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Full text of "Abhandlungen der Philologisch-Historischen Klasse der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften"

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ABHANDLUNGEN 


SIEBZEHNTER  BAND. 


DRUCK    VON   BREITKOPF    UND  1IA11TKL  IN   LEIPZIG. 


ABHANDLUNGEN 

»ER  PHILOLOGISCH-HISTORISCHEN  CLASSE 
DER  KÖNIGLICH  SÄCHSISCHEN 

GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


§ 


SIF.BF.NTEH  BAND. 


MUl'ZIG 


»  [■:  i  s.  in  n  /.  i- 1.. 


INHALT. 


H.  C.  von  der  Gabelentz,  Die  melanesischen  Sprachen  nach  ihrem 
grammatischen  Bau  und  ihrer  Verwandtschaft  unter  sich  und  mit 
den  malaiisch-polynesischen  Sprachen.     Zweite  Abhandlung     .    .   S.        4 

Ludwig  Lange,   Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon -    4  87 

J.  P.  von  Falkenstein,   Zur  Charakteristik  König  Johann  s  von  Sachsen 

in  seinem  VerhÜltniss  zu  Wissenschaft  und  Kunst -    265 

Moritz  Voigt,   Ober  das  Aelius-  und  Sabinus-Systera,  wie  über  einige 

verwandte  Rechts-Svstcme -349 

Friedrich  Zarncke,  Der  Graltempel.    Vorstudie  zu  einer  Ausgabe  des 

Jüngern  Titurel -    373 

Moritz  Voigt,   Ober  die  leges  regiae.    I.  Bestand  und  Inhalt  der  leges 

regiae -    555 

Moritz  Voigt,   Ober  die  leges  regiae.    IL  Quellen  und  Authentie  der 

leges  regiae -    643 

Friedrich  Zarncke,  Der  Priester  Johannes,  erste  Abhandlung,  enthallend 

Capitel  I,   II  und  III -    827 


DIE 


MELANESISCHEN  SPRACHEN 


ZWEITE  ABHANDLUNG 


VON 


H.  C.  von  der  GABELENTZ 


ABHANDLUNGEN 


DER  KÖNIGLICH  SACHSISCHEN 


LLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


SIEBZEHNTER  BAND. 


LEIPZIG 

BEI    S.     II I  It  Z  V.  I. 

isla. 


ABHANDLUNGEN 

DER  PHILOLOGISCH-HISTORISCHEN  CLASSE 
DER  KÖNIGLICH  SÄCHSISCHEN 

GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


SIEBENTER  BAND 


BODLILIBP 


i .  i :  1 1  >  z  lc ; 

it  I-:  i   s.    ii  i  ii  /.  k  i., 

18711. 


k 


t 


INHALT. 


11.  C.  von  der  Gabelentz,  Die  melanesischen  Sprachen  nach  ihrem 
grammatischen  Bau  und  ihrer  Verwandtschaft  unter  sich  und  mit 
den  malaiisch-polynesischen  Sprachen.     Zweite  Abhandlung     .    .   S.        t 

Ludwig  Lange,   Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon -    1 87 

J.  P.  von  Falkenstein,  Zur  Charakteristik  König  Johann  s  von  Sachsen 

in  seinem  Yerhältniss  zu  Wissenschaft  und  Kunst -    265 

Moritz  Voigt,   Ober  das  Aelius-  und  Sabinus-System,   wie  über  einige 

verwandte  Rechts-Systeme -319 

Friedrich  Zarncke,  Der  Graltempel.    Vorstudie  zu  einer  Ausgabe  des 

Jüngern  Titurel -    373 

Moritz  Voigt,  Ober  die  leges  regiae.    I.  Bestand  und  Inhalt  der  leges 

regiae -    555 

Moritz  Voigt,   Ober  die  leges  regiae.     II.   Quellen  und  Authentie  der 

leges  regiae -    643 

Friedrich  Zarncke,  Der  Priester  Johannes,  erste  Abhandlung,  enthaltend 

Capitel  I,   II  und   III -    827 


DIE 


MELANESISCHEN  SPRACHEN 


ZWEITE  ABHANDLUNG 


VON 


H.  C.  von  der  GABELENTZ 


VORWORT. 


Von  meiner  ersten  Abhandlung  über  die  melanesischen  Sprachen 
Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Gasse  der  königl.  süchs. 
Gesellsch.  d.  Wissensch.,  3.  Bd.,  Leipzig  1861,  S.  1  —  266)  hatte 
mein  verehrter  Freund  Edwin  Norris  in  London  ein  Exemplar  an 
den  Bischof  von  Melanesia,  Revd  Patteson  in  Auckland  geschickt, 
in  Folge  dessen  derselbe  mir  theils  direct,  theils  durch  Norris  eine 
Anzahl  von  Drucksachen,  die  er  in  verschiedenen  melanesischen 
Sprachen  veröffentlichte,  hat  zukommen  lassen.  Die  beiden  Geber 
sind  leider  inmittelst  verstorben,  ich  betrachte  aber  als  ein  mir  von 
ihnen  hinterlassenes  Vermächtnis*  die  Verpflichtung,  jene  Materialien 
für  die  Sprachwissenschaft,  so  gut  ich  es  vermag,  zu  verwerthen. 
Dies  ist  Veranlassung  und  Zweck  der  nachstehenden  Blätter. 

Gegen  meine  erste  Abhandlung  ist  von  sachkundiger  Seite  das 
Bedenken  erhoben  worden,  dass  ich  bei  Behandlung  der  einzelnen 
Sprachen  noch  immer  etwas  zu  viel  der  lateinischen  Anordnung  ge- 
folgt sei.  Ich  stelle  nicht  in  Abrede,  dass  dies  Bedenkon  einiger- 
massen  gerechtfertigt  sein  mag  und  dass  in  den  melanesischen  Sprachen 
von  grammatischen  Kategorien,  die  uns  aus  der  lateinischen  Gram- 
matik geläufig  sind,  wie  SuhstanJivum,  Adjcctivum,  Casus  u.  s.  w. 
nur  sehr  uneigentlich  die  Rede  sein  kann:  gleichwohl  habe  ich  ge- 
glaubt, schon  der  Gleichförmigkeit  und  rebersichtlichkeit  wegen,  auch 
in  gegenwärtiger  Abhandlung  mich  nicht  wesentlich  von  der  früher 
gewühlten  Anordnung  entfernen  zu  sollen,  was  hoffentlich  Billigung 
finden  wird. 


iv  Vorwort. 

Eine  grammatische  Zusammenstellung  der  Ergebnisse,  wie  ich 
sie  am  Schluss  der  ersten  Abhandlung  gegeben  habe,  glaubte  ich 
'  diesmal  nicht  wieder  nöthig  zu  haben :  ich  hätte  nur  das  früher  Ge- 
sagte, wenn  auch  mit  neuen  Beispielen  belegt,  wiederholen  können, 
und  glaube  es  Jedem,  der  sich  für  solche  Forschungen  interessirt, 
überlassen  zu  dürfen,  die  Parallelen  zwischen  den  jetzt  und  früher 
behandelten  Sprachen  des  melanesischen  Stammes  selbst  zu  ziehen. 

Für  ein  paar  Sprachen,  deren  grammatischen  Bau  ich  früher 
schon  ausführlicher  dargestellt  habe,  Aneiteum  und  Mare  (Nengone) 
habe  ich  später  neue  Materialien  erhalten,  die  mich  jedoch  zu  einer 
neuen  Bearbeitung  dieser  Sprachen  nicht  veranlassen  konnten;  indess 
will  ich  der  Vollständigkeit  wegen  wenigstens  die  Titel  der  betref- 
fenden Drucksachen  hier  mittheilen: 

Intas-etipup  mal  u  Jesu  Krislo,  mtimarid  uja,  im  Natimi  imyia- 
tamaig  caija  (das  Neue  Testament  in  der  Sprache  von  Aneiteum). 
London  1863. 

Evangelia  hnei  Mathiu  hna  xiwamomone  (das  Evang.  Matth. 
in  Nengone).    Ohne  Druckort  und  Jahr. 

Rewone  o  re  tust  bane  ininata  maichamliane  ne  mochenewe 
(Zweites  Lehrbuch  für  Knaben  und  Mädchen,  in  Nengone).  St.  Johns 
College  1858. 


INHALT. 


Seite 

I.  Die  Sprache  der  Insel  Fatt  §  i i 

U.  Die  Sesake  -  Sprache  auf  Api 5 

I.   Einleitung  §4 5 

II.  Lautlehre  §7 13 

III.  Wortbildung  §9 14 

IV.  Formenlehre  §12 16 

V.  Wortfügung  §  28 22 

VI.   Sprachprobe  §  56 29 

III.  Die  Sprache  der  Insel  Pama  §  57 30 

IT.  Die  Sprache  der  Insel  Ambrym  §  59 32 

T.  Die  Sprache  von  Tonmarama  §  78 12 

Tl.  Die  Sprache  der  Insel  Lifn 51 

I.   Einleitung  §  99 51 

11.   Lautlehre  §  102 58 

III.  Wortbildung  §  105 59 

IV.  Formenlehre  §  110 62 

V.    Wortfügung  §  133 7« 

VI.  Sprachproben  §  172 85 

TU.  Die  Sprache  der  Insel  Uea  §  173 87 

Till.  Die  Sprache  von  Tehen  §  1 7  4 89 

IX.  Die  Sprache  der  Insel  Banro  §  187 93 

1.    Wörterverzeichniss  §  188 93 

11.   Grammatische  Notizen  §  189 100 

111.   Sprachproben  §  207 106 

X.  Die  Sprache  der  Insel  Ulana  §  208 109 

XI.  Die  Sprache  von  Hara  Ha  -  Siki  §  2  2  9 117 

XII.  Die  Sprache  der  Insel  Anndha  §  26i 130 


VI  l.MIALT. 

Seite 

XIII.  Die  Mahaga-Sprache  auf  der  Insel  Isabel oh 

I.   Einleitung  §  281 136 

II.   Lautlehre  §  888 U7 

III.  Der  Sprachstoff  §  283 137 

IV.  Wortbildung  §  285 146 

V.   Formenlehre  §289 150 

VI.   Wortfügung 159 

A.  Einfacher  Satz  §  306 459 

B.  Zusammengesetzter  Satz  §  332 466 

VII.   Sprachproben  §  346 171 

XIT.  Die  Sprache  der  Insel  Eddystone  §  347 \n 

XT.  (Nachtrag.)  Noch  eine  Neu- Caledonische  Sprache  §  3  in     ...  177 

Wörtersammlung  §  349 177 


Berichtigungen. 

S.  37  Anm.  *.  8.  VIX  Anm. 

8.  74  Z.  18  hau  hm  1.  finttma. 

S.  88  Z.  6  v.  u.  ihacvmb  1.  thabutub. 


DIE 


MELANESISCHEN  SPRACHEN 


NACH  IHREM 


GRAMMATISCHEN  BAU  UND  IHRER  VERWANDTSCHAFT  UNTER  SICH 
UND  MIT  DEN  MALMISCH-POLYNESISCHEN  SPRACHEN 


UNTERSUCHT 


VON 


H.  C.  von  der  GABELENTZ. 


ZWEITE  ABHANDLUNG. 


Des  VII.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Classe  der  Königl. 

Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

Nu  I. 


LEIPZIG 

BEI  S.  HIRZEL 
1873. 


[ 


Vom  Verfasser  übergeben  den  3.  Juli  1S73. 
Der  Abdruck  vollendet  den    15.  October  1873 


1 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  FAT& 


§  1 .  Fat6  (Vat6,  Sandwichinsel)  gehört  zu  den  neuen  Hebriden. 
Turner  (Nineteen  Years  in  Polynesia)  giebt  Wörtersammlungen  von 
zwei  Dialekten  dieser  Insel.  Der  eine,  in  Mele  gesprochen,  ist  offen- 
bar polynesisch  und  mit  den  Sprachen  von  Niua  und  Fotuma  nahe 
verwandt,  wie  schon  die  Zahlwörter  zeigen:  1  tasi,  2  rua,  3  toru, 
4  /Vi,  5  rima,  6  rwo,  7  vitu,  8  varu,  9  siva,  \  0  nofuru.  Der  andere 
Dialekt  dagegen,  der  zu  Erakor  an  der  SüdkUste  der  Insel  gesprochen 
wird,  gehört  den  melanesischen  Sprachen  an  und  es  findet  daher  auf 
Fat6  dasselbe  Verhältniss  wie  auf  Tana  statt,  wo  ebenfalls  ein  poly- 
nesischer  Dialekt  neben  einem  (oder  mehreren)  melanesischen  auftritt. 

§  2.  Indem  ich  nachstehend  das  Wörterverzeichniss  nach  Turner 
ntittheilc,  begleite  ich  es  mit  Vergleichungen  aus  anderen  melanesi- 
schen und  polynesischen  Sprachen: 

Sonne  al  Ebon:  a/,    Sesake:  elo,    Ambrym:  yial 

Mond  atelang  Ebon:  aleng 


Stern  masei 


Wolke  ten  lang 
Himmel  nsau 


Regen  us 
Blitz  napil 
Donner  Ifä 
Wind  9n  lang 


Mele:  masoi,  Errom. :  masi,  Sesake:  masoe 
Diese  beiden  Wörter  sind  jedenfalls  versetzt; 
im  Dialekt  von  Mele  heisst  die  Wolke  sau, 
der  Himmel  te  lang  (Sesake:  koroatelatii) ;  zu 
ersterein  aber  stimmt  polynesisch  ao,  zu  letz- 
terem langi 

Rotuma:  uas,    Sesake:  usa 
Mele:  napila,    polynes. :  uila 
Sesake:  lavai 
Rotuma:  lang,    Sesake:  lani 


Abband) .  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wissensch.   XVII. 


2 


H.   C.  VON  DER  GäBELENTZ, 


Licht  aliat 
Dunkelheit  pong 
Kälte  melanr 
Hitze  fetin 
Berg  ntav 
Land  nfanü 
Sand  naueh 
Stein  fät 
Wasser  nai 
Meer  ntas 
Baum  nwfcaa 
Brodfrucht  nupium 
Taro  Hta/ 
Cocosnuss  rwm'u 
Yam  naui 
Zuckerrohr  naporai 
Banane  nanr 
Canoe  raru 
Schilf  raru  pur 
Fisch  neik 
Schwein  uäk 

* 

Hund  kuri 
Huhn  fo 
Ameise  makal 
Ratte  &ttöu 
Feuer  wfewp 
Haus  nasum 
Pfeil  11« 
Bogen  nas 
Keule  n^a* 
Speer  o/ö 
Tag  aliat 
Nacht  pon</ 
gross  tob 
klein  $ß# 
nah  emultin 
fern  eruptai 


\  s.  unten:  Tag,  Nacht. 

Sesake:  malandi 
Sesake:  pivitunu 
Sesake:  tava 
polynes.:  fanua,  fenua 
Anat. :  nauanaving 
polynes.:  fatu 
Tana:  nui,   Sesake:  noai 
Tana,  Sesake:  tost 
Fidschi:  nafcm 

Errora. :  tal 

polynes.:  mw,    Lifu:  neu 

polynes.:  ufi 

Errom.:  poria 

Sesake:  andi 

Sesake:  rarua 

polynes.:  ika 
Mar6,  Lifu:   puaka 
Annat.,  En*om.,  Tana:    kuri 
Fidschi,  Sesake:   loa 


Annat. :  caup,   Sesake:  kapu 
Tana:  niuma,   Errom.,  Lifu:  uma^ 

Sesake:  am 


Annat. :  adiat^   Sesake :  aleati 
Fidschi:  bogt,   Rotuma:  pong 

Niua:  sisi 
Sesake:  malandini 


H.  C.  VON  DER  GABELENTZ, 


stellen,  legen  ketu 
denken  maruaken 
gehen  fan 
kommen  mai 
sitzen  patok 
machen  fringi 
geben  kefan 
trinken  amin 
essen  fam 
fürchten  matak 
athmen  mar 
lachen  mur 
weinen  lang 
ich  kenü 
du  ang 
er  nga 

wir  (exclus.)    akit 
wir  (inclus.)  komain 
ihr  akam 
sie  ngar 

wir  zwei  (excl.)  komam 
wir  zwei  (incl.)   akit 
ihr  zwei  akam  rakanru 
sie  zwei  ngar 
eins  sikei 
zwei  nru 
drei  tun 
vier  pat 
fünf  lim 
sechs  faft* 
sieben  laru 
acht  /a/u/ 
neun  te/w/ 
zehn  ralim 
zwanzig  limru 
hundert  tiflisgei 
tausend  pon 


Niua:  fano 

polynes.:  mai  hierher 

Annat. :  atcuk,    Lifu:  lapadhu 


Annat. :  umwig 

Niua,  Sesake,  Mele:  mataku 

Duauru:  moere        ' 

Tana:  marhis,   Sesake:  muru 

polynes.:  tangi 

Mar6:  inw,    Sesake:  kinau 


Diese  beiden  Wörter  sind  offenbar  verwech- 
selt, vergl.  unten  den  Dual,  und  Tana:  ketaha, 
kamaha,   Niua:  akitea,  akimea 


Errom.:  sa,   Sesake:  sikai 

polynes.:  rua 

Mare:  tini 

Krrom. :  devat,   Sesake:  pati 

polynes.:  lima 

Sesake:  la  tesa 

Sesake:  la  rua 

Sesake:  la  tolu 

Sesake:  lo  veti 

Sesake:  lua  (rua)  lima 


Die  melanesischen  Sprachen.  5 

§  3.    Hierbei  ist  zu  bemerken: 

1)  na,  n  scheint  öfters  ein  mit  dem  Nomen  verschmolzener  Ar- 
tikel  zu  sein,  z.  B.  in  nfänu  Erde,  polynes.  fanua,  ntas  Meer,  Tana 
lasi,  ntal  Taro,  Errom.  to/,  naniu  Cocosnuss,  polynes.  niu,  naui,  Yam^ 
polynes.  ufi  u.  s.  w. 

2)  Bei  den  Zahlen  ist  die  quinUre  Zählmethode  zu  erkennen, 
von  sechs  an  wird  den  Zahlen  ein  la  vorgesetzt,  das  vielleicht  »wieder« 
bedeutet.  Doch  geht  darnach  tun  in  (la)tul^  pal  in  (le)ftd  über;  ralim 
heisst  wörtlich  zwei  fünf. 

3)  Ein  eigentlicher  Dualis  scheint  in  der  Sprache  nicht  vorhan- 
den zu  sein,  um  so  weniger  ist  also  an  einen  Trialis  zu  denken.  In 
der  ersten  und  dritten  Person  lauten  Dual  und  Plural  ganz  gleich 
und  wenn  der  Dual  der  zweiten  Person  durch  akam  rakanru  ausge- 
druckt ist,  so  ist  darin  der  Plural  akam  und  die  Zahl  2  nru  ent- 
halten; was  das  beide  verbindende  raka  bedeutet,  ist  nicht  klar. 


n. 

DIE  SESAKE- SPRACHE  AUF  API. 

I.  Einleitung. 

§  4.  Aj)i,  auch  Tasiko,  oder  Tasitso  genannt,  ist  eine  der  neuen 
Hebriden,  zwischen  Fatö  und  Anibrym  gelegen.  Sesake  ist  eine  Gegend 
an  der  Südseite  der  Insel.  In  dieser  Sprache  besitze  ich  1)  ein  im 
J.  1866  wahrscheinlich  auf  Neu-Seeland  gedrucktes  Vocabular  (Voca- 
bulanj  of  Melanesian  Lamjuagcs.  (Sesake.)  New  Hehrides  Islands),  wel- 
ches auf  63  Üoppelseiten  zwischen  5 — 600  englische  Wörter,  alpha- 
betisch geordnet  mit  den  daneben  stehenden  Sesake -Wörtern  und 
kurzen  Sätzen,  die  den  Gebrauch  erläutern,  enthalt;  2)  ein  Heftchen 
von  9  Seiten,  englische  Partikeln  mit  daneben  stehenden  Sesake- 
Satzen,  worin  diese  Partikeln  vorkommen  (in  diesen  Sätzen,  wie  in 
denen  des  Vocabulars,  sind  die  Sesake-Wörter  nur  zum  Theil  durch 
darüber  gesetzte  englische  Wörter  erklart) ;  3)  zwei  einzelne  Blätter 
mit   den  Zahlwörtern,  Pronomen,  Verbalformen,  Präpositionen  u.  a., 


H.  C.  VON  DER  GaBBLENTZ, 


die  zwar  als  Apee  {Tasiwo.  S.  Side)  bezeichnet  sind,  aber  unver- 
kennbar zu  derselben  Sprache  gehören.  Tasiwo  ist  eine  Gegend  der 
Insel  in  der  Nähe  von  Sesako*). 

§  5.  Diese  Materialien  bieten  allerdings  mehr  Stoff  für  das  Wör- 
terbuch, als  für  die  Grammatik,  doch  lassen  sich  wenigstens  die 
Grundzüge  derselben  daraus  entwickeln.  Zunächst  will  ich  aber,  wie 
gewöhnlich,  ein  nach  Gegenständen  geordnetes  Wörterverzeichniss 
vorangehen  lassen: 


1.  Himmel ,  Luft,  Zeit. 


koroatelani  Himmel 
liu  Welt 
elo  Sonne 
mamia  Mond 
masoe  Stern 
marama  Licht 
meelu  Schatten 
ni  vila  Blitz 
law  Wind 
laniatu  Sturm 
malingo  Wolke 
usa,  wusa  Regen. 


lavai  Donner 
soara  Regenbogen 
ruru  Erdbeben 
neura  Thau 
kapu  Feuer 
asua  Rauch 
suqeseka  Funken 
lano  au  Asche 
aleati  Tag 
boni  Nacht 
rani  melu  Abend 


2.  Erde. 


vanua  Erde,  Land 
tano  Erde,  Erdboden 
ure  Boden,  Grund 
roara  Feld 
tava  Berg 
vatu  Stein 
ma8ua  Gipfel 
waraone  Sand 
mbura,  avuavu  Staub 


lepa  Schmutz 
mbna  Weg 
mbaqa,  sali  Graben 
moru  Grube,  Grab 
kiirau  Eisen 
malas  Wald 
noai  Wasser 
tasi  Meer 
mati  Ebbe 


*)  Tasiko,  Tasilso  sind  vielleicht  nur  Nebenformen  von  Tasiwo,  und  würden 
dann  nicht  Namen  für  die  ganze  Insel,  sondern  nur  für  den  südlichen  Theil  der- 
selben  sein. 


Die  melanesischbn  Sprachen. 


tavara  Fluth 
rimu  Welle 
lau  Ufer 


motu  noai  Brunnen 
vanua  motu  Insel 
tatarai  Perle. 


3.  Mensch. 


to,  tamoli  Mensch 

kana  Mann 

koroi  {goroi)  Weib 

tama,  popo  Vater 

qila  Mutter 

tele  Mama 

^art  Kind 

natu  Sohn 

toi  Bruder 

göre  Schwester 

bilumbilu  Freund 

taua  Krieger 

karaka  Krüppel 

vanuaqota  Ausländer,  Fremdling 

wranaleokakana  Körper 

bau,  mbau  Kopf 

lidu,  ululu  Haar 

dalina  Ohr 

mala  Auge,  Gesicht 

nako  Gesicht 

nisu  Nase 

marita  Nasenlöcher 

manoe  Lippe,  Zahnfleisch 

mbati  Zahn 

mena  Zunge 

nasi  Kinnbacken 


bupu  Backe,  Wange 

kaundaleo  Hals 

ruma  Brust 

taku  Rucken 

batirau  Herz 

mona  Lunge 

mbivele  Leib,  Bauch 

mavu  Nabel 

vindi,  vidi  Seite 

tua  Bein,  Fuss 

batua  Knie 

mwele  Fuss 

rw  Hand,  Arm 

kini,  keni  Finger 

kini  na  tua  Zehe 

weli  Haut 

bokasi  Fleisch 

wa  Ader 

W(/a  Blut 

vatu  na  ta  Knochen 

temate  Leichnam 

ririmata  ThrUnen 

boren  Traum 

leo  Stimme,  Ton ;  Art  und  Weise 

manuka  Wunde 

nisa  Name. 


koriia  Hund 
teango  Schwein 
kusuwe  Ratte 


4.  Thiere. 


maniwa  Fledermaus 
manu  Vogel 
toa  Huhn 


8 


H.    C.  VON  DER  GABELENTZ, 


tolu  Ei 
nika  Nest 
lanavaru  Flügel 
mbue  Schwanz 
ika,  iga  Fisch 


marai,  moni  Aal 
mala  Schlange 
vonu  Schildkröte 
maialoa  Skorpion 
kalumwe  Spinne. 


5.  Pflanzen. 


kau  Baum,  Holz 
dara  Zweig,  Ast 
lau,  li  Blatt 
malona  Baumstamm 
mtdu  Rinde,  Schale 
lake  Wurzel 
niu  Cocospalme 


toaru,  u  Rohr,  Schilf 
mbarai  Zuckerrohr 
mwenau  Gras,  Unkraut 
vuna  Beere,  Blüthe 
wa  Frucht 
mbatina  Saamen 
molokara  Schwamm. 


6.  Wohnung ,  Geräthe. 


kopu  Haus 

mpula  Dach 

mbutu,  titiro  Fenster 

matakisala  Thüre,  Pfad 

koro  Zaun 

dangoro  Riegel 

paseu  Nagel 

tanyali  Pflock 

8ape  Bret 

mbula  Bret,  Tisch 

wetvele  Bett,  Matte 

datia  Sack 

vi#ira  Korb 

sasara  Besen 

garau  Topf 

siloa  Schüssel 

lasa  Gefäss,  Schüssel 

tuturi  Kette 


mea  Schnur 
tau  Seil,  Strick 
nua  Geld 
masmas  Messer 
noko  Tätowirstichel 
tanoto  Axt 
taqes  Hacke 
io  Speer,  Lanze 
tiga  Pfeil 
asu  Bogen 
matasikai  Köcher 
mbwe,  ngue  Keule 
rarua  Schiff 
matau  Anker 
lae  Matte,  Segel 
kupena  Netz 
tangau  Angelhaken. 


Die  melanesischen  Sprachen. 


9 


7.  Kleidung,  Speise. 


kuluktdu  Kleid,  Kleidung 
kalau  Gewebe 
matiu  Rand,  Saum 
tali-otioti  Gürtel 
iaqau  Hut 
vinana  Speise 


mbatau  Brodfrucht 
andi  Banane 
wui  Yam 
niu  Cocosnuss 
nai  Mandel 
lugu  na  ika  Oel. 


haro  taub 
dangele  quer,  schief 
davosa  voll 

dorono  ruhig,  schweigend 
duai,  tuai  alt 
dunituni  süss 
dutu  moru  tief 
yaikai  weiss 
galeana  gerade 
garai     widerspenstig ,      hart- 
näckig 
yarukaroa  rauh 
yasua,  ngasua  fest,  hart,  derb 
yattwata  gross 
«/iZri,  w*//Ät,  Äi/ri,  ri&t  klein 
gokona  bitter 
{/o/t*  lahm 
A'Acira  unfruchtbar 
lakolako  ruhig,  still 
foiwa  aufrecht,  gerade 
/o/o  süss 
lomau  wahr 
makali  scharf 
malandi  kalt 
malakesa  blau,  grün 
malandini  nahe 
malua  voll 


8.  Adjectiva. 

wami  reif 


manaenac    weich,     schwach, 

müde 
manyeri  seicht 
manukunuku  weich 
marita  um  zornig 
masaki  krank 
male  todt 
mbula  gross,  viel 
me/c  sorgfältig,  genau 
memeu  nass 
merara  leicht 
mici/a  roth 
fwi/a  wild 
miloloa  gelb 
wio/t  bloss 
mwemwe  zahm 
namala  albern 
nambua  gerade,  recht 
naranara  trocken 
naxali  eng 
ndaqa  leer 
ndaulau  rein,  weiss 
ndoroloro  heiss 
ndunituni  süss 
ninika  schnell 
wo  fertig 


10 


H.   C.   VON  DER  GABELENTZ, 


ttgau  wild 

ngokona  bitter 

ngokovata  sauer 

onota  schwarz 

parau  gross,  hoch,  weit,  fern 

pisuru  falsch 

pitolo  hungrig 

pivituni  heiss,  warm 

polu  stumpf 

pomu  krank,  übel 

punuta  mürrisch 

pura  voll,  leck. 


puru  kurz,  niedrig 

pusa  stumm 

qia,  wia  gut,  wohl,  gesund 

qili  blind 

sa  schlecht 

sali  falsch 

samna  krank 

soki  fest 

suwori  zornig 

tureai  jung 

vau  neu 


9.  Verba. 


aluvi  winken 

atai  kennen,  wissen,  verstehen 

atumakini  schwingen 

au  nehmen 

ava  baden,  schwimmen;  fehlen, 
irren 

batua  füttern 

dara,  ndara  scheinen 

datani  rächen 

dipe,  ndipe,  tipe  schiessen 

dondomi  glauben,  denken,  ge- 
denken, sich  erinnern 

dondono  fühlen 

dono,  ndono  hören 

dowo,  ndowo  fallen 

duleana,  tuleana  stehen 

duraki  stampfen 

gani,  ngani,  kani  essen,  ver- 
zehren 

ganikani  essen 

garuti  kratzen 

gasi,  kasi  reiben,  abwischen 

gali  beissen 


giliy  küi  graben 

guatuni  begraben 

gurapiri  sich  wundern 

guvakuva  fliegen 

ko  schlagen 

konda  sitzen 

laxlaxe  bewundern,  sich  freuen 

lalauwo  säen 

law  rufen,  schicken 

lauwo  pflanzen,  stechen 

lavi  nehmen,  aufheben 

lavulavu  wachsen 

leleo  aufwachen 

lena  tanzen,  springen,  singen 

ligo,  liko  binden,  halten 

liliu  (leleo?)  zurückkehren 

lisa  werfen 

lolo  suchen 

lolos  waschen,  baden 

lusea  rudern 

maeto  schelten 

makoto  zerreissen,  abreissen 

malivusa  sich  biegen 


Die  melanesischen  Sprachen. 


11 


malokini  vergessen 

mamdu  hinuntergehen 

mando  dürsten 

marie  fallen 

mararoa  wenden,  umdrehen 

masai  durchbohren,  aufbrechen 

masamasana  hobeln,  glätten 

masau(na)  lieben,  gern  haben, 
wünschen 

maiaki  wenden,  umkehren 

maluku  fürchten 

malauke  sich  schämen 

matausi  sich  vorsehen,  bewah- 
ren, hüten 

maturu  schlafen 

mauri  leben 

mausa  finden 

mawora,  niawori  brechen 

mawuriwuri  kriechen 

tnenai  lecken,  kosten 

meri  tödten 

merimeri  berühren 

mindiri  schreiben 

momoa  gähnen 

mua  (Hessen 

munu,  mununi  trinken 

muru  lachen 

musu  untergehen  (v.  der  Sonne) 

mwelu  verlassen 

ndaqalosa  umdrehen 

mlaki  ausgiessen 

ndaleva  abwehren 

ndasuru  verbergen 

ndauni  kochen 

ndekai  hängen 

ndimandima  klopfen 

ndiro  untergehen,  ertrinken 


ndo,  to  leben,   sich   aufhalten, 

wohnen,  sitzen 
ndoko,  toko  sitzen,  sich  setzen 
ndopu  schwellen 
ndovai  schneiden 
nduantjüti  bezahlen 
nduri  nähen 
ndurururu  zittern 
nduti  binden 
ndutu  waten 

noa  sprechen,  sagen,  nennen 
nuanuaki  bewegen,  rütteln 
!*ara  treffen 
8</at,  nguai  weinen 
ngaroa  kratzen 
ngokola  verwittern 
ngum  sich  bücken 
ovakini  begraben 
pa  gehen 
pai  geben 

pakusa  herausziehen 
palapala  abschneiden 
panako  stehlen 
panani  durchbohren 
panarai  ausbreiten,  entfalten 
panyokolo     handeln ,     kaufen , 

tauschen 
pani  klettern 
para  umhergehen 
pas  zerdrücken,  zerbrechen 
pasa  sagen,  sprechen 
pasanda  ausgleiten,  rutschen 
pasangoro  verbieten 
pati  machen,  bauen 
pau  weben 
paum  legen,  setzen 
pe  kommen 


12 


H.   C.  VON  DER  GABELENTZ, 


peluai  wegnehmen 
peveveve  zählen 
jnkakau  leugnen 
pila  leuchten,  blicken 
pilai  bringen,  holen 
pilenonda  straucheln 
pili  blinzeln 
piliketi  schälen 
pioso  schreien,  rufen 
piriviri  lösen,  los  machen 
pise  lehren' 

pisingoro  geboren  werden 
pisolo  gebären 

pisua   zusammenkommen,    be- 
gegnen 
piswu  fragen 
pitosi  ausstrecken,  öffnen 
pitua  stechen,  geben 
pivimeri  kämpfen 
pivito  lügen 
poka  schlagen 
poka-punue  todtschlagen 
polanati  öffnen 
posiwosi  arbeiten 
pu  sehen 

pua,  vua  halten,  fangen,  ziehen 
puku  husten 
puluki  wickeln 
punusi  sehen 

pupulu  anhängen,  ankleben 
putea  ausreißen,  jäten 
puvurai  spucken 
qelukini  zuschliessen 
qoa  stinken 
qokapiri  sich  öffnen 
rako  sitzen 
rono  hören 


rowo,  ndowo,  qowo  fallen 

sake  aufgehen  (v.  der  Sonne) 

sale  schwimmen 

sapura  wegwerfen 

sara  fliessen;  hängen 

sasaqo  irren,  fehlgehen 

saundoa  scherzen,  spotten 

sava  rollen  (v.  Schiffen) 

satvoni  hängen 

sie  zerreissen 

siko  rächen 

silasilaki  sprengen,  sprützen 

sindono  riechen 

sipesipe  trommeln 

soro  verbrennen;  abwischen 

sorovi  trinken 

sosoada  rollen 

sovasova  athmen,  keuchen 

sovi  eintauchen 

suasua  gehorchen 

mi  anzünden;  helfen 

suki  halten 

sunduku  lauern 

suni  aufsetzen 

susuna  schlagen,  klopfen 

taki  ausgiessen 

tape,   ndape    nehmen,    halten, 

tragen,  bringen 
tapepe  geben 
iauwa  krachen,  brechen 
tiqan  verschliessen 
Uro  sinken,  ertrinken 
tiu  hinablassen 
ioro  legen 

lotowo  wägen,  messen 
tova  schneiden 
Um  vertheileu 


Die  melanesischen  Sprachen.  13 

tuna  anhalten,  stillstehen  vakali  schärfen,  schleifen 

tuturu  tropfen,  tröpfeln  vau  tragen  (Mehrere) 

uli  verwechseln,  vertauschen  vavaw  brennen 

uru,  urusi  knarren,  dröhnen  ve,  vei  kommen 

va  gehen  veni  rösten. 

§  6.  Um  die»  Verwandtschaft  mit  anderen  melanesischen  und 
polynesischen  Sprachen  darzuthun,  beschränke  ich  mich  auf  folgende 
Beispiele:  aleati  Tag,  Annat.  adiat  —  bo&i  Nacht,  Fidschi  bogi,  polyn. 
pongi  —  ela  Sonne,  Fat6  al  —  masoe  Stern,  Errom.  masi,  Fate  masei  — 
luni  Wind,  Rotuma,  Vunmar.-  lang,  Ambrym  leti  —  kapu  Feuer,  Annat. 
caup  —  noai  Wasser,  Errom.  nu  —  iasi  Meer,  Tana  tasi,  Vunmar. 
taihi  —  vatu  Stein,  Fidschi  vatu,  polyn.  falu9  Annat.  hat  —  wmuaErde, 
Fidschi  vanua,  Vunmar.  vanu,  Lifu  fetie  —  tano  Erde,  Tana  tana — 
vanua  motu  Insel,  polyn.  motu  —  kana  Mann,  Hawai.  kanaka  —  ta, 
tamoli  Mensch,  Ambrym  ta,  Vunmar.  ata,  Fate  natamol  —  bau  Kopf, 
Fate  napaun — lulu,  ululu  Haar,  Ambrym  wolu,  al  —  dalina  Ohr,  Fidschi 
daliga,  polyn.  talinga  —  mala  Auge,  Fidschi,  polyn.  mal.  mala  —  manu 
Vogel,  Tana,  polyn.  manu  —  ika  Fisch,  Fidschi,  polyn.  ika  —  /um Baum, 
Tonga  akau,  mal.  kayu. 

Die  in  das  Sesake  aufgenommenen  polynesischen  Wörter  rühren 
vielleicht  von  der  Nachbarschaft  der  Insel  Mai  her,  auf  welcher  ein 
polynesischer  Dialekt  herrscht.  Im  Uebrigen  nähert  sich  das  Sesake 
am  meisten  dem  Fate,  wie  aus  der  dort  gegebenen  Sprachvergleichung 
zu  ersehen  ist. 

IL  Lautlehre. 

§  7.  Ueber  die  Aussprache  kann  ich  nur  Vermuthungen  auf- 
stellen. Hinsichtlich  der  Vocale  nehme  ich  an,  dass  sie  nicht  die 
englische,  sondern  die  deutsche  oder  italienische  Geltung  haben.  Zum 
Theil  mag  ihr  Laut  nicht  streng  ßxirt  sein,  woraus  sich  Schwan- 
kungen in  der  Schreibart,  wie  pala  und  pale,  pilikeli  und  ptlikiti, 
siivo  und  suwo,  pivüuni  und  pivilunu,  panako  und  panaku,  suwo  und 
suwu,  tolu  und  Udu,  mboni  und  mbuni  erklären.  Als  eine  Eigentüm- 
lichkeit verdient  erwähnt  zu  werden,  dass  der  Vocal  der  ersten  Sylbe 
sehr  häufig  in  der  zweiten  wiederkehrt,  wie  in  dana,  data,  kana, 
lana,  giki,  gili,  ninika,  mindiri,  dono,  dondomi,  dorono,  dowo,  was  be- 


14  H.  C.  von  drr  Gabrlrntz, 

sonders  bei  u  der  Fall  ist:  bupu,  dutu,  kulukulu,  kusuwe,  lugu,  lulu, 
munu,  muru,  mtmi,  ndurtiruru,  ngusu,  puku,  puiuki,  punusi,  purti,  pur- 
vurai  u.s.w. 

§  8.  Von  den  Consonanten  hat  #  die  nasale  Aussprache  wie  ng 
im  Deutschen,  q  steht  wahrscheinlich  für  qu.  Es  wechselt  zuweilen 
mit  p,  wie  in  qokati  und  pokati,  kuqena  und  küpena,  qosiwo&i  und 
posivjosi.  Die  Anfangsconsonanten  der  Wörter  leiden  eine  Erweichung, 
wenn  das  vorhergehende  Wort  mit  dem  nachfolgenden,  z.B.  als  Ar- 
tikel oder  Pronomen,  in  näherer  Verbindung  steht.  Diese  Erweichung 
besteht  darin,  dass  /  in  d,  k  in  </,  p  in  v  oder  «0,  q  in  w  verwan- 
delt, oder  den  weichen  Consonanten  6,  d,  g  ein  Nasal  vorgesetzt, 
also  6  in  mb,  d  in  nd,  g  in  ng  verwandelt  wird.  Zuweilen  finden 
sich  auch  beide  Arten  der  Erweichung  bei  demselben  Worte,  wie 
wenn  iape  zu  ndape,  kani  zu  ngani  wird.  R  scheint  sich  dem  t  in 
der  Aussprache  zu  nähern,  daher  statt  dorn,  hören,  auch  rono  gesagt 
wird;  Folge  hiervon  ist,  dass  r  auch  zu  nd  erweicht  wird,  wie  in 
ndfta  von  rua,  ndowo  von  rowo.  Auch  ist  zuweilen  ndr  statt  nd  ge- 
schrieben, z.  B.  ndro  statt  ndo.  Eine  solche  Erweichung  findet  sich 
auch  in  den  durch  Doppelung  (§  10)  gebildeten  Wörtern  und  zwar 
bald  bei  dem  ersten,  bald  bei  dem  zweiten  Theil  des  Wortes,  z.  B. 
pokavoka,  posiwosi,  bilumbilu,  guvakuva,  jririviri,  ndautau,  ndorotoro  u.  s.  w. 


III.  Wortbildung. 

§  9.  Das  Sesake  hat  Präfixe  und  Suffixe.  Als  Präfixe  finden 
sich  pa,  paka  und  a,  welche  dem  Verbuni  causative  oder  transitive 
Bedeutung  geben,  wie  palakolako  flüstern,  von  lakolako  still,  palikoti 
anlegen,  befestigen,  von  liko,  likoti  halten,  festhalten,  pakamauriki 
heilen,  retten,  von  mauri  leben,  pakaqiaki  heilen,  von  qia  wohl,  ge- 
sund, pakandaulau  reinigen,  von  ndautau  rein,  andrapuki  heiligen,  von 
ndrapu  (tapu)  heilig. 

Als  Suffixe  finden  sich  ausser  dem  in  den  letzten  Beispielen 
nach  dem  Präfix  paka  und  a  auftretendem  ki  noch  kirn,  ü  und  m, 
deren  Bedeutung  mir  nicht  klar  ist.  Ich  beschränke  mich  daher  dar- 
auf, die  vorkommenden  Beispiele  anzuführen:  atumakini  schwingen, 
malokini  vergessen,  ovakini  begraben,  qelukim  zuschliessen,  nuanuakini 


Die  UELAirasiscHBft  Sprachen.  15 

oder  nuanuaki  bewegen,  rütteln  —  puati  fangen,  halten,  v.  pua  dass., 
likoti  halten,  v.  liko  dass.,  pokati  schlagen,  v.  poka  dass.,  polanati 
öffnen,  piliketi  schälen,  garuii  kratzen,  —  takini  giessen,  eingiessen, 
v.  iaki  giessen,  vergiessen,  guatuni  begraben. 

§  10.  Auch  durch  Zusammensetzung  werden  Wörter  gebildet: 
palosuwo  (wörtlich:  oben  unten)  kentern,  vanuaqota  (wörtlich:  Land 
anders)  Fremdling,  Ausländer. 

Am  häufigsten  findet  sich  die  Zusammensetzung  in  Form  der 
Verdoppelung  und  zwar  entweder  des  ganzen  Wortes  oder  der 
Anfangs-  (bezüglich  End-)  Sylbe.  Als  Verdoppelung  des  ganzen  Wortes 
kommt  vor:  avuavu  Staub,  bilumbilu  Freund,  duniluni  süss,  guvakuva 
fliegen,  ganikani  (ganigani,  kanikani)  essen,  v.  kani  dass.,  kulukulu 
Kleidung,  lakolako  ruhig,  lavulavu  wachsen,  masmas  Messer,  merimeri 
berühren,  mwetnwe  zahm,  ndautau  rein,  weiss,  ndaloialo  Wendung  des 
Schiffes  (?engl.  tack),  ndorotoro  heiss,  ndurururu  zittern,  v.  ruru 
Beben,  Erdbeben,  otioti  in  tali  oiioti  Gürtel,  palapala  abschneiden, 
piliunli  blinzeln,  v.  pili  dass.,  piriviri  lösen,  losbinden,  peveveve  zäh- 
len,  pokawoka  pochen,  klopfen,  v.  poka  schlagen,  posiwosi  (wosiwosij 
arbeiten,  fleissig  sein,  v.  wosi  arbeiten,  verfertigen,  saisai  versammelt, 
vermischt,  sorosoro  flackern,  flammen,  v.  soro  brennen,  sovasova  ath- 
men,  keuchen,  suasua  gehorchen,  strisui  Feuergewehr,  v.  sui  anzün- 
den, walawala  Kreuz,  Querstange,  wokawoka  hungern? 

§  11.  Neben  dieser  Verdoppelung  treten  zuweilen  noch  Präfixe 
ojler  Suffixe  auf,  wie  in  mawuriwuri  kriechen,  manukunuku  weich, 
si Lisi laki  sprengen,  sprützen,  fiuanuaki  bewegen,  rütteln,  gasugasua 
fleissig  (v.  gusua  fest,  hart?),  garukaroa  rauh,  vgl.  garuii  kratzen, 
lailaiea  {laelaea)  froh,  vergnügt,  v.  lailaie  bewundern,  masamasana 
hobeln,  glätten. 

Verschieden  hiervon  scheinen  die  Fälle  zu  sein,  wo  nur  die 
Anfangssylbe  oder  die  Endung  des  Wortes  wiederholt  wird,  z.  B. 
doudono  fühlen  (v.  dono  hören?),  lalauwo  säen,  v.  lauwo  stechen, 
pflanzen,  nonola  schwarz,  sasaqo  irren,  fehlgehen,  sasara  Besen,  su- 
sunduku  lauern,  v.  sunduku  dass.,  totovi  vertheilen,  v.  tovi  dass.,  lutu- 
iuri  im  Zusammenhang,  v.  tuturi  Kette  —  dangelegele  krumm,  v.  dan- 
gele  quer,  schief. 


16  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

IV.  Formenlehre. 

a.  Substantiynni. 

§  12.  Die  Substantiva  sind  indeclinabel.  Sie  haben  einen  be- 
stimmten Artikel  na:  na  ta  der  Mensch,  na  kau  der  Baum.  Vor 
kopu,  Haus,  steht  dafür  stets  e  (es). 

Für  die  Casus  giebt  es  weder  Formen,  noch  besondere  Partikeln. 

Der  Dual  wird  durch  rondua  (rundua)  bezeichnet:  na  ta  e  ron- 
dua  die  z\yei  Männer. 

Der  Plural  wird  durch  nachgesetzte  Nomina,  welche  eine  Menge 

bezeichnen,  ausgedrückt,  wie  manga,  wase  manga,  lapa,  mau,  mamau, 

z.  B.  kana  manga  Männer,  Burschen,  kopu  wase  manga  viele  Häuser, 

'na  lamoli  lapa  die  (vielen)  Männer,  goroi  mau  Weiber,  na  loriki  mau 

(mamau)  die  Dinge. 

b.  Adjectiynm. 

§  13.  Das  Adjectiv  ist  ebenso  unveränderlich  wie  das  Substantiv, 
dem  es  stets  nachgesetzt  wird:  rarua  gauwata  ein  grosses  Schiff,  tea 
gauwala  eine  grosse  Sache,  rarua  giki  ein  kleines  Schiff,  gart  riki 
ein  kleines  Kind,  masina  vau  der  neue  Mond. 

Wie  die  Steigerungsgrade  ausgedrückt  werden,  wird  später  ge- 
zeigt werden. 

c.  Zahlwort. 

■ 

§  14.  Die  Zahlen  von  eins  bis  zehn  sind:  1  sikai,  2  raa, 
3  ndolu,  4  pati,  5  lima,  6  la  tesa,  7  la  rua,  8  la  tolu,  9  la  veti, 
1 0  tua  (lua)  lima.  Was  lua  hier  bedeutet  ist  mir  unklar,  es  müsste 
denn  eine  Nebenform  von  rua  zwei  sein;  tua  lima  scheint  wörtlich: 
Fuss  und  Hand  auszudrücken,  wenn  auch  lima  in  seiner  ursprüng- 
lichen Bedeutung:  Hand,  nicht  mehr  im  Sesake  gebräuchlich  ist. 

d.  Pronomen. 

§  15.  Die  persönlichen  Pronomina  haben  einen  dreifachen 
Numerus :  Singular,  Dual  und  Plural,  und  unterscheiden  in  der  Mehr- 
zahl der  ersten  Person  einen  inclusivus  und  exclusivus.  Es  giebt 
eine  vollere  und  eine  kürzere  Form;    erstere  kann   für   sich  allein, 


Die  melanesischen  Sprachen:    Sesake.  17 

letztere    nur    in    Verbindung    mit   einem    Verbum    gebraucht   werden 
(Verbalpronomen) . 


vollere  Form. 

kürzere  Form. 

Singular. 

1. 

Pers. 

kinau,  nau,  au 

a,  ka,  ga,  ta  ich,  mich,  mir 

2. 

Pers. 

niingo,  koa, 

ku,  ko  du 

ama 

dich,  dir 

3. 

Pers. 

nai,  nai  weina,   tria 

e           er,  sie,  es 

neana 

ihm,  sein 

ana,  ea,  ia 

a           ihn,  sie  es 

Dual. 

1. 

Pers. 

incl.  nininda  to  rundua 

to  ro,  to  ru,  turu 

excl.  ningami  a  rundua 

a  ro,  a  ru 

2. 

Pers. 

nimui  ko  rundua 

ko  ro,  ko  ru 

3. 

Pers. 

na  ra  e  rundua 

Plural. 

e  ro,   e  ru 

1. 

Pers. 

incl.  ninginda  tu 

tu 

excl.  ningami  au 

au 

2. 

Pers. 

nimui  ku  (go) ,  ku  ngua 

ku,  gua 

3. 

Pers. 

na  ra  u  (eu) 

eu. 

Der  Plural   kann   durch   Beifügung   der   Zahl   näher   bezeichnet 
werden,    wie   nininda   tu  ndolu  wir  drei,   nininda   tu  paii   wir  vier, 
nininda  tu  lapa  wir  viele,  doch  berechtigt  dies  nicht,  hier  einen  wirk- 
lichen Trialis,  wie  in  anderen  melanesischen  Sprachen  anzunehmen, 
da  diese  Zahlwörter  unverändert  bleiben  und  nicht,  wie  beim  Dualis, 
eine  besondere  Form  annehmen.     Die  Form  a  der  3.  Pers.  Sing,  er- 
scheint als  Suffix  nach  Präpositionen  und  Verben.    Die  Formen  ama 
und  ana  der  zweiten   und   dritten  Person   finde   ich    nur  nach   der 
Präposition  ki,  doch  sagt  man  auch  ki  ngo,  ki  nia. 

§  16.  Possessiva,  welche  eine  natürliche  Zugehörigkeit  aus- 
drucken, wie  bei  dem  Körper  und  seinen  Theilen,  dem  Namen,  der 
Sitte  und  Verwandtschaftsverhältnissen,  werden  durch  Suffixe  am 
Nomen  ausgedrückt,  welchem  der  Artikel  na  vorangeht.  Dies  ge- 
schieht nach  folgendem  Schema: 

Sing,     na  runga  meine  Hand   (Hände) 
na  ruma  deine  Hand 
na  runa  seine  Hand. 

Abkart.  d.  K.  8.  GeMlUcb.  d.  Witteoich.  XVII.  £ 


18  H.  C.  von  der  Gabelentz, 

Dual,     na  runinda  lo  rundua   )  ¥¥      , 

\  unsere  Hände 

na  rungami  a  rundua  J 
na  rumui  ko  rundua  euere  Hände 
na  runda  e  rundua  ihre  Hände. 
Plur.     na  runimla 


:• 


unsere  Hände 
na  rungami 

na  rumui  euere  Hände 

na  runda   (ruda,  ru  nura  waina)   ihre  Hände. 

So  na  lamangu  mein  Vater,  na  qilangu  meine  Mutter,  na  mbaungu 
mein  Kopf,  na  vindingu  meine  Seite,  na  tamama  dein  Vater,  na  bauma 
dein  Kopf,  na  nisana  sein  Name,  na  ululuna  sein  Haar,  na  leongami 
unsere  Sitte,  na  leomui  euere  Sitte,  na  leonda  ihre  Sitte,  na  bokasida 
ihr  Fleisch.  Auch  sagt  man  na  urena  das  Ende,  der  Grund,  na  lakena 
der  Anfang,  na  malona  die  Mitte  (der  Sache),  z.B.  na  urena  na  mbo#i 
das  Ende  der  Nacht,  na  urena  na  vasana  das  Ende  der  Rede. 

Andere  Possessiva  werden  durch  das  persönliche  Pronomen,  das 
mit  vorgesetztem  a  dem  Nomen  folgt,  ausgedrückt,  indem  e,  das  ab- 
gekürzte Pronomen  3.  Pers.,  vorangeht,  z.  B.  e  kopu  a  nginau  mein 
Haus,  e  kopu  a  niingo  dein  Haus,  e  kopu  a  neana  sein  Haus,  e  kopu 
a  nininda  (ningami)  unser  Haus,  e  kopu  a  nimui  euer  Haus,  e  kopu 
ande  ara  ihr  Haus. 

§  17.  Demonstrativa  sind:  nw,  wose  dieser,  woi^wona  jener; 
Interrogativa:  sei,  im,  seisei  wer?  na  sava,  na  sa  was?  seve  wel- 
cher? seve  tea  welche  Sache?  was?  pisa  wie  viele?  a  ngi  sei  wein, 
wessen?  In  de  finita:  sikai  —  sikai  der  ^ine  —  der  andere,  lipuasa 
einige,  lapa  viel,  warmi  alle,  pisa  wenig,  loriki  (Ding)  etwas,  masiki 
allein.  Letzteres  wird  mit  Pronominalsuflixen  verbunden:  in  asi  kinau 
ich  allein,  musikiugo  du  allein,  masikini  er  allein. 

e.  Verbum. 

§  48.  Die  Verba  sind  ebensowenig-  einer  Biegung  Fähig,  wie 
die  Nomina.  Die  Personen  werden  durch  die  vorgesetzten  Pronomina 
bezeichnet,  und  zwar  geht  der  kürzeren  Form  entweder  die  vollere 
voraus,  oder  es  folgt  ihr  eine  der  Partikeln  ka  (j/a,  nija),  nda  oder 
ndro,  z.B.  kinau  a  sindono  ich  rieche,  kinau  a  pise  ich  lehre,  niitigo 
ku  pali  du  thust,  niiugo  ku  pu  du  siehst,  nai  weina  e  maeto  er  schilt, 


Die  melanesischen  Sprachen:    Sesake.  19 

nai  e  pati  er  macht,  nininda  tu  ka  va  wir  gehen,  nininda  tu  ndu 
leana  wir  stehen  auf,  ninijami  au  noa  wir  sprechen,  ningami  au  pan- 
gokoto  wir  vertauschen,  nimui  go  vunusia  ihr  seht,  nimui  ku  masau 
ihr  liebt,  nara  eu  pati  sie  inachen,  nara  u  gurapiri  sie  wundern  sich 
—  a  nga  tape  ich  nehme,  ku  nga  va  du  gehst,  e  nga  to  es  befindet 
sich,  tu  ka  maturu  wir  schlafen,  ku  nga  pntea  ihr  reisst  aus,  —  a  nda 
mwdua  ich  verlasse,  e  nda  pausa  er  legt,  e  nda  malua  er  füllt  — 
kirn  a  ndro  punusi  ich  sehe. 

Zuweilen  steht  noch  die  Partikel  ko  vor  dem  Verbum:  ga  ko 
dondmi  ich  glaube,  nai  e  ndro  ko  pati  er  macht. 

§  19.  Au  und  eu  stehen  ohne  solche  Partikeln :•  au  ndipe  wir 
schiessen,  au  noa  wir  sagen,  au  atai  wir  wissen,  au  min  dir  i  wir 
schreiben,  eu  meri  sie  tödten,  eu  ndara  sie  scheinen.  Auch  e  steh! 
ohne  solche,  wenn  das  Subject  unmittelbar  vorausgeht:  rarua  e  sava, 
e  «ruw  das  Schiff  rollt,  es  kracht,  elo  e  mum  die  Sonne  geht  unter, 
*wi  e  sara  das  Wasser  Messt,  na  tamoli  e  pioso  der  Mensch  ruft. 

Auch  das  Pron.  1.  pers.  sing,  a,  ga  steht  häufig  ohne  solche 
Partikel  unmittelbar  vor  dem  Verbum:  ga  tape  oder  a  ndape  ich 
nehme,  bringe,  a  inasau  ich  liebe,  a  dono  ich  höre,  a  ndondomi  ich 
gedenke,  a  ndundumi  ich  bedauere,  ka  vakali  ich  schleife. 

In  Fragsätzen  und  negativen  Sätzen  sind  diese  Partikeln  eben- 
falls nicht  gebräuchlich:  ku  pati- atai  weisst  du?  e  nga  sa  ku  muru 
fa  nau  warum  lachst  du  über  mich?  e  qia  kitai  e  sa  ist  es  gut 
oder  schlecht?  a  ndi  masauna  ich  liebe  es  nicht,  a  ndi  pati  ich 
habe  es  nicht  gethan,  e  ndi  pasa  £r  spricht  nicht,  e  ndi  dotw  er 
hört  nicht. 

§  20.  Die  Tempora  werden  in  der  Regel  nicht  näher  bezeich- 
net, kiiiau  a  pati  heisst  nach  Umständen,  ich  thue,  ich  that,  oder 
ich  werde  thun.  So  sagt  man:  nai  e  pati  na  tamoli  er  schuf  den 
Menschen,  a  poka  ich  schlug,  au  ndipe  ich  schoss,  gari  riki  e  pisin- 
goro  masoso  ein  kleines  Kind  wurde  heute  geboren,  tu  ka  ganikani 
wir  werden  (wollen)  essen,  tu  ka  lolos  wir  wollen  baden,  pa  veea, 
kinau  ga  vo  e  ndaku  geh  voran,  ich  werde  nachfolgen,  pa  ta  u  wa 
masmas,  ga  tova  wango  a  gieb  das  Messer  her,  ich  will  das  Schwein 
damit  zerschneiden,  pa  tu  au  tangau,  a  nga  puu  na  ika  gieb  mir  eine 
Angel,  ich  will  Fische  fangen,   rarua  e  nga  mawora  das   Schiff  wird 

zerbrechen. 

2* 


20  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

§  21.  Zuweilen  wird  das  Präteritum  durch  tuai  vormals,  das 
Futurum  durch  sangiki  bald,  in  Kurzem,  naher  bezeichnet:  a  ngau 
siko  popo  eu  meri  tuai  ich  will  meinen  Valer  rächen,  den  sie  ge- 
tödtet  haben,  tuai  au  ndi  punusia  rarua  e  mbula  ich  habe  vorher 
noch  kein  grosses  Schiff  gesehen,  sangiki  a  dono  atai  na  pasana  ni 
Settake  bald  werde  ich  die  Sprache  von  Sesake  verstehen,  sangiki  e 
nga  mua  bald  wird  die  Fluth  da  sein,  sangiki  elo  e  nga  musu  die 
Sonne  wird  bald  untergehen,  sangiki  na  kajm  e  nga  tnati  das  Feuer 
will  auslöschen. 

§  22.  Der  Imperativ  wird  entweder  durch  das  blosse  Verbum, 
oder  mit  vorgesetztem  Pronomen  der  zweiten  Person,  zuweilen  auch 
mit  der  den  Satz  beginnenden  Partikel  pa,  mba  (eigentl.  geh)  aus- 
gedrückt: palikoti  na  tali  befestigt  das  Seil,  pilikiti  na  andi  schule 
die  Banane,  ku  munu  noai  trink  Wasser,  ku  nga  va  ki  kopu  geh  in 
das  Haus,  ku  nga  vilai  ea  pe  im  kau  bring  das  Holz  her,  ku  ngua 
lo  na  Inno  setzt  euch  nieder  (auf  die  Erde),  lani  e  mbula,  gua  tape 
suwu  na  lae  der  Wind  ist  stark,  nehmt  die  Segel  herab,  goroi  mau, 
gua  ko  pe  pu  rarua  ihr  Weiber,  kommt  und  seht  das  Schiff,  pa  tari 
pe  ndu  au  wa  hol  es  her  zu  mir,  pa  sui  na  kapu  mach  Feuer  an, 
pa  ndape  lua  ki  ana  nimm  es  von  ihm,  pa  iape  lua  a  neana  nimm 
das  Seinige  weg,  pa  tave  geh,  pa  ve  komm,  pa  lalesi  matakimla  öffne 
die  Thüre,  mba  to  halt  an! 

§  23.  Im  Prohibitiv  wird  die  Negation  ti  vor  das  Verbum 
gesetzt:  ku  nga  ti  pasa  mbula  sprecht  nicht  laut,  pa  ti  ndo  na  koro 
setz  dich  nicht  auf  den  Zaun,  pa  ti  sali  au  betrüge  mich  nicht,  pa 
ti  pa  malandini  na  matiu  geh  nicht  nahe  an  den  Rand,  pa  ti  mataku 
ki  nau  fürchte  dich  nicht  vor  mir,  pa  ti  saundoa  nae  scherze  nicht 
mit  ihm,  pa  ti  pasa  pisuru  ki  nau  sage  mir  keine  Lüge,  pa  ti  pa  ti 
thu  es  nicht,  lass  sein. 

f.  Adverbium. 

§  24.  1)  Adverbien  des  Ortes:  pa  hin,  tvai  dort,  mai,  pe, 
wa  her,  lua  hinweg,  sava  fort,  hinweg,  koa,  koasa  da,  darinnen,  ka- 
tama  aussen,  palo  oben,  sage  aufwärts,  hinauf,  siwo,  esiwo,  suwo 
unten,  nieder,  vea  vorn,  voran,  e  ndaku  hintennach,  uvea  fern,  weit 
weg,  malandini  nahe. 

2)  Adverbien  der  Zeit:  masoso  jetzt,  heute,  dave  heute,  na~ 


DlE  MELANES1SCHEN  SPRACHEN:  SeSAKE.  21 

nova  gestern,   puloqoni  früh,  sangiki  bald,  in  Kurzem,    mara  wieder, 
mboni  e  lapa  (viele  Nächte)  täglich,  bako  ndo  ko  ngiki  allmählich,  bald. 

3)  Adverbien  der  Beschaffenheit:  rnbula,  qia  sehr,  ndapa, 
endapa,  ga  sa  wie,  gleichwie,   palasi  so,  pua  nur,   mau  noch,  saisai 

s 

versammelt,  durcheinander. 

4)  Adverbien  der  Frage:  ga  sa,  nga  sa  wie?  nda  pale  wie? 
na  nam  wann?  e  oga  sa  {sana,  sava)  warum?  pai,  e  pai  wo?  ke,  ke 
a  sana  woher?  ki  sana,  ki  sava  sei  wohin?  na  lake  na  weswegen? 
paka  visa  wie  oft? 

5)  Adverbien  der  Verneinung:  eo  nein,  ti,  ndi  nicht,  ndika 
nicht. 

g.  Präposition. 

§  25.  Präpositionen  werden  im  Ganzen  selten  gebraucht,  da 
die  durch  dieselben  ausgedrückten  Verhältnisse  in  der  Regel  aus  dem 
Zusammenhang  ersehen  werden  müssen,  wie  später  (§  43)  gezeigt 
werden  wird.    Doch  kommen  folgende  Wörter  als  Präpositionen  vor: 

ki  zu,  bei,  von,  um,  wegen,  not.  possess.  et  dativ.,  wa  zu,  not. 
dat.,  ke  von  (local),  kini  auf,  gegen,  mit,  hin,  zu,  deni  von,  ni  in, 
i  in,  pa  ki  in,  auf,  zu,  ma  mit,  nebst,  sasama  durch,  vai  ringsum, 
palo  auf,  Ober,  qara  usi  nach,  hinter,  ngalau  durch,  maleputo  zwi- 
schen, ndika  ohne,  pala,  pale  gleichwie. 

Andere  Wörter,  die  ebenfalls  als  Präpositionen  gebraucht  wer- 
den, sind,  wie  der  vorgesetzte  Artikel  zeigt,  ursprünglich  Substantiva : 
na  woka  (das  Innere?)  in,  na  nako  (das  Gesicht)  vor,  coram,  na  lake 
Grund,  Ursache)  unter,  wegen,  na  mango  aus,  na  mbalau  (das  In- 
nere?; in,  heraus  aus,   na  mbiriki  neben. 

h.  Conjunction. 

§  26.  An  Conjunctionen  ist  die  Sprache  sehr  arm;  ein  Wort 
für  »und«  fehlt.  Man  sagt:  kinau  nai  Naika  nai  Kilekile  naru  ich  er 
Naika  er  Kilekile  sie  zwei,  statt:  ich  und  Naika  und  Kilekile.  Es 
kommen  nur  vor:  kita,  kilai,  kitau  oder  (in  der  Frage),  und  pe,  e 
pe  dass  nicht. 

i.  Interjection. 

§  27.    Als  lnterjectionen  linden  sich:  ke  ach,  ei,   e  no  genug! 


22  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

V.  Wortfügung. 

A.    Einfacher  Satz. 

» 

a.   Die  Satztheile. 

§  28.  Der  Artikel  steht  gewöhnlich  auch  vor  dem  Substantiv, 
welchem  ein  Demonstrativpronomen  beigegeben  ist:  na  kau  wo  e  qia 
na  kapu  dieses  Holz  ist  gut  als  Feuerholz,  pa  Uipe-ndoroe  na  loriki 
wose  e  kopa  a  nginau  leg  diese  Sache  in  mein  Haus,  na  ta  wona  e 
ndo  kapu  na  vinan-a  jener  Mensch  kocht  die  Speisen,  pa  lisa  na  lepu 
wona  na  last  wirf  jenen  Schmutz  ins  Meer.  Doch  sagt  man  auch 
ohne  Artikel:  pa  mununi  noai  wo  trink  dieses  Wasser,  munu  noai  wona 
trink  jenes  Wasser,  gart  riki  wona  e  lavulavu  jenes  kleine  Kind 
wächst. 

§  29.  Die  Zahlwörter  und  lapa  viel  (wenn  es  nicht  blos 
Pluralzeichen  ist),  pisa  wieviel,  werden  mit  dem  Nomen,  zu  dem  sie 
gehören,  durch  das  Verbalpronomen  e,  u  verbunden  und  also  wie 
Verba  behandelt,  z.  B.  na  boni  e  la  tesa  mai  e  pati  na  loriki  mau 
in  sechs  Nächten  (Tagen)  schuf  er  die  Dinge,  darana  e  lapa  e  ndo 
na  malona  viele  Aeste  sind  an  dem  Stamm,  mbalau  e  lapa  Sesake 
au  ngani  wir  Sesaken  essen  viel  Brodfrucht,  na  kau  e  lapa  e  ndua 
viele  Bäume  sind  dort,  na  ta  u  lapa  eu  saisai  viele  Menschen  sind 
versammelt,  na  tamoli  u  pisa  u  sipesipe  na  kau  wie  viele  Männer 
schlagen  die  Holztrommel? 

b.  Prtdicat,  Copula. 

§  30.  Ein  Wort  für  die  Copula  fehlt;  to,  ndo  bedeutet  das 
locale  Sein :  e  nga  to  na  vinana  na  wokana  es  ist  Speise  darin,  manu 
e  ndo  na  wokana  nika  der  Vogel  ist  im  Neste,  na  nda  e  ndo  koasa 
ist  Blut  daran?  Es  kann  daher  oft  durch:  bleiben,  wohnen,  sitzen, 
leben,  sich  begeben  übersetzt  werden:  a  ndo  daiandoa  ku  ndi  pe 
ich  blieb  lange,  du  kamst  nicht,  nai  e  ndo  i  wo  wohnt  er?  e  ndo 
na  kau  es  lebt  auf  Bäumen,  nimui  gtta  lo  na  vakalo  begebt  euch  in 
den  Kampf. 

§  31.  Dagegen  folgt  das  Prädicat  seinem  Subject  ohne  Binde- 
glied: nai  weina  endapa  kanau  ni  Mola  er  ist  wie  ein  Mann  von 
Mota.    lipuasa  rarua  gauwata,  lipuasa  giki   einige  Schiffe  sind  gross, 


Die  melanesischen  Sprachen:    Sesake.  23 

andere  klein,  e  kopu  vau,  e  ndi  duai  "das  Haus  ist  neu,  es  ist  nicht 
alt.  na  vatungu  weina,  na  bokasingu  weina  das  ist  mein  Knochen,  das 
ist  mein  Fleisch,  lava  varau  ni  Sesake  die  Berge  sind  hoch  in  Sesake. 
§  32.  Dem  Subject  folgt  oft  sein  Verbalpronomen  und  ersetzt 
gewissermassen  die  Copula:  e  kopu  e  sa  das  Haus  ist  schlecht,  na 
la&a  e  ndaqa  das  Gefäss  ist  leer,  na  mwele  ngami  e  gasua,  mtvele  mui 
e  manaenae  unsere  Füsse  sind  hart,  eure  Füsse  sind  weich,  mwenau 
e  malakesa  das  Gras  ist  grün,  masina  e  ndßli  der  Mond  ist  rund, 
na  wtri  varau  e  qia  die  grossen  Yams  sind  gut.  na  ika  eu  lapa  na 
tasi  die  Fische  sind  viel  im  Meere,  na  tamoli  ni  Sydney  eu  lapa, 
ni&gami  au  pisa  die  Menschen  von  Sydney  sind  zahlreich,  wir  sind 
wenige. 

c.   Negation. 

§  33.  Ti,  ndi  ist  die  gewöhnliche  Negation,  das  erstere  beson- 
ders im  Imperativ  gebräuchlich:  sawa  e  pe  ti  puati  au,  la  pe  tiro 
wenn  man  mir  nicht  schnell  hilft,  so  sinke  ich  unter,  pa  ti  puvurai 
e  kopu  spucke  nicht  in  das  Haus,  ku  nga  ti  ndo  na  tano  sitzt  nicht 
auf  der  Erde,  dangoro  e  kopu,  na  tamoli  ga  ti  pa  ki  kopu  verriegele 
das  Haus,  damit  die  Leute  nicht  in  das  Haus  gehen,  na  lakena  a  ku 
ndi  ataia,  na  urena  ku  ataia  im  Anfang  verstehst  du  es  nicht,  am 
Ende  wirst  du  es  verstehen,  na  ta  e  ndi  duleana  der  Mensch  steht 
nicht,  a  ndi  punusia  e  kopu  ich  sehe  das  Haus  nicht,  e  ndi  pa  nam- 
bua  er  geht  nicht  gerade  aus.  tuai  au  ndi  punusia  rarua  e  mbula 
vorher  habe  ich  noch  kein  grosses  Schiff  gesehen,  ku  ndi  pe  du 
kommst  nicht,  eu  pisa,  eu  ndi  lapa  sie  sind  wenige,  sie  sind  nicht 
viele. 

§  34.  Ndika  verbindet  mit  der  Negation  den  Begriff  des  Daseins 
und  kann  durch  »fehlen,  mangeln«  übersetzt  werden,  auch  die  Präpo- 
sition ohne  vertreten;  es  ist  die  Negation  von  to,  ndo:  na  lani  e 
ndika  es  ist  kein  Wind,  usa  e  ndika,  tu  pu  neura  es  wird  kein  Regen 
sein,  wir  sehen  Thau.  laquu  e  ndika  na  bau  ma  es  ist  kein  Hut  auf 
deinem  Kopfe,  na  vi  na  na  e  ndika  es  fehlt  an  Lebensmitteln,  batirauna 
e  ndika  na  susuna  sein  Herz  ist  ohne  Schlagen  (hat  aufgehört  zu 
schlagen),  masmasi  wia  e  ndika  Sesake  gute  Messer  fehlen  Sesake. 
na  tamoli  e  pa  e  ndika  na  kulukulu  die  Menschen  gehen  ohne  Kleider. 
na   leona  e  ndika  er  hat  keine  Manier,  e  kopu  a  nimui  na  asua  mbula, 


24  H.  C.  vo*  de*  Gabelettz. 

mala  na  kapu  e  ndika  in  eurem  Hause  ist  viel  Rauch,  es  hat  keinen 
Schlot  'wörtlich :  Feuerloch  .  manu  ni  Mahaga  e  ngaikaü  e  ndika  Se- 
sake die  Vögel  in  Mahaga  sind  weiss,  sie  fehlen  in  Sesake.  noai  e 
ndo  koasa.  kitai  e  ndika  ist  Wasser  da  oder  nicht? 


d.   Frage. 

§  35.  Die  einfache  Frage  nach  der  Existenz  einer  Thatsachc 
unterscheidet  sich  in  der  Form  durch  nichts  von  der  Aussage  der- 
selben, ku  punuia  kann  heissen:  bist  du  verdriesslich?  oder  auch: 
du  bist  verdriesslich.  es  kann  also  nur  auf  die  verschiedene  Art  der 
Betonung  ankommen.  Solche  Fragen  sind:  nimm  ku  masauna  vuna 
na  kau  liebst  du  die  Beeren  des  Baumes?  ku  punusia  la  loriki  i  palo 
siehst  du  die  Sache  unten?  vanua  a  niingo  e  ist  dies  dein  Land? 
ku  ndi  punusia  siehst  du  es  nicht? 

§  36.    Das   Fragpronomen   steht    gewöhnlich   zu   Anfang  des 

■ 

Satzes:  sei  na  nisa  na  bilumbilu  a  niingo  was  ist  der  Name  deines 
Freundes?  sei  päd  ndapalasi  wer  hat  es  so  gemacht?  seisei  qilana 
wer  ist  seine  Mutter?  na  sa  na  tea  wona  was  ist  dieses  (Ding)? 
a  ngi  sei  na  kulukulu  wose  wessen  ist  dieses  Kleid?  e  nga  sa  ku  ndi 
pa  warum  gehst  du  nicht?  e  nga  sava  ku  garai  warum  bist  du  wider- 
spenstig? seive  tea  ku  masana  welches  Ding  liebst  du9  na  sa  e  pati 
ko  was  machst  du?  Doch  ist  auch  eine  umgekehrte  Stellung  zulässig: 
na  ngoroi  a  Varatia*  na  nisana  sei  die  Frau  des  Varatia,  welches  ist 
ihr  Name?  nawota  sei  ni  Sesake  wer  ist  der  Häuptling  von  Sesake? 
gari  riki  sei  wona  wer  ist  das  Kind?  a  nga  vua  seve  tea  welches 
(Ding)  soll  ich  nehmen?  ku  pokati  na  sana  mit  was  hast  du  ge- 
schlagen? ku  ndi  pasa  ki  nau  e  nga  sana  weshalb  sprichst  du  nicht 
mit  mir?  e  pa  ke  a  sana  woher  kommt  er? 

§  37.  Die  Fragpartikeln  pai  wo,  nda  pale  wie,  paka-visa 
wie  oft,  na  tiasa  wann,  stehen  regelmässig  nach  dem  Verbuni  oder 
am  Schluss  des  Satzes:  pa  loloa  ra  e  pai  wo  sucht  man  sie?  nae 
wae  e  pai  wo  ist  er?  nara  eu  pai  wo  sind  sie?  ku  pua  vonu  e  nda 
pale  wie  fUngst  du  die  Schildkröten?  nimui  ku  lau  wo  e  nda  pale  sana 
na  wui  wie  pflanzest  du  die  Yam?  kinau  a  pasa  paka-visa  pa  ki 
ngo  wie  oft  sage  ich  es  dir?  e  mate  na  nasa  wann  ist  er  gestorben? 
e  kopu  a  nginau  na  nasa  e  ttga  no  wann  wird  mein  Haus  fertig? 


Die  melanesiscben  Sprachen:    Sesake.  25 

e.  Attribut« 

§  38.  Das  Attribut,  es  sei  Adjectiv,  Pronomen  oder  Genitiv, 
steht  stets  nach  dem  Substantiv,  zu  dem  es  gehört:  gari  riki  ein 
kleines  Kind,  kana  wona  jener  Mann,  moru  noai  (Grube  des  Wassers) 
Brunnen.  Gewöhnlich  hat  der  Genitiv  den  Artikel  na  vor  sich  und 
kann  dann  zuweilen  auch  als  Adjectiv  gebraucht  werden,  z.  B.  na 
atmavu  na  iano  der  Staub  der  Erde,  na  wa  na  kau  die  Frucht  des 
Baumes,  noai  na  lepa  Wasser  des  Schmutzes  (schmutziges  Wasser). 

f.  Subject. 

§  39.  Das  Subject  steht  zwar  in  der  Regel  vor  dem  Prädicat, 
wie  noai  mandu  e  qia,  doch  kommt  auch  die  umgekehrte  Wortfolge 
vor,  so  dass  das  Object  oder  Prädicat  vor  dem  Subject  zu  stehen 
kommt:  gari  riki  a  mamumi,  na  ta  e  mbula  a  ndi  masauna  kleine 
Kinder  liebe  ich,  die  grossen  Menschen  liebe  ich  nicht,  mbatau  e 
kpa  Sesake  au  ngani  wir  Sesaken  essen  viele  Brodfrüchte,  tna  ma- 
fa*a  na  wui  au  pilikeli  die  Rinde  des  Yam  schale  ich.  na  vasana  a 
ntnui  a  ndi  dono  atai  tnele  euere  Sprache  verstehe  ich  noch  nicht. 
*  ndi  gasua  na  kulukulu  das  Kleid  ist  nicht  hart,  e  ndi  mraia  na  ta 
der  Mensch  geht  nicht  umher. 

g.  Otyect 

§  40.  Das  directe  Object,  wenn  es  nicht  ausnahmsweise  den 
Satz  beginnt,  wie  im  vorigen  §  erwähnt  wurde,  steht  stets  nach  dem 
Verbum:  ku  tari  pe  na  mbula  ni  e  kopu  du  bringst  das  Bret  in  das 
Haus,  kinau  pioso  qilangu  tele  ich  nenne  meine  Mutter  Mama,  a  ndi 
pmmia  na  vanua  ich  sehe  das  Land  nicht,  na  ta  e  pati  e  kopu  der 
Mensch  baut  ein  Haus,  au  patuini  na  nisu  gami  wir  durchbohren 
unsere  Nasen. 

§  41.  Wenn  das  Pron.  3.  Pers.  Object  des  Satzes  ist,  so  wird 
dies  häufig  durch  das  Suffix  a  am  Verbum  ausgedrückt:  au  ndün- 
dumia  e  sasana  ich  bedauere  ihn,  er  ist  krank,  a  ndi  punwria,  e  pai 
ich  sehe  ihn  nicht,  wo  ist  er?  pa  tapea  ndo  palo  na  kapu  halte  es 
über  das  Feuer,  nai  e  patia  na  avuavu  na  tano  er  machte  ihn  aus 
dem  Staub  der  Erde.    Dies  geschieht  auch  in  Fallen,  wo  das  Object 


26  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

noch   besonders   ausgedrückt   wird:    pa  lotowoa  a  na  kau  miss  den 
Baum,  a  ndondomia  na  nxsana  ich  erinnere  mir  seinen  Namen,  soroa  ' 
na  kau  säge  das  Holz,  nduiia  na  tau  binde  das  Seil  an.   puatia  sage 
rarua  na  tan  zieh  das  Schiff  herauf  aus  dem  Meere. 

§  42.  Das  Adverbium  des  Orts  wa  dient  dazu,  um  die  Rich- 
tung der  Handlung  auf  das  Object  zu  bezeichnen,  und  zwar  sowohl 
für  die  erste  Person,  als  auch  zuweilen  für  die  dritte:  pa  tari  pe 
ndu  au  wa  hol  es  her  zu  mir.  pai  ndu  au  wa  gieb  es  mir.  ku  lauwo 
au  wa  na  mala  na  masmas  du  stichst  mich  in  das  Auge  mit  dem 
Messer,  pa  tu  au  wa  na  tangau  gasua  gieb  mir  den  starken  Angel- 
haken, pa  noa  ki  nau  wa  erzähl  es  mir.  tape  pe  ndu  wa  ea  bring 
es  ihm  her.  ku  ndu  wa  ea  masmas  du  gabst  ihm  das  Messer. 

§  43.  Zwar  giebt  es  Präpositionen,  um  die  Beziehung  der  Hand- 
lung  auf  ein  indirectes  Object  näher  zu  bezeichnen,  in  vielen  Fällen 
jedoch  werden  sie  nicht  gebraucht,  sondern  man  muss  diese  Bezie- 
hung aus  der  Bedeutung  des  Verbum  oder  dem  Zusammenhang  ent- 
nehmen,, z.  B.  matau  e  ndiro  waraone  der  Anker  geht  nieder  in  den 
Sand,  na  &ai  lapa  Sesake  viel  Mandeln  (sind)  in  Sesake.  pa  vai  na 
wui  dana  thu  die  Yams  in  den  Sack,  tu  ka  lolos  tasipuu  wir  wollen 
im  Meere  baden,  e  ndo  vatu  er  ist  auf  dem  Stein,  pa  ti  ndo  na 
koro  setze  dich  nicht  auf  den  Zaun,  tum  pisua  matakisala  wir  zwei 
begegnen  uns  auf  dem  Wege,  puatia  sage  rarua  na  last  zieh  das 
Schiff  herauf  aus  dem  Meere,  darana  e  lapa  e  ndo  na  malona  viele 
Aeste  sitzen  a  n  dem  Stamm,  a  nga  tape  ngato  tangau  ich  will  Köder 
an  den  Angelhaken  machen,  elo  e  ndara  titiro  die  Sonne  scheint 
durch  das  Fenster,  e  marie  na  kau  er  fällt  von  dem  Baum,  au 
ndipe  na  la  na  asu  wir  schiessen  die  Menschen  mit  dem  Bogen. 
e  pokatia  na  mbwe  er  hat  ihn  mit  der  Keule  geschlagen,  e  pa&go- 
koto  wango  na  nua  er  kauft  Schweine  für  Geld,  na  kau  wo  e  qia 
na  kapu  dieses  Holz  ist  gut  zu  Feuerholz,  nara  u  gurapiri  tu  sie 
wundern  sich  über  es. 

§  44.  Die  Adverbien  stehen  nach  dem  Verbum:  a  pe  ava  sa 
dass  ich  nur  nicht  schlecht  schwimme,  pa  ti  ndoro  dan§ele  kini,  pa 
toro  galeana  setze  dich  nicht  schief  hin,  sitz  gerade,  e  ndo  katama 
er  ist  draussen.  na  nda  e  ndo  koasa  ist  Blut  darin?  pa  vea  geh  voran. 
ku  ngua  ti  pasa  mbula  sprecht  nicht  laut. 

§  45.    Eine  Ausnahme  machen  die  Adverbien  der  Zeit,  welche 


Die  melanbsischen  Sprachen:    Sesake.  27 

sowie  Zeitbestimmungen  überhaupt  gewöhnlich  zu  Anfang  des  Satzes 
oder  doch  vor  dem  Yerbum  stehen:  masoso  e  mati  jetzt  ist  Ebbe. 
masoso  tu  pu  rarua  gauwala  jetzt  sehen  wir  grosse  Schiffe,  e  &ga  sa 
e  ndi  dave  pa  ki  katama  warum  geht  er  heute  nicht  aus?  puloqoni 
nininda  tu  ndu  leana  wir  stehen  früh  auf.  sangiki  a  nda  mwelua  na 
vanua  a  nimui  ich  werde  bald  euer  Land  verlassen,  ko  mara  pasa 
pe  ki  nau  sage  es  mir  wieder,  pa  mara  pola#ati  öffne  es  wieder. 
aleati  tu  ka  leleo  am  Tage  erwachen  wir.  botii  sikai  e  masaki,  bo&i 
sikai  e  qia  den  einen  Tag*)  hat  er  Fieber,  den  anderen  Tag  ist  er 
wohl,  na  boni  e  la  lesa  nai  e  pati  na  loriki  mau  in  sechs  Tagen  schuf 
er  alle  Dinge.  Doch  sagt  man  auch:  gari  riki  e  pisiQgoro  masoso 
das  Kind  ist  heute  geboren,  tu  yganilumi  mbo#i  e  lapa  wir  essen 
täglich,   e  pa  na  mbo#i  e  lapa  er  geht  täglich. 

B.    Zusammengesetzter  Satz. 

1.  Coordinirte  Sätze. 

§  46.  Bei  dem  fast  gänzlichen  Mangel  an  Conjunctionen  wer- 
den coordinirte  Sätze  unverbunden  neben  einander  gestellt:  kinau 
masiki  nau,  niifigo  ku  masikingo  ich  allein,  du  allein,  rarua  e  nga  lo- 
kosi,  tu  ka  tiu  matau  das  Schiff  muss  ankern,  wir  wollen  den  Anker 
niederlassen,  na  noai  na  ngoroi  u  lena  die  Männer,  die  Frauen  tanzen. 
e  ndi  ndo  ki  ana,  ki  ana  e  uvea  er  ist  nicht  bei  ihm,  er  ist  fern 
von  ihm.  pa  ti  sauli  au  pa  noa  lomau  betrüge  mich  nicht  (sondern) 
sprich  die  Wahrheit. 

Alternative  Fragen  werden  durch  kita,  kitai,  kitau  verbunden: 
a  nga  vua  seve  tea?  tea  gauwala  kita  iea  kiki  was  soll  ich  nehmen? 
das  grosse  oder  das  kleine?  pa  menai!  e  qia  kitai  e  sa  koste  es,  ist 
es  gut  oder  schlecht?  seive  tea  ku  masauna?  woi  kitau  wo  was  liebst 
du?  jenes  oder  dieses? 

2.  Sobordinirte  Sätze. 

§  47.  Da  der  Sprache  ein  Ausdruck  für  das  Relativum  fehlt, 
so  kann   sie  auch  keine  Relativsätze   bilden,   sondern    fügt  anstatt 


*)    boni  hetetit  eigentlich :    Nacht.     Die  Sesaken   reehnen   aber   nach   Nächten 
statt  nach  Tagen,  wie  obige  Beispiele  zeigen. 


28  H.  C.  vo*  der  Gabelentz, 

dessen  die  Sätze  unverbunden  an  einander:  pa  tape  lua  a  neana  na 
ndu  ai  ea  nimm  weg  das  Seinige  (welches)  ich  gab  ihm.  na  mbtve 
wo  a  poka  nae  weina  na  mbwe  diese  Keule  ich  schlug  ihn,  die  Keule 
d.  h.  dies  ist  die  Keule,  mit  der  ich  ihn  schlug,  na  nisa  na  tea  tvona 
e  nga  to  na  vina&a  na  wokana  der  Name  jener  Sache,  es  ist  Speise 
darin  (worin  Speise  ist),  nai  e  punusi  na  loriki  wase  manga  e  patia 
er  sah  die  vielen  Dinge  (welche)  er  machte,  a  ngi  sei  e  kopu  eu 
ndai  für  wen  ist  das  Haus  (welches)  sie  bauen,  a  punusia  na 
vanua  ku  ndo  koa  ich  sehe  das  Land  du  wohnst  darin  (worin  du 
wohnst). 

§  48.  Ebenso  fehlt  es  auch  an  einer  besonderen  Bezeichnung 
für  den  Objectivsatz,  der  unverbunden  dem  Hauptsatz  folgt:  a  ndi 
masauna  e  ngato  ich  will  nicht  (dass)  er  sich  aufhalt,  pa  noa  ki  nia 
e  nga  ve  punusi  au  sag  ihm  (dass)   er  kommt  uns  zu  sehen. 

§  49.  Dasselbe  ist  mit  der  indirecten  Frage  der  Fall:  kinau 
a  sindono  na  sana  e  qoa  was  rieche  ich,  das  stinkt?  ku  pati-atai 
ga  sa  kini  na  mbua  weisst  du  wie  der  Weg  dahin  ist?  kana  tvona  e 
ndono-ataia  e  ndapale  na  vasana  a  ningami  weiss  jener  Mann  wie 
unsere  Sprache  ist? 

§  50.  In  Sätzen,  welche  eine  Absicht  ausdrücken,  folgt  ent- 
weder das  Verbum  unverbunden  dem  Verbum  des  Hauptsatzes,  oder 
der  Nebensatz  wird  zum  selbständigen  Hauptsatz  gemacht,  z.  B.  pa 
tapea  ndo  palo  na  kapu  halte  es  zu  sein  über  dem  Feuer,  pa  vei 
punusi  au  na  mango  ni  e  kopu  komm  mich  zu  sehen  aus  dem  Hause. 
e  susunduku  na  malasi,  e  nga  tipe  te  na  ta  er  lauert  im  Busch,  er 
wird  schiessen  den  Mann  (damit  er  u.s.w.).  pa  lana  nga  vei  punusi 
au  rufe  (dass)  er  kommt  mich  zu  sehen  (zu  mir). 

§  51.  Die  Absicht,  dass  etwas  nicht  geschieht,  oder  die  Be- 
fürchtung, dass  etwas  geschehen  möchte,  wird  durch  die  Partikel 
pe,  e  pe  ausgedrückt:  pa  matausi  e  pe  rowo  nimm  dich  in  Acht,  dass 
du  nicht  fällst,  pa  ii  pa  malandini  na  matiu  ku  pe  rowo  geh  nicht 
nahe  am  Rand  damit  du  nicht  fällst,  pa  tiqa  ngoro  na  matakisala, 
wa&go  e  pe  ve  mach  die  Thttre  dicht  zu,  damit  die  Schweine  nicht 
hereinkommen,  pa  liko  wa&go,  e  pe  sava  halte  das  Schwein,  dass  es 
nicht  fortgeht,  pa  matausi  e  kopu,  na  ta  panako  pe  ve  bewache  das 
Haus,  damit  kein  Dieb  herein  kommt,  pa  ti  pa  na  takuna,  e  pe  vasi 
ko  geh  nicht  hinter  ihn,  dass  er  dich  nicht  stösst.  nduti  sokia  na  tali, 


Die  melanesischen  Sprachen:    Sesake.  29 

e  pe  makoio  binde  das  Seil  fest,  dass  es  nicht  abreisst.    gast  lasa  e 
pe  na  lepa  wische  das  Geföss  ab,  dass  es  nicht  schmutzig  ist. 

§  52.  Sätze,  welche  den  Grund  oder  die  Ursache  des  Vor- 
hergehenden aussagen,  werden  ebenfalls  ohne  Verbindung  demselben 
nachgesetzt :  a  ndundumia  e  m  sana  ich  bedauere  ihn  (weil)  er  krank 
ist.  Auch  kann  die  Ursache  voran,  und  die  Wirkung  nachgesetzt 
werden:  ku  ndu  wa  ea  masmas,  e  lailaiea  du  gabst  ihm  ein  Messer, 
er  freut  sich  d.h.  er  freut  sich,  weil  du  ihm  ein  Messer  gabst. 

§  53.  Comparativsätze,  welche  eine  Gleichheit  anzeigen, 
werden  durch  e  ndapa,  wie,  gebildet:  Sesake  Tasiwo  e  pe  uvea  e 
ndapa  Kohimarama  Ramtoto  Sesake  ist  von  Tasiwo  so  weit  wie  Kohi- 
marama von  Rangitoto.  e  ndapa  koriia  e  menai  na  kinina  wie  ein 
Hund  leckt  er  seine  Hand. 

§  54.  Soll  der  Vorzug  des  einen  verglichenen  Gegenstandes  vor 
dem  anderen  ausgedrückt  werden,  wozu  wir  uns  des  Comparativs 
bedienen,  so  wird  dies  entweder  durch  M,  vor,  über,  oder  durch 
zwei  entgegengesetzte  Adjectiva  ausgedrückt,  auch  gebraucht  man 
das  Wort  liusa,  dessen  eigentliche  Bedeutung  mir  dunkel  ist.  So 
kann  man  den  Satz:  »Kilekile  ist  grösser  als  Viia«  auf  dreierlei  Alt 
übersetzen:  Kilekile  e  parau  ki  Viia,  oder  Kilekile  e  parau,  Viia  e 
puru,  oder  auch  Kilekile  e  ndo  lima   Viia. 

§  55.  Hypothetische  Sätze  und  Conditionalsätze  stehen 
unvermittelt  vor  ihrem  Hauptsatz:  niingo  ku  pati  e  ndapala,  e  qia 
(wenn)  du  so  handelst,  so  ist  es  gut.  niingo  ku  masauna,  ga  tua  koa 
(wenn)  du  es  wünschest,  so  gebe  ich  es  dir.  Zuweilen  stpht  die 
Partikel  pe  im  Vorder-  und  Nachsatz:  e  pe  nara  ku  pe  male  wenn 
er  trifft,  so  stirbst  du.  e  pe  ava  sa  ie  pe  Uro  wenn  er  schlecht 
schwimmt,  wird  er  untersinken,  ku  pe  rono-ataia  na  vasana,  tu  ku 
pe  mauri  wenn  ihr  die  Sprache  versteht,  werden  wir  und  ihr  leben  (?) . 


VI.  Sprachprobe. 

§  56.  Die  einzige  zusammenhängende  Sprachprobe,  die  mir 
vorliegt,  ist  folgende,  die  ich  mit  einer  Interlinearversion  versehen 
wiedergebe : 


30  H.  C.  von  dbb  Gabklentz, 

E  nga  pati    na    ngoro    atelani  no  na   vanua, 

Er  machte  den  Himmel  fertig  (?)   die  Erde, 
#ai  e  pati      na     elo,    atelani,   masoe  manga. 

er  machte  die  Sonne,  Mond   Sterne   viele. 
nai  e  pati      na       tamoli. 

er  machte  den  Menschen. 
na     bom  e  la  tesa    nai  e  pati    na    loriki  mau. 
die  Nachte      sechs    er  machte  die  Dinge  alle. 
nai  e  pasa     na    nisana    na      tamoli      Adam. 

er  nannte  den  Namen  des  Menschen  Adam. 
nai  e  palia  na  avuavu   na    tano,   e  nga  ndraro    na  sova&ovana, 

er  machte  ihn  aus  Staub  der  Erde,    er  legte  (?)    den  Athem  sein, 

e  nga    toroe    e  ftga  pa  ki  na     maritana,  nae  e  mauri  pano. 

er  legte   ihn     er    ging    in  die  Nasenlöcher  seine    er    lebte    ging. 

God  e  pakamaturuki    nia,   e  nga  tape    lua     na       vatu      na  vidina, 
Gott  machte  schlafen  ihn,     er     nahm  weg  den  Knochen  der  Seite 

nai  e    pati  koroia  diqa.     Adam  e  nga  vasa      pa 
sein  (seine  Rippe),      er  machte    Weib?         Adam     er     sprach    hin 
ki  nia,    na    vatungu       weina,        na  bokasifiyu     weina. 
zu  ihr,  der  Knochen  mein  dies,  das    Fleisch  mein  dies. 

Adam  nai  e  mara    pasa,    kanao    e    sava    ndrua    ki       lamana       ma 
Adam     er    wieder  sagte,  Mann  er  geht     fort   von   Vater  sein  mit 
qilana,        e     pa     e  ndro  ko  pupulu    pa    ki  a  na  ngoroi  a  neana, 
Mutter  sein,  er  geht   er   wird      hangen  hin  an     dem  Weib       sein 
na  bokasida      e      trikai  ia. 
das  Fleisch  ihr  es  eins  es. 


IIL 

DDE  SPRACHE  DER  INSEL  PAMA. 

§  57.  Pama  ist  eine  der  neuen  Hebriden,  eine  kleine  Insel, 
nördlich  von  Api  oder  Tasitso  und  südlich  von  Ambrym  gelegen. 
Von  ihrer  Sprache  liegt  mir  nur  ein  halbbedrucktes  Blatt  mit  den 
Zahlwörtern  und  einigen  anderen  Wörtern  und  Redensarten  vor,  das 
ich  hier  wiedergebe: 


Dir  melanesischkn  Spbachkn:    Pama.  31 

Zahlwörter:  1  toi,  2  elua,  3  e  tolu,  4  e  hati,  5  e  Urne, 
6  a  hitai,  7  o  lu,  So  tolu,  9  a  hati,  10  ha  lua  lim.  ko  ake  Urne, 
ko  ake  Urne,   ko  ak  lue  Urne. 

eve  wo?    asa  was?    isei  wer? 

ise  k     mein 

ise  m     dein  }  Name. 

ise  n      sein 

fo#  eie  hör  nicht.  oAw  mate  Yam  stirbt,  ko  ro  Um  ete  hörst  du  nicht? 
&i  jefc  dies  er.  bwano  va  rnui  Schwein  kommt  her.  vatun  dan  setze 
dich  nieder  [tano  —  Erde.  Mota.].  navar  ete  mach  kein  Geräusch  (?) , 
tisa  schlecht:  nicht,  sute  fern. 

Tamat  und  Titamai  werden  den  Namen  von  Menschen  vorge- 
setzt und  sind  wahrscheinlich  Zeichen  des  Ranges  den  ein  Jeder  in 
seinem  Dorf  oder  Eiland  inne  hat.  a  mot  wurde  gesagt,  als  ein 
Blatt  aus  dem  Taschenbuch  fiel,  a  van  er  geht,  onaku  das  meinige, 
onamu  das  deinige,  onana  das  seinige. 

§  58.  Dies  ist  der  ganze  Stoff,  der  mir  vorliegt.  Er  giebt  zu 
folgenden  Bemerkungen  Anlass: 

Die  ersten  fünf  Zahlwörter  sind  polynesisch,  wiederholet*  sich 
dann  von  6  —  9  mit  verändertem  Präfix,  während  statt  10  zweimal 
fünf  oder  zweite  fünf  gesagt  wird.  Was  daneben  ko  ake  Urne  u.  s.  w. 
heissen  soll,  ist  nicht  klar. 

Die  Possessiva,  die  hier  als  Suffixe  auftreten,  und  zwar  k,  ku 
für  die  erste,  m,  mu  für  die  zweite,  n,  na  für  die  dritte  Person  Sing., 
entsprechen  ganz  den  Suffixen  in  anderen  melanesischen  Sprachen, 
z.  B.   im  Fidschi,  Annatom,  Erromango. 

Von  den  übrigen  Wörtern  scheint  tamat  im  allgemeinen  »Mensch« 
zu  bedeuten,  vgl.  das  Fidschi  tamata.  Mit  ise,  Name,  stimmt  polynes. 
**t*,  mit  Ion,  hören,  polynes.  longo,  rongo,  mit  mute,  sterben,  polynes. 
mate,  mit  van,  gehen,  Fate  fan,  Vunmarania  vano,  ban,  mit  bwano, 
Schwein,  Sesake  wango,  Vunmarania  boe,  aber  auch  polynes.  puaka, 
mit  sute,  fern,  Vunmarania  hautu,  mit  der  Negation  ete  Annatom  eti, 
Vumarama  le,  tehe,  Errom.  etu. 


32 


H.   C.  VON  DER  GaBELKNTZ, 


IV. 

DDE  SPRACHE  DER  INSEL  AMBRYM. 

§  59.  Den  Stoff  zu  den  nachstehenden  Bemerkungen  entnehme 
ich  drei  nur  auf  Einer  Seite  bedruckten  Blättern,  welche  Sprach- 
proben von  dem  nordöstlichen  Theil  dieser  zu  den  neuen  Hebriden 
gehörenden  Insel  enthalten.  Sie  bieten  zunächst  folgenden  Wort- 
vorrath: 


yial  Sonne 

ola  Mond,  Monat 

moho  Stern 

o  Regen 

Um  Wind 

aworo  Windstille 

tan  Erde 

vir,  viri  Land 

we  Wasser 

tf,  tie  Meer 

mar  Ebbe 

se  noro  Landzunge,  Uferrand 

bwete  Riff 

bwerire  Teich 

ur  Garten 

ta  Mensch,  Leute 

vantin  Mann 

terere  Knabe 

vihin  Frau 

sa  Name 

60/11  Kopf,  Haar 

wolu,  ul  Haar, 

qetin  Schädel 

meta  Auge 

landali  Ohr 

guhu  Nase 

lowo  Zahn 

lo  Herz 


vera  Hand,  Arm 

le  Bein 

pako  n  lin  Klaue 

bun  Flügel 

olu  behel  Feder 

wamanesen  Schwanz 

bu  Eber 

babara  Schwein 

iomo  Ratte 

geri  Fledermaus 

behel  Vogel 

to  Huhn 

um  Taube 

malo  Fisch 

bi  Haitisch 

egaga  fliegender  Fisch 

mar  Schlange 

miyum,  gal  Eidechse 

hoho  Krabbe 

tno  Pflanze 

liye  Baum 

su  Zuckerrohr 

im,  ima  Haus 

bulbul  Schiff 

tun  Mast 

televin  Strick,  Tau 

ben  Segel 

ayi  Messer 


Die  melanesischen  Sprachen:    Ambrvh. 


33 


} 


Cocosnuss 


mein  Speer,  Lanze, 

im  Pfeil 

yu  Bogen 

awu,  iwu  Sehne 

t/e,  be  Speise,  Futter 

dim,  diem  Yam 

pela  Brodfrucht 

qer  Taro 

vi  Banane 

ol  Cocosnuss 

yo  junge 

vara  alte 

ni  Mandel 

bua  gut 

bagavi,  hagavi  bös 

lam  gross 

kakerena  klein 

lel,  be  lil  viel 

horo  heiss 

mala  kalt 

hatin  fern 

navasi  nahe 

velvele  schnell 

nana  fertig,  beendigt 

mummia,  temara  friedlich 

bala  kämpfen 

chane  wünschen,  wollen 

dran  essen 

fana  kochen 

/i,  fie  sagen,  sprechen 

/?o,  flaha  rudern 

fline  Feuer  anzünden 


(jali  graben 

(jene  essen 

(ßu  nehmen,  bringen 

he  schlagen 

ia  segeln,  schiffen 

kelca  kennen,  wissen 

kone  tragen 

koti  schneiden 

kutu  nehmen 

lehe  kommen,  sehen 

lo  kommen 

mar  sterben  * 

mdurin  weinen 

moho  verweilen 

mul  gehen 

mumur  lallen 

qetati  das  Schiff  anhalten 

rea  Speer  werfen 

ro  sitzen,  sich  setzen 

robo  schiessen 

rochin  schmerzen 

rohe  schlagen 

ronta  hören 

roman  lachen 

roro  untergehen 

ru  wohnen,  leben 

sene  geben 

tine,  tintine  fürchten 

tu  nehmen,  bringen 

va  gehen 

wehe  schlagen 

yen  essen. 


fwer  schlafen 

§  60.    Nur  einige  Beispiele  mögen  dienen,   die  Verwandtschaft 

dieser  mit  anderen   melanesischen    und    polynesischen  Sprachen  dar- 

zuthun:    yial  Sonne,    Fate  al;    moho  Stern,   Annat.  moijeuv,  Sesake 

maxoe;  len  Wind,  Fate  'n  lang,  Sesake  laut;   Uin  Erde,  Sesake  lano, 

Abbau)!,  d.  K.  8.  Getellsch.  d.  WiMensch.    XVII.  3 


34  H.  ().  von  der  Gabelrntz, 

Tanna  tana;  wo  Wasser,  Mare  wi,  polynes.  wai;  ia  Mensch,  Sesake 
ia,  Vunmar.  ata;  vihin  Frau,  polynes.  wahine;  meta  Auge,  polynes. 
mata;   sa  Name,  Sesake  nisa  u.  s.  w. 

§  61.  Bezüglich  der  Lautlehre  ist  zu  bemerken,  dass  die  An- 
fangsconsonanten  der  Wörter  in  Verbindung  mit  anderen  Wörtern 
mancherlei  Veränderungen  besonders  durch  vorgesetztes  m  erleiden. 
So  wird  rohe  zu  mdrohe  oder  ndroiie,  ru  zu  mdm,  Uhe  zu  nüelie, 
line  zu  mtinc,  bala  zu  mbalava,  va  zu  mba,  kutu  zu  mkutu.  Auch  wech- 
seln d  und  r,  f  und  v  in  diem,  rietn  —  fir,  vir,  fan  rin,  Win  rin. 
Nach  welchen  Gesetzen  diese  Veränderungen  stattfinden,  geht  aus 
dem  dürftigen  Material  nicht  deutlich  hervor. 

§  62.  Bei  der  Wortbildung  ist  hier,  wie  in  den  verwandten 
Sprachen  die  Doppelung  hervorzuheben  in  roro  untergehen,  bulbul 
Schiff,  velvele  schnell,  (inline  fürchten,  konkon  sehr. 

§  63.  Ein  Artikel  fehlt.  Die  Substantiva  sind  nach  Numerus 
und  Casus  unveränderlich.  Das  Adjectivum  wird  seinem  Substantiv 
nachgesetzt;  Im  bau  guter  Wind. 

§  64.  Die  Zahlwörter  sind:  1  hu,  2  ru,  3  sul,  4  fir,  vir, 
5  lim,  6  li  so,  luse,  7  In  ru,  8  lu  sul,  9  Hafer,  1 0  sanula,  sanaiil. 
Sie  haben  öfters  die  Partikel  pe,  nibe,  ve  (be  ve)  vor  sich:  vihin  pe 
ru  (pe  sul)  zwei   (drei)   Frauen,  ma  mbe  sannla  wir  (sind)  zehn. 

Das  Wort  na  wird  der  Cardinalzahl  nachgesetzt,  »so  as  to  make 
il  inlo  an  ordinal  almosl  in  ottr  sense  of  the  word,  and  Ihen  tlie  ward 
is  med  as  if  il  were  still  almost  the  same  as  a  cardinal  number.«  Die 
Beispiele,  welche  für  diese  nichts  weniger  als  deutliche  Regel  ange- 
führt werden,  sind: 

na  hu  na  eine  Einheit  (a  monad)  —  ola  be  ve  huna  te  ia  Fanu 
in  Einem  Monat  segeln  wir  (nach)  Fanu.  Das  ru  oder  ro  des  Dualis 
mit  diesem  na  wird  zu  ron  und  dies  ist  die  gewöhnliche  Form  der 
ersten  Person,  z.  B.  ken  ron  e  rohe  nea  wir  zwei  schlagen  ihn  — 
su  na  eine  drei,  eine  Dreiheit:  su  na  me  lehe  inon  fan  rin  wir  drei 
kommen  morgen  wieder  —  viri  na  vier:  len  bua  ke  ve  viri  na  guter 
Wind  es  wird  sein  vier  (Tagereisen).  Das  tia  wird  luse  vorgesetzt: 
m  luse  sechs. 

§  65.  Die  persönlichen  Pronomina  haben  eine  vollere  und 
eine  kürzere  Form,  welche  letztere  vor  dem  Verbum  gebraucht  wird. 


Die  melanesisciien  Sprachen:    Ambrym.  35 

vollere  Form.  kürzere  Form. 

Singular. 

1 .  P.  gi na,  nia,  ni  ich,  mich  na 

2.  P.  gaik,  nena,  nen  du,  dich  o,  o  vo,  fo 

3.  P.  nelc,  nea,  ne  er,  sie,  es,  he,  ha,  ve,  va,  e  ve,  ma,  « 

ihn 

Dual. 

1 .  P.  incl.  ken  oder  ken,  romberu?  ro 

mit   oder   ohne   hinzu- 
gefügtes ran  wir  beide 
—  excl.  gemaru  wir  beide 

2.  P.  gomoro,  gumuru  ihr  beide 

3.  P.  mm»,  mero  sie  beide 

Trial. 

_    ~  [ken   (ken)  sul    \  .    . 

1 .  P.  {  x     /  >  wir  drei 

2.  P.  yum«  $«/  ihr  drei 

3.  P.  nie  sul  sie  drei 

Plural. 

.    ^  f  ken  [ken)  ho  na  \ 
\.VA        K    ~*        "    >wir 

( gema  i 

2.  P.  gimi,  gimia  ihr 

3.  P.  nie  ra,  niera  sie 

§  66.    Die  Possessiv a  bieten  in  ihren  Formen  manches  Eigen- 
thnniliche,  wie  nachstehende  Beispiele  zeigen: 

sa  n  ge  mein  Name 

sa  m  ge  dein  Name 

sa  n  ge  sein  Name 

sa  n  ron  ge  unser  beider  Name  (incl.) 

sa  ma  ru  ge  unser  beider  Name  (excl.) 

sa  moro  ge  euer  beider  Name 

sa  ro  ge  ihr  beider  Name 

sa  n  sul  ge  unser  dreier  Name  (incl.) 

sa  ma  sul  ge  unser  dreier  Name  (excl.) 

sa  mi  sul  ge  euer  dreier  Name 

sa  sul  ge  ihr  dreier  Name 

sa  #  ken  ge  unser  Name  (incl.) 


ma 

ru 

mo 

ro, 

mu 

ru 

ho 

ro, 

vu  ru 

SU 

ma 

SU 

mu 

SU 

hu 

SU 

yi 

ma 

mi 

e 

36  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

sa  ma  ge  unser  Name   (excl.) 

sa  mi  ge  euer  Name 

sa  ra  gc  ihr  Name 

me  n  im  mein  Haus 

ma  m  im  dein  Haus 

ma  n  im  sein  Haus 

ma  n  ron  gc  unser  beider  Haus   (incl.) 

ma  m  maro  ge  unser  beider  Haus   (excl.) 

ma  m  muru  ge  euer  beider  Haus 

mä  ro  ge  ihr  beider  Haus 

ma  n  sul  ge  unser  dreier  Haus   (incl.) 

ma  ma  sul  ge  unser  dreier  Haus  (excl.) 

ma  mi  sul  ge  euer  dreier  Haus 

mä  sul  ge  ihr  dreier  Haus 

ma  n  ken  ge  unser  Haus  (incl.) 

ma  m  mä  gc  unser  Haus   (excl.) 

ma  m  mi  ge  euer  Haus. 

mä  ra  qe         )   ..      „ 

J    .      }  ihr  Haus. 
ma  ra  ganiera  J 

§  67.  Neben  diesen  Formen  wird  noch  mene,  mena  vor  Wör- 
tern, die  ein  Eigenthum,  yc  («)  vor  Speisen,  me  vor  Getränken  ge- 
braucht, ähnlich  wie  im  Fidschi  wd,  Ar,  me  (Erste  Abth.  §  41),  z.B. 

mene  &  viri  gc  mein  Land 
mena  m  viri  ge  dein  Land 
mena  n  viri  ge    sein  Land 

bulbul  mena  si?  menengea  wessen  Schiff?  das  seinige. 
yc  n  ol  (dim,  peta)  meine  Cocosnuss   (Yam,  Brodfrucht) 
a  m  ol  deine  Cocosnuss 
a  n  ol   seine  Cocosnuss. 

to  a  holla  an  he  lel  Hühner  von  Botla  seine  Speise  viel. 
Bei  Theilen  des  Körpers  werden  die  einfachen  Suflixe  gebraucht: 
melan  mein  Auge,  landalin  mein  Ohr,  guhun  meine  Nase,  wolun  mein 
Haar,  lett  mein  Bein,  verati  mein  Arm,   meine  Hand,  Ion  mein  Herz, 
botom  dein  Haar.     Andere  Beispiele  habe  ich  nicht  gefunden. 
§  68.    Interrogativa  sind: 

si  wer?  z.B.  si  riea  wer  ist  er  (dieser)?  go  moro  si  wer  seid 
ihr  zwei  (wer  ist  dein  Begleiter)?    bulbul  mena  si  wessen  ist  (wem 


Die  mklanksisuien  Sprachen :    Ambkym.  37 

gehör!)  das  Schiff?  sam  ne  si  wer  ist  dein  Name  (wie  heissest  du)? 
#i  nui  ylu  menen  at/i  wer  nahm  mein  Messer? 

A#i,  haha  was?  zuweilen  mit  nachfolgendem  mun  oder  vona, 
z.B.  ha  ne  li  was  (ist)  dies?  ha  neu,  ha  mun  tiea,  ha  vona  neu  was 
ist  dies  oder  er? 

vi  ha,  vi  wie  viele?  gewöhnlich  geht  be,  ve,  seltener  auch  na 
oder  nai  vorher,  z.  B.  ma  mbe  vihu  ho  Fanu  wie  viele  sind  wir  (exel.) 
in  Fanu?  na  vi?  na  hu  na  wie  viele?  Einer,  ola  mbe  vi  mo  Iw  Ko- 
himarama wie  viele  Monate  bleiben  wir  in  Kohimarama?  ma  mbe 
viha  Iw  Kohimarama  wie  viele  sind  wir  (exel.)  in  Kohimarama?  e  mbe 
viha  ho  Fanu  wie  viele  sind  in  Fanu? 

§  69.  Vor  dem  Verbum  werden  die  kürzeren  Formen  der 
persönlichen  Pronomina  gebraucht.  Zuweilen  geht  denselben  die  lun- 
gere Form  voran,  auch  treten  andere  Partikeln,  wie  t»,  noch  vor  die 
abgekürzte  Pronominalform  oder  zwischen  diese  und  die  vollere  Form. 
Folgende  Beispiele  finden  sich  für  den  Gebrauch  der  verschiedenen 
Personen  und  Zahlen. 

Sing.  1.  Pers.  na  ytu  (na  kutu)  te  ne  nen  ich  nehme  von  dir  — 
nn  (nam)  sene  va  ne  neu  ich  gebe  dir  —  e  na  rohe  neu  ich  schlage 
dich  —  ni  c  na  va  hatin  te  ne  neu  ich  gehe  weit  weg  von  dir  — 
e  na  ru  biri  niera  ich  lebe  mit  ihnen  —  ni  e  na  ß  va  ne  neu  ich 
spreche  mit  dir  —  na  tlo  kelea  ni  ß  tu  Loliwara  ich  kenne  nicht 
ich  die  Sprache  der  Leute  von  Loliwara. 

2.  Pers.  nen  fo  na  va  ran  bulbul  du  gehst  zu  Schiffe  —  fo  na 
va  Motu  du  gehst  nach  Mota")  —  fo  na  mul  mi  Fanu  du  gehst  her 
nach  Fanu  —  o  a  glua  me  ne  ni  bring  mir  —  o  mdrohe  ni  du 
schlägst  mich  —  nen  o  mkutua  du  nahmst  es  —  ne&  o  vo  fi  »sam 
ne  sin  du  sagst:  welches  ist  dein  Name?  —  o  m  fo  m  tine  du 
fürchtest  dich  —  o  va  lehe  a  geh  ihn  zu  sehen  (zu  ihm)  —  o  me 
[ehe  nia  komm  mich  zu  sehen  (zu  mir)  —  om  sene  me  ne  ni  du 
triebst  mir  —  nen  om  kulua,  om  kut  Iahe  du  nahmst  es,  du  stahlst  — 
o  mdroman  te  van  ha  warum  lachst  du? 

3.  Pers.   vantin  me  mar  der  Mann   ist  todt  —  Botla  e  ve  fea 


*)  Was  unter  Mata  gemeint  ist,  weiss  ich  nicht.  Einige  Wörter  von  Mota 
werden  hier  und  da  angeführt :  tano  Erde,  qatu  Kopf,  pane  Hand,  na  sasa  k  der 
Name  mein,  patau  Brodfrucht. 


38  H.  G.  VON  der  Gabelentz, 

Botla  sagt  es  —  yial  e  va  roro  die  Sonne  geht  unter  —  oh  he  ve  huna 
es  ist  Ein  Monat  —  Talsil  tno  koti  botom  Talsü  schneidet  dein  Haar 

—  mo  nona  es  ist  beendigt  —  ne  ndrohe  ni  er  schlägt  mich  —  $i 
ma  gtu  (kutu)  menen  ayi  wer  nahm  mein  Messer?  —  nea  e  (ve,  be 
dro)  fie  in  er  spricht  mit  mir  —  bulbul  ma  ru  Ion  iie  das  Schiff 
wohnt  (befindet  sich)  auf  dem  Meere  —  nea  e  va  mi  er  geht  her 
(er  kommt)  —  nea  r&  ve  wo  (ist)  er?  —  veran  a  rochin  meine 
Hand  schmerzt  —  lop  a  llo  hagabi  mein  Herz  (ist)  nicht  bös. 

Dual.  1   Pers.  incl.  ken  von  e  rohe  nea  wir  zwei  schlagen  ihn 

—  excl.  marua  ße  pa  ne  Botla   wir  zwei  wollen  dem  Botla  sagen. 

2  Pers.  moro  ro  fana  setzt  euch  beide  —  muru  va,  bo  nofia 
ihr  zwei  geht,  Alles  ist  vorbei. 

TriaL  1  Pers.  incl.  ken  sula  su  a  (wer  Kohimarama  wir  drei 
schlafen  (verweilen)  in  Kohimarama  —  excl.  van  rin  e  su  me  lehe 
mon  morgen  kommen  wir  drei  wieder  hierher. 

2  Pers.  mu  su  floha  mi  ihr  drei  rudert  her. 

Plan  1  Pers.  incl.  ken  fe  yi  va  Fanu  wir  gehen  nach  Fanu  — 
yi  yen  wir  essen  —  yi  mdru  Ion  ti  wir  sind  auf  der  See  —  yi  mlehe 
Vanu  wir  sehen  Vanu  —  yi  na  lehe  Mato  wir  kommen  nach  Mato  — 
he  yi  va  Loliwara  wir  gehen  nach  Loliwara  —  yi  mdro  va  Loliwara 
wir  gehen  nach  (wir  sind  in?)  Loliwara  —  ola  mbe  Ime  te  ia  Loli- 
wara sechs  Monate  (und  wir)  segeln  nach  Loliwara  —  excl.  ma 
mbe  sanula  wir  sind  zehn  —  ma  m  (jene  wir  essen. 

2  Pers.  mi  mdro  fia  me  ne  ni  ihr  sprecht  her  zu  mir  —  mi 
ro  fana  (mimia  yi  ro  fana,  mime  yi  ro  fana)  setzt  euch  nieder  — 
mi  floha  mi  rudert  her. 

3  Pers.  c  mbe  viha  ho  Fanu  wie  viele  (sind)  sie  in  Fanu?  — 
niera  e  va  me  lehe  ni  sie  kommen  her  mich  zu  sehen  (zu  mir)  — 
ev  mar  sie  sterben. 

§  70.    Präpositionen: 

ne  zu,  dient  auch  zur  Bezeichnung  des  Dativs:  o  va  ne  Tahil 
geh  zu  Talsil,  nam  sene  va  ne  neu  ich  gebe  dir. 

lehe  (eigentl.  sehen)  wird  ebenfalls  in  der  Bedeutung  (kommen) 
zu  gebraucht:  yi  na  lehe  Mala  wir  kommen  zu  Mato,  o  va  ne  TaUdl 
va  me  lehe  nia  geh  zu  Talsil  (sage:)  komm  her  zu  mir,  o  me  lehe 
nia  komm  her  zu  mir. 

te  ne  von:  he  yi  va  Kohimarama  mea  Fanu  tene  Mato  wir  gehen 


Die  melanesischen  Sprachen:    Ambkym.  39 

nach  Kohimarania  her  von  Fanu  von  Male,  ni  e  na  va  luilin  le  ne 
*e&  ich  gehe  weit  weg  von  dir. 

biri  bei:  e  na  ru  biri  niera  ich  wohne  bei  ihnen. 

Ion  auf,  in:  bulbul  Ion  lie  das  Schür  auf  dem  Meere,  ma  mba 
robo  mala  Ion  bwe  rire  wir  gehen  Fische  im  Teich  zu  schiessen,  mn 
ru  Ion  lie  es  lebt  im  Meere,  va  Ion  lie  er  geht  auf  das  Meer,  mo  nc 
mumur  va  Ion  lie  er  fiel  hin  in  das  Meer. 

ran  mit,  auf:  ma  mdrobo  ran  yu  wir  (excl.)  schiessen  mit  Bogen. 
gal  ma  fuliru  ran  Uye  die  Eidechse  kriecht  (?)  auf  den  Baum,  gema 
ma  mba  ran  bwele  hu  wir  gehen  auf  das  Riff. 

rot»,  mea  (eigentl.  her)  dient  oft  um  das  locale  »aus,  von«  aus- 
zudrücken :  neu  e  va  Fanu  mea  Mola  er  kommt  nach  Fanu  aus  Mola. 

ho  (eigentl.  verweilen,  sich  aufhalten)  bezeichnet  den  Ort  des 
Aufenthalts:    in,  z.B.  e  mbe  viha  ho  Fanu  wie  viele  sind  in  Fanu? 

§  71.    Adverbien: 

va  (eigentl.  gehen)  drückt  die  Bewegung  hinwärts  aus,  z.B.  ni 
e  na  ft  va  ne  nen  ich  spreche  zu  dir  (von  mir  weg  nach  dir  hin). 
na  sene  va  ne  nen  ich  gebe  dir  hin.  vanlin  be  ru  vu  ro  flo  va  fiatin 
die  zwei  Männer  rudern  fern  hinweg. 

me,  mt,  mea  sind  der  Gegensalz  von  va  und  drücken  die  Be- 
wegung herwärts  aus:  neu  e  va  mi  er  kommt  her.  orn  sene  me  ne 
ni  du  giebst  mir  (her),  o  mea  du  (komm)  hierher,  o  a  glua  me  ne 
ni  bring  es  her  zu  mir.  mea  Fanu  her  (von)  Fanu.  mu  su  floha  mi 
ihr  drei  rudert  hierher. 

bua  (eigentl.  gut) :  ja,  ganz  recht. 

mereana  nein,  nicht. 

lolo,  llo  (eigentl.  schlecht)  nicht:  Ion  a  Udo  hagabi  mein  Herz 
ist  nicht  bös.  na  Uo  keim  m  na  ich  weiss  seinen  Namen  nicht.  Ion 
a  Üo  chune  mein  Herz  wünscht  nicht.  —  Es  dient  auch  als  Prohi- 
bitiv:  o  ilo  n  rca  wirf  nicht  den  Speer,  mi  Üo  mbala  kämpft  nicht. 
o  Üo  n  roboa  schiess  nicht. 

van  rin  (fan  rin)  morgen:  van  rin  e  su  me  lehe  man  oder 
m  na  me  lehe  man  fan  rin  morgen  kommen  wir  drei  wieder. 

tolo,  konkon  sehr. 

fcctf,  t;tf,  pe  wo?  v antin  ta  ra  bea  Menschen  sie  wo  (woher 
sind  die  Menschen)?  ?»t'tt  ne  ve  wo  ist  er?  menen  viria  rie  ve  wo 
ist  mein  Land? 


M»  H.  (I  %o% 

te  rmm  ha.  bi  ha  warum'?  wesweaen'?  «  mdmrim  It  *••  hm 
warum  weinst  du?  o  mdro  lori  mia  le  ram  ha  weswegen  schlägst 
du  mich* 

»«9?  wann?  yi  na  ta  Lalirara  mame  wann  gehen  wir  nach 
Loliwara? 

mi-are  woher?  o  ri  ar<  woher  bist  du? 

§72.  In  s\ntaktischer  Beziehung  ist  zu  bemerken: 
Das  Nomen  bat  keine  Form  zur  Unterscheidung  der  Casus; 
die  Stellung  desselben  nach  dem  Verbuni  bezeichnet,  dass  es  als  Ob- 
ject.  im  Aocusathr.  nach  einem  anderen  Nomen,  da&»  es  davon  ab- 
hängig, im  Genitiv  steht:  m  mlehe  \amu  wir  sehen  Vanu.  na  Uo 
kelea  m  fi  Im  Loliwara  ich  kenne  nicht  die  Sprache  der  Leute  von 
Loliwara. 

§  73.  Das  abgekürzte  Pronomen  3.  Pers.,  a.  wird  als  Object 
dem  Verbum  gewöhnlich  sufiigirt.  z.B.  o  a  gima  me  me  m  bring  es 
zn  mir.  men  o  tmkmima  du  hast  es  genommen,  o  rm  lehea  geh  ihn  zu 
sehen.  Boila  e  re  fea  Botla  sagt  es.  o  I/o  m  roboa  schiess  es  nicht. 

Ebenso  wird  es  dem  Subject  sufligirt.  wo  es  vielleicht  eine 
Demonstrativbedeulung  annimmt  oder  die  Stelle  des  Artikels  vertritt. 
Ich  finde  dafür  folgende  Beispiele:    Irma  mereama*  be  aroro  Wind  er 

ist  nicht,  es  ist  Windstille,  rerama  rochim  meine  Hand  sie  schmerzt. 
Uma  Udo  hagabi  mein  Herz  es  ist  nicht  bös.  memem  ririm  mye  ve 
mein  Land  es  ist  wo?  Auch  findet  man  es  Adverbien  angehängt, 
z.  B.  Ar  lil  U4oa  es    sind    sehr  viele,  rWrWc  telrelem  ou  schnell  schnell 

komm  her.  Welche  Bedeutung  es  hier  hat,  kann  ich  nicht  angeben. 
§74.  Der  INI,  wo  eine  Handlung  stattfindet,  oder  auf  welchen 
sie  gerichtet  ist,  wirxl  als  Object  der  Handlung  betrachtet  und  steht 
daher  ohne  Präposition,  z.  B.  ola  be  re  hmna  le  ia  Famm  in  Einem 
Monat  segeln  nach  Fanu.  ola  mbe  ri  mo  ko  Kokimiarama  wie  viele 
Monate  verweilen  wir  in  Kohimarama?  kern  sola  *na  firer  Farn*  wir 
drei  schlafen  verweilen  in  Fanu.  kern  fe  yi  ro  Famm  wir  gehen  nach 
Fanu.  yi  tmdro  ra  Loliwara  wir  gehen  nach  Loliwara.  he  yi  rm  Koki- 
marama  wir  gehen  nach  Kohiniaraina. 

§  75.  Me  dient  zuweilen  dazu,  das  Subject  vom  Prtdicat  zu 
trennen,  z.B.  ramtim  me  mar  der  Mann  ist  todt.  lern  me  lam  Udo  der 
Wind  ist  sehr  gross,  lim  me  mor  sein  Bein  ist  gebrochen,  tie  me  mar 
die  See  ist  todt    es  ist  Ebbe  . 


Die  melanesischen  Sprachen:    Ambrym.  41 

§  76.  Abhängige  Sätze  stehen  unvermittelt  vor  oder  nach 
dem  Hauptsatz,  z.B.  mo  nona,  ma  m  yene  dies  beendigt  (wenn  dies 
beendigt  ist)  dann  essen  wir.  ma  mba  robo  malo  wir  gehen  (um) 
Fische  zu  schiessen. 

§  77.  Schliesslich  gebe  ich  als  Sprachproben  noch  einige 
längere  Sätze  mit  der  ihnen  beigefügten  englischen  Interlinearversion: 

Vantin  be  ru  vu     ro    flo     va     hatin;  geli  (oder  gehu)  nie     haruti 

men  two  they  2  paddle  away  far;  this  -  the  one  sat  paddliny? 
en  balnan  ge  me  haru  mo  ne  mumur  va  Ion  tie,  bi  e  ma  ne 
in     stern     he  sat  paddliny?  he      fett     out  into  sea,  shark    ale 

ne  lin,  bi  mo  yen  (oder  yien)   fu  nuna.  Vantin  Loliwar  ma  gali  (geli) 
leg-his,  shark    ate  quite.       Man   Loliwar        diy 

tan  mo  fo  he  tlo  ronta  ne. 
earth  earth    up  not  hear  him. 

Hoho  be  lil  moho  Ion  vir,   muru  Ion  tic;     tie  me     mar  gema 

crabs  _many    are     on  land,    are     in   sea;  sea[tide)  dead[low]       we 
ma  mba  ran  bwete  ha,  ma   mlehe   malo  Ion  bwerire,    ma   mdrobo 

go     on  (to)  reef,  we      see       fish     in       pool,        we     shoot 

ran    yu,  ma  ralo  me  se  noro,  me  fana,     mo  nona 

tri/A  bow,  we  comc  {to)  beach  dry  al  high  water,  roasl,  (whm  thal)  is  done 
ma  mgene. 
we      eal. 

Gerin  dron  ne  pela,  iiiam  lehe,  inain  tea    yu,  mam  barbo,  vag  tu  me 
Bat  eats  breadfruil,     we     see,      we   take  bow,    we   shoot,  cairy  hither 

Ion    irna,     me    fline,  me  fana,  mo  nona,  vanlin  beul  e  manene. 
lo  house  make  oven,       cook,       all    dane,     men    many        eal. 

Bi   mam  drom  tintine,  ma  llo  ncne  nea.  : 
Shark  we  fear,      we   not    eal      iL 

Terms  ta  Loliwar  bi   manene   [-ma  n  gene]    hatin    konkon   Ion 

Lad?  man  of  Loliwar  far       very       on 

nie   hau    bi         manene  lin,     mo  kone  ne  va  Ion  tie. 
0p«i  sea  shark  biles  off  his  leg,    carries      it   off     lo   sea. 


42  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

V. 

DIE  SPRACHE  VON  VUNMARAMA. 

§  78.  Von  dieser  Sprache  liegen  mir  zwei  grosso  nur  auf  Einer 
Seite  gedruckte  Blatter  vor  mit  der  Ueberschrift:  New  Hebrides.  Vun- 
marama. N.  end  of  Whiisunlide  J.  Araga.  Darnach  scheint  mir  Vun- 
marama  am  nördlichen  Ende  von  Whitsuntide  (Pentecoste)  L,  deren 
einheimischer  Name  Araga  ist,  zu  liegen,  wogegen  Herr  Dr.  Gerland 
(Petermann's  Mittheil.  Bd.  18,  S.  144)  auf  Grund  einer  von  Dr.  Grun- 
demann  in  Petermann's  Mitthcil.  Bd.  1 6,  Taf.  1 9  veröffentlichten  Karte 
ein  Inselchen  nördlich  von  Aragh  (Araga)  darunter  versteht.  Dass 
nur  eine  besondere  Gegend  einer  Insel  darunter  gemeint  ist,  dafür 
sprechen  wenigstens  einige  der  auf  den  gedruckten  Blättern  vorlie- 
genden Sätze,  namentlich  Kamai  Vunmarama,  Anuwelu,  Anserehubwe, 

we 
Agatoa,  Avovoe,  Avaturoua  bul,  kamam  bwalo  te  bul,  baluana  sikai, 

logether       we        fight   logcther      fight       itcf, 
kam  dro   didinigi,   ba  bwalo  mai  ra  lol  ta  Vola,    Lava  saulu,   wozu 
we    live  at  pcacc,  we    fight     with  them  of 

am  Rande  bemerkt  ist:  we  dorit  fight  among  ourselves  bul  against  the 
Lollavola  and  others.  Da  kaum  anzunehmen  ist,  dass  unter  diesen 
hier  vorkommenden  Namen  lauter  besondere  Inseln  zu  verstehen  sind, 
so  gewinnt  es  eher  den  Anschein,  als  ob  Vunmarama,  Anuwelu  u.s.w. 
verschiedene  Orte  derselben  Insel  waren,  wogegen  unter  Vola  oder 
Lollavola  vielleicht  eine  benachbarte  Insel  zu  verstehen  ist.  Viel- 
leicht lasst  sich  auch  die  Grundeniann'sche  Karte  mit  dieser  Annahme 
vereinigen. 

§  79.  Aus  dem  mir  vorliegenden  Material  stelle  ich  zunächst 
ein  kurzes  Wörterverzeichniss  der  Sprache  auf: 

matan  ial  Sonne  (Auge  d.  Tage^  taulu  Jahr,  Jahreszeit 

vula  Mond  vanu  Land,  Erde 

lang  Wind  ara  Feld 

maran  Licht,  Morgen  taihi  Meer 

hon  Dunkelheit,  Nacht  halo  Weg 

bohaboha  Mittag  ata,  alal(u)    Mensch 


Die  melanesischen  Sprachen:    Vunmarama. 


43 


ba  kommen 
ban,  banai  schiessen 
bwalo,  baluan  kämpfen 
dawaga  aufgehen 
dro  leben,  sein 
ha,  hat  gehn,  kommen 
hayav  bedauern 
hivu  sich  neigen 
huhuni  untergehen 
ihn  sich  bücken 
ilo  wissen 
irxibivi  schlagen 
lai  bringen,  nehmen 
loli  tödten 
mahinga  einwilligen 
mamaUi  aufwachen 
mutaga  fürchten 
male  sterben 
malura  schlafen 
ron  wünschen 
rono  hören 
sura  stehlen 
taua  machen 
lo,  tono  sitzen 

longo  sich  aufhalten,  wohnen 
vai,  vano,  ban  gehen 
veve,  beve  sprechen 
vosa  sagen 
vul  kaufen 
weht  tödten. 
avoavo  sprechen 
§  80.    Bei  mehreren  dieser  Wörter   ist   die  Verwandtschaft  mit 
malaiisch- polynesischen  nicht   zu  verkennen,    wie   bei   matan,   vula, 
mar  an,  6o#,  vanu,  vaivine,  boe,  niu,  male,  rono,    auch  wohl   taihi, 
mal.  tasik,  polyn.  tat;  halo,  mal.  jalan,  polyn.  ala;  matagu  mal.  lakut; 
sura  mal.  curi;    wehi   polyn.  pepehi;    maiuru  ilok.  maturog,   satawal 
maluru;    horo  javan.  holo.     Einige  Wörter   zeigen  auch  mit  anderen 


vaivine  Frau 

natu  Knabe 

sine  Leib 

lolo  Herz 

ihan  Name 

mavo,  avua  Sprache 

haro  Fieber 

khinuu  Ding,  Sache 

bila  Eigen  th  um 

lio  Pfeil 

garavi  Axt 

boe  Schwein 

dam  Yam 

niu  Cocosnuss 

tavuha  gut 

hantai  schlecht 

horo  bös,  übelgesinnt 

kai  vua  gross 

ilirigi  klein 

ivusi  viel 

rahi  schwer,  heftig 

lena  dumm 

hautu  fern 

abena  nahe 

gonai,  tamata  ruhig 

didinigi  friedlich 

moru  ungestüqi,  rauh 

bubtdtai  unanständig 

vuroi  natürlich 

nogo  beendigt,  fertig 


44  H.  C.  VON  der  Gabelkntz, 

melancsischen  Sprachen  Verwandtschaft ,  wie  ata  Mensch,  Lifu  atrt\ 
natu  Knabe,  Lifu  neko,  Tana  mati,  maturu  schlafen,  Lifu  mehjle,  vom 
sagen,  Lifu  whadha,  ilo  wissen,  Marc  nie,  Fidschi  kila,  vatw,  ban 
gehen,  Fate  fan. 

§  81.  Ueber  die  Aussprache  lässt  sich  nichts  Bestimmtes  an- 
geben; #  lautet  nasal  wie  ng.  Wenn  ein  Vocal  vorausgeht,  wird 
am  Anfang  eines  Wortes  b  zu  mb,  d  und  l  zu  nd  z.  B.  ra  mbanai 
sie  schiessen  (v.  banai),  maran  ma  mbon  Licht  und  Finsterniss,  d.h. 
morgen  (v.  bon),  nam  gai  vadule  ndam  ich  wäge  ab  (kaufe  regel- 
mässig) Yam  (v.  (/am),  lolok  ma  ndavuha  mein  Herz  ist  gutgesinnt 
(v.  tavuhd),  bislwp  wa  ndogo  der  Bischof  wohnt  (v.  togo). 

§  82.  Hinsichtlich  der  Wortbildung  ist  die  Verdoppelung  zu 
erwähnen,  die  sich  hier  wie  in  den  verwandten  Sprachen  findet, 
z.  B.  vulvul  kaufen  (statt  vul),  avoavo  sprechen,  bohaboha  Mittag,  ja 
es  findet  sich  eine  dreifache  Wiederholung  in  haroharoharo  heftig 
am  Fieber  leiden. 

§  83.  Ortsnamen  haben  die  Partikel  ta  vor  sich:  la  Ba9  la 
Vunmarama,  ta  Vola,  auch  ta  Loltavola,  sie  scheint  die  Bewohner 
des  Ortes  auszudrücken  z.  B.  mavo  lol  vanu  ta  Ba  Sprache  des  Lan- 
des (der  Bewohner)  von  Ba.  nam  avoavo  a  ta  Vunmarama  ich  spreche 
die  Sprache  (der  Bewohner)  von  Vunmarama.  ka  bwalo  mai  ra  lol 
ta   Vola  wir  kämpfen  mit  denen  von  (den  Bewohnern)   von  Vola. 

§  84.  Beim  Substantiv  wird .  das  Subject  (Nominativ)  sowenig 
wie  das  directe  Object  (Accusativ)  durch  besondere  Formen  be- 
zeichnet; für  andere  Beziehungen,  die  wir  als  Genitiv,  Dativ,  Locativ 
u.s.w.  betrachten,  treten  Präpositionen  ein,  namentlich  a,  la  und 
für  den  Genitiv  auch  lol  (s.  oben) ,  z.  B.  alatu  a  la  Loltavola  die 
Männer  der  Bewohner  von  Loltavola,  ba  mai  vai  a  Vunmarama  komm 
her  nach  Vunmarama,  khin  to  a  la  setzt  euch  nieder,  Takaro  ma 
ndo  a  mari  Takaro  sitzt  oben,  nam  ban  a  lolora  ich  gehe  zu  ihnen, 
ihei  ma  ilo  avua  na  ata  la  vanua  Temauk  wer  kennt  ihre  Sprache 
der  Männer  des  Landes  Temauk's?  tai  vano  la  vanua  masu  wir  gehn 
in  unser  Land. 

§  85.  Ein  Artikel  kommt  nicht  vor,  ebensowenig  eine  Be- 
zeichnung des  Pluralis,  es  müsste  denn  ala,  Menschen,  der  Pluralis 
von  atat,  alatu,  Mensch,  sein. 


Die  melanbsischkn  Sprachen:    Vunmarama. 


45 


§  86.  Die  Zahlwörter  sind:  1  tea,  tuwa,  2  rua,  3  tolu, 
K  fast,  5  lima,  6  ono,  7  vitu*  8  welu,  9  «wo,  10  hanwul,  hanawul, 
20  ma  na  vul  gai  rua,  100  mo  mbu  da  lua,  1000  fudo  lua;  mo 
mbu  sanwul. 

Der  polynesische  Ursprung  der  neun  ersten  Zahlen  ist  nicht  zu 
verkennen,  auch  in  hantvul  scheint  das  malaiisch -polynesische  pulu, 
fulu  der  letzten  Sylbe  zu  Grunde  zu  liegen.  Damit  ist  Ambrym  satiaul 
zu  vergleichen. 

Die  Zahlwörter  stehen  den  Substantiven  und  Pronomen  nach, 
indem  die  Partikel  gai  zwischen  beide  tritt:  atat  gai  tuwa  Ein 
Mensch,  vula  gai  rua  zwei  Monate,  gidaru  gai  rua  wir  zwei,  kera 
gai  ono  sie  sechs. 

§  87.  Die  persönlichen  Pronomina  haben  einen  vierfachen 
Numerus:  Singularis,  Dualis,  Trialis  und  Pluralis,  und  eine  längere 
und  kürzere  Form,  deren  letztere  die  gebräuchlichere  ist,  wogegen 
die  erstere  nur  gebraucht  wird,  um  einen  gewissen  Nachdruck  auf 
das  Pronomen  zu  legen  (emphatisch) .  Die  erste  Person  unterscheidet 
in  der  Mehrzahl  noch  zwischen  einem  inclusives  und  exclusivus. 


1. 

Person. 

emphatisch: 

gewöhnlich  : 

Sing. 

inau 

au,  nau,  na,  nai 

Dual.  I 

incl.    gidaru 

ta  ru,  ta  muru 

excl.  kama  ru 

ka  ru,  ka  muru 

Trial    J 

[incl.    gida  gai  tolu 

ta  toi 

m.  ■  int*     i 

iexcl.  kama  gai 

iolu 

ka  toi 

1 

rincl.    gida  ivusi 

oder 

ta 

Plur.  < 

hanwul 
excl.  kama  ivusi  oder 

kamai,  ka 

^              hanwul 

2. 

Person. 

Sing. 

gingo 

ko,  kho 

Dual. 

kirnt  ru 

ki  ru,  ki  mim,  gi  ru 

Trial. 

kimi  gai  tolu 

ki  lol,  gi  toi 

Plnr. 

kimi  ivusi  oder 
hanwul 

kimi,  kimiu 

46  H.  C.  von  der  Gabblentz, 

3.  Person. 
Sing,     geko,  keko  gea,  kea,  a  *) 

Dual,     ke  ra  gai  rua  ra  mura 

Trial.     ke  ra  gai  tolu  ra  toi 

Plur.      ke  ra  ivusi  oder  ni  ra.  ra. 

§  88.  Nach  Präpositionen  kommen  noch  besondere  Formen  vor: 
lalai  nu  zu  mir  (doch  auch  gin  au,  huri  au  zu  mir),  lele  nigo,  gm 
igo  zu  dir ,  abe  miu  mit  euch ,  gin  ia  zu  ihm ,  dum  ia  gegen  ihn, 
lalai  nira  zu  ihnen. 

Ebenso  giebt  es  besondere  Formen  für  die  Posse ssiva,  welche 
dem  Substantivum  nachgesetzt  werden: 

Sing.  Dual.  Trial.  Plural. 

1.  Person. 

incl.  ndaru  nda  gida  gai  tolu      nda  gidi  ivusi 

ngu,  ku,  -k         excl.  maru  mai   katnai    gai      mai  kama  ivusi 

tolu 

2.  Person. 

ma  miru  miu    kimiu    gai      miu  kimi  ivusi 

tolu 

3.  Person. 

na  nira  gai  rua  ra  gc  ra  gai  tolu     ra  ge  ra  ivusi 

Diese  Formen  haben,  wenn  sie  un verbunden  stehen,  die  Par- 
tikel no  vor  sich:  no  nda  der  meinige,  no  ndaru,  no  maru  der  un- 
selige (Dual),  no  nda  gai  tolu  der  unserige  (Trial),  no  ma,  nom  der 
deinige  u.  s.  w.  Wenn  von  Speise  oder  Getränk  die  Rede  ist,  so  tritt 
ersten  Falls  ga,  letzten  Falls  ma  vor  das  Possessivum  (wie  im  Fidschi 
ke,  me) :  ga  ku  meine  Speise ,  ma  ngu  mein  Getränk ,  ga  ma  deine 
Speise,  ma  ma  dein  Getränk  u.  s.  w. 

§  89.    Demonstrativa  sind  ko,  geko,  gekado,  auch  teto,  tetado- 

Interrogativa  sind  hei,  ihei  wer,  non  hei  wessen,  havanau 
was,  gai  viha  wie  viele? 

Als  Indefinit  um  kommt  tuana,  einige,  vor. 

§  90.  Das  Vcrbum  hat  im  Sing,  und  Plur.  die  Partikel  ma 
vor  sich,  die  vor  Dentalen  in  man,  vor  Labialen  in  mam  übergeht, 
z.  B.  bishop  ma  ro&  der  Bischof  wünscht,  gea  ma  haro  er  hat  Fieber, 

*)    a,    es,  ihn,   wird  als  Object  dem  Verbum  angehängt:    wehia  ihn  tödten, 
hagavia  bedaure  ihn,  vevea  sage  es. 


Die  MELANE8ISCHEN  Spbachen:    Vunmarama.  47 

atal  mam  ban  der  Mensch  geht,  matan  ial  man  dawaga  die  Sonne 
geht  auf.  Nach  einem  Pronomen  wird  diese  Partikel  in  verkürzter 
Form  als  m  oder  n  angehängt:  nam  ro&o  ich  höre,  tarn  dro  wir 
leben,  kamam  bwalo  wir  kämpfen,  khom  barihai  du  weigerst  dich  zu 
gehen,  kirn  dro  ihr  lebt,  khin  to  ihr  sitzt.  Auch  findet  sich  mit 
Wiederholung  des  Pronomen  to  man  ta  ha  wir  kommen. 
§  91.  Als  Beispiel  der  Conjugation  dient: 
Sing,     {mau)  nam  iloi  ich  weiss 

(gingo)  khom  iloi  du  weisst 

(gea)  ma  iloi  er  weiss 

Dual,     to  tu  oder  ta  muru   \   .,  . 

_  }  tlot  wir  wissen 

ka  ru  oder  ka  muru  ) 

ld  ru  oder  ki  miru  iloi  ihr  wisst 

ra  mura  iloi  sie  wissen 


Plur. 


(qida  xvust)    tarn)    .... 

,  }  not  wir  wissen 

(kamai)   kam       J 


(kamai) 

(kamiu)  kirn  iloi  ihr  wisst 

{kera)  ram  iloi  sie  wissen. 

§  92.    Vor  dem  Imperativ  nimmt  das  Pronomen  zuweilen  die 

Endung  i  an:  koi  vevea  sage,  tot  vano  wir  wollen  gehen.    Sonst  sagt 

man  im  Imperativ: 

gingo  mai  huri  au  komm  her  zu  mir 

gi  ru  mai  huri  au  kommt   (Dual)   her  zu  mir 

gi  toi  mai  huri  au  kommt  (Trial)   her  zu  mir 

khpti  ) 

\mai  huri  au  kommt   (Plur.)   her  zu  mir 
khin   J 

klw  e  vevea  sprich  du 

kJiiri  vi  \ 

\  vevea  sprecht  ihr  beiden 
giru  vi  J 

khiv  vevea  sprecht  (Plur.). 

§  93.    Im  Prohibitiv  heisst  es: 

khov  hav  malagu     \  \  tehe  fürchte  dich  nicht  vor  mir 

I      i  au      ) 

{hu  %  au  \ 
\  tehe  fürchtet  (Dual)  euch  nicht  vor  mir 
i  au     J 

)  tehe  fürchtet  (Plur,)  euch  nicht  vor  mir, 
%  au     ) 


48  H.  C.  von  de»  Gabelbxtz, 

Auch  sagt  man  khiv  hav  baluan  iehe  kämpfet  nicht,  khi  vo  wehe 
ie  tödtet  nicht. 

§  94.    Adverbia  sind: 

1)  des  Ortes:  ie  to,  te  tarfo,  ai  ia  hier,  da,  ntai  her,  ia  nieder, 
tnule  zurück,  hauiu  fern,  abena  nahe,  mari  auf,  oben,  bul  zusammen, 
hala  behi  wo? 

2)  der  Zeit:  luai  vormals,  bategaha  jetzt,  nun,  tuhuba  bald, 
nächstens,  radu  noch,  ka  hakarigi  heute,  maran  ma  mbon  morgen, 
vai  wehe  übermorgen,  gil  wieder. 

3)  der  Beschaffenheit:  Artiit,  wie?  kunia  so,  nan  nur,  tnaha- 
gena  nur,  allein. 

4)  der  Verneinung:  sikai  nicht,  nein,  sikai  radu  oder  radu 
sikai,  hav-ie  radu  noch  nicht,  hav- Iehe,  hau-iehe,  ha -iehe  nicht. 
Sikai  negirt  Nomen,  Pronomen  oder  Adverbium,  selten  das  Verbum, 
hav-tehe  das  Verbum  oder  Adjectivum,  z.B.  ka  hakarigi  sikai  heute 
nicht,  sikai  kun  geko  nicht  wie  dieses,  ma  male  vuroi,  sikai  ram  hau 
wehia  ielie  er  starb  natürlich,  nicht  sie  haben  ihn  (nicht)  getödtet, 
baluana  sikai  kein  Kampf,  ohne  Kampf,  war  hav  lai  ra  iehe  ich  nehme 
sie  nicht,  nam  hav  lolia  iehe  ich  habe  ihn  nicht  getödtet,  nam  hav 
iloi  tehe  ich  weiss  nicht,  ram  hau  wehi  a  iehe  sie  haben  ihn  nicht 
getödtet,  ram  ha  male  iehe  sie  sind  nicht  gestorben,  kimiu  baluan 
sikai  ihr  kämpft  nicht,  ma  hav  gai  vua  ie  radu  noch  nicht  gross, 
ma  hav  nogo  ie  radu  noch  nicht  fertig. 

§  95.    Präpositionen  sind: 

gin  zu,  gegen,  mit:  lolok  ma  ndavuha  gin  dam  ma  rahi  mein 
Herz  ist  gut  gegen  Yam  heftig  d.  h.  ich  wünsche  sehr  Yam,  ra  banai 
gin  lio  sie  schiessen  mit  Pfeilen,  nam  rofw  ma  ndavuha  gin  igo  ich 
höre  gut  (Wunsch)  gegen  dich  (?/  hear  good  (-tvish)  io  you),  nam 
vubul  ndam  gin  garavi  ich  kaufe  Yam  mit  einer  Axt,  ra  mbanai  gin 
lio,  nom  gin  au  sie  schössen  mit  Pfeilen,  den  deinigen  nach  mir. 

/a,  lalai,  lele  zu:  lai  vano  la  vanua  maru  wir  wollen  in  unser 
Land  gehen,  khov  beve  lalai  nira  sprich  du  mit  ihnen,  ihei  vi  veve 
halo  lalai  nu  wer  sagt  mir  den  Weg?  nam  avoavo  a  la  Yunmarama 
lele  nigo  ich  spreche  die  Sprache  von  Vunmarama  zu  dir. 

huri  zu:  mai  huri  au  her  zu  mir. 

ni  mi  von:  ki  miru  ban  nini  um  «ihr  zwei  geht  weg  von  mir. 

/o/o,  lol  in,  auf,  unter,  zwischen:  luana  ma  ndu  lolo  ara  einige 


Die  melanesischen  Sprachen:    Vunmarama.  49 

bleiben  auf  dem  Felde,  nam  ban  a  lolo  ra,  lol  ta  Vola  ich  gehe  unter 
sie,    unter  das  Volk  von  Vola,  lol  taihi  auf  dem  Meere. 

dumi,  dum  zu,  nach:  havanau  mam  beve  dumi  gida  was  sagt 
er  zu  uns?  ram  ban  dum  ia  sie  schiessen  nach  ihm. 

abe  bei:  übe  gu  bei  mir,  abe  ra  bei  ihnen,  abe  n  Tari  Oda  bei 
Tari  Uda,  nam  maluru  abe  min  feto  ich  schlafe  bei  euch  hier. 

vai  (eigentl.  gehen)  zu,  nach  (Richtung):  ni  ra  ba  mai  vai  a 
Vunmarama  sie  zwei  kommen  her  nach  Vunmarama,  ra  ban  vai  Ko- 
himarama  sie  gehen  nach  Kohimarama. 

§  96.  Conjunctionen  sind:  ma  und,  sa  oder,  ngan  aber,  son- 
dern, be  wenn,  be  re  dass  nicht:  lolo  ra  ram  horo  gin  au  sa  sikai 
ist  ihr  Herz  übelgesinnt  gegen  mich  oder  nicht?  lol  bilu  miu  hautu 
sa  abena  ist  das  Feld  euer  Eigenthum  fern  oder  nah?  nam  hav  lolia 
(ehe,  gea  ngan  ma  male  vuroi  ich  tüdtete  ihn  nicht,  sondern  er  starb 
natürlich,  be  lang  sikai  wenn  kein  Wind  (ist),  kho  be  re  wehi  au  dass 
du  mich  nicht  verletzest. 

§  97.    Hinsichtlich  der  Satzbildung  ist  zu  bemerken: 
Das    Subject  steht   vor   dem  Verbum,    nach    diesem  kommt  zu- 
nächst das  nähere,  dann  das  entferntere  Objecl,  wie  in  dem  Satze: 
ihei  vi  veve  halo  lalai  nu  wer  sagt  den  Weg  mir? 

Das  Adverbium  steht  nach  dem  Verbum :  gea  nun  ma  male  vuroi 
er  nur  starb  natürlich. 

Ein  Verbum  substantivum  fehlt,  Subject  und  Prädicat  stehen  daher 
unverbunden  neben  einander:  gea  kun  Tari  Oda  er  (ist)   wie  Tari  Oda. 
Eine  eigentümliche  Redensart  ist:  nai  van  ma  lok  kei  ich  gehe 
und  mein    (Begleiter)   wer?   d.h.  wer  will  mit  mir  gehen? 

Als  subordinirter  Satz  erscheint:  nam  lai  mule  ni  ra  ba  mai  vai 
a  Vunmarama  ich  bringe  wieder  sie  zwei,  herzukommen  nach  Vun- 
marama. 

§  98.  Zum  Schluss  gebe  ich  noch  einige  lungere  Satze  mit  der 
ihnen  beigefügten  englischen  Interlinearversion : 

Matau  ial  man  dawaga  ma  ha   mai    man  do         bohaboha  ma  divu, 
sun  rises  comes  hilher   (on  iis  course)  noon       declines 

ma  huhuni  mam  boni,  ta  maturu:  marane  ta     mamata  tarn  dro  mari 

sels  night  we     sleep  dag  break  we    awake     we    are   up 

mavo    lol  vanu  ta  Ba  ge  kado  ma  ilo. 
speech  of    land  ihis  one  knows. 

AMmmU.  d.  K.  S.  Geselltfch.  d.  WUsensch.   XVII.  4 


50  H.  C  TOS  MCI  G.4MLESTZ.  4 

Bishop  ma  ron  ma  ndavuha  gi  natu  ririgi  gai  tolu  ra  ban  vai  Kohi- 

wixhex  boy*  3  they  go 

marama  ma    iloi    nora  avuana.  kai  vua  sikai  ra  nie  lena. 

he  know  their     xpeech  t/real      not  they    *tupid. 

Xam  rono  ma  ndavuha  sin  iso,    Malgasa.  sidaru  sai   ma   ta  muru 

I      hear    %ood  -wixh      to    you  we  two    inel. 

hai  vai  la  vaoua  Temauk.  ko  beve  lalai  nira  Tomauk  ma  mate  vuroi, 
go  to    land  you  say      to    them  die  naturaüy 

atat  ma  hau  wehia  (ehe. 
man  not     kill      him. 

Bishop   ma    ndogo    tuai   Kohimarama,   nun  ha  mate  leite«  taulu  gai 
dwelt    was    formerly  they  not    die         year  season 

tuwa  ka  ban  alolona,  ka  mate,  kera  gai  ono    ra  mate. 

one   we    yo     thither  {within     we  die     they  xijr  they  die. 

Kauiai  Yunmarama,  Aniiwelu.  Anserehubwe.  Agatoa,  Avovoe,  Ava- 

we    excl. 
turuua,  bul,  kamam  bwalo  te  bul,    baluana  sikai,   kam  dro  didinigü 
together    we        fight   together      fiyhl        not       we    live  at  peace* 
ka  bwalo  mai  ra  lol  ta  Yola.  Lavasaulu:    ihan  vanua  ra  lol  ta  Vola, 
we    fight    with  them  of  name  place  them 

atatu  a  ta  Loltavola  ivusi. 
men  of  mamj. 

Inau  nam  bevea  lalai  nira  kunia:  khiv  hav  baluan  telu\  kimra  baluan 

/        /       say       to    them    Ihm:       ye  dont  fight  ye       fight 

sikai,  baluana  gina  hantai,  kirn  dro  didinigi,  tamata,  im  tavuha. 
not       fight  bad      ye    live  at  peace     quiet  good. 


DlK    MBLANESISCHElf    SPRACHEN:     LlFU. 


51 


VI. 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  LIFU. 


I.  Einleitung. 

§  99.  In  dieser  Sprache  liegt  mir  jetzt  eine  Uebersetzung  des 
Evangelium  Marci  vor  (Drei  la  maicha  ka  loi  Jesu  Keristo  la  hupuna 
i  Haze  hna  chinihane  hnei  Maleko.  St.  Johns  College,  Auckland.  Prinled 
al  the  Melanesien  Mission  Press.  1859.  69  S.  8°) .  Dies  gewährt  einen 
besseren  Einblick  in  den  Stoff  und  Bau  der  Sprache,  als  die  dürf- 
tigen Hülfsmittel ,  die  mir  früher  zu  Gebote  standen,  und  veranlasst 
mich,  ihr  eine  neue  selbständige  Behandlung  zu  widmen. 

§  1 00.  Zunächst  schicke  ich  ein  nach  Gegenständen  geordnetes 
Wörter  verzeich  niss  voraus: 


1.  Himmel,  Zeit. 


haze,  akotresie  Gott 
nengondrae  Himmel 
dho  Sonne 
treu  Mond 
waalresitlie  Stern 
hodrenye  Donner 
eni  Wind 
thalola  Sturm 
ea  Feuer 
iawe  Wolke 
meleme  Licht 


hmekuj  idhine  Zeit 
maichalre  Jahreszeit,  Jahr 
hnaotie  Sommer 
maichalre  ka  hnotre  Winter 
drae  Tag 

gotrane  drae  (Tageslheil)  Tages- 
zeit 
dhinlrc,  dhilre  Nacht 
hmakane  Morgen 
hedh,  hedhe  Abend. 


2.  Erde. 


fene,  fewatine  Erde 
dro  Erde,  Staub 
hneopengedha,  nangedha  Fluss, 

See,  Meer 
limi  Wasser 
hnandro  Erdboden 
eta  Stein 
fao  Erz 


ga,  hnalapa  Ort,  Gegend 

helep  festes  Land,  Feld 

welre  Berg 

hnilre  Wüste 

godhi,  godheni,  kalana  Weg 

ifengone  Grenze 

hua,  keleme  Grab. 


52 


H.  C.  VON  DER  GABELENTZ, 


3.  Mensch. 


atre  Mensch 

/(>,  foe  Frau,  Weib 

kerne  Vater 

kaka  (irelrelro)  Vater  (in  der 
Anrede) 

ihine  Mutter 

dhini,  mama  Bruder 

kha  Schwester 

kuku  Kind 

idhilhine  (Trinkmutter)  Säug- 
ling 

neko  Sohn,  Kind,  Junges 

hupuna  Sohn 

dhadhine  Mädchen 

neko  dhadhine  Tochter 

thnbadesilhe  Knabe 

trahmani  Ehemann 

nipi  ikolresai  Bräutigam 

sine  foe  Wittwe 

dhohu,  nipi  Herr 

tiklie  Oberster,  Fürst 

sinelapa  Diener,  Begleiter 


nodhe  Volk,  Menge 

ad  he,  atresi(wa)   Name 

u  Geist,  Seele 

he  Kopf 

koiadhe  Haupt 

meke  Auge 

hnangenia,  inengeiriu  Ohr 

ikhadhawa  Angesicht 

pene  Haar 

nio  Zahn 

thineme  Zunge 

ukenewhe  Lippen 

ngonitrei,  ngonale  Körper,  Leib 

ninawa  Hals 

khele  Bauch 

hni  Herz 

madra  Blut 

ime,  iwanakoime,  Ihemie,  itvaim- 

kothemie  Hand 
cha9  fenie,  hnatrapafenie,   hna- 

trapaicha  Fuss 
awhane,  aweka  Wort,  Rede. 


4.  Thiere. 


oni  Thier 
mamoe  Schaf 
puaka  Schwein 
vailai  Hund 

Qni  ka  shesha  (fliegendes  Thier) 
Vogel 


pini  Taube 

(jutu  Hahn 

i  Fisch 

une  Schlange 

sipa  Heuschrecke 

pianyotre  Wurm. 


5.  Pflanzen. 


sinye  Pflanze,  Baum 
wene  Frucht,  Korn 


ine,  iwane  Wurzel 
umene  Zweig 


Die  melanesische*  Sprachen:  Lifi:. 


53 


drone,  idhone  Blatt 
Zwange  Gras,  Saat 
zine  Gras 


emjene  Aehre 
haini  Rohr,  Slab. 


6.  Wohnung,  tierithe. 


hnalapa  Wohnort 

uma  Haus 

h nah age  Zimmer.  Gebäude 

irone  uma  Dach 

whanelo  Eingang,   Thüre 

gohna  Tisch,  Bett 

ita  Tisch 

inege  Schüssel,  Schale 


trenge  Gefäss,  Korb,  Tasche 

Irepe  Gestell,  Schemel 

dhia  Stange 

hele  Schwert 

eolre  Netz 

hen  belewe  Schiff 

mamanidha  Schiff? 


7.  Kleidung,  Speise. 


ikhetre  Kleid 
oirene  Gürtel 
iheni  Band 
hhotrona  Speise 


alelo   (griech.)   Brod 
wamine  Brocken 
wakachu  Oel. 


8. 


loi  gut 

ngazo  bös,  übel 

tru  gross 

cho,  chohi  klein,  wenig 

nittmu  viel 

kosaue  viele 

khalaithehi  wenige 

asadhaiha  ganz,  alle 

tiwha  voll 

atrawhat  stark,  gross 

chatre  stark,  fest,  hart 

huli  fest 

hoea  hoch,  lang 

meleke  tief 

nani  fern 

maieha  der  rechte 


Adjectiva. 

;///'  der  linke 
mec/zi  krank,  todt 
wezipo  krank 
u/wf?e  schwanger 
medhi  satt 
warf*  freudig,  gern 
hache  betrübt 
nipichi  wahr 
niwa,  thoi  falsch 
hniewhet  alt 
nipikhe,  madradra  neu 
wiawia  weiss 
Satire  sauer 
timeke  blind 
(Aawj9  still,  stumm 
Arno  unverständig 


54 


H.   C.  VON  DER  GABELENTZ, 


sisi  schändlich,  greulich 
lata  steinigt,  felsig 
mitrode  heilig,  verboten 


hetre  (treine)   eweka  reich 
pa  mo,  pa  eweka  arm. 


9.  Terba. 


achile  aufstellen 

adhane  wollen 

ad hen e  nehmen,  tragen 

adhi  richten,  verurtheilen 

akawhane  zerreissen 

akechiane  abreissen 

akolre  quälen 

aloi  helfen,  heilen 

ama,    ami     legen,     setzen, 

stellen 
amama  zeigen,  melden 
amele  retten 
ameune  reinigen 
aiii d he  befehlen,  verbieten 
apatrene  abschaffen,  verlieren 
ose  vergehen,  aufhören 
ata  legen 

ati  geben,  beilegen 
athipe  anhängen 
atreine  können 
alrune  loben,  ehren 
ehainodhe  verkündigen 
chelohma  machen,  thuu 
chelapa  zusammen  sein 
chia  aufgehen,  keimen 
chile  stehen 
chinihane  schreiben 
chipane  abschlagen,  versagen 
dhotra  kommen,  hingehen 
dhuetrane  verbergen 
dhume  schütteln,  bewegen 
drenge  hören,  zuhören 


c,  ea  fahren,  führen 

eawatine  befehlen,  gebieten 

elahni  verfolgen 

enidha  aufwecken 

fepi  sich  öffnen 

fetra  grüssen 

fiafia  tanzen 

fiehaftcha  rupfen 

fie  giessen,  salben 

fttre  verdorren 

galadha  blicken 

geie  wenden 

goea  sehen,  ansehen 

haine  erschrecken 

haue  rufen 

he  bedecken,  verhüllen 

heia  austreiben 

hetre  tragen,  haben 

hlepa  gehen,  kommen 

hleuhleu  heulen,  weinen 

hme  beten 

hnaho  geboren  werden 

hnea  waschen,  eintauchen 

hnima  lachen,  spotten 

hnimi  sich  erbarmen 

hninga  fragen,  bitten 

home  halten,  nehmen,  bringer 

hörne  anzünden 

hulu  aufgehen   (d.  Sonne) 

hin nu  schweigen 

humulhi  tödten,  verderben 

hupi  schaffen 


DlK    1WELANES1SCHEN    SPRACHEN:      LlFL. 


55 


hututhi  tragen 

khasikeu  sich  versammeln 

idhi  trinken 

idretidhe  verwelken 

ielra  Busse  thun 

ikhela  begegnen 

ilu  lärmen 

ini  lehren 

ithua  kommen,  gehen 

ito  kauten,  verkaufen 

kacha  werfen 

kapa  aufnehmen,  haben 

hei  fallen 

kelikela  versichern,  verleugnen 

kenithi  reissen,  abreissen 

kepe  aufnehmen,  aufheben 

ketre  berühren 

khadhawa  ansehen 

khawe  beten 

khene  essen 

khepe  landen 

khetrane  anziehen 

kho  hüten,  weiden 

khodhe  schlagen,  hauen 

kholehudhi  halten,  anfassen 

khqlrelenge  nachfolgen 

khotrona  essen 

khou  sich  fürchten 

kolaime  waschen,  salben 

konietine  sprechen 

kQlre  fliehen 

kucha  thun,  machen,  lassen 

kuchi  anrühren,  heissen,  thun 

lassen 
kpa  da  sein,  stehn,  sitzen, 

bleiben,  wohnen 
lepe  schlagen,  schlachten 


lo  hineingehen,  weggehen 

Ujfe  hinausgehen 

Ujpi  fortgehen 

lylhc  besessen  sein 

luelue  zweifelu 

madine  sich  freuen 

mala  fallen 

mnma  sich  zeigen,    erscheinen 

mechi  sterben 

medha  aufstehen 

mekole  liegen,  schlafen 

mekuni  kennen,  verstehen,  wis- 
sen, glauben 

mele  leben 

menenga  stehen,  aufstehen 

menu  irren 

muna  dasein,  bleiben 

musi{na)   herrschen,  gebieten 

ngazopi  verderben 

nianiape  hinlaufen 

nikaii  steigen 

nindrawane  bereiten 

nitru  lästern,  schmähen 

niulili  gedenken 

niwa  täuschen,  betrügen 

nuc  weggeben,  erlassen,  ver- 
lassen 

nunua  geben 

ohne  sehen,  merken,  erkennen, 
finden 

ole  danken,  loben 

ope  begraben 

othe  binden 

palrc  fehlen,  aufhören 

sa  antwortenj 

sie  sich  waschen 

sikha  verwerfen,  verachteq 


56 


H.   C.  VON  DER  GaBELENTZ. 


simano  seufzen 

sipo  bitten 

shamatine  hören 

shashaithe  sündigen ,  um- 
kehren 

shathepi  ausstrecken 

shawa  (shetve)  verbieten 

shei  lösen 

sheluthe  ausbreiten 

shenge  loslassen,  vergeben 

shesha  fliegen 

tu  sitzen 

träne  werfen,  säen 

Irawha  kommen 

Ireidhe  weinen,  trauern 

treine,  Irene  können,  ver- 
stehen 

Irela  suchen 

tri dhi  verlassen,  verwerfen 

iro  kommen,  gehen 

trofa  bringen,  darbringen 

trange  gehen 

Iropi  hingehen,  kommen 

tuenie  sitzen,  sich  setzen 


tuluthe  messen 

tupaihi  versuchen 

thanepi  hinstürzen 

thathamina  vergessen 

thedini  fangen 

Ihele  begehren,  streben 

thilidhu  niederknieen 

thinge  ärgern 

thitha  weggehen 

thilhi  beten 

thoeane  rauben 

Ihupa  hüten,  verwahren 

uke  hinausgehen 

ulatine  sprechen 

ulaula  sich  wundern 

upe  fortschicken,  entlassen 

uti  hinabgehen 

wange  sehen,  erblicken 

wesüra  tadeln,  unwillig  sein 

wepenga  in  die  Höhe  heben 

xveta  antworten 

whadha  sagen 

whane  anfangen 

zezene  zerreissen. 


§  101.  Manche  dieser  Wörter  zeigen  eine  Verwandtschaft  mit 
malaiisch  -polynesischen  oder  anderen  melanesischen  Sprachen,  z.  B. 
fene  Erde,  mal.  benua,  polynes.  fanua;  eta  Stein,  polynes.  /ato, 
annat.  hat;  uma  Haus,  jav.  umah,  rotti  uma,  annat,  eom;  kalana 
Weg,  malai.  jalan;  kerne  Vater,  polynes.  tama,  kama;  thini  Mutter, 
samoa  iina;  adhe  Name,  errom.  atawanin;  meke  Auge,  mal.  mala; 
ihineme  Zunge,  fidschi  yamena;  nio  Zahn,  polynes.  niho;  ime  Hand, 
mal.  Uma;  mene  Gewalt,  polynes.  manu;  i  Fisch,  polynes.  ika,  ia; 
drenge  hören,  neuseel.  rongo;  mechi  sterben,  mal.  mali;  drei  wer, 
fidschi  cei,  bauro  lei;  mcnenga  aufstehen,  neuseel.  maranga.  Am 
nächsten  verwandt  ist  aber  die  Sprache  der  benachbarten  Insel  Mare, 
wie  folgende  Vergleichung  zeigt: 


DlE    MELAXESLSCHElf    SPRACHEN:     LlFl". 


57 


Deutsch: 

Lifu  : 

Mare: 

Gott 

haze 

makaze 

Sonne 

dho 

du 

Nacht 

dhitre 

redi 

Wind 

eni 

iengo 

Feuer 

ea 

iei 

Ufer,  Feld 

helep 

kurube 

Berg 

welre 

wecke 

Stein 

eta 

ele 

Erdboden 

hnandro 

nonie 

Baum 

sinoe 

sereie 

Weg 

godheni 

lene  (rene) 

*»* 

kalana 

kam 

Ehemann 

Irahmani 

chamhani 

Vater 

Iretrctro 

checke 

Kind 

kuku 

wakuku 

Bruder 

mama 

mama 

Herr 

dhohu 

doku 

Geist,  Seele 

u 

nie 

Herz 

hni 

hnori 

Kopf 

he 

hauo 

Auge 

meke 

paekoko 

Blut 

madra 

dra 

Name 

ad  he,  atresi 

acliekini 

Schlange 

une 

une 

Schaf 

mamoe 

mamoe 

gut 

loi 

rot 

falsch 

niwa 

nia 

heilig 

mitrode 

mijoje 

neu 

madradra 

makadra? 

wollen 

adhane 

alane 

beten 

hme 

hne 

stehen 

menenga 

menenge 

irren 

tnenu 

menu 

fragen 

hninga 

nengo 

geben 

nunua 

nunue 

bitten 

sipo 

sibo 

58 


H.  C.  VON  DER  GABELENTZ, 


Deutsch: 

L  i  f  u  : 

Mare: 

rauben 

ihgeane 

tliueno 

hüten 

Ihupa 

Ihume 

dienen 

sinemune 

sinamune 

sich  wundern 

ulaula 

uraura 

sich  freuen 

madine 

opodone 

hören 

drenge 

laedengi 

eins 

eha 

sa 

zwei 

lue 

rewe 

vier 

eke 

eiche 

sechs 

eha  gemene 

[sa  re  chemene] 

von 

hnei 

nei 

her  aufwärts 

dha 

lo   (ro) 

hin,  nieder 

dhu 

lu  (ru). 

IL  Lautlehre. 


§  102.    Die  im  Lifu  vorkommenden  Laute  sind: 

ci,  (?,  fc,  cA,  (/,  dh,  e,  /',  */,  A,  i",  A,  AA,  /,  m, 

w,  ng,  o,  o,  f),  r,  s9  sä,  /,  fA,  w,  u,  tp,  wA,  z. 

Wenn  man  auch  annehmen  kann,  dass  bei  denselben  im  Allgemeinen 
die  englische  Aussprache  zu  Grunde  liegt,  so  bleibt  man  doch  Ober 
die  Geltung  mancher  dieser  Buchstaben  und  Buchstabenverbindungen 
in  völliger  Ungewissheit. 

§  103.  In  der  Schreibung  der  Vocale  herrschen  Schwan- 
kungen, die  auch  auf  eine  Unsicherheit  der  Aussprache  schliessen 
lassen;  besonders  häufig  wechselt  e  und  i  am  Ende,  z.  B.  mekune, 
mekuni  —  aloinc,  aloini  —  ohne,  ohni  —  upe,  upi  u.  s.  w.  ebenso 
e  und  a  z.B.  akolre,  akotra  —  idhe,  idha  —  melcme,  melema  —  doch 
auch  in  der  Mitte  des  Wortes:  shawa,  shewe  —  kapa,  kepe  — 
whanelo,  whene.  Zuweilen  wechseln  o  und  u  (cAo,  eku)  e  und  ei 
(kene,  keine  —  trene,  treina)   auch  wh  und  u  (whane,  uane). 

Da  das  engl,  money  durch  //mm,  Ihousand  durch  lhamani  wie- 
dergegeben ist,  so  scheint  es,  dass  a  und  au  die  deutsche  Aussprache 
haben. 


Die  melanrsischen  Sprachen:    Lifl.  59 

Welche  Geltung  die  Vocale  a  und  o  haben,  ist  ungewiss;  ersterer 
ist  mir  nur  in  haue  (und  hnange  statt  kmntje)  vorgekommen,  letzterer 
aber  ist  desto  häufiger.  Da  er  in  anderen  Druckschriften  durch 
o  bezeichnet  ist,  so  soll  er  vielleicht  einen  dem  deutschen  ö  ähn- 
lichen Laut  bezeichnen.  Das  engl,  honey  ist  durch  honi  wieder- 
gegeben. 

§  104.  Hinsichtlich  der  Consonanten  ist  zu  bemerken,  dass 
h  niemals  stumm  ist  —  gni  und  ohni  sind  scharf  unterschieden  — 
vielmehr  mag  es  vor  anderen  Consonanten  (/,  m,  n)  einen  unserem 
ch  ähnlichen  Guttural  ausdrücken ;  dh  entspricht  etymologisch  dem 
Marc  /  (r) . 

R  kommt  nur  nach  d  und  /  vor  und  bezeichnet  wohl  nur  eine 
eigenthümliche  Aussprache   dieser   beiden  Consonanten.     Die  Wörter 
luekre  zwei,  tripi  fünf,  wurden  sonst  auch  luele^  tipi  geschrieben  und 
statt  atrawhal   gross   schreibt  Cheyne   (A  descriplion  of  ulands  in  the 
iteüern  Pacific  Ocean)  alowhal.     Etymologisch  entspricht  Ir  dem  Mare 
y,  cA,  wie  in  mitrode^  mijoje  —  atresi,  achekini   —  trahmani,  cham- 
hani  —  wetre^  wechc  u.a.    In  Fremdwörtern  wird  r  durch  /  ersetzt, 
wie  lepela  für  Xeicpo^,  alelo  für  apxo;,  sataulo  für  axaupo;,  in  Eigen- 
namen jedoch  ist  es  beibehalten:  Jerikv,  Jerusnlema,  Joridarw,  Kerislo. 


III.  Wortbildung. 

§  105.  Wenn  auch  in  dieser,  wie  in  den  verwandten  Sprachen 
von  einer  eigentlichen  Wortbildung  durch  Veränderung  an  dem  Stamm 
des  Wortes  keine  Rede  sein  kann,  so  ist  doch  die  Füglichkeit  zu 
Zusammensetzung  mit  gewissen  Prä-  und  Suffixen  sowie  zu  Verbin- 
dung zweier  Wortst&mme  zu  Einem  Ganzen  vorhanden.  Allerdings 
ist  die  auf  solche  Art  gebildete  Verbindung  eine  lose,  die  auch  zu- 
weilen durch  zwischentretende  Wörter  wieder  getrennt  wird. 

§  106.     1)    Präfixe: 

a)  a,  gewöhnlich  in  Verbindung  mit  dem  Suffix  ne  (ni)  ent- 
spricht ganz  der  gleichlautenden  Partikel  im  Marö  und  giebt  wie 
diese  dem  Verbum  transitive  oder  causative  Bedeutung,  z.  B.  achatrene 
befestigen,  bekräftigen,  v.  chatrc  fest,  stark;  ahaitrcne  säuern,  von 
haitre  sauer;    ahlemune  bekannt  machen,    v,  hkrnu  bekannt  werden; 


60  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

akawhane  trennen,  zerreissen,  v.  kawha  pi  sich  öffnen;  akechiane  zer- 
brechen, v.  kechiaha  zerbrochen;  ci/ot,  aloine  helfen,  heilen,  v.  Uri 
gut,  gesund;  amama,  amamane  zeigen,  melden,  v.  mama  bekannt  sein, 
erscheinen;  amedhini  sättigen,  v.  niedhi  satt  werden;  amele  retten, 
v.  mele  leben;  amenune  verführen,  v.  menu  irren;  apairene  aufheben, 
vernichten,  verlieren,  v.  palre  aufhören,  fehlen;  asinggdrini  sich  ver- 
bergen, v.  singgdri  verborgen;  alrune  ehren,  loben,  v.  Iru  hoch,  gross. 

b)  i,  oft  mit  dem  Suffix  keu  verbunden,  bildet  theils  sächliche 
Substantiva,  theils  hat  es  beim  Verbum  eine  aus  den  vorhandenen 
Beispielen  nicht  klar  hervorgehende  Bedeutung :  ihvimi  Opfer  (Liebes- 
gabe?), v.  Intimi  lieben,  sich  erbarmen;  ikhadhawa  Angesicht,  v.  khad- 
hawa  sehen;  ikheire  Kleid,  v.  kltetra  anziehen;  ipune  Saum,  Rand, 
v.  pune  Ende;  ita  Tisch,  Sitz,  v.  la  sitzen;  itupathi  Versuchung, 
v.  tupathi  versuchen;  ialameke  Ansehen,  v.  alameke  Auge;  ikhela  be- 
gegnen, v.  khele  gegen;  iammianekeu  Zeichen,  v.  amamane  zeigen; 
ichasikeu,  ichasinekcu  zusammen  sein,  sich  versammeln,  v.  chasi  eins; 
ipenikeu  drängen,  v.  peni?\  imadhemikeu  bändigen,  v.  madhemi?; 
ianikeu  Biindniss,  v.  ani? . 

c)  Awa,  eigentl.  Passivpartikel,  dient  zur  Bildung  einiger  Sub- 
stantiva, z.B.  hnalapa  Ort,  v.  lapa  dasein,  wohnen;  hnadro  Erdboden, 
v.  dro  Erde,  Staub;  hnakhg  Heerde,  v.  khg  hüten;  hnapane  Anfang, 
v.  pane  zuvor;  hnakhene  Speise,  v.  khene  essen. 

d)  cAe,  zusammen,  wird  mit  dem  Verbum  meistens  verbunden, 
z.B.  chechile  zusammenstehen,  v.  chile  stehen;  chelapa  Zusammensein, 
v.  lapa  dasein;  chemuna  Zusammensein,  v.  muna  dasein,  bleiben; 
chetro  (auch  che  Uro)  zusammenkommen,  mitgehen,  v.  tro  kommen, 
gehen;  chetune  (auch  che  lune)  vergleichen,  Gleichniss,  v.  tune 
gleich,  wie. 

e)  ti  scheint  das  Fehlen  einer  Sache  auszudrücken,  doch  kommt 
es  nur  in  limeke  blind,  v.  meke  Auge  vor. 

§  107.  2)  Die  vorkommenden  Suffixe  sind,  wie  im  Mare, 
grösstenteils  Adverbia,  die  auch  getrennt  stehen,  doch  lasse  ich  der 
Uebersichtlichkeit  wegen  hier  die  wichtigsten  folgen: 

a)  ne  [ni  ist  eine  sehr  häufig  vorkommende  Endung  transitiver 
oder  causativer  Bedeutung;  diese  und 

b)  keu  wurden  schon  bei  den  Präfixen  erwähnt, 


Die  melanbsischen  Sprachen:    Lifl.  61 

c)  dha  zeigt  die  Richtung  herwärts,  aufwärts,  oder  von  aussen 
nach  innen  an,  z.B.  homedha  nehmen,  hernehmen,  v.  home  nehmen; 
irodha  hineingehen,  v.  iro  gQhen;  chüedha  aufstehen,  v.  chile  stehen; 
ukedha  hinausgehen  zu  J.,  v.  uhe  hinausgehen;  lodha  hineingehen, 
v.  lo  eingehen,  weggehen;  nikatidha  hineinsteigen,  v.  nikati  steigen; 
chiadha  aufgehen,  keimen,  v.  chia  dass.;  kotredha  hineinfliehen,  v. 
kolre  fliehen;  hetrenidha  empfangen,  v.  Iietreni  besitzen;  wangedha 
hersehen,  v.  wange  sehen;  meledha  wieder  leben,  auferstehen,  v. 
mele  leben;  achilanedha  aufrichten,  v.  achila(ne)  stellen;  huludlui  auf- 
gehen, v.  hidu  dass.  Dass  dies  Suffix  sich  öfters  beim  Imperativ 
findet,  wird  später  (§  127)  gezeigt  werden. 

d)  dhu   bedeutet   hinzu,    hernieder    und   verhält    sich   zu  dha 
ülmlich  wie  im  Mare  lu  zu  /o,  z.  B.  trodhu  hingehen,  thilidhu  nieder- 
knien, lapadhu  niedersitzen,   drengedhu  hinhören,  zuhören,  wangedhu 
hinsehen,    sich    vorsehen,    mechidhu   sterben    (hinsterben),    v.   mechi 
sterben. 

e)  pi  hat  die  Bedeutung:  hin,  hinweg,  hinaus  und  bildet  zu- 
weilen Inchoative,  z.B.  tropi  hinzugehen,  hinausgehen,  mamapi  sich 
zeigen,  erscheinen,  ukepi  hinausgehen,  weggehen,  kawhapi  sich  öffnen, 
auseinandergehen,  akawhanepi  auseinanderreissen,  fiepi  ausgiessen, 
ngazopi  schlecht  werden,  verderben,  shathepi  ausstrecken,  helanepi 
austreiben,  trawhapi  hinkommen,  herauskommen,  xliengepi  loslassen, 
vergeben,  sheshapi  herausfliegen,  dhumepi  abschütteln,  hachepi  sich 
betrüben,  v.  hache  trauern;  homepi  wegnehmen,  homanepi  weggeben, 
gcepi  sehend  werden,  tridhepi  hinwerfen,  wegwerfen,  lhanepi  sich 
stürzen,  zezenepi  zerreissen. 

§  108.  3)  Zusammensetzungen  sind  sinedhintre  (Nachnacht) 
Dämmerung,  sinelapa  ^nachseiend)  Diener,  Begleiter,  sinemuna  (nach- 
sein) dienen,  sinelronge  (nachgehend)  Begleiter,  simehnangema  taub 
(v.  hnangenia  Ohr),  engochaire  stark  (v.  chatte  dass.),  loinodhe  fried- 
lich, befreundet  (v.  loi  gut  und  nodhe  Volk,  Menge),  akhokhopalrene 
abkürzen  (v.  pairene  wegnehmen).  Bei  der  Verbindung  eines  Verbum 
mit  einem  Nomen  steht  das  Verbum  voran,  wie  trenehaze  Priester, 
eigentl.  Gotteskündiger  (v.  Irene  kennen  und  haze  Gott),  idhithine 
Säugling,  eigentl.  Muttertrinker   (v.  idhi  trinken  und  thine  Mutter.) 

§  109.  Die  Doppelung  der  Wörter  findet  sich  im  Lifu  sehr 
häufig,  z.B.  hmengohmengQne  zittern,  ulaula  sich  wundern,  nimenime 


62  H.  C.  ton  der  Gabelentz, 

alsbald,  malomaloi  leicht,  fiafia  tanzen,  fichaficha  rupfen,  goe  goeane 
sich  umsehen,  mekumekv  Sorge,  menumenu  sich  verirren,  amundro- 
mundrone  zermalmen,  nianiape  hinlaufen,  mawia  weiss,  hleuhleu  wei- 
'  nen,  heulen,  dhupedhupengaline  entzweibrechen,  thupalhupa  zerbrechen, 
(heilen,  dhipadhipa  sich  wälzen,  thelethele  streben,  sorgen,  luelue  zwei- 
feln, hmaichahmaicha  wiederkommen,  umkehren,  dhumedhume  sich 
bewegen,  schütteln,  panepane  zuvorkommen  u.  a.  in. 


IV.  Formenlehre. 

a.  Substantivum. 

§  110.  Die  Substantiva  sind  flexionslos:  ein  grammatisches  Ge- 
schlecht cxistirt  nicht,  Numerus  und  Casus  können  nur  durch  vor- 
gesetzte Partikeln  ausgedrückt  werden.  Die  Substantiva  haben  einen 
Artikel  /a,  z.B.  la  whane  der  Anfang,  la  hnilre  die  Wüste,  la  atre 
der  Mensch,  ein  Mensch. 

Der  Singular  hat  keine  besondere  Bezeichnung;  einen  Dual  giebt 
es  nicht,  sondern  er  wird,  wie  unten  gezeigt  wird,  durch  das  Zahl- 
wort lue,  zwei,  ausgedrückt. 

§  111.  Die  Partikeln  des  Plural  sind  ngdhei^  üre,  ange  und 
angetre: 

Ngdhei  (nodhe-i  die  Menge  der  ...)  kommt  am  häufigsten  vor 
und  wird  vor  allen  Arten  von  Substantiven,  sowie  auch  vor  Verbal- 
formen gebraucht,  z.  B.  la  ngdhei  angeln  die  Engel,  la  ngdhei  demoni 
die  Dämonen,  In  ngdhei  nodhe  die  Völker,  la  nodhei  alre  die  Men- 
schen, la  ngdhei  gni  die  Thiere,  la  nodhei  wezipo  die  Kranken,  la 
nod/iei  eweka  die  Dinge,  la  ngdhei  hulg  die  Sünden,  la  ngdhei  drae 
die  Tage,  la  nodhei  hna  Iglhe  hnei  üre  demoni  die  von  Teufeln  Be- 
sessenen, la  ngdhei  hna  ope  die  Begrabenen,  la  ngdhei  treuge  eweka 
die  Worte,  Reden. 

Itre  wird  in  ähnlichen  Fällen  wie  nodhei  gebraucht,  z.  B.  la  Üre 
angela  die  Engel,  la  itre  demoni  die  Dämonen,  la  üre  dhini  die  Bru- 
der, la  üre  hni  die  Herzen,  la  üre  umene  die  Zweige,  la  üre  wetre 
die  Berge,  la  üre  egtre  die  Netze,  la  üre  trengene  die  Gefässe,  la  üre 
huliwa  die  Arbeiten,  Thaten,  la  Üre  warn  ine  die  Brocken,  la  üre  drae 


DlE    MBLANES1SCHEN    SPRACHEN:     LlFU.  63 

die  Tage,   la  itre  eweka  die  Dinge,   la  itre  drone  die  Blätter,    la  itre 
dha  die  Wege,  la  itre  hnqnge  die  Felder. 

Es  steht  vorzugsweise,  wo  das  Substantiv  ausgelassen  und  zu 
suppliren  ist,  wie  Mc.  4,36.  la  itre  sine  i  angeiche  die  mit  ihm 
waren.  2, 4  7.  la  itre  ka  mekoti  —  a  itre  ka  ngazo  die  Gerechten  —  die 
Bösen.  5,  2.  la  itre  hna  ope  die  Begrabenen.  6, 4 .  la  itre  nmelronge 
i  nindra  die  mit  ihm  Gehenden.  9,44.  la  itre  smelapa  i  Keristo  die 
mit  Christo  Zusammenseienden.  40,24.  la  itre  trenge  eweka  i  nindra 
seine  Reden.  7,24.  la  itre  ni  kheta,  memine  la  ihre  atw  foe,  memine 
la  itre  tre  kumuthi  Ehebrüche,  Hurereien,  Mordthaten. 

Zuweilen  steht  es  ohne  Artikel,  was  bei  nodhei  nicht  der  Fall 
zu  sein  scheint:  Mc.  4,32.  hnei  itre  demoni  von  Dämonen.  4  0,24. 
itre  neko  nge  fe  meine  Kinder! 

Ange  steht  nur  vor  Personen,  die  eine  höhere  Stellung  ein- 
nehmen und  zwar  gewöhnlich  ohne  Artikel,  z.  B.  ange  perofela  die 
Propheten,  ange  aireine  chinihane  die  Schriftgelehrten,  ange  trenehaze 
die  Priester,  ange  dhini  nindra  seine  (Jesu)  Brüder,  ange  treine  eweka 
die  Reichen. 

Angeire  wird  von  Personen  gebraucht:  angelre  Judea  die  Juden, 
angelre  Farimio  die  Farisäer,  angetre  drei  nindra  seine  Jünger,  angelre 
drei  Joane  die  Jünger  Johannis. 

§  4  42.  Von  den  Casus  wird  Nominativ  und  Accusativ  nicht 
bezeichnet,  für  den  Dativ  dienen  die  Präpositionen  koi,  kowe  (s.  §4  30). 
Der  Genitiv  wird  theils  gar  nicht  theils  mit  i  oder  ne  bezeichnet. 

Ne  hat  stets  den  Artikel  nach  sich:  ne  la  atre  des  Menschen, 
ne  la  kerne  des  Vaters,  ne  la  dhohu  des  Herren,  ne  la  dhadhini  des 
Mädchens,  ne  la  sabati  des  Sabbaths,  ne  la  dhohu  i  Haze  des  Reichs 
Gottes,  ne  la  ea  des  Feuers,  ne  la  uma  des  Hauses,  ne  la  nodhei 
demoni  der  Dämonen,  ne  la  nodhei  neko  der  Kinder,  ne  la  nodliei 
eweka  der  Dinge,  ne  la  itre  munane  hna  khene  der  Uebriggebliebenen 
vom  Gegessenen. 

/  steht  ohne  Artikel,  also  vorzüglich  vor  Eigennamen  und  Pos- 
sessivpronomen, wie  i  Haze  Gottes,  i  Simona  Simons,  i  Kaisara  des 
Kaisers,  i  eo,  i  chilie  dein,  i  nindra  sein  u.  s.  w.,  dann  auch  in  der 
Redensart  la  neko  i  atre  der  Sohn  des  Menschen,  ähnlich  la  neko 
t  a$ina  das  Füllen  der  Eselin,  und  im  Plural  Mc.  4  0,  23.  la  huliwa 
%  ange  treine  eweka  die  Mühe  der  Reichen. 


64  H.   C.   VOS  DEM  GaBEL&XTZ, 

Das   Zeichen   des  Yocativ   ist   fr.  das  dein   Nomen  nachgesetzt 
wird:  dhadhini  fe  Mädchen!  mmicka  fe 


b.  Hjecti 

§  113.  Das  Adjectivum  hat.  wenn  es  als  Attribut  steht,  die 
Relativpartikel  ka  vor  sich.  z.B.  la  u  km  ngmzo  ein  böser  Geist.  Im 
nodhei  alre  ka  alamiumu  oder  ka  konmue  die  \ielen  Menschen,  la  keire 
alre  ka  gen  ein  gichtbrüchiger  Mensch,  la  airt  km  ckaire  ein  starker 
Mann,  la  keire  hnakho  pumka  ka  Ins  eine  grosse  Heerde  Schweine, 
la  khotre  chela  ka  sisi  me  ka  ngazo  dieses  unzüchtige  und  böse  Ge- 
schlecht, la  uma  ka  hoea  ein  hohes  Haus,  la  maicha  km  Im  die  gute 
Botschaft,  das  Evangelium,  la  ilre  singe  ka  iikimi  dornige  Pflanzen. 
Eine  Ausnahme  macht  a*adhaiha.  ganz,  alle:  la  knmlapm  asadhaika 
die  ganze  Stadt.  In  nodhei  eweka  asadhaiha  alle  Dinge. 

Nur  nach  ga.  das  im  allgemeinen  eine  Oertlichkeit  bezeichnet 
und  nach  golrane  Seite.  Theil.  steht  das  Adjectivum  ohne  die  Par- 
tikel ka.  wie  la  ga  lala  das  steinigte  Land,  ga  meleke  Tiefe,  la  gm 
nani  die  Ferne,  la  ga  easheni  die  Nähe,  la  ga  heire  relre  die  Berg- 
gegend ein  Ort  der  Berge  hat  ,  la  ga  pa  alre  tlie  Wüste  ein  Ort 
ohne  Menschen  .  la  golrane  maicha  die  rechte  Seite,  la  golrane  nri 
die  linke  Seite. 

Wenn  das  Adjectiv  den  Artikel  la  vor  sich  hat.  dann  ist  es 
substantivisch  zu  nehmen,  wie  la  ngazo  das  Böse,  die  Sünde,  Im 
chalre  die  Härte,   la  niwa  die  Falschheit. 

Formen    für  die   Steigerungsgrade  giebt    es   nicht:    wie  sie 

ausgedrückt  werden,  wird  später  gezeigt  werden. 

• 

c.  Zahlwort 

§  114.  Die  Zahlwörter  lauten  in  der  Evangelienübersetzung 
etwas  anders,  als  ich  sie  früher  nach  Gern*  from  Ihe  Coral  Island* 
und  Latham  gegeben  habe,  nämlich: 

I   chaxi   rhu  6  cha  ngemene 

i  lue,  luetre  7  lue  ngemene 

3  konin  konilre  8  koni  ngemene 

4  eke,  ekelte  9  eke  ngemene 

5  Iripi  10  luepi 

12  luepi  nge  luetre   [h maicha  . 


DlE    MELANBS1SCHEN    SPRACHEN:     LlFU.  65 

Die  höheren  Zehner  werden  durch   atre,  Mensch,   ausgedrückt, 
indem  20  cha  atre,  ein  Mensch  heisst;  so  ferner 
30  cha  atre  nge  luepi  (ein  Mensch  und  zehn) 
40  In  atre  (zwei  Menschen) 

50  lue  alre  nge  luepi  hmuicha  (zwei  Menschen  und  zehn  wieder) 
60  kgni  atre  u.s.  w. 

Für  100  kommt  Iripi  lau  atre,  tripi  loatre  und  tripi  oatre  vor, 
200  lue  tripi  loatre,  300  konitre  la  tripi  lau  atre.  Für  1000  ist  das 
englische  Wort  in  der  Form  thausani  angewendet,  also  2000  la 
keire  la  lue  thausani,  4000  eketre  la  ilre  thausani  oder  ehe  thausani, 
3000  tripi{la)   thausani. 

§  115.    Die  Zahlwörter  haben,    wenn   sie   ohne   ein   Substantiv 
sieben,  ala   vor   sich    (dem  Marc  xara  gleich),   das   auch    noch   bei 
dem  Wort  alaniumu  (Mare  xaranumu),  viel,  und  alachaxihi,  ein  ein- 
ziger, vorkommt,    z.B.   Mc.  10,8  matre  Uta   alalue  kv,  ngo  loi  chasihi 
k  ngonitrei   dass    sie   nicht   zwei   sind,    sondern    ein    einziger   Leib. 
16,14.    hna   pine   ante   hnei  nindra   ti   Inia    leuleunie   ti   kowe   la  ala 
luepi   nge   ala   vhasi  zuletzt   zeigte   er   sich  den  Eilfen.    13,14.  ame 
knei  nindra   ti  hna  chelohmane   la    ala   luepi   nge    ala  luetre    und   er 
machte   (bestimmte)   die  Zwölf.    10,41.    drengeha  la  nodhei  ala  luepi 
es  hörten  es  die  Zehn.    10,  18.  alaclumhi  la  loi,    Haze  lae  ein  Ein- 
ziger ist  der  Gute,  Gott  ist  dies. 

§  116.  In  Verbindung  mit  Substantiven  gelten  die  Zahlwörter 
als  Adjectiva  und  werden  daher  mit  der  Partikel  ka  dem  Substantiv 
nachgesetzt,  s.  oben  (§  113),  z.B.  Mc.  6,  41.  la  itre  aleto  ka  tripi 
memine  la  i  die  fünf  Brode  und  die  Fische.  8, 8.  la  itre  sine  watrenge 
ka  lue  ngemene  sieben  Körbe.  8,19.  la  nodhei  atre  ka  tripi  la  thau- 
sani  fünftausend  Menschen.  9,37.  la  ketre  nekonalre  ka  chasi  ein  ein- 
zelnes Kind.  Nur  lue  macht  eine  Ausnahme,  indem  es  dem  Sub- 
stantiv stets  vorangestellt  wird,  und  so  gewissermassen  einen  Dual 
bildet,  wie  Mc.  1,16.  nindro  ti  la  lue  atreine  akhene  sie  waren  (zwei) 
Fischer.    3, 1 7.  lue  neko  ne   la   hodrenge  (zwei)   Söhne  des   Donners. 

5.22.  hnei  angeiche  hna  kei  ekuhu  ngone  la  lue  fenie  i  nindra  er  fiel 
(eigentl.  von  ihm  wurde   gefallen)    nieder  zu   seinen    (zwei)   Füssen. 

5.23.  la  lue  iwana  kothemia  i  chilie  deine  (zwei)  Hände.  6,2.  la  lue 
iwana  koime  i  nindra  seine  zwei  Hände.  7,  25.  nindro  ti  a  tro  me 
kola  kei  e  kuhu  ngone  la  lue  hnatrapafenia  i  nindra  sie  kam  und  fiel 

AMumll.  <l.  K.  S.  Gesellftdi.  d.  Wissensch.    XVII.  5 


66  H.  C.  von  der  Gabelentz, 

nieder  zu  seinen  (zwei)  Füssen.  7, 33.  la  lue  hnangenia  die  (zwei) 
Ohren.  8, 1 8.  luemeke  (zwei)  Augen.  Vor  diesem  Dual  steht  zuweilen 
noch  pleonastisch  luetre,  z.  B.  Mc.  6, 38.  luelre  la  lue  i  zwei  Fische. 
14,1.  luelre  la  lue  drae  zwei  Tage. 

§  117.  Die  Zahlwörter  dienen  unverändert  auch  als  Ordinalia; 
so  find&t  sich  substantivisch  Mc.  12,21.  la  koni  der  dritte,  adjectivisch 
12,31.  la  wathebo  ka  luelre  das  zweite  Gebot.  15,25.  la  hnepe  ka 
kgnitre  die  dritte  Stunde,  doch  6,48.  la  eke  gotrane  la  dhinlre  der 
vierte  Theil  der  Nacht.  Der  erste  heisst  la  mekene  oder  hnapane. 
Doch  wird  Mc.  12,20. 21.  der  erste  (älteste  Bruder)  durch  la  hailra, 
der  zweite  durch  la  tretrenge  ausgedrückt. 

§  118.    Als  Distributivum  kommt  chilülalue,  je  zwei,  vor. 

Iterativa  werden  durch  das  Präfix  a  gebildet:  Mc.  14,30.  tha 
alue  kukahleke  peire  ko  la  gutue  noch  nicht  zweimal  kräht  der  Hahn. 
14,41.  hnei  nindra  li  hna  akoni  ahmakhahmaicha  von  ihm  wurde  zum 
drittenmal  wiedergekommen.  1 4,  72.  troha  eo  a  koni  akelikela  ni  dass 
du  mich  dreimal  verleugnen  wirst. 


d.  Pronomen. 

§  119.  Die  persönlichen  Pronomina  haben  eine  dreifache 
Zahl:  Singular,  Dual  und  Plural,  unterscheiden  auch  in  der  Mehrzahl 
der  ersten  Person,  ob  der  Angeredete  eingeschlossen  ist  (inclusivus) 
oder  nicht  (exclusivus) .  Ebenso  giebt  es  verschiedene  Formen  je 
nach  dem  Rang  der  Person,  welche  das  Pronomen  bezeichnet,  und 
die  zweite  und  dritte  Person  unterscheidet  im  Singular  das  männ- 
liche und  weibliche  Geschlecht.     Sonach  giebt  es  folgende  Formen: 

1.  Person. 

allgemein:  vornehm:  gering: 

Sing.  ini,  ewi,  ni  —  — 

Dual.  incl.     nisho?  —  — 

»      excl.    niho  —  — 

Plur.  incl.     nisha^  sha,  easha  anganisha  — 

»      excl.    nihunie,  At/nt,  ea-  —  — 

huni 


DlE    MKLANBS1SCHEN    SPRACHEN:     LlFU.  67 

2.  Person. 

allgemein:  vornehm:  gering: 

eo 


Sing.  m. 

nipa 

chilie,  angachilie 

»      f. 

nipo 

— 

Dual. 

nipo 

— 

Plural. 

nipunie 

— 

3. 

Person. 

Sing.  m. 

nindra 

anganindra 

»      f. 

nindro,  niundro 

— 

Dual. 

nindro 

— 

Plural. 

niundro . 

,    niun- 

___ 

ntane 


drene. 
§  120.    Der  Genitiv  wird   in   der  zweiten   und   dritten  Person, 
wie  schon  oben   (§  112)   erwähnt  wurde,   durch   vorgesetztes  t   be- 
zeichnet und   dient   als   Possessivum:    i  nipa,  i  chilie,  i  eo  dein, 
i  nipunie  euer,  i  nindra  sein  u.  s.  w.     Dasselbe  findet  bei  der  ersten 
Person    im    (Dual    und)    Plural  statt:    i  nihunie   unser.     Im    Singular 
dagegen   hat   die  erste  Person   ein   Possessivsuffix  ngc,   das  sowohl 
dem  Nomen  als   auch  Partikeln  angehängt  wird,  z.  B.  nekonge  mein 
Sohn,    dhininge  mein  Bruder,    adhenge  mein  Name,    ikhelrenge  mein 
Gewand,  la  iwanakoime  maicha  nge  meine  rechte  Hand,  thupenge  nach 
mir,  hnenge  von  mir,  whange  von  mir. 

Zuweilen  wird  auch  die  Genitivpartikel  weggelassen  und  das 
Pron.  pers.  dient  für  sich  als  Possessivum:  Mc.  10,  28.  aseha  huni 
nuepi  la  itre  eweka  huni  wir  haben  verlassen  unsere  Sachen.  11,10. 
la  dhohu  ne  la  kerne  sha  Davila  das  Reich  unseres  Vaters  David. 
2,9.  la  ilre  hni  nipunie  euere  Herzen. 

§  121.  Demonstrativa  sind  chela  dieser,  chili  jener,  derselbe, 
angeiche,  plur.  angatre  er,  derselbe,  tunela,  iunelae  ein  solcher.  Chili 
und  chela  gelten  als  Adjectiva,  angeiche  und  angalre  vertreten  das 
Pron.  pers.  der  dritten  Person  und  dienen  auch  als  Beflexivum. 

§  122.  Anstatt  des  Pron.  demonstr.  bedient  man  sich  häufig  der 
Adverbien  dm,  lae  da,  dort,  auch  beider  verbunden :  drei  lue  z.  B. 
Mc.3,35.  ame  la  atre  pi  chelohmane  la  adha  i  Haze  drei  la  dhininge 
memine  la  khange  memine  la  ihinenge  welcher  Mensch  den  Willen 
Gottes  thut,  der  ist  mein  Bruder  und  meine  Schwester  und  meine 
Mutter.  6, 1 8.  mitrgde  lae  Iroa  home  la  \qe  ne  la  dhini  nipa  verboten 


68  H.  C.  von  der  Gabelentz, 

(ist)  dies  zu  nehmen  das  Weib  deines  Bruders.  4, 20.  drei  lae  hna 
traue  hune  la  dro  ka  loi  diese  sind  gesäet  auf  das  gute  Land.  6, 1 5. 
drei  lae  ketre  perofeta  dieser  (ist)  ein  Prophet. 

§  123.  Interrogativa  sind  drei  wer,  welcher?  nemene  was? 
idhe,  idhetre  wie  viel?  Mc.  2,7.  drei  la  atreine  troa  nua  pi  la  nodhei 
hulo  wer  kann  vergeben  die  Sünden?  3,37.  drei  la  thinenge  memine 
la  dhininge  wer  ist  ineine  Mutter  und  mein  Bruder?  5,31.  drei  la 
atre  kelre  ni  wer  hat  mich  angerührt?  1,24.  nemene  la  eweka  koi 
huni  me  thilie  was  ist  die  Sache  für  uns  und  dich?  2,9.  nemene  lae 
nipume  a  niuliline  la  nvdfiei  eweka  chili  was  denkt  ihr  diese  Dinge? 

§  124.  Indefinita  sindi  ketre  irgend  ein,  isa,  itrekha  einige, 
la  ketre  —  la  kelre,  isa  —  la  kelre  der  eine  —  der  andere,  kQsaue 
viele,  pako  kein;  auch  wird  atre,  Mensch,  für  Jemand,  und  eweka, 
Sache,  für  Etwas  gebraucht,  z.B.  Mc.  11,3.  nge  maine  la  atre  a  troa 
whadha  koi  nipo  und  wenn  Jemand  zu  euch  sagen  wird.  11,24. 
nipunie  a  thitlii  me  kola  sipone  la  kelre  eweka  ihr  betet  und  bittet 
um  etwas. 

Ein  Relativum  fehlt;  wie  es  ausgedrückt  wird,  lehrt  die  Syntax 

(§  *61)- 

e.  Yerbum. 

§  125.  Ein  eigentliches  Verbum,  als  Verbindung  des  Prädicats 
mit  der  Copula,  existirt  nicht,  da  es  keine  Copula  giebt;  der  Verbal- 
begriiT  wird  also  streng  genommen  durch  das  Nomen  ausgedrückt, 
so  lapa  Ort,  wohnen,  da  sein,  bleiben,  mele  das  Leben,  leben,  kho- 
trona  Speise,  essen,  khou  furchtsam,  sich  fürchten,  akolre  Trübsal, 
leiden,  loi  gut,  gesund,  genesen,  humu  stumm,  verstummen,  schwei- 
gen, easheni  nahe,  sich  nähern,  ichasinekeu  zusammen,  sich  versam- 
meln, zusammen  sein  u.s.w. 

§  126.  Zum  Ausdruck  der  Person  dient  das  vorgesetzte  Pro- 
nomen pers.  oder  ein  im  Subject  stehendes  Nomen,  Tempus  und 
Modus  wird  entweder  gar  nicht  oder  durch  Partikeln  bezeichnet, 
andere  Partikeln  geben  an,  ob  das  Verbum  im  activen  oder  passiven 
Sinn  zu  verstehen  ist  und  zwar  steht  a  oder  kola  vor  dem  Activum, 
hna  mit  der  Präposition  hnei,  hnene  vor  dem  Passivum.  Das  Prä- 
teritum wird  durch  ein  angehängtes  Aa,  das  Futurum  durch  ein  vor- 
gesetztes troa,  troha  oder  durch  tro  —  a  mit  dazwischen  gesetztem 


Die  mblanesischen  Spbachbn:    Lifü.  69 

Subject  ausgedrückt,  der  Imperativ  nimmt  oft  die  Partikel  dha  (her, 
da)  oder  dhu  (hin)  zu  sich.  Ausserdem  steht  noch  besonders  in  der 
dritten  Person  oft  die  Partikel   ti  zwischen  Subject  und  Verbum. 

§  127.  Folgende  Beispiele  mögen  den  Gebrauch  des  Activum 
erläutern : 

Präsens:  ini  a  ivhadha  ich  sage,  nisha  ti  a  muna  wir  bleiben, 
mpunie  a  ilu  ihr  lärmt,  eo  a  mekole  du  schläfst,  nindra  ti  a  che  khene 
er  isst  zusammen,  niundro  kola  whadha  sie  sagt,  Satana  a  chiledha 
der  Satan  steht  auf,  angeiche  a  tranff  er  säet,  la  nodhei  kola  atruni 
das  Volk  ehrt. 

Präteritum:  easheniha  angeiche  er  ist  nahe  gekommen,  drengeha 
k  nodhei  ala  luepi  die  Zwölfe  hörten,  Irawhaha  la  likhene  la  sunago 
es  kam  ein  Oberster  der  Synagoge,  loiha  niundro  sie  war  genesen, 
mechiha  la  neko  i  nipa  dhadhini  deine  Tochter  ist  gestorben,  cluilreha 
h  itre  hni  angalre  ihre  Herzen  waren  verstockt,  lofeha  la  demoni  der 
Teufel  ist  ausgefahren,  medhaha  nindra  er  ist  auferstanden. 

Futurum:  ini  a  troa  upe  ich  werde  senden,  nipa  ti  troa  ameune 
du  wirst  heilen,    nindra  ti  troa  ilhua   er  wird  kommen,    nindra  ti  a 
troa  sa  er  wird  antworten,    la   alre  hna  pi  a  troa  tropa  die   letzten 
werden  vorankommen,   la  nodhei  eweka  chili  troa  kucha  diese  Dinge 
werden  geschehen,     auyatre   a  troa   amcchidhina    sie   werden    fasten, 
troha  la  alre  a  nuepi   der  Mensch   wird   hingeben,    troha  anyeiche  a 
kapa  er  wird  empfangen,  troha  angalre  a  medha  sie  werden  aufstehen, 
troha  la  ketre  nodlie  a  achianedha  es   wird   sicli   ein    Volk   empören, 
troha  ikhela  me  nipo  la   ketre   atre   es   wird    zusammenkommen   mit 
euch  ein  Mensch,   troha  ni  a  kenithe  ich  werde  abreissen,   troha  ni- 
punie  a  wange  ihr  werdet  sehen,  tro  nindra  ti  a  mecha  er  wird  auf- 
stehen, tro  nipnnie  ti  a  lapa  ihr  werdet  da  sein,  tro  pena  ni  a  hninya 
ich  werde  euch  fragen,  tro  nihunie  ti  a  achile  wir  werden  bauen. 

Imperativ:  amama  zeige,  atrune  ehre,  mekune  glaubt,  nuepi 
gebet,  chiledha  steh  auf,  hninyedha  frage,  bitte,  nuedha  verlass,  ula- 
tinedha  sage,  nindrawanedha  bereitet,  whadhadha  sagt,  homedha  nehmt, 
khenidhu  esset,  ietradhu  nipunie  thut  Busse,  drenyedhu  nipunie  höret 
zu,  hmekanedhu  nipunie  wachet. 

§  128.  Als  Beispiele  des  Passivum  mögen  dienen:  Me.  1,2. 
ferne  lo  hna  chinihane  hnei  anye  perofeta  gleichwie  geschrieben  ist 
durch  die  Propheten.    1,9.  ame  hna  bapalaizone  hnei  Joanc  e  Joridano 


70  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

und  er  wurde  getauft  von  Johannes  im  Jordan.  1,10.  hnei  nindra  ti 
hna  khadhawaline  la  nengondrae  a  kawhapi  von  ihm  wurde  gesehen, 
der  Himmel  öffnete  sich.  1,20.  hnei  nindro  hna  nuepi  la  kerne  i  nindro 
von  ihnen  wurde  verlassen  ihr  Vater.  1,25.  hnei  Jesu  hna  shewe  an- 
geiche von  Jesu  wurde  er  bedreuet.  1 ,  36.  hnei  Simona  memine  la 
ilre  sine  i  angeiche  hna  khqtrethenge  nindra  von  Simon  und  denen 
mit  ihm  wurde  ihm  nachgefolgt.  1,45.  hnei  angeiche  hna  tro  von 
ihm  wurde  gekommen   (er  kam). 

f.  Adverbium. 

§  129.  1)  Adverbien  des  Orts:  drei,  lae  da,  dort,  echili 
dort,  dorthin,  dha  her,  dhu  hinzu,  nieder,  pi  hin,  hinweg,  hinaus 
(s.  $107),  ecke,  echela  hier,  koho  oben,  fene  unten,  khqihreithe  um- 
her, che  zusammen,  pa  vorn,  voran,  kohia  jenseits,  hinüber,  easheni 
nahe,  ganani  fern. 

2)  Adverbien  der  Zeit:  enehila  jetzt,  eko  vorher,  pane  zuvor, 
la  pune  zuletzt,  epine  ferner,  dereinst,  pala*  petrehi  noch,  pelre  ko 
noch  nicht,   changa  bald,   sawhehi,  nimenime  alsbald,  sogleich. 

3)  Adverbien  der  Beschaffenheit:  tune  gleich,  wie,  chetune 
gleichwie,  hmaicha  wieder,  mehr,  chalre,  alrawhat  sehr,  pala,  palua 
mehr,  mekudhe  nur,  chasihi  nur,  allein. 

4)  Adverbien  der  Frage:  laka  wie,  eka  wo,  whaka  woher, 
et*,  euwe  wann,  nineu,  hna  uane  weswegen,  warum. 

5)  Adverbien  der  Bejahung  und  Verneinung:  nipichi  ja, 
gewiss,  tha-ko  nicht,  tha-pe,  pelre  ko  noch  nicht,  the-ko  nicht 
(prohib.),  wanga  dass  nicht. 

g.  Präposition. 

§  130.  Einfache  Präpositionen  sind:  e  in,  an,  von,  wegen, 
wha  aus,  von,  hu  über,  auf,  kmve  in,  zu,  an,  auf,  ngone  in,  an,  bei, 
auf,  me  mit,  bei,  thei  in,  bei,  pi  für,  wegen,  memine  mit,  sai  über, 
wegen,  mit,  pa  ohne,  khele  wider,  gegen,  fene  unter. 

Einige  werden  mit  der  Partikel  des  Genitivs  (i,  ne)  verschmol- 
zen, wie  whai  von,  koi  zu,  hnei,  hnene  von,  durch  (Passiv),  hune, 
hui  auf,  hnine  (von  hni  Herz,  Inneres)  in,  im  Innern,  thupene  nach, 
nipine  inmitten,  Ihalrewhai,  thatrewhane  wegen,  für;  so  wahrscheinlich 
auch  nine  für,  zu,  pine  über,  wegen. 


DlE    MELANES1SCHEN    SPRACHEN:     LlFU.  71 

Zusammengesetzte  Präpositionen  entstehen  durch  die  Ver- 
bindung einer  einfachen  Präposition  mit  einem  Nomen  oder  Adver- 
bium: eko,  diu  in,  eche  auf,  e  chaha  auf,  oben  in,  e  hoho  in,  auf, 
e  kuhu  an,  in,  unter,  nieder  in,  whamehe  vor  (coram),  wha  thei  aus, 
von,  wha  huhu  aus,  wha  ngqne  aus,  von,  wegen,  ngone  nipine  unter, 
zwischen. 

h.  Conjunction. 

§  131.  Als  Conjunctionen  kommen  vor:  me,  ante  und,  memine 
und,  auch,  fe  auch,  pena  auch,  nge,  ngo  und,  aber,  sondern,  hape, 
nge  hape  oder,  pine  denn,  weil,  wha  ngone  weil,  matre ,  whai  dass, 
damit,  wanga  dass  nicht*  malme  wenn,  ob,  pane  bevor,  aseha  als, 
nachdem. 

1.  Interjection. 

§  132.    Die  gebräuchlichste  Interjection  ist  fe9  das  Zeichen  des 
Vocativ  (s.  oben  §  112).     Sonst  kommt  noch  vor  we,  das  eine  Miss- 
ung ausdrückt,  und  hanawange  siehe! 


V.  Wortfügung. 

A.    Einfacher   Satz. 

a.   Die  Satztheile. 

§  133.  Da  dem  Substantiv  eine  Form  für  den  Dual  fehlt,  der 
Begriff  des  Dual  aber,  wie  das  Pronomen  zeigt,  in  der  Sprache  vor- 
handen ist,  so  wird  derselbe  beim  Substantiv  durch  das  vorgesetzte 
Zahlwort  lue,  zwei,  ausgedrückt,  z.B.  Mc.  1,16.  nindro  ix  la  lue 
aireine  ahhene  sie  waren  zwei  Fischer.  5,  22.  hnei  angeiche  hm  kei 
ekuhu  ngone  la  lue  fenie  i  nindra  er  fiel  nieder  zu  seinen  Füssen. 
6,2.  matre  troa  kucha  la  nodhei  huliwa  atrawhate  knene  la  lue  iwana- 
koime  i  nindra  dass  gethan  werden  grosse  Thaten,  durch  seine  Hände. 

Zuweilen  steht  auch  noch  das  volle  Zahlwort  luelre  dabei:  Mc. 
6,38.  Iripi,  nge  luelre  la  lue  i  fünf  und  zwei  Fische.  14,1.  luelre  la 
he  drae  zwei  Tage. 

§  134.  Das  Verbum  hat  im  Präsens  Activi,  das  zugleich  als 
Tempus  historicum  dient,   eine   der  Partikeln  a  oder  kola,   zuweilen 


72  H.  C.  von  dem  Gabelextz, 

auch  beide  verbunden  a  kola,  vor  sich.  Davor  steht  häufig  noch  die 
Partikel  /*,  deren  eigentliche  Bedeutung  mir  nicht  klar  ist.  Mc.  4 , 2. 
im  a  bapataizo  ich  taufe.  14,37.  eo  a  mekole  du  schläfst.  4,6.  an- 
geiche  fl  oni  er  ass,  angalre  a  ohni  sie  fanden.  7,  11.  niptntie  a 
whadha  ihr  sprecht.  1,10.  la  U  kola  sheshapi  hu  i  nindra  der  Geist 
flog  her  auf  ihn.  2, 1 9.  oni  Jesu  kola  ulatine  koi  angatre  Jesus  sprach 
zu  ihnen.  6,24.  oni  niundro  kola  whadha  sie  sprach.  5,31.  onine  la 
nodhei  angelre  drei  nindra  kola  whadha  die  ihm  nachfolgten  sagten. 
7,21.  wha  ngone  la  hni  atre  a  kola  lopi  la  nodhei  hani  ka  ngazo  aus 
dem  Herzen  des  Menschen  kommen  heraus  die  bösen  Gedanken. 
1,13.  nindra  ti  a  muna  ti  ngone  la  hniire  er  ging  in  die  Wüste. 
1,18.  sawhehi  nindro  ti  a  nuepi  la  itre  eqtre  i  nindro  alsbald  ver- 
liessen  sie  ihre  Netze.  1,  24.  chilie  ti  endrae  a  hlepa  ti  pi  troa  hu- 
muthi  huni?  kommst  du  jetzt  uns  zu  verderben?  2,25.  oni  nindra  ti 
kola  ulatine  koi  angatre  er  sprach  zu  ihnen.  5, 1 8.  nindra  ti  kola 
nikali  dha  kowe  la  he  er  stieg  in  das  Schiff.  6,48.  nindra  ti  a  kola 
dhqlra  koi  angatre  er  kam  zu  ihnen. 

§  135.  Das  Lifu  macht  oft  Gebrauch  von  der  passiven  Rede- 
weise statt  der  activen,  z.B.  Mc. 2, 1.  tha  niumu  drae  petre  /so,  ante 
hnei  nindra  ti  hna  hlepa  ti  hmaicha  e  Kaperenauma  noch  nicht  viele 
Tage  und  von  ihm  wurde  wieder  gegangen  nach  Kapernaum.  2,  2. 
hnei  nindra  ti  hna  aleideunina  ti  la  wesiula  ti  koi  angalre  von  ihm 
wurde  ihnen  das  Wort  verkündet.  2,  4.  hnei  angatre  hna  kenithe  la 
trone  uma  nindra  ti  a  lapa  eko  hnine  von  ihnen  wurde  abgerissen 
das  Dach  des  Hauses  darinnen  er  sich  befand.  2,  42.  hnei  angatre 
asadhaiha  hna  ulaulane  alrawhat  von  ihnen  allen  wurde  sich  sehr 
entsetzt.  2,14.  hnei  nindra  ti  hna  ulatine  koi  angeiche  von  ihm  wurde 
zu  Jenem  gesprochen.  2,  1 5.  hnei  angatre  hna  khotre  thenge  nindra 
von  ihnen  wurde  er  nachgefolgt.  2,17.  hnei  Jesu  hna  shamaline  von 
Jesu  wurde  es  gehört.  2, 1 8.  ame  hnei  angelre  drei  Joane,  me  angelre 
drenge  la  nodhei  Farisaio  hna  amechidhina  angatre;  ame  hnei  angatre 
hna  trodhu  me  kola  whadha  koi  nindra:  Hna  uane  laka  hnei  angelre 
drei  Joane  me  angetre  drenge  la  nodhei  Farisaio  hna  amechidhina  an- 
gatre und  von  den  Jüngern  Johannis  und  den  Jüngern  der  Farisäer 
wurde  gefastet  und  von  ihnen  wurde  gekommen  und  sie  sprachen 
zu  ihm:  warum  dass  von  den  Jüngern  Johannis  und  den  Jüngern 
der  FarLstfer  gefastet  wird?    2,24.  nemene  la  hnei  angatre  hna  kucha 


DlE    MELANES1SCHBN    SPRACHEN:     LlFU.  73 

ia  eweka  ha  mitrode  ngone  la  sabati?  was  ist  von  ihnen  gethan  die 
am  Sabbat  verbotene  Sache?  2,26.  hnei  angeiche  hna  lodha  kowe  la 
\ma  i  Haxe  von  ihm  wurde  hineingegangen  in  das  Haus  Gottes. 

§  136.  Wenn  hna  ohne  hnei  oder  hnene  beim  Verbum  steht, 
dann  ist  dies  ein  Intransitivuni  oder  Reflexivum,  z.B.  M.  4, 4. 
wyeiche  a  Irane,  ame  hna  mala  pi  la  itrekhane  wene  singe  hune  la 
pdheni  er  säete  und  es  fielen  einige  Körner  auf  den  Weg.  4,6.  ame 
hna  hulu  dha  la  dho  und  die  Sonne  ging  auf.  4,  1 5.  hna  changa 
Irüwhapi  Satana  alsbald  kommt  der  Satan.  4, 32.  nge  aseha  träne, 
ame  hna  chia  dha  me  chia  atruni  wenn  es  aber  gesäet  ist,  so  keimt 
es  und  wächst  hoch.  7, 1 .  hna  ichasinekeune  koi  nindra  la  angelre 
Farisaio  es  versammelten  sich  zu  ihm  die  Farisäer. 

§  137.  Das  Futurum  hat  auch  die  Bedeutung  des  Infinitivs: 
Mc.  1,45.  me  kola  tvhane  troa  chainodhe  atrawhat  und  er  fing  an  viel 
zo  verkündigen.  6,18.  mitrode  lae  troa  home  la  foe  ne  la  dhini  nipa 
es  ist  verboten  zu  nehmen  das  Weib  deines  Bruders. 


b.  Prädicat,  Copula. 

§  1 38.  Da  der  Sprache  die  Copula  fehlt,  so  stehen  Subject  und 
Prädicat  unverbunden  neben  einander,  z.B.  Mc.6, 15.  drei  lae  kelre 
perofeta  dieser  (ist)  irgend  ein  Prophet.  6,38.  idha  aleto  thei  nipunie? 
wieviel  Brode  (sind)  bei  euch?  6,50.  drei  lae  eni  dieses  (bin)  ich. 
9,  41 .  pine  la  nipunie  la  ilre  sinelapa  i  Keristo  weil  ihr  (seid)  die 
Genossen  Christi.  1 2, 26.  ini  la  Haze  i  Apelahama  ich  (bin)  der  Gott 
Abrahams. 

§  139.  Gewöhnlich  steht  aber  in  solchen  Fallen  das  Prädicat 
vor  dem  Subject:  Mc.  4,26.  che  lune  la  petigone  la  dhohu  i  Haze 
memine  la  atre  träne  la  wene  sinoe  hune  la  dro  gleich  ist  die  Bedeu- 
tung des  Reiches  Gottes  mit  einem  Menschen  der  Saamen  säet  auf 
das  Land.  6,31.  kosaue  la  nodhei  atre  viele  waren  die  Menschen. 
7,26.  atre  Helenisi  la  foe  eine  Griechin  war  das  Weib.  8,17.  chatre 
pala  kq  la  itre  hni  nipunie?  hart  noch  sind  euere  Herzen?  12,29. 
dhohu  ka  chasihi  la  dhohu  cha  ein  einziger  Herr  ist  unser  Herr. 
14,6.  Uri  la  hultwa  hnei  angeiche  hna  hielt a  koi  ni  gut  ist  das  Werk, 
▼od  ihr  gethan  an  mir.  —  So  auch  negativ:  4,5.  tha  tja  tneleke  kq 
la  dro  nicht  tief  war  der  Boden. 


74  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

§  140.  Wenn  ein  Pronomen  personale  als  Subject  voransteht, 
dann  wird  es  mit  dem  Prädicat  gewöhnlich  durch  die  Partikel  ti  ver- 
bunden: Mc.2,28.  la  neko  i  atre  nindra  ti  la  dhohu  ne  la  sabati  der 
Sohn  des  Menschen  er  ist  der  Herr  des  Sabbaths.  3,11.  chilie  ti  la 
hupuna  i  Haze  du  bist  der  Sohn  Gottes.  6,35.  drei  ti  la  kelre  knar 
lapa  ga  pa  atre  dieses  ist  eine  Gegend  ohne  Menschen.  10,47.  nipa 
ti  la  neko  i  Davita  du  bist  der  Sohn  Davids.     12,27.  tha  Haze  ne 

m 

ko  nindra  ti  la  nodhei  atre  ka  mechi,  loi  e  nindra  ti  la  Haze  ne  la 
nodhei  atre  ka  mele  nicht  ist  Gott  er  der  Todten  vielmehr  ist  er  der 
Gott  der  Lebenden. 

§  141.  Zuweilen  wird  das  voranstehende  Prädicat  mit  dem 
nachfolgenden  Subject  durch  ha  verbunden:  Mc.3,22.  thei  angeiche 
ha  Belezehuba  in  ihm  ist  Beelzebub.  7,  6.  nani  chatre  pi  Iva  la  üre 
hni  angatre  koini  fern  sehr  sind  ihre  Herzen  von  mir.  10,52.  loi  ha 
eo  pine  la  mekune  %  eq  gesund  bist  du  wegen  deines  Glaubens.  So 
auch  mit  Weglassung  des  Subjects.  6,35.  hedhi  ha  Abend  ist. 

§  142.  Das  locale  Sein  wird  durch  muna  oder  lapa  ausge- 
drückt :  Mc.  2,  1 .  nindra  ti  a  muna  ti  cko  hauma  er  war  in  dem 
Hause.     1 4, 3.  nindra  ti  a  muna  ti  e  Belhania  er   war  in   Bethania. 

3. 1 4.  matre  tro  angatre  a  che  lapa  mc  nindra  dass  sie  sollten  zusam- 
men sein  mit  ihm.     4,10.  nindra  ti  a  lapa  hmekuthe  er  war  allein. 

4. 1 5.  angatre  a  lapa  ekuhu  godheni  sie  sind  auf  dem  Wege.  9, 1 . 
tha  tro  ko  a  mechi  la  itrekhane  la  nodhei  atre  a  lapa  eche  nicht  wer- 
den sterben  einige  der  Menschen  die  hier  sind. 

c.   Negation. 

§  143.  Die  Negation  besteht  aus  zwei  Theilen,  deren  letzter 
ko  ist,  und  welche  das  zu  negirende  Wort  in  der  Regel  zwischen 
sich  nehmen.  Der  erste  Theil  ist  verschieden,  je  nachdem  die  Exi- 
stenz einer  Sache,  oder  eine  Handlung,  ein  Zustand  geleugnet,  oder 
etwas  verwehrt  werden  soll. 

Die  Existenz  einer  Sache  wird  mit  pa  negirt:  Mc.  2, 2.  pa 
hmaicha  ko  gohna  eashenine  la  whanelo  es  war  nicht  mehr  Raum 
nahe  bei  der  Thür.  12,20.  pa  petre  ko  malra  i  angeiche  es  war 
noch  nicht  Saamen  (Nachkommenschaft)  von  ihm  da.  Gewöhnlich 
wird  pako  verbunden:  8,2.  pako  khenc  thei  angatre  es  ist  kein  Essen 


DlE    MELANES1SCHBN    SPRACHEN:     LlFU.  75 

bei  ihnen.    8, 1 6.  drei  lae  hna  whadha,  wha  ngqne  la  pako  aleto  thei 
tha  dies  ist  gesagt,  weil  wir  kein  Brod  bei  uns  haben.   10,27.  pako 
\kei  aire  la  hatreine,  ngo  thei  Haze  nicht  ist  bei  Menschen  die  Mög- 
lichkeit, aber  bei  Gott.  5, 3.  pako  aire  atreine  Iroa  othi  niane  Niemand 
konnte  ihn  binden.    5,22.  wha  ngone  la  pako  eweka  hna  dhuelrane  a 
\ka  Iroa  mama,  nge  pako  eweka  ka  singqdri  a  tha  tro  kowe  la  meleme 
denn  es  ist  nichts   verborgen   das    nicht   bekannt   wird    und   nichts 
geheim  das  nicht  ans  Licht  kommt.   1 3, 32.  pako  aire  a  wangatre  me- 
hrne  la  drae  chili,   meinine   la  gqtrane   drae,  pako   la   nqdhei  angela 
ekoho  nengondrae,   nge  pako  la  hupuna,   loi  la  kerne  mekudhehi   kein 
Mensch  weiss  jenen  Tag  oder  Tageszeit,  nicht  die  Engel  im  Himmel, 
nicht  der  Sohn,  sondern  der  Vater  allein. 

§  144.    That-   oder   Zustandswörter   nehmen    die  Negation   tha 
vorsieh,  dem  zuweilen  noch  Ire  vorangeht:     Mc.  2, 4.  tha  atreine  kq 
angalre  Iroa  easheni  nindra  sie  konnten  nicht  sich  ihm  nähern.  2, 1 7. 
Ika  trawha  kq  ni  a  Iroa  hone  la  ilre  ka  mekqli  ich  bin  nicht  gekom- 
men zu  rufen  die  Gerechten.  2,18.  la  angetre  drei  nipa  Ire  tha  ame- 
chidhina  angalre  fe   kq   deine  Jünger  fasten   nicht  auch.     11,33.  tha 
Ire  kq  huni  wir  wissen  es  nicht.  —   Tha  steht  auch  vor  petre  kq  in 
der  Bedeutung:    noch  nicht,    z.  B.     Mc.  8,  3.  maine  ini  a  upi  angalre 
nge  tha  hna  khene  petre  kq  wenn  ich  sie  entlasse  und  sie  haben  noch 
nicht  gegessen.  8,17.  tha  ohne  petre  kq  nipunie  nge  tha  wangatre  me- 
kune  petre  kq?    versteht  ihr  es    noch    nicht  und    wisst  ihr  es   noch 
nicht?  2, 1 .  tha  niumu  drae  petre  kq  es  waren  noch  nicht  viele  Tage. 
§  145.    Die  Negation  des  Verbietens  ist  the,  ebenfalls  zuweilen 
mit  vorhergehendem    tre:     Mc.  1,44.  hana  wange,    the  whadha  kq  koi 
ketre  atre  siehe  zu,  sage  es  keinem  Menschen.   4, 39.  the  ilu  kq,  humu 
dhu  lärme    nicht,   verstumme.     8, 26.  the  lo   kq  eo   kowe  la  hnalapa 
gehe    nicht  in   den   Ort.     9,  25.   Iqpi  wha   thei    angeiche ,    Ire  the  lo 
hmaichadha  kq  kowe  la  hni  angeiche  gehe  weg  von   ihm,    geh   nicht 
wieder  in  sein  Herz   (Inneres).     10,9.   the  iananine  hmaicha  kq  hnei 
atre  es  werde  nicht  wieder  getrennt  von  Menschen.     13,21.  the  tro 
kq  nipunie  a  mekune  ihr   sollt   es   nicht  glauben.  —  Auch  wird   der 
Prohibitiv  durch  asedhu  hör  auf,  lass  ab,    ausgedrückt:    asedhu  khou 
farchte  dich  nicht,  asedhu  ulaulane  entsetzet  euch  nicht. 


I 

76  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

d.   Frage. 

§  1 46.  Das  Fragwort  steht  in  der  Regel  zu  Anfang  des  Satzes, 
z.B.  Mc.  1,24.  nemene  la  eweka  koi  huni  nie  chilie  was  ist  die  Sache 
mit  uns  und  dir?  1,  27.  nemene  eweka  lae?  nemene  la  Unna  ka  ma- 
dradra  chela?  welche  Sache  ist  dies?  welche  neue  Lehre  ist  diese? 
2,7.  drei  la  aireine  troa  nue  pi  la  nodhei  hulo,  nye  chasihi  la  Haze? 
wer  kann  vergeben  die  Sünden,  sondern  allein  Gott?  2,  16.  wha 
ngone  nemene  laka  nindra  ti  a  che  khene  me  che  idhi  me  angetre  lelona 
meinine  la  nodhei  alre  ka  ngazo  weswegen  isst  und  trinkt  er  zusam- 
men mit  Zöllnern  und  bösen  Menschen? 

Nur  ew,  euwe,  wann,  wird  nachgesetzt:  Mc.  9,21.  trawhaha  euwe 
la  eweka  chela  koi  angeiche  wann  ist  diese  Sache  über  ihn  gekommen? 
13,4.  tro  ha  Irawha  la  nodhei  eweka  chela  euwe  wann  werden  diese 
Dinge  kommen? 

§  147.  In  Fragsätzen  steht  häufig  endrae,  das  eine  Ungewiss- 
heit  ausdrückt,  und  mit  »etwa,  wohl«  verglichen  werden  kann:  Mc. 
1,24.  chilie  ti  endrae  a  hlepa  ti  pi  troa  humuthi  huni  du  bist  wohl 
gekommen  um  uns  zu  verderben?  3,  4.  loi  endrae  e  troa  kucha  la 
loi  ngone  la  sabali,  nge  hape  troa  kucha  la  ngazo  ist  es  wohl  gut, 
Gutes  zu  thun  am  Sabbath  oder  Böses  zu  thun?  8,19.  ini  endrae  a 
troa  che  lapa  cpine  me  nipunie?  nge  ini  endrae  a  troa  lapa  homi  nipunie 
werde  ich  wohl  ferner  mit  euch  sein?  und  werde  ich  wohl  euch 
ertragen?  1 0,  2.  thina  ka  mekoti  endrae  la  alre  shenge  la  fqe  i  an- 
geiche ist  es  wohl  eine  gerechte  Sitte,  dass  ein  Mann  seine  Frau 
entlässt?  14,19.  maine  ini  endrae  bin  ich  es  etwa?  14,61.  eq  endrae 
la  Mesia,  la  neko  ne  la  hna  whadha  aloine  bist  du  etwa  der  Messias, 
der  Sohn  dessen  der  gelobt  wird? 

§  148.  Negative  Fragsatze  beginnen  mit  der  Negation  tha  oder 
pakq:  Mc.  2,  25.  tha  inine  ko  nipunie  la  hnei  Davita  hna  chelohmane 
wisst  ihr  nicht  was  von  David  gethan  worden  ist?  14,60.  tha  sa 
ko  eq  antwortest  du  nicht?  6,  3.  pakq  kha  i  nindra  ti  la  thei  sha 
sind  nicht  seine  Schwestern  bei  uns? 

e.  Attribut ,  Apposition. 

§  149.    Das   Attribut,    es   sei   Adjectiv,   Zahlwort,   Genitiv   oder 
ronomen  demonstr.,   wird  seinem  Substantiv  nachgesetzt:  Mc.  2, 13. 


Die  mbianesischen  Späachen:    Lifu.  77 

kna  tro  pi  koi  nindra  la  n  od  hei  atre  ka  alaniumu   es   kamen  zu  ihm 
viele  Menschen.    2, 1 7.  tha  trawha  ko  ni  a  troa  harte  la  üre  ka  me- 
koti,  ngo  loi  la  ilre  ka  ngazo  ich  komme  nicht  zu  rufen  die  Gerech- 
ten, vielmehr  die  Bösen.  9,5.  tro  nihunie  li  a  achtle  la  ilre  uma  ne 
fceto  ka  konüre  wir  werden  aufrichten  drei  Hütten.   13,27.  troa  icha- 
mekeune  la  nodhei  atre  hnei  nindra  ti  hna  udhane  wha  ngone  la  üre 
em  ka  eketre  es  werden  sich  versammeln  die  von  ihm  Auserwählten 
von  den  vier  Winden.     1,1.  la  whane  la  maicha  ka  loi  der  Anfang 
der  guten  Botschaft.     10,5.  pine  la  chalre  la  hni  nipunie  wegen  der 
Härte  eurer  Herzen.     4,11.  la  thina  ka  singodri  ne  la  dhohu  i  Haze 
die  geheime  Lehre  des  Reiches  Gottes.  3,24.  tha  aireine  ko  troa  chile 
kuli  la  dhohu  chili  nicht  kann  fest  stehen  dieses  Reich.  5, 43.  asedhu 
mamane  la   eweka   chela   kowe   la  kelre  atre    verkündigt  nicht   diese 
Sache  den  Leuten. 

§  150.  Die  Pronomina  indefinita  stehen  voran:  Mc.  1,44.  the 
vkdha  ko  koi  ketre  atre  sage  es  nicht  irgend  einem  Menschen. 
H,5.  oni  la  itrekha  atre  a  lapa  e  chili  kola  whadha  koi  nindro  es 
sagten  einige  Leute,  die  dort  standen,  und  sprachen  zu  ihnen.  4,1. 
kosaue  la  nodhei  atre  a  ichasinekeune  koi  nindra  viele  Menschen  ver- 
sammelten sich  zu  ihm.  6, 1 3.  kosaue  la  nodhei  demoni  hnei  angatre 
hna  helane  viele  Teufel  wurden  von  ihnen  ausgetrieben. 

§  151.  Die  Apposition  wird  nachgesetzt:  Heroda  dhohu  Herodes 
der  König,  Joane  Bapataizo  Johannes  der  Täufer,  Herodia  la  foe 
Fllipa  la  dhini  angeiche  Herodias  das  Weib  des  Philippus  seines 
Bruders. 

f.  Subject. 

§  152.  Das  Subject  des  Satzes  steht  in  folgenden  Fallen  vor 
dem  Verbum: 

1)  wenn  das  Verbum  die  Partikel  a  oder  kola  (§  134)  vor  sich 
hat:  Mc.  5,39.  nindra  ti  a  thilha  ti  dha  er  ging  hinein.  5,40.  angatre 
a  hnima  sai  nindra  sie  spotteten  über  ihn.  6,24.  angeiche  a  lopi  sie 
ging  hin.  1,30.  drei  la  thine  ne  la  fo  i  Simona  kola  mekole  dort  die 
Mutter  des  Weibes  Simons  war  krank.  9,25.  Jesu  a  khadhawatine  la 
nodhei  atre  kola  nianiape  ichasinekeune  Jesus  sah  die  Menschen  liefen 
zusammen. 


78  H.  C.  von  dei  Gabelest!, 

2)  wenn  der  Satz  mit  ame  in  der  Bedeutung  qwcunquc  oder 
mit  aseha  in  der  Bedeutung:  wenn,  nachdem,  beginnt  §  471):  Mc. 
9,  40.  ame  la  atre  ka  tha  khele  sha  kq  angeiche  a  chechile  me  eatha 
wer  nicht  wider  uns  ist,  ist  fUr  uns.  6. 1 1 .  aseha  nipunie  Iq  wha  lae, 
ilhumepi  la  dro  ne  la  hnatrapaicha  i  nipunie  wenn  ihr  von  dort  geht, 
schüttelt  den  Staub  von  euren  Füssen !  6. 46.  aseha  nindra  ti  upi 
angatre  nachdem  er  sie  fortgeschickt  hatte. 

§  453.  Sonst  steht  das  Subject  stets  hinter  dem  Verbum,  z.B. 
Mc.  1 4, 58.  drengeha  huni  la  hnei  angeiche  hna  trhadha  wir  haben 
gehört  was  von  ihm  gesagt  ist.  10, 19.  ohna  ha  eq  la  nodhei  wathebo 
du  hast  die  Gebote  kennen  gelernt.  1 2, 1 4.  ohnaha  huni  nipichi  nipa 
wir  wissen  du  bist  wahr.  1 0, 46.  trawhaha  angatre  e  Jeriko  sie  kamen 
nach  Jericho.  4, 3.  kola  tropi  la  ketre  atre  träne  a  troa  träne  es  ging 
ein  Säemann  aus  zu  säen.  5, 23.  kola  mechi  atrawhate  la  nekqnge 
dhadhini  ka  chohi  es  leidet  heftig  meine  kleine  Tochter.  3,21.  oni 
angatre ,  hmoha  nindra  sie  sprachen:  er  kommt  von  Sinnen.  16,6. 
thele  Jesu  dha  nipunie  atre  Nazaleta  hna  asataulone  ihr  suchet  Jesuin 
von  Nazareth  den  Gekreuzigten.  6,  52.  tha  mekune  kq  angatre  kowe 
la  itre  aleto  sie  verstanden  nichts  von  den  Broden.  8, 33.  tha  mekune 
kq  eo  kowe  la  thina  i  Haze  du  verstehst  nichts  von  der  Lehre  Gottes. 
9,6.  tha  ohna  kq  angeiche  la  eweka  nine  whadha  er  wusste  nicht  was 
er  sagte.  8,23.  goe  ha  eq  siehst  du?  13,2.  ohnaha  eo  la  nodhei 
hnahage  chela  ka  tru  siehst  du  diese  grossen  Gebäude?  1 5,  4.  tha 
pi  sa  kq  eq  antwortest  du  nichts?  —  So  auch  namentlich  in  der 
passiven  Redeweise  (§  135). 

g.   Object. 

§  154.  Das  Object  steht  nach  dem  Verbum,  und  zwar  das 
nähere  voran,  das  entferntere  nach  diesem,  z.B.  Mc.  1,2.  ini  a  troa 
upe  la  maichange  ich  werde  meinen  Boten  senden.  1,8.  tut  a  bapa- 
taizo  nipunie  hnene  la  timi  ich  taufe  euch  mit  Wasser.  1,12.  sawhehi 
la  U  ujri  nindra  kowe  la  hnitre  alsbald  schickte  ihn  der  Geist  in  die 
Wüste.  1,15.  ietradhu  nipunie,  me  mekune  la  maicha  ka  loi  bessert 
euch  und  glaubt  die  frohe  Botschaft.  1,20.  nindro  ti  a  la  hune  la 
he,  me  kola  ena  la  nodhei  eqtre  sie  sassen  in  dem  Schiff  und  flickten 
die  Netze.  2,22.  pakq  atre  fie  la  waina  ka  nipikhe  kowe  la  itre  tren- 
gene  ka  hniewhel  Niemand  giesst  neuen  Wein  in  alte  Gefässe. 


Die  melanesischbn  Sprachen:    Lift.  79 

§  155.  Zeitbestimmungen  stehen  ohne  Präposition  zu  Anfang 
Satzes:  Mc.5, 5.  la  nodhei  dhinlre  memine  la  nodhei  drae  angeiche 
a  kpa  ngone  la  itre  welre  memine  la  nodhei  hna  ope  die  N Sichte  und 
Tage  war  er  in  den  Bergen  und  Gräbern.  10,  34.  koni  drae  tro  nindra 
ti  a  medha  hmaichadha  in  drei  Tagen  wird  er  wieder  auferstehen. 
13,14.  drei  la  hmekune  tro  angetre  lapa  e  Judea  a  kotre  kowe  la  ga 
hetre  weire  zu  jener  Zeit  werden  die  Bewohner  Judäas  fliehen  in  die 
bergigen  Orte. 


B.    Zusammengesetzter  Satz. 

1.  Coordinirte  Sätze. 

§  156.    Die  gewöhnlichste  copulative  Satzverbindung  geschieht, 
wenn  das  Subject  dasselbe  bleibt,  mit  me,  worauf  im  Prät.  kola,  im 
Fut.  iroa  folgt,  z.  B.  Mc.  6, 1 .  nindra  ti  a  thitha  ti  pi  wha  lue,  me  kola 
Uepa  ti  ktrwe  la  Iwho  i  nindra  er  ging  aus  von  dort  und  kam  in 
seine  Heimat.  6,2.  hnei  angatre  hna  ulaulane  me  kola  whadha  sie  ver- 
wunderten sich  und  sprachen.     69  12.  hnei  angatre  hna  tro,  me  kola 
chßinodhe  matre  ietra  d/ui  und  sie  gingen  und   predigten,   dass  man 
Bosse  thue.   6,  20.  angeiche  a  drei  angeiche,  me  kola  kuchi  hxdiwa  ka 
kowue  er  gehorchte   ihm   und  that  viele  Dinge.     6,22.  hna  lodha  la 
neko  i  Herodia  dhadhini,  me  kola  fiafia   es   trat  ein  die  Tochter  des 
Herodias  und  tanzte.  9,42.  troa  alhipe  la  ene  nine  amundromundrone 
hune  la  ninawa  i  angeiche  me  troa  tridhi  angeiche  pi  kowe  kuhu  nan- 
gedha  man  wird  einen  Mühlstein  an  seinen  Hals  hängen  und  ihn  ins 
Meer  werfen. 

§  157.  Bei  Verschiedenheit  des  Subjects  dient  ame  zur  Satz- 
verbindung, dem  entweder  die  passive  Redeweise  mit  hnei,  hnene 
oder  ein  Intransitivum  mit  hna  folgt :  Mc.  4,  I .  kosaue  la  nodhei  atre 
a  ichasinekeune  koi  nindra,  ame  hnei  nindra  ti  hna  nikatidha  kowe  la 
he  viele  Menschen  versammelten  sich  zu  ihm  und  von  ihm  wurde 
eingestiegen  in  ein  Schiff.  4,  4.  angeiche  a  träne,  ame  hna  mala  pi 
l*  ilrekhane  la  nodhei  wene  sinoe  hune  la  yodheni,  ame  hna  trawhapi 
l*  nodhei  om  ka  shesha  wha  koho  nengondrae  a  khene  er  Säete  und 
es  fielen  einige  Körner  auf  den  Weg  und  es  kamen  die  Vögel  unter 
dem  Himmel,  frassen  es.   5,11.12.  drei  la  ketre  hnakho  puaka  ka  tru 


80  H.  C.  VON  der  Gabblentz, 

a  kola  khene  eashemne  la  hnepe  weite,  ame  hnene  la  nqdhei  demani 
hna  sipo  nindra  dort  weidete  eine  grosse  Heerde  Schweine  nahe  dem 
Abhang  des  Berges  und  von  den  Teufeln  wurde  er  gebeten. 

§  158.  Adversativsätze  werden  durch  nge,  ngo  aber,  son- 
dern, ngo  loi  sondern,  vielmehr,  verbunden:  Mc.  40,34.  nge  kqsaue 
la  nqdhei  atre  hna  pa  a  troa  tropi,  memine  la  atre  hna  pi  a  troa  Uropa 
aber  Viele  welche  vom  sind  werden  nachfolgen  und  die  hinten  sind 
werden  vorangehen.  4, 1 2.  malre  tro  angatre  a  wange,  ngo  tha  tro  kg 
a  wanyatre  mekuni  damit  sie  sehen  aber  nicht  erkennen.  1 0,  40.  tha 
aireine  ko  ni  troa  homanepi,  ngo  troa  homane  kowe  la  nqdhei  atre  hna 
nindraivane  eko  nine  thatrewhai  angalre  ich  kann  es  nicht  geben,  son- 
dern es  wird  gegeben  den  Menschen  für  welche  es  vorher  bereitet 
ist.  10,8.  matre  tha  alalue  ko,  ngo  Im  chasihi  la  ngqnitrei  damit  sie 
nicht  zwei  sind  sondern  ein  einziger  Leib. 

§  159.  Zuweilen  stehen  auch  nge  und  ngo  in  Fällen,  wo  ein 
Gegensatz  weniger  hervortritt,  wie  Mc.  1,25.  kholehudhedhu  lae  whq, 
nge  Iqpi  wha  thei  angeiche  halte  die  Stimme  (?)  und  geh  aus  von  ihm. 
1,34.  me  kola  helanepi  la  nqdhei  denioni  ka  kqsaue,  ngo  tha  nue  ko 
nindra  ti  la  nqdhei  dernoni  troa  hane  eweka  und  er  trieb  viele  Teufel 
aus  und  gestattete  den  Teufeln  nicht  etwas  zu  reden. 

§  4  60.  Disjunctivsätze  werden  durch  me,  hape,  nge  hape 
verbunden:  Mc.  4, 21.  a  troa  atna  ekuku  fene  ita  me  kuhu  fene  gqhnaf 
wird  man  es  unter  einen  Tisch  oder  unter  ein  Bett  stellen?  13,35. 
tha  ohne  kq  nipunie  ene  la  troa  trawha  la  dhohu  ne  la  uma,  endrae 
e  hedhe,  hape  endrae  e  nipine  la  dhilre,  nge  hape  endrae  e  kola  ku- 
kahleke  la  gulu,  nge  hape  endrae  e  hmakane  ihr  wisst  nicht,  wann 
der  Herr  des  Hauses  kommt,  etwa  am  Abend  oder  um  Mitternacht, 
oder  wenn  der  Hahn  kräht  oder  am  Morgen. 


2.  Subordinirte  Sätze. 

§  161.  Da  ein  Relativum  der  Sprache  fehlt,  so  werden  die 
Relativsätze  entweder  unverbunden  oder  durch  vorgesetztes  ka  zu 
Adjectiven,  durch  vorgesetztes  la  zu  Substantiven  gemacht  dem  Haupt- 
satz nachgesetzt,  z.B.  Mc.2,4.  hnei  angatre  hna  kenithe  la  tro  ne  uma 
nindra  ti  a  lapa  eko  hnine  von  ihnen  wurde  abgerissen  das  Dach  des 
Hauses  er  sass   drinnen   (worinnen  er  sass).     3,19.  atre  nue  nindra 


DlE    MELANESISCRElf    SPRACHEN:      1,1  KU.  81 

ftp  der  Mensch  (der)  ihn  verrieth.  3,34.  nindra  li  a  goe  goeane 
k  nodhei  atre  kola  lapa  khotreithi  nindra  er  sah  die  Menschen  an 
[die)  um  ihn  sassen.  14,13.  nindra  li  a  khadhawatine  la  ketre  suke  e 
ganatri  ka  hetre  drone  er  sah  einen  Feigenbaum  in  der  Ferne  Blatter 
tragend.  5,19.  trodha  kowe  la  uma  i  eo  fonve  la  itre  dhini  i  eo,  Iroa 
amomane  koi  angatre  la  hnene  la  Dhohu  hna  chelohmane  koi  eo  geh 
in  dein  Haus  zu  deinen  Brüdern,  um  ihnen  zu  verkündigen  das  von 
dem  Herrn  an  dir  Gethane.  5, 1 4.  angatre  a  ukepi  Iroa  wange  la  hna 
kttcha  sie  gingen  hinaus  um  zu  sehen  das  Geschehene. 

§  162.    Wenn  der  Relativsatz  eine  Allgeiupinheit  ausdrückt,  wird 
er  durch  ante  eingeleitet:  Mc.  4, 9.  ame  la  atre   Irene  hnangenia,   loi 
e  tro  angeiche  a  drenge  welcher  Mensch  Ohren  hat,  der  möge  hören. 
4,25.   ame  la   atre   Irene   eweka,   Iroa   homane   hmaicha  koi  angeiche 
welcher  Mensch  etwas  hat,  dem  wird  man  mehr  geben.   9,37.  ame 
la  (Are  Iroa  kapa  la   ketre  nekonatre  ka   chasi  pine   la  adhenge,   ame 
hnei  angeiche  hna  kepe  ni  welcher  Mensch  aufnehmen  wird  ein  kleines 
Kind  um  meines  Namens  willen,  von  dem  werde  ich  aufgenommen. 
§  163.    Der  Objectivsatz   wird    ähnlich    wie   der    Relativsatz 
entweder  unverbunden   dem   Hauptsatz  nachgesetzt  oder  durch  den 
vorgesetzten    Artikel  gewisserraassen   zum   Substantiv    gemacht,    wie 
Mc.  1 , 1 0.  hnei  nindra  ti   hna   khadhawatine   la  nengondrae  a  kawhapi 
von  ihm  wurde  gesehen,   der  Himmel  öffnete  sich.    2,1.  hna  hlemn 
khotreithe  koi  angatre  nindra  li  a  muna  ti  eko  hnuma  es  wurde  be- 
kannt  umher  bei   ihnen,   er  war   in-  dem   Hause.     6,  33.  ohnaha  la 
nodhei  atre  la  angatre  a  tro  die  Leute  sahen  das:  sie  gingen.    12,15. 
nindra  ti  a  khadhawatine  la  hnei  angatre  hna  iao  nindra  er  sah  das: 
von  ihnen  wurde  er  getäuscht.    13,7.  la  nodhei  atre  kola  whadha  la 
hna  ishi  die  Leute  sagen  das:   es  ist  Krieg.' 

§  164.  Wenn  Jemandes  Rede  angeführt  wird,  geschieht  dies 
öfters  durch  vorangehendes  ka  hape:  Mc.  3,5.  oni  nindra  ti  kola  ulatine 
kwe  la  atre,  ka  hape:  Shathepi  la  iwanakmme  i  eo  er  sprach  zu  dem 
Menschen:  Strecke  deine  Hand  aus.  5,28.  niundro  ti  a  whadha,  ka 
hape:  Maine  trohini  a  ketre  la  ikhetre  i  nindra,  Ire  loi  hmaichahani 
sie  sprach:  wenn  ich  werde  sein  Kleid  berühren,  kann  ich  wieder 
genesen. 

§  165.  Statt  der  indirecten  Frage  steht  die  directe,  z.  B. 
Mc.  8,23.  me  kola  hninga  angeiche,  ka  hape:  Goe  ha  eo?  und  er  fragte 

AMandl.  4.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Winsensoh.   XVII.  6 


82  H.  C.  von  dkk  Gabklkntz, 

ihn:  Siehst  du?  13,33.  wha  ngone  la  tha  ohne  ko  nipunie  la  hmekune 
eu  endrae?  denn  ihr  wisst  nicht:    wann   ist  etwa  die  Zeit?    11,30. 

§  166.  Satze,  welche  eine  Absicht  ausdrücken,  werden  mit 
troa  um  zu,  matre  damit,  oder  nine  für,  zu,  dem  Hauptsatz  verbun- 
den: Mc.  1,24.  chilie  ti  endrae  a  hlepa  ti  pi  troa  humuthi  huni?  du 
bist  wohl  hergekommen  um  uns  zu  verderben?  7,26.  hnei  nindro  ti 
hna  hningä  nindra  troa  helane  la  demoni  wha  kuhu  hni  ne  la  neko  i 
nindro  dhadhini  er  wurde  von  ihr  gebeten  dass  er  die  Teufel  aus* 
treibe  aus  dem  Innern  ihrer  Tochter.  9,  22.  hnene  la  u  hna  tridhi 
angeiche  kwe  la  ea  me  kawe  la  timi  troa  amechini  angeiche  vom  Geist 
wird  er  geworfen  in  das  Feuer  und  in  das  Wasser  um  ihn  zu  tödten. 
1,38.  tro  sha  kowe  la  nodhei  hnalapa  ga  easheni,  matre  tro  ni  a 
chainodhe  pena  koi  angatre  gehen  wir  in  die  Städte  in  der  Nähe  da- 
mit ich  ihnen  auch  predige.  3,6.  hnei  angetre  Farisaio  hna  lo  pi  me 
kola  itha  nata  me  angetre  Ilerodiani,  matre  troa  humuthi  nindra  die 
Farisäer  beriethen  sich  mit  den  Herodianern,  dass  sie  ihn  umbrächten. 
13,  22.  troa  amamane  la  nodhei  halrene  memine  la  nodhei  etveka  ka 
tru  nine  amenune  la  nodhei  alre  hna  udhane  sie  werden  Zeichen  und 
grosse  Dinge  zeigen,  um  die  auserwählten  Menschen  zu  verführen. 
1 4, 55.  hnene  la  nqdliei  trenehaze  memine  la  nodhei  nipi  atre  hna  thele 
thina  nine  adln  nindra  von  den  Priestern  und  Oberen  wurde  Zeug- 
niss  gesucht  um  ihn  zu  verurtheilen. 

§  167.    Causalsätze  werden  durch  die  Präpositionen  wha  ngone 

i 

und  pine,  wegen,  über,  eingeleitet  und  durch  den  folgenden  Artikel 
gewissermassen  ebenfalls  zu  Substantiven  gemacht ,  z.  B.  Mc.  4,  28. 
wha  ngone  la  kola  chia  dha  la  khene  wIm  ngone  la  hnandro,  hnapane 
la  zine,  nge  panachachas  la  engene,  nge  thupene  lae  la  wone  tujQne 
hnine  la  engene  weil  keimt  aus  der  Erde  zuerst  das  Gras  und  her- 
nach die  Aehren  und  nach  diesem  das  Korn  in  den  A ehren.  6,  6. 
nindra  ti  a  ulaulane  pine  la  tha  mekune  ko  angatre  er  wunderte  sich, 
dass  sie  nicht  glaubten  (wegen  ihres  Unglaubens).  6,26.  tha  adliane 
ko  angeiche  troa  chipane  pine  la  hnei  angeiche  hna  whadha  gufane  er 
wollte  es  nicht  abschlagen,  weil  von  ihm  ein  Eid  geleistet  war. 
9, 38.  hnei  eahuni  hna  shewe  angeiche  pine  la  khotrethenge  ko  angeiche 
koi  anganisha  von  uns  wurde  es  ihm  verboten,  weil  er  uns  nicht 
nachfolgt.  11,  18.  angatre  a  khou  e  nindra,  pine  la  hnene  la  nodltei 
alre  hna  ulaulane  la  thina  ne  la  hnei  nindra  ti  hna  inine  sie  fürchteten 


Die  MELAffESiscHEN  Sprachen:    LlFU.  83 

sich  vor  ihm,  weil  von  den  Leuten  bewundert  wurde  die  Lehre  die 
von  ihm  gelehrt  wurde. 

§   4  68.    Comparativsätze,    die    eine    Gleichheit    ausdrücken, 
werden  durch   che  tune,  gleich,    mit  folgendem   Artikel  verbunden: 
Mc.  9,  1 3.  hnei  angatre  hna   kucha  koi   angpiche  la   hnei   angatrc  hna 
adhane,  che  tum  la  hna  chinihane  nine  thatrewai  angeiche  von  ihnen 
wurde  ihm  gethan  was  sie  wollten,  gleichwie  geschrieben  ist  seinet- 
wegen.    Wenn  aber  der  Vorzug  des  einen  verglichenen  Gegenstandes 
vor  dem  anderen  ausgedrückt  werden  soll,  wozu  wir  den  Comparativ 
gebrauchen,  so  kann  dies  nur  durch  Gegensätze,   wie  loi  gut,  ngazo 
bös,  oder  atrawhale  viel,  gross,   cho,  chohi  klein,  wenig,    geschehen, 
z.B.  Mc.  1,7.  kola  ha  troa  trawha   fe  thupenge  la  atre  atrawhat,   ngo 
ka  chohini  es  wird  auch  kommen  ein  grosser  Mann,   aber  ich   (bin) 
der  kleine.     4, 31 .  cho  petre  kq,   alrawhate  la  nodhei  wene  sinqe  eche 
h  fene  es   ist  noch  klein ,   gross  die  Saamen   auf  der  Erde.     4, 32. 
ny  aaeha  träne,   ame  hna  chia  dha  nie   chia  atruni,   chohi  la  nodhei 
kkene  asadhaiha  aber  wenn  es  gesäet  ist,  keimt  und  wächst  es,  klein 
'sind)  alle  Kräuter.     6,  1 1 .  cho  In  la    thupene  i  Sodoma   nie  Gomora 
ngone  la  drae  hna  adhine,  ngo  atrawhale  la   thupene   la   hnalapa  chili 
klein  ist    die  Folge  (Strafe)    Sodom's   und   Gomorra's   am    Tage   des 
Gerichts,    aber  gross  die  Strafe  dieser  Orte.    9,  43.    loi  e  tro  eq  a 
lodha  kowe  la   mele  nge   kechiaha   la  iwanakoime  i  eq,    ngazo   la  tro 
memine  la  lue  iwanakoime  kowe  la  Geend  gut  ist  du  gehst  ein  in  das 
Leben    und    abgehackt   deine    Hand,    schlimm    das   Gehen   mit   zwei 
Händen  in  die  Holle.    10,25.  lha  huliwa  kq  la  kamela  troa  idhidhe  la 
hna  kudhe  la  dhqme,  ngo  huliwa  piha  la  atre  helre  eieeka  troha  lodha 
kowe  la  dhohu   i  Haxe    nicht    schwer   wird    ein    Kameel    durch    ein 
Nadelöhr  gehen,    aber    schwer  wird    ein   Reicher   eingehen    in   das 
Reich  Gottes. 

§  169.  Hypothetische  und  Conditionalsätze  werden  mit 
maine,  wenn,  gebildet,  worauf  Öfters  wieder  niaine  im  Nachsatz  folgt, 
z.B.  Mc. 8,36.  nemene  la  loi  kowe  la  atre  ka  hetreini  la  fene  nengqndrae, 
maine  angeiche  a  nuetridhe  la  u  i  angeiche?  welcher  Nutzen  wäre  es 
dem  Menschen,  der  die  Welt  (vvörtl.  Erde  und  Himmel)  besäss,  wenn 
er  seine  Seele  wegwürfe?  9, 22.  maine  chilie  li  atreine,  home  khatua 
nihunie  wenn  du  kannst,  bring  uns  Hülfe.  3,24.  maine  ilhepedhohu 
la  ketre  dhohu  koi  angeiche  kq  maine  tha  aireine  kq  troa  chile  huli  la 


84  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

dhohu  chili  wenn  ein  Reich  in  sich  aufrührerisch  ist,  so  kann  das 
Reich  nicht  fest  stehen.  11,26.  maine  tha  slienge  kq  hnei  nipunie, 
maine  tha  tro  kq  la  kerne  i  nipunie  e  koho  nengqndrae  a  shenge  la 
hnei  nipunie  hna  shashaithc  wenn  von  euch  nicht  vergeben  wird, 
dann  wird  auch  euer  Vater  im  Himmel  nicht  vergeben  was  von  euch 
gesündigt  ist.  11,29.  maine  nipunie  a  troa  sendini,  maine  whange  troa 
whadha  koi  nipunie  la  mene  nge  hna  troa  kucha  la  nodhei  eweka  ka 
tunela  wenn  ihr  mir  antwortet,  dann  wird  euch  von  mir  meine  Macht, 
mit  der  ich  solche  Dinge  mache,  gesagt  werden.  14,31.  maine  ini 
a  troa  die  meehi  me  nipa,  Ire  tha  tro  kq  ni  a  kelikela  nipa  wenn  ich 
auch  mit  dir  zugleich  sterben  würde,,  würde  ich  dich  nicht  verleugnen. 

§  170.  Temporalsätze  werden  durch  correlate  Sätze,  meist 
mit  ame  verbunden,  gegeben:  Mc.  4,  6.  ame  hna  hulu  dha  la  dho, 
ame  hna  idreudlie  pi  und  die  Sonne  ging  auf  und  es  verwelkte. 
4, 1 7.  trawha  ha  la  kehre  akqtre  memine  la  dahin  pine  la  trenge  eweka, 
ame  hnei  angatrc  hna  thikqlre  es  kamen  Leiden  und  Verfolgung  wegen 
des  Wortes  und  sie  ärgerten  sich.  4,  29.  ame  hna  maichadhe  pi  la 
wene,  ame  hna  changa  khqdhe  pi  wha  ngqne  la  trawha  ha  la  idhine 
und  es  kommt  wieder  die  Frucht  und  bald  schneidet  er  denn  es 
kam  die  Zeit.  5,  6.  angeiche  a  goea  Jesu  ngqne  la  ga  nani,  ame  hnei 
niane  hna  nianiape  er  sah  Jesum  in  der  Ferne  und  lief  hin.  5,  35. 
nindra  ti  a  ulaline,  ame  hna  trawhapi  la  itrekha  sinelapa  ne  la  likliene 
la  sunago  er  sprach  und  es '  kamen  einige  Diener  des  Obersten  der 
Synagoge.  —  Aehnlich  bei  Zeitangaben  überhaupt:  Mc.  1,9.  la  nodhei 
drae  chili,  ame  hna  dhqtralipi  Jesu  wha  Nazareta  e  Galilaia  jene  Tage 
und  es  kam  Jesus  aus  N.  in  G.  2, 1 .  tha  niumu  drae  petre  kq,  ame 
hnei  nindra  ti  hna  hlepa  ti  hmaicha  e  Kaperenauma  noch  nicht  viele 
Tage  und  er  kam  wieder  nach  Kapernaum.  1 6, 1 .  thupene  la  sabati, 
ame  hnei  Malia  Magadalena  me  Malia  la  thine  i  Jakob o  nge  Salome 
hna  itqne  la  ilre  sinqeka  pui  Im  nach  dem  Sabbath  und  Maria 
Magdalene  und  Maria  die  Mutter  Jacobi  und  Salome  kauften  wohl- 
riechende Kräuter. 

§  171.  Aseha  (praet.  von  ose  vergehen)  und  utiha  (praet.  von 
uti  hinabgehen)  stehen  am  Anfang  der  Sätze,  welche  etwas  vorher 
Geschehenes  anzeigen  sollen  uud  können  durch  »nachdem«  übersetzt 
werden:  Mc.  6,  64.  aseha  nindra  ti  upi  angatre,  ame  hnei  nindra  ti 
hna  dhqlra  ti  kowe  la  wetre,  me  kola  hme  nachdem   er  sie  entlassen 


DlE    MELANESISCHEN    SPRACHEN!     LlFC.  85 

hatte,   ging  er  hin  auf  einen  Berg   und  betete.    9,31.  aseha  nindra 

U  mechi,  tro  nindra  ti  a  medha  hmaichadha  nachdem  er  gestorben  ist 

wird  er  wieder  auferstehen.   15,20.  aseha  amjatre  hnima  sai  nindra, 

ame  hnei  angatrc  hna  unapi   la   ikhetre   ka  palulukhotre   nachdem  sie 

über  ihn  gespottet  hatten,  zogen  sie  ihm  das  Purpurkleid  aus.   6, 35. 

uiiha  e  hedh,   ame   hna   tropi  koi  nindra   la   itre.  sinetronge  i  nindra 

nachdem  es  Abend  war  kamen  zu  ihm   seine  Jünger.    11,20.  uiiha 

e  hmakane  angatre  a  tro  eashenine  als  es  Morgen  war  kamen  sie  nahe. 

§  H2. 

VI.  Sprachproben. 

1.    Johannis  Enthauptung  Mc.  6. 

16.  Arne  hnei  Heroda  hna  drenge,  ame  hnei  angeiche  hna  whadha, 
Joane  lae  hnenge  hna  helene,  angeiche  a  mele  hmqjpha  dha 
wha  hna  mechi. 

17.  Wha  ngone  la  hnei  Heroda  hna  upe  la  ketre  atre  a  troa  homi 
Joane,  ine  olhi  angeiche  ngone  la  uma  ne  othi  atre,  pi  Herodia 
la  foe  Filipa  la  dhini  angeiche,  wha  ngone  la  angeiche  a  homi 
niundro  nine  fo  i  angeiche. 

18.  Oni  Joane  kola  whadha  koi  Heroda,  Mitrode  lae  troa  home 
la  foe  ne  la  dhini  nipa. 

19.  Ame  hnei  Herodia  hna  elahni  koi  angeiche,  nie  pi  humuthi 
angeiche,  ngo  tha  atreine  ko. 

20.  Wha  ngone  la  Heroda  a  khoue  Joane,  angeiche  a  wangatre 
mekuni  angeiche  la  atre  ka  mekoti  me  mitrode  ame  hnei  an- 
geiche hna  thupa  angeiche;  angeiche  a  drei  angeiche,  ine 
kola  kuchi  huliwa  ka  kosaue,  me  kola  drenge  madi  angeiche. 

21.  Utiha  la  nipi  drae  hnei  Heroda  hna  nikeine  nine  mekune  la 
drae  ne  la  hna  hnaho  angeiche  kowe  la  itre  tane,  memine 
la  itre  tikhene  la  nodhei  atre  ishi,  memine  la  nodhei  nipi  atre 
e  Galilaia. 

22.  Ame  hna  lodha  la  neko  i  Herodia  dhadhini,  me  kola  fiafia, 
me  kola  achiachi  koi  Heroda  memine  la  nodhei  atre  a  che 
lapa  me  angeiche;  ame  hnene  la  dhohu  hna  whadha  kowe 
la  dhadhini: 


86  HC.  VON  der  Gabelentz, 

23.  Hninganedha  koi  ni  la  adha  i  eo,  matre  wha  nge  troa  horoa 
eo  utiha  la  ketre  gotrane  la  dhohunge. 

24.  Angeiche  a  lopi  nie  kola  whadha  kowe  la  thine  i  angeiche, 
Nemene  la  eweka  whange  troa  sipone?  Oni  niundro  kola 
whadha,  Loi  la  he  i  Joane  Bapataizo. 

25.  Sawhehi  angeiche  changa  lopi  kowe  la  dhohu,  me  kola  sipone 
me  kola  whadha,  lni  a  adhane  whai  nipa  ti  troa  changa 
homani  la  he  i  Joane  Bapataizo  ngone  hnine  la  inege. 

26.  Arne  hna  hachepi  la  hni  ne  la  dhohu,  nge  tha  adhane  ko 
angeiche  troa  chipane  pine  la  hnei  angeiche  hna  whadha 
gufane,  nge  pine  la  nodhei  atre  a  chelapa  me  angeiche. 

27.  Arne  hnene  la  dhohu  hna  upe  nimeniraane  la  ketre  sinelapa, 
ine  kola  anidhe  koi  niaue  troa  home  la  he  i  angeiche. 

28.  Angeiche  a  tro  me  kola  hele  angeiche  pi  ngone  la  uroa  ne 
othi  atre,  me  kola  trofa  la  he  i  angeiche  ngone  hnine  la 
i^ege,  me  kola  homane  kowe  la  dhadhini,  ame  hnei  angeiche 
hna  homane  kowe  la  thine  i  angeiche. 

29.  Drenge  ha  la  itre  sinetronge  i  angeiche,  ame  hnei  angatre 
hna  tro  pi  me  kola  homedha  la  ngonitrei  angeiche  me  kola 
ama  ngone  hnine  la  hua. 


2.  Verklärung  Christi  Hc.  9. 

2.  Thupene  la  itre  drae  ka  cha  ngemene,  ame  hnei  Jesu  hna 
dhotra  ti  sai  Petelu  me  Jakobo  me  Joane,  me  kola  ea  dhue- 
tra  angatre  dha  kowe  hune  la  ketre  wetre  ka  hoea;  ame  hna 
udhanedha  la  thina  ne  la  ngonale  i  nindra  matre  isa  thinanepi 
whameke  i  angatre. 

3.  Ame  hna  iiadahadreupi  la  nodhei  ikhetre  i  nindra,  atrawhate 
la  wiawia  tunelo  manie  ka  chatre,  tha  treine  ko  la  atreine 
moline  troa  awiane  tune  lae. 

4.  Ame  hna  mamapi  koi  angatre  Elia  me  Mose,  nindro  ti  a 
ithanata  me  Jesu. 

5.  Oni  Petelu  kola  sa  me  kola  whadha  koi  Jesu,  Rabi,  loi  e  tro 
nisha  U  a  muna  ti  chela;  tro  nihunie  ti  a  achile  la  itre  uina 
ne  heta  ka  konitre,  thatre  whai  nipa  ti  la  ketre,  nge  thatre- 
wai  Mose  la  kelre,  nge  lhatrewai  Elia  la  ketre. 


DlE    MELANESISCHElf    SPRACHEN!      Uea.  87 

6.  Tba  ohne  ko  angeiche  la  eweka  nine  wliadha,  wha  ngone 
la  angatre  a  khou  alrawhate. 

7.  Dre  la  ketre  iawe  hna  he  angatre,  ame  hna  trawhapi  la 
awhane  ula  wha  ngone  la  iawe  me  kola  ulatine,  Drei  la 
nekonge  hniminange,  drei  nindra  ti  dhu. 

8.  Sawhehi  angatre  goe  khotreithe,  ngo  tha  ohne  pala  ko  angatre 
la  ketre  atre,  ngo  Jesu  mckudhehi  a  chemuna  ti  angatre. 

9.  Angatre  a  utipi  wha  ngone  la  wetre,  ame  hnei  nindra  ti  hna 
eawatine  koi  angatre,  The  tro  ko  nipunie  ti  a  amamane  la 
hnei  nipunie  hna  wange,  ke  pane  mele  hmaichadha  la  neko 
i  atre  wha  hna  mechi. 


VII. 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  UEA. 

§  173.  Von  dieser  konnte  ich  früher  (Erste  Abh.  S.  212)  nur 
die  Zahlwörter  nach  Latham  mittheilen.  Jetzt  liegt  mir  aus  Cheyne: 
A  descripüon  of  islands  in  the  Western  Pacific  Ocean  eine  kleine  Wörter- 
sammlung vor,  die,  so  wenig  sie  sonst  einen  Einblick  in  die  Sprache 
darbietet,  doch  geeignet  ist,  die  Verwandtschaft  des  Uea  und  Lifu 
darzuthun.  Ich  theile  es  daher  nachstehend  mit,  indem  ich  die  ver- 
wandten Lifu  werter  beifüge: 

an  frisches  Wasser  agamakuchu  ich  will  dich  tödten 

amakuth  todt   (L:  mechi)  agua  Zuckerrohr 

akung  bös  a  ja 

agan  gross  baleaway  ein  Canoe  (L. :  belewe) 

asaheah  Fülle   (L. :  asadhaiha)  boedelah  rothes  Tuch 

ahow  heute  bug  Mutter 

abah  nicht,  kein  cheelok    biche  de  mer 

abah  waia  kein  Sandelholz  cheecha  Vater  (Mar6:  checke] 

aba  thog   (thoy?)    es  ist  wahr  cahum  bringen 

(wörtl.^ keine  Lüge)  chingho  niesen 

ang  Wind   (L. :  eni)  dah  ein  Knabe 

amaque  warm  een  ein  Mädchen 


88 


H.  C.  VON  DER  GaBELENTZ, 


ewenu  Cocosnüsse 

esso  gut 

eenah  mich   (L. :  ini) 

j'uut  schlafen 

guh  Eisen 

hadah  ich  gehe 

hongeam  gieb  mir 

huu  ein  Schiff*  (L. :  he) 

halae  ein  Messer 

humdah  nimm  es  (L. :  homedha) 

iuu  kommen 

iuu  mahan  komm  und  iss  (Malai.: 

makan) 
icleh  trinken   (L.:  idhi) 
kayeen  Salzwasser 
keah  Flaschenkürbis 
kvat  tödte  ihn 
kluma  lachen   (L. :  hnima) 
kvining  Taro 

lapadue  setze  dich  (L. :  In  päd  hu) 
momo  ein  Weib 
mag  ein  Riff  oder  Felsen 
maich  Feuer 
makenany  krank   (L. :  mechi) 


machamn  bald 

mokurru  leg  dich  nieder 

mokuul  schlafen   (L.:  mekole) 

makaech  kalt 

nabulh  lass  los 

nacook  Sohn   (L. :  nekq) 

nyee  morgen 

o  boga  Menschen 

oheenmat  Banane 

othe  obut  lebe  wohl! 

ohigh  gähnen 

sodue  nicht  mehr 

tawanthan  ein  Häuptling 

thoy  (thog?)  eine  Lüge 

toda  steh  auf 

uu  Yams;  du   (L:  eo) 

uamah  ein  Haus   (L. :  uma) 

uusellat  ein  Spiegel 

vertue  ein  Dieb 

wata  Sandelholz 

wah  Fisch 

wylay  süs&'e  Kartoffeln 

wakeen  Perlen,  Kügelchen 

tvagah  Fischangel.     • 


Zahlwörter: 


hacha    1 
lo  2 
kuun  3 
thack  4 
thabumb   5 
lo  acha   6 
lo  alo  7 
lo  kuun  8 
/o  thack  9 
lebenelee  10 


//ac//u  co  a  cA  1 1 
/o  co  ach  12 
fctitm  co  ach  13 
<Aacfe  co  acA  14 
lhacumb  co  ach  15 
hachawyhanu  16 
/o  wyhanu  17 
kuunwyhanu  18 
lhackwyhanu  19 
thabumbwyhanu  20. 


DlE    MBLANB818CHEN    SPRACHEN:     YeHEN. 


89 


vin. 


DIE  SPRACHE  VON  YEHEN 


§  174.  Yehen  (Yengpn)  liegt  an  der  nordöstlichen  Küste  von 
Neu-Caledonien.  Von  dieser  Sprache  besitze  ich  ein  einzelnes  ge- 
drucktes Blatt,  dem  ich  das  Folgende  entnehme.  Ich  lasse  zunächst 
ein  kleines  Wörtervcrzeichniss  mit  Vergleich  ung  anderer  polynesischer 
und  melanesischer  Sprachen  vorausgehen: 


Himmel  hmengat 
Wasser  we 
Regen  kul 

Mensch,  Mann  kahuk 
Hand  karah,  karih 
Name  yal 
Kleid  tulreum 
Haus  na 
Schiff  woq 
Sack  hren 
Baum,  Busch  ehek 
dornig  maiyuk 
gross  pahun 
viel  hai 
fern  hart 
nahe  neneno 
stehen  tulr 
sehen  whene 
sprechen  papala 
schreiben  tiaman 
machen  troe 
wissen  kina 
furchten  mauwa 
wünschen  menron 
gchn,  kommen  he 


Fidschi:  wai 

Fidschi:    utha  [uca]  ,    Sesake: 

Fate:  us 
Hawaii:  kanaka? 
Maie:  aranine,  Sesake:  kini? 
Marc:  ile 

Mare:  tna 
Fidschi:  wanka 

Annat. :  cai 


wa, 


Bauro:  haatau,  Vunmar.:  hautu 

Fidschi:  tu,  Duauru:  tili 
Lifu:  wange,  Sesake:  vunusi 
Vunmar. :  heve? 

Mar6:  nie 
Fidschi:  kila 

Vunmar.:  ro& 
Marc:  Am 


90  H.  C.  ton  der  Gabblbntz, 

herabkommen  tive  Bauro :  dio,  Sesake :  siwo,  Vunmar. :  hivu 

sterben  maich  Polynes. :  mate,    Mallik.:  mats9    Annat.: 

Errom.:  mos,    Lifu:  mechi. 

§  175.  Die  Substantiva  scheinen  einen  Artikel,  ven,  vor  sich 
zu  haben,  der  Plural  wird  wahrscheinlich  durch  vorgesetztes  nene, 
eine  Menge,  ausgedrückt:    neue  ven  chek  die  Baume. 

§  176.  Die  Adjectiva  folgen  ihrem  Substantiv:  kahuk  pahun 
ein  grosser  Mann,  chek  maiyuk  ein  dorniger  Busch. 

§  177.  Die  Zahlwörter  habe  ich  schon  in  der  ersten  Abhand- 
lung S.  212  nach  Latham  gegeben,  auf  dem  mir  jetzt  vorliegenden 
Blatt  lauten  sie  ziemlich  übereinstimmend  damit: 

1  hets  oder  hetch,  2  he-luk,  3  he-yeny  4  po-vils  oder  po-vüch, 
5  »im,  6  nim-wet,  7  nim-we-luk,  8  nim-we-yen,  9  nim-po-viU 
oder  nim-po-vilch,    10  pain  duk. 

§  178.    Die  persönlichen  Pronomina  sind: 


Si 

ing. 

Dual.                          Plur. 

1. 

P. 

wo, 

wor 

incl.     ne  ndru                       ne 
excl.    ne  mbu                         ne  mi 

2. 

P. 

do, 

dor 

da  u                            da  we 

3. 

P. 

yek, 

ye 

ye  lu                           ye  le. 

§  H9. 

Die 

Posses 

siva   erscheinen    als   Suffixe    in    folgenden 

Formen : 

t 

Sing. 

—  un 

won  un  mein  Schiff 

» 

na  un  (ausgespr.  900)  mein  Haus 

» 

—  iu& 

karah  iun  meine  Hand 

^                                 1 

)) 

—  em 

won  em  dein  Schiff,  nem  dein  Haus 

»> 

—  im 

karih  im  deine  Hand 

)) 

—  en 

\oon  en  sein  Schiff 

)) 

neu  sein  Haus 

» 

—  in 

karah  in  seine  Hand 

Dual. 

incl. 

—  endr 

u       won  endru  unsere  Schiffe 

)) 

)) 

#  endru  unsere  Häuser 

)) 

)) 

—  indr 

u       karih  indru  unsere  Hände 

» 

excl. 

—  emb\ 

\i       won  embu  unsere  Schiffe 

)) 

)) 

n  embu  unsere  Häuser 

» 

» 

—  imbx 

/        karih  imbu  unsere  Hände 

DlE    MELANKS18CHEN    SPRACHEN!     YeHEN.  91 

Dual.  excl.     —  eu         won  eu  euere  Schiffe 
»         »  n  eu  euere  Häuser 

»         »  karih  eu  euere  Hände 

won  elu  ihre  Schiffe 
&  elu  ihre  Häuser 
karih  ilu  ihre  Hände 
won  e  unsere  Schiffe 
9  e  unsere  Häuser 
karih  i  unsere  Hände 
wo&  emi  unsere  Schiffe 
n  emi  unsere  Häuser 
karih  imi  unsere  Hände 
won  ewe  euere  Schiffe 
n  ewe  euere  Häuser 
karih  iwe  euere  Hände 
woq  ele  ihre  Schiffe 
n  ele  ihre  Häuser 
karih  ile  ihre  Hände. 

§  180.    lnterrogaiiva  sind: 

hntndei  wer?  z.B.  hrundei  yalin  wer  ist  sein  Name? 

to  was?  »  ta  ven  nana  was  ist  das? 

ye  ve  wo? 

fwa  warum?  »  dor    pra  ye  menron  hen  Yehen 

warum  wünschest  du  nach  Yehen  (zu 

gehen) ? 
Demonstrativa:    nana  das,  nindra  dieser,  dieses. 

* 

§  181.    Präpositionen: 

tan  (eigentl.gehn)  zu,  nach  z.B.   nan  Kohimarama        hen   Yehen. 

von  Kohimarama  *)   nach  Yehen. 
mm,  na  von  »      ye     live  ven      kul     na 

es  kommt  herab  der  Regen  von 

konda  le  poa. 
oben. 
»       nan  ven  chek  von  dem  Baum. 

*l  Kohimarama  ist  ein  Ort  bei  Aurkland,   wo  sich  das  Missionsinstitiit  befand. 


» 

)) 

~~~ ~ ~ 

eiu 

» 

» 

)) 

» 

— 

ilu 

Plur. 

incl. 

— 

e 

» 

» 

)> 

» 

— 

• 

)» 

excl. 

— 

emi 

» 

» 

)) 

» 

— 

imi 

)) 

» 

— 

ewe 

)) 

» 

)) 

» 

— 

iwe 

» 

» 

— 

ele 

» 

» 

» 

» 

_^_ 

ile 

92  H.  C.  von  der  Gabelentz, 

me  her  von  z.B.         he  me  htnengat 

kommt  von  oben  (vom  Himmel)  her. 
ye  in  »  ye  Mola  in  Mola 

»  ye  hren  im  Sack. 

le  in  »>  ye  tutr  le  we  er  steht  im  Wasser. 

om  auf  »  hai  kahuk     om  wo& 

viele  Menschen  auf  dem  Schiff. 

§  1 82.  Das  Pronomen  3.  Pers.  ye  steht  oft  zwischen  Subject 
und  Prädicat  und  dient  gewissermassen  als  Copula,  z.B.  htnengat 
yß  hört  der  Himmel  ist  fern,     chek  ye  neneno  der  Baum  ist  nahe. 

§  183.  Die  persönlichen  Pronomina  stehen  zu  Anfang  des  Satzes: 
wo  mauwa  won  ich  fürchte  das  Schiff,  war  da  whene  ich  sehe  euch. 
ye  pra  ven  ye  live  na  konda  le  poa.     ye    tive  wo    ye 

er    warum  er  kam  herab  von         oben?  er  kam  herab  dass  er 

match  nan   ne. 
stürbe    für  uns. 

§  184.    Die   Conjunction    wo    drückt    die    Absicht    aus,    wie 
schon  das  soeben  angerührte  Beispiel  zeigt.     So  noch: 
he  ne,  pe  na  yek     wo    ye   he  me     wo     ne    tnbu  papala. 

geh       sag    ihm  dass  er  kommt  dass  wir  zwei  zusammensprechen. 

he  me     wo      ne    ndru  papala. 

komm  damit  wir  zwei  zusammensprechen. 

§  185.  Ne  und  me  drücken  in  diesen,  wie  in  anderen  Fällen 
die  Bewegung  von  oder  nach  dem  Sprechenden  aus,  daher  he  ne 
geh,  he  me  komm    vgl.  §  529  der  ersten  Abhandlung). 

§   186.    Der  Infinitiv  hat  die  Partikel  hun  vor  sich: 
va  trtä  drona  kina   hun    liaman. 
bald       du    weisst  zu  schreiben. 

drotßa  kina  hun     (roe      ndreutn? 
du  weisst  zu  machen  Kleider? 


Die  mblaiibsisghbn  Spiachbn:    Baüro. 


93 


IX. 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  BAURO. 


§  187.    In  dieser  Sprache   habe   ich   nichl  nur   ein   Vocabular 
nebst  Anhang  Ober  die  Partikeln,   ganz  ähnlich  wie  in  der  Sesake- 
und  Mahaga-Sprache ,  sondern  auch  drei  Blatt  grammatische  Bemer- 
kungen erhalten,  und  kann  daher  sowohl  eine  vollständigere  Wörter- 
Sammlung,  als  auch  Ausführlicheres  in  grammatischer  Hinsicht  geben, 
als  mir  dies  früher  möglich  war. 

§  188. 

I.  Wörterverzeichniss. 

■ 

1.  Himmel,  Luft,  Zeit. 


aro  Himmel 

sina  Sonne 

kura  Mond 

heu  Stern 

hireia  Blitz 

paparako  Wolke 

lani  Regen 

rauaro  Regenbogen 

eu  Feuer 

ora  Flamme 

madehudehu  Funke 

marumaru,  didi  Schatten 


marewa  Licht 
asu  Rauch 
dohu  Asche 
gahu  Nebel 
arobu  Thau 
loa  Wind 
biowa  Windstille 
nunu  Erdbeben 
dani  Tag 
dani  reho  Sturm 
borisu  Mittag 
harisi  Jahreszeit. 


2.  Erde,  Wasser. 


ano  Erde 
tnagiro  Erdboden 
gao  Boden 
mo  Garten,  Feld 
ama  Dorf 
marau  Land 
hunahuna  Berg 


hau  Stein 

hau  tarau  Felsen 

rihua  Klippe 

mararina  Riff 

lata  Weg 

riwa  Loch,  Höhle 

giru  Grab 


94 


H.  C.  VON  DER  GaBRLRNTZ, 


äst*  ni  ano  Staub 
one  Sand,  Ufer 
wai  Wasser 
wai  giru  Pfuhl,  Teich 


giru  i  wai  Brunnen 
asi  Meer 
naho  Welle 
uma  Ebbe. 


3.  Mensch. 


iiwni,  sai  Mensch,  Mann 
urao .  Weib 
wai  Ehefrau 
gare  Kind,  Knabe 
giri  gare  Mädchen 
ama  Vater 


ina  Mutter 

mauu  Oheim 

a$t,  doora  Bruder,  Schwester 

nao  Wittwe 

maeraha  Häuptling. 


4.  Leib,  Seele. 


abe  Körper 

bau  Kopf 

warihu  Haar 

karina  Ohr 

ma  Auge,  Gesucht 

baba  Backe 

tatate  Kinnlade 

noranora,  wewe  Lippe 

meamea  Zunge 

riho  Zahn 

uu  Hals 

konokono  Hals,  Kehle 

rima  Arm 

papanosi  ni  rima  Hand 

fcifazt*  Finger 

waiburu  Brust 

toohunu  Herz 

mamanawa   Lunge 


aAt*  Unterleib 

«ttri  Rücken,  Knochen 

surimri  Knochen 

ragerage  Rippe 

titt'd  Bein 

babahe  uwa  Fuss 

rwru  Knie 

kakau  ni  uwa  Zehe 

fcofco  Seite 

uriuri  Haut 

Aa$to  Fleisch 

abu  Blut 

wawaroi  Ader 

irefl  itt  TNtf/ia  Throne 

rtne  Stimme 

adaro  Leichnam 

ata  Name. 


5.  Thiere. 


bo  Schwein 
misu  Hund 
kasuhe  Ratte 


rage  Fledermaus 
manu  Vogel 
kua,  gua  Huhn 


DlE    MELANESfäCUBN    SPRACHEN:     BaURO. 


95 


abaaba  Flügel 

kekere  Schwanz 

nui  Nest 

popo  Ei 

ia  Fisch 

waiho  Aal 

magaru  fliegender  Fisch 

girio  Meerschwein 

haihu  Hammerfisch 


papausuri,  haha  Eidechse. 

arohai,  honu  Schildkröte 

huasa  Krokodil 

mwa  Schlange 

suhari  Scorpion 

kuka  Krabbe 

lawa  Spinne 

böte  Floh 

durai  Wurm. 


6.   Pflanzen. 


hasiai  Baum 

duna  Feuerholz 

lari,  ramuramu  Wurzel 

rawa  Blatt 

uhuhu,  Iura  Zweig,  Ast 

poporo,  taga  Knospe 

ahurara  Blüthe 

hutja,  hua  Frucht 

kora  Saamen 

kora  ni  hasiai  Beere 

hasimo  Busch 


niu  Cocosnuss 

bareo  Brodfrucht 

bua  Beteln uss 

hugi  Banane 

bwa  rou  Taro 

uhi  Yam 

nari,  adoa  Mandel 

au  Rohr 

ohu  Zuckerrohr 

haharisi,  goro  Gras 

loMosi  Schwamm. 


7.  Wohnung,  Waffen,  Geräthe. 


ruma  Haus 

odo,  huna  Dach 

baut  Wand 

tnara-ruma  Thüre 

aabi  Riegel 

hahi  Ofen 

baba  Bret 

warao  Nagel 

haka  Schiff 

ora,   mttruria,   sulima,   ragu, 

etea^  tatai  Canoe 
arohi  Ruder 


bwana  Segel 
huna  Anker 
ari  Seil,  Tau 
hina  Angel 
ubena  Netz 
bea  Bett 
bara  Zaun 
wirihau  Kette 
sisina  Leuchte 
iaiara  Besen 
e  Korb 
ana,  basa  Sack 


96 


H.   C.  VON  DER  GABELKNTZ, 


maraoho  Topf 
data  Becken,  Schüssel 
leteu  Becher 
paruparu  Deckel 
hau-ahaha  Messer 
simurn  Gabel 
usua  Säge 
ira  Axt 


ira  tnora  Beil 
mada,  tabari  Keule 
oo  Speer,  Lanze 
marada  Fischspeer 
ade,  omo  Pfeil 
bae  Bogen 
hasitvaro  Sehne 
tako  Schild. 


8.  Kleidung,  Speise. 


tooni  Kleidung 
didi  ma  Hut 
hasiwaro  Gürtel 


aana  krank 
abenai  ruhig,  still 
agoagohe  gütig 
ahoda  voll 
amara  unfruchtbar 
ari  gut 
babana  weit 
/;a6<iM  dicht,  hart 
boe  müde 
6ofo  heiss 
bunt  nass 
fcwa;«  alt 
bweu  thörichl 
doa  blind 
doodoo  schwarz 
cdaedaa  gelb 
gar  am  nahe 
^ere  $ai  jung 
</ere  klein 
goro  gut 
h  aal  au   fern 
habura  neu 


mm  Speise 

ri/mti  Fett,  Speck,  Oel 


9.  Adjectiva. 


hahano  tomato  lahm 

haiuru  leer 

hamomori  wahr 

Aaraü  kahl 

/tau  ftart  zornig 

AiAia  schwer 

//j'oro  hungrig 

honu  voll 

Aora  gut 

/crtfcu  unwissend,  stumm 

kikiri  klein 

Aofce  leer 

konari  nackt 

korekore  laut 

ZaAa  gross 

/ara  ma/at  heiss 

madvo  rauh 

mae  todt 

maemaea  schwach 

magamaga  rein 

maguru  laut 

mahai  bitter,  sauer 


Die  melanesischkn  Spiachen:    Bauro. 


97 


mahn  schweigend 
mako  weich 
mamaha  trocken 
mamahui  weiss 
mamagi  süss 
mamakaru  scharf 
mamao  glatt,  weich 

mamaohaa  wild 

mamarawa  grün 

manaia  zahm 

manauwi  links 

manora  rein 

martari  roh,  nicht  gar 

wwrafo  kalt 

malaia  süss 

matapwilafnvi  weich 

wato  seicht 

«w«m  reif 

moganwga  unfruchtbar,  öd 

«09a  tief 
9060  schweigend 
odo  rechts 
odoodo  gerade 
papalu  kurz 


parana  leer 

pari  falsch 

parono  taub 

popokuro  rund 

rakerakea  dünn 

rara  marumurutnu  warm 

raurau  heiss,  schnell 

mint*  geizig 

rodo  finster 

taa  bös,  schlecht 

tamaua  fleissig 

tano  langsam 

/u/wm  unwissend 

tarioko  eng 

tere  tief 

/^m'ö  lang 

/otaa  krank 

tirti  araa  hoch 

tirw  awro  niedrig 

wadiwadi  rein 

wanusi  kalt 

wanawana  roth 

wart  alt 

wetetvete  stark,  kräftig. 


10.  Verba, 


aauAt  helfen 

a6ara  tragen 

abeabea  tragen 

adara  fehlen,  nicht  treffen 

adoadoa  sich  erinnern,  denken 

adai  finden 

adomai  rechnen,  zählen 

ae  gehen 

o^usti  fallen 

ahasi  schneiden 

ahe  fliessen 

AMartl.  d.  R.  8.  Ge«ellicb.  d.  Wi<*en«oh.    XVFI. 


ahoda  fallen 
ahm  zurückkehren 
ahua  fangen 
ailtona,  aitora  tragen 
ano  beschmutzen 


am  weinen 
arai  schneiden, 

stechen 
ari  gehen 
arohi  jucken 
arui  heilen 


beissen , 


98 


H.   C.  VON  DKR  GaüELEN'TZ, 


asugu  fallen 

hai  zo&ai  bitten 

awaia  gähnen 

hamasi  lachen 

babasi  werfen 

hana,  hanasi  schiessen 

baini  tragen 

hanata  (lüstern 

baro  brechen 

hane  klettern 

beri  stehlen 

hanunu  rösten 

bohi  bedecken 

haoao  fangen 

boi  kommen 

hasuri  lehren 

bure  anfangen 

hasusu  sagen,  erzählen 

buri  stossen 

hataihi  erretten 

daa  lachen 

hatari  schicken 

dadau  sich  niederlegen 

hauria  weben 

Jan  fangen,  halten 

here  arbeiten 

dodo  sinken,  ertrinken 

herebohi  bedecken 

dori  waschen 

hidari  schlagen 

durua  binden 

hini  glauben 

eba  laufen 

honosi  verschliessen 

eri  graben 

hoosi  binden 

ewa  dasein 

hora  entlaufen 

gana  singen 

hori,  horohoro  kaufen 

gast  werfen 

husu  laufen 

gasigono  dürsten 

huu  husten 

giru  verbergen 

idi  schwingen 

gono  trinken 

irini  wHhlen 

gwo  sitzen 

irohi  suchen 

ha  machen,  geben 

iwaiwa  bewegen,  schütteln 

ha  maesi  töclten 

kaknro  kriechen 

haa  mri  lehren 

kaku  vergessen 

haaki  abschneiden 

karo  fühlen 

haale,  hadahada  sagen 

kaukau  sich  beugen,  bücken 

hahaa  tragen 

lanasi  sagen,  erzählen 

hahano  gehen 

maanu  baden,  waschen 

hat  tragen,  bringen 

madaa  schwitzen 

hat  anitai  sich  wundern 

mae  sterben 

hat  bori  winken 

magiro  beschmutzen 

hat  nagu  sitzen 

mahn  vi  zerreissen 

hat  whu,  hat  oi  kämpfen 

mahita  zerbrechen 

Die  melakesischeii  Sprachen:    Bauro. 


99 


tnutnau  fürchten 

manawa  athraen 

mtto  tanzen 

maria  verwittern 

mataia  wissen,  kennen 

mato  sitzen 

matoana  lauern 

mauru  dasein,  schlafen 

mauru  taa  träumen 

mitiri  stechen 

mom  zerreissen 

namifi  lecken,  kosten 

niga  legen,  setzen,  hinthun 

nahui  tödten 

nai  essen 

»am  brennen 

nasi  beissen 

nau  beissen,  essen 

nisu  spucken 

nuru  summen 

odo  arbeiten 

otne  sehen 

ome  irara  kennen 

onuonu  bewegen 

oresi  vertauschen 

orooro  schwimmen 

pakiri  beissen 

parakoa  abwischen 

parusi  bedecken 

pwepwe  klopfen 

raba,  rabasi  wünschen 

raboa  wachsen 

raihia  nehmen 

raii  biegen,  spannen 

rata  scheinen 

rarai  wachen 

rege  springen,  hüpfen 


rei  sehen 

rinm  giessen 

rio  hängen 

rogarogai  reiben 

rolm  fliegen 

roiroi  tragen 

ratio  hören 

ruhasi  loslassen,  lösen 

runa  rächen 

rurumi  beugen 

ruu  verlieren 

sadoi  finden 

»ibeni  suchen 

siini  riechen 

siki  springen,  hüpfen 

soi  rufen 

suabo  stolpern 

suhl  kochen 

suia  säen 

suni  brennen 

suratake  tragen 

mri  folgen 

surui  aufheben,  tragen 

suu  schwellen 

taahi  lieben 

tabari  schlagen 

tagen  kochen 

tahani  öffnen 

taihi  leben 

lara  fegen,  nennen 

tarasi  fegen 

tarn  eintauchen 

tata  schütteln,   zittern 

to  karokaro  berühren 

tohe  leugnen 

toliotoho  messen,  wagen 

toi  treffen 


100 


H.  C.  von  de«  Gabblkntz, 


ioki  hängen 

lohn  beugen 

tont  eintauchen 

looni  legen,  hinthun 

lorai  stolpern 

torei  bauen 

uhi  blasen 

uhui  graben 

unu  rufen 

unua  sagen 

ura  stehen 

ura  gau  anhalten 


uru  führen 
usuusu  schreiben 
uu  schlingen,  schlucken 
wadowado  scheinen 
wae  wohnen 
wai  bewegen 
waii  bringen 
wairoa  kochen 
wake  gehen 

wate  geben,   weggeben,  ver- 
kaufen. 


II.  Grammatische  Notizen. 


§  189. 


1. 

Zahlworter. 

1   eta, 

tei 

7  biu 

2  rua 

8  waru 

3  ort* 

9  siwa 

4  hat 

10  tan  huru 

5  rima 

11   tan  huru  mana  tei 

6  ono 

20  tei  gagau 

100  tan  a  rau. 

Die  Ordinalia  werden  durch  den  der  Cardinalzahl  vorgesetzten 
Artikel  ni  ausgedrückt:  ni  eta  na  ni  dam  der  erste  Tag. 

Iterativa  werden  durch  das  Präfix  ha  oder  hat  gebildet:  au 
ari  hai  oru  ich  gehe  dreimal,  zum  dritten  Male. 

2.  Pronomen. 


§  190.    Die  persönlichen  Pronomina  sind: 


1.  Pers. 
Sing,     inau,  nau,  au,  na 

Dual.  li9°ra  (inC,) 

[amiria,  mi  (excl.) 

piur.  \ia  9au*  o™  (|ncl) 

\ia  meu,  me  (excl.) 


2.  Pers. 
tot,  noo,  o 
ia  murua, 
ia  murui 
ia  mou 


3.  Pers. 
ia,  a 

i  rarua,  darua, 
raruiy  darui 
ia  rau,  ra, 
dau,  da,  rat,  re 


Dl£    MELANE8ISCHBN    SPRACHEN:     BaüHO.  101 

§  191.    Das  Possessi vum  wird  ausgedrückt: 

a)  durch  das  persönliche'  Pron.,  das  dem  Nomen  folgt:  oma 
inau  mein  Dorf; 

b)  im  Singular  durch  die  Suffixe  gua,  gu  mein,  mua,  mu  dein, 
na  sein,  wenn  das  Nomen  auf  a  endigt,  sonst  durch  agua,  i  agua 
mein,  amua,  i  amua  dein,  a  na,  ia  na  sein,  z.  B.  marau  agua  oder 
marau  i  agua  mein  Land. 

Im  Dual  und  Plural  dient  das  persönliche  Pronomen  mit  vorge- 
setztem a  auch  als  Possessivum:  sai  a  murua  ein  Mann  von  euch 
beiden. 

Der  Plural  des  mit  einem  Possessivum  stehenden  Nomens  wird 
ausgedrückt,  indem  man  den  Endvocal  des  Pronomens  in  t  verwan- 
delt, zuweilen  auch  noch  ein  i  hinzufügt:  sai  agui  meine  Männer, 
marau  a  darui  ihrer  beiden  Länder,  ni  mada  ia  daii  ihre  Keulen. 

Dieses  *  wird  auch  als  Object  des  Verbums  gebraucht:  au  ome 
sii  oder  au  ome  si  ra  ich  sehe  sie. 

§  192.    Demonstrativa  sind: 

Sing,     nani,  —  ni  dieser  nasi,  —  si  jener 

Plur.      ne  re  ini  diese  ne  re  esi  jene 

z.B.  ia  tei  nasi?   ia  tei  sai  si?   wer   ist  das?    wer  ist  jener  Mann? 
taha  nani  was  ist  dies? 

Ni  dient  als  Artikel,  sowohl  im  Singular  als  im  Dual  und  Plural ; 
ia,  einige,  wird  oft  in  Fällen  gebraucht,  wo  es  sich  schwer  über- 
setzen lässt,  z.  B.  au  omesi  ra  ta  sai  lago  ich  sehe  sie,  viele  Männer, 
ia  gau  lago  ta  haihehe  ni  haka  wir  viele  finden  Fehler  (an)  dem 
Schiff,  au  rabasia  la  ne  (ta  ra  ine)  moi  ich  wünsche  einige  von  euch. 

§  193.  Interrogativa  sind:  ia  tei  wer  (Sing.)?  i  ra  tei 
wer  (Plur.)?  oma  i  ana  tei  wessen  (Sing.)  Dorf?  oma  i  ada  tei 
wessen  (Plur.)  Dorf?"  ne  ia  na  mahari  von  wem  (Sing.)  zerrissen? 
ne  a  dai  mahari  von  wem  (Plur.)  zerrissen?  tooni  na  na  tei  wessen 
Kleid?  taha  was?    e  siha  wie  viele? 


3.  Partikeln. 

§  194.  Adverbia  der  Frage  sind:  nei  neta,  na  neta,  na  geta 
wann  (in  der  Vergangenheit)  ?  geta,  oha  heua  wann  (in  der  Zukunft)  ? 
na  hei,  nai  hei  wo?   e  wohin?  nehei  —  e  woher?   aua  (oder  au  ua) 


102  H.  C.  von  der  Gabelkntz, 

inia,  taha  inia  warum?  z.B.  au  ua  [taha)  noo  ani  inia  warum  weinst 
du?  haheua  wie?  z.B.  haheua  gau  afi  malaia  ni  buka  wie  (können) 
wir  das  Buch  kennen?  inia  ni  taha  mit  was?  tau  hau  oasi  inia  ni 
taha  oder  aua  na  rau  ha  inia  oasi  oder  taha  ra  hau  oasi  inia  warum 
thun  sie  so? 

Negationen  und  Affirmationen: 

abai,  aia,  a  nicht  z.B.  sai  riuriu  abai  watea  ni  maho  i  anai  ein 
geiziger  Mann  giebt  nicht  seine  Sachen  her.  aia  nein,  au  a  rabasia 
ni  haua  oasi  ich  liebe  nicht  so  zu  thun. 

a  gasi  damit  nicht:  birifiia  a  gari  pwera  halt  es  fest,  damit  es 
nicht  fällt. 

abu  ist  Prohibitiv:  moi  abu  ni  siri  lagahia  mai  kommt  nicht 
unordentlich  hierher. 

to,  goro  ja,  gut,  moi  nur. 

Adverbia  der  Zeit: 

oha  ni,  nei  moi  oha  ni  jetzt,  oha  na  ni  seit  einiger  Zeit,  oha 
bwani  seit  lange,  verlangst,  oha  orea  in  Zukunft,  z.  B.  au  bwani  ttnua, 
oha  na  m,  oha  ni  rou  ich  sagte  längst,  vor  kurzem  und  jetzt  wieder. 
mau,  gau  noch,  schon,  Inno,  aia  mau  noch  nicht,  z.  B.  nei  na  ni 
nahuiana,  nei  nani  lano  nahuia  ewa  gau  [nei  nani  a  nahuia  mau  ewa 
orea  mau)  der  eine  ist  getödlet,  der  andere  ist  noch  nicht  getödtet, 
lebt  noch;  ahn  gau  (noch  nicht)  bald,  diini  heute,  hooa  morgen, 
hoowo  übermorgen. 

Adverbia  des  Orts   (zugleich  Präpositionen): 

huna  oben:  ni  heu  ura  huna  na  ni  rttma  der  Stern  steht  oben 
über  dem  Hause. 

auru  unten,  hinab:  laha  ni  arid  moi  bo  auru  gross  ist  das  Ge- 
schrei dort  unten. 

bao  aussen,  ausserhalb:  sai  ewa  bao  oma  der  Mann  bleibt  ausser- 
halb des  Dorfes. 

larona^  rarona  innen,  innerhalb:  irau  siri  rarona  ni  ruma  sie 
kommen  innerhalb  des  Hauses. 

didusia  zwischen,  dazwischen:  au  a  reia  ni  haka  na  bo  ro  wo 
inia  ni  hasiai  si  ewa  didusia  ich  sehe  das  Schür  nicht,  weil  der  Baum 
dazwischen  ist. 

Auch  wird  es  in  der  Bedeutung:  seit,  nach,  gebraucht:  didusia 
ni  mai  a  na  Abel  seit  (nach)  dem  Tode  Abels. 


Die  MELANESiscifEif  Sprachen:    Bauro.  103 

ubuta  unter,  inmitten:    God  laihi  araa  Enoka  lai  inia  ni  ubuia 
ni  mane  sai  lago  Gott  nahm  empor  Enoch    aus  der  Mitte  der 
vielen  Menschen. 
wo  dorthin. 
mai  hierher. 

§  195.    Andere  Präpositionen  sind: 

tana  zu:    hate  tana  ra  ni  inoni  sage  zu  den  Menschen,    watea 
tana  gieb  ihm. 

i  in :   mau  ari  i  haha  ihr  geht  ins  Schiff,    ahe  ni  wai  auru  i  ad 
das  Wasser  fliesst  hinab  in  das  Meer. 

suri  nach,  zu:  mou  gu  boboi  suriau  kommt  ihr  zu  mir. 
bani,  tei  (lai)  ini  von:  laha  ni  husu  bani  au  gross  ist  das  Laufen 
von  mir.  rahi  a  tot  ini  ra  ni  inoni  nimm  es  von  den  Menschen. 
be  ini  bei:  au  ewa  be  ini  a  ich  bleibe  bei  ihm. 
inia  mit,  durch   (instrum.),   für,  wegen:    laha  noo  nahuia  inia? 
im  ni  mada  mit   was   tolltest  du   ihn?    mit  einer  Keule,    au  tahari 
lorua  inia  ni  haruta  ich  bezahle  sie  für  das  Ruder. 

nei9  nai  in:    sai  nani  ewa   mai   nei  ruma  jener  Mensch   ist  in 

dem  Hause,    laga  ni  ha  aroa  nei  ruma  iagua   viel   Unordnung   ist   in 

meinem  Hause,    lago  ni  inoni  nei  e  viel  Mensch  sind  darin,    lago  ni 

bo  nei  Bauro?  lago  mai  nei  e  sind  viele  Schweine  in  Bauro?    Viele 

sind  darin. 

§  196.    Conjunctionen: 

ma,  tna  na  und;  zuweilen  folgt  ga  noch  auf  ma.  doi,  do  dass, 
damit,  ai  (oder  a)  ua  oder  nicht:  o  raba  dio  gad  ai  o  ua  willst  du 
vielleicht  hinabgehen  oder  nicht  du? 

4.  Syntaktische  Bemerkungen. 

§  197.  Das  Adjectivum  steht  nach  seinem  Substantiv:  ni 
inoni  tewa  der  grosse  Mann,  ni  inoni  larua  leiva  die  zwei  grossen 
Männer. 

Der  Comparativ  wird  durch  Zusammenstellung  der  Gegensätze 
oder  durch  toi,  von,  ausgedrückt:  nani  goro,  nasi  taa  dies  ist  gut, 
jenes  schlecht,  d.  h.  dies  ist  besser  als  jenes,  ni  looni  ana  kikiri  lai 
inia  das  Kleid  ist  kleiner  als  er,  oder  zu  klein  für  ihn. 

Der  Superlativ  wird  durch  matai  sehr,  oder  durch  rou  wieder, 
hako  ganz,    oder   wie   der   Comparativ   durch   Nebeneinandcrstcllung 


104  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

der  Gegensätze  mit  moi,  nur,  ausgedrückt:  lago  malai  ni  gare  ia  tun 
sehr  viele  sind  seine  Kinder,  goro  rou,  goro  hako  sehr  gut.  irau  pa- 
palu  moi,  lei  ia  moi  na  letva  sie  sind  nur  kurz,  er  ist  nur  lang,  d.  h. 
er  ist  der  längste  unter  ihnen. 

§  198.  Jedes  Nomen  kann  auch  als  Verbum  gebraucht 
werden. 

§  199.  Die  Tempora  werden  durch  nachgesetzte  Partikeln 
l>ezeichnet.  Solche  Partikeln  sind  na  für  die  Vergangenheit,  ni  fiir 
die  Gegenwart,  gei,  gai,  gui,  ari  (gehen)  für  die  Zukunft:  mai  na  er 
ist  todt.  aia  na  es  ist  nicht,  es  ist  vorbei,  verloren,  nahuiu  na 
tödtete  ihn.   au  omesii  na  a  ich  sah  sie.    trau  mai  na  sie  sind  todt. 

Na  kann  auch  zu  Anfang  des  Satzes,  in  Relativsätzen  vor  dem 
Verbum  stehen:  ne  ra  hei  gare  sai?  na  ra  ari  wo  sind  die  Knaben? 
Sie  sind  gegangen,  goro  ni  sai  na  ra  rono  suria  ni  hale  na  m  God 
gut  ist  der  Mensch,  der  auf  das  Wort  Gottes  hört. 

Es  wird  sehr  häutig  angewendet,  um  eine  gewisse  Vollendung 
auszudrücken,  oft  ohne  dass  man  es  übersetzen  kann.  Der  Bauro 
hält  es  in  Fällen  für  nöthig,  wo  uns  auch  ohnedem  der  Satz  deut- 
lich scheinen  würde. 

Bwani,  alt,  vormals,  wird  ebenfalls  zu  Bezeichnung  des  Prä- 
teritums gebraucht:  bwano  au  omesii  oder  au  bwano  omesi  ra  ich 
habe  sie  gesehen,  lago  ni  dani  gau  bwani  ewa  i  asi  viele  Tage  sind 
wir  auf  dem  Meere  gewesen,  au  rei  a  mau  oha  htvani  ich  habe  ihn 
schon  gesehen,  au  bwani  unua  oha  na  ni  ich  habe  vor  einiger  Zeit 
gesagt. 

Futurum:  gau  gai  (gei,  gui)  ari  ahoi  Bauro  nela  wann  werden 
wir  wieder  nach  Bauro  gehen?  sai  ni  haka  ra  gui  boi  nela  wann 
werden  die  Schiffsleute  kommen?  gau  ari  nahuia  wir  wollen  ihn 
tödten. 

§  200.  Ein  vorgesetztes  ha  oder  hat  giebt  dem  Verbum  cau- 
sative  Bedeutung:  hasun  lehren,  von  suri  folgen;  hainahu  tödten 
lassen  (?),  v.  nahu  tödten;  hairiu  rächen. 

Wenn  das  Object  des  Verbums  ausgedrückt  ist,  so  wird  dem 
Verbum  si  oder  hi  angehängt:  irau  rabasia  ni  hino,  laha  moi  *)  ni 
raba  sie  wünschen  die  Fischangel,  gross  ist  der  Wunsch,  oi  gonohia 


*)   moi,  eigen  11.  nur,   wird  oft  emphatisch  dem  Salz  eingefügt. 


Die  mblanesischen  Sprachen:    Bauro.  405 

m  »«,  goro  ni  gono  trink  du  das  Wasser,  gut  ist  der  Trank,  sai  oro 
wtieweie,  abugau  gei  orohia  ni  haka  der  Mann  schwimmt  kräftig,  er 
wird  sogleich  zu  dem  Schiff  schwimmen,  sai  laha  ni  eba,  abugau 
dn  m  ni  oma  der  Mann  gross  ist  der  Lauf  (der  Lauf  des  Mannes 
ist  gross)  er  läuft  sogleich  in  das  Dorf,  haihaamaiuisia  ni  inoni  lach 
den  Menschen  aus.  haihaamanasi  ra  ni  inoni  lach  die  Menschen  aus. 
Auch  wird  si  zuweilen  einem  Verbum  neutrum  angefügt:  murui 
nam,  murui  maisia  esst  ihr  beide,  ihr  beide  sterbt  davon. 

§  201.  Das  Reflexivum  wird  durch  das  Pronomen  possessivum 
ausgedrückt:  oi  abu  ni  hau  iiari  mu  tana  mache  dich  nicht  ungütig 
gegen  ihn.  au  abai  hau  uari  gu  lanao  ich  bin  nicht  unwillig  auf  dich. 

§  202.  Die  Bewegung  nach  einem  Orte  wird  oft  als  directes 
Object  des  die  Bewegung  ausdrückenden  Verbums  angesehen  und 
steht  daher  ohne  Präposition,  wie  oben:  orohia  ni  haka  er  schwimmt 
zu  dem  Schiffe,  ebasia  ni  oma  er  läuft  in  das  Dorf;  so  ari  oma  in 
das  Dorf  gehen,  ari  hasimo  in  den  Garten  gehen. 

§  203.  Im  Objectivsatz  wird  das  abhängige  Verbum  als  Sub- 
stantiv behandelt  und  mit  dem  Artikel  versehen:  au  omesi  o  ni  na- 
hm ia  mua  doora  mu  ich  sah  dich  deinen  Bruder  tödten. 

§  204.  Causalsätze  werden  durch  twm,  wegen,  mit  dem 
Hauptsatz  verbunden,  wobei  das  Verbum  des  Nebensatzes  ebenfalls 
als  Substantiv  behandelt  wird:  au  walea  ni  hau  tana  o  inia  ni  lanasia 
amua  tana  u  ich  vergebe  dir  deine  Handlungen  weil  du  sie  mir 
bekennst. 

§  205.  Conditionalsätze  gehen  ohne  Verbindung  ihrem  Haupt- 
satz voran:  o  ronoa  suri  ni  liaate,  o  gai  taihi  inia  wenn  du  der  Rede 
gehorchst,  so  wirst  du  deshalb  leben.  In  folgendem  Conditionalsatz 
steht  gasi,  etwa,  am  Anfang  des  Vordersatzes,  wie  des  Hauptsatzes: 
gast  rau  haua  ni  maho  au  unua  tana  rau  do  re  haua,  gasi  goro  nasi 
wenn  sie  thun  die  Sache,  welche  ich  ihnen  sage  dass  sie  sie  thun, 
so  ist  es  gut. 

206.  Die  Absicht  wird  durch  dof,  rfo,  dass,  damit,  ausge- 
drückt: taha  no  haatohunai  nia  ?  doi  ari  aoao?  weshalb  bittest  du  um 
Urlaub?  Um  fischen  zu  gehen?  ia  unua  tana  larua  do  rarui  mal  er 
sagt  zu  ihnen,  dass  sie  kommen  (sollen). 


106  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

§  207. 

III.  Sprachproben. 

Ioi    mataia  ni    araia  ni    ora? 
Thou  know  the  make    a  canoe? 

Inau  aia;   tei    ira    moi    sai  Haumtnu    ra  mataia. 
/    not    one  they  only  men  they  know. 

Taha  mou     haara  ni     baba     ni       hasiai      do      re    toto 

What    ye  make  hold  together  the  planks  (of)  the   tree  thal   they  join 

goni? 
together  ? 

Ta  ineu  buru   (baru?)  goni   a  ni  baba  ni  hasiai;    abu  gau    ari    raa- 
We       glue  together  it  presenlly  it  will  he 

maha  na,  ma  gu  baobao  na. 
dried  and    hardened. 

Baru,  hasiai  laha  onaia  ni  bario,                hua   moi    ni       hasiai  ari 

tree    great    like  the  breadfruit-lree,  fruit  only  (of)  the  tree  shall 

haua,  henu  na     gasi      a,  laro     na  a    tai  ia,   ari                 haua 

lake,    hmk    it  throw  away  it,    inmde    it   crush    tf,    in  order  to  make 
ni  meinem*. 
the     glue. 

Mou  aia  rabasi  a    ni     haage,      cloi     a       gasi      ageu   ni     ora? 
Ye    not     like    it  the  oulrigger,  that  not  perhaps  upsel  the  canoe? 

Abai,  goro   ni     ora,    tao  odoodo  moi. 
No    good  the  canoe,  sit    slraighl  only. 

Tae  siha? 

Sit  how-many?  (How  many  can  gel  iiüo  a  canoe? ) 

»Mururia«  tae  hai,  »lagu«  tae  ono,  »sulima«  lago    ni  inoni  nei  e. 

four,  xix,  many  the   men    in   iL 

Goro   ni  mururia,    lago    ni     hai     buri. 

Good  the  many  the  make  shell   (highly    ornamented    with    the 

buri,    a  white  shell). 

Mou  haua  ni  ruina  inia  ni  taha? 
Ye    make   a   house    with    what? 


Die  MEUtvBSitiCHiiN  Sprachen:    Bauro.  107 

Jameu  daria   ni  oeoe,   ma  gu  dausia  ioia  ni  ruma  ni  uwe,    ma  gu 

We   {eich  the  and 

toraia  ni      ao,     a  gasi  bubu  ni    ruma,    ma    gu    bani 

make  the  thatch,      lest  (rain)  trickle  (into)  the  house 
horoa  larona  ni    ruma;  hako   na,   ge  haria     ni   bwana     naii      bea, 
inside  ihe   house;     all  done,        spread  Ihe     mal»  sleeping  mal, 
ma  gu  mauru  inia. 
und       sleep  in  it. 

Mou  haheua  ni  hasia  ni  uhi? 
Ye     how  plant       yam? 

Meu    uhuia     moi   ni     ano,       ahia     ni    magiro,   ma   ra  gu  hasia    ni 

We  di(j  hole*         the  earth,   scrape   out    soil,      and     they    plant  the 

hua  hua  ra  gu  ahu    nia;    abu   gau  ari    roboa 

piece   of  yam  with   eye  in   ?7,      they  cover  up;  by  and  bye  comes  up 

ni  uhi,     baea  ma  ra  gu  ha  aguhia;       hako    ni    baea, 

the  vine  grows  long  they  aü  done  growing, 

hahako  do  a  gasi  mausu  hunia;  robona,     burei  maoa, 

trmn  on  canes  lest        fall     dmvn;     wilher,  now  for  ihe  first  Urne 

eria,      vvaua     naii    ruma. 
npe,  take  up,  carry  lo  the  house. 

Hana      mana  patano  haua  onaia  ni     uhi,    bwa   bure  inia  moi. 
tiwia*)  sweet  poiatoe     do       as     the  yam,   Taro       plant     only. 

Vi  ha      rou     lagu    haa. 
Thou  give  again  mine  slring  of  shells. 

laha    ni     nunu,  ari  ma  hita    ni       ano. 

freut  the  earlhquake,  will   be  cleft  the  ground. 

tei    nei  na  mi   nahu    ia    nei    Bauro. 
ne  this         we  killed  him  al  Bauro. 

aiina  mu  au  omesia   liaatau,    au  ari  hi  a  ma  gu    vvaia      mai  tanao. 
tpiril  thy  I    see  it  far  away,  1  go  after  it  and    feich  it  hilher  lo  thee. 

mou  asuanai  inia  moi    ni    hate,  bahu  rono  moi,   aia  mataia  ni  unua 
ye      hear  only  the  word,  deaf  hear  only,    not    know  the  sag  it 

ni  ata  na. 
the  name  its. 

*)  Hana  ist  ein  der  KmioUel  ähnliches  Gewächs. 


1 08  H.  C.  von  der  Gabelbntz,  ' 

Inoni  hane  niu,  rima  manauvi  agoia        ni    abe  na  ni  nio, 

Man  climbs  cocoanut-tree,  arm       left        claps  it  the  stein  its 
rima    odo       busihusi  niu,     husia        ni    bua  na  ni  niu,  ma  sarisaria 
hand  right  plucks  cocoanuts,  plucks  it  the  fruit  its  and  throwsü 

auru  tana  ni  inoni    ure     i      ano. 
down    to   the   inen  stand  on  ground. 

Lani    laha,  rubia        ni    asi    ni     oma. 
Ilain  great,  floods  it  the  sca  the  village. 

na  cliini     hahooa     aia  raarewa  laha,     ani     ni    wage, 
to    day  early  morn  not     light    great,  sings  the  »wagen    small  bird  so 

waaria  ni  dani. 
namcd),  breaks  the  day. 

Lei    sai      nagu     taihi. 
one  man  remaim  alive. 

laha  no  boi  nia?  hamano  moi. 

why  thou  come?      without  any  particular  rcason. 

kakara  auru   ma  gu  taruhia  araa. 
dip     down  and  draw      up. 

oi    na  11  bani   au    ni      aboro      uhi. 
thou  eat  from  me  the  fragment  yam. 

sai    ni    toro     babasi  au;         inau  hadorahia  sai    toro     lago 

man  the  bush  throws  at  me;    1  avoid  by  dodging  it,   men   bush  many 

ni  anadroa  ni  inoni,  toi  au,   au     ranuia       ma  hugu,   ganu  ni 

the  hurl  at  the  men,  hit  me,    1   pull  out  it  and  run,    went  deep  the 

omo,    lago     ni    hana,       hanasia     ni  inoni. 
airow,  many  the  shoot,  shool  them  the  men. 

Inoni  dariha  ni  ana. 
Man     lies     the  bag  [bündle  of  arrows). 

lago    ni     omo   cwa  c    ni     ana,   omesia   ni  sai,   hana  hako,   mana 
many  the  arrows  are  in  the  quivcr,   sees 
hanasia  ni  inoni. 

Mai  na  ni     sai  mwai  raha,  a  gu      ore      ni  gare  iana. 
Dead       the  man       great         and  succeeds  the  son     his. 

Au  ari  hai  bai  be  iarau,   lei  gare  moi  au  enesia. 
/  shaü  refuse         them,  one  boy    only   I    choose. 


t 


Die  mslanbsiscbkn  Sprachkn:    Ulaua.  109 

Mou  ga  boboi  suri  au.        Ta  go  rai       mai     ni       ira. 
Ye  come         to   me.    Give  me  them  hither  the  hatchets. 

Wai  ari  bubu   tai  inia   ni    bisi  na. 

Wiier  goes  an  Irickling  from     the  eave  (or  gutter). 

ia  dio  mai      i    ano       bure  haua         onai  gau  ni  inoni, 

he  descends  hither  to  earth  for  first  Urne  make  him  as      we 
tai  nei  moi  ni  dora  hai  ete    be     inia,    ni  aia   taa  iana.      Sai     ra 
m  Ihis  only     thing     differeiü  with  him,  the  not  evtl    his.      Men  they 
gei  hinihinia  ni    hate  iana,  raa   gu  haua  suria,   abai  mai  hako   irau, 
believe    the  word    his    and         do  after  it,    not    die  utlerly  they, 
raa  ari  stiria  ni  aro,    rau  gu  tahi     be   inia.      Ia  unua  tana  ra    ni 
fkey  go      to     heaven,    they         live  with  him.     He   said     to  them  the 
sai  ia  naii,  mou  ari  ari  naii  e  ni  mvvani  marau  lago,  ma  gu  ha  suri 
men  his,      you    go  inlo  all       lands,  and     teach 

ra     ni  inoni  ni    hate  iagui  do     re    tahi  inia. 
them  the  men  the  words    my  that  they  live. 


X. 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  ULAUA. 

§  208.  Ulaua,  auch  Contrarietes- Insel  genannt,  ist  eine  der 
kleineren  Salomonsinseln ,  nördlich  von  Bauro  und  südöstlich  von 
Hara  oder  Malanta  gelegen.  Zwei  Druckblatter  grammatische  Notizen 
geben  mir  den  Stoff  zu  folgenden  Bemerkungen  über  die  Sprache 
dieser  Insel,  und  zwar  zunächst  eine  kleine  Sammlung  von  Substan- 
zen, Adjectiven  und  Verben: 

1.  Substantiva. 

sato  Sonne  saulaihi  Abend 

paparako  Wolke  hanua  Land,  Erde 

tu#d  Feuer  ano  Grund,  Boden 

tina  Tag  malai  Land 

roio  Nacht,  Finsterniss  hau  Stein 


f  10 


H.   C.  VON  DER  GaIBLERTZ, 


tala  Weg 
kilu  Grab 
am  Meer 
mane  Mensch 
hale  Mann 
keni  Weib 
eli  Kind 
eli  knie  Knabe 
eli  keni  Mädchen 
bau  Kopf 
nima  Hand 
kiikii  Finger 
sape  Leib,  Körper 
60,  po  Schwein 
ai,  e  Baum,  Holz 


liaora  klein 
Awia  viel 
matoro  heiss 
odoodo  gerade 
paina  gross 


fao  Blatt 

tiAt  Yam 

niu  Cocosnuss 

pua  Betel nuss 

nima  Haus 

umu  Loch  zum  Kochen 

haha  Schiff 

to/a  Canoe 

nati  Axt,  Beil 

t/t//«  Speer,  Lanze 

o/a  Ding,  Sache 

sidu  Antheil,  Portion 

looni  Kleid 

wakiwaki  Schmuck. 


2.  Adjectlva. 


sai-wosu  unwillig 
tatala  bös,  schlecht 
/tewa  gut,  recht 
waraua  gesund,  wohl. 


S.  Verba. 


ala  schneiden 

aluhi  bedecken 

08a  fehlen 

asi  legen 

aie  sehen 

alrumi  machen,  bauen 

bell  stehlen 

ere  sagen 

hanahana  essen 

ha  muH  lehren 

hole  halten 

hito  schmerzen 

hori  tödten 


horohoro  kämpfen 

iiluhi  trinken 

kaka  zerreissen 

kolokolo  nicht  wissen 

koni  sammeln 

lai  gehn,  kommen 

liolio  nachsehen 

lono  hören 

/o,  /o*i  sehen 

mahn  schlafen 

inai  sterl>en 

masito  lieben,  gern  hal 

mauri  leben 


Die  meunksischen  Speacbbpi:    LIlaiia.  411 

naku  dasein,  bleiben  sula  roßten 

niia  geben  suli  folgen 

ww  essen  la  geben 

wra  weinen  laihi  leben 

ora  flammen,  brennen  lapi  hauen,  schlagen  . 

fi  kochen  tapo  ziehen,  reissen 

jripi  kochen,  füttern  tau  machen 

poni  zählen  lo  schlagen 

rere  wetzen,  schleifen  lole  bringen 

sahali  kaufen  uhi  blasen 

sai  wissen,  verstehen  wala,  walawala  sprechen. 

§  209.    Die  nächste  Verwandtschaft  findet  mit  dem  Bauro  statt, 

wobei  zu  bemerken,    dass  für   Bauro  r  hier  gewöhnlich   /   eintritt. 

Die  Uebereinstimmung  beider   Sprachen   ergiebt  sich   aus   folgenden 

Beispielen :, paparako  Wolke,  Bauro:  paparako;  lim  Tag,  Bauro:  dam; 

ano  Grund,   Boden,  B. :   ano;    malai  Land,    B. :    mar  au;    hau  Stein, 

ß.:  hau;  lala  Weg,  B. :  lata;  kilu  Grab,  B.:  giru;  am  Meer,  B. :  asi; 

hole  Mann,    B.:  gare;     bau  Kopf,   B. :  bau;    nima   Hand,    B.:   rima; 

bo  Schwein,  B. :    bo;  lao  Blatt,  B. :  rawa  u.s.w. 

Der  Uebergang  des  /  in  r  findet  sich  aber  auch  im  Ulaua  selbst, 
so  lua  und  rua  zwei,  holt  und  hon  tödten. 

210.  In  Beziehung  auf  die  Wortbildung  ist  auch  hier,  wie 
in  den  verwandten  Sprachen,  die  Doppelung  hervorzuheben^-  wie  in 
kiikii  Finger,  wakiwaki  Schmuck,  odoodo  gerade,  hanahana  essen, 
horohoro  kämpfen  u.  s.  w. 

Präfixe  sind  Aa,  hau  mit  causativer  Bedeutung:  hamaurisi 
lebendig  machen,  v.  mauri  leben;  hawsuli  lehren,  eigentl.  folgen 
machen,  v.  suli  folgen;  wohl  auch  harusi  (nicht  hirusi)  entzwei 
machen,  v.  rua  zwei. 

Suffixe  sind  si  und  &a.  St  giebt  dem  Yerbum  transitive  Be- 
deutung, ist  daher,  wie  vorstehende  Beispiele  zeigen,  öfters  mit  dem 
Präfix  ha  verbunden,  ferner  in  kakasi  zerreissen  (transit.)  v.  kaka 
zerreissen  (neutr.),  wrasi  weinen  über,  helesi  halten,  losi  sehen. 
Na  bildet  Nomina  aus  Verben:  beliw  Diebstahl,  v.  beli  stehlen; 
pina  Gekochtes,  Speise,  v.  pi  kochen;  hamulina  Lehre,  v.  hausuli 
lehren;  wala-ana  Rede,  Sprache,  v.  wala  sprechen;  naku  latalana 
schlechtes  Leben,  v.  naku  dasein,  leben,  und  lalala  schlecht. 


112 


H.  C.  VON  DER  GABELBNrt, 


§  211.  Das  Substantivum  hat  weder  Artikel  noch  Casus- 
fonnen  Der  Plural  wird  durch  ein  vorgesetztes  mwai  mit  oder  ohne 
nachgesetztes  huna,  e  huna,  viele,  ausgedrückt:  mwai  nima  oder 
mwai  nima  e  huna  Häuser,  mwai  mane  Ulaua  kiri  sai  atrunU  iola 
die  Münner  von  Ulaua  verstehen  Canoes  zu  bauen.  Zuweilen  steht 
noch  tat,  laia  vor  mwai,  z.B.  taia  mwai  nima  kiri  a  tei  ho  wessen 
sind  diese  Hauser?  Statt  mwai  sagt  man  in  manchen  Fallen  auch  ma: 
kiri  sula  ma  uhi  sie  rösten  Yams. 

§  212.    Die  Zahlwörter  sind: 

1  ela,  toi 

2  lua 


3  olu 

4  hat 

5  lima 


6  ono 

7  hin 

8  walu 

9  siwa 

10  tanahulu,  awala. 


11   tanahulu  mana  eta 
100  tanahulu  e  ahu  —  tanalau 
1000  mola  ni  tanalau 
2000  lua  mola  ni  ola  e  ahu 
10,000  tanahulu  ni  mola  ni  ola  e  ahu. 
Iterativa  werden  durch  hau,  mal,  ausgedruckt:  lima  hau  fünfmal. 
§  213.    Die   persönlichen   Pronomina    haben    eine   doppelte 
Form,  eine  vollere,  selbständige,  und  eine  kürzere:  Verbalpronomen. 
Sie  sind: 


vollere  Form. 

kürzere  Form. 

Singular. 

i.p. 

inau  ich 

na,  au,  nau 

2.  P. 

ioi  du 

\ 

0,    Ol 

3.  P. 

ineia  er, 

sie, 

es 

Dual. 

• 

e 

» 

incl. 
excl. 

ikaraii   1 
iamerei ) 

wir 

zwei 

kara 
mere 

2.  P. 

ia  moroi 

ihr 

zwei 

moro 

3.  P. 

iki  rarai 

sie 

zwei 

Plural. 

koro 

1.P. 

)> 

incl. 
excl. 

ikailu     | 
ia  meeluj 

wir 

kailu,  kalu,  kia 

$ 

meelu,  iami 

2.  P. 

ia  moulu  ihr 

moulu 

3.  P. 

iki  railu 

sie 

railu,  taüu,  kiri,  kirailu,  khrm* 

I 

Die  melanesischen  Sprachen:    Ulaia.  113 

Die  Formen  des  Plural  sind  mit  olu,  drei,  zusammengesetzt  und 
haben  also  wohl  ursprunglich  den  Trialis  ausgedrückt,  werden  aber 
jetzt  für  die  Mehrzahl  im  Allgemeinen  gebraucht. 

Im  Object  hat  die  3.  Pers.  Sing,  ö,  Dual  rarui,  Plur.  ra,  was 
meist  dem  Verbum  suffigirt  wird:  losia  es  sehen,  tolea  es  bringen, 
hausulira  sie  belehren.  Ob  in:  kiri  nai  lonoi  suli  kailu,  sie  hören 
auf  uns,  das  i  an  lono  Suffix  der  1.  Pers.  Plur.  ist,  wage  ich  nicht 
zu  bestimmen. 

§  214.  Die  Possessi va  werden  bei  Theilen  des  menschlichen 
Körpers,  bei  nima  Haus  und  wahrscheinlich  auch  bei  Wörtern,  die 
einen  Verwandtschaftsgrad  bedeuten,  durch  Suffixe  ausgedrückt:  ku 
mein,  mu  dein,  na  sein,  z.  B.  bauku  mein  Kopf,  ro  nimaku  meine 
beiden  Hunde,  ro  nimamu  deine  beiden  Hiinde,  ro  nimana  seine  bei- 
den Hände,  mwai  kiikiiku  meine  Finger,  mwai  kiikiimu  deine  Finger, 
mwai  kiikiinu  seine  Finger,  sapena  sein  Leib. 

Hinter  anderen  Substantiven  stehen  die  persönlichen  Pronomina 
als  Possessiva :  looni  ioi  dein  Kleid,  mulai  ioi  dein  Land. 

Das  unverbundene  Possessivuni  wird  durch  na  mit  einer  beson- 
deren  Possessivform  gebildet: 

na  kua  der  meinige,  für  mich  na  kui  für  uns 

na  mua  der  deinige,  für  dich  na  mui  für  euch 

na  na  der  seinige,  für  ihn  m  nai%  na  tailu  für  sie. 

§  215.  Demonstrativa  sind  Ao,  ni  ho  dieser,  wao  jener,  zu- 
weilen mit  den  Demonstrativpartikeln  ni,  ne  oder  paro  verbunden: 
nimana  Liliu  ne  ho  dies  hier  ist  das  Haus  des  Liliu,  nimana  Liliu 
paro  ho  das  ist  das  Haus  des  Liliu,  nimana  Liliu  wao  ni  (oder  ni 
wao  jenes  dort  ist  das  Haus  des  L.,  lai  talea  nima  ni  ho  komm 
nach  diesem  Hause. 

Auch  die  Localadverbien  na  und  ni  werden  als  Demonstrativa 
gebraucht:  uri  ni  wie  dieses,  uri  na  wie  jenes,  und  scheinen  zu- 
weilen blosser  Artikel  zu  sein:  uhia  ni  tuna  blas  das  Feuer  an. 
oi  iiluhia  sulu  ni  pina  ioi  du  trinkst  deinen  Anthcil  an  dem  Ge- 
kochten, kiri  holia  ni  bo  sie  schlachten  das  Schwein. 

§  216.  Interrogativa  sind:  a  tri  wer?  na  taha  was?  wito, 
e  niia  wieviele?  z.  B.  a  tri  kakana  tooni  ioi  wer  hat  dein  Kleid  zer- 
rissen? na  taha  wao  na  nau  si  kolokoloa  ani  was  ist,  weshalb  ich 
das  nicht  weiss?  nita  kau  tim  kalu  a  si  losia  Ulaua  in  wieviel  Tagen 

Abbaodl.  d.  K.  S.  Ge«dl*ch.  d.  Wissen  seh.    XVII.  K 


III  H.  C.  YOX  DE!  (jAIELESTZ. 

werden  wir  llaua  sehen?     Auch  im  Genitiv:   nitna  a  (ei  ho  wessen 
ist  das  Haus?  looni  na  na  (ei  ho  wessen    für  wen    ist  dies  Kleid? 

§  217.  Das  Verb  um  hat  in  der  Regel  ausser  der  Negation 
keine  Partikel  zwischen  sich  und  dem  Pronomen:  kiri  paike  wala 
sie  sprechen  nicht,  kiri  taihi  i  sah  sie  leben  oben,  nau  pale  sota 
alrumia  iola  ich  verstehe  nicht  ein  Canoe  zu  bauen,  ineia  pale  lonoa 
sali  au  er  hört  nicht  auf  mich. 

Steht  das  Yerbuni  ohne  Pronomen,  so  ist  es  als  Imperativ  oder 
Infinitiv  zu  verstehen:  ta  tooni  na  tailu  gieb  Kleider  für  sie.  kiri  sai 
atrumi  iola  sie  \  erstehen  Canoes  zu  bauen. 

Zuweilen  steht  eine  der  Partikeln  si  oder  nai  zwischen  Pro- 
nomen und  Verbum.  ohne  dass  eine  bestimmte  Geltung  derselben  zu 
erkennen  ist:  kiri  si  koni  e,  kiri  si  pi  sie  sammeln  Holz,  sie  kochen. 
ikailu  si  losia  hanua  wir  sehen  Land,  e  ono  iola  si  lai  wao  sechs 
Canoes  gehen  fahren  dort,  ikailu  kailua  nai  mauri  ana  wir  leben 
deswegen,  mere  nai  ere  uri  na  wir  zwei  sagen  so.  lai  kara.  kara 
nai  lai  tale  Vlaua  nur  wir  zwei  gehen  nach  Llaua. 

§  218.  Die  Tempora  werden  zuweilen  durch  beigefügte  Worte, 
welche  eine  Zeit  bedeuten,  bezeichnet.  z.B.  siri  ini  kalua  naku  kau 
urini  heute  bleiben  wir  nun  hier,  kiri  sula  kau  tnwai  uhi  a  kailu  sie 
rösten  nun  Yams  für  uns.  nanola  ikailu  lai  losia  haka  gestern  gingen 
wir  das  Schiff  zu  sehen,  ho  i  kau  ikailu  kalua  lai  losia  haka  bald 
werden  wir  gehen  das  Schiff  zu  sehen. 

Gewöhnlich  bleibt  jedoch  das  Tempus  ohne  Bezeichnung:  a  paike 
atea  ich  sehe  es  nicht  oder  ich  sah  es  nicht,  kiri  si  koni  mwai  hau 
ne  ne  kiri  asi  tnatoro  sie  sammeln  sammelten  Steine  und  legen 
legten  sie  heiss.  kiri  ta  mai  lao*  kiri  alulü  ani  sie  gaben  Blätter 
her  und  bedeckten  es  damit,  kiri  tolea  ana  na  matte  sie  bringen  es 
zu  dem  Mann. 

§  219.    Adverbien  sind: 

1  des  Orts:  ni.  na  da.  hier,  wao  dort,  mai  her,  sah*  i  leye 
oben,  «wo,  su  unten,  nao  vorn,  voran,  pari  hintennach,  siho  herab, 
koni  zusammen. 

2  der  Zeit:  kau  nun,  da  oft  ohne  bestimmte  Bedeutung  ge- 
braucht, siriini  jetzt,  heute,  nanola  gestern,  ha  hule  morgen,  waUta 
vormals,  no  i  kau  bald,  sogleich,  lou  wieder. 


Die  mklanksischen  Sprachen:    Ulaua.  115 

3)  der  Art  und  Weise,  Menge,  Beschränkung  u. s.w.  tan 
sehr,  ganz,  oto,  oto,  inano  ganz,  urini,  urina,  uri  hana,  so,  gleicher 
Weise,  beli  heimlich,  maraana  von  selbst,  toi,  mola  nur,  mala,  uri  wie. 

4)  der  Bejahung  und  Verneinung:  tiena  gut,  wohl,  ja,  pale 
nicht,  paike  nicht,  nein,  am,  ai  ai  nicht  (sein),  ai  ä,  si  thu  nicht 
(Prohibitiv). 

5)  der  Frage:  ihei  wo?   iliei  mai  woher?  lai  w  taha  warum? 
§  220.    Präpositionen  sind: 

t  in:  sapeiia  naku  oto  mola  i  ano,  i  kilu  sein  Leib  ruht  ganz 
nur  im  Boden,  im  Grabe,  kiri  mai  mano  oto  i  kilu  sie  sind  ganz  todt 
im  Grabe.  Es  steht  auch  vor  anderen  Präpositionen  und  Ortsadver- 
bien: kiri  pipi  i  am  sie  kochen  damit  (daran),  kiri  taihi  lou  i  sah 
sie  leben  wieder  oben.  So  ist  vielleicht  auch  der  oben  (§  213)  er- 
wähnte Satz:   kiri  nai  lonoi  mix  kailu  zu  erklären. 

na  für,  s.  §  214. 

ana,  in,  zu:  niu  e  huna  ana  Ulaua  CocosnUsse  sind  viele  in 
Uiaua.  naku  kau  ana  malai  im  mun  o  haumlira  kau  mwai  mane  ioi 
bleib  nun  in  deinem  Lande,  damit  du  deine  Leute  lehrst,  hamuli  au 
wala-ana  ana  Ulaua  lehre  mir  die  Sprache  in  (von)  Ulaua.  kiri  tolea 
ana  na  eli  kale,  eli  keni  sie  bringen  zu  ihm  Knaben  und  Mädchen. 

ani  mit,  durch  (Instr.),  wegen,  von  (Stoff):  mala  ne  Liliu  pipia 
kailu  ani  bo  wie  Liliu  uns  mit  Schweinefleisch  füttert,  kiri  horohoro 
ani  Hula  sie  kämpfen  mit  Speeren,  lai  lapia  e  ani  nali  geh  Holz  mit 
der  Axt  zu  schlagen,  kiri  tau  nima  ioi  ani  e  sie  machen  dein  Haus 
von  Holz. 

lo   (eigen tl.  sehen)   zu:    lai  mai  lou  komm  her  zu  mir. 

sia,  sie  zu:  lai  mai  sin  tarui  komm  her  zu  den  beiden,  lai 
mai  sie  kailu  (sia  meelu)   komm  her  zu  uns. 

fl»no,  amai  bei:  amaiau  bei  mir,  amaio  bei  dir,  amaia  bei  ihm, 
cma  kailu  (meelu)  bei  uns,  ama  moulu  bei  euch,  ama  tailu  (kirailu) 
bei  ihnen. 

tale  zu,  nach,  gegen:  ineia  sai-wosu  tale  railu  er  war  unwillig 
auf  sie.  tot  kailu  olu  mane  kailu  anai  lai  tale  Kohimarama  wir  drei 
Männer  gehen  nach  Kohimarama.  lai  kara,  kara  nai  lai  tale  Ulaua 
wir  zwei  gehen  nach  Ulaua.  lai  talea  nima  ni  ho  geh  zu  diesem  Hause. 

pani,  mani  von,  aus:  ineia  hamaurisi  kailu  pania  kilu  er  macht 
leben  (erweckt  uns)   aus  dem  Grabe. 


116  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

suli  (eigentl.  folgen)  nach:  mere  lai  sulio  wir  zwei  gehen  dir 
nach,  kiri  hori  beli  rarui  sulia  tala  sie  tödteten  die  beiden  heimlich 
auf  dem  Wege  (ihnen  folgend),  kiri  pale  ronoa  mlia  sie  hören  nicht 
auf  ihn. 

parat  zwischen:  paparakn  naku  paraia  eine  Wolke  ist  dazwischen. 

nun,  muni  zu  (Richtung,  Zweck):  walatvala  muni  au  sprich 
zu  mir. 

§  221 .  Conjunctionen  sind:  manu,  ne  und,  ana  weil,  mtw, 
muni  dass,  damit. 

§  222.    In  syntaktischer   Beziehung   ist   zunächst   hervorzu- 
heben,  dass   das  Ulaua    wie   alle   verwandten   Sprachen  der  Copula 
ermangelt,  dass  daher  Subject  und  Pr&dicat  unvermittelt  —  ersteres 
voran,   letzteres   nach  —    nebeneinander   gestellt   werden.     Da  auch 
das  Attribut  nach  seinem  Hauptwort  steht,  so  kann  haka  paina  eben- 
sowohl grosses  Schiff,  als  das  Schiff  ist  gross  bedeuten.     Gewöhnlich 
tritt  jedoch  das  dem  Subject  entsprechende  Verbalpronomen  zwischen 
Subject  und  Prädicat:    mwai  haka  e  huna  kiri  haora,   lai  ineia  nuda 
e  paina  viele  Schiffe  (sie)   sind  klein,  nur  dieses  (es)   ist  gross.   nanoU* 
bauku  e  hito  gestern  mein  Kopf  (er)   schmerzte  mich,    tat  po  e  nahm* 
i  Ulaua,  cow  e  ana  na  nur  Schweine  sind  in  Ulaua,  Kühe  sind  nietet 
da.  taihi  e  tiena*  mai  talala  das  Leben  ist  gut,  der  Tod  bös. 

§  223.  Ebenso  steht  das  persönliche  Pronomen  («,  ra)  ä» 
Object,  und  zwar  als  Suffix  am  Verbum,  auch  wenn  das  Obj«^l 
noch  durch  ein  Substantiv  näher  bezeichnet  ist:  rerea  liau  mm  * 
ala  wetze  den  Stein,  damit  er  schneidet,  ikailu  paike  losia  sato  mtmt 
sehen  die  Sonne  nicht,  uhia  ni  tuna  blas  das  Feuer  an.  sahalia  iot^ 
na  kailu  kaufe  ein  Canoe  für  uns.  kiri  holia  ni  bo  sie  schlachten  d»* 
Schwein,  naku  kau  ana  mal  in  ioi,  man  o  hamulira  kau  mwai  mav** 
ioi  bleib  nur  in  deinem  Lande,  damit  du  deine  Leute  unterrichtest- 

§  224.  Die  Negation  steht  vor,  andere  Adverbien  nach  de**1 
Verbum:  nau  pale  mia  ich  weiss  es  nicht.  Pepe  paike  hanaluina  is^* 
Papa  nicht?  kiri  paike  wala  sie  sprechen  nicht  —  dagegen  kiri  l<n&* 
lau  i  sale  sie  leben  oben  wieder,  sato  lai  su  i  asi  die  Sonne  gel*1 
unter  im  Meere,  ioi  lai  nao*  mere  lai  pari  du  gehst  voran,  wir  gehe*1 
nach,  na  masilo  lau  ich  liebe  sehr. 

In  solchen  Füllen  wird  auch  das  Pronominalsuflix  dem  Adfef-* 
biiini  angehängt:  kiri  poua  marioa  sie  zahlen  es  gänzlich  auf.    Aue*1 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mara  Ma-Siki.  117 

ist,  wenn  zwei  Verba  in  Einem  Satz  neben  einander  stehen,  das 
letzte  adverbial  aufzufassen :  asi  konia  lege  es  zusammen  (v.  koni  sam- 
meln), kiri  hori  beli  rarui  sie  tüdteten  heimlich  die  zwei  (v.  beli 
stehlend  kiri  pale  lonoa  sulia  sie  hören  nicht  auf  ihn  (v.  sali  folgen). 
§  225.  In  anderen  Füllen  ist  das  zweite  Verbum  als  Object  des 
ersten  zu  verstehen  und  es  liegt  ein  Objoctivsatz  vor:  mwai  mane 
Ulaua  kiri  sai  atrumi  iola  die  Leute  von  Ulaua  verstehen  Canoes  zu 
bauen,  nau  pate  saia  atrumia  iola  ich  verstehe  nicht  ein  Canoe  zu 
bauen,    au  masito  lai  Ulaua  ich  liebe  es  nach  Ulaua  zu  gehen. 

§  226.    Comparativsätze    werden    durch    Gegenüberstellung 

der  Gegensätze  ausgedruckt :    haka  paina  ho ,    haka  haora  ho   dieses 

Schiff  ist  gross,  dieses  Schiff  ist  klein,  mwai  haka  e  huna  kiri  haora, 

lai  ineia  mola  e  paina  viele  Schiffe  sind  klein ,  nur  dieses  ist  gross. 

§  227.    Die  Absicht   oder   Wirkung   wird    durch    www,    tnuni 

dass,  damit,  zuweilen  auch  durch  den  blossen  Infinitiv  ausgedrückt: 

ukia  ni   luna,   tnuni  e   ora  blas  das  Feuer  an,   dass  es  flammt,     ioi 

tolea  meelu  mun  o   hausulia  meelu  du   bringst   es   uns,  damit  du  es 

ans  lehrst,    nanola  ikailu  lai  losia  haka  gestern  gingen  wir,  um  das 

Schiff  zu  sehen. 

§  228.  Die  Sätze,  welche  die  Ursache  des  Hauptsatzes  an- 
geben, werden  demselben  mit  awa,  weil,  nachgesetzt:  i  roto  oi  pale 
mahn  ana  o  liolio  sulia  Liliu  die  Nacht  schläfst  du  nicht,  weil  du 
auf  Liliu  Acht  giebst.  ikailu  paike  losia  salo  ana  paparako  naku  pa- 
raia  wir  sehen  die  Sonne  nicht,   weil  eine  Wolke  dazwischen  steht. 


XI. 


DIE  SPRACHE  VON  MARA  MA-SIKI. 

§  229.  Mara  Ma-Siki  ist  eine  Gegend  im  südöstlichen  Theil  der 
Insel  Malanta  oder  Mara.  Für  die  Sprache  derselben  geben  drei 
Druckblätter,  grammatische  Notizen  und  einige  Sprachproben  ent- 
haltend, das  mir  zu  Gebote  stehende  Material  ab,  aus  dem  ich  nach- 
stehend den  Wortvorrath  an  Substantiven.,  Adjectiven  und  Verben 
zusammenstelle . 


118 


H.  C.  von  her  Gabelentz, 


1.  Substantiya. 


saro  Himmel 

soso  Sonne 

warowaro  Mond 

nemu  Regen 

suna  Feuer 

horoa  Tag 

poni  Nacht 

hanua  Land 

hua  Grund,  Boden 

mausu  Garten,  Feld 

tara  Weg 

marau  Insel 

wai  Wasser 

ari  Meer 

laulaunire  Echo 

mane  Mensch,  Mann 

keni  Weib 

ama  Vater 

asi  Bruder 

wari  Vorfahr 

sape  Körper 

hiona  Geist 

pau  Kopf,  Schädel 

kaikui  Hand,  Arm 

opa  Herz 

sasa  Name 


po  Schwein 

kui  Hund 

&ua  Huhn 

apota  Ei 

ia  Fisch 

paiowa  Haifisch 

koe  Frosch  oder  Kröte 

iküki  Frosch 

ata  rumu  Kröte 

huam  Krokodil 

maa  Schlange 

maara    eine    Art    giftiger 

Schlange 
purupuru  Leuchtkäfer 
saruhe  Tausendfuss 
haa  Muschel  als  Münze 
ai  Baum,  Holz,  Wurzel 
ereere  Zweige,  Aeste 
pua  Betelnuss 
uhi  Yams 
oha,  nima  Haus 
haha  Schiff 
iora  Canoe 
nunu  Bild 
ora  Ding,  Sache 
wara  Wort,  Rede. 


2.  Adjectiva. 


maii  geheiligt,  geweiht 

mano  fertig 

naisai  verständig,  überlegt 

paina  gross 

sieni  gut 


Ina  bös,  schlecht 
toha  ioha  glücklich 
uru  blind 
warai  wahr. 


Die  melanesis<:hen  Sprachen:    Mara  Ma-Siki. 


HO 


3.  Verba. 


am  essen 

apahahi  sitzen,  brüten 
arai  beissen 
asumi  machen,  bauen 
hiri  vergelten,  ersetzen 
hori  kaufen,  verkaufen 
horo,  horoi  bekämpfen,  tödten 
hu  fallen 

huta  geboren  werden 
iara  verloren  gehen 
io  leben,  dasein,  bleiben 
iri  sagen,  sprechen 
isuni  verbrennen 
kam  täuschen,  betrügen 
koni  legen,  hinthun,  sammeln 
mahn  schlafen 
mai  sterben 
mantai  kennen 
maumau  fürchten 
nahu,  nauhu  sagen 
nahu-rui  verbieten,    abhalten 
naisai  ohia  nachdenken,  über- 
legen 
nainai  handeln  ? 
napotari  zerbrechen 


pan  treiben,  jagen,  scheuchen 

peri  stehlen 

pora  ziehen,  schleppen 

ra  gehen 

ra  mai  kommen 

raohi  bewahren,  bedenken 

rarawa  ungehorsam  sein 

rereho  sprechen 

resi,  rio  sehen 

rio-sai  wissen,  verstehen 

rono  hören 

sai  wissen 

siho  herabkommen 

suri  folgen 

lahisi  weglaufen 

tax  werfen 

tau  fassen,  halten 

tauna    lieben ,      Verlangen 

haben,  wünschen 
toi  machen,  thun,  hinthun, 

nehmen 
too  (liegen 
lato  bezahlen 
upu  schwellen 
urouro  schreien. 


orohai  lauern 
§  230.    Diese    Wörter    bieten    vielfache    Uebereinstimmung   mit 
denen  der  Guadelcanar-,  Bauro-  und  Ulaua -Sprache,   und  sind  von 
diesen  fast  nur  dialektisch  verschieden. 

Man  beachte  folgende  Lautverschiebungen: 

Ulaua:    b  Mara  Ma-Siki:  p 

bau,  bo,  beri,  bua.  pan,  po,  peri,  pua. 

Ulaua:    1  Mara  Ma-Siki:    r 

iola,  solo,  suli,  lono,  lai,  losi,  lou.        iora,  saro,  suri,  rofto,  ra,  resi,  rou. 

Ulaua:  t  (tr)  Mara  Ma-Siki:   s 

sato,  tu&a,  atruni.  soso,  suna,  asumi. 


120  H.  C.  von  der  Gabelentz, 

§  231.  Das  Mara  Ma-Siki  ist  ärmer  an  Lauten,  als  die  mei- 
sten verwandten  Sprachen;  es  hat  nur  folgende:  a,  e,  A,  i,  fc,  m, 
n,  (q)i  o,  j),  r,  s,  J,  ti,  w.  Davon  finde  ich  das  nasale  n  in  dem 
einzigen  Worte  rorto  hören. 

§  232.  Bei  der  Wortbildung  spielt,  wie  in  den  verwandten 
Sprachen,  die  Doppelung  eine  grosse  Rolle,  indem  bald  das  ganze 
Wort,  bald  nur  die  erste  Sylbe  desselben  wiederholt  wird,  z.  B.  ereere 
Zweige,  ikiiki  Frosch,  purupuru  Leuchtkäfer,  tofuiloha  glücklich,  mora- 
mora  viele,  urouro  schreien  —  ferner:  tautatmire  Echo,  paipaina  sehr 
gross,  rairailii  liegen,  rereho  sprechen,  Tarawa  ungehorsam  sein,  sur- 
suri  nach,  tatara  den  Weg  entlang.  Beim  Verbum  drückt  die  Dop- 
pelung öfters  entweder  eine  Verstärkung  oder  öftere  Wiederholung 
aus,  z.  B.  nau  rara  haatau  ich  ging  weit  weg.  auru  sui  iriiria  uri- 
hana  sprecht  nicht  (fortwährend)  so.  kia  sui  horohoro,  kia  sui  peri- 
peri  wir  wollen  nicht  kämpfen,  wir  wollen  nicht  stehlen  (aus  Ge- 
wohnheit), mane  ka  nainai  $ai,  kee  tare  toiloi  der  Mensch  handelt 
verständig,  er  handelt  nicht  absichtslos,  sui  roronoa  warana  höre  nicht 
auf  seine  Rede. 

§  233.  Auch  Präfixe  und  Suffixe  kommen  vor  und  zwar  als 
Präfix  ha,  das  Causativa  bildet:  hamauri  lebendig  machen,  hara  gehn 
machen,  hasaso  die  Sonne  scheinen  lassen,  hasiena  verbessern  (von 
sieni  gut),  hamaisi  sterben  machen,  tödten  (von  mai  sterben). 

Eine  ähnliche  Bedeutung  hat  vielleicht  das  Präfix  i  in  isuni  ver- 
brennen  (von  suna  Feuer). 

Als  Suffix  findet  sich  st,  das  am  Verbum  die  Richtung  der 
Handlung  auf  ein  bestimmtes  Object  zu  bezeichnen  scheint,  wie  in 
kira  ka  hamaisia  sie  tödten  ihn,  kira  ka  tahisia  sie  laufen  von  ihm, 
kiru  ka  rarawasia  warana  sie  beide  waren  seinem  Wort  ungehorsam. 

§  234.  Die  Substantiva  haben  einen  Artikel,  na  oder  ni,  der 
jedoch  gewöhnlich  nur  beim  Genitiv  gebraucht  wird:  saw  na  hanua 
der  Name  des  Landes,  apota  ni  huasa  die  Eier  des  Krokodils;  so 
wohl  auch  mora  ni  Mona  viele  der  Geister,  mora  ni  mane  viele  der 
Menschen.     Doch  auch  haania  ni  mane  bei  den  Menschen. 

Der  Plural  wird  durch  mora,  moramora,  mora  —  iwera  ausge- 
drückt: mora  hanua  iwera  viele  Länder.  Wenn  das  Substantiv  im 
Subject  steht,  kann  auch  das  Pronomen  3.  Pers.  Plur.  vorangehen 
und  iwera  folgen:  kira  hanua  iwera  sie,  die  vielen  Länder,  im  Object 


Die  melanesischen  Sprachen:   Mara  Ma-Siki. 


121 


6  ono 

7  hiu 

8  warn 

9  siwu 

10  awara 


dagegen  genügt  das  vorangehende  PronominalsufBx,  z.  B.  kiri  ka  ho- 
roita  mane  sie  tödten  sie  die  Menschen. 
§  235.    Die  Zahlwörter  sind: 

1  eta,  tai 

2  rua 

3  oru 

4  hai 

5  nima 

20  rua  awara. 

§  236.  Die  persönlichen  Pronomina  haben,  wenn  sie  im 
Subject  stehen,  eine  doppelte  Form,  eine  vollere,  selbständige,  und 
eine  kürzere  vor  dem  Verbum ;  im  Object  zum  Theil  wieder  beson- 
dere Formen.  Da  sie  einen  dreifachen  Numerus,  Singularis,  Dualis 
und  Plural is  haben,  und  bei  der  ersten  Person  im  Dualis  und  Pluralis 
einen  inclusivus  und  exclusivus  unterscheiden,  so  ergeben  sich  fol- 
gende Formen: 

Subject. 

vollere  Form.         Verbaiform. 


Object. 


Sing. 

1. 

inau 

fiau,  no 

au 

» 

2. 

ioi 

0 

0 

» 

3. 

ineia 

ncia 

a 

Dual. 

1. 

incl. 

ikura 

kura? 

kura 

)> 

excl. 

ineia 

eru,  e 

eru 

i) 

2. 

)> 

i  arua 

arua,  am 

aru 

» 

3. 

» 

kirama,  tarua 

kiru,  kirim 

tarua 

Plur. 

1. 

incl. 

ikoru 

koru,  kia 

ka,  kia,  koru 

'» 

excl. 

i  eru 

eru 

eru,  emi 

» 

2. 

)> 

i  auru,  i 

amu 

a 

auru,  amu 

» 

3. 

» 

kira,  kiri 

kira,  kiri 

kira,  ta. 

§  237.  Die  Possessiva  werden  bei  Wörtern,  die  den  Körper 
oder  seine  Theile,  oder  Verwandtschaftsgrade  ausdrücken,  sowie  bei 
*a*a  Name,  wara  Wort,  Rede,  und  mara  allein,  besonders,  durch 
Suffixe  gebildet: 

1.  Pers.                2.  Pers. 
Sing.                  — ku                   — mu 
Dual.  

{incl.    — ka  \ 

excl.  — me  eru  J 


Plur. 


tauru,  mauru 


3.  Pers. 
— na 
— tarua 

—ta 


122  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

z.  B.  waraku  mein  Wort,  mar  ahn  ich  allein,  maraka  wir  allein,  sapena 
sein  Leib,  amana  sein  Vater,  asina  sein  Bruder,  sasa  taruu  ihre  bei- 
den Namen,  marata  sie  allein.  Auch  manche  Präpositionen  nehmen 
diese  Suffixe  an:    haku  zu  mir,  hata  zu  ihnen,  purina  nach  ihm. 

Bei  anderen  Substantiven  dient  die  denselben  nachgesetzte  vol- 
lere Form  des  persönlichen  Pronomen  zum  Ausdruck  des  Possessivum, 
z.  B.  oha  inau  mein  Haus,  hiona  ikoru  unser  Geist,  po  ioi  dein  Schwein, 
hiona  i  auru  (i  amu)  euer  Geist,  uhi  ineia  seine  Yams,  rihu  kira  ihre 
Gewohnheit. 

Un verbundene  Possessiva  sind:  nakua  der  meinige,  namua  der 
deinige,  nana  der  seinige. 

§  238.  Demonstrativa  sind  nena  dieser,  wona  jener,  Inter- 
rogativa:  fet,  a  tei  wer?  to,  a  la  was?  nila  wie  viel?  z.B.  a  tri  nena 
wer  ist  dieses?  no  ko  hmiena  ana  ta  mit  was  soll  ich  es  ausbessern? 
nila  mane  wie  viele  Menschen. 

Indefinita  sind  huni,  hunini  einige,  iwora,  mora  mora  viele. 

§  239.  Beim  Verbum  werden  die  Personen  durch  die  vorge- 
setzten Verbalpronomina  in  der  Regel  mit  dazwischentretender  Par- 
tikel, ko  nach  no  und  o,  ka  nach  den  übrigen  Pronomen,  ausgedrückt: 
no  ko  io  ich  lebe,  o  ko  io  du  lebst,  ineia  ka  io  er  lebt,  eru  ka  io 
wir  zwei  leben,  arua  ka  io  ihr  zwei  lebt,  kirua  ka  io  sie  zwei  leben, 
kia  ka  io  wir  leben,  a  ka  io  ihr  lebt,  kira  ka  io  sie  leben.  Dieses 
ka  steht  auch,  wenn  ein  Substantiv  als  Subject  dem  Verbum  voraus- 
geht: mane  ka  mauri  der  Mensch  lebt,  hiona  lau  ka  io  böse  Geister 
leben. 

Diese  Partikel  fällt  jedoch  weg,  wenn  eine  Negation  oder  andere 
Partikel,  wie  kc  oder  ai,  zwischen  Pronomen  und  Verbum  tritt,  z.  B. 
kiri  kee  mal  sie  sterben  nicht,  eru  kee  mahn  wir  schlafen  nicht,  arua 
ke  ioi  wenn  ihr  zwei  thut,  ka  asumia  ai  hori  nana  er  macht  es  weil 
er  das  seinige  verkauft  hat. 

Auch  sonst  tritt  zuweilen  das  Verbalpronomen  unmittelbar  vor 
das  Verbum,  z.B.  aru  ania  ai  na  huni  ta  ihr  asset  (von  dem)  Baum 
da  warum?  ineia  pan  tarua  mania  er  trieb  sie  beide  davon,  e  ra 
mai  Kohitnarama  wir  kommen  von  Kohimarama. 

§  240.  Die  Tempora  werden,  wenn  sie  ausgedrückt  werden 
sollen,  durch  Hinzufügung  eines  Adverbs  der  Zeit,  wie  warita  vor- 
mals,   sirini  jetzt,    neakau  bald,   angedeutet.     Auch  wird  ra,  gehen, 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mara  Ma-Siki.  123 

zur  Bezeichnung  des  Futurum  verwendet,  z.  B.  no  ko  ra  kam  tarua 
ich  werde  sie  beide  betrugen. 

Der  Imperativ  wird  durch  das  Verbum  allein  oder  mit  dem 
Verbalpronomen  und  ko  (ka),  der  Prohibitiv  durch  vorgesetztes  mi 
gegeben:  hamauri-kia  mache  uns  leben,  o  ko  iria  hata  sage  ihnen. 
auru  sui  iriiria  urihana  sprecht  nicht  so. 

Ein  Passivum  giebt  es  nicht;  auch  scheint  eine  passive  Rede- 
weise überhaupt  nicht  angewendet  zu  werden. 

§  241.    Als  Adverbien  kommen  vor: 

1)  Adverbien  des  Orts:  ai,  na  da,  mai  her,  hierher,  saro 
oben,  hua  unten,  siho  herab,  nieder,  to  mitten,  in  der  Mitte,  raui 
innen,  haatau  fern,  weit  weg. 

2)  Adverbien  der  Zeit:  kau  nun,  sirini  jetzt,  heute,  neakau 
sogleich,  bald,  warita  vormals,  tau  nau  vorher,  vormals,  i  nao  vor- 
her, pari  nachher,  pi,  pui  zuerst,  rou  wieder,  auch. 

3)  Adverbien  der  Art  und  Weise,  Menge,  Beschränkung 
u.s.w.  paina,  pai  paina  sehr,  ato  gänzlich,  sieni  wohl,  gut,  urtiiam, 
urini,  una  so,  ua  noch,  lare  aufs  Gerathewohl  ?  mora  (mara),  heeta  nur. 

4)  Adverbien  der  Bejahung  und  Verneinung:  tau  ja, 
mau  nein,  nicht,  kee  nicht,  mi  thu  nicht  (Prohib.),  mau  —  ua,  kee  —  ua 
noch  nicht. 

5)  Adverbien  der  Frage:  ihci  wo?  a  la  —  ai  wie?  huni  ia 
wozu?    ai  nia  ta  weswegen?   ohe  —  moi  mau  ob  —  oder  nicht? 

§  242.    Präpositionen  sind: 

i,  in,  bezeichnet  sowohl  die  Bewegung,  wie  die  Ruhe:  kia  ka 
iai  i  asi  wir  werfen  ins  Meer,  kira  ka  ra  i  hanua  sie  gehen  ins 
Land,  ikiiki  ka  io  i  wai  der  Frosch  lebt  im  Wasser.  Es  steht  auch 
vor  Adverbien  des  Ortes  und  der  Zeit:  ineia  ka  io  i  saro  er  lebt 
oben  (im  Himmel),  ineia  ka  siho  i  hua  er  kommt  herab  (auf  den 
Boden),  hiona  neia  i  raui  er  ist  innerlich  (im  Innern)  ein  Geist. 
ineia  ka  huta  i  nao  er  ist  zuvor  geboren. 

ana  an,  zu,  durch,  mit  (Instr.):  purupuru  ka  loo  ana  mane  der 
Leuchtkäfer  fliegt  an  einen  Menschen,  no  ko  haxiena  ana  ta  womit 
soll  ich  es  ausbessern?  no  ko  hiriia  hunio  ana  haa  ich  werde  es  dir 
durch  Muschelgeld  vergüten. 

haani,  haini  mit,  bei:  mora  ni  hiona  taa  ka  io  haani  emi 
viele  böse  Geister  wohnen  bei    uns.     no  ko  io  haania  ich  bleibe  bei 


f  21  H.  C.  vos  deb  Gabelextz. 

ihm.  Es  dient  auch  zur  Verbindung  zweier  Substantiva  und  ersetzt 
hier  die  Conjunction:  und.  z.B.  matte  haimia  keni  der  Mann  mit  ihm 
die  Frau,  Mann  und  Frau. 

Atffi,  huni  zu.  nach,  vertritt  den  Dativ:  ineia  ka  iria  ktmita  er 
sagt  zu  ihnen,  ka  nia  human  er  giebt  mir.  o  ko  tauna  hunia  hast 
du  Verlangen  darnach? 

mani  von:  kira  ka  ra  haaiau  mania  sie  gehen  weit  weg  von 
ihm.  ineia  ka  nahu  rui  tarua  mania  ora  sieni  hielt  er  die  Beiden  von 
etwas  Gutem  ab? 

ra*  ran  statt  ra  m,  v.  ra  gehen  in.  zu.  nach:  ka  pora  haani 
ran  asi  er  zieht  es  mit  sich  nach  dem  Meere,  ka  koni  ra  na  ia  er 
zieht  es  mit  sich  nach  dem  Meere,  ka  koni  ra  na  ia  er  legt  es  in 
den  Fisch. 

sape  eigentl.  Körper  mit.  bei:  no  ko  io  sapena  ich  lebe  mit 
'bei)  ihm. 

kekena*)  neben,  bei:  keketui  hiona  ineia  neben  seinen  Geist 
(Götzen) . 

ha  zu,  not.  dat.:  o  ko  iria  ha  ku  sage  du  zu  mir. 

suri    susuri)  nach:  o  ko  rio  susuria  laufe  ihm  nach. 

siona  nach,  gemäss:  mane  ka  toi  *iona  wara  na  God  der  Mensch 
handelt  nach  dem  Wort  Gottes,  kira  kee  ronoa  siona  warana  sie  hören 
nicht  auf  seine  Worte. 

ainia  wegen  eigentl.  seine  Wurzel  :  no  ko  horoia  ainia  mane 
inau  ka  hamaisia  ich  bekämpfe  ihn  wegen  meines  Mannes  den  er 
tödtete.    ainia  ta  weswegen? 

urihana  so  gleich,  wie:  kee  apahahia  urihana  kua  es  brütet 
nicht  gleich  einer  Henne. 

§  243.  Von  Conjunctionen  macht  die  Sprache  wenig  Gebrauch. 
Dass  die  Präposition  haini    mit;    für  »und»   gebraucht  wird,  wurde 


*  mit  kekena  wird  kiki  verglichen ,  das  im  Dialekt  von  Mola .  einer  der 
Banks-Inseln,  die  Seite  bedeutet,  z.  B.  pute  siwo  ape  kikik  sitz  nieder  au  meiner 
Seite  [ape  =  sapey  Körper,  bei) .  Von  der  Mota  -  Sprache  sind  hie  und  da  noch 
einige  Proben  gegeben,  welche  ich  hier  zusammenstelle  als  das  Einzige,  das  meines 
Wissens  von  den  Sprachen  der  Banks-Inseln  bekannt  ist:  tana  Erde,  qatu  Kopf, 
parte  Hand,  na  sasa-k  der  Name  mein,  patau  Brodfrucht,  i/o  sehen.  Zufolge  des 
Report  of  the  Melanesian  Mission  1861  herrschen  zwei  nicht  sehr  \  erschienene 
Dialekte  auf  dieser  Insel.     Hierdurch  erledigt  sich  die  Anm.  S.  37. 


Die  melanesischen  Sprachen:    iMara  Ma-Siki.  125 

oben  bemerkt;  sonst  kommen  noch  als  Conjunctionen  vor:  moi  oder 
in  moi  mau  oder  nicht),  ai,  ainia  weil,  ana  damit,  auf  dass,  weil. 

§  244.  Hinsichtlich  der  Wortfügung  gelten  im  Wesentlichen 
dieselben  Regeln,  wie  in  den  verwandten  Sprachen.  Die  Copula 
fehlt,  Subject  und  Prädicat  stehen  daher  unvermittelt  neben  einander: 
kiri  loa  mora  ainia  taa  tarua  sie  sind  bös  nur  weil  die  Beiden  bös 
waren,  hiona  ikoru  nena  dies  ist  unser  Geist,  sasana  ia  mora  sein 
Name  ist  nur  Fisch   (er  ist  nur  dem  Namen  nach  ein  Fisch). 

§  245.  In  negativen  Sätzen  schliesst  mau  die  Copula  in  sich, 
und  steht  also  ohne  Verbum,  während  kee  mit  einem  Verbum  ver- 
bunden wird:  ire  mau  ai  ein  Abgrund  ist  nicht  hier,  mane  ka  saia 
mau  ai  ein  Mensch  (welcher)  es  versteht  ist  nicht  hier,  ineia  mau 
mane  paina  er  ist  kein  grosser  Mann,  warita  saro  mau  na  vormals 
war  noch  kein  Himmel,  poni  eru  ka  iria,  eru  kee  mahn  des  Nachts 
sprechen  wir,  wir  schlafen  nicht,  kiri  kee  mai  sie  sterben  nicht,  kia 
kee  rio  saia  wir  verstehen  es  nicht. 

§  246.    Das  Attribut,    es  sei  Adjectiv,  Pronomen  oder  Genitiv, 

steht  nach  seinem  Hauptwort:  hiona  sinn  ein  guter  Geist,  hiona  maii 

ein  geheiligter  Geist,  hiona  Uta  ein  böser  Geist,  ai  nena  dieser  Baum. 

kern  inau  meine  Frau,  sasu  na  lutnua  der  Name  des  Landes,  pau  na 

asina  der  Kopf  seines  Bruders,    nunu  na   ia   das  Bild  eines  Fisches. 

nima  Araana  das  Haus  des  Araana. 

§  247.  Das  Zahlwort,  zu  welchem  auch  mora,  viele,  gerechnet 
wird,  macht  hiervon  scheinbar  eine  Ausnahme,  indem  es  vor  seinem 
Substantiv  steht;  man  kann  aber  dies  wohl  so  erklären,  dass  das 
Substantiv  dazu  in  dem  Verhältniss  des  Genitivs  steht:  oru  marau 
die  drei  Inseln,  lai  warowaro  rua  mane  oru  po  rua  kui  ka  ani  alo  in 
Einem  Monat  zwei  Menschen,  drei  Schweine  und  zwei  Hunde  frisst 
(das  Krokodil)  gänzlich,  mora  ni  man  ka  araia  mane  viele  Schlangen 
beissen  die  Menschen. 

§  248.  Das  Adverbium  wird  dem  Verbum  nachgesetzt:  no  ko 
maumau  paina,  pai  paina  ich  fürchte  mich  sehr,  gar  sehr.  Iura  ka  io 
ioha  toha  sie  leben  glücklich,  ana  nau  rara  hantau  weil  ich  weit 
weggehe. 

§  249.  In  Fragsätzen  wird  das  Fragadverbium  ans  Ende  ge- 
stellt: kira  kee  rortoa  siona  war  ana  ainia  la  warum  hören  sie  nicht 
auf  seine  Worte?    kira  ka   io   ihei   wo  leben  (wohnen)  sie?    no   ko 


126  H.  C.  von  der  Gabelentz, 

hasiena  ana  ta  womit  sqII  ich  es  ausbessern?  am  ania  ai  na  htm 
tu  warum  habt  ihr  Beide  (von)  diesem  Baum  gegessen?  o  ko  nauhu- 
rui  au  ainia  ta  weswegen  verbietest  du  mir  es? 

§  250.  Das  Object  sieht  gewöhnlich  nach  dem  Verbum,  wel- 
chem das  Pronominalobject  folgt  auch  wenn  das  Substantiv  dabei 
steht:  God  pi  toia  saso  Gott  machte  zuerst  sie  die  Sonne,  no  ko  saia 
wara  sieni  ich  kenne  es  das  gute  Wort,  kiri  ka  peria  po  sie  stehlen 
es  ein  Schwein,  kiri  ka  horoita  mane  sie  tödten  sie  die  Menschen. 

Dasselbe  findet  bei  einigen  Präpositionen  statt,  die  ihrer  Natur 
nach  Verba  zu  sein  scheinen:  a  ka  launa  hunia  Itiona  ihr  habt  Ver- 
langen  nach  ihm  dem  Geist,  ineia  pan  tarua  mania  mau&tt  er  trieb 
sie  Beide  aus  ihm  dem  Garten,  kira  ka  io  haaniu  na  mane  sie  leben 
mit  ihm  dem  Menschen. 

Doch  sagt  man  auch  ohne  Pronominalobject:  mane  ka  asumi 
iora  der  Mensch  baut  ein  Ganoe. 

§  251.  Zuweilen  steht  das  Object  auch  vor  dem  Verbum,  z.B. 
pau  na  asiva  ka  koni  ra  na  ia  den  Kopf  seines  Bruders  thut  er  in 
den  Fisch,  ai  nena  arua  ke  ania  wenn  ihr  (vonvi  diesem  Baum  esst. 
rua  kai  ka  ani  ato  zwei  Hunde  fiisst  es  auf. 

§  252.  Coordinirte  Satze  werden  ohne  Verbindung  neben 
einander  gestellt:  huasa  ka  io  i  asi  ka  io  i  hanua  das  Krokodil  lebt 
im  Meere  und  lebt  auf  dem  Lande,  mane  uru  ka  r«,  ka  m,  ka  An, 
ka  mai  der  Blinde  geht  und  geht  und  füllt  und  stirbt,  mane  ka  ra 
mai  ka  peria  keni  inau  ein  Mann  kam  und  raubte  meine  Frau. 

§  253.  Auch  Relativsätze  können,  da  ein  Relativum  fehlt, 
nicht  anders  als  durch  unvermitteltes  Nebeneinanderstellen  gegeben 
werden:  sasa  na  hanua  kira  ka  io  ai  der  Name  des  Landes,  sie  leben 
da  wo  sie  leben  i.  mane  ka  toi  siona  wara  na  God.  sieni  nena  der 
Mensch  thut  nach  dem  Wort  Gottes,  gut  dieser  d.  h.  der  Mensch, 
welcher  u.s.  w.,  ist  gut.  kira  ka  io  huani  a  ni  mane  kia  ka  resia 
warita  sie  leben  bei  dem  Manne  (Welchen:  wir  früher  sesehen  haben. 

§  234.  Ebenso  wird  der  Objectivsatz  unverbunden  seinem 
Hauptsatz  nachgesetzt:  mane  ka  maumau  uhi  ineia  ka  tau  der  Mensch 
fürchtet  (dass;  seine  Yams  verderben.  Doch  kann  der  Objectivsatz 
auch  durch  Vorsetzen  des  Artikels  gewissermassen  in  das  Genitiv- 
verhältniss  zum  Hauptsatz  gebracht  werden,  z.  B.  ha  nai  sai  ni  a,w- 
niia  er  ist  geschickt  es  zu  machen. 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mara  Ma-Siki.  127 

§  255.  Die  Absicht  wird  durch  ana,  damit,  auf  dass,  und 
negativ  durch  mani  (eigentl.  von)  in  der  Bedeutung:  dass  nicht, 
damit  nicht,  ausgedrückt:  ineia  ka  nai  mi  ana  kia  ka  toi  siona  wa- 
rana  er  handelt  mit  Absicht,  dass  wir  nach  seinen  Worten  thun. 
ineia  ka  nahu  rui  kia  ai  mani  kia  mai  er  verbietet  es  uns  deswegen, 
damit  wir  nicht  sterben. 

§  256.  Sätze,  welche  die  Ursache  einer  Handlung  angeben, 
werden  durch  ai,  aie,  weil,  mit  dem  Hauptsatz  verbunden:  kiri  taa 
tnora  ai  nia  taa  tarua  sie  sind  nur  böse,  weil  die  Beiden  böse  waren. 
ka  asumia  ai  hori  nana  er  macht  es,  weil  er  das  seinige  verkauft 
hat.  ineia  ka  nai  sai  ai  ka  toi  kia  er  hatte  eine  Absicht,  weshalb  er 
uns  schuf. 

§  257.  Comparativsätze  werden  entweder  durch  Neben- 
einanderstellen der  Gegensätze,  oder  durch  mani,  von,  vor,  mehr  als, 
ausgedrückt:  mane  sieni  nena,  taa  nena  dieser  Mensch  ist  gut,  dieser 
schlecht,  oder  mane  sieni  nena  mania  dieser  Mensch  ist  gut  vor  ihm. 

§  258.  Für  hypothetische  und  Conditionalsätze  existirt 
die  Partikel  ke,  wenn,  z.B.  arua  ke  toi  siona  waraku,  arua  ka  mauri 
ai  wenn  ihr  zwei  nach  meinen  Worten  thut,  so  werdet  ihr  deshalb 
leben,  ai  nena  arua  ke  ania,  arua  ka  mai  ai  wenn  ihr  von  diesem 
Baum  esset,  so  werdet  ihr  deshalb  sterben. 

Oft  geht  jedoch  auch  der  (Konditionalsatz  ohne  Partikel  voran 
und  der  Hauptsatz  folgt  ohne  weitere  Verbindung:  ineia  mau  mane 
paina,  kiri  ka  horoia  wenn  er  kein  grosser  Mann  wäre,  würden  sie 
ihn  tödten.  ka  resia  mane,  ka  araia  ka  pora  haania  ran  asi  wenn 
(das  Krokodil)  einen  Menschen  sieht,  beisst  es  ihn  und  schleppt  ihn 
mit  sich  ins  Meer,  mane  ka  resia,  kira  ka  pania  huasa  wenn  die 
Menschen  es  sehen,  verjagen  sie  das  Krokodil. 

§  259.  Temporalsätze  werden  ohne  Verbindung  ihrem  Haupt- 
satz vorangestellt:  mano  ato,  God  pi  toia  saso  als  Alles  fertig  war, 
schuf  Gott  zuerst  die  Sonne. 


128  H.  C.  von  der  Gabelentz, 


§  260. 


Einige  Sprachproben. 

1)     E  ra    mai    Kohimarama,  ka  ra  Joroha,  ka  ra  nima  Araana, 
We    come  from  go    to  go  lo  hon  sc 

ka  resia      nunu  na    ia,    ka    toia        pua      ka  toia  maii      keken 

see   [itj   Image  of  fish,  he  takes   betelmtl  puts  it   (as)  sacred  dose  to 
hiona    maii,   ka   iria,  no    ko     haaoho  ahui       au  ana    nau     rara 

spirit  sacred      says        I  make  offering  for   myself,    because   I      itent 
haatau. 
far  off. 

mane  ka  asumia  ai  ka  konia  pau   na     amana,     pau  na 

a  man  makes  a  wood(en  image)    puls  in  it  head  of  Ins  father,  head  of 
asina,  warina       ka     koni    ra   na   ia,    ka    iria:    hiona    ikoru 

his  brother,  Ins  anceslor  puls  inside  the  fish,         says         spirit      our 
nena,  ka  raohi  koru  nena.      sasana      ia  mora,  hiona  neia  i  raui. 

this,    presemes     us      tlris.     its  name  fish  only,    spirit     he    inside. 

paiowa    hiona    rou,     maa     hiona  rou,     huasa     hiona  rou.     purupuru 
shark  a  spirit  too,  serpenl  spirit  also,  alligator  spirit  also.      firefly 
i    oru    marau  ka  too  ana    manc,    ka  mai,  ka  iria:   hiona.      huasa 

at  three  islands     flies  against  man,       dies         say :       spirit.     alligator 

ka  io  i  asi  ka  io  i  hanua;  tai  warowaro  rua  mane  oru  po  rua 
live*  in  sea  lives  on  land;  one  moon  two  inen  three  pigs  two 
kui  ka  ani    alo,   ka   resia   mane    ka   araia   ka   pora    haania    ran  asi. 

dogs        eats  quile,         sees     man     bites  him     drags    with  him  to   sea. 
huasa  ka  ra   i  hanua,  ka  rairaihi  ai,     ka  tora  nui  ka 

alligator  goes    in    land        to  lay     there,  makes  place  for  its  eggs, 

rairaihi  apota;     tai     huasa  moramora  apola,  rua  awara,    apotana  ka 
lays      eggs;     one  alligator     many         eggs     two     ten,       eggs  its 

urihana  goose;     huasa       ka  io  orohai       kekcni,    kee   apahahia    uri- 
like  is  lurkiiuj  in  bush      near      not        sits  as 

hana  kua;  mane  ka  resia,    kira  ka  pania  huasa,    ka  napolaria  apota 
hen     inen    see      it  drive  away  break. 

ni  huasa. 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mara  Ma-Siki.  129 

2N.   Eru  ka  iria  una,    kiri  ka  raohia,  kiri  ka  naisai  ohia,  kiri  ka 
We    speak    thus,  they  think    they        reflect  they 

nahu  mini:  warai  mora  nena,  rua  mane*),  rcsia  hanua     ai  a  hanua 
say     thus      good  this  see   a  laiul  of  trees  land 

nena,  resia  kau,    kiri  ka  toia    haka,  kia  kee  rio  saia,  rihu     kira    tai 
this     see    naw,  they       build  ships,  we    not     know,    custom  their  one 
kiri  ka  toia  wai  kia  kee  rio  saia,  kiri  ka  toia 

(different)  they     make  water  (medecine) 
suna,  pwana,  kia  kee  niantai  nia. 
fite,      sails      we   not    know. 

3)  Mane    um  ka  pu     tatara,         kee  saia       ire,         mane  sieni 

Man  blind    goes  along  path,    not  know  precipice,    man    good 

ka      toi         kai  kaina  ka  iria:    ire  nena  o  ko  hu;    ineia  ka  nauhu: 

lays  hold  of  hand  his       says  you  fall;      he  says 

o   ko  nauhu-rui  au  ai  nia  ta?    no  ko  ra  mora.   mane  marai  ka  iria: 

you       forbid      me        why?  I      go  different 

sui  roronoa  warana,  mane  ka  kaikai  (kaisia?)   nena,       ire     mau    ai, 

doni  hear  deceives  this,  precipice  not  there, 

o  ko  ra.  mane  uru  ka  iria:  mane  sieni  nena,  kee  nahu-rui  au,  kee 
urihana  mane  wona.  mane  uru  kee  rio  saia  mane  ka  kaisia  nena, 
mane  ka  hamaisia,  mane  uru  ka  ra,  ka  ra,  ka  hu,  ka  mai. 

4}   No  ko  peri  a  po  ioi,    no  ko  hiriia  hunio    ana 

/       steal    pig  your,       I       make  compemalion  to  you  with 
haa,  ia,  ka  io  tara  koni  rou.  mane  ka  ra  mai  ka  peria  keni 

shell  money,  fish,    live    together  aijuin. 

inau,    no  ko  ra  no  ko  horoia,    ka   tolo  huniau  haa,    ia,   ka  io  tara- 

pays 
koni   rou. 


NC 


5    Nein u  paina,  mane  ka  nu>'mau  tibi  ineia  ka   taa,  ka 

rain    great,  afrai<£(that)  yams  his  will  be  spoilt, 

iria   huni  mane  saia:  no  ko  wai  e  o  ana   haa,     po,    o    ko   ha    saso 

pay  you  with  make  sun 

rou.  mane  saia  ka  iria:  sieni,  nea  kau  ka  saso  rou. 
again.  by  and  bye. 

*)   rua  mane,  zwei  Menschen,  ist  ein  Ausdruck,   um  die  Aufmerksamkeit  der 
Leute   zu  erregen. 

Abbandl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Winsen  seh.   XVII.  9 


130 


H.  i).  VON  der  Gabelentz, 


XII. 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  ANUDHA, 


§  261.  Anudha  oder  Florida  ist  eine  der  kleineren  Salom 
inseln,  zwischen  Guadalcanar,  Malanta  und  Mahaga  gelegen.  Von 
Sprache  derselben  stehen  mir  nur  zwei  auf  Einer  Seite  bedru 
Blätter  zu  Gebote,   die  zunächst  folgenden  Wortvorrath  gewäh 


dho  Sonne 

vulan  [vulu?)   Mond 

vali  Mond  #) 

vili  Stern 

vivira  Blitr 

lake,  hart  Feuer 

malana  Land 

tos  Meer 

sosoka  Bai 

tinoni  Mensch,  Mann 

vunagi  Mann 

rembi  Weib 

tama  Vater 

ulu  Stirn 

kdi  Ohr 

mala  Auge 

vadhu  Augenbrauen 

idhu  Nase 

guumi  Backenbart 

riolaoUi  Bart 

mana  Mund 

ffiimdu  Lippe 

lapi  Zunge 

goni,  gongoni  Hals,  Kehle 

lima  Arm,  Hand 

tjgi&giri  Finger 


adha,  andha  Name 

kau  Hund 

mbolo  Schwein 

manu  Vogel 

vulu  Feder 

iga  Fisch 

gai  Baum 

iogo  Rohr 

nitt  Cocosnuss 

uvi  Yam 

/e(/öi  Rinde,  Schale 

vale  Haus 

feom  Dorf 

vaka  Schiff 

foo/a "  Canoe 

vodhe  Ruder 

kelakela  Schiffssclinal>el 

lambu  Keule 

garatu  eine  Art  Keule 

mbage  Bogen 

lakora  Pfeil 

linambe  Speer 

/Ao  joro  Schild 

</aw  Messer 

kukuro  Schiessgewehr 

ambuambu  Zange 


*j   Dies  entnehme  ich  aus  folgender  Notiz  :    a  vati  moon   [cf.  apalia  or 
palia.    Sjririto   Santo]. 


Die  mklanesischen  Sprachen:   Anudha. 


134 


pupuia  Bohrer 
gigiri  Säge 
lotoka  Hammer 
popolu  Baumwollenzeug 
mbori  Falte,  Flechte  (Iplail) 
•  kolove  Maultrommei 
va*a  Speise 
p<U  Ding 
ovaova  Loch 
nlo  gut 

dika,  (Ukadika  bös,  schlecht 
kamadhi  gross 
kikia  klein 
maladho  kalt 
<a*atw  glatt 
•oto^a  schnell 
*afa>  fertig,  beendigt 
rarondo  einäugig 
male  todt 
aio  machen 
dkadhage  dasein 
dhina  scheinen 
dhuvidhuvi  Kulten 
(loni  legen,  setzen 
gigilula  wissen 
ilu  Irinken 
induindu  zählen 
hole  schiessen? 


kalikaU    mit  der    Hacke   ar- 
beiten 
hambu  sitzen 
kapu  kolua  zuschliessen 
kola  aufmachen 
kolua  herausstecken 
kurubu  abschneiden 
Um  bringen 
matagu  furchten 
maturu  schlafen 
mbosa  sprechen 
ngilo  stehlen 
Buru  grunzen 
paipadhe  zerschneiden 
pari  nehmen,  fassen 
ripa  herausziehen 
soga  scheinen 
soisoni  zerschneiden 
soni  ergreifen 
togoni  den  Speer  werfen 
lugaru  aufstehen 
vahadhi  (vanadhi?)  schiessen 
vaivodhe  rudern 
vadhe  geben 
vara  lehnen 

vavavava  stechen,  stecken 
vokasia  öffnen 
wigori  sprechen. 


§  262.  Zur  Verglcichung  mit  anderen  melanesischen  Sprachen 
etet  sich  dar:  dho  Sonne,  Lifu  dho,  Mare  du;  vulan  Mond,  Am- 
r*m  ola,  Vunmarama,  Mahaga  vula;  tos  Meer,  Tana,  Sesake  fort, 
unwarama,.  Mahaga  taihi;  linoni  Mensch,  Mahaga  linoni,  Bauro, 
uadalc.  inoni;  tama  Vater,  Fidschi,  Sesake,  Mahaga  tama,  Errom. 
knien,  Bauro,  Guadalc.  amma;  lima  Hand,  Polynes.  lima,  Bauro  rima; 
*Qla  Auge,  Polynes.,  Mahaga,  Sesake  mala,  Ainbrym  mela;  adha  Name, 
Wo  ata,  Annat.  idhai;  manu  Vogel,  Tana,  Sesake,  Mahaga  manu, 
Wal.  man,    Errom.  menuk;    iga   Fisch,    Sesake,    Mahaga  iga;    niu 


132  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

Cocosnuss,  Vunmar.,  Sesake  niu,  Lifu  neu;  uvi  Yam,  Polynes.  w/i, 
Sesake  wui,  Uea  uu;  gai  Baum,  Mahaga  gai,  Annat.  cai,  Sesake  kau; 
vale  Haus,  Mahaga  vadhe;  vaka  Schiff,  Mahaga  vaka,  Fidschi  wanka; 
vana  Speise,  Mahaga  vatia,  Errom.  nevang;  dika  bös,  Mahaga  dika, 
Tana  rikau;  kikia  klein,  Sesake  kiki;  malad  ho  kalt,  Mahaga  madhaho, 
Sesake  malandi;   induindu  zählen,  Mahaga  ijuiju. 

§  263.  In  Beziehung  auf  die  Laute  verdienen  nur  n  und  dh 
nähere  Erwähnung.  Ersteres  ist  nasal ,  wie  im  Sesake  u.  a.,  wie 
letzteres  auszusprechen,  darüber  ist  nichts  zu  finden. 

§  264.  In  der  Wortbildung  ist  die  Doppelung  hervorzuheben, 
die  auch  hier,  wie  in  den  verwandten  Sprachen,  sehr  häufig  auf- 
tritt. Beispiele:  ambuambu,  dhuvidhuvi,  dikadika,  induindu ,  kalikali, 
kelakela,  riolaola,  ovaova,  vavavava.  Eigentümlich  ist  die  zweifache 
Doppelung  in  gigilala.  Auch  ist  öfters  nur  die  erste  Sylbe  wieder- 
holt, wie  in  gigiri,  gongoni,  kukuro,  ngifigiri,  popolu,  paputa,  sasava, 
iotoka,  viviva,  zuweilen  mit  zwischentretendem  i:  paipadhe,  soisopi. 

Als  Präfix  kommt  vai  vor  in  causativer  Bedeutung:  vaivodhe 
rudern,  von  vodhe  Ruder. 

Suffixe  sind  ri,  dhi,  ni;  sie  geben  dem  Verbum  eine  transitive 
Bedeutung,  z.  B.  na  dho  te  dhinari  gita  die  Sonne  bescheint  uns. 
ko  vanadhi  a  va  ke  schiess  du  nach  ihm.  in  au  ku  vanadhi  ra  ich 
schoss  sie.  ko  togonia  na  iga  du  schiessest  oder  spiesest  den  Fisch 
(logo  Rohr,  togoni  mit  dem  Rohr  treffen). 

§  265.  Das  Substantiv  hat  einen  Artikel  na:  na  vaka  das 
Schiff,  na  iga  der  Fisch,  na  adha  der  Name.  Daneben  findet  sich 
jedoch  auch  a  in  a  vati  Mond,  a  tos  Meer,  a  han  Feuer. 

§  266.  Der  Genitiv  hat  die  Partikel  wt,  die  auch  dem  vorher- 
gehenden Nomen  als  n  suffigirt  zu  werden  scheint:  na  vulu  ni  manu 
die  Feder  des  Vogels,  na  legai  ni  uvi  die  Rinde  des  Yam,  na  adhan 
linoni  der  Name  des  Mannes.  Auch  steht  der  Genitiv  ohne  diese 
Partikel  nach  dem  Nomen,  von  dem  er  abhängt:  na  mbolo  Anudka 
das  Schwein  von  Anudha,  tiuonina  na  vaka  seine  Männer  des  Schiffs 
d.  h.  die  Männer  des  Schiffs. 

§  267.  Die  Zahlwörter  sind:  1  kedha,  sake,  2  rua,  3  tolu, 
4  vati,  ö  lima,  6  ono,  7  vi  tu,  8  alu,  9  dhiua,  10  dhanavulu,  sie 
sind,  mit  Ausnahme  des  letzten,  polynesischen  Ursprungs.  Zu  den 
Zahlwörtern  kann  man  noch  poso,  mle,  ovu,  viele,  rechnen. 


rarua 


Die  melanbsischbn  Sprachen:    Anudha.  133 

§  268.    Die  persönlichen  Pronomina  sind: 

1.  Pers.  2.  Pers.  3.  Pers 

Sing.  inqn  igoi  ake,  gaia 

n    .    find,  roqita  ) 

DuaJ.  t  J  \muru  gamu 

[  excl.  moro  gami  J 

T .      f  incl.  ga  tolu  1  . 

Tnal.  {  .  .        \au  tolu  gamu       ra  tolu 

[excl.  ai  tolu  gami        j 

ni       f  incl.  igita         .  \  .  . .  . . 

[  excl.  t^amt  J 

Doch  kommen  auch  kürzere  Formen  vor,  und  zwar  vor  dem  Verbum 
Sing.  1.  Pers.  na,  äw,  2.  Pers.  fco,  Plur.  3.  Pers.  ra,  und  im  Casus 
obliquus  iu,  u  mir,  mich,  nigo,  igo  dir,  dich,  nia  ia,  ngaia  ihn, 
ihm,  gita  (incl.),  gami  (excl.)   uns,  gamu  euch,  ra  sie,  ihnen. 

§  269.  Beim  Possessiv  um  wird  zwischen  natürlicher  und  zu- 
fälliger Zugehörigkeit  unterschieden: 

tamangu  mein  Vater  goniu  meine  Kehle 

tamama  dein  Vater  gonigo  deine  Kehle 

kimana  sein  Vater  gonia  seine  Kehle 

valengu  inau  mein  Haus  matanangu  inau  mein  Land 

valema  igoi  dein  Haus  malanama  igoi  dein  Land. 

valena  gaia  sein  Haus 
Auch  sagt  man  ohne  Suffix:  na  kom  igoi  ive  wo  ist  dein  Dorf?    na 
kom  inau  i  Aruangalena  mein  Dorf  ist  in  Aruangalena. 

§  270.  Demonstrativum  ist  eni  dieser,  Interrogativum 
adhei  wer?  na  dhava  was?  higita  wie  viel?> 

§  271.  Das  Verbum  hat  häufig  die  Partikel  te  vor  sich:  na 
dho  te  dhina  die  Sonne  scheint,  linoni  e  ovu  te  dhadhagc  viele  Men- 
schen sind  darauf  (auf  dem  Canoe).  na  mbolo  te  nuru  das  Schwein 
grunzt.  Nach  u  geht  te  zuweilen  in  tu  über:  gongoniu  tu  vadhagi 
mein  Hals  thut  weh.    inau  tu  pasia  na  kdi  ich  fasse  ihn  am  Ohr. 

Eine  andere  Verbalpartikel  ist  me:  rogita  me  uto  wir  beide 
sind*  gut.  me  soko  fertig,  gethan.  Auch  wechseln  te  und  me:  na 
iga  te  sule  me  sule  me  sule  die  Fische  sind  viel,  viel,  viel. 

Diese  Partikeln  können  in  der  ersten  und  zweiten  Person  auch 
wegbleiben:  inau  na  ato  na  vale  te  uto  ich  mache  das  Haus  (dass  es) 
gut  ist.    na  mbosa  van  igo  ich  spreche   mit  dir.    inau  vadhe  va  nigo 


134  H.  C.  von  der  Gabblbntz, 

gatu  ich  gebe  dir.  inau  ku  panadhi  ra  ich  schiesse  sie.  rogüa  iho 
goro  va  tinambe  wir  beide  hielten  mit  dem  Schild  den  Speer  ab. 
ko  logonia  na  iga  du  spiessest  den  Fisch,  igoi  to  ko  wigori  Amudha 
van  in  du  sprichst  Anudha  mit  mir. 

Der  Imperativ  hat  das  Pronomen  ko  vor  sich :  ho  lavia  mai  bring 
es  her.  ko  kambu  sopu  setze  dich  nieder,  ko  mbosa  van  iu  sprich 
mit  mir.  ko  to  na  mai  komm  her.  ko  vadhe  u  mai  gieb  mir  her.  ko 
vadhe  va  nia  (va  ngaia)  gieb  ihm.  ko  vanadhia  va  ke  schiess  nach  ihm. 

§  272.  Adverbien  sind:  i  asi  recht,  so  ist  es,  ulo  gut,  wohl, 
tadho,  tavadho  nein,  nicht,  dhe  nicht,  z.  B.  na  dhe  te  gigilala  ich  weiss 
nicht;  dhake  aufwärts,  sopu  nieder,  va,  van  hin,  weg,  mai  her,  ttfc, 
ivei  wo? 

§  273.    Als  Präpositionen  kommen  vor: 

i  in:  na  kau  i  Anudha  der  Hund  in  Anudha. 

va,  van  zu,  mit:   na  mbosa  van  ia  va  ich  spreche  zu   (mit)  ihm 
(hin),   ko  vadhe  va  nia  gieb  ihm. 

tana  auf:  tana  vaka  auf  dem  Schiff,  am  Bord,  ko  vavavava  tana 
gai  du  stich  auf  dem  Baum. 

kovi  auf:    na  vulu  te  soga  kovi  gita  der  Mond   scheint   auf  uns. 

gin  an,  gegen :  ko  vara  va  gin  ia  du  lehnst  dagegen  oder  daran. 

§  274.    In  syntaktischer  Beziehung  ist  zu  bemerken: 

Das  Attribut,  sowohl  Genitiv  als  Adjectiv,  steht  stets  nach 
seinem  Hauptwort:  tinoni  dika  ein  böser  Mensch,  na  mbolo  Anudh* 
das  Schwein  von  Anudha.  na  legai  ni  uvi  die  Rinde  des  Yam.  n* 
mok  igoi  dein  Dorf. 

§  275.  Das  Object  steht  nach  dem  Verbum:  i  Anudha  vahlh~ 
dhia  na  iga  in  Anudha  schiesst  man  die  Fische,  inau  ku  vahadhi  r& 
ich  schiesse  sie. 

Wenn  das  Pron.  3.  Pers.  Object  ist,  so  wird  es  durch  das  Suffix 
a  am  Verbum  ausgedrückt:  tinoni  dika  te  sonia,  te  kalea  der  bOG0* 
Mensch  ergriff  ihn  und  schoss  ihn.  ko  lavia  mai  bring  es  her.  ko  t*-^ 
gonia  na  iga  du  spiessest  (ihn),  den  Fisch.  So  wahrscheinlich  auct^ 
inau  tu  pasia  na  kdi  ich  fasse  ihn  am  Ohr.  donia  va  leg  es  weg-^ 
vokasia  öffne  es. 

§  276.  Die  Zahlwörter  haben  öfters  die  Partikel  e  vor  sichr 
e  lima  na  vxAan  ra  Netv  Zealand  fünf  ihre  Monate  (in)  Neuseeland 
(sie  waren  fünf  Monale  in  N.).  e  ovu  na  vale  Kuvitku  viel  (sind)  die 


Die  mklanesischkn  Sprachen:    Anudha.  4  35 

Häuser  von  Kavuku.  tinoni  e  ovu  te  dhadhage  viele  Menschen  sind  dar- 
auf. Doch  sagt  man  auch:  sake  na  vale,  dhanavulu  na  maturu  eins  ist 
das  Haus,  viele  sind  die  Schlafenden  (Viele  schlafen  in  Einem  Hause). 
§  277.  Ein  Verbura  substantivum  fehlt,  Subject  und  Prä- 
dicat  werden  daher  entweder  unverbunden  neben  einander  gestellt, 
oder  die  Verbalpartikel  te  tritt  dazwischen  und  vertritt  die  Copula: 
na  dhava  eni  was  (ist)  dies?  e  ovu  na  vale  viele  (sind)  die  Häuser. 
sake  na  vale  eins  (ist)  das  Haus,  na  vaka  te  sosoga  das  Schiff  (ist) 
schnell,  na  iga  te  sule  die  Fische  (sind)  viele,  inau  te  tavadho  eni 
ich  nicht  dieses  (ich  habe  dies  nicht). 

§  278.     Ortsbestimmungen    mit    i    stehen    zu    Anfang    des 
Satzes  *) :    i  Anudha  vahadhia  na  iga  in  Anudha    schiessen   sie   die 
Fische,  i  Anudha  pai  päd  he  na  mbolo,  na  vana  in  Anudha  schneiden 
sie   das  Schwein    auf,   (es  ist)    die  Speise,    i  Anudha  dhuvidhuvi  na 
tinoni,   soisoni,   na   vana   in  Anudha   tödten  sie  die  Menschen,   zer- 
schneiden sie  und  essen  sie. 

§  279.  In  Fragsätzen  steht  das  Fragpronomen  voran,  das  Ad- 
verbium ivei  aber  am  Ende:  adhei  te  mbosa  (adhei  n  ge  te  mbosa) 
wer  spricht?  na  dhava  eni  was  ist  dies?  na  kom  igoi  ivei  wo  ist 
dein  Dorf? 

§  280.  Da  die  Sprache  kein  Relativum  besitzt,  so  werden  auch 
Relativsätze  sowie  Folgesätze  unverbunden  dem  Hauptsatz  ange- 
fragt, z.  B.  inau  na  ato  na  vale  te  uto  ich  mache  das  Haus,  dass  es 
gut  ist.  So  in  dem  einzigen  längeren  Satze,  der  mir  vorliegt  und 
den  ich  mit  Interlinearversion  hier  zum  Schluss  gebe: 
*fl  vunagi  a  Sasaka,  tinoni  na  Bakonimbeti,  Kalivitu  na  adhana, 
ein  Mann  von  Sasaka,  Mann  von  B.  Kalivitu  der  Name  sein, 

k  tujito   tana    vaka     na   popolu;      tinonina      na     vaka       te   kurubu 

stahl    auf  Schiff  den    Kattun    ein  Mann   des    Schilfs  schnitten  ab 
Umana 

seinen  Arm   (d.  h.  ein  Mann  am  Bord,  dessen  Arm  abgeschnitten  war) 
e  roroni/o,  tinoni   dikadika  eni,    te  sonia     ni     kukuro,         te  kalea, 
einäugig    Mann  bösen  diesen  ergriff  es  das  Gewehr,   schoss   es  ab, 
fe  mute. 
er  *ar  todt. 

\  Meine  Quelle  hält*  dies  i  für  ein  Personal präfix ;    dein  steht  aber  der  Salz 
e[%gen:    na  kau  i  Anudha    der  Hund  in  Anudha. 


136  H.  C.  VON  der  Uabelentz, 


xni. 

DIE  M  AH  AG  A-  SPRACHE  AUF  DER  INSEL  YSABEL. 

I.  Einleitung. 

§  281.    In  dieser  Sprache  liegen  folgende  Drucksachen  vor  mir: 

1)  Vocabulary  of  Melanesien  Languages.  (Mahaga.)  Ysabel  Island. 
Solanum  Islands.  1866.  Achtzig  Doppelseitcn,  ganz  in  ähnlicher 
Weise,  wie  das  früher  erwähnte  Sesake-Vocabular  eingerichtet. 

2)  Zehn  Seiten  englische  Partikeln  mit  daneben  stehenden  Sätzen, 
in  Mahaga,   gleichfalls  wie  ein  ähnliches  Sesake- Heftchen. 

3)  Scripture  Questions,   11   Seiten. 

i)  Fünf  lose  Blätter:  Language  of  Mahaga.  S.  Ysabel  I.  (Slieel 
1 — 5),  die  Zahlwörter,  Pronomina,  Verbalformen,  Adverbien,  Präpo- 
sitionen und  allerhand  grammatische  Bemerkungen  enthaltend. 

5)  Ein  Heftchen  von  11  Seiten,  kurze  Erzählungen  in  Mahaga 
mit  theilweise  darüber  gesetzter  englischer  Erklärung. 

Ob  das  Mahaga  die  allgemeine  Sprache  der  Insel  Ysabel  ist, 
geht  aus  diesen  Schriften  nicht  hervor,  jedenfalls  scheint  es  aber 
nicht  der  Name  der  ganzen  Insel,  sondern  nur  eines  Theiles  der- 
selben zu  sein,  während  andere.  Namen,  wie  Higota  und  Tetaihi, 
andere  Theile  der  Insel  bezeichnen.  Higota  ist,  wie  aus  mehreren 
Stellen  hervorgeht,  mit  Mahaga  in  Feindschaft  und  wird  als  zwei 
Tagereisen  zu  Lande  davon  entfernt  bezeichnet.  Tetaihi  scheint 
näher  an  Mahaga  und  mit  diesem  in  friedlichem  Verkehr  zu  stehen; 
ein  Satz  sagt:  der  Brunnen  ist  in  Tetaihi,  Mahaga  hat  keinen  (na 
seumke  mono  i  Tetaihi,  Mahaga  ke  teo).  Vuavula  ist  der  Name  eines 
anderen  Ortes  in  der  Nähe  von  Mahaga,  und  auch  Lokiha,  Hofi, 
Kohakoha,  Tohilagi,  Hogirano  bezeichnen  Ortschaften  derselben  Insel. 
Unter  Mahaga  ist  wohl  deren  südöstliche  Spitze  zu  verstehen;  ein 
Satz  lautet:  Savo  ke  kakasa  dhona  i  Mahaga,  i  Anudha  ke  kakasa 
horu  i  Savo:  i  Savo  vari-hotaginia,  d.h.  Savo  lie^t  südlich  von  Ma- 
haga, Anudha  liegt  westlich  von  Savo,  in  der  Mitte  nach  Savo  zu. 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mahaga.  137 

II.  Lautlehre. 

§  282.    Das  Mahaga  hat  die  Laute  a,  6,  ch,  d,  dh,  e,  j\  g,  A, 
i.  j,  k,  /,  m,  n,  n,  o,  p,  r,  «,  f,  u,  v,  w.    Davon  ist  #  das  nasale  n, 
wie  in  dem  englischen  Worte  singer,  rig  wird  ausgesprochen  wie  ng 
io  dem  englischen  fing  er.     Mit  ni  wird,  wenn  ein  Vocal  darauf  folgt, 
der  Laut  des  mouillirten  französischen  gn  oder  des  spanischen  n  aus- 
gedrückt.    Ch  kommt  nur  in  den  Wörtern  achihe  niesen,    und   chu- 
churu  stechen  vor.     DA  bezeichnet  vielleicht  den  Laut  des  weichen 
englischen  th;    im  Uebrigen   ist  für  die  Consonanten    die  englische, 
für  die  Vocale  die  deutsche  oder  italienische  Aussprache  anzunehmen. 
Eipige  Schwankungen  in  der  Schreibart  lassen  auf  Schwankungen 
in  der  Aussprache  schliessen.     So  wechseln  unter  den  Vocalen 

e  und  i  in  goe,  gai;  gare,  gari;  hate,  hali;  e  hau,  i  hau; 
e  vati,  i  vati; 

o  und  u  in  pogom,  poguru;  lopo,  lopu;  sopo,  sopu;  koto,  kotu; 
kamoto,  kamotu;   talo,  talu  u.  a.  m. 

Ebenso  ßndet  man  e  und  ei,  enia  und  einia,  lae  und  laie,  lua 
und   luai,  tolu  und  toli. 

unter  den  Consonanten  werden  b  und  d  öfters  mit  einem  vor- 
lautenden Nasal,  wie  im  Ungarischen,  ausgesprochen,  daher  wird 
auch  abwechselnd  bo  und  mbo,  boi  und  mboi,  boni  und  mborii,  da 
und  nda,  dia  und  ndia,  tubu  und  tumbu,  vudi  und  vundi  u.  s.  w. 
geschrieben.  Auch  vor  j  tritt  zuweilen  ein  n,  wie  in  kanjiga  für 
kajiya,  injumi  für  ijumi,  mumunja  für  mumuja. 

Andere  Schwankungen  in  der  Schreibart  sind  angni  und  anai, 
mnga  und  siinu,  ngovu  und  govu,  ke  und  ge,  adhautu  und  hadhaulu, 
manivi  und  mativi. 

Am  Anfang  einiger  Wörter  fällt  a  zuweilen  weg,  so  sagt  man 
aha  und  ha  der  Name,  adho  und  dho  die  Schnur,  ato  und  io  die 
Sagopalme. 

III.  Der  Sprachstoff. 

§  283.  Die  mir  zu  Gebote  stehenden  Materialien  gewähren  eine 
ziemlich  zahlreiche  Wörtersammlung,  aus  welcher  ich  die  wichtigsten 
und  gebräuchlichsten  nachstehend  auswähle: 


138 


H.   C.  VON  DER  GaBEIENTZ, 


1.  Sutatantiva. 


Himmel,  Luft,  Zeit. 

maaloa  Himmel 

lingomo  Gottheit,  Götze 

aho  Sonne 

vula  Mond 

vaitugu  Stern 

o$a  Blitz 

gumu  Donner 

puni  Wolke 

uha  Regen 

pipiutu  Regenbogen 

avi,  joto  Feuer 

beubedhu  Flamme 

vulondo  Funke 

unauna  Schatten,  Strahl 

ahu  Rauch 

kokovuru,  pindaravu  Asche 

dara  Nebel 

koveo  Thau. 

guri  Luft,  Wind 

sola  Windstille 

maiomba  Erdbeben 

dam  Tag 

boni,  mboni,  magavu  Nacht 

vovugoi  Morgen 

hinaia  Mittag 

lavi  Abend 

vinoga  Jahr. 

Erde. 

vanua  Erde,  Land 
dhepa  Erde,  Erdboden 
a&gutu     bearbeitetes    Land. 
Feld,  Garten 


momolu  Ort,  Platz,  Land 

momolu  iso  Eiland 

suasupa  Berg 

gahira,  miniodha  Stein 

tneleha  hochgelegener  Ort, 
das  Innere  des  Landes 

maumavu  Staub 

lolongo  Lehm,  Koth 

garana  Sand 

nahiga  sandiges  Gestade 

/aw,  lona  Ufer,  Gestade 

kalaie  Ufer,  Riff,  Ebbe 

ha  seichte  Stelle  am  Ufer 

lingehi  seichtes  Wasser,  Un- 
tiefe 

mbea  Wasser 

taihi  Meer 

horara  offene  See 

nioro  Ebbe 

obo,  ombo  Fluth 

vogu,  gaga,  maragata  WelM 
Woge 

tum  Sumpf,  Teich 

seu  Brunnen 

adhahage  grosser  Graben 

jaijari  kleiner  Graben 

londu  Grab 

bilo  Loch 

hadhaulu  Weg,  Pfad 

jao,  niuri  Busch,  Gesträu^^ 

lelegai  Wald,  Gebüsch. 

Mensch. 

Unoni  Mensch 

mane,  mara  Mensch,  Manr^ 


Die  melaxbsischen  Sprachen:    Mahaga. 


f8d 


vaivine  Frau 

lau  Ehefrau 

vunagi  erwachsener  Mann, 
Häuptling 

madhagai  Jüngling 

kara  unverheiratetes  Mäd- 
chen 

kakavelaio  Jungfrau 

tama  Vater 

mama  Vater  (in  d.  Anrede) 

indo  Mutter 

dndhe  Kind 

dadhe  mane  Sohn 

dadhe  vaivine  Tochter 

mbaso  Zwillinge 

iahi  Bruder 

boko  Wittwe 

luku  Krüppel. 

Leib,  Seele. 

torio  Leib,  Körper 

tUwi  Kopf,  Haar 

#*?<9*ehu  Haar 

*«*//  Ohr 

f****ta  Auge 

***-*  Gesicht 

fe«/eo  Backe 
*h*€  \ase 

'«SU?  Stirn 
/f*v>  Mund 
Paupoha  livo  Lippe 
^hapi  Zunge 
*«*    Zahn 

r°«i  Zahnfleisch 

^°e#oe  Kinnbacke 

*o*ono  Kehle,  Hals 
'««  Hals,  Nacken 


lima  Hand,  Arm 

kaukau  Finger 

ranga,  sumu  Brust 

hehe  Herz,  Brust;  Geist,  Sinn, 

Meinung,  Manier 
poguru  Rücken 
kutu  Leib,  Bauch 
sope  Nabel,  Unterleib 
gangaro  Rippe 
nae,  vai  Bein 
tuturu  Knie 
huhania  na  nae  Fuss 
kaukau  i  nae  Zehen 
w/a  Ader 

gambutu,  gaugambua  Blut 
guiguli  Haut 
Aw/t  Knochen 
/co^Ao  t  mato  Thräne 
tindadho     Leichnam;     Geist, 

Gespenst 
aiariri  Fieber 
«Ar*,  ha  Name. 

Thiere. 

bodho  Schwein 
in  Hund 
kuhi  Ratte 
/fiwfc  Fledermaus 
manu  Vogel 
kokiroko  Huhn 
guagua  Kakadu 
a/o  Flügel 
j/ujw  Klaue,  Kralle 
iuigu,  keai  Schwanz 
kato  Nest 
kindoru  Ei 
/W,  iga  Fisch 


140 


H.  C.  VON  DER  GABELBNTZ, 


ele  Haifisch 

kasa  Meeraal 

oloi  Flussaal 

somba  ein  kleiner  Fisch 

doko  Eidechse 

huhu  Chamäleon 

voniu  Schildkröte 

vua  Krokodil 

poli  Schlange 

livo  Rachen 

tinania  na  liva  Scorpion 

gofe  Spinne 

kuchachi  Ohrwurm 

kenju  Wurm. 

Pflamen. 

gai  Baum,  Holz 

oga  Wurzel 

toito  Baumstamm 

i/o,  nehe,  uniadhe  Blatt 

oloolo  Zweig,  Ast 

vum  Spross,  Schössling 

katura  Saamen 

pukutavoli  Knospe 

rungu  Blüthe 

gano  Frucht 

sayaro  Frucht,  übst 

minjua  Saft 

ato,  io  Sagopalme 

niu  Cocospalme,  Cocosnuss 

kuroho  junge  Cocosnuss 

hago  Brodfrucht 

nali  Mandelbaum,  Mandel 

saau  Pfirsiche 

vudhi  Banane 

toto  Betelbaum 

gualuvr  Betel 


tumbi  Ebenholz 
uvi  Yam 
koke  Tarowurzel 
kongu  eine  Art  Nuss 
ehu  Zuckerrohr 
gau,  gauralu  Bambus 
seo  Rohr,  Schilf 
sesehu  Gras 
maikula  Unkraut 
pogo  Schwamm. 

Wohnung,  Gerathe, 
Waffen. 

vadhe  Haus 

vako  Haus  in  einem  Baut 

sosolo,  mbambara  Wand 

lotogo  Verandah 

bili  KUche 

peo  Zaun 

pava,  sape  Bret,  Planke 

madha  Matte,  Bett 

vaka,  jag  im  aha  Schiff 

sosoro   Boot 

hinage,  peko  Canoe 

lola  eine  Art  Canoe 

biabina  grosses  Boot 

kenda  Boot  mit  langem  t 

tertheil 
sokara  Mast,  Pfahl,  Säule 
piniii  Anker 
piru  Strick,  Tau 
valuha  Ruder 
selo  Segel 
kokopa     Langbaum     (?  ria 

pole) 
kiala  Boothaus 
luhu  Querholz  am  Boot 


Die  melanekischen  Sprachen:    Mahaga. 


141 


ungura  Netz 
baai,  jau  kleines  Netz 
jcMT'aha  grosses  Netz 
UmJmo  Angelhaken 
atJSio,     dho,    gadho,    dhako, 

romba  Schnur 
\&/V)ia  Faden 
ho^boe  Becken 
fa£^  paraka  Sack,  Korb 
lajtMi  Schussel 
mcuft  Korb 
narhu  Topf 

lavnhili  Gefäss,  Schussel 
hinao  Becher 
**>o   Glas 

l**i    Leuchte,  Lampe 
sinavera  Pflock,  Nagel 
topipuhi  Nagel 
P**ipidi  Scheere 
f**nge  Gabel 
P«*u  Messer 
Ät^ara  Bohrer 
9*giri  Säge 
kiakile  Axt 
»ctiau  Hacke 
fnuhavu  grosses  Beil 
kage  Bogen 

*°ftyor0,  kuali)  sia  Pfeil 
*eo  Köcher 


lila  Keule 

garatu  Spies,  Lanze 

reoreo  Schild 

kukuro  Schiessgewehr 

fata  Ding,  Sache 

dhevu,  sedhevu  Theil,  Seite 

kakara  Stück,  Brocken 

gagire,  keakema  Winkel,  Ecke 

/h'o,  fiofinio  Spitze 

mije  Rand 

Kleidung,  Spaua. 

pohe  Kleid 

tea  Gewebe,  Gespinnst 

kepi  Hut 

papalaka  Halsband 

layo  Schmuck  von  Muscheln 

vovogo  Gürtel 

ya  Speise 

kodho  Getränk,  Flüssigkeit 

dhoto  Saft,  Flüssigkeit 

kodho  i  fei  Oel,  Thran 

ragova  Fett,  Schmeer 

niombe  ein  Gericht  aus  Taro 
und  Mandeln 

poporagi  ein  Gericht  aus  Brod- 
frucht und  Cocosnuss 

suiu  ein  Gericht  aus  Taro 
und  Cocosnuss. 


2.  Adjectiva. 


^  bitter,  sauer 

«i  wild 

iobao  inude 

iofo  tief 

bambala  schief,  quer 


bolw  schwer 
detule  roh,  ungekocht 
dhoki  schief,  krumm 
dika  bös,  schlecht 
doa  blind 


142 


U.   C.  VON  DER  GABKLENTZ, 


dodho  ruhig,  zahm 
fulu  theuer 
yaula  kalt 

guguvu  warm,  heiss 
gumao  geizig 
gura  roh,  nicht  gar 
hahi  unwissend 
hahanga  gierig 
hau  fern 
haulagi  alt 
heia  stark,  kräftig 
hii  wahr 
hulu  gross 
t#e  heiss 
iso  klein 

,/wo  gerade,  recht 
jo&o  schwarz 
kapojo  schmal,  eng 
kaukaru  rauh 
kildri  klein,  dünn 
.  kokolo  grün 
kokoru  kurz  * 
kuekue  alt 
/tumo  lahm 
&wi</o  kurz,  niedrig 
/aw?  schwach 
leolego  rauh,  uneben 
/ti/fia  krank 
lupa  fett 
madhaho  kalt 
madhanani  jung,  neu 
t/iflAfl  tief 

maAfi  voll,  gesättigt 
mamadha  leicht 
manda  reif 
mandaki  glatt 
mandodho  recht,  rechts 


7/mna  enthlüsst,  verlassen 

mprfa  gelb 

wie  einfältig,  albern 

me/a  roth 

7/iwt  stumm 

mumuta  krank 

mumuja  trocken 

munia  süss 

namba  gleich 

nittmbu  nass 

wm  dicht,  fest,  stark,  hart 

nt//t/  stumpf 

palala  kahl 

pe$o  leer 

pt/a  weich,  biegsam 

pojaga  schmutzig,  trübe 

popu  voll 

poru  langsam 

pui  taub 

puru  weiss 

raA^  dünn 

rar  aha    hell,    deutlich,    rein. 

leer 
salu  glatt 

sasagomä  schmutzig 
sesami  schnell 
sisi  roth 
soesole  nackt 
lavodha  breit 
tevc  lang,  hoch 
foa/t  müssig 
Jota  gut,  wohl 
loeioke  sorgsam,  aufmerksam 
toi  link,  links 
tumbu  krank 
/wf*  schmutzig 
tutuni  wahr 


Die  mklaürsikchkn  Sprachen:    Mahaga. 


143 


udodolu  rund 
vavana  scharf 
vinaihi  mager 


vureaja  niedrig 
vuvugu  heiss. 


%.  Verba. 


ac/tihe  niesen 

afi    kriechen 

ak^tihe  athmen 

oumrio  lärmen 

ali       legen,  setzen,  hinthun 

anc£o  wissen,  kennen 

QQ&nüu  arbeiten 

ajptMrtt  spucken 

oo     herauskommen 

etil*     gehen,  hingehen 

beb&re  tragen 

ViaMi  verschliessen 

hilau,  mbilau  stehlen 

bo,   mbo  legen,  setzen 

bokt  heben 

bwttiii  stossen,  stampfen 

chuchuru  stechen 

Muidha  hinaufziehen 

dtajjfi  ziehen,  schleppen 

dhambu  schlagen,  kämpfen 

thaopi  eintauchen 

Mühe  sterben 

dhodho,  dhoti  fangen 

Mtovo  fliegen 

ßfca-to  zürnen 

dodoro,  doravi  ansehen 

dudu  stampfen 

^  ei  machen,  bauen 

fygo  liegen,  schlafen,  dasein, 

wohnen 
ero  umwenden 


fakane  ansehen,  betrachten 

fifiri  binden 

fike  schneiden 

fota  zerbrechen 

fufulo  verstopfen 

fuftUu  brausen 

gadkati,    gagadhati    stossen, 

stechen,  beissen 
gagaru  kratzen 
gaigali  bewegen,  schütteln 
gani  essen 
geli  graben 

gwge  umlegen,  laviren 
giagila  laut  athmen,  schreien 
gidhadha  kennen,  verstehen 
gilu  begraben 
gif^gilo  spalten 
gogo  fliehen,  entlaufen 
hadhe  helfen 
hage  hineingehen 
hagore  sprechen 
haidu  anhäufen 
halu  gehen 

haliu  fehlen,  nicht  treffen 
hambira  klettern 
hanavi  öffnen 
hanga  wünschen,  wollen 
haraihi  reinigen,  jäten 
hati  bringen,  nehmen 
havi  leben,  geboren  werden 
havula  wischen,  waschen 


144 


H.   C.  VON  DER  GaBKLBNTZ, 


he  geben 

heru  schlürfen,  saugen 

higini  riechen,  duften 

Iura  schelten 

hiro  suchen 

hodha  bringen,  tragen,  weg- 
nehmen 

hu  tauchen,  untergehen  (v. 
d.  Sonne) 

huahua  schreien 

huati  fragen,  bitten 

huhulu  vertheilen 

hulu,  huluni  tragen 

ijuiju,  ijumi  zählen 

wi/e,  Uni  tatowiren 

jou  pflanzen 

jufu  erreichen 

kadhe  treffen 

kafa  schneiden 

kajiga  husten 

kaju,  kanju  schaben,  be- 
hauen, zimmern 

kalam  zusammenkommen 

kamolo  zerreissen,  sich  trennen 

kangu  kriechen 

kaverni  beobachten 

keukemu  vertheilen 

kiakia  lachen 

kikindi  anklopfen 

kilo  rufen 

kiokido  klopfen,  schellen 

kokopiri  leben,  sich  walzen 

koli  liegen,  schlafen 

koto  keimen,  aufgehen 

kou  trinken 

kulu  fallen 

lalahi  verriegeln 


lalahu  spielen 

legu  nachfolgen 

ligi,  liligi  rollen   (v.  Schiffen 

lopo  aufrollen,  einreefen 

ItUi  verbieten 

luvu  untergehen,  ertrinken 

mai  kommen 

matagu  fürchten 

mono  dasein,  sich  aufhalten 
wohnen 

muki  leimen,  kalfatern 

nere  schlafen 

niniapi  kosten,  lecken 

niovoti  nicht  treffen;  pariren 

nara  schelten,  zanken 

mim  (lüstern 

od  ho  schwimmen 

olihi  wechseln,  tauschen 

oo  lärmen 

ooha  auf  der  Schulter  trager 

panda  finden 

papala   auf  dem  Arm   traget 

papana  ächzen,  stöhnen 

pilau,  pi  apilau  betrügen,  täu- 
schen, lügen 

piri  werfen 

piriloho  tanzen 

pisari  klopfen,  schlagen 

poha  zerbrechen,  aufbrecher 

polo  sich  verbergen,  lauern 

pugu  brennen,  rösten 

puguli  verbrennen 

puipui  kochen,  dämpfen 

puQusi  verbergen,  leugnen 

rage  laufen 

rangt  tanzen 

ram  scheinen,  blenden 


DlE    MBLANKSI8CHBN    SplACHBN:     MaHAGA 


145 


rarai  erwachen 

rarovi  bedauern 

regi  sehen 

rihu  kämpfen,  streiten 
r£&o,  rioriso  schreiben 

*/o  hungern,  verhungern 
i  hören 


8 

* 
%a 


vom*  giessen,  ausgiessen 
rt^wnbau  zeichnen,  malen,  mit 
Thon  bestreichen 
uri  im  Netz  fangen 
tanzen,  singen 
biri  kaufen 
*jga  beissen 
sar*jki  zerren,  schleppen 
sa&aa  gehorchen 
ta&alala  fliessen 
tfito&ra  hangen,  aufhangen 
tfpe  den  Kriegstanz  tanzen 
*e*u  zerreissen 
xdada  scheinen,  bescheinen 
wromi  ansehen 
»*iri  rösten,  braten 
«twttt  sich  waschen,  baden 
«ofcara  aufrecht  stehen 
*om   niederlassen ,    ablegen, 

wegwerfen 
*o$gala  springen,  hüpfen,  auf- 

gehn  (v.  d.  Sonne) 
*opo  sitzen,  sich  setzen 
«ttfc  stechen,  nahen 
«urota  werfen 
s*zuki     bohren ,     anspiesen , 

Kleider  ausbessern 
tmngala  schwitzen 
«**  aufsetzen 
toihahi  einschliessen 

Attaadl.  d.  K.  S.  Gesellscb.  d.  WUsenscb.    XVII. 


iaengo  lieben 

tafu  bedecken 

tagt  straff  ziehen,  zerreissen 

talu  legen,  setzen,  hinthun; 
bleiben 

tambiru  umwenden ,  umkeh- 
ren, zurückkehren 

tambo  anrühren 

tanda  öffnen 

tam  schreien 

tanihi  wählen,  wünschen 

tano,  ianoli  ergreifen,  nehmen, 
fangen,  halten 

tapo  schlagen 

tarai  beten 

tari  binden,  befestigen 

tatari  zusammenbinden 

tatago  angeln 

talave  schwimmen 

talohu  zerbrechen 

tautau  ein  Fest  feiern 

taveti  gehen,  wandeln 

tele  sitzen 

tihi  waschen 

toatoga  gedenken 

lodha  anzünden 

toga  glauben 

lombi  schneiden,  mähen 

tororo  untersinken 

tolo  abschneiden,  umhauen 

toloka  schneiden 

tuhu  zeigen,  führen 

tundu  beflecken,  tröpfeln 

tupi  treffen,  biegen 

uauro  heulen 

tdiuli  lärmen 

unuhi  losmachen,  lösen 

10 


1 46  H.  C.  voi  der  Gabblentz, 

urunu  laut  sprechen,   lärmen  vora  schwellen 

utuhi  schneiden,  abschneiden ;  voti  zerbrechen,  aufbrechen 

bauen  vuhu  schiessen 

vahagi  leiden,  krank  sein  vula  herauskommen,   heraus- 

vahuhu  gebaren,    Eier   legen,  holen 

erzeugen  vuü  abpflücken 

vana  essen  vuvuru  kratzen,  schaben 

vao  weben  waivorinji  knarren 

vele  sprechen,  sagen ;  schellen  woli  bezahlen;  verkaufen 

vere  sich  wundern  mditi  schulen. 

vetula  befehlen,  schicken 
§  284.    Diese  Wörter  bieten  zahlreichen  Stoff  zur  Vergleichung 
mit    anderen   melanesischen    und    polynesischen    Sprachen   dar.     Ich 
beschränke  mich  darauf,  nur  einige  Beispiele  anzuführen: 

Vula  Mond,  Fidschi  vula;  vailugu  Stern,  Polynes.  /feto,  whelu; 
uha  Regen,  Polynes.  uha,  ua;  avi  Feuer,  Polynes.  aß,  ahi;  dam  Tag, 
Errom.  dan,  Bauro  dangt;  boni  Nacht,  Fidschi  bogt,  Mare  bune, 
Fate  pong,  Sesake  boni;  vanua  Erde,  Fidschi,  Sesake  vanua,  Polynes. 
fanua,  fenua;  taihi  .Meer,  Tana,  Sesake  tasi,  Polynes.  tahi;  vaivine 
Frau,  Polynes.  vahine;  tinoni  Mensch,  Guadalc,  Bauro  inoni;  tnane 
Mensch,  Mann,  Guadalc.  mane;  tama  Vater,  Sesake  tama;  tahi  Bru- 
der, Sesake  tat;  ulu  Kopf,  Polynes.  ulu;  mala  Auge,  Polynes.,  Sesake 
und  andere  mata;  ihn  Nase,  Polynes.  ihu,  isu,  Sesake  nisu;  lima  Hand, 
Arm,  Polynes.  lima,  Bauro  rima;  aha,  ha  Name,  Ambrym  sa,  Vun- 
mar.  ihan,  Anudha  adha;  manu  Vogel,  Polynes.,  Sesake  manu;  iga 
Fisch,  Polynes.  ika,  Sesake  ika,  iga;  gai  Baum,  Annat.  ancai,  Po- 
lynes., Fidschi  kau;  niu  Cocosnuss,  Polynes.  niu;  uvi  Yam,  Polynes. 
w/f,  uvi;  matagu  fürchten,  Polynes.,  Sesake  mataku. 


IV.  Wortbildung. 

§  285.  Der  Stamm  der  zum  grossen  Thcil  zwei-  auch  mehr- 
sylbigen  Wörter  ist  unveränderlich.  Dasselbe  Wort  kann,  ohne  eine 
Veränderung  zu  erleiden,  als  Substantivum  oder  Adjectivum,  als 
Nomen  oder  Verbum  dienen,  ja  als  Nomen  oder  Verbum  die  Be- 
deutung einer  Partikel  annehmen;  z.  B.  hutu  gross,  die  Grösse,  sehr; 


DlB    MRLANRSI8CBEN    SPIACHEN I     MaHAGA.  147 

pojaga  schmutzig,  Schmutz;  hagore  sprechen,  Sprache,  Rede,  Wort, 
Summe;  gani,  vana  essen,  Speise;  mumuja  trocken,  trocknen;  angutu 
arbeiten,  Arbeit,  bearbeitetes  Land;  kilo  rufen,  Ruf;  kou  trinken, 
Trinkgefäss;  tani  schreien,  Geschrei;  dhambu  kämpfen,  Kampf;  tupi- 
jMiAt  Nagel,  nageln;  puipuli  Scheere,  abschneiden,  stutzen;  lui  Leuchte, 
leuchten,  aruaru  Bohrer,  bohren;  hii  wahr,  für  wahr  halten,  glauben; 
dkepa  Boden,  unten,  unter;  legti  folgen,  Hintertheil,  hinten,  nach; 
hodi  steigen,  aufwärts;  haru  herabsteigen,  fallen,  nieder;  mai  kom- 
men, her,  von,  aus;  vano  gehen,  hin,  zu;  tambiru  umwenden,  wieder; 
toten  zusammenbinden,  zusammen;  dhofia  gehen,  vorwärts;  sapa 
kommen,  rückwärts;  vula  herauskommen,  heraus;  olihi  wechseln, 
anstatt. 

§  286.  Doch  findet  im  Mahaga  wie  in  den  anderen  melanesi- 
schen  Sprachen  eine  Bildung  abgeleiteter  Wörter  durch  Prälixe,  Suf- 
fixe und  Zusammensetzung  statt. 

Als  Präfixe  kommen  vor  va,  vei  und  para. 

1)  va  bildet  Verba  causativa,  wie  vadhehe  tödten,  von  dhehe 
sterben;  vaioke  heilen,  von  toke  gut,  wohl;  vadika  verderben,  von 
dika  schlecht;  vahavi  erretten,  leben  lassen,  von  havi  leben;  vasaltt 
glätten,  von  sola  glatt;  vasopo  niedersetzen,  von  sopo  sitzen;  vahadi 
aufheben,  von  hadi  steigen;  vando  lehren,  von  ando  wissen.  Zu- 
weilen ist  mit  diesem  Präfix  noch  das  Suffix  gi  verbunden:  vaolihigi 
vertauschen,  von  olihi  wechseln,  tauschen;  vasokaragi  aufstellen,  auf- 
stehn  machen,  von  sokara  stehen,  aufstehen. 

2)  vei  giebt,  wie  im  Fidschi,  dem  Verbum  reciproke  Bedeutung 
und  kommt  stets  in  Verbindung  mit  dem  Suffix  gi  vor:  veidham- 
bulugi  zusammen  kämpfen,  einander  bekämpfen,  von  dhambuhi  be- 
kämpfen; veihaluvigi  vorübergehn,  begegnen,  von  halu  gehen;  veio- 
Uhigi  vertauschen,  von  olihi  tauschen;  veitaengogi  einander  lieben, 
von  taengo  lieben;  veisasambagi  zusammenkommen,  begegnen,  von 
sasamba?,  veijonagi  dass.,  von  Jona? 

3)  para  findet  sich  nur  in  dem  Wort  paravahagiti  Schmerzen 
verursachen,  von  vahagi  leiden,  wo  es  augenscheinlich  gleich  va 
causative  Bedeutung  hat. 

§  287.  Suffixe  sind  vi,  Ai,  gi,  ti,  //',  mi;  sie  geben  meistens 
dem  Verbum  eine  transitive  Bedeutung,  oder  bestimmen  die  Richtung 
der  Handlung  auf  ein  Object. 

10* 


1}  vi:  hagevi  hineingehen,  von  hage  dass.;  dorovi  ansehen,  vgl. 
dodoro  seilen,  ansehen;  sonovi  schlingen,  von  sosono  Kehle;  dhanuvd 
ausschöpfen,  von  dhanu?;  siodhwi  aufheben,  von  siadhot 

2)  hi:  dhambuhi  schlagen,  bekämpfen,  von  dluimbu  schlagen^ 
kämpfen;  bokihi  aufheben,  von  boki  heben;  gurihi  anwehen,  von  gutm 
Wind;  ladhahi  im  Netz  fangen,  von  iadha  Kriegszug?;  utuhi  schnei — 
den,  abschneiden,  von  utuiUu  dass. ;  madhohi  ausstrecken,  von  madhm 
Matte?.  Zuweilen  drückt  es  eine  Vollendung  der  Handlung  aus,  wie?' 
in  govuhi  völlig,  fertig,  von  yovu  beendigen,  Ende;  bonihi  es  ist  Nacht-». 
von  boni  Nacht;  pandahi  gefunden,  von  panda  linden. 

3,   gi  tritt  meistens  mit  den  Präfixen  va  und  vei  auf  (s.  oben)^: 
ohne  dieselben  in  sokaragi^  nosokaragi  aufstellen,    von  sokara  stehen. 

4}  ti:  vahagiti  schmerzen,  von  vahagi  leiden;  dhoti  anfassen, 
fangen,  von  dhodlio  fangen;  hodhati  nehmen,  von  hodha  dass. 

5;  //:  fotali  zerbrechen,  von  fola  dass.;  puguli  verbrennen,  von 
pitgu  brennen,  rösten;  tanoli  fangen,  nehmen,  halten,  von  lano  halten. 

6)   mi:  injumi  zählen,  von  injuinju  dass. 

§288.  Zusammensetzungen  scheinen  in  folgenden  Fällen 
stattzufinden:  tambili-mbea  Wasserfass,  base-hanana  Kreuzweg,  hehe- 
toke  gutartig,  vaw-hinula  Mittagsessen,  bile-ihu  Nasenloch,  unuhisoni 
vergeben,  rage-leyu  rächen,  dika-ta  zürnen,  —  doch  kann  man  hier 
beide  Theile  auch  getrennt  schreiben.  Eine  wirkliche  Zusammen- 
setzung ist  aber  die  Doppelung,  welche  in  verschiedenen  Formen 
stattfindet,  und  zwar  wird  entweder  das  ganze  Wort,  oder  nur  ein 
Theil  desselben  wiederholt. 

1)   Wiederholung  des  ganzen  Wortes  und  zwar: 

a)  ungekürzt:  kiakia  lachen,  eloelo  Blatt,  Laub,  von  elo  Blatt; 
aroaro  bunt,  vielfarbig,  aruarti  Bohrer,  kaukau  Finger,  uliuli  lärmen, 
auf  der  Muschel  blasen,  puipui  kochen,  dämpfen,  siusiu  baden,  otooto 
Zweig,  Ast,  xinauna  Strahl,  Schatten,  reoreo  Schild,  udhoadho  Schling- 
pflanze, von  adho  Schnur;  fuufua  Gut,  Besitzt hum,  kuekue  alt,  dhodho 
fangen,  injuinju  zählen,  huahua  schreien,  rihurihu  streiten,  von  rihu 
dass.;  velevele  zanken,  schelten,  von  vele  sprechen,  sagen;  bocboe 
Becken,  anoano  blau. 

bj  indem  im  ersten  Theile  der  Zusammensetzung  der  mittlere 
Consonant  wegPallt:  dheudhehu  Scherz,  laulahu  Spiel,  muamuha  wund, 
schmerzhaft,  gaugaho  (st.  gaogaho)   die  Balken  befestigen,  von  gaho 


DlE    MELANESISCHEN    SPRACHEN:      MaHAGA.  1 49 

Balken;  poapoha  livo  Lippen,  von  poha  aufbrechen  (gleichsam  die 
Anfbrecher  des  Mundes),  iuigu  Schwanz,  toatoga  gedenken,  von  loga 
glauben;  leolego  rauh,  uneben,  leulegu  nach,  von  legu  folgen;  haihage 
(st.  haekage)  hineingehen,  von  hage  dass. ;  toetoke  gütig,  sorgsam,  von 
loke  gut;  paipaki  geschmückt,  verziert,  diadika  sehr  schlecht,  von 
dika  schlecht;  suastipa  Berg,  dhaudhambu  wiederholt  schlagen,  blin- 
zeln, von  dhambti  schlagen;  kiokido  klopfen,  schellen,  beubedhu  Flamme, 
boabuta  (st.  bttabuta?)  ansehen,  rioriso  schreiben,  von  riw  dass.;  jai- 
jari  kleiner  Graben,  guiguri  Luft,  von  guri  dass.:  gaongaro  Rippe, 
kaukaru  rauh,  kuikuli  eine  Art  Ungeziefer,  soesole  nackt,  gaigali  be- 
wegen, schütteln,  guiguli  Haut,  kiekile  (auch  kiakile)  Axt,  lautali 
setzen,  hinthun,  von  talu  dass.;  keakema  Ecke,  biabina  grosses  Boot, 
ftoftnio  Spitze. 

2)   Wiederholung  eines  Theiles  des  Wortes,  und  zwar 

a)  Weglassung  der  Endsylbe  dreisylbiger  Wörter  z.  B.  gaugam- 
bw  Blut,  piapilau  falsch,  betrügen,  von  pilau  dass. ;  biarnbilau  steh- 
len, von  bilau,  mbilau  dass. ;  rauratiu  die  Fische  aus  Schlupfwinkeln 
hervorziehen,  guagumau  geizig  sein,  von  gumao  geizig;  hauhavtda 
waschen,  wischen,  soawngala  springen,  hüpfen,  von  songala  dass.; 
aoapolo  mit  den  Flügeln  schlagen,  maomaova  gähnen,  kaokamolu  zer- 
reissen,  von  kamolo  dass. 

b)  Wiederholung  nur  der  ersten  Sylbe:  gagadhati  stechen,  beissen, 
von  gadhati  stossen ;  latago  angeln,  von  tago  Angelhaken;  gogovu  ganz, 
Alles,  von  govu  völlig,  fertig;  nanamba  gleich,  in  Einer  Reihe,  von 
namba  gleich;  dodoro  sehen  (vgl.  dorovi) ,  smuki  bohren,  anspiesen, 
von  mki  stechen;  totoka  schneiden,  von  toka  dass.;  vevetula  befehlen, 
von  vetula  dass.;  hihigini  riechen,  duften,  von  higini  dass.;  hahavula 
waschen,  von  havula  dass. ;  sosono  Kehle  (vgl.  sonovi) ,  liligi  rollen, 
von  ligi  sich  umwenden;  popoji  drehen,  winden,  von  poji  dass.; 
dhedhehe  verwittern,  verderben,  von  dhche  sterben;  lalari  zusammen- 
binden, von  lari  binden;  rararai  wachen,  von  rarai  dass.;  sosokaragi 
aufstellen,  von  sokaragi  dass.;  latano  ergreifen,  von  tano  fassen, 
halten;  sosoni  wegwerfen,  von  soni  dass.;  huhulu  austheilen,  von 
ktdu  tragen?;  kakaju  behauen,  schaben,  von  kaju  dass.;  vavadhehe 
tödten,  von  vadhehe  dass.;  kekeha  einige,  von  keha  ein;  so  wohl 
auch  gogodha  reiben,  glätten,  vevega  rosten,  faulen,  sisiri  rösten, 
braten,  gigiri  Säge  u.  a.  m. 


1  50  H.  C.  VON  DER  Gabelentz, 

c)  Zuweilen  wird  die  Endung  wiederholt:  vahuku  gebären,  er- 
zeugen, von  vahu  Geburt;  hirara  sich  zanken,  sich  ärgern,  von  kira 
schelten;  tambirubiru  hin  und  her,  von  lambiru  umwenden,  zurück- 
kehren. 

V.  Formenlehre. 

1.  Substantivum. 

§  289.  Das  Substantivum  ist  nach  Numerus  und  Casus  unver- 
änderlich. Es  kann  nach  Umständen  mara  Mann  oder  Männer,  fei 
Fisch  oder  Fische,  vaka  Schiff  oder  Schiffe  bedeuten.  Soll  der  Plural 
besonders  bezeichnet  werden,  so  setzt  man  ein  Wort  wie  salage  zehi 
(eigentl.  eine  Anzahl),  sedhe  viel,  eine  Menge,  oder  suku  ein  Haufen 
oder  Schwärm,  davor,  z.  B.  salage  na  mane  eine  Anzahl  Männer,  sedhe 
na  fei  oder  suku  na  fei  eine  Menge  Fische. 

Es  giebt  kein  grammatisches  Genus;  das  natürliche  Geschlecht 
wird,  wo  es  nöthig,  durch  mane  männlich,  vaivine  weiblich  be- 
zeichnet: dadhe  mane  Sohn,  dadhe  vaivine  Tochter. 

Das  Substantivum  hat  einen  Artikel  na:  na  vadhe  das  Haus, 
na  iu  der  Hund,  na  joto  das  Feuer.  Vor  mane  und  vaivine  findet 
sich  auch  koi  als  Artikel,  das  sonst  Zeichen  des  Vocativs  ist:  fe» 
vaivine  die  Weiber  oder  ihr  Weiber! 

Als  unbestimmter  Artikel  wird  auch  das  Zahlwort  sa,  ein,  ge- 
braucht: sa  kou  ein  Trinkgefäss,  sa  jagimaha  ein  Schiff. 

2.  Adjectivum. 

§  290.  Das  Adjectiv  ist  ebenso  unveränderlich  wie  das  Sub- 
stantiv. Es  steht  stets  nach  diesem:  mane  dika  ein  böser  Mensch. 
Wie  die  Steigerungsgrade  ausgedrückt  werden,  wird  in  der  Synta* 
gezeigt  werden. 

3.  Zahlwort 

§  291.  Für  die  Zahlen  von  1  bis  10  geben  die  mir  vorle- 
genden Blätter  grammatischer  Bemerkungen  eine  dreifache  Reihe: 


DlE    MELANE8ISCBCN    SPRACHEN:     MaHAGA. 


151 


1 

keha 

meka 

ela 

2 

rua 

ka  ni 

endo 

3 

tolu 

hi  ke 

igt  va 

i 
5 

vali 
lima 

mande 
lima  lima 

agaava 
ara 

6 

e  ono 

ono  mo 

pogoa 

7 
8 

e  viiu 
e  alu 

juapa 
vesu 

pogoro 
kui 

9 

e  hia 

trist  a,  sia 

kuava 

0 

salage 

nanguru 

atale. 

tutugu 


Die  erste  Reihe,   bis   auf  salage  polynesischen   Ursprungs,   sind 

die  gewöhnlichen  Zahlwörter,  was  aber  die  zweite  und  dritte  Reihe 

bedeuten  sollen,  ist  mir  nicht  klar;  vielleicht  werden  sie  beim  Zahlen 

gewisser    Gegenstände    (Cocosnüsse,   Fische)    verwendet.     Nattguru, 

zehn,  in  der  zweiten  Reihe,  erinnert  an  das  neuseel.  ngahuru;  lima 

lima  für  5  und  ono  mo  für  6  sind  nur  Modificationen  von  lima  und 

e  ono  der  ersten  Reihe,  ebenso  ist  sia  9  mit  e  hia  der  ersten  Reihe, 

Fat6  siva,  Rotuma  siar  zu   vergleichen,    der  Ursprung  aller  Übrigen 

aber  ist  mir  dunkel. 

Als  höhere  Zahlen  sind  angegeben: 
20     rua  na  salage  oder 

40     rua  tutugu 
100     hadhanatu 
1000?  na  toga 
10,000?  vudhea 
100,000?  vadhe  gila 
1,000,000?  feferi 
10,000,000?  oo 

Wenn  der  Verfasser  der  grammatischen  Bemerkungen  selbst  an 
der  Richtigkeit  der  für  die  höheren  Zahlen  von  1000  an  angegebenen 
Ausdrücke  zweifelt,  so  schliesse  ich  mich  diesem  Zweifel  an,  da 
sonst  das  Mahaga  mit  einem  so  ausgebildeten  Zahlsystem  eine  Aus- 
nahme von  allen  übrigen  bekannten  melanesischen  Sprachen  machen 
würde. 

Für  1  giebt  es  ausser  keha  noch  die  Wörter  sa,  si,  sike,  von 
denen  sa  mehr  als  unbestimmter  Artikel  dient,  si  vorzüglich  in  Gegen- 
sätzen: der  eine  —  der  andere  bedeutet. 


» 


» 


» 


» 


» 


salage  na  hadhanatu 

salage  na  toga 

salage  na  vudhea 

salage  na  vadhe  gila 

salage  na  feferi. 


1 52  H.  C.  von  de»  Gabelentz. 

Als  Ordinalzahleo  kommen  kidi  der  erste,  varua  der  zweite  vor 
Wenn  »der  Tag  nach  übermorgen«  durch  vitolu  ausgedrückt  wird, 
ist  dies  vielleicht  die  Ordinalzahl  von  3. 


4.  Pronomen. 

§  292.    Das  Pronomen  personale  hat  einen  dreifachen  Numerus 
Singularis,  Dualis  und  IM u raus,  und  in  der  Mehrzahl  der  ersten  Per- 
son doppelte  Formen,  je  nachdem  der  Angeredete  eingeschlossen 
oder  nicht   (inclusivus  und  exclusivus  . 

Anm.  Id  den  grammatischen  Bemerkungen  wird  auch  noch  ein  TrialLs  und  eine 
Vierzahl  hervorgehoben,  doch  sind  dies  nur  Pluralformen  mit  beigesetztem 
Zahlwort.  Wenn  auch  die  Verbindung  desselben  mit  dem  Pronomen  einige 
Eigentümlichkeiten  darbietet,  so  sind  diese  doch  nicht  so  wesentlich,  um 
die  Annahme  besonderer  Formen  für  die  Drei-  und  Vierzahl  zu  recht- 
fertigen. 

Ausserdem  haben  die  Pronomina  eine  doppelte  Form:  eine  vol- 
lere, die  selbständig,  auch  emphatisch  noch  neben  der  anderen,  und 
eine  kürzere,  die  vor  dem  Verbum  gebraucht  wird   v Verbalpronomen)» 

Endlich  haben  die  Pronomina  im  Singular,  auch  die  dritte  Per- 
son im  Dual  und  Plural,  wenn  sie  als  Object  eines  Verbum  stehen, 
noch  eine  besondere  abgekürzte  Form,  die  als  Pronominalsuffix  be- 
trachtet werden  kann  und  daher  mit  dem  Verbum  häufig  in  Einem 
Wort  geschrieben  wird. 

Folgendes  ist  eine  Uebersicht  aller  Formen  der  persönlichen 
Pronomina : 

vollere  Form.  kürzere  Form. 

1.  Person.  Suffix 
Sing.              matt,  nau,  au            ku,  giu  u 
Dual.  incl.    ro  gita                        karo                                  — 

»      excl.  ro  gami  ku  ru  — 

ka  ft,  a  ft,  — 

gia  fi,  ka  da  — 

»       excl.  i  garni,  gami  ki  ti,  i  /*,  i  — 

2.  Person. 
Sing.             igai                            ko,  o  go 
Dual.             ro  gamu                     ko  ro  — 
Plur.              i  gamu,  gamu            ko  (t,  o  ti                        — 


Plur.    incl.    i  gila,  gita  l 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mahaga. 


153 


Sing. 

Dual. 


vollere  Form.  kürzere  Form. 

3.  Person. 
—  *e,  ge,  e 

ro  maria  ko  ro 


\ 


Suffix 
a 

ra  roira, 
ra  ro  maria 
ra,  ra  dia. 


wir  vier 


sie  vier. 


Plur.        trat,  Ura,  maria  ke  na,  e  na,  na 

Wenn  die  Zahl  3  oder  4  im  Plural  hinzugefügt  wird,  sagt  man: 

tolu  qua     ]       .      ,    .  ti  qita  vati  •  ) 

l  wir  drei  *  \  wn 

tolu  gami  J  U  gami  \e)   vati  J 

tolu  gamu  ihr  drei  ti  gamu  vati  ihr  vier 

tolu  maria  sie  drei  ti  maria  (e)  vati\ 

ti  marai  vati        ) 

§  293.     Die    Possessivpronomina    stehen    dem    Worte,    zu 

welchem  sie  gehören  nach,   bald  unverbunden,  bald  verbunden  (als 

Suffixe).     Sie  haben  folgende  Formen: 

3.  Pers. 

nia,   (niana) 

dia  ro  maria, 

dia  roira,  ro-dia 

dia,  ndia 


1.  Pers. 
gu,  ngu,   (ngua) 


2.  Pers. 
mu,  (mua) 
min  ro  gamu 


mm 


Sing. 

Dual.  incl.    nda  ro  gita 

»      excl.  mami  ro  gami 
Plur.    incl.    da,  nda 
»      excl.  mami. 

Diese  Possessiva  werden  nicht  nur  da,  wo  sie  eine  natürliche 
Zugehörigkeit  anzeigen,  den  Substantiven  angehängt,  sondern  auch, 
wo  ein  zufälliger  Besitz  in  Frage  ist.  Man  sagt  also  nicht  blos 
ulungu  mein  Kopf,  nagongu  mein  Gesicht,  hehengu  mein  Herz,  mein 
Sinn,  indongu  meine  Mutter,  dadhengu  mein  Sohn,  sondern  auch  ktir- 
langu  mein  Freund,  vadhengu  mein  Haus. 

Ausser  diesen  Beispielen  für  die  1.  Pers.  Sing,  linden  sich  noch: 

1.  Pers«  Dual,   tama  mami  ro  gami  unser  beider  Vater. 

Plur.  matada  unser  Auge,  kulada  unser  Herz,  hehenda,  hehe 
mami  unser  Sinn,  tononda  unser  Leib,  dhehenda  unser  Tod,  indo 
mami   unsere  Mutter,  kuli  mami  unsere  Ohren. 

2.  Pers.  Sing,  limamu  dein  Arm,  bakomu  deine  Wange,  ahamu 
dein  Name,  indomu  deine  Mutter,  tahimu  dein  Bruder,  pohemu  dein 
Kleid,  kepimu  dein  Hut. 

Dual,  hamiu  ro  gamu  euer  Name. 

Plur.  tamamiu  euer  Vater,  hehemiu  euer  Sinn. 


454  H.  C.  VON  der  Gajbelentz, 

3.  Per»*  Sing,  ulunia  sein  Kopf,  gaugamhuania  sein  Blut,  hehe- 
nia  sein  Sinn,  lahinia  sein  Bruder. 

Dual,  hadia  ro  tnaria  ihr  Name,  hehedia  roira  oder  ro  hehedia 
ihr  Sinn,  paluhadia  roira  ihre  Sünden  (?),  ro  dadhe  dia  ihr  Sohn, 
ro  aha  dia  ihr  Name. 

Plur.  uludia,  tdumlia  ihre  Köpfe,  kuladia  ihre  Herzen,  kutudia 
lonondia  ihre  Leiber,  dhehendia  ihr  Tod,  vadhedia  ihr  Haus. 

Anm.  Die  Form  niana  für  die  3.  Pers.  Sing,  finde  ich  nur  nach  ha,  aha,  der 
Name,  z.B.  tolu  na  aha  niana  drei  sind  seine  Namen,  na  aha  niana 
na  manu  der  Name  des  Vogels,  hat  na  aha  niana  welches  ist  sein  Name? 
In  einigen  Fällen  ist  das  angehängte  na  offenbar  der  zum  folgenden  Wort 
gehörige  Artikel,  wie  in  na  haniana  vaivine  der  Name  des  Weibes,  na 
haniana  mono  der  Name  des  Ortes,  es  ist  mir  daher  zweifelhaft  ob  nicht 
in  allen  Fällen  das  na  zu  trennen  und  als  Artikel  oder  Finalpartikel 
(§  302.  7)   anzusehen  ist. 

§  294.  Die  Possesivsuffixe  werden  auch  bei  Wörtern  gebraucht, 
die  als  Präpositionen  dienen ,  und  zwar  nehmen  die  1 .  und  2.  Pers. 
Sing,  nach  den  Präpositionen  m,  für,  to,  bei,  zu,  die  Formen  g^itf 
und  mua  an:  ningua  für  mich,  nimua  für  dich,  tangua  zu  (bei)  mir, 
tamua  zu  (bei)  dir.  So  noch:  tania  zu  ihm,  tada  i  <ßta,  ta  mam, 
la  miu,  ta  dia,  popomu  über  dir,  popomiu  über  euch,  poponda  über 
ihnen,  legugu,  legungu  nach  mir,  nagongu  vor  mir,  malivingu  neben 
mir.  Dieser  Gebrauch  erklärt  sich  daraus,  dass  diese  Präpositionen 
ursprünglich  Substantivbedeutung  haben,  wie  popo  das  Obere,  der 
Obertheil,  legu  das  Hintertheil,  mativi  die  Seite.  Nur  ni  und  ta  sind 
wirkliche  Partikeln,  von  denen  wenigstens  eine  andere  Bedeutung 
nicht  nachzuweisen  ist. 

Wenn  von  Speisen  oder  Getränken  die  Rede  ist,  wird  ga  dem 
Possessi vsuflix  vorgesetzt:  ku  hanga  kau  gangua  ich  dürste,  wörtlich 
ich  wünsche  Trunk  meine  Speise,  gamua  ia  ani  dieses  (ist)  deine 
Speise,  na  gania  seine  Speise  u.  s.  w. 

§  295.  Die  persönlichen  Pronomina  werden  zuweilen  als  PW" 
sessiva  gebraucht:  na  vadhe  inau  mein  Haus,  na  momolu  igoi  dßW 
Wohnort,  mono  igami  unser  Ort,  na  vadhe  igami  unser  Haus. 

§  296.  Das  unverbundene  Possessivum  wird  durch  die  Prtpfr 
sition  ni  mit  dem  Possessivsuffix  ausgedrückt:  .ningua  der  »einigt 
nimua  der  deinige,  ninia  der  seinige,  oder  mit  dem  unbestimmt 
Artikel:  sa  ningua  ein  Meiniges,  sa  nimami  ein  Unsehges,  sa  nid* 


DlE    MELANKSISCHEN    SPRACHEN:     MaHAGA.  455 

ein  Ihriges,  auch  mit  dem  bestimmten  Artikel :  na  ninia  das  Seinige. 

Auch  folgt  oft  noch  ein  Substantiv  mit  oder  ohne  Artikel  nach,  und 

es  gilt  dann   als  gewöhnliches  Possessivum:    tüngua  na  fala  raei&e 

Sache,  ningua  na  vadhe  mein  Haus,  ningw  na  puipuli  meine  Scheere, 

mmua  na  hagore  deine  Rede,    mnia  na  fala  seine  Sache,    ninia  na 

vehik  sein  Gebot,    nimami  na  vadhe  unsere  Häuser,    nimiu  na  kepi 

euere  Hute,  nindia  na  fala  ihre  Sachen,  ninia  mono  sein  Ort,  nindia 

hinage  ihr  Canoe. 

§  297.  Demonstrativa  sind  ari  dieser,  eri  jener,  ia  ani  dieser, 
iß  neni  jener  (von  ani  hier,  eni  da),  denen  zur  Verstärkung  oft  noch 
die  Demonstrativpartikeln  ge,  ri  ge  nachgesetzt  werden:  ia  ani  ge, 
ia   neni  ge,  ia  ri  ge,  eri  ge. 

Manea,  Mensch,  Person,  wird  zuweilen  als  Pronomen  gebraucht 

und  kann  durch  dieser,  er,  derselbe,   übersetzt  werden:    manea  ge- 

henia  dieser  allein,  er  allein,  na  hava  na  hagore  manea  na  was  spricht 

derselbe?    manea  he  hagore  vani  gila  er  spricht  zu  uns,    manea  ke 

fcaw  be  teo  lebt  er  oder  nicht"7 

§  298.    Interrogativa  sind  hai  wer?  hava  was?  mha  wieviel? 

Der  Genitiv  von  hai  wird  durch  nia,  plur.  ndia  gebildet,  das 
entweder  dem  Fragpronomen  oder  dem  Wort,  von  welchem  der 
Genitiv  abhängt,  angefügt  wird :  hainia  na  fala,  wessen  ist  das  Ding? 
m  kehenia  hai  wessen  Sinn?  Oefters  werden  auch  die  unverbundenen 
Possessiva  ninia,  nindia  gebraucht:  ninia  hai  na  fala  oder  hainia 
nma  na  fata  wessen  ist  das  Ding?  hai  nindia  na  fala  wessen  von 
ihnen  ist  das  Ding? 

Ausserdem  wird  der  Plural  von  hai  durch  das  hinzugesetzte 
Pronomen  Pers.  im  Plural  ausgedrückt:  hai  ke  da  lanihia  wer  sind 
die,  die  es  wollen?  Ia  dia  ra  hai  ke  mono  dadhenia  God  bei  wem 
verweilte  der  Sohn  Gottes? 

Hava  steht  bald  mit  bald  ohne  Artikel:  hava  ko  poli  vani  u 
was  verbirgst  du  vor  mir?  hava  ko  velea  was  sagst  du?  hava  ke 
tohagi  na  naemu  was  leidet  dein  Fuss?  kujukunia  na  dhehenda  na 
hava  was  ist  die  Ursache  unseres  Todes?  ei  nia  na  hava  für  was, 
weswegen?  na  hava  ko  eia  nia  weshalb  thust  du  es?  na  hava  na 
fala  was  für  ein  Ding?  na  hava  ge  rige  was  ist  dies? 

§  299.  Indefinita  sind:  keha  irgend  ein,  kekeha,  si  na  vike 
einige,  si  na  —  si  na  der  eine  —  der  andere,   sike  gua  ein  anderer, 


156  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

fata  (Ding)  oder  keha  fata  etwas,  teo  sa  kein,  sedhe  viele,  gehe  allein, 
stets  mit  dem  Possessivsuffix:  gehengu  ich  allein,  gehemu  du  allein, 
gekema  er  allein. 

§  300.  Ein  Relativum  giebt  es  nicht.  Das  Reflexivam  wird 
durch  das  Pronomen  Personale  ausgedrückt:  ku  madhohi  u  ich  strecke 
mich,  ko  madhohi  go  du  streckst  dich,   ke  madhohia  er  streckt  sich. 


5.  Verbum. 

§  301.  Die  Personen  am  Verbum  werden  durch  die  vorge- 
setzten Pronomina  (§  292)  ausgedrückt:  die  in  der  dritten  Person 
auch  nicht  fehlen  dürfen,  wenn  das  Subject  dabei  steht:  ku  hagore 
ich  sage,  ho  hagore  du  sagst,  ke  hagore  er  sagt,  mane  he  sopo  ein 
Mann  sitzt,  na  tinoni  ke  na  mono  die  Menschen  wohnen  u.  s.  w. 

Das  Tempus  wird  meistens  nicht  bezeichnet,  ku  hagore  kann 
nach  Umständen:  »ich  sage,  ich  sagte«,  oder  »ich  werde  sagen« 
bedeuten.  Soll  aber  die  Vergangenheit  oder  Zukunft  ausgedrückt 
werden,  so  geschieht  es  durch  beigesetzte  Adverbien  der  Zeit:  kwju 
vanonia  er  ist  gegangen,  ku  regia  niodha  (e  hau)  ich  sah  es  gestern 
(lange  zuvor),  koro  dhehe  hi  sie  sind  gestorben,  na  tinoni  he  dhehe 
i  vugoi  der  Mensch  stirbt  morgen,  kikimua  ku  regia  bald  werde  ich 
ihn  sehen,  ku  mono  kilili  mua  du  wirst  umherirren. 

Der  Imperativ  wird  durch  das  Verbum  allein  oder  mit  ror- 
gesetztem  Pronomen  ausgedrückt:  taveti  geh,  he  gieb,  hau  bring» 
nimm,  hage  geh  hinein  —  ko  vano  geh,  igoi  ko  tawgo  liebe,  <h 
sollst  lieben,  ko  ti  hage  geht  hinein,  ko  ti  mai  kommt. 

Zu  Bezeichnung  des  Prohibitivs  dienen  die  Negationen  * 
*at,  sa  fa,  sa  goi:  sa  laveti  hau  niu  geh  nicht  weg  von  mir,  sai  f*' 
galia  schüttelt  es  nicht,  sa  ta  Lanoli  a  fass  es  nicht  an,  sa  goi  har 
göre  kilili  sprich  nicht  in  den  Tag  hinein. 

Der  Infinitiv  steht  wie  ein  Substantiv  bald  mit  bald  oh^ 
Artikel:  e  na  boi  matagu  laveti  hau  sie  fürchten  sich  nicht  *w 
zu  gehen,  mane  ke  boi  andoa  na  odho  der  Mensch  kann  nfc" 
schwimmen. 

Einen  Ausdruck  für  das  Passiv  um  habe  ich  nicht  gefunden. 


Die  melaneslschkn  Sprachen:    Mahaga.  457 

6.  Adverbium. 

§  302.  i)  Adverbien  des  Orts:  ani  hier,  eni  da,  dort,  eeni 
hierher,  neneni  dorthin,  atu,  vano  (eigentl.  gehen)  hin,  mai  (eigentl. 
kommen)  her,  iambiru  wieder,  zurück,  tambirubiru  hin  und  her, 
KSK  umher,  kora  innen,  fco«,  ikosi  aussen,  hinaus,  popo  oben,  hin- 
auf, paka,  sara  unterhalb,  dhepa  unten,  hinab,  hadi  aufwärts,  horu 
unten,  nieder,  westwärts,  gadhaga  ostwärts,  dho&a  vorwärts,  süd- 
wärts, sapa  rückwärts,  nordwärts,  hagedha  ausserhalb,  vula  heraus, 
hindurch,  sunga  innen,  garani  nahe,  hau  fern,  garigeni  nebeneinander, 
vdfwhda  entlang,  längs  hin,  talogui  diesseits,   liu,  korai  jenseits. 

2)  Adverbien  der  Zeit:  eu  jetzt,  angai  eni  jetzt,  heute,  niodha 
gestern,  vugoi  morgen,  valiha  übermorgen,  vitolu  in  drei  Tagen,  saa 
a&ga  in  Zukunft,  hau  vormals,  ehemals,  hau  nie  hau  lange  Zeit,  längst, 

Juninia  vormals,  kikimua  bald,  alsbald,  kidi  zuvor,  zuerst,  gua  wieder, 
**oeh,  mua  bald,  noch,  ke  nu  gua,  ke  nu  mua  bald. 

3)  Adverbien   der  Beschaffenheit:     hi   völlig,    govu   fertig, 
ganz,  hutu,  puala,  pululu  sehr,  vamua  nur. 

4)  Adverbien  der  Ursache:  nta,  enia  deswegen,  damit. 

5}   Adverbien  der  Frage:    ive  wo?   wohin?    ivea  wo?    ivehi 
^vohin?  angai  wann?  riiha  wann?  wie  oft?  fec,  mbe  ob?  enia   (einia) 
*<i  hava  warum?  weswegen?  be  hava  warum?  havania  wie? 

6)  Adverbien  der  Bejahung    und  Verneinung:    Ali,    tutuni 
torwahr,  ja,    fcot,    fcai,   bo   si   nicht,    teo  nicht,  nein,    *«,  sai   nicht 

^rohib.) 

7)  Final partikel   ist  na,   sowohl   nach   aussagenden   als  nach 
fragenden  Sätzen. 

7.  Präposition. 

§  303.    Die   meisten   Wörter,   die    als   Präpositionen  gebraucht 

werden,  sind  eigentlich  Adverbien,  Nomina  oder  Verba;    Adverbien 

nehmen  dann  zuweilen   die„   das  Verhältniss  sowohl   der  Bewegung 

als  der  Ruhe  ausdrückende  Präposition  i  nach  sich:  kora  t,  stmya  i, 

paka  t,  sara  t,  popo  t. 

Als  Präpositionen  werden  gebraucht: 

i  in,  zu,  nach 
ni  von,  vor 


158  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

ta  bei,  zu 

mai  (kommen)  von,  aus 

van,  vani,  vano   (gehen)   zu 

ei  (machen)  wegen 

einia,  enia  wegen,  mit  (Instr.) 

mana  (verlassen,  leer)  aus 

dua  mit 

tari  (verbinden)  mit 

kori  in,  auf,  an 

halt  für,  zu 

nago  (Vordertheil)  vor 

legu  (Folgen)  nach,  hinter 

vele  (sagen)  zu 

regi,  dorovi,  dodoro  (sehen),  zu 

olihi  (tauschen,  wechseln)  anstatt 

tugu  anstatt 

sedhevu,  manivi,  mativi  neben 

hadhavu  durch 

hotagi,  hili  gani  zwischen 

talugi  ausserhalb 

kujukunia  (seine  Ursache)  wegen 

vagania,  hogonia  (ihm  gleich)   wie. 


8.  Conjunction. 

§  304.      me  (ma,  mi,  mo,  mu)  und,  dass,   damit 

ba,  be,  mbe,  e  oder  (in  der  Frage) 

da,  nda  wenn 

gi,  ea  gi  bis 

nia,  ei  nia,  enia  weil 

kujukunia,  kudania  weil 

goi,  wo,  wu  dass  nicht,  damit  nicht. 
Die  Conjunction  me  ändert  ihren  Yocal  nach  dem  ersten  Vocal 
des  darauffolgenden  Pronomens  oder  Artikels;  man  sagt  z.B.  me  he 
toke,  me  ke  mai,  aber  na  dani  ma  na  mboni,  ma  ka  ti  mahu,  mi  ki  ti 
mahn,  mo  ko  ti  mahu,  mo  ko  vahage,  mu  ku  mahu.  Zuweilen  wird 
auch  in  solchen  Fällen  das  nachfolgende  Verbalpronomen  ka,  ke,  ki, 


Die  melanksisciiE!!  Sprachen:    Mahaga.  159 

ko,  kn  weggelassen,   da  es  schon  durch  den  Vocal  der  Conjunction 

bezeichnet  ist;  so  sagt  man:  ma  ti  uogura  und  wir  fangen  iift  Netz, 

mi  ti  regi  und  wir  sehen,  me  na  alu  und  sie  gehen,  mo  ti  mal  und 

ihr  kommt,    olu  horu  mo  taveti  bücke  dich  und  gehe,    iso  mua  mv 

regi  ra  noch  ein  wenig   und  ich  sehe  sie.     Auch  sagt  man  mi  statt 

me  i,  z.  B.  i  Iudea  mi  Samaria  in  Judfta  und  in  Samaria,  dhepa  mi 

popo  unten  und  oben.    Wo  kein  Pronomen  oder  Artikel  folgt,  bleibt 

me  unverändert:  alu  da  i  lau  me  misiu  da  i  taihi  wir  gehen  in  die 

Bucht  und  baden  im  Meere,  hagore  dheudhehu,  me  kiakia,  me  laulahu 

sprecht  lustig  und  lacht  und  spielt. 


9.  Intetjection. 

I 

§  305.    Als  Interjectionen  kommen  vor:    koi  o  (vor  Vocativen) 
e  ei,  ach,  nau  siehe,  ovi  ach,  wehe. 


VI.  Wortfügung. 

A.    Einfacher  Satz. 

1.   Die  Satztheile. 

§  306.  Die  Substantiva  haben  den  Artikel  vor  sich,  auch 
wenn  ein  Pronomen  possessivum  nachfolgt:  na  vadhengu  mein  Haus, 
na  limamu  deine  Hand,  na  gaugambuania  sein  Blut.  Oefters  wird  in 
solchen  Fallen  jedoch  auch  statt  des  Artikels  das  persönliche  Pro- 
nomen vorangestellt:  ku  tonongu  mein  Eigenthum,  ko  tonomu  dein 
Eigenthum,  ki  ti  mono  i  gami  unsere  Wohnung. 

Wenn  mit  dem  Substantivum  kein  bestimmter  Gegenstand  be- 
zeichnet wird,  so  steht  es  gewöhnlich  ohne  Artikel:  gai  ke  nasi  ke 
toke  halt  tila  festes  Holz  ist  gut  zu  Keulen,  tago  jagimaha  ke  ioke 
bali  lalago  iga  Schiffsangeln  sind  gut  um  Fische  zu  fangen,  flke  gai 
Bolz  hauen,  dhavi  kutu  den  Leib  aufschneiden,  kou  mbea  Wasser 
trinken,  puipui  kort  biti  in  der  Küche  kochen. 

§  307.  Der  Genitiv  steht  nach  dem  Nomen,  von  welchem  er 
abhängt,  und  welches  das  Possessiv-Suffix  annimmt:  na  vusunia  na 
gai  die  Schösslinge  des  Baumes,  eloelonia  na  hego  Blätter  der  Brod- 


160  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

frucht,  na  naenia  mane  eni  die  Beine  dieses  Menschen,  na  lanendia 
na  vaivine  die  Stirnen  der  Weiber,  na  uludia  na  tindadho  die  Köpfe 
der  Leichen. 

Wenn  beide  Nomina  ohne  Possessivs  uff  ix  und  Artikel  neben 
einander  stehen,  so  kann  man  dies  als  eine  Wortzusammensetzung 
(§  288)  ansehen:  tayo  jagimaha  Schiffsangel,  adho  jagimaha  Schiffs- 
kette, mane  jagimaha  Schiffsmann,  Schiffer  u.  s.  w. 

§  308.  Das  Adjectiv  steht  nach  seinem  Substantiv;  hat  es 
noch  ein  Adverbium  bei  sich,  so  wird  dieses  nachgesetzt:  na  vaka 
ke  hutu  puala  das  sehr  grosse  Schiff,  na  gahira  ke  hohe  puala  dar 
sehr  schwere  Stein,  mane  ke  heia  govu  ganz  kräftige  Männer,  na  dho 
e  nasi  pupulu  die  sehr  feste  Schnur. 

§  309.  Der  Singularis  des  Pronomens  steht  nach  Zahlwörtern 
und  nach  sedhe  viel,  z.  B.  tolu  ke  heia  ke  harn  drei  kräftige  (Männer) 
lebten,  e  rua  m  vainia  ke  garania  na  luainia  zwei  seiner  Beine  sind 
nahe  an  seinem  Hals,  fata  ke  sedhe  ke  mono  kora  i  kei  viele  Sachen  sind 
in  dem  Sack,  fei  ke  sedhe  ke  hage  viele  Fische  gehen  hinein.  Doch 
kann  nach  sedhe  auch  der  Plural  stehen,  wie:  mara  ke  sedhe  ke  na 
atu  i  meleha  viele  Männer  gehen  in  den  Busch,  na  linoni  ke  sedhe 
ke  na  legua  viele  Menschen  folgen  ihm. 

§  31 0.  Der  Dual  des  Pron.  1 .  Pers.  wird  in  eigentümlicher 
Weise  angewendet,  um  »mit  mir«  auszudrücken:  ro  gami  hai  ku  ru 
da  vano  na  kori  hadhautu  i  Telaihi  wir  zwei  wer  wir  zwei  geht 
(d.h.  .wer  geht  mit  mir)  den  Weg  nach  T.  Oka  rnui,  lari  vanm, 
rogila  Oka,  komm  mit  mir,  wir  zwei.  Eine  ähnliche  Redeweise 
findet  sich  in  Yunmarama  (§  97). 

§  311.  Das  persönliche  Pronomen  steht  des  Nachdrucks  wegen 
oft  noch  in  der  volleren  Form  vor  dem  kürzeren  Verbalpronomen: 
inau  ku  hutu,  igoi  ko  iso  ich  bin  gross,  du  bist  klein,  igami  i  ü 
matagu  wir  fürchten  uns.  gita  ka  ti  hatia  wir  tragen  es.  i  gamu  Jen 
ti  mono  hi  tangua  ihr  bleibt  bei  mir.  iira  ke  na  dhambuhi  ra  sie 
bekämpfen  sie 

§  312.  Gewisse  Verba  nehmen  zuweilen  das  Possessivsaffix 
statt  des  Verbalpronomen  an  und  werden  also  wie  Substantiva  be- 
handelt; dies  geschieht  besonders  bei  atu  gehen  und  malagu  fürchten. 
Man  sagt  zwar  ka  ti  atu  tanolia  na  bodho  wir  gehen  das  Schwein 
zu  fangen,  ko  ti  atu  tania  tama  min  ihr  geht  zu  eurem  Vater,  ke  m 


0 

t 

Die  mklanesischen  Sprachen:    Mahaga.  161 

niu  i  meleha  sie  gehen  in  das  Innere  des  Landes,   ke  na  matagu  ni 
gita  sie  fürchten  sich  vor  uns,  e  na  bot  matagu  taveti  hau  sie  fürch- 
ten sich  nicht   weit  zu  gehen,    igami  i  ti  matagu  wir  fürchten  uns 
u.s.w.  aber  auch  inau  na  teo  na  atu&gu  ich  gehe  nicht,  atuda  i  lau 
me  mmuda  i  taihi   gehen   wir  ans  Ufer  und  baden  wir  im  Meere, 
ke  teo  na  atunia  er  geht  nicht,  na  matagu  nifigua  ich  fürchte  mich. 
regia  me  sedhe  na  mara  matagu  ni  ra  da  (wenn  wir)   sehen,   dass 
der  Männer  viele  sind,   furchten  wir  uns  vor   ihnen.     So  noch:    na 
oho  ke  songalai  hi  rarainda,   hu  hi  na  aho,  nereda  wenn  die  Sonne 
aufgeht,  erwachen  wir,   wenn  die  Sonne   untergeht,    schlafen   wir. 
mha  horui  maimu?  wie  oft  kamst   du?    mhai  horui  hagorengu?  wie 
oft  sagte  ich  es?  mamamo  ningua  ich  schäme  mich,  nere  ningua  kori 
madha  ich  schlafe  im  Bett,    hava  ko  nia  vere  nimua?  weshalb  wun- 
derst du  dich?  hanga  tanihia  ningua  oder  ku  lanihia  ich  wünsche. 

So  wird  auch  das  Fragwort  ive,  wo,  zuweilen  als  Substantiv 
behandelt  und  mit  dem  Possessiv  verbunden:  ive  mu  ke  vahagi?  wo 
schmerzt  es  dich? 


2.  Prädicat,  Copula,  Negation. 

§  313.  Eine  Copula  fehlt  der  Sprache,  doch  werden  Subject 
und  Prädicat  gewöhnlich  durch  das  Verbalpronomen  mit  einander 
verbunden,  das  dann  die  Stelle  der  Copula  vertritt:  inau  ku  hutu 
igoi  ko  iso  ich  bin  gross,  du  bist  klein,  na  aho  i  Mahaga  ke  vuvugu 
fuala  die  Sonne  in  Mahaga  ist  sehr  heiss,  na  uvi  ta  mami  ke  kokoru 
die  Yam  bei  uns  ist  kurz.  So  auch,  wenn  das  Subject  nicht  aus- 
gedrückt ist:  na  aho  ke  papara,  me  ke  raraha  me  ke  dani  die  Sonne 
icheint  and  es  ist  Licht  und  es  ist  Tag,  ronovia  na  kiokido,  ke  hi- 
wtia  hört  die  Glocke,  es  ist  Mittag,  pugulia  kori  joto  me  ke  jono 
verbrenn'  es  im  Feuer  und  es  wird  schwarz,  God  ke  eia  Satan  ke 
kke  mua  Gott  machte  Satan  er  war  noch  gut  (dass  er  noch  gut  war). 

§  314.  In  ähnlicher  Weise  können  auch  Adverbien,  beson- 
ders die  Negationen,  im  Prädicat  stehen:  ke  nu  gua  mo  taveti  es 
irt  bald  du  gehst  (du  gehst  bald),  gamu  ko  ti  da  royovia  ke  angai 
mi  wenn  ihr  es  hört  (da)  es  jetzt  ist  (wenn  ihr  es  jetzt  hört),  si 
m  mbo&i  ke  madhaho,  si  na  mboni  ke  teo  die  eine  Nacht  ist  kalt, 
lie  andere  Nacht  ist  es  nicht,  ka  ti  rarai,  ke  teo  wir  erwachen,  es 

Abfca»41.  4.  K.  S.  Gesellte!),  d.  Wissensch.    XVII.  1 1 


162  H.  C.  von  der  Gabklentz, 

ist  nicht  (der  Traum),  na  fata  ke  boi  hohe  die  Sache  ist  nicht  schwer, 
mane  ke  boi  heta  gua  der  Mann  ist  nicht  mehr  kräftig,  mala  toi  nia 
ke  teo  sein  linkes  Auge  war  nicht  (fehlte),  na  tinoni  ke  na  boi 
na  vetula  God  die  Menschen  haben  nicht  die  Gebote  Gottes. 


3.  Frage. 

§  315.  Die  directe  Frage  nach  der  Existenz  einer  Sache  unter- 
scheidet sich  in  der  Form  nicht  von  der  Aussage:  God  ke  boi  tae&go 
giia  kann  heissen:  Gott  liebt  uns  nicht,  aber  auch:  liebt  Gott  uns 
nicht?  toke  na  hehenia  sein  Herz  ist  gut,  oder:  ist  sein  Herz  gut? 

Häufig  wird  die  Frage  durch  die  Partikel  na  am  Ende  des 
Satzes  hervorgehoben:  ke  angai  eni  ko  ti  gidhadha  na'  versteht  ihr  es 
jetzt?  teo  mua  na  vahagi  na  leidet  er  nicht  mehr? 

Anm.  In  folgendem  Satze  scheint  die  Fragpartikel  na  dreimal  wiederholt  m 
sein :  igami  na  ko  ti  bo  si  andoa  na  na  hadhautunia  n a  kennt  fr 
nicht  seinen  Weg? 

§  316.  Die  Pronomina  interrogativa  hai  wer?  hava  was?  wer- 
den  wie  Substantiva  im  S#tz  behandelt:  hai  indomu  wer  ist  deine 
Mutter?  hai  ke  bilau  ningua  na  fata  wer  stiehlt  meine  Sache?  k» 
ke  andoa  tokea  na  wer  weiss  es  recht?  ke  legua  na  hehenia  k* 
wessen  Sinn  folgt  er?  ta  dia  ra  hai  ke  mono  bei  wem  wohnt  er? 
na  hava  na  vetula  God  welches  ist  das  Gebot  Gottes?  hava  ko  v<k* 
was  sagst  du?  e  hava  ke  nia  hagore  vani  ra  nia  na  was  sagt  er  des- 
halb zu  ihnen?  ke  hava  na  ro  hehe  dia  dadhe  dia  was  war  der  Sim 
ihrer  zwei  Söhne? 

§  317.  Die  Fragadverbien  ive,  angai,  havania  u.  s.  w.  steh* 
bald  zu  Anfang  bald  zu  Ende  des  Satzes :  ive  na  mono  ke  icke  •* 
ko  hagorea  na  wo  ist  der  gute  Ort  von  dem  du  sprichst?,  ive  na  rf* 
niana  na  momolu  igoi  wo  (welches)  ist  der  Name  deines  Landes? 
angai  gia  ti  dhona  i  Mahaga  wann  gehen  wir  nach  Mahaga?  fo  * 
kanju  havania  na  hinage  wie  zimmert  ihr  die  Schüfe?  einia  na  hß* 
ko  ti  dhambuhi  ra  dia  na  tinoni  warum  bekämpft  ihr  die  Leute  *  | 
einia  na  hava  ko  boi  tihia  nia  na  pohe  eri  warum  wäschst  du  diese*  I 
Kleid  nicht?  igoi  ko  engo  ive  wo  wohnst  du?  na  vua  ke  mono  •* 
wo  lebt  das  Krokodil?  gamu  ko  ti  mono  popo  i  gai  ema  na  h&* 
weswegen  wohnt  ihr  auf  Bäumen? 


Die  melanesischen  Sprachen:    Mahaga.  163 

§  318.  Das  Fragpronomen  mit  darauffolgendem  da  wird  statt 
des  Prohibitivs  gebraucht:  hat  da  matagunia  (wen  fürchtest  du?) 
fürchte  ihn  nicht,  hat  ko  da  dhambuhia  schlagt  ihn  nicht,  hava  da 
matagunia  saporaginia  na  vaka  ari  goi  ri  ge  fürchte  dich  nicht,  das 
Scbiff  zu  theeren. 

4.  Attribut,  Apposition. 

§  319.  Das  Adjectiv  steht  als  Attribut  nach  seinem  Substantiv, 
mit  dem  es  in  der  Regel  durch  ke  verbunden  wird:  na  vaka  ke  hutu 
das  grosse  Schiff,  na  fala  ke  sedhe  viele  Sachen,  mane  ke  dika  böse 
Menschen,  na  mara  ke  puhi  die  erwachsenen  Männer,  gare  ke  iso 
kleine  Kinder,  na  hagore  ke  toke  das  gute  Wort,  gai  ke  nasi  festes 
Holz,  ke  eia  na  dho  ke  toke  ke  pura  er  macht  eine  gute  weisse  Schnur. 
Doch  wird  ke  auch  zuweilen  weggelassen :  tnomolu  iso  (kleines  Land) 
Insel,  mala  mandodho  das  rechte  Auge,  maia  toi  das  linke  Auge, 
«ote  pojaga  ein  schmutziges  Auge,  na  mono  toke  ein  guter  Aufent- 
halt, mane  dika  ke  vuhunia  na  bage  inau  böse  Menschen  schiessen 
mit  dem  Bogen  nach  mir. 

§  320.  Die  Apposition  steht  ebenfalls  nach:  Bolofagina  na 
fadadho  Bolofagina  der  Spukgeist,  gita  na  towulu  wir  die  Menge. 
fe  taengo  gita  na  tinoni  er  liebt  uns  Menschen,  tamamiu  na  i  popo 
euer  Vater  droben. 

5.  Subject. 

§  321.  Das  Subject  kann  sowohl  vor  als  nach  dem  Verbum 
stehen.  Vor  demselben  steht  es  z.B.  in  folgenden  Sätzen:  na  iga 
he  dhona  kori  kalaie  der  Fisch  geht  in  seichtes  Wasser,  iira  ke  na 
ikambuhi  ra  sie  bekämpfen  sie.  na  uha  ke  horu  der  Regen  fällt 
nieder,  ke  mono  i  popo  tania  God  er  wohnt  oben  bei  Gott,  si  na 
fori  ke  royovia  na  vetula  God,  manea  tahinia  ke  boi  ninia  na  vetula 
der  eine  Sohn  hörte  auf  das  Gebot  Gottes,  sein  Bruder  war  dem 
Gebot  ungehorsam,  na  in  ke  rage  der  Hund  läuft,  mane  ke  taveti 
wtia  momolu  der  Mensch  verlässt  das  Land. 

§  322.    Das  Subject  steht   nach  dem  Verbum:    liligi  na  hinage 

*c  ke  luvu  na  tinoni  das  Schiff  kentert  und  die  Menschen  ertrinken. 

kokopili  na  dhepa,  ke  kutu  na  fata  kora  i  vadhe   es   zittert  die  Erde, 

es  fallen  die  Sachen   in  dem    Hause,    ke  dhovo  na  manu  der  Vogel 

11* 


464  M.   C.   VON  DER  GaBELENTZ, 

fliegt,  ke  horu  na  uha  es  föllt  der  Regen,  tutu  na  kulada  unser  Herz 
klopft,  ke  vahagi  na  lua&gu  mein  Hals  schmerzt,  fufutunia  na  ahunia 
na  joto  es  braust  der  Rauch  des  Feuers  (bei  einer  Dampfmaschine}. 
utuhi  enia  ningua  na  puipuli  na  ulunia  mane  eni  dieser  Mann  ver- 
schneidet ihm  mit  meiner  Scliecre  die  Haare,  ke  na  mai  dhambuhi 
ra  mara  i  Lokiha  ke  sedhe  viele  Männer  von  Lokiha  kommen  sie  zu 
bekämpfen. 

§  323.  Ebenso  nach  dem  Prädicat,  wo  man  die  Copula  hin- 
zudenken muss:  ke  mela  na  saau  roth  ist  die  Pfirsiche,  ke  boi  nasi 
na  hego  nicht  hart  ist  die  Brodfrucht,  ke  munia  na  ehu  süss  ist  das 
Zuckerrohr,  pojaga  na  iaihi  trüb  ist  das  Meer,  ke  teve  na  legunia, 
me  ke  tioga  na  nagonia  lang  ist  das  Hintertheil  und  kurz  das  Vor- 
dertheil  (des  Canoes).  toke  na  unaunania  na  gai  gut  ist  der  Schatten 
des  Baumes,  ke  puni  na  vadhe  finster  ist  das  Haus,  ke  boi  munia 
mbea  ia  ani  dieses  Wasser  ist  nicht  süss. 


6.   Object. 

§  324.  So  wie  das  Subject,  so  nimmt  auch  das  Object  seine 
Stellung  bald  vor,  bald  nach  dem  Verbum.  Nach  demselben  siebt 
es  in  folgenden  Fällen:  toke  na  gau  bali  tombi  sesehu,  bau  utuhi  g» 
das  Messer  ist  gut  um  Gras  zu  mähen,  um  Holz  zu  schneiden,  ko  9$ 
dhapi  steck  die  Zunge  heraus,  atu  regia  na  tinoni  ke  gidadha,  me  h 
dpa  na  hei  mu  geh  zu  einem  kundigen  Mann  (einen  k.  M.  zu  sehen) 
dass  er  mir  den  Zahn  herauszieht,  ke  songia  na  kaukaunia  eimc  ** 
gau  er  schneidet  sich  mit  dem  Messer  in  die  Finger,  ke  utuhia  * 
gadho  er  zerschneidet  den  Strick,  ka  ti  ato  tanolia  na  bodko  w* 
wollen  gehn  das  Schwein  zu  fangen,  ke  na  andoa  na  ei  vadhe  f* 
verstehen  Häuser  zu  bauen,  talu  horu  ra  na  garatu  igamu  legt  eoef* 
Speere  nieder,    tanoli  nasia  na  lapa  halt  die  Schussel  fest. 

§  325.  Das  Object  steht  vor  dem  Verbum:  na  ragova  i  boA* 
ku  boi  mania  hoginia  das  Fett  am  Schwein  liebe  ich  nicht,  iok  ** 
gai  ke  lalari  ke  sosokaragi  kori  laihi  drei  Pfahle  bindet  man  zusfiflf 
men  und  stellt  sie  im  Meere  auf.  na  tononia  ki  ti  gania  na  doeto** 
ki  ti  nia  e  vadhe  ihren  Stamm  (der  Sagopalme)  essen  wir,  von  ihr* 
Blättern  bauen  wir  Häuser,  na  tononia  ke  giagila  kori  londu  sein* 
Körper  legt  man  in  das  Grab. 


Die  mklanesischen  Sprachen:    Mahaga.  4  65 

§  326.  Das  indirecte  Object  kann  sowohl  nach  als  vor  dem 
directen  stehen:  sa  talu  bambala  na  gai  kora  i  sosoro  lege  das  Holz 
nicht  quer  in  das  Boot,  ka  ti  sosoni  hahagea  kori  hinage  na  fei  wir 
legen  die  Fische  in  das  Schiff. 

§  327.  Auch  wenn  das  Object  ausgedrückt  ist,  wird  dem  Ver- 
bum  das  Pronominalsuffix  (a,  ra)  beigefügt:  laria  no  mbpdho  bindet 
das  Schwein,  hatia  na  fala  ia  ani  dorovia  Mahi  bring  diese  Sache  zu 
Main,  koua  na  mbea  ani  trinke  dieses  Wasser,  ku  regia  vanua  ke  hau 

ich  sehe  Land  in  der  Ferne,  talu  horu  ra  na  garatu  igamu  legt  eure 

Speere  nieder. 

§  328.  Wenn  ein  Adverbium  dem  Verbum  folgt  oder  zwei 
Verba  verbunden  sind,  deren  letzteres  adverbial  steht,  so  haben  ent- 
weder beide,  oder  auch  nur  das  letztere  das  Pronominalsuffix:  hatia 
fnaia  ne  gai  bring  das  Holz  her.  rotea  horua  na  mbea  kori  nim/ua 
hinao  giess  das  Wasser  (nieder)  in  meinen  Becher,  sa  tamboa  kililia 
na  fala  greif  das  Ding  nicht  unvorsichtig  an.  dhagia  hadia  na  jaraha 
zieht  das  Netz  auf  —  aber  auch  dhagi  hadia  na  iga  zieht  die  Fische 
auf.  ko  ti  boi  ronovi  sesamia  nia  ani  ihr  hört  es  deshalb  nicht  schnell. 
tupipuhi  hadhatanoa  na  pava  i  sosoro  nagelt  die  Breter  in  dem  Boot 
zusammen. 

§  329.  Wie  vorstehende  Beispiele  zeigen,  stehen  die  den  Be- 
griff des  Verbums  naher  bestimmenden  Adverbien  nach  demselben: 
w  tinoni  neneni  ke  taveti  sesami  der  Mensch  dort  läuft  schnell,  ke 
tWtn  toke  a  na  hagore  er  hört  die  Rede  gut. 

§  330.  Adverbien  der  Zeit  stehen  in  der  Regel  zu  Anfang  des 
Salzes  und  'haben  das  Verbalpronomen  ke  bei  sich,  oder  sind  mit 
dem  folgenden  durch  me  verbunden,  werden  also  als  selbständige 
Sätze  betrachtet:  ke  angai  eni  ka  ti  havula  pohe  heute  waschen  wir 
die  Kleider,  ke  dani  ki  ti  rangi,  ke  mboni  ki  ti  sah  am  Tage  tanzen 
wir  in  der  Nacht  springen  wir.  e  rua  na  mboni  ke  na  nia  engo,  e 
nw  na  dani  ke  na  nia  taveti  mai  zwei  Nächte  ruhen  sie  daher  und 
zwei  Tage  gehen  sie.  boni  me  todha  na  lui  des  Nachts  zündet  man 
Licht  an.  ke  nu  gua  ku  mono  hotagi  miu  bald  bin  ich  unter  euch. 
Ükimua  ke  hu  na  aho  bald  geht  die  Sonne  unter,  boni  me  nere,  me 
im  me  huve  na  to  des  Nachts  schlafen  sie  und  am  Tage  decken  sie 
(das  Haus)  mit  Palm  blättern. 


166  H.  C.  VON  der  Gabelentz, 

§  331.  Der  Ort,  auf  welchen  sich  die  Handlung  bezieht,  sowie 
das  Instrument,  mit  welchem  sie  ausgeführt  wird,  wird  im  Mahaga 
häutig  als  das  directe  Object  der  Handlung  betrachtet:  mono  igam 
ti  mono  matagu  in  unserem  Wohnort  wohnen  wir  in  Furcht.  Natim- 
biu  ke  sedhe  na  vua  in  Nalimbiu  sind  die  Krokodile  häufig,  sedhe  na 
tinoni  me  koli  si  na  vadhe  die  Menschen  sind  zahlreich  und  schlafen 
in  verschiedenen  Häusern,  ke  na  vano  Higota  sie  gehen  nach  Higota. 
mare  ke  tau  Higola  die  Männer  die  in  Higota  zurückblieben,  pugu 
i  (jania  na  peko  röstet  (die  Fische)  zur  Speise  in  dem  Canoe.  ke 
rihu  ra  na  gohira  er  bekämpft  sie  mit  Steinen,  ka  ti  regia  me  tadha- 
hia  nia  na  jau  wir  sehen  sie  (die  Fische)  und  fangen  sie  daher  in 
(mit)  dem  Netze. 


B.    Zusammengesetzter  Satz. 

1.  Coordinirte  Sätze. 

§  332.  Die  Verbindung  zusammengehöriger  Sätze  sowie  zusam- 
mengehöriger Satztheile  erfolgt  durch  die  Conjunction  me,  und:  iw 
taihi  ke  sosolagi  atu  me  ke  sosolagi  tambiru  mai,  das  Meer  fluthet  weg 
und  es  fluthet  wieder  her.  mane  ke  kajiga  me  ke  vahagi  na  hehoM 
der  Mann  hustet  und  die  Brust  thut  ihm  weh.  na  dho  ke  tatari  kon 
gai  popo,  me  vui,  me  lanolia  na  dho,  me  vtti  sapa  me  vui  dhona  ff* 
vui  hadi  me  vui  horu  das  Seil  bindet  er  an  den  Baum  oben  und 
ergreift  das  Seil  und  schwingt  hin  und  her  und  auf  und  nieder. 

§  333.  Bleibt  in  den  verbundenen  Sätzen  das  Subject  dasselbe» 
so  wird  das  Verbalpronomen  zuweilen  nicht  wiederholt:  na  fei  b 
dho^a  kori  kalaie  me  vana,  ka  ti  regia  me  tadhahia  nia  na  jau  die 
Fische  gehn  an  das  Ufer  und  fressen,  wir  sehen  sie  und  fangen  8# 
im  Netz.  Doch  sagt  man  auch :  kangu  kori  hanana  ke  leve,  me  b 
susungxda  me  ke  papana  er  kriecht  auf  einem  langen  Weg  und  schwW 
und  keucht,  ke  gelia  na  dhepa  me  ke  joua  na  uvi  er  gräbt  das  La*** 
und  pflanzt  Yam.  na  iu  ke  rage  me  ke  kutu  me  ke  soaso&gala  der 
Hund  läuft  und  fällt  und  springt. 

§  334.  Die  Wiederholung  desselben  Wortes  mit  me  verbünde 
dient  die  Intensität  oder  Wiederholung  der  Handlung  auszudrücken : 
kori  taihi  me  agi  me  agi  dhona  kori  ha  im  Meere  kriecht  und  kriecM 


\  Die  melanesisciusn  Sprachen:    Mahaga.  167 

• 

(das  Krokodil)  vorwärts  an  das  Gestade,  fei  ke  sedhe  ke  hage  me 
hage  me  popu  na  mbau  viele  Fische  kommen  und  kommen  und  das 
Netz  wird  voll,  sonia  na  gahira  kori  mbea  me  horu  me  horu  i  dhepa 
wirf  den  Stein  ins  Wasser  und  er  sinkt  sogleich  zu  Boden,  ke  na 
tok  havi  toke  na,  ke  hau  me  hau,  boi  talu  dhehe  sie  bleiben  in  einem 
guten  Leben,  das  fortwährt,  sie  bleiben  nicht  todt.  dani  ke  hau  me 
'  ke  hau  mo  ti  mai  tangua  die  Tage  fortwährend  (alle  Tage)  kommt 
ihr  zu  mir.  sedhe  me  sedhe  na  kuhi  sunga  i  vadhe  unzählig  viel  sind 
die  Ratten  im  Hause. 

§  335.   Adversativsätze  werden  unverbunden  neben  einander 

gestellt:    e   ndika  na  tuni,  toke  na   mbea  ke  sasalala  die  Pfütze  ist 

schlecht,  das  fliessende  Wasser  ist  gut.  niagura  na  mbea,  boi  pojaga 

das  Wasser  ist  rein,  nicht  trübe,  koro  tanihia  si  na  ro  hehe  dia,  koro 

boi  ianihia  na  hehenia  God  sie  wollten  nur  ihren  Sinnf  sie   wollten 

nicht  den  Sinn  Gottes. 

§  336.  Disjunctivsätze  werden  durch  be,  mbe  verbunden, 
das  jedoch  nur  in  Fragsätzen  gebräuchlich  zu  sein  scheint:  manea 
ke  ronovi  gami  be  leo?  hört  uns  der  Mensch  oder  nicht?  ke  taengoa 
^e  feo,  be  hava?  liebt  er  ihn  oder  nicht,  oder  was?  ka  ti  legua  Jesus' 
Christ  be  hava?  folgen  wir  Jesus  Christus  oder  was?  Auch  wird  mbe 
^m  Schluss  beider  Glieder  der  Doppelfrage  wiederholt:  ka  ti  da  boi 
kgua  na,  a  ti  havi  mbe,  a  ti  dhehe  mbe?  wenn  wir  ihm  nicht  fol- 
gen, leben  wir  oder  sterben  wir?  ia  ani  mbe,  ia  ani  mbe  hava  ko 
ta&ihia  ni  mua?  dies  oder  das,  was  wählst  du  für  dich? 

§  337.  Consecu tivsätze  werden  durch  nia,  deswegen,  da- 
von,  darüber,  gebildet:  kekeha  na  poli  ke  na  gagadhati  gami  i  Mahaga, 
**  ti  nia  boi  dhehe  einige  Schlangen  in  Mahaga  beissen  uns,  wir  ster- 
ben nicht  davon,  ko  he  u  mai  na  fata  ke  toke,  ku  nia  longo  du  giebst 
^ir  etwas  Gutes,  ich  freue  mich  darüber,  ke  boi  vavaw,  boi  nia  to- 
*°Aa  es  ist  nicht  scharf,  deshalb  schneidet  es  nicht  (oder:  man  schnei- 
det nicht  damit),  na  otootonia  na  gai  ke  tatohu,  ke  nia  kutu  der  Ast  des 
Raumes  bricht,  deswegen  fällt  er. 

2.  Subordinirte  Sätze. 

§  338.  Da  die  Sprache  kein  Relativum  hat,  so  werden  Relativ- 
sätze mit  Vorsetzung  des  Verbalpronouiens  oder  des  Artikels  dem 
Hauptsatz  angereiht:    vahavia  na  tinoni  ke  luvu  rette  den  Menschen, 


168  H.  C  von  der  Gabelkntz, 

welcher  untersinkt,  ko  mboi  ronovia  na  vunagi  ke  hagore?  hörst  du 
nicht,  was  der  Kapitän  sagt?  ivehi  na  pohe  ku  vahagea?  wo  ist  das 
Kleid,  das  ich  anziehe?  ku  regia  hi  na  momolu  igoi  ko  mono  i  ich 
sehe  das  Land  in  welchem  du  wohnst  (eigentl.  du  wohnst  darin). 
na  vaivine  ke  na  nia  rihu  das  Weib  um  welches  sie  kämpften,  mane 
(ke)  taveti  hau  ke  havi,  mane  ke  boi  laveli  hau  ke  dhehe  die  Menschen, 
die  weggingen,  lebten,  die  Menschen,  die  nicht  weggingen,  starben. 
na  tindadho  na  mono  kort  peko  der  Geist,  der  in  dem  Canoe  wohnt. 
hat  na  hehenia  Kaina  hanga  legua  rieni  wer  (ist  es)  dessen  Willen 
Kain  da  folgen  wollte?  na  mono  ke  toke  na  ko  hagorea  na  der  gute 
Ort,  von  welchem  du  sprichst. 

§  339.  Statt  der  Oratio  obliqua  bedient  man  sich  gewöhnlich 
der  Oratio  recta,  also  anstatt  zu  sagen:  er  sagte,  dass  er  nicht  ging, 
wird  gesagt :«&e  vele,  inau  na  ieo  na  aiunyu  er  sagte:  ich  gehe  nicht; 
doch  kann  man  auch  sagen:  matte  ein  ke  vele  ke  ieo  na  alunia  dieser 
Mann  sagt,  er  geht  nicht. 

§  340.  Sonst  wird  der  Objectivsatz  entweder  dadurch  ge- 
bildet,  dass  das  abhängige  Verbum  mit  oder  ohne  Artikel  als  Infinitiv 

*(§  301)  erscheint,  oder  er  wird  als  selbständiger  Satz  dem  Haupt- 
satz mit  me  angefügt,  z.  B.  ki  ti  regia  na  vanania  na  bodho  na  tu 
wir  sehen,  dass  es  Schweine  und  Hunde  frisst.  ianihia  ninia  na  ata 
i  Mahaga  be  hava  mane  eni?  wünscht  dieser  Mann  nach  Mahaga  zu 
gehen  oder  was?  God  ke  tanihi  gita  nia  na  dhehe?  will  Gott,  dass 
wir  deshalb  sterben?  e  na  boi  malagu  laveli  hau  sie  fürchten  sich 
nicht,  weit  zu  gehen,  ki  ti  matagunia  laveli  garania  wir  fürchten  nahe 

.  hinzugehen,  regia  me  sedhe  na  mara  sie  sehen  dass  es  viele  Manner 
sind,  ku  tanihi  mu  ku  legu  ich  wünsche,  dass  ich  folge  (ich  wünsche 
zu  folgen). 

§  341.  Die  Absicht  oder  Wirkung  einer  Handlung  wird  durch 
eine  der  Präpositionen  bali,  enia,  i  ausgedrückt,  zu  welcher  der  ab- 
hängige Satz  als  Nomen  gehört,  z.B.  toke  na  fala  bali  vasalu  nia  na 
rioriso  gut  ist  die  Sache  um  die  Schrift  damit  abzuwischen,  alia  mal 
na  sapa  bali  sopo  ia  re  ge  leg  dieses  Biet  zum  Sitzen  her.  ninge 
bali  susuki  nia  na  vana  eine  Gabel  um  die  Speisen  anzuspiescn.  na 
fala  bali  ongo  na  madha  die  Matte  ist  das  Ding  zum  Liegen,  na  pojo 
bali  siusiu  der  Schwamm  um  zu  waschen,  ke  na  atu  vasopo  ra  kort 
Utile  hagedha  i  na  vadhe  enia  na  injuinju  ulu  sie  gehen  sie  nieder- 


Dl£    MELANBS1SCHKN    SPRACHEN!      MäHAGA.  169 

zulegen   auf  die  Steine   im  Hause  um  die  Köpfe  zu  zahlen,   pugu  i 
f/ma  na  peko  röstet  (die  Fische)  um  sie  im  Canoe  zu  essen. 

Auch  wird  in  derselben  Bedeutung  das  abhängige  Verbum  ohne 

Verbindung  dem  Hauptsatz  angefügt:    taveti  mo  ko  vano  talania  geht 

und  geht  es  zurückzubringen,    ku  taveti  tatago  ich  gehe  zu  fischen. 

heu  mai  ku  kou  gieb  mir,   dass   ich  trinke,    ke  na  mai  dhambuhi  ra 

sie  kommen  um  sie  zu  bekämpfen,  ki  ti  regi  ra  me  atu  dhambuhi  ra 

wir  sehen  sie  und  gehen  sie  zu  bekämpfen,  ke  vetula  mai  a  dadhenia 

i  tada,  ka  ü  nia  havi  er  schickte  seinen  Sohn  her  zu  uns,   damit 

wir  leben. 

Zuweilen  ist  auch  ein  durch  me  dem  vorhergehenden  Satz  ver- 
bundener Satz  in  diesem  Sinne  aufzufassen:  ko  ao  dhapi,  mu  ku 
regia  steck  die  Zunge  heraus,  dass  ich  sie  sehe,  ku  rotia  na  mbea 
me  ke  mana  na  kou  ich  giesse  das  Wasser  aus,  damit  das  Geföss 
leer  wird,  hadhavua  na  joto  sara  i  peko  me  ahua  enia  na  tindadho 
na  mono  kori  peko,  me  ke  toke  na  lingomo  zünde  das  Feuer  unter 
dem  Canoe  an  und  räuchere  für  den  Geist,  der  in  dem  Canoe  wohnt, 
damit  der  Götze  günstig  wird,  rage  leulegua  na  tinoni  ke  vano,  me  ke 
mai  tada  lauf  dem  Menschen  nach,  der  geht,  damit  er  zu  uns  kommt. 
God  ke  eia,  me  ke  toke  na  hehenia  Gott  machte,  dass  sein  (des  Men- 
schen) Herz  gut  sei. 

§  342.  Causalsätze  werden  durch  enia,  einia,  weil,  gebildet: 
emia  ka  ti  hau  nia  God,  ka  ti  nia  dhehe  weil  wir  fern  sind  von  Gott, 
deshalb  sterben  wir.  maumavu  na  dhepa  einia  ke  aho  a,  einia  ke  teo 
na  uha  der  Erdboden  ist  staubig  weil  die  Sonne  ihn  (bescheint)  weil 
es  an  Regen  fehlt,  mane  ke  kulu  horu  i  dhepa  enia  na  gai  ke  tatohu 
der  Mann  fiel  nieder  auf  die  Erde,  weil  der  Baum  brach. 

§  343.    Comparativsätze,    welche    eine  Gleichheit    der    ver- 
sehenen  Dinge   ausdrücken,    werden   durch   hogonia   oder  vagania, 
gleichwie,  gebildet:    ku  mboa  hogonia  ia  ani  soll  ich  es  stellen  wie 
fieses?    ke  vureaja  hogonia  na  sesehu  es  ist  niedrig,  wie  die  Wiese. 
«•  gai  ki  ti  mono  i  gami  na,  hogonia  na  manu  ke  toga  kori  gai  der 
toran  auf  welchem  wir  wohnen  gleichwie  der  Vogel  auf  dem  Baum 
*ohiit.  vagania  na  gari  ke  taengo  na  indonia  wie  das  Kind  seine  Mutter 
febt.  vagania  na  iu  ke  taveti  tambirubiru  wie  der  Hund  umhergeht. 

Um  den   Unterschied  zweier    verglichenen   Gegenstände  auszu- 
blicken, werden  sie  mit  entgegengesetzten  Prädicaten  neben  einander 


170  H.  C.  VON  DER  Gabelkntz, 

gestellt:  inau  ku  hutu,  igoi  ko  iso  ich  bin  gross,  du  bist  klein,  d.h. 
ich  bin  grösser  als  du.  ke  ieve  na  legunia,  me  ke  hoga  na  nagmm 
sein  (des  Schifies)  Hintertheil  ist  länger  als  sein  Vordertheil. 

§  344.    Hypothetische    und   Conditionalsätze   gehen   ge- 
wöhnlich dem  Hauptsatz  ohne  Partikel  voraus,  und  werden  mit  dem- 
selben zuweilen  durch  me  verbunden  oder  es  folgt  in  demselben  *tf, 
deshalb,  daher:  teo  na  reareo  ku  dhehe  wenn  ich  kein  Schild  gehabt 
hätte,  wäre  ich  gestorben,    ke  boi  va#a,  na  tononia  ke  laie  wenn  er 
nicht  isst,   wird  sein  Leib   schwach,    ko  boi  hagore  vaniu  (oder  Im 
nimm  na  hagore)  ku  boi  eia  na  fata  wenn  du  es  mir   nicht  sagst, 
thue  ich  es  nicht,    ke  uha  me  ke  aho,   ka  ti  regia  na  pipiutu  wenn 
es  regnet  und  die  Sonne  scheint,   so  sehen  wir  den  Regenbogen. 
ke  boi  horu  mai  ka  ti  nia  dhehe  wenn  er  nicht  herabgekommen  wäre, 
so  würden  wir  sterben,  ko  legua  na  ko  nia  havi  wenn  du  ihm  folgst; 
wirst  du  leben,   ki  ti  dhambuhia  kori  pogorunia,  tatohu  na  tila  wefti 
wir  es    (das  Krokodil)    auf  den   Rucken   schlagen,   so   zerbricht  die 
Keule,    mane  ke  boi  andoa  na  odho  me  ke  tororo  wenn  ein  Mensch 
nicht  zu  schwimmen  versteht,   so  ertrinkt  er.    e  dika  na  guri,  k§  ü 
ge&gea  na  vaka  me  ke  toke  der  Wind  ist  ungünstig,    wenn   wir  dtf 
Schiff  umlegen,  so  ist  es  gut.   dika  me  raraihi,  me  toke  me  taha  wem 
es  schlecht  ist,  so  schneiden  wir  ab,  wenn  es  gut  ist,  so  lassen  wir  es. 

Doch  wird  auch  die  Conjunction  da,  wenn,  gebraucht,  (fe 
jedoch  nicht  am  Anfang,  sondern  in  der  Mitte  des  Satzes  ihren  Ptab 
hat,  während  gewöhnlich  na  am  Ende  beigefugt  wird:  ko  da  i* 
nimm  na,  hatia  ningua  wenn  du  das  deinige  nicht  hast,  so  nfl* 
das  meinige.  sa  nimua  ko  da  na,  giu  he  go  wenn  du  keins  hast,  * 
gebe  ich  dir.  inau  ku  da  kidi  atu  na,  ko  legu  i  alu  wenn  ich  ¥0fr 
ausgehe,  so  folge  nach,  ko  da  bo  si  nimua  na,  ko  nia  dhehe  wett 
du  ihn  nicht  hast,  so  stirbst  du. 

Oefters  steht  da  sowohl  im  Vorder-  als  auch  im  Nachsat«:  # 
ti  da  ha&ga  havi  na,  ko  ti  da  mai  tangtm  na  wenn  ihr  leben  wettt 
so  kommt  zu  mir.  gamu  ko  ti  da  ro&ovia  ke  a&gai  eni,  ko  ti  da  ** 
boi  dhehe  na  wenn  ihr  ihn  heute  hört,  so  werdet  ihr  nicht  sterbe* 
ko  ti  da  tamhia  na  olihia  nia  na  hehemiu,  ko  ti  da  eia  na  km** 
wenn  ihr  eueren  Sinn  ändern  wollt,  was  thut  ihr  da?  . 

§  345.   Dass  Temporalsätze  durch  das  blosse  Adverbium  der  * 
Zeit  ausgedruckt  werden,   wurde  oben  (§  330)  bemerkt.     Der  Zeil* 


Die  uelanesischen  Sprachen:    Mahaga.  471 

punkt,  bis  zu  welchem  etwas  geschieht,   wird  durch  gi,  ea  gi  be- 
zeichnet: ku  mono  tania  gi  e  dhehe  ich  bleibe  bei  ihm,  bis  er  stirbt. 
dhanuvia  ea  gi  e  peso  schöpfe   es  aus,   bis  es  leer  ist.    ke  kou  na 
mkea  ke  toke,  gi  ke  toke  na  er  trinkt  gutes  Wasser,  bis  er  gesund  ist. 
Um  zu  sagen,  dass  eine  Handlung  erfolgt,  nachdem  eine  andere 
vorüber  ist,*  gebraucht  man  govu,  eigen tl.  völlig,   beendigt,  vorbei, 
das  durch  »nachdem«  übersetzt  werden  kann:    govu  na  vaw,   ki  ti 
anguiu  govu  nachdem  wir  gegessen  haben,  arbeiten  wir  völlig,    govü 
u  riusiu,  kiokido  mi  ki  ti  va&a  nachdem  wir  uns  gewaschen  haben, 
läutet  es  und  wir  essen,  govu  na  kou  ma  na  va&a,  m&  nere  kort  popo 
i  gai  nachdem  wir  getrunken  und  gegessen  haben,  schlafen  wir  oben 
im  Baume,  govu  na  tatari  fakanea  na  legu  ma  na  nago  nachdem  es 
verbunden  ist,  besehen  wir  es  von  hinten  und  von  vorn,    govu  na 
fugu  iga  me  hulunia  na  peko  nachdem  die  Fische  geröstet  sind,  trägt 
man  das  Canoe  fort. 


§  346. 

.  VII.  Sprachproben. 

Na    nha  ke  horu  me   pojaga   na  taihi,   na       vua       ke 

The  rain  it  comes   down   and    muddy  the    sea,   the  aüigator    he 
laveti,  na  pojaga  ke  mono  kora  i  ma  tania,  enia  na  mata  nia  ke  toke 
Joes,    the     mud     it       is        in        eye  his,  with  the   eye  his   it  good 
te  nere,    mata  pojagania   ke    nia    rere;     me     sola    me  aho,  mata 
k  deeps,    eye    muddy  his  he  withit  sees;     and   calm  and  sun,     eye 
pojagania  ke  nere,  mata  ke  toke  ke   nia    rere  tambiru  mai.    Nalim- 
*uddy  hit  it  slecps,    eye     it  good  he  with  it  sees    again. 
fc  ke  sedbe  na        vua. 
&ey  many   the  aüigator s. 
Na  hava  na       vua?       hogonia  na  hava? 
Wiat  is     the  aüigator?        like        what? 

Na  bodho  si  na      rere  nia,    na   iu    si  na  rerenia,  na  iga  si  na 
A     pig  different  to  look  at,    a  dog  a  fish 

rerenia,  na  kau  ke  kundo,  na       vua     ke  teve. 
the  cow   it     short,    the  alligator  it    long. 


Ka      vua       ke  mono    he? 

TOe  alligator  ig     tiwts  wkere? 

Kori  taibi,  me     agi      me     agi    dbona  kori       ba  me  nrinrirab 
in     sea    and  cmclt  and  cmclt   np    to  ihe  bemth  and     basks 
kori  aho   me    nere.    govu  na  mimiraho  me      agi     sapa  i  lau 
in     sun  and  deeps.  ended  tkc    baskmg    and  crawlt  back     bemth   b 

me  taveti  tambini  vano  kori  maba.  E  vali  na  mafa 
low  high  tide  and  goes  back  away  in  depih.  Four  ike  em\ 
nia,  e  rua  na  bile  ihunta,  e  rua  na  kulinia,  vati  na  vai  nia,  e  n 
his,  two  ihe  nosirils  his  two  ike  ears  Au,  four  ike  leg*  his,  tat 
na  vainia  ke  garania  na  loai  nia  ke  kondo,  e  rua  na  garania  i 
the  legs  his  they  near  ihe  neck  kis  they  shori.  Uro  tke  near  Ü 
keai  nia  ke  teve,  iuigunia  ke  teve,  pogorunia  ke  leolego,  hogonia  i 
tau  his  they  long,  tau  his  ii  long,  back  kis  il  rongh,  like  i 
gahira,  ki  ti  dhambuhia  kori  pogorunia  tatohu  na  lila. 
stone,      we       sinke  it      on     back     kis  breaks  Ike  dub. 

Na      vua      ke  vana  na  tinooL  gami  boi    regia,   mara   ke  ho 

The  alligaior  he  eals  ihe   man*      we  not     saw  il,   men  they  fr 

ke  na  regia   ihau  na.     Ki  ti  regia  na    vana    nia  ka  bodho    na    i 

they  saw  it  long  ago.      We      see    the  ealing  his  the     pig      the  & 

Na      vua      ke       vahubu       sedbe  na  kindoru  nia,      kikimua 
The  alligaior  it    brings  forth    many  the      eggs      its,    by  and  l 
ke  poha,    dadhenia   na      vua        ge     au   ikosi.     Livonia    ke  bis 
they  break,  young  its  the  alligator  they  come  out.     Mouth  its  it  lwrt 
na       vua     ke  polo  ke  garania  na  hadhautu.  ea  me  mooc 

the  alligator  it  hides  it     near   the      paih      open-mouthed  and  renunv 
halu    atu     na    bodho  na  tinoni,  me     gania. 
goes  along  the      pig     the    man,    and  eats  it. 


2. 

Dani  vovugoi  liate  na  valau  ma  na  mahavu,  taveti  me  pos 
Day       dawn     take  adze  large  hatchet,  cu 

govu  na  posu  me  boru  na  gai  nie  utuhia  me  gingiloa,  me  p 

down  cut  it  divide  in  two,     plac 

halarua  me  kajua  me   boni  me   hadi   meleha  i 

side  by  side  the  two  parts         adze  it 


Die  melanbsischkn  Sprachen:    Mahaga.  173 

nere  kori  vako;        ma  dani  ine   rarai   nie   horu   ine  atu  kori  ielegai 

tree-house;  awake  bush 

oie  kakaju,  me  mamadhu,  me  hodha,  me  hadi  meleha,   me  vasaho 

lighi  carry  sun  it 

m  mumunja  me  dhedhe  he  me  kakaju,  me  talu  puhipuhi  nia 

dry  smooth  place  the  pieces  of  wood 

tagia   na  momaku,  batia  na  aruaru  me  aruaru  na 
mde  the  canoe,  pull  tight         sinnet     bring         gimlet  bore 

pava  me        momakua;         govu   na   momaku   enia   me    haugea   na 
flank        fasten  with  sinnet;  look  for 

niuki,  me  kajua  na  muki  me  aha  na  muki  me  mukia  na 

«tri  used  as  glue         scrape  rvb  caulk 

Image,  me  gano  na  muki  taveti  me  hodha  na  papangala 

hard  large  tree  stripped  of 

legu  ma    na  nago.  govu  na  papanala  me  hodha   me   hadi, 
hmnches  stem  and  the  stern. 
vataho  i  meleha,  vavaho  me  dhedhehe  me  kakaju,  me  pugulia  kori 

joto  me  ke  jono,  govu  na  kajua  enia  me  vagadha 

black,  place  the  two  pieces  upon 

me  aruaru  me  momaku  me  kajua  na  muki,  me  aha,  me 
w  another,  ruh 

uukia  legu  ma  na  nago;    govu  na  muki  enia  legu  ma  na  nago,  me 

fltahia  na  luhu,  govu  na  utuutu  me  vavaho  i  meleha,  me  kakaju  me 
fttf        thwarts 

salu,   vahagea   na  luhu  me  taria,   govu  na  tatari  fakanea  na   legu 
toooth,  put  it  in  tie  look  along 

*k  na  nago,  me  dika  me  raraihi,  me  toke  me  talua,  jaria  na 

bad  cut  have  it  as  it  w,  dear 

wnaaa  me  vaulalakoa  na  peko,  haidua  na  mane  me  hulu, 

P<»tt  lift  up  an  cross  pieces  gather  carry 

Italu  me  vula  i  tihi,  hodha  na  valuha,  na  lila,  na  reoreo,  me  horu 

paddleg        clubs        shields,         down 
1  taihi,  baihage  kori  peko  iutugu  na  mane,  me  raurau 

get  on  twenty  ptdl   out   from  holes 

ttvadhehe  iga,  govu  na  raurau  me  dhona  kori   ha  me  keukemu  na 

m 


174 


H.    C.  VON  DER  GABELENTZ, 


iga,  pugu  me  vana,  pugu    i  gania  na  peko,  govu   na  pugu 

roast  as  food  for  the  canoe, 
me  hulunia  na  peko,  me  talo  kori      kialo,       me  hadi  i  meleha. 

put  boal  house,         go  up   to   the  vü- 

lage  (or  the  inhabited  place). 


XIV. 


DIE  SPRACHE  DER  INSEL  EDDYSTONE. 

§  347.    Von  dieser  ebenfalls  zu  den  Saloraonsinseln  gehöriges 
kleinen  Insel  hat  Cheyne  ein   dürftiges  Vocabular  gegeben,  das  ich. 
hier  wiedergebe,  da  doch  die  Verwandtschaft  der  Sprache  mit  den 
anderen   Sprachen   dieser  Inselgruppe,   namentlich  mit  dem  Anudha 
(A.)  und  Mahaga  (M.)  daraus  einigermassen  zu  ersehen  ist: 

arra  mich 

agu  du,  (A.)    (M.)  igoi 


a  ja 

avee  wo,   (A.)    (M.)  ive 

aevea  was  willst  du? 

avakgonuh  was  meinst  du? 

akenalu  schnell 

bangara  ein  Häuptling 

boorra  ein  Schwein,  (A.)  mbolo 

bongee  des  Nachts,  (M.)  borii 

belu  Leim  (llime) 

bokala  ein  Bogen,    (M.).  bage 

(A.)  mbage 
batta  jungana  schön 
beia  Brodfrucht,  Sesake  mbatau 
domma  sehen,  schauen       . 
dolu  Truhe,  Kasten 
dynggo  ich  mag  nicht 
ewerree  Salzwasser 
endah  Cocosnuss 


eteckee-  klein,   (A.)  kikia 
eko  stehlen 
eku  Feuer 
elewa  ein  Buch 
embru  Betelnuss 
ekarenah  schlecht,  bös 
gowmanga  Sandelholz 
gallegan    essen,     (M.)  <f**> 

Sesake  ganigani 
gawaso  Sonne,  Mara  M*-^*1 

saso 
gonggona  sprechen 
gasu  lang 

horee  ans  Ufer  gehn 
kumbru  ein  Knabe 
kapurree  nein 
kapu  Schildkrot 
kaveea  mehr 
kokeraku  Haushuhn,  ( 

kiroko 


Die  melanesischen  Sprachen:    Eddystone. 


175 


k&elee  keelee  ein   Tomahawk, 

(M.)  tüa 
kakeva  Perlen 
kam  Holz,   (A.)    (M.)  goi,  Po- 

lynes.  akau 
ke&Jco  Blei 
ktsnru  schwarz 
kaJla  roth 

kebti    ein    musikalisches    In- 
strument 
teenda  die  Sterne 
telee  eine  Perlenmuschel 
lulum  Vater 
leenda  ein  Messer 
loee  lass  gehn 
iotpato  gross 

miyo  kommen,  (ML)  mai 
vmaan  ein  Mann,  (M.)  mara 
nwjgota  ein  Weib 
mola  ein    Canoe,     (M.)    tola, 

(A.)   tiofa,  Ulaua  iola 
mulee  zurückkehren,  Polynes. 

muli 
toofee  krank,  Sesake,Vunmar. 

male   (todt) 
nenjah  tödtcn 
ftanggolanna  Schwester 
fteeo  eine  Axt 
maty  Riff,  Untiefe 
otyarti  ein  Mädchen 
nenggaree  ich  verstehe 
toeninggo  selten,  rar 
nenonso  Speise,  Nahrung 
öpttree  ein  Speer 
opro  Regen,  (M.)  uha 
^ana  baden 
puUi  schlafen 


pukah  biche  de  mer 

peeah  frisches  Wasser,     (M.) 

mbea 
panaky  süsse  Kartoffeln 
penjee  Zuckerrohr 
pabee  wohin  gehst  du? 
peen  hier 
pora  da,  dort 
py  Menge 
popu  der  Mond 
poko  Zitz,  Zeug 
pyu  eine  Flasche 
paka  eine  Flinte 
pesu  Schiesspulver 
palu  ein  Stein,   Polynes.  fatu 
pebu  niederlegen 
peeala  Tabak  rauchen 
papaka  kurz 

roo  gehen,  Mara  Ma-Siki  ra 
roondoma  dunkel 
raanee  heute,  (M.)  dani  (Tag) 
rory  Koralle 
sava  was?  (M.)  hava 
sawaru  weshalb? 
seeou  welcher  Name? 
teku  teku  nehmen,   (M.)  ta#o 
tumbelow  ich  weiss  nicht 
tonggo  sitz  nieder 
toru  steh  auf,   (A.)  tugoru 
lamassee  gross 
tamakee  machen 
teesa  er 

langalu  Tageslicht 
tawetee  Mutter 
tamana  Bruder,  Polynes.  tuaa- 

na>  tunane 
teenana  wer  ist  das? 


476 


H.   C.  VON  DER  GäBELENTZ, 


iava  Kohr,  Schill' 

tepee  ein  Segel 

teeteerona  ein  Spiegel 

torupy  ein  Hut 

tula  Rauch 

tarra  der  Wind 

tungee  fahr  fort 

umbeia  alle 

umbana  ein  Pfeil 

tigasti  Land 

rattw  geben 

terra  bald 

reve  Seil,  Stiick 

rann    ein    Haus,     (A.)   vale, 

(M.)  vadhe 
wakka   ein   Schiff,     (M.)    (A.) 
vaka,  Bauro,  Ulaua  haka 


wogo  morgen,   (M.)  vugoi 

welu  eine  Angel 

waggee  waggee  Bezahlung 

wountee  Bananen,    (M.)  vudJri 

wotu  geh  hinauf 

yampo  todt 

zemeere  weiss 

kamee  1 

kam  2,  (M.)  rua 

kuay  3 

tnantee  4,  (M.)  mande 

leema  5,   (M.)  /troa 

tvouama  6 

treete  7,  (M.)  e  wlu 

kalu  8,   (M.)  e  a/u 

seang  9,   (M.)  e  Ata  —  sia 

manosa  10. 


Die  iielaxesischrn  Spkachen:    New-Caledonia.  177 


XV. 

NACHTRAG. 

0 

NOCH  EINE  NEU-CALEDONISCHE  SPRACHE. 

§  348.  Nachdem  vorstehende  Abhandlung  bereits  von  mir  der 
Gesellschaft  der  Wissenschaften  überreicht  worden,  kommt  mir  erst  die 
Schrift  von  Vieillard  und  Deplanche  (Essais  sur  la  NouveUe-Caledonie. 
Extrait  de  la  Revue  maritime  $f  coloniale.  Paris  1863)  zu  Gesicht,  in 
welcher  sich  S.  145  — 150  ein  Abschnitt :  de  la  langue  Neo-Caledonienne 
befindet.  Es  ist  nicht  klar  gesagt,  welcher  Gegend  Neu-Caledoniens 
die  dort  behandelte  Sprache  angehört,  doch  vermuthe  ich,  dass  es 
die  Sprache  von  Balade  ist;  jedenfalls  ist  es  dieselbe  Sprache,  von 
welcher  ein  Vocabular  auch  unter  der  allgemeinen  Bezeichnung  »New 
Caledonia«  in  dem  im  J.  1867  bei  Gelegenheit  der  intercolonialen 
Ausstellung  zu  Melbourne  erschienenen  Vocabulary  of  diakcls  spohen 
by  aboriginal  natives  of  Australia  mitgetheilt  wird.  Aus  diesen  beiden 
Quellen  gebe  ich  nachstehend  eine  Sammlung  der  gebräuchlichsten 
Wörter  und  einen  Abriss  der  Grammatik. 


§  349. 

Wörtersammlung. 

1.  Substantivs. 

Mensch  endu  Ehemann  aron 

alter  Mann  endu  ulait  Wittwer  onmatiabuan 

junger  Mann  gao  endu  Sohn  naen 

Jüngling  alo  ulait  Schwiegersohn  alo  moban 

Kind,  Knabe  alo  Bruder  cian9  ciaen,  aban 

kleines  Kind  iabuet  Oheim  tiaman 

Grossvater  Cembon  Neffe  naen 

Vater  tiaman  Vetter  bengan 

Schwiegervater  mon  Weib,  Frau  laamua 

AMnmmIJ.  d.  K.  S.  GocIUrh    d.  Wissensch.   XVII.  12 


178 


H.  C  VON  ÜEB  Gabelentz, 


altes  Weib  laamua  ulail 
Mädchen,  Jungfrau  poe  taamua 
Grossmutter  t'embon  taamua 
Mutter  nian 
Ehefrau  tabuan 
Wittvve  on  mat  aron 
Tochter  naen  kara  taamua 
Schwester  aban,  paman 
Tante  nian 
'  Nichte  naen 
Familie  anaen 
Freund  aban 
Wirth,  Gast  abolon 
Vorfahr  pun 
Kasse  mebu 
Stamm  tea 
Feind  wadagan 
Mannsperson  at 
Gott  dianua 
Körper  diel 
Geist  dianu 
Leichnam  diu 
Kopf  baan 
Stirn  buadagan 
Hinterhaupt  pucanbuan 
Schläfe  deban 
Gesicht  araman 
Backen  suabuan 
Thräne  ueleban 
Nase  muanden 
Nasenloch  pua  muanden 
Geruch  uacelembot 
Mund  puanuan 
Lippe  dionuan 
Zahn  penuan 
Zunge  kumen 
Ohr  dialen 


Gehör  uatunla 

Haar  polen 

Bart  ponuan 

Hals  noti 

Kehle  duanon 

Rücken  uangen 

Brust  dieran 

Rippen  duapondian 

Schulter  buaban 

Oberarm  pua  en 

Unterarm  boraen 

Faust  noien 

Hand  ien 

Fläche  der  Hand  araen 

Rucken  der  Hand  ondaen 

Finger  duaen 

Daumen  taamua  (Weib) 

Nagel  piaen 

Bein,  Fuss  kau 

Schenkel  pan 

Fusssohle  arathan 

Haut  in 

Fleisch  pegan 

Muskel  uat 

Knochen  dun  dua 

Blut  ura 

Herz  pua  ahtan 

Leber  kien 

Eingeweide  aonan 

Schnitt  temboa 

Stoss  tegela 

Fall  tamboe,  tialu 

Geschwulst  eunbu 

Himmel  dan,  mangao 

Wolke  naen  uru 

Regen  ora 

Ueberschwemmung  ifabal 


DlE    MELANES1SCHEN    SPRACHEN:      NeW-GaLEDONIA. 


179 


Luft,  Wind  uru 
Starin  uruan 
Windstille  andap 
Blitz  teana 
Donner  nidiu 
Fe*uer  nap 
Rauch  pum 
Asche  dap 
Hitze  nu 
Kälte  cam 
Sonne  art 
Mond  mualok 
Stern  pin 
Licht  taik 
Dunkelheit  bor  an 
T**g  buen,  tan 
N^cht  buan 
Morgen  manak 
^^chmittag  mone  gauat 
k°*inenuntergang  tanam  art 
Ak*«nd  ta  carap 
k**de  puemada 
*^*id  puetnua 
G^kiet  tea 
B«^rg  dur 
^tigel  puiap 
E*>ene,  Thal  dal 
Schlucht  diet 
Bauni  iek 
Busch  diet 
Strauch  iek  puiniu 
Pflanze  tek,  tva 
St^nm  diet,  dieran 
Z.\veig  jen 
Blatt  daot,  daoick 
Blume  mut,  muaick 
Frucht  pua,  pua  la  ick 


Saamen  weron,  kalaion 
Wurzel  kan,  wat 
Kinde  in 
Harz  ot 
Saft  we 
Gras  ut 
Rohr  angu 
Gemüse  wa 
Wasser,  Bach  we 
Meer  danlat 
Fluss  diaot 
Fluth  wap 
Ebbe  kumat 

trockner  Bach  mara  we 
Wasserloch  diem,  pua 
Quelle  ta  at  we  nali 
Brunnen  drem 
Sumpf  dilti,  tu  weli 
Fisch  no 

Seefisch  no  ladanlat 
Flussfisch  no  la  we  nam 
Insect  mali 
Fliege  abut 
Biene  mambo 
Reptilien  laimi  la  bela 
Schlange  puri 
Eidechse  buela 
Thier,  Hund  koan 
Haar  pot,  polen 
Sehnen  ual,  uareen,  uarckan 
Vogel  mali 
Krähe  diuak 
Ente  uban,  nia 
Adler  aole 
Geier,  Habicht  dan 
Papagey  puirip 
Taube  cuibuik,  buaralap 

12* 


180 


H.   C.  VON  DER  GaBELENTZ, 


Feder  polen 

Flügel  aban 

Schwanz  podan 

Klaue  liaen 

Flossfeder  ten,  kan,  lindan 

Nest  muala  mali 

Ei   ongan 

junger  Vogel  mali  alo 


Heerde  kombat  puniat 

Waffen  padi 

Pfeil  diget  do 

Axt  gi 

Bogen  diget 

Keule  bual 

Netz  puial. 


2.  Adjectiva. 


viel  oko,  anaeia 

sehr  viel  anaeia  kombat 


wenig  motn 

ein  paar  dilot 

alle  toben 

kein  aria 

mehr  oko 

gross  idaiaL  at  ai 

klein  puinimda,  pua  pwar 

lang,  fern,  hoch  pwalil 

sehr  lang  jnvaptvalit 

kurz,  niedrig  um6ol 

nahe  tarin 

steil  ban 

alt  fi/atl 

grau  tfi#irfo 

jung  alo 

fett  twrnuale 

mager  bin 

schön  juvainangal 

hässlich  mwanman 

stark,  rasch  /io/a 

schwach  feot; 

gut,  gütig,  gesund  on 

schlecht,  bös  mwan 

tapfer  lugi 


feig  aramua 
grausam  apeiere 
zahm  twainan 
wild  twiaainan 
weitsichtig  tointil  fe6ait. 
kurzsichtig  mwan  leban 
blind  6m 

wohlriechend  bon  on 
stinkend  bo  muan 
wohlschmeckend  nam 
bitter,  sauer  kai 
salzig  on 
süss  rmm  nam  ao 
zart  /cor 
zäh  ft'a/a 
taub  ceman 
schweigend  un 
hart  hat  pualn 
weich  fco/  (?) 
glatt  kela 
scharf  hviat 
stumpf  arujira  iat 
Ihütig  siap 
träge,  faul  6aro 
schnell  varalil 
laugsam  vodi 


DlE    MELANESISCHEN    SPBACHEN:     NeW-CaLEDONIA. 


181 


verletzt  ae 
verwundet  twanlan 
krank  paliit 

kopfschmerzend  mondien 
verkrüppelt  muan  a  kan 
hungrig  auam 
durstig  malu 
voll  unu 
leer  ari  anlat 


wach  mt,  suaien 

schlafend  andtden 

müde  koe 

schläfrig  belot  e  andulen 

wann  nu 

kalt  cam 

glücklich  tuma 

elend  tu  mandan. 


3.  Verba. 


antworten  pa  olat 
fragen  penda 
aufwecken  pa  not 
sein  mo 
schlagen  bet 
blasen  ta  um 
kochen  tak,  puet 
brechen  parat 
bringen  penda,  pendu 
gebären  puan 
geboren  werden  lamboe 
bauen  boe 
brennen  tili 
begraben  tialem 
rufen  tondi 
fangen  lendiop 
hinaufsteigen  pera 
kommen  ta,  tu,  pe 
weinen   to,  go 
schneiden  it,  pua 
heilen  tun  mera  on  mua 
tanzen  pilu 
faulen  top 
sterben  mal 
graben  iur 


untertauchen  nam 

machen  ina 

ziehen  tarba,  at 

träumen  nep 

trinken  undu 

essen  uin 

fallen  tambae  üalu 

kämpfen  uarap 

fischen  cak  aba 

Messen  muin 

(liegen  put 

besuchen  mo  can 

sammeln  imbin 

gehen  tu,  ta,  tatda,  pinla 

geben  take 

schärfen  huin 

hassen  inyen 

hören  tanla 

halten  langem 

jagen  lap 

verletzen,  schlagen  ae 

stossen  legela,  tibuar 

tödten  gi  mera  mal 

küssen  boima 

binden,  knüpfen  aarin 


182 


H.   C.    VON  DER  GaBELENTZ, 


wissen  niela 
lachen  ap 
verlassen  vendia 
aufheben  ambaen 
leben  maoiep 
verlieren  niba 
sich  verirren  niba  dan 
lieben  naadu 
heirathen  iam 
bekriegen  uaiap 
melken  pour  neten 
nähren,  pflegen  kongir 
im  Netz  fangen  cak 
Netz  machen  tili  puiat 
einholen  teptU 
zähmen  cea  pat 
durchbohren  kuli 
spielen  hero,  tuma,  penan 
ausgiessen  ulin 
streiten  peiere 
auslöschen  pa  bo 
zählen  cou 
aufstehen  vur 
laufen  caremwa 


kratzen  euet 

schreien  urant,  bua  li 

sehen  kia 

nähen  tigin,  tigit 

schlafen  andulen 

sitzen  lamba 

singen  nao 

schütteln  tiangalen 

riechen  celembol 

sprechen  va 

stehen  luv 

weggehen  dendan 

stechen  iea 

stehlen  Hang 

berauben,  plündern  un  non 

schwimmen  tao 

nehmen  pa 

reden  va  parin 

denken  namet 

drohen  anange 

werfen  maen 

berühren  fenyem 

waschen  puaga 

wünschen  alin  ononom. 


fliehen  tor/,  pe 

§  350.  Hinsichtlich  der  Lautlehre  wird  bemerkt,  dass  die 
Sprache  wenig  wohlklingend  ist.  Sie  besitzt  fast  alle  Laute  des 
französischen  Alphabets,  mit  Ausnahme  des  x  und  t/,  dafür  hat  sie 
die  Laute  tsch  und  ng  und  in  den  Mundarten  des  Südens  die  spani- 
schen Laute  n  und  j.  Verschiedene  Accentuirung  giebt  den  Wör- 
tern verschiedene  Bedeutung;  die  Schwierigkeit  der  Aussprache  be- 
ruht hauptsächlich  im  Verschlucken  der  Laute  und  in  den  näselnden 
Lauten,  sowie  in  den  vorherrschenden  Aspirationen. 

§  351.  Ein  Artikel  existirt  nicht  in  allen  Dialekten,  in  einigen, 
z.  B.  in  Tiwako  und  Tuo,  wird  er  durch  die  Partikel  a  ausgedrückt 

Dasselbe  gilt  vom  Plural,  der  in  Balade  durch  ma  bezeichnet 
wird :  la  indin  ein  Mensch,  indin  ma  die  Menschen. 


Die  mei  anesischen  Sprachen  :    New-Caledonia. 


183 


Das  Substantiv  hat  weder  Genus  noch  Numerus,  ebensowenig 
ls  Adjectiv. 

§  352.  Die  Zahlwörter  sind  verschieden,  jenachdem  von  Per- 
sern oder  Sachen  die  Rede  ist: 


Personen. 

Sachen. 

1. 

kalait 

pualait,  walait*) 

2. 

kam 

puaru,  waru*) 

3. 

kartien 

puartien 

4. 

karlbat 

puartbat 

5. 

kanem 

puanem  (nanem) 

6. 

kanemdi 

puanemdi 

7. 

kanemdu 

puanemdu 

8. 

kanemdiet 

pmnemdiet 

9. 

kanembat 

puanembat 

10. 

karurdi 

• 

puaremli 

11. 

karunli  buar  kalair         u. 

s.  w.     u.  s.  w. 

12. 

karunli  buar  kam 

20. 

kalait  at  (ein 

Mensch) 

21. 

kalait  al  buar  kalair 

30. 

kalait  at  karunli 

40. 

karu  at  (zwei 

Menschen) 

50. 

karu  at  buar  i 

karunli 

60. 

kartien  al  (drei 

Menschen) 

80. 

kartbal  al  (vier 

Menschen) 

100. 

kanem  al  (fünf  Menschen) . 

§  353. 

Die  persönlich 

ien  Pronomina  haben  einen 

dreifachen 

Numerus ,    Singularis ,   Dualis 

und  Pluralis,    und   zum  Theil 

verschie- 

dene  Former 

i,  jenachdem   sie   absolut,    \ 

als   Subject   oder 

als  Object 

stehen,  auch 

i   wird   im  Dual 

und  Plural 

1 .  Pers.  zwischen 

inclusivus 

wd  exclusivus  unterschieden 

■  • 

al 

bsolut. 

Subject.           Object. 

1.  Pers. 

Sing. 

nao 

na 

na 

» 

Dual.    incl. 

di 

di 

di 

» 

»      excl. 

aba 

aba 

aba 

» 

Plur.    incl. 

dia 

dia 

dia 

» 

»      excl. 

abe 

abe 

abe 

Für  walait,   waru  hat  das  Vocabular  nalait,   natu. 


184  H.  0.  von  der  Gadelkntz, 


al 

bsolut. 

Si 

ubjecl. 

Object. 

to 

io 

io 

Ol 

Ol 

ot 

at 

at 

at 

iet 

ta 

et 

le 

le 

le 

la 

la 

la 

2.  Pers.  Sing. 

»       Dual. 
»       Plur. 

3.  Pers.  Sing. 

»       Dual. 
»       Plur. 

z.  B.  wer  isst?  ich,  ta  wiu  wariF  nao.  Ich  schlafe  na  andulen,  er 
schilt  mich  ta  pabena.  Du  stiehlst  io  hang,  er  schlägt  dich  ta  pabe 
'io.     Er  trinkt  ta  undu,  ich  sehe  ihn  naloli  et. 

§  354.  Die  Passessi va  sind:  na  linao,  naen  mein,  na  lindi 
(lidt)  unser  zwei  (incl.)  na  liba  unser  zwei  (excl.),  na  lindia  unser 
(incl.)  na  übe  unser  (excl.),  na  lio  dein,  nn  Hat*)  euer  zwei,  na 
Hot  *)   euer,  na  liet  sein,  na  lile  ihr  beider,  na  lila  ihr. 

Auch  sagt  man  na  endi,  na  aba  unser  beider,  na  endia,  na  abe 
unser,  na  et  euer  beider,  na  at  euer,   na  eti  ihr  beider,   na  ela  ihr. 
Gewisse   Substantiva  nehmen   die    Possessiva    in   der  Form  von 
Suffixen  an,  z.  B.  tiama  Vater: 

tiaman  mein  Vater 

dam  am         dein  Vater 

iiamän  sein  Vater 

tiaman  di     unser  beider  Vater  (incl.) 

tiaman  he     unser  beider  Vater  (excl.) 

tiaman  dia  unser  Vater   (incl.) 

tiaman  ba    unser  Vater  »(excl.) 

tiaman  ot    euer  beider  Vater 

tiaman  at     euer  Vater 

tiaman  le     ihr  beider  Vater 

tiaman  la  ihr  Vater. 
Als  Fragpronomina  giebt  das  Vocabular:  ti,  enari?  ki,  ka 
wer?  fta,  ki  wessen?  wem?  welcher?  Dafür  findet  sich  bei  Vieillard 
ri  wessen,  ra  welcher  Art,  die  dem  Substantiv  suffigirt  werden  z.B. 
mua  Haus,  muari  wessen  Haus  (ist  es)?  muara  was  für  ein  Haus? 
mali  Vogel,  mari  (st.  maliri)  wessen  Vogel?  mara  (st.  malira)  was 
für  ein  Vogel? 


*)   Liat  und  Hot  scheinen  hier  verwechseil  zu  sein. 


Die  melasesischen  Sprachen:    New-Caledonia.  185 

§  355.  Die  Verba  sind  fast  immer  unveränderlich,  die  Con- 
jugation  erfolgt  mit  Hülfe  der  persönlichen  Fürwörter.  Die  einfache 
Verbalform  gilt  als  Präsens,  daraus  werden  durch  hinzugefügte  Par- 
tikeln Präteritum,'  Futurum  und  Conditionalis  gebildet.  Als  Beispiel 
dient  das  Wort  alin,  wünschen. 

Präsens: 

na  alin  ich  wünsche 

io  alin  du  wünschest 

ta  alin  er  wünscht 

di  alin 


1     \      • 
.     }  wii 

in  J 


_       ...  wir  zwei  wünschen 
aha  ahn 

u.  s.  w. 
Das' Präteritum  wird  ausgedrückt,  indem  man  die  Partikel  ön 
zwischen  Subject  und  Verbum  einschiebt: 

riön  alin  ich  wünschte,  habe  gewünscht 
Von  alin  du  wünschtest 
Von  alin  er  wünschte 
di  ön  alin  wir  zwei  wünschten 
u.  s.  w. 

Im  Futurum  wird  die  Partikel  me  zwischen  Subject  und  Ver- 
bum eingeschoben: 

na  me  alin  ich  werde  wünschen 
io  me  alin  du  wirst  wünschen 
ta  me  alin  er  wird  wünschen. 
Hieraus  entsteht  der  Conditionalis,  indem  man  noch  u  hinter 
**  einfügt : 

ne  me  u  alin  ich  würde  wünschen 
io  nie  u  alin  du  würdest  wünschen 
ta  me  u  alin  er  würde  wünschen. 
Das   »wenn«   des  Conditionalis   wird   durch    warne  ausgedrückt: 
»flwe  tu;  me  u  alin  wenn  ich  gewünscht  hätte. 

Im  Imperativ  wird  zuweilen  die  Partikel  ko  dein  Verbum  vor- 
gesetzt: ko  taine  am  mera  wiu  aon  setze  den  Tisch  hin,  damit  der 
Häuptling  isst. 

§  356.  Die  Partikel  ba  vor  dem  Verbum  drückt  das  Werkzeug 
aus,  womit  die  Handlung  des  Verbum  verrichtet  wird,  z.  B.  komu 
lesen,  bakomu  Buch,  tamba  sich  setzen,    batamba  Sessel,    tigil  nähen, 


1 86  H.  C.  von  der  Gabelentz,     Die  mel.  Spr.  :  New-Caledonia. 

batigit  Nähnadel  oder  Zwirn.  —  Dieselbe  Partikel  ba  dient  auch  da- 
zu, die  Dauer  eines  Zustandes  auszudrücken,  z.  B.  ba  älo  noch  Kind. 
Zu  Bezeichnung  des  Futurum  wird  auch  die  Partikel  bu  vor  das 
Verbuni  gesetzt. 

Eine  Art  Participium  oder  Nomen  actoris  wird  durch  ein  dem 
Verbum  präfigirtes  a  gebildet:  lela  fragen,  alela  der  Fragende,  Uani 
arbeiten,  atiani  der  Arbeiter. 

§  357.  Gewisse  Wörter  mit  scheinbarer  Verbalbedeutung  nehmen 
die  Possessivsuffixe  an  uud  haben  also  die  Natur  von  Substantiven, 
z.  B.  aina,  lieben,  begehren,  das  so  conjugirt  wird: 

ainan  ich  liebe 
ainam  du  liebst 
ainän  er  oder  sie  liebt 
aina  di9  aina  be  wir  zwei  lieben 
aina  dia,  aina  ba  wir  lieben 
aina  ol  ihr  zwei  liebt 
aina  ai  ihr  liebt 
'    '  '  *  v  aina  le  sie  zwei  lieben 

-i.  aina  la  sie  lieben. 
Als  solche  Wörter,  die  eine  Gemüthsbewegung  ausdrücken,  führt 
das  Vocabular  hoch  an:  tuma  Zufriedenheit,  andiarn  Unzufriedenheit, 
uatugi  Muth,  ualavamua  Feigheit,  ualapabaen  Hoffnung,  uaaia  Furcht, 
uaparamm  Vergebuug,  uatucoek  Rache,  uatuma  Freude,  uatumandam 
Trauer,  uaingen  Hass,  uatuman  Eifersucht,  paliit  Schmerz,  uamanda 
Mitleid,  uaaia  Schreck.  Ob  sie  sämmtlich  wie  aina  construirt  wer- 
den, ist  ungewiss. 

§  358.  Adverbia  sind:  nie  tde  mua  immer  naka  ka  hier,  naU 
li  dort,  eki  wenn,  während,  sa  na  pa  wo?   elo  ja,  aria  nein. 

§  359.  Präpositionen  sind:  uali  um,  bum  auf,  über,  buevan 
über,  bueron  unter,  mindu  unter,  unterhalb,  man  nach,  hinter,  c  von, 
durch  (hindurch),  na  in,  von,  zu,  nun  in  —  hinein,  innerhalb,  naii 
gegen,  li  naii  gegen  —  hin,  iain  napclan  entlang,  uo  unter,  zwischen, 
ambu  vor,  abariek  jenseits,  li  \on,  e  li  von,  durch  (Passiv),  eki  wäh- 
rend, guer  kalail  ausgenommen,  ausser,  ba  für,  unye  seit,  me  bis, 
trenda  auf,  aufwärts,  me  ma  mit,  aria  ohne. 


DIE 


EPHETEN  und  der  AREOPAG 


VOR 


SOLON 


VON 


LUDWIG  LANGE 

MITGLIED  DER  KÖNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


Des  VII.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Classe  der  Königl. 

Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 


Nü  IL 


(BGDL'.LirV  / 


LEIPZICx 

BEI  S.  HIBZEL. 


1874. 


V  -k    -o     N  •'V  ."» 


Vom  Verfasser  übergeben  den  12.  December  1873 
Der  Abdruck  vollendet  den  14.  Februar  1874. 


DIE 


EPHETEN  und  der  AfiEOPAG 


VOR 


SOLON 


VON 


LUDWIG  LANGE 

MITGLIED    DER    köMGL.    SACHS.    GESELLSCHAFT    DER    WISSENSCHAFTEN, 


AWk*udL  d.  K.  S.  GwlUch.  d.  WUMiuch.    IVIi.  >  13 


I.  Gegenwärtiger  Stand  der  Frage. 

Die  Frage  nach  dem  Alter  des  Gerichtshofes  der  Epheten  und 
der  areopagitischen  Bule  ist  seit  Kurzem  dadurch  neu  angeregt  wor- 
den, dass  diejenige  Ueberlieferung,  nach  welcher  Drakon  als  Stifter 
des  Gerichtshofes  der  Epheten  schien  angesehen  werden  zu  müssen, 
erschüttert  oder  vielmehr  über  den  Haufen  geworfen  ist.     Ich  meine 
damit  die  als  locus  elasmcus   für  die  Epheten  und  den  Areopag  gel- 
tende Stelle  im  Onomastikon  des  Pollux  8,  125,  welche  ich  in  ihrem 
ganzen  Umfange  hersetze,   da  ich  wiederholt  auf  sie  werde  zurück- 
kommen müssen.     Die  Stelle   lautet:    ecpsxai  xov   [xsv    dptftjiov   £t;  xal 
Trsvx^xovxa,   Apdxcov   8    aoxou;   xaxsoxrjosv    dptoxtvSTrjv   aipsftevxa^*   s8i- 
xaCov  os  xofc  i'f    atjiaxt  Sior/opivoi;  ev  toi;  7rsvxe  3txaox/;ptoi<;.    £6Xu>v 
2'    auxof;  irpooxaxsoxijae  ttjv  e$  'Apsiou  Tzay*u  jiouXyjv.    xaxa  jiixpov  ös 
xaT£ifsXdo&7j   xb  xuto  £^siu>v  Sixaoxifjpiov  *).     ooxouai  8s  cuvo[xdo&at,   oxi 


4)  Dieser  auf  die  nachsolonischen  Schicksale  des  Gerichtshofes  der  Epheten  be- 
zügliche Satz  ist  zwar  für  unsere  Untersuchung  gleichgültig :  insofern  es  sich  aber 
bei  derselben  um  die  Glaubwürdigkeit  der  Angaben  des  Pollux  überhaupt  handelt, 
will  ich  nicht  unterlassen  zu  bemerken,  dass  diese  Angabe  wenigstens  vollkom- 
men unverdächtig  ist.  Wenn  Forch  h  am  in  er  (de  ephetis  uon  ludibrio  habitis. 
Kiel  1844)  für  die  überlieferten  Worte  schreiben  wollte:  xaxa  jxtxpa  02  xax/j- 
ysAda&i;  (was  heissen  sollte:  ad  minor  a  tan  tum  iudicia  conqregatum  est),  so  ist 
das  längst  von  Schoemann  (Philologus  Bd.  \.  1846.  S.  725  f.  widerlegt.  Die 
Worte  wollen  nichts  weiter  besagen,  als  dass  das  Ansehen  des  Kollegiums  allmäh- 
lich (xaxa  utxpov  in  Abnahme  gekommen  sei.  was  vollkommen  richtig  ist.  Nicht 
eiuual  das  kann  ich  zugeben,  was  Schoemann  Forchhammer  gegenüber  zu- 
gestand, dass  der  Ausdruck  xaxsYeXasoTj  als  »etwas  zu  stark«  möge  getadelt  wer- 
den können.  Der  Ausdruck  ist  durchaus  nicht  zu  stark ,  wenn  wir  annehmen, 
dass  die  Quelle  des  Pollux  —  und  Pollux  selbst  hat  den  Ausdruck  doch  gewiss  nicht 
erfunden  —  ihn  in  älwliclietn  Zusammenhange  gebrauchte,  wie  Thuk.  3,  83,  \  ooxu> 
zaaa  loia  xaxiaxij  xaxoxpoTtta;  Öta  xa;  axaosi;  xcu  EXX^vtxai ,  xal  to  eoTjfts;, 
oo  to  yevvalov  irXelaxov  jisxi^et ,  xata^sXaattsv  7j  <p  a  v  1 3  tt  rr 

13* 


190  Ludwig  Lange,  [4 

Tcpöxepov  toü  ßaatXeco;  tou<;  stü  dxoua(u>  ^6vu>  xptvojievou;  efexdCovTo^  6 
Apdxa)v  toi^  i&kzaiz  Trapsoarxe  xrjv  xptatv,  e<peat|JLQV  äizb  ßaatXson  raicot- 
*/;xtt);. 

Im    zweiten  Satze   dieser  Stelle   sagt  Pollux   ausdrücklieh,    dass 
Drakon  die  Epheten  eingesetzt  habe;    im  letzten  Satze  aber  setzt  er 
dem  entsprechend   voraus,    dass    (wenigstens   bei  cpivo;  axouato;)   bis 
auf  Drakon  der  ßaotXsu;   die   selbständige    richterliche  Entscheidung 
gehabt,   erst   Drakon   dieselbe   den    (von   ihm   eingesetzten)    Epheten 
übertragen  habe.    Obwohl  der  letzte  Satz  sowohl  wegen  der  Etymo- 
logie als  auch  wegen  der  Auffassung   der  Epheten  als  Appellations- 
richter und   wegen   der   Beschränkung    der  Augabe    auf   den    <p<Svo; 
dxouoio;   zu   Bedenken  Veranlassung  geben    konnte:    so  glaubt«  man 
doch  an   der  Richtigkeit    des  Satzes,   dass  Drakon    die  Epheten  ein- 
gesetzt habe,    aus   welchem    Satze  die   im   letzten  Satze  enthaltenen 
Yermuthungen  emanieren,  um  so  weniger  zweifeln  zu  dürfen,  als  nam- 
hafte  Gelehrte    bei    aller    sonstigen    Meinungsverschiedenheit    in   denj 
Glauben   übereinstimmten,    dass   die   Angaben    des    Pollux   über  die 
Epheteu  aus  Aristoteles    Adrjvauüv  7coXtx€ia  geflossen  seien2).     Allein 
eine  directe  Benutzung  dieser  Schrift  folgt  weder  aus  der  Erwäh- 
nung des  Namens  des  Aristoteles  bei  Gelegenheit  der  l^catc  (8, 63), 
noch  aus  den  Angaben    des  Pollux  über   die   otxaairjpta   eid  üaXAa- 
8(u)   und    iizi  AeX<piv(u>    (8,  118  f.),   welche    nach  Harpokration  s.v. 
S7ti    FlaXXaotto   und   iizi  AeXcptvuo   in    letzter   Instanz   allerdings   mög- 
licherweise auf  des  Aristoteles  'A{b]va(o>v  iroXns(a  zurückgehen  ktaa- 
neu.     Dass   aber   bei   einer  indirecten    Benutzung   der  Schrill  des 
Aristoteles,  bei  der  wir  die  Zahl  und  die  Beschaffenheit  der  Mitt^l- 
glieder3)  nicht  kennen,  Aristoteles  nicht  verantwortlich  gemacht  W«"' 
den  kann  weder  für  die  im  letzten  Satze   enthaltene  Auffassung    *^r 
Epheten  als  Appellationsrichter   und    für   die  darauf  beruhende  JS*J' 


2)  0.  Müller,  Aeschylos  Eumeniden,   Göttingen  4833.  S.  453.    Schoem  *»  ■■■' 
de  Areopago  et  eptietis.  Gryphisw.  4  833.  S.  4  (Opusc.  4,  S.  4  92).   K.  F.  Herrn  ^  **n' 
Griech.Staatsalterthümer  §  4  02,  4  3  und  de  Dracone  leg  um  latore.   Gott.  1849.  &*~  * 
U.  Köhler  im  Hermes  Bd.  2.    4  867.   S.  32. 

3)  Wahrscheinlich  benutzte  Pollux  Werke  wie  das  des  Lexikographen  Pau&****^ 
(Photius  Bibl.  153  p.  99  B.    Schol.  zu  Thuk.  6,  27),  aus  dem  er  z.  B.  das  über  *** 
Sixarc^piov  Ik\  riaMaduu  Gesagte  sehr  wohl    entlehnt  haben  kann   (vgl.  Eus*^* 
zur  Odyss.   p.  1419,  51). 


5  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  191 

mologie  des  Namens  der  Epheten,  noch  auch  für  die  im  zweiten 
Satze  enthaltene  sehr  bestimmt  lautende  Nachricht  bezüglich  der  Ein- 
setzung der  Epheten  durch  Drakon,  liegt  auf  der  Hand.  Daher  habe 
ich  denn  auch  in  meiner  Abhandlung  de  epheiarum  Alkeniensium  no- 
mine (Leipzig  1873)  S.  5  zunächst  den  Versuch,  die  evident  falsche 
Etymologie  und  die  Auffassung  der  Epheten  als  Appellationsrichter, 
worauf  dieselbe  beruht,  durch  den  Namen  des  Aristoteles  zu  schützen, 
zurückgewiesen. 

Gewiss  wird  aber  Jedermann  auch  das  zugeben,  dass  bei  dem 
Verhältnisse  des  letzten  Satzes  zum  zweiten  und  bei  dem  entschie- 
den falschen  Inhalte  des  letzten  Satzes  durch  diesen  die  Glaubwür- 
digkeit der  im  zweiten  Satze  enthaltenen  Nachricht  in  keiner  Weise 
gestützt  wird.  Ebenso  wenig  kann  dieselbe  gestützt  werden  durch 
Timaeus,  Lex.  Platonicum  s.  v.  lyixai'  itevrqxovTd  etotv  oöxot  ot  dito 
Apdxovtot  rapl  'fovoo  SixdCovxe;  xprrou.  Denn  dieser  Artikel,  der 
nur  durch  Interpolation  in  das  Lexicon  Platonicum  gekommen  sein 
kann,  da  Plato  den  Namen  der  Epheten  nirgends  erwähnt,  stammt 
entweder  aus  Pollux  oder  aus  der  Quelle  des  Pol  lux,  hat  also  neben 
Pollux  nicht  den  Werth  eines  selbständigen  Zeugnisses. 

Trotz  alle  dem  könnte  indess  die  im  zweiten  Satze  enthaltene 
Nachricht:  Apdxow  8'  auxoüc  xaxeanqaev  dptoTiv8>]v  afpeftevxa;,  welche 
ich  in  der  oben  erwähnten  Abhandlung  S.  5  gleichfalls  als  einen 
Irrthum  des  Pollux  bezeichnet  habe,  auf  Wahrheit  beruhen.  Das 
Verdienst  die  Glaubwürdigkeit  derselben  zuerst  erschüttert  zu  haben, 
gebührt  Adolph  Philippi,  welcher  in  der  Abhandlung:  »Der  athe- 
nische Volksbeschluss  von  409/8«  (Neue  Jahrb.  1872.  S.  578.  bes. 
S-  604)  den  Nachweis  geführt  hat,  dass  die  Worte:  dpioTivfojv  aipe- 
^*^xa;  des  Pollux  auf  dem  durch  einen  Schreibfehler  verursachten 
^Unverständnisse  eines  Passus  der  in  die  pseudodemosthenische  Rede 
ad versus  Macartatum  §  57  p.  1 069  eingelegten  Urkunde  beruhen,  welche 
e>n  Drakonisches  Gesetz  reproduciert.  Der  in  Betracht  kommende 
****ssus  dieser  Urkunde,  dessen  Echtheit  durch  die  Uebereinstimmung 
***■•  dem  betreffenden  Passus  der  Inschrift,  welche  den  Volksbeschluss 
v<*ti  409/8  über  die  Aufzeichnung  der  Drakontischen  Gesetze  enthalt, 
erMiesen  ist4},  lautet  nttmlich  in  berichtigtem  Texte: 

4)   U.   Köhler,    Hernies  Bd.  8.    1867.   S.  *7.     Philippi  a.  a.  0.  S.  594. 
■^rchhoff  C.  I.  A.  num.  61.  p.  37. 


192  Ludwig  Lange,  [6 


£av  8e  atöeoaodai  8er),  ädv  (iev  rarrtjp  -g  ^  dSeXcpo;  ^  ufefc,  ttdvxac, 
^  xov  xcoXuovxa  xpaxeiv.  eav  oe  xouxiov  (XTrjoei;  *rj,  xxetviß  8'  dxa>v, 
fvcoai  8'  ot  ravxiijxovxa  xai  cl;  ot  &<psxai  axovxa  xxeivai,  iaeodwv  oi 
cppdtepc;,  ddv  öeXcoai,  8exa*  toutoik  8'  ot  icevxYjxovxa  xai  el; 
dpiox(v8iqv  aipeioOcov.  xai  ot  Trpoxepov  xxetvavxes  sv  x<j>8e  xai  deo|i<p 
eve^sadcov.  • 
Der  entsprechende  Passus  in  der  Inschrift  aber  lautet  mit  Köhlers 
Ergänzungen : 

[aio&aaoftai  8'  iav  piv  ratxijp]  ^ 

t  ij  d8eX'fo[;]  ^  uefc,  dica[vxa;]  ^  xb[v  x]ui[Xuovxa  xpaxefv  . ]o 

xoioa  .  .  e  .  pa  .  [o]  <p  .  .  ox  .  To;  xxa a 

dai  £deX<oo[i]  xfcv  5[px]ov [eav  8e  xoüxu>v  (irjoYt;  ^,  xxtf 

vrj  8i  axco[v],  TfMu>a[i  8]  8  [oi  7tev]x[Vjxovxa  xai  eis  ot  e^pexai  Äxovxa] 
xxeivai,  £aead[tO|V  8e  [oi  cppdxopec  eav  edeXcoat  oexa*  xouxod;  8]s  [6] 
t  icevxijxo[v]x[a  xai]  eis  dp[f;OJ_x£v8?jv  atpetoöwv  xai  ot  irp6]xe(jp] 
ov  xxet  [v ]  a  [vxec  £v  x]cp[8e  xä  9eo|iu>  eve^eoöoav] 5) . 

Es  ist  also  klar,  dass  nach  diesem  Drakonischen  Gesetze  die 
51  Epheten  in  Ermangelung  näherer  zur  aßest;  berechtigter  Ver- 
wandten des  Getödteten  10  Phrateren  desselben  dpioxivSijv  zur  Vor- 
nahme der  atöeat;  wählen  sollten.  Da  aber  in  allen  Handschriften 
des  Demosthenes,  wahrscheinlich  also  schon  in  der  Urkundensamm- 
lung, aus  welcher  die  Urkunde  in  die  Hede  eingelegt  wurde  (etwa 
in  der  cpTj^tojidxtov  ouva-furp]  des  Krateros),  das  unzweifelhaft  richtige 
(als  solches  schon  von  Reiske  durch  Conjectur  gefundene)  xot/xoos 
durch  xouxoi;  verdrängt  war,  so  lag  es  nahe  den  Sinn  des  Satzes 
xouxoit  8'  oi  icevxijxovxa  xai  et;  dpiax(v8if]v  atpefoihov  zu  verstehen; 
»für  diese  sollen  die  51  dpiox(v87)v  gewählt  werden.«  Das  also  ist 
die  Genesis  der  so  zuversichtlich  und  bestimmt  in  Verbindung  mit 
der  Notiz  über  die  Zahl  51  auftretenden  Notiz  des  Pol  lux:  Apdxew 
8'  aöxou;  xaxeorqoev  dpiox(v8iqv  aipeÖevxac*). —  Trotz  des  Nach wei- 

5)  Davon  weicht  Kirch  ho  ff  a.  a.  0.  nur  insofern  ab,  als  er  schreibt: 
i$<aÖ[o>]v  8i[xa  ol  ^pdtope;  £iv  iöiXtoatv  xotixoo;  t]l  [o]i  u.  s.  w. 

6)  Pöllux  selbst  wird  für  dieses  Missverständniss  nicht  verantwortlich  zu  machen 
sein.  So  wenig  wie  er  den  Aristoteles  direct  benutzte,  ebensowenig  den  Demosthe- 
nes  (vgl.  Philippi  S.  605,  Anm.)  oder  diejenige  Sammlung  alter  Urkunden,  ans 
der  die  Urkunde  in  die  Rede  adv.  Macartatum  eingelegt  wurde.  Denn,  wenn  er 
auch  8,  1 16  den  Krateros  nennt,  so  folgt  daraus  durchaus  nicht,  dass  er  ihn  di- 
rect benutzt  hat.     Der  Schreibfehler   kann   sehr   alt  sein ;    wir  können  daher  gar 


7,  Die  Epheten  und  deb  Areopag  vor  Solon.  193 

ses  dieses  Missverständnisses  glaubte  übrigens  Philippi  den  Drakon 
als  Stifter  der  Epheten  festhalten  zu  können.     In  dem   im  Juli  1 872 
geschriebenen  Aufsatze :  »das  Aninestiegesetz  des  Solon  und  die  Pry- 
ianen  der  Naukrareu  zur  Zeit  des  Kylonischen  Aufstandes«,  welcher 
bereits   vor   längerer   Zeit  in   dem   noch  nicht   ausgegebenen   ersten 
Heft«  des  29.  Bandes  des  Rhein.  Museums  gedruckt  ist,  sagt  er  S.  1  : 
»Aber  dennoch  können  die  Worte:  Apdxwv  8'  auioü;  xaxeoTYjoev  so  gut 
wie  die  folgenden  Sätze  e&txaCov  —  8ixaat>jpiov  aus  einer  guten  Quelle, 
welche  uns  nicht  mehr  bekannt  ist,  geflossen  sein.    Ich  sehe  darum 
vorläufig   die  Worte   Apdxcov   —   xaxeoiTjoev  als  vollgültiges    histo- 
risches Zeugniss  an.«     Indessen   schon   in  dem   später  geschriebenen 
Nachtrage  zu  jenem  Aufsatze  ebendaselbst  S.  1 1   ist  er  zu  der  meiner 
Ansicht   nach    notwendigen   Consequenz    gekommen    die  Glaubwür- 
digkeit jener   mit  einem  so   starken  Missverständnisse  complicierten 
Notiz  aufzugeben.    Nur  glaube  ich  nicht,  wie  Philippi  mit  0.  Mül- 
ler (Eumeniden  S.  154)  annimmt,  dass  die  Wahrnehmung,  dass  Dra- 
kon in  seinen  Gesetzen  stets    von  Epheten   rede  und  nicht  von  der 
areopagitischen  Bule  (Plut.  Sol.  1 9) ,  Quelle  des  Irrthums  gewesen  ist, 
durch  welchen  Drakon   als  Stifter  der    Epheten    angesehen   wurde. 
Ungleich  wahrscheinlicher  erscheint  es  mir,  dass  derjenige,  der  zuerst 
die  durch  den  Schreibfehler  toutou  entstellten  Gesetzes worte  toutouc 
&    o{  ravr^xovta  xal  eU  dpioTtvSyjv  atpetothov  auf  die  Wahl  der  Ephe^ 
ten  bezog,  zugleich  auch  den  nahe  liegenden  Schluss  machte,  Drakon, 
der   diese   Bestimmung   über  die  Wahl   der  Epheten  gegeben   habe, 
habe   die  Epheten   überhaupt   eingesetzt.     Zu   derselben  Ansicht    ist, 
gleichfalls  auf  Grund  der  Untersuchung  Philippis,  auch  Wecklein 
klangt  in  der  Abhandlung:    »Der   Areopag,    die  Epheten    und    die 
Naukraren«  in  den  Sitzungsberichten  der  k.  b.  Akad.  d.  Wiss.  (Mün- 
zen 1873.  S.  12),   nur  dass  er  Pollux  selbst  für  das  Missverständ- 
n|ss  und  die  Schlussfolgerung  verantwortlich   macht,   wozu    bei  dem 
Verhältnisse  des  Pollux  zu  seinen  Quellen  kein  Grund  vorliegt.   Wer 
"fcmer  Urheber  der  Schlussfolgerung  sein  mag,  er  hat  genau  so  ge- 
flossen, wie  z.  B.  Pausanias  (6, 1  1,6),  der  aus  den  Bestimmungen  Dra- 
fcons  über  die  an  dem  Tode  eines  Menschen  schuldigen  <fyi>xa  schloss, 


^eht  wissen,    welcher  Lexikograph    oder  Grammatiker   das   daraus  hervorgehende 
^»Nerstandniss  zuerst  begangen  hat. 


194  Ludwig  Lange,  [8 

dass  Drakon  der  Urheber  der   doch    ohne  Zweifel   uralten  Sitte  sei, 
solche  ätyoya  über  die  G ranze  zu  schaffen. 

Hiernach  betrachte  ich  als  feststehend,  dass  ein  glaubwürdiges 
Zeugniss  für  die  Einsetzung  der  Epheten  durch  Drakon  nicht  vorhanden 
ist.  Für  die  Untersuchung  nach  dem  Alter  der  Epheten  und  des  Areo- 
pags  ist  diess  aber  von  grosser  Bedeutung.  Bisher  war  mit  Recht  die 
Ansicht  Schoemanns  die  herrschende7).  Unbedingt  festhaltend  an 
dem  Zeugnisse  des  Pollux  wurde  Schoemann,  da  die  Aristokratie 
doch  auch  schon  vor  Drakon  einen  Blutgerichtshof  gehabt  haben 
musste,  zu  der  Annahme  gezwungen,  dass  die  areopagitische  Bule 
uralt  und  dieser  Gerichtshof  gewesen  sei.  Dom  widersprach  freilich 
die  im  Alterthum  herrschende  Ansicht,  dass  die  areopagitische  Bule 
erst  eine  Stiftung  des  Solon  sei8},  und  der  anscheinend  damit  über- 
einstimmende Satz  des  Pollux:  S6X<ov  8'  auxot;  itpoaxaxeoT^öe  xijv 
iZ  'Apefou  Ttayou  |3ouXt^v.  Indessen  hatte  die  Annahme  eines  hohen 
Alters  der  areopagitischen  Bule  nicht  bloss  der  Blutgerichtsbarkeit 
wegen,  sondern  auch  aus  dem  Grunde,  weil  in  der  vordrakontischen 
Zeit  die  Aristokratie  doch  überhaupt  eine  Bule9)  als  Organ  besessen 
haben  musste,  so  viel  innere  Wahrscheinlichkeit,  dass  man  auf  jenen 
Widerspruch  um  so  weniger  Gewicht  legen  zu  müssen  glaubte,  als 
ja  nach  Plut.  Sol.  19  und  Arist.  pol.  2,  9,  2  auch  die  Ansicht  von 
dem  vofsolonischen  Ursprünge  der  areopagitischen  Bule  im  Alter- 
thum vertreten  war.  Freilich  blieb  auch  so  noch  die  Schoemann- 
sche  Ansicht  bedenklich,  theils  weil  dem  Zeugnisse  des  Pollux  ent- 
gegenstand das  Zeugniss  des  Aristoteles  (pol.  2,  9,  9):  Apdxovxo;  U 
v6|xot  |iiv  etat,  icoXiTetqt  8£  üicap^oüaig  tou;  v6|xoü;  litojxev,  theils  wefl 
es  wenigstens  nicht  den  Eindruck  einer  organischen  Entwickeluog 
machte,  wenn  angenommen  werden  musste,  dass  Drakon  die  ganze 
Blutgerichtsbarkeit  der    areopagitischen    Bule    genommen,    und  dass 


7)  Attischer  Process  S.  10  ff.  Opusc.  1,  S.  1 90.  Antiq.  für.  publ.  S.  17t. 
Griech.  Alterthüiuer  I2,  S.  336  f.  Ihm  schloss  sich  unter  Andern  auch  Grote  an, 
history  of  Greece  3,  S.  79  (new  edition  London  1869).  Ebenso  West  ermann, 
das  Amnestiegesetz  des  Solon,  in  Ber.  der  königl.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  «849.  I, 
S.  «51  ff. 

8)  Plut.  Sol.  19.     Arist.  pol.  2,  9,  2.     Cic.  de  off.  1,  22. 

9)  Thuk.  2,  15  \on  Theseus:  8v  ßooXeuTrJptov  airoSeiga;  xal  Ev  irporavsiov* 
Vgl.   Plut.  Thes.  24. 


Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  195 

jlon  einen  Theil  derselben  seiner  mit  der  alten  areopagitischen  Bule 
gar  keinem  innern  Zusammenhange  stehenden  aus  den  abgegan- 
gen Archonten  gebildeten  areopagitischen  Bule  wieder  übertragen 
Ute.  Indessen  das  Zeugniss  des  Aristoteles  liess  sich  allenfalls  durch 
ne  sehr  enge  Interpretation  dessen,  was  Aristoteles  unter  iroXiieta 
erstanden  habe,  entkräften,  und  das  unstäte  Verfahren  der  Staats- 
änner  bezüglich  der  Blutgerichtsbarkeit  und  der  Rathskörper  konnte 
lenfalls  aus  der  Art  der  Verfassungs wirren  der  Zeit  des  Drakon 
fed  Solon  erklärt  werden.  Kurz,  man  hielt  Schoemanns  Ansicht  fest. 
Jetzt  nun  ist  diess  unmöglich  geworden.  Mit  dem  Wegfall  des  Zeug- 
isses  des  Pollux  erscheint  dagegen  die  Ansicht  Karl  Otfried  Mill- 
ers, welche  bisher  nur  als  eine  geniale  Hypothese  angesehen  wer- 
den konnte,  als  eine  mindestens  sehr  beachtenswerte  Combination. 
Müller10)  nämlich  ging  von  den  mutmasslichen  Gründen  der  nach- 
solonischen  Scheidung  der  Competenz  der  Epheten  und  der  areopa- 
gitischen Bule  bezüglich  der  Blutgerichtsbarkeit  aus,  bestritt  die  Glaub- 
würdigkeit der  Nachricht  des  Pollux  mit  der  angeführten  Stelle  des 
Aristoteles,  und  stützte  sich  ausserdem  auf  die  weitere  Angabe  des  Pollux, 
dass  die  Epheten  vor  Solon  an  den  fünf  Gerichtsstätten,  also  auch  £v 
Aptfip  ic<r)f<{>,  gerichtet  hätten,  auf  die  Nachricht  des  Plutarch  (Sol.  19), 
dass  in  den  Drakontischen  Gesetzen  immer  nur  von  Epheten  die 
Rede  sei,  und  auf  die  gleichwohl  auch  im  Alterthuinc  vertretene  Mei- 
nung, dass  die  areopagi tische  Bule  älter  als  Solon  sei.  Er  nahm  daher 
an,  dass  die  Epheten  ein  uralter  Gerichtshof  und  zugleich  diejenige 
areopagitische  Bule  gewesen  wären,  welche  Solon  durch  seine  areo- 
pagitische  Bule,  der  er  einen  Theil  der  Gerichtsbarkeit  der  Epheten 
überwies,  ersetzt  habe. 

Trotzdem  kann  man  sich  auch  bei  Müllers  Ansicht  selbst  jetzt  nicht 
ohne  Weiteres  beruhigen.  Denn  einmal  bleibt  es  dabei  völlig  unver- 
ständlich, wie  Solon  darauf  kommen  konnte,  den  streng  aristokra- 
tischen Rath  der  Epheten-Areopagiten  durch  eine  aus  den  abgegan- 
gen Archonten  gebildete  Bule  zu  ersetzen.  Sodann  ist  es  bei  der 
-Macht  der  Geschlechter  in  Solons  Zeit  kaum  daublich,  dass  Solon 
"*be  im  Stande  sein  können  den  wichtigsten  Theil  der  Blutgerichts- 
krkeil,  die  in  ihrem  ganzen  Umfange  von  Alters  her  den  Epheten« 


<0)  boricr   I2,  S.  336.   V,  S.  134.    Kumeniden  S.  152  ff. 


196  Ludwig  Lange,  MO 

Areopagiten  zustand,  auf  seinen  nicht  nach  gentilicischen  Principien 
neugebildeten  areopagi tischen  Rath  zu  Übertragen.  Endlich  verträgt 
sich  Müllers  Ansicht  nicht  mit  dein  Ainnestiegesetze  des  Solon  (Phtt. 
Sol.  19),  das  ihr  entweder,  wie  Schoemann  (Op.  I,  S.  193}  be- 
hauptete, geradezu  entgegensteht  oder  wenigstens  nach  ihr  nicht  er- 
klärbar ist. 

Das  hat  denn  auch  Philippi  erkannt,  der  zwar  in  der  Abhand- 
lung über   den  Volksbeschluss  von  409/8   (S.  593)   und   in    der  über 
das  Amnestiegesetz  des   Solon   noch   ganz  auf  dem  Standpuncte  der 
Schoemann'schen  Ansicht  steht,  aber  in  dem  oben  erwähnten  Nach- 
trage  bei   der  Erörterung   über   die  Glaubwürdigkeit   der   Nachricht 
des  Pollux  über  Diakon   als  Stifter  der  Epheten  nicht  abgeneigt  ist 
zur    Mü Herrschen    Ansicht    zurückzukehren,    schliesslich    aber  sagt 
(S.  12):  »Zwei  Wege  sind  es  also  nur,  die  man  einschlagen  kann, 
je  nachdem  man  an  Pollux  festhält  oder  ihn  aufgiebt.    Welches  aber 
der  Irrweg  ist,  dafür  sehe  ich   bei  dem  gegenwärtigen  Stande  der 
Ueberlieferung  kein  entscheidendes  Merkmal.«   Eine  Entscheidung  war 
für  ihn  um  so  schwieriger,  als  er  mit  dem  Zeugniss  des  Pollux  über 
die    Einsetzung    der  Epheten    zugleich    die  Notwendigkeit  des  *m 
dieser  Thatsache  zu  ziehenden  Schlusses  auf  eine  vordrakon tische 
areopagitische  Bule  fallen  sah.  Nachdem  er  selbst  obendrein  bewiesen  it 
haben  glaubte,  dass  aus  dem  Amnestiegesetze  des  Solon,  aus  wel- 
chem  die  alten  Vertreter  der  Ansicht  von  der   vorsolonischan   Exi-  ; 
stenz  des  areopagitischen  Rathes  ihren  Beweis  entnahmen,  die  E»r 
stenz  desselben  vor  Solon  im  Sinne  der  Schoemann'schen  Ansicht 
nicht  folge,  musste   er  so  in  Ermangelung  eines  jeden  unbeütioiti 
baren  Zeugnisses  für  die  Existenz   des   areopagitischen   Rathes  vor 
Solon  an  dieser,    die  sowohl  von   Schoemann   als  auch  in  einer 
anderen  durch  das  Amnestiegesetz  allerdings  scheinbar  ausgeschlos- 
senen Form  von  Müller  vorausgesetzt  ward,  verzweifeln. 

Ebenso  hat  Wecklein  zwar  auch  sich  von  der  Unhaltbarkeü. 
der  Schoemann'schen  Ansicht  überzeugt,  aber  gleichfalls  der  M al- 
le r'schen  Ansicht  sich  nicht  angeschlossen.     Vielmehr   hat  er, 
Philippi  darin  übereinstimmend,  dass  kein  directes  Zeugniss  für 
Existenz  einer    areopagitischen  Bule  vor  Solon  vorliege   (S.  19  1 
kühner  als  Philippi,    den  nothwendig  vorauszusetzenden  eupatri 
sehen  Rath  in  den  Naukraren  wiederzuerkennen  geglaubt  (S.  30  ff.j 


i 


I 


\\]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  197 

die  er  jedoch  nicht,  wie  einst  Droysen11),  mit  den  Epheten  iden- 
ttficiert,  sondern  streng  von  ihnen  scheidet,    indem  er  die  Epheten 
lediglich   auf  die  Blutgerichtsbarkeit  beschränkt,    die  Naukraren   da- 
gegen, einer  Andeutung  R.  Schölls12)  folgend,  als  den  Staatsrate  schon 
der  attischen  Könige   autTasst.     Diesen  Ausweg    kann    ich   indessen 
nicht  für  richtig  halten.    Denn  erstens  tinde  ich  in  dem  Solonischen 
Amnestiegesetze  (Plut.  Sot.  1 9 : ,  in  dessen  Erklärung  ich  weder  mit 
Philippi  noch   mit  Wecklein   übereinstimme,   wie  ich  später  aus- 
einandersetzen werde,    den   directen  Beweis   für    die  vorsolonische 
Existenz  einer  areopagitischen  Bule.     Zweitens  widerspricht  die  von 
Wecklein  der  Epheten  wegen  angenommene  Einsetzung  eines   ur- 
alten  Gerichtshofes    für    Blutgerichtsbarkeit,    der  nicht  zugleich  die 
Ihrigen  Functionen  einer  [3ooXy]  -fep^vxu»   gehabt  habe,  aller  Analo- 
gie, da   sowohl    in  Sparta  '(Arist.  pol.  3,   I,  7)  als  auch   in  Korinth 
(Diod.  46,  65;   bekanntlich  die  fepoooia  die  Blutgerichtsbarkeit  hatte; 
and  diese  Analogie  kann  nicht  entkräftet  werden   durch  allgemeine, 
im  Grunde  auf  einer  petitio  principii  beruhende   Räsonnements  über 
die  Eigentümlichkeit  der  athenischen  Institutionen  bezüglich  der  Blut- 
rache, wie  sie  Wecklein  S.  29   und  47  f.  anstellt.     Drittens   aber 
ist  die  von   Schölls  Ansichten    beeinflusste,   an   die  itpuidviet  xcov 
wxpdpct»  des  Herodot  (5,  7i),3j  anknüpfende,  auf  den  Zusammen- 
hing der  allerdings  uralten14)  Kolakreten 15)  mit  den  Naukraren  einer- 
seits, mit  der  Speisung  im  Prytaneion  und  mit  der  Auszahlung  des  Rich- 
lersoldes  andererseits ,ft)  sich  stützende,  mit  Hülfe  einer  neuen,  min- 
destens noch   sehr  problematischen  Etymologie   von   vauxpapot,   wo- 
nch  dieses  Wort  den  »Herdherrn«   bedeuten  soll17),   durchgeführte 

fl)  Droysen,  die  attische  Commu nal Verfassung ,  in  Schmidt's  Z.   f.   Ge- 
«bicbtswiss.  Bd.  8.    4  847.   S.  320  ff. 

12)  R.  Scholl,  die  Speisung  im  Prytaneion  zu  Athen.  Hermes  Bd.  6.  1874.  S.  44. 
b*.  S.  20  ff. 

13)  Darüber  werde  ich  unter  Nr.  XI  ausführlich  sprechen. 

14)  Boeckh,   C.  I.  n.  3660  Vol.  II,  S.  947. 

15)  Auch  dieser  von  Boeckh,   Staatshaushalt  Bd.  4,  S.  237  ff.  476  behandelte 
hwnmenhapg  wird  unten  seine  natürliche  Erklärung  finden. 

16]  Uarpokr.  s.  v.  arcoosxTai.  Poll.  8,  97.  Phot.  Suid.  Hesych.  Tim.  lex. 
tat.  s.  y.  xcoXaxpitat.  Phot.  u.  Zon.  s.  v.  xmXa^pizai.  Lex.  Seg.  S.  275.  4  90. 
Ijn.  M.  p.  525,  4  4.  Lex.  Cantabr.  p.  672.  Schol.  zu  Ar.  Av.  4  544.  Vesp.  693. 
23;  vgl.  Valentin  Rose,  Arist.  pseudep.  S.  442. 

47)  vaoxpapo;  soll  nämlich  verwandt  sein  mit  vaueiv  =  ixereueiv  (Hesych.  u. 


198  Ludwig  Lange,  [ü 

Hypothese  eben  doch  nur  eine  scharfsinnige  Hypothese,  die  als  solche 
durchaus  nicht  den  Vorzug  verdient  vor  einer  den  Quellen !8)  näher  blei- 
benden weniger  hypothetischen  Ansicht 19)  über  die  Naukrarien  und  die 
Naukraren.  Nach  dieser  waren  die  vauxpapot  die  Vorsteher  der  48  Nao- 
krarien  und  bildeten  als  solche  einen  Rath,  der,  selbstverständlich  auf  die 
Zwecke  der  Naukraricneintheilung  beschränkt,  für  diese  neben  der 
eupatridischen  Bule  stand,  und  in  welchem  eine  Mehrheit  von  Mit- 
gliedern (4  oder  12)  icptrcavst;  waren,  ähnlich  den  Tcpoxdvsi^  der 
Kleisthenischen  Bule.  Die  Naukrarien  selbst  aber  waren  eine  Eib- 
theilung  der  gesammten  grundbesilzenden20)  Bewohner  Attikas,  der 
Eupatriden  sowohl  als  der  Nichteupatriden,  bestimmt,  wie  die  Tribo*- 
und  Centuriencintheilung  des  Servius  Tullius,  die  Pflichten  Aller  gegea 
den  Staat  in  Bezug  auf  Kriegsdienst,  insbesondere  zu  Schilfe  (daher 
vauzpaptai),  und  Steuern  zu  regeln.  Diese  Eintheilung  kann  natür- 
lich neben  der  gentilicischen  Eintheilung  der  Phylen  in  Phratrien  md 
(edele)  Geschlechter  nicht  uralt  sein;  sie  gehört  zwar  in  die  Zeit 
vor  Solon21;,  darf  jedoch  frühestens  in  die  Zeit  der  Verfassungsän- 
derung von  683  gesetzt  werden ;  sie  wurde  schon  von  Solon  modi- 
ficiert,  von  Kleisthenes  aber  durch  die  Demeneintheilung  noch  mefcr 
bei  Seite  geschoben  und  von  Themistokles  ganz  beseitigt. 


Phot.  s,  v.  vaoeiv),  in  vaueiv  aber  eine  Beziehung  zu  dem  Opferherde  des  Bi** 
liegen  (Poll.  10,  20.    I,  7  4.   Hesych.  s.  v.  vaoxXrjpo; ,.■ 

18)  Poll.  8,  108.  Harpokr.  s.  v.  vocoxpapixa  und  or^apyo^.  Hesych.  s.  *• 
vaoxAapot.  Phot.  s.  v.  vauxpapta  und  vaoxpapoi.  Suid.  s.  v.  vaoxpapta.  Lei.  Sag* 
S.  283.    Sc-hol.  zu  Ar.  Nub.  37. 

19)  Die  nachfolgende  Formulierung  der  Ansicht  ist  die,  welche  meiner  AdA*" 
sung  entspricht.  Im  Wesentlichen  stimme  ich  darin  überein  mit  der  herrsch«^ 
Ansicht,  insbesondere  mit  Zelle,  Beiträge  zur  iiltereu  Verfassungsgesch.  AthÄ 
Dresden  4  850.  S.  22  und  mit  Philippi,  Beitrage  zu  einer  Geschichte  des  atteeta 
Bürgerrechts.  Berlin  1 870.  S.  151  ff.,  woselbst  die  übrige  Literatur.  Eine  wwerf- 
liche  Differenz  findet  auf  der  Grundlage  dieser  Ansicht  nur  statt  bezüglich  der  M*M  ( 
der  Prytanen  der  Naukraren,  worüber  ich  unten  (XI)  ausführlicher  zuspreck* 
haben  werde. 

SO)  Wenn  Weckleins  Etymologie  bei  genauerer  Untersuchung  des  noch  tk& 
aufgeklärten  Zusammenhangs  der  Wörter  und  Begriffe  sich  bewahrheiten  sollte,  * 
kann  sie  von  mir  mit  Dank  aeeeptiert  werden.  Naoxpapo?  ist  dann  ein  ebenso  fc" 
zeichnender  Ausdruck  für  das  den  Eupatriden  und  Nichteupatriden  Gemein»«*! 
wie  assiduwf  und  locuples  für  das  den  Patriciern  und  Plebejern  Gemeinsame. 

2t)  Herod.  5,  7t.    Schol.  zu  Ar.  Nub.  37. 


13]  Die  Ephkten  und  heb  Areopag  vor  Solon.  199 

II.  Gründe  für  die  Auffassung  der  Epheten  als  Bnleuten. 

Nach  meiner  Ueberzeugung  ist  das  Richtige  unter  Festhaltung 
dessen,  was  bei  Schoemann's  Ansicht  die  Hauptsache  ist  —  des 
hohen  Alters  der  areopagitischen  Bule,  —  nur  auf  dem  von  Mül- 
ler eingeschlagenen  Wege  zu  finden,  d.  h.  durch  die  Annahme, 
dass  die  Epheten  eine  uralte  Institution  waren,  und  dass  sie  nicht 
bloss  der  Blutgerichtsbarkeit  wegen  eingesetzt  waren,  sondern  diese 
eben  nur  desshalb  Übten,  weil  sie  Mitglieder  der  auf  dem  Areshügel 
lagenden  ^epouafa  des  aristokratischen  Athen  waren.  Ich  will  ver- 
suchen diese  Ansicht,  die  durch  Müllers  Argumente  (S.  9  f.  nicht 
hinreichend  wahrscheinlich,  gemacht  worden  war,  zunächst  als  wahr- 
scheinlich zu  erweisen. 

Eine  Stütze  für  das  hohe  Alter  der  Epheten  liegt  nun  zunächst 
in  ihrem  Namen,  dessen  Etymologie  ich  richtig  festgestellt  zu  haben 
glaube.  Denn  wenn  e'f  etyjc  zusammengesetzt  ist  aus  der  Präposition  stci 
and  dem  Substantivum  err^  Verwandter,  Bürger,  welches  in  der  Zeit  des 
Aeschylus  bereits  den  Spiritus  lenis  hatte  (de  ephr  nom.  p.  1 3) ,  so 
muss  das  Compositum  gebildet  sein  zu  einer  Zeit,  in  der  es  den 
älteren  Spiritus  asper  noch  ganz  fest  und  sicher  bewahrte.  Dieser 
aas  der  Form  des  Compositum*  hergenommene  Grund  führt  in  eine 
Zeit,  die  der  ionischen  Wanderung  und  der  Zeit  der  Homerischen 
Gedichte  näher  liegt  als  dem  Zeitalter  des  Drakon.  Ebendahin  weist 
tos  aber  auch  die  Bedeutung  des  Kompositums:  »Vorsteher  der  (in 
verwandtschaftlicher  Verbindung  mit  einander  gedachten;  Bürger.« 
Ein  Compositum  mit  dieser  Bedeutung  konnte  nur  entstehen  zu  einer 
&H,  in  der  das  Bürgerrecht  noch  durchaus  geknüpft  war  an  die 
Zugehörigkeit  zu  den  y^tj  und  'f  paxpiai,  und  zwar  in  der  ursprüng- 
feben  verwandtschaftlichen  Bedeutung  dieser  (Korporationen.  Denn  daran 
tfja  natürlich  trotz  des  Wegfalls  des  dpioTtvorjv  afpsösvxa;  des  Pol- 
hx  nicht  zu  zweifeln,  dass  die  Epheten  aus  den  edeln  Geschlech- 
tern, den  Eupatriden,  bestellt  und  zunächst  deren  Vorsteher  waren. 
Aue  weitere  Stütze  für  da#s  hohe  Alter  der  Epheten  liegt  aber 
ttch  in  dem  Umstände,  dass,  wie  das  bei  unvordenklich  alten  Insu- 
lten der  Fall  zu  sein  pflegt,  durchaus  keine  historische  Nachricht 
iber  die  Einsetzung  der  Epheten  vorhanden  gewesen  zu  sein  scheint. 
Denn  daraus,   dass  die  Atthidenschreiber  Kleitodemus  und  Phanode- 


200  Lidwig  Lange,  [ 

mus  in  verschiedener  Version  die  Ansicht  vortrugen,  die  Epheti 
seien  bei  Gelegenheit  des  Palladienraubes  eingesetzt22' ,  folgt  nie 
bloss,  dass  Kleitodemus  und  Phanodemus  die  Nachricht  von  der  Ei 
Setzung  der  Epheten  durch  Drakon  nicht  kannten,  sondern  auch,  da 
sie  überhaupt  keine  Nachricht  kannten,  welche  sich  auf  die  Ei 
setzung  der  Epheten  in  historischer  Zeit  bezog.  Die  auf  die  Ei 
Setzung  der  Epheten  bei  dem  Gerichte  über  <p6vos  dxooato;,  also  b 
dem  Gerichte  eirl  l1aXXaoiu>,  durch  Drakon  sich  beziehende  Aeuss 
rung  des  Pollux  ist,  wie  wir  oben  (S.  4)  sahen,  keine  historische  Nachrict 
Für  die  Annahme,  dass  die  Epheten  nicht  bloss  Blutrichte 
sondern  auch  Buleuten  waren,  liegt  gleichfalls  zunächst  in  der  Ei; 
mologie  eine  Stutze.  Denn  nach  derselben  sind  die  Epheten  p 
nicht  von  ihrer  richterlichen  Thätigkeit,  die  Müller  wie  alle  Andei 
vergeblich  in  dem  Worte  etymologisch  zu  finden  versuchte,  benana 
sondern  von  ihrer  Stellung  über  der  Gesammtheit  der  ursprüngliche 
Bürger,  von  einer  Stellung  also,  die  wesentlich  diejenige  der  (faofa 
fepövTuw  ist.  Dazu  kommt  aber  eine  bisher  nicht  genügend  geWir 
digte,  gleichlautend  bei  Suidas,  Photius  und  im  Etyra.  M.  &  v 
dcpexai  enthaltene  Notiz  über  die  Epheten,  welche  dieselben  geraden 
als  Geronten  charakterisiert,  ausserdem  aber  noch  die  Andeutung  «*■ 
halt,  dass  die  Epheten  nicht  bloss  der  Blutgerichtsbarkeit  wegen  4i 
waren,  sondern  diese  nur  neben  ihren  übrigen  Functionen  tÜM» 
Die  Stelle  lautet:  e^pstai*  avSps;  örcep  uevTfjXovxa  sttj  fe^ovätKi 
xai  aptoxa  ßeßuoxsvat  üiroXyjfJ/tv  Ijrovte;'  ot  xal  ra;  <povtxa;  8(xa;  hf* 
vov*  exataiTo  8*  auxcov  xa  äixaonfjpia  E^excov23).  Die  BestiiwDBtgi 
dass  die  Epheten  über  fünfzig  Jahr  alt  sein  mussten,  wird  Niemand 
bezweifeln,  der  sich  erinnert,  welche  Bedeutung  das  fünfzigste  Leben* 
jähr  in  Athen  für  das  Reden  in  der  Volksversammlung  (K.  F.  HermtaB 
Staatsalterth.  §  128,5),  sowie  für  die  Function  der  Diäteten  (ebeoJ 


22)  Eustath.  zu  a  321  p.  4449,  56.  Etyin.  M.  p.  362,  43.  Suid.  u.  Bill 
s.  v.  drei  riaXAaÖuü.  Michael  Apostolius  7,  3  4  bei  Leutsch  paroemiogr.  II  S.  4§S 
vgl.  Paus,  perieg.  4,  28,  9. 

23)  Daraus  Lex.  Seg.  S.  188  lyhai '  avSps;  otpiara  ^sßiuixivai  tntynijit** 
inrip  t«  irevT7|Xovra  stt,  -^ovo-ss,  oitivs;  tol  cpovixa  £SiW*ov.  (Nach  RuhnkM  % 
Tim.  lex.  Plat.  s.  v.  ieperat  scheint  auch  hier  vor  ~a  <povtxa  in  der  H&ndsefc|f 
xal  zu  stehen.)  Schol.  cod.  Bav.  ad  Dem.  Arist.  p.  632,  3  §  37.  p.  98  R.  iffai 
avSpe;  iwro  xa  irevrrxovTa  l*nj  -^ovore;,  avßpss  6y8o>jxovTa,  xa$  tpovixa;  Bfafl 
48(xaCov. 


45]  Die  Ephktf.n  und  der  Areopag  yob  Solon.  201 

§  145,  1 6)  und  Gesandten  (Plut.  Per.  17)  hatte.  Dadurch  erscheinen 
aber  die  Epheten  in  der  Thal,  gleich  den  Mitgliedern  der  spartani- 
schen -fepoooi'a,  die  das  sechszigste  Jahr  überschritten  haben  mussten, 
als  Geronten ;  dass  sie  lebenslänglich  Epheten  blieben ,  wird  zwar 
weder  in  dieser  Notiz,  noch  sonst  wo  gesagt,  doch  versteht  es  sich 
wohl  von  selbst24).  .Als  Geronten  hatten  sie  aber  unter  Anderem 
auch  die  Blutprocesse  zu  entscheiden;  das  liegt  ohne  Zweifel  in  dem 
soviel  ich  weiss  noch  von  Niemandem  betonten  xai25),  welches  man  kei- 
oen  Grund  hat  für  bedeutungslos  zu  erklären  durch  die  Annahme, 
dass  es  nur  zur  Verbindung  zweier  Excerpte  über  die  Epheten  zu 
dienen  bestimmt  sei.  Wenn  aber  die  andern  Functionen  der  Epheten 
nicht  genannt  sind,  so  kann  das  sehr  wohl  seinen  Grund  entweder 
darin  haben,  dass  die  Quelle,  aus  der  die  Lexikographen  jene  Notiz 
in  letzter  Instanz  schöpften,  diese  anderen  Functionen  als  selbstver- 
ständlich ansah,  oder  darin,  dass  eins  der  Mittelglieder  zwischen  der  ur- 
sprünglichen Quelle  und  den  Lexikographen  sie  beim  Excerpieren  ab- 
sichtlich oder  unabsichtlich  ausliess. 

Für  die  Annahme,  dass  die  Epheten  als  solche  Mitglieder  der 
areopagitischen  Bule  waren,  liegt  eine  Stütze  in  derselben  Notiz  der 
Lexikographen,  indem  wir  daraus  erfahren,  dass  die  Epheten,  auch 
hierin  den  spartanischen  Geronten  vergleichbar,  gerade  so  durch  ihren 
Lebenswandel  Garantie  für  eine  gewissenhafte  Ausübung  ihrer  Functio- 
nen bieten  mussten26),  wie  die  Mitglieder  der  Solouischen  ßouXij  ev 
Aptua  Tcdfio  durch  tadellose  Führung  des  Archontats.  Unter  solchen 
Umstünden  wird  man  aber  auch  eine  bisher  als  apokryph  betrachtete 


J4)  Für  die  areopagitische  Bule  nach  Solon  ist  es  bekanntlieh  bezeugt ,  vgl. 
M.  s.  v.  vApsto;  fta-j'o;.    Lex.  Seg.  S.  444.    Arguui.  zu  Dem.  Androt.  p.  589. 

25)  Ganz  ähnlich  heisst  es  in  der  Notiz  bei  Sind.  s.v.  *Apsio;  ira^o;  von  der 
ftttpagitischen  ßouAr, :  &3ixa£c  os  xat  t«  cpovixa  xat  xa  aXXa  TtoAtrixa  Öuuxei 
4ptot.  Vgl.  Lex.  Seg.  S.  444,  wo  das  erste  xat  fehlt,  ähnlich  wie  S.  1 88  bei 
ta  Epheten. 

J6)  Wecklein  S.  20  hält  sehr  mit  Unrecht  die  Worte  apirra  ßsßuuxivai 
*flb$iv  l/ovre;  für  eine  falsche  Deutung  des  von  Pollux  fälschlich  auf  die  Ephe- 

•  bezogenen    aptativS^v   atpelobcu.      Es   ist    durchaus   nicht   wahrscheinlich, 

*  dieser  Artikel  des  Suid.  Phot.  und  Etym.  M.  auf  Pollux  beruht.  Denn  Pollux 
ft  nichts  von  den  50  Jahren ,  und  schwerlich  wird  man  sich  doch  entschliessen 
ich  die  50  Jahre  für  ein  Missverständniss,  entstanden  aus  den  51  Epheten  des  Pollux, 


.. V 


202  Ludwig  Lange,  [M 

Notiz  Über  die  Zahl  der  Areopagiten  in  etwas  anderem  Lichte  zu 
betrachten  geneigt  sein,  zumal  da  sie  auftritt  in  Verbindung  mit  einer 
Angabe  über  die  an  die  Areopagiten  gestellte  Anforderung  eines 
würdigen  Lebens  und  wenigstens  hierfür  ohne  Zweifel  mit  Recht 
auf  Philochoros  sich  stützt.  Ich  meine  die  schon  von  Müller  (Dor. 
12,  336)  benutzte  Stelle  des  S.  Maximus  in  Prooemio  ad  S.  Dionysii 
Areopagitae  opera  (Antv.  1634.  vol.  11  p.  XXX1Y),  welche  in  den 
fragm.  hist.  graec.  vol.  I  p.  394  folgendermassen  lautet:  'Ex  -jap  xm 
evvsa  xaÄtoiajievtov  dp^ivtcov  'Aötjvtjoi  tquc  AptoTtafiiat  18«  o*m~ 
oidvai  oixaord«;,  <5c  cpirjatv  Av8pox(cov  h  Ssuispa  x&v  At&iScov  3ow- 
pov  öe  7rXeiovcov  -j£T0VSV  ^i  ^  Apsfou  Tra^ou  ßouXuj*  toutsotiv  i£  d*- 
op<5v  TOpt^avearepcDv  TrevTr^xovTa  xal  svo;.  Ou  iravxb;  abopo;  ijv  tfc 
t*}jv  e£  Apefoo  Tra^ou  plootarjv  te^etv  dXX  oi  irap'  A{bjva(ois  Tcparatw- 
ie;  Iv  xe  y^vsi  xai  tcXoötcö  xai  ß  £  co  yprjoitt),  u>;  toiopsi  4>iX*fyopac 
oia  xijs  tpixij^  täv  aüxuW  '  AifttScov 27} .  Wenn  wir  voraussetzirogskw 
an  diese  Stelle  herantreten,  so  haben  wir  darin  ein  Zeugniss  dafitr, 
dass  die  Zahl  der  Areopagiten  in  früherer  Zeit  kleiner,  in  späterer 
grösser  gewesen  sei,  was  durchaus  stimmt  mit  Müllers  Annahme, 
dass  in  früherer  Zeit  die  51  Epheten  den  Rath  bildeten,  da  die  Zahl 
der  gleichzeitig  lebenden  gewesenen  Archonten,  die  nach  der  So- 
lonischen Institution  den  Areopag  bildeten,  später  bedeutend  grösser*) 
gewesen  sein  muss.  Nun  ist  freilich  der  Context  unserer  Stelle  da- 
durch verwirrt,  dass  die  Zahl  51  als  die  spätere  und  grössere  aar 
gegebeu  wird.  Indessen  da  Androtion  schwerlich  behauptet  hat, 
dass  die  areopagitische  Bule  jemals  aus  den  9  fungierenden  (xa- 
iWcajjivü>v)  Archonten  bestanden  habe,  so  beruht  auch  der  Gegen- 
satz der  Zahl  51  zu  der  Zahl  0  ohne  Zweifel  auf  einem  Irrthmna 
dessen,  der  die  Stellen  den  Androtion  und  Philochoros  über  den 
Areopag  excerpierte.  Die  Zahl  51  selbst,  die  ein  so  gedankenloser 
Epitomator  schwerlich  anderswoher  ergänzte,  muss  derselbe  dock 
entweder  bei  Androtion  oder  bei  Philochoros  in  einer  solchen  Bezie- 
hung zur  areopagitischen  Bule  gefunden  haben,  dass  er  sie  als  Zahl; 
der  Areopagiten  anzusehen   veranlasst    wurde.      Wahrscheinlich    bat*! 


27)   Vgl.  Georg.  Pacliym.  in  paraphr.   Dionys. :    Ex  ~u>v  £vvea  xa&mapiv« 
apjfovTcov  'AthjvTjaiv   s8si  too;  'ApsoiraYlTa;    stvat,    <5v   apiftpo;  eU  Sva  xal  % 
TJjxovta  irosooTo. 

38)  Vgl.  k.  F.  Hermann,   Staatsalterth.  §   4  09,  1. 


47]  Die  Epheten  und  deii  Areopag  vor  Solon.  203 

Androtion  von  dem  jährlichen  Zutritt  der  9  Archonten  zur  areopagi-« 
tischen  Bule  gesprochen29)   und   die   Mitgliederzahl  des  so  gebildeten 
Raths  als  grösser  bezeichnet  im  Vergleich  zu  dem  früheren  Zustande, 
bei  dem  die    51   Epheten  Mitglieder  der  areopagi tischen  Bule,  also 
auch  nach  späterem  Sprachgebrauch  Areopagiten  ^ ,  waren.    Zur  Ge- 
wissheit lässl  sich  natürlich  bei  einer  so  confusen  Stelle  nicht  kom- 
men; allein  es  ist  doch  bei  der  bis  jetzt  wahrscheinlich  gemachten 
Beziehung  der  Epheten  zur  areopagitischen  Bule  mindestens  ebenso 
berechtigt,  in  der  Zahl  der  51  Areopagi ten  eine  Reminiscenz  an  die 
vorsolonische  Bule  der  Epheten-Areopagiten  zu  finden,  als  diese  Zahl 
mit  Schpemann  (Op.  1,  p.  196  not.)  und  K.  F.  Hermann  (Staatsalt. 
§109,2)   unter  der  nicht   bewiesenen  Voraussetzung  der  principiel- 
len  Verschiedenheit  der   areopagitischen   Bule   und   der  Epheten   als 
aus  einer  Verwechslung  der  Epheten   und  Areopagiten  hervorgegan- 
gen zu  beseitigen.  —  Eine  von  jenem  Zeugnisse  unabhängige,  also  die 
Beweiskraft  desselben  unterstützende,  Spur  davon,  dass  die  Zahl  51 
einsi  auch  in  Beziehung  zu  den  Areopagiten  stand,  bietet  der  Schol. 
zuAesch.  Eum.  743  Sootc  Sixaox&v]  6  dpid|Ao;  x&v  'ApeoiraYiT&v  X'  xat 
ik-  Denn  man  wird  hier  doch  lieber  v    xal  sl;  emendieren,  als  die 
Zahl  31   zum  Ausgangspunct  weiterer  Hypothesen31)  machen  wollen. 
Schlagender  aber  als  diese  Gründe  für  die  Annahme,   dass  die 
Epheten   Mitglieder  der   areopagitischen   Bule   waren,    ist   jedenfalls 
die  Thatsache,  dass  die  Drakontischen  Gesetze,  nach  denen  die  Ephe- 
ten in  nachsolonischer  Zeit,   in  der  sie   bekanntlich  nicht  mehr  auf 
dem  Areopag  richteten,  Recht  sprachen,  bezeichnet  werden  als  Gesetze 
ht  TTjc  ot^Xtj;  ttjs   e£  '  Apsfoo  iza^oo  (Lys.   de   caed.  Erat.  30;   vgl. 
[Dem.]  adv.  Euerg.  et  Mnes.  §  71)  oder   als  v6fjtoi  ix  t&v   cpovtxÄv 
vöpcov  TäW  iZ  'Apsfou  raryoü   (Dem.  Aristocr.  §  22;  vgl.  [Lys.]  adv. 


29)  Vgl.  Argum.  zu  Dem.  Androt.  p.  588  f.  Plut.  Pericl.  9.  Dem.  Timocr. 
$«.    Aristog.  II  §  5.    Pol!.  8,  117.    Lex.  Seg.  S.  3H. 

30)  Der  Ausdruck  'ApeiOTca-pxat  oder  'ApeoTraYttai  ist  vermuthlich  erst  einige 
Zeit  nach  Solon  aufgekommen ,  als  die  unten  zu  erörternde  Scheidung  der  ßooAr, 
h  'Apeup  iraycp  und  der  Epheten  durchgeführt  war.  Er  findet  sich  zuerst  bei  den 
attischen  Rednern,  dann  bei  den  Grammatikern  und  Lexikographen.  Vgl.  Lobeck 
m  Phryn.  S.  697  f. 

31)  Droysen  in  der  Z.  f.  Gesch.  Bd.  8,  S.  325.  Meier  und  Schomann, 
attischer  Process  S.  \0.    K.  H.  Lachmann,  spartanische  Staatsverfassung  S.  270  ff. 

Abteadl.  <L  K.  S.  GeMllsch.  d.  Wissensch.  XVII.  14 


204  Ludwig  Lange,  [43 

•  Andoc.  §15).  Denn  die  natürlichste  Erklärung  dieser  Bezeichnufcgfr- 
weise  ist  doch  ohne  Frage  die,  dass  diese  Gesetze  ursprünglich  auf 
dem  Areopag  als  der  eigentlichen  Centralstätte  der  Wirksamkeit  der 
Epheten  -  Areopagiten  aufgestellt  waren.  Dadurch  ist  natürlich  nicht 
ausgeschlossen,  dass  officielle  Abschriften  dieser  Gesetze  auch  andert- 
wo,  z.  B.  in  den  Händen  des  7pa(x(jiaTe6;  der  Bule  und  bei  dem  späte- 
ren Amtslocale  des  ßaoiXeut,  der  atoä  ßaoCXsioc,  waren ;  wie  denn  s.  B. 
der  Volksbeschluss  von  409/8  anordnet,  dass  die  ävafpaytit  tdiv  v4pa» 
sich  den  Drakonischen  \»6[xo;  geben  lassen  sollen  von  dem  Prytanien1- 
Schreiber  der  Bule,  und  dass  sie  die  auf  einer  steinernen  ot^Xtj  aw- 
geführte  Copie  aufstellen  sollen  vor  der  axod  ßaa£Xeio<;.  Aus  letztem 
Thatsachen  folgt  aber  gewiss  nicht,  was  Philippi  (N.  J.  S.  585)  dar- 
aus folgert,  dass  die  Gesetze  des  Drakon  auf  dem  Areopag  sich 
nicht  befanden,  und  dass  es  nüthig  sei,  die  klaren  Ausdrücke: 
»Gesetze  auf  der  Stele  vom  Areopag«  » areopagitische  Gesetze«  a 
deuten  als  »Gesetze  welche  auf  die  Competenz  des  Königs  als  Vor- 
sitzenden der  Blutgerichte  sich  bezogen.« 

Durch  alle  diese  Erörterungen  sind  übrigens  die  drei  Bedenke*» 
welche  ich  selbst  oben  S.  9  gegen  die  Müller'sche  Ansicht  vor- 
gebracht habe,  nicht  erledigt. 

III.  Erklärung  der  Zahl  der  51  Epheten. 

Um  jene  Bedenken,  zunächst  abgesehen  von  dem  aus  dem  Anme- 
stiegesetze  des  Solon  entnommenen,  das  eine  ausführlichere  ErdP- 
terung  erheischt,  zu  erledigen,  bedarf  die  Mülle  r'sche  Ansicht  einer 
Ergänzung.  Durch  diese  muss  einerseits  der  Zusammenhang  zwischen 
den  Epheten  und  der  areopagitischen  Bule,  der  uns  nach  den  vor- 
hergehenden Erörterungen  wenn  auch  noch  nicht  als  erwiesen,  so  doch 
als  sehr  wahrscheinlich  erscheinen  muss,  festgehalten,  andererseits 
aber  die  areopagitische  Bule  vor  Solon  als  organische  Vorstufe  des 
Solonischen  Areopags  dargestellt  werden.  Diese  Ergänzung  hat  sich  mir 
ungesucht  dargeboten  durch  eine  neue  Erklärung  der  auffallenden 
Zahl  der  Mitglieder  des  Ephetencollegiums ,  auf  die  ich  kam,  weil 
mir  die  bisherigen  Erklärungsversuche  nicht  genügten. 

Die  Zahl  51  ist  so  eigentümlich,  so  ausser  aller  Beziehung  zu 
den  bekannten  Eintheilungen  des   athenischen  Volks  in  der  voroolo- 


49]  Die  Epheten  und  der  Aeeopag  vor  Solon.  205 

aißchen  Zeit,  dass  wir  sie  dem  Pollux  allein  bei  seinen  übrigen 
Irrthilmern  gewiss  nicht  glauben  würden,  wenn  sie  nicht  durch  die 
Urkunde  bei  [Dem.]  adv.  Macart.  §  57  und  durch  den  Volksbeschluss 
vob  409/8  (Z.  13  und  19,  s.  oben  S.  6)  bestätigt  würde.  Durch 
dieses  urkundliche  Zeugniss  wird  sie  aber  so  sehr  jedem  Zweifel 
entrückt,  dass  alle  anderen  Zahlangaben  bezüglich  der  Epheten  da- 
gegen nicht  ins  Gewicht  fallen  können. 

In  der  oben  S.  5  angeführten  Stelle  aus  Timaeus  Lex.  Plat.  frei- 
lich wird  die  Zahl  50  angegeben.    Allein  es  ist  klar,  dass  in  dieser 
aas  Pollux  oder  aus  der  Quelle  des  Pollux   stammenden  Stelle  zwi- 
schen den  Worten  tovtVjxovtoi  und  tlofo  das  Wort  ei;  oder  die  Worte 
rä  et;32)  ausgefallen  sind.     Wenn    aber   Kleitodemus   das   angeblich 
erste  Ephetengericht  am  Palladion  aus  50  Athenern  und  50  Argivern 
bestehen  lässt33),  so  kann  darin  kein  Beweis  für  die  Zahl  50  gegen- 
über der  urkundlich  bezeugten  Zahl  51 ,  sondern  höchstens  ein  Beweis  da- 
to gefunden  werden,  dass  Kleitodemus  vermuthete,  der  Epheten  seien 
eigentlich  nur  50  gewesen,  und  der  präsidierende  ßaoiXeu;  sei  als  der 
5jste  gerechnet.    Dass  aber  dieser  Erklärungsversuch,  auf  den  Klei- 
todemus immerhin  verfallen   konnte,    zu   verwerfen  ist,    werden  wir 
nachher  sehen.    Wahrscheinlicher  ist  mir  übrigens,  dass  Kleitodemus 
einen  solchen  Erklärungsversuch  gar  nicht  beabsichtigte,  sondern  zu 
der  Zahl   50  nur  desshalb  griff,    um  das   mythische    internationale 
Schiedsgericht  der  Athener  und  Argiver  aus  100  Personen  bestehen 
lassen  zu  können.     Wenn  endlich  Zonaras  s.  v.  ecpexai  S.  926    sagt: 
flhÄpc;  ofxiv*;   0Y^0^X0VTa   &vxe;  ä&fxaCov34),  so   folgt  daraus   ange- 
sichts   der   im   Uebrigen    gleichlautenden    Stellen    des    Suidas    s.    v. 
hfkai'  avSps;  otrive;  ic   ovxs;  e&xaCov   und  des  Photius  s.  v.  Icprcar 
ivSpt;  oirtvt;  itspuovxe;  dSixaCov  gewiss  nicht,    dass  die   Zahl  der 
Epheten  einst  80  war,  noch  auch  nur,  dass  eine  alte  Tradition  exi- 
stierte, die  diess  behauptete,  sondern  nichts  weiter,  als  dass  das  Com- 
pendium  der  Präposition   7uep(  verlesen   oder  verschrieben,   kurz  irr- 
thümlich  als   das   Zeichen    für   die  Zahl    80  gedeutet  wurde.     Diese 


31)  Wecklein  a.  a.  O.  S.  4  3  ist  auf  dieselbe  Vermuthung  gekommen. 

33)  S.  die  S.  4  4,  A.  11  angeführten  Stellen. 

34)  Vgl.  Schoi.  ad  Dem.  Aristocr.  §  37.  p.  98  R.  (oben  S.  U,  A.  23),  welche 
Stelle  natürlich  ebenso  zu  beurtheilen  ist. 

14  ♦ 


206  Ludwig  Lange,  [20 

schon  von  Muller  (Eum.  S.  151)  erkannte  Ausgleichung  der  drei 
Stellen,  die  ja  doch  nur  gleich  Lesarten  dreier  Codices  sind,  ist  ohne 
Zweifel  viel  plausibler,  als  wenn  man  bei  Suidas  V  oder  va  corri- 
gieren  wollte,  was  dann  auch  bei  Zonaras,  ja  sogar  bei  Photius  ge- 
schrieben werden  müsste. 

Erklärungsversuche  nun  der  Zahl  51,  die  veröffentlicht  worden 
sind,  kenne  ich  nur  zwei,  kann  aber  beide  nicht  für  richtig  halten. 

Müller  (Eum.  S.  160)  meinte,  dass  entsprechend  der  von  ihm 
angenommenen  Zahl  der  1 2  Richter  des  areopagitischen  Gerichtshofes 
in   den   Eumeniden   des   Aeschylus   der  Ephetenhof  (als  Gerichtshof 
und  als  Bule)  ursprünglich   aus  12  Mitgliedern  bestanden   habe,  die 
als  Repräsentanten  der   ersten  Phyle   anzusehen  seien.     Später  seien 
alle  4  Phylen  in  dem  Ephetenhofe  durch  je  12  Mitglieder  repräsen- 
tiert gewesen,  habe  also  der  Ephetenhof  aus  48,  oder  den  ßaoiAtuc 
mitgerechnet  aus  49  Personen   bestanden.     Durch  Uebertragung  auf 
die  zehn  Rleisthenischen  Phylen  sei  die  Zahl  auf  50,  oder  den  ß»- 
Xe6;  mitgerechnet  auf  51  erhöht,  gerade  so  wie  damals  aus  den  tt 
Naukrarien    50    geworden   seien.      Diese   Ansicht,    welche  mehrfad 
Zustimmung  gefunden  hat35),  ist,  abgesehen  von  der  problematische! 
Errechnung  des  ßaaiXeu;,  jetzt  unhaltbar,  weil  aus  dem  Volksbeschtatt 
von  409/8  und  aus  [Dem.]  adv.  Macart.  §  57  hervorgeht,  dass  & 
Zahl  <51   bereits  in  den  Gesetzen   des  Drakon  stand,    also  nicht  errt 
die  Folge  einer  von  Kleisthenes  getroffenen  Aenderung  sein  kami^* 

Besser  verträgt  sich  mit  der  Thatsache,  dass  die  Zahl  der  Ejkfr 
ten  schon  zu  Drakons  Zeit  51  betrug,  die  Vermuthung  Schü- 
manns (Antiq.  jur.  publ.  p.  171,  not.  Opusc.  1,  p.  196),  dass  & 
Zahl  zusammengesetzt  sein  könne  aus  48  Repräsentanten  der  4  Phyfc» 
und  den  3  Exegeten  des  heiligen  Rechts37).    Allein  die  3  Exegetei") 


35)  K.  F.  Hermann,  Staatsalt.  §  402,  12.  Droysen  in  Schmidts  t  f. 
Gesch.  Bd.  8.  S.  320.  332.  Duncker,  Geschichte  des  Alterthums  Bd.  31,  S.SH* 
Bd.  41,  S.  4  52. 

36)  Vgl.  Philippi,   Rh.  Mus.  Bd.  29,  S.  42.    Wecklein  a.  a.  O.  S.  29. 

37)  Vgl.  O.  Müller,  Eumeniden  S.  463.  Chr.  Petersen,  Ursprung^ 
Auslegung  des  heiligen  Rechts  bei  den  Griechen  oder  die  Exegeten,  ihre  geschrieb^ 
nen  Satzungen  und  mündlichen  Ueberlieferungen,  im  Philologus.  Suppl.  Bd.  4.  48M* 
S.   153. 

38)  Tim.  lex.  Plat.  u.  Suid.  s.  v.;  vgl.  Etym.  M.  s.  v.  Lex.  Seg.  S.  4  87.  15Ü 
vgl.  auch  die  Inschrift  in  den  Berl.  Monatsber.  4  862.  S.  284. 


M]  Die  Epheten  und  der  Areopag  tob  Solon.  207 

bildeten,   den   römischen   Ponlifices  vergleichbar,   ein  Collegium   für 
geh,  dessen  Hauptaufgabe   darin   bestand   den    Privaten  sowohl   bei 
Prodigien30),  als  auch  dann  Auskunft  zu  ertheilen,  wenn  für  sie  bei 
Begrübnissen  und  andern  Veranlassungen  Fragen  des  heiligen  Rechts 
praktisch   wurden40).    Dass  sie   mitwirkten  bei  der  Sühnung,   bezie- 
hungsweise Reinigung   der  von  den  Epheten  als  dxouotoi  und  otxouoi 
dvfyo^Svoi   erkannten  Todtschläger,   kann  nicht  bestritten  werden41). 
Aber  daraus  folgt  nicht,   dass  sie  den  angeblich  48  Epheten  aggre- 
giert und  bei  der  Angabe  der  Zahl  von  51  Epheten  als  Epheten  mit- 
gerechnet seien.    Immerhin  ist  es  möglich,   dass  die  einzelnen  Exe- 
geten, die  ja  Eupatriden  sein  mussten42),   zugleich  Epheten  waren, 
etwa  wie  ein  Pontifex  zugleich  Senator  und  Mitglied  einer  Quaestio 
perpetua  sein  konnte ;  aber  als  Collegium  waren  die  Exegeten  gewiss 
ebensowenig  ein    integrierender   Bestandteil   des  Ephetencollegiums, 
wie  das  Collegium   der  Pontifices    des   römischen  Senats.     Für  eine 
Stellung  des  Collegiums  der  Exegeten  ausserhalb  des  Collegiums  der 
Epheten  spricht  auch  der  Umstand,  dass  Aeschylus  in  den  Eumeni- 
den  den  Apollo  selbst  als  Exegeten   neben   seinen  Richtern  auftre- 
ten lässt.    Ausserdem  dürfte   man  doch,   die  Richtigkeit  der  Vermu- 
ihang  Schoemanns  angenommen,    erwarten,  dass  Pollux,  der  die 
Exegeten  unmittelbar  vor  den  Epheten  erwHhnt,  den  collegialischen 
Zusammenhang  beider   angedeutet    haben  würde.     Wir   können  also 
die  Vermuthung  ohne  Bedenken  fallen  lassen,  zumal  da  Schoemann 
adbst  sie  in  den  Griech.  Alterthümern  (12,  S.  445.  482)  stillschwei- 
fend aufgegeben  zu  haben  scheint. 

Möglich  wäre  auch  noch  ein  dritter  Erklärungsversuch,  die  An- 
nahme nämlich,  dass  die  Zahl  51  sich  zusammensetze  aus  48  Reprä- 
sentanten der  4  Phylen  und  dem  ap^v  ßaaitatic  nebst  seinen  beiden 
udpeöpoi n) .  Diese  Annahme  könnte  möglicherweise  in  Kleitodemos 
einen  Gewährsmann  haben  (oben  S.  19)  und  sich  jedenfalls  besser 
ab  die  Schoemann's  auf  die  Analogie  des  Namens  ot  evösxa  stützen, 


39)  Poll.  8,  124. 

40)  Isae.  de  Cir.  hered.  §  39.    Harp.  s.   v.   ür^rf^.    Plat.  Euthyphr.  p.  4  C. 
[Dem.]  adv.  Euerg.  et  Mnesib.  §  68  ff.;   vgl.  Plat.  leg.  6,   p.  759. 

41)  Tim.  lex.  Plat.  und  Suid.  s.  v. 

42)  Vgl.  Plut.  Thes.  25.    Boeckh  C.  I.  n.  765.  I  p.  5*3. 

13)  Poll.  8,  92.  [Dem.]  adv.  Neaer.  §  72.  84;  vgl.  de  ephet.  nom.  S.  10. 


208  Ludwig  Lange,  [M 

mit  dem  bekanntlich  ein  eigentlich  nur  aus  10  Männern  bestehendes 
Collegium  desshalb  bezeichnet  wurde,  weil  der  -[pa[X[xaTeö<;  desselben 
als  der  elfte  galt44).  Allein  ganz  zutreffend  ist  die  Analogie  doch 
nicht;  denn  bei  den  evöexa  wird  einer  mitgerechnet,  bei  den  mv- 
nfjxovxa  xal  ei;  würden  drei  mitgerechnet  werden;  bei  den  (vtna 
wird  ein  unentbehrlicher  Subalterner  mitgerechnet,  hier  würden  drei 
Personen  mitgerechnet  werden,  von  denen  eine  der  Vorstand  dei 
Collegiums  ist,  die  zwei  andern  jedenfalls  nicht  als  Subalterne  da 
Collegiums  angesehen  werden  können.  Ueberhaupt  aber  wird  so- 
wohl im  Volksbeschluss  von  409/8,  als  auch  bei  Dem.  Aristocr.  §  37  t 
so  bestimmt  unterschieden  zwischen  dem  BtxdCetv  des  ßaoiXeuc  und 
dem  Sicrpatoat  der  Epheten,  dass  es  geradezu  widersinnig  wäre,  den 
ßaoiXcuc45),  und  noch  widersinniger,  seine  beiden  itdpeäpoi  als  Ephe- 
ten mitzurechnen. 

Soll  man  nun  bei  dieser  Schwierigkeit  der  Erklärung  der  Zahl 
51  sich  zufrieden  geben  mit  der  Annahme,  dass  die  Zahl  ledigfei 
die  Bedeutung  einer  ungraden  Zahl  habe,  dass  sie  desshalb  gewÄt 
sei,  um  die  Möglichkeit  der  Stimmengleichheit  auszuschliessen?  Diesel 
Auskunftsmittel  mag  bei  den  Heliastengerichten  von  201,  401  Q.S.W. 
Mitgliedern  gerechtfertigt  sein46);  für  ein  eupatridisches  Collegiu» der 
vordrakontischen  Zeit  genügt  sie  nicht,  da  man  denselben  Zweck 
z.  B.  mit  der  Zahl  41   oder  61   auch  hatte  erreichen  können. 

Die  neue  Erklärung  der  Zahl  51  nun,  die  ich  vorzutragen  i* 
Begriffe  bin,  beruht  auf  dem  Gedanken,  dass  es  mindestens  eben** 
gerechtfertigt  ist,  die  Zahl  51  vermittelst  der  Subtraetion  60— 9i  * 
vermittelst  der  Addition  48  +  3  zu  erklaren.  Ich  nehme  hiervon  aus- 
gehend an,  dass  die  eupatridische  ßouM)  ev  'Apcfo  iuo|o>  aus  W* 
natürlich  lebenslänglichen,  Mitgliedern  bestanden  habe.  Von  die** 
übernahmen  nach  meiner  Vermuthung  jährlich  9,  nicht  vom  Volte  g*" 
wählt,  sondern  von  der  Bule  selbst  aus  ihrer  Mitte  bestellt,  als  tf~ 

44)  Poll.  8,  *02. 

45)  Wenn  in  den  Stellen  der  Lexikographen  die  Thätigkeit  der  Epheten  dB**" 
8ixa£eiv  bezeichnet  wird,  und  wenn  es  bei  Poll.  8,  90  sogar  vom  ßaaiXuk  l|e^: 
xai  ta<;  tou  cpovoo  8(xa<;  eis  "Apsiov  ircrpv  sJaaYei  xal  tov  aricpavov  iatfiMt*** 
oüv  auToT;  öixaCei,  so  beweist  das  nichts  weder  gegen  den  officielleo  Sf***0 
gebrauch  noch  für  die  Berechtigung  der  Zusammenfassung  des  ßaaitak  ^ 
Epheten. 

46)  Meier  und  Schoemann,   Att.  Process  S.  J37. 


33]  Die  Epheten  und  der  Abeopag  vor  Solon.  209 

* 

pte;,  oder  vielmehr  als  icpoxdvsK;47),  d.  h.  Obmänner48),  gewisser- 
massen  als  die  novem  primi  der  Bule,  die  Regierung,  während  die 
51  andern,  als  ecpexai  bezeichnet  und  durch  diese  Bezeichnung  von 
den  fyxovxcc  oder  Tcpt/cdveic  geschieden,  einerseits  an  den  Beratun- 
gen der  Bule  Theil  nahmen ,  andererseits  theils  (bei  <p6vo<;  ixo6ato;) 
in  Verbindung  mit  sämmtlichen  Archonten  auf  dem  Areopag ,  theils 
(in  den  andern  Fallen)  unter  dem  Vorsitz  des  ßaotUut  als  des  dama- 
ligen Vorstehers  der  Archonten  an  den  übrigen  vier  Gerichtssttttten 
die  Blutgerichtsbarkeit  übten. 

Für  diese  Annahme  spricht  zunächst,  dass  die  Archonten  gerade  so 
ab  oi  Ivvea  ap^ovxe^,  wie  die  Epheten  als  oJ  TrevTTjxovxa  xal  ctc  be- 
zeichnet  werden;  dass  die  Zahl  60,  das  Doppelte  der  Zahl  der  sparta- 
nischen Geronten,  in  einem  durchaus  durchsichtigen  Verhältnisse  zu  der 
Zahl  der  4  Phylen  und  12  Phratrien  steht;  und  dass  die  9  Archonten  als 
Mitglieder  der  Bule,  die  zugleich  auf  dem  Areopag  als  Gerichtshof 
fingiert 49) ,  ihre  schlagende  Parallele  in  den  beiden  spartanischen  Ko- 
tigen als  Mitgliedern  der  gleichfalls  die  Blutgerichtsbarkeit  übenden 
ppouofa  haben  würden. 

Natürlich  muss  bei  meiner  Annahme  weiter  angenommen  wer- 
den, dass  die  Zahl  51  derselben  Verfassungsänderung  ihre  Entste- 
hung verdankt,  wie  die  Zahl  der  9  Archonten,  d.  h.  also  der  Ver- 
fassungsänderung vom  J.  683.  Der  Name  der  Epheten  aber,  dessen 
hohes  Alter  wir  oben  betonten,  ist  selbstverständlich  älter,  einerlei 
ob  der  apx<ov  ßaotXeu«;  der  vor  683  bestehenden  Verfassung  in  einer 
Böte  von  60  Personen  regierte,  oder  in  einer  weniger  zahlreichen,  die 
etwa  aus  den  4  cp  uXoßaoiXeis  und  den  1 2  Phratriarchen,  die  als  iy&tai 
zusammengefaßt  werden  konnten,  bestand50). 


47)  Diese  Benennung  werde  ich  unten  rechtfertigen. 

48)  G.   Curtius,  Grundz.  der  Etym.  S.  2784. 

49)  Auch  Schoemann  (Gr.  Alt.  J2,  337)  nimmt  an,  dass  die  Archonten  »ihren 
Watz  in  dem  eupatridischen  Staatsrathe  gehabt  haben  werden.«  Und  Platner, 
der  Process  und  die  Klagen  B.  \.  1824.  S.  19,  der  noch  vor  Müller  die 
Epheten  mit  dem  Areopag  in  Verbindung  setzte,  nahm  an,  dass  auf  dem  Areopag 
neben  den  Epheten  »auch  andere  Personen  und  wol  namentlich  die  Archonten  mit 
M  Gericht  gesessen.« 

50)  Nach  Arist.  pol.  5,  \,  6  waren  in  Epidamnus  die  «poXap^oi  (also  das  Ana- 
iogon  der  athenischen  cpoXoßaaiXeT;  und  der  cppaTp(ap^oi)  Vorläufer  einer  wirklichen 


IV.  Solons  Areopag  eine  organische  Umbildung  der  eupatri- 

dischen  Buk. 

Ich  bin  mir  wohl  bewusst,  dass  dieser  Erklärungsversuch  der 
Zahl  51  zunächst  nur  den  Werth  einer  Hypothese  hat.  Als  solche 
aber  scheint  er  mir  wissenschaftlich  berechtigt  zu  sein,  weil  er  die 
Müller'sche  Ansicht  von  den  Epheten  in  einer  Weise  ergänzt,  bei 
welcher  sich  die  zwei  ersten  der  oben  S.  9  f.  geäusserten  Bedenken 
gegen  die  Müller'sche  Ansicht  erledigen. 

Es  ist  nämlich  bei  meiner  Auffassung  der  vorsolonischen  eupa- 
tridischen  Bule  vollkommen  verständlich,  welche  Bewandtniss  es  mit 
Solons  Organisation   der  ßouX-?)   sv  'Apeup    ica^i)  hat.     Dieselbe   ist 
durchaus  keine  mit  einem  Schlage  ins  Leben  tretende  Neuschöpfung, 
wie  Müller  annehmen  musste,  sondern  die  organische  Weiterbildung 
der  alten  Bule  in  einer  den  Verhältnissen  der  Zeit  durchaus  entsprechen* 
den  Weise.      Indem  Solon  anordnete,   dass  alljährlich   die  neun  ab- 
gehenden Archonten,  wenn  sie  ihr  Amt  tadellos  verwaltet  hatten, 
in  die  areopagitische  Bule  eintreten  sollten,  gewährte  er  den  Archon- 
ten, die  jetzt  nicht  mehr  von  der  Bule  bestellt,  sondern  vom  Volke 
gewählt  wurden,  und  die  jetzt  nicht  mehr  principiell  •  aus  den  Eupa- 
triden,  sondern  aus  den  Pentakosiomedimnen  zu  wählen  waren,  das, 
was  den  früheren   Archonten  eben  als   lebenslänglichen   Mitgliedern 
der  Bule  von  selbst  zugestanden  hatte.     Mehr  konnte  er  seinen  Ar- 
chonten, die  nicht  sowohl  der  Bule  als  vielmehr  der  Heiiaea  verant- 
wortlich51) sein,  auch  nicht  mehr  die  eigentlichen  Träger  der  Staats- 
hoheit sein,  sondern  diese  der  ßooX^j  täv  T£Tpaxoo(cov  überlassen  sollten, 
nicht  gewähren;   eine  Mitgliedschaft  der  fungierenden  Archonten  in 
der  areopagitischen  Bule  hätte   sich  mit  der  veränderten  Bedeutung 
und  Besetzung  des  Archontats  nicht  vertragen.    Indem   Solon   ande- 
rerseits die  im  Jahre  der  Reform   in    der  areopagitischen  Bule  sich 
beündcnden   fungierenden  Archonten  und  Epheten,  welche    letzteren 
grossentheils,  wenn  nicht  sämmtlich,  in  früheren  Jahren  das  Archontat 
bekleidet   haben   werden  —  eine  Annahme,  die  bei    der  Bestellung 
der  Archonten  durch  die  Bule  natürlich  ist  — ,  darin  auf  Lebenszeit 
beliess,   vermied  er  es  nicht  bloss,  erworbene  Rechte  zu  verletzen, 


54)  Aristot.  pol.  4,  9,  2. 


25]  Die  Epheten  und  der  Akbopag  vor  Solon.  211 

sondern  bewirkte  auch,  dass  die  areopagitische  Bule  im  Jahre  nach 
der  Reform  genau  stf  aussah  wie  im  Jahre  der  Reform ,  und  dass 
sich  ihr  Aussehen  von  Jahr  zu  Jahr  nur  sehr  allmählich  änderte  durch 
den  Zutritt  der  Are  honten  der  folgenden  Jahre  und  durch  das  Aus- 
sterben der  Mitglieder,  welche  er  vorgefunden  und  darin  belassen 
hatte62).  Dass  die  durch  den  Tod  erledigten  Stellen  der  Epheten, 
die  vor  Solon  irgendwie  aus  den  Phratrien,  wahrscheinlich  von 
einer  grossen  Bule,  neubesetzt  sein  müssen,  in  dieser  Weise  nicht 
wieder  besetzt  wurden,  war  ein  Verlust,  den  sich  die  Eupatriden 
gern  gefallen  lassen  konnten,  weil  nach  dem  neuen  Ergänzungsmodus 
zunächst  ohne  Zweifel  mehr  Eupatriden  in  die  areopagitische  Bule 
gelangten,  als  vorher.  Denn  wenn  auch  in  der  Theorie  den  nicht- 
eapatridischen  Pentakosiomedimnen  der  Zutritt  zum  Areopag  durch 
dasArchontat  offen  stand,  so  werden  doch  in  der  Praxis  auf  lange 
Jahre  hinaus  die  Fälle,  dass  Nichteupatriden  in  den  Areopag  gelang- 
ten, äusserst  selten  gewesen  sein. 

Daher  erklärt  es  sich  denn  auch  weit  besser  als  bei  Mttller 's 
Ansicht,  dass  die  Eupatriden  nichts  dagegen  einwendeten,  wenn  die 
voraussichtlich  noch  auf  lange  Zeit  in  ihrem  wesentlich  eupatridischen 
Charakter  gesicherte  areopagitische  Bule  die  Gerichtsbarkeit  über 
fdvoc  ix  icpovofa;  nach  wie  vor  üben  sollte.  Gerade  weil  sie  von 
einer  Bule  geübt  worden  war,  die  ausser  den  51  Epheten  noch  die 
9  Archonten  enthielt,  wäre  es  eine  stärkere  Neuerung  gewesen,  die 
Gerichtsbarkeit  über  <p6vo<;  ix  7cpovo(<x<;  unter  dem  ap^cov  ßaotXeuc 
den  51  Epheten  zu  tibertragen,  als  sie  der  nur  bezüglich  des  Ergän- 
zungsmodus  veränderten  areopagitischen  Bule  zu  belassen.  Anderer- 
seits  hatte  Solon  natürlich  keinen  Grund,  diejenige  Blutgerichtsbarkeit, 
welche  bisher  die  51  Epheten  unter  Vorsitz  des  ap^cov  ßaaiXsuc  an 
den  4  andern  Gerichtsstätten  geübt  hatten,  der  areopagitischen  Bule 
zu  übertragen,  zumal  da  er  durch  Conservierung  des  Bestehenden  in 
dieser  Hinsicht  die  Hauptgedanken  seines  Reformwerks  nicht  beein- 
trächtigte, wohl  aber   die  Eupatriden  für  dieselben  günstig  stimmte. 


52)  Nach  der  Ansicht,  dass  die  areopagitische  Bule  eine  Neuschöpfung  des 
Solon  sei ,  wurde  die  keineswegs  wahrscheinliche  Annahme  nolhwendig  sein ,  dass 
diese  Bule  im  ersten  Jahre  nach  der  Reform  aus  höchstens  9,  im  zweiten  aus  höch- 
stens 18  u.  s.  w.  Mitgliedern  bestanden  hätte. 


In  welcher  Weise  das  Ephetencollegium  nach  Solon  ergänzt  wurde^. 
wissen  wir  nicht;    wenn  die  areopagitische  Bule   früher  von 
grossen  Bule  bestellt  wurde,   so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  du 
Ergänzung  auf  die  ßouXj)  xd>v  Texpaxoo(a>v  überging,  die  natürlich  m 
Eupatriden  zu  Epheten  wählen  durfte. 

So  schied  sich  also  in  Folge  von  Solons  Anordnung  über  dk 
Ergänzung  der  areopagitischen  Bule  diese  allmählich  vom  Collegii 
der  Epheten;  doch  ist  es  nicht  nothwendig  anzunehmen,  dass  dit 
Scheidung  jemals  so  radical  geworden  sei,  dass  nicht  eine  Anzahl 
Personen  zugleich  Mitglieder  des  Ephetencollegiums  und  der  ßooXi 
6v  Ap€io>  itd^o)  gewesen  wären.  Incompatibel  war  die  Mitgliedschaft 
beider  Collegia  gewiss  nicht,  weder  nach  der  Absicht  des  Solonu^ 
noch  nach  der  der  Späteren.  Dicss  folgt  schon  daraus,  dass  die 
glieder  des  Ephetencollegiums  als  solche  von  der  Bewerbung  um 
Archontat  nicht  ausgeschlossen  waren. 

Damit  sind  denn  die  S.  9  f.  gegen  die  Müller 'sehe  Ansicht  vor- 
gebrachten Bedenken  (abgesehen  von  dem  dem  Amnestiegesetze  ent- 
nommenen) in  der  S.  18  als  nothwendig  erkannten  Weise  in  der 
That  erledigt.  Da  aber  der  Geist  der  Solonischen  Reform  sehr  ver- 
schieden beurtheilt  wird,  so  mag  es  mir  gestattet  sein  zur  Empfeh- 
lung der  vorgetragenen  Auffassung  seiner  Reform  des  Areopags  dar- 
auf aufmerksam  zu  machen,  dass  dieselbe  schonende  Hand  sich  auch 
in  der  Organisation  der  ßouXj)  xu>v  xexpaxoofoiv  verräth.  Auch  diese 
ist  nicht,  wie  nach  Plut.  Sol.  1 9  vielfach  angenommen  wird,  eine  völ- 
lige Neuschöpfung  des  Solon53) ,  die  bei  den  Parteiverhältnissen  sei* 
ner  Zeit  ganz  unmöglich  gewesen  sein  würde,  sondern  die  organi- 
sche Weiterbildung  einer  älteren  grossen  Bule.  Die  Annahme  zweier 
ßouXaC  in  vorsolonischer  Zeit  ist  an  sich  nicht  bedenklicher  als  die 
Thatsache  zweier  ßouXaC  in  nachsolonischer  Zeit,  die  bekanntlich  in 
mehreren  andern  griechischen  Städten  ihre  urkundlich  bezeugte  Ana- 
logie hat").  In  Athen  ist  das  Nebeneinanderbestehen  zweier  ßouXot, 
einer  grossen,  nur  ausnahmsweise  thätigen,  und  einer  kleinen,  die  als 
ständiger  Ausschuss  derselben  für  Verwaltung   und  Rechtspflege  be- 


53)  Auch  Wecklein  S.  SS  hält  sie   ebenso  wie  die  areopagitische  Bule  für 
eine  solche. 

54)  Vgl.  Carl  Curtius,   Inschriften  aus  Ephesos  im  Hermes  Bd.  4,  S.  SSI. 


27]  Die  Epheten  uro  der  Akiopag  vor  Solon.  213 

trachtet  werden  muss,    bei  der  Zahl  der' Eupatriden  und  der  theil- 
weise  bedeutenden  Entfernung  ihrer  Grundstücke  von  dem  Centrum 
des  Staates  fast  nothwendig.     Die  grosse  Bule  nun  hat  K.  F.  Her- 
mann (Staatsalt.  §  102,  17),  wie  ich  glaube,  richtig  erkannt  in  den 
Tpuzxfoiot  dpiox(v8Y]v  8txdCovxe;w),  welche  auf  Solons  Antrag,  aber  vor 
seiner  Reform,  über  die  Blutschuld  der  Alkmaeoniden  (Plut.  Sol.  12) 
richteten.     Sie   ist  es,  die  der  in  Athen  intervenierende  Kleomenes 
wiederherstellen  wollte,  als  er  die  Solonische  Bule  der  400  aufhob 
und  300    Parteigenossen    des  Isagoras    (also   starre  Eupatriden)    als 
Bule  constituierte  (Herod.  5,  72).    Diese  Bule  nun  ist  allem  Anschein 
nach  von   Solon  dadurch  den   neuen  Zuständen   angepasst  worden, 
dass  er  zu  den  300  Eupatriden  (75  aus  jeder  Phyle,  25  aus  jeder 
Phratrie)   1 00  Nichteupatriden  (25  aus  jeder  der  4  Phylen,  d.  h.  der 
4  räumlichen  Districte,  welche  die  Grundlage  der  Phylen  als  Eintheilun- 
gen  der  Eupatriden  gewesen  und  auch  seit  oder  nach  683  für  die 
Einteilung    der    Naukrarien    benutzt    worden    waren)    in    die    Bule 
aufnahm **) ,    wodurch    er    einerseits    den    Eupatriden    die    Mehrheit 
sicherte,  andererseits    den  Nichteupatriden   einen    festeren   und   ge- 
sicherteren Antheil   an  der  Verwaltung  verschaffte,  als  sie   bei  der 
Einrichtung  der  Naukrarien   (oben  S.  12)   thatsächlich  gehabt  hatten. 
Statt  dass  bisher  der  Rath  der  Naukraren,  zu  dem  den  Nichteupatri- 
den der  Eintritt  in  der  Theorie  offenstand,  in  der  Praxis  aber  sicher 
sehr  erschwert  war,  neben  der  areopagitischen  Bule  gestanden  hatte, 
fanden  jetzt  die  nichteupatridischen  Elemente  ihre  gesicherte  Vertre- 
tung in  der  grossen  Bule.    Bedenkt  man,  dass  Solon  die  Rechte  die- 
ser Bule   erhöhte    und   sie  aus   einer   nur   in  seltenen  Fällen  fungie- 
renden zu  der  regelmässig  zu  berufenden   machte,   so  begreift  man, 
dass  beide  Elemente   mit  dieser   schonenden  Reform  zufrieden  sein 
konnten.    Da  der  Schwerpunct  der  Regierung,  die  eigentliche  Staats- 
hoheit, fortan  in  dieser  grossen  Bule,  nicht  mehr  in  der  areopagiti- 


55)  Wenn  andere  eine  solche  von  360  Mitgliedern  postulieren,  entsprechend 
den  41  mal  30  yiv^,  so  steht  diesem  Postulat  eben  die  zweimal  bezeugte  Thatsache  der 
tpiaxooiot  entgegen,  ganz  abgesehen  von  der  Frage,  ob  es  jemals  wirklich  in  jeder 
ffMtrp(a  30  fivT]  gegeben  habe,  womit  es  mir  eine  ähnliche  Bewandtniss  zu  haben 
scheint,  wie  mit  den  angeblichen   1  0  Gentes  (ösxafte;)  der  römischen  Curien. 

56)  Diese  Solonische  grosse  ßooXrj  hatte  also  in  der  That,  wie  Plut.  Sol.  19 
berichtet,   4  00  Mitglieder  aus  jeder  cpoXrj. 


214  Ludwig  Lange,  [28 

sehen  ruhen  sollte,  so  begreifen  sich  auch  von  dieser  Seile  aus  be- 
trachtet die  oben  geschilderten  Aenderungen  bezüglich  der  areopa- 
gitischen  Bule  als  Aeusserungen  eines  wohldurchdachten  conservativ- 
reformatorischen  Plans. 

Meine  Ergänzung  der  Müller'schen  Ansicht  erledigt  also  in  der 
That  die  zwei  ersten  der  von  mir  selbst  gegen  dieselbe  vorgebrach- 
ten Bedenken.  Aber  die  Müller'sche  Ansicht  ist  dadurch  auch  so 
wesentlich  verändert,  dass  es  nothwendig  ist  jene  durch  meinen  Er- 
klärungsversuch der  Zahl  51  an  die  Hand  gegebene  Ergänzung  der- 
selben nochmals  an  der  Stelle  des  Pollux  über  Solon  als  Schöpfer 
der  areopagitischen  Bule  neben  den  Epheten  zu  prüfen.  Von  der  Stelle 
des  Pollux  gehören  hieher  die  Worte :  eötxaCov  8e  tot;  iy  cufiati  Suoxo- 
pivoic  Iv  toH;  Tcevxe  8txaaT7jptou.  26Xu>v  8'  auxot;  irpooxaxeanjat 
tJjv  Hz  'Ape(oi)  itd-po  ßoüXnjv.  Diese  Worte,  welche  bei  der  Schoe- 
mann 'sehen  Ansicht  (oben  S.  8)  grosse  Schwierigkeiten  machten*7), 
bildeten  eine  wesentliche  Stütze  der  Müller'schen  Ansicht  (S.  9j, 
und  es  fragt  sich,  ob  sie  dieselbe  Bedeutung  auch  für  die  von  mir 
ergänzte  Ansicht  haben,  zumal  da  Wecklein  sie  geradezu  für  seine 
von  der  Müller'schen  Ansicht  so  weit  sich  entfernende  Annahme 
(S.  10  f.)  benutzt58). 


57)  Wenn  nämlich  Drakon  die  Epheten  eingesetzt  hatte,  mithin  vor  Drakon  ei 
areopagitischer  Gerichtshof ,  der  zugleich  ßooArj  war,  bestand,  so  enthält  der  Satt 
SoAcov  ö'  aoTois  irpoaxaTeaT7jae  ttjv  eE  'Apefou  Tra^ou  ßouX^v  einen  Widersprach 
dazu ,  insofern  in  letzterem  Satze  Y]  £(;  Apeioo  Ttiyoo  ßouÄ/q  als  eine  Neuschöpfung 
des  Solon  erscheint.  Vgl.  Philippi,  Rh.  Mus.  Bd.  29,  S.  2.  Es  ist  diess  Zuge- 
stand  niss  Philipp is  um  so  werth voller,  als  es  gemacht  wurde  vom  Standpuncte 
der  S  choem  an  n 'sehen  Ansicht  selbst.  Man  könnte  vom  Standpuncte  dieser  Ansicht 
die  Schwierigkeit  nur  beseitigen  durch  Annahme  der  Unvollständigkeit  des  Excerpts 
bei  Pollux,   der  Auslassung  eines  den  Widerspruch  ausgleichenden  Gedankens. 

58)  Weck  lein  nämlich  beseitigt  S.  19  den  Widerspruch  zwischen  Apaxow 
8*  aurooe  xatiTHjasv  und  2oXa>v  o*  aotoT;  TrpoaxaTiaTTjaev  ttjV  iE  'Apetou  Tcdrpo 
ßooXijv  dadurch,  dass  er  den  zweiten  Satz  aus  einer  andern  Quelle  ableitet,  als  den 
ersten,  der  als  aus  Missverständniss  entstanden  erwiesen  ist.  Sonach  könnten  die 
Worte  i8(xa*ov  —  ßouÄTjv  vollkommen  glaubwürdig  sein  und  auf  Aristoteles  zurück- 
gehen 'S.  H.  *3).  Allein  dem  steht  bezüglich  der  Behauptung,  dass  Solon  den 
Rata  den  Epheten  hinzugefügt  habe,  entgegen  Arist.  pol.  2,  9,  t  eoixe  8i  Zotav 
ixeiva  uiv  uirapjfovra  itporspov  ou  xataXuaai  rqv  re  ßouÄr^v  xai  rr^v  x&v  apx«v 
aipeaiv.  Denn,  wenn  auch  Aristoteles  nicht  der  Verfasser  jenes  Gapitels  ist,  so  ist  es 
doch  ungleich  wahrscheinlicher,  dass  in  jenem  soixe,  als  dass  in  der  Notiz  des  Pollax 


29]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  215 

Mit  den  Worten  iStxaCov  os  t/j?;  s^  ou|xaxi  SuDxopivoi;  Iv  tote 
rhze  Sixaar^pfoi;  will  Pollux  offenbar  sagen,  dass  vor  dem  unmit- 
telbar darauf  erwähnten  Solon  die  Epheten  nicht  bloss  am  Palla- 
dkm,  Delphinion,  Prytaneum  und  in  Phreatto,  sondern  auch  auf  dem 
Areopag,  also  an  den  5  von  ihm  selbst  (§11 7 — 1 20)  und  von  Dem. 
Aristocr.  §  65 — 77  aufgezählten,  von  Dem.  a.  a.  0.  §  63  ebenso  unter 
dem  Ausdrucke  iizl  icevxe  SixacrnjpCoK;  zusammengefassten  Gerichtsstät- 
ten gerichtet  hätten.  Diese  Angabe  ist  in  der  That  eine  durchaus 
zuverlässige  Grundlage  für  jede  Combination;  denn  es  steht  damit 
nicht  im  Widerspruch  weder  Pollux  8,  57,  wo  h  Apeup  icdfcp  und 
hd  riaXXaoCco  verschiedene  Richter  vorausgesetzt  werden,  noch  auch 
die  Auctorität  derjenigen  Lexikographen,  welche  nur  die  nach  Abzug 
des  Areopags  übrig  bleibenden  4  Gerichtsstätten  erwähnen  (Harpokr. 
Phot.  Suid.  s.  v.  e^exat).  Denn  diese  sowohl  wie  Poll.  8,  57  haben 
selbstverständlich  die  Zeit  nach  Solon  vor  Augen.  Ebensowenig 
stehen  damit  in  Widerspruch  die  Angaben,  welche,  den  Areopag  als 
Gericbtsstätte  der  Areopagiten  erwähnend,  unter  Auslassung  des  Pry- 
taneum nur  3  Gerichtsstätten  der  Epheten  nennen59),  noch  endlich 
die,  welche  überhaupt  unvollständig  sind00).  Ohne  Zweifel  geht  jene 
zuverlässige  Angabe  (aber  auch  nur  sie,  nicht  das  folgende  26Xu>v 
oi),  natürlich  indirect,  auf  Aristoteles  zurück;  denn  es  werden  bei 
einem  Theile  der  detaillierten  Angaben  über  die  Gerichtsstätten  die 
Aibjvafaw  ra>Xix£{a  (Harpokr.  s.  v.  eiul  IIaXXaS((p  und  itd  AeX<piv(u>)  und 
das  16ste  Buch  der  Gesetze  des  Theophrastus  (Harpokr.  s.  v.  iv 
♦peemrof.  Suid.  s.  v.  SfAcppsatot.  Etym.  M.  p.  344,  25)  erwähnt.  Mit 
dieser  Angabe  verträgt  sich  nun  nicht  bloss  die  Müller'sche  Ansicht, 
nach  der  auch  auf  dem  Areopag  die  51  Epheten  (und  zwar  nur 
diese)  unter  dem  Vorsitze  des  ßaoiXeus  richteten,  sondern  auch  meine 
Vodification  der  Müller' sehen  Ansicht,  nach  welcher  auf  dem  Areo- 
pag die  Epheten  und  die  9  Archonten  vereinigt  richteten.  Denn  das 
kann  man  natürlich  bei  einem  durch  mehrere  Mittelglieder  hindurch- 
gegangenen  Excerpte   nicht   erwarten,    dass  auf  diesen   Unterschied 


die  wahre  Meinung  des  Aristoteles  enthalten  sei,    zumal  da  jene  mit  eoixe  ausge- 
drückte Meinung,  wie  wir  sehen  werden,  der  Wahrheit  entspricht. 

59)  Heltad.  bei  Phot.  bibl.  p.  $35,  22  ;  vgl.  Arist.  pol.  4,  13,  2. 

60)  Aelian.  v.  h.  5,  4  5.    Hesych.  s.  v.  öixaaTTjpia.     Lex.  Seg.  S.  257.  34  I. 


246  Ludwig  Lange,  [30 

Rücksicht   genommen    würde ;    trotz    desselben   war  es    vollkommen 
richtig,  dass  die  Epheten  an  den  5  Gerichtsstätten  zu  Gericht  sassen. 
Anders  aber  steht  es  mit  den  Worten  26Xu>v  8'  auxoü;  icpoaxa- 
xeorrjat  xjjv  s£  'Apefou  icdfou  ßooXVjv.  Diese  Worte  enthalten  nicht  bloss 
nach  der  Schoemann'schen  Ansicht  (S.  8.  28),  sondern  auch  nach 
der  Mttll  er 's  eine  von  Muller  selbst  nicht  empfundene  Schwierig- 
keit.    Denn  da  das  aoxof;  auf  die  unmittelbar  vorher  erwähnten  i» 
xot;  ravxe  öixaonqpfoi;  (also  auch  auf  dem  Areopag)  richtenden  Ephe- 
ten geht,   so  würden   die  fraglichen  Worte  das,   was   Müller  will, 
nur  dann  bezeichnen,  wenn  Pollux  hinzugefügt  hätte,  dass  Solon  die 
Gerichtsbarkeit  der  auf  dem  Areopag  richtenden  Epheten  der  von  ihm 
geschaffenen  ßouX^  h  'Ape(a>  icdfcp  übertrug.    In  Consequenz  der  Mül- 
ler'sehen  Ansichtmuss  man  annehmen,  gerade  so  wie  diese  Annahme 
bei  der  Schoemann'schen  Ansicht  nothwendig  ist  (s.  S.  28,  Anm.57), 
dass   ein  solcher  Zusatz  im  Verlaufe  des  wiederholten  Excerpierens 
abhanden  gekommen  sei.    Nach  meiner  Ergänzung  der  Müll  einsehen 
Ansicht  nun   bleibt   zwar  gleichfalls   eine   Schwierigkeit  in  den  be- 
zeichneten Worten  des  Pollux;  denn  auch  bei  meiner  Ansicht  würden 
die  Worte  des  Pollux  (Jas,  was  ich  will,  nur  dann  bezeichnen,  wem) 
Pollux  einen  Zusatz   gemacht  hätte  über  die  Art,   wie  sich  die  voa 
Solon   reorganisierte   Bule  zu   den   Epheten   und   der  vorsoloniscbea 
ßouXJ)  dv '  Apeicp  icdfü)  verhielt.    Meine  Ansicht  bietet  aber  bei  dieser, 
unter  allen  Umständen  ergänzungsbedürftigen,   auf  jeden  Fall  durch 
ungeschickte  Abkürzung  eines   vollständigeren  Ausdrucks   unklar  ge- 
wordenen Stelle  den  Vortheil,  dass  sie  erkennen  lässt,  wie  die  Ab- 
kürzung vor  sich  ging,  und  wie  aus  dem  verstümmelten  Text  <fr 
vollständigere  Wortlaut  etwa  zu  reconstruieren  ist.   Erwägt  man  »** 
lieh,  dass  es  von  den  9  Archonten  bei  Pollux  8,  117  heisst:  oft 
£w£a  äp^ovxec  ol  xod'  exaoxov  fcviauxiv  ftexa  xb  ooovai  xae  euduvat  # 
Tote   ApsoratfCxaic  icpoaex(devxo,  und  dass  dieser  Ausdruck  icpofld- 
deadai  auch  in  einer  andern  Stelle  über  die  Ergänzung  der  areop* 
gitischen    Bule    wiederkehrt    (Argum.   zu   Dem.  Androt.   p.  588  t); 
erwägt  man  ferner,  dass  bei  Plut.  Sol.    19  von  der  Einrichtung^  j 
areopagitischen  Bule  durch  Solon  das  Verbum  oüaxYjaaoÄat ,  von  der 
grossen  Bule  Tcpoaxaxevetfie,  bei  Arist.  pol.  2,  9  aber  zwar  nicht  vo» 
der  Bule,  jedoch  im  Zusammenhange  damit  vom  Demos  der  Ausdruck 
xaxaaxfjaat  gebraucht  wird:   so  wird  man  es  nicht  unwahrscheinlich 


3*]  Die  Epheten  und  du  Abbofag  vob  Solon.  247 

finden,  dass  in  einer  älteren  Redaciion  derjenigen  Notizen  über  die 
Epheten,  wovon  wir  den  letzten  Niederschlag  bei  Pollux  haben, 
stand:  26Xcov  8'  auxoi;  icpoo6d?)xe  xoo;  ivvsa  äp^ovrac  toöc  xad 
haaxov  Ivtaotbv  (icid  tb  Soövat  tds  euduvat  xal  oötok  xa- 
Twnjae  tty  ig  'Apefoo  ndfou  (JouXTfjv.  Denn  dass  Derartiges  in  den 
Quellen  des  Pollux  stand,  zeigt  8,  117,  und  wenn  es  daseltet  heisst 
toi;  'Apcororftouc,  8,  125  dagegen  autot;  (tot;  gerate),  so  liegt  darin 
keine  Schwierigkeit.  Denn  8,  117,  wo  zunächst  die  nachsolonische 
Zeit  berücksichtigt  wird,  passt  zugleich  auf  die  Zeit  der  Reform, 
di  die  damals  in  der  Bule  sich  befindenden  Epheten  sehr  wohl  nach 
spaterem  Sprachgebrauch  (S.  1 7)  '  Apcoita-fiTai  genannt  werden  konn- 
ten, während  8,  125  natürlich  kein  Grund  war,  die  Epheten,  über 
welche  die  Stelle  handelte,  Areopagiten  zu  nennen.  —  Aus  dieser  Er- 
örterung aber  fällt  zugleich  ein  neues  Licht  auf  die  oben  (S.  16  f ) 
erörterte  in  Verbindung  mit  Androtion  und  Philochoros  stehende 
Nachricht  von  den  51  Areopagiten,  die  man  nun  um  so  weniger  als 
werthlos  erachten  wird,  als  auch  bei  ihr  die  9  Archonten  und  die 
51  Areopagiten,  freilich  in  confuser  Weise,  neben  einander  erscheinen. 
Wenn  die  Stelle  unverdorben  vorläge,  oder  wenn  wir  die  Aeusserun- 
gen  des  Androtion  und  Philochoros  vollständig  hätten,  so  würden 
wr  vielleicht  eine  directe  Bestätigung  der  eben  vorgeschlagenen 
Ergänzung  der  Stelle  des  Pollux  erhalten. 


V.  Meinungen  des  Alterthums  über  das  Alter  der  areo- 

pagitischen  Bnle. 

Trotz  der  Beseitigung  der  zwei  ersten  gegen  die  Mtiller'- 
•cbe  Ansicht  vorgebrachten  Bedenken  würde  dieselbe  übrigens,  auch 
»  der  von  mir  vorgeschlagenen  Weise  ergänzt,  immer  noch  sehr 
zweifelhaft  bleiben,  wenn  es  wahr  wäre,  was  Philippi  und  Weck- 
lein  übereinstimmend  behaupten,  dass  kein  unbestreitbares  Zeugniss 
vorliege  für  die  vorsolonische  Existenz  des  areopagitischen  Rathes 
(oben  S.  10),  und  dass  namentlich  das  Amnestiegesetz  des  Solon, 
tos  dem  auch  wir  das  dritte  bis  jetzt  noch  nicht  erledigte  Beden- 
ken gegen  die  Müller'sche  Ansicht  entnahmen  (S.  9  f.),  ein  solches 
nicht  enthalte. 


218  Ludwig  Lange,  ß* 

Zu  coostatieren  ist  nun  aber  zunächst,  dass  es  ein  vollkommen 
unbestreitbares  und  glaubwürdiges  Zeugniss  ebensowenig  gegen  die 
vorsolonische  Existenz  der  areopagi tischen  Bule,  als  für  dieselbe  giebl 

Denn  gegen  die  vorsolonische  Existenz  beweist  die  Stelle  des 
Poll.  8,  125  bei  ihrer  eben  erörterten  Beschaffenheit  nichts.  Ebenso- 
wenig beweist  dagegen  Arist.  pol.  2,  9,  2  26X<ova  8'  ivioi  pcv 
oTovtgu  ftveadai  vofio&stTjv  arooSafov.  ükifapyiav  xe  jap  xataXCaat  Xto 
äxpaxov  o&aav,  xai  SouXeuovxa  xbv  örjfxov  icaöaat,  xal  87](JLoxpax(av  xa- 
xdorijoat  tJjv  icdxptov,  fii£avxa  xaXu><;  rijv  icoXtxefav  •  zhat  yäp  rjjv  piv 
Iv  'Apeict)  icoy«>  ßouX-Jjv  6XtYap^txöv,  xb  ö&  xdc  <ipX^  alperdc  <$(*• 
axoxpaxixbv,  xb  hi  Sixaarqptov  8Y)|xoTtx6v.  Denn  hier  wird  nur  eine 
Meinung,  nach  welcher  der  Areopag  eine  oligarchische  Schöpfung 
des  Solon  war,  berichtet.  Endlich  Cic.  de  off.  1 ,  22  (consilio  Soloms 
ei,  quo  primum  conslituit  Areopagitas)  hat  natürlich  gar  nicht  des 
Werth  eines  selbständigen  Zeugnisses,  da  Cicero  offenbar  nur  die 
eben  angeführte  Meinung  der  Griechen  über  den  Areopag  wiedergiett. 

Für  die  vorsolonische  Existenz   der  ßouX>j  beweisen  nun  aller- 
dings  die   zum  Theil   auf  Hellanikos Gt)    zurückgehenden   Nachricht» 
von  der  uralten  Thätigkeit  eines  Gerichtshofs  auf  dem  Areopag-) 
und  die  Erwähnung   eines   Sixaaxr^piov   daselbst  zur  Zeit  der  messt- 
nischen  Kriege63)  insofern  direct  gleichfalls  nichts64),  als  zuzugeben 
ist,  dass,  um  das  verlangte  Resultat  daraus  zu  entnehmen,  erst  & 
Voraussetzung  hinzutreten  muss,  dass  eine  solche  Blutgerichtsbarkeit 
nur  von  einer  Körperschaft  geübt  werden  konnte,   welche  die  Stel- 
lung einer  ßouX*)]  Yep6vT<i>v  hatte.    Gleichwohl  spricht  für  die  Berech- 
tigung dieser  Voraussetzung  die  Analogie  (S.  11).   Und  wenn  Aeflfr 
lus   in   den  Eum.  v.  570.  683    den   Gerichtshof  als   ßouXeux^pt«** 
v.  687  als  Stxaox&v  ßooXeuxTjptov  bezeichnet,  so  ist  das  zwar*** 
kein  unbestreitbares  Zeugniss  für  die  vorsolonische  Existenz  der  areo- 


61)  Schol.  ad  Eur.  Or.  1648.    Suid.  s.  v.  'Äpeux;  irayo?.    Etym.  M.  p.  139»  •- 
Lex.  Seg.  S.  444.    Paus,  1,  28,  5. 

68)  Vgl.  auch  Dem.  Aristocr.  §  65.    Zonaras  s.  v.  *i\peios  Treloc. 

63)  Paus.  4,  5,  2. 

64)  Diess  urgiert  Wecklcin  S.   19.  21.     Wenn   derselbe  aber   S.  U '•  !*" 
hauptet,  dass  der  'Äpsio;  na^oc  als  Stätte  des  Blutgerichts  gar  nicht  geeignet  ge**"  1 
sen   sei  für  Senatssitzungen ,    so   beweist   er   damit    zu  viel ;    denn   die  Solonisö* 
ßooXr  iv  'Ape(q>  7uaYq>  versammelte   sich  doch   wohl   nirgends  anders  als  auf  ^ 
Areopag.    Oder  aus  welchem  andern  Grunde  hiess  sie  rt  ava>  ßouXr? 


33]  Die  Epheten  und  dkr  Areopag  vor  Solon.  219 

panischen  Bule,  aber  doch  ein  Beweis  davon,  dass  Aeschylus  we- 
nigstens jene  Voraussetzung  theilte,  den  uralten  areopagitischen  Ge- 
richtshof für  eine  Bule  ansah  und  Überzeugt  war,  damit  nicht  dem 
besseren  Wissen  seines  Publieums  ins  Gesicht  zu  schlagen  •*).  Wir 
haben  darin  also  freilich  streng  genommen  nur  eine  Meinung  des 
Aeschylus.  und  mehr  liefern  uns  auch  nicht  die  an  die  oben  angef- 
ührten Worte  sich  unmittelbar  anschliessenden  Worte  bei  Arist.  pol. 
2,9,2  ioi/.t  ös  X<SXu>v  sxefva  piv  uTcäp^ovxa  icp6xepov  ou  xaxa- 
luoat,  xijv  xe  ßoüXyjv  xat  rJjv  xato  äpy&v  flupeaiv,  xbyt  8e  8ij|iov  xa- 
wtrjaai,  xdt  Sixaaxrjpia  icoujoa;  ex  icdivtcov  **) . 

Bis  jetzt  haben  wir  also  nur  zwei  sich  entgegenstehende  Mei- 
ungen  über  das  Alter  der  areopagitischen  Bule;  aus  Plutarchs  Solon 
(eap.  19)  aber  erfahren  wir  nicht  bloss  diese  Meinungen,  sondern  auch 
die  Argumente,  worauf  sich  dieselben  stützten. 

Das  Argument  der  die  vorsolonische  Existenz  der  areopagitischen 
Brie  Leugnenden,  denen  er  selbst  sich  anschliesst,  formuliert  Plutarch 
80:  (M  jiev  ouv  irXefaxoi  t>jv  iZ  'Apefou  icayoi)  ßouXVjv,  «fcircp  etpYjxai, 
StiLiova  aooxTjoaa&at  cpaai*  xal  fiapxupetv  auxot;  8oxei  |xdXiaxa  xo  jjlttj- 
tyiou  xfcv  Apdxovxa  Xefeiv  jx^rjö'  ivofxdCeiv  Apeo/rcaYtTa;,  dXXd  xoi; 
Ecpexai;  aet  ötaXsYeoöai  irept  x<5v  <povixu>v.  Dieses  Argument  aber, 
4s  Müller  (Eum.  S.  153)  nicht  hätte  für  seine  Ansicht  gebrau- 
chen dürfen,  ist  äusserst  schwach.  Zweierlei  ist  möglich:  Entweder 
sin  kannte  zu  der  Zeit,  in  welcher  man  diese  Frage  zu  discutieren 
fefiug,  von  den  Gesetzen  Drakons  nur  die,  welche  in  die  Solonische 
Gesetzgebung  übergegangen  waren67),  oder  man  kannte  auch  die  an- 
fcm  von  Solon  nicht  recipierten,  wenn  nicht  vollständig,  so  doch  theil- 
*tise*).  Im  ersteren  Falle  ist  es  sehr  natürlich,  dass  in  den  erhal- 
lten Drakon tischen  Gesetzen  nur  von  Epheten  die  Rede  war;  denn 


65)  Vgl.  auch  Soph.  0.  C.  9il*Apeo$  sußouXov  izi^ov.  —  Dem.  Aristocr.  §  66 
tomml  nicht  in  Betracht,  weil  die  Worte :  xouxo  fiovov  xo  SixaaTiJpiov  ooj(l  xiipav- 
*;,  oix  oXr^ap^ia,  oii  Ö7}fU)xpaxta  xag  <povix«;  oi'xa;  acpeAioftai  xexoÄu/rjXSv,  welche 
Mfcw»,  dass  auch  Demosthenes  mit  dem  oVxaax^piov  noch  andere  Functionen  als  die 
richterlichen  verbunden  dachte,  sich  otfenbar  auf  die  Zeit  nach  Solon  beziehen. 

66)  Diess  urgiert  mit  Recht  Philippi  im  Rh.  Mus.  Bd.  29,  S.  12. 

67)  Phit.  Sol.  17;   vgl.  Aelian.  v.  h.  8,  4  0  u,6voo;  ös  icpiiAaSav  rou;  cpovtxou; 

tKOO. 

68)  Vgl.  Poll.  8,  42.   9,  64. 

IMwadl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wissenach.    XVII.  15 


oiliulloii  warou  dann  nur  die  Gesetze  über  die  otxai  ^ovtxai,  soweit 
tUU*)  'fovo;  ixouoto;  nicht  in  Betracht  kam;  in  diesen  aber  konite 
litttkuu  nutUiiii-h  nur  vom  ßaatXeo;  und  von  den  ifivii  sprechen. ari 
%|iim-b  nur  davon,  wie  [Dein.]  adv.  Macart.  §  57  und  der  Vois- 
Uuirhlii**  von  409/8  zeigt.  Die  Bestimmungen  aber  über  ^4*c 
iidiuatu;,  Ihm  denen  allein  der  Ausdruck  'Apeoirafixat  oder,  da  dieser 
wmmilhlich  erst  in  nachsolonischer  Zeit  aufkam  S.  17. 31,  ^  h  'Aptin 
ffdf<|>  ftwXVj  hatte  vorkommen  können,  waren  von  Solon  nicht  unver- 
umlnit  aufgenommen  worden ,  wie  jetzt  ausser  allem  Zweifei  ist,  dl 
dm  Volksbeschluss  von  409/8,  der  eine  Copie  des  itpöxo;  ä%m*\ 
enthalt,  nicht  mit  dem  epovo;  exouaioc,  wie  man  erwarten  sollte,  soft- 
iliMii  mit  dem  epovo;  dxouoto;  beginnt.  —  Im  andern  Falle,  den  ich ftr 
<|<*n  wahrscheinlicheren  halte,  folgt  daraus,  dass  Solon  in  seit» 
ltet>liuunungen  über  90 vo;  sxouato;  wahrscheinlich  den  Gerichtshof  ab 
trjv  ßouXJjv  ttjv  sv  Apeup  Tcdf«)  bezeichnete  (Dem.  Aristocr.  §  84)» 
nicht,  dass  auch  Drakon  dieselbe  Bezeichnung  müsse  angewendrf 
haben.  Er  konnte,  die  Richtigkeit  meiner  Auffassung  der  voreolo*- 
xclien  areopagi tischen  Bule  einstweilen  angenommen,  die  Bestimm*»- 
gen  so  formulieren,  dass  er  von  den  evvea  apxovte;  und  den  w»t^ 
xovxa  xal  elc  £'f  sxat  sprach.  Dass  er  diess  that,  ist  sogar  wahrschein- 
lich, weil  er  in  dem  ftsoixoj;  über  epovo;  exouoto;  den  *Ap£toc  lobfl 
ebensowenig  genannt  haben  wird,  wie  er  in  den  uns  vorliegende 
Gesetzen  über  epovo;  dxouato;das  HaXXdoiov  nannte70).  — In  keinem  def 
beiden  möglichen  Falle  ist  also  das  Argumentum  ex  siientio,  denflt 
sich  die  Vertheidiger  der  von  Plutarch  reeipierten  Ansicht  bediente, 
irgendwie  beweisend  gegen  die  vorsolonische  Existenz  einer  afffr- 
pagitischen  Bule. 

Das  Argument  der  die  \or\so Ionische  Existenz  der  areopagitisdm 
Bule  Behauptenden  führt  Plutarch  im  unmittelbaren  Anschluss  an 
obige  Worte  folgendeinlassen  \or:  '0  os  iptoxaiosxaTo;  a;tuv  toü  24- 
Xcovo;  tov  o^ooov  £yzi  Ttov  vopcuv  o»jtco;  auTof;  ovou,aoi  f  cfpajxjiiw*  * 
„'Atijjuov  0001  axtfioi  Tjoav,  izph  it  i/iXiova  ap;at,  eictTtjiou;  that  izkiji 
oaoi  iz    Apetoo  izäfou  it  oaoi  ex  tu>v     Iv^st&v   >)   ex  llpotavetoo 


69-  Nämlich  der  Solonischen  Gesetze,  wie  ich  mit  l.  Kühler  im  Hermes  2,  S.  38 
und  Wer  kl  ei  11  S.  14  iX.  annehme,  nicht  der  Drakonischen  Gesetze,  wie  Philipp! 
in  den  X.  J.  4  874,  S.  593  meint. 

70)  Auf  letzteres  macht  auch  Weck  lein  S.  4  8  aufmerksam. 


ms  also  das  Amnestiegesetz  des  Solon  als  der  eigentliche  Angel- 
;  bei  der  Entscheidung  der  Frage  nach  dem  Alter  der  areopa- 
hen  Bule.  Das  aus  ihm  entnommene  Argument,  welches  zu  einer 
den  Epheten  irgendwie  verschiedenen  areopagitischen  Bule  vor 
führt,  und  insofern  der  Müller 'sehen  Ansicht  entschieden 
rsprieht  (S.  10),  wie  von  Schoemann  ganz  richtig  geltend  ge- 
t  worden  ist,  hat  zunächst  dadurch  ein  günstiges  Vorurtheil  für 
dass  es  kein  Argumentum  ex  silentio  ist,  sondern  sich  auf  den 
ven  Wortlaut  eines  mit  urkundlicher  Treue  erhaltenen71)  Solo- 
an  Gesetzes  stützt.  Dagegen  ist  freilich  dieses  Argument  insofern 
ibar  nicht  schlagend,  als  man  dabei  aus  einer  vor  Solon  auf  dem 
)ag  geübten  richterlichen  Thätigkeit  auf  die  vorsolonische  Existenz 

areopagitischen  Bule  schliesst,  also  scheinbar  dieselbe  Voraus- 
ng  hineinmischt,  von  der  wir  oben  sprachen:  die  Voraussetzung 
ch,  dass  eine  solche  richterliche  Thätigkeit  nur  geübt  worden 
könne  von  einer  Bule.  Allein  nicht  diese  nackte  Voraussetzung 
lt  ftlr  den  hier  gezogenen  Schluss  in  Anwendung;  denn  der  Schluss 

sich  wesentlich  darauf,  dass  hier  der  vApsio;  ra^os  als  ein  von 
Epheten  irgendwie  verschiedener  Gerichtshof  erscheint, 
oleher  aber  neben  den  Epheten,  von  denen  man  wusste,  dass 
ir  sich  keine  Bule  waren,  natürlich  nur  von  einer  Bule  verstan- 
werden  konnte.  Wenn  also  die  Existenz  eines  areopagitischen 
pums,  das  von  den  Epheten  irgendwie  verschieden  war,  aus  dem 
ze  des  Solon  folgt,  so  folgt  in  der  Thal  zugleich,  dass  dieses 
;ium  nicht  bloss  ein  Gerichtshof,  sondern  auch  eine  Bule  war. 


i 


ttt  Lmiwig  Lasge. 

dwh  U**sei   begründet  als  die  dieselbe  leugnende,  zonal  dt  ae 
u-fsiul/i   wiid    \on   der  nach  den   uns  bekannten  Analogie* 
vollkommen  berechtigten  Voraussetzung,  dass  eine  Mol 
übet  yi*/;  e//;>3io;  nur  von  einer  jSvAyj  fepov-oiY  geübt  weidet 
An  dum  günstigen  Vorurtheile.   das  somit  für  diese  Meranng 
iü-u  uiu^r  werden  wir  uns  nicht  irremachen  lassen  durch  die 
j*ohe.  das»  die  andere  Meinung  zur  herrschenden  geworden  tat, 
*ua  <>iwro  de  od'.  1,  22  und  aus  dem  oi  rXeforot  bei  Piutardi 
v/ig«'bt.     lienu  dies*   ist   natürlich  genug.     Anders  organisiert 
iy/loij  die  ar<*>pagitische  Buh'  auf  jeden  Fall :  die  Bedeutung, 
die*«'  |Jul<>  bis   in   die  Zeit  der  Perserkriege  hinein  behauptete, 
ruhte  auf  iWx  Stellung,  die  Solon,  hierin  die  aristokratische 
j»u»g  ivftnuui'rmd  'oben  S.  24  II'.),  ihr  gegenüber  der  grossen  Bote, 
Kkkh'siu,   der  llcliaca   und  den  Archonten  angewiesen  hatte.    Wl 
er  mImj  ulb  Schöpfer  derjenigen  areopagitischen  Bale  gepriesen  wi 
gegen  welche  Kphinlles  und  Punktes  ihre  Angriffe  richteten,  so 
diif   /will    historisch   antiquarisch   nicht  ganz  correct.    politisch 
durchaus  nicht  unwahr.    Ks  ist  also  sehr  begreiflich,  dass  eine  ll 
t'iii*liuiii)iiiig  im  l.oh,  he/w.  Tadel  des  Solon  die  Ansicht  der  w< 
Auliipuiio  iilitMtoiitt« %   welche  auf  (irund  genauerer  Nachforschung 
den  (ichd/eu  dos  Solon  seihst  die  \orsoIonische  Existenz  einer 
|HigillM'hcii   Kult*  behaupteten. 

lYolrfdeui  können  wir  uns  auf  (irund  dieser  allgemeinen  Ei 
Mimuciii  mich  denen  die  auf  die  Interpretation  des  Solonischen 
Meli  MilMonde  .Meinung  als  die  besser  Itegründctc  erobern t,  MM 
nicht  bei  derselben  Itcrithigen.  Denn  die  Nichtigkeit  dieser  Interprt" 
talioit  kann  hc>tritten  werden  und  ist  neuerdings  von  Weckleit^ 
um)  IMulippi  bestritten  worden.  Ks  war  das  möglich,  weil  gerade* 
die  Schoemauu  ncIic  Vusichl  \om  Areopag*  die  jene  Interpretation 
Jm   Mch  \  er  wendete,  *ich  di*%h  nicht  recht  mit  derselben  vertrug. 


VI   l  tilutlttauv  Intorinvtatiowii  des  Amuestieeesetzes  des 

Solon. 

*.*twoid  SchocnuMtn  soIUm  naiuhch  Op.  Lp.  193  jener  Interpre- 
Mfcc**  :<jfccetHt  da>  SoUnuxcho  liefet*  al>  einen  Beweis  gegen  Müllei 
aeouizfaf  *aJ  \ou  >cuu  m  Siaudpunrte  aus  auch  xnvn  die  Müller'« 


;he  Bule  die  Gerichtsbarkeit  verloren  hatte.  Man  müsste  denn 
len,  dass  Solon  desshalb,  weil  möglicherweise  noch  einzelne 
r  mehr  als  26  Jahren  vom  Areopag  Verurtheilten  am  Lehen 
Hinten,  in  übergrosser  Vorsicht  auch  diese  von  seiner  Amnestie 
ommen  hätte72).  Dazu  kommt  aber  noch,  dass  der  Gegensatz 
en  fooi  4£  'Apefou  ludfou  und  Saot  ex  xd>v  Ecprc&v  ein  schiefer 
ttrde,  weil  ja  nach  Schoemann's  Ansicht  in  eben  jenen  26 

die  Epheten  auch  auf  dem  Areopag  gerichtet  hatten.  Woh- 
er Wortlaut   des  Gesetzes   durchaus  den  Eindruck  macht,   als 

drei  gleichzeitig  neben  einander  fungierenden  Gerichtshöfen  die 
ei,  soll  man  annehmen,  dass  mit  "Apeux;  icdrpc  ein  längst  nicht 
«stehender,  mit  'Ecpsxat  ein  bestehender  und  schon  lange  auch 
icj)  Tsäftü  richtender  Gerichtshof  gemeint  sei,  was  doch  allen  An- 
ngen  an  eine  ungezwungene  Interpretation  der  Worte  eines  einer 
iien  Ausdrucksweise  mächtigen  Mannes  widerspricht.  Von  dier 
;hoemann 'sehen  Erklärung  des  Amnestiegesetzes  kann  aber 
upt  jetzt  nicht  mehr  die  Rede  sein,  weil  die  Voraussetzung 
en,  dass  erst  Drakon  die  Epheten  eingesetzt  habe,  hinfällig 
len  ist. 

ttller's  Ansicht  aber,  welche  die  Epheten  und  zwar  nur  die 
n  von  Alters  her  auch  auf  dem  Areopag  als  Richter  und  zu- 
als  Bule  voraussetzt,  verträgt  sich,  wie  ich  schon  bei  der  all- 
en Besprechung  der  Mil Herrschen  Ansicht  behauptete  (S.  10) 
äter  wiederholt  betonte,    mit  der   obigen  Interpretation  aller- 


in/»K   woninror         Donn    Koi    Jincnp    \ncir»ht     icf     oino   I  Tnt«rer»Kioir1iir* 


rr 


ler,   der   in  den  Eumeniden  S.  157   und    in   den   Doriern  (22,  133) 
nur  über  die  Worte  ex  Ilpuxaveiou  xaxaotxaa&evxe^  irrzb  täv  ßao&im 
sich  äussert,   sich   mit   dieser  Schwierigkeit  abgefunden  haben  mag. 
Wollte   man  seine  Ansicht  unmodiliciert  annehmen,   so   müsste  nun 
entweder  die  Richtigkeit   obiger   Interpretation    geradezu   bestreiten, 
was  aber  Muller's  Ansicht  nicht  gewesen  sein  kann,  da  er  aus  des 
Worten  ex  Hpotavetou  auf  ein  vor  so  Ionisch  es  Gericht  schliesst  (Eum. 
S.  Iö7,  A.}.   Oder  man  müsste  etwa  sagen,  dass  die  Gerichtsstätte  des 
Areopags  ihrer  hervorragenden  Wichtigkeit  wegen  besonders  genannt 
sei;    dasselbe  scheint   Müller  für   die   Erwähnung  des  Gerichts  4x 
Ilpüiavetou    in  der  That  angenommen  zu  haben.     Aber  dann  würde, 
da  die  Epheten  sowohl  auf  dem  Areopag  als  nach  Muller's  Ansicht 
auch   in  dem  durch   ex  llpuiavetou  bezeichneten  Gerichtshofe  sasseo* 
Solon  sich  noch  viel  ungeschickter  ausgedrückt  haben,  indem  er  von 
dem  Areopag    und  von  dem  Prytaneion  die  doch  in  beiden  richten- 
den Epheten  unterschieden  hätte.    Wie  unglaublich  das  ist,  liegt  auf 
der  Hand,  da  ja  Solon,  wenn  er  die  auszunehmenden  Kategorien  der 
Verbannten  nach  den  Gerich tsstätten  bezeichnen  wollte,  an  denen  ihr 
Urtheil  gesprochen  worden  war,  mit  Leichtigkeit  auch  das  Palladion, 
das  Delphinion  und  Phreatto  hinzufügen  konnte.  —  Auch  das  aus  dem 
Amnestiegesetze  entnommene  Bedenken  gegen  Müller  führt  also  auf 
die  Notwendigkeit  einer  Ergänzung  der  Mit  Herrschen  Ansicht.    Es 
wird   sich    mithin  darum  handeln,    ob   die    von   mir   vorgeschlagene 
Ergänzung  sich  mit  dem  Amnestiegesetze  verträgt.    Dasselbe  ist  hier- 
nach nicht  bloss  der  Angelpunct   für  die  Entscheidung  der  Frage  nach 
dem  Alter  der  areopagitischen  Bule,   sondern   zugleich   der  Prüfstein 
für  meine  Ansicht.  Die  Erklärbarkeit  desselben  ist  der  in  letzter  Instamz 
entscheidende  Beweis  für  die  Berechtigung  meiner  Hypothese. 

Bei  den  Schwierigkeiten ,  welche  mit  der  Interpretation  des 
Amnestiegesetzes  sowohl  bei  der  Schoemannschen  als  auch  bei  der 
Müller'schen  Ansicht  verknüpft  waren,  ist  es  erklärlich,  dass  Philippi 
und  Wecklein  die  Richtigkeit  der  Interpretation  und  das  mit  ihrer 
Hülfe  aus  deru  Solonischen  Gesetze  für  die  vorsolonische  Existenz 
der  areopagitischen  Bule  gezogene  Argument  überhaupt  zu  bestreiten 
versuchten,  was  natürlich  nur  durch  Aufstellung  einer  von  der  obigen 
verschiedenen  Interpretation  der  Gesetzesworte  zu  ermöglichen  war. 
Philippi  und  Wecklein  hatten  dazu    ein   gewisses  Recht,   weil  ja 


39]  Die  Epheten  und  der  Aeeopag  vor  Solon.  *  225 

die  Ansicht,  welche  der  durch  das  Amnestiegesetz  begründeten  Ansicht 
atgegensteht,  die  im  Alterthum  herrschende  war,  und  weil  im  Alter- 
thum  selbst  schon  der  Versuch  gemacht  worden  ist,  durch  eine  andere 
Interpretation  der  Worte  Solons  das  aus  ihnen  gezogene  Argument 
zu  beseitigen.  Auch  diesen  Versuch  kennen  wir  aus  Plutarch ,  der 
im  Anschluss  an  die  Stelle  über  das  Amnestiegesetz  fortfährt:  et  jxyj 
^  Aia  YS^ove  xic  dadupeia  xoö  yp^F1^10^  ?J  exXei'j;i;,  coaxe  xoos  t!)X<o- 
x«a;  eic  aixtaic,  Sc  xptvoooiv  o{  'Apeo7caYixai  xal  '  E<pexai  xai  flpü- 
tivtt;,  „Sxe  i  öeajio;  icpdvYj  ode",  jxevstv  axtfiou;  x<ov  äXXw  eicixijxcov 
|8w(i8v(ov.  Dieser  Versuch  selbst  aber,  mag  er  nun  von  Plutarch 
oder  von  einem  älteren  Verfechter  der  herrschenden  Meinung  her- 
rühren, macht  seinem  Urheber  keine  Ehre.  Denn  so  ungewandt  im 
sprachlichen  Ausdrucke  war  der  Gesetzgeber  gewiss  nicht,  dass  er 
mit  den  e£  Apeiou  raqfoo  Verurtheilten  im  Gegensatze  zu  den  ex  x<Sv 
E96TÄV  Verurtheilten  diejenigen  bezeichnet  hätte,  die  nach  der  frü- 
heren Gerichtsordnung  gleichfalls  von  den  Epheten  verurtheilt  waren, 
and  zwar  desshalb  so  bezeichnet  hätte,  weil  sie  ein  Verbrechen  be- 
logen hätten,  das  nach  seiner  (Solons)  Gesetzgebung  zur  Gompetenz 
der  von  ihm  neugeschaffenen  areopagitischen  Bule  in  Zukunft  gehö- 
ren sollte.  Dazu  kommt,  wie  schon  Westermann  (Ber.  1849.  S.  153) 
und  Philippi  (Rh.  Mus.  29,  S.  5  f.)  bemerkt  haben,  dass  diese  Deu- 
tung auf  das  Gericht  ex  1  [puxaveiou  gar  nicht  einmal  anwendbar  sein 
würde,  weil  nichts  davon  verlautet,  dass  Solon  einen  solchen  Gerichts- 
hof der  Prytanen  beibehielt  oder  einsetzte. 

Von    den    beiden    neuesten    Versuchen   nun   zur   Erklärung   des 
Amnestiegesetzes,   die  darin  übereinstimmen,  dass  sie  das  darin  lie- 
gende  Zeugniss   für   die   vorsolonische  Existenz   der   areopagitischen 
Bale  beseitigen  zu  können  glauben,  bespreche  ich  den  Wecklein's 
(a.  a.  0.  S.  2i  OV)  als  den  zuerst  veröffentlichten  und  als  den  leichter 
zu  widerlegenden  zuerst.    Weck  lein  irrt  zunächst  darin,  dass  er  mit 
Schoemann  (Op.  1,  p.  197)  in  dem  Solonischen  Gesetze  den  Ausdruck 
6ico  xäv  ßaatXecov,  der  zu  allen  drei  Gerichtshöfen  gehört,  nur  auf  die 
Worte  ex  (Ipoxaveiou  xaxaöixaa&evxe;  bezieht.    Sodann  meint  er,  wenn 
man   e£    Apstoo   icdfoo   bloss   von   der  Gerichtsstfttte    verstehe    (nicht 
wie  Schoemann  von  einer  areopagitischen  Bule),  so  sei  nichts  mehr 
auffallend,  als  ein  »Ueberfluss  des  Ausdrucks,  da  ex  x&v  'F/fexäv  auch 
die  Verurteilungen  auf  dem  Areopag  in  sich  hätte  begreifen  können«, 


Ltdwig  Latce.  [W 

*€us  rHtarfoss-  den  er  dann  aus  der  Rücksichtnahme  des  Solon  arf 
«*»  (»iaptten  Institutionen  die  areopagi  tische  Bule  zu  erklären  sucht 
JU6n»  «•«*  sicher  leberfluss  des  Ausdrucks  ist  mit  der  Rücksicht 
4m  Folgezeit  gewiss  nicht  zu  entschuldigen,  da  das  Gesetz  sieb 
acf  die  bezog,  welche  verbannt  waren  ote  o  &eo|io<;  &<$&*] 
iit.  l'ebngens  beruhigt  sich  Wec klein  bei  diesem  Auskunftsmittal 
zmth  nicht,  sondern  er  sucht  das  Solonische  Gesetz  mit  Hülfe  d» 
P*ephisma  des  Patrokleides  bei  Andoc.  de  myst.  §  77  ff.  zu  erkläret 
und  verfährt  dabei  so.  dass  er,  die  Construction  der  Worte  (web  ti* 
3a^ü*r>  zotaoizMdsvTs;  mit  ex  npuxaveto'j  festhaltend,  erst  den  Wort- 
laut des  i>Tlz'.?\L'i  des  Patrokleides  dieser  Ansicht  entsprechend  cor» 
rigiert.  und  dann  aus  diesem  so  corrigierten  Wortlaute  das  Solo- 
nische Gesetz  angeblich  vervollständigt.  Seiner  Vermuthung  zufolge 
soll  es  gelautet  haben:  tzKt^  oaoi  iZ  \Apsiou  Tcdryoo  ^  oaot  ex  [Atfc* 
^piviou  »jtA^  tcov  ^stcov  y^  ez  Hputaveiou  xaiaö'.xaa&evxec  uico  täv  ßa- 
aiXeoiv.  Dadurch  würde  allerdings  der  bedenkliche  Gegensatz  zwischen 
i;  \\p£io»j  rarpu  und  ex  iwv  'E^etäv  und  zugleich  die  Beweiskraft 
der  Stelle  für  die  vorsolonische  Existenz  des  areopagitischen  Ratbet 
gründlich  beseitigt  sein.  Aber  das  ganze  Verfahren  Wecklein's  ist 
ohne  Frage  durchaus  unkritisch,  da  das  Psephisma  des  Patrokleides» 
wenn  auch  nicht  gefälscht73  .  so  doch  gedankenlos  copiert74)  oder 
vielmehr  interpoliert75)  ist,  auf  keinen  Fall  aber  zur  Grundlage  einer 
Aenderung  des  Wortlautes  des  Solonischen  Gesetzes  gemacht  werdet 
darf,  die,  wie  die  Sache  liegt,  nicht  sowohl  eine  Vervollständigung, 
als  vielmehr  eine  Interpolation  ist. 


VII.  Philippi's  Interpretation  des  Amnestiegesetzes  des  Solon. 

Philippi  dagegen  hat  das  unzweifelhafte  Verdienst  die  Erklä- 
rung des  Amnestiegesetzes  dadurch  wesentlich  gefördert  zu  haben, 
da>s  er  die  Zugehörigkeit  der  Worte  xaTaoixaodevtec  iiw  täv  ffaoi- 
Xecov  zu  den  drei  vorhergenannten  Gerichtshöfen  erkannt  hat  (S.  7 


73,  Philippi  im  Rh.  Mus.  29,  S.  9. 

74)  R.  Scholl  im  Hermes  6,  S.  51. 

75)  Vgl.  jetzt  Johannes  Droysen,  de  Demophanti .  Patroclidis,  Tisameoi 
popuKtfciti* ,  quae  inserta  sunt  Andocidis  oralioni  irepi  u.03T7jpta>v.  Berlin  1873. 
£.  20  ff. 


M]  Die  Ephetbn  und  der  Areopag  vor  Solon.  227 

o.8)w).  Die  Construction,  bei  welcher  jene  noth wendig  zusammen- 
gehörenden Worte  so  getrennt  werden,  dass  xataSixaodevTtt  mit  allen 
dreien  (iß  'Apstou  icd^oo,  ex  t<öv  'E'feteov,  ex  ripoTavetoo),  öico  ßaot- 
tiw  aber  nur  mit  ix  llpoTaveioo  verbunden  wird,  ist  grammatisch 
©möglich.  Die  Verbindung  des  Participiums  einerseits  mit  6ic6  c. 
gen.,  andererseits  mit  dem  dreimaligen  ££  c.  gen.  hat  keine  Schwie- 
rigkeiten, selbst  dann  nicht,  wenn  alle  drei  Ausdrücke,  nicht  bloss 
E^ewv,  persönlich  zu  verstehen  sind77).  —  Ferner  hat  Philippi,  und 
darin  liegt  eine  ebenso  wesentliche  Förderung  des  Verständnisses  des 
Ganzen,  richtig  erkannt  (S.  7  f.),  dass  unter  den  ßaoiXei;  die  nach 
einander  im  Amte  des  dp/<ov  ßaatXeut  der  Blutgerichtsbarkeit  und 
dem  Gerichte  über  Topawfc78)  vorstehenden  Personen  zu  verstehen 
seien79),  und  sich  mit  Recht  dafür  auf  den  Volksbeschluss  von  409/8 
berufen,  in  dem  es  mit  Köhler's  Ergänzungen  heisst: 

xori  iä[L  [xyj'x  icpovo[(alc  [xlt[etvig  xk  ttvo  ^ cufeiv  a   8]i- 
riCtiv  8s  tous  ßaaiXiac  atxiÄ[v]   cp6[vou]  ^   [ßooXstioeios  t&v  dst  ßaat]X- 
tfoarar  touc  8e  e^exoc  8ioyv[<üvoi1. 
Denn  hierdurch  ist  bezeugt,  dass  Drakon  ebenso  wie  Solon  den  Plu- 

76)  Diess  hat  jetzt  auch  Joh.  Droysen  S.  19  erkannt:  der  andern  grammatisch 
»möglichen  Construction  folgt  nicht  bloss  R.  Scholl  im  Hermes  6,  24,  sondern  auch 
toeh  E.  Curtius,    über  den  Uebergang  des  Königthums  in  die  Republik  bei  den 

Monatsberichte  der  Berl.  Akad.  4  873.  S.  287.  292. 

77)  Philippi  nahm  an  der  Construction  i%  täv  'E^pet&v  urco  t&v  ßaoi- 
\mm  Anstoss,  ohne  Grund,  da  die  ßaoiXel;  und  die  e<petai  in  verschiedener  Weise 
[iftig  sind.  Er  wollte  die  Construction  entschuldigen  durch  den  Parallelismus  von 
j«  täv  Tfyettov  mit  dem  local  zu  verstehenden  11  'Apefou  ircrpo  und  £x  üpoTaveioo, 

•d  ix  ?«>v  'E^ercuv  selbst  fast  local  fassen.    Das  ist  aber  gar  nicht  nöthig. 

78)  Darin,  dass  der  ßaaiXeo;  einem  Gerichte  über  tupawi;  vorsteht,  liegt  keine 
tfebwierigkeit ,  da  der  ßaaiXeo;  auch  später  noch  neben  den  oixai  cpovixai  andere 
;fc«  zu  leiten  hatte  (Poll.  8,  90.  Schol.  ad  PI.  Euthyphr.  2  A.  Lex.  Seg.  S.  34  0. 
fMi  17)  und  damals  überhaupt  der  Vorsteher  der  Archonten  war  (S.  23). 

79)  Schon  Matthiae,  de  judiciis  Atheniensium,  in  Miscell.  philolog.  Altenburg. 
*M3.  Bd.  4,  S.  445  hatte  diess  als  selbstverständlich  angesehen.  Aber  Müller, 
krter  Bd.  22,  S.  4  33.  Eum.  S.  157  hielt  sie  für  die  4  cpoXoßaodsT; ,  die  er  mit 
***puravets  der  Naukraren  identiücierte  (so  auch  R.  Scholl,  Hermes  6,  S.  24)  ; 
fchoemann  Op.  4,  p.  499  und  Zelle,  Beiträge  S  34  hielten  sie  auch  für  die 
*  fotopaadeis ,    hielten    diese  aber  für  die  Präsidenten   der   irpotaveis   der    Nau- 

tttB.  Beide  Ansichten  sind  von  Philippi  widerlegt .  11  u  1 1  e  m  a  n  n  ,  quaestiones 
Beat,  in  Mise.  phil.  et  paed.  Amstel.  1854.  fasc.  III,  8.  26  wollte  den  ßaoiXeu^ 
■d die  4  (poXoßaaiAei;  zusammen  verstehen,  eine  Ansicht,  die  Joh.  Droysen  S.  19 
toe  wie  es  scheint  Hülle  mann  zu  kennen]  mit  Recht  verwirft. 


228  Ltdwk  La*ge,  [42 

ral  gebraucht  halte,  und  die  Richtigkeit  der  Köblerscben  Ergte- 
ztiDg  vorausgesetzt,  gleichfalls  in  dem  Sinne  gebraucht  hatte,  dag 
er  die  socceaar  aufeinander  folgenden  dp^ovxcc  ßaoiXeic  bezeichnet 
Nun  hat  zwar  E.  Curtius  in  der  A.  76  citierten  Abhandlung  S.  287 
gegen  die  Richtigkeit  der  Köhlerschen  Ergänzung  das  Bedenket 
erhöhe«.  *das$  wir  gezwungen  sein  würden,  einen  Schreibfehler 
{knie»»!*  für  ^ooiAtoovta  anzunehmen«,  und  auch  Kirch  hoff  hat 
im  C  L  Att.  S.  37  drucken  lassen  to»j;  dsl  fiaat1  Xeuovxac  mit  der  j 
Beneffcaag:  »naarra  lapicidae  errore  scriptum  videtur  pro  tuovrat* 
Allen  ich  ras*  gestehen  die  Annahme  eines  Schreibfehlers  durchaal 
nicht  für  oothwendig,  geschweige  denn  für  wahrscheinlich  halten 
können.  Yennutblich  —  denn  ausdrücklich  gesagt  wird  diess  nicht  *w 
haben  beide  Gelehrten  gemeint,  dass  &  de?  in  dem  bekannten 
brauche,  nach  dem  es  »der  jedesmalige«  bedeutet,  nur  mit  eil 
Parttcipium  praeseniis  verbunden  werden  könne.  In  der  Regel  ist 
allerdings  der  Fall,  und  es  ist  diess  auch  ganz  natürlich,  da  es  sk 
meistens  um  Zustände  handelt,  in  denen  mehrere,  Einer  nach 
Andern,  sind.  Z.  B.  Herod.  2,  98  "AvSuXXa  eoGogl  Xo^tfi^  icöXtc 
(yroo^|iaxa  esafpsxo^  oiooxat  xoG  atei  JJaoiXeuovxo^  At-juircou 
pvauct.  Aber  es  kann  auch  der  Fall  eintreten,  dass  Einer  nach 
Andern  eine  einmalige  Handlung  vollzieht  oder  erleidet,  und  dann  i 
gegen  das  Participium  aoristi  nichts  zu  erinnern.  Ein  unbestreit 
Beispiel  dafür  bietet  Xen.  Hell.  2,  4,  8  essxaoiv  xs  icotVjaavxec  fr 
trKsoat,  ^aaxovte;  etösvai  ßouXeodai,  icoaoi  efev  xai  tootjc  70) 
Kpooaeijooivxo,  sxeXeoov  dizoifparftobai  Tidvia;'  xov  ö'  dicofpa<};d{W 
atl  3ta  tijc  toAiöoc  eiti  xtjv  &dXaxrav  e&evai*0}.  Ein  anderes  ui 
Falle  sachlich  noch  näher  stehendes,  eben  so  unbestreitbares 
giebt  Herod.  6, 58  cpdfievoi  xov  Goxaxov  atei  dTro*|f€v6fisvov  xäv  ß< 
otXeo>v,  xoGxov  oij  feveadai  dpiaxov.  Was  von  dem  jedesmal 
storbenen  Könige  richtig  ist,  das  wird  wohl  auch  von  dem  jed< 
mal  ins  Amt  getretenen  Könige  (und  das  ist  doch  ßaot 
rex  (actus)  richtig  sein.  Drakon  hätte  natürlich  auch  sagen  köni 
xov  6z\  ßaaiXeuovxa,  wenn  er  den  dauernden  Zustand  des 
während  der  Amtsführung  jedes  Einzelnen  bezeichnen  wollte;  er 

80)  Ueber  die  hier  stattfindende  ungewöhnliche  Stellung  von  ifct,  welche  < 
die   Bedeutung   der   Redensart   gleichgiltig  ist,    vgl.    Classen  zu  Thuk.   i,  1, 
Breitenbach  zu  Xen.  Hell.  2,  I,  4. 


13]  Die  Epheten  cra  der  Abeopag  vor  Solos.  229 

der  nicht  minder  richtig  xov  dtal  ßaaiXsuaavta ,  indem  er  damit  be- 
zeichnete, dass  er  anter  dem  Ausdrucke  tckk  ßaatUa;  die  Mehrheit 
derer  begreife,  die  Einer  nach  dem  Andern  in  das  Amt,  in  die  ßa- 
atHtta,  eintraten,  ßaotXef;  wurden  oder,  noch  correcter  ausgedrückt, 
»»Zukunft  werden  würden«  (qui  magislratum  regis  inierit). 

Erscheint  hiernach  ßaaiXeäoavta  in  der  Inschrift  vollständig  ge- 
rechtfertigt81), so  ist  vollends  kein  Ans  tos  s  zu  nehmen  an  der  Bedeu- 
tung des  sowohl   in   der   Inschrift  als   auch    im  Solonischen  Gesetze 
: gebrauchten  Plurals.     Denn  wenn  E.  Curtius  a.  a.  0.  S.  288  sagt: 
:  i£e  verschiedenen  einander  folgenden  Jahreskönige  können  nach  mei- 
■er  üeberzeugung   unmöglich   unter   dem    Namen   ßaaiXet;,   wie  ein 
i CoUegium ,    zusammengefasst  werden«:    so   hat  er  wohl   nicht  daran 
jbdacht,    dass  auch    die  wirklichen  successiven  Könige  Attikas  und 
Ions  ol  ßaoiXetc  genannt  werden,   ja  dass   sogar  die  römischen  In- 
terreges, die  doch  auch  kein  CoUegium  bildeten  (in  republikanischer 
Zeit  wenigstens  gewiss  nicht) ,   trotz  der  Succession  wie   von  Latei- 
nern mierreges  (Liv.  7,  17.  21),  so   von  griechischen   Schriftstellern 
[4  avnßaatXet;  (Dion.  Hai.  9,  69)  und  oi  [isooßaaiXsf;  (Dion.  Hai.  5,  72 
öfter;   Dio  Cass.  40,  45)  genannt  werden.    Freilich  ist  es  ein  Unter- 
ob  ein   solcher  Ausdruck  von  einem  Schriftsteller,   oder  ob 
in  einer  Urkunde  gebraucht  wird;    aber  darum  eben  setzte  Dra- 
erläuternd   hinzu   xov   dst   ßaatXeuaavta ,    womit    er  sagte,   dass 
sieht  wirkliche  Könige,  sondern   den  jeweilig  in  die  Functionen 
Königs  für  ein   Jahr   Eingetretenen   meine.     Es    ist   daher   kein 
id   vorhanden   mit   E.  Curtius  S.  290   unter   den    ßaoiXeit   des 
tischen  Gesetzes  die  9  Archonten,  oder  wenigstens  die  ersten  3, 
verstehen82)    und    anzunehmen,   dass   im   Ürakontischen   Gesetze, 
Richtigkeit  der  Köhler'schen  (bezvv.  Kirchhoff  sehen)  Ergänzung 
umgesetzt,  »xov  del  ßaaiXeuovxa  erklärende  Apposition  zu  ßaaiXeat 
ifefce,   um  durch   diesen  Zusatz   den  aus  einem  älteren  Staatsrechte 

81)  Vorübergehend  dachte  ich  an  die  Möglichkeit  der  Ergänzung  afruoiv] 
fifyoo]'  i[vi)(zoboii  84  tov  <povov  ßoo]XeuoavTa.  Indessen  dagegen  spricht,  dass 
bAcooic  als  Terminus  technicus  bei  Harpokr.  s.  v.  eitl  riaMaöuo  und  s.  v.  ßou- 
liONK,   sowie  bei  Schol.  zu  Aesch.  fals.  leg.  §  87  feststeht. 

£2)  Dass  die  Archonten  noch  nach  683  ßaaiXel;  genannt  seien,  während  der  eine 
m  ihnen  als  Nachfolger  des  zehnjährigen  ap^cov  ßaoiXsu;  in  besonderem  Sinne  ßaot- 
Itg  hiess,  halte  ich  für  sehr  unwahrscheinlich ;  wahrscheinlich  hiessen  sie  alle  neun 
poTflrveic,  der  erste  von  ihnen  ßaaiXeos,  die  acht  andern  i>£3u.o&£rai,  s.  unten. 


230  Ludwig  Lange,  [44 

stammenden  Amtsnamen  dem  geltenden  Verfassungszustande  anzu- 
passen«. Kirchhoff  und  nach  ihm  Joh.  Droysen  (a.  a.  O.  S.  89) 
haben  denn  auch  trotz  des  Bedenkens  gegen  ßaoiXeuoavta  eben» 
wie  Philippi  unter  den  ßaaiXef;  des  Drakonischen  Gesetzes  die  je- 
weiligen appvT£c  ßaoiXei*;  verstanden.  Selbstverständlich  ist,  das, 
während  Drakon  in  seinem  Gesetze  die  zukünftigen83)  Inhaber  der 
j3aaiXe(a  meinte,  Solon  in  dem  seinigen  die  früheren  verstand. 

Weiter  aber  kann   ich   mit   Philippi   nicht  gehen.     Er  nimst 
nämlich  an  (S.  2),  dass  den  drei  Behörden:  dem  Areopag,  den  Ephe* 
ten,   dem   Prylaneion,   oder   wie    Plutarch   in   seiner  Erklärung   im 
Gesetzes  sagt:  den  Areopagiten,  den  Epheten,  den  Prytanen,  in  der* 
selben    Reihenfolge   die    drei    Verbrechen    entsprächen,    welche  ab  ' 
<p«5vo<;,   oferfai,    topawfc   bezeichnet  werden.     Unter  den   i£   'Apifoi . ; 
Tccrjou  wegen  <povo<;  Verurtheilten  versteht  er  sodann  (S.  5)  mit  Wester*  ! 
mann  (a.  a.  0.  S.  151  ff.)  die  mit  der  Kylonischen  Blutschuld  behaf- 
teten  Alkmaeoniden  nebst  Anhang,    welche  sich  auf  Solons  Bittet 
mehrere  Jahre  vor  dessen  Archontate  einem  Gerichte   von  xpiaxoot*  • 
dpioTtvSYjv  SixaCovie;  unterwarfen  und  von  diesem  verurtheilt  wurdflf 
(Plut.  Solon.  12)84);  unter  den  ex  täv  'E^etcuv  wegen  ocpafaC  Venu* 
theilten  (S.  2)  die   von   den  Epheten  mit  Verbannung  Belegten  oa& 
die  um  der  Todesstrafe  zu  entgehen  Geflüchteten;  unter  den  ixltp* 
xavefou  wegen  Tupavvt'c  Verurtheilten  (S.  3  ff.)  Kylon  selbst  und  sei»' 
lebenden  Mitverschworenen,   die,   wie  er  im  Anschluss   an  Schott** 
mann    und    Andere    vermuthet,    von    den   Tcpuidvet;  xd>v   vaoxpdpof'j 
(Herod.  5,  71)  verurtheilt  worden  seien. 

Um  die  sachlichen  Schwierigkeiten,  welche  bei  Philippi 's  Der 
tung  zurückbleiben,  und  welche  nachher  ihre  Erörterung  finden  wen- 
den, zunächst  bei   Seite  zu   lassen,   weil  auf  diesem  Gebiete  alha*l 
mehr  oder  weniger  controvers  ist,  so  sprechen  gegen  jene  Deutiflgj 
drei  erhebliche  grammatisch -exegetische  Bedenken.  % 

Erstens  bleibt  bei  Philippi's  Auffassung  der  Gegensatz  zwischen 


83)  Dass  das  Part.  aor.  in  dem  Sinne  von  rex  faclus  auch  von  der  Zukunft 
heu  kann,  zeigt  z.  B.  Xen.  Mem.  3,  5,  I  eyco  toi,  &pY),  to  llspixXet;,  itafta  &jp* 
3oü  <JTpaTi]Yri(,avT0?  a[ie(vu>  te  xai  ivSoEotipav  ttjv  iroXiv  efc  td  icotopm 
hzstiai  xai  ta>v  tcoXsu.U0V  xparrjoeiv   {si  Tcparrflos  factus  erü). 

84)  Vgl.  Schol.  zu  Ar.  Eq.  443  ouc  xai  4££ßaXov  tt,;  iroXsa*,  Sri  4x  täv  apx*h* 
vojmdv  iraplßijoav  toos  ixitac  ^oveuoavte?.  Thuk.  1,  t26  ijXaoav  uiv  ouv  xai  «I 
'Aftijvatot  tou;  iva^etc  tootoo;. 


ti  Die  Epheten  und  der  Arbopag  vor  Solon.  231 

ft'Apetou  ictrpo  und  ex  xd>v  'EspenSv  ein  schiefer,   so   gut  wie  bei 
Schoemann's  Interpretation (S.  37).  Denn  die  Epheten  richteten  ja  auch 
nach  Philippi  gleichfalls  auf  dem  Areopag.     Wenn  Solon  mit  den 
Worten  e$  'Apefou  icd-po  das  ausserordentliche  Gericht  der,  wie  Phi-  . 
lippi  annimmt,  ad  hoc  gewühlten  Tpiax6oiot  **)  gemeint  hätte,  so  hätte 
er  &  xöv  xpiaxoaCcov  sagen   müssen   und  als  klar  denkender  Mann 
auch  gesagt.     In  der   Nennung  der  LocaliUU,   an  der  die  Epheten 
gleichfalls,  und  zwar  wegen  cpovo;  ex  icpovo(a<;  richteten,  lag  durch- 
aus nicht,   wie   Philippi  S.  7  meint,  eine  verständliche  Andeutung 
davon,   dass  damit  nicht  das  gewöhnliche,   immer  ££    Apefou  ir&foo 
richtende  Gericht,  sondern   ein   in  ausserordentlicher  Form  daselbst 
gehaltenes  gemeint  sei.    Das  Natürliche  ist  und  bleibt  den  Gegensatz 
tk  einen  Gegensatz   zwischen  Areopagiten  und   Epheten   zu   fassen, 
wie  es  Plutarch,  ohne  den  Gegensatz  erklären  zu  können,  thut,  also 
ab  einen  Gegensatz  zwischen  der  auf  dem  Areopag  richtenden  Bule 
und  den  an  andern  Stellen   richtenden  Epheten.     So  sind  z.  B.  bei 
MI.  8,  99  ot   lz  'Apefou   ic(fyoi>   ^pufärctc   die  von  der  (Solonischen) 
jfafcfy  sv  'Apetco  icd^o)  Verurtheilten.' 

Zweitens   ist  auch  der  von    Philippi   angenommene  Gegensatz 
mischen  <p6vot  und  acpafat  ein  schiefer.    Nach  Philippi  hätten  die 
iptaxäoioi  über  cpovo<;,  die  Epheten  über  acpa^at  gerichtet.    Aber  die 
Niedermetzelung  der  an  die  Altäre   sich  flüchtenden  Kyloneer  durch 
£e  Älkmaeoniden  konnte  doch  gewiss  nach  sonst  bekanntem  Sprach- 
gebrauch als  oyayai  bezeichnet  werden,  und  das,  worüber  die  Ephe- 
ten richteten,  hiess  in  der  Sprache  der  Gesetze,  soweit  wir  dieselbe 
keimen,  doch  principaliter  nicht  ocpa-jat,    sondern  cpovo;  ix  irpoWa;. 
ffooc  oxoüoioc,  ^ovo;  Sixaio;.    Aber  ohne  Zweifel  ist  aycrfal  trotzdem 
«»  technischer  Ausdruck86),  da  ihn  Solon  sonst  nicht  in  einem  Ge- 
Xtae  gebraucht,  und  Patrokleides  (Andoc.  myst.  §  77)   ihn  nicht  dem 
Solonischen  Gesetze  entlehnt  haben  würde.    Weck  lein   (S.  28)   ver- 
Whet,  dass  die  von  den  Epheten  am  Delphinion  nicht  Freigespro- 
chenen, diejenigen  also,  deren  ^ 6vo;  nicht  als  otxaio^  anerkannt  wor- 


85)  Ich  verstehe  darunter  lieber  ein  ausserordentliches  Gericht  der  grossen 
?tohjf  s.  oben  S.  27. 

86)  Diess  leugnet  Joh.  Droysen  a.  a.  0.  S.  20  unvorsichtig.  Müller  (Eum. 
!■  157,  A. :  verband  ganz  verkehrt  3f  syst?  (sie)  und  topavvt;  als  Verbrechen,  wor- 
über ix  npüTavstou  gerichtet  sei. 


232  Lidwig  La*ge,  [46 

den  sei,  wegen  acpcrpfj  verurtheilt  worden  seien87).  Dieser  Vernm- 
thung  steht  jedoch  entgegen,  dass  es  im  Gesetze  nicht  tfpcqpg,  son- 
dern o^afatotv  heisst,  und  dass  das  Wort  o^ayai  ebensowenig  ifie 
.  <p6vot  die  Qualität  von  ötxato;  ausschliesst  **) .  Da  nun  «(p<rpt(  m 
Sprachgebrauch  der  Dichter  und  Historiker  Ermordungen  durch  schnei- 
dende Waffen,  insbesondere  derartige  Ermordungen  bei  Gelegenheit 
politischer  Partei  kämpfe  bezeichnet,  so  glaube  ich  vielmehr,  dass  du 
Wort  in  letzterem  Sinne  auch  in  den  Drakonischen  Gesetzen  vor- 
kam, sei  es  in  dem  nicht  lesbaren  Theile8*)  des  uns  durch  dei 
Yolksbeschldss  von  409/8  erhaltenen  ersten  Axon90),  sei  es  in  des 
folgenden  Axon,  den  wir  nicht  haben,  sei  es  in  dem  von  Sokm  nkh 
recipierten  Gesetze  über  cpovo;  ex  icpovoto«;.  Solche  acpa-fat  nun  aber 
waren  in  den  politischen  Parteikämpfen,  die  der  Solonischen  Refor» 
vorangingen,  ohne  Zweifel  oft  vorgekommen,  und  gewiss  befandet 
sich  viele  der  in  dieser  Art  Schuldigen  zur  Zeit  des  Anmestiegesettt 
in  der  Verbannung.  Daher  hat  es  nichts  Auffallendes,  wenn  Sohl 
neben  cpovot,  dem  Gattungsbegriffe,  auch  die  Species  ocpajaC  erwäM. 
Nur  ist  mit  dem  Nachweise  eines  technischen  Gebrauches  des  Worte! 
atperptt  für  Philippi's  Deutung  Nichts  gewonnen;  denn  ohne  Zweifel 
konnten  die  ofa^ai,  je  nachdem  die  Instruction  auf  7upovota  lautete 
oder  nicht,  sowohl  auf  dem  Areopag,  als  auch  am  Palladion  und 
Delphinion  verhandelt  werden.  Der  Gegensatz  zwischen  ££  Ap«t*> 
izdyju  und  ix  xuW  'Ecpetcov  deckt  sich  also  auch  so  durchaus  nkH 
mit  dem  Gegensatze  von  cpovo«;  und  acpayat. 

Drittens  sind  aber  weder  die  drei  Gerichtshöfe,  noch  die  <W 
Verbrechen  so  neben  einander  gestellt,  wie  wenn  der  Gesetzgeber  Ä 
Parallelisierung  dieser  zwei  Dreiteilungen  beabsichtigt  hätte;  vielaehf 

87)  Damit  hangt  es  zusammen,  dass  er  das  Delphinion  aus  dem  Psephisfll 
des  Palrolleides  in  das  Solonische  Gesetz  interpoliert  (oben  S.  40). 

88)  Vgl.  z.  B.  Soph.  El.  37  ootaiai  xXs^a;  X£lP®t  ävSixou?  scpaf«;.  W* 
Sache  ändert  sich  nicht,  wenn  man  /stpo;  ivoixoo  acpaya;  liest,  wie  man  wohl 
muss  wegen  des  technischen  Ausdrucks  aoixeov  ^siptov  ap^tov  Dem.  Aristocr.  §  5t- 
Antiph.  tetr.  3,  (3,  1.    Plat.  leg.  869  c.    Apolfod.  2,  4,  9). 

89)  Einen  Theil  davon  versucht  lesbar  zu  machen  Bergk,  ein  Gesetz  des  Solo* 
Philo!.  Bd.  32.  4  873.   S.  669. 

90)  Wie  viel  etwa  auf  einem  a£u>v  stand,  zeigt  die  Notiz,  dass  das  SoJonbd) 
Araoestiegesetz  das  8te  Gesetz  des  1  3ten  Axon  war.  War  es  das  letzte  auf  diese* 
Axon,  und  waren  die  sieben  vorhergehenden  ebenso  lang  wie  das  achte,  so  eigfol 
sich  ein  sehr  beträchtlicher  Umfang. 


1]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  233 

iebt  er  beide  Male  eine  Zweitheilung,  wie  bei  den  Gerichtshöfen 
as  zweimalige  ßoot,  bei  den  Verbrechen  das  zweimalige  eiti  anzeigt, 
nd  zwar  stehen  sich  diese  beiden  Zweitheilungen  durchaus  nicht 
traUel,  indem  bei  den  Gerichtshöfen  der  zweite  Theil  (flooi  Ix  xdw 
jfew*  ^  ex  npotavefoo) ,  bei  den  Verbrechen  aber  der  erste  Theil 
zl  ^6v«)  ^  ocpafataiv)  aus  zwei  Gliedern  besteht.  Nach  der  Inten- 
m  de$  Gesetzgebers  sind  also  <p6voc  und  aya^ai  zwei  zusammen- 
hänge Begriffe,  wie  wir  vorhin  auch  aus  andern  Gründen  anneh- 
5n  mussten,  und  als  solche  geschieden  von  xopavvfc;  ebenso  wer- 
ft nach  der  Intention  des  Gesetzgebers  die  Epheten  einerseits,  das 
ytanekm  andererseits  als  zwei  irgendwie  zusammengehörige  Be- 
iße anzusehen  sein,  die  beide  als  solche  dem  Areopag  gegenüber 
stellt  werden  sollen. 

Durch  diese  drei  Bedenken  wird,  wie  ich  überzeugt  bin,  die 
rilippi'sche  Erklärung  des  Amnestiegesetzes,  abgesehen  natürlich 
*  der  richtigen  Deutung  und  Construction  der  Worte  xataSixaoftsv- 
;  bnh  x&v  ßaoiXecov,  als  grammatisch  unmöglich  erwiesen. 


VUL  Meine  Interpretation  des  Amnestiegesetzes  des  Solon. 

Treten  wir  nunmehr  mit  meiner  die  Mülle  r'sche  Auffassung 
r  Epheten  ergänzenden  Ansicht,  dass  die  vorsolonische  Bule  aus 
Personen,  nämlich  51  Epheten  und  9  Archonten  oder  Prytanen, 
standen  habe,  an  das  Amnestiegesetz  heran,  so  ist  zunächst  klar, 
8S  bei  meiner  Ansicht  durchaus  keine  Unklarheit  oder  Undeutlich- 
st der  Gegensätze  dem  Gesetzgeber  zugemuthet  wird,  und  dass 
besondere  die  von  Philippi  übersehene  Zweitheilung  der  Gerichts- 
fe  ihre  einfachste  Erklärung  (indct.  Die  Worte  it  'Apetoo  icdfou 
hen  nach  meiner  Ansicht  auf  die  ganze  Bule,  wobei  es  einerlei 
l,  ob  man  *Apeio;  ird-p;  local  (S.  41,  A.  77)  oder  als  metonymi- 
ta  Bezeichnung  der  Bule  selbst  im  Sinn  \on  'ApsoraYtrat  (Plut.  Sol. 
I}fasst91),  da  letztere  Auffassung  ja  doch  die  locale  zur  Grundlage 
*t.  Die  Worte  sx  ifiv  F/psicBv  bezeichnen  die  51  Epheten,  welche 
k  solche,  ohne  die  9  Archonten,    nicht  die  Bule  bildeten,  obwohl 

91)  So  auch  von  der  Solonischen  ßooXrj  ev  'Apse'cp  Trayo)  sowohl  i£  'Apsioo 
*TW  ^üYfiTv  'z.  B.  Poll.  8,  99  und  sonst)  als  auch  su  tov  vApsiov  irayov  ava- 
fai  bei  Isoer.  Panath.  §  154   und  häufig  bei  den  Lexikographen. 


234  Ludwig  Lange,  [i* 

sie  zu  derselben  gehörten.  Die  Worte  ex  xoG  IlpoTaveCou  endlich 
gehen  auf  das  Collegium  der  9  Archonten  oder  Prytanen,  wobei  es 
wiederum  einerlei  ist,  ob  man  npuxavefov  local,  als  das  im  Süden 
der  Burg  gelegene  Amtshaus,  oder  persönlich  im  Sinne  von  npurd- 
veit  (Plut.  Sol.  1 9) ,  als  collective  Bezeichnung  des  Collegiums  der 
Prytanen,  auffassen  will.  Denn  vorausgesetzt,  dass  die  Archonten 
damals  Prytanen  hiessen,  versteht  es  sich  von  selbst,  dass  sie  als 
Collegium  üpotaveiov  genannt  werden  konnten 9'2) ,  wie  auch  anderer- 
seits, dass  sie  ihre  richterlichen  Amtshandlungen  ev  npuraveuo  vor- 
nahmen93), ihr  Urtheil  also  auch  in  diesem  localen  Sinn  ix  Ilpttta- 
veiou  gefällt  war.  —  Die  'Ecpexai  und  das  llpuTcrvefov  werden  also  de»- 
halb  zusammen  genannt,  weil  sie  die  beiden  unter  Umständen  filr 
sich  fungierenden  Theile  der  ßouX-Jj  ev  'Apeia>  7cd-|fcj)  waren,  und  wer- 
den dem  "Apeiot  iwrjoc  gegenübergestellt,  weil  sie  eben  als  Theile 
de?  Ganzen  von  dem  in  pleno  fungierenden  Rathe  verschieden  sad. 
Die  ganze  ßouXVj  richtete  auf  dem  Areios  pagos,  wo  sie  aacfc 
für  administrative  Beratungen  sich  versammelte,  unter  dem  Vorste 
des  ap^uw  ßaoiXeti;94)  über  cpovo<;  ex  icpovoiac,  unter  Umständen  anck 
über   opa-faf,   wenn   diese  unter   den  Begriff  des  <pivo^  ex  itpovote 


92)  Plut.  Symp.  4,   4,   I   tov   KeXeov,    ov   rcp&Tov    loropouaiv  aoooxffww 
a^a&cov  avSpcov  xataaxeuaaavta  a o v o o o v  xafrqitepivrjV  ovojiaaat  irpuravst^ 

93)  Dieses  Gericht  der  Prytanen  h  IlpuTaveup  ist  natürlich  verschied« 
dem  der  Epheten  iirl  npoTave((o.    Letzteres  ist  gemeint  bei  Paus,  i,  28,  41.  R*y&" 
s.  v.  oixaorrjpia,  wo  irrthümlich  iv  IlpuTavsuu  steht,  ähnlich  wie  bei  Harpokr.  *f 
Suid.  s.  v.  AeX(p(vtov  irrthümlich  iv  AsX<pivui>  für  iid  AsX<piv((p  geschrieben  0t.  - 
Wegen  iv  üpuTavefcp  vgl.  Anm.  97  und  unten  Abschn.  XIV. 

94)  Diesen  werden  wir  wie  schon  bemerkt   (S.  23.  41,  A.  7 8) 'als  VorsH«"** 
der  Archonten  und  daher  auch  der  ßouX^  zu  denken  haben;   denn  dass  ihm  in** 
uns  erhaltenen  Nachrichten  der  ap/cov  £tccovou.o;  vorangeht,   ist  kein  Beweis  &&> 
dass   es   schon    vor  Solon    ebenso   gewesen    sei.     Es  wird  mit  der  ScbekhMI  •* 
Competenzen  der  9  Archonten    durch  Solon  und    ihrer  veränderten  Stellung  ä** 
haupt  (S.  24)   zusammenhängen,    dass   der   ap/tov   ßasiXeo;   an    die  zweite  SW* 
kam.     Solon  kann  dabei  durch  ein  ähnliches  Motiv  geleitet  sein,    wie  die  M**» 
welche  den  rex  sacriüculus  jeder  politischen  Macht  entkleideten  und  selbst  in  &&1 
auf  das  religiöse  Gebiet  dem  Pontifex  maximus  unterordneten.    War  aber  vor S***. 
unter  den  9  Archonten  nur  Einer  (als  ßotoiXso;)  ausgezeichnet,  so  erklärt  sich  H* 
die  oben  S.  22  f.  nicht  weiter  erörterte  Xeimzahl  der  Archonten;   der  ßasitak & 
spricht  dem  zuletzt  zehnjährigen,   vorher  lebenslänglichen  Beamten,  der  seit  lodfl 
an    der  Spitze   des  Staates   gestanden    hatte ;    die  8  anderen  (ftesjjLQ&fcai  $&* 
werden  zu  je  2  je  eine  der  4  Phylen  vertreten  haben. 


*9]  Die  Epheten  und  der  Aheopag  vor  Solon.  235 

subsumiert  werden  konnten.    Die  Epheten  richteten  für  sich,  gleich- 
falls   unter  dem  Vorsitze  des  ap^tov  ßaotXeu«;,    am  Palladion,  Delphi- 
nion,  Prytaneion  und  in  Phreatto:  von  ihren  verurteilenden  Sprüchen 
kommen  aber  die  iizi  llpuiaveuo  gefüllten  hier  nicht  in  Betracht,  da 
daselbst  nur  über  atyur/a  gerichtet  wurde9"'}.    Sie  richteten  über  cpovo<; 
dxouoto;  und  ofxaioc,    unter  Umständen    aber  gleichfalls  über  ocpa-fcu, 
wenn  diese  unter  den  Begriff  des   ^6vot  dxouotoc   oder   oixaio;  sub- 
sumiert wurden.     Die  Archonten  richteten  für  sich,  gleichfalls  unter 
dem    Vorsitze   des   ap^u>v    ßaotXeu^,   wie  schon    bemerkt,    ev    npuxa- 
vs(a>*%   aber  nicht  über  ^pävoc  oder  o^ayoif,  wie  die   beiden  andern 
Collegia,  sondern  als  oberste  Trüger  der  Staatshoheit,  als  Nachfolger 
und  Erben  der  königlichen  Gewalt,  als  Schirmherren  der  Staatsver- 
fassung über  xupavvfc,  d.  i.  Hochverrat!!,  Versuch  zum  Umstürze  der 
bestehenden  Staatsordnung97).    Gemeint  sind  mit  den  von  ihnen  Ver- 
urteilten die  Kyloneer,  wie  ich  übereinstimmend  mit  Philippi  an- 
nehme, da  ausser  dem  Versuche  des  Kvlon  kein  Versuch  eines  Andern 
sich  zum  xupowo;  aufzuwerfen  bekannt  ist.  —   So  macht  weder  die 
Gruppierung   der  Verbrechen   iizl   yfam  ^  (rfcrfafoiv   vj   S7ut   -upavvtöi, 
bei  der   das   erste  Doppelglied    auf  den  Areopag    und    die  Epheten, 
das  zweite  einfache  auf  das  llpuxavsfov  geht,  noch  die  Rücksicht  auf 
die  Locale  Schwierigkeiten:  denn  die  Epheten,  als  Collegium  für  sich 
\on  der  Bule,  zu  der  sie  gehörten,  unterschieden,  richteten,   wie  Jeder 
wusste.  weder  sv    Apstco  iza~(0),   der  Gerichtsstütte  der  ganzen   Bule, 
noch  sv   I  Ipu7avst<;>,  der  Gerichtssüitle  der  Archonten.     Auch  das  ist 
durchaus  nicht  befremdlich,  dass  zwei  scheinbar  locale  Ausdrücke  (eS 


95)  Weck  lein  (S.  3f»),  der  den  Unterschied  des  Gerichts  stti  IlpuTaveuM  und 
•»  Ilputavciw  nicht  anerkennen  will,  weil  er  »Oiminalgcriehtshof«  und  »Blutgeriehts- 
foft  für  identisch  hält  'S.  37),  und  desshalb  nur  ersteres  annimmt,  irrt,  wenn  er 
meint,  dass  auch  stti  Ilporavsteo  gegen  Personen,  nämlich  gegen  acpavsT;  in  contu- 
maciam verhandelt  wäre.  Das  folgt  weder  aus  Poll.  8,  120  noch  aus  der  Flucht 
d<$  ßou^ovo;  bei  den   Diipolien. 

96)  Andere  Spuren  der  gemeinsamen  richterlichen  Thätigkeit  der  Archonten  £v 
ly/ravsuü  werde  ich   unten  nachweisen. 

97)  Ein  solches  Gericht  brauchte  nicht  iv  oTratttpio  (Antiphon  de  eaed.  Her.  II: 
Ngl.  Huni.  II.  ^'"5  sv  xaDapcp;  stattzufinden,  weil  der  stti  Tupavvtot  Verklagte  nicht 
Dullm  endig  als  Mörder  unrein  war.  Hatte  er  ausserdem  einen  Mord  begangen  .  so 
Hürde  er  gewiss  nicht  i~\  rupawioi,  sondern  l~\  '.povcu  r,  acporfoiatv  verklagt,  und 
dann  natürlich   nicht   iv   flp'jravsup  gerichtet. 

Abk*n«U.  «1.  K.  3.  «JewlNch.  .1.  Wi^ennh.  XVII.  16 


236  Ludwig  Lange,  [SO 

'Apetoo  icdrpu,  Ix  üpoxavetoo)  einen  entschieden  nicht  localen  (ix  ifiv 
'EcpetÄv)  in  der  Mitte  haben;  denn  bei  jenen  localen  Ausdrücken 
dachte  man  doch  an  die  Personen,  und  bei  den  Epheten  ebenso  an 
deren  Locale  (S.  41.  47  f.),  welche  einzeln  aufzuzählen  der  Gesetz- 
geber nicht  nöthig  hatte. 

So   ist,   glaube  ich,   meine  Interpretation   des  Amnestiegesetzes 
grammatisch  -  exegetisch  völlig  gerechtfertigt,    und  hat  meine  Ergän- 
zung der  Müll  er 'sehen  Hypothese,  wenigstens  in  grammatisch -exe- 
getischer Beziehung,  weit  besser,  als  diese  selbst,  die  Probe  bestan- 
den,  welche,   wie  ich  oben  sagte,   in  der  Erklärbarkeit  des  Soloni- 
schen Amnestiegesetzes  liegt.    Damit  ist  das  letzte  der  oben  (S.  9  V. 
geäusserten   Bedenken   gehoben,   welches   der   Müller'schen   Hypo- 
these entgegenstand  und  bei  der  nicht  modificierten  Hypothese  Mül- 
ler's  nicht  gehoben  werden  konnte.    Zugleich  aber  ist  durch  meine 
Interpretation  des  Amnestiegesetzes  die  Beweiskraft  desselben  filr  die 
vorsolonische  Existenz   einer  areopagitischen  von  den  Epheten  ver- 
schiedenen Bule  gerettet,  die  Müller  selbst  nicht  anerkennen  konnte 
und  durch  deren  Nichtanerkennung  er  sich  die  Möglichkeit  der  Erklä- 
rung des  Amnesliegesetzes  verschluss.     Diese  Beweiskraft  liegt  näm- 
lich darin,  dass  eine  richterliche  Instanz  auf  dem  Areopag,  die  von  den 
Epheten   irgendwie  verschieden   ist,    nur  als  Bule  aufgefasst  werden 
kann  -oben  S.  35).    Verschieden  aber  war  die  auf  dem  Areopag  rich- 
tende Instanz  von  den  Epheten,  und  zwar  in  einer  Weise,  dass  u© 
dieser  Verschiedenheit  willen  die  richtige  Tradition,  wonach  die  Bpbfr 
ten  vor  Solon  an  den  fünf  Gerichtsstätten,  also  auch  auf  dein  Areo- 
pag, richteten,  keineswegs  aufgegeben  zu  werden  braucht.    Denndfe 
Epheten  richteten  ja  allerdings  auch  auf  dem  Areopag,  aber  in  Verbinde 
mit  den  Archonten,  als  Theil  der  in  pleno  versammelten  Bule.   Endfek 
ist  durch  meine  Ansicht,  welche  die  Verschiedenheit  der  Epheten  und  0er 
areopagitischen  Bule  festhält,   aber  den  contradictorischen  Gegensat* 
beider  Collegien  beseitigt,  der  Gegensatz  zwischen  Schoemann'sö^ 
Müller's  Ansicht  vollständig  ausgeglichen,  indem  meine  Ansicht  sowob* 
das   von   Schoemann   mit  Recht   postulierte   hohe  Alter  einer  W0 
den  Epheten  irgendwie  verschiedenen  Bule,  als  auch  das  von  Mül" 
ler  mit  demselben  Rechte   postulierte  hohe  Alter  der   Epheten  ^ 
Mitglieder  des   eupatridischen  Rathes  in   ungezwungener  Weise  ver** 
einigt.     Von  Schoeinann's  Ansicht  giebt  sie  auf,   was  nicht  länger 


5*]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  237 

zu  halten  ist,  die  Stiftung  der  Epheten  durch  Drakon  mit  ihren  Con- 
sequenzen;  von  Müllers  Ansicht  giebt  sie  auf,  was  für  dieselbe 
keineswegs  nöthig  war,  nämlich  die  Annahme,  dass  auch  auf  dem 
Areopag  nur  die  51  Epheten  gerichtet  und  als  Bule  fungiert  hätten. 
Nun  aber  ist  meine  Erklärung  des  Amnestiegesetzes  noch  in  histo- 
risch-antiquarischer Beziehung  zu  prüfen,  da  sie  natürlich  trotz  alle 
dem  zu  verwerfen  wäre,  wenn  sie  etwas  historisch-antiquarisch  Un- 
richtiges statuierte.  Ich  glaube  aber,  dass  sie  auch  in  dieser  Bezie- 
hung der  Erklärung  von  Philippi  vorzuziehen  ist,  wenn  auch  bei 
der  Beschaffenheit  der  Quellen  nicht  alle  controversen  Fragen  mit 
gleicher  Sicherheit  gelöst  werden  können,  wie  die  Frage  nach  der 
grammatischen  Erklärung  der  Worte  Solons. 


IX.  Das  Gericht  der  Dreihundert  und  die  Vernrtheilung  der 

Alkmaeoniden. 

In  sachlicher  Beziehung  ist  Philippi's  Erklärung  zunächst  be- 
denklich wegen  der  Annahme,  dass  unter  den  e£  'Apetou  ird^ou  Ver- 
urteilten die  von  den  Tpiaxootoi  dpiaTfoSYjv  SizdCovis;  verurtheilten 
Alkmaeoniden  (Plut.  Sol.  12)  zu  verstehen  seien.  Denn  es  ist  nicht 
bezeugt,  dass  dieses  Gericht  auf  dem  Areopag  stattfand,  wie  Phi- 
lippi, einen  früheren  lrrthum  berichtigend,  selbst  einräumt  (Rh.  Mus. 
S.  4,  Anm.).  Nun  ist  es  zwar  möglich,  dass  es  auf  dem  Areopag 
stattfand,  wenn  nämlich  die  Anklage  auf  rf6vo;  ex  7upovoia;  formuliert 
Wurde,  und  sie  konnte  so  formuliert  werden,  weil  die  Alkmaeoniden 
die  an  die  Altäre  sich  flüchtenden  Kyloneer,  also  ixsTat  (Schol.  zu 
Ar.  Eq.  443),  getödtet,  mithin  einen  Mord  unter  erschwerenden  Um- 
ständen begangen  hatten.  Ebenso  möglich  aber  ist,  dass  die  Alkmaeo- 
niden iizl  AeXcpivfcp  gerichtet  wurden,  wenn  nämlich  die  Anklage  so 
formuliert  war,  dass  es  sich  um  eine  Entscheidung  über  epovo;  Sixaio; 
handelte.  Sie  konnte  so  formuliert  werden,  weil  *lie  Alkmaeoniden, 
tosbesondere  Megakles,  ohne  Zweifel  behaupteten,  dass  sie  die  Ky- 
loneer mit  Recht  getödtet  hätten,  und  weil  dafür  sich  ausser  Ande- 
rem sagen  Hess,  dass  Megakles  und  seine  Collegen  mit  unumschränk- 
ter Gewalt  bekleidet  gewesen  seien.  Wenn  man  nun  bedenkt,  dass 
Solon  osojxevo^  xal  öiödaxoDV  eTteioe  xoü;  eva^ef;  XsYOfJtivou;  Sixyjv  67:0- 

16* 


238  Ludwig   Lange,  [52 

0X6^  so  w*"  es  m'r  ^ast  wahrscheinlicher  erscheinen,  dass  man  die 
gelindere  Form  der  Anklage  habe  vorziehen  müssen ,  um  die  mäch- 
ligen  Schuldigen  überhaupt  dazu  zu  vermögen,  dass  sie  sich  einem 
processualischen  Verfahren  unterwarfen.  Wenn  sie  aber  iid  Aetapivuw 
von  den  Epheten  verurtheilt  waren,  d.  h.  der  'fovoc  nicht  als  oixato; 
anerkannt  war,  so  sind  sie  für  die  Erklärung  des  Solonischen  Ge- 
setzes im  Sinne  Philippi's  gar  nicht  zu  gebrauchen.  Sie  müssen 
dann  vielmehr  bereits  restituiert  gewesen  sein.  Und  diess  ist  sehr 
möglich.  Denn  es  steht  durchaus  nicht  fest,  ob  zur  Zeit  des  Solo- 
nischen Amnestiegesetzes  die  Alkmaeoniden  sich  noch  in  der  Ver- 
bannung befanden98};  die  Chronologie  des  heiligen  Krieges  und  der 
Feldherrnschaft  des  Alkmaeon,  des  Sohnes  des  Megakles,  dabei  ist 
bekanntlich  sehr  schwierig  und  mit  Sicherheit  kaum  festzustellen. 

Meine  Erklärung  steht  aber  in  Rücksicht  auf  diese  Ungewissheit 
sehr  viel  günstiger  da  als  Philippi's.    Entweder  waren  die  Alkmae- 
oniden bereits  restituiert;  dann  wurden  sie,  einerlei  ob  sie  auf  dem 
Areopag  oder  iizl  AsXcptvuo  verurtheilt  waren,  in  dem  Amnestiegesetze 
nicht  berücksichtigt;  dann  aber  erhält  Philippi's  Erklärung  desselben    j 
eine  Lücke,  während  meine  der  Alkmaeoniden  gar  nicht  bedarf.    Oder 
sie  waren  noch  in  der  Verbannung;  dann  kann  ich  bei  meiner  Erklärung 
annehmen,  dass  sie  mitverstanden  sind  unter  den  d;    Apeiou  rcdjoo 
Verurtheilten.    Denn  wenn  das  Gericht  auf  dem  Areopag  stattgefun- 
den   hatte,    und   diess  müsste   auch   ich   in   diesem  Falle  annehmen, 
so   waren   auch   sie  ja  e$    Apsioo   ird-po    xaiaotxaoösvxe^,    nur  nicht 
von  der  kleinen,  sondern  von  der  grossen  Bule,  was  zu  unterschei- 
den für  den  Gesetzgeber    nicht   nöthig  war.     Sie    mitzuverstehen 
neben  den  von  der  kleinen  Bule  Verurtheilten  ist  aber  weit  leichter  ab 
sie  nach  Philippi  allein  zu  verstehen;  denn  durch  das  Mitversteben 
derselben   wird   der  Gegensatz  e£    Apsioo  rarpu   und  ex  nüv  'E^pei* 
keineswegs  incorrect  oder  schief,  wie  dann  der  Fall  ist,  wenn  man 
sie  allein  versteht. 

X.  Die  Verurtheilung  der  Kyloneer. 

Ferner  ist    Philippi's  Ansicht  bedenklich  wegen  der  Annahmt 
dass  die  ex  llpotaveioo  Verurtheilten  die  Kyloneer  seien  (Plut.  Sol.  ^)- 


98)  Diess  macht  J oh.  Droysen  a.  a.  0.  S.  1  7  tf.  gegen  Schoemann  gel 


i 


53]  Die  Epheten  ijid  der  Areopag  vor  Solon.  239 

Da  ich  darin  aber  mit  Philippi  übereinstimme  (S.  49\  so  erkenne  ich 
selbstverständlich  an,  dass  es  die  meinige  nicht  minder  ist.  Das  Be- 
denken beruht  auf  Folgendem.  Die  8ixyj.  von  der  Plutarch  spricht,  ist 
offenbar  identisch  mit  der  xptott  in  dem  Scholion  zu  Ar.  Eq.  443 
Diese  aber  sollte  sv  'Apsi'cp  ira-fco  stattfinden,  nicht  sv  itpuiavstco. 
Philippi  (Rh.  Mus.  S.  4,  Anm.)  glaubt  dieses  Bedenken  zu  erledigen 
durch  die  Annahme  eines  Irrthums  bei  dem  Scholiasten,  und  dabei 
könnte  auch  ich  mich  beruhigen.  Indessen  glaube  ich  eine  bessere 
Erklärung  hierfür  gefunden  zu  haben. 

Es  ist  nämlich  nirgends  berichtet,  dass  die  auf  dem  Wege  nach 
dem  Areopag   nicht   getödteten    Kyloneer  wirklich    an    irgend    einer 
Gerichtsstätte  gerichtet  worden  seien.    Aus  Thuk.  1,  126  und  Schol. 
zu  Ar.  Eq.  443  erfahren  wir  nur,  dass  Kylon  und  sein  Bruder  entflohen, 
aber  sie  entflohen,  ehe  die  Uebrigen,  um  sich  der  xpi'au  zu  unterwerfen, 
die  Burg  verliessen.     Aus  Plut.  Sol.    12   erfahren  wir  nur,    dass  bei 
der  Niedermetzelung   der   Kyloneer   povoi   äytitirpav   ot   rat,  pvafza; 
wtcov  (xeteüoavTs;,   und   dass  einige   Zeit  nachher  itov    KoXomt'tov   oi 
ftprfcvofuvoi  ~6Xv*  tayuoav.  Es  ist  also  sogar  durchaus  unwahrscheinlich, 
dass  diejenige  ötz/j  oder  xpiou,  zu  der  die  Kyloneer  sich  stellen  soll- 
ten und  wollten,  wirklich  stattgefunden  hat.    Wenn  also  die  Kyloneer 
dennoch  gerichtet  worden  sind,    so  hat  man  wenigstens  kein  Recht, 
die  Verurtheilung  sx  Flptrcavstoo  des  Solonischen  Gesetzes  zu  erklären 
durch  die  oixy;  oder  xptoi;,  die  auf  dem  Areopag  hatte  stattfinden  sol- 
len.   Wenn  man  nun  weiter  bedenkt,  dass  die  Kyloneer  ausgehungert 
die  Burg  verliessen  hizi^uoi  T&ty  öavcrcoo  (Her.  5,  71),  scp'   oi  |xyjosv 
*axbv  -oiYjao'jaiv  seil.  aOiou;  ot   ap^ovts;  (Thuk.  1,  126^:    so    begreift 
«um   auch,    dass    die    Absicht   bei   Schliessung   der   Capitulation   gar 
nicht  gewesen  sein   kann,    dass  die  Kyloneer  sich  einer  oixyj  pjpav- 
^oo;   oder  gar    einer   oixyj    epovou    stellen   sollten;    denn    bei    beiden 
*ar  doch    eben    ftdvaio;    oder  asi^irpa    zu    erwarten ,    was    beides 
durch  die  (lapitulationsclauscl    ausgeschlossen  ist.     Ich  venmithe  da- 
her,  dass  die  xptoi;  oder  oixyj,  welche  auf  dem  Areopag  stattfinden 
sollte,    vielmehr  aufzufassen   ist    als  eine  administrative  Entscheidung 
der  areopagitischen  Bule,  dass  beide  Parteien  sich  also  dahin  verstän- 
digten, sich  der  AuctoriUU  des  Areopags  zu  unterwerfen,  den  sowohl 
die  Archonten  als  auch  die  Kvloneer  als  oberste  Instanz  anerkennen 
konnten.    Diese  Annahme  ist,  nachdem  ich  die  vorsolonische  Existenz 


240  Ludwig  Lange,  [54 

der  areopagitischen  Bule  durch  die  aus  grammatisch  -  exegetischen 
Gründen  nothwendige  Interpretation  des  Amnestiegesetzes  bewiesen 
habe,  durchaus  nicht  unwahrscheinlich,  und  das  Schol.  zu  Ar.  Eq.  443 
enthält  somit,  wenn  auch  keinen,  directen  Beweis,  so  doch  ein  Indi- 
cium  für  die  vorsolonische  Existenz  des  Areopags. 

So  bleibt  nun  aber  auch,  trotz  der  Nachricht  des  Schol.  zu  Ar. 
Eq.  443,  Raum  für  die  Annahme  einer  gleichwohl  erfolglen  wirklichen 
Verurtheilung  der  Kyloneer.    Ich  nehme  an,  dass  Megakles  und  seine 
ouvap/ovie;  (Plut.  Sol.  12),  nach  vollbrachter  gewaltsamer  Erledigung 
der  Sache,   ex  npuiavetou  das  Contumacialurtheil  s7ul  lupawCSt  gegen 
Kylon,  seinen  Bruder  und  etwaige  andere  Geflüchtete,  die  sich  durch 
die  Flucht  als  schuldig  bekannt  hatten,  aussprachen w) ;  sie  mussten 
diess  thun  theils  aus  Rücksicht  für  ihre  eigene  Sicherheit,  theils  um 
ihr  gewaltsames  Verfahren  durch  dieses  nachträgliche  Contumacialurtheil 
als  ein  rechtliches  darzustellen;  sie  konnten  es  thun,  weil  sie,  selbst 
wenn  sie  auch  nicht  ein  stehendes  Gericht  im  Tupavvtöi  waren,  doch 
die    ausserordentliche    Vollmacht    hatten    irav    oiaöefvai   -Jj    av   aptatfl 
8i<rft7vu)axtt>ai  (Thuk.  1,  126).    Dieser  Annahme  steht  nicht  entgegen, 
dass   nach  Plut.  Sol.  12   die  Kyloneer  bald  wieder  mächtig  wurden 
und  diejenigen  Kämpfe  mit  den  Alkmaeoniden  begannen,  welche  zur 
Verurtheilung  der  Alkmaeoniden  führten.    Denn  natürlich  waren  weder 
alle  Anhänger  des   Kylon  getödtet,   noch   alle  geflüchtet,   noch  alle    j 
verurtheilt.   Die  Verschonten  (Plut.  Sol.  1 2)  nicht  bloss,  sondern  manche 
Andere,  die  mit  Kylon  Sympathie  gehabt  hatten,  ohne  sich  zu  compro- 
mittieren,  mochten  zu  diesen  gerade  in  Folge  der  Härte  der  Alkmae- 
oniden  wieder  mächtig  werdenden  Kyloneer n  gehören. 

Diese,   übrigens   natürlich   hypothetische,   Vorstellung   von  de©     j 
Verlaufe  der  Angelegenheit  der  Kyloneer,  die  nur  bei  meiner  Deutung 
des  Amnestiegesetzes   sich  ergeben  konnte,    trägt    allen   in  Betracht 
kommenden  Momenten  insoweit  Rechnung,  dass  sie  für  wahrschein- 
lich wird  gelten  dürfen. 


99)  Wecklein  meint  S.  36  IV.  ganz  unwahrscheinlich,  dass  sie  als  oupavs1» 
nicht  von  den  ecpeiai,  sondern  von  den  cpoAoßaaiXsT;  stti  Trpuravsup  (wo  docD 
nicht  über  Topavvi's,  sondern  über  <povo;  und  zwar  gerade  von  den  Kpheten  geriet 
tet  wurde)  verurtheilt  seien.    Vgl.  Anm.  95. 


55;         Die  Epheten  und  der  Aeeopag  vor  Solon.        241 

/ 

XI.  Die  Prytanen  der  Naukraren. 

Endlich  ist  PhiHppi's  Ansicht  insofern  bedenklich,  als  er  die 
Verurteilung  sx  llp'jTavEiou  auf  ein  Gericht  der  icpuidvsi;  tu>v  vau- 
xj)dpü)v  deutel.  Aber  meine  Ansicht,  wonach  ich  es  auf  ein  Gericht 
der  neun  Archonten  deute  und  diese  als  Prytanen  bezeichnet  voraus- 
setze ;S.  23),  wird  manchem  auf  den  ersten  Blick  noch  bedenklicher 
erscheinen.  Philippi  ist  hier  in  der  günstigen  Lage  einer  weitver- 
breiteten Ansicht  über  die  hohe  Bedeutung  der  Tcpuidvit;  täv  vau- 
xpdpcov  sich  anzuschliessen ,  während  ich  in  der  ungünstigen  Lage 
bin,  dieser  mit  vielem  Aufwand  an  Scharfsinn  entwickelten  Ansicht 
entgegentreten  zu  müssen.  Dennoch  glaube  ich  beweisen  zu  können, 
dass  jene  Ansicht  auf  falschen  Voraussetzungen  und  willkürlichen 
Schlussfolgerungen  beruht,  die  meinige  dagegen  zwar  nicht  mathe- 
matisch zu  beweisen,  aber  doch  historisch -antiquarisch  und 
staatsrechtlich  besser  begründet  ist.  Prüfen  wir  also  die  Gründe 
beider  Ansichten. 

Auszugehen  ist  dabei  von  der  kurzen,  aber  gewichtigen  Stelle 
des  Herodot  (5,  71),  in  der  die  irp'jtdvie;  xrita  vaoxpdptov  genannt  wer- 
den, und  von  der  dieselben  Ereignisse  ausführlicher  und  mit  berechneter 
Beziehung  auf  Herodot  erzählenden  Stelle  des  Thukydides  (1,  126). 
Philippi's  Ansicht,  in  der  er  sich  zunächst  an  Zelle  (Beiträge  zur 
älteren  Verfassungsgesch.  Athens.  Dresden  1850.  S.  22  ff.)  anschliesst, 
ist,  dass  die  Erzählung  Herodots  ungünstig  für  die  Alkmaeoniden, 
die  des  Thukydides  günstig  für  sie  sei.  Er  leitet  den  Umstand,  dass 
Thukydides  der  günstigen  Version  folge,  aus  dem  Patriotismus  des 
Thukydides  ab,  welcher  der  Auffassung  derjenigen  folge,  die  bei  dem 
von  den  Spartanern  im  Beginn  des  peloponnesischen  Krieges  gestell- 
ten Verlangen,  die  Alkmaeoniden  zu  vertreiben,  an  Perikles,  der  selbst 
mütterlicherseits  von  den  Alkmaeoniden  abstammte,  festgehalten  hät- 
ten. Somit  hält  er  den  Bericht  des  Herodot  für  wahr,  den  des  Thu- 
kvdides  für  tendenziös  gefärbt.    Allein  so  steht  die  Sache  nicht. 

Die    Voraussetzung,    dass    Herodots    Bericht    den    Alkmaeoniden 

ungünstig  sei ,  ist  das  irpcoxov   'isGöo;.     Herodot  hatte  wahrscheinlich 

grössere  oder  doch  ebenso  grosse  Sympathien  für  den  Alkmaeoniden 

Perikles     6,   131     als   Thukydides.      Diese    erstreckten   sich   auf  das 

ganze  Geschlecht  der  Alkmaeoniden   (6,  121 — 131),  da  Herodot  nicht 


242  Ludwig  Lange,  [56 

glauben  kann  und  will,  dass  die  Alkmaeoniden  zur  Zeit  der  Schlacht 
bei  Marathon  den  Versuch  einer  Conspiration  mit  den  Persern  ge- 
macht haben  sollten.  So  sagt  er  6,121  {hojxa  ös  jiot,  xat  otix  fcvöexo- 
[iat  tov  Xofov.  6,  123  d<i5(xa  ouv  (xot  xat  oti  irpootsfiai  tyjv  ötaßoXTjv. 
6,  124  aXXd  ^ap  tato;  xi  e7Ct|xeficp6|xsvoi  AJbjvauov  tw  S^fico  irposSßoaav 
tyjv  iraiptoa.  ou  [xev  u>v  yjodv  acpstov  dXXot  ooxt|xioxepoi  sv  fe  Adij- 
vatoiat  dvöps;,  otio'  ot  fiäXXov  sietiixsaio.  Daher  erzählt  er  denn  auch  bei 
dec  Gelegenheit  Alles,  was  er  zum  Ruhme  des  Geschlechts  erzählen 
konnte.  Es  ist  also  gar  nicht  vorauszusetzen,  dass  Herodot  den 
Alkmaeoniden  die  Ermordung  der  Kyloneer  habe  Schuld  geben  wol- 
len. Wenn  er  nun  bezüglich  des  den  Persern  bei  der  Schlacht  von 
Marathon  gegebenen  Signals  6,  H5  sagt:  outiyj  öe  so*/e  ev  Adij- 
vatotot  *e£  AX/fiaiümöeaiv  [XTj^av^;  auxous  tauia  fciuvoijiHjvar  toutouc 
fdp  auvttefiivou;  xotot  FUpoTjat  avaäs£ai  doirtöa  soGat  ffa  ev  *njöt 
vyjuat,  .und  damit  in  Anbetracht  der  ausdrücklichen  Bekämpfung  des 
Gerüchts  (6,  121  ff.)  natürlich  nicht  sagen  will,  dass  er  von  der 
Schuld  überzeugt  sei,  sondern  nur.  dass  die  Beschuldigung  sich  auf 
die  Alkmaeoniden  heftete  (so/e,  nicht  efye) :  so  kann  die  ganz  sy- 
nonyme Redensart  5,  71  cpovsuaai  ös  aircou;  die  Kyloneer;  atti'ij 
e/st  'AXxixcuaivföa;,  womit  Herodot  recapituliert ,  was  er  5,  70  aus- 
gedrückt hatte  durch:  ot  jxiv  -ydp  AX/jxauovtoat  xat  ot  auaTaatcoiat 
au-tin  st^ov  atxtyjv  xoG  cpov.ou  toütou,  unmöglich  bedeuten,  was 
Philippi  darin  findet:  »aber  die  Schuld  sie  getödtet  zu  haben  trifft 
die  Alkmaeoniden«,  sondern  nur:  »aber  die  Beschuldigung  sie  ge- 
tödtet zu  haben  haftet  (iysi)  an  ('(-n  Alkmaeoniden«  m).  Dass  sie  das 
that,  konnte  Herodot  so  gut  wie  Thukydides  aus  den  Vorgängen  bei 
Beginn  des  peloponnesischen  Kriegs  wissen m). 

100)  Vgl.  ,f>,  70  tov  ok  KXsouivsa  tlyz  aittrj  (die  Beschuldigung  blieb  auf 
ihm  sitzen)  epottav  7iapa  tou  'laaYopeco  rr^v  yuvatxa.  o,  73  outoi  uiv  orf  airdl- 
Uovre;  s;  ttjv  eouTcuv  atTta;  jicyaXa;  st/ov  (nicht :  waren  schuldig,  sondern: 
waren  grossen  Beschuldigungen  ausgesetzt).  Vgl.  auch  Dem.  Aristocr.  §  26  u.  30,  wo 
der  Unterschied   zwischen  attta  und  aoi'x7jU.a  technisch   festgestellt   wird. 

10t)  Aus  dem  Praesens  lyti  folgt  also  zugleich,  dass  Herodot  diese  Stelle  zur 
Zeit  der  Verhandlungen,  die  dem  peloponnesischen  Kriege  vorangingen,  oder  kurz 
nachher  ( 43 1 }  schrieb.  Nach  Kirchhoff,  Abfassung/eil  des  Herodotischcn Geschichts- 
werkes, in  Abli.  d.  Berl.  Akad.  1868.  S.  16  f.  ist  ö,  77  die  erste  der  Stellen,  welche 
beweisen  .  »dass  die  übrigen  Theile  des  Werkes ,  zum  mindesten  von  dem  genannten 
Capitel  an,  auf  jeden  Fall  nach  dem  Jahre  432  redigiert  worden  sind«.  Ich  zweifle  nicht, 
dass  Kirchli  o  f  f  die  von  mir  in  5,  7  t  nachgewiesene  Spur  als  mit  den  Ergebnissen  sei- 


57]  Die  Epbet£n  ind  der  Areopag  vor  Solos.  243 

Dann  aber  trifft  die  Schuld  nach  Herodots  Ueberzeugung  viel- 
mehr die  Prytanen  der  Naukraren,   von  denen  er  vorher  sagt:   tou- 
tod;  dvtaxdat  jiiv  01  izpuidviiz  tcov  vauxpdpcov.  oirep  svsfiov  tots  xa^ 
AlHjva;.    Ihre  Schuld   ist   durch   avtataat  deutlich  genug  angedeutet; 
denn  darin   liegt   nach   dem  Vorhergehenden,   dass  sie   die   Schutz- 
flehenden   von   dem    a^aX|ia   der  Athene    aufstehen   hiessen   und  da- 
durch   die   Möglichkeit    herbeiführten    die    des    Schutzes    der   Göttin 
Beraubten  zu   tödten.     Herodots   Bericht    ist   also  weit   entfernt   den 
Alkmaeoniden    ungünstig   zu    sein,    denselben  vielmehr   sehr  günstig, 
indem   er  ganz   verschweigt,    was  doch  Andern    bekannt  war,   dass 
der  Alkmaeonide  Megakles  erster  Archont  war  (Plut.  Sol.  12;  und  die 
Belagerung  der  Burg  mit  unumschränkter  Vollmacht  leitele  (Thuk.  1, 
126) .     Kurz  wir  haben   in  dem   Berichte  des  Herodot   eine  Version, 
die   auf  ziemlich    plumpe  Weise   die   Alkmaeoniden   von   der  Schuld 
befreite    und    daher    vermuthlich    von  den  Alkmaeoniden    selbst,  aus- 
ging.    In   dem  (ieschlechte   der  Alkmaeoniden   hatte  sich  doch  wohl 
das    Andenken    an     den     Process    vor    Solon,     an     das     Exil    zur 
Zeit   des    Pisistratus     Her.  3,  62.      Dem.  j\lid.  §    144)    und    an    die 
Vertreibung   durch  den  König  der  Spartaner  Kleomenes   (Her.  5,  70. 
Thuk.  I,  126)  erhalten,  und  somit  war  ihnen  auch  das  bekannt,  was 
die  früheren    Alkmaeoniden    bezüglich    des   ap<;   zu    ihrer   Verteidi- 
gung  oder  Rechtfertigung   gesagt    hatten.     Diese   aber  hatten  ja  das 
grüsstc  Interesse  daran,  die  Schuld  auf  Andere  zu  schieben:  sie  also 
fcaben  gesagt,  dass  die  eigentliche  Schuld  an  der  Ermordung  der  Kylo- 
teer  die  Prytanen  der  Naukraren  treffe.   Diese  aber  haben  wir  uns  gar 
nicht  in  Kivaliüit  mit  den  Archonten  zu  denken,  sondern  als  Beamte, 
welche  eben  in  Beziehung  zu  den  bei  der  Belagerung  der  Burg  auf- 
gebotenen Streitkräften  standen  (oben  S.  12)  und  sehr  wohl  im  Auf- 
trage der  Archonlen  gehandelt  haben  können. 

Der  Bericht  des  Thukydides  dagegen,    der,    schon  weil  er   viel 
f  detaillierter  ist,  grösseren  Anspruch  darauf  hat,  für  correct  zu  gelten, 
ist  den  Alkmaeoniden  durchaus  nicht  günstig.    Nach  Thukydides  gin- 

oer  Untersuchung  übereinstimmend  anerkennen  wird,  zumal  da  auch  dlo  Gründe.  \ve- 
fm  deren  Kirch  hoff,  nachträgliche  Bemerkungen,  das.  1 H7 1 .  S.  r>7  die  Stelle 
Her.  6,  121  — 131  in  den  Sommer  4.J0  setzt,  eine  etwas  frühere  Abfassung  der  Stelle 
5,  66  in,  in  der  von  Kleisthenes  dem  Athener  und  seinem  Grossvater  dem  Sikyonier 
die  Rede  ist,   wahrscheinlich  machen. 


244  Ludwig  Lange,     -  [M 

gen  die  anfangs  iravS^fiet  die  Burg  belagernden  Athener  grössten- 
theils  fort,  nachdem  sie  den  9  Archonten  die  Bewachung  der  Barg 
übertragen  und  ihnen  unumschränkte  Vollmacht  gegeben  hatten:  xi 
irav  aotoxpaiopai  Stadeivat  7]  av  dpiaia  Sta^tY^coaxcoat "  tote  öe  ti 
TroXXa  t<5v  ttoXitixiov  o(  evvea  ap^ovxec;  eTrpaoaov.  Nachdem  Kylon  und 
sein  Bruder  geflohen  waren,  setzten  sich  die  Uebrigen,  in  Folge  des 
Hungers  an  der  Möglichkeit  der  Verteidigung  verzweifelnd,  an  des 
Altar  als  ixstou.  Von  hier  hiessen  die  Archonten  (oi  £7rticTpa|A(ifvoc 
TYjv  <puXaxifjv)  sie  aufstehen,  weil  sie  sahen,  dass  jene  sonst  im  Hei- 
ligthume  selbst  sterben  würden.  Sie  thaten  das  unter  dem  Verspre- 
chen, i(f  (S  fxyjoev  xaxov  ttoitjoouoiv,  führten  sie  fort  und  tödteten  sie 
dann  dennoch;  auf  dem  Wege,  nämlich  nach  dem  Areopag  (SchoL 
Ar.  Eq.  443;  vgl.  S.  53),  tödteten  sie  sogar  Einige,  die  sich  auf  die 
Altäre  im  Heiligthum  der  SepvaC  setzen  wollten. 

Das  einzige  Günstige,  was  in  diesem  Berichte  liegt,  ist  die 
Angabe,  dass  die  Archonten  aussergewöhnliche  Vollmacht  gehabt  hat- 
ten; denn  dadurch  konnten  sie  als  unverantwortlich  und  gegen  eine 
Anklage  geschützt  erscheinen.  Indem  Thukydides  die  7cpoidvet;  täk 
vauxpdpcov  ganz  aus  dem  Spiele  lüsst  und  die  Bemerkung  des  Heren: 
dot  über  dieselben:  orrcsp  evspovio  tots  id;  'Aihfjva;  durch  seine!) 
Zusatz:  tots  8s  xd  iroXXd  täv  7coXiTtxu>v  oi  iwia  dp^ovis;  STcpaowti 
berichtigt,  giebt  er  indirect  zu  verstehen,  dass  er  an  jene  plumpe 
Version,  die  den  Alkmaeoniden  günstig  war,  überhaupt  und  instaj 
sondere  aus  staatsrechtlichen  Gründen  nicht  glaubt.  Er  sagt  uoge*i 
fähr:  »Nicht  die  Prytanen  der  Naukraren,  von  denen  man  nicht  sage** 
kann,  dass  sie  damals  Athen  verwalteten,  sondern  die  Archonten 
welche  damals  die  meisten  politischen  Angelegenheiten  leiteten,  hiestti 
sie  aufstehen.  Sie  sind  also  schuldig,  obwohl  sie  ihren  Befehl  durchs 
die  Prytanen  ausführen  Hessen.  Denn  quod  qtiis  per  alium  facit,  ip0ip 
fecisse  videtur«.  Kurz  die  ganze  Verantwortung  trifft  nach  ThukydideM 
die  Archonten,  die  als  Inhaber  der  höchsten,  noch  dazu  durch  aitf^ 
serordentliche  Vollmacht  gesteigerten  Amtsgewalt,  moralisch 
Alles,  was  geschah,  verantwortlich  waren,  also  auch  für  das  dvt< 
vat,  selbst  \venn  sie  diess  nicht  in  eigener  Person  vorgenomi 
hatten.  Nur  dass  es  natürlich  staatsrechtlich  zweifelhaft  war, 
die  mit  unumschränkter  Vollmacht  bekleideten  Archonten  nachtrügli 
für  ihr  Thun  zur  Verantwortung  gezogen  werden  konnten.    Bass  aacW 


59)  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  245 

Thokydides  den  Namen  des  Megakles,  des  ersten  Archonten,  und  den 
der  Alkmaeoniden  verschweigt,  hat  in  diesem  die  moralische  Schuld 
der  Archonten,  also  auch  der  Alkmaeoniden,   anerkennenden  Zusam- 
menhange nicht  dieselbe  Bedeutung  wie  bei  Herodot,  der  die  Archon- 
ten  ganz   aus  dem    Spiele    lässt.     Thukydides   mag   die  Namen   aus 
schonender  Rücksicht  gegen  Perikles  verschwiegen  haben,  aber  diese 
schonende  Rücksicht  ging  nicht  so  weit,  um  die  Thatsachen  zu  ver- 
tuschen,  auf  welche  die  Anklage  (atxta  ^povou)   früher  begründet  ge- 
wesen war.     Wenn  Thukydides   schliesst:    »Von    da    an   wurden   sie 
barftic^  xat   dXrnrjpioi  tyj<;   öeou  genannt,   auch   zweimal    als   svcrfcfc 
vertrieben;  aber  sie  kehrten  spater  zurück,  und  ihr  Geschlecht 
ist  noch  in  der  Stadt«,  so  will  er  damit  offenbar  nicht  entscheiden, 
ob  sie    eva-fet;   waren   oder   nicht,    sondern    nur   sagen,   dass  diess 
jechtlich  verschieden  beurtheilt  werden  könne  und  beurtheilt  wor- 
den sei,  dass  aber  durch  die  Restitution  die  Rechtsfrage  ihre  prak- 
tische Bedeutung  verloren  habe.    Thukydides  geht  also  nicht  weiter, 
als  er  mit  gutem  Gewissen  gehen  konnte.    Die  Alkmaeoniden  hatten 
wahrscheinlich  bei  dem  Processe  auf  oixato;  ^ovo;  phidiert  (vgl.  oben 
S.  51);  allein  das  war  damals  nicht  anerkannt  worden,  indem  ihnen 
ütweder  gar  nicht  iizi  AsXcpivup    sondern   ev    Apeu»  7zdi[io  der  Pro- 
gemacht wurde,  oder  sie  vom  Gerichte  iizl  AeX'f  ivia>  nicht  wegen 
to;  cpovo;  freigesprochen  wurden.    Später  jedoch,  bei  den  Verhand- 
ln, die  ihrer  zweimaligen  Restitution  vorangingen,  muss  ihr  Ver- 
n  als  oixato^  csovo;  entweder  ausdrücklich  oder  doch  thatsächlich 
rkannt  worden  sein. 
Wenn  ich  hiermit  Recht  habe,  so  folgt  nun  aber,  dass  die  Be- 
feuptung  des  Herodot  von  der  grossen  Macht  der  Prvtanen  der  Nau- 
n  sehr  verdächtig  ist,    insofern   sie  aus    trüber  Quelle,   aus  der 
[Abteilung  der  Alkmaeoniden,  stammt.   Dagegen  ist  die  Berichtigung 
ftser  Behauptung    durch    Thukydides   durchaus    unverdächtig,    weil 
Utokydides  sich  offenbar  nicht  entschliessen  konnte  trotz  seiner  Sym- 
pathien für  Perikles  und  trotz  seines  Patriotismus  die  Unwahrheit  zu 
»gen  und  die  Thatsachen  und  die  staatsrechtlichen  Verhältnisse,  die  ' 
«ö  dem  Handel  in  Betracht  kamen ,  der  Wahrheit  entgegen  zu  ver- 
zweigen.   Dazu  kommt,  dass  das,  was  Thukydides  über  die  Archon- 
fca  sagt,  durchaus  stimmt  zu  der  Geschichte  des  Entwickelungsganges 
des  Archontats  und  der  Bedeutung  des  Archontats  vor  Solon,  wäh- 


246  Ludwig  Lange,  [60 

rend  das,  was  Herodot  von  den  Prytanen  der  Naukraren  sagt,  dazu 
nicht  stimmt.  Darum  braucht  diess  freilich  nicht  geradezu  aus  der  Luft 
gegriffen  zu  sein.  Es  wird  von  den  Alkmaeoniden  tendenziös  über- 
trieben sein.     Herodot  selbst  berichtete  natürlich  bona  fide. 

Die  Prytanen  der  Naukraren  hatten  bei  der  Bedeutung  der  Nau- 
krarien   (S.   12)   ohne   Zweifel    grossen   Einfluss   neben    den    Archon- 
ten ,(ß),  aber  sie  waren  ohne  Zweifel  trotzdem  die  Untergebenen  der-  g 
selben  und  hatten  wahrscheinlich  im  Auftrage  der  Archonten  gehandelt, 
so  dass  die  Archonten   die  Schuld    des  dnaxdvat   sophistisch  auf  SM 
abwälzen  konnten.    Philippi  greift  daher  entschieden  fehl,  wenn  «M 
in  Folge   seiner   irrigen  Auffassung  über   das  Verhältniss  der  beidetj 
Berichte  zu  einander  vermuthet,  dass  die  Archonten  den  Auftrag 
Burg  zu  bewachen    und  die  unumschränkte  Vollmacht  von  den  Pi 
tanen    der  Naukraren   erhalten   hätten.      Vielmehr  war   die  die  V< 
macht   ertheilende    Instanz   offenbar   die   areopagitische    Bule*,    deretj 
Trp'jxdvii;  die  Archonten  waren,  und  welcher  Megakles  (Plut.  Sol.  12} 
Kyloueer  £<;  otxyjv  oder  s;  zptaiv  vorzuführen  versprach  (Schol.  Ar.  Eq. 
443;  vgl.  S.  53).    Wenn  Thukydides  das  nicht  ausdrücklich  sagt103), 
erklärt  sich  das  daraus,  dass  es  sich  für  ihn  und  seine  Leser  von  seil 
verstand.     In   diesem    Argumentum    ex   silenlio   liegt    also    wiedei 
ein,    wenn  auch  natürlich    für  sich  nicht   beweisendes  Indicium  (vj 
S.  54)  für  die  vorsolonische  Existenz  der  areopagi  tischen  Bule. 
Verantwortlichkeit   der    lebenslänglichen,    der  zehnjährigen    und 
einjährigen  Archonten  vor   Solon   hat  ja  gar  keinen  Sinn,    wenn  sil 
nicht    eine   Verantwortlichkeit   gegen    den   Staatsrath    der   Eupatridc 
war.     Diesen  aber  in  der  areopagitischen  Bule  vorauszusetzen,  sind 


10  2)  Einige  Grammatiker  schlössen  aus  Herodot,  dass  vauxpapot  ein  alter  Na 
für  die* Archonten  sei   (Harpokr.  s.  v.  vaoxpaptxa.    Suid.  u.  Phol.  s.  v.  vaoxpapt*)« 
Daraus  folgt  nicht  nothwendig.  dass  sie  die  itputavst;  tcov  vaoxpaptov  des  Hei 
mit  den  ap)rovT£;  bei  Thukydides  identiliciert  hätten.    Aber  was  sie  sich  unter 
7rp»jTav£i;  der  Archonten  gedacht  haben  mögen,   bleibt   unklar:    vielleicht  die  dl 
ersten  Archonlen? 

103)  Er  sagt  aber  auch  nicht  ausdrücklich,  dass  es  ot  iroXAot  gewesen  waren**] 
wie  Philippi  S.  i  meint;  denn  oi  ttoXXoi  gehört  zunächst  zu  aTtTjXftov;  imA 
rpe^avTs;  wird  hinzugefügt,  so  dass  allerdings  scheinbar  ot  ttoAAoi  auch  dazu  SuW 
jeet  ist,  während  ot  zzokkoi  nur  insofern  sirirpi^avTE;  sind,  als  sie  es  der  zustäA»? 
digen  Behörde  überliessen,  den  Auftrag  und  die  Vollmacht  zu  ertheilen.  Auch  hier; 
gilt  der  Satz:  Quod  quis  per  alium  facit,   ipse  fecisse  videtur.  '* 


61]  Die  Ephetkn  und  der  Areopag  vor  Solon.  247 

wir  nach  dem  Gange  unserer  Beweisführung  viel  mehr  berechtigt, 
als  wenn  wir  ihn  mit  Weck  lein,  der  in  der  Ueberschätzung  der  Pr\- 
tanen  der  Naukraren  noch  v\$it  über  Philippi,  dessen  Auffassung 
auch  von  R.  Scholl  gebilligt  worden  war  (Hermes  6,  S.  22),  hinausgeht, 
in  dem  Rathe  der  Naukraren  suchen  wollten    oben  S.  10  f.). 

XII.  Die  neun  Archonten  als  Prytanen  der  Bule. 

Man  hat  hiernach  also  mit  Unrecht  die  Stelle  des  Herodot  zur 
Grundlage  der  die  Bedeutung  der  Prytanen  der  Naukraren  so  sehr 
überschätzenden  Hypothesen  gemacht.  Schon  der  Genitiv  täv  va»j- 
Tpdfxov  hätte  übrigens  zeigen  können,  dass  sie  nicht  die  irpuidveit 
schlechthin  sind,  so  wenig  beispielsweise  der  irpüTavi;  t&v  7:(üXyjT(ov 
(MI.  8,  99)  oder  der  irpüiavt^  täv  oxpairjAv  (Her.  6,  \\\ )  für  den 
«poiavi;  schlechthin  zu  halten  sein  würde.  Offenbar  sollten  sie  viel- 
mehr durch  diesen  Genitiv  von  den  eigentlichen  TTpuidvet;  unterschieden 
werden.  Die  TrpuxdvsK;  schlechthin  können,  wie  später  in  der  Kleisthe- 
tuschen  Verfassung,  nur  die  Trpuxdveis  der  Bule  sein.  In  der  Kleisthe- 
lischen  Verfassung  sind  das  die  50  Vertreter  der  cpuX-Jj  Trpuxa- 
p*foooa,°4),  in  der  Solonischen  werden  es  irgendwie  formierte  Aus- 
Hehttsse  der  Bule  der  400  gewesen  sein ;  vor  Solon  waren  es  nach 
meiner  Ansicht  (S.  23)  eben  die  9  Archonten,  und  zwar  in  der  ßouXyj  h 
Apt(o>  tz6t( cp m) .  Nur  bei  dieser  Auffassung  erklärt  sich  der  Ent- 
Wckelungsgang  im  Gebrauche  des  Namens  icputavu  als  ein  folgerich- 
fpr  und  mit  der  Kntvvickelung  der  athenischen  Verfassung  (oben 
1.24  If.)  zusammenstimmender,  während,  wenn  man  die  irpuidvet; 
|ä  vauxpdpcov  als  Vorläufer  der  irpoxdveK;  der  Kleisthenischen  (und 
klonischen)  Bule  ansieht,  der  üebergang  des  Namens  icputdvsit  von 
fcn  eigentlichen  Trügern  der  Staatshoheit,  sei  es  von  den  ßaatXet;, 
an  es  von  den  zehnjährigen  Archonten,  auf  den  Ausschuss  eines 
rieht  principiell  eupatridischen  Militär-  und  Finanzverwaltungsraths, 
»eh  dazu  vor  Solon,  eine  unerklärliche  Anomalie  sein  würde,  un- 
lilärlich,    weil  ein  solches  Zugeständniss  vom  Standpuncte  der  Eu- 

104)  Harpokr.  Suid.  Phot.  s.  v.  7ipi>7avsias  und  TtpuTavsic.  Etyni.  M.  p.  693.  53. 
«.  Seg.  S.  291.  Tim.  lex  Plat.  s.  v.  irpuTavsia.  Poll.  8,  95.  H5.  Paus.  \,  5,  K 
.  s.  w. 

105)  ripüravst;  waren  es  also  gewesen,   welche  die  Kyloneer  hatten  aufstehen 
:   diess  kann  auch  mitgewirkt  haben  zur  Entstehung  der  Version  bei  Herodot. 


248  Ludwig  Lange,  [6t 

patriden    aus    unnöthig,    vom   Standpuncte  der  Nichteupatriden  ans 
nicht  zu  erzwingen  war. 

Von  den  Archonten  wird  der  Mme  7upuTavt<;  in  den  uns  zu- 
gänglichen Quellen  allerdings,  wie  ich  meinerseits  zugeben  muss, 
nicht  in  unbestreitbarer  Weise  gebraucht106).  Es  ist  diess  aber  gut 
natürlich,  weil  die  Archonten  seit  Solon  jedenfalls  aufgehört  halta 
Trputdvet«;  zu  sein  und  zu  heissen 107) .  Dass  der  Name  aber  nach  der* 
anderweit  bekannten  staatsrechtlichen  Bedeutung  des  Worts,  womdr 
es,  die  Erben  der  Königsgewalt  bezeichnend,  einerseits  mit  ßac 
(im  Sinne  der  Aristokratie  verstanden)  und  andererseits  mit  apjpri] 
gleichbedeutend  war10*),  der  staatsrechtlichen  Stellung  der  lel 
länglichen  und  zehnjährigen  Archonten,  welche  sogar  noch  ßac 
heissen  (Paus.  1,  3,  2),  entsprach,  kann  nicht  bestritten  werden1-), 
BaoiXei«;  hiessen  sie  als  Erben  der  Königsgewalt  namentlich  in 
craler  Beziehung;  als  die  Ersten  des  Rathes,  dem  sie  verantwortlick 
waren,  konnten  sie  nur  Trptrcdvei<;  heissen;  im  Rathe  waren  sie  nicfetj 
ßaoiXeii;  in  der  vollen  oder  sacralen  Bedeutung  des  Wortes,  soni 
nur  primi  inter  pares,  principes.  So  hiessen  selbst  die  spartaniscl 
Könige  als  die  Ersten  der  YeP°uota  gleichfalls  irpüidvet;  (Suid.  & 
Xdpcov) ,  und  so  wendet  Aeschylus  Suppl.  371  mit  den  für 
wirklichen  ßaatXeti;  erforderlichen  Zusätzen  den  Ausdruck  auf 
König  der  Argiver  an,  indem  er  den  Chor  gegenüber  diesem  Köni( 
der  sein  Königsrecht  vergessend  erst  sein  Volk  befragen  will, 
lässt : 

au  tot  ir6Xt£,  au  os  to  Sdfitov, 

irpuTavi<;  dxptxo<;  ujv, 

xpaiüvei;  ßu>(j.6v,  eartav  ^Oovö; 


106)  Einige  Spuren  des  Gebrauchs  sind  jedoch  vorhanden;  s.  unten. 

1 07)  Damals  scheint  der  Name  ap/ovre;  ofliciell  geworden  zu  sein;  «PX0*1^ 
von  apx<o,  »bin  der  Erste«  (G.  Curlius,  Elym.  I984),   ist  synonym  mit  ftpoTflrij 
(tcpÄTo;) ,  bezeichnet  aber  den  Begriff  des  Ersten  nicht  so  schlagend  im  Sinne* 
Obersten,    da  auch  der  minder  Hochstehende  unter  Umständen  apj(a>v,   der 
sein,  d.  h.  vorangehen,  die  Leitung  übernehmen  kann.    Der  Ausdruck  mag  a 
officiell  schon  bei  den  Archonten  vor  Solon  aufgekommen  sein.    Nothwendig 
er  aber  erst,  als  der  Name  TTpuravst?  von  den  Archonten  als  7rpoxav£i?  der 
ßooX^  auf  den  Ausschuss  der  grossen  ßouAr,  überging.  j 

108)  Arist.  pol.  6,  5,  II;   vgl.  Hesych.  Suid.  Phot.  s.  v.  Ttpotavi«;. 

109)  Vgl.  0.  Müller  bei  Boeckh,   explic.  Pind.   p.  476  (zu  Nem.  ff,  I). 


i 


1 

63]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  249 

|iovo'j>V]<poiot  veujxaoiv  oedev 
|xovoax^itxpoioi  8'  h  dpovou  XP^0* 
icov  &irixpaivei<;. 
Dass  aber  die  lebenslänglichen  und  zehnjährigen  Archonten  wirk- 
eh  Kpurdveis  hiessen,  beweisen  die  Ausdrücke  irpoxavefa  für  Gerichts- 
sider no)  und  Tcpuxavefov  für  das  Haus  des  Staates,  worin  die  xotvrj 
rtia  war ll!) .  Beide  Ausdrücke  sind  ohne  Zweifel  jünger  als  die  Zeit  der 
ich  nicht  erschütterten  Königsmacht,  aber  sicher  ebenso  alt  wie  die  Ver- 
itwortlichkeit  der  ßaotXet«;,  durch  dereri  Einführung  diese  zu  primi  inter 
ires  wurden  m).  Es  ist  schon  von  E.  Curtius  (Monatsber.  1 873.  S.  292) 
m  Beweise,  dass  die  Archonten  unter  den  sx  Ilpuxavetoo  richtenden 
tatXefs  gemeint  seien  (womit  er  die  Archonten  leider  an  unrichtiger 
eile  in  den  ßaatXef<;,  statt  in  dem  Worte  7cpuxavetov  selbst  suchte), 
merkt  worden,  dass  das  icpotoveibv  »als  Centrum  der  Staatsbehörde 
ßit  älter  ist,  als  die  Naukrarien  und  die  politische  Bedeutung  ihrer 
ytftnen«.  Und  dass  auch  die  irpoxaveFa  als  Gerichtsgebühren  weit 
er  sind  als  die  Prvtanen  der  Naukraren  (vgl.  E.  Curtius  a.  a.  0. 
291),  versteht  sich  bei  der  Richtergewalt  des  ßaotXeuc  und  seiner 
ben  eigentlich  für  Jeden  von  selbst,  der  sich  nicht  durch  die 
fpothesen  über  die  Prvtanen  der  Naukraren  von  der  Erkenntniss 
«•  nächstliegenden  Wahrheit  hat  abdrängen  lassen. 

Dass  die  lebenslänglichen  Archonten  in  Athen  wirklich  irpuxdveis 
Jssen,  folgt  femer  auch  aus  der  Thatsache,  dass  die  oberste  Ma- 
ftratur  in  den  vom  Trpüxavsibv  in  Athen  ausgezogenen  Colonien 
ier.  1,  146;  vgl.  6,  103)  in  Klein- Asien  der  upöxavi;  war,  wie 
B.  in  Milet  (Aristot.  pol.  5,  4,  5).  So  findet  sich  der  Titel  uptixavu; 
s  Singular  auch  sonst,  selbst  noch  in  späterer  Zeit,  in  Klein -Asien, 


HO)  Harpokr.  u.  Hesych.  s.  v.  Lex.  Seg.  S.  291.  192.  Suid.  u.  Phot.  s.  v. 
fctavefa.  Suid.  s.  v.  TupuravsTov  und  irapaxaxaßoXr].  Poll.  8,  38.  Arist.  Vesp. 
f9.    Schol.  zu  Ar.  Nub.  4134. 

III)  Thuk.  2,  15.    Scliol.  zu  Pind.  Nem.  H,  *.  . 

H2)  Es  mag  auf  der  Akropolis  eine  iorfa  t9j;  tcoXsco^  gegeben  haben,  die  der 
«rd  des  ältesten  Staates  war;  aber  dass  dieses  Local,  das  nach  späterer  Ter- 
nologic  ein  itpoTOtveiov  war,  schon  in  der  Königszeit  so  geheissen  habe,  folgt 
i  Pollux  9,  40  nicht;  ebensowenig  wie  daraus,  dass  Thuk.  2,  15  und  Plut.  Thes. 
den  Ausdruck  7rpi>TavcTov  von  der  vortheseischen  und  Theseischen  Zeit  gebrau- 
«,  oder  dass  Plut.  Symp.  4,  4,  I  den  Keleos  als  Stifter  des  Tcporotveiov  (als  eines 
legium  von  £u8dxiu.oi  xat  ayattoi  avops;)   nennt. 


250  Ludwig  Lange,  Wi 

z.  B.  in  Ephesus  (los.  ant.  4  4,  10,  25),   in   Porgaimmi    (H,  10,  231 
und.  auf  Inschriften  bezeugt,  noch  an  mehreren  Orten. 

Was  aber  von  den  lebenslänglichen  und  zehnjährigen  Archonten 
aus  zwingenden  Gründen  angenommen  werden  muss ,  muss  folge- 
weise auch  für  die  neun  einjährigen  Archonten  für  die  Zeit  voa 
der  Verfassungsreform  von  683  bis  auf  Solon  gelten m).  Dem 
die  Beschränkung  des  Amts  auf  ein  Jahr  und  die  Vertheiluug  der 
Geschäfte  unter  neun  Personen  schliesst  den  Namen  nicht  aus,  wie 
einerseits  das  Beispiel  des  7up»Tavt<;  der  Bakchiaden  in  Korinth  zeigt 
Paus.  2,  4,  4)  und  andererseits  eben  die  Kleisthenische  BencnniMg 
der  50  Mitglieder  der  cpuX-rj  irpoTavs6ouaa  als  irpuidvei;.  Für  die  Be- 
nennung der  aus  einer  Mehrheit  von  Personen  bestehenden  wech- 
selnden Ausschüsse  des  Raths  finden  sich  Analogien  in  den  klem- 
asiatischen  Städten,  z.  B.  in  Rhodos  (Polyb.  16,  15,  8:  vgl.  15,23,3) 
und,  auf  Inschriften  bezeugt,  auch  an  andern  Orten ,14). 

Dass  überhaupt  in  der  staatsrechtlichen  Anschauung  der  Athe- 
ner bezüglich  der  vorsolonischen  Zeit  die  Begriffe  Tcpu-avsfov  vd 
ap^ovies  connex  waren,  zeigt  Thuk.  2,  15,  der  einmal  dp^a;  «J 
gleich  darauf  icputaveiov  als  Gegensatz  zu  ßooXsoDqpiov  gebraucht,  w» 
er  auch  schon  vorher  durch  ftputaveia  xe  v.ai  ap^ovre«;  die  Zusam- 
mengehörigkeit des  Locals  und  der  Beamten  angedeutet  hat. 

Auf  Grund  des  Nachweises ,  dass  die  Prvtanen  der  Naukrartd 
weder  die  hohe  Stellung  und  Macht  gehabt  haben,  die  flu* 
ihnen  wegen  Herodots  Bericht  zuschreibt,  noch  Anspruch  dar» 
haben  als  die  eigentlichen  irpuiavsts  des  Staates  zu  gelten,  dassdfr 
ser  Anspruch  vielmehr  von  Rechtswegen  den  neun  Archonten  J* 
kommt,  wird  meine  Ansicht,  nach  welcher  das  im  Solonischen  Gesettß 
durch  die  Worte  ex  ripuiavetou  bezeichnete  Gericht  ein  Gericht  d* 
neun  Archonten  war,  hoffentlich  schon  jetzt  besser  begründet  erschei- 
nen, als  die  entgegenstehende,  welche  jenes  Gericht  auf  die  Pryütf1 
der  Naukraren  deutet. 


113)  E.  Curtius  ist  verhindert  gewesen  diese  Consequenz  zu  ziehen,  ** 
er  irrthümlich  glaubte ,  dass  die  9  Archonten .  oder  doch  die  ersten  3  derseft* 
ßasiXel;  genannt  und  mit  den  ßaadsl;  des  Solonischen  Gesetzes  gemeint  *w 
'oben  S.  43). 

4  4  4)  Carl  Curtius,   Inschriften  aus  Ephesos.   Hermes  4,   S.  225.    Viscb«* 
im  Rh.  Mus.  22,  S.  3K>.    Preuoer,   Hestia-Vesta  S.  102  ff. 


\ 


65]  Die  Epheten  und  der  Aeeopag  vor  Solon.  251 

XIII.   Das  alte  Prytaneion  Amts-  und  Speisehaus  der 

Archonten. 

Ausser  auf  den  Bericht  des  Herodot  stutzt  sich  nun  aber  Phi- 
lippi  zum  Beweise  der  hohen  Stellung  der  Prytanen  auf  die  Beweis- 
kraft von  zwei  andern  Spuren.  Die  eine  findet  er  darin,  dass  das 
im  Altmarkt  belegene  icpoxavsibv  ihr  Aritslocal  und  Speisehaus  ge- 
wesen sei,  und  beruft  sich  dafür  auf  R.  Schöll's  Abhandlung  über  die 
Speisang  im  Prytaneion.  Scholl  aber  hat  offenbar  gleichfalls  unter  dem 
Einflüsse  der  irrigen  Beurtheilung  des  Herodoteischen  und  Thukydi- 
drischen  Berichts  gestanden  (Hermes  6,  S.  22,  A.  3).  Um  den  Tuputd- 
wc  T(ov  vaoxpdpuw  ein  möglichst  hohes  Alter  zuschreiben  zu  können 
(worin  ihn  dann  Wec klein  noch  überboten  hat),  identificiert  er  die- 
selben mit  den  <puXoßaaiXei<;.  Diess  ist  in  Schöll's  Beweisführung 
für  die  Beziehung  der  itpuxdvei<;  t<5v  vauxpdpcov  zum  irpuTavefov  ein 
wesentliches  und  unentbehrliches  Glied,  aber  von  Philippi  selbst 
mit  Recht  zurückgewiesen  worden  (oben  S.  41,  A.  79).  Ausserdem 
deduciert  Scholl  jene  Beziehung  aus  dem  Verhältnisse  der  Kolakreten 
wi  den  Naukraren  in  der  vorsolonischen  Zeit  einerseits,  und  — 
»ter  Berufung  auf  Boeckh  —  zu  der  Speisung  im  Prytaneion  und 
der  Auszahlung  des  Richtersoldes  in  der  nachsolonischen  Zeit  an- 
derseits, aus  demselben  Verhältnisse  also,  durch  welches  auch 
Wec  klein  zu  seiner  Hypothese  über  den  uralten  eupatridischen 
Staatsrath  der  Naukraren  verleitet  worden  ist  (S.  10  f.). 

Allein  was  wir  über  die  uralten115)  Kolakreten  wissen,  lässt  sie  ganz 


115)  Dass  sie  das  sind,  bezeugt  ihr  Name  (S.  11,  A.  1 6)  und  das  Vorkommen  des 
fegriffes xo>XaxpeT£iv  in  Kyzikus  (S.  H,A.  14),  wo  auch  einPrytaneum  (Liv.  41,20,7) 
kzeugt  ist.    Der  Name  (nicht  yuükaypirrfi,  Schinkensammler)  ist  ein  Compositum  wie 

,  ^f&rfltpirrfa  k%axrß&k£rr^  (alftprfi&virrfi ,  k$oo\».aye.v£rrfi)  und  würde  nach  die- 
*a  Analogien  xcoXrjxepiry};  heissen.  Aber  der  Vocal  ist  eben  nicht  gedehnt  (xo>Xa- 
*ffa)s  s.  Ar.  Vesp.  695.  724.  Av.  1541),  und  die  Wurzel  hat  Syncope  oder  Meta- 
fteas  erlitten.  Die  Wurzel  aber  ist  die  des  Verbum  X£ipu>,  dessen  Grundbedeutung 
■tot  »zehren«,  »scheeren«  (G.  Curtius,  Grundz.  S.  1474),  sondern  »schneiden« 
*(Hes.  scut.  419.  Hom.  2  450)  ;  xcoXaxperai  sind  also  die  Zerschneider  der  xcoXa 
ttttch.  Prom.  496),  d.  b.  der  Glieder  (des  getödteten  Opferthieres)  ;  auf  derselben 
Wurzel  beruhen  xpi-ac,  car-o,  die  Curtius  freilich  von  xsfpeiv  getrennt  hat 
Iß.  1554),   und  wohl  auch  xip8o;;   ferner  skr.  kartari  (Scheere),  kartarikd  (Messer), 

i»t.  eul-ier.     Daa  kurze  d  aber,  worüber  ich  G.  Curtius  consultierte,   ist  in  xa>Xa- 

Abfend].  d.  K.  S.  G«MlUch.  d.  Wissenuch.    XVII.  17 


252  Ludwig  Lange,  [6* 

unzweifelhaft  erkennen  als  die  xa|iiai m)  des  ßaotXeus,  die,  sowie  der 
ßaatXeu;  selbst  sacrale,  richterliche,  militärische  Functionen  hatte,  in 
allen  diesen  drei  Beziehungen  die  Einkünfte  des   ßaotXeuc   einzogen, 
Überhaupt  für  die  nöthigen  VorrUthe  zu  sorgen  und  davon  den  Auf- 
wand zu  bestreiten  hatten.  Ohne  Zweifel  standen  sie  hierdurch  von  jeher 
in  Beziehung  zu  dem  itpuxaveibv,  wo  der  (3aaiXtü<;  icpütavtc  mit  seines 
Ehrengästen  speiste,  und  behielten  natürlich  diese  an  die  Verhältnis« 
der  patriarchalischen   Zeit   erinnernde  Function   stets  bei.      Als  die 
Oekonomen  des  irpuxavetov    hatten  sie  ohne  Zweifel  einst  die  Ver- 
waltung der  TcpoToweia,  der  Gerichtsgebühren,  wie  diess  Böckh  ganz 
richtig  erkannt  hat,  und  ohne  Zweifel  ist  es,  wie  Scholl  sagt,  en 
»Nachklang  dieser  früheren  Bestimmung,  dass  ihnen  unter  veränder- 
ten Verhältnissen  (nach  Einsetzung  der  diroSixxat  und  nach  Einfäb- 
rung  des  Richtersoldes)  auch  die  Austheilung  des  Richtersoldes  an- 
vertraut wurde«117).    »Diess  aber  und  dass  sie  zugleich  Verwalter  der 
Prytanen-  und  Naukrarengelder  waren«,  führt  nicht  zu  dem  Schlüsse 
»dass  den  Prytanen   der   Naukraren  die  Syssitien  im   Prytaneion  a» 
kamen«,  sondern  erklärt  sich  vollkommen  daraus,  dass,  als  die  Nat» 
krarien  eingerichtet  wurden,   um  die  Steuern  der  Bürger  zu  regeh, 
also    frühestens   683,    die   Kolakreten    als  xajifat  x&v    ivvea  affr 
xaw118),  d.  h.  als  xa\i(ai  Trpuxdve<ov ,  auch  die  Gelder  der  Naukrar* 
(xd  vauxpopud  seil,  xß^paxa)  in  ihre  Verwaltung  bekamen.    Sie  vtt* 
hielten  sich  also  in  dieser  Beziehung  zu  den  vauxpapoi,  den  Vortf* 


xpixrjC  ohne  Zweifel  als  Accusativendung  zu  fassen,  wie  in  aA.dSpou.otj  AuKflfiCf 
TcoÖdvwrrpov,  7:o8avi7rr^p ,  axaXappetxr^ ,  TtoMcntXdaios ,  ataXdcpptov,  riavToAfafft 
anders  sind  aufzufassen:  AoxdßTjxros,  'AAxd&oo;,  xovdu.oia,  uiaaßov,  aivapflipti* 
Vgl.  auch  Lobeck  zum  Phrynichus  S.  689  f. 

\  \  6)  Auch  Tajitas  (von  x£u.vu> ,  exotfiov)  scheint  auf  die  Function  des  I** 
legens  des  Opferthieres  zurückzugehen. 

H?)  Derselbe  wurde  von  den  Kolakreten  unter  Aufsicht  der  damaligen  Pljfe' 
nen  ausbezahlt;  denn  Schol.  zu  Ar.  Plut.  277  iva  exaoxo;  xaft'  koiziptxv  itmbbm 
T<j>  icpoxdvet  xrjV  ^aßSov  tpia>ßoXov  Xau-ßdviQ  juaöov  xr?  SixaaeaK  zeigt,  4* 
auch  jetzt  noch  durch  die  damaligen  Prytanen  die  Soldauszahlung  insofern  *** 
mittelt  wurde ,  als  sie  ohne  die  erforderliche  Legitimation  bei  den  Prytanen  riflM 
erfolgen  durfte. 

H8)  Uarpokr.  s.  v.  vaoxpaptxd*  —  iav  8i  ^  Nauxpapixd,  suq  av  t£  ti* 
dp^ovttüv,  worauf  dann  die  abgeschmackte  Erklärung  folgt:  vauxpdpouc  7*P  * 
naXatov  tou;  apjfovxa;  eXs^ov,  eis;  xal  iv  tq  irep.7cxfl  'HpoSoxoc  8v)tal.  YgL  SnÄ 
u.  Phot.  s.  v.  vaoxpapia  und  oben  Anm.  \  03. 


i 


67]  Die  Ephetbn  und  der  Areopag  vor  Solon.  253 

hern  der  Naukrarienbezirke,   wie  die  quaestores  des  Servius  Tullius 
and  P.  Valerius  Poplicola  in  Rom  zu  den  curatores  tribuum. 

So  werden  gerade  die  Thatsachen,  aus  denen  Philippi  mit 
Scholl  den  Zusammenhang  des  im  Süden  der  Burg  am  Altmarkte 
belegenen  irpuxaveiov  mit  den  Prytanen  der  Naukraren  und  somit 
eine  hohe  Stellung  dieser  Prytanen  deduciert,  zum  Beweise  des 
Zusammenhangs  des  icpuxavctbv  mit  den  Archonten,  sind  also  keine 
Spur  für  die  hohe  Stellung  der  Prytanen  der  Naukraren,  sondern 
bestätigen  einfach  meine  Ansicht. 

XTV.  Die  Archonten  als  Richter  im  Prytaneion. 

Eine  andere  Spur  für  die  hohe  Stellung  der  Prytanen  der  Nau- 
kraren findet  Philippi  in  den  Tupoxdveu;  bei  Plut.  Sol.  19  selbst,  in- 
sofern diese  in  dem  Prytaneion  »der  Prytanen  der  Naukraren«  rich- 
teten.    Aber   aus   dem  icpuxdveis  des  Plutarch   folgt  nicht,   dass  er 
damit  die  irpoxdvcic  x<öv  vauxpdptov  meint,   und  aus   dem  ix  rcpuxa- 
*tfou  folgt  doch  nur,   dass  die  von  Plutarch  genannten  irpuxdvei;  ev 
*purav€i'<!>  richteten,  dass  also  allerdings  die  iizl  7upoxaveia>  unter  dem 
Vorsitz  der  ^uXoßaoiXcit  (und  des  äp^cov  ßaoiXeti«;)  richtenden  Ephe- 
ten  ausgeschlossen  sind,  nicht  aber,  dass  die  £v  lüpuiaveco)  richten- 
den Prytanen  die  der  Naukraren  sind.    Die  Sache  liegt  offenbar  so, 
<kss  wir  yon  einem  Gerichte   der   iupoxdvei<;   x<3v  vauxpdp«>v   weder 
überhaupt,  noch  von  einem  solchen,  das  ev  icpoxaveuo  gehalten  sei, 
irgend  Etwas  erfahren,  die  ganze  Annahme   eines  solchen  vielmehr 
*ur  darauf  beruht,   dass  einerseits  Plut.  Sol.  19  die  Ix    icpuxavetou 
lichtenden  bei  seinem  Erklärungsversuche  Tupoxdveic  nennt,  ohne  hin- 
mäßigen,  was  für  Beamten  diese  schlechthin  itpuxdveic  genannten 
fichter  seien,  und  dass  andererseits  der  Name  Tupoxdvsis  als  Beamten- 
Urne  in   der  älteren  Verfassung  nur  noch  von   den  Vorstehern  des 
Naokrarenraths  durch  Herod.  5,  71  bezeugt  ist,  die  aber  von  Herodot 
licht  icpoxdvetc  schlechthin,  sondern  icpoxaveic;  xu>v  vauxpdptov  genannt 
werden.    Auf  der  Combination  dieser  beiden  eigentlich  incongruenten 
Thatsachen  allein  beruht  die  Meinung,  dass  die  irpoxdvei;  xuW  vao- 
xpdp«>v  ein  Gerichtshof,  ja  sogar  ein  stehender  Gerichtshof  über  Hoch- 
verrat!) gewesen  seien.    » Bestätigt  a  wird  also   die  Angabe  Herodots 
durch  Plutarchs  Bezeichnung  der   ex  icpoxavefou  Richtenden  als  rcpt*- 

17* 


xdvet;  gewiss  nicht.  Sowohl  R.  Scholl  als  Weck  lein  haben  den« 
auch  gefühlt,  dass  zur  Annahme  eines  stehenden  Gerichtshofes  den 
Prytanen  der  Naukraren  in  der  Tradition  kein  Grund  vorliege.  Jener 
erklärt  (S.  21)  ausdrücklich,  dass  die  Prytanen  der  Naukraren,  die 
er  mit  den  cfuXoßaaiXet;  identificiert ,  kein  Richtercollegium  seien, 
und  nur  als  Staatsbehörde  in  dem  ausserordentlichen  Falle  einer  Re- 
volution das  Richteramt  sv  irpoxavehp  geübt  hätten.  Dieser  aber  nimmt 
(S.  47)  vollends  nur  eine  Mitwirkung  der  Prytanen  der  Naukraren 
bei  dem  seiner  Meinung  nach  von  den  cpuXoßaaiXeu;  litt  icpoxavsfa» 
gehaltenen  Gerichte  insofern  an,  als  in  ausserordentlichen  Fallen  eine 
Anzeige  bei  ihnen  gemacht  und  eine  richterliche  Entscheidung  von 
ihnen  verlangt  sein  möge,  ebenso  wie  später  bei  der  tioa^tkla 
von  der  Bule  der  500.  Zur  Annahme  eines  ausserordentlichen  Ge- 
richts der  Prytanen  der  Naukraren  ist  aber  genau  so  wenig  Grand 
vorhanden,  wie  zur  Annahme  eines  stehenden  Gerichtshofes  derselben« 

Kurz  auch  diese  Spur,  aus  der  Philippi  eine  hohe  Stellung 
der  Prytanen  der  Naukraren  deducieren  wollte,  berechtigt  dazu  nicht, 
da  eine  Beziehung  derselben  weder  zu  dem  iqpoxavefov  im  Allgemei- 
nen, noch  zu  einem  Gerichte  ix  7cpoxave(oo  öder  iv  7cpuxave(<j>  nach- 
gewiesen werden  kann.  Meine  Ansicht  dagegen,  dass  die  Archonteo 
zu  verstehen  seien  als  die  ex  upoxavstou  richtenden  7cpoxdvei;,  voo 
denen  Plut.  Sol.  19  spricht,  steht,  wenn  es  gilt,  Spuren  für  ihrel* 
Zusammenhäng  mit  dem  rcpoxaveiov  beizubringen,  und  insbesondere 
für  ihren  Zusammenhang  mit  richterlichen  Handlungen  daselbst,  bei 
weitem  günstiger  da. 

Erstens  nämlich   wird   Ar.  Nub.   1257    ötjoiu   irpuxavsia    in  den 
Scholien  und  bei  Suid.  s.  v.  Trapa/axaßoXVj  erklärt:   -ypacp-Jjv   xaxd  «5 
7ronrjao|xa'i.     ev    fap   xtp  Tipuxaveicp    dxi'dsoav    xd<;  x&v  oixäv  fpacpdc* 
Diess  bezieht  sich  entschieden  nicht  auf  die  spätere  Zeit,  in  der  die 
oixu>v  fpa<pez(  nicht  im  irpoxavstov,   sondern  in  der  axod  ßao(Xeiot  und 
in  den  andern  Amtslocalen  der  Archonten  angebracht  wurden,  sondern 
auf  die  frühere,  d.  i.  die  vorsolonische  Zeit.    Dass  nun  die  ötxuto  fpayal 
dort  den  -jrpuxdveK;  eingehändigt  wurden,  versteht  sich  zwar  von  selbst, 
wird  aber  auch  bestätigt  durch  Schol.  zu  Ar.  Nub.  4134  und  Said. 
s.  v.  icpuxavetov,  wo  die  Worte  de(;  |ioi  Tipuxaveid  erklärt  werden :  täc 
•ydp  Sexdxa^  xoG  ^peou<;  xaxaßdXXovxe«;  x<u<;  Tipuxdveotv    cfoi^ov  xoöc 
j(pec6oxa^.    irpuxavefa  8s   xd  vöv  xaXoufisva  7uapd    Pwjxaioi^  <T7c6pxot>Xa. 


69]  Die  Epheten  und  der  Arbopag  vor  Solon.  255 

Nun  wird  aber  Niemand  so  weit  gehen  wollen,  zu  behaupten,  dass 
ai  xäv  Sixcov  fpwpai,  d.  h.  alle  Klagen,  einst  bei  den  Prytanen  der 
Naukraren  hätten  angebracht  werden  müssen m) ;  es  versteht  sich 
vielmehr  von  selbst,  dass  hier  unter  den  schlechthin,  wie  bei  Plut. 
Sol.  19,  genannten  tcpuxdvei<;  die  Archonten  zu  verstehen  sind.  Es  sind 
dieselben  Beamten,  von  denen  Schol.  zu  Thuk.  2,  15  spricht:  icpo- 
xaveftv  eoxtv  oticoc  fAe^a;,  evfta  ai  atxVjaEts  e8i8ovxo  xofc  TtoXrceuopivoic 
(womit  allerdings  das  neue  Pry taneion  gemeint  ist)  *  IxaXefxo  Ss  ooxax; 
(seil,  nach  dem  Namen  des  alten  rcpuxavsfov)  eratö^  exei  exdtbjvxo  of 
npüidvßt^,  ot  tfiv  ßXcov  7ipaf fidxcov  StotxirjxaL  Es  ist  klar, 
dass  der  Urheber  dieser  Notiz  dabei  Thuk.  1,  126  x6xe  xa  tcoXXä 
tiv  icoXixtxäv  ot  evvea  ap^ovxe;  ebrpaaaov  im  Auge  hatte,  also 
gleichfalls  die  Archonten  meinte. 

Angesichts  dieser  durchaus  unverdächtigen  Notiz  über  das  An- 
bringen der  Klagen  bei  den  Prytanen  im  Pry  taneion,  und  andererseits 
der  Thatsache,  dass  die  oixd>v  -ypoupai,  wenn  sie  persönliche  Klagen 
betrafen,  i^xk-fnnaia  heissen120),  fällt  nun  aber  zweitens  ein  unverhoff- 
tes Licht  auf  die  Stelle  des  Phot.  s.  v.  TupoSixaota*  ot  xau;  iizi  <pov<o 
ouac  ifxaXou|ievoi  Iv  TCpuxavetcp  lipo  xij;  o(xyj;  StateXoSaiv  ItcI 
tpet;  pjjvac,  ev  oT<;  IS  4xax£pou  jispou«;  X^ot  Tcpodfovxai.  Diese  Stelle, 
»der  auch  E.  Curtius  (Monatsber.  1873,  S.  291)  eine  Spur  der 
Bit  den  richterlichen  Functionen  im  Zusammenhang  stehenden  Tätig- 
keit der  Archonten  ev  icpuxaveia>  erkannte  (ohne  freilich  die  Schwierig- 
keiten der  Stelle  besaitigen  zu  können),  ist,  da  das,  was  Bergk  in  Schil- 
lert Ausgabe  des  Andok.  S.  1 28  darüber  bemerkt,  zur  Beseitigung  der 
Schwierigkeiten  nicht  genügt,  entschieden  corrupt.  Aber  ob  R.  Scholl 
(Hermes  6,  S.  22)  das  richtige  Heilmittel  gefunden  hat,  wenn  er  £v 
tpuxave(u>  als  Glossem  beseitigt,  was  Philippi  (Rh.  Mus.  29,  S.  10) 
billigt,  ist  mir  eben  desshalb  zweifelhaft,  weil  gar  nicht  ersichtlich 
ist,  wie  der  Interpolator  gerade  auf  h  Tcpuxaveup  verfallen  konnte ,21). 


I  \  9)  Vom  Anbringen  der  Klage  in  der  späteren  Zeit  der  getheilten  Competenz 
bei  den  Archonten  handelt  Meier  und  Schoemann,   Att.  Process  S.  59  4  ff. 

110)  Meier  und  Schoemann,  Att.  Process  S.  594. 

ftl)  Ueberhaupt  aber  scheint  es  mir  methodisch  verfehlt  zu  sein,  mit  dem 
bti  vielgelesenen  Schriftstellern  berechtigten  Mittel  der  Annahme  von  Glossemen  zu 
operieren  in  der  durch  Epitomieren  entstandenen  Litteratur  der  Lexikographen, 
Grammatiker,    Scholiasten.     Das    natürliche  dem   Charakter   der  Entstehung   dieser 


256  Ludwig  Lange,  [70 

Auf  jenes  Heilmittel  kam  Scholl  desshalh,  weil  er  ev  7cpoxavefto  mit 
ftiaxeXouaiv  constr liierte,  und  natürlich  Niemand  behauptet  haben 
konnte,  dass  die  vom  Markt  ausgeschlossenen  des  Mords  Angeklag- 
ten £v  iupoTave((o  sich  aufgehalten  hätten.  Jetzt  beseitigt  sich  der 
Anstoss  von  selbst  durch  Annahme  einer  Lücke  hinter  iv  irpuxavefa; 
denn  sv  irpuxaveCcö  ist  offenbar  mit  6fxaXo6(JLsvoi  zu  verbinden.  Die 
hinter  der  Lücke  folgenden  Worte  sind  aber  allerdings  aus  Antiphon 
Chor.  42  geflossen.  Da  diese  sich  nun  auf  die  vom  apx<*>v  ßaotXetk  bei 
Mordklagen  vorzunehmende  irpo8txao(a  beziehen,  so  ergiebt  sich  eben 
aus  dem  Umstände,  dass  diese  7cpo8txao(a  eingeleitet  wurde  durch 
das  ifxaXefr  h  icpotavetcp,  nichts  Anderes,  als  dass  das  Trpotaveu», 
in  dem  die  Mordklage,  wie  alle  andern  Klagen,  angebracht  werden 
musste,  das  Local  war,  in  welchem  solche  Sachen  zur  ofßciellen 
Kenntniss  des  apyo)v  ßaotXeo;  gelangten.  Da  aber  der  äp^tov  ßcwt- 
Xe6;,  wenn  es  sich  bloss  um  ihn  gehandelt  hätte,  die  Klage  aocfc 
im  ßaafXeiov  hätte  annehmen  können,  so  ergiebt  sich  weiter,  das 
das  itputavetov,  in  welchem  nach  dem  Schol.  zum  Thukydides  of  tifß- 
tdveic  o{  x«5v  5Xo>v  icp<rf|idT<i>v  8iotx7)Tat  sassen,  das  Amtslocal  Start* 
lieber  Archonten  war,  und  dass  sie  die  Klagen  gemeinschaftlich  «*■ 
nahmen. 

Dazu  kommt  die  Notiz  von  einer  andern  ix  itpoTavtfou  gesche- 
henen Amtshandlung,  die  zwar  keine  richterliche  ist,  aber  doch  eine 
ins  Familienrecht  eingreifende.  Wir  lesen  nämlich  bei  Plut.  Aristo 
xal  tote  fiev  bufax£pa$  {axopouatv  ix  toö  7upoTavetou  toE;  vuf^pfaC 
dxSodijvai  87)fioo(a  ttj<;  iu6Xeü>c;  x?w  ydjxov  i^^Di&^r^  xat  rcpoütf 
xptoxiX(ac  öpayjxa;  exaxlpa  <J/yjcptaa[iiv7]<;.  R.  Scholl  (S.  43)  stützt  »rf 
diese  Stelle  und  die  im  Folgenden  von  Plutarch  erwähnte  der  Toch- 
ter des  Lysimachus  durch  Volksbeschluss  verliehene  atTTjcic  foij  ** 
xote  '"OXüjjnriovfxaic l22)  die  scharfsinnige  Vermuthung,  dass  die  A*** 
stattung  der  Töchter  des  Aristides  gewissermassen  ein  Aequiveto* 
für  die  (Frauen  nicht  zu  gewährende)  Speisung  im  Prytanekm  & 
wesen  sei,  und  dass  es  desshalb  heisse,  sie  seien  ex  icpuxaveiou  «*• 


litterarischen  Erzeugnisse  entsprechende  Heilmittel  für  Schaden  ist  die  Annahme  rt> 
Lücken  und  Umstellungen  ganzer  Sätze.  Womit  natürlich  nicht  ausgeschlossen  & 
dass  unter  Umständen  auch  derjenige,  der  ein  Lexikon  gebrauchte,  eine  Bedeute 
u.  dgl.  hinzuschrieb. 

«22}  Vgl.  Athen.  6,  t37  F. 


H]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Solon.  257 

gestattet,  weil  die  Mittel  zu  ihrer  Ausstattung  aus  der  Kasse  der  öffent- 
lichen Speisung  genommen  *  seien.    Ich  halte  das  für  durchaus  richtig. 
Aber  wen  soll   man  sich   als   denjenigen    oder    diejenigen   denken, 
welche  die  ^fpirjoit  Namens  der  icoX«;  STjjxoata  vollzogen?  Gewiss  doch 
nicht  die  icpoxävttc  der  Naukraren,  denn  die  existierten  damals  nicht 
»ehr.     Vielleicht  die  damaligen  upoxdvet;   der  Bule?    Aber  das  ist 
bei  dem  sacralen  Charakter  einer   so  feierlichen  £pyuT]ai<;,   die  eine 
Function  des  Hausvaters  ist,  nicht  wahrscheinlich.    Etwa  die  Archon- 
ten in  pleno?    Aber  diese  waren   damals  nicht   mehr  7cpotdvet;  und 
hatten  ihre   getrennten  Geschäftskreise.    Bleibt  also   nur  der   äp^cov 
fafrufioc,   der  damals  an  der  Spitze  der  Archonten   stand,   und  zu 
dessen  Competenz  die  Streitigkeiten    über  das  Familienrecht,  insbe- 
sondere die  iizmXripar)  iict8ixao(cu  gehörten  l23),  oder  vielleicht  auch  der 
iflw  ßaoiXeut,  der  einstmalige  Vorsteher  der  Archonten  (S.  48,  A.94), 
der  sacrale  Erbe  des  königlichen  Hausvaters  der  athenischen  Staats- 
gemeinde, von  dem  wir  wissen,  dass  er  noch  in  der  späteren  Zeit  xoi<; 
T*vwiv  £8(xaCev  12i).    Wenn  einer  dieser  beiden  aber  jetzt  eine  solche 
Handlung  in  icpuravtfou  vollzog,  so  stand  er  überhaupt  in  Beziehung 
zum  icpuxavsfov ,    und  zwar  insofern ,    als  er  einer  der  9  Archonten 
(der  vormaligen  itpuToveu;)  war. 

Hiernach  glaube  ich  sagen  zu  können,  dass  meine  Deutung  des 
Gerichts  in  itpuTavsfoo  auf  ein  Gericht  der  Archonten  in  der  That  auch 
durch  diese  Spuren  besser  begründet  ist,  als  die  Deutung  desselben 
tof  ein  Gericht  der  7upi>Tavet$  xdiv  vauxpapwv. 

XV.  Die  Archonten  als  richtendes  Collegmm. 

Sollte  aber  noch  irgend  Zweifel  darüber  bestehen,  ob  die  Archon- 
ten eine  solche  gemeinschaftliche  richterliche  Thätigkeit,  wie  ich  sie 
von  ihnen  voraussetze,   und   wie  sie  uns  in  dem  l-jxXTjfAa  ev  icpuxa- 
wfa>  vorliegt,  hätten  üben  können,  so  bemerke  ich  darüber  schliess- 
lich noch  Folgendes.      Eine  collegialische  richterliche  Thätigkeit  der 
neun  Archonten  vor  Solon  ist  nicht  bloss  aus  der  von  Solon  einge- 


193)  Poll.  87  89.    Dem.  adv.  Steph.  II  §  29. 

4  «4)  Poll.  8,  90.  Schol.  zu  Plat.  Euthyphron  2  A.  Lex.  Seg.  S.  310.  919,  17. 
Vor  »Solon  wird  die  ganze  Competenz  des  £iru>vujj.o; ,  insbesondere  in  familien- 
rechtlichen Angelegenheiten,  dem  ßaaiXeos  zugestanden  haben;  vgl.  oben  S.  48,  A.  94. 


258  Ludwig  Lange,  [72 

führten  Scheidung  der  richterlichen  Competenz  der  einzelnen  Archon- 
ten  zu  schliessen,  sondern  auch  anderweit  bezeugt.  Zunächst  da- 
durch, dass  Pollux  bei  Aufzählung  der  gemeinschaftlich  von  den 
Archonten  zu  erledigenden  Sachen  (8,  86)  sagt:  xal  xotv^j  jiev  f^oo- 
otv  dSouatav  davdxoo,  edv  xis  xaxtTg,  Stcoi  ^  ISsaxi,  was  bestätigt  wird 
durch  Dem.  Aristocr.  §  31  o{  OeojAodexai  xoi>;  iid  cpovio  cpeufovcac 
j[wenn  sie  nämlich  xaxfooiv  &toi  jjltj  e$eoxi)  xupioi  davdxo)  Cqjjucood 
etat,  xal  xov  ex  xyjs  exxXYjat'ac  repuai  irdvxe;  ecopaxe  ötc'  exe(vtov  dna^* 
devxa.  Denn  dass  hier  unter  ösajxo&siat  wie  in  einigen  ähnlichen 
Fällen 125)  die  sämmtlichen  9  Archonten 126)  zu  verstehen  und  eine 
gemeinschaftliche127)  Action  anzunehmen  ist,  ist  ausser  Zweifel.  Offen- 
bar war  diese  Gerichtsbarkeit  des  Collegiums  der  Archonten  gegen- 
über dem  widerrechtlich  zurückkehrenden  dv8po<povo<;  der  Rest  einer 
früher  ausgedehnteren  Gerichtsbarkeit,  zu  der  eben  die  8(xyj  kid  tup«*- 
v(8i  £v  7cpoxave((o  gehörte. 

Sodann  aber  ist  das  ä\ia  SixaCetv  der  evvea  apyovie«;,  wie  schoa 
E.  Curtius  (Monatsber.  1873,  S.  290) ,2S)  bemerkt,  bezeugt  durch  d» 
leider  verwirrten,  aber,  wie  schon  Schoemann  (Verfassungsgesch.S.40) 
bemerkt,  aus  guter  Quelle  geflossenen  Artikel  bei  Suidas  s.  v.  ap^wv  and 
Lex.  Seg.  S.  449:  "Ap^ovxes  oi  evvsa  xtvec;  Oeajiodexai  e£,  opx»v, 
ßaaiXeus,  7CoXe[j.ap)(o<;.  xal  irpb  [xev  xd>v  26Xü>vos  vojacüv  oux  Ifljjv 
auxot<;  5(ia  SixdCeiv ,  dXX'  6  jxev  ßaatXeo;  xaÖ7joxo  icapd  xa>  xaXoo|i«*p 
ßouxoXeup  —  xö  8e  yjv  tcXtjo(ov  xoö  7cpuxaveiou — ,  6  TzoXi[iapy%  b 


4  25)  K.  F.  Hermann,   Staatsalt.  §  4  38,  3. 

4  26)  Wenn  ich  oben  (A.  4  07)  angenommen  habe,  dass  der  Name  apjpwBS 
ausserofficiell  schon  vor  Solon  gebraucht  sein  möge,  aber  erst  seit  Solon  officielliB 
die  Stelle  des  Namens  irpoxavei?  trat,  so  füge  ich  hier  hinzu,  dass  der  Name  ftfiopo- 
tt£cai  wahrscheinlich  auch  vorsolonischen  Ursprungs  ist,  aber  schon  seit  683  <rf- 
ficiell  allen  9  irpoxavei«;  zukam.  Als  Obmänner  des  Rat  lies  hiessen  sie  irpuravstt,  & 
Gerichtsherren  dsafxofreTai ;  einer  von  ihnen,  und  zwar  ihr  Vorsteher,  hiess  ßoaiteK  '] 
als  Erbe  der  sacralen  Stellung  des  Königs.  Seit  Solon  hiessen  alle  ofßciell  opjpvtKi  I 
konnten  aber  als  Gerichtsherren  nach  wie  vor  alle,  gleichfalls  o ff iciell,  fteafioftsiou  heisMO. 

4  27)  Die  Worte  des  in  Dem.  Aristocr.  §  28  eingelegten  vop-os:  eta^pipew  8 
too<;  äp/ovra«;,  a>v  Ixaaroi  Sixaarai  zli\.y  tä  ßouXouivtj)  sind  unecht,  wie  Phi- 
lippi  N.  J.    4  872,  S.  586  ff.  erwiesen  hat. 

128)  E.  Curtius  schliesst  hieraus,  dass  die  Archonten  unter  den  ßaaiXfi?^ 
Solonischen  Gesetzes  zu  verstehen  seien ,  was  ich  oben  (S.  43)  natürlich  ablehne* 
konnte,  ohne  die  Stelle  selbst,  auf  die  der  irrthiimliche  Schluss  begründet  ist,  zu  ver- 
dächtigen. 


j 


73]  Die  Epheten  und  der  Areopag  vob  Solon.  259 

Aoxtup,  xal  h  äpyjuM  izapä  toix;  £jcu)vu|ioi>t,  oi  deopodexat  itapat  x6 
feopofisoiov.  xupiof  tc  ^aav  toaxe  xd;  otxa;  aoxoxeXctc  icotcioftai. 
uatepov  8e  SoXtuvot  ouSäv  cxcpov  auxoJ;  xeXefxat  >)  f*wov  tftcoxpf- 
vouai  töuc  dvxiSixoüc. 

Auf  den  ersten  Blick  zwar  scheint  diese  Stelle  das  Gegentheil 
von  dem  zu  sagen,  wofür  ich  sie  heranziehe;  denn  es  steht  ja  aus- 
drücklich da,  dass  den  Archonten  vor  Solon s  Gesetzgebung  nicht 
erlaubt  gewesen  sei  das  Sfia  SixdCeiv.  Und  diess  scheint  sogar  be- 
stätigt zu  werden  durch  Diog.  Laert.  Sol.  58  xal  7cpa>xo;  ttjv  auva- 
j»]ijv  x<5v  ivvsa  dp^ovxcov  sTcoirjoev  cfo  xb  ouveiiteiv,  u>s  AtoXX6- 
topo;  cpYjatv  iv  otüxepio  icepi  vofiodexuW m) .  Allein  hieraus  folgt  nur, 
dass  die  gemeinschaftliche  Quelle  des  Diogenes  Laertius  und  jenes  Lexi- 
kographenartikels, eben  dieser  Apollodorus  h  oeoxeptö  irepl  vo|xodsxu>v, 
dem  Diogenes  in  derselben  bereits  verstümmelten  Gestalt  vorlag,  wie 
denjenigen  Lexikographen,  aus  denen  der  Artikel  in  das  Lexikon  des 
Saidas  und  in  das  Lex.  Seg.  kam.  Denn  darüber,  dass  der  Artikel  ver- 
stümmelt ist,  kann  kein  Zweifel  sein,  weil  ja  kein  Kundiger  ge- 
sagt haben  kann,  dass  Solon  die  Rechte  der  Archonten  in  irgend 
einer  Beziehung  erweitert  hätte. 

Dazu  kommt,  dass  eine  scharfe  Analyse  der  Stelle  selbst  zeigt, 
dass  sie  durch  Auslassungen  corrumpiert  ist.  Der  ßaatXeu;  hatte 
sein  Local  allerdings  itapd.  xcj>  xaXou(jiv<o  ßouxoXeico,  aber  genauer 
gesagt  Iv  xeo  ßaotXefoi  7capd  xo>  xaXou|iiv(p  ßouxoXeup,  wo  nach  Poll. 
8,  MI  die  'füXoßaaiXef;  ouveSpsuovxss  ihr  Amtslocal  hatten.  Auch 
B.  Scholl  S.  22  ergänzt  mit  Recht  ev  xeo  ßaoiXe(a>  und  hat  nur  darin 
Unrecht,  dass  er  die  <puXoßaoiXet<;  aus  dem  ßaot'Xetov  entfernen  will  (um 
sie  mit  den  Prytanen  der  Naukraren  identificieren  und  dem  icpuravstov 
zuweisen  zu  können) .  Die  cpuXoßaoiXef;  konnten  sehr  wohl  unter  dem 
ftootXeüc  im  ßaaiXeiov  amtieren,  so  gut  sie  sehr  wohl  dem  Gerichte  ercl 
tpoxoveio)  unter  Oberleitung  des  ap^cov  ßaaiXeus  (Poll.  8,  90.  Lex.  Seg. 
S.310.  219,  17)  vorstehen  konnten  (Poll.  8,  120),  was  Scholl  gleich- 
falls (S.  21)  seiner  Hypothese  zu  Liebe  bestreitet,  um  die  cpuXoßaoiXef; 
als  Tcpoxdvsts  xd>v  vauxpdpiov  für  das  Gericht  ev   Tcpoxoweico  zu  retten. 


119)  K.  F.  Hermann,   Staatsalt.  §  U8,  13  vermuthet  aovÖsiTCvelv  statt  ouvei- 
«Etv;    allein  das  ouvoeiirvelv  kann  Solon  doch  ebensowenig  eingeführt  haben,   wie 
das  5(ta  BtxdCetv,  welchen  Begriff  Diog.  Laertius  durch  ouvsittsTv  allerdings  ziem- 
lich ungeschickt  wiedergiebt. 


260  Ludwig  Lange,  [7* 

Dass  aber  zwischen  den  Worten  icpo  jxev  xcäv  26Xa>voc  v6pwiv 
und  oux  efcijv  gleichfalls  Etwas  ausgefallen  sein  muss.  folgt  dar- 
aus, dass  von  den  nachbenannten  Localen  die  67U(6vu[x<h,  das  Au- 
xeiov  und  das  dsofxoöeaiov  130)  sicher  nicht  die  vorsolonischen 
Locale  des  stoävojaoc,  des  iroXejjiap/o;  und  der  sechs  deopodexat  waren, 
wodurch  die  Vermuthung  begründet  wird,  dass  auch  das  ßaotiLaw 
nicht  wegen  seiner  Benutzung  in  vorsolonischer  Zeit  (die  ja  nicht 
geleugnet  zu  werden  braucht),  sondern  wegen  seiner  Benutzung  in 
nachsolonischer  Zeit  erwähnt  gewesen  sein  wird131).  Dasselbe  folgt 
aus  dem  Schlüsse  des  Artikels;  denn  der  Satz  ooxepov  8e  261»- 
vos  oöSsv  gtepov  auxotc  xeXeirai  i)  ja6vov  ÖTcoxpivouai  touc  dvtiSixDfJC 
steht  nicht  nur  im  sachlichen  Widerspruch  mit  der  im  Anfang  schein- 
bar herrschenden  Anschauung,  dass  Solon  die  Rechte  der  Archonten 
in  Beziehung  auf  das  ajxa  ötxdCsiv  erweitert  habe,  sondern  ist  auch  for-  j 
mell  gar  kein  richtiger  Gegensatz  zu  dem  in  dem  Satze  upo  jiev  tdv 
SoXcovo;  v6(Ji(ov  Gesagten.  Er  steht  in  sachlich  und  formell  richtig» 
Gegensatze  nur  zu  dem  unmittelbar  vorhergehenden,  auf  die  vorsofo- 
nische  Zeit  sich  beziehenden  Satze  x6ptot  xe  Yjoav  (Soxe  tat-;  8(xac  ab®-  j 
xeXsii;   icoieioftai,   indem  die  nach  Solon  den  Archonten  verblieb» 


430)  R.  Scholl  S.  20  nimmt  allerdings  mit  £.  Curtius,  Attische  Studien !, 
S.  60  Anm.  ein  vorsolonisches  dsofxod£reiov  am  Altmarkte  an,  in  dem  die  Arch«- 
ten  vor  Solon  gespeist  hätten ,  und  gewinnt  dadurch  die  Möglichkeit ,  das  «pol*" 
veiov  für  die  irputaveis  tcov  vaoxpapcov  in  Anspruch  zu  nehmen.  Allein  Plut.  symp« 
7,  9  und  4 ,  2  beweisen  die  Existenz  eines  vorsolonischen  ösou.o&£rsiov  durchaus  nicM. 
Denn  7,  9  xa  ^ap  rcapa  KpTjalv  'AvSpsTa  xaXoujxeva  7rapa  8s  SirapTiatat?  Wr 
na  ßooXeunjpitüV  airopp^Ttov  xal  oovs8p(u>v  apiatoxpaTixcov  toEw  äß1* 
(Sa7T£p  (oTu.ai)  xal  to  £v&a§e  llpoTaveTov  xal  ösoptoösaiov  kann  auch  das  n**" 
solonische  deofxoftiaiov  gemeint  sein,  da  diess  für  Plutarch  alt  genug  ist,  indem  • 
ja  in  Plutarchs  Zeit  schon  langst  durch  das  neue  -irpuTavsTov  (Schol.  zu  Thuk.  1,  15. 
Paus.  4,  4  8,  3)  als  Speisehaus  ersetzt  war.  Wenn  Plut.  aber  4,  2  von  einer  k* 
wirthung  des  Orestes  im  ftsou.o&£rciov  spricht ,  so  substituiert  er  hier  eben  tf** 
chronistisch  im  Sinne  der  späteren  Zeit,  die  aber  für  ihn  schon  eine  alte  war,  du 
deau-o&iaiov  dem  noch  älteren  7rpt>Taveiov  (Suid.  s.  v.  irpoxavetov.  Schol.  zu  Ar.  Bj« 
4  67.  284)  oder  dem  allerältesten  irporaveTov  auf  der  Akropolis  (Poil.  9,  40;  *$• 
oben  A.  4  4  2),  das  in  der  uns  nicht  bekannten  Familientradition  der  DemophontÜ* 
(Curtius  a.  a.  O.)   ohne  Zweifel  gemeint  war. 

4  34)  In  späterer  Zeit  war  allerdings  die  oroot  ßaofXeto;  Amtslocal  des  ffawt- 
Xeo;.  Aber  dadurch  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  das  ßao(Xeiov  noch  längere  W 
nach  Solon  Amtslocal  des  ßaoiXeu;  blieb.  Die  Amtslocalitäten  am  Altmarkt  wurf* 
erst  in  der  Epoche  des  Pisistratus  oder  Kleisthenes  von  den  Archonten  verfassen«    ; 


i 


%j  Die  Epheten  und  der  Abeopag  vor  Solon.  261 

^fSfiovia  xäv  Stxaanrjpicov  (denn  die  ist  ohne  Zweifel  mit  U7üoxpivooai 
wk  avxiStxooc,  besser  vielleicht  dvaxpivoooi,  gemeint],  bei  welcher 
das  SixdCstv  an  die  fyiala  überging132),  entgegengesetzt  wird  ihrer 
vor  Solon  selbständigen  Gerichtsbarkeit 133) ,  welche  durch  den  Aus- 
druck auxoxeXeE;  SCxa;  deutlich  bezeichnet  ist m) . 

■  Offenbar  hat  der  Artikel  in  seiner  ursprünglichen  Fassung  zweier- 
lei Gegensätze  der  vorsolonischen  und  nachsolonischen  Zeit  betont : 
ao  letzter  Stelle  den  Gegensatz  der  auf  die  fjsjxovfa  x&v  Sixoumr)- 
p(av,  die  sie  einzeln  übten,  beschränkten  einzelnen  Archohten  zu 
den  als  Einzelrichter  vor  Solon  unbeschränkten  Archonten,  an  erster 
Stelle  aber  den  Gegensatz  der  nach  Solon  (in  der  Regel)  nicht  mehr  äjjta 
richtenden  Archonten  zu  den  vor  Solon  ajxa  richtenden.  Erwägt  man  nun 
ferner,  dass  auch  die  Parenthese  xb  8e  yjv  tuXyjoiov  xoG  7cpuxaveioo 
auf  eine  vorherige  Erwähnung  des  icpuxavetov  schliessen  lässt,  und 
dass  gerade  bei  solchen  Gegensätzen,  bei  denen  die  Natur  der  Sache 
fordert,  dass  gewisse  Worte  wiederholt  werden,  die  Annahme  der 
Entstehung  einer  Lücke  durch  ijxoioxeXeuxov  durchaus  begründet  ist: 
so  ergiebi  sich,  dass  Apollodorus  iv  8euxepu>  rapi  vo|Aoöex<3v  geschrie- 
ben haben  wird: 

xcti  izpb  jiiv  x<3v  26Xtovo;  v6(io>v 

5jJta  £8(xaCov  Iv  x<t>  Tupoxaveuo  • 

öaxepov  8i  x<öv  £6Xü)vo<;  v6[juüv 

oöx  l£?jv  auxots  ajJta  StxdCeiv. 

Woraus  durch  Ausfall  der  beiden  mittleren  Zeilen  das  wurde,  was 
wir  bei  Suidas  und  im  Lex.  Seg.  jetzt  lesen. 

Hätte  ein  glücklicher  Zufall  diese  Stelle  unverstümmelt  über- 
liefert, so  würde  Niemand  auf  die  Tcpoxavei;  x<5v  vauxpdpiov  als  Rich- 
ter ev  TtpuT<rve((o  verfallen  sein,  Jeder  vielmehr  erkannt  haben,  dass 
nur  die  Archonten  die  Tcpoxdvei;  sind,  denen  die  icpoxaveia,  die  Ge- 
richtsgebühren, zukommen135),  bei  denen  die  dixcov  fpcrpal  h  irpoxa- 
*ta>  niedergelegt  werden136),    und  bei  denen  also  auch  das  e^xX^pa 


13t)  Arist.  pol.  2,  9,  2. 

133)  Plut.  Sol.  48;  comp.  2. 

134}  Suid.  Zon.  Hes.  s.  v.  auTorsXrj;.    Lex.  Seg.  S.  466. 

135)  Schol.  zu  Ar.  Nub.  H3  4.    Suid.  s.  v.  TipuTavsTov. 

4  36)  Schol.  zu  Ar.  Nub.  1257.   Suid.  s.  \.  TrapaxaxaßoXr. 


262  Ludwig  Lange,  [7 

der  Mörder  iv   icpuraveuo  stattfindet137),    kurz    diejenigen   icptmh«^ 
deren  Urtheilsspruch    ex  7cpi>Tavetoo  vom  Solonischen 
gemeint  ist. 

Damit  hoffe  ich  denn  meine  Interpretation  des  Amnestiegeset 
auch  in  historisch-antiquarisccher  Hinsicht  gesichert  und  somit  über — 
haupt  meiner  Hypothese  über  die  Zusammensetzung  der  areopagiti— 
sehen  Bule  vor  Selon  aus  den  9  Archonten  und  den  51  Epheteu 
den  Werth  einer  wissenschaftlich  berechtigten  Ansicht,  die  zugleich 
eine  Reihe  anderer  bisher  unklarer  Puncte  in  befriedigender  Weise 
erklart,  vindiciert  zu  haben. 


Nachtrag. 

Am  Tage,  nachdem  ich  vorstehende  Abhandlung  der  Gesellschaft» 
der  Wissenschaften  vorgelegt  hatte,  erhielt  ich  durch  Schoemann'^ 
Güte  die  akademische  Abhandlung  von  Swen  F romhold  Hammar— ~ 
Strand,   Attikas  Verfassung   zur   Zeit  des   Königthums    (besondere*" 
Abdruck  aus  Fleckeisen's  Supplem.  Bd.  6.  Leipzig  1873.    lieber-^ 
setzung  der  Upsala  1863    erschienenen  Abhandlung:  Attikas  Författ-^ 
ning  under  Konungadömets  Tidwarf).   Hammarstrand  erklärt  S.81<£ 
die  Prytanen  der  Naukraren,   auf  die   auch   er  das  Gericht  Ix  icpo- 
xavefou   des  Solonischen  Gesetzes   bezieht,    für  die   12  Phratriarchen 
oder  Trittyarchen,  welche   (die   4   <puXoßaotXef<;  in  sich  seh  liessend} 
den   ältesten   Staatsrate    des   Königs   und   der  königlichen  Arohonten 
gebildet  hätten.    Letzteres  stimmt  fast  mit  meiner  Annahme,  dass  in 
der  Zeit  vor  Einsetzung  der  areopagitischen  Bule  von  60  Mitgliedern, 
deren  irpüiavts  der  ap^cov  ßaaiXeö<;  war,  der  Staatsrat!»  dieses  opx*** 
ßaoiXeuc  aus  den  12  Phratriarchen  und  den  4  cpuXojSaaiXeic    bestan- 
den  haben  könne  (S.  23).    Und  wenn  der  Eintheilung  der  <poXa(  in 
Tp(rcoe<;   ein  so  hohes  Alter   einzuräumen  wäre,  dass  man  die  zwölf 
Phratriarchen   mit   den   zwölf  Trittyarchen   identificieren    dürfte,    so 
könnten  in  der  That  die  12  Trittyarchen  zugleich   die  Prytanen  der 
Naukraren  sein.    Allein  dieses  ist  eben  nicht  wahrscheinlich;  die  Ein- 


137)  Phot.  s.  v.  itpooixasia. 


IT)  Die  Epheten  und  der  Areopag  vob  Solon.  263 

theilung  der  Gebiete  der  4  Phylen  in  je  3  Trittyeti  ist  offenbar  erst 
mit  der  Naukrarieneintheilung,  also  frühestens  683  entstanden. 

Weiter    nimmt    Hammarstrand    an,    dass    dieser    Staatsrath, 
bestehend   aus  den  zwölf  Prytanen   der  Naukraren,   auch  die   Blut- 
gerichtsbarkeit auf  dem  Areopag  und  an  den  übrigen  Gerichtsstätten 
gehabt  habe.    Wenn  das  wahr  wäre,  so  müsste  man  annehmen,  dass 
*  schon  vor  Drakon  (denn  die  Epheten  sind  älter  als  Drakon)  die  icpo- 
tdvei;  aus  den  icevte  Sixaox^pia  verdrängt  seien  durch  die  ecp  exai  und 
nur  noch  das  Gericht  fev  7rpuxave(u>  behalten  hätten.    Es  würde  also 
auch  so  angenommen  werden  müssen,  dass  der  Staatsrath  der  Pry- 
tanen schon  vor  Drakon  ersetzt  worden  sei  durch  das  Collegium  der 
Epheten.    Indessen  bedarf  es  dieser  Ausgleichung  meiner  Ansicht  mit 
'  der  Hammarstrand's  nicht,  da  die  Vermuthung,  dass  die  den  Rath 
bildenden    <ppaxp(apxoi    oder    xpixxuap^oi    gleich    den    7upuxdveic    t&v 
vouxpdpcov  seien,  abgesehen   von   dem   aus   dem  jüngeren   Ursprung 
der  Naukraren    gezogenen  Argumente,    entschieden   desshalb   falsch 
ist,  weil  nicht   alle  Mitglieder  eines  Rathskörpers  7cpoxdvei;  heissen 
können.    Der  Gebrauch  dieses  Wortes  in)  Plural  von  dem  Ausschuss 
der  ßouMj  xcov  iuevxaxoa(ci>v  und  von  den  entsprechenden  Einrichtungen 
der  kleinasiatischen  Städte,  im  Singular  von  dem  einzelnen  princeps 
senatus  in  Korinth  und  in  den  kleinasiatischen  Städten  zeigt,  dass  der 
Titel  Tcpuxdveis  immer  nur  denen  zukommen  konnte,  welche  die  Ersten 
»n  Rathe  waren.   Desshalb  ist  meine  Vermuthung,  dass  die  ivvea  ap- 
Jpm;  die  icpoxavet;  xfj;  ßouXyj;  xtj;  ev  'Ape(<p  ird-fü)  gewesen   seien, 
sowie  vor  ihnen  der  ap^wv  ßaaiXeu;  der  irpüxavt;  dieser  Bule  gewesen 
«ein  muss,   nach   dem   staatsrechtlichen   Gebrauch   des   Wortes   ent- 
schieden vorzuziehen. 

Uebrigens  zeigt   Hammarstrand's   Vermuthung  ähnlich  wie  R. 

Schöll's  Aeusserungen  über  die  Naukraren,  dass,  wenn  man  einmal 

den  Prytanen   der  Naukraren  die   hohe  Stellung  zuweisen   will,   die 

man  ihnen   aus  Missverständniss   von  Herod.  5,  71    glaubt  zuweisen 

zu    müssen,    man    consequent   noch   weiter  gehen    muss   als    beide, 

and  dass  Wecklein's  Hypothese,  nach  welcher  die  Naukraren  von 

jeher  der  Staatsrath  der  Eupatriden  gewesen  wären,  vor  den  andern 

Ansichten  wenigstens  das  Verdienst  voraus  hat,   die   äusserste  Con- 

sequenz  aus  einer  falschen  Prämisse  folgerichtig  gezogen  zu  haben. 


Inhalt. 


I.  Gegenwärtiger  Stand  der  Frage S.   3  [4  89] 

II.  Gründe  für  die  Auffassung  der  Epheten  als  Buleuten 4  3  [199] 

III.  Erklärung  der  Zahl  der  54  Epheten 4  8  [204] 

IV.  Solons  Areopag  eine  organische  Umbildung  der  eupatridischen  Bule  24  [210] 
V.  Meinungen  des  Alterthums  über  das  Alter  der  areopagi tischen  Bule  34   [241] 

VI.  Unhaltbare  Interpretationen  des  Amnestiegesetzes  des  Solon    .    .  36  [222] 

VII.  PhJlippi's  Interpretation  des  Anmestiegesetzes  des  Solon 40  [226] 

VIII.  Meine  Interpretation  des  Amnestiegesetzes  des  Solon 47  [233] 

IX.  Das  Gericht  der  Dreihundert  und  die  Verurtheilung  der  Alkmae- 

oniden 54   [237] 

X.   Die  Verurtheilung  der  Kyloneer 52  [238] 

XL  Die  Prytanen  der  Naukraren 55  [244] 

XII.  't)ie  neun  Archonten  als  Prytanen  der  Bule 61   [247] 

XIII.  «Das  alte  Prytaneion  Amts-  und  Speisehaus  der  Archonten  .    .    .  65  [254] 

XlV.^ie  Archonten  als  Richter  im  Prytaneion 67  [253] 

XV.  Die  Archonten  als  richtendes  Collegium 74  [257] 

Nachtrag 76  [262] 


ZUR  CHARAKTERISTIK 


KÖNIG  JOHANN'S  VON  SACHSEN 


IN  SEINEM  VERHÄLTNISS 


zu 


WISSENSCHAFT  UND  KUNST. 


GEDÄCHTN  ISSREDE 

AUF  VERANLASSUNG  DER  KÖNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 


GEHALTEN  VON 


DR  JOHANN  PAUL  von  FALKENSTEIN. 


De*  VII.  Bande»  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  ('lasse  der  Königl. 

Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 


N°  III. 


«iLL c7  - . 


*  \ 


vBodl:libt.V. 

^JODlC::>' 


LEIPZIG 

BEI  S.   HIKZEL. 
1874. 


ZUR  CHARAKTERISTIK 


KÖNIG  JOHANNS  VON  SACHSEN 


IN  SEINEM  VERHÄLTNISS 


zu 


WISSENSCHAFT  UND  KUNST. 


VON 


DR  JOHANN  PAUL  VON  FALKENSTEIN 


▲bhssull.   «1-  K-  **■  G*A»llsch.  d.  Wianensrh.    XVlI.  IS 


VORWORT. 


Zu  dem  nachstehenden,  am  24.  Februar  d.  J.  in  der  Mitte 
ler  Königl.  Gesellschaft  von  mir  gehaltenen  Vortrag  gestatte  ich 
nir  Zweierlei  zu  bemerken : 

1.  dass  derselbe  nur  ein  Charakterbild  des  verewigten 
Königs  Johann,  nicht  eine  Biographie  desselben 
zu  bieten  versucht;    und 

2.  dass  es  angemessen  schien,  Einiges,  was  der  Vortrag, 
der  sich  auf  eine  verhältnissmässig  kurze  Zeit  zu 
beschränken  hatte,  nur  andeuten  konnte,  durch  Bei- 
fügung von  Excursen,  auf  welche  in  den  Noten  hin- 
gewiesen ist,  zu  ergänzen,  was  insonderheit  einem 
künftigen  Biographen  von  Mutzen  sein  dürfte. 


Dresden,  am   1.   März  1874. 


v.  Falkensteiii. 


IS* 


Den  Wunsch,  eine  Charakteristik  unseres  unvergesslichen  Königs, 

;  langjährigen    Protectors    dieser    hochgeehrten    Gesellschaft   der 

Seilschaften  durch   meinen  Mund  zu  vernehmen,  suche  ich  zwar 

i 

lichtem,  aber  doch  mit  freudigem  Herzen  zu  erfüllen;  von  der 
Inung  nicht  nur,  nein,  von  der  festen  Ueberzeugung  getragen, 
s  Sie  die  Arbeit  mit  Nachsicht  aufnehmen  und,  wenn  Sie  auch 
in  Vieles  vermissen,  doch  allenthalben  dem  ernsten  Streben  be- 
tten werden:  Wahrheit  in  einfachster  Weise  zu  geben;  denn  ge- 
)  bei  der  Schilderung  eines  Königs,  den  man  mit  vollstem  Rechte 
bann  den  Wahrhaften46  nennen  kann  und  der  Feind  aller  hohlen 
ise  war,  ist  es  doppelte  Pflicht,  abzusehen  von  jeder  Schmei- 
ei   und  die  reine  Wahrheit  zu   verkünden;   bei   Persönlichkeiten 

solcher  Bedeutung  hat  man  nicht  zu  fürchten,  durch  wahrheits- 
eue  Charakteristik   das  Bild  zu  verdunkeln    oder   zu  vernichten, 

man  sich  von  ihnen  gemacht  hat. 

Gewiss  mit  guten  Grund  haben  Sie  den  gegen  mich,  ausge- 
»chenen  Wunsch  durch  den  Zusatz  näher  bestimmt:  bei  der 
eit  besonders  auf  das  innere  und  äussere  Verhältniss  des  Königs 
Wissenschaft  und  Kunst  Rücksicht  zu  nehmen;  denn  abge- 
en  davon,  dass  es  sich  hier  ohnehin  nicht  um  eine  umfassende 
graphie  handeln  kann,  ist  auch  gerade  über  die  sonstigen  Lebens- 
haltnisse des  Verewigten,   seine  Tugenden   als  Gatte,   als  Vater, 

Regent,  so  viel  Treffliches  im  Allgemeinen  geschrieben,  wenn 
h  nicht  im  Detail  ausgeführt  worden,  dass  ich  in  einer  Charak- 
stik  Neues  kaum   hinzufügen    und   nur    bestätigen    könnte,    dass 


270  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  [6 

durch  sein  ganzes  Leben  ein  harmonischer  Zug  hoher  Sittlich- 
keit geht,  der  sich,  wie  in  seinen  Beziehungen  zu  Wissenschaft 
und  Kunst,  so  auch  in  seinen  Verhältnissen  als  Familienvater  und 
Regent  kund  giebt. 

Mit  Recht  konnte  daher   auch   Sillig   in   seiner  Rede  beim  Re- 
gierungs-Antritt des  Königs    1854  sagen:    »jene  Eigenschaften,   die 
ihm    das  Zutrauen    des    Volkes    erwarben,    weil    sie    solche    sind, 
die   der    Mann    vorzugsweise    vom    Manne   fordert,  waren  die  sitt- 
liche Würde,  die  sich  in  keiner  seiner  Handlungen  verleugnete;  der 
hohe  Sinn    für    Gerechtigkeit,   die    unerschütterliche   Ruhe,   die    der 
Prinz  in  heiteren,  wie  in  trüben  Tagen  behauptete,  und  die  strenge 
Erfüllung  der    Pflicht;«   und   wenn  Jean    Paul,    als   er    zum   ersten- 
mal Gelegenheit  gehabt  hatte,    dem   Prinzen   näher  zu  treten,  aus- 
ruft: »Die  Welt  muss  Einem  immer  lieber  werden  da  es  Prinzen  giebt 
von  solchem   Geist,    solchen    Kenntnissen    und     solcher    Gesinnoog, 
wie  ich   heute   Einen    kennen    und   lieben   lernte;«  so  giebt  er  da- 
durch  dem   Eindruck  Worte,   den  Jeder  hatte,    dem  das  Glück  n 
Theil  ward,    in  Verkehr  mit   dem   damaligen  Prinzen  oder  mit  den 
nachmaligen  König  zu  treten. 

Es  war  eben  in  seinem  ganzen  Wesen,  bei  aller  Einfachheit  und  . 
Bescheidenheit,  eine,  wenn  ich  so  sagen  darf,  überwältigende  Liebens- 
würdigkeit; nicht  eine  gemachte,  sondern  eine  durch  das  Genie*  <to 
ihm  innewohnte,  ihm  selbst  unbewusst,  erzeugte.  Denn  dass  der 
Verewigte  Genie  hatte,  d.  h.  dass  er  die  geistige  Anlage  hatte» 
Wissenschaften  und  Künste  mit  Leichtigkeit  aufzufassen  und  za  b* 
arbeiten  und  in  ihnen  etwas  Bedeutendes  zu  leisten,  wird  sich » 
Verlauf  dieser  Rede  klar  ergeben,  wenn  man  ihm  auch  vielleid* 
das  ohnehin  zweifelhafte  Lob:  er  sei  ein  Genie  gewesen,  nicht  tf" 
theilen  mag.  In  der  That  überragte  aber  die  Geistescultur  des  Körip 
die  gewöhnlichen  Schranken  und  hatte  eine  fast  universelle  Bfr 
deutung  erlangt.  Dem  Einfluss  seiner  einfachen  und  frommen  Er* 
ziehung  durch  einen  trefflichen,  oft  nicht  genug  erkannten  Vater  «ad 
seine  Lehrer  und  Führer  aller  Art  mochte  er  es  mit  verdanken,  dl* 
er,  fern  von  religiöser,  philosophischer,  oder  politischer  Einseitigkeil 
und  Engherzigkeit,  wie  Wenige,  die  Erreichung  des  Ideals  eck" 
ter  Humanität  und  vollster  Wahrheit  sein  ganzes  Lebend 
durch  anstrebte  und  auch  die  Wissenschaft  und  Kunst  nur  als  edte 


<]  Zur  Charakteristik  Konig  Johanns  von  Sachsen.  271 

t     Mittel  zur  Erreichung  dieses  Zweckes  betrachtete.     Seine  tiefen  und 
l    umfassenden  Kenntnisse  der  Geschichte   in   ihren  Anfängen,  wie   in 
ihrer  Entwickelung  hatten   ihn  gelehrt,   dass  Forum   und  Vaticanum 
nicht  durch   eine  un  übers  teigliche  Kluft   getrennt  sein  müssten,  son- 
dern dass  Beide  ihre   welthistorischen   Aufgaben  haben,   die  nur  zu 
rechter  Zeit  und  in  der  rechten  Weise  zu  lösen  sein  werden;    dass 
es  sich   in  Rom  und   in  Griechenland  nicht  etwa  blos  um  Bewun- 
derung der  Ueberreste  einer  grossen  vergangenen  Zeit  handle,  dass 
man  sich  daher  nicht  in  luftigen  Phantasieen   oder  haltlosen  Kritiken 
beim  Anschauen  jener  Ueberreste  verlieren  dürfe,  sondern  dass  man 
sich  bestreben  müsse,   jene    grosse   Vergangenheit    nutzbar   für  die 
Gegenwart  zu  machen,   und  dass  nicht  die  Masse  von  Kenntnissen, 
sondern  die  Gesinnung,  in  welcher  die  Kenntnisse  vervverthet  werden, 
die  Hauptsache  sei.     Mit  Recht  betonte  daher  auch   der  König  bei 
den  Personen,   für  die   er  sich  interessirte,   nicht   blos  den  »Geist«, 
nicht  die  »Kenntnisse«,   sondern   vor   allen   Dingen   die  »Gesinnung«, 
welche  von  allen   höheren   Kräften   zusammen   hervorgebracht   wird 
und  dann   dem  Menschen   seine   moralische  Haltung,   seiner  ganzen 
Erscheinung  ihren  Ausdruck  verleiht.     In  unserem  König  war  es  die 
Milde,  die  innere  Wahrheit,  die  keusche  Sittlichkeit,  ruhend  auf  der 
tief  religiösen    Ueberzeugung,    die    den   Menschen  beglückt,    indem 
m  ihn   erleuchtet.     Erfüllt   von  solcher  Gesinnung   und   daher  ge- 
mässigt und  mild  in  allen  seinen  Urtheilen  über  Menschen  und  Ver- 
hältnisse, auch  den  Evangelischen,    unbeschadet  seines   treuen  und 
gewissenhaften  Festhaltens  an  den  Satzungen  seiner  Kirche,  Gerechtig- 
keit gewährend;  das  Forschen  in  der  Heiligen  Schrift,  wenn  es  nur 
dem  Streben  nach  Wahrheit  galt,  hochehrend  —  so  finden  wir  den 
König  zu  aller  Zeit:  in  der  frischen,  frohen  Jugend,  wie  im  ernsten 
schwergeprüften  Alter;  und  es  ist  deshalb  sehr  schwer,  aus  solchem 
inaern  harmonischen  Leben   Einzelnes  herauszugreifen,  um   das  Ge- 
sagte zu  bestätigen,  und  zu  zeigen,    wie  schon  in  den  jugendlichen 
Jahren  sich  der  Schmuck  der  Blüthen   zeigte,   in  denen  sein  Dasein 
athmete  und  fort  und  fort  sich  entwickelte. 

Ausgerüstet  mit  einer  ungemein  raschen  Auffassungsgabe  und 
einem  wunderbar  rasch  aufnehmenden  wie  festhaltenden  Gedächtnis« 
ward  es  ihm,  ohnerachtet  er  erst  in  reiferen  Jahren  den  Sprach- 
studien sich  mit  Ernst  widmete,  doch  leicht,  sich  mit  der  Literatur  der  ' 


272  Dr.  Johann  Pail  von  Falkenst&ik,  [8 

Griechen  und  Römer  bekannt  zu  machen;  und  ich  habe  selbst  nooh 
aus  dem  Munde  Böttigers,  Sillig's,  Tittmann's  u.  s.  w.  es  verum» 
men9  mit  welcher  Bewunderung  sie  von  den  ganz  eminenten  Fort» 
schritten  sprachen  und  von  dem  unermüdeten  Eifer,  mit  dem  der 
Prinz  dem  Sprachstudium  sich  hingegeben;  und  welche  Freude  dar 
Prinz  selbst  empfand,  dass  er  die  herrlichsten  Erzeugnisse  griechi- 
schen Geistes,  dass  er  insonderheit  auch  die  Quellen  unserer  Christ» 
liehen  Religion  in  der  Ursprache  lesen  konnte.  Es  ist  bekannt,  das 
er  sich  mit  Homer  und  Sophokles,  mit  Plato,  Thucydides, 
Demosthenes  und  auch  späterhin  mit  Aristoteles  vorzugsweise  gm 
beschäftigte  und  mit  Böttiger  z.  B.  manches  griechische  Distickoi 
wechselte,  deren  mehre  noch  jetzt  aufbewahrt  sind.*)  Unter- 
stützt durch  jenes  vortreffliche  Gedttchtniss,  hatte  er,  wo  es  dar- 
auf ankam,  sofort  die  wichtigsten  Stellen  des  neuen  Testament» 
Oden  des  Horaz,  ganze  Gesänge  des  Homer  in  promtu  und  über- 
raschte gar  oft,  wenn  er  eine  im  Laufe  des  Gespräches  erwähnte  Stelle 
sofort  vollständig  aus  dem  Gedächtniss  recitirte  oder  die  begonnene 
vervollständigte.  Wie  er  jede  Entdeckung  im  Felde  der  Wissen- 
schaft mit  lebhaftestem  Interesse  verfolgte,  so  nahm  er  natürlk* 
auch  an  der  Auffindung  des  Codex  Sinaiticus  und  dessen  Verb*fc* 
niss  zu  dem  Codex  Vaticanus  den  lebendigsten  Antheil,  und  ich  eot* 
sinne  mich  selbst  der  Unterhaltung  mit  Herrn  Prof.  Tischendorf,  btt 
welcher  der  König  eine  grosse  Anzahl  von  Stellen  des  Neuen  Testa- 
mentes in  der  Ursprache  recitirte  und  bei  jeder  einzelnen  frug,  ob 
und  welche  Abweichungen  etwa  der  neue  Codex  enthalte.  Hon* 
und  Homer  begleiteten  ihn  übrigens  stets  auf  seinen  Reisen,  turi 
als  er  aus  dem  Kriege  1866  zurückkehrte,  war  es  seine  Lieblings- 
beschäftigung, in  seinen  Mussestunden  des  Demosthenes  Philippisck 
Reden  zu  studiren;  sowie  er  auch  Strabo  und  Virgit's  Georgka 
wiederholt  und  immer  unter  Zuhilfenahme  von  Karten  und  sonstig* 
Erläuterungsmitteln  las.  Denn  so  gewiss  er  das  Lesen  der  Classiker 
als  eine  Art  von  Erhebung  oder  Erholung  nach  grösseren  körper- 
liehen  oder  geistigen  Anstrengungen  betrachtete;  so  nahm  er  tf 
doch  sehr  ernst  und  suchte  sich  —  entfernt  von  Wortkritik  odtf 
überhaupt  von  Einzelheiten  —  vor  allen  Dingen  mit  dem  Ideengaffg 

*)   Siehe  Beilage   \ . 


Zll    CüAftAKTEftlSTlK    KüNIG    JOHANNS    VON    SACHSEN.  273 

Schriftstellers  vertraut  zu  machen.  Darauf  hatten  ihn  freilich 
1er  wie  Böttiger,  namentlich  aber  Tittmann,  unter  dessen  Füh- 
der  König  die  Politik  des  Aristoteles  las,  und  der  bekannte 
'.  Sillig,  der  bei  der  Leetüre  des  Thucydides  rathend  ihm  zur 
*  stand,  hingewiesen,  und  oft  erwähnte  er  noch  dankbar  des 
x>  Beistandes,  den  ihm  diese  gewährt  hatten.    Nur  beiläufig  mag 

erwähnt  werden,  dass  der  König  besonders  auch  in  späteren 
m  den  Naturwissenschaften  eifrig  sich  widmete  und  z.  B.  unter 
mg  des  Chemikers  Stein  sich  Kenntnisse  aneignete,   welche  bei 

Besuche  der  Universität  Leipzig  die  Professoren,  an  deren  Vor* 
igen  er  Theil  nahm  und  mit  denen  er  sich  über  dieselben  unter- 
,  Bewunderung  erregten:  weil  er  durch  die  Bemerkungen  und 
en  sofort  zeigte,  dass  er  gründlich  studirt  hatte  und  daher 
ithalben  das  punctum  saliens  traf.  Es  werden  in  dieser  hohen 
ammlung  nicht  Wenige  sein,  die  diess  zu  bestätigen  und  durch 
(riefe  nachzuweisen  im  Stande  sein  würden,  und  es  mag  mir 
erlaubt  sein,  insbesondere  an  die  Besuche  der  chemischen,  phy- 
gischen  und  physikalischen  Institute  der  Universität  und  daran 
rinnern,  mit  welcher  Sicherheit  er  seine  Anschauungen  über  die 
aben  der  verschiedenen  Zweige  der  Naturwissenschaften  darlegte; 
er  insbesondere  von  der  Physiologie  erwartete,  dass  sie  dereinst 
\n  aufstellen  werde,  welche  der  körperlichen  Entwicklung  des 
es  und « der  Gesundheit  der  Erwachsenen  zu  Gute  kommen  wttr- 

und  die  Hoffnung  aussprach:  es  werde  der  Wissenschaft  nach 
nach  gelingen,  die  Grenzen  zwischen  dem  physischen  und  dem 
bischen  Leben  scharf  zu  ziehen  und  dadurch  dem  rohen  Materia- 
ls einen  Damm  entgegenzusetzen;  wie  er  denn  auch  bei  den 
dichfachen  physikalischen  Entdeckungen,  die  ihm  vorgeführt  wur- 

immer  auf  den  Segen,  den  dieselben  für  die  Industrie  u.  s.  w. 
in  könnten,  hinwies  u.  s.  w. 

So  hat  er  z.  B.  auch  den  Gedanken:  dass  die  Physiologie  sich 
dem   ganzen   Menschen  beschäftigen   sollte,  im  Gegensatz  zu 

Physiologie   der  einzelnen  Organe,    festgehalten,    weil  er  darin 

eigentlich  dem  Menschen  Nutzenbringende   zu  erkennen  meinte, 

hat  die  Möglichkeit  und  das  Wünschenswerte  der  Errichtung 
t  Anstalt  nicht  aus  den  Augen  gelassen,  in  welcher  die  Ab- 
gigkeit    der    Arbeitskraft,    der    Widerstandsfähigkeit    gegen    die 


274  Dr.  Johann  Fall  von  Falkenstein,  i*0 

wechselnde  Temperatur  u.  s.  w.  von  der  Nahrung,  Kleidung  u.  s.  w. 
mathematisch  untersucht  würde. 

Bekannt  ist  es  übrigens,  wie  er  sich  für  die  vollständige  Her- 
stellung des  sogenannten  »medicinischen  Viertels«,  wie  er  jenen  Ge- 
bäude-Complex  zu  nennen  pflegte,  interessirte  und  die  entgegen- 
stehenden Schwierigkeiten  bei  gelegentlicher  Anwesenheit  in  Leipzig 
persönlich  zu  beseitigen  bemüht  war;  und  wie  er  sich  beim  Durch- 
sehen eines  Lectionscatalogs  über  neue  Instituts-Gebäude  und  neue 
Namen  von  Professoren  freute,  die  er  noch  zu  sehen  und  zu  hören 
hatte,  und  schon  im  voraus  den  Plan  zu  einem  neuen  Besuch  seiner 
»lieben  Universität«  entwarf. 

Das  Talent  und  die  vorherrschende  Neigung  für  das  Sludua 
der  Sprachen  hatte  den  König  auch  schon  frühzeitig  auf  das,  da- 
mals noch  in  der  Kindheit  liegende,  Studium  der  höhern  Sprachver- 
gleichung hingeführt;  Bopp's  und  W.  v.  Humboldt's  Arbeiten  hatten 
ihn  im  höchsten  Grad  interessirt;  ernstes  Studium  des  dazu  unent- 
behrlichen Sanskrit  machte  ihn  um  so  eifriger,  je  grösser  die  zu 
überwindenden  Schwierigkeiten  waren;  die  seltene  BibelsammluBg 
in  den  verschiedensten  Sprachen  in  seiner  Bibliothek  regte  ihn  u 
manchen  neuen  Ideen  an;  und  so  fand  er  sich  geschickt  und  ?er- 
anlasst,  im  Jahre  1842  in  einer  der  Abendgesellschaften,  in  denen 
er  von  Zeit  zu  Zeit  Gelehrte  um  sich  versammelte,  einen  Vortrag 
über  »vergleichende  Sprachkunde  und  die  enge  Verbindung  der  Indo- 
germanischen Sprachen  untereinander«  zu  halten,  der  offenbar  die 
Zuhörer  gefesselt  haben  muss,  da  Abschriften  davon  unter  mehren 
Theilnehmern  circulirt  haben. 

Ich  weiss  sehr  wohl,  welche  ungeheuren  Fortschritte  gerade 
dieser  Zweig  der  Wissenschaft  in  der  neueren  Zeit  durch  Bopp 
selbst,  Schleicher,  Curtius  und  Andere  gemacht  hat;  immerhin  zeo# 
es  von  der  seltenen  Geistesbildung  und  Geistesschärfe,  dass  der 
König  einer  damals  fast  neuen,  ziemlich  abstracten  Lehre  mit  solchem 
Eifer  sich  hingab  und  wir  können  es  uns  nicht  versagen,  einige 
Momente  aus  jener  Abhandlung  hier  mitzutheilen.  *) 

»Sowie  überhaupt«  —  beginnt  jene  Abhandlung  —  »der  wun- 
derbare Bau  der  Sprache,  dieser  Blüthe  aus  dem  Stamme  der 


*)  Siebe  Beilage  2. 


ZlJft    CtlABAKTEBtSTIk    KoNIG   JoHAN!*8    VON   Sachsen.  275 

Menschheit  ein  anziehender  Gegenstand  des  Studiums  ist,  so 
insbesondere  die  Verwandtschaft  der  verschiedenen  Sprachen 
untereinander.  Sie  lässt  uns  einen  Blick  in  das  innere  Trei- 
ben des  Menschengeistes  in  verschiedenen  Zeiten  und  Lan- 
dern thun  und  wirft  oft  ein  Licht  auf  Perioden  der  Geschichte 
unseres  Geschlechts,  wo  uns  jede  urkundliche  Quelle,  sogar 
die  vielzüngige  Sage  im  Stich  Ittsst.  Sie  deutet  endlich,  wie 
mir  scheint,  bei  tieferem  Eindringen  mit  immer  zunehmender 
Klarheit  auf  die  ursprüngliche  Einheit  der  Menschheit  und 
die  Wahrheit  des  biblischen  Berichts.« 
Dass  aber  nicht  etwa  blosser  Dilettantismus  ihm  genügte,  son- 

ern  dass  er  den  wissenschaftlichen  Standpunkt  festhielt,   zeigt  er, 

enn  er  sagt: 

»Schon  lange  ist  es,  dass  einzelne  Gelehrte  ihren  Scharfsinn 
in  dem  Auffinden  von  Aehnlichkeiten  zwischen  den  Worten 
der  verschiedenen  Sprachen  versuchten.  Solche  Zusammen- 
stellungen aufs  Gerathewohl  aufgeraffter,  miteinander  nach 
vielleicht  ganz  zufälligem  Gleichklange  verglichener  Worte  konn- 
ten unmöglich  zu  einem  befriedigenden  Resultate  fuhren;  erst 
der  neueren  Zeit,  insbesondere  den  Forschungen  eines  Hum- 
boldt, Bopp  u.  A.  war  es  vorbehalten,  die  vergleichende 
Sprachenkunde  auf  einen  wissenschaftlichen  Standpunkt 
zu  erheben,  wozu  namentlich  die  erlangte  Kenntniss  einer 
grossen  Anzahl  uns  bis  dahin  verschlossener  Sprachen  das 
Meiste  beitrug.  Diese  Sprachkenntniss  Hess  die  Gesetze  näher 
erkennen,  nach  denen  die  Fortgänge  der  Sprachen  von  Volk 
zu  Volk  und  von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert,  die  Verminde- 
rung der  Laute  einerseits  und  Wortbedeutung  andererseits 
erfolgt,  und  indem  hierdurch  manche  scheinbare  Verwandt- 
schaft als  blos  zufällige  Lautähnlichkeit  sich  darstellt,  wurde 
manche  nähere  Verwandtschaft  aufgefunden,  die  man  auf  den 
ersten  Blick  nicht  ahnen  würde.  Man  lernte  nämlich  zu- 
erst die  Stammsilben  des  Wortes  von  ihren  grammatischen 
Vor-  und  Nachsilben  unterscheiden;  man  erkannte,  dass 
wenigstens  in  den  meisten  Sprachen  die  Vocale  mehr  beweg- 
licher Natur  sind,  als  die  Consonanten;  man  ward  endlich 
darauf  aufmerksam,   dass  die  Consonanten  derselben   Classe 


276  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  [tt 

häutig  in  einander  übergehen,  ja  dass   in  gewissen  Sprächet   : 
gewisse  Buchstaben  constant  in  andere  sich  verwandeln  u.  s.  w.   j 
Auf  eine   wichtige  Erwägung   hat  übrigens   noch  das  tiefe« 
Sprachstudium    geführt.     Jede    Sprache    besteht    aus 
doppelten  Elemente:    1.,   dem   Wortvorrath  zur  , 
der  Begriffe  (lexikalisches  Element)    2.,  den  Mitteln,  um  die 
Verhältnisse  der  Begriffe  untereinander  auszudrücken  (grammt- 
tisches  Element),  und  es  wendet  die  Sprache  hiferzu  folgende 
Mittel  an: 

a.  Veränderung    des    Wortes    durch     innere  Umgestalte^ 
oder  Anhäufung  von  Vor-  und  Nach-Silben; 

b.  Einschiebung  von  Worten,   welche  keinen  selbständig» 

Sinn  haben  (Partikeln); 

c.  Stellung  des  Wortes  im  Satze.« 
Es  würde  zu  weit  führen,  hier  die  nun  folgenden  Beweise  jeter 

Behauptungen  mitzutheilen  und  namentlich  auch  den  gelehrten  Nach- 
weis der  innigen  Verwandtschaft  der  Indogermanischen  Sprächet 
vorzuführen,  dem  er  noch  ein  Wort  über  Buchstaben-  und  Schrift- 
systeme beifügt,  woraus  er  den  Schluss  zieht,  dass  die  Erfinduig  \ 
der  Schrift  weit  jünger  ist,  als  die  Entstehung  der  Sprachen,  ötd 
dann  mit  den  Worten  schliesst: 

»Die   Schrift    ist  Menschenwerk,    die    Sprache    eine   Gabe 
Gottes.« 
Schon  aus  diesen  Bruchstücken  dürfte  sich  aber  ergeben,   dass  wir 
es  mit  einer  wissenschaftlichen  Abhandlung,  nicht  mit  blosser  Dilefc* 
tanten-Arbeit  zu  thun  haben. 

Bis  an  sein  Lebensende  hat  übrigens  der  König  diesem  Sprach- 
studium sein  lebhaftestes  Interesse  bewahrt  und  fast  jede  dararf 
bezügliche  literarische  Erscheinung  sorgfältig  studirt;  wie  denn  über- 
haupt  die  Liebe  zu  den  Glassikern  der  römischen  und  griechisch« 
Welt  ihn  bis  zum  Grabe  begleitet  hat.  Mitten  in  seiner  schweres  ' 
Krankheit  liess  er  sich  von  Zeit  zu  Zeit  aus  dem  Homer,  namentlich 
den  14.  und  15.  Gesang  der  Odyssee,  vorlesen  und  citirte  oft  ans 
den  verschiedenen  Gesängen  ganze  Stellen  in  der  Ursprache. 

Bei  dieser  Gelegenheit  wiederholte  er  auch  seine  stete  festge- 
haltene Ansicht:  »dass  die  Homerischen  Gesänge  —  man  möge  aus 
sogenannten   gelehrten    Gründen   sagen    was    man    wolle  —   einem 


43;  Zun  Charakteristik  König  Johanns  von  Sachsen.  277 

Einzigen  ihren  Ursprung  verdanken  müssten;  die  Dichtung  scheine 
zo  einheitlich  auch  in  der  poetischen  Auffassung,  als  dass  man  das 
Gegentheil  für  richtig  halten  könne.  Man  müsse  sich  nur  —  das 
Ganze  fest  im  Auge  habend  —  den  Eindruck  recht  vergegenwärtigen, 
am  zu  fühlen,  dass  etwas  Einheitliches  durch  die  ganzen  Gesänge 
gebe«.  Es  hatte  in  der  That  etwas  Rührendes,  wie  er  sich  freute, 
wenn  er  einen  das  Gleiche  Empfindenden  vor  sich  sah.  Dass  der 
König  die  deutschen  Classiker  nicht  vernachlässigte,  versteht  sich 
bei  einem  so  wissenschaftlich  strebenden  Manne  von  echt  deutscher 
Gesinnung  von  selbst;  nur  beiläufig  mag  hier  bemerkt  werden,  dass 
er  zwar  einige  Werke  Goethe's  —  namentlich  den  Faust  und  Her- 
mann und  Dorothea  —  bewunderte,  dass  er  aber  Schiller' n 
wirklich  liebte. 

Mit  wenig  Worten  nur  komme  ich  auf  den  Lieblingsdichter  des 
Königs  —  Dante;   denn  es  ist  über  die  Verdienste   des  Königs   um 
Dante   von  Sachkundigen    so    viel   Treffliches    geschrieben    worden, 
dass  ich   als  Laie  mich  scheuen  möchte,  etwas   hinzuzufügen;  niefit 
Deutschland,  nicht  Italien,   —   die  ganze  gebildete  Welt  hat  es  er- 
kannt, dass  die  Arbeiten  des  Königs  jenen  grossen  Dichter   erst  zu- 
gänglich und  geniessbar  gemacht  haben.    Als  der  König  zum  ersten- 
mal 1821 — 1822  in  Italien  war  und  da  Gelegenheit  gehabt  und  ge- 
nommen hatte,   die   italienische  Sprache  gründlich  zu  studiren,'  und 
dann,    soviel    bekannt,    hauptsächlich    durch    Graf  Baudissin,   Carus 
and  Förster  angeregt,    mit  italienischen    Dichtern    sich    bekannt   zu 
machen,  gewann  er  bald  die  Ueberzeugung,   dass  Dante  der  Vater 
der  italienischen  Poesie  und  der  Regenerator  der  reinen  italienischen 
Sprache,  und   dass  es   daher   ganz    unerlässlich    sei,    sich   mit  ihm 
ganz  vertraut  zu  machen,  eine  Ansicht,  in  der  ihm  Förster,   bekannt- 
lich ein   feiner   Kopf  und    ausgezeichneter  Kenner  der  italienischen 
Literatur,  bestärkte.     Lind  was  fand  er  nun  in  Dante's  grossartigem 
Dichterwerk?     Eben  das,   was  auch  ihm,    dem  König,   das  Höchste 
war:  den  Ausdruck  einer  hohen  und  gediegenen  Sittlichkeit,  die  sich 
auf  politischem,   wie   auf  kirchlichem   Gebiete   zeigt;   den   Ausdruck 
des  echten  Patriotismus,   im  Gegensatz    zu   einem  kleinlichen   Parti- 
kolarismus;  den  tiefreligiösen,  echt  katholischen  Christen,   im  Gegen- 
satz   zu   engherzigen   Anschauungen;    und   nachdem   nun    der  König 
ingedrungen    war    in   die    wundervolle   Dichtung,    angefeuert    noch 


278  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  U 


durch  die  vielfachen  Schwierigkeiten  und  Dunkelheiten,  die  bei 
gründlichen  Studium  zu    überwinden    waren,   namentlich  durch  die 
oft  zweifelhafte  Frage:  wo  ist  Wirklichkeit,  wo  ist  Allegorie?  u.  s.w., 
da  reifte   in  dem   König  der   Entschluss,   sich  selbst   an  die  Arbeil 
zu  machen  und,  wenn  auch  unter  sorgsamer  Benutzung  des  Vorhat 
denen,   doch   seinen  eigenen  Weg   zu  gehen  bei  der  Interpretation 
wie  bei  der  Uebertragung.    Es  galt  nun  vor  allen  Dingen,  dazu  sich 
gehörig  vorzubereiten;    und   da  erstaunt  man,    wenn  man  den  Ap- 
parat überblickt,   den  sich   der  König    in  seiner  grossen   Gewisa» 
haftigkeit  zusammengestellt  hat,  um  überall  auf  den  Grund  zu  geh*  ! 
und  entweder    die    ihm    beigegangenen   Zweifel   wirklich   zu  lQMt  ; 
oder  unumwunden  einzugestehen,   dass  sie  ihm  unlösbar  erschien 
seien.     Die   Königliche   öffentliche  Bibliothek   in   Dresden    be&itat  m  " 
diesen  Vorarbeiten  und  dem  Uebersetzungs- Manu  Script  einen  gros«!  1 
Schatz.     Hier   und   in  den  Briefen  Gelehrter  und  Freunde  über  &  i 
Arbeit    ist    für    den    künftigen  Biographen    eine    reiche    Fundgrobfc  -* 
Trotz  dieser  bis  ins  Kleinste  gehenden  Vorstudien  und  trotz  des  sog* 
faltigsten  Lesens  der  Kirchenväter,  der  Classiker,  der  einschlagend*, 
naturwissenschaftlichen  Schriften    hat  der  König  doch   den  Sinn  tut 
die  hohe  Poesie  seines  Dante  nicht  verloren;   die  in  der  gaosae 
gebildeten  Welt  bekannte  Uebersetzung  zeugt  davon,  welchen  hokee 
Werth   er  der   poetischen    und   culturhistorischen   Bedeutung  beilegt 
und  wie  klar  er  die  Reinheit  der  Sprache  Dante's  erkannte. 

Es    ist    nicht    meine    Aufgabe    über    diese  wahrhaft   königticke 
Arbeit  zu  urtheilen;  aber  erfreulich  ist  es,  zu  sagen:  dass  der  Kää% 
auch  hier   in  Folge  der  Reinheit  und  Bescheidenheit  seines  Weeeas 
sich  nie  Genüge  geleistet  und  daher  nicht  aufgehört  hat,  die  bes- 
sernde Hand  anzulegen  und  all'  die  zahllosen  Kritiken,  Bemerkung», 
neuen  Ausgaben  und  Uebersetzungen,  die  ihm  aus  Deutschland,  Itatie0 ! 
u.  s.  w.  zukamen,  gewissenhaft  zu  benutzen ;  ja  noch  während  seiaar 
Krankheit  bemühte  er  sich,  eine  ihm  zugegangene  holländische  Uefaer» 
Setzung  des  Dante  zu  lesen,  und  freute  sich  des  glücklichen  Erfolget 
seiner  Anstrengung.     Nach    langem  Widerstreben   entschloss  er  «et*! 
endlich,   an   eine   neue  Dante-Ausgabe,   die  schon  längst  gewünscht 
worden,  ernstlich  Hand    anzulegen.     Die  Bearbeitung   derselben  fiel 
mit  in  das  verhängnissvolle  Jahr  1866;  allein  er  fand  dennoch  Müsse» 
nicht   nur  die   zum  Theil  sehr  wesentliche  Umgestaltung  der  älteren 


15]  ZlR    CHAftAKTKKlSTIK    KüNJti    JOHANN'*    VON    S ACHSEN.  279 

Ausgabe  zu  vollenden,  sondern  auch  selbst  die  Correctur  der  Druck- 
bogen  der  neuen  Ausgabe    in    drei    starken  Octavbänden  zu   über- 
wachen.     Es  war  diess  freilich  nur  bei  solchem  geregelten  und  ge- 
wissenhaften Fleiss  und  bei  solcher  Vertrautheit  mit  allen  Einzelheiten 
des  Werkes   möglich.     Wie  tief  sich  der  »Dante«  dem  Gedächtnis* 
des  Königs  eingeprägt  hatte,  davon  zeugt   der  Umstand,  dass  er,  als 
er  einst  ein  paar  Hefte  der  handschriftlichen  Dante-Uebersetzung  bei 
einem  Aufenthalle  in  Sanssouci  verloren  halte,  sie  dadurch  sofort  er- 
gänzte,  dass  er  —  das  italienische  Original  in  der  Hand  —  seinem 
Bibliothekar   die  Uebersetzung  aus  dem  Gedächtniss  fast  in  ununter- 
brochener   Geläufigkeit   dictirte;    auch    einzelne    im    Commentar    zu 
Dante  fehlende  Citate  aus  dem  umfänglichen  Werke  des  Thomas  von 
Aquino  »Summa  Theologiae«   aus  dem  Gedächtniss  zu  ergänzen  im 
Stande  war.    Aufrichtig  freute  er  sich  über  das  Gedeihen  der  unter 
seinem  Protectorat   stehenden  »Deutschen  Dantegesellschaft«,   welche 
fach  eine  Rede  Carl  Witte's  1 865  eröffnet  ward,  und  studirte  eifrig 
die  interessanten  Aufsätze,   welche   die  Jahrbücher  der  Gesellschaft 
lethalten. 

Dass  Dante's  Poesie  nach   den  verschiedensten  Richtungen  hin 
Weh   die   Künstler   anregte,    ihren  Stoff   für  Handzeichnungen   und 
Gemälde  zu  entnehmen,  war  natürlich;*)  und  durch  das  Streben  aus- 
gezeichneter Künstler,  dem  geistvollen  Uebersetzer  und  Commentator 
des  Dante  eine  Aufmerksamkeit  zu  erweisen  und  den   Dank   dafür 
«zudrücken,  dass  er  ihnen  einen  grossartigen,  poetischen  Stoff  auf- 
geschlossen hatte,  entstand  bald  eine  Sammlung  höchst  interessanter 
*  Bilder  und  Zeichnungen,   die  durch   die  liebenswürdige  Theilnahme 
4er  Königlichen  Familie  jährlich  so   vermehrt   und  erweitert  wurde, 
4ass  ein  recht  eigentliches  Dante-Album  entstand,   auf  welches  der 
$foig  mit  Recht  einen  hohen  Werth  legte,  da  zum  Theil  von  sehr  aus- 
gezeichneten  Künstlern  Denkmäler  der  Liebe  zu  Dante  und  zum  König 
darin  niedergelegt  sind,  die  höchst  interessante,  geistvolle  Illustrationen 
a  den  bedeutendsten  Stellen  des  Dante'schen  Gedichtes  bilden.     So 
bedeutend  und  wichtig  die  Sammlung  fast  aller  Dante   betreffenden 
Schriften  ist,  die  sich  in  des  Königs  Bibliothek  befindet,  und  so  in- 
teressant der  Briefwechsel  des  Königs  mit  verschiedenen  ausgezeich- 


•)    Siehe  Beilage  3. 


280  Dr.     Johann  Paul  von  Falkenstein,  [Ig 

neten  Persönlichkeiten  über  Dante  ist:  —  das  eigentümlichste  Weit 
ist  in  Verbindung  mit  dem  sogenannten  Koch'schen  Dante-Album, 
welches  Friedrich  Wilhelm  IV.  dem  König  verehrte,  ohne  Zweifel 
dieses  Dante-Album,  das  eben  nur  ein  solcher  königlicher  Dichter  an- 
zulegen und  mit  solchem  Erfolg  fortzuführen  im  Stande  war. 

Manche  glückliche  Stunde  verlebte  er  im  Anschauen  solcher 
Zeichnungen,  die  ihm  natürlich  sofort  die  ganze  Situation,  der  sie  ent- 
nommen waren,  vergegenwärtigten  und  in  ihm  die  Hoffnung  erweck- 
ten oder  ihn  darin  bestärkten:  man  werde  nach  und  nach  die 
Schönheit  der  Dichtung  verstehen.  Denn  —  sagte  er  wohl  zu- 
weilen —  es  gehe  dem  Paradies  des  Dante  so  wie  es  Goethe  mä 
dem  zweiten  Theil  des  Faust  gehe: 

»Die    Meisten    haben    kein  Verständniss  dafür   und  woflei 
nicht  in's  Paradies,  sondern  auf  der  Erde  bleiben.« 

Bei  dem  wahren  Freundschaftsverhältniss,  das  sich,  so  zu  sagav 
zwischen  dem  König  und  Dante  gebildet  hatte,  musste  es  natOffek 
Ersteren  tief  ergreifen,  als  er  nun  bei  seinem  zweiten  Besuch  ffll 
Italien  1838  auch  Faenza  und  Ravenna  berührte.  »In  erstem 
Stadt,«  —  sagt  er  in  seinen  Briefen  aus  Italien,  —  »forschte  ich  VW* 
gebens  nach  einer  Erinnerung  aus  Dantes  Zeit«  —  »in  Ravenna  äff 
habe  ich  am  Grabe  meines  Freundes  Dante  gestanden,  ich  tat 
wohl  sagen,  mit  Rührung.  Es  steht  so  still  an  einer  Gassenecke 
der  wirklich  ziemlich  todten  Stadt,  in  der  er  verbannt  starb.« 
Tags  darauf  besichtigte  er  genau  die  Merkwürdigkeiten  von  Ravenna, 
die  »zu  den  interessantesten  gehören,  die  man  sehen  kann.  Das 
ganze  Zeitalter  des  sinkenden  Römischen  Reiches  und  des  empor* 
steigenden  Christenthumes  geht  Einem  dabei  auf;  in  den  Kirch«, 
sämmtlich  im  Basilikenstvl,  aber  leider  zum  Theil  innerlich  modennsirt, 
findet  man  überall  heidnische  Ueberreste  zum  christlichen  Kirche»* 
schmuck  verarbeitet,  prächtige  Säulen  aus  den  kostbarsten  fremdet 
Marmorarten  und  die  in  der  ersten  Christenheit  üblichen  Symbole 
der  Taube  und  des  guten  Hirten  allenthalben  angebracht.  Dea 
herrlichen  Pinienwald  am  Meeresstrand,  dessen  Dante  gedenkt,  be- 
suchte ich  und  bei  einer  nochmaligen  Wanderung  zu  Dante's  Gl 
schrieb  ich  meinen  Namen  nebst  folgendem  Verse  an  die  Mauer: 


Zm  Charakteristik  König  Johanns  von  Sachsen.  2fi1 

Friede  Deiner  Asche!     Bürger  bist  Du  jetzt, 
Dante,  einer  wahren  Stadt. 
Der  Verbannung  herbes  Leid  vergisst  Du 
In  dem  Licht,  das  keinen  Schatten  hat. 

ge  Tage  später  schreibt  er  von  Florenz  aus,  wo  er  beim  Be- 
der  Bibliotheca  Laurentiana  eines  der  ersten  Manuscripte  des 
i,  22  Jahre  nach  des  Dichters  Tode  beendigt  von  der  Hand  des 
dchtschreibers  Philipp  Villani,  gesehen  und  dann  den  Dom  be- 
hatte: »war  es  mir  doch  ein  eigenes  Gefühl,  den  Taufstein  zu 
t,  wo  wahrscheinlich  Dante  getauft  worden  ist.« 
Wer  so  von  einem  Dichter,  wie  Dante,  begeistert  war,  musste 
gstens  poetische  Anlage  haben;*)  und  in  der  That  hat  der 
;,  wenn  er  auch  nie  darauf  ausgegangen  ist,  diese  Anlage  be- 
ts  zu  cultiviren,  nicht  blos  durch  höchst  gelungene  Ge- 
heitsgedichte,  die  in  grosser  Anzahl  unter  seinen  Papieren  sich 
1,  sondern  auch  durch  einige  selbständige  Dichtungen  Proben 
r  poetischen  Auffassung  und  seiner  Formen-Gewandtheit  ge- 
l,  die  auch  insofern  von  hohem  Interesse  sind,  als  sich  darin 
Innerstes,  sein  Streben  nach  Wahrheit,  seine  Gewissenhaftigkeit, 
edler  Sinn  überhaupt  wiederspiegelt.  Seine  tragische  Oper: 
imunde«  sowie  die  Oper  »Saul,  König  in  Israel«  und  sein  Trauer- 
;  »Pertinax«  enthalten  treffliche  Stellen:  wenn  er  z.  B.  sagt: 

Nur  der  wird  froh  des  Lebens,  der  am  Abend 
Sich  sagen  kann :  ich  hab'  den  Tag  gelebt : 
Ein  Same  ist  der  Tag  für  Ewigkeiten, 
Nur  wer  ihn  nützet,  darf  auf  Früchte  bauen! 

i  damit  zeichnete  er  wirklich  sein  tägliches  Leben,  das  er  stets 
Gebet  begann  —  daher   sich    in   seinem  Nachlass   ganze   Stösse 
selbstgefertigten    oder    abgeschriebenen    Andachten,   z.  B.    wie 
stehende  : 

»In  Demuth  trete   ich  vor  Dir   hin,   All  weiser,   Allwissender, 

Allmächtiger ! 
Wie  nichts  fühle  ich  mich  vor  Dir,  mit  meinem  beschränkten 
Wissen    und  Erkennen,   mit  meiner  schwachen  Kraft,  die  so 
oft  das  Böse  thut,  das  ich  nicht  will,  und  das  Gute,  das  ich 


*)  Siehe  Beilage  4 . 

Ubril.  d.  K.  S.  Gesell  «eh.  d.  Wissomch.    XVII.  19 


282  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  [M 

will,  unterlässt.     Und  selbst  das  Wenige,  das  ich  weiss  uad 
vollbringe,  ist  nur  ein  Werk  Deiner  Erleuchtung  und  Demer 
Gnade,  die  in  dem  Schwachen  mächtig  ist.     Gieb  mir,  girier 
Gott,  dass  ich  meinen  Verstand  Deinen  heiligen  Offenbarungen 
meinen  Willen  Deinen  Geboten   unterwerfe. 

Lass  mich  erfahren,  dass  ich  nichts  bin  und  nichts  habe, 
als  durch  Dich  und  Deinen  eingeborenen  Sohn  Jesus  Christa* 
der  uns  geworden  ist  zur  Weisheit  und  Gerechtigkeit 

Dieses  verleihe  mir  durch  eben  diesen  Deinen  Sohn,  dr 
mit  lebet  und  herrschet  in  Einigkeit  des  heiligen  Geistes, 


Ewigkeit  zu  Ewigkeit!     Amen!«  \ 

auf  einzelne  Blätter  geschrieben,  finden  —  und  dann  im  eigentlichst« 
Sinne  keine  Stunde  ungenutzt  vorübergehen  liess.  Nur  so  war  m 
auch  möglich,  dass  er  als  König  und  unbeschadet  der  Regierung 
Geschäfte,  denen  er  sich  mit  seiner  ganzen  Kraft  widmete,  nocb  \ 
alle  literarischen  Neuigkeiten  von  einiger  Bedeutung  durchsah  und  je 
nachdem  durchlas  oder  durchstudirte;  und  wenn  er  in  dem  oben- 
genannten Trauerspiel  Pertinax  dem  jungen  Christen  Saturnin  die 
Worte  in  den  Mund  legt: 

Du  weisst  es,  wie,  als  kaum  die  ersten  Flaumen 

Am  Kinn  mir  sprossten,  schon  der  Durst  nach  Wahrheit 

Mein  ganzes  Herz  erfüllt,  wie  ich  hinweg 

Vom  Kampfspiel  mich,   vom  Trinkgelage  zog, 

Um,  trotz  des  Spottes  meiner  Spielgesellen, 

Der  Philosophen  Schriften  zu  durchblättern 

so  schildert  er  darin  eben  sein  ganzes  Innere,  sein  Wahrheitsstrebelf 
seinen  Ernst,  der  ihn  bei  aller  Heiterkeit,  bei  aller  Liebe  zum  Sehen 
und  zum  Witz,  durch  sein  ganzes  Leben  begleitete  —  eine  wibfl* 
Dichter-Natur. 

Er  selbst  hat  nie  besondern  Werth  auf  seine  poetischen  Arbei- 
ten gelegt  —  vielleicht  zu  wenig  — ,  aber  von  Interesse  ist  erdoeb» 
dass  er  noch  in  der  neuesten  Zeit  sich  veranlasst  fand,  in  einer  ihn 
eigentlich  ganz  fremden  Form  —  der  Novellenform  —  einen  GeffBr  j 
stand  zu  behandeln,  der  ihn  nach  mancher  Seite  hin  interessirte  —  \ 
vom  juristischen,    psychologischen    und  religiösen  Standpunkte  ass. 
Es  verdient  diese  Novelle,  welcher  er  den  Titel:   »Der  Entehrte«  gib, 
hier  vielleicht  erwähnt  zu  werden,  da  sie  ihn  noch  während   seiner 
schweren   Krankheit  so  interessirte,  dass  er  sie  sich   vorlesen  liess» 


*°]  Zcb  Charakteristik  König  Johanns  von  Sachsen.  283 

Anlass  zu  dieser  erst  im  Jahre  1872  in  Riva  entstandenen 
Novelle  hat  offenbar  die  bekannte  Duellangelegenheil  gegeben, 
welche  vielfach  in  den  Zeitungen  besprochen  ward  und  dazu  ge- 
fehlt hat,  dass  einige,  dem  westphulischen  katholischen  Adel  ange- 
hörende preussische  Offiziere,  die  sich  zu  schlagen  weigerten,  aus 
der  Armee  traten.  Offenbar  hat  der  König  hierin  seine  eigenen  Ge- 
danken über  den  Zweikampf,  den  das  Gewissen  verbiete,  die  welt- 
liche Ehre  aber  fordere,  entwickelt;  geschöpft  aus  der  Lehre  der 
christlichen  Religion,  derselben,  aus  der  auch  die  katholischen  Offi- 
ziere ihre  Ueberzeugung  genommen  haben  mochten.  Es  gehört  der 
specielle  Inhalt  dieser  Novelle  nicht  hierher.  Die  Composition  ist 
einfach;  aber  immerhin  interessante,  ja  ergreifende  Momente  bietend 
liefert  die  ganze  Arbeit  einen  Beweis  des  tiefsten  sittlichen  Gefühls 
nd  der  hohen  Auffassung  der  Grundsätze  der  christlichen  Religion,  so 
dtss  Niemand,  wie  er  auch  sonst  über  das  Duell  denken  mag,  den 
hier  niedergelegten  Ansichten  seine  Achtung  wird  versagen  können. 

Es  konnte  nicht  fehlen,  dass  seine  Dante- Arbeiten  und  der  durch 
ganz  Deutschland,    oder   vielmehr    durch    die  ganze    gelehrte   Welt 
verbreitete   Ruf  der  gründlichen   und   vielseitigen  Gelehrsamkeit   des 
Königs,  den  deshalb  König  Friedrich  Wilhelm  IV.  scherzhafter  Weise 
»Professor«  nannte,  ihn  in  Correspondenz  mit  den  bedeutendsten  Ge- 
lehrten   brachte;    und    wenn    die  Zeit    gekommen    sein   wird,    eine 
eigentliche  und  vollständige  Biographie  des  Königs  zu  schreiben,   so 
wird  diese  Correspondenz,  in  Verbindung  mit  den  eigenen  Aufzeich- 
Ungen  des  Königs  über  sein  Lel>en  bis  zum  Regierungs-Antritt  treff- 
Eehes  Material  bieten;  es  mag  hier  nur  beiläufig  auf  die  Correspon- 
-denz  mit  dem  bekannten  Verfasser  der  spanischen  Literatur  George 
Ticknor  in  Boston,  dessen  gesammte  Correspondenz  dem  Vernehmen 
lieh  in  Druck  erscheinen  und  sonach  auch  mehre  zwischen  ihm  und 
im  König  gewechselte  Briefe  enthalten  wird,  mit  dem  namentlich  auch 
fcrch  die  Dante-Arbeiten  berühmten  Professor  Witte,  dem  Verfasser 
der  Geschichte  Roms   Reumont,    dem   Bearbeiter  Dante's  Notter   in 
Stuttgart  u.  s.  w.  u.  s.  w.  erwähnt    werden ,    welchem    Letzteren    er 
loch   in   der  allerneuesten  Zeit   eine    Kritik   über   einen  Theil  seiner 
Dante-Arbeiten  zugesendet  hat. 

Noch  während  seiner  Krankheit  interessirte  ihn  besonders  Quin- 
tana'**   Leben    berühmter   Spanier,    vom   Grafen   Baudissin,   den   der 

1D* 


284  Dr.  Johann  Pail  von  Falkenstein,  [!• 

König  Überhaupt  sehr  hoch  ehrte,  übersetzt;  und  es  war  staunens- 
wert^ dass  er  bei  dem  Gespräche  darüber  eine  Menge  Details,  von 
einer  früheren  Lektüre  her,  im  Gedächtniss  hatte,  und  wie  liebens- 
würdig, mit  welcher  Heiterkeit  —  überhaupt  ein  Grundzug  seines 
Wesens  —  er  sich  oft  über  kleine  Vorkommnisse  aus  der  Jugendzeit, 
an  die  er  sich  dabei  erinnerte,  aussprach. 

Wie  aber  schon  im  Eingange  dieses  Vortrages  auf  die  Vielseitigkeil 
des  Königs  hingedeutet  worden  ist,  so  muss  hier,  nachdem  einige  An- 
deutungen über  sein  gelehrtes  und  poetisches  Leben  gegeben  worden 
sind,  auch  der  pädagogischen  Grundsätze  gedacht  werden,  von  denen 
sich  der  König  bei  dem  Erziehungsgeschäft  leiten  Hess.     Denn  auch 
diese  zeugen  von  der  Klarheit  seines  Geistes  und   von  dem  Ernst 
seiner  Lebensanschauungen    und  dem  Streben ,  auch  seinen  Sohn  n 
dem   Ziele  zu   führen,   das   ihm  als  das  höchste  vorschwebte.    Es 
handelt  sich   hier  freilich    nicht  um  bahnbrechende  Principien;  aber 
es  soll  gezeigt  werden,  wie  auch  hier  die  grosse  Gewissenhaftigkeit, 
die  Wahrheit  und  Klarheit  in  allen  Verhältnissen  -seines  Lebens  her- 
vortritt.    Es   würde  zu   weit   führen,  die   Unterrichtsmethode  nrter 
zu  beleuchten,  die  er  bei  dem  Geschichtsunterricht  befolgte,  den  er 
selbst  regelmässig  seinen  Töchtern  gab  und  für  den   er  mit  grüsster 
Sorgfalt  besondere  Hefte   sich   ausarbeitete;    aber   von    allgemeinem 
Interesse  dürfte  es  sein,  die  Grundsätze  kennen  zu  lernen,  nach  denet 
er  seinen  erstgeborenen  Sohn,    unsern  jetzigen   hochverehrten  König 
Albert,  erzogen  zu  sehen  wünschte.    Da  schrieb  denn  der  Prinz,  als 
er  dem  Geh.  Rath  von  Langenn  die  Frage  vorlegte,   ob  er  sich  ge- 
traue, als  Erzieher  einzutreten  —  1835: 

»Mein  Sohn  soll  —  das  wird  mein  ernstliches  Bestreben  sein-' 
ächte,  feste  positive  Religions-Grundsätze,  als  Offenbarung*- 
gläubiger,  haben;  bis  zu  diesem  Punkte  erfordere  ich  & 
Mitwirkung  seines  künftigen  Erziehers,  auch  wenn  er  efltf 
anderen  Confession  zugethan  ist.  Mein  Knabe  soll  aber  fem* 
auch,  ohne  allen  Widerwillen  gegen  fremde  Ckrafessfflti* 
Verwandte,  ganz  und  fest  seiner  Confession  angehören;  * 
dieser  Beziehung  erwarte  ich  von  der  Gewissenhaftigkeit  ein* 
Erziehers,  dass  er  nicht  nur  selbst  aller  störenden  Einwff 
kung  sich  enthalte,  sondern  auch  dergleichen  Störungen  fl 
verhüten  sich  bemühen  werde. 


]  Zur  Charakteristik  Komc*  Johanns  von  Sachsen.  285 

»Die  Stellung  des  Erziehers,  dem  Religions-Lehrer  gegen- 
über, denke  ich  mir  ohngefähr  wie  die  des  Staats  zur  Kirche, 
wie  das  jus  circa  sacra  zum  jus  in  sacra  —  —  In  den 
eigentlichen  Religionsunterricht  wird  er  sich  zwar  jeder  Ein- 
mischung zu  enthalten  haben ;  wenn  er  aber  bemerken  sollte, 
dass  dabei  etwas  vorginge,  was  dem  Zwecke  der  Erziehung 
überhaupt  Eintrag  thun  könnte,  hätte  er  solches,  da  nöthig 
durch  Rücksprache  mit  mir  selbst,  zu  beseitigen. 

»In  moralischer  Hinsicht  sind  mir:  das  Halten  auf  strenge 
Sittenreinheit  und  Erwärmung  für  alles  Gute,  Schöne,  Tüch- 
tige und  Ehrwürdige,  nebst  Gewöhnung  an  Selbstbeherrschung 
jeder  Art,  die  ersten  Erfordernisse.  In  politischer  Hinsidht 
wünsche  ich  keinen  Widerwillen  gegen  die  bestehende  Ord- 
nung der  Dinge  im  Vaterlande;  aber  ebensowenig  eine  Hin- 
gabe an  die  hohlen  Theorieen  der  Zeit;  vielmehr  ein  Fest- 
halten an  den  alten  guten  Grundsätzen,  welche  die  bürger- 
lichen Einrichtungen  an  eine  höhere  Weltordnung  anknüpfen. 

»Ueberhaupt  glaub7  ich:  der  Erzieher  muss  den  ganzen 
Menschen  unter  Berücksichtigung  der  Individualität  harmonisch 
zu  entwickeln  suchen,  also  den  Geist  wie  den  Körper,  das 
Gemüth  wie  den  Verstand. 

»Zu    den  Studien    wünsche   ich    meinen   Sohn    mit   dem 
grössten   Ernst    angehalten    zu   sehen,    bin    aber    dabei    der 
Ueberzeugung,   dass   der  Zweck   derselben   mindestens  eben- 
so   sehr    die   Gewöhnung    an    Fleiss    und    Ordnung   und    die 
Uebung  der  geistigen  Kräfte,   als    die  Erlernung  der  Gegen- 
stände  selbst  ist.     Ich   würde  daher  jede   Ueberlastung  des 
jugendlichen  Geistes  mit  Lehrstunden,  worunter  die  Gesund- 
heit des  Körpers  oder  die  Frische  des  Geistes  leiden  könnten, 
nie  für  angemessen  halten  können.« 
diesem  Sinne  hat   denn  nun  auch   der  Prinz  damals  die  Instruc- 
i  für  den  künftigen  Erzieher  selbst  ausgearbeitet,  und  es  mag  ge- 
let  sein,  aus  derselben  nur  noch  einige  Punkte    hervorzuheben: 
»Innige  Anhänglichkeit   und   Ehrfurcht,   sowie   treuer  Gehor- 
sam gegen   den  Landesherrn    und   festes  Halten  an  vaterlän- 
dischen Einrichtungen   ist  meinern   Sohne  tief  ins   Herz   ein- 
tragen.« 


286*  Dr.  Johann  Pail  von  Falkenstein,  [W 

feiner : 

»Bei  schicklicher  Gelegenheil  ist  darauf  hinzuweisen,  dass  die 
meinem  Sohne  verliehene  Stellung  ein  Geschenk  Gottes  sei, 
das  ihn  umsomehr  verbindet,  durch  Erwerbung  der  nöthigeo 
Tüchtigkeit  und  durch  treue,  keine  Opfer  scheuende  Pflicht- 
erfüllung sich  desselben  würdig  zu  machen.  Regungen  des 
Stolzes  ist  auf  diese  Weise  und,  da  nöthig,  durch  Darstellung 
der  Thorheit  desselben  entgegenzuwirken.  Dabei  ist  jedoch 
mein  Sohn  auch  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  es  eines 
Fürsten  Pflicht  sei ,  die  ihm  von  Gott  gegebene  Stellung  zs 
•  behaupten. 
•  »Mein  Sohn  ist  dazu  anzuhalten,  jedem  Stande  im  Staate 

gebührende   Anerkenntniss  zu   gewähren,    insbesondere  dea 
ehrenwerthen  Kriegerstand,  der  die  festeste  Stütze  der  Throne 
ist,  Zuneigung  und  Aufmerksamkeit  zu  zeigen.« 
Unwillkürlich  denkt  man  dabei  an  die  schönen  Worte  des  Königs: 
»Viel   und  Herrliches   haben    weise   Fürsten  gethan,   ohne  tt 
eine  Verfassung  gebunden  zu  sein.    Dennoch  ist  eine  auf  ge- 
schichtlicher Grundlage  und  nicht  auf  leeren  Theorieen  ruhende 
Verfassung    eine    grosse    Wohlthat    für  ein   Volk.     Eine  be- 
stehende Verfassung  muss,  sie  mag  beschaffen   sein,  wie  sie 
wolle,  treu  gehalten,  aufrichtig  ausgeführt  und  geachtet  und 
die  Mangel  derselben,    wenn  deren   wirklich  vorhanden,  nur 
auf  verfassungsmässigem  Wege,    ehrlich  und   nie  durch  Will- 
kür abgeändert  werden;« 
und    freut   sich,    wenn    man   in   dem  Exemplar  der  Verfassungs-Ur- 
künde,  welches  der  Vater  einst  seinem  Sohne,  unserm  jetzigen  König*  . 
gab,  die  Königlichen  Worte  eingeschrieben  findet: 

»Halte  sie  fest  gegen  Jedermann,  denn  ein  Königlich  Wort  — 
das  soll  man  nicht  drehen  noch  deuteln.« 
Und  in  der  That :  das  ganze  Volk  weiss  es,  mit  welcher  Treue  «nd 
Redlichkeit  er  die  Verfassung  des  Landes  gehalten  und  geschüttt* 
und  auch  das  ganze  Deutschland  weiss  es,  wie  treu  er  Alles  gehet* 
ten,  was  er  versprochen  hat;  das  von  ihm  am  2.  October  18SJ 
ausgesprochene  Wort  aber: 

»ich  bin  gewöhnt,  so  viel  mir  auch   an  dem  Beifall  des  Vol- 
kes gelegen,  einem  höheren  Auge,  welches  auf  meine  Ueber* 


►]  Zur  Charakteristik  König  Johanns  von  Sachsen.  287 

zeugung  schaut,  zu  folgen  und  lieber  mein  Gewissen  zu  ver- 
wahren, als  um  die  Gunst  des  Volkes  zu  buhlen« 
tat  er    auch    in   den    schwierigsten  Verhaltnissen   zu    seiner  Richt- 
schnur genommen. 

Dass  ein  Mann  von  so  allgemeiner  humanistischer  Durchbildung, 
m  so  klarem  Blick  und  erfüllt  von  dem  Streben,  dem  Lande  nütz- 
ich  zu  werden,  in  hervorragender  Weise  an  der  Aus-  und  Fort- 
lüdang  der  Verfassung  und  an  der  Gesetzgebung  schon  als  Mitglied 
ler  ersten  Kammer  Theil  genommen,  ist  ebenso  erklärlich,  als  allge- 
aein  bekannt.  Welcher  Sachse  kennt  denn  nicht  seine  epoche- 
nachenden  Arbeiten  in  der  Criminalgesetzgebung;  seine  Reden  über 
iewissensfreiheit  (bei  Gelegenheit  der  Frage  über  die  Judenemanci- 
Ntion);  über  Patrimonialgerichtsbarkeit,  Ehe  u.  s.  w.  u.  s.  w.,  und  in 
cemem  Falle  würde  hier  der  Ort  sein,  über  diese  übrigens  schon  viel- 
ach  gewürdigte  Thätigkeit  detaillirte  Mittheilungen  zu  machen;  und 
benso  wenig  kann  es  meine  Absicht  sein,  hier  zu  schildern,  in 
reicher  hervorragenden  Weise  er  als  König  dann  den  Regierungs- 
eschäften  und  insonderheit  der  Gesetzgebung  sich  widmete;  mit 
elcher  Sorgfalt  und  Gewissenhaftigkeit  er  jeden  Gesetzentwurf  prüfte 
ad  mit  seinen  oft  auf  ganz  neue  Ideen  führenden  Bemerkungen 
^gleitete,  die  er  dann  ebenso  scharfsinnig  vertheidigte,  als  er  sie,  wenn 
r  sich  von  der  richtigeren  Ansicht  überzeugte,  in  liebenswürdiger 
reise  zurücknahm;  oder  nachzuweisen,  in  welcher  höhen  Achtung 
ir  König  bei  allen  Juristen,  den  praktischen,  wie  den  Theoretikern 
and,  die  am  besten  durch  den  bekannten,  beim  Juristentag  ausge- 
übten Toast  Bluntschli's  bezeichnet  ward:  »Dem  Juristen  unter 
sn  Königen  und  dem  König  unter  den  Juristen«  —  aber  merkwürdig 
leibt  es  immerhin,  wie  ein  junger  Fürst,  dessen  vorzügliches  Streben 
ahin  gegangen  war,  sich  cl assisch  auszubilden,  und  der  sich  in 
essen  Folge  hauptsächlich  mit  dem  Alter thu nie,  mit  der  Geschichte 
ad  mit  Dante  beschäftigt  hatte,  dahin  gelangte,  dass  er  als  Jurist 
ad  als  praktischer  Geschäftsmann  das  leistete,  was  er  geleistet  hat! 
a  steht  nun  freilich  der  alte  Satz  obenan:  dass  Dem,  der  auf  dem 
runde  classischer  Bildung  Wissenschaft,  also  die  systematische  Er- 
mntniss  der  Gegenstände  und  ihrer  Gesetze  erlangt  hat,  der  sich 
iher  mit  klarem  Bewusstsein  ihres  Werthes  und  Zieles  derselben 
ogiebt.    nicht  um  der  Vielwisserei  willen,  sondern  um  die  kräftige 


288  Dr.  Johann  Pall  von  Falkenstein,  [t4 

Entfallung  des  Geistes,  die  Humanität  im  wahren  Sinne  des  Wortes, 
zu  fördern,  alles  Andere  mehr  oder  weniger  gelingt,  und  da» 
Wissenschaft  und  Praxis  nicht  Gegensätze  sind,  sondern  im  engetai 
Zusammenhange  stehen. 

Findet  sich  nun  bei  solchem  wissenschaftlichen  Sinn  und  solchet 
geistigen  Anlagen,  wie  unser  König  sie  hatte,  auch  Gelegenheit,  wä 
den  gewöhnlichen  Lehensverhältnissen  sich  vertraut  zu  machen,  aal 
finden  sich  Lehrer,  die  es  verstehen,  den  wissenschaftlichen  Sin 
fürs  praktische  Leben  nutzbar  zu  machen,  so  ist  erklärlich,  dw 
unser  König  auch  in  dem  eigentlichen  praktischen  Leben  so  Ausge- 
zeichnetes leistete. 

Danach  ist  es  in  hohem  Grade  interessant,  dass  der  Antrieb  zs 
dieser   praktischen  Ausbildung  ganz   allein    von   ihm  selbst  ausgog» 
ja,  dass  er  auf  diesem  Wege  mehr  Hindernisse  fand,  als  Förderung; 
und  wenn  einmal  künftig  der  Verfasser  einer  eingehenden  Biographie 
dem  Briefwechsel    seine  Aufmerksamkeit  widmen    und   ihn  benutze» 
wird,  welcher  bezüglich  des  Eintrittes  des  Prinzen  in  die  Verwaltungs- 
geschäfte  des  damaligen  Finanz-Collegii   zwischen  dem  Prinzen  tad 
dem  Chef  des  Collegii,  v.  Manteuffel,  stattgefunden  bat,  wird  man  er* 
erkennen,   wie  klar  er  sich   über  das,   was  er  anstrebte,  war  ml 
mit  welcher  Ausdauer  er  danach  strebte,  eine  Stellung  zu  erlanget, 
die  ihm  auch   wirklich  das   gewährte,   was   ihm  vorschwebte.    Nur 
eine  Stelle,  die  das  Gesagte  bestätigen  dürfte,  mag  hier  Platz  findet: 
»Die  Absicht  bei  meiner  Anstellung  im  Finanz-Collegium  wir 
keine  andere,   als   Ausbildung  zum   praktischen    Staatsdienst    ■ 
»Diess  hat  aber  für  uns  Prinzen  seine  eigenen  Schwierigkeiten; 
denn  erstens  können  wir  nicht  stufenweise  zu  höheren  Stellet 
aufsteigen  —  dadurch  entbehren   wir  die  beste  Schule  uad 
bleiben  den  Elementen  der  Geschäfte,   mehr  oder   weniger» 
fremd;  sodann  entgeht  uns  die  so  wichtige  Welt-   und  Met- 
schenkenntniss  und  fehlt  uns  endlich   der  richtige  Sporn  der 
Verantwortlichkeit  u.  s.  w.« 
und  auf  diese  Bemerkungen   hin  suchte  er  nun  eine   in   mehrfacher 
Hinsicht  exceptionelle  Stellung  im  Finanz-Collegium  sich  zu  gründet; 
was  ihm  nach  langen  Verhandlungen  auch  gelang. 

Wie  er  aber  später,  und  nachdem  er  selbst  so  ganz  unerwartet 
auf  den  Thron  berufen  worden,  die  Uebung  in  praktischen  Geschäfte* 


Zun  Charakteristik  Komg  Johanns  von  Sachsen.  289 

Erfahrungen  verwerthet  hat,  davon  legen  das  deutlichste  Zeug* 
t>:  die  vielfachen  Reisen,  durch  welche  er  über  alle  Verhält- 
ies  Landes  durch  den  Augenschein  sich  Kenntniss  zu  ver- 
n  bestrebt  war.  In  der  Zeit  von  1855  bis  mit  dem  Jahre 
bat  er  16  Rundreisen   durch  einzelne  Theile  des  Landes   ge- 

lediglich  zu  dem  Zweck,  sich  von  den  vorhandenen  Bildungs- 
ohlthätigkeits-Anstalten,  gewerblichen  Etablissements,  Kranken- 
2ttungshäusera,  insonderheit  auch  von  den  Schulen  aller  Art  aus 
r  Anschauung  ein  deutliches  Bild  zu  verschaffen  und  sich  selbst 
ahrheit  des  von  ihm  stets  festgehaltenen  Satzes  über  die  Zu« 
ngehörigkeit  der  Theorie  und  der  Praxis  zu  vergegenwärtigen. 
r\e  er  bei  dem  mehrmaligen  Besuch  der  Universität  —  die 
thl  der  hier  Versammelten  ist  dessen  noch  eingedenk  —  immer 
issenschaft  vor  Augen  hatte  und  nur  davon  sich  überzeugen 
,  wie  sie  von  dem  Einzelnen  aufgefasst  werde,  mit  welchem 
se  die  Jugend  den  Lehrern  folge,  und  was  etwa  zur  Förderung 
issenschafllichen  Geistes  oder  des  Wohlbefindens  der  Lehrer 
;hüler  noch  geschehen  könne,   so  hatte  er  auch  bei   dem  Be- 

der  einzelnen  Landestheile  immer  die  Frage  in  Gedanken: 
st  für  die  Bildung  des  Volkes,  für  den  Wohlstand  des  Ortes 
sr  Gegend  geschehen  und  was  ist  noch  zu  thun?«  und  suchte 
un  diese  Frage  durch  eingehende  Besichtigungen  der  Ans  tal- 
ler Fabriken,  der  Schulen,  durch  stundenlanges  Anhören  des 
ichts  oder  der  Vorträge  und  durch  Rücksprache  mit  den  Be- 
en  ins  klare  Licht  zu  bringen,  oder  die  Beantwortung  dersel- 
>ch  von  weiterer  Erwägung  abhängig  zu  machen, 
eshalb  Hess  er  auch  über  alles  Bemerkenswerthe  und  Inter- 
;,  was  er  auf  einer  solchen  Reise  wahrgenommen,  ein  mög- 
vollständiges Journal  führen,  das  ihm  jedesmal  am  Morgen  vor 
leginn  einer  neuen  Excursion  vorgelesen  werden  musste,  und 
r  es  in  hohem  Grade  interessant,  wie  er  es  verstand,  sich  die 
cke  des  Gesehenen  und  Gehörten,  der  Personen  und  der  ein- 
3nden  Verhältnisse  lebendig  zu  vergegenwärtigen, 
ne  unendlich  viele  Lehrer,  od  auch  der  kleinsten  Schule,  die 
m  einsamen  und  bescheidenen  Leben  nicht  daran  hatten  denken 
,  einst  Angesichts  ihres  Königs  eine  Lection  halten  zu  müssen; 
iele   Fabrikanten   und   sonstige   industrielle   Unternehmer;    wie 


290  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein.  *6 

viele  weltliche  und  geistliche  Beamte  werden  sich  noch  der  ein- 
gehenden Unterhaltung,  des  prüfenden  Blicks,  der  ermuthigendei 
Worte  entsinnen,  mit  denen  der  König  sie  ansprach,  die  Furcht  und 
Angst,  in  die  des  Königs  Gegenwart  sie  versetzte,  zu  verscheuch« 
und  doch  jedes  Zuviel  abzuhalten  wusste! 

Das  war  die  Frucht  seiner  humanen  Durchbildung,  seiner  Milde, 
seines  Talents  —  aber  auch  seiner  durch  die  schon  in  der  Jugetd 
begonnene  Theilnahme  an  den  Geschäften  erlangten  Sach-  md 
Menschenkenntniss ;  er  hatte  eben  das  erreicht  und  sich,  so  zu  sagen, 
erarbeitet,  was  er  bei  seinem  Eintritt  in  das  Finanz-Collegiiun,  nie 
oben  angedeutet  worden,  so  dringend  gewünscht  und  als  für  ein« 
Prinzen  so  schwer  erreichbar  bezeichnet  hatte.  Die  körperlich« 
und  geistigen  Anstrengungen  solcher  Reisen  wurden  aber  auch  reich- 
lich ausgeglichen  durch  den  Jubel,  der  ihn  empßng,  und  die  dank- 
baren Freudenthränen ,  mit  denen  Die  ihn  weggehen  sahen,  deaei 
er  Anerkennung  gezollt,  Muth,  auch  in  der  Sorge  auszuharren  m 
Vertrauen  auf  Gott,  zugesprochen  und  die  Hoffnung  auf  baldig» 
Wiedersehen  gegeben  hatte. 

Noch  in   später  Zeit   erinnerte  er  sich   oft  und  gern  an  seine 
Thätigkeit  im  Finanz-Collegium ,   und   auf  die  Aufbewahrung  seioef 
Briefwechsels  mit  v.  Manteuffel  u.  s.  w.  legte  er  besondern  Werth;  < 
wie  denn  überhaupt  das  Gefühl  der  Dankbarkeit  bei  ihm  stets  leben- 
dig sich  erbalten  hat. 

Noch  in  seiner  letzten .  Krankheit  gedachte  er  mit  grosser  Warn* 
seines  juristischen  Lehrers,  des  ehemaligen  Hofraths  Dr.  Stübel,  *der 
ihm  viel  gelehrt,  aber,«  was  er  weit  höber  anschlug,  »viel  Anregung 
gegeben  habe;«  und  meinte  in  den  Gesichtszügen  seines  Enkels,  der 
einige  Zeit  als  Privatsekretär  ihm  treulich  diente,  das  freundliche 
Bild  seines  einstigen  Lehrers  wiederzufinden ;  und  wie  er  oft  im  Ge- 
spräch der  Namen  Derer,  die  ihm  als  Erzieher  oder  Lehrer  eini^ 
ner  Fächer  nahe  gestanden,  mit  Dank  gedachte,  so  nahm  er  auch 
in  den  letzten  Tagen  seines  Lebens,  obwohl  zu  einer  Zeit,  zu  welcher 
er  noch  nach  Monaten  rechnen  zu  dürfen  glaubte,  in  rührender,  e** 

ganzes   Wohlwollen    in    sich    fassender  Weise  Abschied    von  sein* 

• 

nächsten  Umgebung,  dankend  ihnen  für  ihre  Treue  die  Hand  rei- 
chend; und  selbst  seinem  Lieblingshunde  Rappo  gegenüber,  den* 
stets  um  sich  hatte  und  der  auch  während  der  Krankheit  des  Könitp* 


i 


Zur  Charakteristik  König  Johanns  von  Sachsen.  291 

leicht  von  dem  Bette  wich,  äusserte  er  lächelnd:  »nun  werde 
ohl  eher  sterben  als  du«.  Es  wird  diess  nur  angeführt,  um  zu 
,  wie  sein  ganzes  Herz  von  Wohlwollen  erfüllt  war,  und  wie 
iuch  bei  dem  vielfach  geprüften  Herrn  eine  gewisse  Heiterkeit, 
poetische  Naivetät  erhalten    hatte,  die  seinem   ganzen   Wesen 

unwiderstehlichen  Ausdruck  verlieh,  der  seine  Freunde  begei- 

und  selbst  seine  Gegner  gewann. 

)ass  ein  Mann  von  solchem  Geist  und  solchem  Gemüth  auch 
liges  Interesse  für  Natur  und  Kunst  haben  musste,  versteht  sich 
elbst.  Für  die  Schönheit  der  Natur,  zumal  für  die  Erhaben- 
ler  Gebirgswelt    hatte   der  König  einen  überaus  empfänglichen 

darin,  wenn  auch  nicht  in  so  umfassender  Weise,  seinem 
igten  Bruder  ähnlich. 

n  der  erst  kürzlich  erschienenen  kleinen  Schrift:  »Les  Barons 
rell«  wird  mehrfach  der  Aeusserungen  gedacht,  aus  denen  die 
ucht  des  Prinzen :  »einmal  das  schöne  Land  der  Berge  und  der 
it  wiedersehen  zu  können«,  hervorgeht,  und  die  Schilderung 
laturschönheiten  in  seinen  Briefen  aus  Italien  zeigen  deutlich, 
ine  schöne  Natur  ihn  aufheiterte  und  wie  innig  und  gern  er 
des  Gesehenen   erinnerte.      Mit    wahrer   Freude    gedenke    ich 

einer  im  letztvergangenen  Jahre  von  Ems  aus  unternom- 
i  Spazierfahrt  nach  dem  reizenden  Schloss  Stolzenfels,  wo 
änig  in  Erinnerung  an  die  schönen  Tage,  welche  er  dort 
t  hatte,  seiner  Umgebung  mit  grosser  Lebendigkeit  nicht  nur 
errlichkeit  der  Umgegend  schilderte,  sondern  auch  jeden  Platz 
iloss  und  Garten,  wo  er  gelesen,  gearbeitet,  sich  unterhalten 
[er  bezaubernden  Aussicht  gefreut  hatte,  zeigte;  und  wie  lei- 
war  er  doch  schon  damals,  wenn  auch  zuweilen  noch  sein 
3S  mildes  Auge  wie  ehedem  freundlich  die  Welt  und  die  Men- 

anschaute !  Aber  nicht  blos  für  die  Natur,  auch  für  die  Kunst 
er  ein  lebendiges  Interesse,   richtigen  Blick  und  klares  Urtheil. 

in   der   Musik,   mit   der   er  sich   am   wenigsten    beschäftigte, 

er  mindestens  ein  feines,  richtiges  Gefühl,  wenn  er  auch  nicht 
)chte,  es  künstlerisch  zu  begründen;  entschieden  zuwider  war 
uich  hier  das  Virtuosenthum ;  wogegen  er  für  ernste  Musik, 
ondere  Kirchenmusik  viel  Interesse  zeigte  und  auch  in  der 
?rung  noch    des    tiefen    Eindruckes    gedachte,    den    das    Spiel 


292  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  [** 

Mendelssohns  auf  ihn  gemacht  habe,  »der  Geist  und  Herz  mit  sei- 
nen Fingern,  wie  mit  seinem  glänzenden  Auge  beim  Spiele,  er- 
griffen und  gerührt  habe«. 

Seiner  ganzen  Art  nach  liebte  er  nicht  die  Exclamationen  wirk- 
licher oder  sogenannter  Kunstverständiger  beim  Anschauen  von  Kunst- 
werken, sondern  das  stille  Beschauen  und  Insichaufnehmen;  und 
damit  stimmen  auch  die  Aeusserungen  überein,  die  man  in  seinen 
italienischen  Briefen  über  einzelne  Gegenstände  findet,  z.  B.  über  die 
Kreuzabnahme  von  R.  Marconi: 

»ich    musste    dreimal    darauf    zurückkommen    und    bin   mit 
Schmerzen  von  ihm  geschieden!« 

oder  wenn  er  beim  Anschauen  der  Magdalena  von  Tizian  sagt: 

»so  tief  und  rein   hat   wohl  Niemand   den  Schmerz   und  die 
Reue  dargestellt;« 

oder,  wenn  er  einen  Vergleich  zwischen  Triest  und  Venedig  anstel- 
lend sagt:  »Triest  ist  Gegenwart  ohne  Erinnerung;  in  Venedig, 
das  seinem  unvermeidlichen  Verfall  entgegengeht,  ist  Erinnerung  und 
Verfall.«  Oder,  wenn  er  bei  einem  Besuche  der  Villa  Ludovici 
eine  Gruppe  schildert:  einen  barbarischen  Häuptling  darstellend,  der, 
von  den  Römern  besiegt ,  seine  Frau  getödtet  hat  und  dann  sich 
selbst  den  Dolch  in  die  Brust  stösst: 

»Schon  dieser  Gegenstand  hat  für  mich  das  hohe,  tragische 
Interesse,  welches  mir  alle  die  Männer  einflössen,  welche  im  Kampfe 
gegen  das  allzermalmende  Rom  unterlagen.  Kräftig  und  uner- 
schrocken tritt  er  hervor ,  noch  ungeschwächt .  durch  die  frische 
Wunde,  mit  dem  Ausdruck,  der  zu  sagen  scheint:  Ich  bin  den- 
noch frei!« 

Oder  endlich,  wenn  er  nach  Betrachtung  der  Ludovicfscheo 
Juno  sagt:  »es  ist  eine  blosse  Büste,  aber  der  Idee  der  Gattin  des 
Zeus  entsprechend.  Es  ist  viel  Hoheit  und  doch  Schönheit  in  de» 
Kopf,  so  dass  man  denken  kann,  wie  ungeachtet  der  vielen  Lieb* 
schaflen,  nur  diese  dem  Vater  der  Götter  und  Menschen  als  Gatt» 
recht  war.«  Es  lässt  sich  aus  jenen  Briefen,  denen  ein  künftig* 
Biograph  die  grösste  Aufmerksamkeit  wird  zuzuwenden  haben,  oo®1  | 
eine  Menge  geistvoller  Auffassungen,  besonders  auch  über  den  B*  ' 
druck  anfuhren,   den  Rom  mit  seinen   gewaltigen  Erinnerungen  '** 


I 


Zur  Charakteristik  Konig  Johann's  von  Sachsen.  293 

lachte;  allein  ich  habe  mich  hier  zu  beschränken  und  nur  noch 
theilen,  was  er  selbst  mit  wenigen  Worten  über  den  Eindruck 
den  Italien  bezüglich  der  Kunst  auf  ihn  gemacht:    »Hier,«  sagt 
n  Italien,  besonders  auch  in  Florenz,  tritt  mir  überall  die  Kunst, 
lern  Leben  verwebt,  das  Leben  schmückend  und  erhebend,  nicht 
unstsammlungen    gebannt,    entgegen.«     Gemälde    religiösen  In- 
>,  oder  Kunstgegenstände,  die  Verbindung  hatten  mit  dem  classi- 
i  Alterthume,   oder  Denkmäler  der   Vorzeit,   in    denen   er  mit 
t  gleichsam  eine  lebendige  Geschichte  erblickte,  erregten  offen- 
n  ihm  das  lebendigste  Interesse.    Es  ist  bekannt,  wie  er  lange 
hindurch  der  Leiter  des    seit   1824   bestehenden   Sächsischen 
hums-Vereins  war;    wie   man  ihn  gewissermaassen   als  Mitte- 
ler des  Nürnberger  National- Museums   betrachten  muss,   wenn 
den  Bericht   über   die  Versammlung  Deutscher  Geschichts-  und 
humsforscher  vom  16 — 19.  August  1852    und  seine  dabei  ge- 
ten  Reden  liest,  und  wie  er  als  Regent  keine  Gelegenheit  vor- 
iess,  diese   Vereine  durch  Wort   und  That  zu  unterstützen,  für 
irvirung  der  Alterthümer  zu  sorgen  und  die  Kunst  zu   fördern; 
erufung  ausgezeichneter  Männer,  die  Herstellung  guter  Ateliers, 
e  forde  rung    aller  Einrichtungen,    die   dazu   mittelbar   oder  un- 
bar  dienten,  den  Künstlern  Beschäftigung  zu  geben,  sind  davon 
j;    er    führte    treu    das    aus,    was    er    schon   als   Mitglied    der 
i  Kammer  1834  ausgesprochen  hatte: 
»Es  ist  ein  allgemeiner  Erfahrungssatz,  dass  die  Kunst  blüht, 
wo  sie  benutzt  und   beschäftigt  wird;   das  zeigt  das  Beispiel 
Bayerns,  der  Rheingegend  und   selbst  der  Erfolg  des  Sächsi- 
•  sehen  Kunstvereins.     Deshalb   will  auch    ich    die  Künste    in 
Sachsen    beschäftigt    wissen    und  zwar   auch   bei   grösseren, 
öffentlichen  Werken«  u.  s.  w. 
nan  kann  wohl   sagen,   dass  er  noch  den   Erfolg   seiner  des- 
;en  Bestrebungen  erlebt  hat. 

Doch  ich  würde  fürchten  müssen,  Ihre  Geduld  zu  missbrauchen, 
3  ich  in  solchen  und  ähnlichen  Mitthei  langen  fortfahren,  wenn 
lieh  vielleicht  geeignet  sein  könnten,  das  liebenswürdige  Bild 
Königs  zu  vervollständigen,  das  jeder  von  uns  in  seinem 
in  trägt. 
Wie   sein   ganzes  Wesen    erfüllt    war    von    echter  Frömmigkeit 


294  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  [30 

und  von  dem  edelsten  Streben  nach  Wahrheit  in  allen  Dingen;  wie 
sich  seine  Treue  und  sein  strenges  Rechtsgefühl  auch  in  den 
schwersten  Zeiten  bewährt  hat,  so  zeigt  sich  diess  auch  im  Kleinsten; 
daher  litt  er  z.  B.  niemals  den  Ankauf  von  Nachdrucken  und  er- 
laubte einem  Photographen,  der  von  den  prachtvollen  Original-Coro- 
positionen  zu  Dante's  göttlicher  Comödie  Nachbildungen  zu  machen 
wünschte,  diess  nur  unter  der  ausdrücklichen  Bedingung,  dass,  — 
obwohl  er,  der  König,  Eigentümer  war  —  für  jede  Nachbildung 
von  dem  Autor  des  betreffenden  Kunstblattes  die  Bewilligung  zuvor 
eingeholt  würde. 

Es  kann  nicht  meine  Absicht  sein,  meine  hochgeehrten  Herren, 
Ihnen  hier  die  letzten  Wochen.  Tage  und  Stunden  des  theuren  Ent- 
schlafenen zu  schildern;  sie  enthalten  viel  Erhebendes  und  Wek- 
müthiges,  und  wenn  man  sich  erinnert,  dass  er,  dem  nahen  Tod  bei 
vollem  Bewusstsein  ins  Auge  schauend,  von  seiner  nächsten  Umge- 
bung Abschied  genommen,  sich  nach  empfangener  letzter  Oelung  die 
Stelle  aus  dem  Briefe  des  Jacobus,  auf  die  man  das  Sacrament 
der  letzten  Oelung  stutzt,  später  verschiedene  lateinische  Kirchen- 
Hymnen,  namentlich  das  »Stabat  Mater«  und  »Dies  irae«  vorlesen  Hess, 
und  die  mit  Mühe  vollbrachte  Unterzeichnung  eines  Decrets,  durch 
welches  ein  Arzt,  der  ihm  besonders  während  der  furchtbaren  Nächte 
tröstend  durch  Vorlesen  u.  dgl.  beigestanden  hatte,  zum  Hofralh 
ernannt  ward,  sein  unbegrenztes  Wohlwollen,  sowie  die  mit 
zitternder  Hand  beeilte  Vollziehung  zweier  für  die  versammelten 
Stände  bestimmten  Decrete  seine  Sorge  fürs  Land  bezeugt  hatte,  so 
liegt  schon  in  diesen  wenigen  Andeutungen  das  Bild  einer  edlen 
Seele,  die  mit  Dank  gegen  Gott  und  Wohlwollen  gegen  di$  Men- 
schen sich  vom  Irdischen  losreisst. 

Mit  den  poetischen  Worten,  mit  denen  einst  der  Verewigte  das 
Exemplar  der  Divina  Commedia  schmückte,  welches  er  seinem  Sohne, 
unserm  erhabenen  König,  übergab,  möchte  ich  schliessen: 

»Wenn  meine  letzte  Stunde  längst  geschlagen, 
Und  dann  Dein  Blick  auf  meine  Gabe  fällt, 
Gedenke,  dass,  was  diese  Blätter  tragen, 
Gar  manche  Lebensstunde  mir  erhellt. 
Du  wirst  zum  Mann,  zum  Fürsten  Du  erblühn 
Dem  Ziel  nachringend,   das  ein  Gotl  Dir  weis! , 
O  möge  dann  bei  Lockungen  und  Mühen 
Dein  Geist  sich  kraftigen  an  Dante's  Geist, 


'     ZCI    CUAIAKTEIISTIK    KöNIG    JOHANNS   VON    SaCBSKN.  295 

Dass  bei  des  Schlechten  Anblick  heisa  entlodVe 

In  heiliger  Entrüstung  Dein  GemUth, 

Den  Lohn,  der  ihm  gebührt,  dem  Edlen  fod're, 

Wenn  es  Dein  Blick  von  Neid  getreten  sieht; 

Dass  Wille  Dir  und  Thatkraft  nimmer  lasse, 

Was  Du  als  gut,  was  Du  als  recht  erkannt, 

Oh  auch  die  Lust  Dich  lockt,  die  Welt  Dich  hasse, 

Nie  feig  dem  Werk  entziehend  Deine  Hand; 

Dass  sich  Dein  Herz,  wie  hoch  es  immer  schlage, 

In  Demuth  beuge  vor  des  Höchsten  Macht, 

Und  fromme  Sehnsucht  Dich  zum  Himmel  trage: 

Zur  Klarheit  ringend  aus  der  Erdennacht; 

Dass  truglos  in  der  Kirche  heü'gem  Dome 

Dir  leuchte  stets  der  Offenbarung  Licht 

Und  in  der  Weltgeschichte  ew'gem  Strome 

Verkündiget  Dir  sei  das  Weltgericht; 

Denn  aus  des  Paradieses  Regionen 

Reicht  rettend  uns  der  Edlen  Schaar  die  Hand, 

Zeigt  Erdenpilgern  die  errungenen  Kronen 

Und  führt  sie  siegreich  ein  in's  bess're  Land.« 


Möge  Gottes  Segen  unsern  tbeuren  König  Albert,  von  dem  wir 
;sen,   dass  er   mit  jugendlicher  Frische  die   Bahnen   seines   ver- 
igten   Vaters  wandelt  und  mit  sicherm  Feldherrnblick   den  Ernst 
Zeit   und  die  Schwierigkeit  des  Regenten berufs  überschaut,   be- 
ten  bis  ans  Ende  seiner  Tage! 


Beilagen. 


i. 

Xcupe,  7£ptov,  tov  ist   KXXa;  irepi  Mooo    £<piArjOev, 
oux  ocpbaXjjiou  apepos,  8i8oi>  $*  Tjoeiav  aotoVjV. 
(Anspielung  auf  Homer.  Odyss.  VIH,  63 — 64.)  'Icoavvrj;. 


n. 

feber  yergleichende  Sprachkunde  und  die  enge  Verbindung  der  Indo- 
germanischen Sprachen  unter  einander. 

4842. 

Sowie  überhaupt  der  wunderbare  Bau  der  Sprache,  dieser  Blttthe  aus 
*m  Stamme  der  Menschheit,  ein  anziehender  Gegenstand  des  Studiums  ist, 
>  insbesondere  die  Verwandtschaft  der  verschiedenen  Sprachen  unter  ein- 
tider.  Sie  lässt  uns  einen  Blick  in  das  innere  Treiben  des  Menschengeistes 
*  verschiedenen  Zeiten  und  Ländern  thun  und  wirft  oft  ein  Licht  auf  Pe- 
®4en  der  Geschichte  unseres  Geschlechts,  wo  uns  jede  urkundliche  Quelle, 
1  selbst  die  vielzüngige  Sage  im  Stiche  lässt.  Sie  deutet  endlich,  wie  mir 
sheint,  bei  tieferem  Eindringen  mit  immer  zunehmender  Klarheit  auf  die 
rsprttngliche  Einheit  der  Menschheit  und  die  Wahrheit  des  biblischen  Be- 
fehles. 

Schon  lange  her  ist  es  darum,  dass  einzelne  Gelehrte  ihren  Scharfsinn 
lQ  dem  Auffinden  von  Aehnlichkeiten  zwischen  den  Worten  der  verschiedenen 
Sprachen  versuchten.  Solche  Zusammenstellungen  aufs  Gerathe wohl  aufgeraffter, 
*&  einander  nach  vielleicht  ganz  zufälligem  Gleichklange  verglichener  Worte 
*°ftnte  unmöglich  zu  einem  befriedigenden  Resultate  fuhren.  Erst  der  neueren 
kit,  insbesondere  den  Forschungen  eines  Humboldt,  Bopp  und  Anderer  mehr 

ttkudl.  d.  K.  S.  Oewlbcb.  d.  Wissensch.  XML  20 


298-  Dr.  Johann  Pail  von  Falkenstein,  [31 

war  es  vorbehalten,  die  vergleichende  Sprachkunde  auf  einen  wissen- 
schaftlichen Standpunkt  zu  erheben,  wozu  namentlich  die  erlangte  Kenntniss 
einer  grossen  Anzahl  uns  bis  dahin  ganz  verschlossener  Sprachen  das  Meiste 
beitrug. 

Diese  ausgebreitetem  und  gründlichere  Sprach  kenntniss   Hess  die  Gesetze 
näher  erkennen,  nach   denen   im   Fortgange   der  Sprachen  von  Volk   zu  Volk 
und  von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert  die  Verminderung  der  Laute  einer- 
seits und  der  Wortbedeutung  andererseits  erfolgt,  und',   indem  hierdurch 
manche  scheinbare  Verwandtschaft  als  bloss  zufällige  Lautähnlichkeit  sich  dar- 
stellte, ward  manche   wahre  Verwandtschaft  aufgefunden,    die    man   auf  den 
ersten  Blick  nicht   ahnen    würde.      Man    lernte    nehmlich   zuerst  die   Stamm- 
silben des  Wortes  von  ihren  grammatischen  Vor-  und  Nach -Silben  scheiden; 
man  erkannte,  dass,  wenigstens  in  den   meisten  Sprachen,    die  Vokale  mehr 
beweglicher  Natur  sind  als   die  Gonsonanten ;  man  ward  endlich  darauf  auf- 
merksam, dass  die  Consonanten  derselben  Classe  (z.  B.  die   Kehllaute  k,  g,h, 
die  Lippenlaute  b,  p,  f)  häufig  in  einander  übergehen,  ja  dass    in   gewissen 
Sprachen  gewisse  Buchstaben  constant  in  andere  sich   verwandeln.     So  wird 
das  w  in  den  Romanischen  Sprachen  häufig   in  g  verwandelt,    z.  B.  Vaseons 
in  GascotiSj   Walther  in  Gaitthier ;  so  steht  im  Böhmischen  überall  A,   wo  in 
Polnischen  g  steht,  z.  B.  poln.  grod  =  böhm.  hrad,    das   Schloss,   —  pol». 
gora  =  böhm.  Aora,  der  Berg.     Nächstdem  zeigen  auch  die  in  verschiedenen 
Sprachen   nachzuweisenden    Mittelglieder,    dass    scheinbar    ganz    verschieden 
lautende  Worte  doch  eines  und  desselben  Ursprungs  sind.    Wer  würde  1. 1 
zwischen  dem  Sanskritworte  aham  und   dem  Englischen  J  nach  dem  Mosien 
Klange  eine  Verwandtschaft  ahnen,    und  doch  wird  eine   solche  ausser  allen 
Zweifel  gesetzt,    wenn  man   die   Reihenfolge   von    aham  egor  goth.  ik  und </ 
verfolgt.      Eine    gleiche   Bewandtniss    hat    es    mit   Verminderung   der  Wort- 
bedeutung. • 

Auf  eine  wichtige  Erwägung  hat  übrigens  noch  das  tiefere  Sprachstudiu* 
geführt.  Jede  Sprache  besteht  aus  einem  doppelten  Elemente,  1)  dem  Wort* 
vorrathe,  zu  Bezeichnung  der  Begriffe  ^lexikalisches  Element),  2)  den  Mittetet 
deren  sich  die  Sprache  bedient,  um  die  Verhältnisse  der  Begriffe  unter  eis* 
ander  auszudrücken  (grammatisches  Element).  Zu  diesem  Zwecke  wand* 
die  Sprachen  folgende  drei  Mittel  an : 

a)  die  Veränderung  des  Wortes  durch  innere  Umgestaltung  oderAlH 
häufung  von  Vor-  und  Nach-Silben  (Abbeugung); 

b)  die   Einschiebung    von  Worten,    welche    keinen    selbststäüdig^ 
Sinn  haben  (Partikeln) ; 

c)  die  Stellung  des  Wortes  im  Satze. 

Wie  nun  keine  Sprache  eines  dieser  Mittel  ausschliesslich  gebrauch*,  * 
\\altet  doch  bald  das  eine  bald  das  andere  mehr  vor.  Das  Chinesische  i.  *• 
soll  durch    Partikeln   und  hauptsächlich   durch   die  Stellung   der  Warte  ote* 


35]  Zur  Charakteristik  Römg  Johanns  von  Sachsen.  $90 

alle  Abbeugung  den  Zweck  erreichen;  in  den  Sprachen  der  Südsee  scheint 
die  Partikelbildung  vorzuwalten,  indess  bei  den  Indogermanischen  Sprachen, 
namentlich  bei  der  ültesjen  unter  ihnen,  dem  Sanskrit,  bei  dem  Griechischen 
und  Lateinischen  die  Wortveränderung  vorwaltet.  Sowie  man  nun  jene  beiden 
Elemente  gleichsam  mit  Stoff  und  Form  der  Sprache  vergleichen  kann,  so 
konnte 'man  sie  auch  gewissermassen  das  Feste  und  Flüssige  oder  das 
bewegliche  und  unbewegliche  Element  derselben  nennen.  Fremde  Worte 
nimmt  nehmlich  ein  Volk,  das  mit  einem  anderen  in  Berührung  kommt,  mit 
der  grttssten  Leichtigkeit  auf;  es  pflegt  sie  aber  dann  auf  seine  Weise  um- 
zuformen und  unter  seine  grammatischen  Gesetze  zu  beugen.  Dass  aber  eine 
Sprache  fremde  grammatische  Elemente  aufgenommen  habe,  davon  ist 
mir  in  der  That  kein  Beispiel  bekannt.  Hat  doch  selbst  das  mit  Französischen 
Worten  so  reich  dotirte  Englische  in  den  wenigen  ihm  verbliebenen  gram- 
matischen Formen  lediglich  das  Deutsche  Element  und  hiermit  den  Ger- 
manischen Charakter  der  Sprache  und  des  Volkes  beibehalten.  Hierdurch 
dürfte  sich  für  die  vergleichende  Sprachkunde  der  wichtige  Satz  ergeben, 
dass  es  bei  Prüfung  der  Verwandtschaft  der  Sprachen  weniger  auf  die  Aehn- 
Uehkeit  der  Worte  als  des  grammatischen  Elementes  ankommt. 

Diese  Wahrnehmungen  haben  bereits  zu  mancherlei  wichtigen  Resultaten 
geführt.  Ein  weites  Feld  bleibt  indessen  noch  unangebaut,  über  das  uns 
erst  die  Zukunft  nähere  Aufschlüsse  verspricht.  Eine  Thatsache  scheint  mir 
jedoch  bis  zur  Evidenz  durch  die  bisherigen  Forschungen  ans  Licht  gestellt 
su  sein;  es  ist  diess  d i e  innige  Verwandtschaft  der  verschiedenen 
Sprachen  des  Indogermanischen  Sprachslammes  unter  ein- 
ander. Diese  Behauptung  auf  eine  möglichst  kurze  und  einleuchtende  Art 
nieinen  Zuhörern  zu  beweisen,  ist  der  Zweck  des  gegenwärtigen  Vortrags. 
Ehe  ich  aber  in  diese  Deduction  eingehe,  wird  es  nöthig  sein,  einige  ein- 
leitende Worte  vorauszuschicken. 

Ein  Sprachstamm   ist  ein  Gomplex   von   Sprachen ,  von   denen   man   an- 
zunehmen berechtigt  ist,  dass  sie  alle  von  einer  Ursprache  abstammen,  also  unter 
einander  gleichsam  in  auf-  und  absteigender  oder  in  der  Seitenlinie  in  näherem 
oder  entfernterem  Grade  verwandt  sind.    Man  könnte  von  solch'  einem  Sprach- 
stamme  ein  vollkommenes  Geschlechtsregister  entwerfen,  welches  indessen  noch 
'Uuner  manche  Lücken  darbieten  würde  —  wie  der  Stammbaum  vieler  edlen 
Geschlechter.     Zuweilen  ist  die  Abstammung  einer  Sprache  von   der  anderen 
schon  historisch  nachzuweisen,  wie  z.  B.  die  der  Romanischen  Sprachen  aus 
dem  Latein,    obgleich  der  Moment  der  Entstehung  der  Sprache   selbst,    wie 
^nche  andere  geheimnissvolle  Metamorphose  in  der  Natur,  sich  den  Blicken 
des  Forschers   zu  entziehen  scheint.     Oeflers  jedoch  muss  man  aus  der  Natur 
der  Sprachen  selbst  auf  die  Art   ihrer  Verwandtschaft   seh li essen.      Sprachen, 
Welche  gleichsam  nur  Seiten  verwandte  unter  einander  sind,  werden  stets  ge- 
^isse  wesentliche   Elemente   gemein   haben,    in   anderen   aber   von  einander 
abweichen.     Eine  Sprache  aber,  in  welcher  alle  diese   Elemente  sich  vereint 


300  Dr.  Johann  Paul  von  KalkensTEIN,  |3fi 

finden,  wird  gewiss  mit  gutem  -Grunde  als  die   gemeinschaftliche  Mutter  der- 
selben  angesehen   werden   können.      Der  Indogermanische   oder  besser  Indo- 
europäische Sprachstamm  nun  umfasst  einige  Asiatische  und  sämmtliche  Euro- 
päische Sprachen,    mit  Ausnahme   des   Baskischen,    Türkischen,    Ungarischen 
und  soviel  ich  weiss  der  Finnischen  Sprachen.     Unter  den   Sprachen  Asiens 
gehören  ihm  vorzüglich  die  beiden  merkwürdigen  heiligen  Sprachen  der  Inder 
und  Perser,  das  Sanskrit  und  Zend,  die  Sprachen  des  Zehdavesta  und  Maitfr- 
bharata  an.     Nach   Bopp's  Meinung  stehen  sie  unter   einander  in  dem  Ver- 
hältnisse   von   Schwestersprachen  und  sind  verschiedene  Kinder  eines  alten 
verloren    gegangenen   Idioms.      Ausserdem   werden   noch   einige   Töchter  das 
Sanskrit,  als  das  Prakrit  und  Hindostani,   hierher  gerechnet,    von   denen  ich 
jedoch,  sowie  von  dem  Zend,  keine  weitere  Notiz  nehmen  kann,  da  ich  hier 
in  ein  mir  gänzlich  unbekanntes  Gebiet  gerathen  würde. 

Die  Europäischen  Sprachen  zerfallen  in  fünf  grosse  Sprachfamilien,  die 
jede  wieder  aus  mehren  unter  einander  in  verschiedener  Weise  verwandten 
Sprachen  bestehen  und  zwar  in 

4)  die  Griechische  Sprache  (Alt-  und  Neugriechisch); 

2)  die  Romanische  Sprache  (das  Latein  mit  seinen  Töchtern  Italienisch, 
Französisch,  Spanisch,  Portugiesisch,  Wallachisch  etc.) ; 

3)  die  Germanischen  Sprachen  (das  Gothische,  Alt-  und  Mittelhochdeutsch*, 
Neuhochdeutsche,  Niederdeutsche,  die  Skandinavischen  Sprachen  und 
das  Englische) ; 

4)  die  Slavischen  Sprachen,  mit  allen  ihren  zahlreichen  Mundarten  uflfl 
das  Litthauische  (Lettische) ; 

5)  die  Celtischen  Sprachen,  welche  nicht  weit  verbreitete  Familie  sich 
nur  noch  auf  die  spärlichen  Ueberreste  im  Bas-Breton,  Welsh,  Hoch- 
schottischen und  Irischen  beschränkt. 

Diese  Sprachfamilien  selbst  scheinen  nun  gleichsam  als  Spracheinheiten  einer 
höheren  Ordnung  sämmtlich  in  dem  Verhältnisse  der  Abstammung  zum  SansM 
zu  stehen,  wobei  ich  dahin  gestellt  sein  lassen  will,  ob  sie, .  wie  fiopp  meint, 
auch  hier  und  da  aus  einem  älteren  Urborn  geschöpft  haben.  Die  Venvandlr 
schaft  aller  dieser  Sprachen  .unter  einander,  sowie  ihre  Abstammung  *•» 
Sanskrit  darzuthun ,  sollte  ich  nun  nach  Obigem  mich  zunächst  an  die  Ab~ 
beugungen  halten.  Es  würde  aber  Solches  ein  tieferes  Eingehen  in  die  SfnAr 
lehre  verlangen,  als  der  Zweck  und  die  Ausdehnung  dieses  Vortrags  gestattet. 
Auch  das  Gebiet  der  eigentlichen  Partikeln  würde  mannigfache  Schwierig* 
keilen  darbieten ,  und  es  verlässt  niieh  auf  demselben  mein  bester  Führer 
Bopp,  dessen  vergleichende  Grammatik  bis  jetzt  nur  zum  bis  Zeitwort  geht.  » 
giebt  jedoch  eine  Classe  von  Worten,  die  zwischen  den  eigentlichen  Begrifr* 
worten  und  den  Partikeln  gleichsam  in  der  Mitte  stehen.  Es  sind  diess  solche, 
welche  abstrakte  Begriffe  und  reine  Formen  des  Denkens  bezeichnen.  Die- 
selben  stehen   dem    grammatischen   Elemente   um    Vieles   näher,    bilden  •* 


371  Zur  Charakteristik  Kömg  Johanns  von  Sachsen.  301 

demselben  den  eigentlichen  Kern,  den  unbeweglichen  Theil  der  Sprache  und 
sind  gerade  in  den  Indogermanischen  Sprachen  ganz  geeignet,  die  aufgestellte 
Behauptung  deutlich  zu  machen.      Ich  wähle  zu  diesem   Behufe   a)  das   Zeit- 
wort „sein",  6)  die  persönlichen  Fürwörter  erster  und  zweiter  Person.    Für- 
wfrter  dritter  Person  im  eigentlichen  Sinne  bestehen  in  den  ältesten  Sprachen, 
dem  Sanskrit,  Latein  und  Griechischen  nicht.     In  den  neueren  Sprachen  ent- 
standen sie  aus    der    Corruption    früherer   Demonstrativen.      Sie    sind  auch 
keineswegs  ein  so  natürliches  Bedürfniss    der  Sprache    als  die  der    beiden 
andern  Personen.     Ich  und  Du  bezeichnen  einen   bestimmten  Begriff  in  dem 
\     Momente  ihres  Gebrauches.     Er  kann  stets  jede   beliebige  Person  bezeichnen 
und  daher  statt  dessen  Eduard ,  Hans ,  Cajus   oder  Dieser  oder  Jener  gesetzt 
werden,     c)  Die  Zahlwörter   von  1 — 10.      Ich  werde  hierbei  stets    zunächst 
von  dem  Deutschen  als  dem  Bekanntesten  ausgehen. 


Ä.  Das  Zeitwort  „sein44. 

Die  Gonjugation  desselben  bietet  im  Deutschen  eine  dreifache  Wurzel 
dar.  Die  erste  finden  wir  in  den  Formen  „bin"  und  „bist".  Ihr  cha- 
rakteristisches Zeichen  ist  der  Lippenlaut  ,,b",  den  wir  in  der  ganzen  Con- 
jugation  nicht  wieder  finden.  Die  zweite,  deren  Charakter  ein  „s",  bald 
mit  bald  ohne  vorhergehenden  Vokal  ist,  finden  wir  in  „ist,  sind,  seid,* 
sein,  sei".  Die  übrigen  Formen  „war,  gewesen"  gehören  einer  Wur- 
zel an,  deren  Charakter  ,,wsa  oder  „wru  zu  sein  scheint:  wobei  zu  be- 
merken ist,  dass  „r"  und  „s"  häufig  verwechselt  werden,  wie  schon  die 
Vergleichung  von  unserem  „war"  und  dem  Englischen  „was"  ergiebt  und 
noch  deutlicher  aus  dem  Sanskrit  erhellt,  wo  „s"  unter  gewissen  Verhält- 
nissen constant  in  ,,r"  verwandelt  wird.  Die  nehmlichen  drei  Wurzeln 
finden  wir  im  Englischen  be,  is  und  was.  In  den  Slavischen  Sprachen  da- 
gegen finden  wir  nur  zwei  dieser  Wurzeln,  b  und  s,  und  zwar  die  erstere 
im  Infinitiv  btfti  (Böhmisch),  byc  (Polnisch);  im  Particip  Präteriti  byl,  dem 
GoDJunctiv  bych,  dem  Futurum  budu  (im  Böhmischen)  und  bfdzie  (im  Pol- 
nischen); die  letztere  in  dem  Präsens  jsem ,  jsi,  jest,  jsme,  jste,  jsau  (Böh- 
misch) und  jestem ,  jestes ,  jest ,  jestesmy ,  jestescie ,  sq  (Polnisch) ;  wobei  im 
Böhmischen  der  Vokal  der  Vorsilbe  zu  dem  unausgesprochenen  j  verkümmert, 
Un  Polnischen  in  der  dritten  Person  Pluralis  ganz  in  Wegfall  gebracht  ist. 
tfes  nehmliche  Verhältniss  findet  in  den  Romanischen  Sprachen  statt.  Hier 
erscheint  die  s-Wurzeljn  sum,  es,  est,  sumus,  estis ,  sunt,  essem,  sim,  esse, 
Ebenfalls  bald  mit  bald  ohne  anlautenden  Vokal,  —  eram,  ero,  wobei  die 
ohen  erwähnte  Verwandlung  von  „s"  in  „r"  zu  beachten  ist.  Der  6 -Form 
dagegen  gehört  an  fui  (,Je  fus")  futurum,  indem  ,,/""  ein  Lippenlaut  wie 
»644  ist  und  ,,/u"  durch  das  Böhmische  budili  den  Uebergang  zu  den  übrigen 
Verwandten  Formen   findet.     Endlich  heisst  auch   im    Irischen   biu  ich  bin. 


302  Dr.  Johann  Pail  von  Falkenstein,  38 

Das  Griechische  dagegen  hat  lediglich   die  Wurzel   auf  ,,su    beibehalten  und 
zwar  durchaus  mit  vorgeschobenem  Vokale,  welcher  sogar  zuweilen  das  ,,*" 
verschlingt:  e!p.(,  ei,  iort,  iarov,  iojiev,  eaxe,  etat  im  Präsens,  tjv,  Rottet  im  Im- 
perfecta eoofiat  etc.  im  Futur,  <2v,  auch   duiv,    im  Parücip.      Dagegen  finden 
wir  im  Sanskrit  zwei  dieser  drei  Wurzeln  als  vollkommen  ausgebildete  Verb, 
und  zwar  as,  welches  gleichfalls  die   Unregelmässigkeit  hat   seinen  Anfangs- 
vokal bald  abzuwerfen  bald  beizubehalten ;  und  6/»/,  welches  eigentlich  ,, wer- 
den" bedeutet,  aber  auch  als  „sein"  gebraucht  wird.     Das   Präsens  von  <w 
möge  hier  wegen  seiner  genauen  Aehnlichkeit  mit  der  Griechischen  und  La- 
teinischen Conjugation  und  zwar  mit  jener  im  Singular,  mit  dieser  im  Plural, 
einen  Platz  finden: 

Singular,  asmi,  asi,  asti;  Plural,  smas,  stha(s),  santi. 

£{{it,  st  (eooi),  isTt;  sumus,  estis,  sunt. 


B.  Persönliche  Fürwörter. 

a.  Erste  Person  im  Singular. 

Auch  hier  begegnen  wir  abermals  einer  doppellen  Form :  einem  Nomi- 
native »Ich«,  der  aus  einem  Kehllaut  und  einem  anlautenden  Vokale  besteht, 
und  in  den  objectiven  Casus  mich  und  mir.  Diese  selbe  Spaltung  seigt 
sich  im  Lateinischen:  Nominativ  ego,  objective  Casus  mei  mihi  me;  im  Grie- 
chischen Nominal.  dyo>,  objective  Casus  i|xot  (|xo(),  i\ii  (jxi) ;  im  Slaviscben 
Nominativ  yd  (Böhmisch),  in  den  objectiven  Casus  mne,  me,  mau.  Das  Cel- 
tischtf  dagegen  hat  bloss  die  m-Form  beibehalten  und  sie  selbst  auf  den  No- 
minativ ausgedehnt,  denn  »ich«  heissl  in  demselben  me  oder  mi.  Das  Sansknt 
enthält  nun  wieder  beide  Formen ,  jedoch  hier  in  derselben  Weise  wie  die 
Europäischen  Sprachen.  Der  Nominativ  heisst  nehmlich  ahom  und  die  objecti- 
ven Casus  mäm  twä,  majä,  mahjam,  mama,  mnji.  Diese  Doppelform  scheint 
in  dem  Wesen  der  menschlichen  Natur  begründet.  Das  Selbstbewusstsein  &~ 
wacht  nehmlich  zuerst  in  den  Eindrücken  der  Aussenwelt  auf  das  Ich.  D* 
» Ich «  erscheint  uns  daher  eher  als  Object  denn  als  Subject ;  der  Mensch  hat 
eher  das  Bedürfniss  »mich«  als  »ich«  zu  sagen.  Da  nun  aber  ein  Nomina 
seiner  Natur  nach  nicht  von  einem  objectiven  Casus  hergeleitet  werden  kanDj 
so  musstc  derselbe  bei  der  ersten  Person  fast  nothwendig  eine  besonder 
Wurzel  erhalten.  Dabei  scheint  die  Wurzel  ah  (am  ist  nur  grammatische  En- 
dung) vollkommen  dem  Gefühle  des  Selbstbewusstseins  zu  entsprechen,  denn 
sie  besteht  aus  dem  reinsten  Vokale  a  und  einer  tief  aus  der  Brust  kommet 
den  Aspiration.  Die  ältesten  Völker  betrachteten  aber  des  Menschen  Hau* 
als  seine  Seele,  sein  Ich ;  daher  Spiritus  wie  irvsupa  Hauch  und  Geist  bedett- 
let.  Sehr  merkwürdig  erscheint  es  mir  hierbei,  dass,  wie  Humboldt  in  seinem 


39]  Zir  Charakteristik  König  Johanns  von  Sachsen.  303 

Werke  über  die  Kawisprache  anfuhrt,  die  Sprachen  der  Südsee  drei  Partikeln 
enthalten,  mat\  adu  und  atu,  die  wenigstens  im  Tongischen  (der  Sprache  der 
Freundschaftsinseln)  ungefähr  wie  unser  »her«  und  »hin«  die  Richtung  nach 
der  redenden,  angeredeten  und  dritten  Person  bezeichnen,  so  dass  in  mcit, 
ihert  die  Richtung  nach  dem  Ich  als  Object  ausdrückend,  die  i?i-Form  der 
Objectscasus  vom  Ich,  sowie  in  adu,  »hin«,  nach  der  angeredeten  Person, 
der  Grundlaut  der  zweiten  Person  Du,  tu  etc.  sich  abspiegelt.  Es  scheint 
mir  diess  einer  jener  Umstände  zu  sein ,  die  uns  die  Aussicht  auf  eine  wei- 
tere allgemeine  Sprachverwandtschaft  öffnen  dürften. 


J3.  Erste  Person  im  Plural« 

Hier  begegnen   wir  abermals  schon  in  unserer  Muttersprache  einer  dop- 
pellen Wurzel;    im  Nominativ   »wir«   und   in  den  objectiven  Casus  Accusativ 
und  Dativ   »uns«  (engl.  its).     Die  Romanische   Sprachfamilie    hat  allein  jene 
zweite  Wurzel,  die  ich  w-Wurzel  nennen  will,  mit  einer  kleinen  Umstellung 
in  ihrem   nos  und  nobis  aufgenommen.     Die  Slavischen  Sprachen  bilden  den 
Nominativ  Pluralis  aus  der  m-Wurzel  des  Singularis  my,  die  objectiven  Casus 
low,  was,  nanu   dagegen   ebenfalls  aus  der  w- Wurzel.     Einer  verschiedenen 
Wurzel  gehört  das  Griechische  YjJjlsu,  r^as,  Tjfxiv,  r^cov  an.     Es  könnte  zwar 
scheinen   als   ob   hier   eine  Verwandtschaft   mit   der  iw- Wurzel   des  Singulars 
stattfinde;    die  Vergleichung   mit  dem  Sanskrit  wird  jedoch   beweisen,  dass 
juit  pac  etc.  bloss   grammatische  Endungen   sind  und  die  eigentliche  Wurzel 
in  dem  Anfangsvokale  liegt.    Dagegen  hat  sich  die  n-Wurzel  in  dei)  Dual  vui 
v^v   geflüchtet.     Wir  haben  also  hier  abermals  drei  Wurzeln,  die  tu- Wurzel 
des  Germanischen  Nominativs,    die  weitverbreitete  n-WTurzel   und   die   voka- 
Usche  Wurzel.  Diese  drei  Wurzeln  finden  wir  aber  wiederum  auf  das  Ueber- 
raschendste  im  Sanskritpronomen  vereinigt.   Der  Nominativ  vajnm  repräsentirt 
die  w- Wurzel  (wir,  engl.  we).     Die  übrigen  Casus:  Accus,  asmän ,  Instrum. 
QsmäbhiSy  Dativ  asmabhjam,  Ablat.  asmat,  Genitiv  asmäkam,    Locativ  asmäsu 
gehören   der  Vokal wurzel   an,    denn   es   ist  die  darin  herrschende  Silbe  sma 
eine  allgemeine  Form  aller  Sanskritpronominal-Declinationen,  welche  sich  auch 
in  der  Griechischen  Endung   [ist;  etc.   nur  mit  Wegfall  des  s  wiederfindet. 
Die  Wurzel  liegt  also  im  Vokale  a;  dass  derselbe  aber  mit  dem  Griechischen 
ij  etymologisch  die  gleiche  Bedeutung  habe,  erhellt  nicht  nur  aus  der  bestän- 
digen Verwechselung  dieser  Buchstaben   zwischen    dem   Ionischen  und  Dori- 
schen Dialekte,    sondern  noch  mehr  daraus,  dass  selbst  eine  Aeolische  Form 
fppec  für  jjpeic  vorhanden  ist.  Endlich  hat  das  Sanskrit  eine  Nebenform  was, 
die  als  Accusativ,    Dativ   und   Genitiv   gebraucht  wird,    und   im  Dual   eine 
gleiche  Nebenform  näu.    Dass  diese  n-Form  die  Mutter  der  weit  verbreiteten 
«-Formen  ist,  liegt  am  Tage,  und  es  hat  gewiss  ihre  Einfachheit  und  daher 


304  Dr.  Johann  Paul  von  Falken  stein,  [iO 

ihre  Bequemlichkeit  im  Gebrauche   zu  ihrer  häufigen  und  zuletzt  ausschliess- 
lichen Anwendung  geführt. 

Merkwürdig  ist  es,  wie  auch  hier  die  der  ersten  Person  eigentümliche 
Verschiedenheit  zwischen  dem  Nominativ  und  den  objectiven  Casus  minde- 
stens im  Sanskrit  und  den  Germanischen  Sprachen  sich  wiederholt;  jedocli 
wird  sie  nicht  so  consequent  in  allen  Sprachen  durchgeführt,  da  eben  der 
Begriff  »wir«  (ich  und  Andere)  nicht  mehr  so  rein  aus  dem  SelhstbewmaV- 
sein  hervorgeht  als  der  Begriff  »Ich«.  Aus  gleichem  Grunde  ist  es  ganz  na- 
türlich, dass  »wir«  in  beinahe  allen  Sprachen  nicht  wie  ein  Plural  aus  tlekt 
gebildet  wird. 

Y-  Singular  der  zweiten  Person. 

Diese  hat  ohne  Ausnahme  die  Grundform  tu,  bei  welcher  nur  zuweilen 
der  Vokal  zu  i  geschwächt  wird ;  auch  erscheint  in  mehren  Sprachen  in  eini- 
gen Casus  eine  kürzere  neben  einer  längeren  Form.  Gothisch  thu  (engl 
thon)  du,  thus  dir,  thtik  dich ;  Böhmisch  /;/,  Accusativ  tebe,  tiy  Dativ  /oW,  tf, 
Instrumentalis  tebau;  Lateinisch  tu,  Genitiv  tui,  Dativ  tibi;  Geltisch  tu;  Saat- 
kritisch  tvam,  Accusativ  tvAm ,  tvä,  Instrumentalis  Lvaja ,  Dativ  tubhjam  oder 
/0,  Ablativ  tvat,  Genitiv  tuva  oder  /£,  Locativ  toaji. 

Einige  Schwierigkeiten  scheint  das  Griechische  au  aou  oo(  oi  darzubie- 
ten, jedoch  sie  sind  nur  scheinbar,  denn  t>  ist  oft  der  Stellvertreter. des  La- 
teinischen u ,  wie  6uo  =  duo  beweist ,  und  s  wird  unter  den  Griechischen 
Dialekten  oft  mit  t  verwechselt,  so  in  allen  Worten  die  auf  osa  endigen, 
z.  B.  yXdioaa  und  fXdrrra,  OaXaaaa  und  OaXarra,  ja  es  findet  sich  auch  zum 
Ueberflusse  beim  Homer  eine  alte  Dativform  to(  für  aot  in  häufigem  Gebrauche. 


8.  Plural  der  zweiten  Person« 

Hier  muss  man,  um  die  Bedeutung  des  Neudeutschen  »ihr«  und  »euch« 
zu  erfassen,  auf  die  stammverwandten  Sprachen  übergehen.    Sowie  nehmlkfa 
»euch«  im  Mittelhochdeutschen  »///«  heisst,  so  heisst  auch  »ihr«  im  Gothiseben 
»jus*,    welcher  Klang  sich  auch  im  Englischen  wiederfindet.     Der  Grundktft 
des   Germanischen  Pronomens   scheint  daher  »ju«  zu   sein.     Dagegen  gebort 
das  Lateinische  vos,  vobis  und  das   Böhmische  vy,   väm,  väs*  vdmi  einer  an- 
deren Wurzel   an.     Das  Griechische  ojxeT;,  ujuv,  uiuov,  ujxa;   ist  wieder  der 
ju-Form  verwandt,  indem  die  Endung  jiei;  etc.  abermals  aus  dem  erwähntet 
sma   stammend    der  Abbeugung  angehört,    während   ein   zwischen   i  und  • 
stehender  Laut  die  Stelle  von  »jm«  vertritt.    Das  Sanskrit  endlich  zeigt  aber- 
mals beide  Wurzeln ,    in  den  längeren  Formen  jüjam ,  jushmän ,  jushmäbki^ 
jushmabhjam,  jushmat,  jushmäkam ,  jushmäsu  die  ju- Wurzel  und  in  der  kftr* 
zern  Form  vas  und  in  väm  des  Dualis  die  tr- Wurzel. 


I]  Zeit  CtJARAtTEiiism  Kömig  Johanns  von  Sachsen.  305 


C.  Die  Zahlwörter  von  1  bis  iÖ. 

Die  Aehnlichkeit  des  Deutschen  Eins  und  Lateinischen  tmus  ist  wohl 
cht  zu  verkennen.  Dagegen  weicht  das  Sanskritische  6ka  hier  von  den 
irigen  ab.  Merkwürdig  aber  ist  es,  dass  die  Ordnungszahl  der  Einheit  fast 
allen  Indogermanischen  Sprachen  mit  der  Gardinalzahl  Nichts  gemein 
tt.  Sie  heisst  Sanskritisch  prathama,  Griechisch  Tcp&ro?,  Lateinisch  primu*, 
italisch  prwy  (Polnisch  pierwszy),  alles  Worte,  die  unter  einander  verwandt 
ad  und  von  der  Präposition  »vor«  pro,  herzukommen,  also  »der  Vorderste« 
i  bedeuten  scheinen.  Auch  gehört  das  Englische  first,  welches  in  dem  Deut- 
ken » Fürst«  wieder  zu  erkennen  ist,  ganz  der  eben  erwähnten  Wort* 
ihe  an. 

Die  Verwandtschaft  von  dväu  im  Sanskritischen,  Suo  im  Griechischen, 
9  im  Lateinischen,  »zwei«  im  Deutschen  sowohl  als  vom  Sanskritischen 
trujas,  Griechischen  Tpet?,  Lateinischen  tres,  Böhmischen  tri  und  Deutschen 
rei«  ist  nicht  zu  verkennen.  Von  diesen  beiden  Zahlwörtern  finden  sich 
rigens  die  deutlichsten  Spuren  in  den  Malayischen  Sprachen  und  bis  an 
;  Inseln  der  Südsee.  So  heisst  »zwei«  Malayisch  dua,  in  der  Sprache  der 
gts  duvu,  Tahitisch  und  Hawaiisch  dua,  rua  und  Ina .  wobei  zu  bemerken 
,  dass  d,  /  und  r  in  diesen  Sprachen  constant  mit  einander  vertauscht 
rden.  Drei  heisst  Javanisch  teh ,  Neuseeländisch  todu ,  Tongisch  tohi  und 
waitsch  kolu,  wo  der  Haupttypus  /.  r  (welches  letztere  auch  in  anderen 
rächen  mit  /  verwechselt  wird)  unverkennbar  sein  dürfte;  die  Verwechse* 
ig  von  /  mit  k  ist  dem  Hawaiischen  eigentümlich.  Das  Sanskritwort 
halvaras  (4),  welches  mehre  Casus  aus  der  Form  tschatw  bildet,  ist  offen- 
r  wie  die  Wurzel  des  Griechischen  reooape;,  rirrape;  so  des  Lateinischen 
(üuor  und  des  Böhmischen  ctifi;  unser  Deutsches  vier,  Englisches  four 
gegen  scheint   nur  eine  Verkürzung  dieser  Formen  zu  sein. 

Bei  der  Zahl  Fünf  scheint  zwar  zwischen  dem  Sanskritischen  pcmtschan 
m4  dem  Lateinischen  quinque  keine  Aehnlichkeit  zu  sein ,  verfolgt  man  aber 
ie  Stufenreihe  von  panischem  über  tc£vt£  im  Griechischen,  piqc  im  Polnischen 
ad  fünf  im  Deutschen  zu  quinque,  so  wird  man  kaum  an  der  Verwandt- 
est zweifeln  können. 

Die  Aehnlichkeit  von  shash  im  Sanskrit  und  dem  Böhmischen  ieit,  dem 
entgehen  sechs,  dem  Lateinischen  sex,  dem  Griechischen  2£,  sowie  vom 
unkritischen  saptan ,  Lateinischen  Septem,  Griechischen  kitri,  Deutschen 
fben,  Böhmischen  sedm;  vom  Sanskritischen  ashfan,  Deutschen  acht,  Latei- 
jehen  octo,  Griechischen  oxtcd,  Böhmischen  osm  fällt  sofort  in  die  Augen, 
i  der  Zahl  neun  sind  das  Sanskritische  navan,  das  Lateinische  novem,  das 
utsche  neun  unleugbar  gleicher  Abkunft,  sowie,  wenn  auch  die  Verwandt- 
aft entfernter  scheint,  des  Griechischen  ivvea;  dagegen  weicht  das  Böh- 
»che   devet   (Polnisch  dziewiqc)    hier  gänzlich  ab.     Bei  der  Zehn  endlich  ist 


306 


Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein, 


[tt 


abermals  die  Identität  vom  Sanskritischen  du[(in}  Lateinischen  decem,  Grie- 
chischen o£xa ,  Böhmischen  desel  und  dem  Deutschen  zehn  über  alle  Zweifel 
erhaben. 

Die  Zahlwörter  höherer  Ordnung  dagegen  haben  in  den  sämnitlichet 
Indogermanischen  Sprachen  keine  Aehnlichkeit ,  nur  das  Sanskritwort  cafe, 
hundert,  ist  noch  mit  dem  Slavischen  sto  verwandt.  Man  könnte  hierauf  die 
Hypothese  gründen ,  dass  die  Scheidung  der  Malayischen  Völker  von  den  In- 
dogermanischen in  eine  Zeit  fallen  müsse ,  wo  der  Mensch  noch  nicht  btifa* 
als  drei  gezählt  oder  mindestens  von  da  wieder  zu  zählen  angefangen  kak% 
und  in  der  That  sollen  sich  bei  mehren  Völkern  der  Südsee  Spuren  eia* 
Quaternar-Zahlensystems  finden.  Dagegen  müsste  die  Scheidung  der  Indoger- 
manischen  Völker  erst  nach  Begründung  des  Decimalsystemes  eingetreten  8«% 
Dass  übrigens  die  höheren  Zahlreihen  bei  den  verschiedenen  Völkern  auf  ver- 
schiedene Weise,  wahrscheinlich  nach  gewissen  gewählten  Gegenständes) 
entstanden  sind,  scheint  sehr  natürlich. 

Ist  nun  aus  alle  Dem  meinen  Zuhörern  die  innige  Verwandtschaft  <kr 
Indogermanischen  Sprachen  deutlich  geworden,  so  erlaube  ich  mir  noch 
Wort  über  ihre  Buchstaben  und  Schriftsysteme,  von  welchen  nicht 
gilt.  Zwar  sind  die  Schriften  der  eigentlich  Europäischen  Sprachen  von  sekr 
ähnlicher  Beschaffenheit,  doch  scheinen  uns  dieselben  von  den  Semitisch* 
Völkern  zugekommen  zu  sein,  nur  dass  wir  von  der  Linken  zur  Rechtes, 
diese  aber  von  der  rechten  Hand  zur  linken  schreiben.  Die  Devanagari-Schri% 
mit  der  das  Sanskrit  geschrieben  wird,  geht  zwar  auch  von  der  linken 
rechten  Hand,  beruht  aber  auf  einem  ganz  anderen  Buchstabensysteme  ik 
unsere  Europäischen  Schriften.  Sie  ist  eigentlich  Silbenschrift,  indem  jedflf 
Consonant,  wenn  keine  besondere  Bezeichnung  eintritt,  den  Vokal  a  bei  «ck 
hat.  Auch  in  graphischer  Hinsicht  dürfte  keine  Verwandtschaft  zu  entdeck« 
und  die  scheinbare  Aehnlichkeit  zwischen  w  (Ma)  und  dem  Griechischen  p* 
q  (Pa)  und  ff  (Ta)  und  den  gleichlautenden  Deutschlaleinischen  Buchstabe! 
.mehr  zufällig  sein.  Auch  das  Zend  hat  eine  von  allen  diesen  Schriften  total 
verschiedene  von  der  rechten  zur  linken  Hand  fliessende  Schrift.  Die  Erfin- 
dung der  Schrift  ist  daher  weit  jünger  als  die  Entstehung  der  Sprachen.  Die 
Schrift  ist  Menschen  werk,  die  Sprache  —  eine  Gabe  Gottes. 


i 


Zur  Charakteristik  König  Johann'»  von  Sachsen.  307 


III. 

Ueber8ioht  der  Original  -  Dantezeiohnungen 

aus  dem  Besitze  des  Königs. 

te's   Bildniss    nach   dem    von    Giotlo    gemalten    Originale    gezeichnet    von 

Antonio  Marini. 
selbe  Bildniss  in  zweiter  Zeichnung  von  Antonio  Marini. 
selben  Bildnisses  dritte  Zeichnung  gepauscht  von  Antonio'  Marini. 


*  * 


e,    Fegfeuer    und    Paradies   gezeichnet    von    Bonaventura    Emier.      Rom, 
4858—60.     3  Tafeln. 

Hölle  Ges.  I.  Vs.  31  ff.    (Dante,  Virgilius,  Löwe,  Panther,  Wölfin),  ge- 
zeichnet von  Friedrich  Preller  in  Weimar.    1872. 

Hölle   Ges.  1.    Vs.  31—63    (Löwe,  Wölfin,    Panther)  gezeichnet   von  K. 
L.  Richter. 

Hölle  Ges.  I.  Vs.  83 — 84   (Eifriges  Studium  des  Virgilius)   gezeichnet  von 
M.  Retzsch. 

Hölle  Ges.  I.  Vs.  88—90  (Löwe,  Wölfin,  Panther)  getuscht  von  J.  Koch. 
1824. 

Hölle  Ges.  IL  Vs.  52 — 214   (Lucia)  gezeichnet  von  Theodor  Grosse.   1867. 

Hölle  Ges.  IL  Vs.%  118—120  (Maria,    Lucia,    Beatrix   für  Dante   sorgend) 
getuscht  von  J.  Koch.     1824. 

i  eine  zweite  Zeichnung   desselben   Gegenstandes   von   Demselben.    1824. 
Getuscht. 

Hölle  Ges.  HL  Vs.  9 — 18  (Höllenthor  und  seine  Aufschrift)    getuscht  von 
J.  Koch.     1824. 

Hölle  Ges.  III.  Vs.   109—111    (Charon,    Ucberfahrt   über  den   Styx)    ge- 
tuscht von  .1.  Koch.     1824. 

HöUe  Ges.  IV.  Vs.  85 — 93  (Homer,  Horatius,  Ovidius,  Lucanus)  gezeichnet 
von  C.  Schönherr.     1866. 

Hölle  Ges.  IV.  Vs.  86—102  (Homer,  Horatius,  Ovidius,  Lucanus)  getuscht 
von  J.  Koch.     1824. 

Hölle  Ges.  V.  Vs.  25—78  (Die  Schaar  der   fleischlichen  Verbrecher)    ge- 
malt von  P.  Neher.     1842. 

Hölle  Ges.  V.  Vs.  73—78   (Francisca  und  Paul  Malatesta  aus  Rimini)  ge- 
tuscht von  J.  Koch.     1824. 

> 

Hölle  Ges.  VI.  Vs.  25  —  27   (Schlemmer,    Giacco)    getuscht   von  J.  Koch. 

1824. 
Hölle  Ges.  VII.   (Styx)  mit  der  Unterschrift:    Im  ersten   glorreichen   Jahre 

der  Deutschen  Einigkeil  gezeichnet  von  W.  Kaulbach.     1848. 
Hölle  Ges.  VII.   Vs.    I  — 12   (Plutus)  getuscht  von  J.  Koch.     1824. 


308  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein,  [\\ 

Zur  Hölle  Ges.  VIII.  Vs.  40—42   (Philipp  Argenti)  getuscht  von  J.  Koch.  18«. 
Zur  Hölle  Ges.  IX.  Vs.  64—90    (ein  Engel   den   Eingang  der  Hölle  öffnend) 

gezeichnet  von  J.  Schnorr.     1835. 
Zur  Hölle  Ges.  IX.  Vs.  89  —  90  (ein   Engel   die   Hölle  öffnend)   getuscht  m 

J.  Koch.    1824. 
Zur  Hölle  Ges.  X.  Vs.  52—33   (Farinata   degli   Ubertij  getuscht  von  J.  Koci 

4824. 
Zur  Hölle  Ges.  XI.  Vs.  4 — 12  (des  Papstes  Anastasius  Grabdeckel)  getuscht  vot 

J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle   Ges.  XI.    Vs.  70  — Ges.  XII.    Vs.   66    (Centauren)    gezeichnet  m 

A.  Baur.     1868. 
Zur  Hölle  Ges.  XII.  Vs.  58—66  (Centauren,  Nessus,  Chiron,  Pholus;  getuscbl 

von  J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XIII.   Vs.  31  —  39    (Sünder   durch   Selbstmord)   getuscht  m 

J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XIV.  Vs.  67—75  (Kapaneus)  getuscht  von  J.  Koch.    1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XV.  Vs.  18—19  (Neumond)  gemalt  von  C.  G.  Carus.    . 
Zur  Hölle  Ges.  XV.  Vs.  22—30  (Brunetto  Latini)  gezeichnet  von  E.  Rietochel. 

1835. 
Zur  Hölle  Ges.  XV.  Vs.  22—30  (Brunetto  Latini)  getuscht  von  J.  Koch.   18M. 
Zur  Hölle  Ges.  XVI.  Vs.  1—27    (Guido  Guerra,    Tegghiajo  Aldobrandi  derfi 

Adimari,  Jacopo  Rusticucci)  getuscht  von  J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XVII.  Vs.   100—126   (Geryon)  gezeichnet  von  M.  Retzsch. 
Zur  Hölle  Ges.  XVII.  Vs.   118—123   (Geryon)  getuscht  von  J.  Koch.    1821.     j 
Zur  Hölle  Ges.  XVIII.  Vs.  22—39   (Teufel  geile   Sünder  geisselnd)  gezeichnH  ] 

von  Th.  Mintrop.     1861.  j 

Zur  Hölle  Ges.  XVIII.   Vs.  40—51    (Teufel   Sünder  geisselnd,  Venedico  Cae-  \ 

cianimico)   getuscht  von  J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XIX.  Vs.  31—36    (Papst   Nicolaus   III)    getuscht  von  J.  Kodu 

1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XX.  Vs.  25 — 32  (Sünder  gegen  die  Vorsehung,    Amphiaraus) 

getuscht  von  J.  Koch.    1824. 
Zur   Hölle   Ges.  XX.    Vs.  61 — 78    (der  Gardasee)    gezeichnet  von   C.  F.  vott 

Rumohr. 
Zur  Hölle   Ges.  XXI.  Vs.  22—42    (der  Teufel   schleudert  den   Martin  BolUj* 

aus  Lucca  in  den  Stygischen  Pfuhl)    getuscht   von  J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XXI.  Vs.  22—87  (Martin  Bottajo)  gezeichnet  von  M.  Retzsch. 
Zur  Hölle  Ges.  XXII.  Vs.  46 — 57  (Ciampolo,  der  ungetreue  Diener  eines  Königs 

von  Navarra)  getuscht  von  J.  Koch.     1824. 
Zur  Hölle  Ges.  XXIII.  Vs.  34—66  (Befreiung  aus  der  Gewalt    der  Dämonen) 

gezeichnet  von  C.  Begas.     1836. 
Zur  Hölle  Ges.  XXIII.  Vs.  76 — 90   (der  Florentiner  Catalano  de'  Malavolti)  ge- 
tuscht von  J.  Koch.     1824. 


ZlIR    CüARAKtfiRISTIK    KöNIG    JOHANNS    VON    S  ACHSEN.  309 

Hölle  Ges.  XXIV.  Vs.  79—99   und  Ges.  XXV.  Vs.  46  —  30    (Diebe   von 

Schlangen  gepeinigt)  gemalt  von  E.  Hähnel.    1844. 
Hölle  Ges.  XXIV.  Ts.  82 — 99  (Diebe  von   Schlangen   gepeinigt)    getuscht 

von  J.  Koch.    4824. 
Hölle  Ges.  XXV.  Vs.  44—57  (Agnello  Bruneleschi)  getuscht  von  J.  Koch.  4824. 
Hölle   Ges.   XXVI.    Vs.  43 — 48    (Diomedes    und    Ulysses)    getuscht  von 

J.  Koch.     4824. 
Hölle  Ges.  XXVI.  Vs.  52—57.  88—402.  436—442  (Höllenfeuer)  gezeich- 
net von  G.  A.  Hennig.    4835. 
Hölle  Ges.  XXVII.  Vs.  46—33   (Guido  von  Monte   Feretrano)  getuscht  von 

J.  Koch.    4824. 
Hölle  Ges.  XXVII.  Vs.  4  42 — 420  (der  schwarze  Cherubim  und  Guido  von 

Monte  Feretrano)  gezeichnet  von  M.  Retzsch.    4834. 
Hölle  Ges.  XX VIII.   (Sünder  gegen  Frieden  und  Eintracht,  Ali,  Mahomed, 

Mosca  Lamberti,  Bertram  de  Bornio)  getuscht  von  J.  Koch.   1824. 
Hölle  Ges.  XXIX.  Vs.  400—408  (Falschmünzer,  Griffolino)   getuscht  von 

J.  Koch.     1824. 
Hölle  Ges.  XXX.  Vs.  22— 30  (Johann  Schicchi   de'  Cavalcanti,    Myrrha) 

getuscht  von  J.  Koch.    4824. 
Hölle  Ges.  XXXI.  Vs.  40 — 44    (Montereggione)  gezeichnet  von  Tr.  Faber. 
Hölle  Ges.  XXXI.  Vs.  430—132  (Giganten,  Nimrod,  Ephialtes,  Antaeus) 

getuscht  von  J.  Koch.    4824. 
Hölle  Ges.  XX XII.  Vs  97—99  (Treubrüchige,  Bocca  degli  Abati)  getuscht 

von  J.  Koch.    4824. 
Hölle  Ges.  XXXIII.  Vs.  1 — 45  (Ugolino  della  Gherardesca  und  Roger  dei 

Ubaldini,  der  Erzbischof)  getuscht  von  J.  Koch.    4824. 
HöUe  Ges.  XXXIII.  Vs.  22 — 26  (Pisa)  gezeichnet  von  A.  Arrigoni. 
Hölle  Ges.  XXXIII.  Vs.  26  —  36    (Ugolino  della  Gherardesca   mit  seinen 

Kindern)  gezeichnet  von  K.  Peschel. 
Hölle  Ges.  XXXIII.    Vs.  67  —  69    (Ugolino  della   Gherardesca   mit   seinen 

Kindern,  gezeichnet  von  K.  Peschel. 
Hölle  Ges.  XXXIV.  Vs.  25—29  (Ausgang  aus  der   Hölle)    gezeichnet   von 

F.  Gönne.    4857. 
Hölle  Ges.  XXXIV.  Vs.  37  —  69    (der  Teufel  Sünder  verschlingend)    ge- 
tuscht von  J.  Koch.    4824. 
Hölle  Ges.  XXXIV.  Vs.  439    (Ausgang   der  Hölle)    gezeichnet   von   CG. 

Carus.     1860. 
ß  Fegfeuer  Ges.  I.   Vs.  28^-54    (Cato    der    Uticenser)    gezeichnet    von 

J.  Hübner.     4839. 
a  Fegfeuer  Ges.  II.  Vs.  43 — 54  ;der  Engel  Gottes)  gemalt  von  H.  Hess.   4838. 
i  Fegfeuer  Ges.  II.  Vs.  13 — 54  (der  Engel  Gottes)  getuscht  von  J.  Koch.   1824. 
i  Fegfeuer  Ges.  111.  Vs.  427 — 429  (Manfred  König  Siciliens)  gezeichnet  von 

A.  Rethel.    4850. 


340  Dr.  Johann  Paul  von  Kalkenstein,  *         [tf 

Zum  Fegfeuer  Ges.  IV.  Vs.  400—436   (Belacqua)    gezeichnet  von  C.  Fr.  Lm- 

sing.     4852. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  V.  Vs.  85 — 436  (Buonconte  de  Monte  Feretrano)  geieicktd 

von  W.  Schurig.     4853. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  V.  Vs.  93—408   und  Ges.  VIII.  Vs.  22  —  42    (Engel  ir 

Schlange   aus  dem    Paradiese   vertreibend ,    Sordello)    gemalt  von  C 

Bahr.     4840. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  VIII.  (Engel  des  Paradieses  Schlange  vertreibend,  Serdeöi, 

Nino  Visconti   aus  Pisa ,    Currado   Malaspini)    gezeichnet  von  Jos.  vm 

Ftthrich.    4865. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  IX.  Vs.  4  —  63   (ein  Adler  im  Traume  erschienen i  getuscht 

von  J.  Koch.     4824. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  IX.  Vs.  49  —  30    (ein  Adler  im  Traume   erschienen)  ge- 
zeichnet von  B.  Genelli. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  IX.  Vs.  33—45   und   Ges.  X*  Vs.  4—  45  (Eingang 

Fegfeuer)  gezeichnet,  von  C.  Schönherr.    4855. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  IX.  Vs.  73—420    Thürhüter  des  Fegfeuers)  gezeichnet  r« 

K.  Peschel.    4836. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  X.  Vs.  34—45.  442—420.  430—139.  Ges.  XI.  Vs.  4-M. 

73—90.  Ges.  XII.  Vs.  25—27   (Beladene  Seelen)    gezeichnet  voo  l 

Bendemann.    4836. 

« 

Zum  Fegfeuer  Ges.  X.  Vs.  34—45.  442—420.  430  —  439   und  Ges.  XL  Vs. 

4 — 30   (Beladene  Seelen)  gezeichnet  von  J.  v.  Führich.    4874. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XII.  Vs.  79  ff.   (ein   Engel  die  Ankommenden  ein! 

gezeichnet  von  Deger.    4869. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XIX.  Vs.  34    (Sirene)  gezeichnet  von  H.  Mücke.  4861 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XXVII.  Vs.  6—36  (Beatrix  und  ein  Engel)  gezeichnet  \v* 

A.  Ehrhardt.    4851. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XXVII.  Vs.  6—36  (Engel  Gottes  singend)  gezeichnet  von 

Theodor  Grosse.    4870. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XXV11I.  Vs.  22—54    (Mathilda)  gezeichnet  von  J.  Hühner. 

4844. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XXVIII.  Vs.  34—69  (Mathilda)  getuscht  von  J.  Koch.  48«. 
Zum  Fegfeuer  Ges.  XXX.  Vs.  58 — 99  (Beatrix)  gezeichnet  von  W.  Hensd. 
Zum  Paradiese  (die  Himmelskönigin)  gezeichnet  von  K.  L.  Richter.    4849. 
Zum   Paradiese    (Eine  Tafel,   mit  der  eine  Decke    geschmückt  werden  kam) 

gezeichnet  und  gemalt  von  P.  Cornelius. 
Zum  Paradiese  Ges.  I.  Vs.  58—69  (Beatrix)    gezeichnet  von    E.  Bemlemaoft. 

4843. 
Zum  Paradiese  Ges.  III.  Vs.  88  (Sta  Clara  und  die  Kaiserin   Constantiaj  g* 

zeichnet  von  C.  Vogel.    4858. 
Zum   Paradiese  Ges.  IX— XI.   (Heilige  Lichter   in  der  Sphäre  der  Venus-  g* 

zeichnet  von  G.  Jiiger. 


Zur  Chaiaktbuistik  König  Johanns  von  Sachsen.  3H 

q  Paradiese  Ges.  X — XII.  (Heilige  Lichter)  gemalt  von  einem  Unbekannten, 
i  Paradiese  Ges.  XI.  Plan  der  Gegend  um  Assisi;  Handzeichnung  1849. 
i  Paradiese  Ges.    XI.   Vs.    49   ff.    (St.   Franciscus,    St.  Bonaventura,    St. 

Antonius  und  die  Heilige  Ghiara)  gezeichnet  von  J.  Ittenfcach.    4863. 
)  Paradiese  Ges.  XVI.  Vs.  424—422  (Fiesole)  gezeichnet  von  C.  G.  Carus. 

4841. 
i  Paradiese  Ges.  XVIII.  Vs.  28 — 54   (Cacciaguida)  gezeichnet  von  E.  Steinle. 
»  Paradiese  Ges.  XX.  Vs.  427 — 130  (Taufe  des  Ripheus)    gezeichnet   von 

Bary.    4854. 
n  Paradiese  Ges.  XXI.  Vs.  28   (Eingang  zur  Sphäre  des  Saturn)  gezeichnet 

von  G.  Jäger.   1847. 
i  Paradiese   Ges.  XXIII.   Vs.  19  —  21    (Triumph  Christi)    gemalt   von  Carl 

Andreae.     4861. 
i  Paradiese  Ges.  XXIV.  Vs.  1—42   (St.  Petrus)  gezeichnet   von  C.  Müller. 

1860. 
t  Paradiese  Ges.  XXIV.  Vs.  31 — 78  (St.  Petrus)  gezeichnet  von  Ph.  Veit. 
Paradiese  Ges.  XXIV.  Vs.   148 — 154    (St.  Petrus)    gezeichnet  von   M.  v. 

Schwind.     1849. 
Paradiese  Ges.  XXXII.   (Aufenthalt  der  Seligen)  gezeichnet  1849. 
Paradiese  Ges.  XXXII.  Vs.  85 — 150   (der  heilige  Bernhard   und   andere 

Heilige)  gezeichnet  von  C.  Andreae.    1859. 
Paradiese   Ges.    XXXIII.   (Dreieinigkeit)  gezeichnet   von   J.    Schraudolph. 

1865. 


IV. 

Katar  und  Ideal. 

Wie  ein  Bach  sein  stilles  Wasser  schlangelt 
Durch  die  lenzumblühte  Flur, 

Wandelt1  ich  durch's  Leben  einst,  gegängelt 
Sanft  von  deiner  Mutterhand,  Natur  I 

Jenseits  der  Umgrenzung  dieser  Auen 
Gab  es  noch  kein  Land  für  mich, 

Sehnsuchtslos  erging  im  reinen  blauen 
Aether  meiner  Kindheit  Auge  sich. 


312  Dr.  Johann  Paul  von  Falkrnstein, 

Von  der  Zukunft  braucht'  ich  nicht  zu  borgen, 

Was  die  Gegenwart  mir  bot. 
Auf  den  Abend  folgte  still  der  Morgen, 

Auf  den  Morgen  still  das  Abendroth. 

Ich  bedurfte  nicht  der  Hoffnung  Träume, 

Nicht  Erinnerung,  mild  wie  Dämmrungslicht-, 

Denn  die  Zukunft  ruhte  noch  im  Keime 

Und  Vergangenes  gab's  für  mich  noch  nicht. 

Aus  den  Blumen,  die  der  Au'  entblühten, 

Hob  sich  mir  von  selber  ein  Altar, 
Und  der  Unschuld  fromme  Bitten  glühten 

Aufwärts,  wie  ein  Lichtstrom  himmelsklar. 

• 

Edens  Garten  stand  mir  freundlich  offen, 

Bis  ich  kostete  von  der  Erkenntniss  Baum, 

Da  ergriff  mich  kühnes  Götterhoffen 

Und  verschwunden  war  der  gold'ne  Traum. 

Vorwärts,  vorwärts  treibt's  mich  —  und  die  Erde 
Ist  zu  klein  für  das,  was  in  mir  lebt; 

Rückkehr  wehrt  der  Engel  mit  dem  Schwerte, 
Heil  ist  nur  für  Den,  der  vorwärts  strebt. 

Wo  die  Berge  sich  am  höchsten  schichten, 
Klömme  gern  mein  kühner  Fuss  empor; 

Wo  die  Völker  ihre  Händel  schlichten 

Möcht'  ich  steh'n  im  muth'gen  Kämpferchor. 

Ruhmsucht  führt  mich  eisern  in  Gefechte; 

Liebe  schlägt  mit  jedem  Puls  das  Herz. 
Freunden  reich'  ich  glühend  meine  Rechte; 

Durst  des  Wissens  reisst  mich  himmelwärts. 

Und  vor  Allen  naht  aus  Himmelshöhen 

Eine  göttliche  Gestalt; 
Paradieseslüfte  um  sie  wehen, 

Wie  sie  durch  die  niedern  Schatten  wallt. 

Hoheit  thront  auf  ihren  Götterzügen, 
Milde  schwebt  um  ihren  Mund; 

Wie  sie  spricht,  verstummt  der  Geist  der  Lügen, 
Und  des  Himmels  Wahrheit  thut  sich  kund. 


Zl'i  Ch^iaeteäistik  König  Johann's  von  Sachsen.  313 

Hehres  Wesen!  das  ich  bald  umfangen, 

Bald  anbeten  macht'  in  Staub  gestreckt, 
Warum  wehrest  du  dem  glühenden  Verlangen, 

Da  dein  Blick  stets  neuen  Drang  doch  weckt? 

Ja!  ich  seh1  es  —  deine  Augen  wenden 

Zu  den  Sternen  sich  empor, 
Eine  Krone  haltst  du  in  den  Händen 

Schimmernd,  wie  ein  lichtes  Meteor. 

■ 

,, Willst  du  meine  Kronen  dir  erwerben, 

„Musst  du  flieh'n  der  Erde  Flitterschein, 
„Statt  des  süssen  Bechers  reich'  ich  einen  herben, 

,,Aber  trink1  ihn  aus,  und  ich  bin  dein. 

,, Suche,  Sohn,  mich  nicht  hienieden, 

,,Ich  gehöre  nicht  dem  Erdenthal, 
„Die  Belohnung  wird  dir  dort  beschieden 

„Wo  zur  Wahrheit  wird  das  Ideal!"  (Handschriftlich.; 


Gebet  eines  Greises, 

Mein  greises  Haupt  geschmückt  mit  Silberhaare, 
Belastet  mit  der  langen  Reihe  Jahre, 
Senkt  sich  getrost  zu  der  ersehnten  Bahre, 

Bleibst  du  bei  mir,  Herr,  da  der  Abend  naht. 

Des  Tages  Hitze  hab'  ich,  Herr,  getragen; 
In  heitern,  wie  in  freudeleeren  Tagen 
Wandt1  ich  zu  dir  die  Blicke  sonder  Zagen, 

O  bleib'  auch  jetzt  bei  mir,  der  Abend  naht. 

Du  führtest  sanft  mich  durch  der  Jugend  Morgen, 
Und  vor  des  schwülen  Lebensmittags  Sorgen 
Hielt  deiner  Allmacht  Schatten  mich  verborgen, 
O  bleib'  auch  jetzt  bei  mir,  der  Abend  naht. 

Bald   —  bald,  ich  fühl1  es,   wird  mein  Auge  brechen, 
Zwar  frei  bin  ich  von  blutigen  Verbrechen, 
Doch  frei  nicht  von  des  Staubgehornen  Schwächen, 
D'rum  bleibe,  Herr,  nun  da  der  Abend  naht. 

4.  K.  S.  G«t*lLch.  d.  Wiswn»ch.  XVII.  21 


316  Dr.  Johann  Paul  von  Falkenstein, 

Doch  auch  die  ernste  Wahrheit  lohnt  die  Ihren, 
Und  wer  sie  hat,  der  bleibet  gern  ihr  Kind, 
Der  Mann  fühlt  seinen  Weg  ihn  abwärts  fuhren, 
Und  hüllt  sich  fester  ein  vor  Herbst  und  Wind. 

Nachdenkend  sieht  er,   wie  die  Blatter  fallen, 
Und  wie  die  Sonne  sich  zum  Meere  neigt, 
Und  wie  der  Vögel  Züge  heimwärts  wallen, 
Bis  ihn  der  Heimath  Sehnsucht  selbst  beschleicht. 

Die  Gegend  rölhet  sich  im  Abendstrahle, 
Ein  sanftes  Blau  wölbt  sich  am  Firmament, 
Entgegen  winkt  ihm  aus  dem  stillen  Thale 
Ein  kleines  Haus,  das  seine  Wünsche  kennt. 

Die  Sonne  sinkt.     Das  Alter  ist  gekommen, 
Verdunkelt  ist  der  irdischen  Güter  Schein, 
Sein  Liebstes  hat  die  Erde  ihm  genommen, 
Und  schliesst  es  in  dem  kalten  Schoosse  ein. 

Es  sendet  rings  auf  die  beeisten  Fluren 

Der  Mond  allein  sein  kaltes  Licht  herab, 

Und  in  den  Schnee  nur  drückt  er  seine  Spuren, 

Wenn  hin  er  schleicht  zu  der  Geliebten  Grab. 

Da  knie't  er  nun  —  und  vor  des  Windes  Wehen 
Hüllt  ihn  ein  dichter  Mantel  sorgsam  ein, 
Die  Eiche  selbst  sieht  er  entblättert  stehen, 
Die  einst  ihn  schützte  vor  des  Mittags  Schein. 

,, Umsonst  —  umsonst* *  —  ruft  er  —  „sind  meine  Thrän 
,,Sie  rufen  keinen  Todten  mir  zurück; 
,,  Umsonst  ist  alles  Hoffen,  alles  Sehnen !" 
Doch  auf  das  kleine  Kreuz  fällt  da  sein  Blick. 

,,Der  Glaube,  der  durch's  Leben  mich  geleitet 
,,Er  täuscht  mich  nicht,  er  bleibt  auch  jetzig  mir  treu, 
„Ein  sehön'rcr  Frühling  ist  mir  dort  bereitet, 
,,Und  Gott  spricht:  Sieh!   ich  mache  alles  neu." 

(Ilaiidsclii 


Zir  Charakteristik  Komg  Johanns  von  Sachsen.  315 

Die  Jugend  naht,  die  Sonne  steht  schon  höher, 
Der  Jüngling  jauchzt  in  seines  Lebens  Kraft, 
Sein  Auge  funkelt,  wie  dem  tninkncn  Seher, 
Sein  Geist  fühlt  seiner  Fesseln  sich  entrafU. 


Die  Welt  denkt  er,  die  Welt  muss  mein  gehören, 
Die  Menschen  folgen  meinem  Machtgebot; 
Er  schafft,  zerstört,  und  schafft,  um  zu  zerstören, 
Und  Ruhe  dünkt  ihm  zwiefach  mehr  als  Tod. 


Den  schlecht  versehenen  Bündel  auf  dem  Rücken 
Und  leicht  geschürzt,  wie's  einem  Wand'rer  ziemt, 
Eilt  er  hinaus,  den  Blick  um  sich  zu  schicken, 
Wohin  sein  kühner  Jünglingsmuth  ihn  stimmt. 

Doch  brennen  ihn  des  heissen  MiUags  Strahlen, 
So  sinkt  er  wohl  im  kühlen  Schatten  hin, 
Und  fühlt  des  ungestillten  Durstes  Qualen, 
Und  süsse  Sehnsucht  trübet  seinen  Sinn. 

• 

Da  naht  sich  eine  liebliche  Gestaltung, 
Und  reicht  dem  Müden  einen  Labetrank; 
Ihn  rührt  der  Liebe  allmachtsvolle  Wallung, 
Und  Worte  nicht,  ein  Blick  nur  ist  sein  Dank. 

Wie  leicht  erscheinen  ihm  des  Lebens  Mühen, 
Wenn  sie  zu  seinem  Pfade  sich  gesellt! 
Wie  löset  sich  in  süssen  Harmonien 
Des  kühnen  Geistes  ordnungslose  Welt! 

Des  Lebens  Tag  steht  nun  auf  seiner  Höhe, 
Die  weiten  Fluren  sind  zur  Firnte  weiss; 
Doch  sanfter  schlügt  sein  Herz  in  ihrer  Nahe, 
Und  Schatteu  fiudet  er  im  stillen  Kreis. 


So  ist  verblüht  die  Zeit  des  kühnen  Strebens, 
Am  Licht  des  Tages  welkt  der  Farben  Spiel, 
Des  Wissens  Baum  ist  nicht  der  Baum  des  Lebens, 
Der  Liebe  Scherz  weicht  ernsterem  Gefühl. 


21* 


318   Dr.  J.  P.  v.  Falkenstein,  z.  Charakteristik  König  Johanns  v.  Sachsen.     54 

Ist  es  nicht,  als  oh  er  hier  noch  tonte 
Jenes  beissenden  Jahrhunderts  Witz, 
Der  Giganten  gleich  zu  stürmen  wähnte 
Eines  Höh  Yen  als  des  Don n Vers  Sitz. 

Doch  ob  Voltaire's  Freund,  ob  auch  von  drüben 
Fränkisch  Gift  dein  deutsches  Herz  vergällt, 
Bist  du,   Friedrich,  deinem  Voll  geblieben 
Doch  ein  deutscher  Fürst  in  Rath  und  Feld. 

Aber  erheiternder  öffnet  dort  unten 
Sich  dem  Beschauer  Gharlottenhof's  Welt, 
Grünende  Lauben  mit  Reblaub  umwunden 
Bieten  dem  Wandrer  ihr  schattiges  Zelt. 

Plätschernde  Wässer,  die  steigen  und  fallen, 
Kühlung  verbreitend  im  feuchten  Ergüss, 
Griechenlands  Kunst  und  italische  Hallen 
Stimmen  die  Sinne  zu  keuscherm  Genuss. 

Frohsinn  von  reinem  Bewusstsein  beseelet 
Jubelt  zum  Himmel  den  harmlosen  Scherz, 
Hier  fühlt  man  schlagen,   was  ewig  dort  fehlet, 
Neben  dem  Geist  ein  erwärmendes  Herz. 

(1844 — 4*.     Handschriftlich. 


ÜBER  DAS 


AELIUS-  UND  SABINUS-SYSTEM, 


WIE  ÜBER 


EINIGE  VERWANDTE  RECHTS-SYSTEME 


VON 


MORITZ  VOIGT, 

MITGLIED  DEB  KÖNIG L.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


De«  VII.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Classe  der  Königl. 

Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

N°  IV. 


LEIPZIG 

BEI  S.   HIRZEL. 
1S75. 


Vom  Verfasser  übergeben  den  26.  April  1875. 
Der  Abdrtick  vollendet  den  15.  Juli  1875. 


ÜBER  DAS 


AELIUS-  UND  SABINUS-SYSTEM, 


WIE  ÜBER 


EINIGE  VERWANDTE  RECHTS-SYSTEME 


VON 


MORITZ  VOIGT. 


Abb anOl.  d.  K.  S.  U«w»llsrh.  d.  Wiasensch.  XVII.  2i 


§  1. 

Vit  Rtehtslitteratar  bis  im  sidkeatea  Jahrhuikrt  iL  St. 

Mit  Rücksicht  auf  das  in  den  Rechts-Werken  angewendete  ver- 
schiedene System  (ars)  und  die  hierin  aufgestellten  Classificationen 
(genera  et  partes)  setzt  Cic.  de  Orat.  (v.  699)  I,  41  fg.  durch  den  Mund 
des   Crassus  drei  verschiedene  juristische  Litteraturperioden. 

Zunächst  nach  jenem  Zeitalter,  welches  wegen  der  Geheimhaltung 
gewisser  Rechtsordnungen  eine  wahrhaft  wissenschaftliche  Behandlung 
des  Rechtes  überhaupt  nicht  kannte-,  beginnt  als  erste  Periode  nach 
der  Publication  des  Jus  Flavianum  eine  Zeit,  welche  zwar  eine  wissen- 
schaftliche Bearbeitung  des  Rechtes  in  Angriff  nahm,  der  aber  noch 
die  Fertigkeit  des  »artificiose  digere«  und  des  »generatim  componere«: 
ein  eigentliches  System,  wie  eine  Gliederung  des  Stoffes  nach  Ober- 
uod   Untereintheilungen  mangeln. 

Daran  schliesst  sich  als  zweite  Periode  das  Zeitalter  Cicero's, 
welches  zwar  ein  eigentliches  System  der  Bearbeitung  und  eine  Ord- 
nung des  Stoffes  nach  Eintheilungen  zur  Anwendung  bringt,  doch 
aber  in  der  letzteren  Beziehung  nur  unvollkommen  die  hierbei  zu- 
fallende Aufgabe  löst. 

Endlich  die  dritte  Periode  wird  von  der  Zukunft  erhofft:  ihr 
wird  der  Beruf  überwiesen,  auf  dem  von  der  zweiten  Periode  be- 
tretenen Wege  das  angestrebte  Ziel  wirklich  zu  erreichen. 

Zunächst  nun  jene  ältesten  und  vorwissenschaftlichen,  der  ersten 
Periode  voraufgängigen  Zustände  werden  in  §  1 86  folgender  Maassen 
charakterisirt : 

Veteres  illi,  qui  huic  (sc.  iuris)  scientiac  praefuerunt,  obtinendae  atque 
augendae  potentiae  suae  causa  pervulgari  artem  suam  noluerunt, 


324  Moritz  Voigt,  l6 

sive  quem  hacc  Aeliana  studia  delectant,  plurima  est  et  in  omni 
iure  civili  et  in  pontitiQum  libris  et  in  XII  tabulis  anliquitalis  effigiefc* 
quod  et  verborum  prisca  vetustas  cognoscitur  et  actionuni  genera 
quaedam  maiorum  consuetudinein  vitamque  declarant; 

sive  quem  civilis  scientia,7  quam  Scaevola  non  putat  oratorts 
esse  propriain,  sed  cuiusdam  ex  alio  genere  prüden  tiae,  totam  hao« 
descriptis  omnibus  civitatis  utilitatibus  ac  partibus  XII  tabulis  coa- 
tineri  videbit; 

sive  quem  isla  praepotens  et  gloriosa  philosophia  delectat,  dicam 
audacius,  hosce  habet  fontes  omnium  disputationum  suarum,  qui 
iure  civili  et  legibus  continentur. 

Und   zwar  wird   in  diesen  Worten  dem  Crassus  die  Sentenz  in  de« 
Mund  gelegt:    das  Erlernen  des  Rechtes  wird  erleichtert  durch  den 
Reiz  des  Studiums,  welchen  alle  von  jenen  drei  Perioden  vertretenen 
verschiedenen  wissenschaftlichen  Richtungen  ausüben,  denn: 

wer  Geschmack  gewinnt  an  den  Arbeiten  der  ersten  Periode: 
der  von  Sex.  Aelius  vertretenen  Richtung  (haec  studia  Aeliana)  der 
findet  hier  das  Spiegelbild  des  Alterthums  in  Sprache,  wie  CulUir- 
geschichte  an  einem  dreifachen  Medium  ausgeprägt:  durch  das  te 
civile,  die  pontificum  libri  und  die  XII  tabulae; 

wer  dagegen  Geschmack  gewinnt  an  den  Arbeiten  der  zweiten 
Periode:  den  von  dem  Qu.  Mucius  Scaevola  augur  empfohlenen 
Studien,  der  wird  finden,  wie  diese  Disciplin,  indem  sie  eine  Dar- 
stellung aller  der  so  segensreichen  Institutionen  des  Staates  und  der 
bezüglichen  Satzungen  im  Einzelnen  giebt,  doch  von  den  XII  Tafeln, 
gleich  als  dem  Rahmen,  zusammengehalten  wird; 

wer  endlich  Geschmack  gewinnt  an  der  Zukunftsaufgabe  der 
Jurisprudenz :  den  von  Crassus  selbst  empfohlenen  Bestrebungen,  der 
tritt  damit  über  in  die  Sphäre  der  Philosophie,  dem  Urquell  alte 
dessen,  was  dem  Redner  an  Rechtskunde  benöthig  ist. 

Gegenüber  dieser  Auffassung  jener  letzteren  Passage  wird  nun 
allerdings  derselben  von  Hertz  zu  N.  Jahrb.  f.  Phil.  1862.  LXXXV, 
45.  A.  2,  wie  von  Piderit  zu  Cic.  cit.  eine  völlig  andere  Beziehung 
beigemessen :    unter  den  Aeliana  studia  soll  auf  den  C.  Aelius  Slflo 


~T~*- 


.,  /:.\7)   Die  Lesung   schwankt:     allein    »sive    quis   civilem   seien! iam   contempUUtf* 
ist  mit  Recht  von  Piderit  verworfen. 


5)  Das  Aelius-  und  Sabinis-System.  323 

ooiniaque,  quae  sunt  vel  generum  vel  partium  nomina,  definitioni- 
bus,  quae  vim  habeant,  est  exprimendum, 

und  sodann  in  §  190  dahin  recapitulirt: 

Primum  omne  ius  civile  in  genera  digerat,  quae  perpauca  sunt;  deinde 
eoruin  generum  quasi  quaedam  membra  dispertiat;  tunc  propriam 
cuiusque  vim  detinitione  declarel, 

demgemäss  somit  jene  Aufgabe,  parallel  den  methodischen  Anforde- 
rungen an  die  Philosophie,  dahin  präcisirt  wird:  Aufstellung  einer 
nur  geringeren  Anzahl  von  Obereintheilungen  (genera)2  nebst  ent- 
sprechenden  Untereintheilungen  (partes)3,  sowie  von  Sacherklärungen 
[defioitiones)4  der  dort  verwendeten  Begriffe,  Alles  dies  in  Ueberein- 
stimmung,  wie  nach  Maassgabe  des  Berufes  der  Rechtswissenschaft 
einer  Förderung  der  in  dem  Gesetzes-  wie  Gewohnheitsrechte  be- 
gründeten Gleichheit  der  Bürger  vor  dem  Gesetze  (legitimae  atque 
jsitatae  in  rebus  causisque  avium  aequabilitatis5  conservatio) . 

Und  hierin  allenthalben  liegt  zugleich  wider  die  Rechtslitteratur 
ler  Ciceronianischen  Zeit,  somit  der  obigen  zweiten  Periode  der 
Vorwurf  ausgesprochen,  dass  dieselbe  ebensowohl  in  scholastischer 
flanier  zu  Viel  an  unangemessenen  Obereintheilungen  aufstellte,  als 
lach  die  Beifügung  von  Sacherklärungen  zu  sehr  vernachlässigte." 

Mit  jener  Dreitheilung  nun  in  Perioden  steht  in  directester 
Korrespondenz  die  Passage  in  §  193: 

iccedit  — ,  quo  facilius  percipi  cognoscique  ius  civile  possit,  (quod 
minime  plerique  arbitrantur,)  mira  quaedam  in  cognoscendo  suavitas 
et  delectatio:  nam 


S)  §  189:  genus  —  est  id ,  quod  sui  similes  communione  quadam ,  specie 
lern  differentes  duas  aut  plures  complectitur  partes. 

3)  §189:    partes  —  sunt,   quae  gencribus  iis,  ex  quibus  manant,  subiiciuntur. 

4)  §  189:  est —  definilio  earum  rerum,  quae  sunt  cius  rei '  propriac,  quam 
inire  volumus,  brevis  et  circumscripta  quaedam  explicatio. 

5)  Diese  aequabilitas  ist  die  laottjs  des  Aristoteles:    Voigt,  Jus  naturale  Beil.  I 

6)  Auf  jene  Rechtslitteratur  bezieht  sich  auch  die  Anmerkung  bei  Cic.  de  Orat. 
58,  246:  adhuc  artem  omnino  non  esse,  sed  aliquando,  si  quis  illam  aliarn 
em  didicerit,  ut  hanc  artem  efticere  possit,  tum  esse  illam  artem  futurarn  d.  h.: 
ar  nicht  alles ,  aber  doch  das  vollendete  System  fehlt  noch ,  ein  Vorwurf,  der 
dem  Obigen  nicht  ausgesprochen  ist ,    da    hier  der  Tadel  nur  wider  das  Zuviel 

genera  und  das  Fehlen  von  deüniliones  gerichtet  ist.  ' 


326  Moritz  Voigt,  I* 

bereits  weit  bedenklicher  die  Annahme  eines  eigentlichen  CommenUfW 
des  Stilo  über  die  XU  Tafeln,11  da  Stilo  zwar  als  Erklarer  von  alter- 
thümlichen  Worten  der  XII  Tafeln,10  keineswegs  aber  als  Commentator 
der  letzteren  bekundet  wird.  Durchaus  verwerflich  aber  ist  die  Ab-. 
nähme,  dass  Stilo  das  omne  ius  civile  und  dies  zwar  in  der  RichUng 
behandelt  habe,  dass  er  darin  die  actionum  genera  zur  Darstellung 
gebracht  habe,  da  damit  derselbe  geradezu  in  die  Reihe  der  juristi- 
schen Fachschriftsteller  eintreten  würde  und  dann  nun  ebenso  in  der 
gesammten  obbesprochenen  Passage  bei  Cic.  de  Orat.  eine  andere 
Erwähnung,  wie  aber  auch  bei  Pomp.  Enchir.  (D.  I,  2,  2.  §  38)  über 
haupt  irgend  welche  Erwähnung  hätte  ßnden  müssen. 

Andrerseits  dagegen  wird  von  Cic.  de  Orat.  L.  Aelius  Stilo  gtf 
nicht,  wohl  aber  Sex.  Aelius  Paetus  vier  Mal  in  der  Eigenschaft 
eines  juristischen  Schriftstellers  genannt,11  während  wiederum  für  die 
Worte  »et  in  omni  iure  civili  et  in  pontificum  libris  et  in  XII  tabafo 
bei  deren  Beziehung  auf  Sex.  Aelius  eine  durchaus  angemessen* 
andere  Erklärung  sich  bietet  (§  2). 

Alle  diese  Momente  aber  ergeben  als  wohlberechtigt  die  obige 
Auffassung  der  studia  Aeliana  als  Studien  der  Rechts- Werke  der 
ersten  Litteraturperiode,  deren  Repräsentant  die  Tripertita  des  Sex. 
Aelius  bildeten. 

Nach  Alle  dem  unterscheidet  sonach  Cic.  de  Orat.  zwei  geschicht- 
liche Perioden  der  Rechtslitteratur:  die  erste,  vorbereitet,  ja  über- 
haupt ermöglicht  durch  das  Jus  Flavianum,  beginnt  mit  den  Tripertit* 
des  Sex.  Aelius;   dagegen   die  zweite  Periode   eröffnet,   wie  in  §3 


9)  So  u.  A.  Jahn  zu  Cic.  Brut.  205.  Scholl  leg.  XII  lab.  9,  welcherlei*« 
in  Consequenz  der  obigen  Voraussetzung  nun  auch  .den  Varro  zum  CommenUW 
der  XII  Tafeln  erhebt. 

10)   Fest.  v.  sonticus  p.  290  und  dann  Cic.  de  Leg.  II,  23,  59:     hoc  vett*  k 
interpretes  (sc.  XII  lab.)   Sex.  Aelius,    L.  Atilius  non  satis  se  intellegere  dixenA   ; 
sed  suspicari  vcstimenti  aliquod  genus  funebris,   L.  Aelius  »lessum«  quasi  lugubrem 
eiulationem,   ut  vox  ipsa  significal,  wo  dem  Sex.  Aelius  Paetus  und  L.  Atilius,  & 
den  Commentatoren   der  XII  Tafeln ,    in   scharfem  Gegensatze   der  L.  Aelius  Stito, 
als  der  grammatische  verborum  interpres  gegenübergestellt  wird.     Vgl.  auch  Samt, 
Varroniana  I,  162  fg. 

H)  I,  45,  198.  48,  212.  56,  240.  III,  33,  133.  Ausserdem:  de  Leg.  0, 
23,  59.  Brut.  20,  78.  de  Sen.  9,  27.  Tusc.  I,  9,  18.  de  Rep.  I,  18,  30.  Top. 
2,  10.    ad  Farn.  VII,  22. 


9]  Das  A eli us-  und  Sabinus-System.  327 

naher  darzulegen,    mit    den    libri   18   iuris   civilis    des  Qu.    Mucius 
Scaevola  pont. 

Was  dagegen  die  Zukunfts-Periode  betrifft,  welche  Cicero  als 
die  dritte  Periode  in  Aussicht  stellt,  so  haben  dessen  bezügliche  Auf- 
stellungen für  die  gegenwärtige  Aufgabe  keinerlei  Werlh.12 


§  2. 
Tripertita  des  Sex.  Aclius  Paetus  Catns. 

Während  die  frühesten  litterarischen  Arbeiten  der  römischen 
Juristen  reine  Sammelwerke  waren  sei  es  von  Rechtssätzen,  sei  es 
von  Rechtsformeln  sammt  etwaiger  exegetischer  Zuthat,  so  eröffnet 
eine  ganz  neue  Behandlung  des  Rechtes  mit  den  Tripertita  des  Sex. 
Aelius  Paetus  Catus,13  Cons.  556,  Cens.  560:  denn  hierin  beginnt 
ebenso  die  Verbindung  einer  dogmatischen  Bearbeitung  des  Rechtes 
mit  der  Exegese,  wie  die  Reihe  erschöpfender  Werke  über  das 
Privatrecht,  als  endlich  auch  die  Aufstellung  eines  theoretischen 
Systemes  für  das  letztere. 

Bezüglich  jenes  Werkes  nun  berichtet 

Pomp.  Ench.  (D.  I,  2,  2.  §  38):  extat  illius  über,  qui  inscribitur  »Tri- 
pertita«, qui  über  veluti  cunabula  iuris  continet.  Tripertita  aulein 
dicitur,  quoniam  »Lege  XII  tabularum«  praeposita  iungitur  »Inter- 
pretation deinde  subtexitur  »Legis  actio«, 

^omit  sodann  sich  verbindet  der  Bericht  desselben  (D.  cit.  §  7): 

*iigescente  civitate  quia  deerant  quaeclam  genera  agendi,  non  post 
multum  temporis  spatium  (sc.  posteaquam  est  editum  Jus  Flaviaiuiin) 


12;  Wohl  aber  gewinnen  sie  einen  Werth  insofern,  als  sie  die  Methode  uns 
Standen,  nach  welcher  Cicero  selbst  sein  Werk  de  iure  civili  in  artein  redigendo 
^i  J.  709  oder  710  ausgearbeitet  hat;  vgl.  Drumann,  röm.  Gesch.  VI,  107  fg. 
Elisen,   hinterlassene  Sehriflcn  1,  \  fg.     Sanio,   rechtshistor.  Abhandlungen  70   fg. 

13;  Vgl.  darüber  van  Vaassen,  animadvers.  ad  fast.  Rom.  c.  IV  p.  1 60  sq. 
«ist,  Versuch  einer  Gesch.  der  röm.  Rechtssysteme  10  fg.  Scholl,  leg.  XII  tab. 
J  Jg.  Sanio,  Varroniana  I,  162 — 190.  A.  Pernice.  Labeo  I,  52.  Danz,  Gesch. 
es  röm.   Rechts  §  49  unter  2. 


328  Moritz  Voigt,  |M 

Sext.  Aelius   alias  aclioncs  composuit  et  librum  populo  dedit,  qtri 
appellatur  Jus  Aelianum, 

eine  Notiz,  aus  welcher  um  so  weniger  ein  zweites  und  selbst- 
ständiges Werk  des  Sex.  Aelius  gefolgert  werden  darf,14  als  Pomp.  I.e. 
(D.  cit.  §  38)  ausdrücklich  berichtend:  eiusdem  (sc.  Sex.  Aelii)  esse 
tres  alii  libri  referuntur,  quo[s]  tamen  quidam  negant  etusdem  esse, 
lediglich  von  Einem  ächten  Werke  des  Aelius  weiss,  wohinwiederon» 
der  Tenor  jenes  obigen  Ausspruches  desselben  (§  7  cit.)  daraus  sich 
erklärt,  dass  derselbe  an  dieser  Stelle  (in  §  6  und  7)  von  den  ältesten 
Bestandteilen  des  römischen  Rechtes  nur  einen  einzigen :  die  actiones 
in  das  Auge  fasst  und  hieran  nun  die  bezügliche  litterarische  Notiz 
anknüpft. 

Sonach  aber  bekundet  Pomp.,  theils  dass  das  Werk  des  Sex. 
Aelius  von  seinem  Autor  den  Titel  Triperüta  beigelegt  erhalten  hatte,0 
theils  dass  dasselbe  in  drei  Theile  zerfiel  mit  den  Specialbenennungea: 
Lex  XII  tabularum,  Interpretatio,  Legis  actio,  und  dieser  letzte  TW 
nun  in  gelehrten  oder  ungelehrten  Kreisen  auch  die  Benennung  Jus 
Aelianum  führte. 

Jene  dreifältige  Stoffgruppe  der  Tripertita  ist  es  nun,  auf  wekfce 
hinweist  der  in  §  1    besprochene 

Cic.  de  Orat.  §  193:  plurima  est  et  in  omni  iure  civili  et  in  poo- 
tificum  libris  et  in  XII  tabulis  antiquitatis  effigies, 

während  jene  Dreitheilung  an  sich  wiederum  bekundet  wird  voll 

Val.  Prob,  de  litt.  sing.  §  1  :  quaedam  verba  —  ex  communi  coosewl 
primis  litteris  notabant,  —  quod  [in]  —  legibus  publicis  pontifem- 
que  monumenlis  et  in  iuris  dvi[lis]  libris  etiani  nunc  manet; 

wie  in  den  correspondirenden  Ueberschriften : 

§  3:  litterae  singulares  in  iure  civili,  de  legibus  et  plebiscitis;  |k 
in  legis  actionibus  haec; 

und  nicht  minder  von 


14)  Vgl.    Scholl   1.  c.  22.       Eine    neue    Ansicht    bietet    jetzt    wieder 
a.  0.  189. 

15)  Cic.  de  Orat.  1,  56,  2  40  bezeichnet  es  als  coiunicntarii. 


H]  Das  Aeuls-  und  Samnis-System.  329 

Pump.  eil.  (D.  cit.  §  4):  ita  —  appellalae  sunt  lege*  XII  labularum. 
(§5):  His  legibus  latis  coepit,  ut  naturaliter  evenire  solet,  ut 
iulerpretaiio  desideraret  prüden tium  auctoritate[m],  necessariam  esse 
disputatione  fori.  Haec  disputatio  et  hoc  ius,  quod  sine  scripto 
venit  compositum  a  prudentibus,  propria  parte  aliqua  non  appel- 
latur, ut  ceterae  partes  iuris  suis  norainibus  designantur,  datis 
propriis  nominibus  ceteris  partibus,  sed  conimuni  nomine  appellatur 
im  cmle. 

(§  6):    Deinde  ex  his  legibus  —  actiones  compositae  sunt; 

et  appellatur  haec  pars  iuris  legis  actiones. 

Et  ita  .eodem  paene  tempore  tria  haec  iura  nata  sunt:  lege[s\ 
XII  labularum;  ex  his  .fluere  coepit  ius  civile;  ex  isdem  legis 
üäioties  compositae  sunt. 

(§  8):    Deinde   cum   esset   in   eivitate   lex  Xll  labularum   et  ius 
civile,  essent  et  legis  actione*,  evenit,  ut  etc. 
Ped.  bei  Ulp.  1  ad  Ed.  aed.  cur.  (1).  1,  3,  1 3):    quotiens  lege  aliquid  — 
introduetum  est,  bona  occasio  est  cetera,  quae  tendunt  ad  eandem 
utilitatem,  vel  interpretatione  vel  certe  iurisdictione  suppleri. 

Somit   ergeben    diese  Ausspruche   theils   bezüglich    der   Pars  II   der 

Tripertita :    der  Interpretatio,  dass  dafür  auch  die  Benennung  Jus  civile 

[gebräuchlich  war  (Cic,  Val.  Prob.,  Pomp.  §  o.  6.  8),,ß  theils  bezüg- 

iefa  der  Pars  III:  der  Legis  actio,  dass  man  solche  auch  durch  pon- 

tißcum  libri  (Cic.)  oder  pontificum  monumenta  (Val.  Prob.)  bezeichnete, 

Verfahren,   welches  daraus   sich  erklärt,   dass  die  legis  actiones 

[jwnmt  den  dies  fasti  und  nefasti  in  ältester  Zeit  in  der  Thal  in  den 

pontificum   verzeichnet  standen   und  aufbewahrt  wurden.17     Im 

Uebrigen   aber   ist    im  Besonderen  unter  jener  Interpretatio  nicht  an 

eme   Interpretation   im   modernen    Sinne  des  Wortes   zu    denken   als 

einer  reinen  Exegese:    der  wissenschaftlichen  Erfassung,  wie  sy ste- 


ift) Auch  sonst  noch  wird  die  Interpretatio  durch  ius  civile  bezeichnet: 
SehiUiog,  Inst.  §  9  Zus.  4.  Sanio,  Yarroniana  I  A.  259  und  dazu  namentlich  noch 
|Gc.  de  Off.  I,  16,  51  :  quae  descripta  sunt  legibus  el  iure  civili,  haec  ita  teueantur, 
>M  est  constitutum;  III,  16,  67.  17,  69:    aut  lege   sanciri  aut  iure  civili;   p.  Caec. 

i  * 

\U,  70.     Der  Ausdruck  ist  aufzufassen  als  bürgerliches  d.  h.  aus   dem  Kreise  der 
ii$er  im  Gegensatze  zu  dem  aus  dem  Gesetze  hervorgegangenen  Hechte. 

17}   Liv.  IX,  46,  5.   Val.  Max.  II,  5,  2.   Becker-Marquardt,  röm.  Alterth.  I,  12. 
iV,  134.    2  42.     Leist,  Gesch.  der  röm.   Hechtssyst.  15.     Sanio,  Yarroniana  I,  184. 


inatischen  Darlegung  des  dem  gegebenen  Rechtssatze  inliegend« 
Denkgehaltes,  als  vielmehr  an  jenes  specifisch  antike  Verfahret, 
welches  neben  die  Exegese  zugleich  eine  lexicalische  und  gramma- 
tische Deduction  stellte ,  die  im  einzelnen  Falle  gar  nicht  nach  det 
lexicalischen  und  grammatischen  Gesetzen  der  Sprache,  als  vielmehr 
durchaus  nach  dem  Gesichtspunkte  der  sachlichen  Angemessenheit 
und  Utilität  ihres  Ergebnisses  operirte  und  so  nun  im  Bedürfhissfalb 
dem  gesetzlichen  Ausdrucke  vielfach  einen  ganz  anderen  Sinn  and 
eine  ganz  andere  Tragweite  zusprach,  als  solche  demselben  nach 
allgemein  sprachlichen  Gesetzen  zukamen.18 

Daraus  allenthalben  aber  ergiebt  sich  sonach  bezüglich  derTri- 
pertita  des  Aelius,  dass  deren  Pars  1,  die  Lex  XII  tabularum,  das 
Privatrecht  dieses  Gesetzes  zur  Darstellung  brachte,  sodann  Pars  B, 
die  Interpretatio ,  das  ius  civile  im  engeren  Sinne  d.  h.  das  durch 
die  obige  interpretatio  geschaffene  jüngere  Recht,  somit  also  die  aof 
dem  Rechte  der  Wissenschaft  beruhenden  Institute  umfasste,  end- 
lich Pars  III,  die  Legis  actio,  den  Civilprocess  enthielt,  eine  Stoff- 
Vertheilung,  die  im  Einzelnen  allerdings  noch  gewissen  Modificatkmea 
unterliegt. 

Und  auf  diese  Tripertita  bezieht  sich  denn  nun  die  Charakteri- 
stik ,  welche  der  in  §  1  besprochene  Cic.  de  Orat.  §  1 86  fg.  dahin 
giebt,  dass  der  Rechtsstoff  weder  artißciose  digestus,  noch  generatim 
compositus  sei,  vielmehr  »omnia  fere,  quae  sunt  conclusa  nunc  arti- 
bus,  dispersa  et  dissipata  quondam  fuerunt«,  ein  Urtheil,  dessen  Triftig- 
keit schon  aus  der  auf  ganz  äusserlichen  Gesichtspunkten  beruhenden 
Zerlegung  des  Stoffes  in  die  Lex  XII  tabularum  und  die  Interpretatio 
ohne  Weiteres  sich  ergiebt. 

Was  nun  im  Einzelnen  das  System  der  Tripertita  betrifft,  so 
fehlen  uns  darüber  zwar  die  näheren  directen  Angaben.  Immerhin 
aber  können  wir  dasselbe  in  Folge  des  Umstandes  reconstruiren,  dass 
in  dem  Sabinus-Systeme  das  System  der  Tripertita  adoptirt  worden 
ist  (§  5),  sonach  aber  ebenso  die  hier  eingeordneten  Rechtsinstitute, 
insoweit  solche  in  der  Mitte  des  sechsten  Jahrhunderts  bereits  zur 
Ausbildung  gelangt  waren,  als  auch  in  der   dort  sich  vorfindenden 


18)   Vgl.  Voigt,  Jus  nat.  III  §  49. 


43]  Das  Aeliiis-  und  Sa  bims- System.  331 

Reihenfolge   bereits  den  Tripertita   des   Aelius   angehörten.      Danach 
aber  ergiebt  sich  für  die  letzteren  folgendes  System : 

I  pars:    Lex  XII  lahularum. 

l.i.  De  testamentis. 

,     b.  De  heredilate    (i.  e.    ab   intestalo  delata  vgl.    lex  [Thor.]  agr. 
v.  643  im  C.  I.  L.  I  no.  200  lin.  23). 

g.  De  legatis. 

ia.  De  bis,  qui  alieni  iuris  sunt. 

b.  De  über  is  hominibus  (s.  A.  72). 

3.9.  De  mancipatione  et  fiducia. 

b.  De  emtione  et  venditTone. 

4.  De  nexo. 

5.  De  actione  familiae  herciscundae  et  communi  dividundo. 

6.  De  dotibus. 

7.  De  tutelis  et  curationibus. 
1  De  delictis. 

a.  De  furtis. 

b.  De  pauperie. 

c.  De  damno  injuria  dato. 

d.  De  iniuriis. 

e.  De  noxia  infecla. 

II  pars:    Interpretatio. 

L        De  stipulatione. 
L        De  expensilalione. 

III  pars:    Legis  actio.19 

I.  De  legis  actione  sacramento. 

t.  De  legis  actione  per  iudicis  arbitrive  postulationem. 

1.  De  formulis. 

I.  De  legis  actione  per  manus  iniectionem. 


19)  Hier  giebt  das  Sabinussystem  keinen  Aufschluss,  allein  aus  Gai.  Inst. 
brf  immerhin  obige  Ordnung  gefolgert  werden.  —  An  die  Einordnung  der  pignoris 
apio  ist  nicht  zu  denken,  weil  dieselbe  weder  Process verfahren,  noch  privatrecht- 
äeh  ist. 


Im  Besonderen  enthält  sonach  die  Pars  I  vor  Allem  das  Privat- 
recht  der  XII  Tafeln,  wobei  in  Form  eines  Commentares  der  einzeta 
Gesetze  die  betreffenden  Rechtssatzungen  entwickelt  wurden.*  Alk» 
zugleich  lehnte  Aelius  auch  jüngere  Rechtsfiguren  an  den  entsprechen- 
den Rechtsstoff  der  XII  Tafeln  an,  geleitet  hierin  von  dem  Gesicht»* 
punkte  ihrer  practischen  Verwandtschaft  und  Aehnlichkeit.  Und  m 
nun  erklärt  sich  zunächst  der  Anschluss  der  emtio  venditio  an  db 
mancipatio  und  der  a.  communi  dividundo  an  die  a.  familiae  her* 
ciscundae,  sowie  der  Eintritt  der  a.  legis  Aquiliae  an  die  Stelle  der 
a.  noxiae  nocitae  der  XII  Tafeln.21 

Dagegen  die  Pars  II  umfasst  diejenigen  jüngeren  Rechtsiostitate, 
welche,  ohne  für  solche  Anlehnung  an  das  XII  Tafel-Recht  empfäng- 
lich zu  sein,  durchaus  auf  eine  selbstständige  doctrinelle,  wie 
malische  Stellung  angewiesen  waren.  Und  dies  nun  ist  das  Stip*| 
lations-  und  Expensilations-Recht,  welches,  beziehentlich  durch  & 
lex  Silia  von  311 — 319  und  Calpurnia  von  416 — 466  mit  legis  act» 
per  condictionem  bekleidet  und  durch  die  lex  Aebutia  von  51S— 
517  wiederum  dem  Formularprocesse  überwiesen,22  selbst 
Verkehrsgepflogenheit  und  Gewohnheit  aus  latinischem  und  rap] 
grossgriechischem  Rechte  recipirt  und  durch  rechtskundige  Leht-j 
meinung  und  Spruchpraxis  durchgebildet  worden  war,  dabei  aber' 
fast  aller  legislatorischen  Basis  entbehrte**  und  so  nun  als  sehr  bedott-] 
tuogsvolle  Aufgabe  der  Interpretatio  zufiel. 

Endlich  die  Pars  HI  umfasste  wieder  vornehmlich  XII  Tafel-Rechtf 
den    Process,   welcher   von   der   Pars  I  ausgeschlossen  war,   wortA 

* 

sich  dann  ganz  zweifellos  der  Process  der  lex  Aebutia  anschloss. 
Solches  System  charakterisirt  nun  zwar  die  Tripertita  des  Aelii 


20)   Dies  darf  ebenso  aus  Gai.  ad  1.  XII  tab.  entnommen  werden,  wie  aoefc 
aus  Cic.  de  Leg.  II,  23,  59:   veteres  interpretes  (sc.  XII  tab.)  Sex.  Aelius,  L.  Atflu 
de  Orat.  I,  56,  240:     in  Sex.  Aelii  commentariis  scriptum. 

2t)   In   Bezug   auf   emtio    vend.  und  lex  Aquilia    modißcire    ich    somit 
Auffassung  in  Jus  nat.  III  A.  437. 

22)  Voigt,  Jus  naturale  Beil.  XIX  §  2.   Tbl.  III  §  98.    106. 

23)  Denn  es  sind  nur  isolirte  Punkte,  welche  betroffen  werden  von  den 
Titia  über  Spiel  wetten,  Publilia  de  sponsu  v.  427,  Apuleia  de  sponsoribos  et 
promissoribus  v.  525 — 535,    Furia  de  sponsu  v.  536,  wie  Cincia  v.  550  bei  Gf** 
III,  123.     Wegen  der  leges  Publilia,    Apuleia  und  Furia  vgl.  Voigt,    Jus  natura. 
Beil.  XIX  A.  76—78. 


1*1  Das  Aelils-  und  Sabinus-System.  333 

ils  eine  durchaus  kunstlose  und  schlichte  Arbeit:  unbeholfen  und 
t)h  selbst  im  Vergleiche  mit  den  jüngsten  Werken  des  Ciceroqiani- 
cbeo  Zeitalters,  ohne  höhere  Originalität  und  durchgreifende  Selbst- 
liidigkeit  in  der  systematischen  Anordnung  des  Stoffes,  vielmehr 
i  der  Hauptsache  abhängig  von  der  in  den  XII  Tafeln  gegebenen 
äbenfolge  der  Materien.  Dennoch  aber  eröffnet  jenes  Werk  in  der 
bat  eine  neue  Litteratur-Epoche  des  Rechtes:  es  vermittelt  nicht 
leJQ  den  Aufschwung  der  späteren  Litteratur-Periode,  sondern  ist 
Jbst  bereits  Träger  eines  durchaus  bedeutungsvollen  Fortschrittes. 

Und  zwar  beruht  vor  Allem  diese  hohe  Bedeutung  jenes  Werkes 
irin,  dass  dasselbe  zuerst  eine  umfassende  dogmatische  Bearbeitung 
s  Rechtes  den  Römern  darbot23*  und  damit  der  juristischen  Litte- 
iur  ganz  andere  Aufgaben  wies,  als  solche  in  den  bisherigen  com- 
»tirenden  Sammelwerken  von  Gesetzen  und  Rechtsformeln  verfolgt 
irden- 

Und  sodann:  wie  mechanisch  und  unselbstständig  immer  die 
wählte  Anlehnung  des  Lehrstoffes  an  die  in  den  XII  Tafeln  ge- 
bene  Ordnung  war,  so  liegt  doch  wieder  in  der  Abscheid ung  der 
rs  II  ein  Moment  von  grösster  wissenschaftlicher  Bedeutung  und 
agweite.  Denn  indem  in  diesem  Theile  neben  das  XII  Tafel-Recht 
te  andere  Stoffgruppe  gestellt  wird  als  durchaus  unabhängig,  selbst- 
ndig  und  gleichwertig  mit  jenem,  so  ward  dadurch  nun  zur 
Uen  systematischen  Geltung  gebracht  die  Thatsache,  dass  bereits 
aaals:  in  der  Mitte  des  sechsten  Jahrhunderts  d.  St,  neben  die 
[  Tafeln  eine  ganz  eigenartige  und  völlig  neue  Rechtsmasse  ge- 
ten  war,  die  selbst  gegenüber  den  Ersteren  in  deren  durchaus 
idoininirender  Stellung  eine  vollkommene  doctrinelle  Selbstständig- 
t  und,  wenn  auch  mit  weit  beschränkterer  Sphäre,  dennoch  eine 
hrhaft  coordinirte  Stellung  einnahm^  indem  sie  ebenso  ihr  eigenes 
biet  des  Lebensverkehres  beherrschte,  wie  aber  auch  dasselbe 
;h  ganz  eigenen  theoretischen  Ordnungen  und  Principien  regelte.231* 
d  hier  nun  ist  es  wiederum  durchaus  charakteristisch,  dass  diese 


23a)  Cic.  de  Orat.  HI,  33,  133,  wo  Crassus  sagt:  equidem  saepe  hoc  audivi 
patre  et  de  socero  meo  nostros  quoque  homines,  qui  excellere  sapientiae  gloria 
eot,  onania,  quae  quidem  tum  haec  civitas  nosset,  solilos  esse  complecli:  me- 
erant  illi  Sex.  Aelium. 

33b)   Voigt,  a.  0.  III  §  99. 


334  Moritz  Voigt,  [» 


neue  Stoffgruppe  der  Pars  II  nicht  aus  dem  neugeschaffenen  i 
gentium :  dem  Kauf-Rechte,  als  vielmehr  aus  dem  weit  älteren  Slips- 
lations-  und  Expensilations-Rechte  gebildet  ward:  denn  das  entm 
ist  in  seinem  Auftreten  noch  viel  zu  neu,  in  seinen  Anfängen  noch 
viel  zu  punctuell  und  beschränkt,  um  das  geeignete  Material  für  ene 
eigene  Pars  zu  bieten,  daher  es  denn  am  Sachgemässesten  der  Lehn 
von  der  mancipatio  als  Anhang  angefügt  ward.  Wohl  aber  habai 
das  Stipulationsrecht,  zum  Eintritte  in  das  römische  Recht  ermöglich 
durch  die  lex  Silia  von  311 — 319  und  Calpurnia  von  416—466, 
und  das  Expensilationsrecht ,  eingeführt  durch  die  lnterpretatio  zwi- 
schen 419  und  424,21  in  der  Mitte  des  sechsten  Jahrhunderts  berak 
in  dem  Lebens  verkehre  sich  eingebürgert  und  hier  zu  so  retckei 
Entfaltung  sich  entwickelt,  dass  dieselben  ebenso  auf  Grand  Ora 
Reichhaltigkeit,  wie  ihrer  practischen  und  theoretischen  Eigenartigkot* 
die  doctrinelle  Bedeutung  erlangten,  die  ihnen  in  jener  systematische« 
Stellung  als  eigener  Pars  nun  auch  zu  Theil  ward. 

Was  endlich  die  Stellung  der  Vertrags-Obligation  insbesondere  i* 
jenem  Systeme  betrifft,  so  war  diese  auf  zwei  verschiedene,  räuroSd 
getrennte  Massen  vertheilt:  einestheils  die  per  aes  et  libram  begründete! 
Obligationen  der  XII  Tafeln:  die  mancipatio,  als  Träger  der  durch 
die  lex  mancipii  und  fiducia  begründeten  Verträge,  sammt  um 
nexum,  zwischen  welche  beide  dann  die  emtio  venditio  als  jüngere 
und  eigenartiges  Gebilde:  als  pactum  conventum  sich  einschiebt;  im 
anderntheils  die  stipulatio  und  expensilatio.  Und  in  dieser  Stol 
abschichtung  sind  nun  zugleich  der  Eintheilungsgrund  und  die  Bk 
mente  enthalten,  auf  welche  später  Qu.  Mucius  'Oqwp  (D.  L,  17,75 
§  4)  die  Classification  der  obligatorischen  Verträge  in  pactum  cm 
ventum,  lex  dicta,  stipulatio  [und  expensilatio]  stützte.26 


24)  Voigt,  a.  0.  II  §  54.     Erwähnt  wird  dasselbe  bereits  bei  Liv.  XXX>\\ 
v.  J.  56 1,  und  bei  Plaut,  erscheint  es  vollkommen  eingebürgert. 

25)  Insbesondere  die  Stipulation  versieht  die  ganz  verschiedenen  Function 
als  principaler  Contract ,  wie  als  adpromissio,  adstipulatio  und  novatio  und. nie 
minder  als  Processorgan  (stipulatio  necessaria) ;  dann  als  Singular»,  wie  als  Solida 
Obligation ;  und  endlich  neben  die  Form  der  sponsio  mit  ihrer  certi  und  triticat 
condictio  trat  alsbald  nach  523  die  cautio  rei  uxoriae  mit  ihrer  a.  sponsae  peo 
niae,  sowie  noch  vor  535  die  fldepromissio  mit  ihrer  a.  ex  stipiüatu:  Voigt,  a.  < 
III  §  «07. 

26)  Voigt,   a.  0.  III  §  53.   Beil.  XXI  A.  210. 


"]  Da«  Aeuus-  und  Sa  bin  us- System.  335 

jenes  phänische  System   an   sich    aber  gewann  den  allgemeinen 
und  ungeteilten  Beifall  der  Zeitgenossen,  wie  Nachkommen:  es  ward 
dasselbe  mit  seiner  Dreitheilung  von  den  nächsten  Generationen  gleich- 
nftssig  angenommen,  wie  solches  ebenso  die  Aeusserungen  Cicero's,27 
Hb  auch  die  obigen,   auf  eine  grosse  Verbreitung  jener  Dreitheilung 
hinweisenden  Auslassungen  des  Pomp,  ergeben.     Und  so  daher  wird 
jene  älianische  Stoffordnung  von   allen   alteren  Juristen   bis   auf  Qu. 
|   Mttcios  Scaevola  pont.  herab  (§  3)   für  die   allgemeinen  Rechtswerke 
i  adoptirt,   somit    insbesondere   von  Cato  in   seinen  libri  Juris  civilis,28 
von  P.  Mucius  Scaevola  in  seinen  libri  10  Juris  civilis,  C.  Brutus  in 
i  seinen  libri  3  Juris  civilis,  M\  Manilius  in  seinen  libri  7  Juris  civilis, 

(wie  von  den  Jüngeren  etwa  auch  von  Varro  in  seinen  libri  15  Juris 
cmüs,*  bis  dann  endlich  in  der  Kaiserzeil  jenes  System  von  Labeo 
f  fär  seine  Posteriores,  von  Sabinus  für  seine  libri  3  Juris  civilis,  wie 
[  von  Urseius  Ferox  und  Minicius  Natalis  für  die  Responsensammlungen 
der  sabinianischen  Schule  von  Neuem  aufgenommen  und  damit  zu 
längerer  Gellung  berufen  wurde  (§  5). 

Was   endlich    die  Detailbehandelung    des   Stoffes   Seitens   jener 
liieren  älianischen  Litteraturperiode  betrifft,   so  leidet  dieselbe  unter 
1  der  Manier,  die  Darstellung  der  Rechtssatze  nicht  allein  in  die  Form 
einer  Mittheilung   der  vom   Autor  selbst  oder  einem  Vorgänger  über 
einschlagende  Rechtsfragen  ertheilten  Responsen  einzukleiden,  sondern 
hierbei  auch  die  concreten  thatbestUndlichen  Verhältnisse,  wie  solche 
dem  Respondenten  vorgelegen,  ebenso  an  sich  mit  lästiger  Breite,  wie 
auch  in  allem  ihrem  individuellen  und  juristisch  nebensächlichen  Detail 
vorzutragen.     Denn   in   Folge   dieser  Manier   trat  nicht  allein  an  die 
Stelle   des  juristischen   Argumentes   die  Autorität   des  Respondenten, 
sondern   es  ward  dadurch  zugleich   die    theoretische  Darlegung  der 
Reclitssätze  überwuchert  von  solchem  Wüste  dogmatisch  ganz  wert- 
loser Nebenumstände,   so   dass   die   rein  sachliche  Haltung  der  Dar- 


27)  Cicero  de  Grat.  I  §  187:  orania  fere,  quae  sunt  conclusa  nunc  artibus, 
dispersa  et  dissipata  quondam  fuerunt ;  de  Leg.  I,  5,  17:  non  ergo  a  praeloris 
«diclo,  ut  plerique  nunc,  neque  a  XII  tabulis,  ut  superiores  iuris  disciplinam 
bauriendam  putas? 

28)  Dementsprechend  behandelt  Cato  gegen  das  Ende:  in  Hb.  4  5  die  Stipu- 
lation    Paul.    \%  ad  Sab.    (D.   XLV,    I,    4.   §   1). 

29)  Vgl.   Sanio,   Varroniana  I,    164   fg. 

Abkindl.  d.  K.  S.  OeselUch.  d.  WifMnsch.  XVII.  23 


336  Moritz  Voigt,.        m  [*• 

Stellung  durch  jenes  anecdotenhafle  Element  beeinträchtigt30  und  dem 
Leser  die  Auffindung,  wie  Erkcnntniss  der  vorgetragenen  Lehrmeinung 
äusserst  erschwert,  ja  geradezu  verleidet  ward,  damit  aber  die  be- 
treffenden Schriften  in  der  That  fast  ungeniessbar  wurden.51  lind 
zwar  bekundet  sich  solche  Manier  bezüglich  der  Tripertita  des  Aelios 
dadurch ,  dass  nur  diese  die  Quelle  sein  können ,  aus  welcher  die 
jüngere  Zeit  ihre  Kunde  von  den  Responsen  des  Ti.  Coruncani« 
schöpfte,  während  sie  bezüglich  der  Werke  des  Cato  und  Brot» 
ebenso  im  Allgemeinen  bekundet  wird  von 

Cic.  de  Orat.  II,  33,  142:  video  —  in  Catonis  et  in  Bruti  übrig 
nominatim  fere  referri,  quid  alicui  de  iure  viro  aut  mulieri  respoi- 
derint, 

wie  auch  im  Einzelnen  illustrirt  wird  von 

Cic.  de  Orat.  II,  55,  223  fg.:  tres  —  Bruti  de  iure  civili  libelk* 
—  legendos  dedit.  Ex  libro  I:  »Forte  evenit,  ut  in  Privernati 
essemus.«  —  Deinde  ex  libro  II:  »In  Albano  eramus  ego  et  Marc* 
filius.«  —  Tum  ex  libro  III :  »In  Tiburti  forte  adsedimus  ego  el 
Marcus  filius.« 

Dagegen  wird  wiederum  der  Fleiss,  der  auf  jene  Arbeiten  auch» 
antiquarischen  Dingen  verwendet  war,   rühmend  hervorgehoben  to* 

Varr.  LL.  V,  1 ,  5 :  vetustas  pauca  non  depravat ,  multa  tolliL  — 
Quare  illa,  quae  iam  maioribus  nostris  ademit  oblivio  fugitiva, 
secuta  sedulitas  Muci  et  Bruti  retrahere  nequit. 

Im  Uebrigen  ist  den  Tripertita  des  Aelius  gleich  dem  Jus  Flaviamim 
und  der  responsiven  Thätigkeit  des  Ti.  Coruncanius  ein  politischer 
Nebenzweck  beizumessen :  Förderung  einer  verallgemeinerten  Rechte* 
kenntniss  vornämlich  im  Interesse  der  Plebs,  und  dementsprechend 
nun  auch  ausgehend  von  jenen  drei  Plebejern. 

30)  Diese  Haltung  jener  Werke  bezeugt  Cic.  de  Orat.   II,   33,    142:    putare- 
mus  in  hominibus,   non  in  re  consultationis  aut  dubi talionis  causam  aliquam  fuisse. 

31)  Diesen  Eindruck  jener  Werke  bekundet  Cic.  de  Orat.  II,  32,  141:  per- 
petui  iuris  et  universi  generis  quaestio  non  hominum  nomina,  sed  rationem  dicendi 
et  argumentorum  fontes  desiderat,  in  quo  etiarn  isti  nos  iuris  consulti  impfediant  t 
discendoque  deterrent ;  33,  142:  ut,  quod  homincs  innumerabiles  esscnt  debilitati 
[ac  deterriti]  a  iure  cognoscendo ,  voluntatem  discendi  simul  cum  spe  perdiscendi 
abiiceremus.  Und  dann  wegen  der  Schwierigkeit ,  im  Einzelnen  sich  zurecht  zu 
finden  und  den  Rechtssatz,  den  man  gerade  braucht,   zu  suchen  s.  A.    i£. 


!•)  Das  Ablius-  und  Sabinus-System.  337 


§  3. 
Die  libri  18  Juris  civilis  des  Qu.  Marias  Scaevola  pont 

In  das  Jahrhundert,  welches  auf  die  Veröffentlichung  der  äliani- 
schen  Tripertita  folgt,  fallen.  Ereignisse,  welche  für  die  gesammte 
spätere  Entwickelung  des  römischen  Rechtes  von  der  entscheidendsten 
and  tiefgreifendsten  Bedeutung   geworden  sind.      Bereits   vor  jenem 

• 

Zeitpunkte  bereitet  zu  Rom  die  so  überaus  bedeutungs-,  wie  folgen- 
reiche culturhistorische  Wandelung  sich  vor  des  Uebertrittes  aus  der 
Periode  reiner  Vieh-  und  Ackerbau-Wirthschaft  in  die  Mercantil- 
periode;  in  Folge  dessen  gelangen  völlig  neue  Lebensanschauungen, 
wie  Verkehrsgewohnheiten  mehr  und  mehr  in  Aufnahme  und  Ver- 
breitung; und  indem  so  namentlich  die  ererbte  nationale  Beschrankt- 
heit der  Anschauung  gemildert  wird,  so  erlangen  damit  zugleich  ganz 
neue  Rechlsäuffassungen  Geltung  und  Gewicht;  und  in  Folge  dessen 
wieder  erweitert  sich  schrittweise  eine  Neubildung  im  Rechte,  welche 
nach  ganz  andern  Richtungen  und  Principien  den  Stoff  der  Rechts- 
normen, wie  die  Theilnahme  an  solchen  regelt  und  welche  in 
schroffem  Contraste  mit  alten  Gebilden  und  Ordnungen  neue  Gestal- 
tungen und  Satzungen  im  Rechte  schafft  und  durchbildet,  im  Laufe 
der  Zeiten  aber  ebenso  die  praktische,  wie  die  theoretische  Bedeutung 
jener  jüngeren  Bildungen  in  steigender  Progression  erhöht.32 

Und  sodann  beginnt  mit  dem  Ausgange  des  sechsten  Jahr- 
hunderts das  Vordringen  der  griechischen  Philosophie  nach  Rom, 
jener  Disciplin,  welche  in  wohlgegliedertem  Lehrgebäude  einen  un- 
erschöpflichen Reichthum  befruchtender  Ideen  in  sich  trug  und  welche 
ebensowohl  in  formaler  Beziehung:  durch  ihre  systematische  Gliederung 
und  Ordnungen  zum  methodischen  Vorbilde,  als  auch  namentlich  in 
ter  Ethik,  Dialectik  und  Rhetorik  zur  praktischen  Verwerthung  ganz 
refflich  sich  eignete,  und  so  nun  auch  in  beiderlei  Richtung  in  der 
liat  einen  durchaus  maassgebenden  Einfluss  auf  die  römische  Rechts- 
wissenschaft sich  errang.33 


32)    Voigt,   a.    0.    II  §   70   fg.    80    fg.    III  §   53.    123.    151. 
33;    Voigt,   a.   0.    I  §   44.    49   fg.    Beil.   XVII. 


23* 


338  Mobitz  Voigt,  [W 

Und  indem  alle  jene  Vorgänge  nicht  allein  die  Rechtswissenschaft 
zu  gesteigerter  ProductivtUH  anregen,  sondern  auch  die  Methode  an 
sich  von  deren  schöpferischer  Thütigkeit  umgestalten,  ja  die  gesammle 
wissenschaftliche  Anschauung  der  Jurisprudenz  unendlich  erweitern, 
wie  klaren,*4  so  rief  nun  Alles  dies  die  Empfindung  wach  einer 
mangelnden  Befriedigung  an  jener  älianischen  Manier  der  Bearbeitung 
des  Rechtes,  damit  das  Bedürfniss  nach  einer  anderen  systematischen, 
wie  methodischen  Behandlung  des  Stoffes  erzeugend.  Und  wie  daher 
jenem  Gefühle  des  Unbefriedigtseins  von  Cic.  de  Orat.  (§  1)  m 
treuer  Ausdruck  verliehen  wird,  so  wurde  wiederum  dieses  Bedürf- 
niss selbst  befriedigt  durch  ein  Werk,  welches,  zur  Zeit  der  AIP 
fassung  von  Cicero's  de  Oratore  im  J.  699  noch  nicht  publicirt,  m** 
mittelbar  nach  diesem  Zeitpunkt  veröffentlicht  ward  r3*  der  libri  (I  rf 
Brutum  de  edicto  praetoris  des  Serv.  Sulpicius  Rufus.  Und  (Aar 
dieses  Werk  nun,  wie  dessen  Autor  spricht  sich  Cic.  ad  Brut.  41, 1 
152  im  J.  708  dahin  aus: 

Sic  —  existumo  iuris  civilis  magnum  usum  et  apud  Scaevolam  (i.  & 
Qu.    Mucium  pont.)    et    apud    multos    fuisse,    artein    in    hoc  na*; 
vi.  e.  Rufo  .     Quod  numquam  effecisset   ipsius   iuris  seien tia,  nia 
eam  praeterea  didicisset  artem,  quae  doceret  rem  universam  triboert 


34]   Voigt,   a.   O.   II  §  87.   III  §  48.    \%t  fg.   IV  §  6.   7. 

35)   Auf  jenes  Werk   selbst   des  Senilis   bezieht  sich  bereits  die  Aeussennf 
von  Cic.   de  Leg.    (v.   702)   I.   5,    17:    non   ergo   a   praetoris   edicto,    nt  pleriqo*  ' 
nunc,   neque  a  XII  tabulis,    ut  superiores  —  iuris  diseiplinaro  bauriendam  pM^ 
während  auf  die  Autorschaft   jenes  Werkes   die  Bemerkung  über  den  Serv.  «W 
sich  stutzt :  sit  isla  res  (sc.  ius)   magna ,    sicut  est,  quae  quondara  a  multis  daris 
viris,  nunc  ab  uno  summa  auctoritale  et  scienlia  suslinetur;    vgl.  Sank),  z.  Gesell* 
der  roro.  Hechtswiss.   6 1   fg.     Dies  aber  siud  die  frühesten  Erwähnungen,  in  deaet 
Cic.    die   Bedeutung  des  Serv.    als   Rechtsgelehrter  ausspricht.      Sonach   (51h  At 
Publication  jenes  Werkes   des  Serv.    zwischen  699  und  702,    ein  Zeitpunkt,  d* 
aus  sachlichen  Gründen  bereits  nachgewiesen  ist  von  Voigt.  Jus  naturale  III  A.  M- 
Im  Uebrigen  vgl.   Pomp.  Ench.   (D.  I,   z\   t.  §  4.4)  :     Servius  duos  libros  peiqw» 
brevissimos  ad  edictum  subscriptos  reliquit :  Bo$th.  in  Top.  p.  3)1  :   iurisperitonm 
auetoritas  est   eonim,    qui   e\  XII    tabulis   vel   ex    ediclis   magistratuum   ins  cfclt 
interpretati  sunt,   probatae  ci\ium  iudieiis  ereditaeque  senlentiae.  —  Danach  ist  zu 
berichtigen  die  Bemerkung  von  Sanio  a.  0.    60  :   »daher  sind  Cicero's  Aeusserunget 
de  iure  civili  in  artem  redigendo  als  indirecte  Zeugnisse  über  die  wissenschaftlich« 
Richtung  des  Servius  zu  benutzen« ;   vielmehr  fallen  jene  Aeusserungen  Cicero's  ii 
de  Orat.  vor  die  Publication  von  Servius  ad  Brutum. 


M]  Das  Aelius-  und  Sabincs-System.  339 

in  partes,  latentem  explicare  definiendo,  obscuram  explanare  inter- 
pretando,  ambigua  primum  videre,  deinde  distinguere,  postremo 
habere  regulain,  qua  vera  et  falsa  iudicarentur  et  quae  quibus 
propositis  essent  quaeque  non  essent  consequentia.  Hie  enim 
attulit  hanc  artem  omnium  artium  maxumam  quasi  lucein  ad  ea, 
quae  confuse  ab  aliis  aut  •  respondebantur  aut  agebantur. 

Somit  aber  wird  das  wissenschaftliche  Verdienst  des  Servius30  theils 
k  das  von  demselben  angewendete  Hülfsmittel  gesetzt :  -in  die  aus- 
;iebige  Verwerthung  der  Philosophie  im  Interesse  der  litterarischen 
tearbeitung  des  Rechtes,  theils  in  dessen  systematische  Behandlung: 
ass  Servius  durch  seine  Ober-  und  Unterein theilungen  eine  umfassen- 
ere,  durchgreifendere  und  einheitlichere  wissenschaftliche  Gliederung 
es  Lehrstoffes  erzielte  (ars,  quae  docet  rem  universam  tribuere  in 
irtes),37  theils  in  die  von  demselben  angewendete  Methode:  dass 
erselbe  nach  Maassgabe  der  voluntatis  ratio  durch  das  Mittel  der 
llerpretations-Figuren  und  so  namentlich  von  definitio,  ambiguitas 
ad  scriptum  et  voluntas  den  Denkgehalt  der  Rechtssätze  correcter 
^summte,  deutlicher  begrenzte  und  stofflich  ergiebiger  entwickelte 3S 
em  latentem  explicare  definiendo,  obsedram  explanare  interpretando, 
mbigua  primum  videre,  deinde  distinguere),  theils  endlich  in  die  mit 
)lchen  Mitteln  erzielten  Resultate :  die  höchste  Aufgabe  des  juristischen 
chriftstellers  ausserordentlich  gefördert  zu  haben  durch  Darlegung 
er  Wahrheit  in  Lehr-,  wie  Folgesätzen  (habere  regulam,  qua  vera 
t  falsa  iudicarentur  et  quae  quibus  propositis  essent  quaeque  non 
ssent  consequentia). 

Allein -um  mehr  als  dreissig  Jahre  vor  jenem  Zeitpunkte,  wo 
tarvius  sein  Werk  ad  Brutuin  publicirte,  und  wiederum  ein  Jahr- 
Hindert  nach  der  Veröffentlichung  von  Aelians  Tripertita  hatte  bereits 
Qu.  Mucius  Scaevola  pont.  in  gleicher  Tendenz,  wie  Servius,  seine 
fibri  18  Juris  civilis  publicirt:  gestutzt  auf  ein  neues  und  selbsteigenes 
ton  den  Tripertita  durchaus  abweichendes  System.  Und  dieses  Werk 
fes  Mucius  nun  ist  es,  auf  welches  die  in  §  1  besprochenen  Aeusserun- 
;en  von  Cic.  de  Orat.  I  §  188  sich  beziehen  i30 

36)  Vgl.  Schneider,   de  Serv.   Sulpicio  I,   39  fg.   Sanio  a.  0.    56  fg. 

37)  So  z.   B.   bezüglich  der  Obligation:    Voigt,  Jus  naturale  III  A.   485. 

38)  Vgl.   Voigt,   a.   Ü.   A.    455. 

39)  Vgl.   Dirksen,  hinter!.   Schriften  I,    17  fg.   Sanio,   rechtshist.  Abhandl.   70. 


340  Moritz  Voigt,  ß* 

Omnia  fere  —  sunt  conclusa  nunc  artibus.  Adhibita  est  igilur  ars 
quaedam  extrinsecus  ex  alio  genere  quodam,  quod  sibi  totum  phi- 
losophi  adsumunt,  quae  rem  dissolutam  divulsamque  conglutinaret 
et  ratione  quadam  constringeret ; 

wie  anderntheils  von  Pomp.  Ench.   (D.  I,  2,  2.  §  41): 

Qu.  Mucius  —  ius  civile  primus  constituit  generatim  in  libros  XVDI 

redigendo. 
Danach  aber  fiel  dem  Mucius  das  Verdienst  zu,40  zunächst  dass  er, 
unter  Benutzung  der  Philosophie  gleich  als  einem  Vorbilde,  das  ge- 
sammle  Privatrecht  in  ein  einheitliches  und  geschlossenes  Sysiea 
eingeordnet  hatte ;  sodann  dass  er  dasselbe  nach  Ober-  und  Unter- 
eintheilung  rationell  gegliedert  und  damit  zugleich  den  Rechteste! 
unter  concentrischen  Gesichtspunkten  zusammengefasst  und  geordnet 
und  so  nun  dessen  geistige  Beherrschung  und  Durchdringung  gaw 
wesentlich  gefördert  hatte;  endlich  dass  er  insbesondere  auch  <fc 
unerträgliche  Manier  der  älianischen  Litteratur  aufgegeben  hatte,  da 
Schwerpunkt  der  Darstellung  von  Rechtssätzen  in  die  Mittheilung  wa 
bezüglichen  und  dabei  in  lastiger  Breite  gehaltenen  Responseo  a 
verlegen.41  Und  jener  zweite  Moment  insbesondere  empfängt  dem 
auch  im  Einzelnen  seine  mannichfache  Bestätigung,  so  durch 

Gai.  I,  188:  tutelarum  —  quidam  quinque  genera  esse  dixerunt,  ul 
Qu.  Mucius; 

Paul.  54  ad  Ed.  (D.  XU,  2?  3.  §  21.  23):  genera  possessionis  W 
sunt,  quot  et  causae  acquirendi  eius,  quod  nostrum  non  sit,  veW 
pro  emtore,  pro  donato,   pro  legato,   pro  dote,  pro  herede,  ptf 


40)  Vgl.  Schneider  1.  c.   I,   30  sq.  37.     Sanio  z.  Gesch.  der  röm.  Rechte**. 
39  fg. 

41)  Nachdem  Cicero  bei  Besprechung  der  causa  Curiana   (s.   Voigt,  Jus  Dil  > 
§  4  0)   iu  der  in  A.   30  mi Igelheilten  Weise  die  Behandlung  des  Lehrstoffes  Seiet* 
der  älianischen  Litteratur  characlerisirt  hat,   fügt  er  de  Oral.  II,   33,   143  die  Be- 
merkung bei :  sed  haec  Crassus  aliquando  nobis  expediet  et  exponet  descripta  geee- 
ralim ;  est  enim,   ne  forte  nescias,   heri  nobis  ille  hoc  —  pollicitus  ius  civile,  quo* 
nunc  diffusum  et  dissipatum  esset,  in  certa  genera  coacturum  et  ad  artem  facÜe» 
redacturum,    wobei  auf  Crassus  mit  Rücksicht    darauf  provocirt  wird,    dass  dieser 
Orator   in   der   causa  Curiana    war.      Hiermit    aber   wird    der  Gegensatz   zu  jeaer 
älianischen  Manier  charaetcrisirt  als  describerc  generatim,    in    certa  genera  cogere, 
ad  artem  facilem  redigere ,    worin   Scaevola    allerdings   den  Cicero  nicht  ganz  be- 
friedigte s.  §   4. 


23]  Das  Aeuus-  und  Sabinus-System.  341 

noxae  dedito,  pro  suo.  —  Quod  autem  Qu.  Mucius  inter  genera  pos- 

sessionum  posuit,  si  quando  iussu  magistratus  rei  servandae  causa 

vel  quia  damni  infecti  noa  caveatur,  possidemus  etc.,42 

während   zugleich    auch    wieder   darauf  der   von  Cicero  (bei  A.  6) 

ausgesprochene  Tadel  sich  bezieht  des  Uebermaasses  von  genera,  wie 

der  Dürftigkeit  an  definitiones. 

Was  nun  das  System   vom  Jus   civile   des  Scaevola   betrifft,  so 
ist  dasselbe  in  Tafel  I  reconstruirt  und  im  Einzelnen  dargelegt.     Und 
[  daraus  ergiebt  sich  zugleich   die  tiefgreifende   und   principielle  Ver- 
schiedenheit zwischen   diesem  und  dem   älianischen   Systeme.     Und 
zwar  wird,  was  das  Einzelne  betrifft, 

A.  die    Pars  III   der   Tripertita  zwar   beibehalten    und   in   ihrer 
Stellung  am  Schlüsse  der  Rechlslehren  belassen ;  dagegen  aber 

B.  die  Pars  II  der  Tripertita  wird 

1.  nach   zwiefacher  Richtung    hin    erweitert:    in    der   Weise 
nämlich,  dass  deren  beiden  älianischen  Materien :  De  Stipu- 
lation und  De  Expensilatione 
a.  als  allgemeiner  Theil  die  zwei  Titel  vorangestellt  wer- 
den De   Solutionibus   et  liberationibus   und   De  Obli- 
gationibus  et  actionibus;  sowie 

42)    Dann    auch    die   unwürdige   und   durch  Selbstgefälligkeit   dictirte  Bemer- 
kung von  Cic.   de  Leg.  II,    19,    47:   iuriscousulti  sive  erroris  obiiciundi  causa,  quo 
plura  et  difficiliora  scire  videantur  sive,    quod  similius  veri  est,   ignoratione  docendi 
—  saepe,  quod  posiluin  est  in  una  cognitione,  id  in  infinita  dispertiuntur,   velut  in 
hoc  ipso  genere  quam  magnum  illud  Scaevolae  faciunt,    pontißces   ambo  et  eidem 
tarn  peritissimi;    und  dazu  wieder  der  Gegensatz  von  Cicero' s   eigener  Auffassung 
der  Aufgabe  in  §  46:  tractabo  quoad  potero  eius  ipsius  generis  ius  civile  nostrum 
sed  ila,   locus  ut  ipse  notus  sit,   ex  quo  ducatur  quaeque  pars  iuris,   ut  non  difticile 
iH,  qui  modo  ingenio  sit  mediocri,  quaecumque  nova  causa  consultatiove  acciderit, 
ttus  tenere  ius,  quom  scias  a  quo  sit  capite  repetendum.   —  Jene  Manier  der  Auf- 
teilung   von   genera  übte  einen    ausserordentlichen  Einfluss  aus  und  so  vor  Allem 
«f  die  Jurisprudenz  selbst,   so  z.   B.   Alf.  5  Dig.  (D.  XIX,   2,    31)  :  genera  rerum 
bcatarum,  Serv.  u.  Lab.   nach  Gai.   III,    183:  genera  furtorum,  Aristo  bei  Pomp. 
18  ad  Qu.  Muc.    (D.   XL,   7,   29.  §   1):   genus  quo  quis  dominus  fit,   Gai.   I,    4  2. 
ülp.  fr.   I,   5:    genera  libertorum ,    Gai.   II,    101:    genera  testamentorum,    Gai.  II, 
192:  genera  legatorura,  Gai.  IV,    1  :  genera  aclionum  u.  A.  m.,  worüber  s.  Voigt, 
Cond.  ob  caus.  A.    104;    dann  aber  auch  auf   andere  Fachwissenschaften,    so  die 
genera   controversiarum    der   Agriinensoren :    Front.    1    de  Contr.   9,    G.      Hyg.    de 
Cond.   123,    17  u.   A.,   oder  in  dem    scholastischen  Schematismus  bei  Varr.  R.   R. 
I,  5,   3   fg.   od.   I,    17,    1    od.   auch  im  Detail,    so  II,    9,   2:     canium   duo   genera 
u.  dergl. 


342  Moritz  Voigt,  [** 

b.  höchst  wahrscheinlich  aus  Pars  I  der  Titel  De  Nexo 
herausgenommen  und,  durch  die  mutui  datio  erweitert, 
als  Schluss-Materie  angefügt  ward. 

Und  hiermit  war  denn  nun  jene  Dreitheilung  der  stricti  iuris  negotia 
systematisch  begründet,  welche  bekundet  wird  von 

Cic.  p.  Qu.  Rose.  5,   13.    14:    adnumerare   sive   peeuniam  dare,  ex- 
pensum  ferre,  stipulari; 

wie  in  dem  spanischen  Instrum.  Gduciae  im  C.  I.  L.  II  no.  5042  lin.  7: 
peeuniam  dare,  credere,43  expensum  ferre. 

2.  Diese  so  erweiterte  Pars  II  ward  sodann  in  die  Pars  I  der 
Triperlita  hineingeschoben  und  zwar  hier  unmittelbar  aa 
das  Erbrecht  angeschlossen. 

C.  Endlich  in  der  Pars  I  werden  über  dem  verschiedene«  durch- 
aus wesentliche  Umstellungen  vorgenommen;  nämlich 

1.  die  Titel  De  His  qui  alieni  iuris  sunt,   De  Liberis  homiw- 
bus,  De  Dotibus  und  De  Tutelis  et  curationibus  rücken  m 
einander,  nachdem  der  Titel  De  Nexo  wohl  mit  den  Lehm 
der  Phänischen    Pars  II   verbunden    und   die   beiden  TM: 
De   Mancipatione    und    De   Actione    familiae    hercisc 
weiter  zurückgestellt  sind. 

2.  An  jene  vier  Titel  wird  dann  angeschlossen  der  alte  TW 
De  Mancipatione  et  fiducia,  aus  welchem  selbst  nun  wieder 
drei  eigene  Titel  gebildet  werden :  De  Dominus,  De  Emtione 
venditione  et  locatione  conduetione  uud  De  Servitutita 
und  denen  selbst  endlich  noch  als  allgemeiner  Theil  ein 
vierter  Titel  De  Dolo  malo  et  culpa  praestanda  voraor 
gestellt  wird. 

3.  Der  nunmehr  folgende  alte  Titel  De  Actione  familiae  her- 
ciseundae  et  communi  dividundo  wird  in  der  Maasse  er« 
weitert,  dass  daraus  drei  neue  Titel  gebildet  werden:  De 
Peculio  etc.,  De  Cognitoribus  et  procuratoribus  und  De 
Societatibus ,  woran  dann  endlich  der  merkwürdige,  auch 
in  den  Systemen  von  Tafel  II,   III  und  IV,    wie   noch  in  J 


43)  D.   i.  stipulari:   s.    Voigt,  Jus.   nat.   Beil.   XIX  A.   30. 


5]  Das  Aelics-  und  Sabinüs-System.  343 

den  Digesten  Justinians    beibehaltene  Titel   De   Postliminio 
angehängt  wird. 
4.  Dagegen  der   nunmehr  folgende  alte  Abschnitt  de  delictis 
wird  nur  durch  die  aus  dem  jüngeren  Rechte  sich  ergeben- 
den Zusätze   erweitert    und  bleibt  im  Uebrigen  ohne  Ver- 
änderung. 
So  daher  zerfällt  im  grossen  Ganzen  das  System  des  Qu.  Mucius 
i  sieben  Theile: 
I.  Erbrecht. 
II.  Contracte,  insoweit  dieselben  mit  condictio  bewehrt  sind. 

III.  Personen-  und  Familien  recht. 

IV.  Jura  in  re  sammt  den  frühesten  bon.  Gd.  conti  actus:  emtio 

und  locatio. 
V.  Actiones  adjecticiae  qualitatis  und  jüngere  bon.  fid.  negotia. 
VI.  Postliminium. 
YD.  Delictsrecht. 
VHL  Process. 
k  dieser  stofflichen  Ordnung  aber  bekundet  sich  gegenüber  den  Tri- 
pertita  des  Aelius   ein  sehr   bedeutender  Fortschritt  in  der  Richtung 
lach  Concentrirung  des  Lehrstoffes  zu  Gruppen,  innerhalb  deren  die 
techtsiostitute  nach  dem  Gesichtspunkte  ihrer  durch  specifische  Ver- 
wandtschaft gegebenen  Zusammenl>ehörigkeit  an  einander  geschlossen 
■od.     Den  schwachen  Punkt  in  dieser  Beziehung  bildet  in  Wahrheit 
*H\das  Obligationenrecht,   welches,   in  Nachwirkung  der  älianisehen 
jhrstllekelung  desselben,   immer  noch   in  drei  Gruppen  gespalten  ist, 
Uebelstand,   den  der  jüngere  Vertreter  des  mucischen  Systemes, 
.  Caecilius   Africanus,    dadurch   minderte,    dass   er  die   doppelte 
ppe  der  bon.  fid.  negotia  zu  Einer  Masse  verband,   daneben  zu- 
ich  die  neu  entstandenen  civilen  Rechtsinstitute  nachtragend:  das 
mmissum,    dann   die  jüngeren   bon.    fid.    negotia:    negotiorum 
,  depositum,  commodatum,  pignus  und  praescriptis  verbis,   wie 
lieh  die  condictiones  ob  causam. 
Was   endlich   die    allgemeine    rechtswissenschaftliche   Bedeutung 
Werkes  des  Qu.  Mucius  betrifft,   so    lag   solche  unmittelbar  in 
Eesem  selbst:    in  dem  ihm    zukommenden  wissenschaftlichen  Eigen- 
rerthe,    während  im  geraden  Gegensatze   hierzu  die  Bedeutung   von 
es  Servius  ad  Brutum  in  der  darin    den  Schülern  und  Nachfolgern 


344  Moritz  Voigt,  ßt 

gegebenen  Anregung  zur  Verfolgung  der  dort  betretenen  Bahnen  ent- 
halten   war.      Und   so    daher   erklärt   sich,    dass    dieses   Werk  deij 
Servius  in  der  späteren  Litteratur  völlig  verschollen  ist,  während  du 
Jus  civile  Scaevola's  noch  von  Laelius  Felix,  Gai.,  Pomp,  und  Modestk 
commentirt  wird.    Ja  Cicero  selbst,  der  theils  in  tendenziöser  Weise,* 
theils  geblendet  durch  den  Eindruck  der  Neuheit  die  Bedeutung  vo« 
Brutus  des  Servius  ganz  ungemessen  übertreibt,  giebt  charakteristischer 
Weise  bei   seinen  juristischen  Erörterungen    durchgehends   dem 
Mucius  als  der  höheren  Autorität  den  Vorrang,  so  in  de  Off.  III,  17, 
70.  Top.  6,   29.    8,   37.  9,   38  (alles  dies  vom  J.  710),    wie  d 
überhaupt  die  gesammten  anonym   aufgeführten  juristischen 
in  den  Topiken  ohne  Zweifel  auf  Qu.  Mucius  zurückzuführen  sind 


§.  4. 
Die  libri  Pithanon  des  Labeo  und  die  libri  10  Juris  civilis  des 

In  Bezug  auf  Labeo's  Pithana  liegt  der  Thatbestand   vor, 
von  den  in  Justinians  Digesten  aufgenommenen  Fragmenten  8  ui 
der  Inscription  auftreten:  Labeo  libro  .  .  Pithanon,  während  26  in 
Hauptsache   übereinstimmend  die   Inscription  führen:   Labeo  libro  . 
Pithanon  a  Paulo  epitomatorum. 

Hierauf  ist  nun  mehrseitig,  so  von  Hommel,  Palingenesia  I,  3 
fg.  323  fg.,  Neuber,  die  juristischen  Classiker  I,  88  fg.  die  Ai 
gestützt    worden,    dass   in   Justinians  Digesten   zugleich   ebenso 
Originalwerk  Labeo's,   wie  die  paulinische  Epitome  desselben  exe 
pirt  worden    seien,   während    wiederum   von  anderer  Seite  nur 
Benutzung  des  letzteren  Werkes  anerkannt  wird.     Namentlich  A. 
nice,  Labeo  I,  35  bezeichnet  jene  erstere  Meinung  als   gänzlich 
haltbar  aus  doppeltem  Grunde:   zunächst  könne  man  die  Benul 
Iabeonischer  Originalschriften   höchstens  bis   in  die  Zeit  Ulpians  VI 
folgen.     Allein  dieser  nicht  recht  verständliche  Einwand  würde 
haupt  kein   Argument  ergeben,    dafern    er    besagen    soll,    dass 
postulpianischen    Juristen    die    Originalschriften    Labeo's    nicht   tneU 

. i 


44)   Vgl.   Sanio,   z.   Gesch.  der  rooi.   Rechtswiss.   58. 


i 
j 


r]  Das  Aeliüs-  und  Sabincs-System.  345 

• 

enutzten,  da  deren  Benutzung  nicht  Seitens  der  Pandectenjuristen, 
ondern  Seitens  der  Compilatoren  der  Digesten  hier  in  Frage  steht; 
Wem  jedoch  jener  Einwand  besagen  soll,  dass  diese  Compilatoren 
Be  Originalschriften  Labeo's  nicht  mehr  excerpirlen,  so  ist  solcher  Satz 
selbst  erst  noch  zu  beweisen,  um  so  mehr  als  die  Compilatoren  er- 
reislich  weit  ältere  Schriften  noch  excerpirten,  so  des  Qu.  Mucius 
TffAr  oder  des  Aelius  Gallus  de  Verborum  significatione.  Und 
odann:  von  jenen  acht  Stellen,  welche  ohne  den  Zusatz  a  Paulo 
pit.  in  den  Digesten  sich  vorfinden,  seien  bei  fünfen  Notae  des 
SkIus  beigefügt.  Allein  diese  Schlussfolgerung:  weil  bei  den  Frag- 
tenten  aus  dem  Werke  eines  Früheren  Noten  eines  Späteren  sich 
orfinden,  sind  jene  nicht  dem  Originalwerke,,  als  vielmehr  einer  von 
em  Späteren  gefertigten  Epitome  jenes  Werkes  entlehnt,  ist  schlech- 
rdings  unhaltbar:  wir  finden  z.  B.  in  Julians  Digesten  Noten  des  Mar- 
tins, Scaevola,  Maurician  und  Paulus,  in  des  Marcellus  Digesten 
oten  des  Scaevola  und  Ulpian,  in  des  Scaevola  Digesten  Noten  des 
ryphooin,45  ohne  dass  dadurch  irgend  wie  die  Folgerung  begründet 
ürde,  es  seien  die  Excerpte  aus  den  Digesten  von  Julian,  Marcellus, 
»evola  nicht  den  Originalwerken,  sondern  Auszügen  aus  solchen 
itiehot,  dementsprechend  daher  auch  die  Noten  des  Paulus  zu  Labeo's 
thana  die  gleiche  Folgerung  nicht  begründen  können. 

Dahingegen  ergiebt  sich  ein  durchaus  sicheres  Indicium  aus  Dig. 
L,  7,   41 : 

ibeo    libro   I   Pithanon   a  Paulo   epitomatorum.      Si    quem    servum 
tuum  etc. 

nd  fr.   42: 

fem  libro  III  Pithanon.     Si  quis  eundem  hominem  etc. 

hon  indem  hier  zwei  Fragmente  unmittelbar  aufeinander  folgen, 
»eiche  ebenso  jene  verschiedene  Inscription  an  sich  tragen,  als  auch 
fen  nämlichen  Lehrstoff  in  ganz  verschiedenen  Büchern:  üb.  1  und 
I  behandeln,  so  ist  hierauf  allerdings  die  Folgerung  zu  stützen,  dass 
der  That  zwei   verschiedene  Ausgaben   von  Labeo's  Pithana  vor- 


45)  Das  Quellenmaterial  s.  bei  Brisson.  de  Verb.  Sign.  v.  apud  und  notare: 
Iricbs,  de  vita  clc.  Aelii  JMarciani  78  fg.  ;  Tydeniaun,  Marceil.  in  Oelrichs,  Nov. 
s.  I,   79.      H.   Pernice,  Miscellanea  I,   52   fg. 


346  Moritz  Voigt,  128 

handen  waren,  im  Besonderen  aber  Paulus  dieselben  zuerst  in  uj- 
verkürztera  Originale  und  mit  seinen  Noten  versehen,  später  aber 
auch  in  verkürztem  Auszuge  und  ebenfalls  mit  Noten  versehen  edirt 
hatte,  so  aber  der  Lehrstoff,  der  dort  in  dem  dritten  Buche  stand, 
hier  schon  in  das  erste  Buch  zu  stehen  kam. 

Das  System4*  nun,  welches  den  Pilhana  Labeo's  zu  Grunde  liegt, 
ergiebt  sich  nach  Tafel  11  als  eine  Moditication  vom  Systeme  des  Qu. 
Mucius:  das  letztere  dient  als  Vorwurf,  wird  aber  doch  in  verseht 
denen  Punkten  ganz  wesentlich  umgestaltet. 

Und  zwar  sind  es  zunächst  Umstellungen  der  einzelnen  Materiell 
welche  Labeo  vornimmt:  theils  verliert  merkwürdiger  Weise  das 
recht    seine    altüberlieferte   Stellung  an    der   Spitze    des    g 
Lehrstoffes,  theils  wird  das  postliminium  zum  Schlussabschnitte 
gerückt.      Dann    wieder    werden    die    beiden   Titel   der  iura  io  «: 
Eigenthum  und  Servitut  unmittelbar  neben  einander  gestellt  und  <brf 
bei    die    Mancipation    von    dem    Eigenthume    abgetrennt    und   um 
Obligationenrechte  gezogen.     Und  endlich  wird  das  Obligationenreckt 
zu  zwei  grossen,  selbst  aber  wieder  getrennten  Massen  conceo 
einesteils  die  Mancipation,  als  lex  dieta  und  im  altüberlieferten 
Schlüsse   an  solche   die   bon.    fid.   negotia  und   anderntheils  die  a 
drei  Gruppen  gebildete   grosse  Masse  der   Delicte,    der   allge 
Lehren  (De  Solutionibus  et  liberationibus,  De  Obligationibus  et  a 
nibus)   und  der  jüngeren  stricti  iuris  contractus. 

Und  sodann  scheidet  Labeo  den  Process  aus  dem  ius  civile  atw* 

Von  allen  jenen  Neuerungen  aber  sind  es  theils  die  Verbindung  vo» 
Eigenthum  und  Servitut,  theils  jenes  höhere  Maass  von  Concentrirtiog 
des  Obligationen-Stofles,  welche  einen  entschiedenen  Fortschritt  gegen- 
über dem  Systeme  des  Qu.  Mucius  ergeben.  Allein  andrerseits  W 
wiederum    die  Anordnung   des    Stoffes   mehrfach   so   unsystematisch 


46)  In  Bezug  hierauf  bemerkt  A.  Pernicc,  Labeo  I,  37:  »dass  dieser 
sammenordnung  ein  System  zu  Grunde  gelegen  habe ,  wird  man  von  Voroherd* 
annehmen  dürfen.  Allein  freilich  wird  als  »System«  schon  eine  Aneinander- 
reihung der  Sätze  nach  einigen  allgemeinen  Gesichtspunkten  anzusehen  6eia. 
Aeusserlich  genug  müssen  diese  gewesen  sein.«  Allein  ebenso  sind  solche  Vor- 
stellungen als  durchaus  unangemessen  zurückzuweisen,  wie  auch  solcher  Gebrauch 
des  Wortes  System :  denn  das  Fernhalten  allein  der  rohesten  stofflichen  Unordnunt 
mit  Hülfe  einiger  allgemeiner  Gesichtspunkte  ergiebt  denn  doch  noch  lange  niefo 
ein  System. 


Das  Aelius-  und  Sabinus-System.  347 

rfern  sachlich  Zusammenbefiöriges  getrennt  und  wiederum  Fremd- 
iges an  einander  geschlossen  ist,  und  es  waltet  zugleich  gerade 
diesen  Punkten  ein  so  hoher  Grad  der  Uebereinstimmung  mit  dem 
binus-Systeme  ob,  dass  für  diese  Erscheinungen  nur  auf  historischem 
!ge  die  Erklärung  gewonnen  werden  kann,  daraus  nämlich,  dass 
oeo,  wie  das  Sabinus-System  in  jenen  übereinstimmenden,  ab- 
wleriichen  Anordnungen  gemeinsam  durch  das  Aelius-System  be- 
nmt  wurden,  welches  die  gleiche  Reihenfolge  der  Materien  dar- 
rtet. Und  dies  nun  ist  der  Fall  theils  bezüglich  des  Anschlusses 
•  Delicte  an  das  Familien-  und  Personenrecht  (De  Dotibus,  De 
telis,  De  Liberis  hominibus,  De  His,  qui  alieno  iuri  subiecti  sunt), 
ils  darin,  dass  wieder  auf  die  Delicte  (nach  den  allgemeinen  Leh- 
i  des  Obligationenrechtes)  Stipulation  und  Expensilation  folgen, 
ils  endlich  bezüglich  des  Anschlusses  der  emtio  an  die  mancipatio. 

An  jenes  System  nun  schliesst  sich  wieder  an  Cassius,  libri  10 
r»  civilis,47  insofern  hierin  nach  Maassgabe  von  Tafel  III  eine  reine 
Klification  des  mucianisch-labeonischen  Systemes  gegeben  ist. 

Und  zwar  tritt  in  diesem  Systeme  das  Erbrecht  wieder,  wie 
i  Mucius,  an  die  Spitze  der  Rechtsmaterien,  während  die  vier 
ailien-  und  personenrechtlichen  Lehren:  Dos,  Tutel,  sui  und  alieni 
is,  wie  bei  Mucius  und  Labeo,  als  zusammenhängende  Gruppe 
ibehalten,  dann  wieder,  wie  bei  Labeo,  an  die  Mancipation  un- 
ttelbar  die  emtio  angeschlossen,  gleichzeitig  aber  auch  die  jüngeren 
icti  iuris  contractus  als  einige  Gruppe  festgehalten  werden,  endlich 
ch  die  von  Labeo  angenommene  Verbindung  von  dominium  und 
rvitus  aufrecht  erhalten  wird. 

Dagegen  wird  andrerseits  von  Cassius  die  Gruppe  der  jüngeren 
ricti  iuris  contractus  unmittelbar  an  die  bon.  fid.  negotia  ange- 
dilossen  und  so  nun  eine  einige,  grosse,  geschlossene  Masse  des 
Bontrac  tsrechtes  mit  Einschluss  verwandter  Quasicontracte  geschaffen: 
fei  dicta,  bon.  fld.  negotia  und  jüngere  stricti  iuris  contractus  sammt 
taam,  neben  welcher  dann  eine  zweite  Masse  des  Obligationen- 
Bchtes  steht,  gebildet  theils  aus  den  allgemeinen  Lehren  (De  Solutionibus 
t  liberationibus,  De  Obligationibus  et  actionibus)  sammt  Process,  theils 


47)   Vgl.  darüber  Weyhe  libri  III  edicli  3t  not.  4,   Leisl,  Versuch  einer  Gesch. 
t  röm.   Rechtssysteme  56. 


348 


Moritz  Voigt, 


IM 


aus  dem  Delictsrechte,  so  dass  demnach,  wie  bei  Labeo,  das  Obli- 
gationenrecht in  zwei  grosse  Gruppen  sich  spaltet,  innerhalb  den* 
jedoch  die  betreffenden  Massen  anders  vertheilt  sind. 

Der   Process   endlich   wird    in    den   Titel   De   Obligationibus  i 
actionibus  eingefügt,  daneben  jedoch  noch  ein  eigener  Titel  De 
dictione  als  Anhang  an  das  Ende  des  Werkes  gestellt. 

So  daher  ergiebt  das  System  des  Cassius  folgende  Grundordmng:] 
I.  Erbrecht:  no.   1 — 3. 
IL  Familien-  und  Personenrecht:  no.  4 — 7. 

III.  Contractsrecht :  no.  8 — 12. 

IV.  Jura  in  re:  no.   13.   14. 

V.  Uebriges  Obligationenrecht  sammt  Rechtsmitteln:  no.  15— j 
VI.  Anhänge:  De  Jurisdictione  und  De  Postliininio :  no.  24. 


§  5. 
Das  Sabinus-Systf«. 

Das   sogenannte  Sabinus-System   liegt  zu  Grunde  vier  v< 
denen  Original  werken :   zunächst  den  Posteriores  Labeo's,  und 
durch  vermittelt  der  Bearbeitung  dieses  Werkes  von  Javolenos; 
dann  den  libri  3  Juris  civilis  des  Sabinus,  und  demgemäss  auch 
libri  Sabiniani:48  Pomponius,  ülpianus,  wie  Paulus  ad  Sabinum;  dril 
den  Responsa  des  Urseius  Ferox,   und  so  nun  auch  Julians  libri 
Urseium  Ferocem;  -endlich   den  Responsa  des  Minicius  Natalis,  ttJ] 
dementsprechend  auch  Julians  libri  ex  Minicio. 

Was   nun  im   Besonderen   zunächst  Labeo's  Posteriores 
so  sind  davon  uns  überliefert  theils  eine  Anzahl  von  Citaten, 
dem    Originalwerke    entlehnt    sind,    theils    eine    grössere    Zahl 
Digesten -Fragmenten,    welche    wiederum    eine    in    der    Hau] 
zwiefiiltige    Inscription    an   sich   tragen:    einerseits  28  Fragmente 
der  Inscription:  Labeo  lihro  .  .  Posleriorum  a  Javoleno  epitomatoi 
wozu   dann   noch  Dig.  XL,  12,  42  mit  der   offenbar  verstümi 
Inscription    tritt:     Labeo    libro    IV    Posteriorum ,49     und    andi 

48)  So  nennt  sie  Justinian  im  Cod.  III,   33,    «7.  III,   34,    14.  pr.  VI,  M, 

49)  Denn  Labeo's  Originalwerk  ist    in  den  Digesten  nicht  excerpirt,    soaA 
nur  citirt,   vgl.   Zimmern,   Rechlsgesch.   I,   309  A.   8. 


]  Das  Aelius-  und  Sabinüs-System.  349 

f  Fragmente  mit  der  Inscription :  Javolenus  libro  .  .  ex  Posterioribus 
ibeonis.  Welche  Bewandtniss  es  nun  mit  diesen  beiden  Reihen  von 
agmenten  hat,  und  ob  dieselben  Einem  oder  zweien  verschiedenen 
erken  angehören,  ist  eine  seit  Langem  zweifelhafte  Frage,50  welche 
letzt  von  Bluhme  in  Zeitschrift  für  gesch.  Rechtswissensch.  1820. 
f  318  fg.  auf  Grund  neuer  Argumente  in  dem  letzteren  Sinne  be- 
twortet  worden  ist.51  Und  zwar  stützt  derselbe  diese  Annahme 
f  die  beiden  Momente:  zuerst  dass  die  angegebene  Verschiedenheit 
r  Inscriptionen  eine  Verschiedenheit  der  excerpirten  Werke  selbst 
deute ;  allein  dieses  Argument  ist  trügerisch ,  weil  gleicher  That- 
rtand  noch  mehrfach  sich  vorfindet,  ohne  solche  Folgerung  zu 
gründen,  so  z.  B.  indem  die  paulinische  Epitome  der  Digesten 
felis* bald  inscribirt  wird:  Alfeni  Digesta  a  Paulo  epitomata,  bald 
Ali  epitomae  Alfeni  Digestorum,  ohne  dass  solcher  zwiefachen  Citir- 
Ihode  ein  doppeltes  Werk  des  Paulus  entspräche.  Und  sodann: 
38  der  fnhalt  der  betreffenden  Fragmente  selbst  eine  Zweiheit  des 
srkes  ergebe,  insofern  in  Javol.  ex  Poster.  Lab.  von  Labeo  als 
i  einer  dritten  Person  die  Rede  sei,  während  in  Lab.  Poster,  a 
t)l.  epit.  gewöhnlich  Labeo  selbst  redend  auftrete.  Allein  dieser 
nctive  Beweis  ist  ohne  allen  Werth,  weil  häufig  das  gerade  Gegen- 
il  von  dem  in  der  Induction  Gesetzten  vorliegt;  denn 
in  Javol.  ex  Poster.  Lab.  tritt  Labeo  selbst  redend  auf  in 
Dig.  VII,  4,  24.  §  2:   Labeo:  nee  si  summa  terra  sublala  ex 

fundo   meo  et  alia   regesta  esset,   ideirco   meum   solum 

esse  desinit; 
•  Dig.  XVIII,  1,  77:  Labeo:  referre  quid  actum  sit;  si  non  ap- 

pareat  etc. 
Dig.  XXVIII,  8,  11:  Labeo  contra:  quia  eo  loco  verum  filium 

aeeipi  oportet; 
[i        Dig.  XXIV,  1,  64:  Labeo:  Trcbatius  inter  Terentiam  et  Mae- 
;  cenatem  respondit,  si  etc. 


50)  Die  Litteratur  s.  bei  Neuber,  juris!.  Classiker  I,  <  77  fg.  Zimmern,  a.  0. 
7.  Kämmerer,  Observatt.  iur.   civ.   f,   23  A.   2.    A.   Pernice,   Labeo,   I,   69  fg. 

51)  Es  hätten  den  Compilatoren  zwei  verschiedene  Handschriften  vorgelegen, 
en  eine  vollständiger  gewesen  sei,  als  die  andere  und  dies  zwar  in  der  Weise, 
s  nicht  etwa  bloss  grössere  Vollständigkeit  eines  in  der  anderen  lückenhaften 
tes,   sondern  eine  vollständigere  Aufnahme  des  labeonischen  Textes  selbst  vorlag. 


350  Moritz  Voigt,  (M 

vgl.  Dig.  XXIV,  3,  66.  §  3 :  manebit,  inquit  Labeo,  parlus  Uh& 
Dig.  XXXV,  1,  40.  §  2:    vidcatnus,  inquit  Labeo,  ne  id  U- 
sum  sii. 

Dagegen  wiederum  in  Lab.  Poster,  a  Javol.  epit.  ist  von  Labet 
als  von  einer  dritten  Person  die  Rede  in 

Dig.  XXXII.  1,  29:  Labeo  id  non  probat.     Labeo  hoc  prob* 

Id  legatum  putat  Labeo.  Labeo  scribit.  Labeo  pulaL 
Dig.  XIX,    1,    51.   pr. :    Perinde   esse   ait  (sc.  Labeo), 

si  etc. 
Dig.  XIX,  2,  60.  §  5:  Labeo  ait, 
während  in  dieser  Fragmenten-Reihe  das  Auftreten  Labeo's  als 
redender    Person    überhaupt   nur   zwei    Mal:    in  Dig.  XXXIII,  1, 
pr.  und  XL,  1 2,  42  mit  Sicherheit  nachweisbar  ist,  in  allen 
Fällen  directer  Rede  dagegen  durchaus  nicht  immer  Labeo  als 
redende  Person  aufgefasst  werden  kann,  da  vielmehr  öfter 
auch  Javolen  selbstredend  sich  einfuhrt. 

Wohl  aber  erregt  andrerseits  gegen  Bluhme's  Annahme  ein 
auch  nicht  schwerwiegendes  Bedenken  der  Umstand,  dass  dar 
Florentinus  der  Digesten  in  der  That  nur  Ein  Werk:  slaßewpos 
riorum  BtßXia  äi%a  aufführt. 

Trotzdem   aber   sind   es,    wie    auch  Bluhme  a.  0.  324 
macht,  die  Inscriptionen  von  Dig.  XVIII,  1,  77 — 80,  welche 
auf  die  Existenz  zweier  verschiedener  Werke  mit  vollster 
heit  hinweisen,  da  dort  folgender  Wechsel  sich  findet: 
77:  Javolenus  libro  IV  ex  Posterioribus  Labeonis. 
78:  Labeo  libro  IV  Posteriori] m  a  Javoleno  epitamatorum. 
79:  Javolenus  libro  V  ex  Posterioribus  Labeonis. 
80:  Labeo  libro  V  Posteriorum  a  Javoleno  epitomatorum. 
Und  dazu  kommt  dann  noch  eine  an  einer  Stelle  hervortretende 
weichung  in   der    Vertheilung  des   Lehrstoffes:    in   Javol.   ex 
Lab.  wird  mit  der  emtio  venditio  Buch  V  eröffnet,  während  in 
Poster,  a  Javol.  epit.  ein  Theil  dieser  Lehre   bei  der  Mancipatio« 
Buch  IV  abgehandelt  wird. 

Das  Verhtfltniss   an  sich  aber  zwischen   solchen  beiden  W 
ist  nun  dieses,   dass  Javolenus   selbst  lediglich  eine  einzige  Epi 
fertigte,  welche  unter  der  Benennung  Labeonis  Poster,  a  Javol.  epil 
im  Gebrauche   der   Rechtsgelehrten    sich    erhielt,    und    dass   sod 


Das  Aelius-  und  Sabinus-System.  351 

ulus  diese  Epitome  neu  überarbeitete  und  edirte,  wie  insbesondere 
ch  mit  eigenen  Noten  versah,  und  dieses  Werk  nun  unter  der 
tnennung  Javolen.  ex  Poster.  Labeon.  neben  jener  alten  Epitome 
Dgang  in  den  Kreis  der  Rechtsgelehrten  fand.  Denn  dass  in  der 
tat  Paulus  solche  neue  Ausgabe  besorgte,  ergiebt  mit  Sicherheit 
g.  XIX,  2,  60:  Paulus:  et  Proculus  Labeonis  sententiara  improbat 
in  Javoleni  sententia  est. 

Und  auf  diese  jüngste  paulinische  Ueberarbeitung  sind  denn  auch 
5  Referate  von  Responsen  des  Proculus,  wie  des  Sabinus  und  Sext. 
ecilius  Africanus  zurückzuführen,  welche  in  Javol.  ex  Poster.  Labeon. 
verhältnissmässig  grosser  Anzahl,52  dagegen  in  Labeon.  Poster,  a 
rol.  epit.  gar  nicht  sich  vorfinden. 

Das  Original  werk  des  Labeo  selbst  aber  ist  ebenso  posthum,53 
e  unvollendet:  dasselbe  umfasst  nur  den  ersten  Theil  des  Sabinus- 
(tems  und  bricht  dann  ab,  so  dass  also  der  Tod  den  Labeo  behin- 
rte,  dasselbe  auch  noch  für  die  übrigen  Theile  auszuarbeiten.  Seinem 
iahe  nach  erweist  sich  dasselbe  als  Responsensammlung,54  und  als 
che  nun  nahm  es  eine  durchaus  parallele  Stellung  ein,  wie  die 
;h  zu  besprechende  Responsensammlung  des  Urseius  Ferox :  gleich- 
5  die  letztere  die  Responsen  der  sabinianischen  Schule  zusammen- 
Bte,  so  ward  jenes  labeonische  Werk  als  Sammlung  der  Responsen 
I  der  proculianischen  Schule  festgehalten :  des  Labeo,  Proculus  und 
lliesslich  des  Africanus,  und  so  denn  nun  merkwürdiger  Weise  von 
m  Sabinianer  Javolen  neu  edirt. 

Hiernächst  die  libri  3  Juris  civilis  des  Sabinus  sind  unter  den 
der  früheren  Kaiserzeit  verfassten  Handbüchern  des  Jus  civile  das 
sdeatendste,  ja  ein  geradezu  epochemachendes  Werk,  welches  nun- 
ehr an   Stelle   der  libri   Juris  civilis   des  Mucius  die  Führung    der 


52)  Proculus:  D.  XXIX,    2,    60.    62.    pr.   XXXII,    1,    100.  §.   2.   3.  XXIV, 
64.   XXVI,   2,   33.     Sabin.:    D.  XIX,    2,   59.     Caecilius:    D.   XXIV,    *,   64, 

KU  vgl.  Kaemmerer,    Observatt.  iur.  civ.  I,    23  fg.;    derselbe    ist    noch   Zeit- 
Bosse  von  Javolen. 

53)  Gell.  XIII,  4  0,  2:  sunt  adeo  libri  post  mortem  eins  editi,  qui  Posle- 
res inscribuntur ,  quorum  librorum  tres  continui :  tricensimus  octavus  et  tri— 
Monas  nonus  et  quadragensimus  pleni  sunt  id  genus  rerum  ad  enarrandam  et 
Bstrandam  linguara  latinam  conducentium ;  es  sind  dies  die  drei  Bücher  über  die 
Bete,   welche  hierfür  nahe  liegende  Veranlassung  boten. 

54)  So  bereits  A.   Pernice,   Labeo  I,   74. 

Abfeaadl.  d.  K.  S.  Oesellsch.  <1.  Wissensch.  XVII.  24 


352  Moritz  Voigt,  (M 

juristischen  Litteratur  übernahm.  Denn  diese  Thatsache  bekunde! 
sich  ebenso  durch  die  selbst  so  umfänglichen  und  zahlreichen  Gott- 
mentare  der  Späteren  ad  Sabin  um ,  wie  aber  auch  durch  die  Art 
und  Weise  der  Erwähnung  jenes  Werkes  bei  den  Zeitgenossen. * 

Dann  wieder  Urseius  Ferox  verfasste  etwa  unter  Claudius,  sooft 
noch  bei  Lebzeiten  des  Sabinus  eine  umfänglichere*6  Responsen- 
sammlung,  in  welcher  er  die  Responsen  des  Letzteren  zusammen- 
stellte und  ordnete,57  denselben  zugleich  die  Responsen  des  Procains 
gegenüberstellte5**  und  damit  endlich  seine  eigenen  Responsen  oder 
Lehrmeinungen  verband.59  Und  dieses  Werk  nun  ward  bereits  von 
Cassius,  etwa  unter  Nero  neu  edirt  und  durch  dessen  Notae,®  w* 
eigene  Responsen01  vermehrt,  worauf  eudlich  Julian,  unter  HadriaB, 
abermals  eine  neue  Ausgabe  besorgte,  darin  ebenfalls  theils  seae 
eigene  Notae  beifügend  ,<2  theils  auch  jüngere  Responsen  aus  der 
sabinianischen  Schule  nachtragend.04  Und  so  daher  erweist  «k 
solches  Werk  als  die  schulmässige  oder  gewissermassen  officiefc 
Responsensammlung  der  sabinianischen  Schule,  und  tritt  demgeott 
gegenüber  den  Posteriores  Labeo's ,  als  der  Responsensammlung  der; 
proculianischen  Schule. 

-  -    -* 

55)  Pers.  V,  89  fg. :  cur  mihi  non  liceal,   iussit  quodcunque  voluntas, 
si  quid  Masuri  rubrica  vetat?  wozu  vgl.   Schol.   in  h.  1.  Arrian.   Diss.  IV,  3,  lf*J 
oljol  eioiv,  oi  sxeld'ev  anearaXXivoi  vojuoi,   tautet  ta   diarayftata'  fwfl*] 
igeyezijv  del  yeveo&cu,  tovtoig  v7rot£Tayfiivov9  ov  toig  MaoovQiov  xaibH 
OIOV    Gell.   IV,    1,    21    fg.    2,    15.   V,    13,    5.    XI,    18,  20   fg.   XIV,    2,   1. 

56)  ülp.    18  ad  Ed.    (D.  XII,  7,  9)   cilirt  lib.    10. 

57)  Collat.   XII,   7,    9.   Dig.   VII,    1,    35.   XXIV,   3,    59.   XXX,    1,  104.  |  *• 
7.   XXXII,    1,   63.   XL,    4,    18.  pr.  XLI,   3,   35.    XLV,   3,    1 4.     Und  Werfer  r; 
hört  auch   Callistr.   2    Quaest.    (D.  XIV,   2,   4.   pr.  §   1):     idque     Sabinus  q«**j 
libro  II  Responsorum    (i.  e.   Urseii  Ferocis)   probat  ;  Sabinus  aeque  respoodit. 

58)  Collat.   XII,   7,    9.   D.   IX,    2,    27.   §  f.   X,    2,    52.    pr.  X,   3,  5.  XI,  Uj 
18.   XII,    5,    5.   XXIII,  3,  48.   §1.   XXXIX,  3,   H.   §2.   XL,    9,    7.  §1. 

59)  D.  X,  2,  52.  §2.  X,  3,  6.  §  12.  XI,  1,  18.  XIX,  4,  28.  XXIII,  3,1 
48.  pr.  XXIII,  4,  22.  XXIV,  3,  32.  XXVIII,  6,  32.  XXX,  1,  404.  pr.  §  3-W 
XL,   4,    18.  §  1.  2.   XLIV,   5,    1.   §  10. 

60)  D.  XLIV,    5,    1.  §  10:    Cassius   existimasse    Urseium    refert  etc.;   ▼< 
tarnen  etc.     Vgl.   Viertel,  nova  quaedam  de  vilis  JCtor.    17. 

61)  D.  VII,  4,  10.  §  5:   Cassius  apud  Urseium  scribtt ;   XVI,   1,  16.  §  I  :  G& 
Cassius  respondit;  XXIV,  3,  59  :  Gaius  idera ;  XXX,  1,  104.  §  4  :  Cassius  respooÄ 

62)  Jul.   nolat:    D.   X,    3,    6.   §  12.    XXIII,    3,   48.   §  1.    XXX,    I,   404.  1 1. 
XLYI,    3,   36.   Jul.   putat:    D.   XVI,    1,    16.   §  1.   vgl.   Viertel,   l.   c.    4  8. 

63)  D.  XXXIX,   6,   21  :    plerique ,    in  quibus  Priscus  quoque,   responderuflt 


35Ai  Das  Aelils-  und  Sabim  s-System.  353 

Endlich  das  Werk  des  Minicius  Natalis,  unter  Trajan,*4  war 
ebenfalls  eine  Sammlung  sabinianischer  Responsen,1*  vermehrt  durch 
die  des  Autors  selbst,'*  welches  gleichfalls  von  Julian,  mit  dessen 
Notae,67  wie  eigenen  Responsen  und  Lehrmeinungen ns  versehen,  neu 
■edirt  ward. 

Das  System   aller  jener  Werke  aber   ist  ein  gemeinsames:   das 

von  Sabinus    adoptirte   System    liegt   gleichmüssig    auch    zu    Grunde 

ebenso   den  Posteriores   Labeo's,*'   wie  den   Responsen   des   Urseius 

Ferox  und  Minicius  Natalis.70     Und  zwar  beruht  solches  System71  nach 

f,  Tafel  IV  auf  folgender  Gliederung: 

Pars  I. 

1.  De  testamentis,  mit  Einschluss  der  hereditas  ab  intestato. 

2.  De  legatis. 

3.  De  his,  qui  alieno  iuri  subiecti  sunt. 

4.  De  liberis  hominibus.72 


64)  Zimmern,  röm.   Rechtsgesch.  I  §  89  A.    4  8.    4  9.    Viertel,   I.  c.   20 

65)  D.  XIX,  4,  6.  §4:  Sabinum  respondisse  Minie,  refert ;  XL,  4  2,  30: 
Sabinum  refertur  existimasse ;  XIX,  4,  4  4.  §  45:  Cassius —  libro  X  apud  Minie, 
lil;  XIX,  2,  32:  Cassius  negavit ;  XL,  4  2,  30:  cuius  sententiae  Cassius  quo- 
que  est. 

66)  D.  VI,  4,  61:  Minie,  interrogatus  —  respondit ;  VI,  4,  59.  XXIII,  3, 
49.  XXXIII,  3,  4.  XLI,  4,  40.  XLVI,  4,  49:  respondit;  XLIH,  20,  5.  §4. 
XXII,    4,   26:   negavit. 

67)  D.  VI,  4,    64.   XXXIII,    3,    4  :   Jul.  notat ;   XVII,  4,  33:   Jul.  verius  putat. 
68;    D.   III,    3,   76.   XLVI,  8,  23:   Jul.    respondit;  VIII,  5,  18.   XXIV,  4,   39: 

respondi;  XL,    4  2,    30:    cuius  sententiae  et  ego  sum ;    XIX,    4,    4  4.    §   45:    libro 
X  apud  Minie,  ait   (sc.   Jul.) ,  si  quis  etc. 

69)  Vgl.  Regius,  'EvavtioqtfxvüßV ,  Hb.  I  c.  25  in  Otto,  Thesaur.  II,  4  494. 
Weyhe.  libri  III  edicti  30.  not.  2.  Leist,  Versuch  einer  Gesch.  der  röm.  Rechts- 
syst.  56.  A.  Pernice,   Labeo  I,   75  fg. 

70)  Vgl.  Gothofredus  in  A.  74  cit.  p.  250.  Heineccius,  hist.  edict.  üb.  II  c. 
III  §  34.  33. 

71)  Vgl.  darüber  Giphanius,  Oeconomia  iur.  Francofurt.  4  606  p.  97.  Jac. 
Gothofredus,  Fontes  IV  Jur.  civ.  in  dessen  Opuscula  iurid.  minora  ed.  Trotz  p.  250  fg. 
Leist,  a.  O.  40  fg.  Nicht  zu t reifend  ist  die  Bemerkung  von  Sanio,  zur  Gesch.  der 
rom.  Rechtswiss.  44  fg.  79  fg.,  dass  Sabinus  in  seinem  Systeme  nach  Form  und 
lohalt  vielfach  dem  Qu.  Mucius  sich  anschliesse. 

72)  Wegen  über  im  Sinne  von  is,    qui    sui    iuris   est  s.  Voigt,    Jus  naturale 
II  A.   270. 

24* 


354  Moritz  Voigt,  [36 

5.  De  niancipatione  et  ßducia. 

6.  De  emtione  et  venditione  et  locatione  et  conductione. 

7.  De  nexo  et  mutui  datione. 

8.  De  bonae  ßdei  negotiis  (de  commodato;  de  deposito;  de  so- 
cietatibus:  familiae  bereise,  communi  divid.,  pro  socio;  de 
mandatis  et  de  negotiis  gestis;  de  cognitoribus  et  procurato- 
ribus  et  defensoribus.73 

10.  De  dotibus.74 

1 1 .  De  tutelis  et  curationibus. 

12.  De  furtis. 

13.  De  vi  bonorum  raptorum. 

14.  De  pauperie. 

15.  De  darano  iniuria  dato. 

16.  De  iniuriis. 

17.  De  damno  infecto. 

18.  De  coneurrentibus  actionibus  ex  delictis. 

19.  De  solutionibus  et  liberationibus. 

20.  Per  quas  personas  nobis  obligatio  acquiritur. 

21.  De  aedilicio  edicto  et  redhibitione  et  quanti  minoris  (vgl.  A.  76). 

Pars  II. 

22.  De  obligationibus  et  actionibus. 

23.  De  verborum  obligatione. 

24.  De  litterarum  obligatione. 

Pars  III  de  actionibus. 

25.  De  iudieiis. 

26.  De  interdictis.75 

27.  De  iurisdictione. 


73)  Bei  Ulp.  auch  de  actione  praescriptis  verbis. 

74)  Jul.  Ulp.  und  Paul,  stellen  hier  als  eigenen  Titel  voraus :  Quibus  et  a 
quibus  recte  solvitur. 

75)  Krüger,  Krit.  Versuche  t53,  4  nimmt  an,  dass  hier  nur  von  den  restt- 
tutorischen  Interdicten  gehandelt  worden  sei,  weil  die  Interdicte  überhaupt  nur  auf 
Grund  der  Verbindung,  in  welche  sie  mit  der  rei  vindicatio  gebracht  worden,  er- 
örtert seien.  Allein  für  diese  letztere  Voraussetzung  gebricht  es  an  jedem  Stütz- 
punkte,  und  damit  entfällt  auch  jeder  Grund  für  die  Annahme  jener  Beschränkung. 


371  Das  Aelius-  und  Sabinus-System.  355 

Pars  IV. 

28.  De  dominus. 

29.  De  servitutibus. 

30.  De  actionibus,   quibus  dominia  tuen tu r  (de  a.  ünium  regund.; 
de  arboribus  caedund.;  de  aquae  pluviae  arcendae  a.). 

31.  De  pignoribus. 

32.  De  postliminio. 

Eine  Prüfung  der  hierin  gegebenen  stofflichen  Anordnung  im  Einzel- 
nen ergiebt  nun  folgende  Wahrnehmungen: 

A.  das  Erbrecht  tritt  wieder  au  die  Spitze,  wie  bei  Mucius  und 
Cassius,  allein  das  Intestaterbrecht  bildet  nicht,  wie  bei  Beiden  und 
bei  Labeo  Pithanon  einen  eigenen  Abschnitt,  sondern  ist  mitten  in 
das  Testamentserbrecht  hineingeschoben. 

B.  die  vier  familien-  und  personenrechtlichen  Lehren,  welche 
Mucius,  Labeo  Pithanon  und  Cassius  zur  einigen  Gruppe  an  einander 
geschlossen  hatten,  sind  wieder  in  zwei  Massen  zertheilt:  no.  3.  4. 
und  no.  10.  14. 

C.  das  Obiigationenrecht  ist  nicht  allein  wieder  mehr  zerstückelt, 
als  bei  Mucius,  Labeo  Pithanon  und  Cassius,  sondern  es  wird  auch 
das  Zusammenbehörige  von  einander  getrennt;  denn  so  sind 

a.  die  bon.  fid.  neqotia  zum  einen  Theile  in  Anschluss  an  die 
Mancipation  behandelt:  emtio  und  locatio:  no.  6,  während  der  andere 
Theil  erst  in  no.  8  und  abgetrennt  durch  die  mutui  datio  nachfolgt, 
worin  nun  ein  entschiedener  Rückschritt  gegenüber  Labeo  Pithanon 
und  Cassius  liegt; 

b.  ebenso  sind  die  stricti  iuris  contractus  aus  einander  gerissen: 
der  eine  Theil  unter  no.  7,  der  andere  unter  no.  23.  24  eingestellt, 
wozu  dann  endlich  noch  die  Mancipation  unter  no.  5  kömmt,  welche, 
wie  bei  Labeo  Pithanon  und  Cassius,  nicht  zum  Eigenthume  gezogen, 
sondern  vielmehr  dem  Gesichtspunkte  der  causa  obligationis  unter- 
stellt ist; 

c.  demgemäss  zerfällt  das  obligatorische  Vertragsrecht  m  zwei 
grosse  gesonderte  Massen:  no.  23.  24  und  no.  5 — 8,  von  denen  die 
letztere  nicht  einmal  homogen  ist,  während  Cassius  dasselbe  zu  Einer 
Gruppe  verband,  Labeo  in  seinen  Pithana  aber  wenigstens  zwei  homo- 
gene Massen  daraus  bildete; 


356  Moritz  Voigt,  138 

d.  das  Delictsrecht  findet  sich  in  gleicher  Stellung,  wie  bei  Labeo 
Pithanon:  hinter  den  familienrechtlichen  Lehren  und  vor  Stipulation 
und  Litteralcontract,  eine  Ordnung,  welcher  bereits  Cassius  eine  an- 
gemessenere substituirt  hatte; 

e.  an  das  Delictsrecht  werden  vier  obligationenrechtliche  Nach- 
träge angelehnt:  De  Concurrentibus  actionibus  ex  delictis,  Per  quas 
personas  nobis  obligatio  acquiritur  und  zuletzt  De  Aedilicio  edicto,* 
Alles  dies  ganz  neue  Titel,  sowie  vorher  der  ältere  Titel  De  Solutio- 
nibus  et  liberationibus:  no.  18 — 21  ,  wogegen  der  ebenfalls  über- 
lieferte Titel  De  Obligalionibus  et  actionibus  als  Einleitung  vor  den 
Verbal-  und  Litteralcontract  tritt:  no.  22,  wodurch  nun  die  von 
Cassius  bewerkstelligte  Verbindung  jener  letzteren  beiden  allgemeinen  \ 
Lehren  des  Obligationenrechtes  wieder  gelöst  wird. 

D.  der  Process  gewinnt  wieder,    abweichend    wie  bei  Cassius,  : 
eine  vollkommen  selbstständige  Stellung  und  folgt  auf  die  letzte  Par- 
thie  des  Obligationenrechtes. 

E.  endlich  den  Schluss  bilden  die  dinglichen  Rechte:  no.  25—31 
sammt  dem  postliminium:  no.  32,  Alles  dies  gleich  als  ein  weitschich- 
tiger Anhang  zu  den  vorhergehenden  Materien:  als  Nachtrag  civil- 
rechtlicher  Lehren  und  als  solcher  durch  seine  Abtrennung  von  dein 
übrigen  Civilrechte  und  durch  seine  Stellung  unmittelbar  hinter  dem 
Processe  auf  das  Deutlichste  sich  kennzeichnend. 

Sieht  man  nun  von  jenem  Anhange  unter  E  ab,  der  wie  gesagt 
als  solcher  deutlichst  sich  kennzeichnet  und  somit  für  die  Beurtheilung 
der  historischen  Beziehungen  des  Sabinussystemes  gar  nicht  in  Be- 
tracht kommt,  so  ergeben  sich  für  alles  Uebrige  ohne  Weiteres  dfri 
grosse  Stoffmassen: 

I.  die  alten  Rechtsinstitute    des   Xll  Tafelrechtes:    no.   1 — 5.  1. 
10 — 12.  14 — 17,  lediglich  durch  den  Titel  no.  30  unbedeutend  ver- 
kürzt,   andrerseits   dagegen,    gleich   wie   bereits   bei   Aelius,    durch 
Substituirung    der   derogirenden   jüngeren    Rechtsgebilde    verändert: 
no.  15 — 17,    sowie  durch   Anschluss  sachlich    verwandter  jüngerer 
Institute  erweitert:  no.  6.  7.  8.    13,  und  endlich    auch  mit  den  An- 
hängen unter  no.    18 — 21    versehen; 


76]   Eine  Aenderung  nimmt  jedoch  Paul,   ad  Sab.   \or;    derselbe  stellt  diesen 
Titel  in  die  Pars  II  ein. 


39]  Das  Aelids-  und  Sabinus-System.  357 

II.  die  jüngeren  Rechtsinstitute  des  ältesten  Rechtes:  Stipulation 
und  Litteralcontract:  no.  23.  24,  mit  der  Einleitung  unter  no.  22 
versehen ; 

III.  der  Process. 
Da    nun   aber  diese    drei   Theile  übereinstimmen    mit  den   drei 

Tbeilen  der  älianischen  Tripertita:  XII  Tabulae,  Interpretatio  und  Legis 
actio  (§  2);  da  sodann  das  Sabinussyslem  in  zahlreichen  Punkten: 
unter  B.  C  und  E  eine  Ordnung  darbietet,  welche,  aller  inneren 
Rechtfertigung  entbehrend  und  ebenso  stofflich  Zusammenbehöriges 
trennend,  wie  sachlich  Fremdartiges  an  einander  schliessend,  vom 
Gesichtspunkte  des  Dogmatischen  weit  eher  als  Unordnung  sich  kenn- 
zeichnet, so  aber  lediglich  in  äusseren  und  historischen  Momenten 
eine  Erklärung,  wie  Begründung  finden  kann;  so  weist  nun  Alles 
dieses  in  der  That  darauf  hin,  dass  es  das  älianische  System  der 
Tripertita  ist,  welches  das  Vorbild:  den  Grundstock  und  die  maass- 
gebende  Ordnung  für  diejenige  Reihenfolge  der  Materien  darbot, 
welche  in  dem  Sabinussyslem  strict  befolgt  und  lediglich  durch  Nach- 
trüge der  jüngeren  Rechtsbildungen  den  Verhältnissen  der  Kaiserzeit 
besonders  accommodirt  worden  ist,  was  nun  in  umfassenderer  Weise 
namentlich  auch  darin  beschieht,  dass  eine  Pars  IV  angefügt  wird 
aus  Abschnitt  für  dasjenige  Material  jüngeren  Datums,  für  welches, 
weil  zu  massenhaft  und  zugleich  auch  zu  selbstständig,  eine  Einord- 
nung in  die  Pars  I  sich  nicht  empfahl.  Denn  was  insbesondere 
Eigenthum  und  Servitut  anbetrifft,  so  gehören  beide  zwar  den  XU 
Tafeln  an;  allein  ebenso  sind  die  Wandlungen,  die  in  und  an  ihnen 
sich  vollzogen  haben,  so  eingreifend,  wie  die  Zahl  neuer  Bildungen, 
die  in  ihren  Sphären  zu  Tage  getreten  sind,  so  zahlreich,  dass  jene 
beiden  Rechtsinstitute  schon  zu  Beginn  der  Kaiserzeit  eine  völlig 
veränderte  Gestaltung  gewonnen  hatten,  ja  in  Wahrheit  an  Stelle  der 
Gebilde  der  XII  Tafeln  andere  und  neue  Institute  getreten  waren. 
Denn  das  alte  Eigenthumsrecht:  das  meum  esse  ex  iure  Quiritium 
war  als  das  legitimum  dominium  zur  Unterart  vom  dominium  herab- 
gesunken, neben  welcher  nunmehr  das  in  bonis  esse  stand,  selbst 
ebenso  Träger  ganz  neuer  Sätze  und  Principien,  als  auch  insbeson- 
dere ganz  neue  Eigenthums-Erwerbmodus  von  grösster  Wichtigkeit 
für  das  Leben,  wie  für  die  Theorie  zur  Geltung  bringend  und  nicht 
minder  auch  bezüglich  der  vindicatio  ganz  neuen  Satzungen  die  Bahn 


358  Moritz  Voigt,  [41 

eröffnend.  Und  dann  wiederum  die  Servituten,  während  die  XII  Tafeln 
nur  aquaeductus,  haustus,  Her  und  actus  kennen,  sind  zu  Beginn  der 
Kaiserzeit  nicht  bloss  in  den  Rusticalservituten  vermehrt,  sondert 
auch  durch  die  Urbanalservituten  erweitert,  überdem  aber  auck 
bezüglich  ihrer  theoretischen  Auffassung  völlig  umgewandelt.7*»  S& 
daher  ist  hier  wie  dort  das,  was  alten  Rechtens  der  XII  Tafeln  ist, 
überwuchert,  verdeckt,  umgestaltet,  transsubstantiirt  von  jüngerer 
Bildung  und  Institution,  von  neuen  Rechtssätzen  und  allgemeine! 
theoretischen  Auffassungen;  und  dies  nun  bot  die  Veranlassung,  du] 
Eigenthum  und  die  Servitut  mit  dem  pignus  als  die  dinglichen  Rechte 

i 

zu  einer  eigenen  pars  zusammenzufassen  und  so  nun  als  einen  nettoj 
Rechtsstoff  in  dem  Systeme  als  Anhang  einzuordnen. 

Fragt  man  nun  aber  nach  dem  Grunde,  wesshalb  zuerst  Lata 
in  seinen  Posteriores  und  weiterhin  dann  Sabinus  zu  dem  ganz  un- 
gelenken und  rohen  älianischen  Systeme  wieder  zurückgriffen,  nach- 
dem bereits  Qu.   Mucius,   ja  Labeo    selbst   in   seinen  Pithana  weit 
durchgebildetere,   stofflich   angemessenere   und  somit  vollkommeoere 
Systeme  construirt  hatten,  so  kann  der  Grund  hierfür  nur  darin  gfr  1 
funden  werden ,   dass,   indem  das   älianische  System  die  ganze  vor* 
mucianische    Litteratur    beherrschte    (§   2),    dadurch    dasselbe  der 
gesammten  juristischen  Welt  völligst  vertraut  und  geläufig  geworden 
war,  und  so  nun  namentlich  für  eine  Responsensammlung,  wie  Labeo's 
Posteriores  es  sich  empfahl,  hier  nach  solchem  allbekannten  Systeme 
den  Stoff  zu  ordnen,   gleiche  Rücksicht  aber  auch  für  Sabinus  und 
folgeweise  für  Urseius  Ferox,  wie  Minicius  Natalis  maassg^bend  war. 


§  6. 
Die  Pars  I  des  Sabinus -Systemes  in  ihrem  Verhältnisse  ra  den 

XII  Tafeln. 

Indem  nach  den  Ergebnissen  von  §  3  die  Pars  I  des  Sabinus- 
systemes  der  Pars  I  der  älianischen  Tripertita  entspricht,  somit  also 
das  XII  Tafelrecht  den  Kern  und  Grundstock  beider  bildet,  so  ergiebl 


76a)   Vgl.   darüber  Voigt  in  Berichten  der  Classe    1854  S.  159  fg.     Der  usus- 
fruetus  hat  in  dem  Sabinussystem  gar  keine  eigene  Stellung  gefunden. 


Das  Aelius-  und  Sabinus-System.  359 

h  hieraus  die  weitere  Consequenz,  dass  die  systematische  Ordnung 
r  XU  Tafeln  selbst:  die  Reihenfolge,  in  welcher  hier  die  ver- 
üedenen  Rechtsmaterien  durch  die  einzelnen  Sätze  geregelt  waren, 
ch  für  die  Pars  I  der  Tripertita,  wie  des  Sabinussystemes  die 
»henfolge  der  Materien  bestimmte,  abgesehen  von  dem  Processe, 
elcher,  in  den  XU  Tafeln  an  der  Spitze  stehend,  in  dem  älianischen 
ie  Sabinus-Systeme  eine  völlig  abweichende  Stellung:  als  Pars  HI 
»erwiesen  erhalten  hatte,  sowie  abgesehen  von  den  im  Sabinus- 
rsteme  aus  Pars  I  ausgeschiedenen  und  in  Pars  IV  unter  no.  30 
ngeordneten  Klagen.  Demnach  würde  daher  aus  dem  Sabinus- 
fsteme  die  nachstehende  Reihenfolge  für  die  Materien  der  XII  Tafeln 
ch  ergeben: 

1.  Testamentum. 

2.  Hereditas,  quae  ab  intestato  defertur. 

3.  Legatum. 

i.  Alieni  iuris  homines. 

5.  Liberi  homines:  statu  liberi. 

6.  Mancipatio,  tiducia,  nexum. 

7.  Familiae  herciscundae  a. 

8.  Dos,  sammt  divortium. 

9.  Tutelae  et  curationes. 

10.  Furta,   und  so  insbesondere   auch  a.  de  tigno  iuncto,  wie  de 
arboribus  furtim  caesis. 

11.  Pauperies. 

12.  Noxia  nocita. 

13.  Iniuriae. 

f  14.  Noxia  infecta. 

Dagegen  ergiebt  sich  daraus  keine  Bestimmung  bezüglich  der  unter 
lo.  30  eingeordneten  actiones  finium  regundorum,  de  arboribus  cae- 
kodis  und  aquae  pluviae  arcendae. 

Jene  Voraussetzung  findet  nun  aber  in  der  That  ihre  Bestätigung 
brch  die  sonstigen  Andeutungen,  welche  uns  über  die  Reihenfolge 
ler  in  den  XII  Tafeln  normirten  Materien  erhalten  sind. 

Zunächst  nämlich  ist  bereits  von  Pithoeus,  wie  Gothofredus  er- 
annt  worden,  dass,  indem  der  Commentar  des  Gai.  über  die  XII  Tafeln 
ach  der  allgemein  üblichen  Manier  des  Alterthums  an  die  in  den 
Ü  Tafeln  gegebene  Reihenfolge   der  Materien   strict   sich  anschloss, 


360  Moritz  Voigt, 

das  arithmetische  Verhältniss  von  sechs  Büchern  gajanischen  Com 
tares  und  von  zwölf  Gesetzestafeln  nicht  ein  zufälliges  und  unbe 
netes,  als  vielmehr  ein  planmässiges  ist,  darauf  fassend,  dass  Gl 
zwei  Gesetzestafeln  in  Einem  Buche  commentirte,  eine  Anna 
welcher  auch  Dirksen,  XII  Taf.  Fragmente  1 08  fg.  beitritt.77  Und 
nun  findet  in  der  That  auch  im  Einzelnen  mehrfach  seine  Bestätig 
Und  zwar 

indem  Gai.  in  üb.  I  nach  einer  rechtsgeschichtlichen  Einlei 
(D.  I,  2,  1)  den  Pfocess  behandelte:  D.  11,  i,  18.  20.  22.  II, 
6.  XVII,  7,  2.  4.  L,  16,  233,  so  ist  daraus  zu  folgern,  dass  b 
und  II  den  Process  normirten.  Und  dies  nun  wird  bestätigt  d 
Cic.  und  Fest.7s 

Sodann  Hb.  II  des  Gai.  beschäftigt  sich  wieder  mit  dem  Procc 
D.  L,  16,  234;  und  daraus  ist  zu  folgern,  dass  entweder  tat 
und  IV  oder  aber  tab.  111  allein  den  Process  behandelte.  Und  c 
letztere  Thatsache  nun  bekundet  sich  durch  Dion.  II,  27,  woi 
auf  tab.  IV  die  patria  potestas  normirt  war. 

Ferner  lib.  III  des  Gai.  behandelt  die  leges  mancipii :  D.  D, 


77)  Dahingegen  die  weitere  Annahme  von  Gothofred.  :  jede  Tafel  habe 
eigenen  systematischen  Abschnitt  gebildet,  oder  von  Dirksen  :  je  zwei  Tafeln  l 
einen  solchen  Abschnitt  ergeben,  entbehrt  allen  inneren,  wie  äusseren  Haltes 
ist  daher  mit  Recht  verworfen  von  Puchta ,  Instit.  §  55.  Scholl,  leg.  XII 
reliqu.  67.  —  Wenn  dagegen  der  letztere  p.  68  bemerkt:  sicut  in  lege  Coi 
de  XX  quaestoribus,  cuius  octava  tabula  superstes  est,   et  iu  lege  Rubria  de  G 

cisalpinae  civitatc,    cuius  quartam  habemus,    ita    etiam  in  lege    antiqua 

erat  continua  tamquam  paginarum  series,  so  fehlt  in  solcher  Vergleichung  ü 
That  alles  und  jedes  tertium  comparationis :  denn  in  der  lex  Cornelia  und  Ä 
gehören  sprachliche  Perioden,  welche  aus  50  und  mehr  Worten  sich  zosam 
setzen,  zu  den  kürzeren,  wogegen  in  den  XII  Taf.  Sätze,  welche  aus  $0 
weniger  Buchstaben  gebildet  sind,  zu  den  normalen  gehören.  Und  während 
kein  Graveur  es  in  der  Hand  halte,  die  einzelne  Tafel  mit  einer  Periode,  gesch' 
denn  mit  einem  Capitel  abzuschließen,  würde  es  hier  eine  gr'anzenlose  Ungesc 
lichkeit  und  ein  völlig  unpractisches  und  zweckwidriges  Verfahren  gewesen 
wenn  der  Graveur  etwa  die  eine  Tafel  geschlossen  hätte  mit  Si  iniuriam 
alteri  XXV  aeris  und  die  folgende  Tafel  mit  den  Worten  eröffnet  halte  Poenas  s 

78)  Cic.   de  Leg.   II,    i,    9:   a  parvis — didieimus:   Si  in  ius  vocat,   wori 
die  Anfangsworte  der  XII  Tafeln  hingewiesen  wird:    Dirksen,    a.   O.    120. 
v.   reus    p.   273:    nam  (Cod.:    Numa)    in   seeunda   tabula,    seeunda   lege,    in 
scriptum  est:  Quid  horum  fuit  etc. 


Das  Aelils-  und  Sabinls-System.  361 

™*  L,  16,  235,  wie  die  Ehescheidung:  D.  XLV11I,  5,  43,  woraus 
entnehmen  ist,  dass  beide  Materien  der  tab.  V  und  VI  angehörten. 

Wiederum  üb.  IV  des  Gai.  handelt  von  der  combustio,  somit 
n  damnum  iniuria  datum:  D.  XLV1I,  9,  9,  von  der  Zauberei  und 
r  a.  de  glande  legenda:  D.  L,  16,  236.  pr.  §  1,  wie  von  der  a. 
tarn  reglind.:  D.  X,  1,  13  und  den  sodalitates:  D.  XLV1I,  22,  4, 
(mach  diese  Materien  den  tab.  Vli  und  VIII  sich  überweisen. 

Sodann  während  aus  lib.  V  des  Gai.  zu  entnehmen  ist,  dass 
b.  IX  oder  X  vom  Criminalprocesse  handelte,*0  bezeugt  Cic.  de  Leg. 
,  25,  64  in  Verbindung  mit  23,  58  Tg.,  dass  tab.  X  von  den 
irsehriften  betreffs  der  Anordnung  und  des  Aufwandes  bei  Leichen- 
gftnguissen  in  Anspruch  genommen  war,  so  dass  demnach  auf  tab. 
das  Criminalprocessrechtliche  entfällt. 

Endlich  lib.  VI  des  Gai.  behandelt  das  Gesetz  ne  connubium 
Iribus  cum  plebe  sit,81  dann  die  vindiciae  latio,s2  die  pignoris 
pk>fw  die  a.  noxalis,*4  wie  endlich  die  dedicatio  rei  litigiosae  in 
erum,*5  und  bietet  somit  einen  so  bunt  zusammengewürfelten  und 
gtematisch  wo  ganz  anders  hinbehörigen  Stoff,  dass  daraus  ent- 
ronnen werden  muss,  die  Legalordnung  allein  der  beiden  Supple- 
entartafeln  XI  und  XII  habe  jene  gajanische  Anordnung  der  Materien 
tmt. 


79)  In  maneipationibus  rerum,   quodeunque  pactum  sit ,    id  valere  manifestis- 
est,   wo  Tribonian  »traditionibus«  inlerpolirt:   Dirksen,   XII  Taf.-Fragm.  398. 

fg.     Voigt,   Jus  naturale,   Hl  A.    47  8.    1509. 

80)  D.  L,  16,  237:   duobus  negativis  verbis  quasi  permittit  lex  (i.  e.  XII  tab.) 
ps,  quam  prohibuit,  ist  auf  das  Gesetz  zu  beziehen :  de  capite  civis  nisi  maximo 

tu  De  ferunlo,  somit:  die  capitale  Sentenz  wird  zwar  den  Centuriatcomitien 
Grund  der  Provocation)   nachgelassen ,    nicht   aber   dem   ius  dicens   (in  erster 
e]   entzogen. 

81)  D.  L,    16,   238.  pr.  :    plebs  est  ceteri  cives  sine  senatoribus. 
8t)   Das  XII  Tafelgesetz  lautet:   si  vindiciam  falsa m  tulit,  si  velit  is,    [praejlor 

tris  dato.  Eorum  arbitrio  frei,]  fruetus  duplione  damnum  deeidito :  Voigt, 
Baturale  III  A.  H;>3.  Auf  solchen  fruetus  rei  bezieht  sich  D.  XXII,  I,  19. 
Voigt,   a.   0.   S.   706. 

83)  D.  L,  16,  238.  §  2:  pignus  appellatur  a  pugno  etc.  vgl.  Gai.  IV,  28. 
damit  steht  auch  in  Verbindung  D.  cit.  §  <  :  detestatum  est  testatione  de- 
«tum. 

84)  D.   L,    16,   238.  §  3:  noxiae  appellatione  omne  delictum  continetur. 

85)  D.   XLIV,   6,    3, 


362  Moritz  Voigt, 

Nach  Alle   dem  aber   ergeben  Gai.,   sowie  die  weiteren  <tf 
Zeugnisse   bezüglich    der  Reihenfolge   der  Materien  in   den   XII 
und  zwarfür  tab.    IV — IX  insbesondere  folgende  Fingerzeige: 
tab.  IV:  pairia  potestas:  Dion. 
tab.   V  und  VI:   leges  mancipii;  divortium:  Gai. 
tab.   VII   und    VIII:     noxia     nocita     und    insbesondere    combu 
Zauberei;  a.  (in.  reg.;  a.  de  glande  legenda;  sodalitates: 
tab.  IX:  Criminalprocess :  Gai. 
Und  dazu  kommt  dann  noch  das  Zeugniss  von 

Ulp.  46  ad  Ed.  (XXXVIII,  6,  1.  pr.) :  posteaquam  praetor  loc 
est  de  bon.  possessione  eius,  qui  testatus  est,  transitum  fecil 
intestatos,  eum  ordinem  secutus,  quem  et  lex  XII  tabu  lamm  a 
tus  est, 

wonach  somit  das  Testaments-  dem  Intestaterbrechte  voraufginj 
Endlich  bietet  auch  noch  das  prätorische  Edict  mehrfache  Rn( 
zeige,  insofern  dieses  bei  seiner  Anordnung  des  Stoffes  innerl 
gewisser  Gränzen  von  den  XII  Tafeln  beeinflusst  wird.86  Und  i 
tritt  solcher  Einfluss  der  XII  Tafeln  hervor  in  folgenden  Theilen 
Edictes : 

a.  in  Pars  II  De  Judiciis  in  der  Reihenfolge  von 

hereditatis  petitio:  Rudorff,  Edict  §  57; 

rei  vindicatio:  Rudorff,  I.  c.  §  61  ; 

a.  de  servitutibus :  Rudorff,  1.  c.  §  66; 

a.  de  pauperie:  Rudorff,  I.  c.  §  67; 

a.  de  pastu  pecoris:  Rudorff,  I.  c.  §  68; 

a.  damni  iniuria  dati:  Rudorff,  I.  c.  §  69; 

a.  finium  regund. :   Rudorff,   I.  c.  §  73,   woran  das  Edict 
a.  famil.  hercisc.  anlehnt:  Rudorff,  1.  c.  §  71  ; 

de  religiosis:  Rudorff,  1.  c.  §  87 — 92; 
und  worauf  dann  Pars  III  De  Rebus  creditis,  entsprechend  der  Pa 
der  Tripertita,  wie  des  Sabinussystems  folgt. 

b.  sodann  in  der  Reihenfolge  der  Partes  V — VII,  nämlich 
Pars  V:  De  Jure  dotium  et  re  uxoria:  Rudorff,  I.  c.  §  119 — \ 


86)   Vgl.   Leist,   Versuch  einer  Geschichte  der  röm.   Rechtssyst.    13  fg.  3 
Danz,  Geschichte  des  röm.  Rechts  §  44  unter  c. 


]  Das  Aelius-  und  Sa binus- System.  363 

Pars  VI:  De  Tutelis,  mit  a.  de  suspectis  tutoribus,  arbitrium 
tutelae  und  a.  de  rationibus  distrahendis:  Rudorff, 
1.  c.  §  126—133; 

Pars  VII:  De  Furtis  nebst  a.  de  tigno  iuncto  und  arborum 
furtim  caesarum:  Rudorff,  1.  c.  §  134 — 142; 

orauf  dann  Pars  VIII:  De  Bon.  Poss.  et  de  legatis  folgt. 

c.  ingleichen  dann:  innerhalb  der  Pars  IX: 

de  operis  novi  nuntiatione:  Rudorff,  1.  c.  §  176; 

de  damno  infecto:  Rudorff,  I.  c.  §  177; 

de  aquae  pluviae  arcendae  actione:  Rudorff,  1.  c.  §  178. 

d.  endlich  sodann  wieder  innerhalb  Pars  XII  De  Interdictis: 
quod  vi   aut  clani    (operis    novi    nuntiatio   und   damnum   in- 

fectum) :  Rudorff,  1.  c.  §  257—260 ; 
de  arboribus   ex   aedibus   in  aedes  impendentibus  caedendis: 

Rudorff,  I.  c.  §  262  unter  I ; 
de  arboribus    ex    agro   in    agrum   impendentibus    caedendis: 

Rudorff,  1.  c.  §  262  unler  II; 
de  glande  legendär  Rudorff,  I.  c.  §  263. 

Indem  daher  alle  diese  Momente  die  in  dem  Sabinussysteme 
Übaltene  Ordnung  theils  bestätigen,  theils  ergänzen,  so  ergeben 
pm  nun  alle  jene  Zeugnisse  für  die  Ordnung  der  Materie  in  den 
B  Tafeln  die  nachstehende  Reihenfolge:87 

b.     IV.   1.  lestamentum; 

2.  hereditas  ab  intestato; 

3.  legatum; 

4.  patria  potestas,  venditio  filiifamilias; 

5.  statu  liberi; 

insgesammt  bekundet  durch  das  Sabinussystem ,  sowie  ad  4 
durch  Dion.,  resp.  ad  I  und  2  durch  Ulp.  und  durch  das  Edict 
unter  a; 

II       V.    1.  Gesetz:    cum    nexum   faciet    mancipiumque,    uti    lingua 

nuncupassit,  ita  ius  esto: 


g7)  Eine  erschöpfende ,  wie  detaillirte  Restitution  der  Ordnung  aller  privat- 
hUicben  XII  Tafelgesetze  ist  in  dem  Nachstehenden  gar  nicht  beabsichtigt :  es 
ieit  sich  nur  um  Herstellung  der  Reihenfolge  des  im  Obigen  berührten  Materiales. 


364  Moritz  Voigt, 

2.  Klage  aus  lex  mancipii  und  a.  auctoritatis ; 

3.  a.  fiduciae; 

4.  Klage  aus  dem  nexum; 

5.  a.  familiae  herciscundae; 

insgesammt  bekundet  durch  das  Sabinussystem,  sowie  ad  ' 
daS  Edict  unter  a,  ad  2  durch  Gai. ; 

tab.     VI.   1.  dotis  dictio; 

2.  divortium; 

3.  tutela  und  curatio,  insbesondere  a.  de  suspectis  tul 
arbitrium  tutelae,  a.  de  rationibus  distrahendis; 

insgesammt  bekundet  durch  das  Sabinussystem,  sowie  ad  4 
durch  das  Edict  unter  b,  ad  2  durch  Gai.;  » 

tab.    VII.   1.  de   furtis   und  insbesondere  a.  de  tigno  iuncto  u 

borum  furtim  caesarum; 

2.  de  pauperie; 

3.  de  noxia  nocita  und  so  insbesondere  a.  de  pastu  p 

4.  Zauberei; 

5.  de  iniuriis; 

6.  de  noxia  infecta   und  so  insbesondere  a.  aquae  | 
arcendae ; 

bekundet  ad  1 — 3.  5.  6  durch  das  Sabinussystem,  ad 
durch  das  Edict  unter  a,  ad  3.  4  durch  Gai.,  ad  6  dur 
Edict  unter  c  und  d; 

tab.  VIII.   1.  de  finibus  regundis; 

2.  de  arboribus  caedundis; 

3.  de  glande  legenda; 

4.  de  sodalitatibus ; 

bekundet  1.3  4  durch  Gai.,  ad  1  durch  das  Edict  u 
ad  2.  3  durch  das  Edict  unter  d. 

Dagegen  tab.  IX  enthalt  bereits  nicht  mehr  privatrechtlichei 
als  vielmehr  Criminalprocess,  sowie  Criminalrecht  insoweit,  als 
nicht  schon  an  sachlich  verwandte  civilrechtliche  Materien 
schlössen  ist,  wie  combustio  und  Zauberei,  während  and 
wiederum  die  beiden  Supplementartafeln  XI  und  XII  auch 
rechtlichen  Stoff  zu  jenem  Materiale  nachtragen. 


Das  Aeliis-  und  Sabinus-System.  865 


§  7. 
Die  titali  ia  dei  älterei  Reehtssystenea. 

In  Bezug  auf  die  Methode  der  äusseren  Gliederung  des  Lehr- 
fes  zerfallen  die  in  §  2 — 5  erörterten  Werke,  abgesehen  von  der 
rsten  Gliederung  des  Stoffes  nach  partes,  in  Hauptabschnitte, 
che  die  Bezeichnung  libri  führen,  innerhalb  deren  dann  das 
iere  Fachwerk  gewonnen  wird  durch  Unterabtheilungen,  denen 
anglich  die  Benennung  capita  beigelegt  wird;  denn  dies  wird 
:undet  durch 

II.  XI,  18,  20:  verba  sunt  Sabini  ex  libro  Jur.  civ.  II  etc.;  item 
alio  capite:  Qui  etc. 

ul.  de  Jud.  publ.  (D.  XLVI1I,  13,  9.  §2):  Labeo  libro  38  Poster, 
peculatum  definit ;   (§  3) :  eodem  capite  inferius  scribit  etc. 

st  in  der  mittleren  Kaiserzeit  ward  dann  für  diese  capita  die  Be- 
inung  tituli  oder  auch  rubricae  üblich. 

Gleichmässig  aber  alle  jene   libri,   wie  diese  capita  führen  be- 
idere  Inhalts-Ueberschriften,  wie  dies  z.  B.  sich  ergiebt  aus 

I.  IV,  14,  I  :  cum  librum  VIII  Ateii  Capitonis  Coniectaneorum 
egeremus,  qui  inscriptus  est  De  Judiciis  publicis,  wozu  vgl.  X,  6,  4. 

che  Methode  nun  von  Capiteleintheilung  und  Ueberschriften  ent- 
icht  zugleich  einem  von  allen  Fachschriftstellern  jenes  Zeitalters 
Pachteten  Verfahren,  welches  unserer  Wahrnehmung  jedoch  viel- 
li  sich  entzieht,  weil  in  den  späteren  Handschriften  jene  Capitel- 
srschriften  von  den  Abschreibern  regelmässig  ausgelassen  wurden. 
spiele  hierfür  bieten  zunächst  Cato  RR.,  wo  noch  folgende  Capitel- 
bersch ritten  sich  erhalten  haben: 

c.   10.  Quomodo  oletum  agri  iugerum  CCXL  instruere  oportet. 

c.   11.  Quomodo  vineam  iugerum  C  instruere  oportet. 

c.   13.  In  torcularium  in  usu  quod  opus  est. 

c.  20.  Trapetum  quomodo  concinnare  oportet  (Codd.:  oporteat). 

c.   23.  Face  ad  vindemiam,   quae  opus  sunt,    uti  parantur  (Codd.: 

parentur) . 
c.   36.  Quae  segetem  stercorant. 
c.   57.   Vinum  familiae. 


366  Moritz  Voigt, 

c.     66.  Custodis  et  capulatoris  officia. 

c.     70.  Bubus  medicamentum. 

c.   104.   Vinum  familiae  per  hiemem  qui  utitur  (Codd.:   utalu 

c.   116.   Lentim.  quomodo  servari  oportet    (Codd.:  oporteat). 

c.   117.  Oleae  albae  queniadmodum  condiuntur  (Codd.:  condiam 

c.   122.  Vinum  concinnare,  si  lotiuin  difficilius  transibit. 

c.  127.  Ad  dyspepsiam  et  stranguriam. 

c.  133.  Propagatio  pomorum  ceterarumque  arborum. 

c.   136.  Politiones  quo  pacto  dari  oportet   (Codd.:  oporteat). 

c.   1 49.  Qua    lege     pabulum    hibernum    venire    oportet    (Co< 

oporteat) . 
e.  1 54.  Vinum  emtoribus  sine  m  ölest  ia  quomodo  admetiris  (C( 

admetiaris). 
c.   156.  De  brassica  quod  concoquit. 
c.   161.  Asparagus  quomodo  seritur  (Codd.:  seratur). 
Sodann  Spuren   von    anderen  Ueberschriften    haben    sich   daselbt 
der  Weise  erhalten,  dass  die  Inscription  selbst  oder  Reste  derse 
irrthümlich   mit   dem   Texte   verschmolzen  worden  sind  und   so 
denselben  corrumpirt  haben.     Und  dies  ist  der  Fall  in 

c.     12.  In  torcularium,  quae  opus  sunt  vasis  quinis,  wo  zu  1 

ist:  opus  sunt.     Vasae  quinae. 
c.     14.  §  4.     Villa,    lapide,    calce  etc.,  wo  zu  lesen  ist:    V 

fundamenta  ex  caementis  et  calce  facienda  (Junt.).    La| 

calce  etc. 
c.     56.  Familiae  cibaria,  qui  opus  facient,  wo  zu  lesen  ist:  Farn 

cibaria.     Qui  opus  facient. 
c.     58.  Pulmentarium  familiae,  oleae  etc.,    wo  zu  lesen   ist: 

mentarium  familiae.     Oleae  etc. 
c.     59.   Vestimenta  familiae  tunicam  etc.,  wo  zu  lesen  ist:   V 

menta  familiae.    Tunicam  etc. 
c.  126.  Ad  tormina  et  si  alvus  non  consistet  et  si  teniae  et 

brici  molesti  erunt,   XXX  mala  punica  etc.,   wo  zu  1 

ist:  Ad  tormina  et  si  alvus  non  consistet  et  ad  tioea 

lumbricos  (Junt.).     Triginta  mala  punica  etc. 
c.   142.  Vilici  officia  quae  sunt,   quae   dominus  praecepit,   wc 

lesen    ist :    Vilici    officia    quae  sunt.     Quae  dominus  p 

cepit  etc. 


Das  Aeuus-  und  Sabinus- System.  367 

143.  Vilicae  quae  sunt  officia,  curato  faciat.  Si  eam  tibi 
dederit  etc.,  wo  zu  lesen  ist:  Vilicae  quae  sunt  officia. 
Si  eam  tibi  dederit  etc. 

ch  bei  allen  übrigen  Gapiteln   ist  im  Gato  jede  Spur  der  ehe- 
en  Ueberschriften  untergegangen. 

Das  Letztere    ist  nun  auch   der  Fall    bei  Hygin.   d.  Aelt.   mit 
iden  beiden  Ausnahmen: 

126,  3.     De  fine  si  agitur  (Codd.:  ageretur). 
129,  12.     De  loco  si  agitur; 

nicht  minder  bei  Sic.  Flacc.  mit  den  beiden  Ausnahmen: 

152,  22.     De  questoriis  agris. 

154,  8.       De  divisis  et  assignatis  [agris]. 

Endlich  wieder  in  den  Institutionen  des  Gai.  haben  sich  folgende 
iken  erhalten: 

1.     De  iure  gentium  et  civili. 

8.  De  iuris  divisione. 

9.  De  condicione  hominum. 

13.  De  dediticiis  vel  lege  Aelia  Sentia. 

1i.  De  peregrinis  dediticiis. 

18.  De  manumissione  vel  causae  probatione. 

20.  De  consilio  recuperatorum. 

28.  Quibus  modis  Latini  ad  civitatem  romanam  perveniunt. 

80.  De  pupillis  an  aliquod  a  se  alienare  possunt. 

109.  De  testamentis  militum. 

(74.  De  substitutionibus. 

192.  De  legatis. 

224.  Ad  legem  Falcidiam. 

229.  De  inutiliter  relictis  legatis. 

234.  De  poenae  causa  relictis  legatis. 

268.  Unleserlich. 

gen  alle  übrigen  Rubriken   sind  in  der  Handschrift  ausgelassen, 
»hl   deren  frühere  Existenz  bekundet  wird  durch 

t.    leg.  XVI,    2:    Gai.   libro  III  Instit.   Kap.   CXXI    (Verc.)   oder 
p.  CXXVI  De  successione  inter  fratres;  und  §  9:  De  agnatis. 

»adl.   d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wiwnuch.  XVII.  25 


368  Moritz  Voigt, 

Insbesondere  aber  bei  den  Excerpten  in  Justinians  Digeslei 
die  Titel-Angaben,  wie  -Ueberschriften  planmässig  ausgelassen  w 
und  haben  lediglich  sich  erhalten  entweder  in  Folge  zufälliger 
stände,  wie  in 

Dig.  XXXIX,  2,  45:    Scaev.   12  Quaesl.   (sub    titulo)    A   quo   fi 
petetur,  si  rem  nolit  [defendere] ,** 

oder  in  Folge  gemachter  Ausnahmen,  wie  solches  der  Fall  ist  mi 
ad  Edict.  praetoris  urbani  oder  ad  Edict.  urbicum,  wo  die  Titc 
Haupteintheilungen,  die  libri  aber  die  Unterabtheilungen  erg 
daher  hier  nun  citirt  wird:  Sub  titulo 

Qui  neque  sequantur,  neque  ducantur:  D.  L,  16,  48. 

De  testamentis  lib.  1:    D.  XXVIÜ,  5,  32.    XXXV,  1,  4  6.    Lil 

D.  XXVIH,  5,  33.  XXIX,  4,  14.   16.  18.  L,  17,  55. 
De  legatis  lib.  I:    D.  XXX,  1,  65.    67.    Lib.  II:    D.  XXX,  1, 

XXXHI,  4,  15.'  XXXV,  1,  17.  XL,  9,  3.  Lib.  III:   D.  XX] 

73.  XXXIII,  2,  8.    XXXV,  2,    72.  74.  76.  78.  80,    XXXE 

11.  D.  L,  17,  56. 
De  operis  novi  nuntiatione:  D.  XXXIX,  1,  9. 
De  damno  infecto:  D.  IX,  4,  30.  XXXIX,  2,  8.   19. 
De  aqua  pluvia  aroenda:  D.  XXXIX,  3,  13. 
De  liberali  causa  lib.  I:    D.  X,  4,  13.  XL,  12,  2.   4.   6  (Hai 

11.   13.  25.  Lib.  II:  D.  VII,  7,  4.  XXX VIII,  2,  30.  XL,  II 

XLII1,  16,  10. 
De  publicanis:  D.  XIX,  1,  19.  XXXIX,  4,  5. 
De  praediatoribus :  D.  XXIII,  3,  54. 
De  re  iudicata:  D.  XXV,  2,  2.  XLII,  1,  7. 

eine  Citirweise,  womit  wieder  jenes  andere  Verfahren  eine  A 
lichkeit  bietet,  auch  sonst  noch  die  libri  nach  ihrem  Titel  zu  citirei 

Paul.  lib.  71   ad  Edict.  ad  Cinciam  (fr.  Vat.  298) 

und  diesfalls  auch   dann,    wenn   mehrere  Bücher  die  gleiche  Uc 
schritt   tragen,    nach   der    letzteren    unter   der   entsprechenden 
laufenden  Nummer  zu  citiren,   so  in  fr.  Vat.  90 — 93,  wo  Paul. 


88)   Dieses  in  den  Codd.  fehlende  defendere  ergiebt  sich  mit  Sicherheit  s 
aus  dem  Inhalte  der  Stelle,   wie  aus  [Paul.]    4    de  Interd.   sub  titulo  A  quo 
fructus  petetur,  si  rem  nolit  defendere   (fr.   Vat.    92). 


]  Das  Aelius-  und  Sabinus-System.  369 

t   und  66  ad  Ed.  citirt  wird  als  lib.  I,  Hb.  II  und  lib.  IV  de  Inter- 
iciis.89 

Andererseits  wiederum  haben  die  Digesten,  Institutionen  und  der 
lodex  Justinians,  wie  resp.  der  Cod.  Greg.,  Herrn,  und  Theod.  ihre 
PHelüberschriften  zum  bei  Weitem  grössten  Theile  aus  den  Werken 
(er  Pandektenjuristen ,  die  letzteren  selbst  aber  wiederum  aus  den 
Werken  der  ausgehenden  Republik,  wie  der  angehenden  Kaiserzeit 
wörtlich  entlehnt.  Denn  diese  Thatsache  ergiebt  sich  namentlich  aus 
olgenden  Beispielen: 

Rubr.  Dig.  XLIII,  1 9 :  De  itinere  actuque  privato  entspricht  durch- 
us  nicht  dem  justinianischen  Rechte  oder  dem  der  mittleren  Kaiser- 
eit:  dieselbe  müsste,  um  den  letzteren  conform  zu  sein,  vielmehr 
tuten:  De  itinere  actuque  privato  viaque  privata;90 

die  Rubriken  einerseits  von  Dig.  VIII,  \  :  De  servitutibus;  5:  Si 
ervitus  vindicetur  vel  ad  alium  pertinere  negetur;  6:  Quemadmodum 
ervitutes  amittuntur;  XXXIII,  3:  De  servitutibus  legatis;  und  andrer- 
Bits  von  Dig.  VII,  1:  De  usufructu;  7:  De  operis  servorum;  8:  De 
su  et  habitatione ;  6 :  Si  usus  fructus  petatur  vel  ad  alium  pertinere 
egetur;  4:  Quibus  modis  ususfructus  vel  usus  amittitur;  XXXIII,  2: 
•e  usu  et  usufructu  —  et  habitatione  et  operis  per  legatum  —  datis ; 
rner  die  Rubriken  von  Inst.  II,  3:  De  servitutibus;  4:  De  usufructu; 
:  De  usu  et  habitatione;  und  endlich  von  Cod.  III,  34:  De  servi- 
itibus  et  aqua;  33:  De  usufructu  et  habitatione  et  ministerio  ser- 
orum  entsprechen  nicht  mehr  dem  Rechte  der  mittleren  Kaiserzeit, 
rie  Justinians,  da  solches  die  Personalservituten  der  servitus  sub- 
linirt,  nicht  aber  coordinirt ; 9l 
die  Rubriken  von  Dig.  XXXIII — XXXIV,  2:  De  annuis  legatis; 
usu  et  usufructu  et  reditu  et  habitatione  —  per  legatum  —  datis; 
Servitute  legata;  De  dote  praelegata;  De  optione  vel  electione 
ita;  De  tritico,  vino  vel  oleo  legato;  De  instructo  vel  instrumento 
De  peculio  legato;  De  penu  legata;  De  supellectile  legata; 
alimentis  vel  cibariis  legatis;  De  auro,  argento,  mundo,  argentis, 
lentis,   veste   vel    vestiiuentis  et   statuis   legatis   entstammen  den 


89)  Voigt,   Condictiones  ob  causam  A.    206. 

90)  Vgl.   Voigt  in  Ber.   d.   Ges.,   phil.-hist.   Cl.    «872   S.   36. 

91)  Vgl.   Voigt  in  Ber.   d.   Ges.,   phil.-hist.  Cl.    187  4  S.    «60. 

25* 


370  Moritz  Voigt, 

Schriften  der  republikanischen  Litteraturperiode,  hier  gegeben  d 
deren  allgemeine  Methode  der  Behandlung  des  Rechtes.92  Und  c 
Thatsache  erhält  ihre  äussere  Beglaubigung  durch  Cic.  Top.   4: 

argentum  omne  mulieri  legalum:  §13. 

Fabiae  pecunia  legala:  §  14. 

uxori  vir  legavit  argentum  omne:  §  16. 

mulier,  cui  vir  bonorum  suorum  usumfructum  legavit:  §  17. 

si  paterfamilias  uxori  ancillarum  usumfructum  legavit:  §  21. 

So  daher  ergiebt  nun  jener  Sachverhalt  die  Rechtfertigung  des 
Tafel  I  und  IV  beobachteten  Verfahrens,  nach  Maassgabe  der  in 
jüngeren  Rechtslitteratur  auftretenden  Titel  in  entsprechender  \^ 
den  Inhalt  jener  älteren  Werke  zu  reconstruiren  und  darzulegen. 


§  8- 
Gesammtergebniss. 

Das  Ergebniss  der   obigen  Erörterung  über  die  Systeme  de 
Untersuchung  gezogenen  Werke  ist  dies,  dass  alle  dieselben  auf  a 
Systeme  zurückgehen    und    sich   stützen,    die    selbst    der    Zeit 
Republik  entstammt  sind. 

Einestheils   das  System   der  älianischen   Tripertita,    weichet 
allgemeinster  Herrschaft  sich  behauptend  bis  zu  dem  Jus  civile 
Qu.  Mucius  Scaevola  pont.,  später  noch  angenommen  und  erwei 
wird  theils  von  Labeo  in  seinen  Posteriores,   theils  von  Sabious 
sein  Jus    civile,    theils    endlich    für    die    Responsensammlungen 
sabinianischen  Schule:  des  Urseius  Ferox,  wie  Minicius  Natalis. 

Anderntheils  wiederum  das  Svstem  von  Scaevola's  libri  1 8  J 
civilis,  welches,  theils  mehr,  theils  minder  modificirt,  angenomi 
wird  von  Labeo  in  seinen  Pithana,  von  Cassius  in  seinem  Jus  cn 
wie  von  Sext.  Caecilius  Africanus  in  seinen  Quaestiones. 

Daneben  tritt  dann  noch  ein  drittes,  auch  schon  der  früh« 
Kaiserzeit  angehöriges  System  des  ius  civile,  welches,  in  gewis 
Elementen  ebenfalls  auf  die  republikanische  Litteraturperiode  und  z 


92)   Voigt,  Jus  naturale  III  A.   416. 


Das  Aelius-  und  Sabinus-System.  374 

f  des  Servius  libri  II  ad  Brut  um  de  Edicto  zurückgehend,93  doch 
i  grossen  Ganzen  eine  Schöpfung  der  Kaiserzeit  ist,  das  System 
tmlich  der  Institutionen  des  Gaius.  Und  dieses  System  nun,  welches 
it  Vorliebe  für  die  Institutionen-  und  Regularum-Werke  verwen- 
!t  ward  und  bereits  den  libri  15  Regularum  des  Neratius  Priscus 
i  Grunde  liegt,  ist  zugleich  das  in  seiner  Gliederung  des  Stoffes  voll- 
Kletste,  welches  die  römische  Jurisprudenz  für  das  Civilrecht  über- 
lupt  geschaffen  hat. 


93)   Voigt,  a.  0.  A.   485. 


Inhalts-  Verzeichniss. 


$  1.  Die  Rechtslitteratur  big  zum  siebenten  Jahrhundert  d.  St 

$  2.  Die  Tripertita  des  Sex.  Aelius  Paetus  Catus 

$  3.  Die  libri  18  Juris  civilis  des  Qu.  Mucius  Scaevola  pont 

$  4.  Die  libri  Pithanon  des  Labeo  und  die  libri  10  Juris  civilis  des  Caasius     . 

§  5.  Das  Sabinus-System 

$  6.  Die  Pars  I  des  Sabin us-Systems  in  ihrem  Verhältnisse  zu  den  XII  Tafeln 

$  7.  Die  tituli  in  den  älteren  Rechtssystemen 

$  8.  Qesammtergebniss 

Tafel     I.  Qu.  Mucius,  18  Juris  civilis. 

II.  Labeo,  Pithanon. 

-     III.  Cassius,   10  Juris  civilis. 

IV.  Sabinus-  System. 


Afric.  Quaest. 


!•   ^   *e8*"^^stamentis  et  legatis. 

r>e    generffcJ.  D  XXIX,  2,  46.  XXXVIII,  5,  10.  XXXIX,  6,  22.  XL,  4,  20. 


I>e    «•redil 
I>e    adeuni 
I>e    iniusto, 

modis 

II.   De   lentis 

l>e  generil 

I>e  usafrw 

l>e  optfone 

I>e  ifi»traf- 

XIX.   I*> 

/& 

Coi 

Pro 


XX.  De 


:  D.  XII,  1,  23.  XXVIII,  5,  46.  6,  33.  XXIX,  7,  15  (IUI. :  Paul.  11  QuaeatA 
XXX,    1,  107.    XXXIV,  2,  2.   5.    XXXV,    t,  3i.  42.  XXX VIII,  2,  26. 
1    XXXIX,  6,  23. 

I:  D.  V,  1,  77."  XL,  9,  8.  XLVIII,  10,  6.   L,  16,  207. 

Anm.:    Wegen  D.   XIII,    4,  8.    XLIV,  7,22.  XLVI,  6,  10.  fc,  7,  3.    8. 
IIb.  7 ;    wegen  D.  XV1I1,  2,  18.  s.  üb.  8. 

I:  D.  V,  3,  56.  XXVIII,  2,  14.  16.  5,  47.  6,  34.  XXIX,  1,  21.  2,  47.  49. 

51.  XXX VII,  4,  14.  5,   18.  6,  4.  10,   8,  XXXVIII,  2,   27.  XL,  4,  21. 
1    XL1II,  30,  4.  L,  16,  208. 

XXIV,  3,  33  (Hai.). 

Anm.  Wegen  D.  XVI.   1.   17.   19.  s.  Hb.  8. 

,  I,  I.  Jl-9-y  I,         JU.         O,  lt.  

[ndato:   D.  XVII,    1,  34.  37. 

fotiorum  gestione :  D.  III,  5,  49.  XII,  1,  41. 

.     Anm.    Wegen  I).  XXIV,  3,  34.  XXV,  2,  23.:    Hai.:    Hb.  6  8.  da*. 
.     Wegen  D.  XXVI,  2,  23.  s.  Hb.  7. 

üto     .... 

imodato:   D.  XIII,  6,  21. 

iore:  D.  XIII,  7,  31.  XX,  4,  9. 
fescriptis  verbis :  D.  XIX,  5,  24. 

ttionibus   et  Hberationibus :    D.    XII,    7,   4.  XVI,    1,   20.    XXII,    1,    27 
II,  3,  50.  5,  9.  11.  XXX,  1,  110.  XLVI,  3,  39. 

C.   Velleianum:   D.  XVI,   1,   17.   19  (beidemal  Flor.:    Hb.  4.   Hai.  Hb.  3). 


XXI.  De 

(De 
XXII.  De 

XXIII.  De 

XXIV.  De  €i 
XXV.  De  »< 


VII,  2,  61. 


XIX,  1,  15. 


XXVL  De 


XXVII.  De  le< 


XIX,  2,  44. 

lictionibus  ob  causam:  D.  XII,  6,  38.  XXXIX,  6,  24. 

tis:  D.  VIII,  3,  33. 

jptionibus:  D.  XLIV,  1,  18.  2,  26.  3,  6. 
\liminio  (?). 
Ju  liberis.  D.  XXXV,  1,  32.  XL,  4,  22.  5,  49.  7,  15. 

a)  D. 

b)  Uni 

eren  Bearbeiterl^30*1"^6    ilber   die  ^nae   fldei   negotia :    no.  8  angefügt.     Dagegen  die 

d)  Bei 
>rtate  morante* 

unter  V  Dle  V    XXVIII>  2,  l1)?    ¥K!-  Danz>    Lehrb-  d-  Ge8ch-  d-  r5m-  Recht*  §  lö9- 

f)  DarOl 

<  Hinfl|re!it.  weiss  Nichts  von  Modest,  ad  Qu.  Muc. 

"\     1 1  Ed     (W  an^  s°lc^em  °^er  wider  solches  etwas  vi  aut  clam  beschehen  war,  so  von 


So  daher  erklärt  sich,  wie  in   diesem  Abschnitte  die  Rede   von  den    in 


Taf.  II. 

Labeo,  Pithana. 


Labeo  Pithanon,  a  Paulo 
notatorum. 


Labeo  Pit&anon,  a  Paulo 
epitomator.  et  notator. 


ripatldne  et  de  legibus  man- 
fldaela 

e  fldei  negotiis 
ne  venditione 

ine  coaductione 

odo  et  periculo  rei  venditae 

ito  et  negotiia  gestis  (?) 

üibus  (?) 

odato  (?) 

Ito 

>ibus  (?) 

.mentig 

dltatibug,  quae  ab  Intestato 
«r 

tis 


1 


1.2 
1 


D.  XIX,  1,53.  xxxra, 

7,  29. 
D.  XIX,  2,  62. 
D.  *Vin,  4,  25.  XIX, 

1,  54. 


D.  XVI,  3,  34. 

D.  XL,  7,  42. 


»as 

tionibns  inter  virnm  et  oxorem) 

ig  et  curationlbus 

Hb  hominiöus  (?) 

»  qui  aiieno  iuri  stibiecti 

» 

vperie  (?) 

»norum  raptorum 

ino  iniuHa  dato  (?) 

xriis  (?) 

\  operis  nuntiat  ione  (?) 

*n©  infecto  (?) 

ionibog  et  liberationibu* 


ii 
n 
ii 

Ii 


rationibns  et  actiouibu* 
latlone 

m&ilaMone  (?) 
et  mntai  datione 

nüa 

>ionibus  et  usurpationibus 
endo  rerum  dominio 

idicatione 

tutibug 
imlnio 


D.  XXVI,  8,22(Hal.:5 
Porter,  a  Ja?,  epit.). 


1 


vgl.  D.  L,  16,  246.  pr. 


D.  VIII,  5,  21. 

D.  XX,  1,  35. 
D.  XIV,  2,  10. 


D.  XL,  7,  41. 

D.  XXXVIII,  2,  61. 

D.XXXII,  1,31.  XXXIII, 
4,  13.  XXXIII,  7,  5. 

D.  XXIV,  if  67. 


7 
8 


D.  XLVH,  2,  91. 


D.  XLIII,  16,  20. 


D.XXXIII,  10, 12.  XLIX 
15, 28.  Dann:  D.  XXIII, 
3,  84.  XL  VI,  3,  91  (wo 
beidemal  die  Codd.:  Hb. 
VI). 

D.  VI,  1,78.  L,  16,244. 

D.  XLVI,  4,  23. 


D.  XXII,  2,  9  (Hai. :  1 
Pith.). 

D.  XU,  3,  49. 

D.  XLI,  1,   65.   XLIV, 

1,  23. 
D.  VI,   1,    79.    XLIX, 

15,  29. 

D.  XXII,  3,  28. 
D.  XLIX,  15,  30. 


Taf.  III. 

Cassius,  10  Juris  ciyilis. 


Casalas,  lor.  civ. 


JatoI.  a 


I.  De  testamentlfl 
II.  De  legatig 


III.  De  hereditatibug,  quae  ab 
Integtato  defemntur 

IT.  De  dotibug 

V.  De  tutellg  et  euratlonibng 

Tl.  De  liberig  homlnlbug 


YII.  De  bis,   qnl  »Ueno  iurl 
gubleeti  »mit 

Till.  Demaneipationeetdelepi- 
bmg  mancipii  et  flducla 

De  usucapioiiibua 

IX.  De  bonae  Idel  aegotils 

De  emtione  vendittone 

De  commodo  et  perioulo  rei 

▼enditae 
De  locatione  eonduetione 
De  mandatoet  negotiis  gestls 
De  eoeietaUbut  (?) 
De  commodato  (?) 
De  depotito  (?) 
De  pignorifnu  (?) 

X«  De  Terbomm  obllgatione 

XL  De  Utterarum  Obli- 
gation* (?) 

XII.  De  nexo  et  mutui  dä- 
tione  (?) 

XIII.  De  genrltvttbvs 

Deservitutt.  praed.  raaticorum 

De  servitutt,  praed.  nrbanorum 
De  usufructu 


XIV.  De  deMlBiig 
XY.  De  golutlonibug  et  libera- 
tionlbug 

XVL  De  obU*ationlbiig  et 
acttonlbns 

De  peculio,  in  remverso,  quod 
iuaiu,  Inttitoria  actione  etc. 
De  interdieti« 
De  deductionibos 
De  exceptionibus 

XVII.  De  daumo  Injuria  dato 
XYIII.  De  pauperie  (?) 
XIX.  De  fertig 

XX«  De  vi  bonorum  rap- 
torum  (?) 

XXL  De  iniurtis  (?) 

XXIL  De novi  operienunHa- 
Hone  (?) 

XXHL  De  damno  infecto  (?) 

XXIY.  De  Iwrlgüettone 

XTF«  1>e  P^UmhUo  (?) 


1 

2 


6 

7? 


8? 


9? 


10? 


D.  XXVI,  1,  3.  $2.      I 


5 


D.  VII,  1,  7.  §.3.  fr.  9. 
$.  5.  und  fr.  Vat.  70. 
D.  VII,  1,  23.  od.  fr. 
Vat.  72.  D.VII,  1,70. 
pr.(Hal.;Flor.:10).§2. 


8 


9 


10 


11 


12 
13 
14 


15 


d.  xxvm,  2,  5 

XXXI,  1,  37. 

D.  XXXI,  1,38.3 

5, 14.  XXXIII, 

xxxiv,  if  6. ; 

D.  XXXI,  1,  91 

d.  xxxvin,  2, 

D.  XXIII,  3,  61 

D.  XXVI,  2,  24. 

D.  XXXVIII,  it 
Gelegenheit  6m 
Wort  mannt  tat 

D.  I,  7,  16.  n,  j 
manumisalooe  4 


D.  XLI,  2,  21. 3 

D.  XVII,  1,36. 3 
XIX,  I,  18. 

D.  XVIII,  6,  16V 
D.  XIX,  2,  37. 
D.  HI,  5,  28. 


D.  XVII,  1,  51 C 
14  (de  interna) 


D.  vmf  3,  13.  T 

2.  XXXIX,  3, 18 

D.  VUI,  2,  12.  1 


D.  XLI,  1,  58.  t 
D.  IV,  8, 39.  XL? 


D.  XV,  1,33.35.: 
D.  XLI,  2,  22.  XI 
D.  XXXV,  2,  6« 
D.  XXXIX,  5,  % 

D.  IX,  2,  37. 

•         •         •         •         • 

D.  XII,  3,  9.  XL* 
73.  (Hai.:  Sab.) 


D.  III,  4,  8.  IV,  i 
2,  14  (Hai.:  11} 


IT.     Clf 


4 


*. 


i 


% 


i 


4 


* 


I 
1 


U—i •* 


Sabin.  Jur.  civ. 


f  .       ö    A    .        .  '    Javoleii.  libri  ex  Poeter.  Labeoni*. 

Ubeo  Posterior.        nat.  t  pt||K  notatL 


Jell.    V,   13,  5. 


I>.  XXV1I1.  8,  11. 


Ali«  U 

v, 

ist. 


i    — 


7.8 

7 


D.  XL,  1,  26. 
1     *%IV.   I,  W.  |Hal.:   ll)' 


D.  XXIV,  3,  66 


I).  XXVI,  2,  33. 


1 

i 

J 

I 

I 

r 


/ 


DEK  GKALTEMPEL 


VORSTUDIE 


U  EINER  AUSGABE  DES  JÜNGERN  TITUREL 


VON 


FRIEDRICH  ZARNCKE, 

MITGLIED  DER  KÖNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Classe  der  Königl 
Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

N°  V. 


LEIPZIG 

BEI  S.    HIRZEL. 
1876. 


Vom  Verfasser  übergeben  den  20.  April  1870 
Der  Abdruck  vollendet  den  30.  Juli  1S76. 


DER  GRALTEMPEL. 


VORSTUDIE 


Zu  EINER  AUSGABE  DES  JÜNGERN  TITÜREL 


VON 


FRIEDRICH  ZARNCKE 


Ab**»dl.  d.  K.  S.  Gw«ll»ch.  d.  WiaMwrh.  XVII.  *6 


Die  Beschreibung  des  Graltempels  im  Jüngern  Titurel  hat  wieder- 
t  die  Aufmerksamkeit  der  Forscher  auf  sich  gezogen;  ausser  ge- 
entliehen  Erörterungen  besitzen  wir  zwei  selbstständige  Schriften 
ar  diesen  Gegenstand1).  Es  ist  das  kunstgeschichtliche  Interesse, 
5  hier  überall  in  den  Vordergrund  tritt,  eine  philologische  Constitui- 
ig  des  Textes  ist  von  Niemandem  erstrebt  worden,  obwohl  Bois- 
6e  sich  Abschriften  aus  mehreren  Handschriften  verschafft  hatte. 
liegt  aber  auf  der  Hand,  dass  erst  auf  einem  durch  methodische 
tersuchung  gewonnenen  Texte  sich  die  sachlichen  Erörterungen 
t  Sicherheit  aufbauen  lassen.  Daher  erschien  es  mir  wie  eine 
■cht,  dieser  Forderung  der  Wissenschaft  Genüge  zu  leisten,  als  ich 
zunächst  für  einen  andern  Zweck  —  theils  durch  gewogene  Ver- 
ödung des  Königlichen  Cultusministeriums,  theils  durch  die  freund- 
he  Vermittelung  unseres  Oberbibliothekars,  Herrn  Prof.  Krehl's, 
die  günstige  Lage  versetzt  worden  war,  nahezu  das  gesammte,  für 
inen  Zweck  wichtige  handschriftliche  Material  des  Jüngern  Titurel 
aneinander  benutzen  zu  können. 


v)  Diese  Schriften  sind  1 .  Ueber  die  Beschreibung  des  Tempels  des  heiligen 
ales  m  dem  Heldengedicht:  Titurel  Kap.  Iü.  von  Sulpiz  Boisseree  (im 
Bande  der  philos.-philolog.  Abhandlungen  der  Kgl.  Bayer.  Akademie  der  Wissen- 
den. i8U,  S.  307  —  392,  mit  3  Tafeln).  2.  Der  Tempel  des  heiligen  Gral 
ch  Albrecht  von  Scharfenberg  Jüngerer  Titurel  Str.  319 — 410  von  Ernst  Droy- 
n,  mit  1  Tafel.  Bromberg  1872,  Miltler'sche  Buchhandlung.  (4  Bd.,  54  S.  u. 
Tafel.)  Die  Bezeichnung  »des  heiligen  Grales«  ist  übrigens  ungenau.  Aller- 
igs  wird  die  Heiligkeit  des  Grales  wiederholt  betont  (vgl.  z.  B.  bei  Hahn  Str.  5958. 
82.  5994.  6166.  6174.  6191.  6206),  aber  das  Epitheton  heilte  wird  für  ihn 
ht  verwendet.  Fast  durchgehends  wird  ihm  gar  kein  Adjectiv  beigefügt ,  nur 
lahmsweise,  und  dann  meist  her  vgl.  bei  Hahn  477.  6166)  oder  rein  (vgl. 
h  574).  Wo  wirklich  heilic  vorkommt,  wie  H.  399,  4,  beweist  die  sonstige 
»Hieferung,  dass  es  nicht  dein  Original  angehört  hat. 

26* 


376  Feiedeich  Zaincke,  [I 

Es  leitete  mich  dabei  auch  ein  weitergehendes  Interesse.  Wi 
entbehren  noch  durchaus  einer  lesbaren  Ausgabe  des  Titurel; 
Druck  von  1477  kann,  abgesehen  von  seiner  Seltenheil,  als 
solche  nicht  gelten,  noch  weniger  der  buchstäbliche  Abdruck  der 
Heidelberger  Pergamenthandschrift  383,  den  Hahn  4842  veranstalte! 
hat;  denn  wenn  der  Text  der  übrigens  ziemlich  späten  HandschiA 
auch  nicht  viel  schlechter  ist  als  der  der  andern  Hss.,  so  fehlet  doefc 
demselben  so  viele  Strophen,  dass  schon  dadurch  der  Zusammenhaf 
vielfach  unverständlich  wird.  Der  Titurel  verdient  aber  wohl  ei* 
würdige  Ausgabe.  Denn  obgleich  er  alle  Zeichen  einer  an  poetisdg 
Productivität  abnehmenden  Periode  an  sich  trägt,  also  von  dieM} 
Gesichtspuncte  aus  weniger  bedeutend  erscheinen  mag,  so  ist  er H 
so  wichtiger  für  die  Geschichte  des  deutschen  Geisteslebens.  Es  i 
das  erste  deutsche  Werk,  in  welchem  die  Mystik  hervortritt,  und 
neuer  Beleg  für  die  Angabe  des  Lamprecht  von  Regensburg, 
diese  aus  den  Niederlanden  zunächst  in  Bayern  Eingang  gefi 
habe  (Fundgruben  I,  314,  36  fg.) ;  und  ihre  Verbindung  mit 
Phantasiegestalten  der  Ritterpoesie  ist  eine  so  eigentümliche 
scheinung,  dass  sie  eine  weit  eingehendere  Beachtung  verlangt 
ihr  bisher  geworden  ist,  wo  z.  B.  die  neueste  ausführliche  Geschieht' 
der  deutschen  Mystik  den  Titurel  gar  nicht  erwähnt.  Wie  tf)K 
dieser  einschlug  in  die  Gedanken  rieh  tungen ,  die  seine  Zeit  zu  fo 
wegen  anfingen,  und  wie  sehr  er  selber  wieder  für  diese  massgebeoi 
ward,  beweist  die  grosse  Menge  der  Hss.  und  Fragmente,  die  »od* 
auf  uns  gekommen  sind,  und  die  grosse  Verehrung,  die  ihm  bi* 
ans  Ende  des  15.  Jahrh.  gezollt  ward.  Nennt  ihn  doch  noch  4460 
Püterich  von  Reichertzhausen  das  haubt  ob  teutschen  puechen f)  (Haupfr 
Zeitschrift  VI,  50,  101),  und  ein,  auch  wohl  dem  15.  Jahrh.  anger 
hörendes  Gedicht  aller  lewtsch  ain  blum  (Cod.  Palat.  329,  vgl.  Adelung 
Altd.  Ged.  in  Rom  oder  fortgesetzte  Nachrichten  S.  223) ;  er  gaK 
noch  im  15.  Jahrh.  als  eine  Anweisung  zur  Erlangung  der  höchste* 
und  edelsten  Ausbildung,  noch  1483  benannte  der  Besitzer  de* 
Berliner  Pgmths.   475  sein  Buch:    Dylerett  de  diseiplina  hominis,  W& 


x)  Er  fügt  noch  hinzu :  wer  mich  des  widerbell,  der  findet  kämpf,  ob  er  dt* 
rucht  zu  suechen ,  das  nie  sein  gleich  ward  funden  in  allen  suchen  mit  tiht  so  Q# 
durch  feinet. 


Der  Graltempel.  377 

Berliner  Papierhdschr.  v.  J.  1457  überschreibt  das  Gedicht:  Hye 
t  sich  an  ain  Med  von  der  götleichen  weishaii  und  der  werlte.  Ja,  man 
rf  sagen,  der  Ruhm,  der  sich  an  Eschenbach's  Namen  knüpfte, 
ruhte  mehr  auf  dem  ihm  zugeschriebenen  Titurel  als  auf  seinen 
jenen  Werken.  Wir  können  das  Gedicht  füglich  mit  der  Wirkung 
isamraenhalten ,  die  Klopstock's  Messias  seiner  Zeit  übte.  Freilich 
tag  auch  auf  den  Titurel  das  Wort  Lessing's  über  den  Messias  An- 
wendung finden,  er  wird  vielleicht  mehr  gelobt  und  abgeschrieben 
its  gelesen  woVden  sein;  wenigstens  darf  man  behaupten,  dass  die 
neigten  der  auf  uns  gekommenen  Handschriften  einen  Text  liefern, 
fer  zumal  in  den  schwierigeren  Stellen  ein  zusammenhängendes  Ver- 
itöndniss  kaum  möglich  machte;  vielleicht  werden  die  Zuhörer,  wie 
»  wohl  bei  einer  Predigt  zu  geschehen  pflegt ,  sich  für  um  so  er- 
•oter  gehalten  haben,  je  unfassbarer  ihnen  ein  Theil  des  vorge- 
lagerten Inhalts  blieb. 

Einer  Ausgabe  des  Titurel  aber  muss  eine  genaue  Analyse  des 
bstammungsverhältnisses  der  Handschriften  vorangehen,  das,  wie 
ir  sehen  werden,  ein  sehr  verwickeltes  ist.  Schon  Püterich  von 
eichertzhausen  war  hierauf  aufmerksam  geworden,  er  sagt  wol  dreissig 
Wefcn  hab  ich  gesehn,  der  kainer  nit  was  rechte  (Haupt' s  Zeitschr. 
H,  58,  142).  Da  ist  es  wünschenswerth,  weil  bei  einem  so  um- 
Anglichen  Gedichte  möglicherweise  in  verschiedenen  Partien  dessel- 
)en  ein  verschiedenes  Verhältniss  obwalten  mag,  dass  es  an  ver- 
schiedenen Stellen  einer  möglichst  genauen  Untersuchung  unterzogen 
md  erst  aus  einer  Yergleichung  dieser  das  Resultat  gezogen  werde, 
ödem  ich  die  von  mir  geführte  Untersuchung  über  den  Schluss  des 
ledidrtes  (von  Strophe  5964  bei  Hahn)  an  anderer  Stelle  vorlegen 
verde,  biete  ich  hier  die  Untersuchung  über  diejenige  Partie,  die  den 
Jraltempel  behandelt.  Wenn  ich  darum  meine  Arbeit  auf  dem  Titel 
sine  »Vorstudie  zu  einer  Ausgabe  des  Titurel«  genannt  habe,  so 
Wie  ich  wohl,  dass  diese  Bezeichnung  dem  von  mir  Gebotenen 
iPgenüber  vielleicht  allzu  prätentiös  erscheinen  mag,  da  man  unter 
enem  Titel  Definitiveres  und  Umfassenderes  (z.  B.  auch  noch  Unter- 
ucbungen  über  die  Reime,  die  Gäsuren,  die  Sprache  u.  s.  w.)  er- 
arten  dürfte;  dennoch  habe  ich  geglaubt,  diese  Nebenbezeichnung 
:ht  fehlen  lassen  zu  dürfen,  um  die  Fachgenossen  über  den  doppel- 
pfigen  Inhalt  dieser  Schrift  nicht  im  Unklaren  zu  lassen.    Uebrigens 


378 


Friedrich  Zamicke, 


l* 


soll  unter  »Vorstudie«  nicht  eine  Vorarbeit  zu  einer  eigenen  Arbeit 
verstanden  werden.  Selber  eine  Ausgabe  des  riesigen  Werkes  u 
veranstalten,  liegt  nicht  in  meiner  Absicht;  es  gehören  dazu  jüngere 
und  geschontere  Kräfte  als  die  meinigen,  und  mehr  Müsse  als  ich 
zur  Verfügung  stellen  kann.  Aber  zu  bedauern  würde  es  sein,  tri 
die  Vertiefung  unserer  mittelalterlichen  Studien  durchaus  lähnm, 
wenn  uns  eine  endgültige  Ausgabe  des  Gedichtes  noch  lange  vor- 
enthalten bleiben  sollte. 

Es  sind  drei  Stellen  des  Gedichtes,   die   für  den  Graltempel  n 
Betracht  kommen: 

1.  Die  Beschreibung  des  Graltempels,  bei  Hahn  Str.  311 — 411 

2.  Der  Plan   zu  einem  Tempel  der  Maria,   richtiger    allgemA 

ein  Marienlob,  welches  sich  an  Hahn  415  anschliesst, 
in  der  Handschriftengruppe,   zu   der  Hahn's  Text 
nicht  steht. 

3.  Die  allegorisch   mystische  Auslegung  des  Tempels,    die  der 

Rede  des  Titurel  eingefügt  ist,  Hahn  492  und   493,  xrt 

504—559. 
Ich  citire  diese  drei  Stücke  als  Gralt.  (d.  i.  Graltempel),  Marl 
(d.  i.  Marienlob)  und  Ausl.   (d.  i.  Auslegung).     Bei  dem  Marientok 
das  nur  in  einer  Handschriftengruppe  erhalten  ist,  behandele  ich  die 
Ueberlieferungsfragen  für  'sich,  bei  Gralt.  und  Ausl.  gemeinsam. 


Allgemeines  Bild  der  Uefoerlieferung. 

Die  für  unsere  Partie  in  Betracht  kommenden  Handschrift« 
und  Fragmente,  zu  denen  auch  noch  der  Druck  vom  Jahre  \  477  a 
rechnen  ist,  theilen  sich  (und  das  wird  für  den  ganzen  Titurel  gleick- 
mässig  gelten)  zunächst  in  zwei  Hauptgruppen,  deren  Aufzählung  ick 
auch  die  beiden  umfänglichen  Handschriften  in  Klammern  beifüge, 
die  unsere  Stücke  nicht  enthalten,  weil  uns  ein  Theil  derselben  ver-i 
loren  ist. 

I.  Erste  Gruppe,  die  ich  im  Folgenden  als  1  citire. 

Ich  stelle  sie  zunächst  um  deswillen  voran,  weil  die  älteste  H& 
dieser  Gruppe  zugleich  die  älteste  aller  auf  uns  gekommenen  Bs& 
zu  sein  scheint. 


?]  Der  Graltshpel.  379 

Sie  wird  gebildet  von  den  folgenden  Handschriften: 
e  .  A\  Die  Wiener  Pergamenthandschrift  (Nr.  2675  =  Philol.  40 
;  =  Ambras  421)  aus  dem  13/14.  Jahrh.  J  genannt  von  Jac.  Grimm 
r  in  Haupts  Zeitschr.  5,  494;  C  von  Bartsch  in  Germ.  Xlll,  S.  9  fg.).  Vgl. 
:  Hoffmann  v.  Fallersieben,  Verz.  d.  altd.  Hss.  d.  k.  k.  Hofbibliothek  zu 
Wien  S.  42 ;  v.  d.  Hagen's  Germania  II,  S.  269  fg.  Eine  saubere  und 
*  verlässige  Abschrift,  1 81 7  von  Schottky  genommen,  besitzt  die  König- 
liche und  Universitätsbibliothek  in  Breslau  (Nr.  IV  4°   106a). 

B\  Die  Heidelberger  Pergamenthandschrift  (Nr.  383),   abge- 
druckt von  Hahn,  Der  jüngere  Titurel,  Quedlinburg  und  Leipzig  1842 
.   (£  bei  Grimm,  1)  bei  Bartsch).    Die  Schrift  scheint  es  zu  verbieten, 
.    wo  bis  ins  15.  Jahrh.  herabzurücken,  auch  sind  noch  ganz  die  alten 
«verbreiterten  Vocale  vorhanden.    Andererseits  findet  sich  nur  noch 
i   «usnahaiweise  siver,  stvie  u.  ä.     Vgl.  Wilken,  Gesch.  d.  alten  Heidel- 
berger Buchersammlung  S.   457. 

>C\  Die  Hannoversche  Pergamenthandschrift  (Nr.  IV, 
489),  aus  dem  14.  Jahrh.  (G  bei  Grimm).    Vgl.  Bodemann,  Die 
Handschr.  d.  kgl.  0.  Bibl.  zu  Hannover,  S.  83  fg. ;  v.  d.  Hagen's 
Germania  II,  S.  281  fg.    Erst  mit  Str.  3505  H.  (d.  i.  Hahn)  be- 
ginnend.] 
II1,  Die  Berliner  Papierhandschrift     Ms.  germ.  fol.   470)    vom 
Jahre   1457,    früher   im  Besitze  von  der  Hagen's    [L  bei  Grimm,    c 
bei  Bartsch.     Vgl.  v.  d.  Hagen's  Germania  II,  S.   333. 

El.  Kesaer's  Papierhandschrift  des  15.  Jahrh.  (K  bei  Grimm). 
Letzte  Erwähnung  in  T.  0.  Wcigel's  Katalog  des  antiq.  Lagers,  Leipzig 
1865,  S.  6.     Sie   ging    im  Jahre    1872    in    den    Besitz    der   Herren 
Westermann  &   Co.    in   New   York   über.      Eine   theilweise   Gollation 
etwa  der  ersten  »00  Strophen  und  auch  noch  später  einiger  anderen 
hat   Schottky  an  den  Rand  seiner  Abschrift  von  Al  eingetragen. 
Von  den  Bruchstücken  gehören  hierher  nur: 
«'.  die  aus  Regensburg,  jetzt  in  München  'Cgin.  7;,  Pergament, 
aus  dem   1 4.  Jahrh.     Enthalten  nach  Boisseree  aus  Gi  alt.  Str.  319  H. 
da  erst  beginnt  seine  Collation)    —339.    406—415.     Vgl.  K.  Roth, 
Bruchstücke  aus  der  Kaiserchronik  und  dem  Jüngern  Titurel,  Landshut 
1843,  S.  XVI  u.  37  fg.  Docen's  Sendschreiben  S.  64  fg.  Germania  XVI, 
S.  338  fg.    Es  stimmen  die  Lesarten  wesentlich  zu  den  Handschriften 
der  Gruppe  7,  von  Abweichungen  wird  später  die  Hede  sein. 


380 


Friedrich  Zarncke, 


P 


c1,  die  Darmstadt  er,  Pergament,  aus  dem  14.  Jahrh. 
halten  Gralt.  Str.  362bH.  — 369\  380b—  391\  40ib—  IU\  AwL\ 
557b—  559.  Veröffentlicht  von  Schädel  in  der  Zeitschr.  f.  d.  Phil  \lj 
S.  127  fg. 

Von  diesen  Handschriften  ist  Ax  die  älteste,  Bl  die  elegantere* 
zugleich  aber  auch  unzuverlässigste,  da  sie  zumal  sehr  oft  Strophnj 
auszulassen   pflegt    (in  unserer   Partie   fehlen   10),   Dl   vielleicht 
jüngste. 

2.  Zweite  Gruppe,  die  ich  im  Folgenden  als  //  cilire.  St 
besteht  aus  den  folgenden  Handschriften: 

[A2,  Die  Femberger-Dietrichsteinsche  Pergamafc- 
handschrift  aus  dem  4  4.  Jahrh.   (D  bei  Grimm) ,    eine  Zefttafj 
ebenfalls  in  Besitze  von  Kesaer  in  Wien,  dann  übe 
an   T.  0.  Weigel   in  Leipzig,    und   4868   von    dem   Anl 
0.  A.  Schulz  ins  Ausland  verkauft.    Vgl.  Büsching's  W< 
Nachrichten  II,  S.  197  fg.    Eine  gute  Abschrift  derselben 
Büsching's  Hand  besitzt  die  Königl.  und  UniversUätebiblkrihE] 
in  Breslau  (Nr.  IV,  F.  88*).    Für  uns  kommt  A2  nicht  in fc-j 
tracht,  da  die  Hs.  erst  mit  2772  H.  beginnt.] 
Ä2,  Die    Berliner    Pergamenthandschrift    (Ms.  germ.   fol.  473} 
aus  dem   14.  Jahrh.  (//  bei  Grimm,  d  bei  Bartsch).     Vgl.  v.  d.  Hagest 
Germania  II,  S.  320  fg. 

C2,  Die  Carlsruher  Pergamenthandschrift  (Nr.  29)  vom  Jahre 
4131.  (F  bei  Grimm).  Vgl.  Mone  in  Büsching's  Wöchentl.  Nacb- 
richten  IV,  S.  97  fg. 

D\  Die  Wiener  Papiei  handschrift  (Nr.  3041  =  R.  2260  = 
Hist.  14.  F.  1.)  vom  Jahre  1441  (E  bei  Grimm,  a  bei  Bartsch]. 
Vgl.  v.  d.  Hagen's  Germania  II,  S.  287  fg. 

F2,  Der  Druck  vom  Jahre  1477;  sauberes,  doch  unbeziffertes 
Exemplar  auf  der  Leipziger  Universitätsbibliothek  (A  bei  Grimm,  i 
bei  Bartsch). 

Von  den  Bruchstücken  gehören  in  unsere  Partie  nur: 
a\  Die  aus  Murau,  jetzt  auf  dem  Joanneum  in  Graz,  Perga- 
ment, aus  dem  14.  Jahrh.,  veröffentlicht  von  Weinhold  in  der  Zeitschr. 
f.  d.  Phil.  II,  S.  81  fg.     Beginnen  mit  Str.   371   H. 

62,  ein  Kapfen berger  Blatt,  ebenfalls  jetzt  auf  dem  Joanneum 
in  Graz,  Pergament,  wohl  noch  dem  14.  Jahrh.  angehörig,  heraus- 


DKE    GlALTEHPBL.  381 

geben  von  Weinhold  a.  a.  0.  S.  92  fg.     Beginnt  mit  Str.  498  H. 
d  bricht  in  Str.  515  ab. 

Ebenfalls  nur  den  Bruchstücken  zuzurechnen  ist: 
(P,  Die  Dresdner  Papierhandschrift  (M.  41),  eine  dem  18.  Jahrh. 
Bgehörende  (von  Gottsched  veranlasste?)  Abschrift  einer  Papier- 
landschrift ,  vielleicht  vom  Jahr  1433,  die  schon  1799  aus  einer 
Mtecellanhandschrift  (M.  42)  ausgeschnitten  war.  Vgl.  Fr.  Adelung, 
Altd.  Gedichte  in  Rom  oder  fortges.  Nachr.  S.  XVI. 

Von  diesen  Hss.  ist  A\  die  zwar  ftlr  uns  nicht  in  Betracht  kommt, 
wie  die  sicher  älteste  so  auch  die  vorzüglichste. 

Zu  diesen  beiden  Gruppen  tritt  nun  noch: 

3.  H,  Die  Heidelberger  Papierhandschrift  (Nr.  141),  aus  dem 
1 4  Jahrb.  (B  bei  Grimm ,  A  bei  Bartsch) ,  von  Boisseräe  und  seit- 
le©  »die  altere  Heidelberger  Hs.«  genannt.  Es  ist  möglich,  dass 
ie,  obwohl  auf  Papier,  alter  ist  als  Bl,  jedesfalls  hat  sie  stets  noch 
vor,  $wie  u.  ä.  Sie  folgt  keiner  der  beiden  Gruppen  ausschliesslich. 
Se. beginnt  mit  Str.  28,  4  Hahn,  schliesst  oben  auf  der  Rückseite 
les  letzten  Blattes  mit  Str.  5157  H.  Vgl.  Fr.  Adelung,  Altd.  Ge- 
richte in  Rom,  fortgesetzte  Nachrichten,  S.  3  fg. 

Alle  diese  Handschriften1)  benutzte  ich  selbst,  nicht  so  die 
Bruchstücke.    Von  diesen  konnte  mir  bei  c\  a2  und  b2  der  Abdruck 


')  Der  Uebersichtlichkeit  wegen  stelle  ich  die  verschiedenen  Buchstaben ,  die 
von  mir,  jac.  Grimm  und  Bartsch  den  Handschriften  gegeben  sind ,  noch  einmal 
zusammen : 

H  (nach  Zarncke)  =  B  (nach  Grimm)   =  A   (nach  Bartsch) 


■ 

I. 

II. 

Zarncke 

Grimm 

Bartsch 

Zarncke 

Grimm 

Barst 

^» 

J 

C 

A2 

D 

Ä» 

C 

D 

B2 

H 

d 

0 

G 

— 

C2 

F 

0> 

L 

c 

D* 

E 

a 

£i 

K 

— 

E2 

A 

b 

u&ser  den  oben  aufgeführten  1 6  Handschriften  und  Bruchstücken  habe  ich  noch 
enntniss  von  folgenden,  die  ich  nach  ihrem  jetzigen  Aufbewahrungsorte  alphabetisch 
'ftramenstelle  : 

17.  Berlin,   Kgl.  Bibliothek,    Pgmtbl.   des  I  i.  Jh.  aus  der  Meusebach'schen 

Bibliothek,   Str.    4974  —  5000   Hahn.      Vgl.   Germ.   XXI,   S.   157. 

18.  Bludenz  in  Vorarlberg,    4  Pergament  st  reifen  des  14.  Jh.,   im  Besitz  des 

Baron  von  Sternbach.    Str.  5172-5190.  5352  —  5370.    Vgl.  Zeitschr. 
f.  d.  Phil.  II,  S.  f  09  fg. 


382  Fr ie deich  Zarnckb,  ;W| 

völlig  genügen:  und  auch  bei  a1  sah  ich  von  einer  Collation  ab, 
weil  Boisseree's  Angaben  und  die  bei  Roth  abgedruckten  Strophaj 
eine  solche  nicht  nöthig  erscheinen  Hessen. 


19.  Düsseldorf,  Kgl.  Landesbibliothek,  15  Pergamentstreifen  u.  Stückcbn, 

zwischen  Str..  2273  und  5022.     Vgl.  Germ.  XXL   S.    163. 

20.  Goslar,  Stadtarchiv,    Folioblatt  Pgmt.     Ende  des  14.  Jb.,  Str.  UM 

—  4484 .     Vgl.   Zeitschr.   f.  d.  Phil.  II,  S.    107  fg. 
21*.    Graz,  Joanneum ,  aus  dem  Stubenberg.  Archiv  zu  Kapfenberg,  31 

Pgmt.,  Str.   3292—3322.  3393—3428.     Vgl.  Zeitschr.  f.  d.  Phil.t 

S.    80.    94  fg. 
2lb.   Graz,  Laudesarchiv,   ( »Herrn  Wolfg.  von  Stubenberg  Einlaga ) .   2  Pap- 

mentblätter,  um  «350  geschrieben,  Str.  3322—3393.   Vgl.  Germ. in, 

S.  3 42  fg.  Man  sieht  dass  Nr.  2 1*  u.  2  \h  derselben  Handschr.  angehört* 

22.  Hannover,  Kgl.  Bibliothek,  eine  Anzahl  Streifen,   43/14.  Jh., 

Str.  2863.  64.  69.  70.  75.  80.  8t.  3839  —  43.  45—50.  52  —  61. 
Bodemann,  Die  Hss.  d.  kgl.  off.  Bibl.  zu  H.  Nr.  486.  Germ.  XXI,  S.  I 

23.  Heidelberg,  Universitätsbibliothek,  Nr.   729.     Papier.      Vgl. 

Gesch.  etc.  S.  526;    Lachmann,  Vorrede  zur  Ausgabe  des  W 
v.  Eschenbach,  S.  XXVII  Anm.     Es  ist  eine  Auswahl  von  Stropfctt 
aus  der  Erzählung  vom  Brackenseil. 

24.  Hohenlohe-Kirchberg,    Fürstliche    Bibliothek:    Str.    4  837—  IIH 

Vgl.   Schindler,  Vorr.   zu  Hadamar's  v.  Laber  Jagd  S.  XIII. 

2  5.     Kopenhagen,   2  Pgmtbll.,  aufgefunden  von  Dr.  Treu t ler.    Vgl.  Ger» 

XXI,   S.  153. 

26.  Leipzig,   Rathsbibliothek,   eine  Anzahl  Pergamentblatter,    zwischen  ftf 

und  4465.     Vgl.   Naumann7*  Serapeum  XXVÜI,  S.  193. 

27.  München,    Kgl.  Hof-  und  Staatsbibliothek,    1   Pgmtbl.     13/14.  Jaki 

Str.    t— 3t.     Vgl.   Docen's  Miscellaneen  II,   S.    14  6  fg. 

28.  München,   Kgl.  Hof-  und  Staatsbibliothek  (?),   2  Pgmtbll.   des  14.  ihn 

Str.  2916  fg.  (etwa  70  Strophen).  Vgl.  Büschings  Wöcheotl.  Nach- 
richten II,   S.   142  fg. 

29.  München,    Kgl.   Hof-  und  Staatsbibliothek,   Ochsenfurter  Bruchstück. 

16  Pergamentblättchen  und  Streifen.  Str.  3753—55.  71 — 74.  V£ 
K.  Roth,  Bruchst.  d.  Kaiserchronik  und  des  Titurel,  S.  3  t   und  S.  XÄ 

30.  München,«  Kgl.  Hof-  und  Staatsbibliothek,  2  Pergamentstreifen,  «4.  Jb.. 

Str.   5063—5079.      Vgl.   K.   Roth  a.   a.   O.   S.   32  fg.    und  S.  XIV. 

31.  Regensburg,    Bischöfliche  Dr.  Proske'sche  Musikbibliothek,   6  Pwp- 

mentblätter.  Fol.  14.  Jh.  Str.  4  — 36.  69—103.  1325—1360.  !«$• 
— 1921.  2422  —  2447.  Vgl.  Germania  XVI,  S.  338  fg.  Gehör» 
derselben  Hs.  an,  zu  der  unsere  Bruchstücke  a1  (s.  oben}  gehörte«: 
beide  stammen  aus  Obermünster. 

3  2.     Regensburg,     Bischöfliche    Dr.    Proske'sche   Musikbibliothek,    I  zer- 

schnittenes Blatt  Papier  des  15.  Jh.  Str.  4047 — 50.  4076 — 79.  V$l. 
Germania  XVI,  S.  342.     Gehörten  ebenfalls  nach  Oberniünster. 


Dei  Graltempel.  383 

Von  den  beiden  Gruppen  wird  /  gleich  für  den  ersten  Blick 
ennzeichnet  durch  zwei  sinnentstellende  Fehler  gegen  Ende  des 
lichtes:  muot  für  name  Str.  6202  H.,  und  so  dritte  statt  State 
\  6203,  die  zugleich  beweisen,  dass  die  Ueberlieferung  keineswegs 
le  ganz  zuverlässige  ist.  Sodann,  und  das  ist  wichtiger,  durch 
ae  Schlussstrophe,  die  vor  vollständiger  Beendigung  des  Gedichtes 
itritL  Hahn  6207: 

Nw  prüfet  alle  werden        die  wirde  dises  bäches  : 

Von  diutscher  zunge  üf  erden        nie  getihte  wart  so  werdes  rüches, 

daz  lip  und  söl  so  hoch  gein  wirde  wiset. 

alle,  di  ez  hörent  lesen ,         der  söle  müze  werden  geparadiset. 

In  A1  ist  diese  noch  durch  einen  merklichen  Zwischenraum  von 
lern  Schlüsse  (mit  Amen)  des  Gedichtes  entfernt,  später  rückt  sie  un- 
mittelbar an  die  voraufgehende  Strophe.  Sie  beweist  uns,  dass  eine 
sr  Vorlagen,  auf  die  /  zurückgeht,  einmal  in  den  Händen  eines 
fcribeiters  gewesen  ist,  und  so  schon  der  Verdacht  nahe  liegt,  der 
*t  werde  nicht  frei  sein  von  Abweichungen  vom  Original.  Unter 
h  Weichen  die  Handschriften  dieser  Gruppe  nicht  unbedeutend  von 
ander  ab. 

In  //  folgen  in  den  Handschriften  (A2B2C2  und  den  Riedegger 
uchstücken;  D2  bricht  vor  dem  Schlüsse  ab)  noch  sechs  Strophen 
ater  6206  H.,  die  wohl  sicher  dem  Original  angehört  haben,  und  die, 
ie  die  Wiener  (A1)  bei  6206  H.,  mit  Amen  schliessen.  In  Handschrift 
l,  die  bis  6207  H.  incl.,  also  bis  zum  Schlüsse  von  /,  zu  /  ge- 
hört1), folgen  dann  noch,  offenbar  aus  einer  Handschrift  der  Gruppe 
H  nachgetragen ,  die  erwähnten  sechs  Strophen,  und  darnach  noch 
'ehn  andere,  ein  mystisches  Gleichniss  vom  Regenbogen  ausführend, 
W  denen  es  noch  der  Untersuchung  bedarf,  ob  sie  etwa  späterer 
Zusatz  sind,    was   möglich,    aber   keineswegs   selbstverständlich    ist. 


33.  Riedegg,     t  Bll.    Fol.    Pgmt.    13/14.   Jh.      Str.   5769— 5816.    6176— 

6206  fg.      Vgl.   Pfeiirer,   Quellenmaterial  I,   S.  66  fg. 

34.  Wien,  Pergamentbruchstück,   Str.    1 1 60 — 1243.      Vgl.   Germania  XIII, 

S.   9  Anm.   und  das.   XIII,   S.   28    (von  Bartsch  B  genannt). 

35.  Verschollen    sind   die  Bruchstücke,    welche  Boisserec   1817    auf  den 

Innern  Buchdecken  der  Heidelberger  Hs.  141   (unser  //)  aufgeklebt  fand. 
Vgl.   dessen  Beschreibung  des  Graltempels  S.   312   und  S.   384  fg. 

J)   Es  wird  noch  ausdrücklich  vom  Rubricator  hinzugesetzt:   DU  büc  hir  ute  si, 
i  tyturel  des  wene  wi. 


noch  eine  dritte  Strophe ,  die  er  aus  dem  Innern  des  Gedichtes  I 
ausgenommen,  umgestaltet  und  hier  wiederholt  hat  (es  ist 
bekannte  Strophe:  Mit  rimen  schlecht  zwigenge).  Letztere  ist 
entschieden  späterer  Zusatz,  im  Uebrigen  mag  der  Schluss,  wie 
C1  überliefert,  Anspruch  haben,  der  ursprüngliche  des  Gedichte 
sein1).  —  Die  Texte  dieser  Gruppe  bieten  unter  sich  weniger 
weichungen  als  die  in  Gruppe  /.  Man  kann  den  Text  //  wohl 
Vulgata  des  14.  Jahrhunderts  nennen;  auch  die  grössere  Zahl 
Bruchstücke  scheint  ihm  zuzufallen. 

Diese  beiden  Gruppen  stehen  nun  einander  nahezu  Strophi 
Strophe  und  in  einer  Weise  gegenüber,  die  ihnen  den  Char 
verschiedener  Bearbeitungen  aufprägt.  Es  könnte  sich  fast  der  S 
der  seiner  Zeit  um  die  Nibelungenhandschriflen  geführt  ward,  ernei 
jede  Redaction  würde  ausreichende  Anknüpfungspuncte  bieten, 
sie  im  Allgemeinen  als  dem  Original  näher  stehend  darstellen  zu 
nen,  wenn  man  auch  bald  wird  zugeben  müssen,  dass  die  Spi 
in  /  älter  und  feiner  erscheine,  die  in  //  einen  jüngeren  un 
ungeschickteren  Character  trage.  Dagegen  spricht  wieder  in  B 
_J  des  klaren  Verständnisses  Vieles  ftir  //. 


*)  Wir  haben  also  vier  Abstufungen  des  Schlusses: 

I.    AXBX&DXEX,  wenn  wir  von  der  zugesetzten  Strophe  (fiuprufeteic 

sehen,  schliessen  mit  6206  H. 
II.    AWC1  Ried.    (D2  fehlt)   enthalten  6206  H.  +  6  Str.      (Beginn: 
was    ungeswachet    Frucht    diu    Ferafisen  .  .  .  ,    Schluss :     Vater, 
heiliger  geist,    Mache   uns  vor  disetn  mdle  vri  bekennet.    Amen; 


Dei  Graltempkl.  385 

Wesentlich  eingeschränkt  wird  aber  dieses  Verhältniss  durch  das 
tafeutreten  einer  dritten  Textesgestaltung,  die  von  jenen  beiden 
Iwdschriftengruppen  unabhängig  ist;  dies  ist  H. 

Diese  Handschrift  steht  durchaus  in  der  Mitte  zwischen  /  und  //, 
Wgt  bald  der  einen,  bald  der  andern,  oft  in  derselben  Strophe. 
S»e  empfiehlt  sich  Überdies  bald  durch  hervorragend  gute  und  alte 
harten.  So  hat  schon  Lachmann  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass 
1  ihr  noch  eine  der  Wolfram'schen  Strophen  sich  ohne  Umreimung 
halten  hat;  in  nicht  wenigen  Fällen  hat  sie  allein  das  Richtige. 
Gralt  39,  2  schal;  45,  1  underfiz;  78,  2  kengel;  100,  4  vor  ander 
*»  o_  a.  Auch  waren  ja  in  diese  Handschrift  jene  berühmten, 
st  verschwundenen  Blätter  eingeklebt ,  die  allein  eine  sichere  Aus- 
oft  Über  die  Entstehungszeit  des  Gedichts  gewähren,  und  die  nach 
►isser^e  von  derselben  Hand  geschrieben  waren,  der  unsere  Hand- 
brift  verdankt  wird v) .  Dass  die  Gestalt  des  Textes  von  H  (oder  ihrer 
o*\age)  erst  nachträglich  durch  eine  Nebeneinanderbenutzung  von  / 
Lud  II  sollte  entstanden  sein,  zeigt  sich  bald  als  durchaus  unglaublich. 

Man  sieht,  es  kommt  Alles  darauf  an,  die  Stellung  von  H  zu 
/  und  //  festzustellen.     Es  sind  drei  Möglichkeiten  vorhanden. 

1.  Es  können  alle  drei  Texte  unabhängig  neben  einander  stehen. 

In  diesem  Falle  ist  das  Schema  dieses : 

x 

p 1 1 

I  H  II 

Md  die  kritische  Regel  lautet ,  dass  je  das  Uebereinstimmen  zweier 
lieser  Texte  (natürlich  nur  in  den  Fällen,  wo  ein  Spiel  des  Zufalls 
licht  glaublich  ist)  den  dritten  ausschliesst  und  die  älteste  Gestalt 
ter  Ueberlieferung  bietet.  Es  würden  also  nur  für  den  Fall  Schwie- 
igkeiten  bleiben,  wo  alle  drei  Texte  untereinander  abweichen,  oder 
weh  die  letzte  in  der  Ueberlieferung  erreichbare  Gestalt  noch  fehler- 
haft wäre. 


l)  A.  a.  0.  S.  312.  Abgedruckt  S.  384  fg.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass 
'chßoisseree  nicht  genauer  über  diese  Blatter  ausgesprochen  hat.  Denn  in  man- 
her  Beziehung  müssen  sie  von  dem  Aussehen  der  Handschrift  sehr  abgewichen 
-'n.  Sie  waren  zweispaltig  geschrieben,  während  die  Hs.  H  einspaltig  ist;  auch 
uss  die  Schrift  viel  kleiner,  oder  das  Format  viel  grösser  gewesen  sein ,  als  bei 
,  denn  in  //  pflegen  8*/4  bis  83/4  Strophen  auf  die  Seite  zu  gehen,  die  auf- 
klebten Blätter  aber  enthielten  resp.    11   und   12  Strophen  auf  der  Seite. 


386 


Friedrich  Zarncke, 


[• 


2.    Es  könnte  H  aus  derselben   Quelle  mit  einem  der 
andern  Texte  abgeleitet  sein,  entweder  mit  /  oder  mit  //.    Di 
ergäbe  sich  das  doppelte  Schema 


a. 


x 


H 


II 


und  in  diesem  Falle  lautet  die  kritische  Regel:     Jede  Uel 
mung  von  H  mit  /  oder  von  II  mit  /  ist  als  der  Vorlage  ai 
in  Anspruch   zu  nehmen,  die   Lesart   der  dritten  Quelle,  sein' 
sei  es  //,   ist   als  Abweichung  vom   Ursprünglichen  auszuscbl 
Dagegen  im  Falle  H  und  //  übereinstimmen ,  entscheiden  diese 
gegen  die  dritte  Quelle,   sondern  halten  dieser  nur  die  Wage. 
Kritik  fällt  die  Entscheidung  anheim. 


b. 


x 


H 


II 


und  dann  lautet  die  Regel:   Jede  Uebereinstimmung  von  1  oder 
H  mit  //  entscheidet  zu  Gunsten  dieser  Lesart  und  schliesst  die 
Quelle,   sei   es  H,   sei  es  /,   aus;    Uebereinstimmung    von  I  wrt 
aber  hält  nur  //  die  Wage,    und   überlässt   der  Kritik   die  entsck*| 
dende  Stimme. 

Ein  nach   den  Gesetzen  der  Combination   noch    denkbarer  FAj 
dessen  Schema  sein  würde 


x 


y 


H 


II 


kann,  wie  sich  bald  ergiebt,  nicht  in  Betracht  kommen. 

Zur  Entscheidung  dieser  Fragen    müssen  zwei  Momente  herb* 
gezogen  werden,   die  Strophenfolge  und  die  Lesarten. 


Die  Strophenfolge. 

Die   Zahl   der   Strophen   stimmt    in    /  und    //  sowohl  in  Grau- 
wie   in  Ausl.    überein    (Marl.,  weil  nur  in  //  erhalten,  kommt,  ** 


Dbr  Graltehpbl.  387 

erwähnt,  nicht  in  Betracht).    Es  ist  nur  ein  Zufall,  dass  in  Gralt. 
Str.  22    (ich  citire  fortan  nach  der  Bezifferung  meines  Textes) 
Entbehrt  kann  sie  nicht  werden,  da  nur  durch  sie  das  Vor- 
ende  motivirt    und   verständlich   wird.     In   H  fehlen   an   zwei 
i  je  drei  Strophen :  Gralt.  93  —  95,  und  106  —  1 08.    Die  Reihen- 
aber  zeigt  in  den  drei  Texten  (/.  H.  IT)   Verschiedenheiten.     In 
beschränkt  sich  die  Verschiedenheit  auf  6ine  Stelle.     In  II  und 
gen   nach  50   die  Strophen  so:     52.  53.  51.     Es  ist  schwer, 
ächere  Entscheidung  zu  treffen:    ich  habe  die  Reihenfolge  von 
eoommen,  weil  das  wie  in  Str.  52  sich  an  das  wie  in  Str.  51 
hnen  schien,   während  52,  auf  50  folgend,  eines  solchen  An- 
«es  entbehrt.    Auch  kommt  51,  auf  53  folgend,  recht  lahm  her- 
Andererseits  ist  nicht  zu  leugnen ,  dass  51 ,  1   ze  freuden  oder 
de  nicht  ganz  zu  dem  unmittelbar  voraufgehenden  50,  2  stim- 
vill:    als  ob  si  keiner  vreuden  hab  verdrozzen. 
fiel  wesentlicher  sind  die  Verschiedenheiten  in  Gralt. 
ch  nehme  einige  einzelne  Strophen  voraus,  die  nur  durch  Zu- 
eplacirt  erscheinen   und  die  mit  den  Bearbeitungen  als  solchen 
rlich  zusammenhängen.     Ueber   die  Stellung  von  Str.   11   wird 
später  die  Rede  sein;  hier  übergehe  ich  dieselbe, 
n  /  steht  23  vor  19.     Aber  die  Stellung  in  //  und  H  ist  die 
je,  denn  erst,  nachdem  die  Altarplatten  geschildert  sind  (19  — 
kann  von  den  auf  ihnen  stehenden  Gerätschaften  (23)  die  Rede 
an  die  sich  dann  die  Erwähnung   des   schützenden  Umhanges 
passend   anschliesst.    —    Ferner   steht  in    /  Str.    90   nach  51. 
der  Anfang  von  90    [Sprich  ich  nu   von  gemwle)    nimmt  offen- 
ch  Bezug  auf  den  Schluss  von  89   (und  ouch  gemalt)  und  zwar 
e  in  der  Form,    wie  derselbe  in  /  überliefert  ist.     In  U  steht 
)0  hinter  49.      Die    Strophe  war  also   etwas   in  die   Schwebe 
ien;  war  sie  etwa  am  Rande  nachgetragen  gewesen?  —  End- 
teht  in  /  Str.  88  hinter  86.    Aber  Str.  86  und  87  handeln  beide 
imenhängend  von  der  Beleuchtung,   und   dieser  Zusammenhang 
ganz    ungehörig   unterbrochen    durch   88,    worin   der   feierlich 
llende   Klang   in   den   gewölbten  Räumen  geschildert  wird.     H 
t  an  dieser  Stelle  zu  /. 

Wenn  an  diesen  drei  Stellen  der  Reihenfolge  in  //  der  Vorzug  zu 
len  ist.  so  steht  das  anders  mit  Str.  36.    Diese  steht  in  11  hin* 


388  Friedrich  Zarncke,  [* 

ter  30.    Aber  an  letzterer  Stelle  ist  sie  ungehörig.     Sie  spricht 
dem  Lichteffecte,  den  die  bunten  Farben  der  Glasfenster  durch 
ganzen   Tempel    hervorbrachten,    sie   muss,    wie  dies   in  /  der 
ist ,  zusammenfassend  den  Effect  darstellend ,  am  Schluss  der 
liehen  Einzelschilderungen  (26 —  35)  stehen,   nicht  mitten  inne 
selben.     Auch  hier  stimmt  H  zu  J.  A 

Ganz  eigen  verhält  es  sich  mit  den  beiden  Strophen  46  uodüfli 
In  I  steht  49  unmittelbar  hinter  46 ,  in  //  ist  die  Reihenfolge  4|i 
umgekehrte.  Aber  unmittelbar  neben  einander  sind  die 
wenig  erträglich.  Es  sind  dann  oreine  Parallelstrophen,  der 
beider  ist  ganz  derselbe:  das  Gewölbe  bestand  oben  aus  bhffft 
Saphir,  in  welchen  Karfunkelsteine  als  Gestirne  eingelassen 
Am  erträglichsten  ist  noch  die  Reihenfolge  in  /,  denn  im  V 
zu  46  bietet  49  doch  noch  einige  specielle  Angaben  (getermet; 
gestecket;  äne  hertzenleil  sehen).  Aber  es  liegt  die  Vermuthung 
dass  die  Strophen  an  verschiedene  Stellen  gehörten,  und  die 
beziehe  sich  auf  das  Gewölbe  der  Chöre,  die  andere  auf 
anderes  der  innern  Kirche.  Vielleicht  hat  daher  hier  U  allein 
Richtige,  wo  49,  wie  mein  Text  es  giebt,  hinter  48  steht  nn4 
ganz  passend  an  das  den  Mond  und  die  Sonne  darstellende  tt^j 
werk  sich  anschliesst. 

Zu  diesen  Abweichungen  in  der  Reihenfolge,  bei  der  wohl* 
der  Zufall  thätig  gewesen  ist,  kommt  nun  aber  eine  durchgreif» 
verschiedene  Anordnung  der  ganzen  Schilderung  in  beiden  Grupp* 
bei  der  auf  der  einen  von  beiden  Seiten  absichtliche  Umstell*! 
vorgenommen  sein  muss. 

In  Betreff  der  Strophenfolge  wird  immer  6in  Umstand  ein  p 
stiges  Vorurtheil  für  //  erwecken  und  erhalten:  Nur  in  // stehe» * 
beiden  auf  Wolfram's  Fragmente  bezüglichen  Strophen  des  Uebe** 
beiters  (Mit  rimen  schön  zwigenge  und  Rime  die  zwi falten)  an  * 
richtigen  Stelle,  unmittelbar  vor  den  Strophen  Wolfram's,  währe* 
in  H  keine  von  beiden  sich  findet,  in  /  die  eine  ebenfalls  fehlt,  # 
andere  an  einer  Stelle  steht ,  wo  jeder  Bezug  auf  Wolfram's  Difr 
tung  ausser  Achtung  gelassen  ist.  Ich  beginne  daher  auch  hier  * 
der  Reihenfolge  in  IL 

Ueber  diese  hoffe  ich  am  übersichtlichsten  zu  Orientiren,  wei* 
ich  die  einzelnen  Theile  der  Schilderung  für  sich  beziffere. 


Der  Graltkmpel.  389 

1.  Str.  1 — 8.    Erzählt  von  dem  Beginn   des  Baues,   dass  man 
Gold  und  Edelsteine  verwandt  habe,   Holz  nur,   weil  Gold  und 

tein  im  Winter  feucht  und  kalt  werde;   dabei  wird  von  den  Ei- 
schaften  des  Abestus  und  Elitropia  gehandelt. 

2.  Str.  9 — 12.  Der  Berg  von  Onichel  und  darauf  die  kreis- 
lde  Erhöhung,  die  Titurel  reinigen  und  glatt  schleifen  lässt.  Auf 
»er  erscheint  durch  Hülfe  des  Grals  der  Grundriss  zum  Tempel 
{gezeichnet. 

3.  Str.  13  — 17.  Die  Form  des  Tempels  war  eine  Rotunde  mit 
l  Chören  (rund  herum  ausgebauten  Kapellen) ,  gewölbt  auf  eherne 
feiler,  über  denselben  fliegende  Engel,  kostbare  Leisten  an  den 
chwibogen;  Bilder  vom  Crucifixus  und  Maria. 

4.  Str.  18 — 25.  Kostbarkeit  der  Altäre  und  der  Gera thschaften 
if  ihnen,  die  durch  Samintvorhänge  geschützt  werden ;  Vorrichtung 
ßi  der  Hesse ,  Herabschweben  des  Engels. 

5.  Str.  26  —  36.  Schilderung  der  Glasfenster,  deren  Farben  nicht 
urch  Malerei,  sondern  durch  Edelsteine  hergestellt  werden.  Auf- 
Ihloog  der  letzteren  und  Schilderung  des  zauberhaften  Lichteffectes. 

6.  Str.  37.  Jetzt  verlässt  der  Dichter  das  Innere  der  Kirche, 
her  nicht  um  ein  zusammenhängendes  Bild  des  Aeusseren  zu  geben, 
todero  nur  um  das  Dach  zu  rühmen.     Darnach 

7.  Str.  38  —  43  folgt  eine  Erwähnung  der  Hülfe  Gottes  mittels 
&  Grals,  wie  er  seiner  Zeit  dem  Salomo  beim  Tempelbau  beige- 
anden  habe.     Dank  und  Freude  der  Gralsritterschaft. 

8.  Str.  44  —  46.  Nun  kehrt  der  Dichter  mittels  der  Glasfenster 
4)  wieder  in  das  Innere,  spricht  von  den  Zwischenmauern  der 
)öre  und  von  dem  Schmuck  des  Gewölbes,  das  aus  blauem  Saphir 
t  eingelegten  Karfunkeln  als  Sternen  bestand. 

9.  Str.  47  —  49.  Schilderung  des  künstlichen  Uhrwerks  mit 
iederholung  der  Schilderung  des  Gewölbes. 

10.  Str.  50  —  54.  Bringt  allerlei  Angaben,  von  den  goldenen 
ituen  der  Evangelisten,  Richtung  der  Altäre  in  den  Chören,  Ver- 
jüng der  Altäre  an  den  heiligen  Geist,  die  Maria,  Johannes  u.  A. 
an  wendet  sich  der  Dichter,   und  diesmal  mit  mehr  Berechtigung 

früher, 

lbh*ndl.  d.  K.  8.  Gew»  lisch,  d.  Wissenach.  XVII.  27 


390  Friedrich  Zarncke,  [Hj 

11.  Str.  55  —  66,  wieder  nach  Aussen,  schildert  das  Ae 
der  Chöre,   die  Figuren   an   den  Aussen  wänden ,  die  Glockenth 
über  je  zwei  derselben,  den  Hauptthurm  in  der  Mitte. 

12.  Str.  67  —  69.     Hiemit    tritt    der    Dichter    wieder    in 
Tempel    und   beschreibt    das  Allerheil igste   des  Grals    in   Mitten 
Rotunde,   den  Bau   des  Tempels  im  Kleinen  wiedergebend,  mit 
SacristQi  für  den  Gral. 

13.  Str.  70  —  81.     Dann  schildert    er  eingehender    die  Chöfl, 
die  zwei  Thüren,  die  zu  ihnen  führen,  das  Reben-  und  Laubg< 
an  den  Wänden;    darüber  Engel,    die  im  Hauptchor  sogar  si 
mittels  Blasebälgen.     Entzücken  der  Gralsritter. 

14.  Str.  82.    Lehnt  das  Vorhandensein   einer  Crypta    mit 
nation  ab. 

15.  Str.  83  —  87.     Handelt    von    der    Beleuchtung    der 
durch  Balsamlampen,  Kronleuchter  und  Wachskerzen. 

16.  Str.  88  —  93.    Bespricht  wieder  Allerlei;  von  dem  Ve 
des  Schalles   in  den  Räumen   des  Tempels;    Kostbarkeiten,  so 
keine  Spanne  breit  leer  war;  gemalt  waren  nur  die  Gesichter; 
den  Kanzeln  und  den  Heiligenbildern. 

17.  Str.  94.  95.  Nur  zwei  Glocken  waren  vorhanden,  die 
für  den  Tempel,  die  andere  für  das  Kloster. 

18.  Str.  96.  97.  Alle  Gewölbe  unten  an  den  Pfeilern  mit 
ren  geschmückt,  oben  geschlossen  mit  einer  Rosette,  das  Lamm 
der  Fahne  darstellend. 

19.  Str.  98.  An  den  Aussenwänden  waren  die  Thaten  der 
ritter  in  Relief  angebracht. 

20.  Str.  99  — 108.  Von  den  drei  Portalen  zur  Kirche,  von 
sich  an  das  Südportal  anschliessenden  Kloster;  von  dem  über 
Westportal  im  Innern  der  Kirche  angebrachten  künstlichen  Orgel 

21.  Str.  109  — 111.  Von  dem  kunstvollen  Estrich. 

22.  Str.  112.  Von  der  Einweihung  des  Tempels. 
Man   sieht,  das  geht  recht  bunt  durch  einander.     Nr.  6  sl& 

ganz  unmotivirt  so  allein  für   sich   da l) ,    und   auch  Nr.  7   schlief 


*)  Oder  dürfte  man  etwa  annehmen,  dass  das  Verbindende  in  der  Vielfarbig 
der  Glasfenster  lag?  Die  bunten  Glasfenster  gehören  ja  ebensowohl  dem  Aeussef* 
wie  dem  Inneren  an ,  und  der  bunte  Anblick  derselben  von  Aussen  mochte  d* 
Vergleich  mit  der  Buntscheckigkeit  des  Daches  nahe  legen. 


Der  Graltehpel.  391 

wenig  angemessen  gerade  hier  daran;  man  sollte  wenigstens 
irten,  dass  von  der  Hauptform,  den  Glockentürmen  und  dem 
ptthurm  vorher  die  Rede  gewesen  wäre.  Nr.  8  — 11,  und  daran 
iessend  12  mag  man  als  im  Ganzen  gut  zusammenhangend  hin- 
nen ,  desgleichen  Nr.  13  — 16.     Wenn  dann  aber  Nr.  1 7  bereits 

den  Glocken  handelt,  so  kommt  nun  das  abermalige  Zurück- 
fen  auf  die  Gewölbe  in  Nr.  18  recht  lahm  heraus  (vgl.  Nr.  3. 
>).  Auch  ist  es  nicht  zu  loben,  dass  die  Schilderung  der  Chöre 
oft  unterbrochen  und  wieder  aufgenommen  wird.  Ganz  verein- 
ig steht  in  Nr.  19  die  eine  Strophe  da.  Nr.  20  hangt  recht  gut 
lieh  zusammen,  und  als  Schluss,  nachdem  man  durch  das  West- 
tal wieder  in  den  Tempel  eingekehrt  ist,  passt  die  Erwähnung 
Fussbodens  in  Nr.  21   ganz  wohl. 

Doch  muss  man  zugestehn,  im  Ganzen  ist  es  eine  recht  ruhelose 
l  zerpflückte  Schilderung,  und  der  Verdacht  legt  sich  nahe,  dass, 
dies  wirklich  die  ursprungliche  Reihenfolge,  hier  wohl  verschie- 
16  Httnde  zu  verschiedenen  Zeiten  thätig  gewesen  seien. 

Wesentlich  besser  stellt  sich  die  Schilderung  in  J. 

Hier  findet  sich  Nr.  11,  die  Schilderung  des  Aeussern ,  nicht 
ifichen  \  0  und  12,  die  beide  dem  Innern  gewidmet  sind ,  sondern 
ter  Nr.  49,  so  dass  diese  vereinsamte  Strophe  einen  festen  Zu- 
ameohang  gewinnt;  ferner  ist  Nr.  17,  das  ebenfalls  störend  mitten 
Schilderungen  des  Innern  mit  Erwähnung  der  Glocken  hervortritt, 
Nr.  \\  (in  /  hinter  Nr.  19)  angehängt,  wo  es  als  Schluss  der 
Isern  Schilderung  trefflich  zu  passen  scheint.  Sodann  findet  sich 
20  hinter  Nr.  12,  steht  also  mitten  in  der  Schilderung  des  In- 
n,  zu  dem  ja  auch  die  Portale  gehören  und  hier  ganz  besonders 
gen  der  mit  ihrer  Beschreibung  zusammenhängenden  Schilderung 

Orgel.  So  zerfällt  also,  wenn  wir  die  Einleitung  (Nr.  1  und  2) 
1  den  Schluss  (Nr.  21  und  22)  ausser  Acht  lassen ,  die  Schilderung 
f  in  zwei  Theile,  in  die  Schilderung  des  Innern  Nr.  3 — 10.  12.  20. 
—  46.  18,  und  in  die  Schilderung  des  Aeussern  Nr.  19.  11.  17. 

Ist  nun  die  Ordnung  in  7  die  ursprüngliche,  welche  in  //  in 
•rdnung  gerathen  ist?  Wir  müssen  mit  der  Bejahung  zurück- 
end sein.     Einmal  ist  es  immer   ein  wahrscheinlicherer  Vorgang, 

bei  einer  ungeordneten  Schilderung  versucht  wird,  Ordnung  in 
zu    bringen,   als  dass   eine    bereits  geordnete   aufgelöst  wird   in 

87* 


392  Friedrich  Zarnckb, 

ungeordnete  Glieder.  Sodann  bringt  es  zu  einem  vollen  Zusan 
hange  auch  /  nicht.  Nr.  6  bleibt  ebenso  unvermittelt  wie  i 
die  Schilderung  des  Gewölbes  (Nr.  3.  8.  9.  18)  fällt  ebenso  an 
ander  wie  in  //,  also  ein  von  vornherein  mit  wohl  disponirt 
Ueberlegung  verfahrender  Dichter  tritt  uns  auch  in  /  nicht  entg« 
Dazu  kommt  nun  noch  ein  Umstand,  der  ganz  direct  für  Um 
Wagschale  fällt.  In  Nr.  12,  wo  der  kleine  Tempel  als  em  AI 
des  grossen  geschildert  wird,  werden  die  Glockenthürme  dettl 
erwähnt:  Str.  68  für  diu  glogghüs  stünden  rieh  ziborje;  das  sM 
in  Nr.  1 1  gegebene  Schilderung  des  Aeussern  des  Tempels  notkf 
dig  voraus.  Diese  folgt  aber  in  /erst  später,  hinter  Nr,  19,  i 
rend  sie  in  //  ganz  passend  so  eben  vorausgegangen  ist. 

Bei  solcher  Sachlage  können  wir  nicht  anders  schHesm 
dass  auch  in  unserer  Partie  die  ursprüngliche  Reihenfolge,  ■*( 
nun  authentisch  überliefert  oder  durch  Interpolationen  entsteft 
in  //  zu  finden  ist. 

In  //  fehlen,  wie  schon  erwähnt,  an  zwei  Stellen  je  drei  t 
phen,  es  sind  dies  die  letzte  Strophe  von  Nr.  1 6  (Heiligenbilds) 
ganz  Nr.  1 7  (von  den  beiden  Glocken) ,  ferner  die  drei  letzten  StM 
von  Nr.  20 *).  Hiervon  abgesehen,  steht  H  in  der  Mitte  zrä 
/  und  //.  Es  findet  sich  nämlich  Nr.  1 1  wie  in  /  hinter  Nr 
wo  es  den  passendsten  Anschhiss  hat;  aber  die  Schilderimg 
Portale  steht  an  derselben  Stelle  wie  in  //;  die  Reihenfolge  ist 
1  —  10.  12  —  19.  11.  20—22.  Ist  nun  etwa  die  Ordnung 
als  die  ursprüngliche  anzusehen  und  sind  /  und  //  versete 
selbstständige  Veränderungen  derselben?  Nein,  denn  derselbe  i 
gende  Beweis ,  der  oben  für  //  gegen  /  entschied ,  entscheidet 
hiergegen  H:  die  Glockenhäuser,  die  in  einem  Kranze  das  Gel 
umgeben,  müssen  erwähnt  sein,  ehe  auf  sie  angespielt  vn 
kann.    Also  bewendet  es  auch  //gegenüber  bei  der  Anordnung i 

So  müsste  man  denn  annehmen ,  dass  H  die  erste ,  /  eine 


])  In  //  sind  viele  Strophen  fortgelassen,  so  dass  man  H  nicht  hertö 
kann,  um  wahrscheinlich  zu  machen,  dass  diese  Strophen  dem  Original  tii 
gehört  hätten,  wofür  sich  sonst  wohl  Einiges  anführen  lassen  könnte;  so 
z.  B.  wunderlich,  dass  der  Tempel  nur  zwei  Glocken  (oder  eigentlich  wohl  im 
und  das  Kloster  die  andere)  haben  soll,  während  ausdrücklich  36  »Glockeofc 
ausser  dem  Hauptthurm  erwähnt  werden. 


Der  Graltehpel.  393 

gehende  Umänderung  der  in  //  erhaltenen  Reihenfolge  sei,    also 
fr  -Abhängigkeitsverhältniss  wäre: 

►  x 

^  (Nr.  4  4  hinausgesetzt  hinter  Nr.  4  9.  (Str.  86  versetzt, 

Nr.  4 7?   Str.  88  versetzt)  Str.  22  fortgelassen) 


^  (Nr.  90  hereingenommen  hinter 
Nr.  42,  einige  Strophen  versetzt) 

I 
*  /  HU 

•:    Es  fragt  sich  nun,  ob  eine  Betrachtung  der  Lesarten   dies  Re 
ft  stützen  wird. 


-  j 


Die  Lesarten. 

leb  habe  auf  die  vorgeführten  Schlussfolgerungen  hin  lange  Zeit 
■t  kritischen  Grundsatz  bei  Constituirung  des  Textes  einzuhalten 
fcacht,  der  sich  aus  obigem  Schema  ergiebt,  aber  ich  gerieth  durch 
•^entscheidende  Uebergewicht ,  das  dadurch  der  Uebereinstimmung 
ft  H  und  //  zugewiesen  ward,  in  so  unwahrscheinliche  Conse- 
ppsen,  dass  ich  schliesslich  von  ihm  zurücktreten  musste  und  mich 
toAengte,  dass  H  und  //  aus  gemeinsamer  Quelle  geflossen  seien, 
■wi  Stimmen  also  auch  gemeinsam  kein  zwingendes  Uebergewicht 
ear  /  zustehe.  Die  Stellen ,  die  mich  hiervon  hauptsächlich  über- 
zqgten,  sollen  nachstehend  besprochen  werden.  Wo  kein  beson- 
166  Citat  gegeben  ist,  ist  stets  Gralt.  (die  Schilderung  des  Gral- 
Bpek)  gemeint. 

Eine  für  mich  ganz  hervorragend  entscheidende  Stelle  war  24,  3, 
lil  in  ihr  der  Zufall  ausgeschlossen  ist  und  die  Antwort,  was  das 
sprungliche  sei,  nicht  zweifelhaft  erscheint.    Die  Sachlage  ist  diese: 

In  /  wird  erzählt,  dass,  wenn  der  Priester  am  Altar  die  Messe 
ige,  vermittelst  einer  Maschinerie  eine  Taube  vom  Gewölbe  herab 
len  Engel  bringe,  und  nachher  ihn  wieder  abhole.  So  wenig  an- 
messen auch  eine  solche  Spielerei  im  Gotteshause  erscheinen  mag, 
ist  doch  der  zu  Grunde  liegende  Gedanke  recht  sinnig.  Der 
ilige  Geist  bringt  bei  Beginn  der  Messe  selber  seinen  Boten  dem 
ester,  und  geleitet  ihn,  nachdem  die  Messe  geschlossen  ist,  wie- 
r  hinauf  zum  Himmelreiche.  In  H  und  ebenso  in  //  steht  statt 
e  aber  twehel,  ein  Handtuch.     Nun   heisst  es   also:   beim   Beginn 


394  Friedrich  Zarncke, 

der  Messe  brachte  ein  Engel  dem  Priester  ein  Handtuch.  AI 
spielt  das  twehel  eine  Rolle  bei  den  Messgebräuchen,  aber  in 
Ritual,  und  in  keiner  der  vielen  symbolischen  Ausdeutung 
Messgebräuche ,  die  auf  uns  gekommen  sind ,  habe  ich  eine  d< 
Hervorhebung  des  twehel  gefunden,  dass  ein  so  opernhafter 
gerade  bei  ihm  irgend  motivirt  erscheinen  könnte.  Und  dft 
es  zu  begreifen,  dass  die  Taube  den  Engel  zurückholt,  we 
ihn  nicht  vorher  gebracht  hat?  Wenn  sie  nur  bei  der  Bot! 
des  Engels  erscheint,  so  verliert  der  ganze  Act  seine  sinnige 
tung.  Auch  Boisseree,  der  als  Katholik  die  Messgebräucto 
genauer  kennen  musste  als  vielleicht  ich,  verwarf  twehel,  ta 
dass  er  sonst  zumeist  H  folgte. 

Wir  haben  demnach  hier  einen  evidenten  Fehler,  deo  B 
theilen  und  durch  den  also  eine  gemeinsame  Abkunft  dieser 
Schriften  aus  gleicher  Quelle  dargethan  wird1). 

Noch  andere  Fälle  nöthigten  zu  derselben  Auffassung. 

14,  1   lesen  H  und  //  irmesul,  irmensül  für  erin  sül. 

28  ist  von  den  Glasfenstern  gesagt,*  dass  man  dieselben  i 
bigen  Edelsteinen  ausgelegt  habe,    theils   um  den  Lichtglanz 
dem,  theils  auch  des  Zierraths  wegen.     Hier  gehen  /  und  t 
auseinander.     1  hat  ganz  angemessen: 

verwierens  niht  entwälen        wolt  man,  üf  die  berillen 
entwerfen  unde  malen,         daz  man  möht  den  brehnden  glast  gesi 
und  ouch  der  riehen  kost  zii  einer  zierde. 

In  U  und  //  dagegen   heisst  es  wenig  verständlich  und  höc 
geschickt: 


*)  Um  nicht  zu  ausführlich  zu  werden ,  habe  ich  unerwähnt  gelass 
innerhalb  //  die  ganz  späte  Hs.  d2  rube  liest ,  das  natürlich  auf  tube  zu 
Dies  darf  aber  nicht  zu  der  Annahme  verleiten ,  als  ob  in  //  Ursprung 
tube  gelesen  sei,  und  dass  sich  dies  in  der  Vorlagenreihe  vou  d2  noch 
habe ;  denn  es  gelingt  nicht,  ein  Ableitungsverhältniss  zu  construiren,  da 
möglich  erscheinen  Hesse.  Vielmehr  ist  entweder  in  der  Vorlagenreih« 
einmal  eine  Hs.  von  /  zu  Rathe  gezogen ,  oder  es  hat  einmal  ein  ve 
Corrector  den  Fehler  gebessert,  wozu  ihn  das  Erscheinen  der  Taube  ii 
(die  in  d2  selbst  fehlt)  ausreichend  veranlassen  konnte.  Dass  d2,  was  di 
lieferung  anbetrifft,  auch  hier  gauz  innerhalb  der  Gruppe  //  bleibt,  bc 
mit  //  gleiche  Wortfolge,  die  mit  der  Einführung  von  twehel  \ erknüpft  w 
tübe  einn  enget  brähte;  II  ein  twehel  brdhte  ein  enget ;   d2  ein  rube  brachte 


1  Dkm  Graltkmpel.  395 

tntwerfen  washiu  wilde  [bilde  D*EF)         wold  man  üf  die  beritten 

durch  zweier  hande  bilde,        daz  man  den  brehnden  glast  da  möht  gestillen, 

da*  ander  durch  die  richeit  der  ge  zier  de. 

;h  vernmthe,  dass  ein  Schreiber  den  ersten  Vers  veränderte  in 
ntoerfen  wcehiu  bilde,  und  dass  dies  dann  den  weiteren  confusen 
.««druck  nach  sich  zog,  so  wie  die  spätere  nothgedrungene  Aen- 
erung  von  bilde  in  wilde. 

32,  4  ist  er  bezzer,  er  bezzers  in  H  und  //  Verderbniss  für  das 
s  1  erhaltene  nihl  bezzers. 

48,  2  fg.   bei  Schilderung  des  kunstlichen  Uhrwerkes  heisst  es 

i   J:     * 

oug  nie  kund  erkiesen  ir  umbeslichen} 
und  giengen  doch  ir  zirkelzeichen  schöne: 
die  swen  tagezlte 
zimbäl  üz  gold  in  kunten  wol  mit  döne. 

rkelzeichen,  die  an  dem  Umlaufskreise  angebrachten  Zeichen  be- 
hütend, erschien  wohl  nicht  verständlich:  in  H  und  //  heisst  es: 

und  giengen  doch  ir  zirkel  elliu  (und  ir  H)  zeichen, 
den  swen  tageziten 

allen  kundens  si  mit  zimel  underreichen  H,  chundens  ir 

gesanch  wol  underreichen'  II. 

3s  sieht  nicht  so  aus,  als  ob  in  1  eine  Veränderung  von  Hll  vorliege. 

55,  2  heisst  es  in  /: 
die  meister  niht  verbaren        von  reben  stricke,  manger lei  gezwerge. 

)aa  sind  Rebenverschlingungen,  stric  =  Knoten;  in  Hll  steht  dafür, 
len  selteneren  Ausdruck  meidend  und  anknüpfend  an  das  wieder- 
olt  Geschilderte  die  m.  n.  verb.     reb,  louber,  mangerlei  gezw. 

60,  4  ist  die  Abweichung  gering,  doch  aber  wohl  für  /sprechend: 

/    ir  dach  gelich  des  tempels        IUI    ir  dach  geltch  des  tempels  dach; 

*ss  die  Wiederholung  von  dach  nicht  nöthig  ist,  kann  nicht  in 
brede  gestellt  werden. 

87,  4  ist  must  in  /  dem  kund  in  Uli  vorzuziehen. 
In  der  Ausl.  32,  4  heisst  es  in  1  von  der  Maria: 

di  da  sttt  bekleidet  mit  der  sunnen 

H  und  11. 

di  da  verre  glestet  über  die  sunnen; 


396 


Friedrich  Zarncrb, 


dem  Bearbeiter  war  das  apocalyptische  Bild  von  der  Sonne  als 
Kleide  der  Jungfrau  nicht  gegenwärtig. 

Ausl.  35,  2  heisst  es  von  Aaron,  in  /: 

so  träc  er  zwelf  steine        der  edelsten  etc. 

In  HU: 

so  träc  er  edel  steine        zem  minsten  zwelf, 

wohl  nur  ein  Aushillfsmittel ,  nachdem  für  zwelf  steine  fälschlich 
steine  geschrieben  worden  war. 

Ausl.  36,  1    liest  /  Sardonix,   Hll  Saphir;    beide   Steine  ■ 
Bewahrer  der  Keuschheit,   aber  es   ist  glaublicher,    dass  durch fc 
Ueberlieferung  das  Geläufigere    (Saphirus)    in   den  Text  kam  ab 
Ungewöhnlichere  (Sardonix). 

Diese  und  ähnliche  Stellen  schienen  mir  den  Beweis  zu  Im 
dass  H  und  //  aus  einer  gemeinsamen  Vorlage   stammen,   und 
habe  ihnen  daher  auch  gemeinsam  nur  den  Werth  &ner  Stimme 
gestanden   und   im  Fall   der  Uebereinstimmung  von  resp.   H  oder 
mit  1  die  entgegenstehende  Lesart,  //  oder  //,  ausgeschlossen, 
also  nach  nachstehendem  Schema  verfahren 


x 


y 

{twehel  etc.) 


H 


II 


Der  Widerspruch  gegen  das  aus  der  Betrachtung  der  Slropto- 
folge  erzielte  Schema  konnte  mich  nicht  dauernd   beirren,   da  Bm 
der  Anordnung  der  Strophen  durchweg  so  frei  verfährt ,  dass  io  sei- 
ner  theil weisen  Uebereinstimmung  mit  1  leicht  der   Zufall  gewaW 
haben  kann. 

Ganz  glatt  und  ohne  Schwierigkeiten  liess  sich  nun  freilieb  d*j 
von  mir  angenommene  Verhältniss  nicht  durchfuhren  9  und  ich  fcj 
verpflichtet,  auch  hierüber  Rechenschaft  abzulegen. 

Zunächst  war  die  Entscheidung  zwischen  1  und  Hll  oft  & 
schwierig,  und  ich  bin  mir  nicht  sicher,  ob  ich  stets  das  Ricbty 
getroffen  habe1),  z.  B. 


l)  Ich  bezeichne  die  von  mir  adoptirte  Lesart  mit  *. 


Der  Graltempel.  397 

4  /•  HII 

Got  selb  in  eim  saphire  Geschriben  in  saphire 

Möysi  mit  schrift  was  gebnde  Möysi  got  selb  was  gebnde. 

5  J*  HII 

uf  ieglichem  besunder  uf  ieglichem  besunder 

kefse,  taveln,  bilde  kosteb&re  wären  kefse,  bilde  kostebcere, 

ständen  und  dazu  ein  rieh  zibörje  uf  ieglichem  besunder  ein  zibörje. 

4  /*  HII 

was  gar  verjaget  wart  verjaget 

3  /•  HII 

diu  sich  gelichte  wol  der  Salomönes       diu  widerwag  die  gäbe  Salomonen 

4  /  HII* 
wsä  gotes  gebe                                     mit  gotes  kraß 

4  #•  HII 

di  koste  rieh  der  ougen  vtl  verwunde    al  solher  richeit  ich  mir  selben  gunde. 

Eine  Hauptstelle  ist  die  Auffuhrung  der  drei   Haupttugenden  in 
.  28.     Die  Stelle  lautet  in  /: 

dt  ein  der  rehten  miltekeit  gewinne 

di  emtter  ist  di  kiusche,        diemuot  di  dritte  mit  der  wären  minne 

HU*. 

di  ein  der  reht  geloub,  di  ander  minne 

diu  drill  ist  der  gedinge:        ir  gezierde  von  gestern  bedarf  wol  sinne.' 

Die  Anmerkungen   geben   über   diese  und  einige  andere  Stellen 
chenschaft. 

Auch  war  in  Fällen,  wo  11  ausgeschlossen  war,  die  Wahl  zwi- 
ten  /  und  H  nicht  immer  sicher,  z.  B. : 

47,  4     /*:  ich  hän  mich  solher  künste  niht  vereinet. 

H:  min  sin  ist  an  der  kunst  noch  unvereinet. 

30,  4     /*:  mit  steinen  clär,  der  kost  zu  werdem  vlize 

II:  mit  gestern  verwierl  wart  mit  flize. 

65,  4     /:  gestirne  gelfe ;        H*:     gestirn  mit  gelfe. 

3.  es  sich  nur  um  Wortstellung  oder  um  Partikeln  u.  ä.  wie  gar, 
,  wol  handelte,  fehlte  es  natürlich  gqnz  an  einem  objeetiven  Mass- 
b  für  die  Entscheidung.  Meist  bin  ich  hier  der  ältesten  Hand- 
irifl  von  i,  A\  treu  geblieben. 

Aber   wichtiger   sind  die   Stellen,   die   sich    in  einen  Gegensatz 
dem  angenommenen  Abstamniungsverhttltniss  zu  stellen  scheinen, 
ar  in  51 ,  4  kann  //  füglich  eine  Veränderung  der  originalen  Les- 
sein  (denn  richtig  ist  ja  Beides) : 


398  Friedrich  Zarnole,  [Hj 

/  //*  H 

ir  zwön  daz  übersähen  zwön  daz  übersähen, 

die  wurden  gräles  kröne  drumb  geletzet,     die  wurden  aldä  an  dem  Übe  gekUd. 

Aber  höchst   ungern  sah  ich   eine  andere  Lesart   von  //  durch  te! 
Zusammenstimmen  von  /  und  //  vom   Texte  ausgeschlossen:  55,1 
Hier  wird  von  den  Gezwergen  und  Meerwundern  erzählt ,  die  m  der 
Aussenseite    der  Mauer  des   Tempels  angebracht   waren,    und  Jfi 
schliessen  ganz  allgemein: 

vil  merwunder  wcehe        gefrumt,  an  richer  koste  niht  verswachet. 

Dagegen  H  höchst  anschaulich: 

diu  merwunder  wcehe,        des  wart  von  menger  diet  da  vil  gelacheL 

Freilich  von  selbstständigen  Aenderungen  können  wir  H  nicht  frei- 
sprechen, und  zu  denen  würde  dann  auch  diese  Stelle  gebtkm 
Evident  ist  z.  B.  14,  3  fg. ,   wo  //  selbstständig  abweicht : 

♦/*:  des  tempels  mäz  an  der  gestait  und  michel 

bekreizet  wart  da  funden        liberal  ze  wünsche  gar  üf  dem  onickeL 

H:    des  tempels  mess  gestait  un  och  gemezzen 

gelich  dem  palas  here,        dez  priester  Johan  künde  nit  vergezzen. 

Abgesehn  von  der  Übeln  Gestalt  des  vorletzten  Verses ,  passt  aack 
der  Inhalt  des  letzten  durchaus  nicht;  denn  des  Priesters  Johan 
Pallast  ist  kein  Tempel,  sondern  ein  Schloss,  und  der  Dichter  dei 
Titurel  dachte  durchaus  nicht  daran ,  ihn  dem  Graltempel  zum  Muster 
vorzuhalten,  da  ja  die  Gralsritter  später  in  Indien  den  Graltempd 
so  schmerzlich  entbehren,  dass  sie  ihn  durch  ihr  Gebet  dorthin  ver- 
setzen. Noch  übler  gelungen  ist  die  Aenderung  in  9,  2  fg.  Der 
Gralsberg  war 

/  //*  verwachsen  doch  mit  krüte,  gras  dar  unde: 

mit  vlize  wart  dar  uf  daz  werk  gebowen. 
diu  lobes  riche  koste        niemer  mir  mit  prüven  wirt  volhowen. 

H  mit  wünsche  man  der  richeit  des  wol  gunde; 

verwachsen  doch  mit  grase  und  ouch  mit  krute: 
Titurel  der  süze        mit  flize  was  des  büwes  also  trute. 

So  braucht  man  auch  wohl  nicht  zu  befurchten,  eine  originale  Les- 
art zu  unterdrücken,  wenn  man  16,  4  /  und  //  folgt,  die  ein  Wife» 
lumbe  lesen,  während  H  dafür,  an  Wolfram  erinnernd,  ain  torscher 
faxet  hat.     Solche  Ansätze   zu   selbstständigem  Verfahren,   die  in  # 


*']  Der  Graltempel.  399 

vorliegen,  darf  mau  bei  Benutzung  dieser  Handschrift  nie  aus  den 
Augen  lassen. 

Von  den  Stellen,  in  denen  H  gegen  1  und  //  Recht  zu  haben 
scheint,  ist  keine  schlagend.  2,  4  git  in  H  konnte  gar  leicht  in  1 
und  //  unabhängig  von  einander  in  gap  verändert  werden;  23,  4 
beweist  die  Lesart  von  C2/)2,  dass  gesimpzel  anfangs  noch  Hll  ge- 
meinsam war;  48,  1  ist  fürten  in  H  allerdings  wohl  verwendbar, 
aber  keineswegs  wahrscheinlicher  als  zugen;  ebenso  steht  es  97,  4, 
wo  mit  listen  meisterlich  in  /  //  dem  mit  hoher  koste  riche  in  H 
gegenübersteht;  desgl.  69,  1  der  selbe  tempel  riche  (kleine  II)  in  I 
und  //  gegen  daz  selbe  werc  so  liehe  in  //;  wenn  92,  3  in  H  meide 
fehlt,  so  stimmt  das  allerdings  zu  93,  4,  wo  nun  die  meide  noch 
ausdrücklicher  erwähnt  werden,  und  in  //  scheint  dies  gefühlt  zu 
nein,  denn  es  ist  an  der  letztern  Stelle  geändert,  mit  Entfernung 
von  meide. 

Zu  beachten  sind  noch  einige  Stellen,  in  denen  I  (oder  eine 
Handschrift  von  /)  mit  //  in  einer  offenbar  abgeleiteten  Lesart  über- 
einstimmt. Ein  eclatanter  Fall  der  Art  ist  10,  2  wo  Dl  und  H  in 
der  unmöglich  ursprünglichen  Lesart 

mit  ahte  der  künic  was  wigende      daz  tempelwerk,  und  wahter  oder  släfter, 

übereinstimmen.  In  dieser  Stelle  liegt  das  Verderbniss  vielleicht  noch 
tiefer,  als  die  Annahme  vermuthet,  auf  die  hin  der  Text  constituirt 
ist,  da  lahter  sonst  im  Titurel  nicht  weiter  vorzukommen  scheint, 
und  die  Handschriften  dort  alle  ihre  eigenen  Wege  gehen.  Es  liegt 
auf  der  Hand,  dass  die  Lesart  in  D]  der  Benutzung  einer  Hand- 
schrift der  andern  Gruppe  ihre  Entstehung  verdankt,  aus  directer 
Tradition  lässt  sie  sich  nicht  ableiten.  Auch  wird  der  Excurs  über 
die  Capitel Überschriften  zeigen,  dass  I){  wirklich  eine  Handschrift 
aus  der  Gruppe  II  gekannt  und  benutzt  hat.  Doch  bedenklicher, 
weil  im  Ganzen  Uebereinstimmung  der  Ueberlieferung  stattfindet,  ist 
1 2,  3.  Hier  lesen  1  und  //  gemeinsam  (wenigstens  dem  Sinne  nach, 
vgl.  die  Lesarten) 

der  stein  was  klafter  hoch  und  was  mit  breite 

iüumb  der  klüfter  fümfe         con  der  mute  unz  an  der  yrdde  ü/leite. 

Aber,  dass  der  Hügel  eine  Klafter  hoch  gewesen  sei,  ist  bereits  ge- 
sagt   10,  I     und  wenn  nun  der  Abstand  der  Tempelmauer  von  dem 


400  Friedrich  Zarncke,  ;& 

Rande  der  kreisförmigen  Hügelfläche  angegeben  wird ,  so  fehlt  doch 
die  für  den  ganzen  Tempel  so  wichtige  Bestimmung,  wie  gross  wir 
uns  nun  diese  Hügelfläche  zu  denken  haben.  Es  empfiehlt  sieb  da- 
her überaus  die  Lesart  von  //: 

der  stein  het  mir  dan  hundert  klöfter  breite. 

Freilich  fehlt  nun  auch  hier  die  Bestimmung   über  den  Abstand  der 
Tempelmauer  von  dem  Rande  der  Hügelfläche,   und  so  ist  es  mög- 
lich ,  dass  die  Lesart  in  //  eine  Conjectur  ist ;  vielleicht  war  sie  auch 
aus  einer  uns  nicht  erhaltenen   Handschrift   entlehnt.     Ich    habe  sie, 
freilich  nur  mit  Cursivdruck,  weil  sie  dem  angenommenen  Ableitung^ 
verhältniss  direct  entgegensteht,   in  den  Text  aufgenommen  und  mä 
der  Lesart  in   IH  combinirt,    so   dass  nun   alle  wünschenswert)« 
Massbestimmungen  sich   im  Texte  finden.  —  34,  3.  4   bietet  //  dm 
Reim  vil  holde  :  chrisolde,  während  IH  die  etwas  wunderliche  Forai 
gibt:   envollen,   kris ollen;   aber   die  Namen   der  Edelsteine  sind  der 
Entstellung  so  sehr  ausgesetzt,  dass  man  an  letzterem  Reime  nicht 
allzusehr  Anstoss  nehmen  darf,   und  also  der  Reim  in  II  auch  eine 
Correctur  sein  kann.     Ausl.  7,  4  theilen  /  und  H  die  falsche  Lesart 
mal  statt  lieht,  aber  die  Veranlassung  zu  solcher  Aenderung  lag  nahe. 
—  Ganz  zufällig  mag  es  endlich  sein,   wenn  35,  2   /  und  //  lesen 
mit  sehzic,  wo  wohl  zweifellos  mit  //  das  mit  zu  streichen  ist;  aber 
ein  leicht  mögliches  Missverständniss   von  zihl   konnte   in  jeder  der 
beiden    Ueberlieferungen    die  Einschiebung   der    Präposition   hervor- 
rufen.    Noch  weniger  bedeutend  ist  es,  wenn  in  79,  4  /und  H was 
lesen,   wo  wart  aus  //  mindestens   weit  wahrscheinlicher  ist.     Wie 
sehr  man   bei  kleinern,   in   einzelnen   Worten   bestehenden   Lesarten 
mit  dem  Spiele  des  Zufatls  rechnen  muss,   beweist  z.  B.  58,  4  wo 
Bl  und  //  vergezzen  schreiben,  ein  offenbar  von  beiden  selbstständig 
begangener  Fehler.     Es  darf  daher  auch  nicht  beirren,  wenn  kleine 
Kreuzungen  stattfinden,  wenn  es  z.  B.  7,  1   hitze  A]II,  witze  BlDlH\ 
52,  4  AlH  gotes,  D'II  Christen  heisst;  58,  1    A'ß1  also,  H  ah  am:  9% 
II  als  ouch;  62,  3  selbe  BWII,  fehlt  AWH;  68,  2  A<E{  mit  H  ge- 
lieret,  dagegen  BW  mit  //  gemeret;    vgl.  80,  3  süz  D*HD*E*,  m*~> 
sust   AWB*   (C2gül);    105,  1    loube   A{HC2E2,    löuber  BWaWV*  * 
106,   4    erkande   BW,    die    übrigen    von   /  und   II    {II  fehlt  hier 
bekande,  u.  s.  w.  Ausleg.  9,  2  daz  AXH,  ob  DlL 


?9]  Der  Graltempel.  401 

Alle  solche  Einwürfe  waren  nach  Zahl  und  Eigenart  doch  zu 
unbedeutend ,  um  mich  wankend  zu  machen  in  dem  von  mir  ange- 
nommenen Verfahren.  Bei  Constituirung  des  Textes  hat  sich  mir 
dies  stets  von  Neuem  zu  bewähren  geschienen. 

Jedesfalls  darf  es  wohl  mit  als  ein  Beweis  für  die  Richtigkeit 
meines  Canon  gelten,  dass  alle  diejenigen  Stellen,  in  denen  die  Ue- 
berarbeitung  in  //  auf  der  Hand  lag,  durch  dies  Verfahren  schon 
von  vorneherein  ausgeschlossen  waren.  Ich  führe  noch  einige  die- 
ser Stellen  zur  Characteristik  von  //  auf. 

Zunächst  kommt  die  oben  (S.  387)  unbesprochen  gebliebene  Str.  1 1 
in  Betracht.  In  ihr  wird  in  /  und  //  gesagt,  dass,  als  der  König  mit 
dem  Plane  zum  Tempel  umging,  er  den  Grundriss  zu  demselben  auf 
dem  vorher  glatt  geschliffenen  Felsen  aufgerissen  fand.  Diese  Strophe 
steht  in  //  vor  Str.  9,  ehe  die  Beschreibung  des  eigentlichen  Baues 
beginnt,  und  ihre  zweite  Hälfte  lautet  hier: 

mit  Wunsches  hilf  wol  halben  teil  im  wegende 

was  der  gräl  die  koste.        D6  was  er  trste  reichait  daran  legende. 

Also  ein  Contract  auf  Halbpart,  dessen  Ausführung  man  sich  nicht 
recht  vorstellen  kann,  und  der  durch  die  Darstellung  in  //  selbst 
ebenso  wie  in  /  und  H  zurückgewiesen  wird,  wonach  der  Gral  ja 
alles  Material,  und  zwar  behauen  und  fertig  liefert.  Vgl.  z.  B.  Str.  42 
und  91.     Dies  ist  eine  offenbare,  und  recht  rohe  Ueberarbeitung. 

Ferner  Str.  9.  Hier  lautet  die  zweite  Vershülfte  in  //: 

Montsalvätsch  da  enmüten  was  enbeeret 

baz  dann  einer  klaftern  hoch,     '    daz  ez  ze  wünsche  dem  tempel  angehenvt. 

Zwei  Unwahrscheinlichkeiten.  Einmal  heisst  der  ganze  Berg  Montsal- 
vätsch, nicht  bloss  die  Stadt  auf  demselben.  Und  wollte  man  sich 
darüber  hinwegsetzen,  so  ist  doch  der  Schluss  der  Strophe  ganz 
unverständlich ,  man  müsste  denn  construiren  wollen  9  was  doch  nicht 
erlaubt  scheint,  »da  in  Mitten  von  Montsalvätsch«;  aber  auch  dann 
noch  ist  wenig  klar,  was  gesagt  werden  soll. 

Nicht  anders  steht  es  mit  Str.  10,   wo  in  II  die  ersten  Verse 
der  Strophe  lauten: 

ein  lewer  sam  ein  schtbe        ainvedt  onichel  liget. 

swaz  Titurel  nu  tribe.         niht  anders  wan  des  tempel s  tverc  er  wiget, 

wo    schon    der   klingende  Reim  liget :  wiget  die   spätere  Entstehung 


402  Friedrich  Zarnckb,  [30 

verrath.  Denn  ich  halte  diesen  Reim  nicht  für  dem  Original  ange- 
messen, obwohl  auch  dieses  sich  grosse  Reimfreiheiten  erlaubt  und 
namentlich  auch  Silben,  die  in  der  frühem  mittelhochdeutschen  Zeil 
noch  als  verschleif  bar  galten,  bereits  als  klingende  verwendet.  Vgl 
mitte  :  smilte  (Schmiede)  Gralt.  63,  \.  adelarc  :  väre  Ausl.  32,  1.  ecfe; 
niderlecke  Gralt  59,  2.  sele  :  quele  u.  U. 

In  dieser  Weise  geht  es  fast  ununterbrochen  fort;  es  ist  nick 
abzuweisen ,  dass  //  eine  zum  Theil  wesentliche  Ueberarbeitung  ds 
14.  Jahrh.  ist.  Zu  bedauern  ist,  dass  in  unserer  Partie  der  Häuft 
führer  von  //,  A\  fehlt;  aber  da  die  Handschriften  dieser  Gruppe 
übrigens  so  genau  zusammenzustimmen  pflegen,  so  wird  das  mä 
wohl  in  unserer  Partie  mit  A2  der  Fall  gewesen  sein. 

Im  Ganzen  scheint  der  durch  die  Ueberlieferung  gewonnene  Ted 
ausreichend  zu  sein.  An  einigen  Stellen  allerdings  lag  ein  über  alle 
Ueberlieferung  zurückgehender  Fehler   vor,   und  hier  war  zu  enwfr 

_  j*  i 

eueren/  So  prises  Gralt.  2,  2;  diu  reine  maget  guol  8,  2;  wahrsche* 
lieh  12,3;  die  die  72 ,  1 ;  auch  gir  38 ,  \   ist  ein  alter  Fehler,  iti 
in  D{El  nur  durch  richtige  Conjectur  gebessert  ist,  wie  wahrsche* 
lieh  auch  die-tagezile  in  Al;    54,  4  ist  die  Construction  bedenklich; 
das  doppelte  zierde  wie  die  Construction  79 ,  4  erregen  Anstoss;  fc 
85,  \    etwa   hahle  :  gestabte   (ohne  die)  zu   lesen?;    ie  zwen  107,1; 
unden  der  1 09,  2.  —  Ausleg.   1 8,  2 ,  wo  meines  Erachtens  da  wA 
entbehrt  werden  kann;    20,  1  u.  2,    die   freilich   nur  in    /  erhalt» 
sind,  gol  und  lebende;  22,  3  (ebenso)  ir.  —  Bei  einer  Beschreibung, 
die  wie  die  unsrige   aus   einer  Masse   von  Einzelheilen   besteht  xd 
mannigfache  Wiederholungen  aufweist,   liegt   in  einem   strophisch* 
die  Zusätze  leicht  machenden  Gedichte   der  Verdacht  der  Interpol*- 
tion  sehr  nahe ;  ob  es  freilich,  falls  solche  vorhanden  ist,  je  geling« 
wird  sie  zu  erkennen,   ist  eine  andere  Frage.     Nur  an  6iner  Steh 
möchte  ich  eine  Interpolation  bestimmt  behaupten,  Gralt.  3 — 7.  h 
Str.  2  ist  gesagt,  dass  man  nur  zu  den  Stuhlen,  und  nur  um  dei- 
willen  Holz  verwendet  habe,  weil  Gold  und  Steine  sich  nicht  zu  dei 
Sitzen  eigneten  wegen  ihrer  Kühle  und  Feuchtigkeit  im  Winter.    Dem 
so  muss  ich  die  Strophe  verstehen.     Sollte  2,  4  ganz  allgemein  ge- 
meint sein  als  Einleitung  zu  dem  Folgenden,   so    würde  dieser  Ge- 
danke doch   passlicher   und   der  Weise   des  Dichters  entsprechender 
im  Eingänge  der  folgenden  Strophe  stehen.     Nun  folgt  in  Str.  3—7 


Der  Grajltbmpbl.  403 

5  Erzählung  von  zwei  Sieinen,  Abestus  und  Elitropia,  die  im  Som- 

*  Kühle,  im  Winter  Wärme  erzeugten.  Ist  meine  Deutung  von 
i  richtig ,  so  passen  sie  nicht  in  den  Zusammenhang  und  sind  eine 
ch  2,  4  hervorgerufene  Interpolation. 

Höchst  verdächtig  der  Interpolation  schon  durch  die  Art  der 
berlieferung  ist  das  Marienlob,  das  nur  in  //  erhalten  ist,  in  / 
i  H  fehlt ,  ferner  die  in  der  Ausleg.  nur  in  /  stehende ,  in  H  und 
fehlenden Strophen  1 9  —  27.  —  Falsche  Strophenfolge  möchteich 
idog.  29  fg.  vermuthen.  Es  scheint,  dass  29  —  33  hinter  46  ge- 
iraa,  die  Strophen  also  so  folgen  müssten:  28.  34—46.  29—33.  47. 
,  ich  möchte  glauben,  dass  auch  noch  Str.  49  einen  falschen  Platz 
ibe  und  hinter  28  gehöre.  An  den  Aussenseiten  der  Portale  am 
smpel  waren  die  verschiedenen  Edelsteine  angebracht,  mit  Namen 
ld  Angabe  ihrer  Eigenschaften,  so  dass  man  sich  über  sie  vor  dem 
i&tritt  in  den  Tempel  unterrichten  konnte.  So  würde  sich  an  die 
rwAaung  der  Edelsteine  an  den  Portalen  in  Str.  28  ganz  ange- 
Httea  in  Str.  49  die  Aufforderung  anschliessen ,  ihre  Namen  und 
fyßwhaften  nicht  ungelesen  zu  lassen;  dann  folgte  in  Str.  34 — 46 
ie  Aufzählung  und  Ausdeutung  der  Steine.  Und  nun  erst  würde 
^h  verständlich  anschliessen  Str.  29  fg.  an  disen  lugenden  allen  lert 
d*m  di  stete.  Mit  47  beginnt  dann  ein  anderer  Gegenstand.  So 
^  die  Strophen  gegenwärtig  stehen,  ist  die  Anknüpfung  von  Str.  29 
¥  88  wenig  angemessen,  denn  man  kann  sich  auf  die  drei  genannten 
fcoiogischen  Haupttugenden  nicht  mit  den  Worten  an  disen  tugen- 

*  dien  zurückbeziehen,  und  Str.  49  steht  ganz  einsam  zwischen 
"eadartigem.  Flüchtige  Auffassung  von  Str.  48  konnte  aber  leicht 
^leiten,  Str.  49  an  diese  anzufügen.  Gewiss  würde  ein  tadelloser 
mmmeahang  hergestellt,  wenn  die  Strophen  folgten:  28.  49.  34  — 
i.  29 —33.  47  fg. 

Nachdem  wir  so  das  Handschriftenverhältoiss  in  seinen  grossen 
ziekungen  festzustellen  versucht  haben,  muss  es  nun  unsere  Auf- 
be  sein,  es  innerhalb  der  beiden  Gruppen  zu  untersuchen. 

Die  Handschriften  der  ersten  Gruppe. 

Bin  ganz  festes  Abstammungsverhähniss  Itisst  sich  nicht  geben. 
Al  und  B{  fehlt  Str.  29,  da  aber  Bx  viele  Strophen  ausl&sst,  so 


404 


Friedrich  Zarncke, 


kann  es  auch  Zufall  sein,  dass  sie  einmal  eine  Strophe  ausüsst, 
auch  in  Ax  fehlt,  wie  es  auch  eine  zufällige  theilweise  Uel 
mung  ist,  dass  in  Bx  Gralt.  HO  und  111 ,  in  jE1  110  —  H2 
Auch  in  den  Lesarten  findet  sich  einiges  A1  und  Bx  allein 
5,  2  gar  (für  vi/);  5,  4  da   (für  doch) ;   9,  4  mer   fehlt;    17,8 
fehlt;  21 ,  4  hohsten;  23,  3  stund;   98,  4  heiligen  (für  her  ei), 
5,  1   nennen  u.  s.  w.,  aber  das  sind  Kleinigkeiten,    die  filglick 
einander  unabhängig  sein   können.     Andererseits   stimmt  A{ 
oft  mit  D1,  ja   mit  diesem   wenigstens   in  einem  Falle  so,  das 
Zufall  nicht  zu  denken  ist.     Aus).  Vorstrophe  b  lautet  in  h< 
tem  Texte  nach  BXHII: 

alsam  ein  halmes  zünde  über  al  die  weite 

mit  liehte  mae  erliuhten        für  al  der  sunnen  glast  mit  widergelte. 

Hierfür  haben  AXDX,  und  gewiss  abgeleitet: 

aisam  (ais  Dx)  ein  halmes  zünde  über  al  (fehlt  Ax)  die  werld  vak 
mit  liehte  mac  erliuhten  für  (gein  Dx)  al  der  sunnen  glast  wl'4 

(sunder  Ax)  glaste. 

Zufällig  kann  die  Uebereinstimmung  sein  55,  2  tugentüchm 
gegen  tegelichen  der  übrigen  Handschriften. 

Enger  scheint  das  Verhältniss  zwischen  Dx  und  Ex  zu 
wir  trotz  der  geringen  Collation,  die  wir  von  Ex  besitzen,  dodh 
manche  gemeinsame  Lesungen  aufführen  können,  so:  12, 1 
die;  17,  4  des  müss  ich  vil  gesweigen;  19,  4  der  stein  der  fä 
lügende;  29,  1  al  die  u.  s.  w.  In  Aus).  7,  1  gein  allen  täuscht* 
gen ;  14,2  und  darzu ;  1 5,  4  mit  witzen  und  öfter.  Diese  Z 
Stimmungen  in  den  Abweichungen  können  kaum  auf  Zufall  zurü 
werden,  man  vergleiche  zu  den  citirten  Stellen  die  Lesarten, 
ders  interessant  ist  38,  1  die  Lesart  diel,  während  alle  übrigen 
Schriften  gir  bieten;  diel  kann  schwerlich  anders  erklärt  werde* 
für  eine  richtige  Conjectur.  Zuweilen  erschien  das  Z 
men  von  Ex  zu  D1  so  gross,  dass  man  an  directe  Abhängigkeit 
denken  mögen.  Diese  aber  bestätigt  sich  nicht.  So  fehlt  Gralt 
in  D1,  steht  aber  in  EK  Auch  an  eine  directe  Abhängigkeit 
Handschrift  D1  von  Ex  ist  nicht  zu  denken.  Einige  Male  &* 
sogar  Ex  gegen  alle  anderen  Handschriften  von  /  mit  //,  z.  B.  11  • 
ouch;  91,  2  rceten;  noch  öfter  in  Ausl.  Aber  dabei  kann  füglich*1" 
fall  gewaltet  haben. 


Der  Graltempel.  405 

Die  Stellung  von  ax  ist  nach  Boisseree  und  nach  den  Strophen, 
Roth  a.a.O.  hat  abdrucken  lassen  (Gralt.  110.  111;  Ausl.  51), 
iwer  zu  bestimmen.  Mit  den  selbstständigen  Extravaganzen  von 
stimmt  sie  nicht,  am  meisten  zu  D1,  sie  zeigt  aber  auch  selbst- 
adige  Uebereinstimmungen  mit  H  und  //,  z.  B.  Ausl.  51,  4  der 
»r  heyreif  (mit  U  und  //) ;  Gralt.  111,2  unden  fehlt ;  111,4  daz 
idemal  mit  H)  ;  Gralt.  95,  4  sücher  (mit  11) ;  daneben  hat  sie  auch 
3ne  Abweichungen,  wie  111,  3. 
Hiernach  müsste  man  also  das  Schema  von  /  so  entwerfen: 


x 


y 


^s» 


B*  A*        Dl  JS»         a1 

Eine  besondere  Beachtung  verdienen  Al  und  D\ 

Al  ist  die  älteste  aller  auf  uns  gekommenen  Handschriften,  man 
■d  in  Fragen  der  Orthographie  und  bei  Kleinigkeiten  stets  geneigt 
n,  von  ihr  auszugehen.  Aber  sie  erlaubt  sich  viele  Willkürlich- 
tten.  In  wie  hohem  Grade,  beweisen  die  Varianten.  Hier  mögen 
r  zwei  Beispiele  ihr  Verfahren  exemplificiren.  In  der  Ausl.  32,  3 
isst  es  von  der  Ecclesia ,  sie  reite  dahin : 

da  st  den  ursprink  wehet  aller  brunnen, 

dm  uns  gebar  diu  cläre,         dt  da  slH  becleidet  mit  der  sunnen. 

er  Schreiber  von  A1  versah  sich  und  schrieb  dingen  statt  brunnen, 
tan  aber  richtig  den  letzten  Vers,  setzte  auch  den  Reimpunct  hinter 
•wie»;  darauf  erst  bemerkte  er  sein  Versehen,  und  nun  fügte  er 
chnelt  entschlossen  einfach  hinter  dem  Punctum  ringen  hinzu,  um 
te&Beini  wieder  herzustellen.  Noch  bezeichnender  für  den  Schrei- 
er igt  Ausl.  15,  4,  wo  von  den  beiden  Strassen  zur  Seligkeit  die 
Ms  ist  und  aufgefordert  wird ,  nach  dem  Verlust  der  einen  die  an- 
tte  zu  versuchen :  so  gen  die  andern  [sträzen] ,  aber  niht  so  schone, 
*üich  nicht  so  bequem.  Hier  scheint  nun  den  Schreiber  ein  Anflug 
)n  Humor  erfasst  zu  haben;  er  schreibt: 

so  ge*  wir  weizgot  niht  die  andern  sträzen. 

so  hat  man  allen  Grund  bei  Al   auf  seiner  Hut  zu  sein. 

Eine  ganz  vorzügliche  Handschrift  scheint  Dx  zu  sein,  sorgfältig 
ch  guter  Vorlage  geschrieben.    Aber  bald  bemerkt  man,  dass  der 

AbfaAndl.  d.  K.  B.  GtMllMh.  d.  Wissensch.  XVII.  28 


i06  FftlBDBICH    ZAIMJkE, 

Schreiber  (oder  seine  Vorlage     darauf  ausgeht   den  Vers  zu  { 
Fast  überall  ist  der  reine  iambische  Khythmus  hergestellt  und  n< 
lieh  der  Ausfall  der  Anacrusis  fast  durchaus   vermieden.     In 
der  einsilbigen  Worte  da,  dö,  mi,  #©,  wol,  vil,  gär,  zwar  n.  a. 
daher    diese    Handschrift    kein    Vertrauen    zu    beanspruchen, 
man   dem   so    den   Vers   glättenden   Bearbeiter   auch    wei( 
Umarbeitungen    zutrauen    dürfe,    unterliegt    keiner  Frage. 
weist   die  Vergleichung  der   Handschrift  auch  solche  Fälle,  oft 
Nachdenken  des  Bearbeiters  sehr  zur  Ehre  gereichende,  nach; 
die  Strophen,  in  denen  wir  durch  Wolframs  Bruchstücke  noch 
besondere   Controle  ausüben   können,   beweisen,    wie   sehr  ad* 
oft  von  dem  Ursprünglichen  entfernt.     Aus).  3  und  4  sind  in 
ansprechend,   dass   ich   lange   geneigt  war,   ihren  Text  für  d»> 
sprunglichen  zu  halten,  wenn  nur  irgend  ein  Handschriftenvt 
denkbar  gewesen  wäre,  wodurch  gegenüber  den  sonst  voi 
Handschriftenübereinstimmungen   sich  diese  Annahme  hätte 
machen  lassen ;  schliesslich  schien  auch  die  Aehnlichkeit  mit 
gegen  die  Ursprünglichkeit  dieser  Fassung  zu  sprechen.    Ausser 
darf  bei  Dl  auch  nicht  gelassen  werden,    dass  sie   eine 
der   Gruppe    //  wenigstens  zu   den    Capitel Überschriften   und 
auch  im  Text  (Gralt.   10,  2)  benutzt  hat.     Es  wird  weiterer 
suchung  unterliegen  müssen,  ob  sich  noch  mehr  Herübernahmet 
//  nachweisen  lassen. 

Unzweifelhafte  Fehler,  die  sich  in  unserer  Partie  in  der 
gemeinsam  finden,  sind  z.  B.  58,  2  geltes  statt  gräles;  nicht  so 
bin  ich,  ob  schow  78,  I    hierher  zu  rechnen  sei. 


•<h 


Die  Handschriften  der  zweiten  Gruppe. 

Hier,    wo   auch   mehr  Handschriften   vorliegen,  gelingt  es 
genaueres  Abhängigkeitsverhallniss  festzustellen. 

Ueber  das  nur   in  //  erhaltene  Marienlob  soll  in  der  Eh 
zu  diesem  besonders  gehandelt  werden.     Hier    beschränke   ich 
auf  Graft,  und  Ausl. 

Zunächst  steht  die  Zusammengehörigkeit  von  B2  und  E1  d* 
allem  Zweifel  fest.  Gemeinsame  Fehler  sind  Gralt.  2,4  toffi 
10,  4  fliezen   E\  sitzen  li2    beides  für  slifen);  31,  4  sunden  sicackd 


r  ;* 


Der  Gralteäpbi,.  407 

,  <  geiierbet:  33,  4  edeln;  38,  1  waiwn;  43,  I  im;  47,  2  silberwize; 
,2  o&o;  50,  1  vermischten;  53,  2  der  ct'we;  59,  2  niendw  lecke 
*w.  Ausleg.  6,  1  So;  7,  2  prinne;  8,  4  zierde;  9,  1  plichent: 
ddchent;  15,  1  a//*r  chöre;  18,  4  rewich;  28,  2  müezzen;  31,  2 
Kjjfen;  44,  4  ringet;  59,  2  reichen  u.  s.  w.  Wir  werden  dies  Re- 
al in  Marl,  bestätigt  linden.  Unter  sich  aber  sind  fi*  und  E2 
bfcttngig,  wie  zahlreiche  selbstständige  Fehler  dieser  beiden  Ue- 
lieferungen  darthun. 

Ebenso  sicher  ist  die  enge  Zusammengehörigkeit  von  Ü2  und  a\ 
nn  wir  auch  wegen  der  Kürze  von  a2  nur  wenige  Stellen  dafür 
-bringen  können:  und  dem  Gralt.  109,  2;  al  üzen  110,1;  bezeich- 
ader  in  Marl. ,  worauf  ich  verweise.  —  Desgleichen  gehört  zu  D2 
eh'?*  vgl.  4,  3  schuf;  14,  4  wahz  fr"2,  wachs  D2.  Sind  diese  klei- 
ö  Uebereinstimmungen  zwischen  D2  und  b2  auch  nicht  absolut  ent- 
ttMnd,  so  ist  doch  zu  Consta tiren,  dass  b2  nicht  leicht  von  D2 
MReMht.     Dennoch  sind  sie  unter  sich  unabhängig. 

Sie  wichtigste  Handschrift  unserer  Gruppe  ist  die  leider  nur  in 
«weiten  Hälfte  erhaltene  Handschrift  A2.  Sie  berührt  freilich 
•••fc  Graltempel  nicht,  aber  ich  will  doch  hier  beifügen,  dass  sie 

*  iaob  dem  von  mir  Beobachteten  genau  zu  D2  stellt,  sodass  diese 
*be  leidlich  treue  Abschrift  gelten  kann.    Wie  nahe  der  Anschluss 

•  beweist  Str.  6141  (Hahn),  die  in.A<  wie  in  D2  mit  Vers  2  ab- 
Qfct.  Auch  sonst  bietet  die  Vergleichung  eine  nahezu  durch- 
'Ort*  Gleichheit,  selbstverständlich  von  den  Formen  des  15.  Jahrh. 
liehen,  und  der  Excurs  über  die  Capitelüberschriften  wird  eben- 
&  eine  Bestätigung  bringen.  Dennoch  glaube  ich  nicht,  dass  D2 
&ct  aas  A2  abgeleitet  ist. 

Diese  beiden  Gruppen  stammen  aber  gemeinsam  aus  einer  Vor- 
ö,  wie  eine  Anzahl  Lesarten  beweisen.  Solche  sind  z.  B.  Ausl. 
i  dein,  deinen;  8,  1  und;  16,  1  die  Stellung  von  aber;  36,  4  als, 
);  56,  1  do,  da;  58,  4  die  Wortstellung,  u.  a.  Zu  beachten  ist, 
s  die  Lesarten  dieser  Gruppe  sich  H  öfter  nähern.  Vgl.  z.  B. 
d.  59,  2  würd;  39,  4  vil  geseilt  riet;  11,4  nie  gen  u.  a. 

Der  Handschrift  d1  ist  es  schwer  ihren  Platz  anzuweisen.  24,  2 
lmt  auch  sie  ganz  auffallend  mit  D2 :  fride  vor  sloup.  Diese  höchst 
mthttmliche  Lesart  muss  entscheidender  sein  als  einige  gering- 
ge,  in  denen  d2  zu  C2  stimmt,  wie  z.  B.  Ausl.  35,  2  ze  dem^  zu 

J8* 


408 


FülEDBlCH    ZABNCKE, 


?! 


dem;  49,  3  selb*;  45,  3  zenden,  zeynen.  Das  Marl,  bringt  noch 
niges.  Aber  dies  können  zufällige  Uebereinstimmungen  sein,  wie 
z.  B.  zufällig  ist,  wenn  C2  und  l)2  den  andern  Handschriften 
über  in  der  Verwendung  von  geschrift  für  das  ältere  schrifl,  en 
auch    (Ausl.  55,  1)  in  tyosien  =  tjostieren  zusammentreffen. 

Hiernach  scheint  C2  für  sich  allein  zu  stehen.    Sie  hat  eine 
zahl  eigener  Fehler,  durch  die  sie  in  Gralt.  wie  in  Ausl.  den 
Handschriften  gegenüber  steht. 

So  würde  also  das  Schema  für  //  sein: 


x 


y 

l 

A* 

1 
Dt 

t 

1 

t. 
-  * 

X* 

:  ■' 

1 

l 

£2 

1,) 

CA 

Es  sind  bisher  absichtlich  die  Darmstädter  Bruchstücke  $■> 
übergangen.     Sie  stellen  sich   in  der  Hauptsache  zu  7,   di 
Betreff  der   Strophenfolge   und   meist   auch   in  Betreff  der 
abwechselnd  zu  A\  Bl  und  D1,  auch  zu  El  stimmend.     Aber 
zeigt  sich  auch   grosse  Hinneigung  zu  H   (vgl.   Gralt.    61 , 4. 

68,  4.  79,  3.  83,  4.  86,  2.   101  ,  4)    und  zu  //   (vgl.  Graft. 

69,  1  besundert.  82,  4.  88,  2.  99,  i.  100,  4.  Ausl.  59,  4); 
ders  zu  beachten  sind  die  vielen  Stellen ,  in  denen  sie  mit  B 
zusammenstimmen  (vgl.  Gralt.  61,1.  63,2.  63,4.  64,1. 
82,  1.  83,  2.  84,  1.  86,  2.  Ausl.  59,  2).  Man  möchte  glai 
wiederhole  sich  die  Lage,  wie  bei//,  wenn  sich  nicht  alsbald 
näher  liegende  und  leichtere  Lösung  böte.  Der  Schreiber  **■ 
(oder  seine  Vorlage?)  benutzte  neben  einer  Handschrift  von 
/  auch  eine  von  //.  Das  wird  offenkundig  dadurch  bewiesen, 
hinter  /,  80  (Hahn  385;  Gralt.  81)  zwei  Strophen  eingeschoben 
die  sich  nur  in  //  und  an  anderer  Stelle  finden ,  nämlich  Str.  4 
4  des  nur  in  //  vorkommenden  Marienlobes  (s.  unten).  Hier  ist 
Benutzung  offenbar,  wie  ebenso  die  zugleich  hervortretende  N< 
des  Schreibers  zu  selbststündiger  Redaction ,  denn  namentlich  •$ 
zweit«  dieser  eingeschobenen  Strophen  ist  sehr  umgearbeitet.  ^ 
haben  hier  also  wie  bei  C1  und  /)'  eine  beweisbare  Nebeneinaai* 
benutzung  zweier  Manuscripte  vor  uns,  was  unsern  Blick  für  ein  JF 
dies  Vorkommnis^  auch  bei  andern   Handschriften ,    wo   es   nicht  * 


Der  Graltempel.  409 

;  zu  Tage  tritt,  wach  halten  muss.  Die  aus  der  Gruppe  HII 
zte  Handschrift  lag  nach  Ausweis  der  obigen  Angaben  wohl 
(urz  hinter  dem  selbstständigen  Auseinandergehen  von  //  und  //; 
die  Interpolation  des  Marienlobes  hatte  schon  stattgefunden, 
iandschrift  cl  dürfte  hierdurch  in  einzelnen  Fällen  kritischen 
h  erlangen,  den  sie  im  Allgemeinen  nicht  beanspruchen  kann1). 

Man  wird  an  dem  nachstehend  herausgegebenen  Texte  ersehen, 
i  wie  gewaltigen  Variantenapparat  diese  Handschriften  liefern, 
ragt  sich,  ob  derselbe  vermindert  werden  könne.  Da  wahr- 
inlich  keine   der  Handschriften  direct   aus  der  andern  abgeleitet 

so  kann  auch  keine  derselben  unbeachtet  bleiben,  aber  ob  die 
anten  aus  allen  anzugeben  seien,  ist  eine  andere  Frage;  eine 
gäbe  des  Titurel  dürfte  im  Fall  der  Bejahung  ad  Kalendas  grae- 
ttnansgeschoben  werden.  11  ist  natürlich  in  erster  Linie  herbei- 
iton,  dabei  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  dass  in  ihr  offenbare 
rittndige  Veränderungen  nachweisbar  sind ;  aus  Gruppe  /  dürfte 
D  den  Vordergrund  zu  stellen,  daneben  aber  Ax  herbeizuziehen 
i  qb  die  in  Dl  vorgenommenen  Glättungen  des  Verses  und  son- 

Aenderungen  controliren  zu  können,  wobei  freilich  immer  zu 
Aken  ist,  dass  auch  Ay  sich  selbstständige  Extravaganzen  erlaubt; 
ttd)  können  die  Varianten  aus  Bl  und  £'  vielleicht  entbehrt 
len.    In  Gruppe  11  ist  das  Verhältniss  schon  dadurch  einfacher, 

wir  es  hier  mit  einem  im  Ganzen  weniger  abweichenden  Texte 
bun  haben;  zunächst  wird  El  durch  B2  ziemlich  ganz  gedeckt, 
ohl  B2  manche  eigentümliche  (fehlerhafte)  Abweichungen  hat; 
oben  wird  die  Herbeiziehung  von  C2  oder  D2  genügen,  und  viel- 
ht  empfiehlt  sich  D2  noch  mehr  als  C2,  weil  es,  wenn  auch 
erhafter  als  C2,  doch  treuer  abgeschrieben  zu  sein  und  A2  leidlich 

darzustellen  scheint,  so  dass  vielleicht  selbst  B2  entbehrt  werden 


*)  Die  Hs.  enthält  niederdeutsche  Elemente,  vgl.  dak  (=  dach),  knop,  j)cn- 
(=  pf 'enden)  u.  ä.  Sie  ähnelt  darin  der  Hannoverschen  Handschrift  (Cl). 
tert  man  sich,  dass  C1  am  Ende  an  den  Schluss  von  /  noch  den  Schluss 
7  angefügt  hat,  also  ebenfalls  eine  Hs.  von  //  neben  der  eigentlich  zu  Grunde 
iden  von  /  benützte ,  so  könnte  man  an  einen  Zusammenhang  von  Cx  und  c1 
n,  ja,  da  Cl  erst  mit  Str.  3505  H.   beginnt,   vermuthen,   es  möchlc  c1  direct 

gehören.  Dem  aber  widerspricht  die  von  Schädel  a.  a.  0.  S.  127  gegebene 
imung  des  Formates;    denn  Cl  ist  beträchtlich  höher  als  %\   Centimeter. 


440  Fbibdiich  Zarxcke, 

könnte.  Das  Hauptgewicht  fällt  demnach  für  die  Partien,  m  de 
A2  fehlt,  auf  drei  Papierhandschriften  DXHD2,  neben  denen  Al  tai 
nur  zur  Cootrole  in  Betracht  kommen,  BlEl  und  C2E*  fast  0 
entbehrt  werden  können ;  natürlich  hat  in  Gruppe  //  A*  für  JP  d 
zutreten,  sowie  der  Text  bis  zu  dieser  Handschrift  vorgescfcrit 
ist.  Dagegen  wird  Cl  schwerlich  eine  hervorragende  Bedori 
erlangen.  Jene  drei  Handschriften  scheinen  durch  gegenseitige  Com 
einen  durchweg  lesbaren  und  vom  Original  nicht  sehr  fern  steh* 
Text  zu  ermöglichen.  Selbstverständlich  darf  sich  der  künftige  H*t 
geber  selber  der  Mühe  nicht  entziehen ,  sämmtliche  HandschriM 
collationiren,  schon  um  die  den  beiden  Gruppen  ursprünglichen 
arten  von  denen  der  einzelnen  Handschriften  scheiden  zn  können«^ 
nur  in  besondern  Fällen  wird  eine  Angabe  derselben  nöthig  am 

Eine  Untersuchung  über  Sprache  und  Heimath  des  Dichter« 
der  Ausgabe  vorangehen;  die  Reime  gewähren  für  sie  ausretcte 
Material.  Wir  wissen,  dass  das  Gedicht  für  einen  bavrisch 
zog  verfasst  ward,  dennoch  glaube  ich  nicht,  dass  wir  den 
in  dem  eigentlichen  Bayern,  dem  Lande  südlich  der  Dooaa 
suchen  haben.  Es  verdient  doch  beachtet  zu  werden,  dass  di 
sten  Handschritten  beider  Gruppen  (Al,  a2  und  die  Rietlegger 
stücke)  mitteldeutsches  Gepräge  tragen  A1  hat  sogar  fast  attsn« 
los  hilic ,  hilikeit  und  nähert  sich  damit  dem  Niederdeutschen, 
dem  übrigens  sonst  Nichts  in  ihr  erscheint)  und  auch  den  Reimet 
mitteldeutsche  Character  nicht  fern  zu  liegen  scheint,  vgl.  z.  9 
stirtie  :  dime  Ausl.  47,  2.  Auf  das  Resultat  dieser  Untersuchung 
hat  sodann  der  Herausgeber  sich  seine  Orthographie  selber  zu  »■ 
fen  und  darf  sich  hierbei  von  den  Handschriften  emancipiren. 

Da  ich  jene  sprachliche  Untersuchung  nicht  geführt  habe, 
habe  ich  auch  das  Letztere  nicht  gewagt.  Ich  habe  mich  vieh 
angelehnt  an  A]  und  in  Marl,  an  a\  nur  habe  ich  u  statt  u,  i 
Fall  der  Kürze  statt  ü  gesetzt,  und  den  Umlaut,,  soweit  er  aucl 
A]  durch  die  Schreibung  bezeugt  war,  eingeführt,  auch  wo  e 
der  Handschrift  nicht  stand  (A1  hat  z.  13.  bedirfen,  fünde,  cnzin 
für,  pruven,  vlüyelingen ,  gezihe  u.  a.,  aber  öfter  noch  diese! 
Worte  ohne  Umlautsbezeichnung).  Alle,  auch  blos  orthographc 
Abweichungen  dieser  Handschrift  habe  ich  angeführt,  nur  nicht 
u  für  ü  und  iz  für  ez  stand,  was  in  A1  fast  durchgängig  der  Fall 


]  Der  Graltimpkl.  444 

»  den  übrigen  Handschriften  habe  ich  die  abweichende  Orthogra— 
m  und  die  geschichtliche  Fortentwicklung  der  Laute  (seh  für  *, 
r  ftr  wer,  die  verbreiterten  Vocale  u.  ä.)  ganz  unbeachtet  gelassen, 
eil  in  den  Lesarten  gilt  die  Orthographie  nur  für  den  ersten 
Bgea;  desgleichen  ist  bei  ihnen  auf  tonlose  und  stumme  e  keine 
ßfcstcbft  genommen,  auch  wenn  diese  Plural  vom  Singular,  Präteri- 
i  vom  Präsens  unterschieden,  da  die  Handschriften  im  Setzen  und 
tfagsen  ganz  ohne  Princip  verfahren  und  Leser  und  Herausgeber 
aus  diesen  Schreibungen  absolut  Nichts  entnehmen  können. 
n  Fällen  wird  dies  freilich  doch  unbequem,  weil  oft  nur 
»b  das '  vom  Texte  abweichende  Vorhandensein,  oder  Fehlen 
&V  e  der  richtige  Rhythmus  in  den  vom  Texte  abweichenden 
idschriften  erlangt  wird.  So  ergibt  z.  B.  in  Ausl.  3,3  die  Re- 
striktion von  H  aus  den  Varianten:  so  In  dich  ze  einem  kör  wol 
mieren,  was  kein  richtiger  Rhythmus  ist;  aber  11  liest  köre.  Bei 
t%  Varianten  aus  />',  die  auf  Glätte  des  Rhythmus  ausgeht,  ist  dieser 
ftögel  in  den  Angaben  besonders  im  Auge  zu  behalten.  Derartige 
*H*  konnten  mich  doch  nicht  zu  einer  Aenderung  meines  Verfah- 
*  bestimmen ;  der  Variantenapparat  wäre  um  mehr  als  ein  Drittel 
wachsen.  Diesem  Mangel  gegenüber  wird  man  es  vielleicht  über- 
™8  nennen,  dass  ich  auf  die  Formen  ze  und  zu  genau  geachtet 
•k*  (doch  ohne  Unterscheidung  von  zu  und  zu).  Bei  weiter 
«henden  Abweichungen ,  wie  nimmer  und  niemer;  rindert  und  nien- 

\&l  *teman,  meinen,  niemant;  sm  und  sust;  darin,  darinne;  manyer, 

» 

•ww^,  manicher,  menyer  u.  a.  habe  ich  meistens  ein  paarmal  die 
Schreibung  der  Handschriften  angegeben,  um  über  sie  zu  orienti- 
ren.  Wo  in  der  Endung  noch  ein  in  oder  eu  erschien,  habe  ich 
auch  darauf  aufmerksam  machen  wollen.  Vielleicht  bin  ich  aber  in 
diesen  and  ähnlichen  Kleinigkeiten  nicht  immer  ganz  gleichmässig 
verfahren,  und  ich  bitte  für  solche  Fälle  um  Nachsicht1). 


*)  Bei  jeder  Strophe  sind  sammtliche  Handschriften  aufgeführt,,  in  denen  sie 
rtöieo  ist ,  sodass  man  die  Keconstruction  der  Lesarten  der  einzelnen  Hss.  mit  voller 
fcherheil  vornehmen  kann,  nur  /:'  ist  hie  von  auszunehmen,  da  die  (Kollation  keine 
scherbeit  für  Vollständigkeit  bietet,  wenn  auch  im  Ganzen  anzunehmen  ist,  dass 
o  Nichte  notirt  ist,  Ex  mit  Ax  (mit  der  Sehottky  Ex  collationirt  hat)  stimmen  wird ; 
i  habe  daher  El  nait  einem  Sternchen  *  versehn,  um  hieran  zu  erinnern.  Nur 
i  29    unterblieb   dies ,    da   hier   eine   vollständige  Abschrift  vorlag.      Das  Fehlen  . 


412  Friedrich  Zarncke,  [J 

* 

Die  Gliederung  der  Strophe,  wie  mein  Text  sie  bietet,  ist  eij 
lieh  nicht  richtig,  da  seit  Einführung  des  Cäsurreimes  dieselbe  in 
Verszeilen  zerfallt ;  aber  eine  solche  Anordnung  hätte  beim  Druck 
gemein  viel  Raum  beansprucht.     So   blieb  ich   bei  dem  Schema 
ursprünglichen  Strophe,   wie  Wolfram   sie  baut,    in   welcher 
auch  //  durchweg  geschrieben  ist,   während  die  andern  Hai 
ten  sämmtlich  die  Verse  nicht  absetzen. 

Noch  habe  ich  zu  bemerken,   dass   ich   von  der  hei 
Normalisirung  unserer  mhd.  Schreibung  abgewichen   bin,  indes 
nicht  wo,  we,  o^,  sondern  ti,  ti,  6  gesetzt  habe.     Die  Schreit 
und  w  kenne   ich  seit  Ende   des  13.  Jahrh.   kaum  noch,   ue 
allerdings   noch  später  vor,    aber  auch    nur  ausnahmsweise1), 
rend  sich  ce  noch  lange  erhält. 

Excurs  L 

Ueber  die  Capiteleintheilung  des  Gedichtes. 

Anfangs  ist  eine  bestimmte  Eintheilung  in  Capitol  (Avenliuren)  im 
nicht  vorhanden  gewesen,  noch  weniger  gab  es  Ueberschriften  derselben. 
Gruppe  /  und  //  beweisen  auch  dadurch  noch  ihren  relativ  alleren  Cl 
dass  sie  dieselben  grösstenteils  nichl   aufweisen.     Dass  einige   bedeut 
Abschnitte  durch  einen  grösseren  Buchslaben  gekennzeichnet  wurden,  W'l 
durch  nicht  ausgeschlossen,  obwohl  in  H  und  C1  auch  dies  nicht  statt  hflffj 
von  Ev  lässt   es   sich   aus   der   vorhandenen   Collation   nicht  nachweiset« 
Al  ist  es  der  Fall,  in  Bl  kommen  sogar  Ueberschriften  hinzu,  aber  man 
aus  der  nachstehenden  Uebersicht,    die   sich   auf  etwas   mehr   als  die 
2000  Strophen  erstreckt,  ersehen,  dass  eine  fest  bestimmte  Anordnung 
vorhanden   war,    wenn   auch   einige   Abschnitte   zusammentreffen,    nai 
bei  A{  im  Anfange,    und  dabei   nicht  bloss   der  Zufall   sondern   auch  ttfe 
lieferung   gewaltet   haben    mag.     Ueber  D1   werden  wir  erst  handeln  M*^ 
wenn  wir  //  erörtert  haben.     Nachstehend  gebe  ich  aus  A1  und  Bl  die  grtWfjl 
Initialen,    resp.  Ueberschriften  an;    die  Ziffern    sind  die  der  Hahn 'sehen firj 
gäbe,   die  grösseren  bezeichnen  die  grossen,    die  kleineren  die  mittleres IP] 


des  Buchstabens  E  in  dieser  Aufzählung  bedeutet  nicht,  dass  die  betr.  Strophe i* 
ausgelassen  sei,  sondern  nur,  dass  die  Collation  aus  dieser  Strophe  Nichts  anAft 
ausgelassen  sind  in  El  nur  HO — 112. 

{)   Gerade  unsere  Hss.   bieten  ziemlich  viele  Beispiele:  Marl.  B2  10,  l 
17,4  puechn;   34,  1  plueme  =  blume ;   37,  3  puez  =  buz.    —   C2  10,  t 
17,    3:4  suechen  :  puechen ;    21,1   pf tuende.    —   D2  5,  1    ruement  :  bluemext; 
gar  luefte  =  lüfte  9,    1    und  tuern  =  turne  35,   3  ;  fuer  u.  ä.  öfter. 


Der  Graltempel.  413 

eren  Initialen;  diese  gehen  von  6  bis  zu  3,  ja  2  Zeilen  herab.    Ein  grösserer 
\  *  giebt  an,  dass  der  Abschnitt  auch  in  //  sich  findet,  was  namentlich 
anfange  der  Fall   ist,    ein   kleinerer  *,    dass  er  wenigsten  Bl  gemeinsam 
In  Parenthese  sind  die  Gapitelzählungcn  von  //  (s.  u.)  beigefügt. 

A»  bezeichnet  folgende  Stellen  mit  grösseren  Initialen :  77*  (2).  257*  (2a). 
1  (4)   (in//  eig.   416).  476*  (5).   568.  575*  (6).  627.  635.  649.  664*  (7). 

781*   (8).    1015°.    1091.    1123.    1135.    1256.    1329.    1676.    1721.    1743. 
2.  1813.   1894.    1921*  (16).   2176   u.  s.  w. 

Bx  hat  es  auf  Ueberschriften  abgesehen ,  und  zwar  sollten  deren  sehr 
e  werden,    der  Schreiber  hat  zu   ihnen   einen  Raum    von  1   bis  3  Zeilen 

gelassen,  aber  nur  hin  und  wieder  hat  sich  der  Ruhricator  die  Mühe  ge- 
iflfco,  sie  einzutragen;  sie  sind  im  Folgenden  angegeben.  Unter  den  Ini- 
w  ist  kein  recht  hervortretender  Unterschied.  Die  eingeklammerten  Ziffern 
eben  sich  wieder  auf  Gruppe  //.  77*  (2)  Hie  hebt  sich  die  erst  aven- 
.  149  Hie  wart  Titurel  geborn.  161  Hie  toufte  man  in.  188  Hie  Titurels 
*r  strü,  und  half  sinem  vater.  257*  (21)  Hie  gap  im  got  den  wünsch. 
.  SU.  435.  442.  449.  504.  601.  635  Hie  wart  Sigun  geborn  und  sturp 
wter.  649.  670.  721.  733.  755."  921.  969.  1014.  1022.  1047.  1058. 
B.  1084.  1096.  1114.  1120.  1124°  (in  A*  1123).  1158.  1170.  1256.  1290. 
*.  1382.  1405.  1485.  1515.  1630*  (14).  1834*  (15b).  1874.  2248.  2337. 
*.  8479  u.  s.  w.  Bei  2772*  trifft  B{  wieder  mit  //  (22)  zusammen.  Ueber- 
ri^eo  finden  sich  dann  eine  Zeit  lang  ziemlich  zahlreich:  2998.  3055.  3066. 
'£'3114.  3122.  3127.  3139.  3146.  3173.  3182  u.  s.  w.  Von  3310  an 
tfen  sie  wieder  seltener.  Von  ihrer  Mittheilung  sehe  ich  ab. 
,  Ebenso  selbstständig  verfahren  die  Leipziger  Bruchstücke,  die  zu  /  ge- 
rn. Sie  haben  bezifferte  rothgemalte,  doch  durchweg  ungereimte  Ueber- 
rifen  vor  folgenden  Strophen  :  649*  (beziffert  XVIII,  vgl.  A*  u.  Jf>).  657  (XIX). 
3VPÜÜX,  vgl.  A\  und  jB1  zu  1124).  3052  (LV).  3059  (LVI).  3202  (LVII1). 
I  (LXXXIV).  4207  (LXXXV).  4216  (LXXXVI).  4483  (C). 
Ganz  anders  steht  dies  in  //.  Wie  in  dieser  Gruppe  eine  ziemlich  fest- 
ende Deberlieferung  erzielt  ist,  so  hat  sie  es  auch  von  vornherein  zu  einer 
n  Capiteleintheilung  gebracht.  Es  sind  ihrer  48,  die  in  allen  Ueber- 
rnngen  hervortreten,  von  einer  oder  der  andern  hie  und  da  wohl  um  ein 
itel  vermehrt  oder  um  einige  vermindert,  im  Ganzen  aber  durchaus  stationär. 
mit  dieser  Einführung  von  Anfang  an  Ueberschriften  verknüpft  waren,  lässt 

nicht  sagen;  aber  ein  Blick  auf  den  vorhandenen  Thatbestand  lässt  es 
t  gerade  wahrscheinlich  finden.  Noch  weniger,  ob  sie  von  Anfang  an 
imt  waren.  Sie  finden  sich  bald  gereimt,  bald  nicht,  bereits  in  A2,  von 
leider  nur  die  zweite  Hälfte  vorhanden  ist;  aber  B2  hat  so  gut  wie  gar 
e,  obwohl  überall  für  sie  Platz  gelassen  ist,  C2  und  E2  haben  ganz 
stständige.  Nur  hie  und  da  findet  eine  Uebereinstimmung  zwischen  A2 
C2  statt.  D2  dagegen  schliesst  sich  genau  an  A2  an  (excl.  4452) ;  darum 
e  ich  auch  D2  voran. 

Da  somit  ein  festes  Gerippe  für  den  Inhalt  des  Gedichts  gewonnen  war, 
ebe  ich  dies  im  Folgenden  nach  den  verschiedenen  Ueberlieferungen,  we- 
ich die  Einleitung  als  erstes  Gapilel  zähle.    Die  prosaischen  Ueberschriften 


X 


414  Friedrich  Zarncu,  [I 

des  Druckes  (E2)  habe  ich  nicht  aufgenommen,  sondern  nur  die  Bexifni 
der  Capitel  angegeben.  Die  Stelle  hinter  dem  —  bedeutet,  dass  sich  m 
ein  grosser  Initialbuchstabe  findet.  Die  a  oder  b  neben  den  Ziffern  beukkm 
Plusstrophen  oder  neue  Abschnitte  in  //.  < 

1.  Sir.   \    (Hahn).     Einleitung,  stets  ohne  Einzelüberschrift. 

2.  77,  Aventewre  von  tyturels  vordem  D2C2.  —  B2,  EV. 

2*.   257  =  EVI.      In   B2   steht  am  Rande  nota;     in   CW 
Unterscheidendes . 

3.  281,   Hie  vert  tyturell  von  vater  und  von  mutter  in  salvaterre  Z)2,  A«* 

tewr  wie  der  tempell  crpawen  wart  C2.  —  B2,  ß*  10. 
3a  =  4 1 5b    (Beginn   des   wahrscheinlich   interpolirten   MarieM^ 
etwas  grössere  Initiale  in  B2. 

4.  416,  Hie  wirt  tyturell  ha usfrawn  nemende  Z)2,  Aber  (so  fast  immer,  4+ 

bar  verlesen  für  Abenteure)   wie  tyturel  ain  frawen  voojjp- 
gen  nara  und  wie  dew  starb  C2.  —  B2,  E2  IV. 

5.  476,  Titurells  lere  gen  seineu  chinden  D2,  Awentewr  wie  tyturel  ktyfy 

schwarz  vorgeschrieben :  aventewr  die  auzlegung  des  graleiK 

—  E2  V. 

6.  575,  Hie  wirt  Fry muteil  gechronet  Z)2,    Abentewr   wie   frimutell  gecW 

wardt  C2,    schwarz  vorgeschrieben :   aventewr   die  auikflH 
des  grales  und  der  X.  poten  B2.  —  E2  VI. 

7.  664,  Hie  vert  Gahemet  zu  Baldach  D2,  Aber  wie  Gamuret  über  merhf; 

C2,  schwarz  vorgeschrieben: 

*  Wie  Gahmuret  schied  von  Belakane 
und  erbarb  die  Schwester  Tschiosiane  B2.  —  El  W. 

8.  781,  Hie   (Wie  C2)   choment  {fehlt  C2)  die  chunig  von  Babilon 

Pompeyus  und  Ypomidon  D2C2.*)  —  B2,  E2  Vin. 

9.  909,   Hie  wirt  gamuretes  leben  Aber  wie  gamuretz  leben 

der  niynne  an  den  re  gegeben  Z)2,      wart  auf  den  re  gegeben  C*. 
Aventewer    wie  Gahmuret    sein    ende    nam.     und   wie   groizew  cbb( 
umbe  in  wart  B2.  —  E2  (grosse  Initiale). 

10.  1088,  Hie  wirt  Tschionatulander 

ritter  und   (und  mit  C2)   hundert  ander  D2C2.  —  £2,  E2  IX. 

11.  H39,  Hie  liest  man  daz  prackensail       Des  lalfeins  frawden  hail 

nach  talffeines  unhail  D2,  sent  in  nach  dem  prachken  sail  0 

Aventewre  von  dem  prachen  und  von  der  sträng  B2.  —  E2  X. 
f 2.    1341,  Hie  tjostirt  talfialt 

unez  daz  er  vierezig  ritter  valt  D2, 
Aber   wie  Tschionatulander   zu   dem   turnay   kam   in   kunig  Artan* 
hof  C2.  —  B2}  E2  XI. 
13.   1 503,  Dem  talfine  sendet  der  Atmerat        Aber  wie  Attmeralt 

von  present  reichen  rat  I)2,  dem  talfein  sand  reichen  radC 

—  B2y  E2  XII. 

')    Dieser   sich   so   zu    sagen  aufdrängende  Heim  scheint  zuerst  die  Lust  P 
Reimen  in  den  Ueberschriften  erweckt  zu  haben. 


L]  Der  Graltempel.  415 

•    1630,  Bezeichnung  fehlt  D2,   Aber  wie  chung  Artaus  ritter  macht  C2.   — 

B2,  E2  XIII. 
U»  =  1661,  nur  in  B2. 
.    17*4,  Hie  verdint  der  talfin 

achczig  mayd  chueß  und  chrencalin  D2. 
Aber  wie  daz  prachken  sail  ward  gelesenn  C2.   —  B2,  es  fehlt  jede 
Bezeichnung  E2. 
15»  =  1824,  nur  in  B2. 

15b  =  1834  E2  XIV,  =  1838  £2;    in  D2C2  ohne  alle  Hervor- 
hebung. 
.    19*1,  Von  dem  turnay  Z)2,   Aber  wie  kung  Gurmert  und  ander  fürstenn 

.   mit  im  C2.  —  B2y  E2  XV. 
.    9068,  vom  Rubricator  nicht  ausgefüllt  Z)2,    Aber   wie   der   talfein  verdient 

der  maide  chus  C2.  —  B2,  E2  XVI. 
.   ft319,  Der  von  Maroch  chompt  uns  hie 

gutes  reich  und  eren  fry  D2, 
in  C2  fehlt  ein  Blatt.  —  B2,  E2  XVII. 
18»  =  «298,  nur  in  E2  als  Cap.  XVIII. 
.    f  400,  Hie  chuembt  freuden  wieder  treyb 

Und  pitet  den  wirt  umb  sein  weipp  D2, 
Aber  wie  Artausen   drew    hundert  frawen  verstolen  wurdenn  C2. 
—  B2,  E2  XIX. 
.    S&24,    Hie  vert  talfein  über  mer 

den  zazamant  entphing  er  mit  veintleichein  here  1)27 

Aber  wie  Tschyonatulander 

für  über  mer  und  sein  geselten  die  anderr  C2.   —   B2,  E2  XX. 
.    «639,  Hie  gesigt  sunder  spotten 

der  Graharczois  an  den  ga holten  I)27 
Aber    wie   Tschionalulandcr   mit   den   Galiollen    vacbt  C2.    —    B2, 
E2  XXI. 
.    1772,    Hie  enpfie  der  kaiser  Akorein 

den  talfeih  und  all  die  sein  A2  (welches  hiermit  beginnt)  xj  D2, 


x)  Ä2,  mit  prachtvollen,  die  ganze  Seite  einnehmenden  Bildern  geschmückt,  und 
rum  so  oft  lückenhaft ,  weil  Bfätter  herausgeschnitten  sind ,  liefert  zu  diesen  Bit- 
m  Unterschriften  (odet  U eher  Schriften ),  meistens  auch  in  Versen.  Ich  hebe  einige 
raus:  Zu  Str.  373  zwei  Bilder  und  dazu  1.  Hie  reitt  der  paruc  und  Atinerio 
igegeo  dem  talfin;  2.  Des  ersten  enpfie  die  Atinerein  Den  jungen  tal/ein.  Zu 
r.  4266  :  Nach  grozzem  verdienen  der  cristen  Wolt  Akorein  seu  mit  gäbe  fristen, 
t*  4313:  Hie  pat  der  talfein  den  Akorein  Umb  Gahmuret  sein  öheim.  Zu  4528: 
ie  kom  Tschyonatulander  An  die  von  Laiander.  Zu  4830  :  Hie  klagt  Secundill 
en  Sekuraiz  und  Arabadillen.  Zu  56 1 3b :  Hie  tyostirt  Parcifal  Und  Agors  umb 
irdistaln,  ähnlich  zu  Str.  5628.  Zu  6021:  Hie  belaitct  Feratiz  den  Parcifal 
einen  prüder  mit  dem  gral  Und  saget  im  von  dem  priester  Johan.  Zu  6189: 
ie  gab  auf  priester  Jolian  dem  Parcifal     All  sein  herschaft  durch  den  gral. 


416  Friedrich  Zarnckb,  [M> 

Aber  wie  dem  paruch  ward  gesait 

des  talfeins  chunflt  und  sein  werdichait  C2, 

Wie  der  Gahmuret  die  galiolen  pedwang 
unde  sew  zu  dem  paroch  sand  schwarz  vorgeschrieben  (anfa 
Stelle?)  B2.  —  E2  XXII. 

23.  2914,   hier  fehlt  in  A2  ein  Blatt, 

Hie  wirt  ain  vespery  getan 

von  secureiz  dem  werden  man  D2, 

Aber  wie  der  paroch  gen  seinen  veinden  zogt  C2,    Aventewr  itj 

der  paroch   der  haiden  Ypomidon  nider  stach   schwarz  wr- 

gezeichnet  B2.   —  E2  XXIII. 

24.  3066,   Hie  schart  der  atmerat  Aber  wie  sich  der  paruch  «fad 

sein  her  mit  weisem  rat  A2D29     gen  seiner  grossenn  widerpirtß. 

—  B2,  E2  XXIV. 

25.  3209,  Hie  scharen t  die  Babilon 

Pompeius  und  Ypomidon  A2D2r 
Aber  wie  sich  die  Babylon  gen  dem  paruch   scharten  C2.  —  4j 
E2  (doch  nicht  Capitelanfang) . 

26.  3397,   Der  auz  Persya  hebet  alhie  (hie  D2)  den  streit 

der  für  daz  [fehlt  D2)  leben  sterben  geit  A2D2, 

Aber  wie  Tschionatulander 
sich  stal  in  den  streit  und  sein  gesellen  die  ander  C2.  — lPf* 
XXV. 

27.  3532,    Hye  wirt  Kyllicrat  gevaiget 

sein  leber  wart  (wirt  D2)   der  sunnen  gezaigt  A2D2y 
Aber   wie  Ekunat  Morholten    und  Lehelein  sich   erwerten  dreyerU" 
nige  C2.   —  B2E2. 

28.  3648,    Daries  (Hie  wirt  D.  D2)  der  starche 

wirt  hie  (fehlen  D2)  gelait  in  todes  arche  A2D2, 

Abentewr  wie  der  paruch  mit  den  seinen  in  den  streyt  kert 
und  wie  er  den  talfein  ert  C2.  —  B2,  E2  XXVI. 

29.  38  4  8,  Hie  kerent  selbe  ze  velde 

die  soldan  mit  todes  gelde, 
hie  wellen t  die  soldan  zechen, 
daz  si  Sekureiz  gerechen  A2D2y   • 
Aber  wie  Ypomidon  in  den  streit  kerett  C2.   —  B2,  E2  XXVII. 

30.  3975,   in  A2  fehlt  ein  Blatt, 

Hie  choment  die  von  egipten 
an  manhait  die  unverchripten  D2, 
Aber  wie  die  von  egipten  in  den  streyt  zogten  C2.  —  B1Et* 

31.  4120,  Hie  vollem  die  Babylon 

Pompeyus  und  Ypomidon  A2D2, 
Aber  wie  der  talfein  schlug  Ypomidon  und  Eckkunat  Pompeyus^- 

—  B2,  E2  XXVIII. 


Der  Graltempel.  447 

0,  Nach  grozzem  sig  grozzez  guet 

geil  der  paroc  bochgemuet  A2,  in  D2  keine  Bezeichnung; 
Aber  wie  der  sig  ervochten  ward  an  den  Babylon  C2.    —   B2,  E2 
XXIX. 
5,  Daz  ist  der  cristen  widerkumft 

nach  eren  reicher  signumft  A2D2, 
Aber  wie  sy  wider  haim  ze  lannde  fueren  C2.  —  B2,  E2  XXX. 

.1,   An  kunic  Artus  hofe  freudebSre        Hie  iagte  der  talfine 
kom  wunderlich  m5r  A2,  Orilus  und  Leheline  D2, 

Aber  wie  Kanfolais  ward 
geratt  mit  grosser  hervart  C*, 
Abenture  we  Orilus  unde  Lehelin   mit  heres  kraft  belagen  -Kam- 
valeyse  Goslarer  Bruchstück,  Zeüschr.  f.  d.  Phü.  2,  407.  — 
B2,  E2  XXXI. 

B9,  Hie  gesigt  der  Britaneis  Aber  wie  chung  Artaus 

an  Lucio  dem  kurteis  A2D2,  komen  pose  mer  cze  haus  C2. 

—  B2,  E2  XXXII. 

77,  in  A2  fehlt  ein  Blatt, 

Hie  gesigt  Tschionachtulander    Aber  wie  Allexander  (lies  Tsch.) 

an  Philippen  und  Allexander  D2}  vacht  mit  Philippen  und  Allexander  C2. 

—  B2,  E2  XXXIII. 

15,  Hie  streit  Tschyonahtulander 

mit  Orilus  de  (von  D2)  Laiander  A2DK 
Aber  wie  Jescute  Sygawnen  sand  das  prachkensail  C2.  —  B2,  E2 
XXXIV. 
94,  Der  aventewer  wiert 

alhie  von  tyost  erslagen  wirt  A2D2, 
Abentewr  wie  Orilus  .  Schlug  den  Graharczois    (mit  Pimrt  in  der 
Mitte,  also  Reim?)  C2.  —  B2,  E2  XXXV. 
II,  Sigounen  trew  verdient  hye  wol 

daz  man  alle  frouen  loben  sol  A2D2, 
in  C2  ist  unten  am  Rande  eine  Vorschrift  des  Bubricators :  Sigawnen 
chlag  die  ander;  in  B2E2  findet  sich  keine  Hervorhebung. 

77,   Wie  Ferafeyz  (Verafiz  D2)  errunge      Aber  Sigawnen  chlag 

Secundillen  die  iunge  A2D2,  die  mert  sich  von  tag  ze  tag  C*. 

—  B2,  E2  XXXVI. 

40»  =  5294  Aber  von  Ferafis  C2. 
8,  Talfeines  freunt  chlagent  hie 

da  von  Sygoun  nihl  ablie  A2D2, 
Ab<*r  wie  Kyot  Manfilot  Gurnemancz  und  Lyaze  zu  Sygawnen  ko- 
men C2.  —  B2f  E2  XXXVII. 
5,  Ze  Sygounen  chlage 

kumt  Parcifal  ir  mage  A2D2, 
Aber  wie  Parczival  zu  Sygawnen  kom  und  sy  in  gütlich  enphieng  C2. 

—  B2.  E2  XXXVIII. 


420  Friedrich  Zarncke, 

3605,    Der  ander  streit. 

3664,    Wio  Daries  von  tschyonalulander  erslagen  wart. 

3818*  (29,  vgl.  A2D2),    Hie  wellen  die  soldan  zechen         Das  sy  die  I 

rechen. 
4120*  (31),    Wie  yppomedon  mit  dem  baruch  strait         Und  wie  in  d 

der  talphin  darnider  lait  et  cetera. 
4176,    Av.  wie  Pompeius  von  eckunat  erslagen  ward. 
4240     (vgl.  A2  4230)  ,  Nach  grossem  sige  geil  groß  gut         Der  haruek 

gemut. 
4338,    Av.  wie  die  Christen  wider  haym  zeland  füren. 
4452*  (34),    Av.  wie  Orilus   und  Lehelein   für  Kanfolays   zugen  und  i 

da  von  geslagen  wurden. 
4552     {vgl.  4551  2?1),  Die  uberfart  hat  ain  end        Got  uns  sein  gnade 

Hie  hebt  sich  an  ain  ander  lied  Wie  Artus  gein  Lucio  mKi 

streite  schied,    amen. 
4652     (vgl.  Bl) ,    Wie   tschyonatulander   mit  sein   ainer  hand        WA 

sein  leul  und  auch  sein  land. 
4677*  (36,  vgl.  Z)2) ,    Av.    wie    tschyonatulander        Gesigt  an  phyHfl 

Alexander. 
4861      (vgl.  A2D2),  Hie  strait  thyonatulander        Mit  Orilus  von  Lalande 
5017,    Wie  der  edel  tschyonatulander  erslagen  ward. 
5111*  (39,  vgl.  A2D2) ,     Sygunen   trew   verdient   hie   wol  Das  dm 

frawen  eren  sol. 
5177*  (40),  Hie  körnt  Parcifal         Zu  sigunen  under  die  linden  sunder 
5319*  (41,  vgl.  A2  D2) ,    Talpheins   freund   chlagten    hie         Daz  Sigofi 

ablie. 
5415*  (42),  Wie  Parcifal  zu  Sigunen  kom  in  dem  wald. 
5597     (vgl.  A2D2  5512),  Wie  Parcifal  erlöst  Pardischa In         Die  liecht  9 
5792     (vgl.  2?1) ,    Av.    wie   Eckunat   räch         den    tschyonatulandern 

daz  er  Orilus  erslüg   von   Laiander         und    er   auch   laid  ung 

(Reime?) 
6159     (vgl.  A2B2),  Die  aventeur  bringt  alda         Den  gral  in  land  Ynd; 


Excurs  II. 

Ueber  das  Verhältnis  der  Wolfram'schen  Bruchstft 
zu  den  Handschriften  des  jungem  Titurel. 

Es  ist  oben  bei  Erörterung  der  Handschriften  Verhältnisse  ein  llomei 
in  Erwägung  gezogen  worden,  das,  obwohl  in  die  uns  zunächst  beschul 
Partie  nicht  einschlagend,  doch  nothwendig  von  wesentlicher  BedeuU 
jene  Verhältnisse  sein  muss  und  daher  auch  hier  nicht  ganz  unerwoge 
ben  darf,  das  Verhältniss  von  Wolfram's  Bruchstücken  zu  unserm  Te 
wir  sie,  wenn  auch  in  ziemlich  roher,  so  doch  in  Beireff  des  Reimes  1 


Der  Graltempel.  421 

erarbeiteter  Gestalt  besitzen1).     Ich  habe  aber  den  Gegenstand  hier  nicht 

öpfen  wollen,    um    nicht   einem  Jüngern  Freunde,    der  schon  länger  das 

Material  gesammelt  halte,  das  Interesse  an  seiner  Arbeit  zu  stören,    ob- 

ich  mich  dadurch  der  Gefahr  aussetzte,   von  diesem  Gesichlspuncte  aus 

nachträglich  Bedenken    gegen    die    von  mir  ausgesprochene  Ansicht  her- 

eten  zu  sehen ;   ich  habe  mich  darauf  beschränkt,  an  verschiedenen  Stellen 

eit  mit  der  Sonde  einzudringen  ,    um  wenigstens  eine  Wahrscheinlichkeit 

i stellen.     Diese    trat    dem    von    mir   aus   andern    Momenten    gewonnenen 

schriftencanon    nirgends   entschieden    entgegen.      Einige    Schwierigkeiten, 

ach  ergaben,   habe  ich  offen  dargelegt. 

Ich  will,  nur  um  einen  Einblick  in  diese  Frage  und  ihre  Behandlung  zu 
ihren,  nachstehend  drei  Erwägungen,  die  ich  angestellt,  vorführen. 
1.  Schon  erwähnt  ist  die  Strophe,  in  welcher  H  noch  eine  ungereimte 
r  bewahrt  hat,  allerdings  an  einer  ganz  von  ihrem  Zusammenhange  los- 
Hinten  Stelle.  Es  ist  W.  Tit.  10,  bei  Hahn  619;  in  //  sind  618  und  619 
icben  590  und  591  gestellt,  während  hier  /  und  //  in  der  Reibenfolge 
r  sich  und  mit  Wolfram  übereinstimmen.  In  der  Ambraser  Hs.  der  Frag- 
te, au  die  sich  die  Bearbeitung  im  j.  Titurel  meistens  anschliesst  (was 
i  bei  den  Übrigen  Strophen  stets  zu  beachten  ist) ,  lautet  die  in  Betracht 
mende  erste  Hälfte: 

Dtn  tohter  Schoysiane  in  ir  herze  besliuzet 

lö  vil  der  guoten  dinge,         daz  ir  diu  werlt  an  scelden  geniuzet  : 

stimmt  hiemit   völlig   Uberein,    nur  ist  vor  geniuzet  ein  ibol  eingeschoben, 
ist  nun  klar,  dass,  soll  das  von  mir  angenommene  Handschriftenverhältniss 
richtige  sein,  die  Veränderung  dieser  Stelle  in  /  und  //  nicht  gleich  sein 
f,  denn  in  diesem  Falle  würde  das  Verhältniss  das  folgende  sein  : 

x 

=  1 

y 

h  i      "     7/ 

d  dieses  haben  wir  ausdrück  lieh  ablehnen  müssen.  Das  von  mir  ange- 
ramene  verlangt,  dass  die  Correcturen  in  /  und  //  selbstsländig  vorgenommen, 
0  (obwohl  dabei  dem  Zufall  ein  gewisser  Spielraum  gestattet  werden  darf) 
schieden  sein  müssen ,  weil  in  der  Vorlage  von  /  und  der  von  ////  noch 
'ich,  d.  h.  in  diesem  Falle  noch  übereinstimmend  mit  //  gelesen  sein  muss. 
■se  Forderung  zeigt  sich  denn  auch  wirklich  erfüllt.  Die  Strophe  ist  zwar 
*  beiden  Redactionen  in  der  Weise  abgeändert,  dass  die  erste  Halbzeile  des 


,)  Sie  war,  wie  es  scheint,  bereits  zu  der  Zeit,  als  der  jüngere  Titurel  ge- 
ilet wurde,  in  eine  so  rohe  Form  gerathen,  denn  hierauf  beziehe  ich  die  Worte 
s  Ueberarbeiters : 

Mit  Timen  schon   zwigenge  sitit  disiu  lieder  worden 

gemezzen  rehter  lenge         gar  in  ir  don  ndch  meistersanges  orden. 

ze  vil,   ze  klein,   des  werdent  lief  versivachet : 

her   Wolfram  si  unschuldec,  ein  schriber  dicke  reht  unrihtic  machet. 

»handl.  d.  K.  S.  G*sellsch.  d.  Wissensch.  XVII.  29 


in 


Friedrich  Zarnt.ke, 


zweiten  Verses  umgearbeitet  ist,  ein  Verfahren,  das  sich  aber  nahe  legen 
da  man  den  Eigennamen  nicht  aufgeben  wollte  und  Reime  auf  äne  n 
häufigeren  gehören.  Für  so  vil  der  guotm  dinge  liest  nun  /:  sulck 
sunder  wüne,  und  //:  solh  tugent  volsches  äne.  Das  Zusammentreffe*  in 
tugent  darf  nicht  auffallen,  denn  welches  Wort  konnte  sich  wohl  leichler 
ten  als  dieses? 

2.  Ich   setze   sodann   eine  Anzahl  Strophen   aus   der   Ueberarbekoog 
Wolfram'scben  Bruchstücke  her,  die  in  //  fehlen,  in  denen  also  /und  II 
zur   Vergleichung   vorliegen.      Ich    habe   von   Angabe   des   Variantena| 
abgesehen  und  mich  auf  einfache  Herstellung  des  Textes  beschränkt,  wiehJ 
verschiedenen  Handschriften  unter  Vergleichung  mit  der  andern  Classeonii 
Wolfram  als  Lesart  des  Archetypus  von  resp.  /  und  //  ergaben.     In  der 
graphie  ist  in  /  von  A\  in  //  von  B2  ausgegangen.     Nieht  unerwähnt 
lassen,  dass  in/)1  mancherlei  Besserungsversuche  gemacht  sind,  die  ick 
entfernen  musste,  so  dass  auch  hier  sich  das  Resultat  ergiebig   dassd»< 
willkommenen  Lesungen   in  Dl   mit  Reserve   aufzunehmen  sind.     Alle 
in  denen  die  eine  Redaction  WolfranVs  Text  geschont  hat,  während  sie  fei 
andern  verwischt  sind,  habe  ich  gesperrt  setzen  lassen.     Man  sieb, 
hier  zeigen  sich  die  beiden  Gruppen  als  ziemlich  gleich  zuverlässig  oder' 
mehr  gleich  unzuverlässig,  wenn  sich  auch  nicht  verkennen  lässt,  (fatthl 
etwas   weniger   vom  Ursprünglichen    verwischt   ist  als   in  /.     Uebrigt 
man  zugleich  brachten   (und  dies  auch  in  dem  dritten  Absatz  bestätigt 
dass  im  Ganzen  die  Abweichungen  der  beiden  Redactionen  unter  sich 
in  dieser  Partie  nicht  sehr  erheblich  sind. 


I. 


Stn  art  an  prtse  di  ganzen 
wil  ich  ein  teil  benennen, 
von  Gräharz  Gurnemanzen 
des  k indes  ane  der  chund  Isen  tren- 
nen  (zutrennen  Bl), 
des  pflac  er  mit  tjost  an  maniger 

hurte : 
dö  hiez  sin  vater  Gurzegrtn, 
der  lac  tot  durch  Tschoidelakurte 


Wolfram 
Str.  II. 

41.    Ich  wil  mit  wirdc  ganze 
sein  art  ain  teil  penennen,  • 
von  Gräharz  Gurnemanze 
des  chindes  an  chund  eisen  z< 


des  phlag  er  ze  tyost  mit  na^FJ 

hurte. 
d6  hiez  sein  vater  Gurczegrein 
der  lach  töd  durch  TschoydeligüW 


Mahede  hiez  sin  muter, 
Ekunates  swester, 
vogt  einer  pfaltze  guter, 
benant  vil  rieh  zer  starken  Perbester : 
selbe  hiez  er  Tschionatulander. 
so  höhen  piis  nicht  werben 
bt  slner  ztt  kund  einer   noch   der 
ander. 


42.    Mahut  hiez  sein  muter, 
Ekunates  swester, 
vogt  ainer  phalcze  guter, 
vil  reich  benant  zer  starchen  Berwesi^ 
selbe  hiez  er  Tschionatulander. 
so  höhen  preis  pei  seiner  zeit 
erwarb  nooh  n  i  e  der  aine  noch  «* 
ander. 


Der  Graltempel. 


423 


I. 

Jen  sun  Gurzgrlen  M 
Sigünen  nande, 
n  valsches  frten, 
da  von,  daz  man  ir  muter 

sande 
lege  von  dem  reinen  Gräle : 

ich  si  vür  zücken 
»siechte  wert  daz  lircht  ge- 
niale. 


Wolfram 

Str.  II. 

43.    Daz  ich  den  sun  Gurczgreien 
nicht  vor  Sygaunen  nande, 
der  rainen  wandeis  vreien, 
daz  was  des   schult  daz  man  ir 

muter  sande 
auz  der  phlege  von  dem  rainen  Gräle : 
des  must  ich  sei  vor  nennen 
und  ir  geslachte  wert  daz  Hecht  ge- 

mäle. 


i  diel  des  Grales 

di  üi  erweiten, 

>  tri  belle  mäles 

t  lern  steeten  prtse  di  ge- 
leiten : 

i  Sygüne  von  dem  seihen 
sAmen, 

vonMontsalvätsch  ge- 
sagt, 

stt  di2)  heilhaften  nämen. 

s  edeln  sämen  kraft 

icht  zu  dem  lande, 

,  an  prls  da  berhafl, 

;ar  ein  schür  üf  di  schände. 

anvoleis  verre  ist  bekennet: 

t  si  in  mangen  zungen 

an  houbetstat  genennet. 

ir,  Kanvoleis, 

i  spricht  dlner  slaHe! 

?r  liebe  kurteis, 

la  üf  dir  hebende  wart  nicht 

speete, 
•der    minne    vru   an    zwein 

kinden, 
i\  werlt  enmohte 
»it  nie  dar  under  bevinden. 


44.  Wann  ellew  diet  des  Grales 
daz  sint  die  erweiten, 
hie  sselich  sunder  mäles 

und  dort  zem  Staaten  preise  die  ge~ 

czelten. 
Sygaun  was  auch   des  selben2) 

edelen  sämen, 
der  von  dem  Gräle  wart  gesaet 

vil  verr,  da  in  die  hailhaften  nämen. 

45.  Swar  des  edeln  sämen  chraft 
hin  wart  prächt  dem  lande, 
der  muste  werden  perhaft, 

im  viel  gar  ein  schaur  auf  die  schände, 
da  von  Canfolaissö  verre  istbechennet : 
des  wart  si  in  man  ige  r  czungen 
gar3)  der  tre wen  haupstat  genennet. 

46.  0  wol  dir,  Kampholaise, 

wie  man  preiset  deine  statte! 

von  süzzer  lieb  kurtaise, 

dew    geschach   auf   dir  nicht    ze 

spsete. 
minne  hueb  sich  frä  da  an  zwain 

chinden, 
daz  al  die  weit  nicht  möchte 
ir  trubhait  nie  dar  under   bevinden. 


Cs  ist  doch  wohl  nur  zufällig,  wenn  Dl  Gurzgrien  sun  liest,  wie  bei  Wolfram. 
Stimmend   zu    der    Ambraser  Abschrift    der   Wolfram* sehen  Bruchstücke,    wie 


;ar  entspricht  dem  ie  bei   Wolfram. 


29 


424 


Friedrich  Zarncke, 


I. 


Gamuret  mit  wirde  hoch 

di  kint  bi  einander 

in  stner  kemenAlen  zöch : 

der  säze  clare  Tschionatulander 

dannoch    was   nicht  stark  an  stnem 

sinne 
und  wart  iedocb  beslozzen 
in    bant    sin    herze    von    Sygnnen 

minne. 


Wolfram 

Str.  II. 

47.    Gahmuret  mit  wirde  hoch 
dew  chind  pei  einander 
in  seiner  chamer  liepleich  zock. 
der  chlare  sözze  Tschionatutandi 
dannoch  was  nicht  starch  an  sei 

sinne 
vnd  wart  iedoch  peslozzen 
in  not  des  herczen  von  Sygff 

minne. 


We,  daz  si  minne  niht  verbirt 
s6  tump  gegn  sulcher  angest! 
swA  jugent  sus  begriffen  wirt 
mitirstrik,  da  wert  si  aller  langest: 
ob  dannoch   (also/)1)  diu  minne ju- 
gent bindet1) 
mit  kreften  unberoubet, 

in  alter  si  der  krefle  nieman  vindet. 


48.    Wo,  daz  si  minne  nicht  vef|M 
so  tump  gegen  solcher  angetfl , 
swA  iugend  sust  pegriflen  wHi 
mit  ir  strick,  da  wont  si  aller  ha 
ob   daz   alter  minne   sieb| 

laubet,  J 

pei      minne     dannoch     jigtfl 

wont1),  j 

wand  minn  ist  an  irchreflet^ 

beraubet. 


We,  minne,  dtner  krefte  rat 
waz  loug  der  under  kinder"? 
wan  einer  der  nicht  ougen  hAt 
der  niöcht  dich  spüren,  gieng  er  also 

blinder, 
minne,  du  bist  also  manger  slachte, 
all  schrtber  nicht  volschrlben2) 
enmohlcn  ua  r  d  i  n  arl  und  d  t  n  ahte. 


49.    We,   minne,  deiner  chrefte  fM 
waz  taug  der  under  chinder, 
ainer  der  nicht  äugen  hAt, 
der    möcht  dich   spüren   und  gfe 

also  plinder. 
minne,  du  pist  also  manigerslad 
alle  Schreiber  möchten 
er  schreiben  nicht  ir  art  undirad 


Sit  man  di  religiösen 
beswert  wol  in  der  minne, 
in  klöster  und  in  klösen, 
daz    si    sint    gehörsam   mit   manger 
dinge  sinne3) 


50.    Seit  man  die  religiösen 
peswert  wol  in  der  minne, 
in  chlöster  und  in  ch lösen, 
daz  si  sint  gehörsam  mit  sinne 


!)  Um  diese  doppelte  Anlehnung  an  Wolfram  zu  verstehen,  wird  man  ff 
annehmen  müssen  ,  dass  hier  noch  innerhalb  des  jungem  Titurel  anfangs  «»  & 
langer   Vers  gestanden  habe.      Vgl.    Wolfram   48,    i. 

2)  volschriben  /  mit  der  Münchner  Abschrift  der  Wolfram' sehen  Brückst** 
erschriben  //  mit  der  Ambraser. 

3)  Auf  diesen  Fehler,  der  in  Ax  unverhüllt  geblieben  ist  und  dessen  EnUtM 
sich  erklärt,   führen  auch  die   Verbesserungsversuche  der  ifss.    HXDX  zurück. 


Der  Graltempel.  425 

eisten   mügen  koume,  manigcr  dinge ,    die   si  doch  laistent 

chaunie, 
et  ritler  under  heim,  minne  ritter  vnder  heim 

enge  an  ir  roume.  dwingel,  minne  ist  enge  an  ir  räume. 

i  lasse  ich  noch  acht  Strophen  folgen ,  in  denen  wir  neben  / 
7  vergleichen  können.  Zunächst  bieten  die  neben  einander 
»phen  aus  /  und  //  wieder  einen  Ueberblick,  wie  nahezu  gleich 
irbeitungen  in  Erhaltung  und  Verdrängung  des  Ursprünglichen 
ie  darunter  stehende  entsprechende  Strophe  aus  //  bezeugt  so- 
tt ,  wie  11  zwischen  /  und  //  in  der  Mitte  steht :  die  resp.  mit 
►der  mit  //  (gegen  /)  stimmenden  Worte  sind  cursiv  gedruckt 
unter  die  Bezeichnung   der  Gruppe  gegeben.     Sodann  sind  die 

erhaltenen  Worte  aus  den  Originalfragmenten,  die  also  für  die 
e  Glaubwürdigkeit  des  Textes  von  //  Zeugniss  ablegen,  gc- 
t.    Hier  musstc  sich  nun  die  bereits  erwähnte  Regel  bewähren, 

(noch  originale]  Lesart  in  H  nicht  durch  eine  übereinstimmende 
/  und  //  ersetzt  sein  darf.     Das  Material,  das  unsere  Strophen 

ist  nur  geringfügig  und  entscheidende  Fälle  kommen  in  ihnen 
ert  in  H  (und  bei  Wolfram)  statt  wert  I  und  //  in  Str.  18,  1  kann 
in,  ebenso  der  Zusatz  von  auch  19,  1 ;  das  Fehlen  von  dar  21,  4 ; 
,  1.  Wichtiger  ist  unleugbar,  dass  der  ganze  Bau  des  ersten 
r.  18  in  //  offenbar  Wolfram  näher  steht,  und  dennoch  eine 
;hwerlich  durch  Zufall  gleiche,  Aenderung  ihm  in  /  und  //gegen- 
lan  wird  an  die  schon  besprochene  Stelle  Gralt.  55,  4  erinnert, 
köpfende  Discussion  der  Ueberlieferung  kann  hierüber  ein  end- 
I  gewähren. 

Wolfram 

I.  Str.  II. 

£n  künne  17.    Gewan  ie  furslen  chunne 

olde  l)  ain  lieber  w  e  i  b ,  der  dolde 

?  wunne,  vil  he  reze  nie  icher  wunne, 

ne  an  in  beiden  wolde.  als  e  z  dew  minne  an  in  paiden  wolde. 

iahet  im  sin  truren :  owe  des,  nu  nähet  im  sein  trawren : 

werlt  ein  ende,  sust  endet  sich  deu  werlt, 

sfize  miiz  zu  jun-  ir  süze  muez  ie  an  dem  ortesawren. 
st  süren3). 


I)x  suchen  diesen  Fehler  vergeblich  zu  corrigiren. 
7   mit  der  Münchner  Abschrift,    also  /  mit  der  Ambraser:   mehr  als 

Kreuzung   der   Ambraser    und    Münchner  Abschriften.      Die    doppelte 
I    und   II      an    Wolfram    möchte   auch    bei   diesem    Verse    vermuthen 
anfangs   im  jungem   Titurel  noch   überlang  gewesen  sei,    wie  ja  in 
sich  viele  solche   Verse  finden. 


426  Friedrich  Zarncke, 

H. 

Gewan  ie  Fürsten  kttnne         lieber  wlp  (II)  *),  der  dolte 

vil  herczelicher  wünne,         alz  ez  (II)  diu  minne  an  in  baiden  wai 

Owe,  daz  du  n&hent  im  sin  trüren. 

diu  weit  nimt  sus  ende  (/),        ir  süzze  (II)  muzz  ie  an  dem  orte  (II)  d 

I.  IL 

Id  rechter  ztt  der  mäze  18.    In  rechter  zeit  der  mäzte 

stn  wlp  in  wert  eins  kindes.  wert  in  sein  weib  ains  chinfa: 

so2)   mich  got  erl&ze  sA2)  mich  got  erldzze 

in  mtnem    htise  al  solches s)    inge-  in  meinem  hause  ains  solheo1)  k| 

sindes,  sin  des, 

daz  ich  also  tiure  moste  gelten  1  daz  ich  also  tewer  mflste  gelil 

di  wile  ich  h&n  di  sinne,  die  weil  ich  h&n  die  sinne, 

s6  wirt  sin 4)    von   mir  gewttnschet  s6  wirt  sein  von  mir  gewfitnokAl 

selten.  ten5). 

H. 

Sin  wlp  zltlicher  m&zze         gewert  in  aines  kindes: 

so  mich  got  erläzze         in  mlnem  hüs  al  solhes  (/)   ingesindes, 

daz  ich  also  tiure  mflste  gelten! 

die  wtl  ich  h&n  die  sinne,         sA  wirt  sin  doch  von  mir  ge wünschet  sein 

I.  II. 

Tschoisi&n  di  clAre,  19.    Tschoisiän  die  chlore, 

di  sflz  und  ouch  diu  staßte,  dev  süz  vnd  auch  die  starte, 

gebar  mit  tödes  väre  gepar  mit  tädes  v&re 

ein  lochter  wert,   diu  vil  saelden  ain  tocliter  wert,  deu  vil  der* 

haete :  hiete : 

an  der  wart  elliu   magtllch   ere  er-  an  der  wart  ellew  magtleich# 

standen,  standen, 

si  pflac  so  vil  der  triwen,  si  phlag  so  vil  der  trewen, 

di  man  noch  von  ir  sagt  in  mangen  die  man  von  ir  noch  sagt  in  xf 

landen.  landen. 


*)  Wegen  des  fehlenden  ein  könnte  man  diese  Stelle  auch  als  eine  dem  Wo 
sehen  Texte  näher  stehende  für  die  hervorragende  Glaubwürdigkeit  von  H  in  An 
nehmen. 

2)  so  in  der  Ambraser  Abschrift. 

3)  ains  solhen  wiederum  II  mit  der  Münchner  Abschrift,  al  solhes  /  * 
Ambraser;   wieder  Zufall? 

A)  sin   (statt  es)   in  der  Ambraser  Abschrift. 

5)  Hiernach  folgt  in  II  Str.  627  —  630.  In  B2  steht  dabei  Nö  vom  Rfr 
gleichzeitig ,  und  ebenso  am  Rande.  Also  war  man  sich  dessen  betousst,  d& 
eine  Umstellung  stattgefunden  hatte,  oder  man  hatte  andere  Hss.  verglichen! 


]  Der  Graltempel.  427 

H. 

Tschoysian  diu  cläre,         diu  sfizze  und  diu  stsete, 

gebar  mit  tödes  väre         ain  lohler  wert,  diu  vil  der  scelden  (Z/)1)  haete : 

an  der  ward  alliu  magtlich  er  enstanden  (II), 

diu  pflag  so  vil  der  trüvven,         die  man  vöii  fr  noh  saget  in  mänegen  landen. 

1.  iL 

s  fttrsten  leit  bie  gebte2)  20.    Des  fürsten  lait  sich  heble, 

i  lieb  ein  underscheiden :  mit  lieb  all  vnderschaiden : 

i  junge  tohler  lebte,  sein  junge  lochter  lebte, 

niitor  tot,  daz  het  er  an  in  beiden.  ir  mutcr  löt,  daz  het  er  an  in  paiden. 

tekäMfriien  tot  half  im  üz  borgen  Tschoysianen  tot  half  im  auz  porgen 

fhist  an  den  vreuden  die  flust  an  den  vreuden 

id immer  mer  gewin  an  den  sorgen.  und  immer  raer  gewin  an  den  borgen. 

11. 

Des  fürsten  lait  hie  gebte  (/)         mit  lieb  ain  (/)  ünderschaideu': 
sin  jungiu  lohter  lebte,         ir  miiter  t6d,  daz  hell  er  an  in  baiden. 
Tschoysianen  t6d  half  im  vss  borgen 
die  verlust  an  den  fröden         vnd  iemer  mö  gewin  an  den  sorgen. 

I.  II. 

lichl  jamers  wart  geratet,  2t.    Nicht  jamers  wart  geratet, 

16  man  si  gap  der  erden  :  dö  man  sei  e  n  p  h  a  1  c  h  der  erden : 

>i  mnst  e  gearömälel  si  must  e  gearömälel 

and  auch  vil  rieh  gebalsmet  schone  und  auch  vil  schön  gepalsemt  reiche 

werden;  werden ; 

durch  daz  man   musle  lange  mit  ir  durch  daz  man   lange    musle   mit 

htten  :  ir  peiten  : 

'"innige  und  fürsten  vil  chunieb  vnd  höher  fürsten 

on»en  zu  der  ltchleg  an  allen  zu    der    teichlege    cböbren    zu    allen 

slteti.  seileri. 

H. 

™H  jamers  ward  geratet,         dö  man  si  gab  der  (/)  erden : 3) 
S|  tonst  e  gearömälel         vnd  ouch  vil  rieh  gebalseml  Schöne  werden  (I)  ? 
^Urch  däz  maü  lange  mnste  (II)  nlit  ir  blten: 
***  künig  unde  fiirste  (/)         kom  dar  zer  lichlege  (/)  ze  (II)  allen  siten. 

•     4 

t  Hier  hätten  wir  eine  von  der  originalen  abweichende  gemeinsame  Lesart  von 
**   H,   also  Bestätigung  unseres  Canon. 

i  Stand  hier  etwa  anfangs  noch  eine  reim  freie  Cäsur?  Es  lassen  sich  für  eine 
e    yermuthung  noch  einige  Stellen  geltend  machen. 

!  Hier  also  würde  eine  Lesart  in  ti  und  l  sich  als  eine  abgeleitete  heraus- 
n\      Auch    das   wäre   gegen   den    angenommenen   Canon.       Vgl.   das   oben    über 

Eventualität  zusammengestellte. 


428  Friedrich  Zarncke, 

I.  II. 

Kyöt  het  Katelangen  22.    Der  fürst  auz  Katelangen 

von  künic  Tampunteire  und  chttnich  Tampunteyre 

dem  bruder  stn  enpfangen,  seinen  prüder  het  enphangen, 

der  da  truc  di  krön  ze  Pelrapeire:  den   man  da    hier   vi!   wert  1 

Pelrapeire : 

slner  kleinen  tochter  bat  erz  Itben.  seiner  chlainen  tochter  pat  er*  left 

dö  begunder  sich  des  swertes  dö  begund  er  sich  des  swertes 

helrnes  und  des  schiltes  verzihen.  helmes  und  des  schilies  vercwfe 

H. 

Der  fürst  (11)  Kalhelangen         von  (/)  küng  Tampuntiere 

sinem   bruder   hett  enphangen,         den  man  da  hiez  den  künij  ( 

Tampuntiere l) 
slner  clainen  tohter  bat  ers  llhen, 
dö  begund  er  sich  des  swertes,         helmes  und  des  schiltes  venlktL 

(Hiernach   in  I  und  HU  eine   Strophe,   die  sich  in   Wolfram'*  fri 
menten  nicht  findet.)  > 

I.  II. 

Manfilät  wart  sehnde  23.    Mamfilöt  was  sehende 

an  stnem  bruder  leide:  an  seinem  prüder  laide, 

der  wart  im  pflichte  jehende,  er.  wart  im  ph lichte  jehende; 

daz  wart  ein  sure  bitter  ougen  weide.  daz  was  ain  sawre  pitter  äugen  *■ 

er  seh i et  ouch  mit  jamer  von  dem  er  zöch  sich  auch  durch  jaroer' 

swerte,  dem  swerte 

daz  ir  deweder  minne  daz  ir  tweder  minne 

noch  tjosl  durch  prls  da  niht  en-  noch  ritterschaft  nach  preise  nicht 

gerte.  gerte. 

H. 
Manfilöt  wart  (I)  sehende         an  stnem  bruder  laide : 
er  ward  im  phlihte  jehende,         des  wart  (/)  2)  da  süriu  pitter  ougen  ^ 
er  nam  sich  ouch  mit  jämer  von  dem  swerte, 
daz  ir  dewedre  minne         noch  prises  mit  der  tyoste  (/)  nit  begert« 

I.  II. 

Sigüne  wart  mit  toufe  24.    Sygaune  wart  mit  taufe 

daz  kint  alhie  genennet,  daz  chind  allhie  genennet, 

di  mit  so  liurem  koufe  Daz  mit  so  tewrem  chaufe 

ze  rlchem  gelt  i  r  vater  het  bekennet,  an    reichem   gelde  der  vater  fc* 

chennet, 

!)   Natürlich  zu  lesen  von   (oder  ze)   Pelrapeire. 

2)  Auch  hier,  unserrn  Canon  scheinbar  widersprechend ,  eine  jüngere  Lesart 
gegen  was  bei  Hol  fr  am),  die  I  und  II  gegen  II  gemeinsam  ist.  Aber  freilich 
eine  nichtssagende  Kleinigkeit. 


n 


Der  Graltempel. 


429 


an  er  wart  ir  muler  durch  si  ane; 
i  sich  von  erst  lie  raren 
»rGral  zu  tragene,  daz  was  Tschoi- 
siane. 


wann  er  wart  ir  muter  durch  sei  ane ; 
die  sich  der  Gral  des  Ersten 
tragen  liez  daz  was  Tschoysiane. 


H. 


Sigüne  wart  i  n  töne         daz  kint  d6  hie  genennet, 

diu  mit  so  lürem  koufte         an  (II)   riehen)  gelt  ir  (I)   valer  het  bekennet, 

wan  er  ward  ir  mütcr  durch  si  ane : 

die  sich  der  gräl  von  örst  (II)        ie  tragen  lie  (//),  daz  was  da  Tschoysiane. 


Man  sieht,  wir  haben  es  mit  einer  sehr  schwierigen ,  oft  wider- 
ruchsvollen  Ueberlieferung  zu  thun,  in  der  an  mehreren  Stellen 
De  Kreuzung  verschiedener  Texte  vorliegt:  Dennoch  gebe  ich  die 
oßnung  nicht  auf,  es  werde  auch  eine  weitergehende  Untersuchung 
icht  zu  dem  niederschlagenden  Resultate  führen ,  dass  uns  ein  wir- 
es  Durcheinander  von  Texten  vorliege,  sondern  ich  hoffe  es  werde 
gelingen,  eine,  wenigstens  innerhalb  bestimmter  Grenzen  und  so  lange 
H  vorliegt,  feste  Methode  für*  die  Benutzung  der  Handschriften  zu 
gewinnen;  möchte  die  von  mir  gefundene  sich  dann  in  der  Haupt- 
wehe  bewähren. 


I.  Der  Graltempel. 


i 


Es   ist   im    Folgenden  nicht   meine   Absicht,  selber  die 
schichtlichen  Resultate  zu  ziehen,   die  sich   aus  der  Schildeno| 
Graltempels  ergeben,  es  tuuss  das  gründlicheren  Kennern  der 
der   Architectur    im  Mittelalter  überlassen   bleiben ;    mir    kam  • 
erster  Linie  nur  darauf  an,  endlich   eine  feste  philologische 
läge  zu  bieten.  Dennoch  habe  ich  nicht  unterlassen,  in  den 
kungen  auch  in  Betreff  der  Realien  einigen  Behauptungen 
und  E.   Droysen's  entgegen   zu   treten   und  zur   richtigen  E 
Einiges  beizutragen,   so   weit   ich   es  vermochte.     Hier  sei  es 
gestattet,   zu  Boisseree's   interessantem  Grundriss   und  Aufriss  e»# 
Bemerkungen  zu  machen. 

Gegen  den  Grundriss  habe  ich  im  Ganzen  Nichts  einzuweofo 
aber  die  Anordnung  der  hauptsächlichsten  Altäre  ist  nicht  ricklf 
Von  den  zwei  im  Mittelgange  nach  Osten  zu  angebrachten  *& 
unser  Gedicht  Nichts.  Der  Hauptaltar  ist  dem  heiligen  Geiste  geflfr 
met,  zu  beiden  Seiten  desselben  sind  die  Altäre  der  Maria  und** 
Johannes,  zu  den  Seiten  dieser  die  der  Apostel.  Vielleicht  wW* 
erlaubt  gewesen,  jenen  Hauptchor  mit  dem  Hauptaltar  kräftiger*1 
der  Rotunde  heraustreten  zu  lassen ,  wie  es  in  der  Trierer  \fc 
frauenkirche  der  Fall  ist.  Das  Allerheiligste  des  Grals  in  der  Ü* 
denkt  der  Dichter  offenbar  grösser  und  nicht  blos  ein  Tabeind* 
(Ziborie)  über  demselben,  sondern  rund  umher  eine  grosse  An» 
die  er  mit  dem  Kranze  von  Glockentürmen  an  dem  Tempel  s0 
vergleicht.  Auch  glaube  ich ,  dass  die  Chöre  mit  fünf  Seiten  d* 
Achtecks  aus  der  Rotunde  heraustretend  gedacht  werden,  wie  <B* 
beim  Bandberger  Dom   der  Fall  ist,   vgl.  Otte,   Handbuch  der  kiitA- 


Der  Graltkmpel.  431 

i  Kunst-Archöologie  S.  78  (3.  Aufl.).  Die  Chöre  verlangen  nach 
Schilderung  des  Pächters  mehr  Aussenfläche ,  als  der  Grundriss 
i  zuweist;  ob  dies  freilich  bei  einer  Rotunde  technisch  ausfuhr- 
st, muss  ich  dahin  gestellt  sein  lassen.  An  der  Südseite  wird 
eilen  des  Kreuzganges  ausdrücklich  ausser  dem  Palas  auch  noch 
Dormter  (die  Schlafräume)  erwähnt;  es  war  zweifelsohne  der 
;  im  Westen,  das  Dormter  im  Osten  anzusetzen.  Gegen  die  An- 
trag des  Gewölbes  hat  sich  schon  Droysen  erklärt;  sie  steht  im 
erspruche  mit  der  ausdrücklichen  Angabe  des  Gedichtes,  dass 
Gewölbe  von  vier  Ecken  aus  sich  erhoben  hätten.  Wenn  San 
le  u.  A.  die  Liebfrauenkirche  in  Trier  (erbaut  1227  bis  1244) 
Reichen,  so  finde  ich  das  wohl  gerechtfertigt,  nur  darf  man 
m  nicht  folgern  wollen,  dass  der  Dichter  diese  gekannt  habe, 
fragt  sich,  ob  diesem  überhaupt  ein  ganz  bestimmtes  Bild  vor- 
lebte, von  dem  er  im  Einzelnen  Rechenschaft  zu  geben  im 
ide  gewesen  wäre.  In  dem  Marienlobe  verspricht  der  Verfasser 
es,  einen  Tempel  zu  bauen,  der  eine  Meile  im  Durchmesser  habe 

500  Chöre  von  der  Grösse  des  Graltempels  sollten  als  Kapellen 
selben  umkränzen ;  die  Höhe  sollte  diesem  Umfange  entsprechen, 
r  dem  Hauptaltar  sollten  zehn  Chöre  übereinander  angebracht 
tten,  entsprechend  den  zehn  Chören  der  Engel.  Da  hört  jede 
[liebkeit  eines  bestimmten  plastischen  Bildes  auf.  Von  dem  allge- 
nen  Eindruck  seines  Tempels  hat  der  Dichter   sich  allerdings  ein 

gemacht,  er  rühmt  den  bezaubernden  Lichteffect  der  bunten 
ifenster,  er  erwähnt  das  feierliche  Verhallen  des  Schalles  in  den 
blichen  Räumen ,  auch  spricht  er  oft  in  offenbar  technischen  Aus- 
sen der  Architectur,  sodass  man  ihm  eine  genauere  Kenntniss 
er  wohl  zutrauen  darf;  aber  wie  weit  sein  Bild  im  Einzelnen 
immt  war,  folgt  daraus  noch  nicht. 

Id  Betreff  des  Aufrisses  und  Durchschnittes  glaube  ich ,  dass 
ser6e  die  Gewölbe  und  Pfeiler  viel  zu  schlank  angesetzt  hat. 
!  so  schlank  entwickelte  Gothik  hatte  der  Dichter  offenbar  nicht 
luge.  Der  von  ihm  so  beredt  geschilderte  Reben-  und  Laub- 
mek,  die  Belastung  der  Pfeiler  oben  und  der  Gewölbe  in  ihrem 
im  mit  Figuren,  das  Alles  weist  auf  die  Zeit  des  ausgehenden 
mischen  Stils    und  auf  niedrigere  Gewölbe   hin.      Mit   Sicherheit 

sich  gar  nicht  sagen  lassen ,  ob  der  Dichter  sich  sein  Gebäude 


432 


Friedrich  Zarncke, 


überhaupt  gothisch  ausgeführt  dachte.  Was  dafür  als  besonders  e 
scheidend  angeführt  wird,  die  Achteckigkeit  der  Kapellen  (denn  di 
bleibt,  auch  wenn  wir  achlecke  13,3  aus  dem  Texte  entfernen, 
die  auf  ihnen  sich  aufbauenden  Thürrae  acht  Wände  haben), 
nicht  schlagend,  da  z.  B.  der  Bamberger  Dom,  der  im  Aeuss 
noch  völlig  romanisch  ausgeführt  ist,  und  den .  der  Dichter  füg 
gekannt  haben  kann,  einen  aussen  achteckigen  Hauptchor  hat.  1 
Otte  a.  a.  0.  Den  Glockentürmen  werden  ausdrücklich  an  je 
ihrer  acht  Wände  drei  Fenster  zugesprochen,  d.  h.  ein  Arkad 
fenster,  das  durch  zwei  SUulen  in  drei  Oeffnungen  gelheilt  ward 

Endlich  hätte  auf  allen  drei  Tafeln  noch  der  Lewer  angedo 
sein  sollen.     Fünf  Klafter  von  der  Tempelmauer  entfernt  war  fl 
Peripherie,  und  Stufen  führten  zu  seiner  Grundfläche  empor,  die  i 
Klafter  hoch  war;   also  wohl  ähnlich   gedacht   wie  die  Rotunde 
Rafael's.  Sposalizio. 


Vergleichende  Uebersicht  über  die  Strophenfolge. 


Text.       11.         U.  1.        Hahn. 

I.  Beginn  des  Baues.   Abeslus,  Elilropiu. 


1 

1 

1 

1 

311 

2 

2 

2 

2 

312 

3 

3 

3 

3 

313 

4 

4 

4 

4 

314 

5 

5 

5 

5 

315 

6 

6 

6 

6 

316 

7 

7 

7 

7 

317 

8 

8 

8 

8 

318 

II. 

Berg  von  Onichel. 
Grundriss. 

Der  L 

ewer. 

9 

10 

9 

9 

319 

10 

11 

10 

10 

320 

11 

9 

11 

11 

321 

12 

12 

12 

12 

322 

III 

.  Rotunde.     Gewölbe.     Pfeiler. 
Kunstwerke. 

13 

13 

13 

13 

323 

14 

14 

14 

14 

3?4 

15 

15 

15 

15 

325 

16 

16 

16 

16 

326 

17 

17 

17 

17 

327 

Text.       II.         H.  I.       H* 

IV.  Altäre.     Vorrichtung  bei  der  Heft 

18  18  18  18       » 


19 

19 

19 

20 

V^w 

20 

20 

20 

21 

a\ 

21 

21 

21 

22 

3% 

22 

— 

22 

23 

S3 

23 

22 

23 

19 

^ 

24 

23 

24 

24 

« 

25 

24 

25 

25 

Glasfenster  in 

Edelsteinen  ausg^* 

26 

25 

26 

26 

27 

26 

27 

27 

4 

28 

27 

28 

28 

29 

28 

29 

29 

^ 

30 

29 

30 

30 

3* 

31 

31 

31 

31 

$t* 

32 

32 

32 

32 

tf 

33 

33 

33 

33 

31! 

34 

34 

34 

34 

313 

35 

35 

35 

35 

Sil 

36 

30 

36 

36 

— 

Der  Graltempel. 


433 


II.         H.  1.        Hahn 

VI.  Das  Dach. 

36  37         37         345 

Hülfe  Gottes  und  des  Grales. 

37  38         38         316 


38 

39 

39 

347 

39 

40 

40 

348 

40 

44 

44 

349 

44 

42 

42 

350 

42 

43 

43 

354 

Glasfenster.     Chöre.     Gewölbe. 

43  44    44    — 

44  45    45    352 

46  46    46    353 

IX.  Uhrwerk. 

47  47    48  355 

48  48    49  356 

45  49    47  354 

aogelisten.     Richtung  der  Altäre. 
Ultar.    Verkeilung  der  Altäre. 


49 

51 

50 

357 

50 

52 

54 

358 

54 

53 

53 

360 

52 

54 

54 

364 

53 

55 

55 

362 

tsscnwand 

der  ( 

Chöre.     Glorken- 

Ihürme. 

Hauptthurm. 

54 

84 

95 

400 

55 

85 

96 

401 

56 

86 

97 

402 

57 

87 

98 

403 

58 

88 

99 

404 

59 

89 

400 

405 

60 

90 

101 

406 

61 

94 

402 

407 

62 

92 

403 

408 

63 

93 

404 

409 

64 

94 

4  05 

410 

65 

95 

106 

411 

l.  Allerheiligsles  des  Grales. 
66         56  56        363 

6/  o/  •)/  )d4 

68         58  58        365 


Text. 

II. 

H. 

I. 

Hahn. 

XIII. 
geflecht 

Chort huren.    Reben 
der  Chöre ;  Engel, 
Hauptchores. 

-  und  Laub- 
besonders  des 

70 

69 

59 

69 

376 

74 

70 

60 

70 

377 

72 

74 

64 

74 

378 

73 

72 

62 

72 

379 

74 

73 

63 

73 

— 

75 

74 

64 

74 

— 

76 

75 

65 

75 

380 

77 

76 

66 

76 

381 

78 

77 

67 

77 

382 

79 

78 

68 

78 

383 

80 

79 

69 

79 

384 

81 

80 
XIV. 

70 
Crypia? 

80 

385 

82 

84 

74 

84 

386 

XV.   Beleuchtung  der  Chöre. 

83 

82 

72 

82 

387 

84 

83 

73 

83 

388 

85 

84 

74 

84 

389 

86 

85 

75 

85 

390 

87 

86 

77     • 

87 

392 

XVI.  Allerlei.     Verhallen  des  Klangs. 
Kostbarkeiten.    Heiligenbilder.    Der  von 

Engelland. 


88 

87 

76 

86 

391 

89 

88 

78 

88 

393 

90 

89 

50 

52 

359 

91 

90 

79 

89 

394 

92 

91 

80 

90 

395 

93 

92 

_ — 

91 

396 

XVII.  Die  beiden  Glocken. 

94  93    —   407    442 

95  94    —   408    413 


XVIII. 

Gewölbe  mit  dem  Lamm 
Mitte. 

in  der 

96 

95         84          92 

397 

97 

96         82          93 

398 

XIX.  Relief  von  den  Templeison  an  der 
Aussenseite. 


98      .    97 


83 


94        399 


434 


Friedrich  Zarncke, 


l< 


Text.       II. 


H. 


I 


Hahn 


XX.  4.  Die  drei  Porlaie  (Palas  u.  Dormter). 
2.  Die  Orgel  über  dem  Westportal. 


99 

98 

96 

59 

366 

4  00 

99 

97 

60 

367 

101 

100 

98 

61 

368 

102 

101 

99 

62 

369 

403 

102 

100 

6i 

370 

104 

10:* 

101 

64 

371 

105 

104 

102 

65 

372 

106 

105 

— 

66 

373 

Text. 

II. 

H.    I. 

107 

106 

—    67 

408 

407 

—       es 

XXI. 

Der  Estrich. 

109 

108 

403    409 

110 

109 

404   440 

111 

140 

405   444 

Hak 
374 


II 


XXII.  Bischof  Penitenze.    Weiki 
442       441        406       442 


i 


(1.  Beginn  des  Baues,  Abestus  und  Entropia,  4 — 8.) 

4. 
Begunnen  wirt  ze  male,         wie  Titurel  der  reine 
in  gotes  ere  dem  grale         ein  tempel  stifte  tiz  edelm  lieht  gesteint 
und  anders  niht  wan  tizer  rotem  golde, 
daz  dritte  lignum  alö£,         ob  man  iht  holz  dar  zu  bedürfen  wolde. 


LESARTEN. 

Klammern  beziehen  sich  stets  auf  das  letzte  Wort,  nur  ganz  ausnah 
wo  kein  Missverständniss  möglich  schien,  auch  wohl  auf  zwei  Worte ,  wie  lh 
daz  diu  für  durch  die;  weer  gezieret  für  der  gezierde.  —  Die  mit  Wortu 
verknüpften  Varianten  folgen  hinter  den  einfachen;  zuletzt  die  ganz  ve 
Verse,  so  dass  man  stets  bis  zur  nächsten  VerszifTer  odei  bis  zum  Zeichen  |, 
eh  es  den  Schluss  eines  Halbverses  bedeutet,  vergleichen  muss,  um  sicher  zu  Ä 
die  gesammten  Varianten  zu  übersehen.  Erwünscht  wäre  es  wohl  gewesen, 
ich  den  Beginn  jedes  ganzen  oder  halben  Verses  durch  einen  grossen  Bud 
gekennzeichnet  hätte,  aber  ich  hatte  dies  im  Anfange  übersehen  und-  musste 
um  nicht  direct  zu  verwirren ,  auch  später  davon  abstehen.  —  Eine  PareoA* 
innerhalb  einer  Buchstabenreihe  bezieht  sich  auf  die  Hs.,  hinter  deren  Zeichet* 
folgt,  z.  B.  99,  2  bezieht  Sie  sich  auf  B2.  Wo  Missverständnisse  zu  befuffM* 
waren,  ist  das  durch  ein  anderes  ersetzte  Wort  voraufgestellt ,  z.  B.  96]  wH  -*., 
Zu  beachten  ist,  dass  die  Masse  der  Varianten  nicht  immer  gestattet  hat,  mü  M 
Texte  des  Gedichtes  übereinstimmend  die  Seite  zu  seh  Hessen,  sodass  zuwefl*^ 
Varianten  eines  ganzen  Verses  erst  auf  der  folgenden  Seite  zu  suchen  sind. 

4   =  H.     I   (ABD).     II   (BCDEd).  4.   begunnet  BK    begunne  C1.       ** 

A*B*DK    wir  B2.         zum  B\    zem  D*B2,    zu  E2d2.     |     —         t.  eren  f*. 
grabe  d2.     |     ainen  C2*/2.  von  Al.  lauter  edelm  B^C2,   lautenti  edel  Ifif  & 

term  edelm  E2d2.  lichtem  DK  fehlt  B2(^D2E2d'K  steine  d2.  3.  o.  tf* 

DK  ander  BK   nicht  anders  DK  dan  B*DK   wen  d2.  uz  A*BxD*(*ti*Pt< 

4.   dritt  AK         von  I.  AK         awe  d2.     |     und  ob  BK  iht  fehlt  HAxBxf& 

D2E2d2.  da  zu  AK  bed.]   il  haben  //.  soldc  H. 


Der  Graltempbl.  435 

2. 
^s  wolden  si  geraten         durch  rlcheit  überhöhe. 
,c«  sa&  iu,   wie  sie  täten         dirre  edeln  kost:   ze  prtses  ftlrgezöhe 
w«*s   niemler  holz  dar  an  wan  daz  gesläle; 
galt  und  daz  gesteine         glt  in  winter  vrost  mit  tufte  küle. 

3. 
Daruncrlie  wart  gevraget         der  edelkeit  zu  gunste: 


des  v^^^rens  unbelraget;         di  von  Pitagoräs  der  alten  kunste 

und  ,v*3n  Hercules  der  steine  krefte 

von  c*.atär  hekanden,         die  waren  jehende  hie  mit  meislersehefte, 

4. 
Harn    ^F^tode  wol  die  steine         von  art  also  gehiure, 
die  ^^» merzt t  vil  reine         geeben  luft  und  winters  nach  dem  fiure 
trftg^**  art  an  süzer  temperunge, 
als  **    dem  übe  zemende         waer  in  rehter  mäz  nach  gerunge. 

5. 
Abestus  wirt  ze  fiure,         warn  die  meister  jehende : 
d&  v*>n  im  ist  vil  tiure         elliu  kell,  und  iemer  mer  gesehende 


2  =  ff.     I   [ABD).     II  (BCDE).  4.  auch  si  B2C2E2.      |     —  2.   uch 

»,  w^D^E2.     |     der  HB2(*IflE2.         edeln  fehlt  H.         koste  AlT  höchste  D2. 

rf  preise  E2,  ze  preise  BfiC2,  zebreiss  D2,  ze  werdein  prise  //,   zu   (durch  BXDX) 

htHAWDK         für  gezoge  £2,   niht  darch  zehe  BK  3.   niendert  HB*D*C2D2, 

E1.         niwan  B\  man  B2.  4.  daz  gold  DK     \     gab  AlDl,  daz  gap 

l**C*0*P.  vrost]  zeit  B2C2D2E2.  mit]  und  D\    fehlt  BK  toufe  A\ 

[aus  touffe  radiert)  B*,    lawe  Dl,    teufe  B2E2.  git  die  kelte  mit  tum  in 

knie  H. 

*         9  =  H.     I  {ABD).     II  (BCDEd).  \.   darüber  H.     |     ze  D^HB^D2. 

w^&rte  Ax.  2.  d.   w.   u.  fehlt  d2.  umbetraget  B2.      \     pitlagoras  Al,  pyta- 

y***  DW*.  3.  und  ouch  D*B2C2D2E2d2.         erkules  C2.  4.  wol  von  D\ 

_jy>  <J*.  natura  C2,  naturen  d2.  erkanten  BXH.  |  warn  A*.  sprechinde 
hie]  aH  hie  B2C2D2t  alhir  (P,  wol  AWDK 

l  =ß.    I   (^ÄD).    II   (BCDEd).  t.   fundi //,  wnrf  äo  öfter  noch  Endungen 

i   (5.  i.  gibint,  witi  ti.   «.).  dry  d2.      |     gehure  ^Ä».  2.  die  in  B2C* 

***£*&.      |      wol  gebn   (gaben  Bx)  A*BxD*y    gebent  E2.         luflles  D2.  chuele 

^^be»  C*.  winter  zlt  41,   des  winters  d2,  windes  D2.  nach  fehlt  d2.         dem 

"*lr  AK         3.  auch  tr.  Z>»,  ga?ben  BK*lPd\  gebeut  £2.         art]  hicz  ÄV,   hais 

C*!*^2  in  AWDWDW,   von  Ä2,   nach  der  £2.  rehler  HEßC2D2E2d2. 

4.  daz  iz  ^Ä1/)1.         zem.]  zumuse  B1.     |     wa?r  fehlt  Bl,  wol  war  Dl,   was  r/2. 

aRff,  za  MV2,   ze  C2^2.  rehler]   paider  &C*D2E2<P.  maze  yt1.  wer 

"••ch  siner  g.  2*1,  nach  ir  d2. 

5  =:  ff.   I  (,1ÄD£*).   \l  (BCDEd).  1.   Aweslus  IM.  wirt]  haiz  B2(,2E2d2t 

•*ß  D2.  zu  B*E\    nach  B^CWE2,    nach  deine  r/2.  fiire  #■,    slure  £•.      | 

w.  ffd2,   so  w.   IM,   geitw.  B2C2DlEl.  waren  41,   sint  BK  sprechin  d2. 

*.  do  A\    durch  daz  Ä2C2Z>2£2rf2.  dem  stain  #.  ist  im   (in  Bl)   AWD\ 


436  Fhieorich  Zarnckb,  (I 

ist  man  HA  von  fiur  daz  er  wirt  enzündet, 

a 

und  stn  doch  niht  zerinnet.  daz  wart  dem  künige  wol  von  in  gekündet 

6. 
Noch  heizer  winderzlten         ist  Rlitropia  gebende 
ein  wazzer  sunder  slriten  in  einem  hecken  vol  und  stille  swebni 

für  daz  der  selbe  stein  dar  In  gevallet, 
den  sumer  gil  er  knie,         swie  doch  daz  wazzer  sam  ein  haven 

7. 
Vil  lugende  zu  der  hilze         gtl  dirre  stein  gehiure, 
gesunlhett  saelde  witze,  und  lenget  leben;   der  stein  ist  übertraft 

für  liegen  triegen  und  für  die  vergifte: 
des  ist  aber  hie  unnot,         iedoch  ziinl  er  ze  wünsch  an  dirre  ftik. 

8. 
Smeehe  unde  armuot         dem  tempel  wart  geverret, 


i 


noii  im  ist  B'H^D'Wd2.  gar  AW,   fehlt  HB2(^E2.  türe  B\    tUnf-. 

elleu  Al,  alle  BlE2,   zwar  alle  Dx,  alz  hyr  c/2,  winters  H.  un  A*.       <■■ 

AlB\   nymmer  DK  m£  H.  geschehende,   mit  Puncten  unter  dem  ch,  Jf& 

die  Stelle    in  II,    aber    auch    die  Lesarten    zu  Ausleg.   57,   4).  u.  i.  m,  fJP 

(in  der  d2)   winder  zeit  ge>chehende    (zcu  sehende  d2)   B2ClD1E'ldP'.  ip- 

DK  da   von  fehlt  AlBlDK  für  A\    für  B\    in  fiir  DK  wirdet  A.    ' 

und  daz   (fehlt  CW2E2d2)   erliscliel  nimmer  mer   (fehlt  C*D2E2)   für   (fließt* 
d2)   daz   (fehlt  D2dl\   er   [fehlt  C2,  her  d2)   erprinnet   (enprinnet  C2D2,  efÜM#*4 
B2C2D2E2d2.  k.  doch]  da  A*BK  zurinnet  B\  gerinnet  DK         er  kl 

und  Hechtes   (lieht  E2)   werende  B2C2D2E2d2.      |     wirt  AK  wol]  da  DK 

AK  im  Axll.  immer  mer  daz  sein  doch  nicht   (n.  also  &) 

trenneth  d2)   B2C2D2E2d2. 

6  =  H.     I    (ABD).     II    (BCDEd).  1.   doch  BK   auch  B2C2IflEW. 
B\   haiz  B2C2E2,   hieß  D2.          in  w.   B2C2D2ti2d2.     |     gebenne  d2.  1.  -  _ 

in  ein  BK  becke  ZJ!,    pekin  H,    pekke  Ä2,    pecher  C2.  vol]  in  vefc* 

vul  d2,   kalt  /l1.  un  /I1.  swebenne  dl.  3.   selbige  </2.  dar  iw*W* 

A2</2.  gevellel  ÄWA'*,    feilet  d2.  4.   dem  A*B2D2d2,    de  £*.         1* 

B2C2D2E2d2.  er]   her  <P  gewöhnlich.  k.]  schulde  Z>2.      |     doch  /dtö  jtf* 

D2A2.  swie  doci]  das  d2.         von  im  d.  w.   D*B2D2E2,  d.  w.  von  iraf*,* 

im  />ä//  c/'2.  s.  e.  h.]   im  winler  von  im  Ax,  sere  Dl,  klaine  E2,  io  des  p^ 

lein  B2,   i.  d.   pecher  C2%   i.  d.   becken   D2,   in  deine  beckcnne  d2.  w«W'» 

walle  1t,   vellel  Ä2A2. 

7  =  //.  I  (ABDE*).  II  (BCDEd).  «.   logunde  </2.         h.]   witie  MW  I 
gibbil  </2.          der  HB2C2E2d2y  den  Z>2.  2.  s.  und  witze  Ä'0>,  saridea  «g 

#Ä2A2.     |     und]  er/!'.  lenger  B2C2D2<  langez  Jttft/2.  edel  und  lewri*1 

02AV2.  3.  gut  und  //,   und  auch   />'.  die  fehlt  //,  all  B2C2D2E2dß.      ** 

giften  //.  4.   daz  H.  des  aber  hie  ist    (fehlt  C2)   B*C2.  all  hie  J1,* 

hyr  auer  d2.  unnote  B\   unnute  D]H,    unmasse  d2.       |       zunt  «41,  sofl^* 

gezemet  </2.  ez  UB2C2l)2E2d2.  zu  B*E*E2.  wuntschen  E*d2.      "**•] 

wol  //.  an  fehlt  Exll.  diser  B2('2E2d2,   der  ^Ȁ'Z)1,    der  riehen  ff.      ** 

stife  A\   gesliffle  Dl,  geschickte  d2. 

S  =  H.    I   (ABDE*).     II   (BCDEd).  1.   smehe^1,  beyde  smehe  £ ',  ** 


Der  Graltempel.  437 

s,t  diu  reine  maget  guot         und  ir  kint  gefrowet  und  geherret 
lnl  so  hoch  über  alle  creäliure : 
a*  künde  wol  bedenken         Titurel  der  süze  und  der  geh  iure. 

(II.  Berg  von  Onichel,  der  Lewer,  der  Grundriss,  9 — 12.) 

9. 
,**e*'  berc  über  al  so  michel         ein  velse  was  von  gründe, 
**ihi  anders  wan  onichel,  verwachsen  doch  mit  krüte,  gras  darunde : 

Riit  vlfze  wart  dar  uf  daz  werk  gebowen; 
diu  ioh»es  rlche  kosle         niemer  nier  mit  pröven  wirt  volhoweu. 

\0. 
Dar  &f    ein  lewer  ligende         was  höher  dann  ein  lahter; 
H»tt  ahte  der  künic  was  wigende         daz  tempelwerc,  wie  er  ez  Uet  gedähter. 
%fbl  unde  gras,  des  wart  der  lewer  Ane, 
<0pd  hiez  in  vegn  und  sllfen         ebene,  daz  er  gleiz  alsam  der  mäne. 


«^  rf*.         und  AK         armüte  A*B*DlE*<P.       |      disem  B2C2D2E2d2.  waz  // 

^fgi*  &&  fast  stets  z  für  s,   auch  wärentz  =  wären  si).  2.  sint  Al,  fehlt  DK 

V   d*  ^nen  (reinet  B1,  reine  B1)   megde   (maget  BXC2D2)  gute   (gut  B2C2D2}  suze 
h«tf*  **)  AxBWlHB2C2D2E2d2.     |     und  auch  DK  gefrowet  B2,  ghevrouwet  d* 

**  gttrf***  01,  gefrowet  //,  gefreuwet  B1,  gevrewet  B2,  gefrewt  C2,  gefreut  B2. 

ret/MB2.  3.  seid  al  DK  sd]  sy  £2.  sd  hAcb.  fehlt  B2.  aller 

.vö1.       creature  iiWJ^C*.  4.  des  ^B1.  kund  j|i.  gedenken  B1,  ge- 

'^tkmAi.    |    der  rein  Al,  der  werde  £2.        gehure  AlBl,  gehewre  C2  (:  creature). 

0  =  B.     I   (.4BDB*).     II   (BCDEd).  t.  berch  ^».  al  /Wi/f  d2.     |     ey 

"TMb  rf2.  2.  dan  BW,  dann  BC2A2,  danue  D2y  den  B2,  wen  d2.  |  ge- 
**cten  B2,  vorwasschin  und  ouch  vorwachsin  d2.  doch]  dik  DK  krut  mit 
(«*d  IM)  ^«B^B1.  mit  gras  chraut  B2C2D2E2d2.  dar  under  A*D*C2E2d2. 

mit  wünsche  man  der  richeit  dez  wol  gunde  H.  3.  erpauwen  Dl.         ver- 

^^ebsen  doch  mit  grase  un  ouch  mit  krute  H ,    montschalvats    (montsalvatsch  C2, 
t**OotsaIvasch  B2,    montsaluatz  E2,    unde  monsaluatsch  d2)  da   (do  £2,   dar  d2)  en- 
*»tUen  (mitten  d2)   was  enp6ret   (entboreth  d2)   B2C2D2E2d2.         4.   des  ^'B1. 
^yturd  der  suzze  H,  paz  dan   (wen  d2)   ein  chlafter    (ainer  klaftern  E2}  eyn  klo- 
^rd»)  hoch  B2C2D2E2d2.     |     hie  n.  DK  nimmer  ,4'B1.         mer  ftA/f  AlBK 
^trt  m.  B1.         wirt]  da  Bl.  mit  flizze  waz  dez  buwes  also  trute  H,    daz  ez 

*•  (z&  BV)  wünsch  dem   (den  C2D2d2)  tempel  an   (wol  an  dß)  gehöret  (horit  d2) 
**CWEW. 

;    \0  =  H.    I   [ABDE*).    II   (BCZ>£) .  t.  dar  üf  fehlt  H.         legder  AK 

^Briten  lig.   H.  ein  lewer  sam  ein  scheibe  B2C2D2E2.     |     was]   vil  H.         für 

kfcter  stand  ursprünglich  klafter  Ax,    clafter  BlDsElH.  ainvalt  onichels  da   (do 

**)  ilget  B2C2D2E2.  2.    trabt'//.  kunige  BK    der  künig  fehlt  H.  was 

«*  IT.        ^was  Tyturel  nu  treibe   (treibet  E2)    B2C2D2E2.     |     -werch  AK   fehlt  H. 

ez  fehlt  Al.         w.  e.  e.  I.  g.]  betraht  er  B1,  und    (fehlt  H)   wachter  oder  slaft- 
er  DXH.  nicht  anders  wann  daz  tempel    (des  tempels  D2E2)    werch   er  wiget 

**C2lflE2.  3.  unde  fehlt  AK         gras  und  chrawt  B2C2D2E2.         des]   legders 

4\  /eA/f  E*C2D2.         was  f2.         berc  i4«,  tempel  BK  4.   und]  er  A* DXB2C2D2E2 . 

liez  B2£2.  in  fehlt  AK         wegen/)»,   eben  HB2C2D2E2.         xm  AK  fehlt  HB2 

C*D2E2.  fliessen  £2,    sleizen  B2.       \      vil  e.   DK         eben  ;4»,    /"cA/t  //,    mit 

Abhandl.  d.  E.  S.  Gesellfch.  d.  Wissensch.  XVII.  30 


438  Friedrich  Zarncke,  ß 

le  sä  alda  zu  male         und  er  im  sus  gedähte, 

ein  sliur  von  dem  gräle         im  wart,  daz  erz  mit  willen  volle  brabte: 

des  tempels  mäz  an  der  gestalt  und  michel 

bekreizet  wart  da  funden         über  al  ze  wünsche  gar  üf  dem  onichd. 

*2. 
Die  ligenden  gruntveste         di  vant  er  schöne  gerizzen. 
mit  warheit  er  da  weste,         wie  daz  werk  nu  solde  sin  ervlixzeo. 
der  stein  het  m$r  dan  hundert  kläfter  breite, 
alumb  der  klafter  fümfe         von  der  müre  unz  an  der  grede  üfleite. 

(III.  Rotunde,  Gewölbe,  Pfeiler,  Kunstwerke,   43 — 4  7.) 

Sinwel  als  ein  rotunde         nach  aventiur  gehöre, 

wtt  unde  h6ch :  er  künde        geprüfen  wol  zwen  unde  sibenzic  kire 


chunst  B2C2D2E2.  d0   (da  C2D2)  glaiz  B2C2D2E2.  d.  e.  gl.]    alz  mfu 

un  schain  H.         sara  C2. 

\\   =  H.     I   (ABDE*).    II  (BCDE).  4.  darnach  AlBxD\   zehaal 

zuhant  E2.         alda  fehlt  D\  aldo  B2C2,  nu  //.  zu  aine  DK  zem 

czüm  grale  E2.     |     do  H,  als  B2D2y  fehlt  C2.         er  im  fehlt  2W2,   im  fekU 
sust  BXB2,  suz  er  do  g.   f2.  bedachte  E'K  2.  stür  BK  zu  im 

B2E2.     |     ward  im  H.         er  ^ffiD'ff.  m.  vollem  DK         vol  ^'WV, 

vol  D\    do  vol  //.  3.  mess  H,    maur  D1,    fehlt  Ax.  an  /eiUl  A,  • 

/eA/J  Ä'ff.  und]   und  an  der   (ander  AlBl)   A*BXDK  zierde  m.  A\  odk 

mezzen  //.  mit  wünsch  helf    (nachgetragen  B2,    hilf  C2E2)    wol   halben  fti 

wegende  B2C2D2E2.  4.  bekreizt  Al,  bereisset  EK         gelich  dem  palts  hat 

was  der  gral  die  chosle  B2C2D2E2.     |     zu  B]EK         gar  fehlt  BK         des 
slat  uf  dem  tiuren  o.   AK         dez  priester  Johan  künde  nit  vergezzen  H,  de 
er   (fehlt  C2)   erste  reichait  dar  nu   (an  E2)  legende  B2C2D2E2. 

12  =  H.    I  (ABDE*).  II  (ÄCD£).  4.  die  lig.]  dise  B\  allumb  die 

die  tempels  ff,  eins  morgens  deW  B2C2D2E2.     |     di  feft/t  B*HB2C2D2&. 
B2,  wart  £».         seh.]  dar  auf  B2C2D2E2.         v.  e.  seh.]  kom  uff  den  staii* 
berizzen  AK         2.  m.  w.  er]  daz  Tyturel  H,  daz  (da  C2)  er  zerechte  (xereefc 
czü  rechte  E2)   B2C2D2E2.         do  D\  nu  H,  fehlt  B2C2D2E2.       |      so  wie  *, 
solt  B2C2D2E2.         werk  /V?M  £*.  nu  fehlt  AlBlB2C2D2E2,  da  />*,  do  A 

solde]  nach  wünsche  B2C2D2E2,  in  D2  nach  sin.  s.  sin]  werden  soll  A 

erschlissen  D2.         3.  d.  lewer  B2C2D2E2.         het  /<»/»/*  B2C2D2E*.         wani  & 
klafteren  £2.  d.  st.  was  klafter  höh  und  was  (fehlt  H)  mit  breite  A1* 

4.   der]  mit  Bl.  vflmf  ^l1.  alumb  her  von  der  mure  H,   die  ▼#* 

alumme  B2C2D2E2.     |     al  von  />*.  mour  BK  v.  d.  m.]  claTfiter  ß^*^ 

biz  //.  an  der]  uf  BK  geleite  BK  und  gaben  grede  stafel  (gr. 

£2,  gr.  staphen  C2/)2)   dar  auf  gelaite  B2C2D2E2. 

43  =  //.     I   (ABDE*).    II   (BCDEd).  I.  sinibel  fl2C2,    somewal  A  I 

averture  ZJ1,    nach  Aventiur   /"e/i/J  AK  so  was  daz  werch  enpöre    (erbw**i 

D*EK  2.  die  w.   //.  und  A\    die  H.  Iifilii  //.  er]  wol  ff.      * 

tempels  man  pegunde  B2C2D2E2d2.      j      er  prüven  /f.  wol  wol  Dxy  so  dtf  * 

g.   w.]   mit  werch  darinne  B2C2D2E2d2.  un  yl1.  zweinzig  AlDlEl. 


Der  Graltempel.  439 

»rdan  unde  für  geschozzen 

kör  besunder,         so  rieber  kost,  einn  armen  hels  verdrozzen. 

44. 
siul  gewelbei         wärt  ditz  werk  so  spaehe, 
lden  ungeselbet         w«r  min  herze,  ob  ich  ez  noch  ges&ehe, 
mpel  also  rtch  über  al  begarwe: 
»in  tiz  rotem  golde         ieglich  edel  stein  nach  stner  varwe. 

15. 
i  diu  gewelhe  reife nt         nach  der  swibogen  krumbe, 
den  übersweifent,         vil  manic  spaehiu  liste  daran  alumbe 
rgraben,   mit  wa?her  kunsl  gewieret; 
rltn,  von  korallen         wart  daz  werk  gein  rtcher  kost  gezieret. 

46. 
I  di  pfller  obene         ergraben  und  ergozzen 
;el  höh  ze  lobene,         als  si  von  himel  waeren  dar  geschozzen 


3.  waren  u.  ff.  her  fehlt  ff,   heran  f2.  ahteggeu.  HB2 

und  A1,    fehlt  C2.  für]  obyr  d2,    für  sich  was   [fehlt  £>)   DXEX. 

gleich  Dx,  waz  iegl.   HB2C2d2,  ieckleicher  D2E2.      |      s6  rieh.  k.  fehlt 
o  AK         het  BxDxExC2E2d2y  hele  sein  AXB2. 

H.  I   {ABDE*).  II   [BCDE).  4.  erinen  sulen   (seil  Ex)  AxElf  ir  ain 

ne  sul  ff,    ir  men  sul  B2D2t    ir  mensur  £2,    mermel  sewl  C2.         ge- 
gewelben  Bx,  gewebet  Ex.       |       wz  das  E2.  werch  Ax.  daz 

{B2C2D2.         also  DK  spehe  Al.  $.  vrouden  Al.         ungeselwet 

jen  Blf  ungesewet  El,  ungeelbet  D2,  ungesellet  E2.       \      wer  Al,    so 

in.  h.j   ich  B2C2,  fehlt  D2E2.         ez  fehlt  />»,  ein  sa?mleichs  B2C2D2E2. 

noch  heut  Dxy  fehlt  B2C2D2E2.  an  sehe  A\    sa?ch  B2,    sahee  C2, 

sehe  £2.  3.  ein  AXBXDX.  e.   t.  a.   r.]    inuerlhalb  gezieret  ff, 

md  auzen  B2C2D2E2.  4.   do  AXC2.         glest  £2f2Z>2,  gleist  £2.     | 

ain  yegleich  Dl,  yeglicher  E2. 

H.    I  (ABDE*).    II  [BCDE).  i.  do  i4».         di  AK         gewelwe  Al, 

reifen  il1.     |     —  2.  und  v.  ff.  sulen  il1,    sulen  Ä1,    den 

i  pheyleeren  B2C2D2E2.         ubersweifen  A\  uff  swaiffent  HB2C2D2E2.     | 
B1/)1^1,  sach  man  41.  manich  Al,   mangiu  HC2.         spähe  ff,   riche 

er  D1.  listen  ^!,  list  Dx.  3.  wart]  waz  H,  wol  i4*,  ward  wol 

»eher  ^',   richer  ff.  kost  ff.  von  gesmelcz  werch  erhaben  dar 

t  (gewieret)   B2C2D2E2.  4.  berlen  ff.  und  von  i4»#ff.  .       ka- 

golde  ff.  von  corellen  von  perlyn  Ex,  korallen   (kor  allew  C2,  co- 

E2)  reich  perlein   (berlen  C2)   B2C2D2E2.       |      so  ward  DK         w.  bis 
rozzer  richait  über  krafTt  ff.  geziert  AK  die  stunden  chostleich 

n  C2,  köstlich  do  E2)   dar  inne   (darinnen  C2D2)   geeziret  B2C2D2E2. 

:  ff.     I   (ABDE*).     II   (BCDE).  «.    ain  sul  un  ain  philaVe  ff,     man 

n  pheyla?ren  B2C2D2E2.     |     —         z.  vil]   von  fl1/)1,    f<?A/t  B2C2D2E2. 
l*B*DK  zu  ZJ1,   /W*//  DK  ^elobene  Dx.  h.   z.   I.]  sam  si 

lD2E2.  vil  bild  waz   kostbare  ff.      |     a.   s.]  sam  engel  dar  ff,   lieht 

2C2/)2,  l.  sunnenvar  £2.  aldar  w.  DK  weren  ,4*,  fehlt  B2C2D2E2. 

30* 


440  Friedrich  Zarncke, 

in  vröuden  vluge  und  also  lachebaere, 

daz  nach  ein  Waleis  lumbe         gesworn  het,  daz  er  bt  (ebene  wa 

17. 
Vi!  bilde  in  grözem  werde        ergezzen  ergraben  erhowen, 
als  es  der  kttnic  begerde,         crücifixus  und  nach  unser  vrowen, 
von  höher  kunst  mit  rtcher  kosl  gereinet, 
daz  ich  da  pröfens  muz  gedagen ;        ich  ban  mich  solher  künste  nihtvei 

(IV.    Altäre,  Vorrichtung  bei  der  Messe,  18 — 25.) 

18. 
Doch  muz  ich  prüfen  m£re  :         die  a Itaer  waren  riche, 
vil  wol  nach  gotes  ere         gezieret  schön  und  also  meisterliche, 
darnach  und  als  der  rfcheit  was  begunnen 
sold  ichz  besunder  prüven,        .so  waer  mir  not  und  waer  ich  bai  versa 

19. 
Saphlrus  hat  die  edele,         daz  er  des  menschen  Sünde 
tilget  ab  der  zedele         und  hilfet  im  zu  got  mit  wazzers  ünde, 


dar  fehlt  D*H.  3.  vrouden  AK  flüg  0»,    flüke  H.  lachtaM 

lachenbäre  DK  4.  so  d.   B2C2D2E2.  noch  AK    licht  E\    leych  #$ 

HB2C2D2.         tumme  C2.  ain  tSr'scher  paier//.     |     geswr  H.        MI 

wol  H.  wole  hell  gesworn  JE"1.  ez  HC2D2.  beliben  B\  bi  bdf 

lebende  EK 

17  ==  H.  I  (ABDE*).  II  (BCDEd).  I.  bild  AK  richem  i1J*f 
hem  B2C2D2E2d2.  |  ergr.]  erhaben  AK  graben  H,  und  B2C2D2EW.  jf 
wen  d2,  howen  H,  erhaben  C2.          2.   also  als  d2.         ez  BK   er  E\  fehlt  A$ 

der  er.  Dl,   nach  er.  E1.  crueifixum  AXEX.  nAch  fehlt  AxBxy  von  Jflfll 

van  d2.  unser  Üben  frauwen  d2.  3.  wart  da   (do  E2,   dar  dß\  wk& 

(gunst  fl2)   und  auch  mit   (a.   m.  fehlt  C2)   chosl  g.  B2C2D2Ei2d2.  '        gerey^J 

4.  des  muß  ich  vil  gesweigen  DxExy  daz  es  (er  B2)  dew  hercz  (herfll 
ouch  in  f roden  tf2)  ermande  B2C2D2E2d2.  |  min  sin  ist  an  der  kunst  ■•* 
verainet  H,  in  vrewden  (i.  vr.  fehlt  d2,  s.  o.)  iamer  wunder  (fehlt  <P)  *■* 
wainet  B2C2D2E2d2. 

18  =  //.  I  (^ÄD).  II  (BCDEd).  *.  sagen  Ä*.  vil  richeit  ist*« 
ze  pruven   (preisen  E*)   über  here  B2C2D2E2d2.     |     altar  ^ff,  alter  B1,  SUr 

wayi  ^.  waren  die  altari  r.   B2C2D2E2d2.  2.   vil  wert  H.      \    # 

also  fehlt  B2C2D2,    auch  £2.  3.   dannoch   E2.  und  /eM  fl1*^ 

also  B\  fehlt  DXH.         als  der  fehlt  B2C2D2,  vil  £2,   was  d2.  was  aldaÄ* 

was  sy   dar  62.  begunden  b2.  4.   i.   bes.]    ich  ir  chost  nu    (/«*•* 

B2C2D2E2.  preisen  E2.  das  solit  ir  ouch  koste  prowen  d2.     |     wer  A- 

mir]   dez  H.  wer  Ax.  baz]   wol  H. 

19  =  H.    I    (ABDE*).     II   (BCDEd).  1.   safirus  fft,    saphyrus  D1. 
gunde  d2.       |       des  /<?Ä/*  HB2C2D2E2.           d.   e.   d.]   das  des  her  d2.         ** 
H.          funde  E2.          2.   gar  t.  />'.          tiliget  DXH.      .    von  //.  cedelel1. 
a.  d.  z.]  mit  siner  vermögende  d2.      I       un  Al.          ze  HB2C2D2.         wo* 


.  Deb  Graltempel.  444 

*a*  über  sich  ze  berge  da  kan  fliezen  : 

'^s  Steines  kraft  die  tugent  gtt, .        tlaz  man  die  sttnd  mit  riwen  kan  beriezen. 

20. 
b  man  den  rehten  weste,         wan  sie  sint  drier  bände, 
t  selbe  wa?r  der  beste         und  vollicllchen  wert  wol  drizec  lande ; 
m  siht  ouch  mangen  stne  kraft  Verliesen, 
enn«  man  nach  slner  wirde         zft  rehte  niht  haltnusse  kan  erkiesen. 

21. 
L  selb  in  eim  saphire         M6ysi  mit  schrift  was  gebende 
er  sflnden  Are,         swer  nach  der  selben  I6re  noch  wa?r  lebende, 
diu  gebot,  der  filmfiu  sint  gezweiet: 
js  vil  der  hohen  lügende         sich  an  dem  saphtre  mangerleiet. 

22. 
urch  daz  di  altersteine         über  äl  saphtre  waren. 
lt  er  yon  sttnden  reine         den  menschen  tut,  so  kund  in  niht  beswaren, 


,Äde<*2  3.   zu  BxE2d2.         da  fehlt  AXBX,  do  £2,   dar  62.  kan  do   (nu 

|!*-        da  kan  ze  berge  DK  llüssen  £2.  4.   tugende  BXB2C2E2. 

*  •*•      .  der  stein  der    (fehlt  Ex)    geit  die    (soliche  Ex)    tugende   (tugent  JE1) 
'    I    die  fehlt  B2.         sunde  AK  ruwen  Bx,   reuwe  Z)1,   rawen  JE1,   rüwe 

J**»  IfiC2.  mit   [fehlt  E2)    r.  sunde    (dy  s.  h2)  B2C2D2E2b2.  mach 

&&,         begiessen  C2,  büssen  E2. 

J*  *=  U.  I  (ABD).   II  (BCDEd).  \.  ob  m.]  der  HB2C2D2E2y   wer  b2. 

l9PC*&EW.  rechte  C2.  westen  C2.       |       wand  B2.  w.  s.  s.] 

*&         t.  selbe  /eM  ff.  wer  Ax,   war  wol  //,   ist  wol  B2C2D2E2d2. 

1  £*.     |     und  fehlt  H.  vollichen  Ax,    vollechlicb  HC2,    vulkomelichen  d2. 

*rt  AXBXDX,  dreyer  B2C2D2E2d2.  3.  sieht  Bx.  manigen  £>,  wirf  so 

%  B2  dsgl.,    manigem  E2.  die  staine  kunnen  vil  der  kraut  v.   H. 

m  so  man  Dx,  den  man  //,   daz  man  B2C2D2E2d2.  nach  fehlt  AXBXDX.     \ 

)»,  mlß2E2,  in  nicht  C2,   im  nicht//2,   nicht  rf2.         niht  /*c/i/t  yi'C2/)2. 

>r  h.  DK  haltnusse  Bx,  lialdenüsse  Dx,   pehailen  B2C2D2E2d\  niht 

'.         behaltung  nit  kan  ze  reht  e.  H. 

I  =  ff.    I  (ABDE*).     II   (BCDEd.  4.  einem  jIWJP'.         geschriben  in 

C2/?V,  ze  schreiben  in  s.   D2.  mit  fehlt  Ax.         M.  got  selb   (selber  C2, 

rf*)   w.  HC2D2E2d2,   M.  w.  g.  s.  B2.  gebin  rf2.  2.  gar  a.   DXEX,   für  a. 

ff1,  vor  a.  rf2.  fiere  /11/)2,  fric  Bl,  frye  JE1,  virre  Z)1,   byte  rf2.     |     w*  vor 

ter  und  unter  der  Zeile  nachgetragen  AK  noch  nach  Ax.  noch  fehlt  Axd2, 

x.  wer  Ax,   was  rf2,    war  noch   Dx,   ist  /f.  lebnde  Ax.  3.   als 

D2£2.  die  4»,    der  BXDXEXB2C2E2  (in  D2  ist  der  in  dew  corrigirt). 

lt  B2C2E2.  fumfe  BxDxExB2C2E2d2.         d.  f.  s.  g.j  von  sunden  warn  g.  AK 

ust  fl1/)2.  hohsten   AXBX,     edel   #2,     edlen    C2D2E2d2.^  tugenden 

|     sich  fehlt  AXH.  nu  an  BK  dem  /eA/f  B2C2D2E2d2,  dem  selben 

satire  2J1,   und  so  ferner.  sich   m.   Ax,   wirt  m.   //,  also  m.   E2. 

\  =  ff.   I  (^/>).  t.  altarst.  ff'ff.      |     safir  Bx.         warn  i1.  2.  sint 


442  Friedrich  Zarnckb, 

er  k£rt  ez  ie  zem  besten  aller  dinge, 

und  ob  erz  tiure  gelten        sölt,  ez  he\  in  doch  gewogen  ringe. 

23. 
Aller  zierde  wunder        trugen  di  altaere, 
üf  ieglichem  besunder        kefse,  taveln,  bilde  kostebsere 
stunden  und  däiu  ein  rtch  zibürie, 
gesimzet  über  houbet         vil  manigem  himelkind  ze  lieber  gl6rie. 

24. 
Samit,  der  grüne  gebete,         gesniten  über  ringen 
ob  ie  dem  alter  swebete         für  den  stoup,  und  swenne  der  priest*  ä 
wölt,  so  wart  ein  borte  aldä  gezücket: 
ein  tübe  einn  enge!  brühte,         der  kom  üz  dem  gewelbe  ber  ab 

25. 
Ein  rat  in  wider  forte        enmitten  an  der  snöre 
mit  fluge  gen  im  rurte         di  tübe  und  nam  den  enge!,  sam  &i  fln 


Al,  seint  DK     \     —         3.  ez]  ot  AXBXDX.         ie  fehlt  BK         zum  Bx,  fl 
DK  dienge  AK  4.   und  fehlt  AXBXDX.  er  iz  höh  het  (fehUf*l 

koufen   (erkoufen  BXDX)  AXBXDK     |     an  der  kost  soll  dz  duht  in  r.  H. 

23  =  H.  I  {AB DE*).  II  (BCDE).  I.  gar  a.  DK  zier  (?.  | 
tr.  Dx.  ält'äre  Dl  u.  s.  w.,  altar  H,  und  so  ferner,  altare  B2.  L  *• 
Dl.         sunder  BXC2D2.     |     paid  kepfsen  Z)1,   von  k essen  Ex,  wären  4. 

lav.]  dei|en  Ex,   und  H,  fehlt  B2C2D2.         von  (fehlt  Ex)   bilden  DXEK 
baere  AK   chostenbäre  Z)1,   kospere  Ex,  kostbar  H,  cbostewffire  B1.         3.Ä 
D*EK  stund  A*BK  fehlt  HB2C2D2E2.  uf  in  allen  und  BxDxEl. 

ouch  Bx,  fehlt  DlEK         ain  fehlt  AXBXD*EX.         u.  d.  e.]  uff  ieglfchc* 
(sunder  C2)  ain  HB2C2.         riche  AK  fehlt  HB2C2D2E2.         eiborie  BK      *• 
smelczet  £2£2,  geschnitzelt  C2,  gesnitzet  D2.  h.]   ptlde  B2C2D2E2.      * 

m.  Z)^1)  gesmelze  (gesmehe  Elj  waehe  gewieret  (gevieret  Ax)  AXBXDK  \ 
(mit  fl1,  fehlt  DXEX)  hiligeti  (liilge  £')  bilden  (bilden  Bx)  daran  mit  (d.  * 
fl1)  schöner  (reicher  Z)1,  /eMt  £•)  glorie  ^,51/)1,  der  hlmel  chinder  (ck* 
kinden  E2)   hoch  z.    (zu  £2)   r.  gl.  B2C2D2E2. 

24  =  H.     I   {ABDE*).     II   [BCDEd).  I.  der  /*Mt  *'.  g*.]* 
lebte  ZJ'.            manich  grüner  (grauer  d2)    sameit  swebte  B2C2D2EhP.     \    * 
AxDxHB2C2D2E2d2.            2.  ie  /rt/t  Ax.          altar  Z)1^.          daz  er  (es  fl  * 
£2)   zierde  gebete   (lebete  J*2,    hebete  £2)  B2C2D2E2d2.       \       und  vor  itt 
vor  £2,  fried  vor  Z)2d2.         den  fehlt  ElB2C2D2E2d2.         st.  grosser  Ä1. 
j*1,    w«m  ü1.           prister  4',    dy  prysler  rf2    (dy  kann  auch  für  der  *frf*r 
singe  A*DXB2C2D2E2,  sunge //.          3.   wolt  fehlt  AxDxHB2C2D2E*d2,  secht  1^ 
so]    do  JE1,            ve  ain  D1/?1.            bort  Ax,    sidin  schnürlin  //,    snfir  vfli "" 
B2C2D2E2d2.         dö  £*£2,   da  HB2C2D2,  dar  </2.            4.  ain  twihel  tf,  » 
B2C2,   tzwehel  f?2,   ain  tuchel  D2,   rube  d2.          einen  ^!,   ein  B%DK        bo**] 
engel  HB2C2D2E2d2.     |     quam  fl»,    kam  ff.          von  B2C2D2E2.         ab«  I1.    * 
a.]  aldar  B2C2D2d2y  dar  £2.          ghetlogen  rf2. 

25  =  ZZ.    I  (^ÄZ>£*).    II  {BCDE).  t.  im  Ä2.  fuerste  D*.    \ 
ret  C2.           2.   flucke  AK    fluke  Z)1.          gein  BlDl.          ain  taub  gen  im* 
&D2)   rftrte  B2C2D2E2.       |      ein  Ä!Z/.           toub  ^t,  di  tube  /eM  #*C*llW 


Deb  Gbaltempel.  443 

üz   paradtse  gel  Ich  dem  heren  geiste, 

ier     zness  zu  hebern  werde,         daran  der  kristen  saelde  llt  diu  meiste. 

(V.  Glasfenster  von  Edelsteinen,  26 — 36.) 

26. 
Mi*       glase venster  waehe,         von  vremden  listen  riebe, 
*h      xsvaen  ie  man  gestehe         und  ouch  ie  gehörte  dem  geltche: 
tX  ^*r4ren  niht  mit  aschenglas  verspannen, 
ei    >^aren  lieht  cristallen,         swächiu  kost  was  gar  verjaget  dannen. 

27. 
Stillen  und  cristallen        wart  da  vttr  glas  gesetzet, 
^  durch  begunde  vallen        des  tages  so  vil,  daz  llht  da  \va?r  geletzet 

^fo  ouge,  ob  ez  di  lenge  vrevell  lohen 

daz  werk  da  wolle  schowen.         daz  wart  erwant  mit  listen  meisterliche. 

28. 
Verwierens  niht  entwälen         wold  man,  üf  die  berillen 
entwerfen  unde  malen,         da  mit  man  möht  den  brehnden  glast  gestillen, 
und  ouch  der  riehen  kost  zu  einer  zierde, 
goi  und  dem  gr&l  zu  eren,         wan  ez  den  tempel  rlchllch  kondiwierde. 


AK  sam]  reht  als   (sam  C2)   ob  B2C2D2EK  er  BK  fueret  C2. 

vob  himelriche  Ex%    her  von  himcl  B2E2,    von  himel  her  C2D2.  heren  B2. 

L  messe  A*,  dem  menschen  C2.         ze  HB2D2.         hoher  wirdc  C2.       \       der 
tft  BK         cristen  AK         ligt  DK         die  AK  nu  B2,  aller  DK 

26  =  tf .    I  (ABDE*).    II  (BCDE).         I.  —     |     liesten  BK         reichen  DK 

I.  —     |     u.  o.]  oder  HB2C2D2EK  ie  fehlt  H.  dem  gel.]    von  kunsle 

meisterliche  Ex.  3.  warn  Ax.  mit  fehlt  CK  aschenglas  H,  eschen 

I  ß*.         4.  warn  Al,  wart  C2.         berillen  ff,   parillen  B2C2D2E2.     |     swache 

wart  HB2C2D2E2.         gar  /WHt  HB2C2D2E2.         von  d.  BW^HB2C2D2E2. 

OT  =  ff .    I   [ABD) .    II  (flCZ)i&) .  1 .    parillen    sam    (samen    d2)    B2C2D2 

P.     |     waz  ff,  war  Z>2,  warn  AXDK         da  /feMt  .4',  dar  DlD2,  do  ff2«*2. 
dardurch  C2<P,  durch  daz  Z>2.         zeu  fallen  d2.     |     so  vil  des  t.  AlBlDK 

*  das  AK         lieht  AxBxpB2D2E2    (diese  beziehen  lieht  afc  Su6/ccf  st*  begunde). 
W  /UM  J^1,     do  ff2,    dar  d2.  wart  jJiD'Mf*,    wart  da  BK  3.  oug 

ein  ooge  fehlt  D[.         ob  /eA/t  Bl.         vrevelichen  A{,    vrasueleichen  B2,   frä- 
eich  IM,    vr&uenlichcn  ff,    frauenleichen  CK    froleichen  ff2.  4.  da  /eMf  ff1. 

4.  w.  d.]  des  endes  B2C2D2E2d2.  wolt  41,  wolten  ff2,  dar  in  sehende 

Iriff.     |     gewant  B1,  erwent  ff.         meisterlichen  ^ WxB2C2D2E2dK        m.  I.  m.] 
t  hoher  koste  riche  ff. 

28  =  H.     I   (ABD).    II   (BCDE).  \.  vervierens  ff1,  entwerfen  wäliiu 

ilde  (wache  bilde  ff2,  warhe  bild  ff2)   HB2C2D2E2.       |      sach  HB2C2D2E2.         uf 
tt  C*.  barillen  D{B2C2D2E2.  i.  durch  zwaier  hande  bilde  HB2C2D2E2.     \ 

d.  m.]  daz  A*BXHB2C2D2E2.         inöht  /eMt  A^BiHB2C2D2E2.         prehen  ff1, 
»cht  gest.  ^ffi,    damit  (da  C2ff2,  do  ff2)  mocht   fsolt  ff)   gest.  HB2C2D2E2. 
un  il1.  wirde  au/1  /fa^tir  ff1,  daz  ander  durch  die   (daz  diu  ff)   reichait 

•  geezierde   (waer  gezieret  ff)   HB2C2D2E2.  4.  un  AK  ze  C2DK         mit 


444 


Friedrich  Zarnckb, 


m 


29. 
Swäz  die  meister  garwe         da  üf  diu  glas  entwürfen, 
swelherleie  varwe         si  mit  dem  pense)  wollen  dar  bedürfen, 
daz  wart  verwieret  mit  edelem  gesteine, 
der  ie  die  selben  varwe         het  nach  der  art,  lieht  lüter  unde  reine. 

30. 
Saphire  vür  läzüre         würden  dar  gemezzen, 

smarak  vür  grüne  untiure,         des  wart  da  niender  siden  breit  vergeuci: 
daz  selbe  tet  man  gel  rot  brün  und  wize, 
iegllchem  sin  gellchez         mit  steinen  clar  der  kost  zu  werdem  vllxe. 

31. 
Der  amatist  sich  drlet         mit  varwe  und  ouch  mit  arte, 
der  wart  da  niht  gevrtet:         durch  dise  varwe  lüter  klär  vil  zarte 
und  ouch  durch  ander  tugent  er  wart  gehandelt, 
pürpurvar  diu  eine,         di  ander  vtolvar  di  sm&cheit  wandelt: 


koste  wirdecliche  ff.  |  wand  B2,  daz  ff.  dem  C2.  r.)  schon  Ht 
da  (fehlt  C2,  do  E2)  B2C2D2E2.  condewierde  C2,  kundewieret  ff,  kondi 
B2}  chund  wirde  Z>2,  chunde  wirden  Z)1,   künde  zierde  Bx. 

29  =  ff.     I   (DE).    II   (BCDE).  1.  al  die  ff1,  alle  die  JE1,         d.  a|* 

da  hie  H.         begarwe  ff.  und  swaz  si  maisterleichen  B2C2D2E2.     \    dl/Ä^ 

HB2C2D2E2.  disew  B2C2D2E2.  2.   und  welherlay  D*EK  darmefc* 

pensei  streichen  B2C2D2E2.     |     man  da  hin  durch  zierde  wolt  b.  ff.  «fc 

als  si   (fehlt  C2)    maniger  \va?he   (varbe  D2)   bedürfen  B2C2D2E2.  3.  wartAij 

verw.]   erlait  B2C2E2,   erlegt  D2.  wol  mit  DlEK  edelem  fehlt  H, 

lieht  B2D2E2,  edlem  Hechten  C2.  4.  dieselbe  El. 

seiner  B2C2D2.         lieht]  hett  vü  ff.  unde  fehlt  H. 

truch  so  rayne  B2C2D2E2. 


het  fehlt  HBWlflP. 
1.  1.  u.  r.]  mit 


30  =  H.     I   (AB DE*).    II   (BCDEd).  \.  sapbier  A\   safir  B\  sapMr*V] 
saphyre  ff1,    sapheier  B2.         lazawr  B2,  lassawr  D2.     |     ward  ff.         all  dar  A 
da  für  ff,  da  E2.          2.  smaragde  ff1,  sraaragt  DXC2,  smarat  D2.         vor  /«**'• 

türe  Al,    und  ture  ff1,    untur  B2,    untawre  C2,    under  D2.      |      do  Al&,  **.> 
d2.         niendert  B^D^H^D2,  nerghern  d2,   niht  B2.         halmes  br.  ff.         3*  * 
bige  d2.  teten  A{.  man]  ander  Al.  gel  fehlt  Al.  rät  Al.       W1 

fehlt  JE1,   brüme  d2.  und  fehlt  D\   vor  d2.  4.   iclichem  ^!,   eztlichin  A 

seins  ff2,  geliches  ^ff1/)1.  |  cl.  d.  k.  z.  w.  vi.]  wart  erfüllet  (ervolW  fl 
gar  (gar  wol  d2)  ze  (zu  E2d2)  vleizze  B2C2D2E2d2.  mit  gestaine  verwiett  «* 
mit  flizze  //. 

31  =  ff.     I  (ABDE*).     II  (BCDEd).  \.  ametist  ff,  ama ntist  B2C2E2,  ** 
tiste  Z>2,  anatist  d2.         dreghet  d2.       |      un  AK  ouch  /e/r/f  ff.  gartet 

2.   he  d2.  da  fehlt  A*BlD*%   do  ff2,   dar  rf2,  auch  Z)1.  gefriget  IT,  #• 

flyeth  d2.      |     disew  ff2,   die  ff,  seine  E2.  und  vil  ff1,  und  D*ElH.         3.  «■* 

/>M  jjiff'/)1,   doch  C2D2d2.         sine  ff.  tugende  ff1//*?2.  4.  purpervar  W 

ff2ff2d2,  schone  püfarvai  ff1,  der  ff2.      |     diu  ff,  der  ff2,  diu  ff,  derlei 

disew  C2.         swachait  C2D2d2y  sunden  swachait  ff2ff2,  siclieit  ^»ff1/*1. 


Der  Graltempel.  445 

32. 
%u  dritte  als  junge  rasen         gab  liebte  varwe  kläre, 
opäsium  den  losen         het  man  da  wert :  swer  darin  siht,  vttrwäre 
pro  stet  daz  kinn  zu  berg,  di  ougen  nidere, 
'rchliuhtic  zweier  varwe,         gel  unde  golt;  da  stund  niht  bezzers  widere. 

33. 
jochant  rot  gefiuret,         für  wiz  der  sardonixe, 
f^b^  erdiel  ich  getiuret:         hie  widerleget  wart  der  penselpixe; 
rm     und  siben  varwe  jaspis  tragende 
=!>«*  vil  edel  tiure,         werdikeit  ist  man  vil  von  im  sagende. 

34. 
varwe  tugende         an  kl&rheit  waer  vernichtet, 
Ämuswerze  mugende         niht  vollicllche  hete  dar  gepflihtet: 
der  jaspis  gebnde  hie  mit  vollen, 
inder  varwe  kläre         n&men  si  von  im  und  von  krisollen. 


*=  B.    I   (ABDE*).    II   (BCDEd).  \.  der  E2.         rasen  BK      |      geit 

**  d2,  gebent  E2.  I.  v.]   Hechten  plich  so  B*C*D2EW.  2.  toppa- 

8i  topacium  B2,   topazium  D2.         lasen  B1.     |     do  E2y  dar  d2.         wer  Ax, 
<P.         da  in  Bx,  darinn  C2D2,   darinne  E2.  sach  Bl.  3.  chind  D2. 

&BB*C2D2.  diu  H.  4.   d.  luhtic  A\  d.   lühlic  BK  farwen  E2.     \ 

U1.         und  AK  swarz  AK  gollvar  B2E2.  do  El,  fehlt  E2.         stund 

41.        n.  b.]  er  bezzers  BXB2C2D2E2,  er  bezzer  H,  her  besser  d2.         gegn  Ax. 

13  —  ff.     I   [ABDE1') .     II   (ÄCZ>£rf) .  I .  granat  B2C2D2E2d2.  für  rot 

gefuret  u.   ä.  w.   iu  rfwrcA  ü  wiedergegeben,  Bx,  geverbet  B2E2.      |       für 

?.         wiez  J?!.  der  fehlt  D2.         sardanire  C2,  sardonixte  D2.  2.  sust 

*.         wirdechleich  DXB2C2.         gelüret  5«,  getwirret  B2E2.     |     hie]  do  £», 

Ax.         w.]  geleget  w4!.  den  Z>2.  p.  pire  C2,   p.  pixte  D2.  3.   ze 

un  Ax.  sübenzehen  Dx.  varwe  fehlt  d2.         der  iaspis  Dx. 

er  varwe  Bx,   übergeschrieben,  doch  unterpungirt  A{,   hinter  jaspis  E2.  der 

e  BK  4.   ist  fehlt  BXE2.         viel  BK  fehlt  HB2C2D2E2d2.         edeln  B2E2. 

re  B*.      |      wirdecheit  Dx,   vil  w.  £*#.  waz  m.  /f.  vil  feÄJ*  Bxy 

•     ab  im  j4!.  von  im   (im  fehlt  B2,    da  von  statt  von  im  E2)  so   (/eÄJl 

is  man  werdichait  da   (do  E2d2,   da  werd.    D2)  s.  B2C2D2E2.         sach  d2. 

\  =  H.     I  [ABDE*).     II   [BCDEd).  «.  doch  a.  Z)1^.  rtatt  varwe 

/an^s  krefte  geschrieben,   dies  ward  unterfmngirt  und  jenes  darüber  gesetzt  Ax. 

i  creflen  B1/)1,  fehlt  Ax.  wer  hie  gar  v.  Ax.  ist  an  wirdichait   (a. 

E*\   v.  B2C2D2E2d2).  2.   und  ob  B1/)1,   ob  da  H,  ob  sich  B2C2D2E2. 

AxDxHB2C2D2E2d2.         jugende  £».     |     darunder  hett  n.   H.  nicht  /Wi/* 

volliclichen  BlB*E*<P.         hole]  hat  C2D2E2d2,  wer  nicht  |/eM  />»)  ^tf1/)1, 
darzu  /)»,   /eA/*  //,   aldar  B2C2D2E2d2.  3.   der  w.   dy  i.   d2. 

3  d2.  hie]   da  D»,   do  E2,   dar  rf2,   all  da  B2C2D2.  m.   v.]   vil  holde 

EH2.  4.  aller  £'.  schine  A\   lewere  B2C2D2E2,   vil  thüre  d2.      | 

ff,  die  namen   />l£J,   di  nam  /?*.  si]   man  Bx,  fehlt  AK  n.  s.]   man 

D2d?\   nam  B2C2D2E2d2.  von  in  J*.  von]   dem  ff.  trisolde  ff1, 

ie  ff2,  chrisolde  C2D2E2d2. 


446  Friedrich  Zarncke,  [D 

35. 
Kalkofane,  rubtne,         korniöl  und  krisopäsien, 
die  prasme  lieht  mit  schine,         s£hzic  varwen  ztht  man  ekorAsk», 
octalamus,  klarisian,  ardftsen, 
ädelkeit  der  steine         kän  ich  niht  an  aller  tugent  volprisen. 

36. 
Berten  und  korallen         verwieret  wart  da  wunder, 
manic  rübin  üz  krislallen         gab  brehnden  glast  alsam  ein  glosendermfa 
ie  nach  dem  steine  verwete  sich  di  sunne: 
diu  was  durch  venster  gebnde         über  äl  den  tempel  sunder  ougtumi» 

(VI.   Das  Dach,  37.) 
37. 
Swer  an  daz  dach  gedenket,         daz  was  von  rotem  gokle, 
mit  plahma.1  ttberblenket,         darumbe  daz  ez  niht  versnlden  soide 


35  =  H.     I   (ABDE*).    II   (BCDE).  4.  alkofone  AlBl,  alkofoo  Dx, 
sen  £i,    kalkofan  H,    kalkophanus  B2E2,    talcofamis  C2  (t  für  c),     caleofr* 

und  r.  EXH,  turxeine  B2E2.  trux  sine  C2,  turcsme  D2.       |       korovd  t, ' 
funkel  DXEX.         trisopasien  Bx,    topasien  DXEX,    krisopasion  H,    krisopamJ 
ebrisopazien  C2D2.  %.  di  fehlt  B2C2.  parasme  AXDX9    parassine  B\  f 

sius  H,  liporasius  B2C2D2E2.     \     mit  s.  AXBXDXH.  s.  v.]  edler  vartaJ*W 

e.  varben  E2.  zieht  Ax,  zihet  H,  zeichet  B\  sieht  DXE*,  gicht  Bt&ffiR  f 
exakorasien  A]>  exakorosien  D[,  exaeernsien  Bx,  parwidasen  B2E2,  parbyMwl 
parbidasien  D2.         3.  ottalamus  Ex,    berthalamus  //.         klarasian  £f,  bfüW 

ardysen   Dx.  die    parillen    (barill    D2)    was   man   sus    (sunst  1P,  /Ü  ffl 

überlegende  B2C2D2E2.  4.  edekeit  Ax,  von  ed.  Ex.  und  ander  edel f 

H,  mit  edeichait  so  tewer  B2C2D2E2.     |     niht  fehlt  BlDxEx.  an  (in  fl 

(aller  an  Dx)   tugent   (tugenden  Dx)    niht  BXDXEX.  gepreysen  Dx.        A1 

werch  an  wirdc  künden  prisen  H,  vil  mer   (me  C2E2)   wen   (danne  C*P,  & 
ich  mit  worten  pin  hie  C2D2E2  (hie  pin  B2)   wegende  B2ClD2E\ 

36  =  H.  I  (ADE*).  II  (BCDEd).  1.  berln  Ax,  berlein  DXEX.  >J*j 
len  un  berline  H,  korallen  (kareilen  D2,  zworallen  d2)  perlein  (perle«  G*)  **\ 
B2C2D2E2d2.  |  w.  d.  w.]  wurden  drunder  El.  der  (fehlt  E2)  w*rtM*w 
B2E2)  geströwet  dar  (fehlt  B2E2,  da  C2)  wnder  (under  d2)  HBWJP&A 
t.  auf  DXEX.  un  luter  lieht  rubin  H ,  rubein  (robin  E2,  roth  riibfofl 
leich  dem  fewer  B2C2D2E2d2.  |  glaste  Dx.  glosen  Al,  glüender  0\  ^ 
der  nit  anders  bran  denne  ein  zunder  H,  und  jochante  (iochande  D2t  *&**  i 
glosende    (glohende  C2D2,   florede  d2)    sam    (so  d2)    der  zunder  fiW^ 

3.  schine  AXDX.         värwet  H.         diu  H.  4.  swenne  si  durch  venstoffvl 

H,    mit  schein  all  durch  die  venster  B2C2D2E2d2.       |      daz   (da  D2)  ward  (**] 
gar  B2C2D2y    w.  do  gar  E2,    w.  dar  b2)    ain  sunderlichu    (sunder  B2D2P,  ** 
der  C2,  groz  d2)    o'gen    (awgel  C2D2,  fehlt  d2)    wnne    (waide  wunne  D2,  *** 
d2)  HB2C2D2E2d2. 

37  =  H.    I   (ABDE*).     II   [BCDEd).  \.  der  ,Ji.  daz  /« All  <?• 
dach  /eAfc  BXE2.     |     was  /eA/t  Ä1.          aus  C2.          rote  -4l.  2.  danif  «*^ 

plathmal   Bl,    blachmal   />',    blahmal    H,    pachmal  C2,    blamale  E2.       ti** 


Der  Graltempel.  447 

**  ougen  g£n  der  liebten  sunnen  glitze : 

aisu3  wart  ei  besorget        von  meisterlicher  kunst  mit  guter  witze. 

(VU.  Hülfe  Gottes  und  des  Grales,  88—43.) 

38. 
t*ot   reiner  diet  ie  gebnde         was  mer  dann  si  waer  gerade: 
dd  cf  irre  künic  so  lebnde         nach  wirde  was,  got  was  in  stiure  wernde, 
diu    sich  gelichte  wol  der  SalomAnes, 

dd  er     ze  Jerusalem         stifte  templum  domini  des  tntaes. 

» 

39. 
Mit    vvtjDSch  aldä  ze  sniden         gab  im  got  dö  di  steine, 
so  daz    man  schal  vermiden         kund  in  Jerusalem;  gr6z  noch  kleine 
vvart,    meizel  hamer  noch  ander  wäpen  erklenget 
nie    x&  halbem  nagele:         sus  wart  ir  werk  mit  gotes  gebe  gemenget. 

40. 
pi    &elf)e  kraft  im  wesende        ist  noch  mit  helfe  staete; 
iO   <ter  schrift  man  lesende        ist,  daz  er  vil  grözer  wunder  taete 


•    Jp*    ^erblenket  B{B2D2E2d2.     |     daz]   he  d2.  ez]  er  C2.  3.  diu  //. 

^ä**  «Ur  H.         gein  B\    keigin  d2,    fehlt  D2.         der  fehlt  A*H,    dem  DK 
^Sd*1»*  A\  Hehler  H.         glitzen  £'//.  4.  aisust  AW,  sust  B2D2t  suz  C2EW. 

F^^r  A*B*.         w.  e.]  ordenleichen  B2,  ordenlich  C2D2E2d2.     |     mit  m.  DK 
r^jA  und  AXDX.  guten  witzen  2?1.  wart  ez  allez  mit  maisterleicber  witze 

&  =  H.    I  (ABDE*).    II  (BCDEd).         I.  diet]  gier  A*BlB2C2D2E2,  ger  d2, 
gfr  tf  (diet  mir  m  1M£ «) .         gebenne  d2.     |     war  EK         mc  ff.         den  B2D2} 
«r«o  A        waer]  was  AWD*CW,  waren  fl2£2.         gern  DK         2.  da  01/)2. 
ÄtrPc2^2,  disse  d2.         künic  /eM  C2.         lebenne  d2.     |     werdend2.         was 
«**  wirde  DK  wan  got  ff1,  was]  wert  ff.         im  BsDxdß.         st.]  wirde 

W#£*    werde  d2.  berende  2J1,  wern  Z>2,  werdende  d2.  3.  diu  sich] 

*•  41.         geliebte  ff1,  des  ^i?1.  diu  wider  wag  (w.  mag  B2)  der  (die 

-  P&EW,  fMt  D2)  gäbe  Salomones   (Salemones  D2)   HB2C*D2E2dK  4.   da  B*D2, 

tf&  rf*.  der  B2C2D2E2}  der  do  d2.  zeierlm  ,*»,  zu  iherusalem  BlE*,  so 

^tt  g*C*D*d2,  vil  fP)  werdeclichen   (wirdicleiche  62/)2)   HB2C2D2E2d2.      \      den 
kmp/um  £*.         d.  nri  des  tr.  BK 

39  =  ff.     I  (ABDE*).    II  (ÄC/>ii ) .  1.  aldar  ^Ä'ff»,    vil  nach  B2C2D2E2. 
M  #£»,  /eA/<  AlHB2E2.         zcrschniden  ff,  gesniten  AK     |     im]  Salomon  ff. 

da  J1,  fehlt  A*HB2C2D2EK  do  got  Z)1.  t.  daz  /eA/t  Z>2.         in.  seh.]  man  sol 

PBHflD*,  man  wol  D{E2y  da  gar  41.     |     sund  Bx,  fehlt  AK         ierlm  AK  iheru- 
sakm  B!.  wart   (fehlt  ff)  groz  und  deine  A{H.  3.  wart]    chein  AK 

wafen  B*DlB2D2E2.  4.  nie]  me  ff2,         ze  D*HB2C2.         halben  fMB2.     |     sust 

AWBPlP.  sin  w.  ff.  goles  /eA/t  ff.  gab  B2D2,  kraft  ^fMff1.         ge- 

venget  BK 

40  =  ff.    i  (ABDE*).     II   (iffZ)£).  I.  diu  ff.         im]   ist  ^',    got  B2C2 
ff2£2.     |     ist]  an  irn^1.          nach  Bl,  fehlt  C2.         i.   n.]   noch  ist  B2D2E2. 
hilfe  C2#*.         J.  als  iiT^-rfn  C2.         d.  sehr.]   vrönschrift  B2,  frone  geschriefft 


448  Fbiedbich  Zabncke, 

dann  ob  er  den  gräl  hie  waere  gebnde 

ze  siiure  werden  liuten,         di  gern  in  sftnen  holden  waeren 

41. 
Er  hat  mit  himelpfrunde         der  werlde  vil  gesptset. 
swer  sin  gebot  noch  tunde         ist,  der  wirt  von  im  geparadlsei, 
bi  dem  trön,   ob  er  im  hie  niht  pflegende 
ist  des  libes  pfrunde,         die  wirt  er  im  dort  riebe  widerlegende. 

42. 
Nu  was  daz  werk  so  tiure,         daz  ez  niht  waer  vol  endet: 
durch  daz  wart  im  ze  s tiure         von  dem  gr&le  mit  der  Schrift 
swes  man  ie  dar  zu  bedürfen  solde; 
daz  vant  man  vor  dem  gr&le        darnach  als  ez  der  meister  haben 

43. 
Dö  wart  nu  aber  mere         von  der  diet  zem  gr&le 
löbes  und  hoher  ere        erboten  got,  daz  er  nu  sunder  twMe 


D2E2,  frawen  gebot  C2.     |     vil  fehlt  AK  groz  Al,  grozze  Bx.          3.  *iÄ 

denn  C2.           ob]  daz  ff.           den  fehlt  Ax,  dem  DK  hie  so  C2.         **W* 

BW,  was  im  ff.         so  g.  B2D2E2.           4.  zu  D2E2.  zebelf  Al,  za  Mtflt» 

werde  ff1,    ist  er  den  AK          lulen  Al,  leute  Dx.  |      gern]  noh  AK     '&• 
sinem  gebot  AK         sint  Al. 

i\   =  ff.    I   {ABDE*).    II    BCDE).  I.   der  B*D\  got  EK         h.  pft** 

Al,  h.   pfrrunde  BK     |     —         2.  der  ff.  noch]  der  DXEX,  nun  E1.        ** 

Al,  tuende  B*C2,   tuende  DK  tünde  ff,  ist  tuend  D2.       |       noch  ist  E%,  /«**/ 
den  AK  von  im  fehlt  C2.  3.  bi  d.  tr.  fehlt  A*B*DlEK  \mf* 

AK  niht]  der  sele  ist  reine  AlB*DlEK  wegende  B2C2D2E*.  4.  istpl 

AlBlDK  vor  des   (all  des  Dl)   fleisches  girde  AXBXDXE\   mit  irdisch  (infaA» 

£2)   lone  B2C2D2E2.     |     daz  il«J&»D*,  den  B2C2D2E2.  ist  B2C2D*E*.         tx\t 

AWD*B2C2D2E2.         im   tor  got  BXDXB2C2D2E2.         richlich  ^l*«/)«^. 
wegende  U1,  widergebende  ff. 


42  =  ff.     I   [ABDE*).    II   [BCDEd).  I.   so   /VA/<  ff    fvo    icfalcr 
strichen).     |     ez  /VA/*  £!ff.          niemer  ff,   nimmer  B2C2E2d2,  numer  0*.        **l 
d2.          3.  d.  d.]  do  ff£2£2,  da  C2D2y  dar  </2.  im  do  E2.         zu  B«£V,  /Ml/ 

sliwer.41.      |     dar  von  DK         dem]  edelchait  B2C2D2E2d2.  des  gral«  J*1 

Z>2£2rf2.         der]  einer  £".         geschrifl  ff.         m.  d.  sehr.]  dar  B*C2lPEHß. 

3.  was  £2d2.  ie  fehlt  Ax.  dazu  J1,  zem  werche  B2,  ze  werchke  ft 
zu  dem  werck  D2d2,    zum  werke  E2.  haben  B2C2D2E2.  wolde  01. 

4.  vor]  bi  £».  |  darnach  fehlt  ff,  perait  B2ClD2E2<P.  als]  swar  MP,  * 
C2.  wer  E2,  we  </2.  ez  ie  ff.  dy  meyslere  rf2.  legen  BßlPE1,  k&* 
CK         wolden  d2. 

43  =  ff.  I  (^ß/>£*).  II  [BCDE).  \.  da  £MZ)2,  alrest  EK  m /* 
ff,  im  fl2£2.  |  al  der  HD2,  aller  C2,  allem  dem  £2£2.  ze  dem  Bß,  »■/ 
zu  dem  DK  diet  zem  /Wk/f  Ä2£2.  *.  I.  paider  />»,  I.  beide  EK  He* 
ilWD«.         u.  h.]   wird  und  B2C2D2E2.         eren  ff.     |     got  erboten  IfW1^ 


77]  Der  Graltempel.  449 

gen  in     kert  so  vil  genaden  riebe. 

ex  was    ane  wunder,         ob  nu  da  wart  gebowen  lobellche. 

(VIII.  Glasfenster,  Chöre,  Gewölbe,  44—46.) 

44. 
9er   ^lasevenster  gleste         was  da  vil  gar  unnäte, 
wan     lie^bles  Uberleste         gab  da  vil  manic  edelstein  mit  röte: 
der  steine  brehen  daz  liehte  golt  enzunde, 
däi   sin    glast  gab  widerstoz;         di  koste  rtch  der  ougen  vil  verwunde. 

45. 
Die  k.6re  heten  innen         all  underfiz  mit  müre  : 
det^     t*6hsten  got  zu  minnen         näm  si  aller  kost  vil  gar  untüre. 
o£  *«*  sin  helfe  stiure  gap  so  groze, 
&urcüi  daz  wart  hie  gebowen         ein  werc,  dem  alliu  werlt  niht  het  genoze. 

46. 
tt>^r  41  daz  gewelbe  obene         mit  saphtr  was  geblaewet, 
■*  der  beilikeit  zu  lobene         mit  keinem  andern  stein  niht  understrewet, 


*  fehlt  D*.         nu  fehlt  HB2C2D2E2.  3.  gein  B»,  gegen  B2,  da  gein  DK 

*.         s.  v.]  sein  B2C2D2E2.  genad  B2C2D2E2.  4.  gar  Äne  DK  auch 

£*,  oiht  ein  Bl,  ain  DK      \      nu  fehlt  A*,  nü  DK         da  nu  B2C2D2EK 
****]   waz  /f.         gebuwen  /f.  lobeleichen  B1. 

44  =  H.    I  (/ID£).    II  (BCDEd).  I.  zwar  der  Di.         glesten  //C2,  gley- 
f6  **.       |       da]  nu  il«,   do  £2,    dar  «P.  vil  />AB  ff,    gar  vil  B2C2E2d2. 

.  .^«id  B2.         uberlesten  C2,  ubergleste  B2.     |     do  E2f  dar  d2,  so  ff.  ma- 

"^     edles  C2.  Hehler  stein  j!1,    edel   gestain  DK    stain  ff,    gestain  CK 

*'  ^Üczunden  C2d2.  4.  daz  sin]  der  B»£l,    daz  der  B2C2D2E2d'K  wider- 

D>£lC2.     |     die  reiche  kost  DK         all  solher  reichait  B2C2D2E2d2y  dez  ff. 
mir  selben   (selber  HC2D2E2d2)  gunde  HB2C2D2E2dK 

45  ==  ff.  I  [ABDK*).  H  (BCDE).  I.  choren  C2.  die  hatten  B1. 
Imi^  BX&C2D2E2.  |  undersitz  ^WC2,  undersitze  B1,  undersatz  B1,  undersetz  B2, 
un*^rsetzet  £2,  underfuez  B2.  z.  hohen  AlDK  ze  D*HB2D2.  minne 
W&^CiJPE2.  |  so  nam  B1,  namen  B2.  a.  k.]  nu  (nun  E2)  aller  reichait 
^C^lPE*,  vil  feA/*  B*HB2C2E2y  so  B1.  vil  gar  /M/t  B2.  unture  A\ 
,w^^ere  B1.  3.  dö]  uii  ff,  wand  B2C2D2E2.  im  B2.  hilfe  Z>Jr2£:2. 
s*e*»f  B1.  grozzen  ff.  4.  Da  von  si  wollen  buwen  ff,  Des  (daz  C2)  wart 
*■     (do  E2,  daz  B2^  werch  erczewget  B2C2D2EK      |      ein  werc  /*A/f  HB2C2D2E2. 

*Uer  (alleu?)  ,4»,   all  die  DVB2C2D2E2.  werc  B1.  hat  AK  het  nit 

*»    nie  niht  gewan  B2C2D2E2.  genozzen  ff,   ze  g.   B2,  zu  g.   B2. 

46  =  ff.     I    ABDE).     II   (BCDE).  \.  al  /Wi/f  B2.  gewelwe  A    ge- 
^^llMie  C2.          oben  Ax,   dort  obnen  B1.      |     saphiere  Al,  saphyren  B1,   schapheier 
**-            wart  B^1.            gew  einen   (ti6/»r  dem  SrA/tm-n  eiw  t)   BK  gepleuwet  C2, 
klebet  B2,    geblawet  EK            2.  d.  grozen  hilikeit  i4*.          ze  DlHB2C2D2. 
toben  j|i.     |     keim  ^S   kaine  EK  dehainem  B,  chlain  B2C2.  anderm  AK 
«teioeo  B2C2E2.         niht  /eAB  ffC2,  al  dar  B2,  all  B2.          understrawet  B2,   under- 


430  Fbiemu  Zaiickm, 

wan  luler  liebt  gestirnet  mit  karvunkeJ. 

die  sam  diu  sonne  lobten,         ex  waer  diu  nabl  liefet,  trtibe  oder  taml 

IX.   Ubrwerfc,  47—**.) 
47. 
Der  rfcbeit  ttherwanne         was  man  da  niht  äne: 
diu  goltvarwe  sunne         und  dann  der  silber  gebode  raane, 
den  beiden  warn  exempel  da  geriebet 
von  edelkeit  der  steine,         der  art  an  varwe  in  bedien  wart  getickt 

48. 
Die  zugen  äbent  und  morgen         orolei  von  kunst  der  riehen 
mit  listen  s6  verborgen,         daz  oug  nie  kund  erkiesen  ir  nmbeslfcfaf, 
und  giengen  doch  ir  zirkelzeichen  schöne: 
die  siben  tageztte         zimbäl  üi  golde  in  kunten  wol  mit  dtae. 

49. 
Daz  gewelbe  sus  bedecket        mit  saphtr  sieht  getennet, 
karfunkel  drtn  gestecket,         geltcher  mäz  den  Sternen  dar  bekennet 
gab  ir  sebtn  den  liehten  glast  albrehende : 
ez  was  gar  wunnebaere,         swer  ez  sunder  herzeleit  was  sehnde. 

■    ! 


strewbet  C2,   understewret  D1,  underselbet  Bl.         3.  liht  Al.  4.  diu  9* fr 

AK  louhten  Bx,    glesten  B2C2/)2,  glestel  E2.      |     ei  en  wer  Z)2.         lieht ^tf 

AXDXEXB2C2D2,  loch  £2.  trübe  fehlt  H.         trüb  vinsler  o.   I.  DlEK 

47  =  H.  I  (ABDE*).  II  (BCDEd).  I.  dy  d1.  |  alda  D1,  do#,* 
hie  Ä2£2,  da  hie  02,  dar  hie  </2.  nu  nit  H.  I.  die  A\  der  C2,  der  6fe 
len   fliehte  Ex)    D*EK         golduar  DXEK     |     und  auch  DK         dazu  AK       Äft; 

silberwizze  BXDXB2E2,  dem  silberin  wisse  Ex.  3.  wart  BxDlEiB1Ct0fii 

fehlt  AK  ex.]   ir  bilde  HB*C*E*,  ich  bilde  D2,  ore  bilde  d*.  darf,* 

Ä2r2£2,   hyre/2.  gerichtet  Dx,  gereichait  02.  4.  mit  BXDX.        edekeHAl 

die  art  AK  an]  der  H,    und  #2f2Z)2rf2,    und  der  £2.  in]   diu  IT,  * 

Ä2r202£2,  an  </2.         beiden  BK         wart]  wol  HB2C2D2E^d'K       m  geliehen  A 

48  =  //.  I  (,4/M)£*).  II  (Äffltf).  4.  si  zugten  A\  da  giengen  •*. 
diu  furtent  //.  und  fehlt  HC2D*.  ab.  u.  m.]  ane  sorgen  AK  |  efbyl| 
oroloye  //,  orolie  02,  ein  orolei  AK  mit  ^'A'D1.  2.  also  Ä2£*  |  *J 
diu  H.  ouge  ^»,  oTgen  ff,  auch  EK  nicht  C2.  moht  HB*C*EßP. 
umbsleichen  Ä2,  ummesl.  Bl,  unrnasleichen  f2.  3.  un  41,  un  Bl.  &t 
DXH.  und  ir  zeichen  tf,  ellew  z.  B2C2D2E2.  schöne  /eMt  HB*CWP. 
4.  den  BxHB*C*D*E*t  zu  den  /)»£*.  tageziten  BXDXB*CW,  tages  zei»* 
ziten  //.  |  czimbal  yll,  zinibel  BK  mit  suzem  d.  ^!.  allen  kündet 
mit  zimel  underraichen  H,  chundens  (künden  si  E2)  ir  gesaneh  (sang  ^  ^ 
underroiehen  B*C*DW. 

49  =  /f.  I  (ABI)}.  II  (BCDEd).  \.  gewelwe  AK  d.  g.]  mit  st* 
HBH'WEhfl.  susl  Ä«,  inne  Ä2£2,  innen  rW/2.  wart  b.  AXBXDX.  f 
decket  IM.      |     in.  s.]   gar  oben  ff,   daz  gewelb  BM^lPEW.          sl.  oben  BH?** 

genennet  AXBXDX.  z.   darein  f2D2,   darinn  £2.     |     zu    (ze  D1)  glicber  jM 

recht  in  der  B*C*D*E*d*.  wis  fl1.  stern  AXB'*D*.  3.  so  gab  J1,  § 


Der  Graltempel.  454 

» 

(X.  Evangelisten,  Richtung  der  Altäre  und  ihre  Vertheilung,  50 — 54. ^ 

50. 
^vv£nic  si  vermisten         vier  edliu  bilde  starke 
=•  den  ewangelisten         ergozzen  uzer  golde  manger  marke, 
L  tlge  hoch  lanc  wtt  und  üzgebreitet; 
Ich  ouge  ez  da  was  sehende,         des  herze  wart  in  jamers  tal  geleitet. 

51. 
5b  daz  si  gedähten         hin  zu  dem  himeltrone 

l  elliu  dink  versmahlen,         di  noch  den  menschen  roubent  solher  crone, 
fJen  armen  zu  den  künigen  setzet, 
xwen  daz  Übersahen,         die  wurden  gräles  kröne  drumb  geletzet. 

52- 
Nar  ie  der  kor  nu  wsere         uz  nach  der  krttmb  gewente, 
Joch  was  der  altsere,         daz  der  priester  rehl  gen  Oriente 


ir]  her  d2.         dem  AlB2>    da  D2.         Hecht em  B2.         glänz  d2.         so 
aibj-echene  d2.  4.  er  C2D2.         gar  fehlt  HB2C2D2d2f   vil  E2.         wun- 

Al,   frödenb&re  HB2C2E2,   freude  DK     |     das  d2.         sunderleichen  D2. 
»t  AWD*,    lait  B2E2,    leyde  d\    laider  f2,    />/■/*  D2    [ist   als   leichen   *t< 
gefügt).         da  s.   Ä2C2/)2,  dö  s.  d2,  al  da  was  s.  E2. 

=  H.     I   [ABDE*].     II   [BCDEd).  {.  vermischten  Ä2£2.     |     vier]  vil 

v.  edl.]   vierleye  B».  edliu  /WW  HB2C2D2E2d2.         vil  st.   fl'D1^,  ge- 

st. ff,  geedclt  st.  B2C2D2E2d2.         2.  viere.   £2.     |     uz  BW&EW. 

J>f,  vil  m.  E*B2C2D2E2d2.  3.  flügel  ff,  floghe  d2.  die  lenge  w. 

?*d*.  wit  lanc  AlDK         und  /*A/|  HB2C2D2E2d2.  üz  fM/f  yOfliffÄ2 

P,  auf  DK         l.  welich  Ä«,  swes  B2C2D2E2d2.         herz  4*.         ez]  si  EK 
WEW.         da  /fÄ/l  B2C2D2E2,   das  d2.  wart  Ä*/)1,   was  da  HC2.     \ 

wart]  waz  HB2.  tal  da  Ä»,   tail  C2,  Hut  ff1^».  verlaitet  ff. 

rt  zu  got  in  groze  vrÖed  geleitet  AK 

=  ff.     I   [ABDE*).    II   (Äf/)£).  I.  alsust  B2D2,    alsus  C2£2,    hiemil 

bedachtent  E2.     |     hin]   in  AK  fehlt  D2.         des  himels  tr.  ff1,  dem  wer- 

ff,  dem  nähern  Ir.  B2C2D2E2.  2.  alle  B*DK     |     die  da  BK         noch 

Oficben  /eAft  ß1.  dr  wurden  nicht  beroubet  s.  er.  Ax.  diu   (den  C2) 

ine  (czu  tragend  E2)   roubel   (rawbent  C2E2y  raubten  D2)  solher  (himel  H) 

lB(k:2D2E2.         3.  diu  ff.         die  a.  AWD*,  die  da  die  EK         setzent  BK 

zw.]    weihe    ßl,    auch    zwen    DlEl,    zwen    F.  swer  aber  des  achte 

der  wart  der  kröne  zu  himele  g.  AK  werden  D2.  gr.]   ouch  der 

gr.   kr.]  an  dem  libe  //.  dr.]   darumb  B2C2D2E2,  al  da  H,  zum 

i  ff»,   zu  dem  Ex)  gral  BWEK 

=  H.     I    ABDE*).     II   [BCDEd).  \.  war  ff1,    swie  BxB2lfiE2d2y  die 

ie]   nu  yl1,    daz  B2C2D2E2d2.  köre  ,4  »ff.  nu]   ie  HB2C2D2E2f    fehlt 

üz]  sich  Ä2/)2,   so  C2E2,   al  </2.  der  fehlt  A*B\  den  </2.  krumme  Ä», 

f2,    bueg  ff2,    purg  C2,    buchen  </2.  n.   d.  kr.]   uzz  alumb  ff,   auzlente 

;*,    ußleule  d2.  2.   iedochj   so  DlEK  was  doch  ff»£».  altere  Bl, 

K   altar  ff.       |      so  das  DK  prister  Al.  gein  Ä!ff»,  gegen  ff2,  kei- 


452  Friedrich  Zarncke, 

dar  obe  sin  antlutze  muste  keren, 

swenne  er  der  kristen  sa3lde         und  Ghristes  top  zer  messe  wolde  i 

53. 
Die  riht  gen  Oriente         der  kör  was  da  der  meiste, 
ir  zweier  uzgelente         het  er  alein,  wan  er  dem  heren  geiste 
geordent  was  mit  aller  zierde  schöne, 
mit  sunderkost  geedelet         stt  er  über  al  den  tempel  was  patrön 

54. 
Der  nsehst  däbt  der  meide,         diu  muter  was  des  kindes, 
daz  himel  und  erde  beide         gewalticltehen  pfliget  und  des  gesia 
Johannes  hiez  des  dritten  köres  herre, 
selb  zwelfte  sfner  geverlen         gehüset  hälen  bedenthalb  niht  ven 

(XI.  Aussenwand  der  Chöre,  Glockentürme,  Hauptthurm,  55 — ff.) 

55. 
Die  ecke  al  üzen  waren         sinwel  gedreet  zu  berge, 
die  meister  niht  verbaren         von  reben  stricke,  mangerleie  gexwi 


gin  d2.         origente  d2.  3.  ob  Ax,    umb  B2,  obir  d2.         wol  mocht  j 

antlucz  Al.         müste]  wol  D1,   mocht  AiBlEl.         gecheren  D1,   ye  gek< 

hine  keren  E2,  sich  bekeren  Al.  4.  swenn  Al.         der]  doch  B2D\  di 

seiden  H,  saelicheit  Al,   heil  Bx.      |     Cristus  E2d2,  gotes  AXH,   ouch  ir  , 

lop]  er  //.  zur  Bx,    ze  der  DK  z.   m.]  dar  ob  hie   (fehlt  E2)  H 

hir  ebene  d2.         solte  Ä1.         gemeren  B2D2. 

53  =  H.  I  (ABDE*).  II  (BCDE).  \.  richtet»,  gein  Bl,  wm 
ner.  |  kSre  BK  do  AxDxf  ovch  H.  2.  ir  fehlt  AXBX,  da  D\  do  J 
zwaiger  HC2.  uz  geleute  Bxy  ganz  gelente  Al,  grözzaer  lent  B2E29  gros 
C2D2.      |      er  fehlt  B2E2.         aine  HC2D2,  der  aine  B2E2.         wand  B1,  \ 

den  h.   geist  Z>2.  3.  wart  B2C2D2E2.  4.   von  B2C2E2.  suoc 

sunder  edeler  B2C2D2E2,   edel  richer  H.         geedelt  Al,  fehlt  HB2C2D2El. 
Al,   want  B2C2f  wan  D2E2. 

54  =  H.     I   (ABDE*).    II   (BCDE).  \.   der  fehlt  DK  nshste 
nächst  DK         darnach  H.         m&gde  H.     \     ist  A\   wart  B'D1.  *.  da. 
himels  /l1.          erden  E2.          beide  /W»/t  0«.       |      gew.  fehlt  B2C2D2E2. 
wol  mit  gewalt  und  B2C2E2,   pfligt  wol  und  D2.         und  des   (/eA/J  Ax)  wind 

3.  ain  herre  D2.  4.   zwelfe  .4l,   zwelffter  B2C2.  gesellen  Al,  $ 

62C2E2i    genoß  D2.  geverten  bis  verre  auch  in  cl.       |      gehusent  di 

heten  AxBxDxy  hetten  cK  b.  halbe  AK   beidenthalben  BXB2C2D2.  niht 

55  =  H.  I  (,4#0).  II  (BCDE).  \.  diu  ,4»,  der  chSr  B2C2t  d 
Z)2.  egge  DK  und  so  fort,  H  u.  s.  w.  al  fehlt  B2C2D2E2.  alle  i 
der  köre  AXDX,  an  den  koren  Bx  (warn  iw  ZJ1  su/w  folgenden  Vers  gerechn 
gedret^1.  gedr.  sinebel  B2C2D2E2.  ze  DXHB2(2D2.  *.  —  \ 
HB2C2D2E2.  reb  f2.  str.]  lo'ber  HB2C2D2E2.  und  m.  B*C2D 
manigerleige  Bx,    mengerlai  //,    manigerlay  B2,    manigerhand  C2.  zwei 


m*i 


Der  Graltempel.  453 


wäri  von  in  zu  lohne  aldar  gemachet, 
v,l  merwunder  waehe        gefrumt,  an  richer  koste  niht  verswachet. 

56. 
Da  zwischen  an  der  mure         ergraben  was,  erhowen, 
ich  bAwt    den  nächgebüre,         ich  hänz  dafür  und  wold  erz  ebene  schowen 
von  ende  anz  ort  daz  werc  so  wunneba?re, 
er  slfknd  aldä  villthte    '     biz  daz  sin  hüsgenöz  enbizzen  waere. 

57. 
Als  l*2e    geschozzen  wären         die  köre  mit  den  ecken, 
den  Wfinic  niht  beswären         der  kost  enwolt,  er  hiez  uf  zwen  ie  lecken 
ein  glochüs  hoch  sehs  gadem  Über  al  geltche. 
svuer     des  niht  geloubet,         der  sag  von  arme,  s6  sag  ich  von  rlche. 

58. 
S*  währen  der  Constanze        als  ouch  der  tempel  here, 
al^ml)e  zeinem  kränze         die  glochus  stunden  wol  nach  gräles  ere. 


l  pfi**^*  C2,  geperg  D2%  gewerge  E2,  fehlt  B*.  3.  so  warl  Z)1,    daz  werc  da 

*&**  *l-  .      ze  DlH.         lobe  B\  prise  //.  alda  D\   da  A\  fehlt  BK  warl 

»Vfc***  ^Vvil  spaehe   (gespähe  Ä2)   reich    (und   reich  E2)   daran  gemachet  B2C2D2E2. 
^      *•  *»d  vil  D\    diu  HB2C2D2E2.  mer]   waren  E2.  vrömde   B2C2D2E2.     \ 

t,  (*■*•]  die  warn  /J1,   et  auch  D1,   wunderhaft  Ä2D2,   und  wunderhaft  E2,   wunder- 
•**&  C1.  richer  fehlt  B2C2D2E2.  kost  yl1.  des.  wart  von  menge r 

r,:  «et  da  vil  gelachet  H. 

S|V        *6=  H.     I  {ABDE*).    II   (ÄC0£).  1.  d.  zw.]  alumh  H.         moure  Ä1, 

-*i,   "ri  *  öfter.     |     ergr.]  vil  wunder  yl'B1/)1.  was  ergr.   B2C2D2E2.  ergossen 

1   ***•*»  D2,    erzogen  erh.  B2,    ergossen  und  erh.  C2E2.  2.  nach   (nacht  Bx) 

ft  &9Qm  AlBx,    nachgeburen  H.  so  daz  vil  meiner  (in  einer  D2,    maniger  C2) 

£*  u^B^mr  (nacht  gepuere  D2)  B2C2D2E2.     |     ich]   und  £».  ich  hanz  fehlt  BK 

F  " "  lad  fehlt  C*D2E2.  w.  erz.]    ders  in  Hesse  DlEl,    wolden  si  ez  B2C2D2E2. 

£        «tae]  gerne  ji1*1,  fehlt  DlE*E2.         3.  an  daz  BlDK         art  j!1,   end  ff. 
l    ***  art  (art  B2)    anz   (an  daz  C2D2)   ende  B2C2D2E2.  daz]  iz  ^.  werc] 

**r  AXBX,  werich  #2.  wunnenbere  >ilC2.  4.  stunt  j4!,   verstund  B2D2E2, 

**Mondc  C*.         aldä  /*Mf  £2Z)2£2,    da  C2.         vil  leicht  nit  eben  E2.       |      uncz 
^IP,  fetöt  E2.  daz  /e/W  j4!.  hausgenossen  C2.  ain  wizzen  £2. 

*«*reri  C*. 


hl  —  H.    I  (^ÄD£*).    II  [BCDE).  \.  als  üz]  alsus  AXD\  alsust  0*.      , 

^fcr^1.          2.  der  £l.       |      enw.]   niht  Bl,    wolt  HB2D2E2,    fehlt  C2.         hiez] 

.Vfc  &         ie  fehlt  H.         legen  Z>\,   legken  H,  lechken  C2.  3.  ein  fehlt  IL 

4beMfttis  j41,  gloghus  Bl,  glükhüser  H.  wol  sechs  gadem  hoch  B2C2D2E2. 

iker  al]  si  alle  AlB\   fehlt  B2C2D2E2.  4.    der  //.          mir  des  DK         geloub 

A\         was  wer  mir  das  glaube  E2.      |  armÜt  HB2C2D2E2.         so  ^/»//  ff. 
8.  i.]  ich  sag  et  nu  ff,  ich  im  /)'. 

58  =  ff .     I    [ABDE*).     II   (#CZ)£).  I.   die  Ä«0i.  warn  AK         ku- 

sUnze  ff,  kunstanze  C2,  chustancz  ff2,   substanze  B2E2.      |      also  A[BK  alsam  ff, 
und  T*.  ouch  /*eA/t  A*BXH.  die  chore  //.  herre  C2.  z.   zu   (ze  ITC2) 

einem  BXD*HB2D2E2.      |      glochhus  ^i1,   gloghus  Bx,  luren  Ä2C'2Z)2,   turne  E2. 

Ablwndl.  d.  K.  8.  Gettllsch.  d.  Wissensch.  XVII.  31 


loi  Friedlich  2abnck&9 

zehen  künige  möhtens  niht  erkosten, 

aller  rtcheil  übertraft        was  da  niht  ein  stden  grfti  gefertal 

59. 
Der  wende  wären  ehte        und  ie  als  manic  ecke, 
al  nach  der  köre  gepfehte,         kunsi  unde  koste  ane  niderta 
wärt  daz  werk  nach  wünsche  vollenföret. 
beizt  mich  daz  ieman  liegen,         ich  w»n  den  selten  kunst  and 

60. 
Zu  iegltchem  gademe        driu  venster  zallen  wenden, 
die  spinnel  uzer  brademe         darin  gedraet;  daz  werk  wol  ou 
künde  üf  siner  weide  gen  der  sunnen 

ir  dach  gel  Ich  des  tempels,         ir  knöpfe  rubtn  groz,  di  vast 

64. 
Uf  den  knöpfen  kriuze        hoch  snevar  lieht  kristalle, 
dem  liufel  zeiner  schiutze,         wan  im  da  gar  gesaget  was  i 


stunden   diu    gloghus  H.  wol   fehlt  H.  geltes  AlDl,    gelte  B 

mere  Bx.  3.   daz  z.   Dl.  möchten  D1,    die  mochten  C2. 

B2C2D2E2.  i.  wan  a.   EK         richer  Ex.  überchreme  DK     | 

do  E2.         einer  Bl.  n.   ein]   niene  i/,  ninder  Ä2,    nyndert  C2! 

E2.  berln  gr.   H.         vergezzen  BXH. 

59  =  H.  I  ABDE*  .  II  (BCDE).  \.  den  B2.  gloghus  , 
.4'.          achte  /)».      |     —  '         z.   al]   ie  B2C2D2E2.  nach  />A/I  B1 

köre  .41,   koren  H.  gepfhechte  Ax,    gemechte  Ex,    eben  tr&hte  , 

(an)   k.   HB2C2E2y   wie  k.   D2.  kunste  ÄK  und  .41,  frM  C2,    u 

kost  AK    der  kost  Dx,    an  chost  £2f2£2.  gar  ane  D«,    /MM»  ff 

niderlege  D1,    niderleggen  ff,    Hindert   (nyergen  E2)  leke  l^E2,  mynne 
in  der  lecke  D2.  3.  do  das  Dx.  n.   w.]   mit  vleiz  B^C^JfiE1, 

beginnt  r1  wieder.  gar  v.   HB2D2E2.  volfuret  DXHC2D2,   voUefai 

lüret  41,   volleluret  Ä1.  i.   des  BXDXE2.  iemen  ff,  iemant  0*. 

BK  wen  ,4*,  /eA/f  Ä1/)2.  die  D2.  der  hat  s.  BK  selten   ( 

Ä/fifpr  koste  B2C2D2E2.  un  /!',   noch  D«.  kost  AK  den  koste' 

ruret  BK   beruret  DXEX. 

60  =  ff.  I  [ABDcE*).  II  (ÄfD£).  I.  und  zu  0»,  an  H,  z< 
ieglichen  vt1,  iegelichem  Bxy  yedem  01.  galen  c1.  |  dri  BXE2,  dr 
allen  BXDXB2D2E2,  ze  allen  r2,  an  allen  cK  2.  die  /eA//  AxBxDlcK 
Spindel  B2D2E2,  gespinnelt  AxBxDxcx.  auzein  B2,  uz  cK  perdii 
ten  cK  |  da  in  c»,  dar  inne  BXB2C2D2EK  gedret  A  gedreit 
das  c1.  3.  da  kund  D1.  sunne  Ä1.  i.  dach]  da  D2.  gel 
E1.  d.  t.  dach  HB2D2E2y  d.  t.  daz  C2.  |  knöpf  BXB2.  nil 
bin   £2.          gröz  fehlt  AxBxy   waren   »«A'1.          die  da  BK 

61  =  ff.  I  (ABDc).  II  [BCDE).  \.  und  auf  0«.  knopbe  i 
AK  krenlze  r2.  |  snefuer  D2.  lieht  fehlt  Hc*B2C2D2E*.  krislal 
D2£2.  t.  den  ff»B2.  tifel  .4',  tieuel  ff.  teufein  ff«,  ze  ainer  l 
BxclB2D2E2,   zu  ninein  Dx.          schütze  Ax,   scheulze  BxDxy  sculze  c1,  seh 

want  cxB2.  do  £2,   wart  da  Ä2.  gar]    wart   C2D2,   wirt  £*,   i 


1)kr  (jraltkmprl.  455 

svbäch  unde  mal  vor  nelen  und  vor  schünden; 
d*iz   w^rde  hofgesinde         versijgek  was  vor  helleba?ren  Sünden. 

62. 
Uz  ^old  ein  ar  gerötet,         gefiuret  und  gefunket, 
üf  i>»££lf£h  kriuz  gelötet:         verre  sehndc  nieman  des  bedunket, 
wan      cJ^iz  er  vlügelinge  selbe  swel>ele: 
riaz    k«~&uz  er  von  der  löter         gesiht  verlos,  daruf  er  sich  enthehele. 

03. 
Ein   tum  a)  enmitten         slfint  in  disen  allen, 

vpn    £$olde  uz  mangen  smilten         was  da  Wunderwerkes  an  gevallen, 
und     manic  tüsent  dar  lieht  luter  sleine : 
it  wv^ier  wlte  und  höhe         und  alle  ir  zierde  lac  an  disem  eine. 

64. 
pef    Vttopf  ein  lieht  karvunkel         was  michel,  gröz  ze  lobene, 
g^mtvi   (]ju  naht  waer  tunkel         daz  man  gestehe  beide  niden  und  obene; 


.^         >ras]  mat  //,    schach  B'20*E*,    sach  Z)2.  mit  allen  B*B*D*E*,  mit  allem 

i,  VWle  c»,   mit  schalle  Z>».  3.   schAch  />/*/*  B*0*D*E*.  nii  yi«.  v.  r. 

I.*  *.  *h.]   von  allen  heihaften  sunden    (hunden  £2J    B*C*D*E*.  Uli  schach  al 

^gpeft  JMeo  uli  schünden  //.  4.   —     |     vor  allen  hovbet  s.   Z/r1,   vor  aller  te- 

**el  sAunden  b*0*D*E*. 


=  ff.    I  (ABDcE*).    II  (ÄOMS).  I.   von  B*0*D*E*.  aer  D*,  art  £'. 

gmitQl  2*.     |     gevuget  c1.  2.   iegleichein  B*E*.  kruz  il1.  gelutet  £*, 

Ax.     |     uü  verre  D*EX,   verrer  E'2.  sehnd  ,4!,   brehende  EK  sehent 

***  ff.         niemen  //.  daz  D'2.  des  n.  C'2.  gedunkel  BlD*.  3.  er] 

***Atf  er  selber  f?>.  flügelingen  D\   flugeleichen  e1/*2^2,   flügleieh  0*,   flüge- 

**  #.  selbe  /VA//  AXE\    selber  Z)*,    da  /f.  \va>r  swebende  B*E*. 

*knif  j|«.  er  />A//  Bxc*HB20*D*E*,   in  Z)1.  lute  ytWD'.      |  .gesiebte  >*t 

*Wlö«  jl1,  verleuset  Ä1.  dar  an  A],    da   uffe  c1.  enlhabete  A*ByH.    ent- 

Wwme  **,  doch  hebte  DXEK 

:      «  rs  H.   I  (ilÄÄr£*).   II  [BCDE).  I.   tur  yi1,   turall  BK         al  /V?A/*  ,4^ 

«^D1,  Mich  alle  EK         mitten  ElB*0*D*.     |     under  Z)1^,   bi  //.  I.  v.  golde 

f*UfkxB*C*D*E2.         maniger  B*Elc*HB*0*D*E*.         goldes  swUten  ZZ,  gollsmitten 
c|#CW£a.      |     do  £2,  den  da  DK  wunder]   vi!  nu  Bl,  von  des  Z>«.  was 

ditz  rfehe  werk  a.  g.  A\     waz  von  werch  wnders  drin  gewallen  Z/,     was  richeit 
fro*  von  werke  dar  an  gevallen  c1.  3.  dar  /eA/f  E2.         lieht  /V?A//  AM. 

**tklar  HB*0*D2.         Juter  /WW  ZM^'c1.  gesleine  B\    edel  gesleine  £>. 

"••  ir  feMT  c*tiB*0*D*E*.  zw.   andern  HcK  unde  ^.  w.   u.   h.]   hohe 

■*fo«?t,   turn  zierde  #0*0*8*.       |       aller  Z>'*,  ander  E*H,  fehlt  cK  ir  /W*/r 

•fcWlf.  zirde  ^1.  u.  a.  i.  z.]   hoch  und  groz  B*C*D*E*.  allaine  JWW*, 

*•  disem  lag  a.  E*. 

64  =  F.   I  [ABDcE*].   II  (Z/r/)^).  t.  dez  HcxB*D'2E2.  chnopfs  Z>2. 

***  ein  ^/>2j^.   %       ijcht  ,41  ?    /-,,/,/,  HB*0*D*E*.      |     was  /W*//   B*0*D*E*.  mi- 

^A  fehlt  AK  und  gr.   lM0i£»,   hoch   ti*0*D*E*.  groz  uii  lieeht  ^>.  zu 

**c*D*E*.  lobende  Ift.  i.  ,,ob  B*0*D*E*.  so  d.   D1,   ob  d.   ^.  was 

^'e1,  gab  if.        |       man  da   von   D^EK  gesehe  41,    gesehen   7:1.  baidü   H, 


Ol* 


«w 


456  Friedrich  Zarncke,  [IV1 

ob  in  dem  wald  templeise  sich  verspäten, 

daz  si  von  dem  glaste        wtsung  zu  riehen  herbergen  baten. 

65. 
Dar  zu  vi)  manic  ander         edelstein  gab  stiure, 
des  varwe  sam  ein  zander         gleste,  der  da  glfijet  in  dem  Sure: 
der  aller  brehen  gab  dem  karvunkel  helfe, 
sibengestirnes  st  geswigen,         da  schein  wol  tüsentvalt  gestiro  miC- 

66. 
Hie  rät,  da  gel,  dort  grüne,         nu  tunkelvar,  sA  wtze, 
bleich  unde  hrön,   blä  :  küne         wärt  ir  herze  von  der  vreuden 
von  der  steine  kraft  und  von  dem  gr&Ie : 
wart  ir  deheiner  sigelös,         daz  must  er  hän  verdient  mit  Sünden 

(XII.  Allerheiligstes  des  Grales,  67—69.) 

67. 
Der  tempel  en mitten  inne         ein  werk  het  Uberrtche, 


paidew  B2,  fehlt  E2.  innen  D2.  3.  wähle  A\  it   (<f.  t.   iht)   t.  ff. 

plise  B\    lempleis  ff,    templeisen  C2D2,    di  t.   AxDxcxB2C2D2E2.  sich  fä*V 

B2C2D2.         verspaten  Alf   verspätten  Bx,  verspäten  DXD2,  verspeien  E*,  versplfei 

4.  da  von  B2C2D2E2.  sinem  BxDxExcx.  daz  si  wisung  un  liebt  Ä 

d.  gl.]   weysunge  B2C2D2E2.  wisunge  A\  und  lieht  B2C2D2E2,  fehlt  E. 

ff,    zu  der  B2D2E2}    ze  der  C2.  rehten  B1,   rechter  c1,    fehlt  D*.         b 

HcxD2,  herwerge  B2C2E2.  haten  A1,   hatten  Bx,   hellen  D\  beten  DßE*. 

65  =  ff.    I  (ABDcE*).    II  (BCDE) .  I.   ander  fehlt  ff.      |     da  gab  Jfl. 
slewre  Bx.          2.  als  E2.     |     glestet  Bx,  erglesle  DK         als  ob  der  Dl,  ab  i|* 
£>.          do  A  fehlt  DXEX.         glüet  ^1,  gluet  Bx,  glauwet  D1,  glut  £*,  gtifott 
gloyet  c1,    glosende  leil  B2E2,    glohende  ligt  C2D2.  dem]    eynem  JE1,   d**1? 
/>A/{  B2C2D2E2.          fewre  Ä1,   fewere   ö1.          3.   dem  c\  des  C2,  den  AlBK 
aller]   allen  ,4«JM,   liehtz  HB2C2D2E2,  fehlt  cx.         brehende  B2E2.  der  AxWt* 
IPC*D*,    fehlt  E2.          hilfe  C2E2}    und  so  ferner.            4.   s.   gestirne  #*,   «*• 
geslirnen  c1.          sie  /J1.          sie  endorfften  sieben  gestirnes  Ex.        |       do  E*. 
schein  /"M/1  ff2,          wol  fehlt  Axcxf   manich  B2C2D2E2.          t.   valtich  c1*2**  Uf 
gend  valtich  C2,    tausent  ff2,           gestirne  AxBxDxy    slern  B2D2E\    Sterne  C*. 
mit  /eM  ylWffi,   in  B2C2D2E2. 

66  =  ff.     I   [ABDE*).     II   (#rfl£).  I.  die  r8l  Ä».  da]  do  £*,  * 
Bx.          gel,  das  Folgende  fehlt  cK          dorl]   da  £!,  so  //,   nu  B2C2D\  nun  £*.  I 

nü  Dx,  so  B2C2D2E2.  t.  vor  £«.  da  w.  ffff2£2,  daz  w.  C2,  und  w.  D». 

2.   bleich  />/»//  £',   plab  f  2.  und  ,0,  fehlt  EXB2C2E2.  praunvar  B*E*.       * 

und  brune  gar  kune  Ex.  diser  vr.   B2D2E2.  fröde  ff.  3.   paid  von  *» 

und  C2D2E2.  ir  hohen  kr.  ff.  4.   chainer  ff,  einer  ^«B1,  etleicher  Wft 

yeglicher  C2.  wart  sigelos  ir  chainer  DXEX.        |       der  m.    (mueß  ff2)  ei  i1 

B2D2E2f  da  f2)   h.   HB2C2D2E2.  verd.   m.   s.]   von  amer  ff.  twale  **. 

67  =  ff.     I   (ABDcE*).    II     BCDE).  \.   in  c1.  mitten  ff1.       | 


Deb  Graltempel.  457 

8°l  und  dem  gral  zu  minne         erbowen  schone,  dem  tempel  über  al  geliche, 
waa   daz  die  kör  al  sunder  altaer  waren; 
daz  ander  was  begarwe.         daz  werc  wart  al  volbrähl  in  drfzic  jarcn. 

68. 
Niht    wan  ein  alüere         da  rinne  wart  gehöret, 
die  kAre  alumbe  laere         stunden,  sus  wart  richeit  dran  gek£ret: 
für  diu    glochus  stunden  rieh  ziboric 
vol  fc*i  Idke  der  sanetörum,         iegliches  brief  da  seile  sin  histörie. 

69. 
Der  s«lbe  tempel  riche         besundert  wart  dem  gräle, 
dal  vn.an  in  staetecllche         darinne  solt  behalten  zallem  male, 

nnd  ^Ckff  enbor  erhaben  in  solher  mäze, 

dfci>  ^\tx  sacristle        wit  unde  clar  darunder  was  verlazen. 


\jfcr*eVl>l)  eio  w.  AxBxDxcx.         so   (vil  Z>!)   riche  AxBxDxcx.         2.  gräl  fehlt  c2. 

te  W&liHflD*.       I      erbuwen  ff,    irbowet  c1.  schon  Ax.  dem  tempel 

^.|«ktt^B\  den  tempel  DxExcxC2D2.  und  über  al  AK  3.   waiit  ff2,    wen  cx . 

r!       die  fefclf  ff1,  kor  A\  chor  ff1,  chron  ff2,  als  ff1/)»,  gar  ff,   da  B2C2D29 

ffiUt  E2.         s.j   ane  ff.  al  s.  a.]    an  sulch  gezierde  A{.  warn  j*1. 

4.  dw  voder  ff1,  dar  under  DXEX.         was  da  ff*ff.  garwe  ff1,  vollen  //.  die 

änderten  au   dem   tempel   lagen   Ax}    anders   wart   da    (do   ff2)    nicht    vermuten 
■f    WWP,  anders  im  da  nicht  gebrast  c1.      |     diz  c1.  d.  w.J  diz  allez  ff. 

*»  *,  alles  AxDxB2C2E2y  da  alles  ff2,  /eMf  ff.  w.  a.  v.]  liberal  vulquam  c1. 

*>öeo  bracht  41.         pey  ff1. 

tt  =  ff .    I  (yiffffeff*).    II  [BCDE).  \.   und  (merff1)  niht  BXDXEX.  dan 

^tf.  n.  w.]  in  dem  tempel  AK  altare  AXBXH.     |     was  d.  ffff2ff2,   der 

***d.  CW.         darinnen  ff1,    darin  ffff2.  was  c1,    fehlt  HB2C2D2E2.         ge- 

^•»trt  C1.  t.  der  bou  41.         al  umbne  C2,  darumbe  ff2ff2.         al  sunder  vare 

WBc1)  j^ffV,  al  sunderbasre  DXEX.     |     stünden  fehlt  AxBxDxExcx,  waren  ff. 
•*■*  J*f  /eWl  ff1,         wart  /eMt  i^ffiff'c1,   was  E*C2.         mit  richeit  ff1,   von  r.  ff1, 
^febaü  sui  ward  dran  ff.         wunder  was  d.  AxBxDxExcx.         daran  B2C2D2E2. 
•^Herel  ffUMJT,  gemerret  c1.  3.  da  für  ff1,   vor  C2.         das  yl1,  den  C2,  fehlt 

*^»        gftokebawsern  C2.         da  st.  c1.         cyborie  ff1,  zimborie  c1.  4.  der 

<**  ff.         dar  inne  (in  ff  »ff1)   der  (fehlt  DXEX)  hiligen  (hailige  DlE{)  bilde  (/V?A/*  >4* 
^^MV,  von  edelm   (edlen)   pilden  reiche   (reinen  C2,   raine  D2)  B2C2D2E2.     \ 
l*siiche«  i4!,     yegleicher  ff1,     yegleich  C2,     ains  yeglichen  ff2,  puch  C2. 

<*0  i1,   /4M<  c!ffff2C2ff2ff2.       "  seit  yt1,    sagt  B2C2D2,    sagte  ff2,    seit  da  ffc1. 
Ätorie  ff2. 

69  =  ff.     I  (ABDcE*).     II   (ffCffff).  I.    selben  B2.  daz  selb  werch 

«o  r.  ff.         eblaine  B2C2D2E2.       |       besundec  AXBXDXHC2D2.         2.   im  ff1. 
8Htec!ichen  ff,    ta?geliche  AxBxcx,    tägleichen  ff1,  daz  er  mit  wirde  raine  B2C2 

***£*.       |       dar  in  ff1,  da  inne  c1.         scholl  ff«,   wart  B2C2D2E2.         tzallen  c1, 
*■   (ze  ff«ffff2C2)  allem   (allen  ff2)   BXDXHB2C2D2E2.  3.   unpor  c1.  uf  erhaben 

°*lbore  ff1.  sulcher  j4!.  mazen  ^1c!.  der  kor  waz  ufl"  cnbSrt  wol  in 

<fer  mazze  ff,  er  was  erhaben  enpSr  (fehlt  C2)  wol  in  der  mazzen  B2C2D2E2. 
*•  so  daz  vl'ff1/)1.         sacristaneff1,  sacrisleine  ffC2,  sacristene  ff2,  sacrislen  cxB2.     \ 
und  i|t.         schön  und  reich  B2C2D2E2.         wart  ff1!?2.         verslozzen  ff1. 


458  Friedrich  Zarncr, 

(XIII.  Chorthüren,  Rehen  und  Laubgeflecht,  Engel,  besonders  im  Haoptcbor,  1t— %\. 

70. 
Zwo  tür  vif  kosteba?re         in  io  den  kör  da  giengen, 
(IA  zwischen  ein  altere,  üzerbalb  darüber  kanzel  hiengen, 

gewclbel,   üf  zwo  spinnelsiul  gestollet, 
ie  spannelanc  gereifet,         da  zwischen  ie  mit  sunderspaeb  ervollet 

74. 
Gcgetcrt  goldes  rtche         die  tür  vor  allen  kören, 
daz  man  alumb  gliche         ez  baz  gesehen  möhle  und  gehören; 
die  wende  bl  den  türen  ouch  verspenget 
het  ie  ein  gater  riche,         und  allez  mit  gesteine  undermenget. 

n. 

Uf  den  müren  vil  gezierde,         die  die  kör  da  underviertgen, 

mit  fremder  kondewierde:         spinnein  stark,  darüber  bogen  giengen, 

ilariif  von  golde  boume  hoch  begrünet, 

mit  vögeln  übersezzen,         die  wären  alles  krieges  gar  vers6oet. 

73. 
\),yl  si  volbringen  mohlen,         des  wart  dk  vil  erfunden, 


70  =  H.    I  (ABDE*).    II   (BCDE  .  I.  zwu  Bf.         koslenbäre  JJ1. 
auch  in  DK          ic  fehlt  AlDK         in  zc   (czü  E2)    allen  chören  g.  Ifl&Eßfi. 

1.  aller  AK    allere  Bx,  und  so  öfter,  altarc  D]H  u.  s.  w.     |     und  uz.  01. 
halben  AlB2,   li.   halbe  BK         darüber  fehlt  BK         giengen  DK  3.  gew# 
AK         zwu  BK         spindcl  B2E2,  swinnel  AK         sul  A*Bl,  smil  D*&,  se*l 
seyl  EK          gestellet  DlEK            i.   ie]   die  H.          spannenl.  B]Dl,   spanne*  f 
H2C2D2E2.     |     mit  fehlt  D2.         sundrer  DK         s.  speh  Al,  s.  spehe  f*,  tva 
Exy  s.  kunst  H,  wiuiderwehe  E2,  undcrwa?he  B2C2,   undwaehe  D2.         gevdfeft 

71  =  ff.     I   (ABDE*).     n   (BCDE).  \.    gegettere  Al,    begefert  Pr 
gettert  E2,  begäftrel  DXB2,  begatert  HC\  begalret  Ü2.         mit  goide  #•,  fekM 

mit  golt  vergeltert  EK     |     türen  E2.         fuer  D2,   von  B2E2.         v.  a.  parte* 

2.  —     |     ez]  da  tht  B\  da  (fester  Dl,  fehlt  HB2C2D2E2.         mocht  A%,  mt 

moht  baz  ges.  HB2C2WE2.         oder  BK         hören  DK         3.  den/a****/* 

teuren  DK         warn  ovch  H,  het  ouch  £2,    ouch  hei   C2D2E2.  4.   het  w  ^ 

B2C2D2E2.         riche]  nicht  so  der  ander  &C2D2E2.        vergatert  wol  ze  lob««  t 

und  ot  alles  (allez  Ä1,  als  01)   .41i?1/>1.         mit  steinen   (strinen  Al)  AXMW. 
gar  u.  tt.         frömder  chunsl  mit  stain   (stainen)   undermenget  HH^D2Mß, 

72  =  H.  I  (ABDE*).  II  (Afl>£).  4.  uf  fehlt  EK  der  mure  ^W* 
die  mer  wer  mit  v.  g.  /?*.  vil  /eA/f  H.  zierde  //.  auf  allen  (al  i 
den  mawren  zierde  &C2D2E2..  \  die  die]  die  A^B^D^HIfiL^D2^2.  dar  *M 
al  Z)1.  da  under]  alumbe  .i1.  2.  frömde  ff.  kondwierde  j!1,  fcfli 
wierde  H,  kariduwirde  B2,  kunduwirdc  E2,  kunst  wirde  BK  \  mit  sp.  DiEK 
spinnel  J^ffC2,  spindel  B2E2.  paugen  (nangen?)  C'2.  3.  von  golde  ^ 
D*B2C2D2E2.           b.  guidein  hoch  B2C2D2E2.           gegrunet  B*C*.  4.  vof* 

02.  übersetzet  ß2C2D2E2.      |     warn  ,4».  gar]   wol  H. 

73  —  H,     [  (ABDE*).    II    BCDE).  \.  wan  sie  Bl,   wan  siß  ZMtfW 
man  sy  C2.          wolbr.  J91,   dar  pnngen  B2C2E2,  da  bringen  />2.     |     d.  da  w.  i 


1 

f 


Dkr  Graltbmp£l.  459 

mit  reben  gar  durchvlochtcn         liberal  di  bogen  :  ie  zwo  sich  oben  wunden, 
die  über  sich  nach  btige  von  ander  giengen 
und  über  diu  gesiule         bedenthalbe  kläfter  lanc  wol  hiengen. 

74. 
Darunder  was  geschozzcl         wunder  \va?h  floiien, 

hie  r6sen  breit  vol  brozzet,         wiz  unde  röt  an  boumen  und  an  zwien 
mit  Stengeln  grön,  gebleter  liljen  wize; 
aller      i>l«men  varwc,         ieglicher  bilde  sach  man  da  mit  Utze. 

75. 
leglic^her  würze  bliime,       .  gar  al  der  höhen  cdelen, 
ie  ^vm^nniclichem  riime         sach  man  si  alle  gel i che  schöne  wedelen 
mit    ^r«  rwe  und  al  ir  forme,  als  si  soiden ; 
eiiftß»!»    krüt  und  bhide,         gelenk  und  ouch  gelöuber  üxer  golde. 

76. 
0fc    *""«l>en  stark  von  golde         waren  übergrflnet, 
als  ^*ia    r^be  wesen  solde,         und  ouch  darumb  daz  ez  diu  ougen  kfinet 

tjO<*      S*»b  ouch  schate  vor  niangem  sunderglaste, 

^O**5**    daz  in  allen  kören         die  mür  mit  smaragt  warn  gemenget  vaste. 


^  fehlt  C2.  Ho  E2.  2.   gar]    schone  ff1,  geflochten  DK       |       czwü 

^^^  C*.  3.  biige  A\    püg  DK    fehlt  EK  von   (an  ff»,  fehlt  EK   ein 

*V   f(\  afcder  (andern   Ift)    \XB^D^E^HB2C2D2.  4.   unde  AK         die  AK      \     Ha 

v^  p*.  beidenthalben  ff'ff2/)2.  wol  kl.    (klaflers  ff1)   A]B*DK    ain  chlafter 

,U<J*St»    el»er  chlaffter  D2.  lenge  A]B*DK  wol]  sie  BlC2D2,    sich  ff2ff2, 

74  =  ff.     I    {ADE*).    II   (ffCffff).           I.  darunHer]   da   DXEK          was]   wart 

jjtff«,  efo  walt  AK         al  tinderstoset  D{EK      |  mit   (vil  D*EV)   wunderhafter   (w. 

ItfftiHfJ)  florie  A*D*EK   maniger  hanHe  florey  (flori  D1,   floreye  f2,   floreyen  E2, 
!Bf     iP&Iflg*.           2.   vol  /eA/J  DK         ciozzet  B2,   osset   ff2,   sprozzet  AK   gesprosset 

2jT     Ä    f    and  il1,          rot  und  weiz  B2C2D2E2.  zwie  .41,   zwigen  ff.   zweigen  D2. 

3.  m.  Stengel  ff.         grüne  .41,  groz  C2.  bleter  ^»Z)1,    geplettert  B2C2D2E2. 

4   mit  a.  2>*ffi,   al  werderfr.      |     iclicher  Al,  geliches  HB2C2D2E2.          do  E2. 

7*  ä=  ff.      I   (,40ff*).      II   (BCDE).  4.    iglicher  ^.  wurezen  ff2ff2, 

*efc«f  C*.         bKide  ff,  plümen  B2C2D2E2.     j     al  /eA/f  /I».  2.   vil  werdich- 

***  fir.  leicben  Z)2ff2)   ze   (zn  />2^2)   ^men  b2C2D2E2.       |      si  alle  f*M  Z)>,    al 
*  H,  It  «Her  B2C2D2E2.  geliehen  da  ff,   goleich  da   fdo  E2)   B2C2D2E2.  ir 

«Her  w.  ff1.  3.  al  ir]   mit  HC2,   auch  mit  B2D2E2.  si  da   (Hoff2)    HB2C2D2E2. 

«Olde  AXB2C2D2E2.  4.  slengel  ffiff,   beide  Stengel  ff1,  blügde  ff2.     | 

«deicht  ff2ff2.  ouch]   al  ir  AK  lüber  ^»O2,   Hie  läuber  Dl,  gclaubet.  ff2ff2. 

Bzzer  id1,  alles   (als)   von  B2C2D2E2. 

76  =  ff.     I  (ABD).    II  (ffCffff).  I.   st.]   waren  B 2C2DlE2.  auz  B2D2E2. 

|    die  w.   ff1,   tili  w.  ff.  warn  /11,    vil  starch  B2C2D2E2.  ie  Hoch    (unH 

*ch  ff2,  und  diche  ff2ff2,   und  C2)    begrünet    (gegrünet  D2)   HB2C*D2E2.  1.  ein 

/«W<  ff1,  da  w.   ff1,  soiden  DK  als  ez  der  meister  wolde  ff1,   wanz 

fomde»  ff2,  wann  mans  C2)  reben  geliehen  sollen  (solde  B2C2D2E2)  HB2C2D2E2.     | 
e*]  er  ff2,  sie  ff1,   di  grün  41.  die  o.  /i1,  dew  herezen  B2C2D2E2.  .       3.  schat 


460  Friedrich  Zarncke,  [1 

77. 
Diu  löuber  wären  dicke,         swenn  sich  ein  luft  enbörte, 
daz  man  si  sunder  schricke         in  einem  sfizen  dön  erklingen  hörte, 
rehl  als  ob  sich  tüsent  valken  swüngen 
in  einer  schar  geliche         und  schellen  klein  von  .golde  an  in  erklflogei 

78. 
Die  reben  Uberflückct         warn  mit  schar  der  engel, 
als  ob  si  wieren  gezticket         üz  paradis,  und  swenn  der  reben  tagel 
der  löuber  klanc  begunde  wegende  füren, 
die  engel  sus  gebarten,         sam  si  sich  lebelichen  künden  rüren. 

79. 
Der  höhste  kör  der  vröne         wart  ie  wol  üzgesundert 
mit  aller  zierde  schöne ;         disiu  zierde  ist  tiurre  danne  ander  hiadflt 
reb  unde  engel  was  darzii  bereitet, 
daz  wint  dar  In  verholne         mit  listen  gröz  von  balgen  was  geleilet. 


AK         mangen  A{B{.         sundern  DK  und  äugen   (äuge  C2)   suz  von 

(schaden  D2)   gab  vor  glaste   (laste  B2)   B2C2D2E2.  i.  Hier  beginnt  wkitrl 

in  a.]     uber   all    in    den    B2D2E2,    all    über   all    in  den  C2.  koren  Al,  j 

die  fehlt  C2.         mure  Al,  moure  Bl,  muren  c*E2.  von  B2C2D2&.       «t 

B2,  samarat  D2.  was  D2.  vaste  fehlt  E2.  mit  smarag  waren  die  0. 

g.  v.  H. 

77  =  H.    I  [ABDcE*).     II   {BCDE).  \.  löuber  A\    leuber  BK      ** 
A\  hiengen  H.       |      wen  AK         wind  DXEK         enporet  D.  2.  ane  B . 
schick  EK      |      einer  BlDlcl,   fehlt  AK         süzer  A*DxcK         stimme  Al#,  4* 
men  c1,  wise  BK         dingen  BlDlcAH,  vollen  klingen  AK          3.   ob  fehlt  8*0*. 
erschwinge  E2.          4.  gel.]  geleicher  B2,  vil  groz  AK     |     und  fehlt  Ax,  nȀ 

klein]  groz  BlDxElcl.         von  gold  schellen  AK         im  c1. 

78  =  H.    I  {ABDcE*).   II  {BCDE).  1.   reb  al  B{DW2,  reben  al  eW 
waren  ü.  //.     |     waren  Ax,  fehlt  HB2C2D2E2.         mit  manger  (allerg  «*'.# 
C2D2E2.         schow  AWDK         2.  also  als  B2.         wer  AK     |     swenn]  ie  Ä*V 
und  swenn  fehlt  B2E2.         der  reb  7)1,  der  selben  r.  E2.         gengel  cl,  geagelft 
klengel  AlBxDx,    engel  Ä2,    Stengel  E2.           3.  die  B2.         löuber  AXD\  /ttltf 

klanc]  da   (do  E2)   B2C2D2E2.  begunden  B2E2.  wegend  A*y  mt#m 

E2.  4.  sust  B\  so  c1,  da  B2E2,  dann  C2D2.         gewarten  C*,  gebaren  ifc  | 

als  si  A{.         lebelich  c1,  lobelichen  //,  löbelichen  £2.         füren  Ä1. 

79  =  H.  \  {ABDcE*).  U  {BCDE).         1.  höhest  BK         frawnen  frone ft  | 
wo»]  gar  HB2C2D2E2}  dar  cK  auzbesundcrt  B2E2.  t.  an  a.  EK    |  *> 

Al,  diseu  D1.  tiwer  Al,   tuerre  Ä1,   tetirr  Z)1,   turer  cK  dann  ^4l,  deflBiK 

wann  C2,  dan  c!.  iener  AK  3.   rebn  41.  und  Ax.         waren  COT* 

waercn  B2,    fehlt  HcK  dazu  ^4',    sust  B2D2,    sus  6'2E2.  waz  ber.  äp1- 

i.  so  daz  ain  w.   B2C2D2E2.         dar  inne  H,   dar  zu  £>,   /V?M  BfiC*&&.      P 
tougeti  ZP,    verholen  B2C2E2f    verholn  D2.     |     von]   un  c!.  m.  balgen  E 

pa?lgen  drein  B2C2E2,   auß  balligen  drein  Z>2.  gröz  /eÄ//  Ä2.  mit  listen 

wart  B2C2D2E2. 


**j  Dn  Graltempel.  464 

80. 
Per  müsic  und  per  üse,         beide  hoch  und  Ilse, 
Bis  ie  von  dem  winthüse         der  meister  dar  geleite  gap  der  wise, 

m/i  der  pfafheit  g&bens  süz  gedcene, 

der  engel  schar  geliche        d6n  sunder  wort;  ja  was  ez  dannoch  schoene. 

81. 
Als  in    diu  zierde  riche        so  vil  gap  vreuden  luste, 
sd  Sprechens  all  geliche         'got  vater  herre!',  und  slugen  sich  zer  brüste, 
's/t  du   uns  hie  verlihen  hast  solch  cre, 
was  li&stu  dann  zu  himele,         da  ez  sich  hunderttüsentvaltet  nieref 

(XIV.  Crypta  abgelehnt,  81.) 
82. 
Ob  &*    da  heeten  grüftc?         nein,  herre  got  enwelle, 
dai  linder  erden  slüfte         reine  diet  sich  immer  valsch  geselle, 
äU  eVvvenne  in  grttften  wirt  gesammet! 
man  sol  an  liehter  wlle        kristen  glouben  künden  und  Kristes  ammet. 


»^lf.    I    ABDcE*).    II  (BCDEj.         \.   usen  c1,  usye  E2.     |     baidü  //D2. 
*v*n»4  doch  zu  mazen  1.  Ax,  der  buche  schritt  vil  1.  Bl,  gar  süssechleich  und  I. 
JMS*-'       i.  ie]  iene  Al.         winthusen  c1,    wunthawse  C2,  winckuse  D2.     |     da 
&$  fehUH.        gelaiten  D2,  geleitet  c1.         gab  gelait  H,  gab  geleitet  dar  Bl. 
"m  w.  B,  mit  w.  B2C2D2E2.         3.  pfaüenhait  C2.         gaben  AxB*cxH&C2D2E2. 
*m  A\  sost  2M£2,   gut  C2.         gedone  ii1.  4.  schar  fehlt  H.         geliehen  fi{ 

(mÜ  Mtrembeziehung  von  dön  w  <fre«en   Vers),    da  geliehen  /f,   /eA/J  Al.       |      dön 
WMf.i1,  den  f?!,  dann  J£2.  gar  ane  w.  #.  wort]  don  ii1,  wart  B2. 

^*JP.        ez]  in  c1.         schone  ii1. 

84  ss  ÜT.    I   (ii£/)c£*).    II   [BCDE).  \.  swenn  ^"JD1.  die  AK     \ 

Jftfcder  *>.         Kisten  £2.  2.  —     |     got  herre  B*c\  herr  got  Dx,  vil  lieber 

'#  got  lieber  B2C2D2E2.         herr  ^,  vater  BxDxc\  got  ff  sich  /eA/J  BxHC2Bß. 

«er]  su  ii1,    tzur  c\    zu  der  B*HB2C2,    ze  der  Z)2,    zürn  £2.  brüsten  E2. 

3.  aal  J1.  du  nu  uns  C2.  hie]  herre  ff,    /eA/J  c1/)2/?2.  verliehen 

•  verlege«  c1  Ämter  «hast  Z?2.  sulch  ii1,  söllich  #.  4.  dan  B2.  ze  DXH, 
»Bl  *«.  h.]  trone  c1,  gebene  B2C2D2,  gebende  E2.  |  do  £*£2,  daz  B*C2. 
sich]  ist  c1.         h.  tusent  stunt  valtet  ZJ1,  h.  dusent  valtich  c1.         meret  C2. 

88  =  ff.    I  (iiBDcif*).    II   (ÄCZ)£).  I.  heten  AK         ob  da   (do  E2,  daz 

)  wir  it  (icht  cx)  g.  HcxB2C2D2E2.  gufle  £2£2,   slufte  c1.       |       nit    (niht) 

!>£*C*I)2f?2.  J.  eren  ii1^1.         schlügen  ff,   fluste,  docA  scheint  das  s  anfangs 

i  f  gewesen  su  sein,  Ax,  schluchle  Z)2,  nufTte  Z?1.  |  ein  raine  Dl,  sich  reiner  c1, 
imt  HC*,  sich  /eA/£  c1.  iemer  ff.  velsch  c1.  3.  als  fehlt  D2,  als 

c1.  ettwann  C2,  etteswenn  Blcl,  etwennen  DK         grüfte  H,  guften  B2. 

rt]  sich  ff.         gesamet  //c1,  gesamnet  C2D2.         4.  ia   (io  E2)  sol  man  auf  (an 
iflE*)   der  weite  B2C2D2E2.         m.  s.  uns  an  dem  liehte  AxBxDxcx.     j     den  kr. 
künden]  chomen  D2.         künden  kr.  gelouben  ii1.         kr.]  sein  c*B2C2D2E2. 
ampt  11,  amet  cl,  ament  £2. 


46$  Fbiedbich 

(XV.  Beleuchtung  der  Chöre,  83—87.) 

83. 
Kleiner  unde  grozer        crisiallen  gelichc  den  bäten 
gleifer  unde  rözer         balsamvaz  da  brunnen  sam  si  gl&ten. 
üi  ie  den  kör  was  drisiuni  zwei  gehangen, 
und  üzcn  vor  den  kören         ie  zwei  und  zwei  an  riehen  goitstrai 

84. 
Dar  ob  dann  enge!  swebten         zwo  kläfter  hoch  gemezzen, 
als  si  di  lieht  da  hebten,         und  oberhalp  wart  mit  gesiebt  verg 
der  sträng,  swie  si  die  engel  mästen  hallen 
unz  uf  an  daz  gewelbe.         sus  wart  da  manger  riehen  kost  gevt 

85. 
Vil  engel  kerzen  habten         üf  kanzel  und  uf  müre, 
hie  gewunden,  dort  die  ges  labten :         swie  si  doch  solher  koste  nam 
der  si  von  balsem  groze  richeit  hälen, 
doch  wolden  si  von  kerzen         durch  gut  gewonheit  liehtes  nibt  j 


83  =  H.     I   (ABDcE*).     II   (BCDE).  \.  und  darzu  DK     |    erat) 
christall  C2.         z.  gleipher  H,    gelifer  B\   gelfer  B2E2y   gelpher  C\  gde 
und  gelfer  D1,  beide  gelfler  Ex.         ruzzer  H.       |      palsem.  was  B1.       1 
HB2C2D2E2f   de  c1.          diu  baisam  dar   (fehlt  Bx)   uz    uz  da  Ä»)   br.  AW,i 
die  palsam  br.  D{EX.          burnen  Ex.         sam  die  glüte  B2.  3.  ie]  ztJ 

dem  BxDxcxB2C2D2E2.  wart    B2C2D2E2.  dristent    H.  4.   vä 

B2C2D2.  vur  Ax,  vür  cK  kor  AK  auzerhalben  (ausserhalb  CHfl 
chanczel  heten  B2C2D2E2.  |  und  zwei]  von  gölte  c1.  bi  der  tor  (i 
turen  Bx,  hieng  v.  d.  t.  DXEX)  was  fehlt  Bx)  zwei  an  AxBlD*EK  gl 
AxBxDxcx.         Stangen  Ex.  den   (do  E2    hiengen  ie  zwai  an  golde  mit  % 

B2C2D2E2. 

84  =  H.  I  (ABDcE*).  II  [BCDE).  I.  dann  fehlt  Hc^BWlPi 
zwei  Bx,  zwayer  Dl,  wol  H,  ie  B2C2E'K  ir  D2y  in  c1.  hoch]  zwo  ** 
Izwey  c1.  2.  si]  obs  D\  ob  A1,  den  hie  B2E2.  diu  H,  fehlt  Sfli 
habten  Dx,   ho  beuten  D2.      |      un  Ax,  fehlt  U.         oberhalbe  Bx,  oberthtl 

m.  ges.j    da  niht  AK  3.    der  str.  fehlt  HB2C2D2E2.         si]    sich  I 

doch  C2D2H,  sich  doch  B2.  die]   lieht  H.  uff  halten  H,  enthalten 

do  enthalten  E2.  4.  biz  cx.  uf  fehlt  Ax,  auf  unez   (hincz  C2)   B*C* 

anz  B2C2D2.         gewelwe  Ax.  dw   [d.  i.  diu)   sträng  vom  gewelbe  H. 

BXB2C2D2.         da  fehlt  Ax,  do  £2.         nienger  #.  richer  c1,   hohen  # 

chust  J?2,   chunst  D2E2. 

85  =  #.  I  (^Dc£*J.  II  BCDE).  I.  —  |  kanzeln  ^«^Cll 
cellen  cl.  mure  ^»,  muren  BXDXB2C2D2E2.  2.  hie  die  B1.  pein 
(gebraucht  b  /itfr  w,  a.  B.  gebalden  =  gc walten)  E2.  die  fehlt  DXH. 
B2C2D2E2.  |  si  fehlt  B2C2D2.  richer  ^Ä^c».  untüre  AK  na 
u.  £2.  3.  groz  AK  hatten  £>#,  habten  D2.  4.  do  .4»,  da  BK 
wachse  C2D2,  valsch  2J2,  anc  valsch  E2.  |  got  .41.  wonheit  c1. 
AxBxf  lieht  HB2D2E2.         da  nit  £2. 


Ds»  Gäaetiwpbl.  4£& 

86. 
'/'/  kröne  rtrh  von  golde,         dar  üf  vil  kerzen  luchte, 
bangen,  a4s  man  wolde:         ein  engel  habende  klaiter  rwd  si  flüchte, 
wold  die  kröne  gen  den  lüften  füren: 
man  kuode  erkiesen,         daz  s»  d&  bstfcte  galt  mal  rieben  snuren. 

87. 
alta?r  zwir  gevieret         mü  Kehle  wAr»  gemeine, 
an   da  wart  gezieret         gotes  ere  und  unser  heil  mit  amte  reine: 
balsem  viere  bran  da  zallen  ziien, 
wachs  mit  siner  viere         iniist  ie  der  liubt  Mz  an  das  amterbiten. 

(XVI.  Verhallen  des  Schalle?,  Mosaik,  Kanzeln,  88—98.) 

88. 
-lcherleic  stimme         im  tcmpcl  warV  erklenget, 

^delkeit  der  gimmc,         von  wltc  and  oueb  von  ft6he  wart  gelenget 

widergalm  in  hellem  döne  sAze 
teher  wls  dem  walde,         der  wider  git  im  meien  vögltn  gräze. 


1  ==  H.    I   (ABDc).    II   [HCDE  .  \.  chronc  AK  manig  reichew  B2C2 

wUu  H)   krön  v.  g.   HB2C2D2E2.      |      da  uf  cK  vil  fehlt  BK  louhte 

fchfca  DK  lewchle  #*.  2.   m.  w.J  st  seWe  tfe1.     |     ha  bete  c*,   ie  drob 

*ob  ye  C2U2.  zway  fli.  kl.  zw.]  spers  hoch  HEfiCWE2.  si] 

K  Hieb  #c>£*02,  des  mich  fl2,  daz  mich  £2.         double  BK  3.  wolde 

ol  i1.  throne  AK  gegen  O2,    uf  gein  Bx,    hin  kegen  c1.  dem 

4.  man  H.         enktmde  rl.  nil  erk.  H,    es  erk.  IT2,    kiesen  Al, 

*.     |     ob  AxBxDsc\         haben  c1.  die  (obdSeD2)   engeie  nable   (habfen 

«WJ?2. 

=  H.    I  \ABDE*).    II  fAfD£?.  I.  altar  yittf,  alter  fl»,  ättar  DK 

Mß.     |     liechten  B2ClD2E?.         wArn]  all  B*C2D2E2.         2.  swen  .4».         da 
*.      |      m.  gottes  a.   DK  vil  reine  01.  das  gots  ampt  rfnrch  unßer 

reine  El.  3.   vier  Al,   vierii  /T,   fewre  Z)2,   feur  £2,   vier  glas  Bv.         da 

bran  JfrE2,    brande  .41,    brunnen  £1,    /V»Aft  01.  vier   pafcem   vas   die 

P,    die  balsem  was  prinnen  vier  DK         da  /eA/t  ^W/HiJ*!!2^.  zu 

ißßj  allen  B*D*HBPC*WE?.  4.   was  £»,    wag  /T*£2.  sinem  #». 

r  vir*  D\  virre  Ä2^2,   veire />2,  werdet.     |     mmX  A\  kund  HB*C*D*E*. 
ehlt  IT2,    mit  **.  luhte  A\    h'ihte  //,    lauchte  #*,    feucht  Z)2£2,    lücht 

tt  f*C*.         biz  /fA/l  Ä1,    unez  IfllP.         bilen  41,    enbeiten  J1,    erpieton 

=  H.    I   [ABDcE*:.    II   {#('/)£;.  1.  swefherlaige  if.     |     in  dem  Jffi 

ie  wart  /^C2/)2.  geboret,   irclenchie  c!.  f.  ron  gknme  t\<rf  gim 

t  Bl.  von  cdele  richeit  gimmc  H.      \     von  der  ex,   und  von  der  J^f'2 

wK  j4».  ufi  J1,  /WW  D2.  ouch  von  /<?A/(  *«Ä2C2/)2£2    das  Fol- 

'Mt  cK  so  ward  der  widergalm  ie  sus  gemenget  H.  3.   widerglam 

haHteni  AK  hellen  E2.         snzze  Ä!.         snzzen  (soessem  D2)  döne  Bfi€%D%E2. 
al    mit   suzzem    don   gelicher  wis  H.  4.    alsmn   der   wald   ze    mayen 

in  meyen  BxDl.  vogel  «t^  Äawir  Ä1,    der  vögelein  DK         gruzze  Bl, 

D%.         tut   der   vogelsang   zc    vollem   pris  H%    ob  darinne   ein  orgelsanch 
ose  &CWW. 


464 


Friedrich  Zarncke, 


89. 
So  manger  hande  geziere         möht  ich  mit  sundermrere 
geprüfen  niht  wol  schiere :         nu  merket  seih,  da  was  oi  oiender  hm 
spännebreit  über  al  den  tempel  inne, 
ez  waer  ergozzen  und  ergraben        und  ouch  gemalt  mit  kunstrlchen 


90. 
Sprich  ich  nu  von  gemaele,         des  wollen  si  geraten, 
diu  kunst  het  da  vaele,         stt  si  sd  manger  varwe  steine  baten, 
wän  durch  bilde  antltitze  wol  gestellet; 
daz  geschäch  von  solcher  kunste,         di  sich  von  art  den  steinen  wolgerfl 

91. 
Swie  siz  vergebne  hasten,         ez  stunt  in  doch  ze  prlse; 
in  sorcllchen  rasten        giengen  si  darumb  in  manger  wlse, 
waz  got  und  ouch  dem  gral  da  waer  zu  danke, 
si  wurden  von  dem  grale         enbunden  aber  üzer  sorgen  kranke. 

92. 
Gesimpzet  und  gespinnelt        di  kanzeln  warn  alurabe, 


89  =  H.  I  {ABDE*) .   II  (BCDE) .         \ .  raenger  H  u.  6.         hende  *. 
wiere  D2,  gewire  C2,  gewirre  B2E2,  geuiere  H,  gebiere  Bx.      |      mocht  A 
von  B2D2E2.         s.  mären  H.         3.   nicht  wol  gepr.  DK         wol]  so  AK   | 
so  HB2D2E2.         ineket  H.         selbe  A>,    recht  B2.         da]  do  E\  daz  B. 
eht  E2,  ez  C2D2.  nyndert  DlHB2D2,  niergent  E2.  3.  fehlt  DK 
spanne  br.  El,  spannenbrait  ÜB2C2E2,  spannet  breit  D2.  ü:  a.  d.l  der 

innen  HB2C2D2,    uzzen   und    inne    (innen  Bx)    AlBK  4.    ergraben 

DK  ergozzen  und  erhoTwen  H.       |       ouch  fehlt  A*DXC2D2E2.  ge«t\ 

verwirret  B2C2E2,  wirt  D2.         und  ouch  gem.  fehlt  Ex.         chünsten  räch« 
chostreichem  B2E2,    kostereiche  C2D2.  sinnen  DlC2,    dingen  B2D2E*. 

graben  gemal  waz  er  mit  riehen  sinnen  H. 

90  =  H.     I  (ABDE*).     II  {BCDE).  i.    Sprech  A{BlC2D2,    epflefcftj 
sprach  Ex,  sprach  H.         nü  Dl.         gemele  AK      |      wolt  man  da  ger.  i< 

2.  kost  H.  da  hete  BK  alda  D\    aldo  Evy    do  C2£2.  si 

wol  vele  AK     |     si  /eAfo  C2.  so  /eA/J  fi2.         steine  varwe  (varben  ß) 

B2C2D2E2,    hande  varwe  von  steinen  BK  3.  dann  AlBlDl,    und  f*. 

pild  DW,  bilder  £2.  4.  mu  sulcher  AK         daz  waz   (must  BWWPj 

von   (sein  Ä2Z>2^2)   der  kfete   (choste  B2C2D2E2)  HB2C2D2E2.      |      diu  IT. 
steine  ^1/)1^.         gefeilet  E2. 

9\  =  H.    I   [ABDE*).    II   (ÄCDü).  4.  siz]  es  D\  sich  J02. 

DXHC2D2,  vergebens  Ä1,  vergelten  Ä2£2.         heten  AK     \     in  d.]  ie  doch 
B2C2E29  doch  D2,  /eA/*  AK         zu  ^»J?2.  2.  mit  AXBWB2C2D2E\ 

leichen  Z)2.         ta3ten  jftWl»*.     |     so  g.  EK         dar  in  AlBl,  dar  D1,  zu  rtW 

in  /eÄfc  £*.  3.  was  A\  daz  Äl.  ouch  fehlt  B2.  da  /eafc  W 

D2E\         weryP,  was  J*1  ff.  ze  D*HB2C2D2.         danken  ^Ä1/)1*?2.        4.**" 

/eAJ(  ii1.       |       uzzer  j*1,   auz  C2,  schier  auß  D],  von  der  H.         sprge  Ä,  W* 
vels  B2C2D2E2.         kranke  Ä1,   chrankchen  0»,  wanche  B2D2E2,  wannchkena  fl 

92  =  H.  I  (,4JM>£*).  II  lÄC/>£).  I.  gesumpezet  tf2^2,  vereimzet  i*»> 


Der  Graltrmpel.  465 

viJ  schöne  darüf  gezinnelt         man  sach  in  al  der  liewen  bogen  krumbe 

ivveJfböten,  bthter,  meide,  patriarke, 

toärtires,  propheten :         ir  briefe  Seiten  da  materje  starke. 

93. 
srzo  die  helfe  bielent         von  heilikeit  der  grözen 
d    sieb  der  also  nie  teilt,         von  milde  und  von  erberinde  des  genözen, 

*  in   Bngellant  was  kröne  tragende: 

stunden  meide  kläre,         von  der  krenzen  waer  man  wunder  sagende. 

(XVII.  Die  beiden  Glocken,  94.  95.) 

94. 
er    stimme  ein  eröne         ist  herpfen  Seiten  ziere, 
söaeem  hellem  döne         so  clinget  da n noch  fürbaz  arzibiere: 
^    flocken  wären  drüz  gedraet  mit  kunste, 
cleckel  drin  von  golde,         der  rtcheit  zeiner  vollekomen  gunste. 

95. 
**   ein  zem  tempel  solde,         di  ander  zum  convente, 

*  tnan  zem  tische  wolde         öder  sus  an  strttltch  soldimente: 


fnftmelt  AK     |     kanzel  BXDXH,    hailigen  B2C2D2E2.         waren  d.   k.  H. 
••  tf,  darumbe  C2.  %.   v.  seh.]    man  sach  B2C2D2E2.  schonhait  H. 

1*9 H.         gezy melt  Ex,  geczinnel  B2.     \     1.]  kanzel  Ax,  swi-  Dx  [zum  folgenden 
*),  köre  swi-  El,  fehlt  Bx.         -böge  Bl,  -bogel  H.         krumbe  A\   krumme 

pilde  reich  vil   (fehlt  C2)   in  den  lewen   (liwen  D2)  chrumbe  B2C2D2E2. 
«tte»  HC2&.         beichtiger  DXEXB2D2E2,  peichter  peyder  C2.         und  ouch  //, 
es  Jfi.         patriarche  BxDxy  patriarken  A\   Patriarchen  HB2C2D2E2.  4.  die 

K         marlirer  Bx,  martrer  DXB2E2.     |     sagten  B2C2D2E2.         da]   vil  HB2C2 
raarterei  B2E2y  martirie  D2.  starche  BXH,  starken  Axf  der  starchen 

MS?. 

»3  =  I  (ABDE*).     II   (BCDE).  \.  dazu  AK         bieten  AK       |      hilikeit 

starchen  BK         2.  daz  si  von  milt   (fehlt  C2)  der  si  sich  n.  B2C2D29  daz 
jh  milte  n.  E2.  nieten  Al.       |       und  fehlt  AK  erbarme  B1.         des 

fehlt  B*.  den    (dem  D2,    damit  sy  sich  di  E2)    werden  mügen  genozzen 

>*.  3.  der  noch  Dl,  der  nach  E\  sam  der  B2C2D2E2.         ist  D*EK 

e  waz  C2.         4.  maget  Bl,  mägde  DK         und  ander  hailigen  pilde  B2C2D2E2. 
secht  v.  DlEx.  von  den  Ax.  wer  Ax.  von  der  reichait  wer  ich 

S^€2D2E2.  * 

U  =  I  [ABDE*).     II  (BCDE).  i.  und  a.  EK         ein  fehlt  A*BK     \ 

harpfen  EXD2E2.         %.  süzzen  B2.     \     so  fehlt  BK         chlainet  B2. 
<ch  fehlt  D»,  noch  B2C2D2E2.  fürbaz]  vil  paz  B2C2D2E\    süsser  El,    pas 

alkofen  auß  ere  süssere  Dl.  nzzubire  Bx,  arzubiere  DXEX,  der  ardobiere 

PE*.  3.  zwo  da  C2.         warn  Ax.         dar  uz  BXDX.         w.  d.   g.]   dr®t 

\1P)   man  dar  auz  B2C2D2E2.  i.  darin  DXE2,  drein  Z>2.      |     zu   (ze  C2D2) 

BlDlB2C2D2E2.         volk.  DXB2C2EK 

MS  =  I   [ABDE*).    II   (BCDE).  «.  zum  fl1^2,    zu  dem  01/)2.  solte 

|     zu  dem  DXC2D2,  zem  #2.  couente  C2D2.         1.  zum  Ä1,   zedem  D», 

D*E2,  ze  C2.  wolte  AxBlf   solde  Z>2.      |     sus  fehlt  Bx,   indert  suß  Dx. 


4€6  KRHSiDRica  Zarnckk. 

gleckeodanges  wolden  si  nicht  m£ne 

nach  klösterlichem  orden         ünde  durch  des  grales  schar  darfcto 

(XVIII.  Lamm  in  Mitten  des  Gewölbes,  96.  97.) 

96. 
Die  deinen  und  di  grozen         gewelb  gar  unverdrozzen 
mit  swihogen  understözen         ie  von  vier  ecken  über  sieh  gesfotn 
und  da  di  ecke  nider  was  gesetzet, 
evangelisten  viere         warn  .ie  da  mit  rlcheit  nicht  geletzet. 

97. 
Ein  smaragl  zeiner  schihen         enmitlen  dar  gevelzet, 
man  lie  des  niht  betoben  dar  üf  ein  lamp  mit  reiner  kost  gm 

daz  kriuz  in  slner  kla,  der  van  gerötet: 
daz  zeichen  hat  uns  heil  erstriten         und  Luoifer  ao  stm  QpmU* 

(XIX.    Relief  von  den  Thaten  der  Templeisen  an  der  Aussenseile,  98.) 

98. 
Üzen  was  von  vreise        ergraben  und  ergezzen, 
wie  die  templeise         1  »gelten  in  wafen  unverdrozaen 


slritliche  A\    slrit liebes  BK         mit  done  (m.  d.  fehlt  C*D2,   t&m  E*} 

an  Streiter  B2CXD2E2.         soldamente  Bl,    soldemente  DXC2IP,    soUaroenl -Ä 

3.  chains  gl.  DK  glockes  chlanges  D1.  4.  klösterlicher  &1.  chrirteäl 
Z)1,  pruderleiohem  B2C2D2E2.         arden  B2.      |      im  AK         d.  ward«  fr.  J 

schowe  Ä1   {vgl.  78,  i),  sucher  B2C2EP,  suech  Z>2.         schar  dar  fäM  H 
d.   gr.   recht  und  durch  sin  ere  Ax.  1 

$6  =  H.    I  (ABDE*) .    II  (BCDE) .  \ .  diu  H.  cfclaui  **.       ** 

diu  g.  //.         gewelwe  AK         a\  H.  2.  pheileeren  B*C*D2E2.       «■£ 

Z)1.  |  und  ie  HB2C2D2E2.  ie  /eM  ^»Ä1.  von  fehlt  EK  ubcrÜi 
HBKWE*.         geschossen  DK         3.   und]  al  B*C*D*E*.         diu  IT,  lerÄ* 

ecke]   swjpog  B2D2E2,    sclrwipogen  C2.  waren  BXDXEX.  4.  *^ 

und  ewangl'n  (ewangel  Bx)  A*BK  erczengel  und  ander  engel  DxEl.  «^1 
AWDiEK     |     die  w.  EK         wurden  yi1*1,  die  wurden  DK         ie  feMl*** 

da  fehlt  £*.  mit  /tfW  A*EK  riebeit  /«Mf  A   richer  «erde  EK* 

A«g  fltoeg  J>*)  4a  reicliait  waren  ungeletzet  B2C2D2E2.  < 

<97  äs  ff.    f   (ABDE*).     II   (BC0£).  I.  smarac  H,    smarat  #, "■'* 

D2.  ze  ainer  HC2,   zu  einer  BXDXB2D2E2.       |       mitten  C2.  MM 

DXEXBB2E2,  darein  T2,  darin  />2.         gewelczet  .DK  2.   lie  /Mt  B\  *** 

darein  0i£*ff2,    darmn  C2D2E2,    feMt  H.         daz  B*C*D*E*.         vt»  #-j 
eher  Z*1.  ehunst  Bt2C2D2E2.  dar  in  g.  ZZ.  3.  kruz  AK        » 

Makler  £2  (aus  kla  der).  der   (feA//  E2)   von  #2£2,  darvon  Z)*,  da*«a  A 

4.  uns]   und  D2.  heil]  crist  AK  nach  erstr.  E2.     |     lucifem  B*fflHP0A 
tafals  £».           an  /W*fc  Zf1,   mit  £2.  sinem  AXBXHBM'2D\  feäit  &E*. 
walde  41,  crafflt  JE1,         gelotet  BK 

98  =  Ä.     I   [ABDE3").     II  (Äf/Mf-.  4.  durcli  Ä1.         royae  i* 

gegossen  £2.  2.  wie  da  die  D^'1,   waz  die  H.  temperei  sin  AK  *■! 

Z*1,   tempeleyse  Z>Ji;»ff.      |      nu  t.   BK         in  iren  Z)1^.  wapeo  J1**1« 


Deb  Graltkmpkl.  467 

s^ilen  ritterlich  in  grözer  herte, 

*ü  dienst  dem  heren  grale,         damit  man  in  vor  valscher  diet  ernerte. 

(XX.  Die  drei  Portale  and  die  Orgel,  99—108.) 

99. 
"Ze    was  der  porte,         niht  mer  al  sunder  wane, 
eiTie  gen  dem  orte         der  werlde,  daz  man  heizet  mertdjane. 
smder  het  uzvart  gen  occidente, 
clritt  gen  aquilone,         dännen  gtt  der  wint  niht  gut  presente. 

400. 
\*»las  und  ir  dormter        stund  gen  mertdjane, 

*    kriuzganc  wol  geformter         da  zwischen  lac,  des  waren  si  niht  äne, 
k^  ez  te  bruderschefte  wol  gehörte: 
>v*A  vorlouben  rlche         zierten  wol  vor  andern  zwein  die  porte. 

401. 
Ke  porten  waren  rlche         von  luter  rotem  gokle, 
geslein  so  kosteltche         daruf  verwiert,   ichn  weiz  wes  man  si  solde 


.]  verwapent  H,    verwappenl  tcpgleichen  B2D2E2t    v.   la?gleich  C2.  uner- 

en  H.  3.  oft  str.  Dx.  ritterlicher  striten  //,   ritterleichen  gestritten  B2, 

itUw  D2E2,   ritterlich  streylen  C*.         grozzem  H.  4.   ze  DXHB2C2D2. 

t  **,  herren  E2  (öfter),   hiligen  AXBX.         gral  Ax.       |       do  mit  E2.         von 
K         arger  //.  erwerle  DXEX. 

>9  ss  H.  I  (ABDcE*).   II  (BCDE).  4.  dri  B*c*H,  drey  DXEXB2C2D2E2. 

t  &BXB2E2.         alda  der  Dx,  da  der  EK         porten  AxBxcxHD2,  phorten  Cx, 

0  ferner.       |       me  cK  al  fehlt  BxcxHB2C2D2E2.  2.  der  cx.  gein 
gegen  B2Ü2E2,  kegen  c1,  und  so  ferner.          den  i41^,c1.         orten  il1/*1/)1, 

1  cK     |     den  B1.  werlt  die  AXDX.  da  h.  ^Z)1*2   (da  nachgetragen)   C2, 
'.           3.   nette  c1,   hat  A'1,   diu  nett  H,  haisset  f2,  /cMf  B2E2.         gein  ZJ1, 

B2.         aus  wart  E2.  Oriente  B*C*lflE*.  4.  dritte  ^.  gein  0», 

B*.       |       von  d.    idanne  B2D2)   BxDxExcxHB2C2D2E2.  gibt  Ax,    gel  B1, 

HcißtCWE2.         d.  w.  n.]   uns  selten  HcxB2C2D2E2. 

100  =  //.    I   (ABDcE0).    II   (BfD£).  I.  palast  C2/)2.         dormpter  y4«/>^ 

ar  #,    dormet  B2,    tormet  E2,    dorimter  C2>  dormiter  D2.       |       stunden  c1, 
\  was  H,  lag  B2C2D2E2.         gein  D1.         £.   krueegancli  j4!.         gefonnpter 
efromter  A*>  geferraet  B2E2,  geforimier  C2,  geformitter  D2.     |     dar  B1. 
Ax.         3.  7Ä  E2,  tzü  der  c1.  ez  ze]  der^B1,  sy  zu  der  BlEx.         horte 

»horten  AXBXDX.  4.   zwo  fehlt  BK^EK         greden   (gerende  c1,  die  gred 

louben    (lobes  r1,    und  louben  DXEX)  riche  (lobeliche  Ax  für  louben  riche) 
*Excx.     |     die  z.  0i£2.  gar  AXBX.         vor  /*Mf  ^f2.         andsr  H. 

\  d.]  iegleicher  B2C2D2E2,    iegliche  c1.  ds  p.  #.  furstenlich   (nach 

;he  B1/^1)   al   (wol  B1)   dise   (di  B1)   porten  AXDX. 

104   ==r  tf.     I   (ABDcE*).     II   (BO>£).  I.   porte  fff2.         warn  jll.     | 

n  e1.  rote  vi1,   roden  r1.  geleutterl  auz  von  g.  B2C2D2E2.  8.  und 

gesteint  BxDxcxHf  stain  B2£2.  so  /W*/<  UB2C2D2E\  gar  c1.         kunsi- 

J1,  kosteberliche  E\  ordenhche  c1,   maislerlich  HB2C2D2E2.       |       da  uf  c1, 
uf  H ,   darinne  B2C2D2E2.  verwieret  Ax,   verwirret  Bx,  verwircket  E2,  ge- 


468  Fr ik db ich  Zahncke, 

engeilen  lan,  si  warn  ot  ouch  gertchet 

mit  slözen,  rieh  gespenget,         also  daz  in  uf  erde  niht  gellehet. 

102. 
Mit  listen  man  dö  trabte,         vor  iegltcher  porten 
aller  steine  slahte,         di  zu  dem  riehen  grozen  werk  gehörten, 
di  lagen  neben  ein  ander  da  bekennet, 
geschriben  bf  ieglfchem         stunt  stn  art  und  wie  er  was  gene&Mt. 

103. 
Sus  waren  die  porten  geheret         und  mit  sünderkost  beruchet 
vil  wunders  dran  gekeret        und  höher  künste  sunder  vil  versiebet 
wie  maniger  hant  di  steine  warn  gebildet, 
vtimf  ztle  wit  alumbe         geboget,  ich  waen  ez  mir  zu  prüfen  vriMä. 

104. 
Hoch  innen  ob  der  porte         gen  oeeidente  schöne, 
daz  man  vil  gerne  hörte,         was  ein  werk  in  hellem  sözem  dtae, 


wiert  ff.  ich  HC2E2.  waz  m.  Ax,  wie  m.   ff,  waz  ff2,  man  fttiti. 

scholde  ff1.  3.  engolten  habn  lan  AK  ot  fehlt  B\    et  ff.         a*j 

genomner  zirde   (zier  C2)   lan  enteilen  B2C2D2E2.  4.   rieh]    un  c1.       fcj 

uff  und  inne  ff.  wart    me    (ve   C2D2E2)    geschriben    auf    erde    (erdei 

B2C2D2E2.  also  fehlt  HcK        "erden  ff1,  daz  in   (fehlt  c1)  an  kauf* 

den  c1)   nie   (in  ne  c1)   nit  ward  gelichet  ff,    der  chost  geleich   (chostleicb  I}» 
höre  ich  lesen  selten  B2C2D2E2.  t 

102  =  ff.     I   {ABDcE*).     II   (BCDE).  i.  da  man  DK         d6]  diÄ 

auch  Dx.         phaechte  B2E2f  phachte  C2D2>  nam  trachte  c1.     |     iegeticherJ^** 
licher  AK  porte  ff.  t.   aller  (all  BWC2)   der  A^D^BK^ififi.     * 

stach  te  ff2.      |      de  lagen  c1,   mi7  diesen   Worten  seh  liessend.  ze  IL      0**| 

fehlt  B2E2y  grozen  riehen   (reich  D2)   AlC2D2.         werk]   tempel  C2,  fehlt  *  j 
horten  ffC2ff2,  do  gehorten  J£2.  3.  lang  A\  loben  f1.  ein  /«*#*.    * 

E2.         bekennen  Bl.  4.  beschriben  DK         iegelichem  ff1,   ieslicbem  A   . 

bi  ieglichem  stunt  sein  tugent   (s.  t.  fehlt  HE2,  dafür  geschriben  HE2)  HlN*&>\ 
so  st.  ff1,  fehlt  HB2C2D2E2.  art]  tugent  ff,  chraft  B2C2D2,  sein  top** 

kraft  J£2.         er]  sin  nam  ff.  benennet  H. 

403  =  H.    I  (4ffffJ£*).    II  (BCDE).  *.   sus  /«A/t  AlBlD\  sustl*  ' 

wart  Ä2£2,   was  C2.         porte  B2C2D2E2.  geret  ff.  die  porten  fW*g 

^■ff1/)1.     |     uü  Al,  fehlt  DK  3.  wunder  DK         v.  w.]   grozz  rW 

ff2£2.         daran  C2ff2.         gemeret  H.  und  /eAff  ff.         wäher  ff1*1.     l 

fiind  kunst  ff,  chünste  funde  B2C2D2E2.  3.  wart   (w.  auch  ff1)  ü*+. 

st.   AWDK  d.  st.  w.]   da   (do  E2)   wa?r  B2C2D2E2.  4.    vom  J?1.      * 

ff1,   ziel  ff2,  zigel  .41,   zirgel  ff1,   zirckel  tf1.  wit  von   (von  ein  ff2*?*}1* 

Ha2B2D2   (mit  ander  beginnt  a2).     |     gelovbet  ff,    gebogen  C2.  ze  01.     * 

nu  wildet  ff1,  ich  wän  ez  nieman   (iemen  ff)  schildet  Ha2B2C2D2Et. 

104  =  ff.    I  (ABDE*).    II    aBCDE).  \.   noch  f2.  innertoalp '•**« 

inderthalb  ff2>  innerlhalben  ff2,         ob  /e/*/*  a2B2C2D2E2.         vil  hoch  (ewseäl 
ob  einer  p.  ^ff1!)1.  porten  C2.        |        oeeident  AK  schöne  fehlt  C*- 

z.  —     |     so  was  ff1,   was  do  E2.  mit  a2HB2C2D2E2.  helle  jt'ff1,  ■*' 

a2HC2D2E2y    vil  manigen  ff2,  suze  ^»f2,    süzzen  ff2ff2ff2.  dfae  J1. 


"J  Dbr  Gbaltempkl.  469 

cm   orgelsank,  da  man  ze  hochgeziten 

daz    arnmet  mit  florieret,         als  man  noch  pfligl  in  kristenheit  vil  wlten. 

405. 
Ein    bonm  tiz  rotem  golde         mit  loube  und  mit  eslen 
de*    ^»^,  als  man  da  wolde,         vögel  vol  überal  der  aller  besten, 
di  rr*^¥-i  an  sfizer  stimme  lobt  zu  prlse, 
soft     ^>silgen  gie  dar  tn  ein  wint,         daz  iegltch  vogel  sanc  in  slner  wtse, 

406. 
^A^^r    hoch,  der  ander  niderc         ie  nAch  der  sltizzel  leite: 
der    wint  zu  berge  widere         was  in  den  boum  gewlset  mit  arbeile. 
S^Xberleie  vogel  er  wolde  stungen, 
ow  meister  wol  bekande         den  sltizzel,  ie  dar  nAch  di  vogel  sungen. 

107. 
Vier  engel  tif  den  eslen,         ie  zwen  ah  dem  ende, 
die  stunden  äne  gebresten,         von  golde  ein  hörn  ieglfcher  in  der  hende 
het  und  bliesen  di  mit  grozem  schalle, 
und  vvincten  mit  der  andern  hant         reht  in  der  wts  l  wol  tif,  ir  täten  alle!' 


::"  *3.  urgels.  El,  orgelns.  B2E2.         als  a2B2C2D2E2,  daz  H.         zu  B*B2D2E2.         hoch- 
' '  *Hen  AWa2B2D2.  4.  daz  fehlt  //.  amt  AK  gesang  //.  da  mit  a2B2C2D2E'K 

floriert  A{.  noch  fehlt  AxBl,  nu  C2.  in  der  Ax.  manigen   (den  H) 

fanden  a*HB2C2D2E2.  vil  fehlt  Axa2HB2C2D2E2,  der  EK 

405  =  //.     I   (ABDE*).     II   [aBCDE).  \.  gar  uzzer  a2B2D2E2,    gar  auz 

C\         rotem  fehlt  a2B2C2D2E2.        |       mit  fehlt  B\    mit  6m  wolde  fehlt  C2. 
lauber  Ä2,    leuber  B*DX,    laeubern  a2D2.  und  mit]    und  ovch  mit  H  (zwi  B\ 

*Wey  D1)   un  AWDK  2.   d.  s.]   besetzet  AWDK  da  fehlt  AWD1,   do  a2E2. 

solde  B*.      |      der  v.    DK  vol  /eA/l  Z)1.  voller  vogel  a2HB2C2D2E2. 

«her  al  feMt  Ax,  al  /eA/l  C2.  aller  fehlt  H.  3.   aus  C2.  lobt  wol  H, 

tobte  C2.  ze  D*a2HB2C2D2.  prisen  Ä!.  4.  von]   uz  AWDK  beigen 

p.  ginch  a2B2C2D2E2.  ein  wint  dar  in   (fehlt  B2E2)   a2B2C2D2E2.  Dar 

la  eyne  wint  geleitet  JE1.        |       daz]   der  H.  iglich  Ax,   iegelich  Bl  u.   5.  tu., 

jeglicher  ff.  in  /eA/f  Z)1,   nach  a2B2C2D2E2.  sein  Z)1. 

106  =  I   [ABDE*).     II   [aBCDE ).  4.    einer  /W»/f  a2B2C*D2E2.         d.   a.] 
oad  a2B2C*D2,  und  auch  do  JE2.          nider  >^,   nindere  £2.  des  slozzels  ^Z)1. 

*.  wint]   don  Z)1,    done  JE1,    denn  Al,    den  B1.  zu  fehlt  a2B2C2D2E2. 

Wrfce]  wege  Ä1,   was  für   (her  C2)   und  a2B2C2D2E2.  wider  ^J.     |     was  fehlt 

^mc^IfiE2.  in  dem  JD^^C2.  3.  swelicherleie  B\  sw.  hande  a2B2C2D2E2. 

singen  (?)    Z)1.  4.  d.  m.]    den  sluzzel  a2B2C2D2E2.  er  wol  B2D2. 

<*kante  ^C2.     |     d.  sl.]   der  meister  a2B2C2D2E2.  di  vogel  da  nach  AK 

107  =  I  [ABDE*).  II  [aBCDE).  \.—     |     ie  zw.]  uzen  AWa2B2C2D2E2y 
«fort  zwen  Dl.         den  enden   (ende  E2)   a2B2D2E2.         2.  si  a2B2C2D2y  da  £2.     | 

icücher  AK         in  einer  AxBxDxa2B2E2,   in  seiner  C2Z)2.  3.   heten  a2B2D2E2. 

ün  il*.  di]  dar  a2Z>2,   da  B2C2E2.         grdzem  /Wi/f  a2B2C2D2E2.  4.   and.] 

am  D2.      |     reht  fehlt  AXBXDX.         wise  y*!.  nu  wol  uf  BK 

Abhandl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Winsen  seh.  XVII.  32 


470  Friedrich  Zarnckk, 

408. 
Da  stunt  daz  jungst  gerihte        ergozzen,  niht  gemalet, 
durch  Sünden  riwe  gesihte         wärt  bie  mit  der  manung  niht  enbw, 
däz  ie  nach  der  s&ze  gel  daz  süren: 
durch  daz  sol  man  in  vröuden         ie  gedenken  an  daz  selbe  lrüre?n_ 

(XXI.  Der  Estrich,  lOf^-lll.) 
409. 
Ein  kost  von  zierde  michel         da  sunder  was  zu  seh o wen, 
ünden  der  onichel         darinne  was  ergraben  und  erhowen 
vische  und  al  der  merwunder  bilde, 
ieglichz  in  stner  forme,         und  füren  reht  als  ob  si  waeren  wilde. 

440. 
Wan  rör  alumbe  giengen         von  üzen  dar  mit  lüfte; 
den  estrtch  Uberviengen         er  istallen  dar,  dar  under  wol  mit  gute 
sach  man  si  reht,  sanis  in  dem  wage  lebten: 
wintmül  von  üzen  verre         mit  balgen  dar  den  selben  bradem  gekat. 

444. 
Des  estriches  künde         gap  liebten  ougen  wtse, 
als  ob  ein  se  mit  ünde         sich  unden  wegt  und  doch  bedaht  mit  I» 


408  =  I  [ABDE*).  II  [aBCDE).  K.  —  |  und  nicht  B2C2.  en* 
C2.  2.  geschulte  a2C2D2.  durch  (al  d.  0«)  di  selben  suchte  AlBlDK  |  **» 
Ax,  so  ward  Dl.  mit  fehlt  B2E2.  der  fehlt  C2.  manunge  Al,  mandof 
a2B2E2}  maynung  C2.  3.  so  daz  Dl.  daz]  des  D2,  eyne  EK  sn 
AXDXC2,  sawrn  D2.          4.  schol  B2.         vrouden  Al.     |     noch  ie  D1,  yedoch  ft 

des  E2.         selben  E2,  selbig  B2. 

409  =  H.  I  [ABDE*).  II  [aBCDE).  \.  an  z.  H.  ein  zierde  f« 
coste  EK  |  da  fehlt  B\  diu  a2B2D2E2.  ze  a2HB2C2D2,  ge-  DK  t.  dou. 
EK  under  AXHB2C2E2,  und  Bx,  und  dem  a2D2.  der]  an  dem  DXE\  d* 
C2.  |  dar  in  a2D2,  darunder  B2,  dar  auß  Dx9  dar  an  Ex.  so  was  Dl,  » 
ward  H.  ergr.]  ergozzen  a2B2C2D2,  gegossen  E2.  3.  paid  v.  D1,  *• 
fischen  El,  visch  a2D2.  al]  vü  a2B2C2D2,  auch  gar  vil  E2.  der  f& 
B2C2E2.         al  der]  alle  H.         merewunder  DK         wilde  H.          4.  iecliches  i* 

in  fehlt  H.         varw  H.     |     und]   diu  //.  als]  sam  C2. 

4  40  =  H.     I   [aAD).     II    [aBCDE).  \.    want    a2,    von  AW&E\  f* 

C2  [das  p  ist  Fehler  des  Rubricators) ,    nahent  D2.  rot  C2.       |       von]  al  Ä 

dar  in  a1,    ufi  //.  drin  a2HB2C2,    dar  in  D2,    drein  £2,    /eA/t  aK  t.  *» 

D2.         esterreich  B2,  este  reich  D2,   estering  E2.         umbviengeu  E2.     |    krid* 
[von  m  i*f  der  /etefe  Strich  getilgt)   H.  dar  über  H.         wol]   si  a2RB*&>  •& 

Z)2,  sus  C2.  3.  si  fehlt  ClE2.         si  wegten  sich  sams  (sam)   AlDlal.       »• 

si  a2B2C2,  sam  Z)2,  als  sy  E2.         si  1.  a1.         i.  d.  walde  wa3rn  lebnde  Ax. 
4.  auzeren  B2.         verren  B2.     |     m.  tunste  a2B2D2,  m.  dunst  E2,  m.  rum*£*« 
aldar  a2B2C2D2E2.  dem  C2.  brabem  #,  pladen  B2,  blade  £*.        «epte 

f2.  dar  warn  den  bradem  gebende  A{. 

444   =  H.  I  [aAD).  II  [aBCDE).         \.  sus  des  a1.         esterreiches  Ä2Ä   | 


Der  Graltempel.  471 

t,    daz  man  ez  gar  durchlühtic  saehe 

i  'vvaias  von  vischen,  tieren         und  merwundern  sturines  da  geschaehe. 

(XXII.  Weihung  des  Tempels,  m.) 

112. 
er  V>ischof  Penitenze,         der  bruder  art  Parillen, 
n  p^ise  vil  der  krenze         truc  di  fruht  mit  der  Franzoiser  willen 
ind  von  al  der  diet  in  mangen  riehen, 
der  wthte  disen  tempel         und  die  al  teere  alle  willecltchen. 


echt  den  AxDxax,   liechtevv  f  2.  2.  —     |     unden  fehlt  Hax.  s.  u.  w.  u. 

I  A{,  da  und  a1.  doch]   auch  D'1,  wer  AxDxax.  bedeket  H,   bedeckt  E'2. 

Bit  dem  H.  3.  wa?r]   un  doch  Ax,   und  also  Dx,   vil  dünne  a*B2C*D*E2. 

man  fehlt  Dx.  ez]   vil  H,  fehlt  Dxa*B*C*D2E2.  gar  fehlt  fl2.  durch- 

Uechleichen  Dx.         sehe  Ax,  sache  D2.         so  gar  durchlöuehtich,   daz  man  in 
ch  sa?he  a1.  4.   und  fehlt  AXDXE*.  waz]   daz  Ha1,   daz  da  AXDX. 

h  a*C*D*.         und  tieren  a*B2D2E'2.     |     und  auch  Z)1^2,  /WW  AxHax.         mer 
M1.  merwunder  eflHB^D"1,   Wunders  Ax.  Sturmes  fehlt  Al,   stürme  a1, 

un  stürme  H.  da]   do  Ei1,   vil  AXDXH,   vil  dar  in  a1.         geschehe  ^!,  ge- 

ch  Z>2. 

112  =  H.     I   (^BD).     II   (aBCDE).  i.   bischolf  aW.  penitentz  aW 

!.     |     der  /eA/l  01.  bruder  /V?A/<  /f.  von  art  Dx.  barillen  Z)2. 

on  AlBxDxa2C*D*,  mit  B2£2.  der  /WW  D2.         chreueze  Z)1,   chrewtz  C2.     | 

uge  Bx,   so  trug  Dx.  diu  //.  franzeiser  B1,   frantzoisaer  a2,   frantzoser 

3.  und  auch  Dx.  al  der]   aller  H,   maniger  a2B2C2Z)2£2.  an  a2. 

ar  diet  in  /M/*  Ä1.  vreraden  a2B2C2D2E2.  4.   der  ^eM  AXBX.  wiht 

.  ^ZT1.  disen]   nu  den  Ha2B2C2D2E2.      |      üii  auch  Dx.  altare  yi1,   al- 

B1,  älter  O1,   altar  //Z>2,   altari  B2,   alter  C2.  selichlichen  AXBXDX. 


Anmerkungen. 

Um  bei  Benutzung  meiner  Ausgabe  auch  die  Heranziehung  der  Texte  und 
Anmerkungen  von  S.  Boisseree  und  E.  Droysen ,  und  umgekehrt  bei  Be- 
ung  ihrer  Texte  die  Vergleichung  dieser  Ausgabe  und  der  nachstehenden 
lerkungen  zu  erleichtern,  lasse  ich  drei  Vergleichungstabellen  folgen.  Aller- 
s  sind  die  Strophenziffern  bei  E.  Droysen  übereinstimmend  mit  denen  bei 
l  und  insofern  bereits  in  der  S.  432  fg.  gegebenen  Tabelle  enthalten,  ihre 
(lhrung  an  dieser  Stelle  ist  aber  doch  nicht  überflüssig,  da  bei  Droysen 
die  Strophen,  die  sich  nicht  mit  dem  archi technischen  Aufbau  beschäftigen, 
elassen  sind.  Die  neun  ersten  Strophen  sind  von  Boisseree  und  Droysen 
.  berücksichtigt. 


3i» 


472 


Friedrich  Zarncke, 


1.  Vergleichung  der  Strophensiffern  dieser  Ausgabe  mit  denen  bei  8.  Bei« 

und  E.  Droysen. 


Zarncke 

Boiss. 

Droys. 

Zarncke 

Boiss. 

Droys. 

Zarncke 

BeiK.fr 

2, 

9 

— 

1 

319 

8, 

44 

— 

36 

— 

79 

^s 

81    • 

10 

= 

2 

320 

45 

— 

73 

352 

80 

^s 

82  3 

H 

— 

3 

321 

46 

— 

37 

353 

81 



83 

12 

= 

4 

322 

9, 

47 

— 

39 

355 

14, 

82 

^= 

84  3 

3, 

13 

— 

5 

323 

48 

— 

40 

— 

16, 

83 

= 

85  3 

14 

— 

6 

324 

49 

= 

38 

— 

84 



86  3 

15 

— 

7 

325 

10, 

50 

• 

42 

357 

85 

= 

87   - 

16 

ZZ^^Z 

8 

326 

7 

51 

«^^ 

41 

86 

= 

88   - 

17 

^Z^Z 

9 

327 

52 

— 

46 

360 

87 

= 

89   - 

4, 

18 

— 

10 

328 

53 

— 

47 

361 

16, 

88 

- — 

91   • 

19 

— 

11 

— 

54 

= 

48 

362 

89 

s=r 

43  a 

20 

= 

12 

— 

H, 

55 

50 

400 

90 

= 

41 

21 

^^^™ 

13 

— — 

7 

56 

^„^ ^ 

51 

401 

91 

— — 

45 

22 

14 

— 

57 

— «_ ^_ 

52 

402 

92 

— 

70  1 

23 

■ 

15 

329 

58 

.^^^ 

53 

403 

93 



7«   . 

24 

— - 

16 

33  i 

59 

— 

54 

404 

17, 

94 

— 

62   • 

25 

17 

335 

7 

60 

■ — 

55 

405 

95 

— — 

63   - 

B, 

26 

— 

18 

336 

61 

— 

56 

406 

18, 

96 

67  3 

27 

— 

19 

— 

62 

^= 

57 

407 

J 

97 

68  3 

28 

— 

20 

— 

63 

— 

58 

408 

29 

= 

21 

— 

64 

— 

59 

409 

19, 

98 



49  3 

30 

— 

22 

• — 

65 

— 

60 

410 

20, 

99 



91   3 

31 

— 

23 

— 

66 

— 

61 

— 

100 



92  3 

32 

^= 

24 

— 

13, 

67 

^m^m^m 

64 

363 

101 

= 

93  3 

33 

^^^^^ 

25 

— — 

7 

68 

— • 

65 

364 

102 



94  3 

34 

* 

26 

— - 

69 

_— ^ 

66 

365 

103 



95  3 

35 

27 

— 

104 



96  3 

36 

— 

28 

— 

13, 

70 



69 

376 

105 



97   - 

6» 

37 

29 

345 

71 



72 

377 

106 

= 

98 

7 

72 

74 

378 

107 

99 

7, 

38 

= 

30 

— 

73 



75 

— 

108 



100  3 

39 

— — 

31 

i 

74 

— — 

76 

^ ^^^ 

40 

_^_ 

32 

_ 

• 

75 

77 

21, 

109 

— — 

404 

41 

_^_ 

33 

_ 

76 

78 

380 

110 

402   • 

42 

= 

34 

— 

77 



79 

— 

111 

• 

403 

43 

== 

35 

_^_ 

78 

^^^^^ 

80 

_^_ 

22, 

112 



404 

2.  Vergleichung  der  Strophenziffern  bei  8.  Boisseree  mit  denen  dieser  Aosj 

Boisseräe  hat  sich  eine  von  der  handschriftlichen  lieber] ieferung  gani 
weichende  Anordnung  der  Strophen  gestattet,  wie  die  folgende  Uebersicht 
Anschluss  an  die  oben  S.  389  fg.  gegebene  Gruppirung  und  Bezifferung 
Inhaltes)  erkennen  Uisst. 


Der  Graltempel. 


473 


//  =  Nr.  2—22. 

H  =  Nr.  2—10.   12— [17]— 19.   11.  20—22. 
/=  Nr.  2—10.   12.  20.   13—16.   18—19.   11. 
Boiss.  =  Nr.  2—10.   19.   11.   17.   12.  18.  13- 


17.  21 
16.  20- 


-22, 
22. 


Etoisseree  hat  sich  also,  indem  er  die  Schilderung  des  Aeussern  (Nr.  19. 
7)  zusammenhielt,  an  /angelehnt,  dieselbe  aber  gleich  hinter  Nr.  10  ein- 
oben ;  die  Schilderung  der  Portale  (Nr.  20)  hat  er  mit  HII  am  Ende  be- 
i.  Nach  der  Rückkehr  in  das  Innere  und  nach  Darstellung  des  Aller- 
sten  (Nr.  1 2)  nimmt  er  die  Schilderung  des  Gewölbes  (Nr.  1 8) ,  wohl 
sie  ohne  allgemeineren  Character  zu  sein  schien,  vor  die  Details  der  Chöre 
13 — 16).  Das  ist  im  Ganzen  eine  gute  Anordnung,  in  der  nur  Nr.  6 
7  ebenso   wie  in  der   Ueberlieferung  eigentlichen   Haltes  entbehren.    — 

im  Innern  der  Abschnitte  hat  sich  Boisseree  manche  Umstellungen  er- 
;  er  hat  in  Nr.  8  die  Str.  45  (von  den  Chören)  hinausgeworfen  und  in 
3  untergebracht,  wo  im  Zusammenhange  von  den  Chören  die  Rede  ist; 
*.  9  ist  die  Reihenfolge  von  /  eingeführt;  in  Nr.  10  erscheinen  drei  Slro- 

aus  Nr.  16  (Str.  89 — 91),  in  Nr.  13  noch  zwei  andere  ebendaher  (Str. 
.  93),  sodass  für  Nr.  16  an  seiner  Stelle  nur  die  erste  Strophe  (Str.  88) 
;  bleibt;  ferner  stellt  Boisseräe  in  Nr.  13  auch  die  schon  erwähnte  Strophe 
Vr.  8  (Sir.  45).  So  ergiebt  sich  die  folgende  Uebersicht,  in  welcher  die 
jinem  Abschnitt  in  den  andern  hinübergenommenen  Strophen  mit  einem 
i  (*)   bezeichnet  sind. 


Zarncke 

,    Boiss 

i. 

Zarncke 

Boi& 

}. 

Zarncke 

Bois! 

3. 

Zarncke 

2,    9 

22 

— 

30 

43 

= 

89* 

64 



12, 

67 

10 

23 

— 

31 

44 

= 

90* 

65 

= 

68 

11 

24 

— 

32 

45 

— 

91* 

66 

= 

69 

12 

25 

— 

33 

46 

— 

52 

67 

18, 

96 

*  26 

— — 

34 

47 

--— 

53 

v7 

3.  13 

68 



97 

14 

:  27 

— 

35 

48 

— 

54 

!   28 

^__ 

36 

4  ^v 

69 

13, 

70 

15 
16 

i 
29 

6> 

37 

49 

19, 

98 

70 



7 

92* 

■  \j 

i 

* 

50 

— 

11) 

55 

71 



93* 

17 

;    30 

= 

7, 

38 

51 

— 

f 

56 

72 

•  •* 

71 

4,  18 

31 

^^^ 

39 

52 

— 

57 

73 

z= 

45* 

19 

1   32 

= 

40 

53 

— 

58 

74 



72 

20 

!   33 

= 

41 

54 

— 

59 

75 

a^^ZI 

73 

21 

34 

= 

42 

55 

—— 

60 

76 



74 

22 

35 

^^ 

43 

56 

— 

61 

77 

= 

75 

23 

36 

= 

8, 

44 

57 

— 

62 

78 

= 

76 

2i 

37 

, 

46 

58 

= 

63 

79 



77 

25 

38 

__ 

% 

49 

59 

= 

64 

80 

= 

78 

5,  26 

27 

39 
:   40 

= 

J 

47 

48 

60 
61 

— 

65 
66 

81 
82 
83 

= 

79 
80 
81 

28 

41 

— 

10, 

51 

62 

•^zz, 

17, 

94 

• 

29 

42 

— 

50 

63 

^^z 

95 

84 

= 

U, 

82 

474 


Friedrich  Zarncke, 


Boiss.  Zarncke 

85  =  16,  83 

86  =  84 

87  =  85 

88  =  86 

89  =  87 


Boiss.  Zarncke 

90  =  16,  88 

91  =  20,  99 

92  =  100 

93  =  101 

94  =  102 


Boiss. 

95  : 

96  : 

97  : 

98  -- 

99  . 


Zarncke 
103 
104 
105 
106 
107 


Boiss. 

100 

101 

102 

103 

104 


=  81, 


=  «,11 

Es  ist  oben  S.  381  in  der  Anmerkung  unterlassen  worden,  auch  d» 
Zeichnungen  aufzuführen,  die  Boisseräe  den  von  ihm  benutzten  Bai 
gegeben  hat,  was  hier  nachgeholt  werden  mag.     Es  ist  bei  Boisseräe 
H.  \  =  H\  H.  II  =  J81 ;  Vi  =  A*i  B  =  Z)1;  R  =  o!;  C  =  C*;  D=R 

3.  Vergleichung  der  Strophenziffern  bei 


Droys 

• 

Zarncke 

Dro>s 

• 

Zarncke 

319 

— 

2, 

9 

345 

— 

6,  37 

320 

= 

10 

352 

8,  45 

321 

-— 

11 

353 

— — 

46 

322 

CT22 

12 

355 

* 

9,  47 

323 

= 

3, 

13 

357 

10,  50 

324 

= 

14 

3601) 

■ 

52 

325 

— T 

15 

361 

53 

326 

= 

16 

362 

, 

54 

327 



17 

+ 

363 

— 

12,  67 

328 



4, 

18 

364 

= 

68 

329 

= 

23 

365 

— 

69 

334 



24 

366 

20,  99 

335 

== 

25 

367 

* 

100 

336 

== 

5. 

26 

368 

m ^^__ 

101 

Droys 

• 

Zarncke 

Droys 

• 

369 

— 

102 

395 

= 

370 

— 

103 

397 

r= 

m 

371 

— 

104 

398 

^^^ 

375 

— 

108 

399 

sss 

IM 

376 

*  = 

13 

,70 

400 

= 

M 

377 

=: 

71 

401 

= 

* 

378 

= 

72 

402 

:= 

8 

380 



76 

403 

=5 

* 

383 



79 

404 

= 

9 

384 



80 

405 

== 

• 

386 

387 
388 



14 
15, 

,  82 

,  83 
84 

406 
407 
408 
409 

— 

«I 
9 

393 

■ 

16, 

,  89 

410 

; 

6 

1,  I.2)  Es  fehlt  »die  Erzählung«,  wie  in  Dx  vor  Str.  148  (vgl.  ** 
S.  419):  Hie  hebt  sich  an  wie  der  edel  tyturel  geporn  ward;  und  so  flu* 
ebenda. 

1,  4  lignum  alöä,  bei  Wolfram  oft  als  lign  alöö  (Parz.  484,  17.  790,  '• 
808,  13.  Wh.  375,  24.  379,  25),  ein  kostbares,  lieblich  duftendes,  heito*1 


1)  Verdruckt  steht  369. 

2)  Nachstehende  Werke    werden    im  Folgenden    nur   unter   dem  Namen  W 
Verfassers  citirt: 

Caumont,   Abecedaire  ou   rudiment  d'Archeologie,    5.  edition,    1 867,  ö*. 
Viollet-le-duc,     Dictionnaire   raisonue    de    l'Archilecture    fran^aise.   " 

1867  fg. 
Gailhabaud,   l/architecture  du  Vme  au  XVIPe  siecle,   Paris  1858 tfc. 
Otte,   Handb.  d.   kirchl.   Kunst- Archäologie,    3.  Aufl.    Leipzig   1854. 
van  den  Berghe,   Osw.,   Le  temple  du  Gral,   in  den  Annales  ArcheotoW*8 

par  Didron  aine,  Tome  XVH   (Paris   1857),   S.  217  fg.   285  fg. 


l*3J  Der  Gbau^wpgl.  475 


Maria  wird  mit  ihm  verglichen  (du  blüendez  lignum  alöe,  Gottfr.  Lob- 
pMang  bei  Haupt  4,  520,  49,  2) ;  man  nahm  an ,  dass  es  aus  dem  Paradiese 
Eeanne:  die  andern  maister  sprechent,  da*  daz  holz  körn  von  dem  irdischen 
Warcults  in  vlie senden  wazzern  und  daz  man  ez  mit  netzen  in  den  wazzern 
mf  väch  Megenberg  355,  25. 

2,  f  fürgezohe  vermag  ich  nicht  nachzuweisen.     Zu  dem  Folgenden  vgl. 
ihn  S.  402  fg. 

*  8,  3.  Meistens  sind  ja  allerdings  die  Stühle  aus  Holz,  doch  gab  es  auch 
hi  den  Kirchen  Stühle  aus  Stein,  Marmor  u.  s.  w.,  an  denen  man  also  die 
hi  Vs.  4  gemachte  Bemerkung  erprobt  haben  konnte.  Vgl.  Gaumont  354  fg. 
Wollet  II,  445  fg. 

k  3,  t  Pttagoräs  und  HercuUs;  vgl.  Parz.  773,  21  fg.:  iuch  hete  baz  be- 
Wcheiden  des  (über  die  Natur  der  Steine)  Eraclius  ode  Ercules,  unt  der  krieche 
Ahrrander ,  unt  dennoch  ein  ander,  der  wise  Pictagorox  .  .  .  der  künde  wol 
Bon  steinen  sagen.  Unter  Hercules  ist,  wie  schon  diese  Stelle  zeigt,  Eraclius 
tat  verstehen,  dessen  Steinkunde  in  dem  von  ihm  handelnden  Gedichte  eine 
WMe  spielt  und  dadurch  im  43.  Jahrh.  bekannt  war.  Vgl.  das  franz.  Ge- 
rficht bei  Massmann  S.  233,  525  fg.  (dazu  S.  395),  und  im  deutschen  Gedichte 
■ha.  8.  20  Vs.  692:  ich  erkenne  edel  gesteine  baz  dan  die  hiute  lebende  sint; 
■d  Enenkel's  Weltbuch  (bei  Massmann  a.  a.  0.  437,  Vs.  39  fg.)  :  min  kunst 
4M  nikt  kleine;  ich  kan  ein  ieglich  gesteine  gesehen,  waz  ez  krefte  hat  unde 
mokz  ze  lobe  stät  u.  s.  w. 

4,  4   ge'runge  oder  mit  mäze  nach  A  geringe?    Zu  ersterem  vergleicht 
sich  das  bekannte  mänünge,  zu  letzterem  wisünge  64,  4. 

5,  4  fg.  Arnoldus  Saxo,  de  virtutibus  lapidum  (bei  Haupt  18,  428  fg.) 
Kr.  4 :  Abeston  (sonst  auch  Asbestos)  .  .  .  eius  virtus  est :  nam  accensus  num- 
quam  extinguitur .  Ebenso  bei  Albertus  Magnus,  im  Museum  f.  altd.  Litt.  u. 
Kunst  2,  1 29 :  cuius  virttis  mirabilis  narratur  .  .  .  eo  quod  semel  accensus  vix 
umquam  potuit  extingui.  Megenberg  übersetzt  dies  (S.  434,  47) :  wenn  man 
den  stain  ains  mäls  entziint,  so  mag  man  in  niimmer  mör  erleschen ,  er  gibt 
immer  mtr  dar  flammen. 

6,  \  fg.  Eliotropia  gemma  est  viridis  .  .  .  hie  lapis  in  aquam  positus  eun- 
dem  quae  in  vase  est  aquam,  cum  radiis  solis  exponitur,  ebullire  facit  et  re- 
solvit  in  nebulam,  quae  post  paululum  imbrem  inducit  Arn.  Saxo  a.  a.  0.  435. 
Albertus  M.  (Mus.  2,  432):  postmodum  autem  descendit  illa  nebula  rorando 
sicut  per  guttas  pluviae.  Auf  diesen  kühlenden  Regen  bezieht  sich  wohl  Vs.  4. 
Bei  Megenb.  445,  26:  Elitropius  haizt  sunnenwendel .  ist  daz  man  den  in  ain 
vaz  mit  wazzer  tuot ,  so  macht  er  die  sunnen  pluotvar  .  .  . ,  und  wallet  daz 
vaz  an  underläz  und  sprengt  daz  wazzer  auz  sam  einen  regen.  Das  Gedicht 
von  der  krafft  des  Edelgesteins  im  Mus.  2,  90  behandelt  diesen  Stein  unter 
dem  Namen  »Aldropi«:  Wer  den  stein  in  ein  vass  thut ,  so  muss  die  sonne 
iren  schein  lan  und  das  gewolgken  begynnet  auff  zeu  gan,  und  begynnet  zeu 
regnen  seere. 

6,  4.  Vgl.  Hadloub  (hsgg.  v.  Etlmüller)  20,  2:  so  der  haven  walle  und 
daz  veize  darinne  swimme;    46,  2:   so  der  haven  rätes  vol  erwallet  wol,   so 


476  Friedrich  Zarncke,  ( 

gib  uns  her  nach  unser  ger.    Vgl.  in  Hag.  MS.  2,  287  (XV,  8) ;  «99  (XLI, 
Megenherg  445,  28 :  und  wallet  daz  vaz  an  underläz. 

7,  1 .    Hie  reddit  hominem  bonae  famae  et  vaticinari  quaedam  et  i 
mem  et  longae  vitae.    contra  fluxum  sanguinis  valet  et  venena  (fillaehikb 
nerea  bei  Alb.  M.  im  Museum  2,   432).     si  ungatur  cum  herba  emdm 
minis ,    in  fallendo  visum  hominis   homo   se   videri  prohibet   Arn.  Sil« 
Albertus   M.   giebt  wie   meistenteils  auch  hier  nur  eine   Umschreibung 
Arn.  Saxo.     Wer  den  stain  tregt,  den  kreftiget  er  und  lengt  im  daz  Ubm, 
verstelt  daz  pluot  und  schäuchl  vergift  und  sichert  den  menschen  vor 
Megenb.  445,  32. 

8,  1   gefrowet  und  geherret  können   hier  nur  bedeuten  als  Gebieter 
Gebieterin  über  Alle  gesetzt  sein ;   an  andern  Stellen  ist  aber  wohl 
und  gehöret  zu  lesen   (der  Titurel  liebt  diese  Zusammenstellung)  z.  B.  6ttt 

9,  2.    Auch   vom  Palast  des  Presbyter  Johannes   heisst  es  §  60 
Ausgabe  der  Epistola:   Pavimentum  est  de  onichino. 

10,  I   lahter  (lähter?) ,    ein    seltenes  Wort,    hat    vermuthlich    die 
Acnderungen  an  dieser  Stelle  hervorgerufen;  auch  in  Al  war  anfangs  das  ge- 
wöhnlichere kläfter  geschrieben. 

10,  3.    Ist  man  berechtigt,   an  dieser  Stelle  daran  zu  erinnern,  davll 
heilige  Grabeskirche  in  Jerusalem  in  ihrem  Ostende,  wo  sich  die  Rotunde 
fand,  auf  Felsengrund  stand,  der  erst  durch  Abtragen  eines  Theiles  des  Fefaett 
hergestellt  war? 

12,  1.  Dass  die  Grundrisse  zu  Kirchen  durch  wunderbare  Offenbar«! 
den  Menschen  milgelhcilt  worden  seien,  ist  eine  sich  öfter  wiederholende  Sap 
So  soll  der  Plan  zu  der  Hagia  Sophia  nach  der  Versicherung  byzantinischer 
Hofhistoriker  durch  einen  Engel  vom  Himmel  gebracht  sein,  und  Aehnüch* 
wird  vom  Kölner  Dom  erzählt.  Vgl.  Sepp,  Neue  architec tonische  Studien  S.  U. 
Der  Plan  zu  der  Basilica  der  Beala  Maria  Major  in  Rom  soll  im  Schnee  ab- 
gezeichnet gewesen  sein.  Vgl.  Beatae  M.  Majoris  de  Urbe  etc.  descripüe,  1 
auetore  Paulo  de  Angelis,  Romae  1621.    U.  s.  ö. 

12,  4  von  der  Aussenwand  (von  der  müre)  des  Tempels  bis  dahin,  *• 
die  Stufen  hinaufführten,  d.  h.,  wie  Boisseree  richtig  erklärt,  bis  zum  oben  * 
Anfang  der  Stufen,  also  die  obere  Fläche  des  Lewer,  die  den  Tempel  un- 
kreiste; Droysen's  umgekehrte  Erklärung  ist  mir  unverständlich.  Die  ge- 
schliffene Fluche  des  Lewer  hatte  also  100  Klafter  im  Durchmesser,  der  Tem- 
pel demnach  90. 

13,  \  rotunde.  Es  ist  wohl  möglich,  dass  hier  das  Vorbild  der  beide! 
Rundbau-Kirchen  in  Jerusalem  direct  oder  indirect  von  Einfluss  gewesen  & 
Vgl.  Sepp,  Neue  architeclonische  Studien.  Es  sind  bekanntlich  die  bekki 
folgenden:  1.  Die  Felsenkuppel  auf  dem  Berg  Moria,  genannt  Kubbet  et 
Sachra,  ein  Octogon  von  66  Fuss  Durchmesser  mit  einer  gewaltigen  Kuppel 
in  der  Mitte  über  einem  grossen  Felsblock,  dem  lapis  pertusus,  bei  den  Tal- 
mud isten  Eben  Schatja,  d.  i.  Grundstein,  genannt,  der  für  den  Mittelpuuct 
der  Erde  galt.  Zur  Zeit  des  Salomonischen  Tempels  stand  derselbe  wohl 
ausserhalb  und  war  durch  behauene  Steine  zur  Gullusform  ergänzt  und  mit 
Stufen    versehen    (Sepp  S.  £3).      Die   Kuppel    soll   nach   de    Vogu6   von  de» 


Der  Graltempel.  477 

ifen  Abdel  Melik  erbaut  sein,  nach  Sepp  wahrscheinlicher  von  Justinian. 
fiUelalter  galt  diese  Felsenkuppe]  als  Templum  Domini,  später  wurde  sie 
Moschee  Omar's  genannt.  Südlich  daneben  war  der  Palast  der  Templer, 
Wich  auch  wohl  Templum  Salomonis  genannt,  mit  einer  Kirche  der  hei- 
i  Jungfrau,  später  die  Moschee  Aksa;  nach  Sepp  S.  45  von  Abdel  Melik 
nt.  Ganz  hievon  zu  trennen  ist  2.  die  Basilika  des  Constantin, 
Golgatha,  das  Sepulchrum  Domini,  die  Anastasis.  Vgl.  Sepp  a.  a.  0.  S.  66 
5.     Ursprünglich  hatte  diese  nur  ein  Halbrund  am  Ostende,  aber  als  sie 

beim  Einfalle  des  Kosroes  abbrannte,  machte  der  Patriarch  Modestus 
—626  aus  ihrem  östlichen  Theile  eine  vollständige  Rotunde  von 
7U38  Durchmesser,  an  die  sich  dann  die  übrigen  Räume  der  Kirche  an- 
men  (354  Fuss  lang,  470  Fuss  breit;  Grundriss  aus  der  Zeit  vor  den 
issügen  bei  Viollet  8,  278;  Durchschnitt  aus  späterer  Zeit  bei  Sepp  a.  a.  0. 
2).  Daneben  war  noch  über  der  Grypte  die  kleine  sogen.  Helenakuppel, 
dings  auch  eine  Rotunde,  die  aber  hier  wohl  nicht  in  Betracht  kommen 
i. 

Die  Formen  dieser  Kirchen  auf  den  heiligen  Stätten  in  Jerusalem  waren 
iss  nicht  ohne  Einfluss  auf  die  Anlage  anderer  Kirchen.  So  erwähnt  Sepp 
3   die  alte  Patriarchalkirche   in  Antiochia,    ein  Octogon,    die   freilich   der 

nach  noch  älter  sein  soll,  indem  sie  auf  Theophilus,  den  Freund  des 
tgelisten  Lucas,  zurückgeführt  wird;  gleiche  Gestalt  hatte  San  Vitale  in 
?noa  (526 — 547) ,  nach  welcher  der  Dom  in  Aachen  durch  Carl  d.  Gr. 
ut  ward,  den  wieder  die  Rotunde  zu  Othmarshausen  (Otmarsheim?)  im 
18  als  Vorbild  nahm.  Eine  Rotunde  war  auch  die  Kirche  des  Simon 
tes  in  der  Nähe  von  Aleppo  (Sepp  a.  a.  O.). 

Besonders  beliebt  war  der  runde  Bau  oder  das  Octogon  bei  den  sogen. 
Lsterien,  bei  denen  vielleicht  der  Zweck  genügte,  um  zur  runden  Form 
Uhren.  So  in  Florenz,  Pisa,  Modena  u.  s.  w.  Sodann  auch  bei  Grab- 
len  (in  Nachahmung  der  Rotunde  des  Modestus)  und  solchen,  die  Rcli- 
a  des  Heilandes  zu  besitzen  behaupteten,  so  führt  v.  Berghe  a.  a.  0.  an 
t  Croix  de  Quimperlä  (Finistere) ,  Täglise  de  Charroux,  Saint  Croix  de 
majour  (in  der  Nähe  von  Arlesj ;  ähnlich  sei  auch  la  chapelle  du  Saint 
;  ä  Bruges,  wenigstens  im  Thurm ;  St.  Martin  in  Tours  war  eine  Rotunde, 

sie  das  Grabmal  des  Heiligen  enthielt  (ebenda).  Ebenso  die  Kirche  des 
;en  Benignus  zu  Dijon  (vgl.  Viollet  4,  453.  8,  280).  Schon  1045  wurde 
iirche  de  Neuvy  St.  SSpulcre  im  Departement  de  l'lndre  gebaut  (Viollet 
83)  als  Rotunde  »ad  formam  S.  Sepulcri  Ierosolymitani*.  Noch  mehrere 
rüge  führt  Viollet  8,  287  auf. 

Behauptet  wird  nun  auch,  dass  besonders  die  Templer  Vorliebe  für 
nden  hatten.  Das  wäre  wohl  erklärlich,  da  ja  ihr  Palast  in  Jerusalem 
n  dem  grossen  octogonen  Felsendome  stand  und  dieser  als  Templum  Do- 

galt;    und  es  wäre  für  unsere  Stelle  von  besonderem  Interesse,  weil  es 

leuer  Beweis  für  den  Zusammenhang  der  Templeisen  des  Grals  mit  dem 

n  der  Templer  sein  würde.     Was  ich  darüber  nachzuweisen  vermag,  ist 

Nach  Didron  soll  die  Kirche  San  Sepulcro  in  Pisa  ein  Bau  der  Templer 

und  den  Felsendom  (?)  im  Kleinen  darstellen;    ferner  die  Templerkirche 


*7*  I 

m  Ijßiükm,  erfaot  11*$,  m  deren  Bnndhaa  cm  1214 
t*»r4  '0cpp  4,  *,  0,  334.  ;  die  Kirche  des  Tempte  in 
tlaäi  tkk*Uu#i%ter  dt*  Ordens  nach  Viollei  8,  13  la 
ifiiiiv«  bereif*  114*,;  die  Cspelle  derselben  in  Laoo 
kiriauftgebauUrrfi  Chor  'Viollet  2,  18  ;  die  tfatlhiastircfce 
M^HMfl  wird  von  Boisser^e,  6«  329,  als  ein  Rundbau  der 
Ott*  in  der  ZeiUcbr,  f.  D.  Ph.  4,  481  fuhrt  einen  gkkh 
und  ftigt  hinzu,  dass  notorisch  die  Templer  in  Frankreich  und 
Vorlfcb«  für  die  Bund  form  der  Kirchen  gehabt  hätten.  Ob  dennoch 
bereit*  so  »fcber  erledigt  ist,  wie  San  Marie,  Leben  und  Dichten 
v,  Kwltenbach  2,  291  es  annimmt,  wenn  er  sagt:  »eine  Rotunde 
d«r  Kirchen  der  Tempelherren,  welche  hierin  den  [sogen.]  Tempel 
HhUmi  nachahmten«,  und  femer  »den  meisten  ihrer  Kirchen  gäbe» 
gtmjJl**  ein«  runde  oder  eine  auf  einem  Kreise  errichtete  vieleekige 
iniiM  icli  unentschieden  lassen.  Viollet  9,  \t  sagt  allerdings:  On 
nom  d«  temples,  pendant  le  moyen  äge,  aux  chapelles  des  oommai 
Umiplhtrs;  cos  chapelles  elaient  ha bituel lernen t  baties  sur  plan  ciiwbK Ä-iI 
auch  K,  288,  (iailhabaud  aber  tbeilt  jene  Ansicht  nicht.  Im  I.  Baff»« 
Arohittioluro  sagt  er  in  dem  Aufsatze  Chapelles  de  l'ordre  militaire  tm>  d 
A  H^govi«  et  a  HnmursdorfT  8.  1:  Quelques  archeologues ,  preoecup»  äoj 
qui  donna  nflissanco  ä  cet  ordre  ainsi  que  des  formes  generale«,  qae  r* 
In  plupart  de  sos  monumonts  religieux,  poserent  longtemps  en  pri  — «^ 
ws  falilloo*  rofurent  toujours,  oomme  disposition  ichnograpbique,  b^ 
il'un  eorolo  ou  oollo  d'un  polygone,  dont  on  ne  s'ecarta  jamais.  A  <*** 
quairos,  nous  r<vpondrons  quo  notre  chapelle  de  Bamersdorff  vieot  riJ*kti 
opinlon  ot  la  roeliflor  de  tous  points.  Ainsi  donc,  bien  que  le  pl<* 
numhro  dos  «Hlilloos  construits  pour  les  besoins  religieux  des  moosfitiwjj 
Tcmplo  nit  plus  particulierement  affecte  les  figures  que  nous  avons  dto^ 
oela,  penso-t-on,  en  Souvenir  et  imilation  de  Teglise  du  Saint-Sepok») 
Jerusalem,  quo  les  Tompliers  auraient  pris  pour  modele,  il  est 
prou\  o  quo  oet  ordre  no  s  en  tint  pas ,  pour  le  plan ,  ä  deux  fomeSi 
qu  il  adinit  eneore  la  disposition  reetangulaire  des  basiliques,  avec  m\ 
ap&klot  l>o  iv  demier  genre,  on  connalt  plusieurs  chapelles 
construites  par  les  Tempi  iers,  u.  s.  \v.  Freilich  von  den  beiden  CapÄJ 
l«*ilhab*ud  dann  bespricht,  ist  die  tu  Segovia  wirklich  eine 
XwMteek  mit  dm  parallel  ausgebauten  Chören  am  Ostende  •  wJ  *^ 
Ramer$*kwf  Ihm  Bonn  ist  nach  Otte  Handbuch  S.  71  eine 
eapelle.  Rs  wird  also  diese  Frage  wohl  noch  weiterer  Uni 
U*£en  mttsseu  Auch  schwanken  die  Ansichten  der  newren  F«iä»*i_ 
schon  aus  dem  Angeführten  tu  erseheu,  darüber,  ob  die  Kirche  4» 
Itatas  \xWr  der  Folgendem  bei  den  Capellen  der  Tempier  ab 
schwel*  habe.  Rrsleres  nehmen  Viollet  und  Uailhahani 
mir  das  Wahrscheinlichere  danken. 

Olle  in  *c  lefethr.  L  D    Hl  I.  i$1   «aacht  &mmf 
4*tk  M^ui^i^e4jM^F<t<en  wv«fcl  aas  lUrdfeMfcen  **ii 
Hnh^ie*  Ml  war  ja  der  BanylJaur  &$  G 


Der  Graltempel.  479 

solche  auf  die  in  Salzwedel  aus  der  zweiten  Hälfte  des  43.  Jahrh.,  einen 
Capellen  rings  umgebenen  vieleckigen  Gentralbau  (also  ähnlich  dem  Grund- 
i  des  Graltempels) ,  und  die  in  Treuenbrietzen ,  die  Ueberreste  einer  go- 
cben  Rundcapelle. 

Auf  die  Liebfrauenkirche  in  Trier  (gebaut  4827 — 4244)  ist  seit  San  Marte's 
tfhnung  (4844)  und  Abbildung  des  Grundrisses  derselben  (a.  a.  0.  Bd.  2) 
derholt  hingewiesen;  sie  bietet,  von  den  Grössen  Verhältnissen  abgesehen, 
rdiogs  viel  Uebereinstimmendes,  und,  wie  schon  oben  S.  430  erwähnt, 
fie  vielleicht  aus  ihrem  Grund riss  ein  kräftiger  herausspringender  Vorbau 
Hauptchores  auf  das  Bild  des  Graltempels  übertragen  werden.  Mit  den 
ipiern  hat  jene  Kirche  freilich  Nichts  zu  thun,  sie  ist  eigentlich  eine  Tauf- 
lle,   und   darin   wird  ihre  Form  begründet  sein.     Vollkommen  rund  mit 

runden  herausgebauten  Capellen  ist  die  Kirche  des  heil.  Michael  in  En- 
;ues  bei  Angoul6me  (Caumont  4  32) ;  sie  berührt  sich  aber  sonst  mit  dem 
ftdriss  des  Graltempels  nicht. 

Rahn's  »  Ursprung  und  Entwicklung  des  christlichen  Central-  und  Kuppel- 
»t  wird  wohl   noch  einiges  Einschlägliche  enthalten,    das  Werk  war  mir 

nicht  zugänglich. 

Gemeiniglich  findet  man  angegeben,  nach  dem  Muster  des  Graltempels 
l  iwei  Kirchen  gebaut  worden,  einmal  die  heilige  Kreuzcapeile  in  der 
l  Karlstein  (vgl.  B.  Mikowec,  die  Kgl.  Burg  Karlstein  in  Böhmen,  Wien 
!)  bei  Prag,  und  dann  die  Kirche  im  Kloster  Ettal  in  Bayern,  jene  durch 

IV,  diese  durch  Ludwig  den  Bayer  erbaut.  Bei  jener  kann  von  dem 
itectonischcn  Aufbau  gar  nicht  die  Rede  sein,  denn  dieser  ist  quadratisch ; 
ser6e  a.  a.  0.  332  fg.  vergleicht  denn  auch  nur  die  märbhenhafte  Pracht 
er  Ausschmückung  mit  Gold,  Malereien  und  Edelsteinen,  die  aus  Berillen 
Amathysten,  in  vergoldetes  Blei  gefasst,  zusammengesetzten  Fenster  u.  ä. 
!  ähnliche  Decoration ,  eine  förmliche  Incrustation  mit  böhmischen  Halb- 
steinen, kehrt  übrigens  auch  wieder,  wie  mir  Herr  Prof.  Woltmann  mit- 
t,  in  der  kleineren  Katbarinencapelle  derselben  Burg  und  in  der  Wenzels- 
ille  am   Prager  Dom.     Sollte  also  wirklich  Nachahmung  das  Graltempels 

vorliegen  und  nicht  vielmehr  die  allgemeine  Neigung  der  Zeit  (13.  und 

Jahrb.)   zu  überladener  Decoration?     »Die  Burg  Karlstein  (gebaut  4348 — 

7)   war  wohl   grösstenteils  auch   in  der  Ausführung  noch  das  Werk  des 

Kaiser  Karl  aus  Avignon  mitgebrachten  französischen  Architecten  Matthias 

Arras«.  —  Anders  steht  es  mit  der  Kirche  in  dem  Kloster  Ettal,  über 
in  Bau  (das  Kloster  4330  —  4332,  die  Kirche  geweiht  4370;  ausgebrannt 
4)  H.  Holland  ein  eigenes  Schriftchen  abgefasst  hat:  Kaiser  Ludwig  der 
er  und  sein  Stift  zu  Ettal,   München  1860  »j.     Das  Stift  war  für  Ritter 

freilich   heirathen   und   mit  ihren  Frauen   dort  leben  durften)   bestimmt 

erinnert  so  allerdings  etwas   an  die  Templeisen,    auch   ist  die  Kirche 


*)  Worin  dem  Verf.  freilich  S.  24  fg.  der  arge  Fehler  begegnet,  den  Duc  Loys 
verschollenen  Heidelberger  Bruchstücke  noch  mit  Boisseree  auf  den  Kaiser 
vig  den  Bayer  zu  deuten.  Gemeint  ist  bekanntlich  der  Pfalzgraf  Ludwig,  der 
)  (Pfalzgraf  1256)  bis  4  294  regierte. 


480  Friedrich  Zarncke,  [H 

ein  Rundbau    (ein  Zwölfeck)    mit  vorspringendem  Hauptchor  im  Osten; 
umher   sind    an    den   Wänden  Altäre,    sowie   auch    ein  Altar   in   der 
neben  dem  Hauptpfeiler,  aber  nach  Osten  orientirt  sind  die  Altäre  nicht, 
an  den  ausgebauten  Chören  gebricht  es  ganz;    statt  ihrer  geht  ein 
Umgang  rund   um   die  Kirche,   der  nur  von  Aussen   einer   Dmkränzimg 
Chören   nicht  ganz  unähnlich  sehen   mag.     Die  Decorationen  im  innen 
ihren  »Lauberen«  und  »Fruchtgehäng«    (nach   der  Beschreibung  v.  J.  I 
bei  Holland  S.  20  fg.)    sowie  die  Gitlerthttren  zum  Chor  u.  A.  erinnern 
an  den  Graltempel.    Unmöglich  ist  es  daher  nicht,  dass  dem  Baumeister 
von  diesem  vorgeschwebt  hat,  beweisbar  freilich  nicht. 

Zu  diesen  beiden  Gebäuden  möchte  Woltmann  noch  ein  drittes 
Er  schreibt  darüber  an  mich:  »Der  Gedanke  eines  Graltempels  scheint 
aber  auch  die  Anlage  der  Kirche  des  Karishofes  zu  Prag  bestimmt  ra 
ben.  Stift  regu lirler  Chorherren,  gegründet  4354,  4377  geweiht,  auf  ei 
Berge  in  der  Nähe  der  Stadt,  jetzt  innerhalb  derselben  an  ihrem 
Die  Kirche  ist  ein  Octogon  mit  angebautem  Chor.  Ueberwölbung  ia 
meistei  haft  durchgeführten  Sterngewölbe,  ausserordentlich  kühn  über 
Mauern  mit  schmalen  Fenstern,  60'  österr.  hoch,  78'  österr.  Durchmaß 
Grundriss  bei  Schnaase,  Ges.  d.  B.  K.  VI,  S.  278,  2.  Aufl.  .  .  .  Es 
nicht  urkundlich  fest,  lässt  sich  aber  aus  den  Formen  fast  mit  BrstunaM 
nachweisen,  dass  diese  Kirche  ein  Werk  des  in  der  Kölner  Schule  gebiMM 
Münsterwerk  meislers  Peter  von  Gmünd,  dictus  Parlerius,  ist«. 

44,  1  trin  siul  wohl  aus  der  Schilderung  des  Tempels  des  Saloroo,  fc| 
111,  7,  45:  et  finxit  duas  columnas  aereas. 

45,2  liste ;  Boisser6e  nimmt  das  Wort  als  list  =  Kunstfertigkeit,  tafr 
volle  Arbeit ;  aber  die  Lesungen  liste,  listen  in  /  und  leiste  in  //  entschied« 
für  die  Länge  des  i;  es  sind  wohl  kostbare  leistenartige  Verzierungen  auf  fa 
Gewölberippen  gemeint. 

4  6,  t.  In  /  ist  von  Engelgestalten  oberhalb  der  Pfeiler,  in // H 
auch  wohl  in  H,  ain  =  an)  von  solchen  an  den  Pfeilern  die  Rede.  BÄ 
ist  durch  Beispiele  ausreichend  bezeugt;  aber  zu  der  sonstigen  Schildert^ 
scheint  es  mehr  zu  passen  die  Sculpturwerke  hier  an  den  Capitälen  obeftol 
der  Säulen  anzunehmen  als  an  den  Pfeilern.  Engel  oberhalb  der  Säuleo  vgl* 
z.  B.  bei  Gailhabaud  Bd.  IV  in  der  Chapelle  Palatine  ä  Paris. 

17,  2  nach  zu  bilde :  entsprechend  der  Maria,  sie  darstellend.  Vgl.  50,  •' 
vier  edliu  bilde  starke  nach  den  evangelisten. 

49,  t  fg. :  hie  lapis  .  .  .  placat  Deum  et  pacem  reconciliat  et  tactaresM 
vincla ,  aperit  fores  carceris  et  audacem  efficit,  invidiam  et  fraudem  UM .  •  • 
et  firmat  in  bonis  animum  et  mites  facit  et  humiles  Arn.  Saxo  444,  5  ig.  K* 
eunt  etiam,  quod  coiyus  invegetat  et  paces  reconciliat,  pium  et  devotum  ailb* 
efficit  et  animam  firmat  in  bonis  Alb.  Magn.  im  Mus.  2,  65. 

49,  t  mit  wazzers  ünde  (hier  Thränen)  bezieht  sich  wohl  auf  das,  ** 
Alb.  Magn.  Mus.  65  noch  weiter  von  dem  Steine  sagt:  sed  ante  vult  po** 
aquam  frigidam  et  post  similiter. 

20,  4 .  Saphir  auch  der  fünfte  was :  vor  tvär  von  dem  ich  sage  das,  Ar 
ist  wol  drier  hande  Gedicht  von  der  kraffl  vnd  eigenschafften  des  Edelgeste«*» 


]  Der  Graltempel.  481 

Museum  2  S.  63.  Die  Dreizahl  habe  ich  sonst  nicht  ausdrücklich  hervor- 
hoben gefunden. 

SO,  3.  Vgl.  z.  B.  er  schüucht  den  grausamen  siehtum,  der  daz  antlütz 
€  und  haizl  ze  latein  lnoli  me  längere*,  aber  er  verleust  sein  varb  dar  nach 
tenberg  458 ,  4  und  ebenda :  aber  der  in  Iregt ,  der  muoz  sich  gar  vasl 
ixen,  daz  er  käusch  sei  (doch  wohl,  weil  der  Saphir  sonst  an  Werth  ver- 
•t).  Alb.  Magn.  tritt  der  Annahme  entgegen,  dass  der  Stein  seine  Kraft 
üere  (S.  65):  Quod  autem  dicunl,  quod  amittit  virlutem  el  colorem,  post- 
Mt  semel  fugavil  antracemf  esl  falsum. 

21,  4.  Diese  Annahme  entwickelte  sich  aus  Exod.  24,  10:  El  viderunl 
Mes  und  seine  Begleiter]  Deum  Israel:  el  sub  pedibus  eins  quasi  opus  la- 
*s  sapphirini,  el  quasi  caelum,  cum  serenum  est.  ...  Dixil  aulem  Dominus 
Moysen:  Ascende  ad  me  in  montem,  el  eslo  ibi,  daboque  tibi  tabulas  lapi- 
u,  el  legem  ac  mandata,  quae  scripsi,  ut  doceas  eos.  Wie  sich  dies  weiter 
»bildete,  darüber  belehrt  mich  Herr  Prof.  Franz  Delitzsch:  »Wir  besitzen 
oh  Art  der  patristischen  Catenen  ein  grosses  midrasisches  Sammelwerk, 
rlebes  Jalkut  SchimAni  heisst.  Dort  beginnt  die  Deutung  von  Exod.  24,  10 
gendermassen :  Weiterhin  sagt  die  Schrift,  dass  die  Tafeln  das  Werk  Gottes 
im  (Exod.  32,  16),  und  hier,  dass  sie  unter  Gottes  Füssen  wie  ein  Werk 
n  durchsichtigem  Saphir  schauten;  vergleicht  man  »Werk«  (24,  10;  Vulg. 
ur)  mit  »Werk«  (32,  16;  Vulg.  opere) ,  so  ergiebt  sich,  dass  das  eine  von 
pbir  war  wie  das  andere.  —  Demgemäss  sagt  ein  aramäisches  Pfingstlied, 
ginnend  Arkln  Adonai  schemajja  le-Sinai  (herniederneigle  der  Herr  die 
ramel  gen  Sinai)  :  Haue  Dir  aus,  o  Mose,  zwei  Tafeln  aus  dem  Saphir  unter 
m  Throne  des  lebendigen  Königs«. 

21,  4.  Der  Saphir  wird  allerdings  stets  als  besonders  reich  an  Kräften 
rühmt;  doch  ist  mir  die  Nennung  der  Zehnzahl  nicht  begegnet. 

23,  %  kefset  Reliquienkästchen ;  taveln  (Altartafeln)  ist  wohl  nicht  ohne 
denken;  das  Wort  fehlt  in  H  und  //  (es  ist  in  den  Lesarten  Vs.  2  zu 
CW  noch  E*  und  bei  Vs.  3  zu  £2C2  noch  Z)2#>  hinzuzufügen)  und  vcr- 
igl  sich  vielleicht  nicht  mit  der  Aufstellung  eines  Tabernakels  über  dem 
tar. 

23,  3  zibörje,  mit.  ciborium,  der  auf  vier  Säulen  ruhende  Baldachin  über 
na  Altar,  das  Tabernakel,  doch  wohl  so  genannt,  weil  darin  ursprünglich 
!  Eucharistie  suspendirt  war.  (Vgl.  Gaumont  41,  und  zur  Laube  erweitert 
le  S.  28).  Boisseree  nimmt  an,  dass  über  jedem  Heiligenbilde  ein  Taber- 
kel  angebracht  gewesen  sei,  was  die  Lesart  in  HII  gestattet,  aber  nicht 
rlangt.  Dazu  scheint  allerdings  Vs.  4  zu  stimmen;  aber  man  kann  über 
tbet  auch  allgemein  fassen  als  in  Ttezug  auf  den  Beschauer  gesagt.  An- 
nessener ist  doch  jedesfalls,  wenn,  wie  I  es  darstellt,  über  jedem  Altar 
i  stattliches  Tabernakel  gedacht  wird.     Die  folgende  Strophe  bestätigt  dies. 

24,  4  der  grüne  gebete,.  der  grüne  Farbe  gewährte,  vgl.  47,  2  der  silber 
mde  mäne.  Hier  wie  dort  beweisen  die  Lesarten,  dass  man  die  Worte 
ton  frühe  nicht  verstand.  —  Dieser  Sammtvorhang  ist  an  den  innern  Sei- 
i  des  Tabernakels  zu  denken  (vgl.  Otle  S.  29  mit  instructiver  Abbildung; 
;h  ist  dies  Tabernakel  grösser  als  es  an  unserer  Stelle  zu  denken   ist), 


i 


482  Friedrich  Zarncke,  [H 

• 

nicht  etwa,  was  sich  auch  findet  und  wie  Boisseröe  diese  Stelle  deutet, 
den  Altar  in  einiger  Entfernung  von  drei  Seiten  umziehende  Umheguog 
Viollet  2,  26.  29.  30.  472).  Diese  letztere  war  nicht  gegen  den  Start 
wendbar.  Entscheidend  ist  Tit.  296,  wo  geschildert  wird,  wie  dteEapi 
Gral  in  den  Lüften  halten:  in  einer  zibörie  rlche;  darob  von  dicken 
E2)  pfellenj  siner  heilekeit  geliche,  daz  kein  stoup  darzä  sich  moht  jeselni 

24,  3  fg.     Vgl.  oben  S.  393  fg.     Van  den  Berghe  a.  a.  0.  sagt:  •( 
est  probablement  un  Systeme  de  Suspension  pour  l'Eucharistie.    On 
en  effet  que,  pendant  la  messe,  on  fasse  descendre,  en  tirani  un  conkft 
soie,  la  pixide  destinee  ä  contenir  les  especes  sacraroentelles,  et  qu'apfte 
y  avoir  deposees,  celle-ci  soit  remontee  au  moyen  d'une  roue,  jusqtfa» 
du  ciborium.      Peut-etre   la   colombe  sert-elle  de  contrepoids  h  Tange, 
supporte  vraisemblablement  la  pixide,  ou  en  tient  lieu.  —  L'usage  de 
le  Saint-Sacrement  a  6t6  tr&s-repandu  pendant  tout  le  moyen  äge,  et  i 
retrouve   meme   aujourd'hui   des   exemples,   puisqu'il  se  pratique  enconli 
cathedrale  de  Reims  et  ä  Saint-Remi,  de  la  meme  ville.     Ordinairemeot 
la  colombe,  qui  renferme  dans  ses  flancs  la  Saint-Hostie.    Tout  le  monde 
voir  une  de  ces  colombes  au  Mus6e  de  Gluny    (Nr.  2025  du  catalogoe); 
est  en  cuivre  dore  et  emaille  par  incrustation,  avec  les  ailes  et  la  qoeoei 
biles.  —  Sur  la  Suspension  de  l'Eucharistie  cfr.  les  »Annales  Archeolog.tt 
p.  95  et  t.  Y,  p.  492«.    Eine  solche  Taube  als  ciborium  vgl.  bei  Caumont511l 
Aber  dieser  Deutung  widerspricht  (abgesehen  davon  dass  twehel  sich  ihr 
fügt]  schon  der  Umstand,  dass  der  Engel  aus  dem  Gewölbe  herabgeflogen 
nicht  aus  der  Höhe  des  Tabernakels.  —  Mehr  befriedigt  BoissereVs  ErUM|] 
der  in  dieser  »Anstalt  mit  dem  Engel«  eine  Versinnlichung  des  Gebetes 
welches  in   der  Messe   bald    nach   den  Einsetzungsworten   gesprochen 
worin  es  heisse :    »Lass   dieses  Opfer   durch  die  Hände  Deines  heiligen 
auf  zu  Deinem  erhabenen  Altar  tragen«. 

25,  4 .    Ich  habe  keine  Interpunction  gesetzt,  weil  ich  Über  dieselbe 
ausreichend   sicher  war;    für  das  Wahrscheinlichste  aber  halte  ich,  da»A 
Golon  hinter  snüre  zu  setzen  ist. 

26,  3  aschenglas,  aus  Pottasche,  Kieselerde  etc.  gefertigtes  gemeines  9& 
Auf  dem  Karlstein  bei  Prag  fand  Boisseree  die  Fenster  der  Kreuzcapelle  (s.*) 
noch  4841   aus  lauter  Berillen  und  Edelsteinen  zusammengesetzt,   die  in  i*5* 
goldetcs  Blei  gefasst  waren. 

27,  4.  Vom  Berill  sagt  Megenberg  436,  29:  die  stain  sint  gar  maxyrH 
wan  etleich  sint  gar  lieht  sam  ain  er  istall.  Man  hatte  auch  beobachtet,  4* 
der  Berill  prismatisch  ein  mannigfaltiges  Farbenspiel  erzeuge,  Megenberg  4H 
4  3 :  wenn  der  berill  sehsekkot  ist ,  so  pringt  er  an  der  sunnen  schein  at  tt 
varb ,  die  an  dem  regenpogen  sint ;  auch  dass  er  die  Strahlen  gleich 
Brennglas  concentrire  wusste  man;  Megenb.  436,  45:  ist  aber  der  stom 
bei  ....  so  entzünt  er  tot  koln  oder  ain  swarz  wollein  tuoch  oder  ainen 
zunder  von  aim  paum.  Letzteres  behauptete  man  auch  vom  Kristall,  *rf» 
Megenb.  444,.  6:  ain  sinbel  er  istall,  wenn  diu  an  der  sunnen  stet,  s6  entjirf 
si  ainen  zunder  reht  sam  der  berill.  Als  schön  durchsichtiger  und  W* 
grössernder  Stein    (davon   unser  Brille)    kommt  der  Beriü   bereits  in  Brtd* 


De*  Graltempel.  483 

i  Marienliedern  vor,  5429  ich  moes  seen  durch  den  bril.  So  waren  denn 
seht  Berill  und  Krislall  die  beiden  Steine,  die  zu  hellen,  glänzenden 
na  als  die  geeignetsten  erscheinen  mussten,  ja,  deren  Licht  zu  mildern 
Dedacht  sein  musste.  Noch  Hans  Sachs  (hsgg.  v.  Keller  5,  286,  46) 
«fet  beide :  in  der  christall  und  der  parill  kan  ich  auch  sehen  vil  gesteht, 
her  etlich  meyl  geschieht. 

7,  %  tage*  ist  hier  das  Tageslicht,  wie  oft;  vgl.  Wolfr.  Lieder  3,  42  u.  ö. 

8,  4.  Um  den  Glanz  zu  mildern,  werden  nun  buntfarbige  Edelsteine 
igt,  nicht  etwa  blosse  Glasmalereien  (vgl.  29,  2  fg.). 

8,  4  kondiwieren  überaus  häufig  im  Titurel  in  der  Bedeutung  schmücken, 
,  ehren. 

0,  4  läzür  ist  hier  nicht  der  Stein,  sondern  die  aus  ihm  gewonnene 
Farbe,  wie  gemalet  von  läzüre  Wigal.  7365. 

D,  4.  Vielleicht  verdient  die  Lesart  von  H  den  Vorzug  vor  der  im  Text 
den  von  1,  denn  der  Ausdruck  der  kost  zu  werdem  vltze  ist  nicht  ohne 
ken. 

4,  4.  Atnetislus  gemma  est.  color  purpureus  (vgl.  34,  4),  ut  rosa  (vgl. 
.  Cuius  sunt  species  quinque  (also  mehr  als  drei)  Arn.  Saxo  430,  8. 
färbe  ist  also  ein  feyol  (vgl.  34,  4).  Von  der  kraffl  etc.  im  Museum 
Am  meisten  stimmt  zu  unserer  Stelle  Megenberg  434,  32,  der  auch 
rten,  und  zwar  dieselben  wie  unser  Dichter  aufzählt:  der  stain  ist  violvar 
wpervar,  und  der  purpervar  ist  der  pest.  ez  ist  auch  etleich  ametist,  der 
n  am  röter  weinstropf  oder  satn  ain  rötei-  wazzerstropf  von  röter  erden. 
4,  4.  Frühe  suchte  man  an  dieser  Stelle  eine  Wirkung  [kraft,  tugent) 
Leines  und  veränderte  demnach;  aber  der  Sinn  ist  wohl  nur;  er  lässt 
i  Tadel  aufkommen,  gereicht  ganz  zur  Ehre;  man  müsste  denn  die 
der  lateinischen  Beschreibungen  hier  wiederfinden  wollen  malam  cogir* 
m  (auch  malas  cogitationes)  repellit  Arn.  Saxo  430,  44.    Alb.  Magn.  im 

1,  72. 

2,  X.  Zu  der  hier  folgenden  Schilderung  macht  van  den  Berghe  die 
kung:  Le  poöte  a-t-il  voulu  peindre  ici  l'etonnement?  Es  ist  aber  nur 
hiiderang  des  wirklich  bei  dem  Steine  Vorkommenden.  Et  idolum  ex- 
us  receplum  ut  in  coneavo  speculo  inversum  repraesentat  Arn.  Saxo  446,  6. 
utem  certum  est,  quod  speculum  est  lapis  iste  et  idolum  obiecti  corporis 
ipeculunt  coneavum  in  convexum  repraesentat  Alb.  Magn.  Mus.  2,  59. 
das  Gedicht  von  der  kraffl  elc.  (Mus.  2,  58) :  Der  ander  heysset  topasius, 
hin  sol  man  den  alsus :  wer  sich  besyet  dorinne ,  dem  ist  zeu  berge  das 

gehört  und  dor  zeu  der  munt,  und  die  augin  neder  in  den  grund.  — 
i  dieser  neckenden  Eigenschaften  nennt  ihn  der  Dichter  den  lösen. 
2,  4.  Sunt  duae  species ,  unius  color  similis  est  puro  auro,  alterius  cla- 
t  magis  tenuis  Arn.  Saxo  445,  45.  Näher  unserer  Stelle  Alb.  Magn. 
2,  59)  :  Sunt  autem  duae  species  in  hoc  genere  lapidis,  quarum  una  est 
>  senilis  auro  et  haec  est  preciosior;  alia  est  crocea  magis  tenuis  coloris 
auri  Bit  color,  et  haec  est  vilior.     Uebersetzt  bei  Megenb.  464,  46. 

\,   4   jochant  =  iacinthus.     Vgl.    color  rufus  vel  coeruleus  Arn.    Saxo 
Vgl.  Alb.  Magn.  im  Mus.  2,  67.    Zuweilen  mit  dem  Granat  zusammen 


484 


Friedrich  Zarncke, 


genannt  und  verwechselt,  wogegen  Alb.  Magn.  im  Mus.  2,  409  sich 
Et  quod  quidam  dicunt,  hunc  (granatum)  esse  de  genere  hyacinthi,  estf* 
Doch  das  Gedicht  von  der  k rafft  etc.  Mus.  2,  408  thut  es  dennoch:  der 
nath  und  der  rothe  Jachanth,    dy  sint  beyde  zcu  samen  gnant.     Auch 
berg  447,  7 :  der  granät  ist  von  des  jächants  art  und  ist  seines  gestäki 

33,   \   sardonixe.    Vgl.  Sardonicen  lapis  est.    huius  color  niger  ä 
et  rubeus  Arn.  Saxo  444,   40.     Vgl.  Alb.  Magn.  Mus.  2,   4  43.     Und 
diu  nätür  gemacht  von  zwain  stainen,   von  dem  onicen  und  von  dem 
er  ist  ain  tau  röt  und  die  rozt  hat  er  von  dem  sarden ,   und  ist  am  tot 
und  swarz,  die  zwuo  varb  hat  er  von  dem  onicen  Megenb.  460,  41. 

33,   %  penselpixe,   ist  Dativ,    einem   ein   dinc  widerlegen  =  ihm 
werthige  Gegengaben  bieten.     Vgl.  Lohengrin  hsgg.  von  Rückert  6589  Qfid 
Anm.  zu  2557. 

33,  3.     Jaspis  gemma  est  multorum  colorum.     hums  XVII  sunt 
Arn.  Saxo  437,   49. 

34,  2  swerze  ist  Acc.  und  hängt  von  mugende  ab,  die  die  Schwant; 
machende,   leistende  Farbe. 

34,  4  krisollen  kann  nur  chrisolithus  sein.     Warum  er  neben  den 
farbigen   Jaspis    genannt   wird?    etwa   wegen   seines   schimmernden 
color  aureus,   scin-ti Heins    Arn.  Saxo  433,   4  4.     micat  sicut  Stella  awrta 
Magn.  im  Mus.   2,  4  4  6.    Der  stein  goltvar  ist,  zwitzeret  alle  frist  einem 
geleich  Von  der  kraffit  etc.  im  Mus.  2,   4  45.     der  stain  ist  mervar,  aU 
er  tunkelgi%üen  ist  und  guidein  funken  dar  ein  gemischt  hat  und  ß 
sam  ain  fewer  Megenb.  442,   42. 

35,  1.  Die  in  dieser  Strophe  vorkommenden  Edelsteine  sind  die 
den:  Galcofanus  lapis  est  nigri  coloris  Arn.  Saxo  432,  4.  Vgl.  M« 
440,  27.  Rubin,  eine  Abart  des  Karfunkel,  vgl.  Alb.  Magn.  im  Mus.  2,  tö|*j 
Carbuncidus,  qui  Graece  antrax  et  a  nonnullis  rubinus  vocatur ;  desgl. 
berg  437,  25;  Gedicht  von  der  krafft  etc.  im  Mus.  2,  406.  Korniol: 
neolus  lapis  est  coloris  ruft  obscuri  Arn.  Saxo  433,  7;  Alb.  Magn.  h 
2,  82;  Megenb.  442,  2.  Krisop&sien,  vgl.  Arn.  Saxo  434,  6  (Cfisopam4\\ 
Alb.  Magn.  im  Mus.  2,  430  [Chrysopagion) ;  Megenb.  443,  7  {Chrysof(a0^\ 
Prasme,  vgl.  Parz.  792,  9.  Gemeint  wird  wohl  der  prasius  sein,  fcj 
Arn.  Saxo  443,  4  aufführt.  Vgl.  Alb.  Magn.  Mus.  2,  440.  Megenbefg 
im  Text  auch  Prasius,  in  der  Ueberschrift  von  dem  Praxen,  456,  2.  h 
steht  hiefür  Liporasius,  vielleicht  ist  Liparea  gemeint;  vgl.  Arn.  Saxo 
und  daraus  bei  Wolfr.  im  Parz.  791,  24.  Exakor&sien,  ein  Beweis, 
frei  mit  diesen  Namen  geschaltet  wird;  gemeint  ist  Exacontalitus ,  voi 
Arn.  Saxo  436,  6  sagt:  lapis  est  ex  LX  coloribus  distinetus  (Vs.  2);  ^.^l 
Magn.  im  Mus.  2,  133;  bei  Megenberg  wohl  Exacolitus  446,  46.  In  11  & 
Parwidasien ,  welches  Wort  ich  nicht  nachzuweisen  vermag.  Octal»***» 
wird  den  Optalius  meinen  (bei  Arn.  Saxo  442,  7;  Gedicht  von  der  kraft* 
im  Mus.  2,  97),  den  Alb.  Mngn.  in  Ophihalmius  umdeutet,  vgl.  Mus.  t,  *• 
Megenberg  nennt  ihn  Ostola  oder  Optalius,  454,  34.  Klarisi&n  und  Ar* 
dtsen   weiss  ich  nicht  nachzuweisen.     Boisseree  wollte  dafür  Türkisü»** 


U*,d 


13]  Der  Graltempel.  485 

rdisen  lesen  und  darunter  Turcois  (Arn.  Saxo  446,  8)  und  Sardius  (Arn. 
to  444,   46)  verstehen. 

37,  3.  Eine  bemerkenswerthe  Stelle,  in  der  das  Motiv  angegeben  wird, 
■shalb  man  dazu  griff,  die  Dächer  mosaikartig  zu  verzieren.  —  Den  Schluss 
serer  Strophe,  wo  Boisseree  den  Plural  »mit  guten  Witzen«  liest,  erklärt 
t.  den  Berghe  unbegreiflich:  orne  de  figures  symboliques,  und  citirt  als 
spiel  dazu  das  Dach  der  Kirche  Notre  Dame  in  Chalons-sur-Marne ,  das 
£»  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts  mit  wirklichen  Figuren  ausgelegt  ge- 
Ben  sei,  von  denen  sich  noch  jetzt  der  heilige  Sebastian  erhalten  habe. 
m  Dach  des  Graltempels  ist  aber  schwerlich  an  menschliche  Gestalten  zu 
fcken. 

38,  3  der  Salomöties ,  d.  i.  der  dem  Salomo  gewahrten  Unterstützung 
we) .     . 

39,  I  mit  wünsch,  durch  blossen  Wunsch.  Dies  ist  in  Betreff  des  Sa- 
bo  übertrieben,  der  sowohl  Steine  wie  das  Holz  bearbeiten  Hess,  vgl.  Reg. 
r  5,  17  und  18.  Aber  in  Jerusalem  selber  ward  diese  Arbeit  allerdings 
in  vorgenommen :  Domus  autem  cum  aedificaretur ,  de  lapidibus  dolatis  at- 
z  perfectis  aedificata  est  (irrte  den  Dichter  dieser  Ausdruck?)  :  et  malleus  et 
MiHs  et  omne  ferramentum  non  sunt  audita  in  domo  cum  aedificaretur  Reg. 
t  6,  7.  —  Das  Fehlen  der  Senkung  in  der  Mitte  von  Vs.  2b  ist  sehr  störend, 
ör  die  Ueberlieferung  giebl  kein  Auskunflsmittel  an  die  Hand. 

44,  4  libes  pfründe  auch  im  Renner  9569.  Mir  scheint  diese,  freilich 
r  in  H  sich  findende,  aber  auch  durch  den  Gegensatz  himelpfrände  in  Vs.  1 
cpfohlene  Lesart  durch  die  verschiedenen  Abweichungen  in  1  und  //  ge- 
llst zu   werden,    obwohl   es   an  sich  auch  nicht  undenkbar  wäre,    dass  H 

0  Gegensatz  zu  himelpfrände  in  den  Text  gebracht  hätte. 

45,  {  underfiz ,  aus  Parz.  230,  2  entnommen;  der  Zwischenraum,  die 
heidewand.  Vgl.  Lachm.  Auswahl  (1820)  S.  298.  Es  ist  ein  seltener,  aus 
r  Weberei  herstammender  Ausdruck,  der  schon  frühe  nicht  verstanden  ist. 
»meint  sind  die  in  die  Kirche  hineingebauten,  die  einzelnen  Chöre  trennen- 
ii  Mauern,  die  Boisseree's  Grundriss  ganz  richtig  angiebt;  an  ihnen  entlang 
Iren  die  Sitzreihen  angebracht  (von  Aloeholz,  wie  oben  gesagt  ist,  Str.  1,4; 

3). 

46,  \  fg.  Das  Gewölbe  blau,  mit  Sternen  ausgelegt,  häufig  in  mittel- 
«rfichen  Kirchen.  Statt  der  Farben  dienen  auch  hier  wieder  Edelsteine; 
•enso  im  zweiten  Palast  des  Priesters  Johannes  (Epislola  §  88  meiner  Aus- 
be),  wo  aber  statt  der  Karfunkel  Topase  angebracht  sind :  Caelum,  i.  e.  tectum. 

1  de  lucidissimis  saphiris,  et  clarissimi  topazii  passim  sunt  interpositiy  ut  sa- 
i«rt  ad  simililudinem  purissimi  caeli  et  topazii  ad  modum  stellai^um  pallatium 
uminent. 

46,  4.    Aebnlich  in  dem  Saale  des  zweiten  Palastes  des  Priesters  Johannes 

90  fg.  meiner  Ausgabe) :  una  quaeque  columpna  in  suo  cacumine  habet  unum 

rbunculum  adeo  magnum,  ut  est  magna  amphora,  quibus  illuminatur  palatiumf 

rnundus  illuminatur  a  Sole.    Tanta  est  namque  claritas,  ut  nichil  tarn  exiguum 

m  subtile  possit  excogitari,  si  in  pavimento  esset,  quin  posset  intueri,  u.  s.  w 

jl.  Alexanderlied  ed.  Weism.  5824  :  zwei  edele  kerzestallen  von  lütteren  cri- 

Abhandl.  d.  E.  S.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  XVII.  33 


486 


Friedrich  Zarncke, 


«II 


stallen  da  was  gesazt  inne  manic  scöne  glmme.  obene  stunden  ouh  daran,  du, 
wete  da  manic  man,  zwei  Hehle  carbunkel.  di  naht  ne  was  nie  so  tunket,  ti 
so   di  sterren  näh  unde  verre ,    unde  so  daz  man  in  dem  sal  wol  gesod 
al  in  allen  enden,  alse  da  vackelen  brenten.     Ebenda  6894:    ein  ander 
zehant ,    iz  were  ein  karbunkel.    der  naht  ne  wöre  nie  so  tunkel,  er  ne 
als  ein  sterre  näh  unde  verre.     Laurin,  im  Deutschen  Heldenbuch  Berlin  II 
I,  S.  205 :  sin  heim  was  rötguldin,  dar  ane  lac  manec  rubin,  und  darm\ 
karfunkel.    diu  naht  wart  nie  so  tunkel,    ez  lühte  als  der  liehte  tac 
steine,  daz  am  helme  k  u.  s.  ö. 

48,   1    orolei;   solche  künstliche  Uhrwerke    (wie  noch  das  im  Httmtcri 
Strassburg)    waren   im  Mittelalter   sehr   beliebt.     Vgl.  auch  Viollet  6,  ffl 
Gailhabaud  Bd.  IV  Horloges  aus  den  Kathedralen  in  Beauvais  und  Reim 
die  Uhr  im  Graltempel,    wie  Boisseree  es  vermuthete   und    wie  auch  die 
mir  angenommene  Stellung  von  Str.  49  es  voraussetzt,  am  Gewölbe  war, 
mir  wieder  zweifelhaft,  je  mehr  ich  mich  überzeuge,  wJe  richtig  ViolletV 
gäbe  a.  a.  O.  ist:    Ges   horloges   etaient  babituellement  placees  k  Ri 
comme  de  grands  meubles. 

48,   4.    Also  nicht  die  Stunden  des  Tages,    sondern  nur  die  7  hone 
nonicae  wurden  durch  Cimbeln  kenntlich  gemacht. 

51,   4  ir  zw&n,  Frimutel  und  Amfortas. 

53,   i   der  meiste  heisst  » der  grösste «,  der  Sinn  ist  also :  direct  nad 
gerichtet  war  der  Hauptchor.    Boisseree's  und  Droysen's  Erklärung  dieser J 
greift  durchaus  fehl;  kör  steht  wohl  für  köre,  wie  Bx  wirklich  hat. 

53,  2.    Sein  Ausbau  war  doppelt  so  gross  als  der  der  andern  CUn, 

54,  i.    Die  Chöre  der  Jungfrau,  des  Johannes  und  der  Apostel 
sich  zu  beiden  Seiten  an  jenen  grossen  Hauptcbor  an. 

54,   %  gesinde,  das  christliche  Ingesinde  im  Himmel  und  auf  Erden, 
die  Engel  des  himels  gesinde  genannt  werden. 

54,  4.  Verständlich,  aber  grammatisch  barock  ausgedrückt;  Al 
den  Satzbau,  giebt  aber  der  Uebereinstimmung  der  andern  Hss.  g< 
sicher  nicht  das  Ursprüngliche. 

55,  \.    Die   Ecken   der  Chöre  an    der  Aussenwand    waren   mit 
Strebepfeilern  oder  doch  mit  gerundeten  Abschlüssen  versehen.    Die  Erkl 
Boisseree's,  die  Droysen,  wenn  auch  zweifelnd,  adoptirt,  ist  in  mehr  als 
Puncte  sprachlich  unmöglich.     Derartige   runde  Widerbalter  finden  sich 
besonders    freilich  bei  wirklichen  Rotunden  ohne  Ecken,    z.  B.  am  Cber 
San  Michele  in  Pavia,  vgl.  Knigbt's  Ecclesiastical  Architecture  of  Italy,  Bi 
in  der  Laacher  Abteikirche,  bei  Otte  S.  68 ;  aber  auch  bei  eckigen  V< 
so  an)  Bamberger  Dom,  vgl.  Otte  S.  78. 

55,  2.    Laubwerk   und   Rebengeflecht   mit  allerlei    wunderlichen 
und  Ungethümen  waren  im  12.  und  43.  Jahrh.  sehr  beliebt   als  Al 
besonders  der  Capitata,  im  Beginn  der  Wölbung,  an  den  Friesstreifen  u.  * 
—  merwunder,  vgl.  z.  B.  Caumont  267.  272  fg. 

56,  1 .  Auch  an  den  Mauern  der  Aussenseite  zwischen  den  widerhalle« 
Säulen  waren  allerlei  wundersame  Sculpturen  angebracht,  deren  Beschau 
den  Neugierigen  lange  beschäftigen  konnte. 


Bj  Der  Graltempel.  487 

57,   a.    Nach  der  Darstellung  des  Dichters  sollen  nicht  von  je  zwei  Chö- 

je  einer  einen  Thurm  tragen,  wie  Boisseree  und  Droysen  annehmen,  son- 
D  der  Thurm  soll  sich  in  der  Mitte  beider  erheben.  Wie  sich  der  Dichter 
t  nun  ausgeführt  gedacht  hat  und  ob  es  architeclonisch  überhaupt  aus- 
rbar  ist,  muss  ich  dahin  gestellt  sein  lassen.  —  Wenn  v.  d.  Berghe  an- 
■Hl,  womit  auch  Boisseree  übereinstimmt,  dass  die  Glockenthürme  de  gran- 

lanternes  ä  jour  gewesen  seien,  so  halte  ich  eine  schon  so  weit  entwickelte 
buk  bei  dem  Graltempel  für  unglaublich. 

57,  4  arme,  Armuth.  Der  Dichter  hat  eine  so  grosse  Vorliebe  für  die 
tracten  Adjectiv-  und  Verbalsubslantiva,  dass  er  sich  ad  hoc  solche  For- 
l  bildet,  wenn  sie  auch  sonst  in  der  Sprache  gar  nicht  vorkommen. 

59,  2  gepfehte,  das  Massverhältniss. 

60,  4.  Drei  Fenster  an  jeder  der  acht  Seiten;  dies  braucht  nicht  bean- 
idet  xu  werden.  Es  sind  Arkadenfenster,  die  durch  Säulen  in  drei  Ab- 
längen zerfallen,  wie  es  an  manchen  Kirchtürmen  vorkommt,  z.  B.  an  der 
she  in  Laach  bei  Otte  S.  68.  Achteckige  Thürme  mit  zwei  solchen  Fen- 
n  ßnden  sich  sehr  häufig.    Vgl.  Caumont  234.    Viollet  3,  295.  319.  395. 

60,   f.    Aus  diesem  Verse  hat  Boisseree  eine  auswärts  umlaufende  Wendel- 
>pe  herauslesen    wollen;    daran    ist   nicht  zu  denken;    diu  spinnet  ist  die 
Je,  die  eben  die  einzelnen  Fenster  trennt  und  bildet.  —  brademe  soll  offen- 
einen Stein    bedeuten,    es   ist   das  Wort  aber    in  dieser  Bedeutung  sonst 
it  bekannt.     Vgl.  Grimm  Gr.  2,   <50.    Mhd.  Wörtern.   I,  232b. 

62,  4  er,  der  Beschauer,  verlor  wegen  der  durchsichtigen  Helligkeit  des 
itallkreuzes  dieses  selbst  aus  den  Augen,  so  dass  der  auf  sie  gelöthete 
er  frei  in  der  Luft  zu  schweben  schien. 

63,  4.  Viele  kleine  Thürme  den  llauptthurm  umgebend  vgl.  bei  Caumont 
640  fg.  und  456  fg. 

64,  4 .  Ganz  ebenso  heisst  es  von  dem  Dache  des  ersten  Palastes  des  Priesters 
annes  (§  57) :  in  extremitatibus  vero  super  culmen  palcwii  sunt  duo  poma 
ea  et  in  unoquoque  sunt  duo  carbunculi,  ut  aurum  splendeat  in  die  et  cur- 
culi  luceant  in  nocte. 

68,  3.  Ein  Kranz  von  Baldachinen  (Ciborien,  Tabernakeln]  mit  ihren 
ligen  umfasste  das  Allerheiligste. 

68,  4  brief,  Inschrift,  die  auf  Bändern  angebracht  zu  werden  pflegte.    Vgl. 
4. 

69,  3  erhaben;  es  ist  also  die  Grundfläche  dieses  inneren  Tempels,  ent- 
ler  (was   wohl   das  Wahrscheinlichste  und  dem  Wortlaut  Entsprechendste 

ganz  oder  doch  der  Theil,  auf  dem  der  Altar  errichtet  ist,  ein  Stockwerk 
h  zu  denken,    sodass  Stufen   zu  ihm  emporführen.     Darunter  ist  die  Sa 
tei,   in   der   der  Gral  aufbewahrt  wird.     Von  solchen  erhöhten  Altären  in 
«Mitte  von  Kirchen  giebt  es  manche  Beispiele.    Vgl.  San  Stefano  in  Bologna 
tnight's  Eccles.  Arch.  of  Italy,  Bd.  I.    Beachtenswert!)  ist  es,  dass  die  oben 

43,  4)  erwähnte  Rotunde  der  Templer  in  Segovia  in  der  Mitte  der  Kirche 
t  solche  Erhöhung  hat.  Der  Baum  darunter  könnte  füglich  als  Sacristei 
ieni  haben,  wie  es  in  unserem  Gedicht  angenommen  wird ;  aber  die  obere 
rie,   deren  Wände   bis   an   das  Gewölbe   reichen,   spärlich  durch  einzelne 

33* 


488 


Friedrich  Zarnckk, 


f" 


Oeflhungen  erleuchtet,  vergleicht  sich  mit  unserem  Werke  ganz  undgari 
—  Sollte   übrigens   die  Verlegung   des  Allerheiligsten   des  Grales  in  <üt 
des  Tempels  etwa  auf  unklarer  Vorstellung   von  der  Einrichtung  des 
nischen  Tempels  beruhen?   Vgl.  Reg.  III,  6,  46.  \9 :  et  fecit  mUrwrm 
oraculi  in  Sanctum  sanctorum.    Oraculum  aiUem  in  medio  domus,  m 
parte  fecerat,  ut  poneret  ibi  arcam  foederis  Domini.     Diese  Auffassung 
darin  eine  Bestätigung  finden,  dass  auch  die  Felsenkuppel  (s.  o.)  in 
die  ja  als  Templum  Domini  galt,  in  einer  Mitlelrotunde  ein  Allerheiligsttil 
eben  den  dort  liegenden  Stein   (s.  o.}. 

70,   \  in  ie  denf  also  »zu  jedem«,    nicht,    wie  Boisseree  es  sich 
legt,  bloss  in  den  Hauptchor. 

70,   2.    Gemeiniglich   pflegt  nur  eine  Thüre   zum  Chor   zu  fahren, 
dann  sind  zu  beiden  Seilen  derselben  Altäre,  wie  z.  B.  auf  den  schön 
tirenden  Abbildungen  bei  Viollet  3,  231   u.  233.     Die  an   unserer  Siele 
nannten  Altäre  sind  natürlich  andere  als  die  innerhalb  der  Chöre.  — 
ist  nicht  im  heutigen  Sinne  zu  nehmen,  es  bedeutet  die  übergehängte, 
artige  Gallerie,  den  sog.  Lettner,  vgl.  Otte,  Archäol.  Wörterbuch  S.  74. 
anschauliches  Bild  aus  späterer  Zeit  gewährt  Otte,  Handbuch  S.  28. 

70,   3    spinnelsiul  sind  die  dünnen  Säulen,    wie  z.  B.  60,  2  die  0 
Arkaden fenstern,  hier  die,  auf  welchen  der  vorgebaute  Lettner  ruht,  im 
salz   zu  den  Pfeilern,    auch  Säulen  genannt,    die  das  Kirchengewölbe 
Uebrigens   beweist   diese  Stelle,    dass   die  Gallerie  vorsprang,    wie  i.  V: 
Zeichnung  bei  Olle  im  Archäol.  Wörtcrb.  S.  74  es  angiebt,  nicht,  wie 
will,  eine  einzige,  eine  Bühne  mit  Geländer,  war. 

70,  4  spannenbreit  in  //  erscheint  passlicher  als  spann elanc,  aber  0 
/  stimmen   hier  überein.     Die   Gewölberippen    unterhalb    der  Kanzel 
gereift,  das  Gewölbe  selbst  mit  kunstvoller  Arbeit  ausgefüllt. 

71,  4.    Das  Gitlerwerk   der  Thüren  setzt  sich  in  Form  von  Spangen 
den  Mauern  fort.     Vgl.  Droysen  zu  dieser  Stelle. 

72,  1.    Vgl.  hiezu  Droysen.     Gemeint  sind  die  Mauern,  die  oben  48, 
der  underfiz  genannt  wurden,  an  ihnen  sind  oberhalb  der  Chorstühle 
arkaden  (Blendbogen)  angebracht,  wie  solche  überaus  häufig  vorkommen, 
die  Eintönigkeit  der  Wandflächen  zu  unterbrechen  (vgl.  Viollet  4,  90  fg.  4, 
und  Caumont  455) ;  diese  laufen  hier  oben  in  Baum-  und  Laubwerk  ans, 
dem  Vögel  sitzen,  und  über  demselben  Engel  (78,  4).     Es  ist  übrigens 
Schilderung  (Str.  72  —  78)    die    wenigst    anschauliche    von   allen  in  der 
Schreibung  des  Graltempels  gegebenen.    Die  Verzierung  der  Capiläle  mit 
werk,  Weinranken  und  Weintrauben,  Blumen  u.  s.  w.,  dazwischen 
Vögel  und  Thiere,  ist  überaus  beliebt,   vgl.  Viollet  1,3.  2,  5U  fg.  528.  5, 
9,  336;  Gailhabaud  Bd.  I,  Egl.  cathed.  a  Reims,  facade;  ein  förmliches 
feld  (vgl.  Str.  74,  \)  findet  sich  bei  Viollet  2,  518;  mit  Vögeln  und 
vgl.  Caumont  407    (style   ogival   primitif ) ;    Didron,    Ann.    archeoiog.  Vt\ 
Wo,  wie  an  unserer  Stelle,  Metallarbeit  verwendet  wird,  ist  die  FreiW 
Mannigfaltigkeit   und   das   Hervortreten   und   Ueberhängen   noch  grösser,  ' 
z.  B.'  Viollet  7,  245  und  Didron,  Ann.  archeoiog.  17,  52.    Aber  kein  ft*| 
ist  mir  bekannt,    wo  Laub-  und  Rebengeflecht   von   der  Mauer  ausübet 


De»  Graltempel.  489 

überhängend  in  Anwendung  gekommen  wäre.  Die  Stühle,  un- 
n  der  Mauer,  pflegen  allerdings  eine  Ueberdachung  zu  haben,  vgl. 
nt  714;  Viollet  9,  464  fg.,  auch  pflegen  sie  wohl  im  Schnitzwerk 
s  Geflecht  aufzuweisen,  vgl.  z.  B.  Gailhabaud  Bd.  IV,  aus  St.  Gereon 
.  a.  Aber  eine  Bestätigung  unserer  Stelle  aus  den  uns  erhaltenen 
i  vermag  ich  nicht  beizubringen. 
,    Die  Weinranken   flechten  sich  von  den  beiden  benachbarten  Ca- 

empor,  kreuzen  sich  oben,  und  so  nach  aussen  auseinandergehend, 
i  sie  die  unter  ihnen  befindlichen  Chorstühle. 

nach  büge  »entsprechend  der  Biegung«  oder  »nachdem  sie  sich  ge- 

beidenlhalbe  geht  auf  die  beiden  oben  sich  kreuzenden  Banken. 

darunder,  doch  wohl  an  den  Säulencapitälen,  von  wo  das  Baum- 
verk  sich  emporzog.  Capitäle,  auf  welche  ganz  passt  was  hier  ge- 
rird,  sind  uns  noch  erhalten,  nur  dass  natürlich  die  Farben  fehlen, 
t  2,   518. 

smaragt.  Nach  Honorius  Aug.  (bei  Migne,  Patrologia  172,  1049) 
jr  Stelle  Esaias  54,  11  fg.  in  einigen  Texten  auch  die  Bede  gewesen 
maragdenen  Mauern.  Vgl.  Muros  eins  (Hierusalem)  in  smaragdos : 
isalem  smaragdinei.  Darf  diese  Stelle  hier  herbeigezogen  werden? 
Auch  Engel  kommen  über  und  zwischen  dem  Laubwerk  auf  den 
Jfter  vor. 

der  hohste  kör  der  vröne  ist  der  des  heiligen  Geistes,  der  ja  Patron 
ganzen  Tempel  ist  (vgl.  53,  4).  Auf  ihm  waren  noch  besondere 
gebracht.  Während  in  den  übrigen  Chören  die  Engel  nur  durch 
und  Niederwogen  des  Laub-  und  Bebenwerkes  scheinbar  in  Be- 
isetzt wurden,  so  war  dies  im  Hauptchor  mittels  Blasbälgen  so 
t,  dass  sie  sich  mechanisch  bewegten  und  sogar  sangen.  Leber 
mechanische  Kunstwerke  vgl.  bei  Str.   105. 

.    müsic  und  üse,   bereits  von  Boisseree  nach  Du  Gange  richtig  er- 
ist  musica   das  Singen   nach   der  kunstmässigen  Notenschrift,    auf 
Schlüssel,    usus  geht  auf  die  bloss  durch  Uebung  zu  erlernende, 
tende  Schrift  der  Noten  über  und  zwischen  den  Zeilen  des  Textes, 
»teile,    die   bei  Du  Cange  aus  dem  Interpreten  des  Hugo  von  Beut- 
geführt   wird,    lautet:     Post    incarnationem   Christi  plures   doctores 
\e   et  specialiter  S.  Gregor ius  et  Ambrosius  cantum  musicalem,   quo 
i   quam    Alemanni    cum    caeteris    linguarum   diversarum    nationibus 
divino  officio,  in  duo  Volumina  librorum,  videlicet  in  Antiphonarium 
\e  collegit,  dictavit  et  neumavit  seu  notavit.    Processu  tarnen  temporis 
ernannt,  et  praecipue  canonici  ord.  Sti.  Benedicti,  qui  cantum  musi- 
solum  ex  arte,  verum  etiam  ex  usu  et  consuetudine  perfecte  et  cor- 
dicerant,    ipsum  7    omissis  clavibus  et  lineis,   quae  in  neuma  et  nota 
equiruntur,   simpliciter  in   libris  eorüm  notare  coeperunt,    et  sie  de- 
\t;  deinde  juniores  et  sttos  diseipidos  sine  arte  ex  frequenti  usu  et  ex 
metudine  cantum  informare  coeperunt.     Qui  cantus,  sie  per  consue- 
KtuSy  ad  diver sa  pervenit  loca.     Unde  jam  non  Musica  sed  Usus 


490 


Friedrich  Zarngke, 


(»I 


est  denominatus.     In  quo  tarnen  cantu  discipuli  deinde  a  doctoribus  et 
a  discipuli s  multiformiter  discrepare  coeperunt,   ex  qua  discrepantia  ä 
ignorantia  usus  dictus  est  confusus.     Quo  um  confuso  spreto  nunc  fm 
Alemanni,  hactenus  miserabüüer  per  cantum  seducti,  ad  veram  artem 
revertuntur.     Die    verunglückte  Aenderung   in  Bl    scheint   auf  die 
Notenschrift  hindeuten  zu  wollen. 

80,  4.    Der  Gesang  der  Engel  wurde  als  ein   wortloser  Jubel 
So  sagt  z.  B.  Amalarius  (f  816)  Lib.  III,  cap.  16:  Haec  jubilatio,  quam 
tores  sequentiam  vocant  (bevor  dem  lang  hinausgezogenen  o  des  Allein» 
untergelegt  wurden) ,  statum  illum  ad  mentem  nostram  reducü,  quando 
necessaria  locutio  verborum,   sed  sola  cogitatione  mens  menti  monstrabi 
retinet  in  se.     Und  Bonaventura  (f  1274)  in  der  Expos,  missae  Cap.  !: 
lemus   longam  notam  post  Alleluia  super  hanc  litteram  A  prolixius 
quia  gaudium  sanctorum  in  coelis  intei'minabile  et  ineffabile  est. 

82,  1.    Aus  dieser  Strophe  irgend  eine  tadelnde  Hindeutung  auf 
Zusammenkünfte  der  Templer  in  Gryplen  herauslesen  zu  wollen,  ist 
Die  Processacten  gewähren  keine  Anknüpfungspuncte  für  diese  Deutan|; 
Crypten  spielen  in  ihnen  keine  Bolle. 

83,  2  gleifer  ist  durch  AiHD2  gesichert,    rözer  ausser  durch  die 
lieferung   auch   noch  durch   den  Beim ;    doch  sind  die  Worte  sonst  »&! 
kannt,  und  auch  an  unserer  Stelle  ist  ihre  Bedeutung  nur  im  AU 
errathen. 

83,  3.    Die  Beschrankung   auf  den  Hauptchor,   auf  den   Boisserto 
unsere  Stelle  deutet,    ist  hier  wie  70,   1   ungerechtfertigt.   —   Es  war« 
je  zwei  Balsamschalen  an  einer  Schnur  aufgehängt,  obwohl  ich  nur  AI 
einzeln  aufgehängter  Lampen  kenne.     Vgl.  das  saubere  Bild  bei  Violiet 2, 
Drei  solcher  Paare  hingen  im  Innern  des  Chores,  je  eine  draussen  Aber 
Eingangsthür,    also  brannten  10  Balsamlampen  an  jedem  Chor.     Balsafl 
für  den  kostbarsten  Beleuchtungsstoff.    So  heissl  es  in  dem  Briefe  des 
Johannes  §  61  :  in  supradicto  palacio  nostro  non  accendüur  lumen  »im*1 
quod  nutritur  balsamo.     Vgl.   Parz.  236,  3.    Tit.  6113.    Wigal.  8237  o.  «• 

84,  \.    Zwei  Klafter  über  den  Balsamgefässen  schwebten  Engel,  &* 
zu  halten  schienen    und  die  selber  an  Stricken  am  Gewölbe  befestigt 
doch  erblickte  man  diesen  Strick  nicht,  und  da  sah  es  aus,  als  ob  (fiel 
frei  schwebten.     Vgl.  62,   4.  86,   4. 

85,  \.    Nunmehr  folgen  die  Wachskerzen,    deren  Verwendung  IW 
alter  Gewohnheit  in  Vs.   4   ausdrücklich   entschuldigt  wird;    auch  sie 
von  Engeln  gehalten,    die   an   den  Mauern    und  oben  auf  den  Lettnert 
bracht  sind.    Sie  waren  in  den  Kirchen  sehr  häufig  und  wurden  u.  a. 
[tülleman)  genannt,  vgl.  Grimm,  D.   Wörterb.  2,   1150. 

85,  2  gewunden:  les  cierges  en  spirale  sont  encore  employes eo Bp^1] 
et  en  Italic,  v.  d.  Berghe  a.  a.  O. 

86,  1 .    Ausserdem  gab  es  aber  auch  noch  Kronleuchter  mit  Kerw*» 
ebenfalls  von  schwebenden  Engeln  an  zwei  Klafter  langen  Schnuren  pW 
wurden.     Vgl.  Parz.  638,  9.  229,  24.     Abbildung  eines  solchen  Kronleu** 


Der  Graltempel.  491 

xi  Hildesheimer  Dom  (\\.  Jahrb.?)  findet  sich  z.  B.  bei  Caumont  350. 
18.  auch  S.  42.  —  Zu  Vs.  4  vgl.  84,  2. 

,  i.  Trotz  BoissereVs  Protest  kann  gevieret  und  Vs.  3.  4  viere  nur  die 
^deuten.  Auf  dem  Altare  waren,  abgesehen  von  der  übrigen  Beleuch- 
?r  Chöre,    ebenfalls  beide  Beleuchtungsarten  verbunden,   vier  Balsam- 

(wohl  aufgehängt,  vgl.  Viollet  2,  42)  und  vier  Wachskerzen  (wohl 
I),  von  denen  die  ersteren  stets,  die  letzteren  nur  während  der  Messe 
>n. 

,  3  fg.  Vgl.  Stellen  in  der  Schilderung  des  Salomonischen  Tempels, 
g.  III,  6,  18:  Omnia  cedrinis  tabulis  vestiebantur,  nee  omnino  lapis  ap- 
poterat  in  pariete;  22:  Nihilque  erat  in  templo  quod  non  auro  tegeretur; 

omnes  parietes  templi  per  cireuitum  sculpsit  variis  caelaturis  et  torno : 

in  eis  cherubim  et  palmas  et  picturas  varias  quasi  prominentes  de  pa- 

egredientes. 
,  3.    Nur  die  Gesichter  waren  gemalt,  alles  Uebrige  Mosaik;    aber  die 

und  der  Stil  der  Malerei  standen  damit  in  Uebereinstimmung. 
,  2.  Hinter  gezinnelt  hätte  interpungirt  sein  sollen,  es  gehört  zum  Vor- 
«den;  im  Folgenden  werden  die  Sculpturen  in  der  Wölbung  (liewe) 
iem  Ueberbau  (den  Kanzeln)  geschildert.  Unklar  ist,  wenn  Boisseree 
^auben  oder  Tabernakel«.  Letztere  sind  hier  eigentlich  nicht  gemeint. 
l  werden  freilich  die  Lauben  unter  den  Kanzeln  dazu,  wenn  die  Deu- 
r.  70  richtig  ist,  dass  unter  diesen  ein  Altar  sich  befand.  —  Man  sollte 

und  93  hinter  Str.  70  erwarten,  wohin  Boisseree  sie  auch  gesetzt  hat. 
e  versetzt?  sind  sie  zugedichtet?  Zu  beachten  ist,  dass  gespinnelt  Str. 
sich  nicht  gut  anschliesst  an  die  Erwähnung  der  spinnelsiul  in  70,  3, 
iur  dasselbe  bedeuten  kann. 

t,  3  meide,  vgl.  oben  S.  399.  Andererseits  können  die  meide  hier  bei 
izählung  kaum  entbehrt  werden.  Die  älteren  Heiligen  der  Kirche  zer- 
rt die  folgenden  Klassen :  patriarchae,  prophetae,  evangelistae,  martyres, 
wres,  virgines.  Es  werden  also  die  meide  in  Str.  93  Jungfrauen  der 
n  Heiligenkategorie  sein. 

I,  1.  Diese  Strophe  spricht  von  der  zweiten,  späteren  Kategorie  der 
n.  Aus  ihrer  Schaar  wird  besonders  hervorgehoben  ein  König  von  Eng- 
Boisseree  denkt  fälschlich  an  Joseph  von  Arimathia,  der  niemals  als 
von  England  gegolten  hat,  und  kröne  hier  auf  die  Platte  des  Priesters 
iehen,  ist  trotz  Str.  608,  4  unerlaubt.  Gemeint  ist  vielmehr  der  heilige 
I,  wie  schon  San  Marie  erkannt  hat.  Vgl.  3570,  wo  Heilige  aus  der 
er  weltlichen  Fürsten  aufgezählt  werden,  und  unter  ihnen  auch  in  Engel- 
Oswalt  (falsch  walt  in  Bl)  ein  kunic  mute.  Vgl.  im  Druck  XXV,  473, 
n  Marte,  Leben  u.  D.  W.  v.  E.  II,  S.  235. 
t,   \  herpfen  ist  der  Infinitiv. 

I,  %  arzibiere  wie  auch  die  andern  Formen  der  Hss.  ein  noch  nicht 
wiesenes  Wort;  Boisseree  geht  mit  seinen  Vermuthungen  ganz  fehl, 
iebt  noch  die  Nennung  des  Kalkofan  ein,  der  wegen  seines  hellen  Tons 
nt  war.  Calcofanus  lapis  est  nigri  coloris,  vocem  clarificat  et  prohibet 
inem  Arn.   Saxo  432,  4.     Vgl.    Alb.   Magn.   im  Museum  II,  95.     Das 


492  Friedrich  Zarncke,  [I 

Gedicht  von  der  krafft  etc.  das.  94 :  Calcofan  (so  in  der  Ueberechrift  rid^Ai 
statt  des  falschen  Dakasam  an  dieser  Stelle)  heysset  ein  stein,  der  k&t tqOUti 
so  rein,  der  ist  swarz  als  ein  hol,  und  wer  in  recht  erkennen  sol,  fadi^A 
darauff  gar  leyse,  so  lawt  her  in  der  weyse  recht  als  eine  schelle:  * 
her  als  helle.  Megenberg  440,  34  :  der  stain  klingelt  schön  reht  samdmjfB* 
speis,  wenn  man  mit  ainem  eisen  darauf  siecht  oder  mit  ainem  andern  ^MdHe 

95,  2.    Zum  Speisen  wird  im  Kloster  geläutet.    Vgl.  Martene,  dentif|££ 
monachorum  ritihus  (Antwerpen  1738)  S.  82,  E  fg.  und  84,  C:  Exeal 
et  tintinnabulum  pulsat  ad  refectorium  cunctique  pariter  illuc  venienttt  taQ  *" 
manus  et  intrant  expectantque  domnum  abbatem.     Illo  autem  intrank 
Signum,  quod  pendet  super  mensam  eius  et  dicunt  versum.  ^3 

95,  %  soldimente,  Lohn,  Sold;    der  für  Sold  geleistete  Kriegsdienst, 
Kriegsdienst  überhaupt. 

95,   4.    Sitte  mag  es   gewesen  sein,    dass  die  Klöster  in  der  Regel 
eine   oder   zwei  Glocken   hatten ,    aber  eine   ausdrückliche  Ordensbest 
war  es  nicht.     Wenigstens   lassen   sich  eine  Menge  von  Beispielen  ai 
wo   in  Klöstern    sehr  viele,    bis   zu  15  Glocken  erwähnt  werden,  und 
nicht  bloss  in  solchen  Klöstern,  deren  Kirchen  zugleich  Kathedralkirchen 
Gemeindekirchen  waren,  und  auch  nicht  bloss  bei  den  Benedictinem. 
sagt,  »bei  den  Cisterziensern  oder  Bernhardinern,  deren  Regel  die  Tem] 
folgten,    war  es  Vorschrift«,    was   nicht   unwichtig  wäre,   was  ich  aber 
nachzuweisen   vermag.     »Der  Kampf  der  Cisterzienser  gegen   den  Luxitt 
Gluny  (schreibt  mir  mein  mit  den  Verhältnissen  der  Cisterzienser  specieflf* 
trauter  Freund  und  College,    Prof.  Puckert)   ist  bekannt;    aber  von  einer 
schränkung  auf  den  Gebrauch  von  nur  einer  Kirchenglocke  ist  in  den  legfc 
und  Statuten  Cileaux'  nicht  die  Spur  zu  finden.    In  den  vom  Generalkapitel  fl 
Citeaux  4  457  promulgirten  Statuten  wurde  (vgl.  Martene  et  Durand,  thesnrv 
n.  aneed.  4,  4257)  in  Betreff  der  Glocken  nur  ein  Gewicht  von  über  500 Ptai 
verboten   (Nr.  4  6),  und  eingeschärft  (Nr.  21) :  lurres  lapideae  ad  campanasn* 
fiant.     Der  Gebrauch    des  Plural  an  letzterer  Stelle  würde  vermieden  woriB 
sein,  wenn  der  Gebrauch  von  mehr  als  einer  Glocke  verboten  gewesen  ffftt 
Wirklich  wissen  wir  actenmässig,  dass  das  grösste  Cisterzienserkloster  Sacfaetf» 
Altzella,  zur  Zeit  der  Säcularisation  auf  der  Klosterkirche  und  im  Kloster  seW 
nicht   weniger  als   zwölf  Glocken  gehabt  bat:    drei  auf  dem  Kirchthurm  tber 
dem  Eingang,    neun  im  Kloster,  dazu  noch  zwei  an  der  im  Zeller  Wald  be- 
legenen Capelle  (vgl.  Gautzsch,  Archiv  f.  sächs.  Geschichte  I,   4863,  S.  214); 
es  ist  eine  Zeller  Localtradition ,    dass   die  drei  grössten  Glocken  des  Klosteü 
noch  heute   als  Glocken   der  Dresdner  Frauenkirche   nicht   zur  Ruhe  koma* 
können «.    —    Es   dürfte   sich    verlohnen,    die  Grenzen   dieses  Gebrauch«* 
Mittelalter  noch  genauer  zu  untersuchen. 

95,  4  sicher  in  //  und  auch  in  al  (vgl.  S.  405)  ist  verdächtig  sd* 
durch  91,  4,  wo  //  ebenfalls  eine  Anspielung  auf  den  Parzival,  Zweifels  wo* 
ken,  inlerpolirt  hat.  Da  Fremde,  die  etwa  den  Gral  aufsuchen  wollten,  kein*" 
wegs  zu  demselben  herangelockt,  vielmehr  zurückgewiesen  wurden,  so  b* 
nur  von  der  schar  der  eigentlichen  diel  des  gräles  die  Rede  sein. 

96,  2.    Auch   diese  Stelle   spricht   nicht  nothwendig   für  gothiseben  Slil» 


]  Der  Graltempel.  493 

auch  der  romanische  Gewölbe  mit  Kreuzrippen,  ja  mit  Rosetten  in  der 
te  des  Gewölbes  kennt,  vgl.  Caumonl  245.  247. 

96,  4  fg.    Also   in  allen   Gewölben   über  den   Capitälen   im   Beginn  der 
(bang  die  Gestalten  der  Evangelisten?     Sculpturen   dieser  waren  schon  in 
50  erwähnt,  und  so  möchte  ich  nachträglich  der  Lesart  in  DiEi  den  Vor- 
geben (etwa  archangel  unde  enget],  die,  in  AXB{  entstellt,  zu  der  Lesung 
Uli  führte.     Dann    wäre    unsere   Stelle  nur  eine   Wiederholung  der  in 
4  fg.  gegebenen  Schilderung. 

97,  4.  Aehnliche  Rosetten  als  Abschluss  des  Gewölbes  sind  besonders 
er  gothischen  Architeclur  sehr  häufig.    Vgl.  z.  B.  Viollet  3,  258  fg.    Aber 

Rosette  mit  dem  hier  geschilderten  Lamme  ist  mir  nicht  bekannt  ge- 
lten. 

98,  1  uzen;  in  der  Nähe  der  Portale  oder  umher  an  den  Mauern;  die 
eil  Darstellungen,  die  die  Auslegung  48  fg.  aufzählt,  verlangen  ausge- 
nlen  Raum,  was  auch  Str.  54  ausdrücklich  hervorgehoben  wird. 

400,  4  vorlouben  riche  wird  wohl  nicht  bloss  von  der  laubenartigeYi  Ge- 
lt gesagt  sein  können,  die  schon  durch  die  übereinander  vorspringenden 
irandungen  des  Portals  entstand  (vgl.  Otte  Handbuch  S.  78.  4  49  u.  ö. 
ektalog.  Wörterb.  S.  45.  Caumont  444  fg.),  sondern  es  werden  wirkliche 
rbaoten  gemeint  sein,  wie  sich  solche  häufiger  an  Kirchen  finden,  vgl.  z.  B. 
Btnont  445,  und  die  grosse  Vorlaube  am  Ulmer  Münster,  Otte  Handbuch 
438;  eine  grosse  reiche  Vorlaube  bei  Viollet  7,  299.  Ich  habe  den  Vers 
eh  H  aufgenommen,  obwohl  er  grammatisch  barock  gebaut  ist,  da  in  der 
tat  nur  von  zwei  Portalen  (im  Westen  und  Norden)  die  Rede  sein  kann, 
d  ein  flüchtiges  Missverstehen  dieser  Zahl  die  Aenderungen  in  /  und  //  be- 
ulen lässt. 

404,  2.  3:  »was  man  an  ihnen  sollte  auszusetzen  finden«. 

104,  4  gespenget;  den  massiven,  meist  aus  starkem  Holz  bestehenden 
(Iren  pflegte  man  durch  aufgelegtes  Gitterwerk  noch  mehr  Festigkeit  zu  ge- 
d.  Hier  sind  die  Thüren  freilich  von  Gold,  und  so  muss  man  wohl  an- 
bmen,  dass  auch  die  Spangen  von  Gold  waren,  also  das  Gitterwerk  nur 
chahmten. 

402,  2  fg.    Vgl.  die  Ausl.  Str.  28  fg.  34  fg. 

403,  2  sunder;  die  Lesart  in  //  und  H,  obwohl  nicht  zwingend,  hat  doch 
1  Ansprechendes. 

403,  4.  Fünf  Zeilen  (Reiben)  scheinen  in  der  That  das  Höchste  bei  den 
>ssen  Portalen  gewesen  zu  sein.  So  bei  Caumont  439.  444.  Andere,  auch 
>sse  Lauben  haben  nur  vier  und  weniger. 

404  fg.    Schilderung  des  künstlichen  Orgelwerkes.     Es   ist  nicht  ersieht- 

),   ob   der  hier  erwähnte  Baum  mit  den  Vögeln  und  den  vier  Engeln  nur 

Beiwerk  zur  Orgel  war  oder  das  wirkliche  Orgelwerk  selber.     Ersteres  ist 

h  wohl  das  Wahrscheinlichere.    An  solchen  mechanischen  Spielereien  hatte 

Mittelalter  eine  besondere  Freude.  Bekannt  sind  schon  aus  dem  Aller- 
Di  der  goldene  Weinstock  und  die  goldene  Platane  am  persischen  Hofe 
I.  z.  B.  Herodot  7,  27;  Chares  bei  Athenaeus  XII;  Xenophon,  hist.  graeca 
.  38),    von    denen  die   rückkehrenden    Griechen   offenbar  Fabelhaftes   er« 


494  Friedrich  Zarncke,  [Itt 


zählten  (vgl.  Urlichs  im  N.  Rhein.  Museum  40,  S.  26  fg.;  noch  mehre 
aufgezählt  in  den  Wiener  Jahrbüchern  423,  39);  aber  dass  diese 
beweglich  gewesen  seien ,  wird  nicht  gesagt.  Doch  der  Ausgangspunct  ftr 
derartige  Schnurrpfeifereien  mögen  sie  immerhin  gewesen  sein.  Spater  Vi- 
ren an  den  Höfen  der  Ghalifen  und  der  Byzantiner  kunstvolle  Bäume  m 
Gold  und  Silber  mit  beweglichen  und  singenden  Vögeln  beliebt.  Vgl.  Fllgri, 
Gesch.  der  Araber,  Leipzig  4840,  II,  24  4,  wo  es  von  einer  Audiem  des 
946  heisst:  »Das  Schönste  war  ein  Wunderbaum,  der  aus  Gold  und 
in  48  Aesten  ausging  und  an  die  Platane  des  Xerxes  und  an  ein  ähnlich« 
Kunstwerk  erinnert,  das  der  Sohn  des  Michael  Baibus,  Theophilus,  an  mmm 
Hofe  zu  Byzanz  herstellen  Hess.  Auf  den  Zweigen  und  zwischen  den  goMcM 
und  silbernen  Blättern  sassen  Vögel  aus  gleichem  Metall,  die  Aeste  bewt^a 
sich  und  die  Töne  der  gefiederten  Sänger,  durch  inneren  Mechanismus  herum- 
gebracht, hallten  in  dem  Saale  wieder«.  Aus  der  Litteratur  des  49.  tmidlL 
Jahrh.  bebe  ich  noch  einige  Beispiele  hervor;  Blasebälge  bilden  den 
nismus.  Im  Alexanderliede  5854  (Weism.)  wird  in  dem  Palaste  der 
ein  Hirsch  mit  einem  tausend  zackigen  Geweih  mit  Vögeln  darauf  u.  s.  w.  §► 
schildert,  von  dem  in  den  mir  zugänglichen  Ausgaben  der  lateinischen  ■- 
storia  de  proeliis  nicht  die  Rede  ist,  obwohl  die  grosse  Zahl  der  BbseUfp 
(nidene  lägen  viere  und  zwönzich  bläsebeige)  der  Schilderung  ein  hohes  Ahr 
zuzuweisen  scheint.  Bäume  mit  Vögeln  werden  geschildert  in  der  Inteipdi 
tion  des  Briefes  des  Priesters  Johannes  (§  96,  tt  fg.  meiner  Ausgabe) :  Ä  mb 
huius  pallacii  sunt  XX  magnae  statuae  aureae  et  infra  ipsas  sunt  totidn 
nae  arbores  argenteae,  velut  luna  lucidissima ,  in  quibus  omnia  genera 
aurearum ,  et  unaquaeque  habet  colorem  suum  seeundum  genus  suum ,  d  mt 
ita  per  artem  musicam  dispositae,  quod,  quando  rex  Porus  volebat,  omnestt 
eundum  suam  naturam  cantabant.  Similiter  praedietae  statuae  musicae  ita  mrf 
aptatae ,  quod  ad  voluntatem  regis  dulcius  et  suavius  quam  credi  potest 
bant.  Et,  quod  mirabilius  est  omni  mirabili,  rnore  histrionum  videntur 
diver sis  jocari  et  hinc  inde  torqueri  u  s.  w.  Oft  in  Gedichten  der  deutach* 
Heldensage.  So  wird  eine  Linde  mit  singenden  Vögeln  eingeführt  in  den  Vit 
dietrichen,  in  der  Bearbeitung  A  (nach  der  Ueberarbeitung  der  Dresdner  fc 
Str.  263  in  v.  d.  Hagen's  Helden-Buch  I,  4820,  S.  49;  von  Amelung  hsgg.  ■ 
Deutschen  Heldenbuch  III,  S.  455),  in  B  (von  v.  d.  Hagen  hsgg.  im  fldfa- 
buch,  4  855,  I  S.  233  Str.  268;  von  Jänicke  im  Deutschen  Heldenbnck  ■, 
S.  250  Str.  555),  in  D  (von  Holtzmann,  der  grosse  Wolfdietr.  S.  471  9r. 
4407  fg.;  von  Jänicke  im  Deutschen  Heldenbuch  IV,  S.  79,  Str.  48  fg.;  • 
der  Umreimung  des  alten  Drucks  bei  Keller  S.  366  Vs.  32  fg.).  Ich  to* 
die  Stelle  nach  B  folgen:  dar  inne  (in  dem  sal  von  marmelsteine)  st*mt* 
linde,  diu  was  gulditi  gar,  als  si  der  heiden  freissam  hete  gezoubert  dar.  W 
zwöne  und  sibenzic  este  nam  er  an  der  linden  war:  die  vogel,  die  dorn 
stuonden,  die  wären  guldin  gar.  si  warn  gemacht  mit  listen  und  wären  »■• 
hol :  als  si  der  wint  durchwate ,  ir  stimme  diu  sanc  wol.  Also  keine  fcf 
bälge  erwähnt,  in  D  aber  werden  ihrer  zwei  eingeführt.  Auch  im  Ro** 
garten  kommt  eine  gleiche  Linde  vor,  in  der  Bearbeitung  D  (bei  v.  d.  1hg* 
Heldenbuch,   4820,  I,  S.  2,  8  fg.)    und   in  C   (Der  R.  G.  von  Wilh.  Griü 


423]  Der  Graltempel.  495 

*  8.  7,  493  fg.).     leb  gebe  die  Stelle  nach  der  Bearbeitung  D:    si  hat  in  dem 
garten  ein  linde  erzogen  wol,  darunder  schöne  gezierde,  einen  balg  swarz  als 
ein  kol:  wanne  man  den  balg  ziuhet ,   durch  die  rotren  gät  ein  wint  obene  in 
die  linde,  da  diu  vögelin  sint.    So  hebet  sich  iif  der  linden  ein  schal  so  frtiuden- 
r'  rUh  von  maniger  süezen  stimme  so  rehte  wunneclich;  siu  singent  wider  ein- 
tmder,   klein  und  döbi  gröz:   ez  wart  nie  herze  so  trüric,   daz  der  kurzwil 
Verdröz.    Die  Spielleute  fügten  offenbar  gerne  derartige  Schilderungen  in  ihre 
'"  Gedichte  ein.    Auch  in  kleinerem  Massstabe  waren  solche  Spielereien  beliebt, 
to  auf  einem   Helme  im  Laurin    (in  Nyerup's  Symbolae  S.  7;    im  Deutschen 
;  *  Beldenbuch,  Berlin  1866,  1  S.  205,  Vs.  219)  :  uf  der  kröne  obene  sungen  wol 
f '  Üfe  vögele  in  allen  den  gebeer en,   sam  si  lebende  weeren;   mit  listen  wart  ez 
f    ärdäht  und   mit   zouber   dar   bräht ;    in   spaterer  Bearbeitung  bei  Ettmttller, 
'    fc.  Luarin  S.  24,   Vs.  486  fg. ;    bei   O.  Schade  S.  46,   Vs.  480  fg.;    in   der 
1    Strophischen  Umarbeitung  der  Dresdner  Handschrift  in  v.  d.  Hagen's  Helden- 
»    hoch,  4820,  II  S.  465,  Str.  57.     Bekannt  ist  die  Nachtigall  auf  dem  Ringe 
!    des  Morolf,    durch   deren  Gesang  dieser  die  Königin  beim  Schachspiel  über- 
>     Irtet;    vgl.  Salomon  und  Morolf  Vs.  4303  fg.  bei  v.  d.  Hagen  und  Bttsching, 
i    D.  Ged.  d.  MA.  Bd.  I.    Unklar  ist,  wie  man  sich  den  Speer  im  Orendcl  den- 
j    ken  soll  (bei  v.  d.  Hagen  S.  29,  995  fg.):    Er  was  gewürkt  mit  mynne,   die 
\    vogel  sungenl  darinne,  die  -nahtigal  und  die  zisele,  die  sungen  wol  nächprtse; 
ob  im  do  schwebte  von  gold  ein  valk,  als  ob  er  lebte;  es  sind  die  Verse  wohl 
▼ersetzt  und  gehören  hinter  Vs.  1005:  Man  sazte  im  üf  sin  houbel  einen  heim 
schöne  behübet;   an  die  Erwähnung  des  Laubwerkes  schliesst  sich  ja  die  Er- 
wähnung der  Vögel  innerhalb  desselben   sehr  wohl  an.     Dazu  stimmt  denn 
auch  ebenda  die  Schilderung  des  Helmes  des  Riesen  Metwin  (daselbst  S.  36, 
1245  fg.),    in   der   wieder   der  Blasbälge   ausdrücklich  Erwähnung  geschieht: 
ein  bläsbalck  mit  sehs  roeren  gü/din.     Wan  der  rise  den  bläsbalck  twanck,  dö 
hörte  man   der   vogel  sanc ,   reht  als  ob   si  lebten  und  in  den  lüften  swebten, 
u.  s.  w. ;  bei  dieser  Schilderung  eines  Riesenhelmes  ergeht  sich  die  Phantasie 
geradezu  ins  Ungeheuerliche.     Mehr   an  die  Wirklichkeit  wird  sich  anlehnen, 
wenn  der  Helm  des  Landgrafen  von  Thüringen   im  Turnei  von  Nantheyz  ge- 
schildert wird,  vgl.  Massmann,  Denkmäler,  S.  442,  82  fg. :  Sin  heim  was  mit 
zwein  hörnen  gezieret   wol  in  fürslen   wis ,    die  lühten  beide  silber  wtz  und 
htten  schöne  sich  gebogen ;    üz  in  geslozzen  und  gezogen  von  golde  löuber  wä- 
ren, diu  glast  der  heule  baren  rilich  unde  schöne,  und  mit  ir  klatiges  döne  ge- 
freuweten  maneger  muoter  kint ;   so  sich  geruorte  ein  kleiner  wint,   so  klungen 
sie  zuo  prise   in   maneger  hande  wise.     Aehnlich    in    Heinzelin's    Minnelehre 
fhsgg.  v.  Pfeiffer  Vs.  613)  :    dö  fuort  si  eine  kröne ,   diu   was  gezieret  schöne 
von  golde  und  von  gesteine :    manic   vogel  kleine  saz   üf  der  selben  kröne,     ob 
den  swebte  schöne  ein  gröz  guldin  adelar,  der  was  geworht  mit  listen  dar.  und 
swenne  der  wint  wäle?  so  sungen  sie  gedräle  alle  ir  wünneclichen  schal;  dro- 
schet unde  nahtegal,  amsel  und  galander ,    vinke ,   lerche  und  ander  sungen  in 
süezem  döne. 

108,  1.  Wo  haben  wir  dies  jüngste  Gericht  anzunehmen?  Darstellungen 
desselben  in  Erzguss  finden  sich  oft  in  den  iiltcren  Kirchen,  und  besonders 
häufig  aussen   auf  der  Ueberthür  des  Westportals.     Vgl.  Caumont  446    (vier 


496  Friedrich  Zarncke, 

Engel  blasen  die  Todten  zum  Gericht).    Neben  der  Orgel  ist  es  mir  trieb* 


kannt  geworden ,   und  doch   möchte  man  nach  dem  Zusammenhange  mtf 
der  Dichter  verlege  es  dorthin. 

409,  4.  Mosaikfussböden  mit  der  Darstellung  von  allerlei  Gethier 
Gevögel  finden  sich  nicht  selten.  Vgl.  z.  B.  Caumont  503.  504  fg.  Ykrffcl 
2,  268.  Besonders  passt  für  unsere  Stelle  ein  Mosaik  des  42.  Jahrh.  vor  de« 
Hauptaltar  in  Aosta,  welches  Vögel,  Thiere,  Einhorn,  Drachen,  Fische,  <b 
Flüsse  des  Paradieses  u.  a.  enthält,  vgl.  Didron,  Ann.  arch6ol.  47,  389.  Bea 
Graltempel  kommt  nun  noch  der  Reiz  hinzu,  dass  auch  sie  durch  Blasbiip 
in  Bewegung  gesetzt  werden. 

440,  2.  Fussböden  von  Kristall  werden  auch  sonst  erwähnt,  soindei 
zweiten  Palaste  des  Priesters  Johannes,  vgl.  §  89  der  Epistola:  Pavmctia 
vero  est  de  magnis  tabulis  cristallinis.  Im  Graltempel  ist  also  der  Krisd 
über  dem  Onichel  angebracht. 

4  42,  4.  Penitenze:  die  Aenderung  dieses  Namens  gegen  die  gesaoali 
Ueberlieferung,  wie  sie  Boisseräe  in  den  Text  einfuhrt,  ist  durchaus  uneriadi 
—  »Parille  war  König  von  Frankreich  und  Grossvater  desTiturel;  seine  M» 
der  und  ihre  Kinder  herrschten  in  Anjou  und  Cornwales«,  von  ihnen  stau* 
der  Bischof  ab. 


IL  Marien  Lob. 

Die  nachstehenden  42  Strophen,  die  den  Plan  zu  einem  Tempel 
ie  Jungfrau  Maria  enthalten,  schliessen  sich  unmittelbar  an  die 
lerung  des  Graltempels  an,  stehen  aber  nur  in  //,  und  wohl 
grosser  Wahrscheinlichkeit  ruht  auf  ihnen  der  Verdacht  der 
►olation.  Man  weiss  ja  aus  dem  lateinischen  Briefe  des  Priester 
nes,  wie  gerne  die  Phantasie  der  Interpolaloren  sich  gerade  in 
.Schilderungen  erging.  Ob  auch  sprachlich  der  Verdacht  wird 
ndet  werden  können,  muss  einer  zusammenhängenden  Unter- 
ng  über  die  Sprache  des  Titurel  überlassen  bleiben.  Eigen- 
iche  Reime  finden  sich  ja ,  überzillen  :  willen  7,  4 ;  dritte  :  bitte 
'},  und  man  möchte  sie  vergleichen  mit  dem  Reime  wiget :  liget 
Gralt.  10,  2.  Andererseits  auch  wieder  Worte,  die  der  Titurel- 
ir  mit  Vorliebe  verwendet,  wie  gezerfe  41,  4;  senige  42,  4. 
Mach  einem  Vergleich  des  eben  geschilderten  Graltempels  mit 
Welchen  St.  Thomas  in  Indien  dem  Könige  Gundoforus  erbaute 
i) ,  spricht  der  Dichter  den  Wunsch  aus ,  seine  Verhältnisse 
ten  es  ihm  erlauben,  statt  eines  Lobgedichtes,  zu  dem  ihm  der 
von  Anderen  bereits  vorweg  genommen  sei,  der  Maria  einen 
el  zu  erbauen  (5 — 7) ;  in  der  Schilderung  dieses  ergeht  er  sich 
Er  sollte  eine  Meile  im  Durchmesser  haben,  entsprechend 
sein,  der  Graltempel  solle  im  Verhältniss  zu  ihm  nur  den  Raum 


Ohne  Beispiel  ist  der  erstere  nicht.  Vgl.  die  zehn  Gebote  der  Minne  in 
isc.  8,  4  80:  noch  durch  rümes  willen  sin  lob  well  überzillen.  —  Die  Worte 
nd  dritte  sind  als  klingender  Reim  allerdings  nicht  geläufig,  aber  da  die 
ilion  etymologisch  in  beiden  begründet  ist,  und  die  Schreiber  unzählig  oft 
len  doppeltes  t  schreiben,   so  nehme  ich  an  ihnen  keinen  Anstoss. 


498  Fuedikb  Zaucceb,  [W 


eines   angebauten  Chores  einnehmen,   deren  500   den   Marientaapd 
umgeben   sollten.     Offenbar  denkt   er   sich   seinen   Tempel  wie  fe 
Graltempel  als  Rotunde  (8.  9  .     Im  Innern  sollten   reiche  Bildwahl 
angebracht  werden,  darstellend  die  Vorherverkündigungen  auf  Na] 
und  die  mannigfachen  symbolischen  Hindeutungen  auf  sie,  auch  frj 
Leidensgeschichte  ihres  Sohnes,  die  ja  durch  die  Marienklage  akäl, 
zum  Leben  der  Maria  gehörend  angesehen  wurde    10 — 20).  Kkttr 
und  Hospitäler  sollten  zum  Tempel  gegründet   und   unter  einen  Er* 
bischof  gestellt ,    1 0  Chöre  übereinander  angebracht  und  für  Gesaj 
und  Kirchenmusik  gesorgt  werden    Z\ — 23  . 

Dann  geht  er  zu  dem  Gedanken  über,  mehr  noch  als  dank 
einen  Tempelbau  könne  man  sich  um  die  Jungfrau  und  ihr  Kit 
verdient  machen,  wenn  man  überall  den  Unglauben  ausrotte;  fand 
müssten  die  Richter  beiderlei  Regiments  besonders  ausgehen;  er  W 
gleicht  sie  mit  den  Planeten,  die  den  vernichtenden  Sturm  de*  fr» 
maments  zügelten  24  —  26 '..  Ja,  jeder  Mensch,  der  getauft  »» 
könne  täglich  Gott  und  der  Jungfrau  in  sich  einen  Tempel  errichte, 
wenn  er  nur  die  sieben  Haupttugenden,  welche  die  sieben  Ruft- 
laster  vertreiben,  in  sich  pflegen  wolle.  Diese  werden  dann  eiueh 
aufgezählt ;  freilich  solle  man  auch  daneben  für  Kirchenbauteil  a 
spenden  nicht  unterlassen  und,  wenn  man  den  Lastern  verfallen  sei, 
nicht  verzweifeln,  sondern  sich  durch  Reue  und  Busse  läuten 
(27—37). 

Eine  Anrufung  und  Verherrlichung  der  Jungfrau,  deren  Lok 
der  Dichter  nicht  entfernt  gewachsen  sei,  und  die  Bitte  um  ihrtt 
Schutz  beschliessen  das  Gedicht ,  das  im  letzten  Verse  auf  die  Gfr 
schichte  von  Titurel  zurücklenkt    38 — 42). 

In  Str.  5  sagt  der  Dichter,  dass  ihm  mit  den  besten  Lob- 
Sprüchen  auf  die  Jungfrau  Maria  bereits  ein  Anderer  zuvorgekomo* 
sei.  Man  wird  geneigt  sein,  hiebei  an  Konrad's  Goldene  Schmied« 
zu  denken,  und  wirklich  finden  sich  einige  Stellen,  die  einen  Al- 
klang an  diese  zu  enthalten  scheinen,  so  gleich  die  in  Rede  stehet 
so  sint  mir  spräche  di  höhsten  vor  üf  gelesen ,  erinnert  an  G.  Seh* 
1 1 1  fg. :  din  lop  nü  brechest  alle,  swaz  in  der  rede  enpfaUe,  i&  & 
die  lese  in  minen  munt  u.  s.  w.  Die  Anmerkungen  bringen  nod 
einige  Parallelen.  Aber  als  eigentliche  Quelle  hat  dem  Dichter  (fr 
Goldene   Schmiede   nicht  gedient.     Vielmehr    hat    er  die   Marien- 


■W]  Deb  Gbaltbmpbl.  499 

grosse  benutzt,  die  Pfeifler  in  der  Zeitscbr.  f.  D.  A.  8,  275  fg. 
vherausgegeben  bat.    Diese  bat  er  fast  wörtlich  ausgebeutet,  wie  die 

^A&merkungen  nachweisen  werden,   und  so   wird   auch   dies  letztere 

« 

^Gedicht  an  obiger  Stelle  gemeint  sein.  Er  kannte  aber  das  Gedicht 
Jlicht  in  dem  vollen  Umfange  von  dreimal  50  Strophen,  sondern  nur 
die  ersten  50.  Dass  diese  wirklich  allein  umgegangen  sind,  wissen 
iwir  aus  der  Wiener  Handschrift  Nr.  2677,  worin  Bl.  56b  fg.  die 
JMariengrUsse  stehen,  jedoch  nur  bis  zum  Schlüsse  der  ersten  fünfzig 
^(Hoffmann,  Altd.  Handschr.  in  Wien  S.  85,  XXXI).  Für  die  Datie- 
rung ist  aus  dieser  Quellenbenutzung  Nichts  zu  entnehmen. 

Von  den  Handschriften,  die  unser  Stück  ganz  oder  theilweise 
gewähren,  geben  die  Murauer  Bruchstücke  (a2)  wohl  die  älteste 
Deberlieferung.  Sie  zeigen  noch  meist  die  gute  alte  Orthographie 
«ad  sind  durch  Fehler  am  wenigsten  entstellt,  sie  waren  daher  für 
die  in  ihnen  enthaltene  Partie  1  —  22 ,  1  zunächst  zu  Grunde  zu 
legen.  Aber  auch  sie  haben  bereits  eine  längere  Kette  von  Ab- 
leitungen vor  sich,  durch  die  sie  vom  Original  getrennt  sind. 

Zunächst  schliesst  sich  an  a2  die  Wiener  Papierhandschrift  (D2), 
wie  eine  Anzahl  gemeinsamer  Lesarten,  die  sicher  oder  doch  höchst 
wahrscheinlich  Fehler  sind,  dartbun.  Solche  sind  z.  B.  2,  4  in  stein 
(evident),  4,  2  engelischer  schar  (desgl.),  7,  4  die  Wortstellung  disen 
lempel  mit  richeil,  desgl.  17,  4  ze  dinem  lobe  bowen.  An  sich  wohl 
xu  vertheidigen  aber  doch  den  übrigen  folgend  sind:  18,  3  künde; 
21,  2  zeinem;  3,  2  die  Einschiebung  von  gar.  Jede  dieser  beiden 
Ueberlieferungen  hat  daneben  ihre  besondern  Fehler,  die,  wo  sie 
nicht  schon  an  sich  als  Fehler  auf  der  Hand  liegen,  durch  das 
Zusammenstimmen  von  resp.  a2  oder  D2  mit  den  übrigen  Hss.  als 
Abweichungen  nachgewiesen  werden ;  die  meisten,  wie  nicht  zu  ver- 
wundern, die  späte  Wiener,  die  aber  doch  an  einer  Stelle  allein  von 
sttmmtlichen  Hss.  das  Richtige  bewahrt  hat,  21,  4  infelbcere.  In  a2 
sind  selbstständige  Abweichungen,  die  ah  sich  nicht  immer  verwerf- 
lich wären,  z.  B.  4,  3  vor;  7,  3  ein  gut;  10,  4  die  Auslassung  von 
«/;  11,  5  die  Wortstellung  werden  alles;  19,  4  erdrozzen;  21,  4  in 
iuselbwre  liegt  vielleicht  ein  Fehler  im  Abdruck  vor. 

Beide  Handschriften  gehören  zu  einer  zweiten  Gruppe,  die  aus 
der  Berliner  Pergamenlhandschrift  (B2)  und  dem  Druck  besteht  (E2). 
Diese  beiden  Gruppen  (a2D2  und  B2E2)    sind  aus  einer  Vorlage  her- 


500  Friedrich  Zarncke,  [W 

vorgegangen,   die  z.  B.  die   nachstehenden   Fehler   hatte:    8,  1 
Einschiebung  von  vollen;  9,  1.  2  die  falschen  Plurale  mengen  : gu 
auch  16,  1   ist  und  wohl  eine  erst  der  Ueberlieferung  zuzuwes 
Ueberladung  des  Verses;  42,  2  (wo  freilich  d*  nicht  mehr  zor 
steht)   war  die  erste  Vershälfle  bereits   verdorben   überliefert, 
leicht  so ,   wie  D2  sie    uns  noch   erhalten    hat.     Hierzu   würde  sk 
noch  gesellen  24,  4,  wenn  man  der  Lesart  in  C2  den  Vorzug 
und  sprichz   für  einen,    etwa   durch   das   gleich   folgende  ickz 
anlassten  Fehler  halten  will. 

Gross   ist  die  Zahl    der   gemeinsamen   Abweichungen  in 
zu  einem  nicht  geringen  Theile  offensichtliche  Fehler:    13,  1  gar 
var;  16,  4  der  Fortfall  des  ez    (was  E2  durch  spätere  Einschi 
eines  daz  corrigirt) ;   17,  3  kraft;  18,  2  der  Main  als  Missvei 
von  dehein;   21,  4  im  helfmre   als   Conjectur   für   das   unverstai 
infelbcere;  24,  1    erzeigen;   31 ,  2  das  Fehlen  von  heilig;   32,4 
Fehlen  von  unmäze,   wofür  E2  nur  ein    versfüllendes  vh    einschi 

36,  2    das   Fehlen    von   hört  ze;   40,  1  :  3   beste  :  keste.     An 
schliessen  sich  gemeinsame  Abweichungen,  die  an  sich  nicht  fehW 
haft   sind,    wie  3,  4   heidenschaft ;    5,  3   ich  auch;    8,  4  benmki;\ 

37,  4  gebawen,  selbst  gemeinsame  Schreibungen,  wie  15,  3 
rücket.  Jede  dieser  beiden  Hss.  hat  nun  noch  eine  Fülle  seB* 
ständiger,  zum  Theil  offensichtlich  fehlerhafter  Abweichungen  ach 
erlaubt.  So,  um  nur  ein  paar  Beispiele  anzuführen,  finden  sich  ■ 
B*  folgende  Fehler :  3 1 ,  1  noch  für  doch ;  5,  4  lobende  eingeschoben 
9,  4  do  eingeschoben;  12,  3  tbr  statt  trbr;  13,  3  fehlt  mit;  21,1 
reich  ain;  26,  2  zukel  für  zirkel;  28,  4  hbffral;  29,  1  gemiet  für  f 
nennet;  30,  1  im  für  nu;  32,  2  von  himel  u.  s.  w.  Hieher  gebärt 
auch  36,  2  machet,  obwohl  so  auch  D2  liest;  es  ist  eine  Unke- 
liegende  Aenderung,  die  in  B2  und  D2  unabhängig  gemacht  word» 
ist.  Die  selbstständigen  Abweichungen  in  E2  sind  noch  mannigfacher, 
zum  Theil  tragen  sie  die  Spuren  beabsichtigter  Correctur,  zaweita 
nur,  um  den  Vers  oder  auch  den  Keim  zu  glätten.  Einige  Beispiel* 
mögen  Platz  finden:  10,  2  do  ymmer  stunden ;  13,  4  und  auch;  <U 
dadurch;  15,4  gar  für;  18,4  bezeichenunge ;  19,  1  ie  fortgelassen 
20,  1  u.  4  nyergent;  24,  2  vrleygen;  24,  4  sollicher,  um  dem  Miss- 
verständniss  von  dirre  vorzubeugen;  26,  2  halfter;  28,  2  die  doil 
31,  2  hat  gar  wol.     Zu  diesen  eigentümlichen  Abweichungen  gehört 


1 


Der  Graltempel. 


501 


h  8,  2  besuchen,  das  man  bei  anderer  Lage  der  Handschriften- 
tealogie  geneigt  sein  würde  für  das  Richtige  zu  halten.  Auch  für 
fl  19,  4  könnte  man  versucht  sein  Gründe  geltend  zu  machen, 
I  die  Entfernung  von  kint  beruht  auf  Ueberlegung,  aber  schon  das 
v.  menschliche  genügt  um  kint  zu  stützen. 

Dieser  Doppelgruppe  a2D\  B?E2  gegenüber  stehen  die  Carls- 
ter  Handschr.  (C2)  und  die  Dresdner  (d2),  welche  letztere  freilich 
•  wenige  und  überaus  entstellte  Strophen  liefert  (4 — 6.  38.  40 — 
(,  aber  doch  ausreichend  zu  sein  scheint,  um  hier  die  Zusammen- 
iftrigkeit  zu  C2  wahrscheinlich  zu  machen.  So  liest  d2  mit  C2 
9  1  obene  statt  obende,  44 ,  2  blinde  und  theilt  allein  mit  C2  die 
htige  Lesart  in  42,  2  du,  küniginne.  Ich  habe  daher  für  unser 
rl.  der  Hs.  d2  eine  andere  Stelle  angewiesen,  als  für  Gralt.  und 
bL,  ohne  doch  zu  verkennen,  dass  die  Gründe  für  die  Zugehörig- 
ti  zu  C2  in  Marl,  nicht  so  zwingend  sind ,  wie  sie  es  für  D2  in 
Kteren  beiden  Gedichten  waren.  Desshalb  habe  ich  auf  der  nach- 
henden  Tabelle  zu  d2  ein  Fragezeichen  gesetzt.  An  besonderen 
weichungen  und  Fehlern  mögen  in  C2  beispielsweise  hervorge- 
ben werden  29,  4  und  31,  4  habent  für  houbet;  29,  4  has  für  hat; 
,2  und  für  nu;  36,  1  willicleich  u.  a. ,  worüber  das  Verzeichniss 
r  Lesarten  leichten  Ueberblick  gewährt.  Auch  wegen  der  eigen- 
Imlichen  Abweichungen  von  <P  verweise  ich  auf  die  Lesarten. 

Zwei  Strophen  (1  und  4)  finden  sich  auch  in  den  Darmstädter 
uchstücken  (c1) ,  von  denen  S.  408  die  Rede  war,  die  sonst  zu  / 
hören.  Der  Text  ist  sehr  selbstständig,  vielleicht  frei  verändert, 
id  seine  Einreihung  in  die  Handschriftengruppirung  ist  nicht  er- 
mnbar. 

So  ist  also  das  Bild  der  Ueberlieferung  dieses: 


X 

a?1 

^™ 

*• 

X* 

* 

y* 

C2 


d*(?) 


52 


E2 


& 


D* 


d  damit   ist   die  kritische  Regel  gegeben,    dass  die  für  xx  und  yx 
gestellten  Lesarten  einander  die  Wage  halten,   Uebereinstimmung 
ischen  Handschriften  von  xl  und  y1  als  Lesart    in  x   in  Anspruch 
nehmen  ist. 

4fcfcuidl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wisse  nach.  XVII.  34 


502  Friedrich  Zarnckr,  [i 

Diese  Regel   hat  sich  auch  für  unser  Stück  sauber  d 
lassen.     Es   sind   keine   Kreuzungen    nachweisbar.     Allerdings 
das  Variantenverzeichniss  manche  scheinbaren  nach.     Aber  sie 
eben  nur  scheinbar.     Es   sind   Uebereinstimmungen ,   die  dem 
zuzuweisen  sind,  wie  das  bereits  besprochene  machet  in  B1  und 
ebenso  steht  es  mit  vil  baz  40,  2  in  B*D*d?\  geschrifl  17,3  a.  t 
in  C2D2;  aldar  2,  4  in  D2E2;  geschehen  B*D2  u.  s.  w.     Sie 
nicht   mehr   als   orthographische  Uebereinstimmungen ,   wie  jmU 
C2D2  u.  ä. 

Es  entsteht  nun  die  Frage,   bietet  die   auf  solche  Weise 
sagen    mechanisch    gewonnene   Ueberlieferung    den   originalen 
oder    war    der  Ausgangspunct    unserer   Ueberlieferung   bereits 
mehr   fehlerfrei?     Das   Letztere   ist   offenbar   der  Fall.     Zum 
genügt  40,  2,  wo  statt  kuste  im  Archetypus  bereits  kumte 
hat;  nur  IPE2  (x2)  suchen  den  Reim  luste  :  kumte  zu  bessern,! 

* 

sie  ziemlich  sinnlos  beste  :  keste   schreiben.     Auch  war  26,  % 
das  allein  richtige  wan  bereits  in  dann,  danne  umgewandelt; 
glaube  ich,  dass  1,  3  und  5,  1   der  Vers  mit  und  überladen  ist, 
an  ersterer  Stelle  für  den  Sinn  störend,  an  letzterer  mindestens 
behrlich   ist    (in  B2E2  fehlt   es  natürlich   nur   durch   Wieder» 
und    so    habe    ich    mir   denn   in    25,  1    eine   Wortumstellung 
sämmtliche  Handschriften  gestattet,  die  allein  einen  erträglichen 
gewährt. 

Da  a2  die  älteste  und  eine  gute  Ueberlieferung  ist,  so  habe 
ihre  Orthographie  zu  Grunde  gelegt  und  bin  nur  in  den  fo 
Puncten  von  ihr  abgewichen.  Zunächst  habe  ich  auch  hier « uni 
welches  meist  gebraucht  wird  (auch  tu,  ov,  v,  v,  selten  u),  wie 
i  und  j,  welches  gar  nicht  vorkommt,  resp.  für  Vocal  und  ConsoMi 
verwandt.  Die  Längen  und  Kürzen  der  Umlaute  von  a,  o,  u  wefJi 
gleichmässig  a%  (e,  u  geschrieben,  ich  habe  sie  geschieden  in«,ft 
<r\  ö;  f#,  ö.  Doch  habe  ich,  wo  ich  einen  Umlaut  einführte, 
die  Abweichung  von  a2  angeführt,  a2  schreibt  auch  für  fc  ein  4 
hiefür  war  im  Anlaut  unbedenklich  ein  k  einzuführen  (nur  in  drf 
Namen  Christi  habe  ich  das  hergebrachte  Ch  behalten,  da#f* 
kristeti,  kristenlere  etc.  geschrieben),  auch  im  inaern  Anlaut,  Ä 
kranke  für  chranche;  nicht  so  sicher  war  ich  in  Betreff  des  AostaH 
denn  hier  mag  die  Schreibung  manich,  honch,  chvnich  (neben  cWs$)> 


Der  Ghaltempbl.  503 

für  die  Aussprache  von  Bedeutung  sein,  denn  die  Schreibung 
i  sonst  Spuren  einer  nördlicheren  Gegend*  wie  z.  B.  gingen, 
nden,  iw,  Ai,  i glich,  liht,  floriren^  zirde  u.  ä. ;  aber  für  den 
st  doch  wohl  eine  südlichere  Gegend  anzusetzen,  wo  die 
Aussprache  im  Auslaut  wie  auch  das  i  =  ie  nicht  anzu- 
st.  Da  die  Schreibung  ch  für  k  im  Anlaute  auch  in  der 
g  des  Auslautes  die  Tennis  anzunehmen  gestattete,  so  habe 
eingeführt,  aber  c  gesetzt,  also  manic,  gedultic,  und  dem 
3nd  gedultikeit,  wirdikeit.  a2  schreibt  zuweilen  tzz,  und  zz 
i  Längen;  ich  habe  in  beiden  Fällen  die  Schreibung  ver- 
also  nütze ,  uzen  geschrieben;  ferner  findet  sich  in  d1  bald 
ht)  doch  ersteres  überwiegend;  ich  habe  es  als  das  Ältere 
tzt.  Y,  das  nur  in  den  Fremdwörtern  Yesse,  Indya,  para- 
<m  erscheint,  behielt  ich  bei,  gab  ihm  aber  keine  Quantitäts- 
ng.  o2  hat  zwei  Beispiele  von  Vocalverbreiterung  4,  1  weise 
t  ein  Druckfehler  vorliegt)  und  1 3,  3  tovsent,  die  möglicher- 
n  Dichter  angehören  können,  da  in  der  zweiten  Hälfte  des 
i.  diese  Laute  sicher  bereits  in  Bavern  auftraten;  aber 
suchung  über  die  Sprache  und  Heimath  des  Dichters  und 
t.  Interpolators  muss  im  Zusammenhange  geführt  werden, 
lahin  war  es  wohl  das  Angemessenste,  den  sonstigen  Lautr- 
es Denkmals  auch  hier  durchzuführen. 

r  Gedicht  gestattet  sich  harte  Kürzungen  sowohl  auf  der 
vie  in  der  Senkung,  ohne  dass  die  Orthographie  darauf 
i  Rücksicht  nimmt,  namentlich  syncopirt  dieselbe  ein  ton- 
ir  selten  (z.  B.  jarn  11,  2),  schreibt  aber  nicht  bezzr,  lempl, 
der  Vers  diese  Aussprache  verlangt.  Dem  habe  ich  mich 
*sen  und  nur  durch  einen  Punct  unter  dem  betr.  e  dem 
m  Wink  gegeben.  Dagegen  apocopirt  der  Schreiber  in  a1 
ig,  vor  Vocal  wie  Consonant,  z.  B.  die  Conjunctive  weer, 
,  cAwiw/,  möht,  müsl,  ferner  gern,  chost,  hertz,  füzz^  chron, 
ehte).  Im  Anschluss  hieran  ist  im  Fall  der  Einsilbigkeit 
iiterung  des  Lesens  das  tonlose  e  vor  Consonanten  apocopirt, 
*  vor  Vocalen.  Verschleifungen  auf  der  Senkung  habe  ich 
chte  mehr  zugewiesen,  als  die  älteren  Dichter  sich  ge- 
rgl.  Sprüche  di  5 ,  4 ;  hohe  di  9 ,  1 ;    kinde  «".13,  4 ,    habe 

34* 


504 


Friedrich  Zarncke, 


auch  das  i  der  Endsilben   nicht  der  Verschleifung  wegen  in  e 
ändert,  also  kimiges,  heiligen. 

Wo  uns  bei  22,  2  d2  verlässt  und  nun  eine  viel  spätere  Hg. 
als   älteste   Ueberlieferung  an   ihre   Stelle   tritt,   mussten  die  m 
entnommenen   Grundsätze    der  Schreibung    beibehalten   werden, 
die  Orthographie  wie  der  Lautbestand  von  B2  durchaus  nicht 
gebend    werden    konnte    für    den  Versuch    einer   Constituirung 
Originaltextes.     Doch   habe   ich,   wo  a2  nicht  mehr  zur  Seite 
auch  jede  irgend  erwähnenswerthe  orthographische  Abweichung 
B2  in  den  Varianten  angeführt.     Besonders   zu    beachten  ist  ftr 
dass   das  über  den  Vocal  gesetzte  e  die  Länge  bedeutet,  nicht 
Umlaut,   welcher  letztere  nicht  bezeichnet  wird.     Für  be  komnl 
und  we  oft  dicht  neben  einander  vor. 

Bei   den  Handschriften   des   4  5.  Jahrh.    (CWD2)    und  bei 
Druck    (E2)    ist    vollends    auf  die  Lautverhältnisse   und  das 
graphische  keine  Rücksicht  mehr  genommen.    Wo  derartiges  notirt  ■ 
sind  besondere  Gründe  vorhanden  gewesen,  die  sich  aus  Ei 
der  einzelnen  Stellen  ergaben.     Es  ist  also,  wenn  sich  resp. 
oder  B2  eine  abweichende  Schreibung  (incl.  Beachtung  des  toi 
und  stummen  e)  angeführt  findet,   daraus   nicht  zu  schliessen, 
die  übrigen  Hss.  buchstäblich  mit  dem  Texte  übereinstimmen, 
wenn  bei  ihnen  zw,  zu  für  ze  des  Textes  gesetzt  war,  ist  dies 
nicht  besonders  hervorgehoben ;  desgl.  bei  den  Infinitivformen 
für  älteres  sehene,  sehenne.    Der  Druck  (E2)  liebt  do  für  da,  auch 
ist  nur  anfangs  notirt. 

Wohl  ganz  hätte  ich  die  Gollation  von  d2  sparen  können,  AI 
beträchtliche  niederdeutsche  Elemente  enthält  und  überdies  den  Mi 
sehr  entstellt.  Lange  nicht  alle  niederdeutschen  Formen  habe  Ü< 
notirt,  doch  wohl  ausreichend,  um  ein  Bild  von  der  Handschrift*, 
bieten,  die  nicht  ganz  ausser  Acht  gelassen  werden  kann,  da* 
immerhin  auf  eine  alte  gute  Vorlage  zurückweist. 

Die  grösseren  Anfangsbuchstaben,  die  die  Hauptabschnitte  4* 
Sinnes  andeuten  sollen,  sind  von  mir  ohne  Anschluss  an  die  Bar 
schritten  gesetzt.  Diese  heben  in  unserer  Partie  keine  Strophe  k^ 
sonders  hervor. 


I 


)]  De»  Graltbmpbl.  505 


1. 
Ze  lobe  mit  solhem  r&te        dirre  lömpel  ist  erbowen 
der  höhen  trinit&te        und  der  meid  gesegent  ob  allen  vrowen, 
[und]  der  w£lt  ze  I6re  gegen  himelrlche, 
als  sant  Thomas  in  Indyä        den  sal  mit  Worten  bowete  loheltche. 

2. 
Nfht  wan  mit  dem  munde        der  palas  wart  gemachet, 
di  gruntveste  üf  von  gründe,        pörlen,  louben,  kosteltche  bedachet; 
üzen  noch  innen  wart  da  niht  vergezzen 
An  dem  palas  tiure,         und  wart  stn  doch  nie  stein  aldä  gomezzen. 

3. 
Und  was  dem  kttnig  edele        doch  nütze  und  bezzer  verre, 
danne  6r  uf  keisers  sedele        gewallic  weere  aller  künige  terre, 
want  im  sant  Thomas  kristenl£re  und  wtse 
was  mit  dem  palas  gebende        von  heidentum  in  vrone  paradyse. 

4. 
Ze  glicher  wts  dirr  tempel        sol  hie  al  menschen  künne 
mit  gedanken  geben  exempel        zu  engelschar  und  himelischer  wünne, 
di  mensch  und  engel  hat  von  gotes  antlütze, 
und  si  darnach  mit  sinnen        warben:  so  wirt  in  der  tempel  nütze. 


1  =  II  [aBCDE)  c1.  I.  —  dirr  D2,  discr  B2C2E\  der  cK  t.  tri- 
lit  a*.  |  maide  C2E2cK  alle  E2.  3.  werlt  a*.  gein  a2,  gen  B2C2 
&*.         un  tzu  lere  der  cristenhait  c1.  4.  sant  fehlt  C2.         thoma  E2. 

Um  B*C*E*c\    Yndia  D2.       |      worte  E2cx.         bowet  a2,  pawet  D2,  päwte  B2, 
■rfc  C2.         lobeleichen  C2. 

2  =  II  [aBCDE).  \.  dem  m.  fehlt  B2.  |  palast  C2D2,  und  so  ferner. 
!.  gruntuest  B2C2.         uf  a2.     |     kostelich  E2,   chostlich  C2D2y    chostichleichen 

pewachet  C2.  3.  do  E2,  des  D2.         nit  C2,   uichcz  B2,  nutz  E2. 

—     |     nie]  in  a2D2.         aldar  D2E2. 

3  ss  II   [aBCDE).  i.  chunige  B2.  edelem  B2,    edele  E2.      |      noch 

nutzze  al  [vgl.   4,  3  und  4),    nuczer  B2E2.           t.  den  B2.           sedein 

S*.     |     gewaltichleich  B2.         wa?r  B2.         gar  aller  a2D2.  c  hünig  a2D2. 

Mrand  B\  wann  C2E2.         i.  —     |     haidenschaft  fl2£2.  vron  a2B2D2,  und 
dem  vronenn  C2,   inß  frone  E2. 

4  =  II   [aBCDEd)  cK  \.  geleicher  B2,  ze  geleich  C2.         weise  a2,  /tMt 

dirre  a2,  dy   (yirf.  der  statt  dirre)   d2,  diser  B2D2E2,   discm  C2.         ob  ir 

spil  nu  were  c1.     j     sol]  doch  sol  c1,  so  Ä2/)2,  fehlt  E2.         alhy  d2,  ich  hie 

fehlt  E2cx.         allen  Ä202,  aller  C2,  /Wt/<  c/2,   ist  allem  E2.  3.  dancken  d2. 

^  (be?)   denken  bi  den  mcrc  c1.       |       ze  B2,    fehlt  c1.  engelischcr  schar 

M,  engel  wirde  c1.  himelsce  c1.  \v°nne  a2.  3.  der  engil  d2.  hant 

haben  c1.         vor  a2,  in  cl.  4.  und]  daz  cl.         sei  Ä2£2.         sinne  c1. 

werbe  B2,  werbent  E2.         im  B2,    in  dan  £*.         der  t.]  daz  spil  c1. 

täte  a2,  wol  nuzze  d2,  vil  nutze  c1. 


506  Friedrich  Zarkcie,  [H 

5. 

Di  edelen  magl  di  süzen         die  heiligen  [und]  engel  rfiment 

mit  lobe,  mit  sanges  grflzen,       und  menschen  üf  der  erd  mit  lobe  st  bÜM 

svvie  gern  ouch  ich  di  magt  waer  lobende  rlche, 

so  sint  mir  sprüche  di  höbsten         vor  üf  gelesen,  di  ir  stellt  loWkk 

6. 

Ltht  bezzer  wa?r  mir  swtgen         danne  ich  si  lobte  kranke: 
hankräl  nach  sözem  gtgen         bt  den  werden  stet  ze  kleinem  danke, 
durch  daz  wolt  ich  ir  ander  wirde  bieten, 
der  muler  magt  Märten,         kund  und  möht  ich  mich  der  saeldennkta 

7. 

VVa?r  ich  so  rtche  an  gute,         ein  tempel  würde  gemachet 

noch  bezzer  in  mtnem  mute         ze  lobe  der  maget  Märten  ungeswadkt 

wan  si  nu  nimt  für  gut  den  reinen  willen, 

so  sol  ein  iegltch  kristen         mit  rtcheit  disen  tempel  übereilten. 

8. 

Ich  wold  ir  einen  machen         di  wlt  gein  einer  mtle, 

mit  richeit  sus  bedachen,         daz  dirre  tempele  alumb  dar  inn  mit  rie 

niht  wan  ze  kören  ständen  wol  fümf  hundert, 

mit  al  der  koste  rtche,         sam  er  mit  worle  ist  ze  lobe  gesundert; 


5  =  II  aBCDEd) .  \ .  dew  D2.  edele  d2E2.  |  di  dye  <**.  « 
fehlt  B2E2,  heiligen  und  fehlt  d2.  rümet  d2.  i.  grusen  d2.  \  mws&t 
allen  menschen  sy  dß.  der  fehlt  d2E2.  erde  a2,  erden  B*C*dßlS*.  *( 
C2,  fehlt  d2.  3.  swi  a2.  ich  fehlt  C2,  ich  ouch  B2E2,  wy  g*ne  wercid 
ouch  dy  mait  lobenne  d2.  4.  —  |  die  erslent  D2,  dy  dy  or  steyn  fi. 
lobelichen  d2,  lobende  lobeleiche  B2. 

6  =  II  iaBCDEd).  \.  lichte  d2B\  villeicht  D2.  myn  d2.  |  Ü 
B2C2J)2.  sey  B2C2D2.  lobele  B2,  labete  d2.  2.  hanen  krath  d2.  sä* 
B2d2E2.     |     de  a2,    dem  D2.          kleynen  d2,    chainen  B2E2.  dancken  fi. 

3.  orc  andse  werde  gebyten  d2.  4.   mait  d2.  mariau  d2.       |      und  rf 
fehlt  d2.          her  hoghen  salde  ghenythii  d2. 

7  =  II   iaBCDE).  I.   ein  gut  a2.      [      wirde  a2,   würd  B2E2,  wurd  f** 
2.   inül  «2,   mute  B2.      |     zelobt  C2.  3.   wann  B2C2.  nun  E2,  im  #. 

vergu!   D2.  4.   iglich  a1,   ickleich   D2,   iesleich   B2.      |      disen  tempel  mit  ricW 

a2D2.  übereillen    [anfangs  stand  liberstillen,   das  st  ward  radirt)   B2. 

8  =  II   (aBCDE).  i.  —      |      di]   gar  B2,  fehlt  E2.  vollen  witc  fit 
D2E2.          3.   pedachet£2?  besachen  E2.     |     diser  B2C2D2E2.          tempel  PC1. 
alumbe  a2B2D2,  alumb  C2E2.          inne  a2B2C2D2,   inn  E2.           3.  stunden«1. 

4.  allen  C2,   al  der  fehlt  E2.      |     worten  B2.  ze  lob  ist  D2.         wesundert  J1* 
besundert  E2. 


]  Dkr  Graltkmpbl.  507 

9. 
Und  Dach  der  grözen  wtte        mit  höbe  di  lüfte  vienge, 
s6  das  man  zaller  ilte        üz  allen  riehen  dar  durch  wirde  gienge, 
der  maget  wert  ze  lobe,  ze  grasen  Aren, 
und  trflbiu  hertz  erlaubte,         wie  si  daz  lop  Harten  solden  meren. 

40. 
Man  mAst  ouch  n&ch  der  wirde        vil  Hoheit  sehen  dar  inne, 
durch  daz  n&ch  himelscher  girde        immer  mAr  st&nd  aller  hertzen  sinne : 
di  solih  irdisch  paradys  da  saehen, 
di  solden  tugent  minnen    durch  himelsche  vraeude,  und  al  untugent  smaehen. 

41. 

9 

Alle  prophActen,        swaz  der  ie  wart  gesprochen 

von  der  maget  Marien        vor  manic  hundert  j&ren  unde  woohen, 

daz  mAst  da  allez  werden  offenbare, 

kunütch  der  weit  ze  sehene,       mit  bilden  sanVz  ie  mitten  geschehende  waere. 

49. 
Alhie  von  YessA  künne,         nu  da  di  gerte  ArAnes, 
und  wie  di  stüde  brünne        Möysf,  und  von  dem  velle  GedAAnes, 
liljen  gärte,  palsem  trAr  und  rAsen  anger: 
das  allez  zeichenunge        der  maget  gab,  diu  da  wart  Christes  swanger. 


9  =  II   {aBCDE) .  I.  —     |     h»h  B2.         lufl  B2.         vingen  a2D2y  vien- 

i    B*E*.  2.  ze  aller  B2,  zu  a.   D2.     |     uz  a2.         durcho  D2.         wider  C2. 

fingen  a2,  giengen  B2D2E2.  3.  magde  B2C2,  inegde  E2.         werde  B2D2. 

und  gr.  C2,  un  gr.  E2.  4.  trubew  D2,  trubeu  B2,  trübe  C2E2.         hertzen 

erleuchte  D2,  erlewcht  B2E2,  erlawehte  C2.     |     lob  do  B2. 

40  =  II  {aBCDE).  I.  müst  a2,   must  B2.     \     —         2.   durich  D2. 

irischer  a2C2D2,  himlischer  B2.     |     me>  fehlt  B2.         stuenden  C2,  stund  immer 
r«  a2D2%  do  ymmer  stunden  E2.  3.  solich  C2E2,  solleich  D2,  solli  a2,  sol- 

»     B1.         irdische  a2,  irdensch  E2.         paradyse  a2.         do  E2.         sahen  C2D2. 
fc.  t&gent  a2    'etwa  tilgende?),     tilgende  C2,     tilgenden  B2E2.       |       himelische 
*^D2,  himlisch  B2,  hymelsch  E2.         al  fehlt  a2,  alle  B2.         untugende  B2. 
niahen  C2. 

44   =  II   {aBCDE).  2.   magt  B2C2E2.       |      für  D2.  iarn  a2D\  iaren 

-*£2.  und  B2C2D2y   unde  a2E2.  3.   müst  a2.  do  E2.  werden  alles 

4.  chunigleich  D2.  werlt  a2  {aber  vgl.   24,  I.  2).  weide  C2.     |     samz 

^fl2,  sam  ez  B2E2.         milen  a2/)2.         geschehen  B2D2E2. 

42  =  II   {aBCDE).  K.  alhi  a2.  yessen  C2,    iessen  £2.  chunnen 

*    |     nun  E2.         dew  Ä2.  gert  B2.         aronis  2f2,  aarones  C2,  aaronis  £2. 

•  •  und  fehlt  E2.         wi  a2.         der  Ä2.  stüde  a2,  stöde  Ä2.         prinne  B2. 

un  a2.  gedeonis  a2B2D2E2.  3.  lilien   (lilligen  D2)   gart  a2B2D2E2. 

JSam  C2£2.         t&r  B2.  und  /"e/i/f  £2.  4.   zaichen  gen  C2.     |     magt  a2D2, 

&de  #*,  magte  C2,  megde  E2.         cristus  E2. 


508 


Friedrich  Zarncke, 


43. 

Himelvan,  mersterne,         lieht  sunnevar  bekleidet, 

ir  füz  üf  im  vil  gerne         der  mäne  hebt.     Marien  lop  sich  beide* 

mit  mägden  vil  manc  tüsent,  di  mit  palmen 

di  reinen  magt  sint  lobende,         und  ir  chinde  si  singent  lop  mit 

44. 

Da  mosten  ouch  margarlten         vil  st£n  und  muscatstingel 

üf  heide  breit  der  wtten,         und  dtner  kröne  barbigan  und  xmgel, 

da  mit  diu  himelsch  Jerusalem  sich  zieret, 

mit  zwelf  der  edeln  steine,         da  mit  dtn  lop  sich  liehe  und  bdh 

45. 
Din  edel  heilic  houbet         ist  maniger  riehen  kr6ne 
mit  tugenden  unberoubet;         besunder  siht  man  von  zwelf  steinen 
ir  ein  da  bl  den  andern  liehte  glesten: 
gesegent  ob  allen  wiben         bistu  für  die  höhsten  und  di  besten. 

46. 
Brunne  lüler,  morgen  röte,         honeseim  und  zukkerstücke, 
helferin  üz  aller  nöte,         wtnes  trübe,  spteanardes,  myrrenrücke, 
daz  müste  sich  hie  allez  von  dir  zeigen, 
reht  als  ez  die  propheten         dir  ze  lobe  von  gote  gaben  für  eigen. 


13  =  II  (aBCDE).  i.  vane  B2C2E2,  von  D2.  raerslem  aW,  ■* 
Sterne»  C2,  meres  Sterne  (stereii  E2)  B2E2.  |  litit  a2,  leicht  D2.  §** 
(sunnen  E2)  gar  B2E2.  gechlaidet  B2E2.  2.  ir  füez  C2,  ieren  fuz  B*P. 
üf  a2.  geren  E2.  |  mone  E2.  habt  B2E2.  3.  mit  fehlt  B2.  »t 
den  B2C2D2.  manich  a2B2D2,  manig  C2E2,  vgl.  houch  in  a2  16,  I.  ** 
sent  a2,          palman  D2.          4.    raine  B2E2.     |     und  ouch  E2.  chind  iPCVfP* 

die  B2E2,  fehlt  D2.  singet  E2.  psalmen  E2. 

14  =  II   (aBCDE).  \.  müsten  a2.  magariten  D2.      |     —        t- 
|     chron  a2D2.    chrono  B2.          stingel  versehentlich  wiederholt  D2.         3.  tt* 

lische  a2C2D2,   himlLsch  B2E2.  jerusale  C2.  4.  zwölf  E2.     |     da  durch  # 

reich  C2E2.  floriret  a2,   florieret  B2C2D2E2. 

15  =  II   [aBCDE).  \.   houbt  a2D2.       I       reicher  C2E2.  S.umbef- 
B2E2.      |     von   ans  vm  corrujirt  B2,  fehlt  C2. 
B2C2.           3.   aine  B2,   ainen  C2,   ainem  E2. 


a 


2,   lieht  D2.  4.   geseget  D2.         alle  E2. 


|       reicher  C2E2. 

zwölf  E2.  steni  M  &* 

dA  fehlt  C2.  dem  Eß.      ■ 

gar  für  E2. 

16  =  II   {aBCDE).  \.    brunne   a2,    braun  E2.  morgenröt  C\  ** 

morgenröt  a2D2E2y   und  morgen  röte  B2.       |       honch-  o2.  h.  sam  #*£*• 

zukker   (zuks  B2,   zucker  E2)   stuche  a2B2E2,   zuchker  stuke  C2,   czucker  stucke  "• 
3.  helfa?rinn  B2.  note  a2,   not  C2D2y  not  E2.     |     weins  B2.         w.  «* 

fehlt  C2.  mirren  B2C2D2E2.  rukke  a2,    ruchhe  B2,   ruchke  C«,  rucket 

ruche  E2.  3.    müste  a2.  hl  a2,  /eÄ/l  C2.  4.   ez  fehlt  B2E*.    |  * 

a2B2C2D2.         das  gaben  £2.  zu  Z>2. 


7]  Der  Graltkmpel.  509 

17. 

Wie  moht  ich  daz  gesunden         volenden  hie  aleine, 

daz  dir  vil  manic  hundert        ze  lobe  hant  gesprochen,  maget  reine? 

iedoch  so  wold  ich  al  die  Schrift  ersuchen, 

sold  ich  den  tempel  bowen,         ze  dlnem  lobe  darin  uz  allen  buchen. 

48. 
Davit  der  was  dich  sehende,         künigin,  bekleit  mit  golde, 
ze  der  zeswen  (was  er  jehende)        des  küniges  dtn.  deheinz  ich  lazen  wolde, 
du  müsest  ie  da  sin  mit  koste  rtche, 
als  ie  diu  schritt  war  sagende,         und  die  zeichenung  wol  orden liehe. 

49. 
Und  swaz  dln  kint  üf  erde         menschliche  ie  kund  erllden, 
in  hohem  rtchem  werde         wölt  ich  der  deheinz  in  templö  mtden, 
mit  bilden  waehe  ergraben  und  ergozzen, 
mit  kost  also  geheret,         daz  ez  ze  sehen  kein  ouge  het  verdrozzen. 

20. 
Der  selbe  tempel  müste         bt  aller  slner  gröze 
niender  ligen  wüste         niht  gen  einer  hende  breit  mit  blöze, 
wän  daz  allez  mit  zierde  erfollet  wahrer 
der  maget  und  ir  kinde         solt  er  ze  lobe  niender  wesen  laere. 


47  =  II   (aBCDE).  \.   möcht  C2E2.      |      hi  a2.  2.  —     |     zelobet 

nX         habnt  B2C2D'K  magt  a2D2.  3.  idoch  a2.  so  fehlt  D'K  alle 

i*C2£2.  die  fehlt  E2.  geschrift  C2D2,  chraft  B2E2.  versuchen  B2E2, 

lureb  suechenn   (:  puechen)    C2.  4.  scholt  B2.  deinen  B2.  ze  dinem 

obe  bowen.  a2D2.     \     dar  inn  C2E2. 

18  =  II   (aBCDE).  \.  sich  E2.     |     chuniglich  C2.         gechlait  B2E2. 

&•  zu  B2.         deiner  C2.  zwesen  a2,   zesmen  C2,   zesen  D2.  waz  a2D2.     \ 

diu  fehlt  C2.  dhains  C27   cheinz  a2D2   [vgl.    «9,    2),   dchlain  B2  (d'  =  de  in 

92  vgl.   33,   3.   34,    4),   der  klain  E2.  3.   die  E2.  müstest  E2.  chunste 

|202.  4.  geschrift  C2D2.         war  D\  was  B2E2.     |     alle  die  a2D2.  zeiche- 

lu«ge  a2C2,  bezeichenung  E2. 

49  =  II   {aBCDE).  I.    kraft  E2.  erden  E2.       |       menscheliche  a2, 

anschleichen  B2E2.  ie  nach  chund  B2,  fehlt  E2.  chunde  a2.  2.   hohen 

e>chen  B2.     |     ich  d'chainz  B2,    ich  der  chains  D2E2.  im  B2.  tempel  E2. 

3.   warhe  D2,   wa?ch  B2,   wehen  f2,   weher  E2.  4.  —     |     erdrozzen  a2. 

20  =  II   (aBCDE).  \.  selb  B2D2y  selbn  C2.  müsle  a2.       |      grozze 

2.   ninder  a2,   nindert  B2C2D2f   nyergent  E2.  wste  a2.      |     niht  fehlt  B2f 

*frr  und  auch  E2.         hande  CK  mit]   nicht  B2E2.  3.  wann  B2C2EK 

fes  a2,    es  als  E2.  zirde  a2.  erfüllet  B2D2y   erfüllet  E2.  4.  magt  a2, 

lagde  fl2C2,   megd  EK         uii  a2.  irem  C2/)2^2.     |     es  62,    ere  D2.         nin- 

e*  o2,  nindert  B2C2D2,   nyergent  E2. 


540  Friedrich  Zarncke,  [W 

21. 
Til  kl6ster  hospit&le         von  reiner  diet  mit  pfrAnde 
dir  dienden  zallem  male :         ich  ween  daz  wol  rein  riehen  tempel  stände, 
und  der  ein  erzebischolf  meister  waere 
und  preßten  zwelfe,         ich  mein  mit  krumben  stöben  infelbaere. 

22. 

Vil  grozer  zierde  gebende        waer  ich  da  zehen  kören, 

einer  ob  dem  andern  swebende,         und  dar  inne  wunder  sehen  und  Mm 

und  lob  der  magt  mit  lesenne  und  mit  singen, 

daz  ez  diu  hertz  ermande,         wie  himelkör  von  engein  mflsten  erklinget 

23. 

Organo,  cimb&le,         psalterie  und  ouch  cil6rie 

darunder  zallem  male         vil  süx  erklingen  müst  zu  richer  gl6rie 

der  reinen  magt  Marien  und  ir  kinde, 

ob  ez  geviel  in  beiden         und  darzu  ecclesien  hofgesinde. 

24. 

Ich  sprichz,  ob  ichz  mit  gelte        und  mit  Übe  möht  eniugen, 
man  m&st  über  al  die  welle         üngelouben  mtden  und  urliugen. 
daz  waer  noch  bezzer  vil  und  lobel Icher 
der  maget  und  ir  kinde         danne  dirre  tempele  tüsent,  alle  richer. 


21  =  II  [aBCDE).  \.  klöster  E2.         hospital  aW.     |     von]  vil  C\ 

*.  dinden  a2,   dienten  B2C2E2,   dienet  D2.  zu  allen  B2.      \      ze  dem  f*.  w- 

nem  a2,   zu  ainem  D2.  reich  ain  B2   [aber  in  E2  richtig) .  3 .   der  fehlt  Pfr 

erzb.   a2D2y  erezbischoph  B2C2E2.  4.   zwelf  B2,   zwölfe  E2.     |     maine  Uft 

chrummen  C2.  staben  B2E2,  inselba>re  o2,    im  helfaere  B2E2,   inhelfe- 

were  C2. 

22  =  II   [aBCDE) .  \ .  zirde  a2.       |       wer  ie  da  D2.  chor  P. 

2.   Hier  schliesst  a2,  fortan  bleiben  also  B2C2D2E2.         ander  D2.  |     und/eAÄ* 

dar  inn  E2.          3.  zu  lobt  E2.         lesende  B2,  lesen  C2D2E2.  mit  fehlt  fr 

4.  er  D2.           hereze  C2,   hertzen  E2.       |       hiemel  chor  D2,  hymel  cböre  ft 

michel  chör  B2E2.         must   C2. 

23  =  H   (BCDE).  t.   organocimbale  D2,   organe  E2,   zimbale  CW   I 
psalteri  B2.          cytharie  B2,    cithary  E2.  $.   darum  der  C2.  ze  allem  W^ 
D2E2.     |     süs  C2,  suesse  D2.         glory  E2.            3.  marein  B2C2.         irem  (*• 

4.   —     |     imgesinde  C2. 

24  =  II   [BCDE) .  \ .  sprich  C2.       |      mit  fehlt  E2.  leib  fl2M  I* 
D2.         erezaigen  B2E2.            3.  w'lte  B2.       |       un  dar  zu  E2.  erlewgea  # 
verleugen  D2,    vrleygen  E2.            3.  vil  fehlt  C2.            4.   magt  B2D2,    magde  ft 
megde  E2.         irem  E2.     |     denne  B2.         der  B2C2,  diser  D2,  sollicher  ift 
tempel  alle.         alle  .g.  reicher  B2. 


9]  De«  Graltempel.  -  611 

25. 

Wann  got  darumb  gesetzet         hat  zweier  bände  gerihte, 

swer  kristentum  nu  letzet,         mit  disen  zwein  daz  man  den  gar  vernibte 

an  lebender  kraft.     Ir  rihtrer,  slt  so  lebende, 

daz  ir  den  tempel  riebe         mit  bowen  tägellcbe  slt  got  gebende. 

26. 

Daz  ßrmament  zeföre         von  stner  snellen  draete, 

wan  zirkel  heizer  snfire,         dar  inne  die  plannten  loufent  sta?te; 

dämite  si  dem  ßrmament  sint  oben  de. 

wan  gerihte  und  die  planölen,         himel  und  erd  und  luft  zef&ren  al  tobende. 

27. 

Ein  iegltch  mensch  getoufet         al  tag  den  riehen  tempel 

got  und  der  magl  wol  koufet :       tu  niht  wan  nem  an  sich  der  tilgen l  exempel, 

der  man  ze  wirdikeit  da  sihene  schribet, 

dA  man  gewaltich liehen         diu  siben  houbetlaster  mit  vertrtbet. 

28. 

Diemutikbit,  ein  kr6ne         der  tugent,  ist  wol  diu  6rste 

genant,  in  senftein  d6ne         diu  vertrlbet  £Iöhvart,  die  der  horste 

got  ie  von  anegenge  hat  verwazen, 

des  Lücifer  enpfindet:         der  raüst  von  höhvart  gr6ze  wirde  läzen. 

29. 

Diu  ander  tugent  Milte         genennet  ist  vil  suze. 

swer  ir  ze  rehle  ie  spilte,         den  hat  got  vil  wert  in  hohem  gruze, 


25  =  II  (BCDE).  1.  g.  hat  darumb  alle.     |     hat  fehlt  hier  in  allen. 
lannd  C2D2.            2.   —  |      zwayen  E2.  3.   riclär  B2.          seind  E2.          lo- 
>ende  E2.  4.  —     |  paw  B2,    bauw  E2,    pawen  C2D2.          tajgleich  B2C2D2, 
«glichen  E2. 

26  =  II    BCDE).  I.   zufuere  D\    zerfriere  C2E2.      |     snell  B2.  trete 
•2.         2.   dann  B2C2E2t  dan  D2.          zukel  B'K         heizer]   halfter  E2.     |     — 

•  mit  B2E2.  (irmamento  B2.  obene  B2E2.  4.   danne  B2C2E2t   dan  D2. 

gerichte  C2,  gerichl  B2,  die  gericht  E2.     |     und  fehlt  E2.  erde  C2.  zer- 

'eren  C2E2.  al  fehlt  E2.  totende  C2. 

27  =  II   [BCDE) .  I .   ieglicher  E2.  menisch  B2.      |     alle  B2C2E2. 

'«*  reichem  B2,  am  reichen  E2.  2.   magde  B2E2.     |     wann  B2C2E2,   wen  D2. 

3.   da  fehlt  E2.  4.   damit  C2.  gewalliclich   C2.       |       die  B2.  sibent 

mit  fehlt  C2.  verlreibent  B2. 

28  =  II   (BCDE).  2.   —     |     die  doch  der  E2.  3.   anigenge  B2. 
entphindet  D2.     |     hollrat  B2. 

29  ==  II  (BCDE).         {.—     |     genriet  #>.         *.  \e  fehlt  B2D2E2.     |     werd 


512  -  Friedrich  Zarncke,  [W 

wand  si  vertrtbet  GItikeit  daz  laster: 

höubetsunde  und  schände         hat  mit  ir  pfliht  an  hellegründe  pflasler. 

30. 
Diu  Kiusch,  ein  höhe  tilgende,         ist  wol  nu  hie  diu  dritte: 
si  sint  bt  got  wol  mugende,         al  die  si  hänt.    ein  ieglich  mensche  bitte 
mit  vltze  got,  daz  im  diu  kiusch  beltbe 
vil  staet  unz  an  stn  ende,         daz  si  im  al  Unkiuschb  gar  vertribe. 

31. 
Got  dienen  willicllche         mit  tri  wen  unverdrozzen, 
daz  ist  ein  tugende  riche,         der  manic  heilic  s6Ie  hat  geoozzen, 
want  si  ist  got  mit  vltze  wol  behagende: 
Trakeit  an  gotes  werken,         daz  houbetlaster  wirt  si  gar  verjagende 

32. 
Diu  fUmfliu  haizet  Mäze         an  ezzen  und  an  trinken; 
hin  an  der  werden  sAze         kän  in  got  in  himelpalas  winken, 
den,  die  ze  reht  hie  sint  der  mäze  pflegende. 
Unmäze.,  die  geunerten,         sint  alle  mit  der  mäze  widerwegende. 

33. 
Grdultikeit  diu  sehste         an  disen  tugenden  heizet, 
ir  einiu  wol  di  beste,         wand  ir  widerstrit,  der  Zoren,  reizet 
vil  dicke  sunde  und  schände  und  schaden  grözen : 
den  kan  diu  edel  tugende         Gedultikeit  vertrtben  und  verstozen. 


C2,   werde  B2.  3.   wann  C2E2.  4.   habent  sunde  C2.  und  ouch  £*. 

hat]   has  C2.  ir]   im  B2E2.  helle  grunde   (grünt  D2)   alle,  plaster  E1. 

30  =  II  (BCDE).  h.  —  |  hie  wol  C2.  nun  E2t  im  B2,  und  ft 
fehlt  C2.  2.  —  |  alle  B2C2.  sei  B2D2.  habent  B2C2D2.  menstfc 
alle.  3.  vleiz  B2.  keusche  bleibe  EK  4.  hincz  C2,  biß  D2.  \  »■ 
chewsch   C2D2. 

31  =11   (BCDE).  I.    willichleichen  B2D2,    williglichen  E2.     |    — 

2.   im  aiu  tugent  E2.      |     manige  C2.  heilic  fehlt  B2E2.          sei  B2C2D2.       W 

B2.  gar  wol  eingeschoben  E2.  3.  wann   C2E2,    und  so  ferner.          ist  •» 

Bande  nachgetragen  B2.          wol  fehlt  E2.           4.   —     |     habent  laster  C2.      * 

B2.  vergagende  B2. 

32  =  II   (BCDE).  2.  —      I       kan  im  B2C2E2.  im  C2,    von  B*. 
hiemels  palast  D2.            3.   den  fehlt  E2.            raazz  B2.  4.   unmäze  fehlt  r, 
dafür  uii  E2.     |     se>t  C2,   seint  E2.          mit  fehlt  C2.          unmaß  E2. 

33  =  II  (BCDE).  \.  dew  f2,  die  B2.  \  —  2.  ainew  W* 
aine  E2.  peslew  B2.  |  wan  D2.  widerstreiter  E2.  der  fehlt  E*,  den 
C2.  zorn  D2}  zoren  B2C2E2.  3.  sund'  B2.  und  fehlt  E2.  scbtf* 
und  fehlt  C2.  schade  B2,  und  schaden  fehlt  D2.  4.  tugent  alle.  \  P* 
dultichleich  D2. 


il)  Der  Graltempel.  513 

34. 
Dia  sibende  w&riu  Minne,         aller  lugende  blume, 
ewic  lebens  gewinne         llt  an  ir  gar  in  dem  höhstem  rfime. 
swer  die  ze  rehte  got  und  stnem  nächsten 
wol  hat,  der  mac  verirlben         Haz  undb  N1t,  vor  got  vil  nach  die  smaebsten. 

35. 
Swer  dise  tugende  minnet        mit  triwen  unz  an  stn  ende, 
von  got  er  lön  gewinnet,         sam  ob  er  an  des  riehen  tempels  wende 
tum  unde  dach  erbowen  het  und  köre. 
da  von  so  minnet  tugende        und  slt  ouch  tempels  bowes  underhöre. 

36. 
SU  willic  dar  ze  gebene,         swä  man  kirchen  mache, 
daz  hört  ze  tugende  lebene:         vrön  gebot  ecclesien  nieman  swache; 
tu  daz  gut,  da  bi  daz  übel  l&ze. 
swer  iht  anders  wirbet,         der  mac  wol  strüchen  bl  der  rehlen  str&ze. 

37. 
An  swem  nu  gar  mitalle        disiu  läster  sint  gesigende 
mit  sunlltcbem  valle,         der  sl  darumb  in  zwivel  niht  verligende: 
er  stfl  in  riwe  büze  got  getrowen 
und  allen  zwivel  ldzen:         da  mit  er  hat  den  tempel  ouch  erbowen. 

38. 
Maria,   vreuden  zünde         über  al  der  sunnen  glitze, 
nu  erlös  uns  von  der  sunde,         diu  da  gibt  die  werenden  helle  hitze, 


34  =  II  [BCDE).  \.   wkve  C2D2E2.     |     tugent  Biß*.  plümen  C2. 
e^rigs  E2.      |      gar  an  E2.          höchsten  D2,   höchsten  C2E2.  3.   recht  B2. 

4.    —     |     und'  B2,   und   C2D2E2. 

35  =  II    (BCDE).  I.  disew  B2D2.  tugent  B2.       |       hincz  C2. 
|     riehen  fehlt  E2.          3.  türen  B2E2t    turne  C2,  tuern  D2.  und  alle. 

&  -     minnent  E2.  tugent   D2.      |     seint  E2,   und  so  ferner.  tempel   D2. 

*     B2,   bauwe  E2.  underhöre  B2   (das  ö  betoeist  keinen  Umlaut),   underhöre 

underhöre  D2. 

36  =  II   (BCDE).  \.  willicleich  C2.      |       machet  B2D2.  2.   Und  dz 
hört  ze  fehlt  B2E2y  dafür  den.          hört  zu  dem  D2.       |       ieman  B2C2E2. 

*-     da  bi  fehlt  D2. 

37  =  II    (BCDE).  \.   nun  E2,  und  so  ferner.     |     disen   (diseu?)    C2,   diß 
t.  in  E2.          funtleichem  B2. 

Puez  B2,   uii  busse  E2.  i.  — 

**en  B2E2. 


—  3.   im  C2.  rew  B\   ruw  E2. 

hat  er  E2.  ouch  fehlt  D2.  ge- 


38  =  II  (BCDEd).  \.   vrewden  B2,  frawden  C2,   fr&den  E2,  die  frouden 

|     all  B2y  allin  d2.  der  fehlt  d2.  z.  —       |       die  B2}  dew  C2. 


514  Friedrich  Zarncee,  [f 

und  unser  sei  dir  werd  ein  tempel  schöne, 

so  daz  dtn  kint  darum  he         ze  loben  st  mit  aller  engel  döne. 

39. 
Maria,   vreuden  wunne,         dln  lop  wart  nie  bcdönet. 
wirr  iegllch  slern  ein  sunne         und  iegltch  stein  üf  erden  sam  gescMm 
und  gaeb  der  glast  mit  glaste  widerstözeir, 
klärheit  Marien  schöne         kund  ez  niht  gen  einer  per  genoMiL 

40. 
Daz  al  diu  weit  geliche         nu  stund  in  vreuden  luste, 
sam  dirre  tempel  rlche,         und  baz  dann  diet  des  gräles  aller  kostr, 
IIb,   sei  und  eren  sunder  sorgen  lebende, 
noch  ist  diu  magt  Marie         manc  tüsenlvaltic  höher  vreudeo  gebende. 

41. 
Maria,  bis  mir  obende         vor  allem  übel,  Amen: 
baz  dann  ich  dich  sl  lobende;  ich  lob  dich,  sam  ein  blinder  wolde  nte 

eins  kleinen  vogels  über  tüsent  mtle 
mit  kranker  hab  gezerfe:         noch  kleiner  ntehe  ich  mich  dins  lobet ift 

42. 
Als  verr  nu  mlnem  sinne         dln  höhez  lop  sich  virret, 
als  verr  du,  kuniginne,         gebuzen  mäht  mir  armen  daz  mir  wirret 


wernde  C2d2.  hell  C2,   hellen  D2.  3.  uuse  d2.  sele  C2d2E*.        i 

fehlt  B2E2.  4.  din  fehlt  E2.         darumb  B2C2,   darume  d2.      |     — 

39  =  II   (BCDE).  \.   vrewden  B2,   frawden  C2,   fröden  £2,  find  so  fem 
|      nie]   in   D2.          2.   sleren  B2C2.      |     beschönet  CK  3.    gab  DK        &* 

B2E2.  4.   maria  EK     |     gegen  DK 

40  =  II   (BCDEd).  1.  alle  C2,   uberal   (alle  D2)  B2D2f  abir  dK        i« 
B2.      |     ny  d2,   fehlt  CK  stüo  B2.          peste  B2,   beste  E2.            3.  so  d*. 
diser  alle   (aber  a2  schrieb  dirre).           und  fehlt  d2.          vil  paz  BßD'hjft.        dfl 
B2.          diet]   du  es  d2.  au  aller  D2dK          chünste  C2D2d2,  eheste  B\  keste£ 

3.   ere  d2y   er  E2.  sorghe  d2.  lebene  d2.  4.   —     |      manich  alle. 

waldich  d2y   valt  E2y  fehlt  D2.  hoger  d2f  fehlt  D2.  freud  D\    und  krt* 

frouden  d2.  gebenne  d2. 

41  =  II   (BCDEd).  1.  biß  D2E2,  pis  C2,   wis  B2,   wes  dfl.         obnetf 
|     allen  obele  d2.          2.   wann  B2,  wen  d2.         lobne  C2.     |     sam]  rechte«' 

d2.            plinde  C2d2.            3.  chlain  B2.  milen  d2.  4.  kranker  fehlt  l 

krauckait  E2.          ge/a?rue  B2y  gezerphe  C2,   gescherphe  Z>2,   gezeme  E2,  fekli  t 

|     nsehen  B2t   neben  E2,  fehlt  DK  deines  B2.  noch  kleiner  uode  oo 
dynes  lobes  ich  nü  zele  d2. 

42  =  II   (BCDEd) .  1 .   also  D2.  verre  alle.  nun  E2,    in  ft,  « 
Z>2,  /eA/f  C2.          mein   (meinen  C2)   sinnen  B2C2E2f  meinem  (mynen  d?)  sinne  tH 

lop  fhlt  B2.         dich  d2.  verret  D2d2.  2.  so  d2.  verre  Ä 


]  Der  Ghaltempbl.  515 

gen  dinem  kint  mit  aller  himel  menige. 

na  vräg  ich  averitiure,         wie  Titurel  hie  leb,  der  vreuden  senige. 


:  [statt  du)   cliuniginne  D2,    den  chuniginnen  B2E2.  |     geb.  fehlt  D2.  mach 

,  machst  E2,   mocht  D2.          mit  D2.          mich  d2.          werret  D2d2.  3.  ge- 

\  B2D2,   keigen  d2.          dinen  d2.            4.   die  a.   E2.          auentew  B2.  |       hyr 
I     sendhe  d2. 


Anmerkungen. 

4,  K  solhem  weist  hin  auf  als  in  Vs.  4.  Der  Palast,  den  nach  der  Le- 
ide der  Apostel  Thomas  dem  König  Gundoforus  von  Indien  baute, .  war  kein 
isches  Bauwerk  (darum  2,  4) ,  sondern  nur  »hVgorisch  gemeint.  Er  stand 
Himmel  (to  iv  oopavolc  itaXanov)  uikI  sollte  dem  Könige  erst  nach  seinem 
le  werden.  Da  man  ihn  im  Himmel  aber  ganz  real  dachte,  so  kann  selbst 
i  seinen  Massverhaltnissen  und  seiner  Ausschmückung  die  Rede  sein, 
hatte  die  Seele  des  Gad,  des  Bruders  des  Königs,  als  sie  in  einer  Krank- 
L  auf  mehrere  Tage  dem  Körper  entführt  und  von  Engeln  im  Himmel 
umgeleitet  war,  den  Palast  gesehen.  In  der  Legenda  aurea  des  Jacobus 
roragine  (bei  Grässe  S.  35)  schildert  Gad  ihn:  mihi  ostenderunt  palatium 
auro  et  argento  et  lapidibus  pretiosis  mirabiliter  fabricatum,  et  cum  eins 
chritudinem  admirarer,  dixeiimt  mihi:  hoc  est  palatium,  quod  Thomas  fra- 
tuo  exst7*uxerat.  So  kann  denn  in  dem  Briefe  des  Priesters  Johannes  ge- 
t  werden ,  dass  sein  Palast  ganz  nach  den  Maszen  des  von  Thomas  ge- 
lten errichtet  worden  sei :  Palatium  7  quod  inhabitat  sublimitas  nostra ,  ad 
tar  et  similitudinem  palacii,  quod  apostolus  Thomas  ordinavit  Gundoforo  regi 
lorum,  in  officinis  et  reliqua  structura  per  omnia  simile  est  Uli,  vgl.  meine 
sgabe  §56  (Leipziger  Renunciationsprogramm  4873/74  S.  44).  An  unserer 
lle  ist  mehr  die  allegorische  Bedeutung  jener  Legende  ins  Auge  gefasst.  Ueber 

Legende  (ursprünglich  griechisch,  Acta  Thomae)  vgl.  Thilo's  Ausgabe  (4823) 
d  Tischendorf,  Acta  apost.  apocr.  S.  LXIV  fg.  und  S.  204  fg.  Ueber  die 
.  Bearbeitungen  sind  wir  noch  nicht  ausreichend  unterrichtet.  Meist  geht 
*  Bekanntschaft  des  Mittelalters  mit  der  Legende  wohl  zurück  auf  die  dem 
»dias  zugeschriebenen  Acta  apostolorum,  sive  Historia  certaminis  apostolici, 
I.  die  Ausgabe  von  J.  A.  Fabricius,  Codex  apocr yphus  Novi  Testamen ti  I, 
687  fg.,  besonders  S.  696  fg.  Der  König  wird  auf  die  Mittheilung  seines 
uders  hin  zum  Ghrislenthum  bekehrt:  darauf  bezieht  sich  Str.  3. 

1,  2  meid,  magt,  maget.  Diese  drei  Formen  kommen  in  a2  vor;  47,  % 
rd  das  Wort  zweisilbig  verlangt.  In  der  flectirten  Form  wechseln  in  den 
rigen  Handschriften  meide,  megde,  magde. 

4,  3  und  ist  in  der  Ueberlieferung  allerdings  sicher  gestellt,  würde  aber 
sser  fehlen  und  ich  habe  es  daher  eingeklammert. 

2,  *  di  verwendet  a2  für  das  Fem.  im  Sing.  (Nom.  2,  2.  42,  4.  2; 
*.  4,  3.  5,  4.  5,  3.  8,  4.  43,  4)  und  Plur.  (Nom.  43,  3;  Acc.  45,  4);  fürs 
tsc.  im  Plur.    (Nom.  5,  4.  4.  40,  3.  4;  Acc.  9,  4);  vom  Neutrum  findet  sich 


516  Friedrich  Zarnckb,  [IM] 

kein  Beispiel.    Daneben  findet  sich  diu  und  die  für  den  Nom.  des  Fem.  imSä| 
und  die  für  die  übrigen  angeführten  Casus.    Ich  bin  natürlich  der  Schräbaag 
a2  gefolgt;    wo  a2  aufhörte,    habe  ich  für  dew  in  B2  diu  gesetzt,   sonst 
dort  dt  und  die  beibehalten,   wie  die  Hs.  es  bot. 

3,  3  kristenltre  und  wise,  nicht  etwa  kristen  Ure  und  wise;  es  steh* 
neben  einander  die  kristenltre  und  die  wise  von  Heidentum  in  vröne  parodüt, 
also  wise  =  Weisung,  wie  da  mite  er  in  ze  wise  tete  womit  er  sie  anwie^ 
Mar.  237  (Mhd.  Wörlerb.  3b,  754b,  38;  das  CiUt,  das  Wernhers  Maria  mo^ 
trifft  nicht  zu).  Ebenso  gewinne  =  gewinnunge;  zünde  =  An  Zündung 
viele  ähnliche  im  Titurel,  vgl.  zu  Gralt.  57,   4. 

3,  4  mit  bedeutet  »vermittelst«;  nicht  »zugleich  mit«;  s.  zu  1,1. 

4,  3  von  wäre,  auch  abgesehen  von  der  guten  Bezeugung,  dem  vor  hi 
vorzuziehen,  denn  das  Antlitz  Gottes  ist  eben  die  Quelle  der  Freuden.  VJ, 
Psalm  67  (66),  2  und  80  (79),  4:  ostende  fadem  tuam  et  salvi  erimus.  kwh 
fuhrlich  handelt  darüber  eine  Stelle  in  den  von  Griesbaber  herausgegebM 
Predigten  (2,  41  unten) :  wan  alliu  diu  frbwde  diu  in  dem  himelriche  tri, 
w&re  ain  niht,  enwöre  daz  antlüte  unsers  herren.  und  swenne  du  daz  vmM, 
so  hästu  alle  wunne.  sich  daz  antlüte  unsers  hen%en ,  daz  ist  so  frawdmrti 
und  ist  so  gröziu  frowde  daran  und  so  gröze  wunne,  daz  daz  mugelichm  wfa, 
daz  ez  die  ferlorn  in  der  helle  mühten  gesehen,  daz  si  dentie  aller  ir 
fergtzen  u.  s.  w. 

4,  4  si  stets  in  a2;  ob  es  si  anzusetzen  ist,  lässt  sich  nicht  entscheid* 
Allerdings  hat  B2  und  auch  andere  Hss.  wiederholt  sei;  die  Stellen  aas' 
sind  in  den  Lesarten  angegeben. 

5,  1.  Das  und  ist  freilich  gut  bezeugt,  überladet  aber  den  Vers.  Etf- 
behrt  kann  es  werden,  denn  die  Engel  werden,  wenn  auch  nicht  gerade  tfc> 
so  doch  auch  nicht  selten  heilig  genannt.  Vgl.  Walther  24,  24  als  ir  der  ketf  j 
enget  pflcege;  Wackern.  Altd.  Predigten  S.  30,  50  unde  was  der  heilig  eajrf , 
von  himel  chomen,  u.  s.  w.  Der  Zusammenhang  bietet  keine  £ntscheidn% 
denn  nach  den  mittelalterlichen  Darstellungen  wird  Maria  im  Himmel  bald  ffi 
den  Engeln  allein ,  bald  von  Engeln  und  Heiligen  begrüsst.  Bei  Conrad  na 
Heimesfurt,  überhaupt  bei  den  Darstellungen  der  Himmelfahrt  der  Maria,  & 
dem  Transitus  Mariae  folgen,  werden  wie  in  letzterem  nur  die  Engel  ge- 
nannt; ebenso  in  den  von  W.  Grimm  herausgegebenen  Marienliedem,  in  der 
Zeitschr.  f.  D.  A.  10,  51,  6  fg.  Dagegen  im  Passional  (Hahn  129*,  38)  em- 
pfangen sie  die  Heiligen  und  die  Engel :  dö  hüb  sich  in  der  luft  ein  saue  « 
lustelicheme  döne,  wände  obe  der  vrowen  schöne  die  heiligen  unde  die  aifrf- 
boten  sich  ordenten  an  manigen  roten  u.  s.  w.  Ebenso  in  der  Himmelfahrt 
in  der  Zeitschr.  f.   D.  A.  5,  553,  1442  fg.     Auch  in  der  lateinischen  Kiitta» 


poesie  kommt  Beides  vor.  So  werden  allein  die  Engel  genannt  bei 
Hymnen  II,  591,  33:  te  laudant  angeli  super  aethera;  619,  2:  domma,  aß 
pangunt  carmina  angelorum  agmina  summo  coram  bono ,  und  am  Schlosse: 
ut  canticis  hibilemus  melicis  tibi  cum  hymnidicis  chojis  angelorum.  Aber  ne- 
ben ihnen  die  Heiligen  bei  Mone  11,  618,  91  :  Ambiunt  hierarchici  ordines  »• 
gelici  novem  te  mirantes ,  martyres  hymnidici ,  confessores  c&lici,  virgines  l&- 
dantes ;  II,  579,  5  fg. :  te  canat  primum  chorus  angeloi*um  .  .  . ,  concinont  w- 


']  Der  Graltrmprl.  517 

proceresque  bis  sex  .  .  . ,    martyrum  ccetus  nece  purpuratus  te  melodiis  cor- 
ordinatis  .  .  . ,   personent  hymrium  tibi  confitentum  ordines ;    vgl.  noch  das 

•  Lied  bei  Mone  II,  S.  425,  11  :  per  ti  fan  sempre  canto  li  angeli  tuquanti, 

5e  le  sancte  e  sancti. 

5.   2  blüment.     Vgl.  Konrads   G.  Schm.  63:    swer  diner  wirde  schapelhi 
Uiiemen  unde  vlehten,  daz  er  mit  r&selehlen  spriichen  ez  floriere. 

5,  4.  Dass  hier  die  Mariengrüsse  gemeint  sind,  ist  bereits  oben  S.  498  fg. 
■gesprochen,  sowie,  dass  auch  in  diesem  Verse  ein  Anklang  an  die  G.  Schm. 
Ehalten  zu  sein  scheint. 

6,  2  hankrät.  Gleich  hier  beginnt  die  Benutzung  der  Mariengrüsse.  Vgl. 
I.  37  :  ich  bin  ein  sündic  Almän  und  krce  din  lop  alsam  ein  han ,  dei%  sich 
t  tages  wil  enstän. 

7,  3.  Vgl.  G.  Schm.  107:  da  von  du,  vrowe,  enpfähen  solt  den  guoten 
Uen  vür  diu  werc. 

7,  4  disen  tempel ,  den  des  Grals.  Dann  hat  es  jeder  Christ  in  seiner 
cht,  der  heiligen  Jungfrau  in  seinem  Herzen  einen  noch  schöneren  Tempel 
huerbauen,  als  der  Graltempel  war.  Vgl.  hierüber  Weiteres  in  der  Aus- 
gang und  den  Anmerkungen  dazu. 

8,  t  tempele.  Das  e  des  Gen.  Plur.  muss,  obwohl  ein  stummes,  durch 
9  Sprachgefühl  gehalten  worden  sein,  und  es  zeugt  für  die  Sorgfalt  des 
hreibers  von  a2,  dass  er  es  auch  in  der  Schreibung  zum  Ausdruck  ge- 
lebt bat.  diser  ist  hier  und  24,  4  =  solih,  welches  Wort  E2  an  letzterer 
die  auch  eingeführt  hat. 

8,  2  zile  kann  auch  eine  gebogene  Linie  sein.  Vgl.  Mariengr.  137:  umb 
i  kröne  gH  ein  ringet,  da  die  zwelf  (steine)  an  einer  zile  ligent. 

8,  4  6r  habe  ich  nicht  ohne  Bedenken  angesetzt,  denn  einmal  ist  die 
rm  Sr  statt  l  mhd.  nur  selten,  und  dann  dient,  um  in  der  Erzählung 
rückzuweisen,  iqpst  da  vor.  Vgl.  G.  Schm.  1796.  Marienlieder,  Zeitschr. 
D.  A.  40,  119,  16.  Titurel  Hahn  554  (Ausl.  Str.  54).  Aber  unwahr- 
leinlich  kann  man  diesen  Gebrauch  von  6r  nicht  nennen,  und  er  giebt  einen 
chst  gezwungenen  Ausdruck. 

40,  2  himelscher.  Diese  Verkürzung  ist  mhd.  sehr  häufig.  Vgl.  z.  B. 
Lobgesang,  Zeitschr.  f.  D.  A.  4,  528,  6  himelsche  megde;  Barlaam  (Pfeiffer 
,  35)  vreude  und  himelsche  6re. 

10,  2.  Sollte  sinne  der  Dativ  sein  können?  Freilich  ist  eine  solche  un- 
rsönliche  Construclion  von  stän  mir  nicht  bekannt. 

44,  1.    Vgl.  Mar.  Gr.  113. 

42,  4  =  Mar.  Gr.  69  (wis  gegrüezet,  JessS  künne)  und  73  (wis  gegr. 
trönes  gerte).  —  Vgl.  Jesaias  44  ,  1.  10.  Römer  15,  12.  Hieraus  ist  ge- 
iilossen,  was  die  Evangelien  nicht  erzählen,  dass  Maria's  Mutter  aus  dem 
(schlechte  des  David  (Jesse)  sei.  Die  späteren  Apocryphen  setzen  dies  vor- 
s.  —  Aaron's  Gerte  bezieht  sich  auf  Moses  4,   17,  8. 

42,  2  =  Mar.  Gr.  77  (wis  gegr.,  stüde  dornic  Moyseses;  steht  die  letz- 
re  Form  wirklich  in  derHs.?)  und  81  (wis  gegr.,  vel  des  schäfes,  Gedtönes 
iw  des  saffes).  —  Vgl.  Exodus  3,  2.  —  Richter  6,  37  fg. 

42,  3  =  Mar.  Gr.   101    (wis  gegr.,  liljen  garte),    83   (trör,  der  uns  von 

Abhandl.  d.  K.  S.  Oeseünch.  d.  WisHenseh.  XVII.  35 


518 


Friedrich  Zarnckb, 


[« 


himel  getrörte) ;  vgl.  dazu  4  47  (wis  gegr.,  balsamtropfe);  97  (wis  gegr., 
anger).     Wegen   dieser   Benennungen   vgl.    die  Einleitung   zu    Wilh. 
Ausgabe  der  G.  Schmiede,  ebenso  in  Beireff  der  folgenden,  so  weil 
dort  bebandelt  sind. 

42,  4  =  Mar.  Gr.  98  (dö  du  Kristes  wurde  swanger). 
13,   4  =  Mar.  Gr.  125    (wis  gegr.,  himelvane) ,    4  47    (liehter 

424     (wis  gegr.   kläriu  sunne  .  .  . ,    sunnenschln  ist  dtn  gewcete),   ?gL 
Waltber  7,  24  :   du  sunnevarwiu  kläre. 

43,  2  =  Mar.  Gr.  126    (dine  füeze  hat  der  mäne  uf  im).    Zu 
liegt  Apocal.   42,   4  :    Mulier  amicta  sole  et  luna  sub  pedibus  eutf,  et  in 
eius  Corona  stellarum  duodecim. 

43,  %  heidet,  ein  ad  hoc  gebildetes  Wort  (s.  auch  44,  2).  Vgl.  Ihr. 
204 :  die  enget  und  die  meide  die  sint  bi  dir  tif  der  heide.  Damit  klagt 
sammen  : 

43,  3  fg.  Vgl.  Mar.  Gr.  403:  manic  tüsent  meide  schöne,  dm  jtf 
lieht  din  kröne;  und  Mar.  Gr.  479:  meide  in  vinster  (Maria  heisst  tHer 
cerna  virginum)  mit  ir  palmen ,  die  got  singent  lop  und  salinen.  Biete 
hört  auch  Mar.  Gr.  498,  wo  Maria  veldes  bluome  genannt  wird,  and 
gesang,  Zeitschr.  4,  546,  89,  4,  wo  sie  ach  blüendiu  berndiu 
Vgl.  G.  Schm.  234  fg. :  dich  wil  der  meide  zunge  prisen  unde 
hant  diu  sol  in  blüemen  ir  schapel  und  ir  krenze.  du  gtst  in  vor 
dort  in  dem  paradise.  Zu  Grunde  liegt  wohl  Apocal.  4  4,  4:  Virgam 
quuntur  agnum  quocumque  ierit ,  aber  wahrscheinlich  wird  dem  Dickter 
Mariengrttsse  noch  eine  bestimmter  gefasste  Quelle  vorgelegen  haben. 

44,  \  =  Mar.  Gr.  433    (wis  gegr.,   margariten  voller  acker,  dfai 
witen  hillet)   und  437   (wis  gegr.,  muscät  stingel). 

4  4,  2  fg.     Zu  Grunde  liegt  Mar.  Gr.   438:  umb  din  kröne  git  em 
da   die   zwelf  an  einer  zile   steine  ligent  äne  vtle  (vgl.  40&cal.  42,  4)- 
für  die  Kreise  der  Ritter  dichtende  Verf.   unseres  Gedichtes  übersetzt  dies 
Förtificatorische ,    indem   er  daz  ringet  mit  den  zwölf  Steinen  als  die  vm 
Burg   laufende    Vorbefestigung    mit  Aussenwerken ,    barbigän  und  zingd, 
trachtet. 

44,  3   Jerusalem   ist  in  allen  Hss.  ausgeschrieben,    obwohl  es  sich 
wohl  in  den  Vers  fügt.     Sehr  wahrscheinlich    hat  es  Oskar  Schade  in 
Dissertation   über  daz  buochlin  von  der  tohter  Syon,    Berlin  4849,  S.  471 
gemacht,    dass  die  volksmassige  Aussprache  Jersalim  gewesen  ist,  «tf 
fast  Überall   dem  Verse  bequem  einfügt,    und    wozu   sich   das  nordische 
salir,  Jorsalaborg  gut  stellt.     In  C2  steht  Jerusale,   und    auch  dies  atf 
sprochen   worden   sein,    wie   die   nordische   Form   wohl    glaublich 
lässt.     Auch   in   altdeutschen    Handschriften   findet  sich   die   verkürzte 
vgl.  Hiersalem  Diemer  D.  Ged.   4  44,  45.  —   Ueber  das  himmlische 
und  die  zwölf  Edelsteine  vgl.  Apocal.  24,   49  und  20,  und  Ausleg.  Str.  k-j 

45,  4.    Mehrere   Kronen   der   Maria   werden   auch    sonst  erwähnt, 
denen    die    mit    den    zwölf  Sternen    (vgl.  Apocal.   42,  4  oben  zu  13, 1} 
herrlichste  hervorglänzt.  Vgl.  z.  B.  die  Marienlieder,  Zeitschr.  f.  D.A.  4,441' 
dine  Schönheit  liget  ouch  ane  der  crönen  .  .  . ,  he  hat  in  siner  kuneneUfa 


Der  Gb aitempel.  519 

m   crön   up  dln  houvet  gesät  .  .  . ,    duse  guldetie  &rsame  cröne  schinet 
wlif  sterren  schöne,  u.  s.  w.     121,  31  :  Noch  dan  dregestu  drier  hande 
l.  s.  w.     Vgl.    das.    421 ,  33;    125,   15   und    126,  5,    wo   diese   drei 
noch  weiter  geschildert  werden. 

7  t  =  Mar.  Gr.   130    (üf  dln  houbet  zwelif  Sterne  sint  gemachet  zeiner 
—   mit  tug.  unberoubet   erinnert  an  G.  Schm.   1503:    aller  tugent  be- 

}  4:   Benedicta  tu  in  mulieribus  Luc.  1,  28. 

,  I  =  Mar.  Gr.  141  (wis  gegr.,  brunne  lüter) ,  149  [wis  gegr.,  morgen- 
iuch  im  Reim  auf  üz  der  ncete),  vgl.  Cant.  cantic.  6,  9:  quae  est  ista, 
rogreditur  quasi  aurora  consurgens.  Die  Mar.  Gr.  beweisen  auch,  dass 
jrem  Gedicht  nicht  etwa  eine  stumpf  ausgehende  Cäsur  (röt  :  not)  vor- 
—  honicseim  kommt  in  den  Mariengrüssen  nicht  vor,  sondern  nur  445 
vlade,  aber  jenes  Wort  findet  sich  von  der  Maria  nicht  nur  in  der 
m.  209,  sondern  überhaupt  öfter. 

>,   4.   t    zukker  stucke  :  inirren  rukke   kommen   ebenso  durch  den  Reim 
len  in  den  Mariengrüssen  vor,   161  fg.:  wis  gegrüezet,  zucker  stücke,  zim- 
nde,  mirren  rucke. 
\}  2  =  Mar.  Gr.  189   (wis  gegr.  w Ines  trübe)   und  197   (wis  gegr.,  spica 

• 

f,  1 .  Dieser  Stoszseufzer  verräth  uns,  dass  der  Dichter  mit  seiner  Quelle 
le  ist.  Er  muss  sich  nun  nach  andern  umsehen,  hat  sich  aber  sehr 
avon  abgeholfen ,  denn  kaum  liegt  im  Folgenden  noch  eine  Benutzung 
besonder n  Quelle  vor. 

t,  4.  Geht  auf  Psalm  44  (43),  10:  astitit  regina  a  dextris  tuis  in  ve- 
murato .  circumdata  varietate.  Vgl.  G.  S«hm.  4567,  die  jedoch  nicht 
eile  gedient  hat.  Dasselbe  gilt  von  den  Marienliedern,  Zeitschr.  4  0, 
.  44  fg.  —  künigtn  könnte  auch  der  Accusaliv  des  Prädicates  sein. 
5,  3.  An  sich  wäre  kunste  so  gut  wie  koste,  aber  die  Ueberlieferung 
*t  das  erstere  aus. 

i,  4  zeichenunge,  bildliche  Vorbedeutung,  vorbildliche  Anspielung,  steht 
isnahme  von  E2  in  allen  Hss. ,  ist  sonst  aber  seltener,  indem  meist 
enunge  für  jenen  Begriff  verwandt  wird. 

>,  1  kintf  nicht  kraft,  wie,  abgesehen  von  der  zwingenden  Entscheidung 
berlieferung,  die  Worte  menschliche  und  erliden  beweisen.  Die  Passion 
\  mit  in  die  Lebensgeschichte  der  Maria. 

I,  4.  Inful  und  Krummstab  sind  die  Attribute  der  Bischöfe,  also  die 
Prälaten  sollen  Bischöfe  sein. 

!,  4.  Wie  die  Engelchöre  im  Himmel  über  einander  gedacht  werden, 
en  auch  hier  im  Tempel  zehn  Chöre  zum  Singen  und  Musiciren  über 
er  angebracht  werden. 

!,  4  organo,  in  allen  Hss.  überliefert,  war  nicht  zu  entfernen,  obwohl 
s  Wort  in  dieser  Form  nicht  weiter  nachweisen  kann,  und  die  Zu- 
nziehung  in  ein  Wort,  wie  D2  liest,  sich  keineswegs  empfiehlt.  Viel- 
stand ursprünglich  organä,  wie  das  Wort,  selbst  im  Reim  auf  da,  noch 

orkommt.     Vgl.  Lexer,  Mhd.  Handwörterbuch  II,   4 65*. 

3r>* 


520 


Friedrich  Zarncee, 


[I 


23,  4.    Vielleicht  noch  Reminiscenz  an  die  Mariengrtlsse,    Vs.  274: 

werde  Hofgesinde  von  Siön. 

24,  2   urliugen  in   der  Bedeutung   » bekämpfen  a  ist  mir  sonst  nickt 
kannt. 

24,   4.   Nach  Anleitung  von  8,  2  habe  ich  gegen  die  Hss.  tempele 

26,   i.    Ueber  die  Anschauung   vom   Firmament  und   den   Planeta, 
dieser  Strophe  zu  Grunde  liegt,    orientirt   uns   sehr  anschaulich  die 
Naturlehre    (ed.  Wackernagel  1851)    S.  2  fg.      Oberhalb   der  Kreise  der 
Elemente,  in  deren  Mittelpuncte  die  Erde  steht,  beginnen  die  Kreise  der« 
Planeten,  einer  über  dem  andern,   oberhalb  ihrer  das  Firmament.    Dia 
mament,    in  dem  die  Fixsterne  sich  befinden,    bewegt   sich    von 
Occident   und    würde   in   rasende  Geschwindigkeit   ausarten,    wenn  niefcti 
sümmtlichen  Planeten  die  entgegengesetzte  Bewegung  vom  Occident  nach 
Orient  einhielten ,    wodurch   sie   den  Lauf  hemmen.     Zwar   werden  Mohj 
mit  hineingerissen   in  den  Wirbel   von  Osten   nach  Westen,   aber  Um 
reicht  doch  aus ,  die  Hast  der  Bewegung  zu  mildern  und  so  ihre 
Wirkung  zu  verhindern.      Von   disen   steten  Sternen  enwil  ich  nihtesnAt 
ie  gnöte  nuwan  daz  dise  Sternen  unde  ir  firmamentum  also  balde  umbe 
daz  siu  soltent  mit  in  umbe  ciehin  die  vier  dementen,    also  gihes,  dai 
niht  ensolte  noch  enmohte  begruonen  oder  bekumen.     da   von  so  het  si  j4l 
schaffen,  dise  sifon  Sternen,  daz  die  fuoren  sulent  die  weit  unde  dm 
Sternen  widerstän  sulent.     Daz  firmamentum  gät  umbe   von  orient  vi 
zuo  dem  occident,    aber   da   wider  herdan   gänt  die  plannten  von  ocddal 
orient       Aehnlich   sagt  Thomasin    im    Wälschen    Gast  2225:    der  siben 
widerganc  machet,  daz  diu  .erde  kranc  ivider  die  Sterke  des  himels  wert, 
er  si  niht  hat  umbekM.    So  vergleichen  sich  die  Planeten  der  die  xei 
Leidenschaften  der  Menschen  zügolnden  Thmigkeit  der  Richter.  —  üeber 
sen  dem  Firmament  des  Fixsternhimmels  entgegengesetzten  Lauf  der 
handelt  Marcianus  Gapella  VIII,   850  fg.    (bei  Eissenhardl,    S.  345  fg.), 
ausführlicher    Honorius    Augustodunensis    de    philosophia    mundi    (in 
Patrologia  Tom.  CLXXII,  S.  65  fg.) :   Generalis  sententia  omnium  phüt 
est,  firmamentum  ab  ortu  ad  occasum  volvi,  solem  vero  et  alios  planetat 
trario    motu    ab    occasu   ad   ortum    moveri ....     Subnectunt  etiam 
quare  necesse  fuit  sie  esse:   cum  firmamentum  ab  ortu  in  occasum  volvühf, 
planetae  similiter  moverentur ,    esset  tantus  impetus,    quod  in  terra  nM 
vel  vivere  posset.     Ut  ergo  radii  motui  obviarent  et  impetum  illius  tem\ 
in  contrarietatem  motus  illius  retorta  sunt.     Sed,   quamvis  contra 
deferantur,  firmamentum  tarnen  defert  eas  secum  ad  occasum  et  inde  ad  orft*« 
Ergo  quod  paulatim  vadunt  ad  orientem,  naturalis  cursus  est :  quod  ad 
et  ortum,  ex  alterius  impetu.     Vgl.  Titurel  bei  Hahn  2754  fg. 

26,  2.  Vgl.  das  Gedicht  des  Marners  MS.  2,  473*  (v.  d.  Hagen  % 
47).  Er  zählt  auf,  wie  Manches  noch  dem  Wissen  und  der  Erkennini* 
entziehe:  waz  vier  demente  geschefte  st  die  naht  und  ouch  den  tag,  W&t 
zet,  fliuget,  swimmet,  kriuehet,  stet,  gH  oder  krist,  Wie  sich  die  Sterne  »* 
rüerent,    Wie  der  himel  geechset  ist,    Siben  plannten   kraft,   der  heii 


*1  Der  Graltempel.  521 

Ziere   mez,    wä  si  donre  und  tvint  hin  füeren ,    wä  der  abgrunt  hat  slnen 
9  u.  s.  w. 

87,  1    koufen,  wie  man  sagt  daz  paradis  koufen ,  e*re ,  minne  (ohne  un- 
lere Nebenbedeutung),  sa?lden  koufen,  erwerben,  gewinnen,  erlangen. 

87,  3.  Liegt  in  dieser  Zahl  für  unsern  Dichter  noch  eine  Rückbeziehung 
rdie  Siebenzahl  der  Planeten? 

87,  4.  In  Betreff  der  Hauptlaster  war  man  bis  zum  12.  Jahrh.  noch  nicht 
einer  festen  Systematik  gelangt.  Man  schwankte  zwischen  9,  8,  7.  Vgl. 
herer  in  den  Denkmälern  (2.  Aufl.)  S.  605  fg.  Erst  Petrus  Lombardus 
4464)  in  seinem  Textus  sententiarum  setzte  die  Siebenzahl  durch.  In 
i.  II,  dist.  42 :  Praeterea  sciendum  est,  Septem  esse  vitia  capitalia  vel  prin- 
mlia,  ut  Gregor ius  super  Exodo  ait.  scilicet  (\)  inanem  gloriam,  (2)  iram, 
\%invidiam,  (4)  aeidiam  (ax^Seta)  vel  tristitiam .  (5)  avariciam, 
castrimargiam,  (7)  luxuriam ,  quae ,  ut  ait  Johannes  Chrisostomus , 
mpcäta  sunt  in  septem  populis ,  qui  terram  promissionis  Israeli  promissam 
itbant  (vgl.  Berthold  Pred.  187,  14,  wo  für  zwelf  zu  lesen  ist  siben).  De 
i  quasi  septem  fontibus  eunetae  animarum  mortiferae  corruptelae  emanant. 
dieuntur  haec  capitalia,  quin  ex  eis  oriuntur  omnia  mala.  Nulluni  enim 
jjbm  est,  quod  etiam  non  ab  aliquo  hoi*um  originem  trahat.  Die  Reihenfolge 
fcers  Dichters  ist  nicht  dieselbe.  Er  zahlt  auf  höhfart  (1),  gitekeit  (5),  un- 
nche  (6),  träkeit  an  gotes  werken  (4),  unmdze  (7),  zorn  (2),  hazundenit  (3). 
ieder  anders  ist  die  Reihenfolge  bei  Berthold  a.  a.  0.:  haz  unde  nit  (3), 
iht  (8),  an  gotes  dienste  trwge  (4),  frezzer  und  Übertrinker  (7),  höhvart  (1), 
Husche  (6),  gitekeit  (5).  In  unserem  Gedichte  wird  jedem  Laster  eine  Tu- 
od  gegenübergestellt,  ja  es  geht  eigentlich  von  den  letzteren  aus.  Eine 
lebe  Gegenüberstellung  fand  sich  bereits  in  einer  Reihe  grosser  Bilder  in 
[d  Hortus  deliciarum  der  Herrad  von  Landsberg,  vgl.  Engelhardt  S.  43, 
pr  leider  die  Zahl  und  die  Namen  der  Tugenden  und  Laster  nicht  angiebt. 
[  dem  St.  Trudberter  Hohenliede  (ed.  J.  Haupt)  S.  3  werden  sich  gegen- 
totgestellt:  Superbia  (1)  gegen  timor;  invidia  (3)  gegen  pietas;  ira  (2)  gegen 
intia;  tristitia  (4)  gegen  fortitudo;  avaricia  (5)  gegen  consilium ;  gula  (6) 
$eo  mtellectus ;  luxuria  (7)  gegen  sapüntia.  Vgl.  noch  R.  von  Liliencron, 
fter  den  Inhalt  der  allgemeinen  Bildung  zur  Zeit  der  Scholastik,  S.  47,  21. 

40,  3  Hb,  seil  und  6ren,  kaum  anders  zu  erklären,  als  dass  alle  drei 
forte  Genetive  sind,   von  denen  jedoch  nur  der  letzte  flectirt  ist. 

44,  1  amen;  ebenso  schliessen  die  Mariengrüsse  280,  und  zwar  eben- 
Hs  im  Reim  auf  rämen.  In  Pfeiffer's  Ausgabe  steht  ein  doppeltes  amen,  und 
r  die  Ausgabe,  die  dreimal  50  Strophen  enthielt,  mag  dies  auch  gerecht- 
tigl  sein.  Vgl.  das.  520  und  790.  Aber  die  Einzelausgabe  der  ersten  50, 
-  unser  Dichter  vor  sich  hatte,  beschränkte  sich  auf  ein  amen.  Das  Ge- 
eilt schloss :  hilf  mir,  vrowe,  zu  dir.  amen.  Vgl.  Hoffmann,  altd.  Hss.  in 
en  S.  85. 

44,  4  gtzerfe  ist  ein  im  Titurel  oft  verwandtes  Wort,  im  Reim  zu  scherfe, 
terpfe,  vgl.  Lexer,  Handwörterb.  1,  1001.  Es  wird  von  der  Waffenaus- 
itung  gebraucht   (vgl.  Tit.  H.  2135,  2)    besonders   in  Verbindung  mit  dem 


522  Friedrich  Zarncke, 

Bogen,  wie  hier;  vgl.  Til.  H.  2490,  2  und  die  von  Lexer  aus  Cod.  pal.  33 
angeführte  Stelle. 

44,  4  u.  42,  \  erinnern  wieder  sehr  an  die  Goldene  Schmiede  Vs.  \ 
sus  kan  diu  wirde  enpflcehen  so  verre  sich  den  sinnen  min,  daz  ich  de* 
iren  dln  nimmer  mac  genähen. 

42,  4  senige  in  den  Mystikern  und  im  Lohengrin  (vgl.  Lexer),  best 
hüufig  aber  im  Titurel  vorkommend. 


III.  Die  Auslegung. 

Diese  symbolische  Deutung  einzelner  Partien  des  Graltempels 
cht  einen  Theil  (Str.  492  und  493.  504  —  559  Hahn)  der  Rede 
;  Titurel  an  seine  Gralsgenossen  aus  (Str.  476  —  572  H.).  Nach 
•zer  Hindeutung,  dass  der  Tempel  ein  Abbild  des  himmlischen 
usalems  darstellen  solle  (Str.  a  und  b),  wird  der  Mensch  selbst  mit 
em  Tempel,  der  Behausung  Gottes,  verglichen  (Str.  1  —  3);  die 
m  Balsamlichter  in  jedem  Chor  des  Tempels  stellen  die  zehn  Gebote 
*,  die  aufgezählt  werden  (Str.  4  —  9);  die  zwei  Thüren  zu  den 
Ören  bedeuten  die  beiden  Wege  zur  Seligkeit,  den  der  Unschuld 
d  den  der  Reue  und  Busse  (Str.  10 — 17);  die  Sakristei,  in  der 
r  Gral  aufbewahrt  wird,  vergleicht  sich  der  Seele,  in  der  Gott 
Ahnung  nimmt  (Str.  18  —  27):  die  drei  Portale  sind  die  drei  theo- 
jischen  Haupttugenden,  Glaube,  Liebe  und  Hoffnung  (Str.  28) ;  die 
steine  an  denselben  werden  symbolisch  ausgedeutet,  der  Adamas 
Bild  der  State,  dabei  der  Gegensatz  von  Synagoge  und  Ecclesia 
irtert  (Str.  29  —  33);  die  Edelsteine  auf  dem  Priestergewande  des 
ron  und  ihre  Deutung  (Str.  34  —  46);  die  Sternendecke  der  Ge- 
Slbe  deutet  auf  den  Himmel  (Str.  47) ;  Reliefs  an  der  Aussenseite 
s  Tempels,  das  äusserliche  Leben  der  Templeisen,  ihre  Tugenden 
Zucht  und  Ehre  darstellend  (Str.  48  —  59). 

Als  Anhang  habe  ich  noch  die  Strophen  vom  Ende  des  Ge- 
ihtes  hinzugefügt,  worin  erzählt  wird,  wie  Gott  auf  das  Gebet  der 
alsritter  den  Graltempel  nach  Indien  versetzt. 


524  Friedrich  Zarncke,  J 


a. 
Des  gr&Ies  zeichenunge         kan  nieman  gar  vol  diulen, 
weder  munt  noch  zunge :         den  tempet  hän  ich  werden  Christen  li 
zu  rechter  lere  merke  wol  erbowen,     « 
ob  si  zu  got  mit  tri  wen         an  des  tempels  zeichenunge  wellen  t  sclw 

b. 
Der  Jerusalem  exempel         in  vrone  paradlse 

ist  hie  zem  gr&l  der  tempel,         und  doch  gel  Ich  der  zierd  in  solcher « 
nlsnm  ein  halmes  zünde  über  al  die  weite 
mit  lichte  mac  erliuhten         für  al  der  sunnen  glast  mit  widergelle. 


1. 
Dem  tempel  gar  geltche         sol  sich  der  mensche  reinen, 
er  bedarf  wol  zierde  riebe,         slt  daz  sich  got  darinne  wil  gemeioei 
des  menschen  sele  zu  werdem  husgenöze. 
rfiein,  edel  menschen  herze,         nu  1er  den  llp  di  edel  lugende  grtit 

2.     • 
SA  machtu  spilnde  walten         vil  vröuden  sunder  sorgen, 
wan  du  vil  dick  erkalten         von  schricken  musl  den  Abent  und  denmort 


a  =  //.     I   [ABD).    II  (BCDE)   =  Hahn  492.  i.  —     |     mach  W?t 

gar  fehlt  AK         beduten  Ax,  rueren  D2.  2.  noch  die  B*D*.     |    allen J 

D2E2.         eh.  lüten  AK         3.  ze  HB2C2.         und  merch  C2.  crbuwenS. 

4.   ze  HB2C2,  fehlt  E2.      |     hie  an  des  Dl,   uz  AK  wellen  HB*. 

b  =  H.    I  [ABD).    II  [BCDE)   =  Hahn  493.  I.  —     |     zem  A\  m* 

ze  dem  D1,   im  f2.  fronein  AxB2E2y   fronen  C2.  2.   zum  B^E2,  zed* 

zu  dem  B2D2.         ain  B2.     |     —  3.   reht  alsam  Bx,   als  DlE2.         uato 

C2D2E2.  halmes  zünde]  der  tac  BK  al  fehlt  AK  die]   diß  DK       * 

B]B2,  werlde  vaste  A{DK  4.   liehten  //.     |     wider  H,  gein  DK         aller d 

B2C2,    all  den  2)2,   aller  E2.  schein  DK  ze  /ft202,   zu  #2£2.         «i 

gcltenn  C2,   richem  gelte  H,  widerglasle  Dx,  stinder  glaste  AK 

1    ==  H.     I   ^JflZ».     II   [BCDEbd]   =  Hahn   504.  t.   der  £*.        gefi 

//,  gleiche  E2.     \     —  2.  zier  D2.     |     sinl  Axd2.         daz  /eft/f  fl^/M* 

got  fehlt  Al.         darin  Z)1,   zem  menschen  //.  sich  darinne  wil  got  der ; 

d2)  sele   (s.   unde  lip  d2)   gernainen  B2C2D2E2b2d2.  3.   d.  m.]   in  siner  H. 

d.   m.  s.]  gesellichleich  B2C2D2d2,  geselliehlichen  E2b2.  in  z.  rf2.         w  i 

werden  £"2d2.  h.  genozzen  H.  4.  nein]   ain  Z)2,  keyn  </2.      |     «• 

D*B2C2D2E2b2.         leth  </2.  dein  B2D2E*,  deinen  62.  lip]  menschen  £ 

di  /eA/t  //,   vil  B2C2D2E2b2d2.  edelen  0»,   edeler  d2. 

i  =  H.     1  [ABD).     II   [BCDEb)   =  Hahn  505.  I.  machstu  £*. 

Salden  H.     |     vil]   uü  H.  vröude  //.  ane  DK  sorigen  D2.        t  * 

Zf'C'2.  vil  fehlt  C2.     |     schrecken  E2.  mfist  von  schricken  b2.       ^ 


53]  Der  Graltkmpel.  525 

ob  du  in  Irrest  höbe  lugende  vliesen, 

da  von  sich  got  dir  verret:         so  mustu  schlicken  für  die  vröude  kiesen. 

3. 
Isl  aber,  daz  du  lachen         dem  munde  kanst  erbieten, 
dannoch  so  mustu  krachen         dort  inne.    wilt  du  dich  rechter  witze  nieten, 
so  \ä  dich  zeinem  kör  wol  ordinieren 
in  gotes  tempel  vröne:         den  zehen  balsem  li echt  da  kunnen  zieren. 

4. 
Daz  örste  \ä  dir  zünden         in  lüter  cl&rem  schtne: 
der  rechte  geloub  dir  künden         sol  l einen  got'  vil  stscte  in  saelden  schrlne, 
der  elliu  dinc  geschuf  von  ärst  üz  nichte, 
ein  got  in  drin  genenden         und  hat  ouch  wärhaft  mit  der  menscheit  pflichte. 

5. 
'Zer  üppicheit  benennen         soltu  nicht  namen  stnen', 
zem  andern  liecht  erkennen         soltuz  vil  wert,  zem  dritten  dich  wol  plnen, 


>*.  3.   in  fehlt  AXBXH,    nun  Dx.  lernest  AXDXC2,   lest  E2*       die  hfthslen 

F.        lügend  Ax.         Verliesen  DxC2E2t  fliezzen  H,  fliessen  D2.  4.  virret  BxE2b2y 

rcrren  D2.     |     dann  so  H.         schrik  H,  schricke  C2,  schrecken  D2.         die  fehlt 
y.        fridne   {wohl  fröden)   E2. 

3  =  H.  I  (ABDE*).  II  (BCDEb)  —  Hahn  506.  1.  du  fehlt  AK  |  mit 
munde  B2C2D2E2b2.  kanst  den  munt  Bx.  2.  so  fehlt  B2C2D2E2b2.  must 
H,  muß  Dl.  krachen  übergeschrieben  [es  war  wohl  anfangs  lachen  geschrieben 
§*oesen)  Al,  erchrachen  DXH.  |  wil  HB2C2b2.  dein  hercz  in  dir  chanst  aber 
Schwitze  n.  DK  3.  las  D2E2.  zu  (ze  HC2)  einem  (aim  E2)  AxDxHB2D2E2b2. 
Ordenieren  Bx,  ordniercn  H,  orderen  D2.          4.  —     |     diu  H,  dem  D2y  fehlt  Ax. 

zehn  A\    zu  eren  Bx.         passem  liecht  C2.         da]   wol  H.         chunden  D262, 
künden  E2.  d.  k.]   nach  grozer  wunn  si  kunnen   [darunter  kan  ausgestrichen)  Ax. 

4  =  H.  I  (ABD),  II  [BCDEbd)  =  Hahn  507.  I.  daz  örste  fehlt  AK 
fc»  d1.  dir  ein  liecht  z.  Ax.  unzünden  d2.  |  lauterem  B2C2D2,  kla- 
**&  E2.  und  luterlichen  schinen  AXBX,  u.  1.  prinnen  Dx.  2.  den  rehten 
M*.  gelouben  AxBxDxC2t  glaub  E'K  dir  fehlt  Dx.  chunde  D2,  kündig- 
ten (p,  J  sol]  so  (darüber  geschrieben  hab)  Ax,  dir  so  Dx.  ain  got  B2,  ein 
ficht  AXBXDXH.  i.  s.  schrinen  AxBxy  in  dinen  sinnen  Dx.  3.  daz  tu  got  d. 
Ai,  da  ze  got  d.  Dx.  alle  ^iMZ^rf*.  von  drst  fehlt  AxBxDxC2t  steht  (von 
*aen  0262d2)  vor  geschuf  (schuft"  D2b2)  B2D2E2b2d2.  von  n.  AXBX.  4.  ein 
Mfcd2.  dreyn  DxB2C2D2t  dreien  62.  genenneth  d2,  personen  AXBXDX.  \ 
°°ch]  doch  Ax.  un  doch  ain  got  mit  menschait  an  der  ptlihte  H ,  und  auch 
«fer  menschait  mit  uns  an  der  phlichte  B2C2D2E2b2d2. 

5  =  H.  I  (AB/)).  II  [BCDEbd)  =  Hahn  508.  I.  ze  der  D1^2,  zu 
der  AXBXB2D2E2,  wol  zeu  d2.  solt  du  nicht  b.  Dx,  saltu  b.  d2.  nennen 
At*xd\  |  soltu  /eMf  />!d2.  nicht  fehlt  Dx.  den  n.  s.  Dx.  2.  zum 
*■£*,  ze  dem  C262,  zu  dem  /)2d2.  über  andern  corrigirt  dritten  Ax.  |  soltu 
*klt  d2.  soltu  dich  wert  Blf  soltu  wert  (dazwischen  übergeschrieben,  unleser- 
**,    du  oder  dir?)   41,    solt  du  in  wert  Dx.          ze  dem  D2E27    zum  B^d2,    zu 


iaz    in    teu    '.*•-    ler  :iiwe    müh  machest' 
mit  <ri>ru**-     ler  zot  jevaiie.  ind  die  vtr  mit  werken  niht  iciiimhiTi 

Wol     r*»   v*ter    ind    nnier.  iaz  sich  din  leben  lenge*. 

(fa»    st  -nn    :-nt     il  -uiter:  iaz     ?erde  lieht,  vil  ga?b  and  onen  tl  £=^°* 

ist  -kx     or  -Uli    n  ^erdem  setiine   -'lare: 

daz  itlmfte      in  aieman    öle  mit  rat  mit  täte  stille  noch  oflenhht. 


i . 


•/.#>  iineiicöen    ünsen  w  nicht  unkinsche  pflegende ', 

•iaz  **<*hste  iieent  voi  ItmiKea       in  >oit.  <iaz  *ibend  fcwis  diepheit  dich  erw 
zunrecnte  memans  jait  soitu  l)enirpn : 
.lezimze  vaisch  -^*n  nieman  seitu  zem  achten  liechte  nicht  enförra. 

Dos  nmnde  .ieent  <*>  blank»'         sei  >iir  mit  s«elden  brinneo, 
.tta»    iaz  din  j^tianke         woi  -in  behut  vil  staH  in  dinen  sinnen, 


dem   '-  *h*r    intten    -«»rrwirr  uerdeo    I1.  dich  /eÄ/f  AlBK  %. 

fehlt   t-.  Twe    il.    mwe   /f.    n»we  Ä4.    rew    0*,    ruhe   C2.  bihk  J1,  Amt 

*/#**-.  *.    —  'inüi     taz  du   öl.  die  veyre  mit  veyre  C1.  die  tier 

di   vipp*  Ä1^-.    die  vi rre  //.     ii  .indem    4J.  werke  t*2,    werch  0*,   weiche 

iiihf      t   d.  rHii>w;u.-ne>t    '- 


»i    =   //.     I      iflß       II     BtDEba     =  Uahn  509.  «.   soe.  £*£*.     | 

jni  //.  -.    >t  v/i<f  «-.  ^m  wi  Jiuler  nui  d1.  leicht  I*2.  gapb]  ggfci*^ 

j;.he  Ä!.   aab   0-    -ehe  fi2  -Mich  ;#<*«>  Ä1*^2  lengbe  rf*.  3.  ei/tf* 

!:/tf.   .*nch   DK  \on  ^.    /-.  werden  B1.  »chouem  Blf    der  Rest  der  Stapfc^ 

/.'*//   *n  >>-.  i..   du    **ftit  3Bfl4"1D1E't.  die  nieman  totent  Blf  fehlt  d*. 

t;it    WHE'.  mit   tat     täte   ö-    mit     und  mit  d--    rat  AlBlB*C*ti*d*. 

-»     /)'.  »)«ler  •».    .l:.    sind  «ich  o.   <i2. 


T  ^-   //.   f    ABDE*  .   II    Bt  DEM)   =  Uabn  510.  I.   uoeleicber  (w 

I*irher  Z)2    vwlrher  ,/-    .iiuge  Bfr  -D-E^i-,   künliehea  d.  BK  in  vrolichen  d.  A\  p 

^llen  ku^lien  .1.  D^1.  pi^  ''-.   bieß  /)-.   biß  £V-.  mit  pflegende  btgmtr* 

wirr.  t.   <whsta  Jl.  wol  Ä1.   du  U.  zu   (ze  C*lFb*t  fehlt  <P\**> 

/»im   £'-     ^erhst»»n     •i4H',biitem  Ä-     lieihte  daz  bringe     prinne  B2!?2;    £*C*Jß|WA~ 

du  />*//  /f,   tlu  *4>it  />ä^  Dk*  iD-EV*^.  daz  sibeud  fehlt  H.         uri 

/pm     z^  dem  /^D2*2.   zum  £V--    sibeoteu   B^tPEMt*.  biz  .4«,   wiz  Ä!,  *t 

/^A//  ßPfifPE'ib-ft'.  verweilende  fl'C-f*-.  zeu  irwendenne  d*.  3.  ia  »- 

rerht  fifjßE7,    ze  unreht  ffÄ-.     zunrecbt  .4l.    zeum  rechten  d2.  oienetsU^ 

^o't  J1.  *oltu  f>hlt  h1.  nireu  Ä1.  4.  geziug*  valsch4»  Ax,  gezog 

Ä1/)1.   w/SAipttT  valsch   £-.  Lei^in  <i-.  niemen  £f.       I       soltu  dich  i!. 


/dem  ^2.     zn  dem  /T-/ "-.     zum  Ä1^.    gein  £>l.  achtem  B2.  Hechte] 

4iff]fßiff,   fehlt  C1.  enpüren  AK   empfueren  C*.  entfuren  D1,  uoforen  <ft  ^tH 

fnrer»  //f. 

M  -^  //.     I    JD1.     FI    BCDEbd).  I.   nügende  rf2.  so]  und  JM«W 

ril  rf>.      !     melden  J1,   sieden  £2.  ».   —     |     wol  fehlt  AK         siot  BP,  *1 


Der  Graltempel.  527 

ddz  du  diüs  nsehsten  gut  icht  slst  begernde', 

h  mein  zunrechter  wise:         so  bistu  liehtes  rieh  den  tempel  wem  de. 

9. 
z    zc^hndc  liecht  so  clare         di  sunnen  überblicket, 
dtn     gedank  mit  värc         klein  noch  gr6z  sich  nimmer  dar  gesehicket, 
«lit-ac  gemahel  dines  nächsten  gunde, 

doch  ane  sünde        vor  ir  bellben  woldest  zaller  stunde. 


40. 
*_ür  an  allen  kören         sint  wol  zu  rechte  wesende; 
«c  man  gerne  hören,         swä  man  ez  von  Salomön  ist  lesende : 

r  in  kör  stns  tempels  giengen  vröne, 

e  was  geheret         von  smacke  irdischer  vvunne  ein  überkröne. 

H. 
■"über  rieh  von  golde,         daxüz  der  smack  so  draehet: 

recht  daz  wesen  solde,         wan  drinne  was  daz  himelzierde  wachet 


<**     JE2,    und  so  fort.         wol  C2.  3.   dazt  dins  AK         nehsten  AK 

fristen  gutes  (gut  ff)  wis  du  (bistu  £2,  bis  ff)  nit  beg.  HB2C2D2E2b2d2. 
1&    unr.  HB2C2,  zu  unr.  ff2£2,   zeu  rechter  d2.  so  bistu  liecht  daz  clare 

\      l.  r.]   reicher  zierde   (zier  ff2d2,   zeit  C2)   B2C2D2E2b2d2.         dem  ff. 
%o  V^ol  ff1)  dem  (den  ff1)  tempel  lang  (kor  ff1)  nach  (vil  ff1)  wirde  wernde  AlDl. 

*   ==  ff.     I   {AD).     II   [BCDEbd).  \.   so]   vil  ff«,    sol  ff2,    ist  so  D2.     \ 

<«  d2.  überblenket  ff,    überplichent  B2E2.  2.    ob]  daz  AlH.  ge- 

icken  (fim  gar  (fi        |      e(  c]am  ßif   kleynen  d2.  grozlich  C2.  sich 

iU  U&D2E2,    ich  mich  d2.  sich  dar  C2,   darzcu  d2.  geschichent  ff2£2, 

Eckende  was  d2.  3.  ob]  das  d2.  dir  es  £*.    dirs  der  C2,    dir  d2. 

ksteü  A\.  g.  d.  n.]  dines  negesten  hantgemal  wol  d2.  gunde  A{. 

a-  8.]  cheusch  raine  B2C2D2E2b2d2.     |     b.  w.]  beleibest  DK         wolst  E2. 

*.  ff'tftt2,  ze  a.   HB2C2DK         allen  stunden  E2d2. 

fO  =  ff.     I  (^Jffff).     II  [BCDEbd)  =  Hahn  511.  I.  czw  Ihoren  d2. 

^  |  wol]  ie  C2D2E2b2d2.  ze  D]HC2D2.  wol  zu]  Ire  ff2  (wol  =  ie  ze). 
resene  d2.  2.   mac  /eÄ/f  ff,  mochl  B2C2D2E2b2,  rauchte  d2.     |     swenn  ff. 

*.  e.]  maus  DK  Salamon  Al,  Salomonem  BK    chünig  salomon  DK  an 

tnones  (Salemonis  D2)  tempel  (tempils  d2)  schöne  lesende  [fehlt  C2,  lesene  d2, 
^nde  E2)  B2C2D2E2b2.  3.   zw  thoren  d2.  in  den  AWd2.         des  BW2 

^6V.  k.  s.  l.]  tempelz  köre  ff.  gegen  ff2,  gengen  E2.  schone  ff1. 
-  eine  fehlt  d2.  was]  von  smache  B2C2D2E2b2,  von  smacken  d2.         d.  e. 

darinne   was  ff1,    darinne    und    uz    waz  A{,    darinne    ein   vaz    BK       |       mit 
von  smacke  fehlt  B2C2D2E2b2.  frödenkrone  ff.  über  ierdisch   (das 

ssche  d2)   paradeis  was  (was  sy  d2)   vil  schöne  B2C2D2E2b2d2 . 

Kh   =  ff .    I  [ABD).    II  (BCDEbd)  =  Hahn  5<2.  1.  sin  ^l1.         emper  AK 

öer  ff1,  enpier  ff1,  eimir  62,  enbor  ff,  über  B2,   zuber  £2.  lieht  C2.     | 

TeÄtt  ^ff1,  wol  C2.  dra3hte  62,  drachte  ff2,  drate  d2,  gahet  ff1,  echkte  C2. 
t.  von  B2C2D2E2b2d2.  rech  ^i.  |  wand  ff2,  wann  C2.  darinne  ff2£2 
*.         himmels  zirde  d2.         wsehte  62,   wachte  ff2,   wechte  C2,  wahet  ff1,  vae- 


528  Friedrich  Zarncke,  IM 

mit  werdicheil,  und  b!  der  andern  porle 

der  selben  wirde  rtche         kein  11p  entsebete  nicht  gegen  einem  orte. 

12. 

Si  was  noch  me  gezieret,         diu  eine  port  so  tiure, 

von  gold  rieh  geflorieret  zw6n  engel  gröz  mit  vlttgen  breit  gehiurv: 

von  engein  unser  köre  sint  gerlchet, 

der  heilicheit  des  brötes  mit  vverdiebeit  der  gr&l  sich  wo!  geltcfaet. 

13. 

'  Wan  dö  si  in  der  wüste,         di  Israhelen,  wären, 
ir  kraft  verdorben  moste         gar  sin,  wan  daz  si  von  dem  brüte  genüreo. 
aller  sptse,  di  si  genennen  künden, 
der  helen  si  den  vollen,         swenn  si  niur  des  brötes  smac  enphuodeo. 

14. 

Animier,  picinenle,         aröm&t,  müzzele, 
zerbenesi  ardente,         ä\6e  pardisee  bardubele 


het  B2,  was  rf2.  3.   wirdichait  DxB2D2E2b2.         und]   unden  AK         bi]  wM 

porten  BXE2,  pforten  D1,   und  so  ferner,  rf2.  4.   den  selbigen  rf2.        mM» 

BiC2D2E2b2d2.     |     dehein  Ax}  ain  B^CWEW.         lip  fehlt  U,  leben  CX       e*\, 
swette  Bx,  swebte  C2,   erserble  62,   gelebete  rf2.  nie  HB2ß2E2b2d2t    in  C1. 

gein,   meist  gen,   die  übrigen,  an  rf2.  einen  phorten  rf2. 

12  =  H.     I   [ABB).     II   [BCBEb)   =  Halm  513.  \.  si]  ey  C\        ** 
BxD2b2,   nie  B2C2E2.     |     ein  AK          trewre  b2.            2.   florieret  E2.     |    Aug  f. 

pflüge  Ä2,   flugel  C\  gevriet  //.  3.   wol  sint  H.         die  des  {fehlt  E2}  fla- 

ches    (d.  d.  sm.]    der  smachk  C2D2b2)    von  himel  pröt    (bracht  D2)    was   (so  ** 
C2Z>262)   gereichet'  B2C2D2E2b2.  4.   diu  4lÄl0i.  empers  ^',  emmers  B\  «- 

piers  Z)!.  des  hailichait  und  grales  B2C2B2E2b2.       |       sich   (sich  wol  Bx)  dt* 

gral    an   wirdicheit   (wirde  wol  Bl)  g.   AXBXDXV    sich    an   der   eben   maze  wol  f** 
leichet  B2C2D2E2b2. 

13  =  H.     I  [ABD).     II   (BCDEb)  =  Hahn  514.  1.  wann  E2,  wand  ft 
sam  Z>2.          da  B!.          si  /cÄ/f  .41.          der  /eM  E2.          biieste  #2,    wueclist  0 

|     israheliten  D\   israhelischen  kinder  C2.  2.   verderben  DlHC2D2.      \    P 

fehlt  BxB2C2D2E2b2.        m  want  B2.  porle  B2.  geuaren  £2.       .  3.  der  Bl 

genemen  C2.  4.   hettent  H.  die  v.  H.  d.  v.]  envollen  IM.     |    nirl1. 

nur^1/)1.  des  /eÄ/f  Bx.         den  smack  des  brotes  A1D1.  erfunden  i1. 

von  vinem  suzz  smak  wol  enpfunden  H,  von  seinem  edelm   (edlen  C2E2)  genfl^ 
(schmag  E2b2)   ze   (zu  E2)   hant  enphunden  B2C2D2E2b2. 

14  =  H.     I   (yü>£*).     II   [BCDEb).  I.    ammer  HB2C2E2b2t    aminer Ä 
ammat  Z)2.          der  pigm.   2)1.      |     aromata  //,    aromate  fi2£2.  un  m.  DK 
mussel  E2.          2.   zerbennesi  D2,   zerbennezi  b2,   zerbenezi  H,   zerbennez^e  PPr 
zerbenesy  EK         lardente  Ex.     |     aloy  D2.          pardise  B2C2,  paradise  D2fi*  f»"~ 
radisch  b2.          und  pabodele  B2C2E2b2,   u.   pabodeli  D2.          aloepar  trebezar  b&- 
bidele  Ax,   aloepar   (alocopar  Ex)   und  dnrzu  bargadele   (barbibedele  Ex)  DxEi. 


*7]  Der  Graltempel.  529 

spicanardt  iussiän  des  sämen, 

der  von  dem  balsem  rtset,         daz  wir  durch  edeln  w&z  der  süeze  nämen. 

45. 
Je  der  porten  eine         der  kör  wir  sus  berieten, 
di  ander  ist  zierde  deine :         hie  bt  so  zeiget  uns  got  sin  hilfebieten 
mit  sträzen  zwein  hin  üf  zu  sinem  tröne; 
ob  wir  der  eine  Verliesen,         so  gen  di  andern,  aber  niht  so  schöne. 

16. 
Diu  eine  heizt  unschulde:         der  sich  von  houbetsehulden 
behfit,  der  hat  gotes  hulde         und  darf  niht  ptn  durch  himelrtche  dulden  : 
daz  ist  der  semfte  wek  sA  sfize  reine; 
wil  er  sich  aber  ptnen         in  got,  so  wirt  stn  Ion  nicht  wirde  deine. 

17. 

» 

Swer  aber  sich  gesellet         mit  einer  houbetsttnde, 

di  sfize  im  gar  enpfellet,         di  herte  sträze  muz  im  werden  künde: 

ob  er  dem  himeltröne  wil  gen&hen, 

so  ge  di  herten  sträze,         daz  ist,  er  sol  die  rehten  buz  enpfähen. 


:  ****  ~~   nivi  — -   niT*  Ä     J:1  den  C2,   und  Ex.  ist  fehlt 

h\  fehlt  ff2,  hie  mit  EXD2. 


'•  spicoardi  Ax,    spicanarde  Dx,    spicanardis    (-nardes  ff2)    B2C2D2E2b2.  des] 

,Qd  H.         insiamdes  s.  AXEX,  in  syam  des  s.  ff1,   des  in  Syna   (syna  C2E2b2,  sina 
2  önd  s.   B2C2D2E2b2.  4.    dem  fehlt  E2.      |     wir  corrigirt  Über  si  Ax,    wirt 

durich  D2.         edel  D2.  wazzer  Ax9  wahz  62,   wachse  ff2,   gesmach  ff2, 

™|öa^k  E2.         süsser  ff1,  süssen  E2.         daz  wurt  zu  wasser  in  der  süssen  n.  Ex. 

*^  =  ff.    I   (ABDE*).    II   [BCDE)   =  Hahn  515.  \.  und  ye  ff1,   zu  Bx. 

ni*     «ine  schliesst  b2.       |       aller  chöre  B2E2,    alle  chor  C2,   des  kores  Ex9  eins 
Ä*.  sy  DXEX.  sust  BXD2.  2.   di] 

2D2E*  zirde^'.  nicht  deine  Ex. 

ihlt  B2C2D2E2.  beczaiget   [in  dem  be  ist  das  bi  enthalten)   D2.  z.  u.] 

*  *  6°t  fehlt  B2.  got  uns  ff2,  hilfebieten  in  zwei  Wörtern  Ax,   helfe 

1       J)x,  helfe  helf  haben  noch  mehrere  Hss.  3.   da  hin  ff1,  üf  fehlt  AXDK 

[*«n  kören  Dx.  4.  —     |     gent  ff1,         aber  fehlt  Dx.         so]  gar  Bx. 

>]   mit  witzen  Ex,    m.  witze  Dx.  so   ge   wir   weiz   got   niht    di   andern 

Ax   (Abschreiberscherz?). 

+   €  =  ff.    I   (ABDE*).    II   (BCDE)   =  Hahn  516.  i .   di  straz  AXBX. 

*<C2ff2ff2.     |     sich  fehlt  Bx.         vor  D2E2.         houptschulde  ff,  h.  sünden  ff1. 
Ibeh.  sich  Bx.         hulde  D2.     |     der  B2C2D2E2.         pine  j|i,  pei  B2.         um 
umb  C2ff2£2.  3.  der  B2C2D2E2.  sehste  ff.  so  fehlt  Bx,  der 

und  r.   Bl,  so  r.  ff.  4.   er  fehlt  B2.         aver  sich  ff2ff2,   aber 

ff2,  peine  E2.     |     sin  riches  Ion  Ax.         vil  groz  nicht   (und  nicht  Bx) 

^      iOffiffi. 

l   *  7  =  ff .     I  (ABD).     II   (ÄCffff)   =  Hahn  517.  4.  wer  Ax.         sich  hat 

|     houbt  Ax.         h.  sunden  C2.         %.  —     |     straz  Ax.         der  herte  weg 

ze  (zu  E2)   hant  dew  herte  (ohne  sträze)   B2C2D2E2.  die  muz  BXDX. 

^^  ff.  3.  himelpalas  B2C2D2E2.  4.   strazzn  Z*2,  Strassen  C2E2.     |     daz 

f«*Jt  AXBXDX.  wan  er  muß  ff*,  die  rehten  fehlt  AXDX,  ouch  ff*,  für 


530  Friedrich  Zarncke,  [•■" 

18. 
Di  inner  sacristene,         so  Inter  klär  gereinet, 
dem  gräl  gevell  so  bene,         daz  er  si  da  zu  wesene  minnt  und  rnmü: 
noch  lieber  ist  got  wesen  in  der  sele, 
di  Sünden  ist  gevrlet;         diu  bell  bei  vrt  vor  aller  hellequele. 

49. 
[Di  sacrislen  bebaken         söl  di  sacramente, 
sam  sol  di  $ele  wallen         der  selicheit,  der  seiden  unerwenle: 
daz  sacrament  di  sacristene  prlset, 
sam  wizzel,   daz  got  di  sele         in  himelrlche  ewic  paradtset. 

20. 
Heil  und  selde  gebnde         ist  got  zu  gäbe  rtche. 
wer  ist  icht  bezzer  lebende?        wan,  swer  si  hat,  der  lebt  gar  heilecllche. 
sin  sele  ist  der  s&lde  ein  sageraere 
vil  baz  denn  alle  gimmen,         selde  ünde  heil  ist  heilic  seldenbaere. 

21. 

Sit  uns  der  heilant  brachte         Jesus  daz  heil  vil  heilic, 

da  von  uz  tivels  achte         ynser  meintat  wart  vil  gar  unmeilic, 


sin    (die  BxDl)   sunde  e.   AXBXDX.  daz  ist   (d.  i.  fehlt  D2)   rew    (r.   und  D2)  I& 

die    (fehlt  C2D2)   sol  er   (sol  er  da   D2,   sollü  B2)   eiipliahcn  B2C2D2E2. 

18  =  H.  I  (ABDE*).  II  (BCDE)  =  Hahn  518.  1.  sacrastene  [ammt 
stine  corrigirt)  Ax.  |  —  2.  grab  Bx.  gevellet  AxE2y  gevalt  H,  geoallz 
(=  gevallet)    C2D2.           wene  C2.     |     si  fehlt  B2C2E2.  er  si]   erz  H,  ers  £ 

da  fehlt  AXBXHB2C2D2E2,    wol  DK  ze  DXHC2.         besne  C2.  minDeU1, 

nympt  E1,   unde  AK  wainet  C2.  3.   nach  Bl.         Über  Al9  lieber  vil  E. 

sin  w.   BxDi.  in  seien  wesende  //.  n.   1.   i.   in    (inß  E2,   im  B2)  menscbefl 

sei  got   (fehlt  D2)   wesende  B2C2D2E2.  4.    sunde  Bl.  der  lip  von  grw» 

sündeu  //,    die  sich  vor  sunden  habent    (ye  h.   C2D2)    pehüt    B2C2D2E2.       |     t 
quelle  Dx.  sich  mit  rainechait  tut  wol  genesende  H,  und   (fehlt  C*j  die  weh 

sunden   (sunde  D2)   rew   (rewich  2?2,   reuwig  E2)   sint  an  sich   lesende  B2C1til&- 

19  =  I   (ABDE*)   =  Hahn  51 9.  I.  sacrasten  «4»,   sacriste  Bl.      |     * 
D1!?1.          sacramenlen  AXBX.          2.  —     |     uuerwenten  AXBK  3.  die  IM1, 
sacrimentum  Ax,  sacramenten  BXDX.         di  fehlt  Dx.         sacristen  AxBxt    alle  Chri- 
sten Dx.         4.  got  fehlt  AxBlDx.     |     in  hymel  ewiglichen    (ewechleich  Dx)  DXEX. 

den  wunnielichen  himel  paradiset  AK 

20  =  I   (ABDE*)   =  Hahn  520.  1.  srcld  ^»   (vy/.  die  Anmerkung*). 
gebnde  /WM*  fl1.       |       got]  man  AXBXDX.  2.  waz  BK         icht  /Mit  il1*1. 
pessers  Dx.          hebende  AxExy    habende  Dx,   zu  gelde  Bx.     |     wan  fehlt  AK 
wer  j41.          g.  h.]   ewieliche  Ax.           3.  sälechait  Dx,   hilicheit  Ax.  der  hrifi- 
keit  sin  sele  ist  kamerere  Bx.            4.  dann  Dx,  dan  Bx.          gimme  Bx.     |    «ek 
Bx,  ewig  £l.          freudenbere  2?1. 

21  =  I   (ABDE*)   =  Hahn  52«.  i.  sint  yi1/?».      |     heilic   {nicht  hUic)  i1 
m«c/  nocA  einigemal.          2.  do  von  i4!.  tufels  Ä1,   tyefels  Dx.     |     vil  fehlt  Bx. 


« 


Der  Graltempel.  531 

ob  wir  daz  heil  du  ht  dem  heilant  suchen, 

so  sl  wir  heilic  lebende :         der  heilant  heilt  uns  wol  vor  £ven  fluchen. 

22. 

Mit  slner  arzenten,         di  heilicheit  da  heizet; 

vor  sünde  gar  di  vrten         wurde  wir,  daz  si  von  uns  erbeizet, 

also  daz  wir  ir  nimmer  m£  genahen : 

mit  seliclichem  lebene         selde  ünde  heil  gein  heilikeit  wil  gaben. 

* 
23. 

4 Sin  dink  im  selicllchen         gel'  ist  manger  jehende, 

siht  er  einem  riehen         gut  und  ere  wider  got  geschehnde: 

der  daz  für  selde  hat,  der  ist  betöret, 

wan  nieman  selicllchen         lebt  wän  der  sich  gen  himelrlche  enböret, 

24. 

Als  Feireflz  der  reine         was  selicllchen  lebende, 

für  daz  er  in  dem  steine         mit  touf  der  heidenschaft  was  ei\de  gebnde, 

der  in  dem  fr6ne  tempel  stunt  so  rtche, 

vor  dem  sageraere         der  heilicheit  da  slunt  er  ordenltche. 

25. 

Hie  vor  in  Parzifale         der  toufstein  ist  geprlset, 

durch  daz  an  disem  male         wirt  sin  zierd  von  mir  nu  nicht  bewtset. 

mit  wiener  kost  er  was  erziugt  der  grizen, 

do  Feireflz  der  heiden         sich  durch  cristenheit  darin  He  stözen. 


m.]  geilic  Ax,   erfoligig   (undeutlich)   Ex,   erfreyet  Dx.  3.   nu  fehlt  AXDX. 

nde  AK  4.  sin  EK     |     wol  fehlt  AXBX. 

22  =  I  [ABDE*)  =  Hahn  522.  1.  ertzenien  B]DK  |  der  Ex.  do 
di  Alf  die  Bl.         heizzent  Bx>  hassen t  Ex.          2.  sunden  AXBXD{.     |     so  w. 

wurden  Bx.  erbeizzent  Bx,   erpassent  E].  3.  ir]   in  AXBXDX. 

BXDX.  4.  leben  Ax.     |     saelde  AK         gahende  Dx. 

23  =  I   (ABDE*)   =  Hahn   523.  \.  im]  get  DK  saeliclichen  A*       \ 
gein  got  Dx.          maniger  BK          2.   und  s.   D[EK         er]  man  AXBX.         ei- 
Bx.       |       an  g.   Ex.          gutes    (des  g.   Dx)   und  eren  BXDX.  4.   wan  fehlt 

saBliclichen  AK     |     wen  Ax.  himel  b8ret  AXBX. 

24  =  I  [ABB)  =  Hahn  524.  I.  Ferafis  Bx.  |  —  3.  dem  fehlt  Bx. 
m  Ax,  frone  Dx.  4.  dort  vor  DK  |  do  Ax,  so  DK  ordenlichen  Ä1, 
bleichen  Dx. 

25  =  I   (ABD)  =  Hahn  525.  i.   Parcifale  Bx.     |     —         3.  er  an  dem 
|      zierde  AK          s.   z.]   alhie  B[DX.  nu  niht  von  mir  BlDx.         gewi- 

)«.  3.   was  er  Bl.  4.  da  BK  Ferafis  Bx.     I     darin  d.  er.   BXDX. 


532  Friedrich  Zarncke, 

26. 
Vor  der  sacristene         stiint  er  s6  wol  geheret, 

und  waern  mtn  vierstunt  zwene,         di  von  sunder  rtcheii  waern  ptoä, 
er  müst  villtcht  mit  zierde  man  gel  dulden, 
ich  mein  von  mir  zu  lobene :         des  läzen  mich  di  werden  in  im  bnMa, 

27. 

Ob  man  dar  an  icht  misse         an  loh,  an  werdem  prtse: 
da  fliuhet  mich  Karisse,         di  da  hat  an  höher  kunst  di  wlse: 
der  liehe  ist  mir  zu  hazze  lang  erfunden; 
ich  han  doch  vil  ze  lobene,         des  ich  der  aventiure  bin  gebunden.] 

28. 
Der  tempel  hat  dri  p orten         vil  manger  zierde  riche: 
di  muz  an  allen  orten         ein  iegltch  mensche  haben  vollicltche: 
di  ein  der  recht  geloub,  di  ander  minnb, 
diu  dritt  ist  der  gedinge.         irge zierde  von  ge stein  bedarf  wol  floae. 

29. 

» 

An  disen  tugenden  allen         lert  adamant  di  staste: 

swer  im  die  lät  enpfallen,         der  muz  an  saelden  liden  ungeraHe; 

unstretikeit  ein  vlust  ie  was  der  eren 

und  kan  von  beiden  slrazen         des  himeltrönes  zu  der  helle  kereo. 


26  =  I   (ABDE*)   =  Hahn  526.  \.  dort  vor  DK      |     —  2.  mn 
Ax,  wer  BK          drystundt  EK          zwenen  DK     |     di  fehlt  2J},  die  all  DXEK 
von  richer  kunsle  Ex.         wem  AK  wol  Bx.          3.  v.  m.J   von  uns  £K 
AK          4.  uns  EK         ze  lebene  DK     |     iren  AK  ir  BXDK 

27  =  I   [ABDE*)   =  Hahn  527.  I.  —     |     hohem  DK         2.  —  | 
do  AK           an]  gein  lobe  BK  gein  DK  da  die  DK  3.  des  AK        fe* 
fehlt  AK  lieb  DK  liep  B1,   lop  EK         ze  DK         mir  witz  zu  AK  4.  W] 
sust  E1.         zu  BK      |     das  EK          mich  die  BlDlEK         aventiur  AK        diW 
BW,  hat  EK 

28  =  H.  I  [ABDE*].  II  (£CZ)£d)  =  Hahn  528.  I.  —  |  raaniprJ1 
u.  a.,  menger  //,  manicher  D2.  zirde  41.  2.  muzzen  B2E2.  |  an  lf. 
ieclich  i4J,  iglichem  d2.  mensch  Al,  menschen  d2.  v.]  vollecleicheo  tf. 
sicherlich  HB2C2D2E2y  sichirlichin  d2,  zallen  ziten  AK  3.  das  aue  (P.  ** 
fehlt  d2.  daz  ander  B2C2D2E2d2.  di  ein  der  rechten  milticheit  gewinne  i1 
BlDlEK  4.  dy  dogindhe  d2.  di  ander  ist  di  kusch  (keusche.  JM1)  fr 
mute  (diemut  zur  folgenden  Vershälfte  BXD*EX)  AWD^EK  |  ir  ze  girde  Ä 
mit  //.  staine  C2E2.  bed.  an  der  zaichnunge  w.  H.  diu  drille  di  (■* 
der  BXDXE*)   wäre   (waren  B*D*EX)  minne  yi1^1/^1^1. 

29  =  H.    I   (j4jMJ).    II   [BCDEd]  =  Hahn  529.  I.  tugent  H.     |    I»'» 
leit  Z>2,   lernt  d2.         adamas  B2C2D2E2d2.           dise  State  C2.  2.  diu  j*1. 
let  A\  lat  BXD{HC2E2,   lest  c/2.      |     seiden  ^.           undergrete  /)*.  3.  W* 
Äl.           verlust  /f.           ie  was  /eM/  Ä1,    was  ie  H.           was  ie  ein  (an  <Pj  & 
(verlust  Z)2£2,  fluß  d2)  B2C2D2E2.           4.  Strossen  E2.      |      himelztrones  B 


Der  Graltempel.  533 

30. 

Sit  sinagöga  sehnde         di  staete  nicht  erkande, 

waz  ir  da  von  geschehnde         wser,  do  si  got  tiz  Egipten  lande 

von  grozen  nöten  und  üz  vreise  brachte, 

unstseticheit  des  mutes         si  lerte,  daz  si  gote  sit  versmähle. 

31. 

Ir  pferde  sint  geswichen         di  bein  und  ist  gestrüchet, 

di  saelde  von  ir  gesüchen,         daz  si  alsam  ein  ante  in  wazzer  tüchet, 

vor  Ecclesia,  di  so  schön  ist  varende 

öT  einem  pferde  veste,         daz  si  vor  strichen  immer  ist  bewarnde. 

32. 

Ein  mensch,  ein  kalbes  bilde,         ein  lewe,  ein  adelare, 

vil  zam  und  niender  wilde         tragen t  si  Ecclesiam  sunder  väre 

da  si  den  ursprink  vaehet  aller  brunnen, 

den  uns  gebar  diu  cläre,         di  da  stet  becleidet  mit  der  sunnen. 


H.         des   (den  d2)   himels   (hymmel  d2)   fliehen  und  gen   (keigin  d2)  der  (dy  d2) 
le  cheren  B2C2D2E2d2. 

30  =  H.    I  (ABD).    II  (BCDE)   =  Hahn  530.  I.   synagoge  BXHE2,  syna- 

;en  B2D2.     |     di  fehlt  E2.  State  AK  2.  do  A\   fehlt  D2.      |     wer  AK 

ja  B*D2.  her  auß  DK  3.   nSten  fehlt  C2,  note  D2.         grozzem  fraise  H. 

and  fehlt  D{.  auß  der  frayse  D1,   vor  vreisen  Aiy  von  nöten  H.  4.   des 

Lies  fehlt  und  dafür  ist  si  lörte  aus  dem  folgenden  Verse  her  auf  genommen  B2C2D2E2. 
unst&t  an  ir  mut  H.  |  leite  A\  leitte  B\  laid  DK  si  terte  fehlt  B2C2D2E2. 
si]  ez  BW,   ez  ir  H,  ir  aller  (alles  C2D2)  gut  B2C2D2E2.  got  A\   von  got 

W/>2£2.  sint  A\f  sil  von  ir  H\D\t  fehlt  HB2C2D2. 

34  =  H.    I  (ABD).    II  (ÄCD£)   =  Hahn  53«.  \.  irem  DK  pfert  Ä1. 

geschwichet  £2.      |     un  AK  bestruchet  Al,  bestrouchet  BXC2D2.  t.  selde 

'.        geliehen  A},  gesliffen  B2,  geschüttet  E2.       |       ist  d.   H.  sam  Z)1//,    als 

*.        &nt  HB2,  ant  C2,   ent  jB1/)1/)2,  end  E2.         uff  HB2C2D2E2.  touchet  A 

«chent  fl1.  3.   vor  fehlt  AK  ecclesien  HB2C2D2E2.  so  fehlt  DK 

—    |     si  sich  A1.  sich  ymmer  DK  immer  fehlt  A*B*C2.         ist  vil  wol 

l*x,  ist  wol  D*C2. 

32  =  H.    I   (^ÄD).     II   [BCDE)  =  Hahn  53«.  1.  —     |     leo  <?2,    lebe 

un  ain  E2.  adalare  B2D2,  adelere  C2.  2.   und  fehlt  H.  nindert 

^HBWD2,   nyergent  E2.     |     tragen  AWC2.  ecclesien  B*HB2C2D2E2. 

*re  B2E2.  3.  do  A\  das  E2.  Ursprung  D{C2D2E2.  vehet  A\  vahet 

vahent  B*D{C2D2E2,  uahent  #2.         brunne  ^C2,  dingen -il1.  4.  den  uns] 

3  got  J?1,  die  mag  die  got  DK  gepare  DK  di  do  got  gebar  AK  diu 

toe  /eM  Ät>r  4».       |      da  feMt  BlDK  bescheidet  BK  alda  m.  BK 

Qle  B1.  do  stet  di  clar  gecleidet  m.   d.  s.  mit  Beimpunct  Al,    dann  erst  be- 

+kte  der  Schreiber,  dass  nun  der  Beim  nicht  passe,  und  fügte  daher  noch  ringen, 
tau.  *  .  diu  da  (do  E2)  so  (fehlt  B2C2D2E2)  verre  glestet  über  die  sunnen 
'2C2/)2£2. 

Abimodi,  d.  K.  S.  G>»ell8cb.  d.  Wisson^cb.  XVII.  36 


534 


Friedbich  Zarncke, 


;i«. 


33. 

Di  stt  in  herze  nemende         mit  slaet  al  unvergeizen, 

und  iu  in  got  gezemende        si  lobes  und  6ren  vil  g6n  ir  §00101611, 

daz  iu  der  adamant  also  bellbe, 

swenn  ir  von  hinnen  käret,         daz  Petrus  von  der  porte  iuch  icht  vertifbt 

34. 

Als  ir  zem  tempel  kumende         stt  in  gotes  6ren, 

s6  sint  di  stein  iuch  frumende,         daz  ir  da  bt  von  tag  zu  tag  sult  rate* 

der  tugende  kraft  und  wandet  von  iu  stozen: 

&  dann  ir  got  behüset,         so  sult  ir  disem  tempel  iuch  genäsen. 

35. 

Aarin,  der  6wart  reine,         sw6nn  der  gie  zum  tempel, 

so  truc  er  zwelf  steine         der  edelsten  der  tugende  zeim  exempel, 

di  gotes  boten  stt,  di  zwelfe,  Irrten, 

da  mit  si  den  gelouben         der  cristenheit  vil  saelicllche  märten. 


33  =  jy.    I  [ABD).    II   [BCDE]  =  Hahn  533.  \.  sint  B,  seint  £*. 
hertzen  B*D*B2C2D2E2.     |     vil  HB2C2E29  gar  D2.         lat  AWDK  *.  ach  iW 
euch  D*D2,  auch  B2E2.          in  got  fehlt  AWD\  ze  got  B2C2,  zu  got  ME*.  | 
also  vil  B2C2D2E2.           gen  ir   fehlt  B2C2D2E2.           got  mit  lob  der  ereo  t!  p- 
mezzen   (zu  mezzen  Bv)  AWDK          3.   uch  B*H9  euch  DXD2.          d.  iu]  daao£ 

der  fehlt  B2.         adamas  B2C2D2.         also]   von  ir  H.         das  ain  yeder  ab  4 
adamas  bleibe  E2.  4.  wan  D2,    wann  E2.         hinne  BK         cberet  Al,  tort 

E2.     |     das  euch  Dx.         peter  Al,    sant  peter  Dl.         porten  AlBlDl.        isA 
fehlt  Dl.         niht  BlH,  ist  Z?2.  tribe  Bx.         daz  man  ewcb  von  der  hime^rt 

(porten  D\  brot  E2)   icht  treibe  B2C2D2E2. 

34  =  Z/.  I  (^BZ>).  II  (BCDEd)  =  Hahn  534.  1.  als]  so  41.  zun  t 
EH2,  zu  dem  £2C2Z)2.  körnende  AWB2C2D2E2d2.  |  nun  seit  D1,  sint  Jf,  «* 
£2.  got  B2.  z.  seint  £2.  iuch  fehlt  B2E2t  ew  C2,  ie  d2.  fromendeitf 
D2E2d2.  |  daz  ir  fehlt  BK  da  bt  steht  hinter  tag  £2Z)2£2,  fehlt  CV.  ■ 
Z^C2.         sont  H,  schult  ir  fl».          3.   un  AK         uch  #d2,  euch  0UW*l«** 

4.  dan  Z)2.         behausent  E2,  beschowet  BK     \     so  fehlt  D2.         disen  iW1 
£2£2.  iu  A*,  ew  C2. 

35  =  ZZ.  I  (^5/)).  II  (BCZ>£rf)  =  Hahn  535.  \.  Aron  **.  e.  ** 
ii1,  e.  was  #,  priester  HB2C2D2E2d2.  |  e.  dann  Al,  so  £f.  der]  er  i* 
her  d2.  ging  d2.  zu  dem  DlB2D2E2,  zem  Z/C2.  z.  zw.]  edel  HBfiBt&* 
edler  C2.  |  edelisten  ^1Z>1.  d.  e.]  zem  (ze  dem  C2,  zu  den  d2,  ze  J*,  • 
D2E2)  minsleu  (minnist  #2£2)  zwelf  HB2C2D2E2d2.  den  tagenden  w4*t  dm  * 
gent  ZT.          zem  H,  zu  aim  £2d2,   ze  aineui  C2,  zu  einem  BlB2D2.         3.  dtorl1* 

got  d2.  die  zwölf  g.  b.  DK         iunger  B2C2D2E2d2.         sint  ^«Z**2,  siel1, 

sey  C2,  die  sint  Z>1.         di)  ir  AK  da  £'.         zwelf  di  AK         d.  zw.  1.]  4*  r 
herten  Z)1,    die  zweliff  gelerten   (da«  voraufgehende  sint  gefasst  als  Verbum)  Ä 
4.  do  ^1£2.  mitte  £2.     |     sa3Üchleichen   B2C2E2d2.         gemerten  BlDK'     * 

werderclich  der  kristenheit  gemerten  Z7. 


Der  Graltkmpel  333 

36. 

Särdonix  die  kiusche         mit  stner  lugende  leret; 

unslaet  und  ir  getiusche         di  tut  er  s&  mit  stner  kraft  gun&rel. 

krisolitus  der  werot  bösen  vorchten, 

sam  jener  böser  liebe:         wan  nie  zwei  dinc  so  grözen  schaden  worchten. 

37. 

Urhap  aller  Sünden         hat  sich  also  gezweiet; 

nieman  kan  ergründen,         wie  lieb  und  vorchl  zunrecht  sich  mangerleiet, 

unrecht  vorchle  vil  guter  dinge  wendet, 

da  wider  unrecht  liebe         mit  Sünden  arger  dinge  vil  verendet. 

38. 

Topäsius  für  strlten         hat  er  kraft  di  grözen ; 

ob  iueh  zu  keinen  ziten         Untugend  höher  tugende  tvil  verstözen, 

für  disen  strit  st  iu  top&zius  frumende, 

so  hilfet  kalc£dönius         von  landes  richler  sunder  schaden  kumende. 


36  =  H.    I   (ABDE*).    II   [BCDEd)  =  Hahn  536.  \.  der  s.  DXEK 

ir  H,  saphirus  B2C2D2E2d2.  der  kusch  A\  demüt  und  kusche  H,  der  {fehlt 
tdel  cheusche  B2C2D2E2d2.  |  von  B2C2D2E2.  tugend  A\  chraft  hie  B2C2 
d2.  "2.  getusch  AK  gerusche  d2.     |     di  fehlt  E2.  rnachit  d2.  so 

,  fehlt  DxE2d2,  sam  C2.  tugent  B2D2E2,  tugenden  C2.  geuneret  DXB2 

,  geunert  D2.         mit  füre  so  gemeret  d2.  3.  chrisalitus  B2,  chrisoltus  D2. 

&rde  B2,  neret  H.  vor  böser  vorhte  H,  unrechte  vorchte  B2,  unr.  vorch- 
le?, unrechten  vorchten  C2D2d2.  k.  ist  gut  vur  (vor  Bx)  böse  (bösen  Bx) 
aten  AXBXDX.  4.  als  d2.  jene  B2,  eyner  d2.  für  böse  liebe  AXBXDX9 
ebte  liebe  B2D2E2f  dy  unr.  übe  d2,  unr.  I.  nain  (mit  Beimpunct,  es  steckt 
i  das  folgende  wan)  C2.  |  wan  fehlt  C2E2f  so  B2D2}  das  d2.  wan  nie 
H.         als  tffctf2/)2,  also  E2.         seh.   nie  H.         geworhten  BXHC2D2. 

37  =  H.  I  (ABB).  II  (BCDEd)  =  Hahn  537.  I.  wan  u.  DK  urhabe 
wlhab  B2C\  orth  ab  D2,  orlhalb  E2y  orthas  d2.  |  hant  B2E2d2,  haben  C2, 
at  D2.  si  H.  alsust  U2/)2,  alsus  d2.  %.  das  n.  D1.  niemen  mohtz 
ez  **,  m.  es  C2£2)  HB2C2D2d2.  gründen  fl2C2.  |  voricht  D2.  zun- 
le  il1,  ze  unr.  C2D2,  zu  unr.  E2y  zeu  unrechten  d2.  sich  ze  unrecht  sich  Dx. 
inigerleiet  BXB2C2,  manicher  laye  D2,  mancherleyge  d2.          3.   urehtii  H. 

t  H,  voricht  C2Z>2.         erwendet  B2C2D2E2d2.  4.   dar  wider  £2,  derwedder 

|     der  argen  dinge  und  vor  mit.  s.  B2C2D2E2.  vol  endet  B2C2D2E2d2. 

38  =  ff.  I  (4£Z)£*).  II  (BCDEd)  =  Hahn  538.  <.  tobatzius  ff,  topa- 
&.  |  so  h.  DK  er  /eM  4l.  krefte  AK  2.  ew  #2,  mich  BXDX. 
i  H.           z.  k.]   ze  dhainen  C2,   zehaim  B2.           stunden  H,   geziten  d2. 

i  tugend  AK         vestozen  AK  3.  vor  d2.         üch  Hd2,   euch  BXDXB2D2E2. 

batzius  ff ,    topacius  B2,    topasius  D2   und   die  meisten.  frainene  d2. 

altzedönie  H,  calzedoniser  d2,  vor  gerichte  AlßxDxEx.  |  v.  I.  r.]  von  ge- 
e  B2C2D2E2d2.         ane  ff.  s.  seh.]    stad  d2.  körnende  HC2D2.  kal- 

(wol  k.  Dx)   von   (und  auch  von  DXEX)   schulden   (sundeu  BXDXEX)   sust  (sus  Bx, 

DXEX)   körnende  AlBxDxEx. 

36* 


526  Friedrich  Zarncke, 

'daz  du  den  tac  der  ruwe  heilik  machest' 

mit  dienst,  der  got  gevalle,         und  die  vir  mit  werken  niht  verswache 

6. 

'Wol  ere  vater  und  mutcr,         daz  sich  dln  leben  lenge', 

daz  ist  ein  rät  vil  guter:         daz  vierde  lieht,  vi!  ga?b  und  ouch  vil  ge 

ist  ez  vor  got  in  werdem  schlne  cläre; 

daz  fümfte  'du  nieman  löte'         mit  rät  mit  täte  stille  noch  offenbare. 

7. 

'Ze  unehlichen  dingen         wis  nicht  unkiusche  pflegende1, 

daz  sechste  Hecht  vol  bringen      du  soll,  daz  sibend  'wis  diepheit  dich  erwegf 

zunrechte  niemans  gut  soltu  berüren ; 

'geziuge  valsch  gen  nieman'         soltu  zem  achten  Hechte  nicht  enffiren. 

8. 

Daz  niunde  Hecht  so  blanke         sol  dir  mit  seiden  brinnen, 
also  daz  dtn  gedanke         wol  sin  behut  vil  staet  in  dlnen  sinnen, 


dem  C2.  über  dritten  corrigirt  vierden  Ax.  dich  fehlt  AXBX.  l 

fehlt  d2.  riwe  Ax,   rüwe  H%   rewe  B2,   rew  D2,   ruhe  C2.  hilik  Axt  Wer 

stets.  4.  —     |     und]   daz  du  Dx.  die  veyre  mit  veyre  C2>  die  vier! 

di  viere  B2E2,    die  virre  H,    di  andern  Al.  werke  C2,    werch  D2,   weitfc 

niht]   it  H.  entswachest  d2. 

6  =  H.  I  (ABD).  II  (BCDEbd)  =  Hahn  509.  <.  so  e.  B2E2.  \ 
gol  //.  2.  ist  fehlt  d2.  ein  vil  guter  rad  d2.  |  leicht  D2.  gab]  gd 
gäbe  Bx,  gab  D2,  gebe  E2.  ouch  fehlt  BW2.  lenghe  d2.  3.  ei 
AXB\  auch  D{.  von  g.  d2.  werden  B2,  schönem  Bx,  der  Best  der  Sh 
fehlt  in  62.  4.  du  fehlt  HB2C2I)2E2.  die  nieman  totent  Bxy  fehlt  A 
tat  D*HE2.  mit  tat  (täte  D2)  mit  (und  mit  d2)  rat  AxBxB2C2D2d2.  * 
st    Dx.          oder  o.   Ax,   und  och  o.  d2. 

7  =  H.  I  (ABDE*).  II  (BCDEbd)  =  Hahn  510.  <.  uneleicher  (um 
leicher  Z)2,  welcher  d2)  dinge  B2C2D2E2d2%  künlichen  d.  Bxy  in  vrolichen  d.  -41, 
allen  kuschen  d.  J9«£!.  |  pis  C2,  bieß  D2,  biß  E2d2.  mit  pflegende  6«$* 
wieder.  2.  sechstu  Ax.  wol  /J1,  du  H.  zu  (ze  6'2ZW,  fehlt  fi\ 
(zum  £2)    sechsten   (sechstem  B2)    Hechle  daz  bringe   (p rinne  B2E2)  B2C*lfi& 

|     du  fehlt  H,  du  solt  fehlt  DxC2D2E2b2d2.  daz  sibend  fehlt  H.        m 

zem   (ze  dem  C2Z>262,   zum  E2d2)  sibenten  B2C2D2E2b2.  biz  41,  wiz  J*f  i 

/>ä/I  B2C2D2E2b2d2.  verwegende  D*C2E2y  zeu  irwendenne  d2.  3.  W 

recht  C2D2E2f    ze  unreht  //Ä2,    zunrecht  -41,    zeum  rechten  d2.         nierocts 

goTt  Ax.         soltu  fehlt  b2.  ruren  BK  4.  geziugs  valsch*  ^t,  gez&gf 

BXDX,  gezüger  valsch  E2.  keigin  d2.  niemen  H.       |       soltu  dich  il. 

zdem  62,     zu  dem  £2C2,     zum  Ä1^2,    gein  DK  achtem  £2.  lieebte] 

AXBXDXH,   fehlt  C2.  enpüren  Ax,  empfueren  C2,  entfuren  D2>  unforen  t} 

füren  Dx. 

8  =  H.  I  (4Ä).  II  (BCDEbd).  t.  nügende  rf2.  so]  und  JM« 
vil  d2.     |     seiden  A  sieden  E2.           2.  —     |     wol  fehlt  Ax.         siot  Uft 


ft]  Der  Graltempel.  527 

'daz  du  dlns  neebsten  gut  icht  stst  begerade', 

ich  mein  zunrechter  wise:         so  bistu  liehtos  rieh  den  tempel  wernde. 

9. 
Daz  zehnde  liecht  s6  cläre         di  suonen  überblicket, 
ob  din  gedank  mit  värc         klein  noch  gr6z  sich  nimmer  dar  geschickel, 
ob  dirz  gemahel  dines  naebsten  gunde, 
daz  du  doch  &ne  Sünde         vor  ir  bellben  woldest  zaller  stunde. 

10. 
Zwo  tür  an  allen  kören         sint  wol  zu  rechte  wesende; 
daz  mac  man  gerne  hören,         sv/ä  man  ez  von  Salomön  ist  lesende : 
zw  6  tür  in  kör  stns  tempels  giengen  vröne, 
diu  eine  was  geheret         von  smacke  irdischer  wunne  ein  überkröne. 

H. 
Ein  ember  rtch  von  golde,         darüz  der  smack  so  drsehet: 
durch  recht  daz  wesen  solde,         wan  d rinne  was  daz  himelzierde  wachet 


2,  seint  E2t    und  so  fort.  wol  C2.  3.   dazt  dins  Ax.  nehsten  Ax. 

ines  nehsten  gutes    (gut  H)    wis   du    (bistu  E2y    bis  H)    nit  bog.  HB2C2D2E2b2d2. 
4.  ze  unr.  HB2C2,   zu  unr.   D2E2y   zeu  rechter  d2.  so  bistu  liecht  daz  clare 

lDK     |     l.  r.]   reicher  zierde   (zier  D2d2,  zeit  C2)   B2C2D2E2b2d2.         dem  H. 
»d  in  (wol  Dl)  dem  (den  Dl)  tempel  lang  (kor  Z)1)  nach  (vil  Z)1)  wirde  wernde  AlDl. 

9  =  H.     I   (AD).     II   [BCDEbd).  \.  so]   vil  Z)',    sol  B2y    ist  so  D2.     \ 

t  dy  d2.  überblenket  H,    überplichent  B2E2.  2.    ob]   daz  AlH.  ge- 

»ncken  d2.  gar  d2.       |       et  ciain  Dl,   kleynen  d2.  grozlich  C2.  sich 

klt  HC2D2E2,    ich  mich  d2.  sich  dar  C2y   darzcu  d2.  geschienen!  B2E2t 

kickende  was  d2.  3.  ob]   das  d2.  dir  es  E2.    dirs  der  C2,    dir  d2. 

tasten  Al.  g.   d.   n.l   dines  negeslen  hantgemal  wol  d2.  gunde  Al. 

a.s.]  cheusch  raine  B2C2D2E2b2d2.     \     b.  w.]  beleibest  DK  wolst  E2. 

a.  D^EH2,  ze  a.  UB2C2DK         allen  stunden  E2d2. 

40  =  H.     I  (ABD).     II  [BCDEbd)   =  Hahn  5H.  < .  czw  thoren  d2. 

Ä.     |     wol]   ie  C2D2E2b2d2.  ze  D]HC2D2.         wol  zu]  ire  B2  (wo/  =  ieze). 

Wesene  d2.  2.   mac  fehlt  H,  mocht  B2C2D2E2b2,   muchte  d2.      |     swenn  Z/. 

m.  e.]  mans  DK  Salamon  j*1,   Salomonem  Z?1,    chünig  salomon  DK  an 

'otuones  (Salemonis  Z)2)   tempel   (tempils  d2)   schöne  lesende   (fehlt  C2y  lesene  d2, 

äsende  E2)   B2C2D2E2b2.  3.   zw  thoren  d2.  in  den  A*b2d2.         des  B*C* 

E^bV1.         k.  s.   l.]   tempel z  köre  H.         gegen  Z*2,  gengen  E2.         schone  Bl. 

*-   eine  fehlt  d2.  was]  von  smache  B2C2D2E'lb2y  von  smacken  d2.  d.  e. 

J     darinne   was  JD1,    darinne    und    uz   waz  A\    darinne    ein    vaz    Bl.        \       mit 

von  smacke  fehlt  B2C2D2E2b2.  frödenkrone  H.  über  ierdisch    (das 

«Mssche  d2)  paradeis  was   (was  sy  d2)   vil  schöne  B2C2D2E2b2d2. 

\\   =  H.    I  (,4i?Z)).    II  (BCDEbd)   =  Hahn  512.  I.   sin  AK  emper  i4>, 

DOier  Blf  enpier  Diy  eimir  62,  enbor  H,  über  Z*2,   zuber  E2.  lieht  C2.     | 

1  fehlt  A*B\  wol  C2.  drohte  b2y  drachte  Z>2,  drate  d2,  gahel  Bl,  echkte  C2. 

V  von  B2C2D2E*b2d2.  rech  ^».       |       wand  B2y  wann  C2.  darinne  D2E2 

^2.         himmels  zirde  d2.  wsehte  62,   wachte  Z>2,   wechte  C2,  wahet  Z?1,  vae- 


538  Friedrich  Zarncke, 

di  zene  machet  clar  mit  reinen  Worten, 

di  ougen  mit  gesihte,         daz  wir  di  sele  behüten  zallen  orten. 

46. 
Hie  vor  ist  wol  benennet         vil  tilgende  manger  steine, 
da  bt  ir  wol  erkennet,         wie  ir  ein  templum  dominl  sit  reine: 
noch  ist  der  steine  vil,  di  l&rent  tagende; 
nu  pfleget  der  benanten        und  habet  den  wünsch  bt  got  und  ewich  jugen 

47. 
Im  tempel  daz  gestirne         lert  iueh  gen  himel  kriegen, 
so  daz  diu  sele  ein  dirne         si  bt  got,  da  si  kein  Uppik  triegen 
ir  höhen  Saiden  nimmer  m£r  entsitzet : 
der  sus  di  stern  ist  sehende,         der  wirt  an  rtcher  kunst  vil  wolgcwü 

48. 
An  disem  tempel  uzen         da  lernet  werllltch  tugende; 
di  tumben  sich  da  muzen         möhten,  daz  si  sinne  rtch  mit  jugende 
hiezen  wol,  swa  man  di  fruten  prlset: 
innerhalp  di  lere         gtt  hört,  des  man  da  wirt  geparadiset. 


zä  der  B2d2,   ze  der  C2D2.  3.   dise  Z)1,  zeu  d2.         zend  B2,  zenden<M 

nen  d2,    red  Al,    fehlt  B*DK  zu  machen  AlBl,    machen  C2DH2,   macbrfl 

die  sont  wir  H.            claren  H.  4.  gesihene  'B2.      |       zu  a.  BlDlEV,^i 
B2C2D2. 

46  =  H.  I  {ABD).  II  [BCDE)  =  Hahn  546.  «.  —  |  mengerU* 
nichcr  D2.  2.  an  den  HB2C2D2E2.  bechennet  B2C2D2E2.  |  daxM 
B2C2D2E2.  ein  fehlt  BK  tempel  B{D{HB2D2E2.  domini  fehlt  H,  k* 
ren  D2.  sit]  sult  haben  B{.  sint  genant  vil  H.  3.  nach  Bl.  i*^r 
sint  B2,  ist  ir  C2)  noch  vil  der  (die  C2)  staine  HB2C2D2E2.  leren  JȀ 
4.  nun  Dl.  der  hie  BlDl.  genanten/)1.  nu  habt  die  selben  fo  fcM 
nu  seit  ir  [fehlt  B2E2)  ewer  [fehlt  D2)  selber  (selb  E2)  phlegende  BHWP-  \ 
ir  sint  an  werdechait  die  besten  mugende  H,  ir  seit  der  höchsten  (werdeoi" 
diet   [fehlt  C2,   art  E2)   an   (ain  B2,  von  E2)   wirde  mugende  BKWP. 

47  =  H.  I  [ABD).   II  [BCDE)  =  Hahn  547.  \.  sin  A1,  in  (flffi.     * 
stierne   (:  dierne,   wie  oft  ie  für  i)   D2.     |     iueh  fehlt  Al.         krigen  J1.      *\T 

|     dort  s.  DK         daz  AlB2C2D2.         dhain  C2.         trigen  ^l.         3.  «i** 
seiden  .41.  imer  D2.         meY  /eA/t  v*1.  verritzet  B2C2D2£l.       *•* 

tf2Z)2£2.  sust  B1,  so  HB2C2D2E2.     \     er  BK 

48  =  H.    I  (^B/>).    II  [BCDE)   =  Hahn  548.  t .   in  A*C2.       <*•* 
|     do  E2.          lerent  A^BxD^B2C2E2f  lernent  tf.          wierdichleich  I)2.       »•* 

men  Bl.  mouzzen  Bl,  massen  C2.  |  wol  m.  D*HB2C2D2E2.  **** 
sinneriche  AWDX,  witz  rieh  HB2C2D2E2.  mit  /WM  jlWJPi.        jngen*»^ 

3.  hiezzent  H.  swä  /eM  £2.  frueten  B\  furler  Z)2.  4.  und  U^ 

innerthalp  B1  und  so  fort.     |     do  £2.         git   (die  g.   D1)   den  hört  der  ewi#» 

spiset  (spisen  B1)   AWDK 


Der  Graltempel.  539 

49. 
lan  st  hie  wesende         ze  hove  bt  dem  gesinde, 
I  di  steine  lesende,         6  man  si  innerhalp  des  tempels  vinde : 
niht  selbe  lesen  künn,  der  vräge 
i  kttnste  habenden,         oder  in  git  der  gräl  di  pfrund  vil  träge. 

50. 
;en  umb  erhowen,         ergraben  und  ergozzen 
riiter  unde  vrowen,         als  ob  sie  keiner  vreuden  hab  verdrozzen, 
rowen  züchte  rtch  in  den  geb seien, 
al  di  werlde  spehende,         daz  si  kein  ougen  blik  nicht  möcht  ervaeren. 

51. 
reuden  oder  clagende         sus  wärens  ie  gestellet, 
;hrift  darumb  al  sagende         was  iriu  wort  der  werdioheit  gesellet, 
si  gebaren  solden  und  ouch  sprechen: 
»Ibe  schrift  da  wtte         der  mur  begreif;  si  künden  richeit  zechen. 


=  H.    I    [ABD).    II   (BCDEd)   =  Hahn   549.  \.   si]   sol  HB2C2D2E2d2. 

DK         wesin  d2.     |     sin  z.  HB2C2D2E2d2.         zu  B*E2.         in  BW. 
Mt  HB2C2D2E2d2.         %.  der  sy  dy  d2.         st.  ie  H,  st.  ee  B2C2E2. 

|     dann  B2E2,  danne  C2,  dan  D2,  dy  d2.         si]  in  HB2C2D2E2,  fehlt 
oerthalben  B2,  ynnewendich  d2.  3.   und  D1.  swer  B2C2D2E2. 

HE2,  selbs  C2d2,  fehlt  D2.  selbe  niht  AK  künde  C2d27  chune  D2. 
3  D{.  ie]  die  B{E2.  kunst  haben  Bx,  kunste  wissin  d2,  kunst  sein 
PE2.  |  edder  d2.  im  C2.  gibbt  d2.  vor  die  B2.  pfrunde 
nne  d2.  vil  fehlt  Ax,  gar  d2. 

=  H.  I  (ABD).  II  [BCDEd)   =  Hahn  550.  \.  al  fehlt  BK  al  un- 

gehauwen  d2.     |     —  2.   —     |     als  fehlt  Blt  all  H.  ob  sie] 

dhainer  C2.  fr&de  HC2D2.         hat  HB2E2,  hette  d2.  3.  di 

D2E2d2.  an  dem  C2.  geberen  Al,  gep&re  Dl,  gewern  C2. 

l,  wem  B*f  was  d2,   ob  H.  al]  sie  BlDK  werld  Ax,  weite  H, 

D2E2.  sehende  AxBxDxd2.       |      s.  k.]  niemen  H.  nich  A\   da 

erveren  Al.  si  möchte  oieman  seyden   (seider  D2)   gröz  ervaeren 

io  muchte  nymande  grosse rs  sin  irfarn  d2. 

=  R.    I   [aABD).    II   (5C/)i?)   =  Hahn  551,   folgt  in  H  und  II  erst  nach 

l .  Dieser  Vers  fehlt  zum  grössern  Theil  in  C2.         ze  fr.  DlHD2,  so 

AK  und  ze  B2D2y  und  zu  E2.      |      sust  fl1,  feM  B2D2.  w.  ie] 

drew    (drey  E2)    pilde   B2D2E2,    mit   andrew   beginnt   C2,    da*  i4«^e   de« 

war   von  dem  waren  am  Schlüsse  von  Str.  53,    hinter  der  in  H  und  II 
ophe  folgt,   auf  waren  vor  and.   p.   abgeirrt.  I.  geschrift  C2D2. 

alumbe  Bl,  dar  ob  H,  ob  in  ß2C2E2,  in  D2.  al]  do  Ax,  fehlt  Ä1, 

D2£2.     |     was  /eÄ/*  H,  wart  a1,   all  B2C2D2E2.         ireu  .41   (alle  flectirt, 

ir),   ietf1.  wart  J?1^2.  wirdechait  D*B2D2E2.  3.  gewaren  C2. 

gebaren  ff.  un  41.         ouch  fehlt  AXBK  4.  geschrift  C2D2. 

auch  J?2,   euch  JE2,  weiten  BWB2C2D2E2.      |      d.  m.  b.]  be- 

,  (hat  Z)1)  AlDx,  müezzen  haben  BK  gunde  a1.  s.  k.  r.  z.]  die 
llen  zechen  Ä1,  daz  man  iz  künde  rechen  Ax, 


540  Friedrich  Zarncke, 

52. 
Und  wie  si  mit  dem  gr&le         da  tragende  werben  solden: 
swie  lang  er  da  mit  tw&Ie,         er  wil  doch  menschen  handelange 
von  meiden  wol  geliutert  sam  diu  gimme; 
alsus  der  gr&l  was  sagende         ällez  mit  der  schrifte  sunder  stim 

53. 
Di  schrift  daz  golt  enpfangen         da  het  mit  grabender  kttnste 
zwischen  der  stein  üf  spangen,         dartn  saphtr  verwieret  mit  vernd 
ir  bilde  ergozzen,  wie  si  solden  gebären 
zem  tempeJ  und  zu  tische         und  swä  di  wiscn  zucbt  ie  prüfend 

54. 
Dil  riten  templeise,         als  hie  vor  ist  gesprochen, 
üf  sl ritlicher  vreisc;         wie  Schilde  und  helme  (lugen  von  in  zubrocta! 
si  kerten  unde  jagten  sunder  vliehen, 
als  in  diu  schrift  da  sagte,         man  solds  an  keiner  herte  sehen  die  scbiekt. 

55. 
Tjostieren  hurticlichen,         gesitzen  unde  vellen, 


52  =  ff.  I  (ABD).  II  (BCDE)  =  Hahn  552.  I.  —  |  do  Aty  * 
BK  tugende  Bl.  2.  swer  BK  er  fehlt  BK  do  E2.  d.  m.]  fc* 
die  D{.  wale  ff.  |  er]  lebt  und  Bl.  wolt  Dx.  menschen]  manigaJW, 
mngde  C2,  niegde  D2.  verdolden  B2C2D2t  verdoln  ff,  vergolden  E2.  3.  ■%» 
den  ff.  sam]  als  B{.  die  geleutert  waren  (weren  C2D2)  sam  (als  D*J  li 
(ain  ff2)   gimme  B2C2D2E2.           4.  alsust  B*B2,  als  uns  C2,  als  D2.     |     et  a.  * 

alz  ff.  schrift  A1,    geschrift  C2D2.  all  s.  DK  s.   niht  mit  der  J1,  • 

alle  B2C2D2E2. 

53  =  ff.  I  (ABD).  II  (BCDE)  =  Hahn  553.  \.  geschrift  C2ß*.  |  * 
E2.  het  da  BK  ergrabner  BK  2.  üf]  die  ff,  der  B2C2D2E2.  |  Ar 
fehlt  A1,   darinne  B2C2D2E2.         der  s.  C2.         sapheyre  B2.  verwirret  M#. 

fürnünfte  ff,   vernunfte  C2D2E2.  3.   ir]   diu  ff.  ergraben  ff.         soalf. 

gestalt  (gestatt  C2)  dew  (der  E2)  pilde,  wie  si  schulten  (solden  D2)  gata* 
B2C2D2E2.  4.   zum  BK  un  AK         zem  ffiff.  die  den  gral  da  (<k>  H 

prachten  B2C2D2E2.     |     un  ,4*.  wisen]  zwei  sin  ZJ1.  ir  z.   j4!.         ia /W 

v^1.  für  den  chunich  des  si  noch   (fehlt  C2)   ainich   (ainig  C2,   aynig  D^  *»• 

54  =  ff.    I  (>!#/)).  II  (BCDE)  =  Hahn  554.  I.  ritent  ff.         tempto* 
ff1,   tempeleise  ff£2.     |     als  ich  BK    daz  ist  /f.          do  vor  Ax,   oTch  vor  If. 
ist  fehlt  BW.         pey  veinden  gar  unmilte  B2C2D2E2.  2.   mit  BKWP. 
streiteclicher  D1,   ritterlicher  ff,  streytlichem  C2.        |       und  /eMf  AlBl.         Mi 
^U1/)1.           ye  flugen  DK           ir  J?1.           zerbrochen  /)',  zubrechen  BK       «* 
schilt  un  spiez  von  in  da  ward  zerstochen  U,  von  ir  tyosten  durchel  (durcbHgl* 
wurden   (worden  B2)   schilte  B2C2D2E2.            3.   kerlent  ff.  iagtent  H.       * 
ff.          vliegen  AK  Aihen  Ä1.           4.  geschrift  C2D2.         da  fehlt  AK  do  P. 
sagten  Ä1.     |     dz  mans  HB2C2D2E2.         solt  sy  ffi,  scholtz  Ä1,  /UM*  EBWlPP 

chain  Z)2.         gesehen  D«,  sach  HB2C2E2.         die  /e/W  ^fll.  weihen  J1. 

55  =  ff.  I  (ABD).   II   (flCff£)  =  Hahn  565.  \.  tiostiren  j*1,  tyostyw* 


Der  Graltempel.  541 

iz  tribenls  U1  geliehen,         niht  wan  tage  viere  frid  gesteilen: 

r  ein,  als  uns  diu  magt  was  Christ  gebernde, 

*   ander,  so  stn  sterben         uns  6wic  vröuden  lebens  was  gewernde. 

56. 
was  der  dritt  genennet,         als  er  mit  kraft  urstendic 
l*n,    von  dem  t6d  erkennet         unverzagt  und  äne  krank  genendic; 
'r    vierde,  dö  die  junger  sin  enphiengen 
^  traft  des  heren  geistes,         daz  si  der  vorchte  vrt  zum  t6de  giengen. 

57. 
Sant  Peter  unrecht  vorchte         dö  künde  wol  vermlden, 
diu  im  e  zwivel  worchte;         di  vorchte  noch  vil  mangen  kan  versntden 
und  unrecht  lieb,  als  ich  hie  vor  was  jehende: 
geding  und  rechtiu  vorchte         di  mfiz  uns  tun  der  engel  schar  gesehende. 

58. 
Da  stunt  ouch  wol  turnieren         der  jungen  diet  zu  leren, 
durch  striles  kondiwieren         gen  heidenschaft  got  und  dem  gräl  zu  eren, 


yosten  C2D2.  herticleiche  C2.       |       sitzen  D2.  und  Ax.  2.  daz]  si 

tribens  AXBXDX,   triben  B2,   treiben  D2,  treibent  E2.  tegeliche  BXHC2, 

tlichen  AXDX.     |     vier  lag  B2C2D2E2,  drier  tage  AxBlDl.  si  vrid  H. 

n  Dl.  3.  magde  H.  d.  m.]   maria  B2C2D2E2.  Christ  was  B2C2D2E2. 

rende  B2C2D2E2.         als  uns  di  magt  den  heilant  was  gebernde  AxBxDl. 
s  D2.  der  ander  sin  urstende  AiBiDl.       |      ewiger  E2.  wol  werende 

D2E*.  der  (die  BXDX)  uns  vreuden  vil  (hört  BiDl)  an  selicheit  (a.  s.  fehlt 
)  was  (w.  ie  Bl,   gab  ymmer  Dx)   wernde  AXBXDX. 

56  =  H.  I  (ABD).  II  (BCDE)  =  Hahn  556.  t.  do  B2E2,  da  D2.  der 
\  ist  wol  ge(be  BXDX) nennet  AXBXDX.  |  ir  D2.  unstentich  B2,  understen- 
D2.          als  er  mit  kraft  genendic  AXBXDX.            2.   waz  E2.  sinen  i ungern 

bekennet  AXBXDX.       |       chrach  B2y    krach  E2.         zu   (ze  Dl)   trost  an  dem 
;stag  unwendic   (gar  u.  Dl)   AXBXDX.  3.  da  D2.         do   (da  Bx)   si  mit  trost 

hiligen  geist  enptiengen  AXBXDX.  4.  die  fehlt  B2E2.         heres  C2.         also 

rieh  (chrefltecleichen  Dx)  AXBXDX.  |  damit  B2C2D2,  domit  E2.  der]  sun- 
B2C2D2E2.  vorchte  /eÄ/t  #,   voricht  D2.         vrie  ^!,  /W*/*  B2C2D2E2. 

lern  DXB2D2,  zem  C2.  damit  si  ane  vorht  bredigen  H.         giengen  fehlt  H. 

57  =  H.     I   (,4flZ)).    II   [BCDE]   =  Hahn  557.  I.  sande  Bl.  voricht 
|     da  AlBxD2,  fehlt  Dx.         gar  Ä1/)1,  wol  rat  E2.          2.   e*  fehlt  B2E2.     \ 

cht  Z>2.         nach  Bx,  noch  heut  Z)1.  manigen  B2E2f  manichen  D2.         3.   u. 

wie   recht  C2.  do    vor  Ax,    da    vor  ZJ1/)1.  mi7    was   beginnt  c1. 

rechtue   («tanrf  in  der  Vorlage  rechteu?)    D2.  voricht  D2.  wäre  minne 

rehte  vorhte   (vrochte  c1)   AlBxDxcx.       \      di  fehlt  HcxB2C2D2E2.  muz  jH, 

szen  Ä1/)1.         tuen  Ä1.         geschehende  Ax. 

58  =  IT.  I  (i4ÄZ)c).  II  (BCDE)  =  Hahn  558.  I.  do  E2.  |  ze  /)'# 
1D2.  lere  #.  2.  stritlich  H.  kundwieren  HD2,  konduwieren  B2, 
diwieren  E2,    kündueren  c1.       |       kegen  cxB2.         heidenscefte  c1.         den  c1. 


542  Friedrich  Zarncke,  [M 

schirmen,  schiezen,  loufen  unde  springen  : 

der  liste  vünde  lere         slunt  ie  mit  schritt  da  bi  alumb  zu  ringen. 

59. 
Diu  tizer  1er  der  jugende         des  ersten  wart  bescheiden, 
daz  si  der  eren  tugende         üzen  trugen  rieh  zu  werden  kleiden, 
und  desler  baz  darunder  würden  venge, 
wan  hört  der  hohsten  tugende         was  ie  der  zühte  kunst  ein  anegenj 

ANHANG. 
1. 

Swes  Feireflz  dö  jehende         was  von  rlcheit  wunder, 

daz  wurden  si  nu  sehende         und  dannoch  hundertvaltig  ob  und  w 

an  lant  an  liuten  und  die  palas  maere: 

dö  gieng  ez  an  ein  wünschen,         daz  nu  da  bt  der  gräles  tempd  we 

2. 
Darumb  sA  vil  der  venige         wart  für  den  gr&l  gevallen: 
dö  wart  der  edlen  menige         von  got  also  versaget  da  niht  allen, 
der  argen  diete  wolde  got  niht  lazen 
den  tempel  in  Salvaterre,         er  kund  ot  ie  daz  reht  gen  rehte  tntaft 


ze  HB2C2.  3.  scherem  B2,   schwüren  C2.  und  AK  4.  lere]  und* 

B*C2D2E2   [es  ist  vünde  für  ein   Verbum  gehalten).       |       ie]   da  AlBlDlcl.       1 
schriben  mit  worten  AiBiDxci.  mit  schrift   (geschrift  C2D2)   hinter  da  bi  C*,  * 

ter  alumb  B2D*E2.         d.  b.   a.]  schon  A*B*DK         ze  DlHB2C2D2.        rinje* 

59  =  H.  I  (ABDc).   II  (tfCflii)  =  Hahn  559.  I.  ouzzer  Ä1.        jofl^fl 

£2.  erste  #C2.  was  A*BlDK  2.   wie  AlDlB2C2D2E2,   die  U,  dec1. 

d.   e.]   uneren  Z?1,   der  iuner  H,  der  inneren  cxB2C2D2E2.     |     ouzzen  B*.      * 
chen  B2E2,  fehlt  D2.  ze  D*HC*.  werden]  friden  H.  claider  I. 

3.  deste  c1.  da  under  c1.  wrde  //,  wurd  B2,   wurd  D2,  wirde  #. 

4.  want  U2,   wann  2?2.  ersten  tugend  Al.       |      ie  d.]   er  D2.         def]to( 
kunst  zucht  D2y  kunst  der  tzuchte  c1.         ein  /eÄft  c!.  w.  ie  diu  «AH 

erst  mit  a.  H.  was  werltlich  tugende.    (tugent.   Dl,   ohne  Punct  Bl)  gdslficl 

anegenge  AlBlD{. 

\   =  I    [ABCD).   II   [ABCDE)   =  Hahn  616«.  *.  swez  ^l,  swaz  f. 

Ferafiz,*1.  nu  D1,   da  A2B2C2D2E2.     |     wunden  C1.  2.  —     |     uni1" 

äo  meis*.  oben  B2.  3.  luten  41,  leueten  Bx.  des  Ä1.  mW1 

lande   (an  land  an  leuten  E2)    und  Spiegel    (die  E2)    palas  maere  A^BK1^- 
4.  giengens  C1/)2.  ez  fehlt  B*CXD2.      |      da  bi]  hie  A2B2C2D2E2.        derj  d 

Ä!.  tempels  D2. 

2  =  I   [ABCD).    II   [ABCDE]   =  Hahn   6« 62.  I.   venie  5*.     |    w*0 

2.   wart  er    (moht  er  A2B2D2E2)    dirr    (diser  fl2C2)    m.  A2B2C2D2E2.        * 

B2.     |     v.  g.  a.]  also  gar  A2B2C2D2E2.  versagen  B2C2D2E2,   versagten  Al- 

da]  doch  A*Bl,    do  E2.  3.    den  DK  diete  feMt  D2.  enwoWeJ 

wohin  DK  da  got  Z)2.  dort  niht  DK  4.  —     |     et  DWti*,  **<* 

zu  r.  E2.         rehten  BK         sazzen  A2B2C2D2. 


1  ]  Der  Graltempel.  543 

3. 
Des  morgens  dd  diu  sunne         den  tac  was  vor  ir  jagende, 
manger  ougen  wunne         waer  man  davon  wol  singend  unde  sagende, 
wie  der  lempel  wart  aldä  beschowet. 
diu  edel  diet  des  gräles         wart  dö  von  6rst  geheret  und  gefrowet. 

4. 
Die  burk  man  da  mit  alle         MöntsalvMsch  was  habende. 
ob  iu  daz  niht  gevalle,         so  stt  ir  tif  den  wek  aldar  nu  drabende, 
daz  ir  der  wärheit  grlfet  an  daz  ende. 
Möntsalvalsch  alterre         hat  nu  der  richeit  niender  sacgebende. 

G£n  Rom,  g£n  Ache  den  verten         wart  nie  dem  gel  (che, 

sam  sie  die  sträze  perten         gen  India  alumbe  tegeltche 

durch  den  gräl  und  durch  den  tempel  beiden 

und  durch  die  liehten  klaren,         die  sich  von  missewende  künden  scheiden. 

6. 
Do  si  diu  zeichen  sähen         so  schöne  von  dem  gräle, 
zu  hont  si  künden  suchen         die  heilikeit  des  brunnen  sunder  tw&le. 
Priester  Jöhan  bat  daz  man  im  sagete 
die  art  des  heren  grales,         davon  er  dise  heilekeit  so  tragete. 


3  =  I  (ABCD).   II  (ABCDE)  =  Hahn  6163.  I.  nahtes  AlB*CxDK     |     dew 
;ht  C2.         von  C2.          ir  fehlt  A2.           2.   ougen]  engel   (aus  öugel?)   E2. 

sah  man  freuden   (freud  und  C2)   w.  A2B2C2D2E2.     |     man  wer  A2B2C2D2. 
d  wol  fehlt  E2.  singen  E2.  singend  unde  fehlt  B2.  wer   (wart  B1} 

von  zu  singen  un   (noch  Dl)    zu  sagene   (sagende  BXCX)    AXBXCXDX.  3.   un 

e  AWCW,   die  weil  E2.    '      all  wart  da  B2.  4.   —     |     aldo  Bx.  da 

&C*D2.  van  erst  CXDX,    alrerst  Ax,    alrest  Bx.  geherret  AXC2.  ge- 

Iwet  Dl. 

4  =  I  (ABCD).  II  (ABCDE)  =  Hahn  6464.  \.  nam  A2.  do  CK  \ 
un  (statt  mont)  Ax.  salvasch  A{,  salvatsch  C2,  sa Watsche  E2,  salvax  D2,  schal- 
cz  B2,  schalvatsch  A2,  ebenso  Vs.  4.  da  was  D2.  2.  euch  D2.  |  ir]  ye 
l.  dem  D2.  al  da  B2.  nu  fehlt  DK  3.  die  A2B2C2D2.  uncz  an 
K  4.  —  |  hant  B2.  nu]  noch  A2B2C2D2.  nyndert  DXC2,  in  der  D2, 
cht  ein  E2.         sag   (sach  B2,  sack  C2E2y   sat  AXBXCXD2)   gebende  DK 

5  =  I   [ABC).    II   (ABCDE)   =  Hahn  64  65.  \.  g<*n  fehlt  A2B2C2D2. 
>am  B2.           g.  A.  d.]  und  all  ir  A2B2C2D2,   mit  allen  E2.  vorten  CK     \ 

ö  Cl.  dem   (dein  A2)   nie  A2B2C2D2.  nie  wurden  dem  E2.  2.  die]  da 

strazen  B2.         berten  BlE2,   porten  Cx.     |     India]   in  die  AXBX.  alumbe 

(nu  E2)   CXE2.  3.  auch  durch  B2.         beide  CK  4.  die]  den  AXCX. 

elen  A2B2C2D2.     |     die  sich]  der  sie  AXBX.         künde  AXBX. 

6  =  I   (ABCD).    II   (ABCDE)   =  Hahn  6166.  \.  d.   z.]   ziehen  E2.      \ 
»einig  A2B2C2D2}  heilig  E2.            2.   ze  ^2.     |     des  C2,  der  ^^C1/)1.  taili- 
t  il1.         der  £2.          4.   herren  A2.     |     do  von  AXCXE2,    wannen  A2C2,    wann 
M.         die  A2B2C2D2E2, 


544 


Friedrich  Zarncke, 


Anmerkungen. 

b,   \.  Ueber  Jerusalem  vgl.  die  Anm.  zu  Marl.  H,  3.  —  Das 
das  ja  selber  ein  tabernaculum  Dei  genannt  ward,  galt  im  Mittelalter  nicht 
als  ein  Abbild  des  Tempels  in  Jerusalem,    sondern  ganz  besonders  aoefe 
himmlischen  Jerusalem,  der  Jerusalem  sancta,  coelestis.     Vgl.  Apocal.  16, 
Et  vidi  sanctam  civüatem  Jerusalem  novam  descendentem  de  caelo  a  De». 
audivi  vocem  magnam  de  throno  dicentem:   Ecce  tabernaculum  Dei 
nibus    et   habitabit   cum    eis).     So   sagt    Honorius   Augustod.   in   der 
animae    (Migne  Patrologia  Bd.  172  S.  585  cap.  GXXY:    Templum  aute* 
fert  templum  gloriae  de  vivis  lapidibus  in  coelesti  Hierusalem  constructm. 
spielt    die   Erwähnung    dieses    in   den   alten   Ritualen   zur  Einweihung 
Kirche    fast   ohne   Ausnahme   eine   hervorragende   Rolle.     Eine  Yorschri 
einer  solchen  Einweihung  bietet  uns  Honorius  a.  a.  O.  S.  590  fg.  cap.  dl 
»De  dedicatione  ecclesiaea.     Darin  in  Gap.  CLXIII  fg.  z.  B.   Ecclesia 
Dei  tabernaculum  in  hujus  mundi  itinei%e,   quae  postea  erit  templum  t* 
ventione.     Beim  Eintritt   in    die  Kirche   mit   den  Reliquien   (Gap.  CLXT) 
gesungen:    »Ambulate,   sancti  Dei,   ingr edimini  civüatem  Dei«  id  est 
Hierusalem.    Quod  autem  sequitur  »Nobis  aedificata  est  nova  ecclesia*  hxM\ 
Hierusalem  nova,  quae  aedificatur  ut  civitas.  —  Noch  ausführlicher  siodM 
Angaben  in  einigen,  schon  viel  älteren  Ritualen,  die  Martene,  De  antiq»»j 
clesiae  ritibus  Tom.  II  mittheilt.    So  in  dem  Ordo  II  das.  Lib.  43,  S.  6ttfc 
Da  wird  auf  dem  Höhcpuncte  der  Feier  gesungen:    »De  Jerusalem  exaafrH 
liquiae  ....   Plateae  Jerusalem  gaudebunt  ....  Ecce,  Sion,  filiae  tuae  mf* 
gatae  ....  Jerusalem,    civitas   sancta  .  .  .  .«   —  Antiphona:    » Sanctifical* *h 
Jerusalem,  dicit  dominus,  et  dabo  sanctis  meis  regnum  et  tabemacula  aetem, 
quae  praeparat  in  odore  unguenti«.     Antiphona:  »Ambulate,  sancti  Dei,  wf* 
dimini  in  civitatem  Dei.     Aedificata  est  enim  vobis  ecclesia  nova,   ubi  f*t& 
adorare  debeat  majestatem  domini«.    Darauf  folgt  das  Gebet  des  Biscbofc:  &• 
gredere,    benedicte  domine,   praeparata  est  habitatio  sedis  tuae.     In  der ch« 
gehörigen  Messe   wird    angeordnet:    Lectio  libri  Apocalypsis  Jokannis  qdf\ 
»/n  diebus  Ulis  vidi  civitatem  sanctam  Jerusalem«  etc.  usque  » nova  fach  «*** 
(d.  i.  Apocal.  21,  2 — 5).    —    Ebenso  das.  S.  700  in  dem  Ordo  III,  eberf* 
auf  dem  Höhepuncte  der  Feier:    » Sanctificetur  hoc  templum*  .  ...  cm 
phona:    »0  quam  metuendus  est  locus  iste,    vero  non  est  hie  aliud  nisi 
Dei  et  porta  caeli«.     Psalmus  »Magnus  Dominus«.    El  iterum  dicat  antifk**'- 
»Lapides  preciosi  omnes  muri  tui  et  turres  Jerusalem  gemmis  aedificabvd**' 
Psalmus  »Lauda  Jerusalem«.  —   Ganz  ebenso  im  Ordo  IV,  vgl.  das.  S.  "^ 
und   im  Ordo  VII,    das.  S.  731.    —    Im  Ordo  VIII    (das.  S.  735)  wild*" 
Clerus  vorgeschrieben : 

R'.   Vide  Jerusalem.         V.  Et  erat  struetura. 

R'.    Vidi  portam  civitatis.         V\   Vide  Jerusalem. 

R\  Haec  est  Jerusalem.         V\  Portae  eius  non. 

R'.  Plateae  tuae,  Jerusalem.         V\  Luce  splendida. 
Vgl.  auch   noch   das.  S.  741    und   den   Ordo  IX  das.   S.  750.     Solche  Steh 
lassen  sich  noch  aus  andern  RitualbUchern  in  grosser  Menge  beibringen.  &" 


Der  Graltempel.  545 

werden  aufgezählt  von  S.  Boisseree,  Gesch.  u.  Beschr.  des  Doms  von 
,  2.  Aufl.,  S.  46,  Anm.  4;  S.  48,  Anm.  4—3.  Man  sieht  wie  fest  ge- 
t  dieser  Vergleich  Allen  vorschwebte. 

4,  !  fg.  Der  Vergleich  des  Menschen  mit  einem  Tempel  Gottes  ist  be- 
biblisch. Paulus  ad  Corinth.  I,  3,  46  sagt:  Nescäis  quia  templum  do- 
estis  et  Spiritus  Dei  habitat  in  vobis?  und  II,  6,  46:  Vos  estis  templum 
vivi.  (Vgl.  auch  Evang.  Joh.  2,  49  u.  24).  Auch  dieser  Gedanke  war 
littelalter  sehr  populär.  So  theilt  Martene,  De  antiquis  ecclesiae  ritibus, 
.  786  fg.  einen  »Sermo  in  dedicatione  templi,  auctore,  ut  videturL  S.  Cae- 
»«  mit,  der  wesentlich  hierüber  handelt:  .  .  .  Omnes  enim  nos ,  fratres 
\simi,  ante  baptismum  fana  diaboli  fuimus ;  post  baptismum  templa  Christi 
meruimus  .  .  .  templum  Dei  veri  nos  esse  cognovimus  ....  Templa  enim 
ideo  de  lignis  et  lapidibus  fabricantur  ,  ut  ibi  templa  Dei  viventia  congre- 
fcr  .  .  .  .  Unus  Christianus  unum  templum  Dei  est  ...  .  Uta  templa  ha- 
rnt ipsum  habitatorem  Christum.  Auch  schon  die  Pflicht  wird  eingeschärft, 
en  Tempel  rein  zu  halten :  sed  timeamus  ne  templum  Dei  malis  operibus 
rnius  .  .  .  .  Nihil  ergo  in  te ,  hoc  est  in  templo  suo,  Deus  inveniat  sor- 
um  u.  s.  w.  Auch  die  Steine  des  Tempels  werden  mit  den  Tugenden 
;lichen :  Ecclesiam  necesse  est  ut  fidelis  quisque  in  corde  suo  ex  praedictis 
ioc  lectione  virtutibus  jquasi  multis  lapidibus  construat.  Vgl.  auch  Beda  in 
le's  Patrologia  94,  S.  758;  Honorius  Augustod.  ebenda  472,  S.  593,  cap. 
&;  und  denselben  im  Speculum  ecclesiae  bei  Migne  S.  4  405. 
3,  2  mästu  geht  noch  auf  herze.  Im  Folgenden  ist  bei  du  diese  spe- 
ie Beziehung  wohl  bereits  aufgegeben.  * 

3,  4  sehen  balsemlieht,  vgl.  Gralt.  83  :  in  jedem  Chor  dreimal  zwei,  vor 
zwei  Thüren  je  zwei. 

4,  I.  Diese  schwierige  Strophe  ist  sehr  verschieden  überliefert.  Dl  giebt 
m  guten  Sinn,  aber  diese  Hs.  ändert  oft  mit  Verstand,  und  was  sie  bietet 
inert  sehr  an  Str.  8.     Der  von  mir  hergestellte  Text  giebt  wohl  allein  den 

•  geforderten  Sinn.  Gegen  ihn  spricht,  dass  gegen  die  kritische  Begel  in 
8  ein  lieht  entfernt  ward,  obwohl  es  in  /  und  H  überliefert  ist;  aber  da 
s  Wort  in  diesen  Strophen  so  häufig  vorkommt,  so  kann  jene  Ueberein- 
nroung  an  dieser  Stelle  ein  Zufall  sein.  Ein  got  in  scelden  schrlne  ist  frei- 
i  ein  eigener  Ausdruck ,  aber  es  ist  ein  Bild ,  das  an  die  Aufstellung  von 
ligenbildern  in  heiligen  Schreinen  anknüpft,  und  jedesfalls  stimmt  jene, 
tb  die  Ueberlieferung  durchaus  sicher  gestellte  Lesart  nicht  besser  zu  lieht ; 
'  zündet  ein  Licht  in  einem  Schreine  an? 

K  *  genenden ;  da  hier  /  und  HII  sich  gegenüberstehen ,  so  mag  auch 
tönen  richtig  sein.  —  ouch  schien  im  Zusammenhange  besser  zu  passen 
doch;    die  Ueberlieferung  kreuzt  sich,    für  doch   sprechen  AlH ,    für  ouch 

*  und  //. 

6,  4  du  in  /,  fehlt  in  HII;  der  Fortfall  erschien  mir  wahrscheinlicher 
die  Einfügung. 

7,  4   enfuren   geht   nicht  auf  geziuge  valsch  als  Substantiv,    sondern  auf 
ganze  Gebot,   und  geziuge  ist  der  Imperativ. 

40,   \   zwo  tür,  vgl.  Gralt.  70,   4.  —  Es  ist  mir  nicht  gelungen,  zu  der 


546  Friedrich  Zarncke,  [11 

folgenden  Stelle   eine   entsprechende  Allegorie   in   der  lateinischen 
Litteratur  nachzuweisen.     Auch  bezweifle  ich,    ob  dem  Verf.  wohl  ek 
liches   Bild    von   dem   Tempel   des   Salomo   vorgeschwebt  habe.     Eines 
klaren  Sinn  in  seine  Deutung  zu  bringen  ist  mir  nicht  möglich  geweset. 

Da  in  Vs.  3   ausdrücklich   der  kör  des  Salomonischen  Tempels 
wird ,    so   haben   wir  an  den  Eingang   zum  Ailerheiligsten   zu  denken. 
diesem  heisst  es  Reg.  111,  6,  34   u.  32:  Et  in  ingressu  oraculi  fecU  ostkk 
lignis  olivarum  postesque  angulorum  quinque,   et  duo  ostia  de  lignis 
et  sculpsü  in  eis  picturam  cherubim  u.  s.  w.     Dies  erklärt  Beda  »De 
Salomonis  über«,    bei  Migne   Patrologia  94,    S.  769,    cap.  XV,    dessen 
fassung  wohl  für  das  Mittelalter  massgebend  geblieben  ist:    unus  quipft 
ingressus ,   sed  idem  ingressus  duobus  ostns  claudebatur ,    mit  dein  m 
Sinne:    quia  unus  Dominus,   una  fides,   unum  baptisma,  unus  Deut, 
ecclesiam  praesentem  per  baptismum,  unus  in  regnum  coeleste  per  opm 
est  sperandus  introitus.      Die   beiden  ostia  erklärt  er  dann  nicht  för 
thüren,    sondern    für  Thttren   hinter  einander.     A.  a.  O.  S.  773  fg.: 
iuxta  formam  operis ,    decoris  gratia  provisum  est,   ut  in  uno  eodemqm 
ingi%essu   duo   essent   ostia.     Necesse  etenim  erat  parietes  domus,   qui 
cubitos  habebant  in  altitudine,  nonnullam  etiam  grossitudinem  habere,  n 
nimirum  grossitudinis  extrema  parte  ostia  erant  affixg,    ita  ut  aequale 
esset  utrumque  ostium  et  sive  intus  sive  foris  quisque  positus  ostktm  ms/mit 
unus  ei  per  omnia  paries  esse  videretur1). 

Nimmt  man  die  beiden  Thttren  so  an,  so  kann  von  der  inneren  dnp> 
sagt  werden ,  was  wir  Sir.  40,  4  lesen ,  obwohl  Beda  nichts  derartiges  Wr 
deutet.  Denn  innerhalb  des  Ailerheiligsten  stand  die  Kiste  mit  dem  Hü*, 
von  der  in  Str.  4  4  fg.  die  Rede  ist.  Wir  erfahren  das  bestimmt  aus  (kl 
Brief  an  die  Hebräer  9,  3  fg. :  Post  velamentum  autem  seeundum  tabernaaA*t 
quod  dicitur  Sancta  Sanctorum,  aureum  habens  thuribulum  et  arcam  testamä 
circumteetam  ex  omni  parte  auro,  in  qua  urna  aurea  habens  manna  (d.i.« 
ember  rieh  von  golde  4  4,  4  ;  vgl.  Exod.  46,  32  fg.)  et  virga  Aaron,  quaefn* 
duerat,  et  tabulae  testamenti.  Dass  dies  Manna  einen  köstlichen  Duft  geWt 
habe,  wird  erzählt  Sapienlia  46,  20:  et  paratum  panem  de  caelo  praes&f 
Ulis  sine  labore ,  omne  delectamentum  in  se  habentem  et  omnis  saporis  «*► 
tatem.  Daneben  standen  auch  die  beiden  Cherubim  mit  ausgebreitetes  H** 
geln.  Vgl.  Ad  Hebraeos  9,5:  Superque  eam  erant  cherubim  etc.  Reg.  I» 
6,  23  fg. :  Et  fecit  in  oraculo  duos  cherubim  de  lignis  olivarum  ....  ISrift* 
debant  autem  alas  suas  .  .  .  Texit  quoque  cherubim  auro.  Vgl.  Sir.  i%%' 
wo  jene  beiden  Cherubim  gemeint  sein  müssen ,  nicht  die  Reliefs  auf  d* 
Thttren  selbst,  denn  diese  waren  gleichermassen  auf  den  Thttren  sub  TflH 
pel  wie  auf  denen  zum  Ailerheiligsten  angebracht.    Vgl.  Reg.  111,  6,  38  i,  & 


vj  Diese  Schilderung  ist  allerdings  von  dem  äussern  Eingänge  zum  Te«H 
gemeint ,  aber  unmittelbar  darauf  überträgt  Beda  sie  auch  auf  den  Einging  HP 
Ailerheiligsten:  Similiter  et  u.  s.  w.  Quapropter  et  in  huius  ingressu  duo  f& 
sunt  ostia ,  ut  videlicet  ab  utroque  latere ,  hoc  est  intus  et  foris ,  aequale  f*ri* 
ostium  pateret,  et  quoniam  easdem  picturas  ostium  quas  et  paries  habebat,  f*** 
citer  unus  per  omnia  et  continuatim  extentus  paries  videretur. 


Der  Graltempel.  547 

toweit  wäre  Alles  in  Ordnung,  denn  der  Vorzug  des  Mannaduftes  und  der 
bim  konnte,  nach  Beda's  Auffassung,  nur  der  einen,  der  innern  Thür  zu- 
«n ;  auch  dürfen  wir  in  Betreff  der  Allegorie  nicht  allzustrenge  Anforde- 
n  machen.  Zwar  passt  es  sehr  wenig,  wenn  der  Dichter  nun  auffordert 
45  und  46),  nachdem  man  den  Weg  durch  die  schön  duftende  Thür,  den 
der  Unschuld,  verloren  habe,  den  minder  bequemeren  durch  die  andere 
,  den  der  Reue  und  Busse,  zu  versuchen,  da  dies  Bild  nur  bei  zwei 
m  nebeneinander  angebracht  ist,  nicht  aber  bei  solchen  hinter  einander, 
och  nur  einen  Weg  bedeuten ,  zumal  in  unserm  Fall  der  zuerst  zu  be- 
ide Weg  (der  der  Unschuld}  die  zweite  Thür  meint.  Doch  auch  Beda 
et  auf  die  beiden  ThUren  eine  Allegorie  an,  die  nur  für  ersteren  Fall 
,  a.  a.  O.  S.  770 :  Duo  sunt  autem  ostiola,  sive  quia  Deum  et  proximos 
mt  et  angeli  et  homines  sancti,  neque  ianuam  vitae  nisi  per  hanc  geminam 
ionem  possunt  intrare;  seu  quia  utrisque  populis  fidelibus ,  Iudaeis  vide- 
et  gentüibus,  eadem  vitae  janua  reseratur.  Aber  ganz  verlieren  wir  jenes 
aus  dem  Auge,  wenn  wir  es  auf  die  Thttren  zu  den  Chören  im  Gral- 
A  anwenden  wollen,  die  doch  nicht  als  hinter  einander,  sondern  nur 
l  einander  gedacht  werden  können.  Der  Dichter  wird  also  wohl  ohne 
i  eigenes  Verständniss  eine  allegorische  Andeutung  aus  einer  lateinischen 
e  benutzt  haben. 

14,   4  ember  =  urna  Hebr.  9,  3.    Ebenso  wird  diese  Urne  im  Pass.  447, 

mannt.    Mit  ihr  wird  Maria  verglichen:  du  bist  der  wol  gemachte  schrin, 

wart  geleget  in   manna  daz   bröt,   des  wir  leben.     Paulus  Urkunde  hat 

m  an  endehaftem   mwre,   wie  es  ein  eimer   watre  geziert  von  schöneme 

Maria,  gotes  holde,  du  mäht  wol  ein  eimer  wesen. 

12,  3.  Dieser  Vers,  der  auch  durch  das  Zusammenstimmen  von  /  und  H 
lert  ist,  kann  nicht  entbehrt  werden,  weil  sonst  die  Engel  gar  nicht  mit 
Vergleich  herangezogen  werden;  schon  dadurch  erweist  sich  die  Lesart 
\l  als  abgeleitet.  In  Vs.  4  wäre  embers  eine  wohl  erträgliche  Lesart, 
noch  mehr  spricht  brötes  an,  das  auch  durch  die  Abweichungen  in  // 
3)    gestützt  wird,    und   dessen   nicht  ausdrucklich   vorbereitete  Nennung 

auffallen  kann,    da    doch    wohl  jeder  Hörer  als  ausreichend  unterrichtet 
den  duftenden  Inhalt  des  embers  angenommen  werden  konnte. 

13,  4.  Die  Speisung  durch  das  Manna  in  der  Wüste  wird  Exod.  46,  43  fg. 
It;  aber  unsere  Strophe  nimmt  Bezug  auf  eine  Weiterentwickelung  der 
,  von  der  uns  Sapient.  46,  24  berichtet.  Dort  heisst  es,  nachdem  von 
lieblichen  Gerüche  die  Rede  gewesen  ist  (s.  o.) :  Substantia  enim  tua 
imem  tuam,  quam  in  filios  habes,  ostendebat;  et  deserviens  uniuseuiusque 
tati,  ad  quod  quisque  volebat,  convertebatur.  Diese  Stelle  mag  auf  die 
ickelung  der  Gralssage  von  Einfluss  gewesen  sein.  Auch  der  palästinisch- 
;he  Midrasch,  worauf  mich  Hr.  Prof.  Franz  Delitzsch  aufmerksam  macht, 

dass  das  Manna  den  Geschmack  hatte,  welcher  dem  Belieben  des  Essenden 
räch.  Die  Haupistelle  ist  Jöma  75a  (der  so  benannte  Tractat  des  ba- 
ischen  Talmud).  Dies  wird  abenteuerlich  ausgemalt  in  zwei  Midrasch- 
n,  die  Eisenmenger  in  seinem  Entdeckten  Judenthum  I,  S.  484  fg.  mit- 
Weiler  noch  geht  der  Dichter  des  Titurel.     Denn  wenn  auch  a.  a.  O. 


548 


Friedrich  Zarncke, 


l« 


das  Manna  für  Engelspeise   erklärt   wird,    und  z.  B.  jüdische  Ioteqmtai 
nahmen,    dass   die  Kinder  Israel,    so  lange  sie  das  Manna  genossen, 
Stuhlgang  gehabt  hätten  (Eisen menger  S.  485) ,    so   wird  doch  von  der 
sung   durch   den   blossen   Duft  nirgends  gesprochen.     Dies    aber  nwri 
Dichter  des  Titurel  an. 

44.  Vgl.  zu  dieser  Strophe  Parz.  789,  26  fg.;  Willeh.  454,  22.;  10. 
die  Varianten  zu  beiden  Stellen,    ammier  nur  in  A\  sonst  ämer,  amm 
amber;   zerbenezi  ist  wohl  therbentina    (Terpentin),   therebinten  zlber, 
Megenberg  S.  359,  26.     pardisöe  wird  schwerlich   richtig   sein,  aber  k 
lignum  aloe  aus  dem  Paradiese  herstammen  sollte ,    so  wird  etwas  dm 
sprechendes   hier  gestanden    haben.     Vgl.  z.  B.  Megenberg  S.  355,  tt: 
andern  maister  sprechent ,   daz  daz  holz  körn  von  dem  irdischen  panA 
vliezenden  wazzern  und  daz  man  ez  mit  netzen  in  den  wazzern  aufvkk 
bardubele  und   seine  Varianten   sind   mir  unbekannt;    desgl.  iussia*.  - 
sämen  vgl.  Megenberg  S.  359,  49  fg. :  der  paum  haizt  balsamus,  aber  m 
oder  sein  traub  haizt  xilobalsamum  und  sein  säm  haizt  carpobalsamm. 

44,  4.  Statt  wir  hattet1  anfangs  si  geschrieben,  wodurch  die  Werte 
gehört  hätten  zu  der  Bede  des  Titurel  zu  gehören.     45,   4   ist  in  DXP 
lieh  wir  in  si  verändert   worden.     An   anderer  Stelle   ist   der  Dichter 
aus  der  Rolle  gefallen,  vgl.  z.  B.  Str.  25  fg.  27.  54.  54.  58. 

45,  4.    Von  so  verschiedener  Behandlung  der  beiden  Thüren  istia 
nicht  die  Rede  gewesen. 

46,  4.  Dem  Schuldlosen  bleibt  es  unbenommen,   sich  durch  & 
noch  weitere  Verdienste  zu  erwerben;  wirde  ist  der  Genetiv. 

48,    \.  Ueber  die  sacrisltne  vgl.  Gralt.  69,   4. 

48,   %  da  gegen  alle  Hss.  in  den  Text  gesetzt.   —   Vs.  3  u.  4  hihi 
und  //,  wie  es  scheint,  um  den  Beim  stle  :  autle  zu  umgehen,  jede 
ständig  gebessert. 

49—27.    Diese  Wortspiele   mit  stle  und  sMe ,    mit  heil  und  heäari 
höchst  wahrscheinlich  interpolirt.    Vgl.  zu  25,   4.     Mitteldeutscher 
zeigt  sich  hier  ganz  besonders  in  dem  l  für  a>.  das  durch  das  WortspW^ 
sichert  ist  (49,  2).     Es   kann   vielleicht  inconsequent  genannt  werden, 
ich  daneben  ü  beibehalten  habe,  aber  ich  wollte  nicht  weiter  gehn,  ab 
erwiesen  war. 

20.  Die  drei  gegen  alle  Hss.  vorgenommenen  Aenderungen  bedürfet*» 
keiner  besonderen  Rechtfertigung. 

23,  3  wider  got,  während  er  gegen  Gott  handelt. 

24,  4  für  ordenliche  möchte  man  stlecliche  mit  D{  lesen,  wenn  bä' 
und  Bl  zusammenstimmten. 

25—28.  Hier  fällt  der  Dichter  oder  Zudichter  ganz  aus  der  Rolle,  '*& 
er  vergisst,  dass  diese  ganze  Rede  dem  Titurel  in  den  Mund  gelegt  i*  * 
Betreff  des  Taufnapfes  vgl.  Parz.  846,  20  fg.  und  817,  4  fg. 

27,  2  Karisse  ist  Xapi;,  Charis,  die  Göttin  der  Anmuth.  —  Vi.  3,  ** 
mich  zu  lieben,  hasst  sie  mich  seit  lange. 

28,  «.  Vgl.  Gralt.  99,   4  fg.  —  Vs.  3  fg.  Es  stehen  sich  hier  / 
gegenüber,    innere    Gründe    müssen    also   entscheiden.     Bei  dem  Texte  »' 


*m 


}  Deb  Graltempel.  549 

Aet  offenbar  Kenntniss  des  Waischen  Gasles  von  Thoinasin.  Vgl.  dessen 
Buch,  Ys.  13573  fg.  bei  Rücken,  und  so  könnte  es  scheinen,  als  seien  an 

Stelle  der  im  Anschluss  an  Thomasin  aufgenommenen  Tugenden  (in  /) 
(er  (in  H  und  //)  die  drei  bekannten  theologischen  Tugenden,  Glaube, 
M  und  Hoffnung,  getreten.  Aber  einmal  werden  in  /  factisch  vier  Til- 
den aufgezählt:  mute,  hinsehe,  diemuot,  wäre  minne,  was  nicht  in  das 
ieboiss  passt;  noch  mehr  aber  spricht  gegen  /  das  Fehlen  jeder  Hindeutung 

die  Edelsteine  an  den  Portalen.  Eine  solche  muss  aber  in  dieser  Strophe 
banden  haben ,  da  die  folgenden  Strophen  sie  voraussetzen.  In  H  ist  ein 
ssem  an  der  zaichnunge  in  den  Text  gesetzt:  man  bedarf  zum  VersUind- 
t  der  Steine  (und  ihrer  Bedeutung)  klugen  Verstandes.  Vgl.  Gralt.  402,  4  fg. 
lieber  die  Reihenfolge  der  Strophen  29  fg.  vgl.  die  Einleitung  S.  403. 

29,  I  stete;  in  den  Beschreibungen  der  Steine  nur  indirect  ausgesprochen, 
BL  adamas  lapis  est  durissimus,  adeo  solidus  ut  neque  igne  neque  ferro  molle- 
t  vel  solvcUur  Alb.  Magnus  im  Museum  f.  attd.  Lit.  u.  Kunst  II,  S.  79  fg. ; 
ist  auch  den  mönwendigen  läuten  guot,  die  ir  sinn  verkirent  nach  des  mönen 
f  Konr.  v.  Megenberg  S.  434,  40. 

30  fg.  Eine  ähnliche  Gegenüberstellung  der  Synagoge  als  Vertreterin  des 
lenthums  und  der  Ecclesia  als  der  des  Ghrislenthums  fand  sich  in  dem 
rtus  deliciarum  der  Herrad  von  Landsberg,  vgl.  Engelhardt  S.  40  fg. ,  der 
i  Bild  so  beschreibt:  »zwei  allegorische  Bilder,  das  eine  die  triumphirende 
che  auf  einem  Thiere  mit  den  vier  Köpfen  der  den  Evangelisten  gegebenen 
jribute  (vgl.  Str.  32,  4),  trägt  mit  einer  Hand  ihr  siegreich  wehendes  Panier 
d  fasst  mit  der  andern  das  aus  Ghristi  Seite  quellende  Blut  in  den  Becher 
$  Abendmahles;  gegenüber  ist  die  erblindende  Synagoge  auf  einem  Esel; 
i  Regenluch  fällt  ihr  tief  über  die  Augen  herab,  ihr  Panier  lehnt  umge- 
Irzt  an  ihrem  Grauschimmel,  im  Schosse  hält  sie  den  Sündenbock  des  alten 
stamentes,  mit  der  andern  das  Opfermesser«.  Eine  Abbildung  findet  man 
B.  auch  bei  Viollet-Le-Duc,  Diclionnaire  raisonne  de  TArchitecture  V,  S.  4  60 
is  dem  Wormser  Dom).  Dort  wird  S.  454  fg.  noch  weiter  über  die  Per- 
oißeirung  der  Ecclesia  und  Synagoge  gehandelt.  Vgl.  darüber  auch  Caumont 
ftecedaire  S.  474  fg.  —  Unter  den  fälschlich  dem  Augustin  beigelegten  Wer- 
n  findet  sich  auch  ein  Dialogus  de  alterentione  Ecclesiae  et  Synagogae ,  bei 
gl*  42,  S.  4434  fg. 

38,  3.  Christus  als  Quelle,  von  Maria  (als  Eimer  gedacht)  ausgehend, 
ich  sonst.  Vgl.  z.  B.  Pass.  4  47,  22:  Maria,  gotes  holde,  du  mäht  wol  ein 
wer  wesen;  wände  du  bist  vroliche  uz  gelesen  mit  der  genaden  heilicheit, 
w  du  die  tiefen  gotheit  erschüfe  als  einen  brunnen.  du  hast  hervür  gewunnen 
*  urir  uns  alle  mügen  laben  ...  du  bist  noch  zaller  stunt  obe  dem  brunnen 
*Wf  unde  hast  alvollen  gewalt,  daz  du  mäht  schepfen  swaz  du  wilt  u.  s.  vv. 
>*  dem  Eimer  schwebt  das  aus  dem  Allerthum  überkommene  Bild  vor,  wo 
ussgdtler  mit  einer  Urne,  aus  der  Wasser  Giesst,  dargestellt  werden.  Vgl. 
B.  den  Mosaikfussboden,  auf  dem  unter  Anderem  auch  die  vier  Flüsse  des 
c&dieses  sich  inden,  bei  Didron  Annales  archeologiques  XVII,  389. 

38,   4.    Vgl.  Apocal.   42,   4:   Mulier  amieta  sole  u.  s.  w. 

34,  4.    Vgl.  Gralt.  402,  4  fg.    —    Wie  der  Tempel  aus  den  Edelsteinen 

^bbandl.  d.  K.  8.  Gesell  seh.  d.  Wisgciuch.  XVII.  37 


550 


Friedrich  Zarncke, 


[47t 


auferbaut  ist,  deren  Namen  und  Bedeutung  man  an  den  Portalen  aussen  fitf^ 
so  soll  auch  der  Mensch  sich  erst  auferbauen  aus  den  Tugenden,  welche  ji 
Steine  bedeuten,  um  als  Tempel  Gottes  diese  in  sich  aufzunehmen. 

35,  \  Aarön.  Vgl.  Exodus  28,  47  fg. :  Ponesque  tn  eo  quattuor 
lapidum;  in  primo  vwsu  erit  lapis  sardius  et  topazius  ei  smarayix 
in  secundo  carbunculus,  sapphirus  et  iaspis;  in  tertio  ligurius,  aelil 
et  amethystus ;  in  quarto  chrysolithus ,  onychinus  et  beryllus;  inclusi 
erunt  per  ordines  suos.  Habebuntque  nomina  filiorum  Israel :  duodedm 
nibus  caelabuntur ,  singuli  lapides  nominibus  singulorum  per  duoderimhkl 
Aber  die  in  Ausl.  aufgezählten  Edelsteine  stimmen  nicht  zu  den  in  Euto' 
genannten.  Es  sind  ihrer  im  Ganzen  nur  neun,  davon  nur  sechs  ühö#] 
stimmende:  Saphirus  (oder  Sardonix) ,  Chrysolithus,  Topashis,  Smarcfk, 
Jaspis,  Achates,  nicht  übereinstimmend:  Chalcedonius?  Silenites  und  Ctafc 
Wieder  andere  (wenn  auch  im  Ganzen  übereinstimmend)  sind  die  zwölf  Sleiv 
die  das  altdeutsche  Gedicht  (Museum  für  altd.  Litt.  II,  55  fg.)  aufzählt  (IM 
hcere  ich  sagin  m&re  davon ,  das  gotis  öwarte  Aarön ,  wenne  her  sulde  m  fc] 
tempil  gan,  so  muste  her  alleczeit  czwelff  steine  han,  tragende  «y  anderhi 
sein,  das.  S.  57,  59  fg.).  Auch  die  zwölf  Steine  des  himmlischen  Jertttai 
(Apocal.  24,  49  fg.)  stimmen  nur  theilweise.  —  Dass  die  zwölf  Steine  des  Ami 
zwölf  Tugenden,  die  den  Priester  schmücken  sollten,  bezeichneten,  war  dt 
gemeine  geistliche  Annahme  (und  zwar,  wie  jene  Steine  in  vier  orfc» 
gruppirt  waren,  so  wurden  diese  zwölf  Tugenden  als  je  drei,  auf  die  TrUM 
hinweisende  Unterlugenden  der  vier  Gardinaltugenden,  der  prüden tia,  toriümk 
justicia,  temperantia,  angesehen).  Vgl.  z.  B.  Beda,  De  tabernaculo  et  wi 
eius,  bei  Migne  94,  S.  470  fg.  u.  a.  Auch  die  Beziehung  dieser  ZwOfatf 
auf  die  zwölf  Apostel  kommt  schon  bei  Beda  a.  a.  O.  vor:  Verum  recki* 
denarius  in  ralionali  numerus  fieri  praecipitur ,  ut  eorum  solummodo  od»* 
miraeula ,  qui  apostolicae  fidei  doctrinae  et  charitaiis  unitatem  sequuntor,  ft 
cepta  Deo  esse  noverimus.  Und  Honorius  in  der  Gemma  animae,  bei  lüg* 
472,  S.  608:  Monet  autem  pontificem  .  .  .  gemmis  virtutum  coruscare,  i* 
decim  apostolos  sanclitate  imitari. 

36,  \  sardonix;  Arnoldus  Saxo,  De  virlutibus  lapidum,  herausgeg. " 
Val.  Rose  in  Ilaupt's  Zeitschr.  48,  S.  444  Nr.  70:  luxuriam  depellä  ethmr 
nem  reddit  et  castum  et  pudicum.  Vgl.  Albert.  Magn.  im  Museum  ftriHt 
Litt.  u.  Kunst  II,  S.  4  43.  —  In  HU  steht  saphirus,  und  hiefür  sprieß 
dass  dieser  Stein  Exod.  28,  48  unter  den  Steinen  des  Aaron  genannt  wir!» 
während  sardonix  unter  ihnen  nicht  vorkommt  (wrohl  aber  unter  denen  Ü 
himmlischen  Jerusalem,  Apocal.  24,  20);  die  hier  genannte  Eigenschaft  thi 
der  Saphir  mit  dem  Sardonix:  hie  lapis  castum  reddit  Arnold.  Saxo  beiBHft 
48,  444,  3.  Aiunt  etiam  hunc  lapidem  hominem  caMum  reddere  et  inieri** 
ardorem  refrigerare  Alb.  Magn.  im  Museum  II,  65.  Aber  der  in  trefft,  1* 
muoz  sich  gar  vast  vleizen,  daz  er  käusch  sei  Konr.  v.  Megenb.,  Bock** 
Natur  458,  4. 

36,  3  k?%isolitus;  vgl.  virtus  eius  est  contra  daemoniaca  et  timores*#&* 
nos,  et  melancoliam  depellit  Arn.  Saxo  48,  433,  46.  wer  den  staini*!* 
tregt,  den  sichert  er  vor  nahtvorhten;  ist  auch  daz  der  stain  durchportto** 


]  Der  Graltempel.  551 

vensterl  durchfüllt  mit  esehhär,  so  schäuht  er  die  poesen  gaist  und  verjagt 
fegenb.  442,   45. 

38,  4  topäsius;  die  hier  nur  ganz  allgemein  angegebene  Eigenschaft,  den 
en  Leidenschaften  entgegen  zu  wirken ,  muss  man  in  den  nachstehenden 
gaben  der  lat.  Quelle  finden :  iram  sedat  et  tristiciam  et  valet  contra  noxios 
us  et  frenesim,  et  ferventes  undas  compescit  et  bullire  eas  prohibet  Arn.  Saxo 
i.  0.  446,  3.    er  verhört  zorn  und  unkäusch  Megenb.  464,  23. 

38,  4  kalcidönius ;  vgl.  virtus  eius  est,  ut  perfecte  causas  adversariorum 
xcat  Arn.  Saxo  431,  12.  facit  etiam  convincere  causas  Mus.  II,  100.  so 
cht  6r  sighaft  in  kriegen  (Processen)  Megenberg  438,  17.  und  wenne  sich 
'  streit  hebin  sal  und  wil,  der  sey  wenig  oder  vil ,  tregt  her  den  stein  dor 
f,  her  gewinnet  sicher  nu  Museum  a.  a.  O.  —  Ist  kumende  der  Dativ  des 
tnitivs?  oder  Accusativ  Plur.  des  Particip? 

39,  3  smarag;  vgl.  et  ablutus  vino  vel  perunctus  olivo  proficit  in  magis 
idem  decorem  Arn.  Saxo  445,  aber  nur  im  cod.  Berol.  Und  wenn  man 
wescht  und  in  salbt  mit  paumöl,  so  erhceht  sich  sein  gi'üene  Megenb.  459,  21. 

44,  4  Jaspis;  vgl.  fugat  febres  et  ydropisim,  et  pellit  fantasmata  et  luxu- 
m  cohibet,  et  eius  virtus  est  contra  fluxum  sanguinis  et  menstruorum  Arn. 
io  437,  24.     Vgl.  Mus.  77.     ist  der  mensch  käusch,   der  den  stain  tregt, 

schüucht  er  die  fiber  und  die  wazzersuht  von  im  Megenb.  449,  2.     Der 
ipti  hat  den  siten,  der  busset  wol  den  riten  Mus.  76. 
44,  t  echates;    vgl.  tertium  genus  visum  fovet  et  contra  sitim  et  venenum 

occensio  odorifera  est  Arn.  Saxo  429,   45    (s.  v.  agathes).     Vgl.  Mus.  74; 

nateren  und  dy  slangen  schaden  im, nicht  umb  ein  har,   ob  er  bey  im  wer 

jar  Mus.  70.  der  stain  hat  die  kraft,  daz  er  vergiß  schäucht  und  den 
rst  Uschi  und  das  gesiht  nert  und  den  sterkt  und  frühtigt  der  in  tregt  und 
cht  in  gncem  und  zimleich  den  läuten  Megenb.  432.  23. 

42,   4    silentes ;    vgl.   silenites  .  .  .  servat  lunares  motus,    nam  crescente 

0  crescit  et  ea  decrescente  decrescit   et  fit  minor  Arn.  Saxo  444  fg.     Vgl. 
h  442.  Elwas  anders  gewandt  wird  diese  Angabe  bei  Megenberg  S.  436,  29: 

1  die  kraft  hat  der  stain  neur ,   so  der  mön  wehst,  .  .  .  aber  so  der  m6n 
imt,  so  hat  er  der  kraft  niht. 

42,  4  prisen  für,  preisend  für  etwas  erklären. 

43,  4  korallus ;  bei  Arn.  Saxo  steht  nichts  von  dem  hier  Erwähnten,  auch 
iit  im  Mus.  a.  a.  O.  in  den  Stellen  aus  Albert.  Magnus;  von  dem  Ein- 
«e  auf  Zähne  und  Augen  habe  ich  auch  in  den  anderen  Quellen  Nichts 
linden.     Aber  seine  Entstehung  aus   einem  Kraule  ist  in  diesen  bekannt: 

stain  hat  ästel  sam  ain  hirzhorn  oder  sam  ains  krautes  würzet  mit  vil 
*eln,  und  daz  ist  niht  ain  wunder,  wan  der  stain  ist  des  Ersten  ain  kraut 
dem  mer,    und  wenn  daz  kraut  mit  den  scheffen  auzgezogen  wirt  oder  mit 

menschen  witz,   s6  wirt  ez  hert  und  wirt  ain  stain   Megenberg  439,  44. 

krawt  in  dem  mere  stat,  das  selbe  kurcze  bleuer  hat.  So  man  das  brengit 
?  das  lanl ,  so  wirt  is  hertte  alczu  haut ,  und  wirt  zcu  desem  steine  gut, 
!  wirt  rät  alz  ein  blut  das  krawt.  das  vor  was  grüne  Mus.  82  fg. 

43,   4.  Dem  Sinne  nach  verdient  die  Lesart  von  Uli  alle  Beachtung,  denn 

Erwähnung  der  vreuden   in  /  trägt  eigentlich   etwas  Ungehöriges  in   das 

37* 


55$  Friedrich  Zarncke,  P 

Bild.     Aber  die  Worte  in  HII  sind  wenig  geschickt  und  stimmen  rabji 
dem  Eingange  von  Sir.  44  zu  nahe  zusammen. 

45,  K  handel  in  dieser  Bedeulung  vermag  ich  nicht  nachzuweisen,  fei 
und  4  geben  die  allegorische  Verwendung  von  43,  4.  Vs.  4  mit  gesteht* 
kommt  seine  Bedeutung  erst  durch  den  folgenden,  von  ihm  abhängigen 8$ 
indem  wir  zusehen,  dass  wir  u.  s.  w. 

46,  \.  Bezieht  sich  dies  auf  das  unmittelbar  Voraufgehende  oder*^ 
auf  ähnliche  Beschreibungen  im  Gralt.? 

47,  {.  Vgl.  Gralt.  46  und  49. 

48,  \.  Vgl.  Gralt.  98. 
49  ist  hier  deplacirt,  es  reisst  48  und  50  auseinander  und  gehtirtrity 

weiter  nach  vorn.     S.  die  Einleitung  S.  403. 

50,  2  wenden  sind  die  standesgemässen  Vergnügungen  der  nUerikfci 
Kreise. 

54,   \  wärens;    fällt  der  Dichter  aus  der  Rolle  oder  versetzt  sieb 
in  die  Zeit  des  Baues  zurück? 

52,  2  menschen  im  Gegensatze  zu  den  Engeln,  die  bis  dahin  noch  dht 
den  Gral  bedienen  durften;  denn  als  Titurel  diese  Worte  sprach,  hatte  fc 
Gral  noch  immer  nicht  gestatlet,  ihn  zu  berühren  und  zu  tragen. 

53,  2  zwischen  mit  Genetiv;   vgl.  Mbd.  Wörterb.  3,  955*. 

54,  \.   Vgl.  Gralt.  98.     Der  Dichter  fällt  wieder  aus  der  Rolle. 

55,  %.  Es  kann  wohl  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  viere  richtig  ist,  vi 
//  und  //  bieten,  denn  der  Karfreitag,  den  /  dann  fortlasst,  darf  nicht  fahkn 
(vgl.  z.  B.  Piirz.  447,  43  fg.  448,  4  fg.) ,  und  man  bemerkt,  zumal  » fc 
folgenden  Strophe,  in  welche  Verlegenheit  /  durch  seine  in  dieser  Stnpb 
vorgenommene  Aenderung  gerathen  ist. 

56,  2  krank,  doch  wohl  ein  Femininum. 
58,   \   der  jungen  diet  hängt  nicht  von  Uren  ab,  sondern  bezeichnet:  fer 

das  junge  Volk. 

58,  4  zu  ringen;  die  Schrift  neben  den  Bildwerken  pflegte  auf  Bund*! 
oder  auf  Bingen  eingegraben  zu  sein.  —  Die  Praeterita  stänl  in  Vs.  4  und  4 
sind  zu  beurtheilen  wie  wären  54,   4. 

59,  2  <*ren;  die  graphische  Aehnlichkeit  der  Lesart  in  Bl  mit  der  iß' 
und  //  darf  doch  nicht  veranlassen ,  die  allein  dem  Sinn  entsprechende  t* 
AWl  aufzugeben :  die  äusseren  Tugenden  der  Zucht  und  Ehre  sind  der  A* 
fang  zur  Erlangung  des  höchsten  Tugendhortes,  der  im  Innern  des  Tempb 
wie  des  Menschen  seinen  Ausdruck  findet.  Vs.  4  muss  hört  als  Dativ  J* 
nommen  werden. 

ANHANG. 

4,  K  bezieht  sich  auf  die  Schilderung,  die  Feirefiz  den  ankomme*«* 
Gralsrittern  von  der  Herrlichkeit  des  Landes  des  Priesters  Johannes  ffMfl 
hatte. 

4,   2  ob  und  under ,  drüber  oder  drunter,  ungefähr. 

4,  3  Spiegel  ist  offenbare  Interpolation  in  //  mit  Hinblick  auf  den  wiUHief- 
baren  Spiegel  in  dem  ersten  Palast  des  Priesters  Johannes.     An  dieser  8* 


Der  Graltempel.  -     553 

a  den  übrigen  Strophen  zeigt  sich,  dass  E2  in  dieser  Partie  des  Gedichtes 
andere  Stellung  zu  //  einnimmt  als  in  den  vorderen  Partien,  denn  E2 
t  hier  nicht  selten  zu  /. 

I,  2.  Ich  habe  der  Lesart  in  /  den  Vorzug  gegeben,  weil  nach  der  Auf- 
ig des  Gedichtes  der  eigentlich  Gewährende  doch  immer  Gott  bleibt  (vgl. 

Str.  38 — 43) ,    wenn  auch  oft  genug  die  Gabe  direct  vom  Gral  auszu- 

scheint. 

,  2.  Wenn  es  Euch  nicht  recht  sein  sollte,  dass  in  St.  Salvator  und 
Ivaterre  in  Spanien  der  Graltempel  nicht  mehr  zu  finden  sei.  Vgl. 
306. 

,  4  sacgebende,  ein  Band  zum  Zuschnüren  eines  Sackes,  sonst  auch 
\del;  also  etwas  ganz  Werthloses. 

>,  3  beiden  ist  grammatisch  nicht  zu  rechtfertigen;  aber  da  sämmtlicbe 
»chriften  so  lesen,  mit  Ausnahme  von  c1,  so  ist  anzunehmen,  dass  der 
t  lieber  des  Reimes  wegen  zu  dieser  falschen  Form  griff,  als  beide  : 
en  reimte. 

>,  2.  Gemeint  ist  der  Jungbrunnen  im  Lande  des  Priesters  Johannes, 
sinmal  genossen,  dreissig  Jahre  bog  von  aller  Krankheit  befreite.  Vgl. 
ahn  6053  fg.  Zu  Grunde  liegt  §  28  der  bekwpLen  Epistpia*  Dieses 
er  verlor  jetzt  seine  Bedeutung  vor  der  grösseren  Kraft  des  Grales. 


INHALTSUEBEBSICHT. 

k 

Einleitung 1" 

Allgemeines  Bild  der  Ueberlieferung * 

Die  Strophenfolge    . .  3 

Die  Lesarten - 3 

Die  Handschriften  der  ersten  Gruppe ' 

Die  Handschriften  der  zweiten  Gruppe 

Exoutb  I. 
lieber  die  Capiteleintheilung  des  Gedichtes 

Excurs  n. 

Ueber   das  Yerhältniss   der  Wolfram'schen   Bruchstücke   zu   den  Hand- 
schriften des  Jüngern  Titurel 

I.  DER  GRALTEMPEL. 

Einleitung .     ■ 

Vergleichende  Uebersicht  der  Strophenfolge 

Text 

Anmerkungen   (voran  Yergleichung  der  Strophenzitfem  bei  S.  Bob- 
seree  und  E.   Droysen) 

II.  MARIEN  LOB. 

Einleitung      . 

Text 

Anmerkungen '• 


III.  DIE  AUSLEGUNG. 
Einleitung 
Text   .     .     . 
Anhang    . 
Anmerkungen 


* 


ÜBER 


LEGES  REGIAE 


VON 


MORITZ  VOIGT, 

IED  DER  KONIOL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


I. 

ND  UND  INHALT  DER  LEGES  REGIAE. 


der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Classe  der  König!. 
Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

N"  VI. 


LEIPZIG 

BEI    S.  Hl  KZ  EL 
1876. 


Vom  Verfasser  übergeben  den  15.  Juli  1876. 
iDer  Abdruck  vollendet  den  .25.  October  1876, 


ÜBER 


[E  LEGES  REGIAE 


VON 


MORITZ  VOIGT 


i. 


BESTAND  UND  INHALT  DER  LEGES  REGIAE. 


d.  K.  8.  Geselkch.  d.  WisMMck.  IV1I.  <8 


Der  Untersuchung  über  die  leges  regiae  fällt  eine  vierfältige 
gäbe  zu:  vor  Allem  deren  überlieferten  Bestand  festzustellen,  sei 
durch  Ausscheidung,  sei  es  durch  Vervollständigung  der  von  un- 
3r  Wissenschaft  denselben  überwiesenen  Satzungen;  sodann  den 
iah  der  einzelnen  leges,  und  deren  juristische,  wie  historische 
iehungen  darzulegen;  dann  wiederum  die  Vorquellen  zu  bestimmen, 
denen  die  uns  überlieferten  bezüglichen  Angaben  der  classischen 
iehterstatter  entstammen;  wie  endlich  über  die  Authentie  jener 
3s  zu  entscheiden,  somit  deren  Entstehung  und  Beschaffenheit  als 
thtsquelle,  wie  deren  Werth  als  Geschichtsquelle  zu  bestimmen, 
lingegen  der  Versuch,  jene  leges  regiae  ihrem  ursprünglichen  Wort- 
te  nach  da  wiederherzustellen,  wo  dafür  specielle  Angaben  der 
allen  mangeln,  kann  gegenwärtig  nicht  mehr  als  wissenschaftliche 
fgabe  in  Betracht  kommen,  da  unsere  Mittel  für  deren  Lösung 
lig  unzureichend  sind. 

Von  jenen  vier  Punkten  sind  gegenwärtig  nur  die  beiden  ersten 
bandelt,  wogegen  die  letzten  beiden  einer  späteren  Abhandlung 
rbeh alten  sind. 


I.  Der  Bestand  der  leges  regiae. 

Die  Stellug  der  Untersuchung  gegenüber  der  Dirksen'schen. 

Die  Feststellung  des  Bestandes  der  leges  regiae  ist  ausserordent- 

erleichtert  und   vereinfacht  durch  die  Abhandlung  von  Dirksen, 

ersieht   der   bisherigen  Versuche   zur  Kritik   und  Herstellung   des 

tes    der  Ueberbleibsel   von   den  Gesetzen   der  römischen  Könige, 

38* 


558 


Moritz  Voigt, 


w 


in  Versuche  zur  Kritik  und  Auslegung  der  Quellen  des  Römisch«) 
Hechts,  Leipzig  1823  S.  234  11'.  Denn  indem  Dirksen  das  von 
sechszehnten  bis  achtzehnten  Jahrhunderte  zwar  mit  Fleiss,  aber 
vollster  Kritiklosigkeit  den  leges  regiae  eingeordnete  Material 
sorgsamen  und  erschöpfenden ,  sachgemässen  und  unbefangenen  bi*j 
tischen  Prüfung  unterzog  und  dabei  eine  höchst  bedeutende 
der  dort  eingeordneten  leges  als  unzubehörig  wieder  ausschied,  *] 
hat  derselbe  durch  solche  Sichtung  die  Aufgabe  jeder  späteren  Um 
suchung  ganz  bedeutend  vereinfacht  und  so  nun  auch  der  gegflhj 
wältigen  Bearbeitung  einen  brauchbaren  Ausgangspunkt  geliefert 

Und  zwar  erkennt  Dirksen  selbst  ein  und  zwanzig  leges 
an,  deren  Zahl  jedoch  thatsächlich  noch  um  eine  sich  vermehrt,  ft»,| 
bald    man   in   der  S.  336  ff.  behandelten   lex   die   in   Wahrheit 
schiedenen  beiden  Satzungen  über  das  paricidium  und  über  die 
pose  Tödtung  als  zwei  leges  scheidet. 

Von  jenen  zwei  und  zwanzig  leges  sind  jedoch  zunächst  elf  M 
unzubehörig  auszuscheiden:  einestheils  die  drei,  von  Dirksen  S.  293 l^j 
296  ff.  und  301  ff.  behandelten  leges,  welche,  die  Fundamente  Ar 
ältesten  Farnilienordnung  enthallend,  von  Dion.  II,  25 — 27  ledigfei 
auf  sogenannte  vo|xoi  drf potcpoi  gestutzt  werden  und  welche  in  §  3  ■ 
Näheren  zu  besprechen  sind ;  dann  wiederum  die  von  Dirk« 
S.  320  f.  eingeordnete  lex,  welche,  wie  in  §  2  unter  8  darzulega, 
ein  Zwölflafel-Gesetz  ist;  und  endlich  die  sieben  S.  34  6  ff.,  318 1 
321  ff.,  324  ff.,  328  ff.  und  331  ff.  erörterten,  nachstehend  in  § t 
unter  1 — 7  zusammengestellten  leges,  welche  gar  nicht  Rechb- 
satzungen,  als  vielmehr  Cultus- Vorschriften  enthalten.  Denn  inde» 
beiderlei  Normen  ihrem  Wesen  nach  ganz  verschieden  sind:  der 
Rechtssatz  die  Handlungen  in  ihren  Beziehungen  zu  den  mentfk- 
lichen  Verkehrsinteressen  regelnd,  die  Cultusvorschrifl  den  äusseret 
Verkehr  des  Menschen  mit  den  Göttern  ordnend ;  indem  sodann  beik 
ganz  verschiedenen  grundgesetzlichen  Ordnungen  unterfallen  in  Benj 
auf  das  Organ  und  die  Form  ihrer  Erlassung,  wie  in  Bezug  auf  & 
Instanz  und  die  Mittel,  welche  ihre  Befolgung  sicherten;1  in** 
endlich   beide   durchaus  verschiedene  historische  Schicksale  erleide!» 


\)   Die  Stellung  von  Volksversammlung  und  von  Senat,   von  Magistrat  und  ** 
Priester  ist  hier,   wie  dort  eine  ganz  verschiedene :   Lange,   röm.  Alterth.  11,  W** 


ÜBER 


[E  LEGES  REGIAE 


VON 


MORITZ  VOIGT 


i. 


BESTAND  UND  INHALT  DER  LEGES  REGIAE. 


d.  K.  S.  Geselltet,  d.  Wiiweneek.  XVII.  *8 


560  Moritz  Voigt, 

Rechtssätze,    als    vielmehr    reine   Cultusvorschriften    enthalten, 
zwar  sind  dies  die  nachstehenden  sieben  Satzungen: 

1 .  bei  Cass.  Hemina  (2  Annal.)    in  Plin.  H.  N.  XXXII,  2,  M;| 
Numa  constituit: 

ut  pisces,  qui  squamosi  non  essen t,  ni  pollucerent, 
parsimonia  conmentus,  ut  convivia  publica  et  privata  cenaeqaed! 
pulvinaria  facilius  conpararentur,  ni  qui  ad  polluctum  emerai,! 
pretio  minus  parcerent  eaque  praemercarentur, 

wozu  vgl.  Fest.  253%  17:  pollucere  merces  [quas  cuivis  deo]  lice^j 
sunt  far,  —  —  —  pisces,  quibus  est  squama,  praeter  s[c]an»; 

Serv.  in  Aen.  VIII,  105:  libri  veterum  tradunt  a  maioribus  sacrii-j 
cando  parsimoniam  observatam  esse; 

Cic.  de  Rep.  II,  14,  27:  sacrorum  —  ipsorum  diligentiam  difficäeaj 
apparatum  perfacilem  esse  voluit  (sc.  Pompilius) :  nam  quae  qb- 
discenda  quaeque  observanda  essent,  multa  constituit,  sed  ea  m 
inpensa.    Sic  religionibus  colendis  operam  addidit,  sumtum  remrö; 

sowie 

2.  bei  Plin.  H.  XIV,  12,  88:  eadem  lege  (sc.  Numa  rex) 
ex  inputata  vite  libari  vina  dis  nefas 

statuit,   ratione   excogitata,   ut  putare  cogerentur  alias  aratoresel 
pigri  circa  pericula  arbusti, 
wozu   vgl.  Plut.  Num.   1 4 :    Ivia   xu>v    Nopiä   rcaTpuov    dicäp^tov  q* 

TOV    X6fOV,    OIOV    ib    {!*})    OTOVSSIV    dsoiC    £?    d(X7T£Xü)V    dTJi*tf]Tü>V 

Beides  somit  Verordnungen,  die  zu  der  grossen  Gasse  von  Vor- 
schriften über  die  Beschaffenheit  der  Opfergabe  gehören,  und  weide 
selbst  bald  die  Ausschliessung  gewisser  Producte  von  den  Opfern  0 
Allgemeinen,  bald  das  Verbot  oder  Gebot  der  Darbringung  gewisser 
Opfergaben  an  bestimmte  Götter  aussprechen.3 

3.  Bei  Varro  in  Fest.   189a,  8:4 testimonio    esse  Hfl* 

pontißcum,  in  quibus  sit,  pro  primis  spoliis  bove,  pro  secundis  sor 


3)  Vgl.  Becker-Marquardt,  rom.  Altert h.  IV,  467  ff.  und  dazu  noch  Gc.  * 
Leg.  II,  8,  49:  certasque  fruges  certasque  bacas  libanto  certis  sacrificiis  ac  diefc 
20:  sacerdotes  —  quae  cuique  divo  decorae  grataeque  sint  hostiae,  providM^ 
Wegen  gleicher  Vorschriften  bei  den  Griechen  vgl.  Schümann,  gr.  Alterth.  II,  !•"• 

4)  Ich  gebe  die  Lesung  ohne  Weiteres  nach  der  sachlich  durchaus  sichere« 
Etnendation  von  Hertzberg  im  Philologus  4  846.  I,  333.  Zur  Sache  seihst  ff)* 
dens.  a.  0.   331  ff.     Bezüglich  der  obigen  Stelle  wird  nicht  immer  der  schon  v* 


[   7]  Leges  rbsiak.  561 

|  'taarilibus,   pro  tertiis  agno  publice  fieri  debere;   esse  etiam  Pomptlii 
regis  legem  opimorum  spoliorum  talem: 

Cui  soo  auspicio  classe   producta  opima  spoiia  capiuntur,   dari 
aer(is)  CCC  oporteat  et  bovem  caedito  Iovi  Feretrio. 

Cuius  auspicio  cl(asse)   pr(ocincta)  secunda  spoiia  capta,  in  Mar- 
i       lis  ara  in  campo  solilaurilia  utra  voluerit  caedito.     Qui  cepit,  CG 
aer(is)  dato. 

Cüius  auspicio  cl(asse)  pr(ocincta)  tertia  spoiia  capta,  Ianui  Qui- 
rino  agnum  marem  caedito.     C,  qui  ceperit,  ex  aere  dato. 
t  Dis  piaculum  dato ; 

**rozu  vgl.  Plut.  Marc.  8:  xaCxot  cpa<jiv  iv  tote  uiro|xv^{ia9i  Nojiäv  rio|i- 
l  x(Xiov  xal  TCpiütuiv  omu,(u>v  xal  Sturipcov  xal  TptTcov  (AVTjixovtueiv,  xdt 
•t  piv  icpovca  X^cpöevioj  tu)  Oepexptui  Atl  xeXtuovxa  xadttpoöv,  xd  fteu- 
*>  xtpa  8c  xeo  "Apu,  xdi  öe  xpixa  xa>  Kupfocp,  xal  Xau.(3<4veiv  f£pac  aaadpta 
Tptaxöata  tfcv  icpäxov,  täv  8t  fituxepov  öiaxöoia,  xbv  6c  xpttov  ixaxöv  * 

'fcrv.   in  Aen.  VI,  860:   possumus seeundum  legem   Numae 

hunc  locum  aeeipere,  qui  praeeepit  prima  opima  spoiia  Iovi  Feretrio 
debere  suspendi,  quod  iam  Romulus  fecerat;  secunda  Marti,  quod 
Cossus  fecit;  tertia  Quirino,  quod  fecit  Marcellus.  —  —  Varie  de 
hoc  loco  traetant  conimentatores,  Numae  legis  immeroor,  cuius  fa- 
cit  mentionem  et  Livius. 5 

Demnach  aber  umfasst  diese  Verordnung  Numa's  einestheils  eine 
Opfer  Vorschrift  und  ist  insoweit  gleichartig  mit  den  unter  1  und  2 
aufgeführten  Satzungen :  denn  es  wird  festgesetzt,  welches  Opferthier 
and  welchem  Gotte  zu  opfern  ist,  wie  anderntheils  noch  zwei  oder 
auch  drei  weitere  Verfügungen:  die  Bestimmung  eines  Donati v es, 
welches  dem  Erbeuter  der  spoiia  zu  gewähren  ist,  die  Anordnung 
eiaes  den  Göttern  darzubringenden  piaculum,6  wie  endlich  nach 
Phit.  und  Serv.  insbesondere  die  Bestimmung  der  Gottheit,  in  deren 
Tempel  die  Spolien  aufzuhängen  waren.    Auch  diese  letzteren  beiden 


Bertzberg   gegebene  Hinweis    beachtet,    dass  Varro  nicht  die  lex  Numae,    sondern 
mir  eine  Paraphrase  derselben  giebt ;   und  daraus  erklärt  sich  auch  das  aeris  CCC 

•.    9.    W. 

5)  Dies  kann  nur  in  kib.  XX  besehenen  sein  bei  Erwähnung  der  spoiia  eptma 
des»  M.   Claudias  Marcellus. 

6)  Eine  Erklärung  für  dieses  piaculum  lässt  sieh  nar  daraus  entoehmeo,  dass 
spoiia  durch  die  Tödtung  des  Gegners  gewonnen  sind;   vgl.  A.  152. 


562  Moritz  Voigt,  1 

Verfügungen  enthalten  aber  reine  Cultusvorschriften ,  während  de 
Verfügung  bezüglich  des  Donatives  allerdings  zwar  staatsrechtlich 
Characters ,  gleichwohl  aber  äusserlich  nicht  dem  entsprechend  be- 
handelt ist:  dieselbe  wird  als  Annexum  jener  Cultusvorschriften  nk 
denselben  einheitlich  zusammengefasst  und  so  nun  selbst  gleich  ab 
Cultusvorschrift  in  formaler  Beziehung  behandelt. 

4.  Bei  Gell.  IV,  3,3: antiquissiroa  lege  ostenditur,  qm 

Numae  fuisse  accepimus:  ' 

Pelex  aram  Iunonis  ne  tangito;    si   tangit,    lunoni  crioibos  <b» 
missis  agnuni  feminam  caedito; 
Paul.  Diac.  222,  4 :  poena  constituta  est  a  Numa  Pompilio  hac  kp 
Pellex  aram  Iunonis  ne  tangito;   si  tanget,    lunoni   crioibusib» 
missis  agnum  feminam  caedito; 
wozu  vgl.  Paul.  10  ad  I.  Jul.  et  Pap.   (D.  L,  16,  144) :  Granius  FI*» 
in  libro  de  iure  Papiriano  scribit  pellicem  nunc  vulgo  vocari,  §• 
eum  eo,  cui  uxor  sit,  corpus  misceat,  quo [n] dam  eam,  quae  ßfli 
loco  sine  nuptiis  in  domo  sit,  quam  iraXXaxTjv  Graeci  vocaok 
Auch  diese  Vorschrift   ist   somit  reine  Cultussatzung,  theüsfe 
Verbot  aussprechend,   dass  ein  Kebsweib  am  Altar  der  Juno  opfert, 
theils   dessen    Uebertretung   mit   einem  piaculum    bedrohend,  vrAi 
Opferthier,  wie  Gottheit  genau  bestimmt  werden.7 

5.  Von  Plut.  Num.   12  wird  zunächst  berichtet,    Numa  habe» 
Bezug  auf  die  Familientrauer  Folgendes  angeordnet  (ixaSev): 

TOtiSa  pt9j  irevöctv  vecoxepov  xpiexoö«;  (itjSe  rcpeoßuxepov  TcXeiovacfr 

vac  ü>v  eßuoasv  eviauxujv,    (xe^pt   xu>v    5exa   xai  luepaixepco  |U)tepi* 

^)Xix(av  •  akkä  xoö  ptaxpoxdxoo  n:ev&oo<;  ^povov  etvai  8exa(iyjviatov,  if 

Soov  xal  ^Yjpeuouoiv  ai  x<5v  dbco&avfJvxcov  Tpvatxec* 

und   daran   dann  der   weitere  Zusatz  geknüpft,    Numa  habe  derd* 

Trauerjahr  verletzenden  Wittwe  das  Opfer  einer  trächtigen  Kuh  irf- 

erlegt : 

^)  8s  Trp6xspov  fau/ijdsfoa  ßoöv  ifxu\Lwa  xaxeduev  exetvou  vo|tok- 
XYJoavxo;. 


7]  Vgl.  wegen  dieser  Satzung  Bouchaud  in  Memoires  de  l'academie  des»* 
scriptions  1786.  XLII,  34  ff.  H.  Cannegieter  ad  1.  Numae  Pompilii  de  are  Ihm* 
pellici  non  tangenda,  Lugd.  Bat.  H43  in  Fellenberg,  iurispr  antiq.  I,  331* 
Rossbach,  röm.  Ehe  288  A.  903  f.  —  Unter  der  Juno  ist  die  Lucina  zu  versieb«: 
Preller,   r.   Myth.   243. 


Lkges  regiae.  563 

leide  Satzungen  nun  werden  von  Dirksen,  a.  0.  331  als  ein- 
lies Ganze  behandelt  und  so  auch  gleichmässig  den  leges  Nu- 
ungeordnet. 

allein  was  zunächst  das  Regulativ  über  die  Familientrauer  be- 
1  so  mangelt  hier  die  quellenmässige  Bekundung,  welche  jene 
Inung  rechtfertigte.  Denn  indem  Plut.  jenes  Regulativ  auf  ein 
i  Numa's  stutzt;  indem  dieses  xdoosiv  in  einer  Parallele  steht  mit 
iSdoxeiv  und  dem  xaxaoeixvuvou,  welches  Plut.  in  dem  nämlichen 
I  dem  Numa  bezüglich  des  Begräbnissrituales,  wie  der  Fetialen 
st ;  indem  endlich  jenes  tdooeiv  wiederum  einen  Gegensatz  findet 
n  vo[xodeTefv ,  welches  bezüglich  der  zweiten  obigen  Satzung 
luma  beigelegt  wird;  so  kann  nun  bei  Plut.  in  der  That  ein 
;s  Zeugniss  für  eine  lex  über  die  Familientrauer  nicht  gefunden 
n:  derselbe  bekundet  den  Numa  einfach  als  Urheber  der  be- 
ieo  Ordnungen,  nicht  aber  als  Urheber  eines  Gesetzes  darüber, 
ies  nun  verbietet,  die  bezüglichen  Sätze  den  leges  Numae  ein- 
len,  da%  wie  bereits  Dirksen  a.  0.  246.  310  hervorhebt,  schon 
icipe  das  Verfahren  der  früheren  Jahrhunderte  verworfen  wer- 
uss,  einer  den  Königen  einfach  beigemessenen  Institution  zu- 
eine entsprechende  Einführungs-lex  zu  unterbreiten, 
a gegen  bezüglich  der  Verletzung  des  Trauerjahres  der  Wittwe9 
et  allerdings  der  von  Plut.  gewählte  Ausdruck  vofiodexsiv,  darin 
Rundung  einer  lex  Numae  zu  finden;  allein  diese  enthält 
um  eine  reine  Cultusvorschrift:  die  Wiederverheirathung  der 
i  vor  Ablauf  des  zehnmonatlichen  Trauerjahres  wird  mit  einem 
im  belegt:  mit  einem  derTellus10  darzubringenden  Opfer  einer 
gen  Kuh. 1I 

.   Von  Fest.   178b,  20  wird  berichtet: 
nae  Pompili  regis  legibus  scriptum  esse: 


)  Vgl.  darüber  K lenze  in  Zeitschr.  f.  gesch.  Rechtswiss.  VI,  32  ff.  Savigny, 
,    535  ff.      Walter,   Gesch.   d.    röra.   Hechts  §  \§\.      Die  bezüglichen  Sätze 

zweifelsohne  lediglich  auf  bürgerlicher  Sitte:    Voigt,   Ius  nat.   III,    H69. 
)    Vgl.   darüber  Savigny,   a.   0.    II,    53«  ff.     Walter,   a.   0.   §532. 
)   Das  Opfer  der  trächtigen  Kuh  wird  der  Tellus  gebracht :  Becker-Marquardt, 
th.   IV,   3H. 

)  Dies  bedingt,  dass  bei  Verletzung  des  Trauerjahres  die  pontifices  cognos- 
Jieselben  können  die  Ehe  selbst  weder  hindern,  noch  auflösen,  wohl  aber 
e  das  piaculum  auf:   Tac.   Ann.   I,    \0.     Dio  Cass.   XLVIII,    44. 


564  Moritz  Voigt, 

Si  hominem  fulmen  Iovis  (Cod.:  fulminibus)  occisit,  u 

nua  tollito ; 12 

et  alibi:  Homo  si  fulmine  occisus  est,  ei  iusta  oulla  fierr  ^ 
wozu  vgl.  Plin.  H.  N.  11,  54,  145:   hominem  ita  exanimate** /f 

fulmine  occisum)  cremare  fas  non  est,  condi  terra  religio  ^*öS%J 
Artemid.  Oneir.  II,  8:  ou  fäp  ot  xEpauvw&svxe«;  fisTorrfdevxai,  edtf  A»i 

av  i>izb  xoG  icophz  xaxaXij^dÄoiv,  ävxauda  ddhrrovTcu* 
Pseudo-Quint.  Decl.  274:   quo  quis  loco  fulmine  ictus  fuerit,  eo»>] 

peliatur. 13 

In  Bezug  auf  jenen  Text  des  Festus  aber  ist  davon  auszöget*] 
zunächst  dass  die  von  demselben  angeführten  beiden  Satzungen  * 
zwei  verschiedene  leges  Numae  sind ,  als  vielmehr  in  dem  VeAM 
nisse  zu  einander  stehen,  dass  nur  die  erste  derselben:  Si  honMi 
fulmen  etc.  eine  lex  Numae, M  die  zweite  dagegen :  Homo  si  Mm 
etc.  entweder  eine  jüngere  lex  oder,  was  wegen  des  »oportet«  ntkh 
scheinlicher  ist,  eine  reine  Interpretation  der  lex  Numae  entidk,1] 
die  nur  aus  Missverständniss  als  zweite  und  selbstständige  lexarf- 
gefasst  ist;  sodann  dass  das  ne  supra  genua  tollere  allerdings  v* 
durchaus  wörtlich  zu  nehmen  ist:  als  Verbot  den  Erschlagenen  ihr 
Knieos-Höhe  emporzuheben,  dass  aber  gleichwohl,  indem  dask* 
gräbnissritual  und  so  namentlich  das  Aufbahren  und  Forttragen  fe 
Todten  dessen  Emporheben  erforderte,  durch  jenes  Verbot  folgewe* 
auch  das  private  Begräbniss  überhaupt  ausgeschlossen  wurde,  und  fla- 
ches nun  nach  dem  Zeugnisse  der  übrigen  Quellen  in  der  Thatauchfe 
Tendenz  jener  lex  ist;10  und  endlich  dass  jene  lex  Numae  nur  ein i* 


12)  Müller  emendirl  tollilor;    allein   unnöthiger  Weise:    gleicher  Wechsel*1 

* 

Subjectes  kehrt  öfter  auch  in  den  XII  Tafeln  wieder,   so  z.  B.   si  in  ius  vocal, » 
it ;   si  calvitur,   manum  endoiacito. 

13)  Dagegen  ist  nichl  auf  römische  Sitte  die  Angabe  des  Lyd.  de  mens.  IM' 
zu  beziehen,  dass  die  vom  Blitze  Erschlagenen  gleich  als  natürliche  Mubm*  •* 
beerdigt  blieben ;   vgl.   Plut.   quaest.   rom.   IV,    2,    3. 

4  4)  Vgl.  darüber  Guther,  de  iure  manium  I,  3.  Kirchmann,  de  funeribusM- 
Idsinga,  Variorum  9  fF.  Bouchaud  in  den  Memoires  de  l'academie  des  Inscr.  H^ 
XLII,    36  ff. 

15)  So  bereits  Müller  in  seiner  Ausgabe  des  Fest.  p.  3<MÄ;   Idsinga,  I.  «•  ^ 

16)  I).  h.  es  ist  dem  Ausdrucke  nicht  ein  bildlicher  Sinn  beizumessen?9 
dass  durch  einen  Tropus  das  iusta  facere  defuneto  verboten  würde,  wie  dies  «■•* 
Anderen  La  Cerda  zu  Verg.  Aen.  VI,  218  f.  will :  denn  nie  bedienen  sich  die  rt* 
Gesetzgeber  jener  Sprache  der  Bilder  und  Gleichnisse  eines  Zarathustra;  viebneV 


LEGES    REG1AE.  565 

Bestandteil  der  an  Satzungen,  wie  Cäreinonial  so  reichen 
-  und  Tonitruallehre  ist,  welche,  wie  bei  den  Etruskern,  so 
i  den  Latinern  zum  wohlgeordneten  Systeme  gegliedert,  von 
nern  recipirt  und  hier  nun  der  Obhuth  der  pontifices  und 
,  wie  späterhin  auch  der  haruspices  unterstellt  war.17  Und 
omente  nun  kennzeichnen  genügend  den  Characler  der  obigen 
nae:  indem  nach  Maassgabe  der  Fulgurallehre  und  somit  aus 
3n  Gründen  der  vom  Blitze  Erschlagene  an  dem  Orte,  wo  er 
d,  von  Staats  wegen  und  unter  Assistenz  der  augures  zur  Erde 
atten  ist;18  indem  solche  Bestattung  durch  die  obige  Verord- 
i  der  Weise  gesichert  wird,  dass  diese  das  private  Bcgräbniss 
esst,  so  erhellt  daraus  ohne  Weiteres  für  jene  lex  Numae 
lharacter  als  einer  Cultus Vorschrift. 

Lyd.  de  mens.  I,  31     bekundet    als    Einrichtung    des    Numa 
cp^c  toö  Noö|ia  SiaxedeiTai) : 

xe  xoüc  fepei<;  yakmi$  ^aXiatv,  dW  ou  oi8Y)pai<;  aTroxetpeodat. 
Verbot  aber,  des  eisernen  an  Stelle  des  ehernen  Messers  sich 
enen,  kennzeichnet  sich  ganz  unzweideutig  als  reine  Cultus- 
ift.  Und  zwar  indem  dasselbe  nicht  auf  alle  Priester,  als  viel- 
nf  die  flamines  maiores  allein  zu  beziehen  ist,19  so  erweist 
sselbe  als  ein  Stück  jener  so  zahlreichen  und  bis  in  das  kleinste 
tusgebildeten  Ritual-  und  Etiketten  Vorschriften,  denen  vornäm- 
i  flamines,  wie  die  flaminicae  maiores  unterworfen  waren.20 
m  Uebrigen  berechtigen  weder  die  Worte  des  Lydus,  noch 
e  Gründe,  jenem  Verbote  eine  schriftliche  Satzung  des  Numa 
egen:  denn  das  von  Lydus  gebrauchte  Siaxiösoöai  weist  ledig- 


usschliessung  des  iusta  facere  nur  Consequenz  der  Unterlassung  des  supra 
lere,  während  das  Verbot  des  Letzteren  selbst  aus  religiösen  Vorstellungen 
en  ist. 

Vgl.   namentlich  Müller,   Etrusker  III,   7  ff.     Becker-Marquardt,   a.   0.   IV, 
i,    3.   A.  455.      Rossbach,   r.    Ehe  300. 

Sen.   de  Gem.   I,   7,    I  :    quis  regura  erit  tulus,    cuius  non  membra  ha- 
colligant? 

Vgl.  Ov.   Fast.  VI,   230:    non   ungues    ferro  subsecuisse  licet;    Serv.   in 
48:   Hamen  Dialis  aereis  cultris  londebatur;   Carminius  de  Italia  bei  Macr. 
19,    13:   in  Sabinis   (sc.   libris  invenio)   ex  aere  cultros,  quibus  sacerdoles 
ur. 
Becker-Marquardt,   a.   0.   IV,    27  t  ff. 


566  Moritz  Voigt, 

lieh  auf  eine  Institution,  nicht  aber  auf  eine  lex  des  Nuina  Wi%  ^ 
rend  wiederum  jenes  Verbot  selbst  in  Wahrheit  einer  weit  fitikr* 
Zeit,  als  der  des  Numa  angehört,  dem  Uebergange  nämlicfi  Mfa^ 
Bronzezeit  in  die  Eisenzeit,  auf  welchem  man  den  von  dem  fck\ 
aufgegebenen  Gebrauch  des  bis  dahin  allgemein  üblichen  Brot- 
messers für  die  flamines  insbesondere  als  Gebot  des  priesterfato 
Rituales  beibehielt.21 

8.  Endlich  Plin.  XIV,  12,  88  berichtet: 
Numae  regis  postuma  (Codd. :  postumia)  lex  est: 
Vino  rogum  ne  respargito. 

Quod  sanxisse  illum  propter  inopiam  rei  nemo  dubitet; 
wozu  vgl.  Paul.  Diac.  263,  4 :  resparsum  vinum  dixerunt,  quia  vi* 

sepulchrum  spargebatur. 


2  1 )  Gleiche  Bewandtniss  hat  es  mit  der  ehernen  Pflugschaar  bei  GrüofaS 
einer  urbs :  Plut.  Rom.  11  :  X«Xxtj  uvt<;  *  Carminius  de  Ital.  bei  Macr.  V,  19,  II: 
Tuscos  aeneo  vomere  uti.  cum  conderentur  urbes,  solitos  in  Tageticis  eorum  na» 
invenio ;  mit  der  Ausschliessung  des  Eisens  am  pons  Sublicius:  Plin.  H.  N.  XXXV, 
15,  100.  Dion.  III,  45;  mit  dem  praeferriculum :  Fest.  249b,  14;  mit  des  «dl 
und  der  Tracht  der  Salii,  so  dem  tegumen,  apex  u.  a.  m.  vgl.  Becker-Marqwrl, 
a.  0.  37  3.  Pauly,  Realencycl.  VI,  1  S.  691  ;  mit  der  Ausschliessung  des  Bau 
in  heiligen  Orten ,  so  Arvaltafeln  XLII,  7  f. :  piaculum  factum  —  —  in  laco  Da* 
Diae  ob  ferri  inlationefra]  scripturae  et  scalpturae  marmoris ,  und  lin.  15:  päd* 
lum  factum  ob  ferri  elationem  scripturae  et  scalpturae  operis  perfecti,  und  Sbaid 
XXIII,  20,  30.  XXIV  coi.  2,  37.  XXXII  col.  3,  20.  23.  XXXIX,  10.  XLID,  SIL 
23  f.,  und  so  nun  auch  in  der  lex  aedis  Iovis  Liberi  Furfens.  in  C.  I.  L.  Ioo.  M3 
lin.  3,  wo  der  Gebrauch  eisernen  Handwerkszeuges  express  nachgelassen  wW: 
ferro  oeti  —  (ius)  fasque  esto ;  vgl.  Macr.  Sat.  V,  19,  11:  omnino  —  ad  n* 
divinam  pleraque  aenea  adhiberi  solita,  mulla  indicio  sunt  et  in  his  raaxime  acris 
quibus  delinire  aliquos  aut  devovere  aut  denique  exigere  morbos  volebaot;  U*- 
V,  1285  ff.  :  et  prior  aeris  erat  quam  ferri  cognitus  usus  |  —  —  :  |  aere  sota« 
terrae  traetabant  aereque  belli  |  miscebant  fluetus  etc.,  so  wie  Mari ni,  attide'fr* 
telli  Arv.  218.  Rossi  in  Annal.  del  Instit.  1867  p.  35.  Jordan,  Topogr.  11,1?** 
Analog  ist  der  der  Steinzeit  entstammende  silex  der  Fetialen :  Serv.  in  Aen.  TID, 
641.  Liv.  I,  24,  8.  XXX,  43,  9.  Pol.  III,  25.  Das  eherne  Opfermesser  fo** 
sich  auch  bei  Homer,  ja  es  scheint  die  Frage  noch  offen  zu  sein,  ob  nicbl d* 
alteren  Partieen  der  homerischen  Dichtungen  noch  der  Bronzezeit  angehören;  v 
Büchsenschütz  in  der  Berl.  Zeitschr.  f.  d.  Gymnasialwesen  1875.  XXIX,  J50.  & 
besondere  Giul.   Beloch,    bronzo  e  ferro  nei  carmi  omerici  in  Rivista  di  filotop* e 

* 

d'  instruzione  classica  1873  August-Heft  tritt  den  Beweis  an,  dass  die  ersten  !•* 
und  zwanzig  Bücher  der  Iliade  noch  der  Bronzezeit  angehören  und  die  Stellen,  ** 
oi'ÖVjpoc  vorkommt,   entweder  inlerpolirt  oder  jüngere  Zusätze  sind. 


11  ciiesem  Berichte  wird  somit  das  Verbot,  den  Scheiterhaufen 
*  ^i»  zu  besprengen,22  von  Plin.  mit  Bestimmtheit  dem*  Numa 
^^sen  (sanxisse  illum) ;  gleichwohl  aber  sind  es  verschiedene 
ät^^b,  welche  solcher  Ueberweisung  entgegentreten.  Und  zwar 
ft^\*st  ist  es  die  Prädicirung  jener  lex  als  postumia,  welche  jener 
Mt&ume  des  Plin.  widerstreitet;  denn  da  dieses  Prädicat  selbst  ir- 
&*Hl  welchen  gesunden  Sinn  nicht  ergiebt,23  die  Emendation  Pom- 
"ll  aber  zu  gewaltsam  ist,24  so  verbleibt  nur  die  Möglichkeit  der 
•Uiendation  in  postuma2**  und  somit  der  Annahme,  dass  in  der  von 
"tt.  benutzten  Vorquelle Ä  jene  lex  als  postuma  Numae  bezeichnet 
öd  damit  in  breviloquenter  Weise  besagt  war,  es  falle  jene  lex 
Var  in  die  Zeit  nach  Numa,  allein  es  verfolge  dieselbe  die  von 
*ssen  Sacralordnungen  vertretene  allgemeine  Tendenz,  den  Aufwand 
r  rituelle  Acte  zu  mindern,27  und  dass  nun  Plin.  selbst  bei  seiner 
elfach  eilfertigen  und  unkritischen  Benutzung  seiner  Quellen  jene 
>n  ihm  beibehaltene  Ausdrucksweise  seines  Autors  missverstand 
id  so  nun  den  Numa  selbst  als  den  Urheber  jener  Satzung  hin- 
eilte. Und  diese  Annahme  findet  denn  in  der  That  eine  weitere 
iterstUtzung  durch  den  doppelten  Moment,  dass  einmal  die  in  §  12 
i  besprechende  lex  regia  das  Verbrennen  des  Todten  gar  nicht 
sunt,  als  vielmehr  allein  die  Beerdigung  desselben,  und  dass  so- 
iod  ein  Zwölftafel-Gesetz  in  der  That  die  Besprengung  des  Scheiter- 
mfens  mit  Wein  verbot.28     Alles  dies  aber   rechtfertigt  nicht  bloss, 


22)  Die  spätere  Zeit  bekundet  einen  dreifachen  Gebrauch  des  Weines  bei  dem 
igräbnisscäremoniale :  die  glühende  Asche  des  niedergebrannten  Scheiterhaufens 
ird  mit  Wein  gelöscht;  die  in  der  Asche  gesammeilen  Gebeine  des  verbrannten 
sichnames  werden  mit  Wein  besprengt;  beim  novemdial  wird  das  Grabmal  mit 
rein  besprengt;  vgl.  Becker,  Gallus  III,  375.  376.  378.  Für  verschieden  von 
lle  dem  halte  ich  nun  das  obige  vino  rogum  respergere,  obgleich  vielleicht  Fest. 
22*,   15  solches  mit  dem  Besprengen  beim  novemdial  identilicirte. 

23)  Vgl.  darüber  Dirksen,   a.   0.   320. 

24)  So  Dirksen,   a.   0.   321. 

25)  So  Müller  zu  Fest.  p.  263*. 

26)  Plin.  nennt  als  Quellen  von  lib.  XIV  unter  Anderen  Cato,  Varro,  Verrius 
lccus,   Fabius  Pictor,  L.   Piso. 

27)  Vgl.  die  Citate  unter  no.    1. 

28)  Cic.  de  Leg.  II,   24,    60:  haec  praeterea  sunt  in  legibus   (sc.   XII  tab.)  : 

JrvjJis  unctura  tollitor  omnisque  circumpotatio« .     Ne  sumtuosa  respersio, 

longae  coronae  nee  acerrae  praelereantur. 


568  Moritz  Voigt,  [B 

sondern  erheischt  geradezu,  ebensowohl  jene  Bezeichnung  des 
Numae  regis  postuma  lex    als   einen  von  demselben  einer  V< 
entlehnten  Ausdruck   aufzufassen   und   solchem   den  Sinn 
von:  jüngere,   aber   den   gesetzgebrischen  Tendenzen  des  Nun 
gehörige  lex,29  als  auch  in  derselben  das  von  Cic.  bekundete  Zi 
tafel-Gesetz    selbst    wider    die    verschwenderische   Besprengong 
Scheiterhaufen  anzuerkennen. 

§  3. 
Die  v6|jLoi  a^pacpoi  bei  Dien.  II,  25 — 27.    Papii.  de  Adih. 

Der  die  Institutionen  im  röm.  Staatswesen  erörternde  Absckftj 
bei  Dion.  II,  7  —  29  zerlegt  jenen  Stoff  der  Betrachtang  in 
Gruppen:  politische  Institutionen  und  innere  Politik:  7 — 17,  statt 
Einrichtungen:  18 — 23,  privatrechtliche  Ordnungen:  24 — 27  wk 
sociale  Institutionen:  28.  29. 

Jener  dritte  Abschnitt  im  Besonderen  nun,  welcher  theib  im 
Eherechtliche,  theils  die  väterliche  Gewalt  behandelt,  wird  in  c  tt 
eingeleitet  mit  der  Bemerkung,  Romulus  habe  nicht  bloss  das  SU** 
wesen  und  die  Cultus-  wie  Religionsangelegenheiten  für  de&  Mi 
gegründeten  Slaat  geordnet,  sondern  es  sei  auch  anzunehmen  (faajt 
dass  derselbe  nicht  minder  jene  Familienordnungen  eingesetzt  hifc 
die  während  der  ganzen  Republik  in  Bestand  sich  behauptet  habt 
Und  zwar  seien  dieselben  eingeführt  worden  durch  Gesetze,  ?• 
denen  allerdings  der  grössere  Theil  nicht  schriftlich,  einige  jedoch 
auch  schriftlich  abgefasst  worden  seien  (v6|xot><;  —  <XYp&po<K  |*e*  *fc 
irXeiatouc,  eoTi  8'  o8<;  xai  sv  fpd[A|xaoi  xeipivotx;).  Während  nun  je* 
Annahme  von  ungeschriebenen  Gesetzen  des  Romulus  auf  einem  Ver- 
kennen der  Thatsache  beruht,  dass  doch  das  Meiste  von  dem,  w* 
das  älteste  Rom  an  Satzungen,   Ordnungen  und  Institutionen  besass, 


29)  In  ähnlicher  bildlicher  Verwendung  findet  sich  postum  um  auch  bei  ApJ- 
Met.  VI,  30:  coenam,  quam  postuma  diligentia  praeparaverat  infelix  anus,  wo* 
Erklärung  von  Oudendorp  ganz  zutreffend  ist :  diligentia,  quae  in  coena  adpan« 
post  mortem  eius  usu  venit;  de  Mag.  36:  est  iam  praecipiti  aevo  et  occidua  «" 
nectute,  tarnen  —  accipiat  doctrinam  seram  plane  et  postumam  d.  i.  die  Disripto» 
die,  insofern  für  deren  Anwendung  sein  Leben  zu  kurz  ist,  wie  eine  nachgeholt* 
erscheint. 


Lecks  reüiae.  569 

eh  als  ein  von  den  lMutterslaateo  und  den  Vorfahren  überkommenes 
Ahetl  dem  neuen  römischen  Staate  fix  und  fertig  und  gewisser- 
lesen  von  selbst  gegeben  zugebracht  worden  war,  und  so  nun 
ie  Weiteres  die  verkehrte  Vorstell uog  von  einer  allumfassenden 
ßlativen  und  organisatorischen  Tätigkeit  des  Bomulus,  wie  von 
jeschriebenen  Gesetzen  desselben  zur  Geltung  gelangte,  so  tritt 
Irerseits  wiederum  die  Erwähnung  geschriebener  Gesetze  des  Bo- 
lus gleich  als  Bezugnahme  auf  ein  unzweifelhaftes  historisches 
tum  auf. 

Voa  jenen  Gesetzen  des  Bomulus  aber,  seien  dies  ungeschrie- 
ie,  seien  es  geschriebene,  greift  Dion. ,  wie  er  in  c.  24  besagt, 
beredtesten  Zeugnisse  für  die  legislatorische  Weisheit  des  Ho- 
kis  heraus  und  so  nun  vor  Allem  diejenigen  Gesetze,  welche  in 
i  mittelst  confarreatio  begründete  eheliche  Verhältnis«  eingreifen. 
i  voft  diesen  Gesetzen  nun  wird 

1.  in  c.  25  zunächst  das  eine  dahin  referirt: 
[uvafxa  "jafxsrtyv  t)jv  xaid  -j <4|Aoo<i 30   iepotx;   ouvsXdoöoav  dvöpi  xoivai- 
&»  axdvtiov  eivat  ^pTj(idxcov  te  xat  iepu>v. 

-  die  Beurtheilung  dieses  Allegates  des  Dion.  aber  sind  durchaus 
ausgebend  zunächst  die  beiden  Momente:  einmal,  dass  Dion.  nicht 
tagt,  ob  jener  vojaoc  ein  ^e^pajxftsvo;  oder  ein  afpa<po<;  sei,  und 
iann  dass  in  den. normativen  Worten:  xotv«»vta  dirdvttov  sfvai  xp*}- 
:u>v  xe  xat  Upu>v  gar  nicht  das  Referat  von  dem  Inhalte  eines  Ge- 
zes,  als  vielmehr  lediglich  die  Wiederholung  einer  jener  zahlreichen 
isenbesünMüuftgen  der  Ehe  zu  befinden  ist,  welche,  von  der  Phi- 
ophie  ausgehend  und  in  der  griechischen,  wie  römischen  Litteratur 
r  verschiedensten  Zeiten  auftretend,  in  der  Definirung  der  Ehe 
fein  als  einer  ßtoo  xoivurna,  einem  consortium  totius  vitae.31  Und 
an   wiederum    in  juristischer  Beziehung   ist  jene   Bestimmung   der 


30)  Wegen  dieser  auch  von  Krüger  recipirten  Lesart  vgl.  Ambrosch,  Dion. 
.  ant.  Rom.  cap.  XXXI  Bresl.  4  8  40.  p.  37.  Sintenis,  emendat.  Dion.  spec.  I 
bst  4  856.    p.  26  f. 

34)    Die  nächste  Parallele  bieten  Gord.   im  C.   Just.   IX,    32,    4:    uxor,   quae 

ia  rei  humanae  atque  divinae  domum  suscipitur,   und  Modest.  1  Reg.  (D.  XXIII, 

4)  :    divini   et  humani  iuris  communicatio.     Weiteres  s.  bei  Voigt,    Ius  nat.   II 

938.     Dion.  selbst  wiederholt  in  II,  27  die  Formel  xoivuwov  etvott  Upuiv  ts  xal 

jp.aTa>v  s.  §  8. 


570 


Moritz  Vokjt, 


N 


Stellung  der  in  manu  mariti  befindlichen  Ehegattin  als  xotvaivi;  i 
tcüv  xpy]|i.dT(ov  namentlich  für  die  ältesten  Zeiten  geradezu  falsch, 
dieselbe  zwar  in  der  gutgearteten,    altrömischen  Familie  thal 
gleich  als  Theilhaberin   des  Familienvermögens,    wie  Hausi 
da   stand    und   von   der   Volksanschauung  auch   so    aufgefasst  wd,] 
die   Rechtsordnung  dagegen  dieselbe   aller   Vermögens&higkeft, 
allen  Mitregimentes  in  thesi  entkleidete  und  in  vollste  Unterthinigkrtj 
zu  dem  paterfamilias  stellte.32 

Daraus  aber  ergiebt  sich,  dass  in  dem  von  Dion.  mil 
v6[ioc  des  Bomulus  nicht  eine  lex,  sondern  nur  ein  äfpacpot 
werden  darf,  und  solcher  nun  in  dem  Sinne  zu  beurtheilen  ist, 
er  die  eheliche  Ordnung  und  die  Stellung  der  Gatten  chara< 
welche  dieselben   in  der  guten  Ehe  thatsächlich ,   wie,   nach 
gäbe  der  Yolksanschauung,  ordnungsgemäss  einander  gegenüber  ei 
nehmen ,    eine   Characteristik ,    welche   denn   auch    von  Die»,  jetfj 
wiederholt  wird  in  den  Worten: 

-fov*})  xupia  xoö  otxoo  tbv  auxbv  Tp6*icov  rjv,  ßvrcp  6  dvVjp. 
Dies  aber  ergiebt,  dass  es  unstatthaft  ist,  wenn  Dirksen,  a.  0.  2Wt 
den  von  Dion.  dem  Romulus  zugeschriebenen  vopoc  als  lex  «jii 
auffasst. 

2.  Sodann  fahrt  Dion.  II,  25  weiter  fort,  es  sei  durch  die  Wo» 
eigenthümlichkeit  jener  mittelst  confarreatio  begründeten  Ehe  Ronuhr 
bestimmt  worden,  solche  Ehe  selbst  für  unlösbar  durch  Schekbf 
zu  erklären,  worauf  dann  die  Betrachtung  dem  Judicium  dornest** 
über  die  Ehefrau  sich  zuwendet  mit  der  Angabe,  die  letztere  werf* 
wegen  begangener  Vergehen  (dfiaptdvouod  xi)  dem  Hausgerichted* 
Ehemannes  unter  Zuziehung  ihrer  Cognaten  als  den  Beisitzern  aty* 
urtheilt  und  resp.  mit  Strafe  belegt.  Und  zwar  werden  im  Betf* 
deren  unter  jenen  Vergehen  zwei  als  von  Romulus  ausdrücklich  W 
pönt  hervorgehoben:  der  Ehebruch:  cpöopd  acofianx;33  und  der* 
erlaubte  Weingenuss:  otvov  iriveiv,  worauf  endlich  das  Thema  mitd* 
Bemerkung  abgeschlossen  wird,   dass  ein  Zeugniss  für  die  Trefflicr 


32)  Vgl.   Voigt,  a.   0.  III  §  150. 

33)  Dies  ist  Ueberselzung  eines  in  der  Vorquelle  gebrauchten,  gewirf  ** 
technischen  violatio  corporis,  so  bei  Liv.  I,  58,  7  :  corpus  est  violatum,  wew* 
Ausdruck  selbst  eine  euphemistische  Umschreibung  enthält  von  incestus  d.  i-  *** 
keuschheit:  s.  A.  4  77. 


Legks  regiab.  574 

t  dieses  Gesetzes  in  seiner  lang  dauernden  Wirksamkeit  enthalten 
(jxdptüc    8e    toö  xaXd);  s^siv  xb*  rcept  täv  i(uvaixu>v  v6jxov  6  tcoXu<; 
hoc) :  denn  eine  Ehescheidung  sei  bis  zu  dem  Falle  des  Sp.  Car- 
las Ruga  in  Rom  nicht  vorgekommen. 

Diese  gesammten,  so  bekundeten  Ordnungen  stellt  nun  Dirksen, 
0.  296  ff.  unter  die  leges  Romuli  ein,  so  dass  denselben  theils 
5  Einsetzung  des  Judicium  domesticum,  theils  dessen  Competenz- 
tlärung  für  die  Cognition  über  Ehebruch  und  Weingenuss  über- 
esen  wird.  Allein  wenn  immer  auch  Dion.  beiderlei  Ordnungen 
Einsetzungen  des  Romulus  auffasste  (vgl.  auch  II,  26) ,  so  wird 
ch  die  erstere:  die  Einsetzung  des  Judicium  domesticum  von  Dion. 
ineswegs  auf  einen  vojxo;  zurückgeführt,  indem  vielmehr  der  von 
roselben  angezogene  vop.o<;  irspt  tcov  fuvaixuw  einzig  und  allein  zur 
mpetenz  dieses  Judicium  über  die  bezeichneten  beiden  Vergehen 
Beziehung  gesetzt  ist.  Somit  bietet  in  dem  ersteren  Punkte  Dion. 
*rhaupt  kein  Zeugniss  für  die  Existenz  einer  bezüglichen  lex,  in- 
a  hierbei  weder  ein  vojxo<;  genannt,  noch  auch  besagt  ist,  ob  etwa 

^pa^ivo^  °^eT  e'n  QtTfpacpo«;  ^t10^  vorausgesetzt  werde;  viel- 
dr  geschieht  es  nur  in  dem  letzteren  Punkte,  hinsichtlich  der 
npetenz  jenes  Judicium,  dass  Dion.  von  einem  vojao;  spricht.  Dies 
r  ergiebt,  dass  auf  jene  Passage  des  Dion.  überhaupt  keine  eigene 

regia  zu  stutzen  ist:  denn  hinsichtlich  der  Einsetzung  des  iudi- 
m  domesticum  fehlt  es,  wie  bemerkt,   ap  jeder  Bekundung  einer 

regia  Seitens  der  Quellen;  bezüglich  der  Competenz  dieses  iu- 
ium  aber  kömmt  das  von  Dion.  Ueberlieferte  nicht  gesondert  und 

sich  in  Betracht,  vielmehr  fällt  solches  mit  dem  von  Plut.  Rom.  22 
rüber  Berichteten:  mit  der  in  §  6  zu  erörternden  lex  regia  zu- 
imen. 

3.  Endlich  in  II,  26  geht  Dion.  über  zu  den  Ordnungen  der 
erlichen  Gewalt:  Romulus,  als  i  t<5v  * Pci)[i.a((ov  vo[xo{Htyj<;  habe  die 
gedehnteste  Gewalt  über  den  Sohn  dem  Vater  während  dessen 
)zeiten  tibertragen:  das  Strafrecht  und  so  insbesondere,  wie  in 
27  beigefügt  wird,  das  Recht  den  Sohn  zu  verkaufen,  welches 
:tere  bei  dem  Rückfalle  des  Sohnes  in  die  väterliche  Gewalt  nach 
)lgter  Manumission  sogar  drei  Mal  habe  ausgeübt  werden  können. 
i  zwar  sei  solche  Rechtsordnung  auf  Grund  sei  es  geschriebener, 

es  ungeschriebener  Gesetze  in  der  Königszeit  beobachtet    (toötov 

Lbhandl.  d.  K.  8.  Genelluch.  d.  Wiuuensch.  XVII.  39 


572  Moritz  Voigt,  [M 

t&v  v6[iqv  cv  dp^atc  (iiv  oi  ßaaiXsf<;  rf  uXaxxov  etxe  fe-fpap.ii&Kjv  «I 
afßa'f ov  —  06  -jap  l^*«  xo  oerf  s^  eiiceiv  —  äicdvicov  xfxznorov  ^ 
psvoi  vojxov)  und  dann  von  den  Decemvirn  in  die  XII  Tafeln  at 
aufgenommen  worden. 

Aus   diesem   Referate   des   Dion.  leitet   nun  Dirksen54  zwei  II 
zwei    Gesetze   ab:    ebensowohl    eine   lex    regia    und   ein   Zwölftäi 
Gesetz,    welches   die  ausgedehnte    Strafgewalt   des  Vaters  über  dl 
Sohn  verlautbarte,  als  auch  eine  lex  regia  und  ein  ZwölftafeWJert, 
welches  das  bezeichnete  Vorkaufsrecht  des  Vaters  feststellte.   Als 
dem  steht  entgegen,  dass  Dion.  ebensowohl  mit  ausdrücklichen!* 
ten   bekundet,    wie    er    von    geschriebenen   leges   regiae  über  ja* 
Satzungen  nichts  habe  in  Erfahrung  bringen  können,  als  auch 
für  ein  Zwölf  tafel-Gesetz  über  die  vaterliche  Strafgewalt  bezeugt, 
dass   somit   von  jenen  von  Dirksen  angenommenen  vier  Gesetz«  § 
der  That  nur  ein  einziges  durch  Dion.  wirklich  bekundet  wird:  Al 
auch  sonst  noch  beglaubigte  Zwölflafel-Gesetz  über  das  Verkäufer«! 
des  Vaters. 

Endlich   ist  am    geeignetsten   an  dieser  Stelle  noch  in 
zu  ziehen  Pap.  de  Adult.   (Collat.  IV,  8,  1): 

cum  patri  lex  regia  dederit  in  ßliam35  vitae  necisque  potesW* 
quo  bonum  fuit  lege  (i.  e.  Iulia  de  adulteriis),  ut  potestas  eieflt 
etiam  filiam  (sc.  cum  adultero)  occidendi?  velis  mihi  rescrike* 
nam  scire  cupio. 

Respondit:  num  quid  etc. 

In  dieser  Stelle  wird  somit  auf  eine  lex  regia  über  das  Tötto^ 
recht  des  Vaters  Bezug  genommen;  allein  es  geht  solche  Bezugnd* 
nicht  von  Papinian  aus,  als  vielmehr  von  einem  Dritten  und  *** 
einem  Nicht-Juristen,  welcher,  mit  einer  Consultation  an  Papinian** 
wendend,  Aufschluss  sich  erbittet  über  das  Verhältniss  der  lei  I* 


34)  a.   0.   304  ff.     Zwölf-Tafel-Fragmente  37t  ff. 

35)  Gothofr.   zu  C.   Th.   IV,    8,    1    emendirt    filium,    ohne   solches  nak** 
begründen;    und  dem  stellt  nun  Scheltinga  in  Fellenberg,    lurispr.  witty  1  ™ 
Anm.  die  Bemerkung  entgegen  :    meminit  Pap.   tanlum  potestatis  iu  ßlia«,  ¥* 
ea  sola  in  adulterio  depreheusa  agebat,    non    quod    Glium    et    reliquos  liberos 
cludere  vellet.      Obgleich    nun   diese  Bemerkung   völlig   zutreffend   uod  sachj*p 
ist,  sagt  gleichwohl  Dirksen,  Zwöif-Tafei-Fragm.  275  A.  340b  darüber:  »dk>G** 
welche  zur  Aufrechterhaltung  des  gemeinen  Textes  vorgebracht  werden,  »■ 
zureichend «,   und  erklärt  die  Emendation  des  Gothofr.   für  »ganz  ootbw«*^- 


Leges  regiae.  573 

dulteriis  mit  ihrer  dem  Vater  ertheilten  Befugniss,  die  im  Adul- 
m  betroffene  Tochter  sammt  dem  Ehebrecher  zu  tödten,  zu  der 
egia  mit  ihrem  dem  Vater  beigelegten  ius  vitae  necisque.  Wenn 
t  dieser  Sachverhalt  die  Möglichkeit  ausschliesst,  bezüglich  des 
egebenen  Zeugnisses  für  die  Existenz  solcher  lex  regia  ein  Ur- 
Uber  dessen  Glaubwürdigkeit  sich  zu  bilden,  da  über  die  Quali- 
on oder  Competenz  des  Zeugen  selbst  für  solches  Zeugniss  alle 
jede  Andeutung  uns  mangelt,  so  ist  dagegen  andrerseits  die 
aubwUrdigkeit  jenes  Zeugnisses  aus  dem  doppelten  Momente  zu 
rn,  dass  einmal  Dion.  oder  vielmehr  dessen  Vorquelle,  welche 
ex  professo  nach  dem  Vorhandensein  von  bezüglichen  schrift- 
n  leges  regiae  forschte,  nach  Maassgabe  des  Obigen  keinen  Nach- 
für deren  Existenz  zu  gewinnen  vermochte,  und  dass  sodann 
gesaminte  altrömische  Familienrecht  und  so  auch  die  patria  po- 
s  eines  der  ältesten  Stücke  des  römischen  Rechtes  überhaupt  ist, 
hes,  weit  über  die .  Gründung  des  römischen  Staates  zurück- 
nd,  als  altüberlieferte  Ordnung  von  Rom  einfach  übernommen, 
aber  in  umfassenden  und  detaillirten  geschriebenen  Gesetzen 
d  wann  in  früherer  Zeit  besonders  verlautbart  ward.:w 
Demgemäss  ist  daher  dem  obigen  Zeugnisse  für  die  betreffende 
egia  in  der  That  kein  historischer  Werth  beizumessen:  dasselbe 
nur  sich  stützen  auf  die  unkritische  Lecture  eines  Schriftstellers, 
n  der  Manier  von  Dion.  II,  24 — 27  die  Geschichte  der  ältesten 
utionen  und  Satzungen  des  römischen  Staates  behandelte  und  so 
dieselben  auf  eine  Einsetzung  Seitens  der  römischen  Könige:  auf 
schriebene  neben  geschriebenen  leges  zurückführte. 

[I.  Die  überlieferten  leges  regiae  im  Einzelnen. 

»  Geseti  des  Romulus  wider  die  Treuverletiungen  von  Patron 

oder  dienten. 

Dion.  II,  7  ff.,   indem   er  zur   Darstellung  der  politischen  Ein- 
lagen  des  Romulus   übergeht,    berichtet  in  c.  8  über  die  Ein- 


6)   Vgl.  Voigt,   Ius  nat.  III  §  155,  sowie  insbesondere  Ulp.  26  ad  Sab.    (D.  I, 

r.) :   quum  ius  potestatis   (sc.  patriae)   moribus  sit  receptum. 

39* 


574 


Moritz  Voigt, 


» 


iheilung  der  Bürgerschaft  in  Patrizier  und  Plebejer,  dann  inet 
von  der  Stellung  der  ersteren  als  Patrone ,  wie  der  letztem  ä 
Clienten,  worauf  endlich  in  c.  10  die  gegenseitigen  Rechte  «I 
Pflichten  beider  Stände  dargelegt  weiden.  Diese  wechselseitig» 
Pflichten  selbst  aber  waren  nach  Dion.  unter  den  Schutz  des  Redte 
gestellt:  ihre  Verletzung  insbesondere  unterfiel  nach  c.  10  einem  m 
Romulus  erlassenen  Strafgesetze:37 

ei  8s  xt£  e£eXe*j)(öetY)  xouxcov  ti  8tairpaxx6|ievo£,  evoj^oc  ^v  x»  % 
t^C  irpoSooia;, H*  8v  exupcooev  6  PiofiuXos*  xov  Se  dXövxa  xcj>  ßwl* 
pivtp  xxetxetv  Sotov  yjv  cu;  Dopa  xoö  xaxa^dovtou  At6<;. 
Indem  somit  in  diesen  Worten  Dion.  eine  lex  Romuli  wider  die  Ti 
Verletzung  zwischen  Patron  und  Clienten  bekundet,  so  schliesst 
deren  Fassung  jeden  Zweifel  darüber  aus,  ob  nicht  etwa  alleinig  d 
Treuverletzung  des  Patrones  wider  den  Clienten  in  Frage  stehe, 
vielmehr  Dion.  ganz  bestimmt  besagt,  dass  jene  lex  auch  die  Int 
Verletzung  des  Clienten  wider  den  Patron  verpönt  (xotvg  8'  dpf** 
pou  ouxe  ootov  oöxe  ttsfits  yjv  x.  x.  X.  et  8e  xi£  ei-eXe-f^det!)  xouw»i 
8iaitpaxxo(i8vo<;  x.  x.  X.).  Und  damit  nun  wird  die  von  Dirkseo,  l! 
286  ir.  ausgesprochene  Annahme  hinfällig,  es  sei  jene  lex  Ro«i 
identisch  mit  dem  Zwölftafel-Gesetze:  patronus  si  clienti  fraadn 
faxit,  sacer  esto,  da  doch  das  letztere  ebensowohl  die  Pflicht«* 
letzung  Seitens  des  Patrones  allein  ^  nicht  auch  Seitens  des  Clieoto* 
als  auch  nicht  die  Treuverletzung  im  Allgemeinen,  sondern  ledigB 
das  fraudem  facere:  die  Vermögensbenachtheiligung39  des  Clieotei 
durch  den  Patron  reprimirt. 

Und  indem  nun  solche  Treu  Verletzung  mit  der  Strafe  des  sacer 
esto    bedroht   wird,    so    ist   endlich  unter  dem  Zeü<;  xaxajf ftovto; <te 


37)  Die  Lilteralur  über  dieses  Gesetz  bietet  am  Vollständigsten  Rein,  Ö* 
Rt.  469  A.  ***,  woselbst  jedoch  das  eine  Citat  dahin  zu  berichtigen  ist:  fa 
Kretzschmar,  de  praevaricatione  patronorum  ac  clienttum  I — IV,  Dresd.  USf- 
t762.    lex  Romulea  de  proditionis  crimine,    Dresd.  1763. 

38}  Der  Ausdruck  vou,o;  ttj;  7rpo8oa(as  ist  frei  und  zugleich  unglücklich  p* 
wählt:  dem  Dion.  schwebte  dabei  die  prodttio  vor  Augen,  welche  in  der Cn*** 
geschiente  der  Republik  eine  so  bedeutsame  Rolle  spielt,  die  aber  gar  niefeto  Ver- 
wandtes bietet  mit  der  Verletzung  der  Treupflichten  zwischen  Patron  uod  Üi«*W: 
Rein,  a.  0.    469.     Besser  wäre  die  Bezeichnung  gewesen  vojao;  t^c  chtwrf«;- 

39)   Vgl.   Voigt,   Bedeutungswechsel   HO  UV 


Leges  regiae.  575 

als  dem  Pluton  der  Griechen,40  der  Tellumo  zu  verstehen,  jene 
lische  chthonische  Gottheit  somit,  welche  neben  der  Tellus  als 
ltsprechende  männliche  Göttergestalt  auftritt.41 
'u  einem  anderen  Ergebnisse  würde  nun  allerdings  hinleiten  das 
•nruaterial,  auf  welches  Bezug  nimmt  Merula,  de  legibus  Rom. 
aliquando  viderim  manuscriptum  Servium,  in  quo  disertis  ver- 
cus  a  me  citatus  (i.  e.  Serv.  in  Aen.  VI,  609)  ita  concipieba- 
uctior:  »Ex  lege  Romuli  et  XII  tabularum  hoc  venit,  in  quibus 
'iptum  est:  Si  patronus  clienti  fraudem  faxit,  sacer  esto«.  Deinde 
sum  aliquando  in  Galiis  doctissimo  scriptore  Calpurnio  Pisone, 
ab  Traiano  scripsit  »De  conttaentia  veterum  poetarum«  duos 
,  quos  aliquoties,  petitis  aliquot  fragmentis,  non  uno  loco  cito 
mmentario  ad  meum  Ennium;  in  eo  librorum  Calpurnii  priore 
im  legi,  iniuriam  et  fraudem  a  patrono  clienti  factam  legibus 
li  vindicari;  verbis  tarnen  legis  non  adscriptis. 
Ulein  diese  Allegate  tragen  den  Character  nicht  des  Zweifel- 
,  als  vielmehr  der  zweifellosen  Fälschung  an  sich,42  so  dass 
t>en  eine  Bekundung  von  Quellenzeugnissen  nicht  bieten  und 
1  den  obigen  Ergebnissen  gegenüber  gar  nicht  in  Betracht 
en:  die  lex,  welche  Dion.  dem  Romulus  beimisst,  verpönt  und 
it  mit  der  Strafe  des  Tellumoni  sacer  esto  die  Verletzung  der 
zeitigen  Treupflicht  ebensowohl   Seitens  des  Clienten,   wie  des 


►)   Preller,   gr.   Myth.  I,    4  94. 

)  Varr.  bei  Aug.  C.  0.  VII,  23.  Preller,  r.  Myth.  402.  Dahingegen  der 
er  isl  nicht  altrömisch:  Becker-Marquardt,  a.  0.  IV,  3t 2. 
i)  In  Bezug  auf  das  zweite  Allegat  des  Merula  äusserte  sich  zuerst  Th.  Hug, 
nnal.  libr.  VII — IX  Bonn  1852  S.  4  9  dahin:  debebant  viri  docti  Merulae 
i  compertam  habere  itaque  istis  fonübus  Glossario  Fornerii  et  Calpurnio  Pi- 
em  forliter  ac  praefracte  derogare :  dann  folgte  die  zu  gleichem  Ergebnisse 
nde  Untersuchung  von  J.  Lawicki,  de  fraude  P.  Merulae  Ennianomm  anna- 
litoris,  Bonn  1853  p.  22  IT.  ;  und  demgemäss  äussert  sich  nun  auch  Bern- 
r.  Litter.  §  63  A.  264.  So  ist  daher  das  Befremden  von  Scholl,  XII  tab.  50 
r  begründet,  dass  dem  ersten  Allegate  des  Merula  von  Männern,  wie  GÖttling, 
taatsverf.  3t  6  A.  6,  Schwegler ,  röm.  Gesch.  I,  24  A.  2.  640  A.  t.  III, 
2  Glauben  beigemessen  wird,  wogegen  Becker,  röm.  Alterth.  II,  t.  S.  t62 
deutlich  genug  jenem  Allegate  misstraut.  Die  Manier  selbst  aber,  den  Man- 
sachlichen  Gründen  für  eine  vorgeführte  Meinung  durch  falsche  Cttate  zu 
i,  ist  im  t6.  und  17.  Jahrh.  ziemlich  verbreitet:  es  wird  in  §  7  ein  weiteres 
folgen. 


576 


Moritz  Voigt, 


w 


Patrones,  während  das  Verbot  des  fraudem  facere  bezüglich  des  fit 
trones  allein  eine  von  den  XII  Tafeln  ausgesprochene  Bestiauw 
wesentlich  verschiedenen  Inhaltes  ist. 


§  5. 
Das  Gesetz  des  Romalas  wider  die  Kiades-Aassetnag  »der  -Tita} 

Von  Dion.  II,  15  — 17  wird  eine  Darlegung  der  dem  Roonhi 
beigelegten  Maassregeln  gegeben,  welche  auf  Vermehrung  der fc-j 
völkerungsmenge  im  Staate  gerichtet  waren:  Gebot  der  Auferziel)« 
der  Nachkommenschaft,  Einsetzung  des  Asyles,  Aufnahme  des  Sf j 
stemes  der  Colonie-Deduction.  Die  Darstellung  des  ersten  dieser 
Punkte  lautet  nun  in  c.   15  folgendermaassen : 

elc,  dvd*|(X7]v  xaxeoxYjoe  (sc.  o'PaifiuXo^)   xoi>£  ofxVjxopac  <wrij;  W 
r?j£  TC^Xeco^)   airaotv  dppYjva  feveäv  exxpscpeiv  xai  ik>-)f axeptov  xa;  ip 
xo^voo^,    diroxxivvuvat  8e  jiyjSsv  xäw  7evvu>|jivu>v  vscoxepov  tptcnibi 
tcXtjv  ei  ii  Y^otio  icai8(ov  dvd7njpov  ^  xepas  eodi^  äicb  *pvij;.   wst\ 
8'   oux  excoXüoev  exxtfrevat  xou£  feivapivoot  em8e(£avxac  7cp6Tepw«wii 
dvopdat  Tot£  l-pfioxa   ofxoöotv ,   edv   xdxeCvout   aovSox-jj.     xotä  Je  Än 
fi"J)  raifropivu>v  xo>  vojaoi  C^p**0^  copioev  dXXat  xe  xal  xijc  ouafac»? 
TÄv  rJjv  ^(xtoeiav  etvai  §Y)fioo(av. 
Ln  dieser  Passage  wird  somit  eine  vierfältige  Rechtsordnung43  als  I» 
Romuli  bekundet: 

a.  Gebot  des  Aufziehens  aller  männlichen  Descendenten,  wieto 
erstgeborenen  Tochter; 

b.  Verbot  der  Tödtung  der  Descendenten  vor  zurückgelegt« 
dritten  Lebensalter; 

c.  ausnahmsweise  Gestattung  der  Tödtung  des  noch  nicht  A* 
jährigen  Descendenten ,  dafern  solcher  entweder  ein  portentum  ofa 
monstrum   (icaiStov  d^dmrjpov)    oder  aber  ein  prodigium   (xspa;)44  n» 


43)  Rein,  Crim.  Kt.  44*.  Priv.  Rl.  485  trägt  in  das  Gesetz  Bestimm««* 
hinein,  die  gar  nicht  darin  liegen,  und  deducirt  so  einen  Widerspruch,  der J^ 
nicht  obwaltet. 

44)  Die  Römer  unterschieden  als  Unterarten  des  ostentum:  der  MissfW 
das  portentum  oder  später  monstrum:  die  menschliche  Missbildung,  und  das  f**" 
digium  raalum  oder  später  prodigium:  den  Wechselbalg;  so  Tarquit.  Prise,  orf*** 
arborar.   bei  Macr.    Sat.   III,    20,    3:    portenta  prodigiaque  mala;    Paul.  «tf-  ** 


Lkges  rbgiac.  577 

olelies  von  fünf  zur  Besichtigung  desselben  als  Zeugen  adhibirten 

iten  Nachbarn  anerkannt  war; 

d.  eine  Strafandrohung  wider  die  Uebertretung  dieser  Vorschriften 

zwar  gerichtet  auf 

aa.  Publication  der  Hälfte  des  Vermögens; 

bb.   Vermögensnachtheile  anderer  Art  (Cirj|xtat  akXai). 

Solche  Rechtsordnung   nun   enthält  eine  weitgehende  Beschrän- 

jener  Machtfulle  der  hausherrlichen  Gewalt,  die  wir  als  den 
►mischen  Ausgangspunkt  dieses  Verhältnisses  anzunehmen  be- 
igt  sind,  insbesondere  aber  eine  Einschränkung  jener  Vollgewalt, 
he  in  das  freie  Ermessen  des  paterfamilias  die  Entscheidung 
)er  stellte,  ob  derselbe  das  von  der  familienangehörigen  Ehefrau 
rene  Kind,  sei  es  Sohn  oder  Tochter,  sei  es  Enkel  oder  Gross- 
I  als  Glied  der  Familie  auch  anerkennen,  aufnehmen  und  auf- 
n  oder  aber  ausstossen,  wie  aussetzen  oder  etwa  tödten  wolle. 

diese  hausherrliche  Vollgewalt  bekundet  ebensowohl  noch  das 
hische  Recht,  welches  solche  Entscheidung  dem  paterfamilias 
;  frei  anheimgiebt,45  wie  aber  auch  das  römische  Recht  selbst 
(wissen,  hier  auch  später  noch  fortlebenden  Ordnungen:  darin, 
auch  das  römische  Recht  dem  freien  Ermessen  des  paterfamilias 
Entscheidung  darüber  anheimgiebt,  ob  er  das  neugeborene  Kind 
amilienglied   aufnehmen   oder   ausschliessen    wolle.      Und    zwar 

solche  Entscheidung  unter  einer  gewissen  Feierlichkeit  abge- 
i:  der  Neugeborene  wird  zu  den  Füssen  des  auf  seinem  solium 
iden  paterfamilias  auf  den  Fussboden  niedergelegt;  und  der  letz- 
liess  entweder  denselben  auf  dem  Boden  liegen,   damit  symbo- 

dessen  Ausschliessung  aus  der  Familie  bekundend,  oder  aber 
denselben  empor  in  seinen  Schos,  damit  zugleich  denselben  sym- 
;h   in   die  Familie   und   als  deren  legitimes  Glied  aufnehmend,46 


,   3 :    monstrosum   aut   prodigiosum    u.  a.  m.      Ungenügend    ist    DÖderlein, 
ym.   V,    173  ff. 

i5)  Der  paterfamilias  hat  hier  freie  Macht,  entweder  dem  Kinde  die  Aufnahme 
;  Familie  zu  versagen  und  dasselbe  auszusetzen,  oder  es  als  Familienglied 
rkenoen,  welchenfalls,  in  einem  gewissen  Parallelismus  mit  unserer  Taufe, 
,  resp.  10.  Tage  die  feierliche  Aufnahme  in  die  Familie  durch  Opfer  und 
lsgebung  erfolgte:  Hermann,  gr.  Priv.  Alterth.  §  II,  6.  32,  13.  15  ff. 
•6)  Dies  ist  das  Iiberos  tollere  oder  suscipere  oder  recipere:  Donat.  in  Ter. 
III ,    I  ,   6  :    suscipi    filios   legitimos    faciunt   parentes ;    et  sublatio  matris  est, 


578  Moritz  Voigt,  P 

worauf  dann,  gleichwie  bei  den  Griechen,  am  neunten,  resp.  acta 
Tage  durch  Opfer  und  Namensgebung  die  religiöse  Weihe  und 
bürgerliche  Bekundung  solcher  Aufnahme  erfolgte.47  So  daher 
insoweit  das  römische  Recht  den  leitenden  Grundgedanken  des  gm- 
chischen  Rechtes  durchaus  noch  fest:  der  paterfamilias  hat  freies  fr» 
messen,  den  Neugeborenen  in  die  Familie  aufzunehmen  oder  dtm 
auszuschliessen,  damit  zugleich  entscheidend,  ob  das  Kind  ab  ehe- 
liches oder  uneheliches  zu  gelten  habe.  Allein  darin  weicht  wieder« 
die  obige  lex  Romuli  von  dem  griechischen  Rechte  ab,  dass  dieeAl 
für  den  Fall  der  Ausschliessung  des  Kindes  aus  der  Familie  and 
lllegalitäts-Erklärung  dem  paterfamilias  gewisse,  sehr  bedeu 
Beschränkungen  auferlegt:  es  verbietet  dieselbe  ebenso  die  T 
des  Neugeborenen  schlechtweg,  solche  erst  nach  erreichtem 
Lebensjahre  gestattend,  wie  sie  auch  die  Aussetzung  aller  mä 
Descendenz  und  der  erstgeborenen  Tochter  verbietet,  solche  n»fc 
züglich  der  nachgeborenen  Tochter  oder  der  Enkelinnen  gesta 
und  so  daher  verpflichtet  dieselbe  den  paterfamilias,  auch  die  tUt 
als  legitim  anerkannten  männlichen  Descendenten ,  wie  erstgebom 
Tochter  in  sein  Haus  aufzunehmen  und  bis  zum  dritten  Lebeosjak* 
aufzuziehen,   so   dass   das   alte  Recht  des   paterfamilias  zur  Tödtaf 


patris  tollere;  Enn.  Phon,  bei  Cic.  Orat.  46,  155:  neque  tu  umquam  in  graMi 
exlollas  liberorum  ex  te  genus ;  Pacuv.  Teuc.  bei  Non.  306,  32:  te  repudio  m 
reeipio  nalum  (s.  Luc.  Müller  in  N.  Jahrb.  f.  Phil.  1858.  XCVII,  437):  H* 
Amph.  I,  3,  3:  quod  erit  na  tum,  tollito ;  unben.  Tragiker  bei  Cic.  de  Div.  I,  10,  !!• 
Ter.  Hec.  IV,  I,  6«.  And.  I,  3,  14.  II,  3,  27.  III,  I,  6.  lleaut.  IV,  ly  II 
Sen.  exe.  contr.  VI,  3,  arg.  Und  dann  nun  das  Beispiel  bei  Suet.  Aug.  65:  a 
nepte  Iulia  post  damnalionem  editutn  infantem  adgnosci  alique  veluit,  sowie  Soor 
(unter  Trajan  und  Hadrian)  de  muliebribus  affcclionib.  c.  25  ed.  Ermerius,  der, 
die  Merkmale  erörternd,  ob  ein  Kind  zur  Aufziehung  sich  empfehle,  die  belrefciA 
Frage  durchaus  nur  nach  sachlichen  Erwägungen  und  frei  von  aller  juristische* 
Beschränkung  behandelt,  und  der  hierbei  auch  des  althergebrachten  humi  depovre 
des  Kindes  gedenkt :  es  wird  jene  Tauglichkeit  des  Kindes  unter  Anderem  ert** 
ix  toü  T£&£v  liA  fTfi  softiü>s  aoTo  xXauftnopiaai  jiera  tovou  toi  irpoaTJxttf*- 
Erst  das  S.  C.  Plancianum  unter  Vespasian  und  dann  ein  S.  C.  unter  Hadrian  er- 
zogen dem  paterfamilias  die  Freiheit  der  Entscheidung  über  die  Legitimität  A* 
Kindes.  —  In  nur  untechnischer  Weise  wird  ein  tollere  liberos  der  Mutter  baV 
gemessen  von  Plaut.  Truc.  II,  4,  45.  Ter.  Hec.  IV,  I,  56.  Ov.  Met.  IX,  fW. 
Vgl.  Ups.  Epist.  I  cent.  ad  Beigas.  85.  Becker-Marquardt,  a.  0.  V,  I.  A.  <•• 
47)   Vgl.   Becker-Marquardt,   a.   0.   V,    I .   S.  83. 


Leg  es  regiae.  579 

r  Nachkommenschaft  erst  nach  deren  drittem  Lebensjahre,  so- 
so nach  einem  Zeiträume  zur  Geltung  kommt,  während  dessen 
iterfamilias  das  Kind  bereits  lieb  gewinnen  konnte, 
m  Uebrigen  erstreckten  sich  die  obigen  Vorschriften   allerdings 
auf  die  als  legitim  vom  paterfamilias  anerkannten  Descendenten, 

hier  auch  in  den  älteren  Zeiten  wohl  kaum  Fälle  practischer 
idbarkeit  findend,48    wogegen   wiederum   die  Ausnahmebestim- 

bezüglich  der  ostenta  auf  religiöse  Gesichtspunkte  und  Ord- 
n  zurückgeht. 

Vas  endlich  die  Strafandrohungen  zum  Schutze  jener  Vorschriften 
ifft,   so  erklärt  sich  zunächst  die  Vermögensstrafe:    die  Confis- 

des  halben  Vermögens  von  dem  Gesichtspunkte  aus,  dass  das 

die  Gemeinde  selbst  schädigte,  indem  dadurch  die  Zahl  ihrer 
r  gemindert  wurde  (s.  A.  48).  Dagegen  unter  den  anderen 
igensnachtheilen  bei  Dion.  sind,  da  an  Privatstrafen  nicht  zu 
q  ist,  piacula,  Sühnopfer  zu  verstehen,  welche,  je  nachdem  das 
getödtet  oder  ausgesetzt  war,  verschiedenen  Göttern  darzu- 
n  waren:  dort  zweifelsohne  den  chthonischen  Göttern,  hier 
der  Juno,    als   der   Schutzgöttin   der   menschlichen  Lebensent-  v 

ung- 
ut der  Rechtsordnung  selbst   aber  jener   lex  Romuli   stimmen 

völlig  überein  die  XII  Tafeln,  die  allerdings  parallele  Satzungen 

len,  von  denen  Kunde  giebt  die  Sentenz  von  Cic.  de  Leg.  III, 

:  cito  ablegatus  tamquam  ex  XII  tabulis  insignis  ad  deformita- 

uer.     Denn   es   verboten  die  XII  Tafeln  einerseits  die  Tödtung 

nzurechnungsfähigen  Kinder  schlechthin,49   mit  Ausnahme   wie- 


l)    Es   greif!    hier    durchaus    maassgebend    ein  die  Auffassung,    dass  für  Er- 
und    Fortpflanzung    des  Geschlechtes    zu    sorgen ,    ebenso    von    politischen, 
n  sacralen  Gesichtspunkte  aus  Gewissenspflicht  jedes  Einzelnen  war:    Voigt, 
inia  A.  132. 

i)  Tertull.  adv.  nal.  I,  15.  Bezüglich  der  Tödtung  des  zurechnungsfähigen 
griffen  das  Erforderniss  und  die  Ordnungen  des  Judicium  domesticum  Platz, 
Missachtung  inannichfacher  Ahndung  unterlag:  Voigt,  Ius  nat.  III  A.  1922 
!.  Allein  noch  die  lex  Pompeia  de  paricidiis  v.  699  oder  702  subsumirt 
Itung  des  Kindes  durch  den  Vater  nicht  dem  paricidium,  wohl  aber  die 
g  des  Kindes  durch  die  Mutter,  wie  des  Enkels  durch  den  Gross\ater: 
a.   O.   A.  1821. 


580 


Moritz  Voigt, 


« 


derum    der    osten ta,    wogegen    andrerseits    dieselben    auch  eil 
schränktes  Verbot  der  Kinderaussetzung  nicht  aussprechen.  * 


§  6. 
Das  Gesetz  des  Romalas  aber  die  Eheseheidaag. 

Plut.  Rom.  22  berichtet,   es  habe  Romulus  einige  Gesetze  fh\ 
lassen,  unter  denen  eines,  das  über  die  Ehescheidung  hart  sei: M 
Iibjxe  8s  xai  vojjlou^  xtva^,    u>v    ocpoSpo^   jxev    lariv   h  pvairi 
8t8oüc  diroXebceiv  avSpa,   Yüva^xa  oe  8t8ouc  sxßdXXm  iid  fapju 
tIxvcov  52  y)  xXei8u>v  £nuoßoX>]  xat  fioi^eottefoav  •  et  8    aXXa>;  tt; 
TTsjx^aiTo,    xrjs  oüo(a^  aoxou  to   [xev   t^   Yovatx^  s***1»  ™  & 
AV)[jL7]Tpo£  fepiv  xeXeucov  *  xiv  8'  aTro86jxsvov  fuvaixa  doeadai  )[J 
dsot£. 
Dieser  Bericht  erregt  indess  gewisse  Zweifel,  welche  theils  aas 
Stelle  an  sich  hervorgehen,  theils  aber  auch  das  Verhältniss 
in   welchem   die   bekundete  Rechtsordnung  zu  den  von  Dion.  H, 
angegebenen  Vorschriften  über  die  Ehescheidung  stehen,  und  dafj 
gegenüber  von  Folgendem  auszugehen  ist. 

Indem  der  paterfamilias  über  den  seiner  Gewalt  unterworM 
Freien  die  jurisdictionelle  Gewalt  als  iudex  domesticus  berufsmJB| 
ausübte,  so  war  derselbe  bei  dieser  seiner  Function  in  doppelter  Be- 
ziehung anders  gestellt,  als  der  Magistrat  bei  seiner  criminalprozess* 
tischen  Thätigkeit:  zunächst  war  das  Verbrechen,  um  dessen  irifci 
der  Magistrat  eingriff,  in  seiner  juristischen  Individualität  gesedi 
bestimmt,  wogegen  der  paterfamilias  in  solcher  Beziehung  eine  fr 
cretionäre  Gewalt  hatte,  kraft  deren  er  auch  über  den  Kreis  derjf 
setzlich    gegebenen  Verbrechen   hinaus  criminell   wider  deo  Gewi- 


B0)  Vgl.  Rein,  Crim.  Rt.  439  ff.  Priv.  Rt.  485.  Die  Kindesaussetafl*  * 
so  nun  auch  während  der  Republik,  wie  Kaiserzeil  im  Schwange,  so  z.  B.  L.  Afr* 
Vopisc.  bei  Non.  217,  29.  Plaut.  Cist.  I,  2,  5.  II,  3,  74.  vgl.  Zumpl,  Sörf 
der  Bevölkerung  68  ff.  Gothofr.  zu  Cod.  Th.  V,  7,  2.  Haubold,  IostH.  to«* 
2  48  ff.     Becker-Marquardt,  a.  0.   V,    1.  A.  10.  388.  429. 

51)  Die  Lilteratur  über  diese  lex  s.  bei  Rein,  Priv.  Rt.  446  A.  2  447  A.  * 
und  dazu  noch  Cannegieter,  observatt.  jur.  Rom.  IV,  H .  H.  de  Ranitz,  de  W 
sacra  Romuli  de  nuptiis,   Groning.  4  816  p.  7  sq. 

52)  Die  mannichfacben  Emendalionsversuche  dieses  Textes  s.  bei  Rein,  «-0* 
447  A.  2. 


Leges  regiae.  581 

gebenen  verfahren  konnte.  Und  wie  daher  in  den  Quellen  iu- 
domestica  auch  über  Vergehen  auftreten,  welche  nicht  den  ge- 
5n  bürgerlichen  crimina  sich  subsumirten,  so  erklärt  sich  wiederum 
ß  Thatsache  daraus,  dass  in  der  Hand  des  paterfamilias  juris- 
nelles  Richteramt  und  censorisches  Sittenrichteramt,  wie  auch 
iche  Disciplinargewalt  sich  vereinigten,  ohne  dass  die  gleiche 
fe  functionäre  Scheidung  jener  ersteren  beiden  Aemter  Platz 
flFen  hätte,  wie  innerhalb  des  Staatsrechtes. 
Und  sodann,  während  auch  die  im  öffentlichen  Criminalverfahren 
kennende  Strafe  gesetzlich  genau  bestimmt  war,  so  war  wiederum 
laterfamilias  zweifelsohne  zwar  moralisch  verpflichtet,  den  eines 
inen  crimen  für  schuldig  erklärten  Gewaltuntergebenen  nicht  ge- 
*   als   nach  Maassgabe  der  lex  publica  zu  bestrafen,  allein  dar- 

hinaus  war  derselbe  ebenso  in  der  Modalität  des  Vollzuges  der 
j,  als  auch  darin  weit  freier  gestellt,  dass  er  den  Hausangehörigen 
nzelnen  Falle  auch  mit  härterer,  als  der  im  öffentlichen  Prozesse 
>nden  Strafe  belegen  konnte,  gegenüber  den  nicht  den  bürger- 
i  crimina  parallelen  Vergehen  aber  selbst  nicht  einmal  durch 
Väjudiz  der  lex  publica  eingeschränkt  war,  vielmehr  freibeliebt 
i  welche  von  ihm  als  angemessen  anerkannte,  und  von  der 
anschauung  gebilligte,  und  so  nun  auch  eine  dem  bürgerlichen 
nalrecht  nicht  bekannte  Strafart  wählen  konnte.    So  daher  wäh- 

das  Criminalrecht  der  älteren  Zeit  die  Ausschliessung  aus  der 
srgemeinde   durch    aquae   et  ignis   interdictio   als   Criminalstrafe 

kannte,    ward    gleichwohl    im    iudicium  domesticum    die  Aus- 
issung  aus   der  Familiengemeinschaft  als  Strafe   auferlegt.     Und 

gestaltet  sich  dem  filiusfamilias  gegenüber  solche  Ausschliessung 
zur  venditio  trans  Tiberim,:>:3  bald  zur  datio  in  mancipium,M  bald 
^mancipatio,  diesfalls  nun  ausgesprochen  in  der  Urtheilsform : 
ius  e  conspectu  meo  abire  iubeo55  oder  abito.     Dahinwiederum 


►3)    Vgl.   darüber  Cic.   de  Orat.   I,    40,    181.     p.   Caec.    3  4,    98. 

•4)   Dies  ist  die  regelmässige  Gestaltung  der  venditio  lilii-,   filiaefamilias. 

»5)   So  z.   B.   Val.  Max.   V,    8,   3.,    wo  das  Urtheil  des  paterfam.   wegen  der 

luden    des  filiusfam.   lautet:    »Cum    Silenum   filium    meum    pecunias   a   sociis 

sse  probatum  mihi  sit,   et  republica  eum  et  domo  mea  indignum  iudico  pro* 

ue  e  conspectu  meo  abire  iubeo«,   wozu  vgl.  Epit.  Liv.  54.    Cic.  de  Fin.  I, 

;   vgl.   Zumpt,   Crim.  Pr.   468  A.  2. 


582  Moritz  Voigt,  Jß\ 

der  Ehefrau  gegenüber  gestaltet   sich  solche  Ausschliessung  aus 
Familie  zur  Ehescheidung,   hier  nun  ausgesprochen    in  der  Ui 
form:  Tuas  res  tibi  habeto:  baetito  foras.56 

In  Bezug  auf  die  Ehescheidung  nun  kommen  dem  gegenüber  i 
Frage  zuvörderst  zwei  Angaben  von  Dion.  II,  25 :    theils  die  in ) 
unter  2  besprochene,    es  sei    die  Verbindung  durch   confarreatio  ■] 
der  Maasse  unlösbar,  dass  nichts  solche  Ehe  trenne- 
st«; otivBeofiov   5'    dva-pcatov   ofxeionjxos   Icpepev  dotaXuiou,  xal 
8taip>joov  toü;  f^l10^  xoütoü^  ooSev  ^v  * 
theils  dass  der  in  §  3  unter  i   erörterte  vofto;  <rfpa<po<;  des  R( 
(Y^vaixa   ^a[i.tv^v   tJjv    xaxa    ^d[ioo^  iepouc  ouveXdoüoav  dvSpl 
d7üdvt(ov  efvcu  xp7j(xdxtov  ts  xat  iepcov)  den  Mann  gezwungen  habe, 
Frau  gleich  als  ein  noth  wendiges  und  untrennbares  Glied  seines  Bat] 
wesens  zu  behalten: 

6  vop.o£  —  ^vdfxaoe  —  xous  dvöpa<;  ux  dvcrjxafou  xe  xalavcft- 
pexoü  xrVjfiaxo^  vrfi  fuvaix^c  xpateiv. 
Wenn  sonach  hierdurch  von  Dion.  die  confarreirte  Ehe  für  schkdH 
hin  unlösbar  erklärt,  im  Widerspruch  damit  aber  die  Trennbttö 
derselben  im  Wege  der  Scheidung  durch  andere,  weiterhin»*! 
örternde  Beweismomente  constatirt  wird,  so  ergiebt  sich  hieraus,  d* 
die  obigen  beiden  Angaben  des  Dion.  auf  einem  Irrthum  beruhe* 
Und  dies  ist  bereits  erkannt  von  Rein,  Priv.  Rt.  448  f.,  derMi 
solchen  Irrthum  in  der  Weise  erklärt :  »  dass  Dion.  bei  der  Confarrerfl 
nur  an  die  confarreirten  Ehen  seiner  Zeit  dachte.  Die  Anwende 
dieser  Form  beschränkte  sich  damals  auf  die  Priesterehen  und  &• 
—  wenigstens  die  des  flamen  —  konnten  unter  keiner  Beding 
getrennt  werden.  Gell.  X,  15.  Paul.  Diac.  v.  flammeo  p.  89.  M.  PI* 
qu.  Rom.  50.  Serv.  ad  Virg.  Aen.  IV,  29*  Also  konnte  er  leicht  in« 
und  die  Untrennbarkeit  der   confarreatio   im  Allgemeinen  annehme* 


56)  Wegen  tuas  res  tibi  habeto  sind  Belege  entbehrlich  ;  insbesondere 
Plaut.  Auiph.  III,  2,  47  vgl.  Voigt,  lex  Maenia  A.  39.  Später  kam  dafür  ^ 
die  Formel  :  Inas  res  tibi  agito.  Wegen  baetito  foras  vgl.  Varr.  toü  irotpo;  ■• 
Non.  77,  22 :  mulierem  foras  betcre  iussit;  später  kam  dafür  auf  die  Foc«*; 
i  foras:  Plaut.  Cas.  II,  2,  36.  vgl.  im  Allgemeinen  Ter.  Hec.  III,  \,  25.  Ge.rH 
II,  28,  69.  Mart.  XI,  104,  |.  luv.  Sat.  VI,  145.  L.  Pomp.  Bon.  Cooch.  W 
Non.  39,  i.  Pseudo-Quint.  Decl.  262  und  Bücheier  in  N.  Jahrb.  f.  Pbil.  Itff. 
CV,    565. 


Leges  regiae.  583 

m  er  die  Ehe  der  flamines  als  Vorbild  der  alten  confarreatio  be- 
utete«. 

An  dieser  Erklärung  sind  nun  allerdings  die  beiden  Voraus- 
gingen unhaltbar,  dass  zu  des  Dion.  Zeiten  nur  die  Ehen  der  fla- 
es  durch  confarreatio  eingegangen  worden  seien,  da  vielmehr  da- 
s  auch  noch  andere  Patrizier,  wenn  auch  nur  seltener,  die  con- 
eatio  abschlössen;57  und  dass  sodann  Dion.  aus  einer  Kenntniss- 
me  der  Ausprägung  und  Gestaltung,  welche  die  Rechtsordnungen 
Leben  erfuhren,  seine  Vorstellung  von  der  confarreirten  Ehe  und 
en   Gesetzen    entnommen    habe,    da    vielmehr    Dion.    regelmässig 

so  namentlich  in  11,  25  aus  Vorquellen  und  Büchern,  nicht  aber 
der  Empirie  seine  Kenntnisse  der  betreffenden  Institutionen  und 
etze  schöpfte. 

Wohl  aber  ist  im  Uebrigen  der  Auffassung  Rein's  beizutreten: 
3m  Dion.  in  seiner  Vorquelle  einen  ausfuhrlichen  Excurs  über  die 
sten  familienrechtlichen  Ordnungen  und  so  nun  auch  über  das 
Hui  der  confarreatio  insbesondere  vorfand  und  hieran  nun  wesent- 

kürzte, vS  so  verfiel  er  hierbei  in  den  Irrthum,  dass  er  gewisse, 
Uglich  der  Ehe  der  flamines  insbesondere  geltende,  specielle  Sätze59 

alle  confarreirten  Ehen  der  ältesten  Zeit  übertrug  und  so  uun 
letzteren  schlechthin  für  untrennbar  durch  Scheidung  erklärte. 

Sodann  kommt  ferner  noch  in  Betracht  die  ebenfalls  in  §  3 
er  2  besprochene  Angabe  des  Dion.  II,  25,  dass  dem  iudicium 
aesticum  der  Ehebruch  und  der  unerlaubte  Weingenuss  der  Ehe- 
l    von    Romulus    unterstellt    worden    seien.      Und    diese    Angabe 


57)  Tac.  Ann.   IV,    16  berichtet  aus  dem  J.  23  n.  Chr.,   dass  als  Candidaten 
die  erledigte  Würde   des  Hamen  Dialis  patricios  confarreatis  parentibus  gen i tos 

simul  nominari,   ex  quis  unus  legeretur  vetusto  more ;  neque  ad  esse,   ut  olim, 
copiam,   omissa  confarreandi  adsuetudine  aul  inter  paucos  retenta. 

58)  Dies  besagt  Dion.   II ,   24  selbst:    ÖoxsT   8s   xai  tt^  aXArj;  soxojfAta;,    -J 
jisvoi  cPa>u.aToi  8is(poAa£av  suSaijxovouaav  ttjv  iroXiv  im  TroAXa;  yevsa?,   ixst- 

ap£at  vop.oo;  xaAou;  xat  aujicpepovra; ,  cov  lyto  touc  uiv  aAAoo;  ooSsv 

wu  YPotTetv^  0Ü^  °^  rcavTcov  ftaXiota  T£&aou.axa  xat  ü  «ov  üirstX^cpa  xaxacpavTJ 
TTjV  oAAtjv  toü  avopo;  Ysvrjasattai  vop.ottsatav,  ei»;  aoorqpa  xal  (AiaoirovTjpo^  ^v 
ftoAArjV  !)(oooa  Trpo;  toü;  Tjpuuxou;  ßfou;  op.oioTTjTa,  oV  oXi^yj;  ui?o}ivi)as<i>{ 
xvd>. 

59)  Die  Ehe  des  Hamen,  welche  nur  eine  confarreirte  sein  darf,  ist  untrenn- 
durch  Scheidung:   Becker-Marquardt,  a.   0.   IV,   271. 


584  Momtz  Voigt,  fli 

wiederum  wird  von  Kein,  a.  0.  448  A.  3  dahin  aufgefasst,  es  haha 
wegen  solcher  Verbrechen  das  Urtheil  nicht  auf  Scheidung, 
auf  Tödtung  der  Schuldigen  sich  gerichtet:  »denn  wie  die  fc 
Worte  (d.  h.  des  Üion.)  darthun,  war  er  überzeugt,  dass  520 
seit  Roms  Gründung  eine  Ehescheidung  nicht  vorgekommen  »v 
Allein  diese  Auffassung  Heins  wird  durch  den  ganzen  Gedankt 
in  Dion.  II,  25  mit  Bestimmtheit  widerlegt.  Denn,  wie  in  §  2  unter! 
dargelegt,  stellt  Dion.  zuerst  den  Satz  auf:  der  v6pot  a^pa^C 
Romulus  über  die  confarreirte  Ehe  ergab  deren  Untrennbarkeit; 
die  Vergehen  der  Ehefrau  wurden  von  Romulus  dem  Judicium 
mesticum  überwiesen  und  insbesondere  die  schwersten, 
weiblichen  Verbrechen  des  Ehebruches  und  der  Trunksucht; 
lieh  drittens:  die  Trefflichkeit  dieses  Gesetzes  wird  bekundet 
den  Effect,  den  es  hatte :  denn  520  Jahre  hindurch  kam  keine  Bp| 
scheidung  vor.  Indem  somit  Dion.  die  Trefflichkeit  der  ersten 
Satzungen  dadurch  deducirt,  dass  dieselben  520  Jahre  hindurch  W 
Scheidung  wegen  Ehebruch  und  Trunksucht,  nicht  aber,  dass  ae  im 
Anwendung  der  Todesstrafe  wegen  beider  Verbrechen  vorbeugten,  ff] 
können  in  Wahrheit  Ehebruch  und  Trunksucht  von  Dion.  nickt  *j 
Gründe  des  Todesurtheiles,  sondern  nur  als  Gründe  des  von  dei 
iudicium  domesticum  abzugebenden  Erkenntnisses  auf  Scheidung  vir 
gefasst  worden  sein. 

Demnach  aber  ergiebt  die  fragliche  Passage  des  Dion.  die  W 
Satze  : 

a.  die  von  Seiten  des  Ehemannes  allein  statthafte  Ehescheidög 
ist  bei  confarreirter  Ehe  insbesondere  ausgeschlossen,  —  eine  Ifr 
schrankung,  die  aus  dem  Nachstehenden  als  Irrthum  des  Dion.  aA 
ergeben  wird  und  für  deren  Irrthümlichkeit  der  Ausgang  bei  A.  51 
dargelegt  ist; 

b.  die  Ehescheidung  Seitens  des  Mannes  ist  jedoch  nicht  statt- 
haft als  einfacher  Distract  und  auf  Grund  blosser  WillensbestimnuflS 
des  Mannes,  sondern  einzig  und  allein  als  eine  im  iudicium  dflJ*' 
sticum  wider  die  Ehefrau  verhängte  Strafe  und  somit  auf  Grund  efr* 
diesbezüglichen  Straferkenntnisses ; 

c.  das  iudicium  domesticum  ist  durch  Gesetz  besonders  ennttk- 
tigt,  die  Ehescheidungsstrafe  auszusprechen  wegen  zweierlei  Ver- 
gehen: wegen  Ehebruches  und  verbotenen  Weingenusses  der  Frau 


Lbges  rkgiae.  585 

Was  nun  diesen  Ergebnissen  gegenüber  die  fragliche  Stelle  des 
it.  betrifft,  so  giebt  dieser  vor  Allem  nicht  7-vvei,  sondern  drei  ge- 
tzliche  Scheidungsgrunde  an,  von  denen  zuvörderst  der  dritte:  die 
ityeCa,  der  Ehebruch  mit  Dion.  vollkommen  übereinstimmt. 

Sodann  für  den  zweiten  Scheidungsgrund:  die  xXeioiov  wtoßoXVj, 
s  heimliche  Ansichnehmen  von  Schlüsseln  ergiebt  sich  ohne  Weiteres 
*  Beziehung  auf  den  Schlüssel  zur  cella  vinaria,  welchen  der  Haus- 
rr  in  eigenem  Verwahr  zurückbehielt 9m  wie  die  Erklärung,  dass 
e  Ansdrucksweise  des  Plut.  in  Bezüglichkeit  steht  zu  dem  von 
ittus  Pictor  berichteten  Vorgange  in  A.  61 :  die  Thatsache,  dass 
r  Versuch  des  Verbrechens  gleich  als  consummirtes  Verbrechen: 
ig  das  heimliche  Ansichnehmen  jenes  Schlüssels  gleich  wie  als  heiin- 
les  Weintrinken  wirklich  bestraft  worden  war,  leitete  zu  dem  von 
1.  oder  auch  bereits  von  dessen  Vorquelle  ausgesprochenen  Satze 
y  dass  Romulus  schon  das  heimliche  Ansichnehmen  des  Schlffssels 
r  cella  vinaria  als  Scheidungsgrund  hingestellt  habe.  Und  insofern 
^ebt  sich  daher  dieser  Scheidungsgrund  des  Plut.  als  sachlich 
DÜsch  mit  dem  oivov  irtvetv  des  Dion.  Im  Uebrigen  aber  bestä- 
in  die  Quellen,  dass  solches  Vergehen  in  der  That  der  Cognition 
i  iodiciom  domesticum  unterfiel,61  während  das  in  Frage  stehende 


60)   Die  Bedeutung   des   obigen    inroßoA.1]    geht  sicher  nicht  von  dem  Aclivum 
:  als  Handhing,  dass  die  Frau  Jemandem  gewisse  Schlüssel  in  die  Hand  spielt, 
vielmehr  von  dem  Medium :    als  Handlung ,    dass   die  Frau   sich  selbst  gewisse 
lässei  in  die  Hand  spielt.     Diesfalls   aber  ergiebt  sich  in  obiger  Beziehung  da- 
die  Bedeutung  des  heimlichen  Ansichnehmens  derjenigen  Schlüssel,  welche  der 
isherr  und  Gatte  in  seiner  eigenen  Verwahrung  zurückbehält,  somit  insbesondere 
cella  vinaria:    Pol.   VI,    2,   5  und  im  Gegensätze  namentlich  zu  dem  Schlüssel 
celta   penaria ,    welchen  die  Hausfrau  führt.     Die  Bedeutung,    welche  Andere 
I  so  namentlich  Rein,  a.  0.  447  A.  t.    Danz,   R.  G.  I,   158  der  uiroßoXi]  unter- 
en als  Nachmachen  oder  Fälschen  der  Schlüssel  scheint  mir  verfehlt:   denn  dann 
dem  Plut.   xißSrpLeta  näher. 

64)  So  zuerst  die  Erzählung  von  dem  Weibe  des  Egnatius  Mecenus :  Gran, 
in.  bei  Serv.  in  Aen.  I,  737.  Plin.  H.  N.  XIV,  4  3,  89.  Val.  Max.  VI,  3,  6. 
lull.  apol.  6.  vgl.  Thilo  de  Varron.  Plut.  qu.  rom.  auct.  p.  23;  und  dann 
historische  Vorgang,  welchen  Fab.  Pict.  berichtete  nach  Plin.  1.  c. :  matronam, 
k1  loculos,  in  quibus  erant  claves  cellae  vinariae  resignavisset,  a  suis  inedia  mori 
ctam;  Tertull.  1.  c,  vgl.  Peter,  bist.  rom.  rell.  I,  39,  wo  die  gewählte  Straf- 
bekundet, dass  eine  unverbesserliche  Trunkenboldin  in  Frage  kam,  welche  zur 
riedigung  ihrer  Leidenschaft  zur  Entwendung  der  Schlüssel  griff. 


586  Moritz  Voigt, 

Gesetz  selbst  in  seiner  Fassung  der  Angabe  des  Dion. ,  nicht  i 
des  Plut.  entsprochen  hat.62 

Beide  Scheidungsgrunde  aber  werden  in  Bezug  auf  das  iwfa 
domesticum  genannt  von  Cat.  de  Dot.  bei  Gell.  X,  23,  4:   virc 

divortium  fecit,  mulieri  iudex  pro  censore  est; sivinombil 

si  cum  alieno  viro  probri  quid  "fecit,  condempnatur.  •• 

Endlich  der  dritte  Scheidungsgrund:  cpapjxaxeta  xexvaiv,  weH 
von  Plut.  allein  erwähnt  wird,  hat  in  unserer  Wissenschaft  mm 
fache,  mitunter  geradezu  gewaltsame  Deutungen  erfahren,  wtta 
von  Rein,  a.  0.  447  A.  2,  Danz,  R.  G.  I2,  158  dieselbe  als  Enno* 
oder  Bezauberung  der  Kinder  aufgefasst  wird.  Vor  Allem  ist  ni 
bei  Interpretation  jenes  Ausdruckes  davon  auszugehen,  dass  denri 
von  Plut.  verwendet  sein  kann  entweder  als  terminus  techoietf: 
der  Weise,  dass  die  griechisch  technische  Bezeichnung  eines  in  p 
chisclien  Rechte  verpönten  Delictes  verwendet  wird  auf  das  nftafal 
auch  im  römischen  Rechte  verpönte  Delict;  oder  aber  in  vflto 
nischer  Weise  d.  h.  als  griechische  Umschreibung  eines  vom  rtl 
sehen  Rechte  reprimirten  Vergehens,  welches  in  dem  griecMri 
Rechte  keine  Anerkennung  als  eigene  Delicts-Individualität  geh« 
hatte.  In  dem  ersteren  Sinne  nun  bezeichnet  <f apjxaxefa  d»  I 
bringen  von  Zaubertranken  mit  lödtlichem  oder  geistes- zerrüttend 
Erfolge;64  allein  diese  Auffassung  ist  als  unangemessen  zu  venu» 
aus  dem  doppelten  Grunde,  theils  weil  die  Beschränkung  des  Sd 
dungsgrundes  auf  cpapfxaxeta  begangen  an  Kindern  im  Gegensätze 
den  Erwachsenen  allen  zureichenden  Grundes  entbehrt,  um  so  ■ 
als  Zaubertränke  ganz  im  Gegentheile  bei  Erwachsenen,  nicht  J 
bei  Kindern  angewendet  werden ,  bei  diesen  vielmehr  gerade  < 
andere  Zauberweise:  die  fascinatio05  Üblich  ist,  theils  weil  die  t 


62)  Denn  mit  Dion.  stimmt  iiberein  der  bei  A.  63  citirte  Cat. .  dessen  i 
tenz  im   Hinblick  auf  die  älteste  Rechtsordnung  gegeben  ist. 

63)  Vgl.   wegen  dieser  Stelle  Voigt,   lex  Maenia  A.  37. 

64)  Den  Thalbesland  der  Ypacprj  <papp.axs(as  definirt  Otto,  de  Athen.  *• 
forens.  publ.  Dorpat  1852  p.  iif.  dahin:  contra  eum  institui  potuit,  quin« 
consilio  alicui  venenum  aut  sua  aut  aliena  manu  praebuerat  eoque  effecerat;  tf 
nioreretur  vel  saltem  mente  alienarelur. 

65)  Die  fascinatio  wiederum  heisst  im  Griechischen  nicht  cpapjiaxaa,  tfc' 
mehr  ßaaxav(a. 


]  Leges  regiak.  587 

ng  oder  Geisteszerrüttung  durch  Zaubertrank  verübt  nach  römi- 
hem  Rechte  ein  todeswürdiges  Criminal verbrechen  bildet,  dessen 
srurtheilung  durch  das  Judicium  domesticum  somit  die  Ehe  durch 
desstrafe,  nicht  aber  durch  Scheidungsstrafe  zu  lösen  hatte. 

Ist  demnach  <pap|iaxe(a  bei  Plut.  in  untechnischer  Verwendung 
nehmen ,  so  ergeben  sich  nun  für  den  maassgebenden  Sinn  des 
i>rtes  durchaus  significante  Fingerzeige  aus  dem  doppelten  Umstände, 
88  dieselbe  einestheils  auf  die  Kinder  beschränkt  war  und  andern- 
*ils  in  dem  späteren  römischen  Rechte  nicht  mehr  als  Scheidungs- 
ind in  Betracht  kam  und  zur  Geltung  gebracht  wurde,  wie  aus 
KD  Stillschweigen  ebenso  von  Dion.  II,  25,  wie  von  Cat.  de  Dot. 
i  A.  63  cit.  zu  entnehmen  ist.  Denn  diese  Momente  begründen 
»  Annahme,  dass  bei  der  cpdp(xa/e(a  des  Plut.  ein  Aberglaube  der 
esten  Zeiten  in  Frage  steht,  der  ebensowohl  auf  die  Kinder  allein 
zog  hat,  wie  aber  auch  bereits  zu  Ende  der  Republik  in  den  ge- 
deteren  Kreisen  entschwunden  war,  somit  eine  gegen  die  Kinder 
(besondere  sich  richtende  magische  Kunst,  für  welche  der  grie- 
ischen  Sprache  eine  entsprechende  speciellere  Bezeichnung  fehlte. 
td  in  dieser  Richtung  bietet  denn  nun  einen  ganz  bestimmten  und 
rchaus  maassgebenden  Fingerzeig: 

ilox.  Gloss.  in  Vulcan.  thesaur.  utriusq.  ling.  203:  striga:  Xcoorpu- 
7«v  (leg.  XaiOTpofttw)  w  xai  juv+i  cpapfiaxfc. 

tun  indem  hier  die  fu\»^  cpap[xax(;  als  synonym  mit  striga  erklärt 
rd,  so  ergiebt  sich  daraus  für  <pap|iaxei'a  xexvcov  die  Bedeutung  von 
inst  der  striga  d.  i.  Kunst  eines  Weibes,  in  eine  strix  sich  zu  ver- 
indeln. 

Ein  uralter  und  zwar  mindestens  gräco-italischer  Aberglauben 
mlich  erkannte  in  den  strigae  eine  Art  von  Hexen67  an,  welche 
rch  die  Kunst  sich  kennzeichnen,  mittelst  Zauberspruches68  in  einen 


66)  Bei   dieser  Erklärung   als  Lastrygone    liegt  zu  Grunde  nicht  die  Idee  des 
toschenfressers,  als  vielmehr  des  schrecklichen  Menschen. 

67)  Vgl.  Georgii  in  Pauly's  Realenc.  IV,  139*.     Preller,   r.   Myth.   605.     Die 
iga  lebt  als  Hexe  noch  fort  in  der  strega  des  Italienischen. 

68)  Ov.   Fast.  VI,    \H  f.:   carmine  fiunl   (sc.  striges)  |  naeniaque  in  volucres 
rsa  figurat  anus ;  Plin.   H.  N.  XI,  39,  232:   esse  in  raaledictis  iam  antiquis  stri- 

convenit. 

Abhmdl.  d.  K.  S.  Oeeellaeh.  d.  Wissensch.  XVII.  *° 


588 


Moritz  Voigt, 


I» 


gewissen  Vogel,  die  strjx  sieb  zu  verwandeln,*"  daher  jene  nun  M(|jj 
die  Benennung  von  volaticae  mulieres  führten.70    Die  strix  selbst 
die   oTptfS  der   Griechen,71    ist    ein    inilchgebender   Nachtvogel 
grauem    Gefieder   und    pfeifender  Stimme,    mit    grossem   Kopfe 
starrenden  Augen,   der,   mit  dem  Schnabel  des  Raubvogels  uud 
krümmten  Krallen  bewehrt,  die  Kinder  in  unbewachten  Aqgeql 
des  Nachts  wiederholt  beschleicht,  um  denselben,   seine  bet&ul 
Milch  dem  Munde  einspritzend,    das  Blut  auszusaugen,72  ein  Uni 


H 


69)  Ov.  Am.  I,  8,  t3  f.  :  hanc  (sc.  lenam  Dipsam)  ego  nocturna*  veraas 
lilare  per  umbras  |  suspicor  et  pluma  corpus  anile  legi;  Apul.  Met.  V,  15: 
lestarum  strigarum  nequilia ,  Isid.  Or.  XI,  4,  %:  quid  am  asserunt  sftrigas 
striges)  e\  hominibus  fieri.  Dagegen  gehört  nicht  hierher  Apul.  Met.  III,  %i  \ 
Ueberlragung  aus  Lucian.  Lucius  12)  und  IIV  22,  wo  bereits  andere  Vorstel 
sich  einmischen.  Die  striga  qualiticirt  sich  somit  zum  versipellis ,  dem  Meosctoa, 
der  seine  Gestalt  zu  verändern  vermag:  Non.  38,  !'> :  versipelles  clicti  sunt 
libel  genere  se  commutantes,  daher  letzteres  Wort  verwendet  wird  in  Plaut, 
prol.  123  vom  Jupptter,  der  die  Gestalt  des  Amphitruo  annimmt:  von  Aroob 
nat.  IV,  14  von  der  Circe ;  von  Apul.  Met.  II,  22  von  Menschen,  welche» 
Vögel,  Hunde,  Mäuse,  Fliegen  verwandeln ;  endlich  anderwärts  von  den  WertrÄ». 
Allein  dieser  letztere  Aberglaube,  der  in  anschaulicher  Schilderung  der  VerwaaaV 
hing  von  Petr.  Sat.  62  dargestellt  wird,  ist  nicht  altrömisch,  sondern  huMri 
und  barbarisch:  Varr.  bei  Aug.  C.  D.  XVIII,  17  und  bei  Plin.  II.  N.  VIII,  2!,  Hl 
Verg.  Ecl.  VIII,  97.  Mela  II,  t,  t3.  vgl.  Uckerl,  Geogr.  III,  2,  42t  A.  73.  Gria* 
deutsche  Mvtliol.    Il:l,    t047  IT. 

70)  Fest.  p.  314a,  33,  wo  zu  lesen  ist:  strijgae  a  strige  dietae,  quam]  Graacl 
orpiyya  (Cod.:  syrnia)  ap[pellant,  id  est  avis;]  quod  malelicis  mulieribus  MO* 
indilum  est,  quas  volaticas  eliam  vocanl.  Dagegen  bedenklich  ist  die  Lesung  Mütter f* 
stri[gein,  ut  ait  Verrius]  Graeci  OTpr^a  ap[pellant,]  quod  maleficis  theiLs  wff* 
der  Kaum  Verhältnisse,  theils  aber  auch  sachlich,  weil  dann  strix  der  Name  «* 
betreffenden   Frau,   nicht  aber  des  Vogels  sein  würde. 

7t)  Bereits  frühzeitig  hat  man  bei  Fest,  in  A.  70  arp^ya  für  syrnia  •••• 
dirl;  und  damit  stimmt  überein  Servii  gloss.  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  f  863  XVK 
239:  strix,  stri[n]x,  stfrjigis  (d.  h.  strix,  strigis  :  orpfyE).  Philox.  gloss.  in  Vokat- 
thes.    203  sagt:   strix:   oXoXuycov,  orpoutto;. 

72)  Isid.  Or.  XII,  7,  42:  strix:  nocturna  avis,  habens  nouien  de  sooo  foris: 
quando  enitn  clamat,  stridel ;  Plin.  H.  N.  IX,  39,  232:  fabulosum  —  arbttror  * 
strigibus  ubera  (sc.  laclis)  eas  infantium  iabris  immulgere ;  und  darnach  Sota. 
Sam.    59,    1044  f.:   praeterea  si  forte  premit  strix  alra  puellos,  |  vi  rosa  imnufes* 

exsertis  ubera  Iabris;   Ov.  Fast.  VI,  4  31  11'.:   sunt  avidae  volucres : |  gf*# 

caput,  stantes  oculi,  rostra  apta  rapinis,  |  canities  pinnis,  unguibus  hamus  inest  | 
Nocte  volant  puerosque  petunt  nutricis  egentes  |  et  vitiant  ctinis  corpore  raffe 
suis.    |  Carpere  dieuntur  lactentia  viscera  rostris  |  et  plenum  poto  sanguine 


Lkges  regiae.  589 

>ii,  dessen  Abwehr  der  Carna  anvertraut  ist73  und  durch  An- 
log dieses  indigitamentum,  wie  durch  Hersagen  eines  averrunciren- 

*  Spruches  unter  symbolischen  Acten  erreicht  wird.74 

*  In  dieser  Vorstellungsgruppe  aber  und,  soweit  ich  sehe,  in  ihr 
ip  ergeben  sich  nun  die  Momente,  welche  eine  angemessene  und 
jriedigende  Erklärung  jener  'fap|iaxe(a  tsxvcdv  des  Plut.  bieten:  als 

magischen  Kunst,  deren  Ausübung  ausschliesslich  wider  die 
ler  sich  richtet;  als  eines  Aberglaubens  ferner,  der  ebenso  bis 
die  ältesten  Zeiten  zurückreicht,  wie  andrerseits  in  der  Periode 
F  kritisch  rationalistischen  Anschauung  aus  den  gebildeteren  Krei- 
I  entschwindet;75  als  einer  Fertigkeit  endlich,  deren  Innehaben  an 
$  schon  den  Scheid ungsgrund  ergiebt,  wahrend  die  Ausübung  selbst 
|B6r  Fertigkeit,  welche  bis  zur  Tödtung  des  heimgesuchten  Kindes 
Itchreitet,  in  das  Verbrechen  des  Mordes  übergeht. 
f  Sodann  wiederum  in  der  weiteren  Passage  des  Plut.:  ei  o'  aX- 
;  Tt£  a7co7cs|i4aiTo ,  rrj£  ouafa;  aüioö  xi  jasv  xijc  fuvatxo«;  etvat  (sc. 
iH  saxtv  6  81006;)  xo  8s  xrjs  A^(i*/jxpo(;  Uphv  xeXsucov,  wird  die 
aeter,  welche  Plut.  nennt,  allgemein  als  Ceres  aurgefasst.     Allein 


Mit.  |  Est  Ulis  strigibus  nomen ;  sed  Hominis  huius  |  causa,  quod  horrenda  stri- 
s  aocte  solent;*vgl.  Plaut.  Pseud.  III,  2,  3*1  f.  Hör.  Epod.  5,  19  und  Porphyr, 
i.  1.  Tib.  I,  5,  52.  Prop.  IV,  5  (III,  6),  29.  V  (IV),  5,  17.  Ov.  Am.  I, 
«0.  Met.  VII,  269.  Petr.  sat.  134.  Lucan.  VI,  689.  VII,  180.  Sen.  Med. 
.  Serv.  und  schol.  Bern,  in  Verg.  Georg.  I,  470.  Panormia  des  Osbern  von 
bester  bei  Mai,  class.  auet.  VIII,  544.  Dahingegen  sind  es  fremde  Vorstellungen, 
jenem  altrömischen  Aberglauben  sich  beimischen  bei  Isid.  Or.  XII,  7,  42: 
;  avis  vulgo  dicitur  amma ,  ab  amando  parvulos,  unde  et  lac  praebere  fertur 
teolibus ;  Salem,  gloss.  und  Pap.  vorab.:  strix  avis  in  Affrica,  erinaciis  simile, 
»tum  (Pap. :  anirnal  in  affinea,  dictum)  a  Stridore  pennarum,  quas  tergo  (axatus 
4ü ;  et  canes  (Sal.  :  carnes)  vulnerat  insequentes ;  und  so  nun  auch  bereits  bei 
tt.   cit.,   wie  bei  Petron.   und  Apul.   in  A.  69. 

73)  Ov.   Fast.   VI,    151  ff.   wozu   vgl.   Preller,    r.   Myth.   602  ff. 

74)  Carraina :    Ov.   Fast.    VI,    159  ff.    und    griechischer    Spruch    bei    Fest,    in 
71    cit.      Symbolische  Acte:   Ov.    Fast.   VI,    155—166. 

75)  Der  Rationalismus   der   ausgehenden  Republik    und    folgenden    Zeiten    ge- 

le  nicht  zu  einem  Zweifel  über  die  Existenz  der  strix  ,    als  vielmehr  theils  zu 

i  Zweifel,   ob  dieselbe  ein  verwandeltes  Weib  oder  eine  naturgegebene  Species 

diesfalls  aber  seine  Unfähigkeit  anerkennend,  solche  Species  näher  zu  bestimmen  : 

Fast.  VI,  141  :  sive  igitur  nascuntur  seu  carmine  fiunt ;  Plin.  H.  N.  XI,  39,  23  2  : 

s  sit  avium  Consta re  non  arbitror ;   theils  zu  dem  Zweifel  an  gewissen,   derselben 

emessenen  Eigenschaften:   Plin.   in  A.  72  cit. 

40« 


590  Mobitz  Voigt, 

dies  ist  schlechterdings  unmöglich:  denn  Ceres,  sammt  Cervs 
eine  altitalische  Götterfigur,  ist  doch  von  Vorn  herein  eine  ren 
beische  Standesgottheit76  und  so  nun  dem  römischen  Staate  m 
ganz  fremd.77  Vielmehr  ist  die  Demeter  des  Plut.  die  xftwfa 
vertritt  so  nun,  wie  öfter,78  die  Tellus,  jene  altrömische,  weit 
chthonische  Gottheit,  welche,  indem  sie  als  solche  zugleich  ( 
der  Fruchtbarkeit  und  so  auch  der  Ehe  ist,79  durch  die  in  der  S 
düng  belegene  Beeinträchtigung  des  Weibes,  wie  der  Ehe  ii 
leidenschaft  gezogen  wird. 

Im  Uebrigen  aber  bekundet  diese  Passage  des  Plut,  im 
Ehescheidung  von  dem  Judicium  domesticum  auch  noch  aas  an 
Gründen,  als  den  obigen  drei,  gesetzlich  hervorgehobenen  a 
sprochen  und  somit  auch  noch  andere  Vergehen  der  Frau  mi 
Bedeutung  von  Scheidungsgründen  bekleidet  werden  konnten,  sol 
falls  aber  der  Mann  selbst  von  dem  Nachtheile  betroffen  wurde, 
ein  Theil  seines  Vermögens  der  geschiedenen  Frau  zufiel,  v& 
ein  anderer  Theil  ^  wiederum  der  Tellus  als  consecrirtes  Gut  vi 
Demnach  aber  hat  die  legislative  Aufstellung  der  obigen  drei  £ 
dungsgründe  nicht  die  Tragweite  und  Tendenz,  die  Zahl  der 
haupt  zulässigen  Scheid ungsgrüude  gesetzlich  zu  fixiren,  als  viel 
diejenigen  Scheidungsgründe  zu  bestimmen,  bei  denen  die  na 
Vermögensrestitution  des  Mannes  an  die  geschiedene  Frau,  wk 
Consecration  einer  Vermögensquote  an  die  Tellus  ausnahmewet 
Wegfall  gelangten. 


76)  Becker-Marquardt,  a.  0.  IV,  307.  Schwegler,  r.  Gesch.  n,  271. 
her  greift  die  Sacralion  an  die  Ceres  von  Vorn  herein  nur  Platz  wegen  Verii 
von  Gesetzen  ,  welche  selbst  zum  Schutze  der  Plebs  dienen ,  so  der  lex  \ 
Publicolae  v.  245  de  affectato  regno,  der  auf  dem  mons  sacer  vereinbart 
sacrata  v.  260,  der  lex  Icilia  de  non  interfando  tribuno  pleb.  v.  262  uod  d 
Valeria  Horatia  v.  305  zum  Schutze  der  plebeischen  Beamten;   vgl.  A.  113! 

77)  Erst  als  im  J.  258  die  griechischen  Demeter,  Dionysos  und  Per» 
in  Rom  recipirt  wurden,  wurden  die  letzteren  beiden  mit  dem  Liber  und  d 
bera ,  die  erste  dagegeu  mit  der  Ceres  identiticirt  und  so  auch  diese  zur  i 
gottheit  erhoben:   Prelfer,   r.   Myth.    133.   432  ff. 

78)  Preller,   a.  O.    402  A.  2. 

79)  Rossbach,   röm.   Ehe  301  ff.   310  ff.    Preller,   a.  O.   403  A.  2. 

80)  Dass  hierbei  nur  an  Vermögen  des  Mannes,   nicht  aber  der  Frtu  g 
werden  darf,    hätte  doch  in  der  That  nie  bezweifelt  werden  sollen:    Rein, 
448  A.  1. 


Lrgks  regiak.  594 

«  Was  insbesondere  aber  (Ion  gegebenen  Falles  der  Geschiedenen 
tauenden  Verroögenstheü  betrifft,  so  ist  darunter  zweifelsohne  die 
*  der  Geschiedenen  zugebrachte  Dos  zu  verstehen,  somit  aber  die 
dich  vorgeschriebene  Rückerstattung  derselben  nicht  als  Criminal- 
vielmehr  als  civilrechtliche  Verbindlichkeit  aufzufassen,  die 
nun  in  der  Weise  juristisch  geordnet  war,  dass  die  Geschiedene 
i'  ein  Forderungsrecht  und  eine  Restitutionsklage,  —  die  ja  dem 
Rechte  ganz  fremd  ist,  —  als  vielmehr  ein  Rück  fallsrecht  und 
M  dotis  vindicatio  hatte,  analog  hierin  der  hereditatis  vindicatio. 
^Endlich  in  den  Schlussworten  des  Plut. :  xov  8'  diroSfyxevov  p- 
{hfcoöat  j^ftoviotc  fteois  (sc.  vojjloc  Iotiv  o  StSouc)  werden  unter 
^Wvioi  dsoi,  denen  das  piaculum  zu  bringen  ist,  von  unserer 
ischaft  die  Manen  verstanden.  Allein  auch  diese  Bestimmung 
nicht  als  erschöpfend  gelten ;  denn  indem  die  vorherbesprochene 
Jbrifl,  dass  durch  die  Scheidung  aus  einem  nicht  gesetzlich  pri- 
jirten  Grunde  eine  gewisse  Vermögensquote  an  die  Tellus  ver- 
werde, deutlichst  erkennen  lässt,  dass  durch  die  Scheidung 
weibliche    chthonische,    wie    nuptiale  Gottheit   in    Mitleidenheit 

rin   werde,    so   begründet  sich  hiermit  nun  die  Annahme,   dass 
den  x^ovioi  Seoi   des  Plut.  die  Dii  Manes   und  Tellus   zu    ver- 
jbeo  seien.81 

Dann  wird  aber  auch  von  Rein,  a.  0.  448  A.  2  und  den  da- 
ist  Citirten82  in  jenen  Worten  des  Plut.  das  Referat  eines  zweiten 
l  selbstständigen  Gesetzes  gefunden,  dahin  gehend,  dass  derjenige, 
Icher  seine  Frau  verkaufe,  den  unterirdischen  Göttern  als  sacer 
(feilen  solle.  Diese  Auffassung  ist  jedoch  geradezu  unmöglich  nach 
l&sgabe  des  grammatischen  Baues  der  ganzen  Periode  des  Plut. : 
Selbe,  mit  den  Worten  eröffnend:  Idirjxe  8s  (sc.  'PidixuXoc)  vopouc 
l<^  Äv  a'f  oöpo;  |X6v  eoTiv  und  sodann  über-  und  eingehend  auf  die 
teren  Bestimmungen  dieses  harten  Gesetzes,  knüpft  an  jene  Ein- 
tjgsworte  diese  Detailbestimmungen  an  mit  dem  Worte  otöouc;  und 
*r  in  der  Weise,  dass  zuerst  die  Negative:  das  der  Frau  Versagte 


81)  So  auch  in  der  Formel  der  Selbstdevovining  bei  Liv.  VIII,  9,8:  Deis 
ibus  Tellurique  devoveo;  vgl.  X,  28,  13:  Telluri  ac  Diis  Manibus  dabo;  VIII, 
tO:   exercitum  Deis  Manibus  Matrique  Terrae  deberi. 

M)   Neuerdings  auch  noch  von  Schlesinger  in  Ztschr.  f.  K.  G.  4  869  VIII,  58  ff. 


592 


Moritz  Voigt, 


an  die  Spitze  gestellt  wird :  b  f ovat/t  (xyj  Stftoo;  dicoXeticfw  cMp, 
sodann   die   Affirmative:    das  bezüglich  des  Mannes  Gesetzte 
geben  wird:  6  —  (dvSpl)  d&  01806;.    So  nun  sind  in  dieser 
Beziehung   von    solchem   81806c   grammatisch    abhängig  und 

• 

regiert  die  drei   Detailangaben   bezüglich   dieser  Affirmative: 
Gestattung   der   Scheidung   aus  den   drei  legalen  Gründen:  4 
fuvaixa  exßdXXetv  eitt  <papu.axs(a  etc.,   sodann   Bestrafung  der 
düng  aus  anderen  Gründen:    6  otooo;   ryjc  ouofat  autou  t4  |» 
pvaixfo;  etvai,   wie   drittens   endlich  Verpflichtung  zum  pii 
oiooü;  tov  o'   aTcoöojievov  -fovatxa  dueodai  ^dovioic  deoü;.    Und 
grammatische  Bau  nun  ergiebt  in  der  That  auf  das  Bestimmte*! 
Zweifelloseste,  dass  Plut.  in  Wahrheit  nicht  von  zwei  vei 
Gesetzen  des  Romulus  spricht:  einem  Gesetze  über  die 
und  einem  Gesetze  über  den  Verkauf  der  Ehefrau,  als  vielmehr 
aus  nur  von  einem  einzigen  Gesetze:  über  die  Scheidung,  mtäi 
die  fragliche  Passage  so  aufgefasst  werden  muss,  wie  sie  aocfc 
jedes  Bedenken  aufgefasst  werden  kann,83  dass  jedwede 


83)   Ueberaus   schwach    sind   die  Gründe,    mit   denen  Rein,  a.  0.  441  i] 
solches  bestreitet :   airoSopsvov  dürfe  nicht  übersetzt  werden :  der  die  Gattii 
gesell  ick  l  hat,   weil  es  dann  identisch  wäre  mit  dem  vorausgegangenen  & 
allein  dies  ist  eine  reine  petitio  prineipii :   es  ist  ja  doch  gerade  die  Frage 
antworten,   oh  es  synonym  steht  oder  nicht;  dann:   es  heisse  oicoSfSoofai m 
Verstössen ,    sondern    nur   von  sich  geben  ;    allein  ouroStSoofrai  im  Sinne  toi: 
Frau    weggeben   lässt   sich   ganz   wohl  da  für  scheiden  setzen ,    wo  der 
des  hierfür  üblichen  airoicipireoftai   ausgeschlossen    ist  durch   das  Gesetz  fr 
phonie,    welches  die  Wiederholung   des  nämlichen  Wortes  in  kurzer  Aul 
folge  verbietet;   ferner:   airoSi&oaftai  vertrete  den  Begriff  des  von  sich  Gefe*1 
einen  Preis,    also  des  Verkaufens;    allein   dies   ist  als  Begriffsbestimmung 
unwahr:   der  Moment  der  Entgeltlichkeit  oder  Unentgeltlichkeit  liegt  begriffe! 
airoSt'Soattai  gar  nicht  inne.     Dann  wieder  Schlesinger  in  A.  8S  cit.  stutzt 
Rewcisthcma  auf  die  Sätze :    dntoSföoo&ai  sei  eiu  ganz  gewöhnlicher  Ausdnck 
verkaufen  und  diese  Bedeutung  müsse  hier  Platz  greifen,   weil  in  dem  MefiM 
reflexive  Beziehung  liege  »für  sich  d.   h.  mit  Yorlheil  für  sich«,    daraus  ik* 
airo8(3oo&oti   die  Bedeutung   sich    ergebe   »gegen  Entgelt  weggeben t.    Alle« 
vum,   Passivum,    wie  Medium  vertreten,   wie  bereits  bemerkt,    durchaus!* 
Begriff  des  von  sich  Gebens,   Weggebens,   ohne  dass  dabei  die  EntgeltlicbW 
Unentgeltlichkeit  ein  wesentliches  Merkmal  ergäbe;  vielmehr  beschießt  es 
in  Folge  concretcr  sachlicher  Beziehung,    wenn   das  Wort   mitunter  die 
Vertretung  des*  Kaufes  übernimmt;    und   so    wird    denn  in  der  That  die 
active   Bedeutung:    des  Hingebens   schlechthin   und   des  Verkaufens  bezügft* 


LEGES    REG1AE.  593 

Mann  verpflichtet,  durch  ein  piaculum  die  chthonischen  Götter: 
Teilus  und  Dii  Maties  zu  versöhnen." 
Nach  Alle   dem   ergeben   sich   daher  aus  dem  Obigen  bezüglich 
Ehescheidungsrechtes  die  Sätze: 

1.  Die  Scheidung  Seitens  der  Ehefrau  ist  unbedingt  ausge- 
osscn,  vielmehr  lediglich  dem  Manne  nachgelassen :  Dion.  II,  25. 
.  Rom.  22. 

2.  Die  Ehescheidung  ist  nicht  statthaft  als  einfacher  Distract 
auf  Grund  nackter  Willenserklärung  des  Mannes,  sondern  ledig- 
als  eine  von  dem  Judicium  domesticum  wider  die  Ehefrau  ver- 

gte  Strafe  wegen  Vergehen    und    somit   nur  auf  Grund  eines  be- 
liehen  Straferkenntnisses:    Dion.  II,  25.    Cat.  de  Dote  bei  A.  63 
die  weiteren  Citate  bei  Voigt,  lex  Maenia  24  f.  27  ff. 

3.  Das  die  Ehescheidung  aussprechende  Straferkenntniss  lautete: 
s  res  tibi  habeto:  baetito  foras:  A.  56. 

4.  Das  iudicium  domesticum  ist  durch  eine  lex  Romuli  ermächtigt, 
;en  gewisser,  in  dieser  nämlichen  lex  besonders  aufgeführten  Ver- 
en  der  Frau  die  Scheidungsstrafe  auszusprechen:  Dion.  II,  25. 

5.  Und  zwar  sind  diese  odios  privilegirten   Vergehen  der  Frau: 

a.  Ehebruch:  Dion.  II,  25.   Plut.  Rom.  22.  Cat.  de  dote  bei  A.  63. 

b.  unerlaubter  Weingenuss:  Dion.  II,  25.    Plut.  Rom.  22.    Cat.  de 
dote  bei  A.  63. 

c.  Aneignung  der  Eigenschaft  als  striga:  Plut.  Rom.  22. 

6.  Solche  gesetzliche  Aufstellung  jener  drei  Scheidungsgrunde 
jedoch  weder  die  Bedeutung,  das  iudicium  domesticum  bezüglich 
der  schuldigen  Frau  zuzuerkennenden  Strafe  zu  beschränken,  da 

mehr  dasselbe  auch  eine  härtere  Strafe  wie  z.  B.  Tödtung  decretiren 


vum  bezeugt  von  Suid.  s.   v.:    airo$i§6u£Voi  'AvTKpwv    avxl   too    Äito8t8ovT8?. 

aicoSiScu^fta  avrl  too  a7co&i6ojiev  ^  mirpaaxofisv,  und  die  erstere  Bedeutung 
^solidere  von  Philox.  gloss.  in  Vulcan.  thes.  utriusq.  ling.  155:  pendo :  —  — 
ibo\im,  während  für  das  Medium  die  active  Bedeutung  von  Hingeben  sich  er- 
;  aas  Plut.  Luc.  i\  :  arcooooftai  ttjv  iXeo&epfav  (seine  Freiheit  hingeben),  die 
e  Bedeutung    von  Verkaufen   aber   wieder  unterzuliegen  scheint  bei  Plut.   Cat. 

i  :  &iußA7fU.a  dnroöooilai.  Und  wiederum  ganz  haltlos  sind  die  aus  der  ine- 
n  Form  gezogenen  Folgerungen :  denn  nichts  zwingt,  solcher  Form  auch  eine 
ale  Bedeutung  unterzulegen.  Eigeiithümlich  ist  nur,  dass  Passivum,  wie  Me- 
i  hier  Träger  einer  activen  Bedeutung :   von  weggeben  sind, 

84)   So  neuerdings  auch  Danz,   R.  G.   I2,    1 58, 


594  Moritz  Voigt,  [M 

kann,85  noch   auch  die  Bedeutung,   andere  Scheidungsgründe  am» 
schliessen,  da  vielmehr  auch  noch  wegen  anderer  Vergehen  der  Fm 
die  Ehescheidung   ausgesprochen   werden   kann ;  **   vielmehr  hat  j 
legislative  Vorschrift  nur  die  Bedeutung,  den  Ehemann  von  Vermöge» 
nachtheilen   zu   befreien ,   denen   derselbe  bei  Ehescheidung  aas  an- 
deren, als  den  gesetzlich  privilegirten  Gründen  unterteilt. 

7.  Dafern  das  Judicium  domesticum  aus  anderen  Gründen,  äk 
den  gesetzlich  privilegirten  auf  Ehescheidung  erkennt,  treffen  det 
Mann  gewisse  Vermögensnachtheile :  theils  als  civilrechtlicher  Nadt» 
theil  der  gesetzliche  Anfall  der  inferirten  Dos  an  die  geschiedene  Fr», 
theils  als  Criruinalstrafe  die  Consecration  eines  anderweiten  Vcr- 
mögenstheiles  an  die  Tellus:  Plut.  Rom.  22. 

8.  Jede  Ehescheidung:  aus  den  gesetzlich  privilegirten,  wie» 
anderen  Gründen  verpflichtet  den  Mann,  durch  ein  piaculum  die  Tehf 
und  die  Dii  Manes  zu  versöhnen:  Plut.   Rom.  22. 

Im  Uebrigen  endlich  bedarf  die  Scheidung  der  nicht  confairektai 
Ehe  keines  weiteren  Actes :  das  Erkenntniss  allein  des  Judicium  d* 
mesticum  genügte,  wenn  immer  auch  bei  Ehe  mit  manus  diese  I* l 
tere  durch  remancipatio  noch  besonders  zu  lösen  ist  Dagegen  bei 
confarreirter  Ehe  wird  für  die  Scheidung  noch  diffareatio87  als  cot» « 
trarius  actus  erfordert, w  womit  zugleich  dann  auch  die  manus  ge- 
löst wird. 

Jenes  Ehescheidungsrecht  erscheint  jedoch  in  den  XII  Tafeh* 
in  mehrfachen  Punkten  in  tiefgreifender  Maasse  geändert,  so  unier 
Anderem  darin,  dass  die  privilegirten  Scheidungsgründe  dort  hinwef- 


85)  So  wegen  Weiutrinkens :  A.  64  und  der  Mythus  von  der  Fenta  Fit« 
nach  Sex.  Clodius  6  de  Diis  graec.  bei  Arnob.  adv.  nat.  V,  4  8.  Lactant.  #r. 
inst.  1,   28. 

86)  Plut.  Rom.  22.  —  Dafern  die  Frau  eines  Verbrechens  sich  schuMl 
macht ,  welches  durch  die  lex  publica  mit  Todesstrafe  belegt  ist,  wie  z.  B.  4* 
paricidium,  so  hat  auch  das  iudicium  domesticum  auf  Todesstrafe  zu  erkennet. 
Erkennt  es  dennoch  auf  Ehescheidung,  so  treten  die  Folgen  unter  no.  7  ein. 

87)  Paul.  Diac.  74  :  diffareatio  genus  erat  sacrificii,  quo  inter  virum  et  ■*• 
lierem  fiebat  dissolutio;  losch r.  bei  Marini,  Inscr.  Alb.  143,  wonach  die  Anfeltf 
ein  Monument  errichten  einem  »sacerdoti  confarreati|onum  et  diflarreationum« ;  vgl 
Plut.   qu.   rom.   50. 

88)  Voigt,   Ius  nat.   III  §  4. 

89)  Cic.   Phil.  II,  28,  69:   illam  suam  suas  res  sibi  habere  iussit  ex  XII  tab. 


Leg  es  rec.iae.  595 

en,  vielmehr  alle  wirklichen,  zureichenden  Gründe  mit  jenen  er- 
ren  als  gleichwerthig  anerkannt  wurden,90  somit  aber  auch  die 
f  den  letzteren  bisher  verknüpften  Vermögensnachtheile  (unter  7) 
Wegfall  gelangten. 

§  7. 
t  Gesetz  des  RomIiis  wider  die  Dnbotnässigkeit  der  Schwieger- 
tochter gegen  die  Schwiegermutter. 

In  Bezug  auf  das  fragliche  Gesetz  referirt  Fest.  p.  230b,  1 3 : 
regis  Romuli  et  Latii   (leg.  Tatii)   legibus: 

Si  nurus,  sacra  Divis  parentum  estod. 
6  indess  in  dem  an  dieser  Stelle  mehrfach  verdorbenem  Texte 
sehen  nurus  und  sacra  durch  das  Versehen  des  Abschreibers 
tirere  Worte  ausgefallen  sind,  ist  fängst,  wie  allgemein  wahr- 
tommen  worden.  Rücksichtlich  der  sonach  nothwendigen  Er- 
äug  bietet   nun    Lud.    Charondas,    ad    leges   antiquas   roman.    a 

Ulrico  Zasio  primum  collectas  observationes  Par.  1596.  fol.  10 
genden  Text:  si  nurus  in  viri  parieidio  socerum  parentesve  non 
rassit,  sacra  divis  parentum  esto,  dazu  bemerkend;  »est  haec  qui- 
tt etiam  in  libro  Ant.  Augustini  viri  optime  de  omnibus  scientiis 
riti,  diligentia  edita  imperfecta:  sie  enim  legitur.  PJorare,  flere, 
binare  nunc  signißcat  etc.  Sed  ex  veteris  scripturae  vestigiis 
ibeo  enim  manu  scriptum  Festi    librum   multo  integriorem   illo  qui 

Augustino  editus  est)  locum  illum  melius  (ni  fallor)  restitui«. 
ein  diese  mehrfach  wiederholte  Angabe  des  Charondas,  dass  er 
en  vollständigeren  Codex  des  Festus  besitze   und   auf  diesen  nun 

obige  Ergänzung  der  hier  fraglichen  lex  sich  stütze,  beruht  auf 
ir  Unwahrheit,  ausgesprochen  in  der  Absicht,  das  Publicum  zu 
sehen,  wie  zu  dem  Zwecke,  der  selbst  erdachten  Ergänzung  der 
Jen  Stelle  Eingang  und  Anerkennung  in  der  gelehrten  Welt  zu 
schaffen,  auf  einem  gleichen  Verfahren  somit,  wie  es  in  A.  42 
llglich  des  Merula  constatirt  ward.  Und  zwar  erhellt  solcher  Thai- 
land theils  aus  der  gegebenen  Lesung  selbst:    denn  das  von  der 


90)   Vgl.  Voigt,  lex  Maenia  23.     Alles  Weitere   kann   hier   auf  sieb  beruhen 
muss  auf  sich  beruhen,   da  es  zu  weit  abführen  würde. 


596  Mobitz  Voigt, 

Frau  wider  den  Mörder  des  Erschlagenen  und  an  ihren  Sckwi 
vater  oder  ihre  »parentes«  zu  richtende  plorare  könnte  nicht 
deres  bedeuten,  als  die  letzteren  zur  criminellen  accusaüo  du 
ders  aufzurufen,  während  doch  bereits  von  ältester  Zeit  her  d 
cusatio  wider  den  Mörder  ausnahmeweise  den  Privaten  entzöge 
in  die  Hand  von  quaestores  paricklii  gelegt  ist  (A.  162);  und  £ 
auch  daraus,  dass  alle  übrigen  Citate  des  Charondas  aus  de 
geblichen  Festus-Codex  als  gleich  unhaltbar  sich  erweisen,"  i 
zwar  zu 
Fest.  162b,  19.  fol.  21 :  in  meo  libro  Pompei  Festi  legitur.    Si 

furtum,  et  rede.  Nam  etc. 
Fest.  166b,  25:  pecuniam  quis  nancitor  habeto,  und  lin.  26:  i 
pignoris  etc.  fol.  25b:  in  meo  libro  haec  verba  tum  in  XI 
tum  in  foedere  Latino  repetuntur:  quod  si  quis  XII  Tab.  es 
get,  non  contendo; 
Fest.  198%  32.  fol.  250b:  adiiciam  Festi  locum  ex  meo  maou 
Godice  restitutum:   optima  lex  erat,93  qua   in   magistro  pop 

ciendo quam  plenissimum  posset  ius  esset  ei  signific 

Volusinae  gentis  aut  eius  qui  primus  Magister  populi  i 

est.     Postquam  vero  provocatio  —  —  data  est,    quae  and 
erat,  desitum  est  dici  optima  lege,  ut  pole  imminuto  iure  p 
magistratuum ; 
Fest.  246b,  19  ff.  fol.  253:  locum  Festi  corruptum  ut  ex  meo 
plari  restituendnm  existimo  subiiciam:    Praeteriti  senatores  • 
quod  eos  reges  sibi  liCgebant  —   — ;  post  exactos  reges  o 
gendus  esset  senatus,  consules  et  tribuni  militum  —  —  cc 
tissimos  sibi  quosque  patriciorum  —  legebant,  donec  polest 
bunicia  intervenit,  qua  sancitum  est,    ut  —   —  curiatim  io 
tum  legerent  etc. 
Fest.  273%  25,  wo  Charondas  fol.  12  liest:  si  quid  dirum  fuit 
ludici    arbitrove    reove    dies   difiisus   esto,   dazu   bemerkend 
postremum  caput  ex  Pompeio  Festo  descriptum  alii  aliter  res 


91)  Gleiches  gilt  von  der  von  Charondas  fol.  t9b  aufgestellten  Bein 
dass  zwei  Codices  des  Cic.  ad  Farn.  VIII  ,8,3  lesen :  legisque  XD  unuffl 
legit :   es  ist  dies  reiner  Unsinn. 

92)  Vgl.  hierzu  die  von  mir  gegebene  Ergänzung  im  Rhein.  Mus.  N.  F. 
XXXI,    152. 


»1  Lege«  begiae.  597 

couantur:   equidem  ex  mei  libri  manuscripti  vestigiis  colligere  po- 
tui  einandatum  proposui; 
est.  347%  7:  facti  erunt,  sacramenta,  wozu  Cbarondas  fol.  163b  be- 
merkt:  in  meo  exemplari  manuscripto  additur  abs  reis; 
est.  348b,  4.  fol.  25b:   »quandoque  sarpta  vioea  donec  dempta  es- 
cit «• ;  ex  fragmentis  Festi  hanc  legem  mei  libri  ope  ut  licuil  restilui ; 
'est.  348\  15.  fol    14:  io  meo  exemplari  legitur  fortibus; 
est.  364b,  26.  fol.  22b:  in  meo  e(xemplari)  legitur,  vineis  ne  vin- 

dicanlo,  ne  solvito. 
)agegen  ergiebt  sich  eine  andere  Ergänzung  jener  Lücke  zuerst  dar- 
ins,  dass  die  obige  lex  unter  dem  Lemma  plorare  von  Fest,  auf- 
geführt wird,  sonach  aber,  entsprechend  der  lex  in  §  13,  zu  er- 
gänzen ist :  si  nurus  — ,  ast  - —  plorassit,  sacra  Divis  parentum  est  od. 
Und  zweitens  ergiebt  dafür  im  Weiteren  einen  durchaus  sicheren 
ünhaltepunkt  Plut.  Lyc.  et  Num.  comp.  3: 

Pcopatot  jiVTjjjioveüoiKJtv  Sit  itpamx;  \nlv  aiccjre[i.<J/aTo  ifovafxa  SidS- 

i    pto$  Kapß(Xio<^  jjtexa  rJjv  'PoiiAijc  xx(otv  rreot  xpidbcovra  xai  ätaxoofo«; 

oo$€v6t  xoioüxoo  -^T ovoxix;  *  itpurrv)  ös  pv^)  üivapfou  WaXaia  xoovofxa 

itijve^lh]  irp^  sxupav  aüxijt  Texaviav  Tapxuvtou  Soorapßoo  ßaotXeu- 

ovxo;.     Oöxco    xaXd>c   xai    xoafifcot    xexa^fieva  xd  xtöv  fdficuv  ^v  buh 

toG  vop.odsxou. 

tenn  gleichwie  Dion.  II,  25    an  die  lex  Romuli  über  die  Eheschei- 

jfig  als  Beweis  von  deren  Trefflichkeit  den  Hinweis  anknüpft,  dass 

ehrend  520  Jahren  zu  Rom  keine  Ehescheidung  vorgekommen  und 

»    ^rste  Beispiel  einer  solchen  der  Vorgang  des  Sp.  Carvilius  Ruga 

rve«en   sei    (§  6),   so    nun    knüpft   in   gleicher  Weise  Plut.  an   die 

'**l«ti  römischen  eherechtlichen  Gesetze  und  als  Beweis  ihrer  Treff- 

l"*^it   (oGto>  xaXco;  xai  xoou.ut>£  TtTaypiva  xa  xcov  fdfKov  *Jjv  uici  xoö 

^^^"coü)  den  Hinweis  an,  dass  die  erste  Scheidung:  des  Sp.  Car- 

1125     Kuga  im  J.  230,":l  der  erste  Hader  aber  zwischen  Schwieger- 

tit^r  lin(j  -Mutter:  zwischen  Thalaea  und  Getania  unter  Tarquinius 

'^•"hus  vorgekommen  sei.     Und    wie   nun  jener  Hinweis  des  Plut. 

«Sit»  Scheidung   dos  Carvilius   eine  specielle    Bezugnahme   enthält 


^3)   Diese  in  jeder  Beziehung  unhaltbare  Datirung,   welche  auch  in  Plut.  Thes. 
****i.  comp.  6  wiederkehrt,   erklärt  sich  so,  dass  Plut.   in  der  ihm  vorliegenden 
*M|«*    statt   <t>Kr    (5*3)    las  A'Kjai)!,'    (230):    Voigt,   lex  Maenia  A.  64. 


598  Moritz  Voigt,  \\\ 

auf  die   angezogene    lex  Romuli    über  die  Ehescheidung,  so  enthält 
auch   völlig   parallel   der  Hinweis  auf  den  Hader  zwischen  der  Ha- 
laea    und    Getania    eine  gleiche   specielle  Bezugnahme    auf  eine  tat 
Romuli   wider  den  Hader  zwischen  Schwieger-Tochter  und  -Mull». 
Und   diese   lex   Romuli,    auf  welche   so   Plut.   impliciie   hinweist,  ist 
nun  zweifellos  jene  lex'  Romuli  des  Fest. 

Die  legale  Bezeichnung   selbst  aber  des  Haderns  oder  des  &a- 
'fepeo&cu  bei  Plftt.   ist  zu  entnehmen  aus  Paul.  Diac.   187,  i: 

obambulare :  adversum  alios  ambulare  et  quasi  ambulanti  se  op- 
ponere, 
insofern,  da  obambulare  in  diesem  Sinne  der  römischen  Litterator 
völlig  fremd  ist,  solche  Bedeutung  des  Wortes  der  vorlilterariscbea 
Periode94  zu  überweisen  ist,  diesfalls  aber  die  älteste  (iesetzessprache 
sich  ohne  Weiteres  als  diejenige  Sphäre  schriftlicher  Ueberliefeniog 
darbietet,  innerhalb  deren  das  Wort  in  jenem  antiquirten  Sinne  eben- 
sowohl verwendet  wird,  ohne  dass  solche  Verwendung  in  der  Litte- 
ratur  aufgenommen  worden  wäre,  als  auch  in  solcher  antiquirten 
Verwendung  der  Kaiserzeit  überliefert  werden  konnte. 

Alles  dies  aber  berechtigt  nun,    das  obige  Gesetz  dahin  zu  re- 
stituiren : 

Si  nurus  socrui  obambulassit,  ast  olla  plorassit,  sacra  Divis  paren- 
tum  estod. 
Im  Besonderen  nun  ergiebt  sich  die  Bedeutung  dieses  Rechtssatzes: 
seine  practische  Tragweite  und  Tendenz,  wie  das  Bedürfniss  zu  sei- 
ner Erlassung  aus  der  altrömischen  Lebensordnung  selbst,  welche  den 
verheirateten  Söhnen  das  väterliche  Haus  als  Wohnstätte  anwies 
und  so  nun  in  verhältnissmässig  sehr  kleinem  Räume  eine  Mehrzahl 
verschiedener  Familien  vereinigte.95  Denn  indem  eine  derartige  Ver- 
bindung verschiedener  Familiengruppen  zum  einigen  Hauswesen  bei 
eintretender    Collision    von    Sonderinteressen    oder    bei    obwaltender 


94)  Verrius  Flaccus  oder  Festus  besprachen  das  Wort  nichl  d esshalb,  uro  die 
zu  ihrer  Zeit  maassgebende ,  als  vielmehr  um  die  zu  ihrer  Zeit  antiquirte  Bedeu- 
tung zu  conslatircn.  Dies  übersieht  vollständig  Döderlein,  Synonymik  III,  50,  wenn 
er  dein  »ob«  die  Bedeutung  von  ad  versus  negirt  und  nur  von  propter  zugestehen  will. 

95)  Becker-Marquardt,  a.  0.  V,  1  A.  286.  Dem  entspricht  die  alttecbniscbe 
Bezeichnung  des  Hauswesens  als  domus  familiaque :  Voigt,  Ius  nat.  III  A.  1 944 
vgl.   A.  55. 


**}  Lrgks  ftBGUK.  599 

.  Antipathie   zwischen  einzelnen  Familiengliedern   den  inneren  Frieden 
and  die  Ruhe  und  Ordnung  des  Hauses  auf  das  Ernstlichste  bedrohte ; 
^  indem  sodann  die  Leitung  des  inneren  Hauswesens  im  Allgemeinen, 
tt  wie  die  Aufrechterhaltung   von  Ruhe   und  Ordnung   insbesondere  in 
^  der  niederen  Instanz,  wie  gegenüber  den  minder  flagranten  Störungs- 
f   AÜlen  in  die  Hand  der  materfamilias  gelegt  war,  so  war  es  nun  ein 
^  dringendes   Bedürfniss,   durch    harte   Strafandrohung  der  Schwieger- 
;r  lochter  die   Subordination   unter   die    Schwiegermutter   einzuschärfen 
^ttod  so  die  Machtstellung  der  Letzteren  zu  stützen  und  zu  legalisiren. 
Lj  Und  indem  nun  die  Unbotmässigkeit  bedroht  wurde  mit  einer  Con- 
jj^.aecration    der   Schuldigen    an    die   Penaten  und  Laren   des   Hauses, 
«reiche  zu  verstehen  sind  unter  den  Di  vi  parentum,96  so  ergiebt  sich 
ffcieraus,   dass  jenes  Verhalten  selbst  aufgefasst  ward  in  dem  Lichte 
.maer  Verletzung  der  Götter,  welche  das  Gedeihen  und  den  Frieden 
des  Hauses  schützten,  und  so  nun  eines  religiösen  Frevels,  der  durch 
teligtöse  Ahndung  gesühnt  ward,  eine  Anschauung,  die  auch  in  der 
in  §  43  zu  besprechenden  lex  Tulli  hervortritt.     Und  indem  endlich 
vnter  dem  plorare   die  Anklage   vor   dem   iudicium   doroesticum   zu 
£  ^verstehen  ist,97  so  hat  denn  sonach  jenes  Gesetz  die  Tragweite  und 
j£v  Bedeutung,  dass  es  dem  paterfamilias  gestattete,  wider  die  Friedens- 
J-MOrerin  dann,  wenn  deren  Ruchlosigkeit  vor  das  iudicium  domesticum 
__  gesogen  und  dieselbe  für  schuldig  erklärt  wird,  die  Consecration  an 
..die  Penaten  und  Laren  des  Hauses  auszusprechen  (vgl.  A.  115  1.). 
*,.  Was  endlich   die  Geltungsdauer  jenes   Rechtssatzes   betrifft,   so 

,   bekunden    die  Quellen    weder    von    einem   Eingreifen   der   spateren 
Legislation  in  jene  Sphäre,  noch  von  einer  Anwendung  jener  Rechts- 
ordnung in  späteren  Zeiten.     Vielmehr  ist  anzunehmen,  dass  bei  den 
eintretenden   manichfachen   und   tiefgreifenden  Wandelungen  des  Fa- 
ftfelilienlebcns  der  obige  Rechtssatz  frühzeitig  bereits  ausser  Hebung  kam. 


96)  Vgl.   Becker-Marquardt  a.   0.   IV,    208   und  die  das.   Citirten. 

97)  Fest.    230b,    10:  «plorare  —  apud  aotiquos  plane  inclaraare. 


600  Moritz  Voigt,  [M 


§  8. 
Das  Gesetz  des  Nima  wider  dea  Verkaaf  des  nittelst  raafarrett» 

verehelichten  Haassohaes« 


Die  in  §  3  besprochene  Darstellung  der  familienrechtlichen  G 
Ordnungen  schliefst  Dion.  II,  27  mit  der  Notiz: 

—  ex  xcov  No[xä  rio|X7ctXtoü  —  v6|iu>v,  sv  oU  xat  outoc  fSfpaxtar 
edv  icai7]p  u{<j>  ou^x^p^0^  Tfuvafxa  (rjafsodai  xoivaiv&v  eoofisvijv  icfii 
xe  xai  5£pYj|idx(uv  xaxd  xoos  vojjlouc,  {jly]xsti  xijv  ££ooa(av  efvat  tä  sftpl 
ircuXeiv  rtv  uiov. 

Indem   nun  die  Worte   fiwafxa   xotvcovbv   eoofiivijv   iep»v  tt  »1 
XpY)|xdT(üv  xaxd  xoo;  vojjloos  nach  Dion.  II,  25  (s.  §  3  unter  1)  im 
Umschreibung  der  confarreirten   Ehe  enthalten,   so  betrifft  jene  In 
Numae  nur  denjenigen  Haussohn,  dessen  Ehe  durch  confarreatio  ge- 
schlossen  worden   ist,    nicht  dagegen   den    verheirateten   Haossoh 
schlechthin.     Wenn   daher  Plut.  Num.   17   hinsichtlich   der   BefugNtf 
zum  Verkaufe  des  Sohnes  bemerkt,  dass  Numa  davon  ausgenomaM 
habe  xoi>£  Y€TaIJLY3Xf^TGl<i  (8C-  rcaföac),  ei  xoG  7caxp&c  eicatvouvxoc  xai  wt 
Xcüovtoc;  i  fd(xo;  -fgvoiio,    so   ist   aus  dem  Umstände,   dass  hier  voi 
dem  verheirateten  Sohne  schlechthin  die  Rede  ist,    um  so  weniger 
ein  Widerspruch  des  Plut.  mit  Dion.  zu  entnehmen,  als  die  Beiläufig» 
keif,  wie  Kürze  dieser  Bemerkung  die  Nichterwähnung  der  confarrea- 
tio als  eine   einfache  Uebergehung  eines   für  Plut.  mehr  nebensäch- 
lichen Momentes  characterisirt. 

Unter  dem  icwXcfo  aber  ist  der  Verkauf  ebenso  mit  transitoriscta, 
wie  mit  definitiven  Veräusserungs-Effecte  zu  verstehen  d.  h.  ebenso 
die  Emancipation,  wie  die  datio  in  mancipium  und  venditio  iraas 
Tiberini  (A.  53 — 55),  nicht  dagegen  die  noxae  datio. 

Endlich    über   das   die  Verletzung   solchen  Verbotes  bedrohende 
Kepressivmitlel   geben    allerdings  die  Quellen  keine  Auskunft;  alle« 
immerhin  bietet  dafür  das  Gesetz  über  die  widerrechtliche  Khescbei- 
düng   einen    genügenden  Anhalt,    insofern    beiderlei  Thatbestände  * 
Bezug  auf  einen  gewissen  Effect  eine  durchaus  wesentliche  Aehnlick- 
keit  an  sich  tragen.     Wenn    nämlich    nach  der  ältesten  Kamilienofd- 
nung  die  nicht  in  gewaltfreier  Ehe  lebende  und  an  einen  flliusfamü^ 
verheirathete  Frau  nicht  in  der  manus  ihres  Gatten,   als  vielmehr  tf 


LgGES    REGIAE.  601 

p  patria  potestas  ihres  Schwiegervaters  steht,98  demzufolge  aber 
i  capitis  deminutio,  welche  deren  Gatte  erleidet,  die  privafrechtliche 
Alling  der  Gattin  seihst  gar  nicht  berührt,  da  vielmehr  dieselbe 
ch  wie  vor  in  der  potestas  ihres  Schwiegervaters  verbleibt  und 
liglich  insoweit  juristisch  betroffen  wird,  als  sie  in  Folge  des  Aus- 
Ites  ihres  Mannes  aus  der  Familie  nun  selbst  sua  ihres  Schwieger- 
lers  wird,"  so  ist  doch  wiederum  der  Effect,  welchen  in  sacraler 
sgiebung  die  capitis  deminutio  des  liliusfamilias  ausübt,  ein  durch- 
«  anderer :  denn  indem  durch  die  confarreatio  eine  Gemeinschaft 
sr  Haus-  und  Familien-sacra  zwischen  Mann  und  Frau  begründet 
ird,  so  wird  nun  diese  Gemeinschaft  schon  durch  die  capitis  de- 
inutio  minima  des  Mannes  wieder  zerstört,  weil  damit  derselbe  aus 
f.  vaterlichen  Familie  und  dem  Vaterhause  mit  deren  sacra  aus- 
weidet, vielmehr  in  ein  anderes  Hauswesen  eintritt.  Daher  zerstört 
f  Verkauf  des  mittelst  coufarrealio  verheiratheten  Sohnes  durch 
n  Vater  gleich  der  noxae  datio  die  sacrale  Gemeinschaft  zwischen 
qb  Ersteren  und  dessen  Frau  und  hat  somit,  ohne  an  sich  selbst 
ton  nothwendig  eine  Auflösung  der  Ehe  zu  bewirken,  doch  in 
Talrechtlicher  Beziehung  den  gleichen  Effect,  wie  die  Ehescheidung. 
d  dieser  durchaus  ahnliche  Effect  beider  Vorgange  berechtigt  in 
r  That  zu  der  Folgerung,  dass  dort  ebenso,  wie  hier  die  Verletzung 
>  gesetzlichen  Verbotes  mit  sacraler  Vermögensstrafe  bedroht  war 
Gunsten  derjenigen  Gottheit,  unter  deren  Obhuth  die  confarreatio 
llzogen,  wie  die  hierdurch  begründete  Familien-,  wie  Opfergemein- 
aaflt  gestellt  war,  somit  aber  dort,  wie  hier  zu  Gunsten  der  Tellus 
.79),  woneben  denn  auch  das  piaculum,  das  Sühnopfer  für  die 
leidigte  Gottheit  nicht  gefehlt  haben  kann. 

Von  einer  Aufhebung  jenes  Rechtssatzes  endlich  wird  nichts  be- 
btet: es  kam  derselbe  ganz  von  selbst  ausser  Uebung,  indem  theils 
r  effective  Verkauf  der  Kinder  nicht  mehr  in  Anwendung  gelangte, 
eils  die  confarreatio  mehr  und  mehr  selten  ward,  theils  aber  auch 
ae  immer  grössere  Laxitat  in  Handhabung  des  ius  sacrum  Platz  griff. 


H)  Voigt,   lex  Maenia  lk  ff. 
99)   Voigt,  a.   0.    76   A.  121. 


602 


Moritz  Voigt, 


§  9. 
Das  Gesetz  des  N«na  wider  die  teramu  M#ti#. 

Von  einer  lex  Nuinae  über  die  termini  motio  berichten  Pal] 
Diac.  368,  3: 

Termine  sacra  faciebant,  quod  in  eius  tutela  fines  agrorum 
putabant.    Denique  Numa  Pompilius  statuit  eum,  qui  tenninum  o-j 
arasset,  et  ipsum  et  boves  sacros  esse ; 
wie  Dion.  II,  74: 

ei  oe  xi<;  dcpavfoeiev  t)  (letadefir]  to5<;  fyooc,  Up&v  Ivopodenp] 
efvat  xoö  deoG  (sc.  0p(oo  Ai&c)  t&v  toütüiv  xt  §tairpa£<i|£ew, 
wobei  Dion.  insoweit  den  Paul,  ergänzt,  als  er  den  JuppiterT« 
als  die  Gottheit  nennt,  an  welche  die  strafweise  Consecratiot  fei 
schieht.  Wenn  dagegen  Dion.  den  von  Paul.*  bekundeten  Ausdnri 
exarare  tenninum  umschreibt  durch  d<pav(Cetv  ^  fxetaxfdevat  too;  Sp*j 
(eiieere  locove  movere  terminos) ,  so  ist  dies  lediglich  die  zu  iflff 
Zeit  von  der  Legislation,  wie  Rechtswissenschaft  reeipirte  loterjn* 
tion  des  altlegalen  Wortes  exarare,  somit  ein  als  gleichwertig ri> 
dem  letzteren  allgemein  von  der  Jurisprudenz  aufgenommener  Aä- 
druck.  ,0° 

Im  Uebrigen  lässt  der  Umstand,  dass  die  römische  Limitation- 
lehre :  die  Agrimetation, ,01  wie  der  Ritus  der  Gründung  der  urte- 
den  Etruskern  entlehnt  war,  darauf  schliessen,  dass  auch  das  oti? 
Gesetz  etruskischer  Rechtsordnung   folgte. ,03     Und  in  der  That  m 


100)  Die  lex  colon.  in  den  Agrimensoren  (sogen,  lex  Mamilia,  worüber  4 
Voigt  in  Ber.  d.  Ges.  Piniol,  bist.  Cl.  1873.  S.  65)  c.  5  und  die  lex  colon.* 
Genel.  v.  710  c.  125  sagen  eiieere  locove  movere,  Paul.  seot.  rec.  I,  16  WH- 
XIII,   2)   deiieere  vel  amovere,   dagegen  Paul.  cit.  V,   22,   2  effodire  vel  eur**- 

101)  Und  dies  zwar  im  Gegensatze,  zur  Gast rametation,  wo  die  oskiscb-^ 
lische  Limitation  angewendet  ward  :  Voigt  in  Ber.  d.  Ges.  Philol.  bist,  ü  '*" 
S.    64  IT. 

102)  Müller,  Elrusker  III,  6,  7.  Becker,  a.  O.  I,  94.  Schwegler,  r.  G«**- 
I,    446  ff. 

103)  Ich  will  damit  keineswegs  besagen,  dass  die  Römer  ihre  Limitatiofi *" 
rect,  als  vielmehr  dass  sie  indirect  d.  h.  durch  die  Latiner  von  den  Bin»011 
entlehnten;  denn  der  Ritus  der  Städtegründung  ist  gewiss,  wie  die  AgrimettW1 
zugleich  latinisch:    Voigt,   a.    O.   A.  59*. 


LfiGES    RKG1AE.  603 

re  als  übereinstimmend  mit  jener  lex  Numae  bekundet  durch 
Bruchstücken  aus  einem  Werke  des  Haruspex  Vegoia  an  den 
»  Veltymnus,  welche  in  lateinischer  Uebersetzung  in  den  Agri- 
3ren  I,  350  f.  überliefert  sind104  in  den  Worten: 
sed  qui  contigerit  moveritque  (sc.  terminos),  possessionem  pro- 
vendo,  alterius  minuendo,  ob  hoc  scelus  damnabitur  a  diis. 
ich  ward  aber  auch  durch  solche  Rechtsordnung  der  Grenzstein 
r  zur  sancta  res 1(ß  qualiticirt,  ein  Effect,  welchen  besonders  her- 
;bt  Dion.   1.  c.   in  den  Worten:  iepoix;  dirsöstfcev  *0p(oo  At&<;  xoöc 

»• 

Bezüglich  der  Gültigkeitsdauer  nun  des  obigen  Gesetzes  wird 
fach  die  Ansicht  ausgesprochen,  dasselbe  sei  durch  die  XII  Tai. 
hoben  worden.  Denn  so  stellt  Giraud,  recherches  sur  le  droit 
ropriete  chez  les  Romains  I,  120  die  Sätze  auf,  dass  in  Folge 
U\  Tafelgesetzes,  welches  die  Berufung  auf  die  vollendete  LIsu- 
n  in  der  actio  finium  regundorum  oder  rei  vindicatio  bezüglich 
on  finium  ausschloss, m  die  termini  motio  fast  unmöglich  geworden 
so  das  Strafgesetz  wider  dieselbe  ausser  Uebung  gekommen,  viel- 
1  erst  nach  dem  Zeitpunkte,  wo  man  später  jenes  Usucapions- 
z  nicht  mehr  beobachtete,  von  der  sogen,  lex  Mamilia  in  den 
nensoren  der  Thatbestand  der  termini  motio  wiederum  von  Neuem 
Erbrechen  aufgestellt  worden  sei.  Allein  alle  diese  Sätze  er- 
sn  sich  in  der  That  als  irrig;  denn  theils  hat  mit  der  termini 
>  jenes  Usucapionsgesetz  der  XII  Tafeln  überhaupt  nichts  zu 
Ten,  theils  ist  wiederum  dieses  XII  Tafelgesetz  selbst  später  gar 
ausser  Anwendung  gekommen,107  so  dass  seine  Satzungen  zu 
Zeiten  neben  denen  über  die  termini  motio  gegolten  und  ge- 
haben,   theils  endlich  ist  jene  sogen,  lex  Mamilia  eine  lex  de 


04)  Das  Werk  selbst  fallt  spätestens  in  die  Mitte  des  6.  Jahrh.  d.  St.:   Müller, 
IV,   7,   8.      Die  beste  Bearbeitung  jener  Ueberlieferung    ist   von  W.  M.   von 

,  de  fragm.  Vegoiae  Heidelb.  1845.  Die  Wortfassung  der  obigen  Passage 
.  sich  daraus,  dass  dieselbe  eine  durchaus  wörtliche  und  so  nun  geradezu 
ische  Uebersetzung  des  etruskischen  Textes  bietet. 

05)  Vgl.   Schilling,   Institutionen  §  54. 

06)  Vgl.    über   dieses  Gesetz    Voigt  in  Ber.   d.   Ges.   Philo!,  hist.   CI.    1873. 
f. 

07)  Dies  bekunden  noch  Theod.   Are.  et  Hon.  im  C.  Th.   II,   26,    5. 

fcadl    4.  K    ß    Genetisch,  d.  Wi««eiiflch.  XVII.  44 


604  Moritz  Voigt, 

colonia  deducenda,108  somit  eine  personalis  constitutio,  gültig 
innerhalb   des  Rechtssprengeis  der   betreffenden '  Colouie  und 
berufen,  noch  befähigt,  eine  generelle  Rechtsordnung  zu  setze 

Uml  sodann  wieder  Zumpt,  Criminalrecht  der  röm.  Repub 
S.  128.  393  bemerkt,  es  hatten  überhaupt  die  von  den  Quell 
der  Strafe  des  sacer  esto  verknüpften  Folgewirkungen  der  v< 
sehen  Zeit  angehört,  wogegen  bereits  zur  Zeit  der  XII  Taf. 
Erklärung,  es  sei  Jemand  sacer,  nur  eine  sittliche  Missbilligi 
legen  habe,  ausgesprochen  wider  denjenigen,  welcher  eine  um 
Handlung  begangen  hatte;  und  so  nun  hätten  die  XII  Taf.  au 
sacer  esto  jener  lex  Numae  keinen  (tatsächlichen  Einfluss  a» 
geschrieben,  vielmehr  die  termini  motio  legislativ  neu  geregell 
gegebenen  Bestimmungen  über  die  Grenzstreitigkeiten.  Allei 
nur,  dass  jene  Herabsetzung  des  sacer  esto  der  römischen 
zu  einer  einfachen  sittlichen  Missbilligung  nicht  bloss  aller  < 
massigen  Begründung  entbehrt,  sondern  auch  im  geraden  Wider 
mit  den  Quellen  steht,  insofern  es  ja  doch  nicht  dem  leisesten 
unterliegen  kann,  dass  z.  B.  die  Sanction  der  lex  Valeria  Hora 
305 :  eius  caput  lovi  sacrum  esse,  familiam  ad  aedem  Cereris, 
Liberaeque  venum  ire  eine  durchaus  andere  Tragweite  halte,  i 
fach  eine  sittliche  Missbilligung  zu  äussern,  so  ist  auch  die 
These  irrig,  das  XII  Tafelgesetz  über  die  actio  finium  regunck 
habe  die  lex  Numae  aufgehoben  und  die  termini  motio  in  eil 
fache  Grenzstreitigkeit  umgewandelt;  denn  auch  dieses  XII  Tafel 
hat  nichts  mit  der  termini  motio  zu  schaffen,  wohl  aber  ward 
nach  den  XU  Tafeln  und  bis  herab  auf  Justinian  dieses  Verbi 
von  der  Legislation  begrifflich  festgehalten,  wie  auch  in  gai 
derer  Weise  reprimirt,  als  durch  die  actio  finium  regiindoruin. 

Vielmehr  deutet  Nichts  in  den  Quellen  darauf  hin,  dass 
die  XII  Tafeln  oder  durch  irgend  welches  andere  Gesetz  au 
Periode  der  Republik  eine  Aufhebung  jener  lex  Numae  erfolg 
so  dass  demnach  Seitens  der  Legislation  und  innerhalb  des  hi 
nerale  solche  Aufhebung  erst  durch  das  Rescript  Hadrians  ai 
Terentius  Gentianus  vom  16.  Aug.  119  erfolgte,  welches  die  le 


108)  Voigt,   a.   0.   62  f. 

109)  Vgl.   über  dieses  Gesetz  Voigt,   a.   O.    66  ff. 


M]  Leges  regiae.  605 

tootio  Seitens  der  honestiores  mit  Relegation,  Seitens  der  humiliores 
tber  sammt  der  Gehülfen  des  Verbrechens  mit  Geiselung  und  zwei- 
jährigem opus  publicum  bedrohte. no  Wohl  aber  leiten  die  Quellen 
«fl  der  Annahme  hin,  dass  es  durch  die  jurisdictionelle  Gerichtspraxis 
tfer  Republik  beschah,  dass  man  dem  sacer  esto  der  lex  Numae  eine 
HuJt  substituirte,  eine  Thatsache,  welche  durch  drei  verschiedene 
iomente  begründet  wird. 

Denn  zunächst  indem  die  Abgrenzung  der  Competenz  zwischen 
«n  Centuriat-  und  den  Tribut-Comitien  nicht  auf  die  Individualität 
BS  zu  richtenden  Verbrechens,  als  vielmehr  auf  die  Verschiedenheit 
5r  Strafe  gestützt  ward ,  mit  welcher  das  Verbrechen  im  einzelnen 
ille  geahndet  werden  sollte :  als  Capitalstrafe  einerseits  und  als  Ver- 
ögenss träfe  andrerseits, Ml  so  bildete  sich  nun  auf  Grund  dessen  im 
Ugemeinen  die  Praxis,  dass  die  Tribunen  nach  eigenem  Ermessen 
as  nämliche  Capital-Verbrechen  bald  in  dem  einen  Falle  als  capital 
ebandelten  und  vor  die  Centuriatcomitien  zogen,  bald  in  dem  an- 
eren  Falle  als  nicht  capital  behandelten  und  vor  die  Tributcomitien 
rächten  somit  aber  einen  Vorbescheid  sich  beimassen  nicht  allein 
bei*  die  Frage,  ob  die  Anklage  überhaupt  zu  erheben  sei,  sondern 
nch  darüber,  ob  in  concreto  das  Capitalverbrechen  als  capital  zu 
enancl^in  sej  0(jer  nicht.  Und  zwar  tritt  diese  Praxis  im  Beson- 
ereo  ^u  jage  z  ß  bei  den  Accusationen  auf  Grund  der  lex  Icilia 
*  oat^  interfando  tribunum  pleb.  v.  262.  Denn  indem  diese  lex 
18  1!*%erfari  tribunum  pleb. : ,12  die  Unterbrechung  des  zu  den  Tribus- 


'*  O)  Callistr.  3  de  Cogn.  (D.  XLVH,  21,  2)  :  quin  pessimum  factum  sit  eo- 
3'  ^Ui  terminos  llnium  causa  positos  propulerunt,  dubilari  non  polest.  De  poena 
en  **nodus  ex  condicione  personae  et  menle  facientis  magis  statu i  potest :  nam 
Ple**cJidiores  (i.  e.  honestiores)  personae  sunt,  quae  convincuntur ,  non  dubie 
'P^^fcdorum  alienorum  tinium  causa  id  admiserunt ,  et  possunt  in  tempus,  ut 
lSfI**^  patiatur  aetas,  relegari,  id  est  si  iuvenior  in  longius,  si  senior,  recisius; 
erc*  alii  negotium  gesserunl  et  ministerio  functi  sunt,  castigari  et  ad  opus  biennio 
'  **ud  dann  in  freierer  und  verkürzter  Relation  Ulp.  9  de  Off.  Proc.  (Collat. 
[j  ^)  ,  wozu  vgl.  Paul.  sent.  rec.  V,  22,  2.  Modest.  8  Reg.  (I).  XLVH,  21,  I), 
•  ^I«x.  im  C.   Just.   IX,   2,    I. 

4    *  I)  Lange,  röm.   Alterth.   II  §   127. 

*  2)  Cic.  p.  Sest.  37,  79:  fretus  sanctitale  tribunatus,  cum  se  —  contra 
r"a  s*tque  interfationem  legibus  sacratis  (i.  e.  lege  Icilia)  esse  armatum  putaret; 
m.  fep.  ir  23^  %:  quem  (sc.  tribunum  pl.)  interfari  nefas  esset;  Dion.  VII,  M\ 
on    Vir,   J5.    vgl.   Lange,   a.   0.   II  §   1^7. 


606  Mobitz  Voigt, 

Versammlungen  redenden  Tribunen  mit  der  Strafe  des  sacer  es1 
der  Consecration  des  Vermögens  bedrohte,113  so  dass  die  bezüi 
Anklagen  bis  zu  den  XII  Tafeln  bei  den  Tributcomitten,  na( 
XII  Tafeln  aber  bei  den  Centn riatcomitien  ressortirten,  dene 
die  Beantwortung  der  Schuldfrage  zukam,114  wahrend  die  V 
barung  der  Consecration  selbst  dem  accusirenden  tribumis  p 
und  wiederum  die  Vollziehung  der  Consecration  dem  pontifex 
mus  oblag,116  so  beschieht  es  gleichwohl  bei  den  verschieden 
diese  lex  sich  stützenden  Anklagen  nur  in  vereinzelten,  durcl 
Erbitterung  des  Volkes  oder  •  durch  Partheileidenschaft  bes 
characlerisirten  Fällen,  dass  die  Tribunen  bei  ihrer  Anklage  ai 
gesetzliche  Capitalstrafe  der  Execration  tendiren:  im  J.  542  d 
bunen  Sp.  und  L.  Carvilius  bei  ihrer  Anklage  wider  den  Publ 


t  13)  Nach  Dion.  VII,  4  7  ward  jenes  interfari  mit  einer  zu  irrogirendi 
bedroht,  überdem  aber  dem  Verbrecher  aufgegeben,  sofort  vacles  für  die  ih 
mierlegende  MuH  zu  bestellen  bei  Vermeidung  der  Todesstrafe  und  Vera 
conHscalion.  Dies  beruht  jedoch  sicher  auf  einer  incorrecten  Wiedergabe  d< 
quelle :  denn  undenkbar  ist,  dass  das  rom.  Recht  das  Verbrechen  selbst  mit 
strafe,  die  NichtStellung  von  Prozessbürgen  für  diese  eventuelle  Geldstrafe 
mit  Todesstrafe  belegt  habe.  Vielmehr  tritt,  wie  oben  darzulegen,  die  i 
irrogatio  erst  in  späterer  Zeit  zu  diesem  Verbrechen  hinzu:  als  Stellvertrete 
von  der  lex  Icilia  selbst  decretirten  Strafe,  während  dieses  Gesetz  selbst  tbeÜ 
Strafe  des  sacer  csto  sammt  Vermögeusconsecration  vorschrieb ,  tbeils  dem  S 
sofortige  Stellung  von  vades  für  sein  Erscheinen  im  Anklagetermine  aufgab  bei 
meidung  der  Abführung  in  das  Geföngniss.  Denn  die  Strafe  des  sacer  «to 
zeugt  Zonar.  in  A.  IIS  nach  Dio  Cass.,  während  die  VermÖgensconsecratioo  «M 
hin  zu  entnehmen  ist  aus  Dion.  cit. ,  wie  auch  daraus,  dass  dieselbe  auch  ad 
in  der  lex  Valeria  Publicolae  v.  2  45,  sacrala  v.  260  und  Valeria  v.  305,  ** 
doch  mit  der  lex  Icilia  eine  zusammenhängende  Legislation  bilden ;  vgl.  A.  1 
Dagegen  die  Pflicht  zur  Stellung  von  vades,  die  indess  auch  erst  zu  eineM 
leren  Zeitpunkte  gefordert  werden  können,  und  zwar  bei  Vermeidung  d* ■ 
wird  bekundet  von  Dion.  X,  42  in  A.  1 20  und  durch  Liv.  XXV,  4  in  A.  H^ 
wozu  vgl.   Val.   Max.   IX,    5,    2. 

114)  Becker-Marquardt,   a.   0.    IV,   229   A.  1371. 

115)  Liv.  XLIII,  t6,  10.  Cic.  p.  dorn.  47,  123  —  48,  125.  52,13!.* 
Zuinpt,  Crim.  Rt.  I,  2  S.  20.  Dagegen  bei  accusatio  Seitens  des  quaestof*F* 
der  rex  sacrorum  die  Consecration  aus:  Fest.  309b,  7.  Becker-Marquirdt,  *• ' 
IV,  268.  A.  1627.  Unhaltbar  ist  die  Annahme  von  Geib,  rom.  Crim.  Pr.  3§  *•* 
die  Comitien  selbst  hüllen  die  Consecration  als  Strafe  ausgesprochen. 

1 16)  Cic.  p.  dorn.  45,  1 19  —  47,  t23.  52,  133.  54.  55,  «40.  •**■ 
Marquardt,   a.   O.   IV,    223  iL 


Leges  regiae.  607 

Poslumius  Py'rgensis  wegen  Störung  der  denselben  richtenden 
utcouiilien,117  wie  gegen  die  sonstigen  Rädelsführer  des  Tumultes,118 

sodann  im  J.  585  der  Tribun  P.  Hutilius  bei  seiner  Anklage 
»n  Störung  von  Tribulcomitien  wider  den  Censor  C.  Claudius 
»er,  durch  welche  der  erbitterte  Tribun  eine  Maassregel  dieses 
>rs  zu  rectificiren  beabsichtigte. ,,<J  Vielmehr  war  es  bereits  zu 
no  Zeitpunkte   die    normale  Praxis,   die  Accusation    lediglich  auf 

Mult  zu  richten  und  sonach  vor  die  Tributcomitien  zu  bringen, 

solches  von  Liv.  XXV,   4,  8   (A.  117)    auch   besonders  bezeugt 

Und  dieser  Praxis  entsprechen  denn  auch  die  übrigen  auf  die 

cilia  gestützten  früheren  Criminalprozesse,  nämlich  die  accusatio 

J.  299  wider  einzelne  Glieder  der  gens  Postumia,  Sempronia 
Cloelia,  wo  eine  der  Ceres  zu  consecrirende  Mult  irrogirl  wird,120 
die  Anklage  vom  J.  361  wider  die  beiden  Extribunen  A.  Vir- 
s  und  Q.  Pomponius,  wo  diese  Mult  je  10000  Asse  betrügt.121 

Zweitens  sodann,  dass  solche  Praxis,  die  Accusation  anstatt  auf 
talstrafe   vielmehr   auf   eine  Mult   zu    richten,    in   der  That  auch 


H7)    Liv.  XXV,  4,  4  ff.,  insbesondere  §  8  :   confestim  Carvilii  tribuni  pl.  omissa 
e  cerlatione  rei  capilalis  diem  Postumio  dixeront  ac ,   ni  vades  daret ,   prendi 
lore  alque  in  carcerem  duci  iusseruut. 
HS)    Liv.   XXV,    4,    10.    H. 

119)  Liv.  XLIII,  16,  II  ff. ,  wo  der  Klaggrund  dahin  präcisirt  wird:  quod 
mem  ab  se  (sc.  Rulilio)  avorasset  (sc.  Claudius).  Liv.  selbst  bezeichnet  das 
echen  als  perduellio ;  allein  eine  solche  ist  dasselbe  nach  dem  Sprachgebrauche 
tlteren  Zeiten  nicht,  vielmehr  ist  es  proditio  nach  Maassgabe  der  lex  Icilia. 
Liv.  schreibt  Val.  Max.  VI,  5,  3  aus,  während  Aur.  Viel,  de  vir.  ill.  57,  3 
Confuses  über  den  Prozess  berichtet. 

120)  Dion.  X,  42,  der  allerdings  die  Anklage  auf  die  leges  sacratae  statt  auf 
3X  Icilia  stützt,  eine  Unrichtigkeit,  welche  bereits  Seh  wegler,  rom.  Gesch.  II, 
A.  7  darlegt.     Die  Angeklagten  stellen  nach  erhobener  Anklage  vades,    dese- 

aber   den    Termin.     In    der  Richtung   der  Anklage    auf   blosse  Mull   erkennt 
ts  Dion.  ein  Nachlassen  von  der  Strenge  des  Rechtes. 

121)  Liv.  V,   29,    6:     dies   dicla    erat  Iribunis  pl.  bienni  superioris  A.   Ver- 
et  0«  Pomponio; neque  enim  eos  aut  vitae  ullo  crimine  alio  aut  gesti 

stratus  quisquam  arguebat,  praelerquam  quod  gratificantes  patribus  rogationi 
niciae  (sc.  de  Veios  migrando)  intercessissent  etc.  Die  Anklage  stützte  sich 
,  auf  die  lex  Icilia.  Im  Uebrigen  ist  der  Fall  durchaus  singulär.  Vom  sechsten 
lunderte  an  kommen  dann  wieder  Prozesse  vor,  welche  weder  auf  Mult,  noch 
•Ixecialion,  sondern  auf  consecratio  bonorum  sich  richten,  eine  jüngere,  durch 
sehe  Gesichtspunkte  beeinflusste  Praxis. 


608  Moritz  Voigt,  [54 

bezüglich  der  termini  motio  bereits  im  Zeitalter  der  Republik  Pbk 
gegriffen,  darauf  weist  zunächst  hin  die  lex  agraria  Nerva's  hi 
Callistr.  5  de  Cogn.  (D.  XLVII,  21,  3  §  1),  indem  dieselbe  be% 
lieh  der  termini  motio  vorschreibt: 

si  servus  servave  insciente  domino  dolo  malo  feceril,  ei  capM 
esse,122  nisi  dominus  dominave  multam  sufferre  maluerit, 
und  hierin  nun  in  der  That  die  Anschauung  bekundet,  dass  die  nor- 
male Strafe  des  Verbrechens  zwar  die  Capitalstrafe  sei ,  diese  aber 
doch  durch  Erlegung  einer  Mult  von  dem  Verbrechet  abgewendet 
werden  dürfe.  m 

Drittens  endlich  ergeben  gleichen  Fingerzeig  auch  die  leges  co- 
lonicae  der  Republik:  die  sogen,  lex  Mamilia  in  den  Agrimensorea 
(A.  100)  c.  5,  die  lex  coloniae  luliae  Genetivae  v.  710  c.  125  rad 
die  lex  lulia  agraria  bei  Callistr.  3  de  Cogö.  (D.  XLVII,  21,  3  pt), 
insofern  in  diesen,  somit  innerhalb  der  Sphäre  des  communaleo  Loal- 
statutes,  die  Capitalstrafe  der  termini  motio  auch  in  thesi  völlig  ab- 
gegeben und  derselben  eine  Geldstrafe  von  5000  Sesterzien  mit  actio 
popularis  substituirt  ist. 

Im  Uebrigen  aber  ist  solcher  Wechsel  der  die  termini  motio  be- 
drohenden Strafart  beeinflusst  ebenso  durch  die  Wandelung  der  Volte- 
anschauungen,  wie  aber  auch  durch  die  Umgestaltung  vom  Thtlte- 
stände  selbst  des  Verbrechens.     Denn  während  die  spätere  Zeil  die 


122)  Unsere  Digesten-Ausgaben  bieten  unbeanstandet  den  Text:  cavetar,  * 
—  —  ei  capital  esse!  Unter  dem  capital  esse  kann  meines  Eracbtens  nur  i* 
Todesstrafe  verstanden  werden,  vgl.  Serv.  in  Verg.  Georg.  III,  387:  pro  «toni* 
capital  dari.  Wenn  Platner,  quaestt.  de  iure  crim.  rom.  431  und  nach  ihm  Be«, 
Crim.  Rt.  823  darunter  die  damnatio  in  mctallum  verstehen,  so  harmonirt  fe 
Annahme  allerdings  mit  Paul.  sent.  rec.  V,  22,  2:  qui  terminos  efföditint  vel  o- 
arant  arboresve  terminales  evertunt,  si  quidem  id  servi  sua  sponte  fecerint,  * 
metallum  damnantur;  allein  da  es  äusserst  bedenklich  ist,  dem  Ausdrucke  captot 
bezüglich  des  Sclaven  verwendet,  die  Beziehung  auf  die  Versetzung  des  servus* 
die  servitus  poenae  und  zwar  in  der  Zeit  der  besten  juristischen  Terminologie  W" 
zumessen,  so  liegt  die  Annahme  näher,  dass  darunter  die  Todesstrafe  zu  versteh* 
sei ,  Paul,  aber  ein  jüngeres  Recht  bekundet ,  um  so  mehr  als  Gleiches  der  fti 
ist  gegenüber  dem  obeitirten  Rescripte  Hadrians;  vgl.  Trotz,  de  term.  mok  * 
Oelrichs,   thes.   nov.  dissertalt.   II,    t.   p.  253  f. 

4  23)  Es  steht  dies  in  vollkommenem  Parallelismus  mit  dem  pactum,  ab  *r 
Vereinbarung  einer  Abfindungssumme  bei  Privatdelicten ,  auf  welches  bereits  d* 
XII  Tafeln  mehrfach  hinweisen. 


LEGES    REG1AE.  609 

nini  molio  auch  bezüglich  derjenigen  Gränzmarken  statuirte,  welche 
s  vom  Privaten  gesetzt  waren,  so  bezog  sich  (He  lex  Numae  ledig- 
auf  denjenigen  Grenzstein,  welcher  auf  dem  limitirten  Lande  und 
Grund  der  beschehenen  Centuriation  vom  Mensor  und  somit  kraft, 
ltlicher  Autorität  gesetzt  war.124  Und  dieser  lerminus  nun  stand 
t  dem  besonderen  Schutze  des  luppiter  Terminus,  gleich  der  ge- 
raten Limitation  eine  religiöse  Weihe  an  sich  tragend. I25 


§  10. 

Das  Gesetz  des  N»a  wider  das  pariridiaM. 

Das  betreffende  Gesetz  wird  überliefert  von  Paul.  Diac.  221,  15: 

parricida  non  utique  is,  qui  parentem  occidisset,  dicebatur,  sed 
jalemcunque  hominem  indemnatum.  Ita  fuisse  indicat  lex  Numae 
jmpilii  regis  bis  compositis  verbis : 

Si  qui  hominem  liberum  dolo  [malo]  m  sciens  morti  duit,  pari- 
das  esto. 

dazu  kommen  noch  die  Angaben  bei  Plut.  Rom.  22 : 

tStov  oe  to  (j.Y]0£(i.fav  ofxTjv  xaxa  7caxpoxxoviov  op(oavxa,  Tcaaav  dv- 
po^oviav  7raxpoxxovtav  irpoosi^eiv, 

lach   somit   bereits  Romulus  das   homicidium    als   paricidium    be- 
hnet  hat,  sowie  bei  Dion.  III,  22: 

touc  v6|ioü<;  Tcape^ojisvot  xoo<;  oux  e&vxac  axptxov  airoxTetvetv  ooSsva, 
lurch   wiederum    für   des  Servius  Tullius  Zeit   die  Existenz  jener 
Numae  bekundet  wird. 

Jene  lex  Numae127  ist  nun  insofern  äusserst  merkwürdig,  als  die- 
le  mit  dem  delictischen  Thatbestande  des  hominem  liberum  dolo 
o  scientem  morti  dare  nicht  eine  Strafsanction,  als  vielmehr  ledig- 


424]  Versteint  waren  der  limes,  wie  das  confinium:  Voigt  in  Ber.  d.  Ges. 
)l.  bist.   Gl.    4  872   S.  44    A.  4  9.   S.  45   A.  26. 

425)  Daher  nun  auch  lex  et  consecralio  vetus  im  lib.  I  Colon.  234,  24,  con- 
itio  vetus  das.   229,    6.    lib.  2   Colon.  256,  23. 

4  26)  Ueber  die  Unenlbehrlichkeit  dieses  Prädicates  s.  Voigl,  Bedeutungswechsel 
bliandl.   d.  Ges.  XVI,   49. 

4  27)  Die  Litteratur  s.  bei  Rein,  Crim.  Pr.  404  A.  *,  Danz,  Gesch.  d.  roni. 
its  IP.   §  4  88  unter  b.    §  4  95  unter  2  b  und  dazu  noch  £.  a  Bruner,   de  parri- 

crim.   et  quaestor.  parric.   in  Acta  societatis  scientiarum  Fennicae  V,  54  9  ff. 


610  Moritz  Voigt,  {HJ 

lieh   die  Erklärung  des  Thäters  für   einen  parieida  verbindet,  sdt 
aber  den  Worten  nach  gar  nicht  Strafsatzung,  als  vielmehr  eiiem 
apodiclischer  Urtheilsform   gehaltene  Definition  des   Wortes  prahlt 
bietet,  in  gleicher  Weise  somit,  wie  solches  auch  beschieht  vooQt 
de  Leg.  II,  9,  22:    sacrum  —  qui    clepsit  rapsitve,   parrieida  öfc» 
und  in  negativer  Richtung  in  der  lex  sacrata  v.  260  bei  Fest.  31^ 
31:  si  quis  eum,  qui  eo  plebeiscito  sacer  sit,  oeeiderit,  parrieida* 
sit.     Solche  Fassung  aber  der  obigen  lex  weist  mit  völliger  BestiiMl- 
heit  darauf  hin,    dass   dieselbe   etwas  Neues  nicht  setzte  hinsichtt 
der  Strafe  des  parieidium:  denn  es  wird  diese  Strafe  gar  nicht  tu» 
gesprochen,  vielmehr  als  genugsam  bekannt  und  als  völlig  zweifelt 
vorausgesetzt ;  als  vielmehr  hinsichtlich  des  delictischen  Thatbestate 
allein:  denn  dieser  wird  definirt  und  detaillirt.    Und  zwar  mussli 
Neue  in  der  so  gegebenen  Bestimmung  belegen  sein  in  den  Wort» 
liberum  hominem,  da  die  weitere  Disposition:  si  qui  dolo  rnalo sei* 
morti    duit    nur   altüberlieferte    thatbestündliche  Merkmale  des  pariei- 
dium enthalten  haben  kann.     Im  Besonderen  aber  hat  jene  lex  eil 
Erweiterung   oder  Verallgemeinerung   vom   Thatbestande  des  putt» 
dium   decretirt,    wie  daraus  sich  ergiebt,    dass  einerseits  jener  Ab- 
druck über  homo  in  dem  absoluten  Sinne  aufzufassen  ist,  in  welch* 
das  Wort  über  auftritt  in  dem  XII  Tafelgesetze  bei  Paul.  56  ad  Ei 
(Collat.  II,  5,  5):    manu,    fusti  si  os  fregit  libero,   CCC  —  poeoa[ij 
sunto,  sowie  in  dem  alttechnischen,  nach  Ulp.  fr.  II,  4  auch  in  dd 
XU  Taf.  wiederkehrenden  Ausdrucke  statu  über ,  und  somit  entspi* 
chend  der  Bedeutung   von    libertas  in  dem  XII  Tafelgesetze  bei  Ia 
III,  44,  12  über  das  vindicias  dare   seeundum   libertatem,  deaatA 
also  in  dem  Sinne,   dass  unter  über  homo  der  Freie  im  Gegensite 
zu  dem  Sclaven  verstanden  wird,128   während   andrerseits  wiedefü 
das  Worlr  parieida  nach  Maassgabe  seiner  Etymologie  von  Vorn  bere* 
einen  anderen  und  zwar  engeren  Begriff  vertritt,  als  desjenigen,  dar 
einen  über  homo  tödtet.     Denn  was  insbesondere  die  Etymologie  w> 


128)  Nicht  dagegen  in  dem  relativen  Sinne,  in  welchem  über  auftritt  in  *• 
XII  Tafelgesetze  bei  Gai.  I,  t32:  si  p(aler)  f(amilias)  l(er)  filium  venum  d[uMJ 
patre  tili us  über  esto,  wo  Studemund  p  a,  nicht  p  f  liest.  Anders  Osenbräg* 
das  altröm.   Parieidium  in  Kieler  philol.   Studien   4  841.  S.  229  f. 


Lbges  regiae.  614 

iura 12g  betrifft,  so  ist  hierfür  durchaus  maassgebend  die  hislo- 
Thatsache,  dass  dieses  Wort  von  Alters  her  einzig  und  allein 
griff  des  Bürgerniordcs  repräsentirt,  13°  dagegen  in  der  Bedeu- 
3n  Elternmord  erst  seit  der  lex  Cornelia  de  sicariis  v.  674  und 
Twandtenmord  seit  der  lex  Pompeia  de  parricidiis  von  699 
92  auftritt ;,3i  denn  diese  Thatsache  ergiebt  für  paricidium  ohne 


))  Den  von  M.  Coelius  Rufus  (geb.  67  2)  gebrauchten  Ausdruck  paricidatus 
uint.    I.   0.   I,   6,    42  als  dessen  eigene  Erfindung. 

))  So  vor  Allem  die  lex  sacrata  v.  260  bei  Fest.  3 1 8b,  34:  si  quis  euni, 
plebeiscito  sacer  sit,  occiderit,  parricida  ne  sit ,  so  wie  in  der  allen  offi- 
tezeichnung  quaestores  paricidii.  Dann  unbenannter  Tragiker  bei  Cic.  de 
II,  26,  67.,  indem  hier  der  Kindesmord  Seitens  der  Mutler  als  familiäre 
im  bezeichnet  wird;  Sen.  de  Clem.  I.,  23:  multo  minus  audebant  liberi 
timum   (i.   e.   parentis  caedem)    admittere,    quamdiu  sine  lege  crimen   fuit; 

Itaque  parieidae  a  lege  coeperuut  et  illis  faciuus  poena  monstravit  d.  h. 
en  Elternmord  existirte  Jahrhunderte  hindurch  keine  lex ,  indem  die  e\i- 
i  leges  über  das  paricidium  den  gemeinen  Mord  betrafen;  Plut.  Rom.  22 
nach  icatpoxTovta  d.  h.  paricidium  die  Bezeichnung  jeder  av&pocpovt'a  war; 
lie  Quellen  in  A.  4  39;  endlich  Paul.  Diac.  221,  15:  parricida  non  utique 
parentem  occidissel,   dicebalur,    sed  qualemcunque  hominem  indemnatum; 

comment.  p.  306,  4  9  Keil:  maiores  noslri  voluerunt  aliud  (sc.  atque  pa- 
iterfectorera)   esse  parrieidam ;    apud    maiores    enim  nostros  homieidas  raro 

parrieidas  autem  semper.  Idcirco  etiam  parrieidas  patriae  vocamus  (so 
il*.  Scaur.  contra  Qu.  Caep.  II  bei  Charis.  I.  Gr.  I,  4  7  p.  4  47,  4  4  Keil. 
Off.   III,   24,    83.     Phil.   II,   7,    4  7.    XI,    4  2,   29.     p.   Süll.    2,    6.    de  Off. 

83.  vgl.  in  Cat.  I,  4  2,  29.  Sali.  Cat.  54,  25.  Liv.  XXVIII,  29,  4), 
s  interimunt;  Isid.  Orig.  X,  225:  —  parrieidium  et  homieidium  —  in- 
ossit,  cum  sint  homines  hominibus  pares;  Gloss.  Amplon.  p.  366  Oehler: 
i  dicitur  apud  autiquos,  qui  omni  oeeidebant  pares  natura;  Papias  vocab.: 
i,  qui  patrem  oeeidil  vel  homieida ;  vgl.  auch  A.  4  32.  Endlich  in  dem 
Sinne    merkwürdiger  Weise   auch    noch    bei  Brut,   ad  Cic.   V,    6,    2    (74  4). 

die  specielle  Bezeichnung  für  Ellernmörder  ist  in  älterer  Zeit  parentieida, 
•t,  welches,  in  der  Kaiserzeit  durch  parricida  verdrängt  (A.  4  34]  und  so 
loren  gegangen,   noch  erhallen  ist  von  Prise.   I.   Gr.   I,   6,    33    (s.  A.  4  32), 

X,  225.  Papias  vocab.  (s.  A.  432),  Notae  Tiron.  p.  79,  wie  Serv.  Gloss. 
aeus,   Cyrilli  etc.   glossar.   v.   parentieidium ,    dessen  weit  ältere  Provenienz 

entnehmen  ist  aus  dem  Wortspiele  bei  Plaut.  Ep.  III,  2,  43:  ego  ttium 
faciam  parentieidam. 

4)  Nach  Maassgabe  der  lex  Cornelia  v.  674  als  Elternmord  bei  Cic.  de  Inv. 
S8 :  in  quodam  iudicio,  cum  venetici  cuiusdam  nomen  esset  delalum  et  — 
i  causa  subscripta  esset,  —  cum  de  nece  parentis  nihil  demonstratum  sit 
eile,  welche  ebenso  wie  c.  20,  60  ergiebt,  dass  Cic.  damals  bereits  jene 
nelia    kannte,    somit   aber    de  Inv.   nach   673  abgefasst  ist);    p.   Rose.  Am. 


612 


Moritz  Voigt, 


Weiteres  die  Ableitung  von  par  und  caedere,132  sowie  die  ui 
liehe  begriffliche  Bedeutung   von  paris  caedes  als  der  Tödtung 


(674)  40,  28.  22,  64.  62.  25,  70.  26,  7«.  Dagegen  bei  Cic.  p.  CJueol.  fl 
4  4,  34:  fratenium  parrieidiura  liegl  eine  ora torische  Redewendung  vor, 
wieder  auf  den  Begriff  der  lex  Cornelia  zurückgreift  das  Decret  bei  Sud.  M. 
placuil  idus  Marlias  (sc.  quibus  C.  lul.  Caesar  occisus  est)  *  parrieidium* 
—  Nach  Maassgabe  der  lex  Pompeia  v.  699  oder  702  als  Verwandteomord  bo 
p.  Mil.  (702)  7,  17.  Phil.  (7  4  0)  II,  4  3,  3  4  :  plus  quam  sicarios,  plus  quam 
eidas,  plus  etiam  quam  parrieidas  esse,  si  quidem  est  atrocius  patriae 
quam  suum  oeeidere ;  III,  7,  48:  patris  et  patrui  parrieidium;  ad  Farn.  (711) 
3,  4.,  bei  Suet.  Iul.  42  u.  a.  m  Liv.  III,  50,  5:  parrieida  liberum;  VIÜ,  H, ! 
parieidium  lilii :  XL,  24,  6:  parrieidium  fratris;  Quint.  I.  O.  VIII,  6,  35:  *| 
eida«  matris  quoque  aul  fratris  interfector;  IX,  2,  88:  reus  parrieidii,  qwd 
trem  oeeidisset ;  Pseudo-Quinl.  Decl.  372:  in  patrem  —  parrieida  est;  a.  u 
sowie  insbesondere  die  juristischen  Quellen.  Dann  Pompei.  Comment.  p.  SN, 
Keil :  qui  (was  richtig  nur  ist  in  dem  Sinne  von  quae)  filium  suum  oeeidit, 
parrieida ;  —  qui  matrem  suam  oeeidit,  dicitur  parrieida ;  sororem,  dicitar 
Charis.  I.  Gr.  IV,  2  p.  273,  4  und  Diomed.  ars  gram.  II  p.  458,  5  Keil: 
dicitur,  qui  fratrem  vel  sororem  oeeidit,  cum  sit  ille  proprie  parrieida,  qm 
oeeidit;  Douat  ars  gram.  III,  6:  parrieidam  dieimus,  qui  oeeiderit  fratrem; 
comm.  in  Donat.  p.  430,  5  Keil:  dieimus  parrieidam  non  eum,  qui  patrem 
sed  qui  quemque  parentum  neeaverit ;  Isid.  Or.  V,  26,  46:  parrieidii  actio 
lum  in  eum  dabatur,  qui  parenlem  id  est  patrem  aut  matrem  interemteet,  »*^ 
in  eum,  qui  fratrem  eeeiderat.  —  Die  lex  Pompeia  dient  zugleich  zur  Erkfinog* 
Cic.  de  Leg.  (702)  II,  9,  22:  sacrum  —  qui  clepsit  rapsitve,  parrieida  esto:  §W*j 
wie  jene  lex  den  Begriff  parrieida  über  seinen  durch  die  lex  Cornelia  gefl^1*] 
Sinn  hinaus  extendirt,  so  erlaubt  sich  Cic.  in  seiner  Nachahmung  der  alteoReÜH] 
Diction  gleiches,  um  so  in  breviloquenter  Weise  sein  Postulat  einer  Anwendu»|J*| 
Strafe  des  parrieidium  auf  das  betreffende  Delict  zu  bezeichnen,  ohne  das  fr* 
irgend  welches  rechtshistorische  Moment  zu  entnehmen  wäre;  denn  in  keiiM**M 
zahlreichen,  historisch  bekundeten  Fälle  des  sacrilegium  tritt  die  Strafe  des  atf*1"] 
dium  ein;    vgl.   auch  Bruner,   1.   c.   548  f. 

4  32)  Die  Etymologie,  wie  Orthographie  wechselte  im  Alterthum  entspr**** 
dem  aus  A.  4  30  und  4  34  sich  ergebenden  Wechsel  des  Begriffes  von  park*  ■ 
zur  lex  Cornelia  war  die  Ableitung  von  par  und  die  Schreibung  parieida,  $■* 
dann  die  Ableitung  von  paler  oder  parens  und  die  Schreibung  parrieida  die  fc*** 
sehende.  So  Prise.  I.  Gr.  I,  6,  33:  »par,  paris,  parrieida«,  quod  vd  i  »r** 
componitur  vel,  ul  alii,  a  »patre«:  ergo  si  est  a  »pari«,  r  euphoniae  caos***' 
lur,  sin  a  »patre«,  t  in  r  convertitur;  quibusdam  tarnen  a  »parentet  videtor ä» 
compositum  el  pro  » parenlicida «  per  syncopam  et  comm  u  tat  ionem  t  in  r  ■*■ 
»parrieida«;  V,  4  4,  56:  »parrieida«  —  dieimus  —  a  parente  et  a  verbo  c*d**> 
Isid.  Or.  V,  26,  46:  dictum  parrieidium  quasi  parentis  caedium;  X,  225:  p»11* 
proprie  dicitur  interfector  parentis ;  Salemon.  glosse :  parrieida  et  parieida:  ** 
differentia  est:   parrieidam  dieimus,   qui  oeeidit  parentem  ;    parieidam,  qui  s«^ 


Leges  regiae.  61 3 

a,    welcher   dem  Thäter   gegenüber   ein    »par«   oder  Gleichbe- 
jter  war, m  somit  also,  vom  Standpunkte  des  civis  Romanus  auf- 


m  ;  Papias  vocab.  :  parricida  pro  parenticida ;  componitur  a  parente  et  caedo 
vel  ex  patre  vel  ex  pari  addita  r  (ed.  princ.  :  t)  ;  Lyd.  de  mag.  I,  26  : 
&ots  Se  fPa)|iatot  ojicüvujx«>;  too;  Tc  fov£u>v  ,   toü;  ts  ttomtwv  cpovea«;  (xtto- 

•  —  Sioupopav  os  67rt  rf^  £ira>vou.ias  toluttjv  7rapej(ouot  rtva*  —  ouorik- 
yap  tt^v  TTpcorr^v  oüXXaßr^v  xat  ßpa^sTav  7rotouvTe;,  tou;  yovea;,  eVretvovres 
;  iwnjxoou^  OTjjiatvouoiv  (somit  paricidium  :  Elternmord,  parricidium  :  Bürger- 
wovon  jedoch  die  Vorquelle  nach  Maassgabe  von  Salemo  das  gerade  Gegen- 
sagt hatte).     Endlich  auch  noch  Charts,  exe.  graec.  p.  554,  22  Keil:    parri- 

itaTpoxToviot,  und  so  in  der  Hauptsache  auch  Philox.  gloss.  Sp.  4  52  v.  parri- 
ad  parricida,  und  Cyrill.  gloss.  Sp.  572  v.  TraTpaXota;,  7raTpoxTov(a ,  7ta- 
os,  sowie  bezüglich  der  Orthographie  noch  Orthogr.  Einsiedl.  in  Hagen, 
.  Helv.  297,  23:  »parricida«  per  duas  r  (sc.  scribitur).  Und  andrerseits 
im  das  »par«  auch  bei  Isid.  Or.  und  gloss.  Amplon.  in  A.  4  30,  sowie  statt 
aequalis  et  sodalis  in  dem  bei  A.  4  34  citirten  Plaut. 

13)  Dieses  par  tritt  in  durchaus  signiticanter  Stellung  auf  in  dem  pari  iure 
ler  vivere,  welches  in  völkerrechtlicher  Beziehung  die  Souveränität  des  frem- 
lates  bezeichnet,  so  z.  B.  bei  Fest.  31 4b,  16.  Placid.  12,  4  3  Deucrl.  : 
lus  nat.  Beil.  XI  §  3,  in  privatrechtlicher  Beziehung  aber  die  Gleichheit  des 
ers  vor  dem  Gesetze,  so  bei  Cic.  de  Off.  I,  34,  124:  privatum  —  oportet 
st  pari  cum  civibus  iure  vivere;  II,  12,  41:  aequitate  constituenda  summos 
fimis  pari  iure  tenebat,  wofür  später  dann  aequum  ius  eintritt:  Voigt,  a.  0.  I 
;  dann  auch  z.  B.  Cic.  Phil.  I,  14,  34:  übertäte  esse  parem  ceteris,  prin- 
Jignitate ;  nicht  minder  in  verschiedenen  Sprüchwörtern :  pares  cum  paribus 
J  coogregantur :  Cic.  de  sen.  3,  7.  Quint.  I.  0.  V,  41,  44,  und  par  pari  re- 
ler  respondere:  Voigt,  a.  0.  HI,  775;  und  endlieh  nun  auch  in  der  Rechts- 
►hie:  Voigt,  a.  0.  Beil.  I  §  6  ff.  Ganz  irrig  ist  daher,  wenn  Osenbrüggen, 
4  9  der  obigen  Etymologie  die  beiden  Thesen  entgegenstellt :  »der  Salz,  dass 
•ger  dem  Rechte  nach  gleich  sind ,  ist  unrömisch «,  und :  » unrömisch  ist 
,  pares  die  cives  =  gleichberechtigte  Mitbürger  zu  bezeichnen  (Herzog  zu 
t.  4  4).  Dafür  giebt  es  in  der  lateinischen  Sprache  kein  Beispiel.  Par, 
t  überhaupt  in  der  juristischen  Sprache  der  Römer  ein  indifferentes  Wort, 
gentlich  technischen  Sprachgebrauch  a ;    vielmehr   tritt   par   in    streng  tech- 

Verwendung  in  zahlreichen  Stellen  auf,  während  die  Gleichheit  der  Bürger 
l  Gesetze  eine  acht  römische  Vorstellung  ist.  —  Die  modernen  Etymologieen 
i  in  zwei  Gruppen :  1 .  das  par  enthalte  ein  sanskritisches  Element  und 
.  para ,  griech.  irapa :  Osenbrüggen,  a.  0.  250.  oder  b.  para  (alius)  : 
in  in  Ztschr.  f.  Alterthumswiss.  4  845  III,  320;  allein  da  das  Element  ei- 
cht der  vorlateinischen  Periode  angehört,  so  kann  solches  auch  nicht  mit 
r  Fall  sein :  entweder  ist  das  ganze  Wort  in  beiden  Elementen  oder  es  ist 
Jer  letzteren  direct  sanskritisch ;  und  dann  steht  entgegen  ad  a,  dass  para 
mischen  in  per,  nicht  in  pari  umlautet:  Curtius,  gr.  Etym.3  252;  sowie 
iass  der  Begriff  von  alius  caedes  den  Quellen  widerspricht :  nicht  der  alius, 


614  Moritz  Voigt, 

gefasst,  der  Tödtung  des  Mitbürgers.     Und  diese  Begriffsbeslii 
bietet  denn  in  der  That  auch  Plaut.  Merc.  III,  4,  26  f.: 

Char.  hoc  capital  facis.    Eut.  Qui?    Char.  Quia  aequalem  et 
dalem  liberum:  civem  enicas. m 
Aus  jener  Wesenheit  aber  des  paricidium  als  Mitbürger-Mord 
sich  nun  als  Consequenz,  dass  in  den  ältesten  Zeiten  der  Mord 
an  dem  dienten,  da  dieser  damals  noch  nicht  zur  Bürgerschaft 
hörte,  wie  aber  auch  *an  dem  Gewaltuntergebenen,  da  dieser 
als  Gleichberechtigter  des  homo  sui  iuris  nicht  galt,  dem 
nicht  unterfiel,    vielmehr   da^elbe   lediglich    die    dolose  Tödtoaj 
civis  sui  iuris    vom  civis  sui  iuris  verübt  umfasste.  m     Indem 


sondern  ein  weil  enger  deterniinirtes  Individuum  ist  Object  des  pariridim 
2.   das  pari  vertrete  ein  patri,   so  z.  B.  Polt,   etymol.  Forschungen  II,  47. 
Pomp,  de  Orig.   Iur.   56.     Rein,   Crim.  Rt.   450.     Bruner,  1.  c.  52S; 
steht  entgegen  theils  die  Analogie  der  Wortbildung  von  matricida,  fratricidi, 
nionium,   theils  die  Thalsache,   dass  paricida  in  keiner  Periode  der  Reco 
den    Vatermörder,    sondern    selbst    in    späterer   Zeit   nur   den    Eltern-  rad 
Verwandten-Mörder  bezeichnet.     Im  Uebrigen  vgl.  darüber  die  fleissige  Z 
Stellung  von  Fr.  Gorius,    de  parricidii  notionc  ap.  antiq.   Rom.    Bonn  llft, 
dazu  noch  Osann,   I.   c.    53  ff.,   wie  bei  Bruner,   1.  c.   520  A.  4. 

134)   Es  ist  so  zu  interpungiren,   nicht  aber  aequalem  et  sodalem  liberal 
vem    enicas,    weil   letzteres    eine    sachliche  Unrichtigkeit    schafft;    deoo  über 
stünde    im  Gegensatze   entweder   zu   dem    captivus  civis    oder   zu  dem  civil 
iuris,  woran  beidemal  bei  Plaut,  gar  nicht  zu  denken  ist.    Andrerseits  aber  ü 
unbedenklich,   über  in  substantivischer  Verwendung  zu  fassen,  vgl.  z.  B.  Roi» 

4,  62:   servae  sint  istae  an  liberae;   I,    \,    187:   servosne  es  an  über?  Z 
ohne   ist  übrigens  die  obige  Sentenz  des  Plaut,   der  von  einem  Juristen  gegd»*; 
Definition    des    paricidium    nachgebildet   oder   geradezu    entlehnt ,    somit  al»  taj 

5.  Aelius  Paetus  Catus :  denn  zu  dieser  Zeit  Hess  sich  das  paricidium  ganz  coffl^ 
wieder  auf  den  Thatbestand  des  parem  morti  dare  zurückführen.  —  UiHctar 
bungen  des  paricidium  enthalten  auch  die  lex  Clodia  in  Ciceronem  nach  VA  % 
45,  \  :  qui  civem  Romanum  indemnatum  intcremisset,  wie  Liv.  IV,  t\,  4:  c*i* 
civis  indemnali. 

4  35)  Vgl.  Bruner,  a.  0.  534  ff.  Die  Imparität  des  filiusfamilias  beruht  4**. 
dass  er  mit  dein  palerfamilias  nicht  pari  iure  ist  (A.  133)  :  wahrend  dies** 
iuris,  ist  jener  alieni  iuris;  und  dies  tritt  in  manichfachen  Folgesätzen  mV 
privalrechtlich  darin ,  dass  er  unterworfen  ist  nicht  allein  der  peeunäm  !* 
nutzung  des  paterfamilias  mittelst  Veräusserung,  wie  mittelst  dessen  lonebib*  ** 
ner  Erwerbfähigkeit ,  sei  es  Erwerb  durch  Arbeitskraft,  sei  es  sonstiger  Br**V 
sondern  auch  den  personalen  Dispositionen  des  paterfamilias :  in  Bezug  auf  H 
Ehe,  wie  ZubehÖrigkeit  zur  Familie,  staatsrechtlich  aber  darin,  dass  er 
anstatt  der  Staatsgewalt  der  patria  poteslas  unterworfen  ist,  so  z.  B.  ioBe»**^ 


LEGES    REG1AE.  615 

lex  Numae  auf  die  Tödtung  des  über  homo  den  Thatbestand  des 
ieidium  erweiterte,  und  indem  dieselbe  damit  den  Mord  am  Clien- 
*  wie  am  Gewaltuntergebenen,  und  folgeweise  auch  den  Mord  von 
ten  des  Clienten,  wie  des  Gewaltuntergebenen  diesem  Begriffe 
lerstellte,  und  so  insbesondere  nun  auch  das  letztere  Verbrechen 
Bi  iudicium   domesticum   des   paterfamilias   ausnahmsweise    entzog, 

ist  nun  hierin  allenthalben  die  Neuerung  jener  lex  und  der  prac- 
(be  Effect  anzukennen,  der  in  der  Vertauschung  des  alten  parem 
rti  dare  mit  dem  liberum  hominem  morti  dare  belegen  war. 

Diese  begriffliche  Bestimmung  selbst  aber  jenes  durch  die  lex 
nae   neu   gesetzten  Ausdruckes   über   homo   wird    bestätigt   durch 

Prozess  wider  den  Horatius,  indem  hier  die  dolose  Tödtung  einer 
radtuntergebenen  Seitens  eines  Gewaltuntergebenen  als  parieidium 
ande It  und  so  nun  auch  zuwider  der  generellen  Ordnung  von  dem 
cium  domesticum  eximirt  wird,  welches  bei  anderen  Delicten  dem 
rolthaber  über  den  Thäter  oblag. 

Denn  was  im  Besonderen  diesen  Prozess  betrifft,  der  hier  theils 
Ifc  seiner  historischen  Glaubwürdigkeit  d.  h.  der  Wirklichkeit  der 
tätlichen  Ermordung  der  Horatia  durch  ihren  Bruder,  theils  nach 
ier  juristischen  Beurtheilung  und  prozessualischen  Behandlung  in 
ge  kömmt, m  so  ist  zunächst  jene  erstere  ThaLsache  an  sich  so 
zeitig  und  sicher  beglaubigt,  wie  wenige  Vorgänge  aus  so  früher 
K>de  der  römischen  Geschichte,  indem  eine  Bekundung  desselben 
ten:137 


Sdiction,  wie  Ccnsur,  als  auch  von  der  Theilnahme  an  der  Staatsgewalt  in  der 
&  curialen  Staatsordnung  ausgeschlossen  ist,  so  von  der  comitiorum  curiatorum 
tnunio. 

436)  Dagegen  bleibt  ausser  Frage  die  historische  Glaubwürdigkeit  des  Kampfes 
sehen  den  Horatiern  und  Curia tiern. 

437)  Vgl.  Ampere,  l'histoire  romaine  a  Korne  I2,  463  IT.  Dagegen  Schwegler, 
U  Gesch.  I,  595  bestreitet  die  Glaubwürdigkeit  jenes  Prozesses,  allein  aus  uri- 
eichenden  Gründen  :    der  Prozess  gehöre  einer  Epoche  an,   in  welcher  zu  Rom 

Schreibkunst  noch  lange  nicht  bekannt  war  —  eine  unerwiesene  Prämisse  — 
L :  Liv.  habe  seinen  Bericht  aus  den  Commentarien  der  Priester  geschöpft,   worin 

Rechtsgrundsätze  und  Rechtstraditionen  in  Form  von  Beispielen  vorgetragen 
rwa,  —  eine  wunderliche  Vorstellung ;  denn  für  die  Methode  Aesops :  erst  die 
M  und  dann  die  Moral  bieten  unsere  Ueberlieferungen  aus  den  libri  magistra- 
oder  sacerdotales  auch  nicht  den  leisesten  Fingerzeig. 


616  Moritz  Voigt, 

a.  das  Grabmal  der  Horatia  vor  der  porta  Capena,  noch  i 
Kaiserzeit  erhalten; 

b.  die  pila  Horatia  am  Porom,  noch  in  der  Kaiserzeit  erhil 

c.  das  tigillum  sororium  zwischen  den  Carinae  «od  dem 
Cyprius,  bis  in  das  5.  Jahrh.  n.  Chr.  erhalten; 

d.  die  ebendaselbst  befindlichen  arae  der  Iuno  Sororia  n 
Ianus  Curiatius,  zu  Dion.  Zeit  noch  erhalten;138 

e.  die  sacra  publica,  welche  als  Sühnopfer  für  den  Mord  de 
ratius  alljährlich  am  1.  Oct.,  als  dem  Tage  des  Monte 
in  der  Kaiserzeit  an  der  ara  Iani  Curiatii  dargebracht  w 
(A.  154); 

f.  die  sacra  gentilicia,  welche  als  gleiches  Sahnopfer  an  de 
lunonis  Sororiae  noch  zu  Beginn  der  Kaiserzeit  dargek 
werden  (A.  152). 

Dagegen  in  Bezug  auf  die  juristische  Beurtheilung  jener  TVtf 
dolose  Tödtung  der  Horatia  durch  ihren  Bruder  bekunden  dieQi 
theils  dass  dieselbe  ein  paricidium  war,139  theils  dass  solch« 
zessualisch  als  perduellio  behandelt  wurde,-140  theils  endlich  das  i 
Verweisung  des  Prozesses  vor  die  Hviri  perduellionis  ein  Ad  k 
licher  Gnade  war,  um  damit  dem  Inculpaten  die  Möglichkeit  der) 
das  Urtheil  jener  Hviri  freistehenden  Provocation  an  die  CuriatOM 
zu  eröffnen, 141  insgesammt  Momente,  bezüglich  deren  nirgends  i 
Quellen  ein  Widerspruch  hervortritt. m 


4  38)  Vgl.  zu  a  Becker,  a.  0.  I,  517;  zu  b  dens.  297;  zu  c  dens.  51 
zu  d  dens.   529. 

4  39)  Die.  de  Inv.  FI,  26,  79:  iniuria  sororem  oeeidisti;  und  ähnlich  W 
in  h.  I.  Albin.  de  art.  rhet.  4  3.  Quint.  I.  0.  III,  6,  76.  IV,  2,  7.  Liv.  I,  M, 
caedes  manifesta ;  Dion.  III,  22  :  tov  'Operctov  a^ovre;  uro  oixtjv,  <*;  oö  J 
atu.«To^  £u.cpuXiou  5ta  tov  tt^  ÄSsX^pf^  <povov  *  —  avSpo^povov  •  Fest,  tltt 
aecusatus  parrieidti;  Val.  Max.  VI,  3,  6.  VIII,  4,  4:  interfeetae  sororis  cri 
Flor.  I,  3,  5  :  parrieidiuro  ;  Schol.  Bob.  in  Cic.  p.  Mil.  277  :  de  parrieidi©  ab 
caedis  aecusatus;   Zon.   VII,   6:   cpdvoo  ixpi'thq. 

4  40)  Liv.  I,  26,  5  f.  Fest.  297*,  24:  aecusatus  parrieidii  apud  **■ 
(sc.  perduellionis)  ;  Aur.  Vict.  de  vir.  ill.  4,  9 :  apud  duumviros  (sc.  perdrf 
condemnatiis. 

4  44)  Liv.  I,  26,  5.  8:  rex ,  ne  ipse  tarn  tristis  ingratique  ad  vulgo*  * 
ac  seeuodum  Judicium  supplicii  auetor  esset,  concilio  populi  advocato  »dumw* 
inquit   »qui  Horatio    perduellionem    iudieent,    seeundum    legem  facio«.  —  H* 


Leg  es  regiae.  617 

Nach  Alle  dem  wird  daher  in  jener  lex  Nuraae  als  delictischer 
bestand  hingestellt  die  dolose  Tödtung  des  freien  römischen  Staats- 
hörigen  und  mit  solchem  ohne  Weiteres  die  Erklärung  des  Thüters 
?inen  paricida  verknüpft,  während  die  Strafe  selbst  des  parici- 
als  unzweifelhaft,  wie  genugsam  bekannt  nicht  besonders  aus- 
rochen wird.  Und  zwar  war  diese  Strafe  eiae  Todesstrafe, 143 
he  religiös  qualificirt  war,  insofern  in  ihr  die  Idee  eine  Aus- 
jng  fand,  dass  ihre  Vollziehung  zugleich  ein  den  verletzten 
>rn  dargebrachtes  Sühnopfer  am  Mörder  selbst  vertrat  (§  M). 
Jene  lex  Numae  selbst  ward  später  durch  die  XII  Tafeln  auf- 
ben,  die  jedoch  nicht  den  delictischen  Thatbestand,  als  vielmehr 
lieh  den  Character  der  daraufgesetzten  Todesstrafe  abänderten. 


«  Tullo,  demente  legis  interprete  »provoco«  inquit;  Dion.  III,  22:  aitopou- 
tk  t(  (sc.  o  ßaatXeus)  /prostat  tois  irpaYfiaot,  reXsutcov  xpariarov  etvat 
9  t«}>  SiQfup  t^v  SiaYVcoaiv  eiriTpiTrstv  *  vgl.  auch  A.  155.  Gleiche  Auffassung 
ten  Lange,  r.  Alterlh.  I3,  381  f.  Danz,  Gesch.  d.  röm.  Rechts  II2,  1 97. 
s  dagegen  Zumpt,  Crim.  Ht.  I,  2.  S.  327  f.  Baron,  ad  caus.  Horatian.  Berol. 
S.  9  ff. 

142}  Das  Urtheil  von  Schwegler,  r.  Gesch.  I,  595,  dass  der  Prozessfall  in 
i  Einzelheiten  unverbürgt  sei,  ist  unerwiesen:  fand  der  Prozess  überhaupt 
so  stand  er  in  seinen  Einzelheiten  d.  h.  in  den  obigen  drei  Punkten  in  den 
entarii  Tulli  regis  verzeichnet :  denn  weil  der  popnlus  den  Horatius  absolvirte, 
asste  jener  auf  sich  selbst  eine  jährliche  Expiation  der  That  übernehmen : 
5  und  Dion.  III,  22  :  ra  7tapa  tcov  ftsuiv  owravTcov  u-r^viu-ara  Tat?  u.tq  xaXa- 
ts  itoAsai  Toi;  ävaYsI; ,  und :  oore  —  airoXüoai  rot>  epovou ,  —  —  iva  u.^ 
:pav  xal  to  a^o;  oltzo  toS  äsäpaxoro;  sf;  tov  TStov  otxov  etaev^xijTOii ,  eine 
lichtung,  die  auch  in  die  commentarii  pontificum  eingetragen  ward:  A.  4  55. 
;en  die  Aufstellung  Schweglers,  der  Prozessfall  sei  in  unseren  Quellen  allzu 
ichend  erzählt,  ist  nicht  stichhaltig:  in  keinem  der  obigen  drei  Hauptpunkte 
en  die  Quellen  von  einander  ab  oder  widersprechen  sich ,  wenn  auch  in 
ipunkten  die  eine  Quelle  mehr,  die  andere  weniger  berichtet,  oder  auch  die 
nit  der  anderen  nicht  übereinstimmt. 

143)  Dies  ergeben  theils  diejenigen  Quellenberichte,  welche  die  Competenz 
oaestores  parieidii  auf  die  capilales  res  beschränken,  so  Fest.  258a,  29.  Paul. 
*21,  15.  Pomp.  Ench.  (I).  I,  2,  2.  §  23),  theils  die  Berichte  über  den  Pro- 
les  Horatius,  so  Liv.  I,  26,  9.    Dion.  111,  22:   co;  avopo'sovov  airoxtstvai. 


618 


Moritz  Voigt, 


§      IL 


Das  Gesetz  des  Nna 


culpese  Tedtug. 


Neben  dem  parieidium  steht  als  eigne  Verbrechens-Iodividi 
die  eulpose  Tödtung,  welche  durch  eine  lex  Numae  uormirt 
worüber  berichtet:  : 

Serv.  in  Verg.  Bei.  IV.  43'  in  legibus  Numae  cautum  est,  ul  a 

imprudens  oeeidisset  homineiu,   pro  capite  occisi   [ag]natis  enn 

[conc]ione  offerret  arietem;  —  oblatus  homieidam  criuiioe 

possit  exsolvere; 
und  in  Verg.  Georg.  III,  367:  aries  —  antea  pro  domioo  capital 

consueverat.     Nam   apud   maiores  homieidii  poenam  noxius 

damno  luebal,  quod  in  regum  libris  legitur, 
während  in  Schol.  Bern,  in  Georg,  cit.  von  dem  entsprechend« 
richte  nur  die  Schlussworte  sich  erhalten  haben:  quae  in  regm 
gibus  dieuntur. 

Jenes  ofTerre  arietem  ist  dabei  identisch  mit  dem  subiieere 
tem,  welches  die  XU  Tat.  dem  eulposen  Mörder  auferlegen  und 
über  wiederum  berichten: 
Cinc.  de  Off.  ICti  bei  Fest.  347b,  2:  subici  ar[ies  dicitur,  qui  pro 

ciso  datur],  quod  ßt  exemplo  Al[heniensiuni,  apud  quos]  eipii 

gralia  aries  m[actaturU4  ab  eo,  qui  invitus  scejlus  admisit 

p[endendae  loco] ; 
Lab.  15  lur.  pontif.  bei  Fest.  351*,  8:  subi[c]ere145  arietem  essedrti 

arietem,  qui  pro  se  agatur,  caedatur. 
Und  dies  rechtfertigt  zugleich  die  Annahme,  dass  bereits  die  lex  8* 
mae  dieses  technische  subiieere  arietem  verwendet  habe. 

In   dieser   den    eulposen  Mord    treffenden  Rechtsfolge  sind 
zwei  Momente  durchaus  characteristisch :    theils  dass  ein  Widder* 


Mi  Die  Lesung  von  Müller:  [inigitur]  ist  unhaltbar,  weil  nach  Keils Cflb" 
tion  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  1848  VI,  626  der  Codex  m  .  .  .  .  bietel.  tm  üe* 
gen   vgl.    A.  156. 

145)  Der  Codex  hat  subigere.  Allein  entweder  ist  subiieere  oder  aber  sir 
igere  der  alle  lerininus  teehnicus.  Das  Erstere  aber  wird  bestätigt  durch  ütf« 
cit.  und  Cic.  Top.  17,  64,  während  das  Letztere  widerlegt  wird  durch  den  D** 
Subigus. 


Leg  es  regiae.  619 

lenbock :  als  stellvertretendes  schuldiges  Haupt  an  Stelle  des  Mör- 

(pro  domino  capital  datur  aries:  Serv.  in  Georg,  aries  oblatus 
icidam  crimine  homicidii  possit  exsolvere:  Serv.  in  Ecl.)  den 
aten  des  Getödteten  um  des  letzteren  willen  (pro  capite  occisi: 
r.  in  Ecl.)  in  den  comitia  calata 146  überantwortet  wird ;  theils  dass 
her  Widder  in  dieser  seiner  Eigenschaft  als  Stellvertreter  des  Mör- 
;  zur  Versöhnung  der  verletzten  Gottheit  von  den  Agnaten  zu 
im  ist  (pro  dante  agatur,  caedatur  aries:  Lab.;  expiandi  gratia 
tatur  aries:  Cinc). 

Da  nun  der  Widder  des  Janus  Opferthier  ist, 147  und  so  nun  auch 
iselben  an  den  Agonalien  von  dem  rex  in  der  regia  geschlachtet, U8 

nach  Numa's  Vorschrift  bei  Weihung  der  spolia  opima  dritten 
ges  geopfert  wird  (§  2  unter  3),  so  ist  die  Gottheit,  welcher  jenes 
aopfer  des  Mordes  darzubringen  war,  der  Janus,  eine  altlatinische 
theit,  welche,  als  duonus  cerus  (bonus  Creator)  in  den  Liedern 
Salii  gepriesen,  insbesondere  als  Consivius  Schutzgott  wie  des 
mischen  Lebens  im  Allgemeinen,  so  auch  der  Aussaat  zur  Fort- 
azung  des  menschlichen  Geschlechtes  war.  Uö 

Indem  somit  bei  jener  arietis  subiectio  der  Widder  als  Reprä- 
ant  des  Mörders  fungirt,  so  ergiebt  sich  damit  die  Opferung  des 
leren  als  ein  symbolischer  oder  allegorischer  Act  der  Opferung 
Thäters  selbst  an  den  Janus:  es  wird  durch  die  subiectio  arietis 

dem  Mörder  ein  Vertreter  seiner  selbst  gestellt,  der  an  seiner 
t  den  Opfertod  erleidet  und  damit  den  Mord  sühnt,   so  zugleich 

Thäter  selbst  vom  Opfertode  lösend  (homicidii  poenam  noxius 
tis  damno150  luebat:  Serv.  in  Georg.;  aries  homicidam  crimine 
icidii  exsolvit:  Serv.  in  Ecl.). 


4  46)   So    fasse  ich  die  concio  bei  Serv.   in  Ecl.  cit.     vgl.   Becker  -Marquardt, 
.  II,    4    S.  364. 

147)  Dagegen  ist  derselbe  verpönt  beim  Opfer  des  Juppiter :   Lab.  68  de  Iur. 
r.  bei  Macr.  Sat.   III,    10,   3:   Iovi  tauro,   verre,   ariete  immolari  non  licet. 

148)  Ambrosch,   Studien   12  A.  50. 

149)  Macr.   Sat.  I,    9,   16:    invocamus  Ianum  —  Consivium  a  conserendo  id 
propagine  generis  huraani ,    quae  Iano   auctore  conseritur;    Van*,  antiq.   rer. 

bei  Aug.  C.   D.   VII,   t :    ipse  primura  Ianus,  cum  Puerperium  concipitur,   — 

m  aperit  recipiendo  semini ;  und  Weiteres  Ambrosch,  Religionsbücher  4  2  A.  4  3. 

450)   Dieses  damno  erklärt  sich  als  Ueberlieferung  aus  ältester  und  zweifels- 

pontincaler  Quelle :    es   steht    im   ältesten    Sinne    des  Wortes   als  Schuldver- 

handl.  d.  K.  8.  GeBellsch.  d.  Wiasensch.  XVII.  ** 


620  Mobitz  Voigt, 

Immerhin  aber  bewirkt  solches  Suhnopfer  des  den  Mön 
vertretenden  Widders  noch  nicht  die  völlige  Beseitigung  de 
der  That.  Denn  der  Mord  resultirt  nicht  allein  eine  Verlet 
Gottheit,  sondern  auch  eine  Schuldbefleckung  der  Person  des 
selbst  durch  seine  That;151  und  während  daher  das  Opfer  des 
der  Versöhnung  des  verletzten  Janus  dient,  so  ist  daneben  ai 
die  Expiation  des  Mörders  selbst  erforderlich,  um  so  eine  I 
des  befleckten  Daseins  zu  gewinnen.152 


bindlichkeit  oder  Schuldprästation:  Voigt,  Bedeutungswechsel  4  44.  Da 
phrasirt  sich  der  obige  Satz  dahin :  poenam  noxius  ariete  debilo  d.  i.  i 
biti  datione  luebat. 

151)  Dion.  III,  22:  tov 'Opino v  a^ovre;  uiro  Sixtjv  «k  ou  xa&apo 
i(jnpuX(ou  8ta  tov  tt]<;  aSeXcpTJ;  cpovov  vgl.  Platner,  quaestt.  de  iur.  cn 
wo  indess  die  beiden  Momente :  Verletzung  der  Gottheit  nebst  Suhnopfer 
unreinigung  der  Person  (vgl.  Becker-Marquardt,  a.  0.  IV,  464)  nebst  Ik 
Opfer  (vgl.  Becker-Marquardt,  a.  0.  248  IT.  und  vornämlich  Grouov.  Lee 
tinae  144  ff.)  nicht  genügend  geschieden  werden. 

152)  Liv.   I,   26,    12  f.:    ut   caedes  manifesta  aliquo  tarnen  piacuio 
imperatum   patri,    ut    filium   expiaret   pecunia  publica.     Is  quibusdam  jnk 

sacrificiis  factis transmisso  per  viam  tigillo  capite  adoperto  velut  sal 

misit  iuvenem;  Fest.  297*,  24.  Dion.  III,  22  :  o  ßaoiXeoc —  psxaictptyijp 
Upocpavta;  iitiÄeoaev  —  xa&apa  tov  avopa  oU  vojj.o?  too<;  axousioo;  90*0» 
Csaftat  xa&apjioV  V,  57.  Schol.  Bob.  in  Cic.  p.  Mil.  p.  277.  Sonich 
der  Schwestermörder  Horatius,  weil  durch  den  Mord  befleckt,  selbst  einer 
tion  sich  unterwerfen ,  welche  ihn  von  der  an  ihm  haftenden  Blutschuld  i 
und  welche  überdem  durch  einen  eigenen  rituellen  Act  (sub  iugum  mittere 
zogen  ward,  zu  welchem  das  tigillum  sororium  in  einer  Beziehung  stand ;  *i 
A.  6  und  160,  sowie  Dion.  III,  15  in  Verbindung  mit  c.  1 6 — 18,  wo  Tote 
Vorschlage  des  Fuffetius  betreffs  des  Zweikampfes  der  Curiatier  und  Hon» 
Bedenken  entgegenstellt :  dieselben  sind  consobrini ;  sind  wir  nun  Aosufii 
gegenseitigen  Tödlung  oder  Verwundung  so  naher  Cognaten,  so  laden  wir « 
für  geschuldete  piaculum  auf  unsere  eigenen  Häupter,  ein  Einwand,  den  W 
mit  der  Bemerkung  entkräftet,  sie  selbst  seien  gar  nicht  Anstifter  solcher  I» 
die  Jünglinge  aus  freien  Stücken  zum  Zweikampfe  sich  erboten.  —  w* 
des  Horatius  kommt  übrigens  eine  dreifache  Expiation  in  Frage:  1.  des» 
selbst  wegen  seiner  Befleckung  durch  die  eigene  Mordthat,  gesühnt  durch  * 
richtung  des  tigillum  sororium,  wie  durch  Opfer  und  rituellen  Act  an  *■ 
2.  der  gens  Horatia  um  deren  Befleckung  willen  durch  den  Mord  desG** 
Gentilen:  des  Bruders  an  der  Schwester,  gesühnt  durch  die  ErrichtoBg* 
Iunonis  Sororiae  und  durch  Uebernahme  von  sacra  gentilicia  an  solcher  w 
Zeiten:  Liv.  I,  26,  13:  quibusdam  piacularibus  sacrificiis  factis,  qu*e  dein* 
Horatiae  tradita  sunt;   3.  des  populus  Romanus,  weil  solcher  durch  die  Frei** 


Leges  rkgiae.  621 

Findet  nun  aber  in  jener  Rechtsordnung,  dass  in  dem  Falle  cul- 
t  Tödtung  in  Stellvertretung  des  Thöters  ein  Widder  als  Sühn- 
r  für  den  Janus  von  den  Agnaten  des  Getödteten  darzubringen 
die  Zulassung  solcher  Stellvertretung  ihren  bestimmenden  Grund 
ier  blossen  Fahrlässigkeit  bei  Begehung  des  Mordes  und  in  der 
vesenheit  eines   rechtswidrigen   Vorsatzes  des   Thäters,    so   prägt 

ebensowohl  darin  der  allgemeine  leitende  Gesichtspunkt  bei  Re- 
gion des  Mordes  aus:  der  Thäter  ist  von  den  Agnaten  des  Er- 
lagenen  als  Sühnopfer  dem  Janus  darzubringen,  wie  auch  daraus 
älteste  latinische  Rechtsordnung  der  dolosen  Tödtung  sich  ergiebt: 

Thäter  ist  effectiv  d.  h.  in  eigener  Person  als  solches  Suhnopfer 
i  Janus  zu  bringen,  somit:  es  ist  derselbe  nach  dem  Tempel  des 
is  zu  führen  und  hier  an  dem  Altar  gleichwie  ein  Opferthier  mit 
srmesser  und  Bratspiess  niederzustechen. 153  Und  indem  diese 
»rhandlung  den  Agnaten  des  Getödteten  als  Verpflichtung  obliegt, 


Mörders  die  religiösen  Folgen  der  Blutschuld  auf  sein  eignes  Haupt  geladen 
(A.  155),  gesühnt  durch  die  Errichtung  der  ara  lani  Curiatü  und  durch  Ueber- 
le  von  sacra  publica  an  solcher  für  ewige  Zeiten:  A.  154.  Diese  drei  Mo- 
e  nun  treten  hervor  bei  Schol.  Bob.  cit.  :  Horatius  —  ad  populum  provocavit 
lutusque  est  et  tarnen  expiari  iussus.  Constitutis  igitur  duabus  aris  Iano  Cu- 
>  et  Iunoni  Sororiae  superque  eas  iniecto  tigillo  Horatius  sub  iugum  traductus 
Id  expiamentum  memoriae  servatum  ad  hunc  usque  diem  tigillum  sororium 
llatur;  und  noch  schärfer  bei  Dion.  III,  22,  worüber  wegen  der  arae  Iunonis 
lani,  wie  wegen  der  sacra  gentilicia  und  publica  vgl.  A.  4  54. 
453)  Denn  so  wird  bei  Dion.  II,  52  nach  alter  Sage  der  Tod  des  Titus  Ta- 
dargestellt,  der  wider  das  heilige  Gesetz  des  Völkerrechtes  die  geweihten  Ge- 
len erschlagen  hatte  :  ouatavTcov  eV  aixov  täv  &Tai'pa>v  te  xal  "^V8t  rcpooi]- 
ov  xolc  av^pTjfiivoic  irpeoßiaiv  iirl  tcov  ßcofuov  toi<;  jiaifetptxai;  ocpayfoi  xal 
ßooicopoic  oßeXoI;  Tiaiofievo;  owrodvqoxet.  Dadurch  gewinnt  zugleich  eine  Er- 
lüg  das  sonst  ganz    unverständliche  Verbot  der  Opferung  des  sacer  homo  bei 

• 

34  8b,  26:  homo  sacer  is  est,  quem  populus  iudicavit  ob  maleficium  ;  neque 
»st  eum  immolari.     Die  Thatsache   an   sich  aber  von  Menschenopfern  im  älte- 

Rom  unterliegt  nicht  dem  leisesten  Zweifel :  Röper,  lucubratt.  pontif.  39  f. 
rosch ,  a.  0.  24  4  A.  64.  Lasaulx ,  Sühnopfer  der  Griechen  und  Römer  in 
ien  des  class.  Altert h.  248  f.  Schwegler,  römische  Gesch.  I,  38  4.  Becker- 
[uardt,  a.  0.  IV,  4  99  A.  4  4  90.  S.  203,   und  insbesondere  das  S.  C.  v.  657  bei 

H.  N.  XXX,  4,  42:  ne  homo  immolaretur.  Danach  berichtigt  sich  zugleich 
Annahme  von  Marquardt  a.  0.   44.   467:  die  blutigen  Opfer  sind  in  der  That 

als  Numa;    und   wenn  auch  dieser  bei  seinen  neuen  Religionssatzungen  den- 

m  unblutige  Opfer  substituirte ,    so  hob  er  doch  die  blutigen  Opfer,    da,    wo 

e  hergebracht  waren  nicht  völlig  auf. 

42* 


622 


Moritz  Voigt, 


die  Unterlassung  solchen  Opfers  somit  eine  Pflichtverletzung  wifa 
den  Gott  ergab ,  welche  die  Ahndung  des  Verbrechens  durcfc  fa 
Janus  auf  die  Pflichtvergessenen  selbst  lenkte,  so  findet  wieder« 
dieser  letztere  Moment  eine  besondere  Bestätigung  darin,  dass  wep 
der  in  dem  Prozesse  des  Horatius  erfolgten  Freisprechung,  wo» 
Stelle  der  Agnaten  bereits  der  Staat  die  Verfolgung  der  That  tb*| 
nommen  hat,  um  der  damit  unterlassenen  Ahndung  des  Mordes  wih 
der  freisprechende  populus  ein  ewiges  Sühnopfer  an  den  lau 
stiftete, 154  um  so  von  dem  eigenen  Haupte  die  Folgen  der  MisseÜ 
abzuwenden,  welche  den  Richter  trafen,  der  pflichtwidrig  and • 
gerecht  von  der  Missethat  freisprach.155 

Aus  Alle  dem  ergeben  sich  sonach  für  die  älteste,  sei  es  Uk| 
nische,  sei  es  gesammt-italische  Auffassung  und  Behandlung  des  Xff-I 
des  die  Sätze: 

1.  die  rechtswidrige  Tödtung  des  Mitbürgers  oder  Stamme^ 
nossen   wird   nicht   aufgefasst  als   weltliches,   sondern   als  religjMi 


4  54)  Diese  Sühnopfer  werden  alljährlich  am  4.  Oct. ,  als  dem  Tage  des  m 
Horatius  begangenen  Mordes  beim  tigillum  sororium  (vgl.  Becker,  a.  0.  I,  Hl» 
Jordan,  Topogr.  II,  100)  und  zwar  an  der  dort  befindlichen  ara  lani  Curiatii  *k 
zogen:  fasti  Ostiens.  im  C.  I.  L.  I  p.  322:  tigill(um)  sor(orium)  ,  wo  era  py* 
oder  dergl.  ausgelassen  ist :  C.  I.  L.  I  p.  403.  Und  dies  bezeugt  auch  Dion.  10, ft 
wo  der  König  als  Folge  seiner  Freisprechung  des  Horatius  hinstellt,  dass  er* 
eigenes  Geschlecht  mit  den  piacula  wogen  solcher  Freisprechung  belasten  wüf*' 
to  orp;  aTro  xoT>  osöpaxoxo;  sf;  xov  tötov  oixov  efasvi^x^Tat,  und  wo  nun,  n*n* 
dem  der  populus  die  Freisprechung  ertheilt  hat,  die  pontifices  die  Errichtung  to 
ara  lani  Curiatii ,  ebenso  wie  der  ara  Iunonis  Sororiae  und  des  tigillum  sorori* 
anordnen.  Und  wie  bei  dem  sororium  tigillum,  so  wurden  nun  auch  bei  bd* 
Altären  nach  Dion.  1.  c.  von  dem  Könige  nach  Anhörung  der  pontifices  £■*• 
Sühnopfer  angeordnet:  b  ßaaiXeu;  —  —  u.exair£u.<|/au£VO£  xoo;  tspo^avra; «*" 
Xeoaev  eEiXaoaaöai  Oeoo;  xal  8a(u.ovas  *  —  Ooata;  xiva;  dir'  a&xoi;  (sc.  {H** 
icoiTjaavte?,  xol;  xs  aXXoi;  xa&apu.oT;  i/piqaavxo,  und  später  alljährlich  wieder^ 
Ousiaic  Yspaipofxevov  Giro  fPa>u.a(ü>v  xaft'  Sxaaxov  £viaoxov  (sc.  xoo  'Opattw  *f 
jxslov)  ,  von  denen  die  Opfer  an  der  ara  Iunonis  Sororiae  sacra  gentilicia ,  d*  ^ 
der  ara  lani  Curiatii  sacra  publica  waren:   A.  4  52. 

4  55)  Dion.  III,  22:  xa  irapa  xa>v  fre&v  arcavxcov  u.Tjv(u,axa  rat;  ^rfr 
aai;  iroXeai  xoos  iva^elc  8ie£t'ovxes  *  und  dann  bezüglich  des  Tullus:  dass  fa& 
vor  der  Freisprechung  des  Horatius  zurückschreckte:  tva  p.^  xr^v  apav  —  "** 
xou  SeSpaxoxos  e?s  xov  töiov  olxov  eiasviYXTjxat,  und  desshalb  nun  die  Vert"** 
der  Freisprechung  den  Göttern  gegenüber  von  sich  selbst  auf  das  Volk  ab*»*- 
vgl.  A.  4  44.  Parallel  ist  im  Civilprozesse  das  iudicem  litem  suam  facere:  <*** 
selbst  den  Prozess  Aufhalsen:   Keller,   röm.  Civ.   Pr.   A.  823. 


Leges  rkgiae.  623 

len:  nicht  als  Verletzung  der  familia  oder  gens  oder  civitas, 

als  Verletzung  des  Janus ; ,5(i 

die  Sorge,  eine  Versöhnung  des  verletzten  Janus  herbeizu- 
somit  vor  Allem  die  Aufspürung  und  Ergreifung  des  Mörders 
rken,  ist  Pflicht  der  agnati  des  Getödteten,  somit  der  gentiles 
ind  mit  dem  sechsten  Grade ; 157 

die  Versöhnung  des  verletzten  Janus  und  damit  zugleich  der 
:h  für  die  rechtswidrige  Tödtung  wird  vermittelt  im  Wege 
iligiösen  Talion:    der  Mörder   selbst  als  arger  Frevler  an  der 

wird  dem  verletzten  Janus  von  den  Agnaten  als  Sühnopfer 
acht ; m 

jenes  Sühnopfer  wird  bei  rechtswidrig  vorsätzlicher  Tödtung 
an  dem  Mörder  selbst:  an  dessen  eigener  Person  vollzogen; 

dagegen  bei  rechtswidriger  fahrlässiger  Tödtung  wird  das 
er  nur  symbolisch  oder  allegorisch  an  der  Person  des  Mör- 
Hzogen :  es  ist  dem  Letzteren  nachgelassen,  den  Agnaten  des 
eten  in  den  comitia  calata  einen  Widder,  als  das  Opferthier 
us,  zu  stellen,  der  selbst  nun  als  Sündenbock:  als  symboli- 
tellvertreter  des  Mörders  dem  Janus  geopfert  wird; 

die  Vernachlässigung  solcher  Pflicht  der  Agnaten  zur  Auf- 
;,  Ergreifung  und  Opferung  des  Mörders  ladet  die  Blutschuld 

Häupter  der  Pflichtvergessenen:  der  Zorn  und  die  Rache  des 
rifflt  jene;159 

die  Tödtung  des  Mitbürgers  oder  Stammesgenossen  führt  aber 
n  auch  eine  Schuldbefleckung  der  Person  des  Mörders  herbei. 


)  Auch  bei  den  Griechen,  wenn  auch  noch  nicht  bei  Homer,  ist  die  Auf- 
herrschend ,  dass  der  Mord  eine  Verletzung  der  Götter  involvire ;  allein 
Tsohnung  durch  Sühnopfer  liegt  hier  dem  Mörder  ob,  nicht  den  Agnaten : 
n,   gr.   Alterth.   I,    46.      Vgl.   C.incius  bei  A.   144. 

)  Vgl.  Voigt,  Ius  nat.  III,  1163  f.  Bei  den  Griechen  liegt  die  Blutrache 
sandten  nur  bis  zum  5.  Grade  ob:  Schümann,  a.  0.  469  f.  K.  Eichhoff, 
i  bei  den  Griechen,   Duisburg   1872  S.  27. 

\)  Bei  den  Griechen  und  zwar  bereits  bei  Homer  tritt  hier  ein  die  Blut- 
;r  Verwandten:  A.  157,  welche  wie  bei  den  Germanen  und  Kelten  durch 
legeld :  iroivTj  abgelöst  werden  kann:  Schumann,  a.  0.  46. 
))  Bei  den  Griechen  begründet  die  Vernachlässigung  der  Verfolgung  des 
das  Verbrechen  der  aosßst«*:  Schömanu,  a.  0.  474;  vgl.  auch  Eichhoff, 
0. 


624  Mobitz  Voigt,  [W 

Wird  daher  der  letztere  jiicht  selbst  geopfert,  somit  im  FaHe  der 
fahrlässigen,  der  casuellen,  wie  der  rechtmässig  vorsätzlichen  Tfidtvg, 
so  hat  derselbe  eine  Expiation:  eine  religiöse  Reinigung  seiner  seht 
durch  ein  Opfer  zu  vollziehen.160 

In  dieser  gesammten  Ordnung  tritt  somit  die  so  weit  verbreite* 
und,  wir  dürfen  sagen,  primitive  Idee  der  Blutrache  deutlich  zu  Tagt 
Allein  es  gestaltet  sich  hier  solche  Blutrache  durchaus  eigenthümlick: 
zur  religiösen  Pflicht  sich  erhebend  und  so  nun  eine  göttliche  Weil 
empfangend.     Und   darin   liegt   zugleich   der   entscheidende  Mometi, 
dass   bei   gemeinsamen   indo- europäischen   Ausgangspunkte  der  Ai- 
schauung  doch   die  Behandlung   der  Tödtung   bei  den  Italikern  ene 
so  durchaus  andere  und  divergirende  Richtung  einschlug,  als  bei  da 
Germanen  und  Kelten,  wie  Griechen.    Denn  indem  insbesondere  M 
den  ersteren  Beiden  die  Idee  der  Talion,  als  der  den  Thftter  trefa- 
den  Ahndung,    rein   und    unvermischt   und   frei    von    religiösen  Vor- 
Stellungs-Elementen   gehalten   wurde  und  somit  der  durchaus  meto 
logische  Gesichtspunkt    der  Vergeltung    des   Gleichen    mit  Gleiche! 
durchschlug,  so  gelangte  man,  sobald  man  überhaupt  das  Leben  ak 
ein   ästimables  Gut   auffassen   lernte,    damit  ohne    Weiteres  zu  dal 
Compositionen-Systeme:  das  durch  den  Mord  verwirkte  Leben  koorte 
um  den  demselben  zukommenden,  dabei  aber  zugleich  je  nach  dfli 


160)  Gleiche  Vorstellungen  von  dem  \ilaa\ia  des  Mörders,  welches  durcheil 
Reinigungsopfer  (xaöapois)  abgewaschen  wird,  treten  bereits  bei  Homer  auf:  Seü- 
mann,  a.  0.  I,  473.  II,  345.  Eichhoff,  a.  0.  14  ff.  26.  —  Bei  deo  Römern  W 
jene  Vorstellung  zu  der  ganz  eigentümlichen  Consequenz  geführt,  dass  auch  d* 
Staat,  wenn  er  an  dem  Bürger  das  Todesurtheil  vollzieht,  hierdurch  zum  Reinigung 
opfer  verpflichtet  wird;  und  zwar  werden  die  dafür  erforderlichen  Stücke  den  Ver- 
mögen des  Verurt heilten  selbst  entnommen  und  der  Staatscasse  überwiesen,  wH- 
rend  wiederum  gewisse  andere  Vermögensstücke  der  Semonia  (vgl.  Härtung,  Bef- 
gion  der  Römer  II,  131)  consecrirt  werden;  denn  dies  bekunden  Serv.  in  Aei. 
I,  634  und  daraus  Isid.  Or.  VI,  19,  82;  dann  Isid.  Or.  V,  27,  3;  endlich  Siaafc 
Capito  bei  Fest.  309b,  16,  wo  zu  lesen  ist:  Sinfnius  Capito  ait,  cum  civ]is  nett- 
retur,  i[ta  eum  damnari,  ut  de  bonis]  Semoniae  res  sfacrentur,  mactatp  vme]<* 
bklente   [et  hoc  sacriticio  caedis  poejna  s[o]lutis  c[ivibus ;    quod   enim  in  dam]*» 

patrimfonio esset,]  id  tieret  sac[rum].     Dieser  Hammel  kehrt  übrige« 

auch  wieder  beim  Chronographen  v.   354  in  Abhandlungen  der  Gesellschaft.  Phi. 

bist.   Cl.   I,  645:   Tullus  Hostilius prior  censum  egit  edictoque  soo  carit.  «I 

quicunque  temporibus  ipsius  falsum   (sc.  censum)    fecisset,   daret  pro  capitesuo*- 
midium  verbecem. 


Leges  regue.  625 

des  Erschlagenen  variabelen  Preis :  um  das  Werigeld  oder  um 
lanas  bei  den  Verwandten  des  Getödteten  ausgelöst  werden, 
egen  bei  den  ltalikern,  indem  der  Agnat  des  Getödteten  gleich 
ndatar  oder  Diener  der  Gottheit  die  Blutrache  übernimmt,  den 
dem  verletzten  Janus  als  Opfer  darzubringen,  bleibt  ohne  Wei- 
ie  auch  hier  im  Allgemeinen  seift  beliebte  Compositum  (A.  123) 
hlossen,  ja  selbst  insoweit,  als  eine  Auslösung  des  Mörders 
rl&ssiger  Tödtung  statthaft  ist,  steht  dieselbe  ganz  unabhängig 
m  Ermessen  und  der  Entschliessung  der  Agnaten  ebenso  in 
auf  Quäle  und  Quantum  des  stellvertretenden  Objectes,  als 
i  Bezug  auf  die  Frage  der  Zulässigkeit  überhaupt  von  der 
le  solchen  Objectes,  da  in  allen  diesen  Beziehungen  das 
tsgesetz  eine  kategorische  Vorschrift  ergab,  ausgehend  dabei 
m  Gesichtspunkte,  dass  auch  bei  dem  Opfer  im  geeigneten 
ine  Stellvertretung  der  Opfergabe  statthaft  sei. ,61 
lese  älteste  latinische  Anschauung  mit  ihren  darauf  gestützten 
igen  erscheint  jedoch  in  der  obigen  und  in  der  in  §  10  er- 
n  lex  Numae  bereits  höchst  bedeutsam  modificirt.     Denn 

bezüglich  no.  1  wird  vor  Allem  der  Ausgangspunkt  der  ge- 
rn Reflexion,  dass  die  Tödtung  des  Mitbürgers  ein  religiöses 
chen  sei,  dadurch  alterirt,  dass  die  Normen  über  die  Ahndung 
Erbrechens  aus  dem  fas  zugleich  in  das  ius:  in  die  weltliche 
2;ebung  übernommen  werden; 

sodann  bezüglich  no.  2  wird  die  Pflicht  zur  Aufspürung  und 
ung  des  Mörders  bei  culposer  Tödtung  zwar  nach  wie  vor 
;naten  vom  Staate  überlassen,  allein  wegen  allen  weiteren  Vor- 
werden dieselben  zunächst  an  den  Staat :  in  die  Formen  des 
alprozesses  und  auf  die  Condemnation  des  Richters  verwiesen, 
agegen  bei  doloser  Tödtung  wird  selbst  die  Pflicht  zur  Auf- 
g  und  Ergreifung  des  Mörders  den  Agnaten  ab-  und  auf  den 
ibernommen,  welcher  eigene  Beamte:  die  quaestores  paricidii 
»rdspürer  einsetzt,102  nach  beschehener  Ermittelung  des  Thäters 


1)  Reiches  Material  bringt  hierfür  bei  Lasaulx,   Sühnopfer  bei  den  Griechen 
uiern  in  Studien  des  ciass.   Altertluims  256  ff. 

2)  Die  quaestores  paricidii    sind   neben  rex  und  tribunus  celerum  die  älte- 
ientlichen  Magistrate:   Becker,  a.  0.  II,  2.  S.  334  ff.,   Lange,  röm.  Alterth.  I 


626  Moritz  Voigt,  ft 

aber  auch  diese  Beamten  wegen  des  weiteren  Vorgehens  in  die  For- 
men des  Criminalprozesses  verweist;163 

c.  bezüglich  no.  3 ,  4  und  5   wird   als   Subnung  der  Thal  n 
bei  fahrlässiger  Tödtung  die  Opferung   des  condemairten  Thätersi 
den   Janus   in   dem   stellvertretenden  Widder   noch   beibehalten  ni! 
den  Agnaten  überlassen. 

Dagegen  bei  doloser  Tödtung  wird  ebenso  das  Opfer  als  solch» 
beseitigt:  es  wird  demselben  die  Todesstrafe  substituirt,  bei  der ■ 
dess  die  ältere  Sühneweise  der  Opferung  des  Thäters  zweifebofe 
noch  einen  besonderen  symbolischen  Ausdruck  gefunden  bat;  Aj 
auch  den  Agnaten  abgenommen  und  von  dem  Staate  selbst  (tafrl 
seine  Diener  vollzogen; 

d.  bezüglich  no.  6  trifft  in  Folge  dessen  die  Vernachlässig«! 
der  Pflicht  zur  Aufspürung,  Ergreifung  und  Ahndung  an  dem  Ver- 
brecher nur  bei  fahrlässiger  Tödtung  noch  die  Agnaten,  wogegen  kt 
doloser  Tödtung  der  Zorn  und  die  Rache  des  Janus  den  Staat  seih*, 
wie  resp.  die  Richter  trifft  (A.  1 55) ; 

e.  bezüglich  no.  7  ward  endlich  bei  jeder  Tödtung  des  Mfc- 
bürgers,  dafern  der  Thäter  mit  dem  Leben  davon  kommt,  and« 
Erfordernisse  einer  Expiation  desselben  festgehalten   (A.  152). 

Der  fraglichen  lex  Numae  selbst  ward  endlich  durch  ein  Zw* 
tafel-Gesetz  derogirt,  welches  zwar  die  Strafe  der  ersteren  beibehjek» 
dagegen  den  delictischen  Thalbestand  schärfer  präcisirte. 


§   52   unter  4,    Schwegler,   r.   Gesch.  II,    131     (der  jedoch  irrig  die  Quästorea  a 
Blutrichtern  macht). 

163)  Die  gleiche  scharfe  Scheidung  der  dolosen  und  der  culposen  Tödfcflf 
als  zweier  verschiedener  Verbrechens- Arten  findet  sich  auch  ira  griech.  HcdÄ' 
die  dolose  Tödtung,  cpovo;  £x  irpovota;  oder  ixouaioc  gehört  vor  den  Areopag,  & 
culpose  Tödtung,  cpovos  axouoio;  gehört  vor  das  Palladium ;  hinwiederum  straft« 
und  nur  durch  religiöse  Reinigung  zu  sühnen  (A.  160)  ist  die  rechtmässige  vor- 
sätzliche Tödtung,  welche  vor  dem  Delphinium  verhandelt  wird ;  und  hierher  p* 
hört  denn  wohl  auch  die  casuelle  Tödtung,  über  welche  die  näheren  Angaben  fei- 
len: Bohstedt,  de  reb.  capital.  Athen.  Rendsburg,  4  863  S.  19.  Dann  kehrt  fr 
gleiche  Scheidung  der  dolosen  und  culposen  That  wieder  bei  der  Brandstiftung  Ar 
XII  Taf.  :  die  dolose  Brandstiftung  ist  Criminalverbrechen,  die  culpose  Brandstifter 
aber  Privatdelict. 


Leges  regiae.  627 


§  12. 

Bit  Strafeaictioi  des  Nima  Si  qvisqum  alivta  faxit  etc. 

Die  lei  regia  aber  dea  Kaiserschnitt 


Eine  Strafsanction  des  Numa  wird  überliefert  von  Paul.  Diac.  6, 1: 

aliuta  antiqui  dicebant  pro  aliter,  ex  graeco  id  dXXofax;  trans- 
"erentes.     Hinc  est  illud  in  legibus  Numae  Pompilii: 

Si  quisquam  aliuta  faxit,  ipsos  Iovi  sacer  esto. 
Bin  die  Angabe  desjenigen  delictischen  Thalbestandes,  welcher  mit 
er  Strafe  belegt  ist,  ist  nirgends  überliefert. 

Sodann  wird  eine  lex  regia  über  den  Kaiserschnitt m  bekundet 
i  Marcell.  28  Dig.   (D.  XI,  8,  2) : 

negat  lex  regia  mulierem,  quae  praegnas  mortua  sit,  human,  ante- 
juani  partus  ei  excidatur.  Qui  contra  fecerit,  spem  animantis  cum 
gravida  peremisse  videtur; 

nit  eine  Vorschrift,  welche  im  Falle  des  Todes  der  Schwangeren 
a  Kaiserschnitt  anordnet  und  so  nun  eine  Parallele  ßndet  ebenso 
der  Praxis,  die  Vollziehung  der  Todesstrafe  an  der  Schwangeren 
nach  deren  Entbindung  aufzuschieben,105  wie  andererseits  in  der 
(sprechenden  Ordnung  des  griechischen  Rechtes.  m 

Im  Besonderen  aber  ist  der  Ausdruck  humari  mulierem  im  Munde 
r  lex  selbst  zwar  im  Sinne  von  Begraben  aufzufassen,107  im  Munde 
s  Marcellus  aber  im  Sinne  von  cremare  mortuam,  da  zu  .dessen 
iten:  unter  den  Antoninen  das  Begraben  der  Todten  in  Rom  nicht 


4  64]   Vgl.  darüber  Idsinga,   Variorum  116  ff.    A.  Wendler,   quaestt.  med.   for. 
1.  IV.     Animadversiones  ad  leg.   reg.   Lips.    1854. 

165)  Hadr.   bei  Ulp.    27   ad  Sab.    (D.   I,   5,  1  8)  :   liberam,   quae  praegnas  ul- 
o  supplicio  damnata  est,   —  solitum  esse  servari  — ,   dum  partum  ederet;  Ulp. 

ad  Sab.    (D.  XLVIII,  19,  3)  ;   Paul.   sent.   rec.  I,  12,  5.     Gleiches  Gesetz  wird 
h  für  die  Griechen  bekundel:    Hermann,   gr.  Priv.   Alterth.   §72  A.  13. 

166)  Direcl  bezeugt  ist  solches  nicht,   wohl  aber  zu  entnehmen  aus  der  An- 

ldung   des    Kaiserschnittes    im    Mythus :    Apollon    rettet    seinem  Sohne  Asklepios 

h  dem  Tode  von  dessen  Mutter,   der  Koronis  durch  den  Kaiserschnitt  das  Le- 

:   Preller,   gr.   Myth.   I,  322   und  dazu  Ov.   Met.   II,    629  f.     Serv.   in  Aen.  VII, 

.   X,  316;  und  gleiche  Wenduug  nimmt  auch  der  Mythus  von  der  Geburt  des 

nysos   bei  Lucian.   Deor.   dial.   IX.     Nept.  et  Merc.  ;    Ov.  Met.   III,   311.     vgl. 
»er,  a.   0.  I,    414. 

167)  Becker-Marquardt,   a.   0.   II,    1    A.  99.    V,    1   A.  2408  ff. 


628  Moritz  Voigt, 

mehr  Sitte  war,168  ja  bereits  die  XII  Tafeln  daneben  das  Ver 
der  Todten  kennen. 169 

Dagegen  wird  von  Marcellus  ebensowenig  der  auctor  1 
nannt,  wie  auch  die  Strafsanction  des  Gesetzes  angegeben 
die  Schlussworte:  qui  contra  fecerit,  spem  animantis  cum 
peremisse  videtur  von  dem  Berichterstatter  selbst  herrühren,  d< 
Motivirung  der  Vorschrift  an  die  Stelle  der  alterth  um  liehen  u 
quirlen  Strafsanction  setzt. 

Unter  solchen  Umständen  ist  somit  die  Möglichkeit  nichi 
schlössen,  dass  jene  lex  unter  den  leges  Numae  eingeordi 
sowie  dass  zu  derselben  die  obige  Strafsanction  behörte :  si  q 
aliuta  faxit,  ipsos  lovi  sacer  esto.  Denn  Juppiter  ist  als  Locc 
der  Juno  Lucina,  der  Entbindungs-Göttin,  correspondirende  ml 
Gottheit,170  während  wiederum  die  Strafe  der  Consecration 
recht  wohl  aus  religiösen  Gesichtspunkten  sich  erklärt,  die  se 
jenem  Gesetze  sicher  weit  maassgebender  waren,  als  human 
Rücksichten. 

Im  Uebrigen  hat  die  Praxis  des  Kaiserschnittes  für  den  ra 
stehenden  Fall  während  aller  späteren  Perioden  in  Anwenden 
erhalten,  wie  bekundet  wird  theils  durch  die  etymologischen 
rungen  der  Namen  Caesar  und  Kaeso,171  theils  durch  directe 
nisse, m  wogegen  die  Strafe  wider  die  Unterlassung  desselben  i 
verstorbenen  Schwangeren,  wie  Marcellus  ergiebt,  ausser  Anw« 
gelangt  ist. 


168)  Becker-Marquardl,  a.  0.   V,    I   A.  2401. 

169)  Cic.  de  Leg.  II,  23,  58:   »hominem  mortuum  in  urbe  ne  se 
urito«;  vgl.  auch  bei  A.    28. 

170)  Ambrosch,   Studien    145  A.   62.     Preller,   röm.  Mythol.  24!. 

171)  Serv.  in  Aen.  I,  285.   X,  316.    Isid.  Or.  IX,  3,  12.    Paul.  Diac.  S' 

172)  Verg.  Aen.  X,  315;  Pomp.  10  Dig.  bei  ÜIp.  16  ad  Ed.  (D.  VI,! 
§  5);  Ulp.  U.  46  ad  Ed.  ;D.  V,  2,  6.  pr.  XXXVIII,  10,  1.  §  9).  9.  H  * 
(D.  XXVIII,  2,  12.  pr.  XXXVIII,  17,  I.  §  5),  8  ad  1.  lul.  et  Pap.  ;D.  L,  I«, 
Paul.  3  ad  1.  lul.  et  Pap.  (D.  L,  16,  132.  §  2)  ;  Serv.  in  Aen.  X,  316.  Tert 
anim.  25.  Significant  ist,  dass  in  den  Medici  der  Kaiserschnitt  nicht  «ofl 
wähnt  zu  sein  scheint:  er  galt  nicht  als  chirurgische  Operation,  sondern  als 
griff  des  practischen  Lebens. 


LEGES    RE61AE.  639 


§  13. 
setz  des  TbIIhs  Hostilias  wider  die  Realiijariei  gegei  die 

Eltern. 

Ueberlieferung   dieses    Gesetzes    wird    gegeben    von    Fest. 

parentem  puer  verberit,  ast  olle  plorassit,  puer  Divis  paren- 
acer  esto, 173 

i  auf  dasselbe  sich  noch  bezieht  Paul.  Diac.  151,  11: 
sculino  genere  parentem  appellabant  antiqui  etiam  malrem, 
brscheinlich  auf  Gran.  Flaccus  de  iure  Papiriano  zurückgehende 
ation,  nach  Maassgabe  deren  somit  unter  parens,  wie  olle 
liglich  der  Vater,  sondern  die  Eltern  zu  verstehen  sind.  Und 
eils  sind  danach  unter  parens  auch  die  Eltern  im  strengen 
icht  aber  der  paterfamilias  als  der  Gewalthaber,  somit  nicht 
ler  patria  potestas  bekleidete  avus,  proavus  etc.  zu  verstehen, 
sonach  jenes  Gesetz  auch  dann  zum  Schütze  der  Eltern  ern- 
enn diese  selbst  noch  der  patria  potestas  ihres  Ascendenten 
-fen   waren.     Und   diese  Bestimmung  ergiebt   denn   nun  die 

jenes  Gesetzes  selbst:  es  liegt  demselben  keineswegs  der 
i  juristische  Gesichtspunkt  unter,  die  Vollgewalt  des  Familien- 
zu  stutzen  oder  zu  sichern:    denn   der  paterfamilias  war  in 

bereits  mit  der  ausreichenden  Machtfülle  und  den  genügenden 
3ln  ausgestattet,  um  die  zur  Realinjurie  sich  versteigende  Un- 
jkeit,  wie  Respectsverletzung  durch  das  iudicium  domesti- 
ickzuweisen  und  zu  ahnden ;  als  vielmehr,  ahnlich  dem  Ge- 
s  Romulus  in  §  7,  ein  durchaus  religiöser  Gesichtspunkt: 
fei  des  Thäters  zu  sühnen,  welcher,  die  den  Eltern  gcschul- 
at  vergessend,  wider  Vater  oder  Mutter  die  ruchlose  Hand174 
läge  erhob.  Und  so  daher  ermächtigt  denn  jenes  Gesetz 
tenden  paterfamilias,  dann,  wenn  der  Thäter  vor  das  iudi- 
Desticum  gezogen  und  für  schuldig  erklärt  ward,  wider  den 


Der  Codex  liest:  v erben tas  tolle  ploras  sit,  paren  puer:  Keil  im  Rhein, 
lil.   N.    F.    1848   VI,    622. 

So  noch  Ulp.  I  Opin.  (D.  XXXVII,  15.  I.  §2):  si  filius  matrem  aut 
uos  venerari  oportet,   contumelia  afticit  vel  impia  manus  iis  infert. 


630 


Moritz  Voigt, 


Ruchlosen   die  Consecration   an   die  Laren   und  Penaten  des  Han] 
(A.  96)  auszusprechen  (vgl.  A.  115  f.). 

Und  sodann   ergiebt  sich  aus  dem  Obigen  auch  wieder, 
unter  puer  das  Kind :  der  Sohn,  wie  die  Tochter  zu  verstehen  m^] 
dieser  Sprachgebrauch  selbst  aber  daraus  sich  erklärt,  dass  poeri 
der  alten  Sprache  verbum  commune  ist,  und  um  desswilien  nund»] 
ses  Wort  an  Stelle  des  weit  üblicheren  filius,  filia  in  obiger  lex  #-\ 
setzt  ward.175 

Jenes  Gesetz   selbst   blieb   aber  in  Geltung  bis  zu  Ausgang 
Republik  und  klingt  so  denn  noch  durch  bei  Plaut.  Pseud.  1,  3, 13 
verberavisti   patrem   atque  matrem.     Erst  durch  die  lex  Cornefa 
iniuriis    von  673  ward  dasselbe  beseitigt  und  auf  Grund  dessen 
gleich  auch  der  Sprachgebrauch  gewechselt:  an  Stelle  des  vert 
parentem  tritt  nunmehr  das  pulsare  parentem. m 


§  U. 


Das  Gesetz  des  Tullus  Hostilias  wider  dei  iicestus  der  firgpi 

Vestales. 

Der  incestus:  die  Unkeuschheit  ward  im  ältesten  Rechte  im  Hj 
gemeinen  nur  an  der  Frau  geahndet,177  an  dem  Manne  dagegen  i 
dann,  wenn  die  Unkeuschheit  besonders  sich  qualificirte  d.  h.  *| 
gleich  die  Verletzung  eines  anderweiten  Gesetzes  involvirte.  ftfl 
während  nun  im  Allgemeinen  solcher  qualificirte  incestus  des  M* 
nes  vor  das  ordentliche  Forum  des  Criminalgerichtes  gehörte,  so*j 
terfiel   der   incestus   der  Frau   dem  iudicium  domesticum.178    In  »1 


175)  Puer  diente  daneben  in  ältester  Zeit  auch  als  Bezeichnung  des  ScW- 
so  in  Marcipor.  Lucipor,  Publipor  u.  dergl. ;  s.  die  Citate  bei  Voigt  im  tt*' 
Mus.   N.    F.    1869   XXIV,    59.    A.    20. 

176)  So  z.  B.    Verg.   Acn.    VI,  609   und  Lucan.   Phars.   II,   105:  puMaspj 
rens;     Sen.    Conlr.   IX,    4,   arg.   §   2.    9.    10:    patrem    pulsare  u.  a.  m.    D*I*J 
Cornelia   reprimirle  allerdings  den  Thatbestand  des  \  erberare,    wie  des  polar«,  *i 
z.  B.   Ulp.    56  ad   Ed.     D.   XLVII,    10,    5.   pr.)   u.  a.  m.  ;   allein  beide  Wort*  + 
treten  in  dieser  lex  nicht  einen  identischen ,    als  vielmehr  nur  verwandte  M* 

177)  Isid.  Or.  V,  26,  24:  incesti  Judicium  in  virgines  sacratas  vel  prtr** 
quas  sanguine  constitutum  est;  qui  enim  talibus  commiscentur ,  incesti  id  «I  •' 
casti  habentur;  vgl.  A.   33. 

4  78]   Die  Entweihung  der  sacra  Bonae  Deae  Seitens  des  Clodius  eotJu» 


Leges  regiae.  631 

ii  Beziehung  griffen  jedoch  Besonderheiten  Platz  bei  Keuschheits- 
itzung der  Vestalin:  denn  gegenüber  dieser  trat  ganz  allgemein 
teile  des  iudicium  dorn  es  ti  cum  das  demselben  entsprechende  iu- 
im  quasi  domesticum  des  pontifex  maximus,179  während  der  mit- 
ldige  Mann  ganz  irregulärer  Weise  ebenfalls  diesem  nämlichen 
»um  des  pontifex  unterstellt  ward. 

Bezüglich  dieses  incestus  der  virgines  Vestales  wird  nun  von 
de  augur.  eine  lex  bekundet,  welche,  in  dem  atrium  Libertatis 
ehängt  und  erst  durch  einen  Brand  kurz  vor  559  vernichtet,  ein 
issendes  Specialgesetz  über  jenes  Verbrechen  war,  indem  die- 
3  Verordnungen  bezüglich  der  Todesstrafe  ebenso  der  Vestalin, 
ihres  Buhlen  enthielt,1*0  die  Beide  wie  bemerkt  der  richterlichen 
ipetenz  des  pontifex  maximus  unterstellt  waren,  überdem  aber 
l  Vorschriften  über  diesfalls  anzustellende  Sühn-  und  Reinigungs- 
r  enthalten  zu  haben  scheint,  die  im  Falle  solchen  unglücksvol- 
Ereignisses  für  den  Staat  darzubringen  waren.181  Ueberdem  wird 
e  lex  auch  noch  bekundet  von  Dion.  I,  78: 


bestand  vom  Versuche  eines  qualificirten  incestus.  Die  Schuldige:  die  Pom- 
unterfiel  dem  Judicium  domesticum:  sie  wurde  von  ihrem  Gatten  Cäsar  mit 
cheidung  bestraft ;  der  Schuldige :  Clodius  ward  vor  das  iudicium  publicum 
?en;  vgl.  Rein,  Crim.  Rt.  878  A.  **  und  die  das.  Citirten ;  vgl.  auch  A.  33.  56. 

479)  Der  pontifex  maximus  ist  iudex,  die  übrigen  pontifices  bilden  dessen 
ilium:  Cic.  de  har.  resp.  7,  13.  de  Leg.  II,  9,  22.  Liv.  IV,  44,  4  4.  Plin. 
IV,  4  4,  6.  vgl.  Premier,  Hestia-Vesta  34  6.  Die  Formen  des  gemeinen  Pro- 
s  erlitten  auch  hier  Anwendung,  so  die  ampliatio:  Liv.  IV,  44,  4  2.  Auch 
n  Vertheidiger  nicht  ausgeschlossen,  so  im  Prozesse  wider  Ter.  Fulvius  Flaccus 
s.  612),  für  welchen  C.  Scribonius  Curio  als  defensor  auftrat:  Cic.  Brut. 
422.  de  Inv.  I,  43,  80.  Schol.  Bob.  in  Cic.  in  Ctod.  p.  330;  vgl.  Auct. 
er.  II,  20,  33,  wie  auch  Zumpt,  Crim.  Rt.  I,  J  S.  HO.  —  Neben  solchem 
eramte  steht  auch  hier  das  sittenrichterliche  Amt  mit  manichfachen  nicht  ca- 
tn  Strafmitteln,  so  Verweis,  wie  z.  B.  wegen  frivolen  Benehmens:  Liv.  IV, 
4  2.  Plut.  de  inim.  utilit.  6.  I  p.  107  Did. ;  Geiselung,  so  Sen.  Contr.  I,  2, 
castigationem  (ex)  pontificis  maximi  meruerat  sacerdos,  si  te  (i.  e.  ancillam)  e 
lari  redemisset,  und  so  vornäralich  wegen  Verschuldung  beim  Erlöschen  des 
en  Feuers:  Dion.  II,  67.  Plut.  Num.  40.  Liv.  XXVIII,  4  4,  6.  Val.  Max. 
,   6.    Paul.    Diac.    4  06,    2. 

180)  Fest.   244 a,    29:   probrum  virginis  Vestalis  ut  capite  puniretur,   vir,   qui 

incestavisset,  verberibus  necaretur :  lex  fixa  in  atrio  Libertatis  cum  multis  aus 
»us  incendio  consurapta  est. 

184)  Denn  von  solchen  hatte  gewiss  Cato  selbst  berichtet,  da  Fest.  24  4b,  2 
Wort  [sajera  uns  überliefert. 


638 


Moritz  Voigt, 


C<oaac  xaxopurreodai  xa;  Totauxa<;  (sc.  isptiac  *  Eortac)  &tAvU 
a-ppeuet  vojxoc. 

Eine   nähere  Bestimmung  des  Urhebers  dieses  Gesetzes  \A 
zu  gewinnen  aus  einer  Quellen-Angabe  bezüglich  der  Folgewir 
solchen  incestus,  welche  selbst,  wie  bemerkt,  dreifältige  sind: 
sichtlich  der  Vestalin,  ihres  Buhlen,  wie  des  römischen  Statte 

Zunächst  nämlich  die  unkeusche  Vestalin  ward  vor  Alien 
priesterlichen  Attribute  entkleidet  und  exaugurirt,182  sodann  v« 
pontifex  maximus  gegeiselt183   und  darauf  lebendig  begraben: 
als  Leiche  geschmückt,  aber  geknebelt,  wird  sie  auf  der 
unter   voller  pompa  funebris  und  unter  dem  Trauergeleite  ihrer 
gehörigen   über   das  Forum   hinweg  nach   dem  ausserhalb  der 
belegenen   campus   sceleratus m  geführt   und   hier   in  unterii 
Grabgewölbe  mit  brennender  Kerze,  wie  einigen  Lebensmitteln, 
wohl  ohne  die  sonstige  übliche  Todtenausstattung 185  beigesetzt10 

Dann   wiederum   der  Buhle  ward  auf  dem  Forum  öffentlich 
Tode  gepeitscht.187 


18«)   Dion.  VIII,    89.    Cat.  cit.  bei  Fest.   241»,   34:  virgines  Vestafei 
dotio  exaugurat[as]. 

183)  Dion.   IX,    40. 

184)  Vgl.  Becker,  a.  0.  I,  581  f.  Die  genaueste  Bestimmung  bietet  Iir.  W, 
4  5,  8:  denn  danach  lag  der  campus  sceleratus  in  dem  Winkel,  dessen  SeWi 
die  porta  Colliua  und  dessen  Schenkel  der  Wall  und  die  via  NomenUca  biWÄI, 
somit  ausserhalb  der  romulischen,   aber  innerhalb  der  ser vischen  Stadt. 

4  85)    Becker-Marquardt,   a.   0.  V,    1.    S.    368. 

4  86)  So  vor  Allem  Dion.  II,  67.  Plut.  Num.  10.  Zon.  VII,  8;  dar«  üi. 
VIII,  15,  7  f.  XXII,  57,  3.  Epit.  Liv.  14.  Dion.  VIII,  89.  IX,  40.  Hat.  F* 
Max.  18.  Dio  Cass.  exe.  p.  454  Sturz.  luv.  IV,  9  f.  Fest.  333b,  %t.  Ser*.* 
Aen.  XI,  206.  Schol.  in  luv.  IV,  10.  Suid.  v.  Noofia;.  Aug.  C.  D.  HI,  5  d 
die  Citate  in  A.  195—197.  vgl.  Preuner,  a.  O.  291  f.  Bei  Dion.  III,  «7** 
diese  Strafe,  jedoch  durchaus  nicht  assertorisch,  als  vielmehr  rein  probte«^ 
auf  Tarquinius  Priscus  zurückgeführt :  SoxsT  8s  xal  ras  Tipuaptac  —  telvo;  Ö*" 
pelv  TCpcoTo;,  somit:  Dion.  oder  vielmehr  dessen  Vorgänger  fand  keinesw«^* 
seinen  Quellen  solche  Angabe  vor,  sondern  folgerte  selbst  solches  daraus,  &** 
das  erste  Beispiel  eines  Prozesses  wider  eine  Vestalin  wegen  incestus  anter  Vt 
quinius  Priscus  verzeichnet  fand ,  nämlich  wider  die  Pinaria :  Dion.  III,  67  V 
A.  194;  und  so  findet  sich  denn  auch  eine  ähnliche  Redewendung  bei  Zoa.  % ** 
Damit  aber  verliert  jene  Angabe  bei  Dion.  den  Werth  als  Zeugniss. 

187)  Cat.  cit.  bei  Fest.  241a,  30  in  A.  480.  Dion.  VIII,  89.  K,  4#.  ** 
VII,  8.  Liv.  XXII,  57,  3  (538).  Iul.  Obseq.  37.  Oros.  V,  45  und  d* &* 
in  A.  198.     Wenn  Dio  Cass.   LXXIX,  9  als  Strafe  angiebt  Geiseluog  auf  &** 


Leges  regiae.  633 

Indlich  der  römische  Staat  ward  durch  den  begangenen  Frevel 
lirect  in  Mitleidenschaft  gezogen:  denn,  indem  solcher  incestus 
eib  der  Priesterin  betleckt,  so  werden  damit  auch  die  sacra 
verunreinigt 188  und  dadurch  der  unheildrohende  Zorn  der  Vesta 
>taat  und  Volk  herabbeschworen,189  daher  nun  zur  Versöhnung 
öttin,  wie  zur  Reinigung  des  Gemeinwesens  Sühn-  und  Reini- 
•Opfer  erfordert  werden.190 

Ind  auf  diese  Sühn-  und  Reinigungs-Opfer  nun  bezieht  sich 
tan.  XII,  8,  wo  in  Anknüpfung  an  die  wider  L.  Iunius  Sila- 
a  J.  48  erhobene  Anklage  des  mit  seiner  Schwester  Iunia  Cal- 
»egangenen  Incestes  berichtet  wird : 

ddidit  Claudius  sacra  ex  legibus  Tulli  regis  piaculaque  apud  lu- 
l  Dianae191  per  pontifices  danda. 

diese  Sühnopfer,  welche  von  Staatswegen  durch  die  pontifices 
gen  und  von  Tac.  als  procurationes  incesti  characterisirt  wer- 
iönnen  in  jenen  leges  Tulli  unmöglich  auf  die  Blutschande  des 
en  römischen  Rechtes,  als  vielmehr  allein  auf  den  incestus  im 
»n  Sinne  des  Wortes  sich  bezogen  haben  und  diesfalls  nun  le- 
i  der  Sühnung  vom  incestus  der  Vestalinnen  gedient  haben, 
jsjenigen  Vorkommnisses  von  Unkeuschheit,  durch  welches  der 

selbst   unmittelbar,  in    Mitleidenheit   gezogen    ward.     Vielmehr 
ah  es  erst  durch  Claudius,  dass  diese  für  den  Incest  der  Vesta- 

angeordneten  Opfer  auch  auf  den  rein  criminellen  Incest  der 
en  Zeit  in  Anwendung  gebracht  wurden, 
legelte   somit  eine   lex  Tullia   die  piacula  publica,   welche  im 


id  nachfolgende  Tödlung  im  Gefängnisse,  so  scheint  dies  eine  in  der  mitt- 
iaiserzeit  eingetretene  Aenderung  zu  ergeben :  man  vermied  das  abscheuliche 
piel,   Jemanden  Öffentlich  zu  Tode  zu  peitschen. 

B8)  Dion.  VIII,  89:  u.ia(veiv  ta  fepa ,  und  ähnlich  IX,  40.  Dio  Cass.  fr. 
.   34,    9t.    Symm.   Ep.   IX,    t 28.    t29. 

89)  Dion.   II,    67.     IX,    40.      Plut.   qu.   rom.   83. 

90)  Liv.  XXVII,  57,  5.  Dion.  II,  67.  Plut.  qu.  rom.  83.  Symm.  Ep. 
fc8.    t29.    vgl.   Preuner,   a.   0.    293. 

9t)  Nipperdey  in  h.  1.  denkt  bei  dem  lucus  Dianae  an  das  aricinische  Heilig- 
eine ganz  unglückliche  Idee :  denn  wie  hätten  wohl  die  römischen  pontifices 

rund  einer  lex  Tulli  nach  Aricia  kommen  sollen.     Ich  meine  vielmehr,   dass 

'  Heiltgthunt  der  Diana  im  vicus  patricius  zu  denken  ist,  worüber  vgl.  Becker, 
I,  538 ,    und    dass   nun   der  Opferaltar   zwischen    diesem  und  dem  campus 

lus  zu  suchen  ist,   in  dessen  Nähe  jener  Altar  ja  doch  gehörte. 


634 


Moritz  Voigt, 


Falle  des  incestus  der  Vestalinnen  zur  Reinigung  des  Gemeinwesen 
wie  zur  Besänftigung  der  Vesta   von  den  pontifices  anzustellen 
ren,  so  berechtigt  diese  Thatsache  nun  zu  der  Annahme,  dassji 
lex  Tulli  auch   die  Strafe   wider  die  Vestalin  und  deren  Buhlet 
gelte,  somit  aber  identisch  ist  mit  jener  im  a  tri  um  Libertatis 
hängten,  von  Cato  besprochenen  lex. 

Als  Tendenz   und  Aufgabe  solcher  lex  aber  ergiebt  sich,  udtj 
allein    die   wegen   des  Incestes   der  Vestalin  von  Staatswegen  Ho- 
stel lenden   piacula   zu    bestimmen,   sondern   auch   diesfalls  bezügfek) 
der  schuldigen  Vestalin  selbst  eine  neue  Ordnung  zu  setzen  an  Stab] 
der   früheren   altlatinischen,   wie   solche   in   der  Sage  von  der 
Silvia   bekundet    wird    und   in   den  latinischen  civitates  zweifdsohtf] 
auch  noch  bis  zu  deren  Beleihung  mit  der  römischen  Civititt  iiftl»] 
tung  verblieb.     Denn  danach  ward  im  altlatinischen  Rechte  die 
keusche  Vestalin  als  prodigium  malum  (A.  44)  behandelt:  in 
des  Wasser   ward   sie   gestürzt,192  um  von  diesem  nach  dem 
getragen    und  hier  in   dem   Alles   reinigenden  Elemente  zersetzt 
werden.     Und   sodann  ist   eine   weitere  Aufgabe  jener  lex  dam 
erkennen,  die  bezüglich  des  Buhlen  geltende  Ordnung  auszuspreeta^ 
eine  Vorschrift   die  als  die  grösste  Singularität  unter  den  römiBchlj 
Rechtsordnungen    sich    kennzeichnet    und   die  so   nun  auch  eriMl'. 
dass  jene    lex   insbesondere   in    dem   atrium   Libertatis   aufgehflgtfj 
war.     Denn    darin,    dass   der  mitschuldige   Buhle   der    Vestalin  Ar 
geistlichen  Gerichtsbarkeit  unterstellt  ist  und  dem  weltlichen 
amte  entzogen  bleibt,  liegt  in  Wahrheit  die  stärkste  Anomalie,  welch 
im   römischen  Oiminalprozesse  sich  vorfindet,    eine  Abnormität,  i* 
namentlich   im  Zeitalter  der  Republik  noch  dadurch  ganz  weseolW 
sich    verschärft   und   steigert,   dass   ebenso  die  Gesetze,  welche <fc 
Capitalverbrechen    der  Competenz  der  Centuriatcomitien   überweise* 
jener  pontificalen   Jurisdiction   gegenüber   keine   derogatorische  W 
erlangen,  wie  aber  auch  der  Verbrecher  der  im  Allgemeinen  so  «Hf 
lieh  gewahrten  Provocation  beraubt  bleibt.193 


192)  Vgl.  Schwegler,  röm  Gesch.  I,  385  A.  5.  Daneben  werden  *«di  ** 
andere  Todesarten  von  der  Rhea  Silvia  berichtet:  Dion.  I,  78.  79;  aIWi  ^ 
Dion.  wird  ausdrücklich  besagt,  dass  die  Strafe  des  Lebendigbegrabens  rW^ 
Ursprunges  sei. 

193)  Damit  übereinstimmend  sagt  Cic.  de  Leg.  II,  9,  22:  inceslum  P***^ 


Lkges  regiab.  635 

Und  wie  nun  die  Geltung  dieses  Gesetzes  einerseits  bis  in  die 
esten  Zeiten  sich  verliert,194  so  blieb  andrerseits  dasselbe  auch  in 
[Wendung,  so  lange  als  überhaupt  das  Priesterthum  der  virgiues 
Btales  bestand:  wider  die  Vestalin  selbst  ward  es  in  Anwendung 
bracht  noch  im  J.  82  und  89  unter  Domitian,195  im  J.  215  unter 
rticalla,196  wie  endlich  kurz  vor  384, ,97  wider  den  Buhlen  aber  im 
89  unter  Domitian,  sowie  kurz  vor  384. m 

§  15. 
tas  Gesetz  des  Tullus  Hestilius  aber  die  öffentliche  Alimentation 

van  Drillingen. 

Dion.  III,  22,  indem  er  die  monumentalen  und  institutionellen 
Itnndungen  des  Kampfes  der  Horatier  und  Curiatier  und  des  darauf 
genden  Schwestermordes  namhaft  macht,  führt  folgende  derartige 


t . 


Memo  subplicio  sanckmto.  Ganz  singulär  dagegen  ist  die  auf  Grund  der  ro- 
lo  Peducaea  im  J.  644  eingesetzte  quaestio  extraordinaria ,  worüber  vgl.  Rein, 
0.  877  Anm.  Lange,  rom.  Alterth.  II  §  133  unter  5  c.  —  Wenn  Rossbach, 
B.  Ehe  447.  Becker-Marquardt ,  a.  0.  IV,  247  A.  1471  die  Strafgewalt  des 
Stifex  über  den  Mitschuldigen  der  Vestalin  aus  der  dem  paterfamilias  durch  die 
Ke  eingeräumten  Selbsthülfe :  der  TÖdtung  des  adulter  von  Frau  oder  Tochter 
Citren  wollen ,  so  ist  dabei  übersehen ,  dass  letzteres  nur  statthaft  war ,  wenn 
r  Buhle  in  flagranti  ergriffen  ward,  wie  ohne  alle  prozessualische  Form  sich 
ikog,  dort  aber  nicht  solche  Beschränkung,  wohl  aber  Verfahren  und  Formen 
B  Criminalprozesses  Platz  griffen. 

494)  Vgl.  die  Berichte  über  diese  Prozesse  bei  Rein,  Crim.  Rt.  877  f.  Preuner, 
0.  434  ff. 

495)  PI  in.  Ep.  IV,  4  4,  6—9.  Suet.  Dom.  8.  Ghron.  Pasch,  p.  466  Bonn, 
seb.  chron.  ann.  Abr.   2099  vol.  II,    4  60.   24  3  Schöne. 

496)  Dio  Cass.   77,    4  6. 

497)  Symm.  Ep.  IX,  4  28.  4  29.  Die  Vestalin  Primigenia  war  allerdings  nicht 
tische,  sondern  albanische  Vestalin;  allein  seit  Verleihung  der  Civität  an  die 
iker  kam  auch  hier  das  römische  Recht  in  Anwendung.  Insbesondere  wird 
h  jetzt  noch  der  Prozess  vor  dem  Forum  der  pontifices  geführt,  wie  Symm. 
agt:    collegii   nostri   disquisitio   (c.    4  28)    und   a    collegio    nostro    vindicta  delata 

(c.  429)  ;  denn  Symmachus  war  in  der  That  pontifex  maximus:  Orelli,  Inscr. 
17.  Die  Deductionen  von  Zumpt,  Crim.  Pr.  I,  4  S.  4  4  4  ff.  :  Abhängigkeit  der 
Glichen  Richtergewalt  von  der  weltlichen  und  spätere  Verdrängung  der  ersteren 
ch  die  letztere  stehen  mit  den  Quellen  geradezu  in  Widerspruch. 

4  98)  Plin.  Ep.  IV,  44,  4  0.  4  4.  Suet.  Dom.  8.  —  Symm.  Ep.  cit.  Vgl. 
uner,  a.  O.  433  ff. 

Att&ndl.  d.  K.  S.  GewUich.  d.  Wissensch.  XVII.  48 


636 


Moritz  Voigt, 


Zeugnisse  aus  der  geschichtlichen  Vergangenheit  auf:  zuerst  die 
mimen  te  beim  Colosse  des  Nero:   die  ara  lunonis  Sororiae,  die 
Iani  Curiatii   und   das  sororium  tigillum   sammt  den  hier  al 
dargebrachten  Sühnopfern,  sodann  die  pila  Horatia,  an  welcher 
die  den  Curiatiern  abgenommenen,  zu  Dion.  Zeit  aber  durch  dtf  < 
ter  bereits   zerstörten   Waffen   aufgehängt  waren  (s.  §  10); 
drittens   eine  lex,  welche  in  Veranlassung  jenes  Zweikampfes 
ben  und  noch  zu  Dion.  Zeit  in  Geltung  war  (lori  8s  xai  vofto; 
auiot;    8i'   exeivo   xupiodeU   xb   icddo<;,    <jj>  xai   eU   i\u  jyM&vxai), 
Maassgabe   deren   die  Eltern  von  Drillingen  männlichen  Gescbl 
bis   zu   deren   Pubertät   für  dieselben  Alimente   aus  der 
empfingen : 

oi£  av  fevcovxai  xpiöufioi  icaiSec  in  xou  Ö7]|iooiou  xd;  Tpoffe 
ica(Sa>v  ^opTjYetoöat  pixpi  ^ß?)S. 
In  Bezug  auf  diesen  Bericht  des  Dion.  bemerkt  nun  Dirksea  t 
341  f.:  »er  fügt  hinzu,  diese  Verfügung  verdanke  dem 
an  die  heldenmüthige  That  der  drei  Horatier  ihren  Ursprung; 
aber  dies  Gesetz  gleichzeitig  mit  jener  That  und  auf  Vi 
des  Tullus  Hostilius  erschienen  sei,  sagt  er  keineswegs  and 
Schweigen  berechtigt  uns  zu  der  Annahme,  dass  ihm  selbst  die 
rückführung  dieses  Gesetzes  auf  die  Periode  der  Regierung  je 
Königs  als  bedenklich  erschienen  sei«.  Allein  vor  Allein  ist 
Auffassung  der  erst  citirten  Worte  an  sich  des  Dion.  eine  gm  frj 
richtige :  8i'  sxetvo  xopcodeU  ib  izäboc,  besagt  völlig  unzweideutig,  M 
in  Veranlassung  der  jüngst  beschehenen  That  des  Horatius,  W* 
wegs  aber  dass  im  Andenken  an  die  länger  beschehene  Thal  fr 
Gesetz  gegeben  sei.109  Und  demgemäss  bedurfte  es  sodann  gar  «Ä 
der  besonderen  Angabe,  dass  Tullus  Hostilius  der  Urheber  jenes  G* 
setzes  sei,  weil  solches  implicite  in  den  Worten  des  Dion.  gatfi* 
stimmt  ausgesprochen  ist,  somit  aber  ebenso  wenig  explicite  *#* 
sprochen  zu  werden  brauchte,  wie  bezüglich  der  arae  lunonis  S* 
riae  und  Iani  Curiatii,  des  tigillum  sororium  und  der  pila  HorA 
wo  ebenfalls  solche  ausdrückliche  Bekundung  fehlt.  Und  drittens  M 
denn  auch  die  Schlussfolgerung  Dirksen's ;  weil  Dion.  nicht  aQsdrtft 
lieh  dem  Tullus  jenes  Gesetz  beimisst,  so  ist  hieraus  zu  folgern,  d* 


4  99)   So  bereits  Petersen,   de  originibus  histor.  rom.    40. 


Leges  regiae.  637 

die  Annahme  solcher  Autorschaft  bedenklich  erschien,  in  ihren 
fthen  Prämissen  ganz  unerfindlich,  da  doch  nur  die  Conclusion 
femttssig  ist:  weil  Dion.  an  dieser  Stelle  und  in  solcher  Gedanken- 
ättpfang  weder  einen  anderen  Urheber  nennt,  noch  Zweifel  an 
Autorschaft  des  Tullus  äussert,  so  zweifelte  er  auch  nicht  an  der 
yrschaft  des  Letzteren,  eine  Consequenz,  die  in  Wahrheit  auch 
smein  von  unserer  Wissenschaft  gezogen  wird,  indem  sie  in  Dion. 
22  ein  auch  mit  anderen  Quellen  übereinstimmendes  Zeugniss 
fr  findet,   dass  die  arae  lunonis  und  Iani,   das  tigillum  sororium 

die  pila  Horatia  unmittelbar  nach  der  Thet  des  Horatius  und 
r  Tullus  errichtet  worden  seien.  Endlich  ist  aber  auch  mit  je- 
reinen  Negation  Dirksen's  für  die  Wissenschaft  die  maassgebende 
;e  nicht  erledigt:  denn  existirte  überhaupt  das  fragliche  Gesetz, 
st  nun  der  Zeitpunkt  seiner  behaupteten  jüngeren  Entstehung  dar- 
gen ;  und  dann  dürfte  denn  wohl  die  Frage  berechtigt  sein,  welche 
ere  Zeit  etwa  in  sentimentaler  Rückerinnerung  an  jenen  Zwei- 
pf  das  fragliche  Gesetz  noch  nachträglich  erlassen  haben  soll? 

Kann  daher  die  Zurückführung  jener  lex  auf  Tullus  Seitens  des 
n.  einem  begründeten  Zweifel  nicht  unterliegen,  so  wird  nun  die 
je  nach  der  Tendenz  und  dem  historischen  Motive  jenes  Gesetzes 
Dion.  dahin  beantwortet,  dass  zur  dauernden  Verherrlichung  der 
atier  jene  Alimentation  von  Drillingen  von  Staatswegen  ilber- 
unen  worden  sei  (Tip^v  xat  54$av  dddvaxov  xof<;  dvöpdotv  exetvoic 
itideit).  Und  diese  Erklärung  bietet  um  so  weniger  etwas  An- 
siges,  als  der  gleiche  Gedanke  und  das  entsprechende  Verfahren, 
Verdienste  eines  gegebenen  Individuum  auf  dem  Wege  dauernd 
verherrlichen,  dass  man  nach  dem  Tode  des  Ersteren  das  der 
eben  Species  angehörige  Individuum  jüngerer  Generation  gleich 
Vertreter  von  jenem  behandelte  und  die  dem  Ersteren  zukommen- 

Ehren  auf  den  Letzteren  in  stets  sich  erneuernder  Nachfolge 
rtrug,  auch  in  dem  Quellenberichte  hervortritt,  dass  man  das  Ver- 
ist.  der  capitolinischen  Gänse  um  die  Rettung  des  Staates  von  den 
iern  in  der  Weise  geehrt  habe,  dass  alljährlich  mit  gewisser 
Tlichkeit  eine  Gans  durch  die  Strassen  der  Stadt  getragen  ward.200 


800)   Vgl.  die  Belege  bei  Seh  wegler,    röm.  Gesch.   111,   259  A.   3    und  dazu 

Ael.  de  nat.  an.  XII,   33. 

43* 


638 


Moritz  Voigt, 


Fi 


Endlich   schliesst   die  Darstellung  des  Dion.   die  Annahme 
dass  die  Wohlthat  jenes  Gesetzes  nur  den  Unbemittelten 
worden  und  so  nun  darin  ein  Vorläufer  der  Alimentaüons-1 
der  Kaiserzeit  gegeben  gewesen   sei :   vielmehr  war  ein  jeder 
von  Drillingen  die  öffentlichen  Alimente  zu  beanspruchen 
Im  Uebrigen  aber  werden  religiöse  Erwägungen  den  Erlass  des 
liehen  Gesetzes  beeinflusst  haben,  die  selbst  zusammenhingen  mit 
in  A.  155  dargelegten  Vorstellung,   dass   der  Staat  durch  die 
sprechung  des  Horatius  auf  sein  eigenes  Haupt  die  Folgen  der 
schuld  geladen  habe.. 

Die  Geltung  jenes  Gesetzes  erstreckte   sich  nach  Dion.  ba 
seine  Zeit,  somit  in  das  Zeitalter  Augusts.     Allein  seine  An 
kann  zu  allen  Zeiten  nur  eine  vereinzelte  gewesen  sein,  tbeüs 
Drillings-Geburten   bei   den  Römern  nur  seltenere  Ausnahmefälle  W\ 
deten^201  theils  weil  die  Bemittelten  doch  schwerlich  von  il 
Spruche  auf  öffentliche  Alimentation   ihrer  Kinder  Gebrauch 
haben  werden,  Momente,  welche  zugleich  erklären,  dass  jenen 
setze  nicht   eine  öftere  Erwähnung  in  den  Quellen  zu  Theil 
den  ist. 


§  16. 
Das  Gesetz  wider  das  Schlachtet  des  Aekerthieres. 

Ueber  ein  Verbot  vom  Schlachten  des  Aekerthieres  liegen  M) 
Berichte  vor:   der  eine  an    einen   concreten  Oiminalprozess  antat 
pfend  von 
Plin.  H.  N.  VIII,  45,  180: 

Socium  —  laboris  agrique  eulturae  habemus  hoc  animal  ;sc.  bo- 
vem)  tantae  apud  priores  curae,  ut  sit  inter  exempla  damnatas* 
populo  Romano  die  dieta,  qui  coneubino  procaci  rure  ornatt* 
edisse  se  negante  oeeiderat  bovem,  actusque  in  exsilium  tamqtf* 
colono  suo  interempto; 
und  Val.  Max.  VIII,  1.    Damn.  8: 

Non  supprimenda  illius  quoque  damnatio,  qui  pueruli  sui  ni* 
amore  correptus  rogatus  ab  eo  ruri ,   ut   omasum   in   caeoam  W 


SOI)   Gai.  \   Fideic.   (D.  XXXIV,  5,  7.  pr.),  Paul.  4  7  ad  Plaut.   (D.  V,  4,  »)• 


Leges  rbgiae.  639 

uberet,    cum  bubulae  carnis  in  propinquo  emendae  nulla  facultas 

sset,   domito  bove  occiso,   desiderium  eius  explevit.     Eoque  no- 

nine  publica  quaestione  adflictus  est,  innocens,  nisi  tarn  prisco  sae- 

mlo  natus  esset; 

'  andere  das  Gesetz  in  abstracto  bekundend  von 

t.  RR.  II,  5,  4:  hie  (i.  e.  bos202)  socius  hominum  in  rustico  opere. 

—  Ab  hoc  antiqui  manus  ita  abstineri  voluerunt,  ut  capite  sanxerint, 

n  quis  oeeidisset; 

i,  daraus  entlehnend,  Colum.  R.  R.  VI,  pr.  §  7:  cuius  (sc.  bovis) 

tanta   fuit   apud  antiquos   veneratio,   ut  tarn   capital  esset  bovem 

neeuisse,  quam  civem; 

me  Cic.  de  N.  D.  II,  63,  159:  tanta  putabatur  utilitas  pereipi  ex 

bobus  (sc.  aratoribus),  ut  eorum  visceribus  vesci  scelus  haberetur.203 

Alle  diese  Berichte  stimmen  nun  völlig  überein  theils  in  Bezug 
F  den  delictischen  Thatbestand :  das  Schlachten  des  Ackerthieres : 
l  dorn it us  bos  (Val.)  oder  bos,  qui  est  socius  laboris  agrique  cul- 
le  (Plin.)  oder  bos,  qui  est  socius  hominum  in  rustico  opere  (Varr.), 
ils  in  Bezug  auf  die  Strafe:  die  Todesstrafe.  Und  zwar  scheint 
Bezeichnung  dieses  Delictes  der  Ausdruck  bucaedium  oder  bild- 
en gedient  zu  haben,  wie  solcher  noch  in  dem  Worte  bucaeda 
Plaut.  Most.  IV,  2,  1   überliefert  ist. 

Indem  daher  solches  Gesetz  das  Schlachten  des  Ackerthieres 
ersagt,  so  zielt  dasselbe  ab  auf  dessen  Schutz  und  Schonung,  und 
let  so  denn  nun  seine  nächstliegende  Parallele  in  dem  griechischen 
fertbume:  denn  auch  hier  gebieten  die  gleiche  Schonung  des  ßoi>{ 
"rijp  die  Gesetze  der  verschiedenen  griechischen  Staaten,  mit  Aus- 


sos) Allerdings  spricht  Varr.  1.  c.  §  3  zuerst  von  bos  und  dann  von  taurus; 
n  dass  derselbe  unter  »hie«  nicht  auf  den  letzteren,  sondern  auf  den  ersteren 
veist,  ist  daraus  zu  entnehmen ,  dass  die  Römer  nicht  bloss  mit  Ochsen,  son- 
l  auch  mit  Kühen  pflügten. 

S03)  Vgl.  Cic.  Arat.  fr.  17  Or. :  ferrea  tum  vero  proles  exorta  repente  est  j 
ique  funestum  primast  fabricarier  ensem  |  et  gustare  manu  vinetum  domitum- 
iaveneum ;  Verg.  Georg.  II,  536  f.  :  ante  |  impia  quam  caesis  gens  est  epulata 
incis;  Schol.  Bern,  in  h.  1.:  inore  rusticorum  impios  dicit,  qui  iuvencos  in 
las  fuderint  eo  quod  servandos  magis  ruri  putabant,  quia  maiores  bovem  nefas 
iedi  putabant.  Im  Allgemeinen  vgl.  noch  Cuiac.  Observ.  IV,  20.  Gothofr.  in 
rh.  II,   30,    4. 


640  Moritz  Voigt, 

nähme   von   Theben,    und    so  auch   die  Gesetze   der  Cyprier,  wie 
Phryger. M 

Nicht  minder  correspondirt  aber  auch  jenem  Gesetze  das  %- 
bot  der  Opferung  des  Ackerthieres,205  wie  solches  bekundet  wird  m 
Ov.  Fast.  IV,  413:  a  bove  succincti  cultros  removete  ministri:) 

aret; 
Paul.  Diac.  220,  21 :  equus  potius  quam  bos  immolabatur,  qnod  fc 

bello,  bos  frugibus  parieridis  est  aptus. 
Aus  solcher  Tendenz  des  Gesetzes  beantwortet  sich  aber  atch 
Frage  nach  dessen  Alter  mit  voller  Sicherheit:  es  gehört  daaehj 
jener  Culturepoche  an,  wo  das  römische  Volk  aus  der  Periode 
Viehwirthschaft,  als  dem  alleinigen  Schwerpunkte  der  nationales 
werblichen  Thätigkeit,  den  Uebergang  zu  der  Ackerbau1 
bewerkstelligte  und  wo  nun  der  Ackerbau  bereits  den  gleichen  Raf  ] 
und  die  ebenbürtige  Stellung  neben  der  Viehzucht  im  wirttoek&i 
liehen  Leben  der  Nation  errungen  hat,  somit  aber  in  Folge  des  ge- 
steigerten Bedarfes,  wie  Werthes  der  Ackerthiere,  und  andrer«*- 
in  Folge  der  verminderten  Züchtung  von  solchem  die  volkswiri* 
schaftlichen  Anschauungen  und  Bedürfnisse  der  Zeiten  zu  Schott 
maassregeln  für  Schonung  des  so  noth wendigen ,  wie  werthvofei 
Inventar-Stückes  hindrängten.206  Und  dieser  Moment  berechtigt  tfj 
sich  schon  das  obige  Gesetz  der  Königszeit  zu  überweisen,  um» 
mehr,  als  dasselbe  den  XII  Tafeln  bei  dem  Stillschweigen  der  Quefci 
hierüber  nicht  überwiesen  werden  darf,  indem  ja  gerade  diese  A 
Quelle  der  Rechtssätze  besonders  zu  nennen  eine  deutlich  ausge- 
sprochene Neigung  bei  den  Römern  herrscht.207 

Der  Todesstrafe   aber,   welche   das  Gesetz   wider   die  verpönte 
Handlung  aussprach,  ist  zweifelsohne  eine  religiöse  Qualificirung  bei- 
zumessen, in  entsprechender  Weise  somit,   wie  solches  auch  bezüg- 
lich der  Strafe  des  parieidium  anzunehmen  ist  (§  10). 


204)  Büchsenschütz,  Besitz  und  Erwerb  218  A.   4. 

205)  Ueber  das  Opfer  von  Stier  oder  Kuh,  die  nicht  im  Pfluge  gehen ,  ^p 
Becker-Marquardt,  a.  O.  IV,  468.  266  A.  4  620.  Plut.  Luculi.  24.  Suet.  Doirot.» 
Auch  bei  den  Griechen  wird  das  Ackerthier  nur  ausnahmeweise  und  nur  in  fc" 
stimmten  Fällen  als  Opfer  dargebracht:  Hermann,  Gottesdieustl.  Alterth.  §**>  A-tf* 

206)  So  bereits  Büchsenschütz,  a.  O.   2t  8. 

207)  Vgl.  Raspe,  Calumnia  26. 


Lkges  regiae.  644 

as  endlich  die  Geltungsdauer  jenes  Gesetzes  betrifft,  so  er- 
die  Berichte  des  Plin.  und  Val.  Max.,,  dass  dasselbe  minde- 
och  in  der  zweiten  Hälfte  des  sechsten  Jahrhunderts  zur  An- 
ig  gelangte.    Denn  indem  in  dem  Thatbestande  des  von  den- 

berichteten  Rechtsfalles  ein  Geschlechtsverhältniss  zwischen 
n  concurrirt,  die  Päderastie  aber  erst  in  der  Mitte  des  sechsten 
iderts  im  Gefolge  des  Bacchus-Cultus  aus  Etrurien  nach  Rom 
terer  Verbreitung  eingeschleppt  wurde,208  so  ergiebt  sich  hier- 
s  früheste  Datum  jenes  Prozesses.  Auf  der  anderen  Seite  aber 
jr  Prozess  auch  wiederum  als  das  letzte  Vorkommniss  der  An- 
Qg  des   fraglichen  Gesetzes   anzusehen:   indem  dieses  letztere 

damals  den  Anschauungen  der  betreffenden  Zeiten  nicht  mehr 
ich,  so  war  es  nun  dieses  Verhältniss  des  Widersprechenden, 
s  den  römischen  Annalisten  Veranlassung  bot,  jenes  Prozesses 
es  besonders  bemerkenswerthen  Vorkommnisses  zu  gedenken. 


8)   Liv.  XXXJX,   8  f. 


••- 


Druck  von  Breitkopf  und  Härtel  in  Leipzig. 


ÜBER 


S  LEGES  REGIAE 


VON 


MORITZ  VOIGT, 

TOLIED  DER  KÖNIOL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


IL 

UND  AUTHENTIE  DER  LEGES  REGIAE. 


ides  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen  Classe  der  Königl 
Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

N°  VII. 


LEIPZIG 

BEI    S.   H1RZEL. 
1877. 


Vom  Verfasser  übergeben  den  1.  Februar  1877 
Der  Abdruck  voltendet  den  25.  Mai  1877. 


ÜBER 


)IE  LEGES  REGIAE 


VON 


MORITZ  VOIGT. 


n. 


QUELLEN  UND  AÜTHENTIE  DER  LEGES  REGIAE, 


■and),  d.  K.  8.  GeMÜtch.  <1.  WitMatch.  tVIt  44 


Die  Glaubwürdigkeit  der  Ueberlieferungen  von 

den  leges  regiae. 

§  17. 
Die  tleberlieferaigei  an  sieh  der  leges  regiae. 

Die  classischen  Ueberlieferungen  von  den  leges  regiae  zerfallen 
wei  verschiedene  Klassen.  Denn  einestheils  werden  die  eigenen 
te  selbst  des  Gesetzes  gegeben,  wie  solches  der  Fall  ist  bezüg- 
der  leges 

sr  die  Unbotniässigkeit  der  Schwiegertochter  gegen  die  Schwieger- 
ntter  (§  7)  bei  Fest.  230\  13. 
*r  die  termini  motio  (§  9)   bei  Paul.  Diac.  368,  3. 
r  das  paricidium  (§  10)  bei  Paul.  Diac.  221,  15. 
r   die  Realinjurie  gegen  die  Eltern  (§  13)  bei  Fest.  230b,  15. 

*  bezüglich  der  Strafsanction  Si  quisquam  aliula  faxit  etc.  (§  1 2) 
Paul.  Diac.  6,  1  ; 

ividerntheils  wird  wiederum  lediglich  in  referirender  Weise  der 
»ondere  Inhalt  der  Gesetze  bekundet,  wie  dies  geschieht  bezilg- 

*  der  leges 

*  die  Treuverletzung  von  Patron  oder  dienten  (§  4)  von  Dion. 
10. 

r  die  Kindes-Aussetzung  oder  -Tödtung  (§  5)  von  Dion.  II,  15. 

die  Ehescheidung  (§  6)  von  Dion.  II,  25.  Plut.  Rom.  22. 
*r  den  Verkauf  des  mittelst  confarreatio  verehelichten  Haussohnes 
j  8)  von  Dion.  II,  27.  Plut.  Num.   17. 
5r  die  termini  motio  (§  9)  von  Dion.  II,  74. 
jr  die  culpose  Tödtung  (§11)  von  Serv.   in  Verg.  Ecl.  IV,  43. 
Borg.  III,  387. 
t  den  Kaiserschnitt  (§  12)  von  Marcell.  28  Dig. 

44» 


646 


Moritz  Voigt, 


wider  den  incestus  der  virgines  Vestales  (§  14)  von  Cat.  de  Ai 
bei  Fest.  241%  29,  Dion.  I,  78,  Claudius  bei  Tac.  Aon.  XB,1 

über  die  öffentliche  Alimentation  von  Drillingen  (§  1 5)  von  Dion.  H,1 

wider  das  Schlachten  des  Ackerthieres  (§16)  von  Varr.  RR.  0,5, 
Cic.  de  N.  D.  II,  63,  159. 

Für  die  Frage  nun  nach  der  Glaubwürdigkeit  dieser  Quellenüberlk 
gen  können  indess  diejenigen  derselben  ausser  Betracht  bleiben, 
lediglich  gleich  als  Nebenquelle  gegenüber  anderen  Zeugnissen 
Und   zwar   ist   dies   der  Fall  zunächst  bei   den  Gesetzen  wider 
termini  motio  und  wider  den  incestus  der  virgines  Vestales,  wo 
Paul.  Diac,   den  Wortlaut   des   Gesetzes   bekundend,   hier  aber 
de   Augur,    und   Claud.,    beide   auf  originale  Quellen   zurücl 
Hauptquelle,   dagegen   Dion.  II,  74   als  blosser  Referent  und  I, 
weil  aus  Zwischenberichten  schöpfend,  Nebenquelle  ist.     Dageges 
züglich  der  Gesetze  über  die  Ehescheidung   und  wider  den 
des  mittelst  confarreatio  verehelichten  Haussohnes  ist  wiederum 
als  Hauptquelle,  Plut.  als  Nebenquelle  anzuerkennen,  weil  jener 
älteren  Vorquellen  zeitlich  näher  steht,   solche    in   grösseren 
reproducirt  und  weniger  durch  eigenes  Zuthun  dieselben  umgestalte 
Endlich  bezüglich  des  Gesetzes  wider  das  Schlachten  des  Opfertte* 
tritt  Cic.  gegenüber  dein  Varro  in  dies  VerhSltniss  der  NebenquA 
Sonach  aber  kommen  als  Hauptquellen  in  Betracht 

Cat.  de  Augur,   und  Claud.  citt. 

♦ 

Fest,  und  Paul.  Diac.  citt. 

Varr.   RR.  II,  5,  4. 

Marceil.  28  Dig. 

Serv.  in  Ecl.  IV,  43.  Georg.  III,  387. 

Dion.  II,   10.  15.  25.  27.  III,  22. 

Da  somit  alle  diese  Quellen  abgeleitete  sind ,  so  ergiebt  sich  dtf* 
für  die  gegenwärtige  Untersuchung  die  doppelte  Aufgabe,  einmal  & 
verschiedenen  Träger  oder  Leiter  der  bezüglichen  antiken  l##' 
lieferung  nach  ihrer  Individualität  festzustellen,  somit  von  derOrig»^ 
bekundung  ausgehend  die  secundären  oder  auch  tertiären  Quelle«  1* 
herab  zu  den  obigen  Bekundungen  zu  bestimmen,  und  sodann,  hierw 
gestützt,  über  die  Glaubwürdigkeit  ebenso  der  uns  überlieferten  Zeug- 
nisse, wie  deren  Vorquellen  zu  entscheiden. 


LEGES    REGIAE.  647 

Während  nun  dieser  letztere  Punkt  in  §  25  zu  erledigen  ist,  so 
häftigen  sich  mit  der  ersteren  Frage  §  18 — 24;  und  hierbei  nun 
I  der  Ausgangspunkt  der  Untersuchung  gegeben  durch  die  Original- 
indungen  der  leges  regiae ,  als  welche  bezeugt  werden  theils 
itzestafeln :  von  Liv.  VI,  1 ,  10  und  Cat.  de  Augur,  cit.  (s.  §  1 9), 
s  die  libri  regum:  von  Serv.  in  Verg.  Georg.  III,  387:  apud 
»res  homicidii  poenam  noxius  arietis  damno  luebat,  quod  in  regum 
>  legitur. 

Und  sodann  wiederum  die  aus  jenen  Originalbekundungen  abge- 
ten,  hier  in  Betracht  kommenden  Vorquellen  sind  theils  juristische : 
Jus  Papirianura,  wie  Granius  Flaccus  de  Jure  Papiriano209,  theils 
ilistische:  die  Vorquellen  der  Königsgeschichte  des  Dion. 
Dieser  gesammte  Stoff  nun   ordnet  sich  in  der  Weise,  dass  zu- 
in  §  18  die  libri  regum  sammt  den  libri  sacerdotum  und  magi- 
uum,  dann  in  §  19  die  Gesetzestafeln  der  leges  regiae  und  end- 
in §  20  das  Jus  Papirianum  und  Granius  Flaccus  de  Jure  Papi- 
d  erörtert  werden.     Darauf  gehen  §  21 .  22  über  zur  Frage  nach 
Quellen  der  Königsgeschichte  des  Dion.,  während  §  23  und  24 
e  annalistischen  Quellen  selbst:  Licinius  Macer  und  Valerius  Antias 
rauchen. 

Endlich  in  §  26  werden  gesondert  die  Quellenberichle  über  die 
»lative  Thätigkeit  im  Allgemeinen  der  Könige  geprüft  werden. 

§  18. 
Die  libri  regum,  sacerdotum  and  magistrataam. 

Bezüglich  der  libri  regum,  sacerdotum  und  magistratuum  finden 
folgende  allgemeinere  Bezeichnungen  in  den  Quellen: 
1.  libri  regum: 

Ulgemeinen:  Serv.  in  Georg.  111,  387. 

lae:    L.  Calp.    Piso   bei   Plin.  H.  N.   XXVIII,  2,  14  und  so  nun 

ich  bezüglich  der  573  gefundenen,  gefälschten  libri  Numae :  Cass. 

emina  bei   Plin.  H.  N.   XIII,  13,  86.    Varr.   de  cult.    Deor.   bei 

ug.  C.  D.  VII,  34.  Liv.  XL,  29,  4. 


209)  Dagegen  fanden  die  Leges  regiae   keinen  Platz    in    den   Rechtssystemen, 
t  nicht  in    denen   der   Republik,    während   zu   gelegentlicher  Erwähnung  hier 
Veranlassung  war;   vgl.   Voigt,   das  Aelius-  und  Sabinus-System  §  %  ff. 


648  Mobitz  Voigt,  I 

2.  libri  sacerdotum : 2t0  fli 
im  Allgemeinen:  Gell.  XIII,  23,  1   vgl.  X,  15,  1 :  libri,  qui  deaw-£p 

doiibus  publicis  compositi  sunt;  Dion.  VIII,  56:  ai  zart  i^oytiih 

YpacpäC*  Philox.  lex  lat.  graec.  Sp.  143  Vulcan. :  Uponxdt  jkjRir 
pontificum:  Varr.  bei  Fest.  189»,  9.    Cic.  de  Orat.  I,  43,  4M.b|ii 

Ep.  II,  1,  26.  Macr.  Sat.  I,  12,  21.  Arnob.  adv.  nat.  IV,  18.  J 

Val.    Prob«  de  not.  §  1:   raonuraenta   poniificum;   Lact.  Di?,  hl 

I,  21:  pontificum  scripta; 
pontificii:  Varr.  LL.  V,  19,  98.    Cic.  de  Rep.  II,  31,  54.   de  fU§i 

I,  30,  84.  Fest.  356*,  18. 
pontificales:  Sen.  Ep.  108,  31.    Serv.   in  Aen.  VII,  190.   XII,  «Ä 

in  Ecl.  V,  66.  in  Georg.  I,  21.  272.  344.  Schol.  Bern.  ift.G«tgl 

IV,  230.  Lyd.  de  mens.  IV,  20:  xa  itoviupixciXia  ßißXCcr 
augarum:  Varr.  LL.  V,  4,  21.  10,  58.  VII,  3,  54.  Cic.  p.  dm  II, 

39.  Serv.  in  Aen.  III,  537.  VIII,  95. 
augurales:  Veran.  bei  Fest.  253%  2.  Cic.  de  Rep.  I,  40,  63.  B,H, 

54.    de  Div.  I,  33,  72.    ad  Farn.  III,  11,  3.    Sen.  Ep.  10S,M. 

Fest.  322*,  16.    Serv.  in  Aen.  IV,  45.   IX,  20.    Charis.  I.  Gr.| 

13  p.  220  K.    vgl.  Cic.  de  N.  D.  II,  4,  14.       Fest  270*,  31 

322%  16.2n 
Saliorum:  Varr.  LL.  VI,  3,  14.    . 
haruspicini :   Cic.   de  Div.  I,  33,  72.    vgl.  Serv.   in  Aen.  VIII,  3M: 

artis  aruspicinae  libri. 

3.  libri  magistratuum : 
im  Allgemeinen:  Liv.  IV,  7,  10.  20,  8.  XXXIX,  52,  4. 


24  0)  In  gleichem  Sinne  steht  libri  sacrorum  bei  Cloat.  und  Ael.  io  Fest  Hl', 
25.  Serv.  in  Aen.  III,  287.  IX,  408.  in  Ed.  VII,  34;  libri  ad  sacra  pqtf 
pertinentes  bei  Val.  Max.  I,  4,  3  (von  den  libri  augurales),  ai  itepl  rm  bfSß 
ai>7Ypacpat  bei  Dion.  III,  36;  libri  sacri  bei  Serv.  in  Georg.  I,  272  (tob  fa 
comraentarii  pontificum)  und  in  Aen.  II,  4  43  (von  den  indigitamenta),  UpaltAmW 
Dion.  I,  73  und  o  izapa  tote  ap^iepeuot  xefjievo;  ir(va£  das.  I,  74  (von  den  «nri* 
maximi:  Seh  wegler,  r.  Gesch.  I,  8  A.  4),  iepal  ßfßXoi  bei  Dion.  X,  4  (rata 
comraentarii  pontificum:  s.  A.  245).  Dagegen  die  ßfßAoi  tepal  xal  axofctw  fci 
Dion.  XI,  62  bezeichnen,  wie  schon  Hullemann,  de  annal.  max.  4  7  if.,  Deahfr 
de  Dion.  Hai.  antiq.  auetor.  lat.  32,  Schwegler,  a.  O.  erkannten,  die  libri  IM: 
s.  nach  A.   257. 

241)  Dagegen  bei  Gell.  XIII,  4  4,  4:  augures  pop.  Rom.,  qui  libros  de 
auspieiis  scribserunt  stehen  litterarische  Werke  in  Frage ;  und  ebenso  bei  Fest  f#l*. 
27.    298b,   26. 


Leges  regiab.  649 

tsorii:  Serv.  Sulpic.  Ruf.  bei  Gell.  H,  10,  1. 

Wßtorii:   Jos.   antiq.   Jud.    XIV,    10,    10:   al  WXiot  ai   57)p.6otat   af 

ra|uetmxa(* 

4.  commentarii  regum: 
Allgemeinen :  Cic.  p.  C.  Hab.  5,  15. 

nae:  Liv.  I,  31,  8.   32,  2.  Plut.  Marc.  8:  inrofivVjfjiaKr 
vü  Tollii:  Liv.  I,  60,  4. 

5.  commentarii  sacerdotum: 

AUgemeicen:  Plut.  Marc.  5:  iepattxä  tftro|rrijfAaT<r 

itificum:™  Cic.  Brut.   14,  55.213  p.  dorn.  53,  136.   Liv.  IV,  3,  9. 

fl,  4,  2.   Quint.  1.  0.  VIII,  2,  12.  Piro.  H.  N.  XVIII,  3,  14. 

itificales:  Fest.  286 b,  17. 

orales:  Cic.  de  Div.  II,  18,  42.  Fest.  31 7b,  31.  Serv.  in  Aen.  I,  398. 

virorum:  Censor.  de  die  nat.  17,  9.   10.  11. 

6.  commentarii  magistratuuin : 
isulares:  Varr.  LL.  VI,  9,  88. 

7.  tabolae  censoriae:214  Varr.  LL.  VI,  9,  86.  Cic.  Or.  46,  156. 
Je  leg.  agr.  I,  2,  4.  Plin.  H.  N.  XVIII,  3,  11.  Dion.  IV,  22: 
:i(iY)Ttxa  Ypd(X(xaTa. 

Bezüglich  des  Characters  jener  Bücher  nun,  wie  solcher  aus 
en  Inhalt  und  Zweck  sich  ergiebt,  treten  in  unserer  Wissenschaft 
jende  Auffassungen  zu  Tage: 

libri  sind  Amtsinstructionen ,  commentarii  sind  Systeme  der 
zungen  der  betreffenden  Disciplin:  Modestow,  Gebrauch  der  Schrift 
f.  74  f. 


f4t)   In  gleichem  Siune  steht  commentarii  sacrorum  bei  Fest.  4  65*,  3.  360*, 

und  286b,   47:  commentarii  sacrorum  pontificalium. 

143)  Possunws  —  suspicari  disertum  —  Ti.  Coruneanium,  quod  ex  pontificum 
rmentariis  longe  plurumum  ingenio  valuisse  videatur,  was  nicht  mit  Jahn  in 
L  auf  eine  Schrift  des  Coruncanius  bezogen  werden  darf,  da  dieser  überhaupt 
ie  Schriften  hinterliess,  als  vielmehr  auf  Responsen  desselben  über  die  in  den 
oneotarii  pontif.  enthaltenen ,  die  Privatinteressen  berührenden  Ordnungen ,  so 
r  die  Legisactionen  oder,  worauf  Cic.  de  Leg.  II,  31,  59  hinweist,  über  die 
cession  in  die  sacra  privata  ;  vgl.  auch  Cic.  de  Orat.  III,  33,  4  36.  Jordan  in 
mes  4  872  VI,    4  99  f. 

24  4)  Dieselben  werden  als  tabulae  publicae  bezeichnet  von  Liv.  XLIII,  4  6,  43. 
,  Max.  1Y,   1,   4  0,  wogegen  in  der  lex  repetund.  in  C.  I.  L.  I  no.  4  98  lin.  58 

bei  Liv.  XXVI,   36,  4  4   hierunter  die  quästorischen  Acten  verstanden  sind. 


650  Moritz  Voigt,  * 

libri  sind  Systeme  der .  Satzungen  der  betreffenden  Disciph, 
commentarii  sind  Amtsinstructionen:  Schwegler,  r.  Gesch.  I,  281 
31  ff.215 

libri  sind  Systeme  der  Satzungen  der  betreffenden  Disciplio,  w» 
Amtsinstructionen,  commentarii  sind  Protocolle:  Becker,  Alterth.  IJ(t 
Hullemann,  de  annal.  inax.  cap.  I.  Hübner  in  N.  Jahrb.  f.  PhloL 
1859.  S.  401  ff.  Teuffei,  röm.  Litter.  3§  73.  78.216  Brause  in  A.  8*1 
cit.   14; 

libri  sind  Ritualbücher,  commentarii  sind  Amtsinstructionen  ui 
Protocolle:  Lange,  röm.  Alterth.  I3  §  9.   12. 

Allen  diesen  Bestimmungen  steht  indess  entgegen,  theib  dan 
unter  den  priesterlichen  und  magistratischen  Schriften  keine  eigetot 
Bücher  bekundet  werden ,  welche  Systeme  der  Satzungen  der  I* 
treffenden  Disciplinen  enthielten  oder  welche  Ritualbücher  waren,  i> 
dem  vielmehr  Alles  das,  was  diesen  Gesichtspunkten  sich  untersten» 
lässt,  zusammenfällt  mit  den  Amtsinstructionen,  theils  dass  unter  Äri 
ebensowohl  Amtsinstructionen,  als  auch  Protocolle  inbegriffen  werde* 
Und  zwar  wird   diese  letztere  Thatsache  bekundet  einestheils  dmtk 


2 1 5)   Derselbe  äussert  sich  zugleich  über   die   commentarii   pontificum  data: 
dieselben  waren  oeine  Sammlung  von  Rechtsfällen  aus  dem  alten  Staats-  und  Sacnt- 
Recht,   nebst  den  Entscheidungen  der  Pontifices   in  Fällen  ihrer  Jurisdiction,  est 
Beispiel-Sammlung,    aus   welcher   diejenigen,    die    Recht   zu  sprechen  hatten,  <§e 
allgemeine  Regel  sich  abzogen.     So  mochte  z.  B.    das    Inaugurations-Ritual  an  der 
Inauguration  Numa's  anschaulich  gemacht,   und  statt  einer  allgemein  gehaltenen  Ab- 
weisung dieser  bestimmte  Vorgang  erzählt  sein ;  die  Darstellung  einer  Vertragswert 
durch    Fetialen    war   in    die  Erzählung  des   Duell-Vertrags    zwischen    Römern  ottf 
Albanern    eingekleidet;    das    älteste    Provocations- Verfahren   war   am   Prozess  des 
Horatiers   dargestellt,    und    so    fort.«     Hierin   liegen  jedoch  zunächst  zwei  Wider- 
sprüche :    einerseits   werden   die    commentarii   als   Sammlung   von  Rechtsfallen  be- 
zeichnet   und    andrerseits   werden    denselben    überwiesen    ebenso   die  Inaugnratiai 
Numa's    und    der    römisch-albanische  Vertrag,    welche   beide  gar  keine  Recfatsfili 
sind  ,    als   auch    der  Process   des  Horatiers ,    der   nach  Schwegler  kein  wirkhcnar, 
sondern    nur   ein   fingirter   Rechtsfall   ist   (s.  oben  A.    137).     Danach  würden  aefc 
vielmehr  tingirte  juristische  Vorgänge  des  Staats-  und  Sacral-Rechtes  jenen  comnes- 
tarii   überweisen ;    allein   solche   Aufstellung   ist   nicht   allein   von   Schwegler  galt 
unbescheinigt  gelassen,  sondern  wird  auch  voll  widerlegt  durch  alle  die  zahlieknei 
Ueberlieferungen,   welche,  wie  unten  darzulegen,  die  Quellen  aus  den  commenlari 
uns  bieten. 

2t  6)   Daneben  identificirt  der  letztere  in  §  79  wiederum  die  libri  magistratas* 
mit  den  libri  lintei. 


L.EGES    REG1AE.  651 

,  IV,  7,  1 0 :  cum  Ardeatibus  foedus  renovatum monumenti 

98t  consules  eos  illo  anno  fuisse,   qui   neque   in  annalibus  priscis 
leque  in  libris  magistratuum  inveniuntur; 

L  II,  1 0,  1  :  Serv.  Sulpicius scripsit  ad  M.  Varronem  rogavit- 

jue,   ut  rescriberet,   quid  significaret   verbum,   quod  in   censoriis 
ibris  scriptum  esset.     Id  erat  verbum  »favisae  Capitolinae«.     Yarro 

rescripsit id  esse  cellas  quasdam  et  cisternas,  quae  in  area 

mb  terra  essent,  ubi  reponi  solerent  signa  vetera,  quae  eo  templo 
collapsa  essent,  et  alia  quaedam  reiigiosa  e  donis  consecratis; 
►  beidemal  nicht  an  Amtsinstructionen  zu  denken  ist ;  wie  andern- 
als  dadurch,  dass  ebenso  die  annales  maximi  als  libri  pontificum 
Reichnet  werden  von  Hör.  Ep.  II,  i,  26 217  oder  als  t<5v  {epo<pavx<öv 
itpai  von  Dion.  VIII,  56,218  als  auch  die  libri  lintei,  welche,  wie 
len  darzulegen,  Protocolle  sind,  von  Liv.  IV,  20,  8  als  magistratuum 
ri  qualißcirt  werden.219 

Dagegen  die  Thatsache,  dass  den  libri  auch  die  Amtsinstructionen 
ter fallen,  wird  bekundet  vornämlich  durch  folgende  Zeugnisse: 
o  bei  Plin.  H.  N.  XX VIII,  2,  14:  Tullum  Hostilium  regem  ex  Numae 
libris  eodem  quo  ille  sacrificio  Jovem  caelo  devocare  conatum; 
rr.  LL.  V,  19,  98:  haec  (i.  e.  arietes)  sunt,  quarum  in  sacrificiis 
3Xta   in   olla,   non  in  veru  cocuntur,   quas  —  in   pontificiis  libris 
ridemus;  bei  Fest.  189%  9,  wonach  die  libri  pontificum  das  Ritual 
bezüglich  der  spolia  opima  enthalten   (§  2  unter  3) ; 
:.  de  Rep.  II,  31  ,  54:    provocationem  —  etiam   a  regibus  fuisse, 
declarant  pontificii  libri,  significant  nostri  etiam  augurales ;  de  Oral. 
I,  43,  193:    quem   haec  Aeliana  studia  delectant,   plurima  est  et 
in  omni  iure  civili  et  in  pontificum  libris  et  in  XII  tab.  antiquitatis 
effigies,  wozu  vgl.  A.  245;  de  N    D.  II,  4,  11.  Val,  Max.  I,  1,  3., 
wo  die  nämlichen  Auguralbücber  als  libri  bezeichnet  werden,  welche 
Mut.  Marc.  5  als  b7zo\i^y]\iaxa  bezeichnet; 


in)  Vgl.  Schwegler,  a.  0.  I,   7  A.   %. 

1H8)  Dies  bestreitet  allerdings- Schwegler,  a.  0.  8  A.  4;  allein  die  Auf- 
thnung  eines  Wunders  gehörte  doch  zweifelsohne  in   die   annales  maximi,    auf 

Fülle  aber  nur  in  ein  Protocoll-Bucb . 

94  9)  Ebenso  bezeichnet  über  das  Protocollbuch  im  S.  C.  de  nundinis  saltus 
nens.  lin.  3  in  Ephem.  epigr.  II,  274  :  Über  sententiarum  in  senatu  dic[ta]rum 
frite)  VII,  wie  bei  Cic.  ad  AU.  XIII,  33,  3:  über,  in  quo  sunt  senatu  sc on- 
a  Cn.  Cornelio,  L.  Mumraio  coss. 


652  Moritz  Voigt, 

Dion.  X,  1  :  xo|Atfcg  8'  6Xfya  xtvd  (sc.  tcov  Sixatav)  £v  fepaJ;  fy  $m 
dicox€{|A6va,  ä  v6|ta>v  cfye  Suvaptv,  &v  ot  icaxp(xiot  tJjv  *pfiew  ijf1 
jx6vot,  8ia  xdc  ev  aoret  8taTptß<£c* 

Gelf.  XIII,  23,  1 :  consecrationes  deum  immortalium,  quae  rita 

fiunt,  expositae  sunt  in  libris  sacerdotum  populi  Romani;  X,  -HBV>\ 
caerimoniae  impositae  flamini  Diali  multae,  item  castus  mulli  ^fe 
quos  in  libris,  qui  de  sacerdotibus  publicis  compositi  saMBtf 
scriptos  legimus; 

Serv.  in  Aen.  XII,  603:  cautum  fuerat  in  pontiticalibus  libris,  ml\ 
laqueo  vitam  finisset,  insepultus  abiiceretur;  in  Georg.  I,  fitz  gu 
feriae,  a  quo  genere  hominum  vel  quibus  diebus  observentor  n/ 
quae  festis  diebus  fieri  permissa  sint,  si  quis  seine  desiderfi, 
pontificales  legat;  I,  344:  Cereri  de  vino  sacrificari,  pontifieak*»] 
non  vetant  libri; 

insbesondere  aber  auch  dadurch,  dass  unter  den  libri  ponüßcom*! 

die   indigitamenta   mit   inbegriffen   werden,  so  von  Cic.  de  N.  D. I, 

30,  84.    Serv.   in   Georg.  I,  21.    Macr.  Sat.  I,  12,  22.    Phiteihi 

lat.  graec.  Sp.  113  Yulcan. :  indigitamenta :  iepaxixd  ßtßXta. 

Vielmehr  sind  die  obbezeichneten  Bücher  dahin  zu  bestimmen,** 

libri  regum,  sacerdotum,  wie  magistratuum ,  und  ebenso  taboke* 
generelle  oder  collective  Bezeichnung  ist  für  die  amtlichen  9tb 
jener  Functionäre ; Mi)  diese  Bücher  selbst  aber  sind  theils 


220)  Commentarii  werden  bezeichnet  als  tabulae  censoriae  von  Varr.  LL.H 
9,  86  (s.  S.  102),  Cic.  de  Orat.  46,  '156:  centuriam,  ut  censoriae  toN* 
ioquuntur ,  fabrum  et  procura  audeo  dicere ,  oder  als  tabulae  public«  too  W- 
Max.  IV,  1,  10  (s.  S.  102);  dagegen  Acten  werden  bezeichnet  als  tabulae  «•" 
soriae  von  Cic.  de  leg.  agr.  I,  2,  4  (das  Verzeichnis  der  Staatsdomäne*  &■" 
treffend),  PHn.  H.  N.  XVIII,  3,  11  :  in  labulis  censoriis  pascua  dieuotor  •* 
ex  quibus  populus  redilus  habet,  Dion.  IV,  22:  Tiu.TjTixa  ypau.|ietTa,  edtf» 
tabulae  publicae  in  der  lex  repetuud.  in  C.  I.  L.  I  no.  198  lin.  58  8^  ^ 
Liv.  XXVI,  36,  H  (die  quästorischen  Acten  betreffend),  sowie  XLID",  & ,3 
(die  censorischen  Acten  betreffend). 

221)  Vgl.  über  die  libri  sacerdotum  Elvers,  de  clarissim.  monumetfB  fr* 
1  pari.  II  p.  9  ff.,  Ambrosch,  de  sacris  Rom.  libris,  Bresl.  1840;  überdto*n 
pontificum  Preibisch,  de  libris  pontifieiis,  Bresl.  1874;  über  die  libri  aei** 
Brause,  librorum  de  diseiplina  aug.  ante  Augusti  mortem  Script orum  P.  I  W* 
1875.  Dass  jede  Priesterschaft  ihre  eigenen  Bücher  hatte,  wird  bekuni*  * 
Dion.   II,   63  a.  £. 


Lbges  regiae.  653 

antarii  reg  um,  sacerdotum.  wie  magistratuum :  Amtsinstructionen 
.  Sammlungen  von  Vorschriften,  welche  ebensowohl  die  solennen 
3  regeln,  die  von  dem  betreffenden  Functionär  amtlich  zu  voll- 
en oder  auch  dessen  amtlicher  Aufsicht  unterstellt  und  von 
aten  oder  resp.  Magistraten  vorzunehmen  sind,  als  auch  das 
^h  das  Amt  erforderte  etikettenmässige  Verhalten  gewisser 
ster  normiren;  theils 

:*e  Acten  d.  h.  chronologische  Aufzeichnungen  über  die  die  Amts- 
ressen  der  betreffenden  Magistratur  oder  Priesterschaft  berülyren- 

Vorkommnisse. 
iese  Acten  selbst  aber  von  rex,  sacerdotes,  wie  magistratus  ist 
chnische   Specialbezeichnung    anzuerkennen   das  Wort   acta,222 

es  als  zufällig  anzusehen  ist,  dass  solcher  Ausdruck  in  Bezug 
tue  Acten  in  den  Quellen  sich  nicht  vorzufinden  scheint.  Denn 
i  den  Quellen  dafür  gebrauchten  Ausdrücke  libri,  wie  bei  den 
rten  Liv.  IV,  7,  10  und  Gell.  II,  10,  1,  oder  tabulae,  wie  in 
d  A.  220   citirten   lex  repetund.    lin.   58,   Cic.  de  leg.  agr.  II, 

Liv.  XXVI,  36,  11.  XL1II,  16,  13.  Plin.  H.  N.  XVIII,  3,  11 
wie  obbemerkt,  nicht  Specialbezeichnungen  jener  Acten,  wäh- 
es  wiederum  als  abusiver  Sprachgebrauch  anzusehen  ist,  wenn 
ben  vereinzelt:  von  Cic.  p.  dorn.  53,  136  und  Censor.  de  D.  N. 
0.  11  auch  als  commentarii  bezeichnet  werden.223 
Was  nun  im  Besonderen  den  Inhalt  jener  beiden  Klassen  von 
;hen  Büchern  betrifft,  so   wird  zunächst  für  die  commentarii224 


22)  Der  Ausdruck  acta  als  Bezeichnung  Öffentlicher  Acten  findet  sich  vor  für 
a  senatus,  militaria,  wie  für  die  Gerichtsacten :  Renssen,  de  diurnis  aliisque 
.  actis,  Groning.  4  857.  Hübner,  de  senatus  populique  Rom.  actis  5  ff.  Rein 
ly,  Realencycl.  I,    I   S.    132  ff. 

83)  Gleicher  abusiver  Sprachgebrauch  kehrt  wieder  bei  Tac.  Ann.  XV,  74  : 
amentariis  senatus ,  worunter  die  acta  senatus  verstanden  sind :  s.  Hübner 
4  2,  und  in  der  Inschrift  bei  Mommsen,  I.  N.  6828:  descriptum  et  recogni- 
ctutn  in  pronao  aedis  Martis  ex  commentario,  quem  iussit  proferri  Cuperius 
inus  per  T.  Rustium ,  und :  commentarium  cottidianum  municipii  Gaeritum 
lgina  XXVII  kapite  VI,  worunter  acta  decurionum  verstanden  sind :  s.  Hübner, 
38.  Dann  wiederum,  wenn  App.  bell.  civ.  II,  4  25  die  acta  Caesaris  als 
»jAvqfiaTa  t%  «PX%  °der  C'c*  a(*  ^tt.  II,  4,  4  2  seine  Privatacien  über  sein 
at  (s.  A.  227)  als  nostrum  illud  üirofivyjfjLa  bezeichnet. 
24)  Ambrosch,  de  saeris  Roman,  libris  6  begründet  die  Annahme,  dass  die 
Mtarii  aller  Priester,  mit  Ausnahme  der  pontifices,  in  doppelten  Exemplaren 


654  Moritz  Voigt,  [M 

jener  z wiefäll  ige  Inhalt  bekundet :  einesteils  ein  nur  gewissen  prioste- 
liehen  Amtsinstructionen  eigenthüinlicher  Codex  von  Vorschriften  ftr 
das  durch  das  Amt  erforderte  etikettenmässige  Verhalten  des  betrcfh- 
den  Priesters  und  resp.  seiner  Ehefrau,  wofür  ein  anschauliches  Bei- 
spiel sich  bietet  in  den  an  minutiösestem  Detail  so  reichen  EtikeUct- 
vorschriften  für  die  flamines  und  flaminicae  (A.  20): 
Gell.  X,  15,    1:    caeremoniae   impositae   flamini   Diali   multae,  tei 

castus  multiplices,  quos  in  libris,  qui  de  sacerdotibus  publicis  cot 

ppsili  sunt,  —  —  scriptos  legimus; 
sowie  anderntheils  Anweisungen  für  die  amtlichen  oder  der  amtlkta 
Aufsicht  unterstellten  Acte  nach  ihrer  solennen  Form  an  Wort  oder 
sonstigen  Rituale,225  nach  Ort,  Zeit,  wie  sonstiger  geschäftlicher  Be- 
handlung (s.  A.  224),  nicht  minder  aber  auch  bezüglich  des  pi> 
culumm  für  den  dabei  begangenen  Fehler.227  Und  für  solchen  wt 
teren  Inhalt  der  commentarii   bieten   wiederum  anschauliche  Belege 


exislirten :  das  eine  in  der  Hand  des  betreffenden  Priestertbums ,  das  andere  ta 
pontifex  maximus,  als  der  geistlichen  Oberaufsichtsbehörde  überwiesen.  Dies  be- 
stätigt Liv.  I,  20,  5:  pontificem  —  Nuroain  Marcium  —  legit  eique  sacra  aam 
exscripta  exsignataque  attribuit^  quibus  hosliis,  quibus  diebus,  ad  quae  teafh 
sacra  fierent  atque  unde  in  eos  sumptus  peeunia  erogaretur. 

225)  Darauf  bezieht  sich  die  Bezeichnung  libri  caerimoniarum  bei  Tac.  km. 
III,  58.  Dagegen  rituales  libri  bei  Cic.  de  Div.  I,  33,  72.  Fest.  285*,  25.  Ceeeff. 
de  D.  N.  17,  5  wird  speciell  von  den  Ritualbüchern  etruskischer  Disciplinen  verwendet 

226)  Die  allgemeine  Wirkung  des  bei    dem  solennen  Acte   begangenen  Fem- 
'fehlers  ist  unheilbare  Nichtigkeil;    bei   gewissen    derartigen  Acten    tritt  dazu  noA 

das  piaculum :  Voigt,  Ius  nal.  III,  38;  vgl.  z.  B.  die  Auguralformel  bei  Meer. 
I,    16,    37. 

227)  Neben  diesen  officiellen  Instructionsbüchern  gab  es  deren  auch,  wefcte 
von  Privaten  zum  eigenen  Gebrauche  oder  zur  Belehrung  für  die  NachkomM 
▼erfasst  waren  und  so  nun  in  den  Adelsfamilien  sich  vererbten ,  wie  solches  be- 
richtet  wird  durch  Dion.  I,  74  von  Aufzeichnungen  über  die  censoriseben  Anto- 
funetionen  (Tiu,7]Tixa  oTTou-v^u-ara) .  Beispiele  dafür  bieten  sich  in  dem  Bruchstück* 
der  quästorischen  Amtsinstruction  des  M.  Sergius  bei  Varr.  LL.  VI,  9,  90— M 
und  in  der  Aufzeichnung  der  lex  evocandi  des  Furius  bei  Macr.  Sat.  III,  9,  It 
Auch  bekundet  Varr.  bei  Gell.  XIV,  7,  2,  dass  ein  neuer  Magistrat  von  rioe» 
Freunde  solche  Anleitung  sich  erbat  oder  fertigen  liess.  Dagegen  gehören  erst  der 
Kaiserzeit  an  die  litterarischen  Arbeiten  de  Officio  magistratus.  Daneben  stehet 
dann  die  alten  und  ächten  Familienchroniken  (vgl.  A.  366),  jene  treuen  Zeuget 
der  alten  Zeiten ,  welche  auch  über  die  magistratische  Amtsführung  des  Betrelfeato 
berichteten:  Plin.  H.  N.  XXXV,  2,  7,  wie  endlich  die  Privatacten  über  die  ge- 
führte Magistratur:   Cic.   ad  Att.   II,    4,    12.     Ueberdem  vgl.   bei  A.   303.  304. 


M]  Legks  bbgiab.  655 


den  commentarii  regura  die  Formel  bezüglich  der  Bestellung  der 
Ilviri  perduellionis  nach  Liv.  I,  26,  6.    Cic.  p.  Rab.  perd.  4,  13. 
vÄ,  15: 

*•  ■■  Decemviri  perduellionein  iudicanto;  si  a  duumviris  provocarit, 
provocatione  certato;  si  vincent,  caput  obnubito,  infelici  arbore 
teste  suspendito,  verberato  vel  intra  pomoerium  vel  extra  pomoe- 
rium;  vgl.  A.  513; 

den   commentarii   pontißcum  die   Formulare   bei  Serv.   in   Aen. 
IX,  641 : 

Macte  hoc  vino  inferio  esto; 
i  demselben  II,  351 : 

Juppiter  optime  maxime  sive  quo   alio   nomine  te  appellari  vo- 
^rloeris;  vgl  daselbst  IV,  577; 
tmd  in  Schol.  Bern,  in  Verg.  Georg.  IV,  230: 
*;     Favete  Unguis;  vgl.  Serv.  in  Aen.  VIII,  173; 
dgleichen  die  Vorschriften  bei  Fest.  165%  4: 
*,,     Pontifex  minor  ex  stramentis  na[p]uras  nectito; 
m  Fest.  356%  19: 

Tempi ura]que   sedemque   tescumque   [sive  deo  sive  deae]  dedi- 
i,  caverit,  ubi  eos  ac[cipiat  volentes]  propitiosque ;  vgl.  Serv.  in  Aen. 

m,  457; 
üd  bei  Plin.  H.  N.  XVIII,  3,  14: 

Augurio  canario  agendo   dies   constituantur   priusquam  ffumenta 
*  vaginis  exeant  et  antequam  in  vaginas  perveniant; 
Hldlich  die   Stucken  aus  der  Processionsordnung  der  Argeer227*  bei 
Varr.  LL.  V,  8,  47  ff.,  so  z.  B. : 

Cerolensis  quarticeps  circa  Minervium,  qua  in  Gaelio  monte  itur, 
in  tabernola  est. 

Oppius  mons  princeps  Esquilis  eis  lucum  fagutalem,  sinistra  via 
secundum  merum  est;  u.  s.  vv. 
den  commentarii  augurum   die  Formel    bei  Varr.  LL.  VII,  2,  8: 
Templaque]    tescaque   finita    (Codd.:  me)  ita   sunto,   quoad  ego 
caste  lingua  nuncupavero;  u.  s.  vv. 
die  Vorschrift  bei  Cic.  de  Div.  II,  18,  42: 


**7»)   Vgl.    Jordan,    Topographie   II ,    837  ff.    599  ff.     Spengel    im  Philologus, 
73  XXXII,   98  ff.   Preibisch,   I.  c.   80  ff. 


656  Moritz  Voigt,  [IN 


Jove  tonante,  fulgurante  comitia  popali  habere  nefojest], 
vgl.  Cic.  de  N.  D.  II,  25,  65.  Phil.  V,  3,  7.  in  Vat.  8,  «•. 
aus  den  commentarii  consulares  das  Regulativ  bei  Varr.  LL  VI,  9,  H: 

Qui  exercitum  imperaturus  erit,  accenso  dicit  hoc :  [C]  Calparii* 
voca  inlicium  omnes  Quirites  huc  ad  me. 

Accensus  dicit  sie :  Omnes  Quirites,  inlicium  visite  huc  ad  wlink 

C.  Calpumi,  cos.  dicit,  voca  ad  conventionem  omnes  QtMs 
huc  ad  me. 

Accensus  dicit  sie :  Omnes  Quirites ,  ite  ad  conventionem  to 
ad  iudices. 

Dein  consul   eloquitur  ad   exercitum :   Impero   qua   conveaü  fk 
comitia  centuriata; 
aus  den  commentarii  censorii  die  Formel  der  Lustration,  auf  ffdek 
hinweist  Val.  Max.  IV,  1,  10: 

censor,  cum  lustrum   conderet   inque   solitaurili  sacriBcio  ficrib 
ex  publicis  tabulis  sollemne  ei  precationis  Carmen  praeiret,  quo  i 
immortales.   ut   populi  romani  res  meliores  amplioresque  tamri, 
rogabantur; 
wie  das  Regulativ  bei  Varr.  LL.  VI,  9,  86.  87: 

Ubi  noctu  in  templum  censura  auspieaverit  atque  de  caelo  wdm 
erit,  praeconi  sie  imperato,  ut  viros  vocet: 

Quod  bonum,  fortunatum  felixque  salutareque  siet  populo  Rom* 
Quiritium  reique  publicae  populi  Romani  Quiritium  mihique  colleg*- 
que  meo,  fidei  magistratuique  nostro!  Omnes  Quirites  peditee  ann- 
tos  privatosque  curatores  omnium  tribuum,  si  quis  pro  se  u* 
altero  dari  rationem  volet,  voca  inlicium  huc  ad  me. 

Praeco  in  templo  primum  vocat.  Postea  de  moeris  item  voett 
Ubi  licet,  censor,  seribae  magistratus  murrha  unguentisque  ung** 
tur.  Ubi  praetores  tribunique  plebei  quique  in  consilium  voc* 
sunt  venerunt,  censores  inter  se  sortiuntur,  uter  lustrum  ftÄ 
ubi  templum  factum  est ;  post  tum  conventionem  habet,  qui  lurt* 
conditurus  est. 


228)  Dies  ist  Schema-Namen,  der  in  concreto  mit  dem  wirkliches  N** 
vertauscht  wird ,  analog  dem  Q.  Fabius  der  Auguralformel  bei  Cic.  de  Div*  l 
34,  74,  sowie  dem  Auliis  Agerius  und  Numerius  Negidius  der  Legisactioneo.  fr 
solcher  schematischer  Name  ist  auch  der  populus  Hermunduius  in  der  Fetiattortfl 
bei  Cinc.   3  de  re  mil.   in  Gell.  XVI,   4,    1. 


]  Leges  brguk.  657 

daher  überweisen  sich  den  commentarii  regum229  im  Besonderen 
\  gesammie  Opferritual,2**0  so  z.  B.  die  Formel  der  Conception  der 
janalia,231  wie  das  Regulativ  bezüglich  der  spolia  opima,232  dann 
•  im  Obigen  mitgetheille  Formel  für  die  Bestellung  der  llviri  per- 
allioois,  ferner  die  descriptio  classium  und  centuriarum,233  endlich 
»r  auch  nach  §  17  die  leges  regiae. 

Und  wiederum  den  commentarii  pontificum234  gehören  nament- 
i  an  das  Ritual  der  pontificalen  Cultushandlungen236  sammt  den 
Kgitainenta  d.  h.  dem  Verzeichnisse  sowohl  der  indigitamenta  oder 
r  speciellen  Prädicatsbezeichnungen  der  Götter,  wie  der  thatbeständ- 
ben  Voraussetzungen,  unter  denen  dieselben  bei  sacralen  Acten 
lorufen  waren;236  dann  das  Regulativ  bezüglich  der  spolia  opima,237 
e  die    Processionsordnung   der   Argeer;238    ferner   das   Ritual   der 


229)   Vgl.   über  diese  Petersen,  de  origin.  bist.  rom.   24  ff.    (ohne  genügende 

k). 

2341)   Piso  bei  Plin.  H.  N.   XXVIII,   2,    14.   Liv.   I,   31,   8.   32,   2.    Dion.  III, 

Fest.   286b,  17.     Von  den  im  J.  573  gefundenen,  gefälschten  Büchern  Numa's 

leiten  sieben  de  iure  pontificio:   Piso  und  Val.  Ant.  bei  Plin.   H.  N.   XIII,    4  3, 

Liv.  XL,  29,  7.  Val.  Max.   I,  I,  12.   Lact.  Div.  Inst.  I,  22.    Vgl.  auch  A.  442. 

231)  Dion.  IV,    15. 

232)  Plut.  Marc.   8.  Serv.  in  Aen.  VI,   860. 

233)  Liv.  I,  42,  5.  Fest.  249a,  1.  246b,  30;  und  dann  Liv.  I,  60,  4:  duo 
nies  inde  corailiis  centuriatis  a  praefecto  urbis  ex  commentariis  Servi  Tulli 
ti  sunt;  Cic.  de  Rep.  II,  22,  40;  vgl.  Wachsmuth,  Gesch.  d.  röm.  Staates  4. 
Bseobora  zu  Liv.  I,   60,   4. 

234)  Vgl.  über  diese  Modestow,  Gebrauch  der  Schrift  46  ff. 

235)  Varr.  LL.  V,  19,  98.  Fest.  286b,  17.  Serv.  in  Georg.  I,  344.  in 
.  II,  351.  in  Ecl.  V,  66.  Schol.  Bern,  in  Verg.  Georg.  IV,  230;  vgl.  Cic. 
fiep.  II,  31,  54,  der  sich  so  erklärt,  dass  die  comment.  pontif.  insofern  die 
'ocation  für  die  Königszeit  bekundeten,  als  sie  die  sacra  publica  verzeichneten. 
;he  wegen  der  auf  Grund  der  Provocation  des  Horatius  erfolgten  Freisprechung 
elbeo  eingesetzt  worden  waren:  A.  154;  vgl.  Preibisch,  a.  O.  42.  —  Analog 
en  in  den  commentarii  augurum  die  verschiedenen  Auspicien  verzeichnet,  so 
Ernennung  des  Dictator:  Cic.  de  Rep.  I,  40,  63,  bei  Berufung  von  Comitien 
Entscheidung  über  die  Provocation:    Cic.  de  Rep.   II,  31,   54,  bei  Eingehung 

Ehe:  Serv.  in  Aen.  IV,  45;  im  Uebrigen  vgl.  die  Fragmente  bei  Brause, 
.   17  IL 

236)  Cic.   de  N.  D.   I,   30,    84.  Serv.   in  Georg.  I,  21.  Macr.  Sat.  I,  4  2,  22. 
adv.  sat.  IV,    18.  vgl.   darüber  Ambrosch,  Religionsbücher  der  Römer. 

237)  Varr.  bei  Fest.    189ft,   9  s.  §  2  unter  3. 

238)  Varr.   LL.   V,    8,   50:    in   sacris  Argeorum   scriptum  est  sie;    §52:  ex 


658  Moritz  Voigt,  |N 

Execration  und  Consecration  ™  Devotion  i4°  and  Inauguration,*  n 
der  Tod tenbestattung ; 242  nicht  minder  das  Feiertagsregulativ»  wi 
die  fasti  calendares m  und  die  Legisactionen.246 

Dagegen  die  amtlichen  Acten  enthalten  in  chronologischer  W 
nung  geführte  Protocolle  und  sonstige  officielle  Aufzeichnung«  ü 
die  die  Amtsinteressen  der  betreffenden  Magistratur  oder  Prieü 
schaft  berührenden  Vorkommnisse,  im  Besonderen  aber  ttberdfeii 
zogenen  amtlichen  Acte  sammt  den  betreffenden  Amts-Fasteö.*1  0 
indem  uns  über  Form,  wie  Inhalt  solcher  Acten  näherer  AdKÜ 
durch  die  uns  überlieferten  Stücken  aus  den  Acten  des  coflep 
Aesculapii  et  Hygiae  bei  Orelli,  Inscr.  lat.  no.  2417,  sowie  Mi 
Acten  der  fratres  Arvales  zu  Theil  wird,  so  können  wir  nun  ml 
zelnen  denselben  ein  vielfältiges  Material  überweisen: 

zuerst  die  Fasten  der  betreffenden  Priesterschaft217  oder  1 
stratur,  somit  Aufzeichnungen  über  die  in  deren  Trägern,  wie  n 
in  den  Chargen  der  betreffenden  Priesterschaft  eingetretenen  Pein 
Veränderungen.  Und  wie  nun  diese  Fasten  in  den  ArvalacMi 
treten  als  Bekundung  ebenso  des  Ausscheidens  und  der  Coopüt 
von  Mitgliedern,  wie  der  Wahl  von  magistri  und  flamioes, 
auch  der  Annahme  von  Dienern  der  Priesterschaft,248  so  hä 
wir  entsprechende  Fasten  ebenso  bei  allen  Priesterthümero, 
z.  B.  beim  rex  sacrorum,  den  flamines,  den  curiones,249  den  Aogon 


Argeorum  sacrificiis,  in  quibus  scriptum  sie  est ;   Liv.   I,   2  1 ,  5.  Vgl.  Jordat,  i 
284.   289  ff. 

239)  Serv.   in  Ecl.   VII,   31.   in  Aen.  III,   287.   IX,    408.  vgl.  A.  III. 

240)  Liv.   VIII,   9,    4  ff.  vgl.  Becker-Marquardt,   Alterth.   IV,   23«  ff. 
244)   Fest.   356ft,    18  vgl.  Becker-Marquardt,  a.  0.   248. 

242)  Serv.   in  Aen.  XII,    603  vgl.  Becker-Marquardt,   a.   0.   25«  A.  I5U 

243)  Serv.  in  Georg.  I,    272. 

244)  Liv.   IX,    46,   5.   Val.  Max.   II,   5,   2.   vgl.   Cic.  p.   Mur.   11,  «. 

245)  Cic.  de  Orat.  I,  43,  4  93.  Dion.  X,  1.  Val.  Prob,  de  litt.  sing. f 
vgl.  Liv.  IX,  46,  5.  Val.  Max.  II,  5,  2.  Voigt,  über  das  Aelius-  und  Sd* 
System  A.    17,  sowie  unten  A.   297. 

246)  Vgl.  darüber  Schwegler,   a.  0.  I,   34  f.   Brause,   I.  c.   16. 

247)  Vgl.  darüber  ßorghesi,  frammento  di  fasti  sacerdotali  in  dessen  ö*" 
completes  III,   391  ff.  Mercklin,  die  Cooptation  der  Römer  215  ff. 

248)  Vgl.   Henzen,   acta  fratrum  Arvalium   150  ff.    161  f.    158—16«. 

249)  Vgl.  Ambrosch,   Studien  72  A.    154.   228  A.    105. 

250)  So  z.  B.   Liv.  III,   32,   3  und  dazu  Mercklin,   a.   0.   245. 


Lkges  begiak.  659 

aber  auch    bei   den    Magistraten2*1    und    den  tribuni  plebis  vor- 
setzen; 
sodann  die  Protocolle  über  die  von    den  betreffenden  Priestern 

Magistraten    vollzogenen    amilichen   Acte,    wie    solche   in   den 
acten   hervortreten   in   Darbringung   von   sacra,  Conception  von 
und  Anstellung  von  (Macula,2*2  im  Einzelnen  aber  bei  den  ver- 
denen  Priestern  und  Magistraten253  verschieden  sich  gestalten; 
ferner  die  Aufzeichnungen   der   von   den  betreffenden  Priestern 

Magistraten  auf  ergangene  oflicielle  Veranlassung  amtlich  er- 
en  Gutachten  oder  erlassenen,  amtlichen  Entscheidungen,  somit 
der  priesterlichen  Responsen,  wie  Decrete.254  Denn  dass  diese 
Eintragung  in  die  Acten  erfuhren,  ist  zu  entnehmen  zunächst  aus 
XXXI,  8,  3  v.  J.  55 i:  consulti  —  fetiales  ab  consule  Sulpicio, 
lum,  quod  indiceretur  regi  Philippo,  utrum  ipsi  utique  nuntiari 
terenl  an  satis  essel  in  tinibus  regni,  quod  proximum  praesidium 
«t,  eo  nuntiari.  Fetiales  decreverunt,  utrum  eorum  fecisset, 
:te  facturum; 

XXXVI,  3,  7  ff.  v.  J.  563:  consul  deinde  M'.  Acilius  ex  senatus 
isulto  ad  collegium  fetialium  rettulit,  ipsine  utique  regi  Antiocho 


54;    Vgl.   z.  B.    Liv.   IV.    7,    10:    consules    eos  — ,    qiü    ncquo    in  annalihus 
neque  in  libris  magist  ratu  um  inveniuntur. 

52)  Vgl.   Henzen,   a.   0.    3  ff.    89  ff.    127  ff. 

53)  Vgl.  z.  B.  lex  repetund.  im  C.  F.  L.  I  no.  198  lin.  58  qu'aslor.  Acten'  ; 
i.  Arch.  4,  9  (prätorische  Acten);  de  leg.  agr.  I,  2,  4.  Dion.  IV,  22. 
LXVI,    36,    II.   XLIII,    16,    13.    Plin.   II.   N.   XVIII,    3,    11.    Gell.   II,    10,    I. 

54)  Wegen  der  decreta  pontilicum  vgl.  Preibisch ,  I.  c.  7  ff.  Dergleichen 
i  erwähnt  von  Gell.  I  Ann.  und  Gass.  Hern.  2  Hist.  bei  Macr.  Sat.  I,  16, 
d  Verr.  Flacc.  4  de  V.  S.  bei  Gell.  V,  17,  2.  Varr.  bei  Gell.  II,  28,  3. 
J  Att.   IV,   2,   3.  de  Leg.   II,    23,   57.   Capito  5  de  pontif.   iur.  bei  Gell.  IV, 

,  Liv.  XXI,  62,  6.  XXVII,  37,  4.  XXXII,  I,  9.  XXXIII,  44,  1.  XXXIV. 
.  XXXIX,  16,  7.  22,  4.  XL,  45,  2.  XLI,  16,  2.  vgl.  V,  23,  8.  XXII, 
.  XXXVIII,  44,  5.  Tac.  Ann.  111,  71.  ülp.  25  ad  Ed.  (D.  XI,  7,  8.  pr.)  ; 
Sat.  III,  3,  1.  Responsa  pontilicum  bei  Cic.  p.  dorn.  53,  136.  de  liar. 
6,  12.  Liv.  XXXI,  9,  8.  XXXIX,  5,  9.  vgl.  XXX,  2,  13.  Plin.  H.  N. 
51,  206.  Macr.  Sat.  I,  16,  11.  28.  Decreta  augurum  z.B.  bei  Cic.  de 
I.  12,  31.  Liv.  IV,  7,  3,  Fest.  161a,  21.  289a,  25  und  Weiteres  bei 
r,  de  spectione  et  nuntiatione,  Bresl.  1851.  26  ff.  Brause  1.  c.  45  f.  Responsa 
icum  z.  B.  bei  Cic.  de  har.  resp.  6,  11.  Liv.  XXIV,  10,  13.  XXXII,  1, 
1.   Obseq.    18.    29.    43.    46.   56.   57.   70.      Im    Allgemeinen    vgl.    noch    Cic. 

5.    II.    12,    29. 

.ndl.  d.  K.  S.  Qegellsch.  d.  Wissensch.  XVII.  45 


660  Mobitz  Vowt,  | 

indiceretui*  bellum  an  satis  esset  ad  praeädium  aliqaodmi 

tiari;  et  num  Aetolis  quoque  separatim   indici   iubereot  bdta 

num  prius  societas  et  amicitia  eis  remratiaada  esset,  qmW 

indicendum.     Fetiales  respondertrat  iam  ante  sese,  cum  4qN 

consulerentur,  decrevisse  nihil  referre,  ipsi  coram  an  ad  prtt 

nuntiarettir ;  amicitiam  renuntiatam  videri,  com  legatis  total  i 

tentibus  res  nee  reddi  nee  satisfieri  aequum  ceosuisseat;  k 

ultro  sibi  bellum  indicisse,  cum  etc. 

woraus,  indem  in  dem  zweiten  Responsum  auf  das  erste  vm 

wird,  schriftliche  Aufzeichnung  des  letzteren  erhellt;  und  ikb 

der  sodann  aus 

Gic.  de  Div.  II,  35,  73:  decretum  collegii  (sc.  augurum)  vetashi 

omnem  avem  tripudium  facere  posse; 
und  in  gleicher  Weise  erfolgte  nun  auch  die  ProtocoHirung  d 
den  Magistraten  erlassenen  Edicte;255 

endlich  die  Aufzeichnung  sonstiger  die  Interessen  der  be 
den  Priesterschaft  oder  Magistratur  berührenden  Vorgänge,  so 
Acten   des  collegium  Aesculapii  et   Hygiae   die  Bekundung  § 
diesem  Collegium  gemachten  Schenkungen,  wie  der  Verwewk 
hieraus  erwachsenden  Revenuen. 

Zu  diesen  Acten  gehört  aber  auch  als  eine  eigentümliche 
art  derselben  die  Stadtchronik  oder  die  officiellen  Annaleo, 
Führung  von  Vorn  herein  nur  in  der  Hand  des  Königs  beleget 
kann,2™  seit  Beginn  der  Republik  aber  einem  doppelten  Organ« 


255)   So  z.  ß.  edieta  consulum:   Liv.   XXIII,   32,   3.  XXIV,    14,  7. 
17,   3.   XLI,   9,   9(T.  ;  edieta  censoria  z.  B.   Liv.  XXXIX,   4,  8.   Hin.  H. 
3,    ii.    XIV,    14,    95.    Suet.   de  Rhet.    1.    Gell.  XV,    11,   i.     Dann   »od 
Iribunorum  plebis  z.  B.  Val.  Max.  VI,   5,    4.   Liv.  III,  13,  6.   IV,  53,  6.  1 
52,   8.  Gell.   IV,    14,    1.   VI,    19,   5   (hier  allerdings:   ex  annalium  meHMUl 

256}  Die  annales  inaximi  reichten  zurück  bis  in  die  Königszeit:  Sc 
a.  0.  I,  10  A.  8  Modestow,  a.  0.  87  1F.  Wenn  nun  auch,  wovon  jß 
Quellen  nichts  besagen,  die  ältesten  Parthieen  im  gallischen  Brande  zi 
gingen  und  so  nun  auf  späterer  Restitution  beruhten,  so  weist  doch  Web 
hin,  dass  diese  Restitution  weiter  zurückgeführt  worden  sei,  als  bis  w 
Original  selbst  gereicht  hatte;  s.  bei  A.  538.  —  Nitzsch,  röm.  Annahsti 
setzt  die  Entstehung  der  annales  maximi  in  das  J.  505,  weil  ven  die* 
ab  das  Werk  des  (ul.  Obsequens  sich  selbst  datirte :  ab  anno  urbis  qaiaj 
quinto  prodigiorum  über ;  allein  Liv.   führt  bereits  in  der  ersten  Decade  i 


Lege»  rkgiak.  664 

*t  ward:  dorn  pontifex  maximus,  als  der  geistlichen  Ober- 
»behörde,  von  welchem  nun  jene  Chronik,  unter  der  Bezeich«' 
oales  roaximi  oder  pontißcum  auftretend,  unter  hervorragender 
ichtigung  der  die  Interessen  von  Religion,  Gultus  und  Kirche 
iden  Vorgänge  geführt  wurde,257  und  sodann  den  obersten 
en  Beamten  des  Staates,  deren  Chronik  unter  der  Bezeichnung 
i  lintei  anzuerkennen  ist.  Denn  diese  libri  lintei,  nach  Licinius 
erwähnt  von  Liv.  IV,  7,  12.  13,  7.  20,  8.  23,  3.  4.,  wie 
eben  von  Dion.  XI,  62  als'at  iepai  xai  dicobeioi  ßtßXot  (A.  210), 
ri  magistratuum   vLiv.  IV,  20),  welche,   im  Tempel  der  Juno 

auf  dem  Capitole  aufbewahrt  (liv.  IV,  7.  20),  Namensver- 
se von  Magistraten  enthielten  und  zwar  ebenso  von  verschie- 
lagistratur:  von  Consuln  (Liv.  IV,  7.  20.  23)  und  praefecti 
)  (Liv.  IV,  13  ,  als  auch  nach  Jahren  chronologisch  geordnet 
i9  13:    in    libros    linteos    utroque    anno   relatum    inter   magi- 

praefecti  nomen),  demgemäss  somit  dieselben  verschieden 
von   den    libri    der    einzelnen    Magistraturen.2*     Und    indem 


an:   I,    34,    4.    3.    55,   5.     56,    4.     II,    7,   2.     III,    5,    44.    40,   6.     29,    9. 

5.   V,    4  5,    4.    2.   32?   6.    VII,    6,    4.    28,    7.   X,    34,    8.,    welche    nur  ;ms 

des  roaximi  stammen  können    A.  257).      Dem  stellt  allerdings  Nitzscli  ent- 

ass  bei  diesen  Prodigien  die  pohtifices  und  die  ihnen  zustehende  procuratio 

um  entschieden  zurücktrete ;  allein,   abgesehen  davon ,    dass  auch  bei  den 

Prodigien  die  pontiücale  procuratio,   weil  allgemeine  Regel,   nur  ausnabnis- 

sonders   erwähnt    wird ,    so    berechtigt   jener   Moment    noch  nicht  zu  der 

dass  jene  Prodigien  nicht  aus  den  Aunalen,   vielmehr  aus  irgend  welcher 

iten   Quelle    entlehnt    seien.     Dann    tritt    die   Aufstellung    von   Nitzscli    im 

en  Widerspruch  ebenso  mit  den  Quellen ,   wie  mit  den  hier  den  Annale« 

enen   Tkatsachen:    denn   wenn    z.  ß.  Cic.  de  Rep.  I,    16    die  Erwähnung 

leniinsterniss  v.   24.  Juni  350  d.   St.   den    annales  maximi    überweist   und 

tirung   astronomisch    correct ,    somit    doch  gleichzeitig  ist  iSeyllarth,   über 

en-  und  Mondfinsternisse  der  Alten  14  f.  Zecb,  astronom.  Untersuchungen 

wichtigeren    Finsternisse  58.      Heis   in   Wochenschr.   f.  Astronomie    1870 

so  verbleibt  gar  keine  andere  Möglichkeit,  als  die  damalige  Existenz  der 

naximi  anzuerkennen.     Im  U  ehr  igen    dürfte    daraus,    dass  jene  Finsterniss 

Jahre  vor  den  gallischen  Brand  fällt,   zu  entnehmen  sein,   dass  der  letzlere 

flende  Parthie  der  Annalen  in  der  Thal  nicht  zerstört   hat. 

)    Vgl.   Nissen,  kritische  Untersuchungen  57  f.   88  f. 

)   Dies  ergiebt  auch  Liv.   IV,   7,    12,   wonach  die  Namen  der  betreffenden 

zwar  in  den  libri  lintei,   nach  §  10  aber  aus  besonderem  Grunde  nicht  in 

45* 


662 


Moritz  Voigt, 


P 


diese  libri  lintei  auch  zu  verstehen  sind  unter  den  annales 

tuum  bei 

Liv.  IV,  18,  12:  paginas  in  annalibus  magistratuum  fastisque* 

currere  licet  consuluin  dietatorumque, 
und  unter  den  magistratuum  libri  bei 
Liv.  XXXIX,  52,  4:  hie  Naevius  in  magistratuum  libris  est 

piebis  P.  Claudio  L.  Porcio  consulibus,280 
so  ist  daraus  wiederum  zu  entnehmen,  dass  die  libri  lintei  Dich 
blosses  Staats-Handbuch:  nicht  reines  Magistratsverzeichniss 
sondern  auch  chronistische  Aufzeichnungen  politischer  Vorgänge 
hielten,  wobei  im  Uebrigen  über  das  Mehr  oder  Minder  solcher 
Zeichnungen  die  Anhaltspunkte  fehlen.  Denn  allerdings  ward 
verschiedene  Beschaffenheit  des  für  die  annales  maximi  und  ftr 
libri  lintei  verwendeten  Schreibmateriales  entscheidend  für  die  ptj 
verschiedene  Stellung  beider  Chroniken  als  Geschichtsquelle: 
Priester,  Holztafeln  wählend,  waren  in  der  Lage,  ihre  Annaleo  oft*] 
lieh  auszustellen  und  so  dem  Volke,  wie  der  Annalistik  bekamt i| 
geben;  dagegen  indem  die  Magistrate  linnene  Streifen  für  ihre  Anuki 
wählten,  so  fiel  die  Möglichkeit  solcher  Bekanntmachung  hinweg d; 
die  Aufzeichnungen  ruhten,  dem  grossen  Publicum  ganz  ungetan 
und  nur  von  wenig  Geschichtsforschern,  wie  Licinius  Macer  hewtt 
fast  unverwerthet  in  dem  Tempel  der  Juno  Moneta. 

Dahingegen   gehören    nicht  zu   den  Amts-Schriften  der  Priester, 


den  libri  consulares  verzeichnet  standen.  Demnach  ist  irrig  die  Ansicht  von  Bo*^ 
Ledert  q,  les  pontifes  $46  ff.,  die  libri  lintei  seien  fasti  consulares  gewesen.  1* 
ders  auch  Schwegler,   a.   0.   I,    17.  Peter,   hist.  rom.   rell.   I,  CCCXXXXIU1. 

259)  Weissenborn  emendirt :  in  annalibus  fastisque  magistratuum;  allein  ei* 
seils  stimmen  die  Handschriften  in  der  obigen  Lesung  durchgehends  übereil,  ■* 
andrerseits  giebl  diese  Lesung  keinen  richtigen  Sinn;  denn  die  Verbind«^ * 
faslis  magistratuum  consuluin  dietatorumque  ist  unrichtig,  weil,  wie  WetsMikB 
auch  anerkennt,  es  besondere  fasti  dietatorum  nicht  gab ;  dagegen  paginas  cofld* 
dietatorumque  in  fastis  magistratuum,  wie  Weissenborn  will,  ist  unrichtig,  &* 
Magistralsrasten  gar  nicht  in  der  Weise  angeordnet  waren,  dass  jede  Mapä** 
je  ihre  eigenen  Seiten  hatte.  Der  Sinn  ist  vielmehr:  die  Seiten  in  den  libri  W* 
und  fasti,   wo  Consuln  und  resp.   Dictatoren  verzeichnet  stehen. 

260)  Denn  unter  den  magistratuum  libri  können  weder  acta  tribunoruffl  !*&•' 
noch  acta  consulum  verstanden  werden ,  da  die  Tribunen  nicht  Magistrate  *«* 
die  Consuln  aber  in  ihren  Acten  die  Tribunen  nicht  verzeichneten. 


Lbges  regiae.  663 

Magistrate  die  reinen  fasti  sacerdotales261  und  consulares,262  wie 
triumphales,  indem  vielmehr  dieselben  lediglich  Auszüge  sind 
Jen  Acten  der  betreffenden  Priester  oder  Magistrate  oder  aus 
innales  maximi  oder  libri  lintei,  welche  sei  es  von  Staatswegen263 
von  Communen264  oder  von  Seiten  der  betreffenden  Priester- 
;**  oder  Magistratur  selbst  oder  von  Privaten266  zu  praktischen 
wissenschaftlichen  Zwecken  angefertigt  worden  sind.2"7 
Was  endlich  im  Besonderen  das  Verhältniss  der  commentarii 
iotuni  und  magistratuum  zu  den  commentarii  regum  anbetrifft, 
ird  einerseits  zwar  von  Liv.  I,  20,  5  und  Dion.  II.  72  bekundet, 
bereits  in  der  Königszeit  die  pontitices  ihre  eigenen  commentarii 
l,  allein  andrerseits  ergeben  auch  die  Quellen,  dass  die  commen- 


64)  Auch  von  Dienern  der  Priester  hat   man   solche  Verzeichnisse  gefertigt, 
der  kaiatores  pontificura  et  flaminura  in  C.   I.  L.  VI,    4   no.   24  84. 

62)  Cic.  p.   Sest.    14,   33.  in  Pis.    4  3,   30.  ad  Farn.  V,   4  2,   5.  ad  Att.  IV, 
Tac.  Ann.  III,    4  7.   4  8.    (Val.  Max.)  de  l'raeu.   2.   Vita  Veri  5;  Gallieni  4  5. 

63)  So  die  capitolinischen  fasti  consulares  und  triumphales. 

64)  So  die  fasti  Caleni  vgl.   Henzen  in  C.   I.   L.   I  p.   423b. 

65)  Hieher  gehören  theils  die  fasti  consulares  et  praetorii  der  fratres  Arvales: 
i,  acta  fratr.  Arv.  CCXLII  ff.,  theils  die  uns  überlieferten  fasti  sacerdotales: 
in,  Cooptation  24  7  ff.,  Becker-Marquardt,  a.  0.  IV,  4  82,  Dessau  in  Ephemeris 
III,  74  ff.,  welche  mit  Unrecht  als  eigene  Amtsschriften  aufgefasst  werden 
ihwegler,  a.  0.  I,   34  f.  Analog  sind  die  fasti  feriarum  Latinarum. 

66)  So  Cic.  ad  Att.  IV,  8b,  2  :  nou  minus  longas  iam  in  codicillorum  fastis 
*um  consulum  paginulas  habeant  quam  factorum. 

67)  Dagegen  zur  Führung   des  Kalenders  Seitens   der   pontitices  bedurfte  es 
Eponymenliste  und  nichts  deutet  auch  darauf  hin  ,   dass  neben  den  annales 

i   der   pont.    max.    eine   solche   geführt    habe.     Vielmehr    besass    Rom   drei 

officielle   Eponymenlisten :    in   den  annales  maximi ,    in  den  libri  lintei  und 

acta  consulum;   und  dies  bekundet  auch  Liv.   IV,   7,    10  in  der  Aufzählung 

e  Eponymenlisten  enthaltenden  Quellen,   indem  nichts  hindert,  hier  unter  deu 

4er   Stelle   genannten   und   mit    den    libri    magistratuum    zusammengestellten 

>   prisci   die   annales    maximi    zu  verstehen ,    sodann  an  zweiter  Stelle  unter 

)ri  magistratuum  die  acta  consulum  zu  verstehen  sind  (A.  258}   und  endlieh 

Ute   Quelle   die    libri   lintei   genannt   werden.     Mit   dieser   Dreifaltigkeit   der 

menliste  scheint  die  von  Nitzsch,   Annalen  27  f.  scharfsinnig  wahrgenommene 

che  in  Verbindung  zu  stehen,   dass  Liv.   und  Dion.  in  zwiefacher  Weise  die 

•ate  and  die  Datirungen  angeben :    bald  unter  Beifügung  der  cognomina  und 

logischer  Datirungen,  bald  unter  Weglassuug  Beider.   —  Sehr  treffend  weist 

Ambrosch,   Studien  72  A.    4  54    aus  Plin.  H.  N.   XI,   37,    4  86  nach,    dass 

sterlichen  Acten  die  Jahreszählung   nach   dem   rex   sacrorum   als   Eponymus 


661  Moritz  Voigt, 

tarii  regum  insoweit,  als  sie  sacralen  Inhaltes  waren,  an  die 
liehen   Nachfolger  des  rex:    theils   an  den   (xwtifex  maxinm. 
an  den  rex  saeroruni,  insoweit  dagegen,  als  sie  weltlichen 
waren,  an  die  Consuln  übergingen. 

Denn  so  findet  sich    in   ersterer  Beziehung   das  Regulato 
die  spolia  opima   ebenso   in  den  commentarii   Numae  (A.  23$, 
in  den  commentarii  pontificum   (A.  237)  und  nicht  minder  mos  t 
die    uralte  Argeerordnung   in   den   commentarii   pontificom  (A. 
aus  den  commentarii  regum  stammen. 

Dagegen  in  zweiter  Beziehung  findet  sich  die  descriptio 
und  centuriarum   ebenso   in  den  commentarii  Servii  Tullii  (A. 
wie  aber  auch  nach  Varr.  LL.  VI,  9,  86  f.  in  den  commentarii  tftj 
sorii,  wo  sie  wiederum  aus  den  commentarii  consulum  entlehnt 

Und  endlich  die  legis  actiones  gingen  ans  den 
regum  Über  ebenso  in  die  commentarii  pontificum  (A.  245),  ak 
in  der  Republik  ältesten  berufsmässigen  Respondenten  über  Fi 
des  Privatrechtes  (A.  297),  wie  in  die  commentarii  coqsuIob 
später  auch  praetorum ,  als  den  mit  der  iurisdictio  betrauten  tyi 
Straten.  Denn  diese  letztere  Thatsache  erhellt  insbesondere  dmt 
dass  Cn.  Flavius,  welcher  nach  Plin.  H.  N.  XXXIII,  4,  17.  faa> 
Ench.  (D.  I,  2,  2.  §  7)  scriba  des  App.  Claudius  Caecus  war,  ■ 
J.  449  in  seinem  lus  Flavianum  die  Formeln  der  legis  actione*  ver- 
öffentlichte,2^ und  derselbe  die  Kenntniss  dieser  Formeln  ledigW 
aus  dem  Amtsarchiv  seines  Vorgesetzten  entnommen  haben  kau, 
welcher  im  J.  447  Consul  war  (vgl.  A.  304).  Und  gleiches  V* 
hältniss  ist  auch  bezuglich  der  fasti  calendares  vorauszusetzen,  der? 
Veröffentlichung  ebenfalls  Flavius  vornahm : m  auch  die  calendir» 
Fasten   des   decemviralen  Jahres   waren    theilweis    in   die  Hände  fo 


268,  Cic.  de  Orat.  1,  41,  186.  Pomp,  cit.,  und  dann  Cic.  ad  Atl.  VI,  U 
Liv.  IX,  46,  5.  Val.  Max.  II,  5,  2  und  dazu  Piso  3  Ann.  bei  Gell.  VII,  t,  *• 
Ueber  den  Flavius  vgl.  noch  A.  269,  sowie  Val.  Max.  IX,  3,  3.  Diod.  Sic. & 
36.      Im  üebrigen  vgl.  A.   304,   sowie  Danz^  Gesch.  d.  röm.  Rechts  I2,  $3. 

269)  Cic.  ad  Alt.  VI,  1,  18.  p.  Mur.  11,  25.  Plin.  11.  N.  XXXIH,  «,  W 
(wohl  nach  Piso  vgl.  Kiessling  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  1860  XV.  608),  Macr .  * 
I,  15,  9.  sowie  die  in  A.  268  citirten  Cic.  ad  Att.  Liv.  und  Val.  Mai.—8* 
hiermit  in  Widerspruch  stehende  Annahme,  dass  die  XII  Taf.  ein  VerzefchB»  ** 
Gerichtstage  enthalten  haben,   halte  ich  für  unrichtig. 


LBGES    REGIAB.  665 

üiln  gelegt,  insoweit  nämlich,  als  dieselben  die  für  das  agere 
populo  und  cum  privato:  für  Comitien,  wie  für  Jurisdiction 
Bgebenden  Qualitätsbestimmungen  der  Tage  enthielten,  wogegen 
tir  die  sacra  maassgebenden  Tage  nach,  wie  vor  alleinig  in  den 
ben  der  pontifices  verblieben.270 

In  Bezug  auf  die  leges  regiae  im  Besonderen  nun  ermöglichen 
Thatsachen,  nach  Maassgabe  des  Inhaltes  dieser  Gesetze  zu  he- 
uen, inwieweit  die  diese  letzteren  enthaltenden  commentarii 
m  (§17)  nach  Vertreibung  der  Könige  in  die  commentarii  sacer- 
ii  oder  aber  magistratuum  übergingen,  resp.  bereits  von  Vom 
n  in  den  commentarii  pontificum  jene  leges  Aufnahme  gefunden 
n.  Und  zwar  sind  nach  Maassgabe  der  obigen  Thatsachen  den 
•entarii  consulum  zu  überweisen  ebenso  das  staatsrechtliche  Ge- 
über die  öffentliche  Alimentation  von  unmündigen  Drillingen 
»liehen  Geschlechtes  (§  15),  als  auch  die  weltlichen  Criminal- 
ze  d.  h.  wider  Verbrechen,  deren  Aburtheilung  vor  den  welt- 
b  Richter  verwiesen  ist,271  da  ja  die  Consuln  die  Inhaber  wie 
zivilen,  so  auch  der  criminellen  Jurisdiction  von  Vorn  herein  sind. 
\  letzteren  Gesetze  aber  ordnen  sich  wiederum  in  folgende  Reihen: 
A.     Gesetze,  Capitalstrafe  androhend,  und  zwar 

1.  Todesstrafe;  hierunter  fallen  die  Gesetze  wider 
parieidium:  A.  143; 

Schlachten  des  Ackerthieres:  §  16; 

2.  Execration  des  Verbrechers;    und   hierunter  wiederum  fallen 
iesetze  wider 


870)   Vgl.   Ambrosch,   de  sacr.  Rom.  libr.  8  A.  29 :    nemo  non  videt,   a  nostris 
omnia    abesse ,    quae   ad    sacra    operlanea    sive  seclusa  pertinuerint.      Neque 
tle  est,  Cd.  Flavium  omnia,   quae  in  pontificalibus  essen t,   publici  iuris  fecisse, 
irtim  quum  ne  ipse  quidein  inspexisse  eos  videatur. 

\1\)  Die  processualische  Behandlung  des  Verbrechens:  dessen  Verweisung 
nen  weltlichen  oder  geistlichen  Richter  ergiebt  allein  den  wesentlichen  Moment 
tialificirung  des  Verbrechens  als  eines  weltlichen  oder  geistlichen.  Dagegen 
maassgeblich  der  Moment,  ob  das  Verbrechen  mit  Execration  des  Schuldigen 
nit  Consecration  seiner  Habe  bedroht  ist ;  denn  wenn  auch  mit  solcher  Strafe 
indlung  belegt  wird,  welche  eine  Verletzung  der  Gottheit  selbst  involvirt  und 
i  durch  die  Weihuug  an  die  letztere  gesühnt  wird,  so  begründet  dies  doch 
>wenig  die  Qualification  als  sacrales  Delict,  als  bei  uns  Blasphemie  oder  sacri 
i  nicht  Kirchen-,  sondern  Criminal-Delicte  sind. 


666  Moritz  Voigt,  [ 

• 
die  Treuverletzung  von  Patron  oder  Clienten  (sacer  esto  Tellumoa}:] 

die  Unbotm&ssigkeit  der  Schwiegertochter  gegen  die  Schwiqgenri 

(sacra  esto  Divis  parentum) :  §  7  ' 

die  termini  motio  (ipsc  et  boves  sacri  sunto  lovi  Terroioo):  f  I 

die  Realinjurie  gegen  die  Eltern  (sacer  esto  Divis  parentum):  |i 

wohl  wider  die  Unterlassung  des  Kaiserschnittes:  $  42; 

B.     Gesetze,  Vermögensstrafe  androhend,  und  zwar 

1 .  Publication  von  Vermögen  androhend ,  nämlich  d»  fie 
wider 

die  Kindes-Aussetzung  oder  -Tödtung  (Hälfte  des  Vermögens):  j 

2.  Gonsecration   von   Vermögen  androhend,   nämlich  die 
setze  wider 

die  Ehescheidung  aus  einem  gesetzlich  nicht  privüegirten  tin 
(unbekannte  Quote  an  die  Tellus):  §  6  unter  7 

wohl  wider  den  Verkauf  des  mittelst  confarreatio  verehelichten  B 
sohnes:  §  8; 

3.  Vermögensleistung  anderer  Art  androhend,  nämlich  die 
setze  wider 

die   Ehescheidung   aus    einem   gesetzlich    nicht   privüegirten  (in 

(Rückfall  der  Dos  an  die  Geschiedene) :  §  6  unter  7 
die  culpose  Tödtung  (subiectio  arietis)     §11. 

Dahingegen  gehörte  nicht  in  die  commentarii  consulum  du 
setz  wider  den  incestus  der  virgines  Vestales  (§  14).  indem  di 
Verbrechen,  in  der  Befleckung  des  Leibes  der  der  Vesta  gewei 
Priesterin  eine  Befleckung  der  Gottheit  selbst  involvirend,  dem  $ 
liehen  Richter:  dem  rex  sammt  dem  consilium  von  pontifices  undsf 
dem  pontifex  maximus  zur  Aburtheilung  überwiesen  ist. 

Andrerseits  wiederum  muss  in  den  commentarii  poutiticum 
Vorn  herein  eine  doppelte  Gruppe  von  leges  regiae  gestanden  habo 
theils  nämlich  diejenigen  leges,  welche  wegen  des  Verbrechens 
piaculum  anordneten:273  die  Gesetze  wider  Kind  es- Aussetzung  < 
-Tödtung  (§  5),  wider  Ehescheidung  (§  6  unter  8;,  wider  culpi 


372}  Daneben  standen  in  den  cuminenlarii  pontificum  die  Formeln  * 
dem  Schuldigen  zu  vollziehenden  Execration,  wie  der  Gonsecration  setwrft 
A.   139. 

«73)   Vgl.  Becker-Marquardt,  a.  0.  IV,   2ÖI.     * 


Leges  regiae.  667 

d  (§  1 1  unter  e),  wider  incestus  der  vfrgines  Vestales  (A.  190) 
wohl  wider  den  Verkauf  des  mittelst  confarreatio  verehelichten 
ssohnes  (§  8),  sowie  anderntheils  diejenigen  leges,  welche  das 
brechen  mit  einer  symbolischen  Opferung  des  Verbrechers  selbst 
"übten:  die  Gesetze  wider  die  eulpose  Tödtung  und  wider  das 
eidium  v(§  II  unter  c),  sowie  etwa  wider  das  Schlachten  des 
ertbieres  (§  4  6). 

Und  jene  Thatsache  nun,  dass  vor  den  XII  Tafeln  der  grössere 
il  des  Rechtes  den  Magistraten  überwiesen,  der  kleinere  Theil 
egen  in  den  libri  sacri  aufgezeichnet  war,  wird  auch  bekundet  von 
n.  X,  4  :  toütcov  3e  (sc.  tcov  Sixaicov)  xa  fiev  icoXXä  toic  tpoicoic 
»v  dp^ovicov  —  dxoXouda  fjv,  xopiSirj  de  oXtfa  Tivd  ev  Upafc  Tjv 
(ßXott  dicoxet'peva,  5  vojjudv  ei^e  Süvajwv. 

§  19. 
Die  fiesetiestafeli. 

Der  Bericht  von  Liv.  VI,  I,  10  betreffs  der  Zeit  nach  dem 
ischen  Brande  der  Stadt  besagt: 

foedera  ac  leges,  erant  autem  eae  XU  tabulae  et  quaedam  regiae 
eges,  conquiri,  quae  conparerent,  iusserunt.  Alia  ex  eis  edita 
ttiain  in  volgus;  quae  autem  ad  sacra  pertinebant,  a  pontifieibus 
uaxime,  ut  religione  obstrictos  haberent  multitudinis  animos, 
uppressa. 

sm  nun  Liv.  in  dieser  Stelle  neben  den  foedera  und  XU  tabulae 
li  der  leges  regiae  gedenkt,  so  fassl  er  unter  den  letzteren  eine 
pelte  Klasse  von  Ordnungen  zusammen,  sowohl  Opfervorschritlten 
2) :  quae  ad  sacra  pertinebant,  als  auch  Rechts-Gesetze,  welche 
in  den  foedera  und  XII  tabulae  mit  unter  die  edita  in  volgus 
u.  Und  indem  nun  als  die  nach  dem  Brande  vorgenommene 
erung  das  a  pontifieibus  supprimi  hingestellt  wird  und  so  dasselbe 
en  Gegensatz  zu  dem  edi  in  volgus,  als  der  nicht  neuen  Praxis  tritt, 
wrd  demnach  bezüglich  jener  Opfervorschriften,  wie  königlichen 
etze  eine  doppelte  Thatsache  bekundet :  vor  dem  gallischen  Brande 
en  gewisse  dieser  zwiefältigen  leges  regiae,  nicht  aber  alle  der 
ntnissnahroe  des  Volkes  zugängig  gemacht;  nach  dem  gallischen 
ode  aber  werden  die  bereits  früher  dem  Volke  zugängigen  Rechts- 


66Ä  Meimz  Vowt, 


gesetze  anderweit  öffentlich  ausgestellt,  die  OpfenrorsdMriflNe^ 
als  AtttegebeiawHss    von    den    pontifices   zurückgehalten, 
Uebrigen  als  Form  der  öffentliche»  Bekanntmachung  vor, 
dem   Brande   einzig   und   aHein  an   ein   Aufhangen   von 
Schriftlarfeln  in  oder  an  öffentlichen  Gebäuden  gedacht  wc 

Dabei  nun  erklärt  sich  die  Beschränkung  der  vor,  wi 
gallischen  Brande  dem  Volkfe  zugängigen  Rechtsgesetze  auf  » 

daraus,274  dass  einem  Theile  derselben  durch  die  XII  Tafe^ssaJi 
worden  war,  nämlich  den  fünf  Gesetzen  wider  die  Trev^ss=iv 
von  Patron  oder  Clienten  (S.  82),  wider  die  Kiodes-Aues^*.  -fei 
-Tödttrog  (S.  25),  über  die  Ehescheidung  (S.  40),  wider-  d* 

cidium  (S.  63)  und  wider  die  culpose  Tödtung  (S.  72), 
seit  den  XII  Tafeln,  weil  nunmehr  ohne  Geltung,  zur 
Autstellung  nicht  mehr  geeignet  waren,  vielmehr  jenen  er* 
weichen  mussten.  Demzufolge  können  daher  von  der  Zeit  ^^i 
Tafeln  bis  zu  dem  gallischen  Brande  von  den  uns  bekannte^3  *9 
regiae  nur  acht  eine  öffentliche  Ausstellung  erfahren  haben:  cJ*** 
setze  wider  die  Unbotmässigkeit  der  Schwiegertochter  gege^  A 
Schwiegermutter  (§  7),  wider  den  Verkauf  des  mittelst  confcyffl* 
verehelichten  Haussohnes  (§  8),  wider  die  termini  motk)  (§9),  8kr 
den  Kaiserschnitt  (§  12),  wider  die  Realinjurien  gegen  die  Elfen 
(§  13),  wider  den  incestus  der  virgines  Vestales  (§  14),  ttberA 
öffentliche  Alimentation  von  Drillingen  (§  15),  sowie  gegen  du 
Schlechten  des  Ackeithieres  (§  16).  Und  auf  solche  Gesetze  ist  da- 
nach zu  beziehen  jene  Angabe  des  Liv.,  dass  dieselben  vor,  wie  nick 
dem  gallischen  Brande  dem  Volke  zugängig  gemacht  waren. 

Diese  Thatsache  an  sich  aber  und  et  eine  zwiefache  Bestätigt 
theils  durch  die  in  §  25  zu  erörternden  Quellenangaben,  wonach  * 


27  i  Nicht  statthart  ist  die  Erklärung:  man  brachte  die  XII  Taf.  und  «■* 
leg  es  regiae  zusammen,  weil  die  Holztafeln,  worauf  die  übrigen  leges  regte  P* 
schrieben,  verbrannt  waren.  Denn  sicher  waren  beiderlei  Gesetze  noch  auf  id** 
Weise  documentirt,  indem  sie  namentlich  in  den  commentarii  consolura  undflf* 
pontilicum  standen  (§  18),  abgesehen  davon,  dass  doch  alle  jene  Tafeln  v*&* 
ohne  räumlich  vereinigt  waren  und  somit  im  grossen  Ganzen  das  gleiche  Seh*** 
bei  dem  Brande  erfuhren.  An  eherne  Tafeln  aber  ist  für  jene  Zeiten  wohl  b*£ 
zu  denken,  auch  nicht  bezüglich  der  XII  Taf.,  wegen  deren  vgl.  Osano,  FW* 
de  orig.  iur.   26  f. 


>       nach  der  ersten  Secession  der  Plebs   eitie  RepubKcation  der 
elften  Rechtsgesetze  erfolgte,  theils  durch  das  Zeugniss  von 
1^     Augur,  bei  Fest.  244*,  29:  lex  tixa  in  atrio  Libertatis  cum 
ä«    alis  legibus  incendio  consuinpta  est, 

rm  hiermit  zunächst  bezüglich  des  Gesetzes  wider  den  in- 
der  virgines  Vestales,  somit  bezüglich  der  einen  der  obbe- 
leges  regiae  insbesondere  die  öffentliche  Aufstellung  für 
nach  dem  gallischen  Brande  in  der  That  bekundet  wird. 
^H«3in  auch  im  Uebrigen  giebt  jene  Notiz  Cato's  einen  durchaus 
S^benden  Fingerzeig.  Denn  jenes  atrium  Libertatis,  welches, 
Schutze  eines  indigitamentuin  des  Juppiter:  der  Jovis  Libertas 
*Aem  Juppiter  Libertas  oder  Juppiter  Liber275  oder  früher  Juppiter 
**~tas,  Loebesus*7"  unterstellt,  in  der  Nachbarschaft  des  Forum 
^**  war277  und  dessen  Erbauung  in  eine  frühe  Periode  der  Ge- 
**le  zu  versetzen  ist,278  da  andernfalls  bei  der  grossen  Wichtig- 
^esselben  für  das  Staatsleben  wir  dessen  jüngere  Erbauung  in 
Quellen  erwähnt  finden  würden,  war  nicht  allein  Amtslocal,  wie 
**vv  der  Censoren,2™  sondern  zugleich  auch  ein  Staatsarchiv,  daher 
'^tnselben  ebensowohl  die  mensorischen  Vermessungskarten  deponirt 
^ti,**  als   auch    nach  Cato's   obiger  Angabe   »multae  aliae  leges« 


175)  Vgl.  Becker-Marquardt,  a.  0.  IV,  A.  18.  55.  Preller,  r.  Mytta.  173  f. 
*©r  Liber  ist  der  Gott,  welcher  sein  ine  masculino  liberal,  während  die  Libera 
Göttin  ist,  welche  seiniue  fcmmino  liberat  und  zwar  ebenso  homines  in  coeundo : 
•  C.  D.  IV,  H.  VI,  9,  wie  animalia  in  coeundo:  Aug.  C.  D.  VII,  *l,  als 
h  die  befruchtende  und  empfangende  Pflanze:  Aug.  C.  Ü.  IV,  H.  VII,  21, 
er  nun  auch  derselbe  phallisch  ist :  Arn.  adv.  nat.  V,  39.  Wenn  daher  Preller, 
X  174  sagt:  »diese  Namen  Liber  und  Liberias  können  nichts  wesentlich  Anderes 
euten,  als  bei  der  Benennung  des  Liber  Pater  und  der  Libera,  also  Fülle  und 
»gen  Segen  und  die  damit  verbundene  Stimmung  ausgelassener  Lust ,  wie  sie 
reicher  Erndtesegen  vollends  der  Weinberge  von  selbst  mit  sich  bringt,«  so  ist 
U  das  Wesen  jenes  Gottes  völlig  verkannt.     Im  Uebrigen  vgl.   A.   77. 

*76)   Paul.   Diac.    III,    I.   Serv.   in  Georg.   I,   7. 

977}   Cic.    ad    Alt.  IV,    16,    14.     Nach  Becker,    Allerth.   I,    458«.   zur  röm. 
Ugr.   18  ff.  lag  es  auf  dem  nach  dem  Capitol    zu    sich    erstreckenden  Auslaufer 
Qdirinal:  vgl.  Jordan,   forma  urbis  Romae  J8  ff. 

378)   Erwähnt  wird  dasselbe  zuerst  im  J.    542  bei  Liv.   XXV,   7,    \i. 

179)   Merkel  a.  0.   CXXX.     Lange,   Alterth.   I3,    804. 

580)  Gran.  Licin.  38  |>.  15  Bonn,  bezüglich  des  P.  Cornel.  Lentulus,  Prätor 
►88  oder  589  :  fonuam  —  agrorum  in  aes  incLsam  ad  Libertatis  lixam  reliquid. 
lan  1.  c.    28  f.  bezieht  dies  auf  das  templum  Libertatis  in  Aveutino:   weil  nicht 


670  Mobitz  Voigt,  1« 

sich  befunden  haben.     Und  wie  daher  diese  Angabe  berechtigte™1 
atrium  Libertatis  als  dasjenige  Local  anzuerkennen,  in  welchem rtf 
Anderem  die  XU  Tafeln  aufgestellt  waren,381   so   nun  sind  wir  «H 
minder  berechtigt,  demselben  auch  diejenigen  anderweiten  legesitg* 
zu  überweisen,  welche,  wie  obbemerkt,  neben  jenen  erstem  in  M» 
tung  verblieben  waren. 

Und  diese  Gesetzestafeln  erhielten  sich  nun  nach  dem  Zetpi« 
Cato's  bis  kurz  vor  559,  wo  das  atrium  Libertatis  durch  eineaM 
zerstört  ward.28*2 


§  20. 
Bas  Jas  Papirianun.    Graiius  Flaccos  de  J«re  Primat. 

Bezüglich  einer  von  einem  Papirius  veranstalteten  Sammlung  ü 

Ordnungen  der  Königszeit  berichtet  zunächst 

Dion.  III,  36:  ot/pcaXsoat  (sc.  "A*pcoc)  tou;  fepo^pdrcac  xai  x%  n} 
xtbv  iepäv  au^Tpacpac,  Sc  riou/jc(Xio;  ouvear^oaTo,  rap  aüitw  h§* 
ävifpa^vt  et<;  osXtod«;  xai  7cpo&{b)xsv  ev  dfopef  itaat  toi;  ßooloßiw; 
oxoratv,  Sc  d'favtoiHjvai  oüvs^yj  tu)  xp^vc!r  Xa^xa*  T^P  °^WÖ  öl?* 
tots  Yjoav ,  dXX  sv  Sputvats  exaP^TT0VT0  oaviaiv  °*  T*  v6fi©i  ^  • 
rapi  täv  UpuW  oiaYP0?01^  r151*  §6  ^v  äxßoX^v  x«35v  ßaotluff  K 
avaYpa^vjv  or^oofav  a»jöt;  ffl^oav  67c  dv8p&$  Upo^dvioo  Taia 
llaTCipioo,  TTjv  dirdvicov  tujv   tepaW  j)Y£|iov(av  sx^VT0*- 

Jn  diesem  Berichte»,  welcher  nach  §  24  aus  den  Annalen  des  Valeri* 

Anlias  entlehnt  ist.  werden  somit  folgende  Momente  bekundet: 
a.    Numa    hatte   gewisse    Opfervorschriften    (oi  ircpi  w  i$p* 

ouYYpacpai  oder  oia^pacpat  s.  A.  210)   aufgezeichnet  und  den  Priesen 


gesagt  sei  in  atrio  Libertatis.     Allein  für  das  leinpluin  Libertatis  ist  erst  noch  4* 
Nachweis  zu  erbringen,   dass  solches  wirklich  ein  tabularium  enthielt. 

281;  Dein  entsprechend  nennt  Dion.  II,  27.  X,  57  als  Aufstellungsort* 
XII  Tafeln  die  eiyopa,  das  Forum.  Wenn  dagegen  Diod.  Sic.  XII,  26  UDdPWf- 
Euch.  (D.  I,  2,  2  §  i  dieselben  pro  rostris  verweisen,  so  bezieht  sich  dta* 
die  augusteische  und  spätere  Zeit:  Jordan  in  Hermes  1873  VII,  277.  Wep 
anderer  alter  Aufstellungsorte  vgl.  Becker,  a.  0.  I,  27  A.  44.  Richter  et  SctaÄ 
de  tabulariis  urbis  Rom.   Lips.    1736. 

282)  Becker,  a.  0.  458.  Das  tabularium  ward  nun  in  die  aedes  Nymphe* 
\ erlegt,  welche  Clodius  in  Brand  steckte:  Cic.  p.  Mil.  27,  73.  Parad.  IV,  1,  31. 
p.   Cael.   32,    78. 


L.RGE8    REGIAK.  671 

den  pontifiees  übergeben;  und  diese  Opfervorschriften  nun 
icus  auf  hölzerne  Tafeln  eintragen  und  auf  dem  Forum  öffent- 
fstellen ;  ** 

diese  hölzernen  Tafeln  sind  jedoch  bereits  in  der  Königszeil 
die  Einwirkung  der  Zeit  zerstört  und  um  desswillen  jene 
)rschriflen  von  Caius  Papirius,  dem  pontifex  maximus,2*4  nach 
bung  der  Könige  anderweit  in  öffentliche  Niederschrift  gebracht 
i,  —  eine  Angabe,  welche,  wenn  auch  im  Ausdrucke  ver- 
n,  so  doch  sachlich  übereinstimmend  wiederkehrt  bei  Licinius 
(A.  447)   in 

V,  2 :  *cot<;  duo(a<;  xd;  xc  xaiot  rJjv  it6Xtv  xat  td;  iid  xfiv  df  pcov, 
itoioövto  xoivu><;  auvi^vxe;  oi  8>]{i6xat  x$  xat  oi  ^poXexai,  itdXtv 
exaSav  s7ri7cXeiaf)ai  cos  ärci  TuXXfoo  oovexeXoövxo  (sc.  oi  öicaxoi), 
eiche  ihre  Parallele  findet  in  den  in  §  26  erörterten  2eug- 
über  ein  entsprechendes  Verfahren   bezüglich   der  königlichen 


»• 


jene  Opfervorschriften  sind  nicht  leges,  sondern  verschieden 
nselben,  vielmehr  sind  die  letzteren  bei  solchem  Berichte  über 
)lication  Seitens  des  Ancus,  wie  über  die  Kepublication  Seitens 
pirius  gar  nicht  in  Betracht  gezogen.285 

it  diesem  Berichte  des  Dion.  stimmt  nun  überein  die  in  §  1 9 
te  Stelle  aus  Liv.  VI,  1,  10.  Denn  auch  dieser  bekundet, 
is  zu  dem  gallischen  Brande  im  J.  365  Opfervorschriften  der 
seit  dem  Volke  zugängig  und  öffentlich  bekannt  gemacht  waren, 


})  Das  Nämliche  berichtet  Liv.  I,  32,  2:  sacra  publica,  ut  ab  Numa  in- 
rant,  —  omnia  ea  ex  commentariis  regis  pontificem  in  album  elaia  pro- 
in publico  iubet   (sc.  Ancus). 

i)  Dass  unler  dem  dviqp  tspocpdvnrj; ,  nijv  owtavrcov  Uptov  7)Y8ri0Vtav  ®ZtüV 
tifex  maximus  zu  verstehen  sei,  ist  zweifellos;  vgl.  II,  73.  Daneben  nennt 
,  t  als  den  ersten  rex  sacrorum  Manius  Papirius,  eine  Angabe,  die  in 
ruch  steht  mit  Fest.  318*,  23,  der  als  solchen  den  [Sulpicius  Cornjutus 
Daher  ist  bei  Dion.  V,  1  ein  Irrthum  vorauszusetzen  und  anzunehmen, 
ler  Manius  Papirius  nicht  erster  rex  sacrorum ,  sondern  ersler  pontifex 
;  war.  Gleichwohl  bedingt  dies  nicht,  worauf  im  obigen  zurückzukommen 
en  Manius  mit  dem  obigen  Caius  Papirius  für  identisch  anzusehen :  der 
kann  recht  wohl  der  Amtsvorgänger  sein:   A.   307. 

5)  Die  vojjloi  werden  ebenso  gegenübergestellt  den  Opfervorschriften :  o? 
.  xat  at  7tspi  tcüv  tspwv  8iaYpa<pa(,  als  auch  lediglich  in  der  Parenthese 
,   welche  beginnt  mit  /aXxott  y«P  und  schliesst  mit  Upa>v  Stoqpacpaf. 


672  Mobitz  Voigt,  [IN 

bis  dann  nach  jenem  Brande  dieselben  als  Amtsgeheimnis  tob  des 
pontifices  zurückgehalten  wurden. 

Jener  Bericht  des  Dion.  betrifft  somit  einzig  und  allein  etoe  im 
staatsrechtlichen  Gesetzespüblication  parallele,  auf  die  Opfervorschrifa 
bezügliche  amtliche  Thätigkeit  des  pontifex  jnaxiutus:  die  Aufeletof 
jener  Vorschriften  in  öffentlichem  Gebäude  zum  Zwecke  ihrer  It- 
kanntmachung  für  das  Volk ;  dagegen  betrifft  derselbe  weder  ie 
Rechtsgesetze  der  Königszeit,  noch  eine  von  dem  pontifex  miiiM 
vorgenommene,  auf  jene  nämlichen  Vorschriften  bezügliche  SammMg 
litterarischen  Characters,  sei  es  zu  amtlichem,  sei  es  zu  wis9en9eh£ 
lichem  Gebrauche.  Demgemäss  berechtigt  daher  der  Inhalt  je* 
Stellen  aus  Dion.  und  Liv.  in  keiner  Weise,  dieselben  in  irgend  weiche 
sachliche  oder  historische  Verbindung  mit  den  RechtsgeeeteeB  oder 
mit  dem  Jus  Papirianum  zu  bringen.*" 

Dagegen  betreffen  dieses  Jus  Papirianum  folgende  QuellensteUau 

Pomp.  Ench.   (D.  I,  2,  2.  §  2) :    Romulus  —  leges  quasdam  et  ip 

curiatas  ad  populum  tulit,  tuleruni  et  sequentes  reges;  quaeon» 

conscriptae  extant  in  libro  sexto2*7  Pä^irii,  qui  fuit  Ulis  temporft* 


286)   Beides  geschieht  von  Lange,   rom.   AMerth.   P,   3  4  4. 

28*7)  Handschriflliche  Lesungen  sind:  in  libro  Sexti:  Flor.,  sowie  fcfka 
CJossius,  Codi  cum  quorundam  manuscr.  Dig.  vet.  3  ir.  beschriebene  Scbradentfc 
Codex ;  in  libro  sexto :  Vat.  (nach  Moinmsen's  Digesten- Ausgabe;  ;  in  libro  H: 
Palav.  Paris  (bei  Mommsen,  a.  0.)  und  so  nun  auch  nach  Cuiac.  opera  UL 
Paris.  4658  f.  909:  eomplures  libri  manuscripti  pro  »Sexti«  lianc  notam  perscriptoi 
habent  »VI«:  und  ähnlich  auch:  in  libro  sex  die  Ausgabe  von  Jar.  Gatticus  U7fc 
in  VI  libro:  Stuttgart,  (bei  Clossius  I.  c.  8  flV  :  in  libris  VI:  Stuttgart,  bei  Ckas» 
I.  c.  19  f.)  und  ähnlich  auch:  in  libris  sex  die  Ausgabe  von  Nie.  Jenson,  F* 
die  Lesung  nun  ob  Sexti  oder  sexto  ist  massgebend ,  zuerst  dass  Pomp.  4» 
Papirius  in  §  36  Publius  nennt:  denn  da  an  zwei  verschiedene  Papirü  hierbei  «* 
zu  denken  ist ;  da  nicht  minder  undenkbar  ist ,  dass  Pomp,  in  seinem  ksft* 
llandbuche  kurz  hintereinander  dem  einigen  Papirius  zwei  verschiedene  pratDOfli* 
beilege ;  da  endlich  die  Lesung  Publius  handschriftlich  feststeht  und  bezüglich  fe* 
selben  eine  Emendation  weit  bedenklicher  ist ;  so  rauss  das  Verderbnis»  in  4* 
Sexti  des  Flor,  gesucht  werden.  Sodann  hat  aber  auch  diese  Lesung  dt*  R* 
an  sich  einen  nur  geringen  YVerth,  weil  derselbe  einer  Handschrift entamilie  *#* 
hört ,  welche  im  Allgemeinen  die  Zahlen  aus  den  Ziffern  in  Worte  unisetzt«  vd 
hierbei  mannich fache  Fehler  begeht.  Aus  beiden  Gründen  ist  somit  der  bäb* 
Grad  von  Glaubwürdigkeit  der  Lesung  sexto  beizumessen.  Der  gegen  «Hesefc 
erhobene  Einwand  aber  \on  den  in  A.  292  citirteu  Salverda  20,  Zimmern.  1 1 ' 
A.,   was  denn  in   den    übrigen    fünf   ersten  Büchern  gestanden  haben  solle,  fett 


Itt]  Lkbs  kmiae.  673 

quibus  Superbus  Demarathi  Corinthii  filius,28*  ex  princtpalibus  viris. 

k  über,  ut  diximus,2*9  appellatur  hiß  civile  Papirianum,    non   quia 

Papirius  de  siio  quicquam  ibi  adiecit,  sed  quod  leges  sine  online 

tat«  in  unum  composuit.    §  7) :  hie  über ,   qui  actiones  continel, 

appellatur  lus   civile   Flavianum,    sicut  ille   lus  civile  Papirianum. 

(§  36) :  fuit  —  in  primis  peritus  (sc.  itiri«  civilis    PtiMios  Papirius ; 

jqmi  teges  regias  in  unum  contulit; 
Ilaer.  Sat.  III,  11,  5  f. :   in  Papiriano  —  Jure  evidenter  relatum  est 
v-arae  vicera  praestare  posse  mensam  dicatam:  Ut  in  templo,  inquit, 

ittBonis  Populoniae  augusta  mensaest.    Namque  in  fanisalia  vasorum 
.;  «int  et  sacrae  supellectilis,  alia  ornameotorum  etc.290 
htmL  46  ad  I.  Jul.  et  Pap.  (D.  L,  16,  144):  Grantus  Flaccus  in  libro 
-    4e  Jure  Papiriano   scribit  pellicem  nunc   volgo  vocari,  quae  cum 

eo,  cui  uxor  sit,  corpus  misceat; 
Serv.  in  Aen.  XII,  836 :  quod  ait  (sc.  Vergil.)  »Moroni  ritusque  sacro- 
*  *mm  adiieiam«,  ipso  titulo  legis  Papyriae  usus  est,  quam  sciebat  de 
r  !■  rita  «acrorura  publicatam ;  —  —  utramque  legem   sacrorum  com- 
_  plexus  est:  nam  »ritus«  est  comprob$ta  in  admintstrandis  sacrifieiis 

[ooasuetudo],   q[uam]  civitas  ex  alieno  aseivit  sibi  (vgl.  A.  225) ; 

cum  peeeptum  est,  »mos«  appellatur. 

Eadlich  gehört  in  gewisser  Beziehung  hierher  noch 

ad  Att.  VI,  1 ,  8 :  sex  libris   tamquam   praedibus  me  ipsum  ob- 

Älrinxerhn,  quos  tibi    tarn   valde  probari   gaudeo;  e   quibus   unum 


i  Obigen  seine  Beantwortung.  —  Die  Aufstellung  von  Schulin,  ad  Paod.  Ut.  de 
*V  iur.  29,  dass  §  36  nicht  aus  Pomp.  Ench.  stamme,  erscheint  mir  bedenklich. 
988)  Dieses  filius  nicht  im  Sinne  von  Sohn,  sondern  von  Descendenl  zu 
i,  gestaltet  der  juristische  Sprachgebrauch:  Jul.  8t  Dig.  (D.  L,  16,  20t), 
'.  2  Quaest.  [I).  cit.  220  §1.3;  die  Tradition  aber  schwankte,  ob  Superbiis 
oder  Grossenkel  des  Demaratus  sei:  Liv.  I,  46,  4.  §  22  unter  II  A  I  <l, 
wählte  nun  Pomp,  den  Ausdruck  filius.  Anders  Glück,  opusc.  II,  4  58  ff. 
3189)  Unbefriedigend  bezieht  Osann,  Pomp,  de  Orig.  Jur.  23  dieses  ut  dixinuis 
*  *fci«  Worte  in  Hbro  Papirii.  Ich  halte  die  Ansicht  für  richtiger,  dass  die  be- 
*^^^  Passage  nicht  mit  in  die  Digesten  aufgenommen  ward  :  s.  Schulting-Sinalleii- 
r^>      notae  ad  Dig.   in  h.   1. 

990)  Es  enthält  diese  Stelle,  wie  gar  keinem  Zweifel  unterliegen  kann,  nicht 
k  ^ncerpt  aus  dem  Jus  Papirianum  selbst ,  sondern  aus  Gran.  Flacc.  de  Jure 
^•■•^aioo;  so  schon  Wesseling,  Obser\ationes  H  ff.,   Dirksen,  Versuche  200  A.  101, 

a^^^_ 

^••fc^rn,  a.  O.  §  26.  A.   7,   Zumpl,   Oim.   Ht.   I.    I,   29  u.   A.  in.      Im  Uebrigen 


n   a   «% 


674  Momtz  Voigt, 

ioxopixAv   requiris  de  Gn.   Flavio,   An[n]i   Milium),     llle  vero 
decemviros  non   fuit,   quippe   qui  aedilis  curulis  fuerit,  qw  ■ 
stratus  multis  annis  post  decemviros  institutus  est; 
denn  indem  in  dieser  Stelle  Cic.  von  seinen  dem  Atticus  Ubersetd 
libii  6  de  Rep.   spricht;291   indem  hiernach   in   diesen   Buchen 
dem  Cn.  Flavius   und  dessen  Jus  Flavianum  gehandelt  war;  ■ 
endlich  Atticus  dieses  letztere  Werk  irrthünilicher  Weise  vor  d» 
der  Decemvirn  versetzte;  so  erklärt  sich  nun  dieser  letztere  InH 
einzig   und   allein   in   der  Weise,    dass  Atticus   von   einem  vor 
Decemvirn  abgefaßten,  ähnlichen  Werke  Kenntniss  besasg,  wk 
er  irrig  mit  jenem  ersteren  verwechselte ;  und  dieses  letztere,  i 
Atticus  bekannte  andere  Werk  kann  eben  nur  das  Jos  Papm 
gewesen  sein,  in  welchem  sonach,  gleichwie   in   dem  los  Ftarii 
Formeln  der  Legisactionen  zusammengestellt  waren. 
Durch  diese  Stellen  wird  somit  bekundet: 

1.  die  Existenz  eines  litterarischen  Werkes, *ö  welches  dal 
Jus  Papirianuni2™  führte:  Macr.,  Paul.,  daneben  aber  auch  leih| 
genannt  ward:  Serv.:  lex  Papyria  publicata; 

2.  als  Autor  dieses  Werkes  ein  angeblicher  Publius  Pap 
welcher  ebenso  als  einer  der  Vornehmen  des  Staates:  ex  prineipri 
viris,  wie  als  Rechtsgelehrter:  peritus  iuris  civilis  gekeiMieM 
dessen  amtliche  Stellung  aber  in  Magistratur  oder  Priesterthum  i 
angegeben,  und  dessen  Lebenszeit  endlich  in  das  Zeitalter  des' 
quinius  Superbus  verlegt  wird:   Pomp.  §  t.  36; 


294)   Vgl.  Moser,  Cic.   de  Rep.   XXIX. 

292)  Vgl.  darüber  J.  11.  Mollenbeck,  de  Jure  Papir.  Giess.  1697  (afep* 
auch  hinler  Glück,  de  Jur.  civ.  Pap.)  ;  Heineccius,  de  Jur.  Pap.  in  Opusculi0 
f  IL  Nie.  Tortorelli,  degli  antichi  giurecons.  roin.  Napoli  1736  S.  I  ff.  GXA 
Jur.  civ.  Pap.  Hai.  4  780  (abgedruckt  auch  in  dessen  Opusc.  iurid.  D,  *' 
C.  Einert ,  de  Pap.  el  iur.  Pap.  Lips.  4  798;  Z.  Salverda,  de  Jur.  CffJ 
Groning.  4  825.  Taillandier,  analyse  d'une  le$on  de  M.  Daunon  sur  ledroÜpP 
in  Thcmis,  Par.  1823  V,  25  4  IL  Dirksen,  Versuche  236  ff.  Osano,  W 
Or.  Jur.  2  4  IT.  Ritler  zu  Ueineccius,  hisi.  iur.  civ.  Argentor.  1754  S.  3 
Zimmern,  Gesch.  d.  röm.  Priv.  Rts.  §  27;  Rein,  Crim.  Rt.  47  ff.  i«  &■ 
Realencycl.  IV,  660;  Sanio,  Varroniana  136  ir.  Zumpt ,  Crim.  Rt.  I,  4  *•  i 
Bouchc-Leclercq,  les  pontifes   192  IT. 

293)  Papyrianuui,  Papyrius  schreibt  nicht  nur  Serv..  sondern  auch  bei fl 
§  2.   7   und   36  der  Flor. 


I]  Legks  rrgwr.  675 

3.  als  Inhalt  dieses  Werkes  eine  Sammlung  von  Normen  aus  der 
nigszeit,  im  Besonderen  aber  von  Ordnungen  namentlich  zwiefachen 
laltes: 

a.  von  Opfervorschriften:  Serv. ,  sowie  Paul.,  wonach  das  lus 
)irianum  das  Verbot  enthielt:  pelex  aram  Iunonis  ne  tangito  (§  2 
er  4),  ingleichen  Macr.   (s.  A.  313); 

b.  von  Rechtsgesetzen:  Pomp.  §  2:  leges  conscriptae  extant  in 
•o  sexto  Papirii;  leges  sine  ordine  lalas  in  unum  composuil;  §  36: 
es  regias  in  unum  contulit; 

4.  bezüglich  der  Oeconomie  dieses  Werkes,  dass  dasselbe  in 
brere  Bücher  zerfiel,  welche  Specialtitel  führten,  und  zwar  dass 
besondere 

a.  die  Opfervorschriften  zusammengestellt  waren  in  einem  Buche, 
Iches  den  Titel  führte  »Mos  ritusque  sacrorum«:  Serv.:  ipso  titulo 
is  Papyriae  usus  est  (sc.  Yergilius  verbis:  »morem  ritusque  sacro- 
o  adiiciam«),  quam  sciebat  de  rilu  sacrorum  publicatam;293*  und 
ederum 

b.  die  Rechtsgesetze  zusammengestellt  waren  in  dem  sechsten 
che,  welches  den  Titel  führte  »lus  civile«:  Pomp.  §  2:  leges  (sc. 
riatas  regias)  conscriptae  extant  in  libro  sexto  Papirii;  is  liber 
pellatur  lus  civile  Papirianum;  §  7:  appellatur  ille  (sc.  liber)  lus 
nie  Papirianum. 

Im  Uebrigen  berechtigten  die  Thatsachen,  dass  das  Verbot, 
'Iches  dem  Kebsweibe  den  Altar  der  Inno  untersagte,  einerseits 
dem  lus  Papirianum  aufgenommen  war,  und  andrerseits  nach  §  2 
er  4  als  lex  regia  in  der  römischen  Litteratur  auftritt,  zu  der 
nähme,  dass  auch  die  übrigen,  in  §  2  zusammengestellten,  in  den 
eilen  als  leges  regiae  bezeichneten  Cultusvorschriften  ebenfalls  in 
n  lus  Papirianum  Aufnahme  gefunden  hatten,294  indem  gerade  diese 
'Ordnung  derselben  in  jener  Sammlung  die  Veranlassung  gegeben 
te,  dieselben  als  leges  regiae  zu  priidiciren  (A.  2),  wahrend  sie 
ichwohl    Geselze    nicht    waren.      Diesfalls    aber    überweisen    sich 


293*)  So  auch  Zumpt,   Crim.   Rt.   I,    I,   3  4  ff. 

294)  Hieraus  folgerte  man  vielfach,  dass  jene  Cultusverordnungen  auch  im 
»  civile  Papir.  gestanden  hätten,  vgl.  Glück,  opusc.  eil.  4  84  ff.  oder  dass  das 
ziere  nur  Cultusverordnungen  enthalten  habe:   Ritter,   l.  c. 

Abhandt.  d.  K.  8.  GeseUpch.  d.  Wisnoiisch.  XVII.  46 


676  Mobitz  Voigt,  [MI 

nicht  allein  dem  Mos  ritusque  sacrorum  die  Opfer  Vorschriften  m  |1 
unter  1 .  2.  3.  8,  sondern  es  überweist  sich  auch  dem  lus  Pipiri» 
mim  noch  eine  zwiefache,  andersartige  Stoffmasse:  theils  nlaHi 
Satzungen,  welche,  der  Oberaufsicht  der  pontifices  unterstellt,  mit 
Sphäre  der  relligio  domestica  fallen:295  §  2  unter  5.  6,  thetts  ähi 
auch  die  speciellen  Etikettenvorschriften  für  gewisse  Priester,  fc 
zugleich  der  besonderen  Oberaufsicht  und  Controle  der  pootifi» 
unterstellt  waren:296  §  2  unter  7,  so  dass  hieraus  nun  das  Matai 
für  ein  drittes  und  viertes  Buch  des  lus  Papirianum  sich  ergwfc 
Und  dann  wiederum,  indem,  wie  obbemerkt,  T.  Pomponias  Alibi 
das  lus  Flavianum  mit  seinen  Formeln  der  legis  actiones  (A.  Wf 
irrthüml  icher  Weise -mit  dem  lus  Papirianum  verwechseln  und  ifefr 
tiliciren  konnte,  so  ergiebt  sich  nun  hieraus  für  das  letztere  nfa 
Legisactions-Formeln  eine  noch  anderweite  Stoffgruppe,  deren  Em* 
niss  insofern  der  pontiQcalen  Amtssphäre  anheimfiel,  als  eil  bem» 
ders  beauftragter  Pontifex  berufsmässig  den  Pi  ocesspai  theien  auf  da» 
Erfordern  die  Formel  der  in  concreto  zu  führenden  und  von  jwi 
auf  eigene  Gefahr  zu  concipirenden  Legisaction  zu  weisen  hatte,* 
somit  auch  die  Legisactionen  der  Oberaufsicht  des  pontifix  luaia* 

i 

unterfielen. 

Im  Uebrigen ,  indem  die  bei  Macr.  cit.  überlieferte  Notiz  d 
eine  die  sacra  curialia  betreffende,  in  dem  lus  Papiriannoi  aufge- 
nommene, uns  aber  verloren  gegangene  Vorschrift  zu  beziehen  U 
(A.  290),  so  bestätigt  jene  Notiz  die  überdem  ganz  selbstverständ- 
liche ThaLsache,  dass  uns  selbst  bei  Weitem  nicht  der  gesanfl* 
Inhalt  des  lus  Papirianum  bekundet  ist. 

Sodann  ergiebt  sich  auch  wieder  aus  allen  dem,  was  ak  lokal 


295)  Becker-Marquardt,   a.   0.   IV,   234  ff.    249  ff. 

296)  Dies  erhält  eine  besondere  Bestätigung  dadurch,  dass  Gran.  FUcc.  * 
Jur.  Pap.  in  der  That  hiervon  gehandelt  hat:  A.  314.  Im  Allgemeinen  ff}. 
Becker-Marquardt.   a.   0.    248.    269. 

297)  Pomp.  cit.  §  6  :  omnium  —  harum  (sc.  XII  tabularum  et  Interpret 
tionis  et  legis  aclionum  i.  e.  totius  iuris  civilis)  et  interpretandi  setentia  et  acüofi* 
(d.  s.  Formulare  s.  A.  304)  apud  collegiurn  pontificum  erant,  ex  quibas  cob- 
stituebatur,  quis  quoquo  anno  praeessel.  Et  fere  populus  annis  prope  centoo  h* 
consuetudine  usus  est,  vgl.  A.  244.  245.  Sank),  a.  0.  18t  ff.  Dagegea  v&* 
ich  nicht  hierher  Cic.   de  Leg.   II,    4  2,   29  s.   A.   254. 


]  Lecks  rkgiak.  677 

;  lus  Papirianum  i>ekondet  ist,  eine  Beziehung  zu  der  pontificalen 
kte-Thätigkeit,  wie  -Stellung,  und  zwar  zu  der  Sphäre  des  ponti- 
ilen  Oberaufsichtsrechtes  **>  im  Besonderen,  nicht  aber  zu  den  den 
Uifices  selbst  obliegenden  besonderen  Opfer-  und  Cultushand- 
geti.2**  Und^  indem  dieses  darauf  hinweist,  dass  im  Interesse 
I  Dienste  des  pontificalen  Oberaufsichts-Amtes  das  lus  Papirianum 

eine  reine  Stoffsammlung  (A.  302)  angelegt  ward,  so  wird  nun 
h  nirgends,  selbst  nicht  von  Pomp.  cit.  irgendwie  bekundet,  dass 
5s  Werk  eine  im  Interesse  des  Volkes  und  zum  Zwecke  der  För- 
mig von  dessen  Rechtskenntniss  abgefasste  Sammlung  gewesen 
,  vielmehr  wird  solche  Tendenz  ausgeschlossen  theils  durch  die 
§  19.  26,   wie   im  Obigen   erörterte  Thatsäche   einer  zu   Beginn 

Republik  vollzogenen  Publication  von  leges  regiae,  wie  von  Cul- 
rorsehriften,  theils  auch  durch  die  Thatsäche,  dass  ein  Theil  des 

Ins  Papirianum   enthaltenen   Stoffes  noch  Jahrhunderte   hindurch 

*  dem  Volke  geheim  gehalten  wurde  (A.  268). 

Nicht  minder  weisen  aber  auch  diese  Momente  darauf  hin,  dass 

*  Verfasser  selbst  des  lus  Papirianum  pontifex  maximus  gewesen 
,**  da  nur  in  solcher  Stellung  derselbe  ebenso  den  Beruf,  wie 
3  Material  und  die  Einsicht  in  die  zu  lösende  Aufgabe  für  sein 
*k  gewinnen  konnte. 

Und  Alles  dies  ergiebi  nun  endlich,  dass  die  in  Folge  des  Ueber- 
Qges  zur  republikanischen  Staatsverfassung  eintretenden  politischen, 
e  kirchlichen  Veränderungen   die  Veranlassung  zur  Abfassung  des 

*  Pbpirianuro  gegeben  haben:  indem  nach  Vertreibung  der  Tarqui- 

*  die  bisher  dem  rex  obliegenden  administrativen  und  oberauf- 
ktlichen  Cultus-Functionen  auf  den  neu  eingesetzten  pontifex  max. 
ertragen  wurden, Jwt  so  musste  alsbald  das  Bedürfniss  sich  geltend 
eben ,  ft>r  diese  neu  eingesetzte  geistliche  Oberbehörde  eine  deren 
«sort  entsprechende,  umfassende  Amtsinstruction  zu  beschaffen, 
,    in  den  bisherigen  commentarii  pontificum   nicht   inbegriffen,    in 


298)   Becker-Marquardt  a.  O.   188.   *18  ff. 

2*9)   Becker-Marquardt  a.   0.    197  (f. 

306)   Auf   eine  hohe  Amtsstellung   des  Papirius   weis!    auch    hin  Pomp.  :   fuit 

prineipalibus  viris;  vgl.  auch  Glück,  a.   0.   49.   67  tf. 

301)   Becker-Marquardt,  a.  0.   J89  f. 

46» 


678  Moritz  Voigt,  [I* 


den  comrnentarii  regum  mit  enthalten  war.  Diesem  Bedürfnisse 
nun  allerdings  nach  §  18  auf  officiellem  Wege  durch  Uebenahtt 
der  betreffenden  Parthieen  der  commentarii  regum  abgeholfen.  Ata 
im  Interesse  einer  prompten  Pflege  jenes  die  mannichfachstea  A£ 
gaben  in  sich  vereinigenden  Amtes,  zur  Förderung  somit  der  Uct* 
sichtlichkeit  und  Orientirung  gegenüber  dem  einschlagenden  mm* 
haften  Stoffe  übernahm  es  überdem  ein  pont.  max.  Papirioa,  it 
jenem  neuen  Ressort  des  Oberpontificates  anheimfallenden  Normet • 
einem  umfassenden  Sammelwerke  zusammenzustellen  und  ebeas&A 
dessen  Oberaufsicht  unterfallenden  Cultushandlungen  und  Rechtete, 
wie  die  mit  Cultus  oder  Religion  in  Beziehung  stehenden  Red*» 
gesetze  zu  sichten,  zu  gruppiren  und  je  in  besonderen  Abschnitt 
libri  zusammenzustellen,  wie  zu  vertheilen,  ohne  im  Uebrigen  kprf 
welche  abändernde  und  zusätzliche  Einwirkung  auf  solchen  Stoff  «fr 
zunehmen.302  Und  dies  nun  ist  jenes  von  den  Späteren  als  los bp 
rianum  bezeichnete  Sammelwerk. 

Und  zwar  umfasste  im  Besonderen  das  eine  Buch  dieses  Werl»: 
der  Mos  ritusque  sacrorum  das  nicht  pontificale  Opferritual  (unter  li), 
wie  solches  in  den  libri  regum,  wie  später  auch  der  pontificese* 
halten  war  (A.  230—232.  237).  Ein  anderes  Buch  umfasste  sota 
die  der  relligio  domestica  anheimfallenden,  ebenfalls  in  den  com«* 
tarii  pontiGcum  nachweisbaren  (A.  242.  243)  Cultushandlungen  [l 
295) ;  und  hieraus  wiederum  "dürfen  wir  mit  vollster  Sicherheil  4 
Stoff  fUr  ein  drittes  Buch  auf  die  Formeln  der  in  den  nämtickei 
commentarii  eingetragenen  öffentlichen  Cultushandlungen  (A.  2J8- 
241)  schliessen.  Ein  viertes  Buch  enthielt  fernerweit  die  Etikette* 
Vorschriften  bezüglich  der  der  besonderen  Controle  des  pontifexfltfL 
unterstellten  Priesterthümer,  so  der  virgines  Vestales,  der  flaota 
(A.  296).  Den  Stoff  für  ein  fünftes  Buch  ergaben  sodann,  wie<^  1 
bemerkt,  die  auch  in  den  commentarii  pontificum  nachweisbar* 
(A.  245)   legis  actiones,  während  endlich  das  sechste  Buch:  das  hl 


302)  Pomp.  cit.  §  1:  non  Papirius  de  suo  quiequam  ibi  adiecil,  sed  tof* 
sine  ordine  latas  in  unum  composuit.  Indem  Pomp,  so  die  Haltung  des  te 
Papirianum  beschreibt,  widerlegt  er  selbst  die  Vermuthung  von  Santo,  a.  0.  Ul, 
er  habe  niemals  dieses  Werk  gesehen.  Ebenso  sprechen  für  jenes  die  Aosdricto 
von  Pomp.  §  2  :  omnes  conscriptae  extant ;   is  über  appellatur  Jus  civile  Papirianum. 


i]  Leges  regiae.  •  679 

nie  die  leges  regiae  im  eigentlichen  Sinne:  die  Rechtsgesetze  der 
ftrigszeit  zusammenstellte.  Und  zwar  haben  wir  diese  Einstellung 
«uglich  derartiger  leges  regiae,   deren  Anwendung  nicht,   wie  die 

§  18  a.  E.  aufgeführten,  eine  Cognition  der  pontifices  erheischte, 
tib  was  die  privatrechtlichen  Gesetze  betrifft,  aus  deren  Bedeutung 
'  die  Legisactionen ,  wie  aus  dem  Respondentenamte  der  pontifices 

297),  theils  was  die  Criminal-  und  sonstigen  Gesetze  betrifft,  aus 
er  denselben  inliegenden  Beziehung  zur  Religion  zu  erklären :  denn 

mit  Execrätion  oder  Consecration  drohenden  Gesetze  in  §  4.  7. 
12..  13  erforderten  zu  der  Vollziehung  der  Strafe  die  Mitwirkung 
r  pontifex  max.  (A.  239),  während  bei  dem  Gesetze  über  die 
entliehe  Alimentation  von  unmündigen  Drillingen  männlichen  Ge- 
ilechtes die  Idee  der  Erfüllung  einer  dabei  maassgebenden  religiö- 
t  Verpflichtung  zu  Grunde  gelegen  haben  wird   (S.  84). 

So  daher  war  das  Ius  Papirianum  in  der  That  eine  Formel- 
i  Ritual-Sammlung  im  Dienste  des  geistlichen  Oberaufsichts-Amtes 
p  pontifices303  und  so  nun  entsprechend  einer  ähnlichen  Sammlung 
a  Legisactions-Formeln,  welche  von  Cn.  Flavius  in  dem  consulari- 
len  Archive  vorgefunden  und  veröffentlicht  ward.304 


303)  Der  einzige  Schriftsteller,  der,  die  verkehrte  Ansicht  aufgebend ,  es  sei 
■  las  Papirianum  eine  Gesetzessammlung  für  das  Volk  gewesen,  die  Frage  nach 
•anlassung  und  Zweck  von  dessen  Abfassung  beantwortet,  ist  Bouche-Leclercq 
c.  4  93 :  es  ist  dasselbe  eine  pontificale  Vorarbeit  für  die  XII  Tafeln :  eine 
Dmlung  des  heimischen  Gewohnheitsrechtes. 

304)  Pomp.  Ench.  (ü.  I,  2,  2.  §7)  sagt  bezüglich  der  Legisactions-Formeln : 
ilea  quum  Appius  Claudius  proposuisset  et  ad    formam    redegisset  has  actiones, 

.  Flavius  —  surreptum  librum  popülo  tradidit.  Da  nun  bei  der  von  Flavius 
•eits  vorgefundenen    Sammlung,    als   einer   reinen  Sammlung   und   weil  der  Zeit 

der  Mitte  des  5.  Jahrh.  angehörig,  an  eine  litterarische  Arbeit  im  Dienste 
senschaftlicher  Interessen  nicht  zu  denken  ist,  vielmehr  dieselbe  nur  als  In- 
tctionsbuch  im  Dienste  amtlicher  Geschäftsführung  aufgefasst  werden  kann,  so 
ebt  sich  ein  Bedenken  wider  die  Autorschaft  des  Claudius.  Denn  Flavius  war 
J.  450  cttrulischer  Aedil,  als  solcher  den  Concordia-Tempel  weihend  (A.  268), 
lentsprechend  im  J.  449  seine  Veröffentlichung  jenes  »liber«,  des  sogen.  Jus 
ianum  erfolgte.  Vor  dem  J.  450  war  aber  Flavius  scriba  des  Claudius  d.  h. 
i-etär  bei  derjenigen  Magistratur ,  welche  Claudius  bekleidete ,  somit  also  Con- 
ts-Secretär,  indem  Claudius,  nachdem  er  442  Censor  gewesen,  im  J.  447 
sul  war,   wogegen  er  die  Pr'atur  erst  459  bekleidete,    nachdem  er   im  J.   458 

zweites  Consulat  geführt  hatte.     Da  nun  im  J.   447,   nachdem  seit  d.  J.  388 


680  Mobitz  Voigt,  |fft 

Was  sodann  die  Person  jenes  von  Pomp,  genannten  Pufafe 
Papirius  betrifft,  so  ist  davon  auszugehen,  dass  das  pnnnnm 
Publius  ein  irrthümliches  ist,  weil  bei  den  patricischco  Papiriera  ■ 
die  Namen  Caius,  Cneus,  Lucius,  Manius,  Marcus  und  Spn| 
ebensowenig  dagegen  Publius,  wie  Sextus  üblich  sind.3*  Und dk 
nun  wiederum  Dion.  einen  Manius  Papirius  nennt,  welcher  tk 
der  erste  pontifex  maximus  anzuerkennen  ist  (A.  284),  so  <wpk 
sich  nun  ohne  Weiteres,  dass  die  Compilatoren  der  Digesten  ein 
Schreibfehler  begingen,  indem  sie  bei  Pomp,  den  M\  in  eimlt 
Pdlschlich  umwandelten.306 

Die  Frage  endlich  nach  dem  zeitlichen  Verhältnisse,  in  welch» 
dieser  Manius  Papirius  mit  seinem  Ius  Papirianum  zu  dem  (m 
Papirius  und  dessen  Publication  von  Opfervorschriften  steht,  balftr 
die  obige  Aufgabe  zwar  keine  unmittelbare  Bedeutung;  immeiüi 
aber  schliesst  die  von  Dion.  gegebene  Datirung:  (iexd  tip  ujiety 
t(j5v  ßaoiXewv  die  Thatsache  nicht  aus ,  dass  v  während  Manius  k 
erste  pontifex  max.  war  und  als  solcher  das  Ius  Papirianam  in  Iv 
teresse  des  pontificulen  Amtes  anlegte,  Caius  Papirius  ein  Aoiteiadh 
folger  von  jenem  war107  und  so  nun  zu  späterem  Zeitpunkte  die  MS- 
cation  gewisser  Opfervorschriften   im  Interesse  des  Volkes  vomhfc 


bereits  die  Jurisdiction  von  dem  Consulate  abgelöst  und  auf  die  Prälur  Übertrag» 
worden  war,  Claudius  gar  kein  Interesse  daran  hatte ,  eine  Sammlung  \on  Lee* 
actionsformeln  zu  amtlichem  Gebrauche  anzufertigen ,  so  liegt  die  Annahme  nfe, 
dass  Flavius  in  dem  consularischen  Archive,  dem  er  als  scribar  vorstand,  eine  «r 
dem  J.  388  von  einem  Consul  aus  den  commentarii  consulares  ausgezogene  Sm 
lung  von  Legisactionenformeln  vorfand  und  veröffentlichte,  und  dass  es  daher  inf 
ist,  wenn  diese  Sammlung  von  den  Einen  als  eigene  Arbeit  des  Flavius  (so  z.  B.  v« 
Cic.  ad  Att.  VI,  1,  8),  von  Anderen  aber,  so  von  Pomp.,  als  Arbeit  des  CI*»** 
aufgefasst  ward.     Endlich  vgl.  A.   227. 

305]  Schneider,  Beitr.  zur  Kenntniss  der  rom.  Personennamen  4  A.  ^ 
Sanio,  a.   0.    136  A.    196. 

306)  Vgl.  wegen  der  Personenfrage  Glück,  1.  c.  H8ff.  Salverda  1.  c.  I& 
Einert  1.  c.  §  6.     Zumpt,  a.   0.   28;  dann  auch  Cannegieter,  observationes  tfl 

307)  A.  284.  Dazu  kommt  noch  M.  Papirius,  welcher  im  J.  305  pool-D**- 
war:  Ascon.  in  Comel.  69,  7  Kiessl.,  so  dass  drei  Papirier:  Manius,  Gaios  tf* 
Marcus  wenn  auch  nicht  unmittelbar,  so  doch  in  baldiger  Folge  nach  einander  d* 
Oberpontificat  bekleideten ;  denn  einerseits  wechselte  das  Amt  meist  bald  sefee* 
Inhaber,  der  ja  erst  bejahrt  zu  solchem  gelangte ,  während  andrerseits  auch  be- 
züglich  des   Consulates   ähnliches   sich   wahrnehmen   lässt,    dass   nämlich  dasselbe 


]  Leges  regiae.  681 

Jenes  Ins  Papirianum  selbst  nun  ward  coramcnlirt  von  A.  Gra- 
ts Flaecus  de  Iure  Papiriano,  einem  Zeitgenossen,  wie  Anhänger 
»r's,308  welcher  zugleich  auch  Verfasser  eines  dem  Letzteren  ge- 
loteten Werkes  de  Indigitamentis  war309  und  dessen  litterarische 
itigkeit  somit  an  jenem  so  eminenten  Aufschwünge  sich  bethei- 
e,  welchen  von  der  Mitte  des  siebenten  bis  zu  Ende  des  achten 
rhunderts  d.  St.  die  theologische,  kirchliche,  wie  kirchenrechtlichc 
eratur  der  Römer  gewann.310  Und  durch  die  aus  jenem  Werke 
i  erhaltenen  Fragmente311  wird  nun  in  der  That  die  im  Obigen 
*ebene  Characteristik  des  lus  Papirianum  bestätigt:  denn 


weilig  fast  erblich  in  gewissen  gentes  ist.  Im  Uebrigen  ist  es  gewiss  signiticant, 
s  die  Papirii ,  welche  nach  Cic.  ad  Farn.  IX,  24,  2  eine  gens  minor  waren, 
i  Aemtercarriere  mit  dem  Priesterthume ,  nicht  mit  der  Magistratur  beginnen, 
jin  schon    65  Jahre   nach    Vertreibung   der  Könige   gehen   zahlreiche  Magistrate 

ihrer   Mitte   hervor;    denn  bereits   bis   zur  Mitte   des  4.  Jahrh.    bekleiden  sie 

Consulat  oder  Consulartribunat  im  J*  34  3.  318.  324.  327.  332.  336.  338. 
I,  u»d  die  Censur  im  J.  311.  324.  336.  Für  den  uralten  Splendor  des  Ge- 
lechtes zeugt  übrigens  die  tribus  Papiria. 

308]  Dies  ergiebt  sich  aus  der  Widmung  der  Indigitamenta  an  Cäsar:  A.  309. 
ler  berechtigt  dies,  jenen  Schriftsteller  zu  identißeiren  mit  dem  Ritter  A.  Granius 
'<cus  aus  Puteoli,  welcher  als  Anhänger  Cäsars  im  J.  706  bei  Dyrrhachium  fiel: 
s.  B.  C.  III,   71. 

309)  Censor.  de  die  nat.  8,2:  Granius  Flaecus  in  libro,  quem  ad  Caesarem 
Indigitamentis  scriptum  reliquit;  vgl.  Petersen,  de  orig.  hist.  rom.  22  f.  Am- 
cb,  Religionsbücher  2  A.   3.     Fragmente  daraus  bieten:    Censor.  1.  c,  Macr. 

I,   4  8,   3.  Solin.  II,   40.  Arnob.  adv.  Nat.  III,   34.   38.  VI,   7. 

34  0)  Ygl.  A.  2H.  Hierher  gehören  namentlich  Scr.  Fabius  Pictor  (cos.  6  4  9) 
ure  pontificio,  Tarquitius  Priscus  Ostentarium,  Varro's  CuriO  und  rerum  divina- 
,  wie  Cicero's  bezügliche  philosophische  Schriften,  P.  Nigidius  Figulus  de 
irio  und  de  Diis,  Ser.  Sulpicius  Rufus  de  sacris  detestandis,  C.  Trebatius  Testa 
religionibus ,  Sex.  Clodius  und  Gavius  Bassus  de  Diis,  Jul.  Hyginus  de  Diis 
itibus  und  de  proprietate  Deorum,  App.  Claudius  Pulcher  und  C.  Claudius 
melius  de  augurali  diseiplina,  M.  Valerius  Messala  de  auspieiis,  A.  Caecina,  Jul. 
ila  und  Umbricus  Melior  do  etrusca  diseiplina ,  L.  Julius  Caesar  de  auspieiis, 
urius  de  auspieiis  und  pontificalia ,  M.  Antistius  Labeo  de  iure  pontificio,  C. 
us  Capito  de  pontificio  iure  und  de  iure  sacrificiorum,  L.  Cincius  de  fastis, 
lelius  Labeo  de  fastis  und  de  Diis  Penatibus,  Julius  Modestus  de  feriis,  Masurius 
nus  de  fastis  und  de  indigitamentis. 

34  4)  Nicht  hierher  ziehe  ich  Fest.  2  4  4b,  22,  wo  Augustin  und  Ursinus 
lius  für  Graccus  emendiren.  Allein  es  liegt  dort  ein  Fragment  einer  gracchi- 
n  Rede  vor. 


682  Moritz  Voigt,  (■ 

Paul.  10   ad   I.   Iul.  et  Pap.   (D.  L,  16/144):  pelticem  iracri| 

vocari,  quae  cum  eo,  cui  uxor  sit,   corpus  misceat,  sowie  hi 

Diac.  222,  3 :  antiqui  proprie  eam  pellicem  nominabant,  quae  vm 

habenti  nubebat   sind  entnommen   dem  Commentare  der  k\ 

unter  4  besprochenen  Cultusvorschrift;312 
der  obcitirte  Macr.  Sat.  III,  11,  6  stammt  aus  dem  ComroetUr  I 

eine  die  sacra  curialia  betreffende  Cultussatzung;'1* 
Fest.  277%  6:  esse  (sc.  ricam  et  riculam)  muliebre  cinguhwoi 

quo  pro  vitta  Qaminica  redimiatur  gehört  zu  dem  Commentar 

eine  Etikettenvorschrift  für  die  flaminica;314 
Fest.  I78b,   22:   homo  si   fulmine  occisus  est,   ei   iusta  nah 
»     oportet  ist  entlehnt  aus  des  Granius  Commentar  zu  der  die  n 

domestica  betreffenden  Vorschrift:  Si  hominem  fulmen  lovts  <x 

ne  supra  genua  tollito  (A.  15); 
Paul.  Diac.  151,  11:  masculino  genere  parentem  appellabaot « 

etiam  matrem  stammt  aus  des  Granius  Commentar  aber  <& 

regia  des  Tullus  Hostilius  in  §  13. 

Und  so  sind  nun  auch  als  Entlehnungen  aus  dem  Granius  H 
anzusehen  Fest.  253*,  17  (§  2  unter  1);  Gell.  IV,  3,  3  (§  1 1 
4),  sowie  Plin.  H.  N.  XIV,  12,  88  (§  2  unter  2). 


§  2*. 
Quellei  der  Köiigsgesckickte  des  Dituya. 

Der  in  der  Archäologie  des  Dion.  behandelte  Stoff  gliedert  siel 
Maassgabe  der  dargestellten  geschichtlichen  Perioden  in  drei  ver 
dene  Parthieen:  die  Vorgeschichte  Roms:  I — II,  2,  die  Königsgescb 
II,  3— IV  und  die  Geschichte  der  Republik:  V  ff.,  deren  mittler 
nach  Maassgabe  von  §  17  auf  ihre  Vorquellen  zu  analysiren  ii 

Diese  Königsgeschichte  des  Dionys  bekundet  aber  im  Allgen 
eine  so  ausgedehnte  Benutzung  älterer  annalistischer  Vorquelle 


312)   Vgl.  Maians.  ad  XXX  ICtorum  fragm.   II,    131  ff. 

34  3)   Ambrosch,   de  sacerdot.   curial.    14  A.   23. 

314)   Vgl.  Becker-Marquardt,  a.  0.   IV,   274,  sowie  oben  A.   296. 


Leg  es  regiae.  683 

i  zugleich  ein  so  unvermitteltes  Anlehnen  und  sachlich  getreues 
oduciren  des  dort  gefundenen  Darstellungsstoffes,   dass  dieselbe, 

weiterhin  darzulegen,  gar  nicht  als  eine  originale  Arbeit  des 
.,  vielmehr  nur  als  blosse  Compilation  oder,  wenn  man  will, 
'eines  Plagiat  anzuerkennen  ist.  Diese  Wahrnehmung  hat  jedoch 
ich  nichts  befremdliches,  da  verwandte  Vorkommnisse  bekunden, 
weit  verbreitet  solches  Verfahren   in  dem  römischen  Alterthume 

und  wie  diesem  dasselbe  in  ganz  anderem  Lichte  und  weit 
ger  anstössig  und  würdelos,  als  uns  selbst,  sich  darstellte.    Denn 

allein  dass  die  Fachlitteratur,  so  Rhetorik,  Grammatik,  Gromatik, 
ustica,  wie  Jurisprudenz,  die  weite  Verbreitung  solcher  Methode 
unveränderten  stofflichen  Entlehnung  aus  älteren  Vorgängern 
ndet,314*  so  treten  auch  in  noch  anderen  Litleraturgebieten  ver- 
Ite  Erscheinungen  zu  Tage.  Denn  so  ist  solches  der  Fall  zu- 
st   mit    Cicero's   philosophischer  Schriftstellerei,    deren   Methode 

Stahr,  Aristoteles  bei  den  Römern  44  f.  ganz  treffend  in  den 
ten  gezeichnet  wird:  »er  wählte  bei  jedem  seiner  Werke  einen, 
aders  von  den  ihm  der  Zeit  nach  näher  stehenden,  Griechen, 
«reichen  er  sich  in  der  Behandlung  des  Stoffes  und  im  Gange 
Jntersuchung  vorzugsweise  eng  anschloss.  Gesteht  er  nun  auch 
ieser  Beziehung  immer    ein,    fremden   Wegen  nachgegangen  zu 

(sequi),  so  nimmt  er  dafür  desto  eifriger  das  Verdienst  der 
athümlichkeit  hinsichtlich  der  Darstellung  und  Ausschmückung 
Einzelnen  für  sich  in  Anspruch,  und  verwahrt  sich  gegen  den 
rorf  gewöhnlicher  Uebersetzung  so  oft  und   nachdrücklich,   dass 

fast  vermuthen  sollte,  er  habe  dergleichen  Aeusserungen  wohl 
lweilen  von  Zeitgenossen  hören  müssen,  die  auf  gleichem  Felde 

iteten. Ausserdem  that  er  zu  demjenigen,  was  ihm  in  dem 

äffenden  Werke  seines  jedesmaligen  Vorbildes  gegeben  war,  aus 
3m  Urtheil,  sowie  aus  dem  reichen  Schatze  seiner  Belesenheit  in 
en  Philosophen,  namentlich  Piaton,  Xenocrates,  Aristoteles,  Theo- 
stos  u.  A.  hinzu,  was  ihm  passend  und  nöthig  erschien,  ohne  jedoch 
le  secundäre  Quelle  immer  namentlich  anzuführen,  wenn  er  nicht 
i  widerlegend  aufzutreten  und  das  Licht  des  eignen  Scharfsinnes 
iten   zu    lassen,    oder    auch    wohl   sich   hinter    eine    gewichtige 


U*)   Vgl.  auch  Teuffei,  röra.  Litter.3  §  4«,   3. 


684  Moritz  Voigt,  (I 

Auctorität  zurückzuziehen  beabsichtigt.«  Und  ein  andern  taq 
gleichen  Verfahrens  wenn  auch  in  anderem  Genre  bietet  Lm«,i 
wiederum  aus  kleineren,  den  älteren  Annalisten  entlehnten  «1  < 
ihm  selbst  ajustirten  Stücken  sein  Geschieb  tstableau  mosiiatig 
sammensetzte.3*5 

Jenes  compilatorische  Verfahren  des  Dion.  ist  jedoch  wM 
gleiche,  wie  es  von  Cicero  in  seinen  philosophischen  Weitab 
achtet  wird:  denn  es  ist  nicht  lediglich  Ein  Autor,  welcher Ir 
tergrund,  wie  für  Umrisse  und  Details,  welcher  für  AnoiriMg 
Gruppirung  im  Grossen,  wie  für  Characterzeichnung  und  lein 
im  Einzelnen  verwendet  wird ;  vielmehr  sind  es  verschiedene  A« 
denen  die  Darstellung  folgt,  wie  ihren  Stoff  entlehnt.  Altai 
ist  jenes  Verfahren  des  Dion.  doch  auch  wiederum  ein  andm 
bei  Livius:  denn  während  dieser,  wie  obbemerkt,  ais  kk 
Stücken  musivisch  sein  Geschichtstableau  zusammensetzt,  so  nd 
Dion.  grössere,  geschlossene  Massen,  welche  zum  GesammtH 
einander  gefügt  werden.  Und  solche  Aneinanderfügung  de 
lehnten  Stoffes  beschieht  sogar  ohne  tiefer  greifende  Anpam 
Einzelnen:  denn  in  der  That  hat  Dion.  im  Allgemeinen  dm 
gesehen,  die  entlehnten  verschiedenen  Massen  innerlich  zu  i 
miren  und  homogen  zu  gestalten,  um  so  die  Einheitlichkeit  des 
rischen  Colorits  oder  der  Zeichnung  herbeizuführen  oder  au 
den  Widerspruch  in  Bezug  auf  die  berichteten  geschichtliche! 
Sachen  im  Einzelnen  zu  beseitigen. 

Im  Besonderen  aber  nehmen  die  annalistischen  Vorquell 
Dion.,  wie  gegenüber  dessen  ganzer  Archäologie,  so  auch  gegenttl 
Königsgeschichte  insbesondere  eine  zwiefache  Stellung  ein,  welch 
I,  7  selbst  kennzeichnet  in  den  Worten :  Hopxiöc  t*  Kate»  xal 
Md£i[io<;  xal  OüaXepiot  6  '  Avitso;  xal  Aixfvviot  Mdxep,  AtXio(  ts  xai 
xat  KaX7uo6pvtot  xal  sxepoi  aoyyol  Tipo;  toutok;  avope«;  oox  (fyavctc. 
in  diesen  Worten  werden,  wie  bereits  Kiessling,  de  Dion.  Hai. 
auetoribus  latinis  16  hervorhebt,  die  benutzten  Vorquellen  je 
Maass  und  Beschaffenheit  der   beschehenen  Benutzung  in  xwe 


315)  Weissenborn  in  seiner  Berliner  Ausgabe  des  Liv.  I6,  35  ff.;  im  Ei 
z.  B.  Nissen,  Krit.  Untersuchungen  über  die  Quellen  der  vierten  und  fünften 
des  Liv.  340  f. 


Leg  es  regiae.  68Ö 

^ne  Gruppen  zerlegt:  in  die  Hauptquellen ,  denen  Dion.  vor- 
b  und  in  ausgedehnterem  Maasse  folgt:  M.  Porcius  Cato,  Q. 
Maximus  Servilianus,  Valerius  Antias  und  C.  Licinius  Macer, 
ie  Nebenquellen,  denen  Dion.  nur  nebenbei  und  in  vereinzelten 
tu  folgt:  Q.  Aelius  Tubero,  Cn.  Gellius,  L.  Calpurnius  Piso,  wie 

ron  jenen  vier  Hauptquellen  sind  es  nun  zwei,  welche  der 
sgeschichte  vom  Dion.  zu  Grunde  gelegt  sind:  Licinius  Macer 
alerius  Antias.  Denn,  wie  in  §  23  und  24  im  Näheren  dar- 
in ist,  folgt  solche  Königsgeschichte  zwei  Autoren,  welche  selbst 
liametral  entgegengesetzte  politische  Partheistellung  einnehmen: 
me  die  Interessen  der  Popularen-Parthei  verfolgend,  der  An- 
die  optimatischen  Tendenzen  vertretend,  beide  aber  ihren  Par- 
sc hauungen  scharf  und  deutlich  pointirt  einen  Einfluss  auf  ihre 
ichtsdarstellung  einräumend.  Und  zwar,  was  diesen  letzteren 
nt  anbetrifft,  so  ist  bereits  von  Nitzsch,  die  römische  Annalistik 
F.  327.  329  f.  treffend  dargelegt  worden,  wie  von  der  Ge- 
Isschreibung  der  gracchischen  und  der  folgenden  Zeiten 
aus  im  Lichte  der  Partheitendenzen  ihrer  Gegenwart  die  ältere 
;he  Geschichte  erfasst  und  dargestellt  worden  ist.     Und  in  der 

überblickt  man  jenen  gewaltigen  Kampf  der  Partheien,  wie 
r  von  der  Zeit  der  Gracchen  ab  das  letzte  Jahrhundert  der 
ilik  erfüllte  und  erschütterte;  erwägt  man,  wie  in  solchem 
fe  auf  beiden  Seiten  ebenso  die  politischen  Leidenschaften,  wie 
ateriellen  Interessen  ganz  unmittelbar  und  tiefgreifend  in  Mit- 
heit  gezogen  waren  und  wie  namentlich  in  Folge  des  Schwer- 
tes, welches  diese  letzteren  damals  erlangt  hatten,  der  Kampf 
ichster  Energie,  zu  entflammter  Leidenschaftlichkeit,  zu  tiefer 
erung  sich  steigerte;  so  wird  es  begreiflich,  wie  selbst  der 
Unparteilichkeit  strebende  Schriftsteller  aus  jenen  Zeiten,  als 
timer  Mann  inmitten  der  hochgehenden  Wogen  jenes  Kampfes 
id    und    in   seinem  Sinnen    und  Trachten    von    den   Interessen 

Parthei,  wie  von  Antipathieen  wider  die  Gegner  durchdrungen, 
sstimmt  ausgeprägtes  Colorit  für  seine  Geschichtsdarstellung  ge- 
"maassen  in  dem  Griffel  selbst  schon  tragen  musste,  ein  Colorit, 
es  in  der  Auffassung,  Beurtheilung,  wie  Darstellung  der  Ver- 
nheit:   bezüglich   deren  Ereignisse  und  Institutionen,   bezüglich 


686 


Mobitz  Voigt, 


deren  Anschauungen  und  Partheikampfe,  bezüglich  deren  Motive  md 
Tendenzen316  fast  ganz  von  selbst,  auch  wenn  unbeabsichtigt,  <•> 
fliessen  musste.  So  daher  tritt  solcher  Gegensatz  von  populärer  dl 
von  optimalischer  Partheitendenz  auch  bei  Livins  zu  Tage.  U 
zwar  lüsst  darin  dessen  Geschichtsdarstellung,  wie  Nitzsch  a.aft 
155.  159  ff.  167  ff.  darlegt,  einen  successiven  Wechsel  in  der  Ab- 
fassung und  Darstellung  gewisser  staatsrechtlicher  Verhaltnisse  wk 
Vorgänge  erkennen :  es  sind  durchaus  abweichende  Grundangeln» 
gen,  welche  in  den  früheren  und  welche  in  den  späteren  Btttaj 
in  jener  Hinsicht  zu  Tage  treten  und  namentlich  in  Bezug  auf  die  fkk| 
und  deren  staatsrechtliche,  wie  sociale  Stellung  und  Tendenzeo 
Geltung  gelangen.  Und  indem  hierbei  das  Verhältniss  hervortritt, 
jene  den  früheren  Büchern  zu  Grunde  liegende  Auffassung  die 
und  historisch  wahre  ist,  so  erklärt  nun  Nitzsch,  a.  O.  280  ff.  <M 
346  ff.  solchen  Gegensatz  und  Wechsel  in  völlig  überzeugender  Wm 
daraus,  dass  Livius  in  seinen  früheren  Büchern  eine  ältere  vi 
treuere  Quelle  bevorzugt:  den  Fabius  Pictor,  in  seinen  spttm 
Büchern  dagegen  einer  jüngeren  Quelle  jene  entstellenden  &*- 
rechtlichen  Auffassungen  entlehnt,  als  welche  Nitzsch  den  Vderifl 
Antias  anerkennt. 

Während  so  daher  bei  Livius  vornämlich  ein  successiver  WecW 
in  den  leitenden  historischen  Grundanschauungen  zu  Tage  tritt,  H 
stellt  sich  dagegen  bei  Dionys  das  Verhältniss  insofern  völlig  anta 
als  dieser  gleichzeitig  und  neben  einander  zweien  Autoren  i»: 
solcher  diametral  entgegengesetzten  Haltung  folgt :  ebensowohl  eav 
in  populärer,  wie  einer  in  optimatischer  Partheitendenz  gefärbten  tt 
nalistischen  Vorquelle. 


316)   Vgl.   z.  B.   Cic.   de  Leg.   III,   7,    17 :    isla    (sc.  tribunicia)   potestofe  rt 
gravi  las  optimatium  cecidit;    de  Rep.    II,   12,    23:    illc  Romuli    senalus,  qui  <*• 
stabat  ex  optimatibus  ;   p.  Sest.  45,  90:   duo  genera  semper  in  hac  civitale  fueri 
cor  um ,    qui  versuri   in    re  publica  atque  in  ea  se  excellentius  gerere  studaer*- 
quibus  ex  generibus  alteri  s*  populäres ,    alleri    optimales   et  haberi  et  esse  *# 
erunt;    Liv.   III,   39,   9:    cuius    illi    (sc.    Xviri   legibus   scribundis)    esse,  rogHa* 
Populäres?   quid  enim  eos  per   populum   egisse?    Optimales?   qui   anno  iam  pwf* 
senatum  non  habuerint,  tunc  ita  habeant ,    ut  de  re  publica  loqui  prohibeant?  U 
H ,   7 :    primum    omnium    ex   patribus   popularis   factus   cum    plebeis  magistratib* 
consilia  communicare. 


Leg  es  rbgiae.  687 

Und  diese  letztere  Thatsache  bestätigt  nun  zugleich  die  obige 
Stellung,  dass  Licinims  Maccr  und  Valerius  Antias  die  Hauptquellen 
die  Königsgeschichte  des  Dion.,  wie  auch  für  die  Republik  er- 
en,  dagegen  Cato  und  Fabius  Maximus  hierfür  gar  nicht  in  Frage 
imen  können.    Denn,  abgesehen  von  Anderem,  hat  Cato  (gest.  605) 

gracchischen  Unruhen  gar  nicht  mehr  erlebt,  während  Fabius 
imus  (cos.  612),  wenn  er  dieselben  überhaupt  noch  erlebte, 
h  lediglich  den  Beginn  jenes  erbitterten  Kampfes  zwischen  Popu- 
n  und  Optimalen  noch  sah,  dessen  hochgesteigerte  Gegensätze 
*de  in  den  obigen  beiden  divergirenden  Quellen  des  Dion.  sich 
[riegeln.  Damit  aber  ergeben  sich  gewissermaassen  ganz  von 
st  als  jene  beiden  im  Lichte  jenes  Partheikampfes  gefärbten  Haupt- 
llen  der  Königsgeschichte  des  Dion.  die  Annalen  des  Licinius 
«r  und  des  Valerius  Antias :  jener  als  der  energische  und  leiden- 
ifUiche  Vorkämpfer  der  populären  (§  23),  dieser  als  der  Ver- 
er  der  optimatischen  Partheitendenzen  (§  24). 

Aus  diesen  beiden  Hauptquellen  entlehnt  nun  Dionys,  wie  für  die 
chichte  der  Republik,  so  auch  für  die  Königszeit  den  weitaus  über- 
genden  Stoff,  und  dies  in  grossen,  zusammenhängenden,  fortlaufen- 

Massen.  Ein  anschauliches  Beispiel  für  solches  Verfahren  bietet 
i  Parthie  der  Vorgeschichte  Rom's:  I,  79 — 83,  welches  umfassende 
I  geschlossene  Stück  aus  Fabius  Pictor  entnommen  zu  haben 
nys  ausnahmeweise  selbst  bekennt,  und  wo  die  Entlehnung  ohne 

selbsteigene,  eingreifende  Verarbeitung  des  Stoffes  erfolgt,  indem 
mehr  die  Einwirkung  des  Dionys  auf  jenes  Material  lediglich  auf 
seine  Auslassungen,  wie  auf  kurze  Zusätze  sich  beschränkt.317 

Im  Besonderen  aber  sind  solche  direct  aus  der  Vorquelle  ent- 
imene   Stoffmassen   enthalten  in  den  von  Dionys   der  Geschichte 

Königszeit  wie  der  Republik  eingeflochtenen  zahlreichen  Deme- 
een,  jenen  langen,  regelmässig  zugleich  dialogischen,  vielfach  auch 
lenziös  gefärbten  Reden  der  als  handelnd  eingeführten  Personen.31** 
m  die  Thatsache,  dass  Dionys  jene  Demegorieen  nicht  selbst  com- 


347)   Vgl.   Peter,   hist.   rom.    relliq.   I,   9  ff. 

318)  Daneben  finden  sich  auch  noch  kürzere  Reden  vor,  die  jedoch  nicht 
egorieen  sind,  vielmehr  eine  ganz  andere  Hallung  und  ein  völlig  verschiedenes 
•Hge  an  sich  tragen ,    wie    auch    gegenüber   der  dargestellten  historischen  Ent- 


688 


Mokitz  Voigt, 


[IM 


ponirte,  sondern  aus  seiner  Vorquelle  entnahm,31*  erhellt  aus  folget- 
den  drei  Momenten: 

1 .  jene  Demegorieen  sind  in  der  Künigsgeschichte  des  Di* 
höchst  ungleich  vertheilt: 

gar  keine  dergleichen  finden  sich  vor  in  der  Geschichte  fe 
Nnma  und  des  Ancus  Marcitis; 

nur  vereinzelt  treten  solche  auf  in  der  Geschichte  des  Romte 
II,  3.  4  und  des  Tarquinius  Priscus:  III,  60; 

überwiegend  aus  dergleichen  setzt  sich  zusammen  die  GeachMlj 
desTullusHostilius:  III,  3.  7— 11.  14—17.  81.  23.  28— 30,  des  So*! 
Tnllius:  IV,  4.  9.  11.  33.  29—36.  38.  39,  wie  des  Tarquink»  fr] 
perbus:  IV,  47.  71—75.  77—84. 

Dieses  ganz  auffällige  VerhBltniss  aber  erklärt  steh  allein 
tlass  diese  letzten  Geschichtsparthieen  überwiegend  und  die  mMe^; 
zum  Theil   aus   einer  Vorquelle  geschöpft  sind,   welche  die  n 
Vorgänge  der  römischen  Geschichte,  wie  den  völkerrechtlichen  1* 
kehr   Rom's    mit    den    Nachbarstaaten    mit    besonderer   Verliehe  i 
solchen  Demegorieen  zur  Darstellung  brachte. 

2.  Zahlreiche  Aeusserungen  des  Dion.  bekunden,  dass  fe- 
selbe  in  der  von  ihm  benutzten  Vorquelle  solche  Demegorieen  n* 
fand,  welche  er  bei  Entlehnung  des  Stoffes  aus  solcher  QueBe ii 
seiner  Geschichtsdarstellung  ausliess;  denn  so 

a.  in  III,  2  sagt  Dion.,  Claudius  habe  eine  lange  Anklage«* 
wider  die  Römer  gehalten:  tcoXX^jv  ^oi^aaxo  xfiv  '  Propafen  mtfl* 
pfav  und 

b.  in  III,  22  erzählt  Dion.  bei  Darstellung  des  Processes  wÄr 
den  Horatius,  es  seien  angesehene  Burger  als  Ankläger  anfgeW« 
und  hätten  in  iure  eine  lange  Rede  gehalten:  jxaxpav  8t€^tt* 
3>)|A7)Yop(av, 


Wickelung  eine  durchaus  andere  Stellung  einnehmen,  so  z.  B.  I,  8t.  81.  M-tf» 
und  so  nun  in  der  Königsgeschichte:  II,  35.  63.  68.  HI,  24.  7t.  IV,  60.  W- 
65.    66.   70. 

3  t  9)  Diese  Demegorieen  werden  ate  eigene  Compositionen  des  Dion.  i#" 
fosst  von  Niebuhr,  Vorträge  I,  44  und  zuletzt  von  Peter  im  Rhein.  Mus.  Utt 
XXIX,  522  A.  \  ;  die  gegenteilige  Ansicht  wird  dagegen  vertreten  von  NUrt 
a.   0.    23  ff. 


I  Leges  regiae.  689 

'aus  beide  Male  erhellt,  dass  Dion.  solche  dem  Ankläger  in  den 
id  gelegte  lange  Rede  in  seiner  Vorquelle  vorfand,  aber  ausliess; 

c.  in  III,  60  theilt  Dion.  mit,  wie  etruskische  Gesandte  mit  Frie- 
sgesuchen zum  Tarquinius  kommen  und  zuerst  in  einer  beweg- 
hi  Rede  an  seine  Billigkeit  und  Mässigung  appelliren,  unter  Be- 
ng  zugleich  auf  die  zwischen  beiden  Völkern  bestehende  Ver- 
tdtschaft;3*'  wie  sodann  Tarquinius  antwortet,  dass  er  nur  das 
*  von  ihnen  wissen   wolle,  ob   sie  auf  dem  Fusse  der  Gleichen 

über  die  Fassung  eines  abzuschliessenden  Friedensvertrages  mit 
verhandeln  oder  aber  als  Besiegte  sich  bekennen    und   das  Ge- 
ck   ihrer   Staaten    seiner   Entscheidung  anheim  geben   wollen;321 
wie  die  Gesandten   in  einer  Rede  darauf  erwiedern,   sie  hatten 
Letztere  im  Sinne    und  würden   die   ihnen  dictirten  Friedensbe- 
pingen  aeeeptiren,322  worauf  nun  endlich   die  von  Tarquinius  ge- 
ene  Erwiederung  in  Form  einer  längeren  Rede  folgt.    Somit  fand 
Dion.  in   seiner  Vorquelle  vier  Reden  vor,   von   denen   er   die 
ersten  lediglich  recapitulirte  und  nur  die  vierte  aufnahm; 

d.  in  III,  72  berichtet  Dion.,  wie  die  Söhne  des  Ancus  den 
luinius  wegen  des  Todes  des  Navius  bei  dem  Volke  anschwärzen; 
in  das  letztere  betrachtet  jene  als  Verleumder,  nachdem  Tarqui- 
;  dTcoXcrpQÖeU  xpdrcioTa  icepl  a&xoö  rJjv  äiaßoX^v  diceXöoato  und 
ttdem  Servius  Tullius  et<;  IXeov  xoü<;  *P<ofia(oos  ÖTnjY^Tfe'co.  Dion. 
j  somit  hier  zwei  in  seiner  Vorquelle  gefundene  Demegorieen  aus ; 

e.  in  IV,  23,  worüber  vgl.  §  22  unter  III  D  5; 

f.  in  IV,  26   berichtet  Dion.,   wie   Servius   Tullius   die   Häupter 
latinischen  Städte  zusammenberief  und  diesen  vor  versammeltem 

ate  eine    mahnungsvolle  Rede    hielt:    X&pv  8ie£ijX&e  itapaxXTjTixov, 
in  er  zuerst  dieselben  zur  Eintracht  ermahnt  unter  dem  Hinweis, 


S 


320)   ttoXXÄ  8taXsj(d£VTu>v  iiza^oi^i  7rpo<;   £7ris(xsiav   xal    jASTpiorr^a   xal  xr4 
svefas,  Tjs  efys  7rpo$  to  lf)vo<;,  i>iro[At[AV7)axovTa>v. 

3*1)  8v  toüto  [xovov  IcpT]  7rap'  aotaiv  ßooXsa&ai  jiadeiv,  irorspov  In  Sta- 
dtrat irspl  täv  ta«>v  xal  im  pr)ToTs  ttat  ta;  7rspl  -rijs  sip-qviq;  OfioAoff»;  Trapstat 
3oji£vot,  tj  oüYYtvaJoxooaiv  iauToT;  xexpar^jiivoK;  xal  ras  ttoXci;   £rctTp£itou*?iv 


>. 


325)   airoxpivajiivcov  8'   airaiv  ort  xal  ta<;  7roXet?  ImTp&rooaiv  aoTco  xal  ttv 
njv  arip£ouotv  4qp    ot;  av  irore  8txa(ots  ao-rij;  Tti}(«>at. 


690 


Moritz  Voigt, 


[131 


eine  wie  schöne  Sache  es  um  die  Eintracht  der  Staaten  und  i 
übel  der  Hader  zwischen  verwandten  Völkern  sei,  zugleich  dantf 
hinzeigend,  dass  die  Eintracht  die  Grundlage  der  Macht,  die  Zwie- 
tracht die  Ursache  der  Schwäche  sei;  und  dann  nun  denselben?* 
stellt,  wie  die  Völker  lateinischer  Zunge  zur  Herrschaft  über  Midi; 
italien,  unter  jenen  aber  wieder  Rom  durch  seine  Grösse,  dmk 
seine  Grossthaten,  durch  die  göttliche  Prädestination  selbst  zarBe§* 
monie  berufen  sei.  Und  so  nun  legt  er  denselben  durch  solche  hk 
nahe:  xoiaoxa  §ie£eXdu>v  ooveßouXeoev,  dass  sie  ebenso  auf  geM* 
schaftliche  Kosten  einen  Tempel  der  Diana  auf  dem  Aventin  abgt 
meinsame  Opferstatt,  als  Stätte  für  gemeinsame  Jahrmärkte  ondi 
Forum  für  Austrag  wechselseitiger  Streitigkeilen,  wie  auch  ein 
Staatenbund  errichten  möchten.  Und  durch  Darlegung  dieser  «J 
vieler  anderer  Voctheile  bestimmt  nun  Servius  die  Latiner  zurAfr 
nähme  seiner  Vorschläge:  ote£uov  xaoxd  xe  xat  Saa  aXXa  I&wowijA 
ßooXeun/jpiov  h  xaxaaxY]ad(ievoi ,  irdvxac  Iiretoe  xooc  ev  xtp  awtJjif 
7rapovxa;.  Auch  dies  nun  ist  Resume  einer  vorgefundenen  ausgetö* 
ten  längeren  Rede; 

g.  in  IV,  27  schicken  die  Etrusker,  besiegt  nach  zwanziglM» 
gern  Kriege,  Gesandte  an  den  Servius  Tullius,  ihm  von  Neuem  fc 
Hegemonie  über  Etrurien  anzutragen  und  härtere  Maassregeln  ah* 
wenden.  Tullius  legt  ihnen  in  einer  Rede:  T6XXio<;  —  kpf  iw» 
etiucov  das  von  ihnen  begangene  Unrecht  dar  und  sichert  ihnen  sota 
die  traditionelle  Billigkeit  und  Milde  der  Behandlung  zu.  Auchfa 
ist  somit  summarisches  Referat  einer  vorgefundenen  Rede; 

h.  in  IV,  37  berichtet  Dion. ,  wie  Servius  zur  Vereitelung  to 
Verschwörung  des  Tarquinius  eine  Volksversammlung  beruft  und  fr 
eine  lange  und  bewegte  Rede  hält:  paxpotv  xat  aofiicadijj  ta£p 
OYjjjLYjYoptav,  in  welcher  er  zuerst  seine  Verdienste  um  Staat  und  W 
darlegt,  dann  im  zweiten  Abschnitte  die  von  Tarquinius  erhöbet 
Ansprüche  auf  die  Herrschaft  mittheilt,  endlich  in  dem  dritlea Ab- 
sätze dem  Volke  die  schiedsrichterliche  Entscheidung  über  jene  A* 
Sprüche  anheimstellt.  Hier  fand  somit  Dion.  solche  Rede  aosgcftW 
vor,  worauf  überdem  noch  hinweisen  die  Ausdrücke :  auib;  typ* 
wie  xaöxa  Xe£<mo<;  aoxou* 

i.  in  IV,  45 — 48  werden  die  der  Stiftung  des  römisch-launisch 
hernikischen  Bundes  durch  Tarquinius  Superbus  vorausgehenden  Vor 


]  Lkges  rkgiae.  691 

ge  in  der  dramatisirenden  Form  von  Wechselreden  gegeben:  bei 

von  jenem  angesagten  Versammlung  ergeht  sich  in  c.  45  zuerst 
nus  Herdonius  in  einer  ausgedehnten  Anklagerede  gegen  Tarqui- 
;:    icoXXyjv  eitotstxo  toö  Tapxovfou  xaxyjYopiav,   worin   er  denselben 

Anmaassung,  der  Selbstüberhebung,  wie  der  Rücksichtlosigkeit 
licht  igt  und  worauf  nun  Oclavius  Mamilius  denselben  entschuldi- 
d  antwortet:  airoXo"|(ot>|iivoi>  xoö  MafitXfoo.  Am  folgenden  Tage 
.  nun  Tarquinius  eine  Rede,  worin  er,  zunächst  sein  gestriges 
isenbleiben  kurz  entschuldigend,  seinen  Anspruch  auf  die  Hege- 
lie  begründet,  den  Latinern  Versprechungen  für  die  Zukunft  macht 
I  dieselben  zur  Betheiligung  an  dem  sabinischen  Kriege  zu  be- 
imen  sucht:  [itxpd  xe  uirep  xoG  ^poviofiou  irpoetictbv,  Ö7cep  xyjs  ^Ye~ 
fas  eui)i>s  sTCoistxo  X6foo;*  —  ttoXuv   8s  \6yov  &7csp  xoG  Stxat'oo  xat 

6|toXoY«ov  8ts£sXö«>v  xat   fisfäXa  xds  rcoXeis    sospfsXT/josiv    utcoo^o- 

oc, xsXeuxÄv  siTiiftsv  auxouc  im   xo  Saßivcov    edvo;    ooaxpa- 

tiv.  Nach  Beendigung  dieser  Rede:  cb;  $  £7ca6oaxo  Xsycov  tritt 
nus  auf,  theils  den  Anspruch  des  Tarquinius  auf  die  Hegemonie, 
ils  die  Betheiligung  der  Latiner  an  dem  Sabinerkriege  bekämpfend 
I  das  Erlöschen  des  mit  Tarquinius  Priscus  abgeschlossenen  ßünd- 
»s  behauptend:  ttoXXoix;  bizip  d(JL<poxepu>v  Ste&qXde  Xopu;,  xd;  jiev 
!Hjxa;  —  XeXöoöat  Xe-ftov  dann  die  Handlungsweise  des  Tarqui- 
s  zu  Gewinnung  und  Behauptung  der  Herrschaft  qualificirend,  be- 
Anet  er  es  als  Thorheit:  7üoXXtj;  xs  (xtopfa;  I^yj  xat  dcoßXaßefa; 
u,  von  einem  solchen  Manne  Gutes  zu  erwarten  und  rathet,  mit 
n  Kräften  dem  Ansinnen  des  Tarquinius  sich  zu  widersetzen, 
se  Rede  macht  nach  c.  47  Eindruck:  xuto  7coXXu>v  o<po8pa  xtvvjdev- 

kd  xot^  X^-pt*  und  bestimmt  den  Tarquinius,  den  Turnus  zu 
ierben:  die  Rathschläge  seiner  Anhänger  verwerfend,  entwickelt 
lenselben  seinen  Plan:  xouxcov  jxsv  ou8sv?k  skpj  oth  xot<;  TTpafpaotv, 
v  de  *pt6[i7jv  dtausoctxvuxo.  In  Ausführung  desselben  hält  er  am 
enden  Tage  eine  Rede,  deren  Eingang  Dion.  nur  recapitulirt,  in 
m  Hauptstücke  dagegen  wörtlich  wiedergiebt.  In  c.  48  anl- 
ötet dann  Turnus,  arglos  auf  die  von  Tarquinius  geplante  Hinter- 
eingehend: h  Tupvo;  —  i'fY]'  —  —  I<pY].  Somit  fand  Dion.  in 
ier  Vorquelle  diese  Parthie  dargestellt  in  sieben  Reden,  von  denen 
eine  fast  ganz  wiedergiebt,  sechs  aber  lediglich  recapitulirt; 

k.  in  IV,  70  sagt  Dion.,  bei  der  Verschwörung  zum  Sturze  des 

bbandl    d.  K.  S.  Gtsellfch.  d.  Wissenfleh    XVII.  47 


692  Moritz  Voigt,  [W 

Superbus  habe  Brutus  zuerst  über  sich  selbst  das  Wort  ergrife 
dp£d|uvot  U7uep  eautou  Xefeiv,  seine  Geistesschwäche  als  simulirt  d» 
zulegen,  und  dann  habe  er  die  Anderen  dahin  bestimmt:  cnb 
autoix;,  die  Tarquinier  aus  der  Stadt  zu  verweisen,  wofür  er  Vidi 
und  Ueberzeugendes  geredet :  icoXXd  xal  inaf  co^d  et<;  touxo  feaiqfct 
endlich  habe  er  ausgesprochen:  I<prj,  dass  Thaten,  nicht  Worte  iMkf 
seien,  —  somit  also  R6sume  der  vorgefundenen  Rede; 

1.  in  IV,  72  fordert  Brutus  die  Mitverschworenen  auf,  flutte* 
sichten  wegen  der  zu  wählenden  neuen  Regierungsform  auszuspred*; 
und  darauf  halten  Collatinus,  Lucretius  und  Valerius  lange  Mm 
eXe^ihjaav  icoXXol  xal  icapä  icoXXäv  X6foi,  deren  Inhalt  in  exta* 
mitgetheilt  wird. 

Ebenso  finden  sich  auch  in  den  übrigen  Büchern  folgende  Mi 
längere,  bald  kürzere  Referate  oder  auch  einfache  Bekundung«  m 
Reden,  welche  Dion.  in  seiner  Quelle  ausgearbeitet  vorfand: 

in  lib.  V,  1 :  Reden  des  Brutus  und  Collatinus  in  der  Volks!* 
Sammlung  über  die  Eintracht;  3:  klagen-  und  thränenreicbe  U 
des  Tarquin  in  der  Volksversammlung  zu  Tarquinii;  5.  6:  Iflfa 
der  Consuln  im  Senate,  wie  in  der  Volksversammlung  über  das ffr 
fahren  bezüglich  der  tarquinischen  Besitztümer;  4  4 :  Rede  des  bot- 
tius  in  der  Volksversammlung  wider  den  Collatinus;  50.  51:  die  W 
der  latinischen  Bundesversammlung  gehaltenen  Reden;  64 — 69:  Bads 
des   Valerius,   Claudius   und  Anderer  betreffs  der  inneren  Unrate; 

in  lib.  VI,  18 — 21:  Reden  der  latinischen  Gesandten,  desl* 
tius,  Sulpicius,  Cassius  und  Postumius  über  die  den  Latinern  xa  Ab- 
wählenden Friedensbedingungen;  28:  Rede  des  Consul  Servilios,* 
die  Plebs  zur  Militärdienst- Leistung  zu  bewegen;  47.  48:  Bei» 
Mehrerer  im  Senate  über  das  Verhalten  gegenüber  der  ausgewandtf* 
ten  Plebs,  und  Entgegnung  der  Plebejer  an  die  Abgesandtes  d* 
Senates;  71.  72:  Rede  des  Lartius  an  die  Plebs;  94:  Belobungsrt* 
des  Consul  Postumius  an  Coriolan  und  Erwiederung  desselben; 

in  lib.  VII,  1 :  aufreizende  Reden  des  Tribunen  Icilius  und  der 
Aedilen  Sicinnius  und  Brutus;  27:  gleichartige  Reden  der  Trita* 
wider  die  Patricier;  54:  Rede  des  Valerius  in  der  durch  Corioto 
hervorgerufenen  Streitfrage;  60 — 62:  Rede  des  Consuls  Minucios* 
Gunsten  des  Coriolan;  Gegenrede  des  Tribunen  Sicinnius;  andenw* 
Reden  der  Tribunen  und  Verteidigungsrede  des  Coriolan; 


]  Leges  regiae.  693 

in    Hb.    VIII,    58:    Rede    des    Volsker    Tullus    wider    Coriolan; 

Rede    des    Consul    Cassius    an    die     hernikischen    Gesandten; 

Reden  desselben   an  das  Volk,   wie   an  den  Senat;    71:  Reden 

Verginius,  Claudius  und  Cassius;  73:  erster  Theil  der  Rede  des 
udius;  77.  78:  Anklagerede  der  Quästoren  wider  Cassius; 

in  lib.  IX,  28:  Anklagerede  des  Tribunen  Caedicius  wider  den 
vilius;  37.  38:  Anschuldigungsrede  des  Tribunen  Genucius  wider 

Consularen  Manlius  und  Furius;  41:  verschiedene  Reden  der 
isuln,  Senatoren  und  Tribunen  über  die  lex  Publilia;  44:  dis- 
isiones  der  lex  Publilia  Seitens  der  Consuln  Quinctius  und  Clau- 
is;  49:  Rede  des  Valerius  im  Senate;  51.  52:  Rede  des  Aemilius 
i  Eingang  der  Rede  des  Claudius  über  die  lex  agraria  im  Senate ; 

in  lib.  X,  15:  schmuckreiche  Rede  des  Valerius  vor  der  Volks- 
rsammlung;  19:  lange  Rede  des  Cincinnatus  an  das  Volk;  24:  Rede 
sselben  an  das  Volk;  27:  Rede  desselben  im  Senate;  30:  Reden 
s  Verginius  an  die  Plebs  und  des  Claudius,  wie  Cincinnatus  im 
nate;  32:  lange  Rede  der  Consuln  und  erster  Theil  der  Rede  des 
lius  im  Senate;  36:  lange  Rede  der  Tribunen  in  der  Volksver- 
umlung;  40:  Rede  des  Icilius  vor  derselben;  47:  Eingang  der 
de  des  Siccius;  49:  Processreden  des  Siccius,  Verginius  und  Romi- 
5;  52:  lange  Rede  des  Siccius  im  Senate;  45:  Rede  des  Claudius 
der  Volksversammlung  und  verschiedene  Reden  im  Senate; 

in  lib.  XI,  30:  erster  Theil  der  Rede  des  Numitorius  im  Processe 
'  Verginia,  und  33:  Reden  des  Klagers,  Beklagten  und  dessen 
igen;  38.  39:  Reden  des  Valerius,  Horatius  und  Claudius  vor 
Q  Volke;  40:  Eingang  der  Rede  des  Verginius  an  das  Heer; 
:  Reden  des  Cornelius  und  Claudius,  und  55.  57 — 60:  des  Clau- 
s,  Quinctius,  Canuleius,  Genucius  und  Valerius  im  Senate. 

3.  Eine  Vergleichung  von  Dion.  und  Liv.  ergiebt,  dass  mehr- 
h  die  nämliche  Demegorie  bei  Beiden  sei  es  unverkürzt,  sei  es 
-erpirt,  sei  es  einfach  bekundet  wiederkehrt,  demzufolge  daher 
che  Reden  in  der  von  Beiden  gemeinsam  benutzten  Vorquelle  sich 
%fanden  und  aus  solcher  Quelle  nun  von  denselben  entnommen 
irden.     Dies  aber  ist  der  Fall: 

a.  in  Dion.  X,  18,  wo  berichtet  wird,   wie  der  Consul  Cincin- 

*ls  zur  Abwehr  der  tribunicischen  Bewegungen  dem  Volke  droht, 

werde  die  sämmtüchen  römischen  Bürger   wider  die  Volsker  in's 

47* 


694  Moritz  Voigt,  [IM. 

Feld  fuhren,  und  wie  er  der  Drohung  der  Tribunen,  die  Aushefag 
zu  verhindern,  den  Hinweis  auf  den  von  dem  Volke  geleistete 
Militäreid  entgegenstellt,  wodurch  alle  sich  verpflichtet  hätten,  da 
Consuln  Heeresfolge  zu  leisten,  gegen  wen  immer  dieselben  sie» 
berufen  wurden,  auch  die  Feldzeichen  nicht  zu  verlassen,  noch  ml 
in  irgend  welcher  Weise  dem  Gesetze  zuwider  zu  handeln.  Di* 
gleichen  Vorgange  aber  stellt  Liv.  III,  19,  4—20,  3  in  Reden  dar, 
in  denen  jene  nämlichen  einzelnen  Momente  hervortreten:  »iam  pi- 
raum  omnes  (Codi).:  omnium)  Quirites  in  Volscos  et  Aequos  aü 
atque  collegae  legiones  ducere  in  animo  est«,  und:  tum  tribuni  dt- 
dentes  velut  vana  dicta  persequi  quaerendo,  quonam  modo  exem- 
tum  educturi  consules  essent,  quos  dilectum  habere  nemo  passn 
esset?  »nobis  vero«,  inquit  Quinctius,  »nihil  dilectu  opus  est,  (*■, 
quo  tempore  P.  Valerius  ad  recipiendum  Capitolium  arma  plebi  de£» 
omnes  in  verba  iu raverint  conventuros  se  iussu  consulis  nee  'mm 
abituros«.  Dieser  Sachverhalt  aber  ergiebt,  dass  Dion.  und  Lif. 
beide  hier  der  nämlichen  Quelle  folgten ,  welche  jene  Vorgänge  • 
mehreren  Demegorieen  zur  Darstellung  brachte,  aus  denen  Liv.  V* 
/eines  wiedergab,  während  Dion.  mit  einer  Relation  von  deren b- 
halte  sich  begnügte; 

b.  in  Dion.  XI,  3—21  und  Liv.  111,  38—41,  5.,  wo  Beide  be- 
züglich des  zweiten  Decemvirates  berichten,  wie  ein  Einbruch  der 
Aequer  und  Sabiner  die  Decemvirn  nöthigte,  den  Senat  nach  längerer 
Unterbrechung  wieder  zu  einer  Sitzung  zu  berufen,  und  wo  wi 
Beide  sachlich  übereinstimmend,  wenn  auch  der  Erstere  in  breitertf 
Fassung,  der  Letztere  in  gedrängterer  Kürze  den  weiteren  VerW 
der  historischen  Entwickelung  darstellen.     Und  zwar 

bei  Dion.  XL  4.  5  ergreift  L.  Valerius  nach  dem  Vortrage  te 
Decemvir  Appius  Claudius,  wie  nach  dessen  Versuche,  ihm  die  Red* 
abzuschneiden  das  Wort:  in  längerem  Vortrage  fordert  er,  dassvor 
der  Berathung  des  decemviralen  Antrages  auf  Heeresaushebung  ä* 
die  Besprechung  der  Lage  des  Staates  gestattet  sei,  für  den  Weige- 
rungsfall mit  einem  Aufrufe  an  das  Volk  drohend,  und  damit  Di» 
den  Unwillen  der  decemviralen  Parthei  hervorrufend. 

Diese  Rede  nun  referirL  Liv.  III,  39,  2  genau  in  den  Wortes: 
priusquam  ordine  sententiae  rogarentur,  postulando,  ut  de  re  pubUct 


Leges  regiae.  695 

t  dicere,  prohibentibus   minaciter  decemviris,   prodittirum  se  ad 
m  denuniianlem  tumultum  excivisse. 

Hiernach  tritt  bei  Dion.  XI,  5  M.  Horatius  auf:  die  Deceuivirn 
chreiten  ihre  Competenz,  ja  sie  treten  in  die  Rolle  des  Tarqui- 
ein,  der  die  Berathungen  des  Senates  über  die  Angelegenheiten 
Staates  verhinderte.  Allein  ihrem  Gedächtnisse  scheint  entfallen 
>in,  dass  sie,  die  Sprecher,  Nachkommen  der  Valerier  seien, 
le  den  Tyrannen  vertrieben,  und  der  Horatier,  denen  die  Be- 
fung  der  Feinde  der  Freiheit  im  Blute  liege. 
Diese  Rede  referirt  Liv.  HI,  39,  3  zuerst  übereinstimmend  mit 
Worten:  —  Horatiuro  — ,  decem  (i.  e.  Xviros)  Tarquinios  ap- 
item  admonentemque  Valeriis  et  Horatiis  ducibus  pulsos  reges; 
lann  wird  der  Vorwurf  weiter  ausgeführt,  dass  die  Decemvirn 
önigliche  Gewalt  sich  anroaassen  und :  neque  se  (i.  e.  oratorem) 
3,  qui  sibi  minus  privato  ad  contionein  populum  vocare,  quam 
i.  e.  Xviris)  senatum  cogere  liceat;  denn  die  Decemvirn  seien 
r  That  nur  Private:  qui  privati  fasces  et  regium  imperium  ha- 
,  und  zwar  Private,  welche  weder  die  Magistrate,  noch  die 
tribunen  vertreten. 

Nachdem  nun  bei  Dion.  XI,  6  Appius  zu  seiner  Rechtfertigung 
tVort  ergriffen,  so  schliesst  sich  dann  in  c.  7 — 14  die  Rede 
i  Oheims  C.  Claudius  an:  nachdem  derselhe  unter  Hinweis  auf 
ordringenden  Feinde  zur  Eintracht  im  Inneren  gerathen,  wendet 
3h  in  c.  9  f.  an  den  Appius  mit  eindringlichster  Mahnung, 
sie,  die  Häupter  des  Staates,  auch  das  Wohl  des  Staates,  nicht 
ihre  Privatinteressen  voranzustellen  hätten,  zugleich  die  Schatten- 
der damaligen  Zustände  für  das  Gemeinwesen,  wie  die  Mittel 
Ten  Abhülfe  und  zur  Wiederherstellung  der  früheren  Ordnung 
ekelnd:  die  Bürger  stünden  in  Hass  wider  die  Decemvirn  und 
htigten  dieselben  der  Tyrannis;  zur  Beseitigung  solcher  Zu- 
e  sei  nöthig,  vor  Allem  zu  beschliessen,  dass  das  Volk  bezüg- 
ler Aemterbesetzung  entscheiden  solle.  Und  dies  liege  zugleich 
teresse  der  Decemvirn  selbst:  solcher  Schritt  freiwillig  gethan, 
e  dieselben  in  der  Achtung  des  Volkes  rchabilitiren ;  Hessen  sie 
;en  widerstrebend  die  Gewalt  sich  abnehmen,  so  würden  Schimpf 
Schädigung  sie  treffen.  Hätten  aber  auch  die  Decemvirn  unter 
der  durch  Vertrag  zur  Aufrechterhaltung   ihrer  Herrschaft  sich 


696  Moritz  Voigt,  [II! 

eidlich  verbunden,  so  könne  solches  Bündniss  als  ruchlos  doch  lirh 
bindend  sein.  Appius  selbst  aber  möge  eingedenk  sein  der  Götter, 
wie  der  Manen  der  Vorfahren  und  sich  zum  Rechten  wenden. 

Diese  Rede  recapitulirt  Liv.  III,  40,  2  f.  dahin:  C.  Gaudi,  p 
patruus  Appi  decemviri  erat,  oratio  fuit  precibus,  quam  iurgk)  m 
lior,  orantis  per  sui  fratris  parentisque  eius  manes,  ut  civilis  pot« 
societatis,  in  qua  natus  esset,  quam  foederis  nefarii  icti  cum  cohp 
meminisset.  Multo  id  magis  se  illius  causa  orare,  quam  rei  pubfeat 
quippe  rem  publicam,  si  a  volentibus  nequeat,  ab  invitis  ins  eip» 
tituram ;  sed  ex  magno  certamine  magnas  excitari  ferme  iras;  em 
eventum  se  horrere.  —  Nullum  placere  senatusconsultum  fieri. 

Nach  Dion.  XI,  1 5  ruft  diese  Rede  die  Hoffnung  wach,  da*  i 
Folge  derselben  die  Decemvirn  ihr  Amt  niederlegen  würden.  Alk« 
es  ergreift  im  entgegengesetzten  Sinne  der  Decemvir  M.  Gonäm 
das  Wort,  worauf  Claudius  anderweit  erwiedert,  und  endlich  be- 
merkt wird,  dem  Letzteren  seien  die  Senatoren  L.  Quinctius  Gm 
natus,  T.  Quinctius  Capitolinus,  L.  Lucretius  u.  A.  beigetreten. 

Diesen  Gang  der  Discussion  fasst  Liv.  111,  40,  6  dahin  zon» 
men :  omnes  ita  accipiebant  privatos  eos  (sc.  Xviros)  a  Claudio  wt 
catos;  multique  ex  consularibus  verbo  adsensi  sunt. 

Bei  Dion.  XI,  16 — 18  erhebt  sich  nun  Lucius,  der  Bruder d» 
M.  Cornelius:  es  befremde  ihn,  dass  jetzt  die  Häupter  des  Staate 
Hass  aussäeten,  jetzt,  wo  der  Krieg  vor  den  Thoren  stehe,  ja,  dal 
man  die  private  Rancune  in  den  Staatsangelegenheiten  zur  Getaj 
kommen  lasse;  denn  in  der  That  seien  die  Gegner  erbittert,  bei  fr 
Werbung  um  das  Decemvirat  den  Decemvirn  unterlegen  zu  M 
Das  aber  bedrohe  den  Staat :  denn  der  Feind  stehe  vor  den  Thorea, 
und  statt  nun  die  Jugend  zum  Kampfe  für  das  Vaterland  zu  begeistert, 
drängten  jene  zu  einer  Berathung  über  die  Aemterbesetzung,  wo* 
gegenwärtig  gar  keine  Zeit  mehr  sei,  da  der  Feind  dränge.  Soft 
vielmehr  unverzüglich  über  die  Rüstungen  wider  die  Aequer  und  Sabiaer 
zu  beschliessen  und  der  Kampf  zu  beginnen:  nach  glücklich  beea- 
detem  Kriege  sei  über  die  inneren  Angelegenheiten  des  Staates  * 
beschliessen. 

Bei  Liv.  III,  40,  8  (f.  wird  diese  Rede  des  L.  Cornelius  (W* 
referirt:  jetzt,  wo  der  Krieg  drohend  vor  den  Thoren  stehe,  b* 
kämpften  die  früheren  Mitbewerber   um  das  Decemvirat  die  Deccfr 


']  Leges  rbgiae.  697 

1;  und  während  Monate  lang  während  des  Friedens  Niemand 
ler  die  Legalität  der  decemviralen  Amtsführung  Bedenken  erhoben, 
säe  man  jetzt,  wo  der  Feind  vor  den  Thoren  stehe,  innere  Zwie- 
sht,  ohne  mit  einem  besseren  Vorschlage  bei  so  ernster  Lage  her- 
•zutreten.  Bezüglich  einer  Erlöschung  des  decemviralen  Amtes  sei 
:h  Beendigung  des  Krieges  und  Herstellung  der  Ruhe  zu  entschei- 
i.  Dessen  sei  auch  Appius  bereits  jetzt  sich  bewusst,  er  sei  vorbe- 
tet, seiner  Pflicht  nachzukommen  und  sich  zu  rechtfertigen,  ob  die 
i  selbst  gewählt  habenden  Comitien  auf  Ein  Jahr  oder  bis  zur 
rchbringung  aller  erforderlichen  XII  Tafelgesetze  ihm  sein  Amt 
teilt  hätten.  Jetzt  aber  seien  nur  die  für  den  Krieg  erforderlichen 
lassnahmen  zu  treffen:  es  sei  unverzüglich  eine  Aushebung  vor- 
nehmen und  das  Heer  nach  den  bedrohten  Punkten  zu  führen. 

Bei  Dion.  XI,  19 — 21  sprechen  nun  nach  der  Rede  des  Corne- 
s  die  übrigen  Senatoren  der  Reihe  nach  ihre  Meinung  aus;  und 
nun  auch  anderweit  L.  Valerius,  der  nunmehr  vorschützt,  dass, 
zur  Wahl  neuer  Magistrate  jetzt  allerdings  keine  Zeit  mehr  sei, 
in  durch  einen  interrex  einen  Dictator  für  die  Kriegsführung  er- 
Qnen  lassen  möge,  damit  man  wieder  einen  legitimen  Magistrat 
komme:  denn  das  Amt  der  Decemvirn  sei  jetzt  erloschen.  Da 
l  ebenso  von  den  Vorrednern,  wie  Nachrednern  der  grössere 
ail  dem  Valerius  Beifall  zollt,  resp.  beipflichtet,  so  fordert  derselbe, 
;s  alle  gestellten  Anträge  von  Neuem  zur  Discussion  gebracht 
rden,  weil  vielfach  Senatoren  nunmehr  ihre  frühere  Ansicht  ge- 
lert  hätten.  Allein  dem  widersetzt  sich  Cornelius,  der  nach  Maass- 
>e  der  bisher  ausgesprochenen  Meinungen  Stimmzählung  fordert. 
Tttber  entsteht  nun  neuer  Streit,  in  welchem  die  Decemvirn  sich 
den  Vorschlag  des  Cornelius  erklären.  Appius  motivirt  dies  in 
er  weiteren  Rede  und  lässt  sodann  das  bezügliche  Senatusconsult 
3r  die  Aushebung  redigiren. 

Von  Liv.  dagegen  ist  zunächst  das  Referat  über  die  Rede  des 
lerius  in  III,  40,  7  eingestellt  worden:  alia  sententia,  asperior  in 
meiern,  vim  minorem  aliquanto  habuit,  quae  patricios  coire  ad  pro- 
odum  interregem  iubebat:  censendo  enim  quoscumque  magistratus 
*e,  qui  senatum  haberent,  iudicabat,  quos  privatos  fecerat  auetor 
llius  senatusconsulti  faciendi.  Dagegen  die  abschliessenden  Vor- 
Qge  werden  in  III,  41,  1 — 5  in  kürzerer,  aber  zugleich   auch  an- 


698  Moritz  Voigt,  IN 

derer  Fassung  vorgetragen :  bei  der  Abstimmung  treten  die  jungem 
Senatoren   dem   Cornelius   bei,   wogegen   Valerius   und   Horatrasrf 
der  Discussion    über  die  Lage  des  Staates   bestehen,   unter  der it 
drohung,  an  das  Volk  sich  zu  wenden,  wenn  im  Senate  von  der  de» 
viralen  Parthei  dieselbe   verhindert  werde:    denn   die  DecemvinA 
Private  könnten   weder  dies,    noch  jenes  verbieten.     Allein  Äff« 
entzieht  dem  Valerius  das  Wort  und  befiehlt,   als  dieser  glekkiJ 
nicht  schweigt,  denselben  zu  verhaften.     Da   nun  Valerius  voo  k 
Curie  aus  den  Beistand  des  Volkes  anruft,  so  schlägt  sich  LCont 
lius  in   das   Mittel    und   es   wird   dem   Valerius   das  Wort  gestattd 
Dennoch  setzen  die  Decemvirn  das  Senatusconsult  auf  Aushebung  duck 
Indem  somit,  abgesehen  von  dieser  Schlussscene,  in  jener  gm 
Parthie   Dion.    und   Liv.    völlig    übereinstimmen    ebensowohl  m  k 
dramatisirenden  Manier  der  Darstellung  der  Vorgänge,   in  derfe- 
theilung  der  Rollen  auf  die  verschiedenen  Personen  und  in  der  Reta- 
folge  des  Auftretens  der  letzteren,  als  aber  auch  in  dem  Inhalte  der 
denselben   beigelegten   Reden   selbst:    in   den  leitenden   allgenMi 
Grundanschauungen    und   dem   entwickelten  Gedankengange,  wie  i 
deren  Ausführung  im  Einzelnen,  ja  selbst  in  gewissen  darin  uff 
sprochenen  characteristischen  Wendungen  und  Pointen,  so  ergeben» 
diese  Momente,  dass   beide  Darstellungen:   des  Dion.,  wie  liv. * 
Einer  Vorquelle  entlehnt  sind,323  welche  bereits  in  jener  dramaüoft* 
den   Weise   in  Demegorieen  die  Ereignisse  zur  Darstellung  briete 
und  dass  nun  auch  nicht  eigene  Compositum,  als  vielmehr  entlehn 
Stoff  enthalten  ist  ebenso  in  den   fünf  von  Liv.  referirten,  wie  & 
auch  in  den  zehn,  von  Dion.  in  directen  Worten  ausführlich  weg- 
gegebenen Reden.324 


323)  Niebuhr,  r.  Gesch.  II3,  389:  den  Verlauf  dieser  Sitzung  —  en* 
beide  Geschichtsschreiber  nach  dem  nämlichen  Annalisten ;  und  so  Aich  NtaA 
a.  0.  I  43  f.  Diese  Vorquelle  ist,  wie- bereits  Nitzsch  1 39  erkennt,  Licinius  H** 
»eine  solche  Schilderung  eines  wüsten  Adelsregimentes,  von  dem  sich  die  wahtf 
aristokratische  Parthei  zurückzog,  lag  einem  Politiker  wie  Licinius  Macer  unrrätf* 
haft  nahe  genug.  —  Die  eben  angeführten  Züge  seiner  Schilderung  des  Dtctf* 
virats  bezeichnen  noch  klarer  den  Zweck,  den  eben  diese  Ausführungen  h«Ö*: 
die  dritte  Analogie  zur  Tarquinischen  und  Glaudischen  Tyrannis  bildet  ihm  & 
Sullanische«. 

3)4}  Wenngleich  Dion.  voller  aus  Licinius  schöpfte,  als  Liv.,  so  sind  es  dod 
einige  Punkte,  welche  Liv.  aufnahm  und  Dion.  ausliess. 


LfcGES    RKGIAE.  699 

c.  In  Dion.  XII,  2  wird  die  Katastrophe  des  Sp.  Maelius  ge- 
Idert:  derselbe,  auf  dem  Forum  verweilend,  wird  von  dem  ma- 
er  equitum  Servilius  vor  den  Dictator  citirt  mit  den  Worten;  6 
orcüp  bs  xsXsuei,  MaCXie,  7cpi<;  aüx&v  vjxeiv,  worauf  Maelius  erwie- 
t:  toios  xeXsuei  |ie,  2epoo(Xie,    Sixxdxcop  7cpoc  auxov    eXöeiv,    h  tcoö 

rcoxe  -)[6v<S(xevo; ;  und  nun  explicirt  Servilius  in  einer  Rede  dem 
slius  die  wider  ihn  erhobene  Anschuldigung,  die  bezügliche  Kr- 
mung    des    Dictator,    die    von    dem    letzteren    ergangene    Vorla- 

Diese  Scene  giebt  auch  Liv.  IV,  14,  3  f.  wieder:  Servilius  citirt 
i  Maelius  vor  den  Dictator:  »vocat  te  dictator«;  Maelius  fragt  den 
vilins  nach  dem  Citirenden,  wie  nach  dem  Grunde  der  Citation 
I  dieser  giebt  nun  dem  Ersteren  Aufschluss:  cum  pavidus  ille, 
d  vellet,  quaereret  Serviliusque  causam  dicendam  esse  proponeret 
roenque  a  Minucio  delatum  ad  senatum  diluendum. 

Auch  hier  crgiebt  solche  Uebereinstimmung  von  Dion.  und  Liv., 
s  der  erstere  weder  jene  kurze  Wechselrede,  noch  diese  längere 
le  des  Servilius  selbst  componirte,  als  vielmehr  der  Vorquelle  ent- 
Ue. 

d.  Dion.  XV,  8.  9  berichtet,  wie  die  im  J.  428  an  die  Samniten 
»endete  römische  Gesandtschaft,  welche  wegen  deren  Verhaltens 
enttber  den  campanischen  Stadien  Rechenschaft  zu  fordern  und 
;e  Forderung  in  einer  Rede  den  Samniten  vorgetragen  hatte,  von 

letzteren  die  Antwort  empfing:  es  sei  nicht  ihre  Schuld,   wenn 

von  ihnen  den  Römern  wider  die  Latiner  gesendeten  Hülfstruppen 

jnter  zu  spät  eingetroffen  seien;  was  dagegen  Neapel  betreffe,  so 

delen  sie  nicht  unrecht  gegenüber  den  Römern,  wenn   sie  selbst 

Staatsrücksichten  der  unterliegenden  Parthei  Unterstützung  ge- 
iren,  vielmehr  glauben  sie,  dass  ihnen  selbst  von  den  Römern 
ch  deren  Verhalten  grosses  Unrecht  zugefügt  sei:325  denn  die 
ner  hätten  diese  ihnen  selbst  befreundete  und  von  Alters  her 
pflichtete  Stadt  in  Untertänigkeit  zu  bringen  unternommen.  Allein 
trdem  gingen  die  von  ihnen  zu  Gunsten  der  Neapolitaner  ge- 
ehenen  Schritte  gar  nicht  von  einem  Gemeinbeschlusse  der  Sam- 


325)   auToi  öoxoujaev  u<p    t>jiu>v  aoixelaöat  jASfaXa. 


702  Mobitz  Voigt,  Itt 

Inhalte  eines  Gesetzes  sich  handelt  und  jene  metaphorische  Beieicb» 
nung  l>ei  den  Griechen  nicht  eine  technische  oder  auch  cur  ei 
allgemeiner  übliche  ist,  so  erklärt  sich  jener  Ausdruck  des  Dia 
nur  als  wörtliche  Uebersetzung  eines  in  der  Vorquelle  vorgefunden, 
bei  den  Römern  technischen  violatio  corporis  (A.  33).  Und  mim 
berichtet  derselbe,  dass  die  confarreirte  Ehe  unlösbar  sei,  enfcf 
thum,  der  nur  so  sich  erklärt,  dass  Dion.  seine  Vorquelle  fltd% 
excerpirte  (S.  29); 

Dion.  II,  34  berichtet,  dass  Romulus  bei  seinem  Triumphe  4* 
Caenina  und  Antemnae  in  einem  Viergespanne  gefahren  sei:  iripinf 
Trapsfißeßrjxujc.  Diese  schon  von  Plut.  Rom.  16  urgirte  falsche  4t 
gäbe  rührt,  wie  Liv.  I,  10,  5  ergiebt  und  bereits  Casauh.  in  kl 
bemerkt,  daher,  dass  Dion.  das  in  seiner  Vorquelle  gefundene  4fr 
culum«  als  quadriga  auffasste; 

Dion.  II,  50  übersetzt  Larunda  durch  "Eatia,332  ein  Irrthum,  Af 
so  sich  erklärt,  dass  dabei  eine  Verwechselung  der  Larcs  mit  <ki 
Penates  zu  Grunde  liegt; 

Dion.  II,  71  übersetzt  puteal  der  Vorquelle  irrig  durch  fy) 
(puteus); 

Dion.  IV,  14  berichtet,  dass  Servius  über  die  vier  städfcfca 
regiones  je  einen  Beamten  gesetzt  habe :  coomp  ^uXdp^ou;  ^  wpf- 
^a<;.  Allein  dies  ist  Missverstand:  der  curator  tribus  war  Vorsteto 
der  regio,  der  magister  vici  dagegen  Vorsteher  des  vicus;*0 

Dion.  IV,  27  sagt,  Servius  Tullius  habe  einen  Tempel  der  For- 
tuna errichtet,  welche  den  Beinamen  dvSpsfa  führte;  diese  fabfc 
Angabe  ging  daraus  hervor,  dass  Dion.  in  seiner  Vorquelle  ae& 
Fortis  Fortunae  fand  und,  Fortis  als  Genetiv  von  fortis  statt  von  fo 
nehmend,  mit  solchem  Fehler  dieselbe  ausschrieb; 

Dion.  IV,  58  sagt,  die  Römer  hätten  dem  Dius  Fidius  den  B* 
namen  üorpcTo;  (Urbin.)  gegeben;  dieser  lrrthum  beruht  darauf,  d* 
Dion.  Sanctus  statt  Sancus  in  seiner  Vorquelle  las  und  mit  diese» 
Fehler  nun  dieselbe  reproducirto.3^ 

Gleichen   Beweis    einer    unveränderten   Entlehnung  des  in  A* 


332)  Becker-Marquardt,  a.   0.   IV,   28.  A.    193. 

333)  Vgl.  Becker,   a.   0.   II,    I.   A.   394. 
33  i)   Vgl.   Becker,  a.  0.   I,   49  f. 


Lkgks  regiae.  701 

tnenhängenden,  fortlaufenden  Massen,  und  so  insbesondere  nun 
i  die  von  ihm  eingeflochtenen  Demegorieen  seinen  Vorquellen  ent- 
te,  während  im  Näheren  die  weiteren  Beweise  in  §  23  und  24 
ubringen  sind. 

Jene  Entlehnung  selbst  aber  beschieht  dabei  regelmässig  ohne 
od  welche  allgemeinere  und  tiefer  eingreifende  stoffliche  Verar- 
ung:  in  unmittelbarer,  vielfach  unveränderter  und  gewissermaassen 
tlicher,  ja  mitunter  in  geradezu  einsichts-,  wie  gedankenloser 
ise  entnimmt  Dion.  den  gegebenen  Stoff  seinen  Vorquellen.  Denn 
hes  Verhältnis« '  tritt  in  der  That  zu  Tage  in  folgenden  sachlichen 
iehungen : 

Dion.  I,  68  berichtet,  der  Penaten  -  Tempel  befinde  sich  auf 
>m  Terrain,  welches  die  Römer  b%  eXatat;  nannten.329  Diese 
wirrte  Angabe  ist  daraus  zu  erklären,  dass  Dion.  in  seiner  Vor- 
lle  die  Bezeichnung  »sub  Velia«  fand  und  daraus  mißverständlich 
ss  tue'  ikaian  machte;330 

Dion.  H,  1 0  bezeichnet  das  Gesetz  wider  die  Treuverletzung  von 
'on  oder  Clienten  als  v6[ioc  ttjc  7upoooafa;.  Dieser  Ausdruck  ist 
z  ungewöhnlich  insofern,  als  die  griechischen  Quellen  mit  7upo- 
a  im  römischen  Rechtsleben  das  Verbrechen  der  politischen  pro- 
>  bezeichnen,331  und  erklart  sich  somit  nur  als  wörtliche  Ueber- 
ung  eines  in  der  Vorquelle  vorgefundenen  und  hier  in  Bezug  auf 
Pflichten  zwischen  Patron  und  Clienten  verwendeten  lex  de  pro- 
►ne; 

Dion.  II,  22  übersetzt  augur  durch  dpotioraS,  worüber  vgl. 
»rosch,  de  sacerdot.  curial.  18  ff.  Frandsen,  Haruspices  15.  Merk- 
Cooptation  96; 

Dion.  II,  25  umschreibt  den  Ehebruch  durch  eine  Metapher: 
h  cpOopd  ocopaToc     Da  es  jedoch   hierbei   um   die  Angabe   vom 


329)  oir  iXaiai;  der  Chis.  und,  in  der  unwesentlichen  Variante  'lVeXafats, 
(Jrbin. ;  s.  Ambrosch,  Studien  23  4  f. 

330)  Becker,  de  Romae  veter.  muris  44  A.  36.  röm.  Alterth.  I,  247.  Zur 
rstützung,  dass  es  keinen  sub  olivis  genannten  Ort  in  Rom  gegeben  habe,  lässt 
noch  hinweisen  auf  Fenestella  bei  Plin.  H.  N.  XV,  4,  4,  wonach  es  unter 
uinius  Priscus  noch  keinen  Oelbaum  im  römischen  Gebiete  gab. 

334)  A.  38.  Haubold,  opusc.  I,  4  44  und  wegen  des  griechischen  Rechtes 
r  und  Schümann,  att.  Pr.   344. 


i 


704  Moritz  Voigt,  [W 

ganzen ;  allein  seit  dem  J.  692,  wo  die  durch  Sulla  im  J.  67J  + 
gehobene  lex  Domitia  v.  650  restituirt  wurde,   werden  die  Pnrf* 
nicht  mehr  cooptirt,  als  vielmehr  von  Tribus  erwählt;336* 

Dion.  III,   4   theilt  mit,    dass  in   dem   Kriege  zwischen 
Hostilius  und  den  Albanern   unter  Gaius  Cluilius  die  Letzteren^* 
Graben  um   ihr  Lager  zogen,   der  den  Namen   fossa  Clnilia 
und  zu  seiner,   des  Dion.  Zeit  noch  führte.339    Allein  Liv.  I,    <* 
sagt  im  Gegentheile:  fossa  Cluilia  ab  nomine  ducis  per  aliquot* 
appellata  est,   donec   cum  re  nomen  quoque  vetustate  abolevrÄ 
nun  Dion.,  seine  Archäologie  im  J.  747  vollendend,   das  dritte' 
derselben  sicher  nicht  vor  729  geschrieben  hat,  Liv.  aber  da»j 
Buch  seiner  Geschichte   in   den  Jahren  727 — 729   schrieb,3* 
hellt  daraus,    dass  Dion.  seine  Angabe  unverändert   seiner  Vot-l 
entlehnte ; m 

Dion.  III,  44  hebt  bezüglich  der  Tiber-Mündung  bei  C 
rühmend  hervor,  dass  dieselbe  weder  durch  Sandbänke  gesperrt 
noch  versumpft  sei,  wogegen  Str.  V,  3,  5  bezeugt,  dass  die  11» 
Mündung  durch  Ablagerungen  für  die  Schifffahrt  gesperrt  sei.w  & 
nun  Strabo  gleichzeitig  mit  Dionys  schrieb,344  so  ergiebt  sich  tos 
aus,  dass  der  Letztere  jene  Beschreibung  unverändert  seiner  Vt 
quelle  entlehnte;345 

Dion.  IV,  22  flicht  die  Bemerkung  ein,  dass  bis  auf  seine  h 
von  den  Censoren  eine  Lustration  nach  Vollendung  des  Censos  vd 
zogen  werde.340    Solches  Lustrum  indess,  seit  668  durch  Sulla  ari 


338»)  Vgl.  Becker-Marquardt ,  a.  0.  II,  3,  140  A.  562,  sowie  unteo  1 
A.   374. 

339)  xoXoufjiva;  KXoiXt'a;  racppou;  <poXarcouai  fap  in  rqv  too  xarancoi 
oavTo;  auras  i-faX^aiv. 

340)  Vgl.  Teuf  fei,  röm.  Litt.3  256,   5;    Weissenborn   in  A.  315  ctt.  S.  K 

341)  Vgl.   Bröcker,   Geschichte  des  ersten  pun.   Krieges  152  A.  6- 
342}  oox  aTcoxXetcrai  tou  oroparo;  iwco  tijc  ftaXarrfac  ftivc?  ijj^pparwpi* 

343)  vQoria  ttoXk;  aXCfievo;  8ta  t^v  7rpo3)(a>oiv ,  ^v  b  Tlßepic  itapflw»* 
x.  t.  X. 

344)  Strabo  verfasste  seine  Geographie  sicher  vor  770,  wahrscheinfick  * 
bald  nach  732:  Forbiger,  alte  Geogr.  I,  306  A.  66  und  in  Pauly's  Rede*?* 
VI,    «452. 

345)  Vgl.  Preller  in  Berichten  der  Gesell  seh.  phil.  hist.  Cl.    1849  S.  7  A.« 

346)  tootov  tov   xa&apu-ov   eu>;   tcov  xat    ijii   j(pova>v  Pwjialot  xatef*5 


Leg  es  hegiae.  705 

lann   im   J.    684    wieder  gehalten,    ward    danach  erst  wieder 

August:   zuerst  im   J.  726    in   Gemeinschaft  mit  Agrippa  als 

es  censoria   potestate, M7    und   weiterhin  dann   im  J.  746   und 

ollzogen.     Da  nun  Dion.,  wie  obbemerkt,  724  nach  Rom  kam 

swiss  vor  746  das   vierte  Buch  seiner  Archäologie   vollendete, 

derselbe  zu  dem  Zeitpunkte,  wo  er  dieses  vierte  Buch  schrieb, 

upt  nur  eine  einzige  Lustration:   des  Jahres  726  gesehen,  die 

ebensowohl  längere  Jahre  jenem  Buche  vorausging,   als  auch 

;ht  einmal  von  Censoren,  sondern  von  Consuln  vollzogen  vvor- 

rar.     Darauf  aber   konnte  Dion.  selbst  unmöglich   den   obigen 

"uch  stutzen,    welcher   für  die  Zeit,   wo   er  gethan,   die  Voll- 

g  der  Lustration  durch  Censoren   als  etwas  Regelmässiges  be- 

t; 

Kon.  IV,  26  und  X,  32  berichtet,  dass  zu  seiner  Zeit  der  von 
is  Tullius  mit  den  Latinern  abgeschlossene,  auf  einer  Säule 
ragene  Bundesvertrag,  wie  nicht  minder  die  lex  Icilia  de  Aven- 
ublicando  v.  298,  auf  eherner  Säule  eingegraben,  in  dem  von 
s  Tullius  erbauten  Tempel  der  Diana  auf  dem  Aventin  sich 
3n.  Allein  da  jener  Tempel  des  Servius  Tullius  im  J.  719  von 
rnificius  umgebaut  wurde,348  Dion.  aber  erst  im  J.  724  nach 
tarn,  so  kann  er  jenen  Tempel  des  Servius  Tullius  gar  nicht 
gesehen  haben,  vielmehr  hat  er  jene  Notiz  unverändert  aus 
Vorquelle  entnommen. 

odann  ist  es  aber  auch  wiederum  eine  Mehrzahl  anderer  d er- 
chronologischer Daten,   welche  sogar  noch  den  Zeitpunkt  er- 
i  lassen,  dem  die  Vorquelle  angehörte,  aus  der  sie  entnommen 


jv  oüvxiXeiav  tu>v  Tiu/qoecüv  utto  t«>v  Ij^ovtcdv  ttjV  UpurraTTjv  apj(Tjv,  Xoo- 
rof&aCovTec.  Das  Upo>Tarrj  apx^  ist  eine  übliche  Umschreibung  der  Gensur  : 
Marquardt,   a.   0.  II,   2,    197   A.    481. 

7)  Fasti   Venus,    lin.    60    in    C.    I.    L.   I,    471  :    idem   censoria    potestat(e) 
fecer(unt),   daher  auch  nach  Suel.   Aug.   27:   sine  censurae  honore.    Dem- 

Dio  Cass.  52,  42:  Tiu,7)TSoaas  ouv  t<j>  Äfpfarca  und  54,  46:  TijiTjxeucüV 
i  fassen  in  dem  Sinne  von  :    er  war  Censor,   sondern  von :    er  fungirte  als 

Und  ebenso  ist  es  Breviloquenz,  wenn  Macr.  Sat.  II,  4,  25  den  August 
>or  bezeichnet,  da  derselbe  nach  dem  monum.  Ancyranum  II,  4  fl*.  in  der 
übt  Censor  war. 

8)  Suet.   Aug. '29;   vgl.  Becker,  a.   0.   I,    451   A.   940. 


70Ü 


Moritz  Voigt, 


m 


sind.    Und  zwar  zerfallen  die  bezüglichen  Stellen  wiederum  in  nm 
Gruppen,  von  denen 

A.  die  eine  Gruppe  einer  bald  nach  dem  J.  673  abgefaaki 
Vorquelle  entnommen  ist.     Und  hierher  nun  gehört319  allein 

Dion.  VIII,  80,  wo  gesagt  ist:  bis  auf  unsere  Zeit:  eco;  tij;af 
ijfiat;  j)Xixta<;  ist  daran  festgehalten  worden,  die  Verbrechen  der  Vltar 
nicht  an  den  Kindern  zu  ahnden;  wohl  aber  ist  dieser  Gruadob 
aufgegeben  worden  in  unserer  Zeit  nach  der  Beendigung  des  wi- 
schen und  des  Bürger-Krieges:  xaxd  xou;  ^{uxepout  xpovouc  jinat}i 
ouvriXetav  xoG  Mapoucoö  xe  xai  e|x<fuXiou  itoXefioü.  Da  nun  der  m 
sische  und  der  Bürger-Krieg  in  Italien  im  J  672  endeten  uid  i 
J.  673  die  lex  Cornelia  de  proscriptione  erging,  welche  die  Kiife 
der  Proscribirten  nicht  allein  der  vätei  liehen  Erbschaft  berwUe, 
sondern  auch  von  dem  ius  bonorum,  wie  resp.  dem  ordo  Senat« 
ausschloss,350  so  ergiebt  daher  hier  das  J.  673  oder  kurz  nickkr 
den  Begriff  von  »unsere  Zeit«. 

B.  Die  andere  Gruppe  von  Stellen  ist  dagegen  einer  Vonjteh 
entnommen,  welche  in  den  Jahren  von  706 — 709  abgefasst  wonta 
ist.     Und  hierunter  nun  fallen 

1.  Dion.  IV,  61,  wo  berichtet  wird,  der  capitolinische  Tenpd 
des  Tarquinius  sei  zu  seiner  Väter  Zeiten :  xaxd  xouc  icaxipac  4p* 
wieder  aufgebaut  worden;  da  nun  die  Dedication  dieses  renovito 
Tempels  im  J.  676  durch  den  Consul  Q.  Lutatius  Catulus  erfolgte,1 
so  fällt  hier  das  J.  676  in  der  Väter  Zeiten; 

2.  Dion.  V,  77,  wo  gesagt  wird,  der  erste  Dictator  T.  Luc* 
Flavus  v.  J.  253  habe  keinen  Bürger  hinrichten  lassen  oder  verbaut 


34°)  Dagegen  ist  keine  Folgerung  zu  stützen  auf  Dion.  V,  75:  es  habe  k 
X7);  xar  £fx£  fsvsa;  keinen  dictator  ohne  magister  cquitum  gegeben.  Den* 
bezieht  sich  diese  Bemerkung  lediglich  auf  den  dictator  rei  gerundae  causa,  vM 
auf  den  zu  Besorgung  einzelner  Geschäfte  speciell  ernannten  dictator,  wo  wir  ofc* 
magister  equitum  vorfinden  im  J.  538  bei  Liv.  XXIII,  22,  II  den  M.  Fafc* 
Buteo  als  dictator  senatus  legendi  causa  und  im  J.  705  in  Fasti  Capilol.  io  C  t 
L.   I  p.   440  den  G.   Iulius  Caesar  als  dictator  comiliorum  habendorum  cm». 

350]  Ueberdem  konnte  für  Dion.  als  einen  Griechen  solche  Bestimmung  *** 
AufTälliges  haben,  da  nach  griechischem  Rechte  auch  die  Kinder  der  HochvenfAtf 
von  der  Atimie  betroffen  wurden:   Schümann,   gr.  Alterth.   I,    362  A.  4. 

351)    Vgl.   Becker,   a.   O.   I,    399. 


]  Lkgrs  rrgiae.  707 

sr  sonst  wie  geschädigt  und  auch  die  späteren  Dictatoren  seien 
>hem  Beispiele  gefolgt  bis  zu  dem  dritten  Lebensalter  vor  der  Ge- 

warl:  ofypi  rijc  Tp(nf)<;  izpb  -j)|iu>v  -yevEac;  wohl  aber  sei  es  zu  der 
er  Zeiten:  erat  tijc  xaxa  tot>£  TCaxepa^  *j)|x<öv  *j)Xtx(ac  und  zwar 
)  Jahre  nach  der  Dictatur  des  Larcius  geschehen,  dass  L.  Corne- 

Sulla  das  erste  und  alleinige  Beispiel  einer  harten  und  grau- 
len Ausübung  der  Dictatur  gegeben  habe.  Da  nun  die  Dictatur 
Ute  die  Jahre  von  672 — 675  umf'asst,  so  ergiebt  sich  hieraus, 
s  zunächst  die  Jahre  von  672 — 675  hier  der  Väter  Zeiten  an- 
lören. 

Und  sodann  indem  jene  Diclatur  Sulla's  in  das  dritte  d.  i.  nach 
derner  Zählweise  zweite  Lebensalter  oder  aetas  vor  der  Gegen- 
rt  verlegt  wird,  so  ergiebt  sich  hieraus  wiederum,  dass  der  Au- 

diese  Zeilangabe  in  oder  kurz  nach  dem  Jahre  705  machte,  in- 
q  zwei  aetates  einen  Zeitraum  von  30  Jahren,  und  demnach 
i  +  30  gleich  705  ergeben;3»2 

3.  Dion.  VIII,  87,  wo  die  am  6  Jan.  705  sich  ereignende  Äus- 
isung  der   intercedirenden    Tribunen  M.  Antonius   und  Q.  Cassius 

der  Curie  und  deren  Flucht  zu  Cäsar  als  eine  der  mehreren  Ur- 
hen  hingestellt  wird,  welche  zur  Zeit  des  Autor  den  zweiten  Bür- 
krieg  entzündeten:  xov  ejxcpüXiov  'Pcoixafcov  it6Xc|iov  xöv  hzl  xijc 
j;  4)Xix{a<;.  Hier  ergiebt  daher  das  J.  705  den  Thatbesland  von 
i  meiner  Zeit«; 

4.  Dion.  IV,  21,  wo  an  die  Darstellung  der  servianischen  Cen- 
ienverfassung  die  Bemerkung  geknüpft  ist:   dieselbe  bestand  viele 

352)  Varr.  bei  Censor.  de  D.  N.  14,  2:  quinque  gradus  aetatis  aequabiliter 
\t  esse  divisos,  unumquemque  scilicet  praeter  extremum  in  annos  XV.  Itaque 
io  gradu  usque  ad  annum  XV  pueros  dictos  -•• ;  seeundo  ad  tricensimum  an- 
i  adulescentes  —  nominatos ;  etc.  Abweichend  und  zwar  durch  Hippocrates 
isor.  1.  c.  4  4,  4.  Philo  de  mundi  opif.  p.  26  M.)  beeinflusst  Isid.  Orig.  XI, 
I — 8  und  Papias  Vocab.  s.  v.  aetas.  Weiteres  s.  Müller,  Etrusker  IV,  7, 
.  45.  —  Ambrosch,  Quaest.  ad  Dion.  Hai.  antiq.  pertin.  I  Vratisl.  184t,  die 
jroverse  zwischen  Sylburg  und  Dodwell  prüfend  über  die  von  Dion.  mit  dem 
te  fsvsa  verbundene  Zeitdauer,  tritt  dem  Ersteren  bei:  fsvea  soll  durch- 
»nds  einen  Zeitraum  von  27  Jahren  bezeichnen.  Ich  halte  die  Ansätze,  von 
$n  Ambrosch  hierbei  ausgeht,  theilweis  für  unrichtig ,  für  richtig  vielmehr  das 
tbniss  Dodwell's,  dass  bei  Dion.  favaa  nicht  einen  gleichmassig  fixirten  Zeitraum 
lehnet.  Vielmehr  vertritt  fevea  bald  das  Lebensalter,  bald  das  Menschenalter 
'  Geschlecht  oder  die  Generation. 

bhandl.  d.  K.  S.  G «»©lisch,  d.  Wiasensch.  XV II.  *8 


708  Moritz  Voigt, 

MenschenaKer  hindurch,  allein  in  unseren  Zeiten:  ev  toi;  rtaSl 
Xp6votc  ist  dieselbe  democratischer  geworden.  Diese  chroftolc 
Angabe  gewinnt  eine  angemessene  Beziehung  allein  aus  deo\ 
Setzungen,  dass  die  servianische  Verfassung  durch  Beseitigen 
bezüglichen  jüngeren  Reformen  derselben  von  Sulla  im  J.  67< 
integrirt,  später  aber  und  zwar  wohl  im  J.  684  diese  sub 
Ordnung  wieder  beseitigt  und  die  frühere  reformirte  seraaoigck 
Fassung  wieder  eingeführt  worden  sei.352')  Diesfalls  aber  ergid 
Zeit  von  684  ab  den  Begriff  von  »unsere  Zeiten«; 

5.  Dion.  II,  6,  wo  der  Verfall  der  Staatsreligion,  die  Yen 
lässigung  der  Auspicien  und  die  dadurch  verschuldete  Scfatf 
des  Staates  in  inneren ,  wie  äusseren  Kämpfen  beklagt  und  i 
der  Hinweis  auf  ein  der  eigenen  Gegenwart:  xaxa  t-jjv  £|rip^ 
angehöriges  Beispiel  geknüpft  wird :  auf  das  Ereigniss  des  i 
nius  Crassus,  der,  den  Göttern  trotzend  und  über  die  Auspick» 
hinwegsetzend,  in  dem  parthischen  Kriege  Heer,  wie  Leben« 
Da  nun  jenes  Vorkommniss  im  J.  705  sich  ereignete,  so  ftlh* 
dieses  Jahr  in  die  eigene  Gegenwart  des  Autor; 

6.  Dion.  II,  11,  wo  rühmend  hervorgehoben  wird,  wie* 
stitutionen  des  Romuhis  die  Eintracht  im  Staate  sicherten,  undhi 
der  Hinweis  geknüpft  wird,  dass  C.  Gracchus  als  Volkstriboi 
Eintracht  zerstörte  und  seitdem  nun  Bürgermord  und  Exilim 
kein  Ende  nehmen  und  das  Ringen  um  den  Sieg  vor  keiften) 
brechen  Zurückschreckt,  und  wo  nun  als  die  politischen  Eref 
auf  welche  hierin  angespielt  ist,  die  beiden  Bürgerkriege  v<fl 
und  von  705  nebst  den  in  deren  Gefolge  auftretenden  Voii 
nissen  sich  darbieten;353) 


352*)  Die  Redintegrirung  der  originalen  servianischen  Verfassung  be 
auch  App.  civ.  I,  59;  vgl.  Schulze,  Volksversammlungen  der  Römer  I 
Becker-Marquardt,  a.  0.  III,  2,  37.  Dagegen  sind  die  älteren  ModificalMMW 
Verfassung  wieder  in  Geltung  zur  Zeit  von  Cic.  de  pet.  cons.  (698)  5,  4*. 
p.  Plane.  (700)  20,  49.  Phil.  (74  0)  II,  33;  meines  Erachtens  fallt  die« 
tigung  der  sullanischen  Ordnung  zusammen  mit  der  lex  Pompeia  tribowc 
Aurelfa  iudiciaria  von  684. 

353)  Dagegen  ist  während  der  ganzen  Zeit,  wo  Dion.  in  Rom  verwett* 
nicht  ein  einziges  Mal  die  innere  Eintracht  im  Staate  gewallt  bat  ig  gestört  1 
und  der  Bürgermord,  die  Exilirungen,  das  Verbrechen  im  Dienste  politsebt 
theikämpfe,   das  Ringen  endlich  um  den  Sieg  in  solchen  Kämpfen  sind  berei 


Leges  brgiae.  700 

7.  Dion.  II,  12,  wo  gesagt  wird,  das  Regiment  der  alten 
;e  sei  keineswegs  autokratisch  und  eigenmächtig  gewesen,  wie 
'iner  Zeit:  ev  to?<;  xaiV  ^ä^  /povotc,  eine  Bemerkung,  welche 
zutreffende  Beziehung  in  den  Dictaturen  Cäsar's  vom  J.  706  ab 

8.  Dion.  III,  71,    wo   gesagt   ist,   dass  Tarquinius  Priscus   dem 
Navius  eine  eherne  Statue  errichtete,  welche  bis  zur  Zeit  des 

•:  sfc  d|ii  vor  der  Curie  bei  dem  heiligen  Feigenbaume  steht 
i  diese  Beschreibung  gehört  einem  Schriftsteller  an,  welcher 
em  J.  710  schrieb,  da  mit  diesem  Zeitpunkte  jene  localen  Ver- 
sse  sich  veränderten.  Denn  zunächst  die  beim  ficns  rüminalis 
ene,  von  Tullus  Hostilius  erbaute  und  von  Sulla  restaurirle  cu- 
losiilia,    welche    im   J.    702    abbrannte   und   dann   von  Paustos 

wieder  aufgebaut  wurde,  ward  von  Cäsar  abgebrochen  und 
hrer  Stelle   der   im   J.  710  geweihte   Tempel   der  Felicitas   er- 

wogegen  die  neue  Curie  von  Octavian  und  auf  einer  anderen 
t  errichtet  wurde  ;:v*  und  sodann  die  Statue  des  Navios  über- 
le  zwar  den  Brand  des  Jahres  702,   indem  solcher  nach  Plin. 

XXXIV,  4,  21   nur  deren  Basis  zerstörte,  existirte  jedoch  nicht 

im  J.  727 — 729  (A.  340),  da  sie  als  nicht  mehr  vorhanden 
ebnet  wird  von  Liv.  I,  36,  ör  in  comitk)  in  gradibus  ipsis  ad 
m  curiae  fuit,  demgemäss  diese  Beschreibung  des  Liv.  auf  die 
Faustus  Sulla  erbaute  und  vor  710  abgebrochene  Curie  zu  be- 
ll und  «anzunehmen  ist,  dass  bei  dem  Baue  des  templum  Feli- 
;  jene  Statue  beseitigt  wurde.350 


seit  der  Schlacht  bei  Actium  geordneten  Zustanden  gewichen.  Daher  ist  die 
Bemerkung  im  Munde  des  Dion.  gedankenlos. 

54)  Dieser  Vorwurf  passt  in  keiner  Weise  auf  die  Zeit  der  Alleinherrschaft 
an  s  seit  der  Schlacht  bei  Actium :  denn  die  angehende  Monarchie  wahrte 
eobachtete  die  republicanischen  Formen,  schonte  and  respectirte  die  ererbte 
»rdnung,  duldete  neben  sich  und  bekleidete  theilweis  sich  selbst  mit  den 
onen  der  altüberlieferten  Organe  der  Staatsgewalt,  und  gewann  so  für  das 
Ihum  den  Stützpunkt  der  Legitimität  auf  dem  Fundamente  des  Freistaates: 
-Marquardt,   a.   O.   III,   2,    292. 

55)  Becker,  a.  O.  I,  3t  0.  330  IT.  Wo  die  curia  Julia  errichtet  wurde,  ist 
;  obige  Frage  gleichgültig,  da  sie  nach  Dio  Cass.  XLIV,  5  sicher  nicht  auf 
eile  der  curia  Hostilia  erbaut  ward.  Diese  Negative  halte  ich  für  vollkom- 
esichert  auch  gegenüber  Gardtbausen  im  Hermes  VIII,    136  f. 

56)  Becker,  a.  O.   I,   292.   294.     Auch    mit  jener    bestimmten  Angabe   des 


710 


Moritz  Voigt, 


l«; 


Zu  Alle  dem  gesellt  sich  endlich  noch  eine  ganz  significak 
Stelle  in  IV,  80 :  es  hätten  die  Könige  vor  Tarquinius  Supertat 
geredet  und  gehandelt,  dass  sie  euSaifioveorspav  xe  xal  |u(Cnt^ 
7i6Xiv  ihren  Nachfolgern  hinterlassen,  als  sie  solche  von  ihren?* 
gangern  empfangen  hatten ;  denn  diese  Redewendung  enthalt  m 
Anspielung  auf  die  von  den  Censoren  bei  der  Lustraüon  gesprod» 
Fürbitte,  dass  die  Götter  populi  Romani  res  meliores  amptiorap 
facerent  (s.  S.  402),  und  solche  Anspielung  konnte  nur  ein  griti 
Kenner  des  Staatsrechtes,  nicht  aber  Dion.  machen. 

Wenn  so  daher  Dion.,  wie  für  die  Geschichte  der  Republik,  #| 
auch  für  die  Königszeit  nicht  allein  den  weitaus  überwiegenden 
und  in  grossen,  zusammenhängenden,  fortlaufenden  Massen  mM 
nen  Hauptquellen  entlehnte,   sondern   diese  Entlehnung  auch  rm 
massig  ohne  irgend  welche  allgemeinere  und.  tiefer  eingreifende  4f>| 
liehe  Verarbeitung   und  so  nun  mitunter  in  geradezu  einsichte-,  •» 
gedankenloser  Weise  bewerkstelligte;   so  stellt  sich  nun  in  der  IM 
die  Königsgeschichle  des  Dion.   im  grossen  Ganzen   als   eine  w* 
Compilation   dar,   an   welcher  nicht  der  dargebotene  Stoff,  sontai 
die   gegebene  Form   der  Darstellung  das  Product   der  litterariseki 
Tätigkeit  des  Dion.  ist:   es   ist,  mit  Einem  Worte,  jene  Ktioipp» 
schichte  im  grossen  Ganzen  nicht  eigenes  Geisteswerk  des  Dion.  fd 
aus   dessen  schaffendem   und   gestaltendem  Wirken  hervorgegfflj* 
als  vielmehr  es   enthält  dieselbe  eine  fremde  Geistesarbeit,  an  Ar 
Dion.  lediglich  neu  gestaltend  sich  bethätigte,  durch  Veränderung to 
Form   und   durch    neue  Verbindung   des  Einzelnen    ein   neues  G** 
herstellend. 

§  22. 
FortsetzuMg. 

(Die  Quellen  der  Königsgeschichte  des  Dion.) 

Die  in  §  21  dargelegte  Thatsache,  dass  Dion.  den  Stoff  sä* 
Königsgeschichte  den  römischen  Annalisten  compilirend  entfek* 
schliesst  keineswegs  jede  Selbstständigkeit  und  Originalität  an  je* 


Liv.  tritt  Gardthausen  a.  0.  4 37  in  Widerspruch:    er  weist  jener  Statue  att&* 
der  curia  Julia  einen  Platz  an. 


Leges  regiae.  711 

it  Seitens  des  Dion.  aus.  Vielmehr  gewinnt  jene  Darstellung 
eigene  Individualität  zunächst 

I.  in  der  Form,  somit  in  der  neuen  Gestaltung,  in  welche  Dion. 

Darstellung  kleidete.     Und  zwar  wird  eine  solche  gegeben  nicht 
i  in  der  Uebersetzung,  welche  Dion.  fertigte,  sondern  auch 
A.   in  Kürzungen,  welche  Dion.  an  der  Darstellung  seiner  Vor- 
en   vornahm  und  die  bald  in  reinen  Auslassungen,  bald  in  kür- 
er Ueberarbeitung  bestehen.     Denn 

1.  Beispiele  solcher  Auslassungen  sind  gegeben  in  den  in  §  21 
p  2  aufgeführten  Reden  der  Vorquelle;  nicht  minder  in  II,  25 
glich  des  dritten  Ehescheidungsgrundes:  der  cpappaxfa  xexvcov 
Plut.,  welchen  Dion.  nicht  verstand  und  so  nun  überging  (S.  33) ; 

endlich  in  IV,  1 3,  wo  die  in  der  Vorquelle  enthaltenen  näheren 
iben  der  servianischen  Gesetze  ausgelassen  sind.357 

2.  Sodann  kürzende  Ueberarbeitungen  der  Vorquelle  finden 
vor: 

a.  in  II,  24.  25,  wo  Dion.  in  seiner  Vorquelle  einen  ausfuhr- 
in Excurs   über   die   ältesten   familienrechtlichen  Ordnungen  vor- 

and   daran   nun    bedeutende   Kürzungen   vornahm    (A.  58    und 

b.  in  II,  63  ff.,  wo  Dion.  die  benutzte  Darstellung  der  Gesetze 
Institutionen  des  Numa    abkürzt:    airavxa   (xev    otix  d£tu>  fpdrpeiv, 

.^xoc  iKpopcofievoc  xoö  X6foo  xal  dpa  o68'   dvapcafav  &p<5v  r/jv  ^pa- 

auxuW  'EXXYjvtxaFi;    foxop(ai;'    auxd   8e  xd    xopicoxaxa  xal  'favepdv 

fieva  7con}oat  7cdoav  rJjv  irpoafpsatv  xoö  dv8pic,  iid  xe<paXa(cov  ip&- 

c.  71:  xt.  ]fdp  öst  xd  7cXeüo  rapl  aoxaiv  fpdcpetv;  c.  72:  xecpa- 
>8tt  8'    üTCOYpa'fiQ  OYjXdiaaf    c.  73:  xd  —  vofiodexTrjdevxa  —  icpöc 

dXXot;  eXdxxoat  xd  jisytaxa  xal  cpavepwxaxa  xaöx'  9jv  c.  74:  urap 
kirdvxcov  \*h>  toXo  dv  Ip^ov  etYj  Xe-yetv,  dxpeaet  8e  8<io  xd  fUftoxirjc 
irfi  xu^6vxa,  xexjiVjpta  xal  xcSv  dXXcov  fsveodar 

c.  in  III,  23,  wo  Dion.  zwar  von  dem  Beginne  eines  Krieges 
Veii,  Nichts  aber  von  dessen  Verlauf  und  Beendigung  berichtet, 
rend  andere  Quellen  davon  in  der  That  Kunde  geben ; 35S 


357)  toü?  vopooc  xouc  xe  oovaXXaxTtxoo;  xal  xooc  icepl  xäv  a8ixYjjiaTa>v  —  * 
84  itevrrjXovTa  7too  [AaXtoxa  tov  aptOfAov,    d>v  oo8ev  8iojiat  fi&fivrjottai  xaxa 

rapov. 

358)  Schwegler,   a.   0.   I,    577  A.  2. 


712  Moritz  Voigt,  [W 

d.  in  III,  32 — 34,  wo  die  Kriege  mit  den  Sabinern  und  Ut 
nern  stark  überarbeitet  sind.  Denn  es  fehlen  fast  gänzlich  die  fife 
ren  Details  dieser  Kriege :  die  Angaben  der  einzelnen  Schlachte«  wi 
Kriegsthaten ,  der  taktischen  Operationen  und  ihrer  Ergebnisse,  # 
Resultate  in  Gewinn  und  Verlust;  vielmehr  wird  nur  in  allgeoMt 
Umrissen  der  Gang  beider  Kriege  angegeben,  und  schliesslich  eada 
beide  ohne  Friedensschluss  oder  Bündniss,  ja  der  latinische 
geradezu  im  Sande,  während  doch  die  Vorquelle  selbst  nach  c. 8, 
denselben  in  einem  Bündnisse  seinen  Abschluss  finden  liess;" 

e.  in  III,  37 — 42,  wo  die  fünf  Kriege  des  Ancus  Marcras 
gestellt  werden,  nämlich  der  achtjährige  Krieg  mit  den  Latinere 
Fidenaten:  37 — 40,   der  Krieg  mit  den  Sabinern:   40,   der  z 
rige  Krieg  mit  den  Vejentern:  41,   der  Krieg  mit  den  Volskero: 
und  der  zweite  Krieg  mit  den  Sabinern :  42,360  und  wo  non 
quelle   stark   überarbeitet   und   verkürzt  ist,   wie  aus  Folgendem  er- 
hellt:   zunächst  in  der  Darstellung  des  lalinisch-fidenatischen 
in  c.  38   schliesst  sich   an  das  dritte  Kriegsjahr  sofort  das 
an,   wobei   nun  einerseits  übergangen  wird,   dass  auch  Fidenae 
Latinern  sich  anschloss,  andrerseits  aber  nur  ganz  beiläufig 
wird,  theils  dass  im  dritten  Kriegsjahre  Fidenae  in  Dedition 
men,   die  Bewohner  nach  Rom   versetzt,   die  Stadt  selbst  aberm 
den  Latinern   wieder   colonisirt  worden   war,   theils  dass  im  i-4 
Kriegsjahre  Medullia  im  Besitze  der  Latiner  sich  befand  und  in* 
benten  Jahre  zurückerobert  ward.     Sodann :  im  siebenten  Kriegijffc 
wird   nach   c.   38  Fidenae  anderweit  erobert  und  zerstört  undfl*! 
ches  beschieht  nach  c.  39.  40  im  achten  Jahre  abermals,  ohned* 
angegeben    würde,   dass  dasselbe  inzwischen  von  den  Feinden** 
der  oecupirt  und  neu  aufgebaut  worden  sei  (vgl.  A.  405).    Drilto* 
während  dieses  letzten  Kampfes  mit  Fidenae  ist  nach  c.  40  der 
mit  den  Latinern  noch  nicht  beendet,  und  gleichwohl  fehlt  jedefcj 
gäbe  über  dessen  weiteren  Verlauf  und  Ende,  während  in  c.  tt^ 
Friedensschluss    erwähnt    wird.      Dann    wiederum:    dass  das 
Kriegsjahr  mit  Veii  mit  einem  Waffenstillstände  schloss,  wird«* 


359)  So  auch  Liv.   I,   32,   3.   52,   2.     Wegen   des  Krieges  mit  den  Sab«*! 
vgl.   Liv.   I,   30. 

360)  Liv.    berichtet    nur    von    dem    latinischen    und    vej entmischen  W 
Schwegler,   r.  Gesch.   I,    599  ff. 


I  Legks  regiae.  713 

it  bei  der  Darstellung  der  bezüglichen  Ereignisse,  sondern  erst 
dem  zweiten  Kriegsjahre  berichtet,  und  ebenso  fehlt  daselbst  die 
gäbe,,  dass  dieses  zweite  Kriegsjahr  mit  einem  Frieden  schloss. 
ilich  fehlt  solche  Angabe  auch  bezüglich  des  zweiten  sabinischen 
eges  in  c.  42; 

f.  in  III,  57 — 61  ^  wo  der  Krieg  des  Tarquinius  Priscus  mit  den 
uskern  dargestellt  wird  und  wofür  nun  IV,  3  ergiebt,  dass  Dion. 
III,  59  den  Umstand  ausgelassen  hat,  wie  nach  der  Schlacht  bei 
£um  die  Latiner  dem  Tarquinius  ein  Hülfsheer  schicken,  mit  wel- 
m  derselbe  nach  Etrurien  hinein  zieht  und  so  nun  die  Etrusker 
i  Friedensgesuche  nöthigt; 

g.  in  111,  63 — 66,  wo  der  Krieg  des  Nämlichen  mit  den  Sabi- 
a  folgt,  welcher  in  zwei  Abschnitte  zerfällt:  in  den  einjährigen 
izug  von  c.  63.  64  z.  A.  und  in  den  fünfjährigen  Krieg  in  c.  64 
£.  —  66,  und  wo  nun  die  diese  fünf  Jahre  ausfüllenden  Kriegs- 
ten  ausgelassen  sind ;  und  zwar  ergiebt  IV,  3  die  Auslassung  ins- 
ondere die  Thatsache,  dass  nach  einer  siegreichen  Schlacht  die 
iische  Reiterei  unter  Servius  Tullius  die  fliehenden  Sabiner  bis 
emnae  verfolgte,  während  wiederum  aus  III,  69.  IV,  59  erhellt, 
B  in  c.  66  die  Gelobung  des  capitolinischen  Tempels  Seitens  des 
quinius  von  Dion.  übergangen  ward; 

h.  in  IV,  4,  wo  Tanaquil  eine  Anrede  an  ihre  beiden  Schwie- 
söhne  hält:  ujaiv  — ,  otc  eve^fUTjoev  6  Tctpxtivto<;  idc  eauroö  äii^a- 
at,  Dion.  aber  die  Anwesenheit  des  einen  Schwiegersohnes  aus- 
assen  hat:  nach  ihm  sind  nur  Servius  nebst  seiner  Frau  und  Mut- 
gegenwärtig; 

i.  in  IV,  24,  worüber  vgl.  111  D  s; 

k.  in  IV,  25,  wo,  wie  c.  36  ergiebt,  die  Angabe  ausgelassen 
dass  Servius  Tullius  selbst  sich  den  Gesetzen  unterstellte; 

1.  in  IV,  26,  wo  von  den  Regierungshandlungen  des  Servius 
4Xdrcove<;  xai  djAaopöxepat  ausgelassen  werden; 

m.  in  IV,  27,  wo  der  zwanzigjährige  Krieg  des  Servius  mit  den 
lskern  in  Ein  Capitel  zusammengedrängt  ist; 

n.  in  IV,  45 — 52,  wo  Dion.  folgende  Darstellung  giebt:  nach- 
ts Tarquinius  mit  der  aristocratischen  Faction  in  Latium  Verbin- 
igen angeknüpft,  trifft  er  die  Vorbereitungen  zu  einem  Feldzuge 
ler  die  Sabiner:  c.  45.     In  Verfolgung  dieses  Projectes  beruft  er 


714  Moritz  Voigt,  [W 

eine  launische  Bundesversammlung  nach  Ferentinum  ein  and  sackt 
diese  zur  Theilnahme  an  jenem  Kriege  zu  gewinnen :  c.  IS.  il 
Hierbei  den  Abschluss  eines  neuen  römisch  -latinisch-  hernikischi 
Bundes  durchsetzend,  dem  auch  von  den  Volskern  Ecetra  und  Al- 
thirn beitreten:  c.  48.  49,  beschliesst  er,  ein  Heer  wider  die  Sau- 
rier ausrücken  zu  lassen.  Dementsprechend  zieht  er  das  Heer» 
saminen,  rückt  vor  das  volskische  Suessa  Pometia,  belagert  ai 
stürmt  dasselbe:  c.  50.  Und  hier  die  Botschaft  empfangend,  im 
die  Sabiner  in  das  römische  Gebiet  eingefallen  sind ,  rückt  er  da- 
selben  entgegen  und  schlägt  sie:  c.  51.  52,  dann  wieder  Utk 
Suessa  zurückkehrend.  Diese  Confusion  aber:  dass  Tarquinius  widv 
die  Sabiner  den  Krieg  vorbereitet,,  mit  den  Volskern  aber  soleka 
beginnt,  und  erst  später,  von  den  Sabinern  überfallen,  wider  dfeft 
sich  wendet,  weist  nun  auf  eine  Kürzung  bei  Dion.  hin:  in  derVtf» 
quelle  kann  der  Gang  der  Dinge  nur  der  gewesen  sein,  dassfc 
Volsker,  entrüstet  über  den  Beitritt  Ecetra's  und  Antium's  zu  im 
latinischen  Bunde,  wider  diesen  feindlich  vorgehen  und  so  deoTf- 
quinius  nöthigen,  den  geplanten  sabinischen  Krieg  aufzuschiebend 
statt  dessen  zunächst  gegen  sie  selbst  und  erst  später  gegen  ie 
Sabiner  sich  zu  wenden ,  womit  dann  zugleich  die  in  den  W 
triumphales  angegebene  Reihenfolge  beider  Kriege  hergestellt  ward 
B.  Eine  noch  andere  Gruppe  von  Momenten,  welche  eine  Na- 
gestaltung  der  Darstellungsform  Seitens  des  Dion.  ergeben,  ist  er- 
halten in  kurzen  Zusätzen  oder  Abänderungen  redactionelleo  Qu- 
racters,  welche  derselbe  vornimmt.     Und  hierunter  fallen  wieder 

1 .  Redewendungen,  durch  welche  Dion.  sich  selbst  ab  Darsld- 
ler  angiebt,  so  II,  72:  o?op.af  xoiaGxa  irapsXaßov  IV,  21:  d>;  ij*1 
xat<;  ap^aipeofaic  aux&v  iroXXdxic  ratp&v 

2.  Umänderungen  des  Ausdruckes  in   der   Richtung,  dass  Ar 

■ 

Standpunkt  der  Anschauung  und  Betrachtung  aus  dem  Römischen  ■ 
das  Griechische  verlegt  wird ,  so  wenn  von  den  Römern  als  eäfr 
fremden  Nation  gesprochen  wird,  wie  z.  B.  in  II,  2.  6.  10  dß 
auch  in  II,  7:  xaid  rJjv  em^üipiov  yXorrcav  iüpoaafopeu6(i£vo;a  *: 
xaXouai  'Pcojiatot  9p(ap.ßov,  und  Aehnliches  II,  57.  58.  60.  71  1 
22.  61.     IV,  13.  15.  40; 

3.  Verweisungen:  coarap  ecpjv  und  dergl.,  so  II,  62.  64.  67  aX 
72.  73  a.  E.,  111,  6.  32; 


Leges  regiae.  745 

Einschallungen,   welche   den  Uebergang   von   der  einen  zur 
i  Quelle  vermitteln,  so  zu  Anfang  von  II,  18.  21.  30,   dann 
ä.     III,  37.  57  z.  A.     IV,  12  z.  E.,  70  z.  A. 
i  diesen  Neugestaltungen  der  Darstellungsform  treten  aber  auch 

Neugestaltungen  des  Darstellungsstoffes,  welche  Dion.  vor- 
und  dies  zwar  vor  Allem  darin,  dass  derselbe  aus  den  Wer- 
/eier  verschiedener  Autoren:  aus  den  Annalen  des  Licinius 
und  Valerius  Antias  als  seinen  Hauptquellen  seine  Königsge- 
3   compilirte   und   dabei  von  dem  Vorgefundenen  ebenso  aus- 

wie  aufnahm.     Sodann  aber  giebt  auch  Dion. 

Zusätze  zu  seinen  Hauptquellen,  die  er  bald  aus  seinen  anna- 
jn  Nebenquellen,  bald  auch  aus  der  anderen  Hauptquelle  ent- 
und  die  selbst  wiederum  von  dreifältiger  Beschaffenheit  sind : 
Dlemiken,  bald  Ergänzungen  der  Hauptquelle,  bald  aber  auch 
ng  der  maassgebenden  benutzten  Hauptquelle  durch  eine  an- 
quelle in  Bezug  auf  einzelne  Punkte  oder  Themata  der  Dar- 
5.  Und  jene  ersteren  beiden  Fälle  nun  sind  es,  welche  zu- 
dem Dion.  die  vornämliche  Veranlassung  bieten,  seine  Quellen 
l  zu  ipachen,361  wie  aber  auch  sein  eigenes  historisches  und 
es  Ingenium  zur  Geltung  zu  bringen.     Im  Besonderen  nun 

solche  Polemiken  finden  sich  in 

II,  31,  wo  die  Version  des  Cn.  Gellius  über  den  Zeitpunkt 
iubes  der  Sabinerinnen,  sowie  anderer  Annalisten  über  das 
ierselben  bestritten  werden; 

II,  59,  wo  die  Version  eines  persönlichen  Verkehres  zwischen 
und  Pythagoras  als  anachronistisch  nachgewiesen  wird; 

II,  60,  61,    wo   die  Sage   vom  Verkehre   des  Numa  mit  der 

kritisirt362  und  daran  die  Mittheilung  einer  rationalistischen 
g  jener  Sage  Seitens  anderer  Annalisten  geknüpft  wird; 

IV,-  6.  7,  wo  die  von  Piso  vertretene  Angabe,  dass  die  hin- 
gen Descendenten  des  Tarquinius  Priscus  nicht  dessen  Söhne, 


4)  Kiessling,  de  Dion.  Hai.  antiq.  auctoribus  lattn.  l\:  cum  enim  Diony- 
stores  suos  tunc  tan  tum  pro  (erat ,  ubi  ab  ea  quam  ipse  pro  veriorc  am- 
jst  sententia  recesserunt  reinque  alia  ratione  exposuerunt. 
2)  c.  59,  wie  60  richten  sich  gegen  den  nicht  genannten  Valerius:  s.  A.  487  ; 
i  c.  59:  Liv.  XL,  29,  8.  Plut.  Num.  22,  und  wegen  c.  60  Kiessling, 
Den  Verkehr  des  Numa  mit  Pythagoras  vertrat  auch  Piso:  A.   366. 


Voigt, 


M 


seien,  gegenüber  der  entgeht 
Pictor  und  der  übrigen  Annahm 


Weise  gewisse  anachronistische  b- 

der  VerwandischaftsverhtHK 

werden; 

des  Fabius  Pictor  betreft  k 
des  Tarquinius  Collatioas  riet 


-       U        -J* 


i*.     -5H 


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il.'^CM.-fe? 


*n»tt      .MLafefttfUK1! 


Berichtigungen  der   roaassgebdb 

des  Romulus  ein  Excurstttor 

bei   demseta 

des  Valerius  von  den  cetai 
geknüpft  werden  (s.  A.  478}; 

Worten   an   xai  aütty  4;  p 

Fabius  Pictor,  Piso  undrej 
Motive  und  über  die  Ausftfcrtl 

die  Erfüllung  der  mit  dertrf- 

des  Tatius; 
gewisser  Annalisten  Ober  k 


über  die  Zahl  der  aus  <b 
.  wie  über  die  Belohnung  der  * 
Fraon.  theilweis  nach  Varro, 
Oares  nach  Varro; 

der  Sabiner  nach  Zenodot,  C* 


des  Licinius  über  den  Tod  ** 
der  Annalisten  über  den  Toi 


***   **  mrtx  II 


i%  Uu? 


>acl   juk*   »  VI    ||. 

in 
\  **>*Mt*n    j,  4»?  Romulus  bei  eioer  Muster«* w 

* tartftht  cuks  uwittefs  iu  deu  Göttern  entrückt  *** 

R*wc*m  **»  lafcrius.    welche  sieb  auch  findet  bei  öc. 


Lege*  beoue.  747 

k.  II,  66.  68.  69,  wo  in  eine  aus  Fabius  Maximus  entnommene, 
63—67.  70 — 73  enthaltene  Passage  (s.  unter  3  b)  ein  Excurs 
den  Tempel  der  Vesta,  wie  über  die  Vestalinnen  eingeschoben 
;  und  zwar  sind  davon  zunächst  c.  66  bis  zu  den  Worten: 
>drnr]oe  -yeveo&at  aus  Varro  entnommen,364  wogegen  die  übrige 
lie  von  c.  66,  wie  c.  68.  69  Disgressionen  nach  verschiedenen 
ren  geben,  insbesondere  aber  in  c.  66  wiederum  varronisches 
rial  enthalten  ist;365 

1.  II,  72:  Ansicht  des  Gellius  über  die  Einführung  der  Fetialen; 
m.  II,  76:    Anhang   aus   Piso366    und  Gellius   über  die  Lebens- 


ep.  II,  4  0,  4  7.  vgl.  I,  4  6,  25.  Liv.  I,  4  6,  4.  Plut.  Rom.  «7.  Aur.  ViCt. 
r.  ill.  2,  13.  —  b.  dass  Romulus  von  den  Senatoren  und  im  Senate  erraor- 
md  zerstückelt  ward,  weil  er  den  Senat  zu  befragen  vernachlässigt  und  ins- 
dere  die  vejentischen  Geiseln  ohne  dessen  Befragung  zurückgiebt,  weil  er 
*  die  Neubürger  zurücksetzt  und  weil  er  endlich  mit  gerechter  Strenge  gegen 
isehe  Missethäter  vorgeht;  dies  ist  nach  A.  44  6  die  Version  des  Licinius, 
ch  auch  findet  bei  Liv.  I,  16,  4.  Plut.  Rom.  27.  Flor.  I,  4,  4  6.  —  c.  dass 
us  von  den  Neubürgern  ermordet  ward  während  einer  am  Ziegensumpfe  ab- 
enen  Volksversammlung,  als  bei  der  eintretenden  Sonnenfinsterniss  das  Furcht 
e  Volk  floh,  daher  nun  solcher  Tag  die  Benennung  Poplifugia  erhielt;  diese 
n,  welche  auch  bieten  Plut.  Rom.  29.  de  fort.  Rom.  8.  Flor.  I,  4,  4  6.  So- 
ft 0.  Ov.  Fast.  II,  479  ff.  dürfte  wohl  dem  Fabius  Pictor  angehören,  sicher 
weder  dem  Piso:  vgl.  Macr.  Sat.  III,  2,  4  4,  noch  dem  Varro:  vgl.  LL.  VI, 
und  dazu  Plut.  Rom.  29.  Cam.  33.  Macr.  Sat.  I,  4  4,  37« 
64)  Dies  ergiebt  die  Concordanz  von  c.  66  cit.  mit  dem  varronischen  II, 
.  A.  372)  bezüglich  der  hervorgehobenen  Scheidung  von  sacra  gentilicia  und 
a,  sowie  in  Bezug  auf  die  Curionen,  deren  sacrale  Functionen  Varr.  cit.  auf 
us,  dagegen  Fabius  Max.  in  c.  64  auf  Numa  zurückführt. 
166)  Merkel,  Ov.   Fast.   CXXXVII. 

166)   Daraus  entlehnt  auch  Plut.  Num.  24,  wozu  vgl.  Clodius  bei  Plut.  cit.  4: 
hinterliess  ausser   der  Pompilia   vier  Sohne,    Stammväter   von   vier  gentes: 
),    Ahnherr   der  Pomponii,    Pinus  Stammvater   der  Pinarii,    Calpus  Ahn  der 
rnii,  endlich  Mainercus,    Stammvater  der  Mauipxioi,  die  wegen  ihrer  konig- 
Abstammung   auch   den  Namen 'Pfj^ec   führen,    d.  h/ Ahnherr  einer  gens, 
e  ebenso  das  praenomen  AJamercus,  wie  die  agnomina  Mamercinus  und  Re- 
führen, somit  der  gens  Aemilia,  der  alle  diese  Namen  eigen  sind.     Und  zwar 
nach  Plut.  cit.   8.    Aem.  Paul.  2  jener  Mamercus  benannt  nach  dem  gleich- 
en Sohne  des  Pythagoras,    woneben   Numa  selbst  ihm  wegen   der  orfpoAta 
'  Rede   den   Kosenamen    AemUius   beilegte   und   damit   den  Namen   der  gens 
ia  veranlasste.     Und  zwar  ergab  nach  Piso  ebensowohl  dieses  zugleich  einen 
s,    dass  Numa  mit   dem  Pythagoras  verkehrte,    als  auch  die  von  demselben 
Plin.   H.  N.  XIII,    13,   87    vertretene  Thatsache,    dass    von   den   im  J.  $73 


718  Mobitz  Voigt,  [IN 

und  Regieroiigsdauer,   wie   über  die  Nachkommenschaft  Numas  od 
das  demselben  errichtete  Monument; 

n.  DK  35:  verschiedene  Versionen  über  den  Tod  des  Tulte: 
nach  der  einen  wird  derselbe  vom  Ancus  Marcius  ermordet,  od  ■ 
dies  ist  die  Erzählung  des  Licinius ,  bei  welchem  Tullus  der  grie, 
Ancus  der  böse  König  ist  's.  bei  A.  450  f.) ;  nach  der  anderen  aber 
wird  Tullus  vom  Blitze  erschlagen,  welchen  der  erzürnte  Gott  ab 
Strafe  für  seine  Vernachlässigung  der  heimischen  und  für  die  Et 
führung  fremder  sacra  herabsendet,  und  dies  ist  die  Version  ds  ■ 
Valerius    s.  c.  36,  sowie  A.   479); ^ 

o.   UI,  46 — 48:   eine   von   Dion.   selbst   ausgearbeitete  Parti« 
über  die  Königswahl   des  Tarquinius  Priscus,    wie    über  das  lanjö- 
nische  Geschlecht,  in  welcher  in  c.  46  die  Angabe,  dass  das  Vok 
dem  Senate   die  Entscheidung   über  die  Regierungsform   anheimgab, 
dem  Licinius  entnommen   ist   (s.  §  23  sub  I  A  2  a),  die  Nachrei- 
ten  aber  in   c.  46 — 48   über  das   tarquinische  Geschlecht  zweite^ 
ohne  aus  Fabius  Pictor  entlehnt  sind,  da  dieselben  übereinstimmet 
auch  bei  Pol.  VI,   I  und  Liv.  I,  34  sich  finden  ;** 

p.    III,  57,  wo  Dion.    in  die  licinische  Darstellung  des  etrudo— 
sehen  Krieges  nach  Maassgabe  der  valerischen  Darstellung  des  sali- 
nischen Krieges  in  e.  56  die  Bemerkung  einflicht,  dass  zu  dem  dort 
fraglichen  Zeitpunkte  der  sechsjährige  Waffenstillstand  abgelaufen  sei, 


it 


gefundenen  14  Büchern  7  pompitisebe  und  7  pythagoreische  waren:  vgl.  aoek 
Nitz>eh.  a.  0.  331  A.  I.  Endlich  starb  nach  Piso  bei  Plut.  cit.  2  4  und  Dwl 
II.  76  Numa  bald  nach  vollendetem  achtzigsten  Lebensjahre  an  Altersschwäche. - 
Alles  dies  illustrirt  trefflich  den  Character  der  Annalen  des  Calpurnius  Piso:  der 
Römer  übernimmt  hier  die  Rolle  der  Graeculi,  auf  den  ächten  und  gesunden  Bwa 
der  Familienchroniken  (A.  til  das  Schmarotzergewächs  erdichteter  Genealogie«  - 
zu   pfropfen.      Im  l'ebrigen  vgl.   Nitzseb.   a.   0.   333  f. 

367'    Nach    der  dritten  Version    des  Piso  wird  Tullus  vom  Blitze  erschüfen — 
den  er  incaute  vom  Himmel  herab  citirte :   Plin.  H.  N.  II,  53,  140.   XXVIII,  t.  14- 

368)   Vgl.   Lachmanu,   de  fontibus  Livi  I.    I£.     Keinesfalls  stammen 
aus  Licinius:    denn    wenn   sie    auch    mit   demselben   in  IV,   27  mehrfach 
stimmen,   so  enthalten  sie  doch  wieder  Nichts  von  dessen  Angaben  über  den 
punkt    der  Cebersiedelung   des  Tarquinius   nach  Rom   in    IV,    6    und    über 
Reiterführeramt  in  III,    39  —  41.    IV,    6,    wie  über  dessen  Aufnahme  in  das  ftft>- 
ciat  und  den  Senat  in  III,    4 1 ;  und  ebensowenig  stammen  sie  aus  Cn.  Gelfios,  & 
auch  dieser  über  den  Zeitpunkt  der  üebersiedelung  des  Tarquinius  nach  Rom.  ** 
über  dessen  Reiterführeramt  nach  IV,    6  berichtet  hatte. 


>]  Leg  es  begiae.  719 

nun  eine  Concordanz  zwischen  den  beiden  verschiedenen  Quellen 
stellend   (vgl.  bei  A.   383); 

q.  III,  69:  Erzählung  der  Vorgange  bei  Entwerfung  des  Planes 
•  den  capilolinischen  Tempel,  als  Zusatz  zu  dem  Berichte  des  Li- 
ius  über  dessen  Bau; 

r.  IV,  2 :  abweichende  Version  über  die  an  die  Person  des  Ser- 
s  sich  knüpfenden  Wunder;309 

s.  IV,  4.  8—12.  28.  29.  31  —  35.  44.  46.  49.  59.  V,  3,  wo 
Ii  Maassgabe  von  Piso  unter  1   d  die  Verwandtschaftsverhältnisse 

Hinterbliebenen   des  Tarquinius  Priscus  von  Dion.  corrigirt  wer- 


.  .370 
1  * 


t.  IV,  15:  Bericht  des  Piso  über  gewisse  Maassregeln  zur  Con- 
irung  des  Bevölkerungs-Standes  in  den  vici  Rom's; 

u.  IV,  40:  abweichende  Versionen  über  die  Ursache  des  Todes 
i  der  Gattin  des  Servius,  wobei  auch  die  Angabe  des  Licinius  in 
■79  mitgetheilt  wird,  und  Bericht  über  die  nach  dem  Tode  des 
■vius  sich  ereignenden  Wunder; 

v.  IV,  63,  wo,  entsprechend  wie  unter  5,  das  Verwandtschafts- 
h&ltniss   des  Sextus  als   ältesten  Sohnes   des  Tarquinius  Superbus 

Dion.  richtig  gestellt  wird   (s.  A.  437) ; 


3  69)  Ich  unterscheide  drei  Versionen:  a.  Ocrisia  wird  als  Jungfrau  gefangen 
Cfcinen  und  als  Sclavin  der  Tanaquil  überwiesen ;  aus  dem  Altare  in  der  regia 
^*  ein  penis  empor,  von  welchem  Ocrisia  den  Servius  concipirt  und  gebiert; 
schlafende  Kind    strahlt  Feuer   aus;    dies    ist  die  Version  in  Dion.  IV,   2   und 

wohl  des  Fabius  Pictor,  wie  Piso,  welche,  als  die  verbreiteiste,  sich  findet 
tv.  I,  39,  1— -5.  Plut.  de  fort.  Rom.  10.  Plin.  H.  N.  II,  107,  241.  XXXVI, 
^04    (wo    beide   Male    Piso   als  Quelle    wiederkehrt)  ,    Serv.   in  Aen.   II,   683. 

Viel,  de  vir.  ill.  7,  1—3.  Ov.  Fast.  VI,  619  —  630.  b.  Ocrisia  wird 
^nger  gefangen  genommen  ,  als  Sclavin  der  Tanaquil  überwiesen  und  gebiert 
Servius ;    Beide    werden    manumittirt ,    Servius    heirathet  die  Getania ,    verliert 

durch  den  Tod,  fallt  vor  Schmerz  in  Schlaf  und  wird  am  Haupte  von  einem 
^scheine  umstrahlt ;  danach  heirathet  er  die  Tarquinia  ;  dies  ist  die  Version 
ITalerius  bei  Dion.  IV,  I.  Liv.  I,  39,  5.  6.  Plut.  1.  c.  von:  oi  8s  7tepi 
^v  bis:  'PcttjAauDV  TroXtrsiav.  c.  Ocrisia  wird  als  Jungfrau  gefangen  genom- 
»  von  Tanaquil  manumittirt  und  an  einen  Clienten  verheirathet ,  und  gebiert 
Servius;  dies  ist  wohl  die  Version  des  Licinius  bei  Plut.  cit.,  die  jedoch  auch 
iche  Zeichen  für  den  Herrscherberuf  des  Servius  beifügt  nach  Dion.  IV,  4.  — 
«rs  Peter,   hist.   rom.   I,   242  f. 

370)    Es  ist  daraus  nicht  mit  Peter,   I.  c.   CLXXXXVII  zu  folgern,    dass  die 
reffenden  Capitel  aus  Piso  von  Dion.   entlehnt  seien. 


720  Mobitz  Voigt,  [W 

w.  IV,  67,   wo  ebenso  wie  in  V,  12  die  Bemerkung,  das  der  1fr  * 
Mit  verschworene   P.    Valerius    von    einem   Genossen   des  Tati«  A-  Ibi 
stamme  (II,  46),  ein  von  Dion.  aus  Valerius  (A.  474)  entlehnter  1+  I* 
salz  zu  sein  scheint;  lim-' 

x.    IV,  67  a.  E.  —  69 :   Excurs  über  die  Vergangenheit  des  L  msm 
Junius  Brutus.371  Ii- 

3.   Entlehnungen  aus  einer  Neben-  oder  Hauptquelle,  die  dn  H» a 
an  Stelle  der  im  Uebrigen  benutzten  Hauptquelle  eintritt,  liegen  yotiwk 

a.  11,21  —  23,  wo  nach  Varro  antiquitt.  rer.  divin.37*  die  sacii- ■** 
len  Einrichtungen  des  Romulus  erörtert  werden :  die  Emsetzmg  n  j*P 
sacra  gentilicia  und  publica,  die  60  Curienpriester   (30  curiones  oi 
30   flamines  curiales' .   die  sacerdotalen  Functionen   von  Frauen  wi 
Kindern  der  Curionen,  ferner  die  Einsetzung  von  drei  augures,  mär 
lieh  die  Ueberweisung  je  bestimmter  sacra  an  die  Curien; 

b.  in  IL  50,   sowie  in  c.  63  von  7tapsXaß<2>v  8s ,    64  bis:  ofa^t 
iIotjtoXou^   67.  70 — 73,  wo  zwei,  wahrscheinlich  aus  Fabius 
mus   entlehnte  Darstellungen  eingeschoben  werden.     Denn  zi 
die  Quelle   von    63 — 73   knöpfte  eine  systematische  Darstellung  der 
ältesten   röm.  Priesterthümer  an  die  Person  des  Numa  in  der  Wete 
an.   dass   diesem  letzteren   die  Aufstellung   eines  Systemes  der  f» 
ihm  selbst  eingesetzten,  wie  der  von  Romulus  überlieferten  Priester- 
thümer und  Culte  beigemessen  ward,  gegliedert  nach  den  acht  Ab- 
schnitten   der   acht    Priesterthümer    der   curiones,    flamines,  tribuno* 
celerum,    augures,    virgines   Vestales,   Salii,    fetiales    und    pontißces, 
worin    dann    von    der   Einsetzung    des   Priesterthumes ,    von   seiaet 
Functionen,    wie   insbesondere   von   den  ihm   obliegenden  sacra  und 
sonstigen  Cultushandlungen,  von  seinem  Ritual  und  Cüremonial,  von 
den   ihm    überwiesenen  Altären    und  Tempeln,   wie    von  den  bezüg- 
lichen Festen   gehandelt   ward,    was  Alles  Dion.  in  mehrfacher  Ver- 
kürzung  wiedergab    (s.    unter  A  2  b).     Und    sodann    eine   HhnBcl 


37  t,    Die  Tödtung  vom  Vater   und  Bruder   des  Junius   und   dessen  simofe^Ä* 
Geistesschwäche    ist  nach  c.   77  aus  Licinius  entnommen;    die  Sendung  nach 

delphischen  Orakel  und  deren  Details  stammen  dagegen  wohl  aus  Piso,  indem 

ches   auch    bei  Plin.   H.  N.   XV,    30,    4  34    sich    findet,    der   in  diesem  Buche  v 

Quellen,   die  auch  Dion.  benutzte,   allein  den  Piso  nennt  und  so  nun  auch  in  $1/7 
excerpirt. 

372)    Merkel,   1.   c.  CXIfl.     Ambrosch,   de  sacerdot.  curial.   9  IT. 


67  Leges  regiae.  721 

'arthie  enthalt  c.  50,  wo  die  neuen  römisch-sabinischen  Culte  des 
oniulus  und  Tatius  dargestellt  werden:  nach  Angabe  der  Erweite- 
iog  der  Stadt  in  Folge  des  Hinzutretens  der  Sabiner  werden  die 
nlagen  von  und  auf  dem  Forum,  wie  die  Errichtung  der  neuen 
It&re  und  Tempel  besprochen:  Romulus  errichtet  einen  solchen  dem 
ippiter  Stator,  Tatius  aber  dem  Sol,  Luna,  Saturnus,  Ups,  Larunda, 
ulcan,  Diana,  Quirinus,  wie  anderen  Göttern  und  stellt  überdem  in 
llen  Curien  der  Juno  Quiritis  Opfertische  auf.  Jene  beiden  Par- 
üeen  werden  nun  mehrfach  als  varronisch  anerkannt:  die  erstere 
>sj>.  von  Merkel,  I.  c.  CX1H  und  Kettner,  Varronische  Studien  8, 
e  letztere  von  Ambrosch,  Studien  160  A.  8;  jedoch  mit  Unrecht. 
Min,  was  II,  63 — 73  betrifft,  so  ist  theils  die  hier  gegebene  Clas- 
ication  von  acht  Priesterthümern  ebenso  abweichend  von  der  des 
antiquitt.  rer.  div.,  der  dieselben  nach  Aug.  C.  D.  VI,  3  in 
Abschnitten  erörterte:  pontifices,  augures  und  XVviri  sacrorum, 
s>  auch  abweichend  von  den  acht  Gruppen  in  LL.  V,  15,  83 — 86: 
M&lifices,  curiones,  flamines,  Salii,  Luperei,  Arvales,  sodales  Titii 
od  fetiales,  theils  ist  jene  Parthie  nach  A.  338*  einem  Werke  ent- 
ommen,  welches  entweder  vor  650  oder  zwischen  673  und  692 
Qffafisl  worden  ist,  somit  also  nicht  Varro's  antiquitates  rer.  divin. 
*'ö  lann,  da  diese  erst  707  herausgegeben  wurden.373  Und  sodann 
ecl«rum  gegenüber  II,  50  fehlt  in  Varr.  LL.  VI,  10,  74  bei  aller 
»steigen  Uebereinstimmung  doch  wieder  die  Angabe  des  Dion.  über 
-Aufstellung  von  mensae  der  Juno  Quiritis.  Da  nun  andrerseits 
r*«  selbst  aus  » annales «,  wie  er  sagt,  entlehnt,  so  begründet  sich 
rdurch  vielmehr  die  Annahme,  dass  Varr.  und  Dion.  aus  gemein- 
*ör  QUelle  schöpften,  als  welche  nun  an  des  Q.  Fabius  Maximus 
^•Hanos  (cos.  621)  annales  um  so  eher  zu  denken  ist,  als  dieser 
**  §  21  von  Dion.  als  Hauptquelle  aufgeführt  wird  und,  wenn 
***  als  solche  nur  der  Vorgeschichte  zu  Grunde  gelegt,  doch  We- 
stens als  Nebenquelle  für  die  Königsgeschichte  benutzt  sein  muss, 
5l<^hwohl  aber  es  bis  jetzt  nicht  gelungen  ist,  solches  servilranische 
a^rial   bei   Dion.    ausser   in    1,  56  nachzuweisen,374   während  wie- 


^73)   Teuffei,   rom.   Litter.3  §   166  unter  4,   der  jedoch  im  Widerspruche  mit 
;a   Quellen   und    somit   wohl    als  Druckfehler    von    den    antiquitates   rer.    human. 

374;    Vgl.    Kiessimg,   1.   c.    17.     Feter,    I.   c     l,    \  \  4  f . 


*J  Leges  regiae.  723 

Opfer,  wie  für  die  Beurtheilung  des  Weintrinkens  der  Frauen; 
27  für  die  Gesetze  über  die  väterliche  Gewalt;  28  für  den  Be- 

b  des  Ackerbaues;  54  für  die  Stadt  Veji;  61  für  den  Umgang 
Numa  mit  derEgeria;  64  für  die  flamines  und  augures;  70  für 
Salii;  IV,  13  für  die  Stadt  Rom;  15  für  die  Juno  Lucina; 

d.  Darstellung  römischer  Institutionen  als  Entlehnung  aus  dem 
schischen,  so  II,  13:  Leibwache  des  Romulus;  14:  Amtssphäre 
.   Senates;  23.  65:  Curien. 

2.  Zusätze,  darauf  berechnet,  dem  griechischen  Leser  das  Ver- 
idniss  zu  erleichtern,  wohin  gehören 

a.  die  Verdeutlichungen  lateinischer  technischer  Ausdrücke  durch 
sprechende  griechische  Worte380  oder  Beifügung  jener  ersteren  zu 
i  letzteren,  so  II,  7  von  tribus,  curia,  tribunus,  curio;  8  von  ple- 
i;  12  von  senatus;  25  von  far;  31  von  Consus;  34  von  Fere- 
is;   48   von  Quirinus;    70  von  salire,  saltatores;    72  von  fetiales; 

von  pontifices;  74  von  lermini;  III,  32  von  Feronia;  44  von 
Ja;  50  von  Egerius;  61  von  toga;  IV,  1  von  Servius;  14  von 
Bpitalia;  18  von  classes;  41  von  Superbus,  Priscus;  61  von  ca- 
;    67  von  Brutus;  76  von  consules,  wozu  vgl.  V,   1; 

b.  die  sachlichen  Erklärungen  römischer  Institutionen  oder  Be- 
dungen, so  II,  5  der  Blitz-Auspicien;  13  von  celeres;  15  des 
^ns  Inter  duos  lucos;  25  der  c^nfarreatio;  65  der  curiae;  70 
flrabea  und  des  ancile; 

c.  die  griechischen  Synchronismen   (s.  bei  A.  338). 

3.  Zusätze,    welche   ohne   einen   derartigen   besonderen   Zweck 
Förderung  des  Verständnisses  von  Dion.  gemacht  werden,  so  in 

a.  II,  19.  20:  Characteristik  der  sacralen  Institutionen  der  Rö- 
-^  wie  Betrachtung  über  die  Mythen  der  Griechen; 

b.  II,  31:  Excurs  über  die  Consualien; 

c.  II,  72:  Bemerkung  über  den  nichtgriechischen  Ursprung  der 
ialen ; 

d.  III,  61  :  Aufstellung  einer  vermittelnden  Meinung  gegenüber 
%  Angabe   des  Licinius  (II,  29),   dass   bereits  Romulus   die   fasces 


380)   So    z.   B.    bereits   Fabius    Pietor    in   dem  armenischen  Euseb.  chron.  I, 
5  Schone. 

Abhandl.  d    K.  S.  Gttellsch.  d.  Wissen»ch.  XVII.  49 


724 


Moritz  Voigt, 


l» 


als  Attribut  angenommen   habe  und  der  Angabe  Anderer,  das  4- 
ches  erst  von  Tarquinius  Priscus  geschehen  sei; 

e.  III,  67.  68,  wo  Excerpte  aus  den  Vorquellen  und  eigne 
Zusätze  des  Dion.  häufig  wechseln:  zuerst  in  c.  67  knüpft  Dioaa 
die  Angabe  des  Valerius  über  die  Vermehrung  des  Senates  md  fe 
Vestalinnen  die  Bemerkung,  dass  Tarquinius  Priscus  die  Strafe  wifcr 
den  Incest  der  Letzteren  eingeführt  zu  haben  scheine  (A.  4M); 
dann  in  c.  67  verbindet  Dion.  mit  der  Aufzählung  der  Bauleo  T» 
quin's  nach  Licinius  eine  Betrachtung  der  Grossartigkeit  und  fat 
spieligkeit  der  cloaca  maxima;  endlich  in  c.  68  an  den  Beriete« 
Licinius  über  die  Anlage  des  circus  maximus  schliesst  Dkm.  eil 
Betrachtung  von  dessen  Grossartigkeit  und  eine  Beschreibung  dfr 
selben ; 

f.  IV,  13.  14:  zwei  Disgressionen ,  welche  Dion.  in  des  Ted 
seiner  leitenden  Quelle,  des  Valerius  einschiebt:  zuerst  in  c.  13tier 
die  Ausdehnung  der  Stadt  und  dann  in  c.  14  über  den  Fortbesüd 
der  Compitalia  zu  seiner  Zeit; 

g.  IV,  24:  Excurs  über  das  Institut  der  Sclaverei,  wie  Mm- 
mission  bei  den  Römern; 

h.  IV,  56:  historische  Parallele  der  von  Tarquinius  Superta 
durch  .(las  Abschlagen  von  Mohnköpfen  symbolisch  gegebenen  Anluvt 

Indem  so  daher  alle  jene  Neugestaltungen  des  aus  den  Vorqoeb 
entlehnten  Darstellungsstoffes  Seitens  des  Dion.  lediglich  auf  eine  seW- 
eigene  Auswahl,  auf  eine  originale  Zusammenstellung  oder  MischflJ 
und  auf  eine  neue  Aneinanderfügung  oder  Verbindung  jenes  vtfjfr- 
fundenen  Stoßes  sich  beschränken,  dagegen  diesen  selbst  weder 
sachlich  umwandeln  und  verarbeiten,  noch  auch  amalgamireo  »1 
zu  innerer  Einheit  und  Harmonie  verschmelzen ;  indem  ferner  *A 
nur  vereinzelt  Dion.  den  Versuch  unternahm,  in  einer  rein  mecha- 
nischen Weise  eine  gewisse  Harmonie  wenigstens  äusserlich  bem* 
stellen:  durch  Einfügung  von  Uebergängen  (S.  161  unter  4),  durch E* 
Schaltung  von  Zusätzen  (S.  164  unter  p.  S.  166  unter  w),  durch  Aeak 
rungen  einzelner  maassgebender  Worte  (S.  1 65  unter  s) ;  und  iwfc» 
andrerseits  wiederum  Dion.  nicht  allein  verschiedenen,  sondern  sog» 
in  einem  tiefgreifenden  Widerspruche  der  leitenden  Grundanschauuogei 
siehenden  Vorquellen  folgt,  so  treten  nun  auch 


]  Lkges  rbgiab.  725 

III.  die  Folgen  jenes  Verfahrens  in  mehrfachen  Kundgebungen 
Tage.     Und  zwar 

A.  fehlt  mitunter  zwischen  den  aus  verschiedenen  Vorquellen 
lehnten  Stücken  der  erforderliche  stylistische  Uebergang,  wie  der 
hliche  Aneinanderschluss  oder  die  stoffliche  Contiguität;  denn  so 

II,  2  schliesst  ab  mit  Angabe  der  Zahl  der  in  dem  Kampfe 
sehen  Romulus  und  Remus  Verschonten,  worauf  c.  3  anknüpft 
"den  Worten:  lirsl  oov  yj  ts  xdeppoe  auTotc  eEetp-jaoTo,  ein  Ueber- 
ig,  dein  sprachlich  (ouv),  wie  sachlich  jede  Bezüglichkeit  fehlt 
I  welcher  so  sich  erklärt,  dass  in  der  Vorquelle  in  der  dem  c.  3 
aufgehenden  und  von  Dion.  nicht  mitgeteilten  Parthie  die  Rede 
w  von  der  Herstellung  der  Stadtmauer,  wie  des  Stadtgrabens.381 

B.  Nicht  minder  finden  sich  beziehende  Ausdrücke,  während 
r  bezogene  Satz  selbst  fehlt;  denn  so 

a.  in  II,  4  ist  gesagt:  Totaöia  fiiv  6  '  PcofiuXoc  ex  8i8a^c  to5 
xpoicdxopoc,  cooTusp  IcpTjv  allein  nirgends  sagte  vorher  Dion.,  dass 
mitor  dem  Romulus  die  zu  haltende  Rede  einstudirt  habe; 

b.  in  II,  64  wird  eine  Verweisung  gegeben  auf  eine  Erörterung 
3r  das  Priesterthum  der  Curionen;  allein  dieselbe  findet  sich  in 
'  That  nicht  bei  Dion.382  « 

C.  Dann  wieder  finden  sich  mehrfache  Wiederholungen,  und  so 
ir  in 

a.  II,  49  und  IV,  58:  dass  die  Römer  den  Dius  Fiel  ins  auch 
Cus  nannten; 

b.  II,  57.  58,  wo  nach  Valerius  die  der  Erwählung  des  Numa 
Ausgehenden   Vorgänge   in   dem    Interregnum,   im   Senate    und   in 

Comitien  dargestellt  werden,  und  dann  in  II,  62  die  Darstel- 
5"  dieser  nämlichen  Vorgänge  nach  Licinius  und  zwar  in  anderem 
*te  folgt:  es  fehlt  hier  der  Zug  der  Harmonie  zwischen  Volk  und 
^tt,  zwischen  den  Senatoren  selbst,  wie  auch  wiederum  zwischen 
l    Plebejern,  welchen  die  Darstellung  des  Valer.  ergiebt; 

c.  III,  49 — 66,  wo  sieben  Kriege  des  Tarquinius  Priscus  dar- 
tellt  werden,  nämlich  1.  wider  die  Latiner  und  zwar  im  Beson- 
^n  a.  wider  Apiolae:  49;   b.  wider  einen  Theil  der  aniensischen 


38  J)  Es  ist  dies  Licinius,   der  auch  auf  Beides  in  IV,   54  zurückkommt. 

382)    Vgl.   Ambrosch,   de  sacerd.   curial.    6. 

49* 


726  Moritz  Voigt,  flu 

Latiner:  Crustumerium,  Nomentum,  Collatia,  Corniculum:  50;  c.  wider 
die  Gesamrat-Latiner  und  namentlich  Fidenae,  Camerium  and  w- 
schiedene  kleinere  Städte:  50.  54 ;  2.  wider  die  Gesammt-Latiwr: 
51 — 54;  3.  wider  die  Sabiner:  55—57;  4.  der  neunjährige  Krieg 
wider  die  Etrusker  saranit  Fidenae  und  Veii:  57 — 62;  5.  wider  fc 
Sabiner,  ein  Krieg,  der  zuerst  in  einem  einjährigen  Feldzage  vi 
dann  in  einer  fünfjährigen  Campagne  geführt  wird:  63 — 66.  Hier- 
von nun  sind  aus  Licinius  entlehnt:  a.  die  Kriege  unter  f  wider 
die  Latiner  in  ihrer  dreifältigen  Richtung:  aa.  wider  Apiolaeinc.lt; 
bb.  wider  die  aniensischen  Latini  in  c.  49.  50 ;  cc.  wider  die  Ge-  j 
sammt-Latiner  unter  4  c  in  c.  50.  51  (bis:  cppoopia  l^upd);  h.  Ar 
Krieg  wider  die  Etrusker  in  c.  57  (von :  Top^vol  Se)  —  64  (hii: 
dXX'  ^firxuxXiov)  vgl.  IV,  27;  c.  der  Krieg  wider  die  Sabiner  mttr 
5  in  c.  63 — 66.  Und  andrerseits  erschöpfen  auch  wieder  diese  drei 
Stucken  das  bezugliche  aus  Licinius  entnommene  Material,  indes 
dieser  ebensowohl  nach  Maassgabe  von  IV,  9  in  der  That  nur 
drei  Kriegen  berichtet  hatte :  zuerst  wider  die  Latiner,  sodann  wider 
die  Etrusker  und  zuletzt  wider  die  Sabiner,  als  auch  nach  Ma»- 
gabe  von  IV,  3  gerade  den  sabiniscben  Krieg  unter  no.  5  berietet 
hatte,  da  I\jer  jener  einjährige  Feldzug,  womit  solcher  eröffnet,  er- 
wähnt wird.  Somit  aber  sind  nicht  aus  Licinius,  als  vielmehr  w 
einer  zweiten  Quelle  entnommen  der  latinische  Krieg  unter  2  aid 
der  sabinische  Krieg  unter  3,  ein  Sachverhalt,  der  auch  noch  dam 
zu  Tage  tritt,  dass  die  beiden  Kriege  wider  die  Gesammt-Latiner 
unter  1  c  und  2  ganz  in  der  gleichen  Weise  eingeleitet  werdet: 
der  erstere  in  c.  50  in  den  Worten:  Irp  oic  ot  Acmvot  ^atae»; 
epspovtec  l<p7]<p(oavTo  xowg  oTpaxiow  iid  Ptofiafouc  l&rfcrfetv,  der  lete- 
tere  in  c.  51  in  den  Worten:  iy  oTc  tapax^vxe^  °*  ta«w>l  Aaw 
—  —  de  tJjv  £v  OepevTfoco  auveX06vTec  afopÄv  I^T^fadvio  rfp  ti 
orxetav  Swapiv  i£  atz&arfi  ic6Xeax;  i^eiv.  Und  zwar  ist,  da  an  die 
Benutzung  einer  Nebenquelle  für  jene  beiden  Kriege  unter  2  und  3 
nicht  zu  denken  ist,  Valerius  als  die  Quelle  anzuerkennen,  aus  der 
diese  Parthie  von  Dion.  entlehnt  ward.  Demnach  aber  stellt  ach 
das  Verhältniss  dahin  fest,  dass  Dion.  die  beiden  Kriege  wider  <fe 
Laliner  und  wider  die  Sabiner  zwei  Mal  aus  verschiedener  Quelle: 
aus  Licinius  und  aus  Valerius,  dagegen  den  etruskischen  Krieg  nur 
aus    Licinius  darstellte,    so   aber   aus  den    drei   Kriegen   derea  fünf 


*  73]  Leges  regiae.  727 

oder,    bei    besonderer  Zählung   der  Kriege  wider   Apiolae  und   die 
^uiiensischen  Latiner,  sieben  machte;383 

d.  IV,  16 — 18  und  VII,  59:  eine  übereinstimmende,  detaillirte 
Darstellung  der  Centurien Verfassung  des  Servius  gebend,  hier  nach 
Lknnius,3*4  dort  nach  Valerius. 


383)  Die  Darstellungen   von  Licin.    und  Val.   scheinen  auf  zwei  verschiedene 
Quellen  zurückzugehen  :  auf  Fabius  Pictor,  der,  zu  Grunde  liegenti  bei  Liv.  (s.  A.  368), 
drei  Kriege  berichtete:    wider  Apiolae:   Liv.   I,   35,   7,    wider  die  Sabini  mit  Ein- 
achluss  von  Collatia:    Liv.   I,   36,    t.  2.    37,    1 — 38,   3,    endlich  wider  die  Prisci 
Laiini:    Corniculum,    Ficulea  velus,   Cameria ,   Cruslumerium ,  Ameriola,   Medullia, 
Nomentum:   Liv.   I,   38,    4;   und  sodann  auf  die  annales  maximi,  aus  denen  die  fasti 
triumphales  in  C.  I.  L.  I,  453  entlehnten  und  welche  drei  Kriege  bekundeten:  wider 
die  Latini,  Etrusci  und  Sabini.    Diese  drei  Kriege  sind  als  identisch  anzusehen  mit  den 
drei  des  Fabius  :  denn  der  Krieg  wider  Apiolae  konnte,  wie  dessen  geographische  Lage 
ergiebt,  nur  zusammengehen  mit  einem  Kriege  wider  die  südlichen  Latiner  und  ist 
somit   identisch   mit   dem   ersten  Kriege   der  annales  max.  ;    ebenso  sind  identisch 
der  zweite  Krieg  des  Fabius  mit  dem  dritten  der  annales;  und  indem  dabei,  wie 
die   geographische   Lage   bedingt,    diejenigen   Städte   mit   betheiligt   sein   mussten, 
weiche  nach  Fabius  den  dritten  Krieg  führten,  so  wird  dieser  selbst  seinen  dritten 
Krieg  dadurch  zum  neuen  und  selbstst'ändigen  -gestaltet  haben,    dass  neue  Bundes- 
genossen :  die  Etrusker  jenen  anicnsischen  Städten  zur  Seite  traten,  so  dass  demnach 
dieser  dritte  Krieg  des  Fabius  wiederum  identisch  ist  mit  dem  zweiten  der  anna- 
les.    Aus  beiden  Vorquellen  entlehnte  nun  zunächst  Licin. :  derselbe  entnahm  aus 
Fabius  die  beiden  Kriege  wider  Apiolae  und  wider  die  aniensischen  Prisci  Latini, 
fügte   dann   einen  Krieg  wider   die  Gesammt-Latiner   bei    und    stellte   hiermit   den 
ersten  Krieg  der  annales   her ;    und    sodann   componirte   er   nach   Maassgabe   der 
annales  einen  zweiten  und  dritten  Krieg :  wider  die  Etrusker  und  Sabiner,  in  der 
gleichen  Maasse   somit,    wie  er  aus  solcher  Quelle   auch    die    drei  Triumphe   des 
Servius  Tullius   über   die  Etrusker   in  III,   27    und  die  beiden  Kriege  des  Tarqui- 
nius  Superbus  über  die  Volsker  und  Sabiner  in  IV,   50.   51   entlehnte.     Denn  die 
Thatsache  solcher  Entlehnung  des  Licin.  aus  jenen  beiden  Quellen  erhellt  daraus, 
dass  die   dem    Fabius   entnommenen   beiden  Kriege   wider  Apiolae   und   die  Prisci 
Latini  (bei  Dion.   III,   49.  50)    in  völlig  anderer  Weise:    durchaus  nüchtern,   kurz 
und   bestimmt,    wie   auch   ähnlich   mit  Liv.  dargestellt  waren,    während  die  nach 
Maassgabe   der  annales   componirten   Kriege    wider  die  Etrusker   und  Sabiner  (bei 
Dion.  III,   57 — 66.   vgl.  V,   3)    voll  an  Detailmalerei ,    Breite  und  Verschwommen- 
heit sind.     Endlich  wieder  Valer.  componirte  auf  Grund  der  annales  max.  drei  Kriege 
wider  die  Latiner,  Etrusker  und  Sabiner:   Dion.  III,  51,  deren  ersten  und  letzten 
nun  Dion.  entlehnte,  während  in  dem  zweiten,  den  Dion.  nicht  entnahm,  nach  III,  51 
namentlich  Clusium,  Aretium,  Volaterrae,  Rusellae  und  Vetulonium  die  Feinde  waren, 
der  errungene  Sieg  aber  dem  Tarquinius  die  Veranlassung  zur  Einsetzung  der  feriae  La- 
tinae  bot :  VI,  95  (s.  A.  389).  —  Endlich  mit  dem  Kriege  gegen  Apiolae  ist  wiederum 
identisch  der  Krieg  wider  die  Aequer  bei  Cic.  de  Rep.  II,  20,  36.    Str.  V,  3  p.  231. 

384)  Vgl.  Nrtzsch,  a.  0.   24.   58.   66;  vgl.  auch  A.  459. 


728  Moritz  Voigt,  [III 

D.  Endlich  finden  sich  häufige  Widersprüche,  bedingt  durch  die 
abweichende  Darstellung  der  verschiedenen  Quellen,  denen  Dkm. 
folgt.385     Und  zwar  treten  solche  zu  Tage 

a.  in  Bezug  auf  die  Characterzeichnung  der  einzelnen  Könige, 
so  vor  Allem  des  Tullus  Hostilius  und  Ancus  Marcius  je  bei  Lici- 
nius  und  Valerius:  §  23.  24; 

b.  bezüglich  der  ursprünglichen  Stellung  von  Patriciern  und  Ple- 
bejern je  nach  denselben:  §  23  unter  IC.    §  24  unter  I  B; 

c.  bezüglich  des  ursprünglichen  Verhältnisses  von  Plebejern  und 
dienten  je  nach  denselben:  A.  413.    §  24  unter  I  B; 

d.  bezüglich  der  ältesten  Krwerbthätigkeit  der  Plebejer  je  nacfc 
denselben:  §  23  unter  1  G.    §  24  unter  I  A  1  c; 

e.  bezüglich  der  ursprünglichen  Vertheilung  der  Staatsgewall 
zwischen  Senat  und  Comitien  je  nach  denselben:  §  23  unter  IA  2a. 
§  24  unter  I  A  2  a; 

f.  bezüglich  der  Behandlung  der  besiegten  Völker:  Transferi- 
rungs-  und  Colonisations-System,  wie  bezüglich  der  einzelnen  Colo- 
nieen:  A.  405.  §  24  unter  I  Ä  1  b; 

g.  bezüglich  des  königlichen  Tafelgutes:  A.  410.  462; 
h.  zwischen  II,  7.  14  (Valerius),  II,  64  (Fabius  Max.  s.  bei  A.373) 

und  II,  21.  23.  65  (Varro  s.  A.  372.  364),  wo  bezüglich  der  «- 
riones  ein  Widerspruch  obwaltet;386 

i.  zwischen  II,  22,  wo  nach  Varro  (A.  372)  analog  der  lex 
Domitia  auf  Romulus  die  Ordnung  zurückgeführt  wird,  dass  die  Wahl 
der  Priester  durch  die  Curiatcomitien  erfolge,  und  II,  73,  wo  nach 
Fabius  Max.  (bei  A.  373)  der  ältesten  Ordnung  entsprechend  die 
pontißces  durch  Cooptation  sich  ergänzen; 

k.  zwischen  II,  49,  wo  wohl  nach  griechischer  Quelle  der  Tem- 
pel der  Feronia  erwähnt  wird:  die  laconischen  Sabiner  landen  bei 
Suessa  Pometia  und  errichten  der  Feronia  ein  fep6v,  und  III,  32,  wo 
nach  Valerius  das  fepov  der  Feronia  bei  Capena  belegen  ist;387 

1.  zwischen  II,  50,  wo  nach  Fabius  Max.  (bei  A.  373)  der  Tem- 
pel des  Quirinus  von  Tatius,  und  II,  63,  wo  nach  Licin.  derselbe 
von  Numa  errichtet  wird; 

385)  Vgl.  auch  Peler  im  Rhein.   Mus.  N.   F.    1874  XXIX,   54  8  ff. 

386)  Ambrosch,  de  sacerd.  cur.   9.    Marquardt,  a.  0.  IV,   394  A.  2681* 

387)  Vgl.  Müller,  Etrusker  III,   3,   8  A.  \0\.  97. 


ITC)  Leges  rjsgiab.  729 

'■  id.  zwischen  II,  55,  wo  nach  Val.  die  Vejenter  in  dem  Frieden 
•MÜ  Romalus  die  Septem  pagi  und  die  Salzwiesen,  und  III,  41,  wo 
web  Licin.  dieselben  Städte  abtreten; 

>:■£■  n.  zwischen  II,  76  und  IV,  54  einerseits,  wo  nach  Licin.  Numa 
?4fo  pagi  einsetzt  als  Flurgenossenschaften,  die  je  einem  magister  pagi 
Nnteretellt  sind,  welcher  den  Bezirk,  wie  die  Genossen  controlirt  und 
%ttm  Ackerbau  überwacht,  von  Tarquinius  Superbus  aber  befestigte 
pMkichtsorte  für  die  Landbevölkerung  angelegt  werden,  und  IV,  15 
Mairerseits,  wo  nach  Val.  Servius  die  pagi  einrichtet  als  Flurge- 
TJOf  on Schafte o,  welche,  um  den  Mittelpunkt  befestigter  und  ebenfalls 
jgttgi  genannter  Zufluchtsorte  gruppirt,  je  einem  magister  pagi  unter- 
ftftrflt  sind,  weicher  den  Bezirk,  wie  die  Genossen  controlirt,  diesel- 

zum  Heeresdienst  einberuft,   Steuern  einhebt   und   für  das  ge- 
ime  Heiligthum    des   pagus  sorgt,    an  welchem  jährlich    von 

Flnrgenossen  die  paganalia  gefeiert  werden; 
"'     o.  zwischen  HI,  43,  wo  nach  Licin.  die  Einbeziehung  des  Aven- 

zur  Stadt  und  dessen  Besiedelung  als  die  einzige  Grossthat  des  An- 

in  der  Sphäre  des  Inneren  bezeichnet  wird :  Sv  |iiv  S9j  toöto  xb  itoX(- 

xo5  ßaatXeox;  icapa8(8ovT<u,  und  III,  44,  wo  nach  Val.  als  zweite 

zwar  noch  hervorragendere  That:   gxepov  8e  xt  xo3  icpoeipYjfAevoo 
«eJltTtüfiaxoc  xpetruov  die  Gründung  Ostia's,  und  c.  45,  wo  als  dritte 

vierte  Leistung   noch   die  Befestigung    des  Ianiculum   und  der 

des  pons  Sublicius  angeführt  werden; 

p.  zwischen  IV,  1,    wo  nach  Val.  Tarquinius  bei  seinem  Tode 

Söhne  hinterlässt,  und  IV,  6.  7,  wo  nach  Piso  derselbe  nur 
einen  vor  ihm  verstorbenen  Sohn  hat  und  aus  solchem  zwei  Enkel 
hnterlttsst ; 

q.  zwischen  IV,  8 — 12  einerseits,  wo  nach  Licin.  die  der  Kö- 
gjgfcwahl  des  Servius   vorausgehenden   Vorgänge  dargestellt  werden 

wo  zunächst  nach  c.  9  derselbe,  als  Reicbsverweser  für  die 
lündigen  Tarquinier  auftretend,  die  Plebs  für  sich  zu  gewinnen 
Nebt  und  zwar  unter  Anderem  durch  das  Versprechen  ebenso  einer 
Ackerouftheilung  zu  Gunsten  der  Besitzlosen,  als  auch  der  Einfüh- 
rung eines  die  Gleichheit  der  Bürger  vor  dem  Gesetze  sichernden 
geschriebenen  Rechtes,  worauf  dann  in  c.  10  die  Erfüllung  solcher 
Versprechen  erfolgt,  indem  theils  die  Aufforderung  ergeht:  an  die 
Besitzlosen,  zur  Assignation  sich  zu  melden,  an  die  bisherigen  Be- 


/30  Moritz  Voigt, 

sitzer  aber,  ihren  Besitz  wieder  aufzugeben,  iheils  auch  die  Gute 
des  Romulus  und  Numa   repubücirt,  wie  durch   neue 
Gesetze  ergänzt  werden,  und  wo  dann  endlich  in  c.  4  4 
den   dadurch  in  ihren  Interessen  verletzten  Patriciern  bedroht  «Wfe 
insbesondere  aber  ebenso  durch  die  früheren  poaMsaores,  wie  MI 
die    zur    Rechtsgleichheit    unter    das   schriftliche    Gesetz   flob«g|fci 
UebermUlhigen,   in   Folge  Alles  dessen   nun  in  c.  42  die  WaU  fa 
Servius   zum  Könige  erfolgt;    und  zwischen  IV,  43.  44  audimefc, 
wo   nach  Val.  Servius  erst  nach  seiner  Thronbesteigung:  «4*oc  ip 
to)  icapaXaßeiv  -rtjv   ap/^v   theils   eine  Ackerassignation ,   dies  jedoch 
nicht  auf  Unkosten  der  bisherigen  possessores,  vornimmt,  theic  N 
bei   den    Gomitien    eingebrachte   Gesetze    über    Rechtsverkehr,  *■ 
Rechtsverletzungen  erlässt,  theils  endlich  auf  dem  von  ihm  zur  Steil 
gezogenen  Viminal  und  Esquilin  Bauplatze  an  die  Unsesshaften  nftbrit; 

r.   zwischen  IV,  59  z.  A. ,  wo  nach  Licin.  Tarquin 
des  capitolinischen  Tempels  von  Anbeginn  an  alle  Künstler 

toüto  59)  xb  Ip-pv iizccikiaai  icpoatpoö{i€voc  faavxac  teic  i*E 

vdac  imaTTjoe  Täte  epYaaiatc,  und  IV,  61 ,  wo  nach  Val.  solches  not 
dann  besebah,  nachdem  der  etruskische  Haruspex  das  beim  Graben  im 
Grundes  gefundene  göttliche  Zeichen  für  Rom  günstig  gedeutet 
toüto  —  dxoüoac  —  ^7cioT»]oe  toii;  Spfotc  to&c  Tt^vCxac- 

s.  zwischen  IV,  22,  wo  nach  Val.  die  von  c.  43  ab 
Darstellung    der   Regierungsmaassregeln    des    Servius 
wird  nrft  der  Neuordnung  der  Stellung  der  manumissi,**  darin  be- 
stehend, dass  Servius  durch  einen  Befehl:  liztcpt^t,  somit  kraft 
nes  censorischen  imperium  denselben  Isopolitie  verleiht  und  sie, 
den  übrigen  Bürgern  sie  zum  Census  heranziehend,  in  die  vier 
bus   urbanae   vertheilt,    eine  Ordnung,    die   bis  auf  die  Gegen 
herab:   {xe^pt  xdW  xad'  j]|ia<;  ^p6vcov  in  Bestand   sich   behauptet 
und   zwischen   der  Darstellung  des  Licinius  in   IV,  23.     Und 
war  von  dem  Letzteren  eine  neue  Ordnung  der  rechtlichen  Steltany 
der  manumissi  ebenfalls  auf  Servius  zurückgeführt  und  in  der  Wo» 
dargestellt  worden ,  dass  derselbe  im  Senate  eine  Rede  hält,  m  *t- 


m  m 


388)  Demnach  stammt  die  Angabe  bei  Liv.  II,  5,  10.  Plut.  Publ.  7,  wcfck 
die  Einführung  der  Manumission  an  den  Sclaven  Vindicius  im  J.  345  ankaöpfti, 
nicht  aus  Val..  wie  Nitzsch,  a.  0.   52  annimmt;  vgl.  dagegen  Nitzsch,  i.  0. 331, 

"  D«cht  auf  Piso  hingewiesen  wird.     Wegen  Lic.  vgl.   Dion.  V,  7.  13. 


****}  Leges  regiae.  731 

*^ter  die  projectirte  Neuordnung  vorträgt  und  schliesslich  den  Senat 
sein  7upoßouXeu[i.a  für  ein  von  ihm  selbst  einzubringendes  bezüg- 
Gesetz  ersucht.  Während  indess  Alles  dies  von  Dion.  ausge- 
ben ist,  so  folgt  nun  bei  demselben  in  c.  23  die  weitere  Fort- 
Dg  des  liciniscben  Textes:  die  patricii  d.  i.  bei+Licinius  im 
"Ansätze  zu  den  Comitien  der  Senat  nimmt  jene  Rede  des  Servius 
**'  auf  und  verweigert  somit  das  TrpoßouXeofia ;  darauf  beruft  Ser- 
*&  eine  Volksversammlung  und  theilt  derselben  unter  eingehender 
tttvirung  seiner  Absichten  die  von  ihm  einzubringende  Rogation 
*   zugleich  die  Vortheile  ihrer  Annahme  darlegend:   et  8e  xal  tou- 

xcrraoTVjaovTcu  xiv  v6fiov  x.  t.  X. ;  darauf  erfolgt,  was  Dion.  wieder 
lässt,  allgemeiner  Beifall  des  Volkes  zur  Rede  des  Königs,  und 
5  nun  bestimmt,  wie  Dion.  wieder  mittheilt,  den  Senat,  sein  -orpo- 
k**>|&a  zu  der  Rogation  doch  noch  zu  ertheilen:  aove/copYjaav  of 
pfcctot  xh  I&oc  etc  r}jv  tc6Xiv  icapeXdeiv,  so  dass  nun  bis  auf  die 
S^owart  herab:  |iixPl  T^v  xa^  ^V-fc  xp6vo>v  jene  Rechtsordnung 
ttfSlich  der  Givität  der  Libertinen  in  Geltung  ist.  Sonach  aber 
;iet>t  in  der  That  die  Verbindung  der  obigen  beiden  Darstellungen 
i  X>ioii.  in  c.  22.  23  einen  Widerspruch :  nach  c.  22  wird  die  be- 
»ffende  Rechtsordnung  kraft  königlichen  imperium  ein-  und  durch- 
»ftthrt:  die  Libertinen  werden  in  die  Tribus  eingeordnet;  nach  c.  23 
»gegen  wird  diese  Rechtsordnung  zuerst  als  eine  erst  noch  einzu- 
ibrencle  hingestellt  und  dabei  einer  erst  noch  einzubringenden  lex 
erdacht,  von  der  c.  22  nicht  das  Geringste  besagt;  und  sodann  wird 
1911  auch  die  spätere  Ein-  und  Durchführung  solcher  Ordnung  be- 
rodet,; und  endlich  wiederum  wird  in  c.  22  besagt,  dass  jene  Ein- 
'QiTEig  der  Libertinen  in  die  Tribus,  in  c.  23  aber,  dass  jene  Ein- 
öung  derselben  in  die  Civität  bis  auf  die  Gegenwart  in  Bestand 
1   ^^hauptet  habe; 

*•-  -  zwischen  IV,  49,  wo  nach  Licin.  dem  Tarquinius  Superbus, 
**  95,  wo  nach  Val.389  dem  Tarquinius  nach  seiner  Besiegung 
*****"Usker  d.  i.  dem  Tarquinius  Priscus390  die  Einsetzung  der  feriae 
beigemessen  wird; 


****9)   Valerisch  ist  VI,   96:    s.   Kiessling,   1.   c.   28,    daher  auch  das  damit  in 
Heilbarstem  Zusammenhange  stehende  c.  95. 

^*0)   Vgl.  A.   383,  sowie  Schol.  Bob.   in  Cic.  p.  Flacc.  p.  255. 


732  Moritz  Voigt,  W 

u.  zwischen  VI,  49   und  VII,   \   bezüglich  des  Zeftpmltafc] 
ersten  Secession  der  Plebs.890*  *•* 

Alle  die   obigen  Momente  in  Verbindung  mit  den  in  §83«l»' 
24  zu  gewinnenden  Ergebnissen  bezüglich  des  Maasses  und  derlei 
dalität  der  ♦Stoff-Entlehnung  aus  den  Vorquellen   Seitens  des  Di*- 
leiten  daher  hin  und  berechtigen  zu  dem  Urtheile,  dass  desnf^ 
nigsgeschichte  im  grossen  Ganzen  eine  blosse  Compilation 
listischen  Quellen   und  zwar  vornämlich  aus  Licinius  Macer  ml  %\ 
lerius  Antias,  nicht  dagegen  eine  originale  Arbeit  von  jenem  «M 
ist:    weder   hinsichtlich  der  Manier  und  der  Disposition  der  Düttk 
lung,  noch  hinsichtlich  der  Auswahl  und  Begrenzung  der  daryikl 
ten  Vorgänge  selbst,  noch  auch  hinsichtlich  der  ätiologischen,  pqM 
malischen     und    speculativen    Behandlung    des    DarsteUungs-StoÜj 
Denn   während   das,  was  originale  Arbeit  und  selbstständige  Z*Ü 
des  Dion.  ist,  einen  verschwindend  kleinen  Theil  gegenüber  dem 
den  Vorquellen   Entlehnten   bildet,    so  werden   andrerseits  nirfttä 
aus  ersten  Quellen   neue  Thatsachen   herbeigeschafft  oder  vorgef» 
denes  historisches  Material   in   selbsteigener  Reflexion  zu  neaea  fr 
theilen  verknüpft  oder  in  neue  Verbindungen  mit  anderen  Thataritt 
gesetzt.     Vielmehr  wird  der  aus  den  römischen  Annalisten  enlhhfe 
Stoff  höchstens  oberflächlich,  äusserlich  oder  in  Nebendingen  Ibr 
arbeitet,  in  seiner  Gesammthaltung  dagegen  unverändert  belassen  *t 
nur  äusserlich   verbunden.     Und  indem  die  Bedenklichkeit  und  Gfr 
fahr   eines   solchen    Verfahrens   noch    dadurch    bedeutend  gesteht 
und   potenzirt  wird,  dass  Dion.    als  die  leitende  Autorität  Tür  sei* 
Königsgeschichte    nicht    Einen,    sondern    zwei    römische   Annähtet 
wählte,   deren  Geschieh ts-Auffassung,   wie  -Darstellung  ttberdemflf 
einem    diametralen  Gegensatze    der  maassgebenden   politischen  An- 
schauungen  und  Tendenzen   beruhte,  so   treten  denn  nun  auch  dB 
unvermeidlichen   Folgen    eines    derartigen    verkehrten  Verfahreos  a 
klaren  und  deutlichen  Zügen  zu  Tage :  es  fehlt  der  Königsgeschicto 
des  Dion.  nicht  bloss  an  Einheit,  Harmonie  und  Ebenmaass,  soodflfl 
es  treten  auch  unvereinbare  und  directe  Widersprüche  in  zahlrejekü 
Momenten  zu  Tage :  in  Anlage,  Conception,  wie  Ausführung,  im  histo- 
rischen Colorit,   in   den   leitenden   historischen  Motiven,   wie  mfr 


390a)   Vgl.  Schwegler,  röm.  Gesch,  II,  «37  A.  *.     *3$  A.  I. 


']  Leges  regiae.  733 

lamm tent Wickelung,  in  der  Anordnung  und  Gruppirung  des  Stoffes, 

>  in  der  Characterzeichnung  von  Personen   und  der  Darstellung 
i  Ereignissen. 

'  Und  damit  verbindet  sich  endlich,  dass  Dion.  Über  den  compi- 
irischen  Character  seiner  Geschichtsdarstellung  das  Publicum  zu 
toben  trachtet391  und  so  denn  nun,  im  Gegensatze  zu  seinem  Ver- 
mi  in  der  Vorgeschichte,  geflissentlich  seine  Quellen  verschweigt, 
hnebr  nur  da  dieselben  nennt,  wo  er  ihrer  als  Folie  sich  bedient, 
sein  eigenes  Licht  um  so  heller  leuchten  zu  lassen  (A.  361). 
Auf  der  anderen  Seite  bieten  sich  jedoch  die  Erklärungen  jenes 
Potbtlmlichen  Verfahrens  des  Dion.  Denn  vor  Allem  wollte  der- 
fee  in  seiner  Archäologie  nicht  ein  streng  wissenschaftliches  Werk, 

►  Vielmehr  eine  populär  gehaltene  Darstellung  der  älteren  römischen 
iebichte  als  Unterhaltungslectüre  für  die  gebildeten  Kreise  geben.3" 

Und  dass  sodann  Dion.  zu  Licinius  als  einer  seiner  Hauptquel- 
griff,  erklärt  sich  wiederum  aus  einem  dreifachen  Momente.  Zu- 
oämlich  hat  kein  Annalist  in  so  ausgedehnter  und  tiberreicher 
»e,  wie  Licinius  das  Mittel  einer  oratorischen  Darstellung  für 
»«Schichtsschreibung  verwendet:  in  zahlreichen,  höchst  ausge- 
^u  und  meistens  auch  dialogischen  Reden  kleidet  sich  seine 
tiolitsdarstellung  tiberwiegend  in  eine  dramatisirende  Form  (§  23). 
^l>er  fand  den  Beifall  des  Dion.,  der  die  Einflechtung  von  Re- 
***  die  Geschichtsschreibung,  sei  es  suasorischen ,  sei  es  dispu- 
\n  Characters  für  ein  Erforderniss  einer  eleganten  historischen 


**1M)  Für  das  Bestreben  des  Dion.,  über  seine  völlig  ungenügende  Vorberci- 
*ür  eine  originale  Geschichtsschreibung  seinen  Leser  geflissentlich  zu  täu- 
1  und  sein  handwerksmäßiges  Ausschreiben  der  römischen  Annalisten  zu 
*"^a,  bietet  einen  trefflichen  Beleg  XI,  62:  itX^v  oox  iv  airaoatc  tat? 'Pco- 
***  XP°V0TPa?^at^  £|i<poTepai  cpipovtat,  aAA*  £v  atc  piv  ol  ^iXCap^oi  povov, 
^  8'  oi  oiraroi,  £v  oo  iroAAat;  8'  au-cpotepoi,  atc  -f;jxet<;  oox  aveo  XoytojjLOo 
*T«TiWfiefta,  moreoovrec  84  tat?  Ix  twv  iepäv  re  xal  airod£ro>v  ß(ßXa»v  jiap- 
**ۥ  Denn  hier  stehen  die  Annalen  des  Licinius  mit  ihrer  Berufung  auf  die 
*tt!t  der  libri  lintei  in  Frage  (§  4  8)  ;  gleichwohl  nennt  Dion.  an  dieser  Stelle 
Licin.  geflissentlich  nicht,  sondern  lüsst  vielmehr  dem  Scheine  Raum,  als  ob 
totbst  die  libri  lintei  eingesehen  habe. 

393)  I,  8 :  tva  xal  toi;  trepl  too;  iroAiTtxooc  8tatp(ßoooi  X0700C  xal  tolc 
l  ttqv  cptXoaocpov  ioitooSaxdoi  ftea>p(av  xal  ei  tioiv  ao^X^too  Seijaei  Siafarpjs 
bropixolt  avafva>au.aoiv,  airov^paivta);  ej(ooaa  <patvTjxout 


734  Moritz  Voigt,  l* 

Darstellung  erachtete.393     Sodann   hat  Licinius   für  seine  Darstdw 
der  römischen  Geschichte  einen   höheren  Gesichtspunkt  und  Int  ml 
stab  des  Urtheiles   sich   zu  eigen  gemacht,  indem  er  den  Ganjtor 
historischen  Entwickelung   im  grossen  Ganzen,   wie   auch  mehAA 
den    Character    einzelner    Staatsmänner   nach    dem    Maassstabe  k 
ethischen  Postulate   und  Kategorieen  der  stoischen  Philosophie  f* 
digte  und  abschätzte  (§  23  unler  V).     Dies  aber  galt  in  denAiyr 
des  Dion.   ebenso  als   an  sich   höchst   vverthvoll  bei  der  höhet  1k 
deutung,  die  er  selbst  der  Philosophie  für  die  gelehrte  Bildung,  wi 
bei  dem  Berufe,  den  er  seinem  eigenen  Werke  für  den  Philosopha, 
wie  Staatsmann  beimass,394  wie  aber  auch  als  Zeugniss  für  die  ibk 
senschaftliche  Erudition   des  Licinius  selbst   und  so   nun  folgewöe 
auch  für  dessen  historische  Bedeutsamkeit,  da  Dion.  die  scienlifidi 
Bildung  der  römischen  Staatsmänner  als  die  Ursache  von  dem  li- 
sch wunge    Rom's    zur    weltbeherrschenden    Stellung    ansah. m  U 
endlich  war  es  unter  den  römischen  Annalisten  vornämlich  LiciNt 
welcher  den   römischen  Stamm  aus  griechischer  Wurzel  eotspnM 
liess  und  für  die  römischen  Institutionen  die  Vorbilder  im  griechisch 
Leben  fand.396     Dies  aber  harmonirte  auf  das  Genaueste  mit  der  fc 
tenden  Grundanschauung,  in  deren  Lichte  Dion.  selbst  die  römtefe 
Geschichte    betrachtete    und    seinen    griechischen    Lesern   vorführte 
(S.  168  unter  1). 

Dass  aber  neben  Licinius  Dionys  auch  zu  Valerius  als  zweiter 


393)  In  diesem  Sinne  spricht  Dion.  de  Thuc.  iud.  23,  6  sich  tadcbd » 
über  Herodot :  er  verlangt  eingelegte  Reden ,  sei  es  &7)jrrjoptxot  oder  rofißato" 
Ttxof,  sei  es  iva-|fo>vtot  oder  Sixavtxot.     Im  Weiteren  vgl.  A.  439. 

394)  Dion.  de  Isoer.  iud.    4.  7.    12. —  Arch.   XI,    I. 

395)  Dion.   de  orat.  ant.  3:  taurr^  t*   aoTTJc  (sc.  cPa>u.i)c)   ol  Sovaatso*«*» 
xar*  aperqv   xal   aico   too   xpattaroo  ra  xoiva  Sioixoimec ,    euicafSctrcoi  *«w 
fewatoi  ra<;   xptosis  ")fevo|jL£voi  *   uep'  cov  xoau.oou£Vov  to  ts  <ppovt|tov  rfc  w 
uipoc  In  jxaXXov  dmSiSwxs,  xal  to  avor^ov  ^vapcaarai  vouv  ejjetv. 

396)  Die  Latiner  sind  griechischen  Stammes  und  berufen  über  die 
Italiker  als  barbari  zu  herrschen:  III,  10.  IV,  26;  das  Haupt  der  Latiner 
ist  zuerst  Alba:  III,  4  0.  31,  dann  Rom:  III,  H.  IV,  26 ;  die  Römer  sind  Na*-— 
kommen  der  Trojaner  des  Aeneas:  VI,  80.  Die  Tarquinier  sind  Griechen, 
stammend  von  Hercules:  IV,  29.  Die  Inschrift  auf  der  Statue  des  Romalas, 
das  latinische  foedus  des  Tarquinius  Priscus  sind  in  altgriechischen  Buchstabe^ 
geschrieben:  11,  54.  IV,  26.  Endlich  griechische  Parallelen:  II,  3.  III,  II.  *^ 
25.   72.    73.    74.    V,    67.    VI,    62.    80. 


Leg  es  regiae.  *735 

tquelle  griff,  erklärt  sich  theils  daraus,  dass  gerade  die  Annalen 
Letzteren  die  Stellung  einahmen,  welche  Dion.  seiner  Archäolo- 
;u  erringen  suchte  (A.  392) :  als  Lieblingslecture  der  vornehmen 

(§  24),  theils  daraus,  dass  die  mehrfachen  tendenziösen  ßnt- 
ngen  der  Geschichte  in  den  Annalen  des  Licinius  dieselben  in 
hen  Parthieen  dem  Dion.  als  eine  zu  bedenkliche  Autorität  er- 
len  lassen  mochten,397  so  dass  derselbe,  um  eine  möglichste 
tivität  zu  gewinnen,  dieselben  verkehrter  Weise  mit  den  Anna- 
es  Valerius  stückweise  combinirte  und  mischte. 
Was  endlich  die  Methode  des  Dion.  bei  Verarbeitung  des  bisto- 
m  Stoffes  betrifft,  so  ist  zunächst  dieselbe  eine  ganz  verschie- 
fttr  die  Vorgeschichte  und  für  die  Königszeit:  dort  ein  fleissiges 
mder-Arbeiten  eines  aus  einer  bedeutenderen  Zahl  von  Quellen 
mten  Stoffes,  hier  ein  loses  Aneinander- Reihen  der  aus  zwei 
tquellen:  Licinius  und  Valerius,  wie  aus  zwei  Nebenquellen: 
s  Maximus  und  Varro  entlehnten  Excerpte,  verbrämt  mit  Zu- 
i  aus  Fabius  Pictor,  Cincius  Alimentus,  Calpurnius  Piso  und  Cu. 
is,  wie  mit  Polemiken  wider  Fabius  Pictor  und  Cn.  Gellius,  und 
;h  auch  mit  einigen  selbsteigenen  Zuthaten  des  Dion.  Sodann 
n  der  Königsgeschichte  die  Thatsache  zu  Tage,  dass  von  Buch 
ach  ein   Abgehen   von   den  Hauptquellen   und   das  Einschieben 

denselben  fremden  Materials  immer  seltener  wird:  denn  Ein- 
te aus  Nebenquellen  finden  sich  in  Buch  II:  21,  in  111:  4,  in 
10,  dagegen  selbsteigene  Zusätze  des  Dion.308  in  Buch  II:  43, 
:  6,  in  IV:  15.     Und   endlich  gestaltet  sich  das  Verhalten  des 

zu  seinen  Hauptquellen  so,  dass  derselbe  mehr  und  mehr  den 
ius  benutzt  und   dem   Valerius   gegenüber  bevorzugt:    denn   in 

II  mit  76  Capiteln  sind  ganz  oder  theilweis  licinisch  14,  va- 
h  38,  in  Buch  III  mit  73  Capiteln  sind  licinisch  54,  valerisch 
ndlich  in  Buch  IV  mit  85  Capiteln  sind  licinisch  64,  valerisch 
Alles  dieses  aber  lässt  erkennen,  wie  Dion.  im  Fortschreiten 
*  Arbeit  zuerst  von  der  Vorgeschichte  zur  Königsgeschichte  und 


97)  Vgl.   Kiessling,   I.  c.   20. 

98)  Material,  welches  gleichartig  ist  dem  S.  4  68  f.  unter  4 — 2  b  zusammenge- 
i,  findet  sich  in  noch  späteren  Büchern  nur  vereinzelt:  in  V,  47.  4  9.  46. 
3—75.  VI,  4.  44.  89.  90.  VIT,  4.  70  —  73.  VIII,  55.  56.  67.  79.  IX, 
9—22.   74.    X,    4.    XIV,    4  0.    4  4.    XIX,    2. 


736  Moritz  Voigt,  [ä 

sodann  innerhalb   der  letzteren   selbst   mehr  und   mehr  auf  SdHM 
ständigkeit  der  Arbeit  und   der  Darstellung   verzichtete  und 
reinen   Ausschreiben   seiner  Vorquellen    sich   zuwendete,  wie 
minder  auch  mehr  und  mehr  zu  der  einen  Hauptquelle  bevorajarf] 
sich  zuneigte  und  immer  zahlreichere  Parthieen  aus  Licinius  etlktai 

§  23. 
Die  Anaalei  des  Liciiiis  Mater. 

C.  Licinius  Macer,390  aus  vornehmen  plebejischen  GescUedfc 
entstammt,  bekleidete  im  J.  681  das  Tribunal  und  dann  im  J.  IN 
die  Prätur,  worauf  er  im  J.  687  eine  Provincial-StaUhalterschaftJl* 
nahm.  Wegen  der  ihm  in  solcher  Stellung  beigemessenen  Hopy 
den  im  J.  688  vor  dem  Prätor  Cicero  angeklagt  und  verurtheflt,  i* 
schied  er  beim  Empfange  der  Nachricht  von  solchem  Ausgange  rf 
nes  Processes. 

Jene  Carriere  und  Stellung  aber,  errungen  gegenüber  wr 
mächtigen,  wie  feindlichen  Parthei,  ward  getragen  durch  hervorn- 
gende  Eigenschaften  jenes  Mannes:  durch  hohe  Begabung,  d«tk 
gediegene  Bildung,  durch  grosse  Energie,  wie  Leidenschaftlich^ 
Denn  Cicero,  dessen  Urtheil  über  Licinius  durch  den  politischen  Ge- 
gensalz ungünstig  beeinflusst  wird,  gesteht  gleichwohl  demselben 
Brut.  67,  238  ingenium  zu;  die  Vielseitigkeit  sodann  seiner  Biktaj 
wie  insbesondere  seine  philosophische  Erudition  erhellt  aus  seaea 
Geschichtswerke  (s.  unter  V) ;  seine  Energie  und  Leidenschaftlich  : 
endlich   werden  bekundet  ebenso  durch  das  von  Cic.  1.  c.  ihm  toi- 

i 

gelegte  Prädicat  eines  patronus  diligentissimus,  wie  durch  serna 
jähen  Tod,  den  doch  nur  eine  Apoplexie  verschuldete  in  Folge (hr 
Aufregung,  in  welche  der  heftige  Mann  durch  die  Nachriebt  ?» 
seiner  Verurtheilung  versetzt  ward. 

Alle  diese  Eigenschaften  aber  befähigten  zugleich  den  Licions 
zum  hervorragenden  Stimmführer  der  populären  Parthei,  deren  hier- 
essen  er  mit  vollster  Hingebung  vertrat.     Und  so  nun  mit  Eifer  und 

399)  Vgl.  Drumann,  Gesch.  Roms  IV,  4  94  f.  Pauly,  Reatenc.  IV,  «•**• 
Schwegler,  rom.  Gesch.  I,  92  f.  Peter,  hisl.  rom.  I,  CCCXXXVin  ff.  Weis»- 
born  im  Liv.  I6,  28.  Nitzsch,  rom.  Annalistik  351  ff.  Kieserling,  de  rer.  Ro*- 
scriplor.,   quibus  Liv.   usus  est   38  ff. 


LrGKS    BE61AB.  737 

e  Theil  nehmend  an  dem  Ringen  seiner  Parthei  um  den  Sturz 
i  nachtheiligen  sullanischen  Verfassung,  war  es  eine  doppelte 
,  in   welcher  er  jenen  Kampf  wider  die  mächtige  Optimalen- 

aufnahm :  einerseits  der  politische  Kampfplatz  selbst  im  Staats- 
wie  solcher  vor  Allem  in  der  Beeinflussung  der  grossen  Menge 
;  Comitialabstimmung  sich  darbot.  Und  hier  nun  war  es  im 
leren  die  Beseitigung  der  von  Sulla  eingeführten  noch  beste- 
i  Beschränkungen  der  tribunicischen  Gewalt,  für  welche  Lici- 
intrat.  Denn  nachdem  der  Tribun  L.  Sicinius  im  J.  678  bei 
3rsuche,  dier  tribunicische  Gewalt  wieder  herzustellen,  heimlich 
let  worden,  und  im  J.  679  der  Consul  C.  Aurelius  Cotta  durch 
ibunen  Q.  Opimius  die,  lex  Aurelia  tribunicia  hatte  durchsetzen 

wonach  die  Volkstribunen  wieder  höhere  Staatsämter  beklei- 
urften,  dann  wiederum  im  J.  680  der  Tribun  L.  Quinctius  eine 
>n  de  abrogandis  legibus  Corneliis  eingebracht  hatte,  so  for- 
n  J.  681  Licinius  als  Tribun  in  einer  von  Sallust  theil  weis 
lufbewahrten  Rede  die  völlige  Redintegrirung  der  tribunicischen 
,  die  indess  erst  im  J.  684  auf  das  Drängen  des  Tribunen 
lius  Palicanus  von  Ponipeius  durchgesetzt  ward.400 
Hein  andrerseits  war  Licinius  nicht  minder  darauf  bedacht, 
n  den  gebildeten  Kreisen  für  das  populäre  Partbeiprogramm 
ken.  Und  im  Dienste  solchen  Zweckes  erfolgte  nun  die  Ver- 
chung  seiner  Annalen  gleich  als  einer  Rechtfertigungsschrift 
ies  Programm,  bestimmt,  den  Beweis  zu  führen,  wie  dasselbe 
chon  in  ältester  Zeit  seine  historische  Verwirklichung  gefunden 
somit  aber  die  Forderung  auf  dessen  Durchführung  nur  der 
tigkeit  entspreche,  indem  sie  nichts  Neues,  als  vielmehr  nur 
ckgewährung  der  bereits  besessenen  und  widerrechtlich  enl- 
n  Ordnungen  und  Zustände  verlange. 

ie  Abfassung  selbst  aber  jenes  Werkes  erfolgte  nach  Sulla's 
m  J.  676 40t  und  andrerseits  vor  der  Bekleidung  des  Tribunates 


))  Pseudo-Asc.  in  Div.  p.  4  03.  in  Verr.  p.  200.  4  49.  Oral.  Macri  ad 
m  Sali.  p.  H9  Jord.  vgl.  Becker,  a.  0.  II,  2,  294  A.  738  ff.  Hock,  röm. 
I,  4,  92  f.  Fischer,  röm.  Zeittafeln  497.  498.  200.  204.  205. 
I)  Nach  Dion.  VIII,  80  f.  bei  A.  350;  darüber,  dass  Dion.  VIII,  70—84 
sind  s.  unter  I  A  2  b;  insbesondere  wegen  c.  72  s.  Kiessling,  I.  c.  33; 
-.  80  s.   unter  III  A  a. 


738  Moritz  Voigt,  [W 

durch  Licinius  im  J.  681,  indem  dessen  Auslassung  über  das  Trib* 
nat  in  VII,  65  (s.  unter  III  A  b)  vor  jenen  Zeitpunkt  fällt,  viebekr 
gleich  als  Bewerbungsrede  um  jenes  Amt  sich  darstellt 

Die  Erkennung  der  Zubehörigkeit  nun  der  einzelnen  Parthiw 
der  dionysischen  Königsgeschichte  zu  den  Annalen  des  Licinius  wirf  |  { 
durch  folgende  Kriterien  vermittelt: 

I.  Die  Darstellung  der  römischen  Geschichte  im  Lichte  derTe* 
(lenzen   der  Popularen-Parthei ,   und   zwar  mit  der  Nu  andrang,  im 
die   Patricier    mit   den   Optimalen,   die  Plebejer   mit   denPoputa»! 
ideutificirt  werden.    Dies  aber  tritt  zu  Tage  in  folgenden  Moment«: 

A.  Lic.  legt  dar,  wie  das  populäre  Partheiprogramm  schni 
der  ältesten  Zeit  seine  Verwirklichung  gefunden  hat,  namentlich  atar 
den  Reformen  des  Servius  bereits  unterlag.  Dieser  allgemeine  Ge- 
danke wird  nun  ausgeführt 

1.  hinsichtlich  des  wirtschaftlichen  Tbeiles  jenes  Programme*,* 
und  so  zwar 

a.  die  Tilgung  der  Schulden  der  überschuldeten  Bürger,  wdck 
schon  Servius  bewirkte:  IV,  9.  10.  11; 

b.  die  Abschaffung  der  Schuldhaft,  wie  solche  ebenfalls  Senat 
durchführte:  IV,  9.   \\;m 

c.  die.  Assignationen  von  ager  publicus  an  die  Bedürftig«, 
welche  schon  vorkommen  unter  Servius:  IV,  9.  11.  27,  wie  torte 
bereits  unter  Romulus,  Nunia  und  Tullius:  II,  18.   62.    III,  1.29.31; 

d.  die  cura  annonae,  wo  die  leges  frumentariae  ihr  historisch« 
Spiegelbild  und  ihren  Vorgänger  bereits  in  der  lex  Cassia  fiodei: 
VIII,  72.   vgl.  Kiessling,  I.  c.  33; 


402)  Zur  Verwirklichung  dieser  Part  hie  jenes  Programmen  geschehen  a  fe 
zweiten  Hälfte  des  7.  Jahrh.  verschiedene  legislative  Schritte:  eine  Redudioo  ks 
Schulden  um  75%  decretirte  die  lex  Valeria  de  aere  alieno  von  668,  wonrf 
dann  die  lex  Iulia  Cnesaris  de  peeuniis  muluis  v.  705  in  ähnlicher  Wem  ?*- 
ging;  die  Vermeidung  der  Schuldhaft  ermöglichte  die  lex  Popillia  v.  671  («£ 
Zachariä,  Sulla  II,  56)  ;  Ackerassignalionen  gewährte  nach  dem  Vorgänge  der  legs 
Semproniae  namentlich  die  lex  Appuleia  v.   654. 

403)  Die  historische  Unwahrheit  dieser  rein  tendenziösen  Angabe  hebt  btfefe 
hervor  Ritter  zu  Heineccius,  hist.  iur.  rom.  24.  Dies  indess  schhesst  nicht  a*. 
dass  nicht  Servius  die  Strenge  eines  älteren  Personal-Execulions- Verfahrens  bera* 
milderte. 


♦t*5]  L.EGKS    BB61AK.  739 

*         2.    hinsichtlich   des  politischen  Theiles  jenes  'Programmes ,    und 
zwar 
•   a.   rucksichtlich  der  Verkeilung  der  Staatsgewalt  zwischen  Se- 

und  Comitien.  Denn  indem  die  sullanische  Verfassung  nicht 
"allein  durch  Wiederherstellung  vom  itpoßouXeojia  des  Senates  das 
Uebergewicht  des  Letzteren  gegenüber  den  Comitien  begründet,  son- 
dern  auch  dem  Tribunate  durch  Entziehung  sowohl  der  Initiative 
*§er  Gesetzgebung  und  der  Berufung  von  Concionen,  als  auch  des 
Veto'  mit  Ausnahme  der  potestas  auxilii  ferendi  seine  bedeutungs- 
vollste Wirkungssphäre,  wie  seine  kräftigsten  Machtmittel  entzogen 
feätte,«"  und  in  Bekämpfung  dieser  Ordnungen  nun  die  Populären 
~<md  so  auch  Lic.  selbst  ihr  Streben  vornämlich  auf  Wiederherstel- 
lung der  alten  Macht  von  Volkstribunat  und  Comitien  richteten 
(A.  400);  so  misst  nun  Lic,  conform  diesen  Tendenzen,  die  Macht- 
vollkommenheit zur  Entscheidung  über  die  wichtigsten  staatsrecht- 
lichen Fragen  von  frühester  Zeit  her  und  gleich  als  angestammte 
Ordnung  dem  Volke  bei :  in  der  Hand  der  Plebs  liegt  von  allem  An- 
fange an  die  Entscheidung  über  die  Staats-  und  Regierungsform:  II, 
3.  4.    IV,  40.    XI,  11   vgl.  III,  46  bei  A.  368. 

Das  icpoßo6Xeu|jLa  des  Senates  aber  ist  für  die  Königswahl  be- 
reits von  Servius  beseitigt  worden:  IV,  40.  vgl.  c.  8.  12.  31.  34. 

b.  Bezüglich  der  Aufnahme  der  Italiker  in  die  römische  Civität, 
welche  seit  der  lex  Sempronia  des  Caius  Gracchus  de  civitate  sociis 
danda  angestrebt  wird.  Dementsprechend  wird  von  Lic.  einerseits  die 
Aufnahme  der  socii  in  die  Civität  und  deren  Theilnahme  am  ager 
publicus  ventilirt  bei  Gelegenheit  der  lex  Cassia:  VIII,  70 — 81,  wie 
andrerseits  bereits  für  die  älteste  Zeit  die  Verleihung  der  Civität 
an  Einzelne,  wie  an  ganze  Völkerschaften  als  eine  der  mehreren 
Ursachen  hervorgehoben,  denen  Rom  seine  Entwickelung  und  stei- 
gende Machtstellung  verdankte:  HI,  10.  11.  Und  damit  correspon- 
dirend  tritt  nun  auch  bei  Lic.  im  Gegensatze  zu  dem  Systeme  der 
Colonie-Deductionen,  welches  Valer.  als  das  ursprüngliche  und  nor- 
male hinstellt  (§  24  unter  I  A  1  b)    und  welches  von  Sulla  in  aus- 

404)  App.  Civ.  I,  59.  Epit.  Liv.  89.  Cic.  p.  Cluent.  40,  HO.  de  Leg. 
III,  9,  22.  Becker-Marquardt,  a.  O.  II,  3  A.  20  leugnet,  dass  jenes  itpoßooXeuu-a 
irgend  einmal  beseitigt  gewesen  sei;  aHein  die  Worte  Appian's  sind  ebenso  un- 
zweideutig, wie  bestimmt;  und  dann  vgl.  auch  Nitzsch,  a.  O.   331  f. 

Abfaaodl   d.  K.  8.  Otteil  ich.  d.  Wissen«*.  XVII.  BO 


740  Moritz  Voigt,  [Ml 

gedehntester  Maasse  in  Anwendung  gebracht  ist,  ein  System  in  det 
Vordergrund,405  dessen  Theorie  in  III,  51  dargelegt  wird,  dass  tite- 
lich  die  durch  Waffengewalt  unterworfenen  Völker  in  den  arbitntaM, 
die  durch  Dedition  unterworfenen  aber  in  die  dicio  des  Siegers  an- 
langen,400 und  welches  selbst  nun  darauf  beruht,  dass  entweder  de 
Bevölkerung  einer  dedirten  Stadt  nach  Rom  übergesiedelt  und  Wer 
in  die  Bürgerschaft  und  Tribus  eingeordnet,  die  Stadt  selbst  aber 
ihrem  Schicksale  überlassen,  oder  aber  jene  Bevölkerung  in  ihr« 
Wohnsitzen  belassen  wird  und  auch  so  die  Civität,  wie  zngMck 
eine  Besatzung  erhält.  Denn  so  wird  jenes  erstere  Verfahren  be- 
kundet bezüglich  Politorium,  Tellenae,  Fidenae  und  Alba :  III,  37.  31 
43.  31,  wozu  vgl.  auch  VI,  19;  das  letztere  Verfahren  aber  bezflg- 
lich  Grustumerium,  Nomentum,  Collatia,  Fidenae  und  Camerium:  IB, 
49—51,  worauf  allenthalben  nun  in  IV,  23  der  Satz  gestützt  wird: 
allen  möglichen  Auswärtigen  ist  die  Civität  verliehen  worden. 

Dagegen  die  durch  Sturm  genommenen  Städte  werden  zerstört 
und  die  Bewohner  als  Sclaven  verkauft,  so  Politorium  und  Fideaae: 
III,  38  und  resp.  39.  40,  Apiolae  und  Corniculum:  III,  49.  50,  Sueni 
Pometia:  IV,  50. 

c.  Bezüglich  der  Einordnung  der  Libertinen  in  die  Tribus 
(s.  A.  468),  worüber  allerdings  Dion.  die  wichtigste  Parthie  des  Lac.: 


405)  Als  Colonie  tritt  bei  Lic.  lediglich  auf  Medullia ,  Colonie  des  Romulus: 
III,  38.  Dagegen  werden  nicht,  wie  von  Val.  (A.  465)  als  Colonieen  anerkannt 
Camerium,  Grustumerium  (III,  51.  49)  und  Fidenae.  Vielmehr  schliesst  letzteres 
mit  Romulus  foedus  aequum  ab ,  welches  es  nach  Numa's  Tode  für  hinfällig  er- 
klärt: III,  6.  22;  besiegt  von  Tullus,  wird  es  in  jener  früheren  völkerrechtlich» 
Stellung  belassen:  III,  31.  Unter  Ancus  steht  es  im  latinischen  Kriege  auf  feind- 
licher Seite  und  wird  nach  III,  38  im  4.  Kriegsjahre  in  Dedition  genommen,  daaa 
die  Stadt  von  den  Latinern  besetzt  und  im  7.  Kriegsjahre  zerstört,  endlich  nach 
III,  39.  40  im  8.  Kriegsjahre  anderweit  erobert  und  mit  röm.  Besatzung  betegt 
(vgl.  S.  158  unter  e).  Unter  Tarquinius  Priscus  ist  es  wieder  latinische  Buo- 
desstadt  und  in  Dedition  genommen:  III,  54;  endlich  wird  es  durch  Yerrtth 
von  den  Etruskern  besetzt :  III,  57  und  von  den  Römern  erobert  und  mit  Be- 
satzung belegt:   HI,   58. 

406)  tote  uiv  aXouoai;  (sc.  iroAsai)  xata  xpdroc  avSporoSiaptf  tt  ipai*** 
Oouv  xal  xaraaxacpat,  tat;  84  itpoo/üjpouoaic  xaft*  opttAoffac  to  irei&ap^etv  im; 
xexpaTTjXoov  jxovov,  aXXo  84  avrxeaTov  oo8iv°  vgl.  IV,  50.  Ueber  jene  Theorie 
selbst  s.  Voigt,  lus  nat.  II,  265  ff.  —  Das  U ebergehen  von  Colonie-Deducüooei 
Seitens  des  Lic.  ist  tendenziös :  es  beruht  auf  einer  principiellen  Bekämpfung  te. 
sullanischen  Colonie-Deductionen :   vgl.   unter  III. 


■S'l  Lege«  u&iUB.  744 


zwischen  IV,  21  und  23  Fallende  auslässt  und  durch  ein  Stück 
Valer.  ersetzt  (S.  176  f.  unter  s),  wo  aber  doch  das  in  c.  23 
Ißegebene  den  Vorwurf  wider  die  Patricier  ausspricht,  dass  dieselben 
jW  Zeit  des  Servius  sogar  der  Aufnahme  der  Libertinen  in  die  Civi- 
UH  sich  widersetzten. 

^  d.  Bezüglich  der  Codißcation  des  Privatrechtes,407  welche  zu 
Üem  Zwecke,  die  WUlkühr  des  ius  dicens  zu  beschranken  und  die 
Rechtsgleichheit  der  Bürger  zu  sichern,  zuerst  von  Servius  vorge- 
mmmm&a:  IV,  9.  10.  11.  25.  36.  43,  dann  alsbald  nach  Vertreibung 
der  Könige  in  der  Republication  der  leges  regiae,  wie  Cultusvor- 
sghriften  wiederholt  wird:  IV,  43.  81  und  endlich  in  den  XII  Ta- 
feln ihren  Abschluss  findet:  II,  27. 

B.  Von  allen  Punkten  jenes  Programmes  ist  der  in  materieller 
Beziehung  wichtigste,  volkswirtschaftlich  berechtigtste  und  historisch 
Älteste,  weil  schon  vor  der  lex  agraria  des  Ti.  Gracchus  hervortre- 
tende die  Anforderung  von  Ackerassignationen.  Und  dieser  Punkt 
nun  bestimmt  die  licinische  Darstellung  der  Königsgeschichte  in  dop- 
pelter Beziehung,  nämlich 

1.  indem  Ti.  Gracchus  in  seiner  suasio  legis  agrariae  die  Ge- 
rechtigkeit seines  Gesetzesvorschlages  durch  die  Deduction  begrün- 
dete: denjenigen,  welche  für  die  Grösse  des  Staates  ihr  Leben  in 
den  Schlachten  einsetzten,  wird  das  vorenthalten,  was  selbst  das 
wilde  Thier  besitzt:  die  Wohnstalt,  und  so  kämpfen  jene  und  opfern 
ihr  Leben  nicht  für  den  eigenen  Heerd,  sondern  für  den  Luxus  und 
die  Reichthümer  Anderer;406  so  führt  nun  Lic.  diesen  nämlichen  Ge- 
danken in  folgenden  Sätzen  aus:  der  röm.  Staat  geht  aus  von  dürf- 
tigen und  kärglichen  AnRingen:  von  einer  obscuren  und  armseligen 
Bevölkerung,  von  kleinem  und  unfruchtbarem  Staatsgebiete.  Somit 
ist  solcher  Staat  in  seinem  Ausgange  arm  und  schwächlich  und  dürftig, 


407)  Die  Codißcation  des  Privatrechts  ward  in  das  Auge  gefasst  als  ein  Mit- 
tel ,  die  partheiische  Rechtspflege  des  Senates  zu  beseitigen ,  worüber  die  Popu- 
lären klagten:  Q.  Catulos  bei  Cic.  in  Yen*.  I,  4  5,  44;  vgl.  auch  Cic.  cit.  I,  4  3. 
II,  III,  96.  p.  Cluent.  22  ;  dieselbe  ward  \on  Pompeius  und  später  dann  von 
Cäsar  in  Angriff  genommen ,  aber  nicht  vollendet:  Isid.  Or.  V,  1,  5  vgl.  Sanio, 
rechtshist.  Abhandl.  68  ff.  Gleiche  Tendenz  verfolgt  die  lex  Cornelia  des  Tribu- 
nen C.  Cornelias  v.   687  ut  praelores  ex  edictis  suis  perpetuis  ius  dicerent. 

408)  Plut.  Ti.   Oraccb.   9.    App.  Civ.   I,   9.    41. 

50* 


742  iMobitz  Voigt,  \m 

und  keinerlei   Glanz   von  Erlaucht  oder  Reichthum   überstrahlt  jm 
ältesten  Zeiten :  III,  14:    fie^dX-y]  ts  ^jicov  ^  ic6Xtc  ex  fuxpa;  wl  p» 

ßepd   tois  itepio(xot<;   18   eüxaxacppov^Too  —  fe^ove  • ^ptl;  11 

(itxpa;  xa;  Tipcotac;  apx^  Xaß6vxe<;  *  VIII,  8 :  '  P(ojxa(otg  -jj  |iev  Ig  «pj^ 
Ö7rdp£aaa  pj  ßpa^sfd  lau  xal  Xoirpd ,  ^  o*  dicfxnjToc ,  ^v  touc  «pH 
ofxouc  d<peX6fievoi  I^ouai,  ttoXXy]  xal  d^a^*  xal  ei  täv  ^8un]jts*n 
ixaaioi  rJjv  eaoxwv  d£ioiev  dicoXaßeiv,  ooSev  ooxax;  pixpov  otö'  cnfak 
ouöe  arcopov,  ws  tb  cPo)|iaio>v  dato  ^^^Tai.409 

Von  solchen  armseligen  und  beschränkten  Verhältnisses  toi 
erwächst  und  entwickelt  sich  der  Staat:  unter  Anstrengungen  md 
Gefahren  erwirbt  er  Ruhm  und  Grösse,  wie  Besitzthümer:  D,  9: 
—  dfadofs  oux  avso  jieYdXcov  xivöuvtov  xai  ic6va>v  auid  xnjaafiew^ 

Und  indem  es  das  Blut  der  Plebejer  ist,  mit  welchem  jene  Gü- 
ter errungen  sind,  so  erfordern  ebenso  die  Gerechtigkeit,  wie  die 
Staatsraison ,  dieselben  zum  Mitgen usse  jener  Besitzthümer  zuzulas- 
sen: II,  62.  76.    IV,  9:  tyj;  ÖYjjiooCas  -pfc  ty  8l<*  *&»  äicXwv  xnjot 

jievoi  xaxs^sxe. ou  ydp  dv  f  svoito  <pp6v>)jia  eufevet  Iv  avJfxion 

dbropoujiivois  xäv  xad'  ^juipav  dvorpafow  •  X,  38. 

Während  daher  das  ursprüngliche  Staatsgebiet  als  Privateigea 
in  den  Händen  der  Patricier  sich  befindet,  von  dem  später  erober- 
ten Gebiete  aber  zwar  der  eine  Theil  als  königliches  Gut  reservirt 
wird:  ebenso  für  die  den  Königen  obliegenden  Opfer,  als  für  da 
königlichen  Haushalt:  III,  1410  und  ein  anderer  Theil  wiederum  als 
ager  publicus  (§7jfjLoo(a  fiotpa,  oYjpoofa  xx^jois)  belassen  wird:  11,61 
III,  1,  mit  Einschluss  der  loca  sacra,  deren  Einkünfte  für  die  sacn 
publica  verwendet  werden:  III,  29,  so  ist  nun  auch  in  der  Thal 
entsprechend  den  obigen  Voraussetzungen  ein  dritter  Theil  an  die 
besitzlose  Plebs  ebenso  von  den  guten  Königen  aufgetheilt  worden: 
II,  18.  62.  III,  1.  29.  31.  IV,  9.  11.  27,  als  auch  in  einfeefer 
Consequenz  in  der  Gegenwart  fernerweit  noch  aufeutheilen. 

2.  Demgemäss  ergeben  nun  auch,  wie  weiter  unten  darzulegen 
ist,  die  vorgenommenen  Ackerassignationen ,  wie  deren  Umfang  des 
Maassstab,  nach  welchem  Lic.  den  ethischen  Werth,  wie  die  histo- 
rische Bedeutung  der  Könige  bemisst. 

409)   Vgl.  auch  II,   8  in  §  24  unter  II  fi. 

44  0)  Vgl.   II,   62.     Die  Vorstellung  von  einem  königlichen  Tafelgule,   wekfe 
auch  bei  Cic.  de  Rep.  V,  2,  3  wiederkehrt,   ist  dagegen  dem  Valer.  fremd:  A.  461 


**t]  Lege»  rbgiab.  743 

*i  C.  Die  ursprüngliche  Verschiedenheit  und  Stellung  der  Patricier 
mmd  Plebejer  ergiebt  nach  der  Darstellung  des  Lic,  dass  der  An-* 
«sprach  der  Optimaten  auf  die  von  ihnen  behauptete,  in  socialer,  wie 
politischer  Hinsicht  bevorzugte  Stellung  der  historischen  Rechtfertigung 
Otttbehre. 

Denn  zunächst  die  Patricier  im  Sinne  der  späteren  Zeit  umfas- 
sen von  Vorn  herein  eine  zwiefältige  Gruppe: 

die   patres   d.   i.   die  besitzende  Gasse,   daher  benannt,  weil   sie 
gleichwie  die  Väter  den  Kindern,  so  als  Patrone  den  Aermeren; 
als  den  Clienten  von  ihrem  Grundbesitze  Land  zutheilen;411  und 
die  patricii  d.  i.  die  Nachkommenschaft  der  Ersteren,  danach  be- 
nannt, dass  sie   allein   der  geschlossenen  Einheit  einer  domus 
familiaque  (A.  95)  angehörend,  ihren  Vater  angeben  können.412 
Immerhin   aber   ist  der  Grundbesitz   der  patres  nur  ein  kleiner 
«ttd  ihr  Vermögensstand  überhaupt  ein  bescheidener  (vgl.  §  24  un- 
ter II  B). 

Dagegen  die  Plebejer  sind  ein  Haufen  familien-,  wie  heimaths- 
loeer,  aus  aller  Herren  Länder  zusammengelaufener  Leute:  II,  8  (vgl. 
A.  409) :  SpaTOtüW  ovxcov  xal  oux  l^6vxa>v  «Jvofidaat  itaxepas  eXeofrepoos, 
welche  von  Vorn  herein  von  den  patres  Grundbesitz  aufgetheilt  er- 


44  4)  Die  licinische  Auffassung  von  den  Plebejern  (A.  413)  berechtigt,  unter 
den  mehreren  Erklärungen  der  Bezeichnung  patres  als  liciuisch  anzuerkennen  die 
obige,  welche  geben  Zon.  VII,  3:  iratpixiot  fiivroi  oi  ßooXsotal  iirsxXrjOYjaav 
—  —  aico  tfjc  iratptüvfa;  *  Fest.  246a,  23:  [patres  appe]llantur,  ex  quibus  sc- 
malus  [primum  compositum:  nam  initio  urbis]  conditae  Romulus  C[viros  elegit  prae- 
stanlissimos,]  quorum  consilio  atque  [prudentia  res  publica  ad]ministraretur;  atque 
[ideo  patres  appellati  sunt,  quia]  agrorum  partes  al'tribuerant  tenuioribus,]  perinde 
ac  liberis.     Andere  Erklärungen  s.  A.  469. 

44  2)  Dion.  II,  8:  icatptxfoo;  xXrj&TJvat,  oti  Ttatipa;  stjrov  ai:o8et?at  ftovot* 
and  so  nun  auch  bei  Liv.  X,  8,  H  :  patricios  esse  — ,  qui  patrein  eiere  possent 
id  est  nihil  ultra  quam  ingenuos,  wonach  Liv.  X,  7,  9  —  8,  4  2  aus  Lic.  ent- 
lehnt ist;  dann  auch  der  jüngere  Cincius  bei  Fest.  34ta,  21:  patricios  eos  ap- 
pellari  solitos,  qui  nunc  ingenui  vocantur,  und  Zon.  VII,  3:  7tatp(xioi  fiivroi  oi 
ßooAeorai  iitexA7|tb)oav  ij  oti  Tca(8u>v  7joav  yvyjoicüv  iratepsc  7j  jxaXXov  oti  aoTot 
«axipac  iaoT&v  aitoöetxvosiv  ^SovavTO  Sxaoroe  £x  ^ivou;  ovts;  Yvcopiu-oo«  Als 
Beweisgnind  zog  Lic.  nach  Dion.  II,  8  die  Thatsache  an ,  dass  die  Patricier  in 
der  Weise  durch  den  Präco  zu  den  Volksversammlungen  berufen  werden ,  dass 
der  Einzelne  bei  seinem  und  seines  Vaters  Namen  zum  Erscheinen  aufgerufen  wird, 
die  Plebejer  aber  durch    den    accessus   und   durch  Blasen  des  Kuh  hörn  es  berufen 

werden. 


744  .Mobitz  Voigt,  'tH  ■* 


halten,  als  Clieoten  derselben,  dann  aber,  was  die  später  in  die  Hl 
Bürgerschaft  eingetretenen  Bevölkerungsmassen  betrifft,  durch  fr  gl 
guten  Könige  von  Zeit  zu  Zeit  Grundbesitz  zuertheilt  erhalten  («ter 
B  1 ) .  Allein  indem  immer  neue  Bevölkerungselemente  in  die  Ito- 
gerschaft  eintreten ,  ohne  in  entsprechender  Weise  Grundbesitz  va 
den  Königen  angewiesen  zu  erhalten,  so  entsteht  nun  auch  eine  be- 
sitzlose Plebs :  eine  unsesshafte  und  unstet  herumschweifende  Masse: 
dveanov  xal  irca^ov  dXu>u.evov:  II,  62  und  die  dienende  und  vermö- 
genslose Glasse:  to  {hjxtxöv  xoö  oVjfxoo  xczl  airopov:   III,    1. 

Daher  umfasst  das  8y)|jlotix6v  eine  dreifache  Gruppe:  theils  die 
Clienten,  von  den  Patriciern  mit  Grundbesitz  ausgestattet,  theils  die 
Staats-  oder  Königs-Clienteh ,  von  den  Königen  mit  Grundbesitz  be- 
liehen, theils  die  Grundbesitzlosen.413 

Den  Patriciern ,  wie  Plebejern  gleichmässig  ist  aber  allein  die 
Land wirthschaft ,  wie  die  Waffenfuhrung  im  Kriege  überwieset,  m- 
soweit  nicht  öffentliche  Functionen  dieselben  in  Anspruch  nehmet:  ' 
11,  28.  76,  wogegen  die  banausischen  Beschäftigungen  den  Sehtet 
und  Peregrinen  obliegen:  11,  28.  Und  ebenso  sind  die  Patricier  nd 
Plebejer  gleichmdssig  in  die  Tribus  und  Curien  eingeordnet  u4 
stimmen  in  den  Curiatcomitien,414  die  somit  nicht  allein  dtmoeratisch 
sind,  sondern  in  denen  sogar  die  Plebejer  das  numerische  und  ent- 
scheidende Uebergewicht  haben:  III,  29.  31  (betreffend  die  Dick 
Rom  transferirten  Albaner).  IV,  10.  Und  indem  endlich  Beide  aoek 
gleich  befähigt  sind  zur  Magistratur:  III,  11,  so  verbleibt  als  alleinige 
Prärogative415  der  Patricier  nur  das  Vorrecht,   dass  aus  ihnen  alles 


44  3)  Diese  von  Valer.  (§24  unter  I  B)  abweichende  theoretische  Auffasse 
dass  Clienten  und  Plebejer  nicht  völlig  identisch  sind,  vielmehr  wie  zwei  Artet 
einer  Gattung:  des  oVjU.OTtxov  sich  verhalten,  ist  ausgesprochen  in  II,  6t:  to  w» 
ireXaTtov  it\rflo$j  —  too  87,0.011x00  uipo;  •  VI,  63:  too;  ireXarac  aitavrac  —  1« 
too  8r,u.oTixoo  to  irepiov  '  und  so  daher  kommt  es  nun  auch  vor.  dass  die  CJieö- 
ten  auf  Seiten  der  Patricier  den  übrigen  Plebejern  gegenüberstehen :  VI,  47.  64. 
VII,  48.  IX,  41.  X,  15.  27.  40.  41.  43..  Die  Clienten  nun  sind  diejempe 
Plebejer,  welche  von  den  patres  als  patroni  Grundbesitz  zugetheilt  erhalten: 
A.  411,  wogegen  die  Plebejer  schlechthin  diejenigen  sind ,  welche  entweder  toi 
den  Königen  Grundbesitz  empfingen  oder  welche  ohne  allen  Grundbesitz  sind. 

4 1 4)  Diesen  werden  die  Tributcomitien  substituirt  durch  die  lex  Pubtilif  Vo- 
leronis  v.  2  82:  IX,  41.  46;  die  letzteren  selbst  sind  jedoch  bereits  vor  163  ein- 
gebürgert :   VII,   65. 

415)  Das  Fehlen  des  Conubium  wird  als  eine  Neuerung  der  XII  Taf.  hinge- 


IÄ 


*•<]  Lmbs  ibgiae.  945 


Senat  entnommen  wird :  11,  62,  der  somit  ans  Optimalen  (iptoxot) : 
46  d.  h.  eben  aus  Patriciern:  III,  29  besteht. 
Solche  älteste  historische  Ordnung  aber  entzieht  somit  den  weit 
Ip^eoden   Ansprüchen   der  Optimaten  auf  eine  bevorzugte  Stellung 
historische  Berechtigung. 

II.  Das  über  die  Optimaten  einerseits  und  über  die  Populären 
rseits  abgegebene  Urtheil.  Denn  so  werden 
k>  A.  die  Patricier  oder  Optimaten  geflissentlich  verunglimpft  durch 
lue  Vorwürfe: 
-  1.  dass  dieselben  in  ihrem  Wesen  viel  thierische  Wildheit  und 
^tyrannische  Neigungen  haben:  icoXo  t6  drjpturäet  l^ovxec  iv  rg  <p<iow 
<MmI  tofmvvtxov :  IV,  41.  Und  diese  schlechten  Eigenschaften  nun  tre- 
zu  Tage  darin,  dass 

a.  sobald  die  Patricier  durch  interreguuni  die  Leitung  des  Staates 
ngt  haben,  sie  sogar  unter  einander  über  das  politische  Lieber- 
icht  und  die  Bevorrechtung  hadern:  II,  62; 

b.  dieselben  dem  plebejerfreundlichen  Servius  gegenüber  Kö~ 
Order  als  Kronprätendenten  unterstützen:  ebenso  die  Söhne  des 
:  IV,  14:  wie  den  Tarquinius  Superbus:  IV,  40; 

2.  dass  dieselben  unbot massig  und  übermütbig  die  Recbtegleich- 
verletzen:  IV,  9.     Und  dieser  Hang  nun  treibt  die  Patricier 

a.  zur  Ermordung  des  Romulus,  weil  dieser  mit  gerechter  Strenge 
n  vornehme  iMissethüter  vorging;410 

b.  zur  Bedrohung  des  Servius,  weil  dieser  durch  seine  Gesetze 
Rechtsgleichheit  hergestellt  hatte:  IV,  11; 

3.  dass  dieselben  den  Plebejern  den  mit  deren  Blute  erkauften 
Acker  eigennützig  vorenthalten:  IV,  9.    X,  38;4,6a 

4.  dass  denselben  die  wahre  Gottesfurcht  fehlte:  denn  über  die 


3|toUt  in  X,  60.  Bei  der  Darstellung  der  canulejischen  Rogationen  ward  von  Lic. 
^  wie  Dion.  XI,  55  II.  ergiebt,  die  lex  Canuleia  de  conubio  unterdrückt. 
'*  416)  Dion.  II,  56  und  dazu  A.  363*.  Bereits  Preller,  röm.  Myth.  ~04  erkennt 
q|iB  tendenziösen  Zug  dieser  Version  :  »eine  andere  Tradition,  die  eines  Rationalisten 
ntm4  eifrigen  Republicaners  erzählte,  dass  die  Senatoren  den  greisen  Romulus,  der 
Sntotzt  Tyrann  geworden  sei,   im  Senate  zerrissen«. 

44 6*)  In  der  Geschichte  der  Republik  wird  noch  ein  neues  Mittel  verwendet: 
es  wird  das  Bild  der  Frug;ilität  und  Arbeitsamkeit  des  damaligen  Adels  gezeichnet, 
90  X,    47.    24.   25. 


746  Mobitz  Voigt,  [« 

moralisch-religiösen  Bedenken  des  Tullus  wegen  des  Zweikanfjhi 
der  Horatier  und  Curiatier  als  consobrini  setzt  der  Senat  sich  ieidA 
hinweg:  III,  45.  46. 

B.  Dagegen  die  Populären  werden  gerechtfertigt:  ihre  Klaffe 
zielen  nicht  ab  auf  Vernichtung  oder  Schwächung,  sondern  aif  dfe 
Wohlfahrt  und  das  Gedeihen  des  Staates:  sie  streiten,  wer  <fc 
grösseren  Dienste  dem  Staate  erweise:  111,  4  4. 

111.  Das  Urtheil  über  Sulla  und  die  sullanische  Verfassung,  wel- 
ches in  dreifacher  Form  ausgesprochen  wird,  und  zwar 

A.  indem  direct  über  Suila's  Maassnahmen  ein  Tadel  aasge- 
sprochen  wird;  dies  beschieht 

a.  in  VIII,  80  (s.  A»  404)  bezüglich  der  Bestimmung  derlei 
Cornelia  de  proscriptione,  wodurch  die  Strafwirkungen  der  Proscrip- 
tion auch  auf  die  Kinder  erstreckt  wurden; 

b.  in  VII,  65  bezüglich  der  lex  Cornelia  tribunicia :  das  Al- 
klagerecht der  Tribunen  sei  in  der  Hand  ehrenwerther  Männer  av 
von  seegensreicher  Wirkung  gewesen,  wenn  auch  in  der  Hand  ver- 
worfener und  zügelloser  Individuen  ein  Unseegen ;  desshalb  sei  es  «dl 
angezeigt  gewesen,  dass,  wie  es  Sulla  gethan,  jenes  Recht  selbst  ab 
etwas  Verkehrtes  aufgehoben  ward,  vielmehr  wäre  dafür  zu  sorget 
gewesen,  dass  nur  Ehrenmännern,  nicht  aber  aufs  Gerathewohl  jedes 
Beliebigen  das  Tribunat  übertragen  wurde  (vgl.  bei  A.   404). 

B.  Indem  als  Seitenstück  zu  dem  Regimente  des  Sulla  tbefla 
das  Decemvirat,  vornämlich  aber  die  Herrschaft  des  Tarquinius  hm- 
gestellt  (A.  323)  und  so  gezeichnet  wird,  dass  die  Regierung  da 
Sulla  in  allen  ihren  einzelnen,  von  den  Populären  gebrandmarktet 
Zügen  gleich  als  ein  Spiegelbild  sich  darstellt  von  der  Tyrannis  des 
Tarquinius  Superbus.  Und  $p  nun  wird  nach  solchem  Plane  und 
Vorwurfe  die  Herrschaft  des  Tarquin  in  IV,  41 — 43.  80.  81  gezeich- 
net: derselbe  umgiebt  sich  von  Anfang  an  mit  einer  Leibwache10 
und,  nur  selten  und  unerwartet  seinen  Palast  verlassend,  beräth  er 
zu  Hause  mit  seinen  Getreuen  die  Angelegenheilen  des  Staates;  aoeh 
lässt  er  nur  diejenigen  vor  sich,  die  er  zu  sich  beschieden,  selbst 
diese  nicht  wohlwollend  und  huldreich,  sondern  ernst  und  finster 
aufnehmend  (41).     Sobald  er  aber  sein  Regiment  befestigt  zu  haben 


447)   So  von  Sulla  App.  civ.   I,    4  00. 


]  Leges  regue.  747 

inte,  verwickelt  er  mit  Hülfe  der  heruntergekommenen  Subjecte, 
denen  er  sich  umgeben ,  zahlreiche  erlauchte  Männer  in  falsche 
ntalanklagen :  zuerst  die  Anhänger  des  Servius,  nachher  auch  die- 
igen,  welche  entweder  mit  der  eingetretenen  Veränderung  der 
ige  unzufrieden  oder  aber  im  Besitze  von  grossen  Reichthümern 
1.  Und  indem  er  über  die  Angeklagten  entweder  Todesstrafe 
\t  Exil  verhängt,  so  zieht  er  zugleich  deren  Güter  ein,  davon 
9n  kleinen  Theil  an  die  Delatoren  als  Lohn  abgebend,  alles  Uebrige 
ir  für  sich  behaltend.  Andere  wiederum  lässt  er  heimlich  bei 
fce  schaffen.  Nachdem  er  nun  so  die  vornehmsten  Mitglieder  des 
lates  beseitigt,  beruft  er  seine  Anhänger  in  denselben,418  so  einen 
iz  neuen  Senat  schaffend,  auch  diesem  jedoch  alle  Selbstsländig- 
l  der  Berathung,  wie  Ausführung  entziehend  (42 j.  Dem  Volke 
*r  untersagte  er  nicht  nur  alle  Vereinigungen,  sondern  er  liess 
;h  dasselbe  durch  Spione  überwachen,  welche,  unter  die  Menge 
i  mischend,  dasselbe  aushorchten,  ja  mitunter  selbst  durch  Schmä- 
lgen  über  den  Tyrannen  provocirten,  und  welche  dann  die  Uebel- 
dnnten  denuncirten,  über  die  dann  harte  Strafen  verhängt  wur- 
i  (43). 

Ueberdem  hat  Tarquin  zuwider  aller  staatsrechtlichen  Ordnung 
i  Regiment  erlangt,419  sowie  durch  Waffen  und  mittelst  Gewalt  und 
•ch  eine  Verbindung  mit  den  verworfensten  Subjecten  und  wider 
seren  Willen  und  unter  unserem  Widerstreben  (80) ;  und  so  nun 
aus  dem  Privatmanne  ein  Tyrann  geworden,  indem  er  in  späten 
ren  noch  damit  begann,  ein  verworfener  Mensch  zu  sein :  6  f$v6- 
oc  e£  tBuotoo  Tupavvos420  xal  tyk  dp£d|ievot  irovYjpos  eivat  (81). 
chdem  er  aber  so  die  Herrschaft  gewonnen,  hat  er  Nichts  gelei- 
t   für  die   Grösse   und   Wohlfahrt   des   Staates   (80).     Wohl   aber 

m 

er  die  Nachkommen  der  erlauchtesten  Geschlechter  theils  ge- 
tet,  theils  in  das  Exil  getrieben  und  nur  Wenige  von  den  Seria- 
en  verschont,  die  er,  ihres  Vermögens  beraubt,  in  das  Elend  ge- 
rzt  hat.     Dem  Volke  aber  hat  er  seine  Gesetze  genommen,4'21  seine 


44  8)   So  von  Sulla  Sali.  Cat.  37;  rücksichtlich  des  oben  Vorhergehenden  da- 
sn  sind  Citate  bezüglich  der  sullanischen  Zeit  entbehrlich. 
449)   So  bezüglich  Sullas  App.  cit.   98.     Plut.  comp.  Lys.  cum  Süll.    4. 
480)  App.  cit.  94  von  Sulla:  xupavvo;  iE  töuuroo  feviadai. 
424)  So  bezüglich  Sullas  App.  cit.   4  00.    Plut.   Caes.  6. 


748  M<mira  Voigt,  [lft 

religiösen  Vereinigungen  untersagt,  seine  Comilien  und  AbstinNwap 
und  Conctonen  unterdrückt  (81  ).m 

Nicht  minder  finden  sich  aber  auch  Anspielungen  auf  die  p*f 
5((a  TupavvixVj  in  VII,  55,  wie  in  XI,  4  4:  ap^etN  oxävtiov  t»v  fan,  - 
xopawixöv,  xb  8s  icap'  sx6vxa>v  t<k  dpx&C  Xajißdveiv,  apioröxpattafo. 

C.  Indem  Gegenstücke  zu  dem  sullanischen  Regtmente  dem  Lear 
vorgeführt  werden,  und  so  zwar 

a.  in  VII,  66  in  den  Vorgängen  der  ersten  Secession  und  da 
daran  sich  anschliessenden  Ereignissen:  denn  damals  haben  die  fh 
tricier  einen  Theil  ihrer  Vollgewalt  den  Plebejern  abgetreten,  ohi 
dass,  wie  in  vielen  anderen  Staatswesen,  die  Optimalen  durch  IM 
oder  Exilirungen  dazu  gezwungen  worden  wären;  vielmehr  häm 
dieselben  solche  Concessionen  sich  abringen  lassen  ohne  gßgeasolfi 
Kämpfe  und  Gewalttätigkeiten,  und  nur  durch  die  Macht  derR«k, 
die  allein  solchen  unerhörten,  wie  bewundernswerten  Erfolg  ernk 
hat;423 

b.  in  111,  4  0.  4  4:  während  Sulla  zahlreichen  Communen  die  fr 
vität  entzog,  hat  die  älteste  Zeit  mit  freigebiger  Hand  die  Givittta 
Auswärtige  gespendet  und  so  das  Gedeihen  des  Staates  mächtig  ge- 
fördert; vgl.  auch  bei  A.  406; 

c.  in  IV,  36:  während  Sulla  von  den  Gesetzen  sich  entbädei 
liess.'24  hat  Servius  sich  selbst  freiwillig  denselben  unterstellt. 

IV.  Die  oratorische  und  dramatisirende  Darstellung  der  Ge- 
schichte in  der  Form  von  Demegorieen :  von  zahlreichen,  langet, 
vielfach  zugleich  dialogischen  Reden  der  als  handelnd  eingeführt» 
Personen,  so  dass  nun  die  Darstellung  der  Geschichte  nicht  als  Er- 
zählung des  Geschehenen,  sondern  als  Rede  und  Action  der  ieüei- 
den  Persönlichkeiten  gegeben  wird. 

Denn  solche  Demegorieen  sind  enthalten  in  folgenden  unter 
1 — 111  als  licinisch  dargelegten  Stucken  der  Königsgeschichte:  in 

422)  So   von  Sulla  App.   cit  99. 

423)  Lic.  selbst  suchte  durch  die  Macht  der  Rede  die  den  Populären  entriß 
sene  Gewall  wieder  zu  erringen  ,  wie  seine  von  Sali,  aufbewahrte  suask)  befctf- 
det.  Im  Uehrigen  enthalten  die  obigen  Worte  des  Lic.  eine  deutliche  Drob«* 
wider  die  Optimalen. 

424)  Es  ist  dies  nicht  ausdrücklich  berichtet,  immerhin  aber  zu  eotaebn* 
aus  der  lex  Cornelia  des  Tribunen  C.  Cornelius  v.  687  de  iis,  qui  in  sentta  le- 
gibus solvuntur. 


•  II,  3.  4  anter  I  A  2  a.  —  III,  9  unter  I  B  4.  —  III,  40  unter 
I  A  2  b.   III  C  b.  —   III,  41   unter  I  A  2  b.   B  4.   C.   II  B.   III 

.  v  G  b.  —  III,  45  unter  II  A  3.  —  HI,  16  unter  IC.   ü  A  3.  — 

DI,  29  unter  I  A  4  c.   B  1.    C.  —  III,  30  unter  I  B  4.  —  IV,  9 

unter  I  A  1  a.  b.  c.  2  d.   B  1.  —  IV,  11   unter  1  A  1  a.  c.  2  d. 

-t*B  1.    H  A  1.  1  b.  2  b.  —   IV,  23  unter  1  A  2  b.  c.  —    IV,  36 

•  unter  I  A  2  d.    III  C  c.  —  IV,  80  unter  III  B.  —  IV,  81   unter 
:I  A  2d.  HIB. 

Darauf  aber  dürfen  wir  die  Folgerung  stützen,  däss  auch  ebenso 
_  mite  übrigen  von  Dion.  gegebenen  Demegorieen  aus  Lic.  entlehnt  sind : 
«III,  3.  7.   8.   14.   17.   21.   23.   28.    IV,  4.  29—35.   38.  39.  47. 
<<  74—75.  77—79.  82—84. 

wie   aber  auch   diejenigen  Parthieen   licinisch  sind,   in  denen  Dion. 
JMcb  §  21   unter  2  die  darin  verwebten  Demegorieen  ausgelassen  hat: 
HI,  2.  22.  60.  72.    IV,  26.  27.  37.  45—48.  70.  72. 

Und  diese  Annahme  wird  bestätigt  theils  dadurch,  dass  diese 
letzteren  Demegorieen  das  gleiche  tendenziöse  und  zwar  populäre 
,  Colorit  an  sich  tragen,  wie  die  ersteren,  theils  dass  solche  Demego- 
rieen als  Entlehnung  aus  Lic.  auch  in  des  Dion.  Geschichte  der  Re- 
publik, wie  bei  Liv.  und  Plut.  sich  vorfinden,425  theils  endlich  durch 
das  Zeugniss  von 

Cic.  de  Leg.  I,  2,  7:  quid  Macrum  numerem?  cuius  loquacitas  habet 
•  aliquid  argutiarum,  nee  id  tarnen  ex  illa  erudita  Graecorum  copia, 
sed  ex  librariolis  Latinis,  in  orationibus  autem  multas  ineptias,  ela- 
tas43*  summa  impudentia, 
wo,   indem  Lic.   nur   als  Historiker,  nicht  als  Orator  kritisirl  wird, 
l    unter  orationes  nicht  an  die  von  demselben  gehaltenen  Volks-  oder 
-    Vertheidigungs-Reden ,  als  vielmehr  an  die  seinen  Annalen  inserirten 
j   Demegorieen  zu  denken  ist  und  wo  somit  als  eine  Eigentümlich- 
keit dieses  Historikers   bekundet  wird,   dass  er  ebenso  lange  Reden 


425)  Id  ersterer  Beziehung  vgl.  z.  B.  VI,  «9  unter  I  A  2  b.  VII,  55  unter 
ffl  B.  VIII,  8  unter  I  B  4.  VIII,  70—75.  77.  78  unter  I  A  2  b.  Id.  Kiess- 
tiog,  1.  c.  93.  XI,  H  unter  1  A  2  a.  III  B.  XI,  55  ff.  A.  415.  Bei  Liv.  fin- 
den sich  dergleichen  z.  B.  in  IV,  4  :  Nitzsch,  a.  O.  152  ;  X,  7,  9 — 8,  f  2 :  A.  412  ; 
bei  Piut.  z.  B.  Num.  5.  6.     Vgl.  auch  Peter,  bist.  rom.  I,  CCCXXXXH  f. 

426)  Die  Codd.  geben  ineptus  elatio,  was  ich,  wie  oben  etnendire,     Andere 
Emendationen  s.  bei  Peter,  1,  c.  A.  4, 


750  MoiiTf  Voigt,  [IH 


k 


in  seine  Geschieh tsdarstellung  einflocht,  als  auch  mit  denselben  ei 
grossen  Theil  seiner  Annalen  füllte.  • 

V.  Die  Verwendung  stoischer  Lehr-Begriffe  und  -Satze  ii  k 
Geschichtsdarstellung.  Denn  während  in  den  rhetorischen  and  kri- 
tischen Schriften  des  Dion.  von  den  betreffenden  stoischen  Phita- 
phemen  keine  Spur  sich  findet,427  so  tritt  in  dessen  Archäologien- 
mentlich  die  Lehre  von  den  vier  Cardinaltugenden  gleich  ab  ei 
organisches  Gefüge  des  Gedankenganges  häufig  hervor.  Und  zmr 
finden  sich  solche  stoische  Lehrbegriffe  und  Sätze  in  folgend«  A 
licinisch  nachgewiesenen  Stücken: 

II,  3  unter  I  A  2  a.  IV.  —  II,  4.8  unter  1  A  1c.  B  1.  —  II,» 
unter  I  C.  —  II,  62  unter  I  A  1  c.  B  1.  C.   II  A  1  a.  —  0,11 
unter  I  B  1.  C.  —  III,  11   unter  1  A  2  b.  B  1.  C.  II  B.  UJBb. 
IV.  —  IV,  10  unter  I  A  1  a.  2  d.  C. 
Dies  aber  berechtigt,  auch  anderwärts ,  wo  derartiges  stoisches  Ma- 
terial  in  significanter  Weise   verwendet  wird,428   licinische  P&rttiea 
anzuerkennen.     Derartige  Lehrbegriffe  und  Satze  sind  aber 

A.  die  Lehre  von  den  vier  stoischen  Cardinaltugenden .  der  fe- 
xaiooüVYj,  dväpefa,  aiocppoauvTj  und  cppoviqaic.  Und  zwar  wird  «ck 
deren  Maassstabe 


i 
i 


427)  Vgl.  Busse,  de  Dion.  Hai.  vit.  et  iog.  43.  Besonders  signifieaat  siel 
drei  Momente:  einmal  in  de  Comp.  verb.  IV  p.  34  gedenkt  Dion.  zwar  rühmend 
der  Verdienste  der  Stoiker,  jedoch  nur  um  das  Logische,  nicht  um  das  Ethische; 
dann  in  Ep.  ad  Cn.  Pomp.  6,  6  p.  784  sagt  Dion.:  rcept  SixatoooVqc  xot  eose- 
ßet'ac  xal  irept  twv  aXAcov  ap£T<ov  und  kürzer  de  Isoer.  iud.  7  p.  547:  xrp  fc- 
xai090V7jV  xal  TTjV  eoaißeiav,  worin  eine  dem  stoischen  Schema  entgegengesetzt 
Reihe  von  Tugenden  aufgestellt  ist ;  endlich  knüpft  die  Tugendlehre  bei  Dion.  fiel- 
mehr an  Aristoteles  und  dessen  uioov  an,  so  de  Comp.  verb.  64,  wie  auch  Am. 
VIII,  61:  sotxi  T8  aXrjölc  elvai  to  orco  twv  apjfauov  Aeyopsvov  <piAooofwv,  fa 
jisaoTTjTe;  etatv  aXX'  oux  axpoT^rsc  at  twv  Tjdcuv  aperaf,  paXiara  Se  rt  &»«*- 
auvrj,  was  ein  von  Dion.  herrührender  peripatetischer  Einschub  in  ein  stoisch« 
Lehrmaterial   (s.  A.  433  f.)   ist;   vgl.  Busse,   I.   c.    42.   45  f. 

428)  Desshalb  stütze  ich  keine  Folgerung  für  licinisches  Material  auf  das  Vor- 
kommen  des  Lehrbegriffes  vom  cpuaei  und  diasi  6txaiov  bei  Dion. :  denn  die* 
Lehre  war  bereits  in  der  zweiten  Hälfte  des  7.  Jahrh.  in  dem  Kreise  der  Gelehr- 
ten und  Gebildeten  weit  verbreitet  und  findet  sich,  von  Cic.  abgesehen,  z.  1.  hei 
Q.  Mucius  Scaevola  pont.  in  Gai.  III,  4  49.  Varr.  Marcip.  in  Non.  84,  9;  vgl» 
auch  Voigt,  Ius  nat.  IV,  4,  39  f.  Diesfalls  aber  konnte  die  Bezugnahme  auf  sol- 
ches foasi  Stxatov  ebenso  von  Licin.,  wie  von  Valer.,  wie  aber  auch  von  Dien, 
selbst  ausgehen. 


44>"7]  Lkgks  rkgiae.  754 

j^  1.  die  ftlteste  Geschichte  Rom's  in  ihren  Ausgängen  und  ihrer 
^Batwiekelung,  wie  in  ihren  Hauptmomenten  bemessen ;  dies  beschieht 
to  II,  3.  18.  24.  28.  62.  63.  74—76.  III,  11,  wozu  vgl.  bei  A.  441  ff. 
3+n:  2.  der  Character429  des  Servius  auf  Grund  der  von  demselben 
^gehaltenen  Rede  von  dem  Volke  beurtheilt  in  IV,  10:  xffiv  (&ev  6rt 
tocrci;  ^v  xal  8(xaio<;  repl  too;  eoepfSTac  £ic<uvouvt<ov,  ton  3'  #u  <piX- 
xai  ju^aXo^o^o;  efc  too;  d7u6poos,  xoto  8'  a>c  jirrpioc  xai 
Jijfjumx^  icp&s  xoo;  xaireivotepouc,  wo  7ciaro<;  xal  öfxaioc  die  iustitia, 
^UfiXdvdpo>ico<;  xai  [it^ak^oyo^  die  magnanimitas  (s.  A.  430),  jiixpioc 
fr^Mtoi  8tjjaoxix6;  die  moderatio  (s.  A.  433),  wie  zugleich  die  Eigen- 
^^Whaft  als  Populäre  vertritt; 

^V'1      3.   der  Character   des  Coriolan   bemessen  und  gewürdigt  wird: 

-  ;  i^brselbe  ist  ausgestattet  mit  zwei  Tugenden :   mit  der   fortitudo   in 

^ten  beiden  Richtungen  als  fortitudo  i.  e.  S.  und  als  magnanimitas,430 

^bwie  mit  der  iustitia  oder  communitas  in  ihren  beiden  Kundgebun- 

Ctetft  als  iustitia    i.   e.   S.   und   als   beneficentia ; ttl   dagegen   fehlt  es 


429)  Die  licinische  Characteristik  des  Numa  bietet  Plut.  Num.  3 :  derselbe 
*%t  ebenso  von  Natur  zu  allen  Tugenden  angelegt,  wie  er  auch  solche  Anlage  aus- 
bildet  durch  Entwicklung,  Erfahrung  und  Philosophie;  insbesondere  als  wahre 
fcortitudo  lernt  er  anerkennen  die  Zügelung  der  appetitus  durch  die  ratio  (vgl.  die 
'OStale  bei  Voigt,  a.  0.  I,  4  83);  und  daraus  geht  nun  hervor  seine  moderatio: 
4&r  verbannt  allen  Luxus  aus  seinem  Hause,  wie  nicht  minder  seine  iustitia ;   über- 

^tem  wendet  er  zugleich  seine  Zeit  und  Betrachtung  dem  Dienste  und  Wesen  der 
Götter  zu  (s.  A.  444). 

430)  VIII,  60:  av^p  xal  ta  7roX£u.ia  apurroc  t«5v  xaft*  TjXtxfav  xal  irpoc 
£ftaoa<  toc  TjSova;  oaat  ap/oooi  via>v  bpLpaTqs '  vgl.  namentlich  Cic.  de  Off.  I, 
90,   66:  omnino  fortis-  animus  et  magnus  duabus  rebus  maxime  cernitur:  quarum 

in  rerum  externarum  despicientia  ponitur,  cum  persuasum  sit,  nihil  hominem, 
quod  bonestum  decorumque  sit,  aut  admirari  aut  optare  aut  expetere  opor- 
oollique  neque   homini   neque  perturbationi   animi   nee   fortunae  succumbere 

(dl.    i.    die   magnitudo   animi  oder   magnanimitas).     Altera  est  res,    ut res 

gerac  magnas  illas  quidem  et  maxume  utiles,  sed  ut  vehementer  arduas  plenasque 
Jftboram  et  periculorum  cum  vitae,  tum  multarum  rerum,  quae  ad  vitam  perti- 
«eot  (d.  i.  die  fortitudo  i.  e.  S.).     Weiteres  s.  bei  Voigt,  a.  O.  I  §  27  f.   37. 

43t)  VIII,  60:  avTjp  —  —  xa  84  $(xaia  oox  airo  vojioo  fxaXAov  avafX7)C 
im  ttproptöv  Wo;  axoootoc  oncoo'ioooc,  aXX'  ixoiv  te  xal  rcecpoxtic  irpoc  aora  eo, 
aal  ooR*  iv  aperijc  1*°^$  ^  jmjMv  aSixetv  riftifievoc,  oo  jaovov  ts  autoc  a^vsostv 
im  icaaqc  xaxfac  wooftojAOoptevos,  aXXa  xal  touc  aXXou;  Ttpooava-pcaCetv  StxauSv  * 
prfoAo^Dwv  Tt  xal  8a>p7ju.aTixoc  xal  eU  iicavopOtooiv,  <5v  ixaorcp  Hot  xä>v  <p (Xcov 
oscots  yvodj  irpox<tpotatoc ,  to  tc  rcoAiTixa  irparreiv  ooSevoc  xe^Ptt>v  *«*v  «ptaro- 
xpanx&v    vgl.    namentlich    Cic.    de   Off.  I,  7,  20:    cuius    (i.  e.  iustrtiae)  partes 


752  Mobitz  Voigt,  [M 

demselben  nicht  nur  bei  seinen  noch  jungen  Jahren  and  sei«» 
Mangel  von  Erfahrungen  an  prudentia, 432  sondern  es  mangelt  ihm  wk 
die  moderatio  oder  temperantia  ,433  daher  nun  durch  solchen  Magd 
auch  seine  iustitia  beeinträchtigt  wird :  dieselbe  schlagt  um  in  et 
maassloses  und  starres  Beharren  auf  dem  Rechte.434 

B.  Die  stoische  Ursachenlehre  in  III,  12:  eiti&qSetfcaTov  ms 
t6v8s  t&v  dptdfx&v  (sc.  xpei^)  efc  dbcaoav  d(i^iaßir]Tou(isvou  Ttpaflwnt 
Stafpsoiv  dp^v  xe  xal  jieoa  xal  xeXeuTtjv  e^ovxa  ev  eauxÄ.1*5 

VI.  Einzelne  Momente  und  so  zwar 

1.  Licinius  befolgt  die  Methode,  die  Ereignisse  eines  top 
dauernden  Krieges  nach  den  einzelnen  Kriegsjahren  dispooirt  ar 
Darstellung  zu  bringen.  Und  zwar  beschieht  dies  bei  dem  achtma- 
ligen latinischen  Kriege  des  Ancus  in  HI,  37 — 40,  der,  von  Di» 
stark  überarbeitet  (S.  158  f.  untere),  nach  Maassgabe  von  IV,  i 
von  demselben  aus  Lic.  entlehnt  ist.430  Die  gleiche  Methode  der 
Disposition  nach  Kriegsjahren  kehrt  aber  auch  bei  folgenden  Dar- 
stellungen wieder,  die  wir  um  desswillen  als  licinisch  ansehen  dürfet: 


duae  sunt:    iustitia  —  et   huic  coniuncta  beneficentia ,    quam  eandem  vel  beaii*- 
tatem  vel  liberalilatem  appellari  licet,   und  das  Weitere  Voigt,   a.   0. 

432)  VIII,   27:    —  cppovqoEi  — ,  tjv  o  paxpoc  ßioc  xal  xa  nokka  natypR 

(f£p£l. 

433)  VIII,  61:  xo  irpao  xal  <pai8pov  otix.  4v9jv  auxoo  tote  xpoirois,  oW» 
OspaTreuTtxov  t&v  irsXas  ev  xe  aairaou-ou  xal  irposa-yopsuast,  ou8s  8tj  to  öAÄ- 
Xsxxov  xal  |x£rpio7TaÜ£;  ottots  St*  op^^c  x«j>  ^ivoito,    ou8i  tj  iravia  xa  av§p«n* 

smxoapLouoa  X*Pl?"  *^'  *8^  mxpos  xa^  xa^S7ro?  riv  *  vß'-  mi  BesoiMkrt*  ** 
Vorschriften  zur  temperantia  bei  Cic.  de  Off.  I,  28,  99:  adhibenda  est  ig** 
quaedam  reverentia  ad  versus  ho  min  es  et  optimi  cuiusque  et  reltquorum ;  t9,  Ui 
sint  tranquilli  atque  omni  perturbatione  careant;  36,  131:  ne  in  perturbatio** 
atque  exanimationes  iucidamus ;  38,  136:  perturbationes  fugiamus  id  est  Mtai 
animi  nimios  rationi  non  obtemperantis ;  —  curandum  est,  ut  eos,  quibuscum  *r- 
monem  conferemus,  et  vereri  et  diligere  \ideamus ;  und  im  Weiteren  Voigt,  a.  & 

434)  VIII,  64  :  taüxa  xe  8^  auxov  &v  iroXXoT;  £ßAa<(*,  xal  travTwv  ptiimi 
T)  7T£pl  xa  8(xaia  xal  xijv  cpoXaxr^v  x<ov  vopcuv  axpaxo;  ts  xal  anapaKEiaro;  «• 
oodiv  xa>  £i?i£ixs?  8i8ooaa  aWrouia. 

435)  Es  ist  dies  eine  Modification  der  aristotelischen  Lehre  von  den  viereHo 
Ursachen :  uAi],  eI8oc,  xmjoav  und  xiAoc,  vgl.  Strümpell,  Gesch.  der  theor.  Ptt* 
der  Griech.  §  4*3.  4S9,  denen  die  Stoiker  drei  substituiren :  die  causa  oder« 
quo  fiat,  die  materia,  uode  fiat  und  das  propositum,  propter  quod  fiat,  von  4eMt 
sonach  die  mittlere  die  media  oder  das  piaov  ergiebt :   Sen.  Ep.  VII,  3,  t.  6.  U* 

436)  Dies  hat  dargelegt  Kiessling,   l.  c.   30  f. 


Legbs  rkgiae.  753 

a.  beim  zweijährigen  vejentischen  Kriege  des  Ancus  in  III,  41, 
eben  Dion.  überarbeitete  (S.  458  unter  e); 

b.  beim  neunjährigen  elruskischen  Kriege  des  Tarquinius  Priscus 
III,  57—61.  62  a.  E.,  welchen  Dion.  überarbeitete  (S.  159  un- 

0; 

c.  beim  Kriege  des  Tarquinius  Superbus  mit  den  Sabinern  in 
63 — 66,  der  zwei  KHegsgänge  umfasst :   einen'  einjährigen  Feld- 

;:  63,  und  eine  fünfjährige  Campagne:  65.  66,  welche,  von  Dion. 
erarbeitet  (S.  159  unter  g),  im  sechsten  Jahre  zum  Friedensschlüsse 
c.  66  führt. 

2.  Licinisch  ist  die  Auffassung  der  celeres  als  einer  königlichen 
bwache,  welche  verschieden  von  den  equites  und  nach  der  Schnei- 
seit  des  Dienstes  benannt  ist:  s.  A.  478.  Danach  sind  auch  lici- 
ch  II,  29  und  IV,  44,  wo  diese  Auffassung  vorgetragen  wird. 

3.  In  IV,  58  wird  der  von  Tarquinius  Superbus  mit  Gabii  ab- 
schlossene,  im  Tempel  des  Dius  Fidius  aufbewahrte  Bundesvertrag 
gezogen.  Da  nun  gerade  Lic.  unter  den  von  Dion.  benutzten  Au- 
en dadurch  sich  auszeichnet,  dass  derselbe  archivalische  Quellen 
ispürte  und  benutzte,  hierauf  aber  die  Angabe  vom  Aufbewah- 
igsorte  jenes  Vertrages  hinweist,  so  ist  IV,  58  mit  Kiessling,  I.  c. 

auf  Lic.  zurückzuführen. 

4.  Bezüglich  gewisser  Punkte  steht  fest,  dass  dieselben  nicht 
»  Valer.  entnommen  sind;  liegt  nun  kein  Anzeichen  für  die  Be- 
izung einer  Nebenquelle  vor,  so  berechtigt  dies,  eine  Entlehnung 
i  der  zweiten  Hauptquelle :  aus  Lic.  anzunehmen.     Dies  ist  der  Fall 

a.  mit  der  Darstellung  des  Krieges  wider  Apiolae  in  III,  49 
d  dem  Berichte  über  den  Beginn  vom  Baue  des  capitolinischen 
mpels  in  III,  69,  welche  nicht  aus  Valer.  entlehnt  sind,  da  dieser 
4e  Ereignisse  mit  einander  verknüpft  nach  Maassgabe  von  Plin. 
N.  III,  5,  70:  oppidum  Latinorum  Apiolas  captum  a  L.  Tarquinio 

;e,  ex  cuius  praeda  Capitolium  is  inchoaverit,  während  dort  beide 
oe  jede  äussere  Verbindung  mit  einander  auftreten; 

b.  mit  der  Angabe  in  IV,  54,  dass  Tarquinius  Superbus  im 
€ge  mit  Gabii  befestigte  Zufluchtsorte  zum  Schutze  für  die  Land- 
rölkerung  angelegt  habe,  während  nach  Val.  in  IV,  15  (s.  §  24 
er  VII  f)  von  Servius  dieselben  angelegt  worden  sind. 


754  Mobitz  Voigt, 

VII.  Der  innere,  sachliche  oder  reflexive  Zusammenhang  gm» 
ser  Passagen  mit  anderen  als  licinisch  festgestellten  Parthieea;  wSMf 
so  zwar  ■■ 

a.  II,  24 — 28  bilden  eine  geschlossene,  zusammenbehörigeä* 
masse,  von  welcher  24.  .27  und  28  als  licinisch  nachgewiesen wi, 

b.  III,  2 — 22  schildern  in  einheitlich  zusammenhängender  D*li 
Stellung  den  Krieg  mit  Alba  und  dessen  Beilegung;  davon  sMi|h 
licinisch  nachgewiesen  2.  3.  7 — 12.  14 — 47.  24.  22. 

c.  in  III,  10  und  23  kehrt  der  nämliche  Gedanke  wieder:  li 
dem  Vater  über  die  Kinder,  so  kommt  auch  der  Mutterstadt  ii 
die  Colonie  die  potestas  zu ;  beide  licinische  Stellen  untersttba  fc 
her  gegenseitig  diese  ihre  Provenienz; 

d.  III,  23 — 31    behandeln   als  einheitliches  Ganze  den 
wider  Fidenae   und  Veii   und  den  damit  sich  verbindenden  Ventf 
des  Fuffetius,  wie  die  Bestrafung  der  Albaner;  davon  sind  ak  io- 
nisch dargelegt  23.  28—31 ; 

e.  III,  37 — 42  behandeln  in  einheitlicher  Darstellung  die  Kriegl 
des  Ancus;  davon  sind  als  licinisch  festgestellt  37 — 41; 

f.  III,  61   steht  in  Correspondenz  mit  dem  licinischen  IV,  71; 

g.  III,  63.  66   enthalten  Bezugnahmen  auf  die  licinischen  Cap- 

i 

tel  resp.  59  und  60; 

h.  auf  III,  67.  68,  den  Beginn  des  Cloakenbaues  und  die  Aa- 
läge  des  circus  maximus  betreffend ,  wird  Bezug  genommen  m  ta 
licinischen  IV,  44;  ^ 

i.  III,  73  steht  in  Beziehung  einerseits  zu  72,  andrerseits  a 
IV,  4,  welche  beide  licinisch  sind; 

k.  IV,  3  enthalt  eine  Bezugnahme  auf  die  licinische  Darstefag 
der  Ereignisse  in  III,  57 — 61   und  63 — 66; 

I.  IV,  5.  8  stehen  in  dem  innigsten  sachlichen  Zusammentat 
mit  licinischen  Gapiteln :  das  erstere  mit  c.  4,  das  zweite  mit  c  9; 

m.  mit  IV,  12  steht  in  dem  innigsten  sachlichen  Zusamtf* 
hange  das  licinische  c.  11; 

n.  IV,  27  a.  E.  —  40  schildert  in  durchaus  einheitlicher  aad  ge- 
schlossener Darstellung  das  Familiendrama  des  servischen  HmM 
davon  sind  als  licinisch  nachgewiesen  27.  29 — 40; 

o.  IV,  30  ist  in  seinem  Eingange  licinisch  nach  c.  79; 


p.  IV,  41   stellt"  den  in  den  licinischen  c.  45.  46.  78.  80  aus- 
;  geführten  Gedanken  an  die  Spitze:  Tarquinius  erlangte  die  Herrschaft 
weht  auf  gesetzlichem  Wege,  sondern  durch  Gewalt; 

q.  IV,  43  steht  in  Relation  zu  dem  licinischen  c.  81; 

r.  IV,  45 — 49    enthält  eine   einheitliche  und  geschlossene  Dar- 
stellung  der  Vorgänge   bei   Erneuerung  des   römisch-latinisch-herni- 
^  tischen  Bundes,  wie  der  Stiftung  der  feriae  latinae;   davon  sind  als 
licinisch  nachgewiesen  45 — 48; 

-  s.  IV,  50 — 52  enthalten  in  50.  52  eine  Darstellung  vom  Kriege 

~-  des  Tarquinius  Superbus  wider  die  Volsker,   worein  sich  in  51.  52 
d^r  Krieg   wider  die   Sabiner   gleich   als   Episode  einschiebt.     Dass 
***in  diese   ganze  Parthie   licinisch    ist,   ergiebt  sich  aus  Folgendem: 
Hl  VI,  49 — 88   werden   die  Ereignisse  bei  der  Rückkehr  der  ausge- 
sogenen Plebs  nach  Rom  fast  nur  in  zahlreichen,   meist  ausgedehn- 
ten, wie   dialogischen   Demegorieen   dargestellt:   in   den   Reden   des 
Ufenenius:  49 — 56,  Valerius:  58,  App.  Claudius:  59 — 64,  des  Con- 
%ol:  66,  des  App.  Claudius:  68,  Valerius:  71,  Brutus  72—80,  Lar- 
tius:  81,   Sicinnius:  82,   Menenius:  83 — 86,  Brutus  und  Menenius: 
87,  Menenius:  88.    daher  nun  diese  Parthie  als  licinisch  anzuerken- 
nen  ist.     Hierbei   nun   werden    in  c.  74  die  in  IV,  50  angegebenen 
Details  bezüglich   der   Vertheilung  der  Kriegsbeule   an   die  Soldaten 
wiederholt,   woraus  sich  ergiebt,   dass  zunächst  das  bereits  als  lici- 
nisch dargelegte  c.  50,  wie  weiterhin  auch  c.  51.  52  licinisch  sind; 

t.  IV,  52  a.  E.  —  58  schildern  in  einheitlicher  und  zusammen- 
hängender Darstellung  die  Vorgänge  des  siebenjährigen  Krieges  gegen 
Gabii;  davon  sind  als  licinisch  festgestellt  54  und  58; 

u.  IV,  59  z.  A.  nimmt  Bezug  auf  zwei  licinische  Stücke:  auf 
III,  69  betreffs  der  Angelobung  und  Inangriffnahme  vom  Baue  des 
capitolinischen  Tempels  durch  Tarquinius  Priscus,  und  auf  IV,  50 
betreffs  des  Entschlusses  von  Tarquinius  Superbus,  zu  solchem  Baue 
den  Zehnten  der  suessanischen  Kriegsbeute  zu  verwenden; 

v.  IV,  64 — 67   enthalten  den  Eingang  und  c.  85  den  Schluss 
der  ausgedehnten,  c.  70 — 84  umfassenden  licinischen  Darstellung  vom 
Sturze  der  Tarquinier,   wie  der  dieselben  vorbereitenden  Vorgänge; 
dies  berechtigt  um  so  mehr  zu  der  Annahme,  dass  auch  c.  64 — 67. 
und  85   licinisch  seien,   als  in  c.  64  und  65,  wie  85  die  in  c.  58 

AbhMdl.  d.  K.  S.  Geselltet),  d.  Wissensch.  XVII.  64 


756 


Mobitz  Voigt, 


auftretende  licinische  Angabe  wiederholt  wird,  dass  Sextus  de 
Sohn  des  Superbus  und  König  von  Gabii  gewesen  sei;437 

w.  IV,  76  steht  im  innigsten  sachlichen  Zusammenhai 
den  licinischen  c.  63 — 75.  77  ff. 

Nach  Alle  dem  enthalt  denn  nun  die  Königsgeschichte  d 
nachstehende  licinische  Parthieen: 


II,    3 

nac 

h  S.  185  sub  a,  195,197 

III,    2  nach  S.  195 

sub  1  vgl.  A.  381 

3 

59 

59           95 

4 

*i 

S.  185  suba,  195  vgl. 

} 

99 

S.  200  sub  b 

171  sub  a 

o 

99 

59           99             99        99 

18 

»» 

S.  184  sub  c,  188, 197 

6 

99 

99           99              99        99 

sub  1 

7 

99 

S.  195 

24 

»» 

S.  197  sub  1  vgl.  157 

8 

99 

99           99 

sub  a 

9 

99 

S.  188,  195 

25 

?i 

S.  200  sub  a 

10 

59 

S.  1 85  sub  b,  1 

26 

»i 

99         95  '         55       59 

b,  195,  200  sul 

27 

»^ 

S.  1 87  sub  d 

11 

•9 

S.185subb,18: 

28 

»» 

S.  190,  197  sub  1 

192  sub  B,  194 

29 

n 

S.  1 99  sub  2 

195,  197  sub  1 

62 

»5 

S.  184  sub  c,  188,190 

12 

99 

S.  198  subB 

191  sub  1a,  197  sub 

13 

99 

S.  200  sub  b 

1  vgl.  171  sub  Cb 

14 

59 

S.  195 

63  von 

ßoot  piv  OUV  ÖTti    P(0|AtiXoü 

15 

99 

S.  191  sub  4 

bis  cifxi  ös  Kupfvoc  s.  S. 

16 

99 

S.  191  z.  A.  nnda 

1 66subb  nach  1 97  sub  1 

195 

74  nach  S.  197  sub  1 

17 

59 

S.  195 

75 

5> 

»»           )>             »5         »? 

18 

59 

S.  200  sub  b 

76  bis  c 

iv&pioTOov  ^<fav(o{hj  s.  S. 

19 

99 

99          99            95       59 

163  sub  m  nach  188, 

20 

59 

55           99            99       »5 

190,   197  sub  1   vgl. 

21 

55 

S.  195 

175  sub  n 

22 

55 

99          99 

III,    1   ' 

k'on 

OÖTO<;    IpfOV    TüdtVTOUV     s. 

§  24  nach  S.  184  sub  c, 

23 

99 

„     „    200wbci 
bei  A.  358 

188,  190 

24 

»9 

S.  200  sub  d 

437)  Völlig  anders  lautet  im  Detail  die  Darstellung  bei  Liv.  I,  57  ff.  1 
auch  in  dem  valerischen  IV,  63  Sextus  als  ältester  Sohn  bezeichnet  wird,  » 
ruht  dies  auf  einer  bezüglichen  Berichtigung  des  Dion.  :  S.    4  6S  mter  v. 


L«6ES   RB6UK. 


757 


nach  S.  200  sub  d 


99 


99 


11         11 


99         99 


99         99 


S.  195 

S.184subc,  188, 190, 

195 

S.  195 

S.  184  subc,  4  86,188,' 

190 

S.  186,  198   vgl.  bei 

A.  360 

S.   186,  198  vgl.  bei 

A.  360 

S.  186,  198    vgl.  bei 

A.  360 

S.  486,  198    vgl.  bei 

A.  360 

S.  199  sub  a  vgl.  bei 

A.  360,  S.  175  sub  in 

S.  260  sub  e 

S.  186  vgl.  175  subo 

„    „  ,   199   sub  4  a, 

A.  405  vgl.  A.  383 

S.  186  vgl.  A.  383 
bis  cppotipia  e/upa  s.   §  24 

nach  S.  186,  A.  405 

vgl.  A.  383 
vom  Tuppyjvol  oe  s.  §  24  nach 

S.  1 99  sub  b  vgl.  1 59 

subf,  164subp,A.383 
nach  S.  199  sub  b  vgl.  159 

sub  f,  A.  383 
„     S.  1 99  sub  b  vgl.  1 59 

sub  f,  A.  383 
„     S.  195,  199  sub  b  vgl. 

1 59  sub  f,  A.  383 
bis  <iXX   -jjfitxuxXiov  s.  S.  1 69 


III,  62 

63 


64 


65 


66 


67 


68 

69 

72 

N  73 

IV,    3 

4 


8 


9 


10 


11 


sub  2  d  nach  1 99  sub 

b,  200  sub  f  vgl.  1 59 

sub  f,  A.  383 
nach  S.  1 99  sub  b  vgl.  A.  383 
„     S.  199  sub  c,  200  sub 

g  vgl.  159  sub  g,  174 

sub  I,  A.  383 
„     S.  199  sub  c  vgl.  159 

sub  g,  A.  383 
„     S.  199  subc  vgl.  159 

sub  g,  A.  383 
„     S.  199  subc  vgl.  159 

sub  g,  A.  383 
von  t-Jjv  8e  et^opav  bis  xata- 

axeuod(isvo<;  s.  S.  170 

sube,  §24  nach  S. 200 

sub  h 
bis  exaoro«;  detopetv  s.  S.  1 70 

sub  e  nach  200  sub  h 
bis  iXctßev  h  veux;  s.  S.  1 65 

sub  q  nach  1 99  sub  4  a 
nach  S.  195 

S.  200  sub  i 

S.  200  sub  k 

S.  195  vgl.  159  subh, 

1 65  sub  s 

S.  200  sub  I 

„     „      „    „   vgl.  165 

sub  s,  1 75  sub  q 

S.  184  sub  a,  b,  c,  187 

subd,  188,  191  sub  2, 

3,  1 95  vgl.  1 65  sub  s,  f 

1 75  sub  q 

S.  184  sub  a,  187  sub 

d,  190,  197  vgl.  165 

sub  s,  1 75  sab  q 

S.  184  sub  a,  c,  187 

51» 


99 


99 


99 


99 


99 


758 


Moritz  Voigt, 


n 


subd,  188,194  subl, 
1b,  2  b,  495  vgl.  165 
sub  s,  1 75  sub  q 
IV,  4  2  nach  S.  200  sub  iu  vgl.  1 65 

sub  s,  1 75  sub  q 
S.  1 86,  1 87,  4  95  vgl. 
1 76  sub  s 

S.  1 87  sub  d  vgl.  1 59 
sub  k 

S.  195  vgl.  159  sub  1 
S.  184  sub  c,  188, 195 
vgl.  1 59  sub  m 
S.  200  sub  n 
S.  195 
bis  vstutepo;  t«öv  Tapxuvfoov 
und  von  jiexä  touto  xb 
Ip-pv  s.  S.  162  sub  e 
nach  1 95,  200  sub  o 
nach  S.  195 


23 
25 

26 

27 

28 
29 
30 


11 


11 


11 


19 


31 
32 
33 
34 
35 
36 

37 
38 
39 
40 


19  11 


99 


11 

99 
99 
99 


99  11 


19  99 


91  91 


99 


99 


99 


19 


11 


99  99 


41 
42 
43 

44 

45 


bis  vuxti  ÖTCoövifjaxai  s.  S.  1 65 
sub  u  nach  1 85  sub  a, 
191  subb 

nach  S.192  sub  B,  201  sub  p 


IV,  46  nach  S.  195  vgl.  459  al 


S.  187  subd,  194  sub 
c,  195 
S.  195 


99 
99 


19        91 


11       11 


91 

11 


S.  1 87  sub  d,  1 92  sub 

B,  201  sub  q 

S.  1 99  sub  2 

S.  195  vgl.  159  sub  n 


47 
48 
49 


19      ii       19        ii       ii     n 
11       11       11        11       11     fl 


50 

51 

52 

53 
54 

55 


11 


11 


11 


11 


S.  204  sab  r  vgL 

sub  n,  4  77  sab  t 

S.  486,204  sub s 

4  59  sub  n 

S.  204  sub  s  vg|. ! 

sub  n 

S.  201  sub  s,  t  vgL' 

sub  n 

S.  204  sub  t 

S.  4  99  sub  4  b  vgl 

sub  n 

S.  204  sub  t 

m 

56  bis  icoXXdxit;  ewpttwti 
von  ooveic  rJ]v  hk 
s.  S.  162  sub  i, 
sub  h  Dach  201  sui 
S.  201  sub  t 
S.  1 99  sub  3 

59  bis  täte  epfaotai;  s.  § 
nach  S.  201  subo 
176  sub  r 

64  nach  S.  201  sub  v  vgl 

sub  f 

65  „     S.  201  sub  v 

"**  >5  )»  »1  >»      »> 

67  bis  £Espiu)veu^iievo(  4  ])poi 
s.  S.  .166  sub  xo 
201  sub  v 

70  nach  S.  195 

71 

72 

73 

74 

75 


57 

58 


11 


11 


11 
11 
11 

11 


>1 


11 


11 


11 


11 


11 


11 


11 


nach  S.  202  sub  w 
S.  195 


»  55  »> 


Leg  es  regiae.  759 


IV,  81  nach  S.  187  sub  d,  193, 195 
82     .,     S.  1 95 


83 

84 


?J         ?>  ?? 


59  9>  *9 

85     „     S.  201  sub  v 


99  99  99 

„     S.  193,  195 
a    Allgemeinen    nun    waren    die    Annalen    des    Licinius,   wie 

ff.  festgestellt,  überwiegend  in  der  dramatisirenden  Form 
sher ,  von  jenem  selbst  componirter  Demegorieen  gehalten : 
in  erzählender  Schilderung  der  Ereignisse  bewegt  sich  die 
lung,  vielmehr  treten  die  handelnden  Personen  selbst  in  der 
i  Unmittelbarkeit  ihres  Empfindens  und  Denkens,  ihres  Wol- 
ld  Handelns  dem  Leser  entgegen:  in  ausgedehnten  und  viel- 
uch  dialogischen  Reden  ihre  Empfindungen  und  Motive,  ihre 
3,  wie  Mittel  vor  dem  Leser  entwickelnd,  verfolgend  und  ver- 
hend;  dagegen  der  historische  Vorgang  gestaltet  so  sich  zu 
urzen  Abschlüsse  oder  einfachen  Ergebnisse  von  solchem  alls- 
ten, in  seinen  bestimmenden  Factoren  weitläufig  dargelegten, 
?r  dramatisirenden  Form  vorgeführten  Entwickelungsprocesse. 
>Iche  Darstellungsweise  war  indess  an  sich  dem  Publicum,  wie 
lehrten  Welt   weder   fremd,438  noch  anstössig439;    vielmehr  lag 


j)   Kürzere  Keden  verwendeten  bereits  Fab.  Piclor  in  I,  81.  82.  83,   Coe- 
ipaler:  s.   Peter,   hist.   rom.  I,  CCXV1II  f.,    Valer.  Ant.   in  II,  35.    III,  71. 

61    und  bei  Arnob.   adv.   nat.   V,    1,  wie  auch  Lic.  selbst  in  II,   63.    III, 

65.   66.   70 ;    und    die   bekannte    Gleichniss-Rede   des    Menenius   Agrippa 
ausgewanderte  Plebs   fand  sich  nach  Dion.   VI,   83  äv  aizazi  toi;  ap/afat^ 
;.     Vgl.  auch  Nissen,   krit.   Unters.   92. 
j)    Wenn  Pol.   II,   56  rücksichtlich  des  PI  i  via  rebus  und  XII,   25  rücksicht- 

Timaeus  über  deren  Einigung  fingirter  Reden  tadelnd  sich  ausspricht,  so 
her  Tadel   nicht  der  Methode  au  sich,   sondern  nur  der  Anwendung  solcher 

Seitens   jener    beiden  Schriftsteller ;    denn  Pol.    selbst    legt   hngirte  Reden 

in  XXII,    I  —  1.      Ebenso   missbilligt  Diod.   XX,    1    nur  die  zu  langen  und 

reichen   Reden,    wie    denn    auch    Cic.    Brut.    82,    285    dieselben    nicht    im 

verwirft,  sondern  lediglich  dessen  Anwendung  im  Einzelnen  kritisirt.  Und 
ünzelkritik  übt  nun  auch  Dion.  bezüglich  des  Thucyd.,  Lysias,  Xenophon, 
,  wie  Herodot.  in  zahlreichen  Stellen,  welche  zusammenstellt  Schulin,  de 
al.  hist.  21  f.  Dagegen  verwirft  Pompei.  Trogus  die  Demegorieen  auch 
Upe,  wenn  er  nach  lustin.  H.  Ph.  XXXVIII,  3,  11  als  einen  Tadel  wider 
1  Sali,  aussprach:    quod  contiones  direetas  pro  sua  oratione  operi  suo  in- 

historiae    modum    excesserint.      Zur   richtigen    fieurtheilung  jener   Manier 

Geschmackes  dafür  ist  wohl  zu  würdigen  die  völlig  andere  Rolle,  welche 


760  Moritz  Voigt,  P  m 

das  Neue  von  jener  Manier  des  Licinius  nur  in   dem  Uebermaw  li* 
und   der   Länge   der   eingeflochtenen  Deraegorieen ; 4W  und  dies  u  1 ' 
ist  es ,    was   als   Missbrauch   einer  an  sich  ganz   wohl   berechtigte*  ^ 
Form,  als  loquacitas  von  Cic.  de  Leg.  I,  2,  7  dem  Licin.  zum  Vor- 
würfe   gemacht,   vom  Letzteren   selbst  aber  hinsichtlich  seiner  Dar- 
Stellung  des  Ständekampfes  in  VII,  66  damit  gerechtfertigt  wird,  dtfti»- 
dieser   Kampf  vornämlich    durch   die   Rede  zum  Austrage  gebrach* 
und   durch    deren  Macht   entschieden  worden   sei,    und  so  noa  m^~ 
selbst  in  der  Forin  von  Reden  dessen  Entwickelung  und  bewegafc 
Ursachen,  die  ja  das  Publicum  zu  wissen  wünsche,  weitläufiger  iah 
zulegen   für   angemessen   erachtet  habe.     Wenn  aber  bei  Dion.  j/mt 
licinischen  Reden   als  matt  und  schal ,  als  trivial ,  wie  alltäglich  er- 
scheinen, so  ist  allerdings  nicht  in  Abrede  zu  stellen,  wie  mehrfach 
den   Licinius  der   Vorwurf  der  Geschmacklosigkeit   trifft;    den  g*> 
schmacklos   in   der   That  sind   ebenso  die   häufigen  Thränenergtt», 
von  denen  die  Reden  begleitet  werden,  und  dann  z.  B.  die  Dantot» 
lung  in  IV,  66.  67,  wo  Lucretia  sich  weigert,  dem  Vater  allem  db^ 
widerfahrene  Schmach  zu  berichten,  vielmehr  die  ^usammenberofiam 
der  Verwandten  und  Freunde  des  Hauses  für  solchen  Vortrag  erfor — 
dert;    allein    andrerseits    ist  vielfach   das  Colorit  jener   Reden  aodh 
wieder    von    psychologischer   Feinheit    und    historischer   Treue,  wi 
denn  z.  B.  die  Wechselreden  zwischen  Servius  und  Tarquinius  in  IV, 
30 — 36  mit  juristischer  Correctheit  und  Feinheit  ausgearbeitet  sind;4* 
im  Allgemeinen   aber   hat   es  die  Unfähigkeit  des  Dion.  verschuldet, 
wenn   die   Energie   und  das   Feuer,   die   zündende   und  zur  Mitem- 
pfindung  hinreissende  Beredtsamkeit  der  originalen  Diction  völlig  ver- 


irn  antiken  Leben  die  politische  ,  wie  auch  die  juristische  Rede  spielte , 
sprechend  nun  auch  nach  Dion.  XI,  \  das  Publicum  solche  Form  der  Darstotal 
verlangte :  aütousi  xat  xtve;  r^av  ai  xaxaajrouaai  T7,v  iroXiv  avayxai,  fit*  a;  twsi 
ra  oetva  xat  a^exXta  07re[Aeiv£,  xal  ttves  ot  rcstaavTec  aorous  X0701  xoi  oflei  «- 
vcuv  [>TjÖevTs;  avöpaiv,  xat  7ravra  oaa  TrapaxoAouöei  rot?  irpafiiaoi,  SiSa^ft^vat 

440)  So  z.  B.  die  Geschichte  des  Coriolan,  welche  bei  Dion.  VII,  24 — M. 
VIII,    \ — 63  aus  H2  Capiteln  besteht,   uinfasst  mehr  als  die  Hälfte:   60  an  R*fet. 

440*)  Schulin,  1.  c.  95  hebt  ganz  trelFeud  hervor:  quam  egregie  Dionysi«» 
(d.  h.  vielmehr  Licin.)  in  uni versa  historia  sua  omnibusque  in  oratiooibus  ei  in- 
sertis  singularum  familiarum  proprietatem  distinxerit,  neminem  fugiet,  qut  e.  c. 
ad  Appiorum  et  Valeriorum  orationes  ab  illo  relatas  animum  paulo  diligentia  al- 
tende rit. 


W7]  Lkgbs   RKG1AE.  761 

löten  ging:  denn  die  bei  Liv.  überlieferten  licinischen  Reden,  so  in 
fy  1.  X,  7,  9  ff.  (s.  A.  425)  bekunden  allerdings  eine  Diction  voller 
^nft  und  Leben. 

Allein  auch  in  noch  anderer  Richtung  gewinnt  die  Königsge- 
^h'chte  des  Licin.  eine  dramatisirende  Haltung:  es  vollzieht  sich  in 
'JB/ttelbarem  Eingreifen  ein  höheres  Gericht  in  der  Geschichte. 
daher  wird  hier,  gleichwie  in  dem  Drama,  dem  Verhalten 
ndelnden  Persönlichkeit:  dem  Könige  oder  den  widerstreiten- 
t&nden  in  unmittelbarer  Causalität  die  gerechte  irdische  Ver- 
g  zu  Theil:  als  Belohnung  des  Guten  die  Wohlfahrt  des  Staa- 
nd  dessen  Missgeschick  als  Vergeltung  des  Schlechten.  Gutes, 
^Schlechtes  aber  finden  ihren  Maasstab  theils  in  der  Gottes- 
die  unmittelbar  zur  Gunst  der  Götter  verhilft  und  so  nun 
bar  dem  Staate  zum  Nutzen  gereicht,  theils  in  den  vier  Cardi- 
■*  Agenden  der  fortitudo,  prudentia,  moderatio  und  iustitia,  welche 
•  unmittelbar  das  Wohlergehen  und  Gedeihen  des  Staates  för- 
^<*441  Und  zwar  begründen  im  Besonderen  die  ersteren  beiden 
Prosperität  des  Staates  nach  aussen  hin;  und  indem  die  forti- 
im  Kriege  und  die  prudentia  in  Berathung,  wie  Beschliessung 
die  Angelegenheiten  des  Staates  einen  durchaus  hervorragen- 
Qto  Cbaracterzug  im  Wesen  der  Römer  ergeben,  so  beruht  nun  auf 
fciden  Tugenden  die  Superiorität  Rom's  und  seine  Herrschaft  Über 
Ke  anderen   Völker.442     Dagegen    moderatio    und   iustitia    begründen 


441)  II,  18:  toü  xaXco;  otxetabat  ras  iroXetc  aWac  — *  irpdiTOv  ja4v  tt^v 
apa  T<ov  Öecov  euvoiav,  f^  irapouar^  a^avia  toT$  avBptMrots  iiri  ra  xpstrrco  ve- 
rrat •  eirstxa  oaKppooiivTjV  ts  xat  StxatoaovrjV,  5t'  a;  tjttov  aXXrjXoo;  ßXaicTOVTes 
sXXov  bfjLovoou3i  xat  tt)v  suöai^oviav  ou  xaic  ala^torats  jisrpooatv  TjöovaT;  aXXa 
p  xaXep*  reXeoratav  8i  ttjv  iv  toi;  7roXep.ot;  YevvatorijTa  T7;v  irapaoxeoaCou?av 
vau  *al  t«?  aXXac  apstas  toT;  syouaiv  uKpsXtp.00;,  oux  airo  TaoTojiaTOo  icapa- 
veoftat  tootiov  Sxaarov  tciw  ayaDcov  evojxiasv,  aXX'  efyva)  öioti  vojAot  aicooSatot 
i\  xaXcov  Cy;Xo;  £iUnriQ£i>|j.a'nDv  euasßrj  xal  ouxppova  xal  xa  8(xaia  aaxooaav  xal 
i  iroXe^iia  a*]ca^v  fcfcepYaCovrat  ttoXiv,  wo  fswaiorrjc  eine  untechnische  Ueber- 
itzung  des  Dion.  statt  avopsta  ist,  die  prudentia  aber  übergangen  werden  musste, 
eil  Numa  dieselbe  nicht  diirch  Gesetze  erzielen  konnte;  vgl.  II,  62  a.  £.  und 
egen  der  Gunst  der  Götter  VIII,   26. 

442)  III,  H:  toi;  piXXooatv  £T£p(ov  apfetv  6oo  irpooetvai  öel  Taüxa*  ttjv  iv 
p  noXspiiv  {«x^v  xat  ^P  *v  TCP  ßooXsusaDat  «ppöVijatv  •    a  icspl  ^|a«?  Iotiv  ajj.- 

9xepa. Toaa'j'njv  foüv  fisfiftet  xat  Suvafisi  TioXtv  oojj  otdv  re  TjV  Ysvio&at 

-,  ei  jatq  to  te  avöpetov  sirsptrcsosv  aor^  xat  to  <ppovip.ov. 


762  Moritz  Voigt,  C 

die  innere  Wohlfahrt:  sie  sind  die  Grundlagen  der  Eintracht  der 
Bürger  und  so  namentlich  unentbehrlich  gegenüber  inneren  bürger- 
lichen Bewegungen.443 

Indem  daher  in  solcher  speculativen  und  theoretischen  Gnnd- 
anschauung  der  Rahmen  gegeben  ist,  innerhalb  dessen  Licin.  die 
Geschichte  der  Königszeit  zur  Darstellung  bringt,  so  wird  nun  die« 
Darstellung  selbst  bestimmt  durch  die  Tendenz,  im  Hinblick  auf  da 
Hauptpunkt  des  populären  Partheiprogrammes:  die  AckerassignalioMi 
an  die  Bedürftigen  aus  der  Geschichte  selbst  den  Nachweis  zu  Ak- 
ren, wie  die  moderatio  und  iustitia  derartige  Assignationen  erhei- 
schen, deren  Unterlassung  somit  im  Widerspruche  mit  den  nation- 
len  Tugenden  steht  und  ebenso  die  Eintracht  des  Volkes  zerstört, 
wie  in  letzter  Instanz  das  Wohlergehen  und  Gedeihen  des  Staate 
bedroht.  Denn  nicht  nur  steht  die  Besitzlosigkeit  eines  Theiles  der 
Bevölkerung  an  und  für  sich  schon  im  Widerspruche  mit  den  Poeta- 
laten  jener  beiden  TugencJ^n,444  sondern  dieser  principielle  Wider- 
streit wird  auch  durch  die  historischen  Thatsachen  noch  gesteigert, 
dadurch  nämlich,  dass  der  ager  publicus  mit  dem  Blute  der  Plebejer 
erworben  ist  und  somit  von  Rechts  wegen  denselben  gehört,  solche 
Vorenthaltung  des  Zukommenden  daher  in  den  Plebejern  das  Gefühl 
des  Verletztseins  erzeugt ,  dass  in  fremden  Händen  ihr  Erwerb  sich 
befindet.445 

Solche  Bedrohung  der  bürgerlichen  Eintracht  war  nun  zwar  in 
das  römische  Staatswesen  bereits  von  seiner  Gründung  ab  hinen- 
gelegt,  indem  von  Anfang  an  die  Patricier,  als  die  Besitzenden,  und 


443)  II,   3:    Stepa   sivai   xa   acuCovra   xal   iroioovra  psfaXac  ix  jxtxpar*  tu; 

7CoAsi£  '    £V    |A£V    TOIS    oi>V£tOl$    7TOXS[AOIS    TO    8lÄ    T&V    OTtAcüV    XpatOC  ,    TOOTO    0£  T&JH 

irapayiveaftai  xal  jieXerfl,  iv  öe  tal;  ep^puAfoic  tapa^at;  ttqv  tcdv  iroXrreuopiwi 
ojAO^ppoaovYjv,  raorr^v  os  tov  atoeppova  xal  ofxatov  exaaroo  ßiov  aiti^vev  ixewi- 
TttTov  ovra  xcp  xoivtp  7tapa3)(sTv  •  c.    \H.   28.   74 — 76. 

444)  II,  76:  e*vDu|j.oü[i£vo;  b  avrjp  (sc.  b  N6p.a?),  ou  iroXtv  TT|V  piAJtattav 
ayaTTT^stv  Ta  o(xaia  xal  jasvsTv  £v  T(j>  aoicppovi  ßfcp  TT^ava^xaiou  Sei  X0^** 
eoTTopstv  *  II,  62:  t!  tou  Sr^oTtxoo  jiipoc  —  oute  7^;  zikrtfz  jj-otpav  oute  Aä«. 
toüto  aviatiov  xai  7rc«>^bv  a>.ci>|xsvov  iyfipov  ix  toü  avafxafoo  rots  xpetrrrotv  f» 
xal  VEu>Tep(Ceiv  eTotjxoraTov. 

445)  Vgl.  S.  188;  dann  III,  9:  Sv  701p  icrci  jxovov  —  kutcr^  avftperetvq; 
ixe*  aAAorpfois  a^aöoK  yivojasvt]?  axos,  tc  jx^xiti  too?  cpÖovoovra;  aAAorpia  ti 
7<»v  cpDovoufiivwv  a^aUa  rifeioftai. 


]  Leges  regiae.  763 

Plebejer,  als  die  Besitzlosen  einander  gegenüberstehen  (S.  189  ff.); 
ftUein  die  guten  Fürsten  richteten  nun  ihr  Augenmerk  darauf, 
Jhunch  wiederholte  Ackerauftheilungen  jene  Gefahr  zu  beseitigen :  zu- 
erst Romulus  (11,  62),  dann  Numa,  der  den  erst  später  in  die  Bür- 
gperschaft aufgenommenen  Plebejern  aus  den  königlichen  Domänen, 
wie  iheilweis  auch  aus  dem  ager  publicus  Acker  anweist  (II,  18. 
98),  vor  Allem  aber  Tullus,  der  zuerst  den  ganzen  königlichen  Do- 
nanialbesitz  assignirt  und  den  Caelius  zu  Wohnsitzen  anweist  (111,  1), 
spttter  aber  auch  den  gesammten  ager  publicus  mit  Ausnahme  der 
loca  sacra  an  die  nach  Rom  transferirten  Albaner  auftheilt  und  den- 
selben Bauplätze  in  der  Stadt  resp.  unter  Gewährung  der  Baukosten 
verleiht .  (III,  20.  31);  und  endlich  denn  auch  Servius,  der  den  von 
dm  Patriciern  occupirten  ager  publicus  den  Plebejern  assignirt  (IV, 
t*  H.  27). 

Sodann  sind  es  aber  auch  die  Institutionen  des  Numa,  welche 
ganz  unmittelbar  auf  Sicherung  der  moderatio  und  iustitia  abzwecken: 
denn  zu  jener  leitet  er  die  Bürger  an  durch  die  Einführung  der 
Versteiuung  der  Aecker  und  durch  die  Einsetzung  der  Terminalia, 
zur  iustitia  aber 'durch  die  Errichtung  des  Tempels  der  Fides  Pu- 
blica, wie  durch  die  Hpchstellung  des  Eides;  endlich  zur  moderatio 
and  iustitia  gleichmässig  durch  die  Ackereintheilung  in  pagi  unter 
magistri  pagorum,  welche  den  Ackerbau  überwachen,  zu  dem  alle 
nicht  durch  Kriegs-  oder  Staats-  oder  Kirchen-Dienst  in  Anspruch 
Genommenen  gleichmässig  verpflichtet  waren,  und  welche  so  nun, 
den  Volkswohlstand  sichernd  und  fördernd,  dem  die  Eintracht  be- 
drohenden Mangel  an  Lebensbedarf  vorbeugen.410 

Nach  jenem  Maassstabe  aber  der  Gottesfurcht  und  der  Cardi- 
naltugenden,  des  Lohnes  ihrer  Uebung  und  der  Strafe  ihrer  Miss- 
achtung wird  nun  die  Königsgeschichte  durchaus  im  Lichte  der  po- 
pulären Parthei-Tendenzen  gezeichnet  und  colorirt. 

Vor  Allem  ist  es  der  Ständekampf  selbst  zwischen  Patriciern 
und  Plebejern,  welcher  in  solcher  Parthei-Tendenz  entstellt,  ja  ge- 
fälscht wird:  an  Stelle  der  wahrhaft  historischen  Interessen  und 
Motive,  an  Stelle  der  von  der  Plebs  in  Wirklichkeit  verfolgten  Ziel- 
punkte und  Bestrebungen,  an  Stelle  somit  des  wahren  Kampfes  der 


446)   II,   74—76. 


764  Moritz  Voigt,  [M 

Stände  wird  der  Kampf  zwischen  Optimaten  und  Populären  mil » 
nen  völlig  verschiedenen  Tendenzen  und  Anforderungen  anlogt 
schoben.  Und  so  gipfelt  denn  die  ganze  Königsgeschichte  in  im 
Person  des  Servius,  der  selbst  zum  Vertreter  der  wirthschaftlkta, 
wie  politischen  Tendenzen  der  Populären  erhoben  wird,447  wie  jener 
Anforderungen  und  Bestrebungen,  welche  von  Licinius  selbst  ak 
Führer  seiner  Parthei  verfochten  wurden.  Insbesondere  aber  wrt 
jener  König  zu  dem  Organe,  durch  welches  Licinius  seine  eigena 
Anforderungen  und  Ziele,  seine  politischen  Deductionen,  wie  Agü* 
tionen  bei  den  besseren  Ständen  verbreitete,  unterstützte,  wie  ab 
wohlberechtigt  nachwies,  indem  er  das  Geforderte  als  wkierrecMdi 
vorenthaltenes  Erbe  aus  der  Königszeit  darlegte. 

Im  Allgemeinen  aber  ist  in  der  Königsgeschichte  des  licm.  d* 
handelnde  Subject  nicht  das  Volk,  als  vielmehr  der  König:  in  aebrf 
ausgeführter  Characterzeichnung  treten  die  Könige  hervor  als  die 
Mittelpunkte  der  historischen  Bewegungen,  wie  Ereignisse;  undgfekk 
dem  Lehrer,  der  die  Erziehung  des  Knaben  leitet  und  dessen  Reg«- 
gen  in  Denken  und  Wollen ,  in  Streben  und  Thuen  überwacht  and 
lenkt,  so  treten  die  Könige  auf  als  die  Erzieher  des  Volkes,  dessen 
Entvvickelung,  Streben  und  Erlebnisse  im  Guten,  wie  Bösen  bestim- 
mend. Jeder  einzelne  König  aber  ist  Träger  je  einer  eigenen  oid 
bedeutungsvollen  historischen  Rolle,  berufen,  die  ihm  zugewiesene, 
für  die  Entwicklung  von  Staat  und  Volk  ihm  prüdestinirte  Aufgabe 
zu  lösen.  Lediglich  von  Servius  ab  beginnt  daneben  noch  eine  an- 
dersartige Bewegung  sich  zu  entwickeln,  in  Streben  und  Handele 
von  selbsleigenen  Motiven  beherrscht:  der  Partheikampf  zwischen 
Patriciem  und  Plebejern  d.  h.  zwischen  Optimaten  und  Populären. 

Den  Maasstab  und  Werthmesser  aber  für  die  Könige  ergiebt 
bei  Licin.  allein  deren  Verdienst  um  die  Plebs.  Und  danach  nun 
zerfällt  die  Königsgeschichto  selbst  in  drei  Perioden:  zunächst  bis 
Ancus,    bis   zu   dem   herab  ebensowohl  nur  gute  Fürsten  herrschen. 


447)  IV,  25:  o  To&Atoc  —  ötjjiotixos  «>v  £8r]Xa>asv,  wo  ör^fionxo;  Uebcc- 
setzung  des  von  Lic.  gebrauchten  popularis  ist.  Dann  werden  in  V,  $  die  Ge- 
setze des  Servius  qualificirt  als  <ptAavi)puwroi  xal  or)u.oTtxot.  Dass  aber  V,  t  lict- 
nisch  ist,  ergiebt  dessen  Correspondenz  mit  IV,  43  bezüglich  der  Aufhebung  der 
servischen  Gesetze  durch  Tarquin.,  wie  dessen  Verbotes  der  Versammlungen  tob 
Curien,   pagi  und  vici. 


•M]  Lege«  rkoiae.  765 

als  auch  lediglich  nach  Einer  Richtung  hin  das  verdiensvolle  Wirken 
der  Könige  zu  Gunsten  der  Plebs  zur  Geltung  kommt,  wie  von  Nö- 
then    ist:    in  Bezug   auf  die   Förderung  des  Wohlstandes   und  der 
UVtrtbschaftlichen  Lage   derselben  durch  Auftheiiung  von  Grund  und 
Boden  oder  auch  von  erbeuteten  Mobilien  (vgl.  VI,  74).    Und  dieser 
Jtaasstab  ergiebt  nun  für  die  Leistungen  und  Verdienste  der  ersten 
drei  Könige  das  Verhältniss  der  grammatischen  gradus  comparatio- 
pjs:  Romulus   ist  ein  guter  Fürst:   er  vertheilt  eroberten  Acker  und 
Beute  an  die  Plebejer,  behält  jedoch  von  dem  Gewonnenen  als  kö- 
nigliches Gut  an  sich ;  ein  besserer  König  ist  Numa :  er  theilt  das  von 
Romulus  als   königliches  Gut  Reservirte,   wie  auch   einen  Theil  des 
Hger  publicus  auf;  der  beste  Fürst  aber  ist  Tullus:  er  vertheilt  auch 
den  letzten  Rest:  die  alten  königlichen  Domänen  an  die  Plebs. 

Mit  Ancus  beginnt  sodann  eine  neue  Periode:  es  tritt  mit  die- 
sem Fürsten  ein  jäher  Rückschlag  ein,  von  welchem  ab  dann  die 
Verhältnisse  unter  Tarquinius  und  Servius  stufenweise  wieder  zum 
Besseren  sich  wenden.  Während  daher  Ancus  der  böse  und  ruch- 
lose Fürst  ist,  der,  den  plebejerfreundlichen  Tullus  ermordend,  die 
Wohlfahrt  der  Plebs  zerstört,  wie  ihre  rechtliche  Lage  verschlech- 
tert, ohne  im  Uebrigen  hervorragende  Verdienste  um  den  Staat  sich 
so  erwerben,  so  trifft  den  Tarquinius  wenigstens  die  Unterlassungs- 
sünde, Nicht«  für  Verbesserung  der  Lage  der  Plebs  gethan  zu  haben, 
während  andrerseits  derselbe  grosse  Verdienste  um  den  Staat  sich 
erwirbt  ebenso  durch  sieg-  und  erfolgreiche  Kämpfe,  wie  durch 
Ausschmückung  der  Stadt  mit  zierenden  Bauten.  Endlich  Servius 
Tallius  ist  wieder  ein  Schirmherr  der  Plebs;  und  indem  nun  mit 
seinem  Reginiente  das  populäre  Partheiprogramm  in  seinen  vielsei- 
tigen Anforderungen  hervortritt,  so  wird  solches  von  jenem  Fürsten 
ebenso  angenommen,  wie  durchgeführt. 

Endlich  Tarquinius  Superbus  repräsentirt  die  dritte  Epoche,  in 
welcher  Schädigung  und  Förderung  der  plebejischen  Interessen  sich 
kreuzen:  ähnelnd  dem  Ancus,  als  blutbefleckter  Mörder  des  plebe- 
jerfreundlichen Servius,  beginnt  und  endet  seine  Herrschaft  als  bru- 
tale Tyrannis,  und  so  auch  mit  einer  Knechtung  der  Plebs;  allein 
andrerseits  hat  Tarquinius  den  Plebejern  ebenso  Heichthümer  ge- 
spendet, wie  geschmeichelt  als  einer  Stütze,  ihm  nöthig  zur  Nieder- 
haltung  der  Patricier, 


766  Moritz  Voigt,  [M! 

So  daher  fasst  sich  das  Gesammturtheil  über  die  Köoipp» 
schichte  in  VI,  74  dahin  zusammen:  von  den  Königen  ist  die  Up 
der  Plebs  im  grossen  Ganzen  nicht  verschlimmert  worden;  vietoek 
ward  solche  Verschlimmerung  erst  nach  Vertreibung  der  Könige  in 
den  Patriciern  verschuldet. 

Was   endlich  die  Figuren  der  Könige  im  Einzelnen  betrift,  a 
hat  zunächst  Romulus  in  klarer  Erkenntniss,  dass  die  Grundbedb- 
gungen    vom  Gedeihen   der  Staaten  ebenso  in  der  Gottesfurcht  mi 
der   davon  abhängigen  Gunst  der  Götter,   wie  in  den  Cardinattogoh 
den  gegeben  sind,  und  dass  solche  Guter  nicht  durch  blinde  Lhm 
des  Zufalls   den  Völkern   zu  Theil  werden ,   als  vielmehr  durch  grift 
Gesetze,    wie  durch   Ermunterung  des  Ringens    nach   jenen  Gtton 
denselben  zugeführt  werden  müssen,  in  weiser  Berechnung  die  Er- 
richtungen im  Staate  geordnet  (II,  18).     Namentlich  aber  begrtodd 
er  die  innere  Eintracht,  indem  er  der  besitzlosen  Masse  der  Plebejer 
Acker   verleiht  (11,  62),   wie  überhaupt  den  Erwerb  des  Krieges  m 
Grund  und  Boden,  an  Sclaven,  wie  sonstigen  Besitztümern  gleich- 
massig   an   die  Bürger   auftheilt  (II,  28),   während   er   wiederum  ■ 
der   äusseren  Politik   durch  Klugheit  und  Tapferkeit   die   bedeutend- 
sten Erfolge  erzielt.     So  daher  erwirbt  sich  dieser  Fürst  die  hervor- 
ragendsten Verdienste   um   den    Staat,   wie   um   die   Plebs  insbeson- 
dere,   der    er   auch   in  anderer   Weise  Gunstbezeugungen   zu  Thei 
werden  lässt :  an  den  Brumalien,  selbst  die  Senatoren,   Würdenträger 
und  Leibwache   bewirthend,    werden  auf  seinen  Befehl  die  Plebejer 
wiederum   von   den   Senatoren   bewirthet.     Allein    andrerseits  haflet 
ihm  nicht  bloss  der  Makel  an,  durch  fremde  Unterstützung  und  Mit- 
tel grossgezogen  zu  sein,44s  sondern  es  treten  auch  tyrannische  Maass- 
regeln während  seiner  Regierung  zu  Tage:  zunächst  umgiebt  er  sich 
mit   einer  Leibwache  (A.   478) ;    dann   behält  er  ebensowohl  den  » 
seinen  letzten  Kriegen  eroberten  Acker  als  königliches  Gut  für  sich, 
wie  er  auch  den  zuletzt  in  den  Staat  aufgenommenen  Burgern  kene 
Ackerauftheilung   gewährt;   und    indem   er   so  den   Staat   in   innerer 
Zwietracht   hinterlässt:   in  Feindschaft  der  Besitzlosen  wider  die  Be- 
sitzenden und  angefüllt  mit  solcher  neuerungssüchtigen  Menge  (II,  62), 
so   stirbt  er   nun   auch    behaftet  mit  dem  Verdachte,    an  dem  Ende 


448)   Lic.  bei  Ioaun.  Mal.  chron.   VII  p.  179. 


A3]  Leges  hegiae.  767 

einer  Regierung   einem    tyrannischen    Regimen te   sich   zugeneigt  zu 
oben  (A.  478). 

Im  Einzelnen  aber  beginnt  die  Geschichte  des  Romulus  mit  den 
forgängen  seiner  Thronbesteigung  (II,  3.  4),  wie  mit  einem  Gesammt- 
urtbeile  über  diesen  Fürsten  (II,  18),  im  Anschluss  woran  dann  des- 
sen Leistungen  unter  einem  dreifachen  Gesichtspunkte  zur  Darstel- 
lung gebracht  werden:  zuerst  seine  Institutionen  nach  ihrer  drei- 
bchen  Beziehung  des  Sacralen  (II,  18.  19),  des  Privatrechtlichen 
(Dt  24 — 27  vgl.  IV,  10),  wie  des  Socialen:  der  Regelung  des  Er- 
PfHBrbsbetriebes  und  der  Ordnung  der  Rechtspflege  (II,  28.  29) ;  so- 
dann seine  innere  Politik,  wo  er  durch  Auftheilung  des  Kriegsge- 
jpjnnes  an  die  Armen  planmässig  die  moderatio  und  iustitia  fördert, 
$ßB  Bürgerschaft  selbst  aber  ausschliesslich  auf  Landwirtschaft  und 
Kriegsdienst  anweist  (II,  28  vgl.  62);  endlich  seine  äussere  Politik, 
Wpvon  jedoch  Dion.  Nichts  entlehnte.  Immerhin  aber  lässt  sich  er- 
kennen, dass  dieselbe  ebenso  kriegerisch,  wie  erfolgreich  war:  wäh- 
paad  einerseits  Sabiner,  wie  Etrusker  in  Rom  sich  ansiedeln  (III,  9. 
4.0),  überwältigt  er  andrerseits  Veii  und  Fidenae,  wie  Crustuinerium 
(Dl,  6.  49). 

Sodann  Numa  erscheint  als  ein  Fürst  von  höchstem  Verdienste 
pxn  den  Staat.  Und  zwar  fällt  der  Schwerpunkt  seines  Wirkens  in 
die  Sphäre  der  inneren  Politik:  indem  er  den  von  Romulus  erober- 
ten, von  diesem  als  königliches  Gut  zurückbehaltenen  Grund  und 
Boden  sammt  einem  Theile  des  ager  publicus  an  bedürftige  Plebejer 
tuftheilt  und  damit  dem  letzten  Reste  besitzloser  Leute  Acker  ge- 
währt; indem  er  so  allseitig  und  durchgreifend  die  übele  wirth- 
schaftliche  Lage  der  Plebs  beseitigt,  ohne  gleichwohl  den  Patriciern 
Ihre  hergebrachte  Stellung  zu  schmälern;  indem  er  damit  eine  völ- 
lige Aussöhnung  aller  widerstrebenden  Elemente  in  der  Bürgerschaft 
herbeiführt,  so  ist  er  es,  der  auf  solchem  Wege  zuerst  einen  wahr- 
haft einheitlichen  Organismus  des  Staates  schafft.449  Und  indem  Numa 
sogleich  durch  seine  Institutionen  ebenso  Gottesfurcht,  wie  iustitia 
t»nd  moderatio  befestigt  (II,  62  vgl.  Piut.  Rom.  6)  und  solches  see- 
gensreiche  Regiment   durch    keinen  Krieg    gestört  wird,    indem   er 


449)  II,  62 :  apfjwaafievo;  ro  TtMjdo«;  arcav  uicnrep  opfavov  irpo?  Iva  xov  xou 


768  Mohiti  Voigt,  (Ml 

überdem   die   königliche  Leibwache  auflöst  (Plnt.  Rom.  7),  so  ttä 
nun  dieser  Fürst,  von   der  Bürgerschaft  geliebt,    von  denNaelte»|* 
Völkern   geschätzt,  von   der  Nachwelt  gefeiert,   in  Wahrheit  afa 
ersten  Grössen  der  Geschichte  (II,  76).     Was  dagegen  die  vobRoi 
eingeführten  Institutionen  betrifft,   so  steht   er  hierin    zurück  feto 
Romulus,   da  er  dessen  Werk  doch  nur  vervollständigt  und  tritt 
(H,  23). 

Im  Einzelnen  aber  wird  die  Geschichte  des  Nnma  etngdeikt 
durch  die  seiner  Thronbesteigung  vorausgehenden  Vorgange  (H,  41), 
wobei  indess  Dion.  ebenso  die  Details  bezüglich  der  Berufung  tm 
Thron,  welche  Plut.  Num.  5.  6  bietet  (s.  A.  425),  wie  aocfcA 
Thronbesteigung  selbst  auslässt.  Die  Institutionen  aber  des  Mm 
werden  l>ehandelt  nach  dem  doppellen  Gesichtspunkte  des  Sacnta, 
wie  des  Weltlichen.  Dort  bestrebt,  die  Gottesfurcht  zu  fördert, 
Ittsst  Numa  das  von  Romulus  Ueberlieferte  an  Cultus  und  Ritual  » 
verändert,  wohl  aber  solches  ergänzend:  es  werden  neue  Be*Kg- 
thümer,  Altare  und  Tempel  errichtet,  neue  Feste  und  PriegterthlMr 
eingesetzt  und  neue  Cultus-  und  CHremonial-Vorschriften  erlasm; 
dem  Romulus  aber  werden  als  Quirinus  Tempel,  wie  Opfer  gestakt 
(II,  63.  Plut.  Rom.  7).  Hier  dagegen  stehen  die  Institutionen  m 
Dienste  der  moderatio  und  iustitia :  das  Gesetz  über  Versteinmg  der 
Aecker  und  des  Staatsgebietes,  wie  über  die  termini  motio,  üt 
Weiliung  der  terminj  an  den  Iuppiter  Terminus  und  die  Einsetzüg 
der  Terminalia;  dann  die  Errichtung  des  Tempels  der  Fides  Puhfea 
und  die  Hochstellung  des  Eides;  endlich  die  Flureiniheilung  in  ptgi 
(II,  74—76  vgl.  IV,  10). 

Wiederum  Tullus  Hostilius  verfolgt  in  seiner  inneren  Poli- 
tik getreulich  die  von  Numa  eingeschlagenen  Bahnen:  gleich  diesen 
vervollständigt  er  ebenso  die  sacralen  Institutionen,450  wie  die  Acker- 
vertheilitng  an  die  Plebs.  Allein  die  letztere  Maassregel  übertritt 
an  Adel  der  Gesinnung  alles  Frühere:  es  wird  nicht  allein  der  ge- 
sanunte  königliche  Grundbesitz  und  zwar  ebenso  das  für  den  Haus- 
halt, wie  das  für  die  Opfer  des  Königs  Dienende  als  Acker,  sondert 


450)  ff,  23.  Somit  ist  es  wohl  die  Ansicht  des  Lic. ,  welche  Cic.  de  Rep. 
II,  47,  34  vorträgt,  dass  auf  Tulkis  die  Einführung  des  ins  fetiale  über  die  beS 
indictio  zurückgehe;  denn  die  Fetialen  fungiren  bereits  unter  Tullus:  III,  3. 


4M]  Lsg  es  ikgiae.  769 


der  Caeiios  zu  Wohnsitzen  an  die  bedürftigen  Plebejer  aufge- 
ia  deren  Mitte  dann  Tullus  seine  Residenz  aufschlägt  (HI,  1). 
jftfc  erscheint  Tultas,  zugleich  gross  in  den  Erfolgen  seiner  Kriegs- 
flttrang,  ah  achter  Plebejer-Freund  und  als  der  Edelste  und  Preis- 
4Mr£gste  aller  römischen  Könige,  eine  Stellung,  die  zugleich  einen 
Anbaus  significanten,  wie  causalen  Reflex  in  seiner  staatsrechtlichen 
OllMun^  findet:  denn  er  allein  von  allen  Königen  ist  Plebejer.451 
m  Im  Einzelnen  ist  die  Geschichte  des  Tullus  fast  reine  Kriegsge- 
äBhkAte:  nach  Darstellung  seiner  Landassignationen  (111,  1)  beginnt 
0m  Erzählung  seiner  Kriege:  zuerst  mit  Alba  sammt  dem  Zwei- 
Ütepfe  der  Horatier  (III,  2 — 22),  dann  mit  Fidenae  und  Veii  sammt 
Zerstörung  von  Alba  (HI,  23 — 31.  37),  daneben  endlich  auch  mit 
Sabinern  (III,  38).  An  den  Process  des  Horatius  aber  knüpft 
Hieb  eine  wichtige  Thatsache:  das  Volk  erlangt  damit  zuerst  den 
Vorsprach  m  Criminalsachcn  (HI,  22). 

«i:  -  Fttr  eine  Reconstruction  der  licinischen  Characteristik  des  An- 
und  Tarquinius  sind  bei  Dion.  die  Unterlagen  zwar  dürftig, 
derselbe* die  characteristischen  Parthieen  der  Darstellung  des  Lic. 
Immerhin  aber  ist  zu  erkennen,  wie  eine  wesentliche  Ver- 
limmeruog  in  der  Lage  der  Plebs  unter  beiden  Fürsten  eintritt; 
in  unter  Servius  erscheinen  die  Plebejer  ebenso  wirtschaftlich, 
bezüglich  der  Rechtspflege  in  der  ungünstigsten  Lage:  mit  einer 
-«■gerechten  Kopfsteuer  belastet,  durch  keine  neuen  Ackerverthei- 
financiell  unterstützt,  ist  ein  Theil  derselben  von  Schulden* 
gedrückt,  ja  in  Schuldknechtschaft  gerathen,  während  zugleich 
Mangel  der  geeigneten  Gesetze  die  Vornehmen  deu  Niederen 
Rechtsgleichheit  verkümmern  und  die  Gerechtigkeit  unterdrücken 

(IV,  •)• 

Der  Urheber  und  Verschulder  aber  solchen   argen   Rückganges 

igt  Ancus  Marcius:  selbst  der  böse  König,  wie  der  Ahnherr  eines 
ruchlosen  Geschlechtes;  denn  als  Enkel  Numa's  den  Thron  gleich  als 
Erbe   betrachtend,   ermordet  er  den  plebejerfreundlichen  Tullus 


454)    Drei  Könige   sind    in    das  Patriciat  cooptirt:   Numa :  IV,   3.    Tarquinius 
III,  44.    IV,  3  und  Servius  Tullius :   IV,  3;  zwei  sind  geborene  Patrizier : 
üncus   Marcius ,    als  Glied   der  gens  Marcia ,    und  Tarquinius  Superbus ;    Romulus 
ist  Patrizier   als  Schöpfer  des  Patriciates  überhaupt.     Nur  Tullus  Hostilius 
Plebejer,  abstammend  aus  der  albanischen  Colonie  Medullia :  III,   4 . 


770  Mobitz  Voigt,  pH J* 

(s.  bei  A.  367) ;  seine  Söhne  aber  ermorden  wieder  den  Tanpnn 
Priscus ,   dem   sie  schon   vorher  durch  Hinterlist   nach  dem  Tkue 
getrachtet  (III,  72.  73.    IV,  4.  33),  und  stellen  auch  dessen  vntft 
digen  Söhnen  nach  (IV,  4.  33),  zugleich  als  Thron prätendentea  «1 
von  den  Patriciern  unterstützt  dem  plebejerfreundlichen  Servil«  ert» 
gegen  tretend  (IV,  11).     Im  Besonderen  aber   ward   die  Verschlech- 
terung der  wirtschaftlichen  Lage  der  Plebejer  zweifelsohne  zuriet 
geführt  darauf,  dass  Ancus  zunächst  eine  besitzlose  Plebs  von  Nem 
schuf:    in   Folge   mannichfacher  Eroberungen   eine .  zahlreiche  Bert- 
kerung  nach  Rom  versetzend,  der  er  zwar  Wohnsitze  auf  dem  Aw- 
tin  (A.  456),  aber  keine  Aecker  anweist;452  dass  sodann  derselbe  in 
Wohlstand  der  Plebs   untergrub  ebenso   durch  ungerechte  Steuere* 
und   durch   Frohnden,   die   er  den  Plebejern   auferlegt,454  als  acl 
durch   die    unaufhörlichen   verwüstenden   Plünderzüge,   die  w*hmi 
seiner  Regierung   von   den  Nachbarvölkern   in   das    römische  Gebiet 
unternommen  werden  (III,  37.  39 — 42);   und  dass  endlich  derselbe 
auch    der   Uebervortheilung   der  Plebejer    durch   die    Patricier  nkh 
steuerte    (IV,   43).     Dagegen   die  Verschlimmerung    der    rechtlich» 
Lage  der   Plebs  ward    herbeigeführt  dadurch,   dass   in  Folge  jeaer 
Uebersiedelung  zahlreicher  Massen   nach   Rom  eine    Verwirrung  der 
Rechtsbegriffe  eintrat    (A.  455)    und   die   Gesetze  des  Romulos  mi 
Numa  in  Vergessenheit  geriethen  (IV,  10),  als  auch  in  Folge  des« 
die   clandestinen   Verbrechen    sich   häuften,455    im   Allgemeinen  aber 
den    Niederen    von    den   Höheren    die  Rechtsgleichheit    verkümmert 
und  die  Gerechtigkeit  untergraben  ward,   ohne  dass  der  König  des 
steuerte.     Dagegen  ist  an  verdienstlichen  Thaten  im  Inneren  nur  eine 
einzige   zu   verzeichnen :    Ancus   füllte   das  Thal  der  Murcia  auf  ind 
zog   den  Aventin   zur  Stadt,   denselben   mit  den  nach  Rom  übersie- 
delten  Einwohnern  von   Politorium,    Tellenae   und   anderen  Slädfa 
bevölkernd.456 


452)  IV,   9.     Nur  Cic.  de  Rep.  II,  18,  33  weiss  von  einer  Ackerauflbeiling- - 

453)  So  die  ungerechte  Kopfsteuer  im  Gegensalze  zum  Census:  IV,  9  «dfc 
etwa  die  verhasste  Salzsteuer:  vgl.  Aur.  Viel.  vir.  ill.  5,  t.  Marquardl,  rifr-  j 
Staatsverwaltung  II,    4  55. 

454)  Nach  Liv.  I,  33,  7.  Fest.  254b,  4  6  zum  Bau  der  fossa  Qoirifo»-»- 
dann  etwa  auch  des  carcer:   vgl.  Aur.  Vict.  cit.,   Liv.   eil.    8. 

455)  Vgl.   Liv.   I,   33,    8. 

456)  III,   43.     So   erscheint   der  Aventin   als  Bestandteil   der  Stadt  am*  i» 


*TJ  Leges  regiae.  771 

**•  Andrerseits  ist  Ancus  der  Kriegerischeste  aller  römischen  Kö- 
Mge:  fast  seine  ganze  Regierungszeit  wird  ausgefüllt  mit  zahlreichen, 
•keilweis  langwierigen  und  zugleich  ohne  durchschlagenden  Erfolg 
(pßihrten  Kriegen:  bereits  im  zweiten  Regierungsjahre  beginnt  der 
achtjährige  Krieg  mit  den  Latinern  und  Fidenaten;  daran  schliesst 
flieh  unmittelbar  an  der  Krieg  wider  die  Sabinen  nach  noch  nicht 
dreijähriger  Pause  folgt  der  zweijährige  Krieg  wider  Veii,  und  dann 
Wiederum  die  beiden  Kriege  gegen  die  Volsker  und  gegen  andere 
satanische  Völkerscharten  (III,  37—42). 

Hinwiederum  Tarquinius  Priscus  ist  ein  Fürst,  der  zahlreiche 
umd  grosse  Verdienste  um  den  Staat  sich  erwirbt  (III,  73).  Allein 
ebensowenig  wie  Ancus  ist  er  ein  plebejerfreundlicher  Fürst.  Daher 
vermag  Servius,  in  IV,  9  auf  die  Verdienste  des  Tarquin  um  den 
fitaal  der  Plebs  gegenüber  sich  berufend,  zwar  dessen  Siege  über 
die  Latiner,  Etrusker  und  Sabiner,  nicht  aber  dessen  Förderung  der 
plebeischen  Standesinteressen  zu  rühmen.  Vielmehr  hat  in  letzterer 
Beziehung  Tarquin  nicht  allein  gegenüber  den  von  Ancus  geschafle- 
&qh  Ausständen  passiv  sich  verhalten  und  namentlich  auch  keine 
Aekerauftheilung  vorgenommen,  sondern  auch  in  Folge  seiner  gross- 
artigen Bauten  die  Steuer-  und  Froh n den- Last  der  Plebs  nicht  ver- 
längert. Denn  von  Tarquin  ward  das  Forum  mit  Tabernen  und  an- 
deren zierenden  Bauten  geschmückt,  ferner  der  Bau  der  cloaca  ma- 
fcima  begonnen,457  nicht  minder  die  Anlage  des  circus  maximus  mit 
^özreihen  hergestellt  (III,  68),  wie  endlich  der  Bau  des  capitolini- 
•©ten  Tempels  in  Angriff  genommen  (III,  69.    IV,  59). 


&n»  ans  Lic.  entlehnten  (vgl.  Nilzsch ,  a.  0.  1 30  ff.)  X,  31  (Ju.7repisy6u£VO$  t^ 
*Äet)  ,  3£,  demgemäss  der  von  Schwegler,  a.  0.  I,  605  A.  3  vorausgesetzte  Wi- 
^■■spmch  nicht  obwaltet. 

457)  III,  67.  Für  licinisch  halte  ich  die  an  den  Cloakenbau  geknüpfte  Er- 
'blung  bei  Plin.  H.  N.  XXXVI,  15,  107:  cum  id  opus  Tarquinius  Priscus  ple- 
LS  naanibus  facerel  essetque  labor  incertum  maior  an  longior,  passim  conscila 
ece  Qairitibus  laedium  fugienlibus  novom  et  inexeogitatum  ante  posteaque  reme- 
toiii  iQVenjt  i||e  rex  f  X}\  omnium  ita  defunetorum  corpora  tigeret  cruci  speetanda 
inml  civibus  et  feris  volucrisque  laceranda.  Quamobrein  pudor  Romani  nomin is 
S^Mus,  qui  saepe  res  perditas  servavit  in  proeliis,  tunc  quoque  subvenit,  sed 
wo  tempore  in  post  vitam  erubescens,  cum  puderet  vivos  tamquam  puditurum 
08861  exstinetos.  Allein  da  Plin.  den  Lic.  unter  den  Quellen  nicht  nenn! .  kann 
<»e  Entlehnung  nur  aus  zweiter  Hand  sein. 

Attiftdl.  d.  K.  S.  Gasellecfc.  d.  Wiasensih.  XVII.  52 


772  Moritz  Voigt,  p  V 

Dagegen  die  äussere  Politik  des  Tarquinias  zeichnet  sich  dank  ■' 
die  glänzendsten  Erfolge  aus:   in   fünf  entscheidenden  Kriegen»^ 
stört   er  zuerst  Apiolae,   erobert  darauf  die  latinischen  Stldte  m 
Anio,  kämpft  dann  erfolgreich  mit  den  übrigen  Latinern  «nd  bm$ 
endlich  zuerst  die  Etrusker  und  sodann  die  Sabiner,   beide  Vdfar 
zur  Unterwerfung  unter  seine  Hegemonie  nöthigend  (bei  A.  383).  k 
die  Etrusker  überbringen  ihm   die  Insignien  ihrer  Könige:  goUa 
Krone,    sella   curulis,   Scepter   und  Purpur-Toga    mit   Purpunuaftri, 
deren  jedoch  Tarquin  erst  nach  eingeholter  Genehmigung  m  Sott 
und  Comitien  sich  bedient  (III,  61.  62). 

Die  Heilung  jener  vorgefundenen  Schaden  und  Misstlade  Ar 
Plebs  fUllt  dem  Servius  Tullius  als  Aufgabe  zu,  der,  angefeindet, 
wie  bedroht  von  den  den  Mardern  zuneigenden  Patriciern,458  ia  4k 
Rolle  eines  Schirm herrn  der  Plebs  fast  gedrängt  wird  und  so  M 
als  popularis  (A.  447)  ebenso  die  Macht  des  Senates  und  die  Ge- 
walt der  Patricier  mindert  (IV,  24) ,  wie  das  Wohl  der  Plebs  fe- 
dert (IV,  79),  ja  seine  eigene  Machtstellung  beschränkt,  indes  • 
nicht  allein  sich  selbst  den  Gesetzen  unterstellt,458*  sondere  sack 
einen  Theil  der  königlichen  Prärogative:  die  iudicatio  in  Civiteacke 
auf  die  von  ihm  eingesetzten  Centumvirn  Überträgt  (IV,  25.  36). 

Insbesondere  der  politische  Binfluss  des  Senates,  wie  der  fr- 
tricier  wird  geschmälert  durch  die  Neuerung,  welche  von  Serm 
bei  seiner  Wahl  zum  Könige  eingeschlagen  wird:  denn  wahret 
bisher  zur  Legalität  solcher  Wahl  erfordert  wurde,  dass  der  Sem 
vor  Allem  interreges  bestellte,  welche  den  (Kandidaten  vorschlage* 
und  dann  ein  7rpoßo6Xeu|xa  abgab,  worauf  die  Wahl  Seitens  der  Co- 
mitien und  die  Inauguration  des  Gewählten  erfolgte  und  endlich  daao 
der  König  das  imperium  übernahm,  so  ist  Servius  unter  Mitwirkung 
allein  der  Comitien  zum  Könige  bestellt  worden  (IV,  40  vgl.  c  1 
10.  12.  31.  34.    III,  46,  sowie  S.  185  unter  a). 

Dagegen  wiederum  zur  Beseitigung  der  Misstände  und  der 
Ubelen   Lage    der   Plebs    dienen   sieben   verschiedene   Maassnahmet: 


458)  Für  licinisch  halte  ich  die  Relation  bei  Paul.  Dinc.  tll,  4:  patriae 
vicus  Romae  dictus  eo,  quod  ibi  patricü  babHavercmt  tubente  Servio  Tolfio.  * 
si  quid  motirenlur  ad  versus  ipsum,  ex  locis  superioribns  opprimerentur. 

458»)    IV,    36;   vgl.   Tac.   Ann.   III,    S«. 


*]  Lkgks  regue.  773 

srst  in  wirtschaftlicher  Beziehung  theils  die  Auflheilung  von  ager 
Uicus  an  die  Besitzlosen  (IV,  9 — 11),  die  auch  später  nach  Be- 
ugung des  etruskischen  Krieges  wiederholt  wird  (IV,  27),  theils 
Bezahlung  der  Schulden  für  die  Bedürftigen  (IV,  9—11),  theils 
gesetzliche  Abschaffung  der  grausamen  Schuldhaft  (IV,  9.  11), 
ik  endlich  die  Aufhebung  der  Kopfsteuer,  wie  Frohnden,  und  die 
rabminderung   der  Steuerlast   durch   die   Einführung   des  Census: 

•  Vermögenssteuer  (IV,  9.   11.  43),   wie   resp.   durch   Einstellung 

*  tarquinischen  Bauten;  'und  dann  wiederum  in  rechtlicher  Be- 
bung  ebenso  die  Codificirung  des  Rechtes  und  die  dadurch  be- 
riete Gleichstellung   aller  Bürger  vor  dem  Gesetze  (IV,  9.  11.  25. 

43),  wie  auch  die  lieber I ragung  des  Verspruches  in  Zivilsachen 
die  Centtimvirn  (IV,  25.  36),   endlich  aber   auch   die  Aufnahme 
-  manumissi  in  die  Civität  (IV,  23). 

Zu  diesen  Grossthaten  der  inneren  Politik  gesellt  sich  sodann 
»sowohl  die  Stiftung  des  latinischen  Bundes  unter  der  Hegemo- 
Rom's  und  um  den  Mittelpunkt  des  Tempels  der  Diana  in  Aven- 
>  mit  gemeinsamer  Bundesversammlung  und  Austrägalinstanz,  wie 
.  gemeinsamen  Opfern  und  Jahrmarkten  (IV,  26),  als  auch  der 
^reiche  zwanzigjährige  Krieg  mit  den  Etruskern,  welcher  drei 
umphe,  wie  die  Wiederherstellung  der  Hegemonie  über  dieselben 
Folge  hat  (IV,  12.  27). 

Und  endlich  übernimmt  Servius  auch  den  Schutz  und  die  Sorge 
das  tarquinische  Haus  gegenüber  den  von  den  Marc i er n  geplan- 
Nachstellungen,  wie  die  Vormundschaft  über  die  Söhne  des  Tar- 
nius   (IV,  5.  8). 

Allein  andrerseits  geschieht  es  nur  unter  dem  Drucke  der  histo- 
;hen  Verhältnisse,  dass  Servius  die  Vertretung  der  Interessen  des 
quinischen  Hauses,  wie  der  Plebs  übernimmt;  denn  an  sich  ist 
-selbe  keineswegs  der  grossherzige  Fürst,  der  in  selbstloser  Vor- 
>e  für  das  Edle  und  Gute  der  Unterdrückten  und  Hülfsbedürfti- 
i  sich  annimmt,  vielmehr  ist  er  ein  schlau  berechnender,  selbst- 
htiger  Character,  der  aus  Eigennutz  den  Schutz  des  tarquinischen 
ases,  wie  der  Plebs  übernimmt.  Denn  die  Gewinnung  des  Thro- 
;  ist  sein  Herzenswunsch,  in  kluger  Berechnung  aber  sorglich  von 
l  verborgen,  und  schliesslich  verwirklicht  in  jener  doppelten  Rolle, 
ler  wird  seine  Fürsorge  für  die  Plebs  zu  einem  Buhlen  um  deren 


eigenen  Hause  hervor  und  fuhren  jenes  erschütternde  Familie 
herbei,  in  welchem  Servius  durch  eigene'Schuld,  zugleich  ab 
als  Opfer  einer  patricischen  Reaction,  wie  tarquinischer  I 
sucht  durch  die  ruchlose  Hand  seiner  Kinder  untergeht. 

Endlich  Tarquinius  Superbus,  gleich  dem  Ancus  seil 
bejerfreunillichen  Vorgänger  ermordend,  und  ebenso  ein  vi 
Verwandtenmörder  (IV,  79),  wie  voller  Hinterlist  und  Tücke  ( 
gelangt  durch  offene  Gewalt,  nicht  auf  gesetzlichem  Wege  zi 
schaft  (IV,  41.  45.  46.  78.  80).  Immerhin  aber  ist  seine 
rung  nicht  ohne  Glanz,  wie  Verdienst.  Einerseits  unternii 
ebenso  nützliche,  wie  zierende  Rauten:  dort  durch  Errichti 
fesligter  Zufluchtsorte!-  für  die  Landbevölkerung,  durch  Vers 
der  Stadtmauer  (IV,  54),  wie  durch  Vollendung  der  Cloake* 
durch  Verschönerung  des  circus  maximus  (IV,  44),  wie  der 
bauung  des  capitolinischen  Tempels  (IV,  59).  Und  andrerse 
zielt  er  bedeutende  Erfolge  auf  dem  Gebiete  der  äusseren  I 
er  erneuert  unter  der  Hegemonie  Rom's  den  röraisch-latmisc 
nikischen  Bund  mit  Hinzuziehung  des  volskischen  Ecetra  un 
tium,  als  dessen  localen  Mittelpunkt  den  Tempel  des  Iuppiter 
lis  auf  dem  mons  Albanus  mit  gemeinsamen  Bundesopfern  oi 
feriae   latinae  stiftend  (IV,  45 — 49);    und  nicht  minder  führt 

4  59)    IV,   34.   40.     Indem  die  Curiatcomitien ,   wie  die  Tributoomitiei 
cratisch   (s.  bei  A.   4ü),  die  Centuriatcomitien  dagegen  plutoeratisch  si 


*M]  Leg  es  regiar.  775 

• 

folgreiche  Kriege  wider  Suessa  Pometia,  wider  die  Sabini  und  wider 
Äbii  (IV,  50  —  58),  während  seine  späteren  Feldzüge  wider  die 
Vo&ker  allerdings  entscheidungslos  bleiben   (IV,  52). 

Allein  das  Verdienst  solcher  Leistungen  wird  verdunkelt  da- 
'öflcli-,  dass  er  das  Königthum  in  eine  Tyrannis  verkehrt  und  so  nun 
tich  zu  deren  Schutze  die  von  Numa  aufgehobene  Leibwache  w  fe- 
ar herstellt  (IV,  41.  46.  VI,  74).  Zuerst  wüthet  er  gegen  die  Pa- 
ici^w,  dieselben  in  Criminaluntersuchungen  verwickelnd  oder  heim- 
h  bei  Seite  schaffend,  und  zugleich  jede  freie  Meinungsäusserung 
Senate    unterdrückend  (IVy  42.  81);    und   sodann   misshandelt  er 

*  Plebejer:  durch  Abschaffung  der  Gesetze  des  Servius,  wie  des 
osus,  dafür  die  Kopfsteuer,  wie  harte  Frohnden  wieder  einfüh- 
id  ;  ingleichen  durch  das  Verbot  aller  Zusammenkünfte  der  Curien, 
ji  und  vici;  und  endlich  indem  er  auch  die  Plebs  durch  Delato- 
t  überwacht  und  die  Missvergnügten  streng  bestraft  (IV,  43.  44. 
.  V,  2  vgl.  A.  447).  Und  so  nun  schürt  er  zugleich  die  innere 
netracht:    wie  die  Plebejer  den  Patriciern,   so   gönnen    wiederum 

*  Letzteren  den  Ersteren  voll  Schadenfreude  den  Druck,  den  sie 
leiden  (IV,  43.  44). 

Gleichwohl  hat  die  Herrschaft  des  Tarquin  materiell  die  Lage 
*r  Plebs  nicht  verschlechtert,  vielmehr  derselben  mannichfache  und 
"übliche  Vorlheile  gebracht:  denn  durch  Fürsorge  für  dieselbe  hat 
dieser  geschmeichelt  und  solche  sich  zu  verbinden,  wie  gegen 
5  ^Mricier  einzunehmen  gesucht;  und  nicht  minder  hat  er  in  frei- 
%^ler  Weise  die  suessanische  Beute  den  Plebejern  überlassen 
^).  VI,  74);  ja  selbst  seine  Tyrannis  kehrte  sich  weniger  gegen 
ebejer,  als  vornämlich  gegen  die  Patricier  (VI,  74).  Dennoch 
Änat  auch  die  Plebs  nicht  nur  mit  Unwillen  jenes  Regiment  er- 
und  so  den  Tarquinius  sich  entfremdet,  sondern  auch  mit 
atriciern,  als  diese  zur  Vertreibung  des  Königs  sich  verschwö- 
'  bereitwillig  sich  verbunden  und  so  nicht  allein  den  Tyrannen 
s**rzl  (IV,  70—76.  78.  84.  VI,  74),  sondern  zugleich  auch  eine 
^  staatsrechtliche  Ordnung  begründet:  nicht  im  Wege  einer  Be- 
s^SSung  der  altbewährten  Staatsform,  als  vielmehr  einer  Modification 
ters^lben:  die  königliche  Gewalt  ward  beibehalten,  jedoch  zweien, 
anders  titulirten,  erwählten,  jährlich  wechselnden  Magistraten  über- 
tragen (IV,  73.  74). 


776  Mobitz  Voigt,  P  w 

§  24.  ■$■ 

•ie  Anale*  im  Valeriw  Aiüm. 

lieber  die  Lebensverhältnisse  des  Valerius  Antias  mangeln  uns  de 
Nachrichten.460  Wohl  aber  ergeben  die  S.  1 52  ff.  zusammengesteckt 
Quellenbelege ,  dass  derselbe  an  seinen  Annaleo  zwischen  706  ad 
709  schrieb,  somit  also  nach  dem  Tode  des  Sulla,  wie  des  Licuai 
sein  Werk  verfasste,461  demnach  aber  solches  von  Lic.  weder  ge- 
kannt, noch  benutzt,  noch  verarbeitet  werden  konnte,  wie  z.B. 
Nitzsch,  a.  0.  voraussetzt.  Diese  Annalen  selbst  nun  waren  be- 
stimmt, den  a  ris to er a tischen  Kreisen  Rom's  eine  ansprechende  mi 
gefällige  Lecture  zu  bieten,  jener  Sphäre  somit,  zu  welcher  der  Ver- 
fasser selbst  durch  seine  Geburt  und  Familienstellung  gehörte.  IM 
so  nun  aecomodirte  sich  nicht  nur  jenes  Werk,  sondern  entsprach 
in  der  That  auch  dem  Geschmacke  und  Anschauungen;  den  polni- 
schen Tendenzen  und  Sympathieeu  jener  Kreise:  es  schloss  ebenso- 
wohl in  demselben,  wie  Nitzsch,  a.  0.  346  bemerkt,  »zu  einer  leb- 
ten festverwachsnen  Masse  zusammen,  was  sich  bisher  neben  ad 
aufeinander  entwickelt  und  geschoben  hatte:  Parteidoctrin,  Famifiet- 
stolz,  Lust  und  Unbefangenheit  der  Erzählung  und  der  Eifer,  dnrck 
seine  Arbeit  eine  politische  Richtung  soweit  möglich  zu  förder», 
wie  andrerseits  dasselbe  »in  den  Kreisen,  in  denen  eine  solche  Ge 


460)  Vgl.  Schwerer,  röm.  Gesch.  I,  90  (f.  Nissen,  krit.  Untere.  431. 
Peter,  Inst.  rom.  I,  CCCV  f.  Nitzsch,  röm.  Annaüstik  47  4  ff.  184  ff.  346  ff.  Ie- 
serling,  de  rer.   Rom.  scriptor.,   quibus  Liv.   us.us  est  46  ff. 

464)   Nach  Peter,   I.  c.  CCCV  hat  Valer.   vor  Sisenna,  gest.    687  geschrieben 
dies  folgert  derselbe  aus  Vell.   II,   9,6:   aequalis  Sisennae    (sc.    fuit)    Rutilios  ßw- 
diusque   Quadriga rius   et  Valerius  Antias,    und  Front,  ad  Ver.    I,    4    p.   4  44  Kit.: 
hisloriam   quoque    scribsero  Sallustius   struete ,    Piclor   incondile ,    Claudius  kfkk, 
Antias    invenuste ,    Seisenna    longinque ,    verbis   Cato    muUiiugis ,    Coelius  sJogöfe; 
allein  beide  Stellen  ergeben  gar  keinen  Beweisgrund ,    denn  sonst  müsste  man  jt. 
was  Fronto  betrifft,  auch  annehmen,   dass  Sallust  vor  Pictor  und  Valerius  tot  Cato 
geschrieben  habe.     Nach  Nitzsch  a.  O.  4  79  schrieb  er  vor  oder  nicht  lange  meh 
Porapeius   erstem  Consulat  d.  i.   684  ;    allein   auch    hier   fehlt   der  Beweis.    Da» 
kommt,    dass  Valer.    nach  Gell.  VII,   9,   9    im  45.   Buche  das  J.  644  behandelte, 
seine  Annalen  aber  nach  dems.  §   4  7  mindestens  75  Bücher  umfassten;  hätten» 
Valer.   im  J.  684  seine  Annalen  vollendet,    so  hätte  die  Zeit  von  645 — 684  d.  i 
40  Jahre  das  46. — 75.,  somit  30   Bücher  gefüllt. 


l]  L.KGK8    RKGUE.  777 

lichtsschreibung  entstanden,  besonders  beachlet,  um  nicht  zu  sagen, 
schätzt«  war. 

Die  Erkennung  der  Zubehörigkeit  aber  der  einzelnen  Stücken 
i  der  Königsgeschichte  des  Dion.  zu  den  Annalen  des  Valerius 
nd  durch  folgende  Kriterien  vermittelt: 

I.  Die  Darstellung  der  römischen  Geschichte  im  Lichte  der  Ten- 
izen  der  Qptimaten-Pärthei  und  zwar  mit  der  ModiOcirung,  dass 
t  Patricier  mit  den  Optimalen,  die  Plebejer  mit  den  Populären 
ntificirt  werden.     Dies  aber  tritt  zu  Tage  in  folgenden  Momenten: 

A.  Val.  legt  dar,  wie  das  populäre  Partheiprogramm  in  der 
ionalen  Vergangenheit  eine  historische  Rechtfertigung  nicht  finde. 
i  zwar 

{.  bezüglich  des  wirtschaftlichen  Theiles  jenes  Programmen  ist 
Forderung  der  Assignationen  von  ager  publicus  unberechtigt;  denn 

a.  schon  mit  der  Gründung  des  Staates  haben  die  Plebejer 
m  gleichen  Antheil  an  Acker  empfangen  und  sind  somit  abgefun- 
i  worden:  denn  bereits  Romulus  hat,  nachdem  er  von  dem  ge- 
sotten Acker  einen  Theil  für  die  Erfordernisse  des  Cultus  und 
en  anderen  Theil  als  ager  publicus  (xoö  xoivoG  *pjc)  ausgeschie- 
i,463  alles  Uebrige  in  30  gleiche  Theile  zerlegt,  solche  unter  den 
;h  die  Plebejer  umfassenden  Curien  verloost  und  innerhalb  der- 
ben  an  deren  Mitglieder  aufgetheilt,  damit  aber  allen  ein  voll- 
nmenes  Gleichmaass  gewährt:  II,  7:  rapte^ouoa  -rtjv  xoiv^v  xat 
r(anjv  tooTTjxa' 

b.  ein  etwa  doch  obwaltendes  Bedürfniss  nach  Ackeraufthei- 
g  ist  allein  durch  Colonie-Deduction  zu  befriedigen;  denn  bereits 
tputus  hat  zum  grossen  Seegen  für  den  Staat  solches  System  aus- 
iliesslich  adoptirt:  er  entsendete  in  die  unterworfenen  Städte  Co~ 
en,  einigen  von  jenen  zugleich  das  Bürgerrecht  verleihend,  uud 
orderte  damit  das  Wachsthum  und  die  Erstarkung  des  Staates: 
1 6.  Und  in  der  Thal  hat  gerade  dieses  System  die  folgenreichste 
ieutung  für  die  dem  römischen  Volke  zufallende  Rolle  in  der  Welt- 
chichte    erlangt:    denn    während    Sparta,    Theben    und    Athen483 


461)  Dagegen  die  bei  Lic.  auftretende  Vorstellung  von  einem  königlichen  Ta- 
ute  (A.   44  0),   ist  dem  Val.   fremd. 

463)  Diese  nämlichen  Staaten  neben  Crela,  Mantinea  und  Carthago  benutzt 
eits  Pol.   VI,  43  zur  historischen  Parallele. 


778  Mobitz  Voigt,  {* 

durch  die  Abschliessung  ihres  Bürgerrechtes  gegenüber  Peregnm 
nicht  ohne  Gefahr  für  ihre  Existenz  grössere  Verluste  im  Krnp 
ertragen  konnten,  so  verdankt  Rom  seinem  Coloote-System  und  der 
entsprechenden  Verleihung  seiner  Civität  an  Communen ,  wie  a  b- 
dividuen  seine  Elasticität  und  Unverwttstlichkeit,  wie  die  Ausgiebig- 
keit seiner  Wehrkraft,  welche  ebenso  passiv,  wie  activ  in  zahlrei- 
chen, schweren  Kriegen  so  glänzend  sieb  bewahrt  hat:  U,  17  • 
Und  während  nun  dementsprechend  das  Coloniesystem  betont  wM 
in  II,  11.  35.  36,  so  kennt  dagegen  Val.  nicht  das  von  Lic.  in  im 
Vordergrund  gestellte  System  der  Transferirung  der  unterworfen 
Völkerschaften  nach  Rom  (S.  185  f.),  daher  nun  bei  ihm  in  Ge- 
gensatze zu  Lic.  (A.  405)  als  Coionieen  auftreten :  Crustumerin, 
Fidenae  und  Camerium,  als  Coionieen  des  Romullis:  II,  36.  53.  54, 
sowie  Camerium  als  Colonie  des  Romulus  und  Tatius:  11,  50,  das 
aber  auch  Caenina  und  Antemnae,  als  Coionieen  des  Romulus:  I, 
35,  sowie  Signia  und  Circeii,  als  Coionieen  des  Tarquinius  Super- 
bus: IV,  63;«* 

c.  bereits  Romulus,  indem  er  die  Plebejer  neben  den  Patricien 
in  den  Staatsorganismus  einfügte,  wies  die  ersteren  nicht  lediglki 
auf  Ackerbau  und  Viehzucht,  sondern  auch  auf  bürgerliches  Geweite 
an,  und  Gleiches  beschah  auch  von  den  späteren  guten  Königes: 
II,  9:  fetopfetv  xe  xat  xnfjvotpospetv  xai  xae  xp7]FLaT0TCOto^C  epydCiatai 
xs^va;'  III,  36:  dvavscooaaöat  fetopfCatc  t«  xal  xnqvoxpotpfatc  xal  tat; 
aXXat;  ep^aofat;.  Und  dann  geschah  es  auch  durch  Ancus,  diss 
durch  dessen  Schiff barmachung  des  Tiber,  wie  durch  die  Gründung 
von  Ostia  in  dem  Handel**  ein  ganz  neuer  Erwerbszweig  der  Pleb 
erschlossen  wurde:  III,  44:  xaxd  töv  ßt'ov  äicaaav  eoöatjiovcoTipai 
aurJjv   (sc.  jrijv  icoXiv)   sicotYjae  xal  iupaf(idTu)v  iic^pev  ä<j/aaftat  jtwHnt- 


464)  Gleichen  Gedanken   spricht  Pol.  VI,    18    bei  seiner  Betrachtung  der  rö- 
mischen Verfassung  aus. 

465)  Uebereinstimmend  mit  Lic.  auch  Medullia,  als  Colonie  des  Konnte: 
II,    36.    III,    1.   34. 

466)  Dass  in  den  Partheik'ainpfen  der  Optimalen  und  Populären  auch  dar  rö- 
mische Handel  einen  politischen  Gesichtspunkt  ergab :  als  nachtheilig  für  die  Baven- 
schaft  und  bevorzugt  von  der  Nobililät ,  dafür  giebt  bereits  einen  Fingerzeig  die 
schon  ältere  lex  Claudia  v.  530  bei  Liv.  XXI,  63,  3.  Im  Uebrigen  vgl.  Ntoch, 
Gracchen   133  f.    4  56  ff. 


]  Leges  regiae.  779 


>v,  und  zu  dessen  Schutze  nun  auch  der  laniculus  befestigt  ward : 

*U,  45. 

2.    Bezüglich  des  politischen  Theiles  des  populären  Programmes, 
und  so  zwar 

a.    bezuglich   der  Vertheilung  der   Staatsgewall   zwischen   Seual 

Und  Comitien :  es  liegt  von  allem  Anfange  an  die  Entscheidung  der 
Staatsform  in  der  Hand  des  Senates,  während  den  Comitien  ledig- 
Hell  eine  ratihabirende  Function  zukömmt.  Denn  so  wird  solche 
Hfti$cheidung  nach  dem  Tode  des  Romulus  von  dem  Senate  den 
Comitien  anheim-,  von  diesen  aber  dem  Senate  zurückgegeben:  II, 
57,    wahrend   wiederum    nach   dem    Tode    Numa's    der   Senat  unter 

~  Beitritt  der   Comitien    über   die   Beibehaltung   des  Königthumes   ent- 

~  scheidet     III    1  • 
V       b.    bezüglich   der  Aufnahme  der  ltaliker  in  die  Civitäl:467   denn 

-  die  italischen  Unterthanen  und  Bundesgenossen ,  indem  sie  dem  Pa- 
tron ate  je  einzelner  Patricier  als  ihrer  Vertreter  unterstellt  sind,  fin- 

.  den  in  dem  Senate  das  geeignetste  Organ  für  Austrag  ihrer  Be- 
sehwerden :  II,  1  1  ; 

c.  bezüglich  der  Einordnung  der  manumissi  in  die  Tribus,  wo 
Val.  in  IV,  22  auf  die  hierbei  sich  entgegentretenden  Partheibestre- 
bongen468  mit  der  Bemerkung  abzielt,  dass  zuerst  Servius  den  biber- 


467)  Es  ist  jedoch  zu  dein  Zeitpunkte,    wo  Val.   schrieb,    solche   Frage  be- 
reits gelöst  durch  die  leges  de  civitate  v.  664 — 667. 

468)  Seitdem   der  Censor  App.  Claudius  Caecus  im  J.  442  die  Libertinen  in 
die  tribus  rusticae  zugelassen  und  dann  der  Censor  Q.  Fabius  Maximus  im  J.  450 

;  dieselben  in  die  tribus  urbanae  zurückgewiesen  halte,  trat  in  Bezug  auf  deren  Ein- 
ordnung ein  Schwanken  zu  Tage  in  Folge  ebenso  des  Wechsels  der  von  den  Cen- 
soren  beobachteten  Praxis,  wie  des  Einschleichens  jener  selbst  in  die  tribus  rusti- 
cae. Zugleich  ward  aber  auch  von  der  Gracchen-Zeit  ab  solche  staatsrechtliche 
Frage  in  die  Partheiprogramme  der  Optimalen  und  Populären  mit  aufgenommen, 
bestimmt  durch  die  Tendenz  der  Letzteren,  mittelst  Einordnung  der  Libertinen  in 
die  tribus  rusticae  die  politische  Machtstellung  der  Bauernschaft  in  den  Comitien 
sco  brechen,  wie  andrerseits  durch  die  entgegengesetzte  Tendenz  der  Optimalen. 
Und  nachdem  nun  in  solchem  Kampfe  die  Letzteren  ihrem  Programme  gemäss 
die  gesetzliche  Regulirung  jener  Frage  durch  die  lex  Aemilia  v.  639  durchgesetzt 
hatten ,  so  machten  wiederum  die  Populären  zu  verschiedenen  Zeiten :  durch  die 
lex  Sulpicia  v.  666,  lex  Papiria  v-.  670  und  lex  Manilia  v.  687  den  Versuch,  den 
Libertinen  die  tribus  rusticae  wieder  zu  erschliessen.  Vgl.  Becker-Marquardt, 
a.  O.  II,   4,    493  ff.   3,   46  ff. 


780  Moritz  Voigt, 

tinen  die  Isopolilie  gewährt  und  zugleich  dieselben  in  die  vie 
urbanae  eingeordnet  habe,  in  welche  sie  nun  auch  bis  auf  i 
genwart  herab  eingetragen  würden. 

B.  Val.  liefert  durch  seine  Characteristik  der  ursprüi 
Stellung  und  Verschiedenheit  der  Patricier  und  Plebejer  dei 
weis,  dass  die  von  den  Optimalen  inne  gehabte,  in  socia 
politischer  Hinsicht  bevorzugte  Stellung  bereits  in  der  ältest 
nung  des  römischen  Staates  begründet  ist.  Denn  es  stützt  i 
letztere  schon  in  seinen  ersten  Anfängen  auf  eine  Bevölkert 
edlem  Stamme,  hervorragender  Tüchtigkeit,  wie  reichem 
aus  erlauchtem  Saamen  wächst  der  Staat  empor  und  im 
Nachkommen  den  Vätern  gleichen,  so  wird  er  durch  jene 
herrlichen  Ruhme,  seiner  hohen  Macht,  seinen  glanzvollen 
gen  entgegengefahrt.  Denn  auf  der  Schwelle  der  Geschieht* 
bereits  die  Patricier,  welche,  im  Sinne  der  spateren  Zeit,  v 
herein  zwei  Gruppen  umfassen: 

die  patres  d.  s.   die  patricischen  patresfamilias ,    so  ben 
es   nach  dem  höheren  Alter,   sei  es  nach  ihrer  Vaterschaft 
sei  es  auch  nach  dem  Adel  ihres  Geschlechtes:  II,   8;4**  um 

die  patricii  d.  s.  die  Nachkommen  jener  patres. 

Die  Patricier  sind  aber  die  Männer  von  erlauchtem  Ge$ 
hervorragender    Tüchtigkeit,    wie   reichem    Besitze,    welche 
ein  geschlossenes,   befestigtes  Hauswesen   haben   und  so  nun 
chem  ihre  Kinder  um  sich  herum  vereinigen:   11,  8:   oi  £iri<pa 
Tfevo<;  xat   8i    dpexTjv    e7caivo6|ievoi   xat   ^piqfAaaiv    e&Tropoi ,    ij8i 

ol;   Yjoav. ExdXei   (sc.  6  cP(o|jlüXo;)  —   xoi><;    8'  sv   ng 

^c<rc£pa<;,  II,  9:  oi  *pet'rcoo<;.  Und  ihnen  nun  wird  von  Rom 
Besorgung  der  sacra,  die  Führung  der  Magistratur,   wie  das 

469)   Site  5ii  to  irpssjkusiv  r^ixiqt  tcuv  ofMcov,  eit>*  ore  iralSet  «ui 
siT£  Sta  tt]v  emcpaveiav  tou  fevou;  *    und   die  letzte  Erklärung  nun  auch 

I,  8,   7:    patres  certe  ab  honore  patriciosque  pro^enies  eorura  appellati. 
die  Senatoren    hiessen  nicht  patres,    sondern  patres  conscripü   (ircztipet  t] 

II,  \t.  —  Neben  jene  Auffassungen  des  Val.,  wie  des  Lic.  (A.  4M)  ▼( 
als  patricische  patres  familias  tritt  deren  Auffassung  als  Senatoren  und  de 
als  deren  Descendenz:  Cic.  de  Rep.  11,  12,  %3.  Paul.  Diac.  7,  6,  wei 
solche  Benennung  erklärt  wird  entweder  aus  ihrem  höheren  Alter  oder 
ihnen  obliegenden  Pflicht,  wie  Väter  für  den  Staat  zu  sorgen :  Cic.  de  Rc 
14.    Sali.   Gat.    6.    Eulr.    I,    2.    Vell.    1,    8,    6. 


SM7]  Leges  bbgiae.  781 


,:  II,  9,  ingleichen  die  Mitgliedschaft  im  Senate:  11,  12.  58,  wie 
endlich  auch  das  Patronat  über  die  Plebejer,  als  die  Clienten  über- 
wiesen: 11,  9. 

Sodann  die  Plebejer  sind  die  Niedrigen  d.  h.  die  obscuren  Leute 
vom  gewöhnlichem  Schlage  und  bedrängter  Vermögenslage :  II,  8 :  ot 
ÄOTjfioi  xal  Tcaiceivol  xal  airopot '  o{  fcv  ttq  xataSicatepa  xu/ig  *  9 :  oi 
-jjrtou^.  Und  diese  wiederum  sind  enthoben  von  der  Besorgung  der 
mcra,  der  Führung  der  Magistratur  und  dem  Richteramte,  wie  aus- 
geschlossen von  dem  Senate;  vielmehr  fallen  ihnen  Ackerbau,  Vieh- 
sacht  und  bürgerliches  Gewerbe  zu,  wie  sie  auch  als  Clienten  den 
PMriciern  untergeordnet  sind,  wobei  ihnen  jedoch  von  Romulus  die 
Wahl  des  Patrones  freigegeben  ist:  II,  8.  9. 

Dagegen  sind  Patricier,  wie  Plebejer  gleichmässig  in  die  Tribus 
und  Curien  eingeordnet:  II,  8.  9,  und  stimmen  in  den  Curiaicomi- 
iieo,  wobei  indess  der  Plebejer  nicht  gegen  seinen  Patron  die 
Stimme  abgeben  darf:  11,  10. 

II.   Das  über  die  Populären  abgegebene  Urtheil.     Denn  so  werden 

A.  die  Populären  oder  Plebejer  geflissentlich  verunglimpft  durch 
die  Vorwürfe: 

1.  dass,  während  der  Staat  von  seiner  Gründung  an  zu  Ein- 
triebt und  Harmonie  angelegt  und  entwickelt  ist:  11,  9.  57,  die  Po- 
pulären seit  der  Zeit  der  Gracchen  Zwietracht  und  Zerwürfnisse 
hervorrufen :  11,  1 1    (s.  bei  A.  353) ; 

2.  dass  die  Ursache  der  inneren  Partheikämpfe,  welche  den 
Staat  zerrütten,  und  der  Niederlagen  im  Kriege,  welche  den  Unter- 
gang zahlreicher  Heere,  wie  Flotten  und  andere  schwere  Schlage 
fUr  den  Staat  verschuldeten,  in  dem  Verfalle  der  Staatsreligion470 
und  im  Besonderen  in  der  Vernachlässigung  der  Auspicien  liege, 
solche  Verschuldung  aber  vor  Allem  die  Plebejer  treffe,  wie  denn 
ein  warnendes  Beispiel  gegeben  sei  in  dem  Untergange  des  M/  Li- 
cinius  Crassus471  und  seines  Heeres  in  dem  parthischen  Kriege,  ver- 
schuldet durch  den  Trotz  des  Licinius  gegen  die  Götter:  II,  6,   und 


470)  Hiermit  tritt  Val.  der  Auffassung  der  besten  Patrioten  seiner  Zeit  bei 
und  so  namentlich  auch  des  Cic,  wie  Varr.  :  vgl.  Krahner,  zur  Gesch.  des  Ver- 
falls der  rom.  Slaatsreligion  49  f. 

471)  Es  ist  durchaus  significant,  dass  als  warnendes  Beispiel  der  Plebejer 
Licin.  Crassus  gewählt  wird,   nicht  aber  der  Patricier  P.  Claudius  Pulcher,  der  im 


783  Moritz  Voigt,  [tft 

wozu   nun   das  Gegenstück   bietet  das  Vorkommniss  mit  dem  Auga 
Navius  in  III,  70.  71 ; 

B.  direct  wider  Licinius  Macer  polemisirt.  Denn  wenn  ViL 
nach  seiner  Characterisirung  der  ursprünglichen  Stellung  der  Pa- 
tricier  (S.  226)  die  entgegenstehende  Darlegung  in  II,  8  zurück- 
weist und  dabei  deren  Vertreter  bezeichnet  als  oi  izpb-  ito  Run 
cpdävov  dvacpepbvxe;  to  izpä^\ia  xai  StaßdXXovrec  efc  SixrfevctaN  tty  ti- 
Xiv,  so  ist  solcher  Vorwurf  der  Geschichtsfälschung  um  persönlicher 
Missgunst  willen  und  des  Herabziehens  der  Anfänge  des  Staates  m 
das  Mesquine  in  der  That  auf  Lic.  zu  beziehen,  der  solche  Darstel- 
lung gegeben  hatte  (S.  489  ff.,  sowie  A.  409). 

III.  Das  Urtheil  über  Sulla  und  die  sullanische  Verfassung,  wie 
solches  in  V,  77  abgegeben  ist:  es  trifft  allerdings  den  Sulla  der 
Vorwurf,  dass  er  den  Senat  mit  allerlei  Leuten,  wie  sie  der  Zufall 
bot,  anfüllte,  dass  er  auch  das  Tribunat  gar  zu  sehr  in  seiner  Wirk- 
samkeit beschränkte ,  dass  er  ferner  ganze  Städte  zerstörte  *  und  int 
auswärtigen  Staaten  sehr  willkührlich  verfuhr,  dass  er  endlich  noch 
manche  andere  Willkuhr-Maassregeln  sich  zu  Schulden  kommen  liess, 
namentlich  aber  auch  4000  Bürger  hinrichten  liess,  ja  theil weis  die- 
selben sogar  vorher  noch  der  Tortur  unterwarf;  allein  bei  Alle  den 
bleibt  es  fraglich,  ob  Sulla  aus  egoistischen  Interessen  und  Dicht 
etwa  unter  dem  Zwange  der  Notwendigkeit,  gedrängt  durch  die 
Rücksicht  auf  das  Wohl  des  Staates,  solches  Verfahren  einschlug.432 

IV.  Das  Urtheil  über  C.  lulius  Caesar.  Denn  wenn  gleich  Vai 
geflissentlich  und  somit  doch  planmässig  es  vermeidet,  den  Caesar 
oder  auch  den  Pompeius  überhaupt  nur  zu  nennen,  selbst  da,  wo 
die  Veranlassung  dazu  sehr  nahe  lag,  wie  in  VIII,  87  (s.  S.  153  un- 
ter 3),  so  ist  doch  auf  Cäsar  zu  beziehen  die  Aeusserung  in  II,  12: 


J.   505    in    Folge   seiner   schnöden   Missachtung   der  Auspicien   bei    Drepanum  die 
Flotte  verlor. 

472)  Es  ist  dies  das  wichtigste  und  beachtenswerteste  Urtheil,  welches  das 
Alterthum  über  die  sullanische  Herrschaft  uns  hinterlassen  hat ;  und  zwar  das  be- 
achtenswert hoste  um  desswillen ,  weil  es  bald  nach  Sulla's  Tode  von  einem  Zeit- 
genossen und  von  optimatischer  Seite  abgegeben  wird ;  beachtenswerthest  aber 
auch  durch  seinen  Inhalt :  es  spricht  einen  Tadel  aus ,  aber  ebensowohl  tadelt  es 
in  anderer  Form,  als  Licin.  (s.  S.  192  11*.),  wie  es  auch  eine  Entschuldigung  oder 
Rechtfertigung  offen  hält. 


929]  Legbs  regiae.  783 

«las   Regiment   der  alten   Könige    war  keineswegs   automatisch   und 
eigenmächtig,  wie  zu  unserer  Zeit  (s.  S.  155  unter  7). 

V.  Die  chronologischen  Momente,  welche  gegeben  sind  in  II,  6. 
4  4.  III,  71.   IV,  21.  61,  worüber  vgl.  S  152  ff.  unter  B  4.  5.  8.  6.  1. 

VI.  Einzelne  Momente  und  so  zwar: 

A.  Die  Verherrlichung  der  gens  Valeria,  welche  ein  characte- 
rtstisches  Merkmal  der  valerischen  Geschichtsdarstellung  ergiebt.4™ 
Denn  dem  entspricht,  wenn  in  II,  46  als  Genosse  des  Titus  Tatius 
der  Sabiner  Volesus  Valerius  auftritt,  welcher  der  Stammvater  der 
römischen  gens  Valeria  wird.474 

^     B.    Die  Detailmalerei,    welche  nicht  minder  Kriterium  der  vale- 
rischen Darstellung  ist.475     Solche  aber  tritt  hervor: 

1 .  in  der  Zeichnung  der  Details  der  Kämpfe  und  taktischen  Be- 
wegungen in  den  Schlachten;  und  solche  ist  gegeben  in  II,  42. 476  43; 

2.  in  den  Details  und  resp.  auch  Uebertreibungen  der  Zahlen- 
angaben, wie  solche  hervortreten: 

a.  in  der  Bestimmung  der  Zahl  der  geraubten  Sabinerinnen  auf 
683:  II,  30  vgl.  Kiessling,  I.  c.  27; 

b.  in  der  Bestimmung  der  Stärke  der  kämpfenden  Heere:  in 
dein  Kampfe  des  Romulus  mit  Tatius  stehen  gegenüber  auf  Seiten 
der  Sabiner  25000  Fussgänger  und  fast  1 000  Reiter,  auf  Seiten  der 
Römer  20000  Fussgänger  und  800  Reiter:  II,  37  vgl.  Kiessling, 
I.  c.  27; 

c.  in  der  Angabe  der  lustra  und  des  Resultates  der  Zählung 
der  Bürger:  IV,  22  vgl.  Kiessling,  1.  c.  27  ff. 

d.  insbesondere  in  der  Bevölkerungsziffer  Rom's,  welche  als  ur- 
sprüngliche fixirt  wird  auf; 

3000  pedites:  II,  2.   16    35.    I,  87. 
300  equites:  II,  2.  13.   16. 


473)  Vgl.  Kiessling,  I.  c.  2ft  f.  Peter,  Quellen  Plut.  45  ü\  Schwegler,  a.  O. 
II,   8.     Yal.   Max.   IT,   4,   5. 

474)  Vgl.  auch  Liv.   II,    18,   6.     Fest.    198b,   3. 

475)  Vgl.  Lachmann,  de  fönt.  Liv.  I,  36.  II,  84  ff.  Kiessling,  1.  c.  33. 
Peter,  a.  O.   48.    Nitzsch,  a.  O.    4  06. 

476)  Hier  stimmt  Val.  in  der  Hauptsache  überein  mit  Piso:  s.  Peter,  a.  O. 
456;  allein  im  Nebenpunkte  differiren  beide:  nach  Piso  erfolgte  der  Angriff  des 
Romulus  von  der  Hohe  herab,   wovon  Val.  nichts  besagt. 


784  Moritz  Voigt, 

Durch  Uebersiedelung  von  3000  Cäninensern  und  Antemnate 
sich  diese  Ziffer  auf 

6000  pedites:  II,  35. 
Spüier  dann  erfolgt  theils  zahlreicher  Zuzug:  II,  36,  tbeils  di 
siedelung   der   Sabiner  des  Tatius,  wodurch  die   Zahl   der 
verdoppelt  wird:  II,  47.     Dann  wiederum  siedeln  nach  den 
mit  den  Camerinern   4000   derselben  nach  Rom  über:  II, 
endlich  auch  nach  dem  Frieden  mit  den  Vejentern  eine  gn 
von  solchen:  H,  55,   so  dass  nun  beim  Tode  des  Romulus 
gerschaft  nach  II,  16  angewachsen  ist  auf 

46000  pedites, 
1000  equites. 
C.  Mit  dem  Zahlenschema  unter  B  2  d  stehen  in  Correg 

1.  die  Organisation  der  Staatsbevölkerung:  es  werden 
Bürger  von  Romulus  vertheilt  in  3  Tribus  unter  einem  tri 
1 0  Curien  unter  einem  curio,  so  dass  jede  Curie  4  4  0  patres! 
und  zwar  100  pedites  und  10  equites  umfasst:  II,  7.  D 
theilung  aber  ist 

a.  eine  politische,  nämlich  sowohl  als  Grundlage  für 
mitien:  II,  14,  wie  als  Wahlkörper  für  den  Senat  (s.  untei 
aber  auch  als  Wahlkörper  für  die  Celeres  d.  i.  die  königlic 
wache  (s.  unter  3); 

b.  eine  militärische,  und  zwar 

aa.   für  die  pedites,    indem  die  Tribus  die  grösste  Infi 
theilung  von  1000  Mann  unter  dem  tribunus,  dagegen  die 
kleinere   Abtheilung    von    100    Mann    unter   dem    curio    als 
bildet:  II,   14,  und  selbst  wieder  in  10  Decurien  zu    10  Ma 
einem  decurio  zerfällt:  II,  7; 

bb.    für  die  equites,  deren  jede  Curie  10  Mann  stellt, 
indess  aus  Val.  nichts  Näheres  von  Dion.  überliefert  ist;  v« 

2.  Die  Organisation  des  Senates,  welcher  1 00  Mitgliedei 


*3ffM]  LBGB8    BK6IA«.  78B 

|>*M*cripti  genannt,  umfasst:   II,  42.  47.  57   und  in  der  Weise  zu- 

?  tanunengesetzt  ist,  dass  von  den  Senatoren  4  vom  Könige  erwfthh 
i 
«Mrd,  der  zugleich  (als  praefectus  urbi)  dessen  Stellvertreter  ist,  da- 

*l£0fei  jener  selbst  im  Felde  steht,  9  und  zwar  je  3  von  den  3  Tri- 
,  endlich   90   und  zwar  je   3  von  den  30  Curien  erwählt  wer- 
II,  12. 

Nach  (Jebersiedeiung  der  Sabiner  des  Tatius  nach  Rom  erfolgt 
mit  der  Verdoppelung  der  Patricier  auch  eine  Verdoppelung  des 
ites:  II,  47,  so  dass  damit  dessen  Bestand  auf  200  sich  erhöht  : 

57. 

Endlich  Tarquinius  Priscus  fügt  aus  den  Plebejern  100  Mitgiie- 
bei,  so  dass  damit  der  Senat  die  Zahl  von  300  erreicht  und 
Jt  zugleich  eine  Vermehrung  der  Zahl  der  Vestalinnen  von  4 
6  Hand  in  Hand  geht:  III,  67. 

3.  Die  Bestellung  der  300  celeres  oder  königlichen  Leibwache, 
dieselben   in   der  gleichen  Modalität,   wie   der  Senat:   durch 
der  Curien  aus  deren  Angehörigen  und  zwar  je  10  aas  I  Cu- 
aoserlesen  werden:  II,  13.478 


n   478)  Bezüglich  der  celeres  treten  drei  verschiedene  Ansichten  hervor:   1.  des 

tue :    celeres  und  Leibwache  sind  verschieden ,    vielmehr  celeres  und  equiles 

fgfottech,    wogegen  die  Leibwache,    300  Mann  stark,    zur  Infanterie  gehört;   der 

-Skane   celeres   kommt  von  Celer,    dem   ersten,    von  Romulus  eingesetzten  Reiter- 

Sftftibrer:  Lyd.   I,   9.  vgl.  Serv.  in  Aen.  XI,   603.  —  2.  celeres  und  Leibwache 

identisch ,    somit  celeres   und   equites  verschieden ,    vielmehr  Ihuen  die  cele- 

ftasdienst;    dies   ist   die  Auffassung   a.    des  Val. :    denn   verschieden   sind  die 

demselben  in  II,   2.   4  6  erwähnten  equiles  und  die  hl  II,    13  erwähnten  300 

oder  Leibwachen:    die  Benennung  aber  celeres   ward   denselben  beigelegt 

Ehren  des  Celer,    des  Genossen  vom  Romulus,  welcher  den  Remus  erschlug: 

II,   13:    %ik&pa$  oi  'Pofioioi  xaAofcoiv,   «is  —  ÜuaAepio<  o  AvnttK  <pi)Oiv 

toö  iflpft|Aov<K  aotwv  toot'  Ijfovto?  TtouvopLa  •  vgl.   I,  87.    Hut.  Rem.  8.    Serv. 

XI,   603,  und  so  nun  auch  Liv.   I,    4  5,  8.    wozu  vgl.    43,   8;    vgl.  auch 

ding,  1.  c.  22;    b.    von  Licin.    bei   loann.  Mal.  chron.  VII  p.  479,    wonach 

Leibwache,   300  Mann  stark,  das  palatinische  Corps  ist:    al  ivSov  tou  flaX«- 

ooaat  orpatfai  *  und  dem  Lic.  entspricht  nun  die  Darstellung  bei  Hut.  Rom. 

##:  die  Einsetzung  der  Leibwache  ist  eines  jener  Anzeichen,  dass  Romulus  gegen 

Bude   seines  Lebens  der  Tyrannts   zuneigte  (s.  S.  21t);    daher   ntngiebt  sich 

derselbe   in  Dion.  fl,   29    bei   der  Ausübung  der  iurisdictio  mit  einer  Garde, 

brend  Numa  wich  Plut.  Num.  7  dieselbe  auflöst ;  allein  von  Tarquin.  Sup.  wird 

^wieder  eingesetzt:   Dion.  IV,  44.   44,  daher  nun  Brutus  Irfbnnus  celerom  ist: 

an.  IV,   74  und  sich  erbietet,    nach  Vertreibung  der  Könige  solche  Würde  nie- 


786  Mobitz  Voigt,  I! 

4.  Die  Flur-Eiiitheilung,  indem  den  Curien  zugleich  Acker-Ci 
turien  als  Curiat-Flurbezirke  entsprechen:  II,  7. 

5.  Die  Zahl   von    300  Colonen ,   weiche  Romains   ebenso  m 
Caenina  und  Antemnae:  11,  35,  wie  nach  Fidenae  deducirt:  U,  5 

D.   Mit  dem  Eintreten  des  Val.  für  die  alte  Staatsreligton  m 
II  A  2  stehen  in  Correspondenz : 

1.  die  Angabe,  dass  Tullus  wegen  seiner  Vernachlässigung 
überlieferten,  wie  wegen  Einführung  peregriner  sacra  von  götth 
Strafe  heimgesucht  ward:  III,  36 ;4TO 

2.  die  Hervorhebung  der  Cultushandlungen  bei  Vorrückuog 
pomoerium:  IV,  13; 

3.  die  Hervorhebung  der  suovetaurilia  bei  der  Lustraüon:  IV, 

4.  die  Schilderung  der  Inauguration  des  Romulus:  11,  5; 

5.  die  Mittheilung  der  göttlichen  Wunder,480  und  so  zwar 

a.  in  der  Himmelfahrt  des  Romulus:  II,  16  und  A.  363*; 

b.  der  Wundergeschichte  des  Attus  Navius:  III,  70.  7f; 

c.  der  Wunder  bei  der  Geburt  des  Servius:   vgl.  A.  369; 

d.  der  göttlichen  Zeichen  beim  Graben  vom  Grunde  dei 
pitolinischen  Tempels:  IV,  59 — 61  ;m 

derzulegen:  c.  75.  Der  Name  aber  kommt  von  der  Schnelligkeit  des  DM 
Plut.  Rom.  26.  Serv.  in  Aen.  XI,  603.  Dion.  II,  13:  xeXeptot,  »c  fk 
7cAe(oos  Ypdcpoootv  iirl  xf ;  oEottjto;  tcov  tHtepsauov.  —  3.  des  Fabius  Max.  (s. 
A.  373)  :  celeres  und  Leibwache  und  equites  sind  identisch  :  unter  dem  triba 
celerum  stehend  kämpfen  sie  im  Kriege  je  nach  dem  Terrain  bald  zu  Pferd,  1 
zu  Fusse,  zugleich  dem  Könige  als  Leibwache  dienend  :  Dion.  II,  64 ;  uad  i 
Auffassung  ist  es  auch,  welche  Dion.  II,  4  3  vorträgt  in  den  Worten:  ij*  fif 
toutcdv  72Y6u.«>v  o  Sta^aveaxaTos,  <p  xpeic  üTTSTaYYjaav  bcarovrap^oi  xal  auAi« 
£xe(vot;  Sxepoi  ras  u7roSesaripac  I)(ovts$  ap^ac,  ot  xata  ttjv  aoXiv  j*4>  akß 
cpopoi  xe  otüTcp  7rap7]xoXoüöoov  xai  Tu>v  xsAeoouivcov  07nr]p6Tat,  xara  &  Tocftf 
refac  7rpojjLa/ot  ts  "JJoav  xai  7rapaomoTa(  *  xai  ta  rcoAAa  outoi  xarcopftouv  b  1 
d^äai  7rpa>To(  re  ap^ovxe;  p-a/Tjc  xai  reXeoTalot  xa>v  aXXcov  acpioTapevoi ,  bei 
uiv  IvOa  imrqSetov  ei?)  ire8(ov  ivt7nro|xa^oat ,  irsCol  84  otcoo  Tpa^o;  tn) 
avunros  T07ros  *  auch  diese  Ansicht  wird,  worauf  das  ot  ftXsfooc  in  II ,  13  k 
weist,  auf  die  Schnelligkeit  des  Dienstes  die  Benennung  celeres  zurodgdi 
haben.     Im  Uebrigen  vgl.   Becker-Marquardt,   a.  0.  II,    I,   238  ff. 

479)  Und  dann  auch  III,   35,  wozu  vgl.  bei  A.  367. 

480)  Weiteres   dergleichen    aus   Val.    bietet  Plin.  H.  N.   XXVIII,  2,  l€  i 
dazu  Peter,   Quellen  Plut.  46  A.  **.     Darauf  beruht  die  Bezeichnung  des  Val. 
Dion.  II,   56  als  oi  u.u&u>8£oT£pa  ttoioovts;  oder  60  als  o?  u.u&oXo*)fou9tv. 

481)  Vgl.  Plin.   H.   N.  XXVIII,   2,    15   und  dazu  Peter  in  A.    480  dt    k 
adv.   nal.  VI,   7   und  dazu  Peter,   hist.   rom.   I,   24. 


&S]  LfiGES    REGIAB.  787 

e.  der  Verkündung  vom   bevorstehenden   Sturze  des  Tarquin 
durch  göttliche  Zeichen:  IV,  63; 
6.   die  Angabe   über  den  Umgang  des  Numa   mit  der  Nymphe 
Jgeria :  A.  362. 

E.  Valerisch  ist  die  Version  über  die  Geburt  des  Servius  in  IV, 
I    nach  dem  Zeugnisse  von  Plut.  de  fort.  Rom.  10  s.  A.  369. 

F.  Bezüglich  gewisser  Parthieen  steht  fest,  dass  dieselben  nicht 
ups  Lic.  entlehnt  sind;  wo  daher  diesfalls  kein  Anzeichen  für  die 
lenutzung  einer  Nebenquelle  vorliegt,  so  berechtigt  dies,  eine  Ent- 
ehaong  aus  der  zweiten  Hauptquelle:  aus  Val.  anzunehmen.  Dies 
st  der  Fall: 

1.  mit  dem  Berichte  über  den  Tod  des  Tatius  in  II,  51.  52, 
gegenüber  welchem  die  abweichende  Version  des  Lic.  in  c.  52  be- 
Kmders  mitgetheilt  wird; 

2.  mit  der  Darstellung  vom  Kriege  des  Tullus  wider  die  Sabi- 
ler  und  Latiner  in  III,  32—34,  welche  sicher  nicht  aus  Lic.  ent- 
ehnt  ist,  da  dieser  die  in  c.  32  erwähnte  Einsetzung  der  Saturnalia 
lach  loann.  Mal.  chron.  VII  p.  179  auf  Komulus  zurückführte,  wo- 
fegen  die  Erwähnung  von  Medullia  in  c.  34  mit  den  valerischen  II, 
M>.  III,  1,  die  Erwähnung  des  Asyles  aber  in  c.  32  mit  dem  vale- 
ischen  II,  15  übereinstimmt; 

3.  mit  der  Darstellung  der  Kriege  des  Tarquinius  Priscus  wider 
lie  Latiner  und  Sabiner  in  III,  51 — 57,  worüber  vgl.  bei  A.  383. 

VII.  Der  innere,  sachliche  oder  reflexive  Zusammenhang  gewis- 
ser Parthieen  mit  anderen  als  valerisch  festgestellten  Passagen;  und 
iq  zwar 

a.  II,  15  und  16  bilden  ein  zusammenhängendes  Ganze;  c.  16 
iber  ist  als  valerisch  nachgewiesen; 

•  b.  II,  32  steht  in  Beziehung  zu  dem  valerischen  c.  30:  nach 
jfesem  gelobt  Romulus  dem  Consus  jährliche  Spiele,  wenn  der  Raub 
der  Sabinerinnen  durch  sein  Gelingen  als  gottgefällig  sich  bekunde; 
and  auf  diese  (iavie6|iaxa  wird  in  c.  32  Bezug  genommen; 

c.  II,  32 — 38.  41 — 44  bilden  eine  zusammenhangende  Parthie, 
die  durch  den  Raub  der  Sabinerinnen  herbeigeführten  verschiedenen 
Kriege  darstellend,  unterbrochen  lediglich  durch  einen  Einschub  des 
Dion.  von  c.  38  a.  E.  —  40;  davon  aber  sind  als  valerisch  dargelegt 
c.  32.  35—37,  42.  43; 

Abband),  d.  K.  8.  Grsellsch.  d.  Wisaeiuch.  XVII.  53 


788  Moni«  Vom,  [» 

d.  II,  45  and  46  bilden  ein  zusammenhängendes  Stack,  worta 
c.  46  als  valerisch  nachgewiesen  ist;  ttberdem  steht  c.  45  in  Betaf 
der  Hersilia  in  Correspondenz  mit  dem  valerischen  III,  4,  ebeuo 
wie  c.  46  in  Betreff  des  Gurtius  mit  dem  valerischen  c.  43 ;m 

e.  II,  57.  58  und  60  bis  zu  den  Worten  itapaXa|&ßdvti  rJp  op- 
X^v  bilden  ein  zusammenbe  höriges  Ganze ,  wovon  c.  57  und  58  ab 
valerisch  nachgewiesen  sind; 

f.  IV,  1 3 — 22  enthalten  einen  Abschnitt,  in  welchem  zwar  ver- 
schiedene Einschiebungen  des  Dion.  sich  vorfinden:  theils  Zusätze 
desselben  zu  dem  vorgefundenen  Stoffe,  theils  aber  auch  ein  En- 
schub  über  die  Einrichtung  der  tribus  urbanae,  worin  Dion.  seiae 
Hauptquelle  verlässt  und  zu  Fabius  Pictor  greift;  allein  von  dies» 
Einschaltungen  abgesehen  ergiebt  das  Uebrige  eine  zusammeobebö- 
rige  und  einheitliche  Darlegung  der  servianischen  Reformen;  v« 
solchem  Abschnitte  aber  sind  als  valerisch  nachgewiesen  c.  13.  21. 
22.  Und  dazu  kommt  die  Bezüglichkeit,  weiche  zwischen  einzehei 
jener  Gapitel  unter  einander  obwaltet :  in  c.  1 4  wird  ebenso,  wie  m 
c.  1 3  die  Zuziehung  des  Viminalis  und  Esquilinus  zu  den  fünf  Hü- 
geln der  Stadt  bekundet;  ferner  gleichwie  in  c.  14  die  Unterat- 
theilung  der  regiones  in  vici  bekundet  wird  und  deren  Function  ab 
Militäreinberufungs-  und  Steuereinhebungs- Bezirke,  wie  als  Caltos- 
gemeinden  für  die  Compitalia  mit  einem  magister  vici  an  der  Spitze, 
der  die  Einwohner  des  vicus  controlirt,  so  wird  in  c.  1 5  ganz  par- 
allel die  Untereintheilung  der  tribus  rusticae  in  pagi  und  deret 
gleiche  Function  für  die  Militäreinberufung,  Steuereinhebung  und  ftr 
die  Paganalia  bekundet,  sowie  ein  magister  pagi  als  Controlbehörde 


482)  Merkel,  Ov.  Fast.  LXXXII,  welchem  KtessHng,  1.  c.  34  beitritt,  na 
an,  dass  Dion.  II,  45.  46  auf  Cu.  Gellius  zurückgehen.  Aliein  diese 
ist  zu  verwerfen;  denn  nach  Charis.  I,  54  K.  lässt  Gellius  die  Hersilia  ihre  Pf*- 
jecte  nur  mit  einigen  wenigen  Frauen  berathen,  nach  II,  45  dagegen  benü» 
alle  geraubten  römischen  Frauen  und  die  Hersilia  macht  den  Versammeftea  m 
den  Vorschlag;  und  dann  nach  Gell.  XIII,  33,  13  lässt  Gellius  Hersilia  die  Göt- 
tin Neria  um  den  Frieden  anflehen,  nach  II,  45  aber  flehen  alle  Frauen  die  St- 
biner  um  Frieden  an ,  während  die  Hersilia  insbesondere  gleiche  Bitte  an  die  za- 
sammenberufenen  Senatoren  richtet.  —  Endlich  die  andere  Version ,  wonach  <ft 
Sabinerinnen  zwischen  die  Kämpfenden  sich  stürzen,  bei  Li*.  I,  13.  Hut.  Rob. 
4  9  geht  wahrscheinlich  auf  Fabius  Pictor  zurück:   Peter,  Quellen  Plut.  456  f. 


H5] 


Lecks  rbgiab. 


789 


ttr  Einwohner,   wie  Grundstücke  des  pagus;   endlich   wiederum  in 
i.  20  wird  Bezug  genommen  auf  c.  14. 

-    Nach  Alle  dem   umfasst  somit  die   Königsgeschichte   des  Dion. 
lachstehende  valerische  Parthieen: 


»» 


»» 


i» 


»» 


>1 


II,    2  von  of  Se  äyoyovts;  nach  S. 

229  sub  d 

5  bis  tot  Sectd  s.  S.  1 62  sub  a 

nach  232  sub  i 

6  nach  S.227  sub  2,  229  subV 
S.  223  sub  a,  230  sub 
1 ,  aa ,  232  sub  4  vgl. 
1 74  sub  h 

S.  226,  227,  228  sub  B 
S.  224  sub  c,  226,  227 
z.  A.  und  sub  2 
S.  227 

S.  224,  225  sub  b,  227 
sub  1 ,  229  sub  V 
S.  227  z.  A.,  228  a.  E., 

231  z.  A. 
1 3  bis  del  irepl  aÜT&v  efyev  s.  S. 

1 62  sub  b  nach  229  a. 
E.,  231  a.  E. 
4  4  nach  S.  230  sub  a,  aa,  bb 
vgl.  174  sub  h 
S.  233  sub  a 
S.  223  z.  E.,  229  z.  E., 

232  sub  a 
S.  224  z.  A. 
S.  229  sub  a 
S.  233  sub  b 
S.  233  sub  c 


8 
9 

40 
11 

12 


99 


45 
46 


99 


11 


47 

30 
32 
33 
34 

35 

36 
37 


11 


99 


9» 


t9 


11 


11 


M 


11 


11         11  11       11 

S.224z.  A.,  229  z.  E., 
232  sub  5 

S.  224  z.  A.,  230  z.  A. 
S.  229  sub  b 


II,  38  bis  Tdpiteta  ävopaCouivif]  s. 

S.  1 62  sub  c  nach  233 
sub  c 

41  nach  S.  233  sub  c 


42 
43 
44 

45 


99 


99 


S.  229  sub  1 


99 


99 


99         99 


99 


99 


46 


99 


S.  233  sub  c 

S.  234  sub  d  vgl.  162 
sub  d 

S.  220  sub  A 
47  bis  ßouXeuTcüi;  itpooe-fpa^av  s. 
S.  162  sub  2  e  nach 
230  z.  A.,  231  z.  A. 

50  von  er»]  uiv  oov  icsVn  s.  S. 

166  sub  b  nach  224, 
230  z.  A. 

51  nach  S.  233  sub  1 

Ö*  9»  99  11  11        11 

S.  224,  232  sub  5 


53 
54 
55 


99 


99 


99 


99 


„     S.  230  z.  A.  vgl.  175 
sub  m 

57  „     S.  225  sub  a,  227  sub 

1,  231  z.  A.  vgl.  171 
sub  b 

58  „     S.227  z.  A.  vgl.  171 

sub  b 
60  bis  TipoXajxßdvet  t^v  apx^v  s- 
S.  161  subc  nach  234 
sub  e 
III,    1  bis  5o;avxa  x<j>  &f)|«p  s.  S.  202 

nach  225  sub  a 

53* 


790 


Moritz  Voigt, 


{ 


33 


34 


36 


44 


45 


III,  32  nach  S.  233  sub  2  vgl.  4  74 

subk 

S.  233  sub  2  vgl.  bei 
A.  359 

S.  233  sub  2  vgl.  bei 
A.  359 

S.   224    sub  c,    232 
sub  4 

S.  224  a.  E.  vgl.  475 
sub  o 

S.  225  z.  A.  vgl.  175 
sub  o 

51  von  e^  oic  xapa^frsvxec  s.  S. 
203  nach  233  sub  3 

52  nach  S.  2&  sub  3 
53 
54 
55 
56 
57  bis  oitovSAc  e£aem;  s.  S.  203 

nach  233  sub  3 
67  bis  c  Eot(ac  d(i^(itoXoi   s.  S. 

203  nach  231 
70  nach   S.  228    z.   A.,    232 

sub  b 

S.  228  z.  A.,  232  sub 

b,  229  sub  V 

S.  233  sub  E  vgl.  175 

sub  p  - 
13  bis  u7co^s(pia  feveodat  s.  S. 


n 


n 


n 


n 


n 


n 


n 


n 


n 


n 


n 


51 


>*   11 


11   11 


11   11 


11   11 


74 


IV,  4 


11 


11 


470  sub  f  nach  33t 
sub  2  vgl.  476  i.A. 
IV,  4  4  bis  dcpaicovTwv  umjptaia;  s. 

S.  4  70  sub  f  nach  234 
sub  f  vgl.  4  76  s.  A. 

4  5  von  3itX«bv  &'  ouw  4  TuUknt 
bis  xal  xa&'  ijkukt*  nd 
von  Taöxa  junafnipk- 
«*»<«  s.  S.  165  nbl, 
468  sub  c  nach  234 
sub  f  vgl.  4  75  sab  ■ 

46  nach  S.  234  sub  f  vgl  413 
sub  d 

S.  234  sub  f  vgl.  473 
sub  d 

S.  234  sub  r  vgl  473 
sub  d 
S.  234  sub  f 


47 


48 


»1 


49 
20 
24 

22 


11 


»1 


9^ 


11 


S.  229  sub  V 
S.  225  sub  c,  229  sub 
c,  232  sub  3  vgl.  176 
sub  s 

59  von  Svfta  8}  UTerai  s.  S.204 

nach  232  sub  d 

60  nach  S.  232  sub  d 

61  „     „     „      „    „,229a* 

V  vgl.  176  sub  r 
63     „     S.  224,  233  sub  e  TgL 
165  sub  v 


Die  Geschichts-Auffassung  selbst  nun,  wie  die  Darstellung  des 
Val.  geht  aus  von  dem  leitenden  Grundgedanken:  wenn  gleich  » 
dem  römischen  Staate  von  Vorn  herein  verschiedene  Elemente  n 
den  Patriciern  und  Plebejern  neben  einander  stehen,  so  ist  doch 
derselbe  von  seiner  Gründung  an  zu  Eintracht  und  Harmonie  ab- 
gelegt und  entwickelt,  dementsprechend  denn  auch  lange  Zeit  volle 
Eintracht  zwischen  Senat  und  Volk  herrscht  (II,  57).     Erst  die  Po- 


t37]  Lkges  reuue.  791 

pularen  sind  es,  welche  von  der  -Gracchen  Zeit  ab  Zwietracht  und 
Zerwürfniss  hervorriefen. 

So  daher  stehen  zwar  von  Vorn  herein  einander  gegenüber  vor 
Allem  die  beiden  Stände:  die  Patricier  und  Plebejer;  allein  Romulus, 
geleitet  von  der  Absicht,  die  in  anderen  Staaten  auftretenden  bür- 
gerlichen Bewegungen  fem  zu  halten,  wie  solche  aus  der  Ueber- 
bebong  der  Vornehmen  und  dem  Neide  der  Niederen  hervorgehen, 
ordnet  zu  beiderseitigem  Nutzen  und  Vortheiie,  zu  friedlichem  Neben- 
einanderleben,  zu  acht  patriarchalischem  Verhältnisse  die  Stellung 
Beider:  zunächst  werden  Patricier,  wie  Plebejer  gleichmässig  in  die 
Curien  eingeordnet  und  erhalten  von  dem  nicht  in  Privateigen  be- 
findlichen Acker  zu  gleichen  Loosen  aufgetheilt;  und  sodann  wird, 
ahnlich  dem  Staatsideale  Plato's,  den  Patriciern  die  Leitung  der  sacra 
and  des  Staatswesens,  wie  die  Rechtssprechung,  und  nicht  minder 
auch  das  Patronat  über  die  Plebejer  zugewiesen,  den  Letzteren  aber 
die  banausische  Beschäftigung:  Ackerbau,  Viehzucht  und  Gewerbe, 
wie  auch  die  Clientel  zugetheilt  (II,  9).  Und  ebenso  sind  von  dem 
Bestreben,  die  Gunst  der  Plebs  zu  gewinnen,  die  Handlungen  der 
spateren  Könige  geleitet  (III,  67).  Und  dann  wiederum  stehen  ein- 
ander gegenüber  die  Bürgerschaft  und  die  italischen  Unterthanen 
und  Bundesgenossen;  allein  indem  auch  diese  dem  Patronate  je  ein- 
zelner Patricier  als  ihrer  politischen  Vertreter  unterstellt  werden,  so 
finden  sie  in  dem  Senate  ein  geeignetes  Organ  für  Austrag  ihrer 
Beschwerden  und  Streitfragen  (II,  11).  So  daher  ist  der  Staat  be- 
gründet zu  dauernder  Eintracht  und  Harmonie,  und  dies  mit  solchem 
Erfolge,  dass  während  630  Jahren  es  niemals  zu  Blutvergiessen  und 
Morden  zwischen  'den  Bürgern  kam,  vielmehr  die  hervortretenden 
Streitigkeiten  stets  durch  die  Macht  der  Ueberredung,  durch  das 
Gewicht  der  Ueberzeugung,  durch  das  Mittel  beiderseitigen  Nachlas- 
eens  einen  friedlichen  Austrag  fanden.  Wohl  aber  seitdem  C.  Gracchus 
als  Volkstribun  die  Eintracht  im  Staate  vernichtete,  nehmen  Bürger- 
mord und  Exilirungen  kein  Ende  und  das  Ringen  um  den  Sieg 
schreckt  vor  keinem  Verbrechen  mehr  zurück  (II,  11). 

Die  tiefere  Ursache  aber  ebenso  jener  inneren  Kämpfe,  wie  aber 
auch  der  mannichfachen  Niederlagen,  welche  in  auswärtigen  Kriegen 
der  Staat  erlitt,  liegt  in  dem  Verfalle  der  Staatsreligion  und  im.  Be- 
sonderen in   der  Vernachlässigung  der  Auspicien,   welche   so  lange 


\ 


792  Moritz  Voigt,  I» 

Zeit  hindurch  bei  den  Wahlen  des  Königs ,  wie  der  Magistrale  gt» 
wissenhaft  beobachtet  wurden,  wahrend  gegenwärtig  dteseBm  u 
einem  reinen  Gaukelspiele  herabgesunken*  sind,  ja  sogar  die  Knd- 
gebungen  des  Willens  der  Götter  auf  das  Frevelste  missachtet  wer- 
den. Denn  solches  verschuldete  den  Untergang  zahlreicher  Beere, 
wie  Flotten  und  die  schweren  Schläge,  weiche  der  Staat  ebenso  ■ 
äusseren,  wie  inneren  Kämpfen  erlitt  (II,  6). 

Und  aus  jenen  maassgebenden  Voraussetzungen  ergeben  «k 
denn  nun  im  Einzelnen  die  leitenden  Ideen  für  eine  wahrbeitogo- 
treue  Darstellung  der  römischen  Geschichte,  während  die  Populäre* 
welche,  von  persönlichem  Neide  getrieben,  die  Leitung  der  SlMb- 
angelegenheiten  an  sich  reissen,  der  Wahrheit  zuwider  die  Geschickte 
fälschen  (II,  8  vgl.  S.  228  unter  B). 

Die  Königsgeschichte  im  Besonderen  aber  bietet  das  Bild  eiw 
stufenweisen  Ausbaues  des  römischen  Staates,  und  zwar  in  der  Wei- 
tung  nach  Aussen   und  in  den  kriegerischen  Erfolgen  eine  stetige 
Bahn  verfolgend:   von   Sieg  zu  Sieg,   von  Eroberung  zu  Eroberng 
schreitend,    immer   neuen  Zuwachs   dem  Staate  zuführend   und  ■ 
immer  weiteren  Schwingungen  die  Nachbarvölker  berührend,  ergrei- 
fend und  in  den  römischen  Staat  hereinziehend.     Dagegen  ein  räjg 
anderes  Bild   zeigt  der  Entwickelungsgang  der  inneren  Verhältnis», 
wo  Ruckschritte  den   Fortschritt  mehrfach   hemmen   und    verzögen. 
Denn  während  Romulus  und  Numa  die  Fundamente  des  Staates  leget 
und  dessen  Organisation  begründen:  jener  in  weltlichen  Dingen:  ■ 
Einsetzung  der  Staatsorgane,  Vertheitung  der  Gewalten,    wie  Maass- 
regeln zur  Vermehrung  der   Bevölkerung,   dieser   aber    in    sacnto 
Dingen,  wie   auch   durch  Hebung  des  Volkswohlstandes;    so  schttgt 
bereits  Tullus  eine  dem  Numa  ganz  entgegengesetzte  Bahn  ein:  des- 
sen sacrale  Institutionen  vernachlässigend  und  eine  Verwilderung  der 
Plebs  verschuldend.     Darauf  wird  von  Ancus  die  Reinheit  der  Culte 
wieder  hergestellt  und  die  Plebs  zu  nutzlicher  Arbeit  und  ThMigteit 
zurückgeführt,    wonach  dann   Tarquinius  Priscus  die   sacralen  Insti- 
tutionen  weiter  ausbaut  und   zugleich  den  Plebejern  den  Eintritts 
den  Senat  eröffnet,   Servius   aber  durch   seine  Gassen-  und  Ceoto- 
rien- Verfassung  dem  Gegensatze  der  Patricier  und  Plebejer  in  weiser 
und    gerechter   Ordnung    die    angemessene    organische    Stellung  in 
Staatsleben  anweist,  wie  anderntheils  in  der  Einrichtung  von  regiones 


]  Lkgks  begiak.  793 

«rt>anae  und  tribus  rusticae  mit  ihren  vici  und  pagi  gemeinsame 
Gorporationen  mit  den  sacralen  Mittelpunkten  der  compitalia  und 
paganalia  schafft.  Endlich  in  Bezug  auf  Tarquinius  Superbus  reicht 
das  von  Dion.  Ueberlieferte  nicht  aus,  um  die  demselben  von  Val. 
augewiesene  Stellung  zu  erkennen. 

•  ••  Was  endlich  die  Figuren  der  Könige  im  Einzelnen  betrifft,  so 
i*l  Romulus  ebenso  der  grosse  Feldherr  und  kühne  Held,  wie  der 
kluge  Lenker  des  Staatswesens  und  der  einsichtsvolle  Ordner  der 
politischen  Institutionen.483  Die  Geschichte  seiner  Regierung  knüpft 
«  an  die  Gründung  Rom's,  wohin  noch  der  letzte  Theil  von  II,  2 
{gehört,  und  beginnt  mit  den  Vorgängen  seiner  Thronbesteigung  (II, 
5.  6),  woran  dann  ein  Gesammturtheil  über  diesen  Fürsten  sich  an- 
schlieft  (II,  7).  Nach  Aufstellung  eines  Planes  für  die  weitere  Dar- 
Stellung4*4  werden  nun  dementsprechend  die  hier' aufgestellten  drei 
Hauptpunkte  behandelt. 

Zuerst  die  Darstellung  der  von  Romulus  gegebenen  Verfassung 
dw  Staates,  mit  einem  kurzen  Gesammturtheile  über  dieselbe  eröff- 
nend,485 beginnt  mit  der  Einsetzung  der  Organe  des  Staates:  Glie- 
derung der  Bevölkerung  nach  Tribus  und  Curien  (II,  7  vgl.  14), 
■ach  Patriciern  und  Plebejern,  nach  Patronen  und  dienten  (II,  8 — 
44  vgl.  46.  35.  36),  dann  Einsetzung  des  Senates  (II,  12  vgl.  47. 
57),  wie  endlich  Einsetzung  der  celeres  (II,  1 3  vgl.  1 6) ;  und  daran 
achliesst  sich  die  Vertheilung  der  staatlichen  Gewalten  und  Functio- 
nen: an  den  König  als  Oberpriester,  Richter,  Leiter  des  Senates  und 
der  Volksversammlungen,  an  den  Senat  als  Staatsrate,  an  die  Curiat- 
comitien  als  Organ  für  Wahl  der  Magistrate,  für  Genehmigung  der 
Gesetze,  wie  für  Entscheidung  über  den  Krieg,  dafern  der  König 
solche  dem  Volke  anheimgiebt;  endlich  an  die  Befehlshaber  der 
Trappenkörper  (II,  14). 

Dann  wiederum  die  innere  Politik  wird  betrachtet  in  ihrer  Rich- 


483]  II,  7 :  xi  ts  iroAlpta  Sstvo;  xal  f  iXoxivSovo;  oiio^oyettat  Yevea&ai  xal 
iroXitsfav  Hr^aaobai  T7jv  xpaxforTjv  cppovi|xu>TaTo;.  Dagegen  der  sacralen  Insti- 
tuttonen wird  mir  beiläufig  in  II,  7.    14  gedacht. 

484)  II,  7 :  Sii£et(u  8'  auTou  ra;  rcpaEei;  xac,  ts  iroXrrixa;  xal  ta;  xaxa 
iroAipooc'  —  —  ep«>  8e  7rpa>xov  urcep  xoo  xdopoo  xrfi  iroXirefa;.  Ein  solches 
Programm  giebt  auch  Pol.  III,  I  ff. 

485)  H.  7 :  ov  (sc.  xoop.ov  tt,;  noXixe(ac)  i^m  itdvTuw  ftfoupai  itoXiuxöv 
xoapov  auTapxeoxaTov  ev  dprpy  ts  xata  iroXipou;. 


794  Moritz  Vom,  Wl 

lung  auf  Vermehrung  der  Bevölkerung,  verfolgt  in  drei  ftlaasmgk  \* 
Verbot  der  Aussetzung  oder  Tödtung  der  Kinder  (II,  4  5) ,  Bank»  \* 
tung  des  Asyles  (II,  45  vgl  III,  32)    und  Aufnahme  des  Stpmm 
der  Colonie-Grttndungen  (II,  16  vgl.  14.  35/36). 

Endlich  die  äussere  Politik  eröffnet  mit  den  durch  den  Jwg» 
frauenraub  (II,  30.  32)  hervorgerufenen  Kriegen  mit  Caeniut,  Ai- 
temnae  und  Crustumerium ,  wie  mit  den  Sabinern  (II,  33 — 38.  41  1 
— 47).  Dann  folgt  das  gemeinsame  Regiment  des  Romulus  und  1b- 
tius  sammt  dem  Kriege  wider  Camerium,  sowie  der  Tod  des  Ttf» 
(II,  50 — 53),  und  endlich  der  Bericht  über  die  jüngsten  Kriege  wä 
Fidenae,  Camerium  und  Veii  (II,  53 — 55),  worauf  der  Abschnitt  wä 
der  Himmelfahrt  des  Romulus  schloss  (A.  363*). 

Hinwieder  in  Numa  tritt  hervor  der  erleuchtete  Fürst:  dar 
Träger  des  höchsten  Wissens  (II,  60).  In  menschlichen  Dinges  » 
terrichtet  durch  den  Weisesten  aller  Weisen:  durch  Pythagons,* 
in  göttlichen  Dingen  inspirirt  durch  seinen  vertrauten  Umgang  wä 
der  Nymphe  Egeria,487  ist  er  der  Gesetzgeber  Rom's  auf 
Gebiete  (III,  36),  während  er  zugleich  in  wirtschaftlicher 
die  Plebs  zu  einem  nützlichen,  wie  veredelnden  Erwerbe:  zu  Acker- 
bau, Viehzucht  und  Gewerbe  anleitet,  so  den  Volkswohlstand  hetari 
(III,  36),  nach  Aussen  hin  aber  einen  ungestörten  Frieden  sichert 

So  daher  ist  die  Geschichte  seiner  Regierung,  eingeleitet  dort* 
die  Darstellung  des  vorausgehenden  Interregnum  (II,  57.  58),  « 
Darstellung  seiner  sacralen  Institutionen,  wie  seines  Wirkens  in  vob- 
wirthschaftlicher  Beziehung.  Allein  von  Alle  dem  hat  Dioo.  niete 
benutzt. 

Dagegen  Tullus  Hostilius  ist  der  kriegerische  Fürst,  der  zoent 
mit  der  Mutterstadt  Alba  und  dann  mit  all  den  mächtigen  Nachbar- 
völkern :  mit  Etruskern ,  Sabinern  und  Latinern  langwierige,  aber 
wohl  entscheidungslose  Kämpfe  besteht  (III,  32 — 34).  Und  indes 
dabei  Tullus  die  sacralen  Institutionen  Nuoia's  ungebührlich  vernach- 
lässigt ,  wie  auch  peregrine  sacra  einführt ,  so  wird  ebensowohl  er 
selbst   ob   solchen  Frevels   von   den  Göttern  mit  Siechthum  an  KOr- 


486)   Plut.  Num.   22.     PI  in.   H.  N.   XIÜ,    13,   87.    Liv.  XL,   29,   8  8.  Ptter, 
bist.  rom.  I,  240  f.     Vgl.  S.  161   unter  1  b. 

487]   A.  362.    Am.   adv.  nat.   V,    1  s.  Peter,  I.  c.   238. 


Hl]  u«  REG1AB.  795 

• 

*$tr  und  Geist  gestraft,  ja  schliesslich  sammt  seiner  Nachkommen- 
schaft durch   den   Blitz   erschlagen  (A.  479),   wie  aber  auch   unter 
seinem  Regimente  eine  allgemeine  Verwilderung  der  Plebs  eintritt: 
dieselbe  wendet  dem  Kriegshandwerke  und  dem  Raube  ihre  Neigung 
m,  darüber  die  Landwirtschaft  vernachlässigend  (III,  36). 

Die  Geschichte  des  Tullus  gestaltet  sich  sonach  zu  einer  Kriegs- 
geschichte, die  Kämpfe  mit  den  obigen  Völkern  behandelnd.  Allein 
die  Kriege  mit  Alba,  Fidenae  und  Veii  (III,  34)  sind  von  Dion.  nicht 
entlehnt,  dagegen  die  Kriege  mit  den  Sabinem  und  Latinern  (III, 
32 — 34)  nur  in  verkürzender  Ueberarbeitung  wiedergegeben  (A.  359). 

Wiederum  Ancus  Marcius  ist  das  Gegenstück  des  Tullus  im 
Guten:  gleich  diesem  zwar  Kriege  mit  den  Nachbarvölkern  führend, 
stellt  er  dagegen  die  sacralen  Institutionen  des  Numa  in  alter  Strenge 
und  Reinheit  wieder  her  und  führt  die  Plebs  zurück  zur  Beschäfti- 
gung mit  Ackerbau,  Viehzucht  und  anderem  Erwerbe:  III,  36,  ins- 
besondere zu  solchem  Zwecke  die  SchilFbarkeit  des  Tiber  berste)- 
lend,  wie  Ostia  gründend:  III,  44. 

Sonach  zerfällt  seine  Geschichte  in  zwei  Abschnitte:  die  Dar- 
stellung seiner  Kriege  wider  Tellenae,  Politorium  und  andere  Städte 
(III,  43),  woraus  jedoch  Dion.  nichts  entlehnte,  und  die  Geschichte 
seines  Wirkens  im  Inneren,  so  insbesondere  die  Gründung  von  Ostia 
und  die  Befestigung  des  Ianiculum,  wie  die  Anlage  des  pons  Subli- 
cios  (III,  44.  45). 

Ebenso  erweist  sich  Tarquinius  Priscus  als  wahrer  Plebejer- 
freund: bestrebt  deren  Gunst  sich  zu  erringen,  eröffnet  er  denselben 
den  Eintritt  in  den  Senat  (III,  67).  Und  während  er  in  der  aus- 
wärtigen Politik  gleich  dem  Ancus  bedeutende  Erfolge  erringt  und 
grosse  Kriege  mit  den  Nachbarvölkern  führt:  mit  den  Latinern  sammt 
Apiolae  (III,  51  —  54.  Plin.  H.  N.  III,  5,  70),  mit  den  Etruskern 
(III,  51.  VI,  95),  wie  mit  den  Sabinern  (III,  55 — 57),  in  Veranlas- 
sung jenes  zweiten  Krieges  auch  die  feriae  Latinae  stiftend  (A.  389), 
so  ist  im  Inneren  wiederum  seine  Politik  von  der  des  Ancus  we- 
sentlich verschieden,  insofern  er  namentlich  der  Verschönerung  der 
Stadt  seine  Thätigkeit  zuwendet:  den  Bau  des  capitolinischen  Tem- 
pel beginnend  (Plin.  H.  N.  III,  5,  70),  wie  aber  auch  die  Ausbil- 
dung   der  politischen,    wie   sacralen   Institutionen   vollzieht:    in  der 


196  Moriti  Vokt,  9»  1* 

Vermehrung  der  Zahl  der  Senatoren,  wie  der  virgines  VesUtea^  \t 
67 y  und  so  etwa  auch  in  der  Verdoppelung  der  RittercenUmeo. 

Gleiche  Rolle   fällt   aber  auch   dem  Servius  Tullius  zu,  der, 
von  königlichem  Geschlechte  aus  Corniculum  stammend,  durch  tjbl 
iichcs  Zeichen  für  den  Thron  pr&destinirt  wird,   wenn  gleich  im 
selbst  der  innere  Beruf  zur  Herrschaft  mangelt;  denn  Servius  bitte 
die   Königswürde,   zu  der  ihm  Tanaquil  nach   des  Tarquinius  Tode 
verhilft,  späterhin  niedergelegt,   wenn  nicht  die  sterbende  Taaaqri 
ihm  das  eidliche  Versprechen  abgenommen  hätte,   das  hergebrachte 
Königthum  aufrecht  zu   erhalten.488    Die  Plebejerfreundlichkeil  ab* 
des  Servius  manifestirt  sich  ebenso  in  der  Eriassung  neuer  Gesetae, 
wie  in   einer  Ackerassignation   und  der  Auftheilung   von  Baupbtn 
auf  dem  Viminal  und  Esquilin  (IV,  13),  vor  Allem  aber  in  der  E»- 
führung  des  Census,  wie  der  Centurienverfassung,    wodurch  er  de 
Militär-  und  Steuerlast  den  Reichen   aufbürdet   und  den  Armen  er- 
leichtert.489   Gleichwohl   aber  ist  Servius   nicht  democratisch  ge&mt 
in  der  Weise,  dass  er  die  Reichen  zu  Gunsten  der  Armen  ihres  po- 
litischen Einflusses   beraubt  hätte.     Vielmehr  wird  durch  die  Ceata- 
riatcomitial-Verfassung :  durch  den  Vertheilungs-Modus  der  Bürgers 
Classen ,   durch   das  Zahlenverhältniss  der  Centurien   und  durch  da 
Abstimmungsmodus  das   politische  Uebergevvicht  der  Wohlhabend« 
ganz   erheblich  gesteigert.     Denn  bei  den  Curiatcomitien,   denen  die 
Entscheidung  über  die  wichtigsten  Staatsangelegenheiten :   die  Wü 
der  Magistrate,  die  legislatorische  Beschlussfassung  und  die  Entschei- 
dung  Über  Krieg  und  Frieden  von  Alters   her   obliegt    (II,  U.  IV, 
20),   haben   die  Armen   und  Plebejer,  indem   sie  numerisch  sttrkcr 
sind  und  anderntheils  die  Abstimmung  nach  Köpfen  und  unter  voHer 
Gleichberechtigung  des  Einzelnen  geschieht,  das  entscheidende  Uetor- 


488)  IV,  I.  Plut.  de  fort.  Rom.  10  s.  A.  369.  Die  beiden  Zuge: 
fang  des  Servius  zum  Throue  durch  göttliche  Zeichen  und  Neigung  desselben,  kr 
Königswürde  zu  entsagen ,  finden  sich  auch  bei  Lic. :  der  erstere  nach  A.  311 
der  letztere  in  IV,  40 :  es  begründete  Servius  bei  seinen  Zeitgenossen  die  Erwar- 
tung ,  dass  er  die  Staatsverfassung  abzuändern  und  an  Stelle  des  KönigtiHHHS  * 
Republik  einzuführen  gedenke ;  und  so  nun  auch  bei  Liv.  I,  48,  9.  Beide  Zip 
gehen  daher  zweifelsohne  auf  ältere  Quelle  zurück. 

489)  IV,    19.     V,   75;    dass  V,   75  valerisch  ist,    s.  bei  Kiessling,  I.  c.  11: 
danach    ist  Servius   der  STju-oTixorraro;  ßaoiAeo;  und  der  Census  dessen  xpantt* 

VOfUfAOV. 


^]  LEGES    RB6IAB.  797 

gewicht.  Dagegen  Servius,  indem  er  die  Entscheidung  über  jene 
tfrei  Angelegenheiten  auf  die  Centuriatcomitien  überträgt  und  hier 
Dun  den  Reichen  und  Patriciern  die  entscheidende  Stimme  sichert, 
»beitragt  damit  das  politische  Uebergewicht  auf  diese  letzteren  (IV, 
10.  21).  Gerade  diese  Ordnung  aber  der  Centuriatcomitial- Verfas- 
sung ist  beifallswürdig:  dieselbe  ist  rationell  (äpfrfc):  denn  die  Mili- 
ar- und  Steuerlast  bürdet  sie  den  Besitzenden  auf,  welche  vor 
grosseren  Verlusten,  als  die  Armen,  durch  den  Staat  geschützt  wer- 
ten und  die  um  desswillen  höhere  Lasten  auf  ihre  Person,  wie  ihr 
Vermögen  zu  übernehmen  haben  (IV,  19);  und  dieselbe  ist  auch 
gerecht:  denn  sie  gewährt  den  Besitzenden  als  Aequivalent  das  po- 
litische  Uebergewicht  in  den  Centuriatcomitien  und  versagt  dagegen 
ien  Armen  den  politischen  Einfluss.  Gleichwohl  aber  stellt  die  Ein- 
führung dieser  Verfassung  den  Character  des  Serv.  in  ein  zweideu- 
tiges Licht:  auf  der  einen  Seite  dient  ihm  dieselbe  dazu,  die  Erbit- 
terung der  Reichen  wegen  der  ihnen  aufgebürdeten  Mehrbelastung 
an  Militärdienst  und  Steuerleistung  zu  versöhnen;  auf  der  anderen 
Seite  dagegen,  indem  er  den  Armen  die  maassgebende  Stimme  in 
der  Volksversammlung  entzieht,  täuscht  er  dieselben  über  solchen 
Effect  und  solche  Tragweite  seiner  Reformen,  so  nun  in  kluger 
Berechnung  dieselben  übervortheilend  (IV,  20). 

Ausserdem  knüpft  sich  an  die  Regierung  des  Servius  die  Ein- 
teilung des  römischen  Staatsgebietes  in  die  vier  regiones  urbanae 
md  in  die  tribus  rusticae,  jene  in  viel,  diese  in  pagi  zerfallend  als 
Bezirke  für  Heereseinberufung  und  Steuereinhebung,  wie  als  Cultus- 
gemeinden,  die  zu  den  compitalia,  wie  paganalia  sich  vereinigen 
[IV,  14.  15).  Und  in  jene  regiones  urbanae  ordnet  nun  Servius 
auch  die  in  die  Civität  aufgenommenen  manumissi  ein  (IV,  22). 

Dagegen  von  den  Thaten  des  Servius  auf  dem  Gebiete  der 
Äusseren  Politik  ist  nichts  überliefert. 

Endlich  für  die  Geschichte  des  Tarquinius  Superbus  hat 
Dion.  weit  weniger,  als,  wie  es  scheint,  Liv.  aus  Val.  entlehnt. 
Immerhin  aber  ist  zu  erkennen,  dass  dem  Tarquin  grosse  Verdienste 
um  den  Staat  zuerkannt  wurden:  einerseits  in  dem  Baue  des  capi- 
tolinischen  Tempels,  bei  welchem  durch  göttliches  Zeichen  der  Stadt 
ihr  Beruf  als  künftiger  Beherrscherin  von  Italien  offenbart  wird  (IV, 
59 — 61),   und   anderntheils  durch  Grossthaten  auf  dem  Gebiete  der 


798  Mobitz  Voigt,  i»  1* 

äusseren  Politik:  denn  die  Gründung  von  Signia  bekundet  seine bp»  w 
monie  über  Latium,  wie  die  Gründung  von  Circeii  seinen  Sieg  tkg  \* 
Suessa  Pometia  (IV,  63). 

Seine  Herrschaft  selbst  aber  hatte  Tarquinius  wohl  befestigt. « 
verlor  dieselbe  nicht  durch  eigene  Verschuldung,  sondern  ii  Fdp 
der  Schandthat  seines  Sohnes  (IV,  63). 

§  25. 
Die  Glaibwirdigkeit  der  Stelle«  der  leg«  regia«. 

Die  Untersuchung  über  die  Glaubwürdigkeit  der  nach  §  17  l 
Betracht  kommenden  Quellen-Ueberlieferungen  der  leges  regiae  kl 
vor  Allem  die  Frage  zu  beantworten ,  auf  welche  Vorquelle  die  w 
gewordene  Ueberlieferung  zurückgeht  und  zwar  rückwärts  bis  ar 
originalen  Quelle,  wie  solche  gegeben  war  theils  in  den  Gesebflt- 
tafeln  (§  19),  theils  in  den  commentarii  regum,  coosulum  und  p» 
tüicum   (§18). 

In  dieser  Beziehung  aber  nimmt  zunächst  Gat.  de  Augur,  eac 
singulare  Stellung  ein  insofern,  als  seine  Ueberlieferung  alleii  «f 
eine  Gesetzestafel  und  so  daher  auch  unmittelbar  auf  eine  orignale 
Quelle  zurückgeht. 

Alle   anderen   Ueberlieferungen  dagegen   leiten    sich   in  direcfter  ; 
oder  iudirecter  Entlehnung  zurück  auf  die  commentarii  regum,  coa- 
sulum  oder  pontificum. 

Und  zwar  entlehnen  direct  aus  diesen  commentarii  d* 
lus  civile  Papirianum  (§  20),  Licinius  Macer,  Varro  und  Claudios. 

Denn,  was  zunächst  Licinius  Macer  betrifft,  so  gehört  vor  Alka 
derselbe  zu  jeuer  Gruppe  römischer  Geschichtsschreiber,  welch 
ihren  Darstellungsstoff  nicht  einfach  aus  den  Werken  ihrer  Vorgäoger 
entnahmen,  sondern,  gleich  Varro,  durch  archivalische  Studien  sichere 
Unterlagen  für  ihre  Arbeiten  suchten,  wie  fanden,490  dementsprechend 
nun  Licinius  namentlich  auch  das  consularische  Archiv  im  Teopd 
der  Iuno  Moneta  mit  seinen  libri  lintei  benutzte  (§  18).  Und  i* 
dem  sodann  dessen  eigene  Worte  bekunden,  dass  er  in  der  Thal  auch  ' 


490)   Vgl.  Kiessliog,  1.  c.  29  f.   32  f. 


**1  L.EGE8    RKG1AK.  799 

•oh  den  leges  regiae  Forschungen  anstellte,491  so  berechtigt  dies 
MfeW  zu  der  Annahme,  dass  die  von  Licinius  gegebenen  und  in  Dion. 
\  25.  27.  III,  22  überlieferten  Allegate  von  leges  regiae  den  coro- 
feentarit  consulum  von  demselben  entnommen  waren. 

Dann  wiederum  Varro  hatte  für  seine  litterarischen  Arbeiten 
fttfreh  ausgedehnte  Benutzung  staatlicher,  wie  geistlicher  Archive492 
ich  vorbereitet,  deren  Resultate  vornämlich  in  seinem  grossen  Werke 
ter  antiquitates  rerum  divinarum  et  humanarum  niederlegend,403  da* 
\er  denn  nun  die  commentarii  consulum,  wie  pontificum  ganz  ohne 
Weiteres  als  die  Quelle  sich  ergeben,  aus  welcher  Varr.  RR.  II, 
V  4  die  betreffende  lex  regia  schöpfte. 

11  Endlich  Claudius  bei  Tac.  Ann.  XII,  8  Hess,  worauf  des  Letz- 
Wen  Worte  hinweisen  (bei  A.  191)  die  Erhebungen  über  die  be~ 
igKche  lex  regia  von  den  pontifices,  somit  also  in  deren  Archivte 
(urteilen. 

f;  Hinwiederum  aus  dem  Ius  Papirianum  entlehnten  Valerius 
Intias  und  Granius  Flaccus  de  Iure  Papiriano  (§  20). 

Denn  dass  Valerius  Antias  seine  bei  Dion.  II,  10.  15  überlie- 
arten  Allegate  von  leges  regiae  in  der  That  aus  dem  Ius  civile  Pa- 
trianum  schöpfte,  ist  theils  daraus  zu  entnehmen,  dass  auch  andere 
et  es  altere,  sei  es  gleichzeitige  Annalisten  das  Ius  Papirianum  be- 
uteten, indem  die  von  Cassius  Hemina  2  annal.  mitgetheilte  und 
Ib  lex  Numae  eingeführte  Cultusverordnung  in  §  2  unter  1,  ebenso 
rie  die  in  der  Vorquelle  von  Plut.  Marc.  8  und  Liv.  (A.  5)  benutzte 
(igen,  lex  Numae  über  die  spolia  opima  in  §  2  unter  3  gerade  auf 
tt&  Ius  Papirianum  zurückzuführen  sind;  theils  aber  auch  daraus, 
&M  Valerius  bei  Dion.  III,  36  von  der  durch  den  pont.  max.  Caius 
fepirius  vollzogenen  Publication  von  königlichen  Opfervorschriflen 
|S0)   berichtete,  dies  aber  erkennen   lässt,   dass  derselbe  in  der 


i» 


491)  Dion.  II,  87:  tootov  tov  vojjlov  iv  ap^olc  piv  ot  ßaotXeT;  i^oXarrov 
fc*  -yeYpaixjiivov  eire  a^paepov,  oo  fap  I/cu  to  aaepi;  sfaeTv,  airavTcov  xpaxiarov 

^OOfiCVOl  VOfiOV. 

49t)  Commentarii  censorii :  LL.  VI,  9,  86;  consulares:  LL.  VI,  9,  88;  pon- 
ifictun:  LL.  V,  19,  98.  Fest.  189»,  9;  augurum:  LL.  V,  4,  21.  10,  58.  VII, 
T,  54;  Saliorum:  LL.  VI,  3,  14.  Daraus  entlehnte  Yarr.  z.  B.  die  Argeer-Ord- 
rang  bei  A.  227*. 

493)   Vgl.  Cic.  acad.   post.   I,   3,   9    Lact.  div.   insl.  I,   6. 


800  Mobitz  Voigt,  (M 

That  der  bemerkenswerten  Thätigkeit  der  Papjrier  im  Interesse  fe 
dem  pontificalen  Amte  unterstellten  Ordnungen  seine  Aufmerkanbk 
zuwendete. 

Endlich  wiederum  aus  Granius  Flaccus  de  Iure  Papirim 
entlehnten  Verrius  Flaccus,  Marcellus  und  Servius  in  Verg. 

Denn  dass  zunächst  Verrius  Flaccus,494  aus  welchem  theils  die 
leges  regiae  bei  Fest.  230b,  13.  15  und  bei  Paul.  Diac.  6,  4.  8tt, 
15.  368,  3,  theils  die  königlichen  Cultusvorschriflen  bei  Fest  17?, 
20  (§  2  unter  6),  253%  17  (§  2  unter  1),  277%  6  (A.  3U)  und  U 
Paul.  Diac.  151,  11  (s.  §  20  a.  E.),  222,  4  (§  2  unter  4)  enttt» 
men,  aus  Granius  Flaccus  entlehnte,  ergeben  theils  das  Citat  bei 
Fest.  277%  6:  Gran(ius)  ait,  theils  Fest.  178%  20,  wonach  Verrat 
nicht  bloss  die  betreffende  Cultusvorschrift  des  Numa,  sondern» 
gleich  auch  deren  von  Granius  Flaccus  beigefügten  Commentar  wü* 
theilte  (A.  1 5) ;  und  ebenso  ist  es  auch  solcher  Commentar  des  Gra- 
nius, den  wir  bei  Fest.  277%  6  und  Paul.  Diac.  151,  11.  222,3 
vorfinden. 

Dagegen  für  Marceil.  28  Dig.  ist  dessen  Entlehnung  der  lex  reg» 
über  den  Kaiserschnitt  aus  Granius  Flaccus  daraus  zu  folgern,  da» 
des  Letzteren  Commentar  über  das  lus  Papirianum  erweislich  tos 
den  Juristen  der  Kaiserzeit  gekannt,  wie  benutzt  war,  wie  solch« 
sich  ergiebt  aus  Paul.  10  ad  I.  Iul.  et  Pap.  (D.  L,   16,  144). 

Endlich  Serv.  in  Ecl.  IV,  43.  Georg.  III,  387  gehen  nach  Maß- 
gabe des  Citates  in  Aen.  XII,  836:  titulo  legis  Papyriae  usus  est 
zweifelsohne  auf  das  lus  Papirianum  zurück.49-'  Allein  dass  deöfli 
Benutzung  nur  eine  indirecte  d.  h.  durch  des  Granius  Flaccus  Co»* 
mentar  vermittelte  ist,  erhellt  daraus,  dass  Servius  die  betreffende 
lex  regia  nicht  im  originalen  Wortlaute,  sondern  lediglich  in  wer 
Paraphrase  wiedergiebt,  welche  selbst  wiederum,  wie  deren  Fasaflg 
bekundet,  nicht  von  Serv.  verfasst,  als  vielmehr  aus  alter  und  ■ 
ältesten  Sprachgebrauche  wohl  bewanderter  Quelle  entlehnt  ist  (A.  1 50). 
Und  dies  wird  auch  dadurch  unterstützt,  dass  eines  theils  Serv.  dt 
sicher  nicht  aus  Verrius  Flaccus  geschöpft  hat,  da  dessen  bezügliche 


494)  Dirksen,  römisch  rechtliche  Quellen  des  Verrius  in  Hinterbssene  Schrif- 
ten I,   64  fT.  bietet  nichts  Bezügliches. 

495}  Nichts  Bezügliches  bietet  Kirchner,  de  Servi  auetor.  gramm. 


M7]  L.B6ES    RBGIAE.  Ä01 

-Sdfcedeu  nach  Maassgabe  von  Fest.  347h,  2.  351%  8  einen  abweichen- 
Text  boten,  und  dass  anderntheils  auch  wieder  Mac i ob.,  der  Zeit-, 
Studien-Genosse  des  Serv.,496  in  der  That  den  Coinoientar  des 
Granius  Flaccus  benutzte  und  aus  solchem  das  Citat  in  Sqt.  III,  11, 
•  entlehnte  (A.  890). 

Die  anderweite  Frage  sodann  hinsichtlich  der  Treue  der  Ueber- 

KMbrang  sowohl   unserer  Quellen,   als  deren  Vorquellen  kann  durch 

,  obwaltende  Zweifel  nur  angeregt  werden   rucksichtlich  des  Licinius 

Maeer,  Valerius  Antias,  wie  Dionysius.     In  Bezug  auf  die  ersteren 

leiden  ist  jedoch  darauf  in  §  26  zurückzukommen;  dagegen  hinsieht« 

\  Seh  des  Dionys  unterliegt  es  nicht  dem  geringsten  Zweifel,  dass  der- 

I  gelbe  das  in   seinen    Vorquellen  Gefundene    wahrheitsgetreu   ebenso 

^wiedergeben   wollte,497  wie  auch,   von  einzelnen  Missverstandnissen 

|  flljesehen,  in  der  That  auch  wiedergegeben  hat.498 

J*  §26. 


:  Me  ^Mlleeberichte  Aber  die  legislativ*  Tätigkeit  \m  AltgueeieM 

der  Kftiige  eed  itrtm  GUibwünttgbeiL 

Eine  umfassendere  legislatorische  Thätigkeit  wird  zweien  röm. 
Königen  beigemessen:  zunächst  dem  Numa  von 

Cic.  de  Rep.  II,  14,  26:   Ppmpilius animos  propositis  legibus 

£bis],  quas  in  monumentis  habemus,  ardentis  consuetudine  et  cu- 
jHditate  bellandi  religionum  caerimonüs  mitigavit  adiunxitque  prae- 

-  **&***  Lammes,  Salios  .etc.  V,  2,  3:  Numa ,  qui  legum  etiam 

acriptor   fuit  (Cod.:   fuisset),  quas   scitis  extare;   vgl.   de  Leg.  II, 

,  .40,  23:  non  multum  discrepat  isla  constitutio  religionum  (sc.  cap.  8 

.    t  et  «9  proposita)  a  legibus  Numae  nostrisque  moribus;  12,  29:  quod 


M||    496)  Teuffei,  röm.  Litt.3  §  434y   I . 

497)  Dkm.  I,  6 :  iftol  Si,  o;  ooj(l  xoAaxefa;  X^Ptv  ^  toutijv  airfxXiva  nijv 
«ptrfparttfav ,   aXXa  ttj;   aAijÖefa;  xal  tou  &ixa(oo  irpovooofievoc ,   <5v  8et  oro/a- 

t  icaaav  ioropfav,  irp&rov  piv  2iri8e(£a9&ai  t^v  ipaoToo  fctavoiav,  «tt  XP7!" 
ttpot    &ravtac    av&pa»irooc   iarl  too;   afaftooe  xal  <ptAoftia»pot>c  täv  xaAcov 

H*jw   xal   prfaAw    vgl.   Ep.    ad  Cn.  Pomp.  c.  I  p.  753.    de  Thuc.  bist.  iud. 

e.  g  p.  834  f.    Schulin,  de  Dion.  Hai.  bist.   7  ff. 

498)  Vgl.    Niebuhr,    Vorträge   üb.  röm.  Gesch.  I,   43  ff.    Schwegter,    röm. 
ffateh.  I,   4  01.    Kiessling,  1.  c.  43:    id  saltem  effecisse  me  spero,  ut  demonstra- 

quantopere  ei  errent  qui  Diooysium  multa  ipsum  exeogitasse  statuant. 


802  Moritz  Voigt,  |W 

institutum   perite   a  Numa   posteriorum  pontificura  neglegentia  d* 
solutum  est;  Tu  sc.  IV,  1,  1:   cum    a   primo  urbis   orlu  regit  it- 

stitutis,  partim  etiam  legibus  auspicia,  caerimoniae, tota  res 

militaris  divinitus  esset  constituta; 
lustin.  Nov.  47.  praef. :   Noopac  —  rJjv  tcoXw  —  vojiok;  td&ic  tt  vi 

xataxoopjoac* 
Isid.  Or.  V,  1,  3:    Numa  Pompilius,   qui  Romulo  succcssit  in  regno. 

primus  leges  Romanis  edidit; 
allein   die   Worte   Cicero's   lassen   keinen   Zweifel,    dass   unter  jeier 
Legislation   des  Numa  ein  Codex   von  gottesdienstlichen  Ordnung«, 
nicht  aber  von  Rechtsgesetzen  zu  verstehen  ist. 

Und  sodann  dem  Servius  Tullius  von 
Tac.    Ann.   III,  26:    nobis   Romulus    ut   libitum    imperitaverat,   de« 
Numa    religionibus    et    divino    iure    populum    devinxit    repertaq* 
quaedam  a  Tullo  et  Anco;  sed  praecipuus  Servius  Tullius  sanctor 
leg  um  fuit,  quis  etiam  reges  obtemperarent; 
sowie  von  Licinius  Macer  und  Valerius  Antias  bei  Dion. 

Und  zwar  gehören  dem  Licinius  nach  §  23  an  folgende  An- 
gaben :  nachdem  bereits  Romulus  und  Numa  Gesetze  erlassen  (IV,  \V 
und  Servius  dem  Volke  ein  die  Gleichheit  der  Bürger  vor  dem  Ge- 
setze sicherndes  geschriebenes  Recht  versprochen  hat  (IV,  9),  so 
erfüllt  er  solches  Versprechen ,  indem  er  die  in  Vergessenheit  gert- 
thenen  Gesetze  jener  beiden  Könige  republicirt  und  durch  neae 
schriftliche  Gesetze  über  die  wichtigsten  Rechtsverhältnisse  (Wp 
TiSv  xoputredturf)  vervollständigt  (IV,  10.  36),  durch  welche  er  nw 
in  der  Thal  die  UebermUthigen  zur  Rechtsgleichheit  unter  das  Ge- 
setz beugt  (IV,  11);  insbesondere,  indem  er  einen  Theil  der  Rechte- 
pflege  von  dem  königlichen  Amte  ablöste  und  dem  Könige  nebet 
der  iurisdictio  nur  die  iudicatio  in  Criminalprocessen  vorbehielt,  da- 
gegen die  iudicatio  in  Civilprocessen  den  neu  eingesetzten  Centom- 
virn  übertrug,490  so  schrieb  er  diesen  die  von  ihm  erlassenen  Ge- 
setze als  Normen  ihrer  Urtheile  vor  (IV,  25).  Nachdem  nun  Tir- 
quinius  Superbus  diese  Gesetze  wieder  aufgehoben,  ja  selbst  die 
bezüglichen  Tafeln   von   dem  Forum  entfernt  hatte  (IV,  43.  81),  w 


499)    Daneben    werden    aber  iudices  im  Civilprocesse ,    somit  der  iudex  und 
arbiter  der  leg.  a.  per  iud.  postulationem  bereits  unter  Romulus  in  II,  28  erwiM- 


#M>]  Leges  ibgiab.  803 

ßßtoäßn  nach  dessen  Vertreibung  dieselben  von  den  ersten  Consuln 

ifpjeder  in  Geltung  gesetzt  (V,  2  vgl.  A.  447). 

**hi.     Dagegen  aus  Valerius  ist  nach  §  24  entlehnt  die  Angabe:  Ser- 

^|ys  erliess  ungefähr  fünfzig  Gesetze  über  den  rechtsgeschäftlichen 

f  

jr  Jfiprkehr ,   wie   Über  Delicte,500    über  deren   Inhalt  zwar  Val.   selbst 
^jÜPfreres    berichtet,    Dion.    aber   das    Bezugliche   ausgelassen    hat501 

Ji^,     Rücksichtlich    der    historischen    Glaubwürdigkeit    dieser    beiden 

4j|£lgabeo   aber    und  insbesondere  der  von  Beiden   übereinstimmend 

r  geflüchteten  Thatsache  einer  von  Servius  ergangenen  Legislation  über 

*      Privatrecht  ist  nun  davon  auszugehen,  dass  Beiden  in  der  That 

Agende  Quellen  zu  Gebote  standen:   dem  Lic.   in  dem  consula- 

n  Archive  (bei  A.  4 SM),    woselbst  jene  Gesetze   sich    finden 

n,  dem  Val.  in  dem  Ius  Papirianum  (§  25),   in  welchem  die- 

Aufnahme  gefunden  hatten  (§  20).     Was  dagegen  die  Treue 

aus  solchen  Quellen  geschöpften   Uebei  lieferung   anbelangt,   so 

allerdings  den   Lic,   wie  Val.   gleichmassig  der  Vorwurf ,   die 

fundenen   historischen   Thatsachen  zur  Veranschaulichung,  wie 

des  Stoffes  vielfach  ausgeschmückt  und  mit  mannichfachen 

iLr  verziert  zu   haben:   Lic.  durch  Einkleidung  der  historischen 

ickelungen    und  Vorgänge    in   Wechselreden  der  als  handelnd 

rten  Personen  (S.  194  f.),  Val.  durch  Erfindung  von  Details 

Zahlen,  wie  besonderen  Zügen  der  Ereignisse  (S.  229  f.).     Allein 

dies  ist  doch  nur  ausschmückende  Zuthat,   nicht  aber  Vertäu- 

ng  des  Wahren  mit  dem  Falschen:  der  Kern  des  Wahren  bleibt 

nbar,  auch  wenn  er  mit  unachter  Hülle  umkleidet  oder  mit  fal- 

r  Detail-Zuthat  versehen  wird. 

Und  dann  wiederum  trifft  den  Lic.  insbesondere  der  Vorwurf, 
ils  gewisse  historische  Thatsachen  unterdrückt  (so  z.  B.  A.  415), 
ite  andere  historische  Thatsachen   in   ihrer  Tragweite  übertrieben 


r* 


500)  vopooc  aovaXXaxTtxoo;  und  nepl  täv  aStxij|Aatiov  •  wegen  aSfcijpa  vgl. 

I.  55  ad  E4.   (Collat.  II,  5,   1-    I.  Just.  IV,  4,  pr.) ;  wegen  awakkafpa.  vgl. 

Mmier,  Etrusker  P,   386  A.  99. 

f*.  504)   S.  A.  357.    Abweichend  von  Lic.  berichtet  Val.  bezüglich  des  Richter- 

ifttes  im  Allgemeinen,  dass  davon  durch  Romulus  den  Patriciern  überwiesen  war 

[,   9),    in  der  Ilaasse  nämlich,  dass  über  die  minder  wichtigen  (somit  nur  über 

rü-)   Sachen  'die  Senatoren  urt heilten  (II,    \  4) . 

▲tkand)  d.  K.  S.  G««*l)ttk.  d.  WiMtweh.  XVII  54 


804  Moirrz  Voigt,  J 

(so  z.  B.  A.  403),   Iheils   wiederum   mitunter  die  Vorgange,  ftofick 
dem  Val.    im   Detail   ausgemalt   (so  z.  B.  A.  383) ,    im   Allgemeiiei 
aber  die  historischen  Motive  entstellt  zu  haben :   die  Charactere  der 
handelnden  Personen,  wie  Partheien,  und  deren  Gründe,  wie  Zwecke, 
nicht    minder    die   Ursachen    und   Wirkungen  der    historischen  Vor- 
gänge und  die  Stellung  der  Individuen  denselben  gegenüber.    Ahn 
alle   diese  Entstellungen   der  Wahrheit  bewegen    sich    innerhalb  be- 
messener und   fester   und  leicht   erkennbarer  Grunzen:    nur  da  nid 
insoweit  greift  jene  die  Wahrheit  der  Geschichte  fälschende  Entstel- 
lung des  Lic.    ein,   als  der  historische  Vorgang   zur  Verherriicbwg 
der    Populären-  oder  zur  Herabsetzung  der  Optimaten-Parthei ,  nie 
des  sullanischen  Regimentes  verwerthet  oder  zu  dem  populäres  Pir- 
thei-Programme   in    die  Beziehung  gebracht  ist  eines  Beweisgrad» 
für  die  These,   dass   bereits   von   Alters    her   die    Forderungen  der 
Populären  eine  thatsüchliche  Verwirklichung  gerunden  hatten  (§  83). 

Da  nun  aber  weder  die  im  Einzelnen  berichteten  leges  regt«, 
noch  die  im  Ganzen  bekundete  privatrechtliche  Legislation  des  Ser- 
vius  mit  einem  verdächtigen  Detail  umkleidet,  wohl  aber  diese  letz- 
tere übereinstimmend  von  Lic,  wie  Val.  berichtet  wird,  so  liegt  tan 
Grund  vor,  an  der  Treue  der  Ueberlieferung  sei  es  bezüglich  jeacr 
ersteren  Gesetze,  sei  es  bezüglich  dieser  letzteren  Legislation  a 
zweifeln,  wenn  immer  auch  die  von  Lic.  berichtete  Aufhebung  «fe- 
ser letzteren  Gesetze  durch  Tarquinius  Superbus  den  Character  des 
Tendenziösen  und  somit  Verdächtigen  an  sich  trägt. 

Mit  der  weiteren,  von  Lic.  berichteten  Thatsache  aber,  tfaff 
nach  Vertreibung  der  Könige  eine  Republication  der  leges  regae 
durch  die  ersten  Consuln  erfolgte,  tritt  nun  in  Verbindung  eroestbeik 
die  in  §  19  erörterte  Thatsache,  dass  vor  dem  gallischen  Brande 
die  noch  gültigen  leges  regiae  durch  öffentliche  Aufstellung  den 
Volke  zugängig  gemacht  waren,  wie  anderntheils  die  in  §  20  fest- 
gestellte Thatsache,  dass  nach  Vertreibung  der  Könige  auch  gewisse 
königliche  Opfervorschriften  durch  öffentliche  Aufstellung  von  Neues 
publicirt  worden  seien,  woraus  allenthalben  sich  ergiebt,  dass  a 
Beginn  der  Republik  in  der  That  eine  Republication  ebenso  der  kö- 
niglichen Gesetze,  wie  der  Opfervorschriften  gleich  als  ein  zusam- 
menhangender und  einheitlich  planmässiger  Act  erfolgte. 

Dagegen   liegt  bezüglich   des   Zeitpunktes  von   solcher  Repubfi- 


^MM]  Lkgks  regiab.  803 

cation  ein  Widerspruch  vor  zwischen  Lic,  der  solche  in  das  J.  245, 
als  des  ersten  Consulates  verlegt,  und  andrerseits  zwischen  Val., 
der  nach  §  20  die  Republication  der  Opfervorschriften  dem  Caius 
Papirius,  der  doch  nicht  der  erste  pontifex  max.  war  (A.  307),  bei- 
misst,  sowie 

Pomp.  Ench.   (D.  1,  2,  2.  §  3):    exactis  deinde   regibus   lege  tribu- 
nicia,  omnes   leges   hae  (sc.  regiae)  exoleverunt  iterumque  coepit 
r    populus   romanus   incerto    magis   iure   et   consuetudine   aliqua    uti 
.{..quam  perlata  lege  (Hai.)  idque  prope  viginti  annis  passus  est. 

Und  zwar  ist  als  der  Zeitpunkt,  auf  welchen  die  approxima- 
jfjven  20  Jahre  des  Pomp,  hinweisen,  das  J.  260,  als  der  ersten 
Socession  der  plebs  anzuerkennen,  die  selbst  nach  moderner  Zahl- 
jpwfce  in  das  fünfzehnte,  nach  antiker  Zäh  (weise  aber  in  das  sechs- 
4tt)u&te  Jahr  nach  Vertreibung  der  Könige  varronischer  Aera  fällt,501* 
wo  Pomp.  cit.  aber  in  das  siebzehnte  Jahr  verlegt  wird502  und  sonach 
•pecht  wohl  unter  jenen  prope  viginti  anni  verstanden  sein  kann.*03 
:,,..  Indem  nun  gegenüber  solchem  Widerspruche  der  letzteren  Re- 
flation des  Val.  und  Pomp,  die  höhere  Glaubwürdigkeit  um  desswil- 
l$n  beizumessen  ist,  weil  bei  Val.,  wo  jene  Republication  an  die 
Pfiffeon  des  Caius  Papirius  angeknüpft  wird,  eine  speciellere  Vorquel- 
1»-Angabe  zu  Grunde  gelegen  hat,  so  ist  nun  aus  allen  jenen  Zeug- 
;M8sen  zu  entnehmen,  dass  als  eine  der  mehreren  Maassregeln,  welche 
die  Patricier  im  J.  260  bei  der  Secession  der  Plebs  zu  deren  Ver- 
höhnung in  Anwendung  brachten,  auch  eine  Republication  der  könig- 
lichen Criminal-,  wie  Civilgesetze  erfolgte  und  hiermit  zugleich  eine 
Republication   gewisser   königlicher  Opfervorschriften  Hand   in  Hand 

ging.004 


504*)    So  Cic.  de  Rep.   II,   33,   57.     p.  Com.  und  Asc.  in  h.  1.  67  Kiessl. 

►  I,   43. 

502)  Dig.  cit.  §  20 :  cum  plebs  a  patribus  secessisset  anno  fere  septimo  de- 
cfroo  post  reges  exactos;  und  ebenso  Lyd.  de  mag.  I,   38. 

503)  Diese  Beziehung  liebt  bereits  hervor  Osann ,  Pomp,  de  Or.  lur.  25  f. 
Wenn  dagegen  Bynkershoeck ,  praetermissa  ad  1.  de  Or.  lur.  in  Opera  omn.  I, 
285  bemerkt :  notat  Charondas  esse  codicem  ms. ,  qui  pro  XX  exhibel  LX ,  so 
ißt  zur  Würdigung  dieser  unbeglaubigten  Variante  das  S.  42  f.  Beigebrachte  zu 
vergleichen. 

504)  Vgl.  Schwegler,  a.  O.  II,  258  IT.;  andrerseits  wegen  des  Zeitpunktes 
nach  Vertreibung  der  Könige-  vgl.  dens.  II,   207  ff. 

54» 


806  Mobitz  Voigt,  ßt 


IV.  Die  Authentie  der  leges  regiae. 

§  27. 
Die  Beweisgründe  Ar  tie  Aatheatie  der  lege«  regiae. 

Die  Frage  betreffs  der  Natur  und  historischen  Stellung  der  tags 
regiae  kann  niemals  zu  einem  Zweifel  an  deren  Existenz  oder  <& 
tung.  führen :  denn  die  vollgültigsten  Zeugnisse  seh  Hessen  allen  Zwei- 
fel darüber  aus,  dass  geschriebene  Satzungen  existirten,  welche,« 
die  Ausdrucksform  von  leges  gekleidet,  als  leges  regiae  anerbot, 
wie  angewendet  wurden.     Denn  nicht  allein  bietet  ein  Zeugniss  Uv- 
für  die  von  Papin.  de  Adult.  mitgetheilte,  an  diesen  selbst  gcridfcfc 
consultatorische  Zuschrift  in  §  4 ,  in  welchem  Verhältnisse  eine  ge- 
wisse Vorschrift  der  lex  lulia  de  adulteriis  zu  einer  vernteiotfcfai 
collidii  enden  lex  regia  stehe,  sondern  es  wird  auch  die  Geltung  «4 
Anwendung  bezüglich  einzelner  Gesetze  durch  gleichzeitige 
bekundet:  bezüglich  des  Gesetzes  über  den  Kaiserschnitt  durch 
cell.  28  Dig.   (S.  73,  wozu  vgl.  A.  472),  bezüglich  des  Gesetz»  iher 
die   öffentliche  Alimentation  von  Drillingen  durch   Dion.  III,  22,  *- 
mit  also  durch   Licinius  Macer,   bezüglich  des  Gesetzes  wider  *■ 
incestus  der  Vestalinnen  durch  dessen  vielfache  Anwendungen,  wefete 
von   der  grauesten  Vorzeit  bis  in  die  byzantinische   Kaiserzeil  aA 
erstrecken    (A.  194.  198).     Und  endlich  wird  die  Anwendung  da 
Gesetzes   wider  das  Schlachten   des  Ackerthieres  wenn  auch  ihrd 
spätere  Zeugen:  durch  Plin.  und  Val.  Max.,  so  doch  an  einem  cm- 
creten  Criminalprocesse  bekundet  (S.  84). 

Allein  nicht  minder  wohl  beglaubigt  ist  auch  die  Authentie  jeaer 
Normen,  die  Thatsache  somit,  dass  die  als  leges  regiae  anerkannt 
und  angewendeten  Gesetze  in  Wirklichkeit  in  der  römischen  Küaip- 
zeit  als  Gesetze  erlassen  wurden. 

Denn  zunächst,  indem  diese  Thatsache  durch  die  in  §  47  xt- 
sammengestellten  Zeugen  bekundet  wird,  so  haben  wir  solchen  Zeug- 
nissen die  volle  Beweiskraft  um  desswillen  beizumessen,  weil  nach 
Maassgabe  von  §  25  den  Zeugen  selbst  eine  vollkommen  ausreichende 
Wissenschaft  über  die  bekundete  Thatsache  zur  Seite  stand. 


j 


^53]  Leges  regiae.  807 

Und  sodann  haben  wir  auch  der  von  der  römischen  Wissen- 
schaft, wie  Volksmeinung  ausgesprochenen  Anerkennung  jener  Authen- 
lie  die  Bedeutung  eines  vollgültigen  Zeugnisses  um  desswillen  bei- 
zumessen, weil  die  Wissenschaft  der  ausgehenden  Republik,  wie 
angehenden  Kaiserzeit  in  der  That  völlig  ausreichend  vorbereitet  und 
ausgestattet  war  zur  historischen  Kritik  über  die  Ueberlieferungen 
aus  den  älteren  Perioden  der  römischen  Geschichte,  gleichwohl  aber 
aus  jenem  Kreise  auch  nicht  ein  vereinzelter  und  noch  so  leiser 
Zweifel  an  der  Authentität  der  leges  regiae  geäussert  wird. 

Denn  indem  der  seit  dem  sechsten  Jahrhunderte  sich  vollzie- 
hende Verfall  der  altrömischen  Formen,  wie  Weseneigenthümlich- 
keiten  gegen  Ausgang  der  Republik  einen  beschleunigten  Verlauf, 
wie  eine  deutlichere  Ausprägung  gewann :  indem  die  alten  Staats- 
ordnungen immer  mehr  als  unhaltbar  sich  erwiesen,  und  der  alte 
Götterglaube  immer  tiefer  von  Zersetzung  ergriffen  ward ;  indem  das 
bürgerliche  Leben  in  allen  Regungen  des  Rrwerbens,  wie  Geniessens 
m  neue  Bahnen  einlenkte,  und  in  der  Familie  ganz  neue  Ordnungen, 
wie  Gepflogenheiten  Platz  griffen;  indem  das  Individuum  selbst  in 
seinem  Denken  und  Empfinden,  in  Sinnen  und  Trachten  mehr  und 
mehr  von  den  boni  mores  der  Väter  sich  abkehrte  und  zu  neuen 
Anschauungen  und  Maximen,  wie  Formen  sich  hinwendete;  indem 
mit  Einem  Worte  der  Hellenismus  immer  tiefer  und  allseitiger  das 
Römerthum  durchdringt,  zersetzt  und  wandelt;505  und  indem  wiederum 
die  altnationale  Opposition  wider  das  Hereinbrechen  jener  neuen  Zeit 
immer  deutlicher  als  machtlos  erkannt  ward,  ja  Cato  selbst  am  Ende 
seines  Lebens  den  lang  bekämpften  griechischen  Studien  sich  zu- 
wendete508; zu  diesem  Zeitpunkte  nun,  wo  von  dem  Untergange  das 
Erbe  der  Väter  bedroht  wird,  beginnt  jener  so  überraschende  Auf- 
schwung der  wissenschaftlichen  Forschungen  und  Studien  aller  alt- 
nationalen  Disciplinen  und  Ueberlieferungen,  geleitet  von  dem  Gefühl 
und  Bestreben,  das  von  dem  Untergange  Bedrohte  der  Erinnerung 
der  Nachwelt  zu  sichern  und  zu  bewahren.  Ausgehend  von  Cato 
und  ihren  Höhepunkt  gewinnend  in  Varro,  wendet  sich  die  Forschung 
ebenso   den  Sacral-,   wie  den  Staats-  und  Rechtsalterthümern ,   und 


505)  Voigt,   Ius  nat.   U,   635  ff. 

506)  Cic.  de  seo.   8,   26.     Plut.  Cat.  mai.   9. 


808  Moritz  Voigt,  [ttt 

ebenso  dem  Sprachlichen,  wie  den  Realien  zu,  die  so  gewonwia 
Ergebnisse  in  einer  Litteraiur  von  überraschender  Reichhaltigkeit  m- 
derlegend:    in    zahlreichen   theologischen,   kirchlichen    und  kuttet» 
rechtlichen  Schriften  (A.  309.  310),  wie  in  historisch  antiquarisch* 
Arbeiten  über  Staats-,   wie  RechtsalterthUmer,507  in    kritischen  Ab- 
gaben der  Dichter,  wie  in  sprachlich  antiquarischen  Untersachmgai 
aller  Art.506     Und   während  einerseits  solche  Forschung  das  MaterM 
Tür  diese  Arbeiten   in  den   mann  ich  fachen  Ueberlieferungen  ks  ehr 
Vorzeit   sucht,   wie  gewinnt:   in  monumentalen,   wie  institutiooefai 
Ueberlieferungen,509  in  den  staatlichen,  wie  priesterlichen  Archiven,5111 
in  den  in  Tempeln  aufgestellten  Staatsverträgen,  wie  Gesetzen  (x.  iL 
A.  1 80.  490) ,  in  den   alten  Familienau (Zeichnungen   (z.  B.  A.  tfl), 
wie  in  den  Ueberlieferungen  der  Nachbars tödte,510  so  werden  aodrw- 


507)  Vor  Allem  Cato's  origines  und  Varro's  antiquitates ,  de  vita  popoli  r*- 
mani,  res  urbanae  und  de  familiis  Troianis;  ausserdem  nameullich  des  C.  Sern- 
pronius  Tuditanus  libri  magist  natu  um ,  M .  Tunius  Gracchanas  de  potestaübus,  Q. 
Cosconius  actiones.  Dann  des  Granius  Flaccas  de  Iure  Papiriaao  und  dtt  Co»- 
mentare  der  XII  Tafeln  von  Sex.  Aelius  Paetus  Catus,  L.  AtUius,  Serv.  Solpicj* 
Ruf us,  M.  Antistius  Labeo. 

508)  So  namentlich  L.  Aelius  Stilo  interpretatio  carminum  Saliorum,  C  Ae- 
relius  Opilius  musae,  Ser.  Clodius  commentarii ,  Varro  de  LL.,  de  antiqoitate  B- 
terarum,  de  origine  linguae  latinae,  Santra  de  verborum  antiqoitate,  Veraai» 
priscae  voces,    C.  Aelius  Gallus  und  Verrius  Flaccus  de  verborum  significatu. 

509)  Die  Benutzung  solcher  Beweismittel  bekundet  z.  B.  Licin.  Macer  bei 
Dion.  III,  22  s.  §  15;  dann  vgl.  Liv.  IV,  20,  6:  titulus  spoliis  (sc.  opimts]  io- 
scriptus;    §  7:   in  thorace  linteo  scriptum  legisse. 

509a)  Verschiedene  Archive  waren  auf  dem  Capitole;  denn  so  ist  dasArctet 
der  Fetialen  im  Tempel  des  luppiter  Feretrius  zu  suchen,  wo  auch  der  tappte 
Lapis  Und  das  seeptrum  Iovis  aufbewahrt  wurden:  Paul.  Diac.  92 ,  i  ;  ebeaso 
muss  das  Versammlungslocal  (Cic.  de  Div.  I,  44,  90),  wie  Archiv  der  Aogura 
auf  der  arx  gewesen  sein ,  indem  hierhin  alle  Spuren  führen  ;  das  etgentficfce 
Staatsarchiv  war  im  capitolinischen  Tempel ,  dagegen  das  Archiv  der  Consoli  m 
Tempel  der  Iuno  Moneta:  S.  107.  Aus  diesen  Archiven  stammt  das  Material  in 
§4  8.     Im  Uebrigen  vgl.  A.  490.   492. 

510)  Auf  solche  Forschungen  stützten  sich  Cato's  origines  so  z.  B.  Sdwl. 
Veron.  in  Aen.  VII,  681.  Serv.  in  Aen.  VII,  678.  Solin.  II,  9;  dann  z.  B.  onl. 
Claudii  de  iure  bonorum  Gallis  dando  I,  15:  si  —  sequimur  —  Tuscos  (sc.  a*d*- 
res),  wozu  vgl.  Müller,  Etrusker  I2,  Hl  CT.;  Liv.  VII,  3,  7:  Volsinüs  quoqae 
clavos  indices  numeri  annorum  fixos  in  templo  Nortiae,  Etruscae  deae,  conparere 
diligens  lalium  monumentorum  auetor  Gincius  adfirmat;  Varr.  bei  Censor.  de  D. 
N.    17,   6:   in  Tuscis  historiis ;   LL.  VI,   3,   46:  in  Tusculanis  sacris  est  scriptum: 


&5]  Leg  es  regiae.  809 

Seils  wiederum  jene  Ergebnisse  in  den  maunichfachsten  Beziehungen 
und  im  Dienste  der  verschiedensten  Interessen  verwendet:  für  die 
Leistungen  der  Dichtkunst,511  wie  für  die  Werke  der  Geschichts- 
schreibung und  Grammatik  (A.  490.  492),  für  die  Fragen  des  Staats- 
rechtes,512 wie  für  die  Anwendung  des  Criminalrechtes,513  und  so 
denn  nun  auch  für  die  Handhabung  einer  wissenschaftlichen  histo- 
rischen Kritik.  Denn  in  der  Thal  hat  jene  Wissenschaft,  welche  mit 
solchem  Fleisse  und  Erfolge  an  die  Durchforschung  des  Alterthumes 
ging,  die  Kritik  ebenso  bei  ihren  Studien  erlernt,  wie  an  den  schrift- 
lichen Ueberlieferungen  der  früheren  Zeiten  auch  geübt*  und  wie 
einerseits  die  historische  Kritik  eines  Varro  an  den  Werken  des 
Plautus514  und  Anderer  wiederum  an  den  Werken  des  Sex.  Aelius 
Paetus  CatusMla  mit  Erfolg  sich  erprobte,  so  ist  andrerseits  solche 
Kritik  auch  geübt  worden  an  den  gefälschten  Büchern  des  Numa,515 


Vinum  novum  ne  vehatur  etc.  Cic.  de  Div.  II,  44,  85:  Praenestinorum  monu- 
neota  declarant;  Front,  ep.  ad  M.  Caes.  I,  4:  multi  libri  lintei  (sc.  Aoagniae 
sunt),  quod  ad  sacra  adlinct;  Serv.  in  Aen.  I,  17:  in  sacris  Tiburlibus  —  sie 
j>recantur:  Iuno  Curulis  etc.;  Fest.  266b,  26:  historiae  Cumanae  compositor, 
und  aus  solcher  Quelle  dann  das  Stück  bei  Dion.  VII,  3  —  44  ;  Dion.  II,  49:  l<rri 
8i  Tic  xai  aAAoc  uirep  rd>v  2aßtv<ov  iv  btoptat;  iTziywpiois  Asyofisvcx;  Xoyo;  *  dann 
A.  225  u.  a.  m.  Bei  Tzetzes  ad  Lycophr.  1446  liegt  folgende  römische  Königs- 
reihe zu  Grunde:  Romulus,  Pompelius,  Ostinius,  Ampus  Marcius,  Tarpinius  Pris- 
cus,  Orpinius  Tullius,  Tarpinius;  dieselbe  stammt  aus  oskischer  Quelle:  Müller, 
Etrusker  I2,  21  A.  60  und  zwar,  wie  der  Name  Orpinius  Tullius  ergiebl,  aus 
einer  von  den  römischen  unabhängigen  Quelle  :  Niebuhr  im  Rhein.  Mus.  I,  H  6  f. 

54  4)  Vgl.  die  Urtheile  des  Vettius  und  Flavianus  über  die  Kennt niss  des  Ver- 
gÜ  vom  Pontifical-  und  Auguralrechte  bei  Macr.  Sat.  I,   24,    16  f. 

512)  Sulla  berief  sich  in  der  Volksversammlung  auf  die  tccEi;  des  Servius 
Tullius:    App.  civ,   I,   59. 

543)  In  dem  Perduellionsprocesse  wider  C.  Rabirius  griff  der  Anklager  La- 
btenus  direct  auf  die  commentarii  Tarquinü  Superbi  zurück :  Cic.  p.  Rab.  perd. 
5,  15.  4,  43;  vgl.  S.  4  04.  Im  Processe  wider  den  Silanus  recurrirte  Kaiser 
Claudius  auf  die  leges  Tullii  Hostilii:   S.  79. 

54  4)    Ritschi,   Parerga  I,   73  IT. 

54  4a)   Voigt,  das  Aelius-  und  Sabinussystem  4  0. 

54  5)  Der  Beschluss  ihrer  Vernichtung  ist  das  Ergebniss  der  vom  Senat  ge- 
übten Kritik,  wie  schon  Bernhardy,  röm.  Litt.3  §  32  a.  £.  hervorhebt.  Allein 
auch  das.  Publicum,  welches  jene  Bücher  nicht  zu  Gesicht  bekam,  übte  nach  Hö- 
rensagen Kritik,  so  Liv.  XL,  24,  6:  libros  non  integros  modo,  sed  recentissima 
specie;  Cass.  Hemin.  bei  Plin.  H.  N.  XIII,  4  3,  86:  mirabaulur  alii,  quo  modo 
illi  libri  durare  possent. 


810  Moritz  Voigt,  l» 

wie  an   den  Uebertreibungeo  und  Unwahrheiten  der  laudationes  tt 
nebres.516    Und  indem  solche  Thatsachen  bekunden,  dass  die  wisset- 
schaflliche  und  historische  Kritik  keineswegs  eine  Prärogative  unserer 
eigenen  Gegenwart  ist,  so  leiten  dieselben  nun  auch  darauf  hm,  das 
ebenso  eine  Unächlheit  der  commentarii  des  Tarquinius,  auf  die  der 
Ankläger  des  Rabirius  sich   stützte  (A.  513),  von   dem  Vertheidiger 
zu  Gunsten  seines  Clienten  zur  Geltung  gebracht  worden  wäre,  wie 
auch  die  Unächtheit  der  leges  regiae  der  Kritik  •  nicht  entgangen  «a 
würde,   wenn   deren  Authentie  nicht  als  völlig  zweifelsfrei  sich  er- 
geben hätte. 

Wenn  daher  alle  jene  Thatsachen  den  vollen  Beweis  für  die 
Authentie  der  leges  regiae  ergeben,  so  werden  quo  überdem  jete 
Zeugnisse  durch  einen  weiteren  Beweisgrund  noch  bestätigt  und  be- 
stärkt: durch  den  Inhalt  nämlich  der  leges  regiae  selbst,  welcher 
deren  höheres  Alter,  als  der  XU  Tafeln,  mit  Bestimmtheit  ergiebt 
Denn  diesfalls  sind  die  ersteren  um  dess willen  der  vorrepublicanische» 
Periode  Rom's  zu  überweisen,  weil  die  legislatorische  Thäügkei 
jener  acht  und  fünzig  Jahre,  welche  zwischen  der  Einfuhrung  der 
Republik  und  dem  Erlasse  der  XII  Tafeln  inne  liegen,  ebensowohl 
eine  durchaus  vereinzelte  ist,  als  auch  auf  ganz  andere  Lebens-  und 
Rechtsgebiete  sich  erstreckt.517  Und  zwar  erhellt  jenes  höhere  Alter 
der  leges  regiae  aus  den  beiden  Momenten :  zunächst  dass  ein  TfaeH 
jener  ersteren  durch  die  XII  Tafeln  wieder  abgeändert  oder  auf- 
gehoben wurde,  die  Gesetze  nämlich  wider  die  Treu  Verletzung  des 
Patron  oder  Clienten  (S.  22),  wider  die  Kindes-Aussetzung  oder 
-Tödlung  (S.  25),  über  die  Ehescheidung  (S.  40  f.),  wider  das  pari- 
cidiuui  (S.  63)  und  wider  die  culpose  Tödtung  (S.  72);  sodann 
aber  auch   daraus,   dass  die   leges  regiae  den  Rechts-  oder  Cultur- 


516)  Cic.  Brut.  16,  22:  his  laudatioaibus  historia  rerum  uostrarum  est  beb 
mendosior :  multa  cnim  scripta  sunt  in  eis ,  quae  facta  non  sunt :  falsi  triumphi, 
plures  consulatus,  genera  etiam  falsa  etc.,  und  ähnlich  Liv.  VIII,  40,  4.  Wenn 
letzterer  beifügt :  inde  —  publica  monumenta  rerum  confusa,  so  ist  diese  Senleni 
bei  einem  solchen  Schriftsteller,  der  niemals  nach  einer  OriginalqueUe  forschte, 
wie  arbeitete,  der  vielmehr  gleich  dem  Dion.  lediglich  aus  den  Annalisten  schöpfte, 
mit  Zweifel  aufzunehmen.  Erkannte  man  übrigens  die  Unzuverlässigkeit  der  lau- 
dationes, so  waren  sie  der  historischen  Wahrheit  wenig  gefährlich. 

517)  Vgl.  Schwegler,  a.  0.  II,   207. 


*S7]  Lkges  regiae.  811 

zuständen  nicht  der  XII  Tafeln,  als  vielmehr  einer  früheren  Zeit  ent- 
sprechen. 

»        Denn  Letzteres  ist  der  Fall  zunächst  bezüglich  des  Gesetzes  über 
den  Kaiserschnitt,   welches   das  Beerdigen   des  Todten  als  die  allei- 
nige Bestattungsweise  kennt,  während  die  XII  Tafeln  bereits  daneben 
a*ch  das  Verbrennen  angeben,  in  der  Kaiserzeit  aber,    welcher  der 
Zeuge  für  jenes  Gesetz,  der  Jurist  Marcellus  angehört,   das  letztere 
Allein   noch  Sitte   war  (A.  167 — 169);    nicht   minder   bezüglich   des 
Gesetzes  wider  das  Schlachten  des  Ackerthieres ,    welches,  der  Zeit 
des  Ueberganges  aus  der  Viehwirthschafts-  in  die  Agricultur-Periode 
angehörend  (A.  206),  somit  älter  ist  als  die  XII  Tafeln,  wo  solcher 
Uebergang  sich  bereits  vollzogen  hat;  wie  endlich  bezüglich  des  Ge- 
setzes wider  die  Treuverletzung  des  Patron  oder  Clienten,  welches, 
viel   weiter  greifend,  als  die  XII  Taf.   und   zwar  ebenso  in  thatbe- 
« stand  1  icher  Beziehung:  indem  es  nicht  bloss  das  fraudem  facere  d.  h. 
die  Vermögensschädigung  (A.  39),    sondern  jedwede  Treuverletzung 
bedroht,   wie   auch   in   subjectiver   Beziehung:    indem   es   nicht  nur 
Seitens  des  Patrones,   sondern  auch  Seitens  des  Clienten  die  verbo- 
tene Handlung  reprimirt,  hierin  der  ältesten  Rechtsordnung  allein  des 
Verhältnisses    zwischen   Patron   und   Clienten    entspricht.     Denn    vor 
den  XII  Tafeln   fehlt  dem  Clienten  die  directe  Rechts-  und  Process- 
Fähigkeit:   er  ist   wegen  seiner  Rechtsgeschäfte,   wie  Klagen  an  die 
Vermittelung  des  Patrones,  als  seines  lüpoordrqc  angewiesen;518  und 
dieser  Ordnung  entspricht,  dass  man  ebenso  dem  officium  gegen  den 
Clienten  eine  hohe  Rangstellung  einräumte,519  als  auch  jedwede  Treu- 
verletzung zwischen  Patron  und  Clienten  als  Verletzung  von  solchem 
officium  auffasste;  dagegen  durch  die  XII  Taf.  erhielten  die  Clienten 
ebenso  das  commercium,   als  auch,  wie  der  Process  um  die  Vergi- 
nia  ergiebt,  die   directe   persona  standi   in  iudicio,    und  bei  dieser 
Ordnung  nun   genügte   das   Verbot  des  fraudem   facere  Seitens  des 
Patrones  allein. 

Diese  Beweismomente  aber  finden  endlich  auch  noch  eine  Un- 


54  8)  Vgl.  Becker,   röm.  Alterth.   II,    1,   U8.     Voigt,   lus  nat.   II  A.   34. 

519)  In  der  Rangordnung  der  officia  nimmt  es  die  vierte  Stelle  ein:  nach 
dem  ofticium  zwischen  hospites  und  vor  dem  zwischen  cognati:  Voigt,  a.  0.  III 
A.    «87. 


812  Moritz  Vom,  [ 

terstützuog  durch  den  Archaismus  höchsten  Alters,  der,  von  spatere 
Modernisirung  verschont,  mehrfach  in  den  in  directen  Worten  ober- 
lieferten leges  regtae  hervortritt.  Und  dies  nun  ist  der  Fal  Bit 
folgenden  fünf  Formen: 

a.  paricidas  in  der  lex  Numae  S.  55,  welches  neben  hostican* 
hei  Paul.  Diac.  102,  13  das  einzige  Beispiel  ist,  wo  das  Masedt- 
num  eines .  a- Stammes  seine  im  Sanscrit  und  Griechischen,  wie  ver- 
einzelt auch  im  Oskischen  erhaltene  Nominativ-Endung  auf  as  «4 
bewahrt  hat;520 

b.  ipsos  in  der  lex  Numae  S.  73,  eine  Nominativ-Form,  welche ' 
zwar,  an  ein  voran fgehendes  u  oder  v  sich  anfügend,  niemals  aasnr 
Uebung  gekommen   ist,   welche  aber  in  allen  übrigen  Folien  bereit! 
um  das  J.  520   unterging,  und  von  welcher  endlich  Air  das  proae- 
men  demonstrativum  kein  zweites  Beispiel  erhalten  ist;521 

c.  aliuta  in  der  lex  Numae  S.  73,  eine  Adverbial-Form,  welche 
ebensowohl  hier  allein  bekundet  wird,  wie  aber  auch,  gebildet  darch 
Anfügung  eines  adverbialen  a  an  den  auf  t  auslautenden  Nom- 
nativ  des  Neutrum ,  eine  einzige  Parallelbildung  in  dem  Worte  it 
findet;5» 

d.  estod  in  der  lex  Romuli  S.  41,  eine  Form,  welche  bisher 
ganz  isolirt  stand  und  lediglich  in  den  oskischen  estud,  deivaUnt 
likitud,  licitud,  actud,  factud  eine  Analogie  fand,  zu  der  jedoch  jeM 
die  so  merkwürdige  Inschrift  von  Lucera  in  Ephem.  epigr.  II,  205 
die  Imperative  estod,  [li]cetod,  fundatid,  parentatid,  proiecitad  bei- 
fügt ; 523 


520)    Vgl.  Bücheier,  Grund r.   der  lai.   Declination  69. 

52  t)  Wir  kennen  nur  die  Formen  ipsus,  istus,  ollus:  Neue,  Formenlehre 
II2,  202.  209.  210;  im  Uebrigen  vgl.  Bücheier,  a.  O.  10  f.  13;  im  Rhein.  M*. 
IX,   464  ff. 

522)  Denn  auf  jene  lex  Numae  beziehe  ich  auch  die  Glosse  im  codex  Am- 
brosia nus  B  36  (worüber  vgl.  Löwe,  prodrom.  corp.  gloss.  179  und  VII):  aliuta: 
idiud,  amplius,  s.  Löwe,  1.  c.  432.  Im  Uebrigen  vgl.  Neue,  a.  O.  641.  For 
aliuta  treten  ebenso,  wie  für  die  fehlenden  istuta,  quita,  aliquita  ein:  alio,  feto, 
quo,  aliquo  pacto,  so  sehr  häufig  bei  Plaut,  und  so  auch  quo  pacto  in  der  mo- 
dernisirten  Fetialformel  bei  Liv.   I,   32,    4  0. 

523)  Wegen  des  Oskischen  vgl.  Enderis,  Formenlehre  XXIX;  wegen  des 
Lateinischen  Ritschi,  neue  plautin.  Excurse  100  ff.  Von  der  nicht  sicher  gedeu- 
teten  Form  facitud  in  C.   I.   L.   1  no.  813  sehe  ich  ab  s.   Ritschi,   a.  O.    100. 


S59]  Legbs  regiae.  813 

e.  verberit  in  der  lex  Numae  S.  75,  eine  Form,524  zu  deren 
richtiger  Beurtheilung  von  Folgendem  auszugehen  ist.  Die  XII  Ta- 
feln sowohl,  wie  auch  die  leges  regiae  befolgen  durchgreifend  das 
synthetische  Gesetz,  dass 

1.  dafern  der  Vorder-  oder  Nachsatz,  welcher  den  vorausge- 
setzten, legislativ  normirten  Thatbestand  definirt,  mit  der  coniunctio 
condicionalis  si  oder  ni  oder  ast  (d.  i.  at  si)  eröffnet,  so  folgt  das 
regierende  Zeitwort  im  Indicativ  sei  es  praesentis,  sei  es  perfecti, 
sei   es   futuri  primi ,   so  z.  B.  in  den  XU  Tafeln  tab.  I,  1 :  si  in  ius 

vocat, ;   ni  it;    IV,  3:    si  os  fregit;   IV,  4:   si   iniuriam  faxsit; 

X,  9:  ast  im  cum  illo  sepeliet;525  und  diesem  Gesetze  entsprechen 
auch  die  leges  regiae  S.  55:  si  qui  hominem  liberum  dolo  [malo] 
sciens  mortt  duit  und  S.  73 :  si  quisquam  aliuta  faxit,  sowie  die  Cul- 
lusvorschriften  S.  8:  si  tangit  und  S.  10:  si  hominem  fulmen  lovis 
occisit ; 5M 

2.  dafern  jedoch  der  Vorder-  oder  Nachsatz,  welcher  den  vor- 
ausgesetzten, legislativ  normirten  Thatbestand  definirt,  mit  dem  pro- 
namen  relativum  eröffnet,  so  folgt  das  regierende  Zeitwort  im  Con- 
janetiv,  so  in  den  XII  Taf.  II,  3:  cui  testimonium  defuerit;  VIII,  7: 
qoi  fruges  excantassit;  XIII,  26:  qui  malum  carmen  incantassit,  wie 
auch  X,  7:  qui  coronam  parassit,527  während  die  leges  regiae  kein 
bezügliches  Beispiel  bieten; 

3.  dafern  dagegen  si  nicht  einen  Vorder-  oder  Nachsatz,  son- 
dern  einen  Zwischensatz   einführt,    folgt  das  regierende  Zeitwort  im 


524)  Für  die  Richtigkeit  der  Form  bürgt  der  Text:  verberitas  tolle  ploras 
sit  (s.  A.  473)  :  der  Abschreiber  copirte  ohne  Sinn  und  Verstand  und  einen  ihm 
ganz  unverständlichen  Satz. 

625)  Alles  üebrige  s.  bei  Voigt  in  Berichten  d.  Ges.  phil.-hist.  Cl.  4  872 
S.  87  f.  Es  ist  daselbst  die  Form  duvit  in  tab.  IV,  2  nach  Maassgabe  der  neuen 
Collation  von  Gai.  I,  4  32  in  duit  zu  verbessern,  da  für  duvit  hier  der  Raum 
fehlt:  s.  A.  4  28,  und  das  davit  bei  Ulp.  X,  4  nicht  dagegen  entscheiden  kann. 
Sodann  ist  tab.  V1H,  14:  si  telum  manu  fugit  aus  Versehen  unter  die  Praesentia 
gestellt  worden. 

526)  So  auch  die  Interpretation  des  Granius  Flaccus:  homo  si  fulmine  occi- 
sus  est:  s.  §  20  a.  E. 

527)  Vgl.  Voigt,  a.  0.  88  A.  4  15,  woselbst  in  Folge  eines  Druckfehlers 
parsit  statt  parassit  stehen  geblieben  ist.  Dagegen  ist  VIII,  22  :  qui  se  sierit  testa- 
rier  etc.  daselbst  nicht  richtig  eingeordnet* 


814  Moinz  Voigt,  (M 

Conjunctiv,   so   in   den  XII  Tafeln   tab.  XII,  4:   si    vindiciam  übm 
tulit,  si  vefit  is,  [praejtor  arbitros  tris  dato; 

4.    da  fern   endlich  das  pronomen  relativum  nicht  einen  Vorder- 
oder  Nachsatz,   sondern   einen  Zwischensatz  einführt,   so  folgt  d» 
regierende  Zeitwort  im  Indicativus  praesentis  oder  perfecti  oder  (t- 
turi,   bedingt  durch  die  Function,   welche  in   dem  Gesetze  solcher 
Zwischensatz  versieht,  so  in  den  XII  Tafeln  tab.  I,  3:  si  morbus  — 
escit,   qui   in  ius  vocavit,   iumentum  dato;   111,  4:  ni  suo  vivit,  qw 
eum  vinctum  habebit,  libras  farris  endo  dies  dato;   V,  4:  si  mtestato 
uioritur,  cui  suus  heres  nee  escit;  VII,  5:  ni  sam  dilapidates  sont® 
qua  volet,  iumenta  agito;   VIII,  46:   si  adorat  furto,  quod  nee  mani- 
festum  erit;    VIII,  22:  qui  se  sierit  lestarier  libripensve  fuerit,*9  ni 
testimonium  fariatur;   X,  9:   cui  auro  dentes  iuneti   eseunt,  ast  im 
cum  illo  sepeliet. 

Dem  Gesetze  unter  1  unterfällt  nun  die  lex  Numae  S.  75:  a 
parentem  puer  verberit,  ast  olle  plorassit,  puer  Divis  parenteral  sawr 
esto,  demgemäss  daher  die  doppel-deutige  Form  plorassit  hier  lkfct 
als  Conjunctiv  ^  sondern  als  Indicativus  perfecti  zu  nehmen  aad 
dementsprechend  der  gleiche  Modus  und  das  gleiche  Tempus  aaefc 
für  die  Form  verberit  festzuhalten  ,53!  demnach  aber  diese  Form  a 
erklären  ist  als  Perfect  von  einem  hier  allein  bekundeten  Zeitworte 
verbero,  verberi,  verbere,  flectirend  nach  Analogie  von  verro,  verri, 
verrere.  » 

Zu  Alle  dem  tritt  endlich  noch  das  S.  44  erörterte  archaische 
obambulare,  wogegen  bei  Weitem  weniger  diesen  Character  an  sich 
tragen  das  substantivische  Divi  S.  41.  75,  sowie  olle  S.  75. 

Was  endlich  die  Ueberweisung  der  leges  regiae  hn  die  eiozd- 
nen  Könige  betrifft,  so  lässt  sich  solche  nur  auf  das  Ius  Papiriamin 
zurückführen,532  und  ist  diesfalls,  da  nach  Pomp.  Encb.   (D.  I,  2,  i 


588)   Vgl.   Voigt,   a.   0.   90. 

529)  Sierit  und  fuerit  sind  futura  exaeta,  nicht  perfecta. 

530)  In  den  XII  Tafeln  ist  allerdings  solche  Form  nur  als  Conjunctiv  uai 
zwar  nur  als  Perfect  um,  nie  als  Futurum  vorkömmlich :   Voigt,  a.   O.  A.  Hl. 

534)  Demnach  sind  zu  verwerfen  die  Annahmen  von  Müller,  Fest.  393  oad 
Neue,  a.  0.  II2,  442  verberit  sei  Conjunctiv,  wie  von  Cofssen»  Aussprache  IP, 
404  f.  Anm.  und  Scholl,  XII  tab.  fragm.  90,  es  sei  Indicativus  praesentis  voa 
resp.  verberi re  oder  verbere. 

532)  So  auch  Dirksen,  Versuche  248. 


SM]  Lkgbs  regia«.  84  5 

§2):  non  Papirius  de  suo  quicquam  ibi  adiecit,  sed  leges  sine  or- 
dine  in  unura  composuit,  als  uralt  anzuerkennen.  Die  bemerkens- 
werihe  Thatsache  aber,  dass  den  beiden  Tarquiniern  allein  keine  lex 
beigemessen  ward,  refleclirt  auch  bei  Licinius  Macer:  deqn  Tarqui- 
nius  Priscus  vernachlässigte  die  leges  (Dion.  IV,  10),  während  Tar- 
quinius  Superbus  dieselben  aufhob  (Dion.  IV,  43.  81). 


§  28. 

tte  Bedeakea  der  mdernea  Kritik  gegea  die  Aatheatit  der  lege« 

regiae,  wie  lies  In  Papiriaaw. 

Die  historische  Kritik  der  leges  regiae  eröffnet  mit  Dirksen,  Bei- 
trage 234  ff.,  welche,  im  J.  1823  publicirt,  die  Zeichen  ihrer  Zeit 
im  Guten,  wie  im  Uebelen  an  sich  tragen:  gefesselt  von  dem  über- 
wältigenden Eindrucke,  welchen  Niebuhr's  epochemachende  Geschichts- 
schreibung hervorrief,  übt  der  Verfasser  zwar  Kritik,  allein  mit  Ein- 
seitigkeit und  Voreingenommenheit  gegen  die  Glaubwürdigkeit  der 
Ueberlieferungen  über  die  ältesten  Zeilen.  So  daher  ausgehend  (S.  234) 
von  dem  Satze,  dass  zwar  das  XII  Tafelgesetz  seiner  Entstehung 
nach  einem  vollkommen  historischen  Zeitraum  der  römischen  Ge- 
schichte angehöre,  dagegen  die  leges  regiae  dem  grösseren  Theile 
nach  in  die  vorhistorischen  Zeiten  fallen,  wird  die  Kritik  nicht  ge- 
richtet auf  Prüfung  der  Aechtheit  jener  leges  nach  Grund,  wie  Ge- 
.gengrund,  als  vielmehr  auf  Darlegung  von  deren  vorausgesetzter 
Unächtheit.  Und  solches  Ergebniss  der  Dirksen'schen  Kritik  hat 
dann  wiederum  einen  maassgebenden  Einfluss  auf  die  jüngere  For- 
schung behauptet  in  der  Maasse,  dass  selbst  ein  gewissenhafter  und 
gelehrter  Forscher,  wie  Seh  wegler,  röm.  Geschichte  I,  24  der  Man- 
gelhaftigkeit seines  Unächtheits-Beweises  gegenüber  alle  Bedenken 
mit  der  Bemerkung  zu  beschwichtigen  sucht:  »auf  alle  Fälle  ist 
an  die  Authentie  dieser  sogenannten  königlichen  Gesetze  nicht  zu 
denken.« 

Die  Gegenbeweisgründe  selbst  aber,  welche  zunächst 

A.  gegen  die  Authentie  der  leges  regiae  vorgebracht  werden, 
sind  folgende: 

a.   von  Dirksen,  a.  0.  235  ff.:   die  Mittheilungen  unserer  Quel- 


846  Moiirc  Voigt,  (M 

len  über  die  leges  regiae  sind  einzig  und  allem  aas  dem  los  Papiräm 
geflossen;  dieses  letztere  aber  ist  eine  Quelle  später  Zeit  Ahn 
beide  Positionen  sind  unwahr,  wie  sich  aus  §  25,  resp.  in  Verö- 
dung mit  der  Darlegung  unter  B  ergiebt; 

b.  von  Schwegler,  a.  0.  25  ff.:538  die  Authentie  der  leges 
wird  widerlegt  duroh  die  Quellenzeugnisse:  denn  dem  Romains 
den  leges  abgesprochen  von  Tac.  III,  26  und  Pomp.  Ench.  (D.  I,  2, 
2.  §  1),  dem  Numa  von  Cic.  de  Rep.  V,  2,  3,  den  Königen  im  Al- 
gemeinen von  Dion.,  indem  nach  X,  1  vor  den  XII  Tafeln  das  gan» 
Recht  in  den  Ueberlieferungeu  dpr  juristischen  Praxis  bestand*  api 
nach  X,  57  die  Gesetze  der  XU  Tafeln  theüs  aus  griechischen  Ge- 
setzgebungen ,  theils  aus  dem  einheimischen  Gewohnheitsrechte  ge- 
schöpft wurden.     Allein 

aa.  wenn  Tac.  cit.  (s.  §  26)  allerdings  das  thema  probandi 
bezeugt,  so  wird  doch  dasselbe  durch  solches  Zengniss  nicht  ohae 
Weiteres  bewiesen:  denn  es  ist  um  so  mehr  vor  Allem  die  Glaub- 
würdigkeit solchen  Zeugnisses  festzustellen,  als  andere  Zeugen  Am 
directe  Gegentbeil  bekunden.  Dann  aber  ergiebt  sich,  daes  die  fes- 
teren besser  instruirt  sind,  als  Tac. ; 

bb.  Pomp.  cit.  sagt  gar  nicht  das  aus,  wofür  er  als  Zeuge  pro- 
ducirt  wird:  er  sagt  lediglich:  der  römische  Staat  war  von  Anfing 
an  ohne  Gesetze; 

cc.  Cicero  besagt  das  directe  Gegentbeil:  Numa  erliess  schrift- 
lich vorhandene  Gesetze:  s.  §  26; 

dd.  Dion.  X,  4  besagt  das  directe  Gegentbeil:  quo'  ev  7p*p«; 
anravxa  xä  Öfxaia  xexa^(\ii^a :  nicht  alles  Recht  war  geschriebenes,  so- 
mit also  doch  ein  Theil  desselben; 

ee.  Dion.  X,  57  ergiebt  lediglich,  dass  die  leges  regiae  nicht 
in  die  XII  Taf.  aufgenommen  wurden,  somit  ein  ebenso  wahrer,  wie 
für  das  Beweisthema  irrelevanter  Satz; 

c.  von  Rubino,  Untersuchungen  über  die  röm.  Verfassung  409: 
eine  Gesetzgebung  ist  das  spate  Erzeugniss  grosser  politischer  Er- 
schütterungen  und  zugleich   das  Zeichen   einer  vorgerückten  CulUr. 


533)  Ein  zweites,  der  lex  über  die  spolia  opima  entnommenes  Argon** 
S.  26  f.  gehört  nicht  hierher,  da  diese  lex  nicht  Rechtsgesetz,  sondern  Coltos- 
verordnung  ist:  §  2.     Es  widerlegt  sich  jedoch  dasselbe  durch  §   18. 


263]  Lkgks  rkgue.  847 


die  leges  regiae  sind  gar  nicht  eine  Gesetzgebung,  sondern 
Summe  einzelner,  auf  eine  lange  Periode  sich  vertheilender  Ge- 
setze; sodann  ist  die  römische  Königszeit  in  der  That  im  Besitze 
einer  vorgerückten  Cultur:  theils  als  Angebinde  empfangen  von  La- 
tium,  theils  weiterhin  entlehnt  von  Latium,  Etrurien,  wie  Grossgrie- 
chenland;  und  endlich  die  lex  Saliga  folgte  sehr  bald  der  Sesshafl- 
-machung  der  Franken; 

d.  von  Rein,  Criminalrecht  48:  die  römischen  Könige  sind  my- 
thische Personen.  Allein  dieser  Satz  ist  theils  unerwiesen,  theils 
feeweisunkräftig,  sobald  man  nicht  zugleich  die  Wirklichkeit  der  Kö- 
nigs-Zeit, wie  -Herrschaft  selbst  negirt:  denn  Minos,  wie  Theseus 
smd  in  der  That  mythische  Personen  und  gleichwohl  ist  die  histo- 
rische Existenz  der  auf  dieselben  zurückgeführten  Gesetze  und  Insti- 
tutionen' unbestreitbar; 

e.  von  Rein,  a.  0.  48:  die  leges  regiae  waren  auf  Holztafeln  ver- 
zeichnet und  so  nun  im  gallischen  Brande  untergegangen.  Allein  dieser 
Satz  ist  theils  unerwiesen:  es  widerspridht  ihm  direct  Liv.  VI,  1,10, 
theils  beweisunkräftig :  denn  theils  sind  andere  Aufzeichnungen  der 
leges  regiae  (§  18.  20)  ganz  unabhängig  von  dem  Schicksale  der 
Gesetzestafeln,  theils  würde  damit  auch  die  Nicht-Authentie  aller  vor 
dem  J.  365  uns  bekundeten  leges  und  so  insbesondere  auch  der 
XII  Tafeln  bewiesen  sein; 

f.  von  Rein,  a.  0.  48:  hotten  zur  Zeit  der  XU  Tafeln  leges  re- 
giae existirt,  so  hätte  die  Plebs  nicht  über  Rechtsungewissheit  sich 
beschwert.  Allein  die  leges  regiae,  weil  keine  Codification  des  ge- 
rammten Rechtes,  schliessen  die  Thatsache  einer  Rechtsunsicherheit 
gar  nicht  aus; 

g.  von  Rein,  a.  0.  50 :  die  römischen  Annalisten  sind  unglaub- 
würdige Zeugen.  Allein  in  dieser  Allgemeinheit  des  Urtheiles  ist  der 
Satz  unerwiesen,  vielmehr  sind  dieselben  über  zahlreiche  Punkte  der 
römischen  Geschichte  durchaus  glaubwürdige  Zeugen; 

h.  von  Schwegler,  a.  0.  35  f.:  die  Römer  sind  erst  zur  Zeit 
des  alteren  Tarquinius  in  den  Besitz  der  Schreibkunst  gekommen, 
daher  ist  eine  ausgedehntere  Anwendung  derselben  für  die  ganze 
Königszeit  noch  nicht  vorauszusetzen.  Allein  dieser  Satz  ist  unwahr: 
von  der  Gründung  der  Stadt  an  sind  die  Römer  im  Besitze  der 
Schreibkunst  gewesen.     Denn 


848  Mram  Vo«r,  [*4 

aa.    Latium,    benachbart   mit  Etrurien   und   Grossgrieeherioi, 
mosste  bereits  tot  der  Gründung  Roms  von  beiden  Staaten  die 
weit  filtere  Schreibkonst  empfangen  und  so  nun  auf  Rom 
haben;534 

bb.  diese  Thatsache  findet  ihre  Bestätigung  durch  die  Fond»' 
gen  des  Pater  Luigi  Bruzza,  sopra  i  segoi  incisi  nei  maasi  dette 
antichissüne  di  Roma,  Roma  4876.  Denn  indem  von  de 
denen,  von  demselben  analysirten ,  mit  Buchstaben  versehenen  Mo- 
numenten namentlich  die  Mauer  des  Servias  Tullius  und  eine  mM 
noch  altere,  auf  dem  Esquilin  gefundene  Trinkschale  bekunden,  das 
bereits  in  der  Königszeit  Buchstaben  ebenso  als  Steinmetzzeichea  n 
die  Werkstücke  eingegraben ,  wie  auch  auf  Hausgeschirr  eingekriU 
wurden,  so  ergiebt  dies  zugleich  den  Beweis,  dass  damals  die  Schreit» 
kunst  bereits  längst  in  dem  Besitze  der  Vornehmen  gewtbea  mt 
hier  kn  Dienste  wichtigerer  Zwecke,  wie  höherer  Interessen  verwendet 
worden  ist; 

cc.  bei  allen  Völkern,1  bei  denen  ein  institutionell  ausgebildete 
Priesterthum  sich  findet,  ist  die  Schreibkunst  zum  Mindesten  ak  prie- 
sterliche Fertigkeit  ebenso  vorhanden,  wie  auch  unentbehrlich  ak 
eines  der  mehreren  Mittel  im  Dienste  der  priesterlichen  FimctioaflL 
Und  diese  Unentbehrlichkeit  war  zu  Rom  gewissermaassen  eine  po- 
tenzirte  sowohl  in  Folge  des  Religionssystemes  des  Numa :  deoB  dfe 
vielen  Hunderte  von  Indigitationsbezeichnungen  der  Götter  konntet 
unmöglich   dem   Gedächtnisse  allein  anvertraut   sein,535   als  auch  in 


534)  Vgl.  Plin.  H.  N.  XVI,  44,  237:  veluslior  —  urbe  in  Valien*  in, 
in  qua  titulus  aereis  litieris  Etruscis  religione  arborem  iam  tum  dignam  tuest 
significai;  und  dann  wieder  Cic.  de  Rep.  II,  10,  48:  Romuli  —  aetatem  — «■ 
inveteralis  litieris  alque  doctrinis  omnique  illo  anliquo  ex  inculla  hommafl)  fto 
errore  sublato  fuisse  ceraimus. 

535)  Cic.  de  Rep.  II,  14,  27:  sacrorum  —  ipsoram  diligentiam  diffidfea, 
apparalum  perfacilem  esse  voluit  (sc.  Numa) :  nam  quae  perdisceuda  quaeqve  ta- 
servanda  essent,  multa  conslituit,  sed  ea  sine  inpensa.  Sic  religionibus 
operam  addidit,  sumlum  removil ;  Aug.  C.  D.  IV,  8 :  qoando  aatem  posraat 
loco  libri  huius  commemorari  omnia  nomina  deorum  ei  dearum,  qua«  Uli  (sc. 
mani)  grandibus  voluminibus  vix  comprehendere  poiuerunt  singoits  rebus 
dispertientes  officia  numinum ?  Ambrosch .  de  sacris  Rom.  libris  II:  ut  propt- 
modum  cuncla  sacerdotia  Romana  mullo  sunt  ante  reges  exaetos  coostitat»,  sie 
plane  abhorret  a  veri  similitadine,  aelatibus  regutn  novissimorum,  quibus 
Romae  scribendi  ars  nee  ignola  fuit  neque  publice  non  usurpata,  sacri  iuris 


•#j 


*W]  Lbgrs  rkgiae.  819 

folge  der  im  römischen  Rechte  adoptirten  verbi  ratio:  denn  die 
«•hlreichen  Formeln  solenner  Acte,  welche  bei  Vermeidung  der  Nich- 
tigkeit und  resp.  des  piaculum  verbo  tenus  zu  reproduciren  waren, 
konnten  ebensowenig  der  schriftlichen  Vorlage  entbehren;536 

dd.  dementsprechend  bcsass  noch  die  spätere  Republik  zahl- 
reiche Aufzeichnungen  aus  der  Königszeit:  die  sibyllinischcn  Orakel, 
vtotche  mehrere  Bücher  füllten,  die  Cultus-  und  Ritual-Bücher  des 
König  Numa  (§  26  z.  A.),  wie  mannichfache  politische  Documente, 
*»  den  in  eine  Säule  eingegrabenen  Friedensvertrag  des  Romulus 
vrik  den  Vejentern  (Val.  Ant.  bei  Dion.  II,  55),  den  in  gleicher  Weise 
verzeichneten  Bundesvertrag  des  Tullus  Hostilius  mit  den  Sabinern  (Val. 
Art.  bei  Dion.  III.  33.  Hör.  Ep.  II,  4,  23  ff.)  u.  a.  m.537 
"  Und  wenn  hiernach  ein  Zweifel  nicht  begründet  ist,  dass  von 
Bomulus**8  ab  die  römischen  Könige  ebenso  Staats-Annalen  führten 
(A<.  256),  worin  sie  ihre  Kriegsthaten  und  Triumphe  verzeichneten, 
trie  commentarii  abfassten  (A.  512.  513),  worin  sie  insbesondere 
ihre  Gesetze  eintrugen,   so   ergeben   somit  die   historischen  Verhält- 


» » 


que  disciplinarum ,  in  quibus  ex  sententia  populi  Romani  salus  tarn  publica  quam 
privata  verteretur,  ne  rudimenta  quidem  monumentis  servala  esse  atque  Iradita. 
Aecedit  quod  apud  Romanos  artes  sacerdotales,  quamquam  natura  sua  minime  com- 
— ilubites,  tarnen  haudquaquam  in  rudimentis  persisterunt. 

536)  Voigt,  las  nat.  III  §  %  ff. 

537)  Vgl.  Teuffei,  röm.  Litteratur3  §  68.  Im  Allgemeinen  vgl.  Suet.  Vesp. 
8  u  aerearum  —  tabularum  tria  milia,  quae  simul  conflagraverant,  restiluenda  susce- 
pit,  undique  investigatis  exemplaribus :  instrumentum  imperii  pulcherrimum  ac 
▼etustissimum ,  quo  continebantur  paene  ab  exordio  urbis  senatus  consnlta?  plebi- 
seita  de  societate  et  foedere  ac  privilegio  cuicumque  concessis;  sowie  Bruzza, 
».  O.  48  ff. 

538)  Verg.  I,  276  f.  sagt:  Romulus  —  Romanos  —  suo  de  nomine  dicet; 
und  dazu  bemerkt  Serv.  in  b.  1.:  perite  non  ait  Romam,  sed  Romanos;  urbis 
enim  illius  verum  nomen  nemo  vel  in  sacris  enuntiat;  somit  also:  weil  der  offi- 
oieüe  Name  der  Urbs  nicht  Roma,  sondern  anders  lautete,  Roma  vielmehr  nur 
ein  Spitzname  ist,  ist  nicht  Romulus  nach  Roma  oder  Romani,  sondern  sind  viel- 
mehr Roma  und  Romani  nach  Romulus  benannt;  und  so  nun  auch  Serv.  I.  c.  I, 
173 :  Sibyila  Ha  dicit:  '  Po>u.otoi  *  Pcopoo  iratSec,  und:  a  Romi  nomine  Romani 
appeUati;  ut  autem  pro  Romo  Romulus  diceretur,  blandimenti  genere  factum  est. 
Diesen  völlig  evidenten  Sachverhalt  stellt  nun  Schwegler,  a.  0.  I,  418  gerade  auf 
den  Kopf:  »Romulus  ist  ein  aus  dem  Namen  der  Stadt  abgeleiteter  Heros  Epony- 
moa*.  Wetm  so  die  historische  Wahrheit  in  ihr  Gegentheil  verkehrt  wird,  dann 
freilieb  ist  es  leicht,   die  Persönlichkeit  des  Romulus  zu  verdächtigen. 

Abhandl.  d.  K.  8.  (toselUch.  d.  Wis»ensch.  XVII.  55 


820  Moeiti  Voigt,  pH 

nisse  rücksichtlich  der  Schreibkunde  rtu  Rom  mir  einen  Beweisen! 
für,  nicht  aber  einen  Gegenbeweis  wider  die  Authenüe  der  leg* 
regiae. 

B.  Sodann  die  Gegeftbewetsgrttnde  wider  die  Autbenlie  des  ht 
Papirianom  sind  folgende: 

4 .  von  Dirksen,  a.  O.  237 :  der  Beweis  seiner  frühen  Fafrfrtia^ 
ist  ungenügend,  weil  der  betreffende  Zeuge:  Pomp,  »in  allen  Pak- 
ten ,  die  sich  auf  die  älteste  Rechtsverfassung  beziehen ,  als  eil  a- 
kritischer  Compilator  erscheint.«  Allein  dies  ist  unklar;  denn  eamd 
bedingt  das  kritiklose  Compilireo  keineswegs,  dass  alles  Compflato 
unwahr  sei :  es  kommt  eben  auf  die  Beschaffenheit  des  compiürtoi 
Stoffes  selbst,  wie  der  Vorquelle  an;  und  sodann  hat  Pomp,  aller- 
dings mehrfach  Unwahres  berichtet :  aHein  solches  Unwahre  ist  eh 
aus  Irrthum  entstelltes  Wahres,  nirgends  aber  ein  beliebig  erfanden* 
Falsches.  Daher  ist  es  zwar  möglich,  dass  Pomp,  in  den  Detail 
bezüglich  der  Entstehung  des  Ius  Papirianmn  irrte;  aHein  weder  ü 
solcher  irrige  Punkt  bis  jetzt  von  Jemand  dargelegt,  noch  ist  nadt» 
gewiesen  worden,  dass  das  bezügliche  Zeugniss  des  Pomp,  im  gram 
Ganzen  Unwahres  biete;539 

2.  von  Schwegler,  a.  0.  I,  24 :  der  Beweis  seines  hohen  Ahers 
ist  ungenügend,  weil  seine  Existenz  erst  »in  sehr  später  Zeit«  durch 
Zeugen  bekundet  wird.  Aliein  dies  ist  unklar:  denn  indem  Gmm 
Flaccus  bereits  vor  706  einen  Gommentar  zu  jenem  Werke  schrieb 
(A.  308),  und  so  dadurch  für  eine  noch  frühere  Zeit  dessen  Existev 
bekundet,  so  ist  diese  letztere  Zeit  in  Wahrheit  nicht  eine  «sehr 
späte«.  Will  dagegen  Schwegler  die  frühe  Entstehung  an  sich  des 
Ins  Papirianum  wegen  dessen  später  Bekundung  durch  Pomp,  ver- 
werfen, so  ist  auch  hier  die  sehr  späte  Bekundung  unwahr:  den 
Pomp,  entlehnte  aus  älteren  Quellen,  demgemäss  solche  letzteren  tat- 
sächlich die  Bekundung  ergaben; 

3.  Schwegler,  a.  0.  24:  der  Verfasser  des  Ins  Papirianom  ist 
eine  apokryphe  Person.  Allein  dieser  Satz  ist  theils  unerwiesen, 
theils  beweisunkräfUg.     Und  zwar  unerwiesen  ist  derselbe,  insofern  ab 


539)    Völlig  correct    ist   das  Dictum  von  Glück,  «pusc  H,   4 08:   les 
perpetua  mihi  haec  esto :   Pompoinom  ne  deseras ,    uaque  dtia  euan  tapmn  fi 
evidentissime  possil  deraoflstrarier. 


M7]  Leges  regiab.  884 

a.  zwar  die  Quellen  über  den  Vornamen  jenes  Verfassere  dif- 
fariren,  diese  Differenz  aber  von  Schwegler  unrichtig  dargestellt  wird. 
Denn  eine  Differenz  liegt  vor  theils  in  Pomp.  Euch.,  insofern  der- 
selbe den  Papirius  an  der  einen  Stelle  Publius  nennt,  und  an  der 
«deren  Stelle  eine  Variante  die  Möglichkeit  gewährt,  dessen  ßenen- 
«Ung  als  Sextus  zu  finden  (A.  287);  theils  bei  Dion.  V,  I,  wo  ein 
Manius  Papirius  genannt  wird,  der  für  identisch  mit  dem  Papirius 
des  Pomp,  anzusehen  ist  (A.  306) ;  dagegen  ergiebt  keine  Differenz, 
wie  Schwegler  annimmt,  der  von  Dion.  III,  36  genannte  Caius  Pa- 
pirius, da  dieser  sicher  eine  von  jenem  Ersteren  verschiedene  Per- 
sönlichkeit ist  (A.  284) ; 

b.  die  Divergenz  der  Quellen  bezüglich  des  praenomen  vom 
Verfasser  des  lus  Papirianum  als  Sextus,  Publius  und  Manius  macht 
weder  dessen  Person  apokryph,  noch  dessen  historische  Existenz 
verdächtig,  noch  dessen  Werk  historisch  unsicher;  denn  ein  Irrlhum 
über  das  praenomen  ist  leicht  möglich,  theils  weil  dasselbe  in  Sigle 
£9§9briet>en  wurde,  theils  weil  es  an  sich  ein  Moment  \&n  unter- 
geordneterer Bedeutung  ist.  Und  desshftlb  ziehen  wir  auch  nicht 
in  Zweifel  die  Existenz  des  Plautus  oder  seiner  Werke,  weil  dessen 
Name  statt  T.  Maccius  auch  M.  Accius  überliefert  ist,540  oder  die 
Thatsache  der  Auffindung  der  gefälschten  Bücher  Numa's,  weil  die 
eine  Quelle  den  Finder  L.  Petillius,  die  andere  Gn.  Terentius  nannte,"1 
öder  die  Existenz  des  edictum  perpetuum,  weil  die  eine  Quelle  als 
dessen  Redactor  den  Juristen  Salvius  lulianus,  Aur.  Vict.  de  Caes*  1 9 
aber  den  Kaiser  Didius  lulianus  nennt,  oder  den  Erlass  vom  Bür- 
gerrechtsgesetze Caracalla's,  weil  die  eine  Quelle  dasselbe  dem  Cara- 
calla,  lustin.  in  Nov.  78  c.  5  aber  dem  Antoninus  Pius  beimisst; 

c.  die  Divergenz  der  Quellen  bezüglich  des  praenomen  vom 
Verfasser  des  lus  Papirianum  als  Sextus,  Publius  und  Manius  fällt 
gar  nicht  in  die  Sphäre  des  Historischen,  als  vielmehr  des  Kriti- 
schen: der  Sextus  beruht  auf  einer  schlechten  Lesart  (A.  287),  der 
Publius  ist  eine  historische  Unmöglichkeit  (A.  304)  und  geht  daher 
auf  einen  Schreibfehler  zurück,  so  dass  Manius  als  das  einzige  prae- 
nomen verbleibt  (A.  306). 


540)  Ritschi,   Parerga  I,   3  ff. 

541)  Nissen,  krit.  Untersuchungen  336. 

55 


822  Moftin  Voict,  [M 

Dagegen  beweisunkri&ftig  ist  jenes  Argument,  tbeils  weil  bei  <fer 
in  eine  so  frühe  Periode  fallenden  Abfassung  des  los  Papirianim  fc 
Unkenntniss  seines  wirklichen  Autors  gar  nichts  Befremdliches  habet 
würde,  theils  weil  innerhalb  der  Rechtsgeschichte  bezüglich  der 
Nennung  von  Urhebern  der  Zufall  oft  ganz  wunderlich  spielt,  so 
dass  z.  B.  der  Urheber  der  lex  Cincia,  nicht  aber  der  lex  Aebotit 
angegeben  wird. 

4.  Modestow,  Gebrauch  der  Schrift  30:  aus  Liv.  VI,  4,  40  M 
zu  entnehmen,  dass  das  Ius  Papirianum  weder  vor  der  Zeit  4bb 
Einfalls  der  Gallier,  noch  nach  demselben  vorhanden  war.  AI« 
dies  ist  ein  Irrthum:  Liv.  steht  weder  in  einer  affirmativen,  noch  ■ 
einer  negativen  Beziehung  zu  dem  Ius  Papirianum  (A.  286). 

Hiernach  aber  ergeben  sich  alle  gegen  die  Authentie  der  leg© 
regiae  oder  des  Ius  Papirianum  aufgestellten  Gegengründe  als  unwahr. 

Die  Aufstellungen  der  mtderntn  Wissenschaft  iber  des  Ckaracfar 

der  leges  regiae. 

In  der  modernen  Litteratur  wird  die  Authentie  der  leges  regiae 
anerkannt  von  Petersen,  de  originibus  hist.  Rom.  1 1  ff.  Elvers,  de 
clarissimis  monumentis  I,  12.  Ambrosch,  de  sacerdotibus  curiaL 
20  ff.  Gerlach,  Geschichtsschreiber  der  Römer  10  ff.  und  historische 
Studien  III,  164  ff.  247  ff.  Modestow,  Gebrauch  der  Schrift  33. 
Zumpt,  Crim.  Recht  I,  1 ,  26  ff.542 

Dann  wieder  bei  Rein,  Crim.  Recht  53  schliessen  die  wider  die 
Authentie  der  leges  regiae  vorgebrachten  Gründe  mit  dem  überra- 
schenden Resultate  ab,  dass  eine  grössere  Zahl  jener  Gesetze  als 
achte  leges  regiae  anerkannt  werden. 

Dahingegen  von  Rubino,  Unters,  über  röm.  Verfassung  408  ff. 
Schvvegler,  röm.  Geschichte  1,  25.  Becker-Marquardt ,  röm.  Alter- 
thümer  IV,  217.  Lange,  röm.  Alterthümer  I3,  314  f.  Teuffei,  röm 
Litteratur3  §  70  wird  den  leges  regiae  der  Gharacter  als  Gesetze 
negirt,  vielmehr  dieselben  für  Gewohnheitsrechte  aus  der  Königszeil 
erklärt,  welche   später  erst  schriftlich  aufgezeichnet  und  der  Wahr- 


542)   Völlig  unsicher  in  seinem  Urtheile  ist  Becker,  a.  O.  I,    4  3  ff. 


«9]  Lkgbs  regiae.  823 

heit  zuwider  als  Gesetze543  aufgefasst  worden  seien,  während  end- 
<Keh  Lewis,  Untersuchungen  über  die  Glaubwürdigkeit  der  altröm. 
<l*schichte  I,  148  die  leges  regiae  für  Ueberreste  einer  älteren,  aber 
bereits  republicanischen  Gesetzgebung  oder  Gewohnheitsrechtes  erklärt. 
ii  Während  nun  den  beiden  letzteren  Ansichten  gleich  massig  ent~ 
'gegensteht,  dass  dieselben  reine  Hypothesen  bieten,  für  welche  nach 
^keiner  Richtung  hin,  so  etwa  durch  historische  Parallelen  oder  cul- 
siarhistorische  Momente  od.  dergl.  irgend  welcher  objective  Stutz- 
punkt geboten  wird,  so  treten  nun  überdem  der  Rubino'schen  An- 
«ahme  folgende  Bedenken  entgegen: 

a.  für  leges  regiae  überhaupt  werden  von  Liv.  VI,  1,  10,  für 
<tas  Gesetz  wider  den  incestus  der  Vestalinnen  insbesondere  aber  vver- 
-den  von  Cat.  de  Aug.  Gesetzestafeln  bekundet  (§  19);  folglich  sind 
dieselben  nicht  gewohnheitsrechtlich,  sondern  ächte  Gesetze; 

b.  dem  einen  Theile  der  leges  regiae  ward  durch  die  XII  Ta- 
ute derogirt;  insoweit  daher  würden  die  leges  regiae  ein  bereits 
zu  Beginn  der  Republik  untergegangenes  Gewohnheitsrecht  enthalten, 
welchem  zur  Zeit  des  Erblühens  der  antiquarischen  Studien,  somit 
gegen  Ausgang  der  Republik  (§  27)  durch  die  Litteratur  eine  schrift- 
liche Bekundung  zu  Theil  geworden.  Allein  dies  ist  eine  historische 
Unmöglichkeit,  da  ebensowohl  dieser  Zeit  die  Wissenschaft,  wie  die 
Mittel  zur  Erkenntniss  jenes  seit  Jahrhunderten  untergegangenen  Ge- 
wohnheitsrechtes gefehlt,  wie  auch  die  Wissenschaft  nicht  einstimmig 
dfer  Wahrheit  zuwider  dasselbe  als  Gesetzesrecht  hingestellt  haben 
«würde; 

c.  der  andere  Theil  der  leges  regiae  verblieb  auch  neben  den 
Xll  Tafeln  in  Geltung.  Dies  aber  würde  unmöglich  sein,  dafern  die 
ersteren  gewohnbeitsrechtliche  Ordnungen  waren;  denn  sie  hätten 
in  den  letzteren  Aufnahme  finden  müssen ,  weil  es  gerade  berufs- 
mässige Aufgabe  der  XU  Tafeln  war,  die  Rechlsunsicherheit  im  All- 
gemeinen zu  beseitigen  und  insbesondere  an  die  Stelle  des  Gewohn- 
keiterechtes und  der  Gerichtspraxis  das  geschriebene  Recht  zu  setzen ; 

d.  ein  grosser  Theil  der  leges  regiae  setzt  die  Capitalstrafe  der 
Execration   und  dies  in  verschiedener  Modalität  für  die  verschiede- 


543)  So  Pomp.  Ench.   (D.  I,   2,  2.  §  2):  leges  quasdam  et  ipse  (sc.  Romu- 
lus)  curialas  ad  populum  iulii;  iuleruni  ei  sequentes  reges;  Dion.  IV,   13. 


824  MoRin  Voigt,  [tft 

nen  delictischen  ThalbesUtade :    hier  Execratio  ao  den  Tellumo,  doct 
wieder  an  den  luppiter  Terminus,   dann  an  die  Penaten  und  Um 
und  Anderes  mehr.     Wenn   nun   im  Allgemeinen   schon   unter  ahf 
Rechtsgruppen  das  Criminalrecht  diejenige  Sphäre  ist,  innerhalb  dem 
die   rechtsconstitutive  Gewohnheit  in    ihrer  Wirksamkeit   am  Meiste» 
eingeengt  und  vereinzelt  ist,  ja  in  der  That  regelmässig  nur  danf 
sich    beschränkt,   dass  ein  bereits  normirter  delictischer  Thatbestaad 
verallgemeinert  und  somit  die  an  solchen  angeknüpfte  Strafe  auf  einet 
anderen   noch   nicht  reprimirten  Thatbestand   übertragen   wird,  der 
mit    dem    ersteren    durch  eine  UebereinstimaMmg   in   gewissen,  Ar 
wesentlich   erklärten  Merkmalen  ähnlich  ist;   so  ist  dagegen  andrer- 
seits die  Rechtsconstituirung  durch  Gewohnheit  in  einem  geordnet» 
Staatswesen  insoweit  ausgeschlossen,  als  es  sich  um  die  Anfisteflo^ 
ganz  neuer  Thatbestände  von  Capitalverbrechea  handelt.     An  Aller- 
wenigsten aber  ist  solches  als  möglich  vorauszusetzen  da,  wo  es  um 
die'  Execration  sich  bandelt,  deren  Verhängung  ohne  legale  Brmick- 
tigung  als  tyrannischer  Willkühr-Act  sich  qualificirt  haben  würde; 

e.  das  Gesetz  wider  den  incestus  der  Vestaiinnen,  indem  « 
den  Buhlen  der  ordentlichen  Gerichtsbarkeit  entzieht  und  der  d» 
pontifex  max.  unterwirft  (A.  1 93),  setzt  hierin  eine  so  völlig  anomale 
Ordnung,  dass  dieselbe  durch  Gewohnheit  niemals  sich  bilden  konnte, 
da  dem  pontifex  die  Macht  fehlte,  den  Bürger  seinem  ordentlichen  . 
Forum  zu  entziehen. 

Was  dagegen  die  Lewis'scbe  Ansicht  betrifft,  insoweit  dieselbe 
in  den  leges  regiae  alte,  aber  republicanische  Gesetze  anerkennt,  so 
treten  derselben  folgende  Bedenken  entgegen: 

1.  die  republicanischen  Gesetze  werden  mit  gentilicischen  ap- 
pellativa  benannt,  und  es  ist  weder  ein  Motiv,  noch  eine  Veranlas- 
sung gegeben,  wesshalb  das  Alterthum  bezüglich  der  fraglichen  Ge- 
setze solche  Benennung  mit  der  Prädicirung  regia  sollte  vertauscht 
haben,  um  so  weniger,  als  solche  appellativa  selbst  für  die  der 
ersten  Zeit  der  Republik  angehörigen  Gesetze  sich  erhalten  habet, 
so  bei  der  lex  Valeria  de  provocatione  v.  245,  Horatia  de  clavo 
fingendo  v.  245  (A.  545),  Icilia  de  non  interfando  tribunum  pfete 
v.  262,  Publilia  Voleronis  v.  283,  Icilia  de  Aventino  puhlicando 
v.  298,  Aternia  Tarpeia  v.  300  u.  a.  m. 

2.  es  giebt  .kein  Beispiel,  dass  ein  der  Republik  angehörtes 


874]  Leges  regiae.  825 

Gesetz  als   regia  prädicirt   worden   sei,544  währeud  andere  Prädicate 
zur  Bezeichnung  des  hohen  Alters  eines  Gesetzes  in  der  That  in  den 
^Quellen  auftreten.545 

Danach  aber  ergeben  sich  die  obigen  Aufstellungen  der  moder- 
nen Wissenschaft  über  den  Character  der  leges  regiae  ebenso  als 
■nhaltbar,  wie  als  unerwiesen. 


544)  Es  ist  eiae  offene  Unwahrheit,  wenn  Lewis,  a.  0.  I,  147  sagt:  immer 
wenn  die  Römer  irgend  ein  Gesetz  aus  einer  fernen  unvordenklichen  Zeit  herlei- 
ten wollten,  so  bezeichneten  sie  es  als  ein  »königliches  Gesetz«. 

545)  So  bezuglich  der  lex  Horalia  de  clavo  fingendo  v.  245  bei  Liv.  VII,  3, 
5 :  lex  vetusta  est,  priscis  litteris  verbisque  scripta,  ut,  qui  praetor  maximus  Sit, 
idibus  Septembribus  clavum  pangat.  Es  ist  dies  nicht  Tempelordnung,  wie  Weissen- 
born  in  h.  1.  meint:  denn  solche  kann  den  Consul  nicht  zu  solchem  Acte  vor- 
pflichten,  als  vielmehr  Gesetz;  vgl.  Liv.  cit.  §  8.  Unger  im  Philologus  XXXII, 
634  ff. 


Berichtigungen. 


A.  30  lies  Kiessling  statt  Krüger. 

A.   4 SO  lies  bei  Plaut.  Ep.  III,  2,  43  perenticida  stall  parenticida. 
A.  493  fuge  bei:  vgl.  Lange,  de  legibus  Porciis  I,  27  A.  80  f. 

A.  156   Z.  25   füge   bei:    G.    Hofmann,   drei  synchronistische  Daten   des   röm.   Kalenders, 
Triest  4876.    44  ff. 


Inhaltsverzeichnis. 


Sdh 

I.   Der  Bestand  der  leges  regiae. 

§    4.   Die  Stellung  der  Untersuchung  gegenüber  der  Dirksen 'sehen     I 

§    2.    Die  den  leges  regiae  eingeordneten  Gull us- Vorschriften $ 

§    3.   Die  v6|A.ot  dfypotcpoi  bei  Dion.  II,  25 — 87.   Papin.  de  Adult u 

IL   Die  überlieferten  leges  regiae  im  Einzelnen. 

§    4.   Das  Gesetz  des  Romulus  wider  die  Treu  Verletzung  des  Palron  oder  Clienleo  .  <$ 

j    5.      ,         „         „  ,,         wider  die  Kindes-Aussetzung  oder  -Tödtung    ....  n 

§    6.      „         „         „  „         über  die  Ehescheidung H 

§    7.      „         „         „  ^         wider  die  Unbotmässigkeit  derjtehwiegertochter  gegeo 

die  Schwiegermutter 41 

§    8.      „         „       des  Numa  wider  den  Verkauf  des  mittelst  coofarreatio  verehelich- 
ten Haussohnes a 

§    9.      „         „         »       „       wider  die  termini  motio , 4t 

§  40.      ^         „         „        „       wider  das  parieidium SS 

§41.      „         „         „        „       wider  die  eulpose  Tödtung 44 

§  4t.   Die  Strafsanction  des  Numa :  Si  quisquam  aliuta  faxit  etc.     Die  lex  regia  über 

den  Kaiserschnitt 71 

§43.   Das  Gesetz  des  Tullus  Hostilius  wider  die  Realinjurie  gegen  die  Eltern    ...  7S 

§44.      „         „        „         „  „         wider  den  incestus  der  Virgines  Vestales    .  .  74 

§45.      „         n         n        n  n         ober  die  öffentliche  Alimentation  von  Drillingen  81 

§  16.      „         „       wider  das  Schlachten  des  Ackerthieres W 

III.  Die  Glaubwürdigkeit  der  üeberlieferungen  von  den  leges  regiae. 

§  47.   Die  Üeberlieferungen  an  sich  der  leges  regiae W 

§  48.   Die  libri  regum,  sacerdolum  und  magistratuum » 

§  49.   Die  Gesetzestafeln «J 

§  20.   Das  lus  Papirianum.     Granius  Flaccus  de  Iure  Papiriano 4(1 

§11.   Die  Quellen  der  Königsgeschichte  des  Dionys <!S 

§  tt.   Fortsetzung M 

§  SS.   Die  Annalen  des  Licinius  Macer <N 

§  24.   Die  Annalen  des  Valeries  Antias ti* 

§  25.   Die  Glaubwürdigkeit  der  Quellen  der  leges  regiae IM 

§  26.    Die  Quellenberichte   über  die  legislative  Thätigkeit  im  Allgemeinen  der  Könige 

und  deren  Glaubwürdigkeit !tf 

IT.   Die  Authentie  der  leges  regiae. 

§  27.   Die  Beweisgründe  für  die  Authentie  der  leges  regiae t# 

§  28.    Die  Bedenken   der  modernen  Kritik  gegen  die  Authentie  der  leges  regiae,  wie 

des  lus  Papirianum H* 

§  29.   Die  Aufstellungen  der  modernen  Wissenschaft  über  den  Character  der  leges  regiae  #* 


DER  PRIESTER'  JOHANNES, 


ERSTE  ABHANDLUNG, 


ENTHALTEND  CAPITEL  I,  II  UND  III, 


VON 


FRIEDRICH  ZARNCKE, 

MITGLIED  DER  KÖNIG L.  9ÄC1IS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 


28  VII.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch  -  historischen   Classe  der  Königl 

Sächsischen  Gesellscliaft  der  Wissenschaften 


N°  VIII. 


LEIPZIG 

BEI    S.   H1KZE  L. 
1879. 


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f  •    *S*    ^N  *"V  - 


Vom  Verfasser  tibergeben  den  26.  Oetober  1878. 
Der  Abdruck  vollendet  den  30.  Januar  1879. 


DER  PRIESTER  JOHANNES, 


ERSTE  ABHANDLUNG, 


ENTHALTEND  CAPITEL  1,  II  UND  III, 


VON 


FRIEDRICH  ZARNCKE, 

MITGLIED  D.  KGL.  SACHS.  ÜESELL9CH.  D.  WISSENSCHAFTEN. 


tih»ii<il.  (1.  K.  S.  U«s«41sch.  d.  Wis««»uscli.  XVII.  5« 


Ueber  die  Sage  vom  Priester  Johannes  habe  ich  bereits  in  den 
nachstehenden  Universitätsprogrammen  gehandelt : 

I,   Dp  pntriarcha  Iohanne  quasi  praecursore  presbyteri  lohannis  (In  memoriam 

A.  G.   Spohnii,  20.  Januar  4  875).   4  7  S.   4°. 
II,   Quis  fuerit  qui  primtis  presbyter  Iohannes  vocaius  sü,  quaeritur  (Renuo- 
ciantur   philosophiae    doclores   a    4.    Nov.    4  874    asque    ad   d.    ultim. 

Oct.    4  875  creati).   28  S.   4°. 

» 

HI,  De  epistola,    quae   sub    nomine   presbyteri   lohannis   fertur    'RenuDciantor 

phil.  doctorcs  a   4.  Nov.    4  873    usque  ad  d.    ultim.   Oct.    4  874  cmti . 

58  8.   4°. 
IV,   De  epistola  Alexandra  papae  III  ad  presbyterum  Ioliannem    (In  memoriam 

1.   A.   Ernesti,   20.   Januar  4  875).   20  S.   4°. 
V,   De  regt*  David   iilio  Israel  filii  lohannis  presbyteri  (In  memorinm  C  F.  Krf- 

*»elii   de  Sternbadi,    17.   Juli    1875).    23   S.    4°. 


Zwei  volle  Jahre  nach  dem  Erscheinen  der  zweilen  Abhandlung 
über  den  Priester  Johannes  trill  die  vorliegende  erste  ans  Licht.  Sie 
ist,  von  dem  Anhange  abgesehen,  wesentlich  eine  Neubearbeitung  von 
vier  Programmen  (I — IV),  die  ich  in  dem  Universitüts-Jahre  1874/75 
geschrieben  habe.  Aber  ich  hoffe,  man  wird  den  Wiederabdruck 
gerechtfertigt  finden :  kaum  ein  Stein  ist  auf  dem  andern  geblieben, 
und  bei  den  lateinischen  Schriftstücken  ist  es  mir,  wie  ich  hoffe, 
gelungen,  in  der  Textesherstellung  fesle  Grundlagen  zu  gewinnen  und 
bis  nahe  an  das  Original  hinanzukommen.  Gewiss  wird  es  an  neuen 
Funden  nicht  fehlen,  die  auch  Einzelnes  anders  werden  zu  fassen 
nöthigen,  aber  dass  etwas  Hauptsächliches  sich  noch  verschieben 
sollte,  fürchte  ich  nicht. 

In  Betreff  der  Orthographie  der  lateinischen  Texte  befinde  ich 
mich  scheinbar  in  einem  Gegensatze  zu  der  Richtung,  die  gegen- 
wärtig sich  immer  mehr  Bahn  bricht.  Während  man  früher  von 
einer  genauen  Wiedergabe  der  mittelalterlichen  e  Abstand  nahm,  viel- 
mehr e,  ue,  oe  nach  der  hergebrachten  lateinischen  Orthographie 
schrieb,  zumal  wo  es  sich  um  die  Abwandlung  der  Worte  handelte, 
ist  man  gegenwärtig  geneigt,  überall  e  zu  belassen,  wo  die  mittel- 
alterlichen Handschriften  es  bieten.  Auch  die  neuesten  Arbeiten  in 
den  Monumenta  Germaniae  historica  bekennen  sich  zu  diesem  Princip. 
Gewiss  ist  es  das  richtige,  denn  jede  Zeit  kann  verlangen,  ihre  Er- 
zeugnisse auch  in  ihrer  eigenen  Orthographie  vorgelegt  zu  sehen, 
und  je  mehr  wir  namentlich  mit  der  lateinischen  Poesie  des  Mittel- 
alters vertraut  werden,  um  so  mehr  werden  schon  die  Reime  zwingen, 
uns  auch  der  mittelalterlichen  Orthographie  zu  bedienen,  ohne  die 
sie  nicht  zu  verstehen  sind.  Bald  werden  wir  auch  vertraut  sein 
mit  den  neuen  Wortbildern.     Aber  bis  vor  Kurzem  würde,  wer  solche 

S6* 


830  Friedrich  Zahnckk.  •  l 

Voraussetzungen  hätte  machen  wollen,  befremdet  und  das  Interesse 
unnüthig  von  seiner  Arbeit  abgewendet  haben.  So  habe  ich  seil  23 
Jahren  alle  meine  Ausgaben  mittelalterlicher  Denkmäler  dieser  alteren 
Verfahrungsweise  entsprechend  eingerichtet,  und  dabei  bin  ich  auch 
in  dieser  Abhandlung  geblieben  und  gedenke  ihr  auch  in  der  drillen 
Abhandlung  treu  zu  bleiben.  Aber  verwahren  will  ich  mich  aus- 
drücklich dagegen,  als  ob  dies  in  beabsichtigtem  Gegensatze  gesen 
das  gegenwärtig  mehr  und  mehr  Beliebte  geschehen  sei. 

Die  dritte  Abhandlung  hoffe  ich  noch  im  Laufe  des  Jahres  1H79 
herausgeben  zu  können  und  damit  endlich  ein  Thema  zum  vorlaufen 
Abschluss  zu  bringen,  von  dem  ich  mir,  als  ich  an  dasselbe  hinan- 
trat,  nicht  träumen  Hess,  dass  es  mich  so  lange  beschädigen  und  auf 
zum  Theil  so  schlüpfrigen  und  mir  fremden  Boden  führen  würde. 

Leipzig,  d.  26.  October  4878. 

F.  Z. 


CAPITEL  I. 
Der  Patriarch  Johannes  von  Indien  und  der  Priester  Johannes. 

I«    Der  Patriarch  Johannes  von  Indien. 

Mit  den  sagenhaften  Erzählungen  von  dem  Priester  Johannes,  von 
denen  im  Folgenden  gehandelt  werden  soll,  haben  sich  frühe  schon 
Berichte  eines  Patriarchen  Johannes  von  Indien  gemischt.  Diese  letz- 
teren gehen  zurück  auf  ein  wirkliches  Ereigniss,  das  im  Jahre  1122 
in  Rom  unter  dem  Papst  Galixtus  statt  fand.  Die  Berichte  zeugen 
von  den  märchenhaften  Vorstellungen,  die  man  sich  von  Indien  zu 
bilden  geneigt  war,  und  wir  können  diese  sagenhall  ausgeschmückte 
Erzählung  des  Patriarchen  Johannes  wohl  einen  Vorläufer  der  Sage 
vom  Priester  Johannes  nennen,  ja  einige  Züge  scheinen  direct  aus 
jener  in  diese  übergegangen  zu  sein  (vgl.  §  25).  Ueber  jenes  Ereigniss 
des  Jahres   1122  sind  wir  durch  zwei  Mittheilungen  unterrichtet. 

1.    Der  anonyme  Bericht 

Die  Ueberlieferung  dieses'  Schriftstückes,  auf  das  von  mir  zuerst 

hingewiesen  ward,  ist  die  folgende: 
1.  Vollständiger  Text. 

4,  A  in  Leipzig,  auf  der  Rathsbibliotbek ,  Rep.  II,  59»  fol.  (früher 
dem  Kloster  St.  Mauricii  in  Unteraltach  gehörig),  Bl.  4 22  fg.,  Pgmt.,  13.  Jahrh. 
Ueberschrifl :  De  advenlu  patriarchae  Yndorum  sab  Calixto  papa  11°.  Ohne 
besondere  Schlussschrift.  Die  eigentliche  Handschrift  gehört  noch  dem 
42.  Jh.  an  und  enthält  eine  Sammlung  von  Legenden.  Vor  der  Vita  des  Apo- 
stels Thomas  (Bl.  126 fg.)  sind  4  Pgmtblälter  fol.  eingenäht  (Bl.  422—125). 
die  unsern  Bericht  enthalten.  Diese  Einverleibung  geschab  schon  frühe, 
denn  bereits  eine  Hand  des  13/44.  Jb.  bat  am  untern  Rande  von  Bl.  121b  auf 
die  Fortsetzung  Bl.  126*  hingewiesen  mit  den  Worten:  folio  quinto  sequenti. 

2,  B  in  Wien,  Cod.  4060  (Denis  1,  1,  S.  456—464),  Bl.  35»  fg., 
Pgmt.,  42.  Jahrh.  lieber  die  Ueberschrifl  bin  ich  nicht  unterrichtet.  Die 
Tabulae  1,  186  geben  an:  Narratio  fabulosa  de  Johanne  patriarcha  Indorum. 
Jedesfalls  steht  also  nicht  De  adventu  u.  s.  w.  Ohne  Schlussschrift.  Genaue 
Collation  verdanke  ich  Herrn  Kaplan  in  Wien. 


832  Friedrich  Zabncke,  * 

3,  in  Rom,  Cod.  Valican.  lat.  1058,  Bl.  125b,  Pgmt.,  43.  Jahrh.  Ueber- 
schrift:  Miraculum  sancti  Thomae  apostoli.  Ohne  besondere  SchlussschrifL 
Mittheilung  verdanke  ich  Herrn  Professor  Dr.  L.  Mendelssohn. 

4,  in  München,  Cod.  lat.  265  (von  den  1876  aus  der  SladtbiWkrtbek 
zu  Regensburg  in  die  Staatsbibliothek  gelieferten  Handschriften  ,  Pgmt., 
13/14.  Jahrh  ,  Uebcrschrift :  De  udventu  patrutrehue  Indorum  sab  Cuiitto 
pupa  seeundo.  Ohne  besondere  Schlussschrift.  Mittheilung  verdanke  ich 
Herrn  Bibliothekar  Dr.  W.  Meyer  in  München. 

Wahrscheinlich  einem  vollständigen  Texte  gehörte  auch  an 

5,  das  Fragment  in  Nancy.  Vgl.  Santa  rem,  Recherche«  sur  la  prioritf 
u.  s.  w.  S.  323.  Thomassy  fand  1841  bei  Kalalogisirung  der  Handschriften 
dies  Stück.  Das  Alter  wird  nicht  angegeben.  Es  beginnt  mit  §  l:  Tem- 
poribus  ituque  Calixti  papae  u.  s.  w.  San  tarern  theilt  mit  bis  §  6  cognoscai. 
Mehr  ist  auch  mir  nicht  davon  bekannt  geworden. 

6,  C:  die  Drucke.  Unser  Bericht  wurde  gleich  in  der  ersten  Ausgabe 
des  Presbyterbriefes  (vgl.  das  II.  Capilel)  diesem  angehängt  und  zwar  so, 
dass  der  Eintritt  einer  neuen  Schrift  gar  nicht  angedeutet  ward.  Hinter 
potestutem  nostram  wird  ein  neues  Capitel  eröffnet,  wie  deren  der  Pres- 
b\lerbrief  in  den  Drucken  eine  ganze  Anzahl  enthält,  mit  der  Ueberschrift: 
De  adventu  Indorum  patriurchae  ad  urbem,  dem  sich  dann  noch  ein  zweites 
anschlichst,  mit  §  18  des  Berichtes  beginnend:  Relatio  patriurchae  ad  Romanos 
de  bnsilica  et  sacratissimo  corpore  sancti  Thomae.  Auch  als  dem  Presb\ter- 
brief  der  Itinerarius  des  Job.  Witte  de  Hese  vorangeschoben  ward,  Wieb 
unser  Bericht  in  unveränderter  Stellung.  Die  Correctheit  der  Drucke  ist 
nicht  zu  loben,  am  besten  sind  noch  die  ältesten  Drucke,  die  den  Itinerarius 
noch  nicht  enthalten. 

II.  Die  abgekürzten  Texte. 

Am  häufigsten  verbreitet  scheiut  die  in  den  nachstehenden  Handschriften 
enthaltene  Kürzung,  die  nach  einer  Einleitung  mit  §  49  beginnt.  Die  zu- 
sammenfassenden Einleitungen  führen  auf  dieselbe  Vorlage  zurück. 

7,  in  Wien,  Cod.  1321  (Denis  I,  2,  S.  1260fg.),  Bl.  420b  fg.  PgmL, 
12/13.  Jahrh.  Ueberschrift:  Mir  acuta  sancti  Thomae  apostoli.  Ohne  be- 
sondere Schlussschrift.  Die  Einleitung  lautet:  Patriurcha  regionis  Indorum 
unius  anni  [ad  Christum  in)  (?)  spacio  orationis  gratia  Romain  veniens  (I.  remis 
et  velo  proiectus  (I.  provectus)  advenit.  Qui  inquisitus  a  summo  pontifice  <k 
saneto  Thoma  et  miraculis  tius,  ita  ut  veru  novit  cor  am  clero  et  universo  /«pH/« 
et  senatu  respondit.  Civitas  (§  19)  fg.  Es  ist  ein  Excerpt,  kaum  ein  Satt 
wörtlich  übereinstimmend  mit  dem  Original.  Mittbeilungen  verdanke  ich 
Herrn  Kaplan  in  Wien. 

8,  in  Leipzig,  Universitätsbibliothek  No.  525,  Bl.  52b,  Pgmt,  ge- 
schlossen im  Jahr  1354.  Ueberschrift:  Thomae  apostoli.  Die  Einleitung 
lautet  hier :  Patriurcha  Indorum  orationis  yrucia  Romatn  remis  et  iWtf  pw- 
feclus  advenit.  Qui  inquisitus  a  summo  pontifice  de  miraculis  sancti  Thomat 
apostoli,  ita  ut  eidit  corum  omnibus  respondit.  Civitas  u.  s.  w.  Auch  im 
Folgenden  ist  der  Inhalt  ziemlich  frei  wiedergegeben. 


7]  Der  Priester  Johannes.  833 

9,  in  Leipzig,  Universitätsbibliothek  No.  1315  (aus  Pegau  stammend). 
Bl.  308  fg.,  Pgtnt.,  unser  Denkmal  von  einer  Hand  des  14/15.  Jahrh.  nach- 
getragen. Ueberschrift :  Sollempne  miraculum  de  saneto  Thoma,  apostolo  et 
delectabile.  Ohne  besondere  Schlussschrift.  Die  Einleitung:  Pulriarcha 
Jndorum  orationis  gracia  in  unius  anni  spacio  Homam  remis  et  velo  pro- 
vectus  advenü,  Qui  inquisitus  a  summo  pontifice  de  miraculis  saneti  Thomae 
apostolij  ita  ut  novit  coram  omni  populo  et  semUu  respondit.  Civitas  u.  s.  w. 
Die  Ueberlieferung  ist  hier  besser  als  in  No.  8,  wohin  sie  sich  doch  sonst 
stellt. 

10,  in  Leipzig,  Universitätsbibliothek  No.  825  (aus  Pegau),  Bl.  279, 
Papier,  v.  Jahr  1434.  Ueberschrift:  Item  Miraadum  sollempne  de  Thoma 
apostolo.     Stimmt,  wenn  ich  Nichts  übersehen  habe,  wörtlich  zu  No.  9. 

Unabhängig  von  dem  voraufgebenden  Auszuge  scheint  der  folgende 
zu  sein : 

11,  in  Paris,  Cod.  lat.  18324,  Bl.  341,  Pgnit.,  13.  Jahrh.  Ueber- 
schrift: De  Johanne  Patriarcha.  Beginnt  mit  §  18:  Quadam  die  u.  s.  w. 
Calisti  papae  seeundi  anno  eins  quarto,  videlicet  quidem  eo  praesenle  atque 
iubente  Indorum  patriarcha  Johannes  per  Interpretern  u.  s.  w.  coepit.  Civitus 
u.  s.  w.  Dieser  Auszug  scheint  wörtlich  genauer  zu  stimmen ,  aber  es 
fehlen  viele  Partbien ;  so  springt  er  von  §  20  gleich  über  auf  26.  Mitthei- 
lungen von  Herrn  L.  Pannier  in  Paris. 

« 

Ein  dritter  Auszug  ist  der,  den 

12,  Alberich  in  seine  Chronik  unter  dem  Jahre  1122  aufnahm.  Jetzt 
in  der  säubern  Ausgabe  von  Scheffer- Boichorsl  in  den  Monum.  Germ.  hist. 
XXIII,  S.  824  fg.  Afg. :  (§  4)  ;lnno  quarto  Calixti  papae  patriarcha  Jndorum 
Joannes  Constantinopolim  ad  suseipiendum  pallium  venit  u.  s.  w.  Schluss: 
Ilaec  patriarcha  in  curia  Lateranensi  recitavit  (§  51).  Für  Alberich  kommen 
nur  in  Betracht  eine  Pariser  Hs.  (No.  1869A)  und  eine  Hannoveraner  (XIII, 
748),  doch  berühren  ihre  Unterschiede  den  in  Frage  stehenden  Auszug  nicht. 

Der  Anfang  dieses  Auszugs  findet  sich  auch  unter  den  vielen  Excerpten 
aus  Alberich  im  Cbronicon  Belgicum  magnum,  das  bis  zum  Jahr  1 474  reicht, 
bei  loh.  Pistorius  Herum  familiarumque  Belgicarum  Chr.  m.  (Frankf.  a.  M. 
1654)  S.  150.  Pistorius-Struve ,  Script,  rerum  Germ.  III,  S.  150.  Aber 
nachdem  Ulna  genannt  ist,  bricht  das  Excerpt  mit  den  Worten  ab:  etc,  ut 
habetur  in  gestis  apostoli  Thomae. 

Hiermit  wird  die  auf  uns  gekommene  Ueberlieferung  nicht  er- 
schöpft sein :  ich  bin  überzeugt,  dass  die  mittelalterlichen  Handschriften 
noch  in  grosser  Menge  Abschriften  dieser  Kleinigkeit  enthalten  wer- 
den, aber  für  die  Herstellung  des  originalen  Textes  wird  kaum  noch 
etwas  Nennenswerthes  zu  erzielen  sein. 

Die  beiden  ältesten  Handschriften,  A  und  B,  von  denen  B  die 
ältere,  A  die  sorgfältiger  geschriebene  ist,  weisen  auf  eine  gemeinsame 
Vorlage  zurück,  wie  das  eine  Anzahl  gemeinsamer  Fehler  beweisen. 


834  Friedrich  Zaknckb,  |t 

Am  evidentesten    ist   das  Fehlen   des   unentbehrlichen   memorand*  m 
§  4,  und  varielalem   für   verilalem  in  §  1 5.     Für   einen  Fehler  habe 
ich    auch   die  Worte   in  §   I  posl  Üeum   in  humano   sensu,   in  §  II 
posito  statt  inier posilo,  in  §  23  limpidissimus.     Von  allen  diesen  Fehlern 
ist  C  (die  Drucke)  frei.     Wir  gewinnen  also  in  C  eine  Controle  für 
die  Uebei liefe ru ng  in  AB  und  können  zu  der.  Vorlage  dieser  hinauf- 
steigen, und  die   kritische  Regel   lautet,   dass   dieser   alle  diejenigen 
Lesarten   angehören,    in   der   C  mit  A   oder   B   stimmt.     Wohl  am 
häufigsten  tritt  dieser  Fall  ein  zwischen  B  und  C,  es  ist  also  A  am 
meisten   selbstständig  abgewichen.     Hiernach   ist   der  folgende  Text 
constituirt  und  es  ist  kaum  ein  Fall,  und  kein  einziger  schlagender, 
vorhanden,    der  Bedenken   gegen   diese  kritische   Regel    hervorriefe. 
Wo  A  B  un<cl  C  einander  gegenüberstehen,  war  die  Entscheidung  der 
Kritik  anheimgegeben ;  man  wird  es  gerechtfertigt  linden,  wenn  ich 
in   diesen  Füllen  AB  bevorzugt  habe.     Denn   der   Text   der  Drucke 
ist  nicht  frei  von  überlegter  Aenderung,  wie  wenn  es  in  §  8  heisst 
Bis anlium,  quae  nunc  Conslatilinopolis  est  u.  a.1)     Aber  in  dieser  Be- 
ziehung ist  es  wohl  möglich,   dass   eine  noch  ausgedehntere  Heran- 
ziehung von  Material   und    eine  straffe  Construclion  der  bezüglichen 
Abhängigkeitsverhältnisse  in  einigen  Bagatellen  den  Text  anders  wird 
constituiren  müssen,  als  es  von  mir  geschehen  ist. 

Von  A  und  B  sind  sämmtliche  Varianten  angegeben,  ausgenommen 
orthographische  und  offenbare  Schreibfehler,  von  G  nur  diejenigen, 
die  mir  einige  Bedeutung  in  Anspruch  zu  nehmen  schienen. 

Wie  sich  die  andern  Handschriften  gruppiren,  darüber  bin  ich 
nicht  vollständig  unterrichtet:  der  Gegenstand  erschien  mir  zu  un- 
wichtig, um  darüber  besondere  Nachforschung  anzustellen.  Der 
Vaticanus  1058  stellt  sich  zu  C,  wie  die  Lesung  poslea  enarratum 
in  §  I  beweist,  desgleichen  das  Fragment  in  Nancy,  in  welchem 
memoranda  steht,  und  das  überhaupt,  so  weit  es  gedruckt  ist,  nahezu 
buchstäblich  mit  C  stimmt.  Die  abgekürzten  Texte  bieten  nur  geringe 
Anknüpfungen  zur  Entscheidung  der  Frage;  aber  bemerkenswert!!  bt 
doch,  dass  die  Leipziger  Handschriften  derselben  in  §  1 3  limpidissimu, 


vj  Hierzu  ist  auch  zu  rechnen,  wenn  es  in  C  in  §  5  heisst :  quae  ultimum 
finern  mundi  facit.  Die  gesummte  mir  bekannt  gewordeue  handschriftliche  Uebff- 
lieferung  liest  ultima. 


91  Der  Priester  Johannes.  835 

resp.  limpidussime  lesen,  also  offenbar  zu  C  stehen.  Der  Text,  den 
Alberich  vor  sich  hatte,  stellt  sich  zu  AB,  wie  §  23  limjndissimus 
beweist,  und  scheint  sich  nahe  an  A  angeschlossen  zu  haben,  vgl. 
in  §  22  celsarum  (so  ist  naturlich  statt  des  unverständlichen  cellarum 
zu  lesen)  Romanarum  tiurium,  in  §  45  uccesserit,  videntibus  cunctis 
apostolus  manum  reirahil,  und  in  §  50  aqua  celeirime  in  prislinum 
statuta  recurrit. 

In  A  fehlt  der  erbauliche  Schluss  hinter  glorificaverunl.  Mir  ist 
nur  noch  die  Hs.  in  Paris  No.  18324  bekannt,  die  ebenfalls  mit 
aequanimiler  glorificaverunl  schliesst.  Darnach  müssle  diese  zu  A  in 
einem  näheren  Verhältnisse  stehen;  ganz  übereinstimmend  aber  waren 
die  Texte  nicht,  denn  der  Parisinus  liest  z.  B.  in  §  19  dominatrix, 
in  §  50  eodem  recedente  ubenimis  u.  ä. 

Alberich,  indem  er  ein  Excerpt  aus  dem  Berichte  de  adventu 
bringt,  citirt  dabei  als  Quelle:  Sequilar  ex  yeslis  eiusdem  Calixli. 
Darauf  hin  hat  Wilmans  im  Archiv  X,  230  schliessen  wollen,  wir 
hätten  es  hier,  falls  auf  das  Citat  Überhaupt  etwas  zu  geben  sei,  mit 
einem  Stück  der  Gesta  Komanorum  pontilicum  zu  thun,  die  sonst  für 
jene  Zeit  fehlen.  Dagegen  hat  sich  mit  Recht  Scheffer-Boichorst  in 
seiner  Ausgabe  des  Alberich  erklärt,  Monum.  Germ.  hist.  XXIII, 
S.  668 ;  er  hält  einen  Zusammenhang  mit  den  Gesta  pontilicum  wegen 
der  kritiklosen  Fabeleien  des  Berichts  fUr  unglaublich.  Wenn  er  aber 
dann  besondere  »Gesta  Calixli «  nicht  in  Abrede  stellen  möchte,  da 
ein  so  kritikloser  und  Fabeleien  so  günstig  gesinnter  Mann,  wie  dieser 
Papst  war,  gar  wohl  auch  über  sich  allerlei  Fabelhaftes  habe  in  die 
Welt  ausgehen  lassen  können,  so  glaube  ich,  dass  der  Bericht,  wie 
er  uns  jetzt  im  Original  vorliegt,  das  Scheffer-Boichorst  noch  nicht 
kannte,  auch  dem  widerspricht.  Es  ist  eine  selbstständige  Helatio, 
nicht  Theil  eines  grösseren  Ganzen. 

Auch  ist  diese  schwerlich  von  Calixt  selber  veranlasst  worden, 
ja  es  kann  zweifelhaft  erscheinen,  ob  sie  überhaupt  noch  zu  Calixt's 
Lebzeiten  verfasst  worden  sei.  Würde  man  sich,  wenn  Calixt  noch 
Papst  war,  des  Ausdrucks  temporibus  Calisti  (§  4)  haben  bedienen 
können?  Auch  die  Zeilbestimmung  in  §  3  noslris  lemporibus  Homae 
recilala  sunt  klingt  nicht  gerade  so,  als  ob  der  Verfasser  aus  ganz 
frischer  Anschauung  niederschriebe. 

Ob  aus    den  Worten    novis   annalibus   Homanae  patriae   für   die 


836  Friedrich  Zarncee,  II 

historische  Quellenkunde  Weiteres  zu  erschließen  ist ,  überlasse  ich 
den  Historikern  zur  Entscheidung:  das  Eine  geht  aus  ihnen  wohl  mit 
Sicherheit  hervor,  dass  ihr  Verfasser  ein  Römer  war. 

Ebenso  werthlos,  wie  jenes  Citat  des  Alberich  sich  erweist,  sind 
andere  Citate,  mit  denen  auf  die  Ereignisse  unseres  Berichts  hinge- 
wiesen wird.  So  schon  in  diesem  selber  §  25:  sictU  historia  n$ml 
und  §  31 :  sicut  et  ipsa  historia  aposloli  narral;  desgleichen  im  Chroo. 
Relgicuin  niagnum  a.  a.  O.  ut  habetur  in  gestis  apostoli  Thomae.  Das 
Alles  sind  Phantasiecitate;  in  keiner  älteren  Vita  des  Apostels  ist  mir 
diese  Erzählung  begegnet. 

Die  älteste  Benutzung  unsers  Berichtes  zeigt  sich  bereits  in 
12.  Jahrh.  in  dem  Bericht  des  Elisäus  (vgl.  meine  zweite  Abhand- 
lung S.  120  fg.),  in  welchem  §  15—18  den  §  26.  28.  29.  39-45 
unsers  Berichts  entsprechen. 

Eine  Ideuliücirung  des  Patriarchen  Johannes  mit  dem  Priester 
Johannes  können  wir  bei  E.  noch  nicht  direel  beweisen,  aber  Alles,  vsm 
der  Patriarch  erzählt,  geht  im  Lande  des  Priester  Johannes  vor,  und 
es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  dem  Verfasser  beide  Gestalten  bereits 
in  eine  zusammen  geflossen  waren.  Dasselbe  dürfen  wir  von  der  latei- 
nischen Rückübersetzung  des  Presbyterbriefes  (vgl.  unsere  Berichte 
1877,  S.  128)  annehmen.  Auch  kommt  in  den  Handschriften  mehr- 
mals der  Bericht  des  Patriarchen  unmittelbar  hinter  dem  Brief  des 
Presbyters  vor.  Nahezu  auch  äusserlich  vollzogen  ist  die  Identificirune 
Beider  in  dem  Itinerarius  des  Joh.  Witte  de  Hese  1389,  in  welchem 
der  Priester  Johannes  durchaus  mit  allem  von  dem  Patriarchen  Er- 
zählten in  Verbindung  gesetzt  ist  (vgl.  zweite  Abhandlung  S.  169. 
§  13  fg.;.  nur  dass  noch  der  Patriarch,  aber  ohne  Namen,  neben  ihm 
erwähnt  wird.  Dagegen  in  dem  Tractatus  pulcherrimus  (zweite  Ab- 
handlung S.  171  fg.)  sind  Patriarch  und  Presbyter  endlich  ganz  zu- 
sammen gefallen.  Hieran  schliesst  sich  die  ohne  weitere  Andeutung 
erfolgte  Aufnahme  des  Berichts  des  Patriarchen  in  den  Brief  <hs 
Presbyter,  wie  ihn  die  Drucke  seit  dem  Ende  des  15.  Jahrhunderts 
bringen. 

Ich  lasse  nun  den  Text  folgen. 


/ 


4t ]  Der  Priester  Johannes.  837 

De  adventu  patriarcbae  Indorum  ad  Urbeni  sub  Calisto  papa  11° tt. 

1.  Temporibus  antiquis  consuetudo  futsse  legitur  rerum  bonarum 
studia  memoriae  commendarib  atque  lilteris  redacla  manifeste c  offerrid, 
quia  nichil  tarn  bene  factum  aul  tarn6  eleganter  actum  esse  poterat, 
quin',  nisi  poslea*  [in  humano  sensub]  enarratum  vel  ostensum  placeret 
proximo,  pro  nichilo*  computaretur.  2.  Nam  quid  proderitk,  si  virtus, 
hominibus  profulura,  tecta1  lateret  etm  multis  per"  exemplum  valitura 
man  i  fest  a  non  enitesceret?  Ciaritas  enim  lapidisp,  tenebris  obducta, 
nisi  cessanlibus  tenebris  patetiat,  obscura  manebit.  3«  Unde  arduum 
aggredientesq,  licet  indigni  videamur,  tarnen,  ne  per  incuriam  posteros 
lalerent',  ea  quae  de  apostolo  Thoma  valde  miranda  nostris  temporibus 
Romae  recitala  sunt,  [memoriae  deputanda8]  posteris  significare 
curavimus. 

4«  Temporibus  itaque  Calisti  papae  secundi1,  anno  verou  papatus 
eius  quarto,  [qui  est  annus  dominicae  incarnationis  millesimus  cen- 
tesimus  vicesimus  secundus  (i  I22)]v  res  novis  annalibus  memorandaw 
Romanac  patriae  contigisse  sciatur*. 

5«  Sane  patriarcha  indorum  Romam.  adveniens,  illius  scilicet 
Iodiae,  quae  ultimay  ßnem  mundi  facit,  adventu  suo*  Romanae  curiae 
et  universae  fere*  Italiae  stupendum  miraculum  fecit,  cum  per  innu- 
merorura  curricula  annorum  inde  huc  aliquis  non  advenisset  nccb  de 
tarn  longinquis  partibus0  et  barbaris  regionibus  per  totam  italiam 
*paene  visus  umquamd  fuisset  praeter  istume  supradictum  beatac  vitae 
patriarcham  lohannem.  6«  Causam  vero  adventus  eiusf  si  quis  scire 
desiderat,  hanc  fuisse  cognoscat.     7.  Mortuo  praedecessore  suo,  felicis 


1.  *)  Diese  lieber schrift  steht  in  ABC,  aber  in  AB  fehlt  ad  Urbem,  in  C  sub 
Cal.  pap.  II.  b)  commendare  A,  mandari  B.  c)  manifesta  A.  d)  oflerre  A. 
e)  fehlt  A.  f]  quod  Ay  quin  Bf,  fehlt  C.  *)  post  Deum  A  B.  b)  fehlt  C,  ward 
wohl  durch  die  Lesung  post  Deuin  veranlasst.  l)  pro  nich.  fehlt  B,  quod  non  pr. 
n.  C.         2.  k)  proderat  B,   prodest  A.  })   fehlt  A.  u)  fehlt  A.  D)   in  A. 

*)  'aP*  preciosi  A.  3.  q)  a.  aggredientes  opus  A.  r;  lateret  AB.  B;  fehlt  AB. 
«4.  *}   sec.   papae  AB,   aber    die   Stellung  in  C  ist    die  gewöhnliche.  u)  fehlt  A. 

v)  Das  Eingeklammerte  steht  nur  in  A.  w)  steht  in  den  Drucken,  doch  auch  z.  B. 
in  der  Nancyer  Hs.  x)  sciatis  A,  B?  5«  y)  ultimum  C;  auch  Alb.  liest  ultima, 
tmd  das  sonst  zu  C  stammende  Bruchstück  in  Nancy.  'L)  lineiu  facit  adventus  sui  B. 
»)  fehlt  A.  b)  ut  B.  c)  fehlt  B.  d)  iiuiic|iihiii  BC  (in  C  ganz  verändert,  für  B 
vgl.  oben  ut),   in  B  steht  umquam  vor  paene.      e)  illum  A.     6.  f)  sui  A. 


838  Fbibdrich  Zabnckb,  te 

memoriae  ladorum  patriarcha,  congregati  suntK  aequanimiter  univera 
Indi,  aique  eumh  invitum   ac   diutissime   renitentem   qualeiü  opoftml 
tandem  clegerunl  antislitem.     8«  Data  itaque*  sacri  loci  per  elecciooea 
tandem*  custodia  huic  praedicto  patriarchae  lohanni,  coepit  diligenler 
inquirere,  qualiter  Bizantium1,  sicul  racio  exigebat,  ad    susciptendw» 
pallium  et  cettfra  contirmationis  atque  dignitatis   insignia   quandoqw 
veniret. 

9«  Deo  igitur™  propicio  unius  anni  spacio  ad  locum  desüoaUui 
tarn  longae  viae  faligabundus  advenit.  19«  Ubi,  sicut  regiae  digoitatk 
mos  est,  aliquamdiu  demoratus*,  ad  Romanoruni  legatorum  notician 
usque  pervcnit.  quos  videlicet  praefatus  papa  üalistus  pro  utiltUAe 
mutuae  pacis  atque  concordiae  Romani  et  Graii°  regum  CoostaBti- 
nopolim  legaveralp.  11.  Quorum  lingua  cum  praenominato  lohtnai, 
Indorum  palriarchac,  nimis  esset  obscura,  quodq  neque  ipse,  qwd 
Romani  dicerent,  neque  Romani  quid  ipse  diceret'  inlelligerenl,  ioier- 
prele  intcrposito8,  quem  Achivi  drogomanum  vocant,  de  muiuo  sUli 
Romanorum  et  Indicae  regionis  ad1  in  vice  m  exquirere  coeperul 
12,  Ubi  vero  ultcrnatim  de  varietale  et  esse  Italicorum  sufficieoltr 
exquisituui  est,  et  intellexerat  ille,  secundum  Deum  atque  saecdi 
dignitatem  Christo  disponenle  tocius  orbig  Romam  caput  esse,  Ramaaoc 
instanter  orare  curavit,  utu  se  ipsum  secuin  Romam  ducerent,  quae 
sibi  illic  significata  fuerant  Romae  praesentialiter  visurum  et  uode 
venerat  Indis  quandoque  forsitanv  renunciaturum.  13«  Quod  Romani 
etiamw  non  rccusaverunt,  sed,  compositisx  pro  quibus  nüssi  fueraofr 
itinere  inilo  cum  eo  pariter  profecti  sunt. 

14.  Dein  de*  nimia*  spaciosi  Iramitis  laboratione  Romanis  nioeot- 
bus  demum*  applicuerunt**.     IS,  Postquamb  advenit  acc  promissorun 


7.  g)   congregatis  A,   und  dann  Indis  (ohne  univ.).  hj  atque  oum  fekU  J. 

8«  \)  igitur  A.  k;  fehlt  A.  l)  briantium  B.  9.  ")  ergo  IT.  10.  ■)  derooraosl. 
°)  Auffallend  ist  das  Leb  er  einstimmen  von  BC  in  der  falschen  Lesung  Gaii.  *)  legare  i. 
11*  q)  fehlt  AB.  rj  ueque  quid  romani  neque 'romani  quid  ipsi  dicereot  B.  neqse 
rhomani  quid  ipse :  nee  ipse ,  quid  rhomani  dicerent  C,  nee  Romani  quid  ips* 
diceret  A ,  die  kritische  Regel  verlangte  (von  quod  abgesehen)  den  WorilmU  da 
Textes,  aber  an  sich  wäre  wohl  der  Lesung  von  A  der  Vorzug  zu  erlheilen  gerne**. 
")   posito  AB y  die  Drucke  aber  haben  interposilo.  *)  ab  A.  12*  ■}  quod  I. 

v)  forsan  B,  fehlt  C.  w)  facere  [für  etiaui)  C.  13.  x)  completis  C.  W.  *)  Drurfe 
A  B ,    dem  C ;    die  Schreibung    im    Texte    ist    nur   Vermuthung.  a j   nimii  H  A. 

Ä)   (andern  A.      15.  **)   applicaverunl  B.      b)  Quo  p.  A.      c)   venit  et  A. 


43]  Der  Priester  Johannes.  839 

veritatemd  cognovit,  vehementer  exultare  atque  Deuin  collaudare,  qui 
se  tanta  visione  dignum  tecerat,  prae  gaudio  visus  est.  16.  Cognitis 
•taque  diligenter  Romanae  urbis  usibus,  pro  quibus  solis  cognoscendis 
Romam  ad  venerat,  qui  se  ad  talia  scienda  perduxerat  Deo  omni- 
potenti  gracias  agebat.  17.  Posthaec6  autem  de  suae  lndicaef  regionis 
memorabilibus  rebus,  Romanis  incognitis,  sedg  maxime  de  sacratissimi 
Thomae  apostoli  miraculis,  quae  ibidem  de  ipso  post  suae  humanaek 
carnis  exitum  rutilaverunt1  et  adhuc  rutilant,  a  clero  et  a  populo 
frequenti  allocutione  interrogalurk.  18.  Quadam  itaque1  die  cleri  et 
populi  in  palacio  Lateranensi  non  parva  facta  est  congregatio  ante 
praesentiam  Romani  pontificis  Calisti  papaem  secundi.  Ubi  eodem11 
praesente  atque0  iubente  et  pleraquep  curia  suaq,  praedictusr  Indorum 
patriarcha  per  interpretem  de  patria  sua  ita8  enarrare  coepit. 

19«  »Civilas1,  cui  Domino  donante  praesumus,  Hulnaü  vocalur, 
quae  quidem  Indici  regni  caput  est  atque  dominatri\v.  2i.  Cuius 
magnitudo  quatuor  dierum  itinerew  per  circuitum  lata  extendilur. 
SL  Moenium*  vero,  intra  quae  sita  est,  talis  extat  grossitudoy,  quod 
super  eam*  duo  Romanorum  curruura,  iuncti  pariter,  largiter  irent. 
SS»  Altitudinis  autem  tanta  est  proceritas,  ut  ad  comparationem  cel- 
sarum  Romanarum a  turrium  diffusa  videatur.  23«  Per  medium  cuiusb 
Physon,  unus  de  paradisi  fluminibus,  limpidissimise  emanat  aquis, 
aurum  preciosissimum d  atque  gemmas  preciosissimas  foras*  emitlens, 
onäe  Indicae  regiones  opulentissimae  Hunt.  24.  A  fidclissimis  autem 
ebristianis  universa  interius  plenissime  est  habitata1.  25.  Inter  quos 
nullus  erroneus  aut  iniidelis,  sicut  historia  narrat,  aliquando  conversari 
polest,  quin  aut  facile  resipiscat  vel  inopinato  casu  moribundus  corruat. 


d)  varietatem  AB.  17.  e)  Post  hoc  C,  Postquam  A.  *)  Ynilie  A.  g)  vero 
nach  maxime  C,  et  A.  h)  fehlt  A.  l)  rutilabant  A.  k)  inlerrogaretur  A7  zu  Posl- 
quam  gehörig  und  als  Vordersatz  zum  Folgenden.  18.  l)  fehlt  A.  m)  sec.  pap.  AB. 
■)  eo  quidem  B,  eo  C.  °)  et  A.  p)  tota  C.  q)  et  bis  sua  fehlt  A.  r)  fehlt  BC. 
■)   sie  A.  19.    *)  Civitas  enim  A.         n)   Ulna    C  Alb.  v)   domina  A.      20. 

w)  fehlt  A.  21.  x)  tn  A  heisst  der  Satz:  Moenia  vero,  quae  infra  sila  sunt,  talis 
muri  extat  grossitudo  in  C:  Moenium  vero,  infra  quod  sita  est  etc.,  B  u.  Alb.  wie 
der  Text.  y)  Anfangs  stand  grossitudine  B.  ?)  eum  A.  22.  a)  Anfangs  war 
Romanorum  geschrieben  A ,  ebenso  lesen  alle  übrigen  von  mir  eingesehenen  Ueber- 
lieferungen  y  doch  halte  ich  die  Correctur  in  A  für  eine  authentische,  wie  denn  auch 
Alberich  so  hat.  23.  b)  eius  C.  °)  limpidissimus  AB  Alb.  d)  preciosum  A. 
e)   fehlt  A,     24.  f)   habitatur  A. 


1 


840  Fribdkich  Zarkckb,  'H 

t%.  Paululum  vero  extra  urbis*  moenia  nions  separatus  est,  profa- 
dissimi  lacush  aquis  undique  septus,  ab  aquis  au  lern  porrectus  ■ 
altum,  in  cuius  summitate  beatissimi  Thotnae  apostoli  inater'  ecclesb 
posita  constat.  87.  In  circuitu  vero  eiusdem  lacus  de  foris  in  Itooore 
duodecim  apostolorum  duodecim  monasteria  condita  sunt,  queren 
coenobitae  per  singulos  dies  sacra  mysteriak  Christi  sunt1  celebraiile» 
ac  debita  domino  ibi  sine  cessatione  persolventes  certis  teinporibus 
ofticia,  tantoquem  domino  cariores11,  quanto  pro  ejus  amore  laborio- 
siores  existunt.  28.  Praedictus  quidem0  mons,  ubip  Thoniae*  apostoli 
sita  est  ecclesia,  infra  annum  nulli  hominum  accessibilis  est,  neqiie 
illum  adirer  aliquis  teinere"  audel,  sed  palriarcha,  quicumque  fuerit, 
ad  celebranda  sacra  mysteria  locum  et  ecclesiam  istam*  non  nisi  sead 
in  anno  cum  circumquaque  venienlibusu  populis  ingreditur.  2f.  Nan- 
que  apostolicae  festivilalis  appropinquante  die,  octo  diebus  ante  iltai 
totidemque  post  illamv,  habundantia  illa  aquarum  monteui  praedictmn 
circueuntiumw  ita  tota  decrescit,  quod  fere  anx  ibi  aqua  fueril  oot 
facile  discernatur,  undc  ibi  undique  concursus  fit  populoruui,  fidetiw 
acy  inlnlelium,  de  longe  venientium,  atque  omnium  male  habentiuu, 
languorum  suorum  remedia  et  curaciones  beati  Thomae  apostoli  Diente 
indubilanler  expectancium*.  3§.  Est  enim  intra  sancta  sanctorun 
illius*  praedictao  ecclesiae  ciborium  miritice  elaboratum,  aurob  argeolo- 
(|uc  contextum  et  prcciosissimis,  quales  ibidem  paradisi  fluvius  nomiw 
Physon  emittit,  variis  lapidibus  decoratum.  31.  Intra  quod*  precio- 
sissimad  concha  argenlea,  sicut  et  ipsa  historia  apostoli  narret,  arget- 
(eis  dependet  cathenis,  cara  (piidem  melallo  sed  pocioi  thesauro  inln 
se  reposito.  32.  Sane  in  eae  veluti  depositionis  die  ita  adhuc  sacruu 
apostoli  corpus  integrum  et  illaosum  conservatur.     33.  Staus  etiam  et 


26.  *)   fehlt  A.     h)   laci  A,   ebenso  gleich  darauf;  allerdings  bin  ich  dieser  Fun 
in  mittelalterlichen  Handschriften  auch  sonst  beyegnet,   traue  sie  aber  dem  Verf.  dir** 
Schriftstuckes  nicht  zu.      *}   fehlt  C.     27.  k)  misteria  B,  mioistcria  C,   fehlt  A.  ».  4» 
Anm.  x :  myslcriis  und  ministeriis  ;  sicher  wird  an  allen  Stellen  gleich  zu  lesen  nein,  ritr 
es  f ratft  sich,   ob  mysteria  oder  ministeria?     l)  fehlt  AB.      m)   tanto  A.     ■]  tanlod. 
sunt  cariores  A.     28.  °)   si  quidem  A.     p)   in  quo  A.     *)   beati  Th.  A.     ')  fdkl 
H)   temerare  A    [ohne  ndire)  ;  diese  Lesart  toürde  man  geneigt  sein  als  die  itrsprwy 
lichc  anzusprechen,    wenn    nicht    die    kritische   Regel  die   Lesart    von    BC  verlauft^ 
K   illam  A.     ui   advenientibus  B.  convenientibus  f.     29.  T)  eam  A.      w>  draun** 
(\       *)    ut  A.       *)   et  B.       7;   expeetantibus  B.       30.  a)   islius  B.        *,  fehlt  I 
31.  °;    In  quo  riborio  A.     ll)   fehlt  A.     32.  *)   oo  BC. 


45]  Der  Priester  Johannes.  841 

erectus  super  eam  tamquam  vivens  cernitur,  anle  cuius  praesenciam 

aurea   lampas   balsamo    plena   argenteis    restibus   pendel.     54.   Quae 

ubif  fuerit  accensa,    abg  anno   in  annum   nee   balsamum   diminutum 

nech  ipsa  extineta  reperitur.     35.  Sed  talia  Deo  volenle*  et  apostolo 

intercedenle  in  anno  futuro  inveniuntur,  quemadmodum  maiora  mira- 

cola    ex    illius    liquoris    unecione    prosecutura    postea    protestanturk. 

Sf«  Plane,    ui   praedictum   est,    seeundum    consuetudinem    diei    festi 

patriarcha  redeunte  per  singulos  annos  ad  praediclam  ecclesiam,  post 

eum  fit  maximus  coneursus  populorum,  virorum  ac  mulierum,  unani- 

miter  clamantium  et  indeficientibus1  voeibus  postulantium  balsarai  ante 

Iribunal   apostoli    ardentis    qualemcumque    particulam.     37«    Nimirum 

cuiuscumque  invalitudinis  aeger,  si  ex  eo  unetus   fuerit,  quin  slatiin 

deo    volente   nulli    dubium    samis    tiat.     38«   Deinde   ad    praediclam 

concham   expendendam™  cum   suis   suttraganeis   episcopis    patriarcha 

velot  in  sacris   paschalibus   sollempnitatibus   praeparat  sese,   et  post 

haec  cum  ymnis  et   specialibus11   laudibus    paulatim   expendunt0  cum 

sacro  corpore p  concham  et  cum  multo'1  tremore  magnaque  reverencia 

sacrum   apostoli   corpus    suseipientes,    in    aurea    iuxtar   altare   illud rr 

collocant  sede.     39«  Cuius  adhuc  (igura  et  inlegritas  per  voluntatem 

creatoris*  talis  permanet,  qualis  hierat,  dum  vivens* per  mundum  ince- 

deret.     49.  Facies  vero  eius  tamquam  sidus  rutilal,    capillos   habens 

rtibeos  et  usque  in  humeros  fere  extenlos,  barbam  vero  rufam,  cris- 

pam  sed  non  prolixam,  universam1  quoque  formam  visu  pulcherrimam ; 

vestium  quoque  duriciam11  atque   integritatem   eandemv  adhuc  forew, 

quae  fuerat,  cum  prius  eas  indutus  est1.     41.  Taliter  igitur  deposito 

atque  in  cathedra*  apostoli  corpore  collocalo,  continuo  sacri  ministri 

Dcia  festo  pertinencia  ineuntb  officia.     42.  Sed  ubi  eucharistiae  per- 

cipiendae  tempus  advenerit,  sanetificatas   in    altari    hostias  patriarcha 

in  aurea  patena  componit  et  magna  cum   reverencia   ad   locum,    ubi 


34.  f)  si  semel  C.      g)   de  A.      h)   ncque  B.     35.  *)   donante  A.     k)   conle- 
stantur  C.  36.  l)   iudefessis  A.  38.  mj   expandendam  C,  exponendam  A. 

m)  spirituaübus  C,  vielleicht  richtig.  °)  expandunt  C,  fehlt  A.  p)  fehlt  B,  balsamo 
A,  es  war  also  in  der  Vorlage  wohl  eine  Lücke.  q)  multoque  cum  A.  r)  velut 
iuxta    B.  n)   fehlt    ABy     doch    ist   es   wohl   das   voraufgehende   velut    in    B. 

89«  ■)  dei  A.  40.  l)  totam  A.  u)  duriciam  A.  vj  eand.  quoque  £.  w)  fieri  B, 
sitoi  C.  x)  cum  eas  fuerat  vivens  indutus  A.  41.  z)  sede  A.  a)  diei  B.  b)  a 
sacris  ministris  .  .  .   inchoantur  A. 


47]  Der  Priester  Johannes.  843 

catervatim  ingrediente,  penitus  arescit,  eodem  recedenteb  uberrimis 
atqoe  profundissiiuis1  aquis  statim  repletur,  etd  in  pristinum  statum 
celerrime  recurrit6. 

51«  Talia  Indorum  patriarcha  in  curia  Lateranensi  recilante, 
Galistus  papa  secundusf  cum  cclera  Romana  ecclesia,  quae  illic  aderat, 
elevatis  in  coelum  manibus  Christum  aequanimiter  glorificaverunt*, 
quia  talia  tantaque  miracula  per  sanctum  suum  apostolum  Thornam 
annuis  temporibus  operari  non  desinit,  cum  patre  et  almo  spiritu 
vivensh  per  infinita  saecula  saeculorum.  Amen. 

2.    Der  Brief  des  Odo  von  Rheims. 

Der  Bericht  des  Anonymus  wird  schwerlich  von  irgend  Jemand 
als  historische  Quelle  angesehen  werden.  Bloss  auf  ihn  beschränkt, 
würden  wir  gar  wohl  annehmen  dürfen,  dass  er  auf  eine  pia  frans 
hinauslaufe  und  gar  Nichts  Thatsüchliches  ihm  zu  Grunde  Hege. 

Das  ist  aber  nicht  der  Fall.  Unser  Bericht  geht  von  einem 
wirklichen  Ereignisse  aus,  über  das  wir  durch  einen  günstigen  Zufall 
auch  noch  anderweit  unterrichtet  werden.  Dies  geschieht  in  einem 
Briefe  des  Odo  von  Rheims. 

Odo  von  Rheims,  Abt  von  St.  Remi  daselbst  1118 — 1151,  der- 
selbe, der  die  Karthäuser  in  Rheims  einführte,  hat  uns  ausser  der 
diese  Einführung  betreuenden  Urkunde  zwei  Briefe  hinterlassen,  der 
eine  an  einen  Abt  Wibald,  der  zweite  an  einen  Grafen  Thomas  ge- 
richtet. Der  letztere  ist  es,  der  uns  hier  angeht.  Der  Adressat  ist 
nach  Mabillon,  der  den  betreffenden  Brief  zuerst  1675  in  seinen 
Analecta  I,  334  fg.  (in  der  2.  Aufl.  1723,  S.  464  fg.)1)  abdrucken 
liess,  wahrscheinlich  »Thomas  de  Maria,  Codiaci  castri  dominus«. 
Näheres  ist  mir  über  ihn  nicht  bekannt. 

Dass  in  diesem  Briefe  von  demselben  Ereigniss  erzählt  wird, 
welches  unser  Bericht  zum  Gegenstande  hat,  liegt  auf  der  Hand,  man 


b)  Der  Relativsatz  bis  hieher  lautet  in  A  :  quae  feslo  sancti  Thomae  imminente 
penitus  arescit,  transactis  festivitatibus.  CJ  profundis  B.  d)  ut  A.  e)  aquae 
celerrime  recurrant  A,  aqua  cel.  recurrit  Alb.  Man  kann  nicht  läugnen,  dass  die 
Lesung    in  A    und  bei  Alberich    logischer  gefasst  ist  als  in  BC.  51«  f)   fehlt  A. 

*)    gloriticabant  A,  welches  hiemit  schliesst.      h)    viv.   et  regnans  nur  in  C. 

l)  Hiernach  ist  der  Brief  Öfter  gedruckt ,  zuletzt  bei  Migne  in  der  Patrologie 
172,    S.    U31. 

Abhindl.  d.  K.  S.  QeaelUch.  d.  Wissenfleh.  XVII.  37 


844  Friedrich  Zarncke.  \* 

vergleiche  §  15 — 20.     Man  sieht    auch,   dass    man  in  Rom  anfaus 
die    fabelhaften    Berichte    mit    Misstrauen   aufnahm,    bis  sich  endlich 
Papst  und  Clerisei  für  überzeugt  erklärten.     Das  Motiv  zur  Reise  des 
Geistlichen  —  er  ist   hier  ein    indischer  Erzbischof  —  wird  ander* 
angegeben    als   in  dem  anonymen  Berichte.     Nach  diesem  wollte  er 
sich  in  Bvzanz  das  Pallium  holen,    nach  dem  Briefe  des  Odo  ward 
er  von  dem  Kaiser  von  Ostrom  mit  weltlicher  Macht  unterstützt  und 
zur   Ausübung    dieser   ihm    ein   Fürst    von    Bvzanz    aus    mitgegeben. 
Welches  die  richtige  Darstellung  sei,  lasse  ich  dahingestellt,  der  Ge- 
danke  einer  Abhängigkeit  von  Ostrom  liegt   in    beiden    Erzählungen. 
Nach  dem  Bericht  des  Odo  geleiten  ihn  byzantinische  Gesandte  nach 
Rom,  nach  dem  des  Anonymus    begleitet   er  rückkehrende  Gesandte 
des  Papstes.     Man  muss  wohl   das  Letztere  der   historischen  Wahr- 
scheinlichkeit  angemessener   finden  als  das   Erstere,    denn    die  An- 
knüpfung von  Beziehungen  Innerasiens  zu  Rom  fand  gewiss  ums  Jahr 
1122  in  Byzanz  keine  willkommene  Aufnahme. 

Odo's  Brief  ist  nicht  datiert,  bietet  auch  keine  Anknüpfungen 
zur  Datierung,  denn  nicht  einmal  der  Name  des  Papstes  wird  anjte- 
geben.  Mabillon  a.  a.  0.  setzte  ihn  ums  Jahr  1133,  was  Migne  in 
seiner  Patrologie  noch  reproducirt.  Aber  bereits  die  Hist.  Litter.  de 
la  France  XII,  S.  406  weisst  nach,  dass  der  Brief  vor  1130,  wahr- 
scheinlich noch  vor  1129  fallen  müsse.  Sie  nimmt  das  Jahr  1126 
als  dasjenige  an,  in  dem  sich  Odo  in  Rom  aufgehalten  habe.  Ich 
vermai*;  nicht  zu  beurlhcilen,  in  wie  weit  das  Letztere  sicher  ist. 
Ist  es  sicher,  so  muss  Odo  schon  früher  einmal  in  Rom  gewesen 
sein.  Denn  nachdem  sich  der  Inhalt  des  Berichtes  des  Anonymus 
als  richtig  erwiesen  hat ,  werden  wir  auch  seine  chronologischen 
Angaben  zu  bezweifeln  keinen  Grund  haben,  und  danach  müsste  also 
Odo  im  vierten  Jahre  des  Calixlus  (2.  Febr.  1  122  —  2.  Febr.  1123 
in  Rom  gewesen  sein. 

Combiniren  wir  so  die  beiden  Berichte,  so  gewinnen  wir  aus 
dem  des  Odo  noch  eine  genauere  Datierung.  Denn  den  Tag  der 
Audienz  des  Patriarchen  beim  Papste  hat  er  uns  erbalten.  Es  war 
der  Freitag  nach  Himmelfahrt,  d.  h.  im  Jahre  1122  der  5.  Mai. 
Dass  dieser  Tag  wirklich  ins  4.  Jahr  des  Papstes  Calixtus  Fällt,  darf 
der  ganzen  Annahme  wohl  zur  Unterstützung  gereichen. 


49]  Der  Priester  Johannes.  845 

Nunmehr  lasse  ich  den  Text  nach  Mabillon,  unter  Gorrectur 
einiger  Fehler,  folgen.  Neues  handschriftliches  Material  hat  mir  nicht 
zu  Gebote  gestanden. 

Damni  Oddonis  Abbatis  8.  Bemigii 
EpLstola  ad  Thomam  comitem  de  quodam  miraculo 

8.  Thomae  Apostoli. 

1.  Salutare  est  omnibus  christiani  nominis  cultoribus  semper 
qaaerere  et  audire  aliquid  aedificativum  et,  quantum  sit  dominus  in 
sanctis  suis  mirabilis,  cognoscere  relatione  fidelium.  2.  Cum  eniin 
*  te  avidum  super  hoc  cognoverim,  iuxta  petitionis  tuae  ammonitionem, 
quae  in  curia  Romana  vidi  et  audivi,  scripto  tibi  intimare  volui. 
3»  Aderam  anno  praesenti,  feria  scilicet  sexta  post  doininicae  ascen- 
sionis  sollemnitatem,  ante  domni  papae  praesentiam,  de  nostris  vide- 
Kcet  negotiis  locuturus,  cum  subito  affuit  quidam,  qui  legatos  Byzantei, 
id  est  Constantinopolitani ,  imperatoris  adesse  pro  foribus  nuntiaret. 
Am  Exhilaratus  vero  domnus  papa  super  tanti  nominis  legatis,  ex  latere 
suo  episcopum  misit,  ut  eos  honorifice  introduceret  sibique  praesen- 
taret.  5.  Yeniunt  salutatoque  papa  universali  et  plerisque  curialibus, 
de  salute  imperatoris  suorumque  qualitate,  prout  fuerant  sciscitati, 
satis  honeste  retulerunt. 

f.  Causa  autem  eorum  haec  fuit.  Intererat  cum  eis  Indiae 
archiepiscopus,  vir  satis  honestae  formae  et  iuxta  linguae  suae  noti- 
tiam  eloquentissimus,  qui  sociali  adiutorio  defuncti  sui  principis  desli- 
tuliis,  consilii  causa  ad  praedictum  imperatorem  iampridem  venerat. 
7«  Cumque  imperator  petitionem  eius  audisset  et  ex  familiaribus  suis 
«num  principeni  dedisset,  quasi  perfecto  negotio  ad  propria  redire 
disposuit.  8.  Cumque  iler  ageret,  novum  principem  morte  impediente 
amisit.  Quo  tumulato,  imperatorem  repetiit,  doloris  sui  causam  nun- 
tiaturus.  9.  Imperator  vero  consolatus  eum,  ne  doleret  ammonuit; 
principem  recepit  alterum  imperatoris  munificentia.  10.  Tunc  archie- 
piscopus aliquantulum  mitigato  dolore  agit  iter  sed  non  peragit. 
Repentinus  enim  secundi  interilus  principis  duplicato  dolore  vehementer 
eum  turbavit.  11.  Quid  ageret,  ignorabat:  incertum  quippe  habebat, 
an  imperatorem  repeteret  an  incoeptum  iter  imperfecto  negotio  pera- 
gere  deberet.  12.  Vicit  (andern  virilis  consilii  strenuitas  imminentis 
periculi  iacluram,  suorumque  exhortationibus  relevatus  et  ne  desperaret 

57* 


846  Friedrich  Zarnckr,  # 

ammonitus,  relrograduin  iter  arripuit  seque  pii  imperatoris  oculis  di\i 
inforlunii    baiulus    repraesentavit.     13.  Cognito    igitur    Imperator  rao- 
pinalae  rei  eventu  obstupuit,  et  petiiioni  archiepiscopi  satisfecisse  se 
dicens,  tertium  mittere  denegavit.     14.  Humilis  autem   archiepiscoj>us 
vix  multis  lacrimis  impetravit,  ut  Romanam  curiam  ei   visitare  consilii 
gratia  liceret  et  legatos  imperatoris  cum   litleris   deprecatoriis  secum 
ducere  valeret. 

15.  Gumque  in  curia  esset,  quibusdam  palatinis  praeesse  se 
ecclesiae  illi  reforebat,  in  qua  beati  apostoli  Thomae  corpus  requiescw 
dicebatur.  16.  lnter  cetera  vero,  quae  de  situ  ecclesiae  thesauronmt- 
que  opulentia  et  ornamentorum  varietate  enarravit,  uoum  disseruit, 
quod  non  sine  ammiratione  aures  audientium  capere  possunt.  17.  Prae- 
dicti  apostoli  ecclesia  magnae  altitudinis  fluvio  ex  omni  parte  clau- 
ditur,  qui,  discurrentibus  aquis,  septenni  etiam  puerulo  octo  ante 
festivitatem  apostoli  diebus  totidemque  post  festivitatem  prae  nima 
siccitate  se  viabilem  praebet.  18.  In  ipsa  autem  solleinni  die  coliectis 
in  unum  totius  provinciae  proceribus  omnique  clero  et  populo,  post 
multas  iacrimas  altaque  suspiria  archiepiscopus  cum  sui  sociis  ordinis 
ad  beati  apostoli  feretrum  accedit  et  ex  eo  cum  magna  revereoba 
corpus  levatum  in  cathedra  pontificali  decenter  collocat,  priuiusqae 
tanti  advoeati  pedibus  advolutus,  oblationis  suae  »minore  apostoluo» 
honoral.  19.  ßeatus  vero  apostolus  brachium  erigit  manumque  aperil: 
et  quicquid  ei  ab  universis  nostrae  ßdei  cultoribus  offertur,  gratanter 
accipit.  20«  Si  quis  vero  haereticus,  populo  admixtus,  quasi  pro 
devotione  in  manu  apostoli  aliquid  ponere  nititur,  claudit  sanctib 
manum,  et  nefanda  munera  accipere  denegat. 

21.  Cumque  talia  relatione  quorundam  in  auribus  domini  papae 
sonuissent,  adesse  iussit  cpiscopum,  et  ne  amplius  in  palatio  falsa 
seminarct,  sub  anathemate  prohibere  voluit.  Veritali  enim  contrarius) 
esse  vidcbatur,  quod  de  apostolo  divulgasset.  22«  Episcopus  aute© 
coram  omnibus  nil  esse  verius  aflirmabat,  et  assensu  domini  papae 
saerosancii  evangelii  iiiramento  ita  esse  comprobavit.  23.  Credidit 
tandem  dominus  papa,  credidit  et  omnis  curia  et  apud  omnipotentiam 
divinam  apostolum  maiora  impetrare  posse  acclamabant. 


$1]  Der  Priester  Johannes.  847 

*  II.    Der  Priester  Johannes. 

Das  Nachstehende  ist  mehr  als  eines  der  übrigen  Capitel  Wiederab- 
druck eines  meiner  Programme  (No.  II,  des  Renunciationsprogramms  aus 
dem  Jahre  1875).  Was  gegenwärtig  von  meiner  früheren  Darstellung 
abweicht,  danke  ich  hauptsächlich  den  Belehrungen  befreundeter  Ge- 
lehrter, besonders  der  Herren  J.  Gildemeister,  A.  v.  Gutschmid  und 
Th.  Nöldeke,  die  meine  Ansichten  und  Forschungen  mehrfach  in 
dankenswertester  Weise  in  brieflichen  Mittheilungen  berichtigten. 


1.  Der  Bericht  des  Otto  von  Freising. 

Während  sich  der  Papst  Eugenius  III.  im  Jahr  1145  in  Viterbo 
aufhielt,  suchte  ihn  der  Bischof  von  Gabula  (Gebal,  Dschebal  in  Antio- 
chien,  südlich  von  Laodicea,  an  der  Küste)  auf,  der  aus  mehrfachen 
Gründen  ins  Abendland  gekommen  war.  Einmal  wollte  er  die  Nachricht 
überbringen;  dass  es  ihm  gelungen  sei,  Antiochia  der  Oberherrlichkeit 
des  päpstlichen  Stuhles  zu  erhalten,  dann  wünschte  er  den  Papst  zu 
der  Anordnung  zu  bestimmen,  dass  von  der  den  Muhammedanern  ab- 
genommenen  Beute  den  Geistlichen  der  Zehnte  gewährt  werde,  end- 
lich beabsichtigte  er  die  Fürsten  des  Abendlandes  nach  dem  traurigen 
Fall  von  Edessa  (1144)  zu  einem  neuen  Kreuzzuge  zu  veranlassen. 
Um  dieselbe  Zeit  war  der  Stiefoheim  des  Kaisers  Friedrichs  I.,  der 
Bischof  Otto  von  Freising,  in  Viterbo,  wo  er  ani  18.  November 
beim  Papste  eine  Audienz  hatte.  Hier  kam  er  mit  dem  Bischof  von 
Gabuta  zusammen,  und  hier  war  es,  wo  er  im  Gespräche  mit  diesem 
das  erste  Wort  von  dem  Priester  Johannes  hörte.  Es  war  das 
wohl  der  erste  Bericht,  der  über  denselben  im  Abendlande  ver- 
nommen ward.  Im  folgenden  Jahre  nahm  Otto  ihn  in  seine  Chronik 
auf,  und  so  enthält  diese  die  erste  niedergeschriebene  Nachricht,  die 
wir  von  dem  Priester  Johannes  kennen.  Otto's  Worte  lauten  in  der 
Chronik  VII,  Cap.  33  z.  J.  1145  (Mon.  Germ.  hist.  Script.  XX  S.  266) 
wie  folgt: 

1.  Vidimus  etiam  ibi  lunc  praetaxalum  de  Syria  Gabulensem  epis- 
copuni,  cuius  praecipue  opera  ad  plenuni  Antiochia  Rotnanae  sodi  subesse 
coepil,  tarn  de  patriarcha  suo  Antiochcno  et  de  principis  malre,  Balduini 
Hierosolimitani  quondam  regis  filia.  querimoniam  facienlem  quam  de  spoliis 


848  F  bie  ob  ich  Zabnckk,  .8 

Sarracenis  ablatis  decimas  iure  antiquitatis  exemplo  Ahrahae,  qui  eas,  De© 
reco^noscens  victoriam1),  de  suis  spoliis  Melchisedech  dedit,  exigentenfte 
super  hoc  apostolicae  sedis  auctoritatein  requirentem. 

2.     Audivimus    cum    periculum    transmarinae    ecclesiae    post   capUn 
Edissam  lacrimahiliter  conquerenlem  et  ob  hoc  Alpes  transcendere  ad  re^f« 
Romanorum    et   Franeoruin    pro    Uagilando   auxilio    volenlem.     3.  Narrata 
etiam,    quod    ante    non    multos    annos    lohannes    qui  dam,  qui, 
ultra  Persidem  et  Armen  iam  in  cxlremo  Oriente  habitans,  rei 
et  sacerdos,  cum  gente  sua  christianus  esset,  sed  Nestorianus. 
Persarum    et   Modorum    reges   trat  res,    Samiardos  [Saoiardos 
einige  Hss  ]  dictos,   hello  petierit  alque  Egbattani,  cuius  supra  roeolio 
facta  est,  sedem  regni  eorum,   expugnaverit.     4.  Gui  dum  praefali  reges  cum 
Persarum,  Medorum,  Assyriorum  copiis    oceurrerent,  triduo,    utrisque  mori 
magis  quam  fugere  volentibus,  dimicatum  est.     Presbyter  lohannes  — 
sie   cnim    cum    nominare   solent  —  landein,    versis    in   fugam  Persis, 
cruentissima  caede  victor  extitit. 

5.  Post  hanc  victoriam  dicebat  praedictum  Iohannem  ad  auxiliaa 
Hierosolimitanae  ecclesiae  procinclum  movisse,  sed  dum  ad  Tygrim  venisset 
ibique  nullo  vehiculo  traducere  exercilum  poluisset,  ad  septentriooaleo 
plagam,  ubi  eundem  omnem  hyemali  glacie  congelart  didicerat,  iter  Uexisse. 
6.  lbi  dum  per  aliquot  annos  moratus  gclu  expeetaret,  sed  niinime,  hoc 
impediente  aeris  lemperie,  obtineret,  mullos  ex  insuelo  eoelo  de  exercita 
amittens,   ad  propria  redire  compulsus  est. 

7.  Fertur  enim  iste  de  antiqua  progenic  illorum,  quorum  in 
evangelio  menlio  fit,  esse  magorum,  eisdomque,  quibus  et  isli,  genübt* 
iinperans,  tanla  gloria  et  habundantia  frui,  ut  non  nisi  sceplro  smaragdioo 
Uli  dicatur.  8.  Palrutn  itaque  suorum,  qui  in  eunabulis  Christum  adorart 
venerunt,  accensus  exemplo  Uierosolimam  ire  proposueral ,  sed  praeUtiala 
causa  impeditum  fuisse  asserunt.     Sed  haec  hactenus2). 

Man  sieht,  es  ist  schon  einige  Jahre  her  seit  jenem  Ereignisse, 
und  man  bemerkt,  wie  die  Sage  bereits  geschäftig  gewesen  ist,  e> 
auszumalen.  Sollte  es  dennoch  möglich  sein,  dasselbe  noch  festzu- 
stellen? vielleicht  gar  noch  die  Persönlichkeit  zu  ideutiticiren,  welche 
durch  die  den  Herrschern  der  Meder  und  Perser  beigebrachte  Nieder- 
lage die  Veranlassung  zu  jenem  Gerüchte  gab?  Man  darf  den  Ver- 
such wagen,  denn  eine  bedeutende  Niederlage  dieser  mächtigen 
Fürsten  war  ein  Ereigniss,  das  sich  nicht  aus  der  Lull  greifen  lies 


1)  Die  luterpunclion    in    der   Ausgabe    der  Moiunnenta    ist    unrichtig ;  deeima* 
sieht,   wie  es  scheint,   iu  allen  Hss.   hinter  Abrahae. 

2)  Ich  sehe  davon  ab,   alle  Berichte  aus  den   Historikern  anzuführen,    die  im 
I*.   u.    13.   Jahrli.   diese  Nachricht   mehr  oder  weniger  ungenau   reproducireu. 


331  Der  Priester  Johannes.  849 

und  das,  wenn  es  wirklich  eingetreten  war,  in  der  Geschichtschreibung 
•teht  unbemerkt  bleiben  konnte. 

So  hat  denn  auch  sclion  d'Avczac  in  seiner  gelehrten  und 
treffenden  Erörterung  über  den  Priester  Johannes  in  der  Einleitung 
zu  seiner  Ausgabe  des  Johannes  de  Piano  Carpiui  im  i.  Bande  des 
Recueil  de  voyages  et  de  memoires  public  par  la  societe  de  g&)- 
graphie,  1839,  S.  5591g.  diese  Frage  aufgeworfen,  und  er  hat  bereits 
die  richtige  Antwort  ertheilt,  auf  die  auch  unsere  Darstellung  hinaus- 
kommen wird1);  aber  d'Avezac  hat  einfach  seine  Behauptung  hinge- 
stellt, ohne  für  die  Richtigkeit  derselben  einen  Beweis  aus  den  Quellen 
tu  erbringen.  Diese  Lücke  auszufüllen  unternahm  Gustav  Oppert 
in  einem  eigenen  Buche :  » Der  Presbyter  Johannes  in  Sage  und  Ge- 
schichte, Berlin,  186i«3);  aber  seine  Untersuchung,  obwohl  auf  nicht 
onfleissigen  Collectaneen  beruhend,  ist  doch  so  übel  disponirt,  so 
unzusammenhängend  geführt,  so  mit  überflüssigstem  Ballast  beladen, 
dass  es  wenig  erquicklich  ist,  sich  mit  ihr  beschädigen  zu  müssen, 
und  Niemandem  die  Mühe  erspart  wird,  die  ganze  Untersuchung  von 
Anfang  an  noch  einmal  zu  führen.  Ueberdies  hat  Gustav  Oppert 
gerade  die  ältesten  und  besten  Quellen,  die  Chronik  des  Ibn  el-Athir 
und  das  Werk  des  Dschuweini  unbegreiflicher  Weise  ganz  unberück- 
sichtigt gelasseu.  Wenn  daher  hier  jene  Untersuchung  wieder  auf- 
genommen werden  soll,  so  dürfen  wir  behaupten,  dass  ihr,  trotz  des 
Vorsprungs,  den  Oppert  als  Orientalist  haben  müsste,  noch  keineswegs 
vorgegriffen  ist ;  andererseits  wird  auch  die  vorliegende  vollen  An- 
sprüchen nicht  genügen  können,  denn  ihr  Verfasser  ist  nicht  Orien- 
talist, die  Untersuchung  führt  aber  mitten  hinein  in  die  orientalischen 

• 

Quellen.     Hier   fand    ich    mich    angewiesen    auf  die  Uebersetzungen, 
die    uns    wohlwollende    Orientalisten    gewährt    haben3),    bald     ins 


')  Nur  beiläulig  sei  hier  des  Aufsatzes  von  Prof.  Dr.  Pli.  Braun  in  Odessa  in 
der  Zeitschr.  d.  (jescllsch.  f.  Eni.  Bd.  XI,  S.  279  fg.  Erwähnung  gethan,  der  die 
Blicke  nach  einer  ganz  andern  Richtung  lenkt  ^Transkaukasien)  ohne ,  wie  mir 
scheint,   auch   nur  einen   Funken  von  Wahrscheinlichkeit  zu  erzielen. 

*)  Die  1870  erschienene  »zweite  verbesserte  Auflage«  führt  diese  Bezeichnung 
mit  Unrecht.  Es  ist  der  alte  Abdruck,  dem  nur  ein  paar  neugedruckte  Blätter 
eingeklebt  sind  -S.  *ö:i  — 58.  119 — IS*.  161/62.  165/66;.  Dieser  Thatsache 
gegenüber  ist  der  Ton  der  Vorrede,  die  das  Buch  als  einen  Neudruck  behandelt, 
nicht  gerechtfertigt. 

:4j    Leider  wird  dies  Wohlwollen  von  Jahr  zu  Jahr  geringer.     Es  scheint  heut 


850  Friedrich  Zarncke,  il 

• 

Lateinische,  bald  ins  Französische,  Schwedische,  Deutsche  u.  s.  w. 
Auch  sind  keineswegs  die  in  Betracht  kommenden  Schriften  schoi 
alle  herausgegeben,  noch  weniger  sind  «sie  auf  ihren  Zusammenhang 
unter  einander  und  auf  ihre  Quellen  untersucht  worden.  Deoooch 
glaube  ich  hellen  /m  dürfen,  dass  in  allem  Hauptsächlichen  die  nach- 
stehende Darstellung  eine  wesentliche  Veränderung  nicht  erfahren  wird. 

2.     Das  Jahr  1141. 

Otto  von  Freising  nennt  uns  das  Jahr  nicht,  in  welchem  die 
Niederlage  der  Perser  und  Meder  staltfand,  er  sagt  nur  ante  m 
mullos  annos.  Aber  eine  andere  deutsche  Quelle,  die  Fortsetzung 
der  mit  dem  Jahre  1139  schlirssenden  Admönter  Aanalen,  deren 
Codex  Garstensis  im  Jahr  1181  geschrieben  ist,  bezeichnet  direetdas 
Jahr  1141:  Johannes  presbtjler  rex  Armeniae  et  Indiae  cum  duolm 
regibus  fralribus  Persarum  et  Medorum  pugnavil  et  vidi  (Mon.  Germ, 
hist.  Script.  IX,  380).  Diese  Fortsetzung  hat,  wie  wir  nachweisen 
können,  tlie  Chronik  des  Otto  von  Freising  mit  als  Quelle  benutzt 
der  Wortlaut  unserer  Stelle  macht  dasselbe  auch  für  diese  wahr- 
scheinlich. Aber  beruht  die  bestimmte  Angabe  des  Jahres  nur  auf 
einer,  auf  Ottos  Worte  gebauten  Conjectur  oder  auf  selbstständiger 
eigener  Unterrichtung?  Wäre  das  Letztere  nicht  so  gar  unwahrschein- 
lich, so  möchte  man  es  fast  glauben,  denn  die  Annalen  treffen  in 
der  That  das  Richtige,  es  war  wirklich  das  Jahr  1141,  in  welchem 
jene  Niederlage  der  Meder  und  Perser  stattfand1). 

Ehe  wir  auf  die  orientalischen  Quellen  übergehen,  die  uns  hier- 
von berichten,  müssen  wir  zunächst  einen  orientirenden  Blick  auf  die 
Verhältnisse  Persiens  um  jene  Zeit  werfen. 

Seit  den  Jahren  1037/39  herrschte  dort,  nach  Besiegung  der 
Ghazneviden ,    die    im    Wesentlichen    auf  Indien  beschränkt  wurden. 


zu  Tage  zum  vornehmen  Ton  zu  gehören ,  die  orientalischen  Texte  ohne  Ceber- 
Setzung  herauszugeben,  was  wenigstens  für  die  geschichtlichen  sehr  zu  bedauern 
ist.  Eine  (JuelJe  ersten  Hanges  z.  B.,  lbn  el-Athir.  steht  da  in  einer  zahlreich«] 
Reihe  von  Bänden  stattlich  herausgegeben,  aber  unbenutzbar  für  den  Historiker. 
!)  Vergebens  habe  ich  in  byzantinischen  Schriftstellern  über  das  12.  Jahr- 
hundert nach  einer  Andeutung  von  den  hier  in  Betracht  zu  ziehenden  Vorgängen 
gesucht.  Weder  Johannes  Cinnamus  in  seiner  Epitome  (MIR — 1176  ,  noch  Joel 
in  seiner  Chronographia  (bis  zum  J.  liOi),  noch  Nicetas  Acominalus  in  seiner 
hisloria   Byzantina    ;MI8 — 1206)    erwähnen  etwas   Einschlägiges. 


351  Reh  Priester  Johannes.  851 

und  mit  Unterwerfung  von  Chowarezm  (im  Jahre  1043),  die  Dynastie 
der  Seljuciden;  seit  1050  hatten  diese  auch  die  Khalifen  von  sich 
abhängig  gemacht  und  den  Westen  Asiens  unter  sich  gebracht.  Unter 
ihren  Sultanen  Thogrul-Begh  (1037—1063),  Alp  Arslan  (1063—1074) 
und  Malek-Schah  (1074 — 1092)  bildeten  sie  eine  gewaltige,  einheit- 
liche Macht,  die  sich  von  der  Grenze  Turkestans  bis  in  die  Mitte 
Kleinasiens  und  bis  an  die  Grenze  Aegyptens  erstreckte.  Unter 
Malek-Schah  waren,  doch  derselben  Dynastie  angehörig,  die  kleinen 
Sultanate  von  Iconium  (1074)  und  Aleppo  (1078,  daneben  1095 
Damaskus)  entstanden,  mit  denen  bekanntlich  die  ersten  Kreuzfahrer 
zu  kämpfen  hatten.  Nach  Malek-Schah's  Tode  bereitete  sich  auch 
eine  Theilung  der  Hauptmacht  im  Osten  vor.  Die  drei  Söhne  desselben 
befehdeten  einander.  Karkiarok,  Mohammed  und  Sandschar  (Sandjar, 
Sindjar,  Sangar).  Der  Krieg  führte  im  Jahre  1103  zu  einer  Drei- 
theilung,  die  1105  nach  Entfernung  des  Sohnes  Barkiarok's  zu  einer 
Zweitheilung  ward ,  zwischen  Mohammed ,  der  den  Titel  als  Sultan 
annahm,  und  Sandschar,  der  die  Länder  im  Osten,  vor  Allem  das 
Hauptland  Khorasan  erhielt.  Im  Jahr  1118  nach  Mohammed's  Tode 
Hess  sich  Sandschar  als  Sultan  ausrufen,  und  das  folgende  Jahr  lie- 
ferte ihm  die  Hauptgewalt  in  die  Hände:  der  westliche  Theil  des 
Reichs  unter  Mahmud  (1118—1131)  und  Masud  (1131—1152,  um 
der  kurzen  und  nur  (heilweisen  Regierungen  Daud's  und  Thogrul's 
nicht  zu  gedenken)  war  im  Wesentlichen  abhängig  von  Sandschar 
(«f  1157),  der  wegen  seines  Kriegsglückes  und  seiner  glänzenden 
Machtstellung  mit  Alexander  dem  Grossen  verglichen  wurde.  Er 
stand  in  den  30ger  Jahren  des  12.  Jahrhunderts  auf  dem  Gipfel 
seiner  Macht. 

Wir  erkennen  aus  dieser  Darlegung  eine  doppelte,  freilich  sehr 
verzeihliche  Ungenauigkeit  in  dem  Berichte  Otto's  v.  Freising.  Er 
nennt  die  beiden  Herrscher  der  Perser  und  Meder  fralres,  während 
sie  nur  bis  zum  Jahr  1118  Brüder,  von  da  an  aber  Neft'e  und  Oheim 
waren,  und  er  nennt  sie  Saniardos  (Samiardos),  während  dieser  Name 
doch  der  Eigenname  nur  des  einen,  freilich  des  mächtigem  derselben, 
war,  nicht  der  gemeinsame  Familienname. 

Sandschar's  Hauptland  war  die  Hochebene  von  Khorasan,  daran 
schlössen  sich  die  abhängigen  Länder:  Khowarezm,  zwischen  dem 
kaspischen  See  und  dem  üxus,  und  Transnxanien :  östlich  davon  lagen 


852  Frirdrich  Zarnckb,  \#> 

die   Gebiete   von    Turkestan,    verschiedenen   Herrschern    untergeben, 
und  südöstlich  der  Rest  des  Reiches  Ghazna;  auch  Sedjestan,  Gfaor 
und  Kerman  besassen  einige  Selbstständigkeit.     Von  allen  diesen  Ge- 
bieten   war   das  wichtigste   und    bedrohlichste  Khowarezm ,  von  be- 
sonderer Bedeutting   wegen   der  Küstengebiet«   des  kaspischeo  Sees. 
Barkiarok  hatte  diese  Provinz  1097  einem  Mohammed  übergeben  und 
ihm  den  Titel  Khowarezmschah  erneuert,  der  bereits  995 — 1043  in 
Gellung  gewesen  war;  dieser  Mohammed  ward  so  der  Gründer  einer 
eigenen  Dynastie,  die  bald,  ihrer  Macht  sich  bewusst,  darauf  deokea 
konnte,  ihrem  Lehnsherrn  die  Gewalt  zu  entreissen,  was  ihr  am  Ende 
des   12.  Jahrhunderts  auch  wirklich  gelang.     Mohammed  regierte  bis 
1127,  ihm  folgte  Atsiz,  der  bis  1155  herrschte.     Nach   ihrer  geogra- 
phischen  Lage  konnten,  wo  es  sich  um  Khowarezm    handelte,  auch 
Transoxanien    und  Turkestan    leicht   in  Mitleidenschaft    gerathen.    li 
Theilen  Transoxanien's  und  Turkestan's  herrschte  unter  Obhut  Samt 
schar's  seit   1101   Arslan-Khan  und  seit  1131   sein  Sohn  Mahmud,  in 
Turkestan  mehr  oder  weniger  unabhängige  Fürsten. 

An  die  ehrgeizigen  Pläne  der  Khowarezmier  knüpfen  sich  die 
Ereignisse,  die  uns  hier  angehen  und  die  der  Macht  des  Sandschar 
den  ersten  empfindlichen  Stoss  versetzten.  Nach  allerlei  Weiterung«) 
gab  die  Ermordung  eines  Sohnes  des  Khowarezmschah  Atsiz  den 
ersten  Anstoss  zu  einem  ernsten  Conflicte. 

Sehen  wir  uns  jetzt  nach  der  Darstellung  der  Huuplquellen  um. 

3.    Ibn  el-Afhir. 

Der  älteste  Schriftsteller,  der  uns  über  die  Vorgänge  im  Jahre 
11  il  unterrichtet,  ist  Ibn  el-Athir.  Er  war  im  Mai  I  1G0  geboren, 
lebte  meist  in  Mosul  (Ninive),  und  starb  daselbst  1233.  Sein  Chroni- 
con  el  Kamfl,  der  vollkommene)  reicht  bis  zum  Jahre  1231.  fc 
ist  herausgegeben  von  Tornberg,  und  die  uns  liier  angehende  Periode 
in's  Schwedische  übersetzt  (Ibn-el-Athir's  Chrönika,  Elfte  delen,  Haftel 
I,  Lund  1851.  Haftet  II,  Lund  1853).  Dieser  Uebersetzung  bediene 
ich  mich  im  Folgenden.  Ibn-el-Alhir  gilt  mit  Recht  für  einen  zuver- 
lässigen und  correcten  Historiker.  Dass  er  mit  Kritik  verfuhrt,  ergiebt 
sich  auch  hier.  Seine  Darstellung  ist  nur  insofern  ftir  einen  schnellen 
Ueberblick  unbequem,  als  er  es  liebt,  Vorgänge,  die  das  Haupt- 
ereigniss  erklären  sollen,  nachzutragen.     Seine  Erzählung  des  Haupt- 


•7]  De»  Priester  Johannes.  853 

ereignisses  lautet  zum  Jahre  536  d.  H.  (6.  August  1141  bis  26.  Juli 
4  442),  bei  Tornberg  Heft  II,  S.   108  fg.: 

»Im  Muharram  (6.  Aug.  bis  4.  Sept.)  oder  nach  Anderen  im 
Safer  (5.  Sept.  bis  3.  Octob.)  dieses  Jahres  erlitt  der  Sultan  Sindjar 
eine  Niederlage  von  den  ungläubigen  Türken  (el  Turk  el  kuffär). 
Die  Veranlassung  war  die  folgende.  Wie  wir  früher  berichtet,  hatte 
Sindjar  einen  Sohn  des  Kharizm-Schah  Alsiz  getödtet.  Hierdurch 
aufgebracht,  sandte  derselbe  zu  den  Khata,  welche  in  Ma-vera-el- 
nafar  (Transoxanien)  wohnten,  erregte  in  ihnen  die  Hoffnung  auf 
Landgewinn,  und  indem  er  ihnen  die  Sache  sehr  leicht  vorstellte, 
reizte  er  sie  auf,  in  Sultan  Sindjar's  Reich  einzufallen.  Demzufolge 
brachen  sie  mit  300,000  Reitern  auf.  Sindjar  ging  ihnen  mit  seiner 
Armee  entgegen.  Man  traf  aufeinander  in  Ma-vera-el-nahr,  wo  eine 
Mutige  Schlacht  stallfand,  in  der  Sindjar  und  seine  Truppen  flohen. 
400,000  von  ihnen  holen,  von  denen  12000  Vornehme  und  4000 
Weiber  waren.  Des  Sultans  Gemahlin  wurde  gefangen  genommen 
and  er  selbst  floh  bis  nach  Termed,  von  wo  er  sich  nach  Balkh 
begab.  Nach  dieser  Niederlage  Sindjar's  überfiel  der  Kharizm-Schah 
Merw,  in  das  er  eindrang,  ohne  dass  der  Sultan  etwas  dagegen  thun 
konnte,  tödtete  Manche  und  nahm  den  gelehrten  Abu-I-Fadhl  el- 
Kermani  nebst  vielen  anderen  Gelehrten  und  Vornehmen  des  Landes 
gefangen.« 

Wer  waren  diese  Khata,  die  der  Khowarezmschah  zu  Hülfe 
rief  und  die  den  Sandschar  besiegten?  Ibn  el-Athir  fühlt,  dass  er  uns 
die  Antwort  auf  eine  solche  Frage  schuldig  ist,  und  er  greift  zurück 
zu  einer  weiteren  Orientirung  und  führt  uns  jetzt  nach  Maveraelnahr 
und  Turkestan. 

So  folgt  denn  nach  Erzählung  einiger  einlenkenden  Massnahmen, 
die  der  Sultan  in  Folge  seiner  Niederlage  in  Bezug  auf  seinen  Bru- 
der Masud  zu  treffen  für  gut  fand,  eine  neue  und  speciellere  Schil- 
derung der  Veranlassung  und  des  Verlaufs  der  Ereignisse,  offenbar 
nach  neuer  Quelle.  Dass  es  verschiedene  Berichte  über  dies  Ereigniss 
gab,  darauf  machten  schon  die  einleitenden  Worte  aufmerksam:  »Von 
den  nun  folgenden  Ereignissen  berichten  die  Geschichlschreiber  ver- 
schiedene Erzählungen.  Wir  wollen  sie  alle  aufführen,  um  den  Wider- 
sprüchen in  ihrer  Darstellung  auszuweichen.«  Zuerst  wird  von 
»Turkestan,  d.  i.     wie  es  hier  heisst)   Kaschgar,  Belasagun,    Khotan, 


854  Friedrich  Zarnckb.  "ft 

Taraz  und  anderen  Landestheilen,  die  an  Maveraelnahr  grenzen«  ge- 
handelt.    Dort   herrschten    Könige   vom   Geschlechte   des   türkische* 
Khan,  deren  Vorfahr  aber  in  Folge  eines  Traumes   zum  Islam  über- 
getreten war,  zuletzt  Arslan-Khan,  der,  nachdem  er  von  Kadr-Khai. 
der  in  Maveraelnahr  gebot,  vertrieben  worden  war,  von  Sindjar  191 
•1 100/1101)  wieder   eingesetzt   wurde,   bei   welcher   Gelegenheit« 
zugleich  das  Land  des  Kadr-Khan  mit  bekam.     Sindjar's  Hülfe  musste 
er  bald  wieder  anrufen,   und   auch  später  noch  war  er  allerlei  At- 
fechtungen   ausgesetzt.     Er   hatte   unter  seinen   Truppen  ausser  det 
Ghusischen  Türken  noch  andere  türkische  Stämme,   die  Kargbaliji 
genannt  wurden.     Diese,  in  Folge  von  Vorgängen,  die  etwas  unklar 
angedeutet  werden,  vertrieben  ihn  wieder  aus  seinem  Reiche;  aber- 
mals aber  kam  Sindjar  auf  seinen  Hülferuf  herbei,  ging  524  (1129/30; 
über  den  Djihun  (Oxus)  und  trieb  die  Karghalija  bis  über  Samarkiid 
zurück,  aber  den  Arslan-Khan  schickte  er  doch,  unter  dem  Vorgeben, 
er  habe  ihm  nach  dem  Leben  getrachtet,  nach  Balkh,    wo  derselbe 
bald   darauf  starb.     Nach    Sainarkands    Einnahme   hatte    er   Hasn- 
Tekin  zum  Statthalter  gemacht,  der  aber  bald  starb,  und  nun  ernannte 
Sindjar  den  Mahmud,  den  Sohn  Arslan-Khan's,  zu  dessen  Nachfolger. 
Wie  es  mit  Turkestan  ward,  wird  uns  nicht  gesagt.      Aber  aus  de» 
Folgenden  scheint  hervorzugehen,  dass  dies  wohl  schon  definitiv  ver- 
loren war. 

Es  liegt  schon  hier  nahe,  zu  vermutben,  dass  die  aufrührerischen 
Karghalija  in  Maveraelnahr  in  irgend  einem  Verhältniss  zu  jenet 
oben  ebenda  genannten  Khata  gestanden  haben  werden.  Das  Folgende 
bestätigt  dies. 

Nach  jener  Schilderung  nämlich  der  Verhältnisse  in  TurkesUi 
und  Ma-vera-el-nahr  und  ihrer  Beziehungen  zu  Sultan  Sandschar  lenkt 
nun  Ibn  el-Athir  tinsern  Blick,  abermals  in  der  Zeit  zurückgreifend, 
auf  einen  ganz  neuen  Faktor  der  Ereignisse,  es  scheint  auf  Grund- 
lage wieder  eines  andern,  also  eines  dritten  Berichtes. 

»Bereits  früher,  im  Jahr  522  (6.  Januar  bis  25.  Decbr.  1128; 
war  el-Avar  oder  Ku-Khan1)  aus  China   an   den  G ranzen  Kaschgars 


*)  So  stets,  nur  an  dieser  einen  Stelle  lieisst  es  Kur-Khan.  Dennoch  ist  dies 
Letztere  das  Richtige.  AI- Ä  war  ist,  wie  mich  NÖldeke  belehrt,  eine  ilbeue 
arabische  Uebersetzung    von  Kür-Chdn   (richtiger  Kör-Ckdn,  von  den  Türken  Kor- 


89]  Der  Priester  Johannes.  855 

angekommen  mit  unzählbaren  Heerschaaren.  Der  Khan  Ahmed  ben- 
el-Hasan,  Fürst  über  Kaschgar,  rüstete  sich  zur  Verteidigung,  sam- 
melte seine  Truppen  und  zog  ihm  entgegen.  Man  traf  auf  einander 
vnd  kämpfte.  Der  Chinese  el-Avar  floh  und  manche  aus  seinem 
Volke  fielen.  Darauf  starb  er  [der  Khan  Ahmed]1),  und  nun  folgte 
ihm  der  chinesische  Ku-Khan.  Ku  ist  im  Chinesischen  ein  Zuname 
für  ihren  höhsten  König,  und  Khan  ist  (Jer  Beiname  für  den  König 
der  Türken,  und  bedeutet  »der  grösste  König«.  Er  kleidete  sich  in 
die  Tracht  ihrer  Könige  [der  von  Turkestan]  mit  Schleier  und  Shvval 
and  folgte  der  Lehre  des  Man is  [welche  in  Turkestan  damals  sehr 
verbreitet  war].  Als  er  aus  China  nach  Turkestan  gezogen  war, 
hatten  die  khataischen  Türken  sich  ihm  angeschlossen.  Diese  waren 
schon  vor  ihm  aus  China  ausgewandert  und  nun  dem  Khane  Turke- 
fttan's  untergeben.« 

Darauf  folgt  eine  Erzählung,  warum  diese  khataischen  Türken 
Steh  mit  Arslan-Khan  überworfen  halten  und  nach  Helasagun  fort- 
gezogen waren :  das'  ist  doch  wohl  dieselbe  Feindschaft,  die  oben  in 
dem  zweiten  Berichte  erwähnt  ward,  denn  der  weitere  Zusammen- 
bang (s.  u.)  macht  es  wahrscheinlich,  dass  diese  Khataier  dieselben 
üait  den  Karghalija  sind.  »Als  nun  der  chinesische  Ku-Khan  auszog, 
so  schlössen  sie  sich  ihm"" an.  So  wuchs  ihr  Ansehen,  ihr  Heer 
wurde  verdoppelt  und  sie  zogen  erobernd  in  Turkestan  ein.«  In  Folge 
dessen  scheint  Sindjar's  Zug  524  (1129/30)  unternommen  zu  sein. 
Hangt  dieser  Zug  der  Khataier  zusammen  mit  dem  Zuge  des  el-Avar 
gegen  Kaschgar?  Doch  wohl.  Ibn  Athir  hat  hier  noch  ein  paar 
Zeilen  über  die  milde  Behandlung  clor  Unterworfenen  von  Seiten  des 
Ku-Khan.  »Später2;,  rückten  sie  gegen  Ma-vera-el-nahr.  Der  Khan 
Mahmud  ging  im  Kamadhan  531  (23.  Mai  bis  22.  Juni  1137)  aus 
Khodjend's  Glänzen  (nordlich  von  Samarkand)  ihnen  entgegen,  ward 
aber  geschlagen  und  zog  sich  auf  Samarkand  zurück.  Die  Gefahr 
für  die  Bewohner  dieser  Stadt  war  sehr  gross,  Furcht  und  Bekümmer- 


Ckän  gesprochen).  A'vmr  heisst  arabisch  »einäugig«,  hör  auf  persisch  »blind«. 
Bei  Ibn-Athir  auffallend,   da  er  Kü-chAn  hat  und  dies  Tür  chinesisch  erklärt. 

l)  Den  Worten  nach  könnte  es  auch  auf  el-Avar  bezogen  werden ,  aber  der 
Zusammenhang  verlangt,   dass  Ahmed  gemeint  sei. 

2  Inzwischen  war  Arslau  entsetzt  und  gestorben,  und  Mahmud  Gouverneur 
von  Samarkand    d.  i.   Maveraelnahr    geworden. 


856  Friedrich  Zarnckk,  *• 

niss  stieg  mehr  und  mehr,  und  früh  und  spät  bereitete  man  sich  auf 
das  Schlimmste  vor.  Und  ebenso  stand  es  mit  Bukhara  und  andern 
Städten  in  Ma-vera-el-nahr.  Da  sandte  der  Khan  Mahmud  zum  Sultan 
Sindjar,  seine  Hülfe  anrufend  und  ihn  auf  die  Niederlage  der  Moslem 
hinweisend,  zu  deren  Beistande  er  ihn  aufforderte.  Sindjar  zog  seine 
Truppen  zusammen,  und  bei  ihm  versammelten  sich  auch  die  Könige 
von  Khorasan,  die  Fürston  «über  Sedjestan  und  el-Ghur,  die  Könige 
von  Ghazna  und  Mazenderan  mit  vielen  Anderen.  Mehr  als  100,000 
Heiter  wurden  so  zusammengebracht,  und  die  Rüstung  dauerte  6 
Monate.  So  zog  Sindjar  gegen  die  Türken.  Im  Ühu-I-Hidjdja  des 
Jahres  535  (8.  Juli  bis  5.  August  1141)  zog  man  über  den  Fluss 
(den  Djihun,  Oxus)  nach  Ma-vera-el-nahr.  Der  Khagan  Mahmud  be- 
klagte sich  bei  Sindjar  über  die  karghalitischen  Türken,  weshalb 
Sindjar  gegen  diese  ausrückte.  Sie  aber  suchten  Schutz  bei  den 
chinesischen  Ku-khan  und  den  Ungläubigen,  welche  mit  diesem  waim« 
Nun  beginnen  Unterhandlungen  zwischen  dem  Ku-Khan,  der  sich  der 
Türken  annimmt,  und  Sindjar,  der  hochmüthig  und  prahlerisch  Alles 
von  der  Hand  weist  und  verlangt,  sein  Gegner  solle  zum  Islam  übef- 
treten.  »Ku-Khan  rüstete  sich  darnach  zum  Kampf.  Seine  Heere 
bestanden  aus  Türken,  Chinesen,  Khataiern  und  vielen  Anderen.  Er 
ging  dem  Sultan  Sindjar  entgegen,  und  die  beiden  Armeen  trafen, 
wie  zwei  gewaltige  Meere,  aufeinander  bei  einem  Orte,  der  Kalvan 
heisst  (in  der  Nahe  Samarkands).  Ku-Khan  überflügelte  seine  Gegner, 
so  dass  er  sie  auf  den  Fluss  Dirghem  zutrieb.  .  .  .  Am  5.  Safar  536 
(9.  September  11*41)  fand  die  Schlacht  statt1).  Die  karghalitisches 
Türken,  die  ja  von  Sindjar  abgefallen  waren,  waren  die  tapfersten 
gewesen.  Im  Heere  des  Sultans  hatten  die  Fürsten  Sedjestan's  am 
besten  gefochten.  Aber  der  Kampf  endete  mit  der  Moslem  Nietler- 
lage. Unzählige  lielen,  und  der  Fluss  Dirghem  verschlang  12,000 
Todle  und  Verwundete.  Sindjar  (loh,  aber  die  Fürsten  Scdjeslan'js 
der  Emir  Komadj  und  die  Gemahlin  des  Sultans,  eine  Tochter  voo 
Arslan-Khan2) ,   wurden    gefangen,    doch    später    wieder    in    Freiheit 


*)  Bei  Tornberg  steht  535,  wohl  nur  ein  Druckfehler;  denn  abgesehen  da\oa, 
dass  wir  es  hier  mit  den  Ereignissen  des  Jahres  536  zu  Ihun  haben,  kann,  wenn 
Sindjar  im  Juli  oder  August  1141  über  den  Oxus  rückte,  die  Schlacht  nicht  im 
Septbr.    1140  erfolgt  sein. 

2)   Also  seine  Nichte?  Denn  Arslan  hatte  eine  Schwester  Sandschars  zur  Gattin. 


34]  Der  Priester  Johannes.  857 

gesetzt Eine  grössere  Niederlage  für  den  Islam  hatte 

in  Khorasan  noch  nicht  statt  gehabt,  und  keine  blutigere. 
Die  Khataier  und  die  ungläubigen  Türken  herrschten  nun  ruhig  in 
Maveraelnahr.  Ku-Khan  blieb  dort  bis  zum  Redjeb  des  Jahres  S37 
(20.  Jan.  bis  19.  Febr.    II 43)   wo  er  starb.« 

Hierauf  wird,  nach  einer  kurzen  Schilderung  der  Persönlichkeit 
des  Ku-Khans,  noch  ausführlich  der  oben  in  der  ersten  kurzen  Kr- 
Zählung  bereits  erwähnte  Einfall  des  Kharizm-Schah  Atsiz,  »der  ja 
mit  den  Khata  unterhandelt  und  ihre  Begierde  nach  den  Ländern 
des  Islams  geweckt  hatte«  in  Khorasan  dargestellt.  Er  nahm  zuerst 
Serakh  ein,  zwischen  Nischapur  und  Merw,  dann  Merw  selbst,  und 
darauf  Nischapur.  Im  Mai  1 1 42  wurde  die  Fürbitte  für  Sindjar  in 
den  Moscheen  abgestellt  und  die  für  Atsiz  trat  an  die  Stelle  (aber 
Biir  bis  zum  August  1143,  wo  die  für  Sindjar  wieder  begann,  es 
also  mit  der  Herrschaft  des  Atsiz  zu  Ende  war).'  Atsiz  plünderte 
dann  noch  viele  Städte  in  Khorasan  und  verübte  viel  Böses.  Der 
Sultan  musste  dem  Allen  zusehn  aus  Furcht  vor  den  Khataiern  in 
Maveraelnahr.« 

Soweit  Ibn  el-Athfr. 

Die  offenbar  verschiedenen  Berichte,  nach  denen  er  erzählt,  von 
denen  der  erste  das  Verhältniss  zu  dem  Khowarezmschah  in  den 
Vordergrund  stellt,  der  zweite  und  dritte  dieses  fast  gar  nicht  er- 
wähnt, lassen  sich  doch  in  der  Hauptsache  sehr  wohl  vereinigen. 
Im  Jahr  494  (1100/1101)  hatte  Sandschar  den  Khan  Arslan  in 
Titrkestap  wieder  in  sein  Reich  eingesetzt  und  ihm  zugleich  auch 
Maveraelnahr  übergeben.  Dieser  hatte  unter  sich  die  aus  China  aus- 
gewanderten khataischen  oder  karghalitischen  Türken,  mit  denen  er 
sich  aber  veruneinigte.  Sie  verliessen  endlich  die  ihnen  angewiesenen 
Mätze  in  Turkestan  und  zogen  nach  Bclasagun.  Als  dann  der  ihnen 
stammverwandte  chinesische  Ku-Khan  mit  seinen  Scharen  gen  Westen 
drängte,  schlössen  sie  sich  diesem  an.  Im  Jahr  522  (1128)  ward 
um  Kaschgar  gestritten,  anfangs  ungünstig  für  den  Ku-Khan,  der  aber 
dann    doch   die   Herrschaft    erlangte.     Darauf   beunruhigten  sie  auch 


Doch  vgl.  unten  Ahulfaradsch ,  der  i  Frauen  aus  der  Familie  des  Sandschar  ge- 
f äugen  werden  lässt,  uxor  et  filia  /Mae.  Sollten  auch  bei  Ibn-Athir  2  Frauen 
gemeint  sein? 


858  Friedrich  Zarncke,  & 

Maveraelnahr  und  vertrieben  Arslan-Khan.  Sandschar  kam  521 
(1 129/30)  zur  Hülfe  herbei,  aber  Kaschgar  war  wohl  bereits  in  festet 
Besitz  des  Ku-Khan  übergegangen^  er  konnte  nur  noch  Maveraelnahr 
reinigen.  Doch  die  khataischen  Türken  beunruhigten  dies  auch  noch 
ferner.  Khan  Mahmud,  der  Sohn  Arslan's,  konnte  ihr  Eindringen  io 
das  Land  nicht  verhindern  und  musste  sich  zurückziehen.  Der 
Khovvarezmschah  Atsiz  reizte  sie  dann  noch  zu  weiterem  Vordringen 
in  das  Land  des  Sultans  Sandschar.  So  rückte  denn  dieser  533 
abermals  heran,  die  Verhandlungen  mit  dem  Ku-Khan  in  Turkestan, 
der  für  die  Khalaier  intervenirte,  zerschlugen  sich ,  und  so  kam  es 
536  (1141)  zu  der  gewaltigen  Schlacht  in  Transoxanien,  die  Sand- 
sehar's  Macht  für  längere  Zeit  lahmte.  Diese  Zeit  der  Schwäche 
benutzte  Atsiz  zur  Verfolgung  seines  Plans,  sich  in  den  Besitz  der 
bedeutendsten  Städte  Khorasan's  zu  setzen,  was  ihm  für  eine  kurze 
Zeit  glückte. 

Ein  Chinese  also  war  es,  der  mit  einem  Heere  zusammen- 
geraffter Völker,  besonders  Khataiern,  den  Sandschar  besiegte. 

4.     Spätere  Geschichtschreiber. 

[Neben  dieser  Hauptquelle  treten  die  späteren  Quellen  sehr  zurück, 
und  nur  der  Vollständigkeit  wegen  mögen  die  bedeutendsten  der- 
selben noch  aufgeführt  werden. 

Der  christliche  arabische  Schriftsteller  Abulfaradsch  Bar 
Hebraeus  (geb.  1226,  gest.  1286),  der,  obwohl  über  100  Jahre 
spater  schreibend ,  doch  aus  guten  Quellen  mit  kritischem  Sinne 
schöpfte,  wie  schon  seine  Angaben  in  der  Vorrede  bezeugen,  erzählt 
(Lat.  Ueberselzuni<  von  Kirsch,  Leipzig  1739,  S.  33 fg.):  Anno  Arabern 
536  (d.  i.  6.  Aug.  1141  bis  26.  Juli  1142)  Clwvarazam  schuh  per 
legatum  reifem  Ilumwrum  interiorum,  qui  ad  Moslemismum  not  * 
verterunt,  ab  Arabibus  Ca  p  her  Toroc  (KulTär  alturk)  coynominaU,  *d 
bellum  contra  Soltanum  Sangarum,  qui  fratrem  Chovarazami  sektk 
oeeidwat,  excitavil.  Contra  Hunnos,  qui  cum  300,000  veneruni^  Saa- 
garus  100,000  eduxit  et  cum  in  fluvium  Gihonem  (den  Oxus)  tramiit. 
Pugna  commissa  ad  internecionem  deletus  est  Sangari  exercitus.  Cum 
sex  tautuni  hominibus  e/fugisse  et  Balacum  (Balkh)  venisse  dictiw. 
Uxor  eius  et  filia  filiae  suae  in  captivilatem  abduclae  sunt  cum  quatwr 
millibus  aliarum  feminarum.     Ex  his  centum  millibus   ne  unus  quidtm 


33]  Der  Priester  Johannes.  859 

effugit,  omnes  aut  gladio  caesi  aut  in  caplivilalem  abducli  sunt.  Man 
erkennt  deutlich  de»  Ibn  el-Athir  oder  dessen  ersten  Bericht  als 
Quelle.  Abweichend  ist  nur,  dass  stall  des  Sohnes  des  Khowarezm- 
Schah  ein  Bruder  erscheint,  was  vielleicht  nur  ein  Fehler  der  Ueber- 
lieferung  ist.  Ueber  die  fdia  filiae  s.  Anm.  2  auf  S.  856.  Von  dem 
Zusammenhange  mit  dem  chinesischen  Ku-Khan  und  von  den  Khataiern 
erzählt  Abulfaradsch  Nichts. 

Dasselbe  Ereigniss  erwähnt  Abulfeda  (geb.  1273,  gest.  1331) 
in  seinen  Annales  Muslemici,  die  er  aus  älteren  Quellen  zusammen- 
schrieb (Ausgabe  mit  tat.  Uebersetzung  von  Reiske  u.  Adler,  Bd.  III, 
Kopenhagen  1791,  S.  485):  Anno  536,  idque  meme  aut  primo  auf 
secundo  (d.  i.  Aug.  oder  Sept.  1141)  —  nam  utrumque  perhibelur  — 
cmUigit  memorabile  illud  praelium  inier  Turcas  CJiallaienses  a  Muslemica 
fide  aüenos  (Turk  el  kuffär)  et  inier  sultanum  Sangarum'.  Cuius 
caussa  impulanda  est  Chovarezimschaho  Atsuzo,  filio  Muhammedis,  filii 
Anuschtekini,  quem,  ul  supra  vidimus,  c  Chovarezmia  fugaverat  sullan, 
eiusque  unum  aliquem  fdium  a  palre  reliclum  naclus  peremeral.  Cuius 
dolore  alque  imlignalione  irritalus  Atsuz  Chatlaeos  in  Tramoxanam 
(Maveraelnahr)  cvocaverat,  magnifica  spe  luculenlae  praedae  proposita. 
Magno  ilaque  Uli  numero  suis  e  terris  egressi  concurrebanl  cum  Sangari 
copiis  easque  grave  fusas  praelio  el  late  sparsa  caede  allerebant  et  in 
reit  qua  praeda  ipsam  Sangari  uxorem  nanciscebanlur.  Muslemis  ilaque 
funditus  proslratis  incurrebat  Atsuz  in  Chorasanam,  multasque  tarn  pri- 
valas  Sangari  opes  quam  urbes  diripiebat.  Hoc  ergo  tempore  el  hac 
de  caussa  primum  inferebant  infideles  Chatlaei  et  Turcae  pedem  in 
Tramoxanam. 

Auch  hier  ist  Ibn  el-Athtr  als  Quelle  unverkennbar.  Die  Schwie- 
rigkeit, dass  nach  Ibn  el-Athtr  Atsiz  die  bereits  in  Maveraelnahr 
bausenden  Khataier  aufstachelt,  in  des  Sultans  Lande  einzufallen,  und 
die  Schlacht  dennoch  jenseits  des  Oxus  stattfindet,  beseitigt  er,  in- 
dem er  die  Khataier  auf  des  Atsiz  Aufforderung  aus  Turkestan  in 
Maveraelnahr  einfallen  lüsst. 

Noch  ist  hervorzuheben  die  Erzählung  des  persischen  Geschichts- 
schreibers Mirchond,  der,  freilich  ein  spater  Schriftsteller  (geb.  1433, 
gest.  1 489) ,  doch  geschätzt  wird  wegen  seiner  Zuverlässigkeit  in 
Benutzung  guter  Quellen.  Ich  kenne  seine  Darstellung  zunächst  aus 
Vullers  Uebersetzung  von  Mirchond's  Gesch.  d.  Seldsch.  S.  158 — 161, 

Abbandl.  d.  K.  S.  Genetisch,  d.  Wissensch.  XVII.  58 


«.vmas   x~r«av**%«     *-► 


ftlr  Nichtorientalisten  benutzbar  wäre,  fehlt,  so  muss  ich  n 
Auszog  halten,  den  Oppert  S.  129  fg.  nach  einer  Bombay 
vom  Jahre  1849  giebt,  der  freilich  manchen  Bedenken 
Hier  wird  auerst  von  dem  Zuge  des  Gurkhan  gegen  WesU 
•der  Gründung  des  karakhataischen  Reiches  gehandelt,  off 
DschuweYni.  Dann  lenkt  Mirobond  mit  den  Worten  »Den 
des  Jahres  536  zufolge  lässt  er  sich  in  einen  Kampf  mit  • 
Sandschar  ein«  über  auf  eine  kurze  Erzählung  von  dieser 
nach  den  bekannten  Quellen.  Darauf  greift  er  wieder  auf  I 
zurück 2) . 


i)   Nach  G.  Oppert  S.  133,   Anm.  stimmt  Mirchond   auch   darin  zu 
und  zu  Abulfcda,   dass  er  den  Sohn,   nicht  den  Bruder  des  Khowarezi 
tüdtet  werden  IHsst;  freilich  giebt  Oppert  kein  Citat,   und  in  seinen  A 
Mirchond    findet   sich    dies    nicht    erwähnt.   —  Nach    einer   Angabe  vo 
seiner  Uebersetzung  von  Mirchond's  Geschichte  der  Seldschuken,   S.    f 
soll    das  Werk    des    Jahja    Abdallalif   (f   1 552),    gen.    Lubattewarich , 
Schlacht  den  5.  des  Monats  Safar  angeben.     Das  wäre  ja   richtig  der 
Athir  genannte.      Aber  die  lateinische  Uebersetzung,   die  in  Büsching's 
neue  Historie  und  Geographie  XVII,   79  fg.   herausgegeben    ist    (danach 
hauptting  von  Vullers  S.   VII,   diese  Quelle  sei  noch   ungedruckt ,     zu    b 
bezieht    dies    Datum    auf    einen    im   Voraufgehenden    genannten    Vertra 
scheinlich  aber  ist  diese   Uebersetzung  ungenau. 

2j  G.  Oppert  S.  134:  »Und  als  Korkhan  (Gurkhan)  starb,  bestieg  sein 
Kuyanuk  den  Thron  der  Herrschaft«  =  DschuweYni  bei  d'Ohsson  I,  44^ 
Kouvanuk  lui  succeda.  Den  Bericht  Mirchond's,  den  Vullers  S.  158 — 
setzt,   kann  ich  mit  dein,   welchen  Oppert  liefert,   nicht  anders  reimen,  a 

««»««»    ftlmn     nr«»42s*lt<ilt       ?inn**tar»w»       M»rr»l»m»/I     Itartslitlo   ün    9    QtAllAv»    •iiKn>.     n««A« 


35]  Der  Priester  Johannes.  864 

5.    Benjamin  von  Tudela. 

Wir  haben  also  jene  von  Otto  von  Freising  erwähnte  Nieder- 
lage festgestellt  und  darin  ein  von  orientalischen  Schriftstellern  viel- 
fach behandeltes  Ereigniss  kennen  gelernt.  Aber  in  einem  Punkte 
mangelt  die  Uebereinstimmung  mit  den  Angaben  des  Otto  von  Frei- 
sine;.  Dieser  erzählt,  dass  jener  Feind  der  Perser  und  Meder 
fiobatana  erobert  habe,  während  der  von  den  asiatischen  Geschichts- 
schreibern erwähnte  Kampf  nördlich  vom  Oxus  stattfand,  und  zwar 
erzählt  Otto  es  so,  dass  man  annehmen  muss,  die  Eroberung  Ecbatana's 
sei  vor  der  entscheidenden  Niederlage  erfolgt;  erst  durch  sie  ver- 
anlasst sei  Sandsehar  zum  Kampfe  gegen  die  ihm  gefährlich  gewor- 
denen Feinde  ausgerückt.  Davon  aber  erzählen  uns  die  asiatischen 
Quellen  Nichts,  und  die  Vermuthung,  die  G.  Oppert  aufstellt,  die  Er- 
oberung Ecbatana's  sei  auf  den  Einfall  des  Khovvarezmschah  in 
Khorasan  nach  jener  Niederlage  zu  beziehen,  ist  zwiefach  unglaublich. 
Vielleicht  werden  wir  uns  hier  der  Lücke  erinnern  dürfen ,  die  der 
Bericht  des  Ibn  el-Athfr  liess,  indem  er  den  Atsiz  die  bereits  in 
Maveraelnahr  wohnhaften  Khataier  zum  Einbrechen  in  die  Besitzungen 
des  Sandschar  aufstacheln  lässt,  ohne  dass  dann  ein  solcher  Einbruch 
erzählt  wird. 

Und  da  scheint  allerdings  eine  nahezu  gleichzeitige  Erzählung, 
auf  die  G.  Oppert  aufmerksam  gemacht  hat,  herbeigezogen  werden  zu 
dürfen,  durch  die  eine  volle  Uebereinstimmung*  mit  Otto's  Bericht 
hergestellt  würde.  Allerdings  hat  diese  Herbeiziehung  bei  genauen 
Kennern  der  innerasiatischen  Geschichte  keine  Beistimmung  gefunden 
(vgl.  die  Anmerkung  zum  Schlüsse  dieses  Abschnittes)  und  ich  verkenne 
nicht  das  Gewicht  der  Gegengründe;  besonders  dürfte  die  Ansicht 
Gildemeister's  Beachtung  verdienen.  Dennoch  vermag  ich  die  von 
mir  angenommene  Möglichkeit  noch  nicht  für  ganz  widerlegt  zu  halten, 
und  so  gestatte  ich  mir  den  Wiederabdruck  der  folgenden  Zeilen. 

Benjamin  von  Tudela,  der  von  1159  bis  1171  von  Saragozza 
aus  nach  Palästina  und  in  das  innere  Asien  reiste,  berichtet  uns  in 
seinem  Itinerariura  (vgl.  Voyages  de  Rabbi  Benjamin  trad.  par.  Baratier, 
1734,  I.  S.  191  fg.),  dass  er  eine  Anzahl  Tagereisen  von  Samarkand 
auf  Männer  aus  Israel  gestossen  sei.  Diese  lebten  unter  eigenen 
Fürsten  und  im  Bündniss  mit  den  .Wüstenbewohnern ,   den  Kuffär  el 

58* 


862  Friedrich  Zarncke,  [fc 

Turk.  Man  wird  durch  diesen  Namen  an  die  Turk  el  kuffär  des  Um 
el-Athtr,  an  die  Caplier  Torok  des  Abulfaradsch  und  die  Turk  el  Jbfür 
des  Abulfeda  erinnert1),  die  unter  den  Gegnern  des  Khans  von 
Transoxanien  und  des  Sultans  Sandschar  eine  so  hervorragende  Rolle 
spielten  und  diese  Reiche  so  oft  beunruhigten.  Diese  nun  seien, 
erzählt  Benjamin ,  vor  einigen  Jahren  (in  den  Hss.  wird  diese  Zeil 
verschieden  angegeben ,  1 5  oder  1  8  Jahre ;  es  kommt  nicht  viel 
darauf  an,  jedesfalls  war  es  ein  noch  frisch  in  der  Leute  Gedächtnis* 
lebendes  Ereigniss)  mit  grosser  Macht  nach  Persien  gekommen  und 
hätten  die  Stadt  Roi  oder  Kai  eingenommen;  darauf  seien  sie  mä 
reicher  Beute  wieder  den  Weg  in  die  Wüste,  also  zurück  über  dei 

Oxus,  gezogen.     Rai  ist  das  alte  Rhagae,   nicht  weit  von  Ecbatana, 

• 

und  war  im  Mittelalter  sehr  bedeutend.  Wie  leicht  konnte  das  ver- 
grössernde  Gerücht  aus  diesem  immerhin  unerhörten  Ereigniss  ene 
Zerstörung  der  Hauptstadt  selbst  machen!  »//  y  avoit  longlemft, 
sagt  Benjamin,  qu'on  n' avoit  entendu  parier  de  chose  semblMt 
dans  la  Perse.  Le  roi  de  Perse  l'ayant  appris,  se  mit  fort  en  colm 
contre  eux«  u.  s.  w.  Der  König  der  Perser  sammelt  nun  ein  grosses 
Heer,  kommt  mit  vielen  Gefahren  durch  die  Wüste,  zieht  über  da 
Oxus,  trifft  dann  auf  die  erwähnten  jüdischen  Gemeinden,  mit  deoea 
er  sich  in  Unterhandlungen  einlässt.  Darauf  beginnt*  der  Kampf  mit 
den  Kuffär  el  Turk,  die  das  persische  Heer  schlagen:  »ils  prent  m 
si  grand  carnage  dans  l'armee  Persanne>  que  le  roi  de  Perse  ful  obby 
de  se  saurer  avec  peu  de  gern  dans  son  pays.«  Wir  dürfen  diese 
ErzUhlung  vielleicht  als  die  locale,  unter  den  Kuffär  el  Turk  ver- 
breitete bezeichnen.  Dass  diese  die  entscheidende  Intervention  des 
Kukhan  (Gurkhan),  dem  der  schliessliche  Sieg  gebührte,  nicht  aus- 
drücklich hervorhob,  ist  leicht  erklärlich;  keine  Localtradition  liebt 
es,  dem  Bundesgenossen  die  Entscheidung  zuzuerkennen.  So  hätten 
wir  den  von  Otto  erwähnten  vorgangigen  Einfall  in  das  Herz  Perskus 
hier  bestätigt  gefunden.  Er  müsste  zwischen  531  und  535  d.  H 
(1137—1141)  stattgefunden  haben2). 


')  Auch   Mirchond    nennt   bei   Gelegenheil    dieser   Schlacht    die 
Kuffdr,  vgl.  G.  Oppert  S.   t33  Anm.  3. 

2)  Allerdings  hat  A.  v.  Gutschmid  dieser  meiner  Darstellung  nicht  zuge- 
stimmt. Er  meint,  wie  er  mir  mitlheilt,  dass  sowohl  die  Erzählung  von  der  Ein* 
nähme  Hamadan's  bei  Otto  v.   Freising  wie  die  Erzählung  von  der  Einnahme  Haft 


"37]  Der  Priester  Johannes.  863 

6.     Yeliu-tasche. 

Nachdem  die  Identität  des  Ereignisses  festgestellt  jst,  wird  nun 
die  Person  des  Siegers  für  uns  von  Bedeutung,  denn  dieser  Sieger 
muss  es  ja  sein,  an  den  das  Gerücht  den  Namen  »Priester  Johannes« 
knüpfte. 

lbn  el-Athir  giebt  uns  von  seiner  Persönlichkeit  eine  Schilderung, 
die  ein  Beweis  ist,  wie  sehr  diese  den  Zeilgenossen  sich  eingeprägt 
haben  muss.  »Er  war  ein  schöner,  wohlgebildeter  Mann,  von  seinen 
Untergebenen  gefürchtet.  Er  kleidete  sich  nur  in  chinesische  Seide. 
Keinem  Emir  gab  er  Belohnung  mit  Land,  sondern  er  schenkte  Jedem 
was  er  bedurfte  aus  seiner  Tasche;  »denn,«  sagte  er  »bekommen  sie 
Lehn,  so  werden  sie  Tyrannen«.  Er  setzte  keinen  Emir  über  mehr 
als  100  Ritter,  damit  sie  ausser  Stande  sein  sollten,  einen  Aufruhr 
anzuzetteln.  Er  verbot  den  Seinigen  Ungerechtigkeit  und  Trunken- 
heit ;  dergleichen  bestrafte  er.  Dagegen  Unkeuschheit  verbot  er  nicht 
und  sah  diese  nicht  als  schimpflich  an.  —  Nach  ihm  erhielt  eine 
Tochter  die  Krone.  Aber  sie  starb  bald  und  es  folgte  ihr  in  der 
Regierung  ihre  Mutter,  die  Gemahlin  Ku-Khan's,  und  ihr  Sohn 
Muhammed  (?).  Ma-vera-el-nahr  blieb  in  der  Gewalt  der  Khataier  bis 
zum  Jahr  612  (2.  Mai  1215  bis  19.  April  1216),  wo  Ala-el-din 
Muhammed,  der  Kharizm-Schah ,  es  ihnen  entriss,  wie  wir,  so  Gott 
will,  später  noch  erzählen  werden.« 

Ibn  el-Athtr  nennt  ihn  einen  Chinesen,  el-Avar  mit  Namen,  auch 
Ku-Khan  oder  Kur-Khan  geheissen.  Wir  wissen  aus  anderen  Quellen 
(s.  u.),  dass  dieser  letztere  Name  sein  Titel  als  Beherrscher  des  von 
ihm  in  Turkestan  gegründeten  Reiches  war,  dass  ihm  derselbe  also 
eigentlich  nicht  von  Anfange  an  zukam.  Er  führte  ein  Heer  von 
Türken,  Chinesen,  Khataiern  und  anderen  Völkern,   ganz  besonders 


nur  übertreibende  Gerüchte  gewesen  seien ,  da  die  orientalischen  Schriftsteller 
dieses  Ereignisses  nicht  gedenken.  Gilde  meiste  r,  gleiche  Zweifel  hegend,  isl 
(ebenfalls  brieflich)  der  Ansicht,  dass  Benjamin  von  Tudela  den  Einfall  der  Ghuzz 
nach  Khorasan  meine,  der  im  Jahre  548  d.  H.  stattfand,  und  von  dem  Ibn  el- 
Athir  berichtet.  Die  gleiche  Ansicht  finde  ich  bereits  ausgesprochen  in  einer 
Recension  in  Sybel's  Zeitschrift  13,  302.  —  Gutschmid  billigt  auch  die  Tren- 
nung der  Kuffdr  el  Turk  von  den  Unterthanen  des  Gurkhan  nicht,  hält  vielmehr 
beide  für  identisch.  Ich  überlasse  die  Entscheidung  dieser  für  meine  Darstellung 
nicht  eben  hauptsachlichen  Fragen  den  Geschichtsforschern  des  Orients* 


864  Friedrich  Zarncke,  'M 

aber  von  Khataiern,  die  von  Einigen  auch  geradezu  Karakhataier 
genannt  werden,  die  sich  nach  und  nach  an  ihn  angeschlossen  hauen. 
Ibn  el-Athir  nennt  ihn  zugleich,  wie  wir  oben  sahen,  den  Gründer 
des  Reiches,  das  in  Turkestan  und  Maveraelnahr  bis  zum  Jahre  1216 
bestand,  wo  sein  westlicher  Theil  vom  Khowarezuuschah  eingenommü 
ward.  Dies  Reich  ist  das  in  der  Geschichte  wohlbekannte  Reich  der 
Karakhataier  in  Turkestan,  und  auch  Über  seinen  Gründer  erfahren 
wir  aus  den  Geschichtschreibern  noch  eine  Reihe  Einzelheiten,  die 
in  der  Hauptsache  bestätigen  und  weiter  ausfuhren,  was  Ibn  el-Athir 
uns  meldet. 

Dschuweini  (gest.  1281,  vgl.  Hammer,  Gesch.  d.  gold.  Horde 
S.  XXI  fg.)  in  seinem  Uschihankuscha  ist  wohl  der  älteste  Schrift- 
steller, der  uns  die  Gründung  jenes  Reiches  genauer  erzählt  und  ans 
so  in  unserer  Untersuchung  weiter  führt.  Vgl.  die  betr.  Stelle  bei 
d'Ohsson,  Hist.  des  Mongoles  I,  S.  441  fg.  Le  fondateur,  sagt  er, 
de  cet  empire,  l'un  des  principaux  de  sa  nation,  contraint  par  le*  evau- 
ments  de  quitter  sa  palrie,  pril  le  titre  de  Gourkhan,  qui  veui  dire  Kim 
des  Khans.  On  raeonte  que  lorsquil  partit  du  Khitai  (das  ist  KhaiaL, 
das  nördliche  China,  in  welchem  seit  dem  Anfang  des  10.  Jb.  die 
Khataier  oder  Khitane  unter  der  Dynastie  der  Liaö  geherrscht  hatten) 
*/  etoit  accompagne  de  soixanle  dix  personnes ;  mivant  une  aulre  vermn, 
il  etait  ä  la  tele  d'une  troupe  ires  nombreuse  u.  s.  w.  Die  Schicksale 
auf  den  Zügen  von  dem  Osten  durch  Innerasien  berühren  uns  nicht; 
der  Gurkhan  erobert  schliesslich  mit  einer  grossen  Armee  kaschgar 
und  Khotan,  Fergana  und  Transoxanien,  et  ce  fut  alors  que  les  freu- 
cesseurs  du  Sultan  Osman  devinrent  ses  vassaux  u.  s.  w.  Sodann  ge- 
schieht noch  seiner  Stellung  zu  dem  Chowarezmschah  Atsiz  Erwähnung. 
Namen  und  bestimmte  Jahreszahlen  nennt  Dschuweini  in  seinem  Be- 
richte nicht.  Wir  sahen,  dass  Ibn  el-Athir  ihn  el~Avar  neuut,  und 
die  Zeit  bald  nach  522  als  die  des  Aufkommens  seiner  Macht  io 
Kaschgar  angiebt  Raschid-eddin  (geb.  1247,  gest.  1318)  dagegen 
giebt  ihm  den  Namen  Nouschi-Tai-fou,  die  Gründung  seines  Reiches 
aber  verlegt  auch  er  in  die  Jahre  522/$3  d.  H.,  d.  i.  1128/29  n.  Chr. 
Vgl.  d'Ohsson,  Hist.  des  Mong.  1,  443 fg.  Auch  Abulgasi  (geb. 
1605,  gest.  -1663)  schildert  diesen  Zug,  vgl.  die  Uebersetzung  von 
Messerschmid  (Göttingen  1780)  S.  51  fg.;  wenn  er  das  Jahr  513 
d.   II.  als  Gründungsjahr   (d.  i.  1119/20)   angiebt,  so  wird  dies  wohl 


39j  Der  Priester  Johannes.  86& 

nur  auf  Verderbnis  beruhen;  denn  er  folgl  offenbar  auch  hier,  wie 
sonst  so  oft,  Dschuvveini  und  Raschid.  Sein  Name  lautet  hier  an- 
ders: Nusi  Taigir  (Messcrschwid) ,  Nusi-Taigir-ili  (De  Guigiies),  ja 
selbst  Touissi  Taifar  (Desmaisons);  das  sind  aber  nur  Varianten  zu 
den  oben  angegebenen,  die  durch  die  semitische  Schreibung  sich 
erklären.    Welches  der  richtige  Name  ist,  wäre  also  noch  festzustellen. 

Weit  ausführlicher  aber  werden  wir  über  diese  Ereignisse  und 
ihren  Helden  durch  Moyriac  de  Mailla's  Uebersetzung  der  chinesi- 
schen Annale  n  (Histoire  generale  de  la  Chine),  d.  i.  des  Tongkien 
Kangtnu,  einer,  freilich  nur  dürftigen  und  jungen,  aber  immerhin  authen- 
tischen Quelle  unterrichtet. 

Als  sich  im  Jahr  1119  (vgl.  de  Maiila,  Hist.  gener.  de  la  Chine 
VIII,  S.  338)  der  Kaiser  von  China  Hoei-tsong  (Chuy-dsüng)  aus  der 
Sung-Dynastie  mit  dem  Fürsten  der  Jutsche  (Niutsche,  Tschurdsche) 
Akuta  (Thay-dsü)  aus  der  Kin-Dynastie  verbunden  hatte,  um  das  seit 
2  Jahrhunderten  im  nördlichen  Chiua  übermächtige,  zu  Zeiten  von 
Kaschgar  bis  an  den  östlichen  Ocean  sich  erstreckende  Reich  der 
Khataier  unter  seiuem  schwachen  und  nur  dem  Vergnügen,  nament- 
lich der  Jagd,  ergebenen  Könige  Yeliu-yenhi  (auch  Thiän-zü-ty, 
Tien-tco-hoang-li  genannt)  aus  der  Dynastie  der  Liaö ')  zu  vernichten, 
selzten  sich  die  jüngeren  Glieder  der  Königsfamilie,  während  der 
König  selbst  flüchtig  umherirrte,  tapfer  zur  Wehr  und  zogen  den 
Kampf  bis  1124  mit  wechselndem  Erfolge  hin,  bis  1125  der  König, 
körperlich  und  geistig  niedergeworfen,  starb  und  damit  die  Herrschaft 
der  Liaö  erlosch.  Schon  ein  Jahr  vorher,  also  1124,  hatte  sich  der- 
jenige seines  Geschlechtes  von  ihm  getrennt,  der  bis  dahin  die 
Kriegsführung  hauptsächlich  betrieben  hatte,  gleich  ausgezeichnet  als 
Gelehrter  wie  als  Krieger,  Yeliu-tasche,.  in  China  bekannt  unter 
dem  Titel  Te-tsottg(Te-dsüng)-tien-yen-hoangli.  Die  chinesischen  Annalen, 
also  eine  sichere  Quelle,  sagen  von  ihm  (a.  a.  O.  S.  399  fg.) :  Yelitüache 
etoit  verse  dans  les  lettre*  de  sa  nation  et  dam  Celles  des  Chitiois  et  ü 
riavoil  pas  cru  au-dessous  de   Im  de  prendre   le  degre  de  docteur ;  il 


')  Ein  Verschen  ist  es,  wenn  G.  Opperl  in  der  Anm.  2  auf  S.  126,  wo  er 
die  9  Regenten  dieser  Dynastie  aufzählt,  hinzufügt,  bei  Klaproth,  Verzeichniss  etc. 
S.  25  (lies  26)  fehle  Tailcung,  und  Apaokhi,  der  Gründer  der  Dynastie  der  Liaö, 
regiere  bis  947,  wahrend  vielmehr  Apaokhi  fehlt  und  Taitcung's  Regierungszeit  in 
die  Jahre  94  6 — 947  gesetzt  wird. 


866  Friedrich  Zarncke,  (>♦ 

netoit  pas  moins  habile  dam  tous  les  -  exercices  de  In  guerre  et  ti  ij 
avoit  aucun  officier  qui  Ural  mieux  de  la  flecke  que  lux ,  soit  ä  fiei, 
soit  ä  cheval;  comme  il  etoil  lettre  du  premier  ordre  dam  le  fameux 
College  que  les  Chinois  appellenl  Han-lin  et  que  les  Leao  appeUoint 
en  leur  langue  Linya,  on  lui  avoit  donne  le  surnom  de  Yeliu-Iinj*. 
Ein  Bild,  das  wohl  stimmt  zu  der  Schilderung,  die  uns  Ibn  el-Atbir 
entwirft.  Yeliulasche  gab  den  König  auf,  der  feig-  und  characterlos 
in  sein  Verderben  rannte. 

So  weit  reicht  die  authentische  Darstellung  der  chinesischen 
Annalen.  Das  Weitere  wird  in  einer  ausführlichen  Anmerkung  des 
Herausgebers  beigebracht,  die  hier  nur  in  gedrängtem  Auszuge  wieder- 
gegeben zu  werden  braucht. 

Darnach  begab  sich  Yeliutasche  gen  Westen,  anfangs  mit  wenigen 
Getreuen,  doch  bald  mit  wachsendem  Schwärme,  freundlich  empfanget 
als  Glied  der  alten  Herrscherfamilie  der  Liaö,  bald  auch  gefürchtet. 
Die  Einzelheiten  dieses  Zuges  sind  für  uns  nicht  von  Werth.  Lm- 
qu'il  arritia  ä  Sumccan,  worunter  Gaubil  Chodjend*)  versteht,  Ums  In 
royaumes  du  Si-yu,  allarmes,  mirenl  sur  pied  uns  armee  de  cent  male 
hommes,  quils  appelloictU  Hoursan^  pour  l'arreler  et  le  combattrt: 
Yelitäache  divisa  son  armee  en  trois  corps  et  les  baUit:  ijuelques  dixaim 
de  ly  (ein  Wegemass,  etwa  %  Meile)  furenl  couverts  de  corps  mort* 
des  enncmis.  Dann  sei  er  nach  Ki-rh-tu-man ,  das  ist  nach  Schott 
Tarbagalai,  gezogen,  wo  er  im  Jahre  1126  auf  Andrängen  seiner 
Ofticiere  den  Kaisertitel  angenommen  und  dies  Jahr  für  das  dritte 
seiner  Herrschaft  erklärt  habe.  On  lux  donna  le  nom  de  Courhan  <m 
Courkhan.  Manches  that  er  noch  zur  Festigung  und  Ausdehnung 
seines  Reiches,  das  nun  den  Namen  des  karakhataischen  führte; 
besonders  beschäftigte  ihn  dauernd  der  Gedanke  eines  Rachezuges 
nach  dem  Osten  zur  Wiedereroberung  der  dort  verlorenen  Herrschaft 
seiner  Familie,  nachdem  er,  wie  dies  so  oft  in  der  asiatischen  Ge- 
schichte des  Mittelalters  vorkommt,  aus  einem  Vertriebenen  im  Osten 
zu  einem  Eroberer  im  Westen  geworden  war. 

Von  diesem  Allen  erzählen  natürlich  die  arabischen  Schriftsteller 
nicht,  wir  können  auch  darüber  keine  Berichte  bei  ihnen  erwarten; 
es  handelt  sich  ja  um  Ereignisse,  die  eintraten,  ehe  der  Gurkhan  an 


')    De  Guigncs  III,   55   (der  Ucbcrsetzung  von  Dubliert)   dagegen  Samaiiand. 


**]  Der  Priester  Johannes.  867 

der  Ostgrenze  der  moslemitischen  Staaten  auftauchte.  Aber  nun  er- 
geben sich  Widersprüche  gegen  die  arabischen  Quellen.  In  jener 
Anmerkung  des  Herausgebers  der  chinesischen  Annalen  heisst  es  weiter, 
im  Jahre  1130  sei  ein  Zug  nach  China  verunglückt,  1136  sei  Yeliu- 
tasche  mitten  in  Wiederaufnahme  seiner  Pläne  gestorben.  Seine 
Wittwe  habe  im  Namen  des  noch  unmündigen  Yeliuyliei  8  Jahre  die 
Regierung  geführt,  bis  dieser  1143  selbst  den  Thron  bestiegen  habe. 
Seine  Dynastie  (der  Sy-Iiao  oder  westlichen  Liaö)  habe  bis  zum 
Jahre  1201  das  mächtige  Reich  beherrscht,  wo  Kuschluk-Khan,  aus 
dem  Stamme  der  Naiman,  den  letzten  karakhataischen  Herrscher  vom 
Throne  stiess,  selbst  aber  einige  Jahre  später  durch  die  Mongolen 
unter  Dschingiskhan  seines  Reiches  beraubt  wurde,  womit  das  kara- 
kbataische  Reich  sein  Ende  erreicht  hatte.  Das  Todesjahr  des  Yeliu- 
tasche  scheint  auch  noch  sonst  in  chinesischen  Quellen  ebenso  einge- 
geben zu  werden.  Vgl.  De  Guignes,  Geschichte  der  Hunnen  u.  s.  w. 
(Liebersetzung  von  Dähnert)  V,  253.  Ueber  den  Werth  dieser  Quellen 
habe  ich  selber  kein  Urtheil;  aber  A.  v.  Gutschmid  stellt  sie  sehr 
hoch.  Er  hält  es,  wie  er  mir  mittheilt,  für  im  höchsten  Grade  wahr- 
scheinlich, dass  namentlich  das  bei  De  Guignes  a.  a.  O.  gegebene 
Verzeichnis  der  Kaiser  der  Kai  akh  itaneu  mit  ihren  ofliciellen  Namen, 
die  ihnen  in  der  Ahnenhalle  beigelegt  wurden,  direct  aus  den  chine- 
sischen Reichsannalen  geflossen  und  also  ganz  zuverlässig  sei. 

Dann  also  hätte  die  Schlacht  gegen  Sandschar  unter  der  Regent- 
schaft der  Wittwe  bei  Minderjährigkeit  des  Thronfolgers  statt  gefunden. 
Mir  erscheint  dies  nahezu  unglaublich.  Wie  wäre  es  denkbar,  dass 
dieser  Umstand  den  arabischen  Historikern  ganz  verborgen  geblieben 
wäre?  und  wie  wäre  es  zu  erklären,  dass  sie  eingehende  Kenntniss 
von  der  Person  des  Siegers  zu  besitzen  vorgeben  und  dass  Ibn  el- 
Athir  ausführliche  Schilderungen  von  ihm  bringt?  Wie  hätte  sich, 
wenn  ein  Weib  regierte,  die  Sage  von  dem  Priester  Johannes  bilden 
können?  Mir  erscheint  die  Angabe  des  ältesten  und  durchaus  be- 
währten Berichterstatters  noch  immer  unantastbar,  der  den  Tod  des 
Yeliutascbe  ausdrücklich  ins  Jahr  1 1 43  setzt.  Im  Uebrigen  stimmen 
die  arabischen  und  die  chinesischen  Quellen  wohl  zusammen.  Wenn 
Yeliutasche  nach  den  chinesischen  Quellen  im  Jahre  1124  aus  China 
auszog,  so  passt  dazu  gar  wohl,  wenn  er  nach  den  westlichen  Quellen 
im  Jahr  1128  (522  d.  H.)  an  der  Grenze  Kaschgars  auftaucht. 


868  Friemich  Zahncke,  IS 

Ich  sehe  es  also  noch  immer  als  das  Resultat  der  bisherig« 
Darlegungen  an,  dass  Yeliulasche  (llitasche)  oder  Yeliulinya  oder  Te- 
tsoHg-lien-yen-hoanyti,  der  flüchtige  Khataier,  der  el  Avar  des  lbnd- 
Athlr,  der  Nomchi  Taifu  des  Raschid-eddin,  der  Nu*i-Taigk  de* 
Abulgasi,  der  Nwi-taigir-ili  bei  Deguignes,  der  Touissi  Taifar  bei 
Desmaisons,  der  Gründer  und  erste  kukhan  (Kurkhan,  Gurkhan, 
Korkhan,  Körkhan)  des  karakbataischen  Reiches  in  Turkestan,  wirk- 
lich der  Sieger  über  Sandschar  im  Jahr  1141  und  als  solcher  der 
Priester  Johannes   der  palästinensisch-occiden talischen  Sage  war. 


Kehren  wir  jetzt  zu  dem  Berichte  des  Gabuleoser  Bischofs  ba 
Otto  von  Freising  zurück,  so  haben  wir  im  Voraufgehenden  gesehen, 
dass  er  in  allem  Hauptsächlichen  ziemlich  correct  und  genau  war. 
ja  wir  haben  glauben  dürfen,  selbst  für  eine  ihm  eigentümliche, 
von  den  orientalischen  Quellen  abweichende  Angabe  eine  Bestätigung 
zu  finden. 

Wie  verhalt  es  sich  nun  aber  mit  dem  Christen th um  des 
Yeliutasche?  Der  Gahulenser  Bischof  nannte  ihn  einen  Nesioriaaer. 
wohl  ausgehend  von  der  in  jener  Zeit  allgemein  gelheilten  Annahne, 
dass  alle  Christen  des  östlichen  Innerasiens  überwiegend  dieser  ketzeri- 
schen Seele  angehörten.  Ibn  el-Athir  nennt  ihn  einen  Anhänger  der 
Lehre  des  Man  es.  Darf  man  annehmen,  dass  hieraus  das  Gerücht 
entstand,  er  sei  ein  Christ?  Ich  möchte  diese  Annahme  nicht  for 
nöthig  und  nicht  für  glaublich  halten.  Die  Manichüer  standen  dem 
Christentum  bereits  so  fern,  dass  man  kaum  noch  ihre  Lehre  für 
dieses  in  Anspruch  nehmen  konnte.  Auch  die  ausführlichsten  Auf- 
zählungen der  ketzerischen  Secten  in  Asien  erwähnen  nie  der  Mann 
ehäer.  Und  dann  lag  es  psychologisch  schon  ohne  dies  nahe  genug, 
den  scheinbaren  Bundesgenossen,  der  den  Christeu  in  ihrer  Notb  er- 
schien, bona  lide  zu  einem  wirklichen  umzustempeln ,  auch  ihm  die 
Bekämpfung  der  Muhamedaner  in  christlichem  Sinne  zuzuweisen. 
Unmöglich  wäre  es  auch  nicht,  dass  Yeliutasche  sich  wirklich  baue 
taufen  lassen  und  dass  die  Nestorianer  hiemit  renoinmirt  hätten.  Man 
weiss  ja,  wie  weitherzig  in  dieser  Beziehung  später  die  Mongoleo- 
fürsten  waren  und  wie  die  Christen  von  wirklichen  Uebertritten  der- 
selben renommistisch  fabelten.     Indem  man  dann  den  fremden  Sieser 


*"3]  Der  Priester  Johannes.  869 


einem  Priester  machte,  war  wohl  wieder  die  Sage  thätig,  da 
man,  wo  nicht  durch  confessionelle  Einseitigkeit  Voreingenommenheit 
herrschte,  mit  den  fernen  asiatischen  Christen,  wie  noch  später  die 
Legende  und  die  sagenhafte  Reiselitteratur,  eine  ideale  Auflassung 
verknüpfte.  Dabei  mochte  Kenntniss  der  Lage  der  Christen  im  fernen 
Orient  mitwirken,  wo  die  weite  Entfernung  von  Kirchen  und  ange- 
stellten Geistlichen  die  Priesterweihe  viel  ausgedehnter  zu  ertheilen 
zwang,  als  es  im  Occident  Sitte  war,  so  dass  oft  alle  Männer  die 
Priesterweihe  empfangen  hatten.  So  sagt  noch  Ruysbroek  von  den 
Nestorianern  Innerasiens  (Recueil  de  la  societe  de  geographie  IV, 
293) :  Tarde  venit  episcopus  in  terris  Ulis,  forte  trix  semel  in  quinquu- 
ginla  annis.  Tunc  [a rinnt  omnes  parmäos  eorum  etiam  in  cunabulis 
ordinari  in  sacerdoles,  unde  fere  omnes  viri  eorum  sunt  sacerdoles. 

Und  woher  der  Name  Johannes,  der  die  Zahl  der  Namen, 
mit  denen  man  jenen  flüchtigen  chinesischen  Eroberer  nannte,  noch 
um  einen  vermehrt?  G.  Oppert,  S.  I3i,  hat  vermuthet,  der  Titel, 
den  Yeliutasche  als  Beherrscher  von  Karakhatai  führte,  Kukhan 
(Gurkhan)  sei  mit  dem  syrischen  Juchanan  =  Johann  verwechselt 
worden.  Das  wäre  an  sich  nicht  unmöglich.  Aber  wir  haben  eine 
solche  Erklärung  nicht  nöthig,  denn  wir  wissen  aus  der  Geschichte, 
dass  eine  Menge  orientalischer  Eigennamen  ganz  willkürlich  durch 
occidentalische  ersetzt  wurde.  So  wurde  später  Dschingiskhan  rex 
David  genannt,  und  Oppert  müht  sich  gewiss  unnöthig  ab,  auch  diesen 
Namen  zu  erklären,  indem  er  ihn  genitivisch  fasst  und  daraus  einen 
»König  von  Tybet«  macht.  Ja,  in  dem  Namen  Georgios  eines  kleinen 
Fürsten  westlich  von  Peking  ums  Jahr  1300  möchte  er  eine  zweite 
Verderbniss  des  Namens  Korkhan  (=  Kukhan)  finden1).  Aber  was 
macht  man  dann  mit  dem  Namen  David  für  den  Sultan  von  Damaskus 
zu  Friedrichs  II.  Zeit,  Clemens  für  den  Sultan  von  Babilon  (Aegypten) 
io  Ludwigs  Kreuzfahrt  Vs.  36,  Johannes  für  den  Sultan,  mit  dem 
man  später  Pius  II.  in  Briefwechsel  treten  Hess  u.  s.  w.   u.  s.  w. 


f)  Es  klingt  übrigens,  als  wollte  G.  Opperl  selbst  eine  Parodie  auf  seine  Ver- 
suche, die  christlichen  Namen  der  orientalischen  Fürsten  aus  Entstellung  herzu- 
leiten, liefern,  wenn  er  S.  HO,  Anm.  3  sagt:  »Sollte  es  blosser  Zufall  sein,  dass 
der  Zeitgenosse  des  Marco  Polo  und  des  Johannes  de  Monte  Corvino  Georgios  oder 
Georgion  und  sein  Sohn  Johannes  hiess?  Konnte  nicht  beiden  Namen  der 
Titel  Korkhan  eigentlich  zu  Grunde  liegen?«  — 


CAPITEL  IL 

Der  Brief  des  Priesters  Johannes  an  den  byzantinischen  Kum 

Emannel. 

I.    Einleitung. 

Dieser  untergeschobene  Brief  ist,  abgesehen  von  den  Druck« 
des  45.  und  16.  Jahrh.,  bereits  mehrfach  herausgegeben  worden. 

1.  Zuerst  im  Jahr  1723  in  dem  Auszuge,  welchen  Herrn. 
Corner  in  sein  Chronicon  aus  Henricus  de  Hervordia  himlbemah* 
in  der  Ausgabe  des  Chronicon  in  Eccard's  Corp.  hist.  med.  aevi  H, 
S.  819  fg.  Der  Text  gehörte  wahrscheinlich  der  Interpolation  € 
an,  s.  u. 

2.  Im  Jahre  1728  in  Assemani's  Bibliotheca  Orient.  Cleront. 
Vatic.  III,  2,  cap.  9,  S.  490  fg.  nach  dem  Cod.  Regin.  lat.  657,  unl« 
No.  6  des  alten  Textes,  aber  auch  nur  im  Auszuge.  Eine  Metjt 
von  Stellen  wurde  fortgelassen  und  nur  durch  ein  etc.   angedeutet 

3.  Kaum  erwtthnenswerth  ist  der  Abdruck  eines  Briefformulares. 
zu  dem  unser  Brief  verwandt  ist,  ans  einer  Tegernseer  Handschrift 
(jetzt  in  München  Cod.  Mon.  lat.  19411,  unten  No.  7  des  atom 
Textes),  in  Pez  Thesaurus  anecdot.  nov.  Tom.  VI  (Codicis  diplomatk'o- 
bistorico-epistolaris  Tom  V),  Pars  II,  S.  21,  No.   43. 

4.  Im  Jahr  1741  ward  der  Brief  nach  Assemani's  Bibliotheca 
wieder  abgedruckt  in  Paulsen-Mosheim's  Historia  Tartaronia 
ecclesiastica,  Appendix  No.  IV,  S.  29  fg. 

5.  Im  Jahr  1779  erschien  in  Mittarelli's  Bibliotheca  codrf. 
manuscr.  nionasierii  St.  Michaelis  Venet.  S.  538  der  Abdruck  iwck 
einer  Handschrift  dieses  Klosters.  Es  ist  die  Hs.  24  der  Interpola- 
tion B.  Der  Text  ist  überarbeitet  und  umfasst  wenig  mehr  als  die 
grössere  Hälfte  des  Briefes. 

6.  Im  Jahr  1823  gab  Hippolit  Kownacki  den  Brief  heraus 
in  dem  polnischen  Werke:  Kronika   w$gierska  na   poczaztku   \v  XII. 


45]  Der  Priester  Johannes.  871 

richtet,  dort  wollte  er  die  verlorene  Herrschaft  der  Liaö  wieder  her- 
stellen, seine  Dynastie  wieder  auf  den  Thron  von  Nordchina  setzen. 
Dorthin  würden  seine  ferneren  Kriegszüge  gegangen  sein,  wenn  nicht 
der  Tod  die  Ausführung  seiner  Entwürfe  unterbrochen  hätte. 

Und  so,  indem  die  Erfüllung  der  gehegten  Erwartung  sich 
hinauszog  und  allmählig  schwand,  musste  das  Bild  des  Erwarteten 
der  Sage  verfallen,  die  wir  bereits  am  Schlüsse  des  ersten  Berichtes 
in  Thätigkeit  erblicken.  Wenn  es  hier  hiess,  des  Priesters  Johannes 
Herrlichkeit  sei  so  gross,  dass  er  sich  nur  eines  smaragdenen  Scepters 
bediene,  so  war  hiemit  die  Richtung,  die  die  Sage  zunächst  einge- 
schlagen hat,  gegeben.  Sie  war  beflissen,  sein  Bild  mit  dem  vollen 
Nimbus  märchenhafter  orientalischer  Pracht  und  Machtfalle  zu  um- 
kleiden, und  in  dem  Presbyterbriefe  finden  wir  diese  Tendenz  erfüllt. 

Wenn  es  ferner  hiess,  der  Priester  Johannes  sei  nordwärts  ge- 
zogen, um  das  Einfrieren  des  Tigris  zwecks  Ueberschreitung  desselben 
abzuwarten,  so  ist  es  nicht  erlaubt,  hierin  mit  G.  Oppert  eine  Ver- 
wechselung mit  dem  byzantinischen  Kaiser  Johannes  Comnenus  zu 
erblicken,  der  im  Jahre  1143  nach  Aufgabe  der  Belagerung  von 
Aotiochia  —  Winterquartiere  bezog,  sondern  man  knüpfte  hierbei  an 
Vorstellungen  an,  die  damals  durch  die  Alexandersage  verbreitet 
waren.  Nach  dieser  ritt  Alexander  über  den  gefrorenen  Fluss  Stranga, 
unter  dem  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  Tigris  zu  verstehen  ist 
(vgl.  Zacher,  Pseudocallisthenes  S.  129,  14),  zum  Darius  und  kam 
auf  der  Heimkehr  nur  mit  Lebensgefahr  wieder  über  den  aufbauen- 
den Strom  zurück. 

So  sehen  wir  gleich  anfangs  die  Vorstellung  vom  Priester  Johannes 
dem  Einflüsse  einer  Sage  ausgesetzt,  die  sich  bald  noch  geschäftiger 
bewies,  sein  Bild  auszumalen. 

Auch  in  die  Legende  hat  die  Phantasie  bereits  eingelenkt,  in- 
dem sie  den  Priester  Johannes  mit  den  Magiern,  den  heiligen  drei 
Königen,  in  Beziehung  setzt.  Auch  diese  Beziehung  werden  wir 
später  sich  reicher  entwickeln  sehen. 


874  Friedrich  Zarnckb,  IS 

Hier  konnte  ich  auf  66  Handschriften  hinweisen,    von  denen  ich  9, 
meistens  dem  12.  Jahrh.  angehörig,  genauer  untersucht  und  zur  Her- 
stellung des  Textes  benutzt  halte.     Es  war  mir  gelungen,  neben  dem 
alten  Texte  eine  Anzahl  Interpolationen  nachzuweisen,  nämlich  B.  C 
und  D,  die  in  der  Ausgabe  durch  den  Druck  gesondert  wurden.    Aber 
noch  blieben  an  60  Handschriften  undurchforscht    und    die  Zahl  der 
neu  bekannt  werdenden    Handschriften   mehrte  sich    ununterbrochen. 
Die  erste  Ausgabe  konnte  nur  als  ein  Fühler  betrachtet  werden,  um, 
auf  sie  gestützt,  ein  ausreichenderes  Material  zu  gewinnen.     Dies  ins 
Werk  zu  setzen    bin    ich   redlich   bemüht  gewesen,    und  befreundete 
Gelehrte   haben    mich   aufs    dankenswerteste    gefördert.     Ich  führe 
sptfter  bei  jeder  Handschrift  an,  wem  ich  die  genaueren  Nachrichten 
über  dieselbe  verdanke,  hier  muss    ich    noch    besonders  der  Herren 
K.  Halm  in  München,  und  Gas  ton  Paris   in  Paris    gedenken,  die 
mich  bei  meinen  Bemühungen  wesentlich  unterstützten. 

So  ist  es  mir  gelungen,  von  etwa  80  Handschriften  in  Deutsch- 
land, Frankreich,  England  und  Italien  genaue  Analysen  zu  erhalten. 
Das  Resultat  war  ein  einfacheres  als  ich  erwartet  hatte.  Im  Ganzen 
wurden  die  Ergebnisse,  zu  denen  bereits  die  erste  Ausgabe  geführt 
hatte,  bestätigt.  Nur  die  verschiedenen  Unterabtheilungen,  die  ich 
in  der  Interpolation  B  annehmen  zu  müssen  geglaubt  hatte  (B\  Bu. 
BIIT)  erwiesen  sich  als  irrige  Vermuthungen,  es  ergab  sich  nur  eine 
Interpolation  B ;  dagegen  fand  sich  eine  Zwischenstufe  zwischen  den) 
alten  Texte  und  B ,  also  eine  Interpolation  A ,  und  eine  ganz  neue, 
bisher  von  Niemand  geahnte,  eine  über  D  hinausführende,  die  ich  E 
genannt  habe.  Ausserdem  fand  sich  eine  mit  neuen  Interpolationen 
versehene  vollständige  Ueberarbeitung,  die  die  Grundlage  für  die 
romanischen  Uebersetzungen  geworden  ist,  und  eine  frei  bearbeitende 
Rückübersetzung  dieser  ins  Lateinische.  Diese  beiden  lateinischen 
Bearbeitungen  habe  ich  für  sich  herausgegeben  in  den  Berichten 
unserer  Gesellschaft  1877,  S.   111  fg. 

Im  Uebrigen  giebt  die  nachstehende  Ausgabe  den  gegenwärtigen 
Stand  meiner  Orientirung.  Die  Handschriften  sind  nach  ihren  Gassen 
gruppirt,  die  Interpolationen  durch  den  Druck  kenntlich  gemacht,  nur 
A  und  B,  die  sich  räumlich  nicht  berühren  und  von  denen  A  nur 
von  winzigem  Umfange  ist,  glaubte  ich  durch  gleichen  Druck  wieder- 


49]  Der  Prikster  Johannes.  875 

geben  zu  können,  umsomehr  als  ja  die  Bezeichnung  jeder  der  Inter- 
polationen bei  Beginn  derselben  gegeben  ist. 

In  Betreff  der  Paragrapheneintheilung  und  ihrer  Bezeichnung  ist 
zu  bemerken,  dass,  wie  schon  in  der  ersten  Ausgabe,  der  Brief  in  der 
Gestalt  C  als  ein  Ganzes  behandelt  und  durchbeziffert  ist.  Dies  prä- 
judicirt  der  richtigen  Vorstellung  von  der  Aneinanderreihung  und  Ein- 
reibung der  Interpolationen  A,  B,  C  nur  insofern,  als  die  §  76 — 96 
in  B  noch  hinter  §  100  standen  und  erst  in  C  an  die  Stelle  gerückt 
wurden,  die  jene  Zahlung  und  unsere  Ausgabe  ihr  anweisen,  worauf 
bei  Beginn  dieser  Partie  ausdrücklich  hingewiesen  ist.  Hatte  ich  den 
alten  Text  für  sich  beziffert  und  darauf  alle  einzelnen  Interpolationen 
ebenfalls,  so  würde  das  sehr  verwirrend  ausgefallen  sein.  Nun  wird 
der  Brief  in  der  Gestalt,  die  er  bereits  im  12.  Jh.  erhalten  hatte, 
durch  die  durchgehende  Bezifferung  zusammengehalten,  wahrend  die 
beiden  späteren  Interpolationen  D  und  E  sich,  jede  mit  ihrer  eigenen 
Bezifferung,  an  diese  anreihen. 

Der  alte  Text  wie  der  jeder  dieser  Interpolationen  ist  auf  den 
betreffenden  Handschriften  basiert,  also  der  alte  Text  auf  den  Hand- 
schriften dieses,  der  der  Interpolation  B  auf  denen  dieser  u.  s.  w. 
Nur  bei  den  Interpolationen  A  und  D  zwang  die  handschriftliche 
Ueberlieferung  zu  einem  andern  Verfahren.  Allerdings  gewahrt  diese 
Methode  nicht  absolute  Sicherheit.  Denn  es  kann  gar  wohl  der 
Fall  gedacht  werden,  dass  diejenige  Handschrift,  welche  von  dem 
Interpolator  benutzt  ward,  alle  übrigen  Handschriften  ihres  Textes  an 
Werth  übertraf.  In  der  That  scheint  dies  der  Fall  zu  sein  bei 
der  Interpolation  A,  die  aus  Handschriften  von  B  construirt  werden 
musste,  desgleichen  zum  Theil  bei  D,  zu  dessen  Constituirung  E 
herbeigezogen  werden  musste.  Auch  scheint  es  wirklich,  als  ob  z.  B. 
Handschriften  von  B  zur  Gewinnung  des  alten  Textes  noch  beisteuern 
konnten,  vgl.  z.  B.  die  Lesarten  zu  §  7  und  zu  §  62.  Aber  wie  weit 
diese  Möglichkeit  Wirklichkeit  gewesen  ist,  muss  ich  weitergebender 
Forschung  im  Einzelnen  festzustellen  überlassen1).     Jedesfalls  konnte 


*)  Nicht  unerwähnt  will  ich  lassen,  dass  z.  B.  Hr.  Bibliothekar  Dr.  Thomas 
in  München  der  dortigen  Hs.  5251  (unten  No.  6  der  Interpolation  B)  einen  hervor- 
ragenden Werth  zusprechen  möchte.  Er  schreibt:  »Probe  zu  einer  Stelle,  §  6 
tigna   quoque.     Hier    liest  525t  :   pegma  quoque.     Was   die   anderen    Hss.    geben, 

Abh*ndl.  d.  K.  S.  Geselluch.  d.  Wissensch.  XVII.  59 


876  Friedrich  Zarnckb,  M 

ich  bei  meiner  Ausgabe  nicht  auf  jene  Möglichkeit  hin  den  Variaatei- 
apparat  auch  noch  aus  den  interpolirten  Handschriften  vermehret. 
Unervvogen  sind  die  Lesarten  dieser  nicht  geblieben,  aber  von  einer 
methodischen  Angabe  derselben  sah  ich  ab. 

Auf  einen  Punkt  muss  dabei  allerdings  aufmerksam  gewacht 
werden.  Die  Interpolationen  nehmen  an  dem  früheren  Texte  hie 
und  da  kleine,  nur  variantenartige  Aenderungen  vor  (vgl.  z.  B.  die 
kleinen  Zusätze  von  C  zu  Anfang  von  §  91  und  92).  Die  Angabe 
solcher  wird  man  vielleicht  vermissen,  wenn  es  sich  um  die  Art  der 
Anlehnung  abgeleiteter  Stücke,  wie  Uebersetzungen  u.  iL,  handelt 
Aber  auch  dieser  Umstand  konnte  mich  zur  endlosen  Anschwellung 
des  Variantenapparates  nicht  bestimmen. 

Bei  Herstellung  des  Textes  habe  ich  mir  in  Betreff  der  Ortho- 
graphie die  gewöhnlichen  Freiheiten  gestattet,  den  Gebrauch  der 
grossen  Buchstaben  unabhängig  von  dem  zufälligen  Vorkommen  in 
den  Hss.  geregelt,  u  und  v  geschieden,  für  e  und  e  im  betreffenden 
Falle  ae  gesetzt  (auch  caelum).  Selbst  in  der  Angabe  der  lieber- 
Schriften  und  Schlussschriften  habe  ich  dies  gethan,  nicht  aber  in  den 
Varianten.  Uebrigens  sind  die  Consonanten  (li,  ci,  th  u.  s.  w.)  wie 
die  Vocale  (j/,  i  u.  s.  w.)  nicht  geändert,  sondern  im  Anschluß  an 
die  jedesmalige  Haupthandschrift  gesetzt. 


Die  Handschrift  3  der  Interpolation  B  und  die  meisten  Hand- 
schriften der  letzten  Interpolation  E,  die  den  Handschriften  nach  auch 
noch  dem  13.  Jahrh.  angehört,  geben  an,  unser  Brief  sei  aus  dem 
Griechischen,  und  zwar  nach  E  durch  den  bekannten  Erzbischof  von 
Mainz,  Christian  I.  (1165 — 1183),  übersetzt  worden.  Nach  derlfe 
4  der  Interpolation  B  wäre  das  Lateinische  direct  aus  dem  Arabisches 
übersetzt.  Auf  diese  Angaben  als  solche  ist  natürlich  Nichts  zu  geben, 
im  Uebrigen  wäre  eine  Uebersetzung  aus  dem  Griechischen  nicht  eben 
unwahrscheinlich.  Für  eine  solche  sprechen  könnte  ausser  der  Adresse 
das  Vorkommen  sicher  oder  wahrscheinlich  griechischer  Ausdrücke 
wie  Romeon,  gaudere  in  §  1 ,  ierarcham,  lechilo,  tigna  (pegma  ?)  in  §  7, 


sind  Entstellungen  des  alten  Wortes  Tr^yjAa.      Es  ist  damit  der  S(amm  (das  Gerüst) 
des  Kreuzes  im  Wappen  gemeint.« 


**1  Der  Priester  Johannes.  877 

assidios  in  §  23,  jnrotopapatev  und  archiprolopapaten  in  §  74;  auch 
manche  Ungelenkheit  im  Ausdruck  und  in  der  Satzverbindung  würde 
sich  unter  dieser  Voraussetzung  leicht  erklären.  Aber  mir  ist  keine 
Spur  eines  griechischen  Originals  vorgekommen,  so  sorglich  ich  da- 
nach gespäht  habe ;  es  scheint  überhaupt,  als  ob  in  Byzanz  die  Sage 
vom  Priester  Johannes  wenig  Boden  fand:  man  war  der  Gedanken- 
richtung, die  diese  Sage  hervorgerufen  hat,  dort  wenig  zugethan. 
Auch  spricht  iManches  für  sofortige  lateinische  Abfassung,  so  die  Ein- 
fügung lateinischer  Hexameter  in  §  21 ,  die  wörtliche  Verwendung 
von  Stellen  aus  der  Vulgata,  z.  B.  in  §  64,  u.  A.  —  In  den  Inter- 
polationen ist  von  Anfang  an  das  Lateinische  Original  gewesen,  wie 
das  die  wörtlichen  Entlehnungen  aus  der  Historia  Alexandri  des 
Archipresbyters  Leo  beweisen. 

Mit  der,  noch  weiterer  Vertiefung  fähigen  Untersuchung  über  die 
Entstehung  des  Briefes  hängt  eng  die  Erörterung  der  Quellen  zu- 
sammen. Ich  habe  über  diesen  Punct  Manches  gesammelt,  finde 
mein  Material  aber  doch  nicht  ausreichend,  um  es  hier  vorzulegen. 
Wer  es  kennen  gelernt  hat,  wie  viel  Wichtiges  für  diese  Quellenunter- 
suchungen  noch  in  unseren  Handschriften  versteckt  liegt,  der  wird 
mir  aus  dieser  Zurückhaltung  keinen  Vorwurf  schöpfen.  Wenn  jetzt 
der  Text  glatt  und  klar  zur  Hand  liegt,  werden  die  daran  anzu- 
knüpfenden Untersuchungen  bald  gedeihen.  Keinem  Zweifel  kann  es 
unterworfen  sein,  da$s  unter  den  Quellen  zur  Geschichte  der  mittel- 
alterlichen Vorstellungen  vom  Wunderbaren  unser  Brief  eine  der  be- 
deutsamsten Stellen  einnimmt. 

Die  Fragen  nach  der  Zeit  der  Entstehung  sind  bei  den  einzelnen 
Stufen  der  Textesenlvvicklung  besprochen  worden. 


II.    Handschriften. 

1.    Der  alte  noch  uninterpolirte  Text. 

Für  die  Bestimmung  der  Zeit,  wann  die  älteste  Gestalt  unseres 
Briefes  entstand,  fehlt  es  an  durchschlagenden  Kriterien.  Alberich 
erwähnt  ihn  zum  Jahre  1165,  was  freilich  Nichts  entscheidet.  Ein 
terminus  ad  quem  wlire  gewonnen,  wenn  man  annehmen  dürfte,  dass 
die    Worte   des   päpstlichen   Schreibens   vom    27.  Sept.   H  77 :    quia, 

59* 


878  Friedrich  Zarnck4,  ^ 

quanto  sublimior  et  tnaior  haberis  et  minus  de  divitiis  et  potenl\% 
tua  videris  in  flatus,  lanto  libenlius  tuas  curabimus  peticiones  admtien, 
auf  unseren  Brief  gemünzt  seien.  Es  ist  das  allerdings  recht  wahr- 
scheinlich. Wir  müssten  demnach  die  Entstehung  unseres  Briefes 
vor  1177  setzen,  womit  wohl  zusammenstimmen  würde,  dass  vor 
1196  bereits  eine  zweimalige  Interpolation  entstanden  war,  wieder 
Bericht  des  Elysaeus  (s.  u.)  beweist. 

Im  Nachstehenden  sind  die  Handschriften  in  chronologischer 
Reihenfolge  aufgezählt.  Von  besonderer  Gruppirung,  zu  deren  genauer 
Durchführung  vollständige  Abschriften  nöthig  gewesen  wären,  ist  ab- 
gesehen worden,  mit  Ausnahme  bei  1  und  2,  obwohl  mancherlei 
Indicien  die  unter  4,  6,  11  und  12  aufgeführten  Handschriften  zu 
einer  Gruppe  zusammenfassen,  andererseits  die  Hss.  5  und  10  sich 
vielleicht  naher  zu  1  und  2  stellen.  Für  die  Gewinnung  des  ur- 
sprünglichen Textes,  auf  die  es  zunächst  ankam,  waren  diese  Erörte- 
rungen von  nur  secundärem  Interesse. 

1,  a1  [früher  1,  a]1),  in  London,  Cod.  Harleianus  3099,  Bl.  166* fg., 
12.Jahrh.,  Pgmt.  Ueberschrift :  Incipit  epistola  Iohannis  regis  Indiae  EmanueÜ 
regi  Graecorum  missa  et  ab  ipso  Friderico  imperatori  directa.  Am  Ende: 
Explicit  epistola  Iohannis  regis  Indorum.  Als  Schreiberinnen  nennen  sieh: 
Gertrud,  Sibilia  u.  s»  w.  ipsae  namque  scripserunt  Monasteriensibus  dominis 
etc.y  und  die  Hs.  wird  bezeichnet  als  Liber  sanctae  Mariae  sanctique  Nkholag 
in  Arinstein,  quem  nobis  Monasterienses  restituerunt  pro  pastorali  cura.  Sie 
ward  also  von  Nonnen  des  Marienklosters  Arnstein  an  der  Lahn  für  die 
geistlichen  Herren  in  Münster  geschrieben,  die  sie  aber  dem  Kloster 
zurückgaben.     Eine  Abschrift  verdanke  ich  Hrn.  Prof.  Fr.   Rühl. 

2,  a2  [früher  59?],  in  Rom,  Cod.  Regin.  lat.  1658,  Bl.  63*fg.,  1! 
Jahrb.,  Pgmt.  Ueberschrift:  Incipit  epistola  Iohannis  regis  Indorum  ad 
Emmanuelem  regem  Graecorum  et  per  ipsum  Friderico  imperatori  dtretto. 
Mit  Bl.  65  schliesst  die  Hs.  mit  den  Worten  a  contuen(tibus)  §  71.  Der 
Rest  ist  Bl.  1b  nachgetragen,  wie  der  Schreiber  selbst  am  Schlüsse  bemerkt. 
quod  hie  deest,  require  in  primo  folio  ante  caput  libri  ad  tale  Signum  (da- 
neben das  Verweisungszeichen).  Am  Ende:  Explicit  epistola  Iohannis  regis 
Indorum.     Eine  Gollation  verdanke  ich  Hrn.  Prof.  L.  Mendelssohn. 

Beide  Handschriften  gehen  auf  eine  gemeinsame  Vorlage  zurück,  wie 
ausser  andern  Uebereinstimmungen  der  Umstand  beweist,  dass  sie  die  durch 
Abirren  des  Auges  entstandenen  Lücken  in  §  33  und  69  tbeilen.  Sie  geben 
zugleich  den   relativ   besten  Text,   an  einigen  Stellen  haben  sie  allein  das 


l)  Die  Zahl  giebt  die  forllaufende  Ziffer,  der  Buchstabe  die  Bezeichnung  der 
Hs.  im  Varianlennpparat  an;  in  den  eckigen  Klammern  stehen  die  Bezeichnungen 
der  ersten  Ausgabe  im  Programm  No.  Hl,   IS 74. 


53]  Der  Priester  Johannes.  879 

Echte  bewahrt,  obwohl  eine  derartige  Präponderanz,  wie  ich  sie  früher  dem 
Harleianus  beilegte,  sich  nicht  mehr  aufrecht  erhalten  Hess,  seit  eine  Con- 
trole  durch  den  Reginensis  ermöglicht  ward.  Im  Nebensächlichen,  wie  der 
Orthographie,  habe  ich  meinen  Text  an  den  Harleianus  angelehnt,  aber  die 
ae,  e,  q  desselben  der  hergebrachten  Orthographie  gemäss  geregelt.  Beide 
Hs8.  sind  genau  collationirt,  nur  nicht  in  Betreff  des  Orthographischen  (in 
dem  sie  jedoch  meist  genau  übereinstimmen),  während  bei  den  folgenden 
Hss.  die  Orthographie  gar  nicht  und  die  Wortstellung  nur  ausnahmsweise 
berücksichtigt  worden  ist,  auch  offenbare  Fehler  meist  übergangen  sind. 

3,  a3  [früher  2,  a1],  in  Brüssel,  Bibliolheque  de  Bourgogne  5542, 
42.  Jahrh. ,  Pgmt.  Ohne  Ueberschrift.  Bricht  gleich  nach  Beginn  von 
§  46  ab  (inv.  apud  nos),  was  bei  der  Beurtheilung  der  Varianten  nicht  zu 
übersehen  ist.  Eine  Abschrift  verdanke  ich  Hrn.  Bibliothekar  Dr.  Aug. 
Sehe  ler. 

4,  in  Paris,  Cod.  Lat.  16730,  Bl.  280»,  12.  Jahrh.,  Pergament.  Die 
Hs.  stammt  aus  der  Abtei  Corbie.  Ohne  Ueberschrift  und  Unterschrift.  Die 
Adresse  ist  an  A.  Constantinop.  gubernat.  gerichtet.  Genaue  Auskunft  ver- 
danke ich  dem  leider  so  früh  gestorbenen  Leop.  Pannier;  von  einer 
Gollation  habe  ich  abgesehen.     Vgl.  6,  11   u.  42. 

5  [früher  16],  in  Rom,  Cod.  Oltobonianus  lat.  1555,  Bl.  131b,  12. 
Jahrb.,  Pergament.  Ohne  Ueher-  und  Unterschrift.  Am  Schlüsse  des  Briefes 
folgt  eine  Stilübung,  die  eine  Nachahmung  des  Presbyterbriefes  beabsichtigt 
zu  haben  scheint:  Salduadinus  rex  babüonie  et  egypti  dulcarie  fortunatus 
ioseph  et  Herminie  (?)  memolins  /*.  imperatori  romano  semper  augusto  in  terra 
cum  suis  gaudium,  in  celo  cum  angelis  brauium,  cum  utrisque  fauorem, 
Vester  (ausgestrichen)  ad  me  uenit  (letzteres  Wort  durch  Puncte  getilgt)  ex 
parte  uestra  ueniens  nuntius  secreta  uestra.  sigillo  uestro  et  literis  adnotata 
ad  me  detuüt.  Ego  autem  cum  festinatione.  Vester  ad  me  uenit  ex  parte 
(nicht  weiter  geschrieben) .  Mit  dem  bekannten  Briefe  des  Saladin  an  Kaiser 
Friedrich  hat  dieser  Versuch  Nichts  zu  thun.  Genaue  Auskunft  verdanke 
ich  Hr.  Dr.  Bened.  Niese.  Von  einer  Collation  habe  ich  bei  der  Güte 
der  mir  bereits  zugänglichen  Hss.  abgesehen,  obwohl  die  Lesart  reiuvenes- 
eunt  in  §  29  es  wahrscheinlich  macht,  dass  dieser  Hs.  vielleicht  einiger  Ein- 
fluss  auf  die  Textesgestaltung  gebührt. 

6,  a*  [früher  57  (=  60?)  a*],  in  Born,  Cod.  Begin.  lat.  657,  Bl.  38\ 
42./13.  Jahrh..  Pgmt.  Ueberschrift:  Epistola  Iohannis  presbiteri  missa  ad 
gubernatorem  Constantinopolitanum.  Ohne  Subscriptio.  Genauere  Mitlhei- 
lungen  und  Collation  verdanke  ich  Hrn.  Dr.  Bened.  Niese.  Hiernach 
wurde  unser  Brief  zum  ersten  Male  gedruckt,  1728  in  Assemani's  Bibliotheca 
(s.  o.),  doch  nur  auszüglich  und  sehr  fehlerhaft.  Der  Text  scheint  mit  4 
näher  verwandt  zu  sein,  mehrfach  stimmt  er  auch  zu  a3,  doch  ist  er  auch 
schon  mehrfach  im  Begriff  aus  den  Fugen  zu  gehen,  und  mannigfache  Fehler 
entstellen  ihn,  die  in  den  Varianten  meist  übergangen  sind.   Vgl.  4,  11  u.  12. 

7  [früher  50],  in  M  ün  ch  en  aus  Tegernsee,  Cod.  lat.  Mon.  1 941 1  (Tegerns. 
1411),  Bl.  9»,  12./13.  Jahrb.,  Pgmt.  Nur  der  Anfang  des  Briefes  (§  1—7) 
ist  als  Briefformular  verwandt,  mit  freier  Ueberarbeitung ,    und   als  solches 


880  FiiEDticH  Zaknckb,  |H 


abgedruckt  bei  Pez,  Thesaurus  anecdot.  nov.  VI  (Codicis  dipl.-hisl.« 
laris  T.  V),   pars  II,    S.  21,    No.  43.     Ueber  diese   Hs.    bin   ich  genwcr 
unterrichtet  durch  Hrn.  Bibliothekar  Dr.  Thomas  in  München.     Trott  der 
Kürze  konnte  von  Angabe  der  Varianten  doch  abgesehen  werden.    Vgl.  die 
nachstehenden  Sätze:  Magnificentia  mea  eorum,  quae   ad  gaudia  pertmaU, 
copiam  indigentiae  tuae  per  apocrisiarios  nostros  largiflue  transmittet.  Acdp 
yeracam  in  nomine  meo  et  ulere  tibi.     Tinna  quoque  nostrum  respice  et  am- 
sidera.     Quod  si  velis  venire  ad  dominationem  maiestatis  meae,  pcteris  fnä 
habundantia  mea  et  maiorem  dominationis  meae,  si  mecum  stare  volueris,  te 
constituam ;   sin  autem ,    in  his,  quae  apud  maiestatem  (meamj  sunt,  habm- 
danter  locupletatus  redire.     Remitte  mihi  per  apocrisiarium  tuum  sce&dam 
tuae  dilectionis  et  in  ea  cerlifica  me  de  proposüo  tuae  voluntaüs.    Die  Zuge- 
hörigkeit zu  den   uninterpolirten   Handschriften   ergiebt   sich  aus  den  Ein- 
leitungsworten, die  den  Zusatz  rex  regum  noch  nicht  kennen. 

8,  in  Willanow,  angeblich  aus  dem  12.,  doch  sicher  erst  aas  dem 
13.  Jahrb.,  Pgmt.  Herausgegeben  von  Hippolit  Kownacki  in  der  Erosika 
W^gierska  u.  s.  w.  z  r$kopismow  roznych  bibliotek,  Warschau  1823, 
S.  146 fg.  Ohne  Ueberschrift;  am  Schlüsse:  Tu  autem  domine  nostri  un- 
ser er  e.  Deo  gratias.  Alleluja.  Die  Ueberlieferung  ist  voller  Fehler,  ?on 
denen  manche  aber  auch  moderne  Lesefehler  sein  mögen;  in  einigen  be- 
achtenswerthen  Lesarten  stellt  sich  der  Text  zu  6.  Alle,  auch  nur  wich- 
tigeren Varianten  anzuführen,  erschien  wert h los;  nur  einige  hervorragende 
haben  Aufnahme  gefunden.  Hrn.  Bibliothekar  W.  Wi  stock  i  in  Krakau 
verdanke  ich  es,  auf  diese  Hs.  und  ihre  Herausgabe  aufmerksam  geworden 
zu  sein. 

9,  a*  [früher  10],  in  Berlin,  Ms.  Diez.  B.  Sant.  16,  Bl.  110b,  Ende 
des  13.  Jahrh.,  Pgmt.  Von  einer  Hand  des  14.  Jahrh.  die  Ueberschrift 
De  presbitero  Iohanne.  Am  Schluss  vom  Schreiber  des  Briefes  Scribo  pro 
lucro,  und  nachdem  dies  von  ihm  wieder  ausgestrichen  worden :  Pro  lucro 
scribo ;  nisi  des  quid,  pauper  abibo.  Die  Hs.  stammt  aus  dem  Jacobskloster 
in  Lüttich.  Mittheilung  über  sie  und  Collation  des  Presbyterbriefes  verdanke 
ich  Hrn.  Prof.   W.  Arndt.     Der  Text  ist  ein  verhältnissmässig  guter. 

10  [früher  31],  in  Paris,  Cod.  Lat.  3563,  Bl.  147%  13./14.  Jahrh., 
Pergament.  Ohne  Ueber-  und  Unterschrift.  Genaue  Orientirung  verdanke 
ich  Hrn.  Leo  Pannier;  von  einer  Collation  glaubte  ich  absehen  zu  können, 
nur  einige  bemerkenswerthe  Stellen  sind  unter  die  Lesarten  aufgenommen. 
In  §  29  soll  die  Hs.  iuveneseunt  und  in  §  38  transitus  lesen,  was  ihren 
Text  zu  1   und  2  stellen  würde. 

11  [früher  19],  in  Wien,  Cod.  1068,  Bl.  58\  14.  Jahrh.,  Pfcmt. 
Ueberschrift :  Epistola  presbiteri  lohannis  ad  u.  Constantinopolitanum  impera- 
torem  missa  de  regno  potentia  et  magnitudine  et  divitiis  eiusdem  lohanms 
presbiteri  et  regis.  Nähere  Mittheilungen  erhielt  ich  durch  gütige  Vermitte- 
lung  des  Hrn.  Prof.  Heinzel  von  Hrn.  Kaplan  in  Wien.  Von  voller 
Collation  habe  ich  abgesehen,  Einzelnes  ist  notirt,  wobei  sich  ein  engeres 
Verhältniss  zu  4,   6  und  12  herausstellt. 

12   [früher  54],   in  London,  Cod.  Harleianus  2667,  Bl.  147»,   14.  Jahrh. t 


MJ  Der  Priester  Johannes.  884 

Pergament.  Uoberschrift :  Incipit  epistola  Io.  presbäeri.  Am  Schluss  utinam 
faeeresquod  optamus.  Vule,  gubernator  Constantinopolitane ,  in  domino. 
Eccplicit  epistola  prespiteri  Iohannis.  Ziemlich  nachlässig  geschrieben;  stellt 
sich  ebenfalls,  wie  schon  der  Eingang  zeigt  (A.  Constantinopolitano  guberna- 
tori)  dann  die  Variante  §  31  movetur  tumescit  et  inundat,  zu  (4)  6  und  11. 
MiUheilungen  über  die  Hs.  verdanke  ich  Hrn.  Prof.  R.  Wülcker. 

13   [früher  38]  in  München  aus  dem  Augustinerkloster  daselbst,  Cod. 
lat.  Mon.  8485  (Mon.  Aug.  185)  Bl.  63bfg.,  15.  Jahrh.,  Papier.    Der  Schreiber 
nennt  sich  Bl.  92:   per  me  fratrem  Iohannem   Fasnacht  dyaconum  de  Mefn 
(d.    i.   Memmingen)  a.  d.    1468.    —  Ohne   UelxTschrift  und   Schlusswort. 
Mittheilung  verdanke  ich  Hrn.  Bibliothekar  Dr.  Thomas  in  München. 

14,  a6,  in  Luzern  auf  der  Kantoubibliothek ,  Fol.  No.  25,  Bl.  I05a, 
45.  Jahrh.,  Papier.  Die  Vorlage  war  in  Unordnung,  es  folgen  aufeinander 
§  1—6  init. ;  52fin.  —  98;  6fin.  —  14;  21—51  init.;  es  fehlen  §  51 
fin.,  ferner  §  99  und  100.  Mittheilungen  verdanke  ich  Hrn.  Staatsarchivar 
Th.  von  Lieben  au  in  Luzern,  der  mir  auch  eine,  jedoch  nicht  von  ihm 
selbst  genommene  Abschrift  verehrte.  Der  Text  ist  schon  sehr  willkürlich 
gestaltet,  obwohl  frei  von  Interpolationen,  und  voller  Fehler  (von  denen 
freilich  manche  neuere  Lesefehler  sein  mögen;,  und  ich  habe  daher  nur  ein- 
zelne Lesarten  in  den  Variantenapparat  aufgenommen. 

15,  in  München,  aus  Augsburg  zum  heil.  Kreuz,  Cod.  lat.  Mon. 
4143  (Aug.  s.  crucis  43),  Bl.  53  fg. ;  spate  Hs.  des  17.  Jahrb.,  Papier. 
Ueberschrift  Tractatus  de  potentia  Iohannis  Indiarum  regt's  missus  ad  Erna- 
nuelem  Graecornm  regem  et  ab  ipso  ad  Fridericum  Romanorum  imperatorem. 
Auetore  incerti  nominis.  Am  Schlüsse  nur  Amen.  Mittheilung  von  Hrn. 
Bibl.   Dr.  Thomas. 

Kine  Handschrift  dieses  noch  nicht  interpolirten  Textes  ward 
von  Johannes  von  Mau'ndeville  in  seiner  Reisebeschreibung  be- 
nutzt. Vgl.  meine  zweite  Abhandlung  über  den  Priester  Johannes 
S.   133. 

2.     Beginn  der  Interpolation  (A). 

Die  Interpolation  beginnt  in  §  25 ,  indem  die  Schilderung  der 
Gewinnung  des  Pfeffers  erweitert  wird  (im  Texte  nunmehr  §  25  und 
26  ausmachend).  Im  Uebrigen  bleibt  der  Text  noch  im  Wesent- 
lichen unverändert.  In  der  Adresse  jedoch  ist  hier  bereits  zu  dem 
dominus  dominancium  hinzugekommen  rex  regum,  also:  Pr.  loh.  pot. 
et  virl.  Dei  et  dorn.  n.  Jesu  Christi  rex  regum  et  dominus  dominancium 
etc.,  wie  die  Hss.  1,  2  und  3  bieten  (in  4  fehlt  die  Adresse).  Die 
Hss.,  die  mir  von  dieser  Textesgestalt  bekannt  gewordeu  sind,  ge- 
hören alle  der  späteren  Zeit  an,  und  sind  daher  für  die  Herstellung 


882  Friedrich  Zarrcee,  W 

des  Textes  ohne  Werth,  hiefür  müssen  die  alteren  Hss.  dei  folgen- 
den Interpolation  eintreten. 

In  den  Hss.  1 ,  2  und  der  Umarbeitung  4  ist  §  4  00  fortgelassen 

1,  a1  [früher  wohl  63],  in  Cambridge,  Corpus  Christi  College,  ab 
Ms.  59  bezeichnet  in  Nasmith's  Catalogus  (Cantabrigiae  4777,  4°),  ab  13to. 
32  in  Tom.  1,  pars  3  der  Catalogi  Mss.  Angliae  et  Hiberniae  (Oxon.  1697, 
fol.),  wohl  dieselbe  Hs.,  die  Montfaucon,  Bibl.  bibliolhecarum  (Paris  1739) 
I,  670  D  als  1308  Bibl.  Collegii  St.  Benedicti  in  Cambridge  anführt.  Hs. 
des  13./ 14.  Jahrb.,  Pgmt.  Ueberschrift:  Hanc  epistolam  misü  prubiter 
Iohannes  de  lndia  ad  Emanuelem  imperatorem  Costant'.  §  400  fehlt;  der 
Schluss  lautet :  Extenditur  autem  terra  in  parte  una  fere  ad  quatuor  meines 
in  amplitudine ;  in  altera  vero  parte  nemo  potest  scire  quantum  protenditer, 
nisi  dominus  noster  Jesus  Christus ,  qui  est  benedictus  in  secuta.  Id  §  24 
heisst  es  colligitur  per  instrumentum,  und  et  corium  et  pannos  fehlt  gam. 
Genaue  Mittheilungen  verdanke  ich  Hrn.  Oberbibliothekar  Henry  Brid- 
shaw  in  Cambridge. 

2  [früher  37],  in  München  aus  dem  Kloster  Indersdorf,  Cod.  lat 
Mon.  7685  (Indersd.  285),  Bl.  115fg.,  45.  Jabrh.,  Papier.  Ueberschrift 
fehlt.  Der  Schluss  stimmt  zu  dem  in  1 ,  ebenso  die  Varianten  in  §  24. 
Ob  auch  in  1  der  §  25  mit  der  Lesart  von  2  venu  populus  universus  — 
secum  ferens  etc.  vermag  ich  nicht  zu  sagen.     Doch  vgl.  4. 

3,  in  München,  aus  Augsburg  zum  heil.  Kreuz,  Cod.  lat.  Mon.  4443 
(Aug.  s.  crucis  43),  späte  Sammelhandschrift  des  47.  Jahrb.,  Papier  (vgl. 
oben  1  No.  15),  Bl.  87 fg.  Ueberschrift:  Tractatus  seu  epistola  Ioannu 
regis  Indiae  Graecorum  regi  missa  et  per  eum  domino  Friderico  imperatori 
directa.     Dann  2  Hexameter 

Presbyter  hie  homines  sua  scripta  legentes  Ioannes 
Reddit  mirantes  super  his  minus  (L  miris)  atque  stupentes. 
Schluss:  et  potestatem  nostrae  dignitatis,  also  ungenau,  aber  unabhängig 
von  1  und  2.  Eigene  Lesarten,  die  die  späte  Ueberlieferung  verraiheo, 
wie  in  §  26  .  .  .  quasi  in  area  ubi  (I.  fit?)  paleis  excussis ,  ut  piper  de 
arboribus  nukleis  et  ex  buffis  colligitur  et  coquitur,  und  daran  scbliesst  sieb 
der,  eigentlich  durch  diese  erste  Interpolation  verdrängte  Salz  des  Originals 
(in  derselben  Hs.  stand  vorher  eine  Abschrift  des  uninterpolirten  Originals, 
s.  o.)  accenduntur  nemora  bis  desiccatum  coquitur.  Für  die  Herstellung  des 
ursprünglichen  Textes  ist  also  auch  diese  Hs.  nicht  zu  verwenden. 

4  [früher  66],  in  Berlin,  Ms.  lat.  Fol.  245,  Bl.  8b,  15/16.  Jahrb., 
Papier.  Ueberschrift:  Haec  est  epistola,  quam  misü  presbäer  Johannes, 
dominus  tocius  Indiae ,  ad  dominum  Manuelem  papam  Homae  gubematorem 
Romanorum.  Dann  folgt  eine  freie  und  wesentlich  kürzende  Umarbeitung 
des  Presbylerbriefes :  Per  potentiam  et  virtutem  domini  nostri  Jesu  Christi 
transmittit  presbiter  Johannes,  dominus  Indiae,  vobis,  domino  Manueli  papae, 
gubernatori  Romanorum,  salutem  et  gaudium  sempitenium.  Sciatis7  o  domine 
Manuel,  quod  multociens  audivi  dici,  quod  vos  habeatis  voluntatem  sciendi 
nostram   maiestatem,    et  in   recerditu   meae   altitudinis  nunc   memor  fui  et 


&7]  Der  Priestee  Johannes.  883 

cognovi  per  vestrum  notarium,  quod  vultis  tnichi  mütere  de  vestris  bonis 
verbis  (?),  quae  sunt  michi  delectabilia.  Quapropter  hoc  habui  ad  magnum 
gaudium,  quod  e  converso  transmitterem  vobis  de.  mea  maiestate  et  vita ,  et 
multum  desideravi  scire,  si  habetis  fidem  unam  et  credenciam  nobiscum  et  si 
creditis  firmiter  in  domino  nostro  Jesu  Christo  u.  s.  w.  Das  Latein  verräth 
den  Franzosen.  Der  Text  ist  meist  zusammengezogen,  manchmal  aber  auch 
etwas  grosserer  Wortschwall  gemacht.  Der  Schluss  lautet:  Terra  nostra 
dural  tantum  quantum  unus  bonus  viator  possit  ire  in  quatuor  mensibus, 
scilicet  in  latiludine,  et  longitudine,  quam  nemo  potest  vxistimare  praeter 
Deum  caeli.  Qui  est  benedictus  in  secuta  seculorum ,  sibi  (!)  Deo  gr alias. 
Amen.  Dieser  Schluss  verräth  die  Anlehnung  an  den  Text  von  \  und  2. 
Die  Umarbeitung  der  Interpolation  in  §  25  und  26  lautet:  Et  quando 
evetiitj  quod  piper  est  maturum,  Vota  gens  (Singular  wie  in  2)  illius  terrae 
deferunt  ligna  et  paleas  et  ponunt  per  circuitum  nemoris ,  incendens  ligna 
et  paleas  igne,  et  sie  nemus  intra  et  extra  comburitur.  Et  hoc  faciunt, 
quando  flat  magnus  ventus.  Et  quando  nemus  combustum  est,  homines  illius 
terrae  intrant  intus  et  inveniunt  omnes  serpentes  mortuos  praeter  Mos  ser- 
pentes, qui  intrant  subtus  terram.  Postmodum  aecumulant  serpentes  mortuos 
et  comburunt  ipsos,  et  ita  piper  desiccatur  et  coquitur  aliquantulum,  et  tunc 
homines  colligunt  ipsum  piper,  et  iam  nullus  advena  audet  ibi  intrare  ad 
videndum.  Die  Angabe  der  Adresse,  dass  der  Empfänger  Manuel  Papst  sei, 
wird  auch  im  Innern  des  Briefes  festgehalten,  vgl.  §  49 :  Item  faeimus  ante 
nos  aliam  gavidam  argenli,  totam  plenam  auro  ad  dandum  cognoscere  Omni- 
bus videntibus  ipsam,  quod  sumus  dominus  omnium  temporalium  dominorum 
post  vos,  dominum  Manuelem,  qui  estis  dominus  in  spirituali- 
bus  et  habetis  potestatem  a  Deo  absolvendi  et  ligandi  omnes 
homines  et  omnem  potestatem  a  Deo,  et  ita  est  fides  nostra.  Darauf 
greift  §  97b  zurück,  woesheisst:  Ideo  vestra  sapientia  non  debet  ammirari 
de  nostra  altitudine,  nee  quare  vocamur  presbiter  Iohannes,  quia  bene  debetis 
scire,  quod  habemus  alcius  nomen  mundi  praeter  vestrum  nomen,  qui 
estis  pastor  omnium,  ut  supra  dictum  est.  Ausgefallen  sind  bei 
der  Bearbeitung  die  §§  7,  8,  41,  50,  52,  63.  Die  §  73 — 75  sind  in  kurzen 
Auszügen  für  98  eingetreten.  —  Genaue  Mittheilung  und  dann  auch  Ab- 
schrift verdanke  ich  Hrn.  Prof.  W.  Arndt. 

Aus  den  uns  erhaltenen  Handschriften  dieser  ersten  Interpolation 
(vgl.  übrigens  noch  B  No.  19  und  No.  24)  ist  also  der  Text  der- 
selben nicht  herzustellen,  dieser  musste  aus  den  Handschriften  ge- 
nommen werden,  die  bereits  die  folgende  Interpolation  enthalten. 

3.    Zweite  Interpolation  (B). 

An  die  erste,  den  Pfeffer  betreffende  Interpolation,  deren  alte 
Handschriften  uns  verloren  gegangen  sind,  schloss  sich  eine  zweite, 
nicht  eigentlich  eine  Interpolation,  es  ward  vielmehr  an  den  Schluss 
des  Briefes  die  Schilderung  eines   zweiten  Pallastes   angefügt.     Erst 


884  Friedrich  Zarrch,  ?S 

später,  bei  Gelegenheit  der  dritten  Interpolation,  ward  diese  Schilde- 
rung in  das  Innere  des  Briefes  hereingenommen.  Sie  umfassl  die 
§§  76 — 96,  die  also  anfangs  hinter  §  100  standen. 

Diese  zweite  Interpolation  characlerisirt  sich  ebenfalls  bereite  io 
der  Adresse:  zu  dem  in  A  hinzugekommenen  rex  regum  wird  nun- 
mehr noch  hinzugefugt  terrenorum.  Nur  drei  Handschr  (oder  vier? 
No.  1,  6,  17  uijd  etwa  21?)  haben  dies  Wort  nicht;  es  wird  in 
ihnen  ausgefallen  sein,  wie  in  19  noch  ausserdem  regum  fehlt.  Die 
übrigen  Abweichungen  in  der  Adresse  sind  ohne  Bedeutung  und  nur 
zwei  zu  erwähnen,  die  vielleicht  zu  einer  Gruppirung  Veranlassung 
bieten;  1,  für  ulleriora  lesen  6,  15,  16,  18,  23,  25:  altiora;  2,  für 
wlule  gaudere  et  lesen  14  und  22:  ipsum  (gr.  du.  ad  ult.  fr.). 

Für  die  Zeit  der  Entstehung  ergibt  sich  ein  terminus  ad  quem 
aus  dem  Berichte  des  Elysaeus  (s.  u.),  der  eine  Handschrift  der  Inter- 
polation B  benutzte  und  der  vor  1196  abgefasst  sein  muss. 

In  dieser  Gestalt,  mit  angehängter  Pallastschilderung,  ist  unser 
Brief  ganz  besonders  verbreitet  worden.  Mir  sind  26  derartige  Hand- 
schriften bekannt  geworden.  Obwohl  einige  noch  dem  12.  Jh.  ange- 
hören sollen,  so  ist  doch  die  Ueberlieferung  durchweg  nicht  mehr  so 
fest  und  so  gut  wie  bei  den  Hss.  des  alten  Textes. 

1,  b«  [früher  3  ,  in  Graz,  Cod.  Gracc.  42/63,  Bl.  153*,  12.  Jahrh. 
Pgmt.  Ueberschrift :  Iohannes  prespiter  dominus  dominantium  et  rex  Per- 
sarum  Emmnnueli  regt  Gmecontm.  Schluss:  Amen.  Anfangs  von  derselben 
Hand,  die  den  Otto  Frising.  schrieb;  von  Bl.  156b  an  (§  98  aut  ordinibus 
insigniri)  schrieb  vielleicht  eine  andere,  doch  gleichzeitige.  Der  Text  ist 
durch  viele  Fehler  entstellt,  die  die  Varianten  nicht  alle  angeben,  und  die 
Hs.  verdient  es  eigentlich  nicht,  in  erste  Linie  gestellt  zu  werden.  Abschrift 
verdanke  ich  Hrn.   Prof.   K.  Schenkt. 

2,  b*  [früher  4],  in  Oxford,  Bibl.  Coli.  Orielensis,  11 ,  Bl.  184%., 
12.  Jahrh.,  Pgmt.  Ueberschrift:  Incipit  epistola  lohannis  regis  Imiiae  od 
Emunuelem  Constantinopolitanum  imperatorem.  Am  Schluss :  Hubes  igitur, 
domine  Emunuel,  quunta  sit  dignitus  et  gratia  et  potentia  nostra,  quae  reg*a 
sint  subieeta  nobis,  qui  serviant  nobis :  quae,  si  vales,  cum  ceteromm  regum 
divitiis  compura.  Vulete.  Auch  diese  Hs.  ist  nicht  sehr  zu  loben.  Welche 
Kigcnthümlichkcitcn  sie  sich  erlaubt,  beweist  der  in  ihr  zweimal  geschrie- 
bene Satz  in  §  89.  Eine  Abschrift  verdanke  ich  Hrn.  Charles  T.  Crulh- 
well,   1874  membre  of  Merton-College. 

3,  b3  [früher  5],  in  Paris,  Cod.  Lal.  2342  (olini  Bigotianus),  12.  Jahrh., 
Pgmt.  Abgedruckt  in  Jubinal's  Ausgabe  der  Werke  des  Rutebeuf  11,  4441g. 
(Paris  1839).  Ueberschrift:  Incipit  epistola  lohannis  imperaloris  Indtae  ad 
Manueiem  Canstantinopoiitanum    imperatorem  de  divitiis  et  mirabäibus  regm 


*•]  Der  Pmibster  Johannes.  885 

sui,  translata  primo  in  graecum  et  in  latinum.  Scbluss:  Vale.  Explicit 
epistola  lohannis,  imperatoris  Indiae,  ad  Manuelem,  imperatorem  Constanti- 
nopolitanum.  Ich  benutzte  den  erwähnten  Abdruck.  Die  Hs.  zeigt  manche 
Auslassungen,  Aenderungen  und  Schreiberversehen. 

4,  b*  [früher  6],  in  Paris,  Cod.  Lat.  3858  A  (olim  Bigotianus), 
Bl.  200b,  12.  Jahrb.,  Pgmt.  Ueberschrift :  Epistola  presbyteri  lohannis  ad 
Emmanuelem  imperatorem  Constantinopolitanum ,  in  qua  hortatur  ewm,  ut 
veniat  ad  servüium  suum,  et  faciet  eum  divitem  magis  quam  sit,  quam  idem 
Emmanuel  translatum  de  Arabico  in  Latinum  misit  Alexandro  papue.  Ge- 
naue Collation  verdanke  ich  Hrn.  L.  Pannier. 

5,  in  Wien,  Cod.  951,  Bl.  182bfg.,  12.  Jahrh.,  Pgmt.  Ueberschrift: 
Incipit  epistola,  quam  misit  Iohannes  presbiter  ab  India  Emanueli,  regi 
Graecorum.  Am  Schlüsse :  Explicit.  Si  vis  credere  crede.  Genauere  Mit- 
theilungen erhielt  ich  durch  Hrn.  Kaplan  in  Wien. 

6,  [früher  11],  in  München,  aus  Chiemsee,  Cod.  lat.  Mon.  5251 
(Chiems.  canon.  1),  Bl.  199af.,  12./13.  Jahrb.,  Pgmt.  Ueberschrift:  Epi- 
stola lohannis  presbiteriy  qui  est  rex  regum  et  dominus  dominantium.  Bricht 
ab  in  §  78  (habebit  palatium  illud  a  Deo),  giebt  also  nur  noch  wenige 
Zeilen  der  Interpolation.  Mittheilung  verdanke  ich  Hrn.  Bibliothekar  Dr. 
Thomas. 

7,  b5  [früher  15],  in  Paris,  Cod.  Lat.  5941  (olim  Baluzianus) ,  Bl. 
93* fg.,  13.  Jahrh.,  Pgmt.  Ohne  Ueberschrift  und  Schlussschrift.  Wegen 
der  Sorgfalt  der  Schrift  ward  1820  von  dieser  Hdschr.  des  Presbyterbriefes 
eine  Abschrift  für  die  Monumente  genommen,  die  ich  benutzen  konnte. 

8  [früher  49],  in  London,  Mss.  Cotton.  Titus  A,  XXV11,  Bl.  181  fg., 
43.  (nicht  16.)  Jahrb.,  Pgmt.  Ohne  Ueberschrift  und  Schi uss.  Mittheilung 
verdanke  ich  Hrn.  Prof.  R.  Wülcker. 

9  [früher  121,  in  Wien,  Cod.  579,  Bl.  34b,fg.,  13.  Jahrh.,  Pgmt. 
Mittheilung  verdanke  ich  Um.  Kaplan  in  Wien.  Als  Ueberschrift  nur 
lohannis  presbiteri.     Ohne  Schlussschrift. 

10  [früher  13],  in  St.  Gallen,  Stiftsbibliothek  MS.  633,  S.  128fg., 
13.  Jahrb.,  Pgmt.  Bietet  nur  einen  kürzenden  Auszug.  So  gleich  nach 
der  Adresse :  Noveris,  quod  ego  Iohannes  praecello  in  omnibus  divitiis,  quae 
sub  caelo  sunt,  omnes  reges  terrae,  LXX  enim  reges  tributarii  sunt  nobis. 
Christianus  sum  et  omnes  pauperes  defenduntur.  Omnibus  Indis  dominamur 
et  LXX  duae  prooinciae  nobis  subditae  sunt.  In  terra  nostra  elefantes  sunt 
ei  dromedarii,  cameli,  ypopotami}  cocodrilli,  metagallinarii  etc.  Und  später : 
Singulis  annis  visitamus  corpus  saneti  Danielis  prophetae  in  Babilone  deserta1 
omnes  armati  propter  tyros  et  serpetites.  Apud  nos  sunt  pisces,  quorum 
sanyuine  tingitur  purpura.  Amazonibus  et  bragmanis  dominamur.  Palatium 
nostrum  est  simile  Uli,  quod  sanetus  Thomas  fecit  Gundoforo  regi  Indorum 
etc.  Der  Scbluss  lautet:  In  die  vero  nativitatis  nostrae  et  quoties  debemus 
coronari,  illud  intramus  et  tamdiu  in  eo  sumus,  donec  fores  saturi  esse 
possumus,  et  tum  erimus  satiati  ac  si  omni  gener e  eiborum  repleti  simus. 
Mittheilungen  verdanke  ich  Um.  Prof.  E.  Götzinger  in  St.  Gallen. 


\ 


9 

886  Friedeich  Zakrckb,  W 

41  [früher 44],  in  Paris,  Cod.  lat.  3803,  Bl.  47bfg.,  43.  Jahrb.,  Ppit 
Ohne  Ueberschrift.    Am  Schluss  :   Vale.    Mittheilung  durch  Hrn.  L.  Pannier. 

12,  in  Cambridge,  Corpus  Christi  College,  MS.  66  nach  Nasmitii's 
Catalogus  (Cantabrigiae  4777),  und  4635,  368  in  den  Catalogi  Manuscriptoraa 
Angliae  et  Hiberniae  (Oxoniae  4697)  Tom.  1,  p.  3.  Die  Hs.  ist  aus  l 
Theilen  zusammengebunden,  der  uns  betreffende  ist  vom  Jahr  4283,  od 
im  Kloster  Bury  Sl.  Edmund's  in  Suffolk  geschrieben.  Ueberschrift:  De- 
scripcio  regionis  Indiae.  Keine  Schlussschrift,  obwohl  für  den  Rubricator 
Baum  gelassen  ward.  Genaue  Mittbeilungen  verdanke  ich  Herrn  Oberbibi»- 
Ihekar  Henry  Bradshaw  in  Cambridge. 

43  [früher  48],  in  Wien,  Cod.  2373  (nicht  2273),  BL  459*,  43./U. 
Jahrh.,  Pgmt.  Am  Schlüsse:  Vale  etiam  vale.  Mittheilung  durch  Hm. 
Kaplan  in  Wien. 

44  [früher  27],  in  Venedig,  Cod.  Marcianus  XIV.  498,  S.  54%., 
44.  Jahrh.,  Pgmt.  (vorgebunden  eine  Papierhdschr.  v.  J.  4  466}.  Ueber- 
schrift: Incipü  epistola  domini  Iohannis  presbiteri  Yndiani  ad  Emanuelm 
Romanorum  imperatorem  de  mirabilibus  Yndiae.  Die  Hs.  ist  sehr  beschädigt 
Von  jedem  Blatte  ist  die  untere  äussere  Ecke  abgerissen,  die  letzte  Seile 
(62)  ist  fast  ganz  unleserlich.  Auf  S.  64  ist  das  letzte  sichtbare  und  erkenn- 
bare Wort  am  Ende   der  Seite   in  §  78 :    ad  mortem  s pa 

Pic  Hs.  ist  mit  Randglossen  und  Interlinearscholien  versehen,  die  wenig 
später  geschrieben  zu  sein  scheinen.  Zum  Titel  De  mirabilibus  Indiae  best 
man  am  Rande :  Immo  die  pocius  de  mendaeiis.  Mittheilung  verdanke  kk 
den  Hrn.  Prof.  Such i er  und  Ben.  Niese. 

45  [früher  25] .  in  London,  Cod.  Harleianus  3485,  Bl.  79*  fg.,  44. 
Jahrb.,  Pgmt.  (nicht  Papier).  Ueberschrift:  lncipit  epistola  presbiteri  lohamis 
regis  Indiae.  Ohne  Schlussschrift.  Mittheilung  verdanke  ich  Hm.  Prof 
R.  Wülcker. 

4  6  [früher  52],  in  London,  Cot  ton.  Mss.  Domitian  A,  XIII ,  Plul. 
XXIV,  A.,  Bl.  130»,  U  (?)  Jahrh.,  Pgmt.  Ziemlich  sorglos  geschrieben 
Ohne  lieber-  und  Schlussschrift.  Mittheilung  verdanke  ich  auch  hier  Hrn. 
Prof.  R.   Wülcker. 

17  [früher  20],  in  Wien,  Cod.  254  4,  Bl.  404bfg.,  U.  Jahrh.,  Pgmt 
Ueberschrift:  lncipit  traetatus  de  Johanne  presbitero.  Ohne  Schlussschrift 
Mittheilung  durch  Herrn  Kaplan  in  Wien. 

48  [früher  54],  in  London,  Mss.  Cotlon.  Claudius,  B.  VII,  Plut.  M, 
E.,  Bl.  204bfg.  Sammelcodex,  theils  Papier,  theils  Pergament,  der  Brief 
auf  Pgmt.,  4  4./45.  Jahrh.  Ohne  Ueberschrift,  am  Schluss  Valete.  Wir 
theilung  durch  Hrn.   Prof.  R.  Wülcker. 

49,  in  Venedig,  Cod.  Marc ,  Bl.  37,   44./J5.  Jahrh.,  , 

Ueberschrift:  Tenor  liier arum  transmissarum  per  presbiterum  Iohannem  im- 
peratori  Graecorum.  Nach  Mittheilungen  des  Hrn.  Prof.  Suchier,  von  denen 
jedoch  einige  Notizen  verloren  gegangen  sind,  Signatur,  Stoff  und  den  Schhis 
der  Hs.  betreffend.  Es  ist  daher  auch  nicht  ganz  ausser  Zweifel  gestellt, 
ob  die  Handschrift  hieher  oder  zur  Interpolation  A  gehört;  doch  ist  ihre 
Hiehergehörigkeit  weitaus  das  Wahrscheinlichste. 


•*]  Drr  Priester  Johannes.  887 

20  [früher  22],  in  Frank  fürt  a.  M.,  Bibliothek  des  Bartholomaoüs- 
stiftes  auf  der  Stadtbibliothek,  Cod.  74,  S.  285  fg.,  44./45.  Jahrb.,  Papier. 
Ueberscbrift:  Incipü  epistola  regis  Indorum  Emanueli,  regt  Graecorum,  et 
ab  eo  Fryderico,  Romanorum  imperatori,  direeta  de  miraculis  Indiae.  Schluss : 
Valete.     Mittheilung  verdanke  ich  Hrn.  Dr.  W.  Creizenacb. 

24,  in  München,  aus  dem  Augustinerkloster,  Cod.  lat.  Mon.  8439 
(Mon.  Aug.  439),  Bl.  456%  45.  Jabrh.,  Papier.  Ueberscbrift:  Incipü  trac- 
tcUus  de  Iohanne  presbüero.  Obne  Schlussschrift.  Mittbeilung  des  Hrn. 
Bibliothekar  Dr.  Thomas  in  München. 

22  [früher  44],  in  Paris,  Cod.  Lat.  6225,  Bl.  244bfg.,  45.  Jahrb., 
Papier.  Ueberschrift :  Incipü  epistola  domini  Iohannis  presbyteri  Indiani  ad 
Emanuelem  Romanorum  imperatorem  de  mirabilibus  Indiae.  Ohne  Schluss- 
schrift.    Mittheilung  des  Hrn.  Leop.   Pannier  in  Paris. 

23,  in  Krakau,  Universitätsbibliothek  434.  CG.  1,  37,  Bl.  245%  Papier- 
hs.  v.  J.  4444  (enthält  auch  einen  Marco  Polo,  de  volgari  ad  latinum  re- 
duetus).  Ohne  Ueberschrift  und  Schlussschrift.  Eingehende  Mittheilungen 
verdanke  ich  dem  Herrn  Oberbibliothekar  Dr.  Wi stock i  in  Krakau. 

24  [früher  47],  in  Venedig,  Bibliothek  des  Klosters  St.  Michaelis 
prope  Murianum,  No.  4  430,  45.  Jahrh.,  Papier  (?).  Vgl.  Mittarelli,  Bibl. 
codd.  mss.  mon.  St.  Michaelis  Venet.  (Venedig  4779)  S.  538,  wo  ein  voll- 
standiger,  freilich  schlechter  Abdruck  gegeben  ist.  Die  Hs.  soll  nach  dem 
Jahre  4446  geschrieben  sein.  Die  Ueberschrift  lautet:  Epistola  regis  Preta 
Iohannis  de  India,  destinata  imperatori  Constantinopolitano,  incipü  feliciter. 
Auch  der  Brief  beginnt  mit  den  Worten  Preta  Iohannes  de  India,  und  dies 
weist  allerdings  auf  die  zweite  Hälfte  des  45.  Jahrhunderts.  Sie  ist  nicht 
nur  sehr  fehlerhaft,  sondern  auch,  je  mehr  gegen  Ende,  um  so  freier  mit 
dem  Texte  schaltend.  Vgl.  §  52  fg. :  Terra  nostra  dicitur  Veritas,  quia 
omnes  diligimus  ad  invicem  et  consequimur  veritatem  et  nullum  Vitium  regnat 
inter  nos.  Apud  nos  oriuntur  pisces,  quorum  sanguine  tinguntur  purpurae. 
Munüiones  kabemus  multas  gravesque  (\.  gentesque)  fortissimas  et  deformes. 
Sed  homines  nostri  abundanl  divüiis  omnibus  nee  est  divisio  inter  nos,  sed 
unus  alterius  habitaculum  intrat  sine  licentia,  de  rebus  necessariis  aeeipit 
confidenter;  neque  parem  in  divüiis  nee  aliqua  regio  tales  consuetudines 
habet  neque  in  numero  gentium  nos  praecellü.  Quando  ad  bellum  contra 
inimicos  nostros  procedimus  u.  s.  w.  Die  Reihenfolge  ist  §  52.  54.  55.  50. 
47.  Mit  §  64  quater  in  anno  hört  jede  Uebereinstimmung  auf,  und  es  folgt 
eine  ganz  selbstständige  Ausführung :  Et  postquam  gravidae  sunt,  nullatenus 
ad  nos  accedere  audent,  donec  partus  suos  per  triennium  lactaverint,  et  si 
fuerit  masculuSj  ipsum  ad  nos  dueunt,  si  vero  femina  fuerü,  cum  eis  semper 
manebit.  Habent  enim  provinciam  omni  amoenitate  ditatam,  in  qua  nullus 
masculus  audet  introire,  ubi  totius  castitatis  virtus  regnat.  Tanta  sanitas 
est  nobiscum,  ut  nullus  usque  ad  senectutem  et  Senium  inter  nos  mori  possit. 
Sed  dum  aliquis  ad  decrepitam  vener ü  aetatem  tarn  üa}  quod  propternimiam 
temporis  velustatem  audire  vel  videre  non  possit,  ad  quandam  insulam  nostram 
ipsum  faeimus  deportari,  ubi  quam  citius  fuerit,  debüum  carnis  solvü  et  ad 
paradisum  delitiarumf  unde  Adam  expulsus  fuit,  eorum  animae  sine  dubita- 


888  Friedrich  Zabncke,  T*i 

tione  dncuntur.     Non  distnt  a  terra  nisi  tribus  diebus:    nam  per  doctmat 
clericomm  et  praelatorum   nostrorum  sumus   instructi ,    quod  Jesus  Christa 
debet  iudicare  vivos  et  mortuos  et  seculum  per  ignem ,   et  omnis  anima  <W*f 
recipere  corpus  suum.     Sacerdotes  nosfri  et  clerici  nudis  pedibus  pergvmt  ri 
vitam  apostolorum  ducunt.     iVw/ta  femina  est  eis  domestica,  nee  aliquis  km 
mulierem  aliquant  habere  potestf  nisi  virginem  in  coniugio  duxerit.    Omm 
viduae  apud  nos  abstinentes  sunt,   in  castitate  permanent  semper.     Hahewm 
ecclesias  ineffabili  opere  fabricatas,  et  mnumerabifibus  lapidibus  pretmis  per 
totum  ornatas,  in  quibus  omnibus  duarum  missarum    iugiter  solemnia  ceie- 
brantur  vivorum  et  postea  mortttorum.     Expectantes  stnnus  beatum  spem  H 
adventum  domini  nostri  Jesu  Christi,  cui  honor  et  gloria  in  secuta  seculorum. 
Amen.     Damit  scbliesst  der  Brief.     Auch  bei  diesem  Briefe  ist  es,  wie  man 
sieht,  nicht  ausgeschlossen,  dass  er  etwa  zur   Interpolation  A  gehört  habe. 

25  [früher  48],  in  Wien,  Cod.  3430,  BI.  463*  fg.,  45./46.  Jahrb.. 
Papier.  Ueherschrift  fehlt.  Auch  dieser  Text  ist  eine  freie  Bearbeitung  des 
Briefes  mit  mancherlei  Fortlassungen,  gegen  Ende  ganz  ungebunden  phanta- 
sirend,  vielleicht  nicht  ohne  Kenntniss  der  Interpolation  D.  Der  Anfang  des 
eigentlichen  Briefes  lautet:  Fertur  apud  nostram  maiestatem,  quod  pura 
mente  nos  diligas  et  de  statu  nostrae  celsitudinis  facis  saepissime  mentionem. 
Per  apoerisarium  nostrum  enim  cognovimus,  quod  quaedam  ludibria  n&bis 
parabas  transmittere.  Den  Schluss  des  Briefes  lasse  ich  ganz  folgen  mit 
Hindeutung  auf  die  §§,  denen  jede  Partie  entspricht :  (66)  Est  alia  mens* 
de  precioso  sardonico,  quam  sustinent  columpnae  quatuor  de  ametisto:  rirtus 
quidem  huius  lapidis  est ,  quod  non  pwmittit  aliquem  inebriari.  -65  I* 
mensa  nostra  comedunt  omni  die  XXX  milia  hominum  praeter  ingredientet  et 
egredientes  advenas,  pei%egrinos  et  pauperes,  qui  propter  Deum  singulis  difbus 
expensas  reeipiunt  de  camera  nostra.  Semel  in  die  comedit  curia  nostro. 
(73)  Singulis  mensibus  sennunt  nobis  in  inensa  nostra  reges  Septem,  trnia- 
quisque  illorum  in  ordine  suo,  duces  LXII.  comites  CCCLXV ,  exceptis  illa 
qui  deputati  sunt  domui  nostrae.  (74)  Item  in  mensa  nostra  iuxta  letus 
dextrum  nostrum  comedunt  tres  patriarchae  u.  s.  w.  Dann  folgt,  ähnlich 
behandelt,  §  75,  dann  60:  Ante  palacium  nostrum  ex  parte  orientis  est 
loctis,  ubi  curiam  regimus  cum  parte  praefali  saneti  Thonuxe.  cum  patr tarda, 
archiepiscopis,  episcopis  et  abbatibus,  regibus.  piuncipüms ,  comitibus  et  alia 
satmpis  nostris.  Et  locus  ipse  circumdatus  est  parietibus  et  jxirtim  coopertut 
(fehlt  wohl  etwas) ,  ubi  est  sedes  nostra  mirae  magnitudinis,  in  qua  sedeatet 
pro  tribunali  nostris  fidelibus  iusticiam  exhibemtts.  Ex  parte  vero  oeeidentü 
est  alius  locus  ante  palacium  nostrum,  ubi  pugnantes  agonisant  et  nostra 
celsitudo  consuevit  iusticiam  experiri,  qui  locus  circumdatus  est  parietibus  et 
est  disco  opertus.  Pnrietes  vero  et  pavimentum  sunt  de  onichino  tecti  et  aläs 
lapidibus  preciosis  atque  corallis,  ut  virlute  ipsorum  malicia  onichmi  ftw- 
peretur  (vgl.  62)  et  pugnantibus  animus  augeatur  pugnandi.  Nee  tum  et 
nullo  sceleroso  opere  vel  carminibus  pars,  quae  iusticiam  fovet,  possü  suo  wrt 
fraudari.  Nee  non  in  ipsa  curia  conveniunt  cetus  sanetorum  patriarcharum 
et  aliorum  memoratorum.  (67)  In  eodem  loco,  ubi  iusticia  experihir,  est 
speculum  eoccelsae  magnitudinis ,    ad  quod  u.  s.  w.     Dann  68.   69.  74.  73. 


63]  Der  Priester  Johannes.  889 

Darauf  greift  der  Text  zurück  auf  §  64.  62.  63.  64.  In  64  :  lila  vero,  quae 
grovidatur,  ad  nos  non  accedit  usque  ad  quinquennium ;  doch  weiter  geht  die 
scheinbare  Uebereinstimmung  mit  No.  24  nicht.  Unser  Text  springt  nun  über 
auf  §  88 :  Super  teclum  vero  camerae  noslrae  sunt  duae  columpnae,  una  de 
criskdlo  ex  parle  orientis,  et  alia  de  zaphiro  ex  parte  oeeidentis,  et  in  una- 
quaque  est  infixus  lapis  carbonculus  splendidissimus ,  magnus  ad  modum 
unius  lagenae ;  et  per  parietes  ipsius  camerae  super  ins,  videlicet  extrinsecus, 
sunt  infixi  lapides  preciosi,  ita  quod  videtur  celum  stellae,  i.  steüis  ornatum. 
(89)  Pavimentum  est  de  tabulis  cristallinis  magnis.  Jntra  palacium  nostrum 
L  columpnae  sunt  de  auro  purissimo  et  (90)  in  quolibet  angido  est  una 
columpna  ornata  lapidibus  pi%eciosis.  Longitudo  u.  s.  w.,  dann  ebenso  96: 
Semel  in  anno,  ut  praediximus,  quando  pergimus  ad  sepulcrum  sti.  Danyelis, 
divertitnus  ad  quodilam  palacium  nostrum,  cuius  säum,  pulcrüudinem  et 
ornatum  mens  humana  nullatenus  comprehendere  posset.  Moramur  ibi  per 
octo  dies,  non  bibentes  neque  manducantes.  Vicinitus  enim  paradisi  odore 
suavisshno  nos  nutrit,  fovet  et  replet,  quamdiu  sumus  ibi.  Was  nun  folgt, 
steht  ohne  alle  Anknüpfung  an  das  Original  da  :  Vinea  est  ibi  ex  auro  et 
.  uvae  ex  auro  et'  argento.  Aves  vero  ex  auro  et  argento  ac  lapidibus  preciosis 
ornatae  sunt,  modulantes  et  cantantes,  quaeque  in  gener e  suo.  Herbarum 
diver sa  genera  sunt  ibi  maximarum  virtutum ,  quae  sola  visione  et  odore 
sanant  aegrotos  quaeunque  infirmitate  gruvatos.  In  camer a  vero  illius  palacii 
voces  angelicae  andiunhtr.  nee  aliquis,  dum  ibi  est,  potest  inhonestum  ali- 
quid cogitare.  Aperiut  ergo  Deus  oados  cordis  tui,  ut  Videos  bona,  quae 
sunt  in  lerusalem,  et  optima  terrae  nostrae ,  in  qua  non  est  dolus,  ut  sis 
inter  homines  terrae,  in  quibus  non  est  iniquitas  neque  scelus,  quae  et  quod 
sunt  in  Graeculis  tuis.     Amen.     Mittheilung  des  Hrn.  Kaplan  in  Wien. 

86  [früher  56?],  in  Paris,  Lat.  12116,  Bl.  88»,  17.  Jahrh.,  Papier, 
aber  Abschrift  des  Ms.  de  S.  Victor  232,  wahrscheinlich  desselben,  welches 
Montfaucon,  Bibl.  biblioth.  (Paris  1739)  II,  1374  B  erwähnt  und  das  nicht 
auf  die  Pariser  Bibliothek  gekommen  ist.  Ueberschrift:  Pseudoepistola  Pres- 
byteri  Iohannis  ad  Emmanuelem  imperatorem.  Ohne  Schlussschrift.  Mit- 
theilung  des  Hrn.  L.  Pannier. 

27,  ebenda,  in  derselben  Hs.,  ßndet  sich  Bl.  94*  fg.  noch  eine  zweite 
Abschrift  desselben  Textes. 

Eine  Hs.  der  Interpolation  B  ward,  wie  erwähnt,  in  dem  Bericht 
deeElysaeus  benutzt,  der  vor  1196  geschrieben  ist.  Vgl;  meine  zweite 
Abhandlung  über  den  Priester  Johannes  S.  121.  —  Auch  dem  Al- 
berich lag  um  die  Mitte  des  13.  Jh.  eine  Handschrift  dieser  Gruppe 
vor,  wie  die  Worte  der  Adresse  potenlia  et  virlule  üci  neben 
krremrum  beweisen.  Vgl.  Mon.  Germ.  bist.  Scr.  XXIII,  S.  848  Tg. 
Da  er  neben  dem  Emanuel  auch  noch  Kaiser  Friedrich  ausdrücklich 
als  Adressaten  erwähnt,  so  benutzte  er  wohl  eine  Handschrift  mit 
der  Ueberschrift,  die  sich  z.  B.  in  No.  20,   sonst   freilich   öder  bei 


890  Friedrich  Zarncke,  l*i 

den  uninterpolirten  Texten  findet  (vgl.  das.  No.  1,  2,  15),  aber  and 
in  der  Interpolation  A  (vgl.  das.  No.  3). 


Anhang  zur  zweiten  Interpolation  (B). 

Schon  unter  den  bisher  aufgezählten  Handschriften  sind  wir 
mehreren  begegnet,  die  eine  freie  Bearbeitung  des  ihnen  vorliegen- 
den Textes  gaben,  ihn  hie  und  da  auch  mit  Interpolationen  versahen 
In  ganz  hervorragender  Weise  ist  dies  der  Fall  bei  einem  Texte,  den 
wir  bisher  nur  aus  einer  einzigen,  leider  im  Anfang  defecten  Hand- 
schrift kennen.     Es  ist  dies: 

Das  Ms.  Oo.  7,  48  auf  der  Universitätsbibliothek  in  Cambridge,  aas 
dem  14.  Jahrh.,  Pergament,  auf  das  Hr.  Henry  Bradshaw  mich  auf- 
merksam machte  und  von  dem  er  mir  eine  vollständige -Abschrift  verehrt* 
Ich  habe  über  diesen  Text  gehandelt  und  einen  Abdruck  desselben  gegeben 
in  den  Berichten  unserer  Gesellschaft,  philolog.  hislor.  Glasse,  4  877  S.  134  fg. 
und  ich  begnüge  mich  darauf  zu  verweisen.  Es  ist  sicher,  dass  der  Ten 
aus  einer  Hs.  des  Originals,  die  die  Interpolation  AB  enthielt,  entstanden 
ist,  dass  er  aber  später  eine  Interpolation  aus  einer  Handschrift  der  Inter- 
polation C  erfuhr.  Die  ersten  dreizehn  Capitel  und  somit  auch  der  An- 
fang fehlen  leider.  Am  Schlüsse  heisst  es  nur:  Explicü  epistola  prt&üeri 
lohannis. 

Diese  Umarbeitung  hat  eine  besondere  Wichtigkeit  dadurch  er- 
langt, dass  sie  die  Grundlage  der  romanischen  (französischen, 
italienischen)  Uebersetzungen  geworden  ist,  wie  ich  das  an 
der  angeführten  Stelle  ausfuhrlich  nachgewiesen  habe. 

Ihrerseits  ist  eine  dieser  Uebersetzungen  wieder  zu rückübert ragen 
worden  ins  Lateinische,  und  einen  solchen  lateinischen  Text  haben 
wir  erhalten  in  einer  Hildesheimer  Handschrift,  über  die  ich  eben- 
falls a.  a.  0.  S.  111   gehandelt  habe. 

Damals  kannte  ich  diesen  rückübersetzten  Text  nur  aus  dieser 
Handschrift,  jüngst  aber  habe  ich  noch  drei  Handschriften  eben  des- 
selben Textes  kennen  gelernt,  zwei  in  Paris,  eine  in  Mailand.  Ob- 
wohl sie  nicht  eigentlich  in  den  Kreis  der  hier  zu  erörternden  Hand- 
schriften fallen,  so  benutze  ich -doch  die  Gelegenheit,  um  über  sie 
das  Nöthigste  beizubringen. 

1,  in  Hildesheim,    Bibl.    des  bischöflichen  Gymnasium  Joseph  in  um, 
U.  Jahrh.,  Pgmt.     Ohne  Ueber-  und  Schlussschrift.    Afg. :   Johannes  dktus 


•8]  Der  Priester  Johannes.  891 

:  presbyter,  dei  gi*atia  rex  inter  omnes  reges  terrae,  viro  nobili  Frederico, 
imperatori  Romano,  salutem  et  amorem.  Der  Schluss  lautet:  Et  sie  de 
statu  terrae  nostrae  et  situ  nostraeque  regiae  maiestatis  vobis  satis  dieta  et 
relata  sufficiant.  Omnia  infrascripta  (sie)  pro  certo  et  pro  vero  poteritis  uliis 
prineipibus  vestrae  terrae  revelare.  Valete.  Nähere  Mittheilungen  verdanke 
ich  Hrn.  Consistorialrath  Dr.  J.  G.  Müller  in  Hildesheim. 

2  [früher  40],  in  Paris,  Cod.  lat.  4646  (olim  Mentellianus),  Bl.  380a, 
4  5.  Jahrh.,  Papier.  Ueberschrift:  Epistola  presbiteri  lohannis,  quam  misit 
imperatori  Romano.  Schlussschrift:  Explicit  epistola  presbyteri  foannis. 
Statt  des  bei  4  angeführten  Schlusssatzes,  bis  zu  dem  der  Text,  wenn  auch 
meistens  schlechter  (hie  und  da  freilich  auch  besser),  doch  im  Ganzen 
übereinstimmt  mit  der  Hs.  4 ,  heisst  es  hier :  Orationes  praedictorum  arti- 
mlorum  fidei  dicendo  sie :  Domine  Jhesu  Christe  adoro  te  in  cruce  pendentem 
u.  s.  w.  u.  s.  w.  Domine  Jhesu  Christe,  adoro  te  salvatorem  meum,  de- 
precor  te,  ut  in  tuo  udventu  non  intres  in  iudicium  cum  me  misero  pecca- 
Urre.  Sed  antea  peccata  mea  dimittas,  priusquam  iudices,  ut  possim  audire 
vocem  tuam  sanetam,  quam  fidelibus  tuis  et  omnilms  sanetis  promisisti  dicens  : 
Venite,  benedicti  patris  mei,  pereipite  regnum,  quod  vobis  paratum  est  ab 
initio  seculorum.  Amen.  Genauere  Mittheilungen  verdanke  ich  Hrn.  Leop. 
Pannier  und  Collation  Hrn.  Dr.   Bi  rch-Hi  rsch  fehl. 

3  [früher  42],  in  Paris,  Cod.  lat.  6244A  (olim  Ludovici  de  Targny), 
Bl.  424a,  45.  .lahrh.,  Papier.  Ueberschrift:  Epistola  presbiteri  Johann is. 
quam  misit  imperatori  nostro  Friderico  Rarbarubea.  Der  Schluss  ebenso 
wie  in  4.  Mittheilung  und  Collation  verdanke  ich  denselben  Herren  wie 
bei  2.     Der  Text  ist  übereinstimmend  mit  dem  in  4 . 

4,  in  Mailand,  Cod.  Ambrosianus  H.  462  Infer.,  Miscellancodex, 
46/4  7.  Jahrh.,  Papier.  Ohne  Ueberschrift.  Die  Abschrift  bricht  in  §  66 
ab  mit  den  Worten:  Item  oportet  episcopum  esse  irreprehensibilem.  Dann 
reliqua  desunt  von  derselben  Hand.  Mittheilungen  verdanke  ich  Hrn.  Prof. 
Bened.  Niese. 

Wunderlich  ist  es  nun,  dass  dieser  aus  der  Volksspracbe  rück- 
ttbersetzte  lateinische  Text  seinerseits  wiederum  die  Grundlage-  einer 
Uebersetzung  in  die  Volksspracbe  geworden  ist,  und  zwar  ins  Eng- 
lische. Hierüber  habe  ich  *gehandelt  in  den  Berichten  der  Kgl. 
Sachs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  philolog.  histor.  Classe,  1878,  S.  41  fg. 
Es  schliesst  sich  also  eine  ganze  Kette  von  Bearbeitungen  und  Ueber- 
setzungen  aneinander  an: 

1,  Das  Original  in  der  Interpolation  AB,  mit  kurzer  Nachinter- 

pblation  aus  C;  daraus  ward 

2,  die'  freie  Bearbeitung  und  Neuinterpolation  in  der  Cambridger 

Handschrift;  daraus 

3,  die  französischen  und  italienischen  Uebersetzungen ;  daraus 

Abhaudl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wisgenech.  XV11.  60 


892  FMftDfcicH  Zab&ckr,  W 

4,  die  tat.  Rückübersetzung  in  der  Hildesheimer,  den  Pariser  und 

der  Mailänder  Handschrift;  daraus  endlich 

5,  die  englische  Uebersetzung. 

4.    Dritte  Interpolation  (C). 

In  meiner  früheren  Ausgabe  des  Presbyterbriefes,  als  ich  erst 
einige  wenige  Handschriften  übersah,  habe  ich  zwischen  der  An- 
fügung der  Pallastschilderung  und  der  abrundenden  Interpolation,  die 
in  C  vorliegt,  mehrere,  noch  B  zufallende  Stufen  der  Interpolation 
annehmen  zu  müssen  geglaubt,  und  unterschied  so  B\  Bn,  Bm.  Diese 
Vermuthung  hat  sich  nicht  bewährt.  Sofort  die  nächste  Interpolation 
brachte  das  Werk  zu  der  Gestalt,  die  in  C  vorliegt. 

Diese  neue  Interpolation  bestand  in  Folgendem: 

1,  ward  die  Pallastschilderung,  die  an  den  Schluss  des  Briefes 
angehängt  worden  war,  sehr  angemessen  in  diesen  hereingenommen, 
also  §  76—96  vor  97  gestellt. 

2,  Diese  Schilderung  ward  an  3  Stellen  interpolirt: 

a,  durch  eine  längere  Schilderung  der  Verjüngungsquelle 
im  Pallast,  §  79—84.  Dafür  ist  der  Schluss  in  §  78  kürzer 
gefasst. 

b,  durch  eine  abermalige  Aufforderung  an  Quasideus,  den 
Pallast  zu  bauen,  §  85\  86  und  87a.     Dazu  kam 

c,  Weiteres  von  der  Pracht  des  Pallastes  und  der  Ver- 
jüngungsquelle, wobei  der  Name  des  Ortes,  in  dem  der  Pallas! 
steht,  Bibric  genannt  wird,  §  94  und  95.  Der  Name  hängt 
wohl  mit  Bebrycia  zusammen,  dem  bei  Solinus  und  Isidor  vor- 
kommenden Namen  für  Bithynia.  Vgl.  Solini  Collectanea  ed. 
Mommsen  190,  5  und  Isidor  ed.  Arevalo  14,  3,  39.  Auch  in 
der  Historia  Alexandri  kommt  ein  rex  Bebrixorum  vor.  Mon. 
Germ.  hist.  Scr.   VI,  71,  61. 

3,  Ausserdem  wurden  noch  2  längere  Interpolationen  hinzu- 
gefügt : 

a,  von  den  wilden  Völkerschaften  in  den  Reichen  des  Priester- 
königs,  aus  der  Alexamlersage,  §  15 — 20. 

b,  von  der  aufsteigenden  heilenden  Quelle,  §  34 — 37. 

4,  Endlich  gegen  Ende  des  Briefes  zwei  kürzere  Sätze,  resp. 
Vordersätze,  §  97a  und  99a. 


67]  Der  Priester  Johannes.  893 

Zur  Bestimmung  der  Zeit,  wann  diese  dritte  Interpolation  ent- 
standen, bietet  sich  mir  ausser  dem  Alter  der  Handschriften,  das 
trugen  kann,  nur  die  Mittheilung  in  dem  fast  gleichzeitigen  und  gut 
unterrichteten  Chronicon  Turonense,  wonach  Jacob  v.  Vitry  im  Jahre 
4221  verkündet  habe,  quod  David,  rex  utriusque  Indiae,  ad  Christia-r 
norum  auanlium  festinabat,  adducens  secum  ferocissimos  populos,  qui 
more  belluino  saerilegos  devorarent.  Dies  bezieht  sich  offenbar  auf 
§  1 7  und  1 8  der  Interpolation  C  des  Presbyterbriefes,  und  dieser  muss 
also  damals  bereits  ausreichend  bekannt  und  angesehen  gewesen  sein. 

So  war  wiederum  ein  gut  abgerundeter  Brief  hergestellt.  Die 
Adresse  hat  auch  hier  Aenderungen  erfahren,  die  jedoch  nicht  mehr 
eine  so  feste  Gestalt  gewonnen  haben,  wie  in  den  früheren  Texten. 
Für  potenlia  et  virtute  Dei  heisst  es  übereinstimmend  nur  potentia  Dei, 
einige  wenige  Hss.  fahren  dann  fort  et  virtute  domini  nostri  J.  Chr., 
die  meisten  bieten  das  Wort  virtute  gar  nicht;  der  Zusatz  von  B 
terrenorum  ist  häufig  wieder  in  Wegfall  gekommen,  dagegen  in  vielen 
Handschriften  hinter  dominus  dominantium  hinzugefügt  universae  terrae. 
Von  dieser  Gestalt  des  Textes  sind  mir  die  folgenden  Handschriften 
bekannt,  von  denen  sich  2,  10,  12,  16,  17  zu  einer  Gruppe  zu- 
sammenzustellen scheinenT  andererseits  No.  6  und  13.  Die  ältesten 
Hss.  sollen  bereits  aus  dem  12.  Jahrh.  sein,  jedes  falls  gehören  sie 
den  ersten  Jahren  des  13.  Jahrh.  an. 

.1,  c1  [früher  7],  in  Fulda,  Königl.  Landesbibliothek,  B  3,  früher 
Weingart.  G  11,  Bl.  1  fg.,  zwischen  1198/1216  auf  Pgmt.  sehr  sauber  ge- 
schrieben. Ueberschrift:  Epistola  Iohannis  presbiteri  y  Regis  Indiae.  Ohne 
Schlussschrift.  Abschrift  verdanke  ich  Hrn.  Bibliothekar  A.  Keitz  in 
Fulda. 

2,  c2  [früher  8],  in  Zwettl,  -Bibl.  des  Cistercienserstifts  No.  299, 
42.  Jahrh.,  Pgmt.  Ueberschrift:  Incipit  epistola  de  India  ad  imperalorem 
Constantinopolitanum  presbiteri  Iohannis.  Schluss:  Valete  omnes  et  causa 
salutis  et  ditandi  ad  me  venite.  Et  reliqua.  Diese  saubere  und  gute  Quelle 
konnte  ich  durch  die  Güte  des  Hrn.  Bibliothekars  und  Stiftskämmerers 
P.  Julius  Zelenka  in  meiner  Wohnung  benutzen.  Ihr  Text  scheint  die 
Vulgata  unsers  Briefes  zu  sein. 

An  Werth  stehen  sich  beide  Hss.,  c1  und  c2,  wohl  gleich.  Keine  ist 
frei  von  kleinen  Eigenmächtigkeiten,  namentlich  c2  nicht,  die  z.  B.  in  §  24 
die  vielleicht  unleserlich  vorliegenden  Worte  coiium  et  punnos  verändert  in 
conservatur  per  annos.  Dafür  stimmt  aber  c2auch  sehr  oft  mit  den  altern 
Lesarten,  die  in  c1  verändert  sind. 

3   [früher  9],   in  Stuttgart,  Cod.  histor.  No.  414    (Hs.  des  Ekkehard, 

60* 


894  Fi ie di ich  Zamicke,  tt 

früher  in  Zwifalten),  Bl.  480  Ijg.,  42/43.  Jahrb.,  Pgmt.  Ueberschrifl :  hafi 
epistola  presbiteri  Iohannis  de  India  ad  imperatorem  ConstantinopoUtmam. 
Die  Hs.  enthüll  einige  Correcturen,  und  in  §  90,  wie  es  scheint  eira 
Witz  des  Zwifalter  Schreibers,  wenn  er  stall  ut  est  magna  amphora  setxt: 
ut  bussen.  »Durch  die  vielen  Grosssprechereien  des  Presbyters  saurnd 
gestimmt,  übertrieb  er  die  Grösse  der  Karfunkel,  indem  er  sie  seinen 
heimathlichen  oberschwä bischen  Berge  Bussen*gleichsetzte.«  Der  Text  lebm 
sich  besonders  an  c2  an.  Genaue  Orientirung  verdanke  ich  Hrn.  Ober- 
bibliothekar Dr.  W.  Heyd  in  Stuttgart. 

4,  in  ftom,  Cod.  Vaticanus  latin.  4058,  Bl.  124,  43.  Jahrb.,  Pgmt. 
Ueberschrifl:  Incipit  epistola  Iohannis  prespüeri.  Schluss:  E&pticü  epätola 
Iohannis  prespüeri.  Auch  dieser  Text  lehnt  sich  besonders  an  c2  an. 
Mitlheilung  verdanke  ich  Hrn.  Prof.  Bened.  Niese. 

5,  c3  [früher  47],  in  London,  Cod.  Harleianus  3678,  Bl.  1W  (?., 
v.  Jahr  1295,  Pgmt.  Ueberschrifl:  Epistola  presbyteri  lanelli.  Bricht  in 
§  43  mit  lavantur  ab.  Abgedruckt  in  den  Mon.  Germ.  bist.  Script.  48,579  fg. 
Sie  schliesst  sich  ebenfalls  besonders  an  c2  an,  ist  aber  voller  Fehler  und 
Verschreibungen,  die  ich  keineswegs  alle  in" die  Varianten  eingetragen  habe. 

6,  in  München  aus  Weihenstephan,  Cod.  lat.  Mon.  24549  (Weib. 
Sleph.  49),  Bl.  329b,  Afg.  des  44.  Jahrh  ,  Pgmt.  Ueberschrifl:  Inapti 
Epystola  presbitei%i  Iohannis  Hegis  Yndiae,  quam  misit  Emanueli  regt  Grata* 
nuncians  sibi  omn%a  mirabilia  terrarum  suarum  ac  provinciarum.  tarn  de 
hominibus  quam  de  animalibus  et  etiam  de  lapidibus  preciosis  et  ceteris  mt- 
racutis.  Schluss :  tu  autem  domine  miserere  noslri.  Mittheilung  verdanke 
ich  Hrn.  Bibliothekar  Dr.  Thomas  in  München. 

7  [früher  30],  in  Paris,  Cod.  lat.  3359  (olim  Colbertinus),  Bl.  413*. 
14.  .lahrh..  Pgmt.  Ueberschrifl:  Ineipit  epistola  pi'esbyteri  Iohannis,  de- 
mini  Yndiae.  Schluss:  Explicit^epystola  Iohannis  presbyteri.  Mitlheilung 
durch  Um.  Leop.  Pannier. 

8,  in  Mailand,  Cod.  Ambrosianus  A.  226  Infer.,  Bl.  49b,    44.  Jabrb.? 
Pgmt.,  schön  geschrieben.     Ueberschrifl:    Incipit  epistola  presbiteri  lohanms 
de  India.  Am  Schluss:  Explieit  epistola.  Miltheilung  durch  Hrn.  Prof.  Bened 
N  iese. 

9  [früher  21],  in  Ol  mutz,  Universitätsbibliothek,  wohl  aus  dem 
Karthäuserklosler  Dolein,  No.  2,  V,  4,  Bl.  334  fg.,  4  4.  Jahrh.,  Pgml. 
Ohne  Ueberschrifl.  Bricht  in  §  94  ab  mit  hostiarii  aperiunt  eam.  Ein- 
gehende Mittheilungen  verdanke  ich  Hrn.  Bibliotheksvorsland  Müller  io 
Olmttlz. 

40  [früher  28],  in  Wien,  Cod.  352,  Bl.  102b  fg.,  44.  Jahrh.,  Pgml. 
Ohne  Ueberschrifl.  Am  Schluss:  Valete  omnes  et  causa  salutis  et  dilandt 
ud  nos  venite.  Also  besonders  nahe  zu  c2  stehend  (vgl.  oben  2).  Mü- 
theilung  von  Hrn.  Kaplan  in  Wien. 

11  [früher  b8] ,  Chronik  des  Henricus  de  Hervordia,  der  1355 
schrieb  uud  unsern  Brief  auszugsweise  mittheilt,  in  der  Ausgabe  von  Pott- 
horst S.  175  fg.  Es  ist  kein  ausreichender  Grund  vorhanden,  diesen  Aus- 
zug  aus   einer  andern  Redaclion    als  C  hervorgegangen  anzunehmen. 


69]  *     Der   Priestrh  Johannes.  895 

Fehlen  der  §  45 — 20  .muss  Zufall  sein,  wenn  auch  auffallend  ist,  dass 
auch  im  Jüngern  Titurel  gerade  von  ihnen  sich  keine  Spur  zeigt  ;  aber  keine 
einzige  Handschrift  ist  mir  bekannt  geworden,  die  die  übrigen  Interpola- 
tionen hätte  und  nur  noch  die  der  §  45 — 20  entbehrte.  Von  einer  Colla- 
iion  habe  ich  abgesehen. 

42  [früher  36] ,  in  München  aus  Aspach,  Cod.  lat.  Mon.  3254 
(Aspac.  54),  Bl.  306a,  45.  Jahrh.  (kurz  vorher  nennt  sich  der  Schreiber: 
Fridericus  BurkehsUder  tunc  lemporis  in  Münster  anno  1439),  Papier. 
Ueberschrift :  Incipit  epistola  prespiteri  lohunnis  de  India  ad  imperatorem 
Constantinopolitanum.  Schluss  wie  in  c2  und  40:  Valete  omnes  et  causa 
salutis  et  ditandi  ad  nie  venäe,  et  reliqua  secuta  seculorum,  amen.  Explicü 
epistola  lohannis  prespiteri  ad  imperatorem  Constantinopolitanum.  Deo  gracias 
agimus  omni  tempore.     Mittheiiung  durch  Hrn.   Bibliothekar  Dr.  Thomas. 

43  [früher  34],  in  Wieu,  Cod.  42764  (Supplem.  58),  Bl.  4a  fg., 
45.  Jahrh.,  Papier.  Ueberschrift:  Incipit  Epistola  presbiteri  lohannis ,  regia 
Indiae,  quam  misil  Emanueli  Hegt  Graeciae,  nunciuns  sibi  omnia  mirabiliu 
terrarum  suarum  ac  prouinciarum,  tarn  de  hominibus  quam  animalibus,  et 
etiam  de  lapidibus  preciosis  et  ceteris  miruculis.  Also  wohl  stimmend  zu 
der  Weihenstephancr  Hs.  in  München  (oben  6  .  Am  Schluss:  Amen.  Mit- 
teilungen durch  llrn.  Kaplan. 

44  [früher  29],  in  Brüssel,  Bibliotbfrjue  de  Bourgognc  No.  4460—63 
(4462),  Bl.  58»  fg.,  45.  (nicht  44.)  .lahrh.,  Papier.  Ohne  Ueberschrift,  am 
Schluss:  Et  sie  finis.  Explicit  epistola.  §  400  ist  fortgeblieben.  Mitthei- 
lung verdanke  ich  Herrn  Oberbibliothekar  Dr.  Aug.  Scheler. 

45,  in  München  aus  Polling,  Cod.  lat.  Mon.  44726  (Poll.  426J, 
Bl.  53  fg.,  45.  Jahrh.,  Papier.  Ueberschrift:  Tytulus  presbiteri  lohannis. 
Daran  scbliesst  sich  zunächst  eine  kurze  einleitende  Skizze,  20  Zeilen  ein- 
nehmend: Iohannes  quidam  presbiter  ultra  Persidem  et  Armeniam  u.  s.  w. 
Schluss:  ut  non  nisi  seeptro  smarugdino  uti  dicatur  (vgl.  die  Stelle  bei 
Otto  von  Freising).  Daran  reiht  sich  ohne  Zwischenraum  der  Brief.  Schluss: 
et  est  finis  etc.     Mittheilung  durch  Hrn.   Bibliothekar  Dr.  Thomas. 

46,  in  München  aus  Metten,  Cod.  lat.  Mon.  8248  (Mettens.  48), 
Bl.  88  fg.,  2.  Hälfte  des  45.  Jahrh.,  Papier.  Ueberschrift  und  Schluss  ganz 
wie  in  42,  also  stellt  sich  auch  diese  Hs.  nahe  zu  c2,  40  und  42.  Mit- 
theilung durch  Hm.   Bibliothekar  Dr.   Thomas. 

4  7  [früher  39],  in  München,  Cod.  germ.  Mon.  34  7,  Bl.  4  48b  fg., 
2.  Hälfte  des  45.  Jahrb.,  Papier.  Ueberschrift:  Incipit  presbiter  Iohannes. 
Der  Schluss  ähnlich  wie  in  c2,  40,  42,  46:  VcUete  omnes  et  causa  salutis 
et  ditandi  ad  nos  venile.     Mittheilung  durch  Hrn.  Bibliothekar  Dr.  Thomas. 

48,  Hierher  gehören  auch  die  zahlreichen  Drucke  des  45.  und 
16.  Jahrhunderts,  über  die  ich  in  meinem  Programm  No.  Hl  (zur  Renunciation 
der  Doctoren  4873/74)  S.  44  fg.  kurz  gehandelt  habe.  Sie  geben  den  Text 
am  meisten  in  Uebereinstimmung  mit  c1. 

Ich  lasse  eine  kurze  Orienlirung  über  sie  folgen.  Die  ältesten  Drucke 
führen  den  Titel:  De  ritu  et  moribus  Indorum.  Vgl.  Hain,  Repertorium 
bibliographicum  11,   4,  S.   462;    Brunei,    Manuel   du   libraire,   5.  Aufl.,  III 7 


896  Funuoi  Zumcm,  Tl 


8.  546.  Am  SeMusie  heiast  es  Expbdt  Episioia  (fehh  in  riniy  Dntej 
de  lokatme ;  qui  diäter  prcsbyter  Indiae.  Das  ist  angesa«,  denn  diese 
Drucke  enthalten  nicht  bloss  den  Presbyterbrief,  sondern,  wie  sehet  in 
ersten  Capitel  S.  832,  6  erwähnt,  im  engten  Anschloss  an  densdhea  ml 
wie  einen  Tbeil  desselben  auch  noch  die  Erzählung  von  dem  Patriarchei 
Johannes,  der  hier  mit  dem  Priester  Johannes  identificirf  ist.  Der  Titei  des 
anonymen  Berichtes  De  adventu  etc.  schliesst  sich  wie  eine  der  gewätn- 
liehen  Capitelaberscbriften  nnmittelbar  an  die  Obrigen  CapheJfibersefcrifta 
an,  die  dem  Briefe  des  Presbyters  in  den  Drucken  hinzugefügt  sind. 

Bald  gab  man  dem  Presbyterbriefe  und  dem  mit  ihm  in  Eins  verho- 
lenden Berichte  vom  Patriarchen  Johannes  noch  andere  Stöcke  ähnliches 
Inhalts  bei.  So  liegt  mir  ein  Druck  o.  O.  n.  J.  vor  (Lpzg.  Univ.  Kbl. 
Histor.  Asiae  454".}  unter  dem  Titel:  Ioannis  presbiteri,  maorimi  Indorum 
et  Ethiopum  Christianorum  hnperatoris  ei  patriarehae,  Episiola  ad  Emanudm, 
Rhomae  gubernatorem,  de  ritu  ei  moribus  Indorum  deque  ehu  polenüa,  diritw 
et  excelleniia,  dem  hinzugefügt  sind,  wie  es  am  8chlusse  heisst,  dm  Jracte- 
ttdi  de  mirabilibus  rerum  ei  statu  tocius  Indiae  ac  principe  eorum  presbukn 
Ioanne.  Auf  dem  Titel  wird  von  denselben  nur  einer  genannt:  Tractatus 
pulcherrimus  de  situ,  disposüione  regionum  et  insularum  tocius  Indiae  nee 
non  de  rerum  mirabilium  ac  gentium  diversitate.  Dieser  ist  von  mir  henos- 
gegeben  in  meiner  zweiten  Abhandlung  S.  474  fg.  An  ihn  schliesst  sich 
dann  der  zweite,  der  auf  dem  Titel  nicht  genannt  ist :  Traciatus  de  situ  d 
disposüione  ac  statu  Indiae.   Er  enthält  aber  Nichts  vom  Priester  Johannes. 

Dieser  Gruppe  von  Berichten  würde  endlich  eine  neue  ähnlichen  In- 
halts hinzugefügt  und  zwar  vorangeschoben,  der  limerarius  des  Iohanm 
de  Hese,  der  Traciatus  de  decem  nationibus  ei  seciis  Christianorum  und  der 
ßngirte  Briefwechsel  zwischen  dem  Sultan  und  Papst  Pius  II,  von  denen 
der  Itinerarius  und  eine  bezügliche  Stelle  aus  dem  Tractatus  de  decem  naL 
von  mir  in  der  zweiten  Abhandlung  S.  479  herausgegeben  sind.  Der  Titel 
dieser  Sammlung,  die  mir  in  mehreren  Drucken  vorliegt  (Leipziger  üniv.- 
Bibl.  Hist.  Asiae  74;  Script,  eccles.  4264)  lautete  nunmehr: 

Ilinerarius  Iohannis  de  Hese  presbiteri  a  Jherusalem  describeos 
dispositiones  terrarum,  insularum,  montium  el  aquarum,  ac  etiam  quaedam 
mirabilia  et  pericula  per  diversas  partes  mundi  contingentia  lucidissimeenarraifc. 

Tractatus  de  decem  nationibus  et  sectis  Christianorum. 

Epistola  Iohannis  Soldani  ad  Pium  papam  secundum. 

Epistola  responsoria  eiusdem  Pii  papae  ad  Soldanum. 

Ioannis  presbiteri,  maximi  Indorum  et  Ethiopum  christianorum 
Imperatoris  et  Patriarehae ,  Epistola  ad  Emanuelem  Rhomae  gubernatorem 
de  ritu  et  moribus  Indorum  deque  eius  potentia,  divitiis  et  excellentia. 

Tractatus  pulcherrimus  de  situ,  dispositione  regionum  et  insularum 
tocius  Indiae  nee  non  de  rerum  mirabilium  ac  gentium  diversitate. 

Nicht  zum   Ausdruck  gekommen   ist  auf  diesem  Titel  der  Bericht  von 
dem  Patriarchen  Johannes,  zwischen  der  Epistola  und  dem  Tractatus,  und 


74]  De*  Pri£st£h  Johannes.  897 

der  zweite,  den  SchLuss  ausmachende  Tractatus.  Es  waren  also  jetzt  im 
Ganzen  acht  Stücke,  die  hier  den  Lesern  geboten  wurden  und  mit  ihnen 
war  eine  Sammlung  der  damals  gültigsten  Schriften  hergestellt,  die  auf 
die  Wunder  Indiens  und  die  Ausbreitung  des  Christenthums  im  Osten  Bezug 
hatten. 

5.     Vierte  Interpolation  (D). 

Sie  ist  noch  irn  i3.  Jahrh.  entstanden,  vielleicht  in  der  Mitte 
desselben ,  da  mehrere  Handschriften  der  folgenden  Interpolation  E 
noch  dem  13.  Jahrh.  angehören. 

Die  Interpolation  besteht  aus  folgenden  Thei-Ien. 

4,  in  §  14,  D  a — h.  Sie  setzt  ein  nach  dem  Worte  hienae. 
Hier  zeigt  sich  nun  ein  bemerkensvverther  Unterschied  zwischen  den 
Handschriften  der  Interpolationen  D  und  E.  Erstere  bringt  zunächst 
nur  D  a  und  b,  und  führt  dann  den  alten  Text  bis  zu  Ende  des 
§  (14b),  worauf  sich  D  c — h  anschliessen.  In  den  Hss.  von  E  da- 
gegen schliesst  sich  an  hienae  sofort  D  a — d,  dann  erst  folgt  der 
-Rest  des  alten  Textes  (14b),  mit  Fortlassung  der  ersten  beiden  Worte 
boves  agresles,  der  homines  .  .  .  cornuti  und  der  monoetdi,  welche  drei 
in  der  Interpolation  schon  vorgekommen  waren,  und  darauf  D  e — h. 

0 

Dass  hier  die  Hss.  von  E  das  Richtige,  eigentlich  Beabsichtigte  bieten, 
geht  daraus  hervor,  dass  in  den  Hss.  von  D,  am  deutlichsten  in  d3, 
•noch  ausreichend  deutlich  in  d4,  durch  Ueberarbeitung  verwischt  in 
d2,  der  Anfang  der  eben  schon  einmal  gebrachten  Stelle  des  alten 
Textes  (4  4b)  nochmals  gebracht  wird  und  zwar  mit  den  Auslassungen 
wie  in  den  Hss.  von  E;  vgl.  die  Lesarten.  Diese  Verschiedenheit 
wird  wohl  eine  ursprüngliche  und  auf  das  Originalexemplar  der  Inter- 
polation zurückzuführen  sein,  wo  die  Zusätze  am  Rande  gestanden 
haben  werden;  denn  es  ist  nicht  erklärlich,  wie  diese  verschiedene 
Einschiebung  in  den  alten  Text  sich  sollte  gebildet  haben,  nachdem 
bereits  eine  zusammenhängende  Abschrift  vorlag1).     Symptome  eines 


*)  Die  Stelle  \  4b  sollte  wohl  nach  dem  Willen  des  Inlerpolators  aus  der  Vor- 
lage fortfallen,  .denn  er  hatte  sie  offenbar  mit  den  durch  die  Interpolation  nöthig 
gewordenen  Kürzungen  hinter  D  d  selbst  geschrieben  ;  die  Abschrift  aber,  aus  der 
die  JHss.  von  D  hervorgingen,  nahm  jene  Stelle  (Üb)  zwischen  Db  und  c  auf,  und 
brach  darum  bei  der  Wiederholung  derselben  (hinter  Dd)  bald  nach  dem  Anfang 
ab.  Sonst  müsste  man  annehmen,  dass  die  Zwischenschreibung  von  4  4b  in  den 
Uss.   vop  D  durch  einen  Nachtrag  aus  einer  Hs.   der  älteren  Texte  entstanden  wäre, 


73]  Der  Priester  Johannes.  899 

einer  neu  interpolirten  Gruppe.  Wo  Sachliches  in  Betracht  kam,  sind  die 
abweichenden  Lesarten  ^angegeben ,  bloss  Stilistisches,  wie  Wortstellung, 
bie  und  da  auch  synonyme  Ausdrücke,  nicht  berücksichtigt  worden.  Ich 
habe  übrigens  für  diese  von  mir  nicht  collationirte  Hs.  die  Bezeichnung 
als  d1  reservirt. 

2,  d2,  in  Dresden,  Kgl.  Bibl.  F  61%  Bl.  1»  fg.,  v.  J.  1423,  Papier. 
Stammt  aus  dem  Franziska nerkloster  in  Meissen.    Der  Schreiber  nennt  sich 
am  Schluss  des    Lucidarius   Bl.  26a  Joh.  Fabri  de   Dresden.     Ohne  lieber- 
schrift.      Am   Schlüsse:    Explicü   epistola   presbiteri  lohannis   de  miraculis 
Yndie  etc.    Amen.     Der   Text  ist  keineswegs  genaue  Abschrift,  sondern  oft 
frei,  z.  B.  §  23  :    Est  etiam  herba  quaedam  quae  vocatur  hasij.      Si  quis 
radices  ipsius  herbae  continue  secum  habuerit  seit  portaverit,  omnem  spirüum 
malignum  fugat  et  cogit  eum  u.  s.  w.     Darauf  folgt   ein   eigener   Zusatz : 
Nascuntur  etiam    in  terra  nostra  omnium  specierum  gener  a,   zynzibrum,  ca- 
nophilum,  cynnamom,  galaga,  cyminum,  diver sa  gener a  crocorum,  balsamum, 
pulegium,    quod  upud  nos  pipere  preciosius  est,  praeter  id  solum  quod  si 
oves  ex  eo  comederint  morbose  efficiuntur.    Bei  Benennungen  wird  mehrfach 
auf  die  yndica  lingwa   hingewiesen,  so  z.   B.  §  42 :     in    quadam  provincia 
nostra  iuxta  civitatem  Zonu  nuncupatam  (!)  sunt  quidam  vermes,  qui  yndyka 
lingwa  Salamandrae  dicuntur.     Nach  §  66  wird  die  Beihenfolge  wiederholt 
geändert,    auch   wird   der   Text   lückenhafter.     Auf  66  folgt  74   von  iuxta 
latus  an,  dann  75,  und  darauf  73;  dann  erst  67  (recht  abweichend)  bis  72. 
Hiebei  feit  D  v — z,  wird  aber  später  nachgeholt.     Ganz  ausgelassen  ist  die 
Schilderung  des  zweiten  Pallasles  §  76—96.    Unser  Text  schiebt  vielmehr 
an  72  gleich  D  aa — ii,    doch   mit  Auslassung  von  ff — hh,  dann  folgt  qq,  es 
fehlt  aber  kk — pp  und  rr — vv.    Letztere  Fortlassung  wird  am  Schlüsse  von  qq 
molivirt:    seil  tarnen  de   ipso   taceamus.     Darnach  ein  Zusatz  (richtiger  der 
Salz  mm   der    Interpolation] :    .Irma   vero  nostra  sunt  facta   de   synthotim, 
cnius  virtus  talis  est  et  esse  comprobatur,  quod  ipsum  synthotim  nulla  arma 
ferrea  valent  neque   ignis  polest  aliquo  modo  comburere.     Et  habemus  de  eo 
clypeum,  lunceam,  gladium,  galeam,    loricam,    cyrothecas,  oereas  et  calcaria 
et   tegumenta   dextrariormm  nostrorum}   quibus   armis   si  homo  indulus  est, 
relucet  sicut   sol   in  virtute  sua.      Dann    folgt   77 — 99*    (bis   univ.  terrae), 
und   hiernach   ein   eigener  Schluss   mit   Bückbcziehung  auf  §  7 :    et  regali 
munificentia  in   auro  et  argento  gemmis  et  lapidibus  preciosis  ac  aliis  donis 
plurimis  ex  benevolentia  nostrae  maiestatis  tibi  exhibitis  locupletatus  redibis. 
Dann  fehlt  §  100  und  es  folgt  D  xx,  wesentlich   erweitert  durch  neue  Fa- 
beleien über  den  Cardinal  Stephan :  de  veritale  autem  omnium  praedictorum, 
quae  licet   incredibilia  esse   videanlur  verissimo  tarnen  per  quendam  Cardi- 
nalem,  nomine  Stephanum,    esse  comprobantur,    qui  quondam  in  legacionibus 
Romani   imperatoris,    nomine   Emanuel,    ad   presbitei-um  lohannem,    regem 
Yndorum,  erat  destinatus   etc.     Auch   im   Innern   der  einzelnen   Abschnitte 
ist  die   Beihenfolge   der  Sätze   zuweilen    verschieden.      Ebenso  frei  ist  die 
Behandlung  des   Textes   in   den  Interpolationen,  so  dass  d2  auch  für  diese 
nur  indirect  zu  benutzen  war. 

3,  in  Krakau,  Universitätsbibliothek  Cod.  DD,  VI,  16,  S.  739  fg.,  in 


lat.  XVII  (plul.  super.  89),  S.  89,  45.  Jahrb.,  Papier.  Uebera 
biteri  loannis  regis  Indiae  ad  sanctissimum  dominum  D.  .  Lücke 
summum  de  mirabilibus  eiusdem  regni.  Also  der  Adressat  hie 
wie  in  der  Berliner  Hs.  Fol.  245  (vgl.  oben  Interpol.  A  No.  4', 
sieb  im  Texte  keine  darauf  Bezug  habende  Interpolation,  obwol 
Hs.  ziemlich  frei  verfuhrt,  in  Auslassungen  wie  A ender ungen.  1 
verdanke  ich  Hrn.  Prof.  Suchier  und  eine  vollständige  Gollat 
Vitelli  in  Florenz. 

6,    d4    [früher  35,  d1] ,    in   Leipzig,    Universitätsbibliothc 
Bl.  145b,   45.  Jahrh.,  Papier.     Ohne  Ueber-  und  Schlussschrift 

Bei  der  Textesgestaltung  sind   benutzt  worden  die  Y 

d4,  neben    denen    die  Ueberarbeitung  d2  nur    geringe  Diei 

konnte,  daneben  e1  und  e3,   an  einigen  Stellen   auch   E  S 

mal  e2.     Die  Texte  D  und  E  gehen  in  vieler  Beziehung  a 

stellen   zwei   gesonderte   Handschriftenfamilien    dar.      Die 

für  die  Textesconstitution  waren  gegeben:    Uebereinstimm 

halb  der  beiden  Gruppen  bezeugte,  unter  den  nöthigen  Ca 

Ursprüngliche;  wo  die  beiden  Gruppen  auseinander  ginge 

Entscheidung  nicht  immer  leicht.     Die  Gruppe  E  hatte,  \ 

Interpolation  weitergehend,  zurückzustehen  hinter  D;   freilic 

der  Umstand  wieder  einige   Präponderanz   zu,    dass    die  F 

sehr  jung,  die  von  E  weit  älter  sind.     Ich  habe  beide  M< 

der  Herstellung  des  Textes  nie   ausser  Erwägung    gelassei 

Varianten  habe  ich  aber  nicht  alle   abweichenden   Lesartei 

aufgenommen;    das  hätte  eine  ganz   werthlose  Häufung   vi 

ergeben.    Wo  die  beiden  Handschriften familien  auseinande 

dies  stets  genau  berichtet,  Einzelabweichungen    dagegen  s 


7&]  Der  Pikster  Jobahnes.  904 

6.    Fünfte  Interpolation  (E). 

Von  einer  weiteren  Interpolation  war  mir  bei  der  ersten  Heraus- 
gabe des  Presbyterbriefes  noch  Nichts  bekannt  geworden,  eine  Ver- 
muthung  auf  ihr  Vorhandensein  konnte  ich  nur  erst  (das.  S.  30)  aus 
der  Verfassung  des  Deutschen  Gedichtes  in  der  Heidelberger  Hs. 
844  wagen. 

Seitdem  sind  mir  6  Handschriften  bekannt  geworden,  die  wirk- 
lich eine  bedeutende  Weiterführung  der  bisherigen  Interpolationen 
bieten,  obwohl  freilich  gerade  von  den  Zusätzen  der  Heidelberger 
Handschrift  sich  in  ihnen  Nichts  findet.  Diese  neue,  und  letzte  mir 
bekannte  Interpolation  besteht 

1,  aus  einem  längeren  Zusätze  hinter  §  30:  E  1 — 7. 

2,  desgl.    aus    einem    längeren   Zusätze   ober    die   Edelsteine 
hinter  §  46:  E  8—20. 

3,  die   Interpolation  D    hinter  §  66    ist  wesentlich   vermehrt 
(E  21 — 29)  und  zum  Theil  ganz  umgeändert. 

4,  eine  neue  Interpolation  hinter  §  84:  E  30 — 35. 

5,  desgl.  hinter  §  96,  D  w:  E  36—41. 

Allen  mir  genauer  bekannt  gewordenen  Handschriften  ist  auch 
eine  durch  Abirren  des  Auges  veranlasste  Lücke  gemeinsam,  in  §  66 
D  v  und  w  (von  columpnas  zu  columpnas). 

In  dieser  Gestalt  des  Briefes  ist  die  Datumangabe  wieder  fort- 
gefallen, ebenso  die  Berufung  auf  den  Cardinal  Stephan  (Dxx).  Da- 
gegen characterisirt  sich  dieselbe  durch  ein  Explicit  (E  42),  in  welchem, 
wie  zum  Theil  auch  in  der  Ueberschrift,  der  Erzbischof  Christian 
von  Mainz  (1165 — 4183),  der  bekannte  Diplomat  Friedrichs  I.f  der 
Nachfolger  Conrads  bereits  bei  dessen  Lebzeiten  (s.  u.),  als  der  Lieber- 
setzer  des  Briefes  aus  dem  Griechischen  in  das  Lateinische  genannt 
wird.  Hängt  dies  mit  dem  schon  oben  angedeuteten  Auseinander- 
gehen der  beiden  Interpolationen  D  und  E  (vgl.  §  14b  -und  das  Fehlen 
der  §  19,  20a,  82—89  in  D)  zusammen? 

Die  Adresse  bietet  sowohl  terrenorum  wie  universae  terrae,  hat 
aber  im  Anfang,  ganz  dem  alten  Texte  entsprechend,  wieder  potentia 
et  virtute  Dei  et  domini  nostri  Jesu  Christi,  sei  es  durch  eine  ver- 
ständige   Correctur    oder  aus    einer   Hs.  der    älteren  Bearbeitungen. 


902  Fmkbuch  Zamgkb,  "^ 

Die  Handschriften  dieser  Gruppe  scheinen  sämmtlich  Capitel- 
überschriften  zu  haben. 

Die  erwähnten  6  Handschriften  sind  die  folgenden: 

1,  e1,  in  Wien,  Cod.  413  (Histor.  eccles.  29),  Bl.  490%  13.  Jahrb., 
Pergament.  Ueherschrift :  Incipit  hisloria  presbiteri  Iohannis,  regis  rtgum, 
domini  dominantium  universae  terrae,  missa  Emanuelt\  Romeon  gubernaton 
de  magnitudine  et  potentia  sua.  Schluss:  Explicü  Über  sive  istoria  presfo- 
teri  Iohannis,  quae  translata  fuit  de  Graeco  in  Latinum  a  Christiano  Magm- 
tino archiepiscopo.  Iste  Christianus  superpositus  fuit  Chür'  (d.  i.  Chmrado 
archiepiscopus  I.  archiepiscopo).  Iste  Manuel  regnavit  in  Graecia  ab  anm 
domini  1144  usque  ad  annum  domini  4 4 HO.  Abschrift  der  betr.  Thrill 
(Interpolation  D  und  £)  erhielt  ich  von  Hrn.  Amanuensis  Dr.  Kalteo 
leitner  in  Wien. 

2,  in  Paris,  Cod.  lat.  18324,  aus  dem  Jacobinerk  loste  r  nie  St.  Booere 
S.  334,  13.  Jabrh.,  Pgmt.  Ueherschrift:  Jncipiunt  ececerpta  epistolae  lohanu 
presbiteri  Indiae,  quam  scripsit  Emmanueli,  Romanorum  gubernaton,  i 
magnitudine  et  potentia  sua,  translata  de  Graeco  in  Latinum  a  Christm* 
episcopo  Maguntino.  Die  Schlussschrift  scheint  zu  fehlen.  Ausführlich 
Mittheilungen  verdanke  ich  Hrn.  Leop.  Pannier.  Diese  Hs.  verfahrt  seh 
summarisch  und  auszüglich.  So  fehlt  gleich  anfangs  §  2 — 11.  Dann  §31 
sammt  der  angeschlossenen  Interpolation  E,  dann  §  50 — 55  incl.  der  Inter- 
polation D,  §  76 — 96  (die  ganze  zweite  Pallastschilderung  incl.  der  Inter- 
polation E  hinter  §  84,/,  dann  D66— Dpp,  und  endlich  §  100  (wie  es  scheu* 
sammt  der  Datumangabe,  die  ja  in  E  überhaupt  fehlt,  und  das  Eipirit 
das  schon  in  die  Ueherschrift  hinaufgenommen  war.  In  den  interpolirtei 
Stellen  steht  sie  sehr  genau  zu  e1. 

3,  in  München,  Cod.  lat.  Mon.  265,  aus  der  Stadtbibliothek  in  Rege» 
bürg,  besondere  eingebundene  Hs.  Bl.  1,  13/44.  Jaurh.,  Pgmt.  Ueher- 
schrift: Incipit  hystoria  presbiteri  Iohannis  regis  regum  domini  domina* 
dum  universae  terrae,  missa  Emunueli,  Homeon  gubernalori,  de  magnäudm 
et  potentia  sua.  Am  Schlüsse  :  Explicü  Über  sive  hystoria  presbiteri  Iohcmmi 
quae  translata  fuit  de  Graeco  in  Latinum  a  Christiano  Moguntino  archiepis- 
copo. Iste  Christianus  superpositus  fuit  Chunrado  archiepiscopo.  Iste  fiw- 
nuel  regnavit  in  Graecia  ab  anno  domini  MCXLIIII  usque  ad  annum  th- 
mini  MCLXXX.  Mittbeilungen  verdanke  ich  dem  Hrn.  Bibliothekar  Dr. 
W.   Meyer  in  München. 

4,  e2  [früher  53],  in  London,  Cod,  Cotton.  Cleopatra  C.  X,  BL  I48*fc^ 
13/14.  Jahrh.,  Pgmt.  Uebcrschrift :  Incipiunt  epistolae  presbiteri  lohaM 
in  lndia.  Mft  dem  neuen  Zusätze  vor  §97  (hinter  96,  D  vv,  schliessi  <k 
Hs. :  de  hoc  aqua  cum  hiis  vasis  nobiscum  salis  ferri  faeimus,  ut,  i#fac*»- 
que  simus,  noster  eibus  sie  paretur,  ut  dictum  est  superius.  ExplicU  W^ 
presbiteri  Iohannis.  Mittheilung  und  Collation  der  E  eigen  th Um  liehen  fort** 
verdanke  ich  Hrn.   Prof.   R.   Wülcker. 

5,  e:i  [früher  64],  in  Prag,    Bibliothek    des    Metropol  i  tan- Domcap** 
IL   IX;  S.   474,   15.  Jahrh.    (1458    mit  Inhaltsverzeichnis«  versehen  .    Ote* 


77]  Der  Priester  Johannes.  903 

Ueberschrift.  Am  Schluss :  Explicit  historia  presbiteri  Iohannis,  quae  trans- 
lata  fuit  de  graeco  in  latinum  a  Christ iano  Magintino  archiepiscopo.  Iste 
Manuel  regnavit  in  Graecia  ab  anno  domini  MCXLIIII  usque  ad  annufn  rfo- 
mini  MCLXXX,  et  sie  finis  huius  libelli.  Alleluia  etc.  Ein  Theil  der  Inter- 
polation nach  §  96,  D  kk  bis  mm  incl.,  steht  bereits  hinter  §  37,  folgt  aber 
an  der  richtigen  Stelle  mit  ganz  untergeordneten  Abweichungen  nochmals. 
Die  Hs.  hat  viele  grobe  Schreib-  und  Lesefehler.  Durch  Vermittelung  des 
Hrn.  Prof.  Kelle  in  Prag  ward  mir  die  Hs.  mit  dankenswerther  Zuvor- 
kommenheit zugesandt. 

6,  in  München  aus  Oberaltaich,  Cod.  lat.  Mon.  9503  (Ob.  AU.  3), 
Bl.  34 9a  fg.,  45.  Jahrb.,  Pgmt.  und  Papier.  Ueberschrift:  Incipit  hystoria 
presbüeri  Iohannis  regis  regum,  domini  dominantium  universae  tei*rae,  missa 
Emanuelt  Romeon  gubernatori7  de  magnitudine  et  potentia  sua.  Am  Schluss 
(nach  nostram) :  Explicit  über  sive  hystoria  presbüeri  Iohannis,  quae  trans- 
Jßta  fuit  de  graeco  in  latinum  a  Christiano  Maguntino  archiepiscopo,  Mit- 
theilung verdanke  ich  Hrn.  Bibliothekar  Dr.  Thomas  in  München. 

Zur  Herstellung  des  Textes  wurden  die  Handschriften  e1,  e2  und 
e3  benutzt,  von  denen  e1  und  e3,  wie  mehrere  Lücken  und  gemein- 
same Fehler  der  Ueberlieferung  beweisen,  auf  dieselbe  Vorlage  zurück- 
gehen, während  e2  unabhängig  von  dieser  dasteht.  Im  Ganzen  haben 
e1  e3  das  Richtige  mehr  bewahrt  als  e2,  aber  letztere  Hs.  füllt  nicht 
nur  einige  grössere  Lücken  aus,  sondern  hat  auch  sonst  an  einigen 
Stellen  allein  die  richtige  Lesart  erhalten.  Im  Ganzen  ergeben  die 
Hss.  eine  gute  Ueberlieferung,  nur  wenige  Stellen  scheinen  aus  ihnen 
nicht  hergestellt  werden  zu  können.  Die  Angabe  der  Varianten  ist 
hier  vollständiger  als  bei  der  Interpolation  D.  Auf  Wortstellung  und 
Schreibung  ist  aber  auch  hier  nur  bei  besonderer  Veranlassung  Rück- 
sicht genommen. 

7.    Unbestimmt  gebliebene  Handschriften. 

Bei  den  nachstehend  aufgeführten  Handschriften  habe  ich  nur 
von  ihrem  Vorhandensein  Kunde,  bin  aber  nicht  in  der  Lage  ge- 
wesen, über  ihre  Einreihung  in  die  von  mir  festgestellten  Gruppen 
genauere  Mittheilungen  einzuziehen.  Von  besonderem  Interesse  würde 
es  sein,  wenn  sich  unter  ihnen  eine  zweite  Handschrift  zu  dem  Cam- 
bridger Texte  fände,  dessen  Anfang  bekanntlich  fehlt  (s.  Anhang  zur 
Interpolation  B,  S.  890).  Auch  wäre  es  möglich,  dass  sich  noch  eine 
lateinische  Vorlage  zu  den  Zusätzen  der  deutschen  Uebersetzung  in 
der  Heidelberger  Handschrift  No.  844  ergäbe.  Für  die  Herstellung 
des  Textes  wird  schwerlich  noch  Ausgiebiges  neu  aufgefunden  werden. 


904  FftHEMICH  Zaiwcki,  IW 

Ich  lasse  die  Handschriften  alphabetisch   nach  ihren  Aufbewah- 
rungsorten folgen. 

4   [früher  26],  in  Ar  ras,  Stadtbibliothek  No.  484,    44.  Jahrb.,  Ppnt 
Vgl.  Potthast,  Bibliotheca  historica  medii  aevi  (Berlin  4862),  S.  283. 

2  [früher  62],  in  Corbie?  (Corvey?).  Ein  offenbar  spates  »Ms.  Cor- 
beiense«  wird  mehrfach  in  Du  Cange's  Glossarium  med.  et  inf.  latinitats 
erwähnt,  vgl.  s.  v.  assidios  und  tirus.  Dass  es  die  jetzt  in  Paris  befind- 
liche Hs.  No.  4  des  alten  Textes  (Cod.  Lat.  46730)  sei,  die  aus  der  Ahtei 
Corbie  stammt,  ist  nicht  glaublich,  da  es  bei  Du  Gange  heisst:  Epistola 
Iohanni  Presbytero  seu  Regi  Abissinorum  [also  adscripta  ad  calcem  Ms. 
Corbeiensis.  Eine  derartige  Notiz  scheint  sich  aber  in  der  Pariser  Hs.  nicht 
zu  finden.  In  Corvey  giebt  es  zur  Zeit  keine  Hs.  des  Presbyterbrief«, 
wie  mir  von  Seiten  der  Fürstlichen  Bibliothek  daselbst  mitgetheill  wor- 
den ist.  <* 

3  [früher  61],  in  Gent.  Der  Catalogue  des  manuscrits  de  la  Bibl. 
de  Gand  par  Jules  de  St.  Genois  führt  im  Inbaltsverzeichniss  eine  Hs. 
unsers  Briefes  auf,  aber  das  Citat,  dessen  Aufsuchen  noch  durch  Druck- 
fehler erschwert  wird,  trifft  nicht  zu.  Vielleicht  ist  der  Brief  der  Reise- 
beschreibung des  Joh.  de  Hese  angefügt,  wie  mehrfach  in  den  Hss.  und 
Drucken. 

4  [früher  43],  in  Lyon,  Stadtbibliothek  No.  400,  2.  Ende  des 
45.  Jahrh.,  Pgmt.  »Presbiter  Iohannes  de  India«.  So  bei  Delandine,  Ma- 
nuscrits de  la  Bibl.  de  Lyon  (Paris  4842)'  I,  S.  472. 

5,  in  Mailand,  Ambrosiana  A.  22  Infer.  So  im  handschriftlichen  Ka- 
talog der  Bibliothek,  aber  die  betr.  Hs.  enthält  unsern  Brief  nicht.  Viel- 
leicht liegt  Schreibfehler  und  Verwechselung  mit  A.  226  Infer.  vor,  der  Hs.  8 
der  Interpolation  C,  s.  S.  894.  Mittheilung  verdanke  ich  Hrn.  Prof.  Bened. 
Niese. 

6,  in  München  aus  Tegernsee,  würde  die  Nummer  48767  (Tegeros. 
767)  tragen,  wird  aber  vermisst.  Es  war  eine  Papierhandschrift,  die 
ausser  den  Gesta  Alexandri  u.  A.  auch  den  Iohannes  presbiter  de  Indio 
enthielt.    Mittheilung  des  Hrn.  Bibliothekars  Dr.  Thomas. 

7,  in  Nicolsburg,  auf  der  fürstlich  Dietrichstein  sehen  Bibliothek 
II,  32;  46.  Jahrh.,  Papier.  Vgl.  B.  Dudik's  Verzeichniss  in  dem  Archiv 
für  osterr.  Geschichte,  Bd.  39  S.  433,  wo  als  Inhalt  des  Ms.  angegebeo 
wird:  Historia  Alexandri  et  Iohannis  presbyteri  regis  Abyssiniae.  Troü 
freundlicher  Bemühungen  des  Hrn.  Bibliotheks Vorstandes  Müller  in  Olmttts 
war  es  mir  nicht  möglich,  die  Handschrift  selbst  oder  auch  nur  genauere 
Mittheilungen  über  dieselbe  zu  erlangen. 

8  [früher  24],  in  Oxford ,  Bibl.  coli.  corp.  Christi  LXXXVI,  Bl.  9l\  AJg. 
des  4 4.  Jahrh.  Vgl.  Coxe  Catalog.  codd.  mss.  in  colleg.  aulisque  Oxonienstbos 
II  (Oxford  1852) :  Epistola  presbyteri  tohannis  ad  Emanuelem  Romanorum 
imperatorem  missa.  Es  ist  mir  nicht  gelungen  von  dieser  Hs.  etwas  Näheres 
zu  erfahren. 


« 

?9]  Der  Priester  Johannes.  905 

9  [früher  56] ,  in  Paris,  Bibl.  St.  Victor is.  Vgl.  Montfaucon,  Biblioth. 
bibliothecarum  (Paris  1739)  II,  1374  B:  Presbyteri  Ioannis  Epi&tola.  Diese 
Hs.  findet  sich  nicht  auf  der  Pariser  Nationalbibliothek,  wo  sie  zu  erwarten 
sein  würde.  Vielleicht  aber  finden  sich  Abschriften  derselben  in  der  Hs. 
4  2116,  s.  o.  No.  26  und  27  der  Interpolation  B. 

Ob  und  event.  wie  viel  Hss.  sich  in  Rom  auf  der  Vaticana  befinden,  über 
die  ich  noch  nicht  orientirt  bin,  bedarf  erst  einer  Untersuchung,  die  nur  an 
Ort  und  Stelle  und  von  gründlichen  Kennern  der  Vaticana  geführt  werden 
kann.  Die  Sachlage  ist  diese.  Mein  früheres  Verzeichniss  (1874)  führte 
aus  Rom  8  Handschriften  an  unter  No.  16.  32.  44.  45.  57.  58.  59.  60. 
Genauere  Orientirungen  besitze  ich  gegenwärtig  über  6  Handschriften,  die 
aufgeführt  sind  unter  I  (alter  Text),  2.  5.  6.  C,  4.  D,  1.  4.  Von  diesen 
stimmen  No.  16  mit  I,  5;  No.  32  mit  D,  1  ;  No.  44  mit  D,  4;  endlich  No.  57 
mit  I,  6.  Aber  unerledigt  bleiben  noch  vier  nach  Montfaucon,  Bibl.  biblio- 
thecarum, der  Bibl.  reginae  Sueciae  angehörende  Hss. 

10  [früher  45],  Vat.  reg.  Suec.  171,  wohl  15.  Jahrh.,  Papier.  Anonymi 
de  potentia  presbyteri  Ioannis ,  de  Amazonibus  et  Brachmanis.  Montfaucon  I, 
17  B  (etwa  =  D,  4?  s.  u.). 

11  [früher  58],  Vat.  reg.  Suec.  157.  Epistola  presbyteri  Ioannis  ad 
Romanorum  imperatorem.     Montfaucon  I,   17  D  (nicht  =  1,  6;  s.  u.). 

12  [früher  59],  Vat.  reg.  Suec.  1195.  Epistola  Presbyteri  Ioannis  ad 
Emmanuelem  .  .  .  et  per  ipsum  ad  Freder icum  imperatorem.  Montfaucon  I, 
39  E  (=  I,  2?  s.  u.). 

13  [früher  60],  Vat.  reg.  Suec.  987  (Alexandri  Petavii).  Ioannis  pres- 
byteri epistola  ad  gubernatorem  Constantinopolitanum.  Montfaucon  I,  66 
(=  I,   6?  s.  u.). 

Da  alle  Reginenses  seit  Montfaucon  eine  andere  Nummer  empfangen  haben 
und  die  Kataloge  nicht  ausreichen,  die  alte  Nummer  zu  bestimmen,  so  ist 
es  eine  sehr  aufhaltliche  Aufgabe  festzustellen,  unter  welcher  Nummer  die 
angeführten  gegenwärtig  zu  suchen  sind,  und  ob  einige  von  ihnen  identisch 
sind  mit  denen,  von  welchen  ich  die  Nummer  und  eingehendere  Mitthei- 
lungen angeführt  habe.  Sehr  wahrscheinlich  ist  es,  dass  No.  13  [früher  60] 
zusammenfällt  mit  I,  6  [früher  57],  da  in  beiden  dem  Presbyterbriefe  ein 
Pseudoturpin  vorhergeht,  auch  No.  13  ein  Alexandrinus  (d.  i.  Alexandri  Pe- 
tavii) ist,  wie  I,  6  bei  Montfaucon  genannt  wird ;  auch  stimmen  die  Ueber- 
schriften.  Vielleicht  ist  auch  No.  12  [früher  59]  identisch  mit  1,  2,  dem 
Reginensis  1658,  da  in  beiden  ein  Solinus  voraufgeht,  auch  die  Ueber- 
schriften  sich  entsprechen  (bei  Montfaucon  pflegen  diese  nicht  wörtlich  ge- 
geben zu  werden).  No.  10  [früher  45]  hat  jedesfalls  dem  Texte  nach 
sehr  nahe  gestanden  zu  D,  4  [früher  44],  und  auch  die  specielle  Hervor- 
hebung de  Amazonibus  et  de  Bragmanis  erinnert  sehr  an  D,  4  [früher  44], 
wo  diese  beiden  Kapitel  mit  besonderem  Titel  versehen  sind ;  aber  kann  eine 
Hs.,  die  Montfaucon  als  Vat.  reg.  Suec.  171  citirt,  gegenwärtig  der  Vat. 
Oltoboniana  als  2087  angehören?  Ganz  ohne  Anknüpfung  stehe  ich  No.  11 
[früher  58]  gegenüber;  denn  einen  Druckfehler  bei  Montfaucon  anzunehmen 
und   statt    157    zu   lesen    657,    womit   denn    diese   Hs.  =  I,  6  [früher  57 


906  Friedrich  Zakhckk,  '** 

• 

und  60?]  würde,  ist  nicht  erlaubt,  da  ja  Montfaucon,  wenn  die  vorher  ge- 
äusserte Vermuthung  richtig  ist,  die  Hs.  reg.  657  selber  als  reg.  987  auf- 
führt ;  auch  weichen  ja  die  Ueberschriften  von  einander  ab.  Mögen  Andere 
in  diese  Verwirrung  und  diese  Vermuthongen  Klarheit  und  sichere  Ent- 
scheidung bringen. 

14  [früher  23],  in  Strassburg,  öffentliche  Bibliothek,  U.  ;f  Jahrb. 
(vgl.  errores  condemnali  u.  1276),  Pgmt.  De  Ioanne  presbytero.  In  der- 
selben Hs. :  Gesta  Apollonü,  gesta  Alexandra  magni ,  de  bello  Trojano  etc. 
Ohne  Zweifel  ist  unser  Urief  gemeint.  Vgl.  G.  Hänel,  Gatalogi  librr.  mscrpt. 
(Leipzig  1830),  S.  461. 

15,  in  Troyes,  offen tl.  Bibliothek  No.  1876.  Mittheilung  des  Hrn. 
Prof.  W.  Arndt. 

16,  [früher  65],  in  Valencia,  No.  45,  Pgmt.  Joannes  preshtfn 
(unser  Brief?).  V?l.  G.  Hänel,  Gatalogi  librr.  mscript.  S.  1000.  Könnte 
freilich  auch  auf  den  spätem  abessinischen  Presbyter  Johannes  gehen,  da 
nach  Hänel  die  ganze  Handschrift  von  demselben  handelt,  was  auf  unsem 
Presbyter  schwerlich  zutreffen  würde. 

No.  17  [früher  33],  in  Wien,  Cod.  322  (Salisb.  391),  Bl.  253». 
15.  Jahrh.,  Pgmt.  Ueberschrift  (alt?) :  Joannes  presbytei\  Epistola  ad  Emma- 
nuelem  regem  Lusttaniae.  Vgl.  Tabulae  codd.  mscrpt.  in  biW.  Palat 
Vindobon.  I,  S.  45  (Wien  1864).  Endlicher,  Catalogus  codd.  philo!«:, 
lat.  S.  111  (Wien  1836).  Als  ich  1875  genauere  Erkundigungen  aber 
diese  Hs.  einziehen  wollte,  wurde  dieselbe  vermisst. 

Im  Vorausgehenden  isl  über  96  Handschriften  unseres  Briefes 
Nachricht  gegeben.  Selbstverständlich  wird  die  Zahl  der  auf  uns 
gekommenen  damit  noch  nicht  erschöpft  sein.  Es  wäre  daher  sehr 
erwünscht,  wenn  Gelehrte  bei  llandschriftenunlersuchungen  und  Biblio- 
thekare im  Bereiche  der  ihnen  unterstellten  Schätze  auf  neue,  bis  jetzt 
noch  nicht  bekannt  gewordene  Handschriften  Acht  haben  und  an 
der  Hand  vorstehender  Darstellung  die  Gruppe  bestimmen  wollten. 
zu  der  sich  die  neugefundene  Hs.  stelle.  An  schicklichen  Orten,  wo 
derartige  neue  Funde  zu  publiciren  wären,  fehlt  es  ja  nicht. 

Die  früher  von  mir  als  No.  55  aufgeführte  Oxforder  Handschrift 
giebt  nicht  den  lateinischen  Text  sondern  eine  französische  Leber- 
setzung. 


84] 


Der  Priester  Johannes. 


907 


8.     Ueber8ichtstabellen. 

I.     Aufzählung  der  mir  bekannt  gewordenen  Handschriften  nach 

ihren  Aufbewahrungsorten. 

Die  noch  unbestimmt  gebliebenen   sind   mit  einem  *  versehen.     Die  frühere  Ziffer  ist  in 

Klammern  beigefügt,  der  alte  Text  mit  I  bezeichnet. 


•Arras,  Stadtbibl.  184  =  ünbest.  4  (26). 
Berlin,  Fol.  245  =  A,  4   (66). 

— ,     Diez.  B.  Sant.  16  =  I,  9  (40). 
Brüssel,  No.  4  460/63  (4162)= C,  14  (29). 

— ,     No.  5542  =  I,  3   (2). 
Cambridge,  Corp.  Chr.  Coli.  59  (4308, 

38)  — A,  4(63 T). 
— ,  —     66  (4635,  368) 

=  B,  42. 
— ,  Univ.  Bibl.  Oo,  7,  48  —  B, 

Anb.  28. 
*Corbie  =  Unbest.  2   (62). 
Dresden,  F.  64*  =  D,  2. 
Florenz,  Laurent.   Gadd.    lat.   XVII  = 

D,  5  (46). 
Frankfurt  a.  M.,    Bartholomäusstift  74 

=  B,  20  (22). 
Fulda,  Landesbiblioth.  B,  3  =  C,  4  (7). 
St.  Gallen,  Stiftsbibl.  633  =  B,  40  (43). 
•Gent,  Stadtbiblioth.  =  Unbest.  3  (61). 
Graz,  Univ.  Bibl.  42/63  =  B,  4  (3). 
Hildesheim,  Josephinum  =  B,  Anh.  4. 
Rrakau,  Univ.  Bibl.  434.  CC,  I,  37  = 

B,  23. 
— ,  —  DD,VI,46  =  D,3. 

Leipzig,  Univ.  Bibl.  855  =  D,  6  (35). 
London,  Cotton.  Claudius  B,  VII  =  B, 

48  (54). 
— ,  —       Cleopatra  C,  X  =  E, 

4   (53). 
— ,  —       Domitian  A,  XIII  =  B. 

46  (52). 
— ,  —       Titus  A,  XXVII  =  B, 

8  (49). 
— ,       Harleianus  2667  =  I,  4  2  (54) . 
_  _         3099  =  1,  4  (4). 

— ,  —         3485  =B,  45  (25). 

— ,  —         3678  =  C,  5  (47). 

Luzern,  Cantonbibl.  Fol.  25  =  1,  4. 

Jütaadl.  d.  K.  8.  Gesellich.  d.  Wisueasch.  XYU. 


*Lyon,   Stadtbibl.  400,   2  =  Unbest. 

4   (43). 
•Mailand,  Ambr.  A,  22  inf.  =  Unbest.  5. 

— ,  —     A,  226  inf.  =  C,  8. 

— ,  —    H,462inf.=  B,Anh.4. 

München,  Cod.  lat.  265  =  E,  3. 

— ,  —         3254  =  C,42(36). 

— ,  —         44  43,B1.53=I,45. 

— ,  —  —    B1.87=A,3. 

— ,  —         5254  =B,  6(4  4). 

— ,  —         7685  =A,  2(37). 

— ,  —         8248  =  C,  46. 

_  _         8439  =  B,  24. 

— ,  —         8485  =1,43(38). 

— ,  —         9503  =  E,  6. 

— ,  —         44726  =  C,  45. 

*_?  _         48767=Unbest.6. 

— ,  —         49444=1,7(50). 

— ,  —         24549  =  C,  6. 

— ,      Cod.  germ.  347  =  C,  47(39). 
*Nicolsburg,  Dietrichst.  Bibl.  II,  32  «. 

Unbest.  7. 

Olmütz,  Univ.  Bibl.  2,  V,  4  =  C,  9  (24). 

♦Oxford,  Coli.  Corp.  Chr.  LXXXVI  = 

Unbest.  8  (24). 

— ,        Coli.  Orielens.  II  =  B,  2  (4). 

Paris,  Bibl.  Nat.  4  61 6  =  B,  Anh.  2  (40) . 

—  2342  =  B,  3  (5). 

—  3359  =  C,  7  (30). 

—  3563  =  I,  40  (34). 

—  3803  =  B,  4  4  (44). 
_   3858A=  B,  4  (6). 

—  5944  =  B,  7  (45). 

—  6225  =  B,  22  (44). 
_    6244A=B,Anh.3(42). 

—  424  46,  Bl.  88»  =  B,  26. 

—  — ,  B1.94»  =  B,27. 

—  46730  =  I,  4. 
_   48324  =  E,  2. 

•4 


908 


Friedrich  Zarnckb, 


r«! 


♦Paris,  Bibl.  St.  Victoris  =  Unbest.  9 

(56),  Abschrift  wohl  in  B,  26  u.  4-7. 

Prag,  Metropolit.  Cnpitelbibl.  H.  IX  = 

E,  5  (64). 
Rom,  Ottobon.  4555  =  I,  5  (16). 
_  _        2087  =  D,  4  (44  u.  45?). 

— ,     Regin.  657  =  I,  6  (57  u.  60?). 
-^,         -       4658  ;=  I,  2  (59?). 
*— ,  4  Hss.  =  Unbest.  40   (45  ;  =  44 

=  D,  4?). 
Unbest.  4  4   (58). 
Uöbest.  12V59,  =  I,2?). 
Unbest.  43  (60,  =57 
.=  I,  6?). 
— ,  Vatic.  lat.  4058  =  C,  4. 
_  _         4265  =  D,.4. 

♦Strasburg,  öff.  Bibl.  =  Unbest.  14(23) . 
Stuttgart,  Cod.  bist.  441   =  C,  3   (9). 


«Troyes,  öff.  Bibl.  4876  =  Unbest.  \l 
♦Valencia,  No.  45  =  Unbest.  16  65 
Venedig,  Marcian.  XIV,  4  98  =B,  44;S7 

— ,  —         ?        *    =  B.  19. 

— ,  Monast.    St.   Mich.    1130  =  I 

24  (47). 
♦Wien,  Hofbibl.  322  =  Unbest.  17  U 

—  352  =  C,  40  128;. 

—  443  =  E,   1. 

—  579  =  B,  9  (12  . 
_     954   =  B,  5. 

—  4068  =  I,   44   (49). 

—  2373  =  B,   13  ;«8). 

—  254  4   =  B,  17  ;*0«. 

—  3130  =  B,  25  {48}. 

—  12761   =  C,  13  ;34j 
Willanow,  fttrstl.  Bibl.  =  I,  8. 
Zwctll,  Cistercienserstift  299  =  C,2;8 


II. 

4 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

40 

44 

42 

43 

44 

45 

46 

47 

48 

49 

20 

24 

22 

23 


Vergleicbung  der  früher  (4874)  von  mir  gebrauchten  Ziffer] 
mit  der  gegenwärtigen  Bezeichnung. 


I,  4. 
I,  3. 
B,  4. 
B,  2. 
B,  3. 

B,  4. 

C,  1. 
C,  2. 
C,  3. 
I,  9. 
B,  6. 
B,  9. 
B,  40. 
B,  41. 

B,  7. 
I,  5. 

C,  5. 
B,  13. 
I,  11. 

B,  17. 

C,  9. 
B,  20. 
Unbest.  14. 


24  = 

25  = 

26  = 

27  = 

28  = 

29  = 

30  = 

31  = 

32  = 

33  = 

34  = 

35  = 

36  = 

37  = 

38  = 

39  = 

40  = 

41  = 

42  = 

43  = 

44  = 

45  = 
etwa 


Unbest.  8. 
B,  15. 
Unbest.   1. 

B,  14. 

C,  10. 
C,  44. 
C,  7. 
I,   40. 
ü,  4. 
Unbest.   47. 

C,  43. 

D,  6. 
C,   12. 

A,  2. 
I,  13. 
C,  17. 

B,  Anh.  2. 
B,  22. 

B,  Anh.  3.  i 
Unbest.  4. 
D;  4. 

Unbest.     10, 
=  D,4  =  44? 


46  =  D,  5. 

47  =  B,  24. 

48  =  B,  25. 

49  =  B,  8. 

50  =  I,  7. 

51  =  B,   18. 

52  =  B,  16. 

53  =  E,  4. 

54  =  I,   12. 

55  füllt  aus,  weil  französisch. 

56  =  Unbest.  9;   Abschrift  in  B  26. 

und  B.  27? 

57  =  I,  6. 

58  =  Unbest.   11. 

59  =  Unbest.   12,  etwa  =  I,  2? 

60  =  Unbest.  13,  etwa  =1,6=571 

61  =  Unbest.  3. 

62  =  Unbest.  2. 

63  «==  A,  1    (?). 

64  =  E,  5. 

65  =  Unbest.  46. 

66  =  A,  4. 


IIL    Text  des  Briefes. 


1.  Presbiter  Iohannes*,  potentia  et  virtute  Dei  etb  domini  nostri 
Iesu  Christi0  dominus  dominantium,  Emanueli*,  Romeon e  gubernatori f, 
salute  gaudere  et  gratia  ditandig  ad  ulteriora  transire*). 

2.  Nuntiabatur  apud  maiestatem  nostram,  quod  diligebas  ex- 
cellentiam  nostram  et  mentio  altitudinis  nostrae  erat  apud  te.  Sedh 
per  apocrisiarium1  nostrumk  cognovimus,  quod  quaedam  ludicra1  et 
iocundam  volebasn  nobis  mittere0,  unde  delectaretur  iusticia   nostra. 


*)   Ich   gebe   nachstehend    eine   Zusammenstellung   der  verschiedenen    Fassungen 
des  Titels  des  Presbyters,  wie  er  in  den  Recensionen  wächst  und  wechselt. 

4.   Alter  Text.      Iohannes  presbiter,   po-  i     Dei    et    virtute    dorn,    nostri 

tentia  et  virtute  Dei  et  domini 
nostri  Jesu  Christi  dominus  domi- 
nantium. 

t.  Interpolation  A.  loh.  pr.,  pot.  et  virt. 
Dei  et  dorn.  n.  J.  Chr.  rex  regum 
et1)  dominus  dominantium. 

3.  Interpolation  B.     loh.  pr.  pot.  et  virt. 

Dei  et  dorn.  n.  J.  Chr.  rex  regum 
terrenorum2)  et  dorn,  domin. 
(In  einigen  Hss.  fehlt  terrenorum, 
in  einer  steht  es  hinter  dorn, 
domin.  j. 

4.  Interpolation  C.     loh.  pr.  potentia 


••* 

Jesu  Christi,  oder:  potentia  Dei 
et  dorn,  nostri.  J.  Chr.  rex  reg. 
terr.  (in  einigen  Hss.  fehlt  auch  hier 
terrenorum)  et  dorn.  dorn,  uni- 
versae  terrae. 

5.  Interpolation  D.   loh.  pr.  potentia  et 

virtute  dorn,  nostri  Jesu 
Chr.  rex  reg.  (ohne  terrenorum) 
et  dorn,  domin.  univ.  terrae. 

6.  Interpolation  E.     loh.  pr.  potentia 

etvirtuteDei  et  dorn,  nostri 
Jes.  Chr.  rex  reg.  et  dorn.  dorn, 
terrenorum. 


*)  Es  ist  au/fallend,  dass  diese  Verbindung  von  rex  regum  mit  dominus  dominantium 
nicht  schon  im  alten  Texte  erscheint,  da  doch  bereits  in  der  Apocalypse  19,  16  (v.  17,  14)  beide 
Titel  zusammen  stehen:  habet  in  vestimento  suo  et  in  femore  suo  scriptum:  Rex  regum  et 
dominus  dominantium.  Vgl.  I  Tim.  6,  15.  Dass  aber  die  Zusammenstellung  nicht  das  Ursprüng- 
lichere ist,  beweist  der  Inhalt  des  Briefes,  der  ebenfalls  nur  dominus  dominantium  kennt. 

*)  Dieser  Zusatz  wird  in  der  Historia  von  Alexander  dem  Grossen  dem  persischen  Kö- 
nige beigelegt.     Vgl.  Mon.  Germ.  Scr.  VI,  64. 

«1* 


85] 


Der  Priester  Johannes. 


911 


[D]  a.  porci  agrestes  magni  ut  bubali,  ha- 
bentes  dentes  longos  per  cubitum  unum, 
canes  magni  agrestes  magnitudine  equo- 
rum,  quoruro  ferocitate  omne  genus  fe- 
rarum  superatur,  quos  nostri  venatores 
nescio  qua  arte,  qua  incantatione  quove 
ingenio,  dum  catuli  sunt  et  in  lecto  ma- 
tris,  furantur  et  eos  diligenter  nutriunt 
et  humaoizant.  b.  Postquam  vero  sunt 
magni  et  in  venatione  bene  docti,  nostrae 
maiestati  repraesentanturP,  de  quibus  in 
nostra  venatione  saepe  mille  et  plures 
habemus.  o.  Oriuntur  etiam  in  terra 
nostra  equi  agrestes,  asini  agrestes,  ho- 
mines  cornuti,    boves   agrestes,    homines 


agrestes,  monoculi,  homines  habentes  ocu- 
los  ante  et  retro,  homines  sine  capite, 
habentes  os  et  oculos  in  pectore,  quorum 
longitudo  est  XII  pedum,  latitudo  VI;  in 
colore  sunt  similes  auro  purissimo;  ho- 
mines habentes  XII  pedes,  VI  brach ia, 
XII  manus.  IUI  capita,  et  in  unoquoque 
habent  duo  ora  et  tres  oculos.  d.  Nas- 
euntur  etiam  in  terra  nostra  mulieres, 
habentes  corpora  magna,  barbas  usque 
ad  mammas,  capita  plana,  vestitae  pelli- 
bus,  venatrices  optimae,  quae  nutriunt  ad 
venacionemi  bestias  pro  canibus,  leonem 
contra  leonem,  ursum  contra  ursum,  cer- 
vura    contra   cervum    et  sie  de  ceteris; 


[boves  agrestes1],  sagittarii",  homines  agrestes,  [homines  cornuti*], 
fauniu,  satiri*  et  mulieres  eiusdem  generis,  pigmei,  cenocephaliw, 
gygantesx,  quorum  altitudoy  est  quadraginta  cubitorum,  [monoculi*], 
cyclopes*  et  avis,  quae  vocatur  fenix,  et  fere  omne  genus  animalium, 
quae  sub  caelo  sunt. 


[D]  e.In  quibusdam  aliis  provineiis  nostris 
oriuntur  formicae  masnitudine  catulorum, 
habentes  VI  pedes  et  alas  b  quasi  locustae 
marinae,  et  habent  dentes  infra  os.  qui- 
bus comedunt,  maiores  quam  canes,  et 
dentes  extra  os  maiores  quam  silvestres 
apri,  quibus  perimunt  tarn  homines  quam 
cetera  animalia.  Et  Ulis  peremptis  sta- 
tim  eos  devorantc.  £  Non  est  siquidem 
mirum,  sunt  cnim  in  cursu  ita  veloces, 
ut  putares  sine  dubio  volare,  ideoque  in 
Ulis  provineiis  non  habitant  homines  nisi 
in  tutis  et  muniMssimis  locisd.  g.  Istae 
namque  formicae  ab  occasu  solis  usque 
ad  terciam  horam  diei  sunt  sub  terra  et 
iota  nocte  fodiunt  aurum  purissimum«  et 


proferunt  in  lucem.  A  tercia  vero  hora 
diei  usque  ad  occasum  solis  sunt  super 
terram  et  tunc  comedunt.  Dein<lo  intrant 
sub  terram f  ad  fodiendum  aurum.  Et  sie 
faciunt  per  singulos  dies?,  h.  In  nocte 
namque  descendunt  homines  de  munici- 
onibus  suis  et  colligunt  aurum,  quod  ele- 
phantis,  ypothamis,  camelis,  camethurnish 
et  aliis  bestüs  magnis  corpore  et  potenti- 
bus  virtute*  imponunt  etk  deferunt  omni 
die1  ad  aernria  nostra.  In  nocte  laborant, 
arant,  seminant,  metuntm,  vadunt  et  ve- 
niunt,  et  faciunt  quaeeunque11  volunt,  in 
die  vero  nullus  audet  apparere,  donec  for- 
micae sunt  super  terram,  et  hoc  forlitu- 
dine°  et  ferocitate  ipsarum  formicarum. 


[C]  15«  Habemus  alias  gentesP,  quae  solummodo  veseuntur  carnibus  lam  Dominum 
quam  brutorum  animalium  et  abortivorum,  quae  nunquam  timent  mori.  Et  cum  ex 
hisi  aliquis  moritur,  tarn  parenles  eiusr  quam  extra nei  avidissime  comedunt  eum, 
dicentes:  »Socratissimum»  est  humanam  carnem  manducaret«.  16.  Nomina  quarumu 
sunt  haec:  Gog  et  Magogv,  Amic,  Agicw,  Arenar*,  Defary,  Fontineperi*,  Conei,  Sa- 
mantae,  Agrimandi,  Saltcrcia,  Armei,  Anofragei,  Annicefelei,  Tasbei,  Alaneib.  17.  Isla« 
nempe  et  alias  mullas  generationes  Alexander  puer  magnusc,  rex  Macedonum,  con- 
clusitd  inter  altissimos  montes  in  partibus  aquilonis.  Quas  cum  volumus  dueimus 
super  inimicos  nostros  et  datae  ei«  licentia  a  maiestate  nostra,  quod  eos  devorent, 
continuof  nullus  hominum.  nullum?  'animalium  remanet,  quin  statim  devoreturb. 
18.  Inimiris  namque  devoratis,  redueimus  eas*  ad  propriak  loca.  Et  ideo  reducitnus, 
quia,  si  absque  nobis  reverterentur,  omnes  homines  et  universa1  animalia,  quae  in- 
venirent,  penilus  devoraretit.  |19.  Istae m  quidemn  pessimae  generationes  ante  con- 
summationem0  saeculi  tempore  p  Antichristi  egredientur  a  quatuor  partibus  terrae  et 
cireuibuntq  universa  castra  sanetorum  et  civitatem  magnam  Romain,  quam  proposui- 
musr  dare  filio  nostro,  qui  primo  nascetur"  nobis,  cum  univer>a  Italia  et  Iota  Ger- 
mania et  ulraque  Gallia,  cum  Anglia,  Britannia  et  Scotia ;  dahinaus*  ei  Hispaniam  et 
totam  terram  usque  ad  mare  coagulatum.  20.  Nee  mirum,  quiau  numerus  carum* 
est  sieul  harena,  quae  est  in  litore"  maris,  quibusx  certe  nulla  gens,  nulluni  regnumy 
resistere  poteritx.J  Hae  vero  generationes,  sicut  quidam  propheta  prophetavit&,  propter 
suasb  abhominationes  non  erunt  in  iudicio,  sed  deuse  mittet  super  eas  ignem  de  caelo, 
et  ita  consummabit  eas,  quod  nee  etiam  cinis  ex  eisd  remanebit. 


87] 


Der  Priester  Johannes. 


913 


itinere  dierum  trium  nonv  longe  a  paradyso,  unde  Adam  fuit  ex- 
pulsusw.  28.  Si  quis  de  fönte  illo  terz  ieiunus  gustaveril,  -nulluni 
ex  illa  diey  infirmitatem  patietur,  seinperque  erit1  quasi*  in  aeiate 
XXX  duoruinb  annorum,  quamdiu  vixerit.  29.  Ibi  sunt  lapilli,  qui 
vocantur  midriosic,  quos  frequenter  ad  partes d  nostras6  deportare 
solentf  aquilaeg,  per  quos  reiuvenescunth .  et  lumen  recuperant*. 
39.  Si  quis  illumk  in  digito  portaverit,  ei  lumen  non  deficit,  et  si 
est1  iinminutum ,  restituitur  et  cum"  plus  inspicitur,  magis11  lumen 
acuitur0.  Legitimo  carmine  cönsecratus  hominem  reddil  invisibilem, 
fugat  odia,  concordiam  parat p,  pellit  invidiamq. 


[E]  1.  In  extremis  mundi  partibus  versus 
meridiem  habemus  quandam  insulam  mag- 
nam  et  inhabitabilem,  in  qua  dominus  omni 
tempore  bis  in  septimana  copiosissime r  pluit 
manna,  quod  a  populis  circumhabitantibus 
colUgitur  atque  comcditur*,  nee  alio  eibo 
veseuntur.  Non  enim  arant,  seminant,  me- 
tunt,  nee  aUquoi  modo  conmovent  terram 
ad  uberritnum  fruetum  pereipiendum  ex  ea. 
Sapit  hoc*  namque  manna  in  ore  ipsorum 
quemadmodum  sapiebaty  in  ore  ßUorum 
Irahet™  in  exitu  de  Egypto.  2«  Isti  siqui- 
dem  non  connoseunt  mulieres  nisix  suas 
uxores,  Non  habent  invidiam  nequey  odium, 
paeifice  vivunt,  non  litigant  inter  se  pro 
suo%;  super  se*  non  habent  maioremb  nisi 
quem  miserimus  pro  tributo  nostro  reci- 
piendo  c.  Solvunt  namque  d  pro  tributo  sin- 
guUs  annis  maiestati  noslrae  L  elephantes 
et  totidem  ypotamos,  et*  ipsos  honeraios 
[purissimo  balsamo,  et  totidem  honeratos1] 
lapidibus  preciosis  et  obrizo*  auro.  Habun- 
dant  certeh  homines*  terrae  illius*  lapidi- 
bus preciosis  fulrissimoque  auro.  3*  Isti 
homines,  qui  sie  caelesti  pane  vivunO,  om- 
nes- vivunt in  quingentis  annis  Verumtamen 
in  capite  C  annorum  reiuvenescuntn  et  re- 
novantur  omne*°  bibendo  ter  de  quodam 
fönte ,  qui  egreditur  ad  radicemv  cuiusdam 
arboris  jJW'i  stantis,  videlicet  in  praedieta 
insula.  Et  aqua  ter  sumpta  seu  bibita,  ut 
itü  dicam  senectutem  C  annorum  ita  abi- 
ciunt  et  ea  ita  denudantur,  ut  sine  hesita- 
tioner  rideantur*  esse  in  aeiate  XXX*  vel 
XLn  annorum  et  non  amplius.  Et  sie 
semper  singulis*  C  annis  reiuveneseunt™ 
et  ex  toto*  mutantur.  4k.  Porro  finitis  DY 
annis  moriuntur  et z,  ut  est  consuetudo  gen- 
tis  illius*,  non  sepelliuntur  set  deferunturh 
ad  praenominatam  insulam  etc  adA  arbores 
ülöe  stantes  eriguntur,  folia  quorum  nullo 
tempore  deeidunt  elf  sunt  densissima.  Vm- 
bra  quorum  foliorum  gratissima  et  earum 
arborum  fruetus  odore*  suavissimo.  Caro 
illorum  mortuorum  non  paüescit,  non  pu- 
trescit,  non  umescith,  non  einer escit  seu 
pulverescit,  sed'1  sicut  vivens^  eraO  recens 
et  colorata,  sie  permanebit  usque  ad  Anti- 
christi  tempora  illaesa,   sicut  quidam  pro- 


pheta  propketavit.  5.  Temporibus  vero  An- 
tichristi,  ut  sermo  divinus  impleaturm,  qui 
dictus  est  ad  Adam:  terra  es  et  in  terram 
reverterisn,  tunc0  quidem  aperietur  per  se 
terra  profundissime,  nuüo  eam  fodiente,  et 
sie  absorbebit  p  eos  terra.  Et  i  Ulis  absorbtis 
claudetur  terra,  sicut  prius  erat,  et  ita  caro 
illorum  sub  terra  fiet  terra,  et  inde  resur- 
gentr  et  venient  ad  iudicium  iudicandi* 
aut*  iudicaturi. 

6.  Est*  etiam  versus  septentrionem  in* 
ea  parle,  in1"  qua  mundus  ftnitur,  quidam 
noster  locus,  qui  dicitur  caverna  draconum 
Longe  laleque  nimia  difftcuUatex  et  asperi- 
tale  asperrimus  atque  difficilis,  profundis- 
sima  profunditate  profundissimus  est  et  mul- 
tum  cavernosus  seu  latebrosus.  In  quo 
quidem  loco  sunt  in/tnita  milia  draconum 
terribilium,  quos  incotae  iüarum  provmcia- 
rum  circumastantiumy  cum  maxima1  dili- 
gencia  custodiunt,  ne  aliqui*  Indorum  in- 
cantatoresb  velc  aliunde  venientes  quem- 
quamA  illorum  draconum  queant  furari. 
7.  Solent  namque  prineipes  Indorum  in 
nuptiis  et  in  aliis  convivüs  suis  dracones* 
habere f  et  sine  draconibus  non  putant  ple- 
num  convivium  habere.  Et  sicut  pastores* 
armentorum  eth  iumentorum  pullos*  equo- 
rum  solent  humiliare  et*  humanizare,  do- 
cere  atque  domare,  ac  propriis  nominibus 
eos  vocare,  frenum  et  sellam  eis  imponere 
et  quoeunque  volunt  equitare,  [sie  et1  isti 
homines,  qui  habent  cuslodiam  et  discipli- 
namm  draconum,  praepositin  draconum0, 
suis  incantacionibus  et  venefieiis  eosdem 
dracones  humilidnt,  humanizant,  docent? 
atque  perdomant  et  propriis  nominibus  eos 
vocant,  frenum  et  sellam  eis  imponunt  et*, 
quando  et  quoeunque  volunt,  equitant, 
7a.  Isti  populiT  draconum  singulis  annis 
magnificentiae  noslrae  solvunt*  pro  tributo 
C  homines,  magistros  draconum,  et  Cl  dra- 
cones ita  humanizatos* ,  quod  sunt  inter  ho- 
mines veluty  oves,  et  cum  hominibus™ ',  Ca- 
put et  caudam  hincx  et  illincy  deducendo, 
admirabiliter*  ludunt*,  sicut  canes,  Isti 
nempe  homines  cum  draconibus  sunt  nostri 
cursores,    quos,  cum   noslrae  placet0  cto- 


89] 


Der  Priester  Johannes. 


915 


propter  inveniendos  lapides0  aliquandop  tribus  vel  quatuor  mensibusq 
sub  aqua  tan  tum r  vivant. 

41«  Ultra  fluvium  vero  iapidum8  sunt  x  tribus  Iudaeorum,  qui 
quamvis  fingant  sibi  reges,  servi  tarnen  nostri  sunt  et1  tributarii  ex- 
cellentiae  nostrae11. 

42*  In  alia  quadam  provinciaT  iuxta  torridam  zonam  sunt  vermes, 
qui  lingua  nostra  dicuntur  salamandrae.  Isti  vermes  non  possunt 
vivere  nisi  in  igne,  et  faciunt  pelliculamw  quandam  circa  se,  sicut 
a1iiz  vermes,  qui  faciunt  sericum.  43.  Haec  pellicula  a  doroinabus 
palatii  nostri  studiose  operatury,  et  inde*  habemus  vestes  et  pannos* 
ad  omnem  usum  excellentiae  nostrae.  Isti  panni  non  nisi  in  igne 
for titer  accenso  lavantur. 

44.  In  auro  etb  argento  etc  lapidibus  preciosis,  elcphanlibusd, 
droraedarris,  camelis6  etf  canibus  habundat  serenilas  nostra.  45«  Omnes 
extraneos  bospites  et  peregrinos8  recipit  mansuetudo  nostra.  Nullus 
pauper  est*  inter  nos.*  46,  Für  nee1  praedok  invenitur1  apud  nosm, 
necB  adulator0  habet  ibi  locum  neque  avaricia.  Nulla  divisio  est 
apudp  nos.  Homines  nostri  habundant  inq  omnibus  divieiis.  Equos* 
paueos  habemus  et  viles8.  Neminem  nobis*  habere  credimus11  parem 
in  divieiis  nee  in  numero  gentium. 


[E]  8«  Praeterea  inter  cetera T  mirabilia 
nostrae  terrae,  quae  hominibus  videntur 
nimis™  incredibiliax,  habemus  V  lapides 
incredibiUter  virtuosos  magnitudine  avel- 
lanae.  9*  Primi  quorum  natura  y  talis* 
est,  quod  tarn  in  yeme  quam  in  aestate, 
si*  sub  divoh  ponatur,  undique  circa  se  ad 
X  miUaria  tarn  magnum  et  itac  asperri- 
mum  frigus  facit d,  quod  nuüus  siquidem 
hominum  nuüumquee  animalium  per  di- 
midiam  die  tarn {  possit  pati ,  quin  statim 
constipetur  et  moriatur.  10.  Secundi  lapi- 
dis  natura  est  talis,  quod  similiter  tarn  in 
ieme  quam  in  aestate,  si  sub  caelo  ponitur, 
tarn  magnum  et  ita  ferveutissimum  calorem 
faciat9,  quod  nulla  vivens  creatura  per  di- 
midiatn  die  tarn h  posset  pati,  quin,  velut 
stupa  in  camino'1  ignis  ardentis  conburitur, 
penitus  conburatur  ac  in  cinerea  resolva- 
tur*.  11«  Tercius  lapis  est  mediusm  inter 
utrumque.  Qui  non  est  frigidus  neque  ca- 
lidus  sed  estn  frigidus  et  calidus0;  in  utro- 
que  ita  estv  contemperatus,  quod**  huius  et 
huius  intemperiem  ita r  modificat ,  quod 
eorum  asperitas  in  nullo  quidquam*  polest 
nocere.  12.  Quartus  lapis  talis  est,  quod, 
si  in*  media  nocte  in  magnis  tenebris  sub 
caelo  ponitur,  circa u  se  ad  decem  miliaria 
tarn  magnum  lumen  et  splendorem  facit, 
quod    nihil*    tarn    subtile    tarn™    exiguum 


polest*  cogitariy,  quin*  quisque*  tamquamb 
in  media  die,  sole  luiHdissime  lucente,  cla- 
rissime  posset  intueri.  13«  Quintus  vero 
talis  est,  quod,  si  in  media  die,  fervescenle 
sole,  ponitur  sub  caelo,  undique  circa  se 
similiter c  ad  X  miliaria  talem  facit  cum 
tenebris*  obscuritatem ,  quod  nullus  siqui- 
demA  mortalium  polest  aliquid  videre,  nee 
eliam  potest  ubi  sit*  scire  vel*  cogitare. 
14.  Istig  namque  lapides,  ut  dictum  est, 
si  sub  caelo  fuerint  positi,  praedietas  haben t 
virtutes,  si  veroh  fuerint  absconsi,  nee  istas 
virtutes  habent  nee  alias,  immo  ita  defor- 
mes sunt,  quod  nichil  penitus  valere  vi- 
dentur. 

15«  Alios  V  lapides  habemus,  III  quorum 
sunt  consecrati  et  II  inconsecratiK  16»  Pri- 
mus istorum  duorumk  naturaliter  talis  est 
virlutis1,  quod,  si  ponatur m  in  vas  plenum 
aquan,  statim  ex  ipsa  aqua  fit  lac  albissi- 
mum,  ad  comedendum  atque  ad°  bibendumv 
dulcissimumK\  acT  suavissimum ,  de  nullo 
siquidem  animali  eo  melius  et  suavius*. 
Si  vero  ex  ipsa  aqua1  lapis  isteu  astra- 
hatur1*,  remanet  utrumque w  quod  erat. 
17«  Natura  secundi  lapidis  talis  est,  quod 
similiter,  si  in  vas  plenum  aqua  ponatur, 
illico  ex  ipsa  aquax  fit  vinum  meracissi- 
mumy,   multum  redolens   et1  ad  bibendum 


<M] 


Der   Priester  Johannes. 


917 


tyros  et  alios'  serpentes,  qui  .vocantur  terrentes8.  54«  Apud  nos 
capiunlur  pisces,  quorum  sanguine1  tinguituru  purpura.  55*  Municiones 
habemus  multas,  gentes  forlissimasv  et  diversiformesw.  Dominamur 
Amazonibus  et  etiam  Pragmanis*. 


[D]  k.  Amozones  sunt  mulieres,  quae 
habent  reginam  per  se,  habitacio  quarum 
est  una  insula,  quae  extenditur  in  7  omni 
parte  usque  ad  mille  miliaria,  et  circum- 
cingitur  undique  quodam  flumine,  quod 
non  habet  principium  ncque  finem,  sicut 
anulus  sine  gemma.  Latitudo  huius  flumi- 
nis  est  M.  quingentorum  LXVZ  stadioruin. 
1.  In  isto  namque  flumine  sunt  pisces 
dulcissimi  ad  comedendum  [et  aptissimi 
ad  capienduma].  Sunt  et  alii  pisces  ibi- 
dem, formati  ut  magni  dextrarii,  habentes 
quatuor  pedes  optime  dispositos,  Collum 
longum  decenter,  caput  breve,  au  res  acu- 
tas  et  caudas  iacentesb  maxi  nie  conveni- 
enterc.  m.  Isti  siquidem  naturaliter  sunt 
ita  humani,  velud  ab  hominibus  essent 
notrill,  et  in  cursu  ita  veloces,  sicuti  venti 
marin i,  [qui  ultrod  se  ad  captendum  in 
littore  offerunt,  bini  et  bini  i.  masculus 
et  fetaella6].  Quos  quando  volunt  Araa- 
zones  equitant  tota  die,  et  in  nocte  sinunt 
eos  in  aquam  redire.  n.  Non  enim  pisces 
sine  aqua  possunt  vivere  ultra  diem.  Sunt 
et  alii  formati  ut  pulcherrimi  pallafredi 
vel  muH  [et  pingues  ut  rombif],  quos  per 
totam  diem  similiter  equitant,  in  sero  di- 
mittunt  eos  in  aquam  ire.  Alii  sunt  ut 
boves  et  asini  formati,  quibus  aranl,  se- 
minant,  ligna  lapides  et  quaecunque  volunt 
trabunt  tota  die,  et  in  nocte  sunt  in  aqua 
usque  ad  alium  diem.  o.  Sunt  et  alii 
formati  ut  parvi  et  magni  canes,  et  ita 
veloces  sunt  in  cursu  et  in  venacione 
docti,  quod  nulla  bestia  potest  ante  eos 
fugere  vel  latere ,  quin  statim  capiatur. 
Alii?  sunt  ut  pulcherrimi  aeeipitres  vel 
au9turesh,  falcones  hrodiones»  formati,  et 
sunt  ita  pulcherrimi,  ac  si  deoies  vel  vicies 
essent  rautati,  ac  ita  sunt  fortes  et  velo- 
ces in  volatuk,  quod  nulla  siquidem1  avis 
potest  fugere  ab  eis,  ut  non  statim  ca- 
piatur1". p.  Mariti  praedietarum  mulierum 
non  moranturn  cum  eis  nee  audent  ad 
eas  venire  nisi  statim  vellent  mori,  sed 
habitant  in   ripa    praedicti  fluminis  ultra. 


Statutum°  est  enim,  quod  quieunque  vir 
intraverit  praedietam  insulam,  ipso  die 
morieturP.  Istac  namque  vadunt  ad  eos 
et  slanl'i  cum  eis  per  septimanam  vel  per 
XV  dies  vel  plurcsr  et  postea  dimittunt 
eas  ad  alias  redire8.  q.  Quando  naseun- 
tur  pueri,  nutriunt  eos  usque  ad  VII 
annos  et  postea  reddun t  eos  patribus. 
Quando t  vero  nascunturu  puellae,  relinent 
eas  secumv.  Istae  Amazone«  sunt  doc- 
tissimae  in  hello  et  maxime  in  arcu,  Con- 
us* et  venabulis.  r.  Habent  arma  argen- 
tea,  quia  non  habent  aliud  »es  sive  metal- 
lum  nisi  argentum,  unde  faciunt  vomercs, 
ligones,  securim  et  alia  instrumenta x. 
Habent  etiam  terrenosy  equos  forttssimos 
[et  velocissimos2],  super  quos  pugnant,  et 

[cum  pugnant a]  in  ipsa  pugna b,  ut 

ante  et  retro  [et  ex  omni  parte0]  vulnerent 
[et  perimantd]  inimicos.  [Velocius  siqui- 
dem se  volvunt  super  equos  quam  volva- 
tur  ipsa  rota  figuli,  quum  est  in  maximo 
motu  rolandi*].  Currunt  nempef  propriis 
pedibus  ita  ut,  sig  simul  cum  sagitta 
emissa  fuerit  deh  arcu  ineipiunt  ire,  ante- 
quam  cadot  in  terram,  velocissimo»  cursu 
eam  manu  reeipiant.  s.  Quando  attitudini 
nostrae  placet  ex  hiis  exercitum  colligere, 
super  inimicos  noslrosk  dueimus  decies 
centena  milia  vel  plures,  si  volumus. 
Mariti  vero  earum  seeuntur  ens,  non  ut 
pugnent1  sed  ut  adorent  eas,  cum  redeunt 
de  pugna  cum  victoria. 

t.  Bragmani  infiniti  sunt  et  simplices 
homines,  ßuram  vitam  ducentes.  Noiunt 
plus  habere  quam  racio  naturae01  exigitn. 
Omnia  compaciuntur0  et  sustinent.  Illud 
dieunt  esse  superfluum  quod  non  est  ne- 
cessarium00.  Sancti  sunt  in  carne  viventes. 
u.  Quorum  sanctiiatc  et  iusticia  universa 
fereP  chrislianitas  ubique^  8ustentaturr, 
ut8  credimus,  et*  ne  a  dyabolo  superetur, 
oracionibus  eorum  defendituru.  Isti  ser- 
viunt  maiestati  nostrae v  solummodo  ora- 
cionibus suis  nee  nos*  aliud  ab  eis  habere 
volumus. 


56.  Palatiura  vero1,  quod  inhabitat  sublimitas  nostra,  ad  instar 
et7  simiiitudinem  palacii,  quod  aposlolus  Thomas  ordinavil  Gundoforo2, 
regi  Iudorum,  in  ofGcinis*  et  reliqua  struetura  per  omnia  simile  est 
Uli.  57»  Laquearia,  tignab  quoque  et  epistilia  sunt  de  lignis  cethim0. 
Coopertura  eiusdem  palacii  est  de  ebenod,  ne  aliquo  casu  possit 
comburi.  In  extremitatibus6  verof  super g  eulmen  palacii  sunt  duo 
poma  aurea,  et  in  unoquoque  sunth  duo  carbuneuli,  ut  aurum  splen- 
deat'   in    die    et   carbuneuli   luceantk  in    nocte.     58,  Maiores   palacii 


93]  Der  Priesteb  Johannes.  919 

am itleret  quasvias  ventus  a  intrat  et°  per  auream  columpnam  exitv,  quae  est*  versus 
visum.  y.  rutam  inclinatar  et 8  usque  ad  eandem  rotam  extenditur,  et  inferius  est1  larga" 
Si mililer  et  stricto  super ius,  ut  ventus  fortius*  et™  durius  et  maiori  impetu  rotam  re- 
granum  verberei x  et  eam  volvere  faciaty  velocius.  23«  Similiter  fecitnus  fieri  ab  occi- 
virtute  dente ,   meridie  et  septentrione,  ut,  undecunque  ventus  veniatz,  faciat  molen- 

lapidum  dinutn  indesinenter  et  continue  volutare a  super  domum  rotundam  seu  globeam, 
per  (juan-  quae  non  est  largior**  quam  ipsae  tnolae  sunt  lalaec,  quaed  sunt  interius*.  24* 
dam  co-  El  non  est  ibi  hostium  neque  fenestra,  nef  ventus  aliqüando  posset  ventilare 
lunipnam  farinam  et  spergere.  25«  Praecepimus  alteram*  domum  Jieri  largam  et  altamht 
ascendit  ad  quam  ascendilur  per  centum  XL  gradus,  et*  per  totidem  ex  plia  parte 
in  molen-  descenditur ,  quorum  alii  sunt  de  auro ,  alii  de  argento ,  alii  de  preciosis 
\  dinum  et  lapidibus  mixtimk  inier  se  dispositis.  26*  Huius  scalae  latitudo  est1  X  ul- 
per  quan-  narum ,  et  est  ita  ampla™,  quod  portal  magis  quam  plaustrum  oneratumn 
dam  des-  frumento0.  Galli,  qui  nascuntur  in  quadam  insulaV  noslra,  qui*i  sunt  maiores 
cendit  strucionibus  r ,  et  etiamB  ipsi  struciones  per  ipsam  scalam  facillime  superius  ad 

farim  in  molendinum  trähiMt.  27*  In  pavimento  huius  domus ,  quod  est  tectum  molen- 
circulura,  dini,  est  quoddam  foramen  magnum ,  per  quod  frumentum  in  molendinum 
ubi  a  mittilur,  ad  quod  officium  deputati  sunt  omni   die  CC  homines,  nee1  possunl 

pistoribus  tantum11  nutrire*,  quod  molendinum  sacietur".  28*  Est*  etiam  in  istoY 
panis  effi-  molendino  inferius  infra  columpnas  aliud  foramen  in  ea  parte,  unde%  molen- 
citur  et  in  dinum  expuit  farinam,  quae  descendit  in  pistrinum  per  columpnam  fusilem 
clibano  magnam   et  auream,  quae  columpna  est  ita  coniuneta  foramini,  quod  nullus 

facto  ex  umquam  posset  aliquo  modo a  pereipere b.  29.  In  quo  pislrino  noster  furnus 
asbestod  esti:  f actus  mirabUiter.  Est  enimd  furnus  f actus  exterius  de  lapidibus  preciosis 
ponitur  et  et*  auro,  interius  caelum  etf  parietes  sunt*  de  albestoh  lapide,  cuius  natura 
coquitur.  talis  est,  quod,  semel  calefactus  sit*,  deinde  inremissibiliter  sine  igne  semper 
Pavimen-  eril  calidus.  Pavimentum  vero  est  de  auro  adamantinok,  fortitudo  cuius 
tum  cli-  neque  ferro1]  neque  igne  neque  alio  medicamine  potest  confringi  sinein  yrcino 
bani  est  sanguine.  Sub  isto  itaquen  pavimento  feeimus  aliud  pavimentum  fieri 
de  topazio  viridi,  qui  naturaliter  est  l'rigidus,  ut  caliriilas  asbesti  temperei ure.  Alio- 
quin  panis  non  coqueretur  sed  cnnburereturf.  Tanlus  est  caior  asbesti.  z.  Longitudo 
huius  furni  est  XL  cubitorum,  laiitudo  XV.  Hoslia  sunt  hinc  et  inde  X*,  et  pro  uno- 
quoque  hoslio  sunt  X  pistores  h,  et  unusquisque  pistorum  habet  de  beneficio  furni 
possessiones*  quingentorum  militum  et  alias  divicias  multask.  Magister  vero  pistorum 
habet  lantum  quantum  omnes  pistores  [et  pio  honore  prineipatus  habet  tantumdem 
plus  omnihus1].  Totidem m  sunt  molendinarii  et  omnes n  sunt  in  beneficio  aequa- 
les  cum°  pistoribus  nostris,  [quod  si  pistores  pauciores  essent  molondinariis  aut 
molendinarii  pauciores  pistoribus  .  aliqüando  invidia  et  contencio  posset  inter 
eos  oriri.  Ideoque  placuit  maiestati  nostrae  eos  tarn  in  numero  quam  in  beneficio 
coaequareP]. 

67«  Ante  ibres  palatii  nostri  iuxta  locum,  ubi  pugnantes  in  duello 
agonizant,  est  speculum  praecelsae  raagnitudinis,  ad  quod  per  CXXVq 
gradus  ascenditur.  68.  Gradus  veror  sunt  de  portiritico8,  partim  de1 
serpentino"  et  alabastro  a  tercia  parte  inferius.  Hinc  usque  ad 
terciam  partem  superius  sunt  de  cristallo  tepidev  etsardonico.  Superior 
vero  tercia  pars  de  ametisto,  arabra,  iaspide  etw  panthera\  69.  Spe- 
culum vero  una  sola  columpnay  innititur2.  Super  ipsam  vero*  basis 
iacens,  super  basimb  columpnae  duae,  super  quas  item  alia  basis c  et 
super  ipsam  quatuor  columpnae,  super  quas  item  alia  basis  et  super 
ipsam  VIII  columpnae,  super  quas  item  alia  basis (  et  super  ipsam 
columpnae  XVI,  super  quas  item  alia  basis,  super  quam  columpnae 
XXXII,  super  quas  item  alia  basis  et  super  ipsam  columpnae  LXIUI, 
super  quas  item  alia  basis,  super  quam  item  columpnae  LXIIII,  super 
quas  item  alia  basis  et  super  ipsam  columpnae  XXXII.  Et  sie  descen- 
dendod  diminuuntur*  columpnae,  sicut  ascendendo  creverunt,    usque 


920  FftieDfiicH  Zarncke,  W 

ad  unam.  7*.  Columpnae  autem  et  basesf  eiusdem'  generis  lapidum 
sunt,  cuius  et  gradus,  per  quos  ascenditur  ad  eash.  71«  In  summitate 
vero  supremae1  columpnae  est  speculum,  tali  arte  consecralumk,  quod 
omnes  machinationes  et  omnia,  quae  pro  nobis  et1  contra  nos  in 
adiacentibus  et  subiectis  nobis  provinciis  fiunt,  a  contuentibus  liqui- 
dissiinem  videri  possunt*  etcognosci0.  72.  Custoditur  autem  a*  XII1 
milibusr  armatorutn  tarn  in  die  quam  in  nocte,  ne  forte  aliquo*  casu1 
frangi  possit  autu  deici. 

73«  Singulis  mensibus  serviunt  nobis  reges  VII,  unusquisque  illo- 
rura  in  ordine  suo,  duces  LX1P,  comites  CGCLXV  in  mensa  nostra, 
exceptis  Ulis,  qui  diversis  ofticiis  deputati  sunt  in  curia  nostra.  74.  Id 
mensa  nostra w  comedunt  omni  die  iuxta  latus  nostruni  in  dextra1 
parte  archiepiscopi  XII,  in  sinistra  parte7  episcopi  XX  %  praeter 
patriarcham  sancli  Thomae  et  protopapatena  Sanuagantinuni*  et  archi- 
protopapaten  de  Susis,  ubi  thron usc  et  soliumd  gloriae  nostrae  residet 
et  palacium  imperiale.  Quorum6  unusquisque  singulis  mensibus  redeunt 
ad  domumf  propriamg  per  vices  suas.  Ceterih  a*  latere  nostro  noo- 
quamk  discedunt1.  75«  Abbates  verom  secundum  numerum  dierum 
anni  serviunt  nobis  in  capella  nostra  et  singulis  mensibus  redeunt' 
ad  propria0,  et  alii  totidem  singulis  kalendisp  ad  idem  officium 
capellae  revertuntur. 

[B,  und  zwar  noch  am  Schlüsse  des  Ganzen,  hinter  potestatem 
nostram,  erst  in  C  an  diese  Stelle  gerückt],  76.  Habemus q  aliud  pab- 
tium  non  maiorisr  longitudinis  sed  maioris  altitudinis  et  pulcritudiaLs. 
quod  factum  est8  per  revelationem,  quae1,  antequam  nasceremur,  ap- 
paruitu  patri  nostro Y,  qui  ob  sanctitatem  et  iusticiam,  quae  mirabiliter 
vigebantw  in  eo,  vocabattfr  Quasideus*.  77*  Dictum  namque  est  ei 
in  somnis:  »Fac  palatium  filio  tuo,  qui  nasciturus  est  tibi7,  qui*  erit* 
rex  regum  terrenorumb  et  dominus  dominantium  universae  terrae. 
78.  Et  habebit  illud  palatium  a  Deo  sibi c  talem  graliam  collatam: 
quod  ibid  nullus  unquam6  esurietf,  nullusg  infirmabitur,  [C]  null«  • 
nullus  etiamh  intus  existens  potent  mori1  in  illa  die,  die,  qu  i* 
qua  intraverit.  Et  si  validissimam  famem  quis  habuerit  travents  »■ 
etk  inürmetur1  ad  mortem,  sim  intraverit  palatium  et  finnabHur.wi- 
steterit  ibi  per  aliquam  moram11,  ita  exiet0  saturp,  ac  Jus  esunet,  *c 
si  de  centum  ferculis  comedisset,  et  ita  sanus,  quasi q  ibi  quis  su* 
nullam  infirmitatem  in  vitar  sua  passus  fuisset8.«  monetär. 

[C]  79«  Nascetur  etiam    in   eo  fons  quidam   super   omnia    sapidissimus  et  odtri- 
ferus,  qui  n unquam  exibit  de  palacio,  sed  de  uno  angulo ,   quo    nascetur0    flaet  f* 


95] 


Der  Priester  Johannes. 


924 


palacium  ad  alium  unguium  ex  adverso,  et  ibi  recipiet  eum  terra,  et  sub  terra  rever- 
teturv  ad  ortum  suum,  quemadmodum  sol  dew  occidente  revertiturx  sub  terra  ad 
orienlem.  80*  Sapiet  enim  in  ore>  cuiusque  gustantis  quicquid  optabit  comedere  et 
bibere.  Tanto  siquidcui  odore  replebit  palacium ,  ac  si  omnia  genera  pigmentorum, 
aromatum*  et  unguenlorum  ibi  pilarentur  et*  coromoverenturb  et  multo  his  plus 
omnibus c.  81*  De  quo  quidemd  fönte  si  quis  per  triennium.  et  trimensium  et  tres 
septimanas  et  per  tres  dies  et  per6  tres  boras  omni  die  ter  .ieiunus  gustaverit  et  in 
tribus  borisf  ita  gustaverit,  quod  nee*  ante  ipsam  boram  cth  post  horam,  sed  in  spacio, 
quod  est  infra  principium  et  finem  uniuscuiusque  istarum  trium  horarum,  ter  ieiunus 
gustaverit,  ante  siquidem*  treccntos  annos  et  tres  menses  et  tres  septimanas  et  tres 
dies  et  tres  boras  non  morietur,  et  erit  semper  in  aetate  extremae  iuventutis.  [82* 
Porrok  quicumque  tamdiu  vixerit,  in  ultima1  die  praedictorum  temporum  convocabit 
parerites  et  amicos  suos  et  dicet  eis:  »Amici  mei  et  proximi  meim,  ecce  iamn  cito° 
moriarP.  Rogo  vos,  ut  claudalis  super  me  sepulchrum,  eil  orate  pro  me.«  83*  Hoc 
nempe  dicto  ilico  intrabit  sepulcbrum  et,  valedicens  eis,  deponet  se,  quasi r  velit  dor- 
mire  et  ut  impleatur  prophetia  »finita  iam8  bora  reddet*  animam  creatori  suo.«  84*  Vi- 
dentes  autem  hoc  ornnes  more  solitou  plangent  super  corpus  dilecti  et  clauso  sepulcbro 
commendant  eum  domino  et  recedunt. 


[E]  30»  Et  quod  tibi  hoc  eveniat,  hoc  tibi 
sit  Signum: 

31«  In  planicie,  quae  dicitur  Rimoc  *,  est 
quidam  lapis  magnus  et  excelsus ,  quem 
Porus,  rex  Indorum,  mirabiliter  fecit  com- 
planari  et  quadrari.  Altitudo  cuius  w  est 
C  passuum  et  latitudo  L ,  et  undique  ab 
hoc  lapide  extenditur  haec  planicies  fere 
per  XX  miliar ia.  32«  In  qua  x  quidem  non 
est  arbor  neque  lapis,  non  est  collisy  neque 
vallis,  sed  sunt  ibi  multi  fontes  et  rivuli* 
dulcissimi,  passim  per  planiciem  manantes ; 
et  omnia  genera  herbarum  odoriferamm  ibi 
repperiuntur.  33«  Super  quem  lapidem 
hoc*  nocte  nascetur  tanta  et  talis  arbor , 
quanta  et  qualisb  numquam  fuit  visa  a 
principio  mundi,  nee  eritc  usque  ad*  finem. 
Ad  quam  nulla  avis  accedet ,  ne  aliquo 
modo   possit*    deturpari.      Nullum    eciam 


foliorum  eius,  quae  sunt  densissima  et  velud 
aurum  lucidissimat  aliquo  tempore  cadet{. 
34*  In  summitate  vero*  huius  arboris  nas- 
cetur quaedam  virga  directissima  sine  ramis, 
sine  foliis,  alta  C  pedibush  et  grossa  quan- 
tum  duo  homines  possunt*  anplexari.  In 
cuius  k  capite  nascetur1  quoddam  pomum 
incredibiliter  magnum  etm  lucidissimum, 
splendorem  cuius  nemoa  ocuUs°  poterit? 
pati,  nisi  manum  in  fronte  <i  posuerit,  velud 
solem  vellet  respicere  r.  35*  Et  ubieunque  * 
[fuerint  vel*-)  steterint  hoc  pomum  intuentes, 
si  fuerint  infirmi ,  suavitate  odorisu  eius 
illico  optime  sanabuntur ,  velv,  si  fuerint 
lassi™,  statim  forciores  fient  quam  prius 
fuerint x.  Si  fuerint  famelici  vel  sitibundi, 
in  conlinenli  ita  saturabuntury ,  quod  ad 
minus  per  X  el  Vlll*  dies  non  esurient 
neque  sicient  amplius.* 


[B]  85.  Mane  facto*  Quasideusb,  paterc  meus,  perterritus  ded  tanla 

visione6,  Slirrexit  et  [C]  cum  cogitaret  et  multum  esset  sollicitusf,  audivit  altisonam 
vocem,  quam?  et  omnes,  qui  secum  aderanth,  audierunt  dicentem1:  86«  »0  Quasideus, 
fac  quod  praeceplum  est  tibi,  noli  aliquo  modo  hesilare,  quia  omnia  erunt,  sicut  tibi 
praedieta  sunt.«    87«  Ad  istam  nempe  vocem  admodum  confortatus  est  pater  meus  et 

statim  praeeepit"  palatium  Gerik,  in  cuius  compositione  non  sunt  nisi 
lapides  preciosi  et  aurum  Optimum1  liquatum  pro  cemento.  88.  Cae- 
lumm  eiusdem,  i.  tertiim*,  est  de0  lucidissimisp  saphirisq,  etr  claris- 
simi8  topazii  passim1  sunt  interpositi",  ut  sapkiri  ad  similitudinem 
purissimiv  caeli  et  topacii  inw  modum  stellar  um  palatium x  illuminent. 
89.  Pavimentum  vero  est  de  magnis  tabulis  cristallinis.  Cameray  nee 
aliax  divisio  est  infra a  palatium.  Quinquaginta  columnae  de  auro 
purissimo  ad  modum  acusb  formatae  intrac  palatium  iuxta  parietesd 
sunt  dispositae.]  90«  In  unoquoque  angulo  est  una,  reliuuae6  infra 
ipsasf  locataeg  sunt.  Longitudo  uniush  cuiusque  columpnae1  est  LX 
cubitorum,  grossitudo  est,  quantum  duo  homines  suis  ulnis  circum- 
cingerek  possunt1,  et  unaquaequem  in  suo  cacumine  habet  unum  carbun- 
culum  adeo  magnum,  ut  est0  magna  amphora0,  quibus  illuminatur 


97] 


Der  Priester  Johannes. 


923 


cera.  Porro*  pro  fortitudinew  huius  lapi- 
dis  ex  praedicta  gamma  nostra  facimus 
arma  fieri,  scilicet  clipeum,  lanceam,  gla- 
dium ,  galeam*,  loricam  et  ocreas,  et 
etiam  calcaria ,  quae  namque  tarn  in  die 
quam  in  nocte  resplendent ,  sicut  duo 
iuminaria  caeli>. 

nn.  Indorum  quidam  sapientes  dicunt 
praedictam  arborem  nostram  persona m 
significare,  quia,  sicut  illa  arbor  alias 
superat  fructu  etodore*.  itaa  nostra  per- 
sona in  hoc  mundo  non  habet  similemb 
neque  parem.  Virgam,  quae  est  in  summi- 
tate  huius  arboris  dicunt  potenciam  no- 
stram «  significare,  quia  sicut  illa  alla  est 
et  fortissimad,  ita  nostra  potentia  est  [alla, 
immo  este]  altissima  et  ita  forlis,  quod  a 
nemine  aliquo  modo  polest  superarif. 
oo.  Pomum  vero,  quod  est  in  capite  virgae, 
similiter?  asserunt  nostram  iusticiam  de- 
signare,  quia ,  sicut  suavitale  eius  odoris 
infirmi  sanantur,  lapsi  recreantur,  famelici 
et  sitibundi  saturanturh,  ita  et  iusticia 
nostra.  Et,  quod  plus  est,  ea  homines 
amplius  et»  diutius  vivunt.  pp.  Alii 
autem  dicunt  [praedictam  k]  arborem  muri- 
dum  significare.  Per  virgam  namque 
nostram  assignant  [pariter1]  personam, 
quia,  sicut  arbor  virgae01,  ila  uni versus 
[orbis  seun]  mundus  nostrae  subiacet 
personae.  Pomum  vero,  ut  dictum  est, 
nostram  iusticiam0  significat. 

qq.  Habemus  aliud  palacium,  quod  fuit 
Pori ,  regis  Indorum  p,  de  stirpe  cuius 
omnis  terrae  nostra  elr  progenies  des- 
cendit.  In  quo  quidem  palacio  multa 
sunt  humanis  mentibus  penitus  incredi- 
bilia.    rr.  Ibi  [namque9]  sunt  quingentae* 


columpnae  aureae  cum  capitellis  aureis, 
et  vites  aureae  dependent"  inter  ipsas 
columpnas,  babentes  folia  aurea  et  ramos, 
alios  de  cristallo .  alios  de  saphiris ,  alios 
ex  margaritis,  alios  ex  smaragdis;  et 
parietes  eius  sunt  vestitiv  laminis  aureis 
ligatis",  quae  sunt  grossae  ad  modumx 
humani  digiti.  Qui  parietes  eiusy  sunt 
ornatiex  margaritis  [carbuneulis*]  et  omni 
lapide  precioso.  bb.  Fores  eiusdem  palacii 
sunt  eburneae  et  laminis  aureis  undique 
vestitaea.  Camerae  sunt  de  ligniscethim1' 
et  omni  operc,  quod  umquam  polest  fieri 
de  auro  et  argen to  et  omni  lapide  precioso 
ornatae.  tt.  In  aula  huius  palacii  sunt 
XX  magnae  staluae  aureae,  et  infra  ipsas 
sunt  totidem  magnae  arbores  argenteae, 
velutc  lucernaed  lucidissime  lucentese, 
in  quibus  resident  omnia  genera  avium 
aurearum,  et  unaquaeque  habet  colorem 
seeundum  genus  suum,  et  sunt  ita  per 
artem  musicam  dispositae,  quod,  quando 
Porus  rex  volebat ,  omnes  simul f  canta- 
bant  seeundum  suam  naturam  aut  una- 
quaeque per  se  singularitcr.  uvl  Similiter 
praedietae  statuae  musicae  ita  ^  sunt  apta- 
tae,  quod  ad  voluntatem  regis  dulcius  et 
suavius,  quam  credi  polest h,  cantabant. 
Et,  quod  mirabilius  est  omni  mirabili, 
more  liistrionum  videntur  modis  diversis 
iocari  et  hinc  illinc  *  torqueri.  w.  Quas 
nempe  statuas  et  aves  tarn  in  yeme  quam 
in  aestate,  quando  placet  nostrae  celsitu- 
dini*,  facimus  cantare  et  iocari,  dulcedo 
et  suavitas1  cuius  cantilenae  talis  et  tanta 
est,  quod  auditoresm  incontinenter  ob- 
dormire  facit"  et  quodammodo  extra 
mentes  efficiuntur. 


[E]  86«  Adhuc  de  eibo,  quo  nostra  ves~ 
citur  sublimitas,  tuae  dilectioni  aliquid  volu- 
mus  significare0.  '  Aliquid' v  dieimus^,  quo- 
niamTt  cum  multifariam9  multisque  modis 
ipse  noster  eibus  conficiatur,  longum  quidem 
esset  per  singula  enarrare.  37«  Hoc  unum 
ad  praesens  scias*,  quod  noster  eibus  ad 
ignem  non  coquitur,  ne  fumo  aut  caliginibus 
seu  cineribus*  aut  etiamy  carbonibus  ali- 
quo modo  possit  comtnaculari w.  38«  Habe- 
mus namque  x  quendam  lapidem,  qui  dicitur 
zknur),  qui  ineiditur  de  quodam  monte, 
qui  vocatur  eodem  nomine  zimurc*,  qui* 
sua  natura  est  itab  calidissimus ,  quodc 
certe  nullus  mortalium  aliquomodo^  posset 
eum  e  contingere f ,  nisi  suis  manibus  gestaret g 
ferrea  tenacula.  De  quo  quidem h  lapide 
ßunt  vasa  intus  deaurata,  in  quibus  noster* 
eibus  sine  igne  coquitur.  39*  Habemus 
eciam  quendam  fontem,  qui  continue  bullit 


et  inremissibiliter  et  naturaliter  ita  semper 
est  calidus,  quod  ad  eius  calorem  non  minus 
nee  peius  sed  lange  melius  et  purius  quam 
nd  ignem  eibus^  percoquitur.  Huius  aquae 
nempe  talis1  et  tanta  est  virtus ,  quod,  si 
de  fönte  levatur,  semper  bullit  et  semper m 
fit  calidior ,  et  quanton  longius  portatur, 
semper  bullit  et  sic°  semper  v  de  caliditate 
fit  calidissima.  40#  De  hac  quippe  aqua 
implentur  magnae  conchae  aureae  sive  de- 
aurata dolia,  in  quibus  n  mittunlur  magni 
tripodes  aurei r.  Super  quemlibet R  ponuntur 
praedicta*  vasa  lapidea,  in  quibus  noster 
eibus u  tarn  calore  aquae  quam  vasorum 
sine*  igne,  sine  fumo  delicate  coquitur. 
41*  Quando  vero  equitamus,  de  hac  aqua 
cum  hiis  vasis  nobiscum  w  satis  x  ferri  fad- 
mus ,  ut,  ubieunque  simusY,  noster  eibus 
sie  paretur*,  ut  dictum  est  superius. 


[C]  97*  Si  iterum  quaeris,  cum*  creator  omnium  fecerit  nos  praepolentissimum h  et 
gloriosissimum  super  omnes  mortales0, 

Quared  sublimitas6  nostra  digniorif  quam  presbiteratus  nomine  nun- 
cupari  se  nong  permittat11,  non  debet  prudentia  tua  admirari. 
98.  Piures  enim  in  curia  nostra  ministeriales*  habemus,  quik  digniriri 

Abhandl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  XVII.  ££  . 


924  FlIBDIIGH   Zarnckb,  w 

nomine  et  officio,  quantum  ad  ecclesiasticara  dignitatem  special,  ei 
etiam  maiori  quam  nos  in  divinis  officiis  praediti  sunt.  Dapifer  eoioi 
noster  primas  est  et  rex,  pincerna  noster1  archiepiscopus  el  re\, 
camerarius  noster  episcopus  et  rex,  marescalcus m  noster  rex  et  archh 
mandrita",  princeps  cocorump  rexq  et  abbas.  Et  icircor  altitodo 
nostra  non  est  passa  se*  nominari *  eisdem  nominibus  aut  ipsis  ordi- 
nibus  insigniri,  quibus  curia  nostra11  plena  esse  videtur*,  el  ideo 
minoriw  nomine  et  inferiori  gradu  propter*  humilitateiu  magis  elegiV 
nuncupari. 

|C]  99«  De  gloria  el  potentia  nostra  non  possumus  ad  praesens  salis  tibi1  dicer? 
Sed  cum  veneris  ad  nos,  dices,  quia  vere  sumus  dominus  domioantinm  nniversat 
terrae.     Hoc  lantillum*  interim  scias,  quod 

Extenditur  terra  nostra  in  partem  unamb  fere  ad  quatuor  menses  in 
amplitudine%  in  altera41  veroe  parte  nemo  polest  scire  quantumf  pro- 
tendaturg  dominium  nostrum.  IM.  Si  potesh  dinumerare  Stellas  caeli ' 
et  harenam  maris,  dinumera  elk  dominium  nostrum1  et  poteslatem 
nostram  m. 

[D]  xx.  Data  [in  nostra  ei vitale"]  Bibric"  [B]   42.*    Explicit    über    shv"    Moria 

XVI*  Kalcnd.  Aprilis  anno  LIM    nativitalis  presbiteri  lohannis,  quae  translata  fwU  if 

nostrne1".  Graeco  in  Latinum  a  Christiamt  Magunlm1 

De  confirmacione * :  omnia  quae  superius*  archiepiscopo. 
dieta   sunt,    quasi  incrcclibilia,    veiissima  fste  Christianus  superpositus  fuit  Cku* 

esse,  quidam  cardinalis,  Stephanus  nomine,  rado  archiepisantoy .    fste  Manuel1  regnant 

sub    pollieilaeione    sitae    firiei    dicebat    el  in   Graecia  ab  anno  dornt  tu   1144  uu{Ut  ad 

omnibus  patenter  prouunciabal11.  annum  dontini  HHü 


IV.  Abweichende  Lesarten  und  Anmerkungen. 

1.  a)  lobannes  Presbyter  n3  4  aA  H  42,  Fratcr  {übergeschrieben  Presbyter 
loanncs  15.  bj  Dei  et  fehlt  it.  c)  Cbristi  Jbesu  a3.  (I)  fehlt  a1  15  [doch  über- 
geschrieben Emanuel),  E.  5,  A.  K,  a*  H  12,  Emmanueü  a2ah,  Manueli  a3.  #)  Ro- 
mano 15,  Constantinopolitano  4  a4  H  \%.  f)  Romano  iraperalori  [et  gubernatori 
übergeschrieben  von  derselben  Hand]  a3,  mit  fehlendem  et  5.  g)  dnnndi  a1,  dorciodi 
15,  d'ilandi  d.  t.  dei  tandi  a2.  Iliess  es  etwa  ursprünglich  gratia  Dei  tandem  ad 
ulteriora  Iransire?  In  späterer  Zeit  hat  man  ulterrora  graduell  genommen;  in  der 
älteren  Zeit  könnte  unter  dem  Worte  auch  ein  Theil  Indiens  verstanden  sein,  wie 
es  am  Schlüsse  einiger  Hss.  von  C  heisst :  Yalete  omnes  et  causa  salutis  et  ditaodi 
ad  nie  venite.  2»  h)  So  in  der  gesammten  älteren  Ueberlieferung,  spätere  Aenderungt* 
sind  nur  Cönjecturen.  Sollte  es  ursprünglich  scilicet  oder  sane  geheisseti  haben,  dem 
Abkürzung  der  von  sed  sehr  ähnelt?  l)  apoerisarium  und  so  fort  a*ab.  l)  tumn 
conjicirt    eine  Hs.    von  C;    allerdings    scheint   ja    der  apoerisiarius  des   Schenkende* 


**]  Dkh  Purste*  Johannes.  985 

die  Geschenke  zu  überbringen.  !)  lucidiora  a3.  ")  Vgl.  Mon.  Germ.  Scr.  TI,  64 
wo  Darin*  an  Alexander  sehreibt:  Direxi  tibi  sperani  et  curvam  virgam  cantharam- 
que  aureani ,  ut  cxerceas  et  cogites  iocandi  causam.  n)  in  französischer  Weise 
gesprochen?  die  Geschenke  sind  ja  offenbar  bereits  angekommen.  °)  mittlre  nobis  a'1. 
S*  p)  fehlt  aA.  In  der  I.  Pers.  Sing,  spricht  der  Priester  lohannes  hier,  dann  in 
§  9  ii.  §  4  0.  Sotist  stets  im  Plural.  q)  bonis  nostris  a3.  rj  transmittamus  a4, 
transmiltenus  a5.  *)  fehlt  a1.  l)   in  mit  Accusativen  aA.         4.  n)  fehlt  aA. 

")  fehlt  ah.  w)  greguli  a*aAab.  x)  Vgl.  Mon.  Germ.  VI,  64,  wo  Alexander  an 
Darius  schreibt :  Dii  namque  inmortales  irasountur,  si  mortales  homines  eorum  socii 
effioi  conanlur.  Mortalis  ego  sum  el  sie  venio  ad  te.  5.  y)  ullam  habes  a^a4  8 
as  10  II.  6.  *)  ieracham  a1,  ierarchiam  a*aAaba*t  yeracam  7,  noslram  zuge- 
setzt ab.  Ä)  meo  a}.  b]  et  a3.  c)  lecito  a1.  d)  Tigne  a3,  Tcona  a4,  Tinna  7, 
regna  8,  thegma  a6,  pegma  Cod.  mon.  lat.  5254  ,  was  Thomas  für  das  nichtige 
halten  milchte,  vgl,  Einleitung  S.  875  Anm.  e)  noslra  4  0.  7.  f)  Es  wäre  erwünscht, 
wenn  man  et  digniorem  entfernen  könnte,  um  die  einfache  Bezeichnung  eines  be- 
kannten Hofamtes,  des  Maior  domus,  zu  erhalten,  wie  die  Ueber arbeitung  hieraus  den 
Seneschall  gemacht  hat;  aber  die  alte  U eberlief erung  gestattet  dies  nicht.  Wenn  es 
in  Hss.  von  C  heisst:  maioris  et  dignioris  nostrac  domus  dominum,  so  ist  das  eine 
überlegte  Aenderung.  *)  Die  älteren  Handsehrr.  geben  fast  ohne  Ausnahme  habun- 
dare,  harena,  honerare  u.  s.  w.  by  eliain  ala'2a'°,  fehlt  d*aA.  So  wie  ich  den 
Text  constituirt  habe,  liest  bA  wirklich ;  es  fragt  sich  aber  ob  durch  Conjectur  oder 
Leber  lief  erung?  l)  el  si  aya*a%,  el  cum  ab,  el  a2.  8.  k)  Dieser  Satz  ist  aus 
Ecclesiasticus  7,  40:  In  omnibus  operibus  mem.  etc.  ';  1'///.  den  Brief  des 
Darius  an  Alexander,  Mon.  Germ.  bist.  Scr.  VI,  68:  semper  recordare  novisst- 
morum.  m)  Der  ganze  Satz  fehlt  aA.  9*  n)  fehlt  ax.  °)  scirc  al.  p)  noslra m  a2. 
*)  fehlt  ab.  r]  fehlt  ay  aAa:\  "j  sum  dominus  «',  sum  hinter  ego  a3.  l)  dorn, 
s*.  dorn.]  servus  sum  Dei  a*.  uy  fehlt  a'A.  10.  v;  fehlt  aA.  11.  w,  magno  o3o4. 
12«  x)  ter.  noslraj  ibi  er».  *)  ad  ulleriorem  Indiam  ab.  7\  fehlt  a1  a5.  *]  el 
per,  worauf  das  folgende  el  fehlt,  a3.  b)  declivium  aA.  13«  c)  fehlt  a3.  d!  fehlt  aA. 
14.  °J  von  hier  an  die  Reihenfolge  abweichend  n3.  r;  fehlt  a'\  *)  metagallinarei 
a4,  inolhogannorii  <i3.  h)   rn    auf  Rasur  al,    cliamelelernis  al,    cametelerni  aA, 

camcclsni  a3,   chimclorremis  a5.  r    tinsirelae  a2,   cinsirele  [doch  undeutlich,   «r3, 

tysserele  a4,   linsirere  ah.      k)  rubri  ah,   ruffi  o4,   rufi  afi.      *,    oveadae  ay.   sicades  ar\ 
m)   tigrides  ax  aA  a6.     ■}   lammiae  a*.     9]   hyrene  ab. 

[D]  b.  p)  repraesenlanl  D.  d.  q)  venandum  D,  richtigl 
r)  in  DE  fortgelassen,  weil  in  der  eingeschobenett  Interpolation  erwähnt.  *)  sagi- 
larii  a1,  fehlt  aAab.  l)  hom.  agrestes  fehlt  durch  Abirren  des  Auges  ax  a2  afi,  hom. 
agr.  hom.  fehlt  aAah,  homines  cornuti'  blieb  in  DE  fort,  weil  in  der  vor  auf  gehen- 
den Interpolation  erwähnt.  u)  faunes  a2ab.  f)  sathiri  al.  w)  eenofali  o2fi3, 
cenophali  ab;  oder  war  cenocephali  eine  gelehrte  Correctur  der  Arnst einer  Sonnen? 
aber  auch  aA  liest  so.  x)  et  gig.  aA.  *)  fehlt  a1,  statura  ax,  die  übrigen  Hss. 
geben  das  richtige  aHitudo,  in  der  Vorlage  von  al  a2  war  wohl  eine  Lücke,  die  a1 
unausgefüllt  Hess,  während   ö1  die  .Conjectur   statura    einsetzte.  *y  fehlt    in  DE, 

weil  es  in  der  vorher  eingeschobenen  Interpolation  vorkommt.       *)   fehlt  aAa*. 

[D]  e.  b)  citra  E.        r)  comedunt  D.        f.   d)   nisi  in  lurribus  et  aliis  tutissimis 
locfe  D,   aber  später  werden  auch  in  D  nur  muniriones  enoähnf.       g.  *]  infinitum 

et» 


Tcod,  Ma^coÖ,  'Avoir/ol,  TvfeT;,  'K£eva/,  Aupap,  Oarrivaioi ,  OapiCaToi 
Ttavol,  XaXcvtot,  'AypijMipSoi ,  'AvotKpayoi,  OapßaToi,  'ÄAavEs,  «Dia 
üaA/raptoi.  c;    F#/.   Ja*  Alexander  fr  agment   aus  Verona,    hsgg.    von  1 

Berichten  unserer  Gesellsch.  1877,  S.  57/£.,  da*  im*  denselben  Wort* 
Alexander  pucr  magnus.  Die  Veranlassung  ist  wohl  in  dem  Brieft 
Alexander  mit  Darius  zu  finden,  in  dem  dieser  den  Alexander  als  Knabe* 
Vgl.  Mon.  Germ.  hisl.  Scr.  XT,  64,  wo  der  eine  Satrap  an  Darius  seh 
ipso  Alexandra,  quem  puenim  dicitis.  17«  d)  inclusit  c2.  e)  datur  c 
richtig.  f)  et  cont.  c1.  g)nil  c2.  h)  devorent  c2c3.  18.  *)  eos  c1.  k 
lj  omnia  clc*.  ra)  si  quidem  c2.  19.  ■)  Die  eingeklammerte  Stelle 
°)   confirmationom  c3.  p)   a    lemp.  c2.  q)   ardebunt   c3.  r)   p< 

")  nascilur  cK  *)  el  dab.  c\  20.  n)  ila  c2c*.  v)  eius  c^c*.  w)  qi 
fehlt  c2cz.  x)  quia  c3.  y)  nichil  c1  /wr  n.  g.  n.  r.  *)  polest  c1 
Apocal.  20,  7  —  9,  wonach  diese  Stelle  von  Istae  gentes  §  49  an  i 
b)  fehlt  c3.  c)  de  deorum  c1.  d)  his  c1.  21.  e)  fluii  lacte  et  me 
melle  et  lade  habundat  a2.  *)  alia  a1^**3  e*c,  trotz  der  Ueb  er  einst  \ 
Ueber lieferung  gewiss  fehlerhaft.  Wenn  spätere  Handschriften  wirklich  al 
so  ist  das  naturlich  nur  als  Conjectur  zu  fassen.  g)  ultra  o4  4  I .  b)  « 
l)  ibi  nullus  «2.  k)  r#/.  r/as  Carmen  de  philomela  in  der  Anthologia  lt 
von   Biese  (1870)    No.    762    Vs.   63: 

Ecce  venenosus  serpendo  sibilat  anguis 
Garrula  limosis  rana  coaxat  aquis. 

l)   looo  illo  a4  H.      m)    aliquis  a2,   aliquem  a3a5a6,   aliqtiem  ibi  a4  4  4 .      ! 
a4.     °j    Idonus  a3a4.      p)   /cA/f  «5.      q)  semaragdi  a5.       r)    thopazii   a1, 
meisten  späteren  c.      rr)   sardi  8,   sardine  a2,  sardinei  a3,    sarüini  a4a5,   : 
28.  M)   Ibi  o4.     l)  fehlt  «2.     n)  /<?*/*  a2,   malum  a3,   malignum   a<\      *} 
dorniit  eingeschoben  a3.  w)   vel  a3.  *)   veniat  a4a6.  *}    nosl 

24.  *)  /WM  o3.  tt)  et  a4.  b)  /V?M  a*a«..  c)  et  in  a«.  d)  et  io  a3 
mutatur  vor  et  cor.  et  pann.  (et  p.  fehlt  ah)  aya2aha*.  25«  *)  /eA/f  a4 
h)   saltus  a5aß. 

[Hl    l^    sir.nt    (nl   d^)    ienis   /i3/i4    (#>ä   Ionen   mir   nur    *3//3  ,#4    «<w*«.\ 


*M]  Der  Priester  Johannes.  927 

•)  p.  et  in.  fehlt  R  f)  ferentes  62.  «)  intr.  in  6«.  h)  /eM*  c2.  *)  proiciunt  6*, 
extrahuot  63.  k)  velut  b2bh,  veluti  bis  excussis  fehlt  bz  D.  x)  a  palea  hinter  ex- 
cussis  b4. 

[D]  i.  ■)   molend.   vüreo  E.     n)    Der  lefjs/e  Satz  von  si  secundum  /eAft  in  D. 

°)  fehlt  b2.  p)  arbustis  64,  arbunculis  65,  carbuncülis  b2.  q)  abustis  62.  r)  et 
coli.  62.  27.  8)  Olympi  a5.  l)  exit  a5,  oritur  a1^.  u)  in  se  nach  spec.  a1. 
T)  f*  a4.  w)  exp.  est  a1.  28.  x)  /eAft  a3.  *)  a  die  illa  und  hinter  infirm.  a4. 
*)  /Wi/t  ax.  Ä)  /Wi//  a5.  b)  trium  a3 a4 a5 a6  richtig?  29.  c)  m id iosi  oder  nudiosi 
a3,  nucliosi  a4,  indiosi  8,  riridiosi  a5,  nodosi  o6,  efu?a  nidiosi?  d)  terras  a4. 
•)  vestras  a5,  richtig?  Die  Wiener  Uebersetzung  hat  auch  in  ewer  lant.  f)  sol. 
deport.  a2.  g)  fehlt  a2.  h)  reviviscunt  a3a4  8  a5  efc,  reiuvenescunt  awcA  in  5 
und  10.  *)  recipiunt  axa2.  In  der  franz.  Uebersetzung  heisst  es:  et  li  aigle  les 
portent  en  leur  nis  pour  comforter  les  ieux  a  leur  poucbins;  ebenso  im  jüngeren 
Titurel.  30.  k)  unum  ex  Ulis  o3.  *)  fuerit  hinter  imm.  a4.  m)  quo  a1,  qüanto 
a3.     n)  eo  mag.  a1.     °)  adquiritur  a4.     p)  pari!  a5.     q)  daemones  a3. 

[E]  1.  r)  copiose  e3  hinter  manna,  in  el  verschrieben  mannam  piose.  8)atque 
com.  fehlt  e2.  *)  nee  al.]  nullo  alio  e2.  *)  hec  c1.  v)  fehlt  c3,  es  steht  ein 
Wort,  das  wie  mare  aussieht,  vielleicht  eine  Doppelschreibung  von  in  ore. 
w)  Israelis  e1.  2.  x)  nee  e1.  y)  non  e2.  2)  pro  suo  et  suo  fehlt  el.  *)  sup. 
se  fehlt  e2.  b)  maiores  e].  c)  pereipiendo  e2.  d)  nempe  e2.  e)  /eA/S  e3. 
f)  Das  Eingeklammerte  fehlt  e2,  etwa  Zusatz  in  ex  e3  ?  g)  obriso  e2  e3.  b)  Das 
Folgende  lautet  in  e2:  illo  lapides  preciosi  inenarrabiliter  et  credibiiiter  et 
fulvissimum  aurum.  ')  certe  hom.  fehlt  ex.  k)  illis  ex.  8«  l)  pastu  paseuntur  e2. 
m)  omn.  viv.  fehlt ,  wohl  durch  Abirren  des  Auges,  e3.  n)  reviveseunt  e2. 
°)  fehlt  e2.  p)  de  radice  e2.  q)  illic  e3.  r)  excitatione  ex,  exercitacione  e3. 
B)  videntur  e2.  %)  XX  e2.  n)  XXX  e2.  v)  in  sing.  e2.  w)  reviveseunt  e2. 
x)  hiernach  reiuvenescunt  et  ex  toto  wiederholt  ex.  4.  y)  centum  e2.  *)  et 
steht  erst  vor  non  e1«2^3.  a)  gent.  ill.]  hominum  e2,  durch  Conjectur  gesetzt, 
nachdem  et  verstellt  war  (s.  o.)  ;  a&er  danach  wäre  das  Sterben  eine  Ge- 
loohnheit  der  Menschen,  wie  man  gewiss  nicht  sagen  kann.         b)   feruntur  e3. 

c)  fehlt  et.  d)  fehlt  e2.  e)  illic  <?2e3.  *)  quee1*2,  qui  e3.  *)  fruetum 
odorem  e2.  b)  vermescit  e3,  /eA/t  e2.  l)  Ainfer  sicut  ex.  k)  iuvenes  e1, 
iuvenis  e3.  *)  erit  e3.  5.  m)  adimpleatur  e2.  n)  Genes.  3,  19.  °)  et 
tunc  e'6.  p)  absorbit  e3.  q)  Et  bis  terra  /eA/J  rfurcA  v46»rren  des  Auges  e2. 
r)  surgent  e2.  8)  aud  iudicandi  e2.  *)  vor  aut  in  e2:  ste  oder  sce. 
6.  u)  fehlt  e3.  v)  /eA/*  e2.  w)  fehlt  e2.  x)  diffiditate  (?)  e3.  y)  circum- 
stantium  e3.       z)   magna  e3.      a)   aliquis  ex  e3.       b)   incantator  e3.     c)   nee  e3. 

d)  quemque  ex,  quendam  e2.  7.  e)  von  et  6w  drac.  fehlt  ex  c3.  f)  honorare 
e3.  *)  /eA//  e3,  b)  fehlt  exe2e*,  kann  jedoch  nicht  entbehrt  werden,  falls 
nicht  eins  der  Worte  erst  später  als  synonym  in  den  Text  gekommen  ist. 
l)  fehlt  <?3.  k)  fehlt  e2.  l)  sieque  c3.  m)  hab.  c.  et  d.]  a  custudia  et 
diseiplina  e2.  n)  ppli  (populi?)  dnare  e2.  °)  beide  Worte  fehlen  e'A, 
waren  sie  etwa  ursprünglich  eine  Randglosse?  p)  domant  e2.  q)  Der  folgende 
Satz  ist  in  allen  3  U eberlief erungen  entstellt:  et  quando  et  quantum  equitant 
quoeunque  volunt  exe3,  et  quando  et  quantum  volunt,  quandoeunque  equitant 
e2.  7a.  r)  prepositi  ex,  propter  c3 ;  sollte  praepositi  draconum  richtig ,  also 
eine  Art  Hirtensteuer  gemeint  sein*  8)  fehlt  e2.  fc)  fehlt  c3.  u)  humanos  exe2, 
wohl  ein  durch  die  Abkürzung  erzeugter  gleicher  Fehler.  v)  humiliter  sicut  e2. 
w)  ludunt  et  schiebt  e3  ein,  hat  aber  ludunt  später  noch  einmal.  x)  hie  e3. 
y)  «lue  e3,  inde  e2.  z)  mirabiliter  e3.  *)  fehlt  e2.  b)  fehlt  ex  e\  c)  istis  e2. 
d)  volitantes  e2.     •)  diversa  e3,  divisa  e1. 


928  Fiieraicfl  Zabxoce,  ^ 

31«  g)   Aawr  a2,  /eA/J  a3a4a&.     b)  ei  tum.  fehlt  ald*.      l)  mov.  tuniescit  ei  urandai 

a4  II  12.     k)  navi  a2.     *)  nee  a2.    m)  grauissima  a*.    33»  n)  diebus  a*a4.    °)  rare«1. 

p)   a  a4.     33.  q)   Ztas  Folgetide  bis  apparent  fehlt  a3.      r)     Von  el  trahunt  an  /«kü 

durch  Abirren  des  Auges  al  a2.      8)   /eA//  a5.      ss)   Da  nach  §  4  I   die  Juden  hinler  dm 

flu  vi  us  lapiduin  wohnen,   so  ist  hier  offenbar  die  Sage  vom  Sabbatflusse  gemeint,  küdtr 

welchem  die  sehn  Stämme  wohnen.     In  der  Woche  fliesst  er,   am  Sabbat  aber  mekt, 

deshalb  können  sie  nie  hinüber.     Er  wird  aber  eines  Tags  passirbar  teer  den  und  den 

werden  sie  kommen  und  das  Reich  Davids  wieder  herstellen.       Vyl.  Hildesh.  Text  41. 

34»  l)  fehlt  c2c*.     u)  fernste3.     v)  fehlte1.     w)   volentes  c2cK      *]    detioeatar * 

y)   Das  Folgende  abweichend  in  c3:  In  hoc  loco  est  quidam  lapis  cavatus.     36.  l]  sunt 

c2c3.     a)   vel  si  c2,   vel  si  id  c3.     b)   volunl  c2c3.     c)   corpore  c1.      *)    desidenntc3. 

•)  quidem  si  c2,   qui  quidem  si  c3.     f)   vere  c3.     *)    Für   et  bis  zum  ztoeüen  qori 

steht  eo  usque  donec  c2,   in  tantum  quod  e3.     b)  capita  eoruitt  c2.      ')   aseeodate*. 

k)    Id  quoque  c1.       37.  l)  fehlt  c3.       ra)  descendii  c^c3,       n)    cedit  c*.    -  •)  usq« 

ad  c2.         p)   intraverit  c3,    intraverunt  c2.         q)  ascendunt  c2.  r)   sani  facti  A 

s)   detinebantur  c2.     38.  l)   I.  raontes  est  a4aß.     n)   transitus  a'a2   10,  aditusner 

Iransituß  a6,   woA/  rfurcA  (ien  Schluss  des  voraufgehenden  Absatzes  veranlasst.     *'\  dob 

ata*.       *j   hiernach  si    quis   quoquo    modo  intraverit,    oportet    eum  az;   so  «Ar 

sicA  dieser  Salz  empfiehlt,  so  beweist  doch  das  Zusammenstimmet*  der  Ueber  lief  mag. 

dass  er   eine  Correctur    in  a3  ist.       x)   rapitur  a3.        *)    fehlt    al  a'2   8   a5.       x   dB 

aliut  a1.     a)  fehlt  a2a*a4  8  a5.     b)  fehlt  a1.     39.  c)  alium  fluvium  a4.     d)  quo«*. 

e)   illos  a4  H,   eos  a5,  /eA/J  al.      f)   tbesauros  nostros  al.      *)    ad  usus  nostros  «!. 

h)   detinere  «4.        *)   vol.  ret.   a2.       k)  ipsos  a3.       l)  sin  autem   ele.  /fA/<  a1.  si 

autem  Übet  eos  uendere  possunt  a2.      40,  m)  nostra  a1  a2.       Bj    /eA/J  a*.     •)  Up. 

preciosos  a3.      p)   aliquanti  a4.     q)   diebus  a3;   so  viel  wahrscheinlicher  diese  Angde 

ist,  so  weist  die   lieber  lieferung  sie  doch  zurück.       r)   tantum   sub  aqua  a2,  tanUm 

fehlt  a*axah.       41.  *)    vero  lap.  fehlt  a4.       *)   fehlt  a4.         ")    ei  tr.   exe.  nostne 

fehlen  «5.     42.   v)   prov.   nostra  a\a4ah.     wj   pelliciam  a4.      *)    illi  a6.     43.  Jj  ap- 

paralur  a',   paratur  «3.      *)   et  inde]   unde  a3.     *)   pannos  et    vestes  a1.     44.  k;  in 

a4.     °)   in  a3ä4.      d)   elephantis  al,   in  elephanlis  a3.      e)    et    cam.  a4.      fJ   fehlt  #'. 

45.  *)  et  per.  /WM  a4.      b)   /Wi/J  a4.     46.  *j   et  a5.      k)  nee    für.    Non  praedo  «3. 

l)   non  inv.   a5.      m)   hier  schliesst  a3.     n)   neque  axah.      °)    adultor  a4,   a dulter  sK 

p)   inter  ab.      q)   fehlt  al.      r)   quos  a1.      8)    Der   Fer/".   toiH   wohl  durch  die  geri*f 

schätzige  Erwähnung  der  Rosse,   die  doch  für  das  Mittelalter   einen    so  hohen  Wcrti 

besassen,   die  Vorstellung  von  dem  gewaltigen  Heichthum  des  Landes  steigern.    Später. 

z.  B.  in  C  u.    D  änderte  man  auch  diese  Stelle  und  schrieb:    equos   habemus  mui- 

tos  et  velocissinios.     *j  fehlt  a2a4ab.     u)  cred.  hab.  a2. 

[E]  8.  v)  fehlt  e3.  w)  quae  bis  nimis  fehlt  el.  x)  nostra  e  bis  ine  red.  ftktt. 
durch  Abirrm  des  Auges,   c3.  9«  y)   natura  zu  Beginn    des  Satzes,    quoron 

getilgt,  el,  natura  quorum  prinii  c2,  in  der  Vorlage  von  e*  stand  Quorum  prim 
natura,    vgl.    die    folgende   Anm.  *)    materialis    («/.    i.     natura    talt    ^ 

a)    quodsi    e2ed.  b)    clivo   e'\    celo    e2.  c!  fehlt    e<>.  dj   facial  e1. 

°)  nullus  ßl.  f)  diem  e1.  10,  *)  facit  e3.  b)  diero  eK  \  caminumf2. 
k)  cinerem  e3.  !)  resolvetur  c3.  11«  m)  /"e/i/f  e3.  n)  /"eA/f  e3.  '  eü 
6i*'  calidus  fehlt  e'1.  p)  /"cä/(  e3.  H)  qui  e2.  r)  ^eA/«  e3.  s)  quiot»- 
que  e1,  quemquam  e2.  -12.  l)  /"eAW  e2e3.  u)  certe  circa  c2.  f)  fehlt 
e1  c3.  w)  tamque  e'1.  *)  non  pot.  e3.  y)  exeogitari  e2.  x)  quaixfe 
t1.     u)   quisquam  c3.      h)   tain  c2.     19«  c)  fehlte*       d)    quidem  e1^.     ^  ui» 


403]  Der  Priester  Johannes.  929 

sil]  sibi  sie  e3.  f)  hiernach  tibi  sit  wiederholt  ex,  scire  vei  fehlt  e2.  14«  g)  hier- 
nach quid  in  e3.  h)  von  dictum  bin  vero  fehlt  ex  e3.  15.  !)  et  II  ine.  fehlt  e3. 
16.  k)  fehlt  e2  ])  laleui  habet  virtuieai  e2.  m)  ponitur  e2.  n)  quo  e3. 
°)  6/osä  et  e3.  p)  alq.  ad  bib.  /eMt  e2.  *)  dulce  e!e3.  r)  et  e3.  8)  /feMt 
reperitur  oder  etwas  ähnliches?  Vgl.  §  17.  l)  /eM  e2.  u)  fehlte*.  v)  ex- 
trahalur  e3.  w)  ulerque  e1  e2,  utique  e3,  aber  vgl.  §  17.  17«  x)  illico  bis 
aqua  /eA/J  c1  e3.  y)  meracisissimum  e2.  z)  fehlt  el  e3.  a)  fehlt  e3.  b)  ali- 
quando  e3,  alia  e2.  c)  /eA/f  el  e3.  dj  Ac  e2.  e)  fehlt  el  e3.  f)  uterque  e2, 
utique  e3.  ß)  illo  e3.  18.  h)  Primi  e3.  ')  iapidis  e3,  lapis  e1.  k)  con- 
secrati  e3.  ')  taliter  e2.  m)  ita  e.  cons.]  isla  est  virlus  e3.  n)  aquam  e2e3, 
aber  bei  Verbis  der  Bewegung  steht  hier  meist  der  Abi.  °)  et  in  aqua  sunt 
pisces  e2.  p)  statt  quum  steht  congregantur  e1.  q)  aqua  ipsa  e2,  in  e3  fehlt 
in  qua  bis  ipsa.  r)  fuerit  e1 ,  fuerunt  e2,  sunt  in  aqua  vel  fuertnt  e\ 
s)  citissime  6is  aqua  /eA/f ,  offenbar  durch  Abirren  des  Auges,  el  e3,  dafür  in  e3 
congregantur,  das  in  el  schon  oben  stand.  Dies  Wort  wird  der  Versuch  einer 
Correctur  sein,  nachdem  jener  Satz  ausgefallen  war;  man  ist  dann  auf  ver- 
schiedene Weise  dem  Sinne  aufzuhelfen  bemüht  gewesen.  u)  fehlt  e'K  v)  volunt 
e*e3.  w)  possunt  e!e3.  19.  x)  fehlt  e3.  y)  quam  min.  fehlt  e3.  z)  min. 
tarn  fehlt  ex.  *)  ibidemque  e3.  b)  nee  qu.]  nequeunt  e!e3.  c)  eo  e3. 
d)  separari  exe2.  e)  vis  e2.  ee)  tercio  e1.  f)  eius  e1,  *)  quantos  c2. 
h)  vult  e2.  ']  non  ele3.  k)  quod  e2e3.  l)  quoeunque  ex.  m)  fehlt  e2. 
,l)  sinum  el.  °)  rediunt  e2.  20.  p)  draconis  e1  e2e3,  a&er  es  wJ  unfert  t?o» 
leones  et  dracones  die  Rede,  die  Verschiedenheit  des  Blutes  veranlasst  resp. 
den  Beginn  oder  das  Erlöschen  des  Feuers.  Es  muss  also  hier  oder  unten, 
was  ich  nicht  zu  entscheiden  vermag,  leonis  gelesen  wei'den.  q)  fehlt  exe*. 
r)  quam  e3.  8)  terra  ele3.  l)  eis  e3.  u)  fehlt  e3.  v)  abstrahatur  e1«3, 
FersucA  einer  Correctur,  nachdem  für  leo  und  draeo  das  alleinige  draco  gesetzt 
war.  w)  omnes  e!  e3,  tu  ex  dann  habemus  hinter  paratos  zugesetzt.  x)  con- 
fieimus  e3.     y)  /eA/J  e2.     z)   alieni  c3. 

47.  a)   Quando  enim  aAa*.     b)   preciosas  a4a8.     c)  1.  vex.  fehlt  a4.     d)  istarum  a5. 

e)    in  sarc.   und  dann  in  dueendis  a1  a2.       f)   sunt  dep.   a1.      48.  g)   Quando  a4  a5. 

b)    neque  a4.        51.  ')   ibi  ment.   a2a4a5.      k)   ibidem  a2.     *)   Der  Zusatz  i.   quasi 

/bty.  /eA/J  a1.      m)  neque  a4.      n)   inter  a4.      °)    Der  Zusatz  i.   nee  /b/</.  /eA/J  a1, 

consequetur  a2ah;   in  ab  situl  beide  Verba   mit  ihren  Glossemen   zusammengezogen: 

moritur   id    est    nee   honorem   apud    nos   ulterius   consequetur.       52.  p)   fehlt  a5. 

53.    q)   cum  ex.    m.   fehlt  a4.        *)  fehlt  a4.        8)   denterses  a4    H   a6,   denteren- 

tcs'a5;    vel    tarantes   (das  erste  t  zweifelhaft)    zugesetzt  o1.  54.    l)   q.  sang.] 

quibus  a5.      u)   tingilur  a5.       55.  v)#*nultas  a1  o2.        w)   deformes  aMe  ausser  ax ; 

war  es  eme  alte  Abkürzung,   die  nur  in  a1  richtig  aufgelöst  ward?       x)   Bragmanis 

a4a5  u.  a. 

[D]  k.  y)  ab  D  (ex  rf2).  z)  XV  D.  1.  a)  Das  Eingeklammerte  fehlt  E, 
wie   auch   der   spätere   ähnliche   Zusatz.  b)   plectentes   rf2,    placentes?    rf3, 

placoncos  rf4.  Vielleicht  ist  die  Lesart  in  <l3  die  ursprüngliche.  c)  max. 
conv.  fehlt  D.  m.  d)  hiernach  certe  (für  citro?)  e1.  e)  Das  Eingeklammerte 
fehlt  E.  n.  f)  Das  Eingeklammerte  fehlt  D,  statt  rornbi  in  ex  undeutlich 
concini  oder  toncini,  in  e3  romini.  Der  rombas  ist  nach  den  mittelalter- 
lichen Glossaren  der  Stör  oder  Salm.  o.  g)  Dieser  ganze  Satz  fehlt  in  e2. 
h)  so  in  eld'idA,  in  d2  steht  ascones  oder  astones.  *)  Die  Lesung  ist  nicht 
ganz  deutlich,  das  Wort  steht  nur  in  ex.  k)  volando  D.  l)  fehlt  D.  m)  in 
E  (e1)  ganz  anders  und  schwerlich  richtig:  quod  nulia  siquidem  avis  volando 
ante  eos  potest  volare,  quin  in  isto  volatu  istorum  volatu  capialur.  p.  D)  sunt  2s. 
°)  fatatum  rf2,  facatum  rf4,  sanetum  e1,  san  cü  e2;  etwa  sancitum?  p)  ea  die 
proeul  dubio  E.     q)   sunt  E.       *)   hiefür  in  E  et  ^i  voiunt  mariti  satis  iocari 


930  Friedrich  Zarrcke,  |Ml 


et  delectari   cum   eis   retinent  eas   per  duas   ebdomadas    vel    per  XV 
Allerdings  könnte  man  ja  vermulhen,  dass  dieser  Satz  durch  Abirren  des  Auga 
in  D  ausgefallen  und  dann  vel  plures  zugesetzt  sei,    aber  dann  musste  jeden- 
falls für  et  si  volunt  gelesen  werden  nam  si  vol.     *)   redire   ad  solias  rf3,  ad 
alienas  red.  d4,  ad  propria  habitacula  d2.     q.  ')  si  D.      n)   sunt  D.     T]  ret. 
semper  eas  E.       w)  archythontis  d1,  arcu  cunctis  d3d4,   arcu  coptis  e1,  arco 
copium  e3.     r.  x)   et  al.  instr.    (ferramenta  d4)]    dolabrum  et  cetera  nteosüa 
sibi  congruentia  E.      y)  teneros  D.      *)   et  vel.  fehlt  D.       *)  c.   p.  fehlt  D 
b)   Hier  scheint  Etwas  zu  fehlen.     c)   Das  Eingeklammerte  in  E.     *)  et  per  £. 
•)  Das  Eingeklammerte  fehlt   in  E,   in   e*   auch  die    Worte   figuli   u.   s.  tc. 
f)   eciam  D.     «)  fehlt  DE.     h)  fuerit  de]  in  E.     *)  rapidissimo  E.     s.  k)  super 
inim.    nostr.    gehört   in  D  zu   dem  Vordersätze  und  dann   steht   im  Nachsätze 
habemus  statt  ducimus,  und  zwar  am  Schluss  des  Satzes.     l)   causa  pugnae  D 
t.  m)  humanae  naturae  D.    n)  exigat  E.     °)  Etiam  cum  paciuntur  E.   **}  nece». 
superfl.  u.  vertauscht,  alter  Fehler  in  DE.   u.  p)  fehlt  D.  r«)  fehlt  D.    r)  fehlt  E. 
8)  fehlt  E.      f)  fehlt  E.      ■)  or.  eor.  def.]  regitur  et  defenditur  e",    regi  et 
defendi  (von  credimus  ohne  ut  abhängig)  e3.     T)  m.  n.]  nobis  D.     v)  fehlt  E. 

56.  x)  autem  a1.  y)  fehlt  a4.  z)  Vgl.  die  IlpaEei;  tou  0^(00  aicooroAoo  (fopa. 
ed.  Tischendorf  in  Acta  apostol.  apocrypha  (1851)  S.  WO  fg.  Danach  auch  m 
lateinischen  Legenden  und  so  schon  frühe  dem  Occident  bekannt.  •)  ofücns  •*. 
57«  b)  quoque  et  t.  a4,    dann  *fehlt  quoque.         °)  selhym  a4.  d)   hebeno  a4. 

e)  extremitate  a1.  f)  /e/ift  a4.  g)  supra  a4.  b)  fehlt  a4.  l)  resplendeat  a1. 
k)  splendeant  vel  luceant  a5.  58«  l)  fehlt  a4.  ")  sardoni  commixto  a1,  sardooico 
immixte  a5a!,  sardonio  inmixte  a4  ti.  n)  /W»//  a1«!2,  cum  a6,  cum  cornu  8  ai, 
contexta  cum  cornu  a4  tt.  °)  cerastes  a4  H  a^a1,  decerastis  a1,  decerastes  a1. 
steckt  in  de  e/u>a  cornu?  p)  fehlt  a*.  q)  hebeno  a2a4.  59.  r)  alio  ä1.  •)  sunt 
ex  a5.  l)  hebore  a2.  60.  u)  sola  a4  (j/etem  aticÄ  U).  v)  sp.  consuevit  a4  H. 
w)  pugnantes  a4  8  a5  to  H  o6.  x)  et  par.  int.  onichino  /eA/en  a1^.  y)  Vom 
Onyx  sagt  Arnoldus  Saxo:  multiplicat  lites  et  rixas  (Haupt  4  8,  442,  4).  Das  i*t 
das  Einzige,  das  ich  für  diese  Stelle  anzuführen  wüsste;  sonst  passt  die  Schilderung 
gar  nicht,  wie:  excitat  tristiciam  et  timores  etc.  61.  *)  supradicto  a1.  *)  fehlt 
a*ab.  62.  b)  argento  et  zugesetzt  a*.  c)  equitatis  ab.  d)  corniculae  ala2a4  8  a* 
cornicle  a6;  in  den  Hss.  von  B  steht  richtig  corneolae,  corniolae,  corneliae  ti.  ä 
•)  de  a4,  fehlt  a5,  f)  iniquitatis  a2.  g)  fehlt  a4.  Beim  Onyx  sagt  Arnoldus  Snxo 
(Haupt  18,  442,  5)  :  Et  si  praesens  sil  sardius,  tunc  non  nocet  onyx.  Bei  Thomat 
heisst  es  dann  unter  sardius :  hunc  glosa  idem  dicit  esse  quod  cornelium  lapidem. 
Vgl.  bei  Haupt  a.  a.  0.  S.  442  Anm.  zu  No.  59.  63.  b)  ex  a4.  *)  Servituten) 
aA.  Vom  Saphir  heisst  es  bei  Arnoldus  Saxo  (Haupt  t8,  444)  :  Hie  lapis  castum 
reddit.  64.  k)  murieres  a1.  *)  Vgl.  Reg.  II,  H,  4:  Quae  (Bethsabee)  cum 
ingressa  esset  ad  illum,  dormivit  cum  ea,  statimque  sanetificata  est  ab  immundicia 
sua.  ■)  in  a*a*.  65.  n)  fehlt  a4.  °)  omni  die  fehlt  a5.  pi  pr.  ing.  et  c\. 
fehlt  a5.  66.  pp)  Vom  Ametist  sagt  Arnoldus  Saxo  (bei  Haupt  1 8,  430)  virlus 
eius   est   contra  ebrietatem. 

[D]  v.  «)  comedentium  D.  rj  ßubik  d2,  Bribich  d\  Bibrig  d*,  bibric  e1, 
fehlt  e'\  8)  quippe  D.  %)  Von  hier  bis  zu  dem  folgenden  columpnas  fehlt  in 
E  durch  Abirren  des  Auges  (sowohl  in  e1  und  e3  wie  m  2).  w.  ■)  zugesetzt 
aliquid  ex  2,  in  aliquo  e3.  v)  fehlt  E.  w)  columpnae  E.  x)  molendiinun 
einige  Hss.  *)  fehlt  D.  *  ■  fehlt  D.  x.  a)  fehlt  D,  aber  d*  beginnt  diesen 
Satz  mit  Hota  vero.     b)  columnam  ij. 


,405] 


Der  Priester  Johannes. 


931 


[E]  21. a)  superiorum  e3.  b)  fehlt  ex  e3.  c)  vero 
el  e2e:i ,  aber  enim  wird  verlangt  und  die  Ab- 
kürzungszeichen für  enim  und  vero  konnten 
verwechselt  werden.  d)  forte  e3.'  e)  verso  e1. 
f)  magnum  introitum  el  e3.  g)  et  larg.  e3. 
22.  h)  sub  terra  zugesetzt  e3.  l)  etiam  ex. 
k)  /eA/J  c1  e3.  *)  miliaria  e2.  m)  corespondent 
e3.  ■)  /eA/*  e2e3.  °)  /eA/*  e3.  p)  et  exit  e3. 
qj  /eA/J  e3.  r^  inclinalam  e1.  8)  fehlt  e3.  ■*.  est 
autem,  einen  neuen  Satz  beginnend,  e3.  u)  longa 
ex  e3.  ?)  fortis  ex  e3.  w)  /eA/t  ex  e3.  x)  verberal 
e2.  y)  facit  e3.  28« ■)  venerit  e2.  a)  volvere  e2, 
volvi  e3.  b)  longior  e1  e3.  CJ  /eA/J  e3.  d)  neque 
e3.  e)  inferius  e3.  24.  f)  neque  e3.  25. g)  al- 
tam  e3,  fehlt  e2.  h)  et  alt.  fehlt  e1  e3.  *)  /eA/f 
e2  et.  k)  mistim  e2.  26,  !)  fehlt  ex .  m)  plana 
e2.  n)  honerant  e3.  °)  unverständlich  in  e2 : 
quam  magna  plaustra  frumento  onerata. 
p)  fehlt  e2.  q)  quideme1,  fehlte*.  r)  structio- 
nibus  e2.  a)  fehlt  exe*.  27«  *)  et  non  e1. 
u)  tarn  omnes  e2.  v)  mittere  e2e3,  richtig? 
w)  facient  e2.  28.  x)  fehlt  e3,  steAt  <*6er  vor 
aliud.  *)  illo  e:t.  *)  fehlt  e2.  a)  /eA/*  e'e3. 
b)  /"eA/f  e^as?  29.  c)  fehlt  e3.  d)  /eA/*  e'e3. 
e)  /eÄ/*  e3.  f)  fehlt  e'K  *)  fehlt  e2.  b)  ebestoe2. 
l)  /$*  diese  Construction  gestattet  ?  sit  /eAft  e3. 
k)  et  de  amantino  e3,  aur.  ad.j  adesmante  (/. 
adamante)  e2,  vielleicht  richtig,  denn  aurum 
adamantinum  wird  sonst  nicht  erwähnt ;  vgl: 
auch  e3.  l)  fehlt  e2e3.  m)  nisi  e2.  n)  namque 
e2,  ita  e3. 

67.  q)  cenlum  quinque  a5.  68.  r)  duo  a5.  8)  porphiritico  a2,  porüretico  a4, 
porphiretico  a5,  l)  fehlt  a4  a6.  u)  serpuntino  a4.  v)  iaspide  a4  8  a6,  et  iaspide  a6. 
w)  /eAft  Aier,  steht  vor  iaspide  a2ab.  x)  saphiro  panthera  a4.  69«  y)  uni  soli 
columpne  a5.  z)  nititur  a4.  a)  /eA/t  o4.  Diese  Schilderung  der  columpnae  und 
bases  wird,  je  jünger  die  Hss.  werden,  um  so  incorrecter.  Sie  ist  nicht  weiter  im 
Einzelnen  collationirt.  b)  basem  a2.  c)  von  c  bis  c  fehlt  durch  Abirren  des  Auges  axa2. 
d)  herabsteigend  in  der  Zahl,  nicht  vom  Herabsteigen  auf  den  Stufen  verstanden,  wie 
es  manche  Bearbeiter  später  gefasst  haben.  e)  imminuuntur  a4.  70.  *)  basis  a2. 
g)  eius  a4.  h)  eos  a4.  71«  *)  summae  a1.  k)  confectum  a6;  »5t  es  denkbar, 
das*  in  dieser  späteren  und  schlechten  Ms.  sich  sollte  die  richtige  Lesart  erhalten 
haben?  l)  pro  nob.  et  fehlt  a4.  m)  liquide  a4.  n)  possint  a4.  °)  et  cogn. 
fehlt  a5.  p)  fehlt  a*.  72.  q)  tribus  a4a6a].  r)  militibus  aia1^,  Aei  letzterm 
nicht  blosser  Schreibfehler,  denn  es  liest  darauf  armatis.  K)  ab  aliquo  ab.  *)  /eA/J  a5. 
n)  vel  a5.  73.  v)  etwa  LH?  *;#/.  die  beiden  anderen  Zahlen  7  u.  365.  74.  w)  I. 
m.  nostra  fehlen  a4.  x)  dextera  a2ab.  y)  fehlt  a4,  vero  a5.  z)  viginti  unus  a5. 
*)  prothopapatben,  w/id  eAenw  <//eicA  darauf,  ax.  b)  Salmag.  a4,  Sargamant.  ah. 
2fr  isf  Samarkand  gemeint.  c)  tronus  a1.  d)  et  sol.  fehlt  a5.  e)  /eA/t  a5. 
*)  /eA/*  a2.  *)red.  ad  d.  propr.  fehlen  a4  8  aba*.  b)  /eA/*  a2o4  8  aba*.  *)  et 
a  8.  k)  nunq.  a  lat.  n.  a2ah.  l)  recedunt  a5.  75.  m)  autem  a*aha*.  n)  rece- 
dunt  a6.       °)  propriam  a2.       p)  mensibus   a4  4  0  4  4.        76.   q)    Hab.   etiam  A4. 


[D]  c)  Das  Eingeklammerte  fehlt  d*. 
y.  d)  Der  Name  ist  in  den  spä- 
teren Handschriften  sehr  entstellt : 
pasta,  basto  u.  s.  w.  e)  aus- 
führlicher in  E:  ut  frigiditate  eius 
nimia  lemperies  caloris  asbesti  ita 
temperetur,  quod  panis  posset 
coqui  et  non  comburi.  Ganz 
eigen  ist  was  d2  erzählt:  In  for- 
nacem  mittitur,  cuius  pavimentum 
cum  panno  inundissimo  a  pisto- 
ribus  tergitur,  qui  fuit  de  lana 
salamandrae,  de  qua  diximus, 
qui  pannus  naturaliter  est  frigi- 
dus,  ut  calor  clibani  per  ipsum 
temperetur.  f)  conbureretur  et 
non  coqueretur  E.  z.  g)  X  hostia 
sunt  hinc  et  X  inde  (et  X  inde 
fehlt  ex)  exe2,  XX  hostia  sunt 
hinc  e3.  b)  et  unumquodque 
hosthim  habet  decem  pistores  E. 
')  posse  e1,  post  se  e3.  fehlt  e2. 
k)  inGnilas  E.  ])  Das  Einge- 
klammerte nur  in  E.  m)  tot  enim 
d*,  tot  etiam  d3  (?)  M)  in  E:  et 
beneficium  est  aequale.  °)  fehlt 
d3.  p)  Das  Eingeklammerte  fehlt 
in  D. 


932  F»  ie dr ich  Zabncke,  N* 

r)  minoris  61.     ■»)  fehlt  blbA.     l)   facta  est  überflüssig  zugesetzt  b2.      *!  io  somats 
zugesetzt  6364.       v)   meo  62636465.       w)   vigebam  62,    vigebat  A1^*.       x)  quasi 
dominus  (mir  Lesefehler?)   A3.       77.  y)  /eAfc  62,   malri  bb.       7)    et  A4.      a!  etUm 
mit  erit  am  ScA/u**  des  Salzes  b2b\   etiam  est  61.     b)  fehlt  A2.      78.  e)  verbi  b> 
Awifer  talem.        d)  fehlt  b\       *}  fehlt  AlA5.        *)   esurit  A5.         g;    ibi  zugesetzt  P. 
h)  /eAfc  A2,   autem  A4.     *)  p.   in.]  morietur  A4.     k)  />A/t  A2,   vel  A4.     l;   intirmare- 
tur  quis  A3,  infirmaret  A5,   intirmaverit  A1,  infirmitatem  A4.     ")    et  A4.     ■)  morubn 
A3A465,   per  unain  horam  A2.  °)   erit  A1 ,    exibil  A4.  pj    saturatus  64,   sutim 

saturus  A2.  q)  ac  si  A2.  r)  tota  vita  A2.  *)  p.  fuerit  A5,  p.  esset  A1,  habuisset  b\ 
l)  intrabit  illud  c2.  79.  u)  nascitur  c1  c3.  v )  redit  c2.  w)  ab  c2.  * ;  regwdi- 
tur  c2,  80.  y)  /ur  in  ore  steht  ori  c2.  x)  fehU  c2.  »)  pil.  et  fehlt  c2.  b:  com- 
moveantur  c2.  c)  /*ör   his   pl.    omn.    steht  plurioribus  c2.  81.  d)    fehlt  c2. 

e)  /eA/l  c2.  0  his  cl.  »)  fehlt  c2.  h)  nee  c2.  *)  /«All  c2.  82.  k)  Die  «i^e- 
k  lammer te  Stelle  fehlt  in  D  (bis  Ende  von  §  89).  l)  ultimo  c2.  m)  Die  Arndt 
fehlt  c2.  n)  nunc  c2.  °)  /eAfc  c2.  p)  morior  c2.  <»)  et  bis  eis  /dW/  r*. 
83.  r)   tamquam  c2.     •)  tertia  c2,  ncÄ%  ?     *)  reddit  c2.     84.  u)    mor.  sol.  fehlt  c2 

[E]  81.  v)  Zmec  oc/er  Zuiec  e2,  Zmiet  e3.  w)  eius  e3.  82.  *)  quo  eVf3 
y)  n.  e.  col.  fehlt  e2.  xj  rivi  e2.  88.  Ä)  die  ac  e3.  bJ  quanta  et  quali> 
(|ualis  et  talis  e1?2*3,  aber  mir  ist  eine  solche  Ausdruckstveise  nicht  bekannt. 
c)  in  cH  fälschlich  wiederholt  a  prineipio  mundi  nee  erit.  d)  in  e2.  e;  posset 
e2.  f)  cadent  e3.  84.  g)  neinpe  exe2e*,  aber  das  Wort  giebt  keinen  Sinn, 
s.  o.  E  $\.  h)  pedum  e3.  *)  possent  e2.  k)  In  huius  vel  cuius  r\ 
*)  orielur  e2.  m)  fehlt  c3.  n)  neque  el  e3.  °)  oculus  e3,  oculorum  e1*2. 
p)  potest  e!e3.  q)  frontem  c3.  r)  inspicere  c3.  85.  e)  ubique  vel  ubicuD- 
que  e2  (?)  c3.  *j  fuer.  vel  fehlt  c2.  n)  sanitate  odore  e3.  Tj  /cA//  A 
w)  lapsi  c3.     x)   fucrunt  e3.     y)  satiabuntur  e2.     x)  per  XVI  e3,  per  XLXIII  A 

85.  *)  autem  f.  A2.  b)  /eA/f  unrf  quasi  zu  perterritus  gezogen  b2.  c)  fehlt  h\ 
d)  fehlt  A1.  e)  t.  vis.  hinter  et  A1.  *)  de  hoc  quod  viderat  zugesetzt  cJ  4. 
*)  quam]  neminem  [tarnen  4]  videns  e2  4.  h)  erant  c2.  !)  feAJ*  c2.  87.  ü!  per- 
fecit  A3.  k)  fehlt  A3A\  ')  preciosum  A1.  88.  m)  Celatam  A2.  n)  eiusdem  zuge- 
setzt A3A4.  °)  est  de  fehlt  bxb2.  p)  lucidissimus.  q)  splendct  zugesetzt  bl 
r)  /e/*/«  61.  H)  pracclarissimi  6!6365,  preciosissimi  64.  l)  passim  6w  topazii  fehlt 
durch  Abirren  des  Auges  bl  62,  in  62  nachgeholt  (s.  u.)  hinter  dem  ersten  Satz  von 
89.  Die  Worte  bis  dahin  lauten  in  b2  ad  modum  stellarum  illuminent  pauimentutn 
quod  est  de  magnis  snphiris.  u;    impositi  62.         v)   veri   (puri  64)   et  [fehlt  bs 

serenissimi  ö36465.  w)  ad  b2.  x)  fehlt  b2b4,  dann  in  b2  pavimentuin  als  Objeri 
zu  illuminent  bezogen,  und  für  vero  gesetzt  quod,  wie  auch  vorher.  89.  y;  cani.  vem 
b2,  nee  camera  6364.  z)  aliqua  b1^.  *)  inter  61.  b)  aquae  bxbs.  c)  infra  6!626J. 
d)  fehlt  6»  65.  90.  e)  et  aliae  62,  fehlt  65.  fj  angulares  ö4.  «)  collocatae  6a64. 
h)  /eA/t  62.  *)  columnarum  b:ib*.  k)  concingere  62,  circumplecti  64.  !)  possent  M. 
M)  columpna  zugesetzt  64.  n)  /"eA/<  62..  °)  anchora  b2.  p  /"eA^  62.  91.  q)  Ouarum 
Al,  sunt  autem  64.  r)  sunt  616365,  sicut  diximus  64.  9)  ut  ac.  fehlt  b-b*. 
fc)  fehlt  b2.  n)  superiori  und  nachher  inferiori  (parte?)  b2.  T)  sicut  62,  nc  ^*. 
w)  fehlt  64,  pav.  et  tot.  fehlt  62.  92.  x)  vix  62.  y)  potest  62.  %)  cogiUri  b\ 
•}  ab  al.  /*A/*  6',  a  quibuslibet  6^.  93.  b)  nec  6364.  €)  ^eA/<  62.  d)  al.  m. 
fehlt  63.  •)  obumbrari  64.  94.  f)  für  in  eo  steht  ibi  c2.  «)  pur.  et  fehlt  c-. 
b)   purissimo  c2.     ')  porta  c1.     k)   venerit  c2.     !)  n.   e.  tang.  fehlt  c2.     ■)  cum  A 


>7-  Der  Priester  Johannes.  933 

fehlt  c2.  95.  °)  fehlt  c2.  p)  quod  c2.  q)  Bribrinl  c2,  Bribric  d1.  r)  für 
loc.   imus  s/eA*  semper  c2.  *)   portare  c2.  *)  fehlt  c2.  u)   nocturna  c2. 

>.  v)  illud  b3bA.  w)  possemus  63.  x)  intus  ibi  61,  /"eA/f  6263.  y)  exinde  61, 
Wl  fr6.  *}  erimus  62.  a)  saturati  A3.  b)  tu  späteren  Hss.  seit  dem  13.  Jh. 
tifach  impleti. 

[D]  as.  c;  meliorem  et  mir.  E.  d)  fehlt  E.  e)  primo  app.  rf3rf4. 
r)  honorem  E.  g)  nativitatis  nostrae  E.  bb.  h)  bona  D.  ')  quod  D. 
k  crescit  et  fehlt  DE.  Y)  Das  Eingeklammerte  fehlt  E.  m)  semper  er.  E. 
n)  Das  Eingeklammerte  fehlt  in  E.  °)  sie  D.  p)  in  intr.]  introitus  D, 
cc.  q)  fehlt  D.  r)  fehlt  E.  dd.  8)  fehlt  E.  ff.  x)  se  den.]  deuudantur  E. 
u;  fehlt  E.  ^  fehlt  in  D.  w)  fehlt  D.  gg.  x)  aliquis  E.  *)  cogitare  £. 
hh.   »)  tarnen  £.     ü.  a)  fehlt  E.     b)  tarnen  £.     c)   scribi  D.     kk.  d)  fehlt  d4. 

e)  Der  t/anze  Satz  fehlt  in  E,  weil  in  der  Interpolation  hinter  §84  der  Baum 
bereits  vorgeführt  war.  ry  emanat  vel  E.  g)  dum  E.  h)  so  ex,  senithechiin 
e3,  synthotim  d2,  struthoehym  d3,  struthocothim  d4.  11.  ')  fehlt  D,  cuius  e1. 
k)  ignis  extinguitur  D.  !)  sicut  E.  m)  fehlt  E.  n)  pr.  g.  fehlt  E.  °)  si 
p.]  super  E.  p)  /cA/*  JE.  q)  /eA/f  0.  r)  fehlt  E.  *)  /<?A/*  D.  l)  h.  i. 
/eA//  £.  mm.  u)  omnia  quaec.  J?.  v)  In  d2,  wo  dieser  Satz  an  dieser  Stelle 
fehlt,  folgt  er  hinter  qq.  w)  et  virtute  zugesetzt  d4.  x)  glad.  gal.  fehlt  E. 
y)  caelo,  und  vor  duo,  D.  nn.  z)  al.  sup.  fr.  et  od.  fehlt  D,  Zusatz? 
•j   ita  et  E.     b)   similes  E.     c)   potencias  nostras  £.     d)   fortis  E.     e)   /eA/<  D. 

f)  turbari  £.  oo.  g)  firmiter  £.  h)  inürmi  bis  saturentur  fehlt  E.  *j  ampl. 
et  /eA/f  £  pp.  k)  fehlt  D.  x)  fehlt  D.  m)  hiernach  subiacet  D,  doch  ohne 
nachher  zu  fehlen.  n)  fehlt  D.  °)  nostras  iusticias  E.  qq.  p)  Vgl.  die 
Schilderung  des  Palastes  des  Porus  in  der  Erzählung  von  Alexander  Mon.  Germ, 
hist.  Scr.  VI,  70,  64/0.  q)  terra  stand  anfangs,  dann  ohne  Ersatz  getilgt  e3, 
natura  d3,  signa  d4,  fehlt  el.  r)  fehlt  E.  rr.  8)  /eA/<  £.  *)  quadringentae 
E,  fehlt  d*.  u)  fehlt  E.  v)  vestite  E,  vitre  Z>.  w)  /<?A/*  E.  x)  ad  instar  £. 
y)  par.  ei.  /"e/»/t  JE,  eius  fehlt  d4.  *)  /cA/*  D.  88.  *)  ornatae  e3,  ligatis  D. 
b)  so  d3,  echim  d4,  echini  e1,  cephini  e3.  tt.  c)  ceu  E.  d)  luna  D.  e)  luci- 
dae  vor  velut  d3,  feA/*  d4.  f)  /cA/*  Z>.  uu.  g)  ita  d4,  arte  d3  fehlt  E. 
h)  possit  £.  !)  et  ill.  £.  vv.  k)  n.  cels.]  nobis  D.  x)  et  suav.  fehlt  E. 
m)   audientes  E,  tvohl  richtig.        n)   obdormiuntur  E,  richtig? 

[E]  36.  °)  certeficare  eK  p)  Ad  quod  ex,  quod  c3,  fehlt  cK  q)  /WW  e2. 
r)  ciconiam  e3,  quando  e1,  qui  e2.  8)  multifaria  ex  e3.  37.  *)  sciense!e2e3 
a/*o  a/fer  Fehler.  u)  unleserlich  e3.  v)  in  c3.  w)  cumulari  c1,  tumulari  e3. 
38.  x)  eciam  c3,  fehlt  el.  y)  zimurt  oder  zimmt  e3,  zimirth  e2.  z)  zimurt 
oder  zimmt  e3,  zimirth  e2.  Ä)  quod  ex  e3.  b)  fehlt  e3.  c)  qui  e2.  d)  o;uo  e3. 
e)  fehlt  e3.  f)  attingere  e3.  g)  gustaret  e3.  h)  quo  quid.]  quedam  e2.  ')  fehlt  ez. 
89.  k)  fehlt  e*c\  richtig?  l)  et  lalis  e3.*  m)  fehlt  e3.  n)  quantum  el. 
°)  fehlt  e3.  p)  sie  semp.]  tantum  e2.  40.  q)  quem  e2.  r)  aureae  e2  (?)  8)  qui- 
bus  e2.  l)  magna  el  e^.  u)  n.  cib.  fehlt  e3.  ?)  fehlt  e3.  41.  w)  nobis  ex. 
x)  fehlt  e3.        y)   seimus  e2,  sumus  e3,   letzteres  richtig?        z)   percoquitur  e1. 

7.  a;   cur  c2.     b)   prae  fehlt  c'2.     ci  omn.   mort.]  alios  homines  c2.     d)  Quare  si  a5. 

dignitas  a4  a6.     fj  fehlt  a4,  dign.   nomine   (trotzdem  es  gleich  nochmals  folgt)   a2. 

fehlt  a5.     h)   permittit  a2a4a5.     98.  *)   ministeriares  a1.     k)   cum  a4.     !)   autem 

a5,  fehlt  a4.  m)  marscalcus  a1.  n)  danach  item  summus  pastor  a6.  °j  pr. 
item  a4,    pr.   vero  aba*.       p)   coquorum  a4.       q)   rex  est  a4.       r)   id  circo  a4. 

^e/i/i  a4.       l)   vocari  a4a5.      u)   sua  a2aA,  sua  et  a5,   richtig?      v)   videatur  a4. 

maiori  a4.  x)  per  a4.  y;  eligit  a4a!.  99.  z)  /"eA/(  c2.  a)  Hoc  unum  tarnen 
ntillum  c2.      bj   parte  nostra  ab.     ,c)   amplitudinem  a4.      d)   alia  ab.     e)   /"eA/t  a1. 

qualiter  a4.     g)   protenejitur  a2.     100.  h)  potest  a2.     ')    K<//.  Mon.  Germ.  Scr, 


934 


Friedrich  Zarncke, 


m 


VI,   64,  wo  Darius  an  Alexander  schreibt:  Si  poteris  numerare  siellas  coeli«.  «.  r. 


etiam  aAab  10.     >)  fehlt  a2.     m)  fehlt   10. 

[D]  xx.  n)  Das  Eingeklammerte  in  d3.  °;  Bubrig  d1, 
Bribich  dA,  Bribicg  2,  Bubyl  d1.  Vgl.  die  Interpolation 
C  (§95),  an  die  sich  diese  Nameneinführung  ja  an- 
schliesst.  p)  fehlt  d3,  die  hinzugesetzt  3.  q;  fehlt  d4, 
dafür  huius  [doch  dabei  anno),  scilicet.  r  Unklar  ist 
die  Datirung  in  rf2:  Anno  doraini  M°°Ixmxj°,  Anno  nati- 
vitatis  nostrae  lxiu°.  ■}  Waren  die  Worte  De  conßrnia- 
cionc  ursprünglich  eine  Ueberschrift  ?  l)  fehlt  d3.  n)  Hier- 
nach in  d3:  Valc  et  Deus  altissimus  te  conservet,  und 
dann  erst  das  Datum.  Weiteres  theilt  über  den  Cardinal 
Stephan  die  Dresdener  Hs.  d2  mit,  s.  o.  S.   899. 


[E|  42.  f  Dum 
Schluss  fehlt  M  i 
und  scheint  auch  : 
fehlen  in  i.  *  li 
ber  sive  fehlt  r 
z  Magmtino  < 
Mogunlino  3. 
y  Dieser  Satz  f 4 
e3,  überdies  <n 
rfer  folgende  in 
*'■   Emanuel  3. 


CAPITEL  ffl. 

Der  Brief  des  Papstes  Alexanders  III  an  den  Priester  Johannes 

vom  27.  September  1177. 

Dieses,  wie  es  scheint,  einzige  Actenstück,  das  die  Sage  vom 
Priester  Johannes  hervorgerufen  hat,  ist  in-  nachstehender  Ueberliefe- 
rung,  so  weit  sie  mir  bis  jetzt  bekannt  geworden,  auf  uns  gekommen. 

4,  A,  in  Cambridge,  Trinity  Coli.  R.  9.  47.  Bl.  48a,  fg.,  Pgmt., 
42/13.  Jahrh.  Die  Handschrift  ist  zusammengebunden  aus  verschiedenen 
Stücken,  die  verschiedenen  Zeiten  angehören :  4.  Aelfric's  Anglo-Saxon  Gram- 
mar  (11/42.  Jahrh.);  2.  Richard  de  Bury  (45.  Jahrh.);  3.  Litterae  romanae 
(42/43.  Jahrh.).  Diese  letzteren,  etwa  46  an  Zahl,  enthalten  als  30*"  (die 
Anfange  und  Absätze  der  Briefe  sind  nicht  immer  leicht  zu  scheiden,  also 
die  Bezifferung  unsicher)  unsem  Brief.  Die  Sammlung,  die  in  vier  Abthei- 
lungen zerfällt,  ist  nicht  eine  Abschrift,  sondern,  wie  Hr.  Henry  Brad- 
shaw  mir  in  ausführlicher  Darlegung  mittheilt,  eine  Originalzusammenstel- 
lung von  Entscheidungen  aus  dem  Gebiet  des  römischen  Rechts,  wie  eine 
solche  mit  dem  Erscheinen  der  Sammlung  Gregorys  IX.  unnöthig  ward. 
Daraus  ergiebt  sich  die  Zeitbestimmung  für  die  Niederschrift,  die  noch  vor 
Mitte  des  43.  Jahrh.  erfolgt  sein  muss.  Hiezu  stimmt  die  Schrift,  die  für 
die  Grenzscheide  des  42.  und  43.  Jahrhunderts  spricht.  Ausführliche  Orien- 
tirung,  die  ich  am  liebsten  ganz  abdrucken  Hesse,  und  sorgfältige  Abschrift 
verdanke  ich  der  mir  gegenüber  nie  ermüdeten  Gefälligkeit  des  genannten 
Gelehrten.     Keiner  der  Briefe  hat  eine  Datumangabe. 

2,  B,  in  Paris,  Cod.  lat.  4596  (olim  Bigotianus  369),  Bl.  48a  fg., 
Pgmt.,  43.  Jahrh.  Nach  dem  gedruckten  Catalogus  (Paris  4744)  III,  457 
enthält  die  Handschrift '  4 .  Concilii  Lateranensis  decretum  pro  vitanda  in 
electione  summi  pontificis  discordia.  Praemittuntur  quaedam  de  viriutibus 
et  vitiis;  2.  Alexandri  III  epistolae;  3.  Nonnullorum  sacrae  scripturae  lo- 
corum  expositio.  Unser  Brief,  selbstverständlich  in  der  zweiten  Abtheilung, 
ist  ohne  Ueberschrift  und  Schlussschrift.  Eine  genaue  Collation  verdanke 
ich  Herrn  Dr.  ph.  von  Boor1). 


l)  Handschriftliche  Briefsammlungen,  in  denen  auch  Briefe  Alexander  s  III  sich 
befanden,  werden  erwähnt  bei  Duchesne,  Hist.  Franc.  Scriptores  IV,  557.  Die  Briefe 
Alexanders  an  Ludwig  VII,    die  dort  publicirt  werden,  sind  entnommen  ex  veteri 


936  Friedrich  Zarnckb,  [M 

3,  C,  die  Ueberlieferung  in  den  englischen  Chroniken,  die,  im  Gegen- 
sätze zu  den  Chroniken  der  übrigen  europäischen  Länder,  sich  viel  mit  unsere» 
Briefe  abgegeben  haben.  Alle  bisherigen  Ausgaben  desselben  beruhen  auf 
dieser  Ueberlieferung.     Der  erste,  der  den  Brief  aufnahm,   war 

c1,  Benedictus  abbas  (gewöhnlich  Benedict  of  Peterborough  ge- 
nannt) in  seinen  Gesta  regis  Henrici  II  et  Richardi  I  (von  4170 — M9S 
zum  Jahre  1178.  Vgl.  die  Ausgabe  von  William  Stubbs,  in  Rer.  BriUnn 
med.  aevi  scriptores,  I,  210  fg.  —  Daher  entnahm  den  Brief  das  Chronic« 
(bis  1198)  des  s.  g.  Joh.  Brompton1),  innerhalb  des  Jahres  1177.  Tgl. 
Rog.  Tvvysden,  Histor.  Anglicae  scriptores,  London  1652,  S.  1132  fp.  — 
Desgleichen  aus  Benedict  entnahm  ihn 

c2,  Mag.  Rogerus  de  Hovedene  in  seiner  Chronica  (bis  zum  Jahre 
1201),  ebenfalls  zum  Jahre  1178.  Vgl.  die  Ausgabe  von  William  Stuhhs, 
in  Rer.  Brilt.  m.  aevi  scriptores,  II,  168  fg.  —  Aus  der  Ausgabe  dieser 
Chronica  durch  Savile  in  Herum  Anglicarum  scriptores,  Frankfurt  f 601, 
S.  581  fg.  fand  unser  Brief  1618  Eingang  in  die  Concilien  Sammlung2;: 


codice  MS.  viri  clarissimi  Alex.  Petavii,  senatoris  Parisiensis.  Dana  heisst  es  wei- 
ter :  Fuit  et  simile  olim  exemplar  in  bibliotheca  canonicorum  reyularhtm  Sit.  Vir- 
toris  Paria,  not.  //,  22  cum  sequenti  rrwcriptione  »Plures  epistolae  summorum  pm- 
tificum  AJriani  IV  et  Alexandra  IN,  Friderici  papae  [?]  ,  Ludovici  regis  Frame**. 
cardinalium  f  episcoporum  et  aliorum  de  diver  sin  rebus  sui  temporis.*  Ob 
Sammlungen  auch  unsern  Brief  enthielten? 

')  Dass  Brompton    nicht   der  Verfasser  ist,    kann  wohl  aus  mehr  als  ei 
Grunde  keinem  Zweifel  mehr  unterworfen  sein. 

2)   Da  dies  in  der  Sammlung  selbst  nicht  gesagt  ist,    so   lasse   ich  aus 
vierten  Programm  den  Beweis  für  diese  Angabe  folgen.      »Unser  Brief  steht  m  der 
Sammlung  als  Nr.  XLYIII  in  der  ersten  Abtheilung  der  Briefe  Alexanders  Hl.  de 
63    Briefe    umfasst,  welche  alle  ohne  Angabe  einer  Quelle   abgedruckt  sind,  wah- 
rend an  sie  sich    verschiedene  Appendices   anscbliessen,    die    den    Ort    anzngekei 
pflegen,    woher   der  Brief  entnommen  ist.     Ich   war  lange   der  Ansicht,  dass  je* 
erste  Abtheilung  der  63  Briefe  einer    handschriftlichen  Sammhing  entnommen  sei 
Aher  ein  Blick    auf  die    Geschichte  dieser  Briefsammlung  beweist,    dass  dies  liefe 
der  Fall  ist.     Der  erste  Ansatz  zu  ihr  findet  sich  in  der  Sammlung  des  Seren» 
Binius,   Köln   1606    (Concilia  gencralia  et  provincialia,    item   epistolae.   decretalts  f» 
Pont.    Rom.  vitac),   in    der   Tom.   III,   ps.    2,    S.    1336b   die   »Argumenta«  too  I) 
Briefen  Alexander  s   mit    Anführung    des   Ortes,    wo  sie  gedruckt  zu   finden  sei«. 
gegeben   werden.     Es  werden  als  solche  Orte  citirt  die  Ausgaben  des  Radeviei*- 
Rogerus   [de  Hoveden)   und  Matthaeus  Paris.      Als   Nr.    XII    wird    hier   aufgeführt 
»epistola  Alexandra  papae  ad  loannem  presbyterum  Indorum  regem  commendmu  ÜH 
Philippum  medicum  a  tjuo  in  fide  plenius  institueretur.     Anno   4484    (dies  GteL  u 
ein    früheres    anschliessend ,    geht    auf   eine    der   Ausgaben    des    Matthaeus  Pari». 
Rogerus   (der   1 60 1   herausgegeben  war)   eam  recitat  perfectiorem   anno   4 HS.*    h 
der  Ausgabe  des  Binius   164  8    (Concilia  generalia  et  provincialia,    graeca  et  btiv,' 
Tom.   III,    ps.   2,  'S.   515-   ist  jenes  Capitel   erweitert,   die  »Argumenta«  errarfcet 
bereits    die    seitdem    stehend    gebliebene  Ziffer  von  63  ;    zu   deu   früher  genjwrtei 


444}  Der  Priester  Johannes.  937 

Concilia  generalia  et  provincialia,  graeca  et  latina,  ....  studio  et  industria 
D.  Severini  Binii,  III,  2,  Köln  1618,  S.  520.  Von  da  ging  er  über  in  die 
folgenden  Ausgaben,  zweifelsohne  (s.  d.  Anmerkung)  auch  in  die  Editio 
regia  (Paris  1644).  die  ich  allerdings  nicht  eingesehen  habe,  sicher  in  die 
Sacrosancta  concilia  ad  regiam  editionem  exacla  ....  studio  Ph.  Labbei  et 
Gabr.  Cossartii,  X,  Paris  1671,  S.  1227  fg.,  und  in  die  Sacrorum  conci- 
Iiorum  nova  et  amplissima  collectio  .  .  .  .  Ea  omnia  insuper  .  .  .  exhibentur, 
quae  Ioan.  Dominic.  Mansi  archiepiscopus  Lucensis  evulgavit,  .  .  .  XXI, 
Venedig  1776,  S.  907  fg.  —  Aus  Roger  de  Hovedene  entnahm  auch  Caesar 
Baron ius  den  Text  unseres  Briefes  in  den  Annales  ecclesiastici  Tom.  XIX, 
Lucae  1746,  S.  450  fg.  (cum  critice  Pagii),  zum  Jahre  1177,  wie  das  Pa- 
gius  in  der  Anmerkung  zu  unserm  Briefe  ausdrücklich  sagt  und  wie  die 
Vergleichung  der  Texte  bestätigt. 

4,  D,  die  Auszüge  in  den  englischen  Chroniken.  Einen  solchen 
lieferte 

d1,  Radulf us  de  Diceto  in  seinen  bis  4200  reichenden  Ymagines 
historiarum  am  Schlüsse  des  Jahres  1179.  Vgl.  die  Ausgabe  von  William 
Stubbs,  in  Rer.  Brilt.  m.  a.  scriptores,  I,  440.  Das  Mosaik  dieses  Aus- 
zuges ist  folgendermassen  zusammengesetzt,  wobei  ich  die  Abweichungen 
und  Auslassungen  im  Innern  der  Sätze  unberücksichtigt  lasse.    1.  Alexander 


Ausgaben  tritt  ganz  besonders  noch  Baronius  und  eine  Verweisung  auf  die  eigene 
Sammlung  der  Concilsacten  hinzu.  Eine  Anzahl  Briefe  (f>)  sind  nunmehr  vollständig 
abgedruckt.  Bei  diesen,  die  mau  nun  nicht  anderswo  zu  suchen  brauchte,  ist  jetzt 
jede  Notiz  über  den  Ort,  woher  sie  entnommen  seien,  fortgelassen.  Es  waren 
also  offenbar  nur  Wiedergaben  der  Abdrücke,  die  früher  citirt  waren.  Die  »Col- 
lectio regia«  vom  Jahre  1044  (Conciliorum  omnium  generalium  et  provincialium 
collectio  regia,  Paris,  37  Voll.),  die  mir  freilich  nicht  zu  Gebote  stand,  enthielt, 
wie  man  aus  dem  Syllabus  der  späteren  Ausgabe  von  1 67 1  ersieht,  bereits  Ab- 
drücke der  sämmtlichen  63  Briefe.  Sicherlich  fehlte  es  auch  in  ihr  an  jeder 
Quellenangabe;  denn  wäre  eine  solche  vorhanden  gewesen,  so  würde  sie  in  die 
folgenden  Ausgaben  übergegangen  sein.  Man  schlug  ollenbar  die  Briefe  an  der 
von  Binius  citirten  Stelle  nach  und  nahm  sie  von  daher  in  die  Sammlung  auf. 
Wollen  wir  also  bei  der  Sammlung  der  ersten  63  Briefe  wissen,  von  wo  die  ein- 
zelnen entnommen  worden  sind,  so  "müssen  wir  des  Binius  Concilienausgaben  vom 
Jahre  1618,  resp.    1606,   zur  Hand  nehmen. 

Unser  Brief  ist  bereits  in  der  Ausgabe  von  164  8  vollständig  abgedruckt, 
seine  Quelle  finden  wir  in  der  oben  angeführten  Stelle  der  Ausgabe  von  1606  ge- 
nannt. Er  ist  also  aus  Roger  de  Hoveden  entnommen,  und  eine  Vergleichung 
beider  Texte  bestätigt  dies  Resultat  aufs  Bündigste.  Die  Abdrücke  desselben  in 
den  folgenden  Ausgaben  der  Concilten,  so  in  der  von  Ph.  Labbeus  und  Gabr. 
Cossartius,  .Paris  4  674,  und  endlich  in  der  jetzt  gemeiniglich  in  Gebrauch  befind- 
lichen, die  man  unter  Mansi's  Namen  zu  citiren  pflegt,  sind  nur  Wiederholungen 
des  Abdrucks  von  Binius.  wie  sich  auch  dessen  Vita,  von  einem  später  einge- 
legten Documente  abgesehen,  aus  der  Ausgabe  von  t606  bis  in  die  Ausgabe  von 
Mansi  fortschleppte.«  ' 


938  Fubmuch  Zamckk,  [IM 


—  benedictionem ;     6.   Audiveranus  —    intendere ;    7.    Sed  — 

1 0.  Illud  —  tenerent ;  \  h .  Nos  autem  vos  ab  his  articulis,   in  quibus  embs 

a  christiana  et  catholica  fide,  revocare  volentes;  i%.  praefcttum  Philipptm  — 

obfuscet. 

d2,  denselben  Auszug  bringt  Roger  Wen do wer  in  seinen  Ftoes 
historiarum  (bis  zum  Jahr  4235),  zum  Jahre  4  484.  Vgl.  die  Ausgabe  von 
Henr.  O.  Coxe,  London  4844,  II,  408  fg.  Und  ebenso  Matthäus  Paris, 
sein  Bearbeiter  und  Fortsetzer,  sowohl  in  seiner  Historia  major,  ricblifn 
Chronica  majora  (bis  4259;  vgl.  jetzt  die  Ausgabe  von  Luard,  London  4872;. 
wie  in  seiner  Historia  minor,  richtiger  Historia  Anglorum  (von  4066 — 1255 
Vgl.  die  Ausgabe  der  letzteren  von  Sir  Fred.  Madden,  London  1866.  L 
422,  in  Ret*.  Britt.  m.  a.  scriptores. 

Von  diesen  Ueberlieferungen  ist  A  die  älteste  und,  von  dem 
Eingänge  abgesehen,  auf  den  es  bei  Anlegung  der  Sammlung  nicht  an- 
kam, die  weitaus  beste.  Ihr  gegenüber  gehen  wenigstens  B  und  C 
auf  eine  gemeinsame,  durch  deutliche  Fehler  erkennbare  Vorlage 
zurück.  Am  schlagendsten  ist  die  Stelle  in  §  12,  wo  von  den 
Schwierigkeiten  gehandelt  wird,  die  eine  Heise  nach  Indien  biete, 
und  darunter  auch  aufgeführt  wird:  inier  linguas  barbaras  et  ignoüu 
Statt  dessen  lesen  BC:  et  inier  longas  et  ignotas  ho  ras,  für  letztens 
Wort>  in  welchem  vielleicht  noch  der  Rest  von  barbaras  steckt,  bieten 
einige  Hss.  oras,  wodurch  dann  ein  nothdürftiger  Sinn  erzielt  wird 
Ferner  in  §  9,  wo  A  allein  richtig  de  ftde  lies't,  BC  wenig  ver- 
stündlich de  sc.  Endlich  in  §  13  kann  tu  am,  das  nur  A  bietet,  nicht 
entbehrt  werden.  Andere  Stellen  sind  minder  wichtig  und  minder 
schlagend,  wie  in  §  6  c/  etiam  fama  statt  et  in  fama,  in  §  10  der 
Zusatz  von  factlius  zu  reciperent,  im  Schlussparagraph  der  Plural 
bealorum  Pein  et  Paidi.  BC  stehen  also  A  gegenüber,  Zustimmung 
von  B  oder  C  zu  A  entscheidet  authentisch,  gemeinsame  Abweichung») 
in  BC  stehen  an  üusserlicher  Bezeugung  immer  noch  etwas  hinter 
A  zurück.  Schwanken  kann  man,  ob  in  §  8  omne  bottum  procedit 
in  BC  nicht  den  Vorzug  verdiene  vor  cuncta  bona  procedunt  in  A. 
Vgl.  Exodus  33,  19  und  Jeremias  32,  42,  aber  auch  Ecclesiast* 
3,  11. 

Was  B  und  C  betrifft,  so  ist  zwar  B  keineswegs  eine  sehr 
treue  Ueberlieferung,  sie  hat  vielleicht  zusammengerechnet  mebr 
falsche  Lesarten  als  C,  aber  dennoch  entfernt  sich  C  noch  ein* 
weiter  vom  Original  als  B;  vgl.  z.  B.  §  3  praeconat,  §  9  das  Fehlen 
von  in  domino,  §  12  intelligimw,  §  13  sigiüatas. 


113]  Der  Priester  Johannes.  939 

Nur  durch  einen  Umstand  ist  C  unschätzbar:  in  diesen  englischen 
Chroniken  allein  ist  uns  das  Datum  des  Briefes  erhalten,  nicht  frei- 
lich das  Jahr,  und  daher  schwanken  die  Chroniken  in  Ansetzung 
desselben,  aber  Ort  und  Tag,  und  daraus  können  wir  das  Jahr  be- 
stimmen. In  Venedig  am  27.  September  war  Alexander  nur  im 
Jahre  1177,  in  welchem  er  sich  vom  24.  März  bis  4.  April  und  vom 
41.  Mai  bis  15.  October  dort  aufhielt. 

Die  Lesart  von  C  konnte  erst  durch  Zusammenhalten  der  Ueber- 
Iieferungen  c1  und  c2  gewonnen  werden.  Jede  Uebereinstimmung  von 
c1  oder  c2  mit  A  oder  B  entschied  für  C ;  von  den  Einzelabweichungen 
in  c1  und  c2  ist  in  den  Varianten  keine  Notiz  genommen,  die  gemein- 
samen, die  für  C  zu  sprechen  scheinen,  habe  ich  wohl  sämmtlich 
aufgeführt.  Auf  die  Wortstellung  (auch  sind  solcher  Fälle  nicht  viele) 
habe  ich  bei  C  nicht  mehr  Rücksicht  genommen. 

Es  erübrigt  jetzt  noch  D  ins  Auge  zu  fassen.  Man  ist  sonst 
der  Ansicht,  und  dieser  Sachverhalt  läge  ja  auch  am  nächsten, 
dass  der  Auszug  bei  Radulf  aus  dem  in  die  engl.  Chroniken  aufge- 
nommenen vollständigen  Exemplar  entstanden  sei.  Aber  dem  scheint 
die  üeberlieferung  entgegenzutreten,  die  in  mehreren  Fällen  sich 
zu  A  stellt.  So  lesen  wir  §  5  etiam,  §  1 0  facilius.  Wollte  man 
bei  etiam  auch  an  eine  irreführende  Abkürzung  denken,  der  Zusatz 
von  facilius  kann  kein  Zufall  sein.  Ja  an.  einer  Stelle  hat  D  allein 
das  Richtige,  in  §  10  praedictus,  wo  BC  prudens  (falsche  Auflösung 
der  Abkürzung)  lesen,  A  das  Wort  auslässt;  ich  habe  nicht  ange- 
standen, es  in  den  Text  zu  setzen.  Und  so  kann  man  denn  auch 
wohl  glaublich  finden,  dass  noch  an  einer  andern  Stelle  D  richtig 
liest,  in  §  6  de  intentione  propria^  wo  die  gesammte  sonstige  Üeber- 
lieferung pia  liest,  was  erträglich  aber  nicht  so  gut  ist  wie  propria 
(im  Gegensatz  zu  proposilo  tuo) ;  vielleicht  ist  dann  auch  in  §  7 
cuncta  plebs  das  Ursprüngliche.  Es  ist  also  in  hohem  Grade  zu  be- 
dauern, dass  wir  nicht  das  Document  vollständig  besitzen,  aus  dem 
dies  Excerpt  gefertigt  ist. 

Eine  merkwürdige  Lesart  ist  das  Zusammenstimmen  von  CD  in 
§  1 2  in  proximo  (in  Christo  A  B) ;  an  Kreuzung  in  der  Üeberlieferung 
ist  nicht  zu  denken,  auch  hier  wird  die  Abkürzung  die  Veranlassung 
sein,    dann    freilich    die  grössere  Wahrscheinlichkeit   für  in  proximo 

Abluiodl.  d.  K.  S.  GeaelUch.  d.  WiMensch.  XVII.  33 


940  Fwkdricjb  Za^nckb,  (Hl 

als   ursprüngliche  Lesart  sprechen.     Das  Zusammengehen  von  BCD 
in  pulemini  §  12  ist  Dicht  voq  entscheidendem  Gewicht. 

An  einer  Stelle  stimmen  AD  (letzteres  freilich  nur  durch  d1  ver- 
treten) auch  in  einem  Fehler  überein,  indem  sie  beide  in  §  1  pra- 
biiero  lohanni  lesep.  Dieser  Fehler  kann  unabhängig  in  beiden 
Ueberliefeiungen  entstanden  sein,  denn  Jedermann  wusste  ja,  dass 
der  Adressat  des  Briefes  der  gemeiniglich  presbyter  Iohanne*  ge- 
nannte König  sei ;  in  c2  ist  durch  ahnliche  Veranlassung  interpolirt: 
saeerdolum  sanctissimo.  Der  päpstlichen  Canzlei  lag  das  eine  natür- 
lich so  fern  wie  das  andere.  Hätte  es  im  Originalschreiben  ge- 
standen, so  wäre  auch  sein  Verschwinden  unverständlich. 

Der  Abt  Benedict  führt  den  Brief  mit  den  Worten  ein:  Eodem 
at+lem  tempore  Alexander,  sumtnus  pontifex,  gr alias  summae  trimtah 
persolvens,  quod  tempore  suo  pax  ecflesiae  reddita  esset,  misit  nmäm 
suos  per  univeisas  gentium  nationes,  sedi  apostolicae  stibiectas,  et  inti- 
tavit  eos  ad  concilium  praedictum  (das  in  Rom  um  Fastnacht  abge- 
halten werden  sollte).  Misit  etiam  nuncium .  suum  ad  presbytenm 
lohannem,  regem  Indorwn,  cui  in  haec  verba  scripsil. 

<  Das  ist  eine  durchaus  correcte  Darstellung  der  damaligen  Sach- 
lage und  eine  wahrscheinlich  ganz  zutreffende  historische  Motivining 
unsers  Briefes.  Die  späteren  Chroniken  werden  immer  flacher  bei 
Einführung  des  Briefes. 

Von  deutschen  Chronisten  hat  nur  Alberich  den  Brief  beachtet, 
den  er  freilich  sehr  falsch  greifend  in's  Jahr  4170  setzt  und  mit  den 
Worten  erwähnt:  Inveniuntur  quaedam  papae  Alexandri  literac,  qua* 
misit  presbitero  lohanni  superius  memorato  per  quendam  episcopum  (!) 
Philippum,  ab  eodem  papa  ordinatum  et  de  fide  et  de  moribus  sanctae 
Romanae  ecclesiae  diligenter  instructum.  Qui  Philippus  ab  eodem  pres- 
bitero Iohanne  Iransmissus  (!)  fuerat  ad  papam  Romanum.  Mon.  Germ 
hist.  XXIII,  853  fg. 


Text  des  Briefes. 

1,  Alexander  episcopus,  servus  servorum  Dei%  karissirao  m 
Christo  filiob  lohannic,  illustri  et  magnifico  Indorum  regid,  salutem  et 
apostolicam  benedictionem 6.  2,  Apostolica  sedesf,  cui  licet  imme*- 
ritig  praesidemus ,  omnium  in  Christo  credentium  caput  est  et  ma- 
gistra,  domino  attestanle,  qui  ait  beato  Petro,  cui  licet  indigni  suc- 
cessimus :  Tu  es  Petrus  et  supei'  hanc  petram  aedificabo  ecclesiam  meam 
et  portae  inferi  non  praevalebunt  adversus  eamh.  3.  Hanc  siquidem  pe- 
tram Christus1  esse  voluit  in  ecclesiaek  fundamentum1,  quam  prae- 
gciverat1"  nullis  ventorum  turbinibus  nullisque  tempestatibus  quatien- 
dam.  4.  Et  ideo  non  inmerito  beatus  Petrus,  super  quem  fundavitn 
ecclesiam,  ligandi  atque  solvendi  specialiter  et  praecipue  inter  apo- 
gtolos0  alios  reciperep  meruit  potestatem.  S#  Cui  dictum  est  a  do- 
mino: Tibi  dabo  claves  regni  caelorum.  Et  quodcumque  Ugaveris 
super  terram,  erit  ligatum  et  in  caelis;  et  quodcumque  solveris  super 
terram,  erit  solutum  et  in  caelis*. 

6.  Audiveramus  utique  iampridem  referentibus  multis  et  etiamr 
fama  communi,  quomodo,  cum  sis  christianam  religionem8  professus, 
piis  velis  operibus  indesinenter  intendere,  et  circa  ea  tuum  animuni 
geras,   quae  Deo  grata  sunt  et  accepta.      7.    Sed  et1  dilectus  filius 


a)  ep.  s.  s.  D  fehlt  AB,  dafür  III  hinter  Alex.  b)  fehlt  AB.  e)  presbitero 
Joh.  Adx,  Lücke  d2.  *)  Darnach  zugesetzt  sacerdotum  sanctissimo  c2. 
•)  sal.  et  ap.  ben.  fehlt  A.  *)  Apostolicae  sedis  B.  *)  immerito  B.  k)  Die 
Bibelstellen  pflegen  in  den  Handschriften  nie  ganz  ausgeschrieben  zu  werden,  so 
auch  hier  in  den  meisten  Hss.  Die  Stelle  steht  Maiih.  XVI  ,4  8.  *)  In  hac 
siquidem  peira  apostolus  B.  k)  in  eccl.  fehlt  B.  l)  fundamento  A.  M)  prae- 
conat  C.  ■)  edificavit  B.  °)  int.  alios  apost.  A.  p)  accipere  C.  q)  Auch  hier 
meist  nur  der  Anfang  in  den  Hss. ;  die  Stelle  aus  Matth.  XVI,  4  9.  r)  .etiam  A  D, 
in  C.  ■)  religionem  felictter  d2,  professionem  d*,  professionem  et  confessionem  B, 
nomen  C.     *)  fehlt  A. 

63» 


942  %  Frirdrich  Zainckb,  [HS 

noster*,  magister  Philippus,  medicus  et  familiaris  noster,  qui  de  in- 
tentione  piav  et  proposito  tuo  cum  magnis  et  honorabilibus  viris  tm 
regni  se  in  partibus  Ulis  verbum  habuisse  proponit,  sicut  vir  provi- 
dus  et  discretus,  circumspectus  et  prudens,  cons tanter  nobis  et  sol- 
licite  retulit,  se  manifestius  ab  hisw  audivisse,  quod  tuae  voluntatis 
sit  et  propositi  erudiri  catholica  et  apostolica  disciplina,  et1  ad  boc 
ferventer  intendas,  ut  tu  et  terra7  tuae  sublimitati  commissa  nil  ud- 
quam  videamini  in  fide  vestra  tenere,  quod  a  doctrina  sedis  aposto- 
licae  dissentiat  quomodolibet*  vel  discordet.  8,  Super  quo  saue 
tibi,  sicut  karissinio  filio,  plurimum  in  domino*  cöngaudemus  et  ei, 
a  quo  cuncta  bona  procedunt*,  mmensas  gratiarum  exsolrimus  ac- 
tiones,  Vota  votis  et  preces  precibus  adiungentes,  ut  qui  dedit  tibi 
nomen  christianitatis  suscipere,  menti  tuae  per  suam  ineffabilem  pieto- 
tem  inspiret,  quod  omnino  velis  saperec,  quae  super  omnibus  arti- 
culis  ßdei  tenere  debet*  religio  ehristiana.  •.•Non  enim  vere  potest 
de  ehristiana  professione  sperare  salutem,  qui  eidem  professioni  verbo 
et  opere  non  concordat4,  quia  non  sufficit  cuilibet  nomine  Christiane 
censeri,  qui  de  fidef  sentit  aliud  quam  habeat  catholica  et  apostolica 
disciplina,  iuxta  illud,  quod  dominus  in  evangelio*  dicith:  Non  om- 
nis,  qui  dicit  [mihi']  »domine,  dotnine«  intrabit  in  regnum  caelorum, 
sed  qui  facit  voluntatem  patris  mei,  qui  in  caelis  est.  10.  Illud  autem 
nichilominus  ad  commendationem  tuae  virlutis  accedit,  quod,  sicut 
praedictusk  magister  Philippus1  se  a  tuis  asserit  audivisse,  ferventi* 
desiderio  cuperes  in  urbe  habere  ecclesiain,  et  Jerusalem  ■  altare  alt- 
quod,  ubi  viri  prudentes  de  regno  tuo  manere  possent0  et  apostolica 
plenitis  instrui  disciplina,  per  quos  postmodum  tu  et  homines  regni 
tui  doctrinam  ipsam  reeiperent  faciliusp  et  tenerent. 

11.    Nos    autem,    qui   licet    insufticientibus    meritis    in  beati  Petri 
cathedra    positi,    sapientibus   et  insipientibus,   divitibus  et  pauperibus. 


n)  fehlt  BCd2,  aber  d2  hat  noster  (ohne  magister).  v)  propria/),  «r- 
sprünglich?  w)  ab  his  fehlt  B.  x)  fehlt  B.  *)  c  uneta  plebs  D.  *)  fehlt  B,  aber 
Lücke  gelassen;  modo  quolibet  C.  *)  in  dorn,  fehlt  C.  bj  omne  bonum  procedil 
BC.  c)  suseipere  B.  d)  tenet  A,  richtig?  e)  aus  concordet  corrigirt  A.  *)  qui 
de  se  BC.  «)  euuangelio  A.  h)  quod  fg.  fehlt  B.  Die  Stelle  ist  aus  MaUh. 
VII,  21  ;  A  giebt  die  Stelle  ganz,  die  übrigen  Hss.  einige  mehr,  einige  weniger. 
l)  fehlt  AB.  k)  praedictus  D,  prudens  BC,  fehlt  A.  l)  quod  bis  Phil.  fehU  B. 
m)  fluenti  C,  ex  fluenli  B.  n)  in  Jer.  B,  aber  keine  Hs.  sonst  bietet  die  Präposition; 
Jerosolymis  c2,  fehlt  c\   aber  D  hat  wie  A.     °)   possint  B.     »)   steht  AD,  fehlt  BC. 


447]  Dbi  Priester  Johannes.  943 

iuxta  apostolumq  nos  recognoscimus  debitares\  de  salute  tua  et  tuo- 
rom  omnimodam  gerimus  sollicitudinem ,  et  vos  ab  his  articulis,  in 
quibus  erratis  a  christiana  et  catholica  fide,  prompto  animo,  prout 
tenemur  ex  ministerio  suscepti  regiminis,  volumus  revocare,  cum  ipse 
dominus  beato  Petro,  quem  omnium  apostolorum  principem  fecit,  di- 
xerit":  Et  tu  conversus  aliquando  canfirma  fratres  tuos%.  12.  Licet 
autem  grave  nimis  videatur*  et  laboriosum  existere,  ad  praesentiam 
tuam  inter  tot  labores  et  varia  rerumT  acw  locorum  discrimina,  inter 
linguas  barbaras  et  ignotas*,  quemlibet  a  nostro  latere  destinare,  con- 
5iderato  tarnen  offitii  nostri  debito  et7  tuo  pio  proposito  et  intentione 
pensata,  praefatum  Philippum,  medicum  et  familiärem  nostrum',  virum 
utique  discretum,  circumspectum  et  providum,  ad  tuam  magnitudinem 
mittimus,  de  Jhesu  Christi  misericordia  confidentes,  quod,  si  volueris 
in  eo  proposito  et  intentione  persistere,  quam  te  inspirante  domino 
intelleximusa  concepisse,  de  articulis  christianaeb  fidei,  in  quibus  tu 
et  tui  a  nobis  discordare  videamini0,  in  Christo d  per  dei  gratiam4 
eruditus,  nichil  prorsus  timere  poteris,  quod  de  errore  tuamf  vel 
tuorum  salutem  praepediat  vel  in  vobis  nomen  christianitatis  obfuscetg. 
13,  Rogamus  itaqueh  regiam  excellentiam  tuam1,  monemus  etk 
hortamur  in  domino,  quatinus  eundem  Philippum1  pro  reverentia  beati 
Petri  et  nostra  sicut  virum  honestum,  discretum m  et  providum,  et  an 
nostro  latere  destinatum,  debita  benignitate  suscipias0  et  reverenter 
etp  devote  pertractes,  et,  si  tuae  voluntatis  est  et  propositi,  sicut  om- 
nino  esse  debet,  ut  erudiaris  apostolica  disciplina,  super  his,  quae 
idem  Philippus  ex  noslra  tibi  parte  proponet,  ipsum  diligenter  audias 
et  exaudias,  et  personas  honestas  et  litterasq  tuo  sigillo  signatasr, 
quibus  propositum  et  voluntatem  tuam  possimus  plene  cognoscere, 
ad  nos  cum  ipso  transmittas,  quia8,  quanto  sublimior  et  maior  ha- 
beris  et%  minus  de  divitiis   et  potentia   tua   videris  inflatus,  tanto  li- 


q)   iuxta  apost.  in  BC  vor  sapientibus.  r)    Die    Stelle    ist    aus  der  Epist. 

ad.  Rom.  I,  44:  Graecis  ac  barbaris,  sapientibus  et  insipientibus  debitor  sum. 
»)  dixit  C.  *)  Luc.  XXII,  32.  n)  videretur  A.  v)  itineris  C.  w)  et  B. 
*)  et  inter  longas  et  ignotas  horas  BC.  7)  fehlt  A.  z)  fam.  et  med.  nostrum  A. 
»)  intelligimus  C.  b)  fehlt  A.  c)  videmini  BCD.  d)  in  proximo  CD. 
•}  gratiam  ABD,  misericordiam  C.  *)  tuo  B.  *)  vel  6t«  obfuscet  fehlt  B. 
h)  fehlt  B.  *)  nur  in  A.  k)  atque  B.  l)  fehlt  A.  m)  fehlt  A.  n)  fehlt  B. 
•)   recipias  BC.     p)  ac  B.     «)   litteratas  A.     r)  sigillatas  C.     »)   qui  B.     l)  fehlt  B. 


944  DB*    PftlftSTBR    IWANMAS.  [HS 

bentius  tarn  de  coocessioiie1  ecclestae  in  urbe  quam  eliaoT  de  coo 
fereadis  altaribus  in  eeclesia  beatorumw  Petri  et  Pauli  et  Jerasalen 
in  ecclesia  douüaici'  sepulcri*  et  ia  aliis,  quae  iuste  quaesiveris,  tua 
curabimus  peticiooes  adnittere  et  efficatius  exaudire,  utpote  q«i  de 
sideriuQi  tuum  super  hoc,  quod  rnulta  commeadatione  digaura  exislil 
modis  omnibus*,  quibus  secuadum  Deuiu  possumus,  voluaius*  pro« 
vere,  et  tuam  et  tuorum  aaimas  desideramua  domino  lucrifacer 
[Datum  Venetiae,  ia  Rivo  Alto,  quinto  Kalendas  Octobrisc.] 


u)  confessione  A.        r)  fehlt  B.         w)  beati  BC.  J)    sepulcri  dommi  f 

-■)   exstitit  BC.      aj  fehlt  B.      b)  et  wlumus  B.       °)   Die  Datirung  fehlt  in  AB 


Der  Philippus,  den  der  Papst  seinen  familiaris  nennt,  ist  bis 
jetzt  nicht  nachgewiesen.  Auch  nichts  ist  darüber  bekannt,  ob  er 
sich  wirklich  auf  die  Reise  gemacht  hat,  ob  der  Brief  an  seine 
Adresse  gelangt  ist  und  als  was  sich  der  Adressat  in  Wirklichkeit 
herausstellte.  Baronius  bezieht  diesen  Brief  auf  den  König  von  Abessi- 
nien  oder  Aethiopien,  was  Pagius  dann  bestreitet.  Neuerdings  ist 
Zurla,  di  Marco  Polo  I,  277  fg.  und  dann  Yufe,  Cathay  and  the  way 
thither  I,  176,  Anm.  auf  die  Ansicht  des  Baronius  zurückgekommen, 
indem  Yule  meint,  die  Beziehung  auf  den  Priester  Johannes  sei  erst 
später  in  die  Aufschrift  dieses  Briefes  hineingetragen.  Dass  das  richtig 
sei,  haben  wir  gesehen.  Aber  gemeint  ist  sicher  von  allem  Anfange 
an  einer  der  Nachfolger  des  Siegers  vom  Jahre  1141.  Freilich,  wie 
wir  später  noch  weiter  werden  zu  erörtern  haben,  Sudasien  und  OsU- 
afrika  flössen  in  den  Vorstellungen  der  Zeitgenossen  sehr  ineinander. 
So  mag  denn  gar  wohl  ein  Missverständniss  gewaltet  haben  und  was 
dem  mag.  Philippus  mitgetheilt  ward  mag  in  Wirklichkeit  sich  auf 
den  König  von  Abessinien  bezogen  haben.  Zu  den  christlichen  Län- 
dern im  Süden  Aegyptens  war  man  zwar  keineswegs  ohne  alle  Be- 
ziehung. So  erzählt  Oliverus  in  der  hist.  Damiatina  (1220)  bei  Eccard, 
Script,  med.  aevi  II,  S.  1431  ausdrücklich:  Ultra  Leemanniam  (süd- 
lich von  Kairo)  Aethiopia  regiones  habet  latissimas,  populum  Christia- 
num  innumerabilem,  partim  sub  regibus  partim  sub  dominio  Saraceno- 
rum  constitutum.  Hie  sunt  Nubiani  (folgt  eine  lange  Aufzählung  der 
dorfigen  christlichen  Stämme,  ihrer  Gebräuche  und  Dogmen).  Aber 
freilich,  ob  darüber  hinaus  Aethiopien  und  Indien  selbst  vom  Papste 
klar  auseinander  gehalten  werden  konnten,  steht  wohl  sehr  dahin. 
Nöldeke  schreibt  mir:  »Die  Bezeichnung  »Indien«  für  Aethiopien  ist 
bekanntlich  vom  späteren  Alterthume  an  sehr  beliebt.  Sie  dürfte  von 
der  Schwärze  der  Haut  bei  den  Bewohnern  beider  Länder  herrühren, 
denn  der  Perser  und  Syrer  sagt  »Hindu«,  wo  wir  »Mohr«,  die  Griechen 


946  Fhiedrich  Zarnck*,  [(to 

Aiftioty  sagten«  und  er  möchte  die  Bedenken  des  Papstes  in  Betreff 
der  Rechlgläubigkeit    auf  den  Monophysitismus    der   Abessinier  be- 
ziehen.     Das   Eine   muss  jedenfalls   zugegeben    werden :     Aus  dem 
Innern  Asiens  kann  kaum  ein  Wunsch,  wie  ihn  Philippus  vernommen 
zu  haben  glaubte,  erklungen  sein:  für  die  Verhältnisse  in  Abessinien 
würde   Alles  gut    zusammen   stimmen;    nur   darf   man    dabei    Dicht 
aus  den  Augen   lassen,   dass   die  nebulosen  geographischen  Vorstel- 
lungen jener  Zeit  ein  Ineinanderfliessen  der  äthiopischen  Fürsten  mit 
dem  Sieger  des   Jahres  1141  gar  wohl  gestatteten.     Dass  der  Brief 
an  den  s.  g.  Priester  Johannes  gerichtet  sei,  war  gewiss  nicht  bloss  die 
populäre   Auffassung  des   Occidents,   sondern  auch  die  Meinung  des 
Papstes,  der,  wie  mir  unabweisbar  scheint,    in  den  Worten   (§  13}: 
quanlo  mblimior  et  maiar  haberis  et  minus   de  divitiis  ei  potentia  tut 
videris   inflatus   auf   den    damals   bereits    verbreiteten    Presbyterbrief 
anspielte. 


ANHANG. 

Die  deutschen  TJebersetzongen  des  Presbyter-Briefes. 

Der  ursprüngliche,  noch  uninterpolirte  Text  ist  zweimal  ins 
Deutsche  übertragen  worden,  einmal  in  Norddeutschland,  erhalten 
in  einer  Berliner  Handschrift,  dann  in  Süddeutschland,  erhalten  in 
einer  Ambras-Wiener  Handschrift.  Von  der  Interpolation  B  enthalt 
der  jüngere  Titurel  eine  Uebersetzung,  eine  zweite  ist  in  einer  Mün- 
chener Handschrift  erhalten;  von  C  ist  mir  eine  deutsche  Bearbeitung 
nicht  bekannt  geworden,  dagegen  haben  wir  eine  solche,  die  sich 
an  die  Interpolation  D  anlehnt:  sie  ist  in  einer  Heidelberger  Hand- 
schrift erhalten. 

I.  Der  Text  der  Berliner  Handschrift. 

Diese  Uebersetzung  entstand  in  Norddeutschland,  unweit  der 
niederdeutschen  Grenze  (vgl.  zu  951,27),  vielleicht  in  Nordthüringen, 
wenn  auf  die  wenigen  Infinitive  ohne  n  etwas  zu  geben  ist  (vgl.  zu 
953,  85).  Erhalten  ist  sie  uns  in  einer  Pergamenthandschrift  des  14. 
Jahrhunderts  auf  der  Berliner  Bibliothek,  Ms.  germ.  Oct.  56,  Bl.  1* 
bis  1 3\  aus  der  sie  Hoffmann  v.  Fallersieben  in  den  Altdeutschen 
Blättern  1,  S.  308 — 324  herausgegeben  hat.  Vorne  fehlt  ein  Blatt, 
so  dass  der  erhaltene  Text  erst  bei  §  9  einsetzt,  ferner  fehlt  gegen 
Ende  ein  Blatt,  wodurch  uns  die  Uebersetzung  der  §§  67 — 69  ent- 
zogen ist.  Der  erhaltene  Text  schliesst  vor  der  Lücke  mit  §  60, 
der  wohl  direct  auf  §  67  überleitete;  nach  der  Lücke  befinden  wir 
uns  in  §  69. 

Der  Uebersetzer  verfährt  frei.  Er  folgt  dem  Gedankengange  des 
Briefes,  holt  aber  mehrfach  Späteres  schon  früher  herbei,  wenn  es 
ihm  in  den  Zusammenhang  zu  passen  scheint.  So  z.  B.  wo  bei 
Schilderung  des  Umfanges  des  Reiches  (§  12)  Babel  erwähnt  wird, 


948  Friedrich  Zarkckb,  Lttt 

gedenkt  er  gleich  des  Daniel  und  dass  der  Priester  Johannes  zu  seinem 
Grabe  wallfahre  (§  53) ;  wo  von  den  Salamandern  und  den  scbfaen 
von  ihnen  herrührenden  Stoffen  die  Rede  ist  (§  42.  43)  erinnert  er 
sich  sehr  verständig  gleich  der  Fische,  aus  deren  Blute  Purpurfarbe 
erzeugt  werde  (§  54);  ebenso  wohlüberlegt  ist  es,  wenn  er  hinter 
§  58  gleich  §  66  einschiebt,  da  es  ihm  besser  disponirt  erscheint 
erst  den  Tisch  des  Herrn  und  dann  die  des  Hofgesindes  zu  erwähnen. 
Daher  stimmt  die  Reihenfolge  oft  wenig  zum  Original,  aber  die  Haupt- 
abschnitte Hessen  sich  doch  gar  wohl  herstellen. 

Der  Verfasser  war  ein  gelehrter  Mann.  So  wird  er  gleich  bei 
Erwähnung  Indiens  (§  12)  an  Alexander  und  seinen  Zug  gegen  Porös 
erinnert,  Vs.  27  fg.,  weiss  auch  aus  der  geistlichen  Geschichte  allerlei 
beizubringen,  Vs.  32  fg.  45  %.  Vgl.  auch  954,  3.  In  §  14,  wo 
von  all  den  seltsamen  Ungethttmen  ßie  Rede  ist,  weiss  er  von  allen 
Genaueres  anzugeben,  schildert  die  Lamien  (950,  5%.),  die  Satyre 
(950,  21  fg.),  erzahlt  ausführlich  vom  Phönix  (950,  44  fg.).  Auch 
sonstige  mittelalterliche  Sagenstoffe  kennt  er,  vgl.  z.  B.  Vs.  38  fg.; 
von  den  Kräften  der  Steine  weiss  er  selbst  zu  melden,  vgl.  950,  82  fg. 
Hie  und  da  gestattet  er  sich  auch  sonst  eine  freiere  Ausführung,  vgl. 
z.  B.  951,  66  fg.  Warum  die  §§  61  und  63  (von  dem  Balsamlicht 
und  von  dem  Bett  der  Keuschheit)  keine  Aufnahme  gefunden  haben, 
ist  nicht  recht  abzusehen.  Sind  sie /etwa  noch  in  der  Lücke  hinter 
954,  65  erwähnt  worden,  oder  fehlen  sie  durch  einen  sonstigen 
Fehler  der  Ueberlieferung? 

Uebrigens  hat  er  die  Intention  des  Briefes  nicht  überall  ver- 
standen, z.  B.  gar  nicht  in  §  97  fg.  Was  den  Inhalt  dieses  in  955, 
1 4  fg.  wiedergeben  soll,  ist  unglaublich  missverstanden.  Der  Schluss 
des  Briefes  (§  100)  läuft  gegenwärtig  in  eine  Nachrede  des  Ueber- 
setzers  aus.  Wahrscheinlich  lautete  der  Text  aber  anfänglich  anders, 
wie  ich  zu  955,  39  ausgesprochen  habe. 

Das  Gedicht  mag  noch  dem  13.  Jahrh.  angehören.  Die  Zahl 
der  unreinen  Reime  ist  nur  gering  und  sie  können  wohl  auf  Rech- 
nung der  Heimath  des  Gedichtes  gesetzt  werden.  So  weisen  in  die 
oben  genannte  Gegend  die  Reime  zwene  :  seltene  Vs.  20,  kraft  :  gedähi 
953,  80,  ist  :  Susis  954,  100,  diensle  :  minste  954,  88,  hof :  lof  (loufl) 
952,  56,  mach  (mac)  :  gesach  952,  90,  befeie  {befelhe)  :  siele  953,  8, 
gesän  :  stän  954,  46.     Wirklich    roh  ist  nur  der  Reim  wazzer  :  basier 


*S3] 


Der  Priester  Johannes. 


flf 


951,  92.  Nach  Mittel-  und  Narddeutschland  weist  mich  der  feminine 
Gebrauch  von  back,  ferner  die  Formen  sal  und  sali  (:  al  950,  32.  i2. 
953,  18,  und:  gewalt  Vs.  10).  Reime  kurzer  Vocale  zu  langen  kommen 
mehrfach  vor,  wie  (jcsai  :  stal  953,  26,  gar  :  vär  955,  34,  fre*fi{  :  iet  (?) 
950,  94,  besonders  häufig  beim  t,  fon  :  min  955,  26,  /tcA(  :  wicht 
950,  52,  rtcA  :  ich  953,  16,  je/icA  :  sich  951,  36,  rfefa  :  suche  Vs.  42. 
Da  wir  nur  eine  einzige  Handschrift  des  Textes  kennen,  so  habe 
ich  der  Versuchung  widerstanden,  einen  auch  in  Rhythmus  und  Ortho- 
graphie gereinigten  Text  zu  liefern.  Nur  leicht  erkenntliche  und 
zweifellose  Fehler  habe  ich  verbessert.  Der  Hoffmann'sche  Abdruck 
liegt  dem  meinigen  zu  Grunde. 


vode  loben  alle  die  dax  vernement. 
9  Willu  wizzen  von  miner  gewalt: 

die  Ist  groz  vode  manicvalt. 

Ich  heize  prister  Joban 
10  vnde  bin  ein  recht  geloubic  man  5 

vnd  pflege  der  cristen  allen, 

die  mit  armvte  sin  bevallen, 

in  al  dem  lande  mines  riches 

des  sie  bedürfen  tegelichos, 

vnd  beschirme  sie  von  vnrechter  gewalt :  i  0 

daz  ist  ein  dino,  daz  dv  merken  salt 

vnd  alle  die  gerichtes  walden, 

so  mvgen  sie  gotes  hulde  behalden. 
9  loh  vurhoe  mit  richtvme 

vnd  mit  werltlichem  rume  4  5 

alle,  di  nv  sint  uf  der  erden 

vnd  die  vor  mir  mochten  werden. 

Mir  »int  dienst  alle  riche  schuldic, 

vnde  oach  sin  worden  daldic 

sibenzic  kvnige  vnde  zwene:  90 

daz  ist  allen  herren  selzene. 
12  Hoch  dan  habe  ich  selbe  dri  lant, 

die  sint  India  genant, 

die  mir  selbe  zv  hören. 

Der  keret  eines  biz  kegcn  Muren.         15 

an  merith  stozet  daz  ander. 

Dar  inne  zogete  Alexander 

mit  einer  schar  wider  Porum, 

den  kvnic  Indorum; 

do  leit  Alexander  groze  not;  80 

alda  bleib  Bvnceval,  sin  ros,  tot. 

Daz  dritte  India  ist  daz  verneste  lant 

dar  die  apostel  wurden  gesant: 

die  bekarte  Bartholomeus, 

der  heilige  apostolus.  85 

Noch  dan  get  min  riche  vort 


von  dem  osten  in  das  nort 

vnd  von  dem  westen  vf  die  bovme  ho, 

di  da  stan  vf  der  erden  schone  so, 

da  man  di  avnne  alrest  gesteht:  40 

da  ist  danne  me  ertrichet  nicht. 

Noch  dan  get  min  riche 

gar  an  svndersliche 

her  wider  an  daz  keldeste  lant. 

Do  Abacuc  Danielem  vant  45 

vnder  den  lewen  in  der  not 

her  wider  truc  als  im  got  gebot 

daz  er  im  nicht  schaden  muste: 

daz  was  in  der  Babilonien  wüste, 

do  Babil,  der  groze  man,  .   50 

den  türm  durch  homvte  began, 

do  er  den  himel  irstigen  wolde: 

do  tet  got  als  er  solde 

vnde  räch  den  homut  vil  starke  sa. 

Noch  ist  der  türm  in  minetn  riche  da:     55 

53  ich  vare  dar  jerliche 
beteverte  herliche 

zv  deme  grabe,  do  Daniel  begraben  wart; 
vnd  als  ich  danne  vare  betevart, 
so  vare  ich  mit  gewapentem  here  60 

vnd  han  genvc,  daz  ich  mich  irwere 
mit  st  rite  vnde  mit  stürme 
dem  vreislichem  wurme. 

14  In  einem  minem  lande 

sint  dier  allerhande,  65 

di  got  werden  gebot: 

da  sint  lewen  wis  vnd  rot, 

da  sint  inne  pantyre 

vnde  ouch  vil  wunderliche  tyre: 

da  sint  in  dem  lande  70 

olbentyer  vnde  elevande 

vnde  allez  des  wir  geren; 


47)  ob  sie  H$.         36)  d.  i.  meridies.         97)  wonet  H$.        33)  da  Hs.         47)  her  wider 
wohl  aus  4  4  wiederholt  und  die  echten  Worte  verdrängt.        65)  die  Hs. 


i  «5] 


De»  Pmbster  Johannes. 


951 


dnz  wirt  alle  iar  verbrant. 
Vbele  mahtu  dei  getruwen, 
daz  man  so  dicke  mvge  buwen. 
Daz  sage  ich  dir  vil  rechte. 
Daz  lant  ist  allez  puschechtc, 
bewachsen  mit  kurzen  struchen, 
der  man  wo)  mach  gebruchen: 
mit  pfeffir  sint  sie  gar  behangen; 
dar  vnder  sint  natern  vnde  slangen. 
25  Wenne  der  pfeffer  beginnet  zv  rifen 
vnd  aller  Dienlich  wil  griffen, 
so  enturren  sie  vor  den  slangen 
den  pfeffer  anevangen; 
so  stecken  sie  an  grozen  brant, 
so  rumet  daz  ge wurme  daz  lant : 
so  gant  di  lute  den  pfeffer  lesen 
(alsus  mvz  daz  dinc  gewesen), 
so  trugen  sie  in  mit  einer  Üst, 
daz  vremden  luten  nicht  zu  sagene  ist ; 
so  kvment  dar  die  koufman, 
die  wechseln  den  pfeffer  dao 
mit  körne  oder  mit  gewande: 
alsus  kvmt  der  pfeffer  vz  dem  lande. 

27  Olympus  ist  der  berc  genant, 
in  der  scrift  ist  er  wol  bekant: 
daz  kvmt  von  siner  groze. 

Der  pfeffer  wechset  an  siner  woze. 

Da  seibist  ist  ein  gesprinc, 

der  tut  wunderliche  dinc: 

von  mancherhande  dingen 

man  höret  vlizende  dingen. 

Noch  merke  was  ich  dir  sage: 

zwelf  stvnde  sint  an  dem  tage, 

also  sint  in  der  nacht. 

Daz  ist  ein  starke  wazzers  kracht: 

diser  brunne  der  wandelt  sich 

zv  allen  stvnden  gelieh 

vber  nacht  vnde  tac, 

also  dicke  gewinnet  er  anderen  smac. 

Den  so  get  des  brunnen  spranc 

drier  tageweide  lanc 

vil  nahe  dem  paradyse, 

do  vmb  die  vorboten  spise 

Adam  wart  vz  gestozen 

Zv  vnsem  schaden  grozen. 

28  Der  sich  dar  an  vlizet, 
daz  er  des  brunnen  enpizet 
vastende  dri  stvnt, 


40 


45 


20 


95 


30 


85 


40 


45 


die  wile  daz  er  lebt  wirt  er  gesunt 
vnde  blibet  alder  iare  50 

als  er  si  drizec  iare. 

29  Steine  sint  an  der  vlute, 
der  craft  ist  vil  gute: 
indyosij  sint  sie  genant. 

30  Swer  sie  treit  an  siner  bant  55 
vnde  ist  im  sin  gesunt  cranc, 

ez  erget  enporlanc 

daz  er  den  stein  dicke  anstare, 

er  enwerde  grozer  hülfe  geware. 

Ein  segen  gehöret  da  zv,  60 

daz  man  im  rechte  tv: 

vnd  swer  in  treit  in  guter  hvte, 

der  wirt  rieh  an  sinne  Vnde  an  gute, 

ez  si  nacht  oder  tac, 

daz  in  niemant  gesehen  mac.  65 

Den  suchen  die  lantherren 

vnde  sich  nach  im  keren, 

vnde  wen  sie  in  vz  graben, 

sie  wollen  in  immer  bi  in  haben 

vnde  pflegen  in  wol  beneiden;  70 

vnde  wen  sie  beginnen  alden 

vnde  in  die  craft  entget, 

so  haben  sie  in  bi  in  stet, 

wan  sie  wizzen  wol  sinen  Site: 

irn  gesunt  irquicken  sie  da  mite  75 

vnd  vernuwent  irs  gesvodes  iugent: 

daz  ist  von  eime  steine  groze  tugent. 

31  An  eime  ende  mines  landes 
ist  ein  mer,  daz  ist  vol  sandes 

vnd  hat  wazzers  nirgen  ein  trän.  80 

Ich  sage  dir  ei  s vnder  wan, 

ez  /wehet  mit  der  vlut 

als  ein  ander  wazzer  tut: 

nimmer  en  wirt  ez  stille; 

da  von,  wi  gerne  man  wille,  85 

da  en  kan  niemant  vber  kvmen: 

sus  getanes  ist  nicht  vernvmen. 

Da  gegen  an  der  andern  siten  stat 

ein  groz  mer,  daz  hat 

den  aller  besten  visch  90 

der  ie  quam  vf  herren  tisch: 

der  lebet  sunder  wazzer, 

von  smacke  wart  nie  b&zzer. 

32  Ein  wazzer  strichet  da  bi 

vber  tageweide  dri  95 

an  eime  ende  durch  min  lant 


40)  riefen  :  griefep  Hs.  48)  trugen]  trocken?  meinte  schon  Hoffmann.  Vgl,  desicca- 
tum  coquitur.  24)  welschen  Hs.  Vgl,  commutatur  in  frumentum  et  pannos.  27)  Ge- 
meint ist  vuoze,  vgl.  ad  radicem  montis.  Dieser  Reim  lässt  auf  eine  der  niederdeutschen 
Sprachgrenze  nahe  gelegenen  Heimath  des  Gedichtes  schliessen,  gröte  :  vote.  Vgl.  958,  28 
gröt  -.  rot;  953,  b3  appele;  955,  4  8  rieh  tu  me  :  nume.  50)  Hier  stand  wohl  ein  anderes 
Wort,  etwa  zwäre,  vorwäre?  oder  däre,  vgl.  955,  40.        54)  sie  Hs.        79)  lant  Hs, 


FlUMUCI     ZlkNCU, 


vndayellnt  an  den  selben  aant: 

gewinnen  si 

nie  netacb  man  so  groi  vlut  gan. 

39  daz  enturra 

33  Waiiers  hat  sie  keinen  Ina: 

sie  enbreng 

daz  da  vluzet  daz  stnt  steine 

dar  aal  mm 

vnd  groze  bleich  gemeine.                         B 

waz  ez  geg 

Da  sie  vellel  lo  den  sant. 

vnd  ist  dai 

da  verswindet  sie  zv  hanl 

sn  Stet  ez  i 

vnde  enwirdet  nieinanl  Reware 

'daz  ich  das 

war  stoc  oder  stein  bin  vare. 

vnd  ob  mir 

Nicht  weil  ich,  wa  von  ez  si,                40 

so  kennt  s 

in  der  wachen  tage  dri 

42  In  dem  tan 

jo  vor  läge  siel  ez  stille: 

da  mac  Die. 

so  vert  vber  swer  da  Wille. 

vor  hitie,  i 

41  Die  selben  steine  die  so  vlozxan 

daz  sagen  < 

baben  ein  Volk  beslozzen                        4S 

die  ist  Post 

der  indischen  gestechte  mine,                1 

Da  bi  so  bi 

der  en  isl  kein  die  mir  nicht  dine.     1 

da  sint  wui 

38  Ein  gebirge  isl  in  dem  lande, 

die  dienent 

daz  meiste,  das  ieman  bekande, 

Sie  baut  eli 

daz  ist  bi  einer  wüste  gelegen,              20 

sie  enmngei 

da  mac  man  nicht  wonunge  pflegen. 

So  wirket  t 

Dannen  kvmt  ein  nach  gevloizen, 

sin  hvs  vm 

der  gel  vnder  der  erden  besloszeti. 

als  man  wc 

Da  enmac  niemanl  IV, 

an  den  wui 

swie  gerne  er  dei  Iv.                                 IG 

Einer  wirki 

Swer  des  gewarleo  mac 

in  voser  spi 

beide  nacht  vnde  tac 

43  Als  die  dai 

dai  im  gelucke  wider  vare, 

so  sint  da 

er  wirt  des  schire  geware. 

die  nemen 

Er  wart  ei  vlisecliche,                                BD 

vnd  machei 

er  wirt  da  schire  riche. 

Daz  gewanl 

Wen  die  erde  offen!  sich  biwile, 

ob  ez  eine 

so  darf  er  wol  daz  er  ile: 

ei  en  si  In 

swer. da  welle  genesen. 

daz  ist  dez 

der  sol   vnvergezzen  weseu,                      33 

51  Visdiii  hau 

wan  wirt  er  dar  inne  gevangen, 

daz  man  m 

so  siol  sin  ledinge  gar  ergangen : 

die  achonst 

ist  daz  er  her  vi  gerinnet, 

die   man  nes 

swaz  er  sandes  gewinnet, 

44  Holt  vnd  si 

daz  ist  alle*  edele  gesteine:                      (0 

vnde  da  iv 

also  igt  des  wazzera  grünt  gemeine. 

mer  dan  al 

30  Also  gel  daz  weiter  gut 

vnd  swbz  d 

allez  an  einer  vlut 

von  so  her 

vnde  nimt  zv  slete  io 

des  han  kl 

von  den  minnern  waziern  do.                 tu 

46  Urse  ,-»  hai 

von  der  edelkeit  sines  aandea 

mer  anders 

so  kvmt  daz  voll  des  landen 

dromedarie 

vnd  piniget  sich,  wie  ez  dar  inne 

der  enweiz 

des  gesteines  gewinne: 

45  Dar  ah.;  isl 

so  sinl  svmeliche  vollen  wis,                    60 

waz  in  gut. 

40  von  der  kintheit  gewonen  sis, 

die  da  sucl 

dai  sie  in  dem  wazzer  mvgen  Wesen 

ez  sie  gast 

dri  tage  vnde  den  slcin  lesen: 

an  den  di 

10)  sie  :  drie  Hi.         76)   merken  corrigirt  in  mirken  : 


127] 


Des  Priester  Johannes. 


953 


die  sint  von  mir  wo)  gehalden. 

46  Min  vride  ist  also  vast, 

mir  enkvmt  nicht  so  vre  in  der  gast, 

er  enmvge  mit  vride  wandern. 

Do  enroubet  nieman  den  andern,  5 

do  endarf  ouch  nieinant  sorgen 

von  dem  abent  an  den  morgen, 

wem  er  sin  gut  hruele, 

da  ist  niemant  der  im  daz  siele. 

51  Des  siten  phlege  wir  nicht,  10 

des  anderen  ouch  geschieht,  < 

daz  man  mit  luge  vil  belose: 
daz  ist  ein  laster  böse. 

45  Ich  gestates  mannen  noch  wiben 

daz  sie  in  minem  lande  arm  bliben,     45 

46  wan  do  en  ist  niemant  so  rieh 
der  so  vi)  Volkes  habe  so  ich 

47  Wen  ich  orlpjigcn  sal, 

so  han  ich  uechtendes  Volkes  vber  al 

drizehen  kvnicriche  schar.  SO 

Swo  ich  mit  in  hin  var, 

so  gan  vor  mir  drizehen  wagene, 

die  pflegen  nicht  anders  zv  tragen», 

wen  vf  ieclichem  stet  ein  mast, 

die  ist  hoe  vnde  vast,  25 

cruce  sint  dar  vf  gesät, 

an  ieclichem  ein  vane  stat 

der  cruce  sint  vire  vnd  sint  grot 

vnd  durchslagen  mit  golde  rot: 

daz  beste  gesteine,  daz  man  hat,  80 

ist  daz  in  den  crucen  stat; 

so  hat  aller  cruce  glich 

zehntusent  ritter  vmme  sich 

vnd  vechtendes  Volkes  hvndcrt  tusent, 

die  alle  vrume  lute  sint:  85 

nv  sich,  welch  ein  her  daz  si. 

Noch  ist  ein  volk  dabi, 

di  der  wagene  pflegen  mit  spise: 

der  kan  ich  kein  zal  bewise. 

48  Als  ich  anders  sol  vz  varen  40 
an  stritenden  scharen, 

so  ist  ein  cruce  von  holze  dar, 

an  dem  ist  nicht  silber  noch  golt  gar 

noch  varwe  noch  gesteine; 

merke  daz  bloze  holz  aleine,  45 

daz  tu  ich  zv  vuren  vor  mich, 

daz  ich  gemanet  si  stetelich, 

daz  got  durch  vns  di  marter  an  gienc, 

do  man  in  an  ein  cruce  hienc. 


./ 


So  vuret  man  vor  den  ougen  min  30 

ein  erliche  schrin: 
geslagen  golt  ist  dar  inne, 
dar  vf  ist  die  erde  gevult  mit  sinne, 
vnd  swenne  ich  golt  gesehe, 
daz  lop  der  eren  gote  ich  jebe  55 

vnde  denke,  war  zv  ich  sal  werden; 
so  sehe  ich  uf  die  erden. 
49  Noch  vuret  man  vor  mir  ein  vaz, 
von  rot  im  golde  geworebt  ist  daz: 
da  merke  ich  bi  60 

daz  ich  der  aller  herre  si, 
die  da  herren  sint  genant 
vber  cristen  vnde  vber  beiden  laut. 

55  Mir  sagent  mine  geste, 

sie  gesehen  bürge  nie  so  veste.  65 

56  Der  apostolus  Thomas 
buwete  Gundofforo  ein  palas, 
in  dem  selben  lande, 

do  in  crist  hin  sande. 

Von  werke  waz  ez  wunderlich.  70 

Eines  han  ich  im  gelich 

von  dachen  vnde  von  wenden 

vnde  an  allen  sinen  enden, 

von  venstern  vnd  von  graten 

vnde  von  erlichen  kemenaten,  75 

vou  zirheit  vnd  von  gemache. 

57  Nu  höret  von  deme  dache : 
vil  ebene  ist  ez  gedecket, 

do  wirt  nimmer  me  an  gestecket 

von  keines  vueres  craft  80 

noch  dan,  do  man  ez  bette  gedacht, 

daz  man  ez  buraen  wolde. 

Dar  vffe  sten  zwen  appele  von  golde: 

in  ieclichem  sten  zwene  Sterne, 

di  sint  karvunkel  berne,  85 

die  daz  ertriche  haben  mach : 

so  seh  inet  daz  golt  vf  daz  dach 

vnd  enist  di  nacht  nimmer  so  tvnkel, 

sie  vberluchte  der  karvunkel: 

die,  stan  uf  zwen  enden  der  zinnen       90 

vnd  machen  sines  weges  versinnen, 

des  er  lichte  wurde  irre  so, 

entete  daz  selbe  gestirne  do. 

Do  sint  die  balken  woi  geleit 

vnd  ouch  die  Sparren  mit  wisheit.        95 

Von  holeze  sint  sie  wol  bewart; 

daz  holez  hat  al  sulche  art, 

daz  ez  wirt  zv  wisem  beine, 


80)   drizic  Hs.    Vgl.  954,  78.  83)   drizic  Hs.    Vgl.  954,  78.  44)   d.  i.    äne. 

63)  Die  fehlenden  Paragraphen  sind  alle  früher  schon  vorweggenommen,  60  vnd  5t  wenigstens 
indirect.  67)  zv  6.  Hs.  89)  worde  Hs.  85)  karvunke  Hs.,  berne  heisst  hier  feurig, 
ylänzend,  steht  es  für  bernde?  oder  ist  statt  di  zu  lesen  do  und  berne  der  Infinitiv  f  vgl, 
bewise  953,  39,  var  954,  48. 


954 


FaiEDBicH  Zaknckk, 


[«' 


glich  hart  einem  steine. 

Man  saftet,  ez  burne  starke. 

Von  sulchem  holze  was  ouch  die  arke 

die  die  sintvlut  treip, 

da  Noe  innc  bi  übe  bleip  5 

vnd  er  mit  anderen  da  genas. 
-58  Nv  höret  vort  von  dem  palas. 

Groze  pforten  sten  dar  an 

Die  lute  sint  des  gewan, 

daz  in  die  pforten  offen  stant  40 

vnde  allesamt  dadurch  gant. 

Die  pforten  sint  wite  vnde  ho 

vnd  sint  geworcbt  von  sardino: 

gemachet  sint  sie  vorne 

von  cerastis  hörne.  45 

Da  mac  niemant  durch  die  tur 

stille  varcn  hin  vur 

mit  vergiftnisse  hin  var, 

man  werdes  an  der  pforten  gewar. 

Da  sint  die  venstere  alle  SO 

von  wisem  cristalle. 
66  Min  tafele,  vf  der  ich 

selbe  ezze  lege! ich, 

die  ist  ein  smarac  gut, 

der  craft  versuchunge  man  dicke  tut       25 

Dar  vnder  stau  zwene  schrägen 

die  die  tafel  uf  tragen, 

die  sint  von  amantist: 

daz  ist  durch  di  list, 

swer  zv^der  ta feien  sitze,  30 

daz  im  icht  verterbe  sine  witze. 
59  Die  tische  mines  ges  indes,/ 

als  dv  noch  wol  bevindes 

daz  ich  note  liegen  wolde, 

die  sint  von  da  rem  golde  85 

vnd  die  schraken  von  elefendes  beine: 

baz  gemachet  wurden  nie  keine. 
65  Min  gesinde  ist  manicvalt, 

zehn  drizic  tusent  gezalt. 

Der  geste  weiz  ich  keine  zal :  40 

der  pfliget  man  wol  vber  al, 

daz  des  nimmer  wirt  ein  clage 

von  niemande  an  keime  tage. 
62  Min  kemenate  die  ist  wunneclich, 

\on  gutem  gesmide  vil  rieh,  45 

daz  ie  mannes  ougen  gesan. 

Die  gymmen  die  da  inne  stan, 

die  sin  alle  vz  gelesen: 

bezzere  mugen  nicht  gewesen. 

Dar  inne  stet  ouch  onichil,  50 

ouch  sten  do  vier  corinil, 

vnd  ist  ein  ieclich  onichil 

also  groz  als  der  cornil. 


Des  selben  ooichils  ist  die  craft, 
er  machet  minne  vnd  vruntschafL 

64  Wir  haben  die  schönsten  vrowen 
die  man  ie  mochte  seh o wen. 
Die  enkvmen  uns  nicht  nare 
wan  zu  vier  ziten   in  dem  iare: 
daz  ist  durch  daz   getan, 
daz  sie  gebart  von  vns  ban. 

60  Bin  hof  lit  vor  roinem  sal, 
der  ist  gemärt  vber  al: 
da'  ge  ich  denne  schowen 
wie  sich  die  kempfen  howeo 

(ein  Blatt  ausgerissen) 

69  ein  ca pelle  dar  uffe  stat, 

die  vier  vnd  sechzic  sole  entphat; 

dar  uffe  ist  ein  capelle  geleit, 

die  aber  vier  vnde  sechzic  sule  treit 

ein  capelle  dar  uffe  stat, 

die  zwu  vnd  drizic  vuze  (I.  sale)  entf 

dar  uffe  ist  ein  capelle  geleit 

die  sechzeben  sule  treit; 

ein  capelle  dar  uffe  stat, 

die  achte  sule  entpbat; 

dar  uffe  ist  .ein  capelle  geleit, 

die  vier  sule  treit ; 

ein  capelle  dar  uffe  stat, 

die  zwu  sule  entpbat ; 

ein  capelle  ist  dar  uf  geleit, 

die  eine  sule  treit; 

vf  deme  selben  steine 

stet  der  spigel,   den   ich   meine. 

72  Da  mac  nieman   kvmen  zv, 
der  keinen  schaden  tv: 

wen  da  tac  vnd  nacht  vmme  varn 
dri  tusent  man,  die  daz  bewarn. 

73  Iz  sint  in  minem  dienste 
siben  kvnige  zv   mineste, 
herzogen  zwene  vnd  sechzic  dar  nt 
die  min  warten  spate  vnde  vra. 
Daz  dienst  wandelt  sich 

alle  mane  gelich  : 

als  ein  man  ist  vorgan, 

daz  dienst  die  andere  anevan. 

74  Als  dicke  als  ich  ge  ezzen, 
so  sint  bi  mir  gesezzen 

die  patriareben  von  sente  Thoma 
vnd  zwelf  erzebischoue  dar  na. 
Der  mir  zv  der  linken  hant  nebest  ist, 
daz  ist  der  erzeprister  von  Susis: 
daz  kvmt,  daz  die  stat  ist  schone 
von  der  zirheit  an  minem  trone 
vnde  von  minem  kunielichem  sal. 


73)  sechzic  Hs  98)   vn  Hs. 


429] 


Der  Priester  Johannes. 


955 


der  ist  gezieret  vberal. 
So  sitzt  nehest  zur  linken  hant 
der  pfaffe  von  Sermegant; 
dar  nach  zwelf  bischoue. 
Ez  stet  nimmer  an  minera  houe,  5 

daz  ich  wizze  dez  gesindes  min 
ein  zal  oder  des  endes  schin. 
75  Die  da  hvten  miner  capellen, 
daz  sint  abten  von  den  cellen : 
die  dienent  alle  dare  40 

den  bischouen  von  dem  altare. 
Als  sie  ir  dienst  han  getan, 
so  suln  die  andern  dar  zv  gan. 

97  Wol  weiz  ich  eine  sache 

(wunder  ist,  daz  wir  icht  die  mache),  4  5 
nach  miner  grozen  gewalt 
vnde  miuer  tagende  manicvalt 
dar  zv  von  dem  richlume, 
warumme  ich  mich  prister  nume. 

98  Alle  ammecht  in  minem  houe  20 
habent  kvnige  vnd  bischoue; 
marschalke  vnd  truchtseser, 

schenke  vnd  kemerer, 

alle  han  sie  vursten  namen; 


/ 


dar  vmme  darf  ich  mich  nicht  schämen,  25 
daz  ich  ein  kvnic  (?)  geheisen  bin, 
wen  kvnige  sin  die  knechte  min. 

99  Min  riche  daz  ist  ouch  so  groz, 
kein  kvnic  ist  min  genoz. 
An  einer  siten  ist  mir  bescheiden         30 
zwu  vnd  zwenzic  hvndert  tageweiden. 

100  Swenne  daz  mac  gesin, 

daz  man  zele  des  meres  grin 

vnde  des  hymeles  gestirne  gar, 

vnde  er  daz  wizze  svnder  var,  35 

der  mac  vermezzen  sich  des  wol 

daz  er  daz  getruwen  sol,* 

daz  prister  Jan  in  sinem  briue  sprach, 

vnde  volleclichen  er  daz  iach 

durch  die  vmmaz  die  groz  waz,  40 

wie  daz  sie  waz  vmme  daz 

des  getroste  ich  mich  gar  licht, 

wan  die  sele  hat  des  kein  pflicht. 

Nv  helf  vns  got  der  riche 

zv  den  freudcn  ewicliche,  45 

vnd  hebet  al  mit  schalle 

vnd  sprechet  amen  alle. 


II.    Der  Text  der  Ambras-Wiener  Handschrift 

Diese  Uebersetzung  steht  in  der  bekannten  Ambras-Wiener  Per- 
gamenthandschrift des  Heldenbuches,  die  Joh.  Ried  in  den  Jahren 
4  504 — 1515  auf  Befehl  des  Kaisers  Maximilian  in  Bolzen  zusammen- 
schrieb. Unser  Gedicht  findet  sich  daselbst  Bl.  235b  und  schliesst 
die  Handschrift,  welche  abbricht,  ehe  es  zu  Ende  gelangt  ist.  Bis 
zu  dem  Anfang  von  §  70  ist  es  erhalten. 

Es  gehört  dem  Sudosten  Deutschlands  an.  Dies  zu  beweisen 
genügt  schon  der  Reim  ainigew :  drew  1 075,  dem  sich  wahrscheinlich 
drewzehne :  guldine  671  (drewzeheneiv  :  guldinew)  anreiht,  ferner  der 
Gebrauch  von  halt  663.  Die  Zeit  ist  schwerer  zu  bestimmen.  Unser 
Werk  steht  hinter  Gedichten,  die  unzweifelhaft  der  ersten  Hälfte  des 
13.  Jahrh.  angehören:  dem  Wolf ram'schen  Titurelfragment  (Bl.  234), 
dem  Pfaffen  Amis  (Bl.  229),  dem  Mayer  Helmbrecht  (Bl.  225)v  Auch 
bringen  die  Reime  manches  Altertümliche,  wie  raubwre  :  unmcere  649, 


39)    Wahrscheinlich  schloss  der  Brief  mit  diesen  Versen  und  die  beiden  letzten  lauteten 
ursprünglich :  Daz  ich  in  minem  brive  sprach 

Und  volleclichen  ich  das  iach. 
Abhandl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  XVII.  64 


956  Friedrich  Zabhcke,  rM 

stund :  vaslund  436,  dem  doch  auch  der  Reim  veinden  :  ariden  661  an 
die  Seite  zu  stellen  ist.  Auch  das  Adverbium  beditUe  298,  618  dürfte 
spater  nicht  mehr  viel  im  Gebrauch  gewesen  sein,  weist  auch  seiner- 
seits nach  dem  Süden.  Wichtig  Tür  die  Zeitbestimmung  ist  der  Rein 
geladen :  genäden  9.  Ungenaue  Reime  sind,  abgesehen  von  der  Bin- 
dung eines  kurzen  a  mit  langem  in  an:wän  161  ,  lanl.stanl  277, 
gar:jär  995,  stat :  hat  881,  die  folgenden  darein :  sin  623,  wo  frei- 
lich auch  darin  möglich  wäre,  phlegen :  geben  783;  auffallender  streiten: 
vermeiden  897,  wo  ich  strilcn :  vermilen  lesen  möchte,  Idonus:$im 
371,  wo  ich  das  Flickwort  sus  vermuthe,  das  gerade  im  Reim  auf 
Idonus  und  andere  Namen  auf  us  auch  in  anderen  Uebersetzungeo 
vorkommt.  Ein  r  steht  überschlagend  in  ainer :  betchaine  317,  ein  ■ 
in  stainen :  raine  1047,  bei  beiden  könnte  die  Ueberlieferung  fehler- 
haft sein.  Ganz  rathlos  stehe  ich  vor  dem  zweimal  erscheinenden 
Reim  kimige :  [rumige  (als  Masc.  Dativ  Sing,  und  Gen.  Pluralis)  188 
und  782.  Das  scheint  wirkliche  Rohheit  zu  sein,  denn  wenigstens 
782  bietet  sich  eine  Besserung  nicht. 

Die  Verse  mit  klingendem  Ausgang  sind  überwiegend  bereits  mit 
vier  Hebungen  gebaut,  aber  es  finden  sich  auch  noch  solche  mit  drei 
Hebungen,  wie  85  mein  polschaft  ich  sende  verre  in  eilende  u.  a. 
Immerhin  könnte  das  Gedicht  noch  dem  13.  Jahrhundert  angehören, 
aber  die  grössere  Wahrscheinlichkeit  spricht  doch  für  das  1 4.  Jahrh. 

Die  Ueberlieferung  hat  offenbar  dem  Texte  übel  mitgespielt.  Zu 
Vs.  900  fehlt  z.  B.  die  entsprechende  Reimzeile;  dne  erscheint,  wo 
es  verstanden  ist  als  on,  wo  es  nicht  deutlich  verstanden  ward,  blieb 
an;  der  Rhythmus  ist  offenbar  zerrüttet;  aber  auch  hier  schien  es 
mir  Pflicht  zu  sein,  bei  dem  Vorliegen  nur  öiner  Handschrift  mich 
auf  die  Correctur  offenbarer  Fehler  zu  beschranken  und  zunächst 
einen  buchstäblich  genauen  Abdruck  zu  bieten,  dessen  etwas  wüstes 
Aeussere  schwerlich  einen  derjenigen  stören  wird,  die  überhaupt 
zu  einer  Orientirung  über  denselben  Neigung  verspüren. 

Der  Verfasser  ist  ein  redseliger,  wohlwollender,  nicht  ununler- 
richtetßr  Mann.  Aber  die  Freiheiten,  die  sich  der  Uebersetzer  der 
Berliner  Handschrift  gestaltete,  hat  er  sich  nicht  erlaubt.  Er  folgt 
einfach  Paragraph  für  Paragraph  seiner  Vorlage.  Nur  einmal  hat  er. 
wie  an  derselben  Stelle  sein  norddeutscher  College,  etwas  Späteres 
vorweg  genommen,  in  §  59  aus  §  66,  vgl.  Vs.  834  fg.,  aber  an  der 


434]  Der  Priestee  Johannes.  957 

späteren  Stelle  bringt  er  ordnungsmässig  dasselbe  noch  einmal,  vgl. 
Vs.  1028.  Dagegen  hält  er  mit  seinen  gelehrten  Kenntnissen  nicht 
zurück.  In  §  \  4  weiss  er  von  den  wunderbaren  Kreaturen,  nament- 
lich auch  vom  Phönix,  allerlei  Eigenes  zu  berichten.  In  Vs.  301  fg. 
möchte  man  sogar  eine  Kenntniss  der  Interpolation  D  (De)  ver- 
muthen;  aber  diese  Interpolation  ist  selber  aus  der  Historia  Alexandra 
entnommen  und  konnte  daher  dem  Uebersetzer  wohl  bekannt  sein, 
der  auch  sonst  von  Alexander  zu  erzählen  weiss ,  vgl.  Vs.  379  fg. 
und  760  fg.,  an  welcher  letzlern  Stelle  er  aus  dessen  Historia  von 
den  Amazonen  ebenfalls  berichtet  was  die  Interpolation  D  in  §  k  auf- 
genommen hat. 

Sein  Wohlwollen  und  seine  Redseligkeit  haben  es  aber  veran- 
lasst, dass  er  seine  Uebersetzung  mit  einigen  moralisirenden  Interpola- 
tionen versehen  hat.  Zunächst  mit  einer  doppelten  geistlichen  Ein- 
leitung, einer  allgemeinen  und  einer  speciellen;  dann  stehen  34  Zeilen 
hinter  Vs.  842,  die  eine  Warnung  vor  der  Trunkenheit  enthalten, 
und  62  Zeilen  hinter  924  gegen  die  Unkeuschheit  (beachte  Vs.  932 
die  manneler).  Hier  verliert  der  Dichter  den  Brief  ganz  aus  den  Augen 
und  tritt  aus  dem  Rahmen  desselben  völlig  heraus  (Vs.  844:  keem 
ez  mir  immer  an  daz  zil,  daz  ich  der  heiren  rät  weere ,  und  925: 
solt  ich  nu  aber  rät  geben  den  herren,  die  mit  huoren  wellent  leben; 
ferner  beide  Male  am  Schlüsse  Vs.  875:  und  grifen  wider  an  daz 
meere,  daz  ist  noch  sagebewe,  und  Vs.  983:  und  sprechen  wider  von 
dem  meere,  daz  noch  ist  vil  sagebeere).  Nicht  ganz  so  extravagant  ist 
eine  Interpolation  von  24  Versen  hinter  Vs.  214,  in  der  der  rechte 
Glaube  angepriesen  wird.  Hier  ist  dieselbe  noch  dem  Priester 
Johannes  in  den  Mund  gelegt,  aber  aus  dem  sonstigen  Charucter  der 
Briefdarstellung  füllt  doch  auch  sie.  Darum  habe  ich  die  beiden 
Einleitungen  und  diese  drei  Interpolationen  durch  kleineren  Druck 
von  dem  Uebrigen  abgehoben. 

Benedeiter  got,  Jhesu  Crist,  aller  erst  wo!  bestannden. 

wie  gros  dein  parmunge  ist  Da  du  in  aus  des  teufeis  |»innden 

über  alle  deine  hantgetat!  erloestest  mit  deiner  gmh»it, 

Deines  ewigen  vater  rat  da  gedachtest  du  an  die  menschhait, 

het  das  hie  beuor  lennge  5        daz  sy  hilffe  bedorffte  wol.                      \h 

geordent  vor  aller  der  well  anegenge,  An  die  <*nmag  noch  ensol 

wie  dein  parmunge  eruollet  wurde.  die  menschlich  ploede  nicht  gesteen. 

Die  krancken  menschlichen  purde,  gewesn,  beleihen  noch  ^egeu: 

da  ward  dein  gothait  mit  geladen:  sy  muess  et  sein  gehillTe  sein. 

da  ward  der  mensch  mit  gnaden  4  0         Die  vnzellich  parmung  dein                     2o 


M)  du  fehlt  Hs.         4  6)  dich  Hs. 


6V 


958 


FlIEDftICB    ZaIKCIB, 


'« 


ward  do  dem  menschen  kunt, 
do  da  in  von  helle  grünt, 
die  deinen  mit  deiner  gothait, 
als  vnns  der  wäre  glaube  sait. 
Da  ward  die  gros  parmonge  dein  25 

vil  wol  an  der  mensch heit  schein, 
wann  sy  was  gestercket  vnd  erhaben, 
die  ee  was  todtlich  begraben 
in  den  Sünden  von  alter  schulde. 
Da  kam  von  gotes  hulde  30 

von  der  vngehorsam  was  komen. 
Da  was  ee  vnuernomen, 
wie  der  mensch  erlöset  wurde, 
es  entet  got  mit  menschlicher  purde, 
die  er  an  sich  taugenlichen  nam  85 

vnd  damit  her  zer  erde  kam. 
Da  ward  ein  grundtueste  gelait 
vnser  gnaden  vnd  vnnser  selikait 
vnd  hub  sich  freude  vnd  ein  trost 
aller  der,  die  in  dem  feurinen  rost       40 
waren  manig  zeit  verporgen: 
.die  kamen  aus  den  sorgen, 
mit  den  sy  waren  befangen, 
wann  die  zeit  was  zergangen, 
daz  got  sande  seinen  cingebornnen  sun   45 
vnd  wolt  nach  seiner  geha\ssc  tun, 
als  er  sich  des  het  bedacht. 
Sein  kunfft  der  weit  bracht 
hayl  vnd  seiden  vil: 
die  red  ich  nu  endn  wil.  50 

Ich  wil  einer  rede  begynnen : 

er  bedarfT  guter  synnen 

wer  sy  f&rbringen  sol; 

gueter  mere  ist  sy  vol, 

wann  sy  hat  wunderliche  sage.  55 

Es  geschieht  vil  nahen  alle  tage 

wunderlicher  dinge  vil, 

als  ich  euch  nu  künden  wil 

von  ainem  herren,  der  lebt  noch : 

vil  gclaublich  ist  es  doch.  60 

Ze  India  ist  er  gesessen, 

reicher  kayscr  vil  vermessen : 

Priester  Johan  ist  er  genant ; 

seinen  namen  ich  also  geschrieben  vant. 

Von  seinem  reichtumb  wil  ich  sagen,     65 

weit  ir  geschweigen  vnd  gedagen, 

daz  hernach  ze  sagen  wäre. 

derselbe  knyser  märe 

ze  einen  Zeiten  er  sande 

seine  poten  ze  kriechischem  lande  70 

einem  kunige,  der  hiess  Emanuel. 

Habt  es  nicht  für  ein  spcl, 

es  ist  genomen  von  der  warhait. 

Das  puech  vnns  also  sayt, 

daz  er  im  einen  brief  sanndc  75 

vnd  sein  herschafft  daran  erkante. 

Die  potschafft  hub  sich  so, 

also  stunde  an  dem  briefe  do. 


1  Priester  Johann  von  gotes  gewalt 
vnd  von  seinen  creffln  manigualt 
vnd  von  gnaden  Jhesu  Crist, 


80 


I 


der  all  der  well  Täter  ist, 

herre  aller  k&nige  ich  bin, 

wie  so  sy  gebeyssn  sin : 

mein  potschafft  ich  sennde 

verre  in  eilende 

dem  grossen  kunige  Emanuel 

von  Kriechen  reichem  vnd  schnei; 

dem  wünsche  ich  ze  allentzeitea 

freude  vnd  sJLlden  nahen  vnd  weäca 

vnd  mit  grossem  reichtumb  leben 

vnd  in  herrsch» ffl  ymmer  swebea. 

2  Es  ist  vnns  kuot  getan 
von  dir  sunder  wao, 

daz  du  mynnest  vnnser  berrschaA 

vnd  auch  vnosers  reiebtumbs  craflt, 

wie  gros  herre  ich  were, 

das  saget  man  vor  dir  ze  märe. 

Nu  ist  vnns  kunt  getan 

von  vnnsern  poten  sunder  wan, 

daz  du  mir  wollest  sennden, 

m&chtesl  du  es  ymmer  volenden, 

ettwas  von  deinem  lannde, 

daz  man  ze  seltzame  erkannde, 

daz  man  saget  ze  märe 

vor  vnns  vnd  auch  ze  sagn  wäre. 

3  Seyder  daz  ich  auch  mensch  bin, 
so  lernet  mich  mein  synn, 

daz  ich  dir  sennde  etwas, 
daz  du  erkennest  dester  bas 
vnnser  grosse  herschafft 
vnd  auch  kayserlicbe  c rafft, 
die  wir  in  vnnserm  reiche  han. 
Ich  bin  got  vnndertan, 
das  empeut  ich  dir  zware. 
Nu  künde  mir  offenbare 
ob  du  mit  vnns  wellest  gelauben. 
Das  sol  tu  vnns  eräugen, 
ob  du  cristen  wellest  sein, 
ob  du  fuerest  den  glauben  mein:       ' 
das  wil  ich  wissen  von  dir. 
Bey  meinem  poten  empeute  mir, 
ob  du  gelaubest  an  Jhesu  Crist, 
der  vnnser  aller  schepfer  ist 
4  Seyder  daz  du  menschlichen  syn  hast  1 
vnd  in  menschlicher  nature  stast, 
so  wänent  für  war  die  deinen, 
als  mir  sagent  die  meinen, 
daz  du  seyst  ein  warer  got 
vnd  es  stee  ze  deinem  gepot  < 

daz  in  deinem  reiche  sey. 
Nu  merck  rechte  hie  bey : 
seyder  daz  du  bist  todtliche 


23)  Hier  fehlen  entweder  Verse  oder  für  die  deinen  ist  ein  Verbum  zu  setxem .  <#■ 
ertastest.  26)  andern  menschen  Hs.  31)  Fehlt  zwischen  30  «.  31  etwas?  SS)  f*$Ä 
60)  vngelaublich? 


433J 


Der  Priester  Johannes. 


959 


vnd  must  auch  sterben  menschliche, 
so  thue  deinen  wan  hin.  435 

Syder  ich  grosser  herre  bin 
vnd  auch  ettwen  sterben  so), 
dauon  erkenn  ich  wol, 
daz  niemand  sein  selbs  geniessn  mag, 
wenn  nu  kumbt  sein  tag,  440 

daz  sein  ennde  sol  sein. 

5  Nu  künde  mir  bei  dem  poten  mein: 
was  seHzams  bey  mir  sey, 

da  ist  mein  wille  bey, 

daz  du  das  erwirbest  wol;  4  45 

vnd  was  ein  man  beruen  sol, 

des  habe  gewalt  von  mir. 

Mer  empeute  ich  dir, 

wes  dir  ze  freuden  durfft  sey, 

da  ist  mein  guter  wille  bey,  450 

daz  ich  dir  das  sennden  wil : 

das  duncket  mich  alles  nicht  ze  vil. 

6  Nym  ein  fursten  ambt  von  mir, 

daz  alle  meine  fursten  steen  vor  dir: 

in  meinem  namen  solt  du  es  nemen,     4  55 

des  mag  dich  wol  gezamen; 

vnde  vahe  auch  künde  mein, 

daz  mag  dir  grosser  frurob  sein: 

daz  wir  zwischen  vnns  baiden 

die  freundschafft  best&Uign  mit  aiden.    4  60 

7  Vnnser  pol  schafft  solt  du  sehen  an 
vnd  betrachte  mit  dir  sunder  wan, 
ob  du  zu  vnns  kumen  will: 

wir  geben  dir  werdikait  so  vil, 

daz  du  der  höchsten  ainer  bist  4  65 

in  meinem  reiche,  der  ie  lembtig  ist; 

vnd  magst  ymmer  mit  vollen  leben, 

das  wil  ich  dir  ze  miete  geben. 

Wilt  du  dann  wider  haymfarn, 

meinen  reichtumb  wil  ich  nicht  sparn ;  4  70 

ich  mache  dich  also  reiche 

daz  du  ymmer  werdicklicbe 

vnd  herrlichen  must  lebfi  : 

das  wil  ich  dir  ze  gäbe  geben. 

9  Wilt  du  auch  wissen  vnnser  herschafft   475 
darzu  vnnser  gewaltes  crafft, 
das  sol  wir  dich  wissen  lan, 
als  wir  dir  entpoten  han. 
In  welchem  lannde  wir  gewaltic  sein, 
das  verkünden  wir  dir  mit  den  poten 

mein.  480 

So  magst  du  dich  wol  entsteen, 
vnd  solt  sein  auch  nicht  irre  geen, 
daz  dir  der  herre  Priester  Johann 
nyemand  wil  für  lan, 


der  in  der  weit  also  reiche  485 

sey  vnd  far  also  gewalt icleiche. 

Er  ist  herre  aller  kunige 

der  reichen  vnd  der  fruraige; 

die  hat  er  alle  aberzogen, 

mit  reichtumb  überflogen;  490 

alle  die  vnnderm  himel  sint, 

der  reichtumb  ist  aller  plint: 

sy  mügen  im  nicht  eben  tragen. 

Dir  sol  auch  mein  pot  sagen,* 

daz  vnns  dienent  gewalticleiche  495 

zwen  vnd  sibentzig  kunigreiche, 

die  vnnserm  gewalt  genigen  hant 

vnd  auch  zu  vnnserm  gepot  stand, 

die  vnns  alle  ir  zynns  gebent 

die  weyle  daz  sy  nu  lebent,  900 

die  vnnser  auch  ze  herren  iehent. 

Wenn  sy  vnnser  gepot  sehent, 

so  muessen  sy  vnns  gehorsam  sein: 

das  gepot  in  der  gewalt  mein. 

10  Gut  cristen  ich  bin,  105 
das  lernet  mich  mein  syn. 

was  vnder  vnns  sein  armer  cristen, 

die  sol  wir  vogten  vnd  fristen, 

wo  sy  auch  in  dem  reiche  sint, 

es  sey  weib  oder  kint:  24  0 

die  alle  vnnsers  almusens  lebend, 

die  nymmer  nicht  darumbe  gebent, 

wann  daz  wir  got  eren  damit. 

Das  sint  vnnser  tagliche  sytt. 

lnn  der  weit  nicht  grössers  ist,        245 

wann  der  rechte  gelaubet  an  Crist. 

Wer  mit  dem  glauben  wil  gesteen, 

dem  mag  nymmer  zergeen 

saelde  vnd  weltliche  ere: 

so  vergicht  die  cristenlich  lere.        220 

Wer  rechten  glauben  hat, 

wie  frolich  der  an  dem  ende  stat, 

wenn  die  erweiten  gotes  kint, 

die  zu  dem  himelreich  geladen  sint, 

die  ewige  freude  sullen  besitzen.      225 

Da  kumen  wir  aller  erste  ze  witzen : 

wer  dann  rechtes  glauben  phligt, 

der  hat  dem  teufel  angesigt 

vnd  gewinnet  ein  states  wesen 

vnd  ist  ymmer  ewiclichen  genesen.  230 

Der  gelaube  ist  veste, 

er  raus  auch  ze  leste 

vnns  für  got  weysen; 

da  mus  man  die  rechten  preysen, 

die  an  dem  rechten  funden  sint:     235 

die  sint  dann  die  erweiten  kint. 

Dein  gelaub  sey  veste, 

so  gesigestu  aller  peste. 

11  Wir  haben  got  einen  antheis  getan, 

des  sul  wir  nymmer  abegan,  240 

daz  wir  mit  michelm  heer 
vnd  mit  kreffliger  weer 


446)  be rächen?        466)  nie  Hs.        487)  all  Hs.        222)  ende  fehlt  in  der  Hs. 


960 


Fnsdbich  Zabhgkb. 


[W 


varn  sullen  zu  vnnsers  berren  grab 

vnd  zu  der  stat,  da  er  sieb  gab 

ze  martern  durch  die  sondere,  245 

das  in  sein  reiche  offenbare; 

vnd  sullen  varn  so  lobeleicbe, 

als  es  getzimet  vnserm  namen  vnd 

dem  reiche, 
vnd  sullen  streiten  wieder  die, 
die  gotes  veint  waren  ye  250 

vnd  des  creutzes  veint  sint 
vnd  waren  seyt  des  teufeis  kint 
vnd  nicht  den  gotes  namen  loben, 
der  da  im  himel  reichsnet  oben. 

12  Es  sint  drew  der  lannt,  255 
die  India  sint  genant: 

die  sint  vnns  auch  vnndertan 

vnd  sy  in  meinem  gepot  han, 

vnd  weret  mein  gewalt  da 

vntz  zu  der  verrieten  India,  260 

so  da  leit'sant  Thomas, 

do  er  auch  da  gemartert  was. 

Furbas  gewalt  ich  han 

durch  w&esle  laut,  da  dhein  man 

vor  hitze  wol  beleiben  mag:  265 

noch  furbas,  da  die  sufi  vnd  der  tag 

zu  dem  ersten  aufgeent 

vnd  auch  an  ir  scheine  steent, 

vnd  geet  darunder  in  ein  lant 

manigen  menschen  vnerkant,  270 

die  wueste  Babilonie  baysset  sy : 

nu  mereket  recht  hiebey, 

13  vnns  dienent  zway  vnd  sibentzig  landt, 
in  summelichen  cristen  vnerkant, 

die  anndern  alle  an  den  glauben  sint     £75 
vnd  gegen  vnnsern  herren  plint; 
seinen  kunig  hat  yeglich  ianndt, 
die  alle  in  meinem  gepot  standt. 

14  Wir  haben  in  vnnserm  lande 

ein  michel  tail  der  helphande,  280 

chamcl  vnd  dromedary, 

wir  haben  auch  crocodilli, 

dwern  vnd  panckel, 

die  sind  wunder  starch  vnd  snell, 

weysse  lewen  vnd  pern,  285 

vor  den  mag  nicht  gewern 

was  sy  besteen  wil ; 

greyffen  haben  wir  auch  vil, 

ochsen,  die  sind  wilde, 

die  sint  auf  dem  praiten  gevilde.  290 

Wir  haben  wunderliche  leutc, 

vernym  wie  ich  die  bedeute : 

die  sint  halb  ross  vnd  halb  man, 


die  schiessent  auch  oo  man, 

daz  in  nicht  entgeet  a 

was  so  vor  in  gesteet: 

vnd  sint  auch  wilde  leute. 

Ich  sage  dir  bedeute, 

wir  haben  leute  mere, 

des  mag  dich  wundern  sere:  3 

die  -geent  one  baubet, 

daz  man  maeüch  gelaubel; 

an  der  prust  hoben  sy  äugen, 

das  sint  gotes  taugen. 

Wir  haben  auch  risen,  die  sint  lang;     l 

vil  herlich  ist  ir  gang, 

ir  lenng  sint  viertzigk  eilen  .- 

erzeugen  wir  das  wellen 

mit  der  rechteo  warhait, 

es  ist  als  ich  dir  han  gesait. 

Wir  haben  noch  leute  mere, 

das  ist  ze  wundern  sere : 

an  dem  hirne  ein  äuge  sy  hant, 

luistuzen  sint  sy  genant; 

vnd  den  vogl,  von  dem  man  liszt.      ; 

der  fenix  gehayssen   ist. 

Sein  ward  nie  nicht  mehr  dann  aioer, 

sein  nature  ich  dir  beschaioe: 

er  hat  ziere  on  masse  vil ; 

wenn  er  sich  lügenden  wil, 

so  kumpt  er,  so  man  list, 

wo  die  sunne  allernächst  ist 

vnd  da  sy  hitze  hat  nach  ir  crafft, 

das  gepeutet  im  sein  maisterschafft ; 

vnd  machet  im  ein  nest  da 

vnd  recht  nyndert  anderswa. 

Wann  er  es  dann  beraitel  bat 

vnd  in  das  alter  begriffen  hat, 

so  ist  er  der  sunnen  so  nahen, 

daz  in  die  hitze  beginnet  vahen ; 

von  edeln  wurlzen  ist  das  liest  sein: 

so  vahel  in  der  sunne  schein, 

wenn  er  an  dem  neste  leyt. 

die  sunne  im  die  hitze  geit, 

ze  aschen  prynnt  er  so  ze  stet : 

das  was  vil  nahen  ee  sein  pet. 

Wenn  er  dann  verdirbet 

vnd  der  alt  leib  erstirbet, 

so  gewinnt  der  asche  solhe  crafft, 

daz  er  wirt  weerhafft  ; 

vnd  wirt  darnach  lebentig  wider: 

das  habt  ir  ee  noch  syder 

von  dhainem  tier  vernomen, 

vnd  ist  danne  volkomen 

vil  rechte  an  seiner  tugent.  3 

Also  hat  er  geiugent 


274)  wol  erk.?         304)  erinnert  an  i)c.         340)  d.  t.  berhaft.         345)  sein  Hs. 


435] 


Der  Phbster  Johannes. 


961 


vnd  ist  iung  alsam  ee. 

Wir  haben  lier  vnd  vogl  mee 

dann  yeman  der  vnnderm  hiniel  sey. 

Nu  mercket  recht  hiebey,  350 

wir  haben  aller  der  bände  tier, 

die  da  sint  an  dem  ende  der  weit  vier. 

21  Von  honig  fleusset  vnnser  lannt, 
das  sey  dir  vil  wol  bekannt. 

gutter  speyse  ist  es  vol,  355 

mein  pot  dir  das  sagen  so). 
Wir  haben  noch  ein  lanndt, 
das  dienet  auch  zu  vnnser  handt, 
von  gutem  lufft  hat  das  die  c rafft, 
daz  da  nyemant  wirt  schadhaft  360 

von  dhaynem  tier,  das  ayter  hat: 
crote  noch  slange  da  nicht  enstat 
noch  nicht  das  vnns  goschaden  mag ; 
in  dem  lande  beleibet  nicht  einen  tag 
aller  hande  tier,  das  ayter  hat,  365 

noch  dhaynem  menschen  ze schaden  stat. 

22  Wir  haben  besessen  ein  lanndt, 
das  wartet  auch  ze  vnnser  handt 
vnder  den  wilden  hayden, 

das  wellen  wir  dir  beschaiden.  370 

Dar  durch  fleusset  ein  wasser  suoss, 

das  ist  gehayssen  Ydonus, 

der  plaume  rynnet  von  dem  paradeyse. 

vnns  ist  kumen  ze  weyse, 

daz  dasselbe  wasser  trayt,  375 

also  gicht  die  warjiait. 

Das  gut  vnd  das  edel  gestaine, 

die  vindel  man  da  allgemaine. 

Die  staine  nenne  ich  dir  sus : 

Saphier  Smaragde  Karbunciilus,  380 

man  vindet  Crisolitum  Onichilum 

vnd  den  edlen  Topatium; 

so  ist  auch  da  der  Hecht  Berillus, 

Amantiste  vnd  der  schöne  Sardius 

vnd  annders  gestaines  vil.  385 

23  Noch  mer  ich  dir  künden  wil 

von  ainem  paume,  von  dem  man  lyszt, 

der  bey  dem  wasser  gewachssen  ist : 

der  ist  geheyssen  Assidios, 

des  craffte  man  offle  chos.  390 

Ymb  die  wurtze  es  also  stat; 

wer  die  wurtze  bey  im  hat, 

der  schaffet  mit  den  boesen  geisten, 

was  er  wil  das  muessen  sy  laysten ; 

von  dem  menschen  vertreibet  er  in,    395 

das  ist  ein  maisterlichcr  syn. 

Vil  wol  er  im  gepeutet, 

daz  er  im  bedeutet 


seinen  namen  vnd  war  er  sey: 

er  mag  ny ininer  werden  frey  400 

wann  als  er  selbe  wil. 

Muelich  ich  dich  des  hil, 

daz  von  der  wurtze  c rafft 

getar  der  teufl  kaine  maisterschafft 

gegen  dem  menschen  gehan  405 

vnd  getar  in  uynuner  bestan. 

24  Wir  haben  noch  ein  ander  laut, 
dem  gepeutet  auch  vnnser  handl ; 
da  wachsset  der  pfeffer  ynne. 

Nu  nicreke  recht  die  synne:  410 

25  das  lanndt  ist  one  massen  slanngen  vol, 
so  man  dir  rechte  sagen  sol; 

vnd  ist  ein  so  dicker  walt 

als  ein  wilde,  die  mit  dicke  ist  bestall. 

So  der  pfeffer  danne  zeitig  wirt  415 

vnd  in  der  paum  rechte  gepirt, 

so  zündet  man  den  walt : 

so  fliehent  die  natern  manigvalt 

vnd  fliehent  dann  in  ir  hol; 

ir  besloff  ist  der  walt  vol.  420 

Der  pitter  rauch  gat  vbcral, 

der  pfeffer,  der  weys  was,  der  wirt  sal : 

danne  nymbt  man  in  von  den  paumelin 

vnd  behaltet  in  da  er  mag  behalten  sin. 

27  Der  walt  bey  einem  perge  leit,  425 
Olimpus  man  im  namen  geit. 

Von  dem  perge  fleusset  ein  prunnc 
Hecht  vnd  lauter  so  in  die  sunnc, 
nach  allerhande  wurtze  hat  er  geschmach 
>nd  verwandelt  sich  nacht  vnd  lag.     430 
Droy  tagwayde  hat  er  gang 
von  dem  paradeyse  ist  das  vnlang, 
da  Adam  ward  ausgestossen 
mit  andrn  sein  genossen. 

28  Wer  des  prunnen  drey  stund  435 
in  dem  tage  Irincket  vaslund, 

des  tages  ist  er  vor  allem  siech tumb  frey 
vnd  beleibet  zu  allen  zoiton,  als  er  sey 
in  der  iugend  als  ein  man, 
der  des  alters  ist  sunder  wan  440 

als  ainer  von  drey  vnd  dreyssig  iaren  : 
so  mues  er  ymmer  geparen. 

29  in  dem  wasser  sint  wenige  stainlin, 
das  sol  dir  sagen  der  pot  min: 
Andiosy'sint  die  genant,  445 
summelichen  aren  wol  bekant. 

Die  aren  haben  dick  einen  sit, 

da  iugenden  sy  sich  zu  allentzeiten  mit: 

wenn  in  das  alter  hat  begriffen 

vnd  auch  die  iugent  ist  entsliffen,        450 


374)    Vgl.  über  diesen  Reim  die  Einleitung. 


962 


Fheduoi  Zabwctk, 


[in 


daz  im  der  sogen  abegat  I 

vnd  er  des  guchen  nicht  enhat, 
so  kumpt  er,  da  die  staioe  sint, 
vnd  wirt  da  gesehen  der  ee  was  plini; 
ettwenne  bringent  sys  in  ewr  lant       45S 
vil  manigem  menschen  vnerkant. 

30  Wer  in  an  der  hannd  trayt, 
das  wissen  bey  der  warhait, 
vnd  bat  er  des  gesiebtes  nicht 

vnd  daz  er  empirt  der  äugen  Hecht,    460 

sy  werden  im  liechler  von  tage  zo  tage. 

Wander  ich  dir  noch  sage, 

so  er  ye  lennger  angesehen  wirt, 

so  er  ye  pesser  äugen  pirt. 

Ein  segen  gebort  zn  dem  staioe:         465 

die  wort  sint  so  crefftig  vnd  raine, 

wenn  man  in  darvber  Hst, 

seltzame  natare  dann  an  im  ist, 

daz  den  menschen  niemand  gesehen  mag, 

vnd  ist  liechter  dann  der  tag;  470 

wer  in  auch  bey  im  bat, 

nasses  noch  neydes  bey  im  nicht  gestat : 

er  hat  auch  ze  allen  Zeiten  senfflen  mut, 

wann  des  staines  crafft  es  alles  thut. 

31  Alles  des  ich  dir  ban  gesaget,  475 
ein  wunder  ban  ich  dir  noch  verdaget 
vnd  ein  rede  von  seltzamen  dingen, 

von  der  man  mag  wol  lesen  oder  singen, 

daz  ein  mere  ist  in  vnnserm  lannde 

wan  von  ainualtigem  sande:  480 

nyemao  da  dhain  wasser  siebt 

noch  aller  dinge  Dichtes  nicht, 

daz  ze  wasser  geziehen  mag, 

vnd  wuetet  (?)  doch  nacht  vnd  tag 

als  es  geraiche  (?)  von  wasser  sey,      485 

vnd  tobet  ze  allen  weylen  dabey, 

in  dhainer  stille  es  nymmer  wirt, 

die  starchen  winde  es  dicke  pirt; 

es  hat  auch  also  grosse  crafft, 

daz  nie  dhayn  so  starche  maisterschaft  490 

mochte  es  des  betwingen, 

daz  mit  scheffe  noch  mitdhainen  dingen 

möge  yemand  darüber  kumen. 

Davon  ist  noch  vnuernomen, 

wie  getan  lant  yenenthalb  sey.  495 

Man  vindet  auch  maniger  hande  vische 

dabey 
an  dem  lande,  daz  vnnsernhalb  ist: 
es  ist  dhain  tag  noch  dhain  frist, 
sy  sein  ze  essen  edel  vnd  gut; 
sy  veileyhent  auch  senfften  mut  500 

vnd  gebent  so  getanen  schmack, 
daz  nie  wasser  noch  dhain  wagk 
solhes  nie  nicht  gewan. 


das  ist  vnns  vndertan: 
dich  sol  wundern  sere,  m 

so  getane  vische  wurden  gesehen  aie 
mere. 

32  Von  disem  wasser  gueter  tagweyde  drey 
ist  ein  gepirge  vnuerre  bey, 

von  dem  kumbt  ein  phlome  an  wasser gv 
wann  mit  klainem  sande  sunderwar,  14  < 
vnd  geet  auch  durch  vnnser  land: 
ane  wag  ist  der  dorre  sant. 
Der  phlome  in  das  mer  geet, 
dauon  ich  euch  ee  gesaget  hei. 

33  Der  phrame,  dauon  ich  hau  gesprochen,  st! 
der  fleusset  nicht  wann  drey  tag  in  der 

wochen 
vnd  bringet  dann  mit  im  holtz  und  staine 
es  sey  gros  oder  klaine : 
die  weyl  er  dann  rynoet  hin, 
so  hat  des  niemand  dhainen  sy  o,       st< 
daz  yemand  darvber  möge, 
wann  ein  vogl  darober  flöge. 
Die  anndern  tage  man  darober  fert, 
wann  es  die  fart  niemandt  wert. 

38  Bey  disen  wassern  sind  wueste  lant,  sz: 
manigem  menschen  vnerkant. 

In  der  wueste  ein  pach  fleusset, 
verre  vnder  der  erde  deusset: 
zo  dem  pacbe  nyemand  kumen  mag 
zu  dhainer  weyle,  weder  nacht  noch 

lag,  >J< 

es  geschehe  dann  von  etlicher  geschieht ; 
annders  mag  es  geschehen  nicht. 
Die  erden  sich  ettwen  auftut, 
wenn  sy  des  duncket  gut: 
wer  die  weile  da  for  fert,  53 

die  fart  danne  nyemand  wert, 
der  mag  ze  kurtzer  weyle  darynn  gao , 
wil  aber  er  dhain  weyle  da  ynne  bestan. 
die  erde  in  villeicbt  bey  ir  behalten  mag, 
daz  er  nymmer  mer  dhaynen  tag        540 
noch  dhaynen  menschen  gesihet. 
Begreiffet  aber  er  des  sanndes  icht, 
es  sey  gros  oder  klaine, 
das  sint  alles  gymme  vnd  edele  gestaioe. 

39  Diser  pach  in  ein  ander  wasser  get 

furbas,  S45 

von  der  warhait  wisse  das; 
das  hat  einen  weitern  Aus 
vnd  einen  sterchern  duss: 
-  dar  koment  die  leute  von  vnnserm  lant, 
von  dem  griesse  vnd  von  dem  sant,   351 
der  in  dem  wasser  leit, 
grossen  reichtumb  von   gymmen  der 
geit. 


437] 


Der  Priester  Johannes. 


963 


Wenn  sy  dann  bringent  das  gestaine, 

es  sey  gros  oder  kleine, 

so  haben  sy  ymmer  einen  sit  555 

vnd  erent  vnns  damit: 

ffir  vnns  bringent  sy  das; 

welcher  stain  vnns  dann  geuellet  bas 

vnd  den  wir  gerne  han, 

den  lassen  wir  ane  gelt  nicht  besten.  560 

40  Bey  dem  wasser  zeuchet  man  auch  kint: 
seltzame  ding  das  sint. 

Des  ist  in  dem  lannde  sit, 
das  gestaine  vindent  sy  damit : 
so  vnndertan  ist  in  der  wag,  565 

daz  sy  drey  monate  nacht  vnd  tag 
mugen  wol  darundter  leben. 
Also  mos  in  das  wasser  geben 
die  gezierde,  die  es  hat: 
mit  solhem    reichtumb  vnnser   reich 
stet.  570 

41  Yernym  wes  ich  mayne: 
enhalb  des  phlumes  der  staine 

die  zehen  geschlaucht  der  Juden  sint 
besperret,  man,  weib  vnd  auch  kindt, 
mit  einem  gepirg,  das  wunder  hoch  ist,  575 
die  nymmer  mer  dhaynen  tag  noch 

dhain  frist 
von  derselben  vancknusse  kamen 
vnd  irdischen  man  nie  me  vernamen, 
die  Alexander  bey  alten  Zeiten, 
der  da  wunderlich   hiess   nahen  vnd 
•    weiten,  580 

also  leben tige  daynne  het  vertan : 
die  ich  auch  in  meinem  gepot  han. 
Sy  iehent,  sy  haben  herren  vnd  kunige 

vnder  in; 
on  zweyfel  ich  ir  aller  herre  bin. 
Ir  zins  gebent  sy  mir,  585 

von  der  warhait  das  sag  ich  dir, 
ze  herren  sy  auch  vnnser  iehent, 
wenn  sy  vnnser  gepot  sehcnl. 

42  Wir  haben  dan  noch  bey  in  ein  lant, 

in  vnnsern  gepot  dieselben  leute  stand :  590 

das  lannd  einer  hande  wurme  hat, 

der  in  wunderlicher  nature  stat. 

Salamandra  derselbe  gehayssen  ist, 

so  man  von  im  saget  vnd  list. 

Wie  seiner  natur  sey, 

das  mereke  recht  hiebey: 

der  wurme  vngehewre 

mag  nyndert  genesen  wann  in  dem  fewre ; 


595 


da  mus  er  ze  allentzeiten  ynne  sein, 

das  wisse  in  der  warhait  mein,  600 

vnd  habent  ymmer  ein  syt, 

ir  nature  erzaigent  sy  damit: 

es  vmbwurchet  sich  mit  vleisse 

mit  edler  seyden,  die  ist  weysse. 

Als  da  würchent  die  wenigen  wurmlein  605 

klaine  fadem  nun  seydin, 

recht  also  vmbewurchent  sy  sich. 

Wol  soll  du  versteen  mich, 

das  sint  die  vollisten   seydin  vnd  so 

getan, 
so  sy  Damasce  die  stat  peste  ye  gewan.  64 

43  Die  wurchet  man  vnns  ze  gewande, 
des  ist  syt  in  vnnserm  lannde ; 
wann  vnnsere  frawen  würchent  das. 
Du  solt  auch  wissen  furbas, 

daz  wir  ander  wath  nicht  enhan.         64  5 

Des  gewandes  nature  ist  so  getan, 

wenn  es  von  alter  verdirbet 

vnd  die  schöne  an  im  erstirbet, 

vnd  an  sein  stat  wider  komen  sol, 

der  vnflat  an  im  sich  verkeret  wol:    690 

man  bringet  es  ze  einem  prynnenden 

fewre, 
da  nymbt  im  vil  vnlewre, 
er  werffe  es  darein. 
Nu  syhe,  welch  maisterlicber  sin : 
so  es  ye  lennger  in  dem  feure  leyt,    62  . 
so  es  ye  pesser  zierde  geit. 

44  Grossen  reichtumb  wir  han, 
das  süll  wir  dich  wissen  lan: 

von  silber  vndt  von  golde  ist  vnnser  land 

verre  vnd  weiten  wol  bekant;  630 

wann  wir  den  fechten  hört  han. 

Es  ward  in  der  weit  nie  dhain  man, 

der  an  golde  so  reiche  wäre. 

Verstand  dich  diser  märe: 

Wir  han  die  crafTt  der  edln  staine,      635 

sy  sein  gros  oder  klaine; 

wir  han  auch  in  vnnserm  lande 

grosse  herte  der  helffande, 

cammel  vnd  tromedary, 

die  wonent  vnns  zu  allen  Zeiten  bey:  640 

grosse  vnd  michel  hunde, 

die  haben  wir  ze  aller  stunde. 

45  Von  wanne  geste  koment  in  vns  land, 
reich  oder  arm  vnd  wie  sy  sein  genant, 

die  sullen  wir  alle  emphahen,  645 

wie  sy  koment  verre  oder  nahen. 
Wir  haben  nicht  armer  leute, 


606)  klainde  Hs. 
tgl.    Vs.  970.   4  002. 


Hinler  fadem  ein  unleserliches  Worl  wie  nnn,  elwa  nun  =  niwan? 


964 


FtlEDRICH    ZaRHCEK, 


[138 


das  sag  wir  dir  bedeute; 

46  diebe  oder  räubere 

sint  vnns  vil  vnm&re.  650 

gegen  vnos  verraitet  niemant  nicht, 
bey  vnns  nyemant  minnere  sieht. 
Wir  haben  verroder  noch  den  dieb, 
die  in  summelichen  honen  sint  vil  lieb : 
bey  vnns  ist  nicht  gierschait,  655 

die  man  igen  forsten  vnd  menschen  gen 

helle  trait, 
hochfart  noch  missehellunge 
ist  dhaines  menschen  zunge; 
wann  wir  hellen  all  geleiche 
vnd  sein  an  allen  dingen  reiche.  660 

Mein  glaube  ist  einem  dinge  bey, 
daz  in  der  weit  niemant  reicher  sey 
halt  in  der  wilden  haydenschaffl : 
die  ubergeet  vnnsers  reichtumbs  crafft. 

47  Wenn  ein  ding  also  leit,  665 
daz  sy  [wir?]  varn  sollen  an  einen  streit 
gegen  vnnsern  veinden 

rechen  vnnsern  annden, 

so  ist  das  vnnser.  gewonhait, 

daz  man  vor  vnns  foeret  vnd  trait      670 

grosser  creutze  drewzehne, 

herrliche  vnd  alle  guldine, 

wolgezieret  mit  edlem  gestaine. 

Vernym,  was  ich  mayne: 

ein  yeglicht  seinen  garrotseben  hat,     675 

yeglichem  garrotschen  volget  nach  vnd 

gat 
zehen  lausend  ritter  mit  gantzer  be- 

rai  tschaft; 
von  sarianden  haben  wir  die  crafft, 
daz  yeglicb  garrotsche  haben  sol 
hunderttausent  fuskenckel  gewaffenter 

wol,  680 

an  leut  vnd  an  knechte, 
die  zu  dem  wagen  gehftrent  rechte. 

48  Wenn  wir  aber  da  hayme  sein 

vnd  mich  bringet  darzu  der  mut  mein, 
daz  wir  varn  sullen  in  dem  reiche      685 
one  heer  vnd  auch  baimleiche, 
so  hab  wir  dann  ein  gewonhait, 
daz  man  für  vnns  foeret  vnd  trait 
ein  creutze,  das  ist  von  holtze  gar 
on  alles  gemäle  sunderwar,  690 

weder  mit  golde  noch  mit  Silber  be- 
siegen : 
das  hayssen   wir  vor  vnns  taglichen 

tragen, 
daz  wir  dabey  gedencken  vnd  gehugen, 


wenn  wir  vor  vn müsse  mögen, 
der  marter,  die  got  durch  vnns  Uyd,  HS 
vmb  vns  vnd  vrob  alle  cristeohait. 
Man  foeret  auch    vor  vnns  ein  galdhu 

vass: 
mit  erde  ist  gar  gefallet  das; 
dabey  sollen  wir  gedencken  daran, 
daz  so  reiche  ward  nie  dhain  man,    ?• 
daz  er  sich  sul  oder  mag  vertieftes, 
er  moesse  zu  blosser  erde  gedeybea. 
49  Ein  silbrines  man  auch  vor  vnns  trait, 
das  wisse  bey  der  warhait,    ^ 
das  sol  volles  goldes  sein :  7« 

damit  ist  bezeichnet  die  grosse  herr- 
sche ffl  mein; 
vnd  für  war  wissen  sol  weib  vnd  man, 
daz   aller   herren   herre    ist   Priester 
Johan, 
oOkunige  vnd  herren  C herzogen, 

mit  reichtumb  sy  alle  tberflogeo.       71 

51  Ynder  vnns  niemand  leuget 
noch  den  anndern  betreuget. 
Wenn  ainer  beginnet  liegen 
seinen  ebencristen  triegen, 

so  ist  er  todt  an  der  stat,  7  t 

wann  er  sein  ere  verloren  bat: 
wir  haben  in  für  einen  todten  man; 
die  wirdikait,  die  er  sol  han, 
die  muess  er  lassen  vnnder  wegen, 
die  schandt  mus  sein  furbas  ph legen    li 
bey  vnns  bat  er  dhaynen  wert  mere, 
wann  er  bat  verloren  all  sein  ere. 

52  Wir  mynnen  alle  die  warhait, 
vnd  was  vnns  das  recht  sait, 

des  sey  wir  alle  vollaist ;  ~i 

wir  mynnen  an  ein  ander  allermaist 

Trunckhenhait  vnd  vberhuere 

vnd  aller  hannde  vnfuere 

hat  bey  vnns  dhaynen  tayl : 

wir  leben  auch  on  sunden  mayl.        73 

53  Wir  phlegen  einer  gewonhait, 
daz  wir  alle  jar  sollen  sein  bereit 
ze  varn  mit  starchen  here 

vnd  auch  mit  krefftiger  were 
zu  der  wueste^Babi Ionen  verre,-  7« 

da  der  weysage  Daniel  der  herre 
leibhaftiger  ist  begraben. 
Gewaffenter  leute  muessen  wir  haben 
durch  die  vngefoegen  slanngen, 
grosse  vnd  auch  lanngen,  7 

die  da  sint  in  den  landen 


652)  minnere]  die  Lesung  ist  nicht  sicher.        657)  misselunge  Hs.         668)  reichen  h 


439] 


Der  Priester  Johannes. 


965 


vnkunden  vnd  vngenanten.  - 

54  Wir  haben  einer  hande  vische, 
die  trayt  man  vnns  ze  tische; 

die  purpur  verbet  man  von  dem  plfite :  745 
die  varb  ist  so  stette  vnd  so  guete, 
alle  rote  sy  fber  gat, 
alle  varbe  zu  ir  nicht  enstat. 

55  Wir  haben  michel  bürge  vnd  grosse 

veste, 
so  dhain  k&nig  gewann  ye  pestc,  750 

dabcy  maniger  hannde  hayden  wir  han 
wunder  starche  vnd  auch  vil  vbel  getan. 
Es  stet  auch  in  vnnser  hanndt 
vnder  wilden  hayden  ein  lantidt, 
da  sint  frawen  vnd  hayssent  Amazones ;  755 
wundern  sol  dich  des: 
die  sint  ze  allem  streit  also  gut, 
ich  we*n  dhain  ritter  sfilhes  nicht  entut 
mit  stürme  oder  mit  manhait. 
Wisse  bey  der  warhait,  760 

daz  sy  gegen n  einem  kunige  rilen 
vnd  wolten  mit  im  hnn  gestriten, 
der  Allexander  was  genant, 
den  alle  die  weit  vnd  alle  die  landt 
ze  zinss  waren  vndertan,  765 

die  ich  auch  in  meinem  gepot  han. 
Ir  wonunge  ist  ein  einlanl, 
daz  mere  sy  darumhe  gebaut, 
vnd  sint  hundert  tausend  Cberal : 
also  gicht  vnns  die  zal;  770 

vnd  sint  nicht  wann  uinueltige  magel. 
Dir  sol  auch  ein  ding  sein  gesaget, 
daz  wir  gepicten  einer  hannde  haiden, 
die  süllen  wir  dir  bescheiden, 
Bragmani  sint  die  geuant,  775 

die  derselbig   kunig  mit  streite  vber- 

v*anl. 

56  Das  palas,  da  wir  ymie  sein 

vnd  auch  wonet  die  herschaft   mein, 
das  ist  geordent  nach  dem  palas, 
das  weylent  sant  Thomas  780 

het  erworben  einem  kunige, 
Gundaforo,  reichem  vnd  frumige, 
der  von  sant  Thoman  ward  .bekeret 
vnd  [der?]  den  gelauben  ze  India  leret : 
vnd  ist  von  so  getanen  dingen  ertzogen,  785 
von  musiertem  golde  nicht  betrogen. 
Von  entwerfen  auch  die  striche 
gebeut  so  getane  anplicke, 
das  sein  ymmer  ze  wundern  ist. 

57  Von  zederpaum,  von  dem  man  list,     790 
der  nymer  gefaulen  sol, 

von  dem  ist  der  palas  erpauen  wol. 
Das  dach,  daz  darvber  gat, 


Ebanus  ist  das  vnd  die  natura  hat, 

dasselb  holtz  nymmer  geprynnen  mag ;  795 

vnd  ob  es  nacht  vnd  tag 

in  dem  feure  solle  sein, 

da  war  vil  klaine  die  sorge  mein, 

daz  es  nymmer  zergienge 

oder  ymmer  dhaynen  flamen  gevienge.  800 

Zwen  knophe  sint  auf  dem  dache  oben, 

die  sull  wir  dir  von  schulde  loben, 

die  sint  gros  vnd  wunder  eben, 

recht  als  so  sy  ob  dem  dache  sweben, 

vnd  sind  von  golde  gar,  805 

von  geprantem  golde  sonderbar: 

darinn  sint  zwen  karbunckel  staine, 

schön  vnd  nicht  ze  klaine, 

die  prynnent  mit  so  getanem  prehen, 

von  irem  liecht  mag  man  wol  sehen   810 

vil  verre  bey  der  viustern  nacht ; 

also  leuebtent  sy  von  ir  macht. 

58  Es  haysset  ein  edelstain  Sardius, 
michel  c rafft  hat  er  alsus; 

von  danne  ist  erpawen  der  palas,        8t 5 

von  dem  dir  ee  gesaget  was : 

vnder  die  staine  gemisebet  ist 

von  Cerastes  des  wurmes,   von   dem 

man  list, 
in  der  nature  der  stat, 
wer  seines  hornes  bey  im  hat,  820 

vor  aller  vnkreffte  sol  er  sicher  sein : 
das  wisse  bey  der  warhait  mein. 
Das  ander  lail  gar  von  helfenpain, 
die  venster  von  ainera  stain, 
der  liecht  Cristalle  ist  er  genant:         8*5 
so  getan  liecht  die  venster  auch  hant, 
daz  da  nymmer  vinster  wirt, 
wann  er  ze  allentzeiten  liecht  gepirt. 

59  Wir  sullen  auch  nicht  vergessen 

der  tisch,  da  wir  abe  essen;  880 

von  golde  sint  sy  summeliche,, 
als  es  zymmet  einem  kunige  Hebe, 
die  anndern  sint  von  den  staine  Aman- 
tiste. 

66  Höre  sein  nature  vnd  auch  sein  liste : 
wer  an  dem  tische  wil  sitzen,  835 

der  mag  nicht  vertieren  seiner  wltzen; 
im  wirret  nicht  von  dhalner  tnincken- 

hait, 
als  vnns  die  nature  des  staines  sait, 
wie  vil  er  getrinken  mag. 
Truncke  er  nacht  vnd  tag,  840 

so  kumbt  er  nicht  von  synnen, 
seiner  witze  mag  im  nicht  zerryiien. 


Eines  dinges  ich  nu  wünschen  wil: 
kern  es  mir  ymmer  an  das  zil, 
daz  ich  der  herren  rat  we+re, 


845 


966 


Fbiedrich  Zahncke, 


[UO 


so  saget  ich  in  zwar  ditz  mare 
vnd  wolt  in  künden  disen  rat, 
wie  sich  der  herre  getischet  hat, 
wie  er  doch  wäre  ein  kunig  reiche, 
an  herrschaft  im  nyman  geleiche,        850 
von  seinem  tische  saget  er  doch, 
wann  er  ze  loben  ist  auch  noch. 
Teten  summelich  forsten  an  sein  zil, 
so  wer  der  trunckenhait  nicht  so  vil, 
als  ob  iren  tischen  da  geschieht.         855 
ich  w&o,   das  summelich  herren  des 

loben  nicht: 
truncken  werden  sy  gerne 
vnd  wellen t  auch  leicht  des  tisches 

enperne. 
Liessen  sy  in  raten  das 
mit  der  trunckenhait,  sy  teten  bas      860 
vnd  volgten  dem  herren  nach 
vnd  gewunnen  den  tisch,  nach  dem 

im  was  gach, 
vnd  phlagen,  des  die  masse  ze  rechte 

phliget, 
so  bieten  sy  der  trunckenhait  an  gesiget, 
vnd  mit  dem  alle  vnf&re,  865 

girsheit  vnd  vberhure, 
daz  were  dann  von  in  verre. 
ditz  vrkund   hat  Priester  Johann  der 

herre 
den  fursten  allen  vor  getragen, 
wann  sy  es  hören  lesen  oder  sagen,   870 
daz  sy  sieb  pessern  dabey 
vnd  yeglich   man   in    rechter   masse 

auch  sey 
vnd  solcher  tische  gerne  ph legen. 
Hie  sey  diser  rat  gegeben 
vnd  greyffen  wider  an  das  märe:        875 
das  ist  noch  vil  sageware. 

59  Was  die  tische  auf  hant 

vnd  wie  sy  auch  empor  stand, 

das  sind  weysse  belffenpaine  schrägen ; 

anders  mochte  sy  nicht  getragen.         880 

60  Vor  dem  palas  ist  ein  stat, 

vor  vnns  sy  das  recht  behabt  hat. 

Wenn  zwen  wellen  fechten 

mit  kemphlichen  rechten, 

da  ist  die  dingstat  geordnet  zu,  885 

daz  man  dem  siglosen  sein  recht  thu: 

die  ist  schone  beleit 

mit  einem  estrich  wunder  prait 

von  dem  stain  Onichilo, 

des  nature  giclit  also:  890 

wer  den  stain  bey  im  trait, 

dem  zurynnet  nymmer  mannhait. 

Von  dem  staine  ist  sein  estreiebe 

gestrewel  schone  vnd  geleiche, 

das  von  des  staines  crafft  895 

die  kempfen  werden  manbafft: 

so  sy  ye  lennger  streiten, 

so  sy  ye  bas  zaghait  vermeiden. 

61  In  dem  palas  ein  Hecht  prynnel,         900 


..  das  ist  geordent  von  Bal&amo : 
des  nature  ist  also, 
das  es  nymmer  prynnet 
vnd  doch  Hechtes  nymmer  zerrynnet 

62  Die  kemmenate,  da  wir  ynne  sein      943 
vnd  da  ich  phlege  des  schlaffes  meto, 
die  ist  ynner  halb  getzieret 

von  golde  schon  gemusieret 
vnd  mit  werche,  das  ist  erhaben. 
Nicht  wann  edel  staine  darynne  be- 
graben 9t  • 
vnd  ann  der  Zierde  wunderlich, 
als  es  zymmet  einem  kunige  rieh. 

63  Da  prynnet  auch  Balsam  ynne 
daz  ir  Hechtes  nicht  zerrynne. 

So  ist  vnnser  pete  von  einem  staine  913 

michel  lauter  vnd  auch  raine: 

Saphiere  ist  er  genant, 

vmb  den  ist  es  also  bewant, 

das  er  zu  allen  weylen  die  keuschhait 

trait 
vnd  wil  auch  nicht  wann  rainikait.     921 
Da  phlegen  wir  seh  I  äffe  ns  ynne, 
ob  wir  ettwen  von  vnnsynne 
vnnser  keusche  wollen  fberhugeo 
daz  wir  vor  dem  staine  geturen  noch 

enmugen. 

Solt  ich  aber  nu  rat  geben  9)3 

den  herren,  die  mit  huren  weUent  leben, 
so  wolt  ich  in  von  disem  pete  sagen 
vnd  auch  vil  selten  gedagen, 
daz  sy  s&lher  pete  phlegen 
vnd  nymmer  an  dhainem  andern  ge- 
legen, 931 
vnd  weren  ymmer  keusch  vnd  raine. 
Die  manneler  ich  dartzu  mayne, 
wann  er  vnrainer  dann  der  teufel  ist. 
Sein  vil  vngetrewer  list 
es  vil  wol  geraten  kan;                         933 
wann  er  dann  verratet  den  man, 
daz  er  die  sunde  begeet, 
vil  verre  er  hin  dan  steet: 
ze  sehen  sy  im  verschmähet, 
vil  balde  er  von  im  gäbet                    941 
vnd  duncket  in  als  vnraine, 
nie  sunde  ward  er  so  veint  so  der  aine, 
vnd  dem  er  [der?]  von  seinem  rainem 

weibe, 
mit  der  er  behalten  solt  seel  vnd  leibe 
vnd  zu  einer  vnkeuschen  geet,  943 

der  mut  nicht  wann  ze  vnkeusche  steet, 
vnd  mit  der  er  begeet  manig  überhöre ; 
solhe  sund  vnd  solhe  vnfure 
einem  vnrainen  michels  bas  tut 
dann  er  mit  seiner  konen  lebt  in  rechtem 

mut.  9J# 

Nu  secht,  wie  sich  der  verkeret: 
wann  sein  sunde  vnd  sein  laster  sich 
meret! 


950)  er  f$hll  Ht. 


U<] 


Der  Priester  Johannes. 


967 


der  gewan  nie  männlichen  mut; 

es  ist  im  weder  an  seele  noch  an  eren 

gut, 
wann  daz  dis  baide  enwage  sint.  955 

Er  geet  in  das  fewr  sam  das  kin! : 
also  hat  sy  in  erplendet, 
von  der  rainen  konen  gewendet; 
die  hat  er  in  einer  swachait, 
sam  sy  im  thue  grosse  laid.  960 

Mit  der  er  sein  konen  solt  eren 
vnd  ir  zucht  künden  vnd  meren, 
das  ist  alles  der  vnkeuschen  gegeben : 
dise  mus  in  armut  leben, 
wie  sy  doch  ze  allen  weylen  die  ere 

trage.  -  965 

Mit  disem  märe  vnd  diser  sage 
sullen  alle  die  gepessert  sein, 
weihe  lesen  ditz  puechlcin. 
Wer  vor  vn keusche  behueten  wil  seinen 

leib, 
der  fliehe  nun  vnkeusche  weib;  970 

behalteterden  leib  in  der  maisterschafft, 
so  bat  die  vnkeusche  nn  im  claine  c rafft. 
Wer  sy  fleuhet,  den  fleuhet  auch  sy : 
wer  sy  mynnet,  dem  ist  sy  gerne  bey: 
wer  nu  habe  den  mut,  975 

das  im  vnkeusche  bas  dann  keusche  tut, 
nach  disem  pet  er  werben  sol; 
geschl äffet  er  ze  einem  mal  darynne ' 

wol 
so    hat   sich    sein    vnderwunden    die 

rainikait. 
Wisset  bey  der  warhait,  980 

daz  er  ditz  pete  hat  besessen, 
sainer  vnrainikeit  gar  vergessen. 
Sprechen  furbas  von  dem  märe, 
das  noch  ist  vil  sagebare, 
wie  vnd  was  er  im  empot:  985 

des  ist  vnns  ze  sagen  not. 

64  Also  schöne  sint  vnnsere  weib, 
das  in  der  weit  nie  dhain  leib 
ward  schöner  vnd  bas  gezogen: 
sy  sint  an  nicht  betrogen.  990 

Was  an  frawen  loben  sein  sol, 
daran  sint  sy  volkomen  wol, 
vnd  haben  ymmer  einen  sit, 
ir  zucht  erent  sy  damit: 
alle  mann  meident  sy  gar  995 

wann  vier  stund  in  dem  jar, 
so  koment  sy  da  ir  wirt  sint. 
Haben  sy  dauon  dhain  kint, 
das  ist  von  rainer  ee  komen : 
ander  vnkeusche  ist  vnuernomen        1000 
vberlaut  vnd  vberstille, 
nun  durch  erbes  wille ; 
so  varent  sy  schone  dannen 
wider  von  iren  mannen 
vnd  bringen  das  kint,   des  sy   sint 

genesen,  4  005 

wo  sy  ee  sint  gewesen. 


65  Ynnse  hofe  ysset  nun  zu  einem  male, 
so  geit  man  auch  von  gueter  speyse 

der  schale,) 
daz  yeglich  man,  der  essen  wil, 
hat  ze  rechter  masse  essen  vil.  4  010 

Wann  wir  dann  ze  tisch  gan, 
so  ist  vnns  gebrienet  (?)  an 
dreyssig  tausent  mensch  vberal, 
also  gicht  vnns  die  zal, 
on  geste,  die  vnns  tegliche  4  01."> 

verre  vnd  nahent  'suechen  von  dem 

reiche, 
den  wir  alles  das  gehen, 
des  sy  in  der  weit  sullen  leben, 
des  wir  auch  sullen  beruchen, 
wenn  sy  es  zu  vnns  wellen  suechen,  1020 
vonn  rossen  vnd  von  ge wände : 
des  ist  sit  in  vnnserm  lannde.  — 

66  Der  tisch  ist  ein  grosser  stain, 
lauter  vnd  vil  wunderrain : 
Schmaragde  ist  er  genant.  4  025 
Zwo  seul  den  tisch  auf  hant, 

die  sint  von  rechtem  Amatiste. 
Wisset  sein  nature  vnd  auch  sein  liste, 
vor  trunckenhait  ist  er  ymmer  sicher 

wol 
wer  an  dem  tische  sitzen  sol:    v         1030 
so  gros  ist  des  staines  c rafft 
vnd  auch  sein  maisterschafft. 

67  Vor  dem  tor  des  palas, 

von  dem  dir  ee  gasaget  was, 

dabey,  da  die  dingstat  4035 

vnd  den  kemphern  an  ir  recht  gat, 

da  die  sullen  fechten 

mit  kempfiiehen  rechten, 

da  ist  ein  spiegl  auf  erhaben 

in  ein  seul  begraben.  4  040 

Wer  zu  dem  Spiegel  wil  geen, 

der  sieht  vor  einander  steen 

staffen,  der  sint  funff  vnd  hundert, 

alle  maisterlichen  gesundert, 

vnd  sint  andre  getailet  also,  4045 

als  ich  dir  empot  do. 

68  Das  erste  drittail  von  stainen 
michele  lauter  vnd  raine, 

die  staine  nenne  ich  dir  alsus 

Chrisolitus  Berillus  Onichilus.  4  050 

Das  ander  drittail  sag  ich  dir 

bey  der  warhait,  glaube  mir, 

da  ist  dreyer  hannde  staine  auch  bey, 

wisse  es  daz  es  also  sey, 

die  staine  sint  also  genant:  4  055 


964)  ursprünglich  wohl  mit  deu. 


968 


Friedrich  Zarnckb, 


U? 


Amatisto  Smaragde  vnd  der  Jochant. 
Das  obrislc  dritlail  ist  gelait, 
wisse  es  bcy  der  warhait, 
von  dem  Cristalle  Jaspis  vnd  Sardius 
das  m&re  nennet  dirs  alsus.  1060 

69  Wenn  man  zu  dem  Spiegel  kumen  so!, 
der  ist  in  ein  sewl  verworchet  wol: 
auf  der  seule  zwo  ander  seulen  stand, 
die  zwo  seulen  ander  neun  auf  band, 
auf  den  neun  ein  seule  dann  sleet,    1065 
auf  der  ainen  vier  vnd  zwaintzigk  auf- 

geet, 
auf  den  vier  vnd  zwaintzig  aber  aine. 
Vernyro  was  ich  mayne: 


der  seulen  sollen   xwo  vnd   dreyssig 

sein, 
so  sol  dir  sagen  der  pol  mein.  1171 

So  man  ye  lennger  aufgeet, 
so  der  spiegl  ye  mer  seul  het; 
geet  man  aber  wider  ze  tal, 
so  ist  der  seulen  mynder  an  der  zal 
vnd  ist  ze  iungste  nun  ein  ainigew.  117$ 
70  Die  sewl  sint  auch  getaill  in  drew 
yeglich  tail  von  dreyer  hande  steine, 
die  ich  dir  hie  beschäme, 
Chrisolitus  Berillus  Onichilus, 
das  erste  tail  ist  geordeot  alsus.        mi 

i  Hier  bricht  die  Handschrift  ab. ' 


III.    Der  jüngere  Titurel. 

In  diesem  ist  der  Brief  frei  benutzt.  Als  Parzival  sich  mit  dem 
Gral  und  den  Gralgenossen  nach  dem  Osten  begeben  hat,  kommt 
er  nach  längerer  See-  und  Landfahrt  zum  Lande  des  Feirefiz.  Dieser 
eilt  ihm  entgegen  und  entwirft  ihm  nun  eine  Schilderung  von  der 
Macht  und  Herrlichkeit  des  Priesters  Johannes,  dem  auch  er  sich 
untergeordnet  habe.  Diese  seine  Rede  ist  im  Wesentlichen  eine 
Uebersetzung  des  Presbyterbriefes,  und  zwar  nach  der  Interpolation  B. 
Der  Briefeingang,  §  i — 8,  fehlt  natürlich.  Aber  von  §  9  an  folgt 
die  Rede  des  Feirefiz  Absatz  für  Absatz  dem  Briefe,  in  dem  die 
Schilderung  des  zweiten  Palastes  noch  am  Ende  stand.  Uebersprungen 
sind  nur  §  21,  33,  54  und  55,  und  etwa  93. 

Wie  die  Benutzung  des  Briefes  zu  einer  Rede  bereits  von  Frei- 
heit der  Bearbeitung  zeugt,  so  tritt  diese  auch  im  Einzelnen  durch- 
weg hervor.  Der  Uebersetzer  bindet  sich  nicht  an  die  Ziffern  und 
Aufzählungen  des  Originals  (vgl.  z.  B.  Str.  47  und  Str.  17),  inner- 
halb derselben  Schilderung  auch  nicht  genau  an  die  Reihenfolge 
seiner  Vorlage,  wie  schon  ein  Blick  auf  die  an  den  linken  Rand  des 
Textes  gesetzten  Ziffern  darlegt,  so  dass  es  z.  B.  nicht  möglich  war, 
die  einzelnen  Absätze  zu  kennzeichnen,  in  die  ich  das  lat.  Original 
gelheilt  habe.  Er  nimmt  vielfach  auf  den  Gral,  den  Graltempel  u.  s.  \\. 
Bezug,  einmal  wird  sogar  ein  Gespräch  mit  Titurel  eingeschaltet 
(Str.  8  und  9  vgl.  Str.  14);  er  fügt  Namen  ein,  wie  Str.  42  Agre- 
montin,  und  39  Melliflor  u.  ä.     In  §  41    des  lat.  Orig.   wird  erwähnt, 


143]  Der  Priester  Johannes.  969 

dass  der  fluvius  lapidum  auch  die  10  jüdischen  Stämme  begränze; 
dies  veranlasst  den  Uebersetzer  bereits  bei  §  321,  wo  von  jenem  Flosse 
zuerst  die  Rede  ist,  dazu,  von  den  röten  Juden  zu  handeln  und  bei 
Gelegenheit  der  dort  erwähnten  Berge  von  der  Einschliessung  der 
Völker  Gog  und  Magog  (Str.  34  und  35).  Schon  vorher  fügte  er 
die  bekannte  mittelalterliche  Schilderung  von  dem  steilen  Berge  des 
Paradieses  mit  seiner  feurig  strahlenden  Spitze  (Str.  1 5  und  1 6)  ein. 
Ferner  bringt  er  bei  Erwähnung  der  Salamander  die  Erzählung  von 
der  Art  und  Weise,  wie  sie  gefangen  wurden  (Str.  44 — 47).  Er  lässt 
dem  Priester  Johannes  und  seiner  Schaar  musikalische  Instrumente 
voran  tragen  (Str.  57  und  58),  u.  s.  w.  Das  Alles  sind  Freiheiten, 
die  sich  gar  wohl  mit  dem  Charakter  des  Titureldichters  vertragen 
und  bei  denen  an  spätere  Interpolation  nicht  zu  denken  ist. 

Anders  steht  es  mit  Str.  19,  wo  etwas  selbstsländig  erwähnt 
wird,  das  durch  Nichts  im  Original  veranlasst  ward.  Ich  habe  die 
Strophe  daher  in  Klammern  geschlossen.  Ebenso  erscheinen  mir 
störend  die  Str.  124  und  125,  die  überdies  wahrscheinlich  noch  ein 
besonderes  Merkmal  der  Interpolation  tragen,  auf  das  noch  hingewiesen 
werden  soll.  Ganz  aus  dem  Rahmen  des  Briefes  tritt  die  lange  Er- 
zählung von  dem  Kampfe  des  Priesters  Johannes  mit  den  Tartaren 
(Str.  62 — 79),  die  zwischen  §  49  und  50  des  Originals  eingeschoben 
wird.  Sie  ist  aus  der  Reisebeschreibung  des  Johannes  de  Piano 
Carpini  entnommen;  vgl.  meine  zweite  Abhandlung  S.  70.  Da  jene 
Reise  von  1245  bis  1247  statt  fand  und  Johannes  de  PI.  C.  vor  1252 
gestorben  ist,  so  kann  diese  Partie  füglich  von  dem  Verfasser  des 
jüngeren  Titurel  selbst  herrühren,  der  ja,  einer  der  gelehrtesten 
deutschen  Dichter,  von  allen  Seiten  her  seinen  Stoff  zusammen  holte. 
Allerdings  zerreisst  die  Erzählung  den  Zusammenhang.  Um  den 
Ueberblick  über  den  Brief  zu  erleichtern,  habe  ich  auch  sie  in 
Klammern  geschlossen. 

Ist  an  den  bisher  erwähnten  Stellen  die  Annahme  einer  Inter- 
polation zweifelhaft,  so  ist  sie  gesichert  an  den  Stellen,  wo  der  In- 
halt einer  der  späteren  lateinischen  Interpolationen  entlehnt  ist.  Dies 
ist  der  Fall  mit  der  Interpolation  C  an  2  Stellen  innerhalb  der  Palast- 
schilderung. Zunächst  bei  Str.  128,  wo  eine  zweite  Aufforderung 
zum  Palastbau  erwähnt  wird,  entsprechend  C  §  85b  und  86;  sodann 
bei  Str.   138—142,  wo  C  §79—81    (84)  wiedergegeben  wird.     Es 


970  Friedrich  Zarucke,  1*11 

ist  gegenüber  dem  Ergebnisse  der  Handschriftenuntecsuchungen  nicht 
denkbar,  dass  zur  Zeit,  als  die  zweite  Palastschilderung  noch  an 
Ende  stand  (in  B)  sich  jene  in  C  auftretenden  Einschaltungen  bereits 
sollten  vorgefunden  haben.  An  beiden  Stellen  spricht  auch  dagegen, 
dass  die  Strophen  an  einer  dem  Original  nicht  entsprechenden  Stelle 
stehen,  Str.  128  (=  C  85 b)  zwischen  §  77  und  78  statt  hinter  §  85\ 
und  Str.  138  fg.  (=  C  79  fg.)  zwischen  §  92/93  und  96  statt  zwi- 
schen §  78  und  85.  Noch  offensichtlicher  ist  die  spätere  Interpolation 
bei  Str.  1 1 5,  deren  Inhalt  sogar  aus  D  entlehnt  ist.  Auch  hier  ver- 
rat h  schon  die  Stelle  die  spätere  Einfügung:  Str.  4  45  entspricht  Daa 
und  ihr  Platz  wäre  hinter  §  96  gewesen,  aber  sie  steht  hinter  §  75 
des  lat.  Originals.  Derselbe  Verdachtsgrund  hat  auch  statt  bei  den 
bereits  oben  erwähnten  Strr.  124  und  125.  Es  scheint  als  griffen 
sie,  wenn  auch  anders  gewandt,  zurück  auf  C  §  34.  Ist  das  der 
Fall,  so  sind  auch  sie  deplacirt,  denn  während  sie  hinter  §  33  folgen 
sollten,  stehen  sie  zwischen  §  76  und  77  des  lat.  Originals.  Ueber- 
dies  kommt  zur  Unterstützung  des  Verdachts  der  Interpolation  hier 
auch  noch  der  Umstand  hinzu,  dass  diese  Strophen  in  der  einen 
Handschriftengruppe  (der  zweiten)  fehlen. 

Es  führt  uns  dies  auf  diejenigen  Stellen,  in  denen  der  Verdacht 
der  Interpolation  angeregt  wird  durch  das  Fehlen  einer  Strophe  in 
einer  der  beiden  Handschriftengruppen  (s.  u.).  Für  sich  allein  kann 
dieser  Umstand  die  Strophe  noch  nicht  der  Interpolation  verdächtigen: 
schon  der  Vergleich  mit  der  lat.  Vorlage  beweist,  dass  in  beiden 
Gruppen  Strophen  fortgefallen  sind,  die  der  ursprünglichen  Bearbei- 
tung angehörten.  Es  müssen  andere  Verdachtsgrunde  hinzutreten. 
Dies  ist  der  Fall  bei  Str.  6,  die  in  der  zweiten  Gruppe  fehlt,  und 
die  die  Erörterung  der  beiden  Theile  des  Namens  priesler  John 
störend  noch  weiter  auseinanderreisst.  Anders  steht  es  mit  Str.  HO, 
die  in  der  ersten  Gruppe  fehlt,  die  aber  ganz  im  Character  des 
Titureldichters  ist  und  noth wendig  erscheint,  um  den  Gedanken  noch 
verstündlicher  auszuführen,  der  in  der  letzten  Zeile  der  voraufgehen- 
den Strophe  angeregt  ist.  Dagegen  habe  ich  als  nachträglich  einge- 
schoben in  die  Anmerkungen  verwiesen  die  Strophe,  die  in  der  zwei- 
ten Gruppe  hinter  Str.  53  steht,  da  sie  mit  einer  Veränderung  der 
voraufgehenden  Strophe  (53)  zusammenhängt  und  hier  das  lat. 
Original  für  die  erste  Handschriftengruppe  zu  entscheiden  scheint. 


445]  Der  Priester  Johannes.  971 

Der  Character  der  Ueberlieferung  ist  im  Ganzen  derselbe,   wie 
ich  ihn  für  eine  Partie   aus  der   ersten  Hälfte   des  Gedichtes  in  der 
Ausgabe   des  Graltempels  nachgewiesen   habe.     Auf  uns   gekommen 
sind   zwei    Handschriftengruppen,   früher  von   mir  als  1  und  11,  hier 
als  1   und  2  bezeichnet.     Die  erste  gehört  noch  dem  13.  Jahrh.,  die 
zweite  dem    14.  Jahrh.  an;  jene   trägt  im   Ganzen    noch   mehr  den 
alteren  Character  der  Sprache,  zeigt  auch  noch  richtigeres  Gefühl  für 
den  Rhythmus  der  Verse,  diese  hat  sich  im  Wortlaut  offenbar  häufiger 
von  dem  Original  entfernt,   auch  den  Rhythmus   öfter  zerstört,  aber 
sachlich  giebt  sie   den    Inhalt  zuverlässiger  wieder  als  jene  Gruppe. 
In   dieser  Beziehung  kommt  ihr  eine  gewisse  Pröponderanz  zu,  die 
freilich  wenig  entscheidend  ist,  da  in  vielen  Fällen  auch  1  nachweis- 
lich  das   Ursprüngliche  erhalten   hat.      Die   beim   Graltempel    hinzu- 
kommende   Controle  durch  die   Heidelberger   Papierhandschrift    fehlt 
leider  in  dieser  Partie,  und   so  wurde   die  Constituirung  des  Textes 
zu  einem  oft  etwas  subjectiven  Verfahren. 

Die  in  Betracht  kommenden  Handschriften  sind: 

i,  ältere  Gruppe. 

A1  Die  Wiener  Pgmthdschr.  2675. 
B1  Die  Heidelberger  Pgmthdschr.  383. 
Cl  Die  Hannoversche  Pgmthdschr.  IV,  489. 
D1  Die  Berliner  Papierhdschr.  fol.   470. 

2,  die  spätere  Gruppe. 

A2  Die  Dietrichsteinsche  Pgmthdschr. 
B2  Die  Berliner  Pgmthdschr.  Fol.  475. 
C2  Die  Carlsruher  Pgmthdschr.  29. 
D2  Die  Wiener  Papierhdschr.  3041. 
E2  Der  Druck  vom  Jahre  4477. 

Von  diesen  aber  stimmt  E2  in  unserer  Partie  überaus  häufig  zu 
dem  Texte  von  1,  wahrend  Cl  nicht  selten  in  den  Text  von  2  hin- 
übergreift. Bei  beiden  scheint  mir  die  Annahme  unabweisbar  zu 
sein,  dass  neben  der  eigentlichen  Vorlage  eine  Handschrift  der  an- 
deren Gruppe  zur  Verwendung  kam,  in  E2  vielleicht  nicht  ohne 
kritische  Ueberlegung.  Ich  habe  in  solchen  Kreuzungsfallen  meistens 
beide  extravagirende  Handschriften  ausser  Berechnung  gelassen  und 
nur  aus  besonderen  Gründen  neben  \  und  2  die  Abweichungen  von 
Cl  u.  E2  noch  besonders  angegeben. 

Ob  der  aus  dieser  Ueberlieferung  zu  gewinnende  Text  bis  an 
das  Original  selbst  hinanreicht,  steht  sehr  dahin.     Einige  Verdachts- 

Abhandl.  d.  K.  9.  Gesellsch.  d.  Wiesen  seh.  XVII.  55 


972  FftiRMicH  ZaMckb,  [US 

gründe  sind  vorhanden,  dass  unsere  Ueberlreferung  gemeinsame  Fehler 
enthalte.  Abgesehen  von  einzelnen  schwierigen  Stellen  erwähne  ich 
folgende  Fälle.  In  Str.  10  wird  der  Name  keuer  und  kunec  für  den 
Priester  Johann  ausdrücklich  'abgelehnt.  Dennoch  wird  dieser  später, 
und  in  beiden  Hahdschriftengruppen  übereinstimmend,  oft  so  genannt. 
Unklar  ist  auch  was  die  Einleitung  zur  Schilderung  des  zweiten 
Palastes  erzählt,  Dort  wird  Str.  422  erwähnt,  Gott  habe  den  Palast 
in  einer  Nacht  geschaffen  und  dies  erinnert  an  die  Vision  des  Gnndo- 
forus,  die  Thomas  bewirkte,  auf  den  in  Str.  123  hingewiesen  wird. 
Das  wäre  also  eine  Anlehnung  an  §  56  des  lal.  Originales.  Aber 
später  wird,  in  Ueberein  Stimmung  mit  B  §  85,  87  der  König  selber 
als  Erbauer  genannt  und  gesagt,  da&  er  den  Palast  in  vier  Tagen 
fertig  gestellt  habe.  Häufig  findet  sich  auch  das  Präteritum,  wo  doch 
in  der  Schilderung  des  Feirefiz  nur  das  Präsens  angebracht  war. 
Trägt  hier  überall  die  Ueberlieferung  oder  die  Flüchtigkeit  des  Dich- 
ters die  Schuld?     Vergl.  hiezu  Str.  55,  2  Anm. 

Bemerkens werthe  Reime  erwähne  ich:  Str.  9  maze :  glaze  (glase  ; 
Str.  28  adelare  :  kläre;  Str.  46  houfen  :  loufen,  wo  auch  in  den  Hdschrr, 
die  sonst  hüfen  zu  schreiben  pflegen,  houfen  geschrieben  ist ;  Str.  57 
ziterje  :  herje;  Str.  58  tviehe  :  sehe;  Str.  67  ungewarnde  (Part.  Pass.)  : 
varnde  (Part.  Act.) ;  Str.  96  zadel :  ladel;  Str.  100  enmitlen  :  erbitten; 
Str.  109  meldet :  geldel;  Str.  116  pfrunde  :  tünde  und  messe  :  rette 
(=  wese?). 

In  Beireff  der  Lautverhältnisse  habe  ich  dasselbe  Verfahren  be- 
folgt wie  in  der  Ausgabe  des  Graltempels;  aber  statt  z\  habe  ich  ze 
da  den  Vorzug  gegeben,  wo  die  Mehrzahl  der  Handschriften  letztere 
Form  bot.  Definitives  aber  die  Sprache  des  Titureldichters  kann  erst 
auf  einer  vollständigen  Durchforschung  der  gäsammten  Ueberiieferung 
gegeben  werden.  In  den  Varianten  habe  ich  nur  die  einander  gegen- 
überstehenden Abweichungen  der  beiden  Handschriftengruppen  ge- 
geben, nur  in  besondern  Fällen  die  Einzelabweichungen. 


\ 


Bede  des  Fetreflz. 

(Hahn  6031—6158.) 

4. 

Feireftz  hie  sagende        sus  was  mit  lüten  worlen : 
9    'ez  ist  hie  kröne  tragende        ein  künec,  daz  elliu  ören  nie  gehörten 
im  nibt  gelfcb  an  rfcheit  also  rtche: 
swie  rtch  du  bist  mit  grale,        daz  ist  ein  niht  und  niender  im  geltche. 

2. 

An  Hüten  und  an  lande,        an  gold  und  an  gesteine; 

in  himel  der  bekande        vor  gol  ist  er  von  manegen  tilgenden  reine. 

stn  richeit,  sine  wird  ich  hie  benenne 

ein  teil,  niht  wan  die  grßsten,        da  bi  du  dich  und  mich  an  wirde  erkenne. 

S. 

Stn  gwalt  ist  wit  und  verre        benennet  werdec liehe 

diu  zwei  teil  aller  terre,        und  darüber  zwei  und  sibenzig  rlche 

diu  was  ich  ein  im  gar  ze  dienst  tif  gebende, 

vrilich  und  unbetwungen,        durch  daz  er  also  heileclich  ist  lebende. 

4. 

Priester  Jöhan  namende        ist  man  den  werden  riehen 

durch  werdekeit  unsebamende,        als  ich  dir  sag  hernach  bescheiden  liehen, 

krfstenlfchem  orden  zeiner  veste ; 

10  wan  erst  ein  kristen  reine        und  tut  ouch  Krist  zclobe  niht  wan  daz  beste. 

5. 

12  Drt  India  die  wften        im  dienent  gar  für  eigen. 

11  die  Kristes  widerstrlten        kön  er  im  zelob  und  z'6ren  neigen: 
für  künec  ist  er  priesters  namen  lobende, 

wan  priesters  nam  üf  erde        ist  an  werdekeit  den  künegen  obende. 

6. 

[Von  priesters  wirde  vindet        man  in  dem  lempel  gräles, 

wie  er  bindet  und  enbindet:        krö'n  und  himelslüzzel  sunder  twäles 

treit  eigenlich  der  priesler  z'allen  zlten. 

saVlekeit  der  kristen        lft  an  priesters  orden  z'allen  stten.] 


1,  4.  —    |   sus  fehlt  2.        8.  dehein  auf  erde  ane  got  so  reiche  2.         4.  du  w»r  1, 
an  vierdem  teile  wigt  ez  ungelicbe  2.  2,  2.  —    |   vor  got  fehlt  4.        man.]  stnen  4. 

4.  als  ich  die  han  erchunnet  2.  3,  I.  —  |  benant  vil  chreftichleiche  2.  4.  —  |  niwan 
daz  er  so  reineclich  4.  4,  1.  —  |  den  vil  geheuren  2.  2.  —  |  mit  aventeuren  2. 
8.  dem  kr.  2.  4.  er  priester  Johan  haizzet  und  tut  2,  aber  vgl.  §40:  devotns  sum 
chrisiianus.  &,  '2.  —  j  in  Kristos  lob  vor  im  sich  mfizen  neigen  2.  8.  priesters  nam 
ist  er  ze  künige  lobende  4.  4.  nam]  wird  2.  ist  allen  fürsten  und  ch  im  igen  obende  2. 
6»  Die  Strophe  fehlt  2,  und  auch  in  E'K 

65* 


974  Friedrich  Zarncke,  [H8 

7. 

Und  Jöhan  durch  den  reinen,        den  sich  da  Krist  liez  teufen, 
des  "heilekeit  im  einen        kän  vor  mengen  heilegen  wirde  koufen, 
d6z  nie  wibes  lip  den  man  gebare, 
der  sant  Johann  Baptiste        an  heilekeit,  an  wird  geltche  waere/ 

8. 

Waz  sprichstu,  bruder  höre',        wag  Farcivtil  nu  jenen de. 

gotes  heilekeit  ist  möre,        dös  geburt  von  frouwen  was  geschehende.' 

der  wtse  iach   vil  wol  ich  dich  bescheide: 

Johannes  wart  von  w!be        geborn  und  J6sus  Krist  von  einer  meide. 

9. 

Der  gotes  heilekeite        gft  nieman  ebenmäze, 

wan,  als  ich  dich  bereite,        swer  kenen lieht  durch  nädelor  mit  glase 

habt  gön  der  sunnen  glast  über  al  die  weite, 

als  ist  ouch  gein  Krisle        61liu  ebenh&he  in  niderm  gelte. 

40. 

Durch  dise  namen  werde        Jöhan  und  priester  beide 

heizt  überal  üf  erde        dfser  höhe  künec;  man  tut  im  leide 

sw6r  in  keiser  oder  künec  benande. 

swie  sich  diu  werlt  in  vieriu        teilt,  ir  driu  diu  wartent  stner  hande. 

44. 

12  Daz  sagent  wol  die  pfahte:        stn  gwält  göt  von  örjenle 

mit  keiserlicher  ahte        unz  an  meridiän,  den  nieman  wente : 
14jenhalp  des  wilden  mers  liberal  diu  konder 

ünz  an  aquilöne        st'nem  gwalt  mit  dienste  ligent  under. 

42. 

13  Proventz  wol  sibenzec  schöne        von  siner  werden  hende 
hänt  zepter  unde  kröne:        ölliu  arm&t  ist  im  eilende. 

in  India  vil  nach  dem  paradlse 

da  wont  der  edele  werde        und  wirbet  nach  dem  öweclichen  prtse. 

13. 

Daz  paradis  ich  meine,        darinne  menschen  künne 

viel  üz  der  gemeine        der  engel  köre  vreude  wegender  wünne. 

ein  obz  von  einem  rfs  gab  uns  die  schulde, 

und  an  demselben  rise        erwarb  uns  sft  der  meide  kint  die  hulde.' 


7,  1.  —  |  do  1.  2.  in  1,  den  kan  sein  tugende  meinen  durch  sein«  heilichait  ia 
wirde  chauffen  2.  4.  —  |  gelich  an  siner  wirde  und  heilikait  icht  were  C1,  an  seiner 
beilikait  geleiche  were  E2,  an  wirdechait  geliche  were  D1,  höher  an  heilichaite  were  1 
8,  2.  —  |  von  einer  frouwen  2 ,  nicht  aber  E*.  3.  der  rede  iach  Ferafiz  ich  dich  i 
4.  Johan  von  einem  weibe  geborn  wart  und  Christ  2.  9,  3.  bescheide  4 .  4.  heilikeil 
aller  heiligen  lit  sus  gen  gotes  heilekeit  ze  gelte  4.  10,  3.  Hiegegen  ist  freilich  im  ta- 
genden mannigfach  Verstössen.  4.  swie  sich  diu  werlt  verteilet  uö  daz  die  aar  wartet 
siner  hande  1 .  11,4.  —  |  gebot  3.  3.  chreftichleicher  3.  den]  daa  3.  4.  aai 
occident  sinem  4.  m.  d.  Staates  lig.  4.  12,  4.  —  |  von  siner  hant  enpfahent  {dum 
ohne  hänt)  4.  2.  —  |  di  vinde  sin  mit  hazze  gar  vers mähen t  4.  IS,  2.  auz  freadea 
viel  in  wainen  und  verlos  die  himelische  wunne  2.  4.  —  |  sit  fehlt  3.  des  vater 
hulde  2. 


**•]  Der  Priester  Johannes.  975 

44. 

Tfturel  der  wlse        die  rede  gerne  hörte 

von  disem  edeln  rise.        dito  mar  im  hohe  vreude  gar  enbörte; 

in  herzen  er  vil  dicke  sunder  klagte, 

das  man  im  von  dem  rise        und  von  der  meide  kini  so  seilen  sagte. 

15. 

'Dax  paradis  vil  nähen        li't  des  küneges  heime, 

wan  daz  ez  undervähen        kan  ein  berc,  vor  aller  vögele  sweime 

gehöhet  hoch  al  über  sich  die  rihte. 

6ben  glase  hasle,        daz  niht  daran  gekleben  mac  vor  slihle. 

16. 

Der  berc  al  obene  schlnet        gelich  den  fiares  glaste. 

22  ein  brunne  sich  rivinet        daneben  drab,  der  diuset  also  vaste. 
Idönus  wart  der  brunn  mit  schritt  genennet, 

sin  vluz  der  teilt  sich  witen,        die  virre  in  mangem  land  ist  er  erkennet. 

17. 

l'n  des  brunnen  grieze        vint  man  edelsteine, 

vil  nutz  an  dem  genieze:        ez  »int  saphlr,  smaragd,  karfunkel  reine. 

topAz,  krisold,  sardln,  berill,  onichel 

ämatist,  serente,        ardell,  achat,  jaspis  an  kreften  michel. 

18. 

23  Ein  krüt  assidiöse        wehset  bi  dem  flümen, 

des  kraft  ist  tugend  ein  rose,        sin  würz  kan  sich  an  tugenden  niht  versüroen. 

swer  die  würz  hat  in  der  haut  ze  tragene, 

der  mac  den  bösen  geisten        swäz  er  wil  gebieten  im  ze  sagene. 

19. 

[Der  berc  zer  andern  stten        ein  wazzer  hai  ze  gebene, 

daz  teilt  sich  ouch  vil  witen :        daz  glt  gesuntheit  vil  der  werld  ze  (ebene. 

mit  »welcher  siecheit  iemen  ist  gemeilet, 

und  badet  er  sich  darinne,        er  wirt  von  aller  siecheit  wol  geheilet.] 

10. 

24  Da"  bt  in  einem  lande        wehset  der  pfeffer  zanger, 

klein  unde  grande,        der  eine  der  ist  kurz  der  ander  langer. 

25  gelich  alsam  ein  wall  von  rör  vil  dicke 

daz  lant  ist  ebener  slihte:        daz  rör  wirt  angeznnt  mit  flu  res  blicke. 


14,  1.  —  |  al  dise  maere  4.  t.  von  disem  selben  4.  seiner  edeln  freude  ez  im 
ein  teil  enborte  2.  15,  4.  niht  verre  f.  ist  von  t.  2.  wan  daz  ez  got  der  herre 
hat  in  der  hohe  daz  aller  vogel  sweime  sich  nit  gelassen  mag  dahin  die  richte  (ligt  ez 
die  hohe  also  die  richte  t)  2  £*,  vgl.  Hers.  Ernst  bei  Haupt  7,  3*6,  4  5ftr.  4.  der  berg 
ist  so  glasshele  E1,  ein  vogel  an  dem  berge  bechleben  mag  niht  von  der  heln  suchte  f. 
liy  4.  des  (eins)  prunnen  fluz  (ursprinc  C1)  sich  pinet  2  CK  17,  2.  —  |  ez  sint  fehlt  2.  edel 
reine  2.  4.  Mit  amatist  hören  die  im  Original  erwähnten  Steine  auf,  serente  ist  wohl  der 
silenites;  ardell,  wofür  in  2  kardel  gelesen  wird,  kenne  ich  nicht.  Ist  Corall  oder  Corneol 
gemeint?  jaspis  fehlt  in  4,  dafür  falsch  die  warn  {corrigirt  sint  0»).  18,  3.  hat  bis  lr.]  in 
seiner  hant  ist  tragende  2.  4.  —  |  gebieten  swaz  er  wil,  das  sint  s'im  sagende  2. 
1%  I.  iemen  ist],  wirt  der  mensch  4.  20,  2.  mer  dann  einer  bände  2,  das  lant  ist  vri 
vor  schände  O  am  Rande,  fehlt  DK        4.  —  |  rör  fehlt  4. 


damit  sio  dann  le  huren        können  keren,  trlben  unde  schabelen. 

28. 

Als  man  die  arweiz  drischet        üx  halmeu  und  üz  sloufen, 

die  mit  gestreu  gemischet       sint  «ad  si  das  fiur  des  sol  bestroufeo, 

diso  dreschen t  si  den  pfeffer  danne. 

wie  aber  der  aam  6A  bernde        wirf,  daz  sagt  man  weder  wtp  noch  mai 

24. 

27  Olimpus  ist  genennet        ein  berc,  groz  hoch  diu  beide : 

daz  pfefferlant  erkennet        ist  du  bi.     da  enzwischen  ein  wildiu  beide 

dem  selben  lande  lit  und  dem  paradtse, 

dri  lageweide  lenge,        davon  daz  laut  ist  wert  an  nahem  prtse. 

25. 

Der  luft  ist  so  gesuzet,        von  paradis  betowet, 

daz  er  wol  kumber  buzet.        si  sint  davon  gehöret  und  gevrowet 

in  den  landen,  diu  der  luft  bedrohet; 

ich  mein  daz  paradise,        da  Eve  und  Adam  inne  wart  gesmaahet. 

26. 

li'z  dem  berge  fliuzet        geil  Orient  ein  brunne; 

28  swer  den  zem  meien  niuzet        des  morgens,  e  daz  in  besebint  diu  sunnc 
e  daz  er  ezze  iht  mit  schöner  zühte, 

und  trinke  so  des  brunnen,        er  w»r  vri  drizec  jär  vor  aller  sübte. 

27. 

Und  seh  inet  in  der  jugende        reht  als  in  jAren  drizec. 

der  brunne  hat  die  tagende,        däz  er  fürbaz  niht  wirt  abeslizec, 

die  wile  im  got  des  lebenes  ist  verjehende; 

gedreht  er  hundert  jAre,        man  w«Br  doch  nibt  wan  drizec  an  im  spehei 

28. 

29  Dar  üz  die  adelare        zem  meien  bringent  steine 

vil  edel  und  vil  kläre:  in  India  da  nistent  si  gemeine, 

ir  kint  diu  jungen  st  damit  bestrichen^ 

davon  di  kreft  ir  ougen        üz  der  sunnen  glatte  niht  entwichen!. 


f54]  -  Der  Piiester  Jobannes.  977 


29. 

30  Sw6r  die  steine  gehiure        tr6it  in  stner  bende, 

dem  werden!  nimmer  liore        li'ehtiu  ougen,  klär  gesiht  genende; 

sint  aber  im  diu  ougen  sin  verdorben, 

diu  kraft  der  edeln  steine        ha't  im  schier  vil  klär  gesiht  erworben. 

30. 

So  man  ie  lenger  sehende        ist  an  die  selben  gimme,   ~ 

ie  mör  der  klärheit  spebende        sint  diu  ougen  und  nement  zornes  stimme; 

die  selben  steine  mit  ir  edeln  tugende 

baz,  nit  si  gar  vertribenl,        und  machent  gräwe  här  geltch  der  jngende. 

34. 

31  Da  bi  so  ligt  besunder        gar  äne  wazzer  trucken 

ein  mer,  dazt  obe  und  under      niht  wan  griez,  darüz  gönt  nebel  rucken 

vil  dicke,  gröze  kiel  noch  barke  swebende, 

wan  nibt  darüber  ist  varnde        kttin  noch  gros,  daz  üf  der  erd  ist  lebende. 

Si. 

Daz  selbe  mer  ist  swinde,        mit  stürm  in  üoden  varende; 

swenn  ez  zerblaent  die  winde,        daz  mer  von  sant  ist  tobender  üude  nibt  sparende 

und  wellen  höh  sam  üf  dem  wazzerwäge; 

und  wä  daz  mer  hab  ende,        daz  läze  gar  diu  werlt  sunder  frage. 

33. 

Und  swenn  daz  mer  belibet        al  trucken  tobender  linde, 

daz  ez  der  wint  niht  tribet,        so  nimt  man  bi  dem  Stade  Wunders  künde, 

vi'sche  lebende  wolgesmac  und  reine, 

so  daz  nie  munt  üf  erden        ie  bezzer  gaz  da  beide  gröz  und  kleine. 

34. 

32  Dri  tage  weide  lenge        man  gröze  berge  vindet. 

41  von  disem  mer  so  strenge        der  berge  höh  die  röten  Juden  bindet. 

daz  si  niht  sint  üf  erde  brogende  varende, 

dazt  von  der  berge  höhe;        der  regenboge  ist  vil  ir  höhe  sparnde. 

35. 

Gög  und  Magög  sus  hiezen        zwo  diel,  nach  den  genennel 

sint  dise  berg,  die  sliezen        künnen  wol  die  Juden,  so  bekennet: 

snel  unde  wild  ir  menege  über  al  die  weite, 

kristen  unde  heiden        wae'r  ein  niht  gen  in  ze  widergelle. 


29,  2.  —  |  klar  der  ges.  3,  ganz  abweichend  4  :  tugende  rieb ,  er  wirt  ouch  nibt 
eilende  rieber  hab.  sin  im  die  ougen  verdorben.  4.  bat  im  die  ougen  klar  vil  schier 
erworben  4.  80,  1.  Swenn  1.  %.  —  |  zorn  grimme  4.  3.  und  gebeut  herzen 
vreude   mit  ir   tilg.    4.  4.  —    |    die  zwei   vil  dicke   machent  gra  die  jugende  4. 

81, 4.  —  |  an  eile«  wazzer  f.  8.  dicke  und  gro;e  3.  barken  %t  in  der  üeberlieferung 
rmuM  ein  alter  Fehler  stecken.  4.  deweders  ebumt  darüber  noch  nicht  daz,  auf  der  erden 
wart  ie  lebende  3.  89,  4.  Die  Strophe  fehlt  in  4.  88,  4.  Die  Strophe  allein  in  £*. 
84,  4.  —  |  höbe  b.  f.  3.  daz  si  niht  eilen  reiche  sint  durch  varende  3.  85,  4.  —  |  be- 
nennet 2.        4.  —  |  wer  gein  in  ze  nihte  en  widergelte  3. 


978  FftlEMlCH    ZAfcNCfcE,  [*&i 

86. 

32  A'b  den  bergen  ein  runse        gel,  wit  und  gröz  von  steinen, 

ein  starker  wagen  erdünse        ich  w®ne  von  dem  reine  küm  ir  eioen. 

kein  var  darüber  wart  noch  nie  besinnet. 

in  ditz  mer  von  sande        durch  di  laut  gar  ane  zubt  ez  rinnet. 

87. 

41  Di  Juden  ez  ouch  besliuzet        an  einer  siten  umbe. 

38  ein  ander  wazzer  fliuzet        durch  die  wüste  von  den  bergen  krumbe  . 
von  wazzer  lüter  rein,  gebirge  wilde, 

von  gimme  und  von  gesteine        des  lit  dar  inne  wunder  und  uobilde. 

18. 

Aller  liut  vereinet        vliuzt  ez  undor  erde. 

swer  richeit  also  meinet,        daz  er  darnach  gewinnet  solh  begerde, 

dem  tut  sich  uf  diu  erde,     wil  er  schiere 

tu'n  die  widerköre,        er  viodet  richeit  vil  in  dem  riviere. 

19. 

Ist  aber  er  iht  ze  lange,        diu  erd  in  da  verklemmet 

39  mit  totlicher  zange.        denselben  bach  ein  grozer  flum  da  sammet, 
der  gahet  danne  für  gen  einem  lande, 

däzt  Melliflör  genennet,        dar  inn  sint  edel  steine  manger  haude. 

40. 


40  Da  ziehent  si  besunder        diu  kint  überal  üf  swimmen, 

daz  si  dem  wazzer  under        kü'nnen  als  ein  visch  wol  vallen  klimmen, 

darumbe  daz  si  stein  die  besten  vinden. 

etwenne  wochen  drte        kan  an  dem  grund  ir  leben  niht  verswinden. 

44. 

l'n  dem  wazzer  wesende        ez  dunket  si  gehiure, 

wän  si  sint  da  lesende        6del  riche  stein  an  kreften  tiure. 

die  bringen!  si  dem  marschalc  gar  mitalle; 

der  ist  von  rehte  welende,        welher  im  zem  besten  da  gevalle. 

42. 

42  Da  bi  ein  lant  ist  kleine  ;         die  berge  mit  dem  fiure, 

Agremonlin  ich  meine,        darinne  Salamander,  würme  tiure, 

die  niht  wan  des  flu  res  sint  da  lebende: 

und  äne  fiur  si  sterbent,        sam  der  den  visch  uz  wazzer  w®r  der  hebende. 


86,  2.  —   |   ich   meine  2.      von  dem  rine  4,  bei  dem  reine  2.       37,  I.  ouch  fehlt  i 
und  auch  die  berg  alumbe  2.        2.  —  |  von   den  bergen  dann  die  wüsten    krumbe  \ 

38,  1.  —  |  er  4.     2.  —  |  daz  er  nach  gut  hat  alsolb  begerde  2.     4.  —  |  vindet]  gewinnet  4 

39,  l.  —  |  do  1.  2.  mit  etlicher  gange  4.  do  4.  8.  dannen  2.  4.  —  )  di 
inne  alte  Hss.  40,  2.  —  |  kunnen  sin  als  ein  visch  wol  vallen  klimben  Cl,  kunnen  si 
und  als  die  vische  limben  Al,  chan  als  ein  visch  baideu  vallen  chlimben  2.  8.  d 
besten]  kunnen  4.  4.  —  |  kan  ir  leben  niht  an  dem  grund  verswinden  2,  kan  undi 
wazzer  ir  leben  niht  verswinden  4.  41,  4.  An  dem  grund  al  wesende  4.  42,  2.  Agn 
mont  4.  diu  Salamander  4.  4.  und  fehlt  4.  alsam  den  4.  von  wazzer  in  fei 
ist  gebende  2. 


t*3]  Der  Priester  Johannes.  979 

48. 

43  Die  würkent  pfelle  tiure,        den  nieman  über  Wehet. 

der  wirt  in  dem  (iure        niuwe,  als  er  in  aller  sich  verblichet: 

6r  wirt  dicke  gut,  an  koste  bezier, 

wan  er  in  fiwer  wehset;        man  tut  im  niht  also  der  slift  ein  mezzer. 

44. 

Ein  widerglast  der  sannen        ist  dirre  pfelie  waehe 

und  wirt  mit  not  gewunnen :        die  warm  in  fiare  würkent  slden  spsehe, 

bl  der  ist  ellia  side  und  golt  ze  nihte. 

wie  man  die  gewinne?        da  macht  man  hüten  dri  von  holz  die  rihte. 

45. 

Von  einander  unverre.        den  naehsten  man  da  fiurel. 

er  wsent  daz  im  iht  werre,        an  sinen  gampelvreuden  ez  in  stiuret: 

der  ander  brinnet,  so  der  erste  vellet. 

von  dem  er  aber  gähet,        unz  er  zem  dritten  hufeo  sich  gesellet. 

46. 

Den  wurm  man  also  zßhet        mit  fiure  drler  houfen : 

dem  berg  er  sus  enpflShet        wirt,  daz  er  niht  gähes  widerloufen 

käu,  im  si  diu  vart  wol  andergangen. 

durch  daz  die  ersten  houfen        erloschen  sint,  damit  ist  er  gevangen. 

47. 

Vil  siden  ist  er  tragende,        darinne  ist  er  vorwunden. 

si  sint  durch  not  behagende,        die  nimmermör  verslizzen  werdent  funden 

und  nimmermei*  keiu  fiur  si  kan  verbrennen. 

wer  möht  al  solcher  waete        an  richeit  iht  erdenken  und  erkennen. 

48. 

Durch  reht  man  si  vergoklet        und  ist  ze  pfelle  webende; 

gar  liljenwiz  getoldet        wirt  sin  glast  sam  sunne  üf  snewe  gebende. 

sust  maneger  wirde  dirre  pfelle  waltet: 

daz  fiur  in  machet  niuwe,        swie  gar  er  wirt  verblichen  und  veraltet. 

49. 

44  Diu  inner  Indiane        hat  richeit,  saeld  und  ere  : 

golt,  silber  sunder  wäne,        gcsleine,  girome  vil  und  dannoch  mere; 

45  und  alle,  die  da  wabsent  üf  von  jugende 

die  sint  an  horde  riche,        und  dannoch  richer  üzgenomener  tagende. 


48,  I.  —  |  die  3.  2.  —  |  wider  new  als  er  von  alter  blaichet  2.  8.  swenn  er 
an  seiner  wirdichait  vcrdirbet  von  aller  tage  menege,  daz  feur  im  all  ein  wirdichait 
erwirbet  2.  44,  4.  —  |  ist  wol  der  4.  2.  —  |  die  würm  fehlt  4.  in  dem  4. 
4.  gewinnet  4.  do  4.  45,  4.  niht  verro  4.  2.  niht  4.  an  sincm  kampelvreuden  4, 
an  seiner  gampelgail  2.        8.  so]  swenn  4.        4.  zu  dem  2.         46,  4.  man]  er  alle  U$$. 

2.  —  |  so  wil  er  g.  w.  4.  8.  noch  gseber  wirt  diu  vart  im  undergangen  4.  4;  —  |  ier- 
gangen  sint  2.  47,  2.  —  |  in  dem  berg  gevangen  and  gebunden  Al  B* ,  sy  waltent 
grozer  reichait  ob  and  unden  Z)1,  fehlt  C1.  8.  si  fehlt  2,  in  4  lautet  der  ganze  Vers  ab- 
weichend wan  si  kein  .fiur  nimmer  kan  v.  4.  al  solhiu  wunder  4.  48,  2.  —  |  sein 
blenkche  2,   in  4    abweichend  wirt  sin  glast  sin  kraft  sus  wernde  (wirde   E*)  gebende. 

3.  vil  manger  werdicheit  der  4.  4.  —  |  er  sich  gar  versleizzet  und  veraltet  2.  49,  4.  sffild] 
gut  4.        2.  —  |  und  edler  steine  vil  4.        3.  und  fehlt  2.        erwahsent  von  der  2. 


i 


980  FsffiMucH  Zabkcke,  pM 

Ad  ki uscb,  an  höher  milte        müz  man  si  immer  prisen; 

ir  haut  des  nie  bevilte,        die  vremden  kiinnen  si  von  artnüt  wisen : 

swaz  der  von  andern  landen  armeclichen 

ir  genäde  sachte,        die  wurden  von  ir  handen  wol  die  riehen. 

54. 

46  Meineide,  stein,  rouben,        des  hat  da*  nieman  künde; 

gltekelt  noch  ungelouben,         Spot,  verraten,  valschheit  ma liege r  sdnde, 

vor  dem  sint  die  liut  also  gereinet, 

der  in  davon  iht  sagte,        sin  westen,  waz  er  wolt  und  was  er  meinet. 

52. 

44  Dromedar,  helfande        und  manegiu  Her  vil  edele, 

46  diu  vint  man  in  dem  lande.         gesaz  ie  ktlnec  so  werd  an  solchem  sedele? 
diu  besten  ors  verhalden  wol  und  draHe 

und  man  lieh  herz  in  beiden        vindet  man  an  ritterschaft  da  State. 

53. 

47  Swenn  priester  Jöhan  varnde        g6n  vinden  ist  mit  strite, 

daz  er  doch  lang  ist  sparnde,        wan  er  indnec  tüsent  helfe  hat  vil  wite, 

so  fürt  man  im  vor  ougen  rieh  gezieret 

vierzehen  kriuz  gehöret,        mit  gold  und  mit  gestein  wol  geflörieret. 

54. 

Diu  sam  diu  sunne  glesten        mit  richeit  der  vil  grözen, 

geziert  also  zem  besten,        däz  in  al  diu  werlt  niht  mac  genözen. 

der  trinildt  und  gotes  marter  z'eren 

mit  ie  dem  Kriuz  besunder        erweit  siht  man  dri  tüsent  ritter  kören. 

55. 

Krisl  sol  si  wol  bevogten,        ich  mein  die  mit  den  kriuzen, 

die  vor  in  allen  zoglen,        darab  den  vinden  mohte  vil  wol  schiuzen. 

darnach  zwei  hundert  lüsent  wären  varnde 

an  slinger,  patelierre,        der  bogen  gabilöt  niht  vinde  ist  sparnde. 


50,  4.  suchten,  suchent  2,  letzteres  richtig?  und  dann  gleich  darauf  werden  zutckm- 
ben?  51,  2.  —  |  valsch  und  4.  3.  vor  den  2.  52,  4.  Drom.]  Vremde  4.  f.  —  !»o 
werd    auf   hohem    sedele  2.  4.   Der   letzte  Halbvers  fehlerhaß  und  schwankend  m  i 

53,3.  rieh  gez.]  daz  in  zieret  4.  4.  groz  heiltum  niht  ze  chlaine  daz  in  ze  stielte 
schone  (vil  wolj  konduwiret  2  Dl ,  dagegen  E2  wie  4.  Mit  dieser  Aenderung  des  Textes 
in  2  wird  die  Hinzufügung  der  folgenden  Strophe  in  2,  die  aber  in  Ei  fehlt,  zusammenhange», 
die  erste  Ziffer  ist  fehlerhaft: 

Fumfzehen  kreutz  gehöret        mit  gold  und  mit  gesteine, 

die  wären  drin  verwieret,        vierzehene  lauter  golt  von  werke  reine: 

ir  ainez  möht  ein  kaiser  niht  verkosten 

von  edolkeit  der  steine,        den  kainer  tugende  an  kreften  ist  gebrosten. 

54,  4.  Deu  chreutze  verre  glesten  sam  sunnen  blikch  die  grozzen  2.  2.  —  |  daz  all 
eleu  werlt  in  chan  so  niht  genozzen  2.  3.  gotes]  Christes  in  einigen  Hss.  von  2.  martrr] 
nam  4.  4.  —  |  sab  2.  56,  3.  wären]  man  wol  {ohne  Verbum)  2,  seynt  wol  &,  skr 
das  Präteritum  ist,  obwohl  eigentlich  ja  das  Präsens  verlangt  wird,  im  voraufgehenden  1'crs 
durch  den  Reim  gesichert. 


4&S]  Der  Priestee  Johannes.  981 

56. 

Darnach  ein  her  ist  zogende:         mit  wer  der  unbekanden 

sint  si  p£n  vfnden  progende,        und  dannoch  helf  üz  zwetn  und  sibenzec  landen : 

all  die  künege  sint  im  des  gebannen, 

daz  si  im  her  mit  kreften        fu'rent  gröz  mit  mägen  und  mit  mannen. 

57. 

48  Und  als  der  fürste  riche        ist  varnde  nach  abläzen, 

daz  tut  er  ddrautliche,        vfnUich  hazzen  ist  von  im  verwäzen. 

rotten,  herpfen,  zimbeln  und  ziterje, 

vil  suzer  done  klenge        fürt  man  vor  im  und  allem  sinem  herje. 

58. 

Niht  durch  höhfart  werken,        ze  got  nach  lobes  prtse 

diu  herz  in  andäbl  Sterken,        als  vor  der  arke  pflac  Davit  der  wise. 

ein  hulzin  kriuze  blöz,  von  zierde  waehe, 

treit  man  im  vor  den  ougen,        daz  man  got  blözen  an  dem  kriuze  sehe. 

59. 

Mit  dirre  hohen  lugende        dient  er  saeld  die  grözen, 

daz  er  dabi  ist  hugende        und  al  die  sin  an  Jesum  Kr  ist  den  blözen, 

als  er  an  dem  kriuze  hienc  mit  wunden, 

durch  uns  zem  töde  verbowen,        so  wirt  ir  aller  herz  in  saelden  funden. 

68. 

Dem  kriuze  trcit  man  nähen        ein  güldin  vaz  vol  erden: 

daz  sol  gedanke  vähen,         däz  wir  alle  wider  z'aschen  werden, 

und  daz  elliu  höchfart  wirt  bedachet 

ze  jungest  mit  der  erden.        die  böchfart  aller  diet  er  also  swachet. 

64.  i 

49  Mit  gold  zer  andern  siten        ist  man  ein  vaz  da  tragende, 

da  bi  versteh  man  witen,         man  ist  im  cre  ob  allen  künegen  sagende, 

die  üf  a!  der  erden  sint  die  lebende, 

und  daz  im  kröne  und  ere        und  den  gewalt  got  selbe  was  hie  gebeude. 

62. 

[Diu  rede  kom  vil  witen,        ein  künec  began  si  anden. 

der  pfligt  Ismaheliten,        also  heizt  sin  Hut  von  mangen  landen: 

der  ist  so  vil,  daz  nie  ir  zal  bezilte 

manschen  witz  üf  erden,        ze  prüfen  alle  meister  ez  bevilte. 


56,  2.  —  |  zwcin  und  zweinzic  1,  zwelfundsechzig  2,  nur  E*  hat  7z.  67,  4.  chunicli 
2.  antlazen  einige  Hss.  2.  dienstliche  2,  das  Folgende  in  2  in  Verwirrung.  3.  zit.j 
psa  Herje  2.  4.  —  |  allem]  ouch  vor  4.  68,  4.  wecken  :  stecken  4.  2.  —  *|  als  Saloroon 
und  Dauit  2.  3.  vor  4.  4.  —  |  man]  er  2.  59,  4.  —  |  in]  mit  2.  60,  I.  Bi  dem 
kr  uz  vert  nahen  4.  2.  —  |  d.  w.  ze  iungest  wider  ein  a.  w.  2.  4.  —  |  höchfart  da  mit 
ist  aller  ding  verswachet  4.  61,  2.  daz  sein  gewalt  den  weiten  erzaigt  im  er  ob  allen 
fursten  sagende  2.  3.  die  mit  dementen  hie  sint  1.  2.  4.  —  |  was  hie]  da  wer  A\  was 
da  C,  ist  £i;  die  Strophe  fehlt  DK  62,  2.  —  |  liut  von]  volkch  auz  2.  8.  daz  ei  nieman 
bez.  2.        4.  mit  chunste  mit  witz  auf  e.  2. 


982  Friedhich  Zarnckb,  [IM 

68. 

Der  lande  wlt  ze  künde,        lanc,  breit,  der  kiinec  was  jehende, 

wes  er  sich  underwtinde :        'ich  bin,  dem  al  diu  werlt  undr  ougen  sehende 

werden  müz,  daz  ist  mich  wol  üf  geerbet. 

tut  er  des  niht  vil  schiere,        priester  Jöhan  wirt  von  mir  verderbet*. 

64. 

Tärtarie  diu  wite,        des  küneges  lant  so  heizet:  N 

in  manegiu  lant  mit  strite        ist  er  vil  dick  gewalteclich  erbeizet. 

ein  wazzer  ist  Tartarea  genennet, 

davon  sin  lant  daz  wite        ist  nach  dem  wazzer  wol  die  virre  erkennet. 

65. 

4 

Ez  rinnt  gevild  und  beide        vil  verre  und  unerwendet, 

wol  vierzec  tageweide        von  dem  snöberge  unze  daz  verendet 

wirt  sin  fluz  her  in  daz  mer  mit  valle. 

die  lsmahöliten        bereiten  sich  da  her  mit  grözem  schalle. 

66. 

Als  si  gar  überriten        den  priester  Jöban  wollen, 

vil  menlichen  s  tri  teil        hfez  er  si,  daz  si'z  niht  läzen  solten, 

swenn  si  quaemen  her  in  dise  kristen 

in  lndia  daz  vorder,        daz  sant  Thomas  bekirt  hie  vor  mit  listen. 

67. 

Dem  künege  vil  unkünde        was  ir  tiberköre 

her  über  die  wilden  ünde,        däz  si  fürten  manegen  künec  höre. 

des  funden  si  die  kristen  ungewarnde; 

des  gön  der  engel  hflhe        von  ir  henden  wart  dö  maneger  varnde. 

68. 

Si  warn  aldä  gesigende        von  Überkraft  der  grözen, 

und  wurden  fürbaz  ligende        mit  gewalt  an  allez  widerstozen, 

zer  andern  lndia  zwei  her  si  sanden, 

die  funden  wirte  heime,        davon  si  liehter  Schilde  vil  zetranden. 

69. 

Doch  wurden  ungesigende        die  selben  ouch  erfunden 

und  an  der  wer  gcligende.        die  kristen  musten  tragen  tiefe  wunden 

unz  daz  ir  tot  gelac  wol  drizec  tiisent. 

dö  priester  Jöhan  hörte        diu  maer,  do  wart  sin  freude  gar  verkldsent. 

70. 

Sam  liut  öriniu  bilde        hiez  er  im  vil  dö  giezen 

gön  dirre  diet  so  wilde.        er  liez  die  sin  der  wilz  aldä  geniezen . 

innen  hol,  nach  liuten  uze  gestellet 

liberal  diu  selben  bilde,        mit  munden  wit  alsam  die  sint  gehellet. 


68,  4 .  An  leng  an  breit  an  wite  4 .  lanc,  breit  fehlt  4 .  ir  kunic  der  was  so  iehende  4 . 
2.  —  |  er  wer  2.  8.  w.  mfist,  daz  wer  in  2,  aber  mit  dem  letzten  Vene  geht  auch  i 
in  die  erste  Person  über.  64,  8.  e.  w.  Tartarie  ist  ez  g.  2.  65,  4.  —  |  die  virrgar 
u.  4.  2.  —  |  untz  daz  A'2D2,  alle  übrigen  Hss.  biz,  piz  mit  oder  ohne  daz.  3.  her] 
untz,  bitz  2.  4.  —  |  daher]  nu  da  2.  66,  4.  Sam  2.  2.  sechczig  stunt  sechs  tauseot 
streiten  2.  si]  gar  2.  si'z]  si  2.  67,  4.  des]  daz  2.  von  ir  streite  maniger  was  da 
v.  2.  68,  3.  lagens  mit  gewalte  in  ir  landen  4.  4.  wirte  heime  ist  schwer  verständ- 
lich,  si   vunden  si  ungewarnet  ouch   hernach  der  heim  sin   vil  z.  4.  entraodeo  I. 

69,  3.  und  daz  2.     Diese  Strophe  ist  in  4  ganz  umgearbeitet: 

Si  wurden  ouch  erfundeu        so  gar  der  wer  die  blozen, 

si  slugen  tiefe  wunden  und  gaben  in  do  menlich  widerstozen. 

doch  Auren  si  der  kristen  drizik  tusent 

do  er  vernam  die  märe        prister  Johan  wart  mit  leid  verklusent. 

70,  4.  Messeiner  bilde  2.     dö  fehlt  4.     h.  er  do  wunder  g.  2.       3.  uze]  wart  2.       4.  über 
fehlt,  al  (als)  dise  s.  b.  2.     sam  die  da  2. 


457]  Der  Priester  Johannes.  983 

74. 

Und  innen  vol  mit  fiure,        daz  in  zenn  munde  üz  waBte, 

ze  »ebene  ungehiure,        swenn  ie  ir  einz  ein  blasbalc  underbtote : 

damit  so  wart  daz  fiur  mit  kraft  erkücket; 

ze  munde,  nas  und  ougen        und  ören  ez  sam  üz  der  esse  fliicket. 

7». 

Fümftüsent  der  gebunden        w*s  üf  ors  diu  grözen, 

hinder  fegllchem  funden        wärt  ein  knab,  der  Hez  daz  ors  niht  stözen, 

und  in  daz  bilde  wint  mit  balgen  dühte, 

also  daz  fiur  mit  gufte        üz  munde,  nas,  üz  ougen,  ören  lühte. 

73. 

Bi  einem  [schönen]  riviere        die  Tartarfe  lägen 

mit  grözer  richeit  ziere:         ir  schilte  widerglast  der  sunnen  wögen, 

ir  her  daz  velt  die  witen  het  bedecket, 

in  der  naht  gehalbct        würden  si  wol  w£nec  hie  geschrecket. 

74. 

Si  heten  ir  schiltwahte        alumb  daz  her  wol  varnde. 

priester  der  geslahte        Jö'han  wart  die  sine  gön  in  scharnde, 

diu  bilde  vor  mit  fiure  groz  von  swebele, 

davon  so  gieng  ein  dimpfen,        sam  diu  hell  w»r  üf  getan  mit  nebele, 

75. 

Darzu  die  tiufel  alle        waß'ren  üz  verladen 

den  heiden  dar  ze  volle,        die  drüz  daz  fiur  so  grüsltchen  gräzen 

sä'hn  und  ander  schar  näcb  disen  zogende, 

der  schilte  warn  von  schine,        als  ob  sie  ouch  von  fiure  waeren  flogende. 

76. 

Swert  unde  Schilde  blicken        und  diu  btld  ungehiure 

die  heiden  le>te  schricken :        si  wänden,  daz  diu  helle  gar  mit  fiure 

w»r  üf  getan  mit  aller  tiufel  griulen. 

sie  liezen  wer  da  sltfen,        ez  waren  lantzen,  bogen,  hötschen,  kiulen. 

77. 

Si  karten  sich  an  fliehen,        die  kristen  an  si  drungen, 

die  zamen  und  die  schieben        slü'gcn  si,  die  allen  und  die  jungen. 

priester  Jöhan  wart  aldä  gesigende 

an  den  Ta rinnen :        von  den  sach  man  daz  velt  bedecket  ligende. 

78. 

Ir  wart  ouch  vil  ertrenket        in  dem  wilden  wAge, 

erslagen  und  versenket        wärt  fr  sebzec  tüsent  üf  der  läge 

und  mer:  daz  kom  der  werlt  überal  ze  gute, 

wan  waer  in  hie  gelungen,        si  hetens  Überriten  mit  heres  flute. 


71,  2  —  |  ie  fehlt  2.  blasbalc  in  mehrern  Hss.  beider  Gruppen.  3.  so  fehlt  2. 
in  kraft  2.  4.  daz  ez  ze  mund  und  ougen  und  oren  nas  als  uz  4.  72»  4.  —  |  anz 
mund  auz  nas  und  ougen  und  oren  2.  78,  4.  schonen  in  allen  Hss.  8.  ir  her  zwo 
meile  des  landes  het  bed.  9.  4.  in  der  naht  enmitten  wurdens  an  der  herberg  er- 
schrekchet  9.  74,  4.  ir  seh.]  schilt  mit  wachte  4.  ir  her  4.  9.  —  |  sin  her  da 
gen  in  4.  4.  —  |  diu  fehlt*,  mit  all  ir  n.2.  75,  2.  —  |  die  dr.]  daruz  4.  schrazzen  1. 
3.  sahn  und  fehlt  4.  ein  ander  schar  diu  was  nach  disen  zogende  4.  4.  was  4.  atoain 
die  auh  mit  feur  da  w.  f.  2.  76,  4.  Diu  swert  4.  swert  unt  der  9.  zu  den  bilden  4. 
als  ung.  9.  9.  lert  die  h.  4.  4.  Valien  2.  ez  w.  lantzen  fehlt  2.  b.  b.  swert  und 
darzu  k.  2.  77,  4.  uf  fl.  4.  4.  —  |  die  sah  man  tot,  daz  velt  bestreut  da  ligende  2. 
7$,  3.  komt  4.     überal]  wol  4.        4.  hie]  da  4. 


984  .    Friedrich  Zarnckr,  (15* 

7«. 

Zwei  hundert  tusent  beiden        die  lägen  tot  zen  standen. 

diu  werlt  vri  vor  leiden        ist  stt  gewesen  und  Ane  ir  slrit  erfunden : 

ez  w»r  verderbet  von  ir  überleste 

diu  werlt  liberal  gemeine;        diu  bot  nu  stt  gelebt  vor  in  mit  reste.] 

8«. 

50  Diu  werdekeit  des  landes        und  ouch  des  laude«  herre, 

den  vint  geltches  pfandes        üf  erde  niht  der  minner  noch  der  merre 

51  sw6r  an  einer  lüge  hie  wirt  erfunden, 

gemeine  guter  dinge        wirt  er  von  den  Hüten  sä  enbunden. 

84. 

52  Si  sint  getriwe,  gewahre,        sunder  hai  und  nfden : 
meineide  und  £brechaere        mu'zcn  dise  lant  mit  slaete  mtden. 

53  jaB'rgelich  so  vert  der  künec  schöne 

in  got,  iedoch  verwäpent,         mit  grözem  her  zer  wüsten  Babilone 

82. 

Je  ze  den  järgeziten        Danjels  des  propheten, 

den  hungers  lewen  giten        erkanden,  daz  si  sptse  an  im  niht  holen. 

mit  strft  an  wurmen  gröz  ist  er  gesigende 

al  jdr  ze  Babilone,        davon  daz  Daniel  dA  noch  ist  ligende. 

88. 

56  Stn  riebe* t  und  sin  wirde        ist  nieman  sagebare, 

durch  wunder  ist  min  girde        von  sim  palas  ze  sagene  rtchiu  maere : 

der  ist  rieh  hoch  wit  lanc  so  höre. 

darinne  g6nt  ze  tische        driu  tüsent  rjtter  dringent  da  niht  sere. 

84. 

57  Cethim  ein  holtz  genennet        den  palas  ist  ez  habende : 

daz  holtz  man  sus  erkennet,         sin  smac  der  si  die  liut  an  kreften  labende. 

getSBvel  siule  wende  ist  holtz  gehiure, 

6banus  geheizen ;         brinnen  fulen  ist  im  alles  Mure. 

85. 

Im  ist  kein  wurm  schadende,         —  die  mügen  dran  niht  sitzen  — 
deheiner  wirt  den  klagende        unz  an  den  jüngsten  tac;  so  kan  verritzen 
daz  holtz  kein  Hur  noch  schab  noch  ander  marwe. 
öbene  in  den  slozzen        zwo  schtben  sint  von  gold  in  liehter  varwe. 

86. 

Die  schiben  breit,  darinne        zw£n  houbetgröz  karfunkel, 

die  liuhlent  nach  gewinne :         liberal  den  palas  lanl  si  ninder  tunkel 

58  bi'  der  naht,  der  sal  hat  porten  viere 

üz  ebano  geschicket,        swibogen  von  sardinico  di  ziere. 

79,  8.   deu  wer  verdorben  2.  8.  überlaste  :  raste  2.  80,  2.  viodet  die  Hu. 

4.  —  |  gebunden  alle  Hss,  81,  2.   valschait  und  2.     die   m.  2.  3.  ir  gelich  C1, 

ierikleich  C*,  iasrleich  B*VßK*t  iegleich  iar  A*t  geistlich  4.  4.  —  |  vert  er  zu  B.  \. 
82,  4.  vor  B.  4.      durch   Daniel  wan   er  da  4.  88,  2.  —  |  von  sinem  palas  sag  ich 

r.  m.  4.  84,  2.  —  |  sij   ist  2.  3.    taveln  2.  4.  ebano  2.        alles]   immer  1 

85,  4.  Dem  2.  getürren  4.  2.  wirt  entladende  4  u.  2,  nur  einige  Hss.  weichen  ab  und 
scheinen  die  ursprüngliche  Lesung  zu  rerrathen:  wirden  clagende  B\  wirt  enchlagende  D2. 
Sollte  zu  lesen  sein  deh.  wird  entladende?  4.  geslozzen  2.  in]  reich  2.  $6,  4.  Be- 
schicket (gesniten  4)  uz  eb.  1   2.     die  bogen  4.     sint  sardinico  der  ziere  2. 


459]  Db*  Purste«  Johannes.  985 

87. 

Sardfoicus  d£  «webende        ist  bogende  ob  den  porten; 
vergift  bie  vor  behebende        kaa  er  mit  kraft  gar  schiere  z'allen  orten 
ob  von  andern  werlten  ieman  waBre 
.  der  solher  meine  wielte:        in  disero  land  ist  nieman  so  gevare. 

88. 

legi  ich  iu  porte  ringe        hat  guldin  unde  gröze, 

die  steine  rfcher  dinge        verwieret  dar,  untugent  ze  widerstöze, 

die  den  sal  da  zierent  keiserliche 

59  tac  und  uaht  mit  wirde :        vil  der  tische  sinl  von  golde  riche, 

89. 

Etlicb  von  amatiste;        der  stein  gtt  müt  vil  suze. 

üz  heifenbein  mit  liste        sfnt  der  täfeln  Stollen  unde  filze, 

ünder  benke  gemezzen  dar  vil  rtche 

über  al  den  palas  unden        siht  man  schAchzabel  üf  dem  estertche. 

90. 

60  Diu  veltgestein  onichel ;        gen  strttltcher  herte 

gebent  si  manheit  michel,        als  man  gen  heidenschaft  bedarf  der  verte. 

vor  dem  sal  ein  witer  hof  der  frone, 

von  lüter  helfenbeine        ist  da  vil  rieh  gest&let  und  vil  schöne. 

91. 

Dar  gel  der  künec  sitzen        und  die  fiirsten  alle; 

über  öl  den  hof  mit  witzen        ist  unden  niht  daz  pflasler  wan  kristalle. 
62  des  edeln  werden  küneges  kernend* ten, 

die  sinl  gezierde  rlche,        von  golde  und  von  gesteine  wol  beraten. 

92. 

Die  stein  von  blicken  glander        und  gar  von  meniger  krefte, 

vil  wsBhe,  unkunt  einander,        der  varwe  etliche  grün  sam  liljenschefte, 

blä  unde  wolkenvar  ie  nach  der  tugende : 

oben  in  dem  gewelbe        ligent  die  besten  an  der  edel  mügende. 

98. 

61  Lämpades  vil  helle        von  balsem  lieht  da  brinnent: 

diu  sunne  mac  so  snelle        durch  wölken  niht,  als  si  da  lieht  gewinnend 

an  güldin  ketten  vier  und  zweinzec  henget 

der  edeln  lampen  rtche.        mit  -gold  daz  pflaster  unden   ist  gemenget. 


87,  1.  do  4.  2.  —  |  sicher  2.  8.  ander  werlt  4.  4.  der  solchen  valsch  be- 
gienge  4.  sus  2.  gewere  4.  88,  2.  —  |  darin  2,  an  lugent  CD1,  der  tug.  A*  BK 
8.  sal  da]  palas  2.  89,  4.  amatisten  :  listen  4.        m&t  fehlt  4,  vgl  Arn.  Saxo  vom 

ametisius  bei  Haupt  48,  480 :  malam  cogitationem  repell  it.  4.  der  p.  4.  siht  man  fehlt  4. 
geschacti zabel t  4.  90,  2.  —  |  so  2.      bed.  herverte  2.         8.  über  al  in  dem  riehen 

säte  vrone  4,  vgl.  §  60  ante  palacium  nostrum.  4.  —  |  vil  fehlt  4.       gestule  rieh  4. 

91,   4.  —    |    rttter  4.  2.  —   ]    daz  pflaster  unden   ist  überal  kristalle  4.  4.  d.  s. 

chosteb&re  2.  von  steinen  wurezen  golde  wol  beraten  2.  92,  4.  mit  liehte  gl.  2.  von 
rfcher  4.  2.  —  |  etlicher  2.  8.  unde  fehlt*,  ieglfche  nach  ir  4.  4.  —  |  ie  nach 
der  e.  m.  2.  98,  2.  der  sunnen  (sunne^  2.  si  sol  I.  gewinnen  4.  8.  ir  ketten  golt 
der  2.     da  henget  alle  flss.        4.  als  vil  der  ampeln  reiche  2.     niden  2. 


986  Fmrmich  Zaimckb,  [IM 

94. 

Türkis  darin  gewierei,        der  edelkett  wol  kündet, 

daz  er  die  werden  zieret:        zuht  und  ouch  diemftt  wirt  von  im  entzündet. 

63  dem  bett  ein  saphir  ist  vil  tagende  gebende 

über  ander  gimme  Hebe,        und  tut  den  Itp  vil  kiusche  reine  lebende. 

95. 

64  Hie  sint  wip  diu  klären,        diu  schönsten  in  allen  weiten 

an  vell  und  an  gebären,        und  sint  doch  bt  den  mannen  harte  selten, 

zem  mänöd  eines  nach  des  ordens  lere 

durch  deheine  girde,        wan  daz  man  schar  der  himelkftr  gerne1  re. 

96. 

65  Geschrieen  hofgesinde        drf'zec  tüsent  habende 

ist  er  an  underbinde,        an  die  sich  tegeltch  da  sint  die  labende: 
an  ezzen  trinken  haben t  si  niht  zadel. 

66  des  küneges  tisch  durch  edele        daz  ist  ein  smaragt  grone  äne  allen  tadel. 

97. 

Den  habent  vier  amatiste,        die  sint  darunder  Stollen; 

darumb  geworht  ein  kiste.        diu  besliuzet  rlcheit  vil  der  knollen, 

väz,  dartiz  man  trinket,  solcher  tngende, 

ez  st  möraz  kipper,        so  wirt  der  trunkenheit  da  niemen  hügende. 

98. 

Swer  an  dem  tische  sitzet        und  hat  wol  den  gedingen, 

daz  in  diu  wisheit  witzet,        an  guten  sinnen  muz  im  wol  gelingen. 

67  vor  sinem  tor  ein  wtter  hof  gelenget 

ist  wol  in  solher  mäze,        daz  man  ein  ors  da  von  rabin  ersprenget. 

99. 

Alumb  gestapfeit  grede        gar  mit  kristallen  lüter 

und  mit  gestein  diu  bede:        ein  estrtch  ebene  sieht  und  also  trüter, 

mit  gold  dazwischen  ist  ez  vil  rieh  ergozzen, 

daz  man  sich  drinn  ist  sehende,     als  ez  mit  sunnen  gimme  si  überflozzen. 

400. 

l)'f  der  gröd  enmitlen        ist  man  ein  werc  da  lobende; 
erwünschen  noch  erbitten        mö'bt  ez  nieman :  aller  rtcheit  obende 

m 

ste't  ein  siul,  darüf  ein  Spiegel  kläre: 

fu  mf  und  zweinzec  stiege        und  hundert  gönt  alumb  darzu  fürwäre. 


94,  4.  Vil  turkels  4.  verwieret  4.  2.  die  tugende  2.  zuht  gemute  wirt  I.  8.  seil 
polte  2.  4.  g.  r.]  tugende  grozze  2.  raine  cheusche  2.  95,  2.  —  |  si  sint  I.  harte  fekU  1. 
4.  —  |  schön  4.  96,  2.  —  |  sich]  si  4.  3.  mit  (von)  4.  »7,  2.  —  |  reich  so 
vil  der  goldes  2.  4.  —  |  mit  tr.  4.  mügende  4.  98,  2.  —  |  baz  2.  99,  I.  Alumb 
fehlt  1.  g.  sint  die  g.  4.  gar  fehlt  4.  vil  1.  4.  2.  die  bede  4,  beden  2.  pflaster  i. 
3.  Die  zweite  Hälfte  der  Strophe  ist  weder  in  4  noch  2  recht  verständlich,  ich  bin  4  gefolgt 
und  lasse  den  Wortlaut  von  2  folgen: 

mit  golde  und  mit  gesteine  stupp  (stuck,  Stab)  ergozzen 

drouf  daz  man  sich  darinne        ersiht  sam  visch  in  louterm  (louter)  wage  floxzen. 


*6f]  Der  Priester  Johannes.  987 

404. 

68  Der  stapfe  1  etesliche         sinl  porfiröticöne 

und  alabandc  riche,         und  sint  darob  so  liehtiu  pflaster  shüne 

von  dem  dritten  teil  hinzu  gemüret 

von  cristalle  und  von  Jaspis,        und  von  sardonix  vil  unbetüret. 

402. 
Und  oben  amatisten        mit  klaren  lieht  korallen : 

■ 

bestieget  dar  mit  listen        die  grGd  von  rieh  ei  t  muzen  wol  gevallen. 

69  den  Spiegel  ist  ein  sül  enbor  da  hebende, 

darobe  ein  zibörje        vil  rieh  geziert,  hoch  in  den  lüften  swebende. 

408. 

Diu  kost  an  der  zibörje        ist  in  der  hShe  wabende, 

liberal  dem  land  ze  glörje.         zwo  siul  sinl  üf  der  einn  den  Spiegel  habende, 

da  ruf  ein  basis,  üf  die  zwo  nu  viere 

siul  geliehen  lenge        und  ot  aber  ein  basis  rieber  ziere. 

404. 

Ü'f  die  vier  nu  ehte        und  aber  ein  basis  wäne : 

wer  künt  gesagen  und  mehte,         d£r  solhem  wunder  ie  iht  gliche  sähe? 

u'f  die  sechzehn  zwo  und  drizec 

siule  grözer  koste,        üf  den  ein  umbeganc  von  werke  vllzec. 

4  05. 

Darnach  dann  aber  möre        ho'her  geVden  lüften 

ein  zierde  maneger  6re,         die  möht  ein  ganziu  schar  niht  wol  ergüflen  , 

mit  vier  und  sehzec  siulen  hoch  gemezzen 

mit  einem  umbegange        sam  ein  zibörje  wart  da  niht  vergezzen. 

4  06. 

Von  listen  meisterkünste        mit  zwein  und  drizec  siulen 

und  darüf  mit  vernünste        ein  basis  (manegen  nimt  der  rieh  eil  griulen) 

und  ob  den  aber  sam  von  niden  üf  nemende 

ab  nemende  an  der  koste        mit  basis  umbevangen  richeit  zemende. 

4  07. 
71  Ze  jungest  ist  gesetzet        ein  sül  vil  gantz  aleine, 

der  richeit  niht  gcletzet;        darüf  alrerst  der  Spiegel  grftz  niht  kleine. 

mit  einer  siul  ist  cz  sich  unden  bebende 

zwispild  an  vierundsehzec,         und  biz  an  ein  also  hie  wider  abnemendc. 

101,  2.  und  von  2.  ala banden  4.  3.  driltail  alhinzu  2.  4.  stapfei  und  cristalle 
jaspis  und  sardonix  an  richeit  Iure t  4;  wegen  des  Jaspis  vgl  die  Variantendes  Originals 
zu  dieser  Stelle.  102,  2.  —  |  d.  greden  muzen  richeit  w.  g  4.  4.  darumb  4.  ge- 
zieret vil  reich  2.  hoch]  ist  (wol)  4.  den  fehlt  2.  103,  4.  Diu  höh  der  4.  in  den 
lüften   wagende  4.  2.  dem  land   überal  4.         zwp   sul  die  sint  si   ob  dem  sp.  h.  4. 

3.  üf]  mit  suln  4;  hiernach  fehlt  bis  4  04,  3  sechzehn  incl.  4.  104,  3.  mit  suln 
zwo  und  drizik,  so  knüpft  4  an  basis  der  voraufgehenden  Strophe  an,  4.  alsus  vil  rieh 
gezieret  1.        105,  2.  —   |  die  mohten  alle  meister  niht  erg.  4.        4.  —   |  sam]  aber  4. 

106,  2.   darumb  ze   reicher   gunste   4,        maniger  nimt  im  ab  der  reichait  greulen  2. 

4.  zunemendc  2.  In  4  wird  von  den  32,  wie  beim  Aufsteigen,  gleich  zur  Zweizahl  herab- 
gegriffen : 

und  ob  der  aber  sule  zwo  vil  lange 

die  vil  koste  riche        habent  enpor  ein  werk  mit  umbevange. 

107,  2.  an  zirde  n.  g.  2.  4.  dann  zwo  und  aber  merc  und  ist  sich  oben  ende  also 
begebende  4. 

Abhandl.  d.  K.  S.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  XVII.  66 


988  Fhiepjuch  Zarnchk,  [*W 

408. 

70  Die  stieg  und  siul  gemeine        geworht  von  hohem  sinne, 

71  gar  lüter  edelsteine.        der  Spiegel  st£t  sQ,  daz  man  siht  dar  inne : 
swe>  sich  über  elliu  rtche  k£ret 

mit  hazze  g6n  dem  kijnege,        der  Spiegel  daz  zehant  $&  wizzen  teret. 

409. 

Välsch  und  al  untriwe        der  selbe  Spiegel  meldet, 

diu  siht  man  drinn  al  niuwe        unz  er  die  schuld  mit  buze  widergeldet -. 

so'  zerg£nt  diu  mdl  und  wirt  ein  slihle. 

dller  menschen  sünde        sint  vor  got  ein  mal  siqr  ougen  sihte. 

440. 

Als  man  si  dann  gebuzet        nach  der  priester  khre, 

s6  wirt  der  zorn  gesuzet        an  got,  daz  er  die  sünde  siht  niht  u>6re, 

ez  si  dann  daz  er  aber  wider  vellet: 

so  kom  ouh  aber  widere        ze  got  mit  reht,  so  wirt  er  niht  gehellet. 

444. 

72  Des  spiegeis  sint  d&  pflegende        driu  tüsent  man  wol  z'isen, 

daz  nieman  im  zerlegende        si'  die  werdekeit  so  hoch  ze  prisen ; 

wdn  in  sah  vil  maneger  gerne  brechen, 

durch  daz  ir  vintlich  hazzen        sich  an  dem  edeln  fürsten  möbt  gereeben. 

442. 

4 

73  Siben  künege  im  dienenl        ze  tische  tegeltche, 

die  daran  lützel  vienent,        der  bohsten  ampt  si  pflegent  werdecltche ; 

herzogen  vierzec,  gräven  wert  driu  hundert 

an  ritter,  die  der  ambet        wol  pflegende  sint,  iegltcher  üz  gesundert. 

148. 

74  Swenn  er  ist  wazzer  nennende,        er  sitzet  dar  niht  einzec : 

wem  wart  ie  mer  gezemende        der  eren?  erzbischofe  vier  und  zweiniee 

die  sitzen  schön  an  siner  zeswen  siten» 

zwelf  patriareb  zer  andern,        die  heilekeite  waltent  hie  vil  witen. 

444. 

75  Abbet  und  kappelläne        die  sitzent  6A  fürwAre, 

der  ist  sunder  wAne        re*ht  als  vil  sam  tag  sint  in  dem  järe. 

die  dienent  siner  kappel  got  nach  eren 

tegeli'eh  ze  vollem  ampte,        als  man  ze  heiligen  ztten  wol  kan  meren. 

445. 

[Von  menschen  «Irin  gefüllet        diu  kappel  wirt  ze  male, 
fümfhundert  si  hchüllet,        die  füllent  si  dann  aber  sunder  twftle: 
cz  gö  darin  der  liute  vil  od  kleine, 
über  dri,  die  füllent        immer  m£  die  kappel  da  gemeine] 


108,  2.  —  |  so  fehlt  2.  siht  wol  d.  2.  8.  über  al  den  (in  den)  provintzen  k.  4. 
mit  hazze  vor  köret  zugesetzt  2.  4.  mit  h.]  der  Christen  2.  109,  4.  —  |  s.  o.  *.} 
ein  ungeschihte  4.  110,  4.  Diese  Strophe  fehlt  in  4.  111,  2.  —  |  wer  von  seiner 
wirdichait  ze  weisen  2.         8.  in  sehen  vil  genüge  wol  gerne  brechen  2.  112,  2.  mit 

ir  ampt  ungeflenent  4.      ampt  fehlt  4.       pflegen  si  gewalticlichen  4.  11t,  2.   —  |  so 

groze  ere  2.        114,  2.  darnach  al  sunder  wane  2.     ist  4,  me  als  zal  der  tag  sint  indem 
jare  2.  3.  ze  s.  2.      kappelle  4,  capein  2.  4.  —  |  man'z  ze?,   daz  wol  ze  Rome 

dem  pabst  lob  chunde  meren  2.       115,  4.  Die  Strophe  fehlt  in  i,  es  ist  in  4  nachgetragene 
Interpolation  aus  D. 


*63]  Der  Priester  Johannes.  989 

446. 

Mit  manger  hören  messe        dienent  si  die  pfründe ; 

des  got  ze  danke  wesse,         vil  sfflleclichen  wahren  si  daz  tun  de : 

97  daz  darf  doch  nieman  haben  für  ein  wunder, 

daz  dirre  werde  fUrste        wirde  hat  übe,r  alle  künege  sunder. 

447. 

98  Ku  nee  und  patriarke,         die  wirdekeit  hat  beide 

sin  vitztum  der  eren  starke:        an  dem  gewalt  gehört  mit  underschejde 

ist  wol  sin  hof  ül  er  alle  höfe  getiuret, 

und  doch  an  sinem  (ebene        rein  gel  ich  der  engel  schar  gehiuret. 

448. 

Ku  nee  und  archimander,        stn  marschalc  hat  die  ere, 

und  sin  gesell  der  ander,         der  schenk,  erzbischof  ist  und  künec  vil  höre: 

sin  ambetliule  waldent  wirde  riebe, 

erzbischof,  patriarke,         ie  der  einz  sint  si  und  künec  gelfche. 

449. 

Herzogen,  graven,  edele,        der  hat  sin  hof  ein  wunder. 

99  nie  wart  geschriben  üf  zedele        diu  lenge  sfner  lande  ob  und  under, 
tagewöide  vierzec  an  der  wite  gemezzen: 

100  zeit  ieman  stoup  der  sunnen,        der  zeit  ouch,  waz  er  hörschaft  hab  besezzen. 

420. 

Swaz  ieman  richeit  sagende        ist  von  al  der  weite, 
diu  w»r  ze  ringe  tragende        gen  priester  Jöhans  riebeit  widergelte, 
76  und  het  er  niwan  einen  palas  tiure, 

darin  ze  hohgeziten        gö't  der  edel  werd  und  der  gehiure. 

424. 

Den  kund  ein  meister  bowen,        des  winkelmez  und  wöge 

lert  nach  der  slihte  howen;        er  kan  ouch  snelle  würken  sunder  vrAge: 

himel  und  erd  üf  niht  er  hat  gesetzet, 

des  ist  er  slner  künste        von  allen  meistern  immer  ungeletzet. 

422. 

Als  disen  palas  riebe        ein  künec  erwün  sehen  wolde, 

su«  stünt  er  meisterliche        von  got  al.l«  von  stein  und  ouch  von  golde 

in  einer  nahfgesetzei  dar  vil  wffihe. 

von  allen  den    die  lebende        sint  üf  erd.  ich  waen'z  ieman  gesaßhe. 


1J6)  4.  —  |  man  dient  darinne  4.  2.  daz  got   ze  danke  wese?  3.  ez  d.  2. 

4.  d.  d.  kaiser  wirde  4.  hat  die  menige  üb.  a.  k.  s.  4.  117,  4.  Die  Strophe  fehlt  in  4. 
2.  —   |  gewalt  nur  in  £*.  118,  1.  Die  Strophe  fehlt  ebenfalls  in  4.  119,  2.  deu 

lenge  seinem  sedele  an   de«n   gewalte  waiz  ende  niemen  sunder  2.  4.  —  \  hat  die 

meisten  Hss.  120,  8.  den  einen  4.  4.  da  er  in  2.  edel  riebe  (hoch)  4.  121,  4.  —  |  der  4. 
2.  sn&re  4.  4.  und  auch  an  nihte  hanget  und  wart  doch  seiner  stete  nie  geletzet  2. 
122,  4.  riebe]  wolde  2.  wolde]  riche  2.  2.  sus  chunden  dar  von  golde  und  von 
gestern  got  selbe  raeisterleiche  2.  S.  ges.]  wol  setzen  2.  4.  sint  in  einer  naht  mit 

werh  ez  nit  geschehe  2. 

66* 


990  Fkibdbich  Zabnckb,  [*M 

428. 

Durch  künec  den  aller  ersten,        der  sich  hie  priesler  nande 

und  der  des  höchsten  hfersten        lö're  mit  der  kriste&heit  erkande  : 

von  sant  Thomas  der  selbe  wart  belehret, 

heidenschaft  er  s mähte,        des  stt  der  himel  schar  wart  wol  geroÄret. 

424. 

[Eines  brtinnen  rinne,        der  ist  stht  lüter  kMre, 

da  toufet  man  sich  inne.        der  sich  da  rinne  toufen  wil  ftirware, 

der  stet  darin  :  daz  wazzer  im  -überz  houbet 

ü'f  ze  berge  wallet,        ob  er  ze  rehte  kraft  des  toufes  gloubet. 

435. 

Daz  zeiget  sus  der  brunne:        swer  sich  zem  toufe  neiget, 

der  palas  sam  diu  sunne        glester,   dem  der  brunne  fluz  erzeiget, 

wan  in  der  touf  gellch  der  sunn  elArieret: 

toufes  wät  diu  wize        geltch  der  engel  schar  ze  himel  zieret.] 

4  36. 

Der  sich  hie  got  ergebende        was  von  beiden  orden 

77  und  kristenlfcb  was  lebende,        der  was  von  got  eins  nahtes  innen  worden, 
im  seit  ein  stimm,  er  würde  vater  eim  kinde 

ze  saolden  mangera  lande        würd  ez  geborn  und  allem  dem  gesinde. 

437. 

Ob  allen  künegen  here        wirt  er  lebende  schöne. 

der  sol  ze  wernder  ere        in  einem  Hohen  palas  tragen  kröne, 

den  du  im  ze  werdekeit  solt  machen, 

hoch  und  also  rtche,        daz  in  üf  erde  niht  kan  tftbersachen : 

438. 

[Darüf  het  er  niht  ahtes,        df  disiu  m®r  der  stimme, 

unz  daz  des  andern  nahtes        rief  si  im  aber  senftecltch,  niht  grimme. 

'du  solt  morgen  an  dem  tag  vil  schö  ne 

einn  palas  heizen  werden        von  gold  gestern  dlns  werden  kindes  lr6ne:j 

429. 

78  Von  steinn  den  aller  besten,         die  hänt  von  got  die  lugende, 

daz  si  nach  liimol  glcsten,        däz  er  immer  mer  gesunt  ist  mügende 

und  daz  in  weder  hungert  noch  endürslet, 

swelh  kristen  niur  ein  wlle        gestel  darinn :  alsus  ist  er  ge fürstet'.    ^ 


12ft,  2.  lere  mit  der]  gar  mit  kraft  die  4.  3.  wart  er  alda  4.  4.  —  |  wol]  hoch  1 
124,  2.  man]  er  2.  4.  —  |  davoo  er  touf  so  vestielich  geloubei  4.  125,  2.  —  |  glesi 
auz  dem  2.  fluz]  wiz,  fiur  4.  3.  Die  beiden  letzten  Verse  fehlen  in  2,  mir  t»  E*  lauten 
sie  wie  in  4.  126,  3.  eins  kinde  4   C*  (kindes  ClDl).  4.  Salden  fehlt  2.      geborn] 

geseligt  4.  und  sin  Ingesinde  4.  127,  2.  werder,  wunder  %  CK  4.  —  |  uf  erd  k«o 
nieman  4.  128,  4.  trahtes  4.  umb  d.  4.  2.  unt  do  2.  si  im  aber]  diu  stimme  4. 
3.    vil  fehlt  4.  4.  —  |  von  gold   gestein  fehlt  2.         lieben  4.         cdelen  werden  i. 

129,  4.  den]  der  4,  die  2.  2.  —  |  hanl  chraft  vorgesetzt  2.  gesunt]  gesteo  4.  3.  noch 
daz  4.  4.  niur  ein  w.]  darinne  4.  ein  wile  geslet,  also  sol  werden  er  geforstet  4,  im 
wohl  er  auf  den  palas  geht. 


465]  Der  Phiester  Johannes.  991 


430. 


85  Des  morgens  maz  der  werde        die  wtt  und  ouch  die  lenge, 
87  gerizzen  üf  die  erde,        reht  als  der  palas  hete  winkelgenge. 

an  der  gestalt  darnach  an  tag  dem  vierden 

dö  stünt  der  palas  riebe        aldä  mit  allen  [stnen]  höhen  Zierden, 


131. 

Als  ob  von  himelkftren        daz  inner  paradfse 

sich  künd  aldar  enbftren        mit  flog  herab  der  krislenheit  ze  prise : 

die  steine  habt  für  morter  golt  paz  kläre, 

die  sint  gel  brun  röt  grüne        bla"  weiz  grd  maneger  hand  al  sunder  väre. 

132. 

88  Sin  dach  dem  firmamente        gellchet  mit  gestirne, 

saphiren  ungepfente        was  ditz  werc,  ich  muz  iedoch  dem  hirne 

mit  disem  lob  ein  wdnec  ruwe  lihen: 

gewelbe  tempel  gräles        des  müz  man  disen  palas  nicht  verzihen. 

133. 

89  Des  tempels  esteriche,         liberal  krislallen  wtze, 

den  palas  ich  geliche,        wän  daz  golt  da  runder  was  mit  glize 

und  daz  diu  merwunder  da  niht  vlogten 

von  der  balge  winden,        diu  da  so  richer  kost  zem  gröle  progten. 

134. 

90  Aller  dinge  leere        ist  der  sal  durb  witen 

wan  fümfzec  pfilaßre.        swaz  manne  vier1  mit  klaftern  umbeschriten 

mii'gen,  daz  hat  ieglich  sül  mit  gröze: 

vil  edeler  gl m nie  riebe        sint  si  gar  und  aller  armut  bloze. 

185. 

Die  irmensiul  gespitzet        von  erd  üf  sint  geliche; 

üf  ieglicher  sitzet        ein  karfunkel  gar  von  liebte  rtche, 

in  der  grSz  alsam  diu  sül  ist  unden, 

91  daz  si  dem  esteriche        gebent  lieht,  an  irrekeit  gebunden. 


130,  1.  —  |  witen  und  die  1.  2.  und  raiz  die  auf  der  2.  het  die  1.  3.  an  dem  1. 
4.  —  |  sinen  von  mir  zugesetzt,  alda  von  gplde  und  von  gestein  von  Zierden  1.  181,  2.  —  |  uf 
erde  flucken  als  ein  ar  (taube)  zu  prise  1.  3.  die  st.  h.]  der  kristenheit  1.  4.  (ez 
habt  Al  Bx)  die  edeln  steine  (daz  habete  Cl  D*)  grüne  blanc  rot  gel  a.  s.  v.  1.  182, 
4.  —  |  niht  v.]  hie  nu  zlhen  1.  133,  2.  dem  die  meisten  Hss.  wan]  da  1.  3.  Zu 
diesen  Versen  vgl.  Graltempel  * 09 fg.     In  2  sind  sie  wesentlich  verändert: 

und  anese  (?  eine  s6?)  was  undqr  den  christallen: 

sam  grales  tempel  frone        must  der  palas  aller  diet  gevallen. 
JVocA  anders  hat  E2: 

des  hete  nit  der  tempel  von  dem  grale. 

hie  schein  daz  golt  von  erden  durch  cristallen  sam  ein  feurein  strale. 
134,  2.  —  |  mit  armen  1.  4.  der  waheit  goldes  gimme  2.  aller]  gar  1 ,  Stent  si  gar 
aller  armut  die  bloze  2.  135,  1.  irmensul  A\  irmseul  A*t  iremseul  B2,  die  andern  Hss. 
haben  inner  u.  innern ;  aber  ist  ein  Gegensatz  zu  äusseren  Säulen  vorhanden?  von  erden 
üf  ohne  sint  4.  3.  sam  2.  4.  —  |  irresal  2.  gebunden,  etwa  gevunden,  erfunden? 
E2  verändert:  von  oben  lieht  geben  zu  allen  stunden. 


992  Fiiedmcs  Zaimolb,  ■•«• 

Hio  mite  so  sint  gebende        ü'beral  die  karfunkel 
92  daz  lieht  von  höbe  swebende:        in  dem  aal  ist  aiender  stat  so  tutikel, 
man  fünd  ein  Mr,  das  jungem  bart  entrtset. 
swer  dise  wunue  ist  sehende,        der  w»nt  zebant,  er  sl  geparadfset. 

487.  / 

90  Vferzec  kldfter  höhe        so  hänt  die  siol  gemeine, 

ir  ehi  mit  underzfthe        u'f  den  orten  st6nt,  der  liebt  nicht  kleine 

gl't  da  glast:  zwen  rubtn  hat  diu  porte, 

die  gebent  lieht  besonder        so  bell  daz  mir  gebricht  an  lobes  worte. 

488. 

[Von  Orientes  wende        kan  ein  brunne  vliesen 

gen  der  von  occidende;        durch  den  sal  anmuten  sunder  driezen 

ist  er  kalt  und  lüter,  vrisoh  mit  gate: 

in  edelem  lieht  gesteine        ge't  der  vluz  des  edlen  brunnen  vlöte. 

489. 

Da  dirre  brunn  enspringet,        da  ist  ein  napf  vil  reine, 

des  lop  mit  tugenden  klinget,        ein  stein  von  art,  sin  trüren  wirt  vil  kleine 

immer  mer,  der  eines  darüz  trinket 

aihie  des  selben  brunnen :        allz  ungemacb  von  slnem  berzen  sinket, 

440. 

Und  verbfrt  in  immerroe're        in  stnen  lebenden  stunden 
siecheit,  mit  müzerere        wirt  er  gesunt  von  allen  verch wunden  : 
hünger  wirt  im  lobellch  gebuzet 
mit  spise  edel  tiure,        die  diu  werlt  nimmer  ubersuezet. 

444. 

So  freu  sich  dann  zem  besten:        kamt  er  tft  dem  brunnen 

in's  meien  ztt  der  lösten        und  trinket  sin  des  morgens  vor  der  sunntn 

ze  malen  drin  e  danne  er  iht  ezze, 

gesunt  mit  kraft  driu  hundert       jar  unde  driu  lebt  er  mit  freuden  mezze 

442. 

Und  darzu  mänen  drie        drt  Wochen  und  drl  wtle 

dri  tag,  der  wandeis  frte        ist  er  al  die  ztt  vor  sorgen  Hie: 

darnach  so  nimt  er  ordenlfchen  ende, 

diu  sele  gen  dem  künege        der  eren  vert  fr!  aller  sorgen  bende.] 

448. 
Der  palas  ist  erziugel        also  mit  rlcbeit  grözer, 
diu  armut  versmiuget        sich  vor  im  gar,  der  st£t  er  immer  blözer: 
der  höhsten  tugende  ist  er  wol  gerfchet. 
diu  erde  niht  ist  habende        äne  tempel  graies,  daz  im  glichet. 


186 ,   4.   sint]   hänt  si   4.  2.  —    |    in  der  stat  überal   ist    niht   so    tunkel    4. 

4.  —  |  ez  4.  187,  8.  sunder  zohe  4.  Stent]  dan  4.  3.  da]  so  4.  4.  —  |  zu  loben 
mir  gebricht  an  disem  (dem)   worte  4   E*.  188,  2.  unz  an  die   von  o.  4.        8.  kalt 

fehlt  4.  v.  vil  gar  mit  4.  4.  edel  2.  sein  fluz  2.  189,  4.  —  |  so  r.  2.  2.  mit  lob 
des  tugende  4.  4.  —  |  jä'merleit  von  2.  140,  4.  Diese  Strophe  fehlt  in  4.  141,  4.  Diese 
Strophe  fehlt  ebenfalls  in  4.  lesten  :  besten  (glesten)  ÄtE^D*.  8.  drin  nur  in  £2.  danne] 
daz  alle  ausser  E1.  4.  E2  ändert:  gesunthait  jar  dreihundert  Vnd  darzu  drei  lebt  er  ia 
frftden  sese  (d.  i.  sezze).  142,  4.  Diese  Strophe  fehlt  auch  noch  in  4.  4.  Der  teilte  Vers 
ist  nach  E2  gegeben,  wo  nur  statt  der  eren  vert  gedruckt  steht  der  ervert,  in  den  Hu.  von 
2  steht:  d.  s.  g.  der  erenchunige  durch  den  fridc  vert  vor  aller  pfende.  148,  2.  —  |  sich 
vor  im  gar]  hat  vil  gar  4.  8.  hohen  4.  4.  so  daz  diu  erde  habende  ist  (im  JST;  an 
des  graies  tempel  im  (fehlt  E?)  niht  gelichet  4  E*. 


•  67]  Der  Priester  Johannes.  993 

444. 

96  Ze  drien  hochgeziten        pricster  Jöhan  schöne 

gel  in  den  palas  witen,         rilich  ob  allen  künegen  treit  er  kröne. 

also  sw»re  und  gröz,  daz  man's  üf  schtben 

ob  sinem  houbte  s webende        mu'x  vil  ebene  ffiren  und  ouch  tiiben. 

445. 

Diu  ist  von  golde  brebende        durchliuhtec  lüter  reine, 

darinn  so  ist  man  sehende        tiür  und  edel  bort  gar  aller  steine : 

ze  wihennahten  Ostern  unde  pfingsten 

ist  er  si  also  tragende,        die  edlen  swaereo  krön  und  niht  die  ringsten. 


144,  2.  —  |  über  alle  kiinege  4.  8.  ein  kröne  gros  und  »wer  f.  4.  Sweb.]  vil 
ebene  1.  vil  eb]  aiswebende  4.  145,  2.  so  ist]  was  die  meisten  Hss.  ton  4  u.  %. 
gar  nur  E2,  der  edlen  Ax  B*.  4.  ist]  was  alle  Hss.  si  u.  trag,  nur  in  Ei,  wonach  auch  der 
folgende  Vers  gegeben  ist;  in  4  u  9  heisst  es  sonst  übereinstimmend:  was  er  also  lebende 
mit  seiner  swsren  chron  (krön  der  swasren  4)  und  niht  der  (die  4)  ringsten. 


IT.    Der  Text  der  Mtinchener  Handschrift 

Diese  Uebersetzung  bat  ein  besonderes  Interesse,  weil  sie  bereits 
den  Brief  mit  einem  epischen  Rahmen  umgiebt.  Manuel,  König  der 
Romanei,  hat  von  der  Herrlichkeil  des  Priesters  Johannes,  der  nach 
dieser  Einleitung  unsterblich  ist,  gehört  und  hat  Sehnsucht,  in  seinen 
Dienst  zu  treten.  Bald  darauf  erscheint  eine  Gesandlschaft  des  Prie- 
sterfürsten bei  ihm,  die  sich  mit  holden  Gesängen  einfuhrt  und  bereits 
beim  Reinigen  ihrer  aus  Salamanderseide  bestehenden  Kleider  Ge- 
legenheit hat,  das  Wunderbare  ihres  Landes  vor  Augen  zu  führen. 
Dann  bittet  Manuel,  ihm  die  Botschaft  des  Priesters  Johannes  vor- 
zutragen und  nun  erfolgt'  die  Verlesung  des  Briefes.  Nach  dem 
Schlüsse  derselben  sammelt  Manuel  sein  Volk,  und  sie  ziehen  gemein- 
sam zum  Priester  Johannes.  Dieser  empfängt  sie  wohl  und  führt 
den  Manuel  in  den  Palast,  der  ihm  Unsterblichkeit  gewährt.  Manuel 
bleibt  nunmehr  mit  den  Seinen  dort,  uud  seitdem  heisst  sein  früheres, 
jetzt  von  ihm  verlassenes  Land  »die  wüste  Romanei«1).  Ob  sich  der 
Dichter  die  Romanei  in  Europa  (Rumelien)  oder  in  Kleinasien  ( Roman ia 
deserta),  oder  in  der  Weise  der  spätem  Zeit  nach  den  Kreuzzügen 
bereits  als  ein  ganz  fernes  Land  dachte,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu 
sagen.  Letzteres  aber  das  Wahrscheinlichere. 


])    Vgl.   über  die  Romanei  und  die  wüste  Romanei  Haupts  Zeitschr.  15,  39 4  fg. 


994  Friedrich  Zarnckb,  |t** 

Erbalien  ist  diese  Uebersetzung  in  der  Münchener  Papierhand- 
schrift,  Cod.  germ.  1113  Bl.  85  fg.,  aus  dem  Ende  des  14.  JahrhA 
Sie  folgt  im  Ganzen  genau  dem  lat.  Original,  das  in  der  Interpola- 
tion B  vorlag;  weniger  als  bei  den  früheren  sind  Eigenheiten  und 
Freiheiten  zu  verzeichnen,  wie  z.  B.  wenn  sie  die  Erwähnung,  dass 
im  Lande  des  Priesters  Johannes  die  Rosse  nicht  geschätzt  würden 
(§  46),  ganz  verständig  bereits  bei  Beginn  von  §  14  vorbringt;  auch 
50 — 52  fehlen  an  ihrer  Stelle,  ihr  Inhalt  ist  ganz  wohlüberlegt  schon 
bei  §  44 — 46  angebracht,  wo  freilich  §  44  auch  nicht  speciell  zum 
Ausdruck  kommt,  weil  ja  das  in  ihm  Gesagte  das  ganze  Gedicht 
durchzieht.  Interpolationen  eigener  Mache  finden  sich  in  §  24  fg., 
wo  von  den  Bewohnern  des  Pfefferlandes  und  von  der  Art  und 
Weise,  wie  dieser  in  den  Handel  gebracht  werde,  Wunderliches  ge- 
fabelt wird,  ferner  in  §  53,  wo  eine  Schilderung  der  Ungethüme  in 
der  Wüste  von  Babilon  gegeben  wird.  Der  Verfasser  entnahm  diese 
Angaben  den  fabelnden  Reiseberichten  der  spätem  Zeit.  Auch  an 
den  Schluss  hat  er,  noch  innerhalb  des  Briefes,  eine  der  epischen 
Einrahmung  entsprechende  Aufforderung  an  Manuel  hinzugedichtet. 
Endlich  hat  er  die  epische  Einrahmung  abermals  mit  einem  geistlich 
moralischen  Rahmen  umgeben. 

Der  Stil  und  der  Rhythmus  auch  dieses  Gedichtes  sind  so,  dass 
man  es  darauf  hin  gar  wohl  noch  ins  13.  Jahrhundert  versetzen 
könnte,  aber  die  Reime  sind  theilweise  schon  recht  roh.  Vgl. 
gogo drill  :  olpentinn  205,  gröz  :  mäz  559;  wegen  des  unglaublichen 
Reimes  hat :  tat  (tuot)  255  vgl.  die  Anmerkung  zu  dieser  Stelle.  Die 
übrigen  Reime  erklären  sich  dialectisch.  Oft  Kürze  zu  Länge,  be- 
sonders oft  bei  a  :  d,  doch  auch  %  :  *,  sich  :  lieh  233  u.  ö.,  o  :  ö, 
got  :  not  887;  i  :  ie,  wirde  :  zierde  171.  575,  mir  :  tier  206.  893? 
gir  :  zier  455.  —  Noch  beachte  man  versäumet  :  vergäumet  419  (also 
ü  :  ou),  höhnten  :  frosten  780  (falls  letztere  Lesart  richtig  ist),  mahl : 
kraft  247,  samt  :  laut  875,  chomen  (kumen)  :  frumen  315,  doch  auch 
chomen  (quemen)  :  nemen  765.  Die  Namen  sind  oft  sehr  roh,  vgl. 
z.  B.  smaragdel  und  smarakel  ( :  karvunkel)  für  smaragd,  gratsnür  ( :  für) 


M  Sie  ist  mit  fester  Hand  geschrieben.  Bl.  133b  hat  eine  gleichzeitige  Hand 
Bemerkungen  über  den  yeczuhd  in  dem  Merczen  des  M°CCCCjj°  am  Himmel  befind- 
liche Cometen  eingetragen.  Von  späterer  Hand  (Mitte  des  15.  Jh.)  sind  die  Nieder- 
schriften und  Eintragungen  Bl.    131    und   132. 


469] 


Der  Priester  Johannes. 


995 


445  und  ähnl.  Auf  diese  Beobachtungen  hin  möchte  ich  das  Gedicht 
an  die  Grenze  des  Mitteldeutschen  und  Bairischen  setzen  und  den  Be- 
ginn des  14.  Jh.  als  die  Zeit  der  Entstehung  annehmen. 

Die  Handschrift  bietet  eine  leidliche  Ueberlieferung ,  aber  sie 
giebt  nicht  den  Character  des  Originales  wieder.  Sie  zeigt  Eigen- 
heiten des  österreichischen  Dialectes,  namentlich  Hinneigung  zum  a 
für  o,  vgl.  z.  B.  ivanen,  darren,  warden,  ranen,  hart,  liamaney,  sogar 
genas  statt  genöz,  selbst  an  Stellen,  wo  der  Reim  widerspricht,  wie 
922  gröz  :  genas.  Die  Schreibung  ist  oft  roh  und  dabei  inconsequent, 
so  wird  z.  B.  b  durch  ft,  tt>,  p  wiedergegeben:  bechant,  wechant, 
pechanL  Dennoch  habe  ich  auch  hier  von  einer  reiueren  Herstellung 
des  Textes  abgesehen.  Durch  die  Menge  s.  g.  normalisirter  Abdrücke, 
die  wir  besitzen,  sind  wir  der  Orthographie  des  14.  und  15.  Jahrh. 
ganz  entfremdet  und  an  eine  völlig  unkritische  Uebertragung  in  das 
s.  g.  correcte  Mittelhochdeutsch  gewöhnt  worden,  ein  Uebelstand, 
dem  man  eher  entgegenzutreten  als  ihn  zu  unterstützen  bemüht  sein 
inuss.     Bei  Vs.  309  und  907  fehlen  wenigstens  eine  oder  zwei  Zeilen. 


Hie  hebt  sich  an  das  puchel  von  priester 
Johan,  der  da  h erseht  in  Indya  in  dem  landt, 
vnd  ist  der  gröst  herr  als  er  auf  der  werlt 
lebt. 

Got  aller  deiner  wunder 

der  ist  so  vil  wesunder, 

die  nyemant  volsagen  chan, 

die  du  hast  gelegt  an  einen  man, 

an  im  also  peweiset,  5 

das  er  dein  gothait  preiset, 

als  er  wol  von  recht  tut. 

Got  herr,  slerkch  meinen  müt, 

mein  hercz  vnd  mein  chranchen  sin, 

da  pey  ich  weishait  erlazzen  pin.       10 

Hilf,  das  ich  deiner  wunder  ein  tail 

vorpring  an  alle  mayl, 

das  ich  icht  an  weishait  slaff 

und  mich  chain  maister  straff. 

An  aine  czicht  wil  ich  pesinnen, 

das  ich  mit  weishait  vn  mit  sinnen 

her  als  es  geschriben  stat, 

das  ichs  volpring  nach  deinem  rat, 

das  ez  dir  webagleich  sey: 

mit  deiner  1er  so  wan  mir  pey, 

an  dy  ich  nicht  geschaffen  chan. 

Vil  wunders  ich  ervaren  han, 

das  ist  als  ein  warhait, 

als  an  dem  püch  wirt  gesayl, 

vil  seltsamer  mär. 

Mit  got  ich  das  pewär, 

der  all  dinkch  wol  wizzen  chan. 

er  tat  torieich  daran 


15 


20 


25 


wer  sein  nicht  gelawbct, 

der  sinn  ist  er  ferawbet  30 

vnd  mag  nicht  recht  Christen  sein. 

Got  vater  vn  lieber  schepher  mein, 

dew  wunder  ich  gern  gelawben  wil, 

wen  du  genaden  also  vil 

ainem  mann  hast  gegeben,  35 

daz  der  ymmer  sol  nii  leben 

hin  pis  an  den  jungisten  tag; 

fürbas  nyeman  geleben  mag. 

die  weil  er  nicht  erstirbet, 

nach  deinen  hulden  er  wirbet.  40 

Du  hast  in  darezü  gechora : 

wol  im,  das  er  ye  ward  geporn. 

Priester  Johan  ist  er  genant; 

czwar  vns  tut  die  schrift  wechant 

von  im  so  grözz  reichayt,  45 

das  die  nymmer  wirt  volsail, 

das  chain  fürst  darezü  lüg, 

der  es  vergelten  müg: 

sein  schussel  vn  sein  trinkchuas 

so  recht  edel  so  ist  das.  50 

Da  vor  in  einem  verren  lantt 

was  gesessen  an  schandt 

ein  chunig  gewaltig  vn  her, 

der  gedacht  an  die  er, 

die  da  vnczergänkchleich  ist:  55 

er  sprach  czü  derselben  frist 

fwür  ich  ein  ehnecht  des  manncs, 

Priester  Johannes, 

des  wolt  ich  sein  in  herezen  fro' 

sprach  der  selb  chünig  aldo,  60 

vnd  was  sich  Manuel  genant. 


12]  verpring  Hs.         15)  an  eine  zuht?       17)  her]  es  fehlt  wohl  ein  Verbum.       51)  Da 
von  Hs.        60)  alda  Hs. 


996 


Friedrich  Zarncke, 


[170 


Darnach  ward  im  schir  gesantt 

priff  vn  potschafft, 

die  im  enpot  all  chraft, 

die  sein  lant  möcht  gehan.  65 

Auf  ainem  helfant  czwelif  man 

chomen  in  sein  lant  geriten 

Nach  iren  lanlsyten 

czü  dem  chünig  Manuel 

vnd  prachten  prief  also  snel  70 

von  dem  fürsten  von  Indian. 

Darnach  wart  im  chunt  getan 

wird  vn  grözz  salichait, 

da  was  im  vil  von  gesait. 

Fürbas  ich  das  sprechen  sol,  75 

die  poten  waren  gechlaidet  wol : 

ir  wat  was  liccht  als  ein  glas; 

von  welher  band  sy  was, 

das  chund  uiemant  geraten. 

Nu  hört  was  si  taten.  80 

Do  in  des  fürsten  hof  ward  chund, 

Igleicher  auf  tet  seinen  mund 

vn  sungen  den  süsten  sanken, 

das  er  über  di  pürch  erchlang. 

Der  chünig  in  Ramaney,  85 

der  -milt  vn  der  frey, 

Im  sanch  er  gern  hört: 

da  von  ward  als  sein  trttwren  czestört 

vn  ward  des  in  herezen  frö. 

Manuel  dy  poten  do  90 

enphieng  gar  tugentleiche ; 

gar  edel  vn  gar  reiche 

ward  den  czwelifen  do  gegeben : 

sy  chunden  tugentlichen  leben. 

Die  gab  sy  gern  namen  vergüt.  95 

•Wir  piten  ew,  herr,  das  irs  tut', 

sprachen  di  czwelif,  'dast  vnser  ger; 

wir  sein  an  maniger  stat  dort  her 

vil  in  vnflat  gelegen, 

vngemachs  hab  wir  gephlegen  100 

in  den  frömden  landen 

pey  den  vnbechanden : 

ir  last  rainigen  vnser  gwant.' 

Der  chünig  schüft  czu  hanl, 

er  want,  essolt  in  wazzer  geschehen.  105 

Dy  poten  dem  chünig  gunden  verjehen  : 

'vns  gwant  hat  nicht  den  sit. 

das  man  im  vert  also  mit.' 

Sy  hiessen  ein  fewr  machen 

da  von  darren  spachen,  110 

darin  so  würfens  ir  gwant: 

das  was  rain  so  czehant 

vn  schöner  vil  wann  ee  gewesen ; 

in  dem  fcwr  was  ez  genesen, 

das  im  versengt  nie  chain  chran.      115 

Soleich  wunder  di  czwelif  man 

liezzen  einen  chünig  do  sehen, 

das  als  sein  volkch  müst  sehen. 

Manuel  der  pat  czuhant, 

das  im  di  potschafft  würd  pechant,   130 

ob  er  der  möcht  werden  frö. 

Aus  den  czwelifen  sprach  ainer  do: 

4 mein  herr  der  fürst  lät  ew  sagen, 

sein  griiz  czu  langen  tagen 

vn  sein  trew  mit  aller  chrafll  125 

vn  sein  stät  frewntschaftt, 


was  sein  will  gegen  euch  ist.' 

Der  prief  ward  czü  der  selben  vrist 

engenezt  vnd  gelesen  do, 

vn  ward  aus  gelegt  also.  131 

1  Ich  priester  Johan  von  Indya, 
ain  chünig  ob  allen  cbünigen  da, 
ich  pewt  dem  chünig  Manuel 

an  disem  prieff  also  soell 

mein  grüz  vn  mein  frewntsebafft.         US 

2  Mir  ist  von  der  gotes  chrafll 
warden  chunt  der  will  dein: 
wenn  das  ange sieht  mein 

du  pegerst  cze  sehen, 

das  sol  dir  geschehen;  !*• 

des  sentt  ich  dir  den  prief  mein. 

3  Nu  tu  mir  chund  den  willen  dein, 
wildu  gelauben  an  den  got, 

der  geliten  hat  den  tod 

gar  für  alle  christenhayt?  145 

du  gedachst  an  mein  wirdichait, 

also  tet  ich  an  die  dein. 

Wildu  vermeiden  pein, 

so  lazz  all  süod  gar 

haimleich  vnd  offenbar:  15* 

nicht  pesser  rat  mag  ich  dir  geben. 

Nach  gots  huld  sol  tu  streben, 

der  ein  chünig  der  chünig  ist, 

ein  herr  der  herren  czü  aller  frisl, 

auf  erd  ein  fürst  vber  all  lant.  1S5 

4  Von  got  tun  ich  dir  wecuant, 
wenn  ich  mich  des  wol  verstan: 
du  pist  dem  töd  vndettau, 

vn  dein  natur  ist  cze  rgankchl  eich. 
7  Wildu  leben  cwichleich,  160 

so  sol  tu  chömen  czü  mir  drat, 
ee  es  dir  werd  cze  spat: 
ich  gib  dir  des  di  trew  mein, 
vn  wildu  gern  pey  mir  sein 
vn  czü  meinem  land  ehern,  165 

ich  helf  dir  mit  grözzen  ein. 
9  Ich  priester  Johannes, 
ein  herr  ob  allen  herren  des, 
was  ch rafft  oder  reichait 
ward  von  cliunigen  ye  gesait,  171 

von  ern  vn  von  wird 
vnd  von  grosser  czird. 
Waz  chünig  fürste  ye  gewan, 
mir  sich  daz  nicht  geleichen  chan: 
10  des  lob  ich  got  czu  aller  frist,  175 

der  do  ymmer  ebig  ist. 
Von  dem  hab  wir  genad  vil 
ewichleichen  an  czü; 


91)  tugentleichen  :  reichen  Hs. 
188)  ain  geschieht  Hs. 


97)  das  Hs. 


105)  wazz  Hs. 


HO)  darn  Hs. 


iH] 


Der  Pribstbr  Johannes. 


997 


daz  selb  wir!  dir  auch  chunt  getan, 

vnd  wildu  rechten  gelauben  han.         180 

Was  ich  Christen  vind, 

ich  mich  ir  vnderwind; 

ich  gib  in  ymmer  mer  genüg 

durch  den  got,  der  do  trüg 

durch  mich  ein  dürnein  chron  485 

auf  seinem  baubt  schön. 

11  Wir  varen  gern  czü  gotes  grab 
all  jar  mit  grozzer  gab 
gewaltig  auf  dy  haiden, 

den  tue  wir  vil  cselaiden,  190 

alles  vmbe  das, 

das  si  gelauben  dester  pas. 

12  Vir  dienen  herren  in  vil  land 
mit  so  maniger  hant, 

13  czway  vnd  sibenczig  chünigreich         195 
die  dienen  mir  all  tag  ta gleich, 

der  do  luczel  Christen  ist: 
die  dienen  mir  cze  aller  frist. 
47  Chain  ros  hab  wir 

in  vnserm  land,  das  sag  ich  dir.         200 

14  Wir  haben  in  vnserm  land 
partes,  chämel,  helphand 
vnd  grozz  drümeldarios, 
anders  bab  wir  chain  ros. 

Darczü  hab  wir  gogodrill,  205 

olpent  vnd  olpentinn : 

das  sind  alles  gros  tier. 

Noch  mer  schölt  ir  gelauben  mir, 

wir  haben  auch  pern,  dy  sind  weis, 

leb  vnd  lebhartin  czefleiz,  210 

vnd  haben  auch  die  weizzen  acbörn 

vn  dy  edeln  panter  auserchorn; 

darczü  hab  wir  hirsen  gröz, 

grys  greyffcn  vnd  ir  genöz 

vnd  maniges  grözz  tir  bechant,  215 

der  noch  vil  wirt  genant. 

Mir  dienen  risen  newn  eilen  lanch, 

ein  volkch  haizzt  roux  sunder  wanch, 

ein  aug  im  an  der  stirn  stet: 

das  volkch  sich  wunderleich  beget.     220 

Ein  volkch  mir  auch  dienen  müz, 

igleichs  hat  nur  ain  füez, 

cholmiten  ist  es  genant. 

Noch  mer  tu  ich  ew  bechant, 

fenix  der  vogel  auch  pei  vns  ist;         225 

sein  leben  cze  hundert  jaren  ist:    ' 

wenn  die  ein  end  han, 

vmb  in  ist  es  also  getan, 


seinem  alter  cze  stewr 

so  macht  er  im  ein  fewr,  230 

von  dürrem  bolcz  ein  huwslein ; 

mitten  gat  er  darein. 

Sechl,  so  verprent  er  sich 

vn  lebt  awer  sicherleich, 

als  er  ee  ist  gewesen:  235 

in  dem  fewr  ist  er  genesen ; 

do  vernewt  er  sich  mit 

czü  hundert  jaren,  ist  sein  sit, 

vnd  lebt  an  als  wandet  ain. 

Auf  erd  ist  er  nur  alain  240 

als  nur  ain  got  ist, 

süzzer  vater  Jesu  Christ. 

21  Milich  vnd  hönig  hab  wir  vil 
sunder  mazz,  an  czil. 

Chain  gift  pei  vns  peleiben  mag,         245 

chroten,  slangen,  scorpen  slag 

vn  aller  hand  gift  macht 

hat  in  vnserm  land  chain  chraft; 

vnd  was  mit  gift  ist  peladen, 

das  mag  niemant  geschaden.  250 

23  Ein  chräwt  wächst  in  vnserm  land, 
wer  das  nicht  erchantt, 

assin  ist  es  genant: 

sein  tugent  ist  mir  wol  weebant. 

Wer  das  chrawt  pei  int  hat,  255 

der  pös  geist  im  nicht  entat. 

22  Ein  wasser,  das  ist  lobleich, 
das  gel  durch  vnser  reich : 
aus  dem  paradis  es  fleust, 

manigen  fluz  es  ergewst;  260 

das  ist  lawtter  vn  räin, 

darin  vindt  man  edel  stain, 

perl  vnd  karfunkel, 

saffier  vnd  smaragdel, 

rubein  vnd  johande  265 

(wer  die  all  erebande!), 

adamas  vnd  amatisten, 

(merch  mit  worten  listen) 

brill  vnd  chrisold. 

Von  silber  vnd  von  gold  270 

hab  wir  in  vnserm  land  vil. 

24  Sunder  mas,  an  czil 
wächst  auch  in  vnserm  land 
der  pheffer  in  soTicher  hand : 

czwar  er  ist  doch  weis  bechant  275 

ee  er  wirt  geprantt, 
das  sag  ich  euch  sunder  wanch. 
Läwt,  die  sind  ainer  eilen  lanch 


181)   Geschrieben  ist  Das,  aber  es  stand  ein  w  vor  gezeichnet.         202)  paretes  Hs  ,  vgl. 
Vs.  517;    wohl    Parder   gemeint.  218)   Vergl.    im  Wiener  Text    Vs.    814:    Luistuzen. 

227)  t  fehlt  am  Ende  d.  3.  Plur.,  wie  stets  im  Reim.        256)  etwa  haste  :  entaste  zu  lesen? 
269)  christall  Hs. 


998 


Friedrich  Zarnckb, 


im 


die  den  pheffer  habent  czegwalt, 
die  werent  newn  jar  alt: 
an  einander  nement  sich, 
ir  weib  trageni  sicherleicb 
mit  einander  siben  chind. 
25  Vil  slangen  in  irem  land  sind : 
wenn  das  ir  czeit  mag  geczäiuen, 
das  sy  den  pheffer  also  nemen, 
so  tragent  si  ein  fewr  dar 
vnd  verprennen  daz  chräwt  gar 
vnd  dy  slangen  do  mit. 
Dannoch  habent  sy  ainen  sitt, 
so  totten  si  die  slangen 
mit  langen  Stangen 
vnd  werfen ts  aus  irm  phefferlein: 
also  chumpt  ir  lesens  ein. 
Dennoch  habent  sy  ein  sin: 
der  pheffer  chumpt  nicht  von  in, 
vncz  si  im  die  grün  gar  vertreiben, 
das  er  hie  aus  nicht  mag  peleiben, 
domit  si  aus  der  erden  chümen. 
So  wirt  der  pheffer  denn  genumen 
in  sekchen  manicher  band: 
den  fürn  sy  cze  land 
vber  ein  wasser,  daz  ist  war; 
da  mag  ny  vber  czwar 
wenn  czu  mir«alain: 
si  lassen  den  pheffer  ain 
auf  dem  vbcrbol  stan 
vnd  varn  pald  wider  dan 
vnd  türren  lenger  peleiben  nicht. 

(Lücke.) 
ains  in  der  wochen 
am  suntagabent  das  wasser  stet 
für  mitten  tag  vnd  nicht  get, 
das  wert  pis  an  den  suntag  frue: 
die  weil  hat  das  wasser  rue. 
In  der  zeit  sie  vber  chomen 
vnd  schaffen  den  iren  frümen, 
vnd  fürnt  denn  mit  in  dan, 
wcs  sy  begert  han  : 
so  chömen  dann  läwt  dar, 
dy  do  phlegen  war. 
Als  man  ig  sakch  do  mag  sein, 
an  yglcichem  leit  ain  priefelein, 
da  stet  geschriben  an, 
waz  fürn  pheffer  wellent  han, 
es  sey  chost  gelt  oder  gewant; 
das  fült  man  in  dy  sekch  czehant 
vnd  seczt  an  die  selb  stat, 
do  man  den  pheffer  genumen  hat. 
Ir  peder  chauff  al<Jo  geschieht, 
das  ainer  den  andern  nicht  ensicht. 


280 


285 


290 


395 


300 


305 


340 


315 


320 


325 


330 


Tuscbcaten  sein  si  genant, 
domit  ist  vns  ir  nam  bechant 

27  Ein  perkeb,  haizzt  Olimpus, 
daraus  fleust  ein  wasser  sus, 

das  hat  aller  würezeo  smak,  333 

den  all  weit  gehaben  mag: 

do  venewt  er  sich  mit 

czü  aller  czeit,  ist  sei o  sitt. 

Der  flüz  get  drey  tagwaid 

ee  der  smak  davon  schaiti;  341 

28  wer  des  prun  trinkcht, 
das  alter  von  im  sinkchl, 
sam  er  pei  dreizzig  iaren  sey: 
aller  rünczel  wirt  er  frey. 

Der  prunn  auf  erd  ist  pelibeo,  .343 

davon  gar  vertryben 

vnser  vater  Adam  ward, 

vnd  ward  vest  nach  im  gespart. 

29  Darin  vindt  man  staindelein, 

die  geben  den  äugen  liechlen  schein :  35« 
die  pringen  adlar  in  vnser  lant, 
den  ist  ir  tugent  wol  wechanl, 
ir  chind  erchüchen  si  domit 
nach  ir  natur  sit. 

30  Wer  den  stain  an  ainem  vinger  hat,  335 
das  gesiebt  im  nymmer  abgat, 

domit  er  wol  gesegent  ist: 

die  tugent  hat  er  czü  aller  frtst. 

Wer  in  hat  in  seiner  hant, 

dem  wirt  endleicb  peebantt,  36# 

das  mans  nicht  mag  gesehen : 

söleich  tugent  müz  man  im  jehen. 

Er  vertreibt  has  vnd  neid 

vnd  macht  frid  cze  aller  czeit 

gar  an  als  wanckchen,  3(5 

snel  als  die  gedanchen, 

wo  er  hin  wil,  zu  welher  vart, 

mit  got  ist  er  wol  pewart. 

31  Tnser  lant  hat  Wunders  vil, 

der  ich  noch  manigs  nennen  wil.        371 

Do  fleust  ein  santwasser  an, 

fürwar  ich  das  sagen  chan, 

das  tobt  \n  nymmer  ruet, 

recht  als  das  mer  tut: 

das  ist  ein  wunder) eich  geschieht,       375 

chain  scheff  tar  darüber  nicht, 

vnd  ist  nieman  bechantl, 

ob -dort  enhalb  sei  ein  lant. 

Nie  für  vns  das  wasser  ist  frey, 

doch  wönts  vnserm  land  pey.  33t 

Würcz  vnd  maniger  hand  guet 

chömen  aus  des  wassers  fluet: 

der  vindt  man  anderthalb  nicht, 


311)  d    h.  am  Tage  vor  Sonnlag,  am  Sonnabend.     345)  sie]  czü  Hs.     365)  wankchel  As. 


173] 


Der  Priester  Johannes. 


999 


söl'ich  wunder  von  dem  santt  geschieht. 
Vmb  das  wasser  ist  es  alzo  getan,      385 
ranen  chomen  mit  im  dan, 
die  Messen  in  das  röt  mer 
drey  stund  in  der  wochen  her: 
den  fluz  den  hab  wir  chrefftichleich 
vnuerwentten  sicherleich.  390 

32  Ein  grözz  pirg  wönt  vns  pey, 
von  vns  tagwaid  wol  drey, 
davon  chöment  stain 
grözz  vnd  chlain; 

an  ein  wasser  cze  land  395 

chömen  si  an  all  schand: 
die  stain  sind  edel  vnd  guet, 
damit  man  manige  sucht  vertut 
vnd  vertreibt  alles  gar, 
das  ist  endleich  war.  400 

38  Ain  ander  pirg  wönt  vns  pey, 
das  ist  allen  lewten  frey; 

do  fleuzt  ein  wazzer  vnder  der  erden, 

das  wil  nicht  gesehen  werden. 

Wenn  vnderweilen  das  geschiecht,       405 

das  mans  etwenn  siecht, 

wenn  di  erden  sich  auf  tut, 

in  des  selben  wassers  flüt 

der  santt  nur  edels  gc^tain  ist. 

Wer  darein  get  cze  der  selben  vrist,  44  0 

die  weil  di  erden  offen  stet, 

wer  den  pald  darin  get, 

dergreifft  er  vil,  das  ist  sein  hayl: 

das  lant  ist  an  als  mail 

vn  ist  auserwelt  gestain,  445 

es  sei  gröz  oder  chlain. 

Wems  icht  werden  mag, 

der  wirt  reich  sam  der  tag; 

wer  sich  aber  versäwmet, 

das  er  di  czeit  vergttwmet  420 

vnd  czelang  dorinn  ist, 

der  verswint  cze  der  frist 

vnd  hat  das  leben  verlorn, 

den  leib  hat  er  durch  gut  verchoren. 

39  Das  wasser  get  fürbas  425 
in  grosse  wazzer,  wisset  das; 

Auch  ander  wasser  pei  vns  sind, 

40  dorin  ertrincht  nymmer  chain  chind : 
39  daraus  pringens  stain  so  vil, 

was  si  derpringen  das  ist  ir  spil.         430 
Dy  werden  ee  für  vns  getragen; 
welich  vns  dann  wol  wehagen, 
darvmb  so  geb  wir  vnser  gelt: 
do  hab  wir  selten  an  gefeit; 


dy  andern  chäwffen  gut  man, 
dy  gewinnent  grösleich  daran. 


435 


41  Anderthalb  der  pirgs  ist 

ein  jüdisch  volkch  mit  maniger  list : 

die  setzen  chunig  vnder  in; 

der  selben  herr  ich  nu  pin.  440 

Zwai  (?)  geslächt  so  sind  ir, 

die  müssen  mir  all  mit  ir  gir 

gar  vndertanig  wesen, 

si  möchten  anders  nicht  genesen. 

42  Ain  wasser  haist  di  gratsnür,  445 
darinn  gent  tirl  in  solicher  für. 
Salamander  sein  si  genant: 

vmb  di  ist  es  also  gewant, 

das  si  sint  stät  in  dem  fewr; 

das  ist  irs  lebens  stewr,  450 

an  das  fewr  sind  sy  töd ; 

chömen  si  daraus  daz  ist  ir  not. 

Aus  im  czarten  häwten 

daraus  so  wirt  den  lewten 

reicher  chlaider  cz'ir,  455 

darnach  stet  all  ir  gir. 

43  Ir  wolbürm  spinnent  weben 
so  edelleich  nach  irm  leben: 
daraus  so  wirt  gar  achtper  gwanl. 
Noch  mer  tun  ich  euch  pechant,         460 
ir  häwt  des  peginnen 

im  fewr  nicht  verprinnen : 

das  wil  ich  fürwar  sagen, 

wen  das  gwant  wirt  getragen, 

des  es  so  lang  getragen  wirt,  465 

das  ez  seiner  schön  enpirt, 

das  es  di  varib  verlewst, 

ein  fewr  man  im  verchewst ; 

darin  wirft  man  das  gewant, 

das  wirt  rain  alezühant  470 

vn  schöner  vil  wenn  ee  gewesen : 

in  dem  fewr  ist  es  genesen. 

45  Nv  hört  mer  fürbar : 

was  lawt  chömen  czü  vns  dar, 

es  sei  pilgreim  oder  gast,  475 

si  wern  von  vns  geert  vast 

vn  von  der  gemain  schön  enphangen, 

si  chömen  geriten  oder  gegangen. 

Chain  armüt  pei  vns  nicht  ist, 

wir  sein  reich  cze  aller  frist:  480 

46  dieb  noch  rauber  hab  wir  nicht, 
chain  gelf  hat  pei  vns  nicht  phlicht, 

51  chain  lugner  taug  pei  vns  nicht. 
Von  wem  denn  ein  lug  geschieht, 

der  ist  gar  an  ern  töd  4  85 

vn  ist  verfluecht,   das  ist  sein  not. 

52  Wir  haben  nach  poshait  nie  gerungen, 
noch  chainer  valschen  zungen 

hab  wir  in  vnserm  land  nicht: 


444)  Zehen?        44«)  nur  Hs.        457)  steckt  hierin  volvüeren?  vrouwen? 


1000 


Friedrich  Zarnckk, 


174 


nur  genad  vn  sttld  darin  geschieht.     491 
Des  lob  wir  got  all  frist, 
der  do  ymmer  ewig  ist: 
von  dem  hab  wir  genad  vil 
ewichleich  an  czil. 

46  Nv  hört  mer  sunder  wan:  495 
chain  fürst  sich  mir  geleichen  chan 

an  reichait  noch  an  land : 
wir  leben  an  all  schand. 

47  Wenn  wir  wellen  reiten 

vn  mit  veinten  streiten,  500 

von  vnserm  lant  vast  hin  dan, 
sechezehen  (?)  dy  müssen  vor  vns  gan, 
dreizechen  schön  chreuez  tragen, 
ieds  pesunder  auf  aim  wagen 
vest  gestekcht  all  dar;  505 

idem  chreuez  fürwar 
volgent  czehen  tausent  ritter, 
die  sind  in  dem  streit  pitter, 
vn  hundert  tausent  ze  füz  gan : 
das  sind  chnappen  vn  chün  man.        54  0 
Fürbar  ich  das  sprechen  wil. 
ich  hab  ritterschafft  so  vil 
vnd  so  vil  der  chuen  degen, 
.    wenn  wir  leben  in  gotes  sogen, 

das  wir  varen  in  Sicherheit.  545 

44  Manig  Vir  groz,  wol  peraitt, 
partes,  helphant,  leiz 
czieben  nach  mit  reicher  speis: 
dy  sind  all  wol  geladen, 
secht,  auf  der  haiden  schaden.  520 

48  Als  wir  denn  gewaltichleich 
wider  ehern  in  vnser  reich, 
ein  grözz  chreuez  vor  vns  get, 
daran  chain  czir  stet 

von  gold  noch  von  gestain  nicht:         525 

das  ist  vnser  angesicht, 

das  wir  stöt  gedächtig  sein, 

wie  got  die  gröst  marter  pein 

für  vns  all  erliten  hat; 

darvmb  das  chrewez  vor  vns  gal.        530 

Da  vor  get  ein  guidein  vas, 

mit  erden  ist  gefült  das, 

das  wir  gedenchen,  das  wir  werden 

czum  lesten  all  czü  der  erden. 

49  Darnach  ein  vas  mit  gold  gel  535 
vnd  ains,  da  silber  inn  stet, 

das  ich  ein  chünig  der  chünig  »in : 
nü  mercli  recht,  weihen  sin. 
Hie  auf  erd reich 
manigs  jüdisch  reich, 
der  ist  mir  vil  vndertan  : 


540 


von  got  ich  di  gnad  hau. 

53  Darnach  wirt  vns  schtr  bechant 
ein  ander  rays  so  czebant: 

wir  wappen  vns  auf  di  würm  545 

czü  streyten  vn  stürm; 

nieman  vus  gesigt  an, 

des  hilft  vns  der  gut  man, 

der  prophet  sand  Daniel. 

Nü  wiss,  chünig  Manuel,  5S# 

das  der  leib  gestatt  aldo 

in  der  wüchsten  Babilo: 

darinn  sein  würm  manigualt. 

Ob  der  gürte I  ir  gestalt 

menschen  gleich  mit  chrön  555 

sind  si  geezirt  schön, 

vnder  der  gürtel  si  würm  sein: 

si  streiten  gegen  dem  volch  meia; 

di  sind  michel  vnd  groz, 

der  w'irt  derslagen  an  bmzz.  6tt 

All  iar  ist  das  gebegen, 

das  wir  Streits  gen  in  ph legen, 

vnd  ob  das  nicht  war, 

der  weit  sind  sy  geuür; 

si  würden  nemen  überhant  545 

vnd  verderbten  alle  lant, 

do  si  möchten  chömen  ein: 

das  möcht  anders  nicht  cesein. 

54  Man  vtfeht  auch  visch  aJlhie, 

mit  irm  plüt  verbt  man  ye  571 

purper  vnd  reich  pal ti kein, 
die  varib  müz  ymmer  stat  sein. 

56  Ein  müshaws  ist  vns  bereit, 
gepawt  vn  gechlait 

mit  strikchen  vn  mit  winde  575 

vn  mit  höher  czirde, 

recht  als  sand  Thomas  hat 

Bennoffew  gepawt  an  di  stat. 

Das  haws  ist  von  chunsten  reich, 

das  vnser  ist  dem  selben  gleich.         58« 

57  Van  eben  das  dach  ist, 

das  verprint  czü  chatner  vrist: 

darauf  czwen  chnauff  stan, 

zwen  Hecht  karfunkel  sunder  wan 

vnd  all  chin  (?)  vol  gelegen.  585 

Wisst,  das  si  des  phlegen, 

das  si  des  nachtes  leuchten  wol, 

als  das  gold  schol 

von  der  chlaren  sunne 

wrehen  in  reicher  wunne.  59i 

58  Vir  türen  an  dem  tiaus  sein, 
die  sind  von  smaragel  vein, 
gemengt  mit  linchorn ; 


502;  vor  fehlt  Hs.      "    526)  wohl  cze  vnser. 
575)  sterke?        578;   Entstellung  für  Gundoforo. 


536)  ste  Hs.  564)  d.  i.  gewegeo. 

584)  Wann  Hs.       eben]  d.  t.  ebanu*. 


475] 


Der  Purster  Johannes. 


1001 


darczü  di  czirhait  ist  ercborn : 

nimmer  chumpt  chain  gast  hin  ein,     595 

e  sieht  man  in  in  des  hörn  schein ; 

wann  es  sind  chlain  tür, 

die  venster  gent  vö  chünig  (?)  her  für. 

59  Der  tisch,  do  ich  von  essen  sold, 

der  ist  von  chlarem  gold,  600 

der  ander  von  a mattsten. 

Alerkch  mit  Worten  listen, 

ob  tisch  so  reich  möchten  wesen: 

von  helfenpain  czesam  gelesen. 

60  Für  das  haus  ein  gassen  get,  605 
darin  man  zu  gericht  stet, 

czw  charoph  vn  ze  streit: 

die  gassen  di  ist  weit, 

in  der  gassen  ein  ptirch  ist; 

gar  wunnichleich  cze  aller  vrist  610 

gibt  si  chlaren  schein: 

das  chemphen  das  der  chunV»  (?)  sein 

dorin  cze  allen  stunden 

geczirt  oben  vnd  vnden. 

61  Darinn  chain  liecht  enczund  man  nicht;  61 5 
von  edler  sach  das  geschieht. 

Darinn  so  stet  der  walsamo, 

der  Ittwcht  durch  die  nacht  also 

vn  manig  edel  gestain, 

lawtter  chlar  vein  vn  rain.  620 

62  Gar  reichlich  vnser  chamer  stat 
nach  weiser  maister  rat; 

63  darin  di  pett  sind  gemain 
von  edeln  saphirn  rain, 

das  wir  stät  chewsch  sein.  625 

Di  chamer  wunnichleichen  schein 
geben  nacht  vnd  tag, 
der  schein  nymmer  czergen  mag. 

64  So  hab  wir  auch  di  schönsten  frawen, 
czü  eren  wol  an  schawen;  630 
die  träwtt  wir  virstund  in  dem  jar 
durch  chinder  erib,  das  ist  war. 
Igleicher  haim  vert  zu  der  vart: 

dy  person  ist  wol  pewart, 

also  daz  si  heilig  werden  635 

von  vns  hie  auf  erden. 

65  Wizz  das  czu  meinem  tisch  gan 
wol  xxxjj  tausent  man, 

die  essent  vn  trinchent  an  thal  (?) 

in  dem  tag  czü  aim  mal,  640 

an.frömd  gest. 

Speis  di  aller  pest 

haben  die  leezten  so  genüg 

als  di  ersten  in  gefueg. 


Wir  sein  genügleich  all  gar 


645 


haimleich  vnd  offenwar  i 

die  speis  di  nein  wir  durch  daz  iar 

aus  vnser  chamer,  daz  ist  war; 

der  czerint  vns  nymmer  nicht, 

von  gotes  ch rafft  das  geschieht.  650 

66  Der  tisch,  do  wir  von  schullen  essen, 
nach  rechten  chünsten  gemessen 

der  ist  von  smarakel  siecht, 

edel  vn  reich,  merkeht  recht : 

der  tisch  sUH  offen  sttft:  655 

disew  recht  begett 

hin  durch  vnser  palast, 

von  aroatist  liechter  denn  ein  glas. 

Der  tisch  stät  offen  ist 

nach  tischrecht  zu  aller  frist.  660 

67  Dar  ein  reicher  Spiegel  stet : 
welich  man  zu  dem  Spiegel  gel, 
der  müs  hundert  staffen  steigen, 
vn  funfezkstund  neygen 

müs  er  dem  Spiegel  do.  665 

68  Di  stieg  ist  von  perfecto 

vn  von  manigerlay  edel  gestain, 

darin  a labaste r,  der  ist  rain : 

das  ander  tail  der  stiegen  ist 

gar  mit  maisterlist  670 

geczirt  mit  cristallo, 

mit  jaspen  vfi  mit  sarmico ; 

das  drittail  ist  geczirt 

mit  a mausten  gewirt 

vn  mit  iaspen  gemengt  675 

vn  mit  manigem  gestain  vndergesprengt. 

69  Vmb  den  Spiegel  ein  gwelib  get, 
darin  ein  phosten  stet, 

di  hat  vir  gwelib  hangen ; 
di  erst  phost  hat  befangen  680 

acht  gwelb  mit  ir  ch  rafft, 
di  ander  phost  mit  maisterschaft 
darauf  sechezehen  gwelb  stan; 
die  dritt  phost  gar  sunder  wan 
darauf  zwai  vn  dreizzig  gwelb  sein,    685 
(Ji  geben  wunnichleichen  schein; 
di  vird  phost  funfezg  gwelb  hat. 
Als  vil  zu  der  andern  seitten  stat; 
nimpt  wenig  an  ainer  phosten  ab, 
doch  stet  der  Spiegel  in  reicher  hab.  690 
71  Wer  czu  dem  Spiegel  wil  gan, 
der  müz  wesen  aller  Sünden  an, 
sam  er  in  der  law  ff  waz : 
fürwar  sölt  ir  wissen  das, 
darin  sieht  er  alle  dinch,  695 

di  vmbviicht  der  erden  rinch. 
Nu  hört  von  des  spiegeis  chrafft: 


598)    fenestrae  de  cristallo  Orig. 
655—660  sind  offenbar  übel  überliefert. 


655)   wahrscheinlich  stat   offen   stät.     Die  Verse 


1002 


pRIBDRICH    ZaRNCKK, 


176 


700 


an  dem  ligt  vil  der  ma  isterschafft, 

geheiligt  vn  gemachet 

mit  got  also  wesachet: 

wes  aldy  weit  peginnet 

oder  was  si  in  ir  sinnet, 

oder  was  als  mein  volch  tut, 

oder  was  yder  fürst  tut, 

so  der  auf  der  weit  ist,  705 

secht  das  sech  wir  zu  der  frist 

in  des  spiegeis  maisterschaffl; 

von  got  so  hab  wir  di  chrafft. 

72  Der  Spiegel  von  vns  ist  pehütt 

drey  tausent  gewappent  ritter  gut        740 

di  phlegen  sein  tag  vfi  nacht; 

also  ist  der  Spiegel  in  vnser  acht 

pehütt  vn  pesprocben, 

das  er  nicht  werd  zeprochen. 

73  Mir  dienen  aller  manichleich  745 
siben  chünig  also  reich 

mit  sinnen  vnd  mit  eren, 

all  man  si  vercheren 

ander  siben  an  di  stat 

nach  ir  Ordnung  phat.  720 

czwen  vn  sibenczig  herczogen 

beisleich  vnbetrogen, 

drew  hundert  grafen  durch  das  jar 

vnd  fünf  vn  czwainczk,  das  ist  war, 

die  stel  czü  hoff  chömen  725 

an  ander  amptldwt  ausgenömen, 

di  da  all  ampt  han 

auf  vnserm  hoff  gar  sunder  wan. 

74  Vnser  hof  stet  hoch  vermessen : 

zu  der  rechten  seilten  ezzen  730 

czwelif  erczbischölf  offenwar, 

czü  der  linken  seitten  volkömen  gar 

vir  vfi  czwainczk  pischölf  sein. 

Noch  mer  hat  der  hoff  mein : 

ain  prophet  Thomas  ainer  735 

vnd  ain  pabst  rainer, 

Folsidius  ist  er  genant, 

vnd  schreibt  sich  Smariant, 

der  ein  erezpabst  der  pöbst  ist. 

Darnach  aller  man  vrist  740 

igleicher  der  chumpt  wider 

czü  seinem  ampt  sider 

vnd  dient  vns  in  dem  palns, 

als  unsers  rechten  was. 

75  Nu  hört  mer  der  mflr: 
vns  dient  zu  alter 
apt  der  An  czal  ist; 
die  dienn  mir  ze  aller  frist, 


745 


als  roanig  tag  im  iar  mag  sein; 

al  manen  gar  sunder  pein  7M 

haira  zeland  si  ehern, 

igleicher  mit  grossen  eren, 

vnd  ander  als  vil  an  die  stat: 

der  Wechsel  nymer  ab  gat, 

di  weil  di  weit  stet  7SS 

vnd  nicht  der  jungst  tag  verget. 

Got  hat  im  das  lob  erchören 

vn  seiner  müter  hochgepören 

vn  allem  himlischefi  her, 

das  lob  das  wert  ymmenner.  7M 

98  Wizz,  czü  gotes  dinst  ich  han 
so  man  igen  geweichten  man, 

di  sich  das  haben  an  genuinen. 

dy  sind  all  volchümen. 

Hewt  (?)  si  von  vns  nemen,  7« 

gotes  dinst  müs  in  wol  chömen; 

igleicher  wol  sein  ambt  hegst. 

Nu  hört,  wie  vnser  hoff  stat: 

der  ye  vnser  trost  was, 

der  ist  chünig  vfi  ain  prtmas;  771 

vn  ain  schenken  auf  vnserm  hoff* 

ein  chünig  vnd  piseboff; 

di  vnderm  chamrer  sein, 

ein  chünig,  ein  pischölf  in  vollen  schein; 

vnd  vnser  marschalicb  aldo  77  s 

ein  chünig  vnd  archimandrico. 

Als  maniger  hant  ampt  ist 

auf  vnserm  hoff  ze  aller  frist, 

di  nidristen  vn  dy  höchsten, 

di  sein  in  den  frosten.  780 

di  vns  zu  dinst  tügen, 

sich  iiicht  genaigen  mügen 

an  einander  chain  stund. 

99  Das  tun  ich  ew  sicher  chund, 

wer  vnser  lant  durch  reiten  wil,         783 

der  ist  so  ausdermassen  vil,      < 

das  in  einem  halben  iar 

dertwirich  nieman  durchreitt  gar: 

der  leng  end  auch  niera  waiz, 

also  gröz  ist  vnsers  landes  chraiz.       7W 

Aristoliles  wil  gern 

100  czelen  aller  himel  Stern : 

als  wenig  du  die  czelen  macht, 
als  wenig  hat  auch  chain  acht 
vnser  gross  herschafft;  7« 

nach  vnczeleicher  ist  vnser  chrafft. 
76  Wir  haben  ein  besunder  palas, 
der  ye  vnser  tröst  was. 
Von  gotes  chrafft,  das  ist  war, 


718)  man  d.  t.  Monat.  722)  d.  i.  wtslich.  738)  für  Sargamant;  in  Folsidius  nwss  <k 
Susis  stecken;  fallen  diese  wunderlichen  Verderbnisse  bereits  dem  Uebersetxer  zu?  740)  d.  i. 
Monate.       769)  trost  d.  t.  truhseze.         788)  d.  t.  dartwerh.         791)  vil  Hs. 


t77] 


Der  Priester  Johannes. 


1003 


so  ist  der  palas  chömen  dar.  800 

Mein  vater  hiez  Quazacheus, 
durch  heilichail  genent  alsus; 

77  lang  ee  ich  ward  gepörn, 

do  het  er  got  zu  lieb  erchörn, 

gar  heilichleich  das  geschach,  805 

zu  im  aus  dem  trön  ein  stim  sprach: 

'paw  deinem  sun  ein  palas, 

chlar  lautter,  als  ye  chain  glas, 

der  ein  chünig  der  chünig  ist, 

ein  herr  der  herren  zu  aller  frist,       84  0 

auf  erd  ein  fürst  über  als  land. 

78  Von  got  so  tun  ich  dir  bechant, 
wer  in  das  palas  chumpt  gegan, 
der  mag  so  gross  sund  nicht  han, 
bonger  dürst  ob  er  das  leidet,  84  5 
als  leibs  not  in  gar  vermeidet 

vnd  müz  an  im  verswinden  gar, 
vnd  wirt  erfült  der  gnaden  czwar, 
summer  gericht  hab  gessen; 
des  mag  er  sich  wol  vermessen.  820 

Darin  er  auch  nicht  stirbet 
noch  chain  todleichait  erwirwet, 
vn  pleibt  ye  sam  pei  xxx  iaren : 
also  sieht  man  in  stät  geparen. 
85  Do  mein  vater  do  entwacht,  825 

das  palast  er  mir  macht 
mit  dem  edeln  gestain 
lawtter  vnd  rain. 

88  Das  dach  ist  auf  dem  palas 

von  safflr  liechter  wenn  ein  glas;        880 

mit  pabel  (?)  schon  gezirt  leitt 

an  einander  strich weitt, 

dy  pabel n  von  dem  Stern  gan, 

das  man  tugent  chies  daran. 

89  Do  ist  des  palast  estreich  all  835 
ein  liech^  praitt  christall, 

darin  fünf  sewl  sein, 
die  sind  lawtter  guidein; 
czwischen  säwln  nider  gen 
Hecht  smaragden,  darauf,  sten  840 

auf  yeder  ain  charfunkel  stain, 
die  geben  licht  chlar  vn  rain. 
Chain  mensch  derdenchen  chund, 
chain  man  sach  noch  enfund, 
chain  fürst  des  enhat,  845 

hie  noch  dort  an  chainer  stat, 
also  grozz  czirhait, 
-  als  an  den  palast  ist  gelait  : 
mit  edeln  gestain 

ist  er  geezirt  rain.  ,850 

96  Wenn  sich  dann  gepürt  der  tag, 
das  man  vns  czechrönen  phlag, 


so  ge  wir  in  das  palas, 

als  vnsers  rechten  was: 

das  tue  wir  virstund  in  dem  jar;        855 

so  chömen  di  chünig  all  dar, 

di  mir  vndertänig  sind. 

Grözz  fröwd  enphahen  di  gotes  chind 

darin  in  söTicher  weis, 

als  in  dem  frönen  paradeis:  860 

darin  wir  chainer  chost  phlegen, 

wenn  wir  leben  in  gotes  segen 

vnd  sein  der  genaden  all  vol: 

für  war  ich  das  sagen  sol. 

Sich,  Manuel,  das  hab  ich ;  865 

wil  du  ich  mach  so  weis  dich, 

so  soltu  chömen  zu  mir  her: 

so  berürt  dich  nymmer  chain  geswer 

fürbas  den  ymmer  raer; 

von  got  so -hab  dis  er.  870 

Manuel  dea  däucht  das  guet, 

vn  nam  das  in  seinen  muet, 

als  im  der  brieff  het  gesait: 

darnach  ward  er  schir  berait 

vn  nam  sein  volch  allessampt,  875 

vnd  czoch  zu  im  in  sein  lant. 

Do  ward  er  enphangen  wol, 

als  man  chünig  enphahen  sol. 

Priester  Johan  fürt  in  czehant 

vn  tet  im  alles  dar  pechant,  880 

als  er  im  enpoten  hat; 

vn  fürt  Manuel  an  di  stat 

mit  im  in  den  palas. 

Der  do  vor  tödleich  was, 

der  lebt  fürbas  ymmer  me,  885 

dem  ist  wol  vnd  nicht  we: 

di  gnad  haben  si  von  got, 

der  in  hilft  aus  aller  not. 

Manuel  hat  sein  lant  wuchst  gelan, 

des  müs  es  ein  namen  han  890 

vnd  haist  di  wuchst  Ramaney: 

von  allen  läwten  ist  es  frey; 

darin  sind  wurm  vnd  wild  tir, 

das  sült  ir  wol  gelauben  mir. 

Daz  püch  der  gnaden  schir  endt  sich.  895 

Priester  Johan,  so  sprich  ich, 

der  ein  fürst  ist  an  eren  gros, 

auf  erd  lebt  nicht  sein  genös, 

dem  so  lieh  gwalt  ist  gegeben. 

Ir  weisen  mercht  gar  eben:  900 

als,  das  ich  genennet  han, 

got  ist  es  gar  vndertan; 

auf  erden  vnd  in  himel  dort 

di  all  gewinn  ein  grozzen  hart, 

igleich  pesunder  905 

in  himel  auf  erden  da  runde  f 

do  ewig  fräwd  ist  peraitt 


di  nymmermer  chain  end  hat. 
Herr,  durch  dein  trinitat, 
schepher  aller  createwr, 
gib  vns  hilf  vn  stewr, 
das  wir  geweriben  hie  also, 
das  di  sei  werd  frö. 


940 


801)  d.  t.  Quasideus. 
845)  es  hat  Hs. 

Abhandl.  d.  K.  S.  Oesellach.  d.  Wisseosch.  XVII. 


849)  d.  i.  sam  er.         831)  gezierde?        844)  ein  man  Hs. 


67 


1004 


Frirphicp  Zabmcee, 


AI* 


Nu  lazz  wir  sund  vn  schind  915 

vfi  ehern  czü  dem  land, 

darin  nur  ewig  frewd  ist. 

Mein  herez  zu  dem  land  gut  (?), 

ich  main  das  himelreich. 

Got  lielf  vns  dar  geleich  920 


mit  seiner  parmung  gröz, 
das  wir  werden  der  engel  genas. 
Mit  fröhlichem  schall 
üii  sprech  wir  Amen  all. 

AM  SN. 


V.    Der  Text  der  Heidelberger  Handschrift 

Bei  dieser  Uebersetzung ,  die  von  der  Interpolation  D  ausgebt, 
ist  uns  der  Name  des  Dichters  erhalten.  Er  nennt  sich  am  Ende 
Oswald  der  Schreiber,  und  er  dichtete  zu  Königsberg  in  Ungarn, 
westlich  von  Schemriitz  an  der  Gran.  Leider  ist  das  Gedicht  nicht 
ganz  auf  uns  gekommen :  es  beginnt  in  der  uns  vorliegenden  Gestalt 
erst  mit  §  57.  Das  ist  nicht  so  sehr  der  Uebersetzung  des  Briefes 
wegen,  die  breit  und  wenig  bedeutend  ist,  als  vielmehr  wegen  der 
Rahmenerzählung  zu  bedauern,  von  der  wir  jetzt  nur  den  Schluss 
kennen  lernen  und  deren  Anfang  wir  nur  durch  Conjeciur  ergänzen 
können. 

Oswald  hat  nämlich  seiner  Uebersetzung  ebenfalls  eine  Erzählung 
und  zwar  eine  noch  viel  eingehendere  umgehängt  als  der  Verfasser 
des  Münchener  Textes.  Der  uns  erhaltene  Schluss  beginnt  im  Lande 
des  Priesters  Johannes.  Der  Brief  ist  abgefasst  und  wird  versiegelt 
Die  »Herren«  machen  sich  jetzt  auf  die  Fahrt.  Sie  kehren  heim,  e* 
war  also  eine  von  Europa  nach  Indien  abgeordnete  Gesandtschaft, 
von  der  daher  in  der  Vorgeschichte  des  Briefes  ausführlich  muss  die 
Rede  gewesen  sein.  Ihr  Führer  ist  ein  Cardinal,  dessen  Name  nicht 
genannt  wird.  Aber  sie  reist  nicht  allein;  sie  wird  begleitet  von 
dem  Schreiber  des  Priesters  Johannes.  Da  die  Mitreise  dieses  nicht 
ausdrücklich  erwähnt  wird,  so  muss  auch  sie  in  dem  verloren  ge- 
gangenen Anfange  vorbereitet  worden  sein.  Nun  tritt  eine  Tendenz 
ein,  die  entgegengesetzt  ist  der  in  der  Münchener  Erzählung.  In 
dieser  wurde  der  König  Manuel  ganz  geblendet  von  der  Herrlichkeit 
des  Priesters  Johannes,  hier  dagegen  wird  hervorgehoben,  und  der 
Schreiber  muss  dies  eingestehen,  dass  alle  Kleinode  seines  Herrn 
nicht  hinanreichen  an  den  Werth  der  Reliquiensehätze,  die  Rom  und. 
wie  wir  sehen  werden,  auch  Deutschland  aufzuweisen  habe.  Nach- 
dem er  sich    vom  Papst   und  Cardinal  beurlaubt  hat,  reitet  er  nach 


*79]  Der  Priester  Johannes.  1005 

Schwaben  auf  die  Feste  zu  Stau/fe,  um  hier  den  Kaiser  Friedrich 
aufzusuchen.  Dieser  halte  also,  an  der  Abordnung  der  Gesandtschaft 
keinen  Antheil  gehabt,  sie  war  allein  vom  Papste  ausgegangen.  Da- 
gegen wird  nun  ihm  vom  Schreiber  der  Brief  übergeben:  die  Motj- 
virung  zu  allem  diesen  muss '  ebenfalls  in  dem  verlorenen  Theile  des 
Gedichtes  gestanden  haben.  Der  Kaiser  liest  selbst  den  Brief,  want 
er  wol  geleret  was,  und  nimmt  die  Kleinode  in  Empfang,  die  der 
Priester  Johannes  ihm  sendet,  und  erprobt  ihre  geheime  Kraft.  Von 
diesen  war  bereits  in  einer  uns  erhaltenen  Interpolation  in  dem  Briefe, 
hinter  §  99,  die  Rede.  Es  waren  ein  Rock  von  Salamanderstoff,  ein 
Gefäss  mit  Wasser  aus  der  Verjüngungsquelle  und  ein  goldener  Ring, 
der  die  Kraft  dreier  Männer  gewährt,  mit  drei  Edelsteinen  verziert, 
von  denen  der  eine  die  Kraft  hat,  dass  man  ein  Jahr  lang  unter 
dem  Wasser  leben  könne,  der  zweite,  dass  man  von  keiner  Waffe 
verwundet  werden  kann,  der  dritte,  dass  man  sich  durch  ihn  un- 
sichtbar zu  machen  im  Stande  ist.  Auch  Vs.  674  wird  auf  die 
Uebersendung  des  Verjüngungstrankes  hingewiesen,  und  so  wird  der 
erste  Stein  in  der  Uebersetzung  von  §  40  erwähnt  sein,  und  der 
unsichtbar  machende  in  der  Uebersetzung  von  §  30.  Der  Kaiser 
beruft  dann  einen  Reichstag  nach  Aachen,  um  seinen  Sohn  zum 
römischen  König  krönen  zu  lassen,  und  dann  einen  Kreuzzug  übers 
Meer  zu  beginnen.  Man  sieht  schon  hier,  dass  wir  es  mit  Fried- 
rich II  zu  thun  haben.  Auch  der  König  Philipp  von  Frankreich 
stellt  sich  ein.  Der  Kaiser  lässt  den  Brief  vorlesen.  Darauf  werden 
auch  hier  dem  Schreiber  des  Priesters  Johannes  die  einheimischen 
Reliquien  gezeigt,  und  auch  hier  muss  er  erklären,  dass  denen  gegen- 
über sein  Herr  gleich  Kostbares  nicht  zu  bieten  habe.  Friedrich 
l&sst  dann  den  Brief  beantworten,  und  den  Schreiber  bis  Venedig 
geleiten,  von  wo  dieser  in  seine  Heimath  zurückkehrt.  Später  wird 
Friedrich  vom  Papst  Honorius  in  den  Bann  gethan  und  in  Folge 
dessen  überall  der  Gottesdienst  sistirt,  wo  er  sich  befindet.  Einmal 
vor  dem  Osterfeste  beschliesst  er,  um  die  Gläubigen  nicht  in  der 
Ausübung  ihrer  Andacht  zu  stören,  auf  die  Jagd  zu  reiten.  Er  legt 
das  Salamandergewand  an,  nimmt  die  Flasche  mit  dem  Verjüngungs- 
quell mit,  und  desgleichen  den  unsichtbar  machenden  Ring.  Als  er 
dann  mit  seinem  Gefolge  in  den  Wald  kommt,  verschwindet  er  plötz- 
lich :  Also  wort  der  höchgeborn  keiser  Friderich  verlorn.     Dann  folgen 

67* 


1006  Friedrich  Zarncke,  [<B0 

noch  Betrachtungen,  wo  der  Kaiser  geblieben  sein  möge,  und  Er- 
zählungen von  seinem  Wiederauftauchen.  Wegen  seines  Verschwio- 
dens  beruft  sich  der  Dichter  auf  die  Römische  Cronica,  wegen  des 
Wiedererscheinens  auf  Erzählungen  von  Bauern.  Er  werde  noch 
weiter  die  Pfaffen  bekämpfen,  noch  das  heilige  Land  wieder  in  die 
Gewalt  der  Christen  bringen  und  seinen  Schild  an  den  dürren  Ast 
hängen  u.  s.  w.  Wegen  dieser  Beziehung  auf  die  Sage  vom  Ver- 
schwinden des  Kaisers  Friedrich  ist  der  betreffende  Theil  unseres  Ge- 
dichtes bereits  einmal  herausgegeben,  von  Jacob  Grimm  in  den  Ge- 
dichten des  MA.  auf  König  Friedrich  I,  Berlin  1844  (wiederabgedruckt 
in  den  Kleineren  Schriften,  Bd.  3). 

Die  Elemente  dieser  Erzählung  lassen  sich  noch  alle  nachweisen. 
Es  sind  4  Punkte,  die  in  Betracht  kommen:  1,  die  Gesandtschaft 
des  Cardinais;  2,  die  Absendung  des  Briefes  und  eines  Gesandten 
an  Kaiser  Friedrich;  3,  die  Uebertragung  auf  Kaiser  Friedrich  II; 
4,  das  Verschwinden  dieses  und  sein  Wiederkommen. 

Die  Gesandtschaft  des  Cardinais  war  gegeben  durch  den  Schluss 
der  Interpolation  D,  die  Oswald  bei  seiner  Uebersetzung  benutzte. 
Hier  ward  ein  Cardinal  Stephan  als  Gewährsmann  für  die  Wahrheit 
alles  dessen,  was  im  Briefe  geschrieben  werde,  aufgerufen.  Konnte 
er  dies  bezeugen,  so  musste  er  doch  an  Ort  und  Stelle  gewesen 
sein.  So  giebt  denn  auch  die  freier  verfahrende  Dresdner  Handschrift 
(d2)  an,  dieser  Stephan  sei  als  Gesandter  zum  Priester  Johann  ge- 
sandt worden.  Wenn  sie  freilich  hinzufügt,  es  sei  dies  im  Dienst 
des  Kaisers  Emanuel  geschehen,  so  war  das  ziemlich  gedankenlos 
gesagt,  da  ein  Cardinal  schwerlich  als  Gesandter  des  byzantinischen 
Kaisers  gedacht  werden  konnte;  nicht  weniger  gedankenlos  wäre  es 
gewesen,  wenn  der  Schreiber  unter  Emanuel  einen  römisch-deutschen 
Kaiser  verstanden  hätte.  Ob  der  Anfang  des  Oswaldschen  Gedichtes 
den  Namen  des  Cardinais  nannte,  muss  dahingestellt  bleiben;  die 
Frage  hat  auch  kein  Interesse.  Interesse  dagegen  hat  die  weitere 
Frage,  die  ebenfalls  dahingestellt  bleiben  muss,  ob  etwa  bereits  vor 
dem  Entstehen  der  Interpolation  D  eine  Erzählung  von  der  Absendung 
eines  Cardinais  an  den  Priester  Johannes  vorhanden  war.  Man  kann 
die  Möglichkeit  nicht  leugnen,  aber  keine  Spur  einer  solchen  Er- 
zählung hat  sich  bis  jetzt  gefunden. 

Dass  der   Brief  ausser  an   den   Kaiser  Emanuel  auch  an    den 


434]  Der  Priester  Johannes.  1007 

deutschen  Kaiser  Friedrich,  natürlich  Friedrich  I,  gerichtet  worden 
sei,  wurde  bereits  im  12.  Jahrh.  mehrfach  angenommen.  Freilich 
die  Adresse  im  Innern  des  Briefes  ist  in  der  ächten  UeDerlieferung 
desselben  nie  an  Friedrich  gerichtet,  aber  schon  Alberich  stellte  zum 
J.  1165  jene  Behauptung  auf,  und  die  Ueberschriften  des  Briefes  in 
den  Handschriften  geben  wiederholt  an,  dass  der  Brief  von  dem 
Kaiser  Emanuel  an  den  Kaiser  Friedrich  I  mitgetheilt  sei.  Die  Be- 
arbeitung des  Briefes,  die  uns  in  der  Cambridger  Handschrift  erhalten 
ist,  hat  dann  zweifelsohne  (erhalten  ist  uns  der  Anfang  allerdings 
nicht)  denselben  auch  in  der  Adresse  direct  an  Friedrich  I  gerichtet, 
in  Folge  dessen  die  sämmtlichen  italienischen  und  wenigstens  die 
meisten  französischen  Uebersetzungen ,  endlich  auch  die  Rücküber- 
setzung ins  Lateinische,  und  nach  dieser  die  Uebersetzung  ins  Eng- 
lische. Man  sieht,  die  allgemeine  Auffassung  des  gesammten  Occidents 
hielt  bald  Friedrich  für  den  Adressaten,  nur  die  Gelehrten  werden 
es  besser  gewusst  haben,  und  die  Abschreiber  schrieben  nach  wie 
vor  den  Wortlaut  des  Briefes  getreu  ab. 

Auch  die  Erzählung  von  einer  Gesandtschaft  von  Seiten  des 
Priesters  Johannes  an  den  Kaiser  Friedrich,  die  diesem  kostbare 
Kleinodien  überbracht  habe,  war  vorhanden.  Wir  kennen  sie  aus 
Le  cento  Novelle  antiche,  die  nach  Ancona's  Ausführungen  in  ihrer 
ältesten  Gestalt  sicher  gegen  Ende  des  13.  Jahrhunderts  entstanden 
sind.  Ich  lasse  den  Text  derselben  nach  der  Mailänder  Ausgabe  von 
1825  (Gualteruzi   1525)   folgen. 

Della  ricca  ambasceria,  la  quäle  fece  lo  Presto  Giovanni  al  nobile  imperadore 

Feder igo. 

Presto  Giovanni  nobilissimo  signore  indiano  raandoe  ricca  e  nobile 
ambasceria  al  nobile  e  potente  imperadore  Federigo,  a  colui  che  veramente 
fu  specchio  del  mondo  in  parlare  et  in  costumi,  el  amö  molto  dilicato  par- 
lare,  et  istudiö  in  dare  savi  risposi.  La  forma  e  la  intenzione  di  quella 
ambasceria  fu  solo  in  due  cose,  per  volere  al  postutto  provare  se  lo  'mpera- 
dore  fosse  savio  in  parlare  et  in  opere.  Mandolli  per  li  detti  ambasciadori 
tre  pietre  nobilissime  e  disse  loro :  donatele  allo  'mperadore,  e  diteli  dalla 
parte  mia  che  vi  dica  quäle  e  la  migliore  cosa  del  mondo,  e  le  sue  parole 
e  risposte  serberete,  et  awiserete  la  corte  sua  e  costumi  di  quella,  e  quello 
che  inverrete,  raccontarele  a  me  sanza  niuna  mancanza.  Furo  allo  'rnpera- 
dore  dove  erano  mandati  per  lo  loro  signore :  salutaronlo,  siccome  si  con- 
venia,  per  la  parte  della  sua  Maestade,  e  per  la  parte  dello  loro  soprascritto 
signote  donaronli  le  sopra  detle  pietre.     Quelli   le  prese,«  e  non  domandö 


1008  Friedrich  Zarnckr,  1*3 

di  loro  virtude:  fecele  riponre,  e  lodolle  mollo  di  grande  bellezia.  Li 
ambasciadori  feoero  la  domanda  loro,  e  videro  li  costumi  e  la  corte.  P* 
dopo  pocfci  giorni  addomandaro  commiato.  Lo  'mperadore  diede  loro  ruposta, 
e  disse :  ditemi  al  signor  vostro ,  che  la  miglior  cosa  di  questo  mondo  a  & 
misura.  Andaro  li  ambasciadori,  e  rinunziaro,  e  raccontaro  ciö  ch'  aveano 
veduto  et  udito,  lodando  mollo  la  corle  dello  'mperadore  ornata  di  belli«!» 
costumi,  e  '1  modo  de'  suoi  cavalieri.  II  Presto  Giovanni,  udendo  ciö  die 
raccontaro  li  suoi  ambasciadori,  lodö  lo  'mperadore,  e  disse  che  era  molto 
savio  in  parola,  ma  non  in  fatto,  acciocchö  non  avea  domandato  della  virta 
di  cos\  care  pietre.  Rimandö  li  ambasciadori,  et  offerseli,  se  li  piacesse, 
che  '1  farebbe  siniscalco  della  sua  corte.  E  feceli  contare  le  sue  riocfaene 
e  le  diverse  ingenerazioni  de'  sudditi  suoi  e  il  modo  del  suo  paese.  Dopo 
non  gran  tempo,  pensando  il  Presto  Giovanni,  che  le  pietre  ch'  avea  donate 
allo  'mperadore  avevano  perduta  loro  virtude,  dappoi  che  non  erano  per  lo 
'mperadore  conosciute,  tolse  uno  suo  carissimo  lapidaro,  e  mandollo  celata- 
mente  alla  corte  dello  'mperadore,  e  disse :  al  postutto  metti  lo  'ngegno  loo, 
che  tu  quelle  pietre  mi  rechi;  per  niun  tesoro  rimanga.  Lo  lapidaro  « 
mosse  guernito  di  molte  pietre  di  gran  bellezza,  e  comiociö  presso  alb 
corte  a  legare  sue  pietre.  Li  baroni  e  cavalieri  veniano  a  vedere  di  suo 
mestiero.  L'  uomo  era  molto  savio :  quando  vedeva  alcuno  ch'  avesse  luogo 
in  corte,  non  vendeva,  ma  donava;  e  donö  anella  molte;  tanto  che  la  lode 
di  lui  andö  dinanzi  allo  'mperadore,  Lo  quäle  mandö  per  lui,  e  mostrolli 
le  sue  pietre.  Lodolle,  ma  non  di  gran  vertude.  Domandö  se  avesse  pio 
care  pietre.  Allora  lo  'mperadore  fece  venire  le  Ire  care  pietre  presiose 
ch'  elli  desiderava  di  vedere.  Allora  il  lapidaro  si  rallegrö,  e  prese  l'una 
pietra,  e  miselasi  in  mano,  e  disse  oosl:  questa  pietra,  messere,  vale  la 
migliore  cittt  che  voi  avete.  Poi  prese  l'altra ,  e  disse :  questa ,  messere, 
vale  la  miglior  provincia  che  voi  avete.  E  poi  prese  la  terra,  e  disse: 
messere,  questa  vale  piü  che  tutto  lo  'mperio;  e  strinse  il  pugno  cod  le 
soprascritte  pietre.  La  vertude  dell'  una  il  celö,  che  nol  potero  vedere,  e 
discese  giü  per  le  gradora,  e  tornö  al  suo  signore  Presto  Giovanni,  e  presen- 
tolli  le  pietre  con  grande  allegrezza. 

Diese  Erzählung  ist  auf  Kenntniss  der  italienischen  Uebersetzung 
des  Presbyterbriefes  entstanden,  wie  u.  A.  schon  die  Worte  al  nobile 
des  Titels  und  das  Anerbieten,  Friedrich  zum  siniscalco  zu  machen, 
beweisen1).  Auch  enthalten  die  Worte  E  feceli  contare  le  sue  ricckezze 
e  le  diverse  ingenerazioni  de'  sudditi  suoi  e  il  modo  del  suo  paete 
eine  ganz  correcte  Inhaltsangabe  des  Briefes. 

Diese  Gesandtschaft  nun  überbrachte  drei  kostbare  Edelsteine 
als  Geschenk,  die  mit  geheimen  Kräften  versehen  waren,  darunter 
der  eine  mit  der  Kraft,  unsichtbar  zu  machen,  die  in  der  Erzählung 


!)  Vgl.  auch  den  Aufsatz  von  Reinhold  Köhler  in  der  Romania  V,  S.  76 fg. 


483J  Der  Priester  Johannes.  1009 

selbst  erprobt  wird,  indem  ein  späterer  Gesandte  durch  diese  Eigen- 
schaft alle  drei  Geschenke  dem  Westen  wieder  entführt. 

Welchen  Friedrich  die  Erzählung  meine,  ist  nicht  mit  absoluter 
Sicherheit  zu  sagen,  aber  es  ist  kein  Grund  vorhanden,  der  mit  Not- 
wendigkeit für  die  Annahme  spräche,  dass  sie  nicht  mehr  den  alten 
Barbarossa  im  Auge  habe.  Auch  ist  der  sonst  in  den  Novelle  anticbe 
erwähnte  Friedrich  nur  diesen  Vgl.  Jac.  Grimm,  Gedichte  des  Mittel- 
alters etc.  S.  13  Anm.  2. 

Die  Uebertragung  auf  Friedrich  II.  ergiebt  sich  vielmehr  am  füg- 
lichsten,  wenn  wir  sie  erst  in  Anknüpfung  an  die  italienische  Novelle 
entstanden  annehmen. 

Diese  Hess  dem  Kaiser  Friedrich  einen  unsichtbar  machenden  Ring 
übergeben.  Leicht  konnte,  ja  es  musste  dieser  Umstand  eine  Ideen- 
association  hervorrufen,  die  auf  Friedrich  II  führte  und  eine  sagen- 
hafte Katastrophe  seines  Lebens  zu  erklären  geeignet  schien. 

Wir  wissen  jetzt  durch  Georg  Voigt's  Untersuchungen,  dass  die 
Sage  vom  Verschwinden  und  Fortleben  des  Kaisers  Friedrich  nicht 
anfangs  auf  Friedrich  Barbarossa  sondern  auf  Friedrich  II  sich  be- 
zog, zu  dessen  Lebzeiten  bereit«  sie  durch  die  Joachiten  in  Ilalien 
aufkam.  Erst  seit  dem  16.  Jahrhundert  ist  sie  auf  Friedrich  I  über- 
tragen worden.  Am  Ende  des  43.  Jahrb.,  als  bereits,  auf  sie  sich 
berufend,  mehrfache  falsche  Friederiche  aufgetreten  waren  (1276, 
1285,  1287),  kann  sie  als  allgemein,  auch  in  Deutschland,  bekannt 
angesehen  werden. 

Wenn  nun  eine  Erzählung  existirte,  nach  der  ein  Kaiser  Fried- 
rich im  Besitze  eines  unsichtbar  machenden  Ringes  gewesen  war, 
lag  es  da  nicht  sehr  nahe,  diese  Erzählung  auf  den  Kaiser  zu  be- 
ziehen, der  wirklich  verschwunden  sein  sollte,  und  jenen  Ring  zur 
Erklärung  dieses  Verscbwindens  heranzuziehen? 

So  waren  am  Ende  des  13.  Jahrh.  alle  Elemente  gegeben,  aus 
dem  sich  unsere  Rahmenerzählung  zusammensetzt.  Der  Zusammen», 
hang  mit  der  italiänischen  Novelle  ergiebt  sich  noch  deutlich  daraus, 
dass  auch  in  unserem  Gedichte  drei  Steine  mit  geheimen  Kräften  er- 
wähnt werden.  Die  Zahl  der  Kleinode  ist  nur  vermehrt  aus  dem 
im  Briefe  selber  vorgeführten  Apparat.  Dass  dies  das  Spätere  ist, 
liegt  auf  der  Hand. 

Noch  ein  Moment  bietet  unsere  Erzählung,  dem  wir  nicht  vor- 


1040  FftlKMUCH  Zaihckb,  l«*4 


beigehea  dürfen;  die  Hoffnung  auf  die  Wiederkehr  des  Kaisers.  Er 
werde  noch  zurückkehren,  heisst  es,  die  ganze  Römische  Well  sich 
unterwerfen,  die  Pfaffen  noch  weiter  stören,  das  heilige  Land  wieder 
in  die  Gewalt  der  Christen  bringen  und  seinen  Schild  an  den  dürres 
Ast  hängen.  Diese  seitdem  oft  wiederholte  Sage,  für  deren  frohe 
allgemeine  Verbreitung  unser  Gedicht  ein  wichtiges  Zeugniss  bietet, 
ist  eine  Wandlung  der  alten,  nach  Constantm  dem  Grossen  entstan- 
denen und  zuerst  in  Ostrom  ausgebildeten  Vorstellungen  von  dem 
Ende  aller  Dinge,  dem  Reiche  des  Antichrist  und  der  Rolle,  die  hie- 
bei  dem  christlichen  Kaiserthum  zufallen  werde. 

Die  Römische  Monarchie  war  die  vierte  in  der  Reihenfolge,  nach 
der  mau  in  Anknüpfung  an  das  Traumgesicht  des  Daniel  die  Welt- 
geschichte systematisirt  hatte;  sie  sollte«  dauern  Jus  ans  Ende  der 
Tage.  Bevor  dies  eintrete,  sollte  sie  aber  ihren  Zweck  noch  voll- 
ständig erreicht,  sie  sollte  alle  Länder  der  Erde  unter  ihre  Gewalt 
vereinigt,  alle  Heiden  dem  Christentum  zugeführt  haben.  Damit 
hatte  sie  ihren  Beruf  erfüllt,  und  nun  begiebt  sich  nach  der' Sage 
vom  Antichrist  der  Kaiser  nach  Jerusalem  auf  den  Berg  Golgatha, 
und  dort  am  Kreuzesstamm  legt  er  Scepter  und  Krone  nieder.  Das 
Kreuz  wird  dann  in  den  Himmel  entführt.  Darauf  beginnt  das  Reich 
des  Antichrist  und  darnach  der  jüngste  Tag,  dem  die  bekannten  15 
Zeichen  vorangehen. 

Dieser  Kreuzesstamm  ist  der  dürre  Baum,  der  dürre  Ast,  die 
arbor  sicca,  l'arbre  sech,  der  aus  der  Sage  des  Mittelalters  bis  in  unsere 
Zeit  lebendig  geblieben  ist.  Meistens  ist  seine  Bedeutung  im  Abend- 
lande nicht  mehr  verstanden  worden;  ein  interessantes  Zeugniss  von 
einem  noch  dämmernd  erhaltenen  Verständniss  ist  die  kleine  Erzählung 
vom  Baume  des  Seth,  die  ich  in  meiner  zweiten  Abhandlung  S.  127  fg. 
mitgetheilt  habe.  Hier  erklärt  der  Priester  Johannes,  dass  arbor  sicca 
nicht  der  richtige  Name  sei,  sondern  dass  es  arber  Seth  heissen 
müsse;  der  Baum  des  Seth  aber  ist  der  aus  einem  Paradieseszweige 
erwachsene  Baum,  an  dessen  Stamm  Christus  gekreuzigt  ward.  Aber 
auch  jene  Erzählung  geht  ja  darauf  hinaus,  die  Identität  zu  leugnen, 
indem  die  Namen  als  sich  aussch  liessend  angesehen  werden.  Auch 
bezeugt  die  Schilderung  des  Baumes,  wie  ganz  die  Sage  die  ur- 
sprüngliche Bedeutung  schon  vergessen  hatte. 

Als   die   eigentliche  Bedeutung  des  dürren  Baumes   nicht  mehr 


485]  Deb  Priester  Johannes.  1011 

verstanden  ward,  stellten  sieb  neue  Auflassungen  ein.  Für  die  Vor- 
stellung von  der  glücklichen  Erfüllung  eines  allgemeinen  christlichen 
Weltreiches  erschien  ein  dürrer  Baum  an  sich  nicht  eben  symbolisch 
passend.  Man  deutete  ihn  also  aus :  der  Baum  hatte  zu  blühen  und 
zu  grünen  aufgehört,  als  Christus  am  Kreuze  den  Tod  fand,  er  werde 
dürre  bleiben  bis  zu  der  Zeit,  wo  jener  Wunsch  aller  Christen  sich 
erfüllen  werde.  Der  Kaiser  legte  nun  nicht  mehr  seine  Krone  dort 
nieder,  sondern  er  hängte  seinen  Schild  an  den  dürren  Ast,  zum, Zeichen 
des  nun  beginnenden  letzten  grossen  Kampfes,  der  die  volle  christ- 
liche Weltmonarchie  gründen  werde.  Dann  beginne  der  bis  dahin 
dürre  Baum  wieder  auszuschlagen,  zunr  Zeichen,  dass  nun  die  erhoffte 
Zeit  gekommen  sei. 

Zu  diesem  letzten  Kampfe  nun  soll  der  Kaiser  Friedrich  heim- 
kehren. Die  Sage  verräth  durch  diese  Beziehung  auf  das  Weltende 
noch  ihren  Ursprung,  denn  aus  orakelnden  Hinweisungen  auf  das 
Ende  der  Dinge  war  ja,  zunächst  in  Italien  im  Kreise  der  Joachiten, 
die  Vorstellung,  dass  Friedrich  nicht  gestorben  sei  und  noch  wieder 
kommen  werde,  hervorgegangen. 

Dass  diese  aus  gelehrten  Grübeleien  entstandene  Sage  auch  in 
Deutschland  bereits  festen  Fuss  gefasst  und  bis  zu  den  Bauern  ge- 
drungen war,  dafür  ist  unser  Gedicht  ein  wichtiges  Zeugniss,  während 
Johann,  Herrn  Jansen  Enkel,  in  seiner  s.  g.  Weltchronik  bekanntlich 
die  Sage  von  Friedrichs  II  Fortleben  noch  als  öine  italienische  be- 
handelt. 

Noch  eine  besondere  Fassung  bekam  die  Sage  vom  dürren  Baum, 
die  in  unserem  Gedicht  freilich  nicht  hervortritt.  Wo  der  dürre 
Baum  stehe,  darüber  gab  es  verschiedene  Angaben ;  nach  dem  Osten 
versetzten  ihn  Alle.  Wer  ihn  dort  finde  und  seinen  Schild  an  ihm 
aufhänge,  der  eben  sollte  alle  Heiden  siegreich  bekämpfen  und  die 
Weltherrschaft  gründen.  So  entstand,  als  die  Mongolenherrschaft  im 
13.  Jahrh.  das  Abendland  mit  Schrecken  und  Erstaunen  erfüllte,  die 
Sage,  dass  der  Mongolenkhan  den  dürren  Baum  gefunden  und  an 
ihn  seinen  Schild  gehängt  habe,  daher  seine  weltgebietende  Herr- 
schaft. Aehnliches  stellt  sich  die  erwähnte  Erzählung  von  dem 
Baume  des  Seth  vor,  wonach  der  Baum  im  Reiche  des  Priesters 
Johannes  steht,  nicht  mehr  dürre,  sondern  blühend  und  duftend,  die 
herrlichsten   Früchte   tragend.     Und    ferner   ward   erzählt,   dass  die 


1 01 2  Friedrich  Zarncke,  [186 

Tartaren  grosse  Sorge  hatten,  um  den  Baum  genügend  zu  schützen, 
damit  nicht  ein  christlicher  Held  ihn  finde  und  seinen  Schild  an  dem- 
selben aufhänge. 

In  unserem  Gedichte  wird  erwähnt,  dass  Friedrich  die  Pfaffen 
noch  weiter  bekämpfen  werde.  Man  könnte  dies  so  erklären,  dass 
der  Verfasser  ein  eifriger  Gegner  der  päpstlichen  Partei  gewesen  sei 
und  zur  Herstellung  des  letzten  Weltreiches  auch  die  Reinigung  des 
Christenthums  von  pfäffischen  Missbräuchen  wttnschenswerth  gefunden 
habe.  Aber  wahrscheinlicher  ist  es,  hier  noch  eine  directe  An- 
knüpfung an  die  joachitischen  Auffassungen  zu  erblicken,  die  in  Fried- 
rich II  bereits  etwas  vom  Antichrist  vermutheten,  wie  man  in  den 
ersten  Jahrhunderten  des  Christenthums  die  Wiederkehr  des  Nero  als 
Antichrist  voraussagte.  Diese  Annahmen  standen  allerdings  mit  dem 
erwähnten  hergebrachten  Mythus  von  den  letzten  Dingen  nicht  in 
Uebereinstimmung.  Nach  diesem  Mythus  war  der  Kaiser  der  Vor- 
läufer des  Antichrist,  nach  jenen  der  Antichrist  selber.  Wir  haben 
hier  also  ein  Zusammenschmelzen  zweier  Vorstellungsreihen,  die  man 
einander  gegenüberstellen  möchte  als  die  neronisch-joachi  tische  und 
die  constantinisch-byzantinische.  Jene  rief  die  Sage  von  Friedrichs 
Wiedererscheinen  hervor,  diese  nahm  dann  seine  Gestalt  für  sich  in 
Beschlag. 

So  viel  von  dem  Inhalte  unsere  Gedichtes. 

Erhalten  ist  dasselbe  in  der  Heidelberger  Papierhandschrift  des 
15.  Jahrh.  (v.  J.  1478),  Cod.  844  Bl.  1afg.,  zwar  flüchtig  und  hastig 
geschrieben  und  daher  voller  Fehler  und  Auslassungen,  aber  doch  in 
leidlicher  Orthographie.  In  welche  Zeit  das  Gedicht  zu  setzen  sei, 
ist  schwer  zu  bestimmen,  da  Sprache  und  Kunst  des  Dichters  nicht 
mit  dem  gewöhnlichen  Massstab  gemessen  werden  dürfen,  weil  er 
fern  ab  von  der  zusammenhängenden  Entwicklung  deutscher  Sprache 
und  Kunst,  im  ungarischen  Bergdistricte,  dichtete.  Der  Rhythmus 
seiner  Verse  ist  gar  nicht  übel,  besser  z.  B.  als  der  des  Wiener 
Textes.  Auch  in  Betreff  der  Reime  ist  er  fein  fühlend,  weit  fein- 
fühlender als  sein  Abschreiber.  Oft  kommen  lange  Reihen  vor,  in 
denen  sich  kein  unreiner  Reim  zeigt.  Unser  Dichter  bindet  Kürzen 
mit  Längen  a  :  a,  z.  B.  iar  :  war  45,  al  :  mal  360,  sat  :  rät  615, 
geschach  :  nach  1372,  haut  :  gAnt  695;  e  :  6,  her  :  tner  331 ;  nicht 
i  :  i;  aber  o  :  o,  von  :  schön  377,  vor  :  kör  780.     Diesen  reiben  sich 


187]  Der  Priester  Johannes.  1013 

die  Reime  u  :  t#,  sun  :  tun  511,  der  ja  mhd.  ganz  gewöhnlich  ist; 
ü  :  ü,  enburn  (denn  das  ist  doch  wohl  gemeint):  füeren  265;  ü  :  in, 
für  :  tiur  405.  Auch  die  Reime  samt  :  haut  1217  :  ervant  1169  : 
getvant  744,  and  daran  anschliessend  samt  :  gänt  614,  ferner  immer  : 
minner  258,  *az  :  wo«  1129,  1314  sind  schon  dem  13.  Jahrh.  nicht 
fremd.  Dialectisch  zu  beachten  ist  die  häufige  Bindung  von  i  :  et, 
z.  B.  zit  :  zirheit  71,  wit  :  richeit  484,  lit :  richeit  724;  daran  schliesst 
sich  zwein  :  siWertn  913,  und  hieher  zu  stellen  ist  wohl  der  mehr- 
deutige Reim  treit  :  verschnil  1062;  diese  Reime  haben  seit  dem  Ende 
des  13.  Jh.  für  die  Heimath  des  Gedichtes  nichts  Auffallendes.  Be- 
merkenswerth  ist ,  dass  der  entsprechende  Reim  ü  :  ou  sich  nicht 
findet.  Dagegen  zeigt  sich  6  :  d,  gän  :  schön  631.  Die  Endung  cere 
erscheint  stets  als  ar,  aber  immer  in  reinen  Reimen,  pichtigar  :  gewar 
(gewcere)  205,  plegar  :  war  (Conj.)  1177,  schribar  :  offenbar  1255;  da- 
her war  auch  983  kamerar  zu  schreiben.  Ob  der  Dichter  so  sprach 
oder  ob  diese  Formen  dem  Schreiber  zufallen,  könnte  erst  durch  eine 
weiter  ausgreifende  Untersuchung  entschieden  werden.  Noch  zu  be- 
achten ist  haben  :  gäben  1031,  ebenfalls  der  guten  Dichtung  seit  der 
zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  nicht  fremd. 

An  diese  Reime  schliessen  sich  nun  aber  einige,  die  roh  ge- 
nannt werden  müssen.  Zunächst  ein  paar,  zu  denen  allen  das  Wort 
mäned  oder  maneid  die  Veranlassung  bietet.  Dieses  Wort  reimt 
maneit  :  zu  195,  maneid  :  zit  787,  maned  :  sicherheil  639,  maneden  : 
ziten  147,  mäned  :  plibt  991.  Sodann  drisseg  :  messig  698;  nemen  : 
wellen  301;  pflegen  :  decken  (Dechant)  796;  nüchtern  :  zorn  663; 
wirst  :  verst  1013.  Der  Reim  mayden  :  erliden  63  ist  mir  unklar, 
desgleichen  vermuthe  ich  einen  Fehler  der  Ueberlieferung  bei  lassen  : 
sacken  971. 

Zierlich  mit  einem  dreisilbigen  Reime  schliesst  das  Gedicht. 

Jacob  Grimm  hat  es  ums  Jahr  1400  gesetzt.  Dem  wage  ich 
nicht  direct  zu  widersprechen,  aber  es  könnte  meines  Erachflens  wohl 
noch  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  angehören. 

Ausser  der  Rahmenerzählung  hat  die  Uebersetzung  auch  im 
Innern  des  Briefes  selbstständige  Zusätze  des  Dichters :  in  §  62  eine 
Schilderung  der  Wandgemälde  in  der  Kemenate  des  Priesters  Johannes 
(Vs.  69 — 123),  auf  die  bereits  v.  d.  Hagen  in  seiner  Germania  8,  278 
aufmerksam  gemacht  hat;  dann  eine  längere  moralisirende  Partie  vor 


1014  Friedbich  Zamckk,  M& 

§  97  (Vs.  933 — 962),  endlich  eine  Hinweisung  auf  die  zugleich  mit 
dem  Briefe  übersandten  Geschenke  hinter  §  99   (Ys.  1019 — 1079). 

Bei  seiner  Übersetzung  folgt  der  Dichter  im  Ganzen  dem  Ori- 
ginal genau,  was  ihn  freilich  nicht  hindert,  hie  und  da  mit  Ueber- 
legung  abzuweichen.  So  nimmt  er,  wie  das  auch  Andere  gethao 
haben,  §  66  gleich  zu  §  59;  desgleichen  §  73  in  §  65  hinein,  und 
§  74  und  75  dann  hinter  §  65.  Die  zu  derselben  Schilderung  ge- 
hörigen Theile  behandelt  er  frei.  So  folgt  sich  z.  B.  §  60\  61,60". 
Besonders  frei  verfährt  er  bei  der  Beschreibung  des  zweiten  Palastes 
§  76  fg.  Recht  unmotivirt  und  wohl  nur  in  Folge  von  Flüchtigkeit 
sind  §  79 — 81  in  zwei  Schilderungen  zerrissen  (Vs.  571  und  633); 
dagegen  ist  es  überlegt,  wenn  ihre  Einreihung  erst  hinter  §  90 — 93 
erfolgt. 

Einige  Paragraphen  fehlen.  Natürlich  zunächst  die,  welche  in 
der  Interpolation  D  ausgefallen  waren;  das  sind  in  unserer  Partie 
die  §  82 — 84  +  85 — 89.  Aber  auch  sonst  sind  fortgeblieben 
§  78  und  91,  desgleichen  D  pp  und  uu — vv,  endlich  auch  §  100. 
Vielleicht  erschien  er  zu  renommistisch,  möglicherweise  fehlte  er 
auch  in  der  lateinischen  Vorlage,  in  der  dieser  Satz  ja  in  einigen 
Handschriften  ausgefallen  ist. 

Besonders  frei  behandelt  ist  die  Schilderung  der  zauberhaften 
Mühle  (Dv  folg.);  freilich  ist  es  mir  dennoch  nicht  möglich  gewesen, 
von  der  Maschinerie  derselben  mir  ein  einigermassen  klares  Bild  zu 
entwerfen.  Die  Capeliane  in  Dee  sind  in  Verbindung  gebracht  mit 
den  in  §  75  erwähnten.  Für  Porus  ist  in  Dqq  Aswerus  gesetzt  und 
dreist  behauptet,  das  von  ihm  hier  Erzählte  finde  sich  in  der  Bibel. 

Ohne  Frage  ist  unser  Gedicht  frisch  geschrieben,  und  der  Dichter 
hat  offensichtlich  Freude  an  seiner  Arbeit  gehabt.  Es  ist  unter  den 
Uebersetzungen  eine  der  besten,  und  es  würde  dies  noch  mehr 
hervortreten,  wenn  ich  mich  dazu  hätte  entschliessen  können,  es  , 
nach  früher  beliebter  Weise  in  normalisirter  mittelhochdeutscher 
Schreibung  vorzuführen.  Jetzt  stösst  die  zwar  leidliche,  aber  doch  oft 
widerspruchsvolle  Orthographie  ab.  Dennoch  habe  ich  es  auch  hier 
vorgezogen,  einen  urkundlichen,  nur  von  den  sinnentstellendsten 
Fehlern  einigermassen  gereinigten  Abdruck  zu  liefern. 

Der  Dialect  des  Schreibers  scheint  der  pfälzische  gewesen 
zu  sein. 


489] 


De*  Priester  Johannes. 


1015 


57  Vf  den  selben  schwelen  sin 
zwen  gros  epfel  guldin, 

zu  yedem  apfel  zwen  karfunckel : 
die  sint  die  nacht  so  tunckel, 
man  gesach*  wol  vber  al 
von  yrem  schin  yn  dem  sal. 

58  Des  sales  zir  gemeisterlich  sin : 
vs  dem  stein  edel  Saradin 

an  den  selben  turen  vorn 
verwirckt  ist  cereses  hörn, 
gelegt  darin  mit  meisterschaft ; 
das  hat  die  tugent  vnd  die  kraft, 
das  man  weder  nacht  noch  tag 
kein  gift  dar  durch  getragen  mag, 
nur  sie  zuspring  oder  wurd  zu  nicht 
vor  aller  weit  angesicht. 
Die  venster  sind  all  mit  all 
geworcht  mit  liechtem  c ristall, 
vnd  innerthalb  gefurcrt  do 
mit  dem  holcz  ybano. 

59  Die  tisch,  die  an  dem  palas  sto, 
die  sind  sumlich  guldin, 
sumlich  von  Amatisten, 
gewirckt  mit  richeit  vnd  mit  listen, 
die  tisch  gestelt  vnd  all  gemein 
von  wissem  reinen  holffenbein. 

66  Der  tisch,  do  wir  sin  gesessen, 

vnd  selb  mit  sampt  mit  fursten  essen, 

der  ist  ein  smaragt  edel; 

das  gestuel  vnd  das  gesedel 

das  ist  luter  vnd  rein 

von  golt  vnd  auch  von  helffenbein; 

die  Stollen,  da  der  disch  vf  stat, 

das  ist  a mauste,  der  hat 

die  art  vnd  die  edelhait, 

das  er  wert  die  trunckenheit : 

niemant  truncken  werden  kau, 

wen  er  den  stein  siecht  an. 
60b  Das  estrich  vnd  das  palmend 

sie  plegen  an  allem  end 

rieh  lieh  ane  laster 

mit  richem  alabaster: 

dar  in  sint  geweret  rein 

rot  vnd  grün  marmelstein. 
61  Nyemant  in  dem  sal  furwar 

kein  ander  liecht  getragen  tar 


40 


45 


SO 


25 


SO 


85 


40 


45 


nur  sy  walsamo, 

des  hanget  mangew  lampe  do: 

die  licht  prinnent  ane  rauch 

vnd  richent  snellichen  vf.  50 

60»  Vor  dem  sal  do  ist  ein  ganck, 

der  ist  wyt  vnd  lanck, 

do  man  kurezwile  singet, 

vor  vns  schirmet  vnd  springet: 

wir  siezen  auch  do,  wenn  wir  richten    55 

vnd  der  land  not  verschlichten. 

62  Do  by  stat  vnser  kempnaten, 

die  ist  rieh  vnd  wol  peraten, 

gewirckt  von  holcz  Aloe, 

das  es  fulet  nyemerme,  60 

vnd  dar  zu  gar  richer  schmack, 

das  kein  wurm  darin  nicht  magk. 

Volck  müsse  noch  mayden  (?) 

mugen  des  schmacks  nicht  erliden. 

Die  kempnat  ist  gefurirt  rein  65 

vnterhalp  mit  helfenbein, 

mit  gold  rieh  lieh  geziret, 

vnd  edelstein  in  wiret. 

An  der  chempnaten  wend 

sint  gemalet  an  einem  end  70 

richlich  die  sieben  tag  zyt 

mit  gar  grosser  zirheit, 

wie  vnser  herr  Jesu  Crist 

gemartert  vnd  gestorben  ist. 

In  derselben  kempnat  [en  engegen]     75 

an  einer  wend  da  stat 

gemalet  vnd  erhaben, 

wie  got  sin  gericht  wil  haben, 

vnd  wie  ym  vs  dem  mund  sin 

gingen  zwey  schwort  furin,  80 

wie  sin  muter  vnd  sant  Johän 

pittind  vor  sinem  gericht  stan, 

vnd  wie  er  die  verdampten  well 

stossen  in  die  pitter  hei, 

vnd  sin  erweiten  ewigklich  85 

wol  geben  sins  vatter  rieh. 

Das  gemalt  ist  so  gestalt, 

das  nyemer  wirt  sal  noch  alt, 

wan  do  ist  kein  varb  by 

die  gemalt  oder  geriben  sy.  90 

Das  gemal  ist  aller  gemein» 

anders  nicht  dan  von  gestein : 

die  stein  sind  angeleget  schon 

mit  dem  harcz  mug  gehaben 

das  wirt  hernach  künt  getan.  95 

Die  stein  sint  schon  gepollirt 

vnd  manger  susl  gewirt. 

Wer  yne  stet  nicht  gar  nahen t  py, 


2)  epfel  fehlt  Hs.  24)  Hs.  sind.  25)  die  tischgestelle  ohne  vnd?  27)  Die  Hs.  80)  ge- 
siedet Hs.  48)  mangen  lampen  Hs.  50)  auch?  55)  wenn]  neben  Hs.  56)  Hiernach  in 
der  Hs.  als  Ueberschriß  zu  dem  Folgenden:  Von  seiner  kempnaten  etc.  63)  Holtznisse? 
69)  Diese  interpolirten  Verse  wurden  bereits  für  sich  herausgegeben  von  v.  d.  Hagen  in  seiner 
Germania  8,  S.  278  fg.  83;  er  fehlt  Hs.  88)  das  häufiger  für  das  es.         sol  Hs. 

90)  da  gemal  oder  gerben  Hs.  94)  mit  harcz  das  si  mug?  Aber  der  Text  ist  hier  wohl 
ganz  zerrüttet,  vgl.  die  drei  reimlosen  Zeilen.  96)  gepuwert  Hs.  vgl.  Vs.  444.  97)  ge- 
virt  Hs.        98)  Stent  Hs. 


4046 


Friedrich  £aj*¥CK3, 


[190 


4  00 


405 


der  want,  das  ein  ding  sy: 

die  stein  sint  alle  licht  geuar, 

in  aller  hant  varb  gar. 

Das  rotew  färb  wesen  sol, 

das  sind  sardin  vnd  carniol; 

das  awer  fewr  sol  sin 

das  sint  baieis  vnd  rubin; 

das  gel  färb  sol  wesen, 

das  sint  capasi  vs  erlesen 

vnd  sind  yn  gold  gefestend, 

mit  sampt  dem  gold  die  vast  glestent ; 

aber  was  grün  färb  sol  sin  HO 

das  sind  schmaradin  dar  vnd  fin. 

die  veldung  ist  plab  gevar 

mit  Saphiren  geleget  dar; 

die  wisse  färb  das  sint  margariten 

oben  vnd  zu  peiden  sjten;  4  45 

das  dan  pran  färb  sol  sin, 

da«  sint  granat  vnd  michtln 

a mausten  [vnd]  purperfer 

sind  auch  vil  gemeistert  dar: 

ygklicher  stein  an  seiner  stat  420 

darnach  vnd  er  die  varb  hat. 

Die  stein  man  glich  geschliffen  hat, 

das  keiner  für  den  andern  gat. 

63 b  Vnser  pet  ist  rieh  gezirt 

vnd  meisterlich  durchsaphirt  4  25 

durch  der  tugent  der  kusebeit, 
die  der  selb  stein  dreit. 

63 a  In  der  kempnaten  myn 
getar  kein  ander  licht  syn 
tag  noch  naght  zu  yeder  frist  480 

wan  das  von  reinem  baisam  ist. 

64  Wir  haben  auch  die  schönsten  frauwen, 
die  man  of  erd  mag  geschauwen: 
die  sint  zart  vnd  weidlich 

vnd  an  zu  schauwen  mynneclich;      4  35 

sie  sint  züchtig  vnd  rein 

mensch  demutig  all  gemein. 

Wir  ligeu  nicht  mer  by  yne  für  war 

wan  zu  vier  zyten  in  dem  iar, 

Got  zu  lob  vnd  zu  eren  440 

vnd  auch  die  cristenheit  zu  mern. 

65  Vnser  teglich  hofgesind 
dryssig  tusent  menschen  sind, 
die  wir  teglich  zu  tisch  haben, 

peid  spisen  vnd  laben  445 

an  die  sich  wechsseien  zu  allen  zyten. 
(Lücke?) 
73  Zu  onz  genden  maneden 
das  sind  sieben  kunig  rieh, 
die  vns  komen  wirdigklich 
zu  hoff  mit  ir  ritterschaft  450 


vnd  dient  vnser  tierschaft, 
vnd  zwen  vnd  siebenezig  berezogea: 
wer  das  nit  glaubet  der  ist  betrogeo; 
vnd  edeler  knaben  drithalb  hundert 
mit  yrm  gesind:  wen  das  wundert,  455 
der  weis  vmb  vnser  herschaft  nicht. 
Die  habent  mit  diensten  plicht 
ze  pet  zu  aller  stet 
bis  ein  maned  ein  end  bat. 
Wan  sie  ein  maned  sind  bliben,       46« 
so  komen  ander  konig  siben 
vnd  als  vil  groffen  vnd  herczogen: 
so  lassen  wir  dan  die  ersten  zogen 
igklicben  heim  in  sin  land. 
Nach  dem  maned  all  zu  band  4  «5 

koment  ander  als  vi). 
Die  rede  ich  allhie  kurexen  wil: 
das  wert  also  durch  das  jar, 
welch  zu  eim  mal  koment  dar 
die  tursent  nicht  mer  mit  yrscharn  47« 
in  dem  jar  zu  hoff  faren. 
65  Das  volck  wir  spisen  vnd  mesten 
von  kuchen,  keller  vnd  kesteu, 
vnd  geben  yne  mit  schöner  fug 
alles  rates  genug,  «75 

beid  den  rossen  vnd  auch  in, 
das  moggen  alle  stat  sin. 
In  vnserm  hof  vber  all 
isset  man  all  tag  nur  ein  mal: 
das  tun  wir  njeht  durch  karcheit,     48« 
nur  durch  rechte  massikeit, 
wan  peide  frauw  vnd  man 
gar  wol  gequget  dar  an. 

74  Wann  wir  sin  gesezzeu 

an  vnsern  tisch  ynd  wollen  ezzen,    4 HS 
der  patriareb  von  wnd  Toman 
siezt  zu  vns  ce  sampt  dar 
zwilff  erczbisßboff  zu  allen  zyten ; 
(Ltcke?) 

neben  vns  ze  der  tencken  hant 
siezt  der  ertzbischoff  zu  hant  49« 

von  vnser  haubtstat  se  Bribicen; 
dar  nach  zu  hant  siecht  man  siezen 
zwentzig  gewicht  bischoff, 
die  sich  an  vnserm  hoff 

75  verwechsslent  alle  manedt  495 
durch  des  langen  ja  res  zidt; 

nach  dem  maned  für  war 


405)  vgl.   bei  Haupt  4  8,   410  Anm. :   carbunculns  duas  species  basiliam   et   rubinum. 
Andere  Name»  sind  balagites,  palatius,  balaustius.         407)  capasi  Hs.  4 14)  Smaragde? 

44  7)   almendin  vermuthet  v.  d.  Hagen,  4  29)  geprennen    Hs.  457)    Vgl.   Vs.  71*. 

444)  Hiernach  in  der  Hs.  Von  synem  hofgesinde  und  darnach  ein  paar  unverständliche  Alt- 
kürzungen. 470)  die]  dur  Hs.  475)  aller  rat  Hs.  477)  das  mua  in  allen  stete  rfa? 
des  muz  in  alle  State  sin?         487)  Toman  :  dan?  vgl.   Vs.  203.  949,  49g)  bischolf  Hs. 


49<] 


Der  Priester  Johannes. 


1017 


koment  ander  bischof  dar, 
als  vil  als  der  gewesen  ist. 
Das  wert  durch  des  ganczen  jares  frisi : 
apt  vnd  paffen  der  ist  so  vil, 
das  man  der  zal  nicht  achten  wil. 
Der  patriarch  von  sunt  Toman 
der  muss  stetes  by  vns  stan, 
wan  er  ist  getruw  vnd  wol  gewar 
vnd  ist  vnser  piohtigar. 

D.  v  Ynser  alt  vetter  betten 

muH  by  wasser  an,  man  ig  steten. 
Wenn  dan  der  flna  zu  gros  wardt 
oder  zu  dein  mit  der  fardt, 
da  von  die  mnll  vnderstund 
engen  noch  malen  kund: 
davon  sach  man  sie  prechen 
•    vnd  vnderwilen  snafren.  (?). 

Darumb,  das  vns  dieselheu  seh  mach 

an  vnserm  hof  icht  geschach, 

vnd  das  vnser  gros  diet 

an  brot  kein  mangel  biet, 

so  haben  wir  einen  sinn  bet rächt 

vnd  haben  ein  gut  muH  gemacht 

mit  grosser  richeit  köstlich, 

die  get  tag  vnd  nacht  glich 

an  alles  wasser  vnd  an  winde. 

die  allem  vnserm  Hofgesinde 

snellich  vnd  gefug 

melbes  melt  genug. 

Die  mul  ist  also  gemacht, 

das  si  nicht  folet: 

kein  wind  kain  für  noch  kein  flut 

der  mul  nyemer  schaden  tqt, 

vnd  stet  vf  einem  wyten  plan. 

Die  hubeq  wir  also  zu  puwen  an: 

vnser  goltschmid  wir  hiezzen 

vss  rotem  gold  vier  sulen  giezzen; 

die  sulen  die  sind  vierezig  elen  ho 

vnd  zwilfer  dick,  die  man  aldo 

gar  meisterlich  geseezet  hat; 

ygklich  von  der  andern  stat 

mer  dan  zweinezig  sebuch  wit. 

Ye  zwischen  zwei  mytten  lit 

ein  ridel  starck  vnd  guldin, 

der  ist  verwirekt  dar  in: 

die  sulen  sint  gemeistert  wol, 

oben  vlach  vnd  ynnon  hol. 

D.wVf  den  sulen  stet  ein  hus, 
da  get  tur  noch  venster  vs: 


200 


205 


240 


215 


220 


225 


230 


235 


240 


245 


das  ist  gemeistert  so  gar  eben, 

das  vor  noch  enneben, 

binden  noch  an  keiner  stat 

nyndert  für  die  sulen  gat.  250 

In  dem  huss  sint  acht  stein, 

ye  zwen  vf  ein  ander  rein 

gefuget,  als  sie  sullen  sin: 

die  stein  sint  adamantin; 

die  stein  sint  so  hert  gar,  255 

ob  sy  lauffent  tusont  jar 

oder  ymmer  vnd  ymmer, 

si  wurden  nymer  mynner; 

man  mag  ir  nicht  gewinnen, 

si  mugenin  fewrauch  nicht verprinnen. 260 
D.  y  Dar  ob  richer  gössen  zwo 

hangent  vpn  magneten  also, 

geworcht  mit  wasser  (?)  meisterschaft, 

das  sie  mit  yrer  edeler  kraft 

das  körn  by  den  sulen  enpuren  265 

vnd  es  dar  in  zu  perig  fueren 

mit  gewalt  bis  yn  die  gössen. 

Dar  in  kumpt  alle  sampt  geflossen 

durch  zwo  ruren  guldin* 

die  vs  zwejen  sulen  gent  darin,         270 

vnd  melt  sich  furbas  selb 

zu  puluer  vnd  zu  melb, 

vnd  riset  hin  zu  tal  also 

durch  die  andern  sulen  zwo 

vf  enischen  (?)  estrich,  275 

der  ist  eben  vnd  glich. 
D.  x  Nu  sagen  wir  dir  fürbas 

vnd  wollen  dich  wissen  lassen  das, 

durch  was  kraft  die  mulstain  gent, 

das  sie  nyemer  nicht  geatent.  280 

Zwischen  den  zweien  sulen  hanget 

ein  guldin  rad,  das  vil  noch  langet 

an  beid  oben  vnd  auch  vnden : 

das  lauffet  vmb  zu  allen  stunden 

so  snellclich  vnd  so  drat,  285 

wer  es  sich  an  genal, 

dem  selben  mocht  sin  gesycht 

wol  vergen  von  der  geschieht. 

Das  rad  zwei  starekhere  trib  ruret, 

ygelichs  sin  stein  fueret,  290 

das  die  stein  lauffent  schnelle 

ped  sampt  von  einer  welle. 

Die  kamben  vnd  die  Stangen 

vnd  die  stribschen  (?)  langen 

vnd  was  ysenyn  sold  sin,  295 


206)  Hiernach  in  der  Hs.  Von  der  riehen  körn  mul.  24  2)  eng6n?  24  5)  dieselben 
Hs.  2t  8)  het  Hs.  228)  Es  fehlt  das  Heimwort  zu  gemacht.  229)  flucht  Hs.  244)  redel? 
es  könnte  auch  bidel  gelesen  werden.  264)  grossen  Hs.  vgl.  Vs.  267.  279)  durch]  vnd  Hs. 
28f)  genot  Hs.  289)  Aus  dem  Schluss  des  Wortes  st.  wird  sich  wohl  ein  Compositum  mit 
trib  ergeben. 


1018 


Friedrich  Zarnckr, 


[I» 


das  ist  alles  adamantin: 

das  zeug  sich  vber  tusent  jar 

nicht  verging  vmb  ein  har. 

Wie  das  alles  mag  ergan, 

das  wollen  wir  dich  wissen  ian:       300 

des  darf  dich  nicht  wunder  nemen, 

wir  dirs  besonder  vss  legen  wellen. 

Wir  haben  in  vnsern  landen 

magnet  vnd  amstein  mancher  banden ; 

etlich  magnet  das  ysen  zeuget,  805 

sumlich  auch  das  ysen  fieuget; 

etlich  magnet  zucht  das  goldt, 

sumlicher  es  von  ym  poldt; 

etlicher  weicz  vnd  körn, 

einer  hinden  der  ander  vorn;  340 

etlicher  kopher,  etlicher  ply: 

das  dem  allem  also  sy, 

das'vindest  du  geschriben  do 

in  dem  puch  Lapidario. 

Vnser  wise  meisterschaft  345 

erkennet  wol  yr  aller  kraft, 

der  magneten,  die  an  sich 

das  golt  ziehent  sumlich. 

Der  nimpt  man  dan  also  vil, 

als  man  bedarf  vnd  haben  wil,  SSO 

vnd  legt  sie  yn  den  estrich  oben, 

das  ist  rieh  vnd  wol  ze  loben: 

sie  ziehent  mit  ir  craft  an  sich 

das  rad  gein  perig  crefteklich; 

so  ligent  an  dem  pflaster  vnden         325 

magneten  zu  allen  stunden, 

das  golt  sie  mit  yr  craft  von  in 

tribent  gen  den  obern  hin: 

die  obern  ziechent,  die  vndern  tiiben, 

also  mag  es  nicht  peliben,  330 

es  muss  lauffen  hin  vnd  her 

vmb  vnd  vmb  yemer  mer. 

Die  vordem  stein  ziechent  es  nieder, 

die  obern  rucken  es  hin  wieder: 

als  dan  das  mele  gerwen  ist  335 

vf  dem  estrich  an  der  vrist, 

so  koment  die  muller  san 

vnd  furent  is  in  secken  dan: 

sie  sind  auch  yr  knecht 

vnd  dunt  yme  dan  sin  recht;  340 

wenn  sie  yme  das  haben t  gedan. 

als  sy  von  recht  gehört  an, 

die  pecker  sich  sin  ynderwinden 

vnd  tragent  is  mit  yren  gesinden 

in  ein  schons  backhuss,  345 


vnd  machent  vns  dan  brot  darust . 
D.  y  Der  offen  da  man  is  peckt  yn, 

der  ist  gemacht  mit  riebem  syn; 

er  ist  achtpar  vn  tewr 

also,  ane  alles  fewr  350 

alezyt  er  gehaiezet  ist 

vnd  heiss  genuog  zu  «Her  frist. 

Ein  edel  stein  heisset  bastus, 

der  ist  genatturt  alsus, 

das  hiezet  alzyt  vmb  sich  do  by,      355 

recht  als  er  gluend  sy. 

Nur  mit  derselben  lay  stein 

ist  der  offen  all  gemein 

inerthalben  vber  all 

vss  gewelbet  zu  mal.  310 

der  estrich  vnd  der  herd, 

die  sint  kostlich  vnd  werd: 

die  sint  vberlegt  schon 

mit  dem  stein  tapasion, 

vm  den  ist  es  gestalt,  3C5 

das  er  ist  von  natur  kalt 

vnd  alle  hiez  temperen  kan; 

darumb  hat  man  yne  dar  getan, 

das  das  prot  da  rinne 

von  des  wüstes  hiez  nicht  verprinne ;   371 

das  verprunne  sust  alles  gar 

von  des  wüstes  hiez  verwar. 

Sunst  packt  es  «ertlich  vnd  schon 

von  dem  stein  topasion: 

die  stein  sint  licht  vnd  dar  375 

vnd  sint  peid  golt  gevar, 

vnd  luchtent  also  schon, 

das  man  wol  gesiecht  da  von, 

das  man  nyemer  ein  Hecht 

alda  bedarf  zu  haben  nicht  38t 

D.  2  Er  ist  auch  yn  der  hoch  wol, 

als  es  zu  recht  wesen  sol: 

vf  einem  schonen  plan  er  stat, 

mer  dan  vierezig  elen  hat 

noch  der  leng  zu  peiden  syten,         385 
vnd  ist  zweinezig  elen  wyten. 

Zehen  tur  darin  gant, 

das  etwan  luger  sint  genant : 

jedem  lug  gehört  zu 

zehen  becker,  die  spat  vnd  fru  39t 

in  den  siesich  (?)  arbeiten 

vnd  das  brot  alda  bereiten. 

Die  me ister  die  sint  all  gelich 

dar  zu  packent  richlich. 

Ir  ygklicher  von  vns  hat  395 


304)  agestein,  agetstein?  316)  yn  Hs.  897)  sie  fehlt   Hs. 

330)  plibene  Hs.         339)  Hie?         340)  yne  Hs.         344)  yrem  Hs. 
dem  riehen  pack  ofen  351)  er  fehlt  Hs.  353)   d.   i.  Asbest. 

364)  capasion  Hs.,  topazius  ist  gemeint.        370)  nicht  fehlt    Hs. 


399)   tribent  ffr. 

346)  Hiernach  Von 

360)  gewelet  Hs. 


I&3] 


Der  Prirsth*  Joamifftss. 


4049 


darumb  zu  lechen  ein  gute  stal 

vnd  auch  sonst  grozzen  gewinn, 

der  oberst  meister  vnder  yn 

hat  von  vns  ein  gutes  land, 

die  mulner  aach  so  vi!  band:  400 

der  meister  sind  auch  hundert 

vber  alles  land  vssgesundert, 

der  ygklicher  auch  ein  gut  stal 

von  sime  ampt  ze  lechen  hat. 

67  Tor  vnsers  sales  tewr,  405 
als  man  gen  wil  her  für, 

in  dem  hof  an  einer  weyt 

ein  grosser  vnd  ein  schöner  turn  lil: 

daruf  tu  aller  obrist 

ein  Spiegel  dar  gemeistert  ist  44  0 

mit  listeclicher  meisterschaft, 

mit  wunderlicher  dugent  kraft. 

er  ist  licht  gros  vnd  lart 

wo!  behut  vnd  bewart, 

vor  dem  gesloss  vnd  vor  dem  tor     44  5 

!yt  vnser  selbes  petsohaft  vor. 

Er  ist  gekugelt  als  ein  apfe), 

dar  zu  gent  zweinczig  vnd  hundert  stapfei 

in  dem  [hof?]  vf  von  dem  pflastert 

68  der  sint  etlich  von  alabaster  420 
meisterlich  gemachet  aldo, 

etlich  von  porphiretieo ; 

der  gang  zu  ring  gen  birg  gut, 

hamthalb  die  sint  all  emmitten  ab 

von  iasspin,  sardin  vnd  oristall.         425 

Dar  ob  ist  der  Spiegel  in  ho 

mit  meisterscbafft  geseczt  also: 

69  vier  vnd  sechzig  pfiler  stan 
zu  ring,  die  ein  sims  han; 

vff  yne  dar  all  zu  beot  430 

zwo  vnd  drisslg  sulen  stant; 

vf  den  obrn  ein  porten  stat, 

die  zwo  sulen  of  yr  hat; 

vf  den  zweien  sulen  do 

ist  der  drit  sims  also,  435 

der  vf  ein  schone  sulen  stal. 

Die  selbe  sule  den  spiege!  hat 

in  ir  zu  aller  obrist: 

70  der  sulen  etlich  ist 

von  schwarezem  mermelstein  440 

licht  vnd  gepolirt  rem, 

jetlich  von  alabastro, 

etlich  von  porfiretico. 

meisterlich  gepoflirt 

mit  rotem  goid  darin  gewirt.  445 


Die  sims  sind  all  mit  all 

von  jaspin  groo  vnd  von  cristall. 

71  Der  Spiegel,  der  ist  ein  cristal  cJar 
an  alle  mal  licht  gevar;  x 

von  künstlicher  meisterschaft  450 

hat  der  spiegel  salb  kraft, 

das  man  alles  darin  siecht, 

das  in  vnser«  land  geschieht: 

wes  vnser  forsten  vnd  hern 

beginnent  nahen*  oder  verrn,  455 

nacht  vnd  tag,  spat  vnd  fru, 

was  yr  ygklicher  tu, 

das  siecht  allmenlich 

in  dem  Spiegel  schimherlich. 

Ob  yemant  bossen  willen  hat  460 

gen  vns  oder  vntrewn  verrat, 

das  er  sich  wieder  vns  woll  seezeu, 

den  lassen  wir  allezuhant  leezen 

an  üb  an  ere  vnd  an  gut, 

das  er  es  nytner  ner  getut.  465 

72  Zu  aller  ztjt  tusent  man 
gewapent  vmb  den  Spiegel  stau, 
ye  darnach  er  siecht  (?)  für  war 
koment  ander  tusent  dar: 

also  yr  dru  tusent  ist,  470 

di  sin  huttent  zu  aller  vrist, 
das  yn  ye  man  an  rur, 
noch  zepreoh  noch  zefur. 
Wir  ghen  all  morgen  dar 
mit  sampi  vnserm  rat  für  war;         475 
wenn  wir  mint  gehöret  han, 
so  gen  wir  für  den  Spiegel  stau 
vnd  beschauwen  do  by, 
ob  icht  in  vnserm  land  sy 
vngereohts  an  keinen  enden,  480 

das  wir  das  zu  hant  wenden. 
76  Wir  haben  ein  ander  palaat  rieh, 
der  ist  dem  vordem  gar  gelich 
an  der  ho  vnd  nn  der  wyt, 
an  das  merer  rieheit  485 

vnd  grosser  zir  an  dissam  ist 
vnd  auch  mancher  speher  list. 
Der  selb  sal  ist  vor  für  war 
von  gottes  gewait  komen  dar 
vnd  stet  in  vnser  bauptstat,  490 

die  Briwicz  den  nam  hat. 
Die  stal  wir  vns  vsserkarn, 
wann  wir  darin  sin  geparn, 
dar  yn  auch  vnser  vatter  sas, 
der  eines  reines  lebens  was,  495 


396)  d.  t.  lebe.       397)  gewinne  Hs.      398)  yne  Hs.       404)  Hiernach  Von  vnsers  sales 
Spiegel.  405)  Von  Hs.         44  8)  apfel  Hs.         423)  d.  i.  im  Kreis.  424)  Obeathalb? 

425)  In  den  letzten  drei  Versen  ist  die  Ueberliefenmg  wieder  ganz  getrübt;  sie  reimen. nicht 
aufeinander.  429)  sims]  unleserlich,  vgl.  Ys.  435.  439)  das  Hs.  438)  o birst  Hs.  463)  zu 
fehlt  Hs.      481)  Hiemach  Von  dem  andern  palast.      489)  von]  vnd  Hs.      490)   in  fehlt  Hs. 

Abkandl.  d.  K.  8.  GestUsch.  d.  Wl*Mn»ch.  XVII.  ftg 


1020 


FftisDKica  Zabjick*, 


[494 


500 


505 


54  0 


515 


das  die  lot  an  allen  Spot 
ine  hellen  recht  als  ein  got 
nur  von  sine«  lebens  reinkeit, 

des  er  zu  allen  aylen  pjag. 
77  Zu  einen  zyten,  do  er  lag 

in  einem  pet  vnd  schlieft, 

die  gottes  stym  zu  yme  rief 

vnd  sprach:  *du  soll  vf  stau 

vnd  solt  puwen  la» 

ein  sal  herlichen, 

so  achtparn  vnd  riehen, 

das  wieder  fer  noch  da  py 

kein  pezzar  ninderl  sy, 

noch  halt  sin-  glich 

nynderl  vff  allem  er  tri  eh. 

Das  soll  du  ze  hant  ton, 

wenn  er  So!  sin  dtm  sun, 

der  dir  schir  wirt  geporn: 

den  hat  got  darzu  erkorn, 

das  er  werd  aller  herrn  herr, 

peide  nahent  vnd  verr, 

ein  konig  vber  all  konige  rieh, 

die  da  lebent  vf  ertlich. 
-    Der  selb  sal  ist  so  rieh, 

das  es  ist  vnglaublich, 

peid  zu  sagen  vnd  zu  schriben; 

darumb  wollen  wirs  lassen  pliben. 

Doch  wollen  wir  sin  nicht  gar  getagen 

wir  wollen  ein  wenig  da  von  sagen, 

wie  er  ynnen  sy  getan:  525 

da  ist  kein  ander  [dinc?]  an 

wan  von  helfenbein, 

von  gold  vnd  von  gestein; 

der  ist  so  vil  vermachet  darin, 

das  es  menschlich  sinn  530 

die  richeit  vnd  spacben  ltst 

vnmuglich  zu  glauben  ist 

an  den  getauelen  vnd  an  den  wenden 

noch  anderthalb  an  kein  enden. 
93  Kein  licht  nyndert  get  dar  yn,  535 

weder  sunn  noch  maneschin, 
92  vnd  ist  so  gar  licht, 

das  man  darin  sieht, 

als  an  der  stunn  Vmb  mitten  tag: 

so  deines  man  nicht  erdencken  mag,  540 

nur  man  sehe  es  seh  inperl  ichen 

ligen  vf  dem  estrichen. 

Wovon  aber  der  gros  schin 

vnd  das  licht  schinn  dar  in, 


520 


das  solt  du  wissen  all  zu  mal:  545 

90  in  yedem  winckel  yn  dem  sal 
ein  steinen  suie  stat, 
nach  der  lenge  funfezig  schuch  hat; 
das  sint  alles  gancz  stein, 
licht  vnd  pollirt  gar  rein,  551 

der  ein  Ist  grün  vnd  jasptdiu, 
der  ander  schwarcz  vnd  marmelin, 
der  drty  von  alabaster  wis : 
dar  an  ligt  arbeit  vnd  flis; 
die  vierd  sule  ist  alsus,  555 

ein  roter  porfireticus. 
Vf  ygklieber  sule  oben 
lyt  ein  carfunckel  wol  zu  loben, 
verwirekt  meisterlich  genug 
in  der  groz,  als  ein  krug.  5*1 

Die  sind  so  licht  vnd  so  clar, 
das  sie  den  palast  allen  gar 
mit  yrem  schin  geleschent  schoa, 
das  man  gar  wol  gesiebt  da  von 
in  dem  gewelb  vnd  auch  da  neben.  565 
Die  stein  auch  Hechten  schin  geben, 
der  Hgent  vil  in  den  wenden 
vmb* vnd  vmb  an  allen  enden, 
galeis  vnd  rabin, 
die  auch  gebent  lichten  schin.  571 

79  In  einem  winckel  ein  brun  entspringet, 
der  durph  die  gantzen  stein  dringet: 
der  ist  luter  vnd  reine, 

nicht  zu  gros  vnd  nicht  zu  dein. 

vnd  fliesset  twerchiss  durch  den  sal  575 

in  einer  rinne  hin  zu  tal, 

pis  in  den  gegenwincket  er  gat: 

da  verschwint  er  vf  der  stat 

vnd  verschwint  in  dem  gesiebt, 

das  man  yne  nyemermer  gesteht.      580 

Der  prun  so  süssen  rauch  hat, 

als  all  pigment  vnd  aromal 

vnd  all  cynnanita 

in  dem  sal  sin  alda. 

80  Wer  sin  auch  nympt  in  den  munt,    585 
dem  schmeckt  an  der  selben  stunt 
nach  der  spiz  vnd  nach  dem  tranck, 
dar  nach  stet  jm  sin  gedanck ; 
welcher  spis  er  dan  gert, 

des  wirt  er  dan  zu  hant  gewert.        599 
Der  selbe  sal  sunder  spot, 
der  hat  ein  besunder  tugent  von  got: 
an  welchem  tag,  an  welcher  frist 
iemand  darin  gewesen  ist, 


499)  er  fehlt  Hs.  512)  sin  fehlt  Hs.  din  Hs.  545)  allen  Hs.  547)  kirch  Hs. 
kirchen  Hs.  526)  das  Hs.  552)  murmelin  Hs.  570)  Hiernach  .Von  dem  wunder- 
lichen prunne.  575)  fliessent  tewrehiss  Hs.  583)  Das  Wort  ist  nicht  ga*z  klar. 
584)  sint  Hs.      594)  Der  selben  gat  s.  sp.  Hs.      594)  nie  mand  Hs. 


195] 


Dem  PuEftTB*  Johannes. 


1081 


der  hat  des  ein  Sicherheit,  595 

das  im  des  tages  kein  leid 
geschieht  oder  das  er  trurig  wird; 
des  tags  ym  als  sawften  verpirt. 

94  Der  sal  ist  also  bewart, 

heid  bebot  vnd  gespart,  600 

das  nyemand  darin  komen  mag 
an  vnser  vrlaab  nacht  vnd  tag: 

95  wir  gen- aber  all  tag  dar  in, 
wan  wir  iu  Wirwioz  sin. 

96  Nur  zu  eim  mal  yn  dem  jar,  605 
an  dem  selben  tag  vorwar, 

daran  wir  geporo  sin, 

so  get  mit  sampt  darin 

alles  vnser  hofgesind, 

die  by  der  stat  dwil  sind.  6t  o 

Als  sie  denn  den  tag  da  blibent 

vnd  ir  freud  gar  vertribent, 

wan  sie  dann  gar  daruss  gaat, 

so  sint  sie  frolich  all  sampt, 

wol  gesund  vnd  auch  so  sat,  645 

als  sy  aller  eren  rat 

dar  ynn  geezzen  bieten; 

so  lieber  wunn  si  sich  nieten. 
94  In  den  sal  ein  pforten  gat, 

der  hoch  dre issig  rass  hat:  620 

die  ist  all  mit  all 

von  lutern  cristall; 

die  cristall  verwirekt  sin 

gar  vnd  gar  wol  darin. 

die  port  ist  wol  bewart,  625 

beid  behut  vnd  verspart; 

wenn  wir  [alle]  dar  in  gan, 

so  finden  wir  sie  offen  ataa 

von  ir  selben  spat  vnd  fru, 

vnd  tut  sich  selbs  nach  vns  iu.  '     680 

Wenn  ander  lut  darin  gan, 

den  muss  man  nfscbliessen  schon. 
81  Nun  wollen  wir  des  alles  gedagea 

vnd  wollen  von  dem  prun  sagen, 

von  einer  tugent,  die  er  hat,  685 

die  vber  die  andern  all  gat: 

wer  sin  Irinckt  ein  gancz  jar 

dry  stund  all  tag  für  war 

[nacht]  vnd  auch  die  maned, 

der  hat  von  got  die  Sicherheit,  640 

das  er  lebt  an  var 

drii  maned  vnd  dru  hundert  jar 

von  des  selben  prunnes  gut; 

er  ist  auch  die  wile  vogemüt 

647)  netten  Hs. 


von  aller  sucht  sicherlich,  '        645 

man  tode  yne  dan  frefelicb. 
Er  ist  all  zyi  an  dar  gestalt 
als  er  sy  drissig  iar  alt, 
vnd  dann*  wol  geuar, 
yme  grawet  nyemer  ein  bar.  650 

95  Wenn,  wir  sin  an  der  selben  stat, 
die  Briwicz  den  namen  hat, 
so  sehen  wir  alle  tag  fru 
nur  dem  selben  prun  zu, 
vnd.  trinckent  sin  dan  dry  stund:    <  655 
das  tet  got  minem  vater  kunt, 
das  wirs  nyemer  myden  soMen, 
ob  wir  gesunt  hüben  wolden. 
Wan  wir  aber  yndert  riten, 
so  muss  man  füren  zn  allen  zyten    660 
des  pruns  vf  vnser  selbs  wagen, 
darumb  das  wir  iu  allen  tagen       ! 
sin  trincken  nüchtern: 
das  wert  vns  vagemut  vnd  zorn. 
das  pruns  art  weis  menschen  kein    665 
in  vnserm  land  wan  wir  allein. 
Wann  vnser  man  sin  gat,       ' 
wir  pliben  umer  (ntmer?)  vngemut 
von  den  harren  ya  den  landen, 
ob  sy  sin  tugent  erkaadea.  .      670 

Das  du  der  warheit  mnst  jehen, 
darvmb  wollen  wir  dich  lassen  sahen 
des  pruns. an  wiederwendea, 
vnd  wollen  dir  sin  senden. 


675 


D.aaPy  der  selben  sales  want 
neben  zu  der  rechten  hant, 
da  stet  ein  cappella  rieh, 
ob  allem  wunder  wunderlich, 
die  do  sin  in  vnsrem  land. 
Daran  kam  nie  keine  menachenn  band,  680 
got  hat  sie  selb  vss  erkorn. 
An  dem  tag,  do  wir  [sin]  gepern  .'' 
wurden,  vnd  zu  derselben  vrist 
[vnd]  die  kappel  worden  ist- 
vnd  ist  vor  vnser  [burt?J  gesebeen :    ■  685 
des  hörn  wir  die  alten  jehen. 
Die  kappel  die  ist  glesin, 
gar  sichtig  vnd  gar  vin,» 
oben  vnd  neben  vber  all : 
das  glass  ist  stereker  dan  der  stal.    690 
§§  Die  kappel,  die  ist  alzyt 
in  der  leng  vnd  in  dar  weit, 
wenn  nicht  mer  das  ewene  man 

682)  Hiernach  Von  dem  prunn  der  durch  den 


597)  werd  Hs. 

sal  rint.  687)  dry?  Vgl.  das  tot.  Original.  689)  dri?  Vgl.  das  UU.  Original  und  Vs. 
1040/£.  644)  war  Hs.  656)  einem  Hs.  657)  wir  ü«.  659)  nyndert  Hs.  674)  du 
fehlt  Hs.  muss  Hs .  679)  in  Hs.  674)  Hiemach  Von  der  kappein.  694)  ist  glich? 
698)  zwene]  dry  Hs,  i  ..*..•  .*;% 

68» 


10 


FuBMica  Zaibckk, 


darin  Kind,  so  ist  sie  watt, 

wan  aber  dry  darin  Rast,  6t! 

so  wirt  sy  vol  iu  hast: 

gheiit  darin  leben  oder  dritsig, 

den  ist  sie  wyt  vnd  genug  messlg; 

ob  leben  tusent  darin  gent, 

genim  aie  alle  darin  Stent;  7» 

ob  alle  diäte  weit  darin  gieng. 

die  kapel  sie  alle  bafieng, 

das  sie  genim  vnd  woi 

daria:  stunden  nid  doch  aber  vol. 

Die  lüt  gent  w  oder  in,  70 

sie  wachst  vnd  enlwachsst  inil  yn, 

den  si  wol  in  aller  frist 

roll  drein  vnd  darüber  ist, 
es  Vnd  er  drin  sie  still  alaett 
dd  iu  lob  der  baren  triailat.  71 

ee  In  d  isser  cappellen  eani, 

die  do  tessent  vnd  singen! 

vnd  ir  anft  da  volbringent, 

die  sind  all  gemein 

mensch  de  mutig  vnd  rein.  71 

sie  sind  veranytan  all  gar 

von  yr  müterlibe  für  war, 

wenn  du  mit  wissen  »andern  spot, 

wer  dem  aleMchtigen  gol 

an  einer  so  heiigen  etat  7S 

sin  gotHeh  sinnt  begat, 

der  sol  kusch  sin  vnd  rein 

vnd  wol  bettat  vor  aller  geniein. 
Ü  Ein  schönes  dosier  da  by  lyl, 

das  ist  mit  aolher  richeil  7t 

gepidlnot  vnd  gebtiwet, 

das  man  sin  nicht  trawel. 

Darin  siut  die  kappellen, 

die  gar  ein  heilges  leben  hau, 

von  der  werft  geanndert:  71 

der  sinl  wol  vlrdbalb  hundert. 

Wenn  der  einer  abgat, 

so  trtt  ein  ander  an  die  slal, 

die  dar  ni  gesogen  sind 

vnd  gepidinet  von  kind.  7S 

IT  Wann  dan  kumpt  die  vrist, 

als  von  got  gepoten  ist, 

das  sy  dar-sullen  gan 

vnd  goles  ampt  da  bogen, 
(Lücke?) 

da  by  wir  ein  sagrar  74 

haben  rieb  vnd  aofatpar 

gepüwl,  dae  man  vber  ein  schwellen 


darum  trit  i; 
darin  gent  si 
vnd   ziehen! 


noch  der  gll 
gewircU  vb« 
die  legenta  < 
vnd  dient  g< 
,  bi»  da«  sie  i 
mit  iesen  vt 

hl  Wenn  sie  « 
iu  haot  gern 
in  den  sagra 
vnd  legen*  d 
da  sis  e  hat 
wenn  sie  da 
so  loben!  sii 
vnd  mit  ein 

gg  Wer  das  rec 
habe  gewirc 

iu  der  kapp 

der  gewisse) 

keinem  men 
hh  Doch  wisset 


das  sie  sind 
vnd  glich  di 
nyemant  sy 

wenn  aie  ei  c 
vnd  tat  das 

das  (or  den 
des  selb  ein 
Die  bischof 

die  sieb  ver 
su  v  sögen  de 
die  habent  i 
wenn  das  si 
vnd  hclfent 
vnd  gotes  a 
in  dem  kloa 


7*7)  si  fehlt  Hm.      wol  Hi.      708}  Vnd  dar  Hi.       7(0)  e 
cappelktnen.  74  t)   Hier  fehlt  der  Reimveri ,   der  vielleicht  v 

7«)  daa  Ht.     7J6)  gep.  nmdeuUich,  die  Buchilabet,  könnte*  auch 
Mt.        78t)  vnd]  man?        78«)  das]  vnd  Ht. 


497] 


Dem  PauOTKft  Johannes. 


4023 


805 


810 


815 


vnd  in  der  stai  alle  zu  mall. 

Aber  das  wisst  für  war, 

das  nyemant  mag  noch  entar  795 

in  der  cappel  mess  piepen, 

nur  er  sy  ein  rechter  decben. 
kk  Wir  haben  ain  paumgarten 

vou  gewurcz  vnd  von  paumen  zarten, 

der  schint  zu  glicher  wise  800 

als  in  dem  paradise.    • 

Da  mitten  yn  ein  paum  stat, 

der  gros  wyt  est  hat, 

des  lanb  gar  süssen  smack  gyt, 

vnd  ist  grün  zu  aller  tyt: 

daruf  zu  aller  frisl 

ein  hoher  zweil  gewachssett  tat, 

das  hoch  vber  den  paum  oat. 

Zu  obirst  ein  apfel  stat, 

der  ist  schon  vnd  wol  getan 

vnd  hanget  alziit  daran: 

in  den  prun  gel  ein  lüeg, 

darass  treffet  gar  gefüeg 

an  vnderlass  edeles  harcz; 

das  nicht  vnd  ist  nicht  schwarcz: 

es  ist  durchsichtig  vnd  rein, 

recht  gestaft  als  ein  pürelstein  (?), 

vnd  lat  sich  peren  als  ein  wachss» 

ziehen  vnd  tenen  als  der  flacb&s. 

Also  ist  is  weich  für  war 

vollicklich  ein  gantz  jar. 

Nach  dem  ja r  mit  der  fert 

wirt  er  zu  einem  stein  hert: 

der  stein  der  do  wirt  da  von, 

der  ist  genant  asinticon. 
11  Kein  stal  nie  so  hert  wart, 

er  sy  herter,  vnd  hat  die  art, 

das  er  alles  füre  zwar 

leschet  vnd  vertilget  gar. 

Wan  man  yme  ysen  haltet  by, 

das  verschmelozl  er  als  ein  bly, 

kein  wafen  yne  nicht  verstereken  kan. 

Darus  wir  viis  machen  lan 
mm  zu  der  zyt  vnd  zu  der  vrist, 

die  wil  es  dennoch  weich  ist, 

heim,  hüben  vnd  ysen  hüet, 

—  die  sint  dure  durch  lr  gut  — 
schild,  sper  vnd  auch  schwer! 

—  das  wafen  ewigelichen  wert  — 
pein,  grat*vnd  auch  sporn, 
das  wirt  so  gar  vss  er  körn, 
das  man  is  mit  keinen,  sinnen 
mag  verschroten  noch  gewinnen. 

nn  Die  meister  vnd  auch  die  wisen  lüt 


820 


825 


880 


885 


8(0 


wollent,  das  der  pawm  bedut  845 

nur  vnser  edel  person; 

wan  als  der  pawm  rüchet  schon 

vnd  vberhocht  mit  sincr  genücht 

vnd  mit  siner  edeln  frücht 

all  ander  paum  gar,  850 

also  tut  vnser  nam  für  war, 

wan  man  nindert  vnsern  glichen 

finden  kan  vf  erdrieben. 

Das  zweil,  das  zu  obersi  stat, 

petutet  vnser  maiestat,  855 

den  grossen  gewalt,  den  wir  ban, 

dem  nyemand  kan  gesigen  an. 
oo  Der  apfel,  der  da  oben  stat, 

der  so  süssen  rauch  bat, 

das  er  macht  vnd  cratt-  gyt,  860 

pedut  vnser  richeit, 

die  manig  mensch  vf  haldet, 

das  es  mit  freuden  lebt  vnd  aldet. 
qq  Wir  haben  auch  ein  palas, 

der  konigs  Aswern  was,  865 

von  des  geschtecht  wir  sin  gebornn. 

Der  edel  konig  vss  erkorn 

ist  vnser  altan  gewesen, 

als  du  wol  macht  haben  gelesen, 

wann  es  die  beilge  gesebrift  seit        870 

—  da  von  ist  es  die  warheit  — 

das  der  konig  Aswerus 

den  palas  Hess  puwen  alsus. 
rr  Dar  an  Hei  seih  zirnett 

vnd  auch  so  grosse  richeit,  875 

das  sin  zu  vil  zu  sagen  ist. 

Es  sind  von  richem  sin 

ze  vier  zielen  darin 

vier  hundert  sulen  gesaezt  dar  in, 

die  sint  all  rot  guldin;  880 

ye  zwischen  zweien  siilen  neben 

stet  ein  grosse  winreben: 

di  reb  die  sint  silbrin, 

die  pleter  rot  guldin, 

die  trüben  die  sint  rein  885 

gewirekt  von  edelm  gestein, 

durchsichtig  vnd  dar, 

von  aller  hant  varb  gar. 

Die  piaben  von  Saphiren  sin, 

die  grün  von  sebmaragden  fin,  890 

die  roten  von  rübin, 

die  gelben  von  tapasin, 

dure  die  wissen  trüben  sin 

gewirekt  von  fin  perlin: 

von  cristalle  vnd  amatisten  895 

sint  die  est,  daran  mit  listen 


797)  Hiernach  Von  dem  garten  vnd  paumen  darin.  844)  wir  Hs.  854)  man  Hs. 
854)  Das  zweite  das  fehlt  Hs.  858)  apfer  Hs.  859)  so]  do  J».  868)  Hiernach  Von  dem 
dritten  palast.       878)  te  vier  ziln? 


1024 


Fkibdmcb  Zamckk, 


l* 


900 


905 


940 


915 


920 


gewirckt  vod  gemacht, 

als  es  Aswerus  hat  betracht. 

Der  sal  ist  langk  vnd  wyt, 

dy  went  sint  gar  durcbleit 

mit  schonen  leisten  guldin, 

die  gebent  daruss  lichten  schin 

den  luten  zu  plicke; 

die  sint  wol  eines  finger  dicke. 

vnd  auch  wol  einer  hende  preit; 

die  selben  leisten  sind  durcbleit 

meisterlich  vnd  rein, 
88  gemacht  von  wissem  helfenpein. 
tt  Vor  des  sal  es  tur  stat 

von  cypressen  ein  kompnat, 

zwenczig  sulen  Stent  do  vor, 

guldin,  vf  jaspin  schon  enpor: 

ye  zwischen  der  sulin  zwain 

stet  ein  paum  silbrin. 

Vf  den  esten  vnd  zweilin 

aller  hantley  vogellin 

sind  gesessen  vberal, 

galander  vnd  nachttgal, 

lerichen,  stiglicx  vnd  zeisellin, 

troschel,  vi  nebet,  kunigellin: 

ygklicher*  siezt  vf  seinem  zwi, 

recht  als  er  lebentig  sy, 

vnd  auch  in  sölher  varb  gar. 

als  er  zu  wald  ist  gevar: 

niemant  die  fogel  ruret, 

der  fenix  ist  darin  gefuret 

mit  meysterschaft  also. 

[wenn?]  wir  wollen  wesen  fro, 

so  enpeiten  wir  nicht  lang, 

pis  igklicher  sinen  sang  930 

singet  mit  siner  stym  gar  süsslich, 

recht  als  zu  wald  all  glich. 

Warum  b  vns  got  geben  hab 

so  man  ig  erhebe  gab 

vnd  also  gros  werdichkeit,  935 

das  wirt  dir  als  hie  geseit. 

All  die  rieh  vnd  alle  die  lant, 

die  die  zwölf  polen  bant 

von  ersten  begert,  die  sind  sider 

zu  vnglaüben  getreten  wider, 

an  die  romsch  Kirch  besünder. 

Die  was  auch  gangen  vnder 

nach  sant  Peters  zyten  für  war 

mer  dan  zwei  hundert  jar, 

pis  zu  des  babst  Siluester  zyt,        945 

der  mit  siner  heilekeit 

vnd  mit  den  guten  wereken  sin 

pekert  den  keiser  Consta ntin.  . 

Aber,  sind  das  sant  Thoman 


925 


940 


von  erst  predigen  hie  begao  $$# 

vnd  er  das  land  bekert 
vnd  vns  cristen  glauben  lert, 
so  haben  wir  vns  also  behaldeo 
gegen  got  mit  tagen t  mnnigfaldea, 
das  wir  nach  siner  ler  HS 

gelebt  haben  ywer  mer, 
vnd  vns  cristenlichen  glauben 
niemand  lun  noch  mocht  beraubto. 
Der  tugent  vns  got  geniessen  Ist, 
das  er  vns  geben  hat  961 

gut  wirdiebeit  vnd  gewalt 
vnd  ander  eren  manigfalt. 

97  Dich  mocht  auch  wol  besnnder 
einer  sach  nemen  wunder, 

sit  das  vns  got  hat  lassen  werdea    Hb 
den  wirdigsten  vf  der  erden 
mit  gewalt  vnd  mit  richeit 
an  eren  vnd  an  wtrdicbkeit, 
das  wir  nicht  höheres  namen  haa 
dan  den  nam  prtester  Jonen.  97t 

Das  will  ich  dich  wissen  lassen, 
warum b  das  sy  vnd  von  was  Sachen. 

98  Wir  haben  in  vnserm  hoff 
manig  kooig  vnd  bischoff, 

die  vnser  ampt  walten  975 

vnd  ir  pflegen  vnd  im  (?)  halten. 

vnser  truchsas,  der  do  stat 

vor  vnserm  tisch,  ist  ein  prymat 

vnd  mit  ym  ein  königlich; 

vnser  schenck  sicherlich  98t 

ist  ein  konig  vnd  ein  erclbischof: 

die  dient  vns  an  vnserm  hof; 

so  ist  vnser  kamerar 

ein  edeler  konig  achtpar 

vnd  ein  pischolf  darzu,  9*3 

der  dient  vns  spat  vnd  fru 

an  vnserm  hof  zu  aller  frist; 

ein  edeler  konig  marscbalck  ist, 

ein  gefurst  apt  rieh, 

der  vns  dient  teglich.  99t 

Wenn  der  apt  einer  plibt 

an  vnserm  hof  ein  maned, 

so  rit  er  wieder  in  sin  land: 

so  koment  ander  all  zu,  band. 

Ob  wir  vns  dan  etezwen  995 

heissen  Hessen  vnd  nenn 

mit  vnser  amptlut  namen, 

des  mußt  vnser  wirde  schämen. 

seind  wir  (man  ?)  vns  dan  zu  keiner  stund 

kein  nam  nie  finden  kund,  f  tt# 

der  vns  gut  gab  (war?)  vnd  genam 


900)  durchl.]  lyt  Hs.  904)  dick  Hs.  9*5)  zweilcn  Hs.  984)  Auch  hier  hat  die  Hs.,  iwe 
807  und  854  zweil.  934)  mit  fehlt  Hs.  sin  Hs.  932)  Hiernach  Warumb  vns  got  das  getao 
hab.  945)  dem  Hs.  948)  pegert  Hs.  969)  das]  vnd  Hs.  974)  machen?  983)  so 
sind  Hs.     kamerer  Hs.     986)  der]  die  Hs.    990)  der]  die  Hs.    995)  etezen  Hs.     1000)  man  Hs. 


4991 


Der  Vriestrr  Johannes. 


1025 


1005 


4040 


4045 


1025 


vnd  vnser  werdickeii  gezam, 

so  hab  wir  uns  selb  erkorn, 

vnserm  adel  hochgeporn, 

den  nam  der  minsten  wirdikeit: 

durch  rechte  demutekeit 

wir  vns  p rister  nennen  lan; 

mit  rechtem  namen  heissen  wir  Johan. 

99  von  vnser  grossen  wirdickeit, 

von  gewalt  noch  von  richeit 

wol  wir  dir  zu  dissen  tagen 

nicht  mer  schriben  noch  sagen, 

wenn  du  sin  wo!  inn  wirst, 

wenn  du  zu  vns  her  vber  verst 

vnd  du  es  selber  wirst  sehen: 

so  must  du  es  mit  vns  jenen, 

das  an  herschaft  vns  glich 

nymand  leb  vf  erdrich. 

Auch  durch  ein  grosse  Sicherheit 

vnd  das  du  für  ein  warheit  4  OSO 

künst  gewissen  alles  das 

vnd  glauben  dester  bas, 

vmb  das  so  hab  wir 

rieber  cleinad  gesant  dir. 

Das  ein  ist  ein  rieh  wat, 

das  die  weit  nicht  pessers  hat: 

die  ist  so  edel  vnd  so  gehure, 

das  man  sie  wesch  in  füre; 

vnd  ist  pfell  von  salomander, 

also  geoant.    So  ist  das  ander, 

das  wir  auch  dir  gesendet  haben, 

ein  rieh  gab  vor  allen  gabeu: 

das  ist  die  flesch  des  prunnes  vol, 

der  da  schmeckt  also  wol, 

der  den  lutea  alzit  4  035 

gesunten  vnd  mugen  gyt, 

der  in  vnserm  sal  entspringet 

vnd  anderthalb  wider  in  dringet. 

Des  solt  du  trincken  ein  gantz  jar 

vnd  drew  maned  rar  war  4040 

all  tag  dry  stund 

nuchter,  so  plibest  du  gesund 

vnd  lebst  darnach  für  war 

dru  maned  vnd  dru  hundert  jar. 

Was  er  tugent  möge  han,  4  045 

das  vindest  vorgeschriben  stan. 

Das  drit  ist  ein  fingerlin 

des  rechten  golds  von  Arabin: 

das  selb  gold  hat  die  kraft, 

Wer  is  by  yme  dreit,  der  ist  syghaft  1 050 

vnd  alle  die  wil  gar 

dry  er  man  sterck  für  war. 

In  dem  selben  gold  sin 

dry  edel  stein  verwirekt  in, 

der  ein  rot  vnd  hat  die  art, 

kein  wasser  nie  so  tief  ward, 

wer  in  hat  in  sinem  münd, 


der  lege  ein  jar  an  dem  gr&nd, 
das  er  nyemer  stürb 
noch  von  des  wassers  not  verdürb.  4  060 
Der  ander  der  ist  hiemelvar, 


4  065 


wer  in  an  der  hend  treit, 

das  den  kein  waeffen  verschnit. 

Der  drit  der  ist  goldvar 

vnd  vbergüt  die  andern  gar: 

der  hat  tugent  vnd  die  art, 

wenn  er  verporgen  vnd  verspart 

wirt  in  einer  menschen  hant, 

der  ist  vnsichtig  alle  zu  hant, 

das  mans  nicht  siecht  alle  die  vrisl  4  070 

vnd  der  slain  verporgen  ist. 

Dise  kleinad  senden  wir 

zu  minn  vnd  ze  lieb  dir: 

die  soltu  versuchen  lan 

zu  hant,  ob  sie  die  tugent  han,    4  075 

die  wir  dir  haben  geschriben  hie. 

Ob  du  dan  erfindest  die, 

so  macht  du  wol  an  geüar 

das  ander  alles  glauben  gar. 


4  030 


D.xx  Zu  Vribicz  man  geben  hat 
den  brief  in  vnser  hauplslal, 
noch  vnser  burdt  für  war 
in  eim  vnd  fünfzigsten  jar, 
nach  der  alten  puech  sag 
an  dem  plümostertag. 


4080 


4  085 


4  055 


4090 


4095 


Do  der  briff  versiegelt  wart, 

die  herren  zogten  mit  der  vart, 

vnd  zogten  von  dem  land 

vf  dem  wasser  vnd  vf  dem  send 

so  lang,  das  sie  zu  land  kamen 

vnd  die  haw  zu  Pullen  namen 

in  der  stat  zu  Paren. 

Do  Hessen  sie  die  schiffer  varen, 

vf  ir  pert  sie  sazzen 

vnd  ritten  vf  die  strazzen, . 

die  gerichts  gen  Rom  gat. 

do  man  vernam  in  der  stat, 

das  komen  solt  der  cardinal, 

die  paffen  ghen  yme  alle  zumal 

zu  Rom  für  die  stat  giengen 

vnd  yne  mit  Schönheit  entphiengen. 

Mac  ig  kardinal  vnd  pischoff 

in  fürten  an  des  babstes  hoff; 

der  babst  yne  tügentlich  entphie : 

der  schriber  mit  ym  gie. 

Der  babst  fragt  yn  der  mer, 

wie  es  ym  ergangen  wer; 

der  cardinal  sagt  im  besonder 

die  wirdickait  vnd  die  wunder, 

die  er  alda  het  gesehen:  4  44  0 

des  must  ym  der  schryber  jehen. 

Der  babst  zeigt  alda 

dem  polen  die  Veronica, 

darzu  das  prcBpüciüm 


4400 


4405 


4  005)  der  man  Hs.  4  006)  rechter  Hs.  4  047)  vnser  Hs.  4  048)  nyndert  Hs. 

Hiernach  Von  der  kleinad  keiser  Friderichs.  1024)  cleider  Hs.  4025)  ein  fehlt  Hs. 

4  032)  von  Hs.         4  069)  das  Hs.         4  079)   Hiernach  Wo  geben  sy  der  brieff.  4080)    Ys. 

604  Wirwicz,   Vs.  652  Briwicz.         4  085)  d.  i.  Palmsonntag.     Hiernach   in  der  Hs.  Wie  der 
cardinal  wieder  zu  land  kam.  1086)    Von  hier  an  bis  zum  Schluss  abgedruckt  v.  Jacob 

Grimm  in  »Gedichte  des  Mittelalters  auf  König  Friedrich  /.«,  Berlin  4  844,  S.   4  03/p. 


4026 


FniBDfelCfl  Zamckb, 


[tto 


4130 


4435 


vnd  ander  gros  heil  tum.  4  4  45 

Do  das  der  schriber  ersach, 

au  dem  pabst  er  do  sprach; 

4  ich  müss  mit  der  warheit  jenen, 

ich  hab  cleinad  hie  gesehen, 

das  alles  gold  vnd  alles  gestern,  4120 

peide  gros  vnd  klein, 

die  man  in  vosern  landen  siecht, 

gen  dissen  dingen  sint  zu  nicht. 

Ton  dem  babst  er  vrlanb  nam 

vnd  von  dem  cardmal  aisam,        4  4  25 

vnd  reit  vss  der  stat  zu  Ram 

als  lang,  als  er  zu  Schwaben  kam 

in  die  veste  zu  Stauffe 

(Lücke). 
wan  er  mit  huss  alda  sazz; 
die  selbe  stat  sin  erbe  wazz. 
Der  pot  far  den  keiser  gie, 
tugentlich  er  yne  entphie. 
Do  er  den  keiser  ansach, 
züch  ticlich  er  zu  ym  sprach: 
'von  Yndia  priester  Johan, 
min  herr,  heisset  uch  grossen  lan, 
vnd  ha*  uch  dissen  briff  gesant, 
der  uch  sagt  vnd  tut  bekant 
sin  er  vnd  sin  wirdekeit 
vnd  siner  land  gelegenheit,  4  440 

vnd  auch  sin  herschafft  offenbar, 
sin  leben  vnd  auch  sin  glauben  gar/ 
Er  hat  uch  von  sinem  land 
disse  cleinad  gesand, 
die  sult  ir  versuchen  lan  4145 

ob  si  solioh  craft  han, 
als  uch  min  her  geschriben  hat: 
so  wert  yr  gewar  vf  der  stat 
alles  das  uch  der  prieff  seit, 
das  das  ist  ein  warheit. 
Der  keiser  selber  den  briff  las, 
want  er  wol  geleret  was; 
ygclichs  läse  er  besonder; 
yne  nam  des  vil  wunder, 
wie  nur  vf  der  erden 
solh  herschaft  mocht  werden. 
Die  cleinat  er  alle  glich 
selb  versucht  tawgenlich. 
Do  er  an  yne  allen  sampt 
die  ganczen  warheit  erfant, 
da  glaupt  er  dester  pas 
das  an  dem  buch  geschriben  was. 
Der  keiser  sant  all  zu  hant 
prieff  in  alle  cristen  lant, 
beid  nahent  vnd  verren,  14  65 

allen  fürs  tan  vnd  herren 
vnd  man  »gern  riehen  bischoff: 
er  wolt  haben  einen  grossen  hoff 
zu  Ach  in  der  stat, 
darzu  er  sy  komen  bat  4  4  70 

vnd  lued  sie  all  glich, 
wan  er  wolt  gar  reichlich 
grozz  ritte rschaft  da  tun 


4 1 50 


4155 


4460 


vnd  wolt  krönen  sin  sön 

zu  Romsch  rieh  H75 

mit  der  forsten  rat  glich, 

das  er  des  riches  plegar 

in  allen  dutschen  landen  war; 

so  wolt  er  aber  so  mit  her 

vf  die  beiden  vfoer  mer.  4  48t 

Er  sant  auch  besünderlich 

sin  brif  dem  konig  von  Franckrica, 

das  er  zu  syme  hof  kam 

vnd  gros  wunder  da  vernam, 

vnd  alle  sin  trnwe  gedacht,         1483 

vnd  die  durnein  krön  bracht 

mit  sampt  ym  an  der  fart, 

die  got  in  sin  haupt  gedruckt  wart. 

Dar  nach  der  Romsch  vogt 

richlich  gegen  Ach  zogt;  1« M 

die  forsten  vnd  die  herren  rieh 

zogten  all  tag  teglich, 

peide  spat  vnd  frü, 

mit  grosser  herschaft  zu 

Do  st  waren  komen  all  4115 

mit  reicheit  vnd  mit  grossem  schal, 

der  keiser  vf  ein  hoch  trat, 

den  prief  er  vor  im  so  lesen  pal, 

den  ym  priester  Johan  da 

gesent  het  von  India:  4ttt 

er  hies  yns  lesen  alles  gar. 

Do  der  schriber  kam  aldar, 

das  er  solt  lesen  von  dem  stein 

vnd  des  edelbeit  allein, 

von  der  ein  mensch  vnsiehtag  ist  litt 

pis  die  ayt,  als  lang  vrist 

er  ist  verporgen  in  blosser  hast, 

der  keiser  winekett  ym  zu  hast 

vnd  hies  yna  verdagen, 

wann  er  wolt  U  nyemant  sagen.  4iM 

Den  andern  cleinad  er  yn  gar 

zeugt  vnd  versucht  sy  offenbar. 

Den  rock  von  Salamander  tewr 

warff  er  vor  yne  yn  ein  fewr: 

der  macht  mit  nicht  verprianeo,  4iO 

er  ward  nur  new  vnd  Höht  darioneo. 

Er  gab  den  forsten  alle  sampt 

des  pruns  zu  trinekea  alle  z«  hant; 

yedoch  der  keiser  das  vermaid, 

das  er  sin  tugeat  nicht  gar  saki.  lii* 

Do  sie  die  warheit  sahen, 

gemeiniglich  des  janen, 

das  an  richeit  sin  geiieh 

nyndert  lebt  von  ertrich. 

Do  der  hof  ein  ende  hat,  12H 

die  herren  wurden  des  zu  rat 

mit  einander  glich, 

das  sy  die  cleinad  von  dem  rieh, 

das  krücz,  die  nagel  vnd  das  sper, 

vnd  vnser  freu  wen  hemd  her      123* 

vnd  die  krön  domin, 

darzu  den  rock  purpurin 

dem  gaste  zeigen  sohlen 


4  423)  Hiernach  Wie  der  schreibar  zu  dem  keiser.  4  4  26)  Doch  wohl  Rom  :  kons. 

4  462)  Hiernach  Wie  er  einen  hof  pot.  4169)  Der  Fürstenlag,  auf  dem  4  220  Heinrich  zum 
König  gewählt  ward,  fand  in  Frankfurt  a.  M.  statt.  4  483}  Entspricht  natürlich  nicht  der 
Geschichte.  Am  Leben  aber  war  Philipp  damals  noch  (f  4  223).  4  4  98)  von  Hs.  4215  eia 
fehlt  Hs.  4224)  Das  Hs.  4225)  Doch  Hs.  4228)  die  fehlt  Hs.  4231)  vnd]  das  ff*. 
4232)  den}  der  Hs. 


«01  j 


Der  Prieste*  Johannes. 


102t 


vnd  yne  da  mit  eren  wolden. 

Dar  nach  d*»s  dritten  morgen  fru  4  235 

die  herren  gingen  all  zu, 

die  pischoff  #vnd  die  pafTheit, 

mit  zir  vnd  mit  heilekeit 

vnd  zeigten  die  cleinad  gar 

aller  werlt  offenbar.  12*0 

Do  der  pot  die  cleinad  stich, 

zu  den  fursten  allen  er  sprach : 

'ich  mag  gespreche n  vnd  getar 

von  mym  hern  offenbar, 

das  all  sin  richeit  ist  1245 

gen  disser  richeit  als  ein  roist." 

Der  edel  vnd  der  rieh 

konig  Philip  von  Franckrich 

ein  dorn  vss  der  krön  brach, 

das  es  der  bot  an  sach;  1150 

der  keiser  Kriderich  selber  schneid! 

ein  spann  lang  vnd  preidt 

von  des  edeln  bolcz  bäum  Slam, 

da  got  den  tod  selb  an  nam, 

vor  allen  fursten  offenbar,  1255 

das  es  sach  der  schrybar. 

Die  cleinad  sand  der  keiser  da 

priester  Jon  an  von  India. 

Der  keiser  lie  nicht  pliben, 

er  hiess  ym  wieder  prieff  schriben  1160 

vnd  danckt  ym  gar  ser 

vrab  die  truwe  vnd  vmb  die  er, 

dye  er  yn  het  angeleit, 

vnd  auch  der  riehen  cleit. 

Der  pot  heim  zu  varen  gert,         1265 

der  edel  keiser  yne  des  gewert ; 

von  dem  keiser  er  vrlaub  nam 

vnd  von  den  fursten  alsam. 

Der  keiser  vne  be leiten  lie 

bis  in  die  »tat  Venedie ;  12"0 

da  selb  er  vff  das  mere  sas 

vnd  far  aber  furbas. 

Wo  er  furpas  da  zu  land  kam 

oder  wenn  er  heim  kam, 

das  ward  mir  nicht  kund  getan:  1275 

darumb  wil  ich  es  lygcn  lan. 

Der  edel  keiser  Friderich 

behitlt  die  cleinat  flissielich 

in  siner  gewalt  für  war, 

ich  ways  darnach  wie  manig  jar,  .1280 

bis  das  [sich]  der  babsl  Honorins 

gen  yme  sich  gestalt  alsus. 

das  er  sin  vngenad  gewan 

vnd  in  det  yn  den  bau, 

vnd  yne  von  sinen  erm  scheit     1285 

vnd  von  der  gemein  der  cristenheit: 

vnd  die  fursten  hochgeporn. 

die  dem  rieh  hatten  geschworn 

[vnd]  dort  vnd  auch  hie, 

der  aid  er  sie  ledig  lie.  1290 

Do  nun  die  fursten  stunden  ab, 

des  gewan  er  grossen  vngehab, 

wann  yr  luczel  zu  yme  ritten 

(Lücke). 
in  welch  slat  er  die  wile  reit, 


gotes  ampt  man  vermeyt.  1295 

d«il  er  darin  was; 

vnd  man  kein  messe  darin  las, 

noch  kein  tagzyt  man  darin  sang. 

Die  zit  wert  gar  lang. 

das  man  is  nie  berichten  kund.     1300 

Der  keiser  zu  einer  stund 

vor  der  tisterlichen  ztt, 

darumb  das  die  cristenheit 

die  hedig  zyt  al.began, 

das  er  sy  icht  vrret  daran,  1305 

(Lücke?) 
der  keiser  bereit  sich 
mit  sinem  jaged  weidlich. 
Niemant  w&st  vnder  yn 
sinen  mut  noch  sinen  sinn. 
Die  edel  wat  die  legt  er  an,  1310 

dye  man  yme  sand  von  Indian, 
vnd  die  fl eschen  er  alsam 
mit  dem  prurt  darvnder  nam, 
der  do  schmackhaft  was: 
vff  ein  gut  ros  er  da  sas,  1315 

mit  yme  ritten  etlich  herren. 
Do  er  kam  in  den  walt  verren, 
sin  vingerlln  nam  er  yn  die  hant : 
an  dem  gejaid  er  verschwant, 
das  man  den  edelen  keiser  her     1320 
sind  gesacb  nyemer  mer. 
Also  ward  der  hochgeporn 
keiser  Friderich  do  verlorn. 
Wo  er  darnach  ye  hin  kam 
oder  ob  er  den  end  da  nam,         1325 
das  kund  nyemand  gesagen  mir; 
oder  ob  yne  die  wilden  tir 
vressen  habn  oder  zerissen, 
es  kan  die  warheit  nyemand   wissen ; 
oder  ob  er  noch  lebentig  sy,         1380 
der  gewissen  sin  wir  fry 
vnd  der  rechten  warheit. 
Yedoch  ist  vns  geseit 
von  pawren  solh  mer, 
das  er  als  ein  waler  1835 

sich  oft  by  yne  hab  lassen  sehen, 
vnd  hab  yne  offen  lieh  verjehon, 
er  süll  noch  gewaltig  werden 
aller  Romseben  erden, 
er  süll  noch  die  paffen  stören       1340 
vnd  er  wol  noch  nicht  vf  hören, 
noch  mit  nichten  lassen  abe, 
nur  er  pring  das  heiige  grabe 
vnd  darzu  das  heilig  lant 
wieder  in  der  cristen  hant,  1345 

vnd  wol  sines  schiltes  last 
hahen  an  den  dorren  ast. 
Das  ich  das  für  ein  warheit 
sag,  das  die  pauren  haben  geseit,« 
das  nym  ich  mich  nicht  an,  1350 

wan  ich  sin  nicht  gesehen  ban. 
Ich  han  ys  auch  zu  kein  stunden 
noch  nyndert  geschriben  funden, 
wan  das  ichs  gehört  han 
von  den  alten  paüren  an  wan.     1355 


1280 j  d.  i.  ich  enweiz.  1281)  Das  ist  nicht  richtig,  es  war  Gregor  IX,  der  Friedrich 
zweimal,  1327  und  1239,  in  den  Hunn  that.  1285)  .seit  Hs.  1 1 90)  sich  Hs.  1292)  \n- 
getnach  Hs.         1299)   Die  zal   Hs  1302)  dem  österlichen  tage  Hs.        1808)  die  fehlt  Hs. 

1804)  al]  sol  Jac    Grimm,  al  meine  Abschriß. 


1U28 


Fkikdrich  Zahncee, 


i*i 


Aber  das  der  hoch  gebor» 

keiser  Fridrich  wurd  verlorn 

alsus  vnd  auch  alda, 

das  sagt  die  Romseh  cronica, 

da  von  ichs  wol  gesagen  lar         1360 

vnd  geschriben  offenbar, 

das  ley  noch  die  paffen 

daran  nicht  mögen  gestraffcu, 

das  ich  dort  doben  bau  gcsoit 

Ob  das  sy  die  warbeit  4  365 

vnd  ob  ym  allen  sy  also, 

das  hab  ich  nicbt  gesehen  do, 

wann  ich  da  nicbt  bin  gewesen  : 

y  eil  och  hab  ich  vor  war  gelesen 

in  eim  püch  zu  latin  4370 

da  es  ist  geschriben  in 

zu  der  zyt,  do  es  geschacb ; 

vnd  vber  manig  jar  darnach 

han  ich  mich  des  betracht, 

vnd  habe  sin  genomen  acht.  4375 

(Lücke  ?) 
Tugent  ere  vnd  manheit 
noch  (?)  milt  noch  gereebtekeit 
gewaltigkeit  vnd  schon 
in  Vngernland  druge  die  krön. 


<  Lücke  ?' 
In  siner  stat  zu  Konigsperck        Ulf 
han  ich  volbracht  dis  werek.    „ 
Welch  herren  oder  gesellen 
es  nicht  £ar  gern  glauben  welleo, 
oder  von  guten  willen, 
der  schwige  darzu  gar  stillen       4385 
vnd  heiss  mich  nicht  liegen, 
wenn  ich  will  n venia nt  belnegco 
hie  noch  mit  halt  (?)  pringen 
vmb  kein  sin  Pfenningen, 
wann  ich  keines  mannes  gab       439t 
darumb  nie  genomen  hab: 
nüri  durch  guter  gesellen  pel 
ich  es  williclichen  det, 
vnd  ich  die  wile  vortreib  du  mit 
vnd  auch  muezgang  vermil.         4395 
Diss  puchis  tichtar 
[vnd]  heisset 0 s s w a 1 1  der  schnhar 
Got  ringe  all  vnser  schwär! 

Anno  4478. 

Explicit  hoc  totum : 
infundc,  da  mychi  poUim. 


1359)  verouica  Hs.     4  370)  eim  fehlt  Hs.     4  384)  oder]  ob  er  ist?     1896)  Dis  puch  ist  fli. 


INHALTSÜBERSICHT. 

SeiU 

Einleitung 3 

Capitel  I,    Der  Patriarch  Johannes  von  Indien  und  der  Priester  Johannes. 

1 .  Der  Patriarch  Johannes  von  Indien. 

a.  Der  anonyme  Bericht 5 

b.  Der  Brief  des  Odo  von  R  hei  ms 17 

2.  Der  Priester  Johannes. 

a.  Der  Bericht  des  Otto  von  Freising 21 

b.  Das  Jahr    HH 24 

c.  Ibn  el-Athir 26 

d.  Spätere  Geschichtschreiber 32 

e.  Benjamin  von  Tudela? 35 

f.  Yeliu-tasche 37 

g.  Schlusserörterungen 42 

Capitel  II,   Der  Brief  des  Priesters  Johannes  an  den  byzantinischen  Kaiser 
Emanuel. 

1.  Einleitung 46 

2.  Handschriften. 

a.  Der  alte  noch  uninterpolirte  Text 54 

b.  Beginn  der  Interpolation   (A) 55 

c.  Zweite  Interpolation   (B) 57 

Anhang  zur  zweiten  Interpolation   (B; 64 

d.  Dritte  Interpolation   (C) 66 

e.  Vierte  Interpolation   (D)         71 

f.  Fünfte  Interpolation   (E;        75 

g.  Unbestimmt  gebliebene  Handschriften 77 

h.   Uebersichtstabellen 81 

3.  Text  des  Briefes 83 

2.  Abweichende  Lesarten  und  Anmerkungen 98 


1030 


Friedrich  Zarxcke, 


l 


Capitel  III,    Der  Brief  des  Papstes  Alexander  an  den 

Einleitung.   Text  e\r IM 

Amiav,,     Die  deutschen  Uebersetsungen  des  Presbyter-Briefes. 

1.  Der  Text  Her  Berliner  Ha'.H-ichrifl III 

2.  Der  Text  der  Ambras- Wiener  Handschrift IM 

3.  Der  jüngere  Titurel IM 

i.   Der  Text  der  Miinchener   Handschrift I§7 

5.   Der  Text  der  Heidelberger  Handschrift I7S 


A 


} 


IHK 


MELANESISCHEN  SPRACHEN 


NACH  IHKKM 


AMMATISrIIEN  BAU  l  NU  1HKEK  VERWANDTSCHAFT  ÜSTKB  SICH 
UN«  MIT  DEN  MAI.AIISCH-I'W.YNESISCHEN  SPRACHEN 


STEBSUCBT 


II.  C.  von  i.ek  GABELENTZ. 


ZWEITE  ABIIAMtLUNG. 


Ue*    VII.  Bunden  der  Abhandlungen  der  philoiogiHeii-biuMriscben  ('Uwe  der  Königl. 
Sächeiscben  Gesellschaft  der  Wissenschaften 


LEIPZIG 

BEI   S.   HIRZEL. 
187». 


SCHRIFTEN 

DER  FÜRSTUCH-JÄBLONOWSKBCHEN  GESELLSCHAFT 


ZI     LEIPZIG. 


AHHAMU.l-MiL'N  bei  Be-iründongder  Königl.  Sarhsischr  n  <■ 

«ehalt    der    Wissensrhaften  am  Tage  der  z»ciliiitiu>rtj;ibri*rii  lietmrt» 
frier  Leiiraizens  herausgegeben  von  der  Fürst!.  Jjbl(iii»wskis<-b. .    I 
Mit  dem  Bildnisse  von  Leihniz  in  Medaillon  uuil  zahlreichen  Hrilzsrflnitlen  a»4 
KupferUlein.  61  Bogen  in  hoch  4.    IMG.    broch.  Pm*  5  TWr 

PREISSCHKIFTEN  gekrönt  and  herausgegeben  vog  der  F. 
Jnblonowstisrlien  Gesellschaft. 
1.  II.  GRASSMAV*.  Geaaetriaeke  Analyir  geknaan  .<■  di«  m  UArna  rrUn-j— r  (w- 
Iritrbe    Ctairarterittik.       Mil    einer     rrlaaiernilrM    Ab**aJlaat    ioa      I 
bneb  t.    IHiT 
J.  R.  B.GBINITZ,  d»«  Qaaderj-eWrg-o  »dw  di«  Kreidef..rmation  ■■Sichwa.aülaVncUiafc- 

lipuf  der  slaaksBitrriehca  SchiehtM.    Mil   I  c«t«r.   Tafel,    hoch  I.   IBM 
1,  J.  ZECH,     A*lro*omi*cbe    l  Blersochiineen   über   dir    Mcindfinslrraitfe    dpi     %ksac«t. 
Wh  i.    1651.  1»  V 

,    |,   £BCB,  Atlronniiiitekc  l  ■lerim-hunren  über  die  Hirhij^crm  Fi  utero  tu*,  arlrbr  i« 

deu  Seh  riflitrl  lern  dr»  rtasiUchro  Alterlbuns  erwählt  werden    kack   LISI 
.,.  tl     B.  GEINITZ,    Ilarstellnnf;   (Irr   Flora   (Im   Uainirhrn  -  Ebrndxrfer   nn  i 

Koblenbis-..«..   buch  i.   Hit  1 1  iiua  Irrt,  fein  in  gr.  F*Ka.   185t.  8  TW. 

6.  Tit.  HIRSCH,  Uanzirs  Handels-  usd  Gewerbageeehiekte  unter  der  RtrrscfcaA  •*■  aW- 

,Hirn  Ordens,    hoch  (.    1858.  I  TW» 

I.  H    tVISKBMANN,  dl«  antike  Laadarirtkaebaft  und  das  vod  TkänaaadM  G«.t«,  i»  da 

alten  SetriRalaUtra  dargelegt-    18S9,  5  t  >*t 

8.  R.WBRfER,  Urkundliche  Geschichte  der  Igiaaer  Tnrhmarher  Zupft.    1861.        I   Teir 

9     V.  BÖTIV1EBT,   Beitrat«  lur  Ge.cliie.hle  de,  Znntlweseas.   18«!.  1  Tbl-     I      Rp 

10.  H.  HISKEMAW,  DaraiaUaag  der  ia  rJealacfclMd  mr Zeil  der  Refnrtaat»a  h*rr>taa»- 

den  natioi.alubooomi.eheq  Ansiehtea.     ISB2.  1  Tblr    l»  \ft 

11.  B.    L.   ET1ENNR  LASPEYRES,   Geschieht*  der  valkawirUicbalUlabf»  Aaickaaaatai 

der  Niederländer  and  ihrer  Li  Um  lur  inr  Zeil  def  Republik.    IBM.       I  Tblr.  30  1p 

12.  J.  FIKENSCH8R,  Uniersachnng  der  iiiri-iiin.rptii.rhr.n  Gesteine  dar  Lau.-. 

ferhalbinsel.  1867. 

13.  JOH.  KALKE,   Dir  Geschichte  des  EarTurslen  Aaguil  van  Saobsea  in  lolliuiriktcbab- 

Iteber  Beziehung.    1869.  3  Tbl 

14.  B.  BÜCHSENSCHÜTZ,    Die  Hauptstätteu  des  Oe  wer  Meines   Im  klaaabackM 

Altcrthiiine.    186». 

15.  Du.  HUGO  BI.CmNEB,  Die  gewerbliche  Thittgkeil  der  Völker  de«  klaaaiach** 

Allerthums     186D  I  Tlilr    II  Sn 

16.  HERMANN  ENGELHAEDT,    Flora  der  Braunkohlenfotraatfon  im  Künigrrici 

Sichion.   Mit  15  Tafeln.   18T0.  t  T'tlr 

17  U  ZEI88BEEG,  die  polnische  ÜescbiehtachreibnngdeaHJtt 

Leipsig.  S.  Uirzel. 


ABHANDLUNGEN 

DER 

L  SACHS.  GESKLLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZU  LEIPZIG. 


PHILOLOGISCH-HISTOIUSCIIE  CLASSE. 

KHSTEBBAJSD.   Mit  einer  Karte,  hoch  4.   1850.  broch.  Preis  6  Tlilr. 

A.  WESTEHMANN,  UatwwehwgM  über  .Li-  in  die  attischen  Hedner  eingelegten  Urkun- 
den. 2  Abhandlungen.  1  Thlr-. 
>F.  A.  EJKERT,  über  Dimonni.  Heroen  und  Genien.  21  Ngr. 
TH.  MOMMSEN,  über  das  römische  Hltawem.  I  Tblr.  M  Ngr, 
E.  v.  W'IETERSHEIM.  der  FaMsag  desGcnuamcus  MI  der  W«W.  1  Thlr. 
I,  IARTBNSTBIEV,  Darstellung  der  necbls|>hil'>^>|>hi<- ilrs  Iiiii;.>  r.n.tiu«.  W  \jtr. 
TH.  MOMMSEN.  über  den  Chronngr.phen  v.im  Julire  33i.  Hü  einem  Anhange  über  die 
O.iellrn  der  Chronik  des  Hieronymus                                                           I  Thlr.  III  Figr. 

ZWEITER  BAND.  Mit3TufeIn.  horh  4.   1857.  brocb.  Prris  7  Thlr.  10  Ngr 

I\V.   nOSCHEK,    nr   Geschichte  der   Englischen  Volks»irth*.-harislebre   im   sechzehnten 
und  siebzehnten  Jahrhundert     1)151.  I  Tlilr. 
Nachtrüge.  I8.i.\  s  Iffr. 
J.  G.  DltOYSEN.   Eberlinnl  Winde,!.    IS.'.H.                                                                           >l  Ngr. 
TH.  MOMMSEN,   Polemü  Siivü  laWrculus.    1853.                                                         I«  Ngr. 
Vnlusii  Macciani  dislnlmlii:  partlau,    I8SS.  6  Ngr. 
J.   6.  DROYSEN  .  Kwai  Verzeichnisse .  KaiMr  Karls  V.  Lande,  »eine  und  seiner  Grawes 
Einkünfte  und  anderes  betreffend.   1*54.                                                                 M  Kgr. 
TH.  MOMMSEN,  die  Stadlrrchle  der   latfnjaeactt   Gemeinden  Sal|.ensa    un<l  MsltM    in  der 
Provinz  Raelica.   1855.                                                                                               I  Thlr. 
--  ■  Nachträge.  1855.                                                                                K  Nfr. 
FRIEDRICH  ZARNCRB,  Die  urkundlichen  yuelleu  zur  Geschichte  der  Universität  Leipzig 
in  den  Bratai  150  Jahren  ihres  Bestehens.    1W7.                                                     3  Thlr. 

DKITTEB  BAND.    Mit  8  Ta rein,   hoch  4.   1861.  Preis  8  Thlr. 

H.  C.  VON  DER  GABELENTZ.  die  Melanosisrhen  Sprachen  nach  .hrem  grammatische« 

IHiin    und    ihrer    Verwandtschaft    unter    sich    und    mit    den    Malaiisi-Ii  -  Poti  nesisrlir« 
Sprachen.    ISfiO.  2  Thlr.  20  N>r. 
li.  FLiJGKL,  die  CEaartN  der  Hanelitisrben  Rechtsge lehnen.    IM*,  2*  Ngr. 
Hill    GlIST.  HllnlM-:\.  das  Stra[end(irllisrbc  Gutachten.    I8fi0.                                   2t  Rgr. 
H.  C,  VON  »Ell  GABELENTZ.  über  das  PoaaiveB.    Eine  snracb  verde  ich  ende  Abhnnd- 
[■    I  WO«.                                                                                                                 28  Ngr. 
TH.  MOMMSEN.  dieChronik  desCnssiodorusSeuaturv.  J. 519 n.Chr.  1861.  1  Thlr   IDNfr. 
OTTO  JAHN,   Über  Dai  Stellungen  griechischer   Dichter  au.   Vasenbildern.    Mtl  8  Tafeln 
1861.  2  Thlr. 

VIERTEKBAND.   Mit  2  Tafel»,  horh  4.   18«iö.  Preis  6  Thlr. 

J.  OVEItBECK,  Beitrage  zur  Erkenntnis!  und  Kritik  der  Zeiisreligion.  I8ttl.  28  Ngr. 
6.   HARTENSTEIN.   Locke's  Lebre   von  der  menschlichen   Erkenntnis*   >n  Vcrgleichung 

mit  Leibnilt's  Kritik  derselben  dargestellt      ISi.l.  I  Thlr    ll)  Ngr. 

WILHELM  KOSCHER.  Die  deutsehe  Nniunak..konnmik  U  der  ttränzschcide  des  sccli- 

.'.■rniii'n  und  siebzehnten  Jahrhunderts.   I8U2,  20  Ngr. 

JOH.GL'ST.  DROVSEN,  Die  Schlacht  von  Warschau  Hüft  Mit  I  T»f.  1863.  ITalr.lt  Ngr. 
AlG.  SCHLEICHER,     Die  Lnlerscheiduug   v&t   H U    und    Vet-bmii  in  der  liulliehen 

Pam.   IMS.  2t  Ngr. 

J.  OYEHBECK.  afcer  die  Lade  Jm  hVaaab».   ttil  I  Tafel.    IMS.  28  Ngr. 


FÜNFTER  HAND.  Mit  G  Tafeln,  hocb-4.  1870.  PreuKTOr. 

K,  MI'l'l-.IIUEV,  die-  leges  Annales  drr  P.Va.M««D  n.-f.uhliL. 

JOH    «(IST   DIIOVSEN,  da,  IWamriit  drscrotte»  Hurfürsn  ,, 

<;EOR<;  CUHT1ÜS,  Zur  Cbronalotie  der  ladogenaanifebeN  Sp  rieb  für**  tao«| 

OTTO  JAHN,    über   Darrtel lunpm   de*   Handwerk*   und    Nandctsrerkean 

Waadaemilden     IS6B.  I  Tbir  i>iv 

ADOLF  EBERT.   TcrtullUn'i  VerbKIralu  ia  Minnd«  Felii,  nrl.il   riw«   *..*** 

Caanaodlaa'f  oanaea  ipnlapileDB.    1868. 
GEORG  VOIGT,  die  Denkwürdigkeit«)  (1807—1236    des  Mim.riteu  J«.r<UaM  .,« 

Qtmo,  WO. 
CONRAD  BURSIAS  .  Erophile.    Valsürgriech lache  Tragoedie  von  Georgioa  Ck«r- 

tatzes  aus  Kreta    Ein  Beitrag  zur  Qeaeaicnte  de)  nenarieeliiaehw]  od 

nischeu  Litteratiir.    1870. 

SECHSTER  BAND. 

MORITZ  VOIGT,    Uiier   den  Hedeutunpswechsel  gewisser  die  Zurechnung  und  da 

OeOQomiBohen   Erfolg  einer  Tluit  bezeichnender  technischer  latiiniMliev  Aa» 

drücke.   IS73  I  TU: 

GEORG  VOIGT,    die  Geschieh  lach  reibung  über  den  Zug  Karls  V.    gegen  Tw» 

1*72 
ADOLF  PGIL1PPI.   Über  die  Klinischen  Triumphalreliefe  und   ihr, 

der  KmiBtgcBc.hirlit«.    Mit  :i  Tafeln. 
LUDWIG  LANGE,  Der  homerische  Gebranch  der  Partikel  Ei.    I    Eil 

Ei  mit  dem  Optativ.  1  TMr 
Der  homerische  Gebrauch    der  Partikel  Ei.     II     Ei    keu    an    mit 

Optativ  und  Ei  ohne  Verbum  Finitum. 

SIEBENTER  BAND. 

H.  C.  VON  DER  GABEI.ENTZ,  die  Meianesisehen  Sprachen  nach  ihrem  gramina- 

"  r  sich  und  mit  den  Mab.i. 

a  Thr 


tischen  Kau  und  ihrer  Verwandtschaft  c 


Basischen  Sprachen      Zweite  Abhandlung. 
Leipäff,    Oclober  1873. 


8.  Hirzol. 


BERICHTE 

ÜBER  DIE 

VERHANDLUNG!:  \ 

HEB  KÖNIGLICH  SÄCHSISCHES  GESELLSCHAFT  DER  WISSKKSCHAFTKK 

ZU  LEIPZIG. 

PHILOLOGISCH  -  HISTOKI8CHE   CLA88E, 

VIER  UND  ZWANZIGSTER  BAND. 

IS72. 

MIT   I    LlTHOOaiPBTlITni  TAFEL. 

er.  8.  I'reiB:  10  Ngr. 
INHALT: 

Drobüfh,  statistische  Untersuchungen  des  Distichon  'von  Herrn  Dr.  )tultgr*ti.| 
,tf.  Voigt,  über  das  römische  System  der  Wege  im  alten  Italien 
(ierädurf,  einige  aufgefundene  Original briefe  aus  dem  XIV  Jahrhundert. 


DIE 


EPHETEN  in»  der  AREOPAG 


SOLON 


LUDWIG   LANCE 

UTOUSS  IM.tl  KilMill.    >Ai(IS.  liESM.l.SLHAFT  UHR  W  W:-LNSrll  A  M't.S'. 


Dea  VII.  Banden  der  Abhandlungen  der  philoki^iseU-lii-tocieclieii  Claaae  der  Ki)nigl. 
Sjiehaiäeben  Gesell.-clnift  der  Wisaenschaiien 


' 


LEIPZIG 

BEI  S.  HIKZEL. 
1S74. 


ABHANDLUNGEN 

UIKK 

KÜNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZV  LEIPZIG. 


PHILOLOGISCH-HISTORISCHE  CLASSE. 


Frei«  6  Tblr. 

r  einge legten  Lrkiu- 


ERSTER  BAND.  Mit  einer  Karte,  hucli  t.   1850.  broch. 
K.  WESTEHMANN.  Inlersuc.hungen  über  die  in  die  attischen  li, 

in,    2  AM rlluuf  i'ii. 

f.  A.  UKERT,  über  Dämonen,  Herueu  und  Genien.  U  Nrr 

TU  .   MOMMSEN,   über  das  römische  Münzweseu.  1  Tblr.  M  Vr 

E.  v.  WIKTERSHEIM,    rler  Feldzug  dm  Gennanicus  an  der  Weser.  1  Tblr. 

G.  HARTENSTEIN,  Darstellung  der  Rechtsphilosophie  des  Hugo  Grolin».  IS  Ffe. 
TU.  MOMMSEN .  über  den  Chrono  Graphen  vom  Jubre  334.   Mit  einem  Anhäufe  über  die 

Quellen  der  Chronik  des  llieroinmus .  I  Tblr.  14  V. 

ZWEITER  BAND.  Mit  3  Tafeln,  hoch  4.  1857.  broch.  Preis  7  Thlr.  10  Ngr. 

W.   RÖSCHER,   zur  Geschichte   der  Englischen  VoIlt»wirtJweiitUtekre   im   seeh»ebnl«i 

und  siebzehnten  Jahrhundert     1831.  1  Thlr. 

Nachtrüge.   1832.  t  V 

J.  G.  DROVSE.N.  Eberhard  Windcrk.   (MS,  3  t  Itjr. 

ntHOHMSE«,   Poleniü  Silvii  latarcului.   1833 

.   Volusii  Maeeli Uftribatio  partium.   1853.  I  >pr 

J.   G.   DRÜYSEN,   iwei  Verzeichnisse,    Kaiser  Karla  V.  La»ric,  seine  und  »ine.    I. 

Einkünfte  und  anderes  betreffend.    I  Sät.  .'"  Hfl 

TU.  MOMMSEN  .   die  Stadtrechte  der  launischen   Gemeinden  Salpensa    und  Malaca    in  d>  - 

Provinz  Baetica.   1835.  1  Thlr 

Nachtrage.   1835.  I«  Ngr 

FRIEDRICH  ZARNCKE,  Die  urkund lieben  Quellen  zur  Geschichte  dei  Univer.itil  I.-i, 

in  den  ersten  150  Jahren   ihre*  Rcslelirns.    1837. 


DRITTER  BAND.  Mit  6  Tafeln,  hoch.  4.  1861. 

H.  C.  VON  DER  GABEI.ENTZ,  die  Melaoesisehen  Spra 
Hau  und  ihrer  Verwandtschaft  nifler  sich  und  u 
Sprachen.    I8nl). 

G.  I  li  t.KI,    die  C  lassen  der  HaneHtUoi 

JOH.  GUST.  MHitl  Si;\.  das  Stralcnd«. 

H.  C.  VUV  DER  GAKELENTZ,  über  d 


l,.'i|i:.( 

3  TMr. 

Preis  s  Thlr. 

reu  nach  ihrem  grammatische« 

I    den    Malaiisch  -  1'olyneaisrhrn 

2   Thlr.  «  Ngr. 

n  Rech Isgeleh eleu.   18ÖTI. 

sehe  Gutachten.    18t.ll. 

i  Pnssivum.    Eine  sprach  vergleichende  Abhand- 
lung,   löoll. 
Tit.  MOMMSEN,  dieChronilidBiCBSsiodürusSenalnrv.J.ölUn  Chr.  1801.  1  Thlr.  10  Sir. 
OTTO  JAHN,  über  Darstellungen  (riech lieber  Dichter  mr  Vasenbildern.     Mit  8  Tafeln. 
1861.  1  Thlr 

VIERTER  BAND.  Mit  2  Tafeln,  hoch  4.   1865.  Preis  0  Thlr. 

J.  OVERBECK,  Beitrage  zur  Erkenntnis  und  Kritik  der  Zeusreligion.   1861 . 
G.  HARTENSTEIN,   Locke's  Lebre    von   der  menschlichen  Erkenntnis»   in  Vergleich»* 

mit  Leibnilz's  Kritik  derselben  dargestellt.   1841,  1  Thlr    ItfXrjjr. 

WILHELM  RÖSCHER.  Die  deutsche  Nationalb'konomik  an  der  Grinxuaeidt   di 

zehnten  und  siebzehnten  Jahrhunderts.  18112. 
JOH.  GLSt'.DROVSEN,  Die  Schlacht  von  Warschau  IÜ56    Mit  |  Tai.  18*3.  IThl. 
AUG.   SCHLEICHER.     Die   Unterscheidung    von    Nomen    nnd    Verb  um   in  rler  lautlichen 

Form     18nr..  U  RfT. 

J.  OVERBECK,  über  die  Lade  des  Kvpsclns.   Mit  I  Tafel.    I8Ü3.  99   Ngr. 


FÜNFTEN  BAND.  Mit  0  Tafeln,  hoch-4.  IB70.  Preis  6  Thlr. 

K.  NIPPERDE,  ,  die  IqfM  Am. lies  der  Röumch«,.  Rv|...|]iik.   18»,  24  Ngr. 

JOH.  GLST.  DROVSE^.dajTeslimerUdt'sgroas^ii  Kurfursicu.   IBM,  24   iNgr. 

(;Kl>Hi:(:L'rtT|[.S,Zui'(;hi.iii..|.>sicd.liiJoK.:i-msii.  S|.f»fhf.>rscljutjS.  2.  Aufl.  1878.  20  Ngr. 
OTTO  JAHN,     iibi't    DarttaRnfra    6*1    Hni.dv.rrln    und    Handelsverkehrs    uul  '  antiken 

WnidKeniitlden.    180».  I  Tfclr.  10  Np. 

ADOLF  EBBRT,  TerlulliaiTi  VarMUlaiM  »■  Minuciu»  Felix,  orbsi  einem  Auhm*  über 

Cniiimodian't  gniH  ipohlpttaiB,,    1888,  21  N«t. 

GEORG  VOIGT,  die  Denkwürdigkeiten  ;1207— 1338]  des  Minoriten  Jordanus  von 
Giano.  WTO,  28  Ngr. 

CONRAD  BLRSIAN  .  Erophile.  Vulgärgriec Irische  Trogoedie  von  Georgs  Clior- 
lataes  aus  Kreta.  Ein  Beitrug  zur  Geschichte  der  neugriechischen  und  der  itaiiü- 
nischen  Litteratur.    }*:<>.  24  Ngr. 

SECHSTER  BAND. 

MORITZ  VOIGT,  über  den  Bedeutung«  Wechsel  tr.iwiaser  die  Zurechnung  und  den 
öconoinischrn  Erfolg  eiu.-r  Tlmt  beicicliDenaer  technischer  lateinischer  Aus- 
drücke. 18«.  I  Tlrir.  10  Ngr. 

GEORG  VOIGT,  die  Geschieh tschreibung  über  den  Zug  Karla  V.  gegen  Tunis. 
1S72.  2u  Ngr 

ADOLF  PHIL1PP1,  Über  die  römischen  Triumphalreliefe  und  ihre  Stellung  in 
der  Kunstgeschichte.   Hit  3  Tafeln.  1  Tblr.  6  Ngr. 

LUDWIG  LANGE,  Der  homerische  Gebrauch  der  Partikel  Ei.  I.  Einleitung  und 
Ei  mit  dem  Optativ  I  Thlr.  10  Ngr. 

Der  homerische  Gebrauch    der  Partikel  Ei.     II.    Ei  keu    au;  mit  dem 

Optativ  und  Ei  ohne  Verbau)  Finitum.  20  Ngr. 

SIEBENTER  BAND. 

H.  C.  VON  DER  6ABELENTZ,  die  Meiauesi sehen  Sprachen  nach  ihrem  gramma- 
tischen Bau  und  ihrer  Verwandtschaft  unter  sich  und  mit  den  Malaiisch -I'oly- 
nesischen  Sprachen.     Zweite  Abhandlung.    1873.  2  Thlr.  20  Ngr. 

LUDWIG  LANGE,  Die  Epheten  und  der  Areopag  vor  Soloti.  2u  Ngr. 


Leipzig,   März  1874. 


S.  Hirzel. 


SITZUNGSBERICHTE 

DER 

KONIGL  SÄCHSISCHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 

KLEINERE  ABHANDLUNGEN. 
HEHICHTK    über  die   Verhandlungen   der  königlich   sächsischen  (ie  Seilschaft  der 
Wissenschuften  zu  Leipzig.    Erster  Band.    Aus  den  Jahren  1846  und  1847. 
Mit  Kupfern,  gr.  8.    12  Hefte. 

-  Zweiter  Band,    Aus  dem  Jahre  IS48.    Mit  Kupfern,    gr.  K.    6  Hefte. 

Vom  Jahn;  IKi'.l  au  sind  Jii*  lirrirlite  ili-r  lii-i.ltui  Cln.— in  iirirui-nl  crsehietiirn. 

Muli,.-m.nisd,  -  jhvsische  Cuuse.    1849  13     1850  (3;    1851(2:  1852  (; 

1853  (3)  1854    3i  '1855  (2)  1856  (2.  1857  (3)    1858  (3)  1859  (1)  1880  jjj 

1861  m  18112  (I!  18(i3  IS)  1804  ll    1865  (1)  1860  14)  1867  (4)  1868  (3, 
181.9.4    187(1  15    1871  (7).  1872  (4  mit  Beihefti.    187:1    5 

Philologisch  -  historische  Osse.    1849  (5)    1850  (4)    1851  (ä)  1852  (4 

1853(5,  1854(6    1855(4)  1856(4)   1857(2     1858   2    1859   4  1860  4 

1861  (4)  1862    1    1863   3    1864  ,3    18115  |l    1866  (4)   1867  (2  1868(3) 
1869  [3,  1870  (3j  1871  (1)    1872   (I). 

Jedes  Hell  der  Seriell, <■  ist  eiMeln  iu  dem  Preise  n.ii  Itl  \er    /u  hui,.,.. 
An.  dr„  lierJclilLM.  Iieioniler«  .ligeimkt 

C.  LUDWIG.    Arbeiten  aus  der  physiologischen  Anstatt  zu  Leipzig.    Erster 

bis  Siebenter  Jahrgang.       IS6(i — I S72  .     Mil  Tafeln  und  Holzschnitten. 

Preis  des  Jahrgangs :  1  Thlr.  III  Ngr. 


SCHRIFTEN 

DER  FORSTLICH-JABLONOWSKISCHEN  GESELLSCHAFT  ZU  1 1 


ABHANDLUNGEN  bei  Begründung  der  Königl.  Sächsischen  titaalU 
schalt  der  Wisseusc  hafien  am  Tage  der  zwd hundertjährigen  Geharte- 
l'eier  Leibnizens  herausgegeben  von  der  FürslL  JablonowsJtischen  tieM 
Mit  dem  Bildnisse  von  Leihniz  in  Medaillon  und  zahlreichen  Holzschnitten  und 
Kuplertafeln.   61  Bogen  in  hoch  4.    1846.    brach.  Preis  5  Tlilr 

PREISSCHRIFTEN  gekrönt  und  herausgegeben  von  der  Fürsilie* 
Jablonowskischen  Gesellschaft. 


[i  Leihniz  iTfiimi 
ihhandbiiir.    v»n     ,1,    . 


1.  II.  GRASSMANIN,  Geometrische  Analyse  geknüpft  li 

trjsea«    Ciaraeterlstlk.       Mir    einer    ■■ilüulrrndm    Ibhandlung    um      i. 

hoch  i.   1817.  M  \tr. 

2.  II    R.  GEIN1TZ,  das  Quaderfebirjn;  oder  die  Kreideformatinn  in  Sachsen,  mit  BrriYtikfc 

tipin,;  der  (laaknnitrcictaen  Schiebten.    Mil  I   c.l.ir.   Tafel,    hncl  t.   1830. 

3.  J.  ZECH,    Astronom ische    L'iiivrsiichmifcrri   «her   dir    Mniiil(iosk'rui.>je    de*    Alm* (reit. 

tio.h  i.    1831. 
i.  J.  ZECH,  A-Iniiniiiiisi'lji*  t  nniMuliiiii^iii  über  dir  n  irli  tigeren  Polstern  i  v.r.  «rK  hr  n>o 

<lrn  Sc  Im  II  steilem  des  dänischen  Alienhuins  erwkbut  «erden,  boeh  ..  1853.  M  rtpr. 
5.  'I.  B,  6EINITZ.    Darstellung  der  I "t-. . .-■   den  Ilamichen-Ebersdorfer  <md  de*  FUhw 

Kohlenbauin*.  hoch  4.  Mit  It  Kuafortafeln  in  gr.  Patin    IM.  *  Tblr. 

B.  TH.  HIRSCH,   Danxiga  Handel»-  und  Gewerbigeschiehte   untBrdei  lln-...,i,  , 

sehen  Ordens,  hoch  t.    1858.  2  Thu 

7.  H.  WISKEMAfW.  dir  antike  Land «irthstbi.lt  und  do*  von  Tbün«n*che  Gesetz,  im  den 

ilten  Schriftstellern  dargelegt.    I85U. 
B.  K,  WERNER,  L'rUndltche  Geacbiefate  der  Iglauer  Tuchmacher  Zon».   IUI.       1  Tllr 
B,   V.  BüHWEltT,  BeilrBge  zur  Geschichte  das  Zunftwesen*.   1865.  I  Tblr.   I"  Vr 

tU,   H.  W1SKBHANN,  Darstellung  der  in  Deutschland  inrZeil  der  Rel..rm»U... 

den  nntinnalbkonoini»chen  Ansichten.    1862.  I  Tblr.  In  "igr, 

II.  K.    L.    ETIE\NE    LASPEYRES,   Geicbiehte  der  volkswirtschaftlichen  Ansefaanuuce- 

der  Niederländer  und  ihrer  Ulleralur  zur  Zeit  der  Republik.   1863.     2  Tbl 
IS.    I.  PIKENSCHER,  Untersuchung  der  metamurphiacbeu  Gesteine  der  Lwnmi 

fcrbalbiaael.  1867. 

13.  JON.  FALKE,  Dir  Geschichte  des  Kurfürsten  Auguai  tun  Sachsen  in  >-ii- 

lieber  Beziehung.    1865-  I  Tt.lr    M  N|l 

14,  B.  BÜCHSENSCHÜTZ .    Die   Haupts tätten    des   Ocwerbfleisaes   im   cl  «ssiseben 

Alterthuniu.    1889.  28  Sgt 

15,  Du.  HUGO  BLÜMNER.  Di«  gew  erb  liehe  Tliütigkeit  der  Vülker  de«  o 

Attetthnma.  1806,  I  Thh 

16.  HERMAXX  ENGELHARDT.    Flora  der  BraunkohlenfonnaÜm  in,  S 

Sachse».   Mit  15  Tafeln.   1870.  I  TWr. 

IT   li   ZEIS8BERG,  dieiiolniRcherieBobiohtscsroibimt'deuMittpliilters.   187 


•*J>*tg. 


S.  Hirzel. 


ZUR  CHAEAKTERISTLK 

ÖNIG  JOHAM'S  VON  SACHSEN 

IN  SEINEM  VERHÄLTNISS 
zu 

WISSENSCHAFT  UND  KUNST. 


GEDACHTNISSREDE 
\W  VERANLASSUNG  DER  KOMM,  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

BEHALTEN  VON 

DB-  JOHANN  PAUL  vos  FALXENSTEIN. 


s  VII.  Bande«  der  Abhandlungen  der  philologisch- historischen  Clusne  der  Königl 
Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 


LEIPZIG 

BEI  S.   HIKZEL. 

1874. 


ABHANDLUNGEN 

DE! 

KÖNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFT 

ZU  LEIPZIG. 


PHILOLOGISCH-HISTORISCHE  CLASSE. 


Preis  6  Tblr 


ERSTER  BAND.  Mit  einer  Karte,   hoch  4.   1S50.  broch. 

A.  \\  RSTERMANN,  Untersuchungen  über  die  in  die  attischen  Redner  eiaujel*fle«  l  run- 
den.   2  Abhandlungen.    1850.  ■      1  Tili. 

F.  A.  LUE  KT,    üIiit  |liiiiiii»rii.    Heroen  und  Genien.     IS50.  "!i  ^p 
TU.  MOMMSEN,  über  das  römische  Miinzivesen.    18».                                  I  TM 

E.  x.  WIETERSHE1M,   uerFeldzua;  des  Germanien*  u  du  Weser.    18H  1  Thlr. 

G.  HARTENSTEIN,  Darstellung  der  Rechtsphilosophiedes  HugnGr..tins.    IG 

TH.  MOMMSEN  .  iiln-r  riVn  Che ^ruphen  vom  Jahre  354.    Mil  einem  Anhange  über  dir 

y.iellen  der  Cfcrwiik  des  Hieronymua.   1850.  1  Thlr.  |0  Ngr. 

ZWEITER  BAND.  Mit  3  Tafeln,  hoch  4.  1S57.  broch.  Preis  7  Tblr 

W.    KOSCHER,    mr  Geschichte   der   E  oft  liehen  ValkawlrttMekaAileaM   ■■   »tlwrttH 

und  sieb/rtiiiliii  .l.ilirlmri'li-rl      Ifläl. 
Nachträge.   (8W. 
J.  G.  DROYSEN.  Eberhard  YVindeck.   IB53. 
TH.  MOMMSEN,  Pulemü  Silvii  toteres  In«.    1853. 

Volnsii  Maeriini  tltatribuLin  partium.    1853. 

J.   G.  DROYSEN,  zwei  \  rrzeiebnisse ,   Kaiser  Karls  V.  Laude,  s 

Einkünfte  und  anderes  betrerleucj.   1854. 
TH.  MOHMSEN,  die  Stadtrrchte  der  latintocheii  Gemeinden  Snlpensa  und  Malaca   in  i 

Provinz  Raeticn.   1855.  I  Tblr. 

Nachtrage.    185J. 

FRIEDRICH  ZARNCKB,  Die  urktt nd liehen  Oueilen  zur  Geschichte  der  Universität  Uip«; 

in  den  !M>t<-n  Ijii  Jahren  ihm  Bestehens.   ISN- 

DRITTER  BAND.  Mit  H  Tafeln,  hoch.  4.   1861. 

H.  C.  VON  DER   GAHELENTZ,   die  Metoiicsisrhcn  Sprich™   nach    ihrem. grai»m»ti«el 
(tun    und    ihrer    Vrrnaiidlsdmli     unler    fWh     und     mil    den    Mul: 
Sprachen.    I8B0.  1    l  l. 

(,.  FLÜGEL,  die  Classen  der  Hanefltiacheo  Recbtsge lehnen.   181)0. 

.Irtll.  GÜ5T.  DROYSEN,  das  Strtle»*j rfftebe  Gutachten.    1860. 

H.  C.  VON  DER  GABELENTZ,  über  das  Pnssivuin.    Eine  sprach  vergleich  ende  Abhand- 
lung.  1860.  18  >it. 

TH.MOMMSEN,  diethronik  desCassiodurusSrnatorv,  J.  519  n.Chr.  1861.  1  Thlr.  !0  V 

OTTO  JAHN,  über  Darstellungen  griechischer  Dichter  auf  Vnsenbildcru. 

IUI.  *         tThlt. 

VIERTER  BAND.  Mit  2  Tafeln,  hoch  4.    1805.  Preis  l 

J.  (IVERBECK,  Beiträge  zur  Erkenntnis«  und  Kritik  der  Zeusreligion.   1801 .         38  Ngr. 

f..  HARTENSTEIN,  Locke's  Lehre   von  der  menschlichen  Erkenntnis«  in  Vergl*>eh«n( 
mit  Leibmlr's  Kritik  derbelhen  dargestellt.    1881.  1  Thlr.   [.i   \ft. 

WILHELM  RÖSCHER,  Die  deutsche  Nation»  [Ökonomik  an  der  GränMCbei« 

zehnten  nd  siebzehnten  Jahrhunderts.    IBM.  20   Piff 

JOH.GUST.  DROYSEN,  Die  Schlich»  von  Warschau  1656.  Mit  I  Taf.  18*3.  I  Thlr.  1 4  Ngr 

Alt;.  SCHLEICHER.     Die  Unterscheidung    von   Nomen    uad    Verhutu  in  der  laMlicawa 
Korm.   I8B5. 


■ 

■■ 


l  l.'ipthC 

iTW. 

Preis  S  Thlr. 


J.  OVERBECI«     über 


i-  Lade 


hypsr 


.  Hii  i  TaM 


1855 


■ 


NFTEH  BAND.  Mit  6  Tafeln.  Loch-4.   1870  Preis  6  Thlr. 

K.  NIPPERDEV,  die  leges  Analtet  der  Römischen  Republik.   1865.  24  Ngr. 

JON    GLST.  DROYSEN,  dis  Testament  desgmsseii  Kurfürsten.   IBM.  21  Ngr. 

fiEORliCL'RTIlS.ZurCbrou^Ingitd.lDdogernian.Snrjclirorschiing.  Mafl.  1B73.  »Kp. 
OTTO  JAHN,    üb»   Darstellungen    de«    ll.udiverks   und    Handelsverkehrs   auf  antike» 

Wiadgenild«.    1868.  1  Thlr.  IQ  Nur. 

ADOLF  EBBST,  TertoüWl  Verhältnis*  zu   Minutiös  Felis  ,   nebst  einem  Anhang  über 

i; nndian's  iiimeri  »finlngelii-um.    1888.  24  Ngr. 

GEORG  VOIGT,  die  Denkwürdigkeiten  (1207—12:18.  des  Hluwften  Jordnmis  von 
Giano.    1971).  28  Ngr, 

CONRAD  BL'BSIAN,  Erophili*.    Vulgär-griechische  Tragödie  von  Georgia»  Chor- 
tutzea  iuis  Kreta.   Hin  Keihui:  /.m  Geschichte  der  n»1""-1""1,1 
ntsehen  Litteratnr.    1970. 

ECHSTEK  BAND. 

MORITZ  VOIGT,   iil.er  dun  BedgnturJjHWMfeMl  Mwtaer  die  Zurechnung  und  den 

üconomiürlif>H    Erfolg   einer  Thal  beteiehneudei    technischer  lateinischer  Aub- 

drücke.   1872.  1  Thlr.  1«  Ngr. 

GEORG  VOIGT,    die  Geschieh  (Schreibung  über  den  Zug  Karl»  V.   gegen  Ttiiiin. 

1972.  2u  Ngr. 

ADOLF  I'lllLIPPI,    L'ber    lue    römischen    Triumphalreliefe    und   ihre   Stellung    in 

der  Kunstgeschichte.    Mit  :t  Tafeln.    1872.  t  Thlr.  6  Kgr. 

LUDWIG   LANGE,    Der  homerische  Gebrauch  der  Partikel  Ei.    I    Eiülettaog  und 

El  mit  dem  Optativ.    1871  1  Thlr.  10  Ngr. 
Der    homerische  Gebraue h    der    Partikel  Ei.      11.    Ei   ken    an    mit  den 

Optativ  und  Ei  ohne  Yerbuui  Finituni.     1873.  20  Ngr. 

EBENTER  BAND. 

II.  ('  V"N  HER  GAISELENTZ.  die  Melniicsiächeii  Sprachen  nach  ihrem  gramma- 
tischen Hau  und  ihrei  Verwandtschaft  unter  sich  und  mit  den  Miilaiisch-l'uly- 
nesiaehen  Sprüchen      Zweite  ÄMradtmig.     IST».  2  Thlr.  2i>  Ngr. 

LUDWIG  LANGE.  Die  Ephelen  und  der  Areopag  vor  Solon.   1S7J.  M  Ngr. 

J.  P.  VON  FALKESSTEIN,  Zur  Charakteristik  Koni*  Johanns  von  Sachsen  in 
seinem  Yürhiilim**  im  Wissenschaft  und  Kunst.  1*74  J «>  Ngr. 

LtWttC,  März  1874. 

S.  Hirzel. 


SITZUNGSBERICHTE 

KÖN1GL  SÄCHSISCHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

KLEINEM  i:  AI'.IIANDLISGEN. 

BERICHTE   iil.et  die  Verhandlungen  der  königlich  Mchsiseben  GesaüsebaA  der 


Wissensclnilleii  zu   Leipzig.    Erster  Bund.    Aus  de»  Jahren  1840  und  1S47. 
Mil  Kupfern,  gt.  8.    12  Hefte. 

—  Zweiler  Bund.    Aus  den  Jahre  1848.    Hit  Kupfern,    w.  8,    6  Hefte. 

Vom  Jahre,  1649  an  miii!  die  Berirlrte  der  beiden  i:i.i.M-n  (.etr.nul  .  v.,l,;.n,L: 

—  Mathematisch -phvsische  Clusse.  1849  3  I85U  3  185!  2  1852(2] 
1853  3  1854  3  1855  2  1850  2  1857  3  18.'>8  3  1859  ,4  1860  (3) 
1861  ;2,  1802  [1  1863  2  1864  :1  1865  1  1866  h  1867  ,4  1868  3 
1869    4    1870    ö    1871  (7;.  1872  (4  initBeili.lt  .    1873    5  . 

—  Philolngiseh  - bistoriMhe  Chis.se.  ISi'.i  5  185*)  ',  lsr>l  B  1852  i 
1853(5,  1854(6  1855  4  1856  4  1857  [2  185s  2  1859  4  186»  4] 
1B6J  1  1862  I  1863  3  1864  (3  1865  I  1866  4  1867  (2  1868  3] 
1869  [3j  1870  [3:  1871  [i]  1872  (1. 

Jedes  Heft  der  Rerielite  ist  einzeln  MI  dem  Pfeife  MO  I"  Nur     BO  haben 
Aus  den  Reiii'tiien  lies Iris  al. sedruckt : 

LUDWIG,    Arbeiten  aus  der  nliysinlogisrhüii  Anstalt  /.u  !.ei|>/; 
bis  .Siebenter  Jahrgang.     .  I  Sc,«i* — 1*72  .     Mit  Tafeln  ttntl  Holz  schnitten. 

l'reis  ries  Jahrgang*:    t  Thlr.   10  Ngr, 


SCHRIFTEN 

DER  FORSTLICH-JABLONOWSKISCHEN  GESELLSCHAFT  ZU  LEIPZIG. 


ABHANDLUNGEN  bei  Begründung  der  Koni  gl.  Sächsischen  Gesell- 
schaft der  Wissenschaften  am  Tilge  der  zwcihundertjÜfiT  i| 
feier  Leibnizens  herausgegeben  von  der  Fürst!.  Jablonowskiscbeii  Gesellschaft. 
Mil  dein  Bildnisse  von  Letbniz  in  .Medaillon  und  zahlreichen  Holzschnitte»  mi 
Ku;il>mfrln.  61  Bngen  in  horh  4.    1846.    broch.  Preis  b  Thlr. 

PREISSCHRJFTKN  gekrönt  und  herausgegeben  von  der  Fürstlich 
Jablonowskischen  Gesellschaft. 

i  erfundene  £*»•<- 


.  II.  GRASSMAIVN,  Geometrische  Analyse  geknüpft  an  dir  *M  Leibni: 
Irische  Characlnristik.  Mit  einer  erläuternden  Ahhsudlung  i 
hoch  4.   18*7. 


A.   F.   .Vit» 


50  Rp, 

1.  H.B.  GEINITZ,  das  Quudergebirpe  »der  die  Kreide Furniii(ion  In  TTailbii  ll.aiilllllajallial 

ligung  der  gl  auko  nilreichen  Schichten,  Mit  1  colur.  Tafel,  hoch  4.  1810.  Ift  Np 
■l.  .1.  ZECH ,    Astronomische   Untersuchungen  über   die    Mnndfinsternis.se   des   Abnage«. 

hoch  4.   (851.  10  Mfr- 

i.  J.  ZECH,  Astronomische  Untersuchungen  über  die  wichtigeren  FioKlernisse,  welrhr  *m 

den  Schriftstellern  des  1-liiasi scheu  Atrerihuras  rntähnl  »erden,  buch  4.  ISS3.  20  Ngr. 
5.  il    ß.  GEINITZ,   Darstellung  der  Flora  des  lliiuichen  -Ebersdorfrr  und    des  rlöB«r 

Kublcnbassins.  hoch  4.  Mit  14  Kiinferufeln  in  gr.  Polio.   1854.  8  Thlr. 

I.  TM.  HIRSCH,  Dantigs  Handels-  und  Gewerttfesokiefcte  Haler  der  Herrschaft  de»  deai- 

tchen  Ordens,  hoch  i.    1858.  1  Thlr.  M  HfT. 

7.  H.  WISKEMANN,  die  anUkc  Laadwlftaseban  und  das  von  Thiinei.sche  Gesell,  atta  des 

alten  Schriftstellern  dargelegt.   1859.  11  NfM 

8.  R.  WERNBH,  Urkundliche  Geschichte  der  Iglaocr  Tuchmacher-Zunft.   18hl.       I  Thlr. 
•J    V.  BAUMERT,  Beitrüge  anr  Geschichte  des  Zunftwesens.   1862.  1  Thlr    in  !\*r. 

10.  U    W1SKEMANN,  Darstellung  der  in  Deutschland  aar  Zeit  der  Relnrmalioa  berrteVa- 

den  nationalökonomiachen  Ansichten.    1862.  t  Tblr.  Hl  \'*t 

11.  E.  L.   ETIB\NE   LASPEVRES,   Geschichte  der  volkswirtschaftlichen  Anschauungen 

der  Niederländer  und  ihrer  Litte  rat  nr  zur  Zeit  der  Republik.   I86S.     2  Thlr.  10  V- 

12.  J.  FIKENSCHER,  Untersuchung  der  metamornbisrben  Gesteine  der  Lunaruauer  8eUa> 

ferhnlbinsel,  1867.  30  Ngr 

13.  JOH.  FALKE,  Die  Geschichte  des  Kurfürsten  August  vou  Sachsen  in  vnlkioinawhan- 

licber  Beziehung.    IBÖI.  2  Thlr.  2(«  !Xgr- 

14.  B.  BÜCHSEN  SCHÜTZ.    Die   Hauptstätten   des  Gewerbfleisses  im  clas*iae.b«> 

Air.- ri Imme.    1&69.  18  Sgt 

15.  Dr.  HUGO  BLÜMNER,  Die  gewerbliche  Thäiigkeit  der  Völker  des  elastischen 

Alterthums.  1889.  I  Tblr.  lONgr. 

IB.  HERMANN  BNGELHARDT,    Flora  der  Braank.mleufürmation  im  Königreich 

Sachsen.   Mit  15  Tafeln,   1670.  4  Thlr. 

17.  H.  ZEISSBERG,  die  polnische  Resohichttchreibung  des  Mittelalters    i  - 


tiptlg. 


S.  Hirzi'l. 


d  llreitkupf  und  Hlitel  in  lripl.%. 


UJKlt   DAS 

AELIFS- 

UNI)  SABINUS-SYSTEM, 

WIE  DBEB 

EINIGE 

VERWANDTE  RECHT S-SY8TEME 

VON 

MORITZ  VOIGT, 

mwLuuj 

l'LU  ECKIGL.  ÄÄL'HS    oLSKI.L.-CHAIT  I.Kli  WlnriKNSCHAmS 

' 

Des  Vll.  Bande»  der  Abhandlungen  der  pbifologUcli-hbtiimdui]  riaase  der  König!. 
Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

N«  IV. 

LEIPZIG 

11  E  I   S.   H  I  B  Z  E  L. 

ist:, 

ABHANDLUNGEN 

DBB 

KÖNIGL  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSKNSCHAFTKN 

ZU  LEIPZIG. 


PHILOLOGISCH-HISTORISCHE  CLASSE, 

STEE  BAND.  Mit  einer  Karte,  boch  4.   1851).  brotA. 

A.  WESTERMANN,  Untersuchungen  Über  die  in  die  attischen  Radnei  eil 

2  Abhaud  lungen.   1850. 
V    A.  UKERT,  Über  Dämonen,  Heroen  und  Genien.  I6.il». 
TU.  MOMM8EN,  Über  das  filmische  Mlhwweseii.   IBM. 
E.  v.  WIETERSHE1M,  Der  Feldsug  des  GerinanicuB  an  der  Weser    1850 
G.  HARTENSTEIN,  Darstellung  der  Rechtsphilosophie  des  Hugo  Qrotius,  1860. 
TH.  MOMMSEN,    Über   den   Chrom.srnpben    vom  Jaliro   354      Hit   einem  Anhan, 
Quellen  der  Clironik  des  Hieronyranii.   I85U. 

EITEHBAND.  Mit  3  Tafeln,  hoch  4.   IS57.  brooh. 


Preis  »IL 

■ 


Nachtrag*.   1852. 

J.  G.  DROVSEN.  Eberhard  Windeck.  I85J. 
TH.   MOMMSEN,  Polemii  Silvii  liitcrculus.    185a. 

— ■ Volusii  Maeciatii  tüstributle  partium.   1853. 

J,  G.  DROYSEN.  Zwei  Verzeichnisse,  Kaiser  Karls  V.  Lande,  seine  nod  Mioei   G 

kllufte  und  linderes  betreffend.   1854.  1  M 

III    HOHHSEN.    Die  Stadtreohle  der   latiniBchen  Gemeinden  Salpensa  und    Malaca   in  Um 

Provins  Baetica,   1855. 

Nachträge    1855.  1  M.  I 

FRIEDRICH  ZAHNCKE,   Die  urkundlichen  Quellen  a 

in  den  ersten  I5U  Jahren  ihres  Bestehens.  1857, 

UTTERBAND.  Mit  8  Tafeln,  hoch  4.  1861. 


■  Geschichte    der  Ontvc 


« 


O,  FLÜGEL,  Die  (.'lassen  der  Hanen"  tischen  Rech  «gelehrten.  1860.  2  M.  40  Pf 

JOII.  ÖÜST.  DROYSEN,  Das  Stralendorf fische  Gutachten.  1860.  2  H    tu  if 
H.  C.  VON  DER  GABELENTZ,  E'lwr  das  Puseivuw.    Eine  spraehver/n-: 

1660.  2  M.  ftl  h 

TH.  MOMMSEN,  Die  Chronik  des  Cassiodoms  Senator  v.  J.  519  n.  dir  1861.                 4  M 
OTTO  JAHN,  Über  Darstellungen  griechischer  Dichter  auf  Vasenbilden. 

RTEIi  HAND.  Mit  2  Tafeln,  hoch  4.   1805. 
J,   OVERBECK,  Beiträge  zur  ErkenntnisB  und  Kritik  der  Zeusreligion.   ISf.l  3  M.  80  lf 

G.  HARTENSTEIN,  Locke's  Lehre  von  der  mcnseli liehen  Erkenntnis 

Leipoiz's  Kritik  derselben  darstellt.    t-M.  4  11 

WILHELM  RÖSCHER,   Die  deutsch*'  NationalÜkonomik  an  der  Grüns  sc  beide-  des  sccfcscliuu-i 

und  siebzehnten  Jahrhunderts.    18U2. 
JOH,  GUST.  DROYSEN,  Die  Schlacht  von  Warschau  I65B.  Mit   I  Tafel.   1603 
AUG.   SCHLEICHER,   Die  Unterscheid  unn    von  Nomen    und   Verbum    in  der    lantll 

1865. 
J.  OVERBECK,  Über  die  Lade  des  Kypselos.  Mit.  1  Tafel    1665. 


'n-ii- 

IN    M 

2  M 

40  l'f. 

I  M 

*u  Pf. 

181 

1.  -2  M. 

ik.-ii 

Wand- 

FÜNFTER  HAND.  Mit  0  Tafeln,  hoch  4.    1870, 

K     NIPPERDEY,  DI«  \egvs  Annale  der  Römischen  Republik.    IKS. 
JOH.  GDST,   DK0Y8EN,  Du»  Tesume.it  des  groaseu  Kiirfiirsteii.   IBM 
GEOBG  CÜBTI08,  Zur  Chronologte  der  Indogannan,  Snnehfonetnug.  >.  Auflagt 

»OTTO  JAHN,    liier  Darstellungen    des   Handwerks    und  Handelsverkehrs   auf  a-ii 
gemülden    1^<.^ 
ADOLF  EBERT,  Tertullhm's  Verhältniss  zu  Mioucius  Felix,  nebsl  einem  Anhni 
median*  ennnen  »{Hilo^OLicuiii.   1  *-+j**.  '1  M 

GEOBQ  VOIGT,    Die    Denkwürdigkeiten  (1207—12391  des  Hfnoiilan   Joidamu 


II»    Pf. 

von  abno. 

2  M.  ho  l'f. 

CONRAD  ItURsiAN,   F.K.jhhiip.     ValtfbpriMtilaoa«  TragOBdi«  von  GeorgiM  ChorUtaea  atn 

Kreta.    Ein  lleitrag  nur  Geschichte   <[■  r    neugriechischen   und   der   italienischen   Uru-mtiir. 


SECHSTER  HAND.    Mit  3  Tafeln,  hoch  4.  1874. 


4U  Pf. 
Preis  21  M. 

MORITZ  VHltiT.   1  lier  den  I  irden tun gs Wechsel  gewisser  die  Zurechnung  und  den  üciinc.ini  sehen 

i  M 
I8TJ  1  M. 
der  KuBst- 
:i  M.  KO  Pf. 
Ei  mit  dem 


i  OpU 


Erlolg  einer  That  heeeichn ender  technischer  lateiniseher  Ausdrucke.  f-'2 
GEORG  VOIGT.  Die  Geseh ichtschreibung  über  den  Zug  Karls  V.  gegen  Till 
ADOLF  PHILIPPI,    Über   die    römischen  Tiiumnhalreliel'e    und    ihre   Stellung 

geaehlcbte.   Mit  3  Tafeln-   IMS. 
LUDWIG  LANGE.    Der  homerische  Gebrauch  der  Partikel  Ki.    1    Einletinug  i 

Opiaüv.    1878, 
Der    homerische   (iebrauch    der  Partikel  Ei.     II,    Ei   ken    au    mit  d 

Ki  ohne  Virlinm  Finiinin.     IS":i- 
GEOllG  VOIGT.  Die  Gcschiclitachreibuug  iil.ur  den  s.lim;ilk:.!di>chen  Krieg.     1674,  H  M. 

SIEBENTER  BAND. 

H.  C.  VON  DER  GABELEN'TZ,  Die  Melaneeischeu  Sprachen  nach  ihrem  gnm  um  tischen   Bau 

und    ihrer    Verwandtschaft    uuter    sich    und    mit    .Itn    Malaiisch-  l'nK'ncMselieii    S|n  ni-licii 

Zweite  Abhandlung.     IÖ73.  -   11 . 

LUDWIG  LANGE,  Die  Epl.eten  und  der  Areopag  vor  Snlon.  187*.  2  M. 

J.  P.  VON  FALKENSTEIN,  Zur  Chnrakteriaiik  König  Johann1!  Hm  Saehaen  m  »l  l 

bältniss  zu  Wissenschaft  und  Kunst.    Vftt.  I    Jl.   N  Pf. 

MORITZ  VOIGT,    Oh«  das  Aelius-  und  Sauin  na -System,    wie  über  einige  verwandte  Recht*- 

eystenie.  1875.  4  M 

Leipzig,  Juli  tSTS.  S,  Hirzel. 


SITZUNGSBERICHTE 

KÖNIG!.  SiCHSßCHES  GESELLSCHAFT  DKB  WISSENSCHAFTEN. 

KLEINERE  ABHANDLCNOEN. 

BERICHTE  über  die  Verhandlungen  der  Königlich  Siiehsischen  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Leipzig.  Erster  Band.  Aus  den  Jahren  IS40  und  1847.  Mit  Kupfern. 
gr.  8.    12  Hefte. 

Zweiter  Band.    Aus  dem  Jahre  1846.    Mit  Kupfern,    gr.  8.    i'>  Hefte. 

Vom  Jahre  I '-49  an  sind  die  Berichte  der  beiden  Ulasaen  getrennt  eiaeiiieueu 

Mathematisch-physische  Classe.     isiil     \Y    1850     3     1851     2     1853     1     1853    3] 

1654  3  1855  (2)  1S56  (2,  1857  3  L858  3  1859  i  1880  3  1861  2  1882 
(I)  1863  [3  1864  I  1865  i  ISO«  5  1867  I  1868  3  1869  l  isTn  [5] 
[871     7     1872    4  mit  Beiheft)    1873  i7)    1874    0. 

Philologisch-historische   Ciasse.      IS1!I     .*.      Is.M)      I      isr.i      ."-     IV»2      I]    1853     5] 

1854    8)    1855     i     1856     i     1857    2    1858    2    1859     i    18611     l     1861     i     1862 

I)  1SÜIS  (3J  1S64  (3'  ISI15  il;  Ivili  l  IM>7  2  1868  3  1869  3  1870  3| 
1871    (1)    1872    (lj    IS73   ,1     1874     2 

Jedes  lieft  der  Berichte  ist  einzeln  zu  dem  Preise  von  I   H&rk  eii  iin l,. in, 
Alis  den  lleiii  lileii  besoudirs  abgi  druckt : 

.  LUDWIG,    Arbeiten  aus  der  physiologischen  Anstalt  7.11  Leipzig.    Erster  bis  Neunter 
Jahrgang.      I SGö — 1874).     Mit  Tafeln   und  Holzschnitten.    Preis   des  Jahrgangs 

Llferi 


ABl 


:x  GESELLSCHAFT  ZI'  LEE1W* 


BHANDU'NGEN  hei  Begründung  der  Künigl.  Sächsischen  G' 
.Irr  W'iflseaeohaftcn  aiu  Tage  der  zweihundertjahrigen  Gebiirtafei 
herausgegeben  von  der  Purst).  Jablouowskischen  Gesellschaft.     Mit  ile 
von  l.eihnix  in  Medaillon  und  zahlreichen  Ilt>lzsrlinitr<'ii  (im!  Ku|>fcrtafela,    t>)  Uop: 
in  hoch  4.     IS46.    broch- 
FREISSOHRIiFTEN  gekrönt  und  herausgegeben  von  der  Fürstlich  Jabb 
im  «  skisr  In* ii  GeeelUe  ha  i"r. 

1.   11    tiRASSMAXS,  K..'unit'lriuthi?  Analyse  geknüpft  an  die  von  Leibnix  erfundi 

CbiuactWisük.   Mit  rim-r  mliiiitemdeii  Abhandlung  von  .1,  F   XUbim    hoch  t      1647 

2     a.B.GElNITZ.  Darf  Quadergebirge  oder  die  Kreideformntiu»(n  Sachsen 
der  glaukonitreiehen  Schichten.   Mit  l  Dolor.  Tafel,   hoch  4     1850. 

3.  J.   ZECH,   Astronomische  Untersuchungen  über  die  Mondfinsternisse  des   AJn ■■■. 

4.  .1.  ZECH,   Astri'iiiiinischt;  Unlersudiunireii   Ei  1  >« ■  >'  ilii'  wichtigeren  Finsternisse,  n 
Schriftstellern  des  clasriachen  Alterlhumi  erwähnt  werden,    hoch  i-    1851, 

5.  II.  B.  GEINITZ,  Darstellung  der  Flora  des  Hiiinictitin-Eberadorfer  und  des  Fl«] 
baasins.  hoch  4.    Mit  I  I  Kupfertafeln  iu  gr.  Folio.    1  -:.  I . 

6.  TU.  HIRSCH,  Dftunigs  Handel»-  und  Gewerbstreschichte  unter  der  Herrschaft  de. 
Ordens,  hoch  4.    (648. 

7.  II    HTSKEMANX    Die  antike  Landwirtschaft  und  das  von  Thilncnsche  Gesetz    ■ 
Schriftstellern  dargelegt.    1850, 

8.  K.  WEBNEB,  Urkundliche  Geschichte  der  Iglaner  Tuchmacher-Zunft,    1881. 
(i.  V.  BÖHMERT,  Beitrüge  zur  Geschichte  des  Zunftwesens     1803,  t 

10.  H    WTSKEMANN.  Darstellung  der  in  Deutschland  zur  Zeit  tlei  Ri 
nattonaltlkniioiiiischiii  Ansichten     \'*<\!. 

11.  E.  L.  ETIENNE  LASPEYRES.  Geschichte   der   volkswinlischal'tlieheu  Aue 
Niederländer  und  ihrer  Litteratur  zur  Zeit  der  Bepublik.    1683 

12.  J.  FIKENSCHER,  Untersuchung  der  metamorphi scheu  G aeterno  der  LuuzOnaui 
iusel.    I68T: 

IS.  .1011.  FALKE.  J)iu  Gi-seliichte  des  Kurfürsten  August  von  Sachsen  in  volktwii 

Beziehung      1868.  I 

14.  I!.  BÜCHSENSCHÜTZ,    Die   Hauptstätten  des   Gewerb  neisaes   im  classisch... 
18*8.  I  M.  ^0 

15.  Dr.  HUGO  BLÜMNER,  Die  gewerbliche  Thätigkeit  der  Völker  des  classiscln 
1869,  . 

i  VNN  ENGELIIAKDT .    Flora  der  Braunkohlenformation  im  Königreich  Sachsen. 
15  Tafeln.    18». 
IT.  H.  ZEISSBERG,  Die  polnische  Geschieht  Schreibung  des  Mittelalters    1873 


'■■'/'-'!/ 


3.  Hir/d. 


DER  GRALTEMPEL 


VORSTUDIE 


ZU  EINER  AUSGABE  DES  JfNUERN  TUTREI* 


FRIEDRICH  ZARNCRE, 

KROUBS  DES  KOHI0L.  BiCHfl.  BKSELUtiRUT  DBB  lf1SSIKSCH*FTI 


i  VII.  Bandes  der  Abhandlungen  der  pli i I olo g t sc h -b is tor ifa c lien  Claaae  der  Königl 
Säebsi&chen  Qeaelbcfafl  der  Wissenschaften 


LEIPZIG 

BEI   S.    HIRZEL 
1876, 


ABHANDLUNGEN 

MSR 

KÖNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DKR  WISSKNSCHAFTKN 

ZU  LEIPZIG. 


PHILOLOGISCH-HISTORISCHE  CLASSE. 


i  Redner  etngeli 

1  IL  U  ! 


STEH  BAND.  Mit  einer  Karle,  hoch  4.  1650,  brocfa. 
A.  WE8TEBHANN,  Untersuchungen  über  ilie  in  .Ife  attisehc 

1   Abhandlungen.    1850. 
F.  A,  UKERT,   L'Ik'i   Dämonen ,  Heroen  und  Genien.   1850. 
TU    MOMMSEN,  l'ber  das  römische  MÜnzwesen.  1851). 
E.  v.  WIETERSHEIM,  Der  Feldiug  des  Germanien«  an  der  Weser.   IHM 
(i.  HARTENSTEIN,   Darstellung  der  Rechtsphilosophie  ilea  Hugo  (Jrotins.   1S&U.  j 

TH.  M0MM8EN.    Über  den  Chronographen    vom  Jahre  3M      Mit  einen  Aohi 

Quellen  der  Chronik  des  Hierouymua    iy>l>.  I 

VEITER  BAND.  Mit  3  Tafeln,  hoch  4.   1857.  btoo 


w. 


virtlisclLill-li'liri- 


Bechwdnm  t 


NuhtrSge.  1852. 
.].  0.  DROYSEN.  Eberhard  Windeck.   t8M, 
TU.    MOMMSEN.  Polemii  Silvii  laterculus.    1863, 

Volusü  Maeeianl  diaiributio  partium.   185:1.  w>  I 

.1     G.    I'ROYNEN.   Zwei  Verzeichnisse,   Kaiser  Kalls  V.    Lande,   seine  und  sehn  i 

kilnl'te  null  iiiid«n-*  lie treffend.   1554.  ; 

TU.   MOMMSEN.   Die   Stadtreehte   der  hitimsrhen   Gemeinden   Salpetisa  und    (; 
Provinz  Baetica.   IS55. 

Nachtrüge     1865.  I    X.  M  I 

FRIEDRICH  ZARNOKE,   Die  urkundlichen  Quellen   zur  Geschichte   der   Dnimrel 
in  den  ersten   lall  Jahren  ihre«  Bestehens.   185". 

DRITTES  BAND.  Mit  B  Tafeln.  Ikh-Ii  4.   1861. 

II    C.  VOS  DER  GABELEST«,  Die  Melan 

und  ihrer  Verwandtschaft   unter  sich   und   i 

G.  FLÜGEL,  Die  ('fassen  der  Huneti tischen  RechtNpHehrteti.   liiio. 

.11)11.  GDST.   DROYSEN,  Das  Strnlendorf fische  Gutachten.  ISM, 

H.  C.  VON  DER  ÜABELENTZ,  Ülier  dus  Ptwsivutu.    Eine  sprach  vergleichende  Abhandlunj 

LS60. 

l'H.  MOMMSEN,  Die  Chronik  des  Cassiodonis  Senator  v.  J.  5HI  n.  Chi      1MI 

OTTO  JAHN",  Ülier  Darstellungen  griechischer  Dichter  auf  Vuenbildern.   Mit  8  Tafeln. 


VIERTE«  BAND.  Mit  2  Tafeln,  hoch  4.    (865. 

.1    OVERBECK,  Beitrage  zur  Erkenntniss  und  Kritik  der  Zeiisrellgion.   iMil  2  Jl.  >-i 

C    HARTENSTEIN,  Lock.-'s   Lehre  von   der  mensch  liehen  Erkenntniss   in   V, 

ILeipniü's  Kritik  derselben  dargestellt.    1861. 
WILHELM  RÖSCHER,  Die  deutsche  Nationallikonoiuik  an  der  GränMcheMe  de»  sedixefcjrJ 
und  sietHtebntea  Jahrhunderte.  1862. 
JOH.  GU8T,  DROYSEN.  Die  Schlacht  von  Warschau   U.M.  Mit  I  Tafel.  1863.       I  M    IQ  1 
AUli    .SCHLEICHER,    llie  Unters.'litidimjr    von   Xomen    und   Verbmu   in  der    lautti 
1885. 


.  OVERBECK,  Ober  die  Lade  des  Kypselo* 


Preia  18  S 


FÜNFTER  BAND.  Mit  6  Tafeln,   hoch  4.   IST©,  Preis  IS  X. 

K.   N1ITERDEY,   Die  leges  Annales  der  Römischen  Republik     1665.  3  M.  U  Pf. 

JOH.  OUST.  DBOY8EN.  Das  Testament  de»  grossen  Kurfürsten.  ISÖ6.  1  M.  10  l'f. 

GEORG  COBTIüS,  Zur  Chronologie  der  Indogerman.  Sprachforschung.  2.  Aurl.igc.    1873.  2  M. 

»OTTO  JAHN,  Übt»  Darstellungen  des  Handwerks  und  Handelsverkehrs  auf  aotikeu  Wand- 
gemälden. ISöS1.  4  M, 
ADOLF  EBERT.  Tertullians  Verhältnis»  zu  Minueius  Fell«,  nebst  einem  Anhang  über  Com- 
modians  Carmen  anoloeetinim  l-i.s.  2  M.  41t  PI'. 
GEORG  VOIGT,  Die  Denkwürdigkeiten  l»7— 1238  des  Minoraten  Jordanus  von  Ohm». 
: 
: 


CONRAD  BUR8IAN  En.pliile  Yu!;::iij:rU-dii~elio  I  i :i- . -.-. i i^  um  P-emirum  i 'liortatzes  uns 
Kreta.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  iieuirriecliiscliL'u  und  der  italienischen  Litteratur. 
1810.  S  M.  Jn  Pf. 


ISTEK  BAND.    Mit  3  Tafeln,  hoch  I.  |g74.  Preis  21  M. 

MORITZ  VulCT.  l'ber  di'n  RedeiitungswecJiscl  gewiwt-r  die  ZiilvcIuiunj:  uml  ib-ii  oeonoroi  sehen 
Erfolg  einer    ['hat  bezeichnender  technischer  lateinischer  Ausdrücke.    IS72.  4  M. 

GEORG  VOIGT,    Die  Oeschichtschreibting  über  den  Zug  Kuris  V.  gegen  Tunis.  1873,     2  M. 

ADOLF  PHIL1PPI,  Über  die  römischen  Triumphalreliel'e  und  ihre  Stellun;;  in  der  Kunst- 
geschichte.   Mit  3  Tafeln.    1S72.  3  .M.  M  Pf. 

LUDWIG  LANGE,    Der  homerische  Gebrauch  der  Partikel  Ei.    I.  Einleitung  und  Ei  mit  dem 

Optativ-.     »871  4   M. 

Der  homerische  Gebrauch  der  Partikel  Ei.  11.  Ei  ken  au  mit  dem  Optativ  und 
Ei  ohne  Vcrbum  Finituin.    IS73.  1  M. 

GEORG  VOIGT.  Die  i^schichtschreibitng  über  den  .Schmal kahüschen  Krieg.     IST).  <>  M. 

SIEBENTER  BAND. 

II.  C.  VON  DER  GABELENTZ,  Die  Melanesischen  Sprachen  nach  ihrem  gram mause heu  Hau 
und  ihrer  Verwandt  schaff  unter  sieh  und  mit  den  Mahiiiseii  -  Pnlvii-'-dselien  Sprachen 
Zweit,-  Abhandlung.     1973.  g  K. 

LUDWIG  LANGE,  Die  Epheten  und  der  Areoptg  vor  Selon    1974.  i  M 

.1  P  VON  FALKEN  STEIN.  Zur  Charakteristik  Konig  Johanns  von  Sachsen  in  WjloCB  Ver- 
hältnis zu  Wissenschaft  und  Kunst.    1*74  I   M.   H  Pf. 

MOBITZ  VOIGT,  übet  das  Aelitis-  und  Sabinus-Systcm,  nie  über  einige  verwandte  Rechts- 
Systeme.   IBM.  4  H. 

FRIEDRICH  ZARNCKE.    Der  Graltempel.    Vorstudie  zu  einer  Ausgabe  des  jiiuurrti  Titurel. 

t  IL 

i,  <!■:,.!  Juli  187$.  S.  Hirzel. 


SITZUNGSBERICHTE 

K0Mi;L.  SÄCHSISCHES  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN. 

KLEINERE  ABHANDLUNGEN. 
BEBICIITL"  iiher  die  Verhaut!  hm  gen  der  Königlich  Häch-i  sehen  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften za  Leipzig.    Erster  Hand.    Ans  den  Jahren   18.46  und   1847.    Hit  Kupfern. 
gr.  B.    12  Hefte. 

Zweiter  Rand.    Aus  dem  Jahre  ISIS.    Mit  Kupfern,    gr.  S.    li  Hefte. 

Vom  Jahre  1*4!»  an  sind  die  Berichte  der  beiden  Clnssen  getreuiH  erschienen 

MathematiBch-phyeische  Claeae.    1849     3     1850     3    1851     2    1852    2  1858(3) 

1854    [31    ISjö    ■2)    1S56  (2)    ls:.7    3     1858    3     1859    4     1860    3     IS6J  2     1882 

'1     1863    |2]    1864     1     1865   .1     1866     5    1867     l     1868    3    1869     I  1870    5 
1671    .7)    1872    4  mit  Beiheft     [873    7.    1874    5.   IS75    3). 

Philologisch-historische  Classe.     I S49     5     1850     t]    185!     5     1852     I  1853    5 

1854    6)    1855     1     1856    4     L857    2    1858    2    1859    4     1864    l     1861  l     1862 

I     1863    [3]    1864     3     1865    ,1     1866     1     1867    2    1868    3     1869    3     1870    3) 
1871     I     1872     I     1873    1     1874    2    1875    ». 

Jedes  Heft  der  Berichte  ist  einzeln  zu  dem  Preise  von  I  Mark  zu  hüben. 

Ans  den  IVriciilcu  lies bis  iibgednickt . 

C.  LUDWIG,    Arbeiten  ans  der  physiologischen  Anstalt  zu  Leipzig.    Erster  liis  jVenntor 
Jahrgang     1866 — 1874l.    Mit  Tafeln  und  Holzschnitten.   Preifl  dea  Jahrgangs:    1  .  i 
- Zehnter  Jahrgang    IS75  .   Mit  12  Tafeln  und  34  Holzschnitten,    Preis    6 


SCHRIFTEN 

DER  FÜRSTüCH-JABtiONOWSKrSCHEN  GESELLSCHAFT  Zu  LÖPflfi. 


ABHANDU NGKN  hei  Begründung  der  Königl.  Sächsischen  Ge(tell*cbi 
iler  Wissenschaften  am  Tage  der  zweihundertjährigen  Gehurtsfeier  Leibniui 
herausgegeben  von  der  Fürst  1.  Jablonowski' sehen  (resellschaft.  Mit  dem  Bitiluw 
von  Leibniz  in  Medaillon  und  zahlreichen  Holzschnitten  und  Kupfertafeln.  61 
in  hoch  4,    1648.    broch.  Preis  ::... 

KE1SSOHRIFTEN  gekrönt  und  herausgegeben  von  der  Fürstlich  Jtbfc 
nowskisehen  Gesellschaft. 

1.   U.  GRASSMAXN.  Geometrische  Analyse  geknüpft  an  die  von  Leibniz  erfundene  t 

Characteristik.  Mit  einer  erläuternden  Abhandlung  vod  A.  F.  M)»iiut    (Nr.  I  der  raatbi 

physi.-chen  Secti.m..  hoch  4.    1847. 
I.  IL  B.  GEINITZ.  Das  Quadergebirge  oder  die  Kreide  f.  iruiation  in  Sachsen,  uiii  Berücl 

der  glaukonitreiohen  .Schichten.  Mit  I  eoktr.  Tafel.    Nr.  II  d.  raath  -phvs.  Sect-j  hoch  *. 

U.N 
.'i    .'    ZECH.  Astronomische  Untersuchungen  über  die  Mondfinsternisse  des  Altnag««*     '5r 

d.  muth.-phys.  Beet.]  hoch  4.  1B5I.  I 

4.  J.  ZECH.   Astronomische  Untersuch unjen  Über  die  wichtigeren  Finsternisse,  welche  vna 

Schriftstellern  des  elasaischeu  Altorthuuia  erwähnt  werden.     N<>.  IV  d.  luaili.-phya  Si 

hoch-!.    1853. 
6,   H.  B.  GEINITZ,   Darstellung  der  Flora  des  Ha  inichen -Ebersdorf er  und  des  FtOftMf  K  :-t 

bassina.    Nr.  V  d.  math.-phys.  Sect.;  hoch  4.   Mit  14  Kupfertafeln  in  gr.  Folio,    MM,     li 
>>.  TH.  HI!t SCH     Danzigs  Handels-  und  Gewerbsgeachichte  unter  der  Herrschaft  de»  deuta 

Ordens.     Nr.  1  der  historiseh-nationalokfinoiniachen  Section.,    hoch  4.    1858, 
T.  IL  WISKEMANN,  Die  antike  Landwirtschaft  und  das  von  Thüueusche  Gesetz,  awdni 

Schriftstellern  dargelegt.  iNr.  It  d.  hist.-nnt.-ök.  Sect.!    1859. 
s    K    WERNER,  Urkundliche  Geschichte  der  Igkuer  Tuchmacher-Zunft.     Nr.  III  d.  hin. 

iik.  Sect.!  (Bül. 
».  V.  BÖHMER!',  Beiträge  /.iirlieachiclite  des  Zunftwesens.   (Nr.  IV  d.  hirt.-TWt.-ok.  üoet 

» 
Ki     II    WISKEMANN,  Darstellung  der  in  Deutschland  zur  Zeit  der  Reformatio»)  herrschet 

nationalilkono mischen  Ansichten.  (Nr.  V  d.  hiat.-nat.-ük.  Sect.)    ISÜ2. 

11.  i:    I.    ETTENNE  LASPEYRES.  Geschichte  der   Volkswirtschaft liehen  Atis.*  Innungen 
Niederländer  itnd  ihrer  Litteratur  zur  Zeit  der  Republik.     Nr  VI  d.  LUt.-uai .-■■ 

■ 

12.  .1.  FIKEXSCHER,  Untersuchung  der  meumorphlsehen  Gesteine  der  Lunten** 
insel.     Nr.  VI  d.  inatb.-phys.  Sect.;   IstiT. 

13.  .Rill.  FALKE.  Die  Geschichte  des  KurfUraten  August  von  Sachsen 
Besiehung.    Nr.  VII  d.  hist.-nat.-ük.  Sect..    I8B9. 

14.  B.  BÜCHSENSCHÜTZ,    Hie   Hauptstätten  des  Gewerbfleisse»  im  elastischen  All 
:\r.  "\'III  d.  hist.-nat.-ök.  Sect.)   1869. 

Ib.  DR.  HUGO  BLÜMNER.   Die  gewerbliche  Tha'tigkcit  der  Völker  des  olMiMbon 

(Nr.  IX  d.  hist.-nat.-iik.  Sect.;  1869. 
IB.   HERMANN   ENGELHAHDT,     Flor*    der    Braunkuh leuformatiou    im    Königreich 

■  Nr  VII  d.  math.-phys.  Seet.    Mit  15  Tafeln.  187u. 

"..  ZEISSBERG,    Die  polnische  Gei 

teot.]   Iht:i. 
.  ALBERT  WANGERLN",  Reduetiou  der  Potentialgleich  nag  lür  gewisse  R.tt  atiotukürper 

eine  gewöhnliche  Differentialgleichung.      Nr.  VIII  d.  matb.-ph>s    Se.-r      !•>;".  \A 

A.    LESKIEN.   Die  Deelinatioii  im  Slaviseli- litauischen  und  Germanischen      Nr.  \!    d. 

nat.-ük.  Sect.    ls7K. 


8.  Hirzel 


*op(  und  Itlrtfl  la  Ltipui- 


ÜBER 

DIE  LEGES  REGIAE 

von 

MORITZ  VOIGT, 

JilTiiLltH  DHE  EOmOL.  lACHft  B8SIXJ.BGHAFI  DSI 

/€§§Sfes> 

('(bodl:lie,-> 
BESTAND  UND  INHALT  DER  LEHES  BEGIAE. 

Des  VD.  Bandes  der  Abhandlungen  der  philologisch-historischen 
Sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 

Classe  der  Künig-I . 

X"   VI 

LEIPZIG 

BEI    S     H  1  K  Z  E  L. 

LS». 

ABHANDLINGEN 

DER 

KÖNKL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHA1 

ZU  LEIPZIG 


PHILOLOGISCD-HISTORISCHE  CLÄSSK. 

ÖTEB   KAM).   SGI  einer  Karle,  hoch  4.    I$:.<>.  broch. 
A.   WESTERMANN,  Untersuchungen  über  die  in  ilie  attU 

j  Abhandlungen.  1850, 
f    A.  UKERT,  L'ber  Dänionen,  H,-ioeu  und  t;L-ui^ii    IS.,(j.  2  U   i- 

l'ü    MOHÄSEN,  Über  .Ins  ."mische  MOMWesen.  [SSO. 
E.  v.  W1ETERSHEIM,  Der  Feldaug  dei  Gerroanictia  aa  dar  Wi 
(I.  HARTENSTEIN.  Darstellung  der  Rechtsphilosophie  'de*  Hugo  ßroliw 
TM    MUMMTEN.   Ober  den   Chronographen    vom  Jahre   354      Mir   einen  Anhang«  Ul*r 

Quellen  der  Chronik  des  Hierouyinus.    ÜöU. 

EITER  BAND.  Mit  3  Tafeln,  hoch  4.    1857.  broeh. 
W.  ROSCIIER,    Zur  Geschichte  der  englischen    Volkswii 
debzebnten  Jahrhundert.   1S51 . 
■  ■:  e.  iBtt. 
J.  8.  DROYSEN,  Eberhard  Wind«*.   I8H 
'111    H0MM8ES,  Potomii  SJlvH  latercuiua.  1853.  I  II.  W 

Volusii  Mnecinni  distributio  partium.   1853. 
J.   G.  DROYSEN.  Zvvid  Verzeichnisse.   Kaiser  Karls  V    Luv 

feUnfte  und  anderes  betreffend,  IBM. 
Tli.  MOMMSEN.    Die   Stadtreclite   der  hitinisehea   Gemein  Malaca   In 

Provinz  liaclien.   l?ji- 

Nacbträg«    1858.  I  «.  ■ 


DRITTER  BAND.  Mit  S  Tafeln,  hoch  4.    [861. 


u.  FLÜGEL,  Die  Climen  der  Hanefitiactaen  Beohtegelehrte».  tttQU  I  M.  »• 

,H)H.  GÜ8T.  DROYSEN,  Daa  Stralendorffiache  Gutachton.  1860  !l.H 

II    C.  VON*  DER  GABELENTZ,  Über  das  Fassivi.ui     Eine  *fn-:u-li% «r-k-ii-tn-r..' 

i960. 
TH.   MOMMSEN,  Die  Chronik  des  Cassiodorus  Senator  v.  J. 
OTTO  JAHN,  Über  Darstellungen  griechischer  Dichter  auf  Vasenbitdcrn.   Mit  - 

VIERTER  BAND.  Mit  2  Tafeln,  hoch  4.    1866. 

J.  OVERBECK,  Beitrüge  zur  Erkenntnis»  und  Kritik  der  Zcusreligton    ISfll.  !  X,  5u 

G.   HARTENSTEIN,  I.ockcs   Lehre  von   der  menschlichen  Erkenntnis   in   Verghlelcsof 

Leipnizs  Kritik  derselben  ilai^-su-llr.    IM'-I. 
WILHELM  BOSCHEH,  Die  deutsche  Natiun»  (Ökonomik  an  der  Grün  »scheide  des  »et 

und  «iebzi- Innen  Jahrhunderts.    IBB2. 
JOH,  GÜ8T.  DROYSEN,  Die  Schlacht  vom  Warschau  IH56.   Mir   I  Tafel,   1543.       »   M    1" 
AUG.  SCHLEICHER,  Die  Unterscheidung   von  Nomen    um  .m trieben 

1665.  ;  M.  n, 

J.  OVERBECK,  Über  die  Laile  des  Kypselos.  Mit  1   Tafel.   I*6ö- 


FINFTEK  HAND.   Mit  6  Tafeln,   hoch  4.    1870.  Preis  18  M 

K    NIPPEHDEV    Di«  leget  Annale«  .1.-.  Rundgehen  RenobliK    1865.                       1  M  «  W 

J"il    -.1-1     DROYSEN    iMr.  Tvsunm'in  de«  Binsen  Riafllreten.   1966.                  2  H.  4»  Pt 
(JKutii.;   i'URTIl'S     ■''■                                                                        NiradliUMC.   (.  Auflagt 
OTTO  JAUS,  über  Darotelfamg*u  des  Handwerki  und  Bandeleverkchr«  auf  antiken  Wand- 
gemälden.  IS68,  i  M 
ADOLF  EBERT,  Tertullian'i  VerhBltniis  in  Uintuiia  Petla,  nebst  einem  Anhang 

miidiau*  im vmi.' ii  npulugotioum,    1968.                                                                       2  H.  16 

i;kui;i:    vuHM1,    in-    I >.-i.k« ili-.liiili.-it*-ti     f'ir.-i ■•::,•>    des  Jüuunten    Jordamu        i  ■ 

197».                                                                                                                             J  M  SB  Pf 
CONRAD  BURSIAN,   Bropbtle.     VtUgSrgrfeohiaelie  Tngoedie  von  Gworcioi  Chortatze»  au 
Krem.    Ein  Beitrag  tw  Geschichte  dei    neagriedii  sehen  .■ 

1870.                                                                                                                             '-'  M.  I"  i't 

HSTER  BAND.    Mil  3  Tafeln,  hoch  !.   1874.  Preis  21  M. 

MUR1TZ  VOIGT,    i'ber  ili'ii  [JeduiitutiKsivwlisd  ueuiäser  diu  Ziiri'dimitiK  uuil  den   ÜLiinuiiiivlH 

Erfolg  einer  Thm  bezdebnandar  technix-i  >  r  : ■=  t .■  i . ..-.■  1..-1   Aur-iii-üi-k*-     i'"-  i  II 

';i-:n[;i:   vnliiT.    Hie  liaaebJchtitohreil g   über  den  Zug   Karle  V.  gegen   l'uni^.   ISJ1     2  M 

A  L"  >1.L'   I'llll  lPII.    I'Ii.t   i|i...>    i'iiiui-diMi   Tiiuumlialrelide    uilI    ilue    Stellung    il 

fmehichte.    Mit  3  Tafeln.   IS72,  3  H.   66  I'i 

LUDWIG  l  INGE,    Der  nom«rt»ehe  Gebraue*  det  Partikel  Ei,    l.  Einleitung  und  El  um  des 

Optatfc     i-:-' 

Det   in  um -i  ist-ln-  Gebrauch    der  Partikel  Ei.     II.    Ei  fccti    im    mit  tga  Optativ     ~ 

El  ohne  Vovbiun  Finitam.    I8T3. 
GEORG   Vi'Hi/r     lür  N.^eldditsdiroibimg  über  den  .Sdimidknldijdieu  Krieg      l-TI. 

BESTER  BAND. 

C.  VON  DER  QABELENTZ,  Die  ablaaesisehen  Sprachen  nach  Ihrem  gramn  il 
d[iil  ihrer  Verwandtaebefi  antei  rieh  and  mll  den  IUUvlsoh-Po[yae*1sch«i 
Zweite  Abhandlung.     1673.  i  M 

LUDWIG  LANGE,  Die  Bphelen  und  der  Anopsg  vor  Soton.  I8T4,  S  M 

.1.    ['    VON   KALKEXSTEIN.   Zur   ri,srakt..nütik   Kbnk  Jdiaim*   v.m  Siidi.cn  in  »einuui  Ver- 
hältnis» eu  Wiwenseliaft and  Kunst    1*7-1  l   M    M  I'i 
MORITZ  VOIGT,    über  'las  Aaliu*-  und  Sabintia-System,    «ic  über  einige  \v.\v:indtc  Recht.* 
.  .■■    1875.  4  M 

.  .MEiHiH'Il  ZARMKE,    firr  Uraltüinpel.   VorMtiiHc  zu  einer  Aiu^a I    im.-..,,,   : 

UORI IV-  VOIGT,    liier  die  Lege«  reguie.   I-  Best-iud  und  Iuliu.lt  der  l.c-i-  !:.■■■.,■ 
TEK  HAND. 
FRIEDRICH  ZARNCKE,    Der  Priester  Johannes.    Zweite  Abhandlung    1816,  B 

Erfjtmy,  Ntomber  1STS.  S.  llirzol. 


SITZUNGSBERICHTE 

KÖNIG!.  SAHIMSUIKN  (iKSKIXSUI.UT  DER  rYISSENSCHAFTEN, 

KLEINERE  ABHANDLUNGEN. 
ik'HTE  über  die  Verhandinngen  der  Königlich  siielisiselirn  <iesel|.-.i'li;ii't  der  Wis 
s.ii-ii'icii  zu  Loiji/jN-,   Erster  Band-  Aus  den  Jahren  1846  und  1817.  Mit  Kupfern 
.    12  Helle. 
Zweifer  Band.    Aus  dem  Jahre  1848.    Mit  Kupfern,    gr.  8,    B  Hefte. 
Vinii  Julir«  i-i'i  ii.ii  sind  die  HiTidite  der  Ueiilni  Claiaaa  getrennt  EtMhieoen 
MiUliematiseii-phvsiselte  <:i;i»e.     Isil>     3      1850     3     1861     3     1884 
1851     3    1855     2     1856    3    1857    3     1858    3    1859     i     1860    3    1661    "2    186! 
i     1863    '2     1864     i      1865     i      1886     5    (867     i     1868    3     1869     l     1870    5 
1871     7     ls72     I  mit  Beiheft    1873    7     1871    5    1875    4     L&76     •  ■ 
Philologisch-htstoriHche  Classe.     I84S     5     tfibu     l     1851     5     1852     i     1853    5 
1854    6     1855     -I     1856    4     1857    '1     1858    1    1859     i     L86Ö     I     L86J     I     186! 
I      [863     3     1861     3     1865     i     186«     i     1867    3     1868    3     [868    3     1870    3 
[871     i     1872     i     ist:;     i     1871    1    1875  [2). 

Jedes  LK-If  der  Rendite  ist  einzeln  zu  dem  Preise  vun  I  Hark  üti  haben. 

Ans  den  Renditen  besonders  abgedruckt ; 

C.  LUDWIG ,   Arbeiten  aus  der  physiologischen  Anstalt  EU  Leipzig,   Brster  bis  Ntunta 
Jahrgang    1866—  18741.    Mil  Tafeln  and  Holzschnitten.  Preis  des  Jahrgangs:  1  .# 
Zehnter  Jahrgang  [1875J.    Mit  12  Tafeln  und  34  Holzschnitten.    Preis 


SCHRIFTEN 

DE«  PÜRSTÜCH-JÄBLONOWSKrSCHEN  GESELLSCHAFT  ZI 


BHANDUWGEN  hei  Begrttndtingder  König!.  Sächsischen  G 
der  Wissenschaften  am  T;i^e  der /Aveiliiiiid'.'iijülirigeu  ' 

: .-i-^i-iieii  von  der  Piirstl.  JablonowBki'scben  (.iesellnebaft,    Mi 
von  Leibaiz  in  Medaillon  und  zahlreichen  Holzschnitten  und  i. 

in  hoch  l".     1846.    brach. 
HKISSt'IIHII'TEN  gekrönt  und  herausgesehen  von  der 
nowski 'sehen  Gesellselia  fr. 
i.  II   GRASSMAXN,  Geometrische Analyse goknOpft 
i'li:it!il.tiTiiitik     Mit  einer  erläuternden  AUiarnilnug 
physischen  Seetion.]   hocl]  4".    11*47, 
I    B.B.GEINTIX  D*e  Quadergebirge  oderd.  Ki.  Bertkiha.  Im 

konitreiclicnSchicliri'ii.  Mit!  eiih.r    I  al'el      Ni.  II  .1.  math    p 

■(,  J.  ZEl'H    Ast riuii.niii.se in.-  l'iiter.siie  lumpen  über  die  M ::, 

d,  malh.-phyg.  8eot.)  koch  l"    I9S1 

4.  J.ZECH,  Astron    Untersuchungen  tili  ili-  wielir  innren  I  ii 
des  otass.  Attertb ums  erwähnt  werden.     So,  IV  il   uintl.  ■;■ 

i.  H    B.  GEINITZ,  Darstellung  der  Flora  des  H- 

bnssins.     Nr    V  d.  rcarh .-]>!:.  Mit  14  Kujiteiufeln  i, 

0.  TB.  HIRSCH    Danziga  Handels-  und  Gewerbe 

Onleus      Nr-  1  der  bis'oiiseh-iianonaliikoui'misehin  Seeium 

IKEMANN,  Die  antike  Landwirthschafi:  und  das  voi  letz,  mh4m 

Seil ril't atelleru  dargelegt.    '.Nr.  II  d.  Met  -nat.  ok    Beet.      I-:," 

5,  K.  WERNER,  l'rk Iliche  ' -■,..-1il,  i,;,-  ,1.,-  klauoi  Tm  htr, 

Ok,  Seot     IM1. 

i).  V.  BÖIIMERT,  Beiträge  zur  Gesch.  d  Zunftwesens.  (Nr.  P 
10.    H    WIsKKMANN,   Darstellung  der  in   Deutschland  sur  Zeit  der  Reformation  berroek 

nationaldkonomi  scheu  Ansichten.   [Nr.  V  d.  bist  -ii.it   ök   Sect.     I  965 
tl.   E.  I..  ETIENNE  LA8PEYRES.  Geschichte  der  Yrdkswirthsch»ftl.  Anschintin 

laodei  und  ihrer  I.itteratLir  zur  Zeit  der  Republik.    [Nr.  VI  d.  hist.-n  il 
11    ,T.  FIKENSCHER,  UnterBHchune.  der  mem rpbisehen  i. 

insel.    iNr.  VI  d   math -nhys  SCol      IfltfT. 
].'(.  ,1011.  FALKE.   Die  Geschichte  des  Kurfürsten 

Besiehung-    (Nr.  VII  d.  hist  -nat.  Ük.  Beet,      IS86. 

14.  B.  BÜCHSENSCRÜTZ .    Diu   HauptstÜUen   des   Gewerbflebae«   im   einmischen 

Kt    Ylll  d.  niät.-nat.  ok.  Sect.     IBM. 

15.  HUGO  BLÜHNER,    Die  Igkeit  der  Völker  dm 

Nr   IX  d   bilt.-Mt.  Bfc  BeoL     1668 

16.  HERMANN   ENGELHARDT,     Plora   uer    Brannkoblenfonnatian    in 
[Nr  VII  d.  math.-phys.  Sect     Mit  läT;>:'-. 

IT  B.  ZELS3BERG,    Die  polnische  Geschichtscareibuug  des  M 

Seet..    »TS. 
I".  ALBERT  ff  ANGERIN,  Reductinn  der  I'otcni'mlgleichui 

eine  gewöhnliche  Differentialgleichung.    .Nr.  \  III  d.  uiutli -jihv-  >■    i 
19.  A.   LESKIEN,   Die  Üeeliostioti  im  SlaviBeh-Litauischen 

etat,  ük   Bed     1816 

des    lettosU  vi  selten     und    gennantw 


Leipzig 


&  llirwl. 


ÜBER 


DIE  LEG  ES  REGIA  E 


MORITZ  VOIGT, 


11. 
QUELLES  UND  U  THFATIK  HER  LEGES  REGIAE, 


vi]     Bundes  iler  Aboandlnn 


LEIPZIG 

B  E  I    s    II  1  B  z  t:  I. 

I-.77 


ABHANDLUNGEN 


KÖNIGL.  SACHS.  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

ZI"  LEIPZIG. 


PHILOLOGISCH-HISTORISCHE  CLASSL. 

ERSTER  BAND.  Mit  einer  Kart«,  hoofc    1.    1850.  broch. 

IA.   rTESTEBMAHN,   üuterenchangen  über  die  in  die  attischen  Red« 
2  Abband]  linken    I8S0, 
F.  A.  ÜKERT,  Über  Dämonen,  Heroen  und  Genien     l«M 
TR.  MOMMSEX,  Über  da»  rUmlaeae  Miinzweseu.   18». 
E.  v.  WIETERSIIEIM,  Der  Feldzug  des  Gernianicua  an  der  Weaer.    1850 
G.  HARTENSTEIN,  Darstellung  der  Recbtsphilosoplii.-  I6MJ 

ZW 


i   Jahre    L 


.  broch. 


TU.   KOMHSEN,   Ober  den  Chronograph 
Quellen  der  Chronik  des  HiarenynWi    WS 

ZWEITER  BAND.  Mit  3  Tafeln,   hoch  !.    i  s.v 

H"    R08CHEB,   Zur  GeiohieUe  der  englischen   Volk: 
.-.i.hii-hriten  Jahrhundert.    tiftl, 

(Nachträge.   1852. 
i.  G    DBOTSEH,  Eberhard  Winden*    IS53 
FH..MOHÄSEK,  Potemll  BUvH  lutanttln.   IBM. 
Voliraii  Maeeiani  distributio  partium    1853. 
i    ß.  BROYSEN.  Zwei  Verzeichnisse,  Kaiser  Karin  V.  Lande: 
künfte  und  anderes  betreffend.   1S5J. 
II!    MOMJCSEN,   Die   Stadtrechte  der   latiniscbeu   GenwIouV 
Provinz  Baetica.    1858. 
Nachtrüge    1855. 
FRIEDRICH  ZABNCKE,   Die  urkundlichen  Quelleu  zur  Ge seine hte   der  Hohen 
in  den  ersten  lau  Jahren  ihres  Bestehens.  1857. 
TER  BAND.  Mit  S  Tafeln,  hoch  4.   1861. 
i 

VIERTER  BAND.  Mit  3  Tafeln,  hoch  4.   1865.  fron  18 

J.  OVERBECK.  Beiträge  zur  Erkenntnis«  und  Kritik  der  Zeusreligion 

G.  HARTENSTEIN,  Locke's  Lehre   von   der  menschlichen  \\-rgieickimg 

Leipniz's  Kritik  derselben  dargestellt     IUI. 
WILHELM  RÖSCHER,  Die  deutsche  NationaHIkonoraik  au  der  Grünt* 

und  siebzehnten  Jahrhunderts    1SIS2. 
JOH.  GUST.  DROYSEN.  Die  Schlacht  von  Warschau  11156,  Mit  I  Tat«  I    IM 
AUG.   SCHLEICHER,   Die  Unterscheidung    von  Nomen    und  Vertrau   in  der   lautUchttO   Fe 

|8«5 
J    OVERBECK,  Ober  die  Lade  des  Kypselos.  Mii   l   Tafel    14*5. 


th.rliaH-Irbrc    im    -,i-.  ' 


i   Salpensa   und    HaUea    la 


.  VON  DER  GABELENTZ,   Die  Helmeslschen  Sprachen  ua.-l,  ihrem  grammatieebes  1 
'    i    Malaiisch- Pol ynesi sehen    Sprachen.    I* 

Q.  FLÜGEL,  Die  ('lassen  der  Mauernischen  Recht  (.gelehrten.  1860. 
Jnii    erst'.  DROYSEN,  Du  StraJendorffieche  Gotaehten    19». 

'    VON  DER  GABELENTZ,  Ülwr  das  Paeaivuni.    Knie  (pracbTargleicbeod*  AbSac.lh 

18*0. 

TH.  MONMSES.  Die  Chronik  des  Cassiodorus  Senator  v.  J.   51t'  n.  Cht      1961 
OTTO  JAHN,  Über  Darstellungen  griechischer  Dichter  auf  Vasenbildern.   Mit  i    I 


und  ihrer  Verwandtschaft    i 


sich   und   i 


i  .;  BAND.  Mit  6  Tafeln,  hoch  4.   LS70.  Preis  IS  .#. 

K    NIPPEKDE  Y,  Die  leges  Annalea  der  Kihuisehen  Republik.   1SU5.  2  .*  •!(>  Ä. 

.inil     ül'ST     DROYSEN',   Das   l'^atnm.-nt  des  grosse«   Kurfürsten.   1&B6.  2  .*  411  .*. 

CEi.UIi;  irilTH.s    Zur  Chronologie  der  Imlogerman.  Sprachforschung.   2.  Auflage.    1-    ■ 

OTTO  JAHN.  Hier  Diirstelhiutfon  des  Handwerks  und  Handelsverkehrs  auf  antiken  Wand- 
gemälden   IS8S.  -1  .# 

ADOLF   ];[:i:]l  l1,  Tertullian's  Verliältniss  zu   Miuueius  Felis,   nebst  einem  Anhang  ül" 
mediana  Bannen  apolojjetfcnin.  1668, 

GEORG  VOIGT,  Die  Denkwürdigkeiten  rjn:- rjns  des  Minoraten  Jordanut  von  GUtW 
IST)  2  .M  80  3f. 

l'ONIIAL)  P.UHSIAN.  Erophile.  ViiT-iii-yi-UM-iii-^clu.'  Traüoedie  um  Georgia  ChortittzeB  aus 
Kreta  Ein  Beitrag  -im  Gerichte  dar  neugrieehiseSen  und  der  ttalieniaehan  Littentu 
1870. 

SECHSTER  BAND.    Mit  3  Tafeln,  hoch  I.   1874.  Preis  21  >. 

MORITZ  VOIGT,   Fbor  den  Bedeulungsweeh&el  gewisser  dl«  Zurechnung  und  den  Deonomischen 

Erfolg  einer  Tlmt   b.-zoieliueudei    tei.-lmwdier  hti'inh'.'lk'r  Ausdrlieke     \^~'l.  4  .*, 

OEOEG   VOIGT,     Die  ÖeaehtohtacHrcibimg    über  den  Zug   Karls  V.  gegen  Tunis,    1871.     2  J\ 
ADOLF  P1II1.1ITI.    Über   die    Klinischen  Triiimphalrelie.fr   und    ihre   Stell  im«-    in    d.i 

sf*(.4iiehte.    Mit  .'i  Tateln.    \*~'l. 
LUDWIG  LANGE,   Der  homerische  Gebrauch  der  Partikel  Ei.    I.  Einleitung  und  Ei  mit  deru 

Optativ.    IS72.  ! 

I 'er    li(iiiii-i-ii*clii'   Gebrauch    der  Partikel   Ei.      II.    Ei   ken    an1   mit   dem  "oln.m    und 

Ei  <dme   Yerbuui  Fiuitum.    1S73.  1  .* 

GEOHG    VOIGT,   Die  Ceschiditsclireibmig  Über  den  Sclunulkaldisclien  Krieg.     1S74.  Ü  .H. 

BIEBENTER  BAND.     Hoch  4.     1S79.  PreiB   13 

11.  C.  VON  DER  GABE1.ENTZ,  Die  Melanesischen  Sprachen  nach  ihrem  grammatischei]    Bm 

und    ihrer  Verwandtschaft    unter   sich   und   mit    den    .Malaibeh-Poiyneaiachen    Spr*  hon 
Zweite  Abhandlung.     1873.  9  .#. 

LI  l'WIG   LAMM-:,    Die  Eplieten  und  der  Ari-opa«  vor  Solan.   1S74.  2  .#. 

,1.  1'  Vli\  FALKENSTEIN'.  Zur  Charakteristik  König  Jtihanns  von  Sachsen  in  seinem  Ycr- 
liiiltniss  7.u  Wissenschaft  und  Knust.    1-7-1.  1   .*  B0  &. 

MORITZ  VOIGT,   Über  das  Aelins-  und  Babinna-Sratem,   wie  über  einige  verwandt.'   I 

ist:,.  i  .H, 

FRIEDRICH  ZAKNCKE,    Her  Graltcu.pel.   Vorstudie  zu  einer  Ausgabe  d.  Jüngern  Titurel    S  .,/. 

MliRITZ  VOIGT,  Über  die  Leges  regiae.  I.  Bestand  und  Inhalt  der  Leges  Kevine.  l*:r..  I  ...-. 
—  tber  die  Leges  regiae.   II.  Qnalleo  und  Authentie  der  Leges  Regia«,   lb77.        S  .«. 

FRIEDRICH   ZABHCKB,    Her  Priester  Johannes.     Erste  Abhandlung.     IS».  S  Jt. 

TEB  BAND. 

FlilEHKll.'II  ZARNCKE,    Der  Priester  Johannes.    Zweite  Abhandlung.    1976.  »  Jl. 

Leipzig,  Januar  1879.  S.  Hirzel. 

SITZUNGSBERICHTE 

KÖSI6L.  SÄCHSISCHEN  (MEUSCHAFT  DEB  WISSENSCHÄFTEN. 

KLEINERE  ABHANDLUNGEN. 
ÜCHTE  über  die  Verhandinngen  der  Königlich  Siidisi  selten  (lese  lisch  alt  der  Wissen- 
schaften zu  Leipzig.   Erster  Band.   Aus  den  Jahren  1S4(5  und  1847.   Mit  Kupfern. 
gr.  8,    12  Hefte. 

-  Zweiter  Band.    Aus  dem  Jahre  1848.    Mit  Kupfern,    gr.  8.    6  Hefte. 
Vom  Jahre  1*49  an  sind  die  Berichte  der  beiden  Ciasseti  «eln-nut  erschienen 
Malh'-maHseh-pliYsifichc  Clause .     I  s  10     3     1860     3     1851     2     1852    3     1853    3 
1854     3    1855     >     1856    2     1857    3    1853    ;i    1859    4     1860    3    1861     t    1868 
[1     1863     -1     1864     I      1805     l      1866     5    1867     l     1868    3    1869     I     1870    5 
IS71    [7]   1872  .;4  mit  Beiheft     1873    7     1874    S    1873    -I     1876    2    1871      ! 

Philologisch-historische  Classe.    1849     5     1850     1     1851     5    1852     I.    1853    5 

[654    b1     1855     -I     1856   (4     1857    2     1858    2]   1859     1     1860     1     1861     t     1863 

1     1863    (3     1864    [3     1865     l      1866     l     1867    2    1868    3     1869    3     I 
1871     I     1872     1     1873    i     1874    2    1875    2    1876  ,1     1 S77  (2). 

Jedes  Heft  der  Berichte  ist  einzeln  zu  dem  Preise  von  I  Harte  zu  hüben. 
Aus  ileu  Berichten  besonders  ab-edi'uckl : 

C.  LUDWIG,  Arbeiten  aus  der  physiologische«  Anstalt  zn  Leipzig.    Erster  bis  Neunter 
Jahrgang.     1866 — 1874.     Mit  Tafeln  und  Holzschnitten.  Preis  des  Julirgati-- 

Zehnter  und  Eifti-r  Jahrgang.    [1875.  ISTtj.      Mit  Tafeln  und  Holzschnitten.    Preis 

des  Jahrgangs:   6  Jl .  


SCHRIFTEN 
ÜRSTUCH-JABMOWSRTSCHEN  GESELLSCHAFT  ZD  LEIPZIG. 


ABHANDLUNGEN  bei  Begründung  der  Koni  gl.  SächsiBcnen  ßesellicfctf 

der  Wj  8  Ben  sc  haften  .im  Tage  der  zweihnndertjährigen  Geburtst'eier  I.eiliaiic» 
herausgegeben  von  der  Furstl.  Jablonowski'scben  Gesellschaft. 
von  Leibniz  in  Medaillon  und  zahl  reichen  Holzschnitten  und  Kuufertafcln.    Ol  Bog« 
in  hoch  i".    18  tfl.   brooh. 
PREISSCHKIFTEN  gekrönt  und  herausgegeben  von  der  Fürstlich  Jablo 
nowskischen  Gesellschaft. 
1.   II.  GRASS.MANN,  Geo  nie  tri  seil  c  Analyse  geknüpft  an  die  von  Leibniz  erfundene  geointtriaebf 
Charakteristik.   Mit  einer  erläuternden  Abhandlung  tOB  4.  F.  JAMm.     Nr    I  der  ms    ' 
physischen  Section.)  Loch  4".    I s»T 
t,  H.  B  GE1MTZ,  Das  Quadergebirge  oder  d.  Kreldeforomtfon  in  Sachsen,  mit  Bi  i 

kuiiitruk'hi  n  Schichten.  Mit  l"color.  Tafel.    Nr  II  d.  matti.-pliya  S«l      i 
i.   .1    ZECH,  Astronomische  Untersuchungen  Über  die  Mondfinsternisse  de*  AliiMgeM 

d.  roath.-pliys.  Sect.;  hoch  4«.  1651. 
1.  J.  ZEG11.  Astron.  Untersuchungen  IIb.  die  wichtigeren  Finsternisse,  ireli 

des  class   Alterthums  erwähnt  werden.      Xo.  I\  d   math  -phvs,  Sect  I     Imh  1"     1 

5.  H.  B.  GEIXITZ,  Darstellung  der  Flora  des  B*inichen-Ebewdorftw  und  des  I 
bassins.  St.  V  d.  math.-phys.  Scct.    hoch  i".    Mit  14  Kupfertafeln  in  ct.  Folio.    I8W     W 

B.  TM.  HIRSCH,  Danriga  Handels-  und  Geiverbsgeschichte  unter  der  Herrschaft  des  dem* 
Ordens.   (Nr.  I  der  histuriäch-nntionallSkonomisehen  Sectiuu.    hoch  V 

7,  H.  WI8KEMANN,  Die  iintike  Landwirt hschaft  und  das  von  Thtbnucbe  Gesetz,  aus  den  »Itw 
Schriftstellern  dargelegt.  [Nr.  II  d.  hist.-nat.  ilk.  Sect.i    18a». 

6.  K.  WERNER,  Urkundliche  Geschichte  der  Iglauer  Tuchmacher-Zunft      Nr    1 1 
ük.  Sect...   1861. 

9.  V.  BOHMERT,  Beiträee  zur  Gösch,  d.  Zunftwesens.    Nr.  IV  d.  hist.-nat.  'ik.  Set 
10.    H.   W1SKEMANN,   Darstellung  der  in  Deutschland  mr  Zeit  der  Reformation  Iterraclietio« 
nationale  konomi  sehen  Ansichten.  |Nr.  V  d.  hist.-nat.  ük.  Seot.)    1863. 


11.  E.  L.  ETIENNE  LASPEYRES.  Geschichte  der  volkswirthschaftl.  Ansoheuun 
lSnder  und  ihrer  Litteratur  zur  Zeit  der  Republik.     Nr   VI  d.  hist.-n« 

12.  J.  FIKEN8CHER,  Untersuchung  der  metamorphisohea  Gesteine  der  Lunzenaner  Sehn-, 
insel.    |Nr.  VId.  math.-phys.  Sect]   IBtiT. 

IS,  JOU.  FALKE,  Die  Geschichte  des  Kurfürsten  August  von  Sachsen  in  vöikswirtiiae  hart  lieh 

Beziehung.   (Nr.  VII  d.  hist.-nat.  Bk.  Sect.     1  BB& 
M.  B.  BÜCHSENSCHÜTZ,    Die  Hauptstatten  des  Gewerbfleissea  im  elastisches  AJtenbmi 

(Nr.  VIII  d.  hist.-nat.  ük.  Sect.     1 K9  2  J  *' . 

15.  Du.  HUGO  BLÜHNER,   Die  gewerbliche  Thätigkeit  der  Viilker  des  classisele  I 
(Nr.  IX  d.  hist.-nat.  ük.  Sect.)  18t>9. 

16.  HERMANN   EXGELHARDT,     Flora    der    Uraunkohlenl'ormation    im    Königreich   ! 
'Nr.  VII  d.  math  -pbys.  Sect.i  Mit  15  Tafeln.    1BT6. 

17.  H.  ZEIS8BERG,    Die  polnische  Geschichtschrcibung  dos  Mittelalters.    Nr.  X   d    hist.-unt   r* 

Seot.)  1S73. 
IS.  ALBERT  WANGERIN,  Reduution  der  Potcntialgleichung  für  gewisse  Rotatiouski'.rjwr  i 
eine  gewühnlic-lje  Differentialgleichung.     Nr.  Vlll  d.  mfltb.-phvs   Sect     1675.  I  -*  1«  -? 

19.  A.  LESKIEN,   Die  Deelination  im  Slavisch-Litauisehen  und  Germanischen      Nr.  XI  d.  '. 
nat.  ük.  Sect.)  lS7ii. 

20.  Dit.  R.  HASSENGAMI',   Ueber  den  Zusammenhang  dos  lettoslavischcn  und  gensaab 
Sprachstaimnes      Nr.  XII  d.  hist  -nat.  ök.  Sect.;   ISTti. 

21.  Dit.  PÖHLMANN,    Die  WirthscbafUpolitik    der   Florentiner   Renaissance    und   da»   Prin« 
der  Verkohrst'reiheit.      Nr.  XIII  d.  hist.-nat,  üb.  Se. ■(.     1878, 

Leipzig.  ,S.  Hira'l.