^ft  i  tof-£  ••  Ä.jz.n?»  i 

<D-f)i;-£<n>-    s    M    I    Mi"    '     fSlpa»-    :     TrRth     :    (Dao&'Vtf?    :    tDÜfla^    :    ^JK. 

OH*   *   HA^AiP  *  aifl>-A^ö»-  ■    [fiftfHli"8)   ■   ^"79°  ■  A&*  i  AACfi-  •  -Im. 
ht-  •  G*£tl?-a»~   i   "?1R<:    ■  A<w>£A  »  fr-S-A  i  n^PUÄ-  ■  fl>A£"il  '  MH.M  ■ 
wmXrltf  :  ^?rVA  •  Incti* A  i  A'JA'w»  :  «ja?°  i  fc"l?  « 
<d?i?0'H  i  POK"1?  i  hldlff^-  i  rojE.-nA  8  Hl-h  ■  Ä/W-  « 

**»<£+£  i  rt-nh  i  aoAit  i  (da^.4)  i  A-flcn  «  myn,5)  i  ;h£a>^  ■  äaaa  » 

Mi"  ■  i-Jt?°<:6)  '  "»fli-ftCP  i  -Im.fc^P  i  Jifttf»  •■  Mi- 1  ^hA  i  in>p,(n*in>. 
Atf-A»«"»-  i  <w>WA>  ••  CVhfi?  •  fl>K«7P<n*  »  A£i-  ■  rt^Y^i-  i  ^*7<w»  :  \\ao 
£Yh>.  i  0>«A-£  .-  mh°Ty  •  A^Äfl  ■  *-S-A  i  fl«PU£-  •  OiAÄ-h  :  MH.W 
<D<w»£"tttf   :   Ä,eA«A   i   *)Cft*A   i   Hfl*  •  Ah   ■  9°Mt>ib  »  idj^AA  ■  *^.A  i 

^'J^.ft  «  fliMr>  I  Olhi-H  I  i&?iH.>.  i  <DHA£3r  :  fllA'JA^  i  ttlF  *  h°%l  « 
ffl?i90'H  i  f OÄ'^  i  hrUtfav  ■  fl>£*nA  •  H'Ji-  ••  ÄA»i-  '  M!tfWlrli,C  »  9°ftA»V  «" 
h?°AM  !  Kn-ü- 1  AMH.M  ■  m«H»£"W  «  Auffrft  ■  heften  •  oiyn,  -■  AjZ.«»^  i 
A>Mi:>  i  {PCrhö»-7)  :  K«7H>  ••  A?iA  i  f-^/^i^h  S  ?A?iAh  ■  ©^A-hni^Oh  • 
N$H  i  rtii?k  i  CA,  :  h^-^fl  ■  <w»4»Äfth  i  (Dh9°&(h&  i  ^">n^  ■  «wi^^/*' 
^h8)  i  AÄ«7ilCi:h  :  hA  i  «DUO-  ■  Äft^i:^«»»-  *  Afci-  ■  YlCh-tnh  '-  *Ä*A^ 
hoo  :  jB,«7>p  :  Aft9°h  *  4»3-A  i  -TiÄ"^  <  ><pfl«n»-  :  <DAn<^-  ■  h<^»  •"  j&Vh>- 
Ah   i   'J'Pe   i  ^4-P  i  «00**4.  i  Afr7H.Jt  ■  -Y.C  ■  Wdlt?-^  •  Ä-A«P>  •   AW-A- 


3)  /jhöfli-    :    Wahrscheinlich  ist  davor  die  Praes.   fl   ausgefallen;  s.  die  Uebersezung. 

4)  Waid    :    fl>A«S.    '       ß)    tD^n,    I       6)   i-*?"C    ■       7)    jPClftf»-    • 

8)    WiftCh    !    (D0°w}**lt*,'t,\\    " ,    was  keinen  passenden  Sinn  gibt.    Tesfa  Sion  übersezt 
richtig  (Migne,  1.  c.  p.  933):  de  excelsa  sede  regni  sui;  danach  haben  wir  den  Text  berichtigt. 


160 

?»JPilf«n»-  |  W-A-2)   P  Afc-f-3)  !  yjE."??*  i   H-VhV  ••   h*»  i  JK^flihf  i  J*A 

ItÄh     •    *.^rt    «    ©^/"h«    :    -1|£A    I    y^^Tlh    P    h^    :    £«7fK-   «    >?lHHh 

Kj>C*ö°-  i  h9°-nft>£  i  «»rhÄ-A"1*  i  fltfti  •  ^©'ttl  i    HA'JAr    i    OJrtOC 
JiJPilfö»-   :   tf-A»   P   -1r£A   i   ÄA/i«   •   (DK-tTr   P   «o-AT^-f"   P   Aflö»-   ■    nh"» 

Ä+'Jh  •■  AÄ.f^A,?0 1  n^i**  i  Tn-nh  ••  n?i£  •  h.c9°?ii  ■  >n.£  ■  «da.! 

1£"7  ■  <w»7^A   i  MhjE.  p  fliCVi-rt  p  £flfc  p  m-A-fr-^ff».  :  m^jK.^-  •  ÄHA4) 
/".?  «  flJÄ.tA.V    p    htf-JP,  p   M  i  ISlpa»'  :  fl^h-f-  *  ATT}*  P    "7£   •    7Ä-A 
f/xK-A  i  flJliflö«»-   •  ^A  i   fa&at^  •  HA*JAr  p  fl>A£.<">-  ■  mdfl-f-  -•   Wjp° 
A£*  i  AAC?  +  ■  -Tim.Ä^  i  flJ^AP-ö»-  i  'TiW  p  wi^ti  •  [*3-A  )]  ■  (\K 
PfrA  p  hCA*A  i  A*JA<*>  p  ^Ar  P  K"^  "• 

ßjjtrn  '  ;*-wic  i  h&h  i  ■^n»iftf°*  ■•  flj-7-nA  •  h^i-  •  *a«"I-  «  nfi^  • 

fl>A£-h  ■  <PU£-  •  MM.M  -  Kffrll  »  ftCA*A  ■  ©KW/h  p  ©Äft-NJA-  i 
m-h  P  V<£rtG)  p  h««»  :  £Yl->-  •'  10«H>  i  fc$>°tf*A-  i  CW-A  p  <DjrVM»j&  i  WA-  • 
Ä'A"»^   i    Ji^Tfl*   ■  J<bA  i    öJW-A-  p  'VA.?  i  H^rhK-Ä*7)  '  ,/£«7lT'f-  ■  m£7,fc 

eje.  ■  hrin*  '  i<r./i ' . . .  8)  nA<^- .-  Marfan  .-  *ica*a  « 

aJh9°1i  ••  ffiraow  .•  7*0»-  i  aofia  -.  9*1»  i&  »  a>->hAd  ••  A-flA"0-  •■  A?tA 
J&fli*0*  ■■  at^^\  •'  hR>\r<fl>~  •  HPT>  i  fl>je.JÄ'^  i  «D'>7A  ••  O^-fl  «  aijB.'fiA 
ÄSnüÄh   i    A/Z.'H'J   |    tfO    •  JkhA   i   /K-flA   •   AA.I>   •   mtiKtw  i  ViV-  i  AKf 
jK-nA-   ■•   llfl-tlf«»0"   •   hA   i    ^'"hrhn^öi»-  i  öJ/uJK.'V^T'  P  A'Jh  i  ^.0,1^»»- 
fcAHA  i  ACT^  •  (DtufhCiahFa»-  •  tD^nfi  p  h^Tf  ■  ÄhujUi  ■  rtji'n'J 
flJW-A-    ■    l-fl^h    ■    (OhPlrl-ttl    ■   fl)W-A"    i   -IJiAh    ••    öJVf-A"   ■   <*DA>i*H:h 
©W-A»  f  «wC'i.+h  *  fl>tf-A»  ■  <^»W3"th  i  fliW-A»  •  öfraii-h  « 
flj?ly,'H  .•  ^ao^  :  7^öp-  .-   0D-J7/V  •■  ft-fl/h  i  m^i/^h  •  h¥W*  •    A(JA  •' 
flJ^'flA  » 

AÄ9°^  i  -nh  i  nhcA*A  i  h9°iM  ••  fl»w-A»  ■  ;h7h  ■•  «oä-^v  ••  ©w-a-  « 


1)   hCI*    I      2)  |Dtf-A-   I      3)  ^n+   P 
4)    *J0A    s      5)  Fehlt  im  Texte. 

6)  Nach    V<£A    *    folgt  im  Texte  noch  einmal    fttio»'    :    AÄ,fA-A    s    IflCA-fA 

7)  fthbb     :      8)  Hier  fehlen  einige  Worte  im  Text;  s.  die  Uebersetzung. 


161 

VhAf  '  ?ir  Yx»°  '  frwfth*  •>  &  £  h.A'J  i  flA2)  «  Äfl>-A»fl  •  -fc-f-  •  ^d/.T- 
e  «f^ffC  )  ■  T0  ftfih  a  vo&t  •  r  ^ä-C  ä4)  «  "»Afchf-  *  Pvl/M 
9°d^<P  i  £  «fx-X'C  ■  &  htih  *  Tf  «  °M1<:  »  rh'PC^Th  -■  ^d^ 
£  «f^-frC  •■  Äg  fcflh  i  tnv  ö»'>-nA  •'  4»£vw>  :  (DTiA  ••  ao'Xia^^ 
WV  *  Mb  -nft/ft  :  XA  i  -f"l£"I  ■  A»öo*  •  ^m.K-^öo-  i  fliAJiA  «•  Ä«rh 
Ad  *  A»"1»-  i  W-A-  ■  %??•<**>'  '  -flÄ-d  i  -flfcA«  •  HÄ/WVfe  !  A»*  ■  hlllh-ü 
,h.i:  '  -\a\J\*  •'  Fditti  i  id'UA  i  jrw^  .•  r  «f^-ffC  >  ä  fcfih  ' 
ää    fl^-flA    ■    Ä<P>o>- 5)   i  AJi-Ji-   :    AA?°   i    (DÜKH-  •  AAfl  •  toflMl-  • 

^inc  i  wahi-fr  *  hfi  i  «Dun-  ■  AA°?-/;irtf«»-  «  atpt-nc  •  h&o*  •  ^.n» 

lf<n>-  .-rfijLMlA  ••  hm   i 

Ä^-flC-fch  «  JiA  i  £fc,Af.  •  *£"fch  i  -Irfl  i  *^fl  >  h9°h  ■  flJÄ>rh*  •  ChA"»- 
*£-"fch    ■    M£"C    »    AAA,Jf^-    ■    KP  •  ool^ti  i  *S.A  i  M*   i  MH> 
Ufa  '  9°tlti»\ra^  i  (DCRha»*  '  fltf*A-  ••  iP^O^  »  i^JK-  •  «»M^U  >  Afl<">- 

Krw-A-  ■  r^n/.  ■  fctf-jp,  •  <D£AnA«G)  •  *mi<:  .•  H>h  ■  n<pu£-  ■  ©Aß-h 

Hfl*  ••  Ah  •  ^AA,i>  *  <D9°AA  •  4»^A  ■  a**'i&tl  '  tl-ttdt^  •  a)MMH   ••    JE.X 

H.3r   .-  fliHA^.3:   ■  fliA'JA^  .■  ^A?°  ■  h°Vi  « 

inj^l^U-  •"  'Ü-flA  •• 

AjPAh<n>-    •  A*n^ih  ■  (DMUhnv  •  tidiVC?*  •  MMMn-Xx  '  PKM*  '  a°tl+ 


1)  Es  ist  im  Texte  die  amharische  Ordinalendung  ^",  Nom.  (f?0)m'}  •  Acc.)  angehängt, 
ebenso  an  einige  andere  (aber  nicht  an  alle). 

2)  Diese  Worte  sind  Amhärisch.  ^.A"}  :  stent  uier  statt  <ies  gewöhnlichen  |bAU*J  : 
diese  (Accus.  Plur.).    Also  wörtlich:  Ps.  113—20,  diese  (Verse)  sage!  Das  Zeichen  )=j  bedeutet  „bis." 

3)  4M"X"C  !  5  gewöhnlich  «f^TC  :  geschrieben ,  ist  Amhärisch  und  bedeutet  „Zahl"  (nu- 
merus). 

4)  Der  Text  ist  hier  sehr  corrumpirt  und  verschrieben;  wir  haben  das  Citat  nach  Denzinger 
(I,  p.  225)  hergestellt. 

5)  Wir  würden  hier  den  Accus.  Ä*P")hfl)  J  erwarten,  allein  Citate  werden  im  Nominativ 
aufgeführt,  worauf  wir  schon  p.  155,  Anm.  1  hingewiesen  haben.  Docb  steht  hie  und  da  auch  der 
Accussativ,  wie  S.  162,  L.  9. 

6)  ©A'flA*    *  ,    waa  uier  keinen  Sinn  gibt»  da  der  Subjunctiv  erwartet  wird. 


162 

Ah    i    (lh<L   1    *fl^   i    [(DdiVC?*1)    ']    aobfrao    :    ntäOhXi   :  Af-rh*>A 

*flje.  »  h<*>  ••  ^Ä*^  •  ^"fch  i  7AhAh  i  aivA-Wl^oh  ■  h0»<£#& 
a-nh  ■  nft?!-2)  ••  tf-A-**-  ■  fcA  i  <n>xh>  ■  -mh  •  <*.>-  •■  -*£A  i  ru%h 
4»-M  i  h"»  -  je-'VÄ-C  i  AAA  •  ffl-b  *  "7£  •■  m^Wb  •  (Dpfttpo»* 
AhA-  i  hlUC-hh  •  «DÄA-f^AF*«"»-  i  h<*>  •  ^/"h«  ■■  JuW  •  Tjr»-^- 
'Hfl>-?i*  i  ^«79°  A£^  ••  AACP-f«  ?  -1m.h>  i  ItK^^ilTr  '-  <0A-1-A4- 
Aj&ö»^  ••  n*PUÄ"  <  a)A£"h  «  Hfl*  i  Ah  •  ?°AA.U-  ■  fliiPAA  «  4>^A  •  «*»? 
£A  i  A«lrM-  i  aifc^-H  «  £?iH.fc  i  fl>HA£fc  i  mtfiHao  •.  <ja?"  »  h^l  « 
whF-ll  f  £Ä,A«  i  hlT>  ■  Ä^^fli  i  (Ihl-t-3)  ■  rtA9°  i  aiÄAA  !  «D^^nC 
a>Ä/W*  •  y£«7?  *  i  aiÄA»*  i  a»%A  *  (DM-üE-t  i  hÄ*  i  (Dfl-nC  •  h& 

V»ll  i  £*flA  i  6  h-ü  ■  4»^A  ■  6  a)A£"  •  ^-S-A  ■  6  a^hi:  »  aold.h 
fc-^A  i  ai^^Ä"  ■  hm  «  aWl-f"  •  F"?^*  i  fl>£A«T  ••  H£-f  i  a)"££* 
/"AA  *  flWJ-f-  •■  ^JK.  ••  nfcCJv?  i  tf»A4»A  ■  fr>H  i  JM1A  » 

n-4-h  *  hin.h'üth.c  ••  h-n  •  h'>xu  •  w-a-  ■  ttir  ••  ©fl-4-h  ■  ©aä- 
<PU£-  i  MlLM  ■  Ä.PA-A  i  3nCA*A  ■  a>(K-1fi  ■  «"»IAA  ■  **A  ■  ftl-frUnA  * 
fljh?°Tf  i  ih-flA  i  <wj-Mtf«>-C  iffflv  flJjfMlC  <  J&fc-fc  «  <D£flA  «  hli'J  :  fl-4-tl 
h^H.h-nrh-C  •  H^flCli  ■  AVf-A-  i  A'flfc  •  H^Ä*^  ■  a>-A+  ■  ^h9°  "• 
aihrTf  ■    £>/"?i   ■  hü"}  i  AH^m^*  ••  h9°0&*-n*)  ■  fli.P^Ä-A»  •  fc-}*5)  • 
9°^^  •■  (DWth  .-  hü^  i  ."VP  ■  (D?*r9°&  i  aij&flA  i 
Km9"+h    i   nA"»    »   Ä-fl    ••    ©flAtf»  .-  idaä«  i  runA^  ■  ""^A  *  4»-^A  •• 

hfln  !  Kflii^+h  •■  nA^  ■  Jwi  i  <»nA<w>  .•  <DA£*  ••  fljnA<w»  .■  ^^^a 

4»^.A    «   /^AA  i   Am^+h    ■    nA<w    :    A-n    .■   mOA"»    i    aiAÄ"  i  fliflA^ 

<w»^ÄA  •  *^«A  k 

fl>?ijr,'H    •  jz.'J'f-'V    •    hü**    •    r  ^ltJ?'^   ••   AH-hmy*   !   ßJ^flA   ■  /^AA  •• 


1)  Wohl  nur  durch  Nachlässigkeit  in  den  Text  gekommen,  da  es  sachlich  unrichtig  ist.  S.  die 
Uehersezung. 

2)  ?iA«/d  :  ,  was  in  diesen  Zusammenhang  sich  nicht  einfügen  lässt;  es  ist  möglich,  dass 
davor  etwas  ausgefallen  ist,  in  diesem  Falle  aber  müsste  auch  statt  ftA  s  ?iA*  s  gelesen  wer- 
den. In  Denzingers  Text  (I,  p.  202)  steht:  pro  famulo  tuo ;  demgemäss  haben  wir   fÜ\}'\%  *    gesezt. 

3)  Fehlt;   dagegen  steht:    CDAA?"    '      4)    A^'fl    «*         5)    tf'J'f"    : 


163 


£flA  i  [H7*  i  ÄA»-f  •■  AdA  i  «t^vh*  •  •?£  :  h<7»U.  »  h^H.K-flrh.C 
ÄrAhV  i  Ä:^H.  »  tf-A-  «  HAmCll  «  tf-A-1)]  ■  Ji^-^fl  ■  /<iAfl  ■  flTfl-nh 
Hfl*»0??  i  [Ä'J'I-  ■  Ofh-t:  i]  MÄn-J'^flJiVifl»-  «  A"7.eTh  *  4»£*"»  ■  fl>-ft'h 
ftrh/;  i  tfBft'K'J-n?!2)  i  «Dflirt'Jh  i  Atf-A-  ■  X^'T^I*  ■  'JA?0  «  IlMf  <  -1£ 
Ah  i  mfchycMhh  i  Afr7lf.Ml,fi.C  «  HlAjBli  i  ÄTTHs  ■  "7£  ■  AMftTh 
<w^.A  i  flHvh£*fl  i  K9°%.->&  •  atp-ncv  •  mvn  •  "»Aln-Hi  *  ->n?»Ah 
mVA-MH^Dli   '    hü"»    •     U:  ■■  KW  ■  <d«w>£4»£  .-  rt-flh  •  h«w>  .•  ->"°.m 

<M.ao.     i     flirrt     :     j&Yi-W     :     ^fc,     ;     (DflArh.    ■    <D?A-fl<h 
i    ffl^.f|     :     #.<J.J|     :    A^A<w>    :    «JA?»    i    haV*    ■    A£Yh? 


ffllDAÄ* 


AifH: 

AJwi  i 

A£VK> 
ÄA-I' 

nei  » 

>f%tf"f-h    ■    MH.K   ■"   iMrtjBlw»1» 


flcH-  i  [n]3)fc'Mic?  i  &£•  i  A?»A  i  j&m*0*  •  +£■<*>  -  *«nK+ 


•nc-fch  «  <w£flA  i  -»i.jp-f-? 
<0£äA.  -  hm  i  A<>A»ir<n»- 


Afc^-flC'fch  i  £-A«P>  i  A'idfW*  i  fPl9°  ■ 
*»<*>  -  AdA,lTöD*  i  -fldA  i  «füAh  i  [tu]4) 
ArMPC^  i  4^-A?  •  ffl>fl,A»öD-  «  7/»7i«  * 

If?+  i 

*£•<*»  i  fr7H.Jwi,fi,C  ■    Whöa  •  £flA  »  ÄA£  « 

hltl   i   £flA  ■  Mll>  «   h<7H.h'flrh,C  •■  Hfl*  •■ 


1)  Die  Worte  in  Klammem  fehlen  hier  im  Texte,  sie  stehen  aber  in  dem  Gebet,  das  am  Ende 
des  Taufritus  noch  einmal  (aus  irgend  einem  Grunde)  geschrieben  steht.  Da  sie  nothwendig,  des 
Sinnes  wegen,  hieher  gehören,  so  haben  wir  sie  eingesezt.  Dafür  spricht  auch  der  Text  bei  Denzinger 
(I,  p.  208). 

2)  Hier  als  Substantiv  gebraucht:  Sammelort,  eine  Bedeutung,  die  in  Dillmann's  Lexicon  nicht 
angegeben  ist.  In  der  anderen  Relation  dieses  Gebets  steht  dafür  JT*?iAÄ"  !  {9°Ö^iß^  s   geschrieben). 

3)  f]  fehlt  im  Text,  es  muss  aber  hier  wohl  stehen.  Bei  Denzinger  (I,  p.  230)  lautet  die 
Rubrik:  orationes,  quas  dicit  sacerdos,  cum  imponit  manus  super  eos,  qui  confirmandi  sunt. 

4)  Im  Texte  fehlt    fl) 

5)  <H»*}<£.J|  s  4*^?«ft  !  j  was  nicnt  von  'fiöii  :  abhängt ,  sondern  hier  statt  des  Accu- 
sativ  gesezt  ist  nach  Denzinger's  Text  (I,  p.  230) :  „mitte  super  eos  divitias  misericordiae  tuae  et 
Spiritum  Sanctum",  da  auch  das  nachfolgende  den  Accusativ  voraussezt. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  22 


164 

a>m£Ah  ■  W'A-  i  ä7-2)  •■  3)n«w»?<s.A  ••  *sa  •  ^«i-t-o»  :  ,-hje.aiV  ••  <dä- 

70  i  ^Ä"U'>  !  bh1'(\C*l:\\  i  n«P!J£*  ■  a>A£'h  »  HO*  »  Ah  >  rAA,^  ■ 
<DJ>°AA  ■  *3A  i  "»'>£A  •  A-flrlV>  ■  a)hi.V  •  £?ilU  >  ffllJA^fc  »  fl>A^ 
A^  ■•  «JA?"  ■  MX?  « 

je-nA  ■ 

ö>'>+nh  «  VHS"  «  <dme  ■  flj-1-flA  ■ 

buh  i  **A  i  AA-;*vt.  «  A^ai-Th'  ■  HA*JA5»°  »  h"VYö)*  at^tih  ■  ^.Ji  • 

4"fl?i  •  *3-A  >  HMltfiV  i  ""A.;h  «  mn^YT  ■  nK^'t^'^  ■  fc"£>  « 
fl>-T*+n?»  ■  Kl^ftta*  ■  flJAfl  i  X'JH  >  Wia  ■  -f-w**  ■  "^.A  «  4»SA  « 
iww-f*  ■  ö>ä*£-«>  »  äöä'>  « 

aj^-flfc    :    -nitijJ-    ••    aHw-n^ö*    •  fl»W-A»  ■  "»A^AJE-i*  ••  fl)fl7ÄhA  •  -Mfl, 

A»>  ••  <ö-"NlA  ■• 

frHiMi  i  buht-  ■  4>$.A  » 

(DpI-dC  ■  ?i£,U-  ■  AdA.irö1"  -  fl>£flA  • 

Yh>-  ■  n-<-Jiv  ■  nniiw-  ■■  "»A^fr-f-  ••  A^ea^e*  •  j&ncin  •  MH.K-nrh.c  • 

AAA.h"0'  ■•  flA<">-  >  iiMUM  ■  ^?A«A  ■  hCA-f-A  «  7/**fc«  >  "»'}£A  I 
4^A  «  fWA  »  fc«7H>nrh,C  «  fliflaiA^  ■  J»«PfWl  ?  ftCA-f-A  ■  HA»*7)  ! 
9°AA,ii-  ■   fl»9°AA    ■    *S.A  i  WidA    •    A-flrh^    •    «uhi-H    ■    J&KH.5:   ■  ©HA 


1)    ^Aih    *       2)  Im  Texte  verschrieben    -fft,   :       3)    fllfl/WJ^A    !     4)    fl)fla7'7*fHW»  : 

5)  Im  Texte  folgt  hiernach  ohne  allen  Zusammenhang  die  Doxologie:  ff fl-f:  :  j\\\  :  etc., 
die  gedankenlos  hier  angefügt  ist. 

Nach  Denzinger  I,  p.  209  heisst  es :  unctio  participationis  aeternae  vitae  et  immortalitatis, 
Amen.  In  dem  aethiopischen  Taufritus,  p.  281,  fehlt  dies,  jedoch  mit  Unrecht,  wie  der  aethiopische 
Text  beweist. 

6)  Text  3>i^,  :  7)  Im  Texte  steht  HO*!5  '  und  nach  demselben  f{[\  s  was  aber  hier 
unpassend  ist.  Die  Doxologie  scheint  überhaupt  aus  Versehen  hereingekommen  zu  sein.  Bei  Denz. 
p.  231  heisst  es:  accipite  Spiritum  Sanctum  per  virtutem  Dei  Patris,  per  virtutem  fllii  Jesu  Christi 
et  per  virtutem  Spiritus  Sancti  (ohne  Doxologie). 


165 

(Dh9°li  ■  ^A-fl^tf»»-  :  AfcA  i  £m<*»*  i  fcAflrt  «  ÄöV)  ■  t»JihA«A  i  J?.fl  • 
CJ»A"»-  ,  HJPCAfc2)  i  [<D]3)lfAcW  i  fli+^rh  :  BTC  «  fflÄflC^  P  d£<:  i  <Djr>flA  i 
fc°7H.*  '  fr7H.Ml,fi,C  i  fc:*H,  ■  tf-A-  -  hfclb  i  AMh\M  i  <d<*>£"U*  !  ^P 
A-A  i  *1CA*A  •'  HhAAlitf»-  i  A*3 Afch  •  Oirh'PC^h  ■  ^Ä-^i-}  ■  (D'iW 
-fch  •  rfc^T*  •  hh  •  hrao^Xf)  ..  Kntsji  :  H^^A?  :  <D£?iriJ:  ■ 
V7H>  i  <*>  ■  -ncytti  i  m*  i  WriA^A  ■  HÄA-HJA-h  ■  [ADM-flC-fch  ■ 
VM1C  ■  -S.fi  •  hChtl-tW o°-  i  A+A4«  i  TSP0*^  i  4»£-A>  •  £i>T<"»-  ■■  In-Üd  » 
ÖPA-flrfVI-  ■•  7Ä-rh  i  JthA.A  i  fl^h*  •  <D*"»£"lft*6)  i  WF1A.A  «  ofi£  i  fflÄ" 
£•*  i  WflA^A  -  Tfl-fl  •  flJfOMi-T-  i  h°V}  '•  CRh*^  ■  h«7H,^  •  \\a°  '  £<L 
Xa*>*  .-  q-hnnh  i  ©/"Co-Mi  ••  fflj&chn-  «  nih-Hi  *  bmfrXi  •■  (D(is>'9° 
tfr  i  <dA£-ii7)  i  fl>tf°7£A  i  ^-S-A  i  HA»*  i  A-flrhTh  A'JA"»  «  ^9°  •  Ä"X7  « 
flPjtjP-Tf  ••  ;*-WlC  <  fl?%&,h  i  atfach  '  h^Tf  i 

?i07H./i'flrh,C    •  ^-SA  i  HhAAin»»-  i  A^S-Afch  i  fli^d^*^-  *  hhn?a*$l 
a>9°?:A>ahn  '•  8)fc?-f-  !  Mli.*  ■  flClu»*-9)  1  A?iA-  ■  MMA*  ■  lÜiA-MA-h 
S"H1C  ■  -S.n  >  ÄChA-tlf"»-  i  AJtf-flC-fch  ■  jRYbT^  •  Ah-flC  ••  «DAA-flrhTh 
fc"*?  «  MiAJt  I  n^h-Th  i  <Doo£<\tfr  ■  fchA^A  •  w*  i  <Drh"£>  p  h»Mi 
a.a  i  yj&^T-ih  :  fc^?  «  WnA.A  i  Tfl-n  ■  ropöwj*  •  WVh  «  Mia.a  ■ 

Ä«7?»«n»-    :    fcA    :    KAflA?1    :    A^AÄJl    I    AA9°  ■  0J^4»C  ■  (D^htC  ■    nArh^    : 


1)  0«}/;  :  2)  Statt  HJP°CAi  ■"  steht  im  Text  »flCAT*  :  Der  Abschreiber  hat  JT» 
mit  »fl  vertauscht  (was  im  Amhärischen  häufig  ist)  und  bei  JP°CA3l  :  wonl  an  das  amhä'rische 
9°hC  s  (Linsen)  gedacht,  wesshalb  er  das  entsprechende  aethiopische  Wort  »flCA*J  !  einsezte  mit 
der  Colletivendung  öt  =  amhärisch  ötsh. 

3)  CD  fehlt.  Wir  haben  den  Text  nach  der  Rubrik  bei  Denzinger  (I,  p.  231)  hergestellt:  tum 
induunt,  qui  baptizati  sunt,  vestem  albam  et  coronam  super  capita  sua  ex  myrtho  et  palma. 

4)  KA<w,4-fl    !       5)    hl'QC'fch    :    onne  Praeposition.       6)  «/».R"^    • 

7)  Der  Text  hat  hier  /tfl-fl  s  ,  was  nicht  in  den  Zusammenhang  passt,  da  das  Gebet  an  den 
Vater  gerichtet  ist.  Darauf  weist  auch  der  Text  bei  Denzinger  hin,  s.  die  Uebersezung. 

8)  Im  Text  steht  vor  fxi'b  •  nocn  "Mi00  :  »  was  aber  mer  deinen  Sinn  gibt.  Bei  Denz. 
(I,  p.  231)  heisstes:  Tu  Domine,  qui  praeparari  fecisti  has  Coronas,  benedic  eis.  Es  weist  daher  nichts 
darauf  hin,  dass  hier  im  Texte  etwas  ausgefallen  wäre,  darum  haben  wir   Ttifttro    s   gestrichen. 

9)  acxiffl*  i 

22* 


16B 

AdAir«"»-  ■•  ÄJ5  i  fl>ftö7d  •   *A  •  oa>-?*<i*>'  i  tfJfiJiA-f-tf1»-  j  id"/.?»  •  fl>ftf-  •■ 

^ftf-öD.  •  n#W  •  AlVf-  i  tiCft-ftf  ?h  i  4»£'AV  p  AM  i  WA-  «  Wh, 
Hrh'PC^'ll*  i  <dä*^  ■  '/£fl7S0'V  ■■  ATfA-tf-  «  (D9°C^^'  •  <£S0-f*  »  ÄÄ-4» 
öi«w»^«7/*'^  .-  öiAÄ'h  i  -fcC  ■  fl>IK.3n  •  ?°AA2)  ■  <*»'J£A  ■  *^A  •  "VAf ^ 
AH,Ji   i   fl>HA<0.   "   a>A*JA"»   :   °,M»  i   A"^   » 

flJhrif  •  ^-v-nc  ;  ?»£,h  i  -s.n  ••  h£&tofcU'tffr  •■  )  ...  AK^nc-fch  * 
fchA.A  •■  frnc  i  ÄÖ£'J  i  Ä3TIA.A  ■  '/j?^rr>  •  fc"r>  i  MnA.A  •  ft*£*  | 
K^7  »  hfrA.A  •  #70  »  HÄ.JR-1  ^*P?i  ■  A0C  ■'  (Dd.tl?-a°'  !  AK«7-nC-f:h  | 
?°A-M  ■  ÄP  i  <ötf»'J<(.A  ■  fr-S-A  ■  n,J/UA-  •  aifiy-A/.*  ■  Afc^AhV  i  "»<£ 
*£  •  A-fl?»  •  a>A£'h  »  MH.M  *  Ä.PA-A  ■  hCA-FA  •  Hfl*  ■  Ah4)  -■  fl»A 
0*>-UA  .-  4»SA  :  A'Hrh>  i  wWtt  ■  Jft?iH,3:   '   <DM\dX  :   «öA'JA'w»  .-  'JA!'0  i 

id^jp-h   •■    fr^aomah   i   ?i?°Am.C    ■    +3-A    ■    "7/hP^    ■  fc^H  !  £"M<yD'>  ! 

hu'j  •  Hn^-tKu'^  ■  frnfro*  i  /^^c;- 1  a>£A'f-£  :  Äf°  i  ymv.  =  ax^h»  •• 

flUTD^-)^  .-  A,f A*A  .-   liCA^A  « 

afK9°K:'hd,ü'  •  f ü-n?'^-  ■■  ^iA.0  ■  [fl*"»1^  i] 5)  h^AA  •  X*AJt.->  •  Alf-f-ßJA^  i 

nfc.?A«ft  >  hCA-fA  ■  fl>hdn  •■  n-tlC  •    h&O-  •  AdA.lfö»»-  i  M\\  -  J?,-flA  i 

j&^n^h  ••  h^H.^-nrh.c  •  Än-ü-  ••  Ahin.M  •  man^^  ..  ^?a-a  .•  ^ca 


2)  Vor  9°AA  :  steht  im  Texte  fl) ,  was  nach  dem  Zusammenhang:  (wenn  der  Text  hier 
nicht  verdorben  ist)  nicht  am  Plaze  ist.     Vergleiche  dazu  die  Uebersezung. 

'S)  Hier  sind  einige  Worte  ausgefallen.  Nach  Denzinger's  Test  (s.  die  Uebersezung)  müsste  hier 
etwa  stehen     (D-'HlA    :    M\i.h    '    Mn.h'(\<h,C    •    h-Q    '   -%C  '  hi^AhV  ■  KWCl  ! 

4)  tf*Ah    s    HA"'IJ    :  i    sinnlos  verschrieben. 

5)  Fehlt  im  Text,  muss  aber  nach  allen  Angaben  hier  stehen.  .  (Denzinger  1,  p.  232:  mel  im- 
maculatum). 


107 

•f-ti    •    ttdti£bo°'    •    £-A«P>    t    AftCP^   ••    -Ym^V  ■  fflA-flft  i  Hfc,£"7fi'}  > 
fc/.n*   »  ^7^.ft   ■  4>S.ft   »   -JAÄAh   •   ©Tft^n^oh  ■   *-*"?+£  i  iVnJi 
h«w»    i   -1'£ii?-o*>-   i   £-A«PV   i  h*»   .-    ^/"h«  .-  /^^h  i  4-3-rt  i  ffl^^h 
hnv.  i  fl>Ä«7fPtf»-  .■  A'HA-^  i  h"»  «  JE-lK^A-  i  A£Ä-*7°  -■   -HtHTfh  '■  atf»C 

OW    •    [<D]£Chfl-  )    ■    ÄflÄVHcn».    :    ^fl  •  %%A\X\    '    HflA"Y£>  »  «w»'»«?/^*! 

(l'fUA-  ■  flJfl?0/»^'!-"  i  AÄ9"A!rrt  »  "»«P«*^  i  A-flfc  i  *PD£'2)  i  t»A£-h 
?i^H»  '  A.erVA  i  *lCft#A  i  HH*  ■  Ah  ■  rtl&ib  «  ö>9°AA  »  4»^A 
""^.fl  i  Aflrh'lh  ■  fl^'H  :  JK.fcH.2r   i  mn&dX  -  fl»A^A<w>  .■  ^A9°  *  fc-*l?  • 

jvn-H'*-  i    fc^-nc-fch  ■   fiTflnh  ■  toM-flo).  ■  <L6ir-t-h  •  (Dh-nRfra»-  • 

^niV  i  ÄhA  i  (DRIFav*)  i  ÄfcJJ0*?  i  K*£-*  i  010*0"°*  ■  nyjZ.'W'l*  ■  HVJ 
flA  i  *flM*  :  flÄA»;*-  ■  fflnftJiA^.AMHVH  •  nWF  •  (DM.1*  '  k9°<\Yl  • 
fyKrfö  •  £*7«7A  ■  f»nÄA»h  ••  P-rh'jn  •■  <w»T9°4»  •  flÄA»^öw-  ■  A^h^A  ■  an 
-flC^A  ■  fl>AVf-A»ö»-  •  4»*? AI  ■  "»Afch*  •  a^ti-f'O^  s  m[\t\\M ■"«»•  '  A4» 
<?.fl  «  «feCtfA  «  axM-ft  i  XP-Cj.fl  •  a>nÄA*»f*  «  4-3.fl  i  -fc^Ä-tfA  * 
OJ7Afl>-&,SpA  :  fflflÄA-"/-  •■  4»-f.ft  ■  *^C90V^9°  «  at&bfliC  •  fliW-A-"0*  •  rt°7 
o;H-  i  flÄAH^-  ,  ainA^A-f-^-  i  AVfl„?-V  p  ©rh-PC^  -  mnÄA-f*  ■ 
W-A-ö°-  i    «Ä'.^'J  '  flJrt0?*)*  i   hü  ■  h/WC?  •   AMtt.Jwirh.C  '  A^A«w  ■ 


1)  |D    fehlt  im  Text.  Bei  Denz.  p.  232:  et  inveniant. 

2)  Im  Texte    fl^UJ^"    s ,    was  nicht  passt,  da  <PUJ£*    :  Apposition  zu  dem  vorangehenden  ist. 

3)  Im  Text  steht  nach  J*l*7fP0©-  :  noch  (D'tl't*  !  5  wenn  dieses  richtig  wäre,  so  müsste  nach 
demselben  ein  Wort  ausgefallen  sein.  Bei  Denzinger  (I,  p.  232)  steht  nur:  „et  da  eis  cognitionem 
justitiae;"  wir  haben  darum   Ohtl'i*    s    gestrichen. 

4)  Zum  Schlüsse  folgt  noch  einmal    ÄA*"1!*    •'    AM    ■    Q^th't'    '•    '"Iß*    '•    s.  p.  163,  L.  2. 


168 


Taufbuch* 

Im  Namen  des  Vaters  und  des  Sohnes  und  des  heiligen  Geistes, 
Ein  Gott! 

Buch  der  heiligen  Einweihung  in  das  Christenthum  und  Buch  der 
heiligen  Taufe1).  Du2)  sprichst  den  L.  Psalm  und  das  Gebet 
der  Danksagung3).  Und  er  soll  räuchern  und  die  Namen 
derer  erkundigen,  die  getauft  werden,  und  der  Diaconus 
soll  sagen:  Betet! 

Dann  soll  der  Priester  dieses   Gebet  sprechen. 

,,0  unser  Herr  Jesus  Christus,  der  den  Himmel  geneigt  und  auf 
die  Erde  herabgestiegen  ist,  dessen  Wort  den  Felsen  spaltet,  und 
schärfer  ist  als  ein  Schwert,  vor  dem  sich  bewegten...4),  heile5) 
diese  deine  Knechte,  welche  sich  zu  deiner  Lehre  gewendet  haben 
und  zeige  ihnen  den  Weg,  auf  dem  sie  wandeln  sollen  und  unterweise 
sie  durch  die  Erkenntniss  des  heiligen  Geistes  . .  .  .6)  und  schenke  ihnen 
Vergebung  ihrer  Todsünden7),  auf  dass  sie  würdig  werden  der  heiligen 
Taufe,  -welche  die  zweite  Geburt  ist  und  sie  den  heiligen  Geist  erlangen, 


1)  Beide  Worte  stehen  als  Synonyma. 

2)  Es  ist  damit  der  Priester  gemeint,  da  in  den  Rubriken  der  Priester  meistens  in  der  zweiten 
Person  angeredet  wird. 

3)  Das  ÄA°'f"  »  Ath°"k*lh  *  *st  em  km'zes  Danksagungsgebet  für  gnädige  Bewahrung,  das 
zum  Canon  Missae  gehört.  S.  Renaudot,  Liturg.  Orient.  Collectio,  Tom.  I,  p.  2.  Es  lautet:  Gratias 
agamus  bonorum  auctori  misericordi,  Deo  patri  domini,  Dei  et  salvatoris  nostri  Jesu  Christi,  quia  ipse 
protexit  nos,  adjuvit  et  servavit  nos,  suscepitque  nos  ad  se,  misertus  est  nostri,  perduxitque  nos  ad 
hanc  horam.  Ipsum  nunc  precemur,  ut  custodiat  nos  hoc  sancto  die  et  omnibus  diebus  vitae  nostrae, 
in  omni  pace,  omnipotens  Dominus  Deus  noster. 

4)  Hier  fehlen  im  Texte  einige  Worte ;  s.  Denzinger  I,  p.  193  (cujus  praesentia  commotae  sunt 
aquae  et  retroconversae  sunt). 

5)  Das  (D  steht,  wenn  Nebenbestimmungen  vorangegangen  sind,  um  den  Hauptsaz  kräftig 
hervorzuheben;  im  Deutschen  kann  es  in  diesem  Falle  nicht  wiedergegeben  werden. 

6)  Der  Text  ist  hier  in  Unordnung  und  verdorben ;  bei  Denzinger  (1.  c.)  steht :  ut  sint  in  donum 
incorruptibile  Spiritus  tui  Sancti. 

7)  1lhM&all\'}    s5  wörtlich:  die  nicht  verschwinden  =  peccata  mortalia;  cf.  S.  172.  Anm.  4. 

den  analogen  Ausdruck:     *^|rtl,^^'f,fl,,*    s    HA'JAjP'    : 


169 

damit  sie  mit  hellem  Auge  schauen  die  Stärke  deiner  Erkenntniss  und 
dich  preisen,  unsern  Gott.  Dir  gebührt  der  Preis,  und  deinem  Vater, 
dem  Erbarmer,  und  dem  heiligen  Geiste,  dem  Lebendigmacher,  jezt  und 
immerdar  und  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!" 

Und   der  Diaconus  soll  sagen:   Betet! 

Und  derPriester  soll  für  die,  die  getauft  werden,  sprechen: 

„0  Herr  Gott,  unser  Gott,  Allmächtiger,  Vater  unseres  Herrn  und 
Heilandes  Jesu  Christi,  wir  bitten  und  flehen  von  deiner  Güte,  o  Lieb- 
haber der  Menschen,  für  alle  deine  Knechte,  welche  unterrichtet  wurden: 
erzeige  ihnen  Barmherzigkeit,  nimm  weg  aus  ihnen  und  von  ihnen  allen 
Ueberrest  des  Gözendienstes!  Dein  Gesez  und  deine  Ordnung  und  deine 
Furcht  und  dein  Gebot  lege  in  ihr  Herz,  und  mache  sie  würdig,  dass 
sie  verstehen  die  Kraft  deines  Wortes,  in  dem  sie  unterwiesen  wurden, 
und  damit  sie  zu  rechter  Zeit  das  Bad  der  Wiedergeburt  erlangen  zur 
Vergebung  der  Sünden,  und  mache  sie  zur  Wohnung  des  heiligen  Geistes 
durch  die  Gnade  deines  eingebornen  Sohnes ,  unseres  Herrn  und  Hei- 
landes Jesu  Christi,  welchem  (ist)  Preis  und  Macht  jezt  und  immerdar 
und  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!" 

Gebet  welches  über  das  Oel  gesprochen  wird,  womit 
sie  die  salben,  die  getauft  werden;  und  du  hältst  das  Oel- 
gefäss  in  deiner  Hand  und  betest  darüber  und  sprichst: 

„Herr,  unser  Gott,  Vater  unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesu  Christi, 
deines  eingebornen  Sohnes,  der  um  unseretwillen  gekreuzigt  wurde  in 
den  Tagen  von  Pontius  Pilatus,  um  eines  guten  Bekenntnisses  willen1): 
wir  bitten  und  flehen  zu  dir,  o  Liebhaber  der  Menschen,  zu  deiner 
Güte,  sende  die  Kraft  des  heiligen  Geistes  über  dieses  Oel,  damit  es 
rein  werde,  das  widerstehe  jeder  Verkehrtheit  und  jeder  Bezauberung 
und  jedem  Gözendienst  und  jeder  schlechten  That,  damit  sie  sich 
zurückwende2),  durch  die  Kraft  deines  eingebornen  Sohnes,  unseres 
Herrn  und  Heilandes  Jesu  Christi,  in  welchem  dir  (zukommt)  mit  ihm 
und  dem  heiligen  Geiste  Preis  und  Macht,  jezt  und  immerdar  und  in 
die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen !" 


1)  Cf.  I  Tim.  6,  13. 

2)  Bei  Denzinger  (I,  p.  195):  „et  retrovertat  omne  opus  malura." 


170 

Gebet  über  dieses  Oel;1)  und  es  soll  der  Diaconus  sa- 
gen:  Betet!   Und  der  Priester  soll  sprechen: 

„Herr,  Gott,  unser  Gott,  Allmächtiger,  Vater  unseres  Herrn  und 
Heilandes  Jesu  Christi,  wir  bitten  und  flehen  zu  deiner  Güte,  o  Lieb- 
haber der  Menschen :  denn  du  allein  bist  der  wahre  Gott  mit  deinem 
eingebornen  Sohn,  unserem  Herrn  und  Heiland  Jesu  Christo  und 
dem  heiligen  Geiste:  siehe  in  Gnaden  herab  auf  dieses  Oel  und  mache 
es  zum  Zerstörer  aller  Dämonen  und  jeder  Bezauberung  und  jeder  Magie 
und  jedes  Gözendienstes,  und  bereite  es  zu,  dass  es  ein  reines  Oel  werde 
für  Seele  und  Leib  und  zum  Bekenntniss2)  unseres  Herrn  und  Heilandes 
Jesu  Christi,  welchem  (ist)  Preis  und  Ehre  in  die  Ewigkeit  der  Ewig- 
keit, Amen!  ' 

Darauf  salbst  du  seine  Stirn  und  seine  Brust.und  sein 
Herz  und  seine  Schultern  und  die  Fläche  seiner  Hand  in- 
wendig und  auswendig,  und  seinen  Rücken,  und  sprichst: 
,,ich  der  Priester  N.  N.  salbe  dich  im  Namen  der  einigen  heiligen  christ- 
lichen Kirche  Gottes,  Amen!  Dieses  Oel  soll  zerstören  das  Werk  des 
Satans  und  des   Feindes,   der  sich  ihm   widersezt,  Amen!" 

Und  der  Täufling  soll  „Amen!"  sagen.  Und  der  Priester 
soll  dasGebet  der  Danksagung  sprechen  und  die  Knie3)  der 
Täuflinge  beugen.  Und  der  Priester  soll  über  sie  beten 
und  sprechen: ' 

Gebenedeiet  sei  der  Herr ,  unser  Gott,  der  Allmächtige,  und  gebe- 
nedeiet sei  der  heilige  Name  seiner  Herrlichkeit;  und  gebenedeiet  sei 
der  eingeborne  Sohn  unser  Herr  und  Heiland  Jesus,  um  dessenwillen 
alle  Völker  aus  der  Finsterniss  in  das  Licht  des  wunderbaren  Glaubens 
gerufen  werden,  aus  dem  eitlen  Irrthum  des  Gözendienstes  zur  Erkennt- 
niss  der  Wahrheit.*' 


1)  Es  ist  dies  ein  anderes  Weihegebet,  welches  statt  des  vorangehenden  gesprochen  werden  mag. 
S.  Denzinger,  I,  p.  194,  wo  es  in  umgekehrter  Ordnung  steht. 

2)  Der  aethiopische  Text  (D^vOO)  :  (und  wir  glauben  oder  bekennen)  passt  nicht  in  den 
Zusammenhang,  da  er  mit  dem  vorangehenden  in  keiner  Verbindung  steht;  wir  schlagen  daher  vor, 
statt     Y\UV*i    :    ix0*^!    :    (als  Accusativ,  abhängig  von    jMft*0}    :)    zu  lesen. 

Darauf  weist  auch  der  Text  bei  Denzinger  (I,  p.  194)  hin :  transfer  autem  et  commuta  (purifica) 
illud,  ac  fac  oleum  unctionis  et  catechuminatus,  quod  animam  fidelem  faciat  in  Jesu  Christo." 

3)  In  der  Rubrik  bei  Denzinger  (I,  p.  223)  steht  hier  sonderbarer  Weise  „brachia." 


171 

Und  der  Diaconus  soll  sagen:  Betet!  Und  der  Priester 
soll  sprechen: 

„Schreibe  die  Namen  dieser  deiner  Knechte,  welche  du  zu  deinem 
heiligen  Namen  gerufen  hast,  in  das  Buch  des  Lebens  und  zähle  sie  zu 
den  Schafen  deiner  Heerde  und  zu  deinem  Volke  und  zu  denen ,  die 
deinen  Namen  fürchten ;  schenke  ihnen  Gnade ,  damit  sie  im  reifen 
Alter1)  zum  Glauben  und  zur  Vergebung  der  Sünden  gelangen;  und 
mache  die  Wohnung  derselben  im  heiligen  Geiste2),  durch  deinen  ein- 
gebornen  Sohn,  unsern  Herrn  und  Heiland  Jesum,  dem  Preis  und  Ehre 
(ist)  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen ! 

Gebet  für  diejenigen,  welche  ihre  Namen  für  die  Taufe 
angegeben  haben. 

Und  es  spricht  der  Priester: 

„Wir  bitten  und  flehen,  o  allmächtiger  Gott,  Vater  unseres  Herrn 
und  Heilandes  Jesu  Christi,  für  diejenigen,  welche  ihre  Namen  (zur  Taufe) 
angegeben  haben  und  welche  durch  den  Glauben  in  deine  Gnade  einge- 
gangen sind3),  mögen  die  würdig  werden  deine  Gnade  zu  erlangen, 
welche  zu  dir  gekommen  sind :  denn  das  ist  die  zweite  Geburt  zur  Vergebung 
der  Sünden,  wozu  sie  zu  dir  gekommen  sind,  damit  sie  rein  werden  von 
ihren  Todsünden4)  und  sie  frei  werden  vom  Dienste  des  Verderbens ; 
die  Herrschaft  ist  in  deiner  Hand,   o  allmächtiger  Gott,  unser  Gott! 

Und  der  Diaconus  soll  sagen:  „Betet  für  diejenigen,  die  ihre 
Namen  angegeben  haben,  damit  er  sie  würdig  für  die  Taufe  mache  zur 
Vergebung  ihrer  Sünden."  Darauf  beugt  der  Priester  ihre  Füsse 
und  spricht  über  sie  dieses  Gebet: 


1)  0°(n%    s    KfaA    :    alß  Zeitbestimmung   im  Accusativ. 

2)  Diese  Wendung  ist  auffallend  und  der  biblischen  Ausdrucksweise  nicht  entsprechend.  Wir 
würden  eher  erwarten:  «D^ftf-ö1*  :  °^^[f^d  •  A^TriLll  s  4*-Wl  :  wie  es  S-  156>  L-  4 
des  Textes  vorkommt.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ist  der  Text  hier  verdorben.  Bei  Denziger  (I,  p. 
195)  steht:  praepara  eos  in  templum  Spiritui  tuo  Sancto. 

3)  Bei  Denzinger  (I,  195)  heisst  es:  et  ad  fidem  gratia  tua  accesserunt.  Richtiger  Tesfa  Sion 
(bei  Migne,  T.  138,  p.  931):  qui  ingressi  sunt  per  fidem  tuam  in  gratiara  tuam. 

4)  S.  p.  169.  Anm.  4.  *fan.ft"h  :  HA^A9°  :,  wörtlich:  die  Sünden,  die  für  die  Ewig- 
keit bleiben,  im  Gegensaz  gegen  die  peccata  venialia. 

Die  Uebersezung  bei  Denzinger  (I,  195):  „et  emundentur  a  peccato  mundano",  beruht  auf  Miss- 
verständniss,  und  die  in  der  Anmerkung  dazu  aus  Assemanus  citirte  „in  aeternum"  ist  nicht  ganz  richtig 
und  darum  unverständlich. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  23 


172 

„Allmächtiger  Herr  Gott,  Vater  unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesu, 
wir  bitten  und  flehen  dich  an,  o  Liebhaber  der  Menschen,  sei  diesen 
deinen  Knechten,  die  ihre  Namen  angegeben  haben,  gnädig  und  mache 
sie  würdig  der  (Tauf-)Gnade,  da  sie  sich  zu  dir  genähert  haben1),  auf 
dass  sie  den  heiligen  Geist  erlangen  und  von  dir  mit  deiner  göttlichen 
Kraft  bekleidet  werden  und  dass  sie  ähnlich  werden  deinem  Sohne  un- 
serem Herrn  und  Gott  Jesu  Christo,  und  dass  sie  eins  werden  mit  ihm2);' 
schenke  ihnen  ein  reines  Herz  und  einen  aufrichtigen  Sinn,  und  darum 
beten  wir  dich  an ,  indem  wir  bitten  und  zu  dir  flehen ,  unser  Herr, 
dass  du  uns  aufrichtest.  Und  erwecke  unser  Herz  und  unsern  Sinn  zu 
deiner  Erkenntniss,  und  schenke  ihnen  Einsicht  und  Belehrung  und 
mache  sie  würdig  deine  Knechte  zu  sein ,  und  bewahre  uns  durch  die 
Gnade  des  heiligen  Geistes  und  erbarme  dich  über  uns  nach  der  Ver- 
heissung  deiner  herrlichen  ewigen  Güte,  durch  deinen  eingebornen  Sohn, 
unsern  Herrn  und  Heiland  Jesum  Christum,  in  die  Ewigkeit  der  Ewig- 
keit3), Amen!" 

Darauf  beugt  derPriester  die  Füsse  und  Knie  derTäuf- 
linge,  und  es  spricht  der  Priester  mit  viel  Flehen  zum  Herrn: 

„Unser  Gott,  Allmächtiger,  Vater  unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesu 
Christi  [wir  bitten  und  flehen  dich  an]  für  die,  die  ihre  Namen  ange- 
geben haben ,  du  wollest  ihr  Ohr  öffnen  und  das  Licht  deiner  Gnade 
und  deiner  Erkenntniss  über  sie  leuchten  lassen ,  damit  sie  erkennen 
die  Kraft  deines  Wortes,  das  ihnen  gegeben  wurde;  denn  du  hast  die 
Macht  zur  Unterweisung4),  allmächtiger  Herr,  unser  Gott!" 


1)  Bei  Denzinger  (I,  p.  196):  „dignos  illos  effice  gratia,  ad  quam  accesserunt." 

2)  Bei  Denzinger  (I,  p.  196)  offenbar  richtig:  „et  unura  fiant  cum  unigenito  filio  tuo."  Noch 
besser  Tesfa  Sion  (Migne,  1.  c.  p.  932):  et  unum  efficiantur  cum  eo. 

3)  Bei  Denzinger  (I,  p.  196)  lautet  dieser  Saz  ziemlich  verschieden:  „mentesque  nostras,  cogi- 
tationes  et  intellectus  excites  atque  attollas:  da  nobis  intellectum  sapientem  et  justum  et  concede 
famulis  tuis,  ut  Spiritus  tui  Sancti  gratia  custodiantur,  dirige  eos  in  spem  bonorum  tuorum  aeternorum, 
per  unigenitum  fllium  tuum." 

Mit  dem  aethiopischen  Texte  lässt  sich  diese  Uebersezung  nicht  vereinigen.  Bei  Tesfa  Sion 
(Migne,  1.  c.  p.  932)  heisst  es:  da  nobis  mentem  intellectivam  et  doctrinam.  Fac  nos  servos  tuos  et 
custodi  nos  gratia  Spiritus  sancti.     Dirige  spe  bonitatis  tuae  aeternae  hos  famulos  tuos  etc. 

4)  Die  Uebersezung  bei  Denzinger  (I,  p.  196):  „quia  tibi  est  potestas  misericordiae"  beruht 
auf  einem  offenbaren  Missverständniss  des  aethiop.  Textes.  'tm9°l)C't'  :  bedeutet  nur  „Unterweis- 
ung", und  da  von  der  Wurzel  9°ii\&  i  keine  derartige  Nominalbildung  existirt,  so  kann  an  „miseri- 
cordia"  nicht  gedacht  werden. 


Der  Dia conus  soll  sagen:  Betet!  Und  der  Priester  soll 
sprechen: 

„Herr,  unser  Gott,  Allmächtiger,  Vater  unseres  Herrn  und  Hei- 
landes Jesu  Christi,  wir  bitten  und  flehen  dich  an,  o  Liebhaber  der 
Menschen,  dass  du  durch  das  Geheimniss  des  heiligen  Geistes1)  zerbre- 
chest die  Macht  der  Daemonen,  die  uns  entgegen  stehen,  bedräue  sie 
und  treibe  sie  weg:  denn  du  hast  berufen  deine  Knechte,  welche  (in 
die  Kirche)  eingetreten  und  gekommen  sind  aus  der  Finsterniss  ins 
Licht,  und  aus  dem  Tode  ins  Leben,  aus  der  Unwissenheit  in  die  Er- 
kenntnisse aus  dem  Gözendienst  in  deinen  Dienst.  0  unser  Gott,  erforsche 
das  Innere  ihres  Herzens,  wie  du  erforschet  hast  Jerusalem  mit  der 
Lampe  deiner  Weisheit.  Lasse  nicht  zu,  dass  ein  böser  Geist  in  sie  fahre, 
sondern  schenke  ihnen  Reinheit  und  Erlösung  und  gieb  ihnen  das  ewige 
Leben  und  zeuge  sie2)  durch  das  Bad3)  der  Wiedergeburt  zur  Vergebung 
der  Sünden,  und  mache  sie  zum  Wohnsiz  des  heiligen  Geistes  durch 
deinen  eingebornen  Sohn ,  unsern  Herrn  und  Heiland  Jesum  Christum, 
in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen  !" 

Darauf  beugt  er  ihre  Füsse  und    spricht  dieses  Gebet: 

„0  Liebhaber  der  Menschen,  Erbarmer,  Vater  des  Lichts,  Spender 
des  Lebens,  Quelle  der  Reinheit,  und  alles,  was  von  Anfang  an  gemacht 
worden  ist,  hast  du  geschaffen  und4)  du  hast  einst  ein  Wunderzeichen 
gegeben  >  das  meine  Sünden  aussühnt ,  denn  du  kannst  alle  unreinen 
Geister  umwandeln:  schenke  ihnen  die  himmlische  Wiedergeburt,  damit 
sie  wahre  Kinder  des  heiligen  Geistes  werden,  durch  deinen  eingebornen 


1)  Bei  Denzinger  (I,  p.  196):  „per  mysterium  nominis  tui  sancti."  Tesfa  Sion  (Migne,  p.  932): 
ut  latenter  et  invisibiliter  per  Spiritum  sanctum  aboleas. 

2)  Der  Text  hat  hier  die  starke  Bildung  fl>«AÄ"  •' ,  die  Dillmann  nicht  aufgeführt  hat. 
S.  160,  L.  9  jedoch,  wo  der  Imperativ  wiederkehrt,  steht   A^"0"    s 

3)  Der  Text  hat  nur  Idfl^  : ,  in  loser  Unterordnung  unter  <0-A£-<n*'  ! ,  wahrscheinlich 
jedoch  ist  hier    fl     ausgefallen,  wie  aus  Text  S.  160,  L.  9  zu  ersehen  ist,  wo  die  Phrase  wiederkehrt. 

4)  Denz.  (I,  p.  197)  weicht  hier  ganz  ab.  Dort  heisst  es:  et  singulis  creaturis  raensuram  (ac 
remissionem)  dedisti;  tu  omnia  commutare  potes,  eja  Domine,  hanc  animam  commuta  eique  praesta 
coelestem  regenerationem,  ut  non  sit  filia  carnis,  sed  filia  veritatis  in  Spiritu  Sancto  per  unigenitum 
filium  tuum  etc. 

Tesfa  Sion  (Migne  1.  c.  p.  932):  et  dedisti  signum  singulis  operibus  tuis ;  quia  autem  idem  ipse 

mutare  potes  omnia,  etc. 

23* 


174 

Sohn,  unsern  Herrn  und  Heiland  Jesum  Christum,  in  welchem  dir  mit 
ihm  und  dem  heiligen  Geist  (zukommt)  Preis  und  Macht,  jezt  und  im» 
merdar,  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen  !" 

Darauf  beugt  er  ihre  Füsse   und  spricht  dieses  Gebet: 

,, Immanuel,  unser  Gott,  Vater  unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesu 
Christi,  Spender  des  Lebens  für  unsere  Seelen1) :  leite,  o  Herr,  diejenigen, 
die  dich  suchen2).  Wir  bitten  und  flehen  dich  an ,  o  Liebhaber  der 
Menschen ,  schaue  von  deinem  Heiligthum  und  von  dem  hohen  Thron 
deiner  Herrschaft  auf  deine  Knechte,  die  ihre  Namen  angegeben  haben 
deiner  heiligen  christlichen  Kirche,  damit  sie  deinem  heiligen  Namen 
unterthänig  seien,  regiere  ihre  Seele  und  ihr  Herz,  damit  sie  dir  auser- 
wählte und  nüzliche  Gefässe  werden,  o  guter  Herr,  und  mache  sie  be- 
reitwillig zu  jedem  guten  Werke  und  mache  reichlich  in  ihnen  die  gei- 
stige Gnade  und  entferne  von  ihnen  allen  früheren  Unglauben3),  damit 
sie  annehmen  dein  heiliges  Wort  und  die  Kraft  des  Glaubens  an  dich 
erfassen,  auf  dass  sie  dein  Gebot  thun ;  entblösse  sie  von  dem  Alten 
und  erneuere  sie  durch  die  Hoffnung  deines  ewigen  Lebens,  und  schneide 
ab  von  ihnen  jede  Macht  des  Feindes  und  erforsche  das  Innere  ihres 
Herzens,  wie  du  erforscht  hast  Jerusalem  mit  der  Lampe  deiner  Weis- 
heit durch  den  Propheten  Jeremias4),  und  lasse  nicht  zu,  dass  ein  böser 
und  unreiner  Geist  in  sie  fahre,  auf  dass  sie  nicht  Personen  von  Fleisch 
und  schlechter  Gesinnung  werden,  sondern  schenke  ihnen  einen  Segen 
durch  dieses  reine  und  heilige  Wasser  und  gieb  ihnen  das  Wort  des 
ewigen  Lebens ,  und  zeuge  sie  durch  das  Bad  der  Wiedergeburt  zur 
Vergebung  der  Sünden  und  mache  sie  zum  Wohnsiz  des  heiligen  Geistes, 
durch  Jesum  Christum,  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!" 


1)  Bei  Denz.  (I,  p.  197):  „auctor  bonorum  animarum  nostrarum." 

2)  Bei  Denz.  (1.  c.)  „director  eorura,  qui  te  invocant." 

3)  (Hft't*  :  Vß*alfT't'  : ,  Unglauben.  ^hÄ'h  s  wird  im  Aethiopischen  ähnlich  wie  das 
arabische    wxä    zur  Verneinung  des  Begriffs  des  folgenden  Nomens  angewendet. 

4)  Denz.  1.  c:  scrutare  latebras  cordium  eorum  ut  tempore  Jeremiae  dixisti:  scrutabor  Jerusalem 
lucerna.  Und  als  Variante  nach  Asseman:  ut  dicis  per  Jeremiam  prophetam:  scrutabuntur.  Ebenso 
Tesfa  Sion  (Migne,  1.  c.  p.  933). 


175 

Und  darauf  legst  du  deine  Hand  auf  sie  und  sprichst 
dieses  Gebet: 

„Im  Namen  deines  eingebornen  Sohnes,  unseres  Herrn  Jesu  Christi, 
reinige  und  bereite  zu  diese  Seelen1),  damit  sie  frei  werden  von  jeder 
Unreinigkeit  und  damit  alle  Finsterniss  von  diesen  Seelen  fliehe,  und 
jeder  Gedanke,  der  den  Glauben  vermindert,  und  damit  fliehe  von  diesen 
Seelen  .  .  .  .2)  im  Namen  Jesu  Christi. 

Darauf  soll  sich  ihr  Antliz  gegen  Osten  wenden,  und 
du  ziehest  die  Kleider  der  Täuflinge  aus,  und  erhebst  ihre 
rechte  Hand,  und  sie  sollen  nach  Westen  schauen;  und  es 
spricht  (das)  „ich  widersage  dir,  Satan"  —  wer  -erwachsen  ist, 
soll  es  selbst  sprechen,  und  wenn  es  kleine  Kinder  sind, 
sollen  es  ihre  Sponsoren  sprechen,  und  nicht  sollen  sie 
nunmehr  an  ihnen  Kleider  des  Schmuckes  lassen  und  sie 
nicht  auf  irgend  eine  Weise  zieren  —    auf   folgende  Weise: 

„Ich  widersage  dir,  Satan  und  all  deinem  Werk  und  deinen  Dae- 
monen  und  all  deinem  Heer  und  all  deinen  Engeln  und  deiner  ganzen 
Heerde  und  all  deinen   Fürsten  und  all  deiner  Verkehrtheit."3) 

Darauf  wendest  du  ihr  Angesicht  gegen  Osten  und  hebst 
ihre  Hände  in  die  Höhe  und  sprichst  (ihnen  vor): 

„Ich  glaube  an  dich,  Christus,  meinen  Gott,  und  an  all  dein  uns 
erlösendes  Gesez  und  an  all  deine  Engel,  und  an  all  dein  lebendig- 
machendes Werk,  das  das  ewige  Leben  gibt." 

Und  darnach  spricht  er4)  das    Gebet    des  Glaubens  (i.  e. 


1)  VPfl    :    i8^  hier  im  collectiven  Sinne  genommen,  wie  der  Zusammenhang  zeigt. 

2)  Hier  sind  offenbar  einige  Worte  ausgefallen.  Darauf  weist  auch  der  Text  Denzingers  hin 
(I,  p.  223)  der  hier  noch  beifügt:  omnis  cogitatio  mala.  In  nomine  unici  filii  tui  Jesu  Christi,  munda 
et  libera  eas  ab  omnibus  fraudibus  Satanae,  in  sempiternum.  Amen.  Ebenso  auch  Tesfa  Sion  (Migne,  1. 
c.  p.  933).  Demgemäss  müssten  auch  nach:  „im  Namen  Jesu  Christi"  einige.  Worte  ausgefallen  sein. 

3)  Die  Formel  bei  Denzinger  (I,  p.  223)  weicht  hievon  stark  ab;  sie  lautet  dort:  abrenuntio 
tibi,  Satana,  et  omnibus  operibus  tuis  iinmundis,  omnibus  ministris,  et  incantationibus  tuis  malis.  et 
omni  virtuti  tuae,  omnibus  prineipibus  tuis,  omnibus  fraudibus,  et  omnibus  adulationibus  et  illecebris 
tuis  malis  et  tenebrosis,  et  omni  jurisdictioni  et  infidelitati  tuae." 

4)  Nach  dem  Zusammenhang  der  Priester.  Darauf  weist  auch  der  Text  Denziuger's  hin  (I,  p. 
223),  wo  es  heisst :  Postea  sacerdos  dicit  symbolum  fidei ;  qui  baptizandi  sunt  una  cum  eo  dieunt : 
credimus  in  unum  Deum  etc.  Dass  die  Täuflinge  mit  dem  Priester  den  Glauben  sprechen,  ist  auch 
durch  die  Uebersezung  Tesfa  Sion's  bezeugt  (Migne,  1.  c.  p.  934);  in  unserem  Texte  ist  dies  wahr- 
scheinlich durch  Nachlässigkeit  ausgefallen.  Nach  der  Eubrik  bei  Denzinger  und  Migne  soll  dann  der 
Priester  sie  fragen:  glaubet  ihr?  Worauf  sie  dreimal  antworten :  wir  glauben,  wir  glauben,  wir  glauben. 


176 

den  Glauben)  und  das  Vater  Unser.  Und  du  sprichst  den 
68.  Psalm  Davids:  „Errette  mich,  o  Herr,  denn  das  Wasser  ist 
mir  bis  an  die  Seele  gekommen;"  Ps.  113:  „Als  (Israel)  auszog"  (vom 
20sten  Verse  an);  Paulus  an  Titus,  2,  11 — 3,  8;  I  Johannis  5, 
5 — 13;  Acta  8,  26 — 39.  Und  vor  dem  Evagelium  sprichst  du 
den  31.  Psalm  Davids:  „Selig  sind  diejenigen,  denen  ihre  Sünden 
vergeben  sind  und  denen  er  (Gott)  keinen  Fehltritt  angerechnet  hat. 
Selig  ist  der  Mann,  dem  Gott  seine  Sünden  nicht  zugezählt  hat." 

Evang.  Johannis  3,  1 — 21.  Und  du  sprichst  die  Reihen- 
folgen: „Für  den  Frieden/'  „für  den  Bischof,"  für  die  Ge- 
meinde" und  „f  ü rdie,  welche  ihreNamen  angegeben  habe n". 
Und  es  soll  der  Priester  seine  Hand  auf  sie  legen  und 
sprechen: 

„Auf  deinen  Knechten,  welche  vor  dir  beten  zu  deinem  heiligen 
Namen,  und  welche  ihr  Haupt  vor  dir  gebeugt  haben,  lass  wohnen  die 
Gnade  des  heiligen  Geistes,  sei  du,  o  Herr,  mit  ihnen  und  stehe  ihnen 
bei  in  jedem  guten  Werke  und  erwecke  ihr  Herz  von  jedem  bösen 
Werke,  auf  dass  sie  mit  deiner  Herrlichkeit  bekleidet  werden1),  durch 
deinen  eingebornen  Sohn,  in  welchem  dir  (zukommt)  mit  ihm  und  dem 
heiligen  Geiste  Preis  und  Macht ,  jezt  und  immerdar  und  in  die  Ewigkeit 
der  Ewigkeit  Amen!" 

Und  darnach  sprichst  du2): 

„Gott  der  Propheten  und  Herr  der  Apostel,  der  du  zuvor  verkün- 
digt hast  die  Ankunft  deines  Gesalbten  durch  den  Mund  der  Propheten 
[und  Apostel]3),  der  du  den  Propheten  Johannes  gesandt  hast,  dass  er 
dir  vorangehe,  wir  bitten  und  flehen  dich  an,  o  Liebhaber  der  Menschen, 
für  alle  diejenigen,  die  zu  dir  gekommen  sind:   sende  deine  heilige  Kraft 


1)  Denzinger's  Text  weicht  hier  bedeutend  ab.  Es  heisst  dort  (I,  p.  226) :  Excita  corda  eorura 
ab  omni  opere  malo,  quod  in  terra  fit.  Fac  eos  vivos,  ut  scilicet  cogitent  omnia,  quae  sunt  ad  vitam, 
et  recordentur  omnium  operum  tuorum,  o  Domine,  per  filium  tuum,  ut  tibi  et  ipsi  Sancto  Spiritui  sit 
gloria  in  saecula  saeculorum.  Amen. 

2)  Bei  Denz.  (I,  p.  226)  steht  hier  die  passende  Rubrik:  Postea  dicit  sequentem  orationem 
supra  fontem. 

3)  Bei  Denz.  (I,  p.  202)  fehlt  „und  der  Apostel"  mit  Recht.  Es  heisst  dort:  per  os  prophet- 
arum  tuorum  sanctorum. 


177 

dass  sie  auf  diesem  Wasser  und  Taufplaze  weile  und  diese  deine  Knechte 
stärke,  und  bereite  sie  zu,  dass  sie  das  Angeld  der  Taufe  erhalten, 
welches  ist  die  Wiedergeburt  zur  Vergebung  der  Todsünden  und  zur 
Hoffnung  des  Lebens1),  durch  deinen  eingebornen  Sohn,  in  welchem 
dir  (zukommt)  mit  ihm  und  mit  dem  heiligen  Geist  Preis  und  Macht 
jezt  und  immerdar  und  in  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen." 

Und  darauf  betet  der  Priester  die  Reihenfolgen:  „Für 
den  Frieden",  „den  Bischof  und  die  Gemeinde",  das  Gebet 
des  Glaubens  und  das  Gebet  des  Evangeliums2)  und  der 
Handauflegung3),  und  er  soll  die  Hand  auf  sie  legen  und 
das  Wasser  mit  dem  Zeichen  des  Kreuzes  bezeichnen  und 
dreimal  laut  rufen,  indem  er  spricht: 

„Ein  heiliger  Vater,  Ein  heiliger  Sohn,  Einer  ist  der  heilige  Geist." 

Und  derPriester  soll  in  das  Baptisterium  hinabsteigen 
und  Oel  und  Chrisma  dreimal  in  das  Wasser  giessen  in  Ge- 
stalt des  Kreuzes,  indem  er  sagt: 

„Gebenedeiet  (sei)  Gott  der  Vater,  der  Herr  der  ganzen  Welt,  und 
gebenedeiet  der  eingeborne  Sohn ,  unser  Herr  Jesus  Christus ,  und  ge- 
benedeiet der  heilige  Geist,  der  Paraclet!" 

Und  darauf  sagst  du  den  150  Psalm  und:  Ehre  ist  (dem 
Vater  etc.).  Und  der  Priester  soll  sprechen: 

„Gebenedeiet  (sei)  Gott,  der  jeden  Menschen  erleuchtet,  der  in  die 
Welt  kommt!" 

Darauf  nimmt  der  Priester  den  Täufling  vom  Westen 
und  führt  ihn  gegen  Osten.  Und  der  Priester  soll  Wasser 
nehmen  und  taufen  und  sprechen: 


1)  Bei  Denz.  (1.  c.)  etwas  verschieden:  ipsumque  disponat,  ut  sanctum regenerations  baptismum 
recipere  valeat  in  remissionem  peccatorum  suorum  et  in  spem  inamissibilem.  Demgemäss  würde  es 
scheinen,  dass  nach  ^J&flJ^  »  im  Texte  ein  Wort  (etwa  HÄ^^ft?  •  oder  HA^A9°  ^ 
ausgefallen  ist. 

2)  D.  h.  das  Vaterunser. 

3)  Die  oratio  impositionis  manus  (super  fideles),  die  hier  nur  erwähnt  wird,  steht  hei  Denzinger 
(I,  p.  203)  und  lautet:  Famuli  tui,  Domine,  qui  tibi  ministrant,  et  sanctum  nomen  tuum  invocantes 
tibi  sese  subjiciunt,  esto  in  illis,  Domine  et  in  ipsis  versare,  adjuva  eos  in  omni  opere  bono,  ab  omni  mala 
ac  terrena  cogitatione  corda  illorum  erige.  Praesta,  ut  vivant  et  cogitent,  quae  sunt  ad  vitam  intelli- 
gantque,  quae  tua  sunt,  per  Filium  tuum  unigenitum  Dominum  Deum  et  salvatorem  nostrum  Jesum 
Christum,  per  quem  etc. 


178 

„Ich  taufe  dich  im  Namen  des  Vaters,  und  im  Namen  des  Sohnes, 
und  im  Namen  des  heiligen  Geistes.  Wiederum  taufe  ich  dich  im  Namen 
des  Vaters  ,  und  im  Namen  des  Sohnes ,  und  im  Namen  des  heiligen 
Geistes.  Zum  drittenmal  taufe  ich  dich  im  Namen  des  Vaters,  und  im 
Namen  des  Sohnes,  und  im  Namen  des  heiligen  Geistes."1) 

Und  darauf  soll  der  Priester  dreimal  den  Getauften 
anblas'en  und  das  drittemal  sprechen: 

„Nimm  hin  die  Gabe  des  heiligen  Geistes,  des  Paracleten!"  Und 
nachdem  er  dieses  Gebet  vollendet  hat,  spricht  er  das  fol- 
gende Gebet  zur  Entlassung  des  Wassers: 

„0  Herr  Gott,  unser  Gott,  Allmächtiger,  der  du  alles  geschaffen 
hast  durch  deine  wahre  Weisheit,  du  bist  es  der  die  Wasser  im  Anfang 
in  einen  Sammelort  gesammelt  hat  und  alles  festgestellt  hat  vom  An- 
fang der  Welt  durch  die  Grösse  deiner  Kraft  und  deiner  Einsicht;  o 
Gott,  der  du  dieses  Wasser  zubereitet  hast  zur  Reinigung  der  Seele 
und  zur  Erneuerung  vom  sündlichen  Irrthum ,  auf  dass  sie  das  Licht 
deiner  Göttlichkeit  scheinen  lasse2),  wir  bitten  und  flehen  dich  an,  weil 
du  gutig  bist  und  ein  Liebhaber  der  Menschen,  dass  du  dieses  Wasser 
in  seine  frühere  Natur  verwandeln  mögest,  auf  dass  es  wiederum  zur 
Erde  zurückkehre ,  wie  zuvor,  uns  aber  sein  möge  ein  Helfer  und  Be- 
freier, auf  dass  wir  preisen  den  Vater,  Sohn  und  heiligen  Geist  in  die 
Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!  Möge  es  geschehen,  möge  es  geschehen!" 


Gebet  der  Segnung    bei    der  Handauflegung3)    auf   die- 
jenigen, die  getauft  wurden,  vor  der  Salbung  mit  dem  Chrisma: 
„Wir  danken  dir,  o  Herr,  dass  du  deine  Knechte  würdig  gemacht 


1)  Die  dreimalige  Wiederholung  der  ganzen  Taufformel  ist  höchst  auffallend.  Bei  Denz.  I,  p.  230 
ist  nichts  davon  erwähnt.  Nach  der  alexandrinischen  Form  (Denz.  I,  p.  208)  spricht  der  Priester  bei 
der  ersten  Immersion:  Ego  te  baptizo  N.  in  nomine  Patris,  Amen.  Bei  der  zweiten:  Ego  te  haptizo 
N.  in  nomine  Filii,  Amen.     Bei  der  dritten:  Ego  te  baptizo  N.  in  nomine  Spiritus  sancti,  Amen. 

2)  Bei  Denz.  (I,  p.  208)  sehr  abweichend:  Tu  ipse,  Dominator  noster  per  gratiam  Christi  tui 
et  per  illapsum  Spiritus  tui  sancti  hanc  aquam  consecrasti,  unde  famulo  tuo  in  ea  baptizato  factum 
est  regenerationis  lavacrum. 

3)  Hiemit  beginnt  die  Confirmation  die  unmittelbar  mit  der  Taufe  verbunden  wird.  Bei  Denz. 
(I,  p.  230)  lautet  darum  die  Rubrik:  Orationes,  quas  dicit  sacerdos,  cum  imponit  manus  super  eos, 
qui  confirmandi  sunt. 


179 

hast  des  Bades  der  "Wiedergeburt  und  des  unvergänglichen  Kleides1): 
sende  also  über  sie  den  Reichthum  deiner  Gnade  und  den  heiligen  Geist, 
den  du  deinen  heiligen  Aposteln  gegeben  hast,  indem  du  zu  ihnen  sag- 
test2): nehmet  hin  den  heiligen  Geist,  das  ist,  den  Paracleten :  verleihe 
(ihn)  auf  dieselbe  Weise,   o  Herr,  deinen  Knechten !" 

Und  der  Diaconus  soll  folgendes  sprechen: 
„Stehet  auf,  beuget  euer  Haupt  vor  Gott!" 
Und  wiederum  soll  er  sprechen:    „Betet!" 
Und  der  Priester  soll  über  sie  beten3)  indem  er  spricht: 
„Herr  Gott,    der    die  Macht  hat   und    der  allein  alle  Wunder  thut, 
es  gibt  nichts,    was  dir  unmöglich  ist,  o  Herr,  und    durch  deine  Kraft 
(ist)  alles:  verleihe  durch  den  heiligen  Geist  das  Sigel  des  Lebens  und 
die  Festigkeit  der  Erlösung  deinen  Knechten,  durch  deinen  eingebornen 
Sohn,  in  dem  dir(  zukommt)  mit  ihm  und  mit  dem  heiligen  Geist  Preis  und 
Macht,  jezt  und  immerdar  und  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!"4) 
Und  darauf  soll  er  seine  Stirn  und  seine  Augen  salben 
mit  dem  Zeichen  des  Kreuzes,  indem  er  spricht: 
„Die  Salbung  des  heiligen  Geistes,  Amen!" 
Und  du  salbst  seine  Ohren  und  Nase  und  sprichst: 
„Das  heilige  Oel  zur  Gemeinschaft  des  ewigen  Lebens,  Amen !" 
Und    du    salbst   die  Fläche    seiner  Hand   inwendig    und 
auswendig  indem  du  sprichst: 

„Das   heilige  Oel   unseres  Herrn  Christi    und    das  Sigel,    das    nicht 
geöffnet  wird,  Amen!" 

Und    du    salbst    seine  Brust   und    sein  Herz,    indem    du 
sprichst: 


1)  Bei  Denzinger  (I,  p.  230):  indumento  immaculabili. 

2)  In  Denzinger's  Text:  die  eis,  aeeipite  etc.,  offenbar  falsch  übersezt. 

3)  Nach  den  Rubriken  bei  Denzinger  ein  Weihegebet  über  das  Chrisma.  Denn  I,  p.  209  steht: 
Sacerdos  tenet  saneti  chrismatis  vas  et  coram  altari  orat  super  illud.  Und  I,  p.  230:  Postea  sacerdos 
aeeipit  balsamum  et  orat  super  ipsum,  dicens. 

4)  Die  entsprechenden  Gebete  bei  Denzinger  weichen  ziemlich  von  einander  ab,  sowie  vom 
Aethiopischen.  I,  p.  209  heisst  es:  elargire  Sanctum  Spiritum  per  saneti  chrismatis  unetionem,  ut  fiat 
vivificum  obsignaculum  et  famulo  tuo  robur  seu  confirmatio.  Und  I,  p.  230 ;  confirma,  Domine,  virtute 
tua  omnem  gratiam  Spiritus  Saneti  super  hoc  balsamum :  fiat  sanctum,  Amen :  fiat  signum  vitae,  Amen : 
et  confirmatio  famulis  tuis,  Amen.    Im  Aethiopischen  ist  von  Balsam  oder  Chrisma  keine  Rede. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV  Bd.  III.  Abth.  24 


180 

„Die  Vollendung  des  heiligen  Geistes  im  Glauben  und  in  der  Ge- 
rechtigkeit, Amen!"1) 

Und  du  salbst  seine  Knie  und  seine  Arme  und  alle 
seine  Glieder  und  die  Mitte  seines  Rückens  und  sprichst: 
„Ich  salbe  dich  mit  der  heiligen  Salbung.*' 

Und  er  soll  seine  Hand  auf  sie  legen  und  sprechen: 

„Seid  gesegnet  mit  dem  Segen  der  himmlischen  Engel!  Gott  segne 
euch  im  Namen  unseres  Herrn  Jesu  Christi.  Nehmet  hin  den  heiligen 
Geist  durch  die  Kraft  Gottes  und  durch  seinen  Sohn  Jesum  Christum2), 
[der  mit  ihm  und  dem  heiligen  Geist  Preis  und  Macht  hat  jezt  und 
immerdar  und  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,]3)  Amen!" 

Darauf  sollen  sie  diejenigen,  die  getauft  wurden,  mit 
weissen  Kleidern  bekleiden,  und  mit  einer  Krone  auf  ihrem 
Haupte  von  Myrten  [und  Palmen,  und  mit  einem  rothen, 
wollenen  Kleide  und  mit  gewundenen  Palmzweigen4)  und 
er  (der  Priester)  spricht: 

„Herr  Gott,  Allmächtiger,  Vater  unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesu 
Christi,  der  du  gekrönt  hast  deine  Heiligen  und  deine  reinen  Aposteln 
und  deine  treuen  Propheten,  die  dir  Wohlgefallen  haben,  mit  einer  un- 
verwelklichen Krone:  sende  auch  je^t,  o  Herr,  dein  Licht,  dass  wir  diese 
Krone,  welche  du  deinen  Knechten  bereitet  hast,  auf  ihre  Häupter  sezen 
nach  der  Hoffnung  der  heiligen  Taufe5).  Möge  sie  ihnen  zur  Ehre  und 
zum  Preise  werden,  eine  reine  Krone  des  Segens  und  der  Erlösung,  eine 
Krone  der  Grösse  und  der  Gerechtigkeit,  eine  Krone  der  Weisheit  und 
der  Sanftmuth,  Amen!  Hilf  ihnen,  o  Herr,  dass  sie  dein  Gebot  und  deine 
Anordnung  vollbringen  und   dass  sie  deinen  Segen  erlangen  durch  dein 


1)  Bei  Denzinger  lauten  die  Worte  I,  p.  209:  Spiritus  Sancti  gratiae  perfectio  atque  fidei  et 
justitiae  clypeus.  Amen.  Und  I,  p.  231:  perfectio  gratiae  Spiritus  Sancti,  fidei  et  justitiae.  Amen. 
Das  Wort  „gratiae"  (&J?  :)  findet  sich  nicht  im  aethiopischen  Text  und  scheint  auch  nicht  ausge- 
fallen  zu  sein.  Der  Sinn  ist:  die  Vollendung  im  Glauben  und  in  der  (Lebens-)Gerechtigkeit,  die  der 
heilige  Geist  bewirkt. 

2)  Bei  Denz.  (I,  p.  231)  steht  auch  noch:  et  per  virtutem  Spiritus  Sancti. 

3)  Wegen  der  Doxologie  s.  S.  164.  Anm-  7. 

4)  Die  Rubrik  hei  Denzinger  I,  p.  231  ist  etwas  verschieden:  et  rubram  vestem  undulatam  et 
phrygiatam,  seu  acu  pictam.  Es  ist  nicht  recht  klar,  wie  „die  gewundenen  Palmzweige"  des  aeth. 
Textes  zu  fassen  oder  zu  beziehen  sind. 

5)  D.  h.  nach  der  Hoffnung,  welche  die  heilige  Taufe  vorhält. 


181 

Wohlgefallen  und  das  Wohlgefallen  deines  Sohnes  und  des  heiligen 
Geistes,  welchem  (ist)  Preis  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen ! J) 

Darauf  sezest  du  (sie  ihnen)  mit  deiner  Hand  auf2)  und 
sprichst  folgendes  mit  lauter  Stimme: 

„Heiliger  Gott,  der  du  gekrönt  hast  deine  Heiligen  und  ausgesöhnt3) 
die  Himmlischen  und  die  Irdischen,  segne  du,  o  Herr,  diese  Kronen, 
die  du  bereitet  hast,  dass  wir  (sie)  auf  die  Häupter  deiner  Knechte  sezen, 
damit  sie  ihnen  zur  Ehre  und  zum  Preise  werden,  Amen!  (Zur)  Krone 
des  Segens  und  der  Erlösung,  zur  Krone  der  Freude  und  des  Jubels 
und  zur  Krone  des  Glaubens,  Amen!  Zur  Krone  der  Weisheit  und  der 
Sanfmuth,  Amen !  Zur  Krone  der  Gerechtigkeit  und  der  Gnade,  Amen ! 
Schenke  diejenigen ,  die  man  damit  geschmückt  hat,  dem  Engel  des  Frie- 
dens und  der  Liebe  und  der  Ernte4),  befreie  sie  von  jeder  eitlen  Ge- 
sinnung und  von  der  Begierde  schlechter  Gedanken  und  vom  Verderben, 
bewahre  sie  vor  jeder  schlimmen  Bürde  und  jedem  Anfall  des  Feindes5)! 
Und  möge  über  ihnen  Gnade  sein !  Und  höre  die  Stimme  ihres  Weinens 
und  ihres  Gebets  und  lege  in  ihren  Sinn  deine  Furcht!  Stelle  sie  so, 
dass  sie  selbst6)  in  ihrem  Leben  nicht  mehr  durch  Mangel  gedrückt 
werden  und  erfreue  sie  mit  dem  Anblick  der  Kinder  ihrer  Kinder ;  und 
mache  auch  diejenigen,  welche  geboren  werden,  zu  nüzlichen  Gliedern 
deiner  allerheiligsten  christlichen  Kirche,  der  Gemeinde  der  Apostel,  und 
immer  stark  im  Glauben  und  führe  sie  den  Weg  der  Gerechtigkeit  und 


1)  Bei  Denzinger  (I,  p.  210)  lauten  die  Worte  ziemlich  anders  und  theilweise  unverständlich : 
Tu  etiam  nunc  coronam  paratam  ac  mox  ponendam  super  famulum  tuum  per  baptismum  conjunctum 
benedic,  ut  ipsi  Corona  gloriae  sit  ac  honoris,  Amen.  Benedictionis  et  glorificationis  corona,  Amen! 
Corona  virtutis  et  justitiae,  Amen.  Corona  sapientiae  et  intelligentiae ,  Amen.  Corrobora  eum ,  ut 
praecepta  tua  perficiat  bonisque  regni  coelorum  potiatur,  per  Christum  Jesum  dominum  nostrum,  per 
quem  etc. 

2)  Bei  Denzinger  (I,  p.  231)  ist  diese  Kubrik  unrichtig  dahin  übersezt:  Postea  accipit  Coronas 
in  manus  suas. 

3)  \\bC&  '  (U>  1)  bedeutet  hier  „reconciliare",  wofür  Dillmann  in  seinem  Lexicon  keine  Be- 
legstelle angeführt  hat. 

4)  Bei  Denzinger  (1.  c.)  lauten  die  Worte  so :  „Da  famulis  et  famulabus  tuis,  qui  eas  induerunt, 
angelum  pacis  et  Signum  charitatis",  was  offenbar  auf  falscher  Uebersezung  beruht;  desswegen  die  Ein- 
schaltung von  ,, signum"  und  Weglasssung  von  "72*i<£C  :  •  Der  Engel  der  Ernte  bezieht  sich  auf 
Matth.  13,  30.  39. 

5)  Bei  Denz.  (I,  p.  231):  ab  omni  inquinamento  inimici. 

6)  Chfl00"    :    steht  hier  im  Nominativ  (für    AA»!/*"0"  »)  wie  'm  Physiologus,  p.  39,  L.  8. 

24* 


182 

des  Reiches  deines  guten  und  gesegneten  Sohnes,  mit  dem  lebendigma- 
chenden heiligen  Geist1),  jezt  und  immerdar  und  in  die  Ewigkeit 
der  Ewigkeit,  Amen! 

Und    darauf    legst    du    deine    Hand    auf    ihre    Häupter 
(und  sprichst): 

„ 2)  deiner  Knechte  die  Krone  der  Ehre,  Amen!  Die  Krone 

des  Glaubens,  Amen !  Die  Krone  der  Gerechtigkeit,  Amen !  Die  Krone 
der  Stärke,  welche  von  dem  Feinde  nicht  besiegt  wird.  Mache  denn 
deine  Knechte  voll  Gnade  und  des  heiligen  Geistes  durch  die  Gelindig- 
keit  und  das  Erbarmen  unseres  Gottes,  des  Liebhabers  der  Menschen, 
deines  Sohnes ,  unseres  Herrn  Jesu  Christi ,  in  welchem  dir  und  dem 
heiligen  Geiste  (zukommt)  Preis  und  Macht  jezt  und  immerdar  und  in 
die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!" 

Und  darauf  sollen  sie  von  dem  heiligen,  lebendigmach- 
enden Geheimniss  (==  Eucharistie)  empfangen,  indem  der 
Priester  das  glaubt,  was  sie  angeht;  sie  sollen  essen  das 
Fleisch  und  ^trinken  das  theure  Blut  unseres  Herrn  und 
Heilandes  Jesu  Christi. 

Und  darauf  soll  man  denen,  welche  in  Jesu  Christo 
(wieder-)geboren  worden  sind,  Milch  [und]  unverfälschten 
[Honig]  geben,  und  er  (i.  e.  der  Priester)  soll  wiederum  seine 
Hand  auf  sie  legen,  indem  er  spricht: 

„Gesegnet  sei  Gott,  der  Vater  unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesu 
Christi,  der  du  sie  würdig  gemacht  hast  der  Vergebung  der  Sünden 
und  des  Kleides,  das  nicht  vergeht,  des  Angeldes  des  heiligen  Geistes : 
wir  bitten  und  flehen  dich  an,  o  Liebhaber  der  Menschen,  dass  du  sie 
würdig  machest,  deinen  heiligen  Leib  und  dein  theures  Blut  zu  em- 
pfangen und  schenke  ihnen  immerdar  Gnade,  damit  sie  ringen,  dein  Gebot 
und  deine  Anordnung  zu  vollbringen,  [und]  damit  sie  es  erlangen  zu  deinen 


1)  Denzinger's  Text  weicht  hier  etwas  ab:  ,,fac  eos  utiles  ecclesiae  tuae  sanctae  apoatolicae  et 
fortes  in  fide  semper,  Amen.  Doce  eos  viam  justitiae,  Amen.  Per  voluntatem  filii  tui  boni  et  benedicti 
et  Spiritus  Sancti  vivificantis  in  saecula  saeculorum,  Amen." 

2)  Hier  sind  im  Texte  einige  Worte  ausgefallen,  die  sich  aus  Denzinger's  Text  (I,  p.  231)  er- 
gänzen lassen.  Dort  heisst  es:  „Tum  imponit  manus  suas  super  capita  eorum  et  dicit:  Domine,  o  Do- 
mine, pater  bone,  Deus  noster;  imposuimus  manibus  nostris  super  capita  famulorum  tuorum  coronam 
honoris  et  gloriae,  Amen!" 


183 

Heiligen,  welche  im  Himmel,  in  deinem  Reiche  sind,  zu  gelangen,1)  durch 
die  Gütigkeit  und  das  Erbarmen  unseres  Gottes,  des  Liebhabers  der 
Menschen,  durch  deinen  eingebornen  Sohn,  unsern  Herrn  Jesum  Christum, 
in  dem  dir  (ist)  mit  ihm  und  dem  heiligen  Geiste  Preis  und  Macht, 
jezt  und  immerdar  und  in  die  Ewigkeit  der  Ewigkeit,  Amen!" 

Und  er  soll  seine  Hand  auf  sie  legen,  indem  er  spricht: 
„Mögen  deine  Knechte  zunehmen  an  deiner  Weisheit2)  und  mögen 
sie  zu  Herzen  nehmen  deine  Furcht  und  bringe  du  sie  zum  reifen  Alter 
und  schenke  ihnen  Erkenntniss  der  Wahrheit  und  bewahre  sie  im  fle- 
ckenlosen Glauben  durch  das  Gebet  und  die  Fürbitte  unserer  Herrin 
Maria,  der  Gottesgebärerin,  der  heiligen  Jungfrau,  und  durch  das  Gebet 
Johannes,  des  Täufers,  durch  das  Gebet  Michaels  und  Gabriels  und 
aller  heiligen  Engel,  durch  das  Gebet  und  die  Fürbitte  des  heiligen 
Quiricus  und  des  heiligen  Georgius,  und  durch  das  Gebet  des  heiligen 
Theodorus  und  Claudius,  und  durch  das  Gebet  des  heiligen  Marmehnäm3) 
und  Victors  und  aller  Märtyrer,  durch  das  Gebet  und  die  Fürbitte  der 
Propheten  und  Apostel,  und  durch  das  Gebet  aller  Gerechten  und  Mär- 
tyrer4) ,  welche  dem  Herrn  Wohlgefallen  haben ,  in  die  Ewigkeit  der 
Ewigkeit.  Amen!* 


1)  Das  Suffix  ist  hier  an  den  Infinitiv  auf  ö  angehängt,  was  hie  und  da  vorkommt. 

2)  D.  i.  an  Weisheit,  die  von  dir  kommt. 

3)  Dillmann  in  seinem  Lexicon  liest  ihn   ^C^Wn?0    ! 

4)  Bei  Denzinger  (I,  p.  232)  lauten  die  Namen  der  Heiligen  sehr  verschieden;  nach  „puri  Mi- 
chaelis archangeli"  folgen  die  Worte :  et  omnium  ordinum  coelestium,  et  Sancti  Georgii  Martyris,  et 
Beati  et  Sancti  Patris  Salamae  manifestatoris  luminis:  Patris  Zzehoma,  et  Patris  Imaata,  Patris  Ar- 
gavi,  etArmah  Kegis,  Sancti  Patris  Pantaleonis,  et  Caleb  Begis:  Sancti  Patris  Aftzae  (=  Atzfae),  et 
Deganae  Sacerdotis:  Sancti  Patris  Joannis,  et  Antonii,  Marta,  et  Macarii,  et  Thecla  Haimol  (=  Häi- 
mänöt),  in  saecula  saeculorura,  Amen! 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Äk.  d.  Wiss.  XIV  Bd.  III.  Abth.  25 


Vita  Adae  etEvae. 


Herausgegeben  und  erläutert 


von 


Wilhelm  Meyer 

aus  Speyer. 


Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss  Bi.  XIV.  III.  Abth. 


26 


Vita  Adae   et  Evae. 

Herausgegeben  und  erläutert 


von 

Wilhelm  Meyer. 


Was  die  Genesis  von  Adam  und  Eva  erzählt,  ist  ziemlich  knapp 
und  reizte  zur  dichterischen  Ausmalung.  Doch  sind  nur  wenige  solcher 
Sagen J)  erhalten.  Von  einem  Juden  wurde  in  vorchristlicher  Zeit  die 
sogenannte  Kleine  Genesis  oder  das  Buch  der  Jubila een  ver- 
fasst.  2)  In  Form  einer  Offenbarung ,  welche  Gott  durch  den  Engel 
Michael  dem  Moses  auf  dem  Berge  Sinai  giebt,  wird  die  Zeit  bis  dahin 
erzählt.  Die  Erzählung  von  Adam  und  Eva  entfernt  sich  nicht  weit 
von  der  Bibel.  Daher  wurde  dieses  Buch  von  Kirchenvätern  und 
griechischen  Chronographen  vielfach  benützt.  Georgius  Syncellus  er- 
wähnt daneben  mehrmals:  6  teyouevog  ßiog  lida/Li,  allein  die  Angaben 
stimmen  zumeist  mit  dem  Buche  der  Jubilaeen.  Es  ist  unsicher,  ob 
Syncellus  aus  derselben   Quelle  die  folgenden  Angaben  hat  p.  10  C(J  ^3- 


1)  Das  Hauptwerk  für  diese  Fragen  Pabricius  Codex  pseudepigraphus  Vet.  Testamenti,  benütze 
ich  in  Vol.  I,  2.  ed.  1722,  Vol.  II  1723.  —  Apokrypha  nenne  ich  der  Kürze  halber  alle  nicht  kano- 
nischen Bücher  des  alten  und  neuen  Testamentes. 

2)  Von  Dillmann  aus  dem  Aethiopischen  übersetzt  in  Ewalds  Jahrbüchern  II,  230.  Stücke 
einer  sehr  alten  lateinischen  Uebersetzung  gab  Ceriani  heraus  in  Monumenta  Sacra  I  Mailand  1861  ; 
diese  wurden  mit  ausführlichen  Erläuterungen  wiederholt  von  Roensch,  Das  Buch  der  Jubiläen , 
Leipzig   1874. 

26* 


äfmayslg  vnb  ayytlwv  if&VTj&t}  xa  neyl  tfjg  Ttayaßaaecog  utkkovxa  toeoß-ai 
tü)v  ly^r\yo^ojv  xal  xa  Tityl  xaxaxlvouov  xov  vdaxog  ioo/UEPOV  xal  xa  ns&l 
xijg  nayovaLag  xov  aojTrjyog  .  xal  ysvoatvog  aqoavxog  rj/nepas  fi  t-X&wv  s§rj- 
yrjoaxo  xölg  nQUJxon'kaoxoig  oaa  sfivfj&rj  JV  ayyfkwv.  Weiterhin  p.  10  fin. 
Tw  yv  £T€l  jutxaro^oag  o  Iddäfi  tyvuj  e)V  dnoxakvxpeojg  xo.  ntyl  xwv  eVQi]- 
yo^ojv  xal  xov  xax.axkvOj.iov  xal  ra  ntyl  usxaroiag  xal  r.f\g  &siag  öa^xw- 
atwg  xal  Tteyl  xujv  xa&  kxaoxrjv  ü^av  r\ut{>ivr[V  xal  vvxxtQivr{v  avantu- 
Jio/Lcevwv  sv%vjv  tw  xThu  i'£  okuov  xwv  xxio/Liaxojr  d\:  Ovmrß,  xov  im  xf\g 
uexavoiag  aQ%ayytkov.  Diese  sv%al  xafr  exdoxijr  wyar  sind  in  der  Hand- 
schrift des  Syncellus  nicht  mehr  zu  lesen:  bei  Cedren  p.  9  stehen  sie. 
Diese  Kenntniss  der  Zukunft  erhielt  Adam  c utxavoipag  JV  dnoxakvipt ujg> ; 
damit  hängt  wohl  zusammen,  was  Epiphanius  31,8  gegen  die  Gnostiker 
nennt  'änoxalvyjeig  xov  *Ada[i  alias  ksyovair  und  Gelasius  in  der 
Epistola  decretalis  de  non  recipiendis  libris  a.  495  (Thiel,  Epist.  Pontif. 
1,465)  'Liber  qui  appellatur  Poenitentia  Adae,  apocryphus '.  Renan 
hat  im  Journal  Asiatique  5  serie  t.  2 ,  p.  427 — 471,  Stücke  aus  zwei 
syrischen  und  mehreren  arabischen  Handschriften  veröffentlicht,  welche 
die  Gebete  der  Geschöpfe  zu  den  verschiedenen  Stunden  des  Tages  und 
der  Nacht,  dann  die  Ordnung  und  Gewalt  der  verschiedenen  Sorten 
der  Engel  aufzählen,  endlich ,  in  Form  einer  Rede  des  Adam  an  Seth, 
Mittheilungen  geben  über  das  Kommen  des  Erlösers  und  das  Eintreten 
einer  Wasserfluth  und  den  Seth  erzählen  lassen ,  wie  Adam  begraben 
und  dieses  Schriftstück  in  der  Schatzhöhle  niedergelegt  wurde.  Das- 
selbe ist  Testament  des  Adam  benannt.  Renan  gibt  gute  Gründe 
dafür,  dass  dieses  Testament  eins  sei  mit  der  von  Gelasius  genannten 
Poenitentia  Adae  und  der  von  Epiphanius  genannten  3A7ioxakvif)ig  xov 
l4dau,  sowie  offenbar  hieraus  die  Angaben  des  Syncellus  (Cedrenus) 
stammen.  In  diesen  Stücken,  abgesehen  vom  Buch  der  Jubilaeen,  finden 
sich  schon  viele  christliche  Elemente. 

Weit  interessanter  ist  eine  Schrift,  welche  Dillmann  im  5.  Bande 
von  Ewald's  Jahrbüchern  veröffentlicht  hat.  Er  nannte  sie  'das 
christliche  Adambuch  des  Morgenlandes';  im  Aethiopischen 
Texte  heisst  sie  '  Der  Kampf  des  Adam  und  der  Eva,  den  sie  durchzu- 
kämpfen hatten  nach  ihrer  Vertreibung  aus  dem  Garten  und  während 
ihres  Aufenthaltes  in  der  Schatzhöhle  nach  dem  Befehl  des  Herrn,  ihres 


189 

Schöpfers  und  Erhalters'.  Auch  dieser  Titel  ist  zu  eng.  Denn  nur  in 
dem  grossen  ersten  Theile,  auf  68  Seiten  von  125,  wird  erzählt  wie 
Adam  und  Eva  nach  ihrer  Vertreibung  aus  dem  Paradies  in  Allem  die 
schlimmen  Folgen  des  Falles  fühlen  mussten  ;  Sonnenhitze  und  Einbruch 
der  Nacht  erregt  ihnen  Schrecken;  Hunger  und  Durst  quält  sie;  der 
Satan  sucht  mit  allen  Mitteln  sie  zu  vertilgen  oder  zu  neuen  Sünden 
und  strengerer  Verdammung  zu  verführen ;  alle  Gebete  und  Bussen, 
wieder  in  das  Paradies  zu  kommen  oder  sterben  zu  dürfen,  sind  frucht- 
los. Doch  verheisst  Gott,  nach  5Va  Jahren  —  5500  Jahren  werde  Er- 
lösung kommen.  Im  zweiten  Theil  wird  geschildert,  wie  auf  dem  Berg 
am  Paradies  in  der  früheren  Wohnung  Adams,  der  sogenannten  Schatz- 
höhle, Adams  Leib  von  Seth  und  den  folgenden  Patriarchen  bewacht 
wird  und  wie  dort  oben  die  frommen  Nachkommen  Seths  wohnen, 
während  unten  am  Berg  die  Nachkommen  Cains  hausen,  denen  es  end- 
lich gelingt,  die  Sethiten  herabzulocken.  Hierauf  kommt  die  Fluth.  Im 
dritten  Theil  wird  geschildert,  wie  Adams  Leib  nach  Golgatha  gebracht 
wird:  daran  schliesst  sich  die  Geschichte  bis  auf  Christus.  Durch  eine 
ausführliche  Genealogie  von  Maria  und  die  Rechnung,  dass  vom  Sünden- 
fall bis  Christus  genau  5500  Jahre  vergangen  waren,  wird  den  'ver- 
fluchten'  Juden   bewiesen,  dass   Christus  der  verheissene  Erlöser  war. 

Diese  Schrift  ist  ein  förmlicher  Roman.  Merkwürdige  Scenen,  viele 
Reden  und  lebendige  Schilderungen  machen  sie  dazu.  Dieselbe  kann 
nicht  mittelbar  oder  unmittelbar  auf  Ephraem  zurückgehen ;  denn  weder 
im  Commentar  zur  Genesis  noch  in  anderen  Schriften  Ephraems  fand 
ich  Anklänge  an  den  sonderbaren  Inhalt  dieses  Romanes.  Doch  ist  der- 
selbe für  die  christliche  Literatur  des  Orients  wichtig:  denn  offenbar 
hat  der  Verfasser  viele  Sagen  hinein  verwoben ;  dann  spielen  manche 
Stücke  desselben ,  besonders  die  Sagen  von  der  Schatzhöhle ,  bei  den 
orientalischen   Chronisten  eine  grosse  Rolle. 

Dillmann  übersetzte  eine  äthiopische  Handschrift  der  Tübinger 
Bibliothek,  welche  nachlässig  geschrieben  ist.  Aus  der  Form  der  Eigen- 
namen schloss  er,  dass  der  äthiopische  Text  Uebersetzung  eines  arabi- 
schen sei ;  Renan  stimmte  bei.  Es  gelang  mir,  den  arabischen  Original- 
text zu  finden.  Die  arabische  Handschrift  in  München  No.  243  ist  im 
Catalog    also    beschrieben:    'Das    Buch    t&ifityig    des    Vaters    Epiphanius 


190 

Bischofs  von  Cypern  .  .  .  über  Schöpfungsgeschichte  und  Sündenfall, 
Leben  der  ersten  Eltern  ausser  dem  Paradiese,  verschiedene  Anschläge, 
die  Satan  gegen  sie  machte,  Leben  der  Patriarchen  und  Propheten  bis 
Christus.     Neue  Abschrift. ' *) 

fol.  4.  'Im  Namen  des  Vaters,  des  Sohnes  und  des  heiligen  Geistes, 
des  einen  Gottes,  Amen.  Wir  fangen  mit  der  Hilfe  Gottes  und  seinem 
Beistande  an  zu  copiren  das  Buch  Elaksimaris,  welches  verfasst  ist  von 
dem  Pater  Presbyter  Epiphanius,  Bischof  von  Cypern,  worin  er 
spricht  von  den  sechs  Tagen  ....  f.  27.  Wie  der  Mensch  geschaffen 
wurde,  welcher  unser  Vater  Adam  ist.  f.  28  Erklärung  der  4  Elemente, 
f.  29  Wie  das  Weib  geschaffen  wurde,  f.  29  b  Wie  Satan  auf  Eva  einen 
Anschlag  machte  (Satan  sieht,  wie  gut  es  den  Menschen  geht;  er  geht 
in  die  Schlange,  welche  das  schönste  aller  Thiere  der  Erde  wurde ;  so 
kam  er  unerkannt  in  den  Garten,  wo  er  Eva  auf  der  westlichen  Seite 
traf  etc.).  f.  31  Zwiegespräch  des  Herrn  mit  Adam.  —  Zwiegespräch 
des  Herrn  mit  Eva.  f.  31b  Herausgehen  Adams  und  Evas  aus  dem 
Garten,     f.   32   Wie  der  Sabbat  geschaffen  wurde. 

Epiphanius  hat  in  seinem  Buche  de  mensuris  et  ponderibus 
c.  21  über  die  Werke  der  sechs  Tage  und  über  die  Stiftung  des  Sab- 
bats gehandelt ;  gerade  diese  i^rj/ne^lg  findet  sich  in  griechischen  Hand- 
schriften auch  einzeln.  Da  die  Stelle  theilweise  wörtlich  aus  dem  Buch 
der  Jubilaeen  abgeschrieben  ist,  hat  sie  Roensch,  Buch  der  Jubilaeen, 
p.  259 — 263,  besprochen.  Hievon  schien  hier  ein  arabischer  Text  vor- 
zuliegen. Auffallend  war  allerdings ,  dass  der  griechische  Text  kaum 
2  Blätter,  der  arabische  23  umfasst.  Doch,  da  Lagarde  Philol.  XVIII, 
352  sagt,  im  Britischen  Museum  seien  syrische  Handschriften  (No  756 
saec.  VII  et  No  800  saec.  IX  nach  Wright's  Catalog)  des  Buches  de 
mensuris  et  ponderibus  mit  weit  umfangreicherem  Texte,  so  mochte  der 
arabische  Text  aus  diesem  syrischen  übersetzt  sein.  Allein  der  arabische 
Text  kann  nicht  einmal  eine  Erweiterung,  geschweige  denn  eine  Ueber- 
setzung  des  epiphanischen  sein.     Denn  im  Buch  der  Jubilaeen,  wie  bei 


1)  Herr  Bibliothekar  Dr.  Aumer,    der  Verfasser  des  Catalogs,   hatte  die  Güte  mir  das  Nöthige 
zu  übersetzen. 


191 

Epiphanius,  wird  hervorgehoben,  dass  Gott  22  Geschlechter  geschaffen 
habe,  wie  es  von  Adam  bis  Jacob  22  Häupter  seien.  Davon  ist  im 
Arabischen  nirgends  die  Rede.  Die  Schilderung  der  Sabbatstiftung 
weicht  ebenfalls  stark  ab;  (am  Schluss  Arab. :  Gott  segnete  die  Himmel 
und  die  Erden  ausgenommen  die  Satane;  diese  segnete  er  nicht.)  Die 
Schilderung  des  2.  Tages  stimmt  im  Buch  der  Jubilaeen  und  bei  Epi- 
phanius auf  das  Wort:  im  Arabischen  ist  ein  breites  Gerede,  wo  zuletzt 
von  den  drei  Himmeln  und  den  Thoren  derselben  gesprochen  wird. 

Die  Ueberschrift  auf  f.  3  ist  also  falsch;  ohnehin  kann  sie  sich 
nur  auf  f.  3 — 32  beziehen.  Denn  f.  32  b  folgt  deutlich  gekennzeichnet 
ein  neuer  Abschnitt  mit  der  Ueberschrift  'Erzählung  des  Herausgehens 
Adams  und  Evas  aus  dem  Garten  und  ihres  Aufenthaltes  in  der  Höhle 
der  Schätze  auf  Befehl  des  Schöpfers.  Hierauf  fürwahr  setzte  Gott  den 
Garten  am  dritten  Tage'  u.  8.  w.  genau  wie  in  Dillmanns  Text.  Dann 
folgen  noch  die  Ueberschriften :  f.  33  b  (=  Dillmann  p.  14)  Kunde  von 
dem  Versprechen  der  ö1/^  Tage,  f.  44  (p.  25)  das  erste  Opfer,  welches 
Adam  brachte,  f.  46  (p.  28)  die  erste  Erscheinung,  welche  der  Satan 
mit  Adam  machte,  f.  47  (p.  29)  die  zweite  Erscheinung,  welche  der 
Satan  machte  mit  Adam  und  Eva,  f.  49b  (p.  32)  die  Stelle,  deren 
genaue  Uebersetzung  unten  zu  §  6 — 10  der  Vita  Adae  et  Evae  gegeben 
ist;  f.  180  Schluss,  gleich  dem  äthiopischen.  Angehängt  ist  noch  eine 
chronologische  Zusammenstellung  über   1389  Jahre  von  Adam  an. 

Mit  Hilfe  des  arabischen  Textes  kann  die  äthiopische  Uebersetzung 
vielfach  berichtigt  und  ergänzt  werden,  was  wichtig  ist,  da  ausser  der 
Tübinger  Handschrift  noch  keine  andere  bekannt  geworden  ist.1) 

Zum  Schlüsse  mögen  hier  stehen  die  Ergänzungen  einiger  Lücken, 
welche  sich  bei  Dillmann  finden:  S.  37  Dillmann:  'Jede  der  beiden 
Eeigen  war  einem  ....  gleich,  denn  die  Früchte  des  Gartens  waren 
viel  grösser  als  die  Früchte  dieser  Erde3,  Arab.:  Melone.  —  S.  40 
(f.  57)  ...  .  bis  zum  Ende  der  Welt,  Arab.:  aber  ich  habe  dir  Frist 
gewährt  bis  z.  E.  d.   W.  —  S.  46  (f.   64)  ergänzt  Arab.  'Und  der  Engel 


1)  Den  hienach  berichtigten  äthiopischen  Text  wird  Herr  Prof.  Trumpp  in  diesen  Abhandlungen 
veröffentlichen. 


192 

Cherub  kehrte  um,  um  sie  zu  vernichten.'  —  S.  52  (f.  70)  ergänzt 
Arab.  'Und  tranken  nicht  von  den  Wassern  der  Erde  und  ihre  Aus- 
gänge waren  nicht  geöffnet,  ihr  geschlechtliches  Temperament  heraus- 
treten zu  lassen.'  —  S.  61  (f.  81)  'Gott  befahl  seinem  Engel,  er  solle 
eine  Feuerzange  nehmen  .  .  und  damit  das  Opfer  nehmen  und  dem 
Adam  und  der  Eva  darreichen':  Arab.  'die  der  aufgehängten  Moalla- 
kat  gleicht.' 

Dieser  Roman  von  Adam  und  Eva  ist  für  die  christliche  Literatur 
des  Orientes  von  Wichtigkeit.  Desshalb  wäre  sehr  zu  wünschen ,  dass 
der  arabische  Text *)  zum  Ausgangspunkt  für  eine  neue  Untersuchung 
dieses  Buches  selbst  und  der  verwandten  gemacht  würde.  Diese  sind 
besonders:  die  Spelunca  thesaurorum,  syrisch  im  Vatican  (Assem. 
Bibliotheca  Orientalis  3,  281.  Dillmann  p.  9.);  Clementis  libri  VIII 
qui  arcani  appellantur,  arabisch  im  Vatican  und  wohl  in  Paris,  äthio- 
pisch in  Tübingen  (Dillmann  p.  8  u.  12,  Renan  p.  471);  andere  nennt 
Dillmann  p.   8  und  Renan  p.  470. 

Der  umfangreiche  Codex  Nasaraeus,  Liber  Adami  appellatus 
enthält  zwar  viele  Notizen  über  Adam,  Eva  und  die  Kinder  (siehe  be- 
sonders I,  25.  51.  65.  67.  79.  95.  117.  191—205.  235.  II,  125—135. 
11.1.  129  ed.  Norberg);  allein  es  ist  sehr  schwer,  aus  dem  Chaos  von 
dämonologischen  Vorstellungen  den  Kern  herauszuschälen.  Renan  p.  436 
wies  darauf  hin ,  dass  das  oben  erwähnte  Testament  Adams  damit  in 
engen  Beziehungen  stünde;  (vgl.  I,  205  Adamum  docui  conciones  de 
gradibus  geniorum). 

Es  gibt  noch  zwei  Darstellungen  des  Lebens  von  Adam  und  Eva. 
Obwohl  gedruckt,  sind  dieselben  doch  wenig  bekannt  und  noch  weniger 
erkannt.  Die  eine,  in  griechischer  Sprache,  ist  in  der  besten  Hand- 
schrift überschrieben  Ä irjyTJoig  xal  noXixsia  'Aoafi  c&iöxaXvy&siaa 
lagä  Ssov  Mwofj  tw  freyaTTorri  avrov  diday&uaa  na^ä  rov  äyyayyekov 
Miyaijl.  Dieselbe  ward  zuerst  von  Lambecius  erwähnt  (Catalogus  liber 
V  cod.  CCX  et  lib.   VIII  cod.  XXXIII.),  sodann  von  Tischendorf  (Heidel- 


1)  Was  f.  3—32  enthält,  scheint  von  einem  späteren  Abschreiber  zugesetzt.  Der  ursprüngliche 
arab.  Text  war  wohl  nicht  umfangreicher  als  der  äthiopische.  Die  Zeit  seiner  Entstehung  vermögen 
Kenner  vielleicht  aus  den  Sprachformen  zu  bestimmen. 


193 

berger  Studien  und  Kritiken  1851,  2.  Tb.)  im  Auszug  gegeben,  von  Fürst, 
Literaturblatt  des  Orients  1850  Nro.  45  u.  46,  fast  vollständig  über- 
setzt. Dillmann  (Adamsbuch  p.  12  u.  Herzogs  Encyclop.  XII  p.  312) 
gedenkt  derselben  als  eines  mittelalterlichen  Erzeugnisses.  1866  gab 
Tischendorf  in  den  Apocalypses  apocryphae  den  griechischen 
Text  nach  2  Wiener  Handschriften  saec.  XII  und  s.  XIII  und  einer  Vene- 
tianer  s.  XIII  heraus;  die  Entstehung  der  Schrift  selbst  setzte  er  in 
die  saecula  circa  Christum  natum.  Da  Tischendorf  eine  wichtige  Mai- 
länder Handschrift  s.  XI  nur  flüchtig  benützt  hatte,  so  gab  Ceriani,  in 
den  Monumenta  Sacra  5,  1  p.  21  Mailand  1868,  einen  genauen  Abdruck 
derselben;  doch  fehlt  in  derselben  etwa  der  dritte  Theil.  Roensch  entging 
es,  dass  der  vollständige  Text  schon  gedruckt  war,  und  er  hat  in  seinem 
Buch  der  Jubilaeen  (p.  470 — 474)  nur  den  lückenhaften  Text  Cerianis 
theils  im  Auszug  theils  in  Uebersetzung  gegeben. 

Der  Inhalt  ist  folgender:  Adam  und  Eva  erzeugen  Kain  und  Abel 
und,  obwohl  ein  Traumgesicht  sie  warnt,  können  sie  Abel's  Tod  nicht 
verhindern.  Dann  zeugt  Adam  den  Seth  und  noch  30  Söhne  und 
30  Töchter.  Im  Alter  von  930  Jahren  erkrankt,  versammelt  er  seine 
Nachkommen.  Seth  fragt,  ob  Adam  sich  nach  der  Speise  des  Para- 
dieses sehne  und  ob  er  darnach  gehen  solle.  Adam  verneint  es ;  er  sei 
krank.  Gefragt,  was  Krankheit  sei,  erzählt  er,  wie  nach  dem  Sünden- 
falle Gott  ihm  verkündet  habe,  dass  70  Plagen  seinen  Leib  quälen  wür- 
den. Wieder  von  Schmerz  befallen,  schickt  er  Eva  und  Seth  zum  Para- 
dies, um  Oel  vom  Baum  der  Barmherzigkeit  zu  erbitten.  Den  wandern- 
den Seth  beisst  die  Schlange  und  wird  durch  seinen  Fluch  verscheucht. 
An  der  Pforte  des  Paradieses  verkündet  ihnen  Michael,  sie  sollten  nicht 
wegen  des  Baumes  bitten,  von  dem  das  Oel  fliesse,  sondern  heimkehren, 
da  Adam  binnen  3  Tagen  stürbe.  Adam  hält  der  Eva  vor,  welches 
Elend  sie  über  die  Menschen  gebracht  habe ;  sie  solle  alle  Nachkommen 
versammeln  und  den  Sündenfall  erzählen.  Das  thut  sie  in  langer  Rede: 
Sie  habe  West  und  Nord,  Adam  Ost  und  Süd  des  Gartens  gehütet.  Der 
Satan  habe  die  Schlange  beredet,  nicht  die  Menschen  anzubeten,  son- 
dern mitzuhelfen,  dass  sie  aus  dem  Paradies  vertrieben  würden.  Zur 
Stunde,  wo  die  Engel  aufstiegen  zur  Anbetung  Gottes,  sei  sie  beredet 
worden,  dem  Satan  und  der  Schlange  die  Pforten  des  Paradieses  zu 
Abh.d.I.Cl.d.k.Äk.d.Wiss.  ßd  XIV.  III.Abth.  27 


194 

öffnen,  habe  sich  von  dem  Satan  in  der  Gestalt  eines  Lichtengels  ver- 
leitenlassen von  der  verbotenen  Frucht  zu  essen  und  habe  auch  Adam  dazu< 
beredet.  Da  sei  Gott  mit  den  Schaaren  der  Engel  erschienen  und  habe 
ihnen  und  der  Schlange  die  Strafe  verkündet.  Beim  Hinaustreiben  habe 
Adam  zuerst  um  Verzeihung,  dann  um  Frucht  vom  Baum  des  Lebens 
gebeten.  Die  letztere  sei  ihm  für  den  Tag  der  Auferstehung  verheissen 
worden ;  auf  weitere  Bitten  habe  er  xqoxov  xal  vaydov  xal  xdka/iwv  xal 
xird/LitojLiov  xal  Xoinä  (mey/uaja  slg  diaryocprjr  avrov  mitnehmen  dürfen. 
—  Adam  verheisst  der  Eva,  sie  werde  bald  nach  ihm  sterben  und  be- 
fiehlt, seinen  Leichnam  zu  salben.  Während  Eva  betet,  stirbt  er.  Eva 
und  dann  auch  Seth  sehen  Gott  mit  Engeischaaren  herabkommen.  Sonne 
und  Mond  scheinen  dunkel  wie  zwei  Aethiopen.  Adams  Leib  wird  ge- 
waschen und  in  den  siebenten  Himmel  gebracht.  Später  kommt  Gott  wieder 
mit  seinen  Schaaren,  die  Cherubim  tragen  den  Leib  in  das  Paradies, 
dessen  Pflanzen  solchen  Duft  ausströmen,  dass  alle  einschlafen  ausser 
Seth.  Gott  verheisst,  einst  werde  er  Adam  auf  den  Thron  setzen,  den 
früher  der  Satan  inne  hatte;  dann  wird  Adams  und  Abels  Leib  in 
Tücher  gehüllt  und  im  Paradies  in  der  Erde  bestattet.  Eva  starb  sechs 
Tage  nachher  und  wurde,  wie  sie  erfleht  hatte,  im  Paradies  neben  Adam 
begraben. 

Die  Ueberschrift  dieses  Stückes  ist  offenbar  falsch;  denn  von  einer 
Apokalypse  Gottes  durch  Michael  an  Moses  ist  hier  keine  Spur.  Wenn 
ältere  Elemente  in  der  Ueberschrift  enthalten  sind,  so  wäre  daran  zu 
erinnern,  dass  das  viel  gelesene  Jubilaeenbuch  eine  Offenbarung  ist, 
welche  auf  Befehl  Gottes  Michael  dem  Moses  auf  dem  Berge  Sinai 
aufschrieb. 

Zu  diesem  griechischen  Texte,  den  ich  die  A  pokalypse  nenne,  gibt 
es,  wie  schon  Lambecius  bemerkte,  einen  parallelen  lateinischen  Text, 
den  ich  die  Vita  nenne.  Von  dieser  Vita  gibt  es  4  verschiedene  In- 
cunabeldrucke ;  (siehe  unten  bei  der  III.  Klasse  der  Handschriften).  Der 
Text  ist  aber  hier  so  gänzlich  umgestaltet  und  verstümmelt,  dass  jede 
wissenschaftliche  Benützung  unmöglich  ist  und  ich  die  Ausgabe  dieser 
Vita,  welche  ich  unten  gebe,  füglich  die  erste  nennen  kann. 

Der  Inhalt  des  lateinischen  Textes  weicht  von  dem  des  griechi- 
schen   weit  ab.     So  ist  von  dem  Inhalt  des  ersten  Drittheils  (§   1 — 21) 


195 

der  Vita  in  der  Apokalypse  keine  Spur.  Wie  hier  erzählt  wird,  empfan- 
den nach  der  Vertreibung  aus  dem  Paradies  Adam  und  Eva  Hunger 
und  suchten  umsonst  solche  Speise,  wie  sie  im  Paradies  genossen  hatten. 
Adam  schlägt  dann  der  Eva  vor,  sie  solle  bis  an  den  Hals  im  Tigris 
stehend  37  Tage  strenge  Busse  thun;  er  wolle  im  Jordan  dasselbe  40 
Tage  lang  thun;  vielleicht  werde  Gott  sie  in  das  Paradies  zurückführen. 
Es  geschieht.  Auf  Adams  Befehl  versammeln  sich  um  ihn  die  Fische 
und  die  Wasser  des  Jordan.  Nach  18  Tagen  kommt  der  Satan  in 
Engelsgestalt  zu  Eva,  beredet  sie,  dass  Gott  ihnen  verziehen  habe,  und 
führt  sie  zu  Adam,  welcher  sofort  den  Betrug  erkennt.  Auf  den  Vor- 
wurf, wesshalb  doch  er  die  Menschen  so  verfolge,  erwiedert  der  Satan, 
nach  der  Erschaffung  des  Adam  habe  Michael  im  Namen  Gottes  ver- 
langt, dass  alle  Engel  jenen,  das  Ebenbild  Gottes,  anbeten  sollten.  Er 
und  die  ihm  untergeordneten  Engel  hätten  sich  geweigert  jenen  anzu- 
beten, da  er  nach  ihnen  geschaffen  sei  und  unter  ihnen  stünde,  und  er 
selbst  habe  gedroht  'Si  (deus)  irascitur  mihi,  ponam  sedem  meam  super 
sidera  caeli  et*  eio  similis  altissimo.'  Darauf  seien  sie  aus  dem  Himmel 
gestossen  worden.  Desshalb  habe  er  durch  Eva  auch  den  Adam  der 
Wonne  des  Paradieses  beraubt.  Auf  Adams  Gebet  verschwindet  der 
Satan.  Adam  vollendet   seine  40   Busstage,  Eva  aber  trennt  sich 

von  ihm  und  wandert  nach  Westen.  Von  Geburtsschmerzen  befallen 
ruft  sie  vergeblich  zu  Gott,  dann  bittet  sie  die  Leuchten  des  Himmels, 
es  Adam  zu  melden.  Dieser  kommt  zu  ihr,  und  auf  sein  Gebet  sendet 
Gott  den  Michael  und  andere  Engel.  Eva  gebärt  den  Cain,  der  sogleich 
läuft  und  seiner  Mutter  ein  Gras  bringt. 

Von  hier  an  finden  sich  im  lateinischen  Texte  vielfach  dieselben 
Sachen  und  dieselben  Worte  wie  im  griechischen.  Die  gleichen  Worte 
der  Apokalypse  habe  ich  dem  Texte  der  Vita  untergeschrieben;  hier 
hebe  ich  die  wichtigeren  Sachen  hervor,  welche  die  Vita  hat,  aber 
nicht  die  Apokalypse. 

Adam  kehrt  mit  Eva  und  Cain  nach  Osten  zurück,  wo  ihn  Michael 
den  Ackerbau  lehrt.  Durch  einen  Traum  gewarnt,  macht  er  Cain  zum 
Landmann,  Abel  zum  Hirten,  doch  diese  Trennung  war  vergeblich. 
Später  ward  Seth  geboren.  Das  folgende  erste  Gespräch  des  Adam  zu 
Seth  (§  25—30)  fehlt  in  der  Apokalypse  gänzlich.     Leider    ist    der   la- 

27* 


196 

teinische  Text  gerade  am  Hauptpunkt  fast  unverständlich.  Im  Alter 
von  930  Jahren  erzählt  uemlich  Adam  dem  Seth:  als  er  aus  dem 
Paradies  vertrieben  betete,  habe  ihn  Michael  dahin  zurückgeführt.  Dort 
habe  ihm  Gott  verkündet,  er  werde  sterben.  Auf  Adams  Gebet  um 
Schonung,  habe  Gott  gesprochen :  quoniam  figurantur  dies  tui  factus  es1) 
diligens  scientiam,  propter  hoc  non  tolletur  de  semine  tuo  usque  in 
seculum  ad  ministrandum  mihi.  Darauf  habe  er  Gott  gepriesen  und  sei 
dann  von  Michael ,  der  mit  einem  Stab  die  Wasser  um  das  Paradies 
gefrieren  machte,  aus  dem  Paradies  geführt  worden.  Der  Inhalt  dieses 
Gesprächs  scheint  zu  sein ,  dass  Gott  den  Adam  sofort  wollte  sterben 
lassen,   aber  auf  sein  verständiges   Gebet  Schonung  gewährte. 

Am  Schlüsse  sagt  Adam,  Seth  solle  noch  die  übrigen  Geheimnisse 
vernehmen,  welche  er  erkannt  habe,  als  er  vom  Baume  der  Erkenntniss 
ass:  allein  damit  bricht  in  den  besten  Handschriften  die  Rede  ab  und 
es  scheint  ein  Stück  Text  zu  fehlen.  Die  andern  Handschriften  haben 
einen  grossen  Zusatz,  in  welchem  die  Geschicke  der  Menschheit  bis 
zum  letzten  Gericht  geweissagt  werden.  Allein  es  ist  schwer  zu  sagen, 
wie  viel  von  diesem  Zusatz  echt  ist. 

Was  im  lateinischen  Texte  folgt  (§  30 — 51),  bietet  mit  einer  Aus- 
nahme (§  49  u.  50)  im  Wesentlichen  auch  der  griechische,  nur  ist  die 
lateinische  Fassung  viel  schlichter  als   die  griechische.  Der  930 

Jahre  alte  und  kranke  Adam  versammelt  um  sich  seine  Kinder ,  lehnt 
das  Anerbieten  des  Seth  zum  Paradies  zu  wandern  ab  und  erzählt,  wie 
Gott  im  Paradies  ihm  verkündet  habe,  dass  70  Plagen  den  mensch- 
lichen Leib  quälen  würden  (Vita  §  30 —  34,  Ap.  §  5  —  8;  in  §  32  u. 
33  mehrere  Stücke,  welche  Ap.  §  15  u.  17  stehen).  Als  Adam  wieder 
von  den  Schmerzen  geplagt  wird,  wünscht  Eva  einen  Theil  derselben 
übernehmen  zu  können.  Adam  sendet  dann  sie  und  Seth  zum  Paradies, 
um  Oel  vom  Baum  der  Barmherzigkeit  zu  holen  (Vita  §  35.  36,  Ap. 
§  9).  Die  Schlange  fällt  den  Seth  an  und  wird  nur  durch  seinen 
Eluch,  nicht  den  der  Mutter  verscheucht  (Vita  §  37  —  39,  Ap.  §  10— 
12).   Am  Paradies  beten  sie  lange;    Michael  verkündet  ihnen,   jetzt    er- 


1)  Figura  cordis  tui  factus  es   oder   figura   corporis    mei   factus  es  et?     Herr  Prof.  Dühnanu 
eermnthet :  Figura  dei  oder  cordis  (Geist,  Intellect)  tui  factus  es  dil. 


197 

hielten  sie  das  Oel  nicht;  aber  nach  5500  Jahren  würde  Gottes  Sohn  auf 
die  Erde  kommen,  im  Jordan  baden  und  die  Völker  mit  dem  Oel  der 
Barmherzigkeit  salben;  dann  auch  in  die  Unterwelt  gehen  und  den 
Adam  in  das  Paradies  zurückführen ;  jetzt  sollten  sie  heimkehren : 
denn  binnen  sechs  Tagen  werde  Adam  sterben.  Das  thun  sie  und 
bringen  Narde,  Krokus,  Münze  und  Zimmt  mit.  Adam,  wie  er  das 
Geschehene  hört,  hält  der  Eva  auf's  Neue  vor,  welches  Elend  sie  über 
das  Menschengeschlecht  gebracht  habe.  Dieser  Inhalt  von  §  40  —  44 
der  Vita  findet  sich  in  der  Hauptsache  wieder  in  §  13  und  14  der 
Apokalypse.  Nur  die  Prophezeiung  des  Michael  ist  verschieden.  Ferner 
folgt  in  der  Apokalypse  auf  Adams  Vorwurf  gegen  Eva  (§  14)  eine 
lange  Rede  Eva's  (§  14 — 30),  worin  sie  den  Sündenfall  ausführlich  und 
umständlich  erzählt.  Dieses  ganze  Stück  fehlt  in  der  Vita;  nur  die 
Angabe,  dass  Eva  Westen  und  Süden,  Adam  Osten  und  Norden  des 
Paradieses  gehütet  habe  (§  15  Ap.),  findet  sich  in  der  Vita  §  32;  dann 
berichtet  die  Ap.  (§29),  dass  Adam  bei  der  Austreibung  Narde,  Krokus, 
Münze  (?)  und  Zimmt  mitnehmen  durfte,  während,  wie  oben  erzählt, 
nach  der  Vita  (§  43)  erst  Eva  und  Seth  dieselben  mitnehmen.  Nach 
sechs  Tagen  stirbt  Adam;  Gott  erscheint  mit  seinen  Engeischaaren, 
empfiehlt  dem  Engel  Michael  den  Adam  bis  zum  jüngsten  Tage,  lässt 
dann  durch  Michael  und  Uriel  den  Körper  Adams  und  Abels  in  je  drei 
Tücher  hüllen  und  im  Paradies  bestatten.  Dann  gebieten  diese  Engel, 
die  Menschen  sollten  stets  ihre  Todten  so  bestatten.  Diese  Erzählung 
der  Vita  (§  45 — 48)  ist  in  der  Apokalypse  (§31 — 41)  mit  vielen,  theil- 
weise  wundersamen  Zusätzen  vermehrt. 

Sechs  Tage  nach  Adams  Tod  fühlt  Eva  das  Nahen  ihres  Endes 
und  verkündet  ihren  Kindern ,  dass  nach  Michaels  Verkündigung  zwei 
Strafgerichte,  eines  durch  Wasser  und  eines  durch  Feuer,  über  das 
Menschengeschlecht  kommen  würden.  Sie  sollten  also  Tafeln  von  Erde 
und  andere  Tafeln  von  Stein  machen  und  Alles  darauf  schreiben,  was 
sie  von  dem  Leben  Adams  und  Evas  wüssten.  Dieses  Stück  der  Vita 
(§  49.  50)  fehlt  in  der  Apokalypse.  Eva  stirbt  und  wird  betrauert. 
Michael  verkündet  dem  Seth,  die  Menschen  sollten  um  einen  Todten 
nicht  mehr  als  sechs  Tage  trauern,  da  am  siebenten  Tag  Gott  geruht 
habe.    Dann   macht  Seth  die  Tafeln.     Mit  Ausnahme    des  letzten  Satzes 


198 

findet  sich  das  Andere  ähnlich  in  der  Apokalypse,  §  42  und  43.  In 
sehr  alten  Handschriften  der  Vita  findet  sich  noch  der  Zusatz,  dass 
Salomo  die  Tafeln  gefunden  und  mit  Hülfe  des  Engels  Michael  ent- 
ziffert habe. 

Der  lateinische  und  griechische  Text  haben  beide  ungefähr  den 
gleichen  Umfang,  aber  etwa  von  der  Hälfte  des  lateinischen  Textes 
findet  sich  keine  Spur  im  griechischen  und  umgekehrt.  Die  andere 
Hälfte  der  beiden  Texte  stimmt  überein ,  nicht  nur  in  dem  Inhalte, 
sondern  sehr  oft  auch  in  den  Worten.  Hier  muss  also  von  beiden  ein 
und  dieselbe  Schrift  benützt  sein.  Welcher  Art  ist  diese  Schrift  ge- 
wesen? Wie  verhält  sich  zu  ihr  das  was  nur  der  lateinische,  und  das 
was  nur  der  griechische  Text  überliefert  hat? 

Die  Antwort  hierauf  wird  am  besten  durch  Untersuchung  von 
einigen  Stücken  vorbereitet.  Vor  Allem  ist  zu  bedenken,  dass  der  la- 
teinische Text  schon  im  8.  Jahrhundert  abgeschrieben  wurde  und  schon 
damals  durch  viele  Schreibfehler  entstellt  war,  also  beträchtlich  älter 
sein  muss.  In  den  zunächst  vorangehenden  Jahrhunderten  war  die 
Phantasie  der  Christen  mit  der  Dichtung  von  Heiligensagen  beschäftigt; 
hievon  aber  liegt  der  Inhalt  unserer  Schrift  weit  ab. 

I.  In  der  Vita  §  1  — 11  ist  geschildert,  wie  Adam  und  Eva  in  dem 
Wasser  des  Jordan  und  Tigris  büssen.  Diese  Sage  ist  berührt  in 
der  (zu  §  6  ausgeschriebenen)  Stelle  des  R.  Eli  es  er.  Ausführlich  ist 
dieselbe  Sage  erzählt  in  dem  christlichen  Adamsbuch  des  Orientes, 
Dillmann  p.  32  u.  33;  eine  genaue  Uebersetzung  des  entsprechenden  ara- 
bischen Textes  findet  sich  unter  dem  betreffenden  Stücke  der  Vita. 
Die  flüchtigste  Vergleichung  zeigt,  dass  die  Sage  in  diesem  Adamsbuche 
schon  stark  entstellt  und  verwässert  war,  dagegen  in  der  Vita  viel 
reiner  und  echter  erhalten  ist.  Dieses  Stück  der  Vita  ist  also  sicher- 
lich nicht  gefälscht,  sondern  stammt  aus  einer  Quelle,  aus  welcher  auch 
der  Jude  und  der  Araber  geschöpft  haben. 

II.  Die  Lehre  von  dem  Falle  des  Satan  ist  für  die  jüdischen 
und  christlichen  Theologen  eine  der  schwierigsten.  Die  Art  des  Vor- 
ganges, welche  in  der  Vita  §  12 — 16  schön  ausgemalt  ist,  der  Satan 
sei  gefallen,  weil  er  sich  weigerte  den  Menschen,  Gottes  Ebenbild,  anzu- 
beten   und    habe    dann    aus  Neid    die  noch  glückseligen   Menschen  ver- 


199 

führt,  findet  sich  bei  keinem  der  griechischen  oder  lateinischen  kirch- 
lichen Schriftsteller  erwähnt.  Nur  einige  der  frühesten  scheinen  mir 
ähnliche  Anschauungen  zu  kennen.  Tertullian,  de  patientia  c.  5, 
sagt  'Natales  impatientiae  (und  damit  seines  Falles)  in  ipso  diabolo 
deprehendo  iam  tunc  cum  dominum  deum  universa  opera  quae  fecisset 
imagini  suae  id  est  homini  subiecisse  impatienter  tulit. '  Irenaeus  4, 
40,  3  nimmt  dieselbe  Zeit  und  Ursache  des  Falles  an  'Ex  tcke  yay  ano- 
oraz?]g  6  äyyelos  avrov  xal  e%d-Qos,  «</?'  ots  tC,rjl(joos  rb  nlaö^a  rov  deov 
xal  e%&Q07ioiijacu  avro  tiqoq  t<V  ösbr  msxeiQrjOe.  Diese  Ansicht  wird 
von  Augustin  de  Genesi  ad  literam  XI,  18  angeführt:  Non  nulli  di- 
cunt  ipsum  ei  (diabolo)  iuisse  casum  a  supernis  sedibus  quod  inuiderit 
homini  facto  ad  imaginem  dei,  dann  aber  wird  sie  entschieden  zurück- 
gewiesen und  dagegen  behauptet  Ab  initio  temporis  diabolum  superbia 
cecidisse;  erst  viel  später  habe  er  den  Menschen  beneidet  und  verführt. 
Diese  Ansicht,  welcher  Augustin  sich  anschloss,  wurde  die  herrschende, 
und  ist  z.  B.  in  dem  angelsächsischen  Gedicht  Kaedmons  über  die  Ge- 
nesis grossartig  dargestellt. 

Die  Lehre  des  Tertullian  und  Irenaeus  berührt  sich  nur  mit  der 
Vita,  dagegen  ist  diese  Erzählung  der  Vita,  dass  der  Satan  aus  dem 
Himmel  Verstössen  worden  sei ,  weil  er  gegen  den  Befehl  Gottes  den 
Adam,  sein  Ebenbild,  anzubeten  sich  geweigert  habe,  und  dass  er  aus 
Schmerz  über  diese  Verstossung  auch  die  Verstossung  des  Menschen 
aus  dem  Paradies  herbeigeführt  habe,  die  Grundlehre  des  Muhamed; 
siehe  besonders  die  zu  §  1 3  ausgeschriebene  Stelle  des  Koran  (Sure 
7,  11),  dann  noch  besonders  Sure  38  u.  73  und  Sure  2,  15,  17,  18,  20; 
poetisch  ausgeschmückt  findet  sich  die  Sage  in  Weils  Biblischen  Le- 
genden der  Muselmänner.  Dieselbe  Sage  findet  sich  im  Hebraeischen. 
In  Raimund  Martini's  Pugio  fidei  p.  563  wird  aus  dem  R.  Moses 
Haddarschan  (a.  1050  — 1100)  die  Sage  berichtet  in  fast  wörtlicher 
Uebereinstimmung  mit  dem  Koran.  Säle  (zum  Koran)  und  Grünbaum 
(Beiträge  zur  vergleichenden  Mythologie  aus  der  Hagada,  Zeitschrift 
d.  morgenl.  Gesellschaft  31  ,  S.  233)  haben  auf  diese  enge  Verwandt- 
schaft hingewiesen.  Bedenklich  ist,  dass,  nachdem  schon  Zunz,  'die 
gottesdienstlichen  Vorträge  der  Juden,'  Zweifel  äusserte,  in  neuerer  Zeit 
die  hebräischen  Stücke  des  Pugio  Fidei    für    gefälscht   erklärt    werden; 


200 

siehe  die  Vorrede  Pusey's  zu  Neubauer's  Collection  of  Jewish  interpre- 
tations  on  the  53.  chapter  of  Isaiah,  erwähnt  im  Athenaeum  1877 
p.  650.  Selbst  wenn  hier  keine  Fälschung  vorliegt,  ist  es  mir  wahr- 
scheinlich, dass  die  hebräische  Stelle  aus  dem  Koran  entlehnt  ist,  da 
eine  fast  wörtliche  Entlehnung  bei  Muhamed  sehr  auffallend  wäre. 

Die  unserer  Vita  und  dem  Muhamed  gemeinsame  Lehre  über  die 
schwierige  Frage  vom  Falle  des  Teufels  ist  aber  gar  nicht  so  übel. 
Ich  erstaunte,  genau  dieselbe  Lehre,  nur  logisch  entwickelt  wieder  zu 
finden  bei  dem  italienischen  Theologen  Ambrosius  Catherinus,  im 
Liber  de  angelorum  bonorum  gloria  et  lapsu  malorum,  Opuscula  a.  1542 
p.  149,  bis  ich  aus  seinem  Commentar  zur  Genesis  Rom  1552  sah,  dass 
er  die  Idee  dem  Muhamed  entlehnt  habe. 

Wir  haben  es  hier  nur  mit  dem  Bericht  der  Vita  zu  thun,  welcher 
lateinisch  schon  vor  dem  8.  Jahrhundert  existirt  hat,  und  dem  des 
Muhamed.  Die  Vita  hat  nicht  aus  dem  Koran  geschöpft,  dagegen  hat 
Muhamed  vieles  benützt,  was  er  von  Juden  und  Christen  gehört  hatte. 
Daraus  ergibt  sich ,  dass  die  Quelle  der  Vita  vor  Muhamed  existirte 
und  wiederum  sehen  wir  sie  im  Oriente  benützt. 

Auch  in  dem  Codex  Nasaraeus  findet  sich  die  Sage:  Gott  ge- 
bietet den  Engeln  des  Lichtes  dem  Adam  zu  dienen  und  ihn  zu  ver- 
ehren. Einer  weigert  sich  und  wird  gestraft  (p.  27  und  67  ed.  Nor- 
berg).  Die  Sage  ist  wohl  aus  dem  Koran  entlehnt,  nicht  aus  der  Vita. 
Denn  im  Koran,  bei  Moses  Haddarschan  und  im  Codex  Nasaraeus  ist 
es  der  Satan  allein,   welcher  den  Gehorsam  verweigert. 

Nächst  dem'  Koran  sind  für  Muhameds  Lehre  die  Legenden 
wichtig,  wie  solche  G.  Weil  in  den  Biblischen  Legenden  der  Musel- 
männer, Frankfurt  1845,  zusammengestellt  hat.  Weil  erklärt  'Diese 
Sagen  stammen,  einzelne  spätere  Ausschmückungen  abgerechnet,  von 
Mohammed  selbst  her;'  und  Sprenger  (Leben  des  Mahommed  III  p.  CXI 
Note  2)  meint  sogar,  dass  die  Ueberlieferung  der  jüdischen  Sagen  durch 
die  Moslime  für  die  Religionsgeschichte  der  Juden  in  Arabien  einigen 
Werth  habe.  In  einer  Legende  von  Adam,  Weil  S.  12 — 43,  sind  meh- 
rere interessante  Züge.  Auch  hier  (S.  15)  befiehlt  Gott  den  Engeln  sich 
vor  Adam    zu  verbeugen.     Israfil    gehorchte    zuerst   ( =  Michael) ,    dann 


201 

die  andern,  nur  Iblis  nicht.  —  Dann  wird  erzählt  (Weil  S.  20):  Iblis 
habe  lange  vor  dem  ihm  verschlossenen  Paradiese  gelauert,  um  die 
Menschen  zu  verführen.  Endlich  gelang  es  ihm,  durch  die  Schlange 
hineinzukommen  und  in  Engelsgestalt  mit  Menschengesicht  (als  einer 
der  Cherubim,  die  stets  Gott  preisen)  zeigte  er  sich  Eva  unter  dem 
Baume.  Damit  hängt  offenbar  der  griechische  Text  der  Apokalypse 
zusammen,  so  schlecht  er  auch  gerade  hier  überliefert  ist:  (§17)  6  oa- 
xavag  tyivexo  ev  sidei,  dyyskov  xal  v/uvei  xov  Ssbv  xad-aneo  oi  ayyskoi' 
xal  Tiaysxvipa  (Eva)  ex  xov  xei%ovg  xal  eldov  avxbv  o/tioior  äyyekov  .  .  . 
(§   19)  r\voit,a   dt   avxv)  xal  slofjh&tv  sota  elg  xbi'  Jiaqadsioov.1) 

Das  höchste  Heiligthum  der  Muhamedaner  ist  die  Kaba.  Nach 
der  Sage  (Wüstenfeld,  die  Chroniken  der  Stadt  Mekka  IV  S.  4,  Weil 
Legenden  S.  36)  baute  Adam  am  Ort  des  heutigen  Mekka  einen  Tempel. 
Derselbe  ward  von  Abraham,  Ismael  und  andern  erneuert  (Wüstenfeld 
S.  8,  Weil  S.  93),  und  aus  ihm  ward  die  Kaba.  In  der  Vita  Pelagii 
von  Jacobus  de  Voragine  (a.  1250)  wird  kurz  berichtet  'domus  dei  .  . 
quam  dicunt  Adam  construxisse  omnibus  filiis  eius,  et  Abraham  et  Is- 
mahel  locum  orationis  fuisse.'  2)  Ich  glaube,  dass  auch  diese  Sage  von 
der  Kaba  durch  unser  Adamsbuch  angeregt  wurde.  Vita  §  30  (vgl. 
unten  S.  219)  heisst  es  'Congregentur  ad  me  omnes  filii  mei  .  .  et  con- 
gregati  sunt  in  tres  partes  ante  conspectum  eius  coram  oratorio,  ubi 
adorabant  (adorabat  mehrere  Codices)  dominum  deum  =  Apokalypse 
§  5  sld-ixwaav  nyog  tue  ol  vlol  jlwv  .  .  xal  ijX&ov  navxeg  ml  xr\v  S-v^av 
xov  olxov,  Iv  cb  elorjQxexo  EV§aö&aL  xcp  dsoj. 

Die  Verwandtschaft  auch  dieser  Legenden  und  unseres  Adams- 
buches scheint  mir  sicher;  ebenso  sicher  aber  auch,  dass  die  Angaben 
der  Vita  und  Apok.  nicht  aus  jenen  Legenden  genommen  sind,  sondern 
dass  Muhamed,  Ibn  Abbas  und  Andere,  wie  die  Sage  vom  Falle  des 
Satan ,  so  auch  die  Sagen  von  der  Engelsgestalt  des  Verführers  und 
seinem  Einlass  in  das  verschlossene  Paradies  und  von  dem  Oratorium 
des  Adam  aus  dem  Urtext  der  Vita  und  der  Apokalypse  erhalten  haben. 


1)  Vgl.  oben  S.  190  die  aus  der  arabischen  Handschrift  in  München  No  243  f.  29  b   angeführte 
Stelle. 

2)  Vgl.  Schahrastäni  ed.  Cureton  1842  p.  430. 

Abh.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  28 


202 

III.  Berühmt  ist  die  Stelle  des  Josephus  (Ant.  I,  2),  dass  die 
Kinder  Seths  zwei  Säulen,  eine  aus  Stein  und  eine  aus  Thon ,  er- 
richtet und  darauf  die  bis  dahin  gemachten  Erfindungen  verzeichnet 
hätten,  damit,  möge  nun  die  Zerstörung  durch  Feuer  oder  die  durch 
Wasser  zuerst  über  die  Erde  kommen,  in  jedem  Falle  eine  Säule  Nach- 
richt von  den  gemachten  Erfindungen  gebe  ;  die  steinerne  Säule  stehe 
noch  xard  yfjv  rrjv  JZvyidda  (^iQiada).  Eine  einzige  Parallele  hiezu 
kennt  man  in  der  Stelle  des  Synkellus  (p.  40),  wornach  der  egyptische 
Historiker  Manetho  geschöpft  habe  'Ix  r.6Sv  «V  rfj  J?r]oiadixfj  yfj  xu- 
iieviov  özrjlwv  leyq  dialtxrcp  xal  Uüoyoacpixolg  yoduuaai  xsyayaxrTjQious- 
vujv  viib  Qaj&  rov  tiquitov  'Eüiäov' ;  dieselben  seien  ebenfalls  vor  der 
grossen  Fluth  errichtet  worden.  Eine  weit  genauere  Parallele  zu  der 
Erzählung  des  Josephus  bietet  die  Vita,  §  49  und  50;  denn  der 
wesentlichste  Zug  der  Sage  ist  der,  dass  zwei  verschiedene  Stoffe  ge- 
wählt werden ,  um  dem  Wasser  und  um  dem  Feuer  zu  widerstehen. 
Dagegen  schmeckt  die  Nachricht  des  Josephus,  die  Sethiden  hätten  die 
Säulen  errichtet,  um  ihre  Erfindungen  zu  verewigen,  nach  gelehrter  Er- 
findung; natürlicher  ist  der  in  der  Vita  und  etwa  noch  der  bei  Manetho 
angegebene  Zweck.  Das  ist  sicher,  dass  die  Form  dieser  Sage  in  der 
Vita  nicht  aus  Josephus  oder  Manetho  stammt,  sondern  neben  jenen 
selbständig  ist. 

IV.  In  der  Vita  §  36  hofft  Adam,  Gott  werde  den  Michael  senden 
ad  arborem  misericordiae  suae  de  qua  currit  oleum  vitae  — 
dcoori  6*  T°v  devdyov  ev  to  (thi  to  klaiov  «|  avxov  (skeov?)  Apok.  §  9  — 
et  dabit  vobis  ex  ipso  modicum ,  ut  me  unguatis  ex  eo ,  ut  quiescam 
ab  his  doloribus.  Dasselbe  wird  weiterhin  erwähnt,  Vita  §  40  oleum 
de  arbore  misericordiae  suae  =  Ap.  §  13  to  s'kaiov  tov  skeov, 
und  wiederum  Ap.  §  13  to  §v'kov  er  to  §eei  to  elaiov.  Dieses  Oel  vom 
Baume  der  Barmherzigkeit  oder  des  Lebens  ist  also  ein  wesentliches 
Stück  des  griechischen  und  lateinischen  Textes.  Es  wird  selten  erwähnt. 
Im  Evangelium  Nicodemi  (c.  19  =  Descensus  c.  3;  siehe  dazu 
Thilo)  erzählt  Seth,  dass  ihn  Adam  zum  Paradies  geschickt  habe:  tog 
av  odrjyrjorj  &eog  /ue  JV  dyyelov  nobg  zö  devdoov  rfjg  ilerjiioovvTjg  (cod. 
B  add.  Tot>r'  tan  rö  s'ksog  rov  s'kaiov)  xal  sridoto  s'kaiov  xal  dXslipco  tov 
ifiov  Tiareoa  xal  avaöTf\  ^no  ZVS  do&eveiag.    Michael   sagt  ihm   e'kaiov  al- 


203 

rüg  ro  rovg  äaStvelg  arioraiv  rj  ro  devdyov  ro  (>£ov  ro  roiovrov  hlo.iov 
dia  ttjp  rov  aov  narybg  dad-eveiav ;  aber  erst  nach  5500  Jahren  werde 
Gottes  Sohn  kommen  und  den  Adam  mit  diesem  Oele  salben.  Hier  hat 
das  vom  Baum  des  Lebens  oder  der  Barmherzigkeit  stammende  Oel  die 
Kraft,  die  Schmerzen  der  Kranken  zu  lindern.  Hieraus  erklären  sich 
die  beiden  Stellen  Marcus  6,  13  (oi  dnooroloi)  rfkanpov  tiaicp  nollovg 
äyyioOTOvg  xcu  t&eQaTU-vov  und  Jacobi  epistola  5,  14  äadsveT  ng  ir 
vfilv,  jTyogxafoaaod-a)  rovg  nyeoßvrsyovg  rfjg  sxxXtjaiag  %ai-  n^oasv^dad-ajoav 
in1   avrbv  dleiipavreg  avrbv   Uaicp  Iv  ro)  bvoiiari  xvoiov. 

Dagegen  heisst  es  in  den  ßecognitiones  Clementis  Romani  I, 
45  :  Christus  .  .  cum  esset  filius  dei  et  initium  (ad  salutem  add.  Co- 
dices monac.  52,  6257,  14263)  omnium  homo  factus  est.  hunc  pri- 
mum  pater  oleo  perunxit,  quod  ex  ligno  vitae  fuerat  sumtum.  ex 
illo  ergo  unguento  Christus  appellatur.  inde  denique  etiam  ipse  secun- 
dum  praedestinationem  patris  pios  quosque  cum  ad  regnum  eius  perue- 
nerint,  uelut  qui  asperam  superauerint  uiam  pro  laborum  refectione 
simili  oleo  perunguet.  Das  Oel  ist  auch  hiernach  vom  Baum  des  Lebens 
genommen;  allein  mit  der  Salbung  zur  Linderung  der  Leiden  vermischt 
sich  die  Salbung  der  Propheten,  Könige  u.  s.  w. ,  welche  auch  Adam 
erhalten  hat  (ebenda  1,  47).  Nur  der  letzteren  Salbung  verwandt  ist 
die  bei  0  r  i  g  e  n  e  s  erwähnte ,  wo  von  der  Taufe  der  Ophiten  die  Rede 
ist  (contra  Celsum  6,  27)  wg  rov  tutv  rr\v  GcpyayLda  ntQiri&tvrog  xalov- 
uevov  narybg,  rov  dt  Oipoayi'Qouevov  Isyo/tievov  veov  xal  vlov  xai  oltioxqi- 
vöu tvov '  xs/jjiojLiai  xyiojLiari  kevzw  t'§  £vlov  ^corjg.  In  späteren 
christlichen  Schriften  wird  dieses  Oel  der  Barmherzigkeit  vom  Para- 
diesesbaum nicht  mehr  erwähnt;  auch  hieraus  erhellt,  dass  das  Original 
unseres  griechischen  und  lateinischen  Textes  sehr  weit  hinaufzusetzen  ist. 

Ferner  ist  die  Erwähnung  dieses  Oeles  und  überhaupt  die  Wander- 
ung des  Seth  zum  Paradiese  ein  unauslöslicher  und  gewiss  ursprüng- 
licher Theil  unseres  griechischen  und  lateinischen  Textes,  im  Evangelium 
Nicodemi  dagegen  wird  dieselbe  angeführt ,  um  zu  beweisen ,  dass  das, 
was  in  anderen  Schriften  vorhergesagt  sei,  bei  Christus  zutreffe,  er  also 
der  Erlöser  sei:  es  ist  demnach  dort  auf  eine  Schrift  hingewiesen,  in 
welcher  von  dieser  Wanderung  des  Seth  die  Rede  sei.  Bis  jetzt  ist 
keine  Schrift  dieses  Inhaltes  gefunden;     nur    in    unserm   Adambuche  ist 


204 

ausführlich  davon  die  Rede.  Wir  haben  also  das  Recht  anzunehmen, 
dass  dies  die  Schrift  gewesen  ist,  welche  der  Verfasser  des  Evangeliums 
Nicodemi  benützt  hat. 

V.  In  §  41  und  42  der  Vita  verkündet  Michael:  Adam  könne  das 
Oel  der  Barmherzigkeit  nicht  erhalten;  aber  nach  5500  Jahren  werde 
Christus,  Gottes  Sohn,  herniederkommen,  die  Menschen  erlösen ,  in  die 
Unterwelt  gehen  und  Adam  in  das  Paradies  zurückführen.  Die  Worte 
der  Vita  §  41  Michael  apparuit  dicens  bis  zum  Schlüsse  des  §  42 
stimmen  wörtlich  mit  dem  lateinischen  Texte  des  Evangeliums 
Nicodemi  (cap.  19  =  Descensus  cap.  3,  Tischendorf  pag.  372).  Ent- 
weder ist  das  Stück  des  Evangeliums  Nie.  aus  der  Vita  oder  das  Stück 
der  Vita  aus  dem  lat.  Evangelium  Nie.  abgeschrieben.  Hier  entscheiden 
natürlich  die  griechischen  Texte  beider  Stücke.  In  den  beiden  besten 
Handschriften  der  Apokalypse  fehlt  die  Prophezeiung  gänzlich ,  in 
den  beiden  schlechteren  steht  auch  nichts  von  den  5500  Jahren  oder 
von  dem  Sohne  Gottes,  sondern  nur  ein  allgemeines  Gerede,  das  mit 
dem  lateinischen  Texte  nichts  zu  thun  hat:  dlV  ItC  eo%aTüJv  tüSv  xaigdv 
tote  avaOT  'osTai  näoa  oa^  ano  ^Add/j,  ewg  Trjg  fjtu€()ag  Ixüvrig  Trjg  ueya- 
Xrjg  oöoi  eaovrai  Xa6g  ayiog.  tote  avToig  do&rjüsTai  naoa  sixpQOGvvrj  tov 
TiayadsiGov  xal  eOTai  6  &sbg  Iv  jlieoco  avTÖov  xal  ovx  ioovTai  bti  e&jLiaf)- 
TavovTeg  ivumiov  avTov,  otl  äo&rjöETai  dn:  clvtiov  rj  zaodia  fj  novr^a  xal 
do&i]08Tai  avToXg,  zaodLa  ovpsti'Qo/liev?]  to  äya&öv  xal  laTyaveiv  &€(p  /Lioyqj. 
Dagegen  hat  der  griechische  Text  des  Evangeliums  Nicodemi  die 
Prophezeiung  in  einer  Fassung,  welche  die  Grundlage  der  allerdings 
freien  lateinischen  Uebersetzung  ist.  Demnach  hat  der  Uebersetzer, 
welcher  den  lateinischen  Text  der  Vita  Adae  et  Evae  machte,  oder  ein 
Abschreiber  desselben  dieses  ganze  Stück,  welches  wörtlich  mit  dem 
lateinischen  Text  des  Evangeliums  Nicodemi  stimmt,  aus  demselben  ab- 
geschrieben und  hier  interpolirt. 

Diese  Thatsache  ist  sehr  wichtig  für  die  Untersuchung  über  das 
Wesen  der  Schrift,  welche  der  Vita  und  der  Apokalypse  zu  Grund  liegt. 
Denn  diese  Prophezeiung  ist  das  einzige  christliche  Stück  gewesen, 
welches  sich  in  der  Vita  fand.  Fassen  wir  die  bisherigen  einzelnen 
Untersuchungen  zusammen ,  so  wird  das  Wesen  dieses  ursprünglichen 
Adamsbuches  klar  werden. 


205 

Das  ursprüngliche  Adamsbuch,  welches  dem  uns  erhaltenen 
griechischen  und  lateinischen  Texte  zu  Grunde  liegt,  war  vorhanden 
vor  dem  arabischen  Adamsbuch,  vor  Muhamed  und  vor  dem  griechi- 
schen Evangelium  Nicodemi;  es  steht  parallel  mit  den  Recognitionen 
des  Clemens  und  dem  Josephus.  Ferner  ist  es  durchaus  frei  von  Po- 
lemik gegen  Juden,  Christen  oder  Heiden.  Demnach  ist  wahrscheinlich, 
dass  dasselbe  in  der  Zeit  vor  dem  Aufkommen  des  Christen- 
thumes  entstanden  ist.  In  diesen  Zeiten  konnte  aber  nur  ein  Jude 
eine  solche  Dichtung  entwerfen.  Dass  dasselbe  hebräisch  geschrieben 
war,  lässt  sich  ferner  neben  der  Verwandtschaft  mit  Josephus  noch 
daraus  schliessen,  dass  einerseits  im  arabischen  Adamsbuch,  im  Koran 
und  dem  Codex  Nasaraeus  sich  Anklänge  finden ,  andererseits  es  im 
Evangelium  Nicodemi  ausgenützt  ist  und  in  das  Griechische  und  La- 
teinische übersetzt  wurde.  Der  Verfasser  hätte  die  Schrift  überschreiben 
können  'Leben  Adams  und  Evas,  wie  es  nach  Evas  Befehl  von  Seth 
aufgezeichnet  wurde. '  Er  hat  mit  Geschick  nur  berichtet,  was  Seth 
selbst  gesehen  oder  von  seinen  Eltern  gehört  haben  konnte,  Anderes 
wie  die  Schöpfungsgeschichte  vermieden.1) 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  alle  Untersuchungen  ist  es  natür- 
lich sich  klar  zu  sein,  wie  der  griechische  Text  sich  zum  la- 
teinischen verhält.  Die  Schilderungen  von  der  Busse  und  von 
dem  Falle  des  Teufels,  sodann  die  Erzählung  von  den  Tafeln,  also 
§  1 — 21  und  §  49  und  §  50  der  Vita,  sind  natürlich  echt.  Da  sie  in  der 
Apokalypse  fehlen,  so  ist  die  letztere  nur  das  Bruchstück  eines  grösseren 
Ganzen.  Die  Interpolation  aus  dem  Evangelium  Nicodemi  (Vita  §41  und 
§  42)  zeigt  freilich,  dass  wir  der  lateinischen  Uebersetzung  viel  Schlim- 
mes zutrauen  dürfen.  Doch  besteht  zunächst  gegen  §  25 — 29,  welche 
im  griechischen  Texte  fehlen,  kein  begründeter  Verdacht.  Der  übrige 
Inhalt  der  Vita  ist  im  Wesentlichen  auch  in  der  Apokalypse  enthalten, 
also    nicht    verdächtig.     In    der  Apokalypse    ist    vor   Allem    ein    Stück 


1)  Variot,  Les  evangiles  apocryphes,  Paris  1878,  p.  306  ff.  kennt  nur  eine  schlechte  Fassung 
dieser  Sage ;  er  glaubt,  sie  rühre  von  den  Sethianern  her  und  lässt  es  unentschieden,  ob  das  Evangelium 
Nicodemi  hieraus  geschöpft  habe  oder  umgekehrt.  Es  ist  zwar  in  unserer  Sage  oft  die  Rede  von  Offen- 
barungen, welche  Seth  durch  Adam  erfährt,  allein  ich  finde  keine  Anklänge  an  die  Lehre  der  Sethianer. 


206 

auffallend,  welches  in  der  Vita  fehlt,  nemlich  Evas  lange  Erzählung 
vom  Sündenfall  und  von  Gottes  Strafgericht  im  Paradies  (Ap.  §  15 — 29). 
Es  deckt  sich  dieselbe  zwar  einigermassen  mit  Adams  Erzählung  (Vita 
§  32 — 34  und  Apok.  §  7  und  8),  sie  ist  auch  nicht  frei  von  Unklar- 
heiten, wie  man  z.  B.  nicht  recht  sieht,  was  die  Schlange,  was  der 
Satan  in  Engelsgestalt  zu  Eva  spricht  (Ap.  §  18  und  §  19);  doch  ist  sie 
reich  an  alterthümlichen  und  eigenartigen  Einzelheiten,  wie  z.  B.  das 
Auftreten  des  Satan  ähnlich  dargestellt  ist  in  den  Legenden  der  Musel- 
männer. Desshalb  halte  ich  dieses  Stück  für  echt.  Da  es  leicht  weg- 
gelassen werden  kann ,  so  hat  der  lateinische  Uebersetzer  dies  gethan 
und  nur  zwei  Züge  daraus  benützt.  Erstens  nahm  er  aus  dem  Anfange 
(Ap.  §  15)  die  Angabe,  dass  Eva  den  Westen  und  Süden,  Adam  den 
Osten  und  Norden  des  Paradieses  zu  hüten  hatte,  und  setzte  sie  in 
§32  der  Vita  ein,  sodann  aus  dem  Schlüsse  (Ap.  §  29)  die  Erzählung 
von  den  vier  Pflanzen,  welche  Adam  aus  dem  Paradies  mitnehmen 
durfte;  dieses  Stück  flickte  er  ziemlich  ungeschickt  am  Schlüsse  des 
§43  der  Vita  ein.  So  erhält  auch  das  räthselhafte  referre  filios  oder 
filiis  in  §  44  der  Vita  Licht  aus  dvdyyailov  zolg  Ttxvoig  in  Ap.  §  14. 
Abgesehen  von  kleineren  Verschiedenheiten,  z.  B.  dass  Ap.  §  2  nach 
dem  Traumgesicht  Abel  schon  erschlagen  gefunden  wird,  dagegen  in 
der  Vita  §  23  Abel  und  Cain  getrennt  werden  und  erst  später  Cain 
den  Abel  erschlägt,  ist  es  besonders  die  Schilderung  von  Adams  Be- 
gräbniss  und  Evas  Tod,  in  welcher  der  griechische  (Ap.  §31 — 42)  und 
der  lateinische  Text  (Vita  §  45 — 48)  ganz  verschiedene  Ausführung 
zeigen.  Die  Darstellung  des  griechischen  Textes  ist  durchaus  rhetorisch 
und  überschwänglich ,  die  des  lateinischen  massig  und  verständig.  Die 
Reden  Evas  Ap.  §  32  und  §  42,  sodann  die  pomphafte  Darstellung  der 
verschiedenen  Erscheinungen  Gottes  schmecken  sehr  nach  der  Rhetorik 
und  der  Phantasie,  welche  man  in  vielen  griechischen  Heiligenlegenden 
kosten  muss.  Belehrend  ist  folgendes  Beispiel:  Vita  §  46  heisst  es 
schlicht  '  Obtenebratus  est  sol  et  luna  et  stellae  per  dies  septem.'  In 
der  Apokalypse  §  35  sieht  Eva  die  sieben  Himmel  offen  und  die  Engel 
im  Gebete  für  Adam  und  sagt  ziveg  elalv  ol  dvo  al&iontg  oi  Tiayiördjutvoi 
etil  %7]v  n^ooBvyr\v  rov  naxQog  aov ;  Xsyei  dt  JEtj&  rfj  jnrjr()l  avxov '  ovtoi 
elaiv    6    i]hog    xal    ?)    oslrjri],    xal    avrol    Ti^ogmjirovTsg    xal    n^ogtvyousvoi 


207 

vmo  tov  naTOog  uov  Iddafi .  leysi  avTw  fj  Eva-  xal  nov  eonv  r.o  cpdig 
amiSv,  xal  dia  t.L  yeyovaoiv  [.lelavoeideig ;  xal  Uyei  crurfj  2r)&-  ovx  äne- 
gtiv  t.o  opojg  avTuJv ,  al)J  ov  dvvavTai  (fa'ivuv  ivdmiov  tov  (piorbg  Tüjy 
bkojv,  rov  TiaTQog  Tibv  apiOTiov,  xal  tovtov  %aüiv  Ixovßrj  to  ipwg  «tz'  avrvov. 
Entweder  ist  hier  der  lateinische  Text  ein  dürrer  Auszug  des  ursprüng- 
lichen oder  der  griechische  Text  eine  schwülstige  Uebertreibung.  Nun 
steht  in  dem  Testament  Adams,  welches  Renan  im  Journal  Asiatique 
V.  ser.  2  p.  457  aus  dem  Syrischen  übersetzt  hat,  zu  lesen  'Et  le  soleil 
et  la  lune  s'obscurcirent,  et  il  y  eut  des  tenebres  durant  sept  jours.' 
Dies  Beispiel  ist  deutlich.  Die  unmittelbar  vorangehenden  Worte  lauten 
'Apres  la  mort  de  mon  pere  Adam,  nous  l'ensevelimes,  moi  (Seth)  et 
mon  frere  (ipsum  et  fratrem  meum  ?  vergleiche  die  folgende  Stelle 
der  Vita),  ä  l'orient  du  paradis  .  .  et  les  anges  et  les  vertus  des  cieux 
firent  eux-memes  ses  funerailles,  parce  qu'il  avait  ete  cree  ä  l'image 
de  Dieu.'  Dieselben  Elemente  stecken  in  dem  schwierigen  Satze  der 
Vita  §  45  sepelite  me  contra  ortum  diei  (?)  in  agro  habitationis  illius, 
und  in  §  48  processerunt  omnes  virtutes  angelorum  et  sanctificata  est 
dormitatio  mortuorum  et  sepelierunt  Adam  et  Abel  Michael  et  Uriel  in 
partibus  paradisi.  Der  Syrer  kann  aber  nicht  den  lateinischen  Text 
der  Vita,  sondern  nur  einen  echten  griechischen  oder  hebräischen  Text 
ausgeschrieben  haben.  Das  Resultat  der  Untersuchung  ist  also  folgen- 
des :  sowohl  der  griechische  Text,  die  sogenannte  Apokalypse  des  Moses, 
als  der  lateinische,  die  Vita  Adae  et  Evae,  haben  uns  Stücke  ein  und 
desselben  Urtextes  gerettet,  den  ich  das  hebräische  Adamsbuch 
nennen  möchte.  Die  ursprüngliche  griechische  Uebersetzung  desselben 
ist  in  dem  Text,  welcher  in  der  Apokalypse  vorliegt,  nicht  nur  sehr 
verstümmelt,  sondern  auch  im  Mittelalter  stark  umgestaltet  und  aus- 
geschmückt worden;  jene  ursprüngliche  griechische  Uebersetzung  wurde 
frühzeitig,  wohl  bald  nach  dem  vierten  Jahrhundert,  in  das  Lateinische 
übersetzt ;  so  ist  dieser  ziemlich  gut  erhaltene  lateinische  Text ,  die 
Vita,  nicht  nur  vollständiger  als  die  Apokalypse,  sondern  auch  ein  viel 
treueres  Bild  des  ursprünglichen  Textes. 

Der  Verfasser  dieser  Schrift  schilderte  das  Leben  Adams  und  Evas, 
indem  er,  was  die  Genesis  bot,  festhielt,  dieses  aber  frei  ausschmückte 
und    erweiterte.     Sein    Streben    war    vielleicht    ein    rein    dichterisches; 


208 

höchstens  könnte  er  noch  erstrebt  haben ,  auf  diese  Weise  den  Bericht 
der  Genesis  zu  verdeutlichen;  Polemik  oder  andere  Zwecke  scheint  er 
nicht  verfolgt  zu  haben.  Die  Aufgabe,  welche  er  sich  gestellt  hatte, 
hat  er  zum  mindesten  in  verständiger  Weise  gelöst  Für  uns  liegt  bei 
solchen  Schriften  wenig  an  der  mehr  oder  minder  vollendeten  Form: 
die  Hauptsache  ist  für  uns  der  Stoff  und  die  Gedanken;  in  dem  ein- 
zelnen Schriftsteller  lernen  wir  ein  Stück  seiner  Zeit  kennen.  In  dieser 
Hinsicht  merkwürdige  Züge  finden  sich  viele  in  diesem  Adamsbuche; 
oben  ist  an  einigen  Beispielen  gezeigt,  dass  sie  Volksanschauungen 
waren  oder  wurden  in  Zeiten  und  Gegenden,  welche  für  die  Bildung 
der  christlichen  Religion  wichtig  sind. 

Mein  Ziel  ist  gewesen,  zu  beweisen,  dass  uns  die  griechische  und 
lateinische  Uebersetzung  eines  Adamsbuches  erhalten  ist,  welches  wahr- 
scheinlich in  vorchristlicher  Zeit  von  einem  Juden  verfasst  wurde. 
Wenn  der  Beweis  gelungen  ist,  wird  diese  Schrift  in  Zukunft  unter  den 
apokryphen  Büchern  des  alten  Testamentes  nicht  die  letzte  Stelle 
einnehmen. 


209 


Handschriften  und  lieber  Setzungen  der  Vita 

Adae  et  Evae» 

Unser  Adamsbuch  hatte  Einfluss  auf  die  Entwicklung  der  vorder- 
asiatischen Sagen  und  Religionen.  Durch  die  lateinische  Uebersetzung 
in  den  Occident  eingeführt,  spielte  es  in  der  mittelalterlichen  Literatur 
Europas  eine  ziemlich  bedeutende  Rolle. 

Die  lateinische  Uebersetzung  unseres  Adambuches  ist  nach  der  la- 
teinischen Uebersetzung  des  Evangeliums  Nicodemi,  also  nach  dem 
dritten  oder  vierten  Jahrhundert  entstanden.  Ihre  Geschichte  zu  er- 
kennen,   ist   schwierig,    noch  schwieriger  den  Text  wieder  herzustellen. 

Die  von  mir  gefundenen  Hilfsmittel  schienen  sich  folgendermassen 
am  besten  zu  gruppiren : 

I.  S  Codex  latin.  Monac.   17740  (St.  Mang.   10)  s.  IX.  f.  37 
T  Clm.   18525b  (Tegerns.   525b)  s.  X.  f.  90 
M  Clm.   19112  (Tegerns.   1112)  s.  XII.  f.   156 

Sehr  getreue  Abschriften  dieses  Textes  sind  enthalten  in  den  la- 
teinischen Handschriften  in  München  No  5604  f.  156,  7685  f.  122, 
11740  f.  291,  11796  f.  152.  Diese  vier  Handschriften  des  XV.  Jahr- 
hunderts habe  ich  nicht  benützt.  Der  Text  dieser  Handschriftenklasse 
beginnt:  Quando  expulsi  sunt  de  paradiso,  und  schliesst:  tunc  Seth 
fecit  tabulas.  Die  drei  Handschriften  S  T  M  sind  nahe  verwandt;  so 
geht  in  S  die  Geschichte  S.  Brandani  (mit  sehr  wichtigem  Texte)  voran, 
in  T  folgte  sie,  ist  aber  jetzt  verloren.  Doch  ist  wenigstens  T 
nicht  aus  S  abgeschrieben;  eher  könnte  M  aus  T  abgeschrieben  sein;1) 
denn  §   15  hat  statt    qui    sub    me:    ibme  S,    üb  .  .  T,    ubi  M.   —  §   6 


1)  In  T  und  M  gehen  Methodii  dicta  voran. 
Abh.  d.  I.  01.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  29 


210 

exiet  S,  exiget  TM  —  §  45  venit  T  M:  om.  S  —  omnes  S:  om.  T  M 
—  Am  engsten  schloss  ich  mich  an  S  an,  abgesehen  von  einigen  ortho- 
graphischen Dingen ,  wie  aesca  §  1  und  4  und  dem  merkwürdigen 
Missbrauch  von  y:  so  sustynere  §  5,  statym  §  17.  34.  39,  fecisty  §  17. 
44,  preteristy  §  26,  paradisy  §  31,  timuisty  §  37,  comedatys  §  32, 
partys  §  32,  illyus  §  43,  constytutus  §  41,  baptyzabytur  §  42,  aman- 
tyssymus  §  42. 

II  (17)  Clm.  17151  membr.  s.  XIII— XIV  fol.  ultimo  et  f.   27 

(5)  Clm.  5865   s.  XV  f.   342 

(9)  Clm.  9022   s.  XV  f.   311 

(3)  Cod.  germ.   Monac.   3866   s.  XV  f.    195.1) 

Dieser  Text  beginnt:  Cum  expulsi  fuissent  (essent  17)  Adam  et 
Eva  de  paradiso,  hat  nach  §  29  einen  grossen  Zusatz,  §  29  a.  b.  c.  d, 
worin  die  Schicksale  der  Menschheit  bis  zum  jüngsten  Gericht  pro- 
phezeit werden,  dann  am  Schlüsse  ebenfalls  einen  grossen  Zusatz, 
§  51  a.  b.  c.  d,  worin  erzählt  wird,  wie  Salomo  die  von  Seth  aufge- 
stellten Tafeln  findet  und  liest.  Dieser  Text  scheint  schon  um  das 
Jahr  730  existirt  zu  haben;  siehe  unten  bei  IV.  Die  Handschriften, 
welche  mir  zu  Gebote  standen ,  sind  durch  die  Willkühr  und  Nach- 
lässigkeit der  Abschreiber  sehr  entstellt  und  nur  mit  Mühe  kann  man 
combiniren ,  wie  der  ursprüngliche  Text  gelautet  haben  mag.  In  No 
3866  gehen  3  Capitel  aus  der  Vulgata  voran,  ebenso  ist  zwischen  §  23 
und   24  ein   Stück  Bibeltext  über  Cain  eingeschoben 

Die  verschiedenen  mittelalterlichen  Uebersetzungen  oder 
Bearbeitungen  unserer  Schrift  gehen    fast   alle   auf  diesen  Text  zurück. 

1)  Jean.  In  Ly  myreur  des  histors  von  Jean  des  Preis  dit  d' 
Outremeus  I,  p.  310 — 321  (Collection  de  Chroniques  Beiges  inedites, 
XI)  ist  auch  diese  Sage  eingeschoben  in  ziemlich  genauer  Uebersetzung. 


1)  Der  gleichen  Art  scheinen  zu  sein  die  Wiener  Handschriften  1355.  1629.  2809  und  die 
Grazer  4°  33/3.  Diese  werden  angeführt  von  Mussafia  'Sulla  leggenda  del  legno  della  croce'  Wiener 
Sitzungsher.  LX III  p  168.  —  §§  1—15  sind  mit  dem  Titel  'Secunda  temptacio  Adam  et  Eve'  einge- 
schoben in  das  Speculum  ecclesiae  des  Honorius  Augustod.  in  der  Münchner  latein.  Handschrift  21534 
s.  XII  f.  101  (21) ,  doch  sind  viele  Ausdrücke  geändert.  Ebenso  sind  in  der  lat.  Handschrift  4350 
(43)  in  München  s.  XIV  f.  28  die  §§  1 — 29  in  ziemlicher  Umarbeitung  erhalten. 


211 

S.  315  ist  ein  Stück  Bibel  eingesetzt,  S.  314,  317—321  sind  Vita  Adae 
und  die  Legende  vom  Kreuzholze  so  ineinandergeschoben,  dass  man  die 
Stücke  jeder  Sage  leicht  ausscheiden  kann.  Unser  lateinischer  Text, 
zeigt,  dass  der  Herausgeber  die  Lesarten  der  Handschrift  B  in  den  Text, 
statt  unter  denselben  hätte  setzen  sollen. 

2)  Eine  andere  französische  Uebersetzung  von  Andrius  findet 
sich  in  der  französischen  Handschrift  in  Paris  No  95  (früher  6769). 
Denn  in  derselben  ist  nach  Mussafia  p.  202  '  detto  delle  tavole  d'ar- 
gilla  e  dell'   interpretazione  datane  dall'   angelo  a  Salomone.' !) 

3)  Den  Anfang  des  Gedichtes  'The  story  of  the  holy  rood'  aus 
Harleian  man.  4196,  in  den  Legends  of  the  holy  Rood  ed.  by  R.  Morris 
1871  p.  62,  bildet  ebenfalls  ein  Stück  aus  der  Vita  Adae  et  Evae. 
Vers  1—86  und  91  —  106  sind  gleich  §  30—35,  V.  168—218  =  §  40—42, 
V.   349 — 372   enthalten  ziemlich  umgearbeitete  Stücke  von  §  46.  47.  48. 

4)  Cant.  In  der  Anglia  I  S.  287 — 331  und  noch  einmal  in  'Samm- 
lung altenglischer  Legenden'  1878  S.  124  — 138  hat  C.  Horstmann  aus 
der  Handschrift  in  Oxford  Trin.  Coli.  57  fol.  156  ein  altenglisches  Ge- 
dicht von  1200  Versen  veröffentlicht.  Dasselbe  ist  überschrieben  'Can- 
ticum  de  creatione'  und  im  Jahre  1375  nach  einem  lateinischen  Texte 
bearbeitet.  Horstmann  hat  sich  um  diese  Quelle  oder  um  die  ver- 
wandten Darstellungen  auffallend  wenig  gekümmert.  Das  Gedicht  ist 
eine  poetische  Verarbeitung  unserer  Adamssage  und  der  Sage  vom  Holze 
des  Kreuzes  Christi:  V.  1—44  enthalten  eine  Einleitung,  V.  45 — 954 
die  Geschichte  von  Adam  und  Eva  nach  der  2.  Recension  des  lateini- 
schen Textes.  Doch  hat  der  Dichter  manches  zugesetzt,  wie  V.  145 — 147, 
157_163,  169—174,  327—345,  480—485,  487—492,  664—672,  manche 
Stücke  des  lateinischen  Textes  weggelassen  wie  §  25 — 29,  andere  aus 
der  Geschichte  vom  Kreuzholze  eingeschoben,  nemlich  V.  493 — 498, 
619—624,  697,  713—786,  796—816,  843—856,  892—896  und  was 
nach  V.  954  folgt.  Das  Ganze  ist  ziemlich  geschickt  gemacht  und 
dargestellt. 


1)  Delisle,  Inventaire  des  mss.  Francais  Paris  1876,  nennt  p.  12  No  12790:  Histoire  d'Adara  et 

d'Eve  en  vers. 

29* 


212 

4a)  Horstmann  (Samml.  altengl.  Legenden  S.  227)  bemerkt,  dass 
in  Ms.  Egert.  876  fol.  321,  Ms.  Harl.  4775,  Ms.  Bodl.  596  fol.  1  sich 
eine  Prosaversion  befinde,  welche  sich  an  das  eben  genannte  Gedicht 
anschliesse,  ja  öfter  wörtlich  mit  demselben  übereinstimme.  Man  möchte 
darnach  annehmen,    dass  diese  Prosa  nach  dem   Gedichte    gemacht   sei. 

5)  In  derselben  Sammlung  altenglischer  Legenden  hat  Horstmann 
(S.  139 — 147)  zwei  grosse  Bruchstücke  —  zusammen  780  Verse  — 
eines  altenglischen  Gedichtes  über  das  Leben  Adams  und  Evas 
herausgegeben.  Das  erste  Stück  enthält  in  V.  1 — 138  den  Rest  einer 
Einleitung  und  in  V.  139 — 352  die  Umdichtung  von  §  1 — 19  des  la- 
teinischen Textes,  das  2.  Stück  enthält  in  V.  352 — 724  die  Umdichtung 
von  §  34 — 51c  des  lateinischen  Textes  und  in  V.  725 — 780  einen 
Epilog.  Dieses  Gedicht  hat  mit  dem  oben  genannten  Canticum  nur  den 
Zug  gemeinsam,  dass  Adam  ebensoviele  Tage,  als  Gott  zur  Schöpfung 
brauchte,  länger  Busse  thun  will  denn  Eva  (vgl.  Cant.  V.  118 — 123 
mit  V.  217 — 224)  und  dass  beide  Gedichte  den  §  37  so  wiedergeben 
als  ob  nicht  impetum  faciens  Seth  momordit,  sondern  faciem  Seth  mo- 
mordit  dort  stünde.  Sonst  haben  die  beiden  Gedichte  nichts  mit  ein- 
ander zu  schaffen.  Unser  Gedicht  ist  eine  freie,  durchaus  selbständige 
Umdichtung  des  lateinischen  Textes  der  zweiten  Klasse;  ein  besonderer 
Vorzug  besteht  darin ,  dass  die  Sage  nicht  mit  jener  vom  Kreuzholze 
Christi  verquickt  wurde.  Der  Dichter  hat  manches  hinzugesetzt,  z.  B. 
V.  165—169,  489—500,  567—572,  598—600.  In  der  Regel  hat  er 
die  Erzählung  gekürzt  und  so  auch  grössere  Stücke  weggelassen;  z.  B. 
fehlt  nach  V.  238  der  Inhalt  von  §  8.  Weniges  hat  er  geändert;  so 
betet  bei  ihm  nicht  Eva  mit  Seth  an  den  Thoren  des  Paradieses,  son- 
dern sie  führt  ihn  nur  dahin,  versteckt  sich  aber  dann  aus  Scham  vor 
Gott  und  seinem  Engel;  vgl.  V«  393—400,  447—450.  Einiger  Zu- 
sammenhang besteht  zwischen  diesem  Gedicht  und 

6)  The  lyff  of  Adam  and  Eve,  einer  Prosaerzählung,  welche 
Horstmann  aus  Ms.  Vernon  f.  393  in  der  Sammlung  altengl.  Legenden 
S.  220 — 227  herausgegeben  hat.  Denn  auch  hier  findet  sich  eine  Ein- 
leitung und  ein  Epilog  und  hier  wie  dort  ist  in  die  Einleitung  an  der 
historisch  richtigen  Stelle  der  Eall  des  Teufels  erzählt,    während  er  im 


213 

Zwiegespräch  Adams  und  des  Teufels  nur  berührt  wird;  vgl.  V.  1  —  24 
des  Gedichtes  mit  S.  221  Zeile  20 — 29  der  Prosa.  Eigenthümlich  ist 
noch  beiden  Texten  die  besonders  in  der  Prosa  häufige  Nennung  von 
Jesus  Christus  statt  Gott  Vaters.  In  der  Erzählung  folgt  die  Prosa 
ganz  dem  lateinischen  Texte,  nur  dass  sie  vielfach  kürzt.  Zu  bemerken 
ist,  dass  §  8  ganz  fehlt,  ebenso  §  25 — 29d;  der  Inhalt  von  §  31  fehlt 
ganz,  der  von  §  32  'und  33  ist  in  die  Einleitung  geschoben  (S.  222 
Z.  3 — 6).  Zugesetzt  ist  mancherlei:  so  heisst  es  zu  §  18  Adam  stod 
stille  and  abod  his  penaunce  and  tho  he  hedde  don  his  penaunce,  he 
com  up  and  a  thunder-blast  com,  and  he  and  Eve  his  wyf  wenten 
togedere  and  to  was  Caym  bigeten.  tho  seide  Eve  etc.  =  §  19;  ferner 
sind  grössere  Stücke  aus  der  Bibel  zugesetzt  wie  S.  224,  19 — 225,  2 
die  Geschichte  von  Kain,  und  225,  9 — 17  von  den  Kindern  Seths  und 
Kains;  unbedeutend  ist  S.  226,  40—43  und  227,  21—27.  Dagegen 
hat  der  Schluss  der  Sage  grosse  Umgestaltung  erlitten  durch  Verquick- 
ung mit  der  Sage  vom  Kreuzholze  Christi ;  Stücke  dieser  Sage  sind 
enthalten  in  S.  225,  Z.  2—7;  28—33;  36—42;  47—  S.  226,  4; 
12—19;    37—39. 

Die  Aehnlichkeiten  in  der  Einleitung  und  einige  Züge  im  Epilog 
machen  es  wahrscheinlich,  dass  diese  Prosa  und  das  unter  No  5  ge- 
nannte Gedicht  auf  eine  Art  lateinischer  Historienbibel  zurückgehen 
und  dass  erst  nachträglich  die  Prosa  mit  der  Kreuzsage  versetzt  wurde. 

7)  Thomas  Whright  hat  zu  den  Chester  plays  p.  240  aus  Harleian 
manuscr.  1704  ein  Stück  (=  §  25 — 29a)  einer  altenglischen  Ueber- 
setzung  unserer  Sage  veröffentlicht. 

8)  In  die  Fioretti  della  Bibia  hystoriati,  welche  im  XV.  und 
XVI.  Jahrhundert  mehrfach  gedruckt  wurden,  ist  ebenfalls  eine  Ueber- 
setzung  der  Vita  eingeschoben.  In  der  von  mir  benützten  Ausgabe 
Venedig  1515  ist  cap.  30—45  —  §  1—21,  cap.  47  =  §  23,  cap. 
57—66  =  §  25 — 35;  der  Rest  der  Vita  ist  durch  die  Legende  vom 
Kreuzholze  ersetzt. 

9)  In  einer  deutschen  Historienbibel,  welche  Jo.  Fr.  Mayer 
(vgl.  Fabricius  cod.  pseudep.  I  p.  36 — 47),  dann  Christgau  und  der 
Pastor  Goeze   besassen    und  welche  sich  jetzt  in  der  Stadtbibliothek  in 


214 

Hamburg  befindet,  ist  auf  den  ersten  acht  Blättern  eine  Uebersetzung 
unserer  Sage  enthalten.  Beschrieben  hat  diese  Handschrift  zuletzt  Merz- 
dorf, die  deutschen  Historienbibeln  I  p.  54 — 63.  Nach  Goeze's  An- 
deutungen (Fortsetzung  des  Verzeichnisses  S.  156)  befindet  sich  eine 
ähnliche  Uebersetzung  in  der  uffen bachischen  und  in  Schoebers  Historien- 
bibel. Leider  ist  nichts  davon  veröffentlicht,  als  die  wenigen  Bruch- 
stücke,  welche  schon   Fabricius  und  Goeze  gaben. 

10)  Das  erste  Stück  von  Hagen s  Gesammtabenteuern  'Adam  und 
Eva'  ist  eine  poetische  Bearbeitung  von  §  1 — 22  und  §  24  unserer 
Sage.  11)  Dann  hat  H.  Fischer,  Germania  XXII  S.  316,  veröffentlicht 
'Die  Busse  Adams  und  Evas,'  eine  Interpolation  in  einigen  Handschriften- 
sorten der  Weltchronik  Rudolfs  von  Ems.  Dieses  Gedicht  entspricht 
§  1  —  21  unserer  Sage.  12)  Endlich  finden  sich  in  den  von  Merzdorf 
herausgegebenen  Historienbibeln  I  S.  120  u.  121  einige  Kapitel, 
welche  den  §§  19.  20.  21  der  Vita  entsprechen.  Das  Verhältniss  der 
drei  Texte  ist  einfach:  Hagens  Text  ist  der  ursprüngliche,  darnach  ist 
der  in  Rudolf  von  Ems  eingeschobene  gemacht  und  nach  diesem 
wiederum  der  Text  der  Historienbibeln,  in  welchem  theilweise  noch  die 
Reime  erhalten  sind.  Die  Vergleichung  der  drei  Texte  zeigt,  dass  in 
Hagens  Text  nur  einige  Stellen  aus  dem  von  Fischer  edirten  zu  bessern 
sind,  wo  diesem  eine  bessere  Handschrift  zu  Grunde  lag,  dass  dagegen 
Fischer  in  der  Aufnahme  von  Lesarten  häufig  irrte  und  die  Lesarten 
der  Fuldaer  Handschrift  fast  alle  in  den  Text  hätte  setzen  sollen.  Auch 
Merzdorf  hätte  gewiss  Einiges  anders  gegeben,  wenn  er  die  Quelle 
seines  Textes  gekannt  hätte. 

III    (4)  Clm.  4756  s.  XV.  f.   214 

(15)  Clm.  15610  s.  XV  f.   165 

(18)  Clm.  18406  s.  XV  f.   95 

(2)  Clm.  2778  s.  XV  f.   264  x) 


1)  Der  gleichen  Art  ist  die  von  Mussafia  p.  169  erwähnte  Wiener  Handschrift  1628.  Wohl  aus 
Clm.  2778  f.  264  ff.  ist  das  grosse  Stück  der  Vita  genommen,   das   eingeschoben  ist  in  eine  Predigt- 
ammlung,  welche  sich  in  drei  Handschriften  des  XV.  Jahrhunderts  findet:  Clm.  2778  f.  227,  2800  und 
5976  f.  82. 


215 

Dieser  Text  beginnt  ebenfalls:  Cum  expulsi  fuissent  (essent  4) 
Adam  et  Eva  de  paradiso  und  hat  ebenfalls  den  grossen  Zusatz  in 
§  29  a.  b.  c.  d.  Doch  in  anderen  Stücken  unterscheidet  er  sich  stark 
von  II.  Abgesehen  von  zahlreichen  Auslassungen,  z.  B.  in  §  29.  32. 
46.  49,  und  kleineren  Zusätzen,  z.  B.  in  §  2.  23.  30.  31,  und  den 
grösseren  in  §  20  und  21  ist  der  Hauptunterschied,  dass  §  51  a.  b.  c. 
d.  weggelassen  ist,  dafür  aber  in  4  grossen  Zusätzen  am  Ende  der  §§  42. 
43.  44  und  48  die  Geschichte  des  Kreuzesstammes  vor  Christus  erzählt 
und  am  Schlüsse  kurz  von  der  Feier  des  achten  Tages  gesprochen 
wird.  Die  Zusätze  über  die  Geschichte  des  Kreuzesstammes 
werde  ich  in  einer  besonderen  Abhandlung  über  die  Entwicklung  dieser 
Sage  herausgeben  und  dort  nachweisen,  dass  dieselben  nicht  vor  dem 
Ende  des  XII.  Jahrhunderts  gemacht  sein  können.  Durchgängig  stimmt 
der  Text  von  III  mit  II  gegen  I.  Da  ferner  die  Handschriften  der  III. 
Klasse  und  die  Handschrift  5865  (5)  der  II.  Klasse  in  vielen  Kleinig- 
keiten übereinstimmen  (vglch.  §  22.  24.  25.  31.  34),  so  ist  wahrschein- 
lich, dass  der  Text  der  Klasse  III  entstanden  ist,  indem  im  XII. — XIII. 
Jahrhundert  in  einem  Vorgänger  der  Handschrift  5865  die  gewaltsamen 
Veränderungen  vorgenommen  wurden,  welche  jetzt  die  Merkmale  dieser 
III.  Klasse  bilden. 

Es  giebt  einen  Incunabeldruck  (Inc.),  welcher  in  verschiedenen 
Ausgaben  vorhanden  ist.  Dieselben  sind  beschrieben  in  Notice  sur  Colard 
Mansion  Paris  1829  (von  Van  Praet)  p.  96  und  in  Recherches  sur  Louis 
de  Bruges  Paris  1831  (von  demselben)  p.  103;  eine  von  Colard  Man- 
sion um  1460  gemachte  französische  Uebersetzung  ist  beschrieben  in 
der  Notice  p.  13  und  den  Recherches  p.  94.  Das  erste  Capitel  dieses 
Druckes  ist  überschrieben  'De  creatione  Adae',  die  Unterschrift  am  Ende 
des  Ganzen  lautet  'Vita  Ade  et  Eve'.  Der  Text  ist  nichts  weiter  als 
ein  Auszug  aus  dem  Texte  der  III.  Klasse,  dem  zwei  Capitel  (nach  der 
Genesis)  vorangesetzt  sind.  Mit  III  gemeinsam  sind  viele  Lücken  und 
starke  Interpolationen,    auch  der  Zusatz   über  das  Kreuzholz1)    und  die 


1)  Mussafia  p.  170  'II  legno  trovato  viene  raesso  quäl  ponticello  su  d'un'  acqua'.  Viene  la 
regina  di  Saba  e  *si  rifluta  a  calcare  il  legno'.  Das  erste  mag  man  in  die  verdorbenen  Worte  'sibi 
optata  ad  flumen  ante  palatium'  (za  §  48)  hineinlegen,  von  dem  letztern  find  ich  im  Lateinischen 
keine  Spur. 


216 

Feier  des  achten  Tages.  Der  Auszug  hat  ganze  Stücke  weggelassen 
(§  25—30  excl.;   37,  38,  39;    12,  31)  und  wimmelt  von  groben  Fehlern.  *) 

Auf  einem  Texte  derselben  Klasse  scheint  mir  das  epische  Gedicht 
desLutwin  zu  beruhen,  welches  in  etwa  4500  Versen  das  Leben  Adams 
und  Evas  schildert;  (Unterschrift  'Hie  hat  Eva  und  Adam  ein  ende'). 
Von  diesem  Gedichte,  welches  nur  in  einer  ziemlich  fehlerhaften  Ab- 
schrift in  Wien  No  2908,  ms.  Ambras.  259,  chart.  4°.  saec.  XIV/XV. 
106  Fol.)  erhalten  zu  sein  scheint,  sind  nur  wenige  Verse  veröffentlicht;2) 
über  den  Dichter  selbst,  welcher  sich  zweimal  (Blatt  2  und  35)  Lutwin 
nennt,  über  den  Stoff  oder  die  Sprache  seines  Gedichtes  sind  bis  jetzt 
noch  keine  Untersuchungen  gemacht.  Das  Gedicht  verdient  aber  ver- 
öffentlicht und  genauer  studirt  zu  werden:  denn  der  Dichter  gehörte 
zu  den  besseren  jener  Zeit.  Er  ist  nicht  ein  getreuer  Uebersetzer  des 
lateinischen  Textes,  sondern  er  steht  über  demselben  und  verändert  ihn 
öfters  und  meistens  nicht  ungeschickt;  dazu  ist  die  Darstellung  ziemlich 
lebhaft. 

In  den  ersten  1000  Versen  (Bl.  1 — 23)  wird  die  Erschaffung  der 
Welt,  des  Paradieses  mit  den  vier  Strömen,  sowie  Adams  und  Evas,  dann 
der  Sündenfall  und  die  Verstossung  aus  dem  Paradiese  ziemlich  getreu 
nach  der  Genesis  geschildert;  zugesetzt  ist  vom  Dichter  (Bl.  1  und  2) 
die  Einleitung  mit  einer  Betrachtung  über  die  Liebe  zu  Gott  und  zu 
der  Welt  und  (Bl.  19  u.  20)  eine  andere  Betrachtung  über  das  Elend  und 
die  Schwachheit  der  Menschen  seit  der  Verfluchung. 

Mit  Blatt  24  beginnt  die  Bearbeitung  unserer  Vita,  welche  bis 
Blatt  98  reicht.  Um  zu  zeigen,  wie  selbständig  der  Dichter  arbeitete, 
sollen  hier  die  bedeutenderen  Zusätze  und  Aenderungen  hervorgehoben 
werden : 

zu  §  10)  Nachdem  erzählt  ist,  wie  Eva  sich  täuschen  Hess,  folgt 
(Bl.   31 — 35)  in  etwa   175   Versen    eine  Betrachtung  über   die  Schwach- 


1)  Eine  Uebersetzung  und  Umarbeitung  hievon  ist  wohl  das  a.  1514  bei  Paul  Raeff  Canon, 
gedruckte  dänische  Buch  De  creatione  rerum,  näher  beschrieben  in  der  dänischen  Bibliothek  1738 
2.  Stück  S.  301—314. 

2)  Siehe  Lambecius  ed.  Kollar  II  pag.  778;  v.  d.  Hagens  Grundriss  p.  453;  Hoffmann  v.  Fall. 
Verzeichniss  d.  altd.  Handschr.  in  Wien  No.  47;  Goedeke,  Deutsche  Dichtung  im  Mittelalter.  Buch  2 
No.  99,  2. 


217 

heit  der  Frauen  und  eine  Ermahnung  an  Männer  und  Frauen,  in  Rein- 
heit zu  leben. 

zu  §  18)  Die  Vita  berichtet  einfach,  Adam  habe  seine  Busse  im 
Jordan  vollendet ,  Eva  aber  sei  aus  Scham ,  dass  sie  sich  zum  zweiten 
Male  habe  täuschen  lassen,  nach  Westen  gewandert.  Lutwin  erzählt 
(Bl.  42  in  etwa  100  Versen):  als  Adam  seine  Busse  vollendet,  habe  er 
dem  Drang  der  Minne  nicht  widerstehen  können  und  Eva  beschlafen; 
diese  habe  dann  die  Minne  gepriesen,  und  ihre  Freuden  über  die  des 
Paradieses  gesetzt ;  als  Adam  entgegnete ,  wenn  er  nur  ein  Reis  aus 
dem  Paradiese  hätte,  so  würde  er  nimmer  mit  ihr  der  Liebe  pflegen, 
habe  sie  zornig  sich  von  ihm  entfernt. 

zu  §  23)  Bl.  53  ff.  ist  in  mehr  als  150  Versen  Cains  Geschichte 
nach  der  Genesis  eingeschoben. 

zu  §  44)  Auf  Adams  Vorwurf  gegen  Eva  folgt  (Bl.  77  in  über 
100  Versen)  eine  Rede  Evas  und  eine  Betrachtung  über  ihren  Fehltritt. 

zu  §  48  u.  51)  Nach  der  Vita  wird  Adam  bestattet;  6  Tage  später 
stirbt  Eva  und  wird  von  den  Kindern  beklagt;  diesen  erscheint  dann 
Michael  und  gebietet  ihnen,  die  Verstorbenen  nur  6  Tage  zu  beklagen, 
am  siebenten  Tage  zu  ruhen.  Bei  Lutwin  bleiben  Eva  und  Seth  am 
Grabe  Adams  und  wehklagen;  hier  ist  (Bl.  88)  eine  Rede  Evas  und 
eine  Betrachtung  über  ihr  Unglück  in  etwa  180  Versen  zugesetzt;  nach 
6  Tagen  erscheint  der  Engel  und  giebt  ihnen  die  oben  erwähnte  Mahnung. 

zu  §  49  u.  50)  Eva  prophezeit  den  Kindern  nur,  dass  eine  Wasser- 
fluth,  dann  Feuersgewalt  das  Menschengeschlecht  vertilgen  werde;  es 
ist  aber  keine  Rede  davon ,  dass  sie  steinerne  oder  thönerne  Tafeln 
machen  sollten,  um  die  Geschichte  ihrer  Eltern  zu  erhalten. 

Bl.  98  — 106  und  schon  einige  Male  vorher  werden  Theile  von  der 
Geschichte  des  Zweiges  erzählt,  aus  dem  später  das  Kreuz  Christi  ge- 
macht wurde. 

Da  Lutwin  den  Stoff  so  frei  behandelte,  so  ist  es  nicht  leicht  zu 
sagen,  welche  Recension  des  Textes  der  Vita  er  benutzte.  Ich  glaube, 
dass  es  die  dritte  war.  Dass  §  29  a— d  bei  ihm  fehlen,  könnte  auf 
Benutzung  der  Klasse  I  deuten ;  allein  dieses  Stück  ist  sehr  leicht  weg- 
zulassen und  ist  auch  in  der  Händschrift  18406  weggelassen,  welche 
durchaus  der  III.  Klasse  angehört.  Eine  Benützung  der  Klasse  II  ist 
Ahb.  d.  I.  Cl.  d.  k.  Äk.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  30 


218 

nicht  wahrscheinlich,  da  von  dem  grossen  Zusätze  dieser  Klasse  nach 
§  51  über  die  Geschichte  der  Tafeln  unter  Salomo  hier  keine  Spur  ist. 
Für  die  Benützung  der  III.  Klasse  spricht,  dass  von  den  Stücken,  welche 
dieselbe  in  §  29,  32,  39,  46  auslässt,  auch  bei  Lutwin  Nichts  steht,  da- 
gegen die  Zusätze  in  §  21  sich  auch  hier  finden1),  endlich  dass  auch 
bei  Lutwin  die  Geschichte  des  Kreuzholzes  Christi  behandelt  ist.  Frei- 
lich weicht  er  hier  von  dem  Texte  der  III.  Klasse  sehr  stark  ab.  Allein 
das  ist  bei  ihm  nicht  auffallend  und  vermag  den  Beweis  nicht  zu  ent- 
kräften, welcher  darin  liegt,  dass  in  jener  Handschriftenklasse  und  in 
Lutwins  Gedicht,  dieselbe  Sage  an  derselben  Stelle  behandelt  ist. 

IV  (P).  Die  Pariser  lateinische  Handschrift  5327  enthält  ausser 
Heiligenlegenden  und  Verwandtem  auf  f.  83 — 87  Vita  Ade  et  Eve.  Es 
findet  sich  hier  der  Inhalt  der  §§  29  a,  b,  c,  d  mit  der  Prophezeihung 
und  der  Inhalt  der  §§  51  a,  b,  c,  d  mit  der  Geschichte  der  Tafeln  unter 
Salomo,  folglich  geht  der  Text  auf  die  II.  Klasse  zurück.  Doch  ist  der 
Text  dieser  Klasse  verkürzt  und  oft  stark  umgearbeitet.  So  ist  eine 
Reihe  von  wohlklingenden  (christlichen)  Redewendungen  eingesetzt,  z.  ß. 
altitonans  §  13,  cum  palma  ouantes  regnare  §  17,  callem  carpsit  luctuosam 
§18.  Der  Hauptwerth  der  Handschrift  ist  ihr  Alter;  auf  die  Vita  folgen 
nemlich  einige  Verse,  in  welchen  sich  ein  Ragnardus  nennt.  Ein  von 
anderer  Hand  geschriebenes  und  vielfach  corrigirtes  Stück  f.  181  — 186 
enthält  die  Vita  Arnulphi.  Darunter  findet  sich  eine  höchst  merkwür- 
dige Unterschrift.2)  Darnach  hat  der  neunjährige  Hieronymus,  Sohn 
des  Karl  und  Enkel  des  Pipin,  dieses  Stück  geschrieben,  und  Ragnardus, 
Sohn  der  Helvidis  und  des  miles  Ragnerus,  —  also  wohl  der  Lehrer, 
welcher  den  Karolingerknaben  die  Sage  vom  Stammvater  seines  Ge- 
schlechtes schreiben  Hess  —  sollte  es  vergleichen.  Dieser  Hieronymus 
kann  nur  der  uneheliche  Sohn  Karl  Martells  sein,  welcher  in  dem  Jahr  754 
im  Auftrag    seines    Bruders  Pipin    den  Pabst    Stephanus    nach  Rom    ge- 


1)  in  der  Vita  fordert  Eva  den  Adam  auf,  das  seltsame  Wesen,  das  sie  geboren,  zu  tödten;  bei 
Lutwin  drücken  Eva  und  Adam  ihre  Verwunderung  aus. 

2)  Waitz  im  Archiv  von  Pertz  XI  (1858)  p.  263  und  Delisle,  Le  Cabinet  des  manuscrits.  I  p.  315 
Paris  1868,  haben  die  Unterschriften  des  Ragnardus  und  Hieronymus  veröffentlicht.  Vgl.  noch  Delisle 
im  Journal  des  Savants  1860  p.  381  u.  Düramler,  Neues  Archiv  4,  146.  Die  neueren  Darsteller  der 
Karolinger  zeit  haben  diese  Verse  nicht  beachtet,  z.  ß.  Hahn,  Jahrbücher  d.  fränk.  Reichs,  p.  154. 


219 

leitete.  Jene  Verse  müssen  also  zwischen  730  und  740  entstanden  sein. 
Ich  könnte  freilich  die  vorliegende  Schrift  nicht  früher  als  in  das  IX. 
Jahrhundert  setzen;  allein  unsere  oder  wenigstens  meine  Kenntniss  der 
Schriften  des  8.  und  9.  Jahrhunderts  ist  noch  so  mangelhaft,  dass  eine 
genauere  Untersuchung  sich  lohnte.  Es  ist  also  unsicher,  ob  diese  Ab- 
schrift der  Vita  das  Autograph  des  Ragnardus  ist,  sicher  aber,  dass 
sie  zum  mindesten  die  Copie  eines  um  730  geschriebenen  Textes  ist. 
Wir  sehen  daraus,  dass  der  Text  der  Klasse  II,  insbesondere  die  zwei 
grossen  Zusätze  nach  §  29  und  §  51  schon  im  Anfange  des  8.  Jahr- 
hunderts vorhanden   waren. 


Dies  sind  die  Hilfsmittel,  welche  zur  Herstellung  des  Textes 
mir  zu  Gebot  standen.  Diese  selbst  ist  sehr  schwierig.  Offenbar  haben 
wir  eigentlich  nur  mit  zwei  Handschriftenfamilien  es  zu  thun,  dem  Texte 
der  I.  Klasse  einerseits,  andererseits  einem  Texte,  der  uns  in  den  jungen 
Abschriften  der  II.  Klasse  erhalten  ist,  aus  welchem  schon  im  8.  Jahr- 
hundert ein  Auszug  (IV.  P.)  gemacht  und  durch  kecke  Interpolationen 
im  XII — XIII.  Jahrhundert  der  Text  der  Klasse  III  gebildet  wurde.  Der 
Hauptunterscbied  der  beiden  Familien  beruht  in  den  §  29  a,  b,  c,  d 
und  §  51a,  b,  c,  d,  welche  in  der  Klasse  I  nicht  stehen.  Kenner  der 
hebräischen  apokalyptischen  Literatur  mögen  entscheiden,  ob  diese  beiden 
Stücke  nach  Abstreichung  der  christlichen  Elemente,  welche  sicherlich 
in  ihnen  stecken ,  für  hebräischen  Ursprungs  erklärt  werden  können. 
Wenn  wirklich,  so  würde  z.  B.  die  obige  Behauptung  von  dem  Ursprung 
der  Sage  über  die  Kaba  eine  neue  Stütze  gewinnen  durch  die  Worte 
§  51  b  'oratorium  ubi  Adam  et  Eva  adorabant  dominum  .  .  oportet  te 
ibi  aedificare  templum'. 

Es  ist  durchaus  nicht  zu  kühn ,  wenn  wir  dem  Text  der  Klasse  I 
solche  Auslassungen  zutrauen.  Denn  so  alt  auch  die  Handschriften  dieser 
Klasse  und  so  jung  die  von  II  und  III  sind,  so  müssen  doch  viele  Stellen 
nach  II  und  III  gebessert  werden.  So  ist  z.  B.  zu  ändern  §  12  nocitus 
(II.  III)  statt  natus  (I),.§  15  sidera  statt  sedem,  §  29  virgam  statt  vir- 
tute,  §  47  qui  eum  supplantavit  =  Apokalypse  rov  anarrjoarrog  oe  statt 
quoniam  eum  plantavi.    Besonders  oft  sind  in  I  Wörter  ausgefallen  und 

30* 


220 

aus  II  und  III  zu  ergänzen;  vgl.  z.  B.  §  10.  14.  21  ;  in  §  42  sind  an 
zwei  Stellen  mehrere  Wörter  ausgefallen,  welche  in  II  und  III  und  zu- 
gleich im  lateinischen  Texte  des  Evangeliums  Nicodemi  stehen ;  in 
§37  und  38  finden  sich  3  Stellen,  an  denen  in  II  und  III  und  zugleich 
in  der  Apokalypse  das  Gleiche  gesagt  ist,  während  in  I  die  Wörter 
fehlen.  Wenn  ich  mich  dennoch  bei  der  Feststellung  des  Textes  an 
die  Handschriften  S  T  M  anschloss  und  nur  im  Nothfall  von  ihnen 
abwich,  so  geschah  dies  desshalb,  weil  diese  Handschriften  einen  festen 
und  lesbaren  Text  bieten,  während  es  meist  schwierig,  oft  unmöglich 
ist,  aus  den  schlechten  Handschriften  von  II  III  IV  den  ursprünglichen 
Wortlaut  dieser  Familie  festzustellen.  Wann  alte  Handschriften  dieser 
Familie  gefunden  sein  werden,  dann  wird  man  aus  diesen  noch  Manches 
aufnehmen  können. *)  Ich  glaube,  abgesehen  von  wenigen  verzweifelten 
Stellen  z.  B.  §  23.  27.  28.  34.  39,  wenigstens  den  Sinn  der  ursprüng- 
lichen lateinischen  Uebersetzung  richtig  wiedergegeben  zu  haben.  Für 
sprachliche  Untersuchungen  schien  mir  der  Text  zu  unsicher.  Die 
Stellen  des  griechischen  Textes,  welche  mir  acht  scheinen  aber  in  der 
Vita  nicht  übersetzt  sind,  habe  ich  aus  Tischendorfs  Ausgabe  (in  den 
Apokalypses  apocryphae)  in  den  Text  der  Vita  an  den  passenden 
Stellen  eingeschoben,  um  ein  möglichst  getreues  Bild  des  ursprüng- 
lichen Ganzen  zu  geben. 


1)  Im  kritischen  Apparate  gebe  ich  die  sämmtlichen  Varianten  von  S  T  M,  von  denen  der 
übrigen  Handschriften  eine  spärliche  Auslese.  Was  nicht  in  I  steht ,  ist  schief  gedruckt.  Meine  Ab- 
schriften und  Collationen  stehen  zu  Diensten. 


221 


Vita  Adae  et  Evae. 


Quando  expulsi  sunt  de  paradiso,  fecerunt  sibi  tabernaculum  et 
fuerunt  VII  dies  lugentes  et  lamentantes  in  magna  tristitia.  post  VII 
autem  dies  coeperunt  esurire  et  quaerebant  escam ,  ut  manducarent  et 
non  inveniebant.  Tunc  dixit  Eva  ad  Adam :  domine  mi,  esurio.  vade,  2 
5  quaere  nobis,  quod  manducemus.  forsitan  respiciet  et  miserebitur  nobis 
dominus  deus  et  revocabit  nos  in  locum ,  quo  prius  eramus.  et  sur- 
rexit  Adam  et  ambulavit  VII  dies  ornnem  terram  illam  et  non  invenit 
escam ,  qualem  habebant  in  paradiso.  Et  dixit  Eva  ad  Adam :  do-  3 
mine  mi,  putas  fac  me  utinam  moriar.    et    forte   introducat  te  dominus 

io  deus  denuo  in  paradisum  ,  quoniam  propter  me  iratus  est  tibi  dominus 
deus.  vis  interfieere  me,  ut  moriar?  et  forte  introducet  te  dominus  deus 
in  paradisum,  quia  propter  meam  causam  expulsus  es  inde.  respondit 
Adam :  noli ,  Eva ,  talia  dicere ,  ne  forte  aliquam  iterum  maledictionem 
inducat  in  nos  dominus  deus.    quomodo  potest  fieri,  ut  mittam  manum 

15  meam    in    carnem    meam?     sed    surgamus    et    quaeramus    nobis,    unde 
vivamus ,    ut  non  deficiamus.        Et    ambulantes    quaesierunt   novem    dies  4 
et  non  invenerunt  sicut  habebant  in  paradiso,   sed  hoc  tantum  invenie- 


Incipit  vita  Adam  et  Aevae  S ,    De  Adam  et  Eva  M ,    De  expulsione  Adam  et  Eva  de  paradiso 

5  (2),  Penitentia  Adam  et  Eva  4,  De  penitentia  Adae  18,  Vita  et  legenda  ac  hystoria  Ade  et  Eve 
etc.  3  1  Cum  expulsi  fuissent  (essent  17.  4)  Adam  et  Eva  de  II.  III  Sollte  dieses  tabernaculum 
das  Vorbild  der  in  den  orientalischen  Schriften  oft  erwähnten  Schatzhöhle  sein?  4  Eva  dixit  M 
esurivi  M  esurio  qui  respondit:  vade  III  5  quaere,  re  eras.  in  I  quid  S  9  manducemus; 
add.  usque  quo  videamus  ista  3,  usque  videamus  si  9,  usque  quo  videamus  si  17,  donec  videamus  si 
43 ,  quoadusque  videamus  21 ,  usquoque  vivamus  5 1  usquequo  vivamus  2  (ieiunamus)  15 ,  usque 
vivamus  4,   quo  vivamus  18     forsitam   S,    T   m.  1.     respiciat  M,  S  m.  1,  T  m.  1,  9     nostri  II.  III 

6  vocabit  I  7  circuibat  5  III,  perambulavit  M  m.  2.  8  quam  I  9  putas  .  .  10  dominus  deus  de- 
lenda  videntur  putas  ne  moriamur  farae  utinam  17.  3 ,  putasne  portabo  famem  ut  ego  9 ,  fame 
ego  utinam  5,  mi  esurio  post  (usque  4,  ad  2)  mortem  fame  (fere  4)  utinam  2.  4.  15.  18,  putas  ut 
interficiar  a  te  ut  ego  21,  puto  mori  fame  ut  43  12  mea  causa  II.  III  15  sed  vivamus  I:  surge 
II.  III  (praeter  2 :  unde  surgamus)     16  ut :  et  II.  III  (2  et)    septem  9.  17.  43. 


222 

bant,   quod  animalia  edebant.  et  dixit  Adam  ad  Evam:  haec  tribuit  do- 
minus animalibus  et  bestiis,    ut  edant;    nobis  autem  esca  angelica  erat. 

20  sed  iuste  et  digne  plangimus  ante  conspectum  dei,    qui  fecit  nos.   peni- 
teamus    penitentiam    magnam ;    forsitan  indulgeat    et    miserebitur    nostri 
dominus    deus    et    disponet    nobis ,    unde    vivamus.        Et  dixit  Eva  ad  5 
Adam:    domine  mi,    die  mihi,  quid  est  penitentia  et  qualiter  peniteam, 
ne  forte  laborem   nobis    inponamus,    quem   non    possumus    sustinere,    et 

25  non    exaudiat   preces  nostras    et   avertat    dominus    faciem  suam  a  nobis, 
quia  sicut  promisimus  non  adimplevimus.  domine  mi,  quantum  cogitasti 
penitere ,    quod    ego    tibi   induxi    laborem    et    tribulationem.        Et    dixit  6 
Adam  ad  Evam :  non  potes  tantum  facere  quantum  ego ,    sed    tantum    fac 
ut  salveris.    ego    enim    faciam    quadraginta    diebus    ieiunans :    tu  autem 

30  surge  et  vade  ad  Tigris  fluvium  et  tolle  lapidem  et  sta  super  eum  in 
aqua  usque  ad  Collum  in  altitudine  fluminis.  et  non  exiet  sermo  de  ore 
tuo ,  quia  indigni  sumus  rogare  dominum ,  quia  labia  nostra  inmunda 
sunt    de    ligno    inlicito  et  contradicto.    et    sta    in    aqua   fluminis    XXXVII 


20  plangamus  II.  III  conspectu  S.  T  peniteamur  S.  T.  M  in.  1  21  penitentia  magna  T.  in 
pen.  magna  II.  III  indulgeatur  T.  M  m.  1 ,  indulgebit  9.  4.  21.  43,  indulget  ©  III  23  quid  est : 
quidem  I  penitentiam  T.  M  peniteamus  II.  III,  penitebimus  21  24  quem:  quod  I  sustinere  I.  17. 
21:  adimplere  3.  5.  9.  III  25  exaudiet  I,  exaudiantur  3.  9.  21.  43,  exaudientur  5.  17.  III  nostrae 
IL  III  27  Pirke  R.  Elieser  (ed.  Vorstius  1644  p.  46):  Prirao  sabbatho  (=  1.  Wochentag  nach 
dem  Sabbath)  ingressus  est  Adam  aquas  Gihon  superioris,  donec  pertingerent  aquae  ad  Collum  eius  et 
supplicatus  est  septem  diebus  sabbathorum  vel  hebdomadae ,  usque  dum  factum  fuit  corpus  eius  in- 
star cribri.    Dann  ist  zu  vergleichen : 

das  christliche  Adamsbuch  des  Morgenlandes,  ich  gebe  die  wörtliche  Uebersetzung 
des  arabischen  Textes,  gleich  S.  32  und  33  von  Billmanns  Uebersetzung  des  äthiopischen  Textes 
(siehe  oben  S.  191):  Und  nicht  hörte  Adam  auf  in  der  Höhle  der  Schätze  zu  stehen,  er  und  Eva,  bis 
zum  7.  Tage ,  und  sie  assen  nicht  und  tranken  nicht  von  den  Wassern  der  Erde  und  nicht  von  ihrer 
Nahrung.  Und  als  es  der  Morgen  des  8.  Tages  war,  sprach  Adam  zu  Eva:  0  Eva,  wir  haben  Gott 
gebeten ,  dass  er  uns  etwas  aus  dem  Garten  gebe ,  und  er  hat  seine  Engel  zu  uns  gesendet  und  sie 
haben  uns  unsere  Bitten  gewährt.  Und  jetzt  stehe  auf,  wir  wollen  gehen  zu  dem  Meere,  dem  Wasser, 
das  wir  zuerst  gesehen  haben,  und  wir  wollen  stehen  und  beten  und  fasten,  während  wir  an  ihm  sind, 
vielleicht  dass  Gott  von  Mitleid  ergriffen  wird  rnit  uns  ein  zweites  mal,  sei  es  dass  er  uns  zurückführe 
in  den  Garten  oder  uns  etwas  gebe  oder  dass  er  uns  tröste  mit  einem  anderen  Lande  als  dem  Lande, 
in  welchem  wir  sind.  28  non  II.  III:  om.l  potes  IL  III:  potest  I  ante  rasuram  tantum  .  .  quan- 
tum .  .  tantum  Inc.:  tantas  .  .  quantas  .  .  tautas  L  tantos  dies  .  .  quantos  (quantum  9,  sicut  3)  .  .  tantos 
IL  III;  at  III  om.  28  sed  .  .  salueris  31  exiet  S,  exiget  T.  M:  exeat  IL  III  33  sunt  facta  IL  III 
33  et  contradicto  IL  III :  contradicti  I  XXXVII  S.  T.  M :  XXXIV  3.  5.  9,  XXX  tribus  17.  43,  XXX 
2.  4.  15.  18. 


223 

dies,   ego  autem  faciam  in  aqua  Jordanis  XL  dies,    forsitan  miserebitur 
35  nostri  dominus  deus.        Et    ambulavit    Eva    ad    Tigris    flumen    et    fecit  7 
sicut    dixit    ei  Adam,    similiter    ambulavit   Adam  ad  flumen  Jordanis  et 
stetit   super    lapidem   usque  ad  collum  in  aqua.        Et    dixit  Adam :    tibi  8 
dico,  aqua  Jordanis,   condole  mihi  et  segrega  mihi  omnia  natantia,   quae 
in  te  sunt  et  circumdent  me  ac  lugeant   pariter  mecum.    non    se    plan- 
40  gant,  sed  me,  quia  ipsi  non  peccaverunt,    sed    ego.     stattm    omnia    ani- 
mantia    venerunt  et  circumdederunt    eum  et  aqua  Jordanis  stetit   ab  illa 
hora    non  agens  cursum  suum.       Et  transierunt  dies  XVIII.    tunc   iratus  9 
est  Satanas   et  transfiguravit    se    in    claritatem    angelorum    et    abiit    ad 
Tigrem  flumen  ad  Evam  et  invenit  eam  flentem.  et  ipse  diabolus  quasi 
45  condolens  ei  coepit    flere  et  dixit  ad  eam :    egredere    de    flumine    et    de 


35  Und  es  stimmte  ihm  auch  Eva  bei  und  sie  standen  auf  und  gingen  heraus  aus  der  Hoble 
und  kamen  und  standen  an  dem  Rande  des  Meeres,  in  welches  sie  sich  zuerst  gestürzt  hatten.  Dann 
fürwahr  sprach  Adam  zu  Eva:  Erheb  dich,  steig  hinab  an  diesen  Ort  und  steig  nicht  herauf  von  ihm 
bis  zur  Vollendung  von  40  Tagen,  bis  ich  zu  dir  komme  und  erflehe  von  Gott  mit  dem  Brande  eines 
guten  Herzens,  dass  er  uns  verzeihe,  auch  ich  will  gehen  an  einen  anderen  Ort  und  in  denselben 
hinabsteigen  und  thun  nach  deinem  Beispiele.  Dann  fürwahr  stieg  Eva  hinab  in  das  Wasser  und  sie 
standen,  indem  sie  beteten,  und  erbaten  von  Gott,  dass  er  ihnen  ihre  Fehler  verzeihe  und  sie  zurück- 
führe in  ihre  erste  Würde;  und  so  blieben  sie  betend  bis  zur  Vollendung  von  35  Tagen.  Adamsbuch, 
38  congrega  43.  3.  III  39  me  om.  I  40  ipsi :  illa  5.  III  41  et  .  .  stetit  .  .  agens  .  .  suum  IL  III, 
(Gant.  Flor.) :  ex  aqua  Jordanis.  steterunt  .  .  agentes  cursum  eorum  I. 

Dritte  Erscheinung    die  der   Satan  mit   Adam  und   Eva   machte. 

Und  fürwahr  der  Satan,  der  alles  gute  hasst,  hatte  sie  in  der  Höhle  gesucht,  aber  er  fand  sie 
nicht ;  und  er  suchte  nach  ihnen  und  fand  sie  stehend  im  Wasser  und  betend ;  und  er  sprach  in  seinen 
Gedanken :  Adam  und  Eva  stehen  in  diesem  Wasser  ,  indem  sie  beten  und  weinen  vor  Gott ,  dass  er 
ihnen  ihre  Fehler  vergeben  möge  und  sie  zurückführe  in  ihre  Würde  und  sie  erhöhe  aus  meiner  Hand 
(Gewalt)  sie  wegnehmend ;  aber  ich  will  sie  in  Irrthum  bringen,  dass  sie  heraufsteigen  aus  dem  Wasser 
und  ihr  Begehren  ihnen  nicht  erfüllt  werde.  Und  fürwahr  dieser  Heuchler,  der  Feind,  der  böse ,  der 
alles  Gute  hasst,  konnte  nicht  zu  Adam  kommen,  sondern  er  kam  zu  Eva  wie  ein  Engel  Gottes  und 
sprach  das  Lob  und  den  Preis  Gottes  und  sagte  zu  Eva  :  wie  ist  dein  Auge  kühl  {—  wie  gut  befindest 
du  dich) ;  freue  dich  und  sprich  das  Lob  Gottes.  Gott  ist  mit  euch  zufrieden  und  hat  mich  zu  Adam 
gesendet  und  ihn  beschenkt  mit  der  Erlösung  und  ich  habe  ihn  erfüllt  mit  dem  Lichtwesen ,  wie  er 
zuerst  gewesen ;  und  fürwahr  nachdem  Adam  sich  gefreut  über  seine  Rückkehr,  hat  er  mich  zu  dir  ge- 
sendet, dass  du  zu  ihm  kommest  ich  werde  dich  umgeben  mit  dem  Lichtwesen  wie  ihn.  und  er  hat 
zu  mir  gesagt:  sag  zu  Eva:  wenn  sie  nicht  zu  dir  kommt,  sage  ein  Zeichen,  das  uns  auf  dem  Gipfel 
des  Berges  ward,  als  Gott  seine  Engel  gesendet  hat,  die  uns  trugen  und  uns  in  die  Höhle  der 
Schätze  hineinführten  und  das  Gold  auf  der  Südseite  und  den  Weihrauch  auf  der  östlichen  Seite  und 
die  Myrrhen  auf  der  westlichen  Seite  niederlegten.  Erhebt  euch  zu  ihm !  Adamsbuch.  42  XIHI  3, 
XIX  15.  18,  XL  2,  XXXVIII  43  iratus  est  om.  III  43  transfiguratus  est  5.  III,  transfigurabat  se  S 
angeli  H.  III     Evam  S.  2.  18    45  flumine  et  repausa  et  de  IL  III 


224 

cetero  non  plores.  iam  cessa  de  tristitia  et  gemitu.  quid  sollicita  es  tu 
et  Adam  vir  tuus?  audivit  dominus  deus  gemitum  vestrum  et  suscepit 
penitentiam  vestram ;  et  nos  omnes  angeli  rogavimus  pro  vobis  depre- 
cantes  dominum,  et  misit  me,  ut  educerem  vos  de  aqua  et  darem  vobis 

so  alimentum,  quod  habuistis  in  paradiso  et  pro  quo  planxistis.  nunc  ergo 
egredere  de  aqua  et  perducam    vos    in    locum ,    ubi    paratus    est    victus 
vester.        Haec    audiens    autem  Eva    credidit  et  exivit    de  aqua  fluminis  10 
et  caro  eius  erat  sicut  herba    de    frigore   aquae.    et    cum    egressa    esset 
cecidit    in  terram    et    erexit    eam   diabolus   et    perduxit   eam    ad   Adam. 

55  cum  autem  vidisset   eam   Adam    et    diabolum    cum    ea ,    exclamavit   cum 
fletu  dicens  :    o  Eva ,    o  Eva ,    ubi  est  opus  penitentiae  tuae  ?    quomodo 
iterum    seducta  es    ab    adversario    nostro,    per    quem   alienati    sumus   de 
habitatione    paradisi    et    laetitia   spiritali.        Haec  cum  audisset  Eva  cog-  11 
novit  quod  diabolus  suasit  exire  de  flumine  et  cecidit  super  faciem  suam 

60  in  terram  et  duplicatus  est  dolor  et  gemitus  et  planctus  ab  ea.  et  ex- 
clamavit dicens:  ve  tibi,  diabole,  quid  nos  expugnas  gratis?  quid  tibi 
apud  nos?  aut  quid  tibi  fecimus,  quoniam  dolose  nos  persequeris?    aut 


46  cessa  de  om.  I,  et  oussitoist  qu'elle  1'oi't  parleir,  eile  cessat  de  sa  tristeur  et  de  gemir.  Et 
ly  dyable  li  dest  'Porquoy'  etc.  Jean.  48  nos  om.  5.  III  rogavimus  9.  17.  21,  rogamus  1.5,  roga- 
verunt  5.  III  50  plangitis  II.  III  51  egrede  S.  Als  Eva  diese  Worte  von  ihm  hörte,  freute  sie 
sich  und  glaubte ,  dass  das  Zeichen  zuverlässig  sei  und  erhob  sich  zu  gehen ,  indem  er  vor  ihr  ging 
und  sie  ihm  folgte,  bis  sie  dem  Adam  nahe  kamen;  da  verschwand  er  vor  ihr  und  blieb  vor  ihr  in 
der  Nähe,  aber  sie  kehrte  nicht  mehr  zurück  und  sah  ihn  nicht  mehr.  Dann  kam  sie  und  stand  bei 
Adam,  er  stand  im  Wasser  und  betete  und  erbat  von  Gott  die  Vergebung,  sie  rief  ihn  zu  sich 
sprechend:  o  Adam!  Adam  wendete  sich  und  fand  sie  und  weinte,  als  er  sie  sah,  und  schlug  auf  seine 
Brust  und  von  der  Heftigkeit  seiner  Trauer  wurde  ertränkt  seine  Seele  (sein  Leben)  im  Wasser,  und 
es  blickte  auf  ihn  Gott  und  auf  sein  Leben  und  wie  er  sein  Leben  verlor;  und  es  kam  zu  ihm  der 
Ruf  Gottes  und  er  richtete  ihn  auf  aus  dem  Wasser  und  sprach  zu  ihm :  0  Adam  steig  empor  auf  die 
Oberfläche  des  Meeres  zu  Eva.  Adam  folgte  dem  Worte  Gottes  und  stieg  empor  zum  Lande  zu  Eva. 
er  sprach  zu  ihr:  wer  ist  derjenige,  der  zu  dir  gesagt  hat,  komm  hieher  herauf?  und  Eva  erzählte 
ihm  die  Geschichte  von  dem  Engel,  der  ihr  erschienen  und  ihr  das  Zeichen  gegeben  hatte.  Adamsbuch. 
54  eam  om.  I  55  audisset  I  et  Sathanam  antecedentem  illam  17  57  seducta  es  II.  III,  dechuite 
Jean  cod.  B :  om.  I,  add.  m.  2  antiqua  in  M  adversari  I.  — rio  m.  2  antiqua  in  M  58  laetitiae  I 
Da  ward  Adam  traurig  und  erkannte,  dass  es  der  Satan  war,  und  er  nahm  sie  und  kehrte  zurück  in 
die  Höhle  und  diese  Geschichte  wiederfuhr  ihnen  als  sie  zum  zweitenmale  in  das  Wasser  herabstiegen 
7  Tage  nach  ihrem  Herausgehen  aus  dem  Garten;  und  sie  fasteten  35  Tage  und  es  waren  ihnen  seit 
ihrem  Herausgehen  aus  dem  Garten  42  Tage  vergangen.  Adamsbuch.  58  cum  audisset  Eva  IL  III : 
autem  videndo  I  59  in  faciem  suam  super  terram  I  60  Adam  autem  exclamavit  17.  (3),  Adam  soy 
escriat  Jean;  Adam  tho  spak  Cant;  rede? 


225 

* 

quid    pertinet    ad    nos   malitia    tua?    nuinquid    nos    abstulimus    gloriarn 
tuam    et   fecimus    te  sine  honore  esse?    quid    persequeris    nos,    inimice, 

65  usque  ad  mortem  impie  et  invidiose?       Et  ingemescens  diabolus  dixit:  12 
o  Adam,   tota    inimicitia    mea    et    invidia    et    dolor  ad  te  est,    quoniam 
propter    te    expulsus    sum    et  alienatus    de    gloria  mea,    quam    habui    in 
caelis  in  medio  angelorum,  et  propter  te  eiectus  sum  in  terram.  respon- 
dit  Adam:    quid   tibi   feci  aut  quae  est  culpa  mea  in  te?    cum    non    sis 

70  a  nobis  nocitus  nee  laesus,  quid  nos  persequeris  ?       Respondit  diabolus :  1 3 
Adam,    tu    quid    dicis  mihi?    propter  tuam  causam  projeetus  sum  inde. 
quando  tu  plasmatus  es,  ego  proiectus  sum  a  facie  dei  et  foras  a  socie- 
tate  angelorum  missus  sum.    quando    insufflavit    deus    spiritum  vitae  in 
te  et  factus  est  vultus  et  similitudo   tua   ad  imaginem  dei,    et    adduxit 

75  te  Michahel  et  fecit  te  adorare  in  conspectu  dei,  et  dixit  dominus  deus : 
ecce  Adam,  feci  te  ad  imaginem  et  similitudinem  nostram.        Et  egres-  14 
sus  Michahel   voeavit  omnes  angelos  dicens :    adorate    imaginem    domini 


65  irapiae  (I)  et  invidiosae  S  ingemescens  S  66  o  Adam :  ad  Evam  5,  Evae  2,  ad  eam  4.  15 
18  67  exp.  sum  et  alienatus  a  gloria  III,  al.  sum  om.  I,  exp  s.  a.  gl.  mea  et  alienatus  sum  de 
claritate  mea  II,  Jean  69  Adam  et  dixit  II  (praeter  3)  III  70  nocitus  3.  5.  2.  18.  21:  natus  I, 
dampnatus"  15 ,  om.  9.  17.  4.  71  dicis  nichil  michi  fecisse  3,  d.  n.  fecimus  tibi  17  (5.  9)  sum.  in 
die  enim  qua  9,  sum  de  gloria  celesti.  inde  enim  qua  5,  sum  de  terra  viventium  et  de  gloria  celesti. 
in  die  enim  qua  III,  that  same  day  god  made  the  Cant.  72  et  om.  I  75  Michael  hie  et  deineeps 
M  77  Vergl.  oben  p.  199.  Koran  (übersetzt  von  Ullmann)  Sure  7,  11  Wir  haben  euch  (Menschen) 
geschaffen,  dann  euch  gebildet  und  darauf  zu  den  Engeln  gesagt  'Verehrt  den  Adam';  und  sie  thaten 
also  (Israfil  gehorchte  zuerst  .  .  die  andern  folgten  seinem  Beispiele,  Weil  Legenden  p.  15)  mit  Aus- 
nahme des  Satan,  der  nicht  mit  den  Verehrenden  sein  wollte.  Gott  sprach  zu  ihm  'Was  hält  dich 
denn  zurück  ihn  zu  verehren,  wie  wir  es  dir  befohlen  haben?'  Dieser  antwortete:  Weil  ich  vorzüg- 
licher bin  denn  Adam,  da  du  mich  aus  Feuer  und  ihn  nur  aus  Thon  geschaffen.  Gott  erwiderte: 
Hinab  mit  dir,  von  hier  hinweg  .  .  Darauf  sagte  der  Satan :  Weil  du  mich  in  die  Irre  gejagt,  darum 
will  ich  den  Menschen  auf  dem  richtigen  Wege  auflauern  und  sie  überfallen  von  vorn  und  von  hinten, 
von  der  rechten  Seite  und  von  der  linken  Seite,  dass  du  den  grössten  Theil  derselben  undankbar  finden 
sollst.  —  Codex  Nasaraeus  ed.  Norberg  p.  67  (vergl.  p.  27)  Declaravit  rex  altissimus  lucis  dicens : 
reges  ignis  Adamo  serviant,  accedentes  eum  colant  neque  ab  eius  iusso  defleetant.  at  unus  malus  ma- 
lique  hie  auetor,  qui  a  iusso  domini  deseivit  nee  in  obsequio  domini  stetit.  iussa  vero  domini  non  ex- 
sequens  cum  suo  curru  in  vineula  dei  se  praeeipitavit.  —  Beresch  B.  des  B.  Mose  Hardaschan 
(Grünbaum  in  Zeits.  d.  deutsehen  morgenl.  Ges.  31  p.  233  nach  Baim.  Martini' s  Pugio  fidei  p.  563) : 
Unser  Lehrer  Josua  ben  Nun  sagte  '  Als  Gott  Adam  erschaffen  hatte,  sagte  er  zu  den  höheren  Engeln : 
Werfet  euch  vor  ihm  nieder;  der  Satan  aber  war  grösser  als  alle  Engel  des  Himmels  und  er  sprach: 
0  Herr  der  Welt!  uns  hast  du  aus  dem  Abglanz  deiner  Herrlichkeit  erschaffen  und  du  sagst,  wir 
sollen  vor  ihm  uns  niederwerfen,  den  du  aus  dem  Staub  der  Erde  geschaffen  ?  Da  sprach  Gott  zu  ihm : 
dieser  aus  Erdenstaub  gebildete  besitzt  mehr  Einsicht  und  Weisheit  als  du.  Und  als  er  sich  nun 
Abh.d.I.Cl.d.k.Ak.d.Wiss.  Bd  XIV.  III.Abth.  31 


226 

dei,    sicut    praecepit    dominus    deus.    et    ipse  Michahel  primus  adoravit, 
et  vocavit  me  et  dixit:    adora  imaginem  dei  Jehova.    et   respondi    ego: 

•so  non    habeo  ego  adorare  Adam,     et  cum  compelleret  me  Michahel  adorare. 
dixi  ad  eum:    quid    me    compellis?    non  adorabo  deteriorem  et  posteri- 
orem meum.  in  creatura  illius  prius  sum.  antequam  ille  fieret,  ego  iam 
factus  eram.    ille    me   debet   adorare.        Hoc  audientes  ceteri  qui  sub  me  15 
erant  angeli  noluerunt  adorare  eum.     et  ait  Michahel:    adora   imaginem 

85  dei.   si  autem  non  adoraveris,   irascetur  tibi  dominus  deus.    et  ego  dixi : 
si  irascitur  mihi ,    ponam  sedem  meam   super  sidera  caeli  et  ero  similis 
altissimo.        Et    iratus    est  mihi  dominus  deus  et  misit  me  cum  angelis  16 
meis  foras  de  gloria  nostra,    et  per  tuam  causam  in  hunc  mundum  ex- 
pulsi  sumus  de  habitationibus  nostris  et  proiecti    sumus    in    terram.     et 

90  statim  facti  sumus  in  dolore,  quoniam  expoliati  sumus  tanta  gloria.    et 
te    in    tanta    laetitia    delitiarum    videre   dolebamus.     et    dolo    circumvenie- 
bam  mulierem  tuam  et  feci  te  expelli  per  eam  de  delitiis  laetitiae  tuae, 
sicut  ego  expulsus  sum  de  gloria  mea.      Haec  audiens  Adam  a  diabolo  17 
exclamavit    cum    magno  fletu  et  dixit:    domine  deus  meus,    in    manibus 

95  tuis  est  vita  mea.  fac  ut  iste  adversarius  meus  longe  sit  a  me,  qui 
quaerit  animam  meam  perdere,  et  da  mihi  gloriam  eius,  quam  ipse  per- 
didit.    et   statim  non  apparuit  diabolus  ei.    Adam  vero  perseveravit  XL 


nicht  niederwerfen  und  Gott  nicht  gehorchen  wollte,  verstiess  ihn  Gott  aus  dem  Himmel  und  er 
ward  Satan,  und  auf  ihn  sagt  Jesaias  14,  12 :  Wie  bist  du  vom  Himmel  gefallen,  Glanzstern,  Sohn  des 
Morgenroths?  79  IHU  I:  om.  II.  III  et  resp.  e.  n.  h.  e.  ad.  om.  III  80  Adam  om.  I.  III  et 
c.  comp.  m.  M.  ador.  II.  III  (Jean  Gant.):  I  habet  tantum  et  ante  dixi  82  meum:  me  5.  9.  III  in 
creatura :  poster.  omni  (omnis  17,  omni  tempore  5)  creature  prior  IL  III  illius  =r  quam  ille  83  hoc 
.  .  84  adorare  om.  3.  5  audientes  17.  21.  (9.)  III:  videntes  I  ceteri  ibme  erant  angeli  S,  ceteri  üb 
.  .  erant  ang.  T,  ceteri  ubi  erant  ang.  M,  cet.  angelt  qui  sub  me  erant  9.  17.  III  (qui  summi  er.  21) 
86  super  sidera  II.  III  (tantum  modo  15  ad  aquilonem):  super  sedem  I.  Vergl.  Jes.  14,  13  enüvu) 
twv  üariQoiv  roxi  ovQavov  &yau)  xov  Qqovov  fiov  .  .  evoficu  ofiotog  rw  vipiarw  LXX.  Da  hingegen 
der  hebräische  Text  hat  'über  Gottes  Sterne  will  ich  erheben  meinen  Thron'  (Zunz),  gleich  der 
Vulgata  '  super  astra  dei  exaltabo  solium  meum,'  so  war  icöhl  diese  Bibelstelle  im  griechischen  Texte 
unseres  Adamsbuches  nach  der  Septuaginta  corrigirt.  Dafür  sprechen  die  vielen  anderen  nach  der 
Septuaginta  corrigirten  Stellen  im  griech.  Texte  unseres  Adamsbuches  (bes.  §  23.  24.  25).  87  et 
iussit  me  cum  angelis  meis  expelli  et  misit  foras  (II.  III)  88  tui  causa  IL  III  89  expulsus  sum 
3.  9,  expulsi  sumus  5.  4  90  et  ..  91  dolebamus  om.  3.  9,  et  te  in  (tanta  add.  4)  laetitia  delitiarum 
videre  dolebamus  (dolimus  4,  debemus  5)  5.  2.  4.  15.  18,  et  quia  te  videre  in  laet.  dei.  mearum  tole- 
rare  non  potuit  17,  et  tanta  laet.  dei.  dolo  I.  tho  badde  y  to  the  enuye  that  thow  sholdest  in  that 
blisse  byde  that  we  losten  Gant.  93  meae  S  95  fac  ut  IL  III:  sicut  I  vergl.  Adamsbuch  p.  50 
96  meam.  om.  S     vergl.  §  47  und  Adamsbuch  p.  42    98  in  pen.  stans  5'.  17.  III. 


227 

diebus  stans  in  poenitentia  in  aqua  Jordanis.       Et  dixit  Eva  ad  Adam:  18 
vive  tu,  domine  mi.  tibi  concessa    est  vita,  quoniam  tu  nee  primam  nee 

100  8ecundam  praevaricationem  fecisti,  sed  ego  praevaricata  et  sedueta  sum, 
quia  non  custodivi  inandatum  dei.  et  nunc  separa  me  a  lumine  vitae 
istius,  et  vadam  ad  occasum  solis  et  ero  ibi  usque  dum  moriar.  et 
coepit  ambulare  contra  partes  occidentales  et  coepit  lugere  et  amare 
flere  cum  gemitu  magno,  et  fecit  ibi  habitaculum  habens  in  utero  foe- 
5  tum  trium  mensium.  Et  cum  adpropinquasset  tempus  partus  eius  coe-  19 
pit  conturbari  doloribus  et  exclamavit  ad  dominum  dicens:  miserere 
raei?  domine,  adiuva  me.  et  non  exaudiebatur  nee  erat  misericordia  dei 
circa  eam.  et  dixit  ipsa  in  se :  quis  nuntiabit  domino  meo  Adae?  de- 
precor  vos,  luminaria  caeli,   dum  revertimini  ad  orientem,    nuntiate  do- 

io  mino  meo  Adam.       In  illa  autem  hora  dixit  Adam:  planctus  Evae  venit  20 
ad  me;  forte  iterum  serpens  pugnavit  cum  ea.  et  ambulans  in  venit  eam 
in  luctu  magno;   et  dixit  Eva:    ex   quo  vidi  te,    domine  mi,  refrigeravit 
anima  mea  in  doloribus  posita.    et  nunc  deprecare  dominum  deum  pro 
me,  ut  exaudiat  te  et  respiciat  ad  me  et  liberet  me  de  doloribus  meis 

15  pessimis.  et  deprecatus  est  Adam  dominum  pro  Eva.     Et  ecce  venerunt  2 1 
XII    angeli    et    duo    virtutes    stantes    a    dextris    et    a   sinistris    Evae.    et 
Michahel  erat  stans  a  dextris    et    tetigit    faciem    eius  usque  ad  pectus  et 
dixit  ad  Evam:    beata  es,    Eva,    propter   Adam,     quoniam    preces    eius 
magnae  sunt  et  orationes,    missus    sum    ad  te,    ut    aeeipias    adiutorium 

20  nostrum.   exsurge  nunc  et  para  te  ad  partum,  et  peperit  filium  et  erat 
lucidus.  et  continuo  infans  exsurgens  cueurrit  et  manibus  suis  tulit  her- 


99  domine  mi  (meus  5.  17)  5.  17.  43.  III,  deo  meo  I,  domino  deus  meus  9,  domino  fleo  tuo  3 
nee  primo  nee  seeundo  praevaricatus  es  nee  seduetus  II.  III  2  moriar.  qui  non  respondit  ei 
verbum.  hoc  audiens  (videns  18)  Eva  cepit  III  3  oeeidentis  II.  III  4  ibi  I.  9.  17.  4.  15.  18.  43, 
sibi  3.  5,  sibi  ibi  2  semen  suum  I :  trium  mensium  (Cain  add.  17)  3.  9.  17,  fetum  III,  fetum  tribus 
mensibus  5,  puerum  trium  mensium  43  8  Adam  S  meo  adae  S  10  in  illa  autem  hora  dixit  Adam 
I:  et  dixit  ;tune  3)  Adam  (intra  se  17)  3.  5.  17,  ut  Adam  .  .  audivit  9,  Adam  entendit  la  plainte 
par  le  volenteit  de  Dieu,  si  dest  Jean ;  the  eyr  bar  it  forth  anon  .  . ,  y  wene  Gant,  et  dum  lumi- 
naria reverterentur  per  motum  nemini  horum  (2,  per  nutum  ipsorum  15,  per  meatum  ips.  Inc.,  pro 
nuncii  ips-  4 ,  per  nunc  tempus  ips.  18)  intellcxit  Adam,  quod  Eva  gravi  dolore  torqueretur  et  ait  III 
12  domine  mi  (meus  5.  9)  II.  III :  om.  I  infrigeravit  I ,  (inrefrigeravit  M)  15  pessimis  quibus 
consumor  III  16  due  IL  III  haec  om.  I  17  eam  a  facie  5.  9.  43.  III  19  sunt  coram  domino.  et 
causa  illius  missus  III  (Inc.)  20  partum  et  fecit  sie  III  (Inc.)  21  Apokalypse  §  1  iyepvVoer  6vo 
viovs  xov  6id(pwxoy  (cod.  A,  ä6ia<pwro*>  cod.  D)   xov  Ityöfxtvov  Kdiv.     Prof.  Dillmann  ivies  darauf 

31* 


228 

bam  et  dedit  matri  suae.    et   vocatum  est  nomen  eius  Cain.        Et    tulit  22 
Adam  Evam  et  puerum  et  duxit  eos  ad  orientem.  et  misit  dominus  deus 
per  Michahel  angelum  semina  diversa  et  dedit  Adae  et  ostendit  ei  labo- 

25  rare  et  colere  terram,  ut  habeant  fructum ,    unde  viverent  ipsi  et  omnes 
generationes    eorum.        Postea  enim  concepit  Eva  et  genuit  filium,    cui  23 
nomen  Abel,  et  manebat  Cain  cum  Abel  in  unum.  et  dixit  Eva  ad  Adam : 
domine  mi .    dormiens  vidi  visum  quasi  sanguinem    filii    nostri    Abel    in 
manu   Cain  ore  suo  deglutientis  eum.    propterea    dolorem   habeo.    et  dixit 

30  Adam :  Vae ,  ne  forte  interficiat  Cain  Abel !  sed  separemus  eos  ab  in- 
vicem  et  faciamus  eis  singulas  mansiones.  et  fecerunt  Cain  agricolam, 
Abel  fecerunt  pastorem,  ut  ita  fuissent  ab  invicem  separati.  et  post 
haec  interfecit  Cain  Abel,  erat  autem  tunc  Adam  annorum  CXXX.  inter- 
fectus  est  autem  Abel  cum  esset  annorum  CXXII. 

35  Apokalypse  §  3 :    Kai  Xiyu  6  &eog  Mi/arj'/.  xqi  a^ayyilw  •     dm  xw 

tddafx '   oxi  xo  jLivoxrjyiov  o  oldag,  jlltj  äi'ayyeilrjg  Ka'iv  xw  viw  oov,   oxi    'y- 


hin,  dass  die  Lichtnatur  Kain's  bei  der  Geburt  vielleicht  aus  Gen.  4,  1  stamme,  wo  manche  er- 
klärten 'ich  habe  erworben  einen  Mann,  den  Jehovah'  und  Targum  PseudoJonathan  substituirt  =s 
'den  Engel  des  Herrn.1  lucidus.  Eva  vero  ignorans  et  admirans,  quid  hoc  esset,  quod  pepererat,  dixit 
ad  Adam:  domine  mi,  interfice  hoc,  ne  nos  forte  interficiamur  per  illud.  respondit  Adam :  nequaquam; 
sanguis  enim  et  caro  nostra  est  III  (Inc.)  e  continuo  S  herbam  dulcissimam  III  22  ei  S  Cain. 
angelus  vero  domini  ostendit  Evae,  qualiter  puerum  lactare  (15.  18,  ablactare  2)  deberet  et  nutrire  2. 
15.  18.  Inc.  (puerum  nutriret)  4  Apok.  §  1  (cod.  A.  C)  eXaßey  'A6ufj.  Evccv  xrtv  yvqalxa  avxov  xtd 
<cfTjX9iy  eis  t%v  dvaxoKr^v.  22  Tunc  Michael  tulit  Adam  et  5.  IJI  24  per  om.  I.  17  cum  semini- 
bus  diversis  17:  causa  seminis  diversa  I,  semina  diversa  (II)  III,  pluseurs  scienches  (semenches?)  Jean. 
et  dedit  Adae  om.  III  loborare  et  colere  3.  17.  III,  laborem  et  colere  9,  laborare  et  colorem  5,  la- 
borem  et  colorem  I  25  terram  II.  III:  terrae  I  26  eorum.  postea:  post  eum  17.  5.  9,  post  eos 
3.  1.  2  enim :  iterum  17.  43,  secundo  9  et  ante  genuit  om.  M  27  Apok.  §  2  xvqie  (jlov  'Jöafi,  döov 
ey(o  xcct''  ovccq  zt)  vvxri  xtxix^  xo  ai/aa  xov  viov  fxov  'Afxikaßig  rov  S7tiXtyofisyov  ~"Aßtl  ßuXköfxtvov 
eis  ro  axofict  Kä'iv  xov  dSeXcpov  avxov  xcti  Inuv  avxo  äffXeTjjuoyws  .  .  o\ov  xuxenitv  avxo.  cf.  Adamsb. 
p.  69  cui  nomen  I :  nomine  II.  III  et  —  29  Cain  om.  9  Abel  et  manebat  Cain  cum  Abel  in  unum 
3.  17,  in  unum  5,  et  manebaut  Cain  et  Abel  simul  2.  4.  18.  43:  om.  I  ad  om.  I  28  dormiebam  et 
vidi  IL  III  29  haec  nos:  Cain.  propterea  dolorem  habeo  a  dolore  suo  crucians  eum  et  dixit  I,  Cain 
perdebat  ore  suo  degluciens.  dixit  9,  C.  deglutiens  ore  suo  capiebat.  et  dixit  3,  (ingredi  in  ore  fratris 
sui  Cain  et  deglutivit.  et  d.  17),  Cain  perdere  et  d.  5,  Cain  prodire  (prodere  4)  et  d.  III  (de  sanc, 
qui  venoit  de  Abel,  nostre  fis,  et  astoit  es  mains  Caym  Jean),  Cain  gluciente  sanguinem  Abel  fratris 
sui  43.  me  thoghte  Kaym  tok  Abelis  blöd  and  sop  it  op  as  he  were  wod  Cant.  30  Vae  ne  3.  9.  17: 
ne  5.  III,  vere  I,  forte  om.  I.  3.  9,  interficiet  I.  2  sed  om.  3.  9.  4.  sed  forte  separamus  I  31  Abel 
fecerunt:  Abel  vero  II.  III  32  Abel  cum  hostias  offerrent  domino  III.  (Inc.)  33  addidi  haec  ex  II 
{Jean)  et  III:  tunc  annorum  CXXII  I.  3.  17  35  vgl.  Orient.  Adamsb.  p.  69:  Adam  erzählte  dem 
Abel  alles,  was  ihm  begegnet  war,  und  Kain  ward  eifersüchtig  auf  Abel,  dem  sein  Vater  Adam  es 
gesagt  hatte  und  wegen  der  göttlichen  Dinge;  vgl.  noch  p.  81. 


229 

yijg  vlog  soxiv'  allä  jut]  Ivtiov*  dujöüj  ooi  yay  avx''  avxov  ffxsyov  vlov 
ovxog  yao  drjkwosi  navxa  ooa  JioirjOflg-  xavxa  slncbv  6  äyyelog  nybg  xov 
^Adäfi,     die(pvla'§ev    xb   orj/ua   sv  xfj  xaodia  avxov,    jusx'   avxov  xai  rj  Eva, 

40  e'xovxsg  xr\v  hunr\v  tisqI  "Aßel  xov  vlov  avxwv. 

Et  post  haec  cognovit  Adarn  uxorem  suam  et  genuit  filium  et  vo-  24 
cavit  noraen  eius  Seth.    et  dixit  Adam  ad  Evam:  ecce  genui  filium  pro 
Abel,  quem  occidit  Cain.    et  postquam  genuit  Adam  Seth ,    vixit    annos 
DCCC  et  genuit  filios  XXX  et  filias  XXX,    simul   LXIII.    et   multiplicati 

45  sunt  super  terram  in  nationibus  suis.        Et  dixit  Adam  ad  Seth:    audi,  25 
fili  mi  Seth,  ut  referam  tibi,  quae  audivi  et  vidi,  postquam  eiecti  sumus 
de  paradiso  ego  et  mater  tua,    cum  essemus  in  oratione,    venit  ad  me 
Michahel  archangelus  nuntius  dei.    et  vidi  currum  tamquam  ventum  et 
rotae    illius  erant  igneae  et  raptus  sum  in  paradisum  iustitiae.    et   vidi 

50  dominum    sedentem    et    aspectus    eius  erat  ignis  incendens  intolerabilis. 
et  multa  milia   angelorum    erant  a  dextris    et    a    sinistris    currus    illius. 

Haec  videns  perturbatus  sum  et  timor  comprehendit  me  et  adoravi  26 
coram  deo  super  faciem  terrae,    et   dixit   mihi  deus:    ecce  tu   morieris, 
quia  praeteristi   mandatum  dei,    quia   plus    audisti    vocem    uxoris    tuae 

55  quam  tibi  dedi  in  potestatem ,  ut  haberes  eam  in  voluntatem  tuam.    et 
audisti  illam  et  verba  mea  praeteristi.      Et  cum  haec  audivi  verba  dei,  27 
procidens  in  terram  adoravi  dominum  et  dixi:    domine    mi,    omnipotens 
deus   et   misericors   sancte   et  pie,    ne    deleatur   nomen   memoriae  tuae 


37  ogyrjs  vlog  Apok.:  darnach  ist  bei  Tertullian  de  patientia  cap.  5  irae  filium  procreavit  mit 
den  Handschriften  zu  schreiben,  statt  des  thörichten  iram  f.  pr.  der  Ausgaben.  41  Apok.  §  4  xai 
fietu  xavxu  i'yyw  'ASufi  xr\v  yvvctix,K  avtov  xai  £*•  yaaxgl  Ba^tv  xai  tyiputjaey  xov  2rj&'  xai  Xeyei 
'Aöafj,  xfj  Eva'  42  iSov  iytvvriaa^iev  vlov  avxi  "ApeX,  ov  dnexxatvev  Kaiv'  44  Ap.  §  5  £7ioir;o-ev 
6e  'A&djj,  viovs  X'  xai  S-vyaxegag  X'.  simul  LXIII  I.  II.  (XXX  fis  et  XXX  filhes  sique  chu  furent 
LXIII  Jean  cod.  B.) :  dafür  III.  5.  43  extra  Cain  et  Abel  et  Seth.  —  vgl.  Cod.  latin.  monac.  22053 
s.  IX  (darin  das  Wessobrunner  Gebet)  f.  57 :  XL  diebus  et  dimidium  fuit  Adam  ante  prevaricationem 
in  paradisum.  post  horam  tertiam  comedit  fructum,  ad  horam  nonam  eiectus  fuit  de  paradiso.  et  vixit 
DCCCCXXX  annos  et  genuit  XXX  filios  et  XXX  filias  excepto  Abel  et  Seth  et  annos  IV  milia 
CCXCIII  fuit  Adam  in  inferno.  —  f.  95  Adam  vixit  an.  DCCCCXXX  et  mortuus  est  VIII  Kl.  April, 
ibat  in  infernum  et  fuit  ibi  V  milia  annos  CCXX  et  VIII.  44  et  .  .  suis  om.  III.  5,  et  .  .  §  30 
om.  Inc.  45  ad  filios  suos  narrabo  vobis  quae  III.  5;  et  quia  Adam  vidit  filium  suum  Seth  pruden- 
tiorem  inter  alios,  recepit  eum  ad  locum  secretum  et  dixit  ei  43  46  vidi  et  audivi  II.  III  eiectus 
sum  I.  3.  9  48  ventus  I,  ventum  velocem  (volantem  2)  III  50  ut  (sicut,  quasi)  ignis  II.  III.  52 
§  26  om.  17  54  dei:  meum  9.  III  plus  III:  prius  I,  in  primis  II  55  voluntate  tua  II.  III.  57  ad 
dorn.  om.  I      et  mis.  deus  II.  III      59   maiestatis  si  tu  separaveris  animam  meam  a   corpore  quia  9. 


230 

maiestatis.     sed  converte  animam    meam,    quia    morior  et  spiritus  meus 

60  exibit  de  ore  meo.  ne  proicias  me  a  facie  tua  quem  de  limo  terrae 
plasmasti,  nee  postponas  gratiae  tuae  quem  nutristi.  et  ecce  verbum 
tuum  incedit  mihi  et  dixit  dominus  ad  me:  quoniam  figurantur  dies  tui 
factus  es  diligens  scientiam,  propter  hoc  non  tolletur  de  semine  tuo 
usque  in  seculum  ad  ministrandum  mihi.        Et  cum  haec   verba  audivi,  28 

65  prostravi  me  in  terram  et  adoravi  dominum  deum  dicens:  tu  es  aeternus 
deus  et  summus  et  omnes  creaturae  tibi  dant  honorem  et  laudem.  tu  es 
super  omne  lumen  fulgens  vera  lux,  vita  vivens,  incomprehensibilis 
magnitudinis  virtus.  tibi  dant  honorem  et  laudem  spiritales  virtutes.  tu 
facis    cum    genere    humano    magnalia    misericordiae    tuae.        Postquam  29 

70  adoravi  dominum,  statim  Michahel  archangelus  dei  adprehendit  manum 
meam  et  eiecit  me  de  paradiso  visitationis  et  iussionis  dei.  et  tenens 
Michahel  in  manu  sua  virgam  tetigit  aquas  quae  erant  circa  paradisum 
et  gelaverunt.  et  pertransivi  et  Michahel  pertransivit  mecum  et  reduxit 
me  in   locum,  unde  me  rapuit.      Audi,  fili  mi  Seth,  et  caetera  mysteria 

75  sacramentaque  futura  quae  mihi  sunt  revelata ,    qui  per  lignum  scientiae 
comedens  cognovi  et  intellexi,  quae  erunt  in  hoc  seculo. 
Codices  3.  5.  9,17  (=  II);  Jean;  P  (=  IV);  2.  4.  15  {—  III  sine  18)  addunt 
varia  verba,  ex  quibus  haec  composui  (cf.  pag.  219) 

.  .  .  quae  erunt  in  hoc  seculo  temporali  (futura  III)  quae  facturus  est  deus  creaturae  29a 
suae  humano   generi.    apparebit    dominus   in   flamma   ignis.    ex   ore   maiestatis   suae 
dabit   omnibus    mandata    et    praeeepta    (ex    ore   eius   exiet  gladius    ex  utraque  parte 


59  quia :  quando  ?  61  nee  .  .  nutristi  om.  III  quem  nut.  gratia  tua  II  et . .  mihi  om.  III  dei 
ineidit  vel  incessit  (=  venitj?;  verba  incedunt  me  9,  u.  tuum  incendit  me  5.  17,  entens  a  ma  parolle 
Jean  62  quomodo  M  figurantur  dies  tui :  figura  (figuratio  17)  cordis  tui  3.  5.  2.  15.  17.  18,  f.  cor- 
poris tui  9,  f.  corporis  mei  4  —  factus  es:  facta  est  II.  III  (es  4)  —  figura  cordis  tui  facta  est  dil. 
(vel  figura  corporis  mei  factus  es  et)?  tollitur  M.  T.  3.  9,  tollatur  S.  vgl.  oben  p.  196.  seinen  tuum 
17  65  deum  II,  meum  I,  om.  III  66  deus  et  summus  II.  III:  om.  I  tibi  dant  II  (debent  9).  III: 
tuae  dent  I  67  vita  incompr.  magn.  virt.  vivens  II ,  om.  III  (solus  codex  2  habet  similia).  68 
magnitudinis  5.  2:  raagnitudine  9,  magna  3,  matutina  I  spir.  virt.  I:  spiritalem  viventem  in  aeter- 
num  5,  viventi  in  saecula  3,  om.  9.  III  69  facis  S.  III:  facias  T.  M.  9.  5.  70  ad  dorn.  I  71  visit. 
et  iussionis  I:  visit.  et  visionis  5,  visitationis  9,  visionis  3.  17.  III;  in  the  visitacouns  fro  the  sight 
cod.  Wrightii  et  .  .  73  mecum  om.  III  72  virgam  II.  Jean,  yerde  c.  Wrightii:  virtute  I  73  gel. 
5:  congel.  3,  conjalarent  Jean,  congelid  togedyr  into  yse  cod.  Wrightii:  celaverunt  I  74  mi  om.  S 
mysteria  om.  5.  III  75  sacramentaque  fut.  P:  futura  sacramenta  II.  III,  futura  I  que  S:  qui  T.  M. 
76  erunt  2.  5.  18:  erant  I.  4.  15 


231 

acutus  2)  et  sanctificabunt  eum  in  domo  habitationis  maiestatis  illius.  et  ostendet 
illis  locum  mirabilem  maiestatis  suae.  et  tune  aedificabunt  domum  domino  deo  suo  29b 
in  terra,  qua  pavit  illos  (quam  praeparabit  eis  3) ,  et  ibi  praeteribunt  praecepta  eius 
et  accendetur  sanctuarium  eorum  et  terra  eorum  deseretur  et  ipsi  dispergentur 
propter  quod  exacerbaverunt  deum.  et  iterum  (die  tertio  17,  septimo  9)  saluos  faciet 
illos  a  dispersione  illorum,  et  iterum  aedificabunt  domum  dei  et  exaltabitur  novissime 
domus  dei  maior  quam  prius.  et  iterum  superabit  iniquitas  aequitatem.  et  post  29c 
haec  habitabit  deus  cum  hominibus  in  terris  videndus.  et  tunc  incipiet  aequitas  fulgere. 
et  domus  dei  in  saeculum  honorabitur  et  non  poterunt  adversa  amplius  nocere  ho- 
minibus, qui  sunt  in  deo  credentes.  et  suscitabit  sibi  deus  plebem  fidelem,  quam  sal- 
vabit  in  secula  seculorum.  et  impii  punientur  a  deo  rege  suo  qui  noluerint  amare 
legem  illius.  celum  et  terra  noctes  et  dies  et  omnes  creaturae  obedient  ei  et  non 
praeteribunt  mandatum  eius  nee  mutabunt  opera  suä.  homines  autem  mutabuntur 
derelinquentes  legem  domini.  propter  hoc  repellet  dominus  a  se  impios  et  iusti  29d 
fulgebunt  sicut  sol  in  conspectu  dei.  et  in  tempore  illo  purificabuntur  homines  per 
aquam  a  peccatis.  condempnati  autem  erunt  nolentes  purificari  per  aquam.  et  felix 
erit  homo,  qui  correxerit  animam  suam ,  quando  erunt  iudicia  et  magnalia  dei  inter 
homines  et  inquirentur  facta  eorum  a  deo  iusto  iudice. 

Postquam  factus  est  Adam  annos  DCCCCXXX,   sciens  quoniam  dies  30 
eius  finiuntur  dixit:   congregentur  ad  me  omnes  filii  mei,  ut  benedicam 
eos,  antequam  moriar,    et    loquar    cum    eis.     et    congregati    sunt  in  tres 

so  partes  ante  conspectum  eius  coram  oratorio ,  ubi  adorabant  dominum 
deum.  et  interrogaverunt  eum :  quid  tibi  est,  pater,  ut  congregares  nos  ? 
et  quare  iaces  in  lecto  tuo?  et  respondens  Adam  dixit:  filii  mei,  male 
mihi  est  doloribus.  et  dixerunt  ad  eum  omnes  filii  eius :  quid  est  pater 
male  habere  doloribus?        Tunc    filius    eius    Seth    dixit:    domine,    forte  31 

85  desiderasti  de  fruetu  paradisi,  ex  quo  edebas,  et  ideo  iaces  contristatus? 
Die    mihi  et  vadam    ad  proximas    ianuas    paradisi    et    mittam    pulverem 


77  annorum  II.  III  sciens  quoniam  17  :  quod  nesciens  quoniam  I,  sciens  quod  III  (II)  78 
dixit  ad  Evam  II.  III  Ap.  §  5  iXS-sxiuaav  nqog  fie  oi  vioi  fxov  ndvx&g  öntug  oipopai  ai'rovg  nqlv 
rj  ttitoS-apoifiai.  79  Ap.  §  5  (codex  A)  xai  av^x^aay  ndvxeg-  %v  ydg  oixia&eloa  tj  ytj  eis  xpia 
fxe'fjt]-  xai  tf\&ov  7idtnreg  iitl  xtjv  Q-vgav  xov  oXxov  (e^ngoaS-su  avtov  codex  C>  £»  <w  eis^QXfX0  f^a_ 
o&ai  rw  &hZ.  Vgl.  oben  S.  201  80  ante  conspectum  patris  eorum  ante  Oratorium  II.  III;  byforn 
there  Adam  began  to  preye  Cant .  adorabat  3.  9.  17.  4.  81  deum.  erat  antem  numerus  XV  milia 
virorum  exceptis  mulieribus  et  parvulis  III  (Inc.)  et  int.  eum :  et  cum  congregati  essent  omnes  una 
voce  dixerunt  II.  III  82  mei  add.  II.  III  83  et  84  in  doloribus  II.  III  Ap.  §  5  ttxria  [xov, 
novog  nolvg  av^e/tt  pc  xai  le'yovaiy  zi  touv  novog  xai  vooog;  ne  forte  5.  III  Ap.  §  6  2rj& 
Xe'yti  atrw-  fii,  e  fivTjO&rjg ,  ndrsg,  tov  nagadtiaov  4$  <ov  rja&ieg  xai  d'kvTi^&rig  fnt&vpyoai  avxüv  ; 
86    Ap.  §  6  eär  ovxcjg  iaxiv  (indica  ergo  pater  mihi  si  ita  est  17),  dvdyytiköv  pof    iyw  tzoqsvoo- 


232 

in  caput  meum  et  proiciam  me  in  terram  ante  portas  paradisi  et  plan- 
gam  in  lamentatione  magna  deprecans  dominum,  forsitan  audiet  me  et 
mittet    angelum   suum    ut   adferat   mihi    de  fructu  quod  desiderasti.    re- 

90  spondit  Adam  et  dixit:    non,  fili  mi,  non  desidero,    sed  infirmitatem  et 
dolorem  magnum  habeo  in  corpore   meo.  respondit  Seth:  quid  est  dolor, 
domine  pater,  nescio;    sed   noli  nobis  abscondere,  sed    die    nobis.       Et  32 
respondit  Adam  et  dixit:    audite   me,    filii  mei.     quando  fecit  nos  deus, 
me    et    matrem    vestram ,    et    posuit    nos    in    paradisum    et   dedit   nobis 

95  omnem  arborem  fruetiferam  ad  edendum  et  interdixit  nobis:  de  arbore 
scientiae  boni  et  mali,  quae  est  in  medio  paradisi,  ne  comedatis  ex  ea, 
deus  autem  partem  dedit  paradisi  mihi  et  matri  vestrae:  arborem  orien- 
talis  partis  et  boreae  quae  est  contra  aquilonem  dedit  mihi ,  et  matri 
vestrae  dedit  partem  austri  et  partem  occidentalem.  Dedit  nobis  do- 33 
100  minus  deus  angelos  duos  ad  custodiendos  nos.  venit  hora  ut  ascen- 
derunt  angeli  in  conspectu  dei  adorare.  statim  invenit  locum  adversarius 
diabolus  dum  absentes  essent  angeli.  et  seduxit  diabolus  matrem  vestram, 
ut  manducaret  de  arbore  inlicita  et  contradieta.  et  mandueavit  et  dedit 
mihi.        Et  statim  iratus  est  nobis  dominus  deus  et  dixit  ad  me  domi-  34 


jUßt  xal  ipiyxio  coi  xagnop  ix  xov  nagaöfioov'  imSijau)  ydg  xongop  inl  xrjp  xscpaX^p  [xov  xai 
xXavoo/uai  xal  ngoaev^o/xat,  xal  elaaxovctxai  fiov  xvgtog  xal  djtoaxE'kei  xop  d'yyfXop  avxov  xal  ipiyxio 
aot,  Iva  anonavar}  o  novo?  und  aov.  (ut  manduces  et  obliviscaris  17)  ianua  S  88  exaudiet  III.  (II) 
89  ut  III.  9.  T  marg.:  et  I  (II)  quo,  quem  III  90  respondit  .  .  91  meo  om,  5  III  Ap.  §  6 
Xiyei  avxio  6  'Aöüfj,'  ov%i,  vli  fxov  Z>]3,  äXXct  pooop  xal  növov  i'x^'  Xiyei  avxio  2r[-9-'  xal  ncSg  ooi 
iyipopxo;  92  die  nobis,  quia  penitus  ignoramus  III  93  Ap.  §  7  dntv  ök  avxaj  6  'ASap'  oxe 
inoitjafp  rjftug  o  S-sdg,  i/u8  xal  xrjp  f^rjxiga  v[iü>v  .  .  eötuxev  tjfxip  näv  <pvxdp  ip  xiö  nagaöeiatp'  nsgl 
öe  ipog  ipfxeCKaxo  tjfiip  (J.t)  iaS-ieip  e£  avrov,  <?<'  ov  xal  änod-p^axofxtv.  94  deus  me  II.  III:  deus  I 
et  posuit  I:  et  om.  g  in  parad.  om.  M  95  dixit  II.  III  96  Ap.  §  17  o  iaxip  ip  (xeow  xov  naga- 
delaov  coniederemus  II.  III  ex  eo  I.  5,  om.  ceteri.  97  deus  .  .  99  oeeid.  om.  III  Ap.  §  15  ip 
tw  (pvXdoofip  r[(xäg  xov  napaÖEiaop  icpvXäxxofXfp  exaaxog  xo  Xa%dp  avxov  fiigog  and  xov  $eov'  iyoj 
•($£  itpv'kaxxop  ip  tw  xXijow  pov  poxop  xal  Svaip.  98  et  erubie  que  est  17,  et  bone  que  est  5,  boree 
quod  est  3,  om.  I.  9  IOO  Ap.  §  7  ^yyiaap  de  t]  üoa  xaip  üyysXiop  xüp  cpvXaaaopxiop  xt]p  firjxEQa 
vfj,(Sp  xov  äpaßlqpai  xal  ngoaxvvriaai  xop  xvqiop'  §  17  txsqI  tüyap  brav  äprjX&op  ot  uyytXoi  xov 
&eov  xov  7i(J0Gxvvrjoar  cf.  Protevangelium  Jacobi  (ed.  Tischendorf  cap.  XIII):  6  'J6dfx  ip  xrj  uiga 
xrjg  6o£oXoyiag  avrov  i\p  (=  cm^v)  xal  6  o<pig  .  .  xrjp  El'ap  fi6pt]p  i^rjndxrjatp'  ut  venit  hora 
asc.  17  ascenderent  5  1  Ap.  §  7  xal  tvQtp  avxijp  (xopt}p  xal  eSwxep  avxiß  6  i^d-gog  xal  icpayev 
and  xov  gvXov  iypujxwg  bxi  ovx  elfxl  iyyiaxa  avxrjg  ov'xe  ot  äyioi  äyyf^oi '  ensixa  eöwxep  xdfxol  cpayelp. 
4  Ap.  §  8  xai  opyia&rj  q/uip  6  &eög  .  .  ineidrj  iyxaxiXnxEg  xrtp  Sia&qxrjp  /uov,  vnrjpfyxa  xw  aw/naxc 
aov  sßdofirjxopza  nXriydg'  ngiortjg  nopog  TxXrjy^g  6  ßiaafzog  xwp  ocpS-aXficöv ,  Sevxigag  TiXriyrjg  x7tg 
äxorjg  6  nopog,  xal  ovrwg  xa&egtjg  näaat  al  7x7.t]yal  rtagaxolovd-^o'ovaip  aoi. 


233 

5  nus :  eo  quod  dereliquisti  mandatum  meum  et  verbum  meum  quod  con- 
fortavi  tibi  non  custodisti,  ecce  inducam  in  corpus  tuum  LXX  piagas; 
diversis  doloribus  ab  initio  capitis  et  oculorum  et  aurium  usque  ad 
ungulas  pedum  et  per  singula  membra  torquebimini.  haec  deputavit  in 
flagellationem  f  dolori  uno  cum  arboribus.   haec  autem  omnia  misit  do- 

10  minus  ad  me  et  omnes  generationes  nostras.         Haec    dicens   Adam    ad  35 
omnes  filios  suos  comprehensus  est  magnis  doloribus  et  clamans  magnis 
vocibus  dicebat:    quid    faciam    infelix,    positus    in    talibus  doloribus.    et 
cum   vidisset  eum  Eva  flentem  coepit  et  ipsa  flere  dicens:  domine  deus 
meus,  in   me  transfer  dolorem  eius,  quoniam  ego  peccavi.     et  dixit  Eva 

15  ad  Adam :   domine  mi,   da  mihi  partem  dolorum  tuorum,  quoniam  a  me 
culpa  haec  tibi  accessit.        Et    dixit  Adam  ad   Evam :    exsurge  et  vade  36 
cum  filio  meo  Seth  ad  proximum  paradisi  et  mittite  pulverem  in  capita 
vestra  et  prosternite  vos  in  terram  et  plangite  in  conspectu  dei.    forsi- 
tan    miserebitur    et    transmittet   angelum   suum    ad  arborem  misericordiae 

20  suae ,  de  qua  currit  oleum  vitae,  et  dabit  vobis  ex  ipso  modicum,  ut 
me  unguatis  ex  eo,  ut  quiescam  ab  his  doloribus,  ex  quibus  consumor. 
Et  abierunt  Seth  et  mater  eius  contra  portas  paradisi;   et  dum  ambula-  37 


5  confortavi  S  M:  in  T  ras.  et  in  Karg.  m.  1?  mandavi,  statui  IJ.  III  sexty  and  ten  Story. 
sixty  and  two  Cant.  7  et  aurium  (et  des  orelhes  Jean),  eres  Story:  ab  ore  5.  III  8  torquebimini: 
torquimini  I,  torqueris  9,  torquebunt  te  III  hie  putavit  I  9  sie  I,  dolorum  una  9.  5,  doloribus  una  17, 
dolorum  2  arboribus  I.  2,'  ardoribus  9,  doloribus  5  dolorum  pro  transgressione  fruetus  arboris  3 
haec  .  .  arboribus  om.  4.  15.  18  10  omne  genus  nostrum  IL  III  Ap.  §  9  luvt«,  teycuv  6  'Aödix 
xoTg  vlolg  avxov  dvsaxiva^&v  fxeyd'kwg  xai  elniv '  xi  noiijau) ;  iv  ueydXt]  Ivriß  fi/ui  exkuvoiv  6e 
xai  j  Eva  "keyovaa  Adam  om.  I  12  talibus:  tantis  IL  III  14  ego  IL  III:  om.  I  15  Ap.  §  9 
xvqie  uov  'AöccfX,  dvdaxa .  Sog  txoi  xo  y/biinv  xrjg  voaov  aov,  xai  vTttveyxdu  avxrjy,  on  <$i'  ifik  xovxo 
(toi  ykyovtv ,  6?  i/ui  iv  xa/xdxoig  xvy/dvag  xai  növoig.  ad  om.  T  partem  II.  III:  par  I  a  me 
culpa  I:  a  mea  culpa  5.  2.  4.  18,  mea  culpa  9  16  accesserunt  3.  9 ,  aeeiderunt  5.  III  Ap.  §  9 
flnfy  <5f  AddfJ.  xfi  Eva'  itvdoxu  Kai  noQEvov  fiexd  xov  vlov  rjy.wv  2r}&  iikrfiiov  xov  naoaöttaov  xai 
ini&iie  %oiv  ini  rag  xftpaXag  vfiotv  xai  xXavaaxt  d'fo'fxevoi  xov  &tov ,  Z-rnog  o-TiXay/fiaxtrj  in  ifioi 
xai  änoaxfiXrj  xov  äyyt'hov  avxov  xai  dwatj  [xoi  ix  xov  divSpov,  Ev  ta  qiti  xo  iXatov  s"g~  avxov,  xai 
svEyxfig  fxof  xai  d'ktiipouai  xai  ävtcriavoouai  ix  xov  tiopov  fiov.  cf.  Ecang.  Nicodemi  XIX  (Descen- 
SUS  III)  tag  av  oötjyrjo'T]  fte  <5t'  dyyiXov  nt)6g  tri  öivöyov  xrjg  iXerjUoavfrjg  xai  indoto  i'Xaiov  xai  dXeiiptu 
xov  ipov  naxEQa  xai  dvttaijj  and  xrjg  dn&tviiag.  17  prope  9,  proximi  5,  ad  proximas  3,  ad  III: 
portas  paradysi  IL  III  19  iubet  (mittet  Mj  transmittere  ang.  s.  de  arbore  I  Inc.  hat  stets  arbor 
oder  oleum  mirrae  22  Die  Scene  scheint  erfunden  zur  Erklärung  ron  Genesis  3,  15  'des  Weibes 
Same  wird  dir  (Schlange)  zermalmen  den  Kopf  und  du  wirst  ihn  stechen  in  die  Ferse.'  Auch  im 
christl.  Adamsbuche  des  Morgenl.  p.23  Dillmann,  füllt  die  Schlange  Adam  u.  Eva  ein  .zweites  Mal 
an.  A}>.  #  10  inoQEv&r,  de  2'^  xai  rj  Eva  tig  xd  /ueqtj  xov  nagadeitrov ,  xai  7iOQEvo(j.ivwv  avxtav 
Ahb.  d.  I  Cl.  d.  k.  Ak.  d.  Wiss.  XIV.  Bd.  III.  Abth.  32 


234 

rent,  ecce  subito   venit    serpens    bestia  et  impetutn  faciens  morsit  Seth. 
et  cum  vidisset  Eva  flevit  dicens:    heu  mihi  miserae,  quoniam  maledicta 

25  sum,  quoniam  non  custodivi  praecepta  domini.  et  dixit  Eva  ad  serpen- 
tem  voce  magna:   bestia  maledicta,  quomodo  non  timuisti  mittere  te  ad 
imaginem  dei,  sed  ausus  es  pugnare  cum  ea?  aut  quomodo  praevaluerunt 
dentes  tui?       Respondit  bestia  voce  humana:    o  Eva,    numquid  non  ad  38 
vos  est  malitia  nostra?    nonne   contra   vos  est  furor  noster  ?    die  mihi, 

30  Eva,  quomodo  apertum  est   os    tuum,    ut   manducares   de   fruetu,    quem 
praeeepit  tibi    dominus    deus  ut  non  manducares:    nunc    autem    non    potes 
portare,  si  tibi  ineepero  exprobrare?  Tunc  dixit  Seth  ad  bestiam :   increpet  39 
te  dominus  deus.    stupe,  obmutesce:  claude  os  tuum,  maledicte  inimice 
veritatis    confusio    perditionis ;    recede    de    imagine    dei    usque    in    diem, 

35  quando  dominus  deus  iusserit  in  comprobationem  te  adduci.  et  dixit 
bestia  ad  Seth :  ecce  recedo,  sicut  dixisti,  a  facie  imaginis  dei.  statim 
recessit  plaga  de  dentibus  a  Seth.        Seth    autem    et    mater  eius  ambu-  40 


eiSev  r\  Eilet  xov  vtdv  avxrjg  xui  3-rßiov  noXefioivxa  avxov'  exXavaev  de  77  Eva  Xeyovaa'  o.'uot,  ol\uoi, 
6x1  idv  £X9-w  eig  t^v  rtfxk()av  xrjg  dvaaxdaewg ,  ndvxeg  01  e'cftttQTqoavreg  xaxaqdaovxui  ixe  ,  Xeyovteg 
dxi  oix  ecpvXagev  tj  Eva  xijv  evxoXrjv  xov  &eov.  eßdyaev  6e  »J  Eva  ngdg  xo  S-rjQiov  Xeyovaa.  in  partes 
17  23  morsit  S  T  m  1:  momordit  M.  II.  III  24  vidisset  Eva  flevit  dicens  II.  III:  audisset  Aeva 
saevit  heu  I  maledicti  sunt  qui  .  .  custodiunt  3.  5.  III ;  J  am  corsed  and  all  that  breken  godis  heste 
('mit.  25  dei  S  26  Ap.  §  10  10  av  S-ijgiov  TXovtjQov,  oi>  (poßrj  av  xijv  eixdvav  xov  &eov  7ioXefj,rjaai 
avxrjv;  nüjg  ijvoiyt]  xo  axofia  apv;  nwg  evia/vaav  01  oädvxeg  aov;  {riwg  ovx.  t ■fxvtjaS^g  xijg  inoxayr^g 
aov,  b'xi  ngoxegov  inexayr^g  rp  eixdvi  xov  d-eov ;)  te:  dentes  III  ad:  in  III  27  ea  5.  9:  eo  I. 
aut .  .  tui  add.  II.  2  (Ap.):  om.  I  et  (praeter  2)  III  28  Ap.  §  11  xdie  xd  3-rtgiov  eßdtjoe  Xeyov  w 
Eva,  ov  ngdg  qfJ.ccg  17  nXeove'g'ia  aov  ovxe  d  xXav&ftdg,  äXkct  ngdg  ae'  (eneiSrj  r\  dg%ij  x<^v  &*lQi*>jv  ex 
aov  eyevexo.)  nwg  i\voLyr\  xd  axdfta  aov  tpayeiv  and  xov  gvXov  Ttegi  ov  evexeiXaxd  cot,  6  &edg  firj 
(payelv  e£  avxov;  (Sid  xovxo  ai  cp vaeig  t]fx,öiv  tuexrjXXdyr]aav.)  vvv  oiv  ov  dvvaaai  vneveyxelv ,  idv 
dndg^ouai  eXey/eiv  ae ;  ad  nos  9.  5  29  dolor  furoris  nostri  II.  III  30  de  .  .  manducares  3.  9.  17. 
Apolc.  Gant.:  om.  I.  5.  III  de  fruetu  9:  fruetum  3.  17  quem  3.  9:  de  quo  17  31  nunc  .  .  expr. 
om.  III  potes  3.  5.  17:  potest  1.9  32  si  .  .  expr.  II:  om.  I.  (III)  sed  ibi  5  cepero  9,  ineipiam 
3,  om.  5  exprobare  9,  conprobare  in  cetero  5,  conprobare  3,  prevalere  17.  —  Im  Card,  sagt  die 
Schlange,  seitdem  Eva  vom  Apfel  gegessen,  habe  sie  selbst  die  Kraft  den  Menschen  zu  schaden. 
Seth  tunc  I  Ap.  §  12  Xeyei  6k  d  2ij&  ?xgdg  xd  3-rjgioV  xXeiaai  aov  xd  aid/xa  xai  aiya ,  xai  drto- 
att]S-t,  und  xijg  eixdvog  xov  S-eov  e'tug  j/xegag  xtjg  xgiaeojg  34  perdicionis  I,  perdite  II.  III  de  I: 
ab  II.  III  35  dominus  S.  M:  om.  I  probationem  II.  III  perducere  17.  4  (III),  producere  3.5.9 
Ap.  §  12  xoxe  Xeyei  xd  S-rjgiov  xai  2rj&'  iöoii,  äcpiaxajxcu  und  xrjg  eixdvog'  (xdxe  ecpvyev  xd  S-ygiov 
xai  ä(prixev  avxdv  nenXtjyfxevov  add.  cod.  A)  xai,  iixoQe{&r}  eig  xi\v  axrjvijv  avxov.  37  recessit  a 
Seth  palpatum  dentibus  5,  rec.  paulatim  raordens  9,  recessit  3.  III.  discessit  bestia  sed  plagam  eden- 
tibus  17,  recessit  a  Seth  plagato  dentibus?  Ap.  §  13  inogevthr,  61  2"»j5-  fittd  xrjg  urjpdg  avxov 
Ei'ag  Tt'ktjaiov  xov  "lagaäeiaov'    xai  exkavaav  exeT   Sedpevoi    xov    &eov    dmug    ä:ioateikr\    idv    dyye'kov 


235 

laverunt    in    partes    paradisi    propter  oleum  misericordiae ,    ut    ungerent 
Adam  infirmum.    et    pervenientes  ad  portas  paradisi    tulerunt    pulverem 

40  de  terra  et  posuerunt  super  caput  suum.  et  prostraverunt  se  in  terram 
super  faciem  suam  et  coeperunt  plangere  cum  gemitu  magno  depre- 
cantes  dominum  deum ,  ut  misereretur  Adae  in  doloribus  suis  et  mit- 
teret  angelum  suum  dare  eis  oleum  de  arbore  misericordiae  suae. 

Apocal.  §  13    Kai  anmiuUv  o  &s6g  Mixai)l  %ov  ayxayytlov  xai  el- 

ibnsr  avrolg-  2rj& ,  ävS-Qwm  rov  &eov,  ftrj  xapr\g  sv/y6jLitrog  tnl  rfj  Ixeaia 
jaiWfi  Tisyi  tov  Svlov,  Iv  w  §hi  ro  Uaiov,  altlyai  rov  narJya  aov  Map  • 
ov  yäo  ysvriosxai  oot  vvv. 

[Orantibus  autein  eis  horas  multas  et  deprecantibus  ecce  angelus  Michahel  ap-  41 
parens  eis  dixit:  ego  missus  sum  ad  vos  a  domino,  ego  sum  constitutus  a  domino 
50  super  corpus  humanuni,  tibi  dico,  Seth  homo  dei,  noli  lacrimare  orando  et  depre- 
cando  propter  oleum  ligni  misericordiae,  ut  perunguas  patrem  tuum  Adam  pro  do- 
loribus corporis  suL  Dico  enim  tibi,  quia  nullo  modo  poteris  ex  eo  accipere,  nisi  42 
in  novissimis  diebus,  quando  completi  fuerint  quinque  milia  et  quingenti  anni.  tunc 
veniet  super  terram  amantissimus  [rex]  Christus   filius   dei   resuscitare   corpus  Adae 


avrov  xai  dwaei  avrolg  ro  e'laiov  rov  dXiov.  38  paradisi.  .  39  paradisi  om.  III  propter  etc.:  cf. 
Evang.  Nicodemi  XIX  (Descensus  cap.  III):  oleum  de  arbore  misericordiae  ut  perungueres  corpus 
meum  ,  cum  essem  infirmus.  40  capita  sua  II.  III  42  miseretur  S.  M  Evang.  Nie.  XIX :  et 
transmitteret  tibi  angelum  suunij  ut  daret  tibi  oleum  de  arbore  misericordiae  43  eis  II.  2:  ei  I  (III) 
44  der  griechische  'leset  des  Evang.  Nie.  lautet:  fterd  rijv  sv/rjv  dX&iav  dyyeXos  xvqiov  Xeyei  fxoi- 
ti,  Srjd-.  aireig;  iXaiov  aireis  ro  rovg  da&evsig  dviartüv  r\  ro  SevSqov  ro  qeov  ro  roiovrov  elaiov  &id 
rrjv  rov  aov  7iaro6g  dadeveiav;  xovro  ovx  eartv  evgeSrjvai  wvi.  Dieser  Text  muss  stark  entstellt 
sein.  Denn  das,  vcas  die  Apokalypse  und  der  lateinische  Text  des  Evangeliums  Nie.  gemeinsam 
haben  ([*rj  xdfir^g .  .  aov  *A6u(i)  muss  auch  in  dem  Zwischenglied,  d.  h.  demjenigen  griechischen  Text 
des  Evangeliums  Nie,  welchen  der  Uebersetzer  benützte,  gestanden  sein.  47  Die  Prophezeiung, 
welche  in  zwei  Handschriften  (A  B)  der  Apokalypse  zugesetzt  ist ,  ist  schon  oben  S.  204  gedruckt. 
48  Das  in  [  ]  gesetzte  Stück  ist  aus  dem  lateinischen  Text  des  Evangeliums  Nicodemi 
XIX  (Descensus  III)  eingeschoben;  siehe  oben  p.  204  cum  essem  orans  dominum  ad  portas  paradisi, 
ecce  angelus  domini  Michael  apparuit  mihi  dicens  Nie.  angelus  domini  5.  4  apparens  .  .  dixit  I. 
17:  apparuit  .  .  dicens  3.  (9)  III  49  ad  vos  3.  III:  ad  te  Nie.  a  domino  ante  super  om.  Nie. 
et  alii  50  dico  enim  Nie.  homo  dei  om.  Nie.  lacrimare :  laborare  (xd^rjg)  lacrimis  Nie.  51  Adam 
om.  M  dolore  Nie.  52  corporis  sui  Nie.  3.  5.  4.  2:  suis  I.  9  Nicod.  dm&i  ovv  xai  eine  rä 
narqi  aov,  bri  fierd  ro  ovvreteaSrjvai  duo  xriaewg  xoafxov  trrj  nevraxia/iXia  nevraxoaia ,  rore  xa- 
reÄdy  iv  rrj  yfj  6  jnovoyev^g  viog  rov  &eov  ivavd-QOJTi^aag  xdxeivog  dteiipet  avrov  riS  roiovra»  iXaia) 
xai  dvaarijaerai  xai  iv  v6an  xai  nvevfiaxi  dyiio  nXvvel  xai  avrov  xai  rovg  e§  avrov  xai  rore  dito 
ndaris  vdaov  iav&rjoerca'  vvv  de  rovro  yeveaS-ai  dövvarov.  dico  enim  tibi  om.  Nie.  ex  eo  9.  17. 
Nie.:  hoc  III,  es».  I  (II)  53  diebus  et  temporibus  Nie.  quinque:  sex  I  quingenti  Nie.  5.  17: 
quinquaginta  I,  ducenti  3.  5,  ducenti  minus  unus  9,  ducenti  uno  minus  4.  15.  18  (Inc.),  5200  I  seul- 
mons  Jean,  5228  Story,   5500  Gant.       54  rex  I,  om.  ceteri       dei  f.  Chr.  Nie.      resuscitare  5.    III. 

32* 


236 

55  et  cum  eo  resuscitare  corpora  mortuorum.  et  ipse  filius  dei  venieiis  baptizabitur  in 
flumine  Jordanis  et,  dum  egressus  fuerit  de  aqua  Jordanis,  tunc  de  oleo  misericordiae 
suae  perunguet  omnes  credentes  in  se.  et  erit  oleum  misericordiae  in  generationem 
et  generationem  eis,  qui  renascendi  sunt  ex  aqua  et  spiritu  sancto  in  vitam  aeternam. 
tunc  descendens  in  terris    amantissimus    filius   dei  Christus   introducet   patrem   tuum 

60  Adam  in  paradisum  ad  arborem  misericordiae.] 

Tu  autem,  Seth,  vade  ad  patrem  tuum   Adam,  quoniam  completum  43 
est  tempus  vitae  illius.    adhuc  sex  dies,  tunc  exibit  anima  eius  de  cor- 
pore et,   cum  exierit,  videbis  magna  mirabilia  in   caelo  et  in   terra  et  in 
luminaribus  caeli.     Haec    dicens  Michahel    statim  recessit  a  Seth.    et  re- 

65  versi  sunt  Eva  et  Seth.    ac   tulerunt  secum  odoramenta  hoc  est  nardum 
et  crocum  et  caiaminthen  et  cinamomum.        Et  cum  pervenisseut  Seth  et  44 
mater  eius  ad  Adam  dixerunt  ei,    quia    bestia    serpens    morsit  Seth.    et 
dixit  Adam  ad  Evam :    quid    fecisti  ?    induxisti    nobis    plagam    magnam, 
delictum    et  peccatum    in    omnem   generationem  nostram.     et    hoc    quod 

70  fecisti  post  mortem  meam  f  refert  filios  tuos,  quoniam  qui  exsurgent  a 


Codices  qui  dam  Nie:  ad  resuscitandum  I.  Codices  alii  Nie,  et  faciet  resurgere  9,  ipse  facit  resurgere 
cod.  lat.  monac.  19105  Evangelii  Nie.  &  X  55  cum  eo  res.  I.  Codices  qmdam  Nie:  conresuscitare 
Nie.  cod.  man.  et  alii,  cum  eo  3.  9.  filius  dei  om.  Nie.  56  in  Jordane  bapt.  codd.  cdiqui  Nie,  in 
Jordanis  aqua  alii  (Mon.)  et  dum  .  .  de  habent  Nie  II.  2.  4:  om.  I.  ( W>.  18.)  dum  5.  2.  4.  Nie. 
aliqui  (Mon.):  cum  3.  0.  17.  Nie  alii  57  perunget  II.  III:  unguet  JStc.,  unguere  I  omnes  creden- 
tes in  se  Nie  9.  17.:  omn.  in  se  er.  3.  5.  III,  gentes  (om.  cett.)  I  oleum  illud  Nie.  alii.  genera- 
tionem et  generationem  II.  III :  generationem  Nie,  generationes  et  generationes  I  58  eis :  his  II. 
III,  eorum  Nie.  aliqui,  om.  I.  Nie.  alii  renascendi  II.  III:  nascendi  Nie,  renati  I  59  descendens 
5.  9.  2.  4  Nie:  descendit  I,  descendet  17,  ascendet  3,  om.  ceteri  in  terris  17.  Nie  Man.:  in  terram 
ö.  9.  4,  in  terras  Nie.  alii,  om.  I  ceteri  dei  filius  5.  17.  Nie  et  introd.  I.  3.  17  tuum :  suum 
Nie  Mon.,  nostrum  ceteri  Nie  61  Ap.  §  13  ai>  dt  nakiv  noQtvov  riyog  zov  nazioa  aov, 
Eneidrj  tTi^.t]Qü)&rj  to  {AETyov  zTjg  £iorjs  avzov  ,  el'o~u)  zoiwv  yfitowv  i£tQXO[Xi'vt]g  dV  Trjg  ipv%rjg 
avzov    fieXltig    xhtdaaaO-ai     ztjv    uvoüov     avzrjg    <poßtQai>.  62    illius    I:    eius    3.    ö.    17,    suae   9. 

III  et  exiet  II.  III  videbitis  3.  9.  2  64  Ap.  §  14  tinwv  6i  zavza  6  uyytXog  imrjXd-tv 
ätftiBV,  —  Ap.  §  29  tvwdiag  aoiouata  ix  zov  TtaQa&siaov  .  .  xqoxov  xai  vÜq6ov  xai  xd'kafxov 
xai  xipüfxtufxov  recessit  a  Seth.  et  II.  III:  recessit  sed  I  65  ac  tulerunt:  ad  tulerunt 
I.  3.  17,  et  tulerunt  9.  III  secum  ramusculum  et  odor.  III  odoramentum  I  odoramenta  quae 
eis  sunt  data  ab  angelo  3  66  calamine  I,  calamite  9,  calamitas  15,  calamum  18  crionum  I  cy- 
namomum  ramumque  arboris  paradisi  3,  nardum,  salfran  et  canelle  Jean :  III  hat  eine»  Zusatz:  der 
Engel  gibt  Seth  einen  Zweig  mit  drei  Blättern  vom  Baum  der  Erkenntniss;  beim  Uebergang  über 
den  Jordan  fällt  der  Zweig  in  das  Wasser.  67  dixerunt  ei  omnia,  quae  gesta  fuerant  in  via,  et 
dixit  III  ei  om.  I  bestia  II.  III:  et  iste  I  Ap.  §  14  leyit  dt  6  Iddu  zft  Eva'  zi  xazticjydaw 
£v  rtfxlv  xai  in^yeyxag  £95'  rj/Liäg  ö^yr^v  [xeyd'kijt/,  ijzig  ioziv  9-dvazog  xazaxvgievuiv  navzog  zov  yet-ovg 
fifiüiv;  xai  Xeyti  TiQog  avzjjv  xuktaov  rzdvza  zu  xixva  y'jjumr  xai  zd  xixva  rwc  zixviov  y/LMtiv,  xai 
dvdyyu'kov  avzoig  zov  zqotiov  zrjg  Tzapaßdotiog  yfiäv.       68  ecce  quid  II.  III      70  refer  filiis  tuis  9, 


237 

nobis  laborantes  non  sufficient  sed  deficient  et  maledicent  nos  dicentes: 
quoniam  omnia  mala  intulerunt  nobis  parentes  nostri,  qui  ab  initio 
fuerunt.   haec  audiens  Eva  coepit  lacrimare  et  ingemescere. 

Apokalypse  §  15    Tore  keyei  r)   Eva  nyog  avxovg-  dxovöaxe,  ndvxa  xa  15 

r.txva   uov  xal  xa  xsxva  xwv  xsxvojv  tuov,  xdyo)  dvayyelm  v/alv,   nujg  rpid- 

nptv  i)tuäg  b  tx&ydg  ityidxv.    tyevero  iv  xqj  ipvldaaeiv    tj/Ltag   xbv    naodöu- 

aov,   sfpv'Aaxxouev  ixaöxog  xo  laybv  avxov  ueQog  dnb  xov  &tov-   iyu)  $£  kpv- 

kaxxov  sv  xo)  xh'iym  /uov  vbxov  xal  dvoiv.  snoyevdxj  äe  6  didßolog  dg  xbv 

/JSßov  xov  'Ada/Li,  onov  i)v  xa  dyorjvixd   &i^ia ,    instar}  xa  {rr^ia  eutyioev 

6  &fög  r)ulv  xal  xa  juev  d^oevixd  ndvxa  dediuxev    xoj   naxyl  vuojv  xal  xa 

ft)]hxd  ndvxa  didwxtv  kfiol,    xal    rxaoxog    tj/liwv    xb  eavxov    txrjyei.        Kai  16 

slalrjoev  xai  bcpei  b  diaßolog  leywv    dvdoxa ,  sl&e  ixQog  /Lie.     xal    dvaoxdg 

rjlS-sv  nybg  avxbv  b  bcpig.    xal  liyei  avxip  b  didßolog-   dxovio  oxi  cp(Jovijiioj- 

reyog  sl   vne\>  navxiov  xiuv  ftr^'uav    xal    did  xovxo  rjX&ov    xaxavofjoai    os- 

EVQOV  dt   at   yieiQova   navxiov  xwv  frrjyiwv  xal  o/liiIoj  aor  o/uujg  nfjooxvvelg 

xbv  iJLayiaxöx6()ov '    (ha   xi   io&isis    ex    xojv    'Qi'Qaviojv    xov  'Adafi    xal    ovyl 

i-x  T.ov  xaynov  xov  nayadeiaov ;    dvaoxa    xal   noirjoof.iev   avxbv    exßfa]&fjvai 

ix  xov  nayadeioov,   ibg  xal  fjuelg  i§eßX  irrjjLitv  c5V   avxov.  leyti   avxqj  b  bipig' 

(poßoufiai,    jLxrjTiots   öyyiofrjj  tuoi  xvyiog.    Ityti  avxip  b  didßolog-    pft  ipoßov- 

ytvov   uoi   oxsvog  xdyib  XakrjOü)   fiid  oxo.uaxbg  oov  Qrjjuaxa  n^bg  xb  t§anaxr\- 

aai    avxov.         Kai    exyeuda&ri    sv&eojg    naya    (cod.   D,   did  A.  B,   dnb  C)  17 

nuv  xer/Jiov  xov  nayadeioov  nsyl  djQav  oxav  dvrjl&ov  oi  äyyeloi  xov  Ssov 

tov  nQOCfxvvrjaat.     xoxt    b  aaxaväg  eyevsxo  ev  eidet   dyyekov  xal  vjlivsi  xbv 

&tov  xa&aney  oi  dyyekoi.    xal  na^EXvipa  (na^xvipev  cod.   DJ    tx    xov    xsl- 

yovg    xal    tldov    avxbv  ojlwiov  dyyskov.     xal  Isysi   uoi'    au  ei   r\  Eva;    xal 

iri.iov  avxiö'   iyuj  s\fU,   xal  Isyet    uoi'   xi  Jioielg  ev  xqj  na^adtiöip.  xal  einov 

avxip '   b  Ssbg  e&Bxo  rjjuäg  looxe  ipvlaaoeiv  xal  eod-iew  ef  avxov.    dnexQi&ri 

uoi   b  diaßokog  did  oxouaxog  xov  bipeujg'    xalmg    noislxe ,    dkl'   ovx  to&iexe 


referes  iiliis  tuis  17,  refert  filius  nieus  tuus  ö,  referunt  filii  nostri  3,  referent  filii  nostri  filiis  suis  III . 
vgl.  oben  p.  206  qui  S.  II.  III:  inqui  T,  iniqui  M  71  laborantes  5.  9.  17.  2.  15:  laborantibus  I 
sufficiunt  sed  deficiunt  I  72  omnia:  haec  II.  III  fuer.  ab  in  II.  III  73  ingemescere  S:  inge- 
miscere  T.  M  —  III  hat  hier  einen  grossen  Zusatz:  Seth  gesteht  den  Zweig  verloren  zu  haben; 
zurückgeschickt  findet  er  ihn  mitten  im  Flusse  wieder;  Adam  freut  sich  bei  seinem  Anblick  und  be- 
fiehlt den  Söhnen  ihn  einst  'ad  Caput  sepulchri  sui'  zu  pflanzen.  Bas  Stück  der  Apokalypse  (siehe 
oben  p.  206)  fjebe  ich  nach  Tischendorf;  der  Text  ist  besonders  in  der  Mitte  sehr  entstellt ,  gegen 
den  Schlu88  stark  interpolirt. 


238 

dnb  navrbg  (pvrov.  xdyw  ktyw  avrw-  val}  anb  navrwv  iaSloiiitv  nayii; 
ivbg  /ubvov,  o  ianv  hf  pit.aw  rov  nayadtiaov .  ntol  ov  ivtrsikaro  b  irtbg 
rj/Ltlr  ui)  iaS-itiv  t|  avrov.  intl  Savarw  dnoSavtlad-t.  Tort  Jisvei  uoi  6  18 
oopig'  £?/  6  %9tbg  on  Xvnovuai  Tieyl  vuwv,  ort  tog  xtjjvtj  iart'  ov  yd()  &tXw 
v/Liäg  dyvotTv  avrb,  äXXa  dvaara'  8tvoo  ovv  xal  qayt  xal  vorflov  trjv 
tiutjv  rov  §vXov.  iyw  dt  el.jiov  avrw '  (poßovuai  utj  nort  ooyioS-fj  uoi  b 
ftsog,  xadwg  t'mtv  //wir.  xal  Uyti  uoi  (b  (hdßoXog  cod.  B)'  [ifj  ipoßoir 
duu  ydy  (pcWfjS,  dvoiyßiftovrai  aou  oi  baSaXuol  xal  tata&t  ibg  &tol  iv 
rw  yivwaxtiv  ri  dyu&bv  xal  ri  novi^ov  rovro  dt.  yivwaxwv  b  &tbg.  ort 
tataßt  ouoioi  avrov.  i&p&ovrjasy  vulv  xal  tlntv  ov  (paytaSt  i$  avrov.  av 
<)i  nyoatyt  Tip  (pvTW  xal  bif'ti  oosav  utyakijv  Jitol  avrov.  iyw  dt  nooot- 
ayov  reo  (pvrw  xal  sldor  doiav  utyakrjv  ntol  avrov.  tinov  <)t  cct/rc5,  on 
woaiov  ianv  Tolg  b(p&a.Xuolg  xaravorjoai,  xal  i(poßrjd-ijv  Xaßtlv  anb  rov 
xaojiov.  xal  Ätyti  uoi'  oevQo  dxo'/.ovSti  not.  dwaw  aoi.  "Hvoi£a  $i  (tjvoi£ev  19 
cod.  B)  avrw  xal  tlaif/.ütv  law  tlg  rov  naoa&sioov  xal  diwütvatv  tu7iou- 
adtv  uov ,  xal  ntoinarijaag  okiyov  iaroairn]  xal  t.tyti  uoi  •  ut,Ttutkr]&r]v, 
ov  dwaw  aoi  (paytlv.  xävra  dt  tlntv  Sü.wv  tlg  rtkog  (fti.taaai  xal  dnoXiaai 
us.  xal  Xtyti  uoi '  buoaov  uoi  oti  didsig  xal  rw  dvSoi  aov.  iyw  dt  tinov 
avrw'  oti  ov  yivwaxw  noiw  ooxw  bubaw  aoi,  Ttkrpv  o  oida  Ktyw  aor  ua 
tov  &QOVOV  tov  ötanorov  xal  tu  ytoovßlu  xal  rb  gv/.ov  tfjg  ^coiyg,  oti  dwaw 
xal  tw  dv()oi  i.iov  (paytlv.  ort  (J7  tlaßtv  usi'  iuoi  tov  ooxov,  tote  ))l&tv 
xal  tntßi]  tri  avTov  tdtio  oi  i.il  rov  xaojibv.  \)v  tdwxtv  uoi  (pa.ytlv,  tov 
top  tv/c  xaxiag  avrov,  rovr"1  tanv  rfjg  tJiidvuiug  avrov-  imdvuLa  ydo 
ianv  xtepah)  naa^g  auaoriag.  xal  txhva  rbv  x/maJov  inl  ri)v  yfjv  xal 
tlaßov  anb  tov  xaonev  xal  tepayov.  Kai  iv  avrfi  tfj  moa  rjVtw%S-rjaav  20 
ol  bipfralfiol  uov  xal  tyvwv  ort  yvuvt)  ^firjv  i  >]g  (fixaioovvTjg  i)g  ijuijv  iv- 
asovfjierrj,  xal  tx'Aavaa  Atyovaa'  ri  rovro  inoir\odg  uoi,  ori  imrfKloroiw&rjv 
ix  rrjg  do&jg  fiov ,  fjs  rjfirjV  ivihdvutvri;  txlaiov  ()i  xal  ntül  rov  ooxov. 
ixdvog  8i  xurrfk&tv  ix  rov  (pvrov  xal  äqpavzog  iytvtro.  iyw  8i  i'QrjTovv 
iv  t.w  utoti  tuov  cpv'/J.a  oticus  xa'/.vipw  rrjv  alayvin^'  uov  xal  ov/,  svoov 
ano  t,wv  (pvrwv  rov  TTaoajJtioov,  tTitiärj ,  aua  tipayov,  ndvrwv  rwv  (pvrwv 
rov  euov  ut()ovg  xarsoosov  rd  cpvü.a  naoi'i  rov  avxov  iibvov.  laßovaa  dt 
ipvlha  «|  avrov  inoir]aa  i/uavTfj  ntoiQ< ' uara,  xal  iarlv  dri*  avrwv  rwv  (pv- 
rwv i%  uyv  tepayov.  Kai  ißbipa  <pwvi]  utydhi  Ityovaa  •  3Addju  'Addpi  nov  2 1 
ti  ;  avaara   el&i  nobg  fis,  xal   dtizw  aoi   /utya  pi.varr)oiov.    ort    dt    rjXSsv  b 


239 

narrig  vuwv,  slnov  avt(p  l'yovg  naoavofiiag,    o'irtvsg  xarrjyayov    fi/täg    dnb 
tiey'lris  d'^g.    atua  ydy  rfi&sv,   rjvoiga  rb  arotua  pov  xal  6  dtdßoXog  eXdXei 
xal  fjügdprjv  vov&erelv  avrbv  Xsyovaa  •    devgo,  xvqiS  ,uov  Add/tr,  endxovabv 
aov  xal  <pdye  anb  rov  xagnov    rov  devdgov ,    ov  elnev  6  &ebg  rov   tu)  (pa- 
yelv  an'   avrov,  xal  eOfl  wg  S-eog.  xal  dnoxgt&elg  b  narrig  viunv  elnev  tpo- 
ßovpai   iir]  nore  ogyiaftfi  ,110t   b  &e'g.  syd)  ds  slnov  avror   urj  tpoßov-  a/Lta 
ydg  (pdyflg,    tat]    yivujaxoov    xaXbv    xal   novrigov.    xal  rbrs  ra/Jiog  nsiaaaa 
avrbv,   txpaysv,   xal  TJV€(px&T]aay    avrov    ot    bfp&aX/Ltol    xal    tyvw    xal    avrbg 
%r\v  yviivwatv  avrov-  xal  Xeyei  jlioi-     w   yvvat  '  norrjod,    rl  xartjoydou)  sv 
rjtuTv;  dnt]XXoTgiojadg   tu   ex  rfjg  &6gqg  rov  &eov.       Kai  avrfj   tfj  üga  tjxov-  22 
aa/uev  rov  dgxayyeXov    MiyarfA.  aaXnl'Covrog    ev    rß  aaXmyyi  avrov-    xaXwv 
rovg  dyyeXovg  Xeywv    rdde  Xeyei  xvgiog-    klotzte    per'   ijuov   sig   rbv  nagd- 
dttaov  xal  dxovaare  rov   qr^tarog  ev  tp  xglvaj  rbv  Addii.  xal  cbg  tjxovöautv 
rov  dgxayyeXov  aalmQovrog  einatttv   Idov  b  &ebg  dg  rbv  nagddetaov  egye- 
rat  xglvat   r]fiäg.   ttpoßi'jfrrjfti-v  de  xal  exgvßtiuev.     xal    dvrjX&ev    b    &ebg  elg 
rov  nagadetaov  enißeßrjxdtg  enl  dgaarog  Xegovßlju   xal  01  äyyeXoi  vfxvovv- 
reg  avrov.    iv  dt  eiarjXxrev  b  &ebg  sig  rbv  nagddetaov,    s§t]vS-7]oav  rd  tpvrd 
ra  rs  rov  xkijoov  rov  Addu  xal  rov  xlrjoov   rov    sttov    ndvra    xal    sönjoi- 
Qovro,  xal  b  &govog  rov  &sov  svrgt.n^sro,   onov  t)v  rb  ivXov  rfjg  %wfjg.     Kai  23 
sxaXsasv  b  xrsbg  rbv  Addu  Xsywv '  Ad  dpi,  nov  txgvßrig ,    vojuI^ojv    ort    ov% 
svoiaxoj  os;  /lit/  xovßrjosrai   oixog  rot  olxodojurjoavrt  avrov;  rbrs  dnoxgtS-elg 
0  Tranig   üuüjv  etnev '    ov%ly  xvgte,  xgvßope&a   cbg  vofu^ovrtg  ort   ov%  evgi- 
axoue&a    nagd    aov,    dXld    (poßov/Liat ,    ort    yvtuvog    slfit,    xal    aldso&rjv    rb 
xoarog  aov,    d sonor a.   Ksysi  avrw  b  frsog'    rig  aoi   vnsdstisv  ort,  yv/uvbg  sl, 
si  jLtrj  bri    syxarsksinag    rr)v    tvroh]V    juov,    r)v    naosdwxa    aoi   rov    cpvla^ai 
avri]v :  rors  Addft   su,vi]a&r\  rov  koyov  bv  sKa'kr\aa.  avrip,    ors  ij&skov  dna- 
rrjaai  avrbv,    ort  dxivdvvov  as  notrjauj    naod  rov  ß-sov.     argaipelg  dt,  noog 
jiis    ein sv    uot,'     rl   rovro    enolrjaag;    euvrjairrjv    ds    xdydt    rov    (n]uarog   rr}g 
b(psu)g,  xal  sinov  ort,  b  bcpig  f/narrjasv  fie.       Aeyei  b  irsbg  rw  Addpt-  ensidtj  24 
naorjxovaag    rr)v    svrokr\v   /uov    xal  tjxovaag  rfjg  yvvatxog  aov,  sntxaraoarog 
r)  yfj  ev  rotg  soyoig  aov '  r\vixa  ydo  soya^rj  avrrp',  xal  ov  dioast  n)v  layvv 
avrrjg.  dxdv&ag  xal  roißolovg  dvarsksl  aoi,  xal  iv  vdoorifri  rov  nooawnov 
aov  cpayst  rbv  dorov  aov.    eo-rj   dt  sv  xauaroig    nolvryonoig'    xaufi   xal    /ui) 
dvanavov ,    &'ußslg    dnb  ntxQiag ,    xal    /lltj   ysvarj    yXvxvrtjrog ,    frlißslg    dnb 
xavitarog  xal  arevuj&elg  dnb  tp'£eujg%    xal  xontaasig   noXld  xal  jLir)  n'kovxr^ 


240 

öug,    xal   iiti%VV\hftsi    xal    slg  Ttkog   in)  vjra^sig  xal  wv  ixvyitvtg  &ijyiu)v 
inavaovipovral    ooi   sv  dxaraoraoiq.    ort    rrjv    ivroki]v    uov    ovx    scpvkaiag. 

^T^acpsig  di  nyog  jus  6  xv^iog  ktysi  uor  iTtetdij  ini]xovoag  ov  rov  6(ptujg  25 
xal  Jiayrjxovoag  xrjv  svToki]V  uov.  iorj  iv  uaraioig  xal  sv  novoig  dcpo^rjroig- 
ts^ij  ztxva  iv  Tiokkolg  roouoig.  xal  iv  utq  ojyq  %k&flg  xal  dnoktosig  rr\v  Cujrp' 
oov  ix  zfjg  dvayxr\g  oov  tfjg  usyaki]g  xal  tojv  vovvtSv'  iiouokoyrjosi  di 
xal  uTiflg '  xvQit  xvyis,  owoov  jus .  xal  ov  uf)  iniorytifui  sig  tjjv  duayriav 
tfjg  oaQxog'  xal  did  tovto  tlg  tov  koyov  oov  XQivtt  ot.  did  tt)v  syS^av  i)v 
s&sro  o  iy&ybg  sv  ooi.  oryacpipfj  ds  nakiv  nybg  tov  uvdoa  oov  xal  avrbg 
Oov  xv^isvosi.  Msrd  dt  rb  slnslv  uoi  ravra  sitjsv  nn  bipsi  iv  oyyfj  us-  26 
ydkij  ksywv  avrm'  im-tdr)  ijzolrjoag  tovto  xal  iysvov  oxsvog  dydyiorov.  i'ujg 
av  TikavrjOijg  rovg  Traytiuti'ovg  tfj  xa^diq,  inixara^arog  oi>  ix  navt&v  tojv 
xttjvüjv'  OTSQf]^rjosi  tfjg  TQOfpfjg  oov  i)g  ijofrisg  xal  yovv  (payst  rrdoag  Tag 
TJusyag  tfjg  CwTjg  oov  im  to)  orrjfrsi  xal  tfj  xoik'iq  noQSVöst  xal  votsqtj- 
&fjost  xal  ysiQUJV  xal  Tiodcov  oov  ovx  dips&rpsrai  ooi  ojtiov  ovts  JiTSQvi 
ovts  tv  uskog  rwv  anavron'  cov  ov  sdsksaoag  iv  tfj  xaxiq  oov  xal  inoupag 
avToi)g  sxßXfj&fjvat  ix  tov  Tiayadtioov  xal  ftt'puj  iy,Toav  dvd  utoov  tov 
OjitQiiaTog  avrov  •  avrog  oov  trjprjosi  xt(pah)v  xal  ov  avrov  TiTt^var  ewg 
Tfjg  fjjLisyag  Tfjg  xyiosojg.  Kai  ravra  slncav  xtksvsi  Tolg  dyytkoig  avrov  27 
ix  tov  nayadsloov  ixßh^H\vai  i]uäg'  ikavvousvojv  dt  i)ud>v  xal  oduyo- 
utvojv  na^sxaksotv  b  7ran)()  iiiubv  Addu  rovg  dyytlovg  htyiov  iaoart  ut 
tuxoov  oTiojg  TTayaxa'/Joio  tov  &sbv  xal  onkayyvio&fi  xal  kherjorj  ut.  Ott 
sycb  uovog  rj/Liayrov.  avrol  dt  tnavoav  tov  i'kavvsiv  avrin'.  ißoitctv  dt 
l4dätu  asra  x'KavSjiov  ktycov  ovyyj'orpov  uoi,  xvqis,  o  inoitjüa.  rort  ktyti 
v  xv()iog  rolg  dyytkoig  avrov  •  ri  inavoart  ikavvovrtg  rbi'  l4ddu  ix  tov 
TiaQadsioov :  in)  iuov  ioriv  rb  dudorr^ia  r)  xaxtug  i'xyiva;  rors  ol  ayytkoi 
Tftoovrsg  stiI  rr\v  yfjv  noootxvvrjoav  toj  xvyiu)  ktyovrtg-  dixaiog  ti .  xvott. 
xal  svirvTi]Tag  xolvtu.  J£r(jaq~tlg  di  b  xVQiog  Trobg  tov  'Addu  slntv  •  ovx  28 
aip  oa>  ot  dno  tov  vvv  tivai  iv  T(p  .laoadtlov).  xal  djioxQiOslg  b  siddii 
tintv  xvois,  dog  uoi  ix  rov  (pvrov  rfjg  %cofjg  %va  ipayuj  nolv  1)  ixßkrj&ijvai 
Us.  tots  o  xvQiog  ikaki)Otv  lybg  rb)'  3Addu-  ov  kTjlpfl  Vvv  drC  avrov' 
OJQiO&T]  yd(j  Tolg  Xsoovßlu  xal  tfj  (pk&yivfl  (>ou<paLq  tt]  OT^scpoutvi^  ifvkdr- 
Tsiv  avro  did  os,  onojg  ui)  ysvon  dt'  avrov  xal  afhavarog  toj]  slg  tov 
ah~va,  iyjjg  di  rbv  noktixöv  ov  sfrtro  b  iy&ybg  iv  oor  dkV  titoyoutvov 
oov  ix  tov  TiaQadtioov .    idv    (pvkaii^g    iavrbv  dm)  navtbg  xaxov  eng  ßovkb- 


241 

aerog  dno&arelr ,  draüTaaecog  nähr  yerouertjg  dvaOTrjöoj  ae  xal  Tore  Jo- 
&rjoezai  ooi  ix  tov  '§vlov  Ttjg  'Qwfjg  xal  ä&avarog  eorj  elg  rov  alüra.  Tavra  29 
de  elnior  o  xvQiog  ixelevaer  ixßhr\&r\vai  Y\adg  ix  tov  nayadeioov  •  exlavoer 
de  6  Tiarrjü  vuwr  e/unaooder  Tibr  dyyelwr  dnerarri  tov  nayadeloov ,  xal 
leyovaer  ol  ayye'koi  avrip'  xl  &eXeig  nonpwaer  aoi,  lidd/u;  änoxyi&elg  de 
o  TiaTTjQ  v/uojy  einer  Tolg  dyyeloig  •  Idov  ixßakkere  /ue  *  deo/uai  vudr, 
äcpeTe  /Lte  ayai  evuodiag  ex  tov  na^adeioov,  %ra  fieTa  to  i^ek&elr  jue  iveyxvo 
&voiar  tw  &£($,  oncog  eloaxovaeTai  juov  o  &eog.  xal  nQOöel&orTeg  elnor  ol 
ayye'koi  Tip  S-eip'  3Ia?jl  alwrte  ßaaiXev.  xelevaor  do&7\rai  Tat  3Addfx  &v/uid- 
uara  eviodlag  ix  tov  nayadeioov '  xal  ixeXevoer  6  &eog  il&elr  Tor  'Addu 
cira  idßfj  eviodiag  aqiouaTa  ix  tov  nayadeioov  elg  diaT()oiprjr  avTov.  xal 
d(pevT.eg  avror  ol  äyyeloi,  ineavraier  äjucpoteya  yer%  x^oxor  xal  rd()dor  xal 
xakaaor  xal  xirdjiiojuor  xal  loind  oney/uaTa  elg  diaTQOiprjr  avrov,  xal  la- 
ßthr  Tavra  i§ijk&er  ix  tov  nagadeiGov.  xal  iyerojLie&a  enl  Ttjg  yr\g.  Nvr  30 
ovv  Texria  jliov,  idrjXioöa  vuir  Tor  TQonor  ir  ip  rjnaT?]&rjuer '  v/tielg  de 
opvld^aTe  eavTovg  jiirj  iyxaTahnelr  tÖ  dya&or. 

Et  sicut  praedixit  Michahel  archangelus,   post  sex  dies  venit  mors  45 

75  Adae.   cum  cognovisset  Adam,    quia  hora  venit    mortis    suae,    dixit    ad 
omnes  filios  suos:  ecce  sum  annorum  DCCCCXXX,  et  si  mortuus  fuero, 
sepelite   me  contra  f  ortum  dei  magnum  habitationibus.    et  factum  est, 
cum  finisset    omnes    sermones    illius,    tradidit    spiritum.        Obtenebratus  46 
est  sol  et  luna  et  stellae    per    dies  VII.     et    cum    esset  Seth    amplexans 

so  corpus  patris  sui  lugens  desuper  et  Eva  cum  esset  respiciens  in  terram 
intextas  manus  super  caput  eius  habens  et  caput  super  genua  imponens 
et  omnes  filii  eius  fletibus  amarissimis  lacrimassent:  et  ecce  Michahel 
angelus  apparuit  stans  ad  caput  Adae  et  dixit  ad  Seth:  exurge  desuper 
corpus  patris  tui  et  veni  ad  me  et  vide,  quid  de  eo  disponat  dominus 

85  deus.  plasma    eius  est  et  misertus    est    ei         Et    omnes    angeli   canentes  47 


74  venit  (ante  mortis)  om.  S :  habet  M.  T.  II.  III  omnes  habet  S  5.  9.  17.  III :  om.  T.  M.  3 
77  cf.  supra  p.  207  diei  9  2,  magnum  I:  magno  2.  5,  in  agrum  17,  in  agro  3.  9.  4.  15.  18  (contra 
ortum  diei  in  agrum  habitationis  illius?)  habitationibus  I:  habitationis  illius  II.  III  78  finisset: 
cessasset  loqui  II.  III  79  confer  supra  p.  207  80  et . .  81  imponens  om.  III  81  haec  add.  9:  im- 
ponens om.  3.  5,  caput  et  imp.  om.  17,  omnia  om.  I.  III  82  flentes  3.  17.  III,  flentibus  5,  flerent9 
amarissimas  3.  9,  (amarissime  17)  lacrimas  5.  9,  lacrimis  5.  III  84  Apok.  §  34  nvdax«  Z^S-  ix 
roZ  aoifxarog  toi  ncagog  aov  'Aöä/u  xcä  dX&£  i«*s  tfxov  ut  videas  II  (praeter  17)  III  quod  I 
85  plasma  eius  est  I:  pro  plasmate  suo  3.  5.9,  om.  17.  III  et  post  est  om.  I,  add.  m.  2  in  S.  T: 
quia  II.  III  Ap.  §  37  eadXmatv  6  äyytlog  xai  ctvioTtjoccy  navttg  ol  ciyytXoi  (sie.  Cod.  D,  iadk- 
Abh.  d.  I.  Cl.  d  k.  Ak.  d.  Wiss.  Bd.  XIV.  III.  Abth.  33 


242 

tubis  dixerunt:  benedictus  es,  domine,  quia  misertus  es  plasmae  tuae. 
tunc  vidit  Seth  manura  domini  extensam  tenentem  Adam;  et  tradidit 
Michaheli  dicens :  sit  in  custodia  tua  usque  in  diem  dispensationis  in 
suppliciis  ad  annos  novissimos,  quando  convertam    luctum    eius  in  gau- 

90  dium.    tunc    sedebit    in    throno    eius ,    qui    eum    supplantavit.       Et    dixit  48 
iterum  dominus    ad  Michahel  et  Urihel  angelos:    afferte    mihi    tres    sin- 
dones  bissinas  et  expandite  super  Adam,    et    alias  sindones  super  Abel 
filium   eius,    et  sepelite  Adam  et  filium  eius.    et   processerunt  omnes  vir- 
tutes  angelorum  ante  Adam,  et  sanctificata    est    dormitatio    mortuorum. 

95  et  sepelierunt  Adam  et  Abel  Michahel  et  Urihel  angeli  in  partibus  para- 
disi  videntibus  Seth  et  matre  eius  et  alio  nemine.  et  dixerunt  Michahel 
et  Urihel :  sicut  vidistis ,  similiter  sepelite  mortuos  vestros.  Post  sex  49 
dies  vero  quod  mortuus  est  Adam,  cognoscens  P^va  mortem  suam,  con- 
gregavit  omnes  filios  suos  et  filias  suas,  qui  fuerunt  Seth  cum  XXX 
100  fratribus  et  XXX  sororibus,  et  dixit  ad  omnes  Eva:  audite  me,  filii  mei, 
ut  referam  vobis,  quod  ego  et  pater  vester  transgressi  sumus  praecep- 
tum  dei  et  dixit  nobis   Michahel  archangelus :    propter    praevaricationes 


niaav  ol  ayytkoi  Cod.  C)  in1  oiptaiv  xetfievot  xai  eßdij^av  <pa)vi}v  cpoßtgdv  Xeyovtfg'  tiXoyrjfitvi]  tj  66ga 
xvgiov  dito  noirj/xdxuiv  avtov,  ort  ^Xf'rjafv  xo  nXdafia  xcov  /ttguiv  avxov  .  .  .  'Egexeivev  xrjv  xi'Qa 
avxov  o  7ictTTJg  td>v  dkiuv  xa&rjfxevog  dnl  d-gdvov  avxov  xai  rjgtv  xov  'Ada/J,  xai  7iagddwx€v  avxov  rw 
dg/ayyeXio  Mt%ctTJX  le'yiuv  dgov  avtov  eig  xov  nagdöfiaov  ewg  tgixov  ovgavov  xai  diptg  airov  ixte 
eiog  xJjg  rjfxdgag  exfivrig  xijg  opoßegdg  Tr)S  oixovofiiag  fiov  ijv  noiyooj  tig  xov  xdofxov  ...  §39  xrjv 
Xv7ir}v  aov  iniaxgeipa  sig  /agdv  xai  eniatgetpiu  o~e  tig  xfjv  dg^qv  aov  xai  xa&icuo  ae  ini  xov 
9-qovov  xov  dnatr\aavt6g  ae.  88  Michael  S  M  dispensationis  II.  III,  disposition  Jean:  defensionis 
I  90  qui  eum  supplantavit  II:  q.  e.  seduxit  III,  quoniara  eum  plantavi  I  Ap.  §  40  tlntv  6  Q-edg 
xd>  dg/ayye'Xio  Mc/arjX'  aigiaaaxe  aivddvag  xai  axendaate  xov  'Addfj.  xo  aiofia  .  .  .  elritv  6  d-fdg 
bve%&ijvai,  xai  xd  adifia  xov  "Aßfk"  xai  eveyxdvxtg  aXkag  aivädvag  dxtjdevaav  avtov  .  .  .  ngoaeta'§fv 
c.occi  aixovs  tig  ttt  f*tg>j  xov  Tiagaöeioov  tig  xov  xdnov  bnov  tvgtv  %ovv  6  &tdg  .  .  .  §  42  exoiftij- 
&T]aav  anavxtg  .  .  xai  ovSeig  tyivioaxtv  tni  xijg  yrjg  nXrjv  xov  viov  avtov  ZrjS-  ...  $  43  eXdtyaev 
3It%atjX  xw  Zr}$-  Xt'yiov  ovtiog  xr\6tvo~ov  ndvta  avS-giortov  dno&Vfjaxovta  eiog  rjfxe'gag  xtjg  dvaoxdofiog. 
confer.  p.  207  91  et  Urihel  S.  II.  III :  et,  super  Im.  man.  2  antiqua  alios  M,  Uriel  man.  2  rec.  in 
ras.  T  93  et  .  .  eius  II.  III :  om.  I  94  dormitio  II.  III  95  Urihel  om.  M,  add.  m,  2  T  in 
partibus  5.  17:  partis  I,  in  eo  qui  dicitur  Calvariae  locus  III  96  eius  alio  nemine  17:  eius  et  nullis 
aliis  5.  III,  om.  I.  3.  9  97  vestros.  in  III  folgt  ein  langer  Zusatz  aus  der  Sage  vom  Kreuzholze : 
der  auf  das  Grab  gepflanzte  Zweig  wächst  zum  hohen  Baume,  der  einst  von  Salomos  Jägern  gefunden 
wird;  reich  geschmückt  wird  der  Stamm  im  Tempel  aufgestellt;  als  aber  die  Königin  von  Saba  ver- 
kündet, an  ihm  werde  Einer  sterben  ,  der  das  Reich  der  Juden  vernichten  werde ,  da  wird  er  in  die 
piscina  probatica  geworfen,  wo  er  die  Heilungen  verursacht.  Später  stirbt  an  ihm  Christus  auf  dem 
Calvarienberge.  98  quod  I.  17:  postquam  II.  III  99  qui  M.  II:  quas  S.  T  qui  .  .  sororibus  om. 
III       100  sororibus  17:      sorores  I       1  quod  I:  postquam  II.  III       2  et  ante  dixit  om.  II.  III. 


243 

vestras  generi  vestro  superinducet  dominus  noster  iram  iudicii  sui  pri- 
mum  per  aquam ,  secundum  per  ignem :  his  duobus  iudicabit  dominus 
5  omne  humanuni  genus.  Sed  audite  me,  filii  mei !  facite  ergo  tabulas  50 
lapideas  et  alias  tabulas  luteas  et  scribite  in  his  omnem  vitam  meam 
et  patris  vestri  quae  a  nobis  audistis  et  vidistis.  si  per  aquam  iudica- 
bit genus  nostrum,  tabulae  de  terra  solventur  et  tabulae  lapideae  permane- 
bunt.  si  autem  per  ignem  iudicabit  genus  nostrum,    tabulae  lapideae  solven- 

10  tur  et  de  terra  luteae  decoquentur.    haec  omnia  cum  dixisset  Eva  filiis  suis 
expandit  manus  in  caelum  orans  et  inclinans  genua  in  terram   et  adorans 
dominum  et  gratias  agens  tradidit  spiritum.       Postea  cum    magno  fletu  51 
sepelierunt   eam    omnes    filii    eius.    cum    essent    lugentes    quattuor    dies, 
tunc  apparuit  eis   Michahel  archangelus  dicens  ad  Seth  :    homo  dei,    ne 

15  amplius  lugeas  mortuos  tuos  quam  sex  dies  quia  septimo  die  signum 
resurrectionis  est  futuri  seculi  requies,  et  in  die  septimo  requievit  do- 
minus ab  omnibus  operibus  suis,  tunc  Seth  fecit  tabulas. 


3  et  generis  vestri  peccata  9.  3 ,  generi  vestro  peccatum  17  superinducet  III:  inducet  II 
superinduxit  peccatum  I  iram  iudicii  sui  II.  III:  in  iudicio  suo  I  4  in  his  IL  III  5  humanuni 
om.  I  Josephus  Antiquit.  1,  2,  3  fvergl.  oben  p.  202)  vneQ  de  xov  (trj  6iacpvyeit>  xoig  dv&Q(önovg 
xd  evQrjfieva  fxrjSe  ngiv  eig  yvStaiv  ek&elv  tp&agijyca,  nQoetgrjxoxog  dcpaviafioy'Aödfxov  xcöv  oXcov  eae- 
a&at  xov  tuev  x«r'  io~%vv  nvpög  xov  exegov  de  xaxd  ßictv  xai  nXrj&og  vdaxog,  oxri'kag  ovo  novr\<sd(ievoi, 
x^v  fiiv  ix  nXivd-ov  xr\v  <}'  k xeqav  ix  Xid-wv ,  dficpoxiQatg  iveygaipav  xd  evqrjueva  Iva  xal  xrjg  nXiv- 
{fivrjg  dcpaviaS-eiarig  vno  xrjg  inoftßgiag  y  Xtd-ivr}  [xeivaoa  na^da^y  /na&etv  xolg  dv9Q(6noig  xd  iyye- 
ypapfieva,  SrjXoiaa  xcti  n'kiv&ivr\v  in'  avxtav  dvaxeS-Tjvai'  fxevei  «51  a'jfßt  tov  öevpo  xccxd  yr\v  xijv 
ZvQictäa.  So  stellt  mein  Freund  Dr.  Ben.  Niese  den  Text  wieder  her.  Die  Handschriften ,  in 
denen  diese  Partie  des  Josephus  erhalten  ist,  sind  schlechte,  i'va  xai  schrieb  Niese,  die  Handschriften 
haben  IV  ei  xai,  dann  einige  xai  ov[xß[j  xfjv  rikiv&ivr\v  dcpavia^rjvai.  Ich  möchte  6e  nicht  nach 
fxerei,  sondern  nach  6rfrovaa  setzen  und,  wie  schon  Voss  und  Fabricius,  vor  drjX.  stark  interpungiren. 
Statt  avgidda  haben  andere  codd.  aiQiu6a.  Die  Stelle  des  Synkellos  über  Manetho  siehe  oben  p.  202 
5  Sed  .  .  8  genus  om.  17  6  lapideas  de  petra  3.  5  luteas  de  terra  3.  5.  9.  4.  (et  per  ignem 
compactas  add,  3)  7  quae  I.  9:  quam  3.  5.  III  si  5.  9:  sed  I.  5.  III  8  haec  scripsi:  om.  I,  tab.  ille 
de  terra  lutea  solu.  et  tab.  lap.  manent  9,  et  tabula  illa  de  terra  solvitur  et  tabule  lapidee  permanent 
5,  tabule  lutee  solv.  et  tab.  lap.  non  solventur  17,  tabule  lap.  non  dissolvantur  3,  et  (tunc  4)  tabula 
illa  (lutea  4.  18)  de  terra  (facta  4)  solvitur  et  tabule  lapidee  permanebunt  III  9  add,  9:  si  autem 
per  ignem  iudicabit  dominus  genus  nostrum,  tabule  lapidee  solventur  et  de  terra  lutee  manent,  add.  3: 
et  tabule  lutee  per  ignem  decoquantur,  ut  cum  dominus  deus  per  ignem  mundum  iudicaverit,  per- 
raaneant.  10  haec  .  .  suis  II.  III:  tunc  Eva  I  12  postquam  factus  est  fietus  magnus  II. III  fletu: 
festo  I  13  Apok.  §  43  iXa^aev  iJft/«^  xw  Zt,&  .  .  it atf  'ig  jpeQwv  (*rj  nevd  tarne'  t%  6e  ißdopr, 
V/tipa  xaxärtavaoy  xai  ei<pgdv&rixi  in'  airfi ,  öxt  S*  avxrj  6  Beog  xai  ol  ayyekoi  rjfielg  evcpqaivo- 
fie&a  fxexd  xrjg  6txai'ag  tpv/ijg  xr]g  fzexaaxdarig  dnö  ttjg  yr]g.  lugeas  .  .  tuos  I.  3:  lugeatis  .  .  vestros 
5.  9.  17.  III       15  signum  om.  5.  III       16   fort,   septimus  dies  cum  3.  17.  2.  15.  18  scribendum  et 

33* 


244 

[Addunt  Codices  3.  5.  9.  17.  Jean  fere  haec:  Tunc  Seth  fecit  (duas  9)  tabulas  51a 
lapideas  et  (duas  9)  luteas  (et  composuit  apices  literarum  3.  5)  et  scripsit  in  eis 
vitarn  patris  sui  Adae  et  matris  suae  Evae  quam  ab  eis  audivit  et  oculis  suis  vidit 
et  posuit  tabulas  in  medio  domus  patris  sui  in  oratorio  ubi  orabat  dominum,  et  post 
diluvium  a  multis  videbantur  hominibus  tabulae  illae  scriptae  (lapides  illi  scripti  3. 5) 
et  a  nemine  legebantur.  Salomon  autem  sapiens  vidit  scripturam  et  deprecatus  est  51b 
dominum  et  apparuit  ei  angelus  domini  dicens:  ego  sum  qui  tenui  manum  Seth,  ut 
scriberet  cum  digito  suo  (ferreo  digito  5,  ferreo  stilo  3)  lapides  istos,  et  eris  sciens 
scripturam,  ut  cognoscas  et  intelligas  (ubi  sint)  quid  contineant  lapides  isti  omnes  et 
ubi  fuerit  Oratorium,  ubi  Adam  et  Eva  adorabant  dominum  deum.  et  oportet  te  ibi 
aedificare  templum  domini  id  est  domum  orationis.  Tunc  Salomon  supplevit  tem-  51c 
plum  domini  dei  et  vocavit  literas  illas  achiliacas  (ävvhaxdg  =  ä%eiQ07TOuqTOvg'?)  hoc 
est  sine  verborum  doctrina  scriptas  (9 ;  achilicas  quod  est  latine  lapideas  id  est  sine 
labiis  doctrina  scripta  17,  achiliacas  quod  est  latine  sillabicas  hoc  est  sine  librorum 
doctrina  scriptas  5,  archilaykas  .  .  that  is  to  sayn  withoute  travaylle  and  withouten 
wit  saunfayle  Gant.),  digito  Seth,  tenens  manum  eius  angelus  domini.  et  in  ipsis  51d 
lapidibus  inventum  est,  quod  prophetavit  septimus  ab  Adam  Enoch  dicens  ante  di- 
luvium de  adventu  Christi:  ecce  veniet  dominus  in  sanctis  suis  (17,  in  sanctis  tnili- 
bus  suis  9,  in  milibus  suis  3,  in  sanctis  nubibus  suis  5)  facere  iudicium  de  omnibus 
et  arguere  impios  de  omnibus  operibus  suis  quibus  locuti  sunt  de  eo  peccatores  et 
impii  murmuratores  et  irreligiosi  qui  secundum  concupiscentias  suas  ingrediuntur  et 
os  eoruin  locutum  est  superbiam.] 


requies  cum  3.  17.  18  omittendum  est  17  omni  opere  suo  3.  5.  17.  III  opere  suo.  Octavus  vero 
dies  futurae  et  aeternae  beatitudinis  est,  in  qua  omnes  sancti  cum  ipso  Creatore  et  salvatore  simul 
cum  anima  et  corpore  nunquam  de  cetero  morituri  regnabunt  per  infinita  secula  seculorum.  Amen.  III- 


245 


Incipit  vita  Ade  et  Eve.*) 


Cum  expulsi  fuissent  Adam  et  Eva  de  paradiso,  fecerunt  sibi  tabernaculum  et 
fecerunt  Septem  dies  lamentationem  in  magna  tristitia.  post  Septem  dies  ceperunt 
esurire  et  qnerebant  sibi  escam  ut  manducarent,  et  non  habebant.  §  2.  Et  dixit 
Eva  Adam :  esurio,  vade  quere  nobis  escas  usquequo  esuriemus.  utinam  miserebitur 
nobis  dominus  deus  et  revocet  nos  in  locum  pristinum.  Surgens  vero  Adam  quesivit 
Septem  dies  sibi  edulium,  et  non  reperit.  §  3.  Et  dixit  Eva  ad  (et  P)  Adam:  do- 
mine meus  putasne  fame  deficiamus.  utinam  ego  mortua  fuissem.  forte  introduxisset 
te  iterum  in  paradiso  dominus  deus  quia  propter  me  iratus  est  valde.  ut  quid  non 
trucidas  me?  Respondit  Adam :  noli  talia  referre  ut  non  iterum  mittat  maledictionem 
super  nos.  quomodo  mittam  manum  meam  in  carne  mea  ?  sed  surgamus  querere  victum 
et  non  deficiamus.  §  4.  Et  quesierunt  Septem  dies  nilque  invenerunt  nisi  tantum 
pastum  animalium.  dixitque  Adam  ad  Evam  (et  Eva  P):  quid  nobis  referre  queo. 
nobis  angelica  aderat  vita.  ut  quid  patravimus  talia?  sed  iuste  digne  plangimus  et 
veniam  flagitemus.  forsitan  indulgeat  dominus  annuetque  vivendi  victum.  §  -5.  Re- 
spondit (dens  P)  Eva:  quomodo  peniteamus  et  misereatur  deus.  verum  tarnen  pro 
posse  nostrum  agere  debemus  et  ego  maius  debeo  quia  subduxi  te.  §  6.  Dixitque 
Adam:  nequis  tantum  penitere  ut  ego.  ego  peragam  (pergam  P)  quadraginta  diebus 
ieiunium.  tu  auteur  sta  in  flumen  Tigris  super  quandam  rupim  in  limpham  usque 
ad  Collum,  et  tuo  non  procedat  sermo  de  ore,  quia  hau  digni  sumus  dominum  flagi- 
tare,  quia  ex  ore  malum  cummissimus  inorme.  ego  in  amne  Jordanis  quadraginta 
dies  et  tu  triginta  et  tres  in  latice  Tigris ,  quamquam  hoc  (?)  altitonans  miserebitur 
nobis.  §  7.  sicque  gesserunt  unanimiter.  §  8.  talique  modo  flens  imfit  Adam: 
tibi  inquio  Jordanis,  luge  super  me  et  ea  que  in  te  sunt  cundolent  mecum,  non  se 
sed  me,  qui  ipsi  non  egent  sed  ego.  actutum  Jordanis  adstitit  illumque  cicumdedit 
cursumque  non  peregit.  §  9.  sicque  transierunt  dies  decim  et  octo.  tunc  mille- 
formis  satan  transfiguravit  se  in  claritatem  angeli  et  ivit  quo  Eva  in  flumine  Tigris 
aderat  reperitque  eam  flantem.  tunc  ipse  diabolus  quasi  condolendo  dixit  ei:  tecio 
(cito?)  egredere  de  aqua,  noli  lugere  maius.  audivit  enim  dominus  gemitum  vestrum 
vestramque  suscepit  lamentationem  et  nos  omnes  angeli  unanimiter  pro  vobis  suppli- 


*)  Aus  der  Pariser  Handschrift  5327,  siehe  oben  Seite  218. 


246 

cantes.  quapropter  misit  me  vos  de  limpha  etuterae  (educere  et?)  alimenta  pristina 
(elira.  prit.  P)  reddere.  exi  ilico,  sequere  me.  §  10.  Haec  audiens  ipsa  nimis  cre- 
dula  processit  ex  aqua  earoque  eius  admodum  tincta  de  frigore  amnis.  et  post  pusil- 
lum  cecidit  in  faciem  solo  tenus.  sicque  erigens  (eriens  P)  eam  diabolus  una  carpserunt 
iter  usque  dum  venientes  quo  Adam  fuerat.  actutum  dum  eam  ipse  prospiceret  ex- 
clamans  cum  fletu  inquid :  0  Eva  ut  quid  patrasti  talia  ?  quomodo  iterum  es  seducta  ? 
§  11.  Haec  audiens  Eva  recordata  est  antiqui  facinoris  et  se  iterum  affore  inlusa. 
cecidit  in  terram  geminatusque  est  dolor  eius,  dicens :  ve  tibi  diabole  ut  quid  nos 
persequeris  aut  quid  tibi  fecimus  (nescimus  P?)?  numquid  tibi  aliquid  abstulimus, 
inimice  impie  invidiose  ferox  atrox  facte  crudelis.  §  12.  Tunc  diabolus  ingemescens 
ait:  o  Adam  emule  meus  pro  te  alienatus  sum  a  gloria  quam  abui.  aderam  angelus 
pulcherrimus  et  propter  te  factus  sum  diabolus  teterrimus  Respondit  Adam:  quid 
est  noxa?  §  13.  Respondit  demon :  quando  te  creavit  altitonans  ad  imaginem  suam, 
iussit  venerari  caracterem  suam  omnes  angelos.  §  14.  sicque  me  lacessans  Michael 
infit:  venerare  immaginem  dei.  et  ego  respoudi:  ut  quid  hoc  fassus  fuisti?  nonne 
ego  prior  illo  plasmatus  sum  ?  ille  pocius  me  debet  venerari  qui  posterior  me  for- 
matus  est.  §  15.  simili  modo  ceteri  qui  sub  me  aderant  retulerunt;  et  dixit  Michael: 
si  non  egeris ,  putasne  irascetur  tibi  deus.  et  ego  respondi :  si  irascitur ,  ponam 
sedem  meam  super  astra  coeli  eroque  similis  altissimi.  §  16.  haec  cogitans  loquens- 
que  extemplo  expulsus  sum  a  gloria  cum  omnibus  meis  causa  tui.  et  idcirco  circum- 
veni  Evam  fecique  vos  pariter  expelli  de  paradiso.  §  17.  Haec  audiens  Adam  pro- 
rumpensque  ingenti  fletu  ait:  domine  deus  meus,  vita  mea  tuis  sit  in  manibus.  fac 
ut  iste  adversarius  longe  sit  a  nobis  et  nos  tecum  cum  palma  queainus  ovantes  cum 
immani  tripudio  regnare.  Et  statim  evanuit  ille  protervus.  Adam  vero  cepta  per- 
ficiens  iussit  Evam  reverti.  §  18.  tunc  Eva  luctuosa  voce  ait:  senior  meus,  ut 
opinor,  opituiante  domino  tibi  concessa  aderit  venia,  quia  nee  semel  (semet  P)  nee 
demum  ultroneus  prevaricatus  es,  sed  egomiserrima  adeo  (adero?)  seducta  haut  custodiens 
mandatum  dei.  nunc  ergo  segregemur  abinvicem  et  ibo  ad  occasum  solis  eroque  ibi 
usque  dum  de  hac  migravero  luce.  Sicque  callem  carpsit  lutuosam  et  venit  flens  et 
heiulans  proeul  ab  Adam  et  fecit  sibi  edem  exiguam  et  tres  ibi  degens  menses. 
§  19.  usque  dum  tempus  eius  pariendi  appropinquaret.  sicque  magnis  conturbari  cepit 
doloribus  precesque  uberrimas  fudit  ad  dominum  dicens:  miserere  mei  domine  et 
adiuva  me  inormeque  mihi  annue  sublementum.  Et  non  exaudiebatur  nee  ullum  circa 
eam  aderat  suffugium.  et  reversa  in  se  ait :  quis  meam  funget  domino  meo  Adam 
legationem  ?  vel  quis  meus  aderit  gerulus  ?  no  (?)  flagito  vos  polorum  luminaria,  dum 
revertitis  ad  orientem  domino  meo  Ade  meas  nuntiate  afflictiones.  §  20.  Statim 
ut  ferunt  planctus  venit  ad  protoplastum  dixitque  intra  se:  ne  forte  iterum  faciet 
cumflictum  serpens  cum  Eva.  et  cepit  ire  reperitque  eam  admodo  merentem.  ipsa 
vero  intuita  Adam  ait :  ex  quo  vidi  te  domine  meus  refrigerium  meum  sumpsit  corpus 
doloribus.  et  modo  obnixe  subplico  quatinus  genutenus  pro  me  depreceris  altitronum. 
forsitan  auribus  pereipiet  liberetque   me  de   his    diris    doloribus.    heu   nequeo    maius 


247 

ferre.  quid  peragam?  Motus  his  fletibus  Adam  flagitavit  pro  propria  cerve  (?)  domi- 
num uxore.       §  21.  continuo  duodecim  accesserunt  angeli  et  duo  virtutes  caeli  stantes 
a  dextris  et  a  sinistris.    et  Michael  archangelus  propius    stans   tetigit    eam ,    inquid : 
beata  es  Eva,    quoniam  magne  preces  Ade  inorme    tibi  offerunt    suffragium    et    ego 
missus  snra  ad  te  tibi  adminiculum  prestare    pariesque   prolem   valde   lucidum.    Ipsa 
vero  haec  audieus  surrexit  peperitque  ut  ei  relatum  fuit.    sicqne    continuo  cepit  am- 
bulare  iufans  manibusque  afferens  holera  deditque  sue  genitrici  ( — eis  P).  et  vocatum 
est  nomen  eius  Cain.       §  22.    Adam    vero    aeeipiens    Evam    et   puerum   perrexit   ad 
orientem;    dominus  autem  per  Michaelem  archangelum  semen  trausmisit  Ade  docens 
eum  laborare  tellurisque  legere  fruetum  quatinus  vivere  quivissent  ipse  ac  generationes 
post  eum  eunete.       §  23.  iterum  coneipiens  Eva  peperit  filium  voeavitque  eum  Abel, 
degebantque   una  Cain  et  Abel   in   domo  suorum  (suum  P)   parentum.    quadam    vero 
nocte  cum  se  Eva  sopori  dedisset,    vidit    per   visum  quasi  sanguinem  Abel  de  mani- 
bus  Cain    profiliere    solo    tenus    et    illico  exspergefaeta    suo    retulit    viro    omnia   que 
viderat  ( — ret  P).  sieque  tale  reppererunt  consilium  quatinus  segregassent  eos  ab  in- 
vicem.  feceruntque  agricolam  de  Cain  et  de  Abel  pastorem  ovium.  sieque  demum  Cain 
trueidavit  suum  manibus  adelphum.     C    triginta   aunorum    erat  Adam,  quando  inter- 
fecit  Caiu  Abel.       §  24.    Post    unum   vero    annum    cognovit  Adam   uxorem  suam  et 
genuit    filium    nuneupatusque   est   Set.    dixitque  Adam  ad    (et  P)  Evam:    ecce    dedit 
mihi  deus  prolem  pro  Abel,  quem  Cain  oeeidit.    Postquam    genuit  Adam  Set,    vixit 
annos  DCCC    et  genuit  filios  XXX  et  filias  XXX  et  multiplicati    sunt  super   terram 
nimis  in  nationibus  suis.       §  25.  voeavit  itaque  Adam  filium  Set  dicens:    postquam 
fili  de  paradiso  sumus  eiecti,    venit  ad  me  Michael  archangelus  et  vidi  currum  tan- 
quam  ventum  flantem  et  rota  illius  erat  ignea.  raptusque  fui  in  paradiso  iustitiae  et 
ibi  vidi  dominum  meurn  intollerabilis  aspectum  et  multa  milia  angelorum  circa  eum. 
§  26.    unde  mihi  videtur   quod  cito  migraturus   adero  de  hoc  seculo.       §  27.    sieque 
convertens  ad  dominum  dixit:    ne    proieias   me  domine  redemptor  mundi  affacie  tua 
quem  de  limo  terre  plasmasti.  ne  postponas  quem  nutristi  gratia  tua.  et  ecce  verbum 
tuum  incendit  me  et  tu  deus  dixisti  michi ,  quia  diligis  scientiam ,    propter  hoc  non 
tolletur  semen  tuum  a  terra  usque  in  seculum.     §  28.    et  ego  cum  a  te  haec  melli- 
flua  audiens  verba  prostratus  corrui  ad  umum  et  adoravi  te  deus  dicens :  tu  es  deus 
aeternus  et  summus  (somnus  P)  et  omnes  creaturae  tibi  dant  honorem  et  laudem.   tu  es 
super  omne  lumen  lux  vera.  incomprehensibilis  maiestas  virtus  vivens.  tibi  dant  honorem 
omnes  angelicae  virtutes  quia  tu  es  misericors    et   pius    super    humanum    genus    per 
secula    seculorum.    amen       §  29.    et    postquam    oravi   ad   te    domine,    statim  misisti 
Michaelem  archangelum  mecum  adprehendensque  manum  meam  eiecit  me  de  paradiso 
quo  raptus  fui  virgamque   quam    in    manu   gestabat   elevans    tetigit  aquas  que  erant 
circa  paradisum  et  ita  gelaverunt    ut    super    eas    ops  (ipse?)    pertransivi    et  Michael 
mecum  reducensque  me  in  locum  unde  me  sumpsit.  sieque  revertens  ad  filium  suum 
ait:  aut  in  me  (audi  me),  Sed  fili  mi,    cetera  misteria  admodum  archana  sacramenta 
que  futura    sunt   mihi  reserata  et  non  nulla  cognovi  quomedens    de   ligno    scientiae. 


248 

§  29  a  quoniam  prevaricatum  istud  aderit  seculum  et  ea  que  facta  fnerint  delebuntur 
sive  per  ignem  sive  per  aquam  excepto  quos  deus  reservabit.  sicque  demum  de  paucis 
orbs  replebitur.  29  b.  et  sie  edificabunt  domum  dei  servientque  eum  ut  dignum 
aderit.  siquidem  iterum  refrigescet  Caritas  superhabimdabit  iniquitas.  29  c.  tunc 
veniet  amantissimus  dominus  degens  in  terris  cum  hominibus.  sieque  impii  derelin- 
quent  preeeptum  dei  et  amittent  sententiam  eius.  29  d.  propterea  repellet  deus  a 
se  impios  et  iusti  coram  eo  fulgebunt  ut  sol.  purificabuntur  per  aquam  a  peccatis 
eorum.  et  felix  aderit  homo  qui  prius  correxerit  animam  suam  quam  veniet  magni 
dei  iudicium,  quia  reddituri  sunt  de  factis  propriis  rationem.  §  30.  Iterum  dixit 
Adam  :  congregentur  coram  me  omnes  filii  mei  et  benedicam  eis ,  antequam  moriar 
Et  congregati  sunt  in  tres  partes  ante  conspectum  eius  dixeruntque  una  voce :  quid 
tibi  contigit  genetor  ?  ut  quid  tamdiu  in  thoro  recumbis  ?  Dixitque  Adam  :  compes- 
site  filii  mei,  quia  diris  torqueor  (torqueo  P)  doloribus.  Et  dixerunt  omnes  una  voce : 
quid  est  hoc  pater  ?  §  31.  Tunc  filius  eius  Sed  dixit:  ut  reor  pater  cupis  de  fruetu 
vesci  paradisi.  si  vis  mittam  pulvere  in  capite  meo  proieiamque  me  ante  ianuas  para- 
dissi  solotenus  et  plangam  lamentacione  ingenti.  forsitan  exaudiet  deus  et  transmittet 
tibi  (te  P)  per  angelum  de  fruetu  quo  gestis.  Responditque  Adam  :  noli  haec  narrare, 
quia  non  coneupisco  hec  que  hastruis,  sed  infirmor  doloribusque  sum  fultus.  Respon- 
ditque Sed:  quid  est  hoc  pater,  noli  latere.  flagito  ediscere  quid  sit  dolor.  §  32. 
Et  respondit  Adam:  audi  me  fili  mi,  quaudo  fecit  nos  deus,  me  et  Evam,  dedit 
nobis  potestatem  fruetus  edendi  (aäd.  de)  arboribus  excepto  de  arbore  scientiae  boni 
et  mali.  deditque  mihi  partem  orientis  vestreque  genitrici  partem  oeeidentis.  §  33. 
et  dedit  nobis  dominus  deus  angelos  duos  ad  nos  custodiendos.  venit  ora,  ut  ascen- 
derent  angeli  coram  domino.  statim  ut  nos  repperit  solitarios  hostis  noster  seduxit 
matrem  vestram  fecitque  eam  comedere  de  ligno  prohibito.  et  comedit  ipsa  et  dedit 
mihi.  §  34.  repente  iratus  est  dominus  dixitque  mihi :  quoniam  dereliquisti  man- 
datum  meum  et  verbum  meum  quod  statui  tibi  non  custodisti ,  ecce  inducam  in 
corpore  tuo  LXXX  piagas  diversis  doloribus  ab  initio  capitis  et  oeculorum  et  aurium 
usque  ungulas  pedum  et  per  singula  membra  torquimini.  §  35.  Haec  dicens  Adam 
positus  in  doloribus  cepit  gemere  Aevaque  flere  dicens  :  ut  quid  ad  te  haec  dolores 
accesserunt,  quia  ego  peceavi  tequesosubduxi  .  .  haec  (teque  subduxi?  non  haec?) 
super  te  sed  super  me  debuisset  venire. 

§.  36.  et  dixit  ad  eam  Adam:  perge  cum  filio  meo  Sed  ad  portas  paradisi  et 
mittite  puluerem  in  capite  vestro,  ante  conspectum  domini  prosternite  uos.  Forsitan 
miserebitur  nobis  et  transmittet  mihi  per  angelum  de  arbore  misericordiae ,  de  qua 
currit  oleum  vite  ut  ex  ipso  unguatis  me  paululum  ut  quiescam  ab  is  diris  flagris 
ex  quibus  oppido  consumor.  §  87.  His  auditis  habierunt  Sed  et  Eva,  quo  iussit 
Adam  cumque  properassent  ad  ianuam  paradisi,  subito  festinans  callidus  serpens  cum 
impetu  morsit  Sed  dixitque  Sed :  ut  quid  tarn  dire  me  lacerasti  ?  pro  dolo  (dolor  ?) 
qui  tibi  ..iessi  (quid  t.  gessi  ?)  Haec  audiens  Eua  flens  et  eiulans  ait :  heu  miseram 
me,  quia  non  custodivimus  praeeeptum  domini,  ideirco  nobis  talia  eveniunt.  Et  versa, 


249 

ad  serpentem  iufit :    o  cruenta  bestia  fallax  et  maledicta,  quare  non    metuisti  dentes 
mittere  in  imaginem  dei?    et  quomodo  ausus    es  pugnare  cum    homine  ?    de  (homine 
dei  ?)  quali  modo   tui  in  eum  prevaluerunt  dentes^?       §  38.  Respondit  serpens  umaua 
voce  ut  ferunt  fissisci  (physici?):  o  Eva,  inque  mihi,   quomodo  apertum  est  os  tuum 
ut  manducares  de  fructu,  quo  precepit  dominus  ne  commederes:    nunc  autem  nequis 
loqui  contra  nie?       §  39.  Tunc  Sed  ait  :  obmutesse  serpens  atrox  contumax,  increpet 
te  deus,  recede  ab  rmagine  dei  usque  dum  dominus  iusserit   ad  probationem  te  per- 
ducere.     Responditque  serpens  :  ego  abibo  ut.  asseris,  sed  tu  dentibus  sauciatus  repe- 
dabis  (repet.  P.)       §  40.    Sicqne    Eva    et  Sed    pervenerunt  ante    portas   paradisi  as- 
persi  pulvere  prostraverunt  se  ad  humum  cum  ingenti  gemitu  flagitantes  de  oleo  miseri- 
cordiae.       §  41.  orantibus  autem  eis  diu  ecce  archangelus  Michael  eis  apparens  dixit: 
ego  missus  sum  a  domino   et   ego    constitutus    super    genus  humanuni  prepositusque 
paradisi.  tibi  dico  Sed  homo  dei,  noli  lacrimare  orando  et  deprecando  propter  oleum 
ligni    misercordiae ,    ut    perunguas    patrem    tuum  Adam    pre   doloribus    corporis    sui. 
§  42.  dico  enim  quia  nunc  nullummodo  poteris  ex  eo  accipere  non  novissimis  diebus 
quando  cumpleti    fuerunt    quinque  milia    quingenti    anni.    tunc   ueniet,  super    terram 
amatissimus  Christus    dei   filius    resuscitare    corpus   Adae    et  cum  eo  resuscitare  Cor- 
pora mortuorum,  et  ipse  Christus  filius  dei  veniens  baptizabitur   in  flumine  Jordanis. 
dum  egressus  fuerit  de  aqua  Jordanis  tunc  olmim  miserieordiae   sue  perunguet  omnes 
credentes  in  se.  et  erit  oleum  miserieordiae  in  generatione  et  generationem  que  renas- 
censi  sunt  ex  aqua  et  spiritu  saneto  in  vitam  aeternam.  tunc  descendit  in  terris  ama- 
tissimus Christus  dei  filius.  introducet  patrem   tuum    Adam   in  paradiso    ad  arborem 
miserieordiae  suae.       §  43.  tu  autem  Sed  vade  ad  patrem  tuum  Adam,  quoniam  com- 
pletum  est  tempus  vite  eius.    adhuc  sex  dies    et  exiet  anima  eius  de  corpore,  videbis 
mirabilia  magna  in  caelo  et  in  terra  et  in  luminaria  celi.     Haec  dicens  Michael  sta- 
tin! discessit  a  Seth.    et  reversi    sunt    Eva    et   Sed.  attulerunt    autem    secum  odora- 
menta  hoc  est  nardum    et  crocum    et  calimite    et    cenamum.       §  44    et  cum  perve- 
nisset  Sed,  et  mater  eius  ad  Adam,  dixerunt  ei  quia  bestia  serpens  morserat  Sed.  et 
dixit  Adam  ad  Evam  :  ut  quid  hoc  patrasti  flagicium?    omnes  generationes  que  post 
nos  aderunt  maledicent  nos  dicentes:  quoniam  hec  mala  intulerunt  super  nos  parentes 
nostri    qui    fuerunt   ab    initio.       Haec    audiens    Eva    admodum    ingemessens    suspiria 
dabat.       §  45.  et    sicut    predixerat  Michael  archangelus,    post   sex    dies    venit  obitus 
Adae.  haec  presciens  Adam  videlicet  tempus  migrandi    dixit  ad  filios  suos:   ecce  sum 
annorum  DCCCCXXXI.  scio  quia  moriar.  sepelite  me  in  agrum  abitationis  dei.  Haec 
dicens  tradidit  spiritum.       §  46.  sieque  sol  et    In  na    et  stellae    per  dies  septem  non 
dederunt  lucem  sicuti  prius.     Sed  vero  amplexans  corpus  patris  sui  et  Eva  lugentes 
pariter  cum    omnibus  filiis  suis  ,  et  ecce  Michael  archangelus  apparuit  stans  ad  caput 
Adae  et  dixit:  surge  Sed  de  corpore  patris  tui  et  veni  ad  me  videasque  quid  de  eo 
disposuit  dominus  quia  misertus  est  ei.       §  47.    Et  ecce  angeli  canentes  tubas  dixe- 
runt :  benedictus  es  domine ,  quia  misertus  es   tue  facture.     Statim  contemplatus  est 
manum  domini  extensam  tenentem    dexteram  Adae    tradensque    Michaeli    dicens :    sit 
Abh.  d.  I.  Cl.  d  k.  Ak.  d.  Wiss.  Bd.  XIV.  III.  Abth.  34 


250 

in  custodia  tua  usque  in  novissimis  temporibus  in  quibus  eius  luctura  convertam  in 
gaudium.  tunc  sedebit  in  sedes  sui  hostis,  unde  cecidit.  §  48.  Tunc  Michael  preci- 
piente  domino  tres  sumens  sindones  et  involuit  corpora  Adae  et  Abel,  et  processiones 
coram  illis  fecerunt  angeli  dei  et  sepelierunt  Adam  efHabel  in  paradisum.  haec  in- 
tnens  Sed  et  raater  eius  aliusque  nemo  ,  et  dixerunt  ad  eos  Michael  et  Oriel :  sicut 
coram  vestris  hoc  peractum  est  opus  obtutibus,  simili  modo  perendie  vestros  sepelite 
mortuos.  §  49.  Post  sex  vero  dies  quod  mortuus  est  Adam,  cognoscens  Eva  appro- 
pinquare  diem  mortis  suae,  congregavit  coram  se  omnes  filios  suos  filiasque  et  dixit 
eis :  audite  me  filii  mei,  que  referam  :  postquam  ego  et  pater  vester  transgressi  su- 
mus  preceptum  domini  dei,  innotuit  nobis  Michael  archangelus  quod  propter  pre- 
varicationes  nostras  ei  peccata  generis  nostri  iudicabit  dominus  seculum  bis,  primum 
per  aquam  secundum  per  ignem  ,  in  his  duobus  iudicabit  dominus  omne  hominum 
genus.  §  50.  sed  audite  me  filii ;  facite  tabulas  lapideas  et  facite  tabulas  de  terra 
luteasque.  et  scribite  in  eis  omnem  vitam  patris  vestri  que  a  nobis  audistis  et  vidistis. 
si  per  aquam  iudicium  aderit ,  tabule  de  terra  solvuntur  et  remanebunt  lapideae.  si 
autem  per  ignem ,  lapideae  solvuntur  et  luteae  quocuntur.  Et  cum  haec  dixisset 
Eva  ait:  gratias  ago  tibi  domine,  qui  me  dignatus  es  plasmare.  Et  flectens  ienua 
orans  ad  dominum  tradidit  spiritum.  §  51.  tunc  lugentes  nati  eius  quod  parentibus 
essent  orbati,  sepelierunt  eam  et  fecerunt  quatuor  dies  enorme  luctum.  tunc  apparuit 
Michael  archangelus  Sed  dicens:  homo  dei,  ne  amplius  lugeatis  mortuos  vestros  quam 
sex  dies,  quia  septima  dies  signum  resurrectionis  futuri  extat  seculi  et  in  die  septimo 
requievit  dominus  ab  omnibus  operibus. 

§  51a.  Tunc  fecit  duas  tabulas  Sed  magnas  lapideas  et  de  terra  luteas  et  in 
eas  craxavit  gesta  genitoris  sui  et  matris  posuitque  illas  in  oraculum  patris  sui.  sic- 
que  post  diluvium  lapidee  remanserunt  et  a  multis  lecta  fuerunt.  §  51b.  post  di- 
luvium  vero  Salomon  sapientissimus  illas  reperit  deprecatusque  est  dominum  ut  per 
angelum  illa  scripta  ei  adessent  reserata.  itaque  largiente  domino  apparuit  ei  angelus 
dei  dicens:  ego  sum  qui  tenui  manum  Sed,  quando  has  craxavit  caracteres  stilo  ferreo 
in  lapides.  et  ego  reserabo  te  doceamque  te  ut  valeas  ea  legere.  Sicque  patratum 
est  et  iussit,  ut  Oratorium  quo  Adam  et  Eva  adorabant  dominum  reedificaret  et 
fecisset  ibi  domum  dei  domumque  orationis.  §  51c.  tunc  Salomon  inquoavit  tem- 
plum  dei,  et  vocavit  literas  illas  achylieas  quod  est  in  latino  inlabicas  hoc  est  sine 
labore  doctrina  scriptas  digito  Sed  tenens  manum  eius  angelus  domini.  §  51  d.  il- 
licque  inventum  est,  que  prophetaverat  septimus  ab  Adam  scilicet  Enoch  dicens  ante 
diluvium  de  adventu  domini  nostri  Jesu  Christi :  ecce  veniet  dominus  cum  sanctis 
suis  facere  iudicium,  arguere  impios,  gaudere  sanctos  de  omnibus  operibus  que  fecerunt 
et  que  locuti  fuerunt  et  de  cogitationibus  reddent  rationem  coram  magno  iudice.  et 
qui  se  concupiscentiis  huius  mundi  cummiscuntur  et  os  illorum  locuntur  superbiam 
ibunt  in  orcum,  iusti  vero  plaudentes  in  regnum  caelorum.  (Adam  vero  post  quadra- 
ginta  dies  introivit  in  paradisum  et  Eva  post  octoginta  et  fuit  Adam  in  paradisum 
annos  septem  et  sub  die  moverunt  omnem  BESTIARUM)  EXPL1CIT. 


© 


BINDING  SECT.  OCT  9   !973 


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182 
M8175 
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