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ru.
Abhandlungen
der
physikalischen Klasse
Königlich-Preufsischen
Akademie der Wissenschaften
den Jahren .ı820 — ı821.
3
Berlin, ı822.
Gedruckt und verlegt
bei G. Reimer.
Pat
ZESER
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La. h- a-E.'t
Hermbstädt Versuche und Beobachtungen über die Darstellung eines chemisch-reinen
KISS HRS arme Nickelngi en 200 us jene ent enene Deal whrhe Zone 020 ce
Fischer über den Ursprung der Meteorsteine . » 2 2 2020008
Rudolphi:s anatomische Bemerkungen über Balaena rostrata . .
Hermbstädt Bemerkungen über die Legierung der Metalle mit Kalium Ds alas een
Stoffen, wein sie durch schwarzen Flufs reducirt werden . “ . .
Derselbe über das Nicotianin, einen eigenthümlichen Bestandtheil in den Terschiniench Ar-
ten des Tabacks FE FL IR . A hie
Desselben Versuche und. Beobachtungen über die Aanspläre und das VVasser der Ostsee 7.
Desselben chemische Zergliederung des VVassers aus dem tedten Meere, des aus dem Jordan,
des bituminösen Kalks und eines andern Fossils aus der Nachbarschaft des todten
Meeres REF SER an la Fa FE a Te Be - “
v. Buch über den Pic von Weneeill. GE NN HT Ee
Desselben Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln N h .
Link’s Bemerkungen über die natürlichen Ordnungen der Gewächse, Erste Ankadlang
Weifs über mehrere neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes, und die Theorie sei-
nes Krystallsystems im Allgemeinen ER RR Schere,
Derselbe über die dem Kalkspath-Rhombo£der in den WVinkeln nahe EEE Rhom- 4
bo&der mehrerer Mineraliengattungen; zur Berichtigung einer Stelle in den Abhand-
- lungen der physikalischen Klasse für ı818 und 1819, S. 430, 451.5 nebst leichten
Formeln für die Berechnung gewisser-von einander abhängiger VVinkel am Rhom-
bo&der, Dihexaöder und Quadrat-Octaöder . . s Pr ; 5 .
Derselbe über das Krystallsystem- des Gipses N HANEE Rt
Rudolphi’s Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie » 2». 0.0.
Lichtenstein’s Erläuterung der VVerke von Marcgrave und Piso über die Natarseschichte
Brasiliens, aus den wieder aufgefundenen Original-Abbildungen. ( Fortsetzung.)
Derselbe über die Gattung Dendrocolaptes (Fortsetzung.) .
Desselben Erläuterung der VVerke von Marcgrave und Piso u. s. w. C Korbetuung ).
Seebeck über den Magnetismus der galvanischen Kette « .» 2...
v. Olfers über eine neue Art Seeblase, Physalia producta m, z
Atmosphärischer Zustand in Berlin vom October 1820 bis zu Ende Sepiembers aan -
185
195
223
257
258
267
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347
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Versuche und Beobachtungen über die Darstellung eines
chemisch reinen Oxyds aus dem Nickel.
Von Herrn $S. F. HERMBSTAEDT F).
N:.xeı und Kobalt gehören zu‘ denjenigen selbstständigen, Metallen,
welche nie rein regulinisch, nie einfach vererzt *), sondern stets ‚Sinander be-
gleitend so wie mit andern Metallen und vererzenden Substanzen verbun-
den, vorkommen, so, dafs deren Scheidung und Darstellung in einem .ab-
solut‘ reinen Zustande, mit aufserordentlichen Schwierigkeiten verbun-
den ist.
Die achtbarsten Chemiker des In- und Auslandes haben solches ge-
fühlt, indem sie sich mit der Ausscheidung jener Metalle aus ihren Erzen
beschäftigten, welches durch die vielseitig abweichenden Methoden be»
‘gründet wird, die sie'angewendet haben, um den vorgesetzten Endzweck
zu erzielen. RT
“ Von der absoluten Reinheit der aus jenen Minern dargestellten Oxyde
abhängig, ist auch wieder die Darstellung absolut reiner Metalle aus den-
selben. So lange indessen Zweifel für die erste Bedingung übrig bleiben,
müssen solche auch in die letztere übergetragen werden.
Ein überaus wichtiger Umstand in Rücksicht der physischen Quali-
täten ‚des Nickels, im regulinischen Zustande, ist seine Folgsamkeit gegen
*) Die einfachste natürliche Vererzung ist wohl der sogenannte gediegene Nickel, ausNickel-
und Arsenikmetall gebildet.
7) Vorgelesen den ı. Junius 1820,
Phys, Klasse. 1820—ıB2r. A
2 Hermbstädt über die Darstellung
den Magnet, so wie seine allgemein anerkannte Empfänglichkeit für die
magnetische Kraft.
Kommen jene Qualitäten dem absolut reinen Nickel von Natur zu?
sind sie mit seiner individuellen Existenz nothwendig verbunden? sind sie
vielleicht nur als abgeleitet zu betrachten, von einem nicht chemisch wahr-
nehmbaren Hinterhalt von Eisen? Jene Fragen sind zur Zeit noch nicht
mit Bestimmtheit beantwortet; und so lange sie dieses nicht sind, so lange
kann auch der Beweis: dafs das Nickelmetall, aus sich selbst, ohne Mit-
wirkung eines in ihm versteckten Eisengehaltes, magnetische Polarität be-
sitze, keinesweges als ein kaiegorischer gelten,
Eine Arbeit, mit der ich schon seit mehreren Jahren beschäftigt
bin, nämlich die genauere Ausmittelung der physischen und chemischen
Qualitäten aller uns zur Zeit bekannten Metalle, im "absolut reinen Zu-
stande, führte mich auch zur Untersuchung des Nickels aus dem oben
genannten Gesicht-punkte. Als Resultat dieser Arbeiten, lege ich der Kö-
niglichen Akademie hier dasjenige vor, was meine Beobachtungen über die
Darstellung des absolut reinen Nickeloxyds gelehrt haben,
Die rohen Materialien, welche uns für die Darstellung eines reinen
Nickels zu Gebote stehen, sind: ı) der Chrysopras, 2) der Nickel-
ocher, 3) die sogenannte Kobaltspeise, wie solche auf den Blaufarben-
werken bei der Fabrikation der Schmalte abfällt, 4) das gemeine
Nickelerz (der Kupfernickel),
Der Chrysopras, welcher seine schöne grüne Farbe allein demrei-
nen Nickelhydrat verdankt, wie unser verstorbne College Klaproth*)
zuerst bewiesen hat, würde freilich das einfachste Mittel darbieten, um ein ab-
solut reines Nickeloxyd daraus darzustellen; aber dieses Fossil ist zu selten und
kosthar, um solches mit Erfolg zu dem Behuf in Anwendung setzen zu können.
Der Nickelocher ist nicht immer blofs ein Produkt der Mischung
aus Nickel und Sauerstoff, wie angenommen wird; er ist selten frei
von Eisenoxyd, wie ich durch Versuche mit demselben gefunden habe,
Reiner Nickelocher ist übrigens auch zu selten, um ihn in Quantitä-
ten haben zu können,
Die sogenannte Kobaltspeise und der gemeine Kupfernickel
sind dagegen in hinreichender Menge und zu billigen Preisen zu haben;
sind also am meisten zur Darstellung des reinen Nickels in Anwendung
®) Dessen Beiträge zur chem. Kenntnifs der Mineralkörper, 2, B. $, 127. etc,
u
eines chemisch reinen Oxyds aus dem Nickel, 3
zu setzen. Aber beide behaupten eine sehr komplieirte Grundmischung,
welche die Scheidung eines absolut reinen Nickeloxyds- aus densel-
ben sehr erschwert: denn in der Kobaltspeise hat man mit Arsenik,
Wismut, Eisen und Silber; im gemeinen Kupfernickel hat man mit
Arsenik, Eisen, Wismut, Kobalt, Schwefel, Mangan und Kupfer zu kämpfen,
Die Herren Richter, Bucholz, Thenard, Proust und Tupputi
insbesondere haben diese letzt genannten Materialien vor das Forum ihrer
Untersuchung gezogen, um reines Nickelmetall daraus zu erhalten,
Aber die Verfahrungsarten, welche sie zu dem Behuf vorgeschlagen haben,
sindeben so komplicirt in der Ausübung, als abweichend in der Methode,
so dafs ich die Ausmittelung einer sichern und einfachern Verfahrungsart
zu jenem Zweck, als reinen Gewinn für die Wissenschaft, ansehen mulste,
Die Röstung des gemeinen Kupfernickels in Vermengung mit
Kohlenpulver, bis zur Entfernung des Schwefels und der grölsern Masse
des Arseniks, und die nachmalige Reduktion des gerösteten Erzes mit sch war-
zem Flufs und Harz, bietet ein Metallgemisch dar, welches der Ko-
baltspeise näher kommt,
Die Scheidung des reinen Nickels von jenen heterogenen Beimi-
schungen ist mit ungemein vielen Schwierigkeiten verbunden; und dieses
enthält den zureichenden Grund der Widersprüche, welche die oben ge-
nannten Chemiker, die sich mit der Ausscheidung des reinen Nickels
aus seinen Verbindungen beschäftigt haben, einander entgegensetzen.
Am schwersten unter allen jenen Beimischungen, mit welchen man
in dem reducirten Kupfernickel und der Kobaltspeisr zu kämpfen
hat, ist die Scheidung des Hinterhaltes vom Kobalt, aus dem schon für
rein gehaltenen Nickel; wenn gleich auch die des Hinterhaltes von Ei-
sen mit vielen Schwierigkeiten verbunden ist.
Bereits im Jahre 1794 habe ich *) gezeigt, dafs die Scheidung des
Kobalts, wenn auch auf einem etwas umständlichen Wege, doch sicher
und vollkommen, erreicht werden kann, wenn die mit Schwefelsäure
"gemachte Auflösung des kobalthaltigen Nickels, bis zur Neutralität mit
Ammonium verbunden und dann der Krystallisation unterworfen wird,
wobei ein von allem Kobaltgehalt freies, aus Nickeloxyd, Schwefel.
säure und Ammonium gebildetes Tripelsalz, sich in smaragdgrünen
Krystallen ausscheidet; dagegen das Kobaltoxyd, in Verbindung mit
%) Annales de Chimie etc. Tom, XXIL pag. 108 etc,
Ao
4 Hermbstädt über die Darstellung:
Schwefelsäure und Ammonium, als ein rothes Fluidum zurück
bleibt. \
Die Richtigkeit meiner Beobachtung ist späterhin auch durch Herrn
Landriani *) und Herrn Richter ”*) begründet worden. Bevor indes-
sen ‘diese letzte Sch:idung des Kobalts vom Nickel geschehen kahın,
müssen erst die anderweitigen heterogenen Beimischungen geschieden sein;
und diese zu veranstalten, hat man sehr verschiedene Wege eingeschlagen.
Der verstorbene Richter **), welcher, vermöge seiner Amıtsver-
hältnisse, als Arkanist der Königl. Porzellan- Manufaktur hieselbst,
Gelegenheit hatte, mit nickelhaltigem Kobalt und kobalthaltigem
Nickel ziemlich im Großen zu arbeiten, läfst die Erze fein pochen,
hierauf, in der Vermengung mit Kohlenpulver, so lange rösten, bis
gar kein oder doch nur sehr wenig Arsenik mehr 'entweicht. Das so ge-
xöstete Erz digerirt derselbe mit zwei Drittheilen seines Gewichts kon«
centrirter Schwefelsäure, die mit dem doppelten Gewicht Wasser vor-
her verdünnet worden ist, erhitzt dann das Gemenge zum Sieden und setzt
nach und nach so viel Salpeter hinzu, als zur beforderung der Auflö-
sung erforderlich ist, deren Beendigung er daran erkennt, dafs kein Auf-
brausen mehr erfolgt und keine Dünste von salpetriger Säure mehr ent-
wickelt werden. Das Gemenge wird hierauf zur Trockne abgedünstet
und die trockne Masse so lange erhitzt, bis keine salpetrigsaure Dünste
sich mehr entwickeln, wobei aller etwa rückständige Schwefel ver-
brannt wird.
Der trockne Rückstand wird nun mit Wasser ausgelaugt, wobei ar-
seniksaures Eisen und Wismut zurückbleiben. Die filtrirte Lauge
"wird hierauf mit kohlensaurem Kali versetzt, so -lange als noch ein
starkes Aufbrausen erfolgt, wobei Wismutoxyd.und arseniksaures
Eisen ausgeschieden werden, „raid
Ist Kupfer vorhanden, so verräth dasselbe sich durch die Zutke
Haut, mit welcher ein in die Flüfsigkeit gehängter Stab Eisen bedeckt
wird. In diesem Fall wird die Flüfsigkeit durch mildes Kali gefället,
der Niederschlag ausgesülst, dann getrocknet und hierauf, mit einer ver-
e %
*) Annales de Chimie, Tom. XX. pag. 114. efe.
#*) Gehlens Neues allgem, Journal der Chemie, 1804. 2. B, S. 65. etc,
*++) Gehlens Neues allgem, Journal der Chemie. 2. B, S. 60, Desgleichen im 3, B s. 244 und
444 4 B. S. 329. und 5. B. S. 6gg. etc.
eines chemisch reinen Oxyds aus dem Nickel. 5
hältnifsmäfsigen Masse Salmiak gemengt, ‚der Sublimation unterworfen, da
dann das Kupfer so wie der noch rückständige Eisengehalt, entfernt
werden,
Der Rückstand wird nun mit Wasser erweicht, die Auflösung. des-
selben durch etwas zugesetzte Schwefelsäure begünstiget, dann die Flüs-
sigkeit mit schwefelsaurem Ammonium versetzt, und zu wiederhol-
"tenmalen krystallisirt: da denn ein Tripelsalz, "aus Nickeloxyd, Schwe-
felsäure und Ammonium gebildet, in grünen Krystallen gewonnen wird,
aus welchem nun, durch kohlenstoffsaures Kali, das reine Nickel-
oxyd erhalten werden soll.
Diese Verfahrungsart ist ausserordentlich komplicirt, Mansieht, dafs
Herr Richter zur Trennung des reinen Nickels vom Kobalt, indem
er das Erstere als schwefelsaures Nickel-Ammonium scheidet, sich
derselben Verfahrungsart bedient, die ich früher vorgeschlagen habe. Aber
die von Herrn Richter befolgte Verfahrungsart ist in der That zu um-
ständlich. Durch die Sublimation des kupfer- und eisenhaltigen- Nie-
derschlags mit Salmiak, werden schwerlich Kupfer- und Eisenoxyd
völlig’ hinweggeschaflt. Er würde die Abscheidung des Kupfers ohne
Sublimation erreicht haben, wenn er die Flüfsigkeit mit Eisen digeriren
ließs. Das Eisen hätte alsdann durch die Sublimation mit Salmiak voll-
kommen {getrennt werden können.
Der verstorbene Bucholz*) bedient sich, zur Darstellung des rei-
nen Nickeloxyds, der folgenden Verfahrungsart. Er röstet den zart ge-
pulverten Kupfernickel in der Vermengung mit Kohlenp ulver, bis.
zur möglichsten Entfernung des arseniks und des Schwefels. Er di.
gerirt die geröstete Masse mit verdünnter Schwefelsäure und wieder-
holt diese Operation so oft, als noch eine grüne Flüfsigkeit gebildet wird,
Die filtrirte Auflösung wird nun. bis zur Neutralität mit mildem Kali
versetzt und dann gelinde abgedünstet. Erst sondert sich Arsenikoxyd
ab, dann schiefst schwefelsaures Kali an, diesem folgt schwe.
felsaurer Nickel, in vierseitigen Kıystallen, von smaragdgrüner
Farbe.
Die letztern Krystallen werden mit Wasser gelöst, die Lösung durch
mildes Kali gefället und der ausgesüfste Niederschlag durch Ammo-
nium aufgelö-et, wobei Eisen oxyd zurück bleibt,
*) Gehlens Neues allgem. Journal der Chemie 2, B, $, 282, eig,
6 Hermbstädt über die Darstellung
n
Die ammonialische ‘Auflösung wird nun in eine Retorte gebracht,
wo sich dann das Nickeloxyd als ein Pulver von apfelgrüner Farbe aus-
scheidet. Das gewonnene Oxyd wird nun in Schwefelsäure aufgelöst,
filtrirt und durch Ammonium gefället, von diesem aber noch so viel
hinzu gesetzt, bis der Präzipitat gröfsentheils wieder aufgelöst ist, da denn
ein Gemenge von Kobalt- und Nickelox yd zurück bleibt. Die Altrirte
Flüfsigkeit liefert nun durch den Weg der Krystallisation ein schwefel-
saures Nickel-Ammonium, aus welchem durch das Kochen mit Kali
reines Nickeloxyd gefället werden soll.
Bei dieser Verfahrungsart kommt also Herr Bucholz wieder mei-
ner frühern Angabe darin sehr nahe, dafs er das Nickel in schwefel-
saures Ammonialnickel umwandelt, um solches vom Kobalt zu be
freien. Ich sehe aber durchaus nicht wohl ein: wie auf diesem Wege das
Nickeloxyd vom Kupfer und Eisen vollkommen befreiet werden soll?
weil man doch annehmen darf, dafs der Arsenik mit dem Ammonium
oder dem Kali verbunden, gelöst bleiben kann.
Herr Thenard”) bedient sich, zur Darstellung eines reinen Nik
keloxyds, des folgenden Verfahrens. Er röstet das Nickelerz bis zum
Verschwinden des Arsenikdunstes, löset das geröstete in Salpeter-
-säure auf und dunstet die Auflösung ab. Sie wird hierauf mit Wasser ver-
dünnet, wodurch das Wismut abgesondert wird. Durch einen in die Auf
lösung eingehängten Stab Eisen, wird die Gegenwart des Kupfers ange-
deutet. Dieses wird daraus durch hydrothionsaures Gas zu kasta-
nienbraunen Flocken gefället. Um die Arseniksäure zu scheiden, wird
die vom Kupfer befreite Flüfsigkeit mit einer Lösung von Schwefelwas-
serstoffkali im Uebermaals versetzt, wodurch Nickel- und Kobalt.
oxydin Verbindung mitSchwefel und Schwefelwasserstoff, inschwar-
zen Flocken ausgeschieden werden, die Arseniksäure Hingegen, mit Kali
verbunden, gelöst bleibt. Durch die Lösung des ausgesülsten Präcipitats
in Salpetersäure, bleibt der Schwefel ungelöst zurück. Aus der ge-
bildeten Auflösung wird nun, durch die Füllung mit Kali, ein Gemenge
von Nickeloxyd und Eisenoxyd gewonnen, Dieses Oxydgemenge wird
jetzt in Salpetersäure aufgelöst und die Auflösung mit Chlorkali ver-
setzt, wodurch jene Oxyde als Peroxyde gefället werden. Nach dem Aussüfsen
wird der noch feuchte Präcipitat mit Aetzammonium digerirt, welches
*) Gehlens Neues allgem. Journal der Chemie, 4, B, S, 281, etc,
eines chemisch reinen Oxyds aus dem Nickel. 7
das reine Nickeloxyd aufnimmt, die übrigen aber ungelöst zurück
läfst. Die ammonische Nickeloxyd-Auflösung wird hierauf abge-
dünstet, da denn ein reines Nickeloxyd von schöner grüner Farbe sich
aussondert.
Herr Proust*) bedient sich, zur Darstellung des reinen Nickel-
oxyds des fulgenden Verfahrens. Er röstet das Nickelerz bis zur Ver-
flüchtigung des meisten Arseniks, Das geröstete Erz wird nun mit ver«
dünnter Schwefelsäure bis zur Auflösung erhitzt, dann die Flüfsigkeit
filtrirt und so lange mit kohlenstoffsaurem Kali versetzt, als noch
arseniksaures Eisen gefället wird und die Probe mit blausaurem
Eisenkali kein Dasein von Eisen mehr andeutet. Das Fluidum wird
hierauf aufs Neue fitrirt und dann so lange hydrothionsaures Gas
hindurch geleitet, bis alles vorhandene Arsenikoxyd, Kupfer- und
Wismutoxyd gefället worden sind. Wird nun die Flüfsigkeit zur Kry-
- stallisation abgedünstet, so gewinnt man schwefelsaures Nickel in
grünen Krystallen; dagegen das schwefelsaure Kobalt gelöst zurück
bleibt. Das gewonnene schwefelsaure Nickel, wird durch wiederhol-
tes Auflösen und Krystallisiren vom noch anhängenden schwefelsauren
Kobalt geschieden. Das so gewonnene reine schwefelsaure Nickel-
oxyd, wird abermals in Wasser gelöst und die Lösung durch kohlenstoff-
saures Kali gefället, da dann ein reiner kohlenstoffsaurer Nickel
gewonnen wird,
Herr Tupputi **) bedient sich zur Darstellung eines reinen Nik-
keloxyds der Kobaltspeise. Sie wird in verdünnter Salpetersäure
aufgelöst, wobei sich Schwefel absondert. Wird die Auflösung fltrirt
und abgedünstet, so wird Arsenikoxyd ausgeschieden. Hiervon getrennt,
wird sie nun so lange mit mildem Kali versetzt, bis der sich bildende
Niederschlag anfängt schmutzig grün zu werden; wobei anfangs arsenik-
saures Eisen, dann arseniksaures Kobalt undendlich kohlenstoff-
saures Nickel zu Boden fällt. Die rückständige Flülsigkeit wird wie-
der filtrirt und hierauf so lange hydrothionsaures Gas hindurch ge-
leitet, bis aller Arsenik ausgeschieden ist. Aus der nun filtrirten Flüs-
sigkeit wird hierauf durch kohlenstoffsaures Kali, das darin befind-
liche Nickeloxyd zum kohlenstoffsauren Nickel gestellt.
.®) Gehlens. Neues allgem. Journal der Chemie. 3. B. S. 435. etc,
%) Annales de Chimie etc, Tom, LXXVII, pag. 133,, und Tom, LXXIX, pag, 1535. etc.
s
8 | Hermbstädt über die Darstellung
Hier haben wir also fünf verschiedene Verfahrungsarten, zur Dar-
stellung eines reinen Nickeloxyds, die sämmtlich in der Methode
mehr oder weniger von einander abweichen: ein sicherer Beweis, dafs der
Gegenstand noch nicht zur Evidenz erhoben worden ist.
Jenes veranlafste meinerseits eine Reihe von Versuchen über densel-
ben Gegenständ, wozu ich mich theils des gerösteten und durch schwar-
zen Flufs und‘ Harz reducirten Nickelerzes, theils der Kobalt-
speise bedient habe.
Es ist nicht meine Absicht, hier der vielen fruchtlos angestellten
Versuche zu gedenken, die ich unternommen habe, bis ich zum sichern
Zweck gelangt bin. Ich begnüge mich vielmehr hier allein dasjenige Re=
sultat zu erörtern, welches ich als das gelungenste ansehen kann. Mein
Verfahren besteht im Folgenden. v
Die Kobaltspeise *) vder am deren Stelle das aus dem gerösteten
Kupfernickel reducirte Metall, und, im grobgepulverten Zustande, mit
seinem vierfachen Gewicht reinen trocknen und gepulverten Salpe-
ter gemengt, und dieses Gemenge in einem vorher bis zum Rothglühen ge-
brachten etwas geräumigen hessischen Schmelztiegel, bei kleinen Portionen,
nach und nach eingetragen und die erfolgende Verpufflung abgewartet,
Wenn alles verpuflet ist, wird die Masse nochmals zehn Minuten lang gut
durchgeschmolzen und ausgegessen, Was im Tiegel zurück bleibt, läfst
sich durch dessen Auslaugen mit kochendem Wasser gut hinweg nehmen.
Die geschmolzene, Masse wird zerkleinert, und, nebst dem Ausge-
laugten, in einen Platirkessel, mit mehr zugesetzten Wasser so oft ausge-
kocht, bis die Flüfsigkeit nicht‘ mehr alkalisch reagirt und Bleiauflösung
nicht mehr. davon gefällt wird. Der ausgelaugte Rückstand ist jetzt frei
von Arsenik, er ist ein Gsmenge von Nickel, Kobalt, Eisen, Wis-
mut, etwas Kupfer, sämmtlich im Zustande der Peroxyde.
> ‚ Ich
*) Die Kobaltspeise euthält in der Regel etwas Silber, Man entfernt solches vollkommen,
wenn man der mit Schwefelsäure gemachten Auflösung des durch die Verpuffung mit
; Salpeter erhaltenen Oxyds, etwas Salmiak zusetzt, wobei das Silber als salzsaures
Silber gefället wird,
eines chemisch reinen Oxyds aus dem Nickel. 9
Dieser gemengte Oxyd wird mit verdünnter Schwefelsäure bis
zur Auflösung gebracht, dann die grüne Auflösung filtrirt, und bis zur
Neutralität mit Ammonium versetzt.
Ich hänge nun einen Stab Eisen hinein und lasse die Fhüfsigkeit bei
gelinder Wärme, 48 Stunden lang damit in Berührung, wodurch, wenn
Kupfer vorhanden war, solches regulinisch ausgeschieden wird,
Die Flüssigkeit wird nun mit liquidem Antimonium bis zum vor-
walten desselben versetzt. Hierdurch wird das Wismuthoxyd und das
Eisenoxyd ausgeschieden; dagegen das Nickeloxyd und das Kobald-
oxyd mit dem Ammonium in Mischung treten, und eine hellsaphyr-
blaue Auflösung bilden,
‚Jene Auflösung wird von dem Niederschlage getrennt, sauber filtrirt
und dann wieder mit so viel Schwefelsäure versetzt, bis Neutralität er-
. folgt und die Flüssigkeit eine dunkelgrüne Farbe angenommen hat, Sie
wird nun in einem Platinkessel bis auf den dritten Theil abgedünstet, wo-
bei noch etwas Eisenoxyd ausgeschieden wird; von welchem sie nach dem
Erkalten durch ein Filtrum getrennt werden muls.
Sie wird nun ganz langsam an der freien Luft‘ abgedünstet, da
denn. nach und nach hellsmaragdgrüne Krystalle sich bilden, welche rei-
nes schwefelsaures Nickelammonium ausmachen, worin weder eine
Spur von Eisen noch von Kobalt mehr genommen werden kann. So-
bald die Krystalle anfangen smaragdgrün zu werden, enthalten sie schwe-
felsaures Kobaltoxyd eingemengt und müssen besonders gesammelt
werden,
Das so erhaltene reine schwefelsaure Nickelammonium wird,
nun in einem Tiegel geschmolzen und ausgeglühet, wobei Ammonium
und Schwefelsäure entweicht, und ein reines Nickeloxyd übrig
bleibt. Dieses wird abermals in Schwefelsäure mittelst dem Sieden
aufgelöst, die Auflösung mit Wasser verdünnt, Altrirt und durch kohlen-
saures Natron siedend heifs gefället. Der zu wiederholtenmalen mit
destillirtem Wasser ausgesüfste Niederschlag, stellt nun ein völlig reines
kohlenstoffsaures Nickeloxyd von schöner grüner Farbe dar.
5 Phys, Klasse, 1890 rät. B
10 Hermödstüdt über die Darstellung ete.
Wie dieses reine Nickeloxyd sich bei der Reduktionverhalten
wird, sowohl für sich, als in der Verbindung mit entoxydirenden. Sub-tan-
zen?’ solches soll die Grundlage zw einer neuen Reihe über diesen Gegen-
stand. anzustellender. Versuche. abgeben..
-
Diese von. mir beobachtete Methode zur- Darstellung eines reinen
Nickeloxyds hat den Vorzug vor denen. der übrigen genannten Chemiker,
dafs sie. weniger umständlich und weniger kostspielig ist und ein Resultat lie-
fert, das nichts mehr zu. wünschen. übrig läfst.
-
Ueber den Ursprung der Meteorsteine.
/ Von Herın F. G. Fıscnza s),
*
I der unendlichen Menge des Wunderbaren, das wir seit wenigen Jahr-
zehnten in der politischen, in der sittlichen, 'und selbst in der physischen
Welt erlebt haben, gehören unstreitig auch die Meteorsteine, deren Herab-
fallen aus der Luft man vormals in die Reihe der Ammenmährchen ver-
wies, deren Wirklichkeit aber unser sinnreicher ‘Chladni so siegreich ‚dar-
gethan hat.
Seitdem ‘diese ‘wunderbare Thatsache durch die "häufigsten und un-
zweideutigsten Beobachtungen aufser allen Zweifel gesetzt ist, hat sich der
Scharfsinn der Naturforscher erschöpft, die Erscheinung zu erklären. Aber
alle Erklärungen, die man versucht hat, wenigstens alle die einigen Beifall
gefunden "haben, beruhen auf Annahmen, ‘die in der That nicht weniger
wunderber sind, als die Thatsache selbst. 2
Am‘ meisten Beifall scheint Chladni’s Erklärung gefunden zu haben,
der sie für einzelne im Weltraum herumfliegende Massen hält, die zufäl
lig in unsern Luftkreis gerathen, und durch die Schwere herabzufallen
genöthigt werden, Ueber den Ur:prung solcher Massen, deren es im Welt.
raum eine ungeheure Menge geben müfste, hat er sich, meines "Wissens,
nirgends erklärt: aber man müfste sie wohl für Baumaterialien zu ‚neuen
*) Vorgelesen den 15. Juni 1820,
Be
12 X ER ae en Klar =
Welten, oder für Bruchstücke zertrümmerter halten, wenn man sie nicht
für etwas ganz bedeutungsloses halten will. Aufßser_dieser Dunkelheit ih-
zes Ursprungs, scheint mir aber auch die ganz eigenthümliche, aber bei
allen Meteorsteinen ziemlich ähnliche chemische Mischung etwas unbe-
greifliches zu sein.
Fast noch ausschweifender scheint die Idee 'zu sein, sie für Auswürf-
linge aus Mond-Vulkanen zu halten, wenn gleich La Place durch Rech-
nung gezeigt hat, dafs die dazu erforderliche ursprüngliche Gesehwindig-
keit nicht ganz undenkbar sei. Die grofse Menge der Meteorsteine, und
die so mannichfaltigen Richtungen ihrer Bewegung, die gar keine Bezie-
hung auf die Stellung des Mondes zu haben scheinen, werden sich nicht
ohne neue eben so wunderbare Annahmen aus dieser Idee begreiflich ma-
chen: lassen,
Einige haben sogar den Nordpol mit einem ae Vulkan be-
schenkt, der seine Gaben viele hundert Meilen weit umherschleudere. Aus-
ser der Fabelhaftigkeit dieser Idee aber, hat sie noch die grofse Schwie-
zigkeit, dafs die Meteorsteine mit den Auswürflingen der bekannten Vul-
kane gar keine Aehnlichkeit haben.
Die am wenigsten wunderbare Erklärung, dafs die Meteorsteine viel-
leicht Erzeugnisse unseres eigenen Lufikreises sein möchten, hat in unserm
wundergläubigen Zeitalter gerade die wenigste Aufmerksamkeit gefunden.
Indessen ist es gewifs der Mühe werth, die Sache einmal von dieser Seite
zu beleuchten. Denn wenn gleich auch diese Erklärungsart nicht geringe
Schwierigkeiten hat,. so sind doch die Annahmen, die man machen mulfs,
nicht so: ganz aus dem: Blauen gegriffen, sondern können überall theils durch
ausgemachte Nalurgesetze, theils wenigstens durch Analogien unterstützt
werden: Auch schliefst sie nicht die Möglichkeit aus, durch fortgesetzte
aufmerksame Beobachtungen und Untersuchungen mit der Zeit einmal
ihren Grund oder Ungrund aufzudecken.
Ehe ich aber meinen Versuch einer solchen Erklärung vortragen
kam; ist es nöthig, einige allgemeine Betrachtungen über den Zustand un-
sers Luftkreises vorauszuschicken, :
Man würde sich unstreitig eine mangelhafte Vorstellung von der Be-
schaffenheit desselben: machen, wenn man glaubte, dafs nichts weiter in
deniselbem vorhanden sei, als was durch chemische Untersuchung darge-
stelli, oder bemerklich gemacht werden kann: nämlich als wesentliche Be-
} über den Ursprung der Meteorsteine, 13
_ standtheile, Oxygen und Azot, als zufällige EI Wasserdunst und
eine geringe Menge von Kohlensäure.
Erwägt man aber, wie viele Entbindungen von luftförmigen und
dunstförmigen Stoffen ununterbrochen auf dem Erdboden vorgehen, so
kann man nicht zweifeln, dafs in dem Lufikreise mancherlei Stoffe vor-
handen sein müssen, welche sich der chemischen Untersuchung entziehen:
es sei nun, dafs wir keine Reagentien für sie kennen, oder dafs sie in. zu
geringer Menge vorhanden sind, oder endlich, dafs sie sich nicht in den
untern Theilen der Atmosphäre sammeln, wo wir allein unsere Prüfungen
anstellen können.
Man erwäge zuerst, wie viele Iuftförmige Stoffe ununterbrochen
durch die Verbrennung aller Arten von brennbaren Körpern von Menschen-
händen und von der Natur erzeugt werden.
Man bedenke ferner, welche Menge von dunstförmigen Stoffen durch
die unmerkliche Ausdünstung aller Körper der ganzen Thier- und Pflanzen-
welt im jedem Augenblick in den Luftkreis übergehen. Es- wird wohl nie-
mand behaupten wollen, dafs diese Dünste aus nichts. weiter als aus Was-
‚ serdunst beständen. Schon der Geruch, den die meisten organischen Aus-
dünstungen haben, beweist. hinlänglich,. dafs sie nicht reiner Wasserdunst
sind. Erwägt man aber, dafs alle materielle Veränderungen organischer
Stoffe nicht plötzliche Umwandelungen, sondern durch unendlich kleine
Stufen unmerklich fortschreitende Veränderungen sind, so dürfte viel
leicht die richtigste Vorstellung die sein, dafs jede organische Ausdün-
stung eine dunstförmige Flüssigkeit eigener Art sei, deren Grundlage und
gröfster ponderabler Bestandtheil zwar Wasserdunst ist, mit welchem. aber
andere organische Stoffe in einer innigen Vermischung stehen ‚ welche nicht
- sowohl den Charakter eine» chemischen, als einer organischen. Verbindung
trägt. Ob sich gleich das Dasein solcher organischen Mischungen in der
Atmosphäre allen: chemischen Reagentien: entzieht, so giebt es sich doch:
deutlich genug kund, in vielen ganz alltäglichen Erfahrungen. Dahin ge-
hört besonders ‚„ dafs alles Regen- und Schneewasser unverkennbar. mit. et--
was. organischem- angeschwängert ist. Filtrirt man. es sorgfäliig, so: mufs:
man sehr oft das Flie[spapier wechseln, weil sich die. Poren. verstopfen..
Ein Beweis,. dafs etwas sehleimiges: in. denselben vorhanden ist.. Läfst.man:
es in starker Kälte frieren, so: bleibt gewöhnlich in der Mitte-der Eismasse:
eine. kleine Menge einer. gelblichen und. klebrigen Flüssigkeit ungefroren:
u
14 FW sehr
1
zurück, Den stärksten Beweis scheint mir aber .die großse ibefruchtende
Kraft ‚des Regens zu geben. Oft häufen sich dergleichen Dünste 'bis zu
‚sichtbarem Nebel an, und .der Geruch den (dieser :oft hat, :zeigt deutlich
‚genug, dafs «es nicht blofser Wasserdampf ist. ‘Ohne Zweifel ist ‚es «die Be-
schaffenheit solcher organischen Dünste, was das Einathmen der Luft ent-
weder wohlthätig für ‚die Gesundheit, oder machtheilig, :oder ‚herrschende
Krankheiten hervorbringend macht. =, ;
‚Aber .es :müssen sich :nothwendig in dem Luftkreise nicht blofs Dünste
organischen Ursprungs, :sondern .auch :mannigfaltige anorganische Stoffe be-
finden, ‚deren Dasein :man nicht ‚vermuthet, weil ‚sie sich ihrer Feinheit
oder geringen Menge wegen .allen ‚chemischen Prüfungsmitteln «entziehen.
Folgende Betrachtungen scheinen mir .dieses .aulser ‚Zweifel zu setzen.
Wir kennen zwei Mittel, den Aggregatzustand der Körper zu än-
dern, Wärme, und ‚chemische Mischung. Es giebt viele feste Körper, ‘welche
dem ‚ersteren sehr hartnäckig widerstehen: ‚aber ‚gewils giebt -es keinen, der
dem zweiten nicht unterliegen ‚müfste: «oder man nenne mir irgend einen
festen :Stoff, ‚der nicht in irgend einer chemischen Mischung .den tropfba-
ren, :oder .auch :selbst ‚den luftförmigen ‚Zustand annehmen könnte. Nichts
ist feuerbeständiger und fester, als reine Kohle, «und doch nimmt gie in
der kohlensauren und in der kohlenhaltigen Hydrogen-Luft den ausdehn-
samen “Zustand 'an. Eben so .der Schwefel in der schwefelsauren und in
der :schwefelhaltigen Hydrogen-Luft, die Kieselerde in der Elufssauren Luft,
.u. dergl..m. Von ‚metallischen Stoffen lassen sich zwar weniger Beispiele
dieser Art aufstellen. ‘Doch weils man, dafs bei Destillation der Salzsäure
über .eisenhaltigen Thon, .allezeit einiges Eisen mit übergeht. Man pflegt
dieses freilich nur als ‘ein mechanisches Fortreilsen feiner Eisentheile zu be-
trachten: ‚aber ich sehe nicht ein, warum nicht die sonst :so wirksamessalz-
saure Luft vermögend sein sollte, eben so vollständig das Eisenoxyd auf-
zulösen, ‘wie die tropfbare Salzsäure. ‘Ueberhaupt sind wohl die Kräfte
saurer Luftarten. noch nicht genug untersucht: aber es ist wohl mehr als
wahrscheinlich, ‚dafs sie gegen ‚die Metalle und Metalloxyde (vielleicht ge-
gen alle) auflösende Kräfte besitzen, Einige Naturforscher wollen bemerkt
haben, dafs sogar die Hydrogen-Luft etwas Eisen in sich aufnehme.
Dem sei indessen, wie man will, so fehlt 'es nicht ‘an anderweitigen
Anzeigen, dafs selbst die Metalle, und zwar in der gewöhnlichen Tempe-
ratur, den luft. Oder dunstförmigen Zustand annehmen können. Dafs die
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über den Ursprung der Meteorsteine. 15
Metalle in. den: äufsersten Gradem: der Hitze verflüchtigt werden, ist bekannt,
und: beweist wenigstens im: Allgemeinen ihre Fähigkeit. zur Verflüchti-
gung. Aber dafs sie auch in der gewöhnlichen Temperatur einer Verflüch-
tigung,. wenn gleich einer unbestimmbar geringen, unterworfen sind,. scheint
mir der Geruch derselben: ziemlich unzweideutig: zu beweisen.- Dals sich die
Flamme- vom Kupfer grün: färbt,. Jäfst sich auch- schwerlich: anders als aus
der. Verbreitung. eines ‚zarten metallischen Dünstes erklären..
Ueberhaupt dürfte vielleicht die Verdunstung‘ ein ganz allgemeines
'Naturgesetz: für die ganze Körperwelt sein.. Dals: alle. tropfbaren' Körper
oline‘ Ausnahme: verdunsten,. kann nicht bezweifelt: werden.. Dupkler' ist es
bei den. festen: Körpern.. Doch gilt derselbe Grund). welcher vorher bei
den. Metallen: angeführt: wurde,. bei. allen Körpern‘ welche einen Geruch
verbreiten.. Auch: möchte ich hier noch eine alltägliche Erscheinung erwäh-
nen,. die man: sich freilich gewöhnlich‘ anders erklärt, dieaber einer genauern
Beachtung nicht unwerth: sein: dürfte.-. Jedermann: weils, dafs in einem dicht
verschlossenen Zimmer: oder Schrank sich: mit: der Zeit‘ eine: Menge Staub
sammelt,. Selbst in: einer: sorgfältig, gearbeitetem und verschlossnen Taschen-
uhr zeigen: sich. von Zeit‘ zu‘ Zeit. im: Innern. und! auf. dem: Zifferblatt Stäub-
chen.. Woher: kommt das? Gewöhnlich: erklärt: man es sich,. ohne’ weitere
Untersuchung;- durch: ein: mechanisches: Einströmen: feiner. Staubtheilchen
durch die: kleinsten: Ritzen: und Oeffnungen:: Auch mag: wohl ein Theil sol-
chen: Staubes; diesen: Ursprung: haben... Aber’ es: kommen: doch: dabei Um-
stände: WEr,. welche: auf‘ einen‘ andern: Ursprung: deuten:- Wo'sich solcher
Staub: in Menge- sammelt,. da. findet sich. öfters: ein’ ganz: eigenthümlicher
Geruch ,. z..B. in einer Bibliothek... Sollte man: nicht berechtigt sein, hieraus
zu: schlie(-en;. dafs- der: Staub; eher: ein‘ Niederschlag aus: der Luft, .als et-
"was blofs mechanisch: herbeigeführtes- sein: dürfte?’ Wenn: sich neben ei-
nem: Büchersaal' ein: anderes,. ebenso’ dicht‘ und! eben' so‘ lange verschlosse-
nes: Zimmer: befindet‘,. so: wird. man: in: beiden‘ Staub,. aber: nicht von glei-
cher: Beschaffenheit,. auch nicht: von: gleichem: Geruch: finden, wie es doch
sein. mülste;’ wenn er: blofs durch‘ die Ritzen‘ der: Fenster und Thüren her-
'beigeführt: wäre,. Eine- Bibliothek: bietet! noch: einen: Grund’ mehr für diese
Hypothese dar.. Es: leidet! nämlich: offenbar: das: Papier der Bücher mit der
Zeit! eine: chemische: Veränderung... Es; wird! gelb,. zerreiblich, ‘und leichter,
Unstreitig: wird diese: Veränderung dadurch bewirkt, dafs sich gewisse Be-
ständtkreile: des: Papiers: verflüchtigen.. Diese‘ verflüchtigten Stoffe sind es,
ir
ı6 i rer BT
die den Geruch hervorbringen. Und warum sollte es unwahrscheinlich sein,
dafs diese Stoffe in der Luft mit der Zeit neue Umwandlungen erleiden,
und sich zuletzt in der Gestalt feiner Stäubchen niederschlagen könnten? _
Wenn Betrachtungen dieser Art die Verdunstungsfähigkeit selbst der
festesten Körper in der gewöhnlichen Temperatur auch nicht entscheidend
beweisen, so wird man doch einräumen müssen, dafs diese Hypothese nicht
zu der Klasse derjenigen gehöre, welche ganz reine Geschöpfe der Phanta-
sie, oder wie man zu sagen pllegt, aus dem Blauen gegriffen sind: denn
sie stützt sich auf lauter Thatsachen, ob sie gleich aus ihnen nicht mit lo-
gischer Strenge abgeleitet werden kann.
Nimmt man nun vorläufig bis auf weitere Prüfung diese Hypothese
an, so ist man genöthigt, sich von unserm Lufikreise eine ganz andere
Vorstellung als gewöhnlich zu machen. Denn man wird nun in demselben
nicht blofs die darstellbaren Bestandtheile, sondern auch die unendliche
Menge von dunst- und luftförmigen Stoffen annehmen müssen, die unun-
terbrochen von allen tropfbaren und festen Körpern ausströmen.
Aber wo bleiben diese Dünste? und warum finden wir in den Thei-
len des Luftkreises, den wir unmittelbar beobachten können, nur unsichre.
Spuren, und unbedeutende Mengen derselben? Ich will diese letzte Frage.
zuerst zu beantworten-snchen, und ich glaube, dafs es auf eine ungezwun-
gene Art geschehn kann, wenn man die ungemein grofse Feinheit der mei-
sten dieser Ausdünstungen beachtet. Wie unbegreiflich fein viele dieser
Dünste sind, davon giebt das Quecksilber einen unwidersprechääichen Be-
weis. Dafs es selbst in der gewöhnlichen Temperatur der Atmosphäre.
verdunste, davon kann man sich täglich durch Beobachtung des Toricelli- .
schen Vacuums überzeugen. - Aber wie unermelslich fein mufs dieser Dunst.
sein, da man in einem offen stehenden Gefäls mit Quecksilber vielleicht
kaum nach Jahren eine der Wage empfindliche Abnahme des Gewichts wahr- .
nehmen würde. i
Ist aber ein Dunst vielleicht einige tausendmal leichter als die at-
mosphärische Luft, so mufs er bei seiner. Entstehung mit Blitzesschnelle ,
in der Luft emporsteigen. Hat nun ein solcher Dunst nur eine geringe,
Verwandtschaft mit den Bestandtheilen der atmosphärischen EZuft, so wird
er sich mit derselben wenig oder gar nicht mischen, sondern in dem Luft-
kreise so lange steigen, bis er Luft von gleichem Grade der Dünnheit fin-
det. Es würden sich also diese Dünste in den höchsten Regionen des Luft»
krei-
“rs
über den «Ur. rsprung der Meteorsteine. 17
kreises ‘sammeln, und: über der -untern, durch sie wenig‘ verunreinigten
Luft lagern. ‚Etwas analoges haben wir an tropfbaren Flüssigkeiten, welche
wenig Verwandtschaft gegen einander "haben, wie Wasser und fettes Oel,
oder Wasser uud Acıher, ‘wo die leichtere Flüssigkeit sich von der schwe-
reren von selbst trennt, und über ihr lagert. Die bekannten Luftarten
verbinden sich zwar alle zu homogenen Mischungen; indessen erfolgen
diese Mischungen bei einigen schneller, bei andern langsamer, und bei der
schweren Kohlensäure so langsam, dafs sie sich in einer Schicht unter der
mosphärischen Luft lagert, und wenn nieht Bewegung dazu kommt, sich
nur äufserst langsam mit der atmosphärischen Luft gleichmäfsig mischt.
Beobachtungen dieser Art widerlegen aufs vollkommenste Daltons seltsame
Hypothese, dafs eine Luftart für die andere ein leerer Raum sei, und dals
zwischen luftförmigen Stoffen gar keine Verwandtschaft statt finde; so dafs
von dieser Seite meine Hypothese wohl keinen bedeutenden Angriff zu be-
sorgen hat.
Wo bleiben aber alle diese Dünste und Luftarten ‚ die sich seit Jahr-
tausenden ungeheuer vermehrt haben müßten, ‘wenn die Natur nicht Mit-
tel besälse, den Luftkreis wieder davon zu entledigen? Wo die zufälligen Beimi-
schüngen bleiben, deren Dasein sich wahrnehmen läfst, dieses kann theils
„mit völliger Gewifsheit, theils mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wer-
den. Der Wasserdunst kehrt sichtbar ais Regen und Schnee wieder zur
Erde zurück. Nicht ganz so klar ist es, wo die kohlensaure, schwefel-
saure, die Hydrogen-Luft und die organischen Ausdünstungen bleiben,
welche täglich in die Atmosphäre in Menge übergehen. Aber man kann
‘ nicht zweifeln, dals die-Natur diese Stoffe wieder zur Ernährung aller or-
" ganischen Körper verwende, da es eine erwiesene Sache ist, dafs Pflanzen
und Thiere einen Theil ihrer Nahrung aus der Luft erhalten. Auch ist
schon oben bemerkt worden, dafs aller Regen etwas organisches enthält.
Aber wo bleiben nun jene Ausdünstungen von Metallen, Erden, Steinen
und allen festen Körpern, die sich nach unserer Hypothese in den höch-
sten Gegenden des Luftkreises anhäufen? Vielleicht sind Sternschnuppen,
Feuerkugeln, Nordlichter, Meteorsteine die Mittel, wodurch die Natur
diese Dünste entweder ganz in ihrem Wesen verändert, oder sie finmittel_
bar dem Erdboden zurückgiebt. 2
Plıys. Klasse, 180-1821. G
18 Fischer
Es scheint mir sehr für meine Hypothese zu sprechen, dafs alle
diese Erscheinungen sich immer nur in den höchsten, nie in den untern
Regionen des Luftkreises ereignen, wovon man gar keinen Grund angeben
könnte, wenn der Luftkreis in der Höhe von derselben Beschaffenheit wäre,
wie unten,
Versucht man nun aber zu bestimmen, wie, und durch was für
Kräfte die Natur solche Reductionen der Dünste bewirke, so kommt man
allerdings in ein dunkleres Gebiet, wo man nur Vermuthungen wagen darf.
Ehe. wir indessen den. Versuch, diese Frage zu beantworten, wagen dür-
fen, wird es zweckmäfßsig sein, einer Haupteinwendung gegen den atmo-
sphärischen. Ursprung, grofser. Meteorsteine zu. begegnen.
Eine. solche Einwendung nimmt man. her vom der Gröfse des Luft-
raumes,, der zur. Bildung eines Steins- von beträchtlicher Größe den Stoff
hergeben. müßste.. Die: bekannten: Eisenmassen in. Sibirien und Chili,
welche: den. Charakter- von. Meteorsteinen: haben,, wiegen mehr als
1000, Pfund,, und eine. neuerlich in. Brasilien entdeckte schätzt man auf
14000, Pfund.. Würde,, kann. man. sagen,, die Entstehung. eines solchen
Steins. nicht ein ganzes Luftmeer. erschöpfen, und die ganze Atmo phäre in
Aufruhr. bringen?: j
Diese. Schwierigkeit: verschwindet, wenn: man: anfängt,. die Sache auf
Maafs: und‘ Zahl‘ zu: bringen.. Die Luft: ist. freilich: in: kleinen: Massen sehr
leicht;: aber, Massen, von mäfsigem. Umfang sind: schwerer, als. man: auf den
ersten, Blick: glauben, sollte. Aus. den: sehr: sorgfältigen: Abwägungen: der
Euft,. welche. die Herren: Biot: und! Arago ausgeführt: haben,, läfst sich be-
rechnen,, dafs ein. preufsischer: Cubikfufs Luft: bei 0° Temperatur, , und' 28
Zoll! Barometerstand;, nahe- an. 2%’ preufsische Loth: wiege: (S.. des: Verfass.
Mech., Nat:. Lehre: ate- Ausgabe: Th.. ı.. $..292).. Hieraus- folgt,, dafs eine
einzige- Cubikruthe> gegen: 148: Pfund,, also: mehr: als. 15 Centner: wiege.
Entständen: also, Meteorsteine: in: den: untern: Gegenden: des- Luftkreises,, so
würden: sehr. mälsige- Lufträume: zu: ihrer: Bildung; hinreichen,. Es: ist: aber
die- Luft. in: den: höchsten: Gegenden ,. wo: die: genannten: Meteore: entstehen,
weist dünner;, und! wir müssen: daher: auch: hierüber: Rechnung. tragen. Da
über den Ursprung der Metcorsteine. 19
das Barometer auf den allerhöchsten Bergen, also ungefähr in der Höhe ei-
ner Meile auf ı4 Zoll sinkt, so ist dort die Luft nur halb so dicht, als
am Ufer des Meeres, So fern man nun annimmt, dafs die Dichtigkeit der
“ Luft nach dem Gesetz einer geometrischen Reihe abnehmie, läfst sich leicht
schätzen, dals sie in einer Höhe von ıo Meilen mehr als tausendmal, in
der Höhe von eo Meilen mehr als eine Million Mal dünner als an der
Erdfläche sein würde. Wiegt nun eine Cubikruthe Luft an der Erdfläche
ı48 Pfund, so werden in einer Höhe von ıo Meilen ungefähr 1000 Cu-
bikruthen, in einer Höhe von co Meilen 1600000 Cubikruthen eben so viel
wiegen, Dieses sind freilich grofse Zahlen; wir wollen sie aber noch
-grölser machen. Unsere Hypothese berechtigte uns zwar anzunehmen, dafs.
der Luftkreis in solchen Höhen beinahe einzig aus solchen Dünsten be-
stände: aber wir wollen uns diese Annahme nicht erlauben, sondern anneh-
men, dafs die dort befindliche atmosphärische Luft nur einen äufßserst ge-
zingen Antheil fremder Dünste, z. B. nur ein promille enthalte, so würde
ein Luftraum von ı000 Millionen Cubikruthen, welches nicht mehr als
ungefähr der achte Theil einer Cubikmeile ist, in einer Höhe von 20 Mei-
len, 148 Pfund an fremdartigen Stoffen enthalten. Dieser Luftraum in Ku-
gelgestalt gebracht, würde einen Durchmesser von 1240 Ruthen haben -
wenn man ihn aber von der Erde aus betrachtete, so würde er nur unter
einem Winkel von beinahe 34 Grad erscheinen, und dieser Raum würde
Stoff genug zu einem Meteorsteine von ı48 Pfund enthalten. Selbst ein
hundert Mal gröfserer Raum, der Stoff zu einem Meteorsteine.von 14800
Pfund enthielte, würde in der Höhe von 20 Meilen von der Erde aus ge-
sehen, nur unter einem Winkel von etwas mehr als ı6 Grad erscheinen. .
Diese Art der Berechnung giebt einigermafsen eine anschauliche Vorstellung
von der Kleinheit solcher Räume in’ Vergleichung mit der ungeheuern Aus-
dehnung des Lnftmeers in jenen Gegenden.
Auch ist leicht zu erachten, dafs selbst eine augenblickliche Ver-
nichtung einer solchen Luftmasse schwerlich die Atmosphäre in Aufruhr
‚bringen würde, ‘In den höchsten Gegenden würde sie freilich heftige Be-
wegungen hervorbringen; aber bei der grofsen Dünnheit der dort befind-
lichen Luft ist es kaum glaublich, dafs dadurch grofse Bewegungen in den
untersten Gegenden des Luftkreises entstehen könnten.
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20 Fiss oh er BR
Wie, und durch Ahe Kräfte werden aber dergleichen Dünste be-
stimmt, in den festen Zustand zurück zu kehren? Da die Electricität in‘
dem Euftkreise eine so wichtige Rolle spielt, und ihr Einflufs bei allen
meteorischen Erscheinungen von den Naturforschern theils anerkannt, 'theils
mit Währscheinlichkeit vermuthet wird, so ist es natürlich, auch hier vor
allem an diese grofse und wundersame Naturkraft zu denken. Es gereicht
‚aber vielleicht unserer Hypothese zu’ einiger Empfehlung, dafs sie, als rich“
tig vorausgesetzt, Aufschlufs über einen ziemlich dunkeln Punkt zu ver-
sprechen scheint, nämlich über den -Ursprusg_und über die Veränderimgen
der Luft- Electricität. Denn wenn die äußerst feinen verflüchtigten Theile
fester Körper unvermischt, und ihrer grofsen Leichtigkeit wegen änfserst
schnell, durch die untern Schichten der Luft emporsteigen, so sind während
ihrer Bewegung die beiden uns bekannten kräftigsten Erregungsmittel, Reibung
leitender und nichtleitender Körper, und die Berührung heterogener Materien
ununtenbrochen wirksam. Daher der Wechsel der Luftelectricität. Und da eine
sehr verdünnte Luft füs beide Arten der Electricität sehr leitend ist, so scheint
es natürlich, .dafs sich in den höchsten Gegenden des Luftkreises bald die
eine, bald die andere Art anhäufen müsse, bis sie stark genug geworden
ist, um grofse Wirkungen hervorzubringen. Diese Wirkungen können von
sehr verschiedener Art sein, theils nach Verschiedenheit der Dünste, die
sich in einem Luftraum gesammelt ug ‚„ theils nach Verschiedenheit der
erregten Electricität,.
‘Ziemlich einstimmig halten die Naturforscher das Nordlicht für eine
electrische Erscheinung. Unsere Hypothese würde zeigen, dafs das soge-
nannte künstliche Nordlicht mit dem natürlichen in der That eine ganz
gleichartige Erscheinung sei, und sie scheint sogar einen Grund anzugeben,
warum ‚sich diese Lichterscheinung hauptsächlich nur in den Polargegenden
zeigt. Da nämlich in der untern Luft, wo wir unsere electrischen Ver-
suche machen,. von jenen Ausdünstungen fester Körper nur ungemein we-
zig enthalten ist, so ist es nicht unwahrscheinlich, dafs diese Lichterschei-
nung nur dann entstehe, wenn sich die Electricität in einer ziemlich rei-
nen verdünnten Luft anhäuft, dafs hingegen fremdartige Beimischungen
hinderlich sind, Unstreitig ist aber die Luft in den Polargegenden freier
von Ausdünstungen fester Körper,. als in den gemäfsigten und warmen Ge-
-
:
PS
'
über den‘Ursprung der Meteorsteine. 21
genden, theils weil in der Kälte der Pole alle Verdunstungen langsamer
und schwächer sind, theils weil dort die untern Schichten der Luft fast
einzig mit Wasser und Eis in Berührung sind, .theils endlich weil dort
wenig‘ organisches Leben, wenig Fäulniß,. wenig Verbrennen statt finder.
Man ist daher berechtigt anzunehmen, dafs über den Polargegenden in
den höchsten Regionen des Luftkreises nur eine sehr reine atmosphäri-
sche «Luft vorhanden: sei, da in hohen. Graden der Kälte selbst nur
eine äufserst geringe Menge von Wasserdunst bestehen kann. Die me
tallischen und erdigen Ausdünstungen scheinen dort nur in geringerer
Menge zu entstehen; und nür das ewig im Luftkreis vorhandene Stre-
ben nach Gleichgewicht fährt vielleicht einige, den. Polargegenden zu,
An vielen Orten mögen sich brennbare Dünste, vielleicht selbst Hy-
drogen-Luft, in die höchsten Gegenden der Luft erheben. Finden sie dort
andere Dünste, mit denen sie wenig, Verwandtschaft haben, so werden sie
sich mit ihnen wenig oder gar.nicht, mischen. Durch die Bewegungen,
welche unstreitig auch in den höchsten Luftgegenden statt finden,. können
sich dergleichen. Dünste an lange Striche ziehen; und: wenn sie au dem
einen-Ende durch eine gehäufte Electricität sich entzünden, so werden sie
Sternschnuppen, oder wenn. sie sehr gehäuft sind, grölsere Feuerkugeln
bilden.
Endlich mögen sich: bisweiler hie oder da’ grofse Mengen von me-
tallischen Dünsten, oder von solchen, die ein Erzeugnils erdiger Stoffe
‚sind, sammeln, und dann ‚durch eine gehäufte Electricität bestimmt wer-
den, wieder in den festen Zustand zurück zu kehren, ‘welches der Ursprung
der Meteorsteine sein würde, Und wir haben oben gezeigt, dals die Luft.
zäume,, welche zur Entstehung sehr schwerer Massen. erforderlich sind,
-zwar an sich sehr grofs, aber von dem ungeheuern Luftmeer doch
nur sehr kleine Theile sind, und daher bei den grofsen Operationen der
Natur im Luftkreise die Grenzen des Wahrscheinlichen gewils nicht über--
schreiten, . j
#s
Aber wie geht es zu,, dafs dergleichen Dünste bei der Rückkehr in
den festen Zustand sich nicht als ein unendlich feiner Staubg sondern als
Fi
22 F riss: eıAre\r
‚grofse zusammenhängende Massen niederschlagen? Mir scheint das eine
‚natürliche und nothwendige Folge von den Eigenschaften der sich nieder-
‚schlagenden Stoffe zu sein. In festen Körpern ist die Cohäsionskraft ohne
Vergleich gröfser als die Schwere, in tropfbaren hingegen ist sie ohne al-
‚len Vergleich kleiner, Schlägt sich daher eine tropfbare Flüssigkeit nie-
‚der, wie das Wasser beim Regen, so wird jedes sich ausscheidende Stäub-
‚chen der Schwerkraft folgen, also niedersinken, und nur im Fallen sich
‚durch Zusammenfliefsen mehrerer Tröpfchen vergröfsern. Ist aber das, was
sich niederschlägt oder bildet, von fester Art, so wird in dem Augenblick
seiner Entstehung eine überaus grofse Cohäsionskraft frei, welche allen sich
reducirenden Dunst, so weit er zusammenhängt, nothwendig in eine
einzige Masse zusammenziehen mufs, Hiezu kommt noch, dafs derselbe
Stoff der als Dunst einen Raum von vielen tausend Cubikruthen ein-
nahm, nach seiner Reduction in den Raum von wenigen Cubikzollen zu-
sammengedrängt wird, wobei nothwendig eine ungeheure Menge von
Wärme frei werden mufs. Daher kann sich der feste Stoff gar nicht
anders als in dem Zustande des vollkommenen Glühens ausscheiden. Er
geht daher aus dem ausdehnsamen Zustand ohne Zweifel durch den
geschmolzenen , aber vielleicht nur augenblicklich dauernden, in den
festen über, wodurch ‚das Zusammenfliefsen der Masse noch begreiflicher
wird.
Auf welche Weise übrigens die Electricität eine solche Reduction
'bewirke, wage ich nicht zu entscheiden. Aber man sieht leicht, dafs die
in diesem Punkt herrschende Dunkelheit nicht von emer Unbestimmtheit
‚unserer Hypothese, ‚sondern von unserer noch immer sehr mangelhaften
Kenntnifs der Electricität herrührt. Denn es ist klar, dafs wenn wir ge-
'nau wülsten, wie die Electricität auf jede Art von Stoffen, unter allen
‚Umständen wirkt, wir auch ganz bestimmt für oder wider unsere Hypo-
‚these würden entscheiden können. ! =
Es scheint mir indessen, -dafs alles, ‘was man bisher über die me-
teorischen Erscheinungen aller Art beobachtet hat, sich ganz ungezwungen
an unsere Hypothese anschliefse, und ‘wir wollen daher einige Umstände
näher erörtern.
über den Ursprung der ‚Meteorsteine, 23
Dahin gehört die ähnliche Mischung aller Meteorsteine, über welche:
keine andere Hypothese Aufschlufs giebt. Nach der unsrigen ist sie eine
nothwendige Folge davon, dafs die Ausdünstungen, welche vom Erdboden
empor steigen, immer die nämlichen sind, und dafs nur ihre Vermengun-
gen in der Atmosphäre durch Lufibewegungen in ihrem quantitativen Ver-
hältnifs geändert werden. Auch erklärt sich daraus, warum diese atmo-
sphärischen Erzeugnisse von ganz anderer Art sind, als die Concretionen,
die wir im Innern der Erde finden,
Vielleicht nimmt man einen Einwurf gegen unsere Hypothese daher,
dafs sich in allen Meteorsteinen gewisse Metalle (z. B. Nickel) befinden,
die sich überhaupt nur sparsam, und meist nur in der Tiefe finden.
Aber warum könnte die Natur dergleichen Metalle nicht erst erzeugen, da
man aus vielen andern Erfahrungen genöthigt ist, anzunehmen, dafs die
Natur Kräfte besitze, Metalle au erzeugen aus- Stoffen. die keine Metalle
sind,
“Die Feuerkugeln bewegen sich ferner mit der gröfsten Geschwindig--
keit nach 'allen Richtungen, ja nach Chladni’s Beobachtungen bisweilen selbst
aufwarts,, welches gewils mit einem: kosmischen: Ursprung derselben’ nicht
wohl zu: vereinigen sein. möchte.. Da: nach: unserer Hypothese‘ die Re--
duction. einer grulsen. Menge von. Dünsten: äufserst. schnell,. ja fast augen--
blicklich. erfolgt,. die ganze: Masse aber’ in: einem: äufserst: kleinen Raum zu-
‚sammengezogen: wird, so: begreift: man,. dafs dabei: die meisten: Theile des
Dunstes- eine- äulserst: heftige: Bewegung. erhalten: müssen.- In: der‘ zusam-
menhängenden: Masse: setzen: sich: alle- diese Bewegungen: in einen. einzigen:
Stols- zusammen,, dessen: Richtung: unendlich: verschieden: sein: kann,, nach:
der. Lage: welche: die Dünste vor und: während! der: Reduction:haben,. Hät--
ten: z..B.. die: Dünste: vor: der: Reduction: eine‘ senkrechte‘ Dunstsäule gebil--
det,, so-kann: die: Entzündung: und! Reduction: von: unten: nach: oben,. oder‘
von: oben nach: unten: fortschreiten,, also‘ die- entstandene* Mässe lothrecht:
aufwärts oder. abwärts: steigen; Man sieht leicht,. daß sich ähnliche Schlüsse:
in: Ansehung. jeder: andern: Richtung: machen: lassen.
In: Gilberts; Annalem: vom 1817;, Heft ı; S.. 91 fi. findet: sich: eim: Auf--
satz’ vom: Chladni ,, worin: dieser: unermüdliche: Forscher: wiederreine- Anzahl!
24 . . j 1 5 EF\ zT eu c dee ya ER x
von Beobachtungen zusammenstellt, aus welchen unzweifelhaft ‘hervorgeht,
dafs die Fenerkugeln oft eine springende (gleichsam rieocheitirende.) Be-
wegung haben. Diese Erscheinung wird begreiflich, wenn man; erwägt,
dafs bei der vollkommenen Glühhitze, in welcher, sich die ganze reducirte
Masse befindet, in ihrem Innern leicht fortwährend neue Zersetzungen und
Umvwandlungen der Materie vorgehen können. Haben sich durch die erste
Reduction (die nicht ‚eine Wirkung der Wärme, sondern der Electricität
war, so dafs das Glühen der Meteore nicht Ursache, sondern Folge ihrer
Entstehung ist), haben sich unter diesen Umständen im Innern Stofle ge-
bildet, die einer Verflüchtigung durch Glühhitze empfänglich sind, so kön-
nen im Innern Explosionen entstehen, durch welche entweder, wie man
oft wahrnimmt, die ganze Masse in Stücke zerspringt, oder die explodi-
rende Materie strömt, wie man gleichfalls oft wahrnimmt, aus einer oder
mehreren Oeffnungen, die sie sich macht, in der Gestalt von Feuerstrahlen her-
vor. Aber zugleich müssen dergleichen Explosionen auch die Richtung der
Bewegung ändern, und wenn mehrere solche Explosionen in kurzen Zeit-
räumen hinter einander erfolgen, so kann daraus wohl eine solche sprin«
gende Bewegung entstehen, Im Aprilstücke der Gilbertschen Annalen von
1818 $. 299 führt Herr Chladni eine sehr gut beobachtete und beschries
bene Feuerkugel, vom 17. Juli 1771, an, die nach einer Senkung explo-
dirte, und dann-von neuem in die Höhe stieg. ;
x
‚„ Am merkwürdigsten aber scheint mir ein Umstand, welchen Herz
Chladni in den Annalen von ı817, Heft ı. S. 96 f. bekannt macht,, wel-
ches seiner unbesiechlichen Wahrheitsliebe schr zum Ruhme gereicht, da
der Umstand seiner Hypothese_vom kosmischen Ursprung der Meteorsteine
nicht sehr günstig ist. -Er bemerkt nämlich, dals wo man Gelegenheit ge-
habt. habe, eine solche Erscheinung von ihrem ersten Entstehen an zu
beohathten, gewöhnlich ein mehr. ausgebreiteter Lichtschimmer an der
Stelle der Erscheinung vorausgegangen sei, wovon in einer Anmerkung
(S. 97 f£.) ein sehr merkwürdiges Beispiel angeführt wird. Um diese Er-
scheinung mit seiner Hypothese zu vereinigen, nimmt Herr Chladni an,
dafs in diesem Fall die Masse in Staubgestalt zur Atmosphäre komme, und
sich dann erst eine einzige zusammenhängende Feuerkugel bilde, wenn sich
diese
#--
’
über den Ursprung der Meteorsteine. 25
diese Staubwolke bei ihrem Eintritt in den Luftkreis entzünde. Ich zweifle,
ob sich diese Vorstellung rechtfertigen lasse. Denn es scheint mir unbe-
greiflich, wie sich diese Staubwolke in einen einzigen Körper vereinigen
sollte, wenn gleich jedes Stäubchen geschmolzen wäre; da die Cohäsions-
kraft, die allein ein solches Zusammenfliefsen bewirken kann, nur bei der
Berührung, oder in unendlich kleiner Entfernung wirksam ist, aber bei
der allerkleinsten endlichen Entfernung unendlich schwächer als die Schwere
ist, Ein solches Zusammenfliefsen könnte daher nur durch eine von aufsen
her wirkende, und den Staub mechanisch gegen einander treibende Kraft
bewirkt werden, Es ist aber nicht zu begreifen, woher eine solche Kraft
kommen sollte, besonders da die Hitze des glühenden Staubes nothwendig
ein Abstofsen der Luft nach allen Seiten hervorbringen mufs. Dagegen
schlielst sich diese Erscheinung so gut an unsere Hypothese an, dafs es
scheint, als habe man gleichsam die Natur in dem grolsen Laboratorium
des Luftkreises, bei der Erzeugung einer Feuerkugel oder eines Meteor-
‚steins, belauscht. Denn hat sich eine Art von Electricität an einem Orte
" hinlänglich gehäuft und befinden sich daselbst Dünste, welche einer Re-
‚duction durch Electricität empfänglich sind, so wird unstreitig die erste
Wirkung darin bestehen, dafs sich. die Electricität, wie immer, mit Blitzes-
schnelle durch die ganze empfängliche Dunstmasse verbreitet. und sie durch
die beginnende Reduction leuchtend macht, woraus ein matter, aber aus-
gebreiteter Lichtschimmer entstehen mufs. Ein solcher ausgebreiteter Licht-
schimmer, der vielleicht einen Durchmesser von mehreren Graden hat,
kann aber, wie wir oben gesehen haben, in einer Höhe von vielleicht mehr
als co Meilen, Stoff zu den gröfsten Meteorsteinen enthalten. Der Licht-
schimmer kann aber nicht von langer Dauer sein: denn sobald die Reduc-
' tion vollendet ist, tritt wegen des stätigen Zusammenhanges aller Theile
des Dunstes die Cohäsionskraft in ihre volle Wirksamkeit ein, und
zieht plötzlich die ganze reducirte Masse in einen einzigen Körper zu-
sammen.
Ich gestehe daher, dafs mir meine Hypothese über den Ursprung
ler Meteorsteine, ungeachtet mancher noch übrigbleibenden Dunkelheiten,
loch befriedigender zu sein scheint, als jede andere, theils weil sie nichts
Phys. Klasse, 1g90-- ıS21. D
D
= /
26 Fische r über den. Ursprung der M eleorsteine.
mirakulöses und aller Analogie ermangelndes voraussetzt, theils auch des.
wegen, weil sie nicht blofs über die Meteorsteine, sondern, über alle Arten
von hohen meteorischen Lichterscheinungen einen Aufschlufs zu ‚Nagspran
chen scheint. 4
Einige anatomische Bemerkungen üb®r Balaena rostrata,
Yon Herrn D. K. A. Ruporrnr *).
D. auf dem festen Lande seltne Gelegenheit, über einen Wallfisch,Beobach-
tungen anzustellen, verdanke ich der Güte Sr, Excellenz des Herrn Mini-
sters von Altenstein, der jede Gelegenheit ergreift, die Wissenschaft zu
fördern, und dem namentlich unsere naturhistorischen Aammlungeu unend-
lich viel schuldig sind. : nn
Der Wallfisch, von dem ich zu reden habe, war am 21. Februar
1819 an der Holsteinischen Küste bei dem Flecken Grömitz gestrandet, und
nachdem man die Zunge und die Eingeweide der Brust und des Unterleibs
herausgenommen hatte, um Thran daraus zu brennen und ihn länger zu
erhalten, brachte man denselben nach Hamburg, wo man ihn für Geld se-
hen‘ liefs. Dort sah ihn unser College Lichtenstein, und schlug vor,
denselben für das anatomische Museum zu kaufen, war auch so gütig, dort
alles gleich dazu einzuleiten.
Das Thier ward in den ersten Tagen des Mai von Hamburg auf ei-
nem Elbkahn hierher gesandt, und da zu befürchten stand, dafs es bei
seiner Gröfse so lange Zeit nach dem Tode in der schon warmen Witte-
zung in Fäulnifs übergegangen sein möchte, so fuhr ich, um dies zu un-
tersuchen, am ı2. Mai nach Spandau, sobald es dort angekommen war.
”) Vorgelesen den a6, October 1820.
De
28 ‚Rudolphi's anatomische Bemerkungen
Ich fand den Kahn sehr unrein, und den Wallfisch mit Kräutern ausge«
stopft, liefs diese herausnehmen und wegwerfen, und den Kahn und das
Thier reinigen, wodurch der Gestank gröfstentheils verschwand, und nur
ein ranziger Thrangeruch übrig blieb, desgleichen man in den engen Strafsen
vieler Seestädte, wo Heringe in den Kellern aufbewahrt werden, viel ärger
findet. Wie nun der Wallfisch Tags darauf nach Berlin kanmı, und die fol-
genden Tage, wo er im Lokale der Thierarzneischule untersucht ward, '
nahm der Geruch zwar zu, doch blieb er immer mehr ranzig als faul.
Es war dieselbe Art Wallfisch, welche schon >ft in den nordischen
Meeren gesehen, und nicht selten gestrandet ist, so dafs sie Sibbald in
Schottland, Hunter in England beobachtete; ein Skelett davon in Bremen
aufbewahrt wird; und Meyer hieselbst eine Zeichnung von einem bei
Lissabon gestrandeten besitzt.
Da dieser Wallfisch so oft vorgekommen ist, so sollte man glauben,
man würde ihn ohne alle Schwierigkeiten bestimmen können, und doch
ist dies nicht der Fall, sondern man findet die Schriftsteller über ihn in
dem gröfsten Widerspruch, der, wie ich glaube, nur gehoben werden kann,
wenn man mit Cuvier Balaena rostrata Fabr. mit der Balaena Boops Linn,
verbindet; will man sie hingegen für besondere Arten nehmen, so wird
man bei sehr vielen Individuen, und so auch bei dem, wovon ich rede, |
zweifelhaft sein, wohin es gehört, und da Cuvier im Regne animal blofs
jenen Ausspruch gethan hat, ohne Gründe dafür anzugeben, so will ich
hier die Sache möglichst kurz auseinandersetzen.
O. Fabricius in seiner Fauna von Grönland unterscheidet die B. ro-
strata durch ihre Kleinheit (omnium balaenarum minima), doch ohne zu
sagen, wie klein sie sei; durch weilse Barten und durch eine längere oder
geradere Schnauze, wofür er aber keinen guten Ausdruck, nämlich rostrum
strictius wählt (Fauna groenl. p. 40. n. 24.). Fabricius scheint das Thier
gesehen, allein nicht näher untersucht zu haben, denn die Beschreibung
ist ganz ungenügend, und namentlich giebt er nichts von dem Verhältnifs
der Kiefer an. Dennoch bezeichnet er sie durch einen Stern als eine neue
Art.
Ueber Balaena Boops (das. $. 36. n. 22.) sagt er: hanc saepius con-
templandi occasionem habui, etiam unam occidere adjuvi, ideoque de illa
certior sum. Das letztere scheint auf die vorangesetzten Arten B. Mysti-
cetus und Physalus zu gehen. Wenn man die ausführliche Beschreibung
über Balaena rostrata. 29
durchgeht, so findet man, dafs er die Barten schwarz angiebt; diefs mufs
aber vom Alter abhangen, denn bei unserm Individuum, und so auch bei
der B. rostrata Anderer waren die Barten schwarz mit weilsen Haaren. Den
Schnabel giebt er lang und dünn auslaufend, am Ende jedoch stumpf an.
Das streitet nicht eigentlich mit der Angabe bei B. rostrata. Das einzige
was man als eigenthümlich ansehen könnte, ist folgendes: Ante nares in
vertice capitis tres ordines convexitatum circularium, huic forsan peculiare
quid. Er nimmt diese Erhabenheiten aber nicht in die Definition auf, son-
dern diese lautet: Balaena fistula duplici, dorso extremo protuberanti pin-
naeformi, capite recte obtuso, ventre sulcato. Er muls also selbst darüber
ungewils gewesen sein; man findet auch bei keinem einzigen Schriftsteller,
der Wallfische aus Autopsie beschreibt, des Umstandes erwähnt. Ich
möchte jene Erhabenheiten daher für krankhafte Auswüchse und für ganz
zufällig halten, ‘Der Graf Lacepede hat sie freilich bei seiner Jubarte
anbringen lassen, allein die Abbildung ist gewils idealisch, denn sie kommt
bei ihm allein vor, und er sagt nicht, woher er sie hat, da er doch bei
den Abbildungen von B. rostrata anführt, dafs er sie von Banks erhalten.
Wenn daher Albers unsern Wallfisch in seinen Iconibus Balaena
- Boops nennt, wenn ihn Hunter B. rostrata nennt, wenn unser Individuum
auf einem Steindruck in Hamburg als B. rostrata abgebildet wird, so hat
diefs keine Schwierigkeit mehr, denn Fabricius scheint nur ein jüngeres
Thier mit weilsen Barten für eine eigne Art unter B. rostrata gehalten zu
haben.
Mit dieser darf aber nicht die Balaena rostrata von Klein, Chem.
nitz, Gmelin und Peter Camper verwechselt werden, die gar keine
Balaena ist, da sie nicht Barten, sondern Zähne besitzt. Diefs ist der Hy-
peroodon und zugleich der Delphinus Diodon bei Lacepede.
Da P, Camper ein ganz anderes Thier für B. rostrata hielt und in
seinem Opus Posthumum über die Wallfische beschrieb und abbildete, so
ist unser Wallfisch bei ihm für B. Physalus genommen, der es ebenfalls
nicht sein kann, da Physalus keine &efurchte Brust und eine viel grölsere
Rückenfinne hat. Doch sind auch seine Abbildungen nicht genügend, so
wie überhaupt alle hierher gehörigen, die ich kenne, denen, welche ich
hier zu überreichen die Ehre habe, an Genauigkeit nachstehen müssen, da
sie nicht von einem mit Sorgfalt skelettirten Thier entnommen sind,
‚50 Rudolphi's anatomische Bemerkungen
M’a al fa8) Bi N IR, ‘ TER
Die Länge unsers Wallfisches von der Spitze des Oberkiefers bis zum
äufsersten Ende der Flolse des Schwanzes betrug zı Fuß ı Zoll rheinl,
Von der Spitze des Oberkiefers bis zum ms der Rückenflofse 19
Fuß e Zoll.
Die Breite der Rückenflofse betrug ı Fuls 6 Zoll, die Höhe der-
selben ı Fulßs 4 Zoll.
Vom Hinterende der Rückenfloßse bis zum Schwanz ı0 Fulßs ı Zoll,
Die Breite des Schwanzes 6 Fuls.
Von der Spitze des Unterkiefers bis zum After eı Fuß # Linie..
Vom After bis zum Schwanz 9 Fufs ı Linie.
Umfang des Fisches unter der Oeffnung des Afters 8 Fuls 9 Zoll.
Der Längendurchmesser des Auges 2 Zoll 9 Linien. Querdurch-
messer 15 Zoll.
Von der Sue. des Oberkiefers bis zum vordern er apa 5 Fuls
52 Zoll.
Von dem vordern Winkel des I Bis“ zur Spitze des Ober-
kiefers 3 Fuls 115 Zoll.
Die Rinne zwischen beiden Spritzlöchern 10 Zoll 10 Linien lang,
Jedes Spritzloch 84 Zoll lang. Der Querdurchmesser am hintern
Ende von einen TE: zum andern 45 Zoll, am vordern Ende ı Zoll
4 Linien.
Vom Spritzloch Bir; zum Auge 2 Fuls.
Die Entfernung des einen Auges vom andern über die Rückenseite
des Kopfs gemessen 4 Fuls-e Zoll.
Vom Mundwinkel bis zur Spitze des Oberkiefers 5 Fufs 4 Zoll.
Vom Mundwinkel bis zur Spitze des Unterkiefers 3 Fuls ıı Zoll.
Querdurchmesser des Oberkiefers an der vordern Spitze desselben
2 Zoll.
Von einem Mundwinkel zum andern @ Fuls.
Länge der Fläche im Maul worauf die Barten sitzen 5 Fuß 3 Zoll.
Gröfster Querdurchmesser der Fläche 'worauf die Barten sitzen 6 Zoll.
Von der Spitze des Unterkiefers bis zum Anfang der Seitenfloße g
Fußs 113 Zoll.
Länge der Seitenflofse 3 Fuls 65 Zoll; Breite derselben 8 Zoll.
4
über Balaena rosirata. 31
Ich hoffte anfangs noch die Muskeln, ‚wenigstens großentheils un-
tersuchen zu können, allein so wie sie blols gelegt wurden, zeigten sie
sich schon sehr bfaßs,: und sie wurden so schnell misfarben und faul, dafs
ich darauf Verzicht thun mulste. Sonst war,: wie auch Fabricius sowohl
von seiner Boops als rostrata erzählt, sehr wenig Oel unter, der Haut und
zwischen, den Muskeln, - daher auch die Grönländer vorzüglich das, Fleisch
zum Essen gebrauchen. Oben auf dem Kopf befand sich auf ein paar gar
nicht weiter ausgezeichneten Stellen unter der Haut im Zellstoff in klemen
Gruben etwas weniges Wallrath, von blendender Weilse, wie frisch gefal-
lener Schnee, und von: der Consistenz ' des geronnenen. Gänseschmalzes,
Das Ganze betrug nur ein paar Efslöffel voll; weiterhin am ganzen Kör-
per fand es sich nirgends abgesondert, doch wird es ohne Frage hier wie
bei andern Wallfischen in dem Oel oder Fett selbst mit enthalten sein.
Die Nervensubstanz war überall zerflossen, so,dafs weder das Ge-
hirn noch die Nerven zu untersuchen waren; diese zeigten sich sonst
aufserordentlich grofs, wie sie zu den kolossalen Muskeln pafsten,; dage-
gen schienen verhältniflsmäfsig die Gefälse nicht so grofs, so viel man aus
dem Vorhandnen schliefsen konnte; ich habe daher auf der fünften Tafel
Fig. 5. den Umfang der Aorte im Bauch in natürlicher Gröfse vorgestellt.
=? "Die Eingeweide aus der Brust und dem Bauch waren sämmtlich weg-
genommen, so dals ich nur die Augen und den Kehlkopf erhielt.
. Bei dem Oeffnen war von den Leuten, um sich Platz zu machen,
das Brustbein weggenommen, welches nach Hunter sich bei dieser Art
nur mit der ersten Kippe verbindet, und auch in dem von Albers abge-
bildeten Thier fehlt, und nur im Wallfischfoetus von Camper vorgestellt
ist; auch das linke Beckenrudiment fehlte. Sonst waren alle Knochen voll-
ständig, und es ist ein Skelett davon verfertigt, welches gegenwärtig eine
Zierde des anatomischen Museums ausmacht, und schwerlich seines glei-
chen an Vollständigkeit hat. Auf der ersten Tafel ist es abgebildet.
Ich zähle an demselben 54 Wirbel, während Hunter nur 46 an-
giebt (Philos, Transact. 1787. p. 582), und Albers bei der Abbildung gar
‘ keine Zahl bestimmt, so wie sich diese auch nicht aus der Figur entneh-
men läfst, doch hat er in den Gött, u von 1807 deren 53 an-
gegeben.
Hunter zählt sieben- Halswirbel, zwölf Rückenwirbel und sieben
und zwanzig Lenden- und Schwanzwirbel; Albers folgt ihm in den bei-
u
52 Rudolphi's anatomische Bemerkungen
den ersten Annahmen, hat aber vier und dreilsig Lenden- und Schwanz-
wirbel.
° Hiervon muls ich aber abweichen. Ich zähle nämlich fünf Hals-
wirbel, vierzehn Rückenwirbel, funfzehn Lenden- und Kreuzbeinwirbel
und zwanzig Schwanzwirbel,
Die Gründe dafür sind einleuchtend. Die beiden ersten Halswirbel
nämlich, der Atlas und Epistrophaeus sind unverkennbar, so wie die drei
folgenden, gleich jenen unter einander nicht verwachsenen Halswirbel, eben-
falls mit sehr grofsen Löchern in den Querfortsätzen versehen sind, und
also deutlich den Charakter der Halswirbel an sich tragen. Nur vom Atlas
und Epistrophaeus haben jene Löcher in der Figur unter ı. und a. ausge-
druckt werden können,
Die folgenden vierzehn Wirbel sind eben so bestimmt Rückenwir-
bel, da ihre Querfortsätze sich mit den dreizehn Rippenpaaren verbinden,
Die erste Rippe theilt sich nämlich wie bei Delphinus Phocaena nach hin-
ten in zwei Aeste, deren einer sich an das erste, der andere an das zweite
Rückenwirbelbein setzt, weswegen ich auch diese Rippe Taf. 5. Fig. 6. ab-
gebildet habe. |
Die Lenden- und Schwanzwirbel, welche von den Schriftstellern zu-
sammengefalst werden, theile ich deswegen, weil die ersteren oder von
mir sogenannten ı5 Lenden- und Kreuzbeinwirbel nur bis an den After
gehen, und von da die untern Dornfortsätze anfangen, die mir sehr be-
stimmt den Schwanz zu bestimmen scheinen. An jener Stelle, wo ich
trenne, ist auch das Rudiment des Beckens, wovon nachher.
Die obern oder gewöhnlichen Dornfortsätze fehlen nur den sechs
letzten Schwanzwirbeln. Die untern Dornfortsätze sind eigne Knochen-
stücke, die wohl nie verwachsen, da sie immer zwischen zwei und zwei
Wirbeln liegen. Die ersten neun sind unten zusammengedrückt, nach oben
in zwei schmale Schenkel auslaufend, so dafs zwischen diesen und zwi-
schen den Körpern der Wirbel ein Kanal gebildet wird, wie unter den
Wirbeln der Fische. Die folgenden fünf sind knopfartig, und mehr mit
den Sesambeinen der Schwanzwirbel beim Känguruh Ameisenfresser u. s, w.
zu vergleichen *).
j Auf
*) Es sei mir erlaubt, gelegentlich anzuführen, dafs ich bei einer grofsen Wasserschlange, dem Hy-
drus bicölor, die ich der Güte meines Collegen Lichtenstein verdanke, ähnliche Dornfortsätze
2)
-
über Balaena rostrata. ' 55
Auf Albers Tafel sind statt vierzehn nur acht untere Dornfortsätze
abgebildet, worüber man sich nicht wundern darf, sondern es ist im Ge-
gentheil viel, dafs man jene erhalten hat, da das Skelet 1669 angefer-
tigt ist,
"Das zweite, dritte, vierte, fünfte und sechste Schwanzwirbelbein
haben auch die Querfortsätze durchbohrt, welches auf Albers Tafel nicht
angedeutet ist; diese Löcher sind auf meiner ersten Tafel mit 17 bezeich-
net; ich habe aber noch auf der fünften Tafel Fig. 7. das dritte Schwanz-
wirbelbein besonders abbilden lassen, um dies deutlicher zu zeigen,
Die Epiphysen der Körper aller Wirbel sind bei unserm Wallfisch
noch vollständig als runde Knochenscheiben- getrennt, und sind sie so-
wohl auf der ersten Tafel überall ausgedrückt, als auch noch besonders
bei jenem dritten Schwanzwirbel auf der fünften Tafel,
Von dem Brustbein seiner Balaena rostrata giebt Hunter an, dafs es
nur aus einem Stück, während P. Camper es beim Wallfisch-Foetus als aus zwei
Stücken bestehend beschreibt und abbildet, wovon das hintere kleinere den
Schwertfortsatz ausmacht. Dieser hat auch schwerlich beim Hunterschen
Exemplar gefehlt, ‚sondern ist wohl von Hunters Gehülfen wegpräparirt
worden, Beide lassen nur die erste Rippe an das Brustbein- gehen.
Das Beckenrudiment, welches bei den Cetaceen auf jeder Seite aus
einem nach Verhältnifs kleinen Knochen besteht, war bei unserm Exemplar
nur noch auf der rechten Seite vorhanden. Ich habe es auf der fünften
Tafel in natürlicher Gröfse abbilden lassen, wie es in der Mitte knöchern,
an beiden Enden knorplich und mit seiner Beinhaut gröfstentheils umschlossen
ist, um eine vollständige Ansicht davon zu geben. Herr v. Chamisso, der
unser Museum mit so vielen interessanten Dingen bereichert hat, hat mir auch
den Beckenknochen eines Delphins für dasselbe geschenkt, und einen grolsen
der Schwanzwirbel, wie bei dem Krokodil und andern Sauriern gefunden habe, Merkwürdig ist
auch, dafs bei dieser Schlange die Rippen mit deutlichen Anfängen von Rippenknorpeln versehen
sind. Vorzüglich interessant ist aber, dafs die Luftröhre bis an den vordern Winkel oder die
Simpliyse des Unterkiefers tritt, und die Glottis daher kaum eine Linie von der Spjtze der Zunge
entfernt ist, so dafs die Wasserschlange athımen kann, wenn sie nur die Spitze des Kopfs aus derz
Wasser hält. -
Buys. Klasse. 1590-—ıg0, E
54 Rudolphi's anatomische Bemerkungen -
Knochen, den er auf Kamtschatka am Strande gefunden hat, und den ich
mit ihm für nichts als für einen Beckenknochen, aber freilich von einem
sehr riesenhaften Wallfisch, halten kann,
Was Albers auf seiner Tafel vor den Schwanzwirbeln schwebend.
abgebildet hat, ist mir ein Räthsel. Er hält es für das Rudiment des Bek-
kens, das ist es aber gewils nicht. Der Wallfisch, dessen Skelett er ab-
gebildet hat, war nur s9, unser 5ı Fufs lang; und der Knochen vom Bek-
ken von unserm Wallfischskelett ist gegen den seinigen sehr winzig. Was
aber mehr ist: der Knochen, den ich abgebildet habe, ist sehr einfach,
seiner mit grofsen Fortsätzen versehen, die gar nicht zum Becken passen,
auch unpaar, da er doch ohne alle Frage doppelt sein müfste. Sollte es
etwa das schlecht. abgebildete. Zungenbein sein?
Die Bildung des Schedels ist in jeder Hinsicht interessant, und ich
habe sie daher durch drei Tafeln, worauf der Schedel ein Sechstel der na-
türlichen Gröfse hat, zu erläutern gesucht.
„Kein einziger Knochen ist verwachsen, und da die Schedelknochen
keine eigentliche Nähte bilden, sondern. wie Schuppen auf einander liegen
(was man unrichtig, genug, eine Schuppennaht genannt hat), so könnte man
sie leicht. alle auseinander nehmen.. Vorzüglich auffallend ist das Zurück-
treten. des Scheitel- und Stirnbeins auf der obern Seite des Schedels. Von
den: Scheitelbeinen: sieht man: oben nur einen sehr feinen Streif Taf. II. n, ı5
und ı6., den gröfsern. Seitentheil Taf. IV. n.. 5. Der Stirntheil des Stirn-
beins (Taf. II. n.. rı,. 12.) ist auch nur ein schmaler Streif,. die Augenhöh-
Ientheile (Taf.. II. n.. r3,. ı4.. Taf. IV.. n. 6.) hingegen: desto grölser: " Das
Hinterhauptbein. ist. aufserordentlich grofs,. und betrachtet man jene sonder-
barem Verhältnisse und Verbindungen), so: ist auch: hierdurch deutlich eine
Annäherung. am die Fische gegeben.. Ein Siebbein ist nicht aufzufinden.. Da-
gegem ist das Pflugschärbein: aufserordentlich' grols. und! macht die ganze
knöcherne: Scheidung der Kieferhälften ;; nach: oben: ist es: stark: ausgehöhit
Taf. II. n: 25.,. nach: untem convex: Taf. II. n.. 27: In: seiner‘ obern Höh-
Jung. liegt der ganzen: Länge nach: ein: fast armdicker cylindrischer Knor-
pel, von: dem: ich: anfangs vermuthete,. dafs er hohl sei;; allein er ist solide
und stellt ohne Frage die knorplige Nasenscheidevrand. dar..
über Balaena rostrata. 35
Die übrigen Knochen sind alle aus den Zeichnungen so gut zu er-
kennen, dafs ich sie hier übergehe; nur auf die Thränenbeine will ich auf-
merksam machen, die eine etwas veränderte Lige und Gestalt haben. Es
sind nämlich‘dünne und schmale einfache Knochen (Taf. II. n. 19, 20. Taf.
III. n. 30, 31. Taf. IV. n. 10.), die platt‘ zwischen dem Augenhöhlentheil
des Stirnbeins und dem Oberkiefer, allein wegen der eben so nach aufsen
gebrachten Augen aufserordentlich weit nach aufsen und hart am Jochbogen
liegen. Bei dem Skelett in Bremen fehlen die Jochbeine (auch in Albers
Zeichnung), so dafs Camper ausdrücklich sagt, dafs er sie nicht gesehen
hat;.der Thränenbeine erwähnt er gar nicht einmal.
Ein knöchernes Zelt des kleinen Gehirns hat unser Wallfisch so we=
nıg als der Narwal, von dem ich drei Schedel gesehn habe. Dägegen ha-
ben alle Delphine, deren Schedel wir besitzen, als Leucas, Delphis, Phe-
caena und ein Paar von neuen Arten, die Chamisso mitgebracht hat, einen
starken Vorsprung am Hinterhauptbein, welcher mit dem des Pferdes Aehn-
lichkeit hat. War dies mir bei den Delphinen schon auffallend, so ist es
‚mir doch noch viel räthselhafter, im Schedel des Orycteropus vom- Cap
bei Blumenbach ein sehr grolses ausgebreitetes hinteres und seitliches
Tentorium cerebelli zu sehen, wie ich es bei den Raubthieren gewohnt
bin. Diese (Ferae) haben es ohne Ausnahme, sie mögen freie Zehen ha-
ben oder Flofsfülse wie die Gattung Phoca, und haben wir Schedel vom '
Stellerschen Seelöwen, vom Seebären und von ein.Paar Arten'von Sechun-
den,‘ wo es sehr grofs ist. Auch beim Wallrofs finde ich das knöcherne
Zelt sehr grofs, wie bei den Seehunden, und dagegen fehlt es wieder der
Seekuh, wie Steller ausdrücklich bemerkt. _Unter den Affen war ein
seitliches knöchermes Zelt vom Coaita angegeben, ich finde es aber auch
bei den Brüllaffen. Betrachtet man die heterogenen Thiere, bei denen es
vorkommt, so wagt ıyan kaum, nach der Bedeutung dieses Theils zu
fragen.
Die Extremitäten sind bei unserm Wallfisch vorhanden, doch hatten
die Spitzen der Flossen beim Transport gelitten, so dafs an ein Paar Zehen
die ersten Glieder fehlen. Diese sind sonst eben so zablreich, wie bei dem
Delphin (6 Phalangen bei den Fingern), und ‘offenbar ist auch darin Aehn-
lichkeit mit den Fischen, deren Glieder sich so aufserordentlich vervielfäl-
E22
36 Rudolphi's anatomische Bemerkungen
tigen. Von den Handwurzelknochen lassen sich nur fünf deutlich darstel-
len, und ich wage nicht über ihre eigentliche Zahl zu entscheiden,
Der Kehlkopf ist von Hunter sehr gut beschrieben, doch haben
wir keine Abbildung darüber, die ich daher hier beifüge.
Erklärung der Abbildungen,
Erste Tafel. Das Gerippe des Wallfisches.
2. Das Löch im Atlas für die Wirbelbeinspulsader. Y
2. Dasselbe, viel gröfser im zweiten Halswirbelbein.
3—13. Die untern Dornfortsätze der Wirbel, welche getheilt sind und
eine Pulsader durchlassen.
24— 16. . Die untern Dornfortsätze, welche Beenheähe ähnlich sind.
17. 17. Die Löcher in den Querfortsätzen der Schwanzwirbelbeine. |
Zweite Tafel. Der Schedelvon oben angesehen, (Ein Sechstheil
der natürlichen Gröfse),
ı. Das Hinterhauptsbein.
2. Das grofse Hinterhauptsloch.
3. 4. Die Gelenkförtsätze des Hinterhauptsbeins.
5- 6. Die Jochfortsätze der Schlafbeine,
7. 8. Kleine Theile von dem Schuppenstück der Schlafbeine,
|
9: ı0. Der Unterkiefer, |
ıı. 12. Der Stirntheil der Stirnbeine: |
13. 14. Der Augenhöhlentheil der Stirnbeine.
x5.. 16... Die Scheitelbeine.. I
17. 18. Die Nasenbeine.
19. 20.° Die Thränenbeine:
21. 22. Die Oberkieferbeine.
85. 24. Die Zwischenkieferknochen. g
25. Das Pflugschaarbein,,
über Balaena rostrata, 57
-
Dritte Tafel, Der Schedel von unten. (Ein Sechstheil der: natür-
r.
lichen Gröfßse).
Der Grundfortsatz (processus basilaris) des Hinterkauptsbeins,
2. 3.
4. 5. Das Hinterhauptstück desselben,
6. Der Paukenknochen (bulla tymıpani) des rechten Schlafbeins.
7. Der Fortsatz des linken Felsenbeins, worauf der Paukenknochen (bulla
Die Gelenkfortsätze desselben. ji
tympani) gesessen hat. Daneben ist das eirunde Loch.
8. Der Felsentheil des linken Schlafbeins.
9. 10.
54-
36.
38.
. 12.
. Ta.
20,
. 18.
.» 20.
. 22.
24-
.. 26.
- Das Pflugschaarbein.
29.
51:
33-
53-
37-
39-
Die Furche oder der Halbkanal für den Gehörgang.
Das Schlafbein.
Dessen Jochfortsatz,
Das Jochbein..
Der Körper des Keilbeins..
Der Haken des innern Flügelfortsatzes vom Keilbein,
Der äufsere Flügelfortsatz desselben; neben diesen Fortsätzen ist
ein Loch, vielleicht das eiförmige des Keilbeins,
Die Scheitelbeine,
Die Stirnbeine.
Die Gaumenbeine,
Die Thränenbeine.
Der Jochfortsatz des Oberkiefers.
Der Gaumenfortsatz des Oberkiefers.
Die Zwischenkieferknochen..
Der Unterkiefer...
Vierte Tafel Die grolse Figur stellt den Schedel von. dex
rechten Seite dar. (Ein Sechstheil:der natürlichen Größe).
Der Rand vom Hinterhauptstück des Hinterhauptsbeins.
Der Schuppentheil des Schlafbeins,
Der Jochtheil: desselben.
Vielleicht das eiförmige Lo&h.
Das Scheitelbein.-
”
‘38 Rudolpkhi's anatomische Bemerkungen -
6. Das Stirnbein; unter diesem führt üer Schatten zu einer Furche, in
‚deren Grunde das Loch für den Sehnerven befindlich ist.
7. Der grofse Flügel des Keilbeins.
'8. - Das Gaumenbein.
9. Das Jochbein.
10. Das Thränenbein.
ı1. Der Oberkiefer.
ı2. Der Zwischenkiefer.
„13. Der Unterkiefer.
Erste Figur. Das Mittelstück des Zungenbeins von vorn.
a. a. Die vordern Fortsätze.
Zweite Figur. Dasselbe von oben.
a. a. Die Spitzen der vordern Fortsätze.
Dritte Figur. Eins der beiden Seitenstücke des Zungen
beins, dessen Verbindung mit dem Mittelstück ich
nicht angeben kann. (Alle drei Figuren geben das Sechstheil
der natürlichen Gröfse).
Fünfte Tafel. Erste Figur. Der Kehlkopf von vorn. (Ein
Viertel der natürlichen Gröfse),
Der Kehldeckel.
a
2. Der Knorpel seiner Wurzel. g
3. Der Schildknorpel.
4- 4. Dessen vordere Hörner.
5. 5. Dessen hintere Hörner.
6. 6. Der Ringknorpel. ä
7. 7. Die Gielskannenknorpel.
8. 8. Der sehr grofse Musculus sr ee (Das Ligamentum «o-
noideum fehlt).
9. Anfang der Luftröhre.
ı über Balaena rostrata. 39
Zweite Figur. Der Kehlkopf von oben. (Ein Viertel der na-
türlichen Gröfse).
ı. Der Kehldeckel. Se
2. 2.. Die Giefskannenknorpel.
3. 5. Die vordern
4: 4. Die hintern
5: Die vordere Oeffnung der Speiseröhre.
6. Die’ Speiseröhre. ;
7. Der Schild des Ringknorpels. 2
8-8.8- Der Schlundkopf.
| Hörner des ET RSEREN
Dritte Figur. Der Kehlkopf und die Speiseröhre. (Ein
Viertel der natürlichen Gröfse).
1. Die Speiseröhre nach oben geschlagen.
2. 2. Der Schlundkopfschnürer.
3. 3. Der Schildknorpel.
4. 4.. Die Gielskannenknorpel.
5. Der Schild des Ringknorpels.
6. Die Luftröhre..
Vierte Figur. Der rechte Beckenknochen. (In natürlicher
Gröfse))..
a. Der mittlere knöcherne Theil.
b. und c. Die beiden knorpligen: Endstücke,
d. Die sehnige: Hülle.
Fünfte Figur. Der Umfang; der Aorta im Unterleibe.. (Na-
türliche: Gröfse).. E
Sechste Figur. Die erste, nach hinten getheilte Rippe, so
dafs siesich an die Querfortsätze des ersten und zwei-
ten Rückenwirbels setzt.. (Ein Sechstheil der'natürlichem: Gröfse).,
”
40 Rudolphi's anatom. Bemerk. über Balaena rostrata.
Siebente Figur. Das dritte Schwanzwirbelbein. (Ein Sechs-
theil der natürlichen Gröfse). _
a. Das Loch im Querfortsatz.
b. b. Die Epyphysen oder Knochenscheiben, welche auf beiden Flächen
des Wirbelbeins liegen. 5
Bemerkungen über die Legierung der Metalle mit Kalium
und einigen andern Stoffen, wenn sie durch schwarzen Flufs
reducirt werden.
‘Von Herrn $. F. Heamssraeor t).
D.: Zahl der selbstständigen einfachen Metalle vermehrt sich von Jahr zu
Jahr; und wenn auch einige derselben, wie das Niccolan, das Wodan,
. das Vestium und das Crotonium sich nicht bestätiget haben, so wie
das Bukowinium *) nicht weiter erörtert worden ist; so darf man doch
mit Zuversicht erwarten, dafs der forschende Geist, welcher die Zergliede-
rer der anorganischen Naiurerzeugnisse belebt, die dadurch entstandenen
Lücken in der Reihe, bald durch die Entdeckung neuer zur Zeit noch
nicht bekannter Metalle ausfüllen wird.
Während man aber fortfährt, die Zahl der bekannten Metalle mit
neuen zu vermehren, wird es nothwendig, die früher bekannten auf ih-
ren natürlichen Zustand der absoluten Reinheit zurückzuführen und in
*) Mit diesem Namen bezeichnet der Hr. Graf v. Barkowski ein vermuthlich neues Metall, das er
in einem zu Kirlaba in der Bukowine, unter dem Namen quarziges Lebererz, vorkom-
menden Fossil gefunden hat. Die mit jenem galizischen Fossil angestellten Versuche und ihre
Besultate, wovon in meinem Museum des Neuesten und WYissenswürdigsten etc, or.
Band, $. 199 eine Mittheiling sich befindet, zeigen allerdings das Dasein eines neuen eignen
metallischen VVesens in selbigem, das aber noch nicht reducirt hat dargestellt werden können.
Vergebens habe ich mich bemühet, ein 3) Sp von jenem Fossil zu erhalten, um solches
selbst zergliedern zu können,
+) Vorgelesen den 1, März ı3aı:
Phys. Klasse, 18290— 1881. F
42 Hermbstädt 's Bemerkungen
diesem: absolut. reinenr Zustande,. die ihnen zukommenden physischen und
chemischen Qualitäten aufser Zweifel zu: setzen..
Jenen Zweck zu erreichen, bin ich schon länger als seit einem Jahre
bemüht gevresen;. aber alles was meine bisherigen mit Genauigkeit darüber
angestellten Arbeiten mir als Ausbeute dargeboten haben,. besteht zur Zeit
nur noch: in Bruchstücken,. die erst späterhiu zw einem: Ganzen sich wer-
den. vereinigen: lassen..
Vauguelins Erfahrung, dafs Blei, Wismut u. s. w., wenn solche
durch schwarzen Flufs aus ihren Oxyden reducirt werden, Kalium einge-
mischt enthalten,. habe: auch ick,, bei einer ähnlichen Reduktion des Anti-
m.ons und des Zinnes aus ihren Oxyden;, bestätigt gefunden; und eben
dieses: gab: die Veranlassung zw einer: weitläuftigeren Untersuchung über
die Darstellung, der Metalle im Zustande ihrer absoluten Reinheitz. und so
weit meine- bisher. darüber gemachten: Erfahrungen reichen, glaube ich mit
einem: hohen: Grade von: Wahrscheinlichkeit annehmen zu dürfen, dafs die
allermeisten: Metalle,, welche. durch die Reduktion: aus ihren Oxyden: mit
schwarzem Flufs,. ja: selbst mit Kohle in- der Versetzung mit mancherlei
erdigen. Flüssen: oder Zuschlägen reducirt worden: sind, wie solches im Gro-
fsen: auf Hüttenwerken: geschieht,, allemahl mehr oder weniger’ mit Ka-
Lium. oder: auch: andren; aus: jenen: Substanzen. darstellbaren. Metallen legirt
sind. _ i
Die Entdeckung, der Reducirbarkeit der früher für chemisch einfach
gehaltenen: Alkalien: und Erden,. zw regulinischen Metallen, und deren
Legirbarkeit mit andern,. liels. so: etwas erwarten,. und immer mehr wird.
diese Erwartung. durch die Erfahrung, wirklich bestätigt.. Unter solchen
Umständen. darf: man: sich: daher auch gar nicht wundern,, wenn.man- die
sonst für rein: gehaltenen: Metalle, mit KaliumyCalcium,, Magnium,
Alumium,, Silicium u, s.. w.. legirt findet, die freilich,,. wenn: jene: Al-
liagen: in. Säuren: aufgelöst werden,, in: den: Zustand. der. Oxyde wieder zu-
rück. treten: müssen.
Eben: so; scheint es;. dafs. die Reduktion: der Metalle aus dem Alka-
lien: und den: Erden, weniger durch: die. Wirkung. des Kohlenstoffs
in; den: zur Reduktion: angewendeten Kohlen, als vielmehr durch die an-
derweitigen: Metalle selbst, veranlafst. wird;. nachdem: solche durch die ent-
oxidirende- Wirkung der Kohle,, aus ihren Oxyden: reducirt worden sind.
Diese Meinung, wird: dadurch; zur. Wahrscheinliehkeit erhoben,, dafs ein
über die Legierung der Metalle. 45
Gemenge von Kohle und Kali, unter der übrigens erforderlichen Be-
handlung, nichtleichtzu Kaliummetallreducirt' wird; während das Eisen
mit Kali in der erforderlichen Hitze behandelt, dem Kali seinen Sauer-
stoff leicht entzieht, und ‚das Kaliummetall verflüchtigt wird. Es wäre
zu wünschen, dafs man auch das rückständige Eisen untersuchen möchte, ob
und in wie fern der noch regulinische Theil durch Kalium legirt sein
mag.
Während das Kalium für sich, in dem Moment oxydirt wird, wo
solches mit Feuchtigkeit in Berührung tritt, kann dasselbe in der Mischung
mit andern Metallen sich ohne Oxydation an der feuchten Luft unterhal-
ten; doch möchte das leichte Anlaufen derselben in der feuchten Luft wohl
als die Folge einer nach und nach vorgehenden Oxydation des darin ent-
haltenen Kaliums angesehen werden können.
Dals in’ dem Fall, wo die auf Hütten ausgeschmolzenen Metalle K.a-
lium enthalten, solches durch den Kaligehalt der Kohle mit der sie
ausgeschmolzen worden, bedingt wird, ist wohl keinem Zweifel unterwor-
‚fen. Schwerer ist es aber, mit Bestimmtheit angeben zu können, ob hier
der Kohlenstoff oder das anderweitige reducirte Metall, (z. B. Ei-
sen, Kupfer u, s. w.) entoxydirend auf das Kaliumoxyd wirkt,
So weit meine bisher darüber gemachten Erfahrungen reichen, scheint
indessen weniger die Kohle als vielmehr das durch sie aus dem anderwei-
tigen Met alloxyd reducirte Metall das entoxydirende Mittel, für die
alkalischen und erdigen Oxyde, auszumachen; welches ich daraus
schliefse, dafs die Bildung des Kaliums, Calciums, Alumiums, Sili-
ciums u. s. w., und seine Legierung mit dem reducirten Metall, durch
den Grad der Hitze und die Dauer- derselben bei der Reduktion, allein be-
dingt wird.
Reducirt man Antimonoxyd, oder Zinnoxyd oder Bleioxyd,
in der Vermengung mit Olivenöl, unter einer Decke von geschmolzenem
Küchensalze in einem wohl verschlossenen Probirretorten bei einem Grade
der Hitze, die eben hinreichend ist, die Reduktion des Metallo xyds vor
seinem Zusammenschmelzen herbei zu führen; so erscheint das reducirte
Metall rein, ohne durch ein alkalisches oder erdiges Metall legirt
zu sein.
Verrichtet man die Reduktion jener Oxyde mit schwarzem Flufs
(einem Gemenge aus Kaliumoxyd und Kohle) bei einem Grade der
Fa
7 GEN Hermbstädt's Bemerkungen
Hitze die eben hinreichend ist, die Reduktion zu veranlassen, so finder
man auch hier das aus ihnen reducirte Metall, es sei Antimon oder
Zinn oder Blei, rein, nicht mit Kalium legirt,
Macht man hingegen Versetzungen jener Oxyde mit schwarzem Flufs,
und setzt man die damit gefüllten’ Probirtuten, in einen gemeinschaftli-
chen Ofen, dazwischen aber eine Eisenprobe, und nimmt man sie nicht
eher heraus, als bis die Eisenprobe reducirt ist, die einen weit höhern
Grad der Hitze zur Reduktion erfordert, so finden sich die ührigen ge-
nannten Metalle allemal mit Kalium legirt;, wie ich solches mehrmal
gesehen habe.
Die Erscheinungen, durch welche das Dasein des Kaliums in je-
nen reducirten Metallen angekündigt wird, sind eben so interessant als
überraschend. So lange die Reguli noch unter ihrer Decke eingeschlossen,
und dadurch von der darauf wirkenden feuchten Luft abgeschnitten sind,
ist nichts besonders daran wahrzunehmen. Hat man sie aber von der Decke
befreit, so erhebt sich sehr bald ihre Temperatur bis auf 70—80 Grad
Beaumur, und wenn sie in Wasser geworfen werden, so wird Wasser-
stoffgas unter Aufwallen entwickelt.. ’
Das Wasser, worin jener Erfolg vorgegangen ist, reagirt dann al-
kalisch. Dieses könnte allerdings wohl von einem. anklebenden Theile
des noch vorhandenen Alkali am. Regulus abhängig sein; dagegen.dievon
selbst erfolgende Erhitzung in Berührung mit der Luft, so wie die Ent-
wicklung des Wasserstoffgases, wenn die erhaltenen Reguli in Was.
ser geworfen werden, ganz sichere Beweise für das Dasein. des Kaliums
in ihnen darbieten.. i R
Aber auch andere Metalle, wie: solche auf Hüttenwerken,. bei: den
metallurgischen. Ausscheidungen im Grolsen, gewonnen werden, namentlich
Kupfer,, Eisen, und Zink,. scheinen Kalium zu enthalten, obschon in
sehr. geringer Quantität: dann: werden: selbige in den: ihnen zukommenden
schicklichen Säuren aufgelöst,. die gebildete Auflösung durch Aetzam-
moniak zersetzt,. die völlig neutrale Flüssigkeit hingegen in einem Platin-
tiegel zum, Trocknen abgedunstet, dann aber der trockne Rückstand ausge-
glüht,, bis keine Dünste mehr sichtbar sind, so bleibt eine sehr geringe
Menge- eines im Wasser lösbaren Salzes Zurück, das gegen die gefärbten Pa-
piere.alkalisch reagirt,, wenn.die Auflösung durch Salpetersäure verrichtet.
>
über die Legierung der Metalle. 464
“orden war, das aber als ein neutrales Salz erscheint, wenn man- sie mit
Schwefel- oder Salzsäure veranstaltet hatte.
Es. ist also das Silicium nicht alleim dasjenige ‚Legierungsmittel,
welches Verbindungen mit den Metallen, z.B. dem Eisen eingeht; solches
thut auch das Kalium und in. einigen Fällen mögen auch das Calcium,
das Alumium, das Magnium. u s. w. solche bilden; besonders da, wo bei
der Reduktion strengflüssiger thon- und kieselhaltiger Erze, der Kalk,
als Flufs befördernder Zuschlag, angewendet wird: ein Fall, der auf Hüt-
tenwerken gar oft statt findet,. “ "
'Ganz reine Metalle, nicht legirt durch andere, mögen daher viel-
leicht nur diejenigen sein, die ohne Hülfe eines Reduktionsmittels, durch
blofse Hitze, aus ihren. Oxyden- reducirt worden sind;. wie das auf solche‘
Weise reducirte Gold, Platin, Palladium, Silber und Nickel;, aber
auch nur in. dem Fäll, wenn solche dergestalt in den Keduktionsgefäfsen
eingeschlossen sind,: dafs auf keine Weise die Kohle aus dem Brennmaterial
darauf einwirken. kann..
Eben so rein müssen auch diejenigen Metalle erscheinen, welche:
aus ihren: Oxyden- durch. die Einwirkung des reinen Wasserstoffgases
reducirt werden, das man im glühenden Zustande über die in. Röhren ein--
geschlossenen Oxyde hinstreichen läfst.
Weniger. traue ich der absoluten: Reinheit derjenigen Metalle, die
aus, ihren Auflösungen in Säuren oder Alkalien, durch andere Metalle
gefället worden sind: wenigstens habe ich gefunden,. dafs das auf solche
Weise durch Zink gefällte Kupfer,. so wie das auf gleiche Weise ge--
fällete Blei,. immer Spuren von Zink enthalten,. und. das durch Eisen:
gefällete Kupfer nie frei von Eisen ist.. :
Eben: so erscheint das durch Kupfer aus: seiner Auflösung in Säus-
zen regulinisch gefällete Silber,. wenn: selbiges vorher durch die Behand--
lung. mit Aetzammoniak von den anklebenden Kupfertheilen auch noch!
so: vollkommen: befreit: worden. ist, in seiner sonstigen Beschaffenheit doch:
allemal’ sehr verändert; so wie seine vorige leichte Lösbarkeit in der Sal--
petersäure, bedeutend vermindert worden ist... Ob’ solches in diesen Zux-
stande etwa im Minimum: oxydirt,. ‚oder durch ein Minimum von. Kupfer
legirt ist,. habe ich zur Zeit noch nieht- ausmitteln können..
Ich habe vorher bemerkt,, dafs ich nur diejenigen Metalle’ als aßso:-
lut rein anerkenne ı welche aus ihren Oxyden-entweder für sich, oder durchu
. . u 7
46 Hermbstädt's Bemerk. über d, Legierung der Metalle.
Hülfe des Wasserstoffgases, "in verschlossenen Gefälsen reducirt wor-
den sind; dahingegen diejenigen, welche in nur leicht bedeckten Gefäfsen
im oflnen Feuer für sich reducirt werden, Gelegenheit finden, fremde Stoffe
aufnehmen zu können; und unter diesen fremdartigen Materien, spielt der
Kohlestoff eine hauptsächliche Rolle,
Die Mischbarkeit des Kohlestoffs mit dem Eisen, ist durch den
schönen künstlichen Graphyt begründet, den man in den obern Räumen
der Hohöfen ‚angeflogen findet, in welchen Eisen geschmolzen wird. Seine
Mischbarkeit mit dem Zinn und mit dem Kupfer, scheint wohl eben so
sehr aulsex "Zweifel zu sein.
Dafs der Kohlestoff aber auch mit dem Nickel in Wechsel-
wirkung treten kann, darüber hat vor kurzem Herr Frick (Königl. Ober-
Bergtath und erster Arkanist an der Königl. Porzellan- Manufaktur hieselbst)
eine merkwürdige Erfahrung gemacht. Derselbe zeigte mir ein Stück rei-
nes Nickelmetall und eine Portion des schönsten Graphyts, der aus
selbigem sich ausgesondert hatte, Herr Frick hatte sein Nickeloxyd,
ohne einen reducirenden Beisatz, im Gutofen der Porzellan- Manufaktur re-
Aucirt. Der erhaltene mehrere Unzen wiegende Regulus sollte ausgeschmie-
det werden, zeigte sich dabei aber sehr spröde, wenig streckbar. Er un-
terwarf ihn einer nochmaligen Schmelzung ohne Zusatz; und nun erhielt
er einen reinen streckbaren Regulus ‚des Nickels, über welchem sich eine
Lage des gedachten Graphyts gebildet hatte,
War dieses wirkliches Graphyt? aus Kohlestoff und Eisen
gebildet? Enthielt der Regulus des Nickels, nach dem ersten Ausschmel-.
zen, noch Eisen? Konnte dieses Eisen Kohlestoff aus dem Rauche
aufnehmen um in dessen Verbindung Graphyt zu erzeugen? oder war der
Graphyt im ersten Begulus des Nickels schon enthalten und wurde beim
zweiten Schmelzen desselben nur ausgesondert? War solches wirklicher Gra-
phyt, oder eine dem Graphyt ähnliche aus Kohlestoff und Nickel ge-
bildete Substanz? Dieses sind Fragen, die nur durch eine wiederholte Untersu-
ehung über diesen Gegenstand berichtigt werden können,
KLEE
x
”
Bemerkungen über das. Nicotianin, einen eigenthümlichem
Bestandtheil im den verschiedenen Artem des: Tabaks,
Von Herrn $. F. HERMBSTAEDT *)-
D.:- erste Entdeckung: der Tabakspflanze fallt in das Jahr. 1496,. in wel-
chem Romana: Pano, ein: spanischer Mönch, der den Columbus
auf: seiner zweiten: Reise nach' St. Domingo begleitete und: daselbst län--
gere Zeit verweilte,. sie und ihrem zwiefachen: Gebrauch,. als Arznei und:
als Mittel zum: rauchen, von: den: Wilden kennen lernte und noch in dem--
selben: Jahre: die’ erste: Nachricht davon: nach: Europa: gab:: Späterhin,. im
Jahr: 1558,. lernte: sie Jeam Nicot, damals: französischer Gesandter am:
portugiesischen Hofe „ kennen). wo: man’ solche als ein sehr heilsames: Wund-
kraut in den: Gärten. bauete.. Er hatte: Gelegenheit,. sich: selbst von’ der‘
heilsamen: Wirkung. ihrer Blätter zu überzeugen,. und durch: ihn kamı
sie- zuerst nach Frankreich,. von: wo: aus- sie sich: wahrscheinlich: über:
ganz Europa: verbreitet hat..
Dem) genannten: Jean‘ Nicot zw Ehren‘, habem die Botaniker dem.
Namen: Nicotiana zum: Gattungsnamen für jene Pflanze gewählt;' und die’
Zahl ihrer’ Arten: ist jetzt bereits so’ grols,, dafs,. mit Ausnahme einiger zur‘
Zeit noch: zweifelhaften, der Professor Lehmann zu Hamburg, in sei-
ner 1818 herausgegebenen Generis nieotianarum historia etc. schon ein und!
zwanzig konstante Arten: derselben: aufgestellt und beschrieben hat.-
Von: diesen: jetzt bekannten ein’ und’ zwanzig verschiedenen Arter der
Nicotiana,, sind. sechzehn: in: meinem: Besitz,, mit: deren: Kultur ich: mich:
®*) Vorgelesen den 8.. März 1823,-
48 i Hermbstädt's ;
seit mehrern Jahren versuchsweise beschäftiget habe, und sie haben mich
in den Stand gesetzt, über ihre chemische Grundmischung und deren Aehn-
lichkeit, mir eine genauere Kenntnils zu verschaffen, wovon hier näherer
Bericht erstattet werden soll.
Die Tabakspflanze ist, wegen ‚ihrer betäubenden, ja oft tödt-
lichen Einwirkung auf den lebenden Organismus, ‘und zwar mit Recht, von
den Aerzten- unter die Giftpflanzen gesetzt worden; und sie zeigt ihre gif-
tige Wirkung in der That auf alle diejenigen menschlichen Individuen, die,
noch nicht an ihren Eindruck gewöhnt, sich beikommen lassen, sei es
zum Rauchen oder zum Schnupfen, zum ersten Mal Gebrauch davon
‘zu machen. i ’
Man hat seit wenigen Jahren die meisten der jetzt bekannten Gift-
pflanzen vor das Forum der chemischen Zergliederung gezogen, und fast
in jeder derselben einen eignen für sich daraus darstellbaren Bestandtheil
kennen gelernt, der die ganze Kraft der Pflanze in concreto in sich ver-
einigt zu enthalten scheint; es war daher zu erwarten, dafs auch die
Tabackspflanze einen ähnlichen Erfolg bei ihrer Zergliederung darbieten
würde. &
Dafs dieses wirklich der Fall ist, hat Herr Vauguelin in einer
damit unternommenen Zergliederung bewiesen, die derselbe mit frischen
und mit trocknen Blättern angestellt hat, worüber sich seine Erfahrun-
gen in den Annales du museum 'd’histoire naturelle Tom. XIV. pag. 2ı ab-
gedruckt befinden,
Theils um Herrn Vauquelin’s Beobachtungen selbst kennen zu ler-
nen, theils um die dahin abzweckende Untersuchung über mehrere mir zu
Gebote stehende Arten der Nicotiana auszudehnen, sind eine Reihe Expe-
rimente mit selbigen von mir veranstaltet worden, von deren Resultaten
ich hier Rechenschaft ablegen werde.
Herr Vauquelin fand, als er den Saft der Blätter von Nicotiana
Tabacum untersuchte, drin Pflanzeneiweils, übersäuerten äpfelsau-
ren Kalk, phosphorsauren und oxalsauren Kalk, freie Essig-
säure, salzsaures und salpetersaures Kali, salzsaures Ammo-
niak, ein grünes Harz wie es in den meisten Pflanzen angetrolfen wird,
eine rothe im Wasser und inn Alkohol lösbare Substanz, die sich in der
Hitze aufblähet, und ein eigenthümliches starkes, flüchtiges und farbenloses
Wesen eigner Art, welches alle sonstige specifike Eigenschaften: des Ta-
baks
Bemerkungen über das Nicotianin. 49
backs in sich vereinigt enthält; und auch dann noch unverändert dasselbe
bleibt, wenn die Blätter getrocknet, ja selbst dann, wenn sie schon zu
Schnupftaback verarbeitet worden sind,
Ich habe meine Zergliederung zuerst mit den in der warmen Luft
getrockneten Blättern der Nicotiana Tabacum, nach den bekannten Begeln
veranstaltet und an näheren Bestandtheilen, aus 200 Theilen derselben, er-
halten:
‚ Inhärirendes Wasser ; ä R Ä 26,00
Weiches Harz * ” R R E 6,00
Hartes Harz . i R . " n 1,40
Extraktivstoff 2 5 s } ö 25,00
Gummi . x ; r & . k 55,02
Fasertheile . > y . s R 78,00
189,42
PELIEENNIE 9, N « . . ; 10,58
200,00;
Jener Extraktivstoff zeigte sich indessen, bei der näher damit ange-
stellten Prüfung, als ein Gemenge von Aepfelsäure, Essigsäure und
andern Salzen, dem-ein extraktives Wesen zum Einhüllungsmittel diente,
ı Es ist natürlich, dafs das Pflanzeneiwei[s, welches Herr Vanquelin
im frischen Safte‘fand, hier in den Fasertheilen enthalten sein mulste, Der
Verlust von 5, 29 scheint im flüchtigen Stoffe (nämlich dem Nicotianin) -
nicht begründet zu sein,
Ich schritt nun zur Destillation der trocknen Blätter von Nicotiana
Tabacum mit destillirtem Wasser. Ein Pfund der klein zerschnittenen Blät-
ter wurde mit sechs Pfund. destillirtem Wasser übergossen, und, nach
vorausgegangener vierstündiger Digestion, nun zwei Pfund Flüssigkeit, et-
was warm, überdestillirt.
Das erhaltene Destillat zeichnete sich durch nachfolgende Eigenschaf-
ten aus:
a) Es besafs eine trübe, ins milchigte übergehende Beschaffenheit.
'b) Sein Geruch war dem der Tabacksblätter gleichkommend, jedoch mit
einem gar nicht unangenehmen Nebengeruch begleitet,
Phys. Klasse, 1820 — ıB2ı, G
ns
%
50 Hermbstädt's
ce) Sein Reiz auf der Zunge. war mäfsig scharf ohne ätzend zu sein, un-
gefähr dem des nicht mit brenzlichen Oeldünsten gemengten Rauches
“ des Tabacks. gleichkommend.
d) Blaues Lackmuspapier darin eingetaucht, wurde davon im Zeitraum von
vier und zwanzig Stunden nicht geröthet, und geröthetes Lackmus-
papier erhielt seine blaue Farbe nicht zurück.
e) Sehr reine Galläpfeltinktur erzeugte darin weile Flocken, die durch
‚ zugesetzte Alkalien und durch Säuren gelöst wurden.
f) Salpetersaures Quecksilber erzeugte darin eine Trübung, und es
fielen nach einiger Zeit Flocken nieder, die in mehr zugesetzter Säure
z wieder gelöst wurden..
g) Mit. freier Essigsäure versetztes essigsaures Blei, erzeugte darin
einen bedeutenden: Niederschlag von. weilser Farbe.
bh) Freie Salzsäure: die dem Destillate zugesetzt wurde, war nicht ver-
mögends- eine wesentliche Veränderung darin zu veranlassen; sie liels
sich. durch’ gelindes. Abdunsten. davon trennen: und der eigene Tabacks-
geruch: war nicht. gestört.
Als: die gröfsere Portion des: erhaltenen Destillats: fünf Tage lang,
leicht bedeckt,. in: einem gläfernen Cylinder stehen blieb,. hatte das Flui-
dum: sich: aufgeklärt, und: auf. der Oberfläche desselben hatte sich eine aus dün-
nen: weifsen: Blätterchen. bestehende: geronnene: Materie abgesondert,, die mit
einem. Löffel abgenommen: werden konnte „und alle Eigenschaften: des mehr
gedachten Destillats- in. einem. gesteigerten Grade: besafs; es: schiem also der
eigne Stoff des Tabacks: zu sein.. der vorher im Uebermafs mit dem Was-
ser verbunden war, sich: aber nun: von. selbst ausgesondert hatte; ich nenne
ihn: Nicotianin..
Jenes: Wesen; welches das Nicotianin im: reinern: Zustande darstellt,
erregt auf der Zunge: und -im: Schlunde. einen: eignen: Reiz;; wird solches
in. die Nase gebracht, so: erfolgt, jedoch: nicht immer, Andrang. zum Nie-
sen... Als ich. etwa: einen: halbem Gran: desselben,. in: eine: Oblate: eingewik-
kelt,, verschluckt hatte,, empfand! ich,. nach: einer halben: Stunde,. Kopfweh,
Uebelkeit: und Neigung, zum. Erbrechen;; Wirkungen, wie sie der Taback
Bernerkungen über das Nicotianin. 51
hervorbringt, wenn er gekaut wird, ‘oder wenn mıan beim Rauchen dessel-
ben den Rauch niederschluckt.,
Wird das vorher genannte wälsrige Destillat blols an der warmen
Luft der Verdunstung überlassen, so verbreitet sich im Zimmer ein Geruch,
wie man ihn nach ‚dem Rauchen einer sehr feinen Sorte Taback wahrnimmt.
Auf sehr empfindliche und nicht an den Taback gewöhnte Personen, machte
jener Dunst einen so widrigen Eindruck, (dals sie Neigung, zum Schwindel
zu empfinden vorgaben.
Dunstet, man das Fluidum bis auf den sechzehnten "Theil seines Um-
fanges an der warmen Luft ab, so scheint der Rückstand an Intensität der
Kraft gesteigert worden zu sein; er zeigt aber noch denselben Geruch wie
das wälsrige Destilla. Das Abgedunstete trübt sich, ohne eigentlich er-
starıbar zu sein.
Da es mir nicht möglich war, das Nicotianin auf diesem Wege
als eine ganz koncrete Substanz ‚darzustellen, ‚so. nutzte ich (die Eigenschaft
des wälsrigen Destillats, sich durch essigsaures Blei fällen zu lassen.
Dasselbe wurde zu dem Behuf so lange mit in Wasser gelöstem, mä-
sig übersäuerten essigsaurem Blei versetzt, bis dieses vorwaltete. Nach
vier Tagen hatte sich ein weilser Niederschlag gebildet, über. welchem das
Fluidum geklärt stehen blieb, seinen eigenen Geruch aber nicht ganz ver-
loren hatte. h
z
Jener Präzipitat wurde zu wiederholten Malen mit destillirtem Was-
ser ausgesülst, um ihn von aller anklebenden freien Essigsäure zu be-
freien. Er schien jetzt eine Verbindung des Nicotianins mit Bleioxyd
darzustellen.
Als er sich aus dem Absüfswasser so weit abgelagert hatte, dafs ein
. getrübtes milchigtes Gemenge übrig blieb, setzte ich nach und nach so
viel verdünnte Schwefelsäure hinzu, bis sie gelinde vorwaltete, brachte
das Gemenge zwei Stunden lang in gelinde Wärme, und schied dann das
Flüssige durch ein Filtrum von dem Satz ab, der schwefelsaures Blei
war.
GG.
52 Hermbstädt’s
Das Filtrirte zeigte jetzt wieder alle schon vorher bemerkte Eigen-
schaften des Nicotianins in einem gesteigerten Zustande. Bein gelinden
Abdünsten verbreitete solches den Geruch der Tabacksblätter, es konnte
aber nicht zum wirklichen Erstarren gebracht werden.
Ich habe jene Versuche mit den trocknen Blättern von sechzehn ver-
schiedenen Arten des Tabacks wiederholt, und aus allen das Nicotianin
_ erhalten; es macht also einen konstanten Bestandtheil in jeder Art von Ni-
eotiana aus, der unabhängig ist von allen übrigen extraktiven Theilen
der Pflanze; aber es mangelt uns zur Zeit noch an der Kenntnifs einer
Methode, wie dieser Stoff in fester Form ausgesondert und quantitativ be=
stimmt werden kann; welches mir vielleicht gelingen wird, wenn ich im
bevorstehenden Sommer Gelegenheit habe, meine Arbeiten mit dem Safte
der frischen Blätter der verschiedenen Tabacksarten wiederholen zu können.
’
Wenn es nach dem hier Erörterten nicht mehr geläugnet werden
kann, dafs der gedachte Stoff, das Nicotianin, als ein Wesen eigner Art
angesehen werden mufs, von welchem alle heilsame und giftige Eigen-
schaften des Tabacks abhängig sind, so kann solcher doch mit denjenigen
besonders gearteten Stoffen, welche in andern narkotischen und giftigen
Pflanzen entdeckt worden sind, welche sämmtlich als Alkalien reagiren und.
daher mit dem gemeinschaftlichen Namen der Alkaloide bezeichnet wor-
den sind, auf keine Weise verglichen werden, da eine solche Alkalescenz
am. Nicotianin durchaus nicht wahrgenommen wird, sondern selbiges
seinen ganz eignen von allen übrigen bisher bekannt gewordenen Pflanzen-
g
stoffen verschiedenen Charakter behauptet.
Das Dasein jenes eigenthümlichen Stoffes in allen zur Gattung Nico-
tiana gehörenden Gewächsen, giebt einen einleuchtenden Beweis, dals nur
allein die Blätter von dieser, keinesweges von andern Pflanzengattungen,
als Taback benutzt werden können, weil ihnen dasjenige mangelt, was den
eigenthümlichen Charakter des Tabacks begründet. Es haben daher alle -
diejenigen geirıt, welche die Blätter anderer Pflanzen als Stellvertreter des
Tabacks haben empfehlen. wollen, wie z. B. die der Runkelrüben, der
Kartoffeln, dır Sonnenrosen, verschiedener Kohlarten u. s. w.; sie
können zwar geraucht werden, aber-ihr Rauch ist nicht der des wahren
Bemerkungen über das Nicolianin. 53
TFabacks, weil dessen karakterisirender Bestandtheil, das Nieotianin, in
selbigen mangelt.
In den auf verschiedene Weise zubereiteten Arten des Schnupfta-
backs, ist gleichfalls das Nicotianin immer die wahre causa efliciens;
die mannigfaltigen Saucen womit er zubereitet wird, sind Nebensache;
sie dienen blo[s dazu, den Geruch angenehmer zu machen; das was hinge-
gen den eignen Reiz des Schnupftabacks auf die Nasenhäute veranlasset, ist
im Nicotianin begründet, das durch keine Sauce zerstört werden kann.
Beim Rauchen des Tabacks ist es wieder das sich mit dem Rauche
verflüchtigende Nicotianin, welches die Zunge und den Gaumen auf
eine angenehme Weise reizt, wenn die Nerven einmal daran gewöhnt sind;
das Unangenehme im Tabacksrauch, ist hingegen in dem brenzlichen Oele
begründet, welches durch das Ausbraten der anderweitigen Bestandtheile
des Blattes erzeugt, und dunstförmig in Gemeinschaft des Rauchs fortge-
leitet wird.
Die vornehmen Türken, welche den Taback entweder aus sehr Ian-
gen Pfeifen langsam rauchen, oder auch wohl erst den Rauch durch Was-
ser hindurch treten lassen, geniefsen daher nur das Angenehme des Rauchs,
d. i. das dunstförmige Nicotiänin, ohne das stinkende Oel mit einzu-
saugen,
Wenn man erwägt, dafs der gewöhnliche Tabacksrauch nichts we-
niger als etwas angenehmes für den Gaumen ist; dafs Menschen, die noch
nicht daran gewöhnt sind, nach dem ersten Rauchen und Schnupfen
des Tabacks Schwindel und Erbrechen bekommen; so muls man sich billig
wundern, wie bei alledem sie fortfahren zu rauchen und zu schnupfen,
bis sie daran gewöhnt sind und sich nun in den Genuls des damit verbun-
denen Angenehmen, getrennt von dem: Widrigen,. gesetzt haben,
Wenn man aber wieder erwägt, dafs der erste Genufs des Weins,
des Branntweins und anderer geistiger Getränke, dem nicht daran Ge-
wöhnten auf gleiche Weise Schwindel und Erbrechen herbeiführt, und er
doch fortfährt, beide zu genießen, bis er sie ohne Nachtheil ertragen kanns
s > - si ’ vr ar aa.
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54» Hermbstädt's Bemerk. über das Nicotianin.
„ so sehen. wir hier wieder eine grofse Achnlichkeit zwischen dem Hange
zum Genufs des Tabacks und der geistigen Getränke, Die Türken,
denen der Genufs der geistigen Getränke,-vermöge ihrer Religion, verboten
ist, rauchen Taback und essen Opium; die Kamtschadalen genielsen
den betäubenden Fliegenschwamm, und alle erhalten eine gleiche Be-
friedigung, nur auf eine verschiedene Weise. E y
‘Versuche und Beobachtungen über die Atmosphäre und das
Wasser der Ostsee..
Von Herrn: S.. F. HERMBSTAEDT *).
A. ich ım vorigen: Jahre, in: den: letztem Tagem des Aprils, einige Stun-
den’ lang am heiligen Damm bei Doberan verweilte, dem Gestade der
Ostsee daselbst,, empfand ich,. ber nordwestlichem Winde und einer atmo--
sphärischen: Temperatur von: 14, 5 Grad Reaumur,. einen: ganz. eigenen Ein-
druck auf die Organe: des Geschmacks und: Geruchs.. Eine eigenthümliche
Empfindung, von: Süfsigkeit beim: Athmen: und. ein: nicht weniger eigenthüm-
licher Geruch,, waren die sinnlichen. Wahrnehmungen die sich mir darbo-
ten. Der Horizont. war völlig "heiter und: die Meereswellen wogtem sanft
-einher.. Scherzweise sagte ich zu meinen Begleitern,. dafs ich mich: in ei-
ner Atmosphäre von: Austern. zw befinden: glaubte, und: auch. ihnen schien
solches der Fall: zu sein:
Dals jene Wahrnehmung vom einer besondern: chemischen: Constitu-
- tion: der Atmosphäre abhängig sein: müsse,, war einleuchtend,, und ich be-
klagte daher sehr,, nicht mit den: nöthigen Hülfsmitteln. versehen. zu: sein,
die Luft auf der Stelle näher untersuchen zw können:..
Eine: von. des regierendem Grols-Herzogs vom Mecklenburg-
Schwerin, Königl. Hoheit,. mir übertragene Untersuchung, einiger in der
Nachbarschaft. der Ostsee entdecktem Mineralquellen,. gab: mir Gelegen-
heit,,. mich im Frühjahre d. J. eine längere Zeit am: heiligem Damm
verweilen: zu müssen; die ich. benutzt habe, jene ein: Jahr früher gemachte
*) Vorgelesen den 7, Mai ıg2ı..
56 Hermbstädt's Versuche und Beobachtungen
Beobachtung weiter zu verfolgen, weil es mir jetzt au den dazu erfordeor-
lichen Instrumenten nicht mangelte.
Die Resultate meiner hier, sowohl mit der Seeluft als mit dem
Wasser der Ostsee, aus verschiedener Tiefe entnommen, angestellten Ar-
beiten, waren für mich eben so überraschend als sie mir neu zu sein schei-
nen: daher ich solche einer öffentlichen Mittheilung werth halte.
Jene Beobachtungen sind nicht weniger wichtig für den Physiker als
für den Arzt: denn sie geben einen Beweis von dem wesentlichen Unterschiede -
zwischen der Seeatmosphäre und der des festen Landes; so wie sie es
aufser allen Zweifel setzen, dafs zwischen einem natürlichen Seebade
und einem künstlichen (einem Soolbade, oder einer mit Wasser ge-
machten Lösung von Seesalz, von Steinsalz oder von Küchensalz)
ein sehr wesentlicher Unterschied anerkannt werden mufs; auch dafs der speci-
fike Einfluls der Seeluft, so wie der des Seewassers, auf den lebenden
Organi:mus, durch kein Kunstprodukt ähnlicher Art ersetzt werden kann;
und dafs diese Behauptung aus direkten Erfahrungen entlehnt ist, mögen
die hier folgenden Versuche und deren Resultate näher begründen
I. Untersuchung der Seeluft.
‚Am 20. April d. ]J. Vormittags zwischen zehn und zwölf Uhr, be-
gann ich meine Untersuchung der Seeluft, in einer Entfernung von 9000 Fufls
rheinländisch, in nordöstlicher Richtung vom Gestade des Meeres, an ei-
nem sehr heitern Tage. Der berichtigte Barometerstand betrug’2g", 2", gr,
Die Temperatur der Atmosphäre betrug ı0, 5 Grad Reaumur, im Schatten
beobachtet. Der Wind wehete nordöstlich, die Wellen des Meeres waren
in einer sanften Bewegung.
Zum Auffangen der Luft bediente ich mich gläserner Flaschen, die
vorher mit sehr reinem destillirten Wasser ausgespühlet und mit selbigem
gefüllet waren. Ihre Oeffnungen waren mit ganz neuen Korkstöpseln fest
verschlossen und diese am äufsern Theil mit Bindfaden umwunden, um mit-
telst desselben die Stöpsel aus den Oeffnungen heraus ziehen zu können.
So vorgerichtet, wurden die Flaschen mit der Oeflnung nach unten
zu, an Stangen gebunden, mittelst selbigen empor gehalten, die Stöpsel
dann heraus gezogen, damit die Luft hineintreten und das Wasser ver-
drängen konnte, worauf sie, mit der Luft gefüllet, schnell herab ge-
zogen, unter destillirtem Wasser verstopft und in selbigem untergetaucht,
d zur
c i
über die Atmosphäre und das Wasser der Ostsee, 57
zur fernern Untersuchung in meine Wohnung (amheiligen Damm) trans
portirt wurden.
Die eine Portion jener Seeluft wurde in der Höhe von ı6 Fufs
vom Spiegel des Meeres gerechnet, gesammelt; die zweite Portion in der
Höhe von 5 Fufs.
Eudiometrische Prüfung der Seeluft.
Kaum in meiner Wohnung angekommen, wurde die aus verschiede-
nen Regionen entnommene Luft, einer dreimal hinter einander wiederhol-
ten eudiometrischen Prüfung unterworfen, und zwar stets mit völlig. glei-
chem Erfolge; bei welchen Versuchen der Geheime Rath und Leibarzt des
Grofs-Herzogs, Herr Dr. Vogel aus Rostock, gegenwärtig war.
Jene Prüfung geschah mit einem sehr genauen Voltaschen Eudio-
ıneter, nach meiner eigenen Einrichtung, an welchem Zünd- und Mefs-
rohr mit einander verbunden sind, und gab folgende Resultate:
a) Das 5 Fuls über dem Meeresspiegel aufgefangene Gas zeigte einen Ge-
halt von 21, 5 Sauerstoffgas.
„b) Das ı6 Fufs in senkrechter Höhe über dem Meeresspiegel aufgefangene
Gas zeigte den Gehalt von 20, 5 Sauerstoffgas.
c) Eine dritte Portion, welche 24 Fuls landeinwärts vom Gestade des
Meeres und in der Höhe von 5 Fufs, aus der Atmosphäre über einer
Wiese, aufgefangen wurde, gäb den Gehalt von 20 Procent Sauer-
stoffgas zu erkennen.
Der gröfsere Gehalt an Sauerstoffgas in der Seeluft, nahe vber
dem Spiegel des Meeres, scheint offenbar eine ununterbrochene Entwicke-
lung desselben aus dem Meere zu begründen. Ob diese Gasentwickelung
«ber aus dem Meere selbst, ob aus dem häufig darin vegetirenden See-
. tang (alga marina) oder aus dem zahllosen Heere von Seesternen und
Zoophyten, welche darin sich bewegen, abhängig ist? solches wage ich
“nicht zu entscheiden. Eine direkte Prüfung mit jenen Geschöpfen veran-
staltet, würde allein vermögend sein, Licht darüber zu verbreiten. Zu
einer solchen Untersuchung mangelte es mir an der dazu nöthigen Zeit.
Chemische Prüfung der Seeluft.
5 ‘ Um zu erforschen, ‘ob die aus verschiedenen Höhen aufgefangene
Seeluft salzsauren Dunst oder auch selbst in Dünste aufgelöstes See-
salz enthalten möchte, wurden die mit jener Luft gefüllten Flaschen un-
‚ter destillirtem Wasser geöffnet, mittelst einer gläsernen Spritze der achte
Theil ihres Rauminhaltes sehr reines destillirtes Wasser hineingeleitet, und
Phys, Rlasse. 199 — ıB2r. H
58 Hermbstädt's Versuche und Bemerkun gen
nun die Flaschen, unter öfterm: Oeffnen und Verschliefsen, zehn Minuten
lang mit dem Wasser geschüttelt.
Das Fluidum: wurde hierauf in drei Gläser vertheilt und der folgen-
den Prüfung unterworfen: a
a) In die eine Portion wurde ein Streif blaues Lackmuspapier einge-
taucht, welches sehr bald geröthet wurde und nach dem Austrocknen
im: Schatten seine blaue Farbe nicht wieder annahm. Die Flüssigkeit
mufste also: eine in der Luft beständige Säure enthalten haben,
b) Zw einer zweiten Portion der Flüssigkeit wurde sehr klares Kalkwas-
ser im Uebermafs gegossen, welches eine kaum merkbare Trübung
darin erzeugte.
c) In eine dritte Portion der Flüssigkeit brachte ich einige Tropfen sal-
petersaure Silberauflösung. Zu meiner Ueberraschung sahe ich
sehr bald die Flüssigkeit sich: verdunkeln, und nach und nach die
Farbe des rothen: Weins annehmen. Erst nach 24 Stunden hatte
sich das Fluidum etwas getrübt,. und einen fast purpurrothen Satz ab-
gelagert, ohne dafs die rothe Farbe der Flüssigkeit verschwunden war.
d); Obschon: jene Experimente an einem. schattigen Orte, nämlich in ei-
nem Zimmer mit. verschlossenen Fensterladen angestellt worden waren,
so wurden sie doch an einem: ganz. dunklen Orte wiederholt, um den
färbenden Einfluß des Tageslichts vollkommen zu vermeiden; aber der
Erfolg, war ganz derselbe:
Die in der Höhe vom 16 Fufs und in der von 5 Fufs über dem
Spiegel des Meeres gesammelte Seeluft,. gab bei dieser Prüfung vollkom-
men ähnliche Resultate; doch schien die Intensität der Farbe, welche durch
die tiefer gesanimelte Luft bewirkt worden: war, merklich bedeutender zu sein.
Jene Erfolge: setzten es aulser allen Zweifel,, dafs die: hier unter-
zuchte- Seeluftz E
3) eine Juftbeständige Säure,
2) sehr wenig kohlenstoffsaures Gas,
5) ein das Silberoxyd rothfärbendes Principium, enthielt;
Erscheinungen,. die: meines: Wissens- vollig ı new und: noch: nicht früher be.
obachtet worden: sind.
Worin: bestand‘ aber jene der Seeluft inhärirende freie luftbestän-
dige Säure? war es Hydrochlorinsäure? war es schwefliche Säure,
vielleicht hyposchwefliche Säure, war es phosphorige oder hypo-
phosphorige Säure?
über.die Atmosphäre und das Wasser der Ostsee. 59
Worin bestand das die Silberauflösung rothfärbende Principium?
war es Phosphorwasserstoff? war es hydrothionsaures Gas?
dieses wage ich eben so wenig als die obigen Fragen mit Bestimmtheit zu
beantworten. Zu einer weitern Untersuchung darüber, an Ort und Stelle,
war mir keine Zeit mehr vorbehalten; ich mufs mich daher begnügen, die-
jenigen darauf aufmerksam gemacht zu haben, welche dem Meere näher
wohnen als ich, und dadurch in den Stand gesetzt sind, meine hier mit-
getheilten Erfahrungen durch eine fortgesetzte Reihe von Versuchen zu
wiederholen und weiter zu verfolgen; wozu ich alle Physiker und Che-
miker einlade, denen sich die Gelegenheit dazu darbietet,
Das Dasein jenes färbenden Princips in der Seeluft, worin solches
auch bestehen mag, bleibt auf jeden Fall sehr merkwürdig; indem sein
Einflufs auf diejenigen, welche lange auf dem Meere leben, so wie dieje-
nigen, welche natürliche Seebäder gebrauchen, in pathologischer
und therapeutischer Hinsicht nicht verkannt werden kann,
Wenn man indessen erwägt, dafs die Ostsee, ‘wie man sich jeden
Augenblick davon überzeugen kann, reichlich mit einer Anzahl von wei-
chen Seethieren begabt ist, welche darin leben und absterben; ‘wenn man
ferner die grofse Anzahl der Seefische in Betrachtung zieht, die in der
Ostsee leben; wenn man .den :eigenthümlichen Geruch in Erwägung zieht,
den einige jener Seefische, besonders die Steinbütte und die Scholle,
selbst im lebenden Zustande, exhaliren, ein Geruch der dem der Seeluft
so sehr ähnlich ist: so kann mit Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit daraus
deducirt werden, dafs jenes färbende Principium, welches der Sceluft inhä-
rirt, in Phosphorwasserstoff, so wie in Schwefelwasserstoff,
vielleicht auch in beiden, mit einander gemengt, begründet sein mag, wrel-
ches einer weitern genauern Prüfung allerdings werth sein möchte.
Meinerseils mu[s ich mich begnügen, das Dasein eines bisher-nicht
geahneten Wesens in der Seeluft dargethan zu haben, durch welches die“
Atmosphäre (des Meeres von der (des festen Landes so wesentlich un-
terschieden ist; desgen Dasein in der Meeresluft, für Seereisende und
für den Gebrauch der Seebäder, in ärztlicher Hinsicht, gleich wichtig
ist, mag jenes Wesen auch im Phosphorwasserstoff oder im EBEN
felwass erstoff begründet sein.
II. Untersuchung des Seewassers.
Das zu dieser Untersuchung bestimmte Meerwasser aus der Ost-
see wurde gleichfalls goo0o Fuls vom Gestade des Meers gefüllet. Zu dem
He
69 Hermöbstädt’s Versuche und Bemerkungen
Behuf wurden einige mit atmosphärischer Luft gefüllte und mit Korkstöp-
seln verschlossene, aufserhalb mit. Blei belastete gläserne Flaschen, deren
Stöpsel an Bindfaden befestigt waren, bis auf den Grund des Meeres hinab-
gesenkt, den ich hier 65 Fufs rheinländisch tief fand. Man zog nun die
Stöpsel mittelst der Bindfäden heraus, liels die Flaschen sich mit dem
Meerwasser anfüllen, zog sie, mit der Mündung nach oben, so schnell
wie möglich empor, und so wurden sie, gut verstopft, zur weitern Un-
tersuchung des Wassers, in meine Wohnung gebracht.
Eben so wurden einige Flaschen aus dem Spiegel des Meeres
mit dem Wasser gefüllt, um solches der Prüfung zu unterwerfen.
Ein auf den Grund des Meers hinabgesenktes und nach einigen Mi-
auten schnell herauf gezogenes Thermometer, zeigte die Temperatur von
+ 3% Grad Reaumur, während die Temperatur des Wassers vom Spiegel
des Meers 45 Grad betrug, also eine unbedeutende Differenz von $ = 3
Grad zu bemerken war; dagegen die Temperatur der Atmosphäre, im
Schatten beobachtet, + 10, 5 Grad Reaumur zeigte, Sowohl das aus dem
Grunde des Meeres als das aus dem Spiegel desselben entnommene Was-
ser war vollkommen klar, ohne die mindesie Trübung zu besitzen. Sein
Geschmack war nur mälsig salzig, etwas bilter; sein Geruch dem der See-
tuft gleichkommend.
Hydrostatische Prüfung des Meerwassers.
Sie wurde -mittelst einer sehr empfindlichen hydrostatischen Wage
veranstaltet und, unter gleichen Erfolgen, mit jedem Wasser dreimal hinter
einander wiederholt. Zur Zeit dieser Prüfung war der Barometerstand gleich-
förmig mit dem vorigen, also 28” 2"* 4'%. Die Temperatur der Atmosphäre
des Zimmers, worin die Untersuchung gemacht wurde, beirug ı3 Grad
Reaumur, die, des Wassers 12,5 Grad.
3) Eine massive gläserne Kugel, die beim Einsenken im destillirten Was-
ser 510 Gran am Gewicht verlor, erlitt beim Einsenken in’ das
Meerwasser, aus 65 Fufs Tiefe entnommen, einen Gewichtsverlust
von 518 Gran. Seine specifische Dichtigkeit verhielt sich also wie
3,0156 : 1,000. #3 r
b) In dem aus dem Spiegel des Meers geschöpften Wasser eingesenkt, ver-
lor die gläserne Kugel am Gewicht 515 Gran. Sein specifisches Ge-”
wicht verhielt sieh also zu dem des destillirten Wassers wie 1,0098 :1,000.
über die Atmosphäre und das Wasser der Ostsee. 01
Prüfung des Meerwassers mit Beagentien.
a) Ein Streifchen blaues Lackmuspapier, welches in: dem Wasser einge-
‘taucht wurde, sowohl in dem aus dem Gründe als in dem aus dom
Spiegel des Meeres entnommenen, nahm eine rothe Farbe an, welche
> sich beim Austrocknen an der Luft nicht verlor,
b) Hinzu gebrachtes klares Kalkwasser erregte darin eine schwache
Trübung.
.e) Hinzu getröpfeltes salpetersaures Silber gab anfangs einen weilsen
Träzipitat, der aber bald darauf eine rothe Farbe annahm.
Beide Wässer verhielten sich übrigens, bei dieser Untersuchung, einan-
der vollkommen: gleich.
Pneumatisch - Ehen Prüfung.
Eine mit einem Gasentbindungsrohr verbundene, doppelt tubulirte
gläserne Kugel wurde bis auf den dritten Theil ihres Volums mit dem
Meerwasser angefüllet, dessen Masse ungefähr 4 rheinländische Duode-
cimal-Kubikzoll betrug. Sie wurde in.ein Sandbad eingelegt und die Oefi-
nung des Entbindungsrohrs in einem Glase mit destillirtem Wasser einge-
taucht, welchem einige Tropfen salpetersaure Silberauflösung zu-
gesetzt waren. Kaum begann die Gasentwicklung, noch ehe die Flüssig-
keit zum Sieden kam, so färbte sich das Fluidum in der Vorlage, und nahm
"nach und nach eine sehr dunkle, dem rothen Wein ähnliche, Farbe an,
ohne eine merkliche Trübung zu erleiden.
i Das aus dem Spiegel des Meers entnommene Wasser verhielt sich
eben so, zeigte aber eine etwas schwächere Intensisät der Farbe.
Die Mündung des Gasentbindungsrohrs erschien, nach der Beendi-
gung jeder einzelnen Operation, dunkel metallisch- glänzend, wie mit re-
3 ducirtem, aber angelaufenen Silber belegt.
ki '; Aus den Resultaten jener Arbeiten geht also sehr deutlich hervor,
dafs das färbende Principium, welches in der Seeluft enthalten ist, sich auch
schon imı Meerwasser gegenwärtig findet,. folglich aus diesem exhalirt und
‚in den Dunstkreis übergeführt wird, Auch entsteht selbiges nicht etwa blols
‚auf der Oberfläche des Meeres, sondern es findet sich im Grunde desselben
wenigstens in der Tiefe von 63 Fufs vorhanden, und zwar, wie es scheint,
zeichlicher als im Spiegel. i
Es wurde aufs neue eine Portion des Meerwassers einer solchen pneuma-
tischen Destillation: unterworfen, das sich entwickelnde Gas aber in reines de=
stillirtes Wasser geleitet, um nach Möglichkeit davon eingesaugt zu werden;
_
62 Hermbstädt's Versuche u. Bemnerk. ü. d. Almosphäreete.
zu welchem Behuf ich nach und nach das sich entbindende Gas aus eo Kubik-
zollen des Meerwassers, in einen eben so grofsen Umfang von destillir-
tem Wasser eintreten liefs. z
Ein Theil jener Flüssigkeit mit blauem Lackmuspapier in Be-
rührung gebracht, röthete dasselbe merklich und die Röthe blieb, nach
dem Austrocknen, konstant.
Ein andrer Theil der Flüssigkeit wurde mit De ee Sil-
berauflösung in Verbindung gesetzt, da denn augenblicklich, erst eine
gelbbraune Farbe hervorkam, die nach und nach in eine dunkelrothe Wein-
farbe überging. |
In der gefärbten Flüssigkeit zeigte sich, nach 24 Stunden, eine schwa-
che Trübung, ohne dafs ein merkbarer Niederschlag wahrgenommen werden
konnte. 2
Jene einfache Entdeckung gewährt unstreitig eine ganz neue Ansicht
von der Natur des Meerwassers und der Atmosphäre des Meers,
die für den Physiker und für den Arzt gleich wichtig ist.
Meine Beobachtungen beziehen sich freilich allein auf den Zustand des
Meeres und der Atmosphäre der Ostsee am heiligen Damm, 9000°
Fufs vom Gestade entfernt; es ist aber sehr wahrscheinlich, dafs man sie
in grölserer Eutfernung vom Lande und in gröfserer Tiefe, so wie in ver-'
schiedenen Regionen des Dunstkreises über dem Meere, gleichfalls be-
stätigt finden wird, -
Eben so steht zu erwarten, dafs bei einer ähnlichen Prüfung des:
Wassers und des Dunstkreises des Nordmeers, sich gleiche Resul-
tate darbieten werden. Jch mufs daher wünschen, dafs alle diejenigen,
welche Gelegenheit dazu haben, meine Arbeiten in verschiedenen Gegen-
den wiederholen, und die Resultate ihrer Beobachtungen bekannt machen
mögen.
Hätte 'es meine Zeit gestattet, mich länger an der Ostsee verwei-
len zu können, so würde ich meine Untersuchung über diesen Gegenstand
selbst weiter verfolgt, und meine Aufmerksamkeit auf die genauere Bestim-
mung der Natur des das Silber färbenden Stoffes, den ich immer mehr für
Phosphorwass erstoff anzuerkennen geneigt bin, gerichtet haben, worauf
ich dieses Mal verzicht leisten mulfste. -
Chemische Zergliederung des Wassers aus dem todten Meere,
des aus dem Jordan, des bituminösen Kalks und eines andern
Fossils, aus der Nachbarschaft des todten Meers.
Von Herm S. F. HernmssTaeDr *)
Einleitung.
$. ı. D.: sogenannte todte Meer besteht in einem grolsen Landsee
in der zum türkischen Reiche in Asien gehörigen Provinz Syrien
ohnweit Jerusalem gelegen. Nach der Angabe einiger Naturforscher,
welche den Orient bereiset haben, ist jener See eilf, nach andern funf-
zehn geographische Meilen lang, in. der Mitte drei bis vier Meilen breit,,
und sein Umfang beträgt sechs. Tagereisen,
$. 2. Das todte Meer erstreckt sich von Norden: nach Süden,
zwischen hohen Bergen, deren Boden,. wahrscheinlich blofs nach: einer Ver-
muthung, aus einem Lager von Thon und Salz. bestehen soll, unter wel-
chem sich tiefer, ein Lager vonzähem, schwarzem, stinkendem Erd pech
befindet.
$. 5. Die Pflanzen, welche sich in der Umgebung des todtem Mee-
res befinden, sind bloß die sogenannten Kalikräuter.. Einige Stunden:
vom: südlichen: Ende entfernt, soll jener See so seichte sein, dafs: man: hin--
_ durchwaten kanm.
in
$. 4. -Das Wasser des todten Meeres ist überall klar und: dürch-.
sichtig, aber überaus scharfsalzig. und bitter von Geschmack... Am östli-
' chen Ufer desselben legt sich das Salz: in: zwölf Zoll: dicken‘ Lagen: an,, so
>) Vorgelesen den: 13, December ı32r,-
64 ' Hermbstädt’s
wie man alle in der Nachbarschaft befindliche Steine, ähnlich denen in der
Nachbarschaft der Gradirwerke, mit Salz durchdrungen findet. Die un-
sichtbare Ausdünstung des Wassers und die Beladung seiner Dünste mit
Salztheilen *) soll so grofs sein, dafs die Kleider der in jenen Gegenden
Reisenden nicht nur befeuchtet, sondern selbst mit Salz inkrustirt werden.
$. 5. Von Zeit zu Zeit erheben sich Dampfsäulen aus dem tod-
ten Meere empor. In ihm ist keine Vegetation von Pflanzen, kein
Leben von Fischen möglich; nur, ein kleiner Krebs lebt darin. Sein
‚ reicher Gehalt an darin. gelösten Salztheilen, giebt ihm einen so hohen
Grad der specifiken Dichtigkeit, dafs Lasten davon getragen werden, welche
im Ocean zu Boden sinken würden.
6.6. Jene von der Masse der darin gelösten Salztheile. auhöeige
srofse Dichtigkeit des Wassers des todten Meeres, macht es daher
auch unmöglich, dafs der Mensch darin untersinken kann: denn, wenn
dessen specifische Dichtigkeit, -nach' den Resultaten meiner eigenen damit
angestellten und weiterhin zu erörternden Prüfung jenes Wassers, sich zum
reinen Wasser verhält wie 1,240: 1,0005 der menschliche Körper hingegen.
in seiner specifischen Dichtigkeit sich verhält zum sülsen Wasser, (un-
gefähr‘) wie 0,900 : 1,000; so gelit daraus hervor, dafs er von dem Was-
ser des todten Meers getragen werden muls, ohne darin untersinken zu
können, Diese gröfsere specilische Dichtigkeit des Wassers aus dem tod-
ten Meere, macht es daher auch unmöglich, dals die Ufer desselben
eben so leicht von den Wellen bespühlet werden können, als änderwärts,
$.7. Aus der Tiefe des todten Meers soll Asphalt (ein Erd:
pech, das nach dem Lande Judäa, welches jenes Meer in sich schliefst,
Judenpech genannt wird), durch die unterirdische Hitze geschmolzen,
von Zeit zu Zeit, in Jiquider Gestalt, über den Spiesel des Wassers em-
por-
*) Das Fortreifsen von Salztheilen des ausdünstenden Meerwassers; scheint elwas der Natur der Sach
widersprechendes zu enthalten; es ist aber durch die Erfahrung begründet. Diese Verflüchtigung
von 'Salztheilen geht so weit, dafs man sie bei Gradirwerken auf 25 bis 50 Procent schätzt. Die
wahrscheinliche Ursache davon habe ich in einer andern Abhandlung (Observations sur une me&-
thode d’evaporation spontande de l’eau des puits salans, ä la temperature de latmosphere, et re-
cherches sur les causes physiques qui conconrent pour produire cette @vaporalion, In den Memoi-
res de l’Academie royale etc. MDCCCHI, Berlin MDCCCV, pag, gı ete.) erörtert. Einen fernern
Beweis davon liefert meine Abhandlung über die Verdunstung sogenannter feuerbeständiger
Körper. In den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften, aus den Jahren
1814 und 5, Berlin 1818, S, 63, etc. \
chem. Zergliederung des Wassers aus dem todten Meere. 65
porsteigen, an dessen Oberfläche hingegen, wegen der Kälte des Wassers,
' erhärten, und zwar in Stücken, die grofs genug sind, um ein Kameel da-
mit zu belasten, ein Auswurf des Asphalts, der (nach Seetzen) jedoch
nur in stürmischen Jahreszeiten erfolgen soll.
6. 8. Jenes von dem todten Meere ausgeworfene Asphalt ist‘
locker und poröse, und darf nicht mit einem ähnlichen gröbern verwech-
selt werden, welches, wenige Schritte vom Ufer des Sees entfernt, aus
der Erde gegraben wird,. woselbst solches mit Salz und erdigen Thei-
len gemengt vorkommt. Diese zweite gröbere Art des Asphalts, welche
dort Anotanon genannt wird, scheint die ganze Nordküste des tod-
ten Meers zu umgeben.
6. 9. Es ist wahrscheinlich, dafs das ganz ächte Asphalt, näm-
lich dasjenige, welches vom todten Meere ausgeworfen wird, nur sel-
ten in den-europäischen Handel kommt; denn das, was man unter dem
Namen des Asphalts in Europa erhält, ist von. gröberer Beschaffen-
heit und scheint der: zweiten Art anzugchören, obgleich das Asphalt einen
wichtigen Gegenstand des Orients für den ‚europäischen Handel ausmacht.
$. 10. Im Orient macht man von dem Asphalt einen ziemlich
ausgedehnten Gehrauch, theils als Gegenstand der Arzneikunst, theils
"zum Einbalsamiren der Leichen, theils zum Färben -der Wolle. In
Europa wird solches theils in der Arzneikunst, theils als Material zu
einem dauerhaften Lack firnis verwendet.
$. 11. Aufser dem Asphalt findet sich in der Nachbarschaft des
todten Meers ein mit Bitumen durchdrungener Kalkstein, der, wenn
er gerieben oder erwärmt wird, einen'dem Asphalt ähnlichen Geruch
exhalirt, im Feuer @ntzündlich ist und sich unter dem Glühen verkohlt,
‚ohne mit Flamme zu verbrennen. Man nennt ihn sodomitischen Stein,
auch Mosestein. Im Orient wird derselbe als eine Mysterie betrach-
tet, und von den ältesten Zeiten her zu allerlei Gegenständen verarbeitet,
als KRosenkränzen, Amuletten u. s. w., die vorzüglich zu Jerusalem
daraus verfertiget werden und für den Orient einen wichtigen Gegenstand
des Handels ausmachen, welcher in ganzen Schiffsladungen nach dem °
Occident versendet wird. Ein grofser Theil der Amulette, welche in
den Catacomben zu Saccara gefunden worden sind, soll aus jenem bi-
tuminösen Kalk verfertigt sein.
Plıys, Klasse. 1820-1901. I
66 Hermbstädt’s
% ı2. Das todte Meer hat keinen Abfluf:, "aber es nimmt das
Wasser aus dem Jordan, dem Hauptflufs von Palästina, in’ sich auf,
von welchem aber wahrscheinlich der gröfsere Theil, durch den Weg der
Ausdünstung , wieder entweicht.
$. 13. Der biblischen Geschichte zufolge sollen auf dem Grunde des
todten Meeres vormals das Thal Siddim, so wie die Städte Sodom
und Gomorra, existirt haben, welche (siehe 1, Buch Mose, ı9. Capitel,
24, 25 und 28. Vers) durch einen vom Himmel herabgefallensn Schwefel-
und Feuerregen, nach Strabon’s Ansicht hingegen, durch ein heftiges
mit Feuerausbrüchen begleitetes Erdbeben, vertilgt worden sind, wo-
durch jener See gebildet worden ist, den wir das todte Meer nennen,
welcher aber von den dortigen: Bewohnern Baharet-Luth, d.i. Loths-
Meer, genannt wird.
$. 14. Es würde so interessant als wichtig gewesen sein, wenn die-
jenigen: Reisenden im Orient, welche das todte Meer besucht haben,
mit Instrumenten. versehen: gewesen: wären,. um: die: Temperatur des Was-
sers in: verschiedenen Tiefen desselben, und ihr Verhältnifs zu der des Dunst-
kreises, erforschen .zu können.. Es würde nicht weniger interessant gewesen
sein, die gröfste Tiefe des todten Meeres am verschiedenen Stellen des
selben, mittelst des Senkbleis, auszumitteln:; denn es würde ihnen dann
zugleich möglich gewesen sein,. die specifische Dichtigkeit jenes salzreichen
Wässers, aus verschiedenen: Tiefen: entnommen,. zw begründen.
G. 15. Ist es gegründer, dafs: das Asphalt vormals als ein liqui-
des Erdharz aus dem Grunde des todten Meers emporstieg, noch jetzt
von. Zeit. zu Zeit emporsteigt und erst auf der Oberfläche des Wassers er-
härtet?‘ so: würde dieses eine fortdauernde unterirdische Ausbratung jenes
Bitumens: vermuthen: Jassen,. welche,. wenigstens in einer grofsen Tiefe des -
Meers; einem merklich: hohen: Grad’ der Temperatur voraussetzen liefse,. die
sich: freilich: mit der niedern: Temperatur,, welche das Wasser am Spiegel
des Sees besitzen: soll,. nicht wohl zusammenreimen lalst. _
$.. 16: Eine physische Untersuchung des todten Meers, aus dem
eben genannten. Gesichtspunkte: veranstaltet,. würde über dasjenige, was auf
dem Grunde desselben: vorgeht, so wie über die wahrscheinliche Bildung
des Asphalts,. in naturwissenschaftlicher Hinsicht, viel Licht verbreitet
haben! Hierüber findet man: aber nirgends eine Nachweisung.. .
chem. Zergliederung des Wassers aus demtodten Meere. 67
$. ı7. Istes in der Wahrheit begründet, dafs das Asphalt in i-
quider Form aus dem Grunde des todten Meeres emporsteige, sei es
auch nur aus einzelnen auf seinem Grunde befindlichen Quellen: dann mußs
ohne Zweifel auch ein Theil desselben, in Gestalt eines bituminösen
Oels, ähnlich dem der Naphtaquellen in Persien, entwickelt wer-
den. Aber in diesem Fall dürfte man erwarten,- dafs das Wasser des tod.-
ten Meers, wenigstens durch Geruch und Geschmack, das Dasein ei-
nes bituminösen Wesens in demselben, verrathen müfste.
$. 18. Dagegen behaupten alle Reisende, welche das todte Meer
besucht und Wasser aus demselben mit nach Europa gebracht haben, ein-
stimmig: sein Wasser sei klar, völlig geruchlos, aber mit einem sehr schar-
fen bittersalzigen Geschmack begabt. Eben dieses bezeugen auch alle die-
jenigen, welche das mitgebrachte Wasser chemisch zu untersuchen Gele-
genheit gehabt haben; wie.solches auch durch die weiterhin zu erörternde,
von mir selbst damit angestellie Untersuchung jenes Wassers, begründet wor-
den ist.
$. 19. , Aus dem Grunde glaube ich es bezweifeln zu müssen, dals
das Asphalt, da wo solches im todten Meer vorkommt, in liquider
Form aus dem Grunde desselben emporsteigt und erst am Spiegel erhär-
tet; ich stelle mir vielmehr als wahrscheinlicher vor, dafs selbiges, ähn-
lich den Lagern des Bernsteins, auf dem Grunde des todten Meers,
ein eignes Lager bildet, aus dem von Zeit zu Zeit, besonders bei stürmi-
scher Witterung, kleinere oder grölsere Massen losgerissen werden, die,
vermöge der geringen specifischen Dichtigkeit desselben, gegen die des
Wassers, als schwimmmende Massen auf dessen Oberfläche emporsteigen und
so schwimmend über derselben gefunden werden.
$. 20. Alle diejenigen, welche Reisen nach dem Orient gemacht
k und das todte Meer besucht haben, stimmen darin überein, dafs dessen
Wasser, rücksichtlich seiner specifischen Dichtigkeit und seiner Salzigkeit,
von dem Wasser des Oceans bedeutend abweicht; welches auch, rück-
sichtlich seiner Bestandtheile, so wie ihrer Qualität und Quantität, durch
verschiedene Chemiker bestätigt wird, welche während einer Reihe yon
44 Jahren, dasselbe zu zergliedern Gelegenheit gehabt haben.
Chemische Geschichte des Wassers aus dem todten Meere.
$. 21. Bevor ich die Resultate der neuern mit dem Wasser aus dem
- todten Meere von mir aelbst angestellten chemischen Zergliederungen
1 3
68 „ir ,Hermbstädt’s
mittheile, sei es mir erlaubt, als Beitrag zur chemischen Geschichte die-
ses merkwürdigen Wassers, dasjenige in einem kurzen Abrifs hier zu erör-
tern, was durch frühere Analysen desselben, über seine Grundmischung
bekannt worden ist. r
x
$. 22. Die ersten Chemiker, welche sieh mit einer Analyse dieses
Wassers zu beschäftigen Gelegenheit fanden, waren ohnstreitig die Herren
Macquer, Lavoisier und Sage*). Das zu ihrer Untersuchung bestimmte
Wasser war durch den Chevalier Tolds an Herrn Guettard eingesendet
worden. Als Resultat ihrer Arbeiten ergab sich die specifische Dich-
tigkeit desselben, gegen destillirtes Wasser verglichen, wie 1,240:1,000
und an nähern Bestandtheilen fanden sich, in hundert Gewichtstheilen die-
ses Wassers:
Chlornatronium (Kochsalz) .. ; . . 6,250
Chlorkalcium (salzsaurer Kalk) Era R 16,539
Chlormagnium (salzsaure Talkerde) . ” 21,786
Wassertheile . 3 ü = & R x 55,605
; 100,00,
'$ 03. Eine zweite Analyse des Wassers aus dem todten Meer,
würde durch den Doctor‘ Alexander Marcet *) in Verbindung mit Herrn
Tennant angestellt. Sie erhielten das dazu bestimmte Wasser durch den
Baronet Sir Joseph Banks, dem selbiges durch Herrn Jordan aus Tunis
mitgetheilt worden war, der, bei Gelegenheit seiner Reise nach dem Orient,
jenes Wasser aus dem todten Meere selbst entnommen hatte.
Herr Marcet fand die ‚specifische Dichtigkeit des gedachten Was-
sers 1,211 und an nähern Bestandtheilen-ergaben sich, in hundert Gewichts-
theilen desselben.
a) Bei aı2 Grad Fahrenheit ausg etrocknet:
Chlornatronium N p ® F R # 10,672
Chlorkalcium . r + ? ; f 5 3,792 5
Chlormagnium . Fe £ E { 10,100
Schwefelsaurer Kalk . u - P ä 0,136
Wassertheile . - . Ne . ; 75,300
= 100,00,
”) Analyse de l’eau du Tac — asphaltite, In den Mömoires de Y’Acadsmie Royale des Sciences de
Paris. An, 1778. pag. 69 etc.
**) Philosophical Transactions 1807, G; I. Nicholsen’s Journal of Philosophy, XX. pag, 25 eıc,
—
”-
chem. Lergliederung des Wassers aus dem todten Meere: 69
b) Bei der Rothglühhitze ansBEhTörknstz
Chlornatroniun ; ‘ “ » 10,672
Chlorkalcium '. . 5 R 5 ; ö 6,126
Chlormagnium ? 2 R EC, : 19423
Schwefelsaurer Kalk i A ? } F 0,156
Wassertheile » N ’ ieh 63,643
100,00,
Jene ER die Herren Marcet und Tennant angestellte Zerglıc-
derung bietet einige Widersprüche in den Resultaten dar: denn es ist um-
begreiflich, wie das Chlornatron und der schwefelsaure Kalk, in
der Rothglühhitze ausgetrocknet, noch eben so viel betragen können, als
da sie bei der Temperatur. des siedenden Wassers ausgetrocknet 'wor-
den waren. Es kann daher weder das eine noch das andere Resultat
das richtige sein.
$.24. Eine dritte Zergliederung des Wassers aus dem to dten Meer
„hat unser verstorbene achtungswürdige College Klaproth *) veranstaltet;
wozu derselbe das Wasser von dem zu Palermo verstorbenen Doctor
William Thompson erhielt. Jenes Wasser hatte der Abbe Mariti aus
dem Orient mitgebracht, von ihm kam solches an den Doctor Targioni
Tozetti, der es dem Doctor Thompson mittheilte,
Herr Klaproth fand die specifische' Dichtigkeit des von ihm un-
tersuchten Wassers 1,245, also grölser als sie irgend einer der früher ge-
dachten Analytiker gefunden hatte. In der Flasche, welche,das Wasser
enthielt, fand sich am Boden derselben ein einzelner kubischer Krystall,
‚der ‚späterhin ‚wieder verschwand. Uebrigens war das Wasser völlig far-
benlos, sehr klar, scharf und bitter von Geschmack. Die damit angestellte
chemische Analyse von hundert Gewichtstheilen dieses Wassers, gab Herrn
Klaproth an Bestandtheilen in selbigem zu SENSE,
Chlornatronium - . ; . , . 7,89
Chlorkalcium . r AR y R ee rte;
Chlormagnium » " A ? : : 24,20
Wassertheile . , . - Siälaf je 5 57,40
h 100,00,
*) Magazin der Gesellschaft naturforschender Freunde ia Berlin, 3. Jahrgang $, 159 etc,
70 ® Hermbstädt’s
$. 25. Eine vierte Analyse des Wassers aus demtodten Meere,
hat Herr Gay-Lussac*) geliefert. Das dazu bestimmte Wasser war durch
den Grafen von Forbin von seiner Reise nach dem Orient mitgebracht
worden. Herr G ay-Lussac erhielt es in einer Flasche von verzinntem
Eisenblech eingeschlossen. Dasselbe hatte weder einen bituminösen noch
sonst einen üblen Geruch. Es war etwas trübe, klärte sich aber sehr bald
‚völlig auf. Herr Bosc, dem er es mittheilte, konnte auf keine Weise
Spuren von Infusorien darin wahrnehmen. Jenes Wasser besa/s einen
sehr scharfen, salzigen und bittern Geschmack. Sein specifikes Ge-
wicht verhielt sich zu der des destillirten Wassers, bei ı7 Grad der
Centesimalskale (= 15? Grad Reaumur) wie 1,228:1,000. Einer Tem-
peratur von Minus 7 Grad.der Centesimalskale ausgesetzt (= 53 Grad
Reaumur), schied sich kein Salz aus. Hundert Gewichtstheile des gedach-
ten Wassers, welche so weit abgedunstet wurden ‚ dafs sich Dünste von
Hydrochlorinsäure zu entwickeln bngannen, gab 26, 24 trocknen Rück-
stand, der, wie ‚dessen Zergliederung lehrte, aus folgenden Bestandtheilen
zusammengesetzt war:
Chlornatronium 2 e. . & s x 6,95
Chlorkalcium . 2 $ ; : ; ; 2,98 .
‚Chlormagnium . ! 3 x Erslharr r 15,31
Wassertheilen . z 2 r j 2 5 73,76
100,00.
Aufser diesen Bestandtheilen, elanbe- Herr Gay-Lussac noch Spuren von
Chlorkalium und schwefelsauren Kalk in jenem Wasser wahrge-
nommen zu haben.
$. 26. Als Herr Gay-Lussac ein Saussursches Haar -Hygro-
meter in eine Atmosphäre brachte, welche, unter einer, gläsernen Glocke,
mit jenem Wasser in Berührung stand, zeigte solches 82 Grad. Die Luft
hatte also nur zwei Drittheil so viel Feuchtigkeit daraus angenommen, äls
sie, über reinem Wasser gesperrt, angenommen haben würde: Herr Gay-
Lussac zieht daraus den Schlußs: dafs die Atmosphäre nur dann dem Was-
ser des todten Meers Feuchtigkeit entziehen könne, wenn das Maals ihrer
eignen Feuchtigkeit unter 82 Grad bsträgt; dagegen selbige, wenn ihr Ge-
halt an Feuchtigkeit gröfser ist, einen Theil derselben an das Wasser des
=) Analyse de l’eau de Ja Meer morte, In den Annales de chimie et’dePhysique. Tom, XI. pag. ıg5etc. _
chem. Zergliederung des Wassers aus dem todten Meere. nı
todten'Meers abzulagern, vermögend. sei; ‚aus-welchem Grunde die Ufer
des todten Meers' stets mit einer trocknen Atmosphäre bedeckt. sein
müfsten, Er hält es ferner für sehr wahrscheinlich, dals das todte Meer,
rücksichtlich seiner Salzigkeit, einen gewissen festen Punkt behauptet, der
von: der jedesmaligen Feuchtigkeit der Luft und ihrer Temperatur, abhän-
gig ist, welches sich näher würde bestimmen lassen, wenn der mittlere
Stand des Hygrometers über dem Spiegel des todten Meers bekannt
wäre.
6.27. Die Resultate jener verschiedenen Analysen, welche mit dem Was-
ser aus deni todten Meere angestellt worden sind, weichen bedeutend von einan-
derab. Wenn man indessen'erwägt, dafs die Salzigkeit des Wassers ohnfehlbar
nicht an.allen Stellen immer gleich grofs ist; dals auch die Reisenden,
welche das Wasser aus dem todten Meere geschöpft haben, solches nicht
immer gleich weit vom Ufer entfernt entnahmen, auch nicht immer aus
einerlei Tiefe; endlich, dafs die Salzigkeit desselben um so gröfser sein mufs,
je weiter entfernt-vom einströmenden meist süfsen Wasser aus dem Jordan,
das Wasser aus dem todten Meere geschöpft wird: so erklärt sich daraus
‘sehr gut der Unterschied der specifischen Dichtigkeit,. welche die verschie-
denen Analytiker des:elben daran beobachtet haben; und eben so einfach
erklärt sich daraus dann auch die Differenz im quantitativen Verhältnifs sei-
ner festen Bestandtheile, die man. darin: gefunden hat..
Erste Abtheilung.
Neue Analyse des Wassers aus dem todten Meere:.
. Vom: Verfasser.
- & 28.. Der Königl. Kammerherr, Herr Graf’ von Sack, hat auf der
von: ihm unternommenen. wissenschaftlichen' Reise nach dem Orient, in
den Jahren 1818 und ı9, auch die Gegend: des todten Meeres besucht,.
und, zum Besten der Wissenschaft,. diese Gelegenheit benutzt,. zwei Fla-
schen voll vom dem: Wasser aus dem: todtem Meere,. eine Flasche voll’
von dem Wasser aus: dem Jordan, ein Stück des: sich: dort vorfindenden'
bituminösen Kalks,. und eim anderes: Fossil: mit nach‘ Europa: zu
bringen „. welches aus dem Wasser des todten: Meers: entnommen: ist.
Jene: Gegenstände sind. mir zw: Theil’ geworden, um: sie: der chemischen Zer--
az >
„2 RN Hermbstädt’s
gliederung zu unterwerfen, und es gereicht mir zum Vergnügen, hier die
Kesultate meiner damit angestellten’ Zergliederung mittheilen zu können.
Ich beginne zuerst mit der Untersuchung des Wassers aus dem todten
Meere. - >
$. 29. Das mir zur Untersuchung übergebene Wasser aus dem tod-
ten Meere befand sich in zwei Flaschen von grünem Glase, mit Korkstöp-
seln ‚wohl verschlossen und verpicht. Das Wasser wog, zusammen genom-
men, 5 Pfund ı5 Loth. Beide Flaschen waren am 30. September ıg19 aus
dem todten Meere mit Wasser gefüllt worden, und zwar in einer Ent-
fernung von circa 10000 Fuls vom Einflufs des Jordans in südöstlicher
Richtung. Die eine war nahe am Ufer gefüllt worden, die. zweite
etwa 90 Fufs vom Ufer entfernt, indem man Jemanden zu Pferde so weit
tineinreiten liefs. Das Wasser, des todten Meers fand der Herr Graf
von Sack so klar und durchsichtig, dafs man; ‘nahe anı Ufer, die Steine
auf dem Grunde desselben wahrnehmen konnte, ”
A. Physische Eigenschaften des Wassers.
a) Das Wasser war in beiden Flaschen völlig klar und durchsichtig. In
der einen Flasche schwammen einige Flocken, ohne das Wasser zu trü-
ben; sie bestanden blofs in etwas abgelöstem Kork von dem Stöpsel.
Beim Eröffnen der Flaschen ‚zeigte sich die nach Innen zu gerichtete
Fläche der Korkstöpsel schwarzgrau, welches auf das Dasein von Ei-
sen schliefsen liels. ‚
b) Das Wasser war in beiden Flaschen völlig geruchlos.
c) Sein Geschmack war überaus scharf, salzig und bitter.
1) Seine specifische Dichtigkeit fand ich, bei einer dreimal hinter einan-
der wiederholten Abwägung, bei 12, 5 Grad Reaumur, gegen destil-
'lirtes Wasser verglichen, wie 1,240:1,000. Das Wasser aus beiden
Flaschen verhielt sich darin völlig gleich.
B. Prüfung mit Reagentien. {
$. 50. Die Prüfung des gedachten Wassers mit Reagentien bot
mir Erscheinungen dar, die mancherlei andre Bestandtheile darin vermuthen
liefsen, als bisher därin' beobachtet worden sind, wie Si die folgen-
den Beispiele näher begründen.
a) Ein Streif blaues Lackmuspapier, der hineingelegt er „nahm
darin nach kurzer Zeit eine rothe Farbe an, die nach dem Austrock-
2 ‚nen
chem. Zergliederung des Wassers aus dem todten Meere. 75
nen desselben konstant blieb. Eben so wurde das Lackmuspapier ge-
röthet, wenn ich ein Glas damit bedeckte, welches halb mit dem
Wasser gefüllt war, und das Glas erhitzte. Beides gab also den Be-
weis vom Dasein einer freien Säure in dem Wasser,
b) Reine krystallisirte Gallussäure brachte anfangs keine Veränderung
im Wasser hervor; nach-24 Stunden hatte die Flüssigkeit eine roth-
blaue Farbe angenommen. Uebersäuertes gallussaures Ammoniak
‚erzeugte im Wasser auf der- Stelle eine violette Farbe.
e) Bernsteinsaures Natron brachte anfangs keine Veränderung im
Wasser hervor; nach 24 Stunden hatte sich aber ein braungelber Nie-
derschlag gebildet, der-jedoch nur unbedeutend war.
d) Sowohl Barytwasser als salpetersaurer Baryt erzeugte im Was-
ser eine starke Trübung; es fiel schwefelsaurer Baryt zu Boden.
€) Eine koncentrirte Lösung von. neutralem hydrochlorinsaurem Pla-
tin, erzeugte in jenem Wasser sehr bald kleine rothe krystallinische
Körner,
f) Reine Aetzkalilösung erzeugte einen starken Niederschlag, der durch
mehr zugesetztes destillirtes Wasser nicht wieder gelöst wurde,
- 8. z1. Jene Erfolge sind um so auffallender, indem
a) Das Dasein einer freien, bei der Temperatur des Dunstkreises nicht
flüchtigen Säure;
b) Das Dasein eines Eisensalzes, welches auch durch
"e) begründet wurde; |
&) Das Dasein eines schwefelsauren Salzes;
e) Das Dasein eines kalihaltigen Salzes andeutet;
Materien, welche durch frühere Analytiker in jenem Wasser entweder gar
nicht beobachtet, oder doch nur als möglich darin angedeutet worden sind.
C. Zergliederung des Wassers.
$. 32. Um die qualitativ ausgemittelten Bestandtheile des Wassers
nun-auch quantitativ zu bestimmeu, wurden 40co Gran desselben genau
abgewogen und, in eine Retorte von grünem Glase eingeschlossen, der Destil-
lation über Lampenfeuer unterworfen, und so lange fortgesetzt, bis die
'Salzmasse in der Retorte zur Trockne gekommen war, ohne zu schmel-
zen. Das erhaltene Destillat war klar, durchsichtig und fast geschmacklos.
Es röthete aber das blaue Lackmuspapier, und bildete, mit schwefelsaurem
Phys. Klasse, 1820 — 1921. K.
x
74 Hermbstädt's
Silber, so wie mit essigsaurem Blei versetzt, sichtbare Wolken, wo-
durch das Dasein der freien Hydrochlorinsäure darin 'aufser Zweifel
gesetzt wurde. f
a) Bestimmung der Hydrochlorinsäure.
$. 35. Die Vorlage wurde nun mit einer andern vertauscht, die
Retorte in ein Sandbad gelegt, nun mit Kohlen gefeuert und der Rück-
stand in der Retorte bis zum anfangenden Glühen destillirt. Es ging noch
eine bedentende Portion Flüssigkeit in die Vorlage über, die sowohl auf
Lackmus als auf die Zunge stark sauer reagirte. Die sämmtliche- von .
der ersten und der zweiten Destillation erhaltene saure Flüssigkeit, wurde
mit Aetzammoniak übersetzt, dann in einer Schale zum Trocknen ab-
gedunstet, der trockne Rückstand in ein abgewogenes Barometerrohr
eingeschlossen, das an seinem einen Ende in eine Spitze ausgezogen war,
und so der Sublimation unterworfen. Nach beendigter Operation fanden
sich in dem Rohr 36, 60 Gran Chlorammoniak sublimirt. Da 'nun
hundert Theile dieser Verbindung aus 61,49 Chlorine und zı, 5ı Ammo-
niak zusammengesetzt sind, und hundert Theile Hydrochlorinsäure,
im trocknen Zustande, aus 97 Chlorine und z Theilen Wasserstoff be-
stehen: so folgt hieraus, dafs in den angewendeten 4000 Gewichtstheilen
des untersuchten Wassers 22, 505 freie Chlorine oder 25, 105 freie Hy-
drochlorinsäure enthalten gewesen sind.
Der trockne Rückstand in der Retorte, im geglühten Zustande, wog
genau ııcı Gran; folglich hatte die Wälsrigkeit mit Inbegriff.der freien
Säure betragen 29875, und nach Abzug der 25, 105 Gran freier Säure,
2855 Theile.
$- 54. Der Rückstand in der Retorte wurde mit destillirtem Was-
ser gelöst, welches ihn vollkommen aufnahm, ohne einen Rückstand übrig
zu lassen. Die Lösung zeigte.sich völlig neutral, ohne eine Spur von
freier Säure zu enthalten: ein Beweis, dafs alle freie Säure verflüch-
tigt worden war, Dals jeneSäure frei mit dem Wasser verbunden war, dafs
solche nicht durch Zersetzung eines vorhandenen erdigen Chlorinsalzes in
der Glühhitze geschieden wurde, ergiebt sich einerseits aus der sauern
Reagenz des frischen Wassers, anderseits aber daraus, dafs der geglühete
Rückstand sich vollkommen im Wasser löste, ohne einen nicht gelösten
Rest übrig zu lassen. &
chem. Zergliederung des Wassers aus ni todten Meere. 75
$. 35. Herr Gay- Lübsay bemerkt in seiner Abhandlung (a. a. O.
pag. 197), dafs er die Salamasse des Wassers aus dem todten Meere so
weit &etrocknet habe, dafs sich Säure zu entwickeln begann. Er hat also
gleichfalls das Dasein der freien Säure in jenem Wasser wahrgenommen,
scheint aber zu glauben, sie sei während dem Austrocknen durch die Zer-
setzung eines der vorhandenen Salze ausgeschieden worden; welches aber,
aus den oben erörterten Gründen, durchaus nicht der Fall sein kann. Eine
. Prüfung des untersuchten Wassers mit Reagentien, welche nicht veranstal-
tet zu sein scheint, würde das Gegentheil jener Meinung begründet haben.
b) Zergliederung der trocknen Salzmasse.
$. 56. Die gesammte klare Lösung der trocknen Salzmasse wurde
in einer Retorte von Platin zum Verdunsten gebracht, so weit solches
bei einer Temperatur, die den Siedpunkt des Wassers nicht merklich über-
stieg, möglich war. -
Der Rückstand wurde mit seinem sechsfachen Cara Alkohol
übergossen, der go Procent nach der Tralles’schen Skale enthielt, die
Vorlage angekittet und die Flüssigkeit über einer Lampe zum Sieden er-
hitzt und:ıo Minuten lang darin erhalten. .Nach dem Erkalten wurde die
Flüssigkeit abgegossen, neuer Alkohol zu dem Rückstande gegeben, und
diese Operation noch zwei Mal wiederholt. Was der Alkohol bei der drei-
maligen Extraktion nicht aufgenommen hatte, wurde bis zur anfangenden
Rothglühhitze ausgetrocknet. Der trockne Rückstand wog 285 Gran,
Er wurde mit seinem achtfachen Gewicht kaltem destillirten Wasser
gelöst, wobei ein kleiner Ueberrest ungelöst zurück blieb, der, ausgesülst,
getrocknet und ausgeglüht 4 Gran wog, und sich ganz wie schwefel-
saurer Kalk verhielt.
Die filtrirte Lösung wurde in drei gleiche Theile zertheilt, Der eine
wurde mit halbkohlestoffsaurem Natron versetzt, welches keine Trü-
bung darin veranlalste; es war also weder Gyps, noch ein andere Salz
_ mit erdförmiger Basis darin vorhanden.
Um zu versuchen, ob schwefelsaures Natron darin vorhanden
sei? wurde, die Flüssigkeit mit reiner Hydrochlorinsäure angesäuert,
und nun hydrochlorinsaurer Baryt hinzu ‚getröpfelt. Es bildete sich
ein bedeutender 'Niederschlag. Als beim fernern Zutröpfeln nichts mehr
gefället wurde, und die Flüssigkeit sich geklärt hatte, wurde sie behutsam
i Ka
76 | enL ‚Hermbstädt's
abgegossen, der gebildete Präzipitat mit Wasser vollkommen ausgesüfst, ge-
trocknet und ausgeglüht; er wog jetzt 55 Gran und verhielt sich wie
schwefelsaurer Baryt. I
Da aber ı00 Theile schwefelsaurer Baryt, im geglühten Zu-
stande, aus 65, 63 Bariumoxyd und 54, 37 trockner Schwefelsäure
zusammen gesetzt sind, so kommen auf 35 Gran jenes Salzes, ı2, oıo Schwe-
felsäure in Rechnung, Dieses ist der Gehalt von 21, 50 trocknem sch we-
felsanrem Natron. Da aber 21, 30.3 = 65, 90 beträgt, so zeigt die-
ses die Gesammtmasse des schwefelsauren Natrons an, welche in 4000
Theilen des Wassers aus dem todten Meere enthalten gewesen ist.
Da ferner, nach Abzug des schwefelsauren Kalks von 4 Gran,
die übrige trockne Salzmasse a8ı Gran betragen hat, so kommt für die
Masse des Chlornatroniums, nach Abzug des schwefelsauren Na-
trons, 281 — 65, 90 = 217, 10 zu stehen, welche.in 4000 Theilen des
Wassers aus dem todten Meere enthalten gewesen sind.
Das zweite Drittheil der vorhin gedachten Salzlösung wurde so
weit abgedunstet, dafs sie beinahe zur Krystallisation kam. Die Flüssig-
keit wurde kalt mit einer neutralen, sehr koncentrirten Lösung von hy-
drochlorinsaurem Platin versetzt. Nach 24 Stunden hatte sich ein
rothgelbes aus krystallinischen Körnern bestehendes Wesen abgelagert, wel-
ches durch ein Filtrum von der übrigen Flüssigkeit getrennt, mit-absolu-
tem Alkohol ausgesüfst,. getrocknet und ausgeglüht würde. Der ausge-
glühte Rückstand wurde mit destillirtem Wasser ausgekocht, filtrirt und die
Lösung in einem abgewogenen Platinschälchen langsam zur Trockne abgedün-
stet, dann geglühet. Das Ausgeglühte wog 4, 5 Gran, und zeigte sich bei allen
damit vorgenommenen Prüfungen als Chlorkalium. Die ganze Masse
des zergliederten Wassers von 4000 Gran hat also 4, 5.3 = 15, 5 Gran
Chlorkalium enthalten. Dieses, vom Chlornatronium abgezogen, giebt
217, 10 — ı5, 6 = 205, 60 für das Chlornatronium,
Die dritte Portion der Salzlösung wurde, um das darin enthal-
tene Eisensalz zu ermitteln, mit neutralem bernsteinsaurem Natron
versetzt, Sie trübte sich kaum merklich; nach 48 Stunden hatte sich aber
ein braungelber Niederschlag gebildet, der von der darüber stehenden Flüs-
sigkeit befreit, dann ausgesülst und in einem. genau abgewogenen Platin-
Di
chem. Zergliederung des Wassers aus dem todten Meere. 77
. schälchen zur Trockne abgedunstet wurde, Nach !dem !Ausglühen, mit
Berührung der Luft, wog der Rückstand ı, 5 Gran. Er bestand in r«
them Eisenoxyd. Da nun das Eisen als Chloreisen im Maximum
im Wasser gelöst enthalten sein mufste; ı00 Theile Chloreisen im Ma
ximum aber 48, 77 Eisenoxyd enthalten, so müssen für obige ı, 5 Gran
Eisenoxyd, 3, 070.5 == 9, 210 Chloreisen im Maximum in Rech-
nung‘ gestellt werden, welche in 4000 Theilen des Wassers gelöst enthal-
ten waren. Dieses von den 205, 60 des Chlornatroniums abgezogen,
bleiben für dieses nur 205, 60 — 9, 210 — 194, 39 übrig.
Dem gemäls ist also die von den zerfliefsbaren Salzen getrennte Salz-
masse, im ausgeglühten Zustande, zusammen gesetzt gewesen, aus:
Schwefelsaurem Kalk , 2 2 } h 4,000
ı Schwefelsaurem Natron . : - e 63,900
Chlorkalium . b 3 r s . h 13,500
Chloreisen im Maximum > R E R 9,210
Chlornatronium £ Dr: TOREER . 2 £ 194,590»
e) Zergliederung der mit Alkohol gemachten Extraktion.
$. 37. Die mit Alkohol gemachte Extraktion mulste jetzt die zer- .
fliefsbaren und im Alkohol lösbaren Salze enthalten, Auch diese Flüs-
‚sigkeit- wurde in drei gleiche Theile abgewogen. Die eine Portion wurde
mit Wasser vermengt und mit hydrochlorinsaurem Baryt geprüft,
gab aber keine Spur eines schwefelsauren Salzes zu erkennen. Ein an-
derer Theil derselben, mit reiner Gallussäure geprüft, färbte sich schwach
röthlich blau, zeigte also noch das Dasein von einem Eisensalze an. Er
_ wurde durch bernsteinsaures Natron zerlegt, und gab für den sech-
sten Theil der Flüssigkeit noch o, 3 Gran, also für die ganze Masse ı, 8
Gran Chloreisen im Maximum zu erkennen; welche daher dem Ganzen
zugerechnet werden müssen. Dem gemäfs beträgt also die Totalmasse
‚des Chloreisens in 4000 Theilen Wasser 9, zı0 + 1,8 = ıı, 010,
Die übrigen zwei Drittheile der mit Alkohol gemachten Ex-
traktion, wurden in einem Platingefäls gelinde zum Trocknen abgedunstet.
Die trockne Salzmasse wog, nach damit veranstalteter Ausglühung, 810 Gran.
4
Der ausgeglühte Rückstand wurde in seinem sechzelinfachen Gewicht
destillirtem Wasser gelöst und die Lösung mit 500 Gran reiner Sch we-
78 | ıHermbstädt’s
\ felsäure versetzt bis sie vorwaltete, worauf die saure Flüssigkeit in ei-
ner Platinschale zur Trockne abgedunstet wurde, welches unter Entwick-
lung von hydrochlorinsauren Dämpfen erfolgte. Der trockne Rück-
stand wurde so lange ausgeglüht, bis sich keine Dünste mehr entwickelten. .
Die trockne Salzmasse zeichnete sich durch einen bittern Geschmack
aus und erhitzte sich stark, als sie in Wasser getragen wurde. Sie wurde
mit destillirtem Wasser ausgekocht und die Flüssigkeit vom nicht gelösten
Rückstande durch ein Filtrum getrennt. Der ausgesüflste und getrocknete
Rückstand war schwefelsaurer Kalk# Die übrige Flüssigkeit hielt schwe-
felsaure Talkerde gelöst. Sie wurde gelinde zur Trockne abgedunstet
und der trockne Rückstand in seinem vierfachen Gewicht kaltem Was-
ser gelöst, wobei noch etwas schwefelsaurer Kalk ungelöst zurück-
blieb.
Die Gesammtmasse des schwefelsauern Kalks wurde in einem
Platintiegel ausgeglüht, er wog jetzt 207, 30 Gran. In 207, 50 Theilen
des schwefelsauren Kalks sind aber 86, 110 Theile Kaleciumoxyd
enthalten und diese geben, an Chlorine gebunden, ı70 Gran Chlorkal-
cium; eben so viel vom letztern waren also in 4000 Theilen des zerglie-
derten Wassers enthalten. 2
Die übrige Flüssigkeit hielt schwefelsaure Talkerde gelöst. Sie
wurde erst langsam zur Krystallisation abgedunstet, dann aber das Salz in
‘ einem Platintiegel zur Trockne gebracht und darin ausgeglüht, Der aus--
geglühte Rückstand wog 516, 40 Gran, und darin sind 217, 620 Gran reine
“ Talkerde enthalten.
Es liefern aber hundert Theile reine Talkerde, an Chlorine ge-
bunden, 203, 260 Chlormagnium; folglich müssen die 217, 620 Gran
reine Talkerde, welche in der schwefelsauren Talkerde enthalten
waren, 640 Theilen Chlormagnium gleich gesetzt werden, welche in
4000 Theilen Wasser gelöst enthalten gewesen sind. Da aber hiervon noch
a, 8 Gran Chloreisen im Maximum abgezogen werden müssen, so blei-
ben nur 63538, 2 Gran Chlormagnium übrig.
n $. 38. Hieraus ergiebt sich also, dafs die der Zergliederung unter-
worfenen 4000 Gewichtstheile des Wassers aus dem todten Meere, zu-
sammengesetzt gewesen sind aus:
7
‘
pn
#
chem. Zergliederun des Wassers aus dem todten Meere. 79
‚Freier Hydrochlorinsäure . R 4 h 273,105
Schwefelsaurem Kalk . \ - . u“ 4,000
Schwefelsaurem Natron PNA: B 63,900
Chlorkalium u > » F : * 13,500
Chloreisen im Maximum . “ 5 k 11,010
"Chlornatronium . , P 3 i 4 194,390
Chlorkalcium ; Ä . A ö 170,000
Chlormagnium . : ; ; i a 638,200
1118,105
Wassertheilen > : o ae - 2881,895
dr 4000,000.
$. 39: Werden die oben genannten festen und tropfbaren Bestand-
theile des Wassers aus dem todten Meere, für den Gehalt von hundert
Theilen desselben berechnet, so kommen folgende Verhältnisse heraus:
Freie Hydrochlorinsäure . 2 i N 0,507
Schwelfelsaurer Kalk > A R f A 0,004£
Schwefelsaures Natron . re » 3 5 1,597
Chlorkaium . . ‘ : N > ? 0,275
Chloreisen im Maximum x r s 2 0,335
Chlornatronium . B i ® > 2 4,859
Chlorkalcium , '. 5 . ale 2 ; 4,250
Chlormagnium ; y : ? : y 15,755
Feste Bestandtheile . } & )e € 27,584
Wassertheile . ; ; ; t : . 72,416
100,000.
woraus folgt, dafs das Chlormagnium den vorwaltenden Bestandtheil
ausmacht, und dem gemäfs das Wasser des todtem Meeres als eine mu-
riatische Bitterquelle anerkannt werden muls.
$. 40. Es konnte noch ein Zweifel darüber aufges“elit werden, ob
das Chlorkalium, welches unter den Bestandtheilen jenes Wassers ge-
" funden worden ist, als ein absoluter Bestandtheil desselben anerkannt wer-
“den muls, oder ob solches aus den gläsernen Flaschen extrahirt worden
sei, in denen das Wasser aufbewahrt worden war? Wenn schon alsdann
sich nicht einschen liefse, wie es möglich gewesen sei, dafs das Wasser
80 0% Hermbstädt's® ®
freie Säure enthalten konnte, so suchen ich Hdtoch diese Klage durch e&i-
nen direkten Versuch zu entscheiden. ve 3
6. za. Ich bereitete mir aus sehr reiner Hydrochlorinsäure und
reinem Natron eine neutrale Lösung. Den einen Theil derselben liefs ich
in der Flasche bis zur Troekne abdunsten, in welcher früher das Wasser
enthalten war. Ein zweiter Theil wurde in der Retorte abgedunstet die
ich gebraucht hatte; und ein dritter Theil in einer neuen noch nicht ge-
brauchten Retorte, von demselben grünen Glase, wie jene. Es war aber
durch die Prüfung mit dem neutralen hydrochlorinsauren Platin,
keine Spur von Chlorkalium aufzufinden, und eben so ‚wenig war ein
stattgefundener Eingriff auf die gläsernen Gefälse bemerkbar. Folglich muls
das gefundene Chlorkalium als ein selbstständiger Bestandtheil in jenem
Wasser anerkannt werden. Ob das Kali nicht als eine Folge hingekomme-
ner Pflanzenstoffe, die durch Stürme in das todte Meer gekonımen sein
konnten, angesehen werden kann? solches liegt keinesweges aufserhalb den
Grenzen der Möglichkeit. -
$. 42. Die Resultate dieser Analyse des Wassers aus dem todten
Meere, unterscheiden sich sehr von denjenigen, welche die Herren Lavoi-
sier, Marcet, Klaproth und Gay-Lussac. darüber bekannt gemacht
haben, sowohl nach dem quantitativen als dem qualitativen Verhältnifs der |
Bestandtheile; doch kommen die Resultate, in der ersten Hinsicht, denje-
nigen am nächsten, welche Herr Gay -Lussac darin gefunden hat.
6. 45. Rücksichtlich der qualitativen Verhältnisse der in jenem Was-
ser gefundenen Bestandtheile, unterscheiden sich die Hesultate meiner Ana-
lyse von denen meiner Vorgänger, durch das darin erwiesene Dasein:
ı) der freien Hydrochlorinsäure, 2) des schwefelsauren Kalks,
5) des schwefelsauren Natrons, 4) des Chloreisens, und 5) des
Chlorkaliums. Doch hat auch Herr Marcet den schwefelsauren
Kalk darin gefunden, und Herr Gay-Lussac hat Spuren von Chlorka-
lium darin wahrgenommen.
Zweite Abtheilung. fi
Chemische Zergliederung des Wassers aus dem Jordan.
$. 44. Der Joxdan ist der Hauptfiuls in Palästina. Er entspringt
am Fufse des Gebirges Antilibanon in Syrien, durchschneidet Palästina
von
chemische Zergliederung. des Wassers aus dem Jordan. 8ı
‚von Norden nach Süden und.ergiefst sich in das todte Meer. Seine
‘vormals bebaueten und belebten Ufer sind jetzt wüste und leer; zwischen
ihnen wälzt sich das Wasser des Jordans über seinem sandigen Grunde
fort. Jener merkwürdige Flufs ist es, in welchem Jesus der Weltheiland
(s. Evangelium 9t. Marci, ı, Capitel, 9, Vers) durch Johannes die
Taufe empfing; wodurch jener Flufs ein immerwährender Gegenstand der
heiligsten Erinnerung bleiben wird. Die Hebräer nennen jenen Flufs Jor-
dan, d, i. Flu[s des Gerichts. Die heutigen Araber nennen ihn Nahar-
el-chiria und schreiben dem Wasser aus demselben besondere Heilkräfte zu,
Er ist also für Christen wie für Juden, ein Gegenstand der ehrfurchtvoll-
sten Erinnerung,
"$. 45. Dem wissenschaftlichen Eifer des Königl. Kammerherrn Herrn
Grafen von Sack, durch den mir das Wasser aus dem todten Meere zu
Theil ward, verdanke ich auch das, Wasser aus dem Jordan, welches den
Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung ausmacht. Dasselbe befand sich
in einer Flasche von grünem Glase eingeschlossen, betrug dem Gewicht nach
4 Pfund, und war, gleich dem aus dem todten Meere, am 50, Septem-
ber ı8ı9 von dem Herrn Grafen selbst geschöpft worden,
Physische Eigenschaften des Wassers.
$. 46. Nachdem das Wasser einige Tage in der wohl verschlossenen
zınd verpichten Flasche ruhig gestanden hatte, erschien es völlig klar und
durchsichtig; am Boden hatte sich ein geringer Satz gebildet, von welchem
der grölste Theil des klaren Wassers leicht abgegossen werden konnte, Die
nähere Untersuchung des abgelagerten Satzes, der getrocknet ı0 Gran be-
trug, bewies, dafs derselbe blofs in einem gelblichen Thon bestand, der,
durch ein schwaches Brausen mit Säuren, seine mergelartige Beschaf-
fenheit nachwies. Bei der mit jenem Wasser vorgenommenen physischen
Prüfung, gaben sich folgende Eigenschaften zu erkennen:
a) Es war farbenlos, klar und durchsichtig.
b) Es hauchte einen Geruch wie Schwefelwasserstoff aus, der sich
aber an der freien Luft schon nach ein Paar Stunden von selber verlor»
c) Es ist geschmacklos, wie gutes reines Flufswasser.
d) Seine specifische Dichtigkeit verhält sich zu der des destillirten Was-
sers wie ı ‚005 zu En
Phys, Klasse, 1820-— 1821, Ti
82 Hermbstädt’s
Prüfung mit Roagentien.
$. 47. Diese Prüfung war dazu bestimmt, das Dasein der Bestand-
theile in jenem Wasser vorläufig auszumitteln, um dessen fernere Zergliede-
rung darauf zu gründen. Gedachte Prüfung gab folgende Resultate:
a) Blaues Lac kmuspapier, das in einem verschlossenen Glase mit dem
Wasser in Berührung gebracht wurde, ward im Zeitraume von 24
Stunden nicht geröthet.
b) Durch Phosphorsäure geröthetes Lackmuspapier wurde darin
nicht wieder blau; es enthielt also keine kohlenstoffsaure Erde,
oder ein mit dieser Säure verbundenes Alkali.
e) Klares Kalkwasser erzeugte darin schwache Flocken.
d) Oxalsäure oder oxalsaures Ammoniak, erzeugten darin eine merk-
liche Trübung. |
e) Liquides Aetznatrom bildete darin geringe Flocken,
f) Barytwasser und essigsaurer Baryt, erzeugten darin eine merk-
liche Trübung. j
g) Salpetersaures Silber und FTIR NEN, Blei, färbten solches.
gelbbraun. |
h) Weinsaures Antimon erzeugte darin einen sehr schwachen orange-
gelben Präzipitat.
j) Das. vorher gekachte Wasser mit den Reagentien (g und h) geprüft,
wurde nicht mehr farbig davon vefändert, wohl aber getrübt.
k) Reine Gallussäure brachte keine Veränderung, darin hervor.
» Neutrales hydrochlorinsaures Platin, das dem auf den Pr
Theil seines Umfanges abgedunsteten Wasser zugesetzt wurde, hatte,
selbst nach 24 Stunden, keine Trübung darin veranlasset.
Zergliederung-.des Wassers.
$. 48- Um die vollständige Zergliederung des Wassers aus dem ie or
dan zu veranstalten, wurden 10000 Gran (= 4ı Loth, 2 Quentchen, 40
Gran) desselben dazu verwendet. Jene 10000 Gran des Wassers wurden in
einen völlig damit*angefüllten Kolben gebracht, dessen Oeffnung mit ei-
nem Gasentbindungsrohr verschlossen war, welches genau r, 5 branden-
burgische Duodecimal-Kubikzoll atmosphärische Luft enthielt, dessen
Ausgangsöffnungim Quecksilberapparate gesperrt und mit einem mit Queck-
silber gefüllten Cylinder überstürzt war. Der Kolben wurde über einer
chemische Zergliederung des Wassers aus dem. Jordan. 85
Lampe placirt und das Wasser zum Sieden erhitzt, Das sich entwickelnde
Gas betrug, bei 28", 2" Barometerhöhe und 12, 5 Grad Reaumur, genau
5 Kubikzoll, von welchen ı, 5 Kubikzoll für die atmosphärische Luft ab-
gezogen werden muls, die, im. Gasentbindungsrohr enthalten war, also ı, 5
Kubikzoll für das entwickelte Gas übrig ‚bleiben... Bei der mit jener Luft
vorgenommenen eudiometrischen Prüfung, gab solche 0, 10 Sauerstoff-
gas zu erkennen; sie bestand also grölstentheils aus Stickstoffgas, Schwe-
felwasserstoffgas war nicht vorhanden.
Bestimmung der festen Bestandtheile.
$. 49. Die in dem Kolben übrig gebliebene Flüssigkeit wurde in
einer Platinschale zur Trockne abgedunstet. Der Rückstand wurde ausge-
glüht und wog jetzt 50 Gran. Er wurde, mit seinem achtfachen Gewicht
Alkohol übergossen, -in einem verschlossenen Gefäfse in der Wärme be-
handelt. Nach dem Erkalten der Flüssigkeit wurde sie vom nicht Gelösten
getrennt, der Rückstand wurde getrvckuet und ausgeglüht; er wog 40
Gran; wonach also der Alkohol ı0 Gran gelöst hatte. Die Zergliederung
dieser ıo Gran zeigte, dafs solche aus 7 Gran Chlorkalcium und 5 Gran
Chlormagnium zusammengesetzt waren.
.$. 50. ‘Der nicht im Alkohol gelöste Theil wurde getrocknet und
in seinem vierfachen ‚Gewicht kalten Wasser gelöst; es blieb ein Rückstand
übrig, der nach dem Ausglühen 4 Gran wog und in schwefelsaurem
Kalk bestand. Das im kalten Wasser Gelöste, zur Trockne abgedunstet
und ausgeglühet, wog 35 Gran, und war Chlornatronium.
Dem gemäfs enthielten die der Untersuchung unterworfnen 10000 Gran
des Wassers aus dem Jordan, an festen Bestandtheilen, gelöst:
Schwefelsauren Kalk - ? = z 4 Gran.
Chlornatronium RAR = .. 5 5 °-
Chlorkalcium . i, a ai & r 7»
Chlormagnium ? 2 r . 2 3»
Schwefelwasserstoff, eine Spur. ir,
Verlust . h r ” s . . ll»
50,00-
Wassertheile . ER CE ER
10000,00
Le
84 Hermbstädt’s chemische Zergliederung
$: 51. Es geht daraus hervor, dafs das Wasser aus dem Jordan
von dem aus dem todten Meere wesentlich verschieden ist, dafs selbi-
ges, rücksichtlich seiner chemischen Grundmischung, als ein ziemlich rei-
nes weiches Wasser angesehen werden mufs. Was den unbedeutenden Ge-
halt an Schwefelwasserstoffgas in selbigem betrifft, so scheint dieser
blofs einen zufälligen Gemengtheil darin auszumachen. Nach der von dem
Herrn Grafen von Sack mir mündlich mitgetheilten Nachricht, finden sich
die Ufer des Jordans mit mehreren Theilen abgestörbner Vegetabilien be-
deckt. Es ist also wahrscheinlich, dafs von Seiten dieser durch den Wind
in das Wasser geweheten Vegetabilien und ihrer allmähligen Vertrenstug der
BRUWELEIWSESEHBLORT ‚gebildet. worden ist..
Herr Gay-Lussac *) hat das Wasser des Jordans gleichfalls ei- £
ner Zergliederung unterworfen. Er fand schwefelsauren Kalk. Chlor-
natronium und Chlormagnium in demselben, hat aber das quantita--
tive Verhältnifs dieser Materien nicht weiter ansgemittelt..
" Driütte Abtheilung.
Chemische Zergliederung des bituminösen Kalks aus der
" Gegend: des todten Meeres.
$. 52. Der bituminöse Kalk, von: welchem hier die Rede ist, und
von: welchem der Herr Graf von Sack ein kleines Stück von seiner Reise
nach’dem Orient mitgebracht hat, ist derselbe, dessen ich bereits in der
Einleitung ($ ı1.): gedacht habe, welcher,dort, unter dem. Namen des So-
domitischen oder Mosesteins, zu religiösen und zu mystischen
Gegenständen verarbeitet wird.
$.. 53. Das Exemplar, welches mir, Behufs meiner damit anzustel-
Ienden Zergliederung, zu Theil worden ist, besafs einen Umfang von un-
gefähr 3 Kubikzoll, und zeichnet sich durch folgenden äulsern Charakter
aus: ur
a) Aufserhalb ist es gelbweils, wie mit einem zarten Sinter ne ie in-
nerhalb aber dunkel graübraun.
*) Essai de Veau du Jourdein. In. den. Annales de Chimie et de Physique, Tom, XI, pag. 197 etc.
des bituminösen Kalks aus der Gegend des todten Meeres. 85
b) Es ist hart, schwer zersprengbar, und springt in unregelmäfsige Stücke.
e) Im Bruch ist es matt, schalig, sehr kleinkörnig, mit kleinen glänzen-
‘ den Glimmerpunkten durchsetzt.
d) Das Fossil wird nicht vom Magnet affızirt,
e) Mit 'Stahl gerieben wird es glänzend, es zeigt sich also politurfähig.
f) Es ist geschmacklos und geruchlos, werbreitet aber, wenn es gerie-
ben oder erwärmt wird, einen bituminösen, dem Asphalt ähnlichen
Geruch. ;
'g) Seine_specifike Dichtigkeit verhält sich zu der des destillirten Wassers
wie 2,045 ZU 1,000.
Chemische Eigenschaften.
$. 54. Die chemischen Eigenschaften jenes Fossils, charakterisiren sel-
biges durchaus als einen«mit Bitumen, durchdrungenen Kalk, wie solches
folgende Beispiele begründen:
a) Am Lichte entzündet es sich und brennt mit einer bald verlöschen-
den Flamme, die einen bituminösen nach Asphalt riechenden Rauch
verbreitet.
b) Auf der Kohle vor dem Blaserohr behandelt, verbrennt solches un-
ter Ausströmung eines bituminösen Geruchs, wird blendend: weils und
ist in Aetzkalk umgewandelt.
x) Mit Salpetersäure brauset es lebhaft, und wird bis auf eine lockere
hellbraune Materie darin aufgelöst.
Verhalten in der Hitze,
6. 55.. Hundert: Gran des in kleine Brocken zerstückelten. Fossils,
wurden in einer vorher abgewognen kleinen gläsernen Rietorte, miit kleiner
Vorlage und Gasentbindungsrohr versehen, der trocknen Destillation un-
terworfen, erst über einer Lampe, späterhin über glühenden Kohlen. Als
die in den Gefälsen "eingeschlossene atmosphärische Luft sich entwickelt
hatte, sammelten sich Wassertropfen im Halse der Retorte; bald darauf
begann eine neue Gasentwicklung, ünd in der Vorlage sammelte sich ein
86 Her ermbstädt's REN Zergliederung:
brenzliches Oel. Als ‚die Retorte sammt, ihrem Inhalt zum Glühen kam,
wurde nichts flüchtiges mehr entwickelt. . Man sahe jetzt die Operation
als beendigt an, die Gefäfse wurden, nach dem Erkalten, auseinander ge-
nommen und boten nun folgende Resultate dar.
a) Das gewonnene Gas betrug, dem Volum nach, 24 brandenburger Duo-
decimal-Kubikzoll. Die nähere Untersuchung desselben zeigte, dafs
solches aus 2ı Kubikzoll Protokohlenwasserstoffgas und 3 Ku-
bikzoll kohlenstoflsaurem Gas gemengt bestand; welches, den Kubik-
zoll Protokohlenwasserstoffgas zu 0,333 und den Kubikzoll des
kohlenstoffsauren Gases zu o, 75 Gran in Rechnung gestellt, ZU-
sammen 9, 25 Gran beträgt.
b) Das sich gesammelte Wasser wog 2,00.
c) Das Oel zeigte den Geruch des aus jedem andern Asphalt gewonnenen;
sein Gewicht betrug 5 Gran.
d) In der Retorte fand sich ein verkohlter Rückstand, sein Gewicht be-
trug 82,00. Es sind also an Produkten gewonnen worden zusammen
98, 25, wobei ein Verlust von ı, 75 Gran statt findet. Die: rückstän-
dige Kohle gab, mit Hydrochlorinsäure übergossen, dem. Geruch
nach, Schwefelwasserstoff zu erkennen.
Perhalten des bituminösen Kalks zu Säuren.
$. 56. Hundert Gran des in kleine Brocken zerstückelten bitumi-
nösen Kalks wurden, in einer dazu geschickten pneumatischen Vorrich-
tung, mit 9oo Gran Hydrochlorinsäure übergossen. Das Fossil wurde
mit Brausen angegriffen, und es wurde kohlenstoffsaures Gas entwik-
kelt, das nach Asphalt roch. Nachdem kein Brausen mehr wahrgenom-
men wurde, betrug der Gewichtsverlust 26 Gran, welches also das Ge-
wicht der Kohlenst offsäure für hundert Theile des Fossils angiebt. Die
Flüssigkeit enthielt noch freie Hydrochlorinsäure, diese konnte also
vollständig eingewirkt haben.
$. 57. Die nicht aufgelösten Brocken zeichneten sich durch: eine
‚hellbraune. Farbe aus und schwammen in der Flüssigkeit. Sie wurden voll-
kommen ausgesülst und getrocknet; der trockne Rückstand wog 18 Gran.
des bituminösen Kalks aus der Gegend des todten Meeres. 87
Er war schr leicht, locker, schwer zerreibbar, entzündete sich an der
‚Flamme eines Lichts, brannte selbst mit Flamme und unter Ausströmung
eines dem Asphalt ähnlichen Geruchs. Er bestand also in den vom Kalk
befreieten Theilen des Bitumens.
$. 58. Die Kohle, welche nach der trocknen Destillation zurück-
geblieben war, gab durch die Prüfung mit Säure Spuren von Schweltel-
wasserstoff zu erkennen ($.55.d.). Die mit der Hydrochlorinsäure
gemachte Extraktion des Fossils ($. 56.), gab durch die Prüfung mit hy-
drochlorinsaurem Baryt, keine Spur von Schwefelsäure zu erken-
nen. Der‘in der gedachten Kohle enthaltene Schwefel konnte also we-
der einem Gehalt von schwefelsaurem Kalk noch einem andern sch we-
felsauren Salze im Fossil zugeschrieben werden; er mufste als Schwe-
fel selbst darin vorhanden gewesen sein,
$. 59. Jener Schwefel mufste also in.dem Bitumen 'enthalten sein,
welches nach der Extraktion des Fossils mit Hydrochlorinsäure ($- 57.)
übrig geblieben war. Es wurden daher ı6 Gran desselben, mit seinem
achtfachen Gewichte sehr reinem trocknem Salpeter, in einem Platintiegel
der Verpuflung unterworfen. Die verpuffte Substanz zeigte eine gelbgraue
Farbe und liefs, nach dem Aussüfsen mit Wasser, eine graue Erde zurück, welche
nach dem Trocknen und Ausglühen 3, 30 Gran wog und sich ganz als ein
‚ grauweifser Thon zu erkennen gab. Für die ıg Gran des bituminösen
Rückstandes mufs daher 3, 71. Gran für diesen Thon in Rechnung ge-
stellt werden:
S. 60. Die beim Aussüßen der verpufften Masse erhaltene Flüssig-
keit reagirte alkalisch- Sie wurde mit Salpetersäure, bis zum. Vorwal-
ten derselben, versetzt, und dann so viel in Wasser gelöster salpeter-
saurer Baryt zugegeben, bis keine Fällung mehr erfolgte, Es fiel schwe-
felsaurer Baryt zw.Boden, der nach dem Aussüßsen, Trocknen und Aus-
glühen, 6, 30 Gran wog. Hierin sind =, 10 Schwefelsäure und in die-
ser 0, 80 Schwefel: enthalten, welches für ı8 Theile der bituminösen
y Substanz, o, go Schwefel beträgt,
$.:61. Werden daher von jenen ı8 Gran des bituminösen Rückstan-
* des, welche nach der mit Hydrochlorinsäure gemachten Extraktion
von hundert Theilen des Fossils ztrückblieben, 7, 7ı Thon und o, go
88 Hermbst ö dt'’s chemische Zergliederung
Schwefel, in Summe 4, 6ı in Abzug gebracht, so bleiben für das reine
Bitumen oder Asphalt in hundert Theilen des Fossils, nur 13, 39 übrig.
6.62. Diemitder Hydrochlorinsäure gemachte Extraktion ($. 56.)
enthielt blofs Kalk gelöst, ohne eine Spur von Talkerde oder einer an-
dern basischen Substanz, Sie wurde durch halbkohlenstoffsaures Na-
tron heifs gefället, der Niederschlag aucgesüfst und bei 80 Grad Reaumur
ausgetrocknet; er wog 81 Gran. Davon 26 Gran.Kohlenstoffsäure ab-
gezogen, bleiben für das Kalkhydrat 55 Gran übrig. Da aber hundert
Theile Kalkhydrat aus 75 Theilen Kalciumoxyd und 25 Theilen Was-
ser zusammengesetzt sind, so kommen für die 55 Theile Kalkhydrat
41, 25 Kalciumoxyd und ı3, 75 Hydratwasser zu stehen, und so
viel müfsten auch in hundert Gewichtstheilen des bituminösen Kalks
enthalten sein. . ;
$. 65. Dem gemäls sind die der Zerlegung unterworfenen hundert
Gewichtstheile des bituminösen Kalksteins aus der Gegend des tod-,
ten Meers zusammengesetzt gewesen, aus:
Kohlenstoflsäure ‘ R i ö i 5 26,00
Thon . v .+® . . “ . ’ 571
Schwefel . F sinine . . . £ 0,90
Asphalt . - = . ara ; ‘ 13,39
Kaleiumoxyd 3 . . 2 5 “ 41,25
Hydratwasser . B . . = s x 13,75
99,00
Verlut . ä . . . . . N 1,00
' 100,00.
$. 74. Dals der Schwefel in jenem Fossil mit einem Theil Kalk °
zum Schwefelkalk verbunden gewesen ist, darf wohl nicht bezweifelt
werden. Hätte sich eine Spur von Eisen darin gefunden, so würde man
annehmen dürfen, dafs er als Schwefeleisen darin vorhanden war, wel«
ches aber nicht der Fall ist. Was dagegen den Thon betrifft, so muls sol-
cher als abhängig von den Glimmertheilen betrachtet werden, mit wel-
chen der bituminöse Kalkstein durchsetzt ist,
. Pier-
des vulkanischen Produkts aus dem todten Meere. 89
Vierte Abtheilung.
Zergliederung- des vulkanischen Produkts aus dem todten
Meere.
6. 65. Der Herr Graf von Sack fand das in Rede stehende .vulka-
nische Produkt im todten Meere, nebst mehrern Stücken derselben Art,
Die besondere Gestalt desselben veranlafste den Herrn Grafen, das mir zur
Untersuchung übergebene Exemplar, mit nach Europa zu nehmen.
$. 66. Jenes Mineral bietet folgende äufsere Merkmale dar. Seine
Gestalt ist eiförmig, circa 4 Zoll lang und 2 Zoll im Querdurchmesser.
Seine Farbe ist dunkelgrau; Es ist durchaus poröse, mit runden Zellen
durchsetzt, deren Durchmesser £ bis eine ganze Linie betragen, welche
Zellen im Innern und Aeufsern ziemlich gleichförmig vertheilt sind. Ei-
nige dieser Zellen sind mit einem gelbweilsen Staube belegt. Es ist völlig
geruchlos, auch wenn es gerieben oder erwärmt wird. Vor dem Blase-
rohre behandelt, verbreitet es weder Rauch noch Geruch. Seine specifi-
sche Dichtigkeit verhält sich zu der des Wassers, wie 1,008 zu 1,000. Es
"kann also nur in sofern im Wasser des todten Meers zu Boden sinken,
als sich nach und nach seine Zellen mit dessen Wasser anfüllen konnten,
wodurch die Dichtigkeit vermehrt werden mufste. Mit Salpetersäure
übergossen, brauset er schwach, der weifse Beschlag verschwindet und es
nimmt eine dunkle Farbe an; dagegen die Säure Kalk gelöst enthält, .
Zergliederung des Fossils.
$. 67. Funfzig Gran des Fossils, im zart geriebenen Zustande, wur-
den in einem gläsernen Kolben mit destillirtem Wasser ausgekocht, die
Flüssigkeit filtrirt und der Rückstand getrocknet. Er wog 45 Gran, also
“ waren 2 Gran gelöst worden. Die Lösung gab, zur Trockne verdunstet,
e Gran hydrochlorinsaures Natron, welches also für- hundert Ge-
wichtstheile des Fossils, 4,00 beträgt.
4.
ae $. 68. Funfzig Gran desselben’ Fossils wurden einer zweistündigen
- . Ausglühung unterworfen. Dasselbe hatte 5 Gran am Gewicht verloren und
war. in eine braune Substanz übergegangen;” welches also, -für hundert Ge-
“ > wichtstheile des Fossils berechnet, 10,00 Hydratwasser beträgt.
Phys. Klasse. 1920-181. M
5
90 Hermbstädt's chemische Zergliederung
$. 69. Funfzig Gran desselben Fossils wurden, im zart geriebenen
Zustande, mit verdünnter Salpetersäure übergossen. Es erfolgte ein
gelindes Aufbrausen. Die mit vorwaltender Säure ‚gemengte "Auflösung
wurde mit kohlenstoffsaurem Natron gefället, der ausgesüfste und
scharf ausgetrocknete Niederschlag wog ı, 5 Gran Er bestand in koh-
lenstoffsaurem Kalk, der dem Fossil sehr wahrscheinlich nur mecha-
nisch beigemengt war. Dies beträgt also für hundert Gewichtstheile des
Fossils 3,00 kohlenstoffsauren Kalk.
$. 70. Hundert Gran des Fossils wurden in einem Agatmörser zum
zartesten Pulver zerrieben. Das Pulver wurde mit so viel Kaliätzlauge
in einem Platintiegel übergossen, dafs gegen einem Theil des Fossils fünf
Theile trocknes Aetzkali zu stehen kamen, Die Flüssigkeit wurde erst
zur Trockne abgedunstet, hierauf aber so lange geschmolzen, bis die
Masse nicht mehr schäumte. Der Rückstand war nach dem Erkalten dun-
kelbraun.
$. 71. Die geschmolzene Masse wurde mit destillirtem Wasser
erweicht, hierauf mit einem Gemenge aus 2 Theilen Hydrochlorinsäure
und ı Theil Salpetersäure bis zum Vorwalten der Säure übergossen und
in einem gläsernen Kolben stark damit digerirt. Es löste sich alles auf.
Die Auflösung war dunkelweingelb. -
$. 72. Die Auflösung wurde in einer Porzellanschale zur Trockne
abgedunstet, dann aber die trockne gelbe Salzmasse mit destillirtem. Was-
ser kalt extrahirt und ausgesüfst. Es blieb farbenlose Kieselerde zu-
rück, die nach dem Trocknen und Ausglühen 34, 80 Gran wog.
$. 73. Die weingelbe Flüssigkeit wurde mit Natron neutralisirt,
hierauf aber so viel bernsteinsaures Natron zugesetzt, bis keine Fäl-
lung mehr erfolgte. Es bildete sich ein braungelber Niederschlag von bern-
steinsaurem Eisen. Er wurde ausgesülst, getrocknet und ausgeglüht.
Der ausgeglühte Rückstand war braunes Eisenoxyd, am Gewicht cı Gran.
$. 74. Die vom Eisengehalt getrennte, jetzt farbenlose Flüssig-
keit, wurde durch halbkohlstoffsaures Natron gefället. Der Nie-
derschlag wurde vollkommen ausgesüfst, getrocknet und dann ausgeglüht,
Er bestand in Thonerde, und wog 26, ı5 Gran. _
Se
des vulkanischen Produkts aus dem todten Meere. yı
£ 75. Dem gemäfs fanden sich folgende Bestandtheile, in hundert
‘Sewichtstheilen des zergliederten Fassils:
Hydrochlosinsaures Natron . . ‚ h 4,00
Hydratwässer . . . . . s 10,00
Kohlenstoflsaurer Kalk . ; B : ; 3,00
Kieselerde , B a ; p . - 34,80
Eisenoxyd . . . > . . . 21,00
Thonerde R . A . . . . 26,15
98,95
Verlust » s . . ® » = . ı ‚05
100,00.
$. 76. Zufolge dieser Grundmischung, wodurch das hydrochlo-
zinsaure Natron und der kohlenstoffsaure Kalk wohl nur als mecha-
. nische Beimengungen betrachtet werden können, verbunden mit der äufsern
Form und dem porösen zelligen Zustande desselben, ist wohl jenes: Fossil
als ein vulkanisches Erzeugnils zu betrachten, dessen Bildung sich vielleicht
in das hohe Alterthum verläuft. 'as aber seine eiförmig abgerundete Ge-
stalt betrifft, so mufs diese wohl allein dem Hin- und Herschieben im Was-
ser zugeschrieben werden, wodurch solches abgerundet worden ist.
Sehlu/fs
$. 77. Wenn die Resulfate meiner mit dem Wasser aus dem tod-
ten Meere angestellten Zergliederuug, sowohl rücksichtlich der darin ge-
fundenen Bestandtheile, als ihrer quantitativen Verhältnisse, bedeutend von
den Resultaten desjenigen abweichen, was frühere Analytiker darin gefun-
den haben, so bin ich nicht eitel genug, mir anmafsen zu wollen, es könne
mir eine grölsere Genauigkeit in der Bearbeitung beigewohnt haben; viel-
mehr kann ich den zureichenden Grund jener Differenz allein darin suchen,
dals mir eine gröfsere Quantität des Wassers, Behufs meiner damit anzu-
stellenden Zergliederung, zu Gebote gestanden hat, als meine Vorgänger '
dazu verwenden konnten, Er
6. 78. Was das Wasser aus dem Jordan betrifft, so sind die Be
standtheile desselben, so viel ich weils, von’ meinen Vorgängern zwar an-
‚gedeutet, nie aber quantitativ ausgemittelt worden, welches durch meine
Analyse jenes Wassers indels geschehen ist.
Ma
9 H ermbstädt 's chem. Zergl. des vulkan. Produnts ecc.
$. 79- Was endlich. den bituminösen Kalk (den sodomiti.
schen oder Mosestein) betrifft, so wie das vulkanische Fossil aus
dem todten Meer, so sind beide früher noch gar nicht analysirt wor- |
den; folglich sind die Resultate meiner mit demselben angestellten Analyse
ganz neu.
$. 8c. Sollte übrigens die natarwissenschaftliche Erkenntnils der
analysirten Gegenstände dem Natur- und Geschichtsforscher von ei-
niger Wichtigkeit sein, so verdanke man es allein dem wissenschaftlichen
Eifer des Herrn Grafen von Sack, dessen Bemühung und Gefälligkeit mich
in den Stand gesetzt hat, durch Mittheilung derselben, jene Gegenstände
'analysiren zu können.
Ueber den Pic von Teneriffa,
Yon Herm v. Buca *).
Humvoia: macht in seiner Beschreibung von Teneriffa zwei Bemerkun-
gen über den Pic, welche diesen wesentlich auszeichnen und ihn von an-
dern Gegenden und Bergen der Insel gar sehr«unterscheiden; die eine, dafs
man nicht eher Feldspath in den Gesteinen gewahr werde, als wenn man
sich dem Pic nähere; die andere, dafs man locker zerstreute Bimsteine nur
in den gröfseren Höhen, und fast nur am Abhang des Vulkankegels selbst
antrefle. Beide Bemerkungen sind wichtig; denn sie hängen zunächst mit
der Theorie der Vulkane zusammen. Beide nämlich erweisen, dafs man die
basaltische Insel verlasse und den Theil betrete, ‘welcher näher mit denes
im Innern verborgenen vulkanischen Ursachen zusammenhängt.
Es ıst meine Absicht, beide noch etwas weiter und klarer auszufüh-
ren und dann noch einige Anmerkungen über die Natur des Bimsteins hin-
zuzufügen,
z
®) Vorgelesen den 23, November 1820,
94 u Buch
Wer in Santa Cruz landet und von dort über Laguna auf der
nordlichen Seite der Insel nach Orotaya zu geht, wird in der That weit
mehr an Basalt als an Trachyt erinnert, und wenn auch häufige schalige
Krümmungen auf der "Oberfläche des anstehenden Gesteins vermuthen las-
sen, dals man unter Laguna, oder-in der Gegend von Matanza und
Vittoria, über von oben herab geflossene Ströme fortgehen möge; so sieht
man doch keine Schlackenkegel, von welchen her man diese Ströme leiten
möchte, noch Rapilli auf den Abhängen, welche sonst fast von jedem vul-
kanischen Ausbruch unzertrennlich zu sein scheinen. Nur erst nach dem
Herabsteigen von St. Ursula in eine bedeutende Niederung, welche noch
jetzt nach der Benennung der alten Einwohner, das Thal von Taoro ge
nannt wird, treten die Spuren vulkanischer Ausbrüche deutlicher hervor.
Man sieht den Hafen von Orotava selbst auf einem Lavastrom liegen und
einen Rapillkegel darüber mit deutlicher Oeflnung gegen den Strom; we-
nig entfernt stehen noch einige andere eben so, deutliche Ausbruchskegel,
aus denen Ströme gegen das Meer sich herabziehen.
In ihrem Gestein erscheint nun Feldspath als Gemengtheil, und ein
bedeutender Unterschied in der Lagerung wird sogleich sichtbar. Denn es
zieht sich wie ein Mäntel um den gröfsten Theil von Teneriffa eine Ge-
birgsart, weils und zerreiblich wie der Posiliptuff bei Neapel; wie dieser
auch grölstentheils aus Staub von Bimstein gebildet, mit gröfsern, noch
kenntlichen Bimsteinstücken darinnen. Es ist eine Schicht gröfstentheils
5 bis 6 Fufs hoch, ununterbrochen von ihrem ersten Erscheinen bis zum
Ufer des Meeres. Man nennt dies Gestein Tosca und benutzt es als leich-
ten Baustein. Es hebt sich nicht hoch an den Abhängen herauf, und er-
scheint dann höher nicht wieder; aber merkwürdig genug scheint in der
Nachbarschaft des Pic diese Höhe bedeutender als in gröfseren Entfernun-
gen. Bei la Guancha, unmittelbar unter dem Berge, steigt die Schicht
bis gegen go0 Fufs hoch. Bei Rio Lejo ist sie wohl noch 600 Fuls über dem _
Meere, beider Stadt Orotava verschwindet sie nahe in 500 Fuls Höhe; alex
bei St. Cruz findet man sie wenig über 100 Fufs nicht mehr: und noch
weiter östlich, weiter vom Pic entfernt gegen die Punta di Naga, ver
mifst man sie gänzlich, Diese Tosca nun bedeckt alle basaltische Ströme
bei St. Cruz, bei Vittoria oder St, Ursula; allein niemals die Ströme
über den Pic von Teneriffa. 95
von Orotava oder irgend einen von allen übrigen, welche vom Pic herab
das Seeufer erreichen,
Es ist also hieraus klar, wie sehr die Erscheinung der Lavaströme,
welche Feldspath enthalten, oder überhaupt aller Laven des Pic, daher
wie sehr alles, was von dem Vulkan ausgeht, von dem verschieden ist,
was den östlichen längeren Theil der Insel bildet, Die Tosca, eine allge-
meine Formation für die Insel, _mufs sich später erzeugt haben, als dieser
längere basaltische Theil, und früher, als der Vulkan um sich her Laven
verbreitete. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dafs sie sich gebildet
haben mag, als der Pic selbst aus dem Innern des Erhebungscraters her-
vorstieg, ehe noch die Feuererscheinungen daraus hervorbrechen konnten,
Ganz analog mit den Tuffmassen, welche den Fufs der Trachytberge in
Ungarn umgeben. Sehr wird diese Meinung unterstützt durch die Blöcke,
welche die Tosca enthält. Bei la Guancha sind es Trachytblöcke und
in grofser Zahl, mit schönen länglichen Hornblend- und Feldspathkrystallen,
zwischen Orotava und Rio Lejo sieht man sie kleiner und fast nur fein-
'körnige Basalte, wie in den Schichten der Nähe, und bei $t. Cruz wird
man kaum in dem Tuff fremdartige Stücke entdecken,
Dafs der Pic in der Mitte eines Erhebungscraters stehe und ihn fast
gänzlich ausfülle, eine für Beurtheilung der Natur aller übrigen Vulkane
so sehr merkwürdige Thatsache, fällt denen weniger auf, welche diesen
Berg von Orotava aus besteigen. Man bleibt fast stets unter höheren
Bergen und kann ihren Zusammenhang nicht fassen. Hat man aber den Ke-
gel selbst erstiegen, so sind alle Höhen umher, so beträchtlich sie auch
sein mögen, so tief unter der, auf welcher man sich selbst befindet, herab-
gesunken, dafs sie die Einbildungskraft wenig mehr berühren. Daher mag
. es wohl kommen, dafs unter allen Naturforschern, welche den Pic besught
haben, D. Francisco Escolar in St. Cruz der erste war, der auf die-
sen Circusaufmerksam machte, und öffentlich redete, nach seiner Angabe,
davon zuerst der Capt. Bennet (in Geolog. Transact. Il), Wenn man
diese Circusfelsen ersteigt, so fühlt man es wohl, wie‘ bedeutend sie sind;
‘denn nur an wenigen Orten sind sie ersteiglich, und ihre Höhe von dem
Gipfel der Adulejos bis in die Bimsteinebene der Cannadas beträgt 2400
% vv. Buch
Fufs, daher voll! zwei Drittheil der ganzen Höhe des Vesuvs. Auch nur
erst dann, von der Höhe eines dieser Circusgipfel selbst, ist der regel-
mäfsige Bogen auffallend, mit welchen diese Felsen die beiden Trachytdome
Pic und Chahorra umgeben, und durch welchen sie so unmittelbar als
die Craterumgebung in der Mitte der einst erhobenen Insel bezeichnet wer-
den. Wie in andern Erhebungscrateren bestehen auch diese Felsen aus Schich--
ten; unregelmäfsig übereinander gelagert von sehr verschiedenartiger Na-
tur, welche “Aurch ‚eine grofse Menge Gänge durchsetzt werden; oben auf
der Höhe und gegen die nordöstliche Seite, nach welcher hin die Insel
weiter fortläuft, sind es feinkörnige Massen von Basalt,: welche Augith in
kleinen Krystallen, wenig Olivin und selten einige kleine Feldspathkrystalle
enthalten. Tiefer folgen in grofser Mächtigkeit lockere, weiche Schichten
von Tuff, gröfstentheils wie es scheint, zerriebene und veränderte Schich-
ten von Trachyt, aus welchen die festeren Gänge wie Mauern hervorste-
hen; dann folgt deutlicher schöner Trachyt selbst; eine helle bläulichgraue
matte oder nur wenig schimmernde Feldspathhauptmasse, in welcher gla-
sige. Feidspathe und längliche, schwarze, glänzende Hornblendkrystalle in
nicht kleiner Zahl zerstreut liegen. Diese unteren Schichten heben sich
sanft gegen Westen, so dafs sie endlich die obere Basaltschicht verdrängen,
die höheren Cirkusgipfel los Adulejos und den Tiro delle Guanche.
ganz bilden und nun dem westlichen Theile des Circus eine auffallende Aehiı-
lichkeit in Hinsicht der Zusammensetzung mit dem Cireus des Montdor
geben.
Der Trachyt hat daher schon in unteren Theilen des Erhebungscra-
ters selbst die Oberhand gewonnen, und es wird uns nun weniger befrem-
den, 'wie so ungeheure Massen, als der Pic und Chahorra: sich aus der
Mitte dieses Craters mit durchaus nichts anderm als Trachyt haben heraus
heben können. In der That, glaube ich, kann man nicht zweifeln, dafs
beide nicht gänzlich aus dieser Gebirgsart zusammengesetzt sein sollten. Im
den Crateren sowohl vom Pic als von Chahorra stehen Felsen an, welche.
[4
glasigen Feldspath in grofser Menge in ihrer Masse enthalten; sie tragen
wohl Spuren genug der Wirkung hoher Temperatur an sich; die Masse ist
trocken, zersprungen, oft auch wohl etwas glasig, allein vom Fliefsen ei-
nem Strome gleich, ist in ihnen durchaus nichts zu bemerken. Am äulse-
über den Pic von Tenerij]a, 97
ren Umfange der Berge gelingt es nicht, eiwas von dem Gestein zu ent-
decken, welches ihr Inneres bilden mag. Die ungeheure Menge von Bim-
‘ steinen, durch welche dieser hohe Vulkan stets wie mit Schnee bedeckt
erscheint, verstecken fast durchaus alles, und nur an einer Stelle, etwa
600 Fufs unter. der unteren Estancia, ist es mir gelungen, einen Absturz
zu finden, wo unter dem Obsidian Massen von Trachyt kervorkömnmen,
ganz denen im Innern des Craters ähnlich, nur etwas weniger trocken und
zersprungen. j
Die Menge von weilsen Bimsteinen, welche den Pic und den Circus
bedecken, ist in der That ganz unglaublich. Man kann rechnen, dafs man
seit der Ebene, die man Llano de las Retamas nennt, fast zwei deut-
sche Meilen lang ununterbrochen unter den Circusfelsen auf Bimstein fort-
gehen kann, und gewifs würde die Umgebung des Circus noch um einen
ansehnlichen Theil höher erscheinen, hätten nicht die Bimsteine so hoch die
ganze Vertiefung erfüllt, welche zwischen ihnen und dem Pic liegt. Da
man bei Villa Orotova keine Spur solcher zerstreuter Bimsteine sieht und
auch viel höher hinauf noch nicht, so bin ich aufmerksam gewesen, wo
man sie wohl zuerst finden möge, und ich-habe gesucht auf solche Art
die Grenzen der Ausbreitung des ausgeworfenen Bimsteins über die Insel
zu bestimmen. Sie ist viel schärfer als man glauben sollte, und erweist
unmittelbar, wie diese Bimsteine aus Oeffnungen umher durch die Atmo-
sphäre fortgeschleudert sind: denn sie läuft über Berge und Thäler fort,
als wenn es eine völlige Ebene wäre. Zuerst zeigen sich ganz kleine Stücke
zerstreut über denälteren basaltischen Strömen, etwas über die Hälfte des We-
ges zwischen dem Pino del Dornajito und dem Portillo, und genau
mit diesem Anfang korrespondirend sieht man die ersten auf der gröfsten Höhe
des Grates zwischen der Nord- und Südseite der Insel unfern der Fuente
della Montana Blanca. Nach und nach werden sie gröfser, häufiger.
Bei dem Portillo, ehe man die Ebene des Circus erreicht, bedecken sie
schon den ganzen Boden und bilden kleine Hügel von lockeren, rollenden
Stücken. Im Verhältnifs, als man auf dem Llano de las Retamas ge
gen den Kegel des Pic fortschreitet, werden auch die Stücke des Bimsteins
stets gröfser, endlich wie kleine Köpfe grols an dem Ort, welchen man
die Estancia ariba nennt, der schon 9312 Fuls über dem Meere liegt.
Phys, Klasse. 1920 — 1825, N
98 ne Bw € ı2.
Von hier kann man: noch: 600: Fufs auf Bimsteinen fortsteigen,; ehe man ge-
nöthigt ist, die schwarzen, glasigen Obsidianströme vom Pic herunter zu
überschreiten. Allein nun vermehrt sich der Umfang der. Stücke nicht, sie
‚scheinen: vielmehr wieder etwas kleiner, und hat man die Obsidiane, den
Malpays. wieder: verlassen, und fängt: nunan jenseits den Piton, den letz-
ten Kegel. des Pic: zu ersteigen,. so sind diese Bimsteine umher nicht nur
ganz, auffallend kleiner, sondern. auch: so. reich 'an Feldspath, wie man sie
vorher: auf dem: ganzen: Wege nicht sahe.. Natürlich sucht man dann'den
Ort ihres. Ausbruchs: dort wo: sie das Extrem ihrer Gröfse erreichen, un-
fern. der: Estancia: ariba, und: überzeugt sich leicht bei etwas Nachforschen,
dafs. beide: Estancien in. der That. ganz in der’ Nähe einer solchen Aus-.
bruchsöffnuı. liegen,, welche jetzt. von: höher herabkommenden. Obsidian-
strömen; verdeckt ist. Man findet sogar einen neuen: Obsidianstrom: unter
dem: Bimstein,. welcher in. den: Tiefen: des. Circus sich. unter anderem ver
steckt. Der Obsidian,. an: welchem: man: von den. Estancien: zwei: Stunden.
lang hinaufgeht, bis man: endlich genöthigt. ist, eine: halbe: Stunde: lang,
über die. scharfen: Blöcke: wegzusteigen,, hat so: sehr die Kennzeichen des.
Elielsens,, wie: kaum: je: ein anderer Lavenstrom.. Die Oberfläche’ ist von Mas-
sen: in Form: von: Tauen: bedeckt,, die: sich: wunderbar: durcheinander: win.
den; grofse Glasthränen. hängen an: den Seiten: herunter,. und‘ grüne und
schwarze: Bimsteine,. fasrig. wie die: weilsen,. sitzen: noch; an: der: festen
' Masse,. mit; welcher: sie: herabfliefsen.. Tiefer’ im: Strom.ist dieser Obsidian.
weniger vollkommen: muschlig,. weniger‘ glänzend, er gleicht. dem: Pech-+.
stein,, und‘ häufiger als. oben. liegen: frische- Feldspathkrystalle darinnen.. Diese
Eeldspathe- sind: glasig,. zersprungen: und’ mit. ihrer: gröfseren: Dimension
"stets: der. Richtung. des Stromes 'gleichlaufend. Vom: Rande des Craters sieht
man: deutlich,. und: ohne: Zweifel zw lassen‘,. wo diese mächtigen: Ströme:
am; Abhang; des: Kegels: hervorgebrochen: sind. Es ist etwa: 6: oder 700: Fußs.
unter dem: Gipfel.. Aerme: von: Obsidian gehen: hier: wie Strahlen auseinan«
der,. und! verbreiten:sich: über: den:steilen: Abhang. Allein: sie erreichen: den:
Boden: nicht... Viele: von: ihnen: bleiben: auf den: Bimsteinen: hängen, und
nur‘ .die' äufsersten' Enden: haben: sich: davon. als; Blöcke: getrennt,, sind: den
Abhang: herabgerollt,. und: liegen: nun: abgerundet und: Häusergroßs. auf der
Bimsteinfläche: im: Circus ,. wo: sie durch: ihre Schwärze- gegen die blendende
Weeilse: des: Bimsteins' sonderbar auflallen.. Bemerkenswerth: ist. es, dafs kein
ne
über den Pie vor Tenerijfa. 99
Bimstein diese Ströme bedeckt, woraus hervorgeht, dafs alle Bimsteinaus-
brüche älter sind, und das ist auch an sich wahrscheinlich. Denn ist der
Bimstein, wie man kaum zweifeln kann, - der aufgeblähte Obsidian selbst,
so wird er alıch im Innern den Obsidian bedecken, und daher eher als er
hervorbrechen müssen. Inzwischen ist es aus den umherliegenden Stücken
offenbar, dals, so, grofs auch die Ströme sein mögen, welche vom Piton
herablaufen, die Bimsteinausbrüche aus diesen Oeflnungen ohne Vergleich
geringer müssen gewesen sein, als bei der Estancia.
Vom Gipfel des Pic selbst ist gar kein Strom mit Deutlichkeit zu
verfolgen; im Crater sieht man keine Obsidiane, und Bimsteine so we-
nig, 'dals man sich leicht überzeugt, .dals wohl nie Bimsteinausbrüche sich
mögen aus diesem Crater verbreitet haben,
Dagegen darf man nur wenig auf der westlichen, selten von Reisen-
‚den besuchten Seite herabsteigen, um sogleich wieder auf neue ungeheure
‚Obsidianströme zu stolsen; sie fallen schnell den steilen Abhang herunter
und endigen sich nicht eher als bis an den Ufern des Meeres. Mit Ver-
wunderung sieht man hier, |nur 3000 Fufs unter dem Kegel des Pic, eine
nicht unbedeutende Ebene, ganz shit Bimsteinen bedeckt und fast ohne ir-
gend eine bemerkliche Neigung. An ihrem Ende, und wenig, gewils nicht
hundert Fufs darüber erhöht, öffnet sich der gewaltige Crater des Cha-
horra; ein Cräter, fünfmal gröfser als der auf-dem Gipfel des Pic, stei-
ler umgeben und tiefer; denn von der Ostseite steigt man mehr als zwei-
hundert Fuls hinein, und ein kleinerer Crater, gegen Westen, mit dem
‚gröfseren verbunden, ist von der Westseite her ganz unerreichlich und ge-
gen 600 Fuls tief. Diese Bimsteinebene, welche beide grofse Cratere verei-
nigt, umgiebt wieder mehrere Ausbruchsöffnungen des Obsidians, aus wel-
‘chen Ströme sich den Abhang herabstürzen, unten über einander hinlau-
‚fen, so dafs es kaum möglich ist, die einzelnen Ströme in ihrem Lauf zu
verfolgen, und nun den ganzen Raum einnehmen, zwischen Chahorra, dem
‚Pie und dem Meere. Eine dieser Oeflnungen, nahe unter dem letzten Ke-
gel des Pic, liegt 8900 Fuls über dem Meer, und das, glaube ich, ist
‚der tiefste Punkt, aus welchem man noch einen glasigen Lavenstrom her-
workommen sieht. Alle tiefer ausbrechenden Larven haben die
"Natur des Glases nicht mehr.
N2
100 = ve. Bau eo h |
Die gröfste Höhe des breiten Randes vom Crater von Chahorra legt
nach meiner Messung 9376 Fufs über dem Meere. Auch sie ist noch ganz
mit Bimsteinen bedeckt, und so auch der Boden’des Craters. Allein auch
aus diesem Crater sind wohl wahrscheinlich Bimsteine niemals gekommen;
die umherliegenden Stücke sind weder gröfser noch mehr gehäuft oder in
irgend einem Betracht von den Bimsteinen verschieden, welche die Ebene
zwischen dem Pic und Chahorra bedecken, und ein anderes sonderbares
Phänomen bestätigt dies noch viel mehr. Umgeht man nämlich den, nach
Westen schnell und steil abfallenden Kegel von Chahorra, so verlieren sich
plötzlich alle Bimsteine, man sieht von ihnen keine Spur mehr. Man fährt
fort den Berg zu umgehen, und im Augenblick als man die Abhänge des
Pic wieder zu sehen ‚bekommt, fangen auch die Bimsteine wieder an, und
bedecken nun wie vorher, die ganze Gegend umher, gerade, als sei des
Chahorra Abhang eine die Verbreitung des Bimsteins hindernde Wand ge-
wesen. Das könnte nicht sein,: wären diese Bimsteine von sehr hoch an»
den Seiten des Pic hervorgebrochen, denn dann hätte Chahorra ihre Ver-
breitung auch an seinem westlichen Abhange nicht aufhalten können. Da-
her wurden sie wahrscheinlich aus derselben Oeflnung geworfen und zer-
streut, aus welcher der tiefste von allen bekannten Obsidianströmen des
Pic am Fufs des Kegels hervorbrach.
Diese Bimsteine bedecken auf dem Abhang gegen das Mear den Bo-
den nicht tiefer herunter, als etwa bis zur unteren Grenze der Retama
blanca oder des Spartium nubigenum ungefähr 6400 Fuls über dem
Meere. Da verlieren sie sich allmählig auf dieselbe Art, wie sie nach
und nach im Heraufgehen zum Pic erschienen waren.
Ich glaube, dafs diese Verhältnisse über die Natur von Obsidian
‘und Bimstein völlig entscheidend sind. Man sieht, wie beide von einan-
der abhängen, wie sie nur zusammen vorkommen, und sogar nur aus den-
selben Oeffnungen hervorbrechen. Obsidian ist in der That nichts anders,
als der zu Glas durch‘das Feuer veränderte Trachyt. Beobachtungen auf
den liparischen’ Inseln hatten dies schon erwiesen, wo deutliche Trachyt-
stücke von Obsidian umwickelt sind, und sich darinnen verlaufen. Der
Obsidian enthält die Gemengtheile des Trachyts, welche aber, je glasiger
über den Pic von Teneriffa. 101
die Masse wird, um so mehr verschwinden; die Substanz nämlich des Gla-
ses dringt zwischen den Blättern der zersprengten Feldspathkrystalle ein,
führt sie weg und löst sie endlich ganz auf, welches in einzelnen Stücken
ganz deutlich beobachtet werden kann. Am Pic sehen wir, wie zu Bil-
dung solcher Obsidianströme Entfernung vom Druck darauf nothwendig ist;
nur oben am Gipfel brechen sie hervor, die höchsten Lavenströme in Eu-
ropa. Druck bewirkt, was Erkältung thun würde, er unterstützt die an-
‘ ziehende Kraft innerer Theile gegen die entgegenwirkende der Wärme; die
homogen scheinende Masse des Glases zertheilt sich in mancherlei verschie-
denartige Substanzen, deren mannigfaltige Formbegränzung, nicht mehr in
Gebirgsarten Sprödigkeit, muschligen Bruch, Glanz und ebene Flächen er-
laubt. Daher ist auch jede Art von Verglasung, weit entfernt, eine grofse
Intensität des Feuers, welches darauf gewirkt hätte, zu beweisen, nur ein
Zeichen, dafs die Wirkung der Oberfläche nahe und vom Druck entfernt
vor sich gegangen sei. Auch ist mir wirklich kein Beispiel von Verglasungen
bekannt, welche sich in hoch bedeckten Schichten gefunden hätten, und
eben deshalb finden sie sich nicht, weder in Mandelsteinen, noch in Basalten
und Porphyren. Bei dem langen Laufe der Obsidianströme von der Chahorra-
fläche gegen das Meer wird es möglich, in ihrer Erstreckung fast alle Wirkun-
gen zu verfolgen, welche sonst Druck, hier wahrscheinlich ‚langsame Er-
kältung, auf diese glasige Massen bewirken. Der Glanz vermindert sich
bis zum Wenigglänzenden, zum Schimmernden, der Bruch neigt sich aus
dem Muschligen ins Ebene, es wird aus dem Glase ein Pechstein. Nun
treten neue Fossilien hervor, von denen oben an den Ausbruchsöffnungen
auch gewifs nicht eine Spur ist. Ich habe bei Herrn Cordier in Paris
Pechsteinstücke aus diesen Strömen von la Guancha gesehn, welche mit
Augithkrystallen von deutlicher Krystallisation besetzt waren. Mit der an-
gestrengtesten Aufmerksamkeit habe ich aber nie zwischen den vielen Feld-
spathkrystallen an der Cueva de las nieves oben am Pic oder bei den
Estancien das mindeste entdecken können, was man auch nur entfernt als
Augith hätte ansehen mögen. Dagegen sahe ich selbst bei Icod los vi.
nos fast am äufsersten Ende dieser Ströme gegen das Meer in der, nun
‚ganz matten und fast schon höchst feinkörnig erscheinenden Masse ganz deut-
liche Olivinkörner, um welche die sonst parallele und nun schon durch
stete Vertheilung ganz dünne Feldspathblättchen sich herumlegen, als wäre
102 Ayı D. B 77 A HR re
es eine fremdartige Substanz, welche sich mit dem Strom nicht, bewegt.
Aufmerksam durch diese ölgrünen, durchsichtigen Olivinkörner gemacht,
habe ich hier lange und anhaltend die Feldspathkrystalle in ihrem Innern
untersucht, und nicht wenig gefunden, in welchen sich offenbar Olivin er-
deügt und zusammen gezogen hatte, und nun als undeutlicher Krystall, als
dürchsichtiges Korn’ im Innern einer Hölung noch vom ursprünglichen Feld.
"spath umgeben war. |
Diese Wirkuug ruft eine ganz ähnliche zurück, wie sie in einer
von dieser gar: sehr verschiedenen Gebirgsart beobachtet werden kann,
im Transitionsporphyr nämlich bei Eidsfofs ohnweitBrammen in.
Norwegen. Hinter dem, Hause des Hüttenwerks erhebt sich hier
ein Fels, auf dessen Oberfläche die Krystalle, welche die Masse um-
«ickelt, deutlich und schön, wie ein Relief hervortreten, wahrschein-
Eich, weil die Masse selbst durch Verwitterung weggelführt ist. Die gröfste
Menge dieser Krystalle sind weilse. Feldspathe, sehr dünn und breit, alle
mit ihrer dünnen Seite hervorstehend und parallel hinter einander. Zwi-
schen diesen erscheinen gar deutliche und schön und scharf begränzte Kıy-
stalle von Augith, welche den Parallelismus der Feldspathe eben so stö-
ren, und sie zum Ausweichen zwingen, ‘als der Olivin in der Lava von
Itod. Untersucht man nun diese Feldspathe genauer, so findet sich bald,
dafs von ihnen nur!ein gar dünner und feiner Rahmen übrig ist; den Rest
des Innern nehmen ganz kleine Epidotkrystalle ein, welche durch ihre leb-
häfte grüne Farbe sich gar sehr von dem weifsen -Feldspath unterscheiden.
Offenbar haben sich daher auch hier diese Epidotkrystalle durch neue hin-
zugetretene Bedingungen aus dem Feldspath gebildet.
So sehen wir, wie in dem ursprünglichen Trachyt endlich aller Feld-
späth verschwinden kann, indem er theils in die Hauptmasse vertheilt,
theils zu Olivin verändert wird; wie dann auch Augith erscheint, die
Hauptmasse sich schwärzt, zum feinkörnigen Dolerit und durch Hinzutre. _
ten von mmagnetischem und Titaneisen zum Basalt sich umwandelt. Tra-
chyt ist daher, so weit unsere Erfahrungen bis jetzt geführt haben, stets
der Aufang und der Grund fast aller übrigen Gebirgsarten, die der Tra-
chytformation gehören, oder von Vulkanen ausgehen mögen.
Daäfs der Bimstein stets aus dem Obsidian ‘entstehe und eben derbe,
Ausch seine Anwesenheit den Obsidian als noch gegenwärtig oder da g&
}
fi
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j
N
hg
‚über den Pie von, Teneriffa. 103
wesen verrathe, ‘wird von mehreren: Naturförschern bezweifelt, weil sie
dem Begriff des Bimsteins 'eine Ausdehnung geben, welche die Natur nicht
anerkennt. Bimstein ist zwar kein Fossil, sondern nur eine Form ; denn
ohne Sprödigkeit, schwimmender Leichtigkeit und Mangel an Zusammen-
hang durch grofse, leere Räume würde man sich keinen: Bimstein. denken
können; allein man geht zu weit, wenn: man deshalb jeden schwimmenden
Schlackenschaum Bimstein nennen will. Es würde die Gebirgsart nicht
sein, welche in lockeren Stücken verstreut, sich in allen: Theilen der Erd-
fläche findet. Diesem Bimstein ist es noch wesentlich, dafs seine leeren
Räume nie rund, sondern stets unregelmäfsig länglich sind, und das solide
feste dazwischen in dünnen Fasern zerrissen. So sind alle Bimsteine durch-
aus, welche grofse Bimsteinfelder oder gar Berge daraus bilden. Diese
sind aber offenbar ein geflossenes Produkt, während einer grolsen Gas- oder
»Dampfentwickelung aus dem Innern der Masse. Die Fasern sind noch jetzt
spröde wie Glas, und in der That auch nur eine, in einzelnen Kırystalli-
sationen: so: wenig, vorgeschrittene Masse: wie Glas: würde sich in so feine
Fasern: nach jeder Seite. ausdehnen lassen, weil die, in: so mannigfal-
tiger Richtung; durcheinander liegenden Axen der einzelnen, vielleicht schon
gesonderten: Fossilien keiner: einzelnen Richtung in der Masse besonders her-
chende: Eigenschaften: vor allen: übrigen Richtungen: erlauben, und diese
Masse: in: dieser‘ Hinsicht. völlig, indifferent machen... Daher wird! weder:
Granit, noch: Trachyt unmittelbar ohne durch: die Glassform: des: Obsidians:
zu gehen, sich: zu: Bimstein umändern können.. Dafs. Bimstein: aber: selbst:
gellossen, dann: erst in: einzelne Stücke zerrissen sei, wenn: es: auch. nicht:
die parallele: Form: der Blasen und. die: fasrige: Struktur‘ erwiesen, würde:
der noch: zusammenhängende Bimsteinstrom auf Lipari erweisen, den‘
Dolomieu: beschreibt,, oder‘ so: viele: Stücke: aus: den Ausbrüchen: bei
Andernach.. Denn: hier findet: sich: fast in: jedem: Stück: in der Mitte ein
Biest der: Gebirgsart,, des: Thonschiefers,. der umher: ansteht,, und: der: wahr-
scheinlich durchbrochen: werden: mulste. Diese: kleine: Thonschieferbrok-
ken liegen mit: ihren: breiten: Flächen: stets: der‘ Richtung; ‚der: Fasern und
der lesren: Räume: gleichlaufend,. nie rechtwinklich: darauf,, wie: es: ihrer:
Lage: und' ihrem. Wäderstande: in: einer nicht: ganz: gleichförmig; fiefsenden
"Masse: zukommt... Kann: man: daher: in Andernach: nicht: wie: am: Pic: den
Obsidian nachweisen, aus; welchem: der Bimsteim entstand, so’ mag; manı
ze
104 v. Buch über den Pic von Teneriffa. -
sich doch nichts desto weniger überzeugen, dafs er entweder dort noch
verdeckt, oder da gewesen sei, dafs also auch dieser Bimstein der Gegend
von Coblenz sich nicht in den Tiefen der Erde wie Basalt oder Porphyr
gebildet habe, sondern der Oberfläche ganz 'nahe, wo die Existenz von
glasigem Obsidian nur allein möglich wird, er
Einige
5 en a
Einige Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln.
Fr
Von Herrn v. Buch *)
——
ı ER den vielen wichtigen Bereicherungen der physikalischen Kenntnifs
der Erdoberfläche, welche man der Humboldtschen Reise verdankt, ist die
feste Bestimmung der Temperatur unter den Tropen eine der vorzüglich-
sten nnd der folgereichsten. Denn ehe sie bekannt war, konnte man nicht
leicht beurtheilen in wie weit die Formeln, welche die Temperaturver-
breitung auf der Erdoberfläche ausdrücken sollten, wirklich den Erschei.
nungen in der Natur gemäfs waren. In gemäfsigten und nordlichen Kli-
inaten aufgesucht, blieb das Resultat der Beobachtung stets mit dem aller,
das allgemeine Gesetz störenden Einwirkungen behaftet, und der Zweck
der Untersuchung, die Anomalien aufzufinden und abgesondert darzustellen,
konnte nur sehr unsicher und unvollkommen erreicht werden.
Nachdem wir nun aber über die Intensität der Temperatur in der
Nähe des Aequätors in der Ebene des Meeres etwas näher belehrt sind,
bedürfen wir einer Zahl von Beobachtungen, welche diese an denen jen-
seit des 5osten Grades der Breite anzuschliefsen im Stande sind; allein
"auffallend genug, finden wir für die Ausdehnung von 40 Breitengraden
durchaus keine Beobachtungsreihe, aus welcher die Temperatur zu beur-
'theilen wäre, höchstens nur Beobachtungen in Madera im Jahre 1750 von
Dr. Heberden angestellt, welche man gern mit neuern, und deshalb
wahrscheinlich genaueren zu vertauschen wünschen möchte,
*) Vorgelesen den 29. März 1821,
Plıys. Rlasso, 189 —ageı. , o
106 er ve. Buch
Deshalb mögen wohl die Beobachtungen, welche der geschickte Na-
turforscher Don Francisco Escolar in St. Cruz auf Teneriffa vom
Mai ı808 bis zum August ı$ı0 angestellt hat, eine nachsichtige Aufnahme
verdienen. So viel sie auch noch zu wünschen übrig lassen, so füllen sie
doch auch, so wie sie sind, eine bedeutende Lücke in der Kenntnils von
Temperaturverbreitung, und ich möchte wohl sagen, sie können bei Be
gründung einer wissenschaftlichen Meteorologie nicht entbehrt werden. ,
Ich habe die Escolarschen Beobachtungen, die er mir gütigst mit-
gerheile hat, nach Decaden berechnet, aus diesen die Mittel gezogen Kia
älle in eine Tabelle gebracht, welche ich hier beifüge.
Herr Escolar hatte sich mit guten englischen Instrumenten versehen,
welche im Schatten, von Sonnen- Reflexion entfernt in einer offenen Galle-
rie aufgestellt waren. In dieser Hinsicht verdienen seine Beobachtungen al--
les Zutrauen. Seine Beobachtungsstunden waren Sonnenaufgang und die
Stunde des Mittags oder wenig später. Man möchte daher wohl glauben,
dafs auf diese Art das Extrem der Wärme nicht beobachtet werden konnte,
und die Mittel daher etwas zu tief stehen werden. Noch mehr wird man
dazu aufgefordert, wenn man die höchst auffallende Thatsache bemerkt,
dafs die Temperatur am Mittage die bei Sonnenaufgang nicht mehr als um
1.16 R.Gradeim Mittel übertrifft. Allein Herr Thibaut de Chanvallon
(Voy. a la Martinique ı763) hat schon längst gezeigt, dafs auf Inseln der
wärmeren Klimate das Extrem der Wärme nie über ı Uhr hinausfalle, oder .
doch nur höchst selten ı5 Uhr erreiche; aber häufig schon nach ıı Uhr und
sehr gewöhnlich zu Mittage gefunden werde. Wahrscheinlich wird die Er-
hebung der Wärme nach der Culmination der Sonne, durch den nun zu
seiner gröfsten Stärke erhobenen Seewind verhindert. — So sehr nun auch
ferner die geringe Differenz der Temperatur beider Beobachtungsstunden
einen Irrthum oder ein ungünstiges Aufhängen der Instrumente könnte ver.
muthen lassen, so wird doch diese merkwürdige Erscheinung durch He-
berden’s, sechzig Jahr früher in Funchal aufMadera angestellten Beobach+
tungen, vollkommen bestätigt. Heberden giebt nämlich, aufser dem Mit-
tel der monatlichen Temperaturen auch noch die Extreme in jedem Monat
an. Die Differenz aber dieser mittleren Extreme steigt im Verlauf von
vier Jahren auf nicht mehr als 2, gı R. Grade. Es ist daher ganz glaublich,
dafs die Differenz der Mittel nur die Hälfte betragen werde. Inder Gegend
von St. Cruz giebt es, so wenig als bei Funchal, eine Ebene; die Berge er-
Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln. 107
heben sich zum Theil sehr steil ih wenig Entfernung. _ Es giebt daher
während der Nacht keine völlige Radiation der Wärme in das Blaue, und
der Verlust während der Mächt ist gering. — Um Laguna dagegen, das
1588 Par. Fuls über dem Meere liegt, verbreitet sich eine Ebene, welche
vielleicht 5 deutsche Quadratmeile betragen mag. Dort werden die Nächte
empfindlich kalt, und so sehr, dafs es im Winter nicht ganz selten Eis
friert, wenn auch nur wie ein Messer stark. Doch schneit es in Laguna
niemals; die tiefe Temperatur ist nicht der Atmosphäre, sie ist durch Wär-
mestrahlungsverlust, welche der heitere Himmel nicht wiedergiebt, nur
dem Boden eigenthümlich, und wenig von Laguna entfernt, wenn gleich
in derselben Höhe, würde sie wahrscheinlich nicht gefunden werden.
Ich glaube daher richt, dafs man den Escolarschen Beobachtungen
etwas zusetzen oder abnehmen dürfe, und meine, dals man sie wohl], als
das Klima von St. Gruz bezeichnend, ansehen könne.
Die mittleren Temperaturen der einzelnen Monate sind folgende:
Januar 14,25
Februar 14,35
März 15,63
April 15,7
Mai 17,83
Juni 18,62
Juli 20,12
August 20,84
September 20,19
October _ 13,96
November 17,08
December 15,03
3
FR 19;31.
Das sind freilich sehr hohe Temperaturen. Die mittlere Wärme des
kältesten Monats, des Januars, erreicht schon die des ganzen Jahres im
6 südlichen Theile von Italien. Allein in dem Gange, mit welchem die Tem-
peratu en der einzelnen Monate zu- und abnehmen, würde man schon leicht
einen Ort erkennen, über welchem die Sonne nicht mehr durch däs Zenith
geht. Es giebt keine zweimalige Erhöhung und zweimalige Abnahme die-
ser Temperaturen, wie an allen Orten unter den Tropen, sondern, wie fast
02
108 r Dr Bue A
überall in den temperirten Zonen ist die gröfste Depression im Januar,
die gröfste Erhebung einen Monat nach der Sonnenwende. Auch empfin-
den die canarischen Inseln nichts mehr, was tropische Regen erinnern
könnte; an solche Regen nämlich, welche, nach der Sprache der Seeleute
„die Sonne verfolgen“ und dann eintreten, wenn die Sonne ihre gröfste
Höhe erreicht hat, Die Regen dieser Klimate erscheinen erst dann, wenn
die Temperatur im Winter bedeutend sinkt, und die Temperaturdifferenz
mit Aequatorialgegenden gröfser und bedeutender wird. Die Ursache die
ser Regen scheint dann keine andere zu sein, als die, welche sie bis zum
Pol hinauf bewirken; die Erkältung der von Südwest aus tropischen Ge-
genden oder niederen Breiten heraufdringenden wärmeren Luft. — Da aber
diese Luft in der Temperatur der Herbstmonate canarischer Inseln noch
nicht sogleich bis zum Condensationspunkt des Dampfes sich erkälten wird,
so ist begreiflich der Eintritt dieser Regen viel später als in Spanien oder
Italien, oder noch mehr, als in Frankreich und Deutschland. Nicht leicht
werden Regen am Ufer des Meeres vor dem Anfang des Novembers fallen,
und nicht wohl später als am Ende des März. In Italien währt diese Re-
genzeit von der ersten Hälfte des Octobers bis zur Mitte des Apnils.
Der Sommer der canarischen Inseln bindet dagegen dieses Klima
noch völlig an das tropische; so dafs in der That in diesen Breiten beide
Zonen sich in einander verschmelze® Seit dem April nämlich und fortge-
setzt bis zum October weht der tropische Nordostwind unausgesetzt völ-
lig auf dieselbe Art wie bis zum mexikanischen Meerbusen hin. Der Ost-
passat tritt im Sommer allmählıg immer nördlicher herauf, und erreicht
endlich selbst die portugiesischen Küsten. Auf gleiche Art zieht er sich zum
Aeguator zurück, im Verhältnifs als die südliche Abweichung der Sonne
sich vermehrt und die Temperatur sinkt. Wie weit aber südlich hin? soll-
ten wohl Südwestwinde, wenn auch nur für wenige Wochen im December
und Januar, auf den Cap Verdischen Inseln, herabkommen können? Sollte
vielleicht in dieser Lage gleichsam an den Grenzen beider, für andere Ge- -
genden so nothwendigen, so wohlthätigen und befruchtenden Regen, der
tropischen und der Winterregen, ebenfalls ein Grund liegen, warum diese
unglücklichen Inseln, mitten im. Ocean, häufig auf viele Jahre nicht einen
Tropfen Regen herabfallen sehen! -
Die Beständigkeit dieses Nordostpassats während des Sommers in der 3
Gegend der canarischen Inseln: ist so grofs, dals ex sich, wie ein unüber-
r
u
Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln. 109
steiglicher Wall, aller Verbindung entgegensetzt, die in dieser Jahreszeit
von Südwest gegen Nordost gerichtet sein könnte. In zwei Tagen erreicht
man bequem Teneriffa von Madera aus; nicht leicht aber entschliefst
sich jemand von Teneriffa oder Canaria nach Madera zu gehen; man
würde Gefahr laufen, einen ganzen Monat dazu anwenden zu müssen,
Wenig Menschen auf der Erdfläche leben isolirter, als die Bewohner der
Insel Ferro. Man braucht nicht einen Tag von Teneriffa dorthin; aber
die Rückkehr, die nur durch Hülfe starker, sich besonders weit verbrei-
tender Landwinde geschehen kann, ist so unsicher und so gefahrvoll, weil
man nicht selten sich dem Hungerstod ausgesetzt sieht, dals man diese
Reise nur macht, wenn sie durchaus nicht zu vermeiden ist, Gewöhnlich
rechnet man dazu 8 oder ı0. Tage, kann aber auch leicht 5, 4 oder 5 Wo-
chen bedürfen.
Höchst merkwürdig, belehrend und für die ganze Meteorologie von
der gröfsten Wichtigkeit ist die Art, wie dieser Nordostpassat gegen den
Winter von den Südwestwinden vertrieben wird. Nicht im Süden sind
diese zuerst und gehen nach Norden herauf, wie man ihrer Richtung gr
mäfs anfangs wohl glauben könnte, sondern wie wir schon vorher bemerk-
ten, an den portugiesischen Küsten eher als in Madera, und hier früher
als auf Tenerifla und Canaria; und auf gleiche Art wie vom Norden her,
kommen diese Winde allmählig von oben herab; und.in diesen oberen
Biegionen waren sie schon immer, selbst während des Sommers, selbst
während der Nordostpassat an der Meeresfläche mit der grölsten Heftg- _
keit wehte, — Schon lange hat man die Vermuthung gehabt, es möge in
den oberen Theilen der Atmosphäre ein, dem unteren entgegengesetzter _
Strom laufen, und auf diese vermuthete Existenz. ist die jetzt fäst überall
angenommene Theorie der Passatwinde begründet, die nämlich, der Ent-
stehung dieser Winde durch das Aufsteigen erwärmter Aequatorialluft und
durch das Heranströmen der kälteren Luft von Süden und Norden her,
welche ihre Richtung in eine Südöstliche und nordostliche,. endlich wo.
"beide sich vereinigen, ganz in eine östliche verändert, "weil sie in nie-
"deren Breiten eine grölsere Umdrehungsgeschwindigkeit vorfindet,, als
die ist, mit welcher sie ankommt, — Aber dieser rückkehrende Strom ist
bis vor wenig Jahren nur immer noch Vermuthung gewesen.. Da erschien
im Jahre 1812 ein grofser Ausbruch des Vulkans von St. Vincent, Im
Osten: der Insel liegt die Insel Barbados, wenig entfernt, aber durch den
%
110 v. Buch -
Ostpassat von ihr so bestimmt geschieden, dafs sie nur durch einen Cirkel
von vielen hundert Meilen wäre zu erreichen gewesen. Dieser Ostwind
bringt nach Barbados keine Regen und keine Wolken. Plötzlich aber .er-
schienen finstere Wolken über der Insel, und die Asche aus dem Vulkan
yon St. Vincent fiel, zur gröfsten Bestürzung und zum Schrecken der Ein-
wohner, in grofser Menge herab. Sie hätten mit nicht weniger Erstaunen
Berge sich bewegen, als solche Stoffe ihnen von Westen her durch die
Luft zugeführt sehen. Aber mit dieser auflallenden Erscheinung war der
rückkehrende Strom in der Höhe erwiesen, und somit die Theorie der
Passatwinde durch Erwärmung, eine Theorie, welche man George Hadley-
verdankt (Phil. Transact. XVL ı51.), etwas mehr als Vermuthung gewor-
den. Mit nicht weniger Sicherheit läfst sich dieser Strom auf den canari-
schen Inseln täglich beobachten. Denn der Pic von Teneriffa ist hoch
genug, um ihn selbst im höchsten Sommer zu erreichen. Kaum findet
man einen Bericht von einer Reise zum Gipfel des Pic, welcher nicht des
heftigen Westwindes erwähnte, «welchen man oben gefunden. Humboldt
bestieg den Pic am 2ı. Juni; am Rande des Craters angekommen, erlaubte
ihm der wüthende Westwind kaum auf den Püfsen zu stehen. Relat. I. 132.
Elätte in dieser Jahreszeit ein solcher Wind in St. Cruz geweht oder bei
" Orotava, man wäre fast eben so sehr darüber in Bestürzung gerathen, als
über die Asche auf Barbados. Aehnlichen, nur etwas weniger starken.
-Westwind fand ich auf dem Gipfel des Pic am ıg. Mai, und GeorgeGlas,
ein aufmerksamer und genauer Beobachter, der als Seemann die Winde der
canarischen Inseln sorgfältig viele Jahre lang erforscht hatte, sagt in sei-
nem, noch jetzt höchst gehaltreichem. Werk, ein starker Westwind wehe
stets auf der Höhe dieser Inseln, wenn der Nordost unten herrschend sei,
welches, setzt er hinzu, wie ich glaube, in jedem Theile der
Welt statt findet, in welchem Passatwinde sich finden. Ich
wage es nicht, diese Erscheinung zu erklären, sagt er weiter, aber so ist
es auf dem Gipfel des Pic von Teneriffa, und auf den Höhen einiger an-
derer von diesen Inseln. (History ofthe Canary Islands. p. 251.). Glas
kannte die Inseln zu genau, um hierinnen nicht aus eigner Erfahrung zu '
sprechen.
Diese Winde kommen an den Bergen, aus den Höhen der Atmosphäre
langsam ‚herab. Man sieht es deutlich an den Wolken, welche seit dem
Ostober die Spitze des Pic von Süden her einhüllen; sie erscheinen immer
Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln, nı
tiefer, endlich lagern sie sich auf den, etwas über 6000 Fuls hohen Kamm
des Gebirges zwischen Orotava und der südlichen Küste und brechen dort
in furchtbaren Gewittern aus. Vielleicht vergeht dann noch eine Woche,
vielleicht mehr, ehe sie an der Meeresküste empfunden werden. Dann blei-
ben sie für Monate lang herrschend. Regen fallen nun auf den Abhängen
der Berge und der Pic bedeckt sich mit Schnee.
Soll man nun nicht glauben, der Westwind, den man auf der Som-
merfahrt von Teneriffa nach England in der Nähe und in der Höhe
der azorischen Inseln aufsucht, und ihn auch gewöhnlich dort findet; soll
man nicht glauben, dafs der fast stets herrschende West und Südwest, 'wel-
cher verursacht, dafs man die Reise von Neu-York oder Philadelphia
nach England bergab, die von England dorthin bergauf nennt,
eben auch wie der Westwind auf dem Gipfel des Pic, der obere Aequato»
zialstrom sei, der schon hier sich bis auf die Meeresfläche herabsenkt!
Es würde dann folgen, dals die Aequatorialluft der Höhe, zum wenigsten
über das atlantische Meer Hin); den Pol nicht erreiche, und dals die
polarische Luft einen anderen Kreislauf verfolge, welcher von der Tempe-
> ratur der zunächst liegenden Gegenden der temperirten Zone bestimmt. wer-
den würde, und somit wären neue Ursachen zur Modification der Gesetze
der Temperaturverbreitung gefunden. Wie sehr wären, zur Belehrung über
diese Verhältnisse, nicht eine Reihe meteorologischer Beobachtungen von
einer der azorischen Inseln zu wünschen? wie sehr nicht, auch in die-
ser Hinsicht der Bericht einer Reise auf dem Gipfel des Pico der Azoren!
Glas erzählt noch einige andere Erscheinungen, welche mir wich-
tig zu sein scheinen, um den währen Lauf beider über einander hinzie-
hender Luftströme völlig zu begreifen. Alle erfahrne Seeleute halten es
für Regel, dafs festes Land der wärmeren Klimate jederzeit beständige
Winde anziehe; wahrscheinlich weil die erwärmte und aufsteigende Luft
des festen Landes durch den Passat ersetzt werden muls. Auch die cana-
rischen Inseln empfinden diese Einwirkung der Nähe von Afrika, Der Nord-
#E ostwind wird immer mehr gegen die Küste abgelenkt, je näher die In-
" seln,. auf denen er weht, dieser Küste zu liegen. Im Angesicht des Lan-
> Res selbst ist der Wind fast völlig Nord, nämlich NbO, zu Lancerote
und Fortaventura NNO, zu Canaria NO, bei Teneriffa NObO, bei
Palma endlich noch ein weniges mehr gen Ost, und so bleibt er nun
über das atlantische Meer hin. Diese Winde werden von den hohen Inseln
112 ». » Baur A r
Canaria, Teneriffa und Palma so gänzlich aufgehalten, dafs man, wenn sie
auf den Nordostseiten heftig wehen, auf den entgegengesetzten Seiten eine
völlige Windstille empfindet. Ueber diese Erscheinung findet sich eine
merkwürdige Erfahrung in dem Manuscript der Bordaschen Reise, wel-
ches mir aus dem Bureau des Marinedepots zu ‚Paris mitgetheilt worden
ist, Borda hatte, wie er sagt, dem Herrn von Chastenest den Auftrag
gegeben, die Insel Canaria zu umfahren. Mit einem starken Nordost
segelte dieser von der Sardina nach der Punta de l’Aldea. Jenseit die-
ser Spitze aber sahe er sich plötzlich in solcher Windstille, dafs er zwei
Tage Zeit brauchte, den kaum meilenlangen Weg bis zur Punta Desco-
jada zu machen. Erst vier Tage darauf gelang es ihm, die südlichste
Spitze der Insel Punta d’Arganeguin zu umfahren., Dann kam er müh-
sam am folgenden Tage bis zur Spitze von Tanifet. Kaum hatte er
diese Spitze umfahren, als ihm der Nordost mit solcher Heftigkeit entge-
genblies, dafs er genöthigt war, den gröfsten Theil seiner Segel einzuziehn. -
Die Linie von Punta Aldea zum Cap Tanifet steht aber so genau recht-
winklicht auf die Richtung des Nordost, jals hätte man "diese Linie künst-
lich aufgesucht und bezeichnet. E
Glas untersucht, wie weit diese aufhaltende Wirkung im Meere
fortgehe; und bestimmt 20 bis 25 Seemeilen für Canaria, ı5 für Te
neriffa, ı0 für Gomera und 50 für Palma, Er versichert, alle diese .
windlose Inselprojectionen selbst besucht, und gefunden zu haben, dafs sie
den-Schiflen sehr gefährlich sind, weil die hohen Wellen sich am ruhigen
Wasser der windstillen Region, wie an einem festen Ufer brechen, und eine
schädliche und schäumende Brandung verursachen. Diese Entfernungen sind
sehr bedentend, gewils so sehr, dafs man wohl geneigt werden mufs zu
glauben, der Wind gehe nicht parallel mit der Erdoberfläche, noch weni-
ger 'komme er.von oben, sondern steige sanft in die Höhe, oder nähme
gegen niedere Breiten gröfsere Räume ein. Kaum wäre es sonst glaublich,
warum er nicht eher sich hinter den Inseln wieder vereinigen sollte,
Auch scheinen in der That Barometerbeobachtungen auf eine beson-
äere Anhäufung der Atmosphäre über den canarischen Inseln zu führen;
wenigstens sind in dieser Hinsicht die Erscheinungen, welche das Barome-
ter dargeboten hat, wohl sehr der Aufmerksamkeit und einer sorgfältige-
sen Untersuchung werth.
Von
I.
Bemerkungen über das Klima der canarischen Insein. 113
Vom 2ı. Juli bis zum 10. August ıg15 beobachtete ich täglich das
Barometer zu Las Palmas in Gran Canaria und fand es, auf den Frost-
punkt reducirt: i SR
‚h. 7 a. m. auf 28 Zoll 2”,g82
, h,ır am - 28. - 30217
h.4+ pm. - 28 - 2524
r h. ııp.m. - 28 - 2,7445
Das Mittel aus diesen Beobachtungen ist 28. - 2791; oder hierzu noch
50 Fuls Höhe über dem Meer 283 - 3”og Linien.
Das ist sehr bedeutend. Ein ganz ähnliches Resultat geben die Be-
oobachtungen von Escolar in St. Cruz. Die dreijährigen Mittel, nämlich,
aus den Extremen, auf” den Frostpunkt und die Seefläche reducirt, geben
‚die Höhe von
3“ e8 Zoll 2” 44ı Linien.
Und wenn diese monatliche Extreme nicht täuschen, so scheint in der That
der ‚Luftdruck im Sommer, wenn Nordest und West über einander hin-
laufen, gröfser als in den Wintermonaten, wenn Südwest allein die Ober-
‘hand gewinnt, Denn das Mittel der vier Monate Mai, Juni, Juli und Au-
gust ist
28 Zoll Z”,173 Linien. ‘ Die mittlere Höhe vom
September bis April 28 - 2017 -
Differenz 1,156 Linien.
Wie sehr ist nicht eine solche Höhe von dem Barometerstande von’
28 Zoll ı Linie in Aequatorialgegenden verschieden! Wie sehr von der
Höhe in England, in Irland, in Norwegen!
Sieben Tage Beobachtungen im Mai zu Puerto Orotava gaben
die Barometerhöhe an der See zu 28° ı"” 77.
Sieben Tage Beobachtungen an eben dem Orte im September und
October zu 28° 2,38.
Drei Tage zu Lancerote endlich, a8 Zoll 3,8 Linien,
Wenn man hierzu noch fügt, dafs die Naturforscher, welche den
Pic mit Barometern erstiegen haben, niemals tiefe Stände am Meere an-
Phys Klasse, 1580 — 19021 P
114 ‚u Buch
geben, Lamanon 28 Zoll 3 Linien zu St, Cruz,'Cordier sogar 28 Zoll
56 zu Puerto Orotava am ı7. April (Journal’de Physique LVII.
57.), so wird eine etwas gröfsere Höhe der Atmosphäre über diesen In-
seln fast wahrscheinlich.
Wenn der West in der Höhe im Herbst schief sich herabsenkt, und
hierdurch die Oberfläche in nordlichen Gegenden eher, in südlichen später
erreicht, so mufs er lange vorher, ehe er die letzteren berührt, dem Nord-
winde den Zugang versperrt haben, daher denn während dieser Zeit die
Orte, welche dem Nordostpassat vorzüglich ausgesetzt sind, in einer völli-
gen Windstille leben. Sind, durch äufsere Umgebungen, noch Lokalwinde
verhindert vorzudringen, so wird sich die nicht mehr ausgeglichene Wärme
bedeutend vermehren, bis allgemeine Winde sie wieder fortführen, Auf
diese Art würde ich mir das sehr sonderbare und wie ich glaube bisher
noch allein stehende Phänomen erklären, dafs zu Las Palmas in Gran
Canaria die gröfste mittlere Wärme nicht im Juli oder im August fällt,
sondern in der Mitte des Ontohers; und so »uuderbar, Hals bio zum Sep-
tember die Wärme im Vergleich der übrigen Inseln nur wenig, nun aber
plötzlich wächst und eine Höhe erreicht, wie sonst nur in den heifsesten
Tropenklimaten. - Die Thatsache geht unwidersprechlich hervor aus den
zehnjährigen, mit gutem und gut aufgestelltem Thermometer gemachten.
Beobachtungen des Dr. Bandini de Gatti in Las Palmas, die er mir
gegeben, und aus welchen ich durch drei Jahre Decadenmittel berechnet
habe. _ Leider beobachtete Dr. Bandini nur zu -Mittage; man hat also
die wahren Mittel der Temperatur nicht.. Um sie jedoch einigermafsen
der Wahrheit näher zu bringen, habe ich die aus den Escolarschen Beob-
achtungen gefundene Differenzen der mittleren und der Mittagstemperatur
auch auf die Bandinischen Mittagstemperaturen angewandt, Inzwischen wür-
den diese Diflerenzen in Las Palmas gewils bedeutender sein. Die gefun-
dene Zahlenreihe ist folgende: .
u
El
Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln, 115
Las Palmas in Gran Canaria.
Mittag | Mittel
be- he-
" ob- rech-
achtet
ob-
achtet
33 Mittel
be- be-
Januar Juli 2—10.
, 10—20.
Tebruar August 1— 10.
10— 20,
20 — 28,
‚März - 2— 10.814,96 September 1— 10.
10— 20.Jı5 f 10— 20:
20 —35ı
April 1—ı0fr October 1-20,
10 — 20.515,89 .
20 — 3u.f15,86
Mai 1— 10, November 1—10.
10 — 20.416,78
20—3ı
Juni + 1— 10. December 1— 10.
10— 20.
Bildet man aus diesen Temperaturen eine Curve, so springt es so-
gleich in die Augen, wie alle Wärme vom Ende August bis Ende Novem-
bers gar nicht in diese Curve zu gehören und aus einer ganz verschiedenen
4 '"Wärmequelle zu flielsen scheint. Die Meinung der Einwohner ist völlig mit
den Instrumenten einstimmig, dafs die Wärme in der Mitte des Sommers
mit der Gröfse der Wärme in der Mitte und gegen das Ende des Octobers
‚ gar nicht zu vergleichen sei. Auch die Produkte der Natur bestätigen diese
Angaben. Las Palmas hat nicht mit Unrecht von den Palmen den Na-
men, denn noch jetzt zieht sich ein Wald von Dattelpalmen im Thale herauf,
Pe
116 Bi,‘
deren Früchte gut reifen, Das thun sie nicht an den nur einzeln stehen-
den Palmen bei St. Cruz oder bei Orotava auf Teneriffa, Die sehr
warme Euphorblia balsamifera, welche bei-Orotava, bei St. Cruz
kaum über dem Boden erhoben vorkommt, "steigt in der Nähe von Las
Palmas bis 800 Fuls herauf, und nicht selten sieht man davon zehn bis zwölf
'Fufs hohe Büsche. Eben die Höhe erreicht das, bei St. Cruz noch sehr
seltene Placoma pendula. Auch zieren die canarischen Gärten eine grolse
Menge ost- und westindischer Bäume, welche man in Teneriffa nicht sieht.
Poincana pulcherrima von aufserordentlicher Schönheit und Grölse.
Bixa orellana, Tamarindenbäume wie unsere Linden grofs, und
. den inneren Hofraum des Hospitals der Aussätzigen von St. Lazarus um-
giebt eine herrliche Allee von grofsen Bäumen von Carica papaya, die
hier offenbar besser gedeihen, als die wenigen, welche an der Nordküste
von Teneriffa zerstreut vorkommen. Es ist daher dieses sonderbare Tem-
peraturphänomen, der Aufmerksamkeit Aller sehr werth, welche die Art un-
tersuchen, wie Temperaturen, und somit alle übrige meteorologische Phä-
nomene, sich über die Eräfläche verbreiten.
Solche Unregelmäfsigkeit oder Spuren lokaler Einwirkung bemerkt
man an der Curve von St. Cruz nicht. Daher glauhe ich wohl, dafs sie
völlig geschickt ist,. bei Untersuchung der Temperaturabnahme in verschie-
denen Breiten, die in gleicher Längenzone der Temperatur liegen, ge-
braucht zu werden. Ich habe deshalb versucht, mehrere, wie es scheint,
gut bestimmte Curven, übereinander zu legen, welche eine Zurückführung
auf ein gleiches oder doch nur wenig modificirtes Gesetz zu erlauben schei-
nen, und die Beobachtungen selbst auf beiliegender Tafel aufgezeichnet. Es
sind die Temperaturen von Cumana, von St, Cruz, von Funchal, von
Kendal im nordwestlichen England, von Söndmör unweit von Dront.
heim an der norwegischen Küste, endlich”einige genau bestimmte Monate
durch zwölf Jahre fortgeführte Beobachtungen in 78 Grad Breite,” welche
man dem unermüdlichen, gelehrten und kühnen Grönlandsfahrer William
Scoresby zu Whitby in Yorkshire verdankt,
« Havanna dagegen und Cairo bilden auf der Tafel zwei Eule
welche ganz anderen mit der atläntischen zu beiden Seiten gleichlaufenden
meteorologischen Längenzonen gehören, die erste der nordamerikänischen,
die zweite der osteuropäischen Continentalzone. Auf beiden ist der Ein-
flufs des Winters bedeutend, in Havanna unter dem Wendekreise selbst,
a
“
Demerkungen über das Klima der canarischen Inseln. ıı7
sinkt das Thermometer im Winter an der Meeresfläche fast bis zum Frost-
punkt. (Humboldt). Dagegen steigt der Sommer in Cairo so beden-
tend über den, in den noch südlicher liegenden canarischen Inseln, dafs
man im Augenblick sieht, diese Temperaturen entspringen nicht aus einem
gleichen Abnehmungsgesetz,
Berechnet man die aufgeführten Temperaturen der atlantischen Zone
nach der bekannten Mayerschen Formel, nach welcher die Temperaturen
abnehmen wie das Quadrat des Sinus der Breite mit einem willkührlichen
Koeflizienten multiplieirt, so findet man bald,. dafs sie sich hierdurch ge-
genseitig wenig genau darstellen, welches auch Humboldt schon in der
trefflichen Abhandlung über isothermische Linien, eine der reichsten Fund-
" gruben für meteorologische Kenntnils, der Erdfläche, bemerkt. Mem.
d’Arcueil III. 481. Allein es ergiebt sich doch bald, durch solche
Berechnungen, in welchen Breiten die Temperatureu schneller, und
wo ‘sie langsamer abnehmen, als es dem reinen, zum Grunde liegenden
Gesetze der Temperäturabnahme gemäfs sein würde; und hierdurch wer-
den wir dann unmittelbar zur Aufsuchung und Auffindung der nun ein-
tretenden und modificirenden Faktoren. geführt. So findet sich aus den
Beobachtungen von St. Cruz und von Kendal zusammen verglichen die
mittlere Temperatur des Pols zu —4,9 R., die des Aequators zu 28,2 R.
Die erstere ist von der Wahrheit nicht so entfernt, als die letztere; denn
Scoresby hat erwiesen, dafs die mittlere Temperatur des Eismeers meh-
rere Grade. unter dem Gefrierpunkt stehe, Er\selbst vermuthet zwar, so-
gar die mittlere Temperatur des 78sten Grades der Breite — 6,7 Gr. R.;
allein. wahrscheinlich ist dies zu 'viel, und beruht auf der, gewifs nicht
anwendbaren Voraussetzung, dafs die Polarcurve einen ähnlichen Gang be-
folgen werde, als die von Stockholm. Dieser Ort ist der See schon zu
sehr entrückt. Richtiger wird die Curve denen an den norwegischen Küs-
ten ähnlich sein, und bestimmt man sie nach den Strömschen Angaben
‚von Söndmör, so erhält man eine Mitteltemperatur von —5,4 Gr., wel-
ches dann auch wohl wenig von der des Pols selbst abweichen möchte,
Durch die Beobachtungen von Kendal und Söndmör erhalten wir dage-
‚gen für den Aequator 17,8 Gr. R. Mitteltemperatur und für den Pol-+o,5R.;
Angaben, die sich von beiden Seiten weiter entfernen sollten, Es ist da-
her klar, dafs im nordlichen atlantischen Ocean die Wärmeabnahme viel
”
118 vB u e A F
geringer ist, als es die allgemeine Regel verlangt; es ist eine neue erwär-
mende Ursache zugetreten, welche die Resultate modificirt, und was ist
sie anders als der obere Aequatorialstrom, welcher zwischen Amerika und
Europa zur Meeresfläche herabkommt, und nun erwärmend gegen den Pol
heraufläuft!
Bemerkungen über das Klima der canarischen Inseln. 119
Thermometer - Beobachtungen zu St. Cruz auf Teneriffa durch Don Francisco Escolar,
Januar
Juni |
Juli
August
September
maoher
November
December
—|_ — I __
15,48] 16,4
1810,
Sonn.
Auig.
Mittel- fmiteif Dife-
Sonn, | Mittag on renz.
R\ g 2
ar
Audfg. beiden
13,02] 13,87]
12,891 13,45
14,09| 13,23
13,06
5812,48
12,68
14,09
15,06
15,55
13,63 14,67
Am
13,92]14,77
15,05| 16,22
3815,2 [16,5
16,94| 18,71
17,96] 19,27
19,99|20,
5120,05] 21,63
19,98] 20,8
18,48] 19,
16,73] 17,42
14,36] 15,64
nice kur ee
22 — na ) | 22,76
Unmana
22,79
Havanna i
ß lat. 23° 8 22,8 |[23,04|22,24|21,12| 19,56 | 17,68 20,56 ?)
Cairo 4 :
E 50° 2 23,92 |23,92|20,96|17,92| 13,76 | 13,04 |17,85*)
St. Cruz,
Teneriffa 20,12 |20,84|20,19]18,96| 17,08 | 15,9 1mdX
- Funchal ’
Madera 18,5 |ı9ı |ı942|18,2 | 16,48 | 14,78 16,4 *)
Kendal ı \
56° ı7 11,15 Jı1,6519,2 16,55 | 3,82 | 1,36 | 64 2)
Söndmör i ! >
. 62° 30%-3,585|—ı,116| 0,67 2,44 | 6,45 | 99 11,43 Jıı,ı2)g 467 | 2 —1,8314,222 °)
Polar -Meer
in „e]- 3 |—11,75l-96 |—79 |-42 1028 | 2,22 175 05-45) —7,25| —975 —5,4")
ı) Von Don Faustin Rubio auf Humboldts Veranlassung beobachtet in der Vorstadt Guai-
queries ı2 Fufs über dem Meere, vom November ı799 bis August 1800. Die beiden Durchgänge der
Sonne durch das Zenith sind im Mai und Ende October,
2) Nach Don Jacquin de Ferrerin Connoissancedes Tems 1817. Mittel aus 3 Jahren, 1810
bis ıgı2. Temperatur in einem hundert Fuls tiefen Brunnen 19,52. Im Wasser des Brunnens 18,34 R.
Humboldt Mem. d’Arcueil III, 602.
3) Nouet bei Humboldt Mem. d’Arcueil III, 602.
4) Nach Dr. Thomas Heberden von 1749— 175%, Phil. Transact. LV. 126. '
5) Nach Dalton fünf Jahr 1788—1795- Dreimal im Tage beobachtet, h. 7. h.ı. und h. 10. p. m.
Meteorological Essays. 17950 ‘
6) Nach Mittel aus neunzehnjährigen Beobachtungen des sehr genauen Predigers Ström, sO wie sie
Wilse aus seinen Papieren ausgezogen hat. Spydebergs Bescrivelse.
7) Nach den Berechnungen aus zwölfjährigen Beobachtungen für die Monate April, Mai, Juni und Juli
von Will. Scoresby. Arctic, Regions p. 558. und die übrigeh Monate der Curve von Söndmör parallel.
—— |
120 v. Buch Bemerk. über das Klima der canarischen Inseln.
Bemerkungen über die natürlichen Ordnungen der Gewächse,
Erste Abhandlung.
Von Herım F. Lıyk *)
0
E. giebt einige so ausgezeichnete natürliche Ordnungen im Gewächsreiche,
dafs man sie beim ersten Blicke nicht verkennt, und dals sie sogar in der
Sprache schon ursprünglich bezeichnet sind, wie Gräser, Palmen, Moose,
Farrn, Pilze. Diesen reiht eine flüchtige Beobachtung andere Gewächsord-
nungen an, zwar nicht ursprünglich benannte, aber doch leicht zu fas-
sende, die Gewächse mit zusammengesetzten Blüten, die Schirmpflanzen,
die Schoten- und Hülsengewächse, die Nachtschatten, die Haiden u. a, m.
Was in einigen Gegenden dieses Reiches gilt, suchte man auch in andern
einzuführen, und nach willkürlich aufgefafsten, nicht selten entfernten
und geringen Aehnlichkeiten vereinigte man die übrigen Gewächse unter
Abtheilungen, denen man weder Namen noch bestimmte Kennzeichen gab.
In diesem Zustande finden wir die Kenntnils der Gewächse noch unter den
berühmten Männern Johann und Caspar Bauhin am Ende des sechzehnten
- Jahrhunderts.
Bald aber machten die Kenner einen Unterschied zwischen den we-
sentlichen und nicht wesentlichen Theilen der Pflanzen; sie rechneten zu
den ersten die Blüte und die Frucht und geboten davon allein die Kenn-
zeichen zur Bestimmung der Abtheilungen im Gewächsreiche zu nehmen.
"Andreas Cäsalpinus, Dalechamp und Columna betraten diesen Weg zuerst,
auf welchem die Neuern fortgeschritten sind, Allein es war zweifelhaft,
*) Vorgelesen den 7, December 1820,
Phys. Klasse, 1820 — ı8eı, Q
s
122 “ ni Lö n Äh
welche Bestimmung der Blüte oder Frucht am zweckmäfsigsten zur Anord-
nung sei, ob Gestalt überhaupt oder Regelmäfsigkeit, oder Theilung oder
Stellung die schärfstem und am wenigsten zweideutigen Ordnungen gebe.
Das natürliche System verlor man aus dem Augeu und zwar desto mehr,
je schärfer und gründlicher man das Wesentliche von dem Unwesentlichen
zu trennen suchte, je folgerechter man den erwählten Eintheilungsgrund
verfolgte, und schnell war man zu dem künstlichen System gekommen,
‚welches die $unähnlichsten Gewächse in eime Ordnung vereinigt, wenn sie _
auch nur in einem Kennzeichen übereinstimmen. Es entstand ein Schwan-
ken zwischen beiden Systemen, welches der Wissenschaft darum schädlich
war, weil die Forscher mehr nach der besten Eintheilung strebten, als
nach der genauen Kenntnifs der Dinge, welche einzutheilen waren.
Auch hier fafste Linn den Gegenstand mit dem hellen Blicke auf,
den man an ihm kennt$ er unterschied zuerst das natürliche System ge-
nau von dem künstlichen (Phil. bot. $. 77, 160.) und sagte bestimmt, das
natürliche System sei das erste und letzte Drfurdesmifs der Botauik. Aber
seine Meinung von einem solchen System ist eigenthümlich. Nurdie Menge
ähnlicher Kennzeichen zeichnet nach ihm die natürliche Ordnung aus, und
jedes Kennzeichen für sich hat. keinen Werth und kann fehlen, ohne dafs
darum die Pflanze den Ort in der natürlichen Eintheilung ändert. Er
scheint, und mit Recht, die Menge der Kennzeichen unendlich 'gesetzt zu
haben,’so dafs auch viele Kennzeichen mangeln könnten, ohne das Ge
wächs von seiner Stelle im System zu verrücken, denn wiederholt sagt
er, nur dann lasse sich die Charakteristik «des natürlichen Systems geben,
wenn man alle Gewächsarten kenne, weil sich dann erst die Kennzeichen
sammeln lassen, welche allen Ordnungen gemein sind, ohne zu fürchten,
daß noch Gewächse entdeckt werden, zu derselben Ordnung gehörig, aber
ohne die Kennzeichen, welche man als bestimmend angenommen habe,
Als daher der lernbegierige, obwohl nicht tiefblickende Gieseke zu ihm
kam, um die Kennzeichen der natürlichen Ordnungen zu hören, welche
Linne als Fragmente des natürlichen Systems in seiner Philosophia botanica
nur namentlich angeführt hatte, entgegnete ihm der große Mann: die
könne er nicht geben. Und als Gieseke glaubte, dafs doch einige Kenn-
zeichen richtig bestimmend und trennend für gewisse Ordnungen sein möch-
ten, lies sich Linne diese Kennzeichen sagen, und zeigte bald, wie we-
-
“E
r
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. 123
nig bestimmend ein jedes derselben sei *). Linne’s Grundsatz war also,
dals jedes Kenmzeichen in einem Naturkörper allein genommen, keine Be-
deutung zur Bestimmung des Ganzen habe, dafs man folglich von der Ge.
stalt des einen Theils nicht auf die Gestalt des Ganzen schlielsen kömne,
Wer behauptet, dafs ein solcher Schlufs richtig sei, nimmt offenbar et-
was 'an, was noch nicht erwiesen ist, und es lälst sich nicht läugnen, daß
Linne’s Bearbeitung die einzig philosophisch richtige zu jener Zeit war,
und die, womit man anfangen mufste. So sind die Sprachen überhaupt
verfahren; man hat die Namen den Dingen keineswegs nach einem oder
nach einigen Kennzeichen gegeben, sondern nach jener Aehnlichkeit, welche
durch eine Menge von- Kennzeichen hervorgebracht wird.
Adanson, ein Gegner Linne’s, obwohl durch dessen Schriften ge
leitet, unternahm’ es, Kennzeichen der natürlichen Ordnungen und auch
der Gattungen in denselben zu geben. Schlechte Namen, thörichte Neue-
rungen in vielen Sachen, auch in der Rechtschreibung, machten dieses
- Werk verkennen und erst jetzt sucht man hin und wieder die Goldkörner
desselben auf. Dice Natur stellt uns überall natürliche Ordnung dar, be-
hauptet Adanson, sie hat die Naturkörper, ihrer Gestalt nach, mehr oder
weniger von einander getrennt, und wenn wir diese stärker oder schwächer
ausgedrückten Trennungslinien gehörig fassen, so werden wir die natür-
liche Ordnung nach ihren mannigfaltigen Abtheilungen finden *). Auch
Büttner gab Kennzeichen der natürlichen Ordnungen, welche Erxleben in
seiner Naturgeschichte mehr verbreitete, und welche von den Kermtnissen
ihres Urhebers zeugen, der genug Erwartungen erregte und fast keine er-
füllte. Rüling hat diese Ordnungen in einer besondern Schrift ausführlich
dargestellt. Eben so gab der fleilsige Batsch ein natürliches Pflanzensystem,
welches -fleifsig gearbeitet war, aber sich auch durch die Art der Bearbei-
tung nicht auszeichnete, so wie man oft gemig sieht, dafs der Verfasser
nicht selbst beobachtete ‚sondern nach Beschreibungen zusammenstellte.
Nun erschien Jussieu's Werk über die natürlichen‘ Ordnungen der
Pflanzen. Der Erbe der botanischen Kenntnisse einer seit länger als einem
halben Jahrhunderte in dieser Wissenschaft berühmten Familie, selbst ein
‚trefllicher Kenner und Beobachter, Aufseher eines zu seiner Zeit reichen
’ 5 Car. a Linne Praelectiones in Ordines naturales Plantarum edid, P, D, Gieseke, Hamb, 1792,
Praef. p. XVII.
**) Adanson Familles des plantes, Paris T. I, p, CLXIV.
Q2
124 ER
Gartens und lebend in einer pflanzenreichen Gegend, in der Nähe und in
eiser grofsen Stadt, wo es leicht ist, Kenntnisse zu erwerben und zu ver-
mehren, war im Stande das Vorzügliche in dieser Wissenschaft zu liefern,
Mit Erstaunen nahm man die Fülle von Kenntnissen auf, welche der Ver-
fasser durch sein Werk verbreitete; die natürlichen Ordnungen waren ge
mauer bestimmt, als in allen vorigen Schriften; viele vorherin dieser Rück-
sicht nicht untersuchte Pflanzen waren zuerst untersucht, andere: besser als
vorher untersucht, auf Kennzeichen war Rücksicht genommen, welche man
vorher übersehen hatte, und diese genaue Kenntnils des Einzelnen gab dem
Verfasser die Mittel, besser als vorher die Gattungen in den natürlichen
Ordnungen zusammenzustellen, Die Zusammenstellung der Ordnungen selbst
in ein künstliches System nach der Zahl der Samenlappen, der einblätt-
zigen und vielblättrigen Blume, und der Stellung der Staubfäden und Blu-
wien mufs man als eine Zugabe ansehen zur Erleichterung der Uebersicht.
Denn darum trennt er Vaccinium nicht von den Ericae, ungeachtet es die
Blume über dem Fruchtknoten hat, da die andern Gewächse dieser Ord-
nung hingegen die Blume nnter dem Fruchtknoten haben. Finige Verbes-
serungen Hat der Verfasser selbst für nöthig erachtet, belehrt durch Gärt-
ners klassisches Werk über Früchte und Samen ; andere haben Ventenat
und Decandolle und unter uns Sprengel angegeben. Ausgezeichnet sind die
Verbesserungen, welche Rob. Brown gemacht, nicht allein auf eine Fülle
von Kenntnissen gegründet, sondern auch auf eine Genauigkeit der Unter-
suchung, wie sie zu diesem Zwecke selten. so angewendet war.
In den neuesten Zeiten hat Oken seine Eintheilung der Naturkörper
nach den vier Elementen auch auf die Pflanzen erstreckt. So wenig diese
maturphilosophische Ansicht der Sachen zu tadeln ist, so wenig hat man
dafür gesorgt, die Grundbegriffe oder Grundideen jener Wissenschaft sicher
zu gründen. Es scheint, als ob man das fünfte Element, schon den Hin-
dus bekannt, nicht übersehen dürfe, oder wenn man die Zahl der Ele.
mente vermindern will, als ob man sehr bequem Erde und Wasser auf ein
Element zurückführen könne. So haben wir die dreifache und fünffache
Zahl, wie sie die Mannigfaltigkeit der Gewächse und ihrer Theile erfor-
dert. Denn es lassen sich die Theile der Pflanze auf fünf oder drei zu-
rückführen: Wurzel, Stamm, Blätter, Knospe, Blüte; weil die Blüte nur
eine veränderte Knospe ist, und weil alle Blüten- und Fruchttheile, so. wie
die Knospentheile, 'sich auf Blätter, Stamm und Wurzel zurückführen las-
über die natürlichen Ordnungen' der Gewächse, 125
sen. Wurzel und Stamm lassen sich keinesweges auf Eins bringen,. wegen
der verschiedenen Richtung im Wachsen, eben so wenig mit diesen die
Blätter, aber selbst der Same besteht nur aus blattartigen Theilen, woran
die Anfänge von Stamm und Wurzel sich befinden. Wollten wir nun diese
Zahlen auf die Gewächse und deren natürliche Ordnungen selbst anwenden,
so würden wir zuerst nach einem Grundsatze suchen müssen, welcher diese
Anwendung vermittelt, damit sie nicht willkürlich geschehe. Aus dem
Folgenden wird er sich schon ergeben.
Lange Zeit wurde Jussieu’s System gerühnit, aber nicht befolgt.
Erst spät haben seine Landsleute es angenommen, erst Rob. Brown hat es
in England sich zu eigen gemacht, in Deutschland wurde es zuerst in der
Flore portugaise gebraucht, Persoon versuchte die Abtheilungen in den
Linneischen Klassen und Ordnungen des künstlichen Systems nach den na-
türliehen Ordnungen zu machen; ein sehr bequemes Mittel, den Ueber-
gang von einem System zum andern zu vermitteln, und zuläfsig, da Linne
diese Stellung der Gattungen ganz der Willkür überließs; aber Persoon
hat diese Vertheilung nicht überall und folgerecht, wie es doch .geschehn
mulste, durchgeführt, er hat die natürlichen Ordnungen'in keiner bestimm-
ten Reihe folgen lassen, worauf es doch zur Uebersicht gar sehr ankommt.
Giebt es natürliche Ordnungen in dem Pflanzenreiche? - Diese Frage
wird auf eine verschiedene Weise beantwortet. Man läugnet nicht, sagen
die Gegner des natürlichen Systems, dafs viele Pflanzen einander sehr ähn-
lich sind, und wenn man nur darauf sieht, z. B. auf die Palmen und Grä-
ser, so scheint die Sache abgemacht. Aber man geht weiter, und man
deutet die Bemerkung so, als ob es überall im Pflanzenreiche natürliche
Ordnungen gäbe. Die angeführten natürlichen Ordnungen beweisen gerade
das Gegentheil. Denn gäbe es dergleichen überall, so würden diese nicht
besonders auflallen und zwar so auflallen, dafs- sogar die Sprache ihnen
von jeher besondere Namen gab. Man trägt ferner in jene Bemerkung
der ausgezeichneten natürlichen Ordnungen auch gar oft die scharfe Be-
N a grenzung derselben und Sonderung von andern Ordnungen mit hinein. Aber
diese findet sich keinesweges; es giebt unter dem Gräsern abweichende For-
men; die Ordnung der Cyperoideae steht sehr nahe,. macht Uebergänge zw
den Gräsern und verknüpft sie mit Juncus; die natürliche “Ordnung der
Schirmpflanzen: hat Eryngium, Hydrocotyle, Azorella und andere höchst ab-
weichende, zu fremden Ordnungen sich neigende Pflanzen. Wird Allge-
126 # Ei k
meinheit und Begrenzung als das Wesentliche des natürlichen Systems an-
gesehen, so giebt es ein solches nicht. Linne war derselben Meinung,
denn seine natürlichen Ordnungen, unfähig einer Bestimmung, waren nichts
als einzelne Züge für eine Darstellung der Verwandtschaften auf einer Karte,
wie sie auch Gieseke liefert. Ein eifriger Vertheidiger des Linneischen Sy-
stems, unser Willdenow, weiset ‚die natürliche Ordnung zurück mit der
Behauptung, dafs die Natur sich unser System nicht aufdringen lasse. Und
Kömer lacht in der Vorrede zum Systema Vegetabilium über diese Dar-
stellung der Natur, welche verschieden sei bei Jussieu, Decandolle, Jaume
St. Hilaire und Batsch, über die goldene Kette Homers, welche bei jedem
neu entdeckten Ringe sich anders fügen lasse, über die Plantae incertae
sedis. welche der Natur widerstreben. Das natürliche System, sagt man,
ist schwankend und ungewils, weder das Einzelne noch das Allgemeine .
wird dadurch mit Sicherheit erkannt, und das Aufsuchen desselben raubt
dem Forscher eine Zeit, welche besser auf die Bestimmung und Beschrei-
bung der Arten verwandt wird. Dagegen giebt ein gutes, künstliches
System, z. B. das Linneische, so leicht anfzufindende Kennzeichen, dafs
man sich ihrer mit der grölsten Bequemlichkeit bedient, besonders der
Zahl, welche nicht einmal Uebergänge zuläfst, denn es kann niemals ein
Zweifel sein, ob eine vorliegende Blüte 8 oder 9 Staubfäden habe.
Schon die grofsen Abtheilungen der Pflanzen in Monokotyledomen, Di-
kotyledonen, ‘und Akotyledonen haben ihre grofsen Schwierigkeiten. Jussieu
hat sie beibehalten. Die Polykotyledonen hält er für Dikotyledonen, wie
schön andere vor ihm; der ganze Kreis der Kotyledonen ist zwar in
mehrere Lappen gespalten, aber zwei entgegengesetzte Spalten dringen tie-
fer ein, und man kann die übrigen Lappen als Theilungen eines Kotyle-
dons betrachten. Scheinbare Monokotyledonen, z. B. Cuscuta, werde eine
genauere Beobachtung, meint er, zu den Dikotyledonen bringen. Aber
der Kreis der Kotyledonen an Pinus, wird nur willkürlich in zwei getheilt,
eine genaue Beobachtung hat Cuscuta nicht von den Monokotyledonen ent-
fernt, vielmehr ist noch Taxus hinzugekommen. Man hat sich sehr ge-
stritten, welchen Theil des Embryo der Monokotyledonen man für den
Kotyledon halten müsse, und ein Theil nach dem andern ist dafür in’ An-
spruch genommen worden; bald das Schildchen der Gräser, bald der An-
hang über dem Würzelchen, bald sogar das Albumen. Zwar ist Richard’s
Meinung, welcher die äulsere den ganzen obern Theil des Embryo ver
dere zerfallen, _
‚über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. 127
hüllende uud unischließende Scheide für dem Kotyledon hält, wohl die
richtigste, aber doch fehlt ihr zur vollkommenen Uebereinstimmung; jenes
Theils mit den Samenlappen der Dikotyledonen ein Hauptumstand. Diese
‚letztern haben nämlich völlig den Bau eines Blattes und zwar so sehr, dafs
man sogar die Spaltöffnungen auf der Oberfläche derselben erkennt. Wenn
sie also nicht wirklich zu Blättern. auswachsen, wie doch in der Regel der
Fall ist, so schwellen sie an, erheben sich über das Federchen des Em-
bryo und zeigen deutlich, dafs nur ein Aufhören des Triebes' sie verhin-
dert, vollkommene Blätter zu werden, wozu alle Anlagen vorhanden sind.
Die Klasse der Akotyledonenm beruht alleim auf unserer Unwissenheit, und
Farrnkräuter sowohl als Moose haben so eigenthümliche Theile stat der
Samenblätter, dafs es wohl scheint, diese Klasse müsse in verschiedene an-
Um: der Unbestimmtheit der Abtheilung in Monokotyledonen, Diko-
tyledonen und Akotyledonen zu entgehen, gab Richard eine andere gleich-
bedeutende, aber, wie es scheint, genauere, in Exorhizae und Endorhizae.
Dort wird nämlich das Würzelchen des Embryo zur Wurzel der Pflanze
selbst, hier aber brechen die Wurzelm der Pflanze aus dem Würzelchen
des Embryo hervor. Die Arhizae würden dem Akotyledonen entsprechen.
. Allerdings werden dadurch manche Ausnahmen unter die Regel zurückge-
führt, Pinus nämlich, Taxus und Cuscuta,. aber es entstehen dafür andere
Ausnahmen, So gehört Tropaeolum zu den Endorhizae, ungeachtet es in
seinem übrigen Bau ganz/und gar mit dem Exorhizae übereinstimmt.
/ Desfontaines machte eine Entdeckung, welche den. Unterschied von
Monokotyledonen und Dikotyledonen als durchgreifend für die ganze Form
darzustellen schien. Er fand nämlich, dafs in dem holzigen Stamme der
- Monokotyledonen das: Holz im Zellengewebe zerstreute Bündel macht, da
es hingegen in den: Stämmem der Dikotyledonen Ringe bildet. Allerdings
eine sehr wichtige Bemerkung, aber doch nicht so: entscheidend‘, als man
glaubte. Denn die Kürbisartigen Pflanzen haber ganz den Bau der Dyko-.
N
tyledonen, nur das Holz. bildet in: ihren: Stämmen: nie Ringe, sondern: im-
“ mer Bündel.
, Diese Schwierigkeiten und Ausnahmen finden sich schon bei den all-
gemeinen Abtheilungen und vermindern sich nicht bei den besondern, sondern
- werden auflallender und häufiger, je näher man zu den Ordnungen und Fami-
lien herabkommt. Das Beispiel einer Corolla supera am Vaceinium: im der
\
128 Ay EN
Ordnung der Ericinae, welche 'stets eine Corolla infera haben, ist schon
oben angeführt worden; wir dürfen noch dazu das Beispiel einer Corolla
monopetala in der Ordnung der Leguminosae, und zwar an einigen Arten
der Gattung Trifolium setzen, um bemerkbar zu machen, wie wenig auf eine
solche Eintheilung zu rechnen ist. Die Zahl der abweichenden Gattungen
wird immer gröfser, je mehr man die natürlichen Ordnungen untersucht;
man hat schon Polygala, Passiflora, Loasa; Olax und viele andere geson-
dert, und daraus besondere natürliche Ordnungen gemacht; oder man hat
eine grofse Gattung, wie Geranium, in kleinere getrennt, und so eine
neue natürliche Ordnung gebildet; ja die Meister in diesen Eintheilungen
drücken sich oft so aus, dafs sie von einer etwas abweichenden Gattung
sagen, sie mache den Anfang einer natürlichen Ordnung, wozu man schon
andere verwandte Gattungen finden werde. Der Erfolg hat dieses nicht
bestätigt; die Forschung hat in einem neuen Welttheile, in Australien, eine
zahllose Menge bisher unbekannter Arten entdeckt, aber zu bekannten Fa-
milien gehörig, dagegen nur einige wenige neue natürliche Ordnungen,
welche aber auf dieses Land eingeschränkt sind, und keiue bisher einzeln
stehende Gattungen aufnehmen. Die Gattungen, welche Jussieu nicht in
natürliche Oränungen bringen konnte, stehen also noch für sich, wie vor-
mals, einige wenige ausgenommen, welche, nachdem sie genauer unter-
sucht wurden, zu bereits bekannten Ordnungen zu bringen waren. Die
Hoffnungen der Naturforscher sind also hierin durchaus getäuscht worden,
und es ist nichts sonderbarer, als dafs man dieses noch nicht gemerkt hat,
So scheint das ganze Verfahren, natürliche Ordnungen im Gewächs-
reiche zu finden, milsglückt zu sein. Aber die Gegner der natürlichen
Ordnungen mögen sagen was sie wollen, immer bleibt das Bedürfnifs, sie
zu suchen. Unsere ganze Wissenschaft besteht in dem Fortschreiten vom
Besondern zum Allgemeinen, oder umgekehrt; wir müssen das Allgemeine
bezeichnen, um etwas, daran bestimmen zu können; wir müssen daher
das Aehnliche benennen, da wir kein bequemeres Mittel der Bezeichnung
-haben, als den Namen. Was läfst sich wohl von einer blofs künstlichen
Klasse, wie von der Monandria, überhaupt sagen? Nicht bloß von ihrer
äufsern Gestalt ist hier die Rede, sondern von der innern Gestalt, den
Heilkräften, den übrigen Eigenschaften, dem Bau, der Heimath der Pflan-
zen, welche dazu gehören. Wohl aber sind wir im Stande, von den Grä-
sern, den Cyperoideae, den Labiatae und andern natürlichen Ordnungen,
sehr
-
B
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. ı29
sehr viel in dieser Rücksicht anzugeben. Wir können des Ausdrucks Mo-
nokotyledonen gar nicht entbehren, um die einfachere Gewächsbildung zu
1 bezeichnen, welche in manchen Gegenden häufiger ist als in andern, und
in einer, frühern Zeit, der Zeit der ältern Steinkohlenbildung allein vor-
handen war.
Es ist nothwendig, den Ausdruck Monokotyledone, oder einfacher
Bau, bestimmter zu fassen, wenn wir uns dessen mit Sicherheit bedienen wol-
len, und jedes Bestreben bestimmt zu fassen ist zugleich Bestreben, diese
natürliche Abtheilung zu gründen, Eine ähnliche Bewandnifs hat es mit
den Ausdrücken Palmen, Farrnkräuter, Umbellenpflanzen u. s. w. Die For-
schung nach der genauern Bestimmung dieser Ausdrücke führt uns auf na-
türliche Pflanzenordnungen, natürliche Familien, und es ist kein Grund
j vorhanden, warum wir diese übersehen, und nur die grölseren behalten
sollen. Die künstliche Ordnung mag ein bequemes Register sein, aber das
_ Register giebt keine Uebersicht von einer Wissenschaft; besonders ein so
veränderliches Register, wie das Linndische System, wo der bessere oder
schlechtere Boden das Gewächs zur Pentandria ‘oder Tetrandria bringt. Wenn
solche Abänderungen, wenn Ausnahmen im künstlichen System vorkommen,
dann bleibt dem Untersucher nichts übrig, als zum natürlichen System
seine Zuflucht zu nehmen, um den Ort zu finden, ‘wohin eine Pflanze
überhaupt im System zu stellen oder zu finden sei.
Was von den natürlichen Ordnungen gesagt wurde, gilt auch von
den Gattungen. Wir benennen die Pflanzen, indem wir der Gattung ein
Hauptwort geben, — sie haben ein Nomen sonorum, sagte Linne. — Wir
verlangen also, dafs dieses Wort nicht Unähnliches, Widerstrebendes be-
zeichne, und überhaupt einen Gegenstand oder einen Begriff darstelle. Die
Forschung nach natürlichen Gattungen führt aber sogleich auf die Forschung
nach natürlichen Ordnungen, denn beide greifen in einander, und was früher nur
eine natürliche Gattung war, ist später durch Trennung in mehre Gattungen eine
natürliche Ordnung geworden. Auch von dieser Seite werden wir auf ein na-
en türliches System geführt, und können es nicht mit dem künstlichen vertauschen,
# j Die Einwendungen gegen die natürlichen Ordnungen lassen sich leicht
Bi heben. Sie gründen sich darauf, dafs keine feste und sichere Grenzen zwi-
SE schen ihnen vorhanden sind, dafs es sehr kleine natürliche Ordnungen zwi-
schen grofsen giebt, dals einige Pflanzengattungen allein stehen. Nun wohl,
so lernen wir dieses daraus, Es mag sein, dafs die Grenzen zwischen den
Phys. Klasse. 1800-182. R
159 a ie Ma
Gräsern und den Cyperoideae schwer und vielleicht gar nicht genau zu
bestimmen sind, aber wir können doch gar wohl ein Gras von einer Cy-
peroidea unterscheiden, wenn beide nicht grade von den Grenzen genom-
men worden, Die Einwendung, dafs sich im natürlichen System ebenfalls
Ausnahmen finden, ist ganz nichtig, denn gehörig verstanden, können nur
im künstlichen System Ausnahmen vorhanden sein, im natürlichen gar nicht,
oder nur sofern es als künstlich behandelt wird. ‘Wir bestimmen die na-
türliche Ordnung nicht nach einem Kennzeichen, sondern nach vielen, und
wenn eines oder das andere fehlen sollte, so ändert dieses in der Zusam-
menstellung nichts.
Was man also gegen die natürliche Ordnung einzuwenden hat, trifft
eigentlich nur den künstlichen Clavis, den Jussieu und andere ihm vorge-
setzt haben. Hier ist die Eintheilung in Monokotyledonen und Dikotyle-
donen natürlich, und palst in sofern zu den folgenden nicht. Die Einthei-
lungen in Plantas corolla monopetala und polypetala, hypogyna und epi-
gyna u. s. w. sind aber ganz künstlich und auch von Jussieu nicht als
durchgreifend angenommen worden, da er Ausnahmen wnhlbedächtlich
stehen läfst. Jussieu hat sich dieser Abtheilungen nur als eines Leitfadens
bedient, um in der Menge der natürlichen Ordnungen sich zu finden, und
so müssen sie auch angesehn werden.
Gegen die Reihenfolge der natürlichen Ordnungen, wie sie Jussieu
annahm,. läfst sich manches sagen, und wirklich sind seine entschiedensten
Nachfolger davon abgewichen, wie es scheint, sehr mit Unrecht. Jussieu
fängt mit den einfachsten Pflanzen an, uud endigt mit den Coniferae, welche
sich gleichsam an die ersten baumartigen Apetalae, ja an die Monokotyle-
donen anschliefsen und folglich mit ihnen einen Kreis bilden. Decandolle
schiebt hingegen Jussieu’s letzte Ordnungen neben den Apetalis ein, und
endigt oder beginnt höchst willkürlich mit dem Ranunculaceae. Aber es
läfst sich überhaupt manches gegen die Folge der Ordnungen in einer Reihe
anführen. In den Monopetalis sowohl als in den Polypetalis geht die Form
der Blume von der regelmäfsigen zu der lippenförmigen und der verwand-
ten schmetterlingsförmigen über, die Bildung der Samen ‚von der blofsen
Samenhülle zur Kapsel mit Samen an der Axe und Samen an den Wän-
den. Von den Apetalae geht die Stuffenfolge izu den Monopetalae durch
‘die Ordnung Thymelinae gar deutlich fort, indem auf der andern Seite die
Atriplicinae den Caryophyllaceae äufserst nahe stehen, und eine gar natür-
u N
dr
g
H
3
- sind durch die Staubbeutel, und diese-wiederum durch den Blütenstaub so
A
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. ı3ı
liche Verknüpfung zwischen den Apetalae und Polypetalae machen. Dieses
‘ deutet auf eine Spaltung der Reihen und einen Parallelismus derselben,
wodurch die einfache Reihenfolge gänzlich aufgelöst wird. Ob der Aus-
druck des Ganzen noch verwickelter sei, ob er ein Netz bilde, wie Herr-
mann die natürlichen Verwandtschafien der Thiere darstellte, oder wie
Giesecke dieses auf die Pflanzen anwenden wollte, wird sich unten ergeben.
Wenn also die natürlichen Ordnungen ein Hauptgegenstand der For-
scher sein müssen, so können wir doch, da die Reihenfolge derselben nicht
einfach ist, des künstlichen Systems zur Uebersicht nicht entbehren. Die-
- ses hat auch Jussieu wohl eingesehen, da er einen gröfstentheils künstli-
chen Clavis seinen natürlichen Ordnungen vorgesetzt. Aber er ist wenig-
stens nicht bequem eingerichtet. Jussieu stellt die natürliche Abtheilung
in Monokotyledonen, Dikotyledonen und Akotyledonen voran, welche gar
schwer zu erkennen ist, wie alle natürlichen Ordnungen nicht begrenzt,
und als künstliche Eintheilung mit Ausnahmen durchbrochen. Gegen die
‚untern Abtheilungen Corolla monopetala und polypetala, hypogyna, peri-
gyna "und epigyna so auch Staminibus ‚hypogynis, epigynis und perigy-
nis läfst sich ebenfalls einwenden, dafs sie nie scharf von einander geschie-
den sind; eine tiefgespaltene Blume kommt der vielblättrigen äufserst nahe
und eine mittlere Stellung der Blume sowohl als der Staubfäden macht
nicht selten die angegebene Stellung verkennen. Es läfst sich nicht läug-
-nen, dafs Theilung, Stellung, Bildung, Kennzeichen sind, deren Ueber-
gänge leicht Irrthümer veranlassen können, dafs nur die Zahl ein Kenn-
zeichen ist, welches keinen Uebergang leidet, sofern wir auf ganze Zah-
len sehen, und die Brüche weglassen. Allerdings sind unentwickelte Theile
oder Spuren von Theilen als Brüche anzusehen, doch kommen diese nicht
häufig vor, und werden leicht erkannt.
Darum hat auch das Linneische künstliche System einen Vorzug vor
den übrigen, welcher ihm nicht streitig gemacht werden kann, und wel.
cher die Ursache des Beifalls gewesen ist, den es überall gefunden hat.
Die Zahl der Staubfäden leidet keine Uebergänge; die Staubfäden selbst
ausgezeichnet, dals zwischen einem ausgebildeten und einem unausgebilde-
ten Staubfaden ein deutlicher Unterschied ist. Sehr folgerecht hat Linne
auf die Verwachswng der Staubfäden und Staubbeutel Rücksicht genommen,
denn diese können Anstols im Zählen machen, ferner auf die Trennung der
Ra
152 er Dit
Geschlechter, weil er die Ordnungen nach der Zahl der Staubwege be-
stimmte und jene Trennung alsobald in Betrachtung gezogen wird. Von
den Klassen, welche darauf beruhen, darf keine wegfallen, wenn man
nicht das Ganze durch Willkür entstellen will. Das Wesen der Polyan-
dria hätte Linne besser durch Stamina indefinita ausgedrückt, wie Jussieu
sagte, und die Pl. Dodecandrae mit einer unbestimmten Anzahl von Staub-
fäden mufsten auch zur Polyandria gezogen werden. In sofern trennte, sich,
auch die Polyandria von der Icosandria, weii hier die Staubfäden durch
ihre Stellung eine bestimmte Anzahl von Reihen leicht bemerklich machen.
Die Klassen Didynamia und Tetradynamia scheinen der Bequemlichkeit we-
gen gemacht, theils um diese auffallenden natürlichen Ordnungen zu er-
halten, theils um die Klassen Tetrandria und Hexandria nicht gar zu ver
mehren. Doch 'aber liegt in ihrer Trennung ein feiner Sinn, Da die un-
bestimmte Anzahl der Staubfäden zur Eintheilung der Klassen genommen
werden mulste; so liegt in den Blüten der Didynamisten ebenfalls eine
Unbestimmtheit der Anzahl, indem vier Staubfäden zu einer lippenförmigen
völlig unregelmäfsigen Blume kein Verhältnifs haben. Auch wo die Blume
regelmälsig erscheint, wie an Myoporum, zeigt doch die Stellung der Staub-
fäden, so wie die Trennung der Blumenlappen, das ursprünglich Lippen-
förmige der Blume deutlich an. In der Tetradynamia sind die beiden klei-
nern Staubfäden gar deutlich Nebenfäden, wie der vierblättrige Kelch und
die vierblättrige Blume zeigt; auch hat man nie eine Monstrosität in die-
ser Klasse von 6 Blumenblättern gesehen. Man darf also, ohne dem allge-
meinen Grundsatze zu schaden, auch diese beiden Klassen trennen. Den
Bau der Orchideen kannte Linne nicht genau, daher ist die Klasse Gyman-
dria nicht gut zusammengesetzt. Will man sie beibehalten, welches 'we-
gen der sonderbaren Bildungen der Geschlechtstheile in den Orchideen,
wodurch das Zählen schwierig wird, sehr zu empfehlen ist; so mufs man
sie durch die völlige Verwachsung des Griffels mit den Staubfäden in ei-
nen Körper (Columna) bezeichnen, und dann müssen die Orchideae allein
diese Klasse ausmachen. Die Moose sind ebenfalls nach Hedwig’s Entdek-
kungen von der letzten Klasse zu trennen, und man könnte eine beson-
dere Klasse unter dem Namen Adenandria daraus machen, weil die Staub-
beutel Glandeln gleichen. Die sonderbare nicht leicht zu entwickelnde
Gestalt der Staubfäden an den Asklepiadeen würde ebenfalls zu einer be-
sondern Klasse berechtigen, wenn nicht die Zahl zu gering, die Aehnlich-
Ir
wre
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. 135
keit mit deutlichen Pentandristen zu gro[s und die Klasse daher wohl aus
zumitteln wäre, So bleibt das Linndische System zur Eintheilung der Pflan-
zen noch immer das vorzüglichste. Da Linn‘ aber, wie schon oben erin-
nert worden, die Aufstellung der Gattungen in den Ordnungen nach einer
willkürlichen Reihe folgen liefs, so kann man hier das natürliche System
anwenden. Werden die natürlichen Ordnungen in jeder künstlichen Ord-
nung nach einer und derselben Folge aufgestellt, so lassen sich dieselben
aus allen Klassen und Ordnungen leicht zusammenbringen, und man hat
das natürliche System verbunden mit dem künstlichen. Wenn auch nun
eine zufällige Abänderung in der Zahl der Staubfäden den Untersucher in
Verwirrung setzt, ein Fall, der beim Gebrauche des Linneischen Systems
sehr oft eintritt, so wird ihn doch die natürliche Ordnung bedeutend die
Mühe abkürzen, eine Pflanze in mehrern Klassen aufzusuchen, Nicht nur
für den jetzigen Zustand der Wissenschaft, sondern überhaupt halte ich
diese Verbindung, des natürlichen Systems mit dem künstlichen für sehr be-
quem und nützlich.
Ein Gedanke hat die Pflanzenforscher, von der ersten Zeit, als man
‘anfıng Systeme zu machen, geleitet, wenn man ihn auch nicht immer
deutlich dachte. Es war die Hoffnung, einen Theil zu ‚finden, dessen
‚Verschiedenheiten ‘die Verschiedenheiten aller andern Theile darstellen, so
dafs man jene für diese setzen dürfe, Der eine Theil wird Repräsentant
des Ganzen. Ist ein solcher Theil gefunden, so fallen künstliches und na-
türliches System zusammen; man bedarf nur dieses einen Theiles zur Be-
stimmung der Pflanze, weil er gleichsam einen Ausdruck der ganzen Pflanze
giebt. Da nun ein solcher Theil nicht zu finden war, so suchte man we-
nigstens einen Theil, welcher die Verschiedenheit des Ganzen am sicher-
sten ausdrücke. Aus diesem Gesichtspunkte beurtheilte Adanson alle Sy-
steme; er frägt, wie viele natürliche Ordnungen bei dem gewählten Ein-
„‚theilungsgrunde erhalten werden, und nach der Menge derselben schätzt
er den Werth des.Systems. Wenn andere Kritiker der damaligen Zeit die-
sen Gedanken auch nicht so klar aussprechen als Adanson, so schwebt er
- Ahnen doch bei der Beurtheilung der Systeme vor, und leitet ihr Urtheil.
Es darf aber nicht gerade derselbe Theil sein, welcher die Verschiedenheit
der Pflanze repräsentirt, sondern es wäre wohl möglich, dafs bald dieser,
bald jener Theil, auch wohl bald dieses, bald jenes Kennzeichen der Trä-
ger und Darsteller des Ganzen würde, Dieses dachte sich Linn€ beim Cha-
a4 Link
racter essentialis der Gattungen. Es ist offenbar, dafs Jussieu, Brown und
die übrigen Forscher der natürlichen Ordnungen, diesem Gedanken sehr
nachhängen. So wird der lange, wurmförmige Embryo als Hauptkennzei-
chen der Ardisiaceae angenommen, das krumme, zwischen die Samenlap-
pen gebogene Würzelchen als Hauptkennzeichen der Sapindi, die Cotyle-
dones peltatae als Hauptkennzeichen der Laurinae u. s. w. Brown setzt
wie Linne ein ! hinter diese Kennzeichen. $o sehr die Entdeckung sol-
cher Kennzeichen zusschätzen ist, so könnte doch wohl das Streben da-
nach zu weit gehen, und die natürliche Zusammenstellung dem hervorste-
chenden Kennzeichen aufgeopfert werden. Jussieu hat unstreitig der Stel-
lung der Scheidewände am Rande oder in der Mitte der Kapselklappen, so
wie überhaupt der Frucht, zu viel eingeräumt.
Es entsteht also bei der Untersuchung über die natürlichen Systeme
die Frage: Giebt es einzelne Kennzeichen, welche als Repräsentanten des
Ganzen auftreten können, oder mit welchen andere Kennzeichen beständig
verbunden sind? Auf die Beantwortung dieser Frage kommt Alles an, was
sich über das natürliche System sagen läfst, und es ist nörhig, sie scharf
zu fassen. i
Allerdings giebt es Kennzeichen, welche gar oft mit einander ver-
bunden sind. Der knotige Halm der Gräser, von dessen Knoten die schei-
denartigen Blätter ausgehen, findet sich in der Regel verbunden mit der
Grasblüte, wo die Theile nicht im Kreise stehen, und dem Samen, wo
der Embryo mit dem Schildchen an der Seite des Albumens liegt. Betrach-
ten wir diese Kennzeichen näher, so sehen wir, dafs die Theile auf untern
Stuffen der Entwicklung stehen. Von dem Halme, den Blättern, den Blü-
ten fällt dieses in die Augen; auch der Same hat die Theile noch aufser-
halb einander liegen, wrelche er bei gröfserer Ausbildung sich einverleibt. Die
Cyperoideae nähern sich den Gräsern sehr, nur ist der Halm ohne Knoten
und die Sonderung des Embryo vom Albumen nicht so deutlich, Die
Frucht der Doldenpflanzen ist fast immer mit dem scheidenartigen sonst oft
fein zertheilten Blättern, mit kleinen fünfblättrigen in eine Dolde gestell-
ten Blüten verbunden, und das Ganze zeigt eine mittlere Stuffe der Ent-
wicklung. Die Hülse, zuweilen eine sehr grolse mit schön ausgebildetem
Samen versehene Frucht, kommt sehr oft mit der schmetterlingsförmigen
Blume und mit zusammengesetzten Blättern vor; es begegnen sich hier
Theile von hohen Entwicklungsstuffen. Wern wir uns auch nicht der Ver-
e
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. 135
antwortlichkeit aussetzen wollen, die höhern und niedrigern Stuffen der
Theile nach äufsern Gründen zu bestimmen, so mögen wir sie nach ihrer
Verknüpfung unter einander bezeichnen, indem wir das eine Ende der
Reihe das weniger, das andere hingegen das mehr entwickelte nennen.
Auch sind wir immer im Stande, die verschiedenen Bildungen in Reihen
zu ordnen, indem wir die Theile in kleinere, sogar in Basis, Spitze, Rand
zerlegen können. Was hier von den Ordnungen gesagt ist, gilt auch von
den Gattungen, wie die vielen sehr natürlichen Gattungen Veronica, Con-
volvulus und Ipomoea, Solanum u. a. m. beweisen.
. Keineswegs treflen aber jene Entwicklungsstufflen immer zusammen,
„sondern sehr verschiedene Verbindungen kommen vor. Das einfache Blatt
der Gräser zeigt sich in gar verschiedenen natürlichen Ordnungen, und
verläuft sich sogar bis in die Ordnung der Leguminosae, wo ‚Lathyrus
Nissolia ein solches einfach gebautes Blatt zeigt. Die Hülsenfrucht ist mit
der regelmäfsigen Blume in Cassia und anderen verbunden, und sogar ohne
Blume in Ceratonia. Die Blütentheile sind an Fuirena schon in einen Kreis
. gestellt, ungeachtet alle übrigen Theile eine Cyperoidea andeuten. Doch
u
4
.
sieht man bald, dafs alle diese Abweichungen von der Regel ihre Gren-
zen haben. Der Samen der Gräser findet sich nur mit Theilen verbunden,
wie sie in dieser natürlichen Ordnung vorkommen, er scheint nur in die
Ordnung der Cyperoideae überzugehen, das Blatt-von Lathyrus hat zwar
die einfache Gestalt des Grasblattes, aber nicht dessen Scheide, und in den
Blüten der Cassia sieht man die Näherung zu den Schmetterlingsblüten
sehr deutlich.
Aus allem diesem folgt nun folgendes schon früher von mir ausge-
‚sprochene Naturgesetz: Alle Bildungsstuffen der Theile sind auf alle Weise
mit einander verbunden. Dieses Naturgesetz wird durch folgende Gesetze
näher bestimmt. Erstlich: ähnliche Bildungen, das heifst, Bildungen,
- welche ähnliche Stellen in ‘den Reihen einnehmen, sind am öftersten mit
einander verbunden, und machen die allgemein bekannten natürlichen Ord-
nungen. Zweitens: sehr entfernte Bildungsstuflen haben’ ein Widerstreben
_ zur Verbindung, und eine sucht die andre in eine nähere Stufle zu ziehen.
'So wird alles klar, was über natürliche Ordnungen gestritten und verhan-
delt ist, Wir sehen ein, warum sich grofse, natürliche Ordnungen fin-
‚den, warum kleinere, und worauf die Uebergänge und Mittelwesen sich
. gründen.
136 ri 8
Es ergiebt sich hieraus auch die Art, wie die natürlichen Ordnun-
gen zu bestimmen und zu behandeln sind. Die Kennzeichen der Ordnun-
gen müssen gezählt werden, Hat eine Pflanze alle Kennzeichen der Ord-
nung, so ist sie Habitus genuini, weicht sie in einem oder dem andern
Kennzeichen ab, so ist sie Habitus deliquescentis, ein bequemer Ausdruck,
dessen sich zuerst Crantz bediente. So werden wir eine Uebersicht der
natürlichen Ordnungen erhalten, wie sie sich in der Natur finden, ohne
sie nach Willkür zu zerstückeln und zu vereinigen, oder sie in eine ge-
zwungene Reihe zu stellen,
Wir wollen hier nur die natürlichen Klassen der Gewächse betrach-
ten nach ihren fünf Rücksichten: Wurzel, Stamm, Blätter, Gemmen, ‚Be-
fruchtungstheile, Nicht allein der äufsere, sondern auch der innere Bau
dieser Theile ist zu betrachten, den wir oft, als ihnen allen gemeinschaft-
lich, herausheben, so_wie auch die übrigen Eigenschaften und Bewegungs-
gesetze dieser Theile nicht zu übergehen sind.
Die erste Klasse der Gewächse nenne ich Cryptophyta. Es gehö-
xen dazu die Pilze, Flechten und Wasseralgen. Das Zellgewebe ist in ih-
nen noch nicht völlig entwickelt. Die Oberhaut der Tangarten, so wie
der blattartigen Lichenen zeigt es zwar deutlich, aber aus sehr kleinen,
ohne Ordnung neben einander liegenden Zellen bestehend. In den krusten-
artigen Lichenen, so wie in den kleinen Pilzen, sieht man Körner von
verschiedener, aber überhaupt sehr geringer Gröfse, dicht auf einander lie-
gen, und so eine Art von Zellgewebe bilden. Manche Pilze, z. B. Phal-
lus impudicus, bestehen ganz und gar aus ziemlich grofsen Bläschen, welche
aber nur locker zusammenhängen. Solche findet man auch in andern Pilzen
zwischen den Fasergefälsen zerstreut. Eben so abweichend sind die Gefälse
* dieser Pflanzen gebildet. Nur in den gröfsern Pilzen gleichen sie den Fa-
sergefälsen der vollkommnern Pflanzen gar sehr; sie scheinen röhrig, sind
einfach, grade, liegen bündelweise zusämmen, und mit ihren Enden ne-
ben einander. In den Tangarten sind sie weich und schlüpfrig, fast gal-
lertartig und zusammengewunden. In den grölsern Lichenen sind sie zu- _
sammengewunden aber trocken wie Baumwolle, Vielen Pilzen, Algen und
Fiechten fehlen sie ganz. In dieser Klasse kommen Membranen vor, in
denen man keine Zellen entdeckt, welche sonst im ganzen Gewächsreiche
nirgenäs vorhanden sind. Besonders bemerkt man an den Conferven solche
Membranen ohne Zellen,
Was
.
über die "natürlichen Ordnungen der Gewächse. 137
Was nun die fünf Haupttheile dieser Gewächse betrifft, so haben
viele von ihnen Wurzeln, wenn man nämlich Wurzeln die Theile nennt,
welche unterwärts unter den Horizont wachsen. Die gröfsern Pilze, die
Lichenen, die Tangarten, zeigen sie deutlich, Aber in ihrem innern Baue
sind diese Theile durchaus nicht. von der ganzen Pflanze verschieden, Sie
sind blolse Fortsätze der blattartigen Substanz an den Lichenen, sie sind
Theilungen des Strunkes an den Pilzen und den Tangarten; zuweilen quillt die
Substanz des Strunkes der letztern an der Basis scheibenförmig auseinander,
wenn sie nicht in Ritzen des Stammes eindringen kann, Es fehlt also ei-
nigen Kryptophyten die Wurzel durchaus, z. B. den Conferven und einigen
Pilzen; an den übrigen sind zwar solche vorhanden, aber nicht als eigen-
thümliche von den übrigen in ihrem Bau getrennte Theile.
Stamm und Blätter der Kryptophyten fallen zusammen in Eins, wie
schon Linne sagte. Persoon giebt als Kennzeichen der Pilze an, dafs sie
nur aus einem Fruchtbehälter bestehen, und dieses ist allerdings richtig
von dem, was man gewöhnlich zum Pilz rechnete. Aber man übersah
‘einen sehr wichtigen Theil, das flockige Wesen nämlich, womit der Pilz
anfängt und welches sich um den Pilz verbreitet. Es ist keineswegs ein
unbedeutender Theil; es gelangt in dem schädlichen Hausschwamme (Me-
rulius Vastator) zu einer anschnlichen Gröfse, es wird bei dem Champignon
‘(Agaricus campestris) zur Fortpflanzung des Pilzes gebraucht, indem man
Stücke davon reilst, und-in Mistbeete bringt. Es besteht aus zarten, ästi=
. gen Röhren mit Scheidewänden. Man kann es mit der blattartigen Grund-
lage (thallus) der Lichenen vergleichen. An den Schimmelarten bestätigt
der erste Blick diese Vergleichung; der Hausschwamm wuchert wie die
Lichenen als flockiges Gewebe oft lange fort, ohne Früchte zu tragen, und
die Vegetabilia subterranea sind gröfstentheils verschiedene Abänderungen
der Thallusgestalt dieses Pilzes. Mit der Wurzel ist dieser Theil nicht zu
‚vergleichen, denn aufser ihm haben die Pilze oft Wurzeln, und nicht sel-
ten steigen Wurzeln aus diesen Flocken zusammengewebt, in die Tiefe.
- Gewöhnlich bleibt dieser Thallus zartflockig, zuweilen verwebt er sich und
bildet, mit einer zellenartigen Masse verbunden, die Unterlage des Pilzes,
Stroma. Damit darf man nicht das Sporidochium verwechseln, welches
über dem Stroma, oder auch über dem flockigen Thallus in die Höhe
- schiefst, und den blofsen Samen, oder ein Sporangium trägt,
Plys. Klasse. 1820 — ıB21, 5
138 R PATER 0
Die krustenartige oder blattartige Grundlage der Lichenen: vertritt
deutlich die Stelle der Blätter und des Stammes zusammen genommen. Es
ist bekannt, dafs die Stiele in der Flechtengattung Cladonia (Scyphiphorus,
Cephalaria) nur Stiele des Fruchtbehälters sind, denn sie kommen zum Theil
deutlich aus einer-Unterlage von Blättern hervor. So wie die Verknüpfung
von Stamm und Blättern, welche man überhaupt Thallus nennen kann, in
den Lichenen sich der Blattgestalt nähert, so nähert sie sich in den Was-
seralgen, besonders in den Tangarten der Stammform. Aber nie hat ein
‚solcher Stamm wahre, gesonderte, für sich bestehende Blätter, sondern
was blattartig erscheint, ist nur ein Flügelansatz.
Auf eine ähnliche Weise, wie Stamm und Blätter in Eins sich ver-
binden, scheinen auch Samen und Gemmen in Eins übergegangen zu sein.
Körner wie Samen, zeigen sich an allen Arten der Kryptophyten, -einige
noch nicht genug beobachtete ausgenommen... Diese Körner keimen; man
hat es von den Pilzen und neulich von den Flechten wahrgenommen. Mit
dem Samen kommen sie darin überein, dafs sie sich sehr‘ oft in besondern
Behältern befinden; mit den Gemmen, dafs sie geradezu sich in die künf- -
tige Pflanze verlängern, ohne eine Schale (testa) abzuwerfen, wenigstens
hat so Herr Ehrenberg die Pilze keimen gesehen. Ob die Samen der Pilze
die Art fortpflanzen, wie wahre Samen zu thun pflegen, oder nur das In-
dividuum, wie Gemmen, ist noch nicht erforscht.
Männliche Geschlechtstheile sind an diesen Pffänzen noch nicht ge-
funden. Hedwig hielt den Staub auf der Oberfläche der Lichenen für den
Blütenstaub, aber diese Körner finden sich auch im Innern der Lichenen,
in den Wasseralgen, wo man sie für Samen gehalten hat, in den Pilzen,
und auch zuweilen auf der Oberfläche derselben verschieden von den Kör-
nern, welche die Samen darstellen. Ja es giebt einige Pilze, wo ein deut- ,
licher Samenbehälter vorhanden ist, und aufserdem kleinere Körner an be-
stimmten Stellen des Thallus aufgewachsen. Sind sie Stärkmehl, oder Gem-
men, oder männlicher Staub, oder haben sie eine mittlere Natur? Zeu-
gen sie vielleicht nur von dem Bestreben der Natur, das doppelte Ge-
schlecht hervorzubringen, ohne dafs es doch einer Befruchtung zur Bele-
bung des Samens bedarf?
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4%,
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. 139
Einige Wasseralgen, namentlich die Conjugatae, haben eine so son-
derbare Fortpflanzung, dafs man glauben sollte, sie machten den Ueber.
gang zu den Thierpflanzen.
Die zweite Klasse der Pflanzen ist die Klasse der Moose, Musci.
Sie haben Wurzeln, . verschieden vom Stamme; diese brechen aus demsel-
ben überall hervor, sind aber nie eine Fortsetzung desselben unter der
Erde. Der Bau dieser Wurzeln ist sehr einfach, sie bilden eine enge, un-
gegliederte Röhre, welche sich von einem Haare nur durch die braune
Farbe unterscheidet. Der Stamm ist von den Blättern völlig getrennt. Er
besteht ganz und gar aus Fasergefälsen, welche den Fäsergefäfsen der voll-
kommenern Pflanzen sehr gleichen, und ein Bündel derselben nimmt den
ganzen Stamm ein; nur in seltenen Fällen scheint eine dünne Schicht von
lockerm Zellgewebe ihn zu überziehen. Spiralgefäfse haben diese Pflanzen
noch nicht, wenigstens kann ich die von Moldenhauer angegebenen ‚Spiral-
gefälse an der Oberfläche vom Splachnum nicht dafür halten. Die Blätter
sind noch immer ungestielt, nie tief getheilt und noch weniger Zusammen-
gesetzt. Sie bestehen aus einem sehr deutlichen, regelmäfsigen, lockern
Zellgewebe, und haben nur zuweilen einen Mittelnerven von Fasergefälsen,
der nicht immer bis an die Spitze läuft, und stets einfach nie ein Netz
“macht, Auf der Oberfläche findet man oft Papillen; Spaltöffnungen hat
man nie darauf gesehen; nur auf dem Schirm der grofsen Splachnumarten
will man sie bemerkt haben. Ich zweifle nicht, dafs die von Hedwig
entdeckten Körper an den Moosen Staubbeutel (Antherae) sind; ihr Vor«
kommen an bestimmten Stellen, mit einer Menge von Paraphysen umgeben,
zeugt von‘'einem höhern Range, als Gemmen oder gar Glandeln einneh«
men. . Ob jedoch in allen Fällen eine Befruchtung nöthig sei, damit ar
Same keime, ist darum noch nicht ausgemacht. Dena die Natur bringt, der
Analogie wegen, auch Theile.hervor, welche die eigenthümliche Funktion
des Theiles nicht haben, z. B. die Augen der Maulwürfe, Dafs die
Moose Samen tragen, wird nicht mehr bezweifelt; ihre Früchte sind be-
kannt genug. Man hat die Calyptra für die Blume (Corolla) angesehen,
da aber in den Zwitterblüten die Staubbeutel und Paraphysen aufserhalb
‚derselben stehen, so mufs man ‘sie zu den Theilen rechnen, welche den
- Fruchtknoten zunächst umschliefsen, Perigynium. Wir sehen an den Moo-
S2
a
ihn RE ER RE TEN
sen deutliche Gemmen in den Blattwinkeln, wie an den vollkommnern
Pflanzen.
Die Moose keimen mit Anhängen, den Conferven bis zur Täuschung
ähnlich, so dafs man gewifs einige dieser Anhänge für Confervenarten be-
schrieben hat. Diese Anhänge gleichen den Samenlappen, in sofern sie vor
der ganzen Pflanze hergehen. Aber sie wachsen viel mehr aus, als die Sa-
mienlappen vollkommner Pflanzen, und bleiben im Ganzen länger stehen,
als jene. Einige Pflanzenforscher haben geglaubt, die Moose entständen
aus Conferven, aber jene Beobachtungen haben noch lange nicht den Grad
von Genauigkeit, deren es zur Feststellung eines so sonderbaren Satzes be-
darf. Wir sehen hier den Fischfrosch der Merian.
..
Die Lebermoose (Algae hepaticae) kommen in den Wurzeln, den .
vollkommnen Geschlechtstheilen, dem deutlich entwickelten Zellgewebe,
der deutlichen Ausbildung der Früchte, den männlichen Geschlechtstheilen
völlig mit den Moosen überein. Einige derselben unterscheiden sich aber
in einer doppelten Rücksicht, Stamm und Blätter sind in, Eins verbunden-
und stellen die blattartige Grundlage der Lichnen vor. Dieses hat eine
andere Erzeugung der Gemmen nothwendig gemacht; sie befinden sich
nämlich in kleinen Bechern auf der Oberfläche der Pflanze. Sie nähern
sich dadurch den Samen. Da diese Aehnlichkeit nur eine äufsere ist, die
Verbindung von Blatt und Stamm in Eins also den einzigen Unterschied
zwischen diesen Gewächsen und den wahren Moosen ausmacht, so dürfen
wir solche Lebermoose gegen die vielen angegebenen Uebereinstimmungen
nicht von den Moosen trennen.
Die dritte Klasse ist die Klasse der Farrn, Filices. Sie haben eine
Wnrzel wie die folgenden, bestehend aus einer Rinde von deutlich ent-
wickeltem Zellgewebe und einem Holzbündel in der Mitte, bestehend wie
alles Holz aus Fasergefälsen mit Spiralgefälsen durchzogen. Doch trifft
‚man bei ihnen noch keine Pfahlwurzel an, sondern ein Haufen von Wur-
'zeln entspringt aus der Basis des Stammes. Statt des Stammes ist in der _ y
Regel ein Rhizom vorhanden, worin sich im Zellgewebe zerstreute Holz-
bündel befinden, die zuweilen regelmälsig verwachsen besondere Gestal-
ten bilden. Auch wächst das Rhizom, vorzüglich an den Farrn wärmerer
g
I
7
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. a4
Gegenden, über die Erde hervor und macht eine Art von Stamm, doch
" _ehne das Merkmal des wahren Stammes, nämlich Gemmen in den Blatt-
- winkeln zu tragen. Die Blätter sind vorzüglich ausgebildet, oft zusam-
mengesetzt, und erheben sich oft allein über die Erde. Der Blattstiel
enthält einzelne Holzbündel im Zellgewebe, so auch bestehen die Blattnerven
aus Holzbündeln. Die Blätter sind mit Spaltöffnungen bedeckt. Gar oft um-
giebt eine braune Haut die Holzbündel. Die Früchte befinden sich entwe-
der in einem Amphicarpium an dem Rhizom, oder in den Blattwinkeln,
oder auch gar oft auf der untern Seite der Blätter. Man hat noch keine
männliche Geschlechtstheile daran entdeckt, Was Hedwig dafür hielt, sind
allerdings Glandeln, nicht ausgezeichnet durch Stellung und Umgebung;
auch sind die aufgeschwollenen Blattnerven zu wenig ausgezeichnet, um
sie analogisch für Staubbeutel zu halten, wenn sie gleich einen Nutzen
bei der Samenbildung haben mögen. Der Same keimt leicht und behält,
.so klein er auch ist, die- keimende Kraft lange Zeit. Die ersten Blätter
sind in der Regel der Gestalt nach von den folgenden Blättern [verschieden,
auch fleischiger und gleichen darin den Samenblättern der {andern Pflan-
zen, aber sie entstehen oft eines nach dem andern, so dafs, wenn das er-
'stere verwelkt, andere derselben Art Een, welches bei den wahren
Kotyledonen nie der Fall ist.
Die vierte Klasse ist die Klasse der Monokotyledonen, Monoco- _
tyledones. Diese ist eine wohlgesonderte natürliche Klasse, wenn auch je-
des Kennzeichen für sich allein zur Bezeichnung derselben nicht hinreicht,
_ und der Name selbst nicht passend ist. Die Wurzel besteht aus einer Rinde
| von Zellgewebe und einem Holzbündel in der Mitte, wie bei den vorigen
und folgenden. Sie zeigt sich aber nie als Pfahlwurzel, sondern es kom-
men mehre aus der Basis des Stammes, Dieser besteht aus Zellgewebe, \n
welchem die Holzbündel zwar einzeln und unvereinigt, aber doch in einem
> Kreise stehen. Es kommen überdies drei Hauptverschiedenheiten des Stam-
mes in dieser Klasse vor. Er hat zuweilen keine Rinde von Fasergefälsen,
ist aber statt derselben mit den Scheiden der Blätter umgeben, z. B, Grä-
ser, Cyperoideae, Orchideae, Scitamineae. Diesen Stamm könnte man ei-
gentlich Culmus nennen, da dieser Ausdruck sonst gar keine feste Bedeu-
tung hat, und die Aenderung der Namen nach der natürlichen Ordnung
nicht Statt finden kann, sonst müfste man in jeder andern natürlichen Ord-
%
|
&
142 az Fi n k in
mung den Theilen andere Namen geben, wodurch die wenige Uebersicht,
welche wir haben, 'nur noch mehr vermindert würde. Die zweite Ver-
schiedenheit besteht darin, dafs nur ein Rhizom vorhanden ist, aus wek
chem ein Schaft hervorgeht, in welchem die Holzbündel ebenfalls gesondert
stehen, doch ist eine Rinde von Fasergefälsen vorhanden. Hierher gehö-
ren die Irideae, Narcissinae, viele Liliaceae u. s. w. Auch die Palmen ge-
hören hierher, denn der Stamm derselben ist ein Rhizom über der Erde,
aus dem Blätter und Gemmen nur an der Spitze kommen. Die dritte
Verschiedenheit macht ein wahrer Stamm über der Erde, welcher eine
kreisförmige Rinde von Fasergefälsen hat, wie viele Liliaceae, (die Aspara-
ginae und einige wenige andere. Die Blätter der Monokotyledonen umfas-
sen den Stamm mit einer Scheide, und wenn auch die .obern Blätter oder
alle diese Scheide nicht haben, so ist doch immer eine Wurzelscheide
vorhanden, eine solche Scheide nämlich, die den jungen, sich entwickeln-
den Stamm umfalst. Die Gemmen entspringen aus den Winkeln der Blät-
ter, Es sind doppelte ‚Geschlechter ‚vorhanden,
Ueber den Samen dieser Pflanzen, das Keimen derselben, und die
Analogie mit dem Samen der folgenden Pflanzen, sind verschiedene und
gar entgegengesetzte Ansichten gewesen. Kotyledonen, welche in Blätter
auswachsen, ‘oder dach durch die Spaltöffnungen die Blattnatur deutlich
zeigen, finden wir in dieser Klasse eigentlich nicht. Darin liegt ein gro-
(ser Unterschied. Doch haben blattlose Dikotyledune ebenfalls solche Ko-
tyledonen nicht. Uebrigens können wir den Unterschied des Samens zwi-
schen den Moenokotyledonen und Dikotyledonen auf folgende Weise allge-
mein fassen. In..der Klasse der Dikotyledonen liegt der Keim (Embryo)
so im Samen, wie er sich entwickelt; das Würzelchen wird die Wurzel
der Pflanze, das Federchen der Stamm mit Blättern, die Kotyledonen die
Wurzelblätter. In der Klasse ‚der Monokotyledonen hingegen umgiebt eitie
Hülle den ganzen Embryo, und aus diesem bricht die junge Pflanze erst
hervor. Die Umhüllurg des obern Theiles oder des Stammes, nennt Ri- -
chard den Kotyledon; in den Hyazinthen nannte ihn Gärtner Bacillus.
Denn oft, z. B. in den Hyazinthen und den Palmen, wird der Embryo erst
verlängert und später bricht die Pflanze aus demselben hervor. Auf dem
Hervorbrechen der Wurzel aus der Scheide beruht Richard’s Unterschied
zwischen Endorhizae und Exorhizae. Eines allein ist auch wohl in den
über die natürlichen Ordnungen der Gewächse. 143
Dikotyledonen vorhanden, z. B. an Tropaeolum, aber beide Hüllen zu-
gleich, oder vielmehr die allgemeine Hülle, kommt nur in den Monokoty-
ledonen vor. Ueberhaupt kann jedes dieser auszeichnenden Kennzeichen
allein und für sich in der Klasse der Dikotyledonen erscheinen, ohne die
Pflanze zu jener Klasse zu bringen, denn es kommt, wie schon oben er-
® vähnt wurde, auf die Mehrheit der Kennzeichen an, und so ist bei keiner
Pflanze die Stelle zweifelhaft..
Als Unterordnung der Monokotyledonen sind die wahren Najades anzu-
führen, welche sich durch den Bau des Stammes auszeichnen. Sie haben näm-
lich ein Holzbündel in der Mitte des Stammes, ohne Mark, als wären sie
gleichsam ganz Wurzel. Einige dieser Najaden haben auch keine Spiral-
gefälse und machen den Uebergang zu den Wasseralgen.
we £
Die fünfte und letzte Klasse ist die Klasse der Dikotyledonen:
Die Wurzel besteht aus einer Rinde von Zellgewebe und einem Bündel
von Holz in der Mitte ohne Mark, wie bei den vorigen. Sie ist aber oft
eine Pfahlwurzel, welches in der vorigen Klasse nie der Fall ist. Der
Stamm hat eine Rinde von Zellgewebe, darunter eine Rinde von Faserge-
fälsen, und Holzbündel, welche im jungen Stamme gesondert in einem ‘
Kreise stehen, mit dem Alter aber zusammenwachsen, und einen Ring bil-
den. Zuweilen sind aulser diesem Ringe noch in der Mitte gesonderte
Holzbündel. ®Die Blätter sind in der Regel nicht. scheidenartig, sondern
vom Stamme durch einen Stiel oder Hauptnerven getrennt, wenigstens fehlt
die Wurzelscheide. Die Gemmen erscheinen in den Winkeln der Blätter.
Zwei deutlich gesonderte Geschlechter. Der Embryo des Samens wird
durch blofse Entwicklung zur jungep Pflanze, die Kotyledonen, selten ei-
ner, meistens zwei, in einigen Fällen mehre, werden Samenblätter, und
wenn keine Blätter vorhanden sind, ist auch kein Kotyledon im Samen
; . zugegen.
Der gröfste Haufen von Pflanzen gehört zw dieser Klasse, und sie
sind die vollkommensten Gebilde des Pflanzenreichs, Ist die Rede davon,
welche unter ihnen am meisten ausgebildet sind, so müssen wir den Le-
guminosae diesen Rang zu erkennen, die zusammengesetzten Blätter, die
144 Link über die natürlichin Griiäongen der Gewächse. <
na Blüte, die gröfste Frucht, die zarteste Eimpfindlichkeiö'bezeicht
nen sie als sölchei; und stellen sie an das äufserste Ende des Pflanzen-
reichs, welches mit den Schimmelarten anfängt.
Ueber
u
Ueber mehrere neubeobachtete Krystallllächen des Feldspathes,
und die Theorie seines Krystallsystems i im Allgemeinen.
Von Herın Weıss +).
Erster Abschnitt. Neubeobachtete Krystallflächen,
Sa ich der Königl. Akademie meine Abhandlung über die krystallogra-
phische Fundamentalbestimmung des Feldspaths vorzulegen die Ehre hatte,
in welcher ich die bis dahin mir bekannt gewordenen Krystallflächen des-
‚selben gelegentlich aufzählte *), ist das hiesige Königl. Mineralienkabinet
mit mehreren ausgezeichneten Seltenheiten in dieser Gattung bereichert wor-
den, welche die Kenntnifs dieses an sich wichtigen Systems nicht allein
“ vervollständigen, und mit jedem Schritt neue individuelle Merkwürdigkei-
ten an ihm gewahr werden lassen, sondern von denen auch mehrere ein
allgemeineres Interesse gewinnen, die einen dadurch, ‘dafs sie Erscheinun-
gen am Feldspath als Seltenheit zeigen, welche sonst den zwei- und ein.
gliedrigen Systemen nicht, dagegen als gewöhnliche Erscheinungen den zwei-.
und zweigliedrigen zukommen, mit welchen, wie bekannt, die zwei-
und eingliedrigen gleichen ersten Ursprunges, und vom welchen sie nur
in der Art und Weise der weiteren Entwickelung verschieden sind, — die
_ anderen dadurch, dafs durch- sie jetzt auch am Systeme des Feldspathes
(was dieser sonst zu verbergen pflegte) gewisse neue Glieder genau als die
n *) Siehe den Band dieser Schriften für die Jahre 1816 u, 17, S, 244 u, 245 in der Note,
+) Vorgelesen den 30. November 1820,
Phys. Blasse, 2880 — ı8au T
146 5 1 REN Be
nämlichen zum Vorschein kommen, welche bei anderen ihm verwandten,
“ wie dem der Hornblende, des Augites, des Epidotes u. s. f. gewöhnlicher
und offner sich darlegen, so dafs sich immer mehr zeigt, wie sein Schema
der Bildung zum Schlüssel beim Studium vieler anderer gebraucht werden
kann. o
ı. Zuerst hat sich entschieden, was ich in meiner frühern Darstel-
lung zweifelhaft lassen mufste *), das wirkliche ‚Vorkommen der Fläche.
(32:5©=b], und es ist ihrer Realität vor der einer Fläche [22:3c:©Bb] der
Ausschlag gegeben durch eine Feldspathdruse, welche das Königl. Mine-
ralienkabinet vom Prudelberg bei Stonsdorf, unweit Hirschberg in Schle-
sien, erhalten hat. Diese Druse zeigte überdem, wie auch niehrere von
Baveno, die artige Erscheinuug, dafs an ihr Krystalle von gemeinem,Feldspath
mit aufgewachsenem Adular so überdeckt sind, dafs die Masse des letztern
meist blofs den neuen Anwuchs der ältern Individuen von gemeinen Feld-
spath und keine neuen Individuen bildet. ‘Was aber nächst den: Winkeln
für die Fläche Ga:35:=b], die an ihr mit vorkommt, entscheidend ist, ist
der deutlich zw beobachtende Parallelismus der Kanten, welche diese Fläche
mit [=27:b::2c], oder, wie ich lieber schreibe, [a:4b:c] auf der einen, und
mit [32:b:=c ] auf der andern Seite, d. i. mit einem ihr zur Rechten lie-
genden o: und einem zur Linken liegenden z (um die Buchstaben, mit wel-
chen die Flächen in den Haüy’schen Kupfertafeln bezeichnet sind, zu ge-
brauchen) oder umgekehrt, bildet. Die Fig. 4. der beigefügten Kupferta-
fel, auf welcher die neue Fläche mit r bezeichnet ist, wird diese Eigen-
schaft derselben deutlich machen; die Figuren ı— 35; enthalten die aus dem
Haüy’schen Werke bekannten Flächen, nebst der geraden. Abstumpfungsfläche
k der stumpfen Seitenkante der Säule TT.
Von einer Zone, deren Axe den angegebenen Kanten zwischen
[FEb:<] und [32:b: oe], oder [a »3b::c]und [ 32: b:=e ] parallel ist, läfst sich
bemerken, dafs auch unter den früher schon aufgeführten neuen Feldspath-
flächen die, welche wir [#33b:32<] geschrieben haben, und in Zukunft der
Vereinfachung halber lieber [42:#b: © ], welches oflenbar mit jenem Ausdruck
synonym ist, schreiben werden,. d..i. die Fläche u Fig. 5. in die nämliche
Zone fällt,und zwar ['42:4b':c ]in die,welche von [33:5 7@b] nach [ 32:5: 5< ]
9 A. a.. O.. Si. 271.
fer neuboobachtete yieatraci des Feldspathes. 147
Es 1 IE 2.0], ungekeirr [43:45:€] in diejenige, welche von [EERR
nach [32 :b: oc] und [a :3b':e ] geht *),
“ Was aber die Fläche [32:5c:ob] beim Feldspath insbesondere merk-
würdig macht, ist die bereits in meiner frühern Abhandlung **) auseinan-
dergesetzte Eigenschaft derselben, dafs sie mit & ihre Neigungen gegen P
und gegen die stumpfe Seitenkante der Säule, worauf beide aufgesetzt sind,
i
gegenseitig vertauscht.
2. Eine andre neue Fläche der vertikalen Zone, nämlich t (Fig. 6
und 7.) = [2:5c:»b], d. i, die Fläche mit fünffachem Cosinus ihrer Nei-
gung gegen die Axe bei gleichem Sinus mit P= [a:c:=b], und zwar
auf der vorderen Seite des Endes, d. i. der nämlichen mit P, so dafs sie
als Abstumpfungsfläche der Ecke erscheint, die P mit der stumpfen Sei-
tenkante bildet, auf welche sie aufgesetzt ist, fand ich ganz neuerlich an
zwei höchst interessanten Krystallen von glasigem Feldspath, welche
die Gefälligkeit- des Herrn Hofrath Leop. Gmelin in Heidelberg mir aus
einer Druse seiner Sammlung, vom Vesuv, auszubrechen und dem hiesi-
gen Königl. Kabinet einzuverleiben erlaubte, ganz denen gleich, in welchen
sonst Mejonite sich finden,
. Wenn man sich zwei Zonen denkt, von [a €] nach mar,
und von nach [a:b:©c], d. i., von einer unsrer Diagonalflä-
chen n (Fig. 6 und 7.), wenn sie zur Rechten liegt, nach der linken Sei-
tenfläche der Säule T, und von der zur Linken liegenden n nach der
rechten Seitenfläche T derselben (vordern) Seite des Endes***), so ist die
Fläche, welche in beide genannte Zonen zusammen, .so wie zugleich in
die vertikale Zone gehört, die obige Fläche mit fünffachem Cosinus in
letztrer, d. i. [a:5c:@b], der Werth von a, b und sei welcher er wolle;
und so läfst sich ein- für allemal im zwei- und eingliedrigen System ; jene
Fläche hestimmen durch Zonen, welche aus fiüher schon deducirten Glie-
dern des Systemes hervorgehen. Die Art und Weise dieser Bestimmung
*) Die accentuirten Buchstaben bedeuten nach unserer früher entwickelten Bezeichnungsmethode die
entgegengesetzten Dimensionsrichtungen von.den durch die unaccentuirten angegebenen, i
”*) A, a. O. S. 270. s
++) Es ist in den Figuren dör beigefügten Kupfertafel zur Bequemlichkeit der Leser die analoge Stei-
lung der F eldspathabbildungen des Hauy'schen WVerkes beibehalten.worden, obwohl die Sprache
- "des Textes sich direkter auf eine Stellung bezieht, bei welcher, wie in Fig. 5 und 6. der zu mei-
ner’ in dem Bande für 1816 und 17 befindlichen Abhandlung über den Feldspath beigegebenen Ku-
1
die stumpfe Seitenkante — nach vorn gekehrt, und die Fläche P am obern Ende auf
pfertafel, T
sie gerad aufgesetzt erschiene,
Ta
148 a ie u R Eh
gleicht gänzlich derjenigen, wodurch wir früher die Fläche [2?3<:= 5] de
ducirten *); und man könnte 'der Analogie nach die zwei neuen Zonen,
durch welche wir jetzt die Bestimmung machten, die dritten Kanten-
zonen des Systems nennen, wenn diejenigen, durch welche [#:3c:ob
bestimmt wird, die zweiten Kantenzonen hiefsen *). Aus dieser Analogie
ergiebt sich, wie einfach sich gerade die Bildung der Flächen [2:5c:»b]
an den Entwicklungsgang des zwei- und eingliedrigen Systems anreiht;
und vom Epidot her haben wir die Wichtigkeit der Flächen [?7:3<:@b],
und [a:#b:c] noch mehr kennen gelernt, da gerade ihr Zu-
sammengreifen der Schlüssel des Epidotsystemes seiner besondern Eigen-
thümlichkeit nach wurde, 5
Fragt man, ob auch die Fläche [3:5°:=1] in die bemerkte Eigen-
heit der früher bekannten Flächen aus der vertikalen Zone des Feldspaths
eingeht, dafs nämlich je zwei von ihnen in dem Verhältnifs stehen, dafs
sie ihre Neigungen gegen die stumpfe Seitenkante und gegen P gegenseitig
vertauschen, wie [X:3c:=b] uud [32:0:Sb], [=:e:=b] und [5a:sc:@b],
so findet man auf ähnlichem Wege, wie der, auf welchem wir diese Ei-
genschaft in Bezug auf die eben genannten Flächen erwiesen haben, dafs
in der That jene zwei Neigungen sich umkehren würden zwischen
und einer Fläche [32:7<:=5] ***). Die Neigung von [a:5c: sb] gegen die
stumpfe Seitenkante der Säule ist zufolge der für den Feldspath bestimm-
ten Werthe von a, b und c, 157° 25°47'; dies wird die Neigung von
gegun P= [a:c:=b]; die Neigung von [2:50:=b] gegen P
dagegen wird 158° 15 ‘45; und dies würde die Neigung der Fläche Ba: 7e:=b]
gegen die Seitenkante seyn. Wir wollen der letzteren Fläche deshalb noch
*) A. a, ©. S, 257.
®*) A.a. O. S. 278. vergl. die Abhandl, über das Epidotsystem in dem Bande dieser Schriften für 1818
und.ıg. S. 252. fgg. Note,
9**) Im Allgemeinen sey, wie hier, die Neigung einer SNOHL Fläche ra: c:o© b]eesen ER c: =2]
gleich der einer unbekannten Fläche [m are: b], so wird nach der Formel‘ sin (@—ß) : cos
(e—P)= sine. cos $—sinß,cos«: sin «.6inß + cosa.cosß, da sin e:cose—a:ec und
sinß:cos@ = na:c, für den Winkel em seyn, sin:cos =ac—nac:ın? +c?2=
(1—n)ae:na?2+ cz,
—n)e i
ne folglich, wen Fnaej;
#0 ist für den Feldspath u’ =}; d. i, die gesuchte Fläche ist [Ja:c: ©b] = [3a: 7e: <b],
deren Nei gung gegen die Seitenkante der Säule und gegen P sich vertauscht mit der Fläche
Ba:e: 88] = [50:0].
VYyenn nun (I—n)ac:na®+c? —=na:c, so ist n’ —
su»
‚über neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes. 149
-
keine Realität beilegen; doch ist es bemerkenswerth, dafs mehrere andere
j "Reflexionen, auf welche wir zurückkommen werden, wieder auf sie leiten,
"und dadurch die Vermuthung, dafs sie doch wohl Realität haben könne,
verstärken,
Man könnte indefs sagen: die Analogie fordere vielmehr, diejenige
Fläche zu suchen, deren Neigungen gegen die Seitenkante der Säule und
gegen die Fläche x, d. i. gegen [=:c: = b]}, nicht gegen P = [a:c:»b],
verglichen mit denen von [a:5°:=B], sich umkehrten' oder vertauschten;
weil nämlich die früheren Beispiele lauter Flächen der hinteren Seite des
Endes, d. i. der P entgegengesetzten, betrafen, die Fläche [a:5<:>b] aber
der vorderen Seite angehört, also auch mit einer jenseit der Axe ihr ge-
genüberliegenden Fläche, dem Gegenstück von P, d, i. mit [7:e:«»]
verglichen werden sollte. Will man die Aufgabe so stellen, so findet sich
die Neigung der Fläche gegen & scharf, nämlich 86° 56 4ı';
„also kann es nur das Complement einer Neigung irgend einer andern Fläche
gegen die stumpfe Seitenkante, worauf sie aufgesetzt ist, d.i. ihre Neigung
gegen die Axe c oder, ‘wenn man will, eine Fläche der entgegengesetzten
“ Seite des Endes seyn, deren Neigung gegen die gegebene Seitenkante jener
_ Neigung von 86°56’4r” gleich wird; und sie wird es für die Fläche
[92:°: ob], welche sich wirklich unter dem eben angegebenen Winkel
von 86° 56 41" gegen die Axe neigt*). Die analoge Fläche [32 ;c: = h ] zeigt aber
moch eine andere geometrische Merkwürdigkeit; nämlich sie ist gegen P
genau eben so geneigt wie [32:7c:=b], aber in umgekehrter Richtung; sie
bildet mit P genau wieder den Winkel von 157° 23 47°, den nämlichen,
“ welchen [32:7e:=b] mit P, und [=:5°:=5] mit der Seitenkante der Säule
macht.
» Nach der Voraussetzung ist es jetzt die Summe, nicht wie vorhin, die Differenz zweier
"gegebenen WVinkel « und £, welche gleich. wird der Neigung einer gesuchten Fläche [ na:c: ob ]
gegen die Seitenkante der Säule. Und es ist sin («4+ß) : cos («+$) = sins, cos ?-+ sin. .cosa "
i sin«, sm A—cosa.cosß. -
* Also, da sina:cos« =a:e und sinßzcos@?=na:c,
f sin (a#P):cos(e+P)= act nac:na?—c? = (n+ ı)ac:na?—c“,
Be Wenn nun (n+ı)ac:na®—c?—=n'a:c, soist
BETTER 2 Mr * f
A RN ® = ern, beim Feldspath also, wa Yız, unde=Y7, wenn n=£;
a9, .d, i. die gesuchte Fläche ist [9a »c : © b], welche mit der Seitenkante den scharfen
' Winkel (von 86° 56’ 41”) macht;' und sie liegt auf der’ entgegengesetzten Seite des Endes, als
die gegebene Fläche r,
150 Wıei)ss
Anmerkung. Die wiederholte Beobachtung, dafs zwei Flächen der
vertikalen Zone des Feldspathes in dem Verhältnils der gegenseitigen Vertau-
schung ihrer Neigungen gegen P und die.stumpfe Seitenkante stehen, regt die
Frage.an, ob im Feldspathsystem wohl auch eine Fläche (der vertikalen Zone
möglich sei, welche in eben diesem Verhältnils sich selbst zum Gegenstück
at, d. i. welche gegen die stumpfe Seitenkante und gegen die schiefe End-
fläche P gleich geneigt ist. Gegen eine solche Fläche würde ein jedes
der Paare, das im ‚obigen Umtauschungsverhältnisse seiner Neigungen steht,
gleiche und umgekehrte Neigung haben. Die Rechnung aber zeigt
die Unvereinbarkeit einer solchen Lage mit ‚den Gesetzen krystallinischer
Struktur, oder die Unmöglichkeit einer solchen Krystallfläche. Denken
wir sie uns (wie ot: Fig. 15.) auf der, P gegenüberliegenden Seite es
Endes, so .dals sie, da P gegen die stumpfe ‚Seitenkante unter 115° 39 38"
geneigt ist, den Complementwinkel 64° 20' 28’ gerad abstumpfte und mit-
hin gegen die gegemüberliegende Seitenkante sowohl als gegen P unter
122° 10’ 14" geneigt wäre, und nennen wir die gesuchte Fläche [na c: ob],
so wäre nach der Voraussetzung die Neigung dieser Fläche gegen die Axe,
c, plus ihre Neigung gegen Pe: ©b], gleich dem Complement der er-
steren Neigung zu 180°; ‘also (die Accente, die in der Rechnung nichts
bedeuten, hinweggelassen)
na.c-+ ac:na®—c?=na:c; daher
(n+ı)ce?=n?a®—nc?, oder (en+tı)c” =n?a?,
Die Auflösung dieser unreinen quadratischen Gleichung giebt
0} nn . r
n= RA Te ei a el oder, dae?=5, unda=ı5,n= z en d, i ei-
nen in der krystallinischen Struktur unmöglichen Dimensions-Coellicienten *).
Für die Neigung der gesuchten Fläche gegen die Axe c würde das Ver-
3448
hältnifs von Sinus zu Cosinus = von ıY3=4+Yy3:Yı3; welches
den Winkel 57° 49’ 46" und sein Complement zu 122° 10 ı4. giebt.
Auch ‘wenn man von dem gegebenen Winkel von 115° 39° ge” aus-
geht, dessen sin: cos=y1ı3 ıy3 bekannt ist, läfst sich für dessen Hälfte,
*) Wenn'die Dimensionen atundc in Wurzelgröfsen ausgedrücktsind, so kann die gesuchte: ‘Fläche
nur dann in der keine Struktur Realität haben, wenn gatiiägnd d. i, eV azfee ra- °
tional wird,
über neubeobachtete Krystallflächen des Feidspathes. 151
d. i. für den Winkel 57° 49' 46” Sinus und Cosinus nach den gewöhnlichen
Regeln finden, und man erhält dann
„215° 39, 82” 115° 39 32” Ki
1 Tach V4+V3:V4_yV5
welches zw gleichem Resultat, wie das vorige, führt.
Denken wir uns die Fläche mit gleicher Eigenschaft auf der,mit P’
gleichnamigen Seite des Endes (wie g0 Fig. 13), als gerade Abstumpfung
des stumpfen Winkels von ı15° 39 32”, welchen P mit der Seitenkante
bildet, folglich, unter vorausgesetzter gleicher Neigung gegen letztre beide,
147° 49° 46” gegen jede derselben, oder gegen die Axe um 32° 10’ 14 ge-
neigt, und ihren Ausdruck als [na:c: ob], so mufs das Verhältnils des Si-
nus zum Cosinus für ihre Neigung gegen die Axe das umgekehrte des vo-
a? c?
ı
zigen seyn, also der Werth von n = — — — yo — ————
& y Besen a? ae EB +5
für den Feldspath also 7 - = nn ‚ ein für den Dimen-
sions-Coefficienten einer Krystallfläche eben so- unmöglicher Werth als der
vorige.
Auf kürzerem: Wege führt hier die geometrische Behandlung der Auf-
gabe zw ihrer Lösung, ‘Wenn in Fig.ı3. der Winkel oZr, für welchen ge-
geben ist das Verhältnifswon sinzcos = or:rl =a:c gerad abgestumpft
wird durch ot, also ol, d. i. V22+ez gleich wird lt, so ist für die Nei-
gung von ot gegen die Axe os offenbar sinzcos—=st:0s = or:le—Ir—
a:Va®+ c?—c; beim Feldspath = y13:4—y73- Bei gleichem Sinus der
Neigungen: gegen die Axe verhalten: sich also der Cosinus der gegebenen
durch ol gehenden: Fläche und der gesuchten durch ot gehenden, wie
!
[3
ıv3:4—V5=1 2 Tee ; ein irrationales,, vom dem Veränderungen sol-
‚cher Linien in einer Zone von Krystallflächen ausgeschlossenes Verhältnifs.
hd Die Resultate beider Rechnungen stimmen; denn allerdings ist Yızz4=y3 =
At vVsevVı3-
Eben so würde für die,Neigung der durch go gehenden geraden Ab-
stumpfungsfläche des: stumpfem Winkels A, gegen die Axe of, wennkh= a,
152 FE arhurehn ERS VII
o=u,ko=ysre=kg, sin gof: eosgof=gf: fo=kh: ketho= =
a:Ya@te-+c, im Feldspath = Yı3: 4 Y 35, wie oben.
5. Unerwarteter als alles andere, was mir am Feldspath nenerlich
vorgekommen ist, war mir die Wahrnehmung, und durch wiederholte
Fälle sich bewährende Vergewisserung des Daseins einer Fläche
(g, Fig. 9—ıı.), die, so einfach ihr Gesetz an sich, so. ganz gewöhnlich
ihr kn larandı bei den zwei- und zweigliedrigen Systemen ist, doch
gerade bei den zwei- und eingliedrigen, bei dem Feldspathe durch die
Summe der bisherigen Beobachtungen wie ausgeschlossen schien. Und in
der That ist und bleibt es ein Grundgesetz, dafs sowohl die Bildung
dieser Fläche und aller Flächen ihrer Zone (deren Axe die Li-
nie ist parallel der Dimension a), als auch die Bildung der an sich so
höchst einfachen Fläche [3:%;<], welche man beim zwei- und zweiglie-
drigen System als den Mittelpunkt der ganzen Bildung schicklich anse-
hen kann, — beim zwei- und eingliedrigen System zurückge-
drängt wird bis zum Verschwinden, Wer hat wohl bisher beim
Feldspath, bei der Hornblende, beim Augit, beim Gips u, s. f. je eine
Fläche gesehen, gerade aufgesetzt auf die Neben-Seitenkante ”) der
Säule oder deren Abstumpfungsfläche, d. i, auf.die scharfe beim Feldspath,
bei der Hornblende, dem Gips, und die stumpfe oder deren (Abstum-
pfungsfläche beim Augit? Im Gegentheil! es ist ein unverkennbar herr.
schender Charakterzug des zwei- und eingliedrigen Systems, dafs eben
diese Flächen sämmtlich wegfallen, selbst die erste und mit den. geometri-
schen Elementen des Systems so unmittelbar verbundene [b:c :® a], welche
ich bei den zwei- und zweigliedrigen Systemen eben wegen dieser höchst
nahen Verwandıschaft mit [=:b:»e] und [a:c:@©b] die Fläche des
dritten, als zu den beiden vorigen zusammengehörenden Paares ge.
nannt und als solche dargestellt habe **). -
Dennoch eben sie, die Fläche des dritten Paares in der Sprache der
zwei- und ZN eEheühEen Systeme, kommt auch beim Feldspath wirklich
vorz
*) Um cinen kurzen Ausdruck zu haben, nennen wir einstweilen so diejenige Seitenkante der symme-
trisch geschobenen vierseiligen Säule des Systems, auf welche die schief angesetzten Endflächen
nicht aufgesetzt sind; die andere kann dagegen Hauptseitenkante, oder vordere und hintere
heifsen, 3 * 0
®*) Versi, den Band dieser Schriften Tür 1814 und 15, S, 511, 313, 316 ü, £,
über neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes. 153
vor; ich beobachtete sie zuerst an’ dünnen tafelartigen Zwillingskrystallen
von Adular von Keräbinsk in Sibirien, welche aus der Klaprothischen
Sammlung in die Königliche übergegangen sind, und deren Zwillingsgesetz
eine Merkwürdigkeit enthält, auf welche ich bei Gelegenheit einer voll-
ständigeren Auseinandersetzung der Zwillingsgesetze, die bei den Feldspath-
kıystallen vorkommen, ein andermal zurückzukommen hoffe *, Dann
habe ich die nämliche Fläche an ganz analogen Zwillingskrystal-
len des Adulars wiedergefunden, welche in dem Schmiernerthal in Tirol
gefunden wordenz ich. habe sie sogar an einem Adularkrystall vom Gott»
hard beobachtet, der auch eine ungewöhnliche Zwillingserscheinung dar«
bietet. Und was schon dieses Zusammentreffen vermuthen lälst: dafs näm-
lich ihr, Vorkommen an Zwillingsverwachsurg gebunden sei, möchte sich
bei näherer Betrachtung wohl noch weiter bewähren, wie denn durch
zwillingsartiges Zusammenwachsen die Krystallbildungen des zwei- und ein-
gliedrigen Systems denen des zwei- und zweigliedrigen auffallend wieder
genähert und ähnlich werden. Uebrigens wird der in den innern Grund.
verhältnissen gegründete nahe Zusammenhang zwischen diesen beiderlei Sy-
stemen *) durch das Vorkommen der genannten Fläche auch bei jenem noch
einleuchtender ***)..
Winkelmessungen sowohl als schärfere Beobachtung der Linien, welche
die Flächen [b:c:»a]d.i. g, Fig. 9—ıı. mit den andern Flächen bilden,
haben mir darüber, dafs es wirklich keine andern als die genannten sind,
keinen Zweifel übrig gelassen. Und so zeigt sich in der Reihe der Exem-
©) Dieses Zwillingsgesetz ist das nämliche bei den dünnen tafelartigen Zwillingskrystallen aus dem
Dauphine, welche in der älteren Mineralogie als „schorls blancs‘“ beschrieben wurden; und so
sehr dieses Gesetz dem der Karlsbader Zwillinge ähnelt, so zeigt sich doch seine Verschieden-
heit von dem letzteren durch den auffallenden stumpf einspringenden Winkel, den die
Stücke der Flächen P und x der verschiedenen Individuen, und bei drillingsartiger Wiederholung
des Gesetzes die Flächen P des ersten und dritten Individuums unter sich machen,
®
“) A,a. 0, S. 315 u, fgg.
e “) Der Wolfram, dessen Krystallsystem auch zu den zwei- und eingliedrigen zu rechnen ist,
ng aber den zwei- und zweigliedrigen näher steht, als irgend ein anderes von jener Abtheilung,
bat die analogen Flächen von [ b:c:oa ] ganz für gewöhnlich, und neigt sich deshalb so
„u sehr zu der Abtheilung der zwei- und zweigliedrigen, dafs man vielmehr sagen möchte, er ge-
höre dieser an, und bilde, nur ‚durch das Hinzutreten anderer Flächen, mit dem Gegensatz zwis
schen den beiden Hälften, einen Uebergang aus dem zwei- und zweigliedrigen Systeme in das
zwei- und eingliedrige, Vergl, die Tabelle zu der eben angeführten Abhandlung in den Schrif-
ten für 1814 und ı5,
Plıys, Klasse, 1520 — dar. { U
154 : “ Fe in RYSA VRR j nr
plare,, welche: die. Königl.. Sammlung: vom: ihnen besitzt, dafs sie auf die
bekannte: Fläche M,,. d..i. [b:s2:5€] gerad aufgesetzt sind (vergl,
Fig: 9): d.ii. genauhorizontale Kante mit derselben bilden ; dafs sie ‚parallele
Kanten: auf P- und. dem: einen: T, so: wie auf x’ und’ dem: andern T’ (oder I)
bilden- (s. Fig. 10.),. also: zum: Rhombus; werden,. wenn: sie die Flächen P,
x, T und’ T' oder o- schneiden; auch: dafs die-Kante, welche’ sie: mit rn bil--
den,. parallel: ist der; welche r' und' z unter‘ sich: bilden (s.. Fig. ı1.),: zeigt
sich: an: manchen: Exemplaren,. wie: es: der Rechnung gemäls ist.. Ihre Nei-
gung‘ gegen: M,, d..i.. [broa:=e] beträgt 105° “50’ 5", ihre Neigung gegen
P und x ist gleich, ‚und: beträgt 150° 17 46" ‚5; mithin: die‘ "gegen T oder
2,.97° "40" '46,. und gegen 0, 153° "41. 30.
Ich: habe: mich: überzeugt, dafs: ich: früher am KORAN ON. die Lese.
genauere- Messung: gestatteten,. sie‘ öfter für die Fläche [7 7b: fe] gehalten
habe,. indem! ich: sie. nur als- in der: Kantenzone' zwischen P und o liegend
fand,. ohne: ihre Neigung: genau: genug‘ messen‘ zu' können,). und’ mir die
Analogie: mehr: für: jene“ Fläche,. als: für ['b:c:®a] zu sprechen: schien.
Jetzt kann: ich: dagegen: die Existenz: der Fläche [a 4b : te], — [122 :3b:4e]
nurnoch: an: einigen: Exemplaren,. und als: sehr‘ zweifelhaft, anführen.
4.. In: hohem: Grade: weicht im: Ansehen: und gegen: das gewöhn-
liche: Vorkommen: des: Feldspathes dasjenige ab,. wie er sich zu Tunaberg
auf der: dortigen: metallführenden' Lagerstätte: mit: Kupferkies u.. s. w..
£findet,,. da: bekanntlich: solche: Erze: zu' seinen’ gewöhnlichen Begleitern nicht
gehören.. Auch: die‘ grünlichweifse Farbe. der schwärzlichgrüne' talkartige
fest aufliegende: Ueberzug: geben: ihm ein’ sehr: ungewöhnliches Aeufsere;
und’ seine Krystallförmen: wird’ man' auch: nicht leicht auf. den’ ersten Blick
für- die des Feldspathes erkennen; Ich: verdanke- ihre: Kenntnifs und die
Mittheilung; eines: sehr: deutlichen: Exemplars der Güte des Königl.. Portu-
giesischen Gesandten;. Herrn’ von’ Lobo, Grafen von Oriola:. Besonders merk-.
würdig, und! neu: ist an: diesem: Exemplar das Vorkommen der Fläche
[Fa3 #5: €] (m;.Fig:- 7.),; einer: Fläche,. welche: bisher nur amı Augit häufig,
nächstdem: an der Hornblende: seltner‘ zwar,. aber gleich‘ schön: beobach-
tet wurde;, und’ welche,, besonders bei: der Hornblende ebemso,. wie hier
beim: Feldspath, als: Abstumpfüngsfläche- der stumpfen: Endkante- erscheint,
welche: die‘ schief angesetzte- Endfläche,. (beim: Feldspath P) mit den Seiten-
flächen: der- Säule (T) bildet... Sie-gehört: also,.. wie: für's: erste einleuchtet,
in: unsre: erste: Kantenzone: Dann: aber: ist‘ unter: mehrern: andern: Eigen-
u re en A
2 ee
N
i
über neubeobachtete Krystallflächen ‚des Feldspathes. 155
schaften schon aus ihrem ‘Zeichen ersichtlich, dafs sie unter andern auch in
eine 'Zone fällt, ‘welche von [= :3b:e] nach [a7@b:=c] gehen würde;
denn -die Axe ‚dieser Zone ‘wäre die Linie von 2b nach ic -gezoren; ‘und
/ 2 > ’
‚diese Linie liegt, ‘wie das Zeichen ergiebt, in ‘der Fläche [Fa:F5; ce], so
wie in der [= :3b:e]. Eben in dieser Lage, und zwar.als Abstumpfungs-
fläche der scharfen Kante, welche mit fa:=b:=c] bilden
würde, erscheint.die Fläche [$a:4b:e ] auch vorzugsweise beim Augit, und
fände hierdurch ihre genügende Deduction im zwei- und eingliedrigen 'Sy-
stem ein für 'allemal. Indefs fällt sie überdem, wie die Fig. 7. anschau-
lich macht, wiederum in eine der Zonen, die von EXETERN | über [333° 5]
nach [a: b:=c] gehen, ‘und ‘von denen vorhin ‘(bei No. 2,)'unter dem Na-
men ‚der dritten Kantenzonen die Rede ‘war; sie würde daher auch
durch .das :gleichzeitige Fallen in diese Zone sowohl, als in unsre erste
Kantenzone, 'ein für ‘allemal im zwei- und .eingliedrigen System bestimmt
werden können, ‘und eben diese ‚dritte Kantenzone ‘gewinnt durch ihr Vor-
"kommen auch ‘an Wichtigkeit und mehrerem Interesse. Beim Feldspath
aber hat gerade sie, als Abstumpfungsfläche der stumpfen Endkante des Hen-
dyoeders, die merkwürdige Eigenschaft,dafsihreNeigunggegendieS ei-
tenfläche [a:b:=c] gleich ist ihrer Neigung gegen die Schief.
Endfläche [2:c:=b] ERZENN dafs man sie also hier eine gerade Abstumpfungs-
“ fläche der stumpfen Endkante im engeren Sinne des Wortes nennen ‘kann,
so wie unsere Tihomboidfläche [ =: 7b: _] in demselben Sinn ‘gerade Ab-
stumpfungsfläche der scharfen Endkante war”). Die Neigung von [32:76 : 2]
gegen lie Seitenfläche [ a:b: © c ]:sowohl als gegen die Endfläche
ist 146° 0 43, 76. Für jene giebt die allgemeine Formel, ‘welche für die
Neigungen der Abstumpfungsflächen der stumpfen Endkanten des Hen.
dyoöders gegen .die Seitenflächen desselben ‚gültig ist**), und wo der Werth
n= £ s), für die Fläche also ‘gleich $ ist, nämlich -die
Formel, sin: ee cla®+(ı4+-n)b*]
ehem} YV 3.5.5 :V3(1542.39) = Y55: 11
und eben so die Formel für die Neigung der Abstumpfungsflächen ‘der
*) Abhandl. d, phys, Klasse v, 1816 u, 17, S. 255.
**) S. den Band dieser Schriften für'ı8ı8 u. 29, $. 268.; desgl, den für 1816 u. 17, 5, aß.
"s) A, letzt. O, S.'276,
U.
6. re nee. Bee
stumpfen Endkanten gegen. die Schief-Endiläche des Heudyoeders, nämlie
die Formel, sin: ET NEFTRE b[na?+(n-+1ı)c?] F \
em. v0 x (+3 ‚s)= =y55:18.
Allgemein findet sich der Werth von rn für den Fall, dafs diese bei-
den Neigungen gleich sind, es mag die gesuchte Fläche Abstumpfungs-
fläche der stumpfen oder der scharfen Endkante des Hendyoeders seyn, so:
a ee
an -Y+ 0, und deshalb für den Feldspath
byz+e
je V5.52- Sr Kl jiele
IT V 39.16 ET
Auch in dieser Zone, d. i. unsrer (ersten) Kantenzone des Hendyo£-
Wers giebt es Flächen, welche ganz. in dem analogen Verhältnifs stehen,
wie wir es vorhin von der vertikalen Zone darthaten, ja wie wir ähnliche
Eigenschaften bereits in zwei anderen Zonen des Feldspathsystems nachgewie-
sen haben (a. a. ©. S. 284. N. 7 u. 8.):: dafs sie nämlich ihre Neigungen
gegen die Schief-Endfläche und gegen die Seitenfläche der Säule gegen-
seitig vertauschen; die Flächen [_a:fb:c ] und [$a:3b:c-], jede gleich ge-
meigt gegen beide, sind in Bezug auf ein solches Vertauschen die (im; der
wertikalen Zone vermifsten) Gegenstücke von sich selbst.
Es sei in der Kantenzone des zwei- und ein-, oder zwei- und zwei-
gliedrigen Systemes (— denn die Zone ist beiden gemein —) die Nei-
gung einer Fläche gegen: die Seitenfläche der Säule [a:b:©c] gleich der
Neigung einer andern gegen die Schief-Endfläche | ERGERE FR es sei für
*) Wenn von Abstumpfungsflächen der stumpfen Endkanten des Hendyo&ders die Rede ist, go
hat ınan, unter Voraussetzung der Gleichheit jener zwei Neigungen;
nabV 22 Fb? +c2 :cfa? + (ı£n)b?]=aceV a? +b?+c2:b[na2 + (1-#n)c2]; ako:
2 [a2 £ (-+n)b2] = nb? [na? +(n+1)c2], d.i,
c24?+c?b? +nc?b2—n?a2b?2-"n?b?c?-+nb?c?, also,
e2(a2+b?2) = n*b?(a?-+ c2),. folglich,
ss eV a2 +b2
byvz +&
Bei Abstumpfungsflächen der scharfen Endkanten des Hendyo&ders har man. unter glei+
cher Voraussetzung‘
nabV a2+ b2+c2: c[a #(ı—n)b2J= acV a Fb? +2: b[na®-+(n—3)c2]; also
o2[a2#(r—n)b?] =nb?[na2#(n—ı)e2], dii,
0222 +c?b?— nc?b? — n?b?2a?-+n2b202—nb2o2, also
02 (#245?) = n?b? (a2+c2), u, s f,wie vorhin,
‚ wie oben;.
1 en
über neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes. 157
die erstere der Coöficient der Dimension 5, dividirt durch den der Di-
mension c, für die andere sei er n, so führen die allgemeinen Formeln
für beiderlei Neigungen, wenn die gesuchten Flächen beide Abstumpfun-
' gen der stumpfen, oder beide der scharfen Endkanten und die Cosinus
gleichnamig sind, zu den Gleichungen
(a® + b?)c?, (a?-+-b?)c?
— n(a? + c?)b?’ NN DS n(a?-+4+c?)b®
für den Feldspath n’ = HR de NE NER Fe oder n——. ——, undn: = 24
n.16.39 4n 4n'
In diesen Formeln sind die obigen beiden für die gegen Seitenfiäche
[2
”
und Schief-Endfläche gleich geneigten Abstumpfungsflächen mit begriffen,
Letztre ergeben sich aus den jetzigen, da, wenn n' = n wird, offenbar
2 e1.2 n
nn” Se undn = 5 vn ‚im. speciellen Fall des Feldspathes
aber n?=#, undän = 5 wird.
Merkwürdig ist nun, dafs gerade die zwei Flächen, welche bis
jetzt in der Kantenzone des Feldspathes aufser den Flächen [#:4b:e] und
[Fasfb:e ],-d. i. 0 und m, mit Sicherheit bekannt sind, nämlich die Flä-
chen und [b:c:©a ], d. i. z und g, gerade in diesem Verhält-
nifs der gegenseitigen Umtauschung ihrer Neigungen gegen die Flächen
& a:b: oc} und [2:°:=b} gefunden werden. Auch N die Zeichen
und [Bb:e:©a] D:::©2], dafs für sie das Verhälmiß n: = = 1:4 ein
tritt, welches die Umtauschung der genannten Winkel mit sich bringt.
») Es sei nabV @ +h2+c2:c[a? £ (ı#n)b2]— acV a®+b2 Fer:b [n’a® + (n’ +1) c27, soist
[a2 + (1+n)b?]= nb?[n'a2+(n’+ 1)c2], d. i.
a2c?2 +b2c2 +nb?e? —=.nn'a?b? +nn:b? e? Hnb?c2, also
(@@? +b2) ce? = nn (a?+c2)b2, folglich:
n; = = (a? + b2) ec? :(a? #c2)b?, und’
(a? + b2)ez
n = aa? +c2b2 u 5: f wie oben,.
Es ist aber wohl au'bemerken, dafs diese Formel nicht gilt für den Fall, wenn die eine Fläche
Abstumpfungsfläche der stumpfen, die andre der scharfen Endkante des Hendyo&ders, und eben
so wenig für den Fall, wenn der eine Cosinus positiv, der andre negativ ist, d.i. wenn die Nei-
gung einer Fläche in EDPRSEORERESTERAE genommen wird von. der, wie sie vorhin genom
"men wurde u. s..fy
Fr
—
158 ie ON:
‘Die Neigung der Fläche.u, 4. i. '[Ta35: ©] gegen die Seitenfläche
'T oder ‚wird = 150° 17’ 46”, 5 = der .oben (8. 154.) ‚angege-
benen Neigung von g, d.i. [Brers2] gegen P, d. i. [a:er=b]; und
umgekehrt ‚die Neigung von ‚gegen [a:<c:@b ] wird = 97°
40° 46° = der von [Brer®2] gegen [Ekze]. Ä
Am .anschaulichsten wird dieses Verhältnils ‚der erwähnten Flächen
gegen einander, ‘wenn man es.aus ihrem gemeinschaftlichen Verhältnifs :ge-
gen die Fläche [= : #b : e Jableitet; gegen diesemämlich haben dieFl& _
chen [4=:}b:e] und gleicheund umgekehrte Neigung,
wie die ‚Flächen [=:b:»c ] und [a:c:®b ] selbst, ‚deren scharfe Kante
won ihr gerad .abgestumpft wird; (Farb: 2] ‚aber .als die gerade Abstum-
pfungsfläche der stumpfen ‚Kante zwischen [a:c:=b] und [a:b.:&e ] ist
gegen [_2;4b:e ] rechtwinklich; daher könnte ‚man eben sowohl sagen,
dafs auch gegen sie die ‚Flächen [$a:4b: € ] und [b:e: a ] gleiche ‚und
umgekehrte Neigung haben, so wie die ‚Flächen [ ae: »b ] und [a:b:»e].
Wir wollen die Verhältnisse.der.Sinus und ‘Cosinus der Neigungen
der verschiedenen Flächen .der Kantenzone gegen ‚die Flächen i[a:b:®e ]
und [ a:c:®b ], und..dieser unter einander selbst zusammenstellen, so fin-
det sich für die Neigung von
[B3°752] gegen Fb: er], sin :cos=y 552135 97° 4046” _
Bea) - Beh), - 1. =y55:135 150° 1746), 5
je dbie]| -» (Biber), -:- =yY55:13;5 150° 17 46',5
Rise] - Geeb], -: - =ysstı; 97°40 46°
Be) »- GE), - 2 =ysss=yanıy 123° 59 16,24
FERIEN: - Besebl, - 2 - =y55:5; 123° 59 16°, 04
- [BS:mse]l, --: - =yss1ımyäbfıı; 146° 0'43.,76
pe] - Geb], -: - =ys:11;5.1469.0/43', 76
GII=2 - Giss)h - 2 - =i/56:55 112° 1'097, 58.
Die Gleichheit des Ausdrucks für.den Sinus bei .allen ‚diesen Winkeln,
und dabei das Fortschreiten der Cosinus in den Verhältnissen ganzer ungera-
der Zahlen, liegt hier am Tage; und das Gesetz dafür läfst sich aus den
aufgestellten allgemeinen Formeln für diese Neigungen leicht entwickeln.
Wollten wir die zweifelhafte Fläche des Feldspathes [FB : $e] in
die Reihe der obigen mit aufnehmen, so würde für die Neigung von
gegen [7:b: =e], sin:cos =y 55:3 107° a7’ 54°
Fb) - Geieb], -: - =y55:9; 140° 30'358, 6
EN
®
über neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes.. 159
und’ sie- Ba Gegenstück an einer Fläche [(3b:e], deren Neigung;
gegen: [7:b:»<€], hätte sin: cos = y’55:9, und gegen: [a:c:=b], wie:
V55 35%
‚Gegen [be] dis hat ET und [F=:4b:e] sinzcos—= y’55:155:
dies giebt beide Neigungen = 153° 4ı' 50"..
Die hier entwickelte‘ Eigenschaft der Kantenzone würde also’ den Ei--
genheiten: des Feldspathsystems beizufügen sein, die wir früher schon ('a;
a. O, S. 285.) aufgezählt haben,. und sie würde als weitere Ausführung
der ebendaselbst unter N. ı. bemerkten Eigenschaft angesehen werden können,
5- An: dem’ nämlichen: Tunaberger' Krystall findet sich noch: eine
kleine Fläche s (Fig.. 7.),. abermals aus unsrer dritten Kantenzone,. als Ab-
stumpfungsfläche: zwischen n,. d. i. [a:4b:e ] und [=:b:=c] oder T.
Es ist dies,. so‘ viel sich von ihrer Lage weiter beobachten läfst,. die Fläche
oder die Fläche mit sechsfachem: Cosinus- aus der Diagonalzone
n [@:c:@©b]. Eben diese Fläche kommt bei. der Hornblende öfter vor,
und ist da in den Haüy’schen: Abbildungen mit c bezeichnet. ‚Die zwei ge-
nannten Zonen,. in’ welche beide sie fällt, bestimmen wieder allgemein
ihre Lage im’ zwei- und eingliedrigen System..
Nächst ihr finden sich. an demselben Krystalle noch’ einige Flächen,
Zwei davon:
6: u: 7: in der BERNIE: von P' oder [3:7: = 5], die eine; (ver- _
gleiche Fig: 8.) h, zwischen den Flächen r' und P, die andere, i, zwischen
den Flächen n und M. Wäre die letztere, i, die Fläche [= ;?b :e], so
würde sie.der Zone orz (Fig..4.) zugleich mit angehören, welche von ei-
I 2
| . ner Fläche [ =: 3b: :c ] über [3=:5c:ob] u: s.. f. nach [32 :b:=e] geht,. und
deren zwei die Lage der Fläche [33:5c:>b] oben bestimmten. Es hat mir
indefs nach Messung und: Beobachtung der Richtung,. so weit beides mög--
lich war, geschienen‘, dafsssie vielmehr den: Werth: [#755 :c] haben
möchte.. Dies ist die Lage: einer Fläche,. welche zugleich in: eine Zone
fällt,. die von y-oder [@73°:=b] nach z' oder [32:b:©c] hin geht; und
unser Krystall scheint di@se Lage zu’ bestätigen. Es scheint, dafs der’ an-
- dern der Werth [a:3b:c] *) zukomme;; und. diese‘ Fläche’ finder ihr: Gesetz
=) Die Neigung der Fläche [FE] gegen‘ [mer@b &b] oder P'wird’ 161933 54", und’ gegen
Bisa: cd oder M' (P und! M' sind’ die Endglieder der Diagonalzone von P) 1089 26‘ 6".
Umgekehrt: wird’ die Neigung der Fläche [a : 2;b::c] gegen: [eb] 108°%'36' 6°, und ge-
gen 161° 33 54°.- Den: Grund: der Umkehrung; dieser Winkel’ sieht‘ man leicht
u
160 199 I: rk: “
darin, dafs sie zugleich in eine Zone gehört, die von [3:35] nach
gienge. Man könnte leicht auf die Vermuthung kommen, dals
statt [a:3b :c] die beobachtete Fläche etwa die sonst im zwei- und ein-
gliedrigen System gänzlich verschwindende, "und doch den Elementen der
Gestaltung so vorzugsweise nah liegende Fläche [a:b:<] selbst seyn möchte,
Aber es spricht sowohl die Analogie gegen diese Vermuthung, die
Messung, so weit ich ‚sie theils an dem erwähnten Exemplare, theils an
einerh zweiten aus der Sammlung des Hrn. Grafen v. Lob o anstellen konnte,
für die Fläche spricht. Uebrigens ist an dem ersteren Exem«
plare die Fläche so gerundet, dafs sie sogar doppelt zu seyn, oder sich in
zwei zu theilen scheint; worüber aber keine schärfere Bestimmung ge-
macht werden konnte *),
8. Noch eine andere, auch nicht genau mefsbare Fläche d (Fig. 8.) zeigt
der Tunaberger Krystall, und zwar aus unsrer zweiten Kantenzone, zwischen
und [S:b: =]; sie ist sehr stark gegen die letztere Fläche
geneigt, und es scheint mir, dafs es die Fläche [Ga:Hb: €] ist, welchealler-
dings in unsere zweite Kantenzone gehört, und in ihren Winkeln mit
dem, was sich an der unsrigen messen läfst, gut übereintrifft **), Die
Wichtigkeit dieser Fläche für das Epidotsystem ist in der Abhandlung über
das letztere dargelegt worden, die nähere Bestimmung erhält dieselbe da-
durch, dafs sie aufser der zweiten Kantenzone in die Diagonalzene der
Fläche [2:5°:>b] gehört, und sie beweist hierdurch ihre nahe Beziehung
auf das ebengenannte, jetzt auch im Feldspathsystem eangebiläer Heiko
mende neue Glied.
g. Jener schöne Krystall von glasigem Feldspath vom Vesur, des.
sen in N. 2. schon gedacht: wurde, zeigt, und zwar überaus nett und voll-
kommen, noch eine neue Fläche » (Fig. 6.), nämlich die, welcher der Werth
ein, da die Fläche [ as.ih: € ] beim Feldspath bekanntlich gegen [=: c;@ b] sowohl als
gegen [b:» a: e] unter 135° geneigt ist, — Die Neigung einer Fläche [ a:zb:c]gegen P
würde 116° 33' 54’, und gegen M 155° 26’ 6” sein. t
*) In der WVagnerschen Beschreibung der Mineraliensammlung des Kaiserl. Russischen Leibarztes,
Dr, Crichton, befindet sich Tafel X. die Abbildung eines Krystalls von grünem Feldspath, wel-
cher ebenfalls eine neue Ehe zwischen rn und M zu besitzen scheint, die genauer bestiramt
werden könnte.
“) Die Rechnung giebt die Neigung der Fläche Gare] gegen G:#:2] au 149% au 4",
und gegen [a:b: a:b: coc] zu 158° 5a’ 17%
\
#7)
über neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes. 161
[BFTFTE] zukommt, Sie gehört, wie das Zeichen schon an den Tag
legt, eben so wie die bereits bekannte Fläche [%:35:€] — u in die
Diagonalzone von y oder und hat in derselben den halben
Sinus von jener bei gleichem Cosinus, oder doppelten Cosinus bei
gleichem Sinus; aufserdem aber überrascht sie durch die Eigenschaft, dafs
sie abermals in unsre obige dritte Kantenzone gehört; auch ordnet sie
sich in noch eine andre bekannte Zone des Feldspathsystems ein, in die,
welche von [= :$b:c] über [32 :c:»b] nach [3: 4b’ :c ] und (32:9: 52],
d. i. von den Flächen o (Fig. 5.) über q nach rn und z führt.
In der Diagonalzone von y oder [2:3€:=b] wird ihr Verhalten merk.
würdig dadurch, dafs ihre Neigung gegen die, M parallele Ebne [b:=2: =],
als Aufrifs dieser Zone richtiger geschrieben [a:c:0.5], das Verhältnifs
von Sinus zu Cosinus bekommt, = Y5:y8, oder ihre Neigung gegen M
141° 40 16” wird, ‘wie beim Quarz zufolge der Haüy’schen Bestimmungen
die Neigung der Fläche des Dihexaöders gegen die Seitenfläche der Säule;
‚dieses Verhältnis des Sinus und Cosinus ist folglich das nämliche, wie
nach den Haüy’schen Bestimmungen für die Neigung jener bekannten Quarz-
fläche gegen die Axe.
In unserer dritten Kantenzone Tetmn wird die Fläche [F=:Fb:]
= v zu einer Abstumpfung der scharfen Endkante des von den Flächen T,
d. i. und t, d,i. zu construirenden Hendyo@ders,
und kommt in diesem Theile Fran Fnb-zirischen die Flächen s oder auch
= 37 €] d. i. n und [#:b:»e] zu liegen.
‘Die oft gefundene Gleichheit gewisser Neigungen in ähnlichen Feld-
spathzonen wiederholt sich hier auch in Bezug auf diese. Es findet sich
nämlich in derselben erstens die Neigung von gegen [2:B:=e]
gleich der von [a:}b:e] gegen [3:3€:=b] = ı21° 50'47’, so wie die der
rg, gegen die dritte gleich der der zweiten gegen die vierte — 143?
4 57. 5. Für die erstere Neigung wird sin: cos == e- 127:7, für die zweite
„sin:cos = Yı27: 15; für die Neigung von [3:45:10] gegen EEE
x äber verhält Ss sin:cos—=y1ı27:ı. Ferner findet sich die Neigung der
- neuen Fläche ] gegen die Seitenfläche gleich der Nei-
güng ‘der gläckln ee und [2 :#b:c] gegen uladir in derselben
zZ —= 146° 27'35', 5; und umgekehrt die Neigung von Gs:pr?] ge-
en: e] gleich der von gegen die Seitenfläche Fr
öy 128° 36 41, 7; für 'beiderlei Meigungen werden die Verhältnisse von
Phys. Klasse, 1820 —ı82c, X
162 ' 1 Bar er/ IL is kanlanduen ad
har “. U i#Z ’ >
sin : cos, bei jener — yY'127:17, bei dieser—: y 127 29.- Fa die
Neigung von [42 :+bre] gegen: die: Schief-Endfläche-dieser- Zone
70° 27’ 29‘ gleich dem. Complemente: der- Neigung: von. [Fa:Fb:«] Baus
G=3:7]; und: es. ist für dieselbe sin : 008 = yı27:—4;. umgekehrt
ihre Neigung gegen: [Fa:#b:€], 91° 41’ 39", 2,. wird gleich: dem: Comple-
mente der Neigung von [= :#b:c] gegem[a:5c:©»b];; und: es.ist das die-
ser Neigung. zugehörige: Verhältnils. von: Sinus, und Cosinus = Y127:3.
Die-hier bemerkte Eigenschaft der- dritten Kantenzone- wird nunmehr
unter die Reihe der ähnlichen- Eigenschaften des Feldspathsystems-aufzuneh-
men. seyn,. welche wir in- unserer früheren: Abhandlung über dasselbe
(S. 285, 284.) aufgezählt haben; hier: wollen: wir zur: leichteren Ueber-
sicht. der: gleichen: Winkel in: dieser unsrer: dritten. Kantenzone noch fol-
gende- Tabelle beifügen ::
[Fibre] gegen [F3%7=7], 121° 5047”; sin:cos— Yı27:7
La:3b:e] - [a:5e:0b ],. desgleichen.-
Lab:ee] - Bits], 143467’, 55 Sintcos = Vaan3a6
Ja :: Ab : c - (bie), dessliichen:
Fartbıe] - [arscreb],.158° 45’ 50’;sin:cos— Yı27:29
fasre] - Geber), 95°4 15°,.0258in:cos— Yı27:1 R
-- [Bibree] 146° 07’33 ,5; sinzcos= y127:17 i
d:ib:e - [Sie], desgleichen..
- [Bsbre], 128° 36.41 ,75 sin: cs—y.1273 9
bie =. Kasbeoch desgleichen;
[Fa:fbie] -- [Brsezab],. 70° 270975: 5in:cos—=yı2a72—A
DGsze] - [ass 2e],109°z2' 31"; sinzcos=y127:4
Grzse]) - BGE op], 88° 18 21"; sin:cos=3y127:—I
Ta: Ib:c - [Barbie], gi°4r 59", sin: cos-—=35y127:1
FB: e]) - [(osbre].162° 98,25 sin:cos—=y127:35. _
In der Zone ogn,. oder. [@:%5:c], [a:4b :e] u: s. f., in welche, wie
bemerkt wurde,. die- Fläche [F3:}b;c] auch: gehört, liegt sie zwischen _
[73 #2: °] und [327:b:5<], d. i..zwischen o und z (Fig.. 6.).. Diese Zone
ist aber dieselbe, von welcher: in meiner frühern: Abhandlung (a. a. O.
S. 281, 282 und $. 284. unter-N. 8.) die- Rede war. Da fanden wir, dafs
die Flächen o und rn in: dieser Zone ihre Neigungen gegen die Seitenflä-
chen z und die Schief-Endflächen q vertauschten. Unsere Fläche [42 :4b:< ]
ist aufser den genannten die einzige, welche in dieser Zone noch bekannt
über neubeobachtete Krystallflächen des Feldspathes. 163
ist; «schon sum -deswillen "kann' ein ähnliches Gegenstück für sie, welches
mit ihr in dieser Zone die Neigungen gegen Seitenfläche und Endfläche
vertauschte, nicht unter «den ‚bekannten Feldspathflächen seyn. Suchen wir
es aber ‘durch Rechnung, 'so leitet uns, da für-das Hendyo&der dieser Zone
at:bYsc=ygg:yız3zı, (vergl. a. a. O. $. 281.), in Bezug auf das-
‚selbe «der neue Ausdruck «der Fläche: w = (Za*:4b";c*), also der Werth von
= #+ist, ‚die oben’ (S. 157.) ‘angegebene Formel für n’ auf den Werth,
n = %, Hieraus findet sich, :dafs die Fläche, welcher dieser Werth zu-
kommt, und ‘welche zugleich in die Kantenzone des genannten Hendyoe-
‚ders ‚gehören 'soll, ‘die Fläche [Ja*:1B*:4c*], bezogen auf dieses Hendyoeder,
‚seyn ‘müsse, iEs findet :sich weiter, ‘dals diese Fläche, in der Kantenzone
dieses }Hendyoäders seine Abstumpfungsfläche »der stumpfen Endkante seyn
muls; folglich wird ihr Ausdruck, auf die Grunddimensionen des Feldspa-
'thes unmittelbar bezogen, [42 :tb:fc]seyn; welches alles ausführlich auseinan-
(derzusetzen ‘zu weitläuftig ‘werden ‘würde. Die Neigung unsrer Fläche _
Gr: 3b:e] gegen = ‚oder [32:b:=e] wird 159° 5 ı6', gegen 0 oder
[F333:77] 146° 25 46”, und gegen q oder [377c:=8] 115° 2647”, 6.
Folgende Uebersicht stellt wiederum :die Verhältnisse in dieser Zone deut-
licher ins Licht:
Neigung von [57:57 =2] gegen [7:01], 94° 32’ 37,7; sin:cos= Yısg:ı
F vl RS] N anre]y ER hen.
sr eb en] v5 ni [geicbemeen], megt gie”; sin;cos—=y1359:9
e # a Ss: = [Za:e: »b], desgleichen.
k dr [a BET SI, 159° 56'564 ,45 sin:cos—=yıag:ıa
kraatz - Bezereb], 149° 11), 735 5inzcos=y'ısgıaı
vr - Fine] - ae, 159° 5 16); sin :cos—y 159:33
(=... ek - een, a are
h - rd) - Bieop)agtacyy „6; sin:cos=y 159:6
( . .- & ß 4b: #<] . Tarat desgleichen).
Ist nun beim Feldspath die Fläche [Ya':}b:e] mit aller Bestimmtheit
- und mit mehr als Einer individuellen Merkwürdigkeit bekannt geworden,
‘so freuen wir uns grade sie unter den ’erheblicheren Flächen auftreten zu
sehen, durch welche die "Erscheinung des Epidotsystems sich auszeich-
net *), und um so mehr, ‚nachdem wir für das nächste Gegenstück zu ihr
*) S. den Band dieser Schriften für 1818 u. 19, S$, 250, 259, ;
x9
164 et er ee re
beim Epidot, für [Fa:pb:e] nämlich, auch beim Feldspath die, ‚Spuren oben
«(unter N. 8.) aufgefunden hatten, |
Eine ganz kleine, linienartige, jedoch vollkommen Apiepehältin Fläche
habe ich an dem nämlichen vesuvischen Krystall noch beobachtet, zwi-
schen n und M oder [3:45:77] und [b7=2: 2], wie oben bei dem Tuna-
berger Krystall. Es scheint mir auch die nämliche Fläche zu seyn:wie
dort, nämlich [a:5b:c ]; und so wie wir dort für sie eine Bestimmung
durch eine zweite Zone erhielten, welche die dort vorhandenen übrigen
Flächen des Krystalls an die Hand gaben, so leitet uns die Betrachtung
dieser kleinen Fläche an dem vesuvischen Krystall auf eine dritte Zone, in
welche [=: 5b :c ] auch gehört, und welche sich wieder auf die Fläche
[3° Fe] bezieht, die uns diesen Krystall'so besonders merkwürdig gemacht
hat, Wir denken uns nämlich eine Zone von eben dieser Fläche [42 : #b : c]
nach derjenigen Seitenfläche der Säule [a:b:: oc], welche mit [Ea: #b:r]
nicht in unsre dritte Kantenzone gehört, also eine Zone von [Fa:Fb:e]
wicht nach [=:b:=c], oder die parallele [a:b:=c], sondern nach ”,
oder die ihr parallele [@:b:»c]; so würden zwei solche Zonen, von
j2:3b:c] nach [2:5b::©c], und von [Fa :#b:e] nach [7:b: ce] sich in
der vertikalen Zone des Feldspathes in einer Fläche kreuzen, deren Aus-
druck [a5110:=b] seyn, oder die wir die Fläche mit eilffachem Cosinus auf
. der hinteren Seite des Endes in der vertikalen Zone nennen könnten **),
In eben diese neu construirten Zonen (gleichsam die andern Kantenzonen
r [B:R77]) fällt nun wirklich auch die ‚Fläche [a:5b:e], -und zwar
zwischen [Fa =tb:e] und [a:b:=c], ganz auf ähnliche Weise, wie in dem,
‚ was wir die zweite Kantenzone genannt, und worin wir.-[a:#b:c] bestimmt °
haben. ***), dieses EI }b:e] zwischen. [@:7b:e] und [a: a:b:c] fiel,
Nach dem bisherigen ist nunmehr die ‚Reihe-der am a, be-
ebachteten Krystallflächen diese;
[G:b?»° ] =T und I! bei Haüy, T, T in Mr: beigefügten. Eigen
Bes) =M .-.-
®) In Fig. 6, also von v nach dem rechter Hand liegenden T, -
*) Für den. Epidot, wo. die Fläche [EMERTTIT-T} Iac;cob] distinct,, und für die weitere Ausbildung des
Systems. nicht unwichtig, vorkommt, ist es interessant zu bemerken, #rie diese Fläche hier de-
ducirt wird, da zumal beim Epidot die Flächen [ERIERTERS auf welche die Deduction sich
gründet, so ausgezeichnet vorhanden: sind;
»+) S,.den Band dieser. Schriften für 1816 u, 17; $, 257;-
ä
Dem En a:
La
ae enbeobuchläke Kaysialiflächen des Feldspathes. 165
Be=b?= e] — h (öfters beobaclitet).
[2:G=»)= P bei Haüy und in den beigefügten Fieitven,
Kamen 1
Ba wi. ee
r, s. oben N. 1.
[2:5::=»] ts. odenN. 2.
Oesa] g, 5 oben N. 5.
[F:3b:e } = 0 bei Haüy und in den beigefügten Figuren.
s, &..oben N. 5.
a:db:e r bei Haüy und in den Reetaten Figuren.
Farzbre i, s oben N. 6,
h, s oben N: 7;
EIERTERE| ın, s. oben N. 4,
schon früher beobachtet, u in den beigefügten Figuren.
irre] =v, s.0ben N. og.
Fen:e]=d,; s. oben N. 8 |
[a3 #5 : $e]? vergleiche oben Seite 154. *):
Noch einige Betrachtungen über das Feldspathsystem mögen jetzt
seinen Gang, seine Gliederungsweise mehr noch zu erläutern und anschau-
licher zu machen dienen..
I) I IN I 1m
Zweiter Abschnitt, Allgemeinere Deduction der Flächen des
Feldspathsystems.
Die Beziehungen der Flächen T, M,k,Px, g, d. i. [a:b: =e |,
Ge], Bened), Gran], Fre), [Ererea] auf die dem
System zum Grunde liegenden Dimensionen sind zu nah und gehen aus ih-
nen so unmittelbar hervor,. dafs keine von ihnen einer specielleren De-
duction bedarf; eine jede von ihnen läfst sich nämlich als eine directe
Combination der in den Dimensionen selbst gegebenen Endpunkte Bntaachh:
®) In der obem angeführten Wagnevschen Beschreibung der Crichton' schen Mineraliensammlung
befindet sich auf Tafel IX. die Abbildung. eines grofsen' Krystalls von grünem Feldspath von
. Mursinsk;, nach ihr hätte dieser Krysjall eine neue Fläche, welche M mit horizontaler Kante,
P aber parallel derjenigen Kante zu schneiden scheint, welche P mit dem schräg über liegenden
z bildet. Die neue Fläche wäre folglich [b ; 3c co al, dafern die Abbildung. für genau zu
nehmen ist; ;
RE EENATU
ten, und zwar eine jede als durch :ein eigenthümliches Combinationsge-
setz hervorgebracht, welcher Combinationsweisen verschiedene ‚gleich ur-
sprünglich möglich sind. Die übrigen Flächen sind sämmtlich abzuleiten;
auf der eigenthümlichen Combinationsweise ‚schon gegebener Glieder aber
zu neuen beruht der eigenthümliche ‘Gang irgend eines bestimmten Kry-
stallsystenis. Wir ‚bedienen uns des Begriffes ‚der 'Zonen, um jede solche
vorkommende Combinationsweise deutlich zu machen; eine Zone ist eine
Mehrheit von Flächen, ‘welche sich in parallelen Kanten ‚schneidenz :alle
Flächen einer Zone haben also eine bestimmte Linie, d. i. deren Richtung
mit einander gemein; (diese Linie ist :die Axe der Zone; und so wie eine
Ebene durch zwei Linien, welche in 'sie fallen, bestimmt ist, -so ist.eine
Kıystalllläche deducirt, ‘wenn von ihr mehrere Linien ‚schon ‚gekannter
Richtung als in sie fallend nachgewiesen werden, mit andern Worten, wenn
mehrere Zonen, deren Axen schon bekannt sind, angegeben werden, ün
welche die Fläche gemeinschaftlich ‚gehört.
Bezeichnung der Zonenaxen..
„Wir können die Richtung der Axe einer Zone, so wie einer jeden
geraden Linie, die wir uns in einem Krystallsysteme denken, durch ihre
Beziehung auf die :Grunddimensionen a, b und .c auf analoge Weise schrei-
ben, wie unsere Zeichen für die Krystallflächen geschrieben werden. Wir
schreiben nämlich ihre beiden Endpunkte; den einen legen wir am be-
quemsten in den Endpunkt einer der Grunddimensionen, z. B. c, und den
andern bestimmen wir in :der, auf jener Dimension senkrechten, durch
beide andern Dimensionen a und 5 gelegten Ebene, und zwar durch den
Abstand dieses Punktes vom Mittelpunkt der’Construction (d.i. vom Durch-
schrittspunkt aller drei Dimensionen .a, b und <) nach den Richtungen von
a und von b. Wir wählen folgende Form zum Zeichen der Axen, oder,
wenn man will, beliebiger Linien der krystallinischen Struktur:
(a3 b+c), (b;a-+e) oder (ce; a+b) -
sind drei gleichbedeutende Zeichen für eine zu bezeichnende Linie oder
Axe. Jed:s zerfällt durch das Semikolon in zwei Theile; der erste giebt
den einen Endpunkt der Linie in einer der Grunddimensionen, im er-
sten Zeichen durch den Endpunkt von a, im zweiten -durch den von 2,
im dritten durch d n von c gelegt, an; der zweite drückt den zweiten End-
punkt in der auf jener senkrechten Ebene der beiden andern aus ; das Zeichen +
über die Theorie des Feldspathsystem. 167
”
verbindet im letzteren. ‚die beiden: Dimensionen; in. deren: gemeinschaftlicher
Ebene der zweite Endpunkt genommen wird; in dem ersten der obigen Zeichen
also: liegt dieser zweite. Endpunkt in: der, Ebene bc um ı5 in: der Rich-
tung von 5, und um.ıc in der Richtung. von c vom Mittelpunkt der Con-
struction: entfernt, Giebt man. den Buchstaben a, 5 und ce noch Zahlen-
Coöfhcienten: &, ß, Y bei, so: läfst sich ganz bequem jede Richtung bezeich-
nen.. Es. würde, wo- es nur auf. Bezeichnung der Richtun'g,. nicht einer
bestimmten Lage der Linie ankommt. unnütz sein, derjenigen Dimen-
sion einen: andern. Co£flicienten. als den der Einheit zu geben, in welche
man: den einen: Endpunkt der zu bezeichnenden Linie legt; und ist diese
Dimension a, so wird. (a5; ßb-+ yc) der: allgemeine: Ausdruck der Linie
seyn können.. .
Es ist auch leicht,. ein Zeichen: dieser‘ Art im ein- andres: umzuwan-
deln, wo man die Endpunkte der zu bezeichnenden Linie gegen die vori-
gen verändert und z.B. den einen in einer andern Dimension: nimmt,. als
vorher.. Die: Umwandlung. geschieht im. Allgemeinen durch: Addition glei-
cher Gröfsen: zu beiden Theilen des: Zeichens,. wodurch: so wenig als durch:
die Division oder Multiplication: sämmtlicher Gröfsen: desselben: mit einer
und derselben: Zahl die Richtung. der bezeichneten Linie- verändert wird.
Wenn z..B. die Linie (a5;:b-+3c) mit: dem einen Endpunkt durch den End-
punkt von c (in: der Einheit. genommen) gelegt werden: soll, so wird durch
Addition: von: —b (d. i: ein: b in’ der Richtung von b’) zu: beiden: Hälften
‘des Zeichens der’ Ausdruck sich verändern in (a—b; 3c) = (zcy a-+b')
= (c; 3a+}%b).. Soll der in der einen: Dimension gewählte Endpunkt in
den: entgegengesetzten Endpunkt. derselben: Dimension: gelegt werden;, so
werden. für die zu: bezeichnende der ersten: parallele Linie alle: Dimen-
sionswerthe: die- KUErEBUE Se eten: der vorigen,. und (a; b + e) z.B, ver-
wandelt sich: dann in: (a; b’+ ce) u. s.. £.
Die Zeichen: der‘ Axen: der Zonen‘ am’ Feldspath,. von’ welchen oben
die Rede gewesen ist,. werden: hiernach: folgende seyn::
Die: Axe: der (ersten)' Kantenzone: T P' (Fig.. ı.. u. fgg.)) schreiben
wir amı bequemsten (a5;.b-+c),. so drückt'sie-uns eine Endkante des Hen-
dyoeders: (Fig.. ı2.) selbst. aus,, deren: einer: Endpunkt. im: Endpunkte de
Dimension «a liegt,.
168 ie: 2 au 2 Ar he
Aus demselben Grunde schreiben wir die Axe der zweiten Kanten-
zone Ty (Fig. 2 u. f.) am bequemsten (a; b+ 30); so ist die ai
bene Linie die Endkante des Hendyoeders Ty selbst.
i Eben se die Axe unserer dritten Kantenzone "Te (Fig. 6.) am he
(a; b+5e). Ä
Die Axe der Zone zogn (Fig. 3.) (a5; $3b+ fc) = (za; b+c)
Die der Zone zro (Fig. 4.) (a; 3b+3c) = (za; b+ 5c).
Eine aligemeine Methode, die Zonen zu benennen, lielse sich
leicht und ungezwungen auf die Angabe der Flächen aus der horizontalen
und aus der vertikalen Zone *) gründen, welche in die Zone gehören;
man dächte sich für diese Flächen ‘die Dimension a in der Einheit, , und
gäbe dann die Co£flicienten der Breiten- Dimension 5 für die Fläche aus
der horizontalen, und der Höhen - Dimension c für die aus der vertikalen
Zone an, und sagte z. B. für die Zone der Flächen 2q, deren Axe =
(a; 3b+3c), es sey die Zone der Flächen mit $ Breite und 5 Höhe .
Chinteger Seite). Die Zone der Flächen zr hiefse a so die der Flächen
mit # Breite und $ Höhe (hinterer Seite) u. s. w-
Was wir die Daesnn lee von P, ven %, von y ws. f. ge-
nannt haben und was diesen Namen, so wie die horizontale und ver-
tikale Zone, auch wohl als den bequemsten behalten wird, würde iden-
tisch seyn mit dem, was nach dem so eben gesagten genannt werden könnte,
‘ die Zone der Flächen mit Null Bzeite und einfacher, dreifacher Höhe vor-
derer oder hinterer Seite u. s, f. Denn das Zeichen für die Axen der Dia-
‚gAmalzänen ist offenbar
für die von P dieses (a5 0.b+.c)
=. - .-.. x - (dz5o.b+c)
en Far -a la oh ze
Die Axe der horizontalen Zone TTist dieLinie c selbst; wenn man will,
ihr Zeichen— (ce; 0.a+0.b)=(a; b-+ © c), dieZone also die mit Null Breite und
. unendlicher Höhe, weil gegen die unendliche Höhe die endliche Breite Null wird.
Die Axe der vertikalen Zone Px u. s. f. ist die Dimension 5, und
ihr Zeichen, wenn man will, =(b; o.a--o.c)= (a; 2ob-+c), also
die Zone die mit unendlicher Breite und Null Höhe, weil gegen die unend-
liche Breite die endliche Höhe Null wird,
F „ Glei-
®) Die horizontale Zone ist bekanntlich die der Flächen T,z, M,z, T, k; die vertikale die der Flächen
Y:%, 9, P, £, k, der beigefügten Figuren.
über die Theorie des Feldspathsystems. 169
Gleichungen für die Bestimmung der Flächen durch Zonen
“
und umgekehrt.
Die allgemeinen Aufgaben, welche die Bestimmungen der Flächen
durch bekannte Zonenaxen oder umgekehrt betreffen, lassen sich in folgen-
den Formeln ausdrücken:
A. Es seien erstens zwei Flächen gegeben, und der Ausdruck der
» Kante wird gesucht, in welcher sie sich schneiden; (diese Kante kann zu-
gleich als Axe der Zone angesehen werden, welche von einer der gegebe-
nen Flächen zur andern geht).
Wir geben beiden Flächen gleiche Werthe in einer der Grunddimen-
sionen, z. B. in c, und bringen sie also in die Form [«s:#b:ne] und
a:75:n2], so dafs & und ß jede beliebige Coeflicienten der Dimensionen
a und b, wie sie der einen, und «, P, wie sie der andern gegebenen Fläche
zukommen, bedeuten; rn wird, wenn man will, jederzeit = ı genommen
werden können; die gesuchte Kante schrefßen wir (nc; Wa-+-fß’b); der
eine Endpunkt für sie ist durch n.c gegeben, der zweite wird in der
Ebene ab durch die Grölsen @’a und P”b ausgedrückt; so kommt es blofs
darauf an, die Werthe von «” und.ß” zu bestimmen.
Wir drücken den Werth «”a jederzeit in gleicher Rich-
" tung mit ua, und den von P’b in gleicher Richtung mit ßb
aus, so ist
I. Wenn @.in gleicher Richtung mit «, und f’ in gleicher Rich-
tung mit ß liegt *),
| vn elB—P) a ame) „
e” ; uf—aß
w«Bß—uß
" ®) Ob die Richtungen in a und 5 für beide gegebene Flächen gleichnamig, oder einander entge-
gengesetzt sind, das weist unser Zeichen durch die accentuirten oder nicht accentuirten Buch-
staben der Dimensionen a und 5 («a und 5’) nach, wovon die einen die negativen Gröfsen
der andern, oder im Verhältnifs wie +a und —a, +5 und — 5 sind.
D. *") Es-lassen sich allerdings diese Formeln noch abkürzen, wenn man die gegebenen Flächen statt
B BEZECTE
5 - der obigen Form x. B, so schreibt und [=], wie zB. in der
nz —-
ba Epidotabhandlung $. 252— 254. in der Note geschah, WVenn die VVerthe von a’ und 8" wie-
derum gleichsinnig mit und I aufgesucht werden, so verwandeln sich obige beide ersten
Pie y
Gleichafgen in’ diese ©, = — I nad = IT, 5 m; Ich’habe indefr doch
ıy—ıy u
a die Form des Textes lieber beibehalten wollen, weil in den analogen vier folgenden Formela
Phys, Klasse. 1800 —ıBa. 1 $
EEE A) Aa 2;
170 Wiens ist
I.. Wenn: «' in: gleicher Richtung; mit a, und ß in umgekehrter
von ß,,
nude HE) „gr BRlu—e)
ö: aß+apß” af +uß :
In. Wenn: «' in: umgekehrter Richtung, von @, ae P in gleicher
ur GBP) na gr _ late)
= aß +u aß+taß” aß + wß
IV. Wenn « in. umgekehrter ER E von «, und P' in umgekehr-
ter von ß,,
e_seB+ß) „pr _ late)
Ta Bß—ap' ? aß—uß'
Es wird hinreichen,. den Beweis für einen dieser vier Fälle zu füh-
ren, da er in den übrigen auf dieselbe Weise geführt wird, oder auch aus
dem ersten: abgeleitet io Es sei also für den Fall I. in Fig. 14.
© der Mittelpunkt der Construction, Cab die Ebene der Dimensionen a
und b,.eg die Linie, welche in: der Ebene ab der Fläche [ea: @b:ncl, df
die, welche: in: derselben der Fläche [@#:#b:nc] zukommt, o'der Durch-
schnittspunkt. beider Linien,. und om: und or senkrecht auf Ca und CD;
sonach sei g=u.a
Ce=iß.b
Cf=:u.a
ed’ =:ß'.b
Pa EA
om=(Cn = f’.b
so hat man om:Ce=mg:l[g=Cg—Cm:Cg, di
ß’.b:ß.b= (w—a')a:a.a, oder
B:B=u—o:a, ao
eg Plu—«‘)
£ a ge
ferner hat man om:Cd=mfr-cf=Cf—Cm:Cf, d.i.
P’.b:ß.b= (ed — w')a:a.a,. alsorauch:
P (ad —u") -
=
für den: Ausdruck einer‘ gesuchten’ Fläche der‘ umgekehrte Fall’eintritt,. und die Formeln des
Textes: wiederum: einfacher‘ werden,. als die durch: die-Substitution entstehenden, die Gleich-
förmigkeiti der: Behandlung; aber gleiches; Verfahren. in: beiden: Fällen: erforderte,
d
&.
TIERE En
‘über die Theorie des Pie
"mithin Mor ann ‚oder dla ma )=ußla—a‘
Bi 3, au Pe '«B= def "aß, folglich ;
; au (B—P) = w(WB—aß'), daher
! a — ern E) wie oben.
Sapp
Wiederum ist on:Cg =ne:Ce= Ce—Cn:Ce, ..i.
w.a:a.a=(ß—P')b:P.b, also,
" a(ß—P'):
we ————,
EN ER
desgleichen on:Cf=nd:ld = Cd—Cn:Cd, di.
a ,a:ra.a—=(f—P')b: Pb, also auch
| a PR ae)
mithin EZ - 2 ze Me
upß —ap'p" —e en. mithin
Bpla—u) = P'(aß —wß), folglich
F Pfla—a) _.
DE un wi Y
Br— EB’ wie oben,
Es ist von selbst einleuchtend, wie die nämlichen Formeln gebraucht
werden können, wenn man in einer andern der Grunddimensionen, als
der gewählten c, die beiden gegebenen Flächen auf gleiche Werthe bringt,
wie z. B., wenn es in der Dimension-a geschehn soll, man sich die Flä-
chen nur so geschrieben denken darf, [na: Abr«e] und [na:#b: el, um die
gesuchte Kante (na; ß’b-+w'c) ganz durch dieselben Formeln zu erhalten.
Werden die erhaltenen Werthe für @’ oder für ß” negativ, so ist
klar, dals sie in den entgegengesetzten Richtungen von & oder von
ß gelten.
B. Sind umgekehrt zwei Linien (Zonenaxen) bekannt, welche beide
- einer gesuchten Fläche angehören, so ist der Ausdruck für die letztere‘
_ eben so leicht gefunden.
‚Wir geben wiederum beiden isien gleiche Endpunkte in einer der
drei unter sich senkrechten Grunddimensionen, z. B. in c, und schreiben
sie demnach (nc; AAN TIRR und (nt; @a+ Pb); n kann immer wieder
Ye
1%
\
„2 Er a ee
= ı genommen werden; die gesuchte Fläche schreiben wir rn];
so ist, den Werth von aa und Pb wieder in den Richtungen
‘von aa und ßb ausgedrückt,
ı. Wenn wa und Pb in uiescheR Richtung sind mit &a und ßb,
dm «ß— aß und 'ß” ae «ß — aß
BP ; W—d iR
IL. Wenn a’a in gleicher Richtung mit «2, aber ß'b in umgekehr-
ter von Pb, !
"—* KEchuf Sa und = SPTaR a:
"B+B" 7=a
II. Wenn a’a in umgekehrter Richtung von aa, aber ß’b in glei-
cher mit ßb,
n «Pß+ u und ß" — a«ß+aß
B—B j En w +& »
IV. Wenn aa und ßb in umgekehrter Richtung sind von aa
und ßb,
ame u und = leeres
A+Pß d+a
Wir begnügen uns hier ebenfalls, den- Beweis für den ersten dieser
vier Fälle auseinanderzusetzen, da er für die übrigen auf die nämliche
Art geführt wird. Es sei also in Fig. ı5. p der in der Ebene ab, d,i.
Cnm liegende eine Endpunkt einer gegebenen Linie (nc; «a + Pb), und
q der in derselben Ebene liegende eine Endpunkt der zweiten gegebenen
(ne; «a+Pß'b); den andern Endpunkt haben beide Linien gemein; er
fällt in n.c in die auf der Ebene Cnm senkrechte Dimension c.. So: ist
einleuchtend, dafs die Linie pg der gesuchten Ebene angehört, und dafs
für sie aulserhalb der Ebene Gnm der Punkt z,c als der dritte bestimmt
ist. Wird also die Linie pg verlängert, bis sie die Dimensionen az und 5
in. m und 2 schneidet, so geben die Werthe Cm und Cr nebst n.c den
Ausdruck der gesuchten Fläche in den Grunddimensionen a, bundc. Es
sei also wieder pg und qf senkrecht auf Ca, so wie pe und qd senkrecht
aufCb, ferner Cg=pe=ua, Ccc=pg=ß.b,cf=gd=u.a,cd—=qgf=ß'b,
CGm=o".a,Cn=ß".b. e
so. Ist Ca: pg=Cm:gm=Cm:Cm—Cg, di.
wm
über die T’heoröe des Feldspathsystems, 173
PrbrB.b=ula:la m also.
desgleichen Cn:gf=Cm:fm—Cm:Cm—0f, di
. Prb:@.b=a.a:(a—u)a, also auch.
uryy
„ &
ß = ———, mithin
— u
17
„ a 2
«ß a ß En
u — = ——, oder ——— = ———, folglich
U —6 U —6& el 277
u Buß = af — aß, und
«Bß-R=uß—uap, di.
a (P—P)=aiß—uß, also Be Bir
Eben so hat man BR oT en? en=Cn; d. 2
w.a: IR. ir pe ß)b, ale
‚ wie oben.
nt &
s Tr Eger}
desgleichen Cmrgd=Cn:dn=Cn:Cn—Cd, oder
a.a:W,a=ß.b:(P’—P')b, also ‚auch.
u OD; daher
aß” er ‘u
BE m ode a = gr Plelich
ef — uf = uß”— aß, und
eBß—auß = uf aß', A, i.
Bag
«B—ußf=(a—u)ß', ako = Ga zerege wie. oben..
C. Es seien gegeben eine Fläche und eine Zonenaxe; zu wissen, ob
die gegebene Fläche der Zone, deren Axe gegeben ist, angehört oder nicht,
Wir denken uns beide, ihren allgemeinsten Ausdrücken nach: gege-
ben, noch ohne Berücksichtigung der bestimmten, entweder gleichnamigen
‘oder entgegengesetzten Hälften einer Dimension, wiefern sie durch Accen-
tnirung und Nichtaccentuirung der sie bezeichnenden Buchstaben unter-
schieden werden können..
/
CZ n ABB RENE PIE
“Wir geben .beiden Ausdrücken die Form [ca:?b:ne] für die Fläche,
und (nc; «a-+Pßb) für die 'Zonenaxe, d. i. wir geben beiden gleiche
Werthe in derjenigen der drei Dimensionen, in welche wir zugleich den
‚einen Endpunkt der Zonenaxe legen, z. B. in c; so fällt, wenn 0, ß, «, Pr
n zuförderst lauter endliche ‚Grölsen sind, die bezeichnete Fläche in die
bezeichnete ‚Zone, ‘wenn :eine ‚der folgenden Proportionen richtig ist
B—P u—u
Bu} in: E— je + e\ :ß’, woraus die Gleichungen
B+ß a
für jede beliebige der Grölsen 0, «, ß, ß in doppelter Gestalt sich ergeben.
Im Gegentheil, wenn keine der ‚drei Proportionen zichtig ist, so gehört
die bezeichnete Fläche nicht in die bezeichnete Zone.
Es sei in Fig. 16. wiederum (C der Mittelpunkt der Construction,
Ca die Dimension a, ‘Cb die Dimension b, und nın die Linie, welche
in der Ebene ab der bezeichneten Fläche [ea:?.b:nc] zukommt, so dafs
Cn=u.a, Cn —=P.b, während der .dritte gegebene Punkt n.c in der
auf der Ebene ab senkrechten durch C gehenden Linie liegt. Durch den
nämlichen Punkt n.c .aufserhalb der ‚Zeichnung gehe die bezeichnete Zo-
nenaxe (nc; aa-+-P'b), so ist klar, dafs diese letztere Linie nur dann
der bezeichneten Fläche parallel geht, wenn der in der Ebene ab ihr zu-
gehörige zweite Endpunkt in die Linie ann oder ihre Verlängerung nach
g oder r hin fällt. Fällt er dagegen in irgend ‚einen Punkt der Ebene .ab
aufserhalb der Linie nn und ihrer Verlängerung, so ist klar, dafs die Li-
nie (nc; da--P‘b) die Fläche [ea: 75 :nc] schneidet, ‚statt ihr parallel zu gehen,
und mithin die bezeichnete Fläche aufserhalb der bezeichneten Zone liegt.
Der Fall, ‘wenn der zweite Endpunkt der Zonenaxe in die Linie
mn oder ähre Verlängerung fällt, hat also drei Unterverschiedenheiten:
1) Er fällt zwischen m und n nach p (Fig. ı6.), so ist also,
wenn pg und pe die Perenflikel sind auf Ca und Gb,
pe=Clg=«d.i, pg=Ce=f.b
Cm=g0.a, Cn=P.b
Nunist Cm:Cn=mg:gp=peten, d.i.
u.a:ß.b=(a—u)a:ß.b=u.a:(ß—P)b, oder
a:ßB=a—u: Bd :ß—f', wie in der ersten der ‚obigen Pro-
Bu—c). @ß u aß)
rtionen nd = —— = —, oder B = ——
Rom ß B—P . ß G—U 3
nüber die Theorie des Feldspathsystems. 175
nr: ar-2) „ N Br Blarredı
so wie TB, .
9) Der zweite Endpunkt der Zonenaxe fällt in die Verlängerung;
- von mn’ nach q, so fällen wir gd' senkrecht auf Cd, und qf senkrecht
auf Ca; so ist cf=dg=d.a, Ccd=gf=ßp.r.
Aber Cm:Cn=dqg:dn =mf:gf, d. i.
wa:ßB.b=du.a:(ß—P)b= (u+a)a: ß.b, oder‘
u: ßB=u:P—P=ut+«:ß, wie in der zweitem
‚der obigen Troporlionen..
5) Es fällt der zweite Endpunkt der Zonenaxe in die Verlängerung
von mn nach r, so fällen wir wieder r£ und rs senkrecht auf Ca und Ch,
so.haben wir ss=Ct=e.a, und rt=Cs =P.«-
Aber Cm:Cn=rsrsn=tmrtrt,d.i.
a.a:B.b=ua.a:(ß-+ß Jb —=(wW—a)a:ß.b, oder:
6 «:B=a:ßP+ß=w—u;f, wie in der dritten der obigen
Proportionen.
Wir nahmen oben die Gröfsen a, , «a, ß, rn sämmtlich als endlich
an. ‘Wird eine oder mehrere derselben gleich Null, oder= ©», so ergiebt
sich leicht,. welche Gestalt alsdann: die obigen‘ Proportionen: annehmen.-
x a) Fällt nämlich der zweite Endpunkt der Zonenaxe in den Punkt
m selbst,. dann’ ist f’'—=o, und «.a=u).a, oder = u), dieser: Fall ist
also in der’ ersten’ und: dritten: der obigen Proportionen schon mit enthalten.
b) Fällt der zweite Endpunkt der Zonenaxe: in: den‘ Punkt r,. dann
“ist @=o, und @b=Pb,. oder f'=Pß, daher: dieser Fall in: der erstem
und zweiten der obigen Gleichungen mit enthalten,. wie besonders: in’ der
zweiten Form: derselben :ß=a—u':f', oder u:ß=w-+«:ß einleuchtet,
ce) Fiele der: zweite Endpunkt der Zonenaxe in: C' selbst, dann
würde die bezeichnete Fläche nur dann’ der bezeichneten Zone: angehören,
wenn mC und nC = o,. d, i.. wenn’ für den! Ausdruck: der’ Fläche n— ».
d) Noch ist der Fall möglich,. dafs die durch n.c gelegte Zonen--
axe der Ebene ab parallel’ gienge.. Dann würde sie der Fläche: [a.a:@b:n.e]
parallel gehen, wenn «.a:ß.b= u.a: .b, oder d:«—=P':ß.: Der eigentliche
Ausdruck der Zonenaxe wäre aber dann («a ; 6.b-Ho.0)=(o.c5wa+ß’b), und’ er
- "hättealso'nur gezwungen in den (n.c;«@.o.a+ß.».b) übergetragen’ werden
müssen, um! den einem Endpunkt der Zonenaxe,, wie die: Voraussetzung for-
dert, in n.c, und nicht Vielmehr in n.d, oder .n.b, welches gleich leicht
geschehen konnte, zu legen.
e) Wird eine der Gröfsen & oder ß unendlich, so ist klar, Ah
die andre, &=«, oder ß= f’ werden mufs, wenn die bezeichnete
Fläche der bezeichneten Zone angehören soll.
f) Wird eine der beiden Gröfsen & oder ß = Null, so ist wiedes
zum klar, dafs auch die der Zonenaxe entsprechende « oder @ = Da
seyn mul[s, wenn die Fläche in die bezeichnete Zone gehört.
Wir können daher für alle die Fälle, wo die Dimensions- Coeficien-
"ten aufhören endliche Gröfsen zu seyn, den gegebenen allgemeinen Formeln
die besonderen beifügen:
It«=o0, so gehört die bezeichnete Fläche in die bezeichnete Zone,
wenn ß' = ß, und & ist hier indifferent,
Ist B= = o, so gehört u. s. w., wenn © = 4, und ß ist indifferent.
It = ©, oder ß = », so ist der Fall nur dann von den vo-
zigen unterschieden, wenn beides zugleich eintritt, = o,undß=e;
wobei indefs die Intensitäten von beiderlei w verschieden seyn können,
oder sie beide noch durch eigenthümliche Faetoren multiplicirt zu denken
Ss
sind; und dann gehört die bezeichnete Fläche in die bezeichnete Zone,
wenn 0:P = u:ß.
Ist dagegen = ®, so gehört die Fläche in die Zone, wenn =),
und & ist indifferent.
Eben so, wenn ß = ©, so gehört ...., wenn «=«, und ß ist
indifferent.
ib It = 0, so. ...., wenn @ = o, und P ist indifferent.
It ß@=o, so ...., wenn ß =, und « ist indifferent.
Die Anwendung dieser allgemeinen Theorie der Bestimmung der Kıy-
stalllächen nach Zonen auf das, was wir von den Flächen- des Feldspath-
systems gesagt haben, wird der speciellen Ausführung ‘der Rechnung nicht
bedürfen.
"Es wird jetzt verständlich seyn, wenn wir sagen, die Fläche [a7 #5: ]
sey uns bestimmt worden dadurch, dafs sie gehöre ı) in eine Kantenzone
des a L deren Axe = (a;b’+c), und g) in eine Diagonalzone
der Fläche 2°: © b], deren Axe= (a;c+-0.b) (a; c'+o.b) ist; undin der That
; war
=
über die Theorie des Feldspathsystems. - ı77
war dies die erste Fläche, welche, nächst den der Deduction nicht bedürf-
tigen Flächen des Systems, deducirt werden mufste; sie nimmt unter den
abzuleitenden im Feldspathsystem die erste Stelle ein.
Von [= : 57°] nach [7% 7 =e], so wie von [773% :c] nach
GE :b:@«e] u. s, £ bildeten sich Zonen, die wir die zweiten Kanten-
zonen des Systems genannt haben; das Zeichen ihrer Axe wird (a; b’+ 5c)
‚oder (a; b-+3c); in beide rap We fällt die, Fläche |[33°: = 5]
und fand so ihre Deductien.
Die Fläche fiel in die nämliche Zone, deren Axe =
( a;b’-+ 30) und zugleich in die Diagonalzone von [1:<: = 5], deren Axe
= (a;c-+0.b) und war hierdurch bestimmt.
Von [3:Fbre] nach [a:#:<], so wie von [=74b’ re] nach [=: 75:7] _
bildeten sich zwei neue Zonen, deren Axe wird = (a; 3b + 50) oder
(a; 3b’ +30). In diese beiden Zonen gemeinschaftlich fiel [HI:=5] —
Ga:s:=b] und war somit bestimmt.
In eine Zone dieser Art, deren Axe war (a; #b-+-Ic), und zu-
gleich in die horizontale Zone, deren Axe = (c; o.a-+ eo.b), fiel die
Fläche Bizb:=e] — EEE 2} e] und war wiederum bestimmt.
In unsere erste Kantenzone, deren Äxe = (a; b-+ c), und zugleich
in die Diagonalzore von [z :5c:ob], deren Axe = (a; 56 + 0,b), fälle
die Fläche [32:b:c], und war gleichfalls bestimmt,
In die nämliche erste Kantenzone, deren Axe = (a5; b+c), und
in eine Zone von [=:4b:c] nach la®b:oc], deren Axe — (3b; c+ 0.a)
= (b; 2c+o.a), gemeinschaftlich fällt die Fläche und wäre
auf diesem Wege deducirt (eines andern haben wir oben gedacht),
.... Denken wir uns, Zonen von [23 3>:e] nach [32:4 sc] Klee von
KERN ] nach [32:b:®& €], so sind die Axen derselben = (a’; 3b’ +3c)
oder(a;4b-+$c). In zwei solche Zonen gemeinschaftlich fällt IERTEITN
—= [#75s:2b] und hat somit“ auch ‚seine genügende Deduction gefunden.
Phys. Klasse, 1200 — ıg2i, / zZ
3
178 | re ea
Bemerkeuswerth ist noch, dafs in eine solche: Zone “uch die eben schon -
deducirte Fläche: [42 :+b: ee mit: gehört.
Die Zonen, welche von [a:4b:c] nach [a:b:=c], so wie von
fa: #32] nach [3:57 =] sich richten, zogen in unsrer obigen: Darstellung
‚neuer Krystallflächen des: Feldspathes: besonders: unsre Aufmerksamkeit auf
sich. Die: Axen dieser Zonen sind:— (a; b+#5c) und (a;b-+5c). In beide
gemeinschaftlich fiel die: beobachtete: Fläche [=+35° = b];: in eine von ihnen,
deren Axe — (a5; b’+ 5c), und in die erste Kantenzone,. deren Axe =
(a5 b-++c), fiel auch jene schon obem deducirte Fläche [$a: 3b: e].
In eine eben solche Zone, deren Axe —= (a; b’ ++ 5c) und zugleich
in die Diagonalzone von [7:3c:©b5], deren Axe —(a;3c-+o.b), fiel
auch unsre Fläche [42 fb:e ],welche auch so deducirt werden konnte, dafs
sie aufser der Diagonalzone von: [#:3°:>b] in die: oben: bemerkte Zone,
deren Axe = (a;,3b+ 4c), gehört..
Wiederum in eine solche Zone, deren Axe — (a; b’+35c), und
zugleich in die Diagonalzone von [#77 =b],. deren Axe = (a; c+ o.b)
fallt: die Fläche ['# :£b; c] und ist hierdurch: deducirt:
Für die Fläche: [=:5b:e | fanden wir die Deduction, dafs sie aufser
der Diagonalzone von [7?e:=b] in eine Zöne fallen würde von [32:b:=<]
nach [2 :3<:=b].. Die Axe dieser Zone würde seyn — (a5; $b'+ 30).
Für die Fläche [a:3b:<] fand sich,. dafs: sie aufser der: Diagonalzone
von’ [a:c:<b] in: eine Zone fällt von: [2 4b :c ] nach: e be: b]. Die Axe
dieser Zone wäre = (dA; 3b + 5c). r
Die Fläche‘ [Za: #5 : ce] fälle aufser der ‚Diagonalzone von
in: unsre zweite Kantenzone,, deren Axe = (a;b’+35c).
„Die zweifelhafte Fläche a: #6: Te] endlich würde bestimmt seyn
“ durch das Fallen in ARo: erste Kamenzone, deren Axe = (a; b’ % c) und
in die Diagonalzone von = a:eeb], deren Axe—=(a;, c+o.b).
Und so: wäre die‘ Deduction aller‘ vorhin sufgeführten Feldspathflä-
chen in einer einfachen Folge vollendet,
über die Theorie des Feldspaihsystems. 179
So wie nun in ‚dem Gange jedes Krystallsystems sich eine Eigen-
thümlichkeit darin zu erkennen giebt, dafs eins oder mehrere der abge-
leiteten Glieder, in dem «einen System diese, in dem andern jene, eine ge-
wisse Oberhand und Auszeichnung in dem Einflufs auf die Bildung der
übrigen abgeleiteteren Glieder gewinnen, so kann es für das Feldspathsy-
stem dem-Beobachter nicht entgehen, welche ausgezeichnete relative Wich-
tigkeit die Flächen [3 :4b:c ] unter den abgeleiteten haben. Auf sie be-
ziehen sich grädehin alle Zonen, welche ohne Ausnahme zur Bestimmung
‚derjenigen abgeleiteteren Flächen dienen, welche den gewöhnlicheren Feld-
spathkrystallen angehören. Nur unter den Seltenheiten von Krystallbildung .
des Feldspathes, wovon wir heute gehandelt, finden sich einige, welche
keine so directe Beziehung auf die Fläche [2:35 : c] und auf die gleichsam
von ihnen als einer Art Mittelpunkt der Bildung ausgehenden Zonen ha-
ben. Und dafs wir es mit wenigen Worten ausdrücken: es sind dann die
Flächen [_a:+b:c ] bei diesen Seltenheiten, die sich zu ähnlichem Einflufs
auf die Bildung abgeleiteterer Glieder erheben, wie ihn im Allgemeinen
die Flächen [= :3b:< ] vorzugsweise an den Tag legen.
Wir dürfen, um diese Bemerkung einleuchtend zu machen, nur zu-
“ sammenstellen, wie von den Flächen | @:b:c] aus nach allen einzelnen
bekannten Seitenflächen der Säule des Feldspathes sich eigne Zonen zichten,
und welche Flächen in denselben sich einfinden; so haben wir in der Zone
von[ = :4b:e ]nach[ 2:b :© c |(ersteKantenzone) von abgeleiteteren Flächen die
Erb: ce), [Fer FP re]; Axe der Zone=(a; b-++c)*)
% a = [a:5: € |(zweite Kantenzone) dieF]. [F:zc:ob ,[a:46br7],
[Gertp:e]; Axe der Zone = (a; b+ 30)
1 e - [b:s3:=e] (Diagonalzone von E37 =%]) die Fl. B33:2];
BE Axe der Zone—=(a;c-+o.b)
ar die Flächen [32° e: = b], [2:36 ] und [:Fb:e];
Bent Axe der Zone = (a; tb+ 5c)
yi - [33:b:©e] die Fläche [55° :=5] und [32 :Fb:0]; Axe der
\ Zone = (a; 5b +$c)
00 = [Brebiee] die Fläche [Ta:35::0]; Axe der Zone —
t (b;2c+o0.a). .
'*) Die Accente bleiben jetzt bei-der Dimension 5 in den Zeichen der Zonenaxen weg. weil sie )
vorhin narzur Unterscheidung der mehreren gleichartigen erforder wurden, welche Unter-
scheidung hier nicht mehr beabsichtigt wird,
Zoo
180 de ei L.$
Es würden die nämlichen Zonen seyn, wenn wir sie uns von
aus nach den verschiedenen Flächen der vertikalen Zone gehend denken
wollten; und da würde nach die Zone von nach
als eine neue hinzutreten, in welche sich die abgeleitetere Fläche
einordnet,
Die Fläche [373° : =] ist es eben vorzugsweise, welche von [= : Zb:< ]
nicht so unmittelbar abgeleitet werden kann, als fast alle die übrigen be-
kannten Flächen des Systems, und welche dagegen offenbar auf die Flä-
chen [= #5 7 2] die nähere Beziehung hat, welche indeßs wieder auf[_ = :3b : |
sich gründeten,
Und so legen sich nächst den Flächen [?7:7b:e] die Flächen
durch die Reihe der neueren Beobachtungen als für den wei-
teren Entwickelungsgang ‚des Systems wichtig geworden dar, theils: durch
-die Begründung der Flächen [a:5e:©b], theils durch ihr Eingreifen in
die Bildungsgesetze für die Flächen [fa:#5 : ce], und [a:&b:c],
obwohl wir für jene beiden auch eine von (Gere) unabhängige De-
duction nachweisen konnten. Was aufser diesen Richtungen der Bildung
moch sich als Gesetz darlegte, ist gleichsam das Aeulserste, was im Feld-
spathsystem sich als wirklich erweist; und auch dies noch schliefst sich wieder
eng an das an, was so eben als das wichtigere in die Reihe der wirkli-
chen Bildungen eintrat, Es ist nämlich die Zone, die sich nun von
wieder auf [= :#b ;e] richtet, und worin sich das Gesetz für
[=:2b:e ] zeigt; ein-nicht unähnliches Gegenstück zu der Zone, die von
I2:3°:>b], (jenem von [= : #b:c] eben so, wie [a:5c:= 5] von [a:$b:e]
abhängigen Gliede) sioh nach dem (durch [x:}b:e] und [a:4b':c] vermittel-
ten) richtet, und das Gesetz der Fläche [a:sb:c] giebt. Offen-
bar von bei weitem grölserer Wichtigkeit aber, als jenes: Aeufserste, wo-
hin uns die Verfolgung, der Bildungsgesetze der Feldspathflächen führt, ist
die Zone, welche von aus sich richtend nach [=:5:=c]us£.
die ganze Reihe der Flächen [a:5c: sb], [Farfb:e], [a :fb:c ], [Fa: fb:e]
vmfafst;. sie weist sich hierdurch als eine der erheblichsten in der weiter
vexfolgten Entwickelung der Glieder. des Feldspathsystemg aus.
Es wird nicht ohne: Interesse seyn, uns auf ähnliche Weise von
aus: alle nach: den. verschiedenen Seitenflächen der Säule ge-
ee E
_
. über die Theorie des Feldspathsystems, 181
hende Zonen zu construiren, wie wir vorhin von [?:4b:e] aus gethan
haben, in Es
Die Zone von [a:#b :c ] nach ist identisch mit der obi-
gen von nach [_2:5:© e j gehenden oder unsrer zweiten Kan-
tenzone:'
Die von[a: #5: c ]nach [a:b:=e ] gehende ist die vielerwähnte Zone,
durch deren Ausbildung sich die Fläche [ a:+5 :c] für den ausgebildeteren
Gang des Systems so wichtig macht. Es ist dieselbe, die wir die dritte
Kantenzone des Systems genannt haben, und in welche die nur erst aufge-
zählten Flächen [a: 5° :©b], [42:#b:c] u. s. f. alle fielen, ' Die Axe dieser
Zone ist=(a;b-+35c).
Die von nach [5:©2:»c] gehende ist die Diagonalzone
von [a:c:=b]; ihre Axe = (a5; c-+o.b); in ihr von abgeleiterenm Flächen
Gb re] und [(ab:e).
Die von [=:: #5 :c] nach [a:=b := c] gehende hat zur Axe (b;4c-+0.2);
in ihr liegt auch die Fläche [42 :#b:: c].
Die von nach [32:b: ec] gehende ist identisch mit der obi-
7 gen von 6 »2b:c] nach [33 :b: © e]. gehenden ri deren Axe = (a5; zb + ee)
war,
Es bleibt nur noch eine Zone von [=:#b:e] nach oder
‚gehend zu betrachten übrig, deren Axe = (a5 3b + %c) seyn
würde, So wenig diese Zone in der Wirklichkeit etwas zu bedeuten schei-
nen möchte, so findet sich doch in ihr unter bekannten Flächen allerdings
E::P%e] als ihr zugehörig. Fragt nıan aber, welches die Fläche der ver--
tikalen Zone seyn würde, welche in zwei solche Zonen gemeinschaftlich
fiele, so würde das die Fläche [a:7c:=b] = [52:72:55] seyn, von wel-
cher sich zwei merkwürdige Eigenschaften, die sie in.der vertikalen Zone
besitzt, angeben lassen, erstens: dafs, wenn die bekannten Flächen g, ®,
und y mit ihren Neigungen gegen die Axe c bei gleichen Sı-
nussen eine Reihe von Cosinussen, bilden, die sich verhalten wie 2:3:5:9,
182 ul WERTEN
die Fläche [3177°:=6] jene Reihe vervollständigt, indem ihr Cosinus im
Vergleich mit jenen den Werth 7 bekommt; und zweitens: dafs sie gegen
die Seitenkante der Säule eben so geneigt ist, wie, gegen Lere:eR) j
(vergl. oben $. 148.).
Zieht man in Erwägung, welche Zonen es seyn würden, die sich
von [a:#b:c] aus nach den verschiedenen bekannten Flächen der verti-
kalen Zone hin bilden würden, so fallen dieselben wiederum mit den
oben betrachteten gröfstentheils zusammen. Nur die neue, unter den vo-
rigen nicht begriffene Zone ist noch bemerkenswerth, welche sich von
[2 :#b:e] nach hin richten, und die Linie (a,2b’-+c) zur
‘-Axe haben würde, da in dieselbe zugleich die Fläche [43 :#b;c] gehören,
und in der horizontalen Zone ihr die Fläche [a:3b:©c] = [2=:b: e]
Sentsprechen würde.
Die sämmtlichen Zonen, in welchen die Fläche [_2:+b:c ] liegt, ha-
ben beim Feldspath noch das besondere Interesse, dafs sie bei den Zwil-
lingen, wie denen von Baveno und den gewöhnlichen des Adulars, (deren
Gesetz nämlich ist, dafs beide Individuen die Richtung eines
ale Grenze gemein, die Flächen [a:e:»b5 ] sowohl als die Flächen [b :#a:= ©]
aber in umgekehrter Lage gegen [a:!b:e ], und deshalb die eine .dersel-
ben beim einen in der Richtung der andern beim zweiten Individuum lie-
gen haben) jene Parallelismen einer Reihe von Kanten hervorbringen, die
sich aus dem einen Individuum über die Zwillingsgrenze in das andere
„hinüber erstreckt, wie in der Abhandlung über die krystallogr. Funda-
mentalbest. d. Feldsp. $. AO aNd. von vier jener Zonen auseinanderge-
setzt worden ist.
‚Ohne Zweifel aber ist das Daseyn solcher Zwillinge selbst, und das
so häufige Sichthätigbeweisen .des Gesetzes, dem sie ihren Ursprung ver-
danken, einer der sprechendsten Zeugen für den Werth und die Bedeut-
samkeit, welche die Richtung, ee beide Individuen gemeinsam nehmen,
und gegen welche sie die übrigen in Gegensatz unter einander treten las-
sen, d. i. die Richtung der Fläche [[2:4b:e ] im Feldspathsystem erlangt, ;
Nach allen diesen Betrachtungen ist es wohl einleuchtend geworden,
wie nächst den Flächen [[#:$b:c ] unter den abgeleiteten Theilen des
ET
. über die Theorie des Feldspatksystems. 183
Feldspathsystems ganz besonders bedeutsam die Flächen [_a:#b:e ] und
ihre Beziehungen auf alle gekannte Theile des Systems sind, so dafs zwar
die ersteren den Bildungsgang des Systems in dem, was er gewöhnlich
zeigt, (sofern es nicht von den noch ursprünglicheren Gliedern geschieht)
man möchte sagen, beherrschen, eine spätere Stufe aber gleichsam noch
durch den Grad von Entwickelung erreicht wird, welche die Flä-
chen [a:4b:c] als neue relative Mittelpunkte des Gestaltungsactes er-
langen. :
Ich Iege aber auf diese Art, die charakteristischen Züge eines Sy-
stems, was seinen eigenthümlichen Entwickelungsgang, nicht seine funda-
‘mentalen Verhältnisse in den Dimensionen selbst: betrifft, zusammenzufas-
sen, um so mehr einiges Gewicht, als bei der Vergleichung, mehrerer Sy-
steme unter einander hierdurch die gröfsten und überraschendsten ge--
genseitigen Beziehungen hervortreten. Denn es ist nun eben z. B., wie
wir vom Epidot auseinandergesetzt haben, das Verschwinden (d.i. we-
nigstens unter den: bekannten Erscheinungen das Zurücktreten bis zum
Verschwinden) der Flächen [= :4b:e] mit [a:c: »b] und [a:c:»b]zu-
sammen, jenen bei dem Feldspathsystem noch völlig, die äufsere Gestalt be-
herrschenden Gliedern, wodurch das Epidotsystem so ganz eigenthüm-
lich erscheint, und auf die ihm eigne Stufe tritt. Diese Stufe ist aber
wirklich keine andere, als die wir eben auch beim Feldspathsystem,, nicht
im‘ Herrschenden,. nur im den feineren Ausläufern seines Bildungsganges,
sich an das Herrschende, als eine neue, aber untergeordnet bleibende Stufe,
anschliefsend gesehn haben, Es i»t die Stufe, wo im: Gegentheil die Flä-
chen: [a :#b : ce] mit den ihr in den vertikalen Zonen (abgesehen von dem
verschwindenden [_a:e: =b ]) nächstverbundenen: Flächen [@?3°:=5] und
[2:5€:@b] gänzlich herrschend, und die entschiedensten: relativen: Mittel-
punkte der weiter entwickelten Glieder des Systernes werden.. Nicht al-
lein aber diese drei' wichtigen Epidotglieder kennen: wir num auch alle
‚drei als beim Feldspath wirklich vorkommend,. sondern selbst mehrere
von denen, welche im Epidotsystem: vorzugsweise an jene drei’ sich an-
schliefsen und eine: bedeutende Rolle in der äufseren Gestaltung spielen,
als: da sind die Flächem [ j@:4b:c] Leibe], [Ba:tb re ], [4a :#b :c]. Und wie
bald’ möchte nicht, die analoge: von. Bazzb:e] auch: beim Feldspath aufzu-
finden,. zu: erwarten stehen!
184 Weifs über die Theorie des Feldspathsystems.
Ist 'es uns aber gelungen, "von zwei so ganz verschieden erscheinen-
den Systemen, wie das des Feldspathes und: Epidotes ist, so überraschend
nahe Beziehungen ihrer Gliederentwickelungsweise an den Tag zu bringen,
so wird es noch leichter seyn, ein ähnliches von mehreren anderen zu 'zei-
gen, welche äufserlich schon so grofse Contraste, wie Feldspath und Epi-
dot, nicht darbieten. Und so erlauben es nur die Grenzen dieser Abhand-
lung nicht, dies in Beziehung auf SERENERFANNEN Augit u. a, Einer Königl.
Akademie jetzt vorzulegen.
Ueber
.
|
Ueber die dem Kalkspath-Pihomboeder in den Winkeln nahe
kommenden Rhomboeder mehrerer Mineraliengattungen; zur
Berichtigung einer Stelle in den Abhandlungen der physikali-
schen Klasse für 1818 u. 19. $.430,431.; nebst leichten Formeln für
die Berechnung gewisser von einander abhängiger Winkel
am Rihomboeder, Dihexaöder und Quadrat-Octaeder,
Von Hern Weıss*).
mn
T. dem letzten Bande unsrer Schriften befindet sich in der Abhandlung
des Herrn Dr. Mitscherlich ein meine Vorstellung über den in der Ueber-
schrift angezeigten Gegenstand betreffender Irrthum, welchen ich zu be-
richtigen nicht unterlassen darf, da durch die Aeufserungen, so wie sie
dort stehen, den Verdiensten eines der scharfsinnigsten und gelehrtesten
Physikers unsrer Zeit zu nahe getreten wird. Da ich über diesen Gegen-
stand nichts im Druck bekannt gemacht habe, Herr Dr. Mitscherlich auch
meinen Vorträgen über Mineralogie nicht selbst beigewohnt hat, so konnte
ein Mifsverständnifs meiner Ansichten der Sache, wie sie durch Zuhörer
von mir zu seiner Kenntnils kamen, leicht entstehen.
Die Abweichungen, welche Herr Wollaston zuerst zwischen den
Winkeln der Bitterspath- und Spatheisenstein- Rhomboeder gegen die des
Kalkspath-Rihomboeders, so wie des letzteren gegen die früherhin ihm
beigelegten Werthe angab, waren schon von Anfang durch die Hand des
Meisters sicher genug verbürgt, und haben sich seitdem auch meist allen
_
*) Vorgelesen den 8. Januar 1821.
Plıys. Klasse, 1920 — ıg21. Aa
186 Wi Fis
andern genauen 'Beobachtern bestätiget. Die theoretische Ansicht aber,
welche ich, -weit entfernt diese Thatsache nicht anzuerkennen, von ihr
gehegt habe und gern noch hege, ist folgende:
Der erste Punkt betrifft die Abweichung der Wollaston- und Malus’-
schen Kalkspathwinkel von denen eines Rhomboeders, dessen Flächen mit
der Axe genau den Winkel von 45° machen würden, wie das ist, welches
Haüy als das primitive Kalkspath- Rhomboöder aufgestellt hat,
Die Einfachheit und Klarheit des Gesetzes für das letztere, die Gleich-
heit nämlich von Sinus und Cosinus der Neigung der Fläche gegen die Axe
ist so sprechend, und scheint so erheblich, dafs ich es für die Theorie
wichtig genug halte, die Hypothese, dafs es reell sei, ungeachtet der ge
fundenen Abweichungen, nicht sofort gänzlich zu verlassen, sondern zu
versuchen, diese als Modifikationen desselben, als Perturbationen,
wenn ich mich so ausdrücken darf, eines rein krystallinischen Ge-
setzes durch Hinzutreten einer mitwirkenden andern Kraft darzu-
stellen, welche ich keineswegs für eine äufsere, sondern allerdings für eine
innere, der Substanz selbst inhärirende halte.
Möchte das allgemeine Bild einer solchen Modification des einfachen
krystallinischen Grundgesetzes etwa dieses seyn. Statt des Verhältnisses von
Sinus zu Cosinus = ı:ı, wie vorhin, würde dasselbe= ı + x: ı, tref-
fender vielleicht = Vı® +x?:ı, oder werde es auch = ı-+x:ı—x,
oder ıtx:ı+yus.& So läfst sich ganz füglich das Malus-Wolla-
ston’sche Kalkspath-Rhomboeder unter die Form bringen, dafs für dasselbe sey
sin incid, plani ad axem : cosinc, pl. ad ax. =Yı? +: 1=y37: V36;
dies giebt die Neigung der Flache gegen die Axe 45° 23’ 32°, 76, den ebe
nen Endspitzenwinkel 101°: 55 6 ‚9 und den NEIEUPESMREEL der, Flächen in
der Endkante zu 105° 5’ ı0',8. Wenn der letztere zu 105° 5 schäzf ge-
nommen wird, so ist dıe Neigung der Er gegen die Axe 45° 25° 25» 9
und der ebne Endspitzenwinkelz01° 550,05.
Jetzt begreift man leicht, ‘wie auch die andern wieder um ein we-
niges in den Winkeln abweichenden Rhomboeder sich als andere Modi-
fikationen desselben Grundgesetzes betrachten liefsen, ohne auf
‘ der einen Seite den Gedanken der Realität jenes einfacheren krystallinischen
„Grundgesetzes aufzugeben, oder auf der andern die Eigenthümlichkeit jener
Rhomboeder zu läugnen. So läfst sich für den Bitterspath und Braunspath,
über Kalkspath- und ähnliche Rhomboöder u. s. w. ı87
dessen Neigungswinkel in der 'Endkante gefunden wird zu 106° 15", das
Bild aufstellen, es sey bei ihm
sin. inc. pl. ad ax. : cos. inc, pl. adax. = Yız:yı =Yı+t ,%:ı
Dies giebt den Neigungswinkel in der Endkante 106° 15 36,7 (für die
Hälfte desselben das Verhältnifs von Sinus zu Cosinus = 4:3), und die
Neigung der Fläche gegen die Axe zu 46° 846',.4. Nimmt man.den er-
steren Winkel zu 106° ı5' scharf, so folgt der letztere = 46° 3’ 03".
Herr Professor Mohs*) giebt bei dem Rhomboe@der des Rothbraun-
steinerzes den Neigungswinkel der Flächen in den Endkanten an zu
106° 51. Diesem kommt sehr nahe das Bild, es sey
sin. inc, pl. ad ax. : cos. inc. pl. adax. = Yıo:z = Yı?+(#)2:ı
man erhält dann den Neigungswinkel in den Endkanten —=.106° 49 35,2
(für die Hälfte sin. : cos =7:y's7), und für die Neigung der Fläche
gegen die Axe 46° 50 50,5; bei der Annahme des ersteren Winkels streng
zu 106° 51', den letzteren = 46° 51’ 24,7.
Am Spatheisenstein ist der Neigungswinkel-der Flächen in den
Endkanten gefunden worden = 107°; an einem, durch gröfsere Härte und
Sohwere von dem gewöhnlichen sich auszeichnenden Rautenspath oder
Bitterspatlhi-giebt ihn Herr Professor Mohs **) an = 10722‘. Beide kön-
nen durch die Zusammenstellung in sehr verwandte Formen gebracht wer-
den. Für den Spatheisenstein läfst sich annehmen
sin. inc. pl. ad ax:cos. inc. pl. ad.ax. =V1’43@%: :VYı?+2@)%= V37: v53
und für jenen Rautenspath
sin. inc. pl. adax.: cos. inc.pl.adax.—=V ı?-+2(#)? :Y112-+.@)? = vV35:729
so wird der Neigungswinkel in den BRRIBSBEN, aa Spatheisenstein =
107° 144,7, und beim Rautenspath = 107° 21 38" ; 7; die Neigung der
Fläche gegen die Axe beim Spatheisenstein 46° 58 16,5, indefs sie = 46°
579,6 folgt aus der Annahme: des Neigungswinkels in der Endkante zu
107° 00”. Beim Rautenspath, dessen Neigungswinkel in der Endkante an-
‚genommen zu Anz: 22 o', würde folgen die Neigung der Fläche gegen Ale
Axe — 46°. 51’ 11,9; sie wird nach obigem Verhältniß — 46° 50'58”, 4:
wi Ich habe ähnliche ‘Anwendungen solcher Ansichten auf die: neleren
Bestimmungen der Winkel am Quarz gemacht. ‚Wenn nach den von Ma-
Y8 S. dessen Charakteristik des araahlsipiliehen Minerale, Deraden, 1820, S 36, ;
")A,a 0.9.35, i
Aa
ins *) angestellten Messungen: der Neigungswinkel am Rhombosder des Quar-
zes in den Endkanten = 94° ı6, am Dihexaeder desselben in den Endkan-
ten = 135° 4% 50', und die Neigung der Fläche gegen die Axe = 58° 14
(als die Hälfte des Complementes von 103° 50”) ist, welche drei Winkel
unter sich in dem Grade stimmen,‘ dafs aus dem ersteren der zweite zu
135° 44. 46", 6, ei Ber dritte zu 38° 13 46", 8, ‚aus dem zweiten aber
der - erste: zu 94° 15 2%. ‚und ir dritte zu 58% 13 22”, 15 **), und on dem
dritten der erste zu 94 ° 16'19',2 und der zweite zu 153° 44 55,5 folgt,
so eıheischt dies offenbar wieder"eine Abänderung oder Modification jenes
schönen einfachen Verhältnisses, welches Haüy für den Quarz darin zu fin-
den -glaubte, dafs für die Neigung der Fläche gegen die Axe sich verhal-
ten würde sin : cos — vV5:YV%8- ..Von einem so: einfachen Gesetz nicht
‚ohne Noth abzugehen, könnte man als ein den Malus’schen Messungen an-
gepalstes Bild wohl das aufstellen, es sey
sin ine. pl. ad ax,:cosinc.p.adav=y5:VYg+ A? =yBo:Yıag
und män erhielte dann den ersteren Winkel = 94° 15 1 ı", den zweiten =
133° AK 24, und den dritten = 38° ı3' 13,7 (statt des Malus’schen Win-
kels von 103° 32’ den zu- 105° 35 33). Allerdings lassen sich noch schär-
fere Annäherungen an die Malus’schen Winkel auffinden **); allein die
übrigen vorhandenen genaueren Messungen der Quarzwinkel weichen von
den Malus’schen noch so viel merklicher ab ****), als die. eben versuchte
Annäherung an diese, dafs es fruchtlos seyn würde, für jetzt die Schärfe
*) $, die M&moires d’Arcueil, _t. IIT, p, 158. \ 2
'*%) Der von Malus gemessene VWVinkel von 105° 52° würde hier am. meisten abweichend zu 105°
35 15',7 sich ergeben;
_ *%*) Die Annahme der Neigung der Fläche’gegen die Axe mit sin: cos = Yıı73 Ya = Y’5:Y 8% giebt
den Neigungswinkel in den Endkanten des, Rhombo&ders = 94° 16.0" (—o",07)5 sie übertrifft das
her im Grade der Annährrung an den gegebenen VYinkel noch die von Haüy (Annales des Mi-
nes. 1818. p, 418.) versuchte Annäherting durch: das ‚Verhältnifs Y’718 :; Y’'ı157, welches die-
sen Winkel — 94° ı6' 0",28 giebt, aber bei weitem zusammengesetztere Zahlen enthält, als jenes,
@*+*) Die correspondirenden VVinkel, welche Herr Professor Mohs angiebt (a. a. O, S..61.) sind 133°
58, 203° 55; woraus der dritte Winkel zu 94% x" folgt. Dagegen stimmt ‚das von Phillips
‘(Fransact, o£ithegeol. soc, vol;.IV,) angenommene Mittel seiner Beobachtungen, 949.15’ für den
"Neigungswinkel in den Endkanten des Rhomboöders, mit dem: oben aufgestellten Bilde sehr ge-
mau, und giebt den Neigungswinkel in der Lateralkante des Dihexaäders 105° 33 48'"; welches
wieder fast zusammenfällt mit einem Mittel von Messungen, welche ein Freund von mir, Herr -
Klöden; im Jahre 1835, mittelst eines Sextanten angestellt Hat, und welches- diesen VVinkel zu
2959 34. gab,
En
*
über Kalkspath- und ähnliche Rhomboider u. sw. 189
der Bestimmung weiter treiben zu wollen, ehe über die Vorzüge der ei--
nen Messungen vor den andern entschieden ist.
Ich glaube mich durch das .obige über meinen Versuch, den Gedan-
ken an die Realität einfacher krystallinischer Grundgesetze, auch wo in der
Wirklichkeit Abweichungen von denselben gegeben sind‘, und eben so über
die Möglichkeit, dals die einander und dem Kalkspath -Rhomboeder ähneln-
den Rhombo£der, ihren Eigenthümlichkeiten unbeschadet, wohl auf einem
und demselben einfachen Grundgesetze dennoch ruhen können, zur Genüge
ausgesprochen zu haben, und will jetzt noch, im Zusammenhang mit dem
.gesagten, die höchst einfachen Formeln angeben, durch.welche solche ge-
genseitig von einander abhängige Winkel, wie sie hier. vorgekommen sind,
mit grölsester Leichtigkeit sich berechnen lassen. Sie gehen sämnulich aus
den Formeln’ hervor, welche ich in einer früheren Abhandlung *) für die
Berechnung der ebnen Winkel und Neigungswinkel am Rhomboeder und
Dihexaeder (Dirhomboeder), wenn die Neigung ihrer Flächen gegen die
Axe durch Verhältnis von Sinus und Cosinus gegeben ist, angegeben habe.
Es sey nämlich
die Neigung der Fläche des Rhomboeders gegen die Axe
der halbe ebne Endspitzenwinkel desselben
die halbe Neigung der Flächen in der Endkante
es sey ferner sing: cosa:radua—=s:c:r,(r=yare)
so ist sinß:cosß:radß=sys:r: m m=vzrte)
und siny;cosy:rady=m: ey 3:27),
IL. Es sey also gegeben «, gesucht ß, so ist
sinß:cosß, oder tang A;radß—=sinaXy3:rada; folglich,
wenn rad=ı, tangß=sina y3.
tang ß
| vs
U. gegeben «, gesucht Y, so ist
rad yrcsy=erada:cosu.Xy3, folglich
os y=cosa X Y}.
‚*) De indagando formarum crystallinarum charactere‘'geometrico principali, Lips. 18095. ünd Jour-
nal des Mines, t. XXIX, p. 349 seqq.
*) Da m die Kante des Rlıomboeders,. und'2r die Längendiagonale desselben ausdrückt, so ergiebt
sich in der obigen Formel der a. a. O, entwickelte interessante Lehrsatz für das Rhombo&der,, dafs
für die halbe Neigung seiner Flächen in der Endkante'sich verhält Sinus zu Radius, wie indem
Des seiner. Fläche die Seite se (.d. i, der an der Endspitze anlis-
genden
U, |
2 WR
Umgekehrt sing =
’
190 We BA 8
ae cos a = cos yY4#:.
« gegeben ß, gesucht y, so ist
rady:siny=2cosß:radß, folglich
I 1
vra eg cos ß
1
Umgekehrt cos ß = Pe?
Beim Dihexaeder sey wiederum
die Neigung der Fläche gegen die Axe = u
der halbe ebne Endspitzenwinkel derselben = B
der halbe Neigungswinkel in der Endkante =T'-
und wiederum sinw:cosw:radg =s:c:r,
so ist sinB:cosB:radB=syY%:r:m, (m =y3727&)
und sin T:cosT:radl =m'Yyz3:c:2r*
IV. Es sey daher gegeben a, gesucht B, so ist
sin B:cosBodertang B;radB=siuuy%:rada, ‚ folglich
sin
ar sina=tangBX y3.
. gegeben «, gesucht T', so ist
radl’:cooT=e2radw:cos«, folglich
cos &ı
cosl =
2
Umgekehrt cos «=. cosT.
VI. gegeben B,: gesucht T, so ist
sinT:radl=radBxX y3:2cosB, En
v3 f
"2 cosB'
v3
2sinT”
Aber wenn man das Rhomboeder und, das Dihexaeder vergleicht,
deren Flächen der Richtung nach dieselben, d. i. gleich gegen die Axe ge-
neigt sind, welche'also « gemein haben, so ergiebt sich weiter
sinI = ——
Umgekehrt cos B =
*) Daher, wie a. a. O. entwickelt ist, ‚für das Dihexaöder der Lehrsatz, dafs für die halbe Neigung
seiner Flächen in der Endkante sich verhält Cosinus zu Lach ius, wie die halbe Axe des
Körpers zur EUER SEN Längendiagonale.
über Kalkspath- und ähnliche Rhomboeder u. s.w. ı91
| VI, sinß:csß=zgsinB; cos B, d. i,
ER halbe ebne Endspitzenwinkel des Rhomboäders hat den dreifachen $inus
- des halben ebnen Endspitzenwinkels seines Dihexaeders bei gleichem Co-
sinus, oder, wenn rad = ı,
tang ß/= 5 tang B
tan
umgekehrt tang B= me B
2; 5
VIII. Es sey gegeben y, gesucht T', so ist
rad I ;cosI=rady:cosyy%, folglich
und umgekehrt cosy=cosT x v3.
In den meisten Fällen wird man sich der Rechnung mit Eoperieb-
men am bequemsten bedienen, so hat man:
wenn gegeben ist «,
log tang ß= log sin « + log Y3 = log sin u + 0,2585606,5 (s. oben I.)
log cos y-= log cos «+ log V3—log 2 = logcos&— 0,0624693,5(5. 1.)
log tangB = log sin —log Y3 = log sin «— 0,2385606,5 (s. IV.)
log cos I = log cos — log 2 =log cos 4 — 0,3010300 (s. V.)
wenn gegeben ist ß,
log sin « = log tang 0— log Y’3 =log tang ß — 0,2385606,5 (s. I.)
log siny = 2lograd — log 2 —logeosß= 19,6989700 —logcosß (s. Ill.)
logtangB= log tang ß — log 3 = log tang ß — 0,4771213 (s. VI)
wenn gegeben ist y,
log cos a =log cos y+ log2—logy’z3 = log cosy -+ 0,0624693,5 (s. 11.)
log cos ßB= 2 lograd—log2e—logsiny = 19,6989700 — log siny (s. III.)
log cosT-=log cosy—logy3 = log cos PR (s. VIIL)..
wenn gegeben ist B,
P
log sina =logtangB+ log y3 =logtangB-+ manga (s. IV.)
Mr
}
Ss
logtangß=logtangB + log 3 =log tang B-H 0,4771213 (s. VII)
log sinI =2lograd +log V3—log2—log cosß= 19,9375306,5—log cos B
(s. VL.)
wenn gegeben ist T,
logcosa = log cool +loge= log cı cosI’ + 0,3010500 (s. V.)
192 a u 2 Ar,
log. cosy =logcosT+logy3=log cos T + 0,2385606,5 (s. VIII.)
log cos B=alograd + logy’3—log 2 — logsin I’ = 19,9875306,5—logsinT
"(s. VE)
Beispiele‘
. 105° 5
Gegeben am Kalkspath-Rhomboeder y=
= 52° 50'350", ge-
sucht a; so ist
log cos 52° 32’ zo" = 9,7840353,5
[-} E2
log — = 0,0624693,5
rend |
9,8465046 = log c0s 45° 23 25",9
Desgleichen gegeben y
ao—log 2
— log sin 52° ge’ 30"
52° 32’ 30”; gesucht ß
19,6989700.
9,8997088 .
9,7992612 — log cos 50° 57’ 50"
daher der ebne Endspitzenwinkel = 2.(50° 57.50) 101° 550". |
IN
180° — 103° ze {
Gegeben am Quarz u = RETTET BT 38° 145; gesucht y; so ist
log cos ee, 24 — -9,8951445
a Dee el at ya
= DERART
9,8526751,5 = log cos 47° 8'9 "6 |
daher der Neigungswinkel der Flächen in den Endkanten des Rhombocders
= 9,(47° 8 9",6) = 94° 16' 19", 2 2 Ä
Desgleichen gegeben « = 38° ı4/, gesucht T'; so ist
log cos 38° 14 = 9,3951445
— log = 0,5010500
95941145 = log c0s,66° 52’ 27", 74
"&aher der Neigungswinkel der Flächen in den Endkanten des Dihexaeders
2.(66° 52’ 27',74) = 133° 44 65,5 us w.
Aehn-
über Kalkspath- und ähnliche Rhomboöder u. s. w. 193
Aehnliche höchst leichte Formeln ergeben sich für die gegenseitige
Ableitung der analogen, von einander abhängigen Winkel an dem vier-
gliedrigen oder Quadrat-Octaeder, aus der Vergleichung der für
diesen Körper a. a. O, gegebenen Formeln. Es heifse wieder
‚die Neigung der Fläche des Quadrat-Octaeders gegen die Axe, «
der halbe ebne Endspitzenwinkel desselben ß
‚der halbe Neigungswinkel seiner Flächen in den Endkanten y
es sey wiederum sin w:cosd:rada = s:c:r
so ist sinß:cosß:radß = s:r:m, (m=y3s?+c%)
siny:cosy:srady = m:c:ry2 *),
Daher, wenn gegeben ist u, und gesucht wird ß, so ist
sin 8 : cas ß oder tangß:radß = sing: rad, folglich
tangß = sina
und umgekehrt . singd = tang fß,
Wenn gegeben ist &, und gesucht wird y, so ist
zady:cosy=rada Xy2:cosa, folglich
cos &
v2 re
und umgekehrt cos = cosy Xy. \
cs y=
Und wenn ß gegeben, und y gesucht wird, so ist_
rady:siny= cosßXya:radfß, mithin
ı
N cos ß.ya
1
und umgekehrt coß= BT
Rechnet man also mit Logarithmen, so ist, wenn @ gegeben ist,
logtangß = log sin a
log ces y = log cos a«—log v2 = log cos «— 0,1505150
*) Da hier wiederum m die Endkante des Körpers bedeutet, und e seine halbe Axe, so zeigt sich
in der obigen Formel der a. a. O, bewiesene Lehrsatz für das Quadrat-Octaäder: dafs für die
halbe Neigung seiner Flächen in der Endkante sich verhält Sinus zu Cosinus, wie die
Endkante zur halben Axe.
Phys. Klasse. 180 — gar, B b
#*
194 Wei ‚fs über Kaprun wid A Rhomboöder U.5.W.
wenn ß gegeben,
‚log sing =: logtang ß
log siny = zlograd—logyfe2 REN = 19,8494850— log cos ß
oder wenn y gegeben ist, Kt; 4
log cos = logeosy +logy'2 =log cos y + 0,1505150 |
log cosß = 2 log, ie — log Ya—logsiny= 19,8494650 —log siny. |
Ueber das Krystallsystem des Gipses.
‚
Von Herrn Weıss t).
.EE allen den Krystallsystemen, von welchen ich angegeben‘habe, dafs
ihr Prinzip in dem gegenseitigen Verhältnils dreier auf einander rechtwink-
licher und unter ‚sich ungleicher Dimensionen beruhe, sind nur-einige, de-
ren Darstellung bei Haüy mit -diesem ihrem Grundbegriff nicht ganz über-
einstimmt. Zwar alle diejenigen, welche ich zwei- und zweigliedrig
(binaria) *) nenne, und welche in der äulseren Krystallbildung die voll-
*) Ich füge bier für die sämmtlichen natürlichen Abtheilungen der Krystallsysteme, wie sie.in dem
Bande dieser Schriften vem Jahre 1815 aufgestellt wurden, die lateinischen Ausdrücke bei,
welche zugleich, wie mir scheint, ganz geeignet sind, auch in andere lebende Sprachen über-
getragen zu werden,
Das reguläre oder tessulare System, welches ich anch. sphäro£tdrisch, mit
den Unterabtheilungen homosphäroädrisch und hemisphäroedrisch nannte, :nach
der Analogie von homo&drischen und hemiödrischen Systemen üherhaupt, ‚bedarf der
Uebersetzung nicht. Von gen zweierlei hemisphäro£drischen Systemen, dem tetra@drischen
und dem pentagon -dodeka@drischen, wird das letztere kürzer das pyrito@drische
“ genanpt werden können, und sein ‚charakteristischer Körper, das Pentagon- oder Schwefelkies- -
Dodekaöder, ‚kürzer das Pyritoäder, mebst den Pyritoiden, nach der Analogie des
Leucito&ders und der Leucitoide. - i
Ein /sechsgliedriges System überseize ich systema senarium; den allgemeinen
Körper dieses Systems, der nämlich mit dem Maximum der Anzahl in ihm möglicher gleich-
artiger Flächen begrenzt wird, oder den Sechs- und sechs-kantner (die doppelt
zwölßseitige Pyramide mit ‚abwechselnd stumpferen und schärferen Endkanten) solidum seno-
marginatum.
Das drei- und dreigliedrige oder rhombo£drische System — systema terna-
rium sive rhombo£dricum; den allgemeinen ‚Körper dieses Systems im vorigen Sinn, d. i, den
+) Vorgelesen den 26, Juli 1821. e
.
Bb>2
196 " | Fe ; en
kommenste Symmetrie zeigen, stimmen,,.es,mag.ihnen in der Haüy’schen 1
Darstellung eine forme primitive beigelegt werden, welcher Art es sey,
doch mit unserm ausgesprochenen Prinzip vollkommen; 'und nächst der
immer vollständigeren Kenntnifs aller Glieder eines solchen Systems und ih- -
res Zusammenhangs unter einander ist es hier nur die auf immer schärfere
Messungen der Winkel gegründete Bestimmung der Verhältnisse der dreier-
lei rechtwinklichen Dimensionen untereinander, welche in der Darstellung
solcher Systeme der Wahrheit immer noch näher gebracht werden kann.
Dagegen sind die, deren Bildung sich von der gewöhnlichen Symmetrie
mehr und mehr entfernt, die zwei- und ein-, und ein- und einglie-.
drigen, von Haüy nur zum Theil so beschrieben worden, dafs die Be-
schreibung, unverändert wie sie ist, mit dem angegebenen Prinzip stimmt,
andere nicht. Unter den zwei- und eingliedrigen, zu welchen ohne Zwei-
fel auch der Gips gehört, wie ich ihm diese Stelle bereits in der meiner
Drei- und drei-kantner (die doppelt sechsseitige Pyramide mit abwechselnd stumpferen
und schärferen Endkanten), solidum terno:- marginatum,
Das viergliedrige System — systema quaternariumz seinen allgemeinen Kör-
per, den Vier- undvierk antner (doppelt achtseitige Pyramide mit abwechselnd stumpfe-
ren. und. schärferen. Endkanten) solidum: qguaterno-marginatum. Seine noch nicht be-
schriebenen Unterabtheilungen, welche den Unterschieden der homoädrischen und hemi&ädrischen
Systeme entsprechen, werden jene viergliedrig schlechtweg (allenfalls, wenn das Bedürfaifs
eines Beisaläes eintreten sollte, vier- und viergliedrig, quaternaria homo£drica),
diese, dafern sie tetra&drisch sind, mit diesem Beisalz, tetra&drisch-- viergliedrig
(tetraödrico -quaternaria), wenn sie dagegen so, wie Kreuzstein, hemitdrisch, d. i, nach der
Analogie des zwei- und zweigliedrigen Systems gebildet sind, vier- und zweigliedrig, bi-
nario-quaternaria, heifsen können,.
Die zwei- und zweigliedrigen Systeme ı nenne ich-im Lateinischen binaria.. Dem
allgemeinen Körper würde der Analogie zufolge der Name Zwei- und zwei -kantner, soli-
lidum bino -marginatum, zukommen, wenn-er nicht den schon so gebräuchlichen und be- -_.
quemen: Rhomben-Octatder, bereits führte;
Ein zwei- und eingliedriges System übersetze ich systema bino- singula-
rium lieber als bino-unitarium; doch möchte man in lebenden Sprachen, die ihre WVorte nach
dem. Lateinischen bilden können, dem letzteren Namen vielleicht den Verzug geben;' wasübri-
gens keine Verwechselung: oder Mifsverständnifs veranlassen kann Und was die minder we- -
sentliche Unterscheidung des zwei- und eingliedrigen vom ein- und zweigliedrigen System
betrifft, 30 wird man letzteres eben so bequem durch systema singulo-binarium, oder
unobinarium vom vorigen, wenn man will, unterscheiden können:. ’
Das ein- und eingliedrige System endlich übersetze ich durch systema singu-
larium, oder wenn man will, unitarium; seinen einfachsten Körper, den Ein- und’ Ein--
flächner (oder Ein-undEinkantner), solidum singulo-marginatum; und so:sind,
wie min scheint, auf die ungesuchteste und überall: anwendbarste WVeise alle die Ausdrücke
übersetzt, deren ich mich zur Bezeichnung. der wesentlichen allgemeinen Unterschiede bedient
habe, welche die natürlichen Abtheiluogen der Krystallsysteme bilden.
”
‚N
aus A auf CG- in den Punkt G — in diesem Fall nennen wir eine solche
über das Krystallsystem des Gipses. 197
Abhandlung vom Jahre 1815 beigefügten Tabelle angewiesen habe, hat Hay
zuerst, bei Hornblende und Augit diejenige geometrische Eigenschaft ent-
deckt, auf welcher ihr inniger Zusammenhang mit den zwei- und zwei-
gliedrigen Systemen *), und somit ihre eben so ungezwungene Reducirbar-
keit auf das Verhältnils dreier. unter einander rechtwinklicher Dimensionen
beruht, Wir können dies allgemein so aussprechen: Es sey für ein solches
System als primitive Form angenommen eine geschobene vierseitige Säule
ABCDEFGH (Fig. 7.) mit gleichem Werthe der Seitenflächen ADHE,
ABEF; auf eine der Seitenkanten AE sey eine schief laufende Endfläche
ABCD gerad aufgesetzt, d. i. mit gleicher Neigung gegen die beiden die
Seitenkante AE einschliefsenden Seitenflächen (kurz genannt: ein Zwei-
und Einflächner oder Hendyo&der im weiteren Sinne des Wortes).
"Man fälle aus einer der Ecken, welche die Endfläche mit der Seitenkante
bildet, auf welche sie gerad aufgesetzt ist, ein Perpendikel An auf die
entgegengesetzte Seitenkante oder deren Verlängerung; so ist die Reducir-
barkeit des von dieser angenommenen primitiven Form ableitbaren Systems
auf drei unter einander rechtwinkliche Dimensionen von der Bedingung ab-
hängig: dafs die Stücke Cn und Gn der Seitenkante CG oder ihrer durch
den Abstand des getroffenen Punktes n von dem einen oder dem andern
Endpunkte derselben C. oder G bestimmten Verlängerung, in einem ratio-
nalen Verhältnifs stehen zu der Seitenkante CG und mithin unter einan-
der selbst. Ist das Verhältnifs irrational, so stimmt eine solche primitive
Form mit der Reducirbarkeit des Systems auf drei unter einander recht-
winkliche Dimensionen nicht. Ist‘ das Verhältnils zwar rational, aber
sehr verwickelt, so stimmt sie zwar möglicherweise, aber an sich nicht
befriedigend, sondern es bedarf dann verschiedener Mittelglieder, um ihre
Begründung in dem Systeme der rechtwinklichen Grunddimensionen nach-
zuweisen; und sie hat auf den Namen einer primären oler gar primi-
tiven Form um so weniger Anspruch, als sie den Ansgangspunkten des
Systems entfernter steht. Ist das Verhältnifs ganz einfach, ja das einfachst»
mögliche, ist nämlich das Stück Cn gleich der Kante CG selbst, triflt
also, wie eben beim Haüy’schen Amphibole und Pyroxene, das Perpendikel
#) Deshalb habe: ich bereits: in meiner 1809 erschienenen Diss; de char, geom.. prim; form: cryst.
octaödr. pyram, rectis basi rectangula oblonga die von Haiy so dargestellten Systeme mit den
zwei- und zweigliedrigen in Eine Kategorie (der Oblong-Octa&der) gesetzt; vergl. Jeurn, das
Mines, 811, I. p. 426;-
198 a Re
Form ein Hendyo&der im engeren Sinne des Wortes —: so stimmt eine
solche gewählte primitive Form ihrer Beschaffenheit nach mit unserm Grund-
begriff des zwei- und eingliedrigen Systems vollkommen und evident,
Seit Haüy diese Bemerkung an den unter sich so verwandten Bei-
spielen des Amphibole und Pyroxene gemacht hatte, betrachtete er ähn-
liche wiederkehrende Beispiele aus dem nämlichen Gesichtspunkt. In sei-
nem Hauptwerk ‘werden von ihm der Grammatit und der 'Nickelvitriol
(eigentlich das dreifache Salz: Kali-Nickelvitriol) eben so dargestellt.
Die seit der Herausgabe seines Hauptwerks von ihm gegebenen Dar-
stellungen ähnlicher Krystallsysteme, nämlich des Rothbleierzes, Rothrausch-
gelbes (Rauschrothes), und der Kupferlasur, sind in demselben Geiste ent-
worfen; gs-ist eine unwesentliche Abweichung in der Darstellung der letz-
teren, wenn Haüy bei der Kupferlasur seiner primitiven Form die funk
zehnfache Höhe im Verhältnifs gegen die Breite giebt von derjenigen,
welche unserm Hendyo&der im engeren Sinne des Wortes angehört, wie
ein solches in Fig. 5. (mebst einer aufgesetzten Pyramide) dargestellt ist’in
dem Parallelepiped abdb’a'g’d’g, so. dals das Perpendikel aus a auf da’ den
Punkt a’ trifft, wie bei. den Haüy’'schen primitiven Formen des Amphibols
und Pyroxens
Dagegen sind die älteren Beschreibungen analoger Systeme im Haüy’-
schen Werke, wie sehr natürlich, ohne Beziehung auf die beim Amphibol
und Pyroxen gemachte Bemerkung entworfen. Und als ältere dürfen
besonders die des Feldspathes und des Gipses in seinem Werke angesehen
werden. Vor der Anerkennung irgend eines strengeren Gesetzes für die
nothwendigen Eigenschaften einer primitiven Form, was war angemessener,
als auf jede Weise, so gut und bequem sie sich darbot, ein geometrisches
Bild aufzustellen für die zu beschreibenden Formen? Jede geometrisch mög-
liche Annahme war erlaubt, und nur dafür war zu sorgen, ‘dafs die Beob-
achtung nicht direct widersprach. Diese möglichen Annahmen in engere
"Grenzen einzuschlielsen, lehrt die strengere Kenntnifs der Gesetze der Structur.
Nicht jede Art von Annahme ist nunmehr noch gestattet, und kann für
der Natur entprechend gelten; und wenn anders die Wahrheit der einfa-
chen Prinzipien in der Wissenschaft anerkannt,wird, äuf welchen ich an-
gegeben 'habe, dafs die Gestältung im Unorganischen beruhet, so sind durch
diese Prinzipien den Gesetzen der geometrischen Kiystallbeschreibugg REIN
engere Grenzen als vorher gesteckt.
|
über das Krystallsystem des Gipses. ” 199
Die Beschreibung der primitiven Form des Gipses bei Haüy trägt
nun in den Punkten, hf welche es beider Entscheidung der Frage an-
kommt, ob dessen System ein zwei- und eingliedriges sey oder nicht, auffallend
das Gepräge einer sonderbaren Combination zweier angenommener Eigen-
schaften, die jede gleichsam eine Eigenschaft für sich ist ohne weitere
Beziehung auf die andre; beide zusammen bringen eine ziemliche Verwik-
kelung in dem aus ihnen ge hervor. Es sey nämlich Fig. 4.
das schiefwinkliche Parallelogramm AEA’E’ in der Ebne des vullkommnen
blättrigen Bruchs, und seine Seiten A’E, A’E’ parallel den zwei minder
‚ vollkommmen, den Hauptbruch rechtwinklich schneidenden Spaltungsrich-
tungen des ‚Gipses, und zwar A’E’ oder AE parallel der Seitenkante h der
Säule Fig. ı und 2., A’E oder AE' dagesen parallel der Kante q zwischen
£ 15 gegen p q
den Flächen z und n (Fig. 2.) — jene wird, da die Unterscheidung noth-
wendig ist, am schicklichsten die zweite, diese die dritte Spaltungs-
richtung des Gipses zu nennen seyn; — und es werde das Parallelogramnı
AEA'E (Fig: 4.) getheilt durch eine durch die stumpfen Winkel gelegte
Diagonale AA’; auch dieser entspricht eine: verstecktere Spaltungsrichtung,
welche wieder zugleich auf- der ersten oder dem Hauptbruch rechtwink-
lich ist, und_die vierte heifsen kann; nech eine fünfte ist, sogar öfter
noch, wahrnehmbar, rechtwinklich auf der zweiten und ersten zugleich,
also parallel mit A'n (Fig. 4.); andrer gepaart vorkommender Spaltungs-
richtungen des Gipses, wie parallel den Seitenflächen f (Fig. 1—3.) —
die vorigen alle sind einzeln — hier zu geschweigen; so.ist für die Be-
stimmung des Parallelogramms AEA'E die Haüy’sche Annahme diese, dafs,
wenn aus A’.das Perpendikel A’n gefällt wird auf AE, sich verhalte
AA :An: nA” = 5:4:35, und dafs der Winkel AA’E oder A'AE 60°
sey; Da nun der Winkel A'AE = AA’E aus dem ersteren Verhältnifs sich
ergiebt zu 53° 7’ 48",36,. so wird: der stumpfe Winkel des Parallelogramms
115° 7 48» 36, und der scharfe 66° 50’ 11", 64.. Auf der weiteren Annahme
" Haüy’s in: Beziehung, auf das Verhältnifs der Höhe des geraden Prisma’s,
_ von welchem AEA’E' die Grundfläche ist, zu den Seiten AE,, AE beru-
hen: zwar die Winkel der Säule des Gipses und mehrere andre für ihn spe-
- äifische Winkel,. nicht aber die Frage, ob die Haüy’sche Darstellung da-
mit stimme, dafs das System ein zwei- und eingliedriges: sey,. oder nicht.
Ist. nun das System des Gipses wirklich ein: zwei- und eingliedriges,
und! nehmen: wir: als. Säule: desselben, wie: die: Natur schon: sie: uns: darbie-
.
200 Weifs
tet, ‚die Flächen f nebst P (Fig. 1—3.) an, so liegen die drei unter ein-
ander rechtwinklichen Dimensionen, auf welchen das ganze System beruht,
in den Richtungen der beiden Diagonalen des Queerdurchschnittes der sym-
metrischen Säule f, und in der Axe derselben, welche parallel ist. mit
AE oder A’E' (Fig. 4.), Die schief angesetzten Endflächen des Systems
aber, von welchen zwei durch die Linien A’E und AA (Fig. 4.) gehen,
und senkrecht sind auf dem Parallelogramm AEA’E, müssen für ihre Nei-
gung gegen die Axe AE bei gleichem Sinus An in einem rationalen,
und, je mehr es Hauptglieder des Systems sind, in einem um so einfa-
cheren Verhältnifs ihrer Cosinusse Er und An stehen; mit andern Wor-
ten: das Perpendikel A'z muls die Seite des Parallelogramms AE in einem
rationalen (und muthmafslich einfachen) Verhältnifs der Stücke En undAn
zu einander theilen *).
Dies geschieht aber zufolge der Haüy’schen Annahmen nicht, Denn
es werde aus E das Perpendikel Er herabgefällt auf AA’; so ist nach der’
Voraussetzung (EAA=60°)Er:rA=Yy3:ı; ferner Er: Ar=An:An
=4:35= v5: 5 also ist Arır \ = En = ys=yer:4M.
Wenn aber nach der ersten Voraussetzung AA’ oder Ar+rA’ = 5, soist
nach der Proportion 44+Y27:Y27 =5:Ar,
5V 27 . D '
Ar = ——-; so wie nach der Proportion 2»H:A=BS5:rÄA,
7 4A+Ve7 P 4tV 7. 4 5
20
N — ; und nach der Proportion AE:Ar = AA:An = 5:5;
i ee
2575
AE=3Ar = —-_———
4+Ver
5 # _ Oz
an a Ze a EEE ACER
16 —_— \
folglich An: En—=35: Sn et Vs Vs V sh Vs
ein
*) Gesetzt, man wollte sich die Axe der Säule in der Richtung von A'E, oder von A’A denken,
so würden im ersten Fall die Linien AP’und A'A, im zweiten Fall AE und A’E zwei ver-
schiedenen Schief-Endflächen des Systermes entsprechen, und ein Perpendikel im ersteren Fall
aus A auf A'E gefällt, würde A'E, im zweiten Fall aus E auf A'A gefällt, würde A’A in ei-
nern rationalen Verhältnifs der Stücke unter einander (heilen müssen. Diese Fälle ausführlich
zu erörtern, würde überflüssig seyn; der letztere wird im folgenden sogleich sich beiläufig mit
erörtert finden. i
“*) Vergl, die vorige Note,
han. en lan: © ı dr
-
ee
. e- 5
lüber das Krystallsystem des Gipses. 201
ein. irrationales Verhältnifs *); welches das der Cosinusse für die Neigun-
gen zweier verschiedener schief angesetzter Endflächen eines zwei- und ein-
gliedrigen Systems, gegen die Axe (bei gemeinsamem Sinus A’n) nicht seyn
kann. Suchen wir ein demselben sich näherndes rationales Verhältnifs auf,
so ist $ + Vs: 4—V3 = 3,982 : 2,268=1:0,57. Die zwei schief ange-
setzten Endflächen aber, deren eine parallel geht mit AE,die andre mit A’A, sind,
wie sowohl der Bruch als das äufsere Krystallsystem dentlich zeigt, beim Gips
Hauptglieder des ganzen Systems. Die bisher fast allein beobachteten En-
digungsflächen desselben, rn und !, haben ihre augitartig schieflaufenden
Endkanten, die eine parallel mit A'’E, die andere parallel mit A'A, oder
sie gehören den Diagonalzonen eben dieser beiden Schief- Endflächen an.
Folglich kann das Verhältnils zwischen ihnen- beiden (da andre Mittelglie-
der fehlen oder schwerlich sich finden möchten, die auch ein verwickelte-
zes Verhältnils vermitteln könnten,) nur eins der einfacheren seyn; und
wir müssen es zunächst unter denen suchen, welche schon in andern ge-
nau gekannten Beispielen zwei- und eingliedriger Systeme vorkommen und
aus den Grundlagen desselben vollständig und genügend deducirt worden
A sind. Und da werden wir überrascht, wenn wir finden, dafs unsre Unter-
suchung über das Epidotsystem die ‚Bahn der Untersuchung über das
System des Gipses so völlig geebnet hat, dafs seine Probleme in denen des
Epidotes gewissermalsen schon mit gelöst sind.
Das‘ erste Problem nämlich, von welchem die Theorie des Gipses
abhängt, die wahren Gesetze des Sechsecks Ea A’OE’A’ (Fig. 6.) *) zu fin-
den, führt uns ganz wieder hin auf das analoge beim Epidot. Das obige
Verhältnifs 1 :0,57 der beiden Cosinusse der Neigungen von A’E und A’A
gegen AE bei gleichem Sinus liegt unter allen zu versuchenden einfache-
ren Verhältnissen keinem näher, als dem von 5:3 = ı1:0,6, dem Ver-
hältnifs, welches wir für gewisse analoge Glieder schon beim Feldspath
*) Haüy giebt das Verhälinifs von A'E: AE zufolge seiner gemachten Grundvoraussetzungen an
„ohngefähr wie 12 : 15%; dies stimmt mit der obigen Rechnung, Es ist nämlich AE —
2,A’r (wegen der Vorausselzung, EA’r = 60°) alo AE—= E ; und AE:AE—=
4) . 25035 er v6
eu —_ syv3=8: 5= 12: Aber —— = ı3
4+V27 4+V>?7 Br Luft: P} r Also
A'E:AE nahe wie 12 : 15
In welchem Zusammenhang dieses Sechseck mit dem Parallelogramm AEA'E’ (Fig. 4.) steht.
Wird durch die a ee beider kurs geir und die für beide gemeinschaftlich gebrauchten
Buchstaben klar,
Phys. Klasse, 150 —ıp2;, DS i
_
802 Wise Naodf s a
mie aller Evidenz, gefunden haben, und welches uns beim Epidot der
wahre Schlüssel des ganzen Systemes wurde. x
Wir würden aber noch bedenklich seyn, wenn wir in diese Analo-
gie allein den Grund der Annahme setzen müfsten, dafs in jenem Sechsecke
des Gipses oder in dem Parallelogramm (Fig. 4.) sich verhalte En : An
3:5. Alles Willkürliche scheint aber der Evidenz zu weichen, wenn sich
weiter ergiebt, dafs die nach dieser Annahme supponirte eigentliche Schief-
Endfläche *) des Systems, deren Neigung gegen die Axe EAO bei gege-
benem Sinus ac = A’n der einfache Cosinus ce zukommt, von welchem
der Neigung der Linie A’E wiederum beim Sinus A’n der dreifache En, und
der Linie A’A der fünffache, An = tE zugehört, — keine nur hinzu-
gedachte, hypothetische Fläche, sondern eine sowohl durch die Lage
der Flächen / als der Flächen n (Fig. 1—3.) gegen die Seitenflächen f un-
mittelbar bestimmte ist. Die Flächen Z werden nämlich gerade Abstum-
pfungsflächen der stumpfen, so wie n der scharfen Endkanten, welche
die supponirte Fläche als Schief-Endfläche des Systems mit den gewöhnli-
chen Seitenflächen f bildet; ja die Flächen ! sind dann ihrem ganzen Werthe
nach keine andern, als die beim Epidot wohlbekannten [2:5 :c], und
r die nicht minder gekannten bei Epidot wie bei Feldspath = [Fa Fb].
Auf eine genügendere Art aber könnte‘ das Gipssystem an, die früher um-
ständlich erörterten des Feldspathes und des Epidotes gewils nicht ange-
reihet werden. :
Es bilden nämlich, wie schon aus den Haüy’schen Datis hervorgeht,
und der Beobachtung völlig gemäfs ist, die Flächen ! und ’ (Fig. s, 3.)
parallele Kanten auf den Flächen f oben und unten, und zwar bildet 2
einen stumpfen Winkel auf f an der Seitenkante A, und rz einen schar-
fen, das Complement zu dem vorigen. Legt man nun durch zwei Kan-
ten p, p, (Fig. ı.) welche die beiden Z auf beiden Seiten mit den Seitenflä-
chen f bilden, eine Ebene, so wird dies eine schief angesetzte Endfläche
des Systems, und p und p werden die stumpfen Endkanten seyn, welche
diese Ebene mit den Seitenflächen f macht, die Flächen l aber werden Abstum-
'*) In Fig. 6. ist diese Fläche angedeutet durch die Linie @e. Während der Sinus ihrer Neigung
gegen die Axe EO, ac ist, ist eo. der Cosinus. Für die Neigung der Linie AA’ oder aE ist
wieder ac der Sinus, und Ec der Cosinus, oder A'n = ac der Sinus, und An der Cosinus,
Für die Neigung der Linie A'E ist An.der Sinus, und En der Cosinus,. Es verhält sich aber
verEzvErı:sth
über das Krystallsystem des Gipses. . 203
pfungsflächen dieser stumpfen Endkanten seyn. Die so bestimmte Lage der
durch p und p gehenden Ebene ist nun eben die der supponirten Fläche,
deren Neigung gegen die Axe der Säule in Fig. 6. die Linie ae ausdrückt,
und welche das angenommene Verhältnifs En:Ec=3:35 als Einheit
fordert *). Gleicherweise kann man durch zwei Kanten ın und m (Fig. 2.),
die beide unter scharfen ebnen Winkeln mit der Seitenkante A zusammen-
stofsen, eine Ebne legen, so ist dies die Schief-Endfläche, parallel der
‚vorigen, abermals coincidirend mit der Lage der supponirten Schief- End-
Näche; m und m sind die scharfen Endkanten, welche dieselbe mit den
Seitenflächen f bildet, und rn sind Abstumpfungsflächen dieser scharfen End-
kanten. Unsere Annahme supponirt also ‘in der That nichts als wirklich,
was nicht in dem Gegebenen selbst schon läge, und scheint daher aufs beste
gerechtfertigt. j r
Eine allgemeinere Bemerkung können wir bei dieser Gelegenheit er-
läutern. Die Flächen ! und rn also gehören in eine und dieselbe Kanten-
zone des Systems (deren Axe parallel ist der erwähnten: Endkante p oder
“m), jene als Abstumpfungsflächen der stumpfen Endkante (oder in der
stumpfen Hälfte der Kantenzone), diese der scharfen (oder in die scharfe
Hälfte der Zone gehörig), An dem ebnen Winkel nun, welchen eine
Fläche, wie l oder n, auf der Seitenfläche der Säule mit der Seitenkante
bildet, auf welche die Schief-Endflächen des Systems aufgesetzt sind, je
nachdem nämlich dieser ebne Winkel scharf oder stumpf ist, wird so-
gleich kenntlich, ob die gegebene Fläche Abstumpfung der scharfen oder der
stumpfen Endkante ist, welche diejenige Schief-Endfläche, die die Seitenflächen
in der nämlichen Linie schneidet, wie die gegebene Fläche, mit den Seitenflächen
bildet; ein Umstand, der für die Beurtheilung von Krystallen solcher System& |
das Auge schärft, und von der leichtesten und vielfältigsten Anwendbarkeit ist.
Die Deduction der Ausdrücke für die Flächen Z! und x in unsern
Dimensionen a, 5b und c ist sehr leicht. Wir schreiben die Seitenfläche f
®) Auch nach den Haüy’schen Decrescenz-Annahmen für 7, n und f kann man die durch die Kan.
ten.p, p oder m,.m (Fig. ı und 2.) gelegte Ebne in Fig. 6. durch ze gelegt sich vorstellen,
und der Punkt e ie! eben so, wie nach der unsrigen, die Mitte von AE. Wenn aber nach
le An:En= m + v3: 4=V’5 wurde, so wird der Werth vnce=en= Sn - =
Ban, +V5= vs und somit das Verhältnifs >
&
“c: ErtAn=V522:4-V3: + VS statt 1:5:5,
Cce
204 Woeilfs
(73757), und die durch p,p (Fig. 1.) gelegteSchief-Endfläche [77°:= 3];
so ist der Ausdruck der Liniep = (a5 b-+ c), und der Linie z, welche
parallel ist der Linie aE (Fig. 6.) nach der Voraussetzung = (a5 5c+ 0.b).
Der Fläche I, in welcher die Linien p und z beide liegen, kommen also,
wenn wir sie gleichfalls durch ıa legen, in der Fig. g. vorgestellten Ebne
der Dimensionen 5 und c die Punkte P und Ezu, wenn C der Mittelpunkt der
Construction, c=bP=c,Cb=eP=b, CE=;5c, und P der
durch (b-+ c) ausgedrückte Endpunkt der Kante p in der Dimensionsebne
be ist. Dann ist klar, dafs der Fläche lin der Richtung Cb, d. i. ind
der Werth CB zukommt; und CB:eP=CE:Ce=5c .6—ı)eo=
5:4; daher CB= $eP = $b. Also ist die Fläche 1 = =
GE.
Für die Fläche n (Fig. 2.) ist gegeben die Linie ın 'oder die ihr
parallele (d; b’ +c), und die Linie q parallel der Linie AE (Fig. 6.),
nach der Voraussetzung = (ad; 3c+0.b). Wir legen die Fläche rn eben-
falls durch ı@', so gehören ihr in der Ebne der Dimensionen b und < (Fig. 8.)
die Punkte E’ und P’ an, so dafs CE’ = 5Ce = 35c, und Ce=—ce =
d, und eP =cb=b. So kommt der Fläche rn in der Richtung Cb, di
in der Dimension. der Werth CB’ zu, wenn ihr in c, CE, d.i. 5c, und
in a’ die Einheit zukommt. Aber CB: P= CE:Ee— ze: (54 1)c
= 3:4; also cB= 2eP’ = 45; folglich ist der Ausdruck der Fläche
n = Fin: = Biere) -
Ich begnüge mich jetzt unter genäherten Annahmen der Grundver-
hältnisse in ‘den drei unter einander rechtwinklichen Dimensionen den Grad
von Uebereinstimmung nachzuweisen, der zwischen dieser Theorie des Gips-
"Systems und den Haüy’schen -Winkelangaben Statt findet. Auf eine sehr
genaue Bestimmung der Winkel am Gips, und somit der Grundverhältnisse
in den drei unter einander senkrechten Dimensionen für ihn mufs man vor
der Hand noch Verzicht leisten; die scharf mefsbaren Krystalle gehören
bei ihm zu den Seltenheiten; die mechanische Biegsamkeit seiner Masse
legt ein grolses Hindernis der strengen Erhaltung der krystallinischen Ehnen
in den Weg, und giebt der Störung einen grölsern Spielraum, welche das
krystallinische Gesetz sogar bei der Bildung des Krystalles schön in der Be-
grenzung der Masse durch gleichzeitig wirkende und ablenkende physisch-
mechanische Kräfte andrer Art erleiden konnte, - wie vielmehr späterhin,
namentlich schon bei nicht vollkommner Sorgfalt während des Herausneh
v
über das) Krystailsystem des Gipses. 205
mens der Krystalle aus der natürlichen Lagerstätte. Dazu die verhältnifs-
mäfsig leichte Auflöslichkeit im Wasser, und der grofse Wassergehalt selbst,
welche Umstände einerseits eine schnellere und minder ruhige Bildung be-
günstigen, andrerseits grölsere Veränderlichkeit der Masse in Bezug auf Vo-
lumen, Dehnungen und Zusammenziehungen seit der ersten Bildung zulas-
sen. Endlich die so gemeine Verwickelung der Zwillingsbildungen beim
Gips *), welche an den Grenzen der Individuen immer störend zu wirken
‚pflegt. Der Einflufs des einen Individuums auf die Masse, welche im Be-
griff ist, als Fortsetzung des zweiten Individuums sich abzusetzen und des-
sen Gesetz gemäls sich zu begrenzen, bewirkt nämlich an der Zwillings-
grenze gern ganz eigenthümliche Störungen, die man oft für Begrenzung mit
neuen ungewöhnlichen Krystallflächen halten könnte, und die gar nicht
unter dem Bildungsgesetz eines und desselben Individuums stehen, sondern
nur als Störungen desselben durch mechanisch-physische Einwirkung des
andern zu betrachten sind,
Der Einfachheit und Leichtigkeit halber setzen wir zur beliebigen
schärferen Vergleichung mit genaueren Messungen einstweilen das Grund- -
‘verhältnils der drei unter sich rechtwinklichen Dimensionen a:b:c =
V4#:10:1
Dies giebt für's erste den Neigungswinkel der Flächen f als Seiten-
flächen der Säule gegen einander zu 110° 3412”, kaum verschieden von
der Haüy’schen Angabe 110° 36’ 34; letztere beruht auf der Annahme des
Verhältnisses der Diagonalen dieser Säule wie 9 : ı5, anstatt der obigen
vı8:ıo=yYı2:5.
Der Ausdruck der Flächen f ist sonach für uns [a:h:»c]; der der
Fläche des vollkommensten blättrigen Bruches P = [b:»a: »e], d. i. P
ist senkrecht auf unsrer Dimension 5b, so wie die Haüysche Fläche M
(Fig. 5.) unser oder senkrecht auf der Dimension a ist, jenes
“ die grade Abstumpfungsfläche der scharfen, dieses der stumpfen Seiten-
kante der Säule f. Die Fläche ist parallel unserm zweiten
blättrigen Bruch. _ =
Denken wir uns die supponirte Schief-Endfläche des Systems =
Bre: sb], durch die Kanten p, p (Fig. ı.) gelegt, wie ABCD (Fig. 7.)
oder abdb' (Fig. 5.), so würde sie gegen die Axe der Säule f geneigt
*) Hierüber unten ein mehreres.
206 IERETUAFN S*. MR
v4
seyn unter dem Verhältnifs sin : cos = Vs : a unter 819 47’ in",
also mit der stumpfen Seitenkante der Säule f oder deren Abstumpfungs-
fläche Mm ( FR: 5.), auf welche. sie gerad aufgesetzt wäre, einen Bern
von 98° ı2 "49" bilden.
Anstatt dieser (primären) Schief-Endfläche des Systems hätten wir
die Fläche unsers dritten blättrigen Bruchs oder die Haüy’sche Fläche T,
ee i. die gerade Abstumpfungsfläche der Kante q (Fig. 2.), als unser
oder als die Fläche mit dreifachem Cosinus (bei gleichem Si-
Re" von der vorigen in Bezug auf ihre Neigung gegen die Axe, und zwar
auf der entgegengesetzten Seite des Endes von der vorigen; ihre Nei-
gung gegen die Axe abe sin: coo—=y43:3=4:Y3;7 dies giebt für
diese Neigung 66° 35° ı2',4 und als Complement die Srane ne T gegen
M oder gegen die stumpfe ug der Säule f, 113° 24 47" ‚6, statt
der Haüy’schen Angabe 115° TR:
Die Fläche unsers vierten blättrigen Bruchs oder’ die durch AA
(Fig. 4.) oder aE (Fig. 6.) gehende Fläche, d.i. die gerade Abstumpfungs-
fläche der von den Flächen Z, 2 (Fig. 1—3-) gebildeten schief laufenden
Endkante z wäre unser [a: 5°: b], ihre Neigung gegen die Axe der Säule f
(4. i . gegen une Dimension c) hätte sin : cos = 48:5, und betrüge
also 54° 10 56',95 mithin ihre Neigung gegen IM, “welche nach Haüy
126° 52 11,6 seyn würde, betrüge nur 125° 49 3 ,ı, also einen vollen
Grad weniger, was die stärkste Abweichung von den Haüy’schen Winkel-
angaben seyn würde, Der Winkel aEA’ (Fig. 6. », welchen Haüy genau
zu 120° annahm, würde seyn 66° 35’ 12",4+ 5 10 56,9 120° 469° v3;
überhaupt. also die Winkel des Sechsecks we E or a (Fig: 6.) 113° @4 47”,6,
125° 49 3,ı und ı20° 46' 9", 3 staut 115° 7° 48, 126° 52’ 12" und ı8o0°,
Die Neigung der Flächen I gegen l,. welche Haüy zu 143° 83'20”, »
also nahe 144° Mesh, betrüge 144° 3'31",1; das Zeichen der Flächen
ı= (I: b:e] giebt leicht, dafs für die Hälfte dieser Neigung seyn muls
ae
Ih
sin : cos = ib votre 2-02 =: 143 = 5/73:8Y3.
«) Bemerkenswerth schiene die nahe Beziehung dieses Verhältnisses auf das analoge beim Augit, wo
Ber
2
man zufolge der Haüy’schen Annahmen hata:c=Yı2:ı=
R Neigungswinkels der Schief-Endfläche gegen die Axe wäre beim Gips genau der doppelte von dem
beim Augit, bei gleichem Cosinus, r
2:1; d. i. der Sinus des.
s
+
A
über das Krystallsystem des Gipses. 207
Die Neigung der Flächen nz gegen einander, wenn n = [Fz: 75:7],
'ergiebt sich so, dals für ihre Hälfte
ac
Frozen vi = 8V39 :
dies giebt 2.(69° 50 36,85) = 159° 41’ ı53",75 nach Haüy 138° sh 56"
oder nahe 139°; im’ allgemeinen eine so grofse Uebereinstimmung, dafs un-
ter solchen Umständen die Haüy’schen Messungen gewifs nicht als Einwurf
gegen die vorgetragene theoretische Erörterung über den Zusammenhang
des Gipssystems in sich, sondern vielmehr als eine sehr gute Bestätigung
derselben angesehen werden können,
Die Neigung von / gegen f in der Kante p wird 129° 17’ z1”,75
nach der öfters angewandten Formel,
sin: cos—nabm;c[a?+(ı+n)b?]=#.10V 48.149:48 + $.100= 10y'447:173;
und die Neigung von m’ gegen f in der Kante m wird 120° ıı’ 10” nach
der für sie geltenden Formel |
riet sin z cos = nabm : c[a? + (i—r)b?] = ı0Y 447 : 125:
Daher die Neigmg von l gegen das jenseit der Axe ihr gegenüberliegende
nn‘) = 110° zı’ 18", 05.
> Der stumpfe ebne Winkel auf f, welchen die stumpfe Seitenkante A
mit der an I anliegenden Kante p bildet, wird 94° 41’ 57", der scharfe,
welchen sie mit der an rn anliegenden m bildet, 85° 183"; nach der all-
sin :cos = #b:
. gemeinen Formel sin:cos = Ya’+b?:c = yYı43:ı.
-Ueber die Deduction aller der erwähnten charakteristischen Flächen
des Gipses aus den Prinzipien eines zwei- und eingliedrigen Systems aber
ist aufser dem oben gesagten um so weniger etwas weiter hinzuzufügen nö-
thig, als diese Flächen alle schon bei Feldspath und Epidot vorgekommen
und ihre Deduction dort ein für allemal, die Werthe von a, 5 und c mö-
gen seyn, welche sie wollen, gegeben worden ist,
Indefs hat die Verbindung der Flächen ! mit den Flächen z in der
Endigung der Säule noch eine besondere nicht unberührt zu lassende Merk-
_ würdigkeit, welche grade dieser Verbindung einen eigenthümlichen Cha-
rakter von Symmetrie giebt. Denkt man sich nämlich durch die beiden
Kanten x und x (Fig, 3.), in welchen ! und rn einander schneiden, eine
di von[Fa: ib: ©] gegen ER :Ib: c] Kine von [Eat 3577 2] gegen [Fa © Eb: e].
208 WIÜN-F iS"
Ebne gelegt, so ist diese Ebne parallel der Fläche M (Fig. 3.), d. i. der
Fläche G:=b:»@c]; und daher werden auch die Kanten, welche 2 und n
mit M bilden, den Kanten x und x parallel, oder die Flächen I, n und
M gehören gemeinschaftlich in Eine Zone, deren Axe die Kante x oder x.
ist. Dies ist eine Folge des Verhältnisse $b:c, als beiden Flächen ! und
n, (wie dies aus ihren Zeichen nl und [73 : zb :e] einleuchtet),
gemein. Alle Flächen, denen ein Verhältnißs n. b:c gemeinsam wäre, wür-
den in ihrer Combination die analogen Eigenschaften darbieten, und ich
habe beim Epidot auf diese Eigenschaft für mehrere Reihen- seiner Kry-
stalllächen aufmerksam gemacht. Eine so besondere Symmetrie in der
Combination zweier ganz verschiedener Paare von Endigungsflächen, eines
der vorderen, eines der hinteren Seite des Endes, zu jener Art vierflächi-
ger Zuspitzungen, welche ich nach dem charakteristischen Unterschiede
ihrer Kanten ein-, zwei- und einkantig (pyramis sive terminatio sin-
gulo-bino- -singulo- marginata) nenne, darf gewifs mit Grund als
eine Bestätigung der Richtigkeit der gegebenen relativen Bestimmung der
Werthe von l und n angesehen werden, wo sie so ungesucht gefunden
wird, wie hier. — Es ergiebt sich leicht aus dem obigen die Neigung
rt a bc Te £i
von 1 gegen M, 123° 49 ,29',5;5 sin: NE Vorge —=vV48.29:25;
a bc
onn gegen M, 111° 54 8°; sin: co = —! ———— — Doeank “
v ges ’ 3 2 Vb2-F 160° V48.29: 29:15; von!
gegen n, 124° 16’ 22", 5. ERIEN
Dieselbe innere Symmetrie, welche einer solchen Gombrskiien in-
wohnt, veranlalst auch wieder, dafs die Zeichnung nach einem überaus
einfachen Gesetz entworfen werden kann. Es sey Fig. 5. abdh g’d’ga' das
von den Seitenflächen f und der Endfläche [2:c: = b]lgebildete Hendyo&der
des Gipses im strengeren Sinne des Wortes, nämlich so, dafs die Linie
aa (= dem Doppelten unsrer Dimension a) senkrecht stehe auf ad’ und
da’, welche gleich sind dem Doppelten unsrer Dimension c; es sey i der
Mittelpunkt der oberen Schief-Endfläche abd’b und k der der unteren.
Es werde die durch diese Mittelpunkte gehende Axe der Säule, ik, über
i hinaus verlängert, und auf der Verlängerung ein Stück io genommen —
2Xik=2%xXad. Von o werden die Linien gezogen oa, ob, od, ob,
so ist unsere ein-, zwei- und einkantige Pyramide, gebildet vun den Flä-
chen
über das Krystallsystem des Gipses. 209
- chen und [9% 757] auf der Grundfläche abdb errichtet. Will
man der Zeichnung die Fläche P beifügen, so wird diese nach Belieben so
gelegt durch Punkte, wie r, s, u, t, », dafs immer br:ba=bu:b=
bt:bd u. s. £. (und rs und tv parallel sind mit ad oder bg).
Die Flächen [%3: Fb :c] aber entsprechen an dem Hendyoeder dem
#
Haüyschen Zeichen 2 = D und die Flächen [3:: 3b: c] dem Haüy’schen
Zeichen B = B ach Hin in solchen Fällen bei Haüy gebräuchlichen Be-
5
deutung der Buchstaben D und B, jenes für die stumpfe, dieses für die
scharfe Endkante seines schiefen rhomboidalen Prisma’s, unsers Hendyoeders.
Von der beim Feldspath und den gewöhnlicheren Beispielen des zwei-
und eingliedrigen Systems, wie ee und Augit, so besonders fre-
quenten und merkwürdigen Fläche [2:36 :c ] glaube ich beim Gips, und
zwar an Krvstallen von Oxford BEE EE von Morl bei Halle, Spuren
. gefunden zu haben; ihre Neigung gegen einander würde betragen 157° 36’ 22”,
da für ihre Hälfte seyn würde
f ac 48
sin: cos= ra ee: V48;
die Neigung ihrer schief laufenden Endkante gegen die Axe wäre, wie be-
kannt, gleich der der Schicf-Endfläche des Systems [32:<: = b] selbst.
Sehr zweifelhaft möchte noch die Haüy'sche Bestimmung einer Fläche
u ‚seyn. Sie könnte etwa für die Fläche [52:6 :c], von welcher freilich
sonst weder ein Beispiel vorkommt, noch die Deduction aus den übrigen
Gliedern des Systems nahe liegt, genommen werden, und deren schief-
laufende Endkante würde gegen M geneigt seyn unter gı° 39 47,3; beide
gleichartige Flächen gegen einander aber unter 136° 24, Haüy giebt für
den ersteren Winkel in Beziehung auf sein u an, gı° 59, und für den letz.
teren 138° 5442”. Es ist aber wahrscheinlich, dafs das Verhältnifs #2: c
in dem obigen Ausdruck der Fläche nicht verändert werden darf, da das
Gemeinschaftliche dieses Verhältnisses mit den Flächen ! und n das einzige
ist, was die Haüy'sche Fläche u in ein näheres Verhältnifs mit den übri-
. gen bekannten Flächen des Gipses setzen würde, und eine jede irgend statt-
Phya Klasse 1880 — ıga:. DA4
-
210 Weifs
hafte Abänderung desselben die Neigung der beiden Flächen gegen einan-
der weit stärker verändern würde, als die obige Abweichung des nach der ange-
gebnen Voraussetzung berechneten Winkels von der Haüy'schen Angabe des-
selbep beträgt. Weniger ändern sich die Werthe der Winkel, wenn man
das Verhältnifs 5a:c verändert, z. B. in Aarc oder in ga’:c; die Nei-
gung der unter dieser Voraussetzung von den Flächen u gebildeten: schief-
laufenden Endkante gegen M betrüge im ersteren Fall 92° ı4/, im zweiten
92° 45 16”,3; die Neigung der Flächen gegen einander aber änderte sich
kaum merklich, und stiege im letzteren Fall nur bis 136° 26’.
!
Was die von H. Soret *) beschriebenen neubeobachteten Krystallflä-
chen betrifft, so schränkt sich die Beschreibung grölstentheils auf die leicht
bestimmbären mehreren Flächen in unsrer horizontalen Zone ein, d.i
auf die zwischen f und P, und f und M liegenden. Erstere besonders
zählt H. Soret in grofser Mannigfaltigkeit auf, Unter den von ihm ange-
gebenen würden die mit den Buchstaben A, k und r bezeichneten, sehr
einfachen Gesetzen angehören, namlich ı — [==-7 =]; R = Ts],
r= [B:b:@e]l. Daran würden sich zunächst anschliefsen g = [53 :2b:©c],
i= [52:2b:@e€], = [72:2b:©e] und Y — [92 :2b:€]. Zwischen g und
h würde sich noch einschieben n = [7a:*b:=c], und zwischen h und ;,
e= [32:4b:5c]. Alle diese Flächen liegen zwischen f und P. Auch zwi-
schen f und M scheint Herr S. eine Fläche = beobachtet zu
haben. Eben so einfach würden sich die von H.S. zwischen n und P
beobachteten Flächen an die bekannten anreihen; sein x würde = [}2 : #b ?e]
(vergl. Feldspath und Epidot), sein s = [$2:5b:c] seyn; beide, wie ein-
leuchtet, auch in der Diagonalzone der Fläche des dritten blättrigen Bruchs
= [3:3e:»b], gemeinschaftlich mit n = [ia 4b:e]l. ‚Es hat auch den
Anschein, -als ob H, S. eine Fläche = [? : #5 :<] beobachtet habe; indes
wo die neuen Flächen nicht in solchen Richtungen lagen, dafs sie an der
Haüy' schen primitiven Form als gerade Decrescenzen an den Kanten oder
Ecken angesehen werden konnten, da scheint H. S. ihrer Bestimmung, und
somit den schwierigeren Problemen, welche beim Gips vorkommen, nicht
völlig gewachsen gewesen zu seyn.
*) Annales des Mines, 1817, p. 435 fgg.
ee
über das Krystallsystem des Gipses. 211
Wie in allen Krystallsystemen Stellen vorkommen, wo, von den zu-
fälligen Störungen abgesehen, bestimmte gesetzliche Ründung der Fl.
chen eintritt, und die Anwendung der Elementar- Geometrie ihre Grenze
findet, wo nämlich die allgemeinen Kräfte, welche der geradflächigen Be-
grenzung der Masse unvermeidlich überall entgegenstreben, den krystalli-
nischen überlegen genug sind, um eine stetige Ablenkung von der ge-
radlinigen und geradflächigen Richtung in wahrnehmbarer Gröfse nach gleich-
mäfsigem Gesetz hervorzubringen, welche nur der Gegenstand einer hö-
.heren Geometrie werden kann; wie diese Stellen des Systems z. B. beim
Diamant schon den ersten Hauptgliedern der äufseren Gestaltung am näch-
sten liegen, und gewöhnlich zwar von denselben weit entfernter, aber
nichts destoweniger, u. a. auch bei Quarz und Kalkspath, noch ganz be-
stimmt nachzuweisen sind; so treten sie beim Gips, auch wieder sehr ana-
log mit Augit, aber ungewöhnlich stark und hervorstechend ein in den
Krümmungen, welche, wenn unter den Endigungsflächen der Säule f blofs
die gewöhnlichen Flächen 2, nicht z, vorhanden sind, von 2 aus-über die
schärfe Ecke der Ziuschärfung des Endes y (Fig. 1.) weggehen, und.dieser
Stelle die bekannte linsenartige Rundung geben. Diese Rundung geht
die Richtung der grad angesetzten Endfläche [e:©2:<b],- welche auch im
Bruch vorkommt, durch, und senkt sich jenseits wieder gegen die ‚Seiten-
. flächen der hinteren Seite herab, so dafs sie hier zuweilen stellenweise Kry-
stalllächen mit bestimmterer Lage wohl erkennen und unterscheiden läfst,
zumal in unsrer Kantenzone, wie etwa [= ::5:c], auch wohl in der
vertikalen Zone, wo die mit der Haüy’schen Fläche u in ‚der nächsten
Verwandtschaft stehenden, wie [Be @bj, [32 <:=b] oder auch [7:<:=»5 a:cıeBb]
selbst aufzusuchen wären; u. s. w.
Wenn aber schon zur eigenthümlichen Individualität des Gipssystems
eine ungewöhnlich starke Neigung zur Krümmung seiner Flächen, und
zwar in jener Region ausdrücklich, zu rechnen ist, so wird diese Anlage
zur Krümmung noch besonders erhöht und verstärkt durch die schon er-
. wähnte und so -gewöhnliche Zwillingsverwachsung,
Am häufigsten stehen die Zwillingsbildungen des Gipses unter dem
... Gesetz: dals beide Individuen sowohl den Hauptbruch, als den zweiten
blättrigen Bruch gemein, dagegen den dritten, vierten u. s, f. umgekehrt ge:
Ddea
212 ! u ; L MEI Ki;
gen den zweiten liegen haben. Nächstdem kommt nicht selten auch das
Gesetz vor, dafs beide Individuen aufser dem Hauptbruch den vierten blättri-
.. gen Bruch gemein, und dagegen den zweiten, dritten u, s. f, umgekehrt ge-
gen ihn liegen haben, Vermuthlich auch das, dafs sie den dritten blättrigen
Bruch und den Hauptbruch gemein, und den zweiten, vierten u. s. f£ um-
gekehrt gegen den dritten liegen haben, ’
Oft wiederholt sich auch die Zwillingsverwachsung in einem und demsel-
ben Stück so vielfach, dafs z.B. das zweiteIndividuum kaum eine Lage von merk-
barer Dicke erreicht, sondern schnell einem nach dem nämlichen Zwiliingsge-
setz anwachsenden drittenIndividuum weicht, was dann nichts anders ist als die
Verlängerung des ersten; das dritte weicht eben so wieder einem vierten,
welches die Fortsetzung des zweiten ist; und so ins unbestimmte fort,
Der häufig wiederholte Wechsel der Zwillingsgrenze zweier Individuen aber
stört die gradflächige Begrenzung eines jeden um so stärker, und’ macht
oft sogar die Grenze zwischen beiden undeutlich und äufserlich zweifel-
haft; denn oft hat die ganze Gruppe dor verschlungesstrs Iudliviluca su
sehr das Ansehen eines einzigen Individuums, und die den verschiedenen
Individuen angehörigen Stücke sind keilartig so mannichfaltig wechselnd in
einander gefügt, dafs nur das geübtere Auge den Grenzen folgen kann, oder
nur der Bruch entscheidet, welcher freilich, wenn die Ausdehnung der
Stücke anders die Beobachtung gestattet, immer in den zweierlei Indivi-
duen seine verschiedene Lage zeigt, während der Hauptbruch und selbst
einer der folgenden in beiden Individuen in gemeinsamer, paralleler Rich.
tung liegt.
Es mögen jetzt noch einige Vermuthungen über die Beziehung und
innere Verwandtschaft Platz finden, ‘welche das Grundverhältnifs der drei
ungleichen und unter einander rechtwinklichen Dimensionen beim Gips ge-
gen die bei andern vergleichbaren Gattungen wohl haben möchte, Und
wer sollte nicht die Ueberzeugung hegen, dafs eine solche innere Verwandt-
schaft, ein solcher gegenseitiger Zusammenhang auch zwischen den Grund-
gesetzen der verschiedenen Gattungen existiren müsse; wer nicht die Hoff-
nung, dafs es der Wissenschaft einst gelingen werde, sie zu finden, ob-
gleich bis jetzt kaum einige Lichtstrahlen noch hier das Auge leiten, und
mehr zu fürchten steht, auf falsche Analogien bei einem gewagten Gange
Be Re
über das Krystallsystem des Gipses. 213
in dieser Art Nachforschung‘ zu gerathen, als in wahrer Kenntnifs der
Dinge fortzuschreiten. Was ich hier noch sagen will, bescheidet sich, noch
keinen Anspruch auf Facticität zu haben, liegt aber der bisherigen Beob-
achtung zu nahe, um mit Stillschweigen übergangen werden zu dürfen,
auch wenn es nur den Gegenstand zur Sprache zu bringen, und den Prüf-
stein künftiger Vergleichungen zu schärfen dienen sollte.
Feldspath und Augit sind die beiden Gattungen, mit welchen der
‚Gips verglichen, eine nahe Verbindung der Grundlagen der krystallinischen
Structuren könnte zu verrathen scheinen, so wie jene beiden verglichen
unter sich. Vom Feldspath glaube ich mit vieler Zuverläfsigkeit nachge-
wiesen zu haben *), dafs das Verhältnifs seiner Grunddimensionen sey,
ab=ı:y3jasc=yızıYyz3=V35’+e?:ya; daher azb:c=yız:y39:V 3-
Die Grundverhältnisse der entsprechenden Dimensionen beim Augit
überraschen durch ihre Analogie mit denen beim Feldspath, wenn wir uns
in Bezug auf Aügit streng an die Haüy’schen Angaben halten, die gewils
" bei dieser Gattung grade mit vorzüglicher Genauigkeit gegeben worden sind.
Es wird nämlich für Augit a:b=yYız:yı =yız:2y3 =a:ac
beim Feldspath, Ferner wird für Augta:c=y mM:ı=ey scv=
2b:a beim Feldspath, Dadurch freilich das zusammengesetzte Verhältnis
a:bıc= Vız.ı2: 18: Yıa, etwas verwickelter. Indels ist der obige an-
scheinende Zusammenhang beider Structursysteme doch ausnehmend über-
raschend und merkwürdig,
Nun der Gips. Wir deuteten schon oben in der Anmerkung S. 206.
darauf hin, wie die nur annäherungsweise versuchte Bestimmung der Di-
mensionen bei ihm das Verhältmifs a:c = y48 :ı = 2Yıe: ı darbot,
d,i. = 2a:c beim Augit; und ich habe nur hinzuzufügen, dafs ich, ohne
im mindesten an eine solche Vergleichung mit Augit zu denken, nur durch
“) Mit Vergnügen bemerke ich, dafs auch Herr Mohs in seiner bald mit mehrerem zu erwähnenden
Schrift die Winkel beim Feldspath vollkommen meinen Bestimmungen gemäls angiebt, also auch
die wesentlichen Abweichungen von der Haüy’schen Darstellung anerkennt, wozu ihn gleichfalls
der Begriff der zwei- und eingliedrigen Systeme nöthigt, den er auch aufgenommen hat; wogegen
Herr Mohs sonst in den meisten Fällen sieh von den Haüy’schen Angaben nicht entfernt, aufser
wo Messungen mit dem Reflexions -Goniometer vorhanden, oder von ihm selbst angestellt sind,
214 . a Hedi BR? > :
die Winkel des: Gipses auf dasselbe geleitet wurde.‘ : Aufser allem Zusam-
menhang mit Augit,u. s. f. erschien das Verhältnifs a:6. Erst als ich über
den Winkel der Säule von 110° 50’ reflectirte, welchen Herr Mohs ‚(ohne
dafs er jedoch auf wirklicher Messung zu beruhen scheint); anstatt des
Haüy’schen Winkels von 110° 36, vermuthlich aur um der runderen Zahl
willen, für die Säule des Gipses angiebt, "überraschte mich‘ der Umstand,
dafs dieser Winkel von 110° 30’ so genau mit dem Verhältnis a:b =
Yıs:y2e7r =yıs:5y3 übereinkommt, welches ihn nämlich zu 110° 29 14,4
giebt; jenes Verhältnifs Yız :y'27 aber erinnert an Feldspath und Augit
gleich deutlich. Beim Feldspath ist es das Verhältnifs von Sinus zu Cosi-
nus für die Neigung unsrer bekannten Fläche [;3e:@b] gegen die Axe.
Wenn diese Fläche mit der ihr analogen [a:3c:©b], ‘welche aber beim
Feldspath verschwindet, zusammenträfe, so würden diese beiden die Flä-
chen einer Säule mit jenem, Gipswinkel bilden. Noch anschaulicher aber
möchte die Vergleichung mit dem Augit seyn, weil da Säule mit Säule zu
vergleichen ist. Man denke sich nämlich beim Augit eine Fläche der ho-
rizontalen Zone [22:3b:©<], so ist sie —- (Dis ar [Tasse
also in den Winkeln und deren relativen Lage gegen die Schief-Endflächen
identisch mit der obigen Gipssäule. Auch gehört der Werth
unter die sehr einfaeh aus den Grundgliedern eines Systems abgeleiteten,
und findet sich in der Wirklichkeit, bei zwei- und zweigliedrigen Systemen,
häufig, Für die, welche mehr an die Haüy'sche Betrachtungsweise ge- -
wöhnt sind, will ich nur angeben, dafs es am Augit -eine Fläche mit dem
Haüy’schen Decrescenzzeichen °H°. seyn würde, welche die Säule mit dem ,
obigen Gipswinkel gäbe. Und so hätten wir, den Gips mit dem ui ver-
glichen, a: b (Gips) = 2a : zb (Augit); und a:c(Gip) = PL:
(Augit). Beinahe möchte ich sagen, die Analogie ist allzugrofs, Ba
als dafs man glauben dürfte, dafs sie sich in der Wirklichkeit bewähren
werde; denn sie verwischt beinahe das Bild zweier distincter Systeme.
Indefs ist doch diese ganze Vergleichung um so bedeutender, als es
schon kanz nahe liegt, sie über noch mehrere Gattungen auszudehnen.
Denn was die Hornblendegattung betrifft, so denke man sich am Augit
eine Säule mit den Flächen [a:2b:»c], so bekommt sie Winkel, welche
von denen der Hornblendsäule schwerlich unterscheidbar sind; Yız:y 48
nämlich giebt 124° 47 50; nach Haüy ist der Winkel der Hornblendsäule
en
über das Krystallsystem des Gipses. 215
124° 34 50',8, und a:h=y5: V29; die Lage von a und b aber in Be-
zug auf die Endigung der Säule ist die analoge. Für die Endigung hätte
die Hornblende nach Haüy a :c= y1ı4': ı, immer schon dem Augit-
verhältnis a: c = yYı2: ı sehr nahe; und wirklich ist Haüy selbst auf
die Frage, ob der Unterschied beider auch reel sey, wiederholt geführt
worden. : Aber wenn auch der Unterschied bleibt, so liegt noch das Ver-
hältnißS a :c = yı3 : ı zwischen beiden, welches kein anderes ist, als
das des Feldspathes 5 : c; und dieses Verhältnifs ist es, auf welches die
Messungen des Herrn Nordenskiöld *) an der Hornblende von Pargas und
dem sogenannten Pargasit leiten. So würden also wiederum die Grunddi-
mensionen der Hornblende mit: denen des Feldspathes und des Augites über-
aus nahe verwandt seyn. .
-
Hat aber zwischen der Säule des Augites und der Hornblende eine
so nahe Verwandtschaft in den Grunddimensionen: Statt, so giebt uns der
Topas, wie es scheint, und zwar in seiner ganz gewöhnlichen achtseiti-
gen **) Oäulc, diese beiden Säulcu vereinigt.. Gewils ist es, dafs bei ihm
- beide Säulen streng in dem Verhältnifs von Verdoppelung der einen Di-
mension gegen die andere stehen, welches eben, ob es zwischen Augit-
und Hornblendsäule so der Fall ist, zweifelhaft gelassen werden mufs.
Wie nahe aber die Winkel einander liegen, sieht man schon aus den Haüy'-
schen Angaben, nach welchen der Winkel der stumpferen Säule des Topa-
ses 124° 22’ beträgt, bei der Hornblende 124° 34; Herr Professor Mohs
giebt den Winkel am Topas 124° ıg, Herr Nordenskiöld den an der Horn-
blende 124° 15. Der der wenig geschobnen Topassäule aber ist nach Haüy
86° 55, in übereinstimmender Lage mit dem, welchen er beim Augit zu
87° 42 angiebt. Den letzteren giebt Herr Nordenskiöld zu 87° 55, Herr
Phillips **) im Mittel zu 87° o',;an einem der gemessenen Krystalle sogar
zu 86° 55° an. Dies alles aber, so folgenreich es seyn mag, weiter zu
erörtern, kann hier der Ort nicht seyn.
*) 5. dessen Bidrag till kännedom af Finlands Mineralier och Geognosie;, Stockholm, 1820.
®) Eine solche achtseitige Säule nennen = nach der Verschiedenheit ihrer Kanten: zwei-, vier- und
zweikantig (prisma bino - quaterno - bino - marginatum).
**) Transact. of the Geol, Soc: t, IV.
216 Weiüf:s
Ich habe vielmehr jetzt noch von einer neueren Darstellung der Grund-
eigenschaften des Gipssystems zu sprechen, vön derjenigen, welche Herr
B. C. R, Mohs in Freiberg in seinem sehr schätzbaren, mit grofsem Scharf-
sinn und Fleifs gearbeiteten, gehaltvollen Werke *), S. 3a. gegeben hat,
Auch Herr Mohs nimmt das Gipssystem für ein zwei- und eingliedriges,
und nennt es eben deshalb, wie meine zwei- und eingliedrigen Systeme
überhaupt, hemiprismatisch. Kürzlich: Herr Mohs hat mit anderen
Namen ganz dieselben Abtheilungen und Unterabtheilungen bezeichnet und
für sein System gebraucht, welche ich als die natürlichen der Krystallsy-
steme längst in meinen Vorträgen zur Grundlage gemacht und der Königl.
Akademie bereits im Jahr 1815 vorgelegt habe. Herr Mohs nennt meine
viergliedrigen Systeme pyramidale, meine zwei- und zweigliedrigen pris-
matische, meine zwei- und eingliedrigen hemiprismatische, meine
ein- und eingliedrigen tetartoprismatische. Den Namen tessular be-
hält er für das schon früher so bezeichnete System bei, wie den Namen
rhomboödrisch für das letztere. Zur Unterscheidung des sechsglie-
drigen Systems von dem eigentlich-rhomboearischen wder drei- und drei-
gliedrigen bedient er sich des Namens dirhomboe&drisch, wie ich selbst
früher that, ehe sich nämlich die Ueberzeugung bei mir bildete, dafs das
drei- und dreigliedrige aus dem sechsgliedrigen , "und nicht umgekehrt,
wissenschaftlich abgeleitet ‘werden müsse. Aber ich habe freilich Ursach
mich zu beschweren, dafs Herr Mohs es ganz mit Stillschweigen über-
geht, dafs diese Abtheilungen sämmtlich vorhanden, entwickelt, bezeich-
net waren. Es sind die meinigen; Herr Mohs, dem dies nicht unbekannt
war, hätte sich der Verbindlichkeit nicht überheben sollen, dies auszu.
sprechen.
Warum aber andere Namen? und warum die gewählten? Davon
ist der Grund wohl dieser: Herr Mohs unterschied, wie ich überzeugt bin,
schon ehe ihm meine eben angeführte (neuere) Arbeit bekannt war, vier
Abtheilungen von Krystallsystemen, nämlich jene vier Hauptabtheilungen,
welche auch ich als solche charakterisirt habe; aufser seinem tessularen
und rhomboädrischen System erregen blofs das pyramidale (viergliedrige)
und
*) „Die Charaktere der Klassen, Ordnungen, Geschlechter und Arten, oder Charakteristik ER na-
tarbistorischen Mineral-Systemes, von Friederich Mohs. ‘Dresden, 1820. 8,“
über das Krystallsystem des Gipses. 217
undıprismatische (das letztere als das zwei- und zwei-, zwei- und ein-,
ein- und eingliedrige zusammengenommen),;, Auch erkenne ich in dieser
Uebereinstimmung, nichts lieber, ‚als dafs Hr. Prof. Mohs in seinem Studium
von der Natur geleitet wurde wie ich. Iene vier Abtheilungen übrigens
waren genau dieselben *),. die ich bereits in meinen lateinisch geschriebe-
nen Dissertationen vom ‚Jahr 1809. aufgestellt, und die. beiden letzten nach
dem Quadrat. Octaöder und Oblong-Octacder.als den für sie angenomnienen pri-
‚mitiven Formen benannt hatte; von welchen Dissertationen eine Uebersetzung
durch Hrn, Brochant i im.Journal des Mines vom Jahr 1811 erschien. Die Moh-
© ®); Nur nahm ich damels einige Gattungen; und zwar den Feldspath, Epidot,; Gips, Axinit und
Kupfervitriol von jenen, vier Abtheilungen allen aus, wie ich am Schlufs bemerkte; vergl. Jour-
nal des Mines ı8ı1, Juin, p- 436. An den drei ersteren habe ich nunmehr ausführlich gezeigt,
‘wrie die Darstellung, welche Haüy von ihnen gib, wesentlich geändert werden mufste, um sie
+ in ihre natürliche Stellung zu:bringen, . Vom Axinit, diesem merkwürdigen und seltenen Beispiele
‚eines ein- und eingli edrigen Systems unter den natürlichen Krystallbildungen, will ich bier
kürzlich bemerken, dafs die Haüy’sche Darstellung desselbex ohne die mindeste Abände.
he ‚sich i in unsere Methode sı so übertragen läfst; es sey
arb:c=Yn4: Yas:
VelnEs mögen hiebei die Hatiy'schen Angaben noch Berichtigung bedürfen, welcher Art sie
ol — und ‚schon die Voraussetzung ab ist hier sehr befremdend, — so überrascht gewils
nichtsdestoweniger eine so einfache, an bekannte Beispiele andrer Systeme so vielfältig erinnernde
Lösung'einer Aufgabe, welche dem 'klareren Verständnifs so ganz besonders zu widerstreben schien,
-.: Ja, unter den ‚mancherlei andern von mir am Arinit beobachteten Kryställflächen finden sich ei-
4. nige, wie 3} BE TEE ©)» | a: #b agb: c.} IEE eb} 32; bie], im Sinne der vorigen zu: schrei-
‚ ben) deren Vorhandenseyn die Befriedigung nicht wenig zu vermehren scheint, ‚ welche die obige
an die Hay schen Data mit aller Bizenee sich anschlielsende Deutung des Systems zuläßst,
Flıys. K’asıe, go — gar. \ Ee
PB 0 u
sischen Benennungen nun: pyramidal und prismatisch 2 Wären anfäng-.
lich, wie mir scheint, wohl nur Nothbehelfe; denn freilich ist das Unter-
scheidende beider grofser Abtheilungen durch sie im geringsten nicht aus-
gesprochen; und die Namen umgekehrt gebraucht, passen ‘grade so gut,
als so wie sie von Herrn Mohs gebraucht werden. Weit später aber, als
diese Benennungen von Herrn Mohs gewählt wurden, ja, weit später als
die Erscheinung meiner oben genanntın Abhandlung in den Schriften der
hiesigen Akademie, hat Herr Mohs sich überzeugt, dafs die Unterabthei-
lung, durch welche ich die seinem prismatischen System entsprechende Ab-
theilung in drei zerfällt hatte, eben so richtig, natürlich, und der Wiıs-
senschaft ein Bedürfnils sey. Nachdem er nun in seiner Schule bereits die
obigen Ausdrücke gebraucht hatte, so mufsten die neu zu wählenden den
früheren angepafst werden; und so entstand hemiprismatisch und te-
tartoprismatisch, obgleich diese Ausdrücke nunmehr in der Sache völ-
lig unrichtig geworden sind, und nur darthun, dafs der Name prismatisch
selbst ganz unpassend war. Hätte der Zufall gewollt, dafs Herr Mohs
früher pyramidal genannt hätte, was er priswatisulr uenur, und umgekehrt,
so würden die neuen Namen, analog gebildet, hemipyramidal und te-
'tartopyramidal, wenigstens sachriehtiger ausgefallen seyn; denn aller-
dings die Flächen einer Pyramide, aber nicht eines Prisma, werden bei
den zwei- und eingliedrigen Systemen auf die Hälfte, bei den ein- und ein-
gliedrigen auf das Viertheil reducirt gefunden,
Also, schliefse ich, sind die Mohsischen Benennungen gewils nicht
zu billigen, und gewils keine Verbesserungen statt der meinigen. Damit
aber der Anstofs gehoben werde, welcher dem ausgebreiteteren Gebrauch
der meinigen im Wege stehen konnte, der Zweifel nämlich, wie meine
Begriffe und Ausdrücke in andere Sprachen überzutragen seyen, so habe
ich durch die ungezwungenste Uebertragung derselben ins. Lateinische, siehe
oben die Anmerkung $. 195, 196., gezeigt, wie leicht dies allerwege gesche.
hen kann und wie sicher und bequem jeder andre mit jenen verkettete
krystallographische Begriff sich werde ebenmäfsig übertragen lassen, des-
sen die 'wissenschaftliche Sprache noch bedürfen möchte. Wer übrigens
die lateinischen Ausdrücke den deutschen vorzieht, wird, wenn's ihm bes-
ser dünkt, auch im Deutschen sich jener bedienen können.
z
über das Krystallsystem des Gipses. 219
Ich 'habe vorhin schon von ganzem Herzen das Gehaltvolle des Moh-
sischen Werkes anerkannt, und kann insbesondere nicht ungerühmt lassen,
‚wie viel die Mineralogie den schärferen Härtebestimmungen verdankt, die
in ihm niedergelegt sind, und in welche ich, keinesweges das einzige, al-
lerdings aber das Hauptverdienst der Mohsischen Arbeit setze, obwohl die
‚Untersuchung der verschiedenen Härtegrade, welche eine krystallinische
Substanz in verschiedenen Richtungen (bei vollkommen frischem Zu-
stande) zeigt, darin-nicht zur Sprache kommt; eim Unterschied, der auch
bei unserm ‘Gips deutlich nachzuweisen ist; denn der Gips ist am weich-
sten, ‘wenn man die Fläche seines vollkommen blättrigen Braches ritzt,
und gar merklich härter, ‘wenn man ihn in andern Richtungen versucht.
Der krystallographische Theil des Mohsischen Werkes zeigt, _ wie
im voraus schon zu erwarten war, durchaus den gründlichen Kenner; in-
defs die gewählte Methode hat, meines Bedünkens, bei den zwei- und ein-
gliedrigen Systemen’ zumal, mehr Sonderbares als Zweckmäfsiges oder Na-
türliches. Ilicr worden nämlich (veıgl. Feldspath, Hornblende, Augit, a. a. O.
"8.65, 56.), eben so wie bei den zwei- und zweigliedrigen Systemen, die
dreierlei Neigungswinkel eines Rhomben -Octaeders angegeben, von dessen
Flächen nur die Hälfte vorkommt, wodurch also zwei jener Neigungswin-
kel für die Anwendung unnütz werden. In den genannten Fällen ist es
das Octaöder, welches unsre Rhomboidfläche [2 : #5 : e ] mit der verschwun-
denen gleichartigen [= : $b :c] zusammen bilden würde. Es werden dann
weiter die Winkel einer Säule angegeben, auf welche diese Octaederflächen
gerad aufgesetzt seyn würden, welche nie vorkorumt. Statt des-
sen treten die wirklichen Seitenflächen der Säule in der Beschreibung zu-
rück, und werden nur als dem blättrigen Bruch parallel, in minder na-
hem Zusammenhang, mit der gewählten Grundform aufgeführt. So wenig
schliefst sich das gegebene Bild an die wirkliche Anschauung an; und wäh-
rend die Mehrzahl der angegebenen Winkel nur die Rechnung interessiren
kann, für das, Wirkliche aber wieder zu vergessen ist, so vermilst man,
“was weit anschaulicher gewesen wäre, und für die Fixirung der Anschauung
ein Hauptbedürfnils ist, die Angabe des Winkels, welchen die schief.
‚laufende Endkante (eine der Kanten jenes Octaeders) mit der Seitenkante der
Säule bildet, Ja die Methode, so viel sie überflüssiges enthält — und es
Eez2
"230 TERETITT 8
kam. ü! Verfasser „doch ausdrücklich auf die höchster Kürze u — zeigt.
sieh, so wie sie da ist, doch auch im Wesentlichen noch nicht ausreichend.
Denn man erfährt z. B. beim Feldspath keineswegs, dafs die Richtung un-
sers ersten blättrigen Bruches [a7 c:= h] auf der entgegengesetzten Seite
des Endeszu suchen ist, als derjenigen, wo das bleibende Paar der Octaeder-
flächen, unser [= : #6 : ce] liegt; (meine Schreibart drückt dies durch die Ac-
centuirung und Nichtaccentuirung des a 'so einfach aus). Im Gegentheil
wird die Mohsische Schreibart nur vermuthen lassen, dafs es die gleiche
Be, N
Seite des Endes ist, wo sein — und sein — liegen soll;, der Natur entgegen!
e} 2
Wozu aber überhaupt so grofse Entfremdung von der Anschauung in
der Methode der Darstellung!
Beim Gips nun ıst die Mohsische Darstellung nicht blofs unnatür-
lich, sondern naturwidrig und urrichtig geworden. Hier construirt Herr
Mohs sein: Octaeder eigentlich auf folgende Weise: er geht aus von der
Säule von 110° 50, d. i. von der Haüy’schen f. wur denkt sıch aur diese
"Seitenflächen gerad aufgesetzt Zuspitzungsflächen, so, dafs unser dritter
en Bruch, (welchen er unter 113° 6', statt des Haüy’schen Winkels
113°. 748" gegen die stumpfe Seitenkante geneigt annimmt,) die gerade Ab-
stumpfungsfläche der einen der beiden stumpferen PIETREPUHEREAREENL. seyn
würde; dies giebt eine Zuspitzung mit Zuspitzungskanten von 149° 55 und
135°z2. Aus diesen Zuspitzungsflächen construirt er (nach Hinweglassung der
vorigen Seitenflächen) sein Octa&der, und meint nun: es seyen die Flächen
desselben auf die Hälfte reducirt, und‘ zwar zwei unter einem Winkel von
249° 33° zusammenstolsende, mit den ihnen parallelen, diejenigen, welche,
während die andre Hälfte verschwindet, an der Säule als augitartige Zu-
schärfung der beiden Enden übrig bleiben, Dies stimmt aber mit der Na.
tur ganz und gar nich, Sowohl der von Herrn Mohs angegebenen Lage
des blättrigen Bruches, als der Gesammtheit der von ihm angegebenen Win-
kel' zufolge, müfsten die Haüy’schen Flächen r, nicht etwa Z, gemeint
seyn; diese aber differiren von der Mohsischen Angabe um 10°. Und! sie
sind auf die Seitenflächen der’ Säule keineswegs grad), sondern sehr cha-
rakteristisch schief aufgesetzt, wovon obem mit mehrerem gesprochen
"wurde. Ueberhäupt aber ‚ist es’im’ Charakter der’ zwei- und eingliedrigen
x
über das Krystallsystern des Gipses: 221
‘Systeme, dafs die Flächen der augitartig schief laufenden Zuschärfungen
des Endes schief auf die Seitenflächen der Sänle aufgesetzt sind, vielleicht
durchgängig, mindestens bei weitem am häufigsten. Die Flächen des Moh-
sischen Gips-Octa@ders haben daher gar keine Realität; und die Darstellung
des Gegenstandes ist in dem gegebenen Bilde ganz verfehlt worden; ohne
Zweifel beim Mangel eigner Messungen durch eine einseitige und nicht
mit gehöriger Genauigkeit erwägende Deutung der Haüy’schen An-
gaben *)..
Schon hat aber die Mohsische Beschreibung der Gipskrystallisation
eine noch verderbtere nach sich gezogen. Letztere nimmt nun schon den
Mohsischen Winkel von 149° 35’ als einen wirklichen, dazu die Mohsi-
sche Säule von 110° 30' ebenfalls, fügt aber auch noch eine unter 117° co’
schief laufende Endfläche hinzu, ohne Zweifel statt der unter 113°, deren
nicht gedacht wird: Der Verfasser hat wahrscheinlich durch zu flüchtige
Vergleichung sich verleiten lassen, den Mohsischen Winkel von 149° 33'
für den dem Haüy’schen von 143° 3 entsprechenden zu halten, daer doch
an die Stelle des Haüy’schen von 158° 55’ getreten ist. Er hat überschen,
in wachap Ablangickeit der Winkel von 149° 33 von dem Mohsischen
Winkel von 1139 6’ gesetzt 3st, und nicht bedacht, wie wenig. zu einer
schief laufenden Endfläche des Systems von 113°6’ auch noch eine andre
von 117° 20’ passen würde, die etwa den 17fachen Cosinus der vorigen ha«
ben mülste. So ist eine Verwirrung in dieser neuesten krystallographischen
Darstellung vom Gipse entstanden, die um so abschreckender ist, als sie
eine der gemeinsten, man sollte glauben,. am richtigsten gekannten Fossi-
liengattungen trifft.
Ich erkenne es übrigens mit Dank an, dafs der Verfasser meiner Ar-
beit über die natürlichen Abtheilungen der Krystallsysteme und meiner Be-
©) Dafs nicht etwa zufällige Rechnungs-- oder Druckfehler die Mohsisclien Angaben entstellt ha-
ben, davon habe ich mich durch die Berechnung überzeugt, Die Mobsischen YVVinkel stm.
men alle unter einander ganz richtig ; und wenn ich nur annäherungsweise see a: b:c—
V33.1:: V27:. 1:VB.a ddi.a:b= VYı5:Y2ar und a:c = Yıı; v3 so erhalte
ich. die dreierlei Neigungswinkel des Mohsischen Ootaöders 149° 32.595 1359 zı'; 549 32;.die
* Seitenflächen der: Säule gegen einander zu 110° 29° 14', 45: und. die Neigung der Kante von
249% 33. gegen die stumpfe Seitenkante = 1150 5 56", 5.
22 MWeils über das Krystallsystem des per.
nennungen im Gegensatz der Mohsischen gedenkt; nur mufs man billig fra-
gen, bei dem Lobe, das er, ihnen ertheilt, warum es ihm nöthig geschie-
nen habe, alle. diese Abtheilungen abermals unter andern Namen wieder
aufzuführen!
ee
Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie.
Von Herrn D. K. A. Ruporpur *).
1. Ueber die elektrischen Fische
D. Untersuchung der elektrischen Fische gehört in jeder Hinsicht zu den
interessantesten Aufgaben: der vergleichenden Anatomie, und ich bin daher
sehr erfreut, hier einige diesen Gegenstand betreffende zweifelhafte Punkte
völlig beseitigen zu können.
Zuvörderst sei es mir erlaubt, über die elektrischen Fische aber.
haupt Einiges in naturhistorischer Hinsicht voranschicken zu dürfen.
‚A. Die Zitterrochen. Aristoteles und Plinius sprechen nur
von: Einem Zitterrochen,:vagwn, torpedo. Wilhelm Rondelet hingegen
(Libri de piscibus: marinis. Lugd. 1554. fol. p. 358—63.) spricht de tor-
pedinibus, und hat vier Arten derselben aufgezählt; die: erste Art hat
fünf Augenflecken, ist also die eigentliche Occhiatella: des Salvianus
und der Römer; die zweite hat die fünf schwarzen Flecken ohne den Au-
genrand, und ist offenbar nur Spielart der vorigen; die dritte hat aulser-
ordentlich viele zerstreute, ganz kleine Flecken, und ist gewils eine eigene
Art; die vierte ist ohne Flecken, einfarbig röthlich,. und scheint mir Spiel-
art der dritten Art.
| Willoughby warf die Rondeletschen Arten sämmtlich zusammen;
ihm folgten Linne und dessen Schüler, ja selbst Lacepede zählt nur Ei-
nen Zitterrochen auf. A. Risso (Ichtyologie de Nice. Paris 1810. 8.
®) Vorgelesen den 7. Juni 1821,
224 Rudolphi
p. ı3 sq.) hat hingegen wieder vier Arten aufgeführt: '1) Torpedo vul-
garis, mit den fünf Augenflecken; 2) T. unimaculata, mit einem Au-
genfleck; 5) T. marmorata, mit vielen kleinen Flecken; 4) T. Galvani,
ungelleckt. Man sieht, 'es sind die Rondeletschen Arten mit einer Kleinen
Abweichung, und sie lassen sich wie jene auf zwei Arten zurückführen,
1
Die erste möchte ich nach ihrem allgemeinen italienischen Namen
Torpedo oculata nennen; sie hat bald Fünf grofßse Augenflecken, bald
einen, bald ist der Rand verwischt, so dafs es.nur grolse runde dunkle
Flecken sind, Den Namen T; [vulgaris verdient sie viel ‘weniger: als die
andere, und namentlich soll die Occhiatella nie im adriatischen Meer vor-
kommen, wie mir ein geschickter Naturforscher, der Abbate Chierghin
in Chioggia sagte, der mir auch eine Abbildung einer jungen T. marmo-
yata mit freien Kiemen zeigte, und ich kann bezeugen, dafs ich weder in
Bimini, noch in Ancona je etwas anders als die folgende Art gesehen habe.
Die zweite Art verdient den Namen. T,.marmorata, denn sie ist in
der Regel über den ganzen Rücken mit kleinen dunkeln Fleckchen auf das
dichteste besäet, ist übrigens bald heller, ‘bald dunkler, und ich möchte
die T. Galvani Risso’s, welche ich in Neapel und im. Golfo di Spezia ge-
sehen habe, nur für eine Varietät der T. marmorata halten. PR
Zwei europäische Species haben wir also bestimmt, und ich ‚glaube,
dafs Cuvier, der in seinem Regne Animal (T. 2. p. 134.) nach Risso
xon mehreren Arten spricht, sie auch wohl auf ein Paar zurückführen
wird. MER,
Patrick Russell (Desoription and Figures of two hundred Fishes
collevted at Vizagapatam on the coast of Coromandel. Lond. 1305. fol. _
p: », 2. Tab. 1, 2.) hat zwei neue Arten Temeree und Nalla Temeree,
welche Shaw (General Zoology Vol; V. P.2. p. 316.) Raja maculata und
bicolor nennt. Russell sagt nichts von ihrer elektrischen Eigenschaft,
hat sie also wohl selbst nur abgebildet erhalten, In Schneider’s Sy-
stema Ichthyolegiee Blochiäi’(Berol. 1901. 8. p. 359-)' kommt eine tranke-
barsche Art vor, Raja Timlei, welche vielleicht die erste von Russell
ist; ebendaselbst findet sich auch. noch eine A. Dipterygia aus Tranke-
bar. — ‘Die Torpedo sinus persici, welche Kämpfer in seinem
Zeichhaltigen Werk (Amoenitates exoticae Fasc. 3. p. 509 bis 516.) beschreibt
und obenhin abbildet, läfst sich nicht als Art beurtheilen.
Die
Beobachtungen aus der vergleickenden Anatomie. 225
Die Torpedo capensis, Schneider p. 360., scheint wohl eine
eigene Art zu sein, obgleich John T. Todd (Philos. Transact. 1816. P. r.
p- 120—6,) ihn mit dem europäischen Zitterrochen (allein mit welchem?)
zusammenwirft. Er sagt auch selbst, dafs der Kapsche kleiner sei, und
dafs seine Röhren in dem an sich kleineren Organ gröfser seien; ja viel-
leicht sind selbst, seinen Angaben nach, dort verschiedene Arten zu Hause.
Interessant ist es, dafs wir unter den Ueberresten der V.orwelt auch
einen riesenmälsigen Zitterrochen eigenthümlicher Art finden. Die Abbildung
davon ist in der grolsen Ittiolologia V.eronese (Verona 1796. fol. p. 251.
Tab. 61.) gegeben, und von Serafino Volta, nach seiner Gewohnheit
in den Versteinerungen das jetzt. Lebende wieder zu finden, für den ge-
‘wöhnlichen Zitterrochen erklärt, woran freilich nicht zu denken ist.
B. Der elektrische Rochenhay, Rhinobatus electricus,
welchen Marcgrav (Hist. Brasil. p. 152.) unter dem Namen Puraque aus-
führlich beschrieben und wie es scheint sehr gut abgebildet hat, ward von
Willoughby als ein amerikanischer Zitterrochen aufgeführt; Schneider
hingegen (L c. p. 356. N. z.) hat ihn richtiger zu Rhinobatus gebracht,
und Cuvier (Regne Animal T. 2. p. 135.) ist ihm darin gefolgt, Marc-
grav sagt von diesem Fisch: Caput recens lucet noctu. Caro ejus non co-
meditur, sed si comedatur, asserunt piscalores, per tres horas semifatuos
reddi homines, dein sponte ad se redire. Unius attactus crepitum articu-
lorum manus et brachii causat, qui tamen statim desinit, et si in medio
tangatur, artuum tremorem efhcit.
Er sagt, dafs der Fisch im Flufs Bibiribi gefangen werde, allein
wenn er auch dahineinsteigt, so ist er doch eigentlich gewils ein Fisch des
Meeresufers, wie alle Rochen. Das ist auch mit ein Grund, warum ich die-
selben in den verschiedenen Gegenden für verschieden halte; weil sie näm-
lich die Küste nicht verlassen, während viele andere Fische die Meere selbst
dAurchatzeifen. Diese können daher an vielen Orten vorkommen, jene nicht “
C.. Veber den Tetrodon electricus, von welchem Wilhelm
Paterson (Phil. Tr. 1786. P. 2. p. 382, 3. Tab. 13.) einige Exemplare
zwischen den Korallenriffen der Insel Johanna im indischen Ocean unter
*) Derselbe oder ein ähnlicher Fisch ist von de Laet (Ind, Occid. p. 572.) erwähnt und ungenü-
gend abgebildet, Durch Lichtenstein?’s Gefälligkeit habe ich Gelegenheit gebabt, den in
der Blochschen Sammlung befindlichen Rhinobatus electricus zu-untersuchen, und kann versi-
chern, dafs auch nicht eine Spur von einem electrischen Organ in ihın vorhanden ist,
Phbya Elasıe 1829 — gar. F£
226 De 3
%
12° ı3 südlicher Breite gefunden hat, wissen wir weiter nichts, als dafs
Paterson und seine Begleiter davon elektrische Schläge empfiengen, die
für den sieben Zoll Jangen Fisch bedeutend waren.
‘D, Ueber den ikea Gymnotus electricus, der in ver-
schiedenen Flüssen von Südamerika vorkommt, werde ich nachher ausführ«
lich reden. . Ts
E. Von dem Trichiurus electricus. besitzen wir nur die dürf-,
tige Angabe von J. Nieuhoff (Zee en Lant Reize door West- en Ostin-
dien. Amst. 1682. fol. p. 270.), dafs diejenigen, welche den Fisch tödten
und ausweiden, mit einem kurzen Erstarren befallen werden. Es ist auch
noch nicht einmal ganz äusgemacht, ob dieser sogenannte Trichiurus elec-
tricus wirklich von dem Trichiurus lepturus verschieden sei, den Marc-
grav unter dem Namen Mucu beschreibt, ohne jedoch einer elektrischen
Kraft desselben zu erwähnen. |
F. Von dem Zitterwels, Silurus ser Malapterurus electricus,
der.in mehreren afrikanischen Flüssen vorkommt , OE ich unten ausführ-
Iicher handeln.
G. Bloch citirt bei dem elektrischen Fischen eine Stelle aus At
Journal des Savans (1667. p. gı. ed. 4.) wo aber von der gar nicht hier-
her gehörigen Seeblase oder Physalia die Rede ist. x
H. Marcgrav S. 251. sagt von einer grofsen Mantis, si homi-
nem feriat, aliguem tremorem excitat in toto corpore, non facile autem
alicui nocet, nisi quis manibus premat aut pedibus. Frezier (Relation du
voyage de la mer du sud. Amst. 1717- 8. P- 1. P- 214.) bezieht sich ei-
nerseits auf diese Stelle von Marcgrav, wo' das Thier abgebildet ist, an-
"dererseits aber spricht er von einer kleinen Blase mit Dinte in dem Leibe
des Thiers, welches er Polpo nemt, und vom dem die Chilesen erzäh-
Ten, dafs es die Hand einen Augenblick erstarren macht (engourdit), wenn
man es mit blofsen Händen berührt. Da er die bei Marcgrav abgebilde-
ten Fühlhörner nicht bei diesem Thier gefunden, so sollte man es fast zu
Klug”s neuer Gattung Proscopia (Horae Berolinenses.. Bonn. 1820. fol.
P- 15. sg.) bringen; offenbar findet sich aber hier der Anfang einer Ver-
wechselung jenes Insekts mit einem Dintenfisch oder Polypen, die Vi.
daure (Geogr. natürl. und bürgerl. Geschichte des Königreichs Chile. A.
d. Ital. Hamb. 1782. 8- S. 63- Der Polpo.) und Molina (Storia naturale
del Chili. Ed. 2, p- 175. Pulpo Sepia Hexapus) sorgfältig fortgepflanzt
Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie, 227
haben, indem sie theils von einem gegliederten Körper und sechs Füfsen,
theils von einer Dintenblase reden, also wohl nur Frezier nachschreiben.
Diese Sache bleibt daher ganz dunkel.
I. Treviranus (Biologie V. S. 144.) indem er die elektrischen Thiere
aufzählt, erwähnt eines im Bremischen Museum befindlichen Exemplars
von Aleyonium Bürsa, mit der beigefügten handschriftlichen Bemer-
kung des ehemaligen Besitzers, dafs er bei der Berührung des lebenden
Zoophyts «ine elektrische Erschütterung erhalten habe. Es steht aber sehr
‘zu bezweifeln, ob nicht die Empfindung in ihm durch (ie schnelle Be-
rührung des kalten Gegenstands ‚oder der@leichen entstanden sei: denn nie-
mand sonst hat bei jenem gar nicht seltenen Körper so eiwas empfunden,
ja dieser angebliche Zoophyt scheint sogar dem Pflanzenreich gänzlich .an-
heim zu fallen, wobei noch weniger -daran zu denken ist.
Von den genannten Fischen habe ich hier drei auszuheben, den Zit-
terrochen, :oder die hier in eins zusammenzufassenden Arten der Torpedo,
den Zitteraal, Gymnotus electricus, und den Zitterwels, 'Silurus :electricus,
Ich will zuerst die Organe der erstgenannten beiden Fische nach mei-
nen Untersuchungen beschreiben.
Die .elektrischen Organe des Zitterrochen oder die ehemals soge-
nannten corpora falcata sind leicht zu erkennen. Auf jeder Seite neben
dem Schedel und den Kiemen liegt nämlich ein Körper, der aus mehreren
hundert dicht an einander senkrecht stehenden, ‘oben und unten (die Haut
erreichenden und mit ihr durch Zellstoff fest verbundenen, drei- bis sechs-
seitigen Prismen, oder eben so vielen Voltaischen Säulen besteht, Unter-
sucht man diese frisch, oder bei einem in Weingeist aufbewahrten Exem-
plar, so bildet jedes Prisma eine mit Nerven und Gefälsen umgebene Röhre
' mit dünnhäutigen Wänden, in der eine sehr grofse Menge (nach Hunter
150) dünner, schwer trennbarer, horizontal auf einander geschichteter Plat-
ten oder Scheidewände, mit einer zwischen allen verbreiteten eiweilsarti-
gen Flüssigkeit liegen. Trocknet man hingegen die Säulen künstlich schnell
aus, so sieht man nicht blofs die Platten deutlicher, sondern sie lassen
sich leicht trennen, und scheinen gar keine Röhren zu bilden, indem ih-
nen nur der umhüllende Zellstoff dies Ansehn giebt. Todd (a.a. O,8. ı2ı.)
glaubt, die Röhren seien ganz cylindrisch und sie hätten den Anschein
von Ecken nur als Folge des anhängenden Zellstoffs: dies ist aber gewils
falsch. Girardi nennt sie auch gröfstentheils sechseckig und nur hin'und
Ffe
208 Rüdolphi
wieder fünf- und viereckig. Zu diesen Organen gehen auf jeder Seite drei
starke sich gleich spaltende Nerven, und zwar so, dafs sie horizontal zu
“diesen Röhren eindringen und sie so umflechten, dafs jede Platte ihre Ner-
ven wie ihre Gefälse zu erhalten scheint. An mehreren Punkten lassen
sich auch Verbindungen der Nerven unter einander nachweisen. Alle drei
Hauptäste geben, ehe sie zu dem elektrischen Organ gehen, Zweige zu
den Kiemen, dennoch aber ist der erste derselben bestimmt zum fünften
Paar (par quintum s. divisum), der zweite und dritte zum zehnten Ner-
venpaar (par vagum) zu rechnen, wie auch Cuvier (Legons T. V. p. 268.).
gethan hat, nur dafs er drei Aeste vom Vagus an das Organ gehen läfst,
ohne auf ihre frühere Vereinigung, wie ich, zu sehen. Blumenbach
(Vergl. Anat, $. 819.) ist, ich weifs nicht warum, bei seiner älteren, fal-
schen Angabe geblieben, dafs das fünfte Nervenpaar allein das elektrische
Organ versorge.e. Mich. Girardi (Saggio di Osservazioni anatomiche in-
torno agli organi elettrici della Torpedine. Mem. di Matematica e Fisica
della Societa italiana T. 5. p. 555— 570. Tab.) nennt die Nerven nur die
elektrischen, sagt aber nicht, welchen menschlichen Nerven sie entsprechen.
Auch J. Hunter (Anatomical Obss. on the Torpedo. Philos. Tr. 1773. P.2.
P-'481— 489. Tabb. 5.) benennt sie nicht, so vortrefflich sonst seine Abhand-
lung ist: Die ältere Schrift von Stef. Lorenzini Osservazioni intorno alle
Torpedini. Firenzo 1678. 4. Tabb. hat für die jetzige Zeit keinen Wezth
mehr. : ;
Es sind noch bessere Abbildungen nothwendig, als die ven Hunter
und Girardi gegebenen, allein obgleich ich mehrere gute Präparate von
Zitterrochen habe, so will mir doch keines ganz. genügen, vorzüglich seit
ich in Rimini gewesen bin. Dort lebt nämlich ein geschickter Arzt,
Luca Frioli, der mir eine Methode zeigte, die elektrischen Organe des
Zitterrochen schnell zu erhärten, wobei die Prismen oder Säulen blofs
aus Querplatten zu bestehen schienen, also ohne die Seitenwände, wegen:
deren man sie Röhren genannt hat. So schön habe ich die Platten durch.
Alkohol nie darstellen können; und noch weniger fruchtet Girardi's Me-
thode, der die Säulen in rotkem Wein macerirte. Frioli Pin seine Ent-
deckung ‚selbst bekannt machen.
Der Zitteraal, Gymnotus electricus, ist von John Hunter
(Am Account of the Gymnotus electricus, Philos. Tr; 1775. P. 2, p. 395.
bis 407. Tabb. 3.) im Ganzen vortrefflich untersucht, obgleich er die fei-
\
ER VO RES NE Non
Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie. 229
nere Nervenvertheilung ‚nicht untersucht hat, worüber ich hier suppliren
werde. Samuel Fahlberg (Beskrifning öfver electriske Alen. Gymnotus
electricus. Kongl. vet. Ac. Nya Handl. ı801. P. 2. p. 128—ı56.) hat später-
hin 'den Fisch, allein sehr obenhin, zergliedert, so dafs er auch den
herumschweifenden Nerven den elektrischen Nerven nennt, welches ganz
falsch ist. Alex. v. Humboldt hat uns die interessantesten naturhistori=
schen und physiologischen Bemerkungen über denselben Fisch mitgetheilt,
und sich dabei mit Recht auf Hunter's Zergliederungen gestützt; vergl.
Obs. sur l’anguille Electrique in Humboldt's Recueil d’Obs. de Zoologie
et d’Anatomie comparee. Vol. I. Paris ı8r1. 4. p- 49 —9e.
Ich habe durch Lichtenstein’s große Güte Gelegenheit gehabt,
ein eben so grolses Exemplar des Zitteraals zu untersuchen, als Hunter
vor sich hatte, und das so wohl erhalten war, dals es die Section sehr
gut gestattete.
Es liegt auf jeder Seite ein obefes gröfseres und ein unteres kleine-
res Organ. Jenes fängt gleich hinter dem Kopf unter den grofsen Rücken-
muskeln an, wo es stumpfrund ist, und läuft gegen das Ende des Schwan-
zes spitz aus; nach dem Rückgrath hin ist es grade oder etwas ausgehölt,
nach aufsen convex; nach: oben in einen scharfen Rand auslaufend, nach
unten ist es ebenfalls verschmachtigt, in der Mitte am stärksten. Es be-
‚steht aus horizontalen etwas über das Dritte] einer Linie von einander ste-
henden, die ganze Länge durchlaufenden Häuten, zwischen denen von in-
nen nach aufsen gerichtete, senkrechte (sie also in graden Winkeln durch-
sehneidende). fest mit ihnen verbundene, sehr dicht an einander stehende
Scheidewände befindlich sind, in deren geringen Zwischenräumen Wasser
ist. Unter diesem grolsen liegt ein: ganz ähnliches kleineres und noch fei-
ner getheiltes Organ, das, wo. es an dasselbe gränzt, nur durch eine etwas
dickere Horizontalwand getheilt ist, während hingegen an den äufseren
Seiten des ‚Fisches die Organe auseinander weichen, um einer Muskellage
Raum zu geben. Vom Anfang desselben. bis zu ihrem Ende gehen die In-
tercostalnerven, in dem vor mir liegenden Exemplar, auf jeder Seite 294
an der Zahl, an der innern Seite der Organe hinab, zertheilen sich gleich
sehr fein, und gehen in alle Lagen desselben, so dafs sich ihre Zweige
von oben nach unten ausbreiten, und unter einander zusammenmünden;
die feinsten Enden des Intercostalnerven jedoch unter dem kleinen Organ.
250 | Rudölpr et Sm
an die Haut des Fisches gehen, und hier äufserst feine, die ganze Länge
desselben bekleidende ununterbrochene Netze bilden: |
Von dem dritten Ast des fünften Paars geht ein grofser Zweig, der
durch einen kleineren vom Vagus verstärkt wird, nach hinten, und zwar
nahe und parallel dem Rückgrath von vorne bis ganz zum Schwanzende,
vor welchem er sich theilt, und so fein wird, dafs ich sein-letztes Ende
nicht habe entdecken können. Dieser Nerve läuft unmittelbar über jene
Intercostalnerven fort, und kreuzt sie im rechten Winkel, ohne sich je-
doch irgendwo mit ihnen zu verbinden, sondern er vertheilt sich ganz in
die Rückenmuskeln. Dies ist der Nerve, den Hunter für den Vagus an-
sah, und den Fahlberg mit Unrecht für den elektrischen Nerven hielt,
dahingegen Hunter :die Intercostalnerven als die des elektrischen en
richtig beschrieb. %
Vergleicht man die Organe der Zitterrochen und des Zitteraals, so
möchte man jene leichter mit Voltaischen Säulen, diese leichter mit ei-
nem Trogapparat vergleichen. In der Hauptsache kommen sie ganz über-
ein. Ein anngeheurer Nervenreichthum ist an gefälsreiche Platten verwen-
det, zwischen ‘denen eine seröse Flüssigkeit ist. Betrachtet mian die gan-
zen Thiere, so miksen natürlich die viel gröfseren Organe „des Zitteraals
mehr Kraft ausüben können; nach Humboldt können sogar ein Paar der-
selben ein Pferd tödten. Dagegen sind die Zitterrochen von unbedeutender
Kraft. Nimmt man aber so viel von den Organen des Zitteraals, als die
des Zitterrochen ausmachen, so möchte ich glauben, dafs diese gleich
grofse Parthie beim Zitterrochen nervenreicher ist. i
Von dem Zitterwels (Silurus electricus) läfst sich wenig mit Be-
stimmtheit sagen. Adanson beobachtet2 ihn ‚zuerst im Senegal-Fluls und
beschrieb diesen poisson trembleur (Hist. nat. du Senegal. Paris 1757: 4.
p- 154.) mur selir obenhin. Forskahl (Descriptiones animalium, quae
itinere ‚orientali observavit. Havn. 1775. 4. p. 15: n. 14.) fand ihn im Nil,
und verwechselte ihn mit dem Zitterrochen, worüber er als ein junger Na-
turforscher, der auf der Reise ohne gelehrte Hülfsmittel war, wohl Ent-
schuldigung verdient. Nachher beschrieb ihn Broussonet (Memoire sur
le trembleur, .espece peu connue de poisson £lectrique. 'Mem. de I’Ac. des
Sc. de Paris pour 1-82. p. 692— 98. Tab. 17.) als einen Wels, und fügte
folgendes über sein electrisches Organ hinzu. Forskahl dit que ses eflets
electriques n’etoient sensibles que vers la queue; la peau qui recouyre cette
.
.
Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie. 231
partie nous a paru beaucoup plus epaisse que celle du reste du corps, et
nous y avons bien distingu€ un tissu particulier, blanchätre et fibreux
que nous avons pris pour les batteries du poisson,
E. Geoffroy (Mem. sur l’anatomie comparee des organes £lectri-
ques de la Raie torpille, du Gymnotus engourdissant et du Silure trem-
bleur. Annales du Musce d’Hist. Nat. T. ı. p- 392—407. Tab. 26. Fig. 4.)
läfst hingegen das Organ unter der ganzen Haut des Fisches liegen und
aus sich kreuzenden Fibern bestehen, zu denen der Nerve der Seitenlinie,
der Vagus, sich begeben soll. Die Figur desselben ist aber so roh, dals
man darin keinen Nerven erkennen kann. In dem grofsen Werk über Aegyp-
ten (Zoologie. Poissons. Tab. 12. Malapterurus electricus.) ist das elektri-
sche Organ eben so ungenügend dargestellt, und die Figur von der obigen
nicht verschieden. Cuvier (Regne Animal T. o. p- 208.) sagt: Il paroit,
que le siege de cette faculte electrique est un tissu particulier, situe entre
la peau et ses muscles, et qwi prösente l’apparence d’un tissu cellulaire
graisseux (2). abondamment pouryu de nerfs. Tuckey (Relation d’une
. expedition au Zaire T. 2. p. 261.) erwähnt des Fisches nur obenhin. An-
dere Nachrichten kenne ich nicht. Im Silurus Glanis, unserm gemei-
nen, grolsen Wels, sehe ich wohl den Vagus zur Seitenlinie gehen, allein
kein Netzwerk von Fasern unter der Haut.
Ich lebe der Hoffnung, dafs unsere braven Reisenden in Aegypten,
D. Ehrenberg und Hemprich, ‘uns bald mit Exemplaren vom Zitterwels
versehen werden, wo dann die Sache leicht abgemacht sein wird.
Erklärung der Kupfertafeln.
Tafel ı. Der Zitteraal, Gymnotns electricus. (In natürlicher
Gröfse.)
a. Ein Zweig vom dritten Aste des fünften Paars, der bei
b. von einem Zweig des Vagus verstärkt wird, und bis
©. ungetheilt über die Intercostalnerven hinabläuft, wo er sich
spaltet. Dieser Nerve geht blols in die Rückenmuskeln.
252
Rudolphi AERO REN
d. d. d. d. Intercostalnerven, die den elektrischen Organen vorzüg-
lich angehören.
e. e. e. Das grolse elektrische Organ,
f. f, Das kleine; von g. an von den Muskeln bedeckt.
h. h. Stelle, wo die Intercostalnerven präparirt sind, wie sie an
die elektrischen Organe gehen. 4
Tafel. Derselbe Theil des Zitteraals, wo auf der vorigen Ta-
fel die Nerven des elektrischen Organs präparirt waren
2.
(In natürlicher Gröfse. )
a. Der grolse vom fünften und zehnten Paar zusammengesetzte Nerve.
b. Intercostalnerven.
c. c. Zweige derselben, wie sie durch die Lagen des grofsen elek-
tsischen Organs dringen.
e. e. Zwei Fortsetzungen derselben, welche über die Muskelschicht
(f£.) zur Haut laufen.
d. Letzte Enden derselben, welche in der Haut (k.) Netze bilden.
£ £. Muskelschicht, welche einen Theil des grofsen elektrischen Or-
gans.bedeckt,
g. . Grolses elektrisches Organ. -
h, Kleines elektrisches Organ, von einer Müskalschicht bedeckt. |
i. i. i. Platten oder Lagen des grolsen elektrischen Organs,
k. Zurückgeschlagene Haut.
Ueber den sogenannten Giftsporn des männlichen Schna-
belthiers. Ornithorhynchus paradozxus.
Da ich kürzlich durch die Güte des Herrn Inspector’s Otto ein in
Weingeist sehr wohl erhaltenes männliches Schnabelthier aus England zu erhal-
ten,
.
Beobachtungen aus üer vergleichenden Anatomie. 255
ten, das Glück hatte, war mir nichts angelegener, als den sogenannten
Giftsporn zu untersuchen, da ich früher bei einem trockenen Exemplar
nichts darüber ‚ausmachen konnte. Ich lasse die Anatomie vorangehen.
Auf dem Fersenbein hart am Schienbein sitzt der Sporn in einer fe-
sten sehnigen Masse (Taf. 3. Fig. ı, 4 und 5.a.a.) die von ein Paar starken
Sehnen bewegt wird, so dafs er dadurch und durch die des
Fufses überhaupt mit Gewalt einwirken kann.
Zu äufserst hat der Sporn eine gelb und schwarzgesprenkelte Horn-
scheide (Fig. 2.), welche unter der Spitze auf der convexen Seite eine längliche
Spalte zeigt. Dies Horn war an beiden Seiten etwas spröde, auch sitzt
die Scheide nicht sehr fest, sondern bei einigem Drehen, zieht man sie
leicht aus der sehnigen. Masse hervor.
Nach abgezogener Hornscheide kommt ein Knochenzapfen (Fig. 1, b,)
jedoch nur theilweise zu Gesicht, denn sein unterer Theil ist von einer
eigenen weilsen festen sehnigen Scheide (Fig. ı. c. c Fig. 4 und 5. b.b.)
fest umschlossen. ;
Spaltet man diese sehnige Scheide, so kommt der ganze Knochen-
zapfen (Fig. 5.) zum Vorschein, den man auch bei einigem Drehen leicht
ganz herausziehen kann. Er ist hohl und diese Höhle verläuft bis dicht
unter seine Spitze, wo man an der äufseren convexen Seite eine feine
Spalte bemerkt, und man kann aush leicht durch die Höhle ein feines
Haar zur Spalte hinaus führen. Ueberdies ist aber der ganze Rand der
Basis dieses Kinochenzapfens mit sechszehn ‚dicht aneinanderstehenden Lö-
chern durchbohrt, welche in kleine Kanäle dringen, die aber nur in den
Wänden des Zäpfens bleiben, und (bei a. a. Fig. 6.) darin aufhören.
In der Mittelhöhle des Knochenzapfens steckt eine feste selinige
Röhre Fig. 4. c. welche in Fig. 5. c. d. aufgeschnitten ist. An ihrer Basis,
wo sie in der gemeinschaftlichen sehnigen Masse steckt, ist sie geschlos-
sen, zeigt aber sonst eine unten rundliche Höhle, die nach oben sehr fein
ausläuft, An beiden Füfsen war sie durchaus leer, und ihre innere Fläche
Phys. Klasse, 1820 — ıg2:. G g
234. De Rudolphi Be
ist völlig glatt. Um sie stehn sechzehn ähnliche nur A so. kurze
Theile, welche aber ihrer Feinheit ungeachtet fest nnd sehnig erscheinen»
und in die Randlöcher der Knochenzapfen eindringen. Sie scheinen hohl,
doch habe ich es nicht mit voller Bestimmtheit sehen können.
Dies ist die Beschreibung jenes merkwürdigen Theils, so weit ich
ihn bei der möglichst genauen und wiederholten Untersuchung kennen ge-
lernt habe, und wenn Blainville (Bulletin de-la Soc. Philom. 1817:
p- 82— 84. Tab.) die Löcher am Rande des Zapfens, die Nebenröhren und
manches Andere, das ich hier bemerkt, nicht gesehen hat, so lag es ohne
Frage nur daran, dafs er sich mit einem getrockneten Exemplar behelfen
mudßste,
Man kam auf die Idee, diesen Theil für giftig zu halten, dadurch:
dafs ein Mann, der einen in Neuholland angeschossenen aber nicht getöd-
teten Ornithorhynchus aufheben wollte, von diesem einen Hieb mit dem
Sporn in den Arm erhielt, und nun hald das Glied anschwoll, und sich’
alle Zeichen äufserten, wie sie nach dem Bils von giftigen Schlangen ent-
stehen; sie wichen der äufsern Anwendung des Oels, und der innern des
flüchtigen Laugensalzes; der Mann empfand aber lange einen stechenden
Schmerz, und es verging mehr als ein- Monat, - ehe er seinen Arm wieder
gebrauchen konnte. Wie man den Sporn untersuchte, fand man ihn hohl],
und indem man ihn zusammendrückte, drückte man, wie man sagte, das
Gift aus. 3
Dies ist die in der Linne'ischen Gesellschaft in London den ı8. März
1817 mitgetheilte Geschichte, die Blainville wiedergiebt, und die ihn
zu seiner Untersuchung führte, aus welcher er wegen der hohlen Röhre
im Knochenzapfen, und der äufsern Oellnung an diesem und der Horn-
o°
scheide auf einen wirklichen Giftapparat schlols. ur
Was jene Geschichte betrifft, so ist wohl sehr wenig darauf zu ge-
ben, wenn man daraus auf die giftige Beschaffenheit des Sporns schliefsen
soll. Denn dafs der Mann lange einen stechenden Schmerz behielt, und
einen Monat hindurch den Arm nicht brauchen konnte, palst nicht auf
—
Beobachtungen aus der vergleichenden Anatomie. 255
die Wunde von einer "Schlange, gegen welche gleich Ammonium ange-:
“ bracht wird, sondern vielmehr auf eine Stichwunde, die in.die Tiefe geht.
Ueberhaupt sagt aber 5o eine einzelne Geschichte nichts, weil manche Men-
schen, wie man sagt, eine schlechte Haut zum heilen haben, und oft auf
eine geringfügige Verletzung Monate lang leiden. Dafs man durch Drük-
ken auf den Sporn Gift ausgedrückt haben will, ist lächerlich, denn was
kann man hier zusammendrücken?
Dagegen bedenke man erstlich, dafs dieser Sporn nur bei den
Männchen vorkommt, wovon wir bei den giftigen Thieren kein einziges
Beispiel haben, denn bei ihnen sind stets beide Geschlechter mit demsel-
ben Gift versehen: "während hirıgegen bei den Vögeln, denen das Schna-
belthier so nahe steht, ein Sporn häufig bei den Männchen allein vor-
kommt.
Zweitens ist es gegen alle Analogie, dafs ein giftiger Theil mit
solcher Kraft ausgerüstet ist. Denn der Sporn des Schnabelthiers wird
durch starke Sehnen bewegt, Dagegen ist der Sporn bei den Vögeln
auch von sehniger Masse an der Basis und äufserlich von Horn umgeben
und ist mit der Fufswurzel verwachsen oder ein Vorsprung derselben
Knochen, so dals er als starke Waffe dient. Es fehlt noch eine Untersu-
chung über seine erste Bildung.
Drittens ist die Röhre, welche in dem Knochenzapfen sitzt, glatt
und sehnig, und ohne Spur eines absondernden Organs, auch sind sechs-
zehn ähnliche Sehnen im Knochen selbst. _Das Ganze scheint also ein Ap-
parat zur Befestigung, des Knochenzapfens.
Dagegen aber weils ich nichts darüber zu sagen, warum die Horn-
scheide und der Knochenzapfen an der Spitze durchbohrt sind, ob vielleicht
Wasser eintritt, oder ob hier etwas aus dem Sporn austritt. Wäre das
letztere, so würde man der Analogie nach auf einen giftigen Stoff zu
schliefsen haben, so sehr auch die oben von mir beigebrachten Gründe da-
gegen zu sprechen scheinen.
Gg2
236 Rudolphi Beobachtungen aus der vergl. Anatomie.
Ich will daher das Schnabelthier nicht von allem Verdacht gerei-
nigt darstellen, allein so schuldig darf es uns zur Zeit wenigstens, nicht
erscheinen, als es jetzt gewöhnlich angegeben wird,
Die _ dritte Kupfertafel ist im Vorigen schon bielänglich er-
klärt, so dafs es keiner besonderen Auseinandersetzung derselben bedarf.
Die
Werke von Marcgrave und Piso
über‘
die Naturgeschichte Brasiliens,
e \ erläutert
aus den wieder aufgefundenen Original- Abbildungen.
(Fortsetzung.)
N)
Von Herrn/ Lic#tenstein *). |
A
II. Amphibien.
D.. Bemühungen der Gelehrten im Fache der Naturgeschichte sind dop-
pelter Art, indem sie theils in unmittelbarer Wahrnehmung und Beobach-
tung der. innern und äufsern Lebensverhältnisse der Wesen, theils in Er-
kenntnifs und Beschreibung der Gestaltung und den aus derselben zu fin-
denden Sonderungen und: Zusammenstellungen bestehn. Die Beobachter ha-
ben es mit den einzelnen in einem eng begrenzten Gebiet gegebenen Er-
scheinungen ihres bestimmten Gegenstandes zu thun; die Beschreiber nicht
sowohl mit diesem allein an und für sich, als mit seinen Beziehungen auf _
Verwandtes und Entgegengesetztes. Jene, ‚ganz auf die unmittelbare An-
- schauung und Wahrnehmung angewiesen, dürfen sich nicht nur dem An-
sehn aller Ueberlieferungen, im Zweifel an ihre Wahrheit und Richtigkeit -
entziehn, sondern sie haben sogar den Beruf, dies zu thun und ihren Ge-
genstand ganz zu betrachten, wie er sich ihnen bietet; es steht ihnen
- wohl an, ihn zu behandeln, wie wenn sie die Ersten wären, die Kunde
von ihm zu geben hätten und das, was sie an ihm unmittelbar erkannt,
höher zu stellen als Alles, was sie ‚von Andern darüber hätten lernen kön-
” Vorgelesen den 20, Januar 1820,
258 ’ Lichtenstein
nen. Ganz ein andres ist es aber um die, ein weiteres Gebiet umfassen-
den Arbeiten von der beschreibenden und ordnenden Art, die immer um
so mehr auf Ueberlieferungen ruhen müssen, je weniger der Umfang ih-
res Feldes es zuläfst, dafs sie ihren gesammten Stoff in unmittelbarer Er-
kenntnifs finden und aus der Natur selbst schöpfen, und denen, weil sie es
eben meist mit Worten und Namen zu thun haben, die Verpflichtung ob-
liegt, sich in Ausdruck und Benennung an ältere Annahmen anzuschliefsen.
Jenes Vorrecht der Beobachter aber, sich nur an die Natur zu hal-
ten” Und jede andre Autorität zu verschmähen, haben sich ungebührlicher
Weise auch viele Beschreiber angemalst und dadurch ihr ganzes Geschäft
der Achtung verlustig gemacht, in der es billig stehn sollte. Keinen Theil
der Natirhesähreibing trifft dieser Vorwurf mehr, als die Zoologie, in
welcher einzelne Zweige in Hinsicht auf Sprache und Namengebung so ver-
wahrloset sind, dafs sie schon deshalb nicht haben zu einer festen wissen-
schaftlichen Form gelangen können. Die Geschichte solcher Abschnitte stellt
mehr vereinzelte, von einander unabhängige Versuche dar, die Grundzüge
eines Ordnungs-Gebäudes immer auf neue Weise zu liefern, als dafs man
darin eine gleichmäfsige und allmählige Entwickelung durchgreifender Prin-
zipien in folgerechtem Zusammenhang, erkennen könnte. Um diese Be-
hauptung zu rechtfertigen, darf ich zuerst nur auffordern, die Geschichte
andrer Naturwissenschaften mit der der Naturbeschreibung zu vergleichen,
aus welcher Zusammenstellung sich Jedem ergeben wird, dafs in keinem
Fache die gegenseitigen Bezieliungen zufälliger, der innere Zusammenhang
1sckerer und die Annahmen der Gelehrten willkührlicher erscheinen, als
in diesem. Es ist nicht zu leugnen,’ dafs die Ursachen davon zum Theil
in der Natur des Gegenstandes liegen, eben so gewils aber auch, dafs aus
Bequemlichkeit, Dünkel und Mangel an gelehrten Kenntnissen am mehrsten
gesündigt worden. Die Hoffnung, dafs die Beispiele einzelner vorzügli-
cher Männer, wie Pallas, Schneider u, A. zur Anregung eines besseren Gei-
stes hinreichend wirksam sein würden, ist unerfülle geblieben, "und die
neuere Zeit scheint die ältere in Willkührlichkeit der systematischen An-
ordnung und Namengebung um so "unbedenklicher noch zu überbieten, je
mehr sie sich an Beobachtungskunst und physiologischer Forschung ihr über-
legen fühlt und damit sich gerechtfertigt hält, wenn sie die Ausbildung
der formalen Seite als unerheblich betrachtet, und untergeordneten Talel«
ten frei überläfst. Niemand hat sich darüber mehr zu beklagen als die
über die Naturgeschichte Brasiliens. 239
Jünger, die doch von dieser Seite zuerst herangeführt werden sollen; doch
pflegen sie heutiges. Tages nicht sobald den ersten Ueberdrufs verwunden
und sich bis auf einen gewissen Punkt durchgearbeitet zu haben ‚als sie
sich die Meisterschaft zu erringen eilen, indem sie nach dem Beispiele ih-
rer Meister sich in ungezügeltem Schalten auf dem Gebiet der Termino-
logie-and Nomenclatur ergehen.
Diese Betrachtungen dringen sich von zu vielen Seiten auf, als dafs sie
zurückgewiesen werden oder gehässig erscheinen könnten. Sie haben sich mir
in ihrer ganzen Kraft vergegenwärtigt, da ich mich anschickte, den Theil
der ältesten Quellen der südamerikanischen Thierkunde zu erläutern, der
die Amphibien betrifft. Zwar sind beide berühmte Werke, aus denen zu-
erst und am längsten die Kenntnils der brasilischen Fauna geschöpft wurde,
nicht sehr reichhaltig in der genannten Abtheilung, aber das Wenige ist.
sehr vielfach benutzt worden, und die hier gegebnen Namen wenigstens,
sind, wenn gleich in veränderter Bedeutung, in alle Werke über die Am-
phibien übergegangen. Es verhält sich jedoch damit etwas anders, als mit
dem, was für die Naturgeschichte der Säugethiere und Vögel aus ihnen
entlehnt ist.
Diese beiden Thierklassen waren nämlich, zur Zeit, wo Marcgra-
ve’s und Piso’s Werke bekannt wurden, unı vieles besser bearbeitet, als
die Amphibien; namentlich war für die Vögel durch Belon, Wotton,’Al-
drovand und Willughby schon so viel geschehen, dafs Marcgrave’s Ent-
deckungen in den gleich damals erscheinenden ornithologischen Werken an
sehicklichen Orten eingeschaltet werden konnten. Sie zogen die grölste
Aufmerksamkeit auf sich, und die Angaben über sie wurden noch andert-
halb Jahrhunderte lang zu allen umfassendern Werken über die Naturge-
schichte der Vögel benutzt und bald glücklicher, bald fehlerhafter gedeu-
tet, Die Anıphibien aber hatten zu jener Zeit noch keinen abgesonderten
Platz in der Reihe der Thiere gewonnen, sondern, wurden bei den vier-
fülsigen abgehandelt, soweit sie auf diese Benennung Anspruch machen
konnten, indessen die Schlangen, wegen ihrer sichtbar nahen Verwandt-
schaft zu den Eidechsen beiläufig diesen anzuhängen im Gebrauch war.
Was nun Marcgrave und Piso hier Neues lieferten, ward zwar mit Be-
gierde zur Erweiterung dieses Abschnitts benutzt und besonders von Ra
in die Synopsis anımalium quadrupedum etc. im Auszug aufgenommen, aber
ohne sonderlichen Erfolg für die Wissenschaft, indem die Kenntnils von
240 Lichtenstein i
diesen Thieren noch zu unvollkommen war, als dafs sie fähig gewesen
wre, diesen Zuwachs gleich mit Erfolg zu verarbeiten. Ja, worifi ei-
gentlich dessen Hauptwerth bestehe, ward so wenig erkannt, dafs man
sich nachmals mehr an die Auszüge von Ray und Jonston als an die Origi-
nale selbst hielt; Linne, der nun zuerst die Amphibien als eigne Klasse
aufstellte, citirt bei denselben den Marcgrave und Piso nur an sechs Stel-
len, Lacepede gerade an eben so vielen, doch für andre Gegenstände, die
folgenden Schriftsteller aber gar nicht weiter, obgleich sie die Marcogravi-
schen Namen fast alle, wenn gleich immer in anderem Sinne, gebrauchen, '
An eine Deutung der Angaben dieser alten Gewährsleute und an eine Fest-
stellung der von ihnen gebrauchten Namen hat sich aber nie jemand ge-
wagt, und in der That bei dem vielfachen Mifsbrauch, der mit diesen
letztern getrieben worden und nun doch nicht mehr ungeschehen zu ma-
chen ist, könnte ein solcher Versuch auch füglich als erfolglos unterblei-
ben, besäfsen wir nicht in den wieder aufgefundenen Original-Gemälden
ein so treflliches Hülfsmittel zu diesem Geschäft, und böten dieselben nicht
so manche überraschende Aufklärung.
Obgleich nun also nach dem wahren Sinn der Angaben von Marc-
grave und Piso nicht viel die Frage gewesen, so sind doch die von ih-
nen niedergeschriebenen brasilischen Namen der Amphibien hauptsächlich
von den Naturalien - Sammlern (z. B. Seba) vielfach in Gebrauch genom-
men und es ist damit eben so ergangen, wie mit denen, welche man von
griechischen und latemischen Naturbeschreibern übernommen, als Seps, Stellio,
Cordylus, Scincus u. s. w., die in so vielfach unterschiednem Sinne ange-
wendet worden, dafs sie wie abgegriffene Münzen fast ganz den Cours
verloren haben und sich kaum noch ausmitteln läfst, was sie ursprünglich
werth gewesen. Wie diese, so sind auch sie in neuerer Zeit dann häufig
zu Gattungsnamen gebraucht, wobei man es für zweckmäfsiger gehalten
zu haben scheint,. einem ungewissen, aber schon nach seinem Klang dem
Ohr der Naturkundigen geläufigen Zeichen den Stempel zu einem bestimm-
ten Nennwerth aufzudrücken, als ein neues vollgültiges, jedoch dem bis-
. herigen ‘Verkehr fremdes auszuprägen.
Was nun die ältesten Entdeckungen in diesem Theil der Zoologie
selbst anlıngt, so sind folgendes zuerst die von Marcgrave genannten, worauf
ich nachher Einiges über die von Piso beschriebenen folgen lassen werde,
Hi-
N
über die Naturgeschichte Brasiliens. 241
Histeria Quadrupedum Lib, VL Cap. XI. p. 236.
Senembi sew Iguana. Es leidet keinen Zweifel, dafs hier der ei-
gentliche Leguan (Lacerta Iguana Lin, — I/guana tuberculata Lanr.) vor-
gestellt werde, ‚obgleich Marcgrave sorgfältig hinzusetzt: Falso Lusita-
nis Cameliaon et falsissime Belgis Leguan. Die Holländer nämlich kannten
damals die ostindischen, Thiere schon viel genauer als die amerikanischen,
und hatten unter jenen eines, das ihnen Leguan hiefs und diesem einiger-
mafsen ähnlich sah. Man lernt es aus Bontii Historia Indiae orientalis
(Lib. V. cap. 4. pag. 56.) als eine Art- von Krokodilen oder Kaiman ken-
nen, obgleich in der Beschreibung einige Verwechselung mit dem amboi-
nischen Basilisk sich einzuschleichen scheinet. Dennoch gehört der Name
Iguana ursprünglich diesen amerikanischen Formen, wie wir aus Clusius
(Exot. Lib. V, cap. 29. pag. 116.) lernen, wo schon 40 Jahr früher das-
selbe Thier nicht nur unter ganz ähnlichen Merkmalen beschrieben, son-
dern auch ganz mit demselben Holzschnitt abgebildet wird, den de Laet
(der Herausgeber des Marcgravischen Manuscripts) hier noch einmal einge-
schaltet hat *). Das treflliche Gemälde in der Mentzelschen Sammlung
(Ic. Mentz. III. p. 167.) ist also ganz unbenutzt geblieben.
Diese Stelle bei Marcgrave enthält übrigens noch manches Lehrreiche,
‘das nicht in die Handbücher übergegangen ist. So erzählt er, wie die
Farbe nach dem Alter des 'Thiers- sich ändre, indem sie anfangs grün sei,
dann grauscheckig, zuletzt braun werde. Ein solches junges Thier in sei-
ner ungemein frischen grünen Farbe ist ebenfalls in der Mentzelschen Samm-
lung (III. p. 165.). Es ist nur um ein geringes kleiner als das alte, aber
sowohl der Kehlsack mit seinen Zähnen, als die Zahnreihe auf dem Rük-
ken, desgleichen die Höcker im Nacken sind kleiner, woraus folgt, dafs
Laurenti's Unterscheidung der Iguana delicatissima und Igu. tuberculata wohl
nur auf dieser Alters - Verschiedenheit beruht, und dafs überhaupt Farbe
und Zeichnung nicht wohl diagnostische Merkmale für die Arten dieser
Gattung abgeben können. Manche Sonderungen neuerer Schriftsteller wer-
den aus diesem Grunde verdächtig. — Ferner giebt Marograve einige That-
*) Eine Bestätigung meiner in der ersten Abhandlung über diesen Gegenstand (S$. die Abhandlun.
gen von den Jahren ı814 u. 15 Seite 214.) geäufserten Vermuthung. Auch der dort erwähnte
schlechte Holzschnitt vom Tatou ist derselbe, der bei Clusius (Exot, pag. 350, ) steht,
Phys. Klasse. 1890 — 1821. H h
>
242 - | Lichtenstein ‘ N
®
sachen über den innern Bau, z. B. über einen doppelten Magen, über die
in dem letztern enthaltnen Eingeweidewürmer, über grofse in demselben
‚ gefundne Bezoarsteine, die den Gompilatoren ganz entgangen sind und ge-
wils Beachtung verdienen.
Cap. XII. p. 237. ‘
Teju-guagu et Temapara Tupinambis. Es ist deutlich genug,
dafs dies heilsen solle, die Tupinamben nennen dies Thier Tejuguacu und
Temapara. Nichtsdestoweniger hat man den lächerlichen Mifsgriff began-
gen, das Wort Tupinambis nicht nur für den Namen des Thiers zu neh-
men, sondern nachmals auch zu einem generischen Namen für alle ähn-
lich gebildete Eidechsen-Arten zu erheben. Die Sache ist bekannt genug
und schon von Mehrern gerügt; Seba ist es, der den Fehler zuerst be-
gangen, indem er (Tom. J. Tab. 86. Fig. =.) ein ähnliches Thier abbildet,
und diesem den Namen Tupinambis beilegt. Die französischen Zoologen
haben ihn dann in die Wissenschaft eingeführt und besonders L.acepede,
Latreille und Daudin sind in seiner Verbreitung am mehrsten in Schuld.
Was nun das Thier selbst betrifft, so ist gewils, dafs hier eine Art
derjenigen Gattung beschrieben werde, die man aus Lacerta Monitor Lin.
gebildet und neuerlich mit dem Namen Monitor in abermäliger Hindeu-
tung auf die unverbürgte Erzählung *) der Merian überschrieben hat, Die
Kennzeichen, die Marcgrave angiebt, sind nur die generischen, und es ist
hier zufällig ein Gewinn, dafs man sich nicht viel um sie bekümmert hat,
‚da man sonst noch grofse Verwirrung aus einem Druckfehler hätte herlei-
ten können. Es steht hier nämlich: cauda sex quasi aculeos habet albos,
statt annulos. Die Abbildung ist eine sehr schlechte Copie der ganz er-
träglichen in der Sammlung des Prinzen (L. P. II. p. 414.), die beste, wie-
“wohl nicht ganz vollendete, ist aber wieder in der Mentzelschen Samm-
Jung (p- ı69.). Aus beiden mufs man die hier gemeinte Art für den Zu.
pinanıbis proprement dit von Daudin oder Lacerta Teguixin Lin, erkennen,
indessen Daudin’s Tupinambis a taches vertes ebenfalls einige "Aehnlichkeit
*) Cavier verweist bei ihr auf Marcgrave und Piso, die ganz davom schweigen. Seba ist es, der
in der oben angeführten Stelle beim Tupinambis die Geschichte zuerst erzählt, und die Madem,
Merian hat sie dann nur berühmter gemacht.
ae
De ie
über die Naturgeschichte. Brasiliens. 243
mit der kleineren Abbildung zu haben scheint, Wenn man übrigens die
Sache.genau nimmt, so ist das hier gemeinte Thier kein wahrer Monitor,
da es den Kopf nicht mit Schuppen, sondern mit Schildern bedeckt hat,
die auch auf den Abbildungen sehr wohl zu sehn sind. Also gehört es in
die Gattung Ameiva-und ist eigentlich Hauptrepräsentant derselben.
Pag. 238.
Tarazuira. Kein Holzschnitt versinnlicht die mangelhafte Beschrei-
bung, und so wie"die Sache bisher lag, konnte gar nicht einmal der Ver-
such gemacht werden, diesen Namen zu deuten. Seba betrachtete ihn da-
her als erledigt und wendete ihn *) beliebig auf eine Eidechsen- Art seiner
Sammlung an, in welcher Daudin **) seine Lacerta coeruleocephala zu er-
kennen glaubt, obgleich er von dieser selbst nicht viel weils, indem er
sie nur nach einer unvollständigen Beschreibung aufgestellt hat. Was er
nebenher von einem Irrthum Linne's sagt, der Seba's Figur fälschlich zu
Lacerta azurea citirt haben soll, hat seinen Grund nur in der grofsen Flüch-
tigkeit, mit welcher alle Citate von ihm behendelt werden. Er hat näm-
lich nur die Gmelinsche Ausgabe des Natursystems vor sich gehabt, in
welcher durch einen Druckfehler (gı statt 97) diese Seba’sche Tafel ange-
führt wird, indessen Linne selbst in der zwölften Ausgabe eine seiner Z.
azurea allerdings sehr ähnliche Abbildung citirt. Daudin’s L. coeruleoce-
phala und Seba's Taraguira, so wie die auf derselben Tafel (Fig. 4.) unter
dem Namen Tegunhana gelieferte Abbildung sind schwerlich etwas anderes
als Varietäten von der bekannten Ameiva lemniscata,
‚ Was aber Marcgrave mit seiner Taraguira gewollt habe, wird
nur aus der Original-Abbildung deutlich. Sie steht L. P. II. p. 436. und
stellt eine Art der Gattung Agarna dar, die von niemand bisher recht ge-
kannt noch beschrieben worden. Unter den von Herrn Dr. von Olfers aus
Brasilien übersandten Eidechsen hat das Museum eine erhalten, die zu die-
ser. Abbildung vollkommen pafst. Sie ist Agama operculata genannt wor-
den. Das gröfste der 5 Exemplare mifst 10 Zoll, .wovon 6 auf die Länge
des Schwanzes kommen. Die Farbe der ganzen Oberseite ist dunkel braun-
*) Thesaur. rer, nat. Vol, I. Tab. 91. Fig, 5.
*®) Hist. nat, des Reptiles, Vol. III. p. 191.
Hhe
244 Lichtenstein -
grau, auf dem Rücken und den Schenkeln mit unregelmäfsig vertheilten
zunden kaum linsengrofsen Flecken von hellgrauer Farbe. Die Unterseite
ist schmutzig weifsgelb, nach der Brust hin grau marmorirt. An der Kehle
zeigt sich ein grofser dreiseitiger schwarzer Fleck, dessen hintere Winkel
sich in einen breiten Bogen von derselben Farbe fortsetzen, der vor den
Schultern nach dem Nacken sich erstreckt, hier aber einen halben Zoll
breit über der Schulter, nach hinten weifsgrau eingefalst, endigt, so dafs
auf der Mitte des Nackens ein Raum von etwa eines Zolles Breite zwischen
diesem Halsband frei bleibt. Die Ohröffnung ist von einem 6 Linien ho-
hen Knochenstück gedeckt, dessen hiaterer geradliniger Rand mit 6 bis 8
kleinen Zähnen besetzt ist. Die Schuppen des Leibes sind überall gleich
klein, nicht über eine halbe Linie breit, fast vierseitig. Der Schwanz da-
gegen trägt von seiner Wurzel an stark gekielte, mit den Spitzen abste-
hende und sich gegen seine Mitte in schmale Ringe regelmäfsig zusammen-
stellende Schuppen, die aber 3 Zoll vor der Schwanzspitze an Grölse sehr
abnehmen und die Kielform verlieren. So stimmt diese Art sehr gut mit
der bei Seba (Tab. 97. Fig. 4.) unter dem Namen Quetzpaleo abgebildeten
und beschriebenen brasilischen Eideohse, aus welcher Daudin (Vol. IV
p- 26.) eine eigne Art von Stellio mit obigem mexikanischen Trivialnamen
macht, zu welchem Mifsgriffe eine übermäfßsige Vergrölserung der Schwanz-
stacheln an dem ohnehin grofsen Exemplar, das Seba vor sich hatte, ver-
leitet haben kann. Uebrigens ist dies zufällig gerade dieselbe Figur, die
Linne bei seiner Lacerta azurea anführt. Aus allem diesem geht nun aber
auch hervor, dafs Cuvier irrt, wenn er*) Marograve's Taraguira auf den Po-
lychrus marmoratus deutet,
Americima mit einem Holkzschnitt, aus welchem man, so wie aus
der ziemlich vollständigen Beschreibung wohl sogleich eine Art der Gat-
tung Scincus erkennt. Schneider **) ‚und Daudin ***) führen sie beim Sc.
quinquelineatus an, welche Art aber in Nordamerika zu Hause gehöret.
Eben so wenig kann man Daudin beistimmen, wenn er ****) nach der durch
Schneider von unsern kleinen Abbildungen erhaltenen Kunde die Americima
*) Le rögne animal II. p. 27.
”*) Histor. Amphibior. II, p. 201.
®") L. c. IV. p. 275.
") L, ©, IV. p, 277-
über die Naturgeschichte Brasiliens. 245
lieber auf den Scincus interpunctatus (seinem bilineatus) beziehen will. Al-
les wohl erwogen, läfst sich die Americima wohl auf nichts besser, als
auf die Art von Seincus deuten, die nunmehr vorzugsweise den Namen Sc.
. auratus behalten mußs, und die Schneider *) nach den Exemplaren der Bloch-
schen Sammlung, als Sc. aurati exemplar medium beschreibt; indessen die
beiden andern Exemplare zwei von dieser ganz unterschiedenen Arten an-
gehören. Die aus Brasilien uns zugekommenen Exempläre gleichen |voll-
kommen dem Bloch’schen, welches Schneider vor sich hatte. Marcgrave
aber kannte nur ein junges, denn die unsrigen sind sämmtlich gröfser,
Das Original des Marcgrav’schen Holzschnittes steht, wie Schneider ganz
richtig eitirt, unter dem Namen 4Ameruguaja in L. P. I. p. 431. In der
Mentzelschen Sammlung wird dieselbe Art p. 175. mit dem Namen Ame-
rieima vorgestellt, doch mit verstümmeltem Schwanz.
Carapopeba ohne Holzschnitt. Aus der Beschreibung läfst sich
nicht abnehmen, welcher Gattung das Thier angehöre, Die Abbildung
(L. P. I. p. 413.) stellt dagegen unter demselben Namen eine Art der Gat-
tung Gecko vor, auf welche die Beschreibung Marcgrave’s wenig palst; sie
stimmt übrigens, wenn man die Verstümmlung des Schwanzes nicht in An-
schlag bringt, die das Exemplar, nach welchem die Abbildung gemacht
ist, gehabt haben mufs, zu unsern Exemplaren des Gecko triedrus Daud.,
und es muls also dahin gestellt bleiben, ob der Carapopeba der Brasilianer
diese Art wirklich sei. -
Ameiva, oder, wie man nun ans der Abbildung (J. M. III. p. 181.)
lernt, eigentlich Amejua, In zwei Zeilen Beschreibung wird gesagt, es
sei eine Eidechse, der Taraguira in. allem ähnlich, nur mit gabelförmigem
Schwanz. Dieses letztere ist eine blos zufällige Monstrosität, wie sie an
Eidechsen nicht ganz selten vorkommt. Es bleibt also nichts übrig, das
dem Namen Amejua irgend eine bestimmte Bedeutung gäbe, und doch
werden wenig Namen von den jetzigen Schriftstellern bestimmter gebraucht,
als dieser Name in seiner gewöhnlichen Form Ameiva. Damit hat es fol-
genden lockern Zusammenhang. Seba oder vielmehr seine Gehülfen, such-
ten Namen für die grofse Menge von unbekannten Formen seiner Samm-
Jung, und wählten dazu die Marcgraveschen, die, so gut es passen wollte,
*) L.c. I. p. 180,
246 Lichtenstein
vertheilt wurden, je unbestimmter und schwankender, desto willkomme-
ner wegen allgemeinerer Anwendbarkeit. So ging, der "Name Aineiva zu-
erst auf eine Eidechse über, die nichts, als dieselbe Monstrosität des Schwan-
zes mit der Marcgraveschen gemein hatte *), dann (weil man die Zufällig-
keit des Merkmals bald einsehen mochte) auf gewisse andere, jedoch we-
sentlich verschiedne Arten **). An diese hielt sich Linne, und durch ihn
bekam nun der Name so volle Gültigkeit, dafs nicht nur diese bestimmte
Art ferner so genannt wurde, sondern dafs man nachmals alle ähnlich gebildete
unter demselben generisch zusammenfafste. Es hätte ein seltsamer Zufall
. walten müssen, wenn nun noch die ursprüngliche Bedeutung auf die neuste
zutreffen sollte. Marcgrave's Amejua ist eine Art von Agama, die, soweit
sich aus jener zwar guten, aber doch nicht in allen Stücken vollständi-
gen Abbildung schliefsen läfst, entweder Daudin’'s Agama Colonorum selbst,
oder doch nahe damit verwandt ist. -
Unter dem ähnlichen Namen Aneju ist in\äer Sammlung des Prin-
zen (L. P. I. 415.) noch eine Eidechse abgebildet, von der im Text nir-
gends die Rede ist; sie stimmt mit Ameiva lateristriga Cuv. überein, welche
wohl nur Varität von Ameiva vulgaris (Lacerta Ameiva L.) ist, und wozu
Daudin's Lacerta jamaicensis nach der Edwards’schen Abbildung ebenfalls
gehören kann.
Was Marcgrave mit der folgenden: Taraguico Adycuraba gemeint ha-
ben könne, ist nicht auszumitteln, da keine Abbildung dazu vorhanden
ist, und die Beschreibung wieder auf gar vielerlei gedeutet werden kann,
ich habe also zu ihr nichts zu bemerken, als dafs Seba auch hier den Na-
men wieder gemifsbraucht hat, indem er ihn auf einen grofsen, wahrschein-
lich im Weingeist verblalsten und unkenntlich gewordenen Monitor anwen«
det, den er (Thesaur. I. tab. 98. f. 3.) abbildet, ' und der nicht ein einzi.
ges von den Kennzeichen des Marcgraveschen Taraguico an sich trägt. Kalk
hat kein Schriftsteller von dieser Abbildung Notiz genommen.
Tejunhana. Der Holzschnitt ist die Copie einer Abbildung in der
„Mentzelschen Sammlung (p. 175.), zu welcher die ausführliche Beschrei-
” Ahessur; rer. nat. I. t. 98. & >,
”*) Thesaur, I, t, 88. fı 2.
über die Naturgeschichte Brasiliens. 247
bung Marcgrave’s nicht übel pafst. Ich kenne indessen keine Eidechsenart,
‚auf welche beide bezogen werden könnten; auch ist von keinem Schrift-
steller von dieser Stelle mit Sorgfalt Gebrauch gemacht worden; denn dafs
Seba, wie oben bei’ Taraguira erwähnt ist, den Namen T’ejunhana für et-
was ganz anders mifsbraucht, kann hier nicht in Anschlag gebracht wer-
den, Ameiva lemniscata, worauf man zunächst rathen möchte, stimmt mit
der Beschreibung zu wenig, und es bleibt überhaupt sehr zweifelhaft, ob
die ächte Linne’sche Lacerta lemniscata in Amerika anzutreffen sei. Ich
wage daher nicht, eine bestimmtere Muthmafsung über die Tejunhana aus-
zusprechen, und will nur noch, um möglichen Mifsdeutungen des Holz-
schnittes und einer Beziehung desselben auf Arten der Gattung Tachydro-
mus Daudin’s vorzubeugen, bemerken, dafs die Originalabbildung den Hin-
terzehen fünf, nicht, wie der Holzschnitt, vier Zehen giebt.
Cap. XIII. p. 239.
In diesem und dem folgenden Capitel handelt nun Marcgrave die
Schlangenarten ab. Zuerst Boiguagu, die großse Boa. Schon die ausführ-
liche Beschreibung zeigt deutlich, dafs Märcgrave die Boa constrictor Linn.
vor sich gehabt habe, und die Abbildung (L. P. II. p. 434.) bestätigt dies
vollkommen. Eine andere sehr genaue \Abbildung (J. M. p. 197.) führt
zugleich die Namen Boi-guagu und Jiboya. Sie ist vom Constrictor eini-
germafsen verschieden, und auf’keine der bis jetzt bekarmt gewordenen
Arten zu beziehen. Sie unterscheidet sich hauptsächlich durch Ringe von
weifser Farbe um den Schwanz, und ist gewils dieselbe, die Marcgrave
‚im Zusatz zu diesem Abschnitt als zweite Art erwähnt. Diese Abbildung
ist es, nach welcher der Holzschnitt bei Piso (p 277.) unter dem Namen
Boiguagu verfertigt ea, die Beschreibung aber palst nur auf den äch-
ten le "pisie
Die folgende Art Boi-obi wird zuerst von Seba, nachher von allen
Schriftstellern auf Boa canina bezogen. Dem widerspricht aber die Abbildung
(L. P. IL. p. 450.) geradezu. Piso hat sie copirt (p. 278-), und beschreibt
sie als eine einfach lauchgrüne, glänzende Schlange ohne alle weilse Flek-
ken. Nach der Abbildung zu urtheilen, würde der Boiobi unter allen mir
bekannten Schlangen am nächsten auf den Coluber viridissimls L. passen,
wogegen wohl schwerlich die Angabe beider Schriftsteller, dals sie giftig
248 Lichtenstein.
sei, einen erheblichen Gegengrund bieten kann, da sie so viele Arten für
giftig halten, die es nicht sind.
.
.
Ibyara. Aus der Beschreibung allein würde jeder wohl zunächst
auf eine Amphisbaena schliefsen, aber der Holzschnitt hat zu deutlich die
Zeichen der Gattung Caecilia, zu welcher auch alle Schriftsteller sie citi-
ren. Linne irrt wohl, wenn er diese Ibyara bei Caec, glutinosa anführt,
Denn die Abbildung (L. P. I. p. 324.), zu welcher die Beschreibung vor-
trefflich pafst, stellt über 300 Hautringe dar. Daudin’s Caec. lumbricoidea,
die in dieser Zahl und in der Langstreckigkeit schon besser übereinstim-
men- würde, weicht wieder zu sehr in der Farbe ab, Was Daudin ferner
Caec. Ibyara nennt, ist einerlei mit der tentaculata Linn&'s, der er. nur
willkührlich diesen Brasilischen Namen giebt, weil er den Linne’schen nicht
für zutreffend hält. Man hat also hier wahrscheinlich auf eine neue Art
zu schliefsen, und darf dies wohl um so eher annehmen, da uns neuerlich
mehrere Arten von Caecilia aus Brasilien zugekommen sind, die sich in
wesentlichen Merkmalen von den bisher bekannten unterscheiden, und den
grofsen Reichthum Brasiliens an solchen Erdschlangen beweisen *),
Cap. XIV. p. 240.
Ibibohoca. Mit diesem Namen ist wieder auf unverantwortliche
Weise gesündigt. ° Denn obgleich Marcgrave die ‚ganze Schönheit dieser
Schlange so genau beschreibt, dafs er sogar die Grölse der rothen, weilsen
und schwarzen Flecken nach ihrem Längenmaafs in Zollen angiebt, so hat
doch Seba hicht angestanden, zwei ganz andere, und von einander sehr
verschiedene Schlangen, von welchen die eine sogar aus Arabien stammt,
aus Armuth an Namen mit diesem Marcgraveschen zu bezeichnen RR
cepede ***) hat sich dann durch dieses Schwanken bei Seba für berechtigt
gehalten, die Entscheidung nach einer dritten Seite hinzulenken, und eine
Schlange des Pariser Naturalienkabinets, die mit dem Coluber ®chironius
nahe verwandt ist, mit dem Namen Ibiboboca zu belegen, welchem dann
Dau-
*) Eine Monographie der Gattung Caecilia, in welcher von diesen neuen Arten Rechenschaft gegeben
wird, haben wir von Herrn Dr; Hemprich, der sieh mit großem Fleifs mit dieser er
der Zoologie beschäftigt, zu erwarten,‘
#*) Thesaur. ITtab, 6. £1.— II. tab. 105, £& 1,
*«r) Hist. nat, de® serpens, II. p, 528. - - r
über die Nuturgeschichte Brasiliens. 249
Daudin *) widerspricht, indem er mit Russel annimmt, jene Seba’schen '
Bilder, welchen er noch «ein drittes beifügt „ seien (wiewohl alle aus
"Asien, und unter sich himmelweit verschieden), die ächte Jbiboboca. Aus
dem Allen erhelkt, dafs keiner dieser Autoren den Marcgrave mit einiger
Aufmerksamkeit gelesen, und; seine Beschreibung für richtig gehalten
habe. Sie ist aber hier wirklich vortreffllich. Das ergiebt sich alsbald aus
einer Vergleichung mit der schönen Abbildung (J. M. 191. fig. 1.) die
eine ganz neue, nirgends beschriebene Schlange von seltener Schönheit der
Färbung darstellt. (Piso hat sie in einem gänz mifslungenen Holzschnitt
(p- 278.) copirt.) Es sind keine Ringe, wie alle verstanden zu haben
scheinen, sondern wirklich Flecken von rother, schwarzer und weilfser
Farbe, die in regelmäfsigen Abständen mit einander auf der Rückenseite
abwechseln. Die Schuppen, welche die rothen und weifsen Flecken bilden,
haben schwarze Einfassung; ein schnialer weilser Längestreif durchzieht
sie alle nach der ganzen Länge des Thiers. Die Gestalt dieser Schlange
läfst vermuthen, dafs sie giftig sei, wie Marcgrave auch behauptet: ich
schlage vor, ihr den Namen Yipera Marcgravü zu geben.
Der folgende Abschnitt ist sehr verständlich, Es wird unter dem
Namen Boicininga eine Klapperschlange beschrieben, in welcher man
leicht den: Crotalus horridns der neuern Systematiker (nicht Linne’s, Lau-
renti's und Shaw’s) erkennt. Die Abbildung (I. M. ı9ı. f. 2.) bestätigt
dies auch vollkommen. Mit dem Holzschnitt ist wieder eine jener un-
glücklichen Verwechselungen vorgegangen; er gehört nicht hierher, son-
dern auf die folgende Seite hinüber zum Boitiapo, was wohl niemand an
der Beschreibung irre machen wird, aber doch leicht noch grölseres Mifs-
trauen gegen die Richtigkeit der Abbildungen erregen kann, als sie ver-
dienen. Bei Piso findet sich (p. 279.) dieser Holzschnitt richtig mit dem
Namen Boitiapo bezeichnet, und daneben die Beschreibung mit den Wor-
ten Marograve’s. - Auch hat derselbe die oben angeführte Original-Abbildung
‘der Boicininga zu diesem Artikel (p. 274.) im Holzschnitt geliefert.
| Gurucucu, Die Kürze der Beschreibung ist vielleicht Ursache, dafs
niemand, obgleich Piso die in der Mentzelschen Sammlung (p.'191.' fig. ı.)
befindliche gute Abbildung copirte, von diesem Namen Gebrauch gemacht
“e) L. c. VI. pı 327.
Yıkys. Klasse, wo — 180% I 1
250 Lichtenstein
hat. Aus dieser Abbildung, zu welcher die Beschreibung aufs vollkom-
menste pafst, erkennt man ohne Mühe eine giftige Schlange aus der Gat-
tung Trigonocephalus. Ein 6 Fuls langes Exemplar unserer Sammlung, auf
welches die Abbildung vollkommen zutrifft, zeigt zugleich die Merkmale,
unter welchen Linne seinen Crotalus mutus beschreibt. _ Bei genauer Un-
tersuchung findet sich denn auch die fünffache Reihe abstehender Schup-
pen vor der äufsersten Spitze des Schwanzes, und diese sind selbst auf der
Abbildung, angedeutet. Es ist demnach der Gurucucu einerlei mit Seytale
catenatus Latreille’s, Pseudoboa concatenata. Schneider's, Lachesis mutus Dau-
din’s; und das Hauptresultat ist also, dafs nach der angestellten Verglei- -
chung nicht nur diese Synonyme, sondern auch die oben genannten drei
Gattungen mit der Gattung Trigonocephalus zusammenfallen. Die gröfste
und furchtbarste der brasilischen giftigen Schlangen wird nach den Berich-
ten unserer Reisenden noch jetzt mit dem Namen Curucucw belegt; es ist
daher kaum zu bezweifeln, dafs er seit Marcgrave’s Zeit seine Bedeutung
nicht geändert habe.
Boitia po, wozu der Holzschnitt von der vorigen Seite gehört. Seba
hat wieder nicht unterlassen, den Namen zu gebrauchen, und diesmal zu-
fällig richtig. *)- Gewils zufällig; denn die Kennzeichen sind so allgemein
angegeben, dafs ohne unsere Original- Abbildting (J. M. p- 205. f. 1.) gar
nicht einmal bewiesen werden könnte, Seba: habe nicht geirrt. Ja auch
sie allein würde nicht hinreichen, hätten wir nicht neuerlich diese Schlange
in vielen Exemplaren aus Brasilien erhalten, und: daraus ihre Altersverschie-
denheiten: kennen gelernt. Marcgrave beschreibt ein ausgewachsenes Exem-
plar,. die Mentzelsche Abbildung, stellt eim junges dar, und Seba hat wie-
der das alte. Im diesem: ausgewachsenen Zustande nämlich hat sie gekielte
Schuppen, indessen sie im jugendlichen Zustand glatt sind, Linne citirt die Se-
ba’'sche Abbildung nebst mehreren andern zu seinem asiatischen Coluber fuscus,
von: welchem: man unsere Art jedoch trennen muß, indem sowohl dieLinndi’sche
Abbildung als die Worte seiner Beschreibung genugsam erweisen, dafs eretwas
ganz; anderes meine als Marcgrave und Seba.. Da: nun also: diese brasilische
Schlange im ihrer Eigenthümlichkeit vom keinem aller genannten Schriftsteller
erkannt: worden ist,. so: glaube ich sie mit einem: eigenen Namen heleger zu
müssen, und hier wird! es passend sein, dazw keinem andern zu: wählen,
*), Thesaur; IL. tabı. 87--
über die Nalurgeschichte Brasiliens. 251
‘als unter welchem sie schon bei jenen alten Schriftstellern vorkommt. Sie
heifse also fortan Coluber Boitiapo.
Cap. XV. pag. 24.
Endlich handelt Marcgrave von Fröschen, Schildkröten und Kroko-
dilen. Von ersten kommt nur eine Art vor, ein Laubfrosch ohne Namen
mit einer kurzen Beschreibung, die mit Daudin’s Hyla lactea oder Blo-
chiana am nächsten verwandt ist, aber über welche sich nichts Bestimm-
tes ausmitteln läfst, da eine Abbildung ganz fehlt. In der Sammlung .des _
Prinzen (L. P. I. pag. 4ıı.) ist ein grüner Laubfrosch Engebilder, der der
gemeine europäische zu sein scheint.
Jaboti, eine kleine Landschildkröte, won Linne zu Testudo geome-
trica citirt, mit welcher sie auch nach der Abbildung (L. P. II. p. 396.)
grofse Achnlichkeit hat. Da wir aber diese in den Sammlungen so gemeine
‚afrikanische Art genauer mit dieser Abbildung und einem aus Brasilien er-
haltenen Exemplar vergleichen, findet es sich, dafs beide letztere in merk-
lichen Unterschieden der Bildung und Zeichnung, von ‚der eigentlichen geo-
‚metrica: abweichen, und dafs al-o Brasilien seine eigenthümliche Form von
‚dieser Art hervorbringt, die mehr als blofse Varietät ist. Die Unterschiede
bestehn ı)'in gröfserer Bestimmtheit, -mit welcher die einzelnen Felder
auf dem Schilde hervortreten, 2) in grölserer Vertiefung der sehr kleinen
. Mittelgruben jedes Feldes, 3) in einer bestimmten Zeichnung des letzten
‚der vier Rückenfelder, auf welchem nämlich der gelbe Ruückenstreif eine
sehr in die Augen fallende Unterbrechung erleidet, welches alles bei kei-
nem der zahlreichen Exemplare der T. geometrica der Fall ist, die ich
‚verglichen. habe. Da;die tiefen Mittelgruben ‚das sicherste Kennzeichen ab-
geben, so ist diese neue Art 7. foveolata genannt,
Jurucua. Mit diesem Namen bezeichnet Marcgrave mehrere Arten
‚von Seeschildkröten: unter dem ganz allgemeinen Kennzeichen der Gattung
»‚Chelonid. Wenn er mit «der Behauptung, ‚einige ‘von: ihnen, hätten die
‚Schale mit geometrischen: Figuren ausgeschnitzt,. nicht die Vertheilung der
‚Felder meint; (was aber nicht wahrscheinlich, ‚da. er, vorher von» derselben
schon in bestimmten Ausdrücken redet), so könnten vielleicht noch neue
@der. wenig bekannte Arten unter diesen verborgen liegen.
li
252 : Lichtenstein
Jurura, Süfswasserschildkröte.. Die Abbildung (L. P. I. p 302.)
stellt Schweigger's Emys trijjuga ziemlich gut dar. Dafs im Text den Fülsen
nur vier Zehen gegeben werden, widerlegt diese Annahme nicht, denn die
Abbildung zeigt deren fünf.
Jacar& Die Beschreibung ist ausführlich genug, um darin den
Crocodilus sclerops, die gemeinste brasilische Art wieder zu erkennen, mit
welcher auch die beiden Abbildungen (J. M. p. ı57 und 159.) ganz über-
einstimmen. Der. Name Jacar€ wird noch jetzt in Brasilien für diese Art
gebraucht, wie man aus Azara lernt, und Daudin hat daher diesen Na-
men in seinem: Tableau methodique beibehalten.
Zum Schlufs liefert nun noch der Herausgeber des Marcgravischen
Manuscripts die Abbildung einer Schlange, die er unter seinen Materialien
ohne Beschreibung unter blofser Angabe der Größe und mit dem Namen
Amore pinima gefunden.. Diese vermeintliche Schlange ist ein Fisch, von
dem sich nicht nur eine gute Abbildung (J. M. III. p. 205. f. 2.) vorfin-
-det,. sondern den wir neuerlich auch in der vom Herrn Grafen von'Borck
den hiesigen Museen geschenkten Sammlung mit bekommen haben: Es ist_
eine bisher ganz unbekannt gebliebene Art von Aalen von einer dieser
Gattung sonst fremden bunten Zeichnung, nach der man sie auf den ersten
‘Anblick für einen Gymnothorax halten möchte. Muraena ocellata(M.spa-
dicea maculis' crebris fuscis (in vivo pisce, medio auransüs) naribus tubulosis).
Soweit der Abschnitt von den Amphibien bei Marcgrave. Um nun
meine: im: Eingange aufgestellte Memung zu rechtfertigen, sei mir erlaubt,
hier kurz in Zahlen auszudrücken, wie sehr Maregrave mifsverstanden und
gemifsbraucht worden, Er nennt in diesem Abschnitt 23 Namen, von die-
sen sind 6 gar nicht in ‚Gebrauch gekommen und aufser allem Verkehr ge-
blieben. Von den übrigen ı7 sind nur 3 von Anfang an bis jetzt richtig
gedeutet, nämlich die Riesenformen‘ der Iguana, der Riesenschlange und
des Krokodils,. die zu auffallend unterschieden waren, als: dafs ihnen’ die
-Willkühr der Namengeber etwas hätte anhaben können. Man drückt es
zw gelinde aus, wenn 'man sagt, die ı4 übrigen wären mifsverstanden
eder falsch" gedeutet,- denn indem die mehrsten derselben 5 bis 4 falsche:
Deutungen erlitten’ haben, so"wird die Masse der Irrthümer, die man aus
diesen 6 Folioseiten: von’ Marograve hergeleitet und im der Welt, ia immer
. über die Naturgeschichte Brasiliens. 253
zunehmendem Verhältnisse wachsend, verbreitet: hat, ‘wehigstens um das
zehnfache grölser, als die,' der daraus geschöpften Wahrheiten. Man kann
sich eines schmerzlichen Gefühls nicht erwehren, wenn: man erwägt, dafs
diese Verunglimpfung einen Mann trifft, dessen - Fleifs und Gelehrsamkeit
die Achtung aller besseren Forscher in: Anspruch genommen und den nur
ein früher Tod gehindert hat, seinen Namen zu einem der glänzendsten
in der näturhistorischen Litteratur zu erheben.
Es ist nun noch übrig, von dem Werth, welchen Piso’s Arbeit in
Hinsicht auf die Naturgeschichte der Amphibien habe, einige Worte zu
sagen. Er führt sie im fünften Buch seines Werkes, welches von den Gif-
ten und Gegengiften handelt, in welchem aber nachher auch noch vieler-
lei von Fischen, Vögeln, Säugethieren und Pflanzen vorkommt, in dener-
sten neun Capiteln auf. Es scheint hier mehr sein Zweck zu sein, die
Schädlichkeit dieser Thiere ins Licht zu stellen, und Mittel gegen die tödt-
lichen 'Folgen ihrer Bisse anzugeben, als sie nach ihren äufseren Kennzei-
. chen zu beschreiben. Denn er ist entweder bis zur Unverständlichkeit
kurz in seinen Beschreibungen, oder er wiederholt wörtlich die Beschrei-
bungen Marcgraves. Wo er daher Namen nennt, die bei Marcgrave nicht
vorkommen, da bietet sein Text nie hinreichende Belehrung, um darnach
ausmitteln zu können, wovon er spricht. Daher sind denn auch jene An-
gaben selbst bei solchen Namen, zu welchen er die von Marcgrave nicht
benutzten Abbildungen im Holzschnitt liefert, wie ich oben dergleichen.
mehrere angeführt habe, fast gar nicht benutzt worden, und verdienen
dies auch in Hinsicht auf die äufsern Kennzeichen derselben gewils nicht,
wiewohl gelegentlich noch mancherlei vorkommt, was Interesse gewinnt,
sobald von Arten die Rede ist, die sich nach der obigen Untersuchung als
festbestimmte haben ausmitteln lassen. Wie sorglos er übrigens mit den
Benennungen umgeht, ergiebt sich daraus, dafs er die Abbildung des Marc-
gravischen Bojobi (p. 280.) unter dem Namen Jararaepeba, nach der Ab»
bildung (L. P. IJ, p. 450.) unverkennbar copirt, im Holzschnitt liefert,
‚ und zu dem Namen Bojobi einen ganz rohen, wahrscheinlich aus einem
andern Werk entlehnten Holzschnitt fügt. Eben so wenig findet sich zu
der Abbildung des Jacar€ (p. 282.) in unsern Materialien eine Original-
Abbildung, von der sie copirt sein: könnte. Auch hier ist also wahrschein-
lich nur ein eben vorräthiger Holzsohnitt, der zu einem-anderg Werk ge-
hörte,, benutzt. |
254 Lichtenstein über die Naturgeschichte Brasiliens.
Es ergiebt sich aus diesen ‘wenigen Bemerkungen, dafs das Haupt-
verdienst um die ältere Kenntnifs der brasilischen Naturerzeugnisse immer
unserm Landsmann‘ Marcgrave zugeschrieben werden müsse, und dafs Piso,
wie sehr er auch denselben berichtigen züu'wollen sich anmafste, doch zu.
wenig gründliche Kenntnisse besafs, um
etwas Ausgezeichnetes leisten zu
können. era ieh amhbai |
2.4 ER
ia 01 1er onen 1
a ohne er ab Nindoasich
v
- Die Gattung Dendrocolaptes.
| (Fortsetzung.)
Von Herrn LıcuTeEensTeın *).
D:. Vermuthung, dafs die innern Gegenden Südamerika’s eine ungemeine
Manchfaltigkeit von Vögeln aus der von Herrmann in Stralsburg zuerst
mit dem: Namen .Dendrocolaptes belegten Gattung; in vielen noch unent-
deckten Arten enthalten müsse, wurde vom mir in meiner ersten vor drit-
tehalb Jahren der Akademie: vorgelegten Abhandlung über diesen Gegen-
“stand mit einer Sicherheit ausgesprochen, die im dem aufserordentlichen
Erfolge, dem die erstem genaueren Nachforschungen des Herrn.von Olfers,
Sello und Freyreils gehabt hatten, begründet war, und die in den Resul-
taten ihrer fortgesetztem Bemühungen auch eine vollkommene Kechtferti-
gung gefunden hat. Schom ber dem Abdruck jener früherer Arbeit war
ich genöthigt, einige Berichtigungen der von dem französischen Ornitholo-
gen aufgeführten Arten und die Beschreibung von zwei neuen uns seitdem
aus Brasiliem zugesandtem Species im Anhange nachzuliefern. Die neueste
vor zwei Monaten hier angekommene Sendung aus Brasilien, welche die
von den Herrn von Olfers und Sello auf ihrer letzten Reise durch die Pro-
vinzen Minas geraes und San Paolo gesammelten Säugethiere und Vögel
enthielt, hat wieder mehrere neue Arten aus dieser Gattung geliefert und
manche Zweifel über einige der schom bekannten gelöset, Soll meine äl-
tere Arbeit einigem Werth habem und als Monographie dieser Gattung gel-
*) Vorgelesen den g. November 18201 2
256 | Lichtenstein Pr
ten, so muls ich sie jetzt durch "einen zweiten Nachtrag vervollständigen, _
und Werde wahrscheinlich damit noch nicht den Schlufs geliefert haben.
L Ich mache den Anfang mit Beschreibung der neuen Arten. Es sind
ihrer vier.
ı. D. decumanus, Il.
D. rostro subarcuato cultrato valido nigro, abdomine transversim fusco
undulato.
Länge ı0% Zoll, Schnabel ı3 Zell.
Le grand Pic-Grimpereau Azar, 24T.
“ Die erste Figur der ersten Kupfertafel stellt ihn in natürlicher
Grölse dar,
Neu ist diese Art nur insofern, als hier zum erstenmal nachgewie-
sen wird, dafs sie wesentlich verschieden sei vom D. cayennensis, oder
der durch Buffon zuerst von allen bekannt gewordnen Art. Denn Azara
hat eine sehr genaue Beschreibung davon gegeben, die aber alle Schrift-
steller mit Sonnini unbedenklich auf jenen Vogel bezogen oder höchstens
wegen einer geringen Verschiedenheit in der Färbung auf eine Varietät des-
selben gedeutet haben. Die Aehnlichkeit ist auch in der That so grofs,
dafs ich vielleicht selbst nicht gewagt haben würde, beide für wesentlich
verschiedene Arten zu halten, wenn ich nur ein oder zwei Exemplare zur
Vergleichung vor mir gehabt hätte. Da mir aber sieben Individuen die-
ser Art eine ganz constante Verschiedenheit von dem D. cayennensis zei-
gen, den ich in einer noch grölseren Zahl von Exemplaren immer densel-
ben gefunden habe, ohne dafs nur ein einziges zu der andern Form hin-
neigte, so bleibt wohl. kein Zweifel, dafs die von Azara beschriebene Art
eine andre sei, als die Buffonsche Ihre Verschiedenheit aber besteht in
folgendem: “
1. D. decumanus ist bedeutend gröfser als D. cuyennensie.
2. Die Gestalt des Schnabels dieses letztgenannten weicht darin auf-
fallend ab, dafs derselbe in seinem Profil viel weniger gekrümmt, in der
Ansicht von oben breiter und weniger schmächtig erscheint. D. cayennen-
sis milst von den Naselöchern bis zur Schwanzspitze 9? Zoll und der Schna-
bel ı.. Die Schnabellänge ist also mehr als siebenmal in der Körperlänge
enthalten, bei jenem aber nur sechsmal. Charakteristisch‘ ist dann noch,
dafs der Schnabel beim D, cayennensis in eine feine weilse Spitze endigt,
beim. D, decumanus aber ganz schwarz is,
5. Die
u er, ee Me ee
über die Gattung Dendrocolaptes. 257
5. Die Kehle dieses letztern ist rein kreideweils, die des andern
schmutzig graugelb,
4. Obgleich die übrige Färbung bei beiden dieselbe ist, so zeigen
sich doch die dunkelen Wellenlinien auf dem hellen Grunde der Bauch-
seite bei dem cayennischen Vogel viel zahlreicher, da sie schon von der
Brust anfangen, hier zuerst die langen weilsen Schaftstriche zu beideu
Seiten begleiten, dann durchkreuzen und endlich auf dem Unterleib ganz
verdrängen. Jede Feder hat vier solcher Binden, die mehr bogig als ge-
radlinig gezogen sind. — Diese gröfsere Art dagegen hat auf der Brust
nur schwäche weifse Schaftstriche, die Wellenlinien nehmen nur die Mitte
des Bauches ein, ohne sich über die Weichen zu erstrecken und die Bauch-
federn, die überdies hier viel länger und breiter sind, haben sechs fast
geradlinige Binden jede. Eine ähnliche Verschiederheit zeigt sich sogar an
den ebenfalls gebänderten unteren Flügeldeckfedern.
5. Die Zehen des D. decumanus sind, mit den Krallen gemessen,
ız Zoll lang und wie die ı5 Zoll langen Tarsen dick und stark, die des
cayennensis dagegen haben nur ı# Zoll Länge und sind wie die ıT Zoll
langen Tarsen schmächtig und fein.
= Vorzüglich die den- Schnabel betreffenden Kennzeichen sind von
'Azara mit der gröfsten Bestimmtheit ausgedrückt, und seine Angaben der
Größe und Verhältnisse lassen vollends keinen Zweifel. Der einzige Um-
stand, dafs die Schaftstriche am Vorderhals schwarz sein sollen, aber weils
sind mit einer dunkeln Einfassung, kann Bedenken erregen, wenn er in
dem spanischen Original ganz so angegeben ist, wie in der französischen
Uebersetzung des Herrn Sonnini, die man leider als sehr unzuverläfsig
kennt, und die daher auch hier aus Flüchtigkeit gefehlt haben kann. Auf
jeden Fall aber streitet: eine solche Zeichnung zu sehr gegen die bei.der
ganzen Gattung herrschende Gesetzmäfsigkeit. der Färbung, als dafs man
sie nicht bezweifeln sollte, selbst wenn sie von dem wackeren Azara selbst
angegeben wäre.
Die Abbildungen bei Le Vaillant (Le Grimpar Picucule Tab. 26.)
und Vieillot (Le Picucule Tab. 79.) sind beide auf den D. cayennensis zu
beziehen , wie sich jedem darstellen wird, der sie auf die oben angegebe-
‘nen Merkmale vergleichen will. Uebrigens lassen alle diese Abbildungen
sorrähl von Seiten der Schönheit als der Treue ‚.moch Manches zu wün-
schen übrig. ,
Phys. Klasse, 1990 — ıB8r. Kk
258 Licht ähskein
2. D. squamatas N.
D. rostro subarcuato compresso gracili acuto pailios gula alba pec-
tore abdomineque squamato-guttatis. Länge 8 Zoll, wovon der Schnabel
ı Zoll. (S. Tab. II. Fig. ı. in natürlicher Gröfse) Wir erhielten von die-
ser unbeschriebenen Art vier Exemplare, die aufser den eben angegebenen
Merkmalen noch folgende zeigen. Die Rückenseite nebst Schwanz und
Flügeln rein zimmtbraun, der Kopf etwas dunkler mit gelblichen Schaft-
strichen, die’an den Alten bis in denNacken, an den Jungen bis auf den Oberrük-
ken reichen und an letzteren überhaupt mehr contrastiren, Die Federn der Un-
terseite sind alle weils mit schwarzer Einfassung, die auf der Brust amschärfsten
ist, je weiter hinab am Unterleib aber, desto mehr verwaschen erscheint, nach
dem braungrünen neigt und in die dort schmuzigere Farbe des Mittelfeldes
jeder Feder verfliefst. Die innern Fahnen der Schwungfedern sind schwärzlich.
Die Schnabelform. unterscheidet diese Art auffallend von dem Ta-
Iapiot D. Picus, mit. welchem man sie auf den ersten flüchtigen Anblick
verwechseln könnte. WNäher ist sie dem D. tenuirostris verwandt, doch
durch: die Größe und Färbung leicht von demselben zu unterscheiden.
; 3. D. bivittatus N. y
D. rostro subarcuato compresso debili‘ acuto pallido, vitta utrinque
a rostro ad’ occiput guttureque albis, abdomine cinereo.
Länge 7% Zoll, wovon der Schnabel ı7. ($. Tab. II. Fig. 2. in natür-
licher Gröfse). Mittelrücken, Flügel und Schwanz zimmtbraun, ohne fremde
Beimischung,. Scheitel und Nacken: dunkler mit gelblichen Schaftstrichen,
über den Augen: eine allmählig nach hinten breiter werdende Binde, auf
den Ohren: ein schwarzer Fleck, der sich an: der Seite des, Hinterhalses
hinabzieht und eine dunkle Einfassung, des schmutzig weilsen Vorderhalses
abgiebt. Diese Farbe geht nach der Brust hinab: immer mehr ins Asch-
graue über, das nachher den ganzen: Bauch überzieht.
Da die Gegend, in welcher alle diese Vögel gesammelt sind, dem
Felde, auf welchem Azara seine‘ Beobachtungen anstellte, sehr nahe: liegt,
und ich in: den: übrigen Gattungen,. welche diese Sendung enthielt, schon
sehr viele der von: ihm: beschriebnen Arten wiedergefunden hatte, so muth- _
mafste: ich: bei: dem ersten: Betrachten: dieses Vogels sogleich auf Azara’s
Pic- Grimpereauw roux: et brun (D.. superciliosus: Ill.), als: welcher sich: eben
durch: die weilsen Binden über den Augen und! den. schwarzen Ohrenfleck
kenntlich, macht... Allein dieser Vogel soll nur 5£ Zoll messen: (und' Aza-
über die Gattung Dendrocolaptes. 259
ra's Zollmafs ist klein), soll einen geraden in der obern Hälfte schwarzen
Schnabel, einen bräunlichen Unterleib, keinen einfarbigen Rücken haben,
und auf der Stirm schwarz punktirt sein, Unterschiede von solchem Ge-
‚wicht, dafs hier nicht einmal eine Altersverschiedenheit im Spiel sein kann
und an eine Identität beider nicht zu denken,ist. Die drei Exemplare, die
wir erhielten, sind sich in Allem völlig gleich.
4: D. Erithacus N.
D. rostro brevi recto subulato fusco tomüs intractis, corpore imma-
culato olivaceo.
Länge 6 Zoll, wovon der Schnabel 3 Zoll. ($. Tab. I. Fig. 2und 3.)
Kopf, Nacken und Oberrücken sind ohreiturlig, vom Mittelrücken an
tritt ein rothbrauner Schimmer hinzu, der allmählig stärker wird, bis die
Deckfedern des Schwanzes endlich vollkommen fuchsroth erscheinen. Schwanz-
federn und Schwingen haben die gewöhnliche zimmtbraune Farbe, Die
Unterseite ist hell olivengrün mit schwach rostbraunem Anfluge, der sich
am stärksten zeigt am Vorderhalse, der Brust und auf der Mitte des Bau
ches, schwächer nach der Brustseiten und den Weichen hin. Die un-
tern Schwanzdeckfedeın sind von der Farbe der obern. Die Schafte
der Schwanzfedern ragen 5 bis 4 Linien über die Fahnen hinaus und glei-
chen platten etwas gebogenen Borsten. Nach Verhältnils hat diese Art sie
länger als alle andern und nur die kleinste der bisher bekannten Arten
D. cuneatus nähert sich dieser Bildung. Von helleren Schaftstrichen ist
kaum irgendwo eine Spur. Wie der Schnabel ganz der einer Sylvia ist,
so macht auch die Gestalt und Färbung dieses Vogels ganz den Eindruck von der
eines Rothschwänzchens (S. Tithys oder Erithacus) im jugendlichen Alter.
Nachdem ich hiemit, genannt habe, was mir bis hieher wieder
Neues aus dieser Gattung von Vögeln in unmittelbarer Anschauung bekannt
geworden ist,- habe ich nun zunächst noch Einiges über die Abbildungen
_ und Beschreibungen dieser Vögel in Herrn Le Vaillants Histoire naturelle
des Promerops et Gu£piers (Par. 1807) zu sagen. Es ist nämlich das Exem-
plar dieses Werks, welches die hiesige Königl. Bibliothek besitzt, seit ich
zuerst diesen Gegenstand bearbeitete, durch die noch fehlenden Kupfer
vervollständigt. Auch ist der Text, welcher für'diese Abtheilung noch ganz
fehlte, inzwischen nachgeliefert, und da ich überdies seitdem viele der
Originale, nach denen die Abbildungen entworfen sind, in Paris gesehn
habe, so ist danach manches in meiner ersten Abhandlung zu berichti-
Kka
260 N Lichtenstein
gen, wie ich denn auch in dem Anhang zu derselben beim Abdruck schon
einige dieser Berichtigungen eingeschaltet habe,
Zuerst geht nunmehr aus dem Text zu den ı0 Abt ildungen, die
Herr Le Vaillant liefert, deutlich hervor, dafs ihm die}Merkmale der Gat-
tung, die er mit dem Namen Griünpar belegt, nur sehr undeutlich vor-
schweben, und fast nur aus den Angaben über die Lebensart dieser Vögel ent-
lehnt sind. Sowohl die grofse Wandelbarkeit der Schnabelform, als die so
ganz eigenthümliche Bildung der Zehen sind ihm gänzlich entgangen, ob-
gleich Azara, dessen Werk schon ‘in französischer Uebersetzung zu Paris
erschienen war, als Le Vaillant die Hefte von den Grimpar's lieferte, auf
die letztere in sehr bestimmten Ausdrücken aufmerksam macht. Von den
ı0 Abbildungen lassen nur drei dieses Merkmal zufällig erkennen, indessen
es auf den übrigen entweder versteckt, oder durch Unachtsamkeit des
Zeichners völlig entstellt ist. Das einzige Merkmal was sonach übrig bleibt,
‘sind die stechenden Schafte der Schwanzfedern; allein da auch hier der
wesentliche Unterschied des zwischen ihnen und den Schwanzfedern. der
Spechte und Baumläufer Statt findet, nicht erkannt ist, so sind die Arten,
welche zarte dünne und etwas gekrümmte Schnäbel haben, den Baumläu-
fern zugesellt, die übrigen dagegen stillschweigend unter sich zusammen-
gefalst, und wird immer nur darauf hingedeutet, dafs hier die leisesten
Vebergänge von einer Gattung zur andern statt finden, indessen gerade im
Gegentheil wenig andre Gattungen so bestimmt umschrieben sind, wie
diese,
Was die Abbildungen selbst betrifft, die im Allgemeinen allerdings
grolses Lob verdienen, so ist doch gerade in dieser Abtheilung das Ge-
fieder zu weich, zu luftig und locker vorgestellt und die mehrsten Platten
zeigen eine gewisse Scheu vor zu sicherer Zeichnung der Conture einzelner
Federparthien und ihrer Färbung, so dafs manches dadurch unbestimmt wird
and unbestimmbar bleibt; welches freilich den Bildern einen gefälligen An-
strich der Leichtigkeit giebt, aber auch Flüchtigkeit genannt werden kann,
Veberdies thut die auf malerische Wirkung berechnete lebendige Stellung
der Vögel, der Genauigkeit manchfachen Eintrag, indem dadurch man-
cher wichtige Theil in Verkürzung dargestellt ist, den man gern im schärf-
sten Seitenprofil erblicken möchte.
Durch alle diese Umstände bin ich in dem Eestruben, diese Abbil-
dungen zu deuten, und die mir neu scheinenden Arten als solche in mein
über die Gattung Dendrocolaptes. 261
Verzeichnils einzutragen vielfach behindert worden "und auch, wie ich
schon‘ in dem Anhang zu meiner. Abhandlung gezeigt habe, nicht durch-
aus glücklich in diesen Deutungen gewesen, die ich damals ohne Hülfe
des beschreibenden Textes zu unternehmen genöthigt war.
Da es aber doch nun durchaus nothwendig ist, dafs die, (denen
meine Arbeit etwas nutzen soll, jene berühmten Abbildungen richtig zu
beziehen im Stande seien, so lasse ich hier eine kurze Erläuterung der-
selben folgen.
Die a4ste Tafel des genannten Werkes stellt unter dem Namen Le
Grimpar‘ Nasican, Wlliger’s D. longirostris vor, und ist unverkennbar; die
25ste Le Grand Grimpar habe ich D. cyanotis genannt, und halte sie
auch noch für eine eigne Art, die freilich mit dem oben beschriebenen
D. decumanus eine sehr nahe Verwandtschaft hat, sich aber doch, wenn
man sich auf die Abbildung verlassen darf, (und die Beschreibung enthält
fast nichts, was. man jener nicht auch absähe,) durch den kleineren Schna-
bel, den schieferblauen Ohrenfleck und die gelbliche Kehle unterscheidet,
Ergäbe sich’s, dafs der Schnabel zu klein vorgestellt wäre, so würde ich
glauben, unser D. decumanus wäre derselbe Vogel in höherem Alter, wo .
die Kehle weils geworden und sich die hier nur angedeuteten Wellenlinien
des Unterleibes vollkommner ausgebildet hätten.
Von den beiden folgenden Tafeln habe ich schon genug gesagt; sie
stellen, wie man nun auch in deniı Text liest, die beiden Arten vor, die
schon Buflon kannte und abbildete.- (D. cayennensis und Picus.)
Die auf der 28sten Tafel vorgestellte Art bleibt wohl als wesentlich
unterschieden stehen ( D. fumnigatus n,), denn die leise Vermuthung, die
ich in dem Anhang zu meiner Abhandlung äußerte, sie könne vielleicht
mit unserm D, turdinus einerlei sein, fällt weg, seit ich in dem Text
- lese, der Schnabel sei an der Spitze herabgebogen, über und unter dem
Auge laufe ein heller Streif und der Kopf sei einfärbig rulsbraun. :
Die agste Tafel ist eine von denen, die erst jetzt nachgeliefert sind.
Sie enthält zwei Abbildungen. Die erste ist unser gemeiner Baumläufer
(Certhia familiaris,) der mit zu der hier abgehandelten Gattung gezogen
wird und den ein Jeder, der die Sachen streng zn nehmen gewohnt ist,
über die Gebühr verschönert finden wird. Die zweite Abbildung Le Grün-
par wmailleE hat grofse Aehnlichkeit mit unserm D. squamatus, aber die bei-
den weisen Streifen vom Auge herab fehlen diesem, und seine Farber
w
-
262 Lich benstein
sind viel dunkler, , Wer. möchte auch entscheiden, ob die Zehen hier nur
durch ein Versehen des Malers ungleich geworden, oder wirklich‘ an dem
Vogel se vorhanden sind, der dann wirklich eine Certhia wäre. Das alles
macht es eben so bedenklich, ihn für eine eigne neue Art dieser Gattung
zu erklären, als ihn geradezu für eine mifsrathene Darstellung jenes von
mir beschriebenen Vogels anzusehn. \
Da ich nun überdies das Original in der Pariser Sammlung nicht ge-
funden habe, so mufs ich unentschieden lassen, wie es mit dieser zweilel-
haften Art zu halten. :
Le Grimpar. flambE auf der zosten Tafel ist schon von mir (in dem
"Anhang zu der Abhandlung) berichtigend für den D. guttatus erklärt wor-
den, welches Urtheil ich nicht hätte fällen können, wenn mir nicht ‚die
Originale zu dieser Abbildung in Paris zur Vergleichung zu Gebot gestan-
den hätten. Denn aus der Abbildung. wird man schwerlich diesen Vogel
‚erkennen, so sehr verfehlt ist die Form des Schnabels, so viel dunkle Töne
sind von dem Maler der Färbung des Kopfes und Halses beigemischt und
selbst die Beschreibung schliefst, sich mehr diesem Bilde als dem Original
an, und ist, wie alle die übrigen, so ungenau in den Angaben der wesent-
lichen Merkmale, dafs man nicht viel mehr daraus lernt, als was man der
Abbildung ohnehin absieht. Jene Mängel der Darstellung aber mögen mich
entschuldigen, dafs ich in meiner ersten Abhandlung den hier abgebilde-
ten Vogel für eine eigne ausgezeichnete Art ansah.
Die erste Figur der zisten Tafel, die ebenfalls erst jetzt nachgelie-
fert worden, wird schwerlich etwas andres vorstellen sollen, als unsern
.D. cuneatus, obgleich die matte Färbung und die verzerrten Schwanzfedern
ihm ein gar andres Ansehn geben. Wenn man aber abrechnet und hin-
zuthut, ‘was man schon aus den obigen Beispielen in der Manier des Künst-
lers Mangelhaftes und Ueberflüssiges kennt, so bleibt gerade so viel übrig,
als nöthig ist, um das obige Urtheil zu rechtfertigen. Ganz entscheidend
aber kann es immer nicht sein, da auch hier die Zehen hinter dem Ast
versteckt sind, auf welchem der Vogel sitzt, und bei der unendlichen
Manchfaltigkeit der Formen sich gar nicht mit Gewilsheit behaupten läfst,
dafs sie durchaus von der Bildung sein müssen, die ich als charakteristisch
für diese Gattung angenommen habe, welcher alsdann dieser Vogel auch
nicht angehören würde. Uebrigens hat Herr Le Vaillant vom Hörensagen,
dies sei der Vogel, den der Graf von Hoffmansegg mit dem Namen Xenops
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über die Gattung Dendrocolaptes. 265
als eigne Gattung unterschied; er stimmt dieser Sonderung aber nicht bei,
und nennt seinen Vogel Grimpar Sittelle um damit zu bezeichnen, dafs er
auf dem Uebergang von dieser seiner Gattung zu der der Spechtmeisen liege.
Ueberhaupt sei diese Schnabelform, bemerkt er, nicht so unerhört und
fremd, dafs sie den Namen rechtfertige, und finde sich unter den Specht-
meisen, Eisvögeln, Steinwälzern und an einigen Regenpfeifern wieder. Gleich
daneben in der zweiten Figur bildet er dann den ächten Xenops (X. geni-
barbis)ab, den er ohne zu ahnen, wie nahe hier die Beziehung sei, zu Eh-
ren des Herrn Grafen, Le Sitelle Hoffinansegg nennt. Dafs er diesen Vo-
gel für nichts andres als eine Spechtmeise ansieht, darüber ist nicht mit
ihm zu rechten, denn es läfst sich vieles für diese Meinung sagen.
Ueber die wenigen Abbildungen von Vögeln dieser Gattung, die
Herr Vieillot in seiner Histoire naturelle des Sucriers liefert, ist nichts
weiter hinzuzusetzen, indem sie bereits in meiner ersten Abhandlung rich-
tig erklärt worden simg.
Folgendes ist nun das Verzeichnifs sämmtlicher Arten dieser Gat-
tung, die nach den bisherigen Untersuchungen vollkommen festste-
hen, und die ich hier in der Ordnung auf einander folgen lasse, die mir
ihre gegenseitige Verwandtschaft am klarsten zu machen und die feinen Un-
terschiede am schärfsten hervorzuheben scheint.
‘1. D.trochilirostris N. Longit 10”.
D. rostro lineari arcuato elongato gracillimo compresso castaneo, gula
alba, pectore abdomineque albido lineolatis.
Abhandl. d, Akad. d. WV.. 1818. Tab. III.
Habitat in Brasiliae provincia Bahia..
2. D. longirostris Ill. Longit. 123”.
D. rostro, subarcuato: elongato, valido cornpresso: albo, gutture candido
pectore' argute squamato..
Je Grimpar Nasican. Le Vaill.. Hist.. des. Promerops' et: Gu£piers;. Tab, 24..
Habitat in. Brasiliae provincia: Para.
3. D. decumanus Ill. Longit. 19”.
D. rostro subarcuato: cultrato valido nigro, gule alba, abdomine
medio fasciis rectis: nieris: undulato,, pedibus validis. ?
! 8 " P
Le Grand' Pic-Grimpereau;. Azara 241. Tab, T. Fig. ı..
Habitat in Brasiliae provincia: San: Paulo et in: Paraguay.
264 Lichtenstein,
4 D. cayennensis n. Longit. 11" B
.D. rostro rectiusculo cultrato valido nigro, apice a gula sordide
alba, abdomine fasciis crebris arcuatis nigris undulato, pedibus debilibus.
Picucule de Cayenne Buff. Pl. enl. 621.
Gracula cayennensis Linn. Gmel.
Climbing Gracle Lath, Synops.
Gracula scandens Ejusd, Ind. Ornitk,
- - Shay.
Dendrocelaptes major Herrm, obs. zool. pag. 135.
Le Grimpar Pieueule Le Vaill. l. e. Tab. 26,
Lee Picucule Vieillot Sucriers Tab, 79-
Dendr. Picumnus n, Abhandl. 1818. No, 8.
Habitat in Cayana et Brasilia,
5. D. cyanotis n. Longit. 15".
D. rostro subarcuato ucuto livido, zegione parotica schistacea, strüs
cervicis obsoletis.
Le grand Grimpar Le Vaill, l. c. Tab, 25,
Species dubia vix a decumano diversa, » ®
6. D. guttatus n. Longit, 10”.
D. rostro rectiusculo cultrato nigrescente gnathidiis albicantibus, gula
guttisque oblongis colli, dorsi, pectoris abdominisque dilute ochraceis.
Le Pic- Grimpereau commun Azar, 242,
Dendr. nigrirostris lig in Mscpt,
Le Grimpar flamb& Le Vaill. I. c. Tab. 30.
Dendr. fammeus n, Abhandl, 1818. No, 7. z
Habitat in Brasiliae provincia Bahia.
7. D.turdinus N. Lonsgit. Br,
D. rostro recto cultrato livido gonyde alba, corpore immaculato
subtus guajacino, capite striolato.
Abhandl. d. Akad. d, W. ı8ı8. Tab. II. Fig, ı.
Habitat cum praecedente,
8. D. fumigatus n. Longit. 8".
D. rostro recto apice deflexo, valido nigro, vitta utrinque duplici
supra et infra oculos pallida, capite corporeque imrnaculato.
Le Grimpar enfum® Le Vaill, I. c, Tab, 28:
An varietas praecedentis?-
9. D. Merula N. Longit, 77
D. rostro recto compresso brevi, apice, deflexo nigrescente, gonyde
alba, corpore toto obscure guajacino, gula alba.
Abhandl. d, Akad. d. WV, 1818. No, 17. p. 208.
Habitat in Cayana,
a"
10. D.
ee
über die Gattung Dendrocolaptes. 265
ı0. D. obsoletus Ill. Longit. g”.
D. rostro recto valde compresso cultrato albicante, gula maculisque
guttatis capitis coli dorsi et pectoris sordide albo flavescentibus, digitis
pro mole tenerrimis.
Abhandl. d, Akad, d. WV. 1818. No. ıo0, pP: 203.
Habitat in Brasiliae provincia Para,
11. D, Picus n. Longit. g#'.
- D,. rostro recto porrecto compresso acuto albo, gonyde ascendente,
gula alba, pectore squamato - guttato,
Le Talapiot Buff. Pl. enl. 605.
Oriolus Picus Lion. Gmel, Lath. Shaw.
Dendr. miner Herrm, obs. zool. p. 135.
Le Grimpar Talapiot Le Vaill. ]. c. Tab. 27.
Le Pic Grimpereau ä bec court Azara 245?
Dendr. Picus et Chrysolopus Ill,
Habitat in provincia Bahia,
ı2. D. squamatus N. Longit. 8".
i ıD. rostro subarcuato compresso attenualo acuto pallido, gula alba,
pectore abdomine, crissoque squamato - guttatis.
Tab. II. Fig. r.
Habitat in provincia San Paulo.
M}
5. D. tenuirostris N. Longit. 7”.
D. rostro subarcuato compresso attenuato, maxilla picea, mandibula
alba, gula maculisque guttatis. densis capitis, colli, dorsi et abdominis ex
albo flavescentibus.
Habitat ad fluvium S, Francisci Brasiliae,
14. D. miniatas Il, Longit. 5”.
D. rostro subarcuato compresso nigro mandibula alba caudu, pti-
lis pteromatumque marginibus einnabarinis.
Le Pic-Grimpereau & ailes et queue rouges Azara 246,
Habitat in Paraguay.
15. D. superciliosus Ill. Longit. 5#'.
: D,. rostro recto compresso nigrescemte gnathidiis albis, capite ru-
fescente, fronte nigro punctata, supercilüs albis.-
Le Pic-Grimpereau roux et brun Azar, 245,
- Habitat cum praecedente,
Plıys. Klasse, 180 — ıö81, L I
266 Lichten stein über die‘ Gattung Dendrocolaptes,
49
16. D. bivittatus.N. Longit. Ed”.
D. rostro subarcuato coınpresso debili dcuto pallido , vita utrinque
a rostro ad occiput guttureque albis abdomine cinerascente-albo.
Tab. II, Fig. 2.
Habitat in provincia San Paulo.
17: HD; Erithacus N. Longit. 6”.
D rostro brevi recto subulato fusco tomiis intractis, corpore imma-
culato olivaceo.
Tab. I. Fig. 2, 3.
Habitat cum praecedente,
18. D. cuneatus N. Longit. SE. :
D. rostri culmine recto, dertro cuneato- depresso cestriformi, gonyde
ascendente, gutture squamato-guttato.
Abhandl. d. Akad, d. W, ı818. Tab. III. Fig. 2.
Habitat in provincia Bahia,
»
Von den hier aufgeführten ı8 Arten besitzt das zoologische Museum
14, nämlich alle, mit Ausnahme der unter No. 5 und 8: aufgeführten
zweifelhaften ‘Arten, und zweier. allein von Azara beschriebenen ( No, 14
und 135. .) aus Paraguay. 5
‚Die
Werke von Marcgrave und .Piso
über
die Naturgeschichte Brasiliens,
‚erläutert
aus den wieder aufgefundenen Original- Abbildungen.
(Fortsetzung.)
Yon Herrn LıicutTEenstein *),
IV. Fische
N achacm Marcg'rave in den drei ersten Büchern seiner Historia rerum
naturalium Brasiliae von den Pflanzen des Landes gehandelt, kommt er in
dem vierten zu den Fischen, denen also, wie den Vögeln, ein ganz eig-
ner Abschnitt gewidmet ist, indessen die Säugethiere und Amphibien nach
der älteren Weise in ein Capitel zusammengefalst werden, Dieser Abschnitt
von den Fischen ist unleugbar der reichhaltigste des ganzen Werkes. Denn
die Krebse nicht mitgerechnet, welche unter der Ueberschrift Crustacei
pisces diesem Capitel angehängt sind, nimmt diese Ichthyologie von Brasi-
lien 40 Seiten ein, mithin ıo mehr als die Beschreibung der Vögel, und
_ überdies sind sowohl der Text als die Holzschnitte von ungleich gröfse-
rem Werth als in den übrigen Abschnitten.
Dieser innere Reichthum hat nicht nur in der früheren Zeit die
Ichthyologen angelockt, aus unserem Schriftsteller zu schöpfen, sondern.
auch die neuesten haben es nicht verschmäht, von ihm zu lernen und be-
*) Vorseliten den 27, Juni 1821.
Lle
268 Lichtenstein
mühen sich noch immer, seire Angaben besser zu verstehn und’ vollständi-
ger zu deuten, als es ihre Vorgänger vermocht haben. Darum sind die
Original-Abbildungen zu den Werken Marograve's und Piso’s, die die Kö-
nigliche Bibliothek besitzt, vielleicht für keinen Theil der Zoologie von
solcher Wichtigkeit als für diesen, indem durch sie vielerlei Zweifel be-
seitigt und Irrthümer berühmter Schriftsteller aufgeklärt werden können.
Und eben dafs ein Theil dieser wichtigen Materialien bereits früher nicht
nur bekannt gewesen, sondern sogar mehrfach benutzt worden ist, macht
eine abermalige Vergleichung und eine nach dem gegenwärtigen Standpunkte
"der systematischen Ichthyologie abgemessene Kritik, zu einem wahren
Bedürfnißs.
Es ist nämlich schon in der Einleitung zu diesen Abhandlungen er-
wähnt worden, dafs Bloch während der Herausgabe seiner berühmten
Naturgeschichte der Fische die kleinere Sammlung von Abbildungen in Was-
serfarben kennen gelernt habe, ‚die ich in den vorigen Abschnitten mit
Mentzel unter dem Namen des Prinzen-Buchs (Liber Principis) häufig.
eitirt habe. Bei der Benutzung-dieses "Schatzes scheint es jedoch Bloch
mehr auf Bereicherung, seines Werkes mit Abbildungen neuer Arten ab-
gesehn zu haben, als auf Feststellung der Kennzeichen der bereits bekann-
ten, und namentlich auf Erklärung und Berichtigung des Textes von Marc-
grave und Piso. Ich finde nicht einmal irgendwo von ihm erwähnt, dafs
die Holzschnitte in diesen Werken den. Farbenzeichnungen. in der Samm-
lung des Prinzen fast sämmtlich nachgebildet sind, was ihm doch selbst bei
der "Aüchtigsten Vergleichung unmöglich entgehn konnte, und -was'er nun
beinahe absichtlich verschwiegen zu ‘haben scheint, um ein desto gröfseres
Interesse für seine Abbildungen zu erw ecken und sich der Mühe einer ste-
ten Beziehung derselben auf den Marcgravischen Text zu überheben. Doch
möchte dies noch hingehn, wenn er in der Benutzung jener Original- Ab-
bildungen für sein Werk mit Treue und Sorgfalt verfahren wäre. Leider
muls ich ihm diese fast ganz absprechen. Weder in der Auswahl noch in
der ‘Nachbildung ist einige Sorgfalt angewendet worden; statt zu gestehn,
wo das Original mangelhaft und undeutlich, sind. dergleichen Mängel will-
kührlich ergänzt (z. B. die flüchtigen Schraffirungen des Zeichners in den
Flofsen der Fische gezählt, um eine gewisse Zalıl von Strahlen in denselben
herauszubringen) ja nicht selten ist nach vorgefalster Meinung hie und da
ein wesentliches Stück hinzugedichtet oder weggelassen, und ein unwesent
er . s
über die Naturgeschichte Brasiliens. 269
liches Merkmal desto greller hervorgehoben. Beim Citiren der Seitenzah-
len des Prinzen-Buchs ist mit der 'gröfsen Flüchtigkeit verfahren, ja zu
manchen der Blochschen Abbildungen ist dasselbe angeführt, ohne dafs ein
Original dazu irgend darin vorhanden wäre u, s. w. Unter den Kupferta-
feln, die auf diese Weise entstanden und im Text nur dürftig commentirt sind,
steht immer: Gezeichnet vom Prinz Moritz, welches eben wieder nur eine will-
kührliche Annahme, die sich aus keinem Grunde bewähren lie[s und von wel-
cher wir jetzt, seitdem die grölsere Mentzelsche Sammlung wieder aufge-
funden worden, das Gegentheil wissen. -
Einem recht aufmerksamen Forscher konnte die Unsicherheit, mit
welcher hier verfahren worden, nicht entgehen, und es ist von Niemand
auf die Blochschen Nachbildungen unsrer Zeichnungen ein grofses Gewicht
gelegt, vielmehr haben diese selbst an Zutrauen so sehr verloren, dafs es
kein Schriftsteller für nöthig gehalten hat, auf ihre genauere Vergleichung
zu dringen, Am strengsten hat es neuerlich Cuvier mit den Blochschen
Angaben genommen und viele Fehler derselben mit einer Sicherheit aufge-
deckt, die ihn aufs neue als grofsen Meister bewährt. An. mehrern Stel-
len. des ungemein sorgfältig gearbeiteten Abschnitts: von den Fischen im
zweiten Bande Seines Regne animal erklärt er schon viele jener oben er-
wähnten willkührlichen Erdichtungen in den Blochschen Bildern, deren
Entstehung er freilich nicht ahnen kann, aus falschen Zügen der Original-
"Abbildung und stellt Vermuthungen auf, die sich aus genauer Verglei-
chung. und Prüfung unsrer Materialien, besonders. der ganz ‚ünbenutzten
in der Mentzelschen Sammlung, anfs vollständigste bestätigen.
= Aus-allem diesen leuchtet wohl hinreichend ein, welchen Nutzen
für das Studium der Fischkunde eine gewissenhafte Prüfung zweier so wich-
tiger Werke wie das Marogravische und Blochsche sind, habe, und wie sehr
ich mich ‚durch die zu Gebot stehenden Hülfsmittel angeregt fühlen müsse,
sie zu versuchen.
Ehe ich jedoch zum elle übergehe, wird es nöthig sein, 'ei-
nen kurzen Ueberblick über diese Hülfsmittel in Beziehung auf die ge-
nannten Werke zu geben.
N Ich werde auch hier wieder: die Maregravische Arbeit sowohl für
die Reihefolge der beenden Gegenstände, als für die zu gebrau-
chenden Namen zum Grunde legen, und habe daher zuerst zu erwähnen,
dafs in derselben in allem 113 Fische aufgeführt sind. Zu 88 derselben
‘270 Lichtenstein
sind zugleich Abbildungen gegeben, ı6 unter eignen Namen mehr oder
weniger deutlich beschriebene, 8 ohne Namen kurz erwähnt und ein Holz-
schnitt ist da, ohme Beschreibung, indem die daneben stehende ihm nicht
angehört.
Das in jeder Hinsicht viel unerheblichere Werk von Piso giebt auf
34 Seiten 76 Abbildungen, von welchen 5 sich bei Marcgrave nicht fin-
den, indessen sein Text vier von ihnen unter gleichen Namen wie Piso
beschreibt, Nur eine ist also bei letzterem, deren Marcgrave gar nicht er-
wähnt. Dagegen fehlen ihm ı7 Arten des letzteren. Piso’s Beschreibun- ö
gen sind durchgehends kürzer als Marcgrave's, und durch willkührliche
Auslassungen werden sie gänzlich unvollständig. Oft ist auch, um den ‘
Schein eines wörtlichen Abschreibens zu vermeiden, die Stellung der Worte -
Marcgrave’s verändert und so der Sinn der Rede nicht selten im Wider-
spruch mit sich selbst und der Abbildung. Piso’s Werk verdient daher nur
eine beiläufige Erwähnung, und kommt hauptsächlich nur da in Betracht,
wo es Irrthümer veranlafst hat, die widerlegt werden müssen.
Dieser erhebliche Schatz von Angaben über beiläufig ı20 Arten von
Fischen, ist im Ganzen nur unvollständig benutzt worden. Jonston, Ruysch,
Willughby und Bay haben ohne sonderliche Auswahl die Marcgravischen
Holzschnitte nachgebildet und seine Beschreibungen wörtlich wiedergege- A
ben. Es ist kein Gewinn für die Wissenschaft gewesen, dals man diese |
Schriftsteller auch an solchen Stellen, wo sie als blofse Compilatoren
erscheinen, immer mit zu Zeugen aufgerufen hat, indessen es genügt
hätte, die Quelle zu nennen, aus welcher sie alle schöpften. Ich werde
selten Gelegenheit haben, ihrer zu gedenken, und halte es für geringen
Verlust, dafs einmal eine Nebenbemerkung von ihnen übersehen werde,
wrenn damit die Häufung unnöthiger Citate erspart wird.
Linne führt in der ızten Ausgabe seines Natursystems den Marc-
grave nur bei ı8 Arten von Fischen an, Gmelin in der ızten aufserdem
noch bei ı8 andern, nur «ein Linneisches Citat wird von ihm berichtigt.
Bloch fügt diesen 2ı neue Citate hinzu, und 4 Abbildungen deutet er
anders als seine Vorgänger. In Schneider’s Ausgabe des Blochschen
Systerna ichthyologicum werden dann noch 8 übersehene Abbildungen ci-
tirt und ein früheres Blochsches Citat so wie ein Linneisches anders aus-
gelegt. Cuvier giebt 3 bis 4 neue Citate und beweist von ı53 Abbildun-
gen, dals sie von den früheren Schriftstellern mifsverstanden worden. So
über die Naturgeschichte Brasiliens. 271
"hatte auch früher Broussonnet schon zwei Irrthümer berichtigt, welches
Gmelin und die folgenden anerkannten. Im Ganzen werden also 70 der
Marcgravischen Abbildungen bald richtig bald unrichtig gedeutet; 43 sei-
ner Namen sind aber noch unerklärt.
Obgleich ich nun auch von diesen noch etwa ı2 at las-
sen mufs, so haben doch aufser den zahlreichen Berichtigungen der bishe-
rigen Schriftsteller auch die mehrsten der unerklärten Namen mit Hülfe
der Original- Abbildungen und der im Museum aufbewahrten Exemplare
brasilischer Fische gedeutet werden können.
Was jene betrifft, so enthält die Sammlung des Prinzen in allem 73
Fischabbildungen, von welchen 57 in den Marcgravischen Holzschnitten
copirt sind und von welchen überdies noch 4 auf eben so viele von ihm
ohne Abbildung gegebene Beschreibungen passen. Zwölf dieser Original-
Abbildungen sind also noch neu und unbenutzt.
Die grofse Mentzelsche Sammlung von Oelgemälden enthält nur 47,
die sich auf wahre Fische beziehen; von diesen sind 27 bei Marcgrave zu
finden, von welchem 7 auch zugleich im Buche des Prinzen stehn. Da
nun von den übrigen 20, 4 von Piso abgebildet sind, so bleiben noch ı6
‘ dieser Gemälde einer näheren Vergleichung mit den systematischen Ver-
zeichnissen vorbehalten, die mehrsten derselben sind aber wahrscheinlich neu.
Georgii Marcgravir
rerum naturalium historiae
Liber quarsus,
Ki: qui agit de piscibus Brasiliae.
Caput J. pag. ı42.
Guamajacu ape. Es werden zwei Fische dieses Namens aufge-
führt, ein gehörnter, und der andre ohne Hörner. Von ersterem ist auch
ein Holzschnitt da, der sehr kenntlich einen Fisch von der Gattung Ostra-
cion darstellt, den aber kein Schriftsteller zu irgend einer Art dieser Gat-
tung citirt hat. Das Original dieses Bildes steht L. P, IJ. pag. 372. und
liefert eine recht gute Vorstellung von O. quadricornis, der ich unbedenk-
lich den Vorzug vor der Blochschen (Bl. Pise. tab. 134.). gebe, indem
diese in jeder Hinsicht zu den mifslungensten des ganzen Werkes gehört.
268 Lichtenstein
D\
Ja wenn ich einem von beider den Vorzug geben sollte, so würde ich
in Hinsicht auf Verhältnisse und Umrisse immer noch lieber den rohen
Marcgravischen Holzschnitt, als das Blochsche Kupfer ‚Srapfehlem: Die von
Marcgrave angegebenen Dimensionen stimmen vollkommen mit den Exem-
plaren unsers Museums, die Bloch selbst als O. quadricornis bezeichnet
hat, indessen sie von seiner Zeichnung sehr abweichen. Marc grave hatte
ein 7 Zoll langes Exemplar vor sich, unsre Exemplare sind einen Fuls
lang, wie auf der Blochschen Tafel; der Prinz Moritz hat zu der Origi-
nal- Abbildung geschrieben, der Fisch werde 2 Fuls lang.
Von der zweiten ungehörnten Art des Guanajacu, ape ist keine Ab-
bildung da. Dagegen liefert Piso eine (Hist. Ind. utr. p- 300.) die diese
vorstellen soll. Es ist dies aber ein Betrug. Denn Piso, dem jman es
überall nur zu deutlich ansieht, wie er Marcgrave’s Verdienst verdun-
keln und sich den Schein geben will, als wisse er die Sachen besser, da
er doch gar wenig davon versteht, hat sich’s auch hier bequem gemacht
und um den ungehörnten Guamajacu zu liefern, den Marcgrave nicht ab-
bildete, hat er dessen Holzschnitt vom gehörnten durch den Künstler in
einen ungehörnten verwandeln lassen, und giebt ihn als neue Figur. "Es
ist nicht schwer zu beweisen, dafs es übrigens ganz dieselbe Platte sei,
denn aulser den sichtbaren Spuren der Abnutzung hat sie sonst keinen Un-
terschied, und man bemerkt selbst an- dem Abdruck die Stelle, wo der
Keil an die Stelle der Hörner in den Holzschnitt eingeschoben ist.
Dagegen steht die Abbildung des ungehörnten Guamajacu ape, wie
ihn -Marcgrave beschreibt, in L. P. IJ. p. 374. Sie stellt Linne’s Ostracion
trigonus sehr gut dar. Auch hier mufs ich Bloch’'s Abbildung dieses Fi-
sches (T. 135.) tadeln, indem er theils die Durchschnittszeichnung ohne
alle Treue liefert, theils aber den Panzer in lauter regelmäfsige sechsseitige
Felder getheilt darstellt, wie er es wohl beim Ostracion triqueter, aber
nicht beim trigonus ist. Er besteht hier vielmehr aus lauter regelmäfsi-
gen Rhomben (mit dem spitzen Winkel von 60 Grad) die sich natürlich
; überall zu der Figur eines sechstheiligen Sterns zusammenschieben und die-
"ses Kennzeichen drückt die Original- Abbildung vortrefllich aus. Die ge-
'naue Bestimmung dieses Fisches ist übrigens nicht ohne Wichtigkeit, ‚da
Marcgrave ihn als sehr giftig verdächtig macht.
Die dritte Art des Guamajacu ist nicht zu bestimmen. Urtheilt man
nach der Größse, Farbe, Dünne der Schale u. s. w., so hat man die Wahl
über die Naturgeschichte Brasiliens. 273
"zwischen ©. cubicus und O. nasus. Immer bleiben die Worte: Quodlibet
latus versus posteriora- desinit in pinnam bei dieser Gattung ohne Sinn.
Ich vermuthe, dafs in der Urschrift gestanden: desinit in spinam. Dann
möchte es auf ©. bicaudalis Linn. zu beziehen sein, der allerdings zu den
gröfseren dieser Gattung gehört.
Guacucuja. Der; guten ‚Beschreibung wegen wird diese Stelle von
allen Schriftstellern bei Zophius Vespertilio citirt, so schlecht die Abbil-
dung auch die monstrose Gestalt dieses Fisches wiedergiebt. Der Holz-
schnitt ist keine Nachbildung der Originalzeichnung (L. P. I. p. 500.),
sondern wahrscheinlich aus einem andern Werke entlehnt. In der Mentzel-
schen Sammlung (Vol. I. p. 19.) findet sich ein meisterhaftes Gemälde die-
ses Fisches sowohl von der Ober- als Unterseite. Die Mennigfarbe der
letztern, wie sie sich‘ am lebenden Fische zeigt, ist sowohl auf diesem Ge-
mälde angedeutet, als im Marcgravischen Text erwähnt, aber kein Schrift-
steller hat weiter von diesem interessanten Kennzeichen Notiz genommen,
ja die mehrsten geben sie nach den in Weingeist verbleichten Exemplaren
geradezu als weils an.
5 Cap. II. p. 144.
Tajasica. Sowohl die Beschreibung, als der Holzschnitt, der sowohl
hier als bei Piso (p. 68.) eine Nachbildung des mittelmäfsigen Gemäldes
in der Mentzelschen Sammlung (p. 73.) ist, verrathen deutlich einen Fisch
aus der Gattung Gobius, wie ihn denn auch Piso geradezu mit diesem Na-
men -belegt. Indessen hat Niemand versucht, eine nähere Deutung dieser
Stelle zu geben.
Es ist zuvörderst zu bemerken, dafs in der Original - Abbil-
dung die beiden Rückenflossen durch einen bedeutenden Zwischenraum
getrennt sind, und dafs die Afterflosse der zweiten Rückenflosse gegenüber-
stehend und kaum länger als dieselbe ist. Nach diesen Hauptmerkmalen
stimmt eine neuerlich aus Brasilien uns zugekommene Art der Gattung Go-
bius mit dieser Tajasica, auch der Marcgravischen Beschreibung nach, so
wohl überein, dafs wir kein Bedenken getragen haben, sie mit dem Na-
men Gobius Tajasica zu belegen. Zu ihrer genauern Bezeichnung dienen
noch folgende: sie ist 6—7 Zoll lang, von schmutzig grauer Farbe, mit
wurmförmigen, dunklen Transversalzeichnungen über den ganzen Leib, Der
Kopf bis an den hintern Kiemendeckelrand nimmt den fünften Theil der
Leibeslänge ein, die Afteröffnung sitzt genau in der Mitte der ganzen Länge
Phys Klasse, 18:9 1821. M m
. .
=
27% Er) Lichtenstein.
Die Zahlen: der Flossenstrahlen sind folgende: D. 6. 12. P. 16. V.5. A.ı2.
C. ı5.. Die beiden: Bauchflössen sind mit einander verwachsen, und ihre
Höhlung wird also, von ro: Strahlen gebildet. Der Strahlen der Kiemen-
haut sind fünf. Die Schwanzflosse ist zugerundet, die Kiefer mit kleinen
scharfen Zähnen bewaffnet, die Lippen weich, dick, überragend.
Paru.. Linne hat diesem Namen der ihm aus dieser Stelle und
der Abbildung, bekannt. gewordenen Art der Gattung Chaetodon: gelassen,
die denn: auch durch: beide vollkommen genug kenntlich gemacht ist. Was
sich zur Vervollständigung beider sowohl aus der Abbildung L. P. U. p. 308.
als: aus: der Vergleichung..mit dem sehr vollständigen Exemplar des Museums
zur Berichtigung: hinzufügen; liefse,. ist durch die übrigem Schriftsteller,
welche: dieses Thier: aus eigner- Ansicht beschreiben,, wohl schon zur Ge-
müge geschehen.. Das: mufs ich: jedoch: noch bemerken, dafs die halbmond-
förmigen,„ weilsen. Zeichnungen: nicht daher entstehen, dafs, wie Marograve
anzudeuten scheint,. die: halbe: Zahl der Schuppen: weils, und: die andre
Hälfte: schwarz: ist,, sondern: vielmehr daher,. dafs: die mehrsten der'schwar-
zen: Schuppen: eine halbmondförmige,, weilse Einfassung; haben. Das Exem-
plär- des: Museums: ist übrigens wohl um die: Hälfte länger,. als es Marc-
grave- angibt,, und! der Prinz: Moritz: giebt ihm: eine Länge vom zwei Fuls.
Piso: p.. 55.. fügt. nichts‘ von Erheblichkeit: zw der: Marcgravischen: Beschrei--
bung. hinzu. 1
Von: der: folgenden: Art Pira: Acangata läfst sich: keine Auskunft ge-
ben,, indem: in: unsern: Materialien: sich: keine Abbildung, davon. vorfindet, -
und! die Beschreibung zu allgemein: ist,, um sie’ auf eine: der: vielen: Arten
der Gattung, Perca: im: Linne'schen: Sinn mit Bestimmtheit beziehen: zw kön-
nen.. Dals: sie: aber: dahin: gehöre,, geht: aus; Piso’s Angabe p:.- 54-. hervor,
wo: er sie als: dem: Capeuna, von: den nachher: die: Rede sein: wird,. ähn-
lich, nennt.
Acarauna. Richtig hat Gmelin: meines: Bedünkens: die Beschreibung
in: seiner: Ausgabe: des; Linneischen: Systems: zum: Chaetodon: nigricans: ci-
tirt.. Auch: Bloch: Bd.. 5.. p:. 82. nimmt: nicht nur diese Stelle des: Marc-
grave,, sondern auch: die Original-Abbildung: L.. P. IE. p: 3r2.. unter die Ci-
kate: zu: diesem; Fisch: auf.. Diese: Original-Abbildung stelle nämlich: den
"Stachel! zu: beiden: Seiten: des Schwanzes,. der‘ auf dem: übrigens ganz: ge-
treuen: Holzschnitt. feklt,. deutlich dar:. Um: so’ unbegreiflicher ist es,. wie'
Bloch: in dem Nachträgen: XII. p:.105; noch: einmal: eine: Abbildung: des Prin-
| über die Naturgeschichte Brasiliens. 275
zen Moritz unter dem Namen Acarauna zum Chaetodon tricolor citiren, und
dabei sagen kann, diese Acarauna des Prinzen dürfe nicht mit der des
Marcgrave und Piso verwechselt werden; um so unbegreiflicher, da we-
der an der Stelle die er citirt (II. 144.), noch an irgend einer andern ein
Fisch unter diesem Namen oder einer, der dem Ch. tricolor ähnlich wäre,
zu finden ist, Dafs sich in der Mentzelschen Sammlung I, p. 123. ein sehr
schönes Gemälde vom Ch. tricolor findet, kann hier nicht in Betracht kom-
men, da Bloch die Existenz dieses Werks nicht gekannt hat: der Fisch
dort auch nicht Acarauna, sondern Paru genannt wird. Es kann dies al-
les daher nur beweisen, mit welcher Flüchtigkeit Bloch bei der Benutzung
unserer Materialien für die Vollendung seines Werks verfahren ist.
Guaperua. Unter diesem Namen führt Marcgrave in der Folge noch
mehrere Fische aus den Gattungen Balistes, Lophius und Chaetodon auf.
Hier ist im Text eine Art der letztern Gattung gemeint, und zwar, wie
schon Cüvier (R. a. II. 317. not.) sehr richtig vermuthet, Ch, arcuatus,
‚der weiter unten p, 178. von Marcgrave auch recht gut abgebildet worden.
Die dort hinzugefügte Beschreibung ist nur eine wörtliche Wiederholung
von dem, was hier steht, Jedoch ist diese Uebereinstimmung von Allen,
aufser Cuvier, übersehen, und vielmehr diese Stelle auf eine Art der Gat-
tung Zeus, nämlich meistens Z, Yomer bezogen. Schneider gründet darauf
die eigne Art Zeus niger. An diesen Fehlern hat allein die Abbildung
Schuld, welche hier hinzugefügt worden, und zu der sich nirgends ein
Original findet. De Laet, der Herausgeber der Marogravischen Papiere,
hat sie aus einem seiner ältern Werke: Novus Orbis. s, Descriptio Indiae Oc-.
eidentalis Lugd. B. 1653 p. 574. entlehnt,. wahrscheinlich um den noch
vorräthigen Holzschnitt nicht unbenutzt zu lassen, Sie heifst dort Arvah
. «Cattoe, wie er selbst in einer Anmerkung zum Abacatuaia (Marcgr. p. 161.)
bemerkt.
“Was mit dem mın folgenden Piranema gemeint sei, ist mit Bestimmt-
* heit nicht anzugeben, indem uns unsere Hülfsmittel hier verlassen. Es ist
nirgends eine Abbildung unter diesem Namen, noch irgend eine ohne Na-
men, auf welche die gegebnen Merkmale palsten. Was Marcgrave von den
Zähnen, der Körperform‘und der Beschaffenheit der Flossen beibringt, läfst
allerdings auf einen Fisch aus der zählreichen Sippschaft Sparus, ‘Labrus
u. 5. w. schliefsen; und in der That, dafs Piso p. 53. seiner hinter dem
Aipimixeira Bee als eines diesem ähnlichen Fisches, müfs in dieser
Mm
276 Lichtenstein
Vermuthung bestärken. Erwägt man, was von der Länge der After- und
Bauchflossen, so wie von der Höhe des Körpers und den sehr feinen Zäh-
nen gesagt wird, so mufs sich die Vermuthung allerdings auf die von
Cuvier aufgestellte Gattung Chromis wenden, doch von welcher Species die
Rede sei, wird dabei noch immer zweifelhaft bleiben.
Eben so wenig ist über den Acarapuca etwas zu sagen: denn auch
von ihm giebt es nirgend ein Bild, und aus der Beschreibung läfst sich
nicht einmal mit Sicherheit abnehmen, ob es ein Bauch- oder Brustflos-
ser sek
Cap. IIL p. 145.
Budiano s. Aipimixira. Bei diesem Fisch mufs ich die Anmerkung,
welche Cuvier zu der Gattung Budianus überhaupt macht, nach ihrem
ganzen Umfang unterschreiben. Bloch, der diese neue Gattung-nach dem
hier gegebenen Namen ‚aufgestellt, und diesen Fisch gleichsam als Muster-
form derselben angenommen hat, ist auch hier sich selbst nicht treu ge-
blieben. Der wahre Charakter der Gattung ist, wie es auch Cuvier rich-
tig deutet, die stachliche Beschaffenheit der letzten Kiemendeckelklappe,
und alle von Bloch nach eigner Ansicht beschriebne Arten derselben tra-
gen dies Kennzeichen sehr deutlich zu Tage. Die hier von Marcgrave be-
schriebene Art, welche Bloch (IV. Bd. p. 33.) Bodianus Bodianus nennt, hat er
selbst nie gesehen. Seine ganze Kenntnils von ihr beruht auf der Abbil-
dung L. P, p. 340., von der er seine Tafel 223. vergrölsert copirt hat,
Seine Beschreibung enthält nichts, was man nicht auch aus dieser und dem
Marcgravischen Text ersähe. Jene Kupfertafel aber hat den grofsen Fehler,
dafs in ihr der ersten Kiemendeckelklappe ein Stachel angedichtet ist, was
nicht einmal nach seiner Ansicht zu dem Gattungskennzeichen palst, und
was sich auch aus der Original- Abbildung nicht rechtfertigen läfst, da das,
was er hier für einen Stachel angesehen, nur eine etwas grölser gezeich-
nete Schuppe ist. Dieser Aipimixira ist also von Cuvier wohl ganz rich-
zig für einen Labrus angesehen, dessen specifische Kennzeichen sich wegen
der sichtbaren Unsicherheit Bloch’s in Aufzählung der von ihm für ent-
scheidend angenommenen Merkmale bisher unmöglich feststellen liefsen,
Inzwischen hat das Museum auch von dieser Art durch den Herin Dr.
v. Olfers ein Exemplar aus Brasilien erhalten, nach welchem folgende Merk-
male derselben gegeben werden können: Er hat eine Länge von ı0 Zoll,
wird aber wahrscheinlich gröfser, denn Prinz Moritz fügt zu der Abbildung die
über die Naturgeschichte Brasiliens. 277
Bemerkung, er sei von der Gröfse des Karpfen. Sämmtliche unpaare Flossen
sind an den Wurzeln ihrer Strahlen ziemlich weit hinaus mit Schuppen be-
deckt, (also Cheiline nach Lac&pede). Die Form der Zähne ist die der
Gattung Labrus, die vordern etwas gekrümmt 'kegelförmig, viel länger
als die nach hinten folgenden; die längsten von allen (etwa ı4 Linie) sind
die äulsersten vordern Zähne des Unterkiefers, die gleichsam wie Eckzähne,
vor die äufsern, nur um weniges kürzern des Oberkiefers einfallen. Der
Kopf ist in seinem Kiefertheil oben und an den Seiten unbeschuppt, die
Kiemendeckelklappen grofs beschuppt und unbewaflnet. Die Brustflossert
zeigen an ihrer Spitze einen auflallenden schwarzen Fleck, dessen Mangel
in der Abbildung und Beschreibung allein zweifelhaft machen könnte, ob
man es hier ganz mit derselben Art zu thun habe. Doch palst alles Uebrige
zu vollständig, als dafs dieser Zweifel nicht bald verschwinden sollte. Die
Bauchflossen haben das Eigenthümliche, dafs der auf dem stachlichen Strahl
folgende weiche der längste von allen (3 Zoll lang) ist, und dafs die an-
dern von hier nach innen an Länge allmählig abnehmen. Eben so ragt in
der Rückenflosse der erste weiche Strahl, ferner derselbe in der Afterflosse,
in der Schwanzflosse aber der stärkste von den äufsern, um ein ansehnli-
ches länger über alle andern Strahlen An Die Zahlen der Strahlen sind
übrigens folgende: D. 33. P. 15. V. 4. A. 5. C. 16. Die Farbe unsers
Exemplars ist noch jetzt lebhaft roth; auf dem Rücken, ziemlich in den--
‘selben Umrissen, wie auf dem Blochschen Bilde, dunkler, so dals man
wohl schliefsen kann, an dem lebenden Fisch müsse hier die Farbe anı
gesättigsten und lebhaftesten gewesen sein.
Die obige Behauptung, dafs Bloch über die Kennzeichen der Gattung
Bodianus mit sich selbst nicht einig gewesen und die hier vorhandenen
Abbildungen irrig gedeutet habe, darf um so unbedenklicher ausgesprochen
werden, als der folgende Fisch Budiano verde, von welchem Original-
Zeichnungen unter dem Namen Jetimixira sowohl L. P. II. p. 380.,.als
J. M. I. 199. gefunden werden, ein deutlicher Labrus ist. Auch führt
Bloch selbst ihn als Labrus brasiliensis V. p. 125. in seinen Werk auf,
und von ihm haben die folgenden Ichthyologen diese Art allgemein ange-
nommen, indem sie die blauen Streifen in den unpaaren Flossen mit ihm als
Artkennzeichen gelten lassen. Dieses Merkmal scheint jedoch zu kleinlich,
um.eine volle Gültigkeit haben zu können, zumal, da die Copie in den
Bloch’schen Kupfertafeln (T. 280.) sich zu willkührliche Aenderungen er-
I
278 - v0. Liechtenstein
x
laubt hat. So sind in der Originalzeichnung drei blaue Streifen der Rük-
kenflosse, auf der Kupfertafel nur zwei; die Afterflosse ist schmal und hat
deren nur zwei; Bloch macht sie nach Angabe des Marcgrav’schen Textes
breiter und giebt ihr drei. Dagegen hat er die blaue Einfassung jeder ein-
zelnen Schuppe, von welcher Marcgrave, als einem sehr in die Augen fal-
lenden Merkmal redet, und die sich sogar auf der Zeichnung wiederfinden
läfst, weder in der Beschreibung, noch auf der Kupfertafel anders aus-
gedrückt, als durch grelle Queerlinien, die auf der Original- Abbildung
sich nur wie eine Schattirung der Rückenwölbung ausnehmen. Eben so
willkührlich ist von ihm der Lauf der Seitenlinie angedeutet, von welcher
auf dem Original gar nichts zw sehn ist. Ich mufs daher dieser Bloch’schen
Kupfertafel und Beschreibung fast allen Werth absprechen, und ich glaube
nicht, dafs dieser Labrus Brasiliensis als eigne Species existirt, sondern
ich halte den Budiano verde für identisch mit dem Labrus viridis, dessen
Abbildung bei Bloch (T. 282.) nach einem Exemplar seiner Sammlung ge-
macht, in der That auch zu dieser Vermuthung allen Grund giebt. Zu
bedauern ist, allerdings, dafs das Gemälde’ in der Mentzelschen Sammlung
J. M. I. p. 199. nicht ausgeführt, sondern nur roh angelegt ist. Es würde
sich sonst diese Vermuthung feststellen oder widerlegen.
Vom Jurucu npeba, der hier und bei Piso p. 54. auch Itaiara heifst,
ist nirgends eine Abbildung vorhanden, und der hier gelieferte Holzschnitt
entweder aus einem andern Werke entlehnt, ‘oder, was wahrscheinlicher
ist, es sind Original- Abbildungen verloren gegangen, und wir besitzen in
den beiden Sammlungen nicht alle Muster, deren sich Piso und Marcgrave
zu ihren Holzschnitten bedienten. Die hier beschriebene Art erinnert zu-
nächst an die beiden von Bloch T. 512 nnd 515. abgebildeten Perca gut-
tatcı und maculata, an welchen nur die Schuppen zu grols, und die Flecke
zu klein und zahlreich sind, um den hier beschriebenen Fisch für identisch
mit ihnen halten zu können. Dafs auch eine solche Beziehung nicht zu-
läfsig sei, ergiebt sich aus der Vesgleichung mit dem Fisch selbst, den
uns Herr Dr. v. Chamisso von seiner Entdeckungsreise mitgebracht hat.
Er gehört zur Gattung ‚Serranus, womit alles gesagt ist, was über die Bil-
dung der Zähne und Kiemendeckel beizubringen nöthig wäre. Das Maafs
und die Verhältnisse stimmen mit (dem Marcgrav’ schen überein. Die brau-
nen Flecken sind unregelmäflsig über den hellbraunen Körper vertheilt; am
kleinsten zeigen sie sich an den weichstrahligen Flossen. Die Zahlen der
über die Naturgeschichte Brasiliens. 279
Flossenstrahlen sind: D. 15. P. 16. A. &. V. #, C. 16. Die Kiemenhaut
ist siebenstrahlig. Die Art wird am zweckmälsigsten den Marcgrav'schen
Namen behalten und Serranus Itajara heilsen.
"Das Verdienst, die folgende Art Jaguaraca, oder wie es nach der
"UVeberschrift bei Prinz Moritz wohl eigentlich heifsen soll, Jaguaruga
zu enträthseln, hat mir Cuvier schon entrissen, indem er allein durch die
Schärfe seines Urtheils ermittelt hat, was ich hier durch Benutzung der
Originalzeichnung zu bewähren im Stande bin: nämlich, dafs der Bodia-
nus pentacanthus, den Bloch nach der hier gegebenen Notiz und den Bil-
dern aufgestellt hat, nichts. anders sei, als eine Entstellung des wegen sei-
ner Schönheit berühmten Sogofisches (holocentrus Sogo). Dals Bloch die
Uebereinstimmung der Marcgravischen Beschreibung mit dem von ihm eben-
falls beschriebnen und abgebildeten Sogo nicht gefunden, will ich ihm nicht
so sehr zum Vorwurf machen; dafs er aber die sonst gar nicht übel gera-
thene Abbildung des Prinzen Moritz (L. P, I. p. 353.) willkührlich ent-
stellt, und die Stacheln am Kiemendeckel nicht nur der Lage nach än-
dert, sondern den dreien, die vorhanden sind, noch zwei zudichtet, um
ihn pentacanthus zu nennen, das verdient starke Rüge, zumal, da er ge-
rade diese fünf Stacheln auch zum diagnostischen Kennzeichen macht. Hie-
‚bei, ist noch als-auffallend zu bemerken, dafs Bloch unter die Abbildung
des Sogo setzt, Prinz Moritz del., da doch in der Sammlung des Prinzen
kein: Original davon vorkommt, auch Bloch zu diesem die besseren Ab-
bildungen von Plumier w..A., oder die Exemplare seiner Sammlung be-
nutzen: konnte:
' Carauna.. Bloch im System« ichthyol. p.. 346. rechnet diesen Fisch
zur Gattung Gymnocephalus. unter dem Namen. G. ruber. Ohne darüber zu
rechten, ob: die Gattung, als. solche stehen bleiben kann, ist soviel doch deut--
lich, dals dieser Fisch keineswegs dazu zw zählen ist... Es läfst sich näm-
' lich aus der Abbildung L. P. I. 350. gar nicht darthun, dafs der Fisch ei-
nen unbeschuppten Kopf habe.. Diese Andeutang auf die 67ste Kupfertafel
des Syst.ichthyol, ist also abermals völlig willkührlich, noch viel willkührlicher
aber die dort angegebene: Gestalt des Kiemendeckels, von: dessen: nach hin-
ten: aufgezogener Spitze sich gar keine Spur dort vorfindet; der Rand der
Hintern: Platte: erscheint vielmehr nach: seinem: ganzen: Umfang, besonders;
nach: unten: gestachelt,, dagegem die vordere Lamin« glatt.. Ich: würde den
Holzschnitt bei: Maregrave: der Bloch’schen. Copie vorziehen, wenn auch er
280 Liechtenstein
nicht bei dem Kiemendeckel einen groben Fehler hätte, indem die Sta-
cheln oder Zähne an der vordern Lamina angebracht sind. Sonach gehört
denn auch dieser Fisch in die Gattung Bodianus (im Cuvier'schen Sinn),
und mag als B. ruber bis zu genauerer Kenntpifs seinen Platz im System
finden. £
Vom Gururuca nnd Guaibiaya fehlen die Abbildungen., Die
Unvollständigkeit und Kürze der Beschreibung lälst keine Deutung zu.
Cap. IV. p. 148.
Guatucupa juba. Bloch hat in seinem Fischwerk VI. p. 77. zu-
erst diese Stellc benutzt, und mit Hülfe der Original- Abbildung L. P. I.
510. (die, aber Uribaco überschrieben ist) eine neue Art von Perca, die er
P. Juba nennt, daraus gemacht. In dem Syst. ichthyol. erscheint diese Art
unter der blofs durch die gestreifte Zeichnung charakterisirten, mithin sehr
widersinnig zusammengesetzten Gattung Grammistes. Cuvier nennt dann .
R. a, IL. p. 279. dieselbe unter den Arten seiner Gattung Pristipomus, in
welcher er allerdings sehr glücklich die hohen, plattgedrückten Formen
mit kleinen, dichtgedrängten Zähnen, und fein sägerandigem vordern Kie-
mendeckel ohne Stacheln, aus den Gattungen Lutjanus, Sparus, Perca und
Labrus vereinigt. Er hat auch hier, ohne dafs von diesen wesentlichen
Merkmalen vieles aus dem Text oder der Abbildung zu entnehmen gewe-
sen wäre, die Wahrheit sehr richtig getroffen. Das zoologische Museum
erhielt den Fisch, von welchem hier die Rede ist, durch Herrn v. Olfers
aus Brasilien. Es ist ein wahrer Pristiporn, dessen specifische Kennzei-
chen in den von Marcgrave angegebnen Verhältnissen, dem schwarzen Streif
“durch's Auge und dem etwas verwascheneren über dem Nacken herab, zu
suchen sind. Nur die Zahl der Strahlen in der Rückenflosse weicht von
Marcgrav's Angabe ab, indem sie nicht zwei und zwanzig, sondern dreilsig
beträgt. Der Fehler in Marcograv’s Angabe leuchtet aber schon aus dem
Holzschnitt, und mehr noch aus der Abbildung so deutlich ein, dafs selbst
Bloch die gröfsere Zahl in seiner Beschreibung aufgenommen hat. Die
Strahlenzahl der übrigen Flossen ist wie folgt: P. 17. V. 4 A. 35. €. 16.
Die Kiemenhaut hat 5 Strahlen. Ganz willkührlich ist es nun aber von
Bloch, wenn er die zwei Flecken in der Schwanzflosse zum diagnostischen
Merkmale macht. Auf der Zeichnung sind diese nur als etwas stärkere
Schat-
über die Naturgeschichte. Brasiliens. 81
Schattirung der Schwanzflosse an ihrer dickern, undurchsicht'gern Basis
angedeutet. Die beiden grellen scharf umgränzten, schwarzen Schwanz.
flecken in der Figur des Perca Juba T. 308. f. &; sind also eine willkühr-
liche Erdichtung. Ich muls hier gleich bemerken, dafs der von ‚Marcgrave
P- 152. unter dem Namen Acara pinima beschriebene, von Bloch als Spa-
rus vittatus, und nachmals im Syst. ichthyol. als Grammistes Mauritii_auf-
geführte Fisch, von unserm Pristipomus .Juba wohl nicht verschieden ist.
Dies wird jedem einleuchten, der die beiden Beschreibungen genau mit
einander vergleichen will. Deutlicher aber ergiebt es sich noch aus der
Vergleichung der oben citirten Abbildung L. P. II. 310. mit der andern des
Acara pinima L. P. I. 341. Letzterer ist kaum 2 Zoll lang; der Prinz hat
dabei geschrieben, das sei Lebensgröfse. Der sehr scharfe Nackenstrich,
wenn er anders ursprünglich vom Maler herrührt, möchte also dem frü-
hen jugendlichen Zustand zugeschrieben werden können. Sehr wnnatürlich
wenigstens mufs Jedem, der die Bloch’sche Abbildung des Sparus vittatus
T. 265. fig. 2. mit Aufmerksamkeit betrachtet, der überall gleichmäfsig
schwarze Reifen, der diesem Fisch um den Nacken liegt, erscheinen. Der
- parallel mit diesem durch die Augen gezogene schwarze Streif ist wieder
rein zugedichtet, und nur durch den Marcgrav’schen Text, in welchem
des schon oben erwähnten charakteristischen Streifens gedacht wird, veran-
lafst, damit die Abbildung desto besser zu diesem Text zu passen scheine.
Bloch mufs ihn aber selbst nur sehr flüchtig gelesen haben, weil er. sonst
diese beiden Binden unmöglich bis auf Jie Bauchseite hätte durchführen
können.
Pacamo. Eine Original- Abbildung fehlt ganz, aus welcher man
den schlechten Holzschnitt kenntlicher zu machen im Stande wäre. So
vollständig die Beschreibung auch ist, so wenig ist es dennoch möglich,
auch nur die Gattung zu bestimmen, zu welcher dieser Fisch gehören könnte...
Er würde zu manchen Arten der Gattungen Batrachus, Phycis, Blennius,
vielleicht selbst Gadus passen, wenn nicht immer ein oder der andere Zug
in direktem Widerspruche mit .dem stände, was ihn mit denselben in Ueber-
einstimmung bringen. kann, Es bleibt also nichts übrig, als ihn für eine
bis dahin unbekannte Art anzusehen. 2.
Sr Der folgende Fisch Petimpuata ist schwerlich etwas anders, als
; Fistularia tabacaria L. in ihrer ganz reinen Form. Cuvier (R. a. II. 549.)
scheint eine Deutung auf die Fist, serrata zulassen zu wollen, oder sie für
einerlei mit der F. tabacaria zu halten, Beides ist unzulässig. Die F. ser-
Phys. Klasse, 1030-— ıdar. j Y u Nn
282 Biene.
rata ist eine bestimmt verschiedene Ast, ‘von der Bloch nur eine sehr un-
vollständige Kennthils besitzt, so dafs es verzeihlich war, wenn Schneider
mit ihm sie für blofse Varietät, etwa des männlichen ‚Geschlechts hielt.
Es sind hier aber ganz andere Verhältnisse. Der Kopf nimmt bei F. ser-
_ räta den dritten "Theil der Leibeslänge 'ein; indessen er bei der A tabaca=
ria nur 'ein Viertel des Leibes beträgt. Auch ist nicht bloß die Kopfs
söhre, sondern der ganze Leib zu beiden Seiten in der Richtung der Sei-
tenlinie mit Sägezähnen bewaffnet, die vorm schwach sind, und nach der
Schwänzflosse hin an Größe und Schärfe zunehmen, Die Schwanzborste
ist bei allen uns bekannten Fistularien einfach, spaltet sich aber leicht in
ihre zwei Hälften. So hat äuch die F’ serrata nur eine einfache, die
noch dazu nach Verhältnils dünner ist, als ber der tabataria. Dafs übri-
gens die F. tabacaria hier gemeint sei, ergiebt sich auch aus der Abbil-
dung (L. P. H. p. 360.), wo dieser Fisch den Namen Guebi führt.
"Pira jurumenbeca, ohne Abbildung. Ein räthselhafter Fisch, in
dessen Beschreibung sich hier so viel Widersprüche zeigen, dafs nichts, als
leere Vermuthuriger über die etwa hier eingeschlichenen Irrthümer sich
aufstellen Iassen. Vielleicht nämlich solE dieser Fisch statt 9 oder 10 Fußs,
wie hier steht, eben so viele Zoll haben, worauf dann alle Verhältnisse
besser passen, vielleicht ist mit der Schwanzform so etwas gemeint, wie
wir am Bloch’schen Lonchurus kennen; immer aber bleibt ohne Hülfe ei-
ner Abbildung die Erklärung dieser Stelle im höchsten Grade mifslich.
Cap. V.
Nhamdia. Auf den ersten Anblick erkennt man in der Beschrei=
bung und Abbildung einen Pimelodes, und wird die geringen Widersprüche,
die sich zwischen beiden finden, z. B. die unnatürlich steif gezeichneten
Cirrhen, nur der Abbildung zur Läst legen, mithin im Text nichts finden,
das Verdacht an seiner Richtigkeit erregen könnte. Die noch vorhandene
Original- Abbildung (L. P. I. pag. 375.), wo aber der Fisch Guiri' genamht
wird, steht mit der Beschreibung im vollkommensten Einklang und be-
weiset, dafs der Holzschnitt zwar in den Umrissen treu, doch in Neben-
sachen, wie eben in der Länge der Cirrhen, von dem Künstler willkührlich
entstellt sei. Indessen bleibt bei der großen Zahl ähnlicher Fische dieser
Gattung, die sich in den südamerikanischen Flüssen finden, in der ganzen
weitläufigen Schilderung nichts wahrhaft charakteristisch, als die bedeutend
lange Fettflosse auf dem Hinterrücken. Wir kennen äur eine einzige Art,
mit weleher hierin dieser Fisch verglichen werden kann, nämlich die in un-
über die Naturgeschichte Brasiliens. 283
serm Museum unter dem Namen P, macropterus aufgestellte, welche aus
Brasilien stammt. Aber bei ihr nimmt diese Fettflosse einen noch weit
‚größsern Raum ein, als ihr auf den Abbildungen gegeben ist, und-es
bleibt mithin immer mifslich, beide für einerlei zu erklären, wiewohl die
Wozte des Textes eine solche Deutung allerdings entschuldigen könnten.
Guaperua. Unter diesem Namen kam schon oben Lophius vesper-
silio vor. Hier ist L. histrio ‚darunter verstanden, die Beschreibung sehr
vollständig und deutlich, Die schlechte Abbildung ist ein Abdruck des
nämlichen Holzschnitts, ‚der in dem schon oben erwähnten Werke von de
Laet (pag: 574.) gebraucht ist. Von den bessern Original-Ab bbildungen
(J. M. TI. p. 85. L. P. 1.op. 361. und 563. L. I. p. Herr: weder hier
noch von Piso Gebrauch gemacht.
‚Curuata- piniına, Es ist nicht NEED aus der Abbildung aa Be-
schreibung mit Bloch den Seormber Trachurus zu erkennen. Eine Original-
Abbildung ist nicht vorhanden, und der hier gelieferte Holzschnitt, sicht-
lich von einer andern Hand als die übrigen, hat nur.um ein‘ geringeres
höhern Werth, als der, den Piso (pags 51.) zu dem Artikel Curuata pi-
nina liefert, indem er zugleich bemerkt, es gebe zwei Arten der Curuata,
nämlich die pinima, welche langstreckiger sei (die Marcgravische) und
eine andere höhere, ‘die er hier abbildet. Es ist nicht der Mühe werth
zu untersuchen, :ob .diese letztere mit Sc. trachurus für einerlei zu halı
ten, ‚oder ob Piso den Scomber Carangus vor Augen gehäbt, ‘der nachher
noch einmal (p. 57.) und bei Maregrave pag. 172. unter dem Namen Gun.
catereba vorkommt. Denn bei der Dürftiigkeit dieses wahrscheinlich an-
derswoher genommenen Holzschnitts und bei der Mangelhaftigkeit des Pi-
so'schen Textes würde eine solche Untersuchung doch kein Resultat ‚geben.
u. Tamoata ist deutlich genug Cataphractus Callichthys "bei beiden
be Are" ‘Der Holzschnitt von Piso ist‘ ‘kleiner und. "weniger cörrekt;
der Marogravische nach der "Original-Abbildung (L.‘P. II. 'p. 568.), Wahr
scheinlich ist aber noch ein vorhandenes Exemplar dieses Fisches bei An- '
fertigung des Holzschnittes zu Hülfe genommen. Denn sowohl was die
letzten Schilder an der Schwanzwurzel, als die‘ Rückenflössen "betrifft, Ain-
‚den \sich einige ‘Verbesserungen, die von näu Natur; entlehnt sind, "aber
Pd anh nicht ganz erreichen. mob wasiawi(. un
re wunälaneu Ca WRipag veaına Haste nalen V
Puraque. Die Beschreibung 'Marcgrave's, so wie der von beiden
Schriftstellern gelieferte Holzschnitt, zeigt gleich deutlich einen Ahinobatus,
Nn>2
4
.
284 ER ; Lichtenstein AR | r
den Schneider (Systema ichth. pag. 356.) zuerst als eigne Art’unter dem
Namen Ah. electricus aufführt. Auch ist diese Art von allen den übrigen
bekannten gewils auffallend verschieden, und an eine Entstellung durch
Ungeschicklichkeit des Künstlers nicht -zu denken ; denn die Abbildung
(L. P. I. 398.) trägt zu sehr alle Spuren sorgfältiger Vollendung, als dafs
sich auf eine Entstellung muthmalsen’ liefse. Obgleich nun in derselben
das. elektrische Organ in seiner sich bei den Zitterrochen so oft auch äus-
serlich darstellenden Bildung nicht zu erkennen ist, so läfst doch die son-
derbare weite Form des Brusttheils wohl auf so etwas schliefsen (Vgl. Bu-
dolphi Physiologie I. pag. 200.). De Laet, welcher in seiner hist. Ind.
occid.. (pag. 572.) unter demselben Namen eines elektrischen Fisches er-
wähnt, bildet daneben eine andre Art von Rhinobatus ab, die mehr mit
der Form der bekanntern Arten übereinstimmt, und schwerlich elektrisch
ist. Eine. neue Art, die wir inzwischen aus Brasilien erhielten, weicht
von beiden, so wie von allen übrigen ab und ist ‘nicht elektrisch. Diese
Marcgravische bleibt daher in ihrer Eigenthümlichkeit stehn und erwartet
von der Folgezeit nähere Aufklärung.
Acara pinima, Es istschon oben zu Guatucupa juba im vierten Capi-
tel bemerkt worden, dafs dieser Fisch höchst wahrscheinlich einerlei sei mit-
jenem Pristipomus juba von Cuvier. Der Hauptunterschied betrifft die Gröfse,
indem diese nach dem Text 6— 7" betragen soll, indessen bei der Origi-
nal- Abbildung (L. P. I. 341.) nur zwei Zoll angegeben werden. Die Ver-
muthung liegt sehr nah, dafs dieser Acara pinima der junge Guatucupa
‘ juba sei, wenigstens findet sich aus genauer Vergleichung nichts, was da-
gegen stritte, als etwa die gröfsere Höhe des erstgenannten, die vielleicht
auch nur dem jugendlichen Zustand zuzuschreiben ist. Ich wage dennoch
nicht, hier darüber abzusprechen, sondern wiederhole nur, dafs Sparus
wittatus Bloch’s und Grammistes Mauriti Bl. S. welche ganz auf dieser
Stelle beruhen, sehr zweifelhafte Arten bleiben. Auch kann ich nicht un-
erwähnt lassen, dafs die kleinen Exemplare unsers Museums, die wir,
wiewohl nicht mit völliger Gewifsheit, für die Jungen des Pristipomus Juba
halten, auch eine grofse Uebereinstimmung zeigen, mit unserm, aus der
Bloch’schen Sammlung stammenden Exemplar seines Lutjanus hasta (Pristi-
pomus hasta Cuv.), welcher aus dem indischen Meere ist. Auch hier kommt
alle Verschiedenheit auf geringe Abweichungen in-der Flossenlänge und der
Stärke der ersten Rücken. und Afterflosseustrahlen hinaus.
über die Naturgeschichte Brasiliens. 25
Pira pixanga. Gronovius ist der erste, welcher von diesem Thiere
bei Marograve ‚Notiz genommen, indem er es im Zoophylacium pag. 90.
No. 297. als dritte Varietät eines Fisches aufführt, der nachher nicht eher,
als durch Bloch in das System eingeführt worden. Nachdem dieser näm-
lich die Abbildung des Prinzen Morifz kennen gelernt, stellt er ihn dar-
nach als Holocentrus punctatus auf a4ı Tafel vor, und giebt (IV. p. 88.)
dessen Beschreibung. Es ist unmöglich, alle die Nachlässigkeiten im Auf-
zählen falscher Citate und Wiederholen älterer Irrthümer aufzuzählen, die
Bloch sich hier zu Schulden kommen läfst. Es sei genug, zu rügen, dafs
er in seiner Abbildung, die eine Copie von L. P. ll. pag. 306. sein soll,
die Lage der Seitenlinie, die Gröfse der Bauch- und Afterflossen, die Zähne
der vordern Kiemendeckelklappe ganz willkührlich andeutet, indessen auf
der Original- Abbildung, aufser einem kleinen Stachel am hintern Kiemen-
deckel, nicht mehr zu sehen ist, als an dem Holzschnitt.. Der Holocentrus
punctatus bleibt demnach um so mehr eine zweifelhafte Species, als auch
die Gröfse der Schuppen auf dem Bloch’schen Bilde sich aus nichts recht-
fertigen läfst, und im Text nur von rothen und nicht von schwarzen Punk-
‚ ten die Rede ist. Durch Hinzuziehung der fast gar ‘nicht zu deutenden
Stelle über den Cugupu guagu (Marcgr. pag. 169.), von der nachher di
Rede sein wird, ist eine fast nicht zu lösende Verwirrung herbeigeführt,
und ohne Vergleichung sämmtlicher Angaben mit der Natur, die aus Man-
gel an einem Exemplar hier nicht zu geben ist, wird sich nicht ausmit-
teln lassen, ob der Fisch, von welchem Marcgrave hier handelt, zur Gat-
tung Serranus oder zu einer andern gezogen werden müsse, und wie weit
die ähnlichen Abbildungen z; B. be Seba III. 27. 6, damit ERIER wer-
den können oder nicht.
Der folgende Fisch, den der Verfasser nur als dem Harder ähnlich
aufführt, ist durch einen sonderbaren Milsgriff zuerst von Gronov, nach-
her von Gmelin und Schneider für einen Gobius *) gehalten worden, woran
die etwas geräumige Darstellung der ausgezeichnet grofsen Bauchflossen
Schuld ist, Cuvier hat auch diesen Irrthum erkannt, und richtig geur-
theilt, es sei ein Scombef, und zwar derselbe, den Mitchill *) als auch
an den nordamerikanischen Küsten vorkommend, unter dem Namen Scomber
=onatus beschrieben und abgebildet hat. Die Verschiedenheiten in der
*) Gronov. Zoophylac. 2 0, 278. Gmelin $. N, ed, 13. pag. 1505, m. 35, Bloch Syat. ichthyol,
pag. 66. m, a,
®*) Transastions of the Society of New-York. & 1815, pag. 427. ab, 4. Ge. 8:
286 Bienen N
Zeichnung können hier gar nicht in Anschlag kommen, da 'Mitchill uns
belehrt, dafs dieselbe nach dem Alter sehr variire. Es verdient in die-
ser Hinsicht noch bemerkt zu werden, dafs die Original-Abbildung (L. P.
II. p. 386.) die Zeichnung, besonders der letzten Binden des Rückens, re-
gelmäfsiger darstelle als der Holzschnitt, und dafs der ersten und dritten
dieser Binden (vom Schwanz an gerechnet) gegenüber ein kleiner, isolir-
ter Bauchfleck von der Farbe der Binden sich befinde. Die fünf silber-
weilsen Flecke in der Bauchflosse, wovon Marcgrave redet, sind in der
Abbildung sorgfältig angedeutet, Prinz Moritz hat daneben geschrieben:
Grofs wie ein Salm, welches mit Mitchill’s Angabe übereinstimmt, wenn
man unter Salm einen jungen Lachs versteht.
Cap. VII. pag. ı53. er
Salema, oder wie Piso anführt, in der Landessprache Pacu. Bloch
hat zuerst versucht, diesen Fisch nach Anleitung der Abbildung (L. P. I.:
pag- 357.) zu deuten, indem er ihn unter dem Namen Perca unimaculata
(VI. p. 75: ) ins System einführt, und die Abbildung in einer Kupfertafel
(T. 308, f. ı.) copirt. Weder diese Abbildung, noeh Marcgrave's Text
enthalten irgend etwas, woraus sich rechtfertigen liefse, dals dieser Fisch
der Gattung Perca angehört, und selbst in der Blochschen Kupfertafel feh-
len die dazu erforderlichen Kennzeichen; ja es sind hier nicht einmal die
einzelnen Züge in der Original- Abbildung benutzt, welche allenfalls eine
solche Annahme hätten entschuldigen können, z. B,, dafs die hintere Kie-
mendeckelklappe in einen Winkel ausläuft, und dafs man die Zeichnung
des Schlagschattens allenfalls für Andeutung von feinen Zähnen vehmen kann.
Cuvier hat dann, weil die Unsicherheit der Darstellung sich hier zu leicht
verrieth, auf solche Hinweglassungen gemuthmafset, und ihn zur Gattung
Pristipomus gebracht, welches die Aehnlichkeit der Form mit dem Gua-
tucupa juba, ‘den Bloch auf derselben Tafel daneben gestellt, zuzulassen
schien. ‘Die aus Brasilien uns zugekommenen Exemplare zeigen jedoch,
dafs die Vergleichung Marc$rave's mit dem Sargus sehr richtig ist, und
dafs man einen Fisch der Gattung Sparus im Cuvier'schen Sinn aus ‚der
Abtheilung Sargus vor sich hat. |
Was Bloch im Text zur Beschreibung dieses Fisches sagt, mufs da-
nach um so mehr berichtigt werden, als er mit unverzeihlicher Flüchtig- -
keit selbst vergilst, welche Abbildung in des Prinzen Sammlung er copirt
hat, Er verirrt sich zum Jetimixira (L, P. II. pag. 388.), führt nicht nur
diese Tafel unter den Citaten an,‘ sondern.giebt nun auch die, Zahlen der
Bi
über die Naturgeschichte Brasiliens. 287
Flossenstrahlen, und die Gröfse so an, wie sie ihm auf dieser eben im vo-
rigen Theil von ihm selbst benutzten Abbildung erscheinen. Dazwischen
steht dann die Beschreibung der äufsern Gestalt und der Farben nach der
wahren Abbildung, an welcher aber namentlich das, was von den Zähnen
gesagt wird, durchaus falsch ist. Dieser Fisch hat nämlich, wie alle zur
Unterabtheilung Sargus zu rechnenden Spari breite, flache Vorderzähne,
die hier noch zu einem unterscheidenden Merkmale an ihrer Schneide aus-
gerandet sind. Ihre Zahl ist oben und unten sechs. Die Backenzähne ste-
hen in doppelter Reihe und sind zugerundet, Die Zahlen der Flossenstrah-
len sind: D. 43. P. ı5. V. 5. A. z3. C.‘ı7. In der Kiemenhaut sind fünf
Strahlen. Das gröfste unserer Exemplare hat etwas über sechs Zoll.
Uubarana. Den Fisch, welcher hier abgebildet ist, hat zuerst
Bloch *) mit einem systematischen Namen belegt, indem- er ihn in sei-
nem hinterlassenen Werk als Clupea brasiliensis aufführt. Gegen diese
Deutung läfst sich schwerlich etwas einwenden, und es ist nur zu rügen,
dafs sie in demselben Werk **) noch einmal, wenn gleich unter einigem
Zweifel, zu Albula conorhynchus oder wie es auf der Kupfertafel 86. heilst,
Albula Plumieri, nach Gronov's ***) Vorbild citirt wird. Die Originalzeich-
nung (L. P. I. 339.) hat keine Afterflosse, von der jedoch im Text in zu -
bestimmten Ausdrücken die Rede ist, als dafs man nicht den Zusatz der-
selben auf dem Holzschnitt "loben sollte.
Pira aca. Linne hat diese Stelle zum Balistes tomentosus citirt;
Bloch nachmals zum B: sinensis, worin ihm Gmelin folgt. Er gehört schwer-
lich zu einer dieser Arten. Denn vom £omentosus unterscheidet ihn die
Abwesenheit der borstigen Bedeckung der Schwanzseiten, und dafs sie wirk-
lich fehle, geht theils aus dem Stillschweigen Marcgrave's, theils aus der
recht guten Abbildung (L. P. II. p. 380.) hervor. Eben so wenig kann
es der chinensis sein, der eine doppelte Reihe ‘von Stacheln an dieser Stelle
trägt. Cuvier deutet ihm auf den B. zomentosus Bloch’s, der, wie schon
Schneider erwiesen hat, "sich von dem B. tomentosus Linn. wesentlich. un-
terscheidet, Nimmt man nämlich an, Linne habe hauptsächlich die Abbil-
dungen von Clusius, Seba und Gronov zum Muster für seinen tomentosus
genommen, so ist am diesem die (hier unpaare) Bauchflosse nicht lang,
int
®) Syst. Ichthyol. pag. 427.
**) Ibid. pag. 47a.
”*) Zoophylac. pag. 102. No. 527.
288 Lichtenstein über die Naturgeschichte Brasiliens.
und’ vorn von einem dicken starken Strahl gestützt, dessen rauhe Spitze
über sie selbst hinausragt. Bloch’s B. tomentosus hat dagegen ‘die Bauch-
flosse lang und von einem dünnern, ganz von ihr umschlossenen Knochen-
strahl gestützt, wie derselbe Fall beim B. chinensis und unserm Pira aca
Statt findet. Dieser letztere hat nun aber nicht die Rauhheit der Schwanz-
seiten, die der Bloch'sche tomentosus zum Kennzeichen an sich trägt. Ich
kann daher hierin Cuvier nicht beistimmen, und halte ihn für eine von
allen diesen verschiedene Art, die aber erst noch näher bekannt werden
mus, beror man ihr eine Stelle im System anweisen kann.
Unter den in der Bloch'schen Sammlung dem Museum zugekomme-
nen Arten dieser Gattung befand sich einer mit dem Namen Balistes to-
mentosus bezeichnet, der die Beschaffenheit der Bauchflossen mit dem Lin-
neischen tomentesus, die Glätte der Schwanzseiten mit dem Pira aca ge-
mein hat, und wiederum als eine ganz besondere Art dasteht. Denn aufser
diesen Merkmalen unterscheidet ihn auch noch die wenig gekrümmte Ge-
stalt des grofsen Rückenflossenstrahls, welcher mehr an seiner vordern
Kante, als nach hinten mit Zähnen besetzt ist, und hier nur am untern
Drittel seiner äufseren Leisten kleine, etwas aufwärts gerichtete Zähne trägt.
Von der Wurzel dieses grofsen Stachels bis zum Schwanz verläuft sich der
Umrifs des Rückens in einem mäfsig gewölbten Bogen, ohne die auffallen-
den Höcker, welche sowehl der Pira aca, als die Abbildungen, die Linne
sonst noch zum B, tomentosus citixt, zeigen.
Der nun folgende Cap£una ist von Bloch *) für Grammistes eri-
vittatus bestimmt, und zwar nach Anleitung des Bildes (L. P. I. p. 355.).
Offenbar stimmt die Beschreibung Marcgrave’s sehr schlecht zu dem dane-
ben stehenden Holzschnitt, der auch mit der Original-Abbildung keine
Aehnlichkeit :hat; auf diese ‘dagegen palst die Beschreibung vollkommen.
Der :Holzschnitt ist also abermals ein untergeschobener. Zu welcher Gat-
tung aber dieser Fisch zu zählen, wird weder aus Marcgrave, noch aus
der angeführten Abbildung ersichtlich. Nur so viel ist gewils, dafs, er
sei nun ein Serranus oder Bodianus, er den Beinamen trivittatus nicht be-
halten dürfe. Denn Marcgrave spricht nur von zwei Streifen über .den
Leib, und mehr sind auch auf dem Bilde des Prinzen, das den Namen
Capduna tfägt, nicht zu sehn.
(Diese Abhandlung wird fortgesetzt.)
*) 8ystema ichthyol, pag. 188.
are
Ueber den Magnetismus der galvanischen Kette.
Von Herrn SEEsEck *).
Din die in der Geschichte des Magnetismus Epoche machende Entdek-
kung Oersted’s haben wir den Magnetismus in einer neuen, vorher un«
bekannten Form kennen gelernt; es hat sich zugleich aus den von Gersted
entdeckten Thatsachen ergeben, _ dafs ein festes Verhältnifs zwischen der
elektrischen und magnetischen Polarisation in den galvanischen Ketten be-
stehe. — Ob die eiuzige Bedingung der Eıregung des Magnetismus in
derselben die ununterbrochene Erregung und Aufhebung der elektri-
schen Spannung sei? Ob überall wo diese stattfindet, auch jener er-
folgen müsse? oder ob wohl noch andere Bedingungen gefordert seyn
möchten, wenn eine magnetische Spannung in den dazu geeigneten
Körpern erfolgen soll? diefs war auch nach jenen Erfahrungen noch als
unentschieden anzusehen. .
Aus der genaueren Kenntnifs aller Umstände, unter welchen eine
Zu- und Abnahme des Magnetismus in der gesohlossenen Kette eintritt,
mufste eine bestimmte Antwort auf diese Fragen hervorgehen, Indem ich
eines Theils hierauf meine Aufmerksamkeit richtete, suchte ich zugleich
eine weitere Aufklärung über das Gesetz der Vertheilung des Magnetismus
®) Bearbeitet nach Vorlesungen, welche den 3 December 1820 und den 8. ‚Februar 182: gehalten
worden, nebst einigen später binzugefügten Zusätzen,
Phys Klasse, 1g20- ger, oo
’
290 Seebeck
in den galvanischen Ketten, 'ünd über dns ‘Verhältnifs dieses Magsetisuuns
zu dem in den Eisenmagneten zu ‚erlangen.
Als. ich: diese Untersuchungen im Anfange des Geptekribets 1820 be-
gann,. war mir aufser der ersten gedruckten Notiz, welche Herr Oersted
von seiner Entdeckung gegeben, auch die später von ihm gemachte Erfah-
rung: bekannt,. dafs selbst mit. einfachen Ketten alle galvanisch- magnetische
Erscheinungen: dargestellt werden können. a
Die ersten vergleichenden Versuche, welche ich mit einer Voltaischen
Säule und mit einer einfachen Kette anstellte, überzeugten mich, dafs diese
viel wirksamer sei als jene; ich habe mich daher in den folgenden Unter-
suchungen: immer nur*einfacher Ketten bedient, obwohl von verschiedener
Construction; ;
1. Wiederholung der ip Oersted' s,. — Ein Paar Plat-
ten. von Kupfer und Zink,. jede 5% Quadratfufs grofs, zwischen welchen.
sich eine 45 Quadratfufs grolse, mit einer Auflösung von Küchensalz und
Salmiak, oder !mit verdünnter: Schwefelsäure benetzte Pappscheibe befand,
lag mit zwei" Kanten genau im magnetischen Meridian. ‘Von der Mitte der
beiden: andern. Kanten gingen zwei: horizontal liegende, starke Messing- - ,
Y
drähte Za und’ Kb»Fig. ı:,. die eine;von der Zinkplatte, die and:ryı
‘ der Kupferplatte aus. Auf diesen Drähten,. welche im Osten über den
Platten hervorragten,. ruhte‘der die Kette schliefsende, horizontal liegende
Metallstab ab. Der von der Zinkplatte ausgehende Draht Za, lag in Sü-
den,, der von der Kupferplatte ausgehende, Xb, in Norden.
a) Stand: die Declinations-Boussole unter dem Stabe ab, so wich
die Magnetnadel bei der Schlielsung.der Kette mit ihrem Norapel (—m)*)
nach Osten ab,
b) Stand: die Magnetnadel! über dem Stabe,. so ich der Nordpol
nach: Westen ab.. B
*)\In Frankreich’ nennt'man den Pol’der Mägneinadel, welcher sich nach Norden richtet, den süd-
lichen Pol, in Deutschland den Nordpol,. Da ‘eine gleichförmige , , dem wahren Verhältnifs der
‚Pole .der Nadel zu ‚den Polen der: Erde entsprechende Bezeichnungsart zu ‘wünschen ist, so
schlage-ich vor, in -wissenschaftlichen ı WVerken : denmagnetischen Nordpol der Erde mit +M
und den -Südpol mit —M;,, den Nordpol der Magnetnadel (den sich nach’ Norden richtenden),
desgleichen den, der. Mägnetstähe etc, ‚mit —m,. und den Südpol derselben mit +m zu bezeich-
nen, . Hierdurch würde jede Zweideutigkeit'vermieden, und die in jedem Lande übliche Benen-
nung könnte beibehalten werden... q
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 291
c) Befand sich die Declinationsnadel an der Ost- oder an der West-
seite des Stabes, in der durch die Achse desselben gehenden Horizontal-
‘ ebene, so fand keine Declination statt,
d) Wurde eine Inclinationsnadel, welche durch ein Gegengewicht
am Südpol (+ m) in eine horizontale und ab Fig. ı. parallele Lage ge-
bracht worden, diesem Stabe von der Ostseite her genähert, so neigte
sich der Südpol; derselben (+m).
e) Diese Nadel von der Westseite her ab genähert, inclinirte mit
dem Nordpol (—m).
f) Stand die Inclinationsnadel über oder unter dem Stabe ab in der
durch die Achse desselben gehenden Vertikalebene, und zugleich der Achse
parallel, so erfolgte keine Inclination,
2. Wurde der Apparat in der Horizontalebene so weit herumge-
dreht, dafs der schliefsende Stab, ab perpendikulär auf dem magnetischen
Meridian zu stehen kam, ‚so blieb bei schwach wirkenden galvanischen
Ketten die freischwebende Declinationsnadel vollkommen in Ruhe.
Alle diese Resultate stimmen genau mit den ersten Angaben Oersted's
überein,
Wird eine Kraahe wirkende galvanische Kette N so erfol-
gen, wenn ab Fig. ı. sich in der eben erwähnten Lage befindet, _ folgende
Declinationen:
a) Liegt der Zinkpol der Kette in Westen, der Kupferpol in
Osten, und befindet sich: die Declinationsnadel unterhalb ab, so erfolgt
eine völlige Umkehrung der Nadel, der Nordpol derselben (—m) kommt
in Süden (+M) zu stehen, «die Declinatiom beträgt also 180°. Oberhalb
des Stabes bleibt die Declination dagegen Null.
b) Liegt der Kupferpol in Westen, der Zinkpol in Osten,
so ist die Declination unterhalb des Stabes Null, oberhalb desselben 180°,
3. In den $. ı. angeführten Versuchen befanden sich die Magnet-
.nadeln vor der Schliefsung der Kette in der natürlichen Stellung freischwe-
bender Nadeln, mit dem Nordpol (—m) gegen Norden (-}M) gerichtet.
Der —m Pol ‚der Nadeln war also vor der Schliefsung dem Pol der galva-
nischen Kette zugekehrt gewesen, ‘von welchem hr E nach der Voltai-
schen Theorie in ab eintritt *).
*) Denn nach dieser Theorie geht +E vom Kupfer in den "Zink, und vom Zink in den feuchten
Leiter. Nach dem dualistischen System geht zugleich —E vom Zink durch.den leitenden Drah,
O0oa
292 er Br IE 20 Zr ee;
Den Magnetnadeln wurde nun die umgekehrte Stellung» gegeben, so
dafs ihr —m Pol nach Süden (—M)) zu stehen kam, also gegen den —E
Pol des schliefsenden Stabes zu, welches bei der Declinations - Boussole
durch ein in einigem Abstande von der Nadel aufgestelltes Magnetstäbchen
bewirkt wurde. Beim Schliefsen der Kette erfolgte hier genau dieselbe De-
clination, wie bei der freien Stellung der Nadel; nämlich unter dem Stabe
eine östliche und über demselben eine westliche Abweichung des
— m Poles. Auch die Inclinationen wurden nicht verändert, wenn der
—m Pol der Nadel dem in Süden liegenden —E Pol zugekehrt war; an
der Ostseite von’ ab neigte sich der + m Pol und’ an’ der Westseite der
— m Pol:
Die Depkuetiänen und Inclinatfönen‘ von Magnetnadelir, welche dem
horizontalen: schliefsenden Stabe ab parallel stehen, werden also nie grö-
fser als go® werden können. Dafs sie aber auch wirklich diesen Grad errei-
clten können, davon sind bereits am Ende des‘. 2; einige Beispiele vorgekommen,
4: In der folgenden Tabelle habe ich zur bequemeren Uebersicht,
die Declinationen und Inclinationen der Magnetnadeln am Stabe ab Fig. ı.
in den beiden angeführten Lagen desselben, im magnetischen Meridian, und
in der Ebene des magnetischen Aequators vollständig zusammengestellt.
Declination | Declination |Inclination an |’ Inclination
unterhalb ab | oberhalb ab | der Westseite|an der Ostseite
von ab von ab
2): Y östlich. westlich. , —mı . +m
Z’- 8 ER 1
2): x AP ! ' westlich; |' östlich: m —ım
nach’dem-Kupfer zu, und von:diesem in den feuchten Leiter. . Der Zink. wird das positive MetaU
und Kupfer.das negative Metall genannt, weil nach der Berührung und Trennung der Ziak positiv
elektrisch und das Kupfer negativ elektrisch gefunden wird; es wird bei dieser Benennung, welche
auch beständig beibehalten werden sollte, darauf: gesehen, . wa: eines durch das andere geworden
ist.. Auch ‘in der geschlossenen Kette ist Zink immer +E und Kupfer —E werdend, In Berie-
hung aufiden schliefsenden Stab a 5 mufs aber in der einfachen Kefte, wie die Fig. ı., der Zink als
—E Pol und das Kupfer als -#E Pol-angesehen werden. In Beziehung auf den feuchten Leiter ,
dagegen.ist Zink der. +E Pol und-Kupferider—E Pol.
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 295
“ Die. Deelinationen und Inclinationen. bleiben immer dieselben, ab
mag an der Ost- oder an der Westseite der Platten liegen.
Declinati inati inati Inclination an
eclination | Declination' | Inclination
unterhalb ab-|o berhalb- ab |an der Südseite] der Nordseite
von ab- | von ab
[eo
5) Su 5 nördlich ®).. | südlich ®). Baer au iz:
4) De alt ' südlich.! nördlich. | +m een
Die Declinationen und Inclinationen bleiben auch hier dieselben, ab
mag an der Nordseite oder an der Südseite der Platten liegen.
Noch ist zu bemerken, dafs es völlig gleichgültig ist, ob die Ku-
pferplatte in der Kette Fig. ı. unten oder oben liegt; die Declinationen
oder Inclinationen bleiben in den verschiedenen Lagen des Kupfer- und
Zinkpoles immer wie hier angegeben worden,
5. Wird die ganze geschlossene Kette Fig. ı. mit den Magnetna-
deln zugleich in der Horizontalebene herumgedreht, so bleibt die Rich-
tung der Nadeln gegen die Theile des Apparates unverändert dieselbe, in
welchem Azimuthe mit dem magnetischen Meridian der schließende Stab
ab sich auch befinde.
Steht die Inclinationsnadel zwischen ab und’ den Platten, so bleibt
in der Kette Fig. ı. immer der Nordpol (—m) geneigt, und steht sie
aufserhalb des Bogens ZabK, so bleibt der Südpol (-+m) geneigt.
Eben so unveränderlich ist der Stand der Declinationsnadel. Ober-
halb ab weicht der — m Pol derselben jederzeit nach den Platten zu ab,
und unterhalb nach der entgegengesetzten Seite zu, in welchem Azinutkie
ab auch liege. 2 /
Diese Versuche beweisen, dafs eine eigenthünliche, von allen äufsern
Einflüssen unabhängige magnetische Polarisation in der’ geschlossenen gal-
vanischen Kette besteht,, und dafs dieselbe in Beziehung’ auf die Lage der
elektrischen Pole der Kette unyeränderlich ist,
*) Bei freischwebenden Maznetnadeln; also im ersten‘ Falle 00 und im’letäteren 180°,
a Seebvechk w.
Die entgegengesetzten Declinationen an einer und IRRE Stelle
bei den entgegengesetzten Richtungen des Stabes ab, welche in der Tabelle
$. 4. angeführt worden, sind also eine nothwendige Folge der in Bezie-
hung auf die verschiedenen Theile. der Kette sich immer gleich blei-
benden magnetischen Polarisation, Der Grad der Abweichung jener Na-
deln ist bald gröfser bald kleiner, je nachdem der Magnetismus der Kette
die Einwirkung ‘des Erdmagnetismus auf die Nadel mehr oder weniger zu
überwinden vermag. Je. stärker die magnetische Spannung der Kette ist,
desto näher kommt die Stellung der Declinations- und Inclinationsnadeln
in allen Azimuthen dem perpendikulären Stande auf ab,
6. Da nun in der Kette Fig. 1. —E die Richtung ZabK und +E
die entgegengesetzte Richtung ÄbaZ hat, so folgt aus den sämmtlichen
bisher angeführten Erfahrungen, dafs die Ebenen der elektrischen und ma-
gnetischen Polarisation in den geschlossenen galvanischen Ketten einander .
rechtwinklich durchschneiden. _Wie schwach oder stark auch die magneti-
sche Spannung in den Ketten sei, die Ebene der magnetischen Polarisation
steht immer perpendikulär auf ab. Denn gleichartige Declinationen und
Inclinationen bei enigegengesetzter Lage der Magnetnadelnpole gegen die
elektrischen Pole der Kette, wie in den $. 5. angeführten Versuchen, kön-
nen nur dann erfolgen, wenn die Ebene der magnetischen Polarisation von
ab die magnetische Polarisationsebene der Magnetnadeln rechtwinklich durch-
schneidet.
Das Verhalten der Mesnetuadeln. an einzelnen bestimmten Stellen
in der Kette, z.B. unter dem schlielsenden Stabe ab, ist zu vergleichen
dem einer freischwebenden Nadel, welcher eine zweite Magnetnadel recht-
winklich, .die ‚magnetischen Mittelpunkte über einander stehend, genähert
wird. Die Declination der ersten ‚Nadel ist um so grölser, je stärker der
Magnetismus der zweiten ist, ‚oder je näher ‚diese der ‚ersten gebracht wird.
Ist aber die zweite Nadel beträchtlich schwächer .oder kürzer als die er-
stere, so bleibt .die Declination immer nur gering, selbst wenn die Nadeln
einander sehr nahe stehen. ‚Gleichgültig ist es auch hier, wie in den Ver-
suchen $. 5., nach welcher Weltgegend ‚die Pole der schwebenden Nadel
gerichtet en, ‚so lange ‚die zweite rechtwinklich über ihr stehende in
va andere Lage bleibt; die ‚Declination ‚erfolgt in den beiden ‚entge-
gengesetzten Stellungen der ersten Nadel, immer ‚nach derselben Seite zu,
wie leicht einzusehen.
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 295
7. Wollte man die Vergleichung der Wirkungen des Stabes ab auf
‚die Magnetnadeln mit denen zweier Magnete auf einander weiter fortsetzen,
so würde man in der oberen Hälfte des Stabes zwei andere magnetische
Pole, welche sich in Bricckehrier Lage gegen die in der unteren Hälfte
befänden, annehmen müssen.- -Diese vier Pole würden aber'noch nicht zu-
reichen, die Inclinationen zu ‚erklären. Hier müfsten noch zwei andre
Magnete an den ‚beiden Seiten des Stabes angenommen werden, deren Pole
den ungleichnamigen ‚Polen der ersten beiden Magneten zugekehrt wären,
Diese Vorstellung von acht feststehenden, alternirenden Polen am schliefsen-
den ‚Stabe ab, könnten auf den ersten Anblick zur Erklärurg des Spieles
der Magnetnadeln in der Ketie genügend erscheinen, um so mehr, da
durch vier auf die angegebene Weise mit einander verbundenen Magnet-
stäben die bis jetzt angeführten Erscheinungen nachgeahmt werden können;
sie ist es jedoch keinesweges, ‘wie schon aus dem folgenden Versuche her-
vorgeht.
8. Es werde statt des schliefsenden Stabes ab Fig. ı. ein Cylinder *)
von einigen Zollen Durchmesser auf den Drähten Za und Kb befestigt,
und es werde der ganze ‚bügelförmige Leiter Zabk um seine Achse Zk
herumgedreht, so dafs ab endlich an der Westseite der Platten zu liegen
kommt. Läfst man die Declinätionsnadel dieser Bewegung .des Cylinders
folgen, so findet man oberhalb desselben ununterbrochen eine östliche und
unterhalb eine westliche Declination. — Alle Theile der Oberfläche des
Oylinders kommen hierbei entweder über oder unter der Nadel zu stehen,
doch nirgends ist ein Punkt am Cylinder zu entdecken, welcher vorzugs-
weise als 4m oder —m Pol angesehen ‚werden könnte; keiner zeichnet
sich vor dem andern aus, an jedem Punkte wird man mit gleichem Rechte
den einen wie üen andern Pol setzen können.
Noch bündiger als durch diese Erfahrung wird die im vorigen $.
erwähnte Annahme von acht feststehenden Polen an ab durch folgende Ver-
suche widerlegt.
g. Es sei aßyd Fig. 2. der Querschnitt eines die galvänische Kette
‚schliefsenden, im magnetischen ° Meridian liegenden Metallstäbes, dessen
Zinkpol sich in Süden, der Kupferpol in Norden befinde. Stalilnadeln
*) Der Cylinder kann hohl seyn, die Wirkung wird dadurch nicht verändert.
296 2 .BeeoedbecKhkh
auf demselben transversal gestrichen, nehmen folgendermafsen einen blei-
benden Magnetismus an. Me ST
Wird die Stahlnadel auf der obern Fläche des Stabes von « nach ß,
#lso von Osten nach Westen geführt, so erhält das Ende, mit welchem zu
streichen aufgehört worden, den Südpol (4m). Wird die Nadel von ß
nach & gestrichen, so erhält diefs Ende den Nordpol (+m). Entgegenge-
setzt verhält sich die untere Fläche; durch Streichen von “ nach Ö, also
von © nach W erhält das Ende der Nadel, welches den Stab zuletzt be-
rührte, —m, und durch Streichen von W nach Q +m.
Wird eine Nadel an der Westseite des Stabes aufwärts von © nach ß
gestrichen, so erhält das Ende, mir welchem zu streichen aufgehört wor-
den, — m; an der Ostseite aufwärts von Y nach & gestrichen, erhält es
--m. Werden Stahlnadeln an der West- und Gstseite niederwärts gestri-
chen, so erhalten sie den vorigen entgegengesetzte Pole.
Wie sich die Nadeln in den Zwischenrichtungen verhalten, zeigt
Fig. -3- Ob ‚der schliefsende Stab rund oder viereckig ist, ist gleichgültig.
Bei stark wirkenden, galvanischen Ketten werden S$tahlnadeln nicht blofs
durch Streichen auf dem schliefsenden Stabe magnetisch, sie werden es
auch, wenn sie in einigem Abstande über denselben hingeführt werden.
Wird eine Stahlnadel bei der angegebenen Lage der galvanischen
Kette um den schliefsenden Stab in der Richtung OZhWCO Fig. 4. im
Kreise herumgeführt, so erhält das Ende der Nadel, welches denselben zu-
letzt berührte, jedesmal den Südpol (+ m), an welchem Punkte der Ober-
fläche des Stabes man auch zu streichen aufhöre. ° Durch Streichen in der
entgegengesetzten Richtung WZhOCW erhält jenes Ennde jederzeit den Nord-
pol (— m). Par:
Jeder Punkt der Oberfläche des Stabes ist also m und —m zu-
gleich, und keines von beiden ausschliefsend.. Wo er —m erregt, da ist.
er als —m Pol, und wo er —m erregt, da ist er als +m Pol anzusehn,
Es giebt also am ganzen schlielsenden Stabe nirgends feststehende Pole oder-
einzelne Stellen, an welchen +m oder —m im Uebergewicht vorhanden
wäre. Der polar-magnetische Gegensatz in demselben ist also einzig da-
durch begründet, dafs die Richtungen der beiden durch die Action der
Kette erregten Magnetismen ‚einander entgegengesetzt sind, dafs nämlich
+m nach der einen Seite zu im Kreise herum und —m nach der entge-
‚gengesetzten Seite zu gerichtet ist.
Wenn
vr
=
TE DE
2 .
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 297
Ju Wenn wir mun bei der angegebenen Lage des schliefsenden Stabes
die Nadeln in der Richtung OZhWCO herumführend m am zuletzt be-
rührenden Ende erhielten, so muls -m in und um den Stab die entge-
gengesetzte Richtung haben. Dasselbe gilt für — m.
Aus diesem allen geht nun hervor, dafs der schliefsende Stab einen
einfachen magnetischen Wirkungskreis hat, dessen Achse mitten
durch den Stab geht, und dafs i in diesem Wirkungskreise m die Richtung
WZhOCW Fig. 5. und —m die Richtung OZhWCO hat, wenn die —E
Seite des schliefsenden Stabes (die dem Zinkpol der Kette zugekehrte Seite)
in Süden, und die +E Seite in Norden liegt.
Die Richtung der beiden Magnetismen bleibt immer dieselbe, welche
Lage gegen die Weltgegenden man auch der Kette gebe, 'nur die Bezeich-
nung der Richtungen mufs dann, wie leicht einzusehen, verändert werden;
und also wird man, wenn der Kupferpol der einfachen Kette in S und der
Zinkpol in N liegt, sagen müssen, 4 m am Stabe hat die Richtung OZhWcCO
und — m die entgegengesetzte WZhOCW.
Man kann diefs Verhältnifse im Allgemeinen auch so darstellen: den
. schliefsenden Stab erfüllt und umgiebt ein einfacher magnetischer Wirkungs-
kreis, welcher um die Achse des Stabes so gestellt ist, dafs alle von der
Achse ausgehenden Radien in den perpendikulär auf derselben stehenden
Ebenen nach der einen Seite zu 4m und nach der andern Seite — m sind,
und zwar in gleichförmig wechselnder Folge, indem das +m des einen
Radius dem —m des andern zugekehrt ist, wie in_Fig. 6. angedeutet wor-
den. Die Radien sind aber uur +m und —m in den perpendikulär auf
der Achse stehenden Ebenen, in der Richtung der Achse selbst age sie
‚dagegen als magnetisch indifferent anzusehen.
we ı0. Ist der Magnetismus nach diesem Gesetz in der BER vertheilt,
so werden Eisenfeilspäne um Tothrecht gestellte schliefsende Stäbe sich kreis-
‘förmig ordnen müssen. Versuche haben diels bestätigt; die Späne bildeten
vollkommen concentrische Kreise (Fig. 7.) von desto gröfserem Durchmes-
ser, je stärker die magnetische Spannung der Kette war. Ueber und unter
horizontal liegenden Stäben ordnen sich dagegen die Feilspäne in paral,
lelen, perpendikulär auf ‚derh Längendurchmesser derselben stehenden Linien,
gb
‚ganz dem angeführten Gesetze ‚gemäfs. Diese Feilstaub- -Figuren bilden sich
am leichtesten an Stäben von Ran Linien Dürohrheser, minder deutlich
an döhnen Drähten. ö
Plıys, Klasse. 1920 = 1981, e " Pp
28. BE Sr 2 a ar N. 6
11. Die oben beschriebenen Declinationen und Inclinationen erfol-
gen nach dem angegebenen Gesetz der Vertheilung des Magnetismus am
schliefsenden Stabe folgendermälsen.
Eine mitten, unter oder über den horizontalen verbindenden Stab
ab Fig. ı. gestellte Declinationsnadel finder beim Schliefsen der Kette an
der einen Seite ihrer ganzen Länge nach +m, an der andern Seite —m
des magnetischen Wirkungskreises des Stabes. Da nun gleichnamige Ma-
gnetismen abstolsend und ungleichnamige anziehend auf einander wirken,
so wird der —m Pol der Nadel sich nach der Seite wenden müssen, wo
ihm das + m jener magnetischen Atmosphäre zugekehrt ist, und er wird
die Bewegung nach dieser Seite hin so lange fortsetzen müssen (wenn nicht
. eine andre magnetische Kraft entgegenwirkt) als noch die — m Hälfte der
Nadel an der einen Seite von einem anziehenden + m und an der andern
von einem‘ abstoßsenden —m berührt wird, d. h. so lange bis die Nadel
‚genau in der die Achse rechtwinklich schneidenden Polarisationsebene des
Stabes steht *). Jeder Theil der magnetischen Atmosphäre des Stabes ist
auf der Seite, gegen welche 4m geiichtor iot, alo [m Pol wirksam; eine
-Declinationsnadel’ mußs sich also unterhalb des Cylinder-Durchmessers aß
Fig. 6. mit ihrem —m Pol unter & und mit ihrem 4m Pol unter ß stel-
len, weil in jedem Halbkreise y@d-+m die Richtung ZhOC und —m in
jedem Halbkreise yßd die Richtung ZhWC hat.;
Steht die Declinationsnadel dem verbindenden Stabe parallel in der
durch aß Fig. 6. gehenden Ebene,. so wird die Declination derselben beim
Schliefsen der Kette Null bleiben, weil ‚hier in der Horizontalebene, in
welcher sich diese Nadel nur bewegen kann, keine magnetische Polarisa-
sion: stattfindet. — Eine in der Vertikalebene bewegliche Magnetnadel,
wie die Inclinationsnadeln, wird dagegen hier ihre Stellung verändern müs-
sen. Stellt man sie der Achse des Stabes parallel, so ist der oberen: Fläche
derselben der ganzen Länge nach ein anziehendes + m oder —ın und der
unteren ein abstofsendes —m oder —m zugekehrt, sie wird sich älso nei-
gen müssen, und an der Ostseite des Stabes mit ihrem —m Pol neben
*), Will man sich die Bewegung der Nadel als bewirkt durch eine magnetische Strömung, däiken, so
"wird man sagen. müssen, die Nadel kommt nur dann zur Ruhe, pienn sie sich in der Richtung
der Strömung befindet, ohne jedoch behaupten zu können, dafs aus dar Bewegung. der Nadel eine
wirkliche: Steömung folge; eben so. wenig als in der Bezeichnung der Radien mit + m und —m.
die Behauptung liegt, dafs es körperliche Radien gebe; an. ei +m und. —m auf die ‚ange-
gebene VVeise vertheilt sei. ,
4
über den Magnmetismus‘der galvanischen Kette. 299
y und an der Westseite neben Ö zu stehen kommen, — In y und Ö selbst
stehend ist diese Nadel aller magnetischen Einwirkung in der Vertikalebene
entzogen, ihre Inclination wird hier also Null seyn,
Die Declination unterhalb und. oberhalb des Stabes ist jederzeit die
gröfste, ‘welche sie in einem bestimmten Abstande von demselben werden
kann, wenn der Mittelpunkt der magnetischen: Kräfte der Nadel perpendi-
kulär über oder unter der Achse des Stabes steht. Die Intensität des Ma-
guetismus verhält sich umgekehrt wie der Abstand des Wirkungskreises
vom Stabe, und die magnetische Mitte dieses Wirkungskreises ist die Achse
des Stabes. Die beiden Hälften der Magnetnadel befinden sich in den «aß
Fig. 6. parallel laufenden Ebenen nur dann in gleichem Abstande von der
Achse und zugleich derselben am nächsten, wenn der magnetische Mittel-
punkt die angegebene Lage hat; die Declination wird also hier am gröls-
ten seyn, und in jeder andern Lage, wo wenigstens die eine Hälfte der
Nadel, um. zu gleicher Stellung in derselben Horizontalebene zu gelangen,
in einen Theil des magnetischen, Wirkungskreises von geringerer Intensität
treten mülste, wird also die Declination geringer ausfallen müssen, Eine
auf Quecksilber frei schwimmende Magnetnadel nimmt daher auch unter
und über dem verbindenden Stabe jederzeit die Stellung an, dals ihr ma-
gnetischer Mittelpunkt genau unter der Achse des Stabes zu stehen kommt,
wie stark oder ‘schwach auch die Declination sei.
Eine mit der Achse rechtwinklige Stellung kann die Declinations-
"nadel in y.und ö Fig. 6. nur dann annehmen, wenn die magnetische Span-
nung in der galvanischen Kette stark genug ist, die Wirkung des Erdma-
gnetismus auf die Magnetnadel vollkommen zu überwinden. Bei schwach
wirkenden Ketten, oder in grölseren Abständen von denselben, setzt sich
die Magnetnadel mit den beiden auf sie einwirkenden Kräften, der des
Erdmagnetismus und Magnetismus,der Kette ins Gleichgewicht, und nimmt
eine mittlere Richtung an.
Die Declinationen von Magnetnadeln, welche ungleiche Längen ha-
ben, werden, bei gleichen Abständen ihrer magnetischen Mittelpunkte vonder
, ‚Achse des Stabes, ungleich seyn. Denn nehmen wir an, die Intensität des
Mag ismus in der Atmosphäre eines schliefsenden Stabes an den Punkten
m und s Fig. 8: habe eben den Grad erreicht, dafs ‚eine. Magnetnadel ns
"bis zu einer Declination von 90° gelangen kann, so wird eine längere Na-
del ms‘ an dersölben Stelle, diesen Grad ‚der Declination nicht erreichen
Ppa
zo a 1 a a a a
können, weil die Punkte n's’, in welche sie treten soll, von der Achse ent-
fernter sind als ns, wo der Magnetismus der Annahme zufolge, erst den
Grad der Stärke erlangt hatte, welcher zu dieser Stellung der Nadel erfor-
derlich war. Soll die längere Nadel bis zu 90° decliniren, so wird sie
dem Stabe beträchtlich näher gebracht werden müssen. Was nun für den
angenommenen Fall gilt, gilt auch für alle übrigen. Ar
In zwei Versuchen mit Magnetnadeln von ungleichen Längen erhielt |
ich folgende Resultate:
a) Die Declination einer 8% Zoll langen Nadel betrug 45°
. - ei ı.- NR 75
- - - 1: .-. 0.» - - 80°
b) - ’ Prey. . r Hr 31°
3 i RE NL Ha IF 5 =D BB
. USE NER. MR Be RT
“ . . 13 - - 5 - ‚63°.
ı2. Herr Oersted hat in seiner ersten Schrift angeführt, dafs die
Declinationsnadeln, welche einem lothrecht gestellten schliefsenden ‘Drahte
genähert werden, bald angezogen, bald abgestofsen werden, je nachdem
entweder die Pole der Nadel oder gewisse Punkte zwischen den Polen und
dem magnetischen Mittelpunkte der Nadel sich in der Nähe des Drahtes
befinden. Diese Anziehung und Abstofsung ist nicht blofs an die Lage je-
ner einzelnen Theile der Nadel gegen den lothrechten Stab gebunden, sie
findet eben sowohl statt, ‘wenn auch andre Theile derselben dem Drahte
genähert oder von demselben entfernt werden. Ich will hier einige dieser
Erscheinungen beschreiben, und zeigen, wie auch sie dem eben aufgestell-
ten Gesetz der Vertheilung des Magnetismus in der Kette gemäls erfolgen.
Es sei ZK Fig. 9. der horizontal liegende Theil des schliefsenden
Bogens, gerichtet von O nach W; unter K befinde sich der vertikal
stehende Theil desselben, (in der Kette Fig, ıı. ac). Eine Magnetnadel
vo Fig. 9. stehe vor der Schliefsung der Kette in der Ebene des magneti-
schen Meridians, welche durch die Achse des vertikal stehenden Stabes
geht. Wenn die Kette geschlossen wird, so bewegt sich der Nordpol der
Nadel (—m) von N durch W gegen S zu, und'nimmt die Stellung ns
Fig. 9. von. NO nach SW am. Die Ebene der magnetischen Polarisation
des vertikalen Stabes liegt horizontal, und —m hat in derselben die Rich--
sung NWSON; + m hat also die entgegengesetzte Richtung. Wirkte
w ?
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 301
diese magnetische Atmosphäre allein auf die Magnetnadel, so würde sie
sich in i Fig. 9. nach dem vorigen $. perpendikulär auf den magnetischen
Meridian stellen, weil die beiden Pole der Nadel sich dann in zwei Punk-
ten von ungleichnamiger, doch von gleicher Intensität,des Magnetismus be-
fänden. Aber die nördliche Hälfte der Magnetnadel ni Fig. 9. ist zugleich
der magnetischen Wirkung des horizontalen Stabes ZK ausgesetzt. Die Po-
larisationsebene desselben steht vertikal, und es hat ihr —m die Richtung
NCSZN Fig. 10. Es wird also ‚der n Pol der Nadel durch diese zweite,
die erste rechtwinklich durchschneidende Atmosphäre aus W gegen S ge-
führt werden können, da die nördliche Hälfte der Nadel in der Atmosphäre
aKb’ Fig. 10, steht.
Wirkte der Magnetismus des horizontalen Stabes allein auf die Na-
del, so würde sie sich in den magnetischen Meridian stellen, und zwar
mit ihrem n Pol (— m) in Süden (—M); diese Stellung anzunehmen ver-
hindert sie aber die Gegenwirkung der magnetischen Atmosphäre des ver-
tikal stehenden Stabes. Denn der nördlichen. Hälfte der Nadel nis tritt
ein von demı vertikalen Stabe ausgchendes und der Achse desselben nahe
liegendes —m entgegen, (wie durch den kleinern Kreis Fig. 9. angedeutet
worden), und zugleich wird die südliche Hälfte der Nadel (+m) von
dem — m des von der Achse entfernteren Theiles der magnetischen Atmo-
sphäre jenes vertikalen Stabes angezogen. Beide den —m Pol der Nadel
nach N zurückführenden Kräfte halten denen sie nach $ lenkenden des ho-
sizontalen Theiles der Kette das Gleichgewicht; und die Magnetnadel wird
also eine mittleregJRichtung annehmen müssen, entsprechend den sämmtli-
chen auf sie einwirkenden magnetischen Kräften.
Je näher der magnetische Mittelpunkt der Nadel nis dem vertika-
ten Theile des schliefsenden Bogens gebracht wird, desto weiter weicht
der — m Pol derselben gegen S ab; er wird aber erst dann ganz in $ zu
stehen kommen, wenn der magnetische Mittelpunkt der Nadel sich genau
unter der Achse des horizontalen Stabes befindet, wie in n!Y ;’!, Hier erst
wirken die sich rechtwinklich schneidenden magnetischen Atmosphären gleich-
mäfsig auf die Nadel, und da die gleichnamigen Magnetismen in beiden
"auch eine gleiche Richtung von N nach 8 haben, (—m der ersteren von
N durch W nach $ und —m der anderen von N durch C nach 38, — wo-
zu noch ein drittes —m von N durch Z nach $ und ein wenn gleich schwach
wirkendes viertes von N durch © mach $ kommt, wie weiter unten nach-
304 IP 95: DROGEN 305 1 RRTRENEN
gewiesen: werden wird), so verstärkt eine Atmosphäre, die. Wirkung, der an-
dern. Die Declinationsnadel nimmt daher auch überall zwischen K und
Z die in n“! s'! angegebene Stellung an, wenn ihr magnetischer Mittel-
punkt genau unter der Achse des Bogens, steht.
Führt man die Nadel nis Fig. 9. von dem vertikal stehenden. Stabe
weiter nach N hin, so nimmt die Wirkung des horizontalen Theiles der
Kette auf die nördliche Hälfte der Nadel ni stetig ab, und es wird die-
selbe, während ihr magnetischer Mittelpunkt immer in der durch die Achse
des vertikalen Theiles gehenden magnetischen Meridianebene bleibt, in ei-
nem Punkte b perpendikulär auf den magnetischen Meridian zu stehen kom-
men. Führt man die Nadel in dieser Ebene noch weiter nach. N fort, so
gewinnt der Magnetismus der Erde über den der galvanischen Kette das
Uebergewicht, und die Nadel nähert sich um so mehr: ihrer natürlichen
Stellung im magnetischen Meridian, je weiter sie von der Kette entfernt
wird, wie durch ns" und n!!! s!!t angedeutet worden.
Auch innerhalb des Raumes Kb kann der Magnetnadel eine perpen-
dikuläre Stellung auf den magnetischen Meridian gegeben werden Es wird
diefs dadurch bewirkt, dafs ein größerer oder kleinerer Theil der nördlichen
Hälfte der Magnetnadel der Wirkung des horizontalen Theiles der Kette entzo-
gen wird, indem die Nadel weiter nach Osten geführt wird. Jenäher die.
selbe vorher mit ihrem magnetischen Mittelpunkte dem vertikalen Stabe
stand, desto weiter mufs sie, um diese Stellung zu erlangen, nach Osten
zurückgezogen werden, z. B- wie in n!Y s!Y, wo nur noch das äufserste Ende
der Nadel in die magnetische Atmosphäre von Zk hineinreicht.
Wird die Nadel von hier aus weiter nach N oder nach O geführt,
so nimmt die Declination ab, und der —_—m Pol derselben geht weiter nach
Norden zurück. Ihre vollkommene Stellung im magnetischen Meridian.
nimmt die Nadel in der Nähe des vertikal stehenden Stabes aber nur dann
erst an, wenn. ihr magnetiseher Mittelpunkt in der durch die Achse des-
selben gehenden magnetischen Aequatorialebene steht, wie in nY!'s"T.. Diese
Stellung behält sie auch in jedem Abstande von Ä nach Osten zu, ‚da so-
wohl die äufsere magnetische Atmosphäre des vertikalen Stabes (d.cd fies )
als der Erdmagnetismus sie in derselben erhalten,
Wird’ die Magnetnadel n! st bei unverändertem Abstande von EZ
weiter nach W hin "geführt, so nimmt die Declination zu, der —m Pol
der Nadel weicht wiederum gegen SW ab, weil nun auch die südliche
b}
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 303
Hälfte (-+m) der Nadel in die magnetische Atmosphäre des horizontalen
Theiles der Kette tritt, deren 4+m in dem untern Theil (ab Fig. ı0.)
. die Richtung von $ durch C nach N hat, wodurch also die südliche Hälfte
der Nadel nach N zurückzuweichen genöthigt ist. Soll die Nadel hier,
@. h. wo sie eben erst ihrer ganzen Länge nach in die magnetische Atmo-
sphäre von Zk getreten ist, perpendikulär auf den magnetischen Meridian
zu stehen kommen, so wird sie weiter nach N, z. B. bis nYsY geführt
werden müssen. Hat sie hier die geforderte Stellung angenommen, so geht
sie wieder mit ihrem — m’ Pol nach NW und N zurück, wenn sie von
dem Stabe KZ noch weiter nach N zu entfernt wird.
Also die —m Pole der Magnetnadeln n'Y, n!, n' bewegen sich sämmt-
_ lich gegen die Kette zu, (werden angezogen), wenn die Nadeln in der
Ebene des magnetischen Meridians nach S zu, oder in der Ebene des ma-
gnetischen Aequators nach W zu geführt werden. Abstofsung oder rück-
- gängige Bewegung der —m Pole erfolgt dagegen, wenn die Nadeln nach N
oder nach O geführt werden.
Das Verhalten der Detlinationsnadel an der Südseite von K. ist in
Fig. 9. angegeben worden, In das Einzelne dieser Erscheinungen einzuge-
hen, würde überflüssig sein; nur darauf will ich aufmerksam machen, dafs
der — m Pol der Nadel v’o’ an der Nordseite sich beim Schliefsen der
Kette von N durch O nach S zu bewegt, (also in entgegengesetzter Rich-
‚tung, von vo* an der Nordseite), weil auf jener Seite —m der magneti-
schen Atmosphäre des vertikalen Stabes die Richtung WSO hat, wodurch
also y nach O zurückgestolsen und e' nach W angezogen werden muls.
- Aus dem hier Vorgetragenen werden alle übrigen Abweichungen der
'Magnetnadeln, in welchem Abstande von dem schliefsenden Bogen sie auch
hin und her geführt werden, desgleichen die Stellungen der Nadeln am
Zinkpole, und an den beiden Polen in andern Lagen der Kette gegen die
Weltgegenden sich leicht erklären und ableiten lassen. In welcher Lage
die Magnetnadeln sich auch gegen den horizontalen oder vertikalen Theil
des schlielsenden Bogens befinden mögen, überall setzen sie sich mit den
8 auf sie einwirkenden: magnetischen Kräften ins Gleichgewicht, und die wech-
selnde Stellung derselben an den verschiedenen Orten der Kette ist, wie
wir geschen haben, eine nothwendige Folge der Wirkung mehrerer der In-
'tensität wie der Richtung nach verschiedenen Theilen der magnetischen At-
mosphäre der en bald auf die ganze Nadel, bald auf einzelne Theile
304 | Seebeckn,
derselben, welche durch den Brämagnetimus theils befördert, theils ge
hemmt wird. a U SORTR , D
Wie ‚gleichförmig, kleine Magnete sich um den Yertikalen schliefsen-
- den Stab ordnen, ist schon oben angeführt und Fig. 7. dargestellt worden.
Auch die gröfseren Magnetnadeln beschreiben solche Kreise, wenn sie um
jenen Stab im Kreise herumgeführt worden, wie aus Fig..9. zu, ersehen,
doch müssen galvanische Ketten von starker magnetischer Spannung ‚an-
gewendet werden; mit schwach wirkenden würden mehrere der hier ange-
führten Versuche nicht gelingen.
13. Eine galvanische Kette werde wie in n Fig. 11. durch einen mit-
ten über den Platten Tiegenden Stab ab geschlossen. Eine Magnetnadel,
unter diesen Stab gestellt, wird in der angegebenen Lage des Apparates
mit dem —aı Pol östlich decliniren. Man führe die. Boussole in der
Horizontalebene nach Osten oder Westen fort, .so bleibt die Declination _
östlich, nur nimmt sie in dem Verhältnisse ab, als man die Nadel weiter
von dem Stabe entfernt. Bei einer stark wirkenden Kette fand ich noch
in einem Abstand von ı0 Fuls cine Derlination von 4° an einer-8,; Zoll
langen Nadel.
Man stelle nun die Magnetnadel oberhalb des Stabes, und führe sie
gleichfalls in der Horizontalebene nach Osten und nach Westen fort, so
nimmt die westliche Declination, welche mitten überrdem Stabe am stärk-
‚sten ist, sehr schnell ab, und wird an einem bestimmten‘ Punkte Null;
über diesen hinaus wird sie aber wiederum östlich wie unter.dem Stabe
ab. Je näher über dem Stabe der Punkt liegt, von welchem man ausgeht,
desto kleiner ist der Raum nach O und nach W zu, innerhalb dessen die
Declination westlich bleibt, desto früher tritt der Nullpunkt ein, und
über diesen hinaus östliche Declination. Zieht man durch alle diese Null-
punkte, wo die Nadel in verschiedenen Höhen über dem Stabe sich wie-
der in den magnetischen Meridian stellt, eine Linie, so erhält man veine
Curve, wie in Fig. ı3. dargestellt worden. Nur innerhalb dieser Curve
finden wir westliche Deelinationen, aufserhalb derselben überall östliche
Declinationen. ' m
Woher nun diese Curve der Nullpunkte?
Sie kann dadurch erzeugt werden, dals der einfachen magnetischen
Atmosphäre des Stabes eine zweite entgegenwirkt, und derselben an jenen
Punkten das Gleichgewicht hält. Diese zweite Atmosphäre war hier in der
.obern
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 305
‚obern Platte, der Zinkplatte, zu suchen. Dafs diese wirklich magnetisch
‚sei, zeigte sich, als die Kette geschlossen wurde, wie in Fig. 1. Eine Ma-
gnetnadel mitten auf. der Zinkplatte gestellt, wich dann östlich ab, auf
dem Stabe ab dagegen westlich. Wurde ad in die Fig. ıı. angegebene
Lage gebracht, so blieb die Declination oberhalb ab westlich, doch war
sie ‚schwächer als vorhin, ohne Zweifel eine Folge der dem Magnetismus
am Stabe entgegengesetzten Richtung der magnetischen Atmosphäre der
Platte, welche also auch wohl an bestimmten Punkten eine vollkommene
‚Aufhebung der Declination bewirken kann, Ist diefs, so mufs auch die
magnetische Atmosphäre des Stabes auf die der Platte einwirken, und es
wird unterhalb derselben eine ähnliche Curve in umgekehrter Lage gefun-
den werden müssen. Es wird ferner eine Kette, welche mit einem bügel-
förmigen, Metalldraht geschlossen worden, Fig. ı2. ab, die Einwirkung
zweier magnetischen Atmosphären auf einander noch leichter und ent-
scheidender darstellen, indem durch die Einwirkung der Atmosphäre des
obern Drahtes in die des unteren, an diesem” dieselbe Curve wird entste-
hen müssen, al am oberen durch Einwirkung der Atmosphäre des unte-
zen Drahtes, Auch wird, wenn diese Erklärung richtig ist, die Curve
sich verändern müssen, wenn man die Drähte weiter von einander ent-
fernt, Versuche haben diefs auf das vollkommenste bestätigt. Fig. 14,
stellt die Resultate derselben .dar, und diene zugleich zur Erklärung dieser
‚ Erscheinung,
' A und B Fig. ı4. sind transversale Durchschnitte des schlielsenden
Bogens ab Fig. ı3. Um den oberen Theil des Drahtes, um 4, hat +-m
die Richtung WZhOCW, also —m die entgegengesetzte. Um den unteren
Theil des Drahtes, um B, hat +m die Richtung OZhWCO und —m die
entgegengesetzte, Zwischen den Drähten 4 und B haben mithin die ma-
gnetischen Atmosphären beider eine gleiche Richtung, m von beiden. ist
nach W und — m nach O gerichtet; die Nadel wird also hier mit ihrem
— m Pol nach O decliniren. Die Wirkung auf die Magnetnadel wird hier
zugleich doppelt so stark seyn müssen, als an demselben Orte an einem
| a ‚einfach schliefsenden. Stabe, wenn es eine Art der Schliefsung gäbe, wo
alle Wirkung einer zweiten magnetischen Atmosphäre gänzlich ausgeschlos-
sen werden könnte. Oberhalb A und unterhalb B Fi ig. 14. (wo bei der in
Fig. 15. angenommenen Construction der Kette die Declination westlich
ist), wird dagegen die Wirkung "geschwächt seyn müssen; denn oberhalb 4,
hrs Klasse, 1080-- ı98r. Q q
506 Sr ih RL er
wo +m von 4 die Richtung WZhO hat, greift die Atmosphäre von B eit,
dessen +m die Richtung OZhW hat, also im entgegengesetzten Sinne wirkt.
Eben so ist oberhalb 4 —m von B dem —m von 4 entgegengesetzt.
Die Declination einer Magnetnadel ist in der durch die Achse eines
schliefsenden Bogens gehenden Vertikalebene immer die gröfste, wie oben
gezeigt worden, sie wird also auch in der Ebene Zh 4 Fig. ı4. am grölsten seyn;
ferner wird die magnetische Atmosphäre von 4 hier über die von B das
Uebergewicht behalten, da der Mittelpunkt von jener der Nadel näher
liegt. Wie aber die Magnetnadel seitwärts von jener Vertikalebene nach
O oder nach W zu geführt wird, so mufs sie in jeder Höhe über 4 noth-
wendig auf Punkte treffen, wo das von B ausgehende schwächere, aber zu-
gleich in der Richtung der Horizontalebene sich mehr nähernde + m und
— m dem von A ausgehenden, stärkeren, in der Richtung der Vertikalebene
näher kommenden +m und —m in der Wirkung auf die nur in der Ho-
rizontalebene bewegliche Declinationsnadel das Gleichgewicht hält. An sol-
chen Stellen wird also die Declinationsnadel weder östlich noch westlich
von der Stellung, welche sie durch den Erdmagnetismus erhält, abweichen
können. — Eine Linie durch diese Nullpunkte gezogen, wird eine Curve
bilden müssen, deren Scheitelpunkt in den Mittelpunkt von 4 fallt. —
Unterhalb B wird durch die Einwirkung der magnetischen Atmosphäre von
4 eine gleiche, doch umgekehrt liegende Curve entstehen müssen, und
nur innerhalb der Curve über 4 und unter B wird bei der in Fig, ı2. angege-
benen Lage der Kette eine westliche Declination statt finden. können; in
dem ganzen übrigen Raume zwischen diesen Curven von 4 und B yon die
Declination östlich sein müssen.
Diese Curven sind veränderlich, sie sind weiter, je weiter d und B
von einander abstehen, und sie werden enger, je näher 4 und B an ein-
ander gerückt werden, wie denn auch die Declinationen der Nadeln in der
Ebene ZhC Fig. ı4. über 4 und unter B sehr schnell abnehmen, wenn A
und B einander genähert werden. Die magnetische Spannung in den bei-
den Schenkeln des Bügels bleibt bei dieser Annäherung immer dieselbe,
aber dem + m und — m-der äulseren Atmosphäre von 4 tritt ein um so
stärkeres - m und —m von b entgegen, je näher 4 dem Schenkel B ge-
bracht wird; eim gleiches findet in der äulseren Atmosphäre von B statt;
die Declination. wird also hier Eee und bei der rung beider
Schenkel Null werden.
über den Magnetismus der galvänischen Kette. 507
Dals die Curven der Nullpunkte für die Declinationsnadeln nicht zu-
' gleich die für die Inclinationsnadeln bei dieser Lage der Drähte seyn könne,
ist aus dem Vorherg: :‘henden leicht einzusehen. Wo hier keine Decliration
- erfolgt, findet noch Inclination statt, Um gleiche Curven mittelst der In-
elinationsnadel zu erhalten, wird dem schliefsenden Bogen ab Fig. ı2. eine
horizontale Lage gegeben werden müssen, so dals « in Osten und 5 in
Westen zu liegen kommt, oder umgekehrt.
‚Ich füge hier die Resultate einer der wenigen vorläufig unter-
nommenen Messungen der Abstände jener Nullpunkte von der durch die
magnetische Achse des Bogens gehenden Vertikalebene hinzu, ohne jedoch
_ für eine ‚grolse Genauigkeit einstehen zu können, da die Messungsapparate
eben nicht die vollkommensten waren.
Durchmesser des bügelförmigen Drahtes 2, 3 Lin.
Abstand der Achsen beider Schenkel von Priander ‘2 Zoll 2 Lin.
iR, Länge des Bogens 27 Zoll.
“ Declination der Magnetnadel 4 Linien über der Achse des oberen
Theiles.des Bogens
2 Min. nach der Schliefsung 69°
5» - - - 62°
a a 59°
2 PR er - 58°
ee er - 57°
25 - - - . 563°
a ET : 563°
Höhe der Magnetnadel |Declination der Magnet-| Abstand der Nullpunkte
Mil über der Achse des obe-Inadelin der Vertikalebene,| von der Vertikalebene
ren Theiles des Bogens | welche durch .die Achse durch die Achse des
(a Fig, ı2.) des Bogens geht.
Pie (UEEEEREEE NENNE SET IT DOEEEFTRGEn SEINE RESTE TEE
nt 4 Linien. 564° o Zoll ı0$ Linien,
ı Zoll 4 _ - 45° 21-35 5
ER N TB Re
rue 20° a a
AERENER 15° N | 7
- A» 10° 6.- 10 -
OR ? - 4 - 5? 7 Co
AR: 64° Bus, 6 -
a an Es ae = vo! Al „Le -
ch a Ei: f 4 2 5
308 L Ss € ee b Ve ce N Mi Re Nr ai \
14. Gleichzeitig mit jenen Untersuchungen über das Gesetz der Ver-
theilung des Magnetismus in der galvanischen Kette, wurden zugleich Ver-
suche zur Erforschung der Bedingungen, von welchen die Zu- und Ab-
nahme der magnetischen Spannung in der Kette abhänge, unternommen,
Die elektrische Spannung eimer Voltaischen Säule wächst bekanntlich
mit der zunehmenden Zahl der Lagen. Wird die magnetische Spannung
mit der elektrischen im gleichen Grade wachsen?
Eine Säule von 80 Lagen 25 quadratzölliger Kupfer- und Zinkplat-
ten mit Pappscheiben geschichtet, welche mit einer Auflösung von Küchen-
salz benetzt. worden, gab folgende Resultate. '
Das erste Plattenpaar allein geschlossen bewirkte eine stehende De-
elination von ıı1°, und so verhielten sich auch die übrigen Glieder der
Säule, wenn sie einzeln geschlossen wurden,
2 Paar gaben gleichfalls eine Declination von 11°
3 » Ne - - - - ı0°
6 - = - - j r - ı0°
20.» - - - - - 9°
15 » - 5 - - „8°
>; * - - 5 . 7°
25 - - - - 2. .5°
30 - - - = = gg
40 - P = .. -, - 4° und etwas darüber.
rer 5 52 " ai ..4° }
go - 2 5 4 - » ‘4° nicht völlig.
Eine Batterie von ı30 Lagen Kupfer, Zink und Pappscheiben mit
Salzwasser benetzt, von ı$ Zoll Durchmesser, bewirkte eine Declination
von kaum einem Grade, und es ging die Nadel sehr bald wieder auf 0°
zurück. — Ein einzelnes 'Glied dieser Säule brachte eine momentane Ab-
weichung von g° hervor, und die Nadel nahm bei 2° eine feste Stellung an,
Eine trockene Säule von 800 Lagen, deren Scheiben ı Zoll im Durch-
messer hatten, zeigte bei der Schliefsung auch nicht die mindeste Wirkung
auf die Magnetnadel, obwohl die elektrische Spannung derselben stark ge-
nug war, um ein Goldblatt - pe sogleich zum Anschlagen zu
bringen. -
In diesen Säulen findet bei der Schliefsung eben sowohl eine unun
terbrochene Erregung und Aufhebung der elektrischen Spannung statt, als in
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 365
“ einfachen galvanischen Ketten; da nun“aber die magnetische Spannung da-
bei gänzlich fehlen kann, und da sie in anderen Fällen abnimmt, wenn die
elektrische zunimmt; so’ kann die Aufhebung von +E und —E in einem
metallischen Leiter ‚wicht als die wesentlichste' Bedingung der Erregung des
Magnetismus in demselben, angesehen werden,
1%» Es war nun zu untersuchen, welchen Einflufs die chemische
Action der galvanischen Kette auf die magnetische Spannung derselben habe.
Ein kleiner silberner Tiegel wurde mit destillirtem Wasser gefüllt,
und derselbe mit einem bügelförmig umgebogenen Zinkstreifen verbunden.
Die innerhalb desselben stehende Magnetnadel blieb bei der Schlielsung in
Ruhe. Als aber etwas Salzsäure hinzugetröpfelt wurde, erfolgte sogleich
eine lebhafte Bewegung der Nadel und eine feststehende Declination von 20°.
Concentrirte Schwefelsäure wirkt bekanntlich nur sehr schwach auf
den Zink. Wurde der vorige Tiegel mit dieser Säure gefüllt, so zeigte sich
nach der Schliefsung der Kette nur eine höchst schwache magnetische Spar-
mung. Wurde etwas Wasser hinzugegossen , so erfolgte sogleich eine leb-
hafte Declination der Nadel, welche in dem Verhältnisse gröfser wurde,
wie die chemische Action zunahm.
Ein Platinatiegel wurde in einem gröfseren Tiegel von Silber schwe-
bend befestigt, der Raum zwischen beiden mit reiner Salzsäure von 1,039
spec. Gewicht gefüllt, und die Kette mit einem Silberdraht geschlossen.
Diese Säure wirkt auf keines der beiden Metalle; es zeigte sich aber auch
nicht eine Spur von Wirkung auf die Magnetnadel innerhalb des schliefsen-
den Bogens. Als zu dieser Säure eiwas Salpetersäure hinzugegossen wurde,
- erfolgte sogleich eine zwar schwache, doch deutliche Declination der Nadel.
Eine Zelle von Kupfer ı Fuls Po ı Fufs.hoch und a} Zoll breit,
in welcher an einem bügelförmig. gebogenen Drahte eine ı2 Zoll lange und
ıı Zoll breite Zinkplatte hing (Fig. 15.), wurde mit 336 Cubikzoll Was-
ser gefüllt, und nach und nach Schwefelsäure von 1,842 spec. Gewicht
hinzugegossen. Die Declination der Magnetnadel wuchs in dem Verhäk-
nisse, als die Quantität der Säure zunahm, wie folgende Tabelle zeigt.
510 „SEE Sıe.enid le Kur wo wär
N EEE a
Erster uhigr
Wasser. Schwefelsäure. |Stand der Decin«
; et tionsnadel.
— U
536. Gubikzoll. Keine. 58
- „- ı Cubikzoll, 53°
- - 2 . = 63
3 . 5 - € 70°
4 S 4*) 2, 73°
- x RR 77°
e 8 Re f 80° ’
2 - 12 - 821
> * 16 - 84°
z or. 2o - 85°
£ 5 28 7 85
Da in diesem Versuche die Erhitzung; ‚der Flüssigkeiten bei ihrer
Mischung viel zur Verstärkung der Wirkung beigetragen haben konnte, und
da dennoch das Maximum der chemischen Wirkung nicht erreicht zu -
sein schien, auch noch zu untersuchen war, ‚ob bei grölserem Säuregehalt
die Abnahme der magnetischen Spannung mit der Abnahme der chemischen
Wirkung gleichmäfsig erfolgen werde, so wurde späterhin noch folgender
Versuch angestellt.
Eine Schwefelsäure, deren specifisches ‘Gewicht 1,84 betrug, wurde
in den in folgender Tabelle angegebenen Verhältnissen mit destillirtem
Wasser gemischt, und nachdem alle diese Mischungen eine gleiche Tempe-
ratur erlangt hatten, von jeder derselben 5 Cubikzoll in einen Tiegel von
Silber, welcher mit einem Zinkstreifen verbunden war, gefüllt, $o dals
also immer gleich grofse Flächen ‘der Metalle sich in chemischer Action
befanden. Die Declinationsnadel, 2% Zoll lang, stand innerhalb des schliefsen-
den ‚Bogens.
ir E
4,8 3 fe) #7 2 Er
"y Yon bier an Abd so viel von 2 Fuge aus der Zelle genommen, als Säure ange
wurde, dr 27-) Pr ur . unsig
e
”
aber den Kr ti der galvanischen Kette. Zi
— .
- Schwingungen] a:
het; 1 DEN t "| der Nadel |Erster ruhiger Stan
Destillirtes Wasser. Schwefelsäure. as Ber Nadel.
ERSR! Wi Schliefsung.
20 Theile. RR ı Theil. zo 40° Declination.
TE TERER | wr d = 29 45° .-
Re RR 28 48° °
2... Ku Ur, 28 50° &
ı . mi 20 Blieb erst bei 20° ste-
hen, ging aber schnell
auf ı° zurück.
5 E, \ 2,- 20 ı° Declination.
ı - RR 16 12 -
4,2 2 10 - 16 I -
ı - 20 - 16 ı° nicht völlig.
, Keine. ReineSchwefelsäure. 16 m -
Destillirtes Wasser. | Keine. o 0° 2
Die chemische Action war entschieden am stärksten bei der Mi-
schung von zwei Theilen Wasser mit einem Theil Schwefelsäure, doch auch
die Abweichung der Magnetnadel war hier am gröfsten. In allen den Mi-
schungen, wo die Schwefelsäure überwiegend war, wurde die chemische
Wirkung viel schwächer gefunden, als in denen wo das Wasser überwie-
gend war.
‚ Aus diesen Versuchen geht also hervor, dafs die indische Span-
‚nung einer galvanischen Kette proportional ist der chemischen Wirkung der-
selben, und es wird also’ die Magnetnadel zur Bestimmung der Energie des
chemischen Prozesses in der galvanischen Kette angewendet werden können,
Je schwächer die Spannung, desto kleiner sind auch die Bögen, welche die
Nadel nach der Schliefsung durchläuft, daher die geringere Zahl der Schwin-
# ‚gungen bis zum Ruhestande der Nadel’ in den letzten: Versuchen.
u 16. Doch nicht. bloß die Natur des feuchten Leiters und dessen
chemisches Verhältnifs zw dem Leitern erster Klasse bestimmt .den'Gräd der
magnetischen Spanmung der galvanischen Ketten; auch die Längerjenes Lei-
ters hat ‚einen bedeutenden ‚Einflufs, Der Magnetismus im schliefsenden
SB GUN“ S e, denen nt a Dan
Bögen ist um so stärker, je näher die“ Platten“einander stehen, “und sie
nimmt schnell und oft sehr beträchtlich ab, wenn die in der „Flüssigkeit
befindlichen Platten weit von einander entfernt werden. Die gröfsere Masse
„des flüssigen Leiters scheint die Hauptursache der Abnahme des „Magnetis-
mus bei zunehmender Zahl der Lagen in ‚der Voltaischen Säule zu seyn.
ı7. Je grölser die Oberflächen der Metalle welche der ‚chemischen
Wirkung ausgesetzt sind, desto stärker ist auch die magnetische Spannung
im schliefsenden Bogen. Z. B. die Declination in einer Kette von Kupfer
und Zink mit Salzwasser,
jede Fläche der Metalle 2} Quadratzoll grofs ME a9 ö
- - u - 25 - - 2°,
- - - .-. 4 Quadratfufs - - une.
In einer Kette von Kupfer und Zink, deren Pappscheibe mit einer Mi-
schung von Salzwasser und verdünnter Schwefelsäure benetzt worden, be-
trug die Abweichung der Nadel 98°, als 45 Quadratfufs jedes der beiden
Metalle sich in chemischer Action befanden.
Wurde diese Kette mit einem vierkantigen Knpferstabe von 43 Linie
Dicke geschlossen , und mit zwei 5 Zoll langen und 4% Linie breiten, mit
kleinen Stollen versehenen Schienen von Eisen armirt, so trug dieser Stab
mittelst eines an den Stollen haftenden Ankers von weichem Eisen 55 Drachme.
Betrug die Fläche jedes der beiden Metalle 51% Quadratfufs, und
wurde die vorige Flüssigkeit angewendet, so trug dieser Stab mittelst der-
selben Armatur e Pfund und ei Unze. Bei Vergrölserung. der einfachen
Kette bis zu Flächen von 200 Quadratfufs fand ich die magnetische Span-
nung stets wachsend, 'und immer der Gröfse der em und der Energie
der chemischen Wirkung proportional.
ı8. Durch die Wirkung der Säuren auf die Metalle wird die Tem-
peratur des Apparates erhöht; die Wärme in dem schliefsenden Stabesteigt
aber viel höher, als die in den Platten, sie nimmt jedoch allmählig wieder
ab, wenn die Kette einige Zeit geschlossen bleibt. In einem Versuch über
den Unterschied der Temperatur an den beiden elektrischen Polen der
Kette, wo die Leitung von diesen in zwei mit Quecksilber gefüllte Schalen
ging, in welchen Thermometer hingen, fand ich, als.die Kette durch ei-
nen in beide ‚Schalen reichenden Kupferstab geschlossen wurde, die Tem-
peratur an der Zinkseite höher als an der Kupferseite, ohne Zweifel eine
Folge der stärkeren Wirkung der Säuren auf den Zink. Zugleich bemerkte
ich,
# Fa
En A yet
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 313
ieh, dafs die Magnetnadel so lange unverändert denselben Stand behielt,
als die Temperatur an den Polen dieselbe blieb. Wie aber die Declination
der Nadel abzunehmen begann, so fügen Aueh) 'bald nachher die Thermo-
meter an zu sinken.’
19. Der ‘Magnetismus der ‚galvanischen Kelte ist in der Regel ins
ersten Moment der Schlielsung am stärksten, die Abweichung der Magnet-
nadel die gröfste. Nachdem die Nadel einen festen Stand angenommen, er-
hält sie sich auf demselben eine längere oder kürzere Zeit, die Declinatiog
nimmt dann stetig ab, und wird endlich Null. Nicht blofs die Natur der
Metalle und des feuchten Leiters, auch die Construction der galvanischen
Kette hat Einflufs auf die Dauer ‚der magnetischen Spannung. derselben,
Trogapparate und Zellenapparate stehen in dieser Beziehung den mit
Pappscheiben verbundenen Ketten ‚sehr .nach, ‚wie folgender Versuch zeigt.
A) Eine Zelle‘ von Kupfer, (Fig.15.), ı2 Zolllang und hoch, und s3 Zoll
breit, verbunden mit einer Zinkplatte von ı2 Zoll Länge und ıı Zoll Breite,
welche mit Salzwasser so weit gefüllt war, dafs sich nur eine Fläche von
115% Quadratzoll Zink in chemischer Action befand.
B) Ein Paar Kupfer- und Zinkplatten, von ı2 Zoll’Länge und Breite,
zwischen denselben eine mit Salzwasser 'benetzte Pappscheibe, jede Fläche
derselben 1155 Quadratfufs grols. Die Declinationsnadeln in beiden Ketten
von gleicher Gröfse, innerhalb der schliefsenden Bogen stehend.
en nn
Zeit Declination in A. | Dechnation in B.
2 (One ne ensure.
Beim Schliefsen der Bette)... s 16°... 1. *%.x150
Nach 4 Stunde „= » 1. 122° , . 12°
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Thys. Blayıe. 10 198, Rr
14°; Sn Die a.
Zeit. | Deotination in A.
Nach 4 Stunden - - x | ..13° .
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Die Flüssigkeit in: der Zelle
frisch umgerührt,, ging diel
Nadel sogleichauf . : |. . 6,0 “.
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a - Se N ee a iD
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E? - RN a EEE ET ERPERETIE e,
4 - NE win A Ben 3 ai s
- 21 ” “ oe “oo. ag I . PR | 2° R
ET EDEN TR RE Or WEN 01,
| *
Die Zinkplatte von BE: wurde behutsam aufgehoben. um zu untersu-
chen, ob die Magnetnadel auch noch genau im: magnetischen Meridian
stehe. — Sie: stellte: sich vollkommen: auf o°.. ,
Die Kette wurde wieder geschlossen und die Declination warnun ı2°
Ein etwas vermehrter' Druck brachte sie auf - - . - . . 14°
z2 Stunden: später, also: nach 4r Stunden seit Errichtung der
Kettessstandiisie. noch auf HUN ee, ah
Den zten Tag Morgens stand sienoch uf „uw. » 220
- 4ten »- - EZ RR er u
- ı.,sten om -. ei .- - Be IL
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- sten «- - Pa er - LIES 24 25,42: WERE
- ö8ten - en . ee “ PER W
Die kürzere Dauer der magnetischen Spannung, in den: Zellenapparaten
möchte vorzüglich dem in denselben leichter statt findenden Uebergange des
Zinkoxyde! zum Kupfer, als im den mit Pappscheiben construirten Ketten
zuzuschreiben seyn; wie denn jede Wirkung der galvanischen Kette in dem
Verhältnisse abnehmen mufs, als die Kupferfläche sich mit einer dichteren
auf ihr reducirenden Zinklage bekleidet. Ob noch andere Veränderungen
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 315
im Zustande .des Apparates die Abnahme beschleunigen, müssen fortgesetzte
- Untersuchungen ‚aufklären.
; 20. In ‚den Zellenapparaten steht der Zink in der Flüssigkeit zwi-
schen zwei ‚Kupferflächen, .es ‚befinden sich also vier Flächen der Metalle
in chemischer Action. ‚Dieselbe Einrichtung kann auch den mit Pappschei-
ben geschichteten ‚Ketten gegeben ‚werden, wodurch wenigstens eine Zink-
platte ‚erspart würde, .‚Solcher ‚Glieder könnte ‚man ‚mehrere unmittelbar auf
einander ‚legen, und würde ‚dadurch, wenn ‚man ‚alle Kupferplatten mit ein-
ander ‚verbände ‚und eben .so alle Zinkplatten, .eine.einfache Kette von ‚grolser
Oberfläche ‚erhalten, welche einen verhältnilsmäfsig nur geringen Raum ein-
nähme. An jedem ‚Gliede ‚dieser ‚Ketten :verlöre .man jedoch, ‘wie an den
Zellenapparaten, ‚zwei .Kupferflächen; ‚sie ‚ständen also immer.noch den. Trog-
apparaten nach, wo ‚alle Flächen .der Metalle in ‚chemische Action kommen.
Jenem Mangel ‚könnte in ‚den ‚mit ‚Pappscheiben .construirten Ketten leicht
abgeholfen ‚werden, ‚wenn ‚einfache .Kupfer- und ‚Zinkplatten so ‚über einan-
der geschichtet würden, .dals zwischen jeder Kupfer- und Zinkfläche eine
benetzte Pappscheibe läge, alle Kupferplatten auf der .einen :Seite ‚und alle
Zinkplatten auf der andern Seite ‚mit einander verbunden ‚würden, wodurch
also jede Zinkplatte zwischen zwei -Kupferplatten und jede Kupferplatte Zwi-
schen zwei Zinkplatten zu liegen ‚kämen. :Diese einfachen Ketten würden
vor den Trog- und Zellenapparaten ‚den V. orzug einer gleichförmigern und
länger dauernden Wirkung haben.
Da Herr Schweigger :bei seinen interessanten :Combinationsver-
suchen *) gefunden ;hatte, ‚dafs .eine ‚Zinkplätte zwischen zwei Kupfer-
‚platten in dem Voltaischen ‚Becherapparate sehr stark wirke, dagegen eine
Kupferplatte zwischen ‚zwei ‚Zinkplatten ‚nur sehr schwach, so war es nö-
thig zu untersuchen, wie sich ‚die ‚magnetische ‚Spannung in ‚diesen beiden
Arten von Apparaten verhalten werde.
In Versuchen ‚mit Zellen von Kupfer «worin "eine ‚Zinkplatte hing,
und mit Zellen ‚von Zink, ‚verbunden mit einer ‚Kupferplatte, fand ‚ich die
magnetische Spannung ‚in .der ‚letzteren immer schneller abnehmend .als in
der ersteren, «welche ‚Flüssigkeit auch angewendet ‚wurde — ‚Gleichförmig
‚in der Abnahme verhielten sich dagegen ähnliche ‚mit 'Pappscheiben zusam-
. mengesetzte ‚Ketten,
,
®) Gehlen's Journal für Chemie und Physik, 180. B. VII, $. ao u. £,
Rre
318 N e e b e e* k „ % ve. ak
A. Eine Zinkplatte zwischen zwei mit Salzwasser und verdünnter
Schwefelsäure benetzte Pappscheiben, von beiden Seiten umgeben mit ei-
„nem Kupferblech (Fig. 16.). Eine Fläche von ungefähr 50 Quadratzoll j ie
“des der beiden Metalle in chemischer Action.
B. Eine Kupferplatte zwischen zwei mit der vorher PRTRRRREN 10
sigkeit befeuchteten Pappscheiben, von beiden Enten umgeben mit einem
Zinkstreifen. 6
ne ee —
Ze it. :Deeclination in A. | Declination ın B.
m mn ne
Nach 5 Minuten , BETRETEN ETRER
Beim Schließen . . . | AT TTE. EHER UND u... 568
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Kt a SEE A ET On re
- ı3 - u‘ ... rs ix 2° -
=, andern. ar SET Eyirg?
Zur bestimmteren Entscheidung über die Anwendbarkeit der oben
empfohlenen säulenförmigen einfachen Ketten, wurde noch ein vergleichen-
der Versuch mit -einer solchen Säule und mit einer auf die Etwähnliche
Weise construirten, angestellt,
Die Säule 4 bestand aus 4 Kupfer- und 4 Zinkplatten von 5 Zoll
Seite, welche in der Ordnung, Kupfer, Pappe, Zink, Pappe, Kupfer ..,.
Pappe, Zink über einander geschichtet waren. Von jedem der beiden Me-
talle befand sich eine Fläche von 141 Quadratzoll (nämlich 7 Kupfer- und
7 Zinkflächen) der Wirkung einer Mischung von Salzwasser und verdünn-
ter Schwefelsäure ausgesetzt. Die Kupferplatten waren auf der einen Seite,
und die Zinkplatten auf der andern Seite mit einander verbunden.
Die Säule B bestand aus 7 einfachen Gliedern, Kupfer, feuchter Pappe
und Zink, doch lag zwischen je zwei Gliedern eine isolirende trockene
Pappscheibe. Alle Zinkplatten, waren gleichfalls auf der einen, und alle
-
1
über den Magnetismus der galvanischen Kette, 317
Kupferplatten auf der andern Seite mit einander verbunden, und auch hier
ıbefand sich von jedem der beiden Metalle eine 141 Quadratzoll grofse Fläche
in chemischer Action.
— ö m -
Zeit. Declination in A. | Declination in B.
PR= EB RIE 3 23 EEE) RE ER |
Beim Schliefsen . . . Te VOPR i 60°
Nach % Stunde „ . . - Abaı 25 eo
TE A ER
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a - \ ErUTaN TE Fan | ER Oh
3 ige A
- 10 - Bere | Se IHrht, „5
“ 22 7 Blue . CE FR | - 2 A;
2. 1 ‘= aidLBttN aM ET Nr
7
Zu allen Untersuchungen, welche Apparate erfordern, die längere
Zeit eine gleichförmige magnetische Spannung behalten, verdienen also die
mit Pappscheiben zusammengesetzten Säulen, und vorzüglich die erste der
eben besehriebenen, vor den Zellen- und Trogapparaten den Vorzug. Die
Spannung ist am gleichförmigsten und nimmt am langsamsten ab, wenn der
feuchte Leiter .blols aus einer gesättigten Auflösung von Kochsalz besteht.
Sie ist dann zwar nur schwach, doch- kann das was an derselben durch
verminderte chemische Action verloren geht, durch Vergrölserung der Ober-
fläche wieder gewonnen werden.
Je gröfßser die Oberfläche der Kette, desto dauernder ist die Wir-
kung. Eine der Königl. Akademie gehörende Batterie von 25 Kupfer- und
05 Zinkplatten, „jede derselben 32 Zoll lang und 24 Zoll breit mit Papp-.
scheiben von 303 Zoll Länge und 2ı$ Zoll Breite, welche mit einer Mi-
schung von Salzwasser und verdünnter Schwefelsäure benetzt waren, auf
die im letzten Versuche unter A angegebene Art verbunden, gab noch nach
ao Tagen Funken beim Schliefsen, und nach ı Monat noch eine stehende
‚Declination von 60°. 1
Bei diesen Batterien ist vorzüglich darauf zu sehen, dafs die Metalle
an den Punkten, wo sie mit anderen in Berührung kommen, ganz blank
318 Senbeck Sb;
sind, und dafs sie hier leicht gereinigt werden können, wenn sie sich mit
Oxyd überzogen haben sollten, .da ‚dieses die Wirkung aufserordentlich
schwächt, so wie auch darauf, dafs der Druck auf die untersten Platten
nicht zu grols werde, damit die Pappscheiben nicht zu wiel Flüssigkeit ver-
lieren. — Die eben erwähnte Säule ist folgendermafsen zusammengesetzt.
In einem Gestell mit 5 Fächern liegen in jedem Fach 5 Kupfer-und 5 Zink-
platten mit 9 Pappscheiben auf die angegebene Weise verbunden, überein-
ander. An einer Seite der Kupferplatten sind 3% Zoll lange und ı$ Zoll
breite Streifen von Kupfer, und an den Zinkplatten ‚eben so grolse Zinkstrei-
fen angelöthet, welche an den Enden reöhtwinklich umgebogen sind. An
diesen über das Gestell hervorragenden Zungen sind zwei 4ı Zoll lange und
ı3 Zoll breite Schienen von Kupfer mit 50 kleinen Schraubenzwingen .be-
festigt, welche die Kupferplatten auf der einen Seite und die ‚Zinkplatten
auf der entgegengesetzten Seite ‚mit einander verbinden, Die Platten in je-
dem einzelnen Fache werden durch gegen einander ‚getriebene , Keile mäfsig
zusammengedrückt: — Bei der ersten Schliefsung dieser Kette wurden die
Pole einer Magnetnadel, welche über 2 Zoll von dem schliefsenden Stabe
entfernt war, gänzlich und bleibend umgekehrt, und ‚es ‚betrug .die ‚Abwei-
chung einer 8,5 Zoll langen Magnetnadel in einem Abstande von ı0 Fuls
noch 4°. Mehrere andere mit diesem Apparate angestellte Versuche sind
bereits oben angeführt WOIIBR, einige andre werden noch weiter unten
vorkommen.
aı. Die magnetische Spannung in ‚einem ‚Metallstabe ist dann anı
gröfsten, wenn er die galvanische Kette allein schliefst; sie nimmt ab,-
wenn die Kette an mehreren Punkten zugleich ‚geschlossen wird. — Die
Declination Sr Magnetnadel unter ab Fig. ıı. /betrug bei .einfacher
Schliefsung 13% Wurde die Kette zugleich in e f geschlossen, so ging die
Nadel mnter ab‘ kegieich, auf 64° zurück, und als noch ein dritter Stab gh
hinzugefügt wurde, so betrug ‚sie an und eben so auch unter den
andern beiden Stäben nur noch 337°
1) Wird eine galvanische Kette Fig. 17..an den ‚beiden entgegenge-
setzten Seiten mit zwei ‚bügelförmig gebogenen Drähten 4 und B von glei-
cher Länge und Dicke zugleich ‚geschlossen, ‚so ist die Declination der Ma-
gnetnadel innerhalb der ‚beiden ‚Bügel dem ‚Grade ‚nach gleich, und die
magnetische Spannung ist in jedem derselben halb so grols, als wenn 4
und B die Kette einzeln schlössen,
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 3:19
2) Sind’ 4 und B Fig. ı7. vom ungleicher Länge, so ist bei einfa-
cher Schliefsung die Declination in jedem der beiden Bogen gleich grofs;
bei doppelter Schliefsung ist sie aber in dem längeren Bogen kleiner als in
dem kürzeren |
Bei einem Versuch, wo der Draht 4 9 Zoll lang war, und B 61 Zoll,
; die Declination innerhalb der ar wenn 4 allein EIER wurde,
9° westlich, B allem geschlossen, 9° östlich.
Beide Drähte zugleich die Kette schliefsend war die Declination in
A 7° westlich, in B nur 2° östlich.
Wurde 4 an die Nordseite und B an die Südseite der Platten ver-
legt, so war bei doppelter Schliefsung die Declination in 4 nur 2° west-
lich und in B 7° östlich.
Die Länge der beiden Magnetnadelm war gleich und betrug 2% Zoll
und auch‘ der Abstand derselben von den beiden Schenkeln des sie um-
schliefsenden Bogens war überall gleich grofs. Jede Seite der in diesen
und den folgenden Versuchen angewandten Kupfer- und Zinkplatten war 5
Zoll lang, und jede Seite der Pappscheiben 4% Zoll.
5) Wurde arm die Stelle des Drahtes B ein Schweiggerscher Multi-
plicator gesetzt, eine Spirale *) vom 40 Fuls Länge und 25 Linie Breite,
und in 4 ein einfacher Metallstreifen vom ı$ Fuls Länge und o5 Linie
Breite, so zeigte sich ber doppelter Schliefsung der Kette nicht nur eine
beträchtliche Schwächung der Wirkung der Spirale, sondern es blieb sogar
die Declination im dem einfachen Bogen unverändert dieselbe, wie bei der
einfachen Schliefsung.
A allein geschlossen B’ 4 zugleich mit. B geschlossen
a) 9° westlich. ‚53° östlich. 9° westlich. ı2° östlich.
Dix ee RR:
PB EREUN N EN BRE
Die Pappscheiben in diesenr Versuch waren mit Salzwasser benetzt
‚gewesen; wurde verdünnte Schwefelsäure angewendet, so war der Erfolg
‚derselbe.
Declination in 4 allein B Declination in 4 zugleich mit B
[ 22° 079° 22° 19%,
#
, Die einzelnen: Lagen’ dieser Spirale, wie aller übrigen weiter unten angefühtten, wären‘ res
Seide von einander getrennt,
520 a Due = SR 200 5 20V BEN Ur
‘4) 4, ein einfacher Bogen von Messingdraht 14 Fufs lang und 2%
Linie dick. B eine Spirale von 1080 Fuls-Länge und 7; Linie Dicke. -Die
Pappscheibe mit Brunnenwasser benetzt.
uf A allein B 4 zugleich mit B
a° 52° ’ 2. 99, Er
s) 4 und B wie im vorigen Versuch, as Pappscheibe mit Salzwas-
ser und verdünnter Schwefelsäure befeuchtet.
A allein B A zugleich mit B
a) 26° 59° 26° 27°
Bra 50 - 22° 24° s
y) 9° 59° 8° 7R
ö) 7° 58° 7° 5°
6) 4, ein einfacher Bogen von ı4 Fuls Länge und 4 Linien Breite,
B, eine Spirale von ı20 Fuls Länge und 4 Linien Breite. Die Pappscheibe
mut u und verdünnter Schwefelsäure.
4A allein B A BR mit B
0) 20° 85° 200° 30°
ß) 10° 80° 10° 25°
7) A, ein einfacher Bogen ı# Fufs lang 2% Linie breit, B, eine Spi-
rale 69% Zoll lang 2% Linie breit aus 6 Lagen bestehend. Die Pappe mit
Salzwasser benetzt.
A allein B A zugleich mit Bj
5 aı° 3° 6°
Die Pappscheibe mit Salzwasser und verdünnter Schwefelsäure.
ee ee a2?
Aiso bei doppelter Schlie[sung einer galvanischen Kette mit ei-
ner Spirale und einem einfachen Bogen, beide von gleicher Breite, nimmt
die Declinati»n in der ersteren jederzeit ab, wie grofs sie auch bei einfa-
cher Schliefsung der Kette seyn ‚mag. — In .dem einfachen Bogen bleibt
sie aber bei doppelter Schlielsung eben so grofs wie bei einfacher
Schliefsung, wenn die Spirale eine beträchtliche Länge hat, und nur ia
dem ‚Verhältnisse als die Spirale kürzer gemacht wird, tritt anal im ein-
fachen Bogen eine Abnahme der Declination ein. — Der Magnetismus in
der Spirale ist blofs dadurch erhöht, dafs alle Theile derselben in gleichem
Sinne wirken; die magnetische Spannung scheint aber in dem längeren Me-
sallbogen schwächer zu seyn als in dem kürzeren,
Ver-
-
über den Magnelismus der. galvanischen Kette. zaı
"Vergleichende Versuche mit einfachen "Bogen von i gleichen Längen
und ungleichen Breiten. N " 1afts‘
8) #4, ein Messingstreifen F; Fufs lang und 4 Linien breit, B, ein
-Messingdraht ı$ Fuß lang und 7; Linien dick. "Die Pappscheibe mit Salz-
wasser benetzt.' 2 e
A allein B “ET A zugleich mit B
25° 17° " 25% u»
19° x r53 19° 7°
yon 12° 15° eg
hast N 12° 10° 12° 0°
9) A und B wie vorhin, die Pappe mit Salzwasser und verdünnter
Schwefelsäure,
A allein B" ' A zugleich mit B
52° 25° 52° 5°|
40° 03° 40° v2 >
10) A, ein Streifen ı3 Fuls lang, 4 Linien breit, B, ein Streifen
z Fuls lang, ı Linie breit.
5 A allein B Fe 4 zugleich mit B_
| | BOR 22.87. 32° CASE
Ga 100° 16° 10°
B | ei, .. 21 15° ; 87°
11). 4, ein Streifen ı2 Fuls lang, ı Zoll breit. B, ein Streifen 13 Fufs
lang, 24 Linie bxeit. Die Pappscheibe mit Salzwasser und verdünnter Schwe-
felsaure.
4 allein B re 4 zugleich mit B
65° FO 61° ’ 51°
43° 56° 87° 17°
N 350: 51° Son ug
x
. Bei einfacher Schliefsung der galvanischen Kette mit Metall-
treifen von ungleichen Breiten ist also die Declination in dem breiteren _
Br Bogen grölser als in dem schmäleren, wenigstens findet bis zu ı Zoll Breite
w des Bogens eine Zunahme der„Wirkung statt, Bei schwacher chemischer
Action der Kette finden wir nur einen geringen Unterschied zwischen der
# Deolination innerhalb eines dünnen Bogens, und. eines 40 Mal breitern;
- aber beträchtlich ist derselbe bei starker chemischer Wirkung der Kette.
5 hy», Klasse, 120 — 1921, Ss
a
>
x
522 Aa Syeı ser.d Bene
Die dünnen Drähte sind also keines ‚so hohen Grades der eher
Spannung fähig, als die breiteren Metallstreifen.
Bei doppelter Schliefsung der Kette bleibt, wie ker Hekach
zu erwarten war, die Declination in dem breiteren Bogen immer gröfser,
als in dem schmäleren, und sie nimmt in dem ersteren um so weniger ab,.
je dünner der zweite schliefsende Bogen ist.
Vergleichende Versuche mit einfachen Bogen und Spiralen von un-
gleichen Breiten.
ı2) 4, ein einfacher Bogen r Fufs lang und 4 Linien breit. B, eine
Spirale ı2o Fufs lang und „5. Linie breit.
A allein B A zugleich mit B
15° 49° 15° 0°
13) 4, der vorige einfache Bogen. B, eine Spirale 1080 Fuls lang,
75 Linie dick. - ;
4.allein B A zugleich mit BD.
14° 50° 14° ; o°
Diese Resultate waren schon nach dem 4tenund sten Versuchzu erwarten.
Aber auch, wenn der einfache Bogen schmäler ist als die Spirale,
so bleibt, bei beträchtlicher Differenz in der Länge beider, die Deolina-
tion in jenem bei doppelter Schliefsung unverändert, wie folgende
Versuche zeigen. y
14) 4, ein einfacher Bogen ı3 Fuls lang, ı Linie dick. B, eine Spi-
rale ızo Eufs lang, 4 Linien breit. Die Pappscheibe mit Salzwasser benetzt.
A allein B A zugleich mit B
7° 71° x 7? 11°
6° 60° : 6° 99
15) 4 und B wie vorhin; die Pappscheibe mit Salzwasser und ver-
dünnter Schwefelsäure. S
4 allein B 4 zugleich mit B
20° 548 3 20° 40°
13° 79° : 13° 34°
©g° 50°.
- 7° ; 82?
5° 67° 5a 15°
4° 227
-
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 323
Vergleichende Versuche mit Spiralen, e
a) Beide von gleicher Breite aber ungleicher Länge,
R 16) 4, eine Spirale ı20 Fuls lang und 7o Linie dick. B, eine Spi-
rale 1080 Fuls lang und „5, Linie dick, Die Pappe mit Brunnenwasser
befeuchtet.
A allein B 4 zugleich mit B
- WERE 54°
A 35° 52°
a) 55° 50° "o) "34° 30°
geht allmählig,
auf 52°
ß) 34° AIR In; B) 35° 29°
55° gehtlangsam hält sich lange Zeit so,
auf 52°
7) RE N 28 TER ea 25°
49? 95° 21°
50° &
Die Nadeln halten sich über + Stunde in den letzt angegebenen
Stellungen,
f
| 17) 4 und B wie vorhin, die Pappscheibe mit Salzwasser und ver-
‘ dünnter Schwefelsäure benetzt.
A allein‘ B ı' 004 zugleich mit B
4 624° 59° 623° 59°
\ behält diesenStand
ER über 10 Min.
62° 583° SR 58°
2 ; { hältsich längere Zeit so,
E:\. \.609 574°: 60? 57°
R Wa;
R. ° \ Io 6)
21 et, 65 51°
M,- 50° 56° | 50° 45°
is, E ® 6) "
len: 57 i 5
a ie 48° 45°
er geht’langsam behält-über # Stunde
ka u auf 57° diesen Stand,
H Ss2
>
"324 ie NR 00 97. 73:7 08 000 20) 7 JRRTWINEE
In der längeren Spirale konnte bei einfacher Schliefsung Ar
Kette ein stärkerer Magnetismus erwartet werden als in der kürzeren; wir
finden in jener aber nur dann eine gröfsere Declination, wenn die chemi-
sche Wirkung der Kette.schwach ist; bei starker chemischer Wirkung der-
selben ist die Declination dagegen in der kürzeren Spirale A gröfser als in
der 9 Mal längeren B, Hieraus ergiebt sich noch bestimmter als aus dem
4ten, sten und 6sten Versuch, dafs schliefsende Bogen von beträchtlicher
Länge keinen so hohen Grad der magnetischen Spannung zu erreichen im
Stande sind, als die kürzeren Bogen, und dafs also in Spiralen von
gleichen Durchmessern die magnetische Spannung im umge.
kehrten Verhältnisse der Längen derselben steht. Die Verstär-
kung der Wirkung durch die vermehrte Zahl der in gleichem Sinne wir-
kenden Lagen in der Spirale hat also ihre Grenze, sie erreicht bei einer
bestimmten Zahl derselben ein Maximum, und nimmt bei weiterer Ver-
mehrung der Lagen wieder ah. -
Die bei doppelter Schliefsung der Kette stets geringer gefun-
dene Declination in der längeren Spirale in Vergleichung mit der in der
kürzeren, ist gleichfalls als eine Folge der schwächeren magnetischen Span-
nung des längeren Leiters anzusehen. ;
Im ı7ten Versuch finden wir anfänglich die Declination bei einfa-
cher Schlieisung in beiden Spiralen nicht gröfser als bei der doppelten
Schliefsung. Aus dieser Erfahrung konnte geschlossen werden, dafs beide
Spiralen bei der doppelten Schlielsung der Kette das Maximum der magne-
tischen Spannung, deren sie fähig waren, bereits erreicht hätten, und dafs
sie daher bei einfacher Schlielsung zu keiner höheren Spannung gelangen
könnten, wie stark auch die Erregung in der galvanischen. Kette seyn
möchte. — Wäre diese Erklärung richtig, so würden beide Spiralen, ver-
bunden mit galvanischen Ketten von größseren Oberflächen und dadurch er-
höhter Action, die Declination der Magnetnadel nicht höher treiben kön-
nen, als in der Verbindung mit der im ı7ten Versuch angewandten Kette,
wo sich Flächen von 224 Quadratzoll von jedem der beiden Metalle in
“ chemischer Action befanden. Ein Versuch mit einem Plattenpaar von ei-
nem Quadratfufs Fläche und einer Pappscheibe benetzt mit einer Mischung
von Salzwasser und verdünnter Schwefelsäure, bestätigte dießs; die Dech- -
nation in der Spirale 4 betrug bei einfacher Schließung dieser Kette gleich-
falls nur 624° und in 3 nur 59°, wie bei der doppelten Schliefsung im
u
’
N
»
.üövr‘ den Magnetismus der salvanischen Kette. 325
ızten Versuch, Diese ‚Erfahrungen bestätigen also gleichfalls den oben auf-
. gestellten Satz und zugleich geht aus denselben hervor, dafs in Spiralen
von geringem Durchmesser die durch die Verlängerung des Leiters be-
wirkte Schwächung sehr bald die durch die spiralförmige Schichtung zu
erreichende Verstärkung überwiegt.
Die in dem ı6ten und i7ten Versuch in der längeren Spirale bei der
einfachen Schliefsung der Kette bemerkte langsame Zunahme der Decli-
nation, nachdem die Magnetnadel bereits zur Ruhe gekommen war,
könnte vielleicht aus der langsamern Ausbreitung der Wärme in dem lan-
gen und dünnen Drahte erklärt werden. .Denn wenn in dem ıgten $. die
magnetische Spannung in dem verbindenden Leiter abnehmend gefunden
wurde, wie die Temperatur des Leiters sank, so ist es nicht unwahrschein-
lich, dafs sie umgekehrt wachsen werde, wie die Temperatur des Leiters
zunimmt *).
Diese Versuche wurden mehrmals wiederholt, und hatten immer
denselben Erfolg. Die Spiralen ‚bestanden aus einem Stück und alle Theile
derselben waren vollkommen isolirt.
b) Versuche mit Spiralen von gleichen Längen, aber von ungleichen Breiten.
18) 4, eine Spirale ıco Fufs lang und 4 Linien breit. B, eine Spi-
rale 120 Fuls lang und „; Linien dick. Die Pappscheibe mit Brunnen was-
ser benetzt.
4A allein B A zugleich mit B
‚40° 4ı° 40° 2°
ie EB 53° 2°
.ıg° 21° 19° o°
19) Die vorigen beiden Spiralen, die Pappe mit Salzwasser und ver-
dünnter Schwefelsäure.
E
») Doch nicht jede Erhöhung der Temperatur des die galvanische Kette schliefsenden Leiters
05,6 bewirkt eine erhöhte magnetische Spaunung in demselben. Unter Metallstäben, welche glühend
a3: Per
auf die an einer einfachen Keite befestigten Träger gelegt wurden; war die Abweichung der
Y; Magnetnadel nicht gröfser, — aber auch nicht kleiner, — als wenn die Stäbe kalt waren. An-
ders möchte jedoch der Erfolg gewesen seyn, wenn 'die glihenden Stäbe die Metallplatten un-
mittelbar berührt hätten, wie aus der folgenden Abhandlung’ deutlicher hervorgehen wird.
\
326 | Seebeck
4 allein B 4 zugleieh mit B
83° 62° f ‚88° 25°
85° 56° . 85° 19°
82° 55° 82° 15°
79° 55° 79% 12°
74° 49° 74° 8°
20) Die vorigen beiden Spiralen, dieselben Platten mit einer frisch-
benetzten Pappscheibe.
Declination aulserhalb der Spiralen. }
4 allinB - 4 zugleich mit B
75° 23° 75° 8° hältsichlangeso,
70° 20° 70° NE 7 Ä
52° 18° 52° z°
35° 16° 35 PRZ
Declination innerhalb der Spiralen,
60° 54° 60° 4°
wächst langsam ’
bis auf 45°
Auch hier finden wir, wie in dem 8ten, ogten und ıoten Versuch
mit einfachen Bogen von ungleichen Breiten, die Declination in dem breite-
. ren spiralförmigen Metallstreifen gröfser als in dem dünnen Drahte, nicht
nur bei doppelter, sondern auch bei einfacher Schlielsung der Kette. —
Die etwas grölsere Declination in der dünnern Spirale bei einfacher Schlie-
fsung im ısten Versuch wurde dadurch veranlafst, dals die Spirale B kür-
zer gewunden war und daher auch eine grölsere Zahl von Lagen hatte als
A. Bei schwacher chemischer Action und einfacher Schliefsung der Kette
konnte wohl noch durch die Gesammtwirkung der Lagen in B eine gröfsere
Declination als in 4 erfolgen; bei doppelter Schliefsung der Kette ‚zeigt
sich aber schon, ‚dafs die magnetische Spannung dieser Spirale gröfser ist
als in jener. Und’aus dem ıgten und gosten Versuch geht entschieden her-
vor, dals Metallstreifen von 4 Linien Breite eine beträchtlich höhere ma-
gnetische Spannung anzunehmen fähig sind, als eben so lange Drähte von”
5 Linie Durchmesser, Zu bemerken ist noch, dafs die Declination in
den breiteren Spiralen bei ununterbrochener Schliefsung der Kette schnel-
ler abnimmt, als in der dünneren Spirale. Ueberhaupt, je stärker die ma-
gnetische Spannung in dem galvanischen Ketten, desto kürzer ist die Dauer
>
%
über den Magnetismus der galvanischen Ketie. — 327
derselben, und je schwächer, desto länger erhält sie Sich in gleicher
Stärke.
ec) Spiralen von ungleichen Längen oa Breiten.
u) Die breitere "pirale ist zugleich die längere.
21) 4, eine Spirale von ı20 Fufs Länge und 4 Linien Breite, D, eine
Spirale von 695 Zoll Länge und 2} Linie Freite, Die Pappe mit Salzwas-
ser und verdünnter Schwefelsäure,
A allein B 4 zugleich mit B
a 39° 31°
Bar. gr 35° 39°.
Dieser Versuch ist dem ı5ten Versuch ähnlich, doch weichen die
Resultate in beiden darin von einander ab, dafs hier die Declination in der
schmälern Spirale B bei doppelter Schliefsung der Kette gleichfalls
abnimmt, wie in der Spirale 4, da siein dem ısten Versuche im schma-
len einfachen Bogen ganz dieselbe bleibt, wie bei der einfachen Schlielsung,
woraus abermals hervorgeht, dafs die magnetische Spannung in dem kürze-
‚ren Bogen immer gröfser ist’ als in dem längeren.
Im sısten Versuch ist die Declination bei Foppielees Schlieflsung
der Kette in der längeren und breiteren Spirale gröfser als in der kürze-
ren. Aus der beträchtlichen Abnahme der Declination in 4 läfst sich leicht
vorhersehen, dafs der Erfolg entgegengesetzt seyn würde, wenn 4 verlän-
gert würde, während B unverändert bliebe.
ß) Die breitere Spirale ist die kürzere,
22), 4, eine Spirale von 40 Fuls Länge und 2% Linie Breite. B, eine
Spirale von 120 Fuls Länge und 57; Linie Breite. Die Pappe mit Brunnen-
\wasser benetzt.
A allein B F A zugleich mit B
er 28° 40° 2g° 0°.
25) Die vorigen beiden Spiralen; die Pappscheibe mit Salzwasser und
‘ verdünnter Schwefelsäure,
f A allein B A zugleich mit B
Bi 72° 56° 72° [eher
Bin Auch diese Versuche bestätigen die vorhergehenden Erfahrungen.
Die magnetische Spannung nimmt bei verstärkter chemischer Aetion in der
dünneren Spirale nicht in dem Verhältnisse zu, als in der breiteren, daher
ihre schwächere Wirkung im 25sten Versuch in beiden Fällen. Im 22sten
328 AED BY 12 al Re N SE ae
Versuch, wo die ıagnetische Spahnuh; in beiden Spiralen nur, schwach ir
war, konnte dagegen durch die gröfsere Zahl der Lagen von B noch eine
stärkere Declination bei einfacher Schliefsung der Kette Abewich werden,
doch nicht mehr bei doppelter Schliefsung.
Die gröfste Breite der bisher angewandten Spiralen hatte 4 Linien,
die der einfachen Bogen ı Zoll betragen, und in diesen hatten wir die
magnetische Spannung im Verhältnifs der zunehmenden Breite wachsend ge-
funden. Wie sich Spiralen von grölserer Breite verhalten, zeigt folgender
Versuch. me
24) A, eine Spirale 58 Fuls lang und 3 Zoll breit. B, eine Spirale
ı20 Fufs lang und 4 Linien breit, schliefsend eine Kette von Kupfer und
Zink, jede Fläche derselben ı Quadratfuls grofs, die ‘Pappscheibe mit Salz-
wasser und verdünnter Schwefelsäure benetzt.
Declination der Magnetnadeln aufsen auf den Spärälen:
A allein B 4A zugleich mit B
80° 84° 80° 79°
75° 81”. 5ö4 72° 69°
65° 78° 69° 58°
64° 79° \ 60° 567°
60° 743° 56° 527
55° 8° 49° 473°
51° 69° 46° 45°
‚46° 65° 42° 41°
Er Se 1 32° 34°
E 323° 56° 293° 52°
30° |....66° ‚265° 29°.
Wir finden auch hier, wie im 22sten und 23sten Versuch, die ma-
gnetische Spannung in der breiteren und kürzeren Spirale 4 grölser
als in der längeren und schmäleren B, doch nur so lange, als. die chemi-
sche Wirkung der Kette, noch stark ist. Wie dieselbe aber abnimmt, so
nimmt auch die magnetische Spannung in 4.ab, daher ‚denn bei doppel-
ter Schliefsung der Kette die Declination in. derselben zuletzt ‚kleiner
wird als in B. A
Hieraus geht hervor, dafs in jeder galvanischen Kens wie schwach |
oder stark auch die Action derselben sey, eine geringere magnetische Spa
nung statt finden werde, wie ein bestimmtes Maals der Breite des ee.
den
über den Maguetismus der galvanischen Kette. 329
den Bogens überschritten worden, und dafs also nach “.der verschiedenen
Stärke ‚der ‚galvanischen Kette .die Breite des schliefsenden Bogens bestimmt
werden müsse, wenn das Maximum der durch einen galvanischen Apparat
' zu erreichenden magnetischen Spannung eintreten soll.
en u TEN
ern
.
Die geringe Differenz in der Declination der Magnetnadeln bei ein-
facher $S chlielsung während .der ersten und stärksten Wirkung der Kette
liefs erwarten, dafs die Spirale‘ 4 verbunden mit einer stärker wirkenden
galvanischen Kette, als die im vorigen Versuch angewandte, zu einer hö-
hern magnetischen Spannung gelangen, und zugleich die durch die gröfsere
.Zahl der Lagen von B zu erreichende Verstärkung en werde. Der
folgende Versuch bestätigte diels.
25) Ein Plattenpaar von 53 Quaäratfuls Fläche, die Pappscheibe be-
netzt mit .einer Auflösung von Salzwasser und verdünnter Schwefelsäure,
und von jedem der beiden Metalle eine. Fläche I 43 Quadratfuls der
Wirkung äieser Mischung aufgesetzt.
4, eine Spirale 38 Fufs lang und 3 Zall breit. B, eine Spirale 120
Fuls lang und 4 Linien breit.
Declination der Maguetnadeln aufsen auf. den Spiralen,'
A allein B u A BD mit B
873° 82° . 875° c 81°
86° 81? 86° 90° .
R 84°. 7 80ER. ne 765°
825° 79° 812°. . 74°
81° 78° 79° } 71°
794° - 773° 772° 695°
ES 13 743° 66;°
753° 753° ‚667° 583° .
Das 78° 60° NS
Je gröfser also, die Breite einer Spirale, eme desto stärkere Action
der Kette wird erfordert, wenn sie die volle magnetische Spannung errei-
chen soll, deren sie fähig ist; und umgekehrt, je gröfser die Oberfläche
‚der galvanischen Kette, desto breiter kann der sie verbindend- einfache
. oder spiralförmig gewundene Bogen seyn, und um so höher steigt auch der
Magnetismus der ganzen Kette. — „Je breiter aber .dir öpirale wird, desto
mehr nähert sie sich dem Longitudinalmagnet.
Phys Klasse 2.00 see. TV:
\
550 | Sea x)
Eine vollständigere Uebersicht von der Zu- und Abnahme der ma-
gnetischen Spannung in schliefsenden Bogak von verschiedenen kENBe Ha
folgender Versuch.
26) Die drei Glieder der galvanischen Kette bestanden aus Kupfer.
und Zinkplatten und Pappscheiben mit verdünnter Schwefelsäure 'benetzt;
jede Fläche derselben war 48 Quadratfufs großs. Die verbindenden Drähte
und Streifen waren sämmtlich 35 Zoll lang, und ruhten mitten-über jenen
Platten auf Trägern von ı9 Linien Breite. Die Magnetnadel war 28 Li-
nien lang und stand mitten auf diesen Drähten und Streifen.
BEER am a a Dann Tr np IT BI Em ET TE ET Er rar. BIETEN Tem
Declination der Ma-
Schlie[sende Metalle, | gnetnadel 3 Linien
y über denselben.
ee ee ee 1 ee a a T— ee
a) Ein Messingdraht von „5 Linie Durchmesser . 4:09 9
b) - - - 4 - - f Der
ec). - - - 17 - - ? Pre. ©;
d) Ein viereckiger Kupferstab von 4 Linien Dicke A A088
e) Ein Streifen von Kupferblech 2 Zoll breit. . . » age
f) Ein Streifen von Zinkblech 3 Zoll 8 Linien breit . DT BR
&) - le - ae : RE EEERT
h) - - = - 8 - 2» - - er
ee u Ele ER a A le ar
1 ee el AR, Ye
D) Eine Zinkplatte Sa a6 a Nie e aD
m) Eine Kupferplatte Buche 3 2,5 ae
Die stärkste magnetische Spannung in "dieser Kette findet also bei
einer Breite des schlielsenden Bogens von 2 Zoll bis 5 Zoll 8 Linien statt;
in diesem scheint sie jedoch schwächer zu seyn als in jenem; denn in ei-
nem Abstande von 2 Zoll über den beiden Streifen betrug die Declination
am Exsteren 73°, am letzteren wur 72°. Ueber dem Kupferstabe von 4 Li-
nien Dicks finden wir die Declination nur um ı° kleiner als in jenen bei-
den Streifen, welches auf eine’ Zunahme der ‘magnetischen’ Spannung, bei
Vermehrung der Masse des metallischen Leiters deutet. In später ange-
stellten Versuchen fand ich auch die Declination der Nadel auf Kupferstrei-
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 331
‘fen von 4 Linien Breite immer, um mehrere Grade kleiner als auf jenem
Kupfe:stabe. - u
Die Declination auf den gröfseren Metallplatten ist nicht überall
gleich; so z.B. betrug sie mitten auf der Platte von 33 Zoll 3 Linien 14°
westlich, in der Mitte der Kanten in Osten und Westen dagegen nur g°
westlich. Wurde die Boussole von der Mitte der Platte. den an der Nord-
und Südseite stehenden Trägern derselben genähert, so nahm die Declina-
tion zu, und über diesen betrug sie 70° westlich; eine Folge der stärkern
magnetischen Spannung in diesen nuf ıg Linien breiten Streifen. Wurde
. die Magnetnadel von hier aus nach Osten und Westen geführt, so nahm
‚die Deolination sehr bald ab, wurde hierauf Null, und in den vier Ecken
der Platte war sie 7° östlich.. Hier befand sich also die Nadel schon jen-
seits der Curve der Indifferenzpunkte, welche durch den Magnetismus der
Träger und dem Magnetismus der oberen Platte der Kette erzeugt wird.
Die Declination der Nadel ist. bei dieser Art der Schlielsung der
Kette auf den Platten immer in dem Raume zwischen dem Träger dersel.
‘ ben am gröfsten. Bei schwach wirkenden galvanischen Ketten kann die
Declination auch mitten auf der Platte Null seyn, welches eine Folge der
Einwirkung des unter dieser Platte liegenden Theiles der ran Kette
ist. Befindet sich eine Ocffnung von ı bis @ Zoll Durchmesser in der
Mitte der Platte, so ist die Declination oberhalb derselben ganz dieselbe
wie unterhalb der Platte; sie wird in dem Raume zwischen dieser Oeff.
nung und den Kanten der Platte Null, und an den Kanten selbst ist sie
wieder die entgegengesetzte von der unterhalb der Platte.
In den bisher angewandten Spiralen waren die einzelnen Lagen durch
trockene isolirende Schichten von Seide ‘oder Leinwand von einander ge-
trennt gewesen. Doch auch wenn eine solche Spirale gänzlich durchnetzt
ist, sey es mit Wasser, Salzauflösungen oder Säuren, so behält sie die
volle magnetische Spannung wie vorher, ja es hat mir geschienen, sie sey
in den durchnäfsten Spiralen stärker gewesen, als in den trockenen ”). Fehlt
jene isolirende Schicht zwischen den Lagen der Spirale, und berühren sich
%) Eine spiralförmige galvanische Kette nach der-Angabe von Hare umwunden mit einer die Kette
Ri B? schliefsenden Spirale von Kupferblech , zwischen welcher eine Leinwandschicht läge, würde also
Hin ein Gefäfs mit verdünnter Säure getaucht, und von dieser ganz bedeckt, denselben Grad des
Magnelismus erreichen, als wenn sich blofs zwischen der Zink- und Kupferplatte ein feuchter
Leiter befände,
T'E.Q
& $-
352 al. Seebeech
die reinen Srerflinchen unmittelbar, 80 findet keine Ferkrkung der Wir-
kung statt, die Declination innerhalb einer solchen Spiräle ist sogar be-
trächtlich schwächer, als in einfachen Bogen von derselben Breite,
02.. Die zur Verstärkung des Magnetismus erforderliche Isolirung der
einzelnen Schichten: der Spirale kann man als eine Bestätigung ansehen, dafs
die magnetische Spannung in den Leitern der galvanischen Kette darch
die Aufhebung der elektrischen Spannung bewirkt werde, nicht aber zu-
‚ gleich als ‚eine Bestätigung der Identität der Elektricität und des Magnetismus;
ja es wird die Hypothese, nach welcher eine spiralförmige oder kreisförmige
Bewegung von +E-und —E die Ursache alles Magnetismus seyn soll, in
den natürlichen und künstlichen Eisenmagneten eben sowohl als in der
galvanischen Kette,. durch jene Erfahrung widerlegt. Denn so: wenig sich
eine spiralförmige Bewegung, der Elektrieitäten in jenem unisolirten Leiter
erhalten kann, eben so. wenig wird sie in dichten Metallmassen statt fin-
den können, sondern sie wird sich in denselhen, also auch im Eisenmagnet,
gleichförmig nach allen Seiten verbreiten „” wie 3 jenen Spiralen, — Dafs
durch Elektricität Magnetisreus in allen Metallen erregt werde, ist durch
die Entdeckungen von Oersted und Arago aufser Zweifel gesetzt, kei-
nesweges aber die Identität beider..-— Nicht die Elektrieität an sich, nicht
die Aufhebung von -+-E und —E allein,. sondern die durch. dieselbe be-
wirkte Veränderung im inneren Zustande der Körper ist die Ursache ih-
zes Magnetismus, = DEN
Ich habe schon oben erwähnt, dafs AR hr Voltaische Säulen und
einfache troskene Ketten, wenn gleich +E und —E in denselben wäh-
rend der Schlielsung ununterbrochen aufgehoben werden, doch keinen Ma-
guetismus zeigem Noch andere Erfahrungen gleicher Art sind. anzuführen.
Herr Arago hat bekanntlich entdeckt, dafs.der Auslader einer Leidner
Flasche ganz auf dieselbe Art magnetisch wird, wie der schliefsende Bo-
gen einer galvanischen Kette, und dafs Stahlnadeln. transversal auf dem
. Auslader befestigt,. eben so polar werden wie auf dem verbindenden Bo-
gen der galvanischen Kette. In Fig. ı8. habe ich die magnetischen Pole
der am Auslader innerhalb und außerhalb befestigten Stahlnadeln-im Ver-
hältnils zu den elektrischen Polen angegeben. Die Lage der magnetischen
Pole am: Auslader stimmt genau mit der Lage jener Pole an Nadeln, welche
am schliefsenden Bogen der 'galvanischen Kette von Kupfer und Zink befe-
über den Mngnetismus der galvanischen Kette. 333
'stigt worden, überein, Denn in der Kette Fig. 29. erhalten sie innerhalb
und aufserhalb des Bogens gleiche Pole mit denen in Fig. 18. %
Die Stahlnadeln werden, wie ich gefunden habe, nur dann bei der
Entladung von Leidner Flaschen magnetisch, wenn diese mit einer Explo-
sion geschieht. Wird eine solche Flasche odex, Batterie mit Leitern von
Elfenbein oder Knochen, welche mit dem nietallischen Auslader verbunden
worden, entladen, so werden die Stahlnadeln, sie mögen am Metall oder
‚am Elfenbein befestigt seyn, nicht magnetisch, obwohl die Entladung mit
. mit den Metallen.
diesen Halbleitern sehr schnell und nicht minder vollkommen erfolgt, als
Eine Explosion findet hierbei nicht statt, wie man denn
auch mit Elfenbein und Knochen- eine Leidner Flasche entladend, keinen
Schlag erhält *) Stahlnadeln in schraubenförmig gewundenen isolirten
Drähten eingeschlossen, erlangen nach Herrn Arago’s und Ampere’s Er-
fahrungen durch den Erschütterungsschlag der Leidner Flasche und in der
galvanischen Kette eine beträchtliche magnetische Polarität. Stahlnadeln,
eingeschlossen in solchen Drahtschrauben, deren eines Ende mit einem
Stäbchen von Elfenbein verbunden war, wurden auch nach viermaliger
Entladung einer Batterie von ı05 Quadratfufs äußserer Belegung, gänzlich
ummagnetisch gefunden. — Wenn eine solche Batterie mit einem spitzen
metallischen Auslader ohne Explosion entladen wird, indem man die Spitze
derselben allmählig dem Knopf der Flasche nähert, so wird die transversal
an demselben befestigte Magnetnadel gleichfälls nicht magnetisch, weil es
der Auslader dann nicht wird. Eben so: wenig wird eine Stahlnadel, welche
innerhalb eines schraubenförmig gewundenen isolirten Drahtes eingeschlos-
sen ist, magnetisch, wenn sie eine Leidner Flasche oder eine Batterie still -
und ohne Funken entladet. Ein schwacher Funke, sey es von der Flasche
oder vom Conduttor in diesen Draht überschla gend, erregt sogleich
Magnetismus in demselben, welcher sich der Stahlnadel müittheilt **). In
*) Dals Eoldbem Batterien durch Elfenbein schnell und ohne Ehkneringhschtage entladen werden,
ist, wenn ich nicht irre, zuerst von Lord Mahon bemerkt worden,
1 #*) Die beiden Ietzten Versuche sind später’ angestellt worden. — Beiläufig will ich noch bemerken,
dafs die entgegengesetzte Lage der magnetischen Pole der Stahlnade!n in rechts gewundenen
‚schraubenförmigen Drähten gegen die in links gewundenen eine nothwendige Folge der entgegen-
en Richtung der einfachen magnetischen Atmosphäre in allen Theilen dieser Schraubenli-
nien ist, — Die Stähladeln werden iniierhalb dieser Dralitschrauben leicht magnetisch,. schwer
dagegen an der äufseren Fläche, weil sie'sich'dort in einer stärkeren, von allen Seiten gleichför-
mig auf sie wirkenden, hier in einer geschwäthten und ungleichförmig wirkenden magnetischen
Awnosphäre befinden. Man kann aber den-Magnetismus an der äußeren Fläche der Drahtschrau-
“
334 | Seen
ellen jenen Fällen gleichen sich +E und —E in den Leitern aus, Wäre
nun eine spiralförmige Bewegung der entgegengesetzten Elektrieitäten in-
nerhalb und aufserhalb der Metalle, und überhaupt die Aufhebung von
4 E und —E allein die Ursache des Magnetismus derselben, . so könnte
er auch dort nicht fehlen. — Dafs elektrische Explosionen Veränderungen
im inneren Zustande der Metalle bewirken, und dafs auch die metallischen
Leiter der galvanischen Kette eine gleiche Veränderung erleiden, geht aus
_ der in beiden Fällen statt findenden grölseren oder geringeren Erwärmung,
Schmelzung, Verbrennung hervor; und nur wenn diese Veränderungen bei
der Aufhebung der elektrischen Spannung eintreten, finden wir Magnetis-
mus in den Metallen. Veränderung oder Verschiedenheit im Cohäsionszu-
stande ist also als die wesentlichste Bedingung zum AR "Werden
jener Körper anzusehen.
s5. Aus den $, ı5. angeführten Versuchen hatte sich bereits erge-
ben, dafs auch die Kupfer- und Zinkplattem, zwischen welchen sich der
feuchte Leiter befindet, magnetisch sind. In der Kette Fig. 1. war die
Declination der Magnetnadel mitten auf der Zinkplatte östlich gefunden
worden, während sie oberhalb des schließenden Stabes ab westlich war,
Zu bemerken ist noch, dafs der Magnetismus in. den Platten der Kette
Fig. ı. eben so vertheilt ist, wie in der schliefsenden Platte im s6sten
Versuch des zısten $. Die Declination ist gröfser in der Mitte der Plat-
ten zwischen ZK als in der Mitte der gegen O und W liegenden Kanten.
„Fig. ı9 und zo. geben eine vollständige Uebersicht von den Decli-
pationen der Magnetnadel an den Hauptpunkten einer in der Horizontal-
ebene geschlossenen galvanischen Kette von starker magnetischer Spannung.
Fig. ı9. stellt die Declinationen auf der oberen Fläche und Fig. zo. die an
der unteren Fläche der Kette dar. Wir finden oberhalb der Kette alle
Nadeln mit ihrem n Pol (—m) gegen den Mittelpunkt des von den Me.
tallen umschlossenen Raumes gerichtet, als wenn dort ein sPol (+-m)
läge; unterhalb der Kette finden wir dagegen den s Pol (+ m) der Na-
deln gegen den inneren Raum gerichtet, als wenn dort ein n Pol (m )
läge. =
ben dadurch verstärken, dafs man eine Glasröhre mit mehreren solchen; zusammenhängenden
Schrauben'umgiebt, von welchen’immer die eine rechts, die andere links gewunden ist. Die
Pole, welche die Nadel in der mittelsten Röhre erhält, haben dann eine umgekehrte Lage ge-
gen die Pole der Nadeln im Inneren aller sie umgebenden Drahtschrauben. |, ö
über den Magnetismus der galvanischen Kette. 335
Eine horizontal ‚gestellte Inclinationsnadel am äulseren Umkreis
dieser Kette (Fig. 1. und 2o und 21.) inclinirt überall mit ihrem s Pol
(+ m); auch sie nimmt also eine‘ Stellung an, als wenn an der unteren
Fläche der Kette ein n Pol (-m) läge. — Die Inclination innerhalb
der Kette (imdemvon ZabK Fig, ı. umschlossenen Raume), ist der vori-
gen entgegengesetzt, hier neigt, sich der n Pol (—m) der Nadel.
In galvanischen Ketten, deren schliefsender Bogen in der Vertikal.
ebene liegt, wie z.B. in Fig. ıı und ı@., ist die Declination am äufseren
Umkreis überall dieselbe, und der innerhalb des Kreises entgegengesetzt,
Die Declination oberhalb ab und unterhalb ZX Fig. ı1., desgleichen die
oberhalb a und unterhalb 2 Fig. 12. ist westlich. Innerhalb der ge-
schlossenen Ketten, und bis in beträchtlichen Abständen von denselben nach
O und nach W hin, ist die Declination östlich; es wird also an der
Westseite des von Zabk umschlossenen -Raunies Fig. 11 und ı2. der
Nordpol (—m) der Magnetnadel und an der Ostseite der Südpol
derselben (-Hm) angezogen.
Eine horizontal gestellte Inclinationsnadel bleibt in Ruhe, wenn sie
an der Ost- oder Westseite der Kette Fig. ı2. in der mitten durch den Bo-
gen ab gehenden Horizontalebene steht. Wird diese Nadel an der Ostseite
dem oberen Theile des Bogens, «, genähert, so erhebt sich der n Pol
" (—m) der Nadel, und wird sie dem unteren Theil des Bogens, b, genä-
er
hert, so senkt sich dieser Pol der Nadel. An der Westseite des Bogens
ab ist. .die Inclination umgekehrt, dort erhebt sich neben a der sPol, und
neben b senkt er sich.
Vergleichen wir nun die Wirkung der letztgenannten beiden Ketten
anf die dem äufseren Umkreis derselben genäherten Declinations- und In-
clinationsnadeln mit der. eines gewöhnlichen Magnetstabes, so finden wir
die vollkommenste Uebereinstimmung, wenn dieser Magnet mit seinem
- nPol (—m) in Osten und mit dem s Pol in Westen liegt. Denn oberhalb
k und unterhalb eines solchen Magnetstabes, Fig. 21,, ist die Declination der
Nadel westlich und an dem n und s Ende des Stabes ist sie östlich.
- Auch bleibt eine ‚horizontal gestellte Inclinationsnadel, welche sich in der
ve erten Achse des Magnetstabes befindet, in Ruhe, und inclinirt genau
so wie in jenen geschlossenen Ketten, wenn sie sich in O und W oberhalb
| oder unterhalb dieser Achse befindet. '
336 DIET DER AN
Die Banze ‚geschlossene Kette verhält sich also wie ein vollständiger
Magnet mit feststehenden Polen, und es liegt in den Ketten Fig. ır und
ı2: der nPol in Osten und der sPol in Westen, in Fig‘ ıg und oo, Kibe
n Pol unten, der s Pol oben.
Nicht in dem inneren von den Leitern umschlossenen Raume re
die Pole, welche die Richtung der Magnetnadeln bestimmen; denn der
Magnetismus ist im inneren Umkreis nake an der Oberfläche der Leiter
immer stärker, als in einigem Abstande von derselben. Auch nicht die
nach den oben angeführten Erfahrungen. mögliche Verstärkung des Magne-
tismus in der inneren Hälfte der Leiter selbst, und die Schwächung an der
äulseren Hälfte, durch die Einwirkung der magnetischen Atmosphäre jeder
der einander diametral entgegengesetzten Punkte des geschlossenen Kreises
ist eine unerläfsliche Bedingung zur Polarität der Kette, in so weit .diese sich
durch die Wirkung auf die Magnetnadel offenbart, sondern sie ist schon.dadurch
begründet, dafs „m innerhalb des geschlossenen Kreises nach einer Seite zu
und —m nach der entgegengesetzten Seite zu gerichtet ist, und.dafs --m und-—m
an der äufseren Fläche der an der inneren entgegengesetzt sind, kurz dadurch,
dafs jeden Punkt der Leiter eine einfache magnetische Atmosphäre umgiebt, wel-
che nach dem $.9. aufgestellten Gesetz vertheilt ist. Die ganze geschlossene
Kette mufs sich daher als ein vollständiger ringförmiger Magnet gegen die.
ihm genäherten Declinations- und Inclinationsnadeln verhalten, und die
eine Seite desselben mufs auch dann noch als n Pol, die andere Seite als
sPol auf jene Nadeln wirken, wenn der Kreis so sehr erweitert seyn sollte,
dals die Wirkung der diametral entgegengesetzten Theile des Ringes auf
einander fehlte, oder doch höchst schwach wäre.
24. *) Der Magnetismus ist im Stahl nach demseiben Gesetze’ ver-
theilt, wie in der ganzen geschlossenen galvanischen Kette, d.h. +m und
— m haben im Inneren des Stahlstabes eine entgegengesetzte Richtung won
-- m und — m an der äufseren Oberfläche. Die Declination der Magnet-
madel innerhalb des Magnetstabes würde der Declination wnterhalb und
oberhalb desselben entgegengesetzt seyn, wenn die im Inneren desselben
verbundenen Theile der einfachen magnetischen Atınosphäre des Stabes. eben
86 von einander getrennt werden könnten, wie sie es in der einfachen 'gal-
vani-
*) Die in diesem und den folgenden er angeführten Versuche sind ‚nach der Werlerung, am 8. Fe-
bruar angestellt worden,
über den Magnetismus der galvanischen Kette, 337
vanischen Kette sind. Diefs ist aber unmöglich. Denn wie viel auch von
der inneren Masse des Magnetstabes hinweg genommen würde, immer blei-
"ben +-m und —m in dem übrigen Theile eben so vertheilt, wie sie es in
‚der ganzen Masse waren.
Ein hohler Cylinder von Stahl lälse sich leicht so magnetisiren, dafs
das eine Ende desselben ein —mPol und das andere Ende ein --m Pol
wird, indem man entweder durch denselben einen ihn in allen Punkten be-
rührenden cylindrischen Magnetstab zieht, oder wenn man ihn von aufsen
mit mehreren, gleich starken Magnetstäben an einem Ende umgiebt, welche,
mit den gleichnamigen Polen unter einander verbunden, einen den hohlen
Cylinder dicht umschliefsenden Kreis bilden. Wird der Cylinder zwischen
diesen Stäben einigemal herumgedreht, und werden die Magnetstäbe hier-
auf so gleichförmig als möglich von demselben entfernt, so ist das eine
Ende desselben überall in gleichem Grade + m und das andere Ende —m:
Dieses Verfahrens habe ich. mich bedient. — Die Wirkung eines solchen
hohlen magnetischen Cylinders auf die Declinationsnadel ist aber keines.
weges der einer kreisförmigen galvanischen Kette gleich; denn die Declina-
tion im Innern des Cylinders ist der an der äufseren Oberfläche vollkom-
men gleich, und es verhält sich dieser Cylinder also, als wenn er aus un-
endlich vielen Magnetstäben zusammengesetzt wäre, deren gleichnamigen
Pole neben einander lägen; gleichgültig ist es, ob diese eine dichte Masse
oder einen hohlen Körper bilden.
Der Magnetismus im Eisen und Stahl unterscheidet sich also darin
vom Magnetismus in der galvanischen Kette, dafs die den diametral einan-
der gegenüber liegenden Punkten des Stahlmagnets zugehörenden inneren
‚ Theile der magnetischen Atmosphäre in einander greifen und in dem Me-
tall’ so innig verbunden sind, dafs sie auf keine Weise von einander ge-
trennt werden können, indem die Achse der ganzen den Stab erfüllenden
und umgebenden magnetischen Atmosphäre als ein mitten zwischen den
Polen an der Oberfläche des massiven cylindrischen Magnetstabes liegender
Kreis angenommen werden mufs. In der galvanischen Kette dagegen kön-
‚nen nicht nur die einander diametral gegenüber liegenden Theile der ein-
fachen magnetischen Atmosphäre der Leiter bis zu jedem beliebigen Ab-
stande von einander entfernt werden, wodurch sie um so volikommner in
dieser vor der Entdeckung Oersted’s gänzlich unbekannten einfachen Form
hervortreten; sondern es wird sogar aller Magnetismus der galvanischen
Phys. Klusip. 1930— 1921. Uu
358 Ser ET EN
Kette aufgehoben, wenn die einander diametral entgegengesetzten Theile
der magnetischen Atmosphäre bei völliger Berührung der ran, Tr
Art in einander greifen, als in den Stahlmagneten.
Ein Stahlstab, die galvanische Kette schliefsend, Bee auf dinebe
Art magnetisch wie die übrigen Metalle, es erfüllt und umgiebt ihn ein
einfacher magnetischer Wirkungskreis, dessen Achse mit der Achse des Sta-
bes zusammenfällt. Man könnte erwarten, dals der Stahilstab den in ihm
hier erregten Magnetismus behalten, und nach der Trennung von der Kette
eben sowohl unterhalb und oberhalb entgegengesetzte Declinationen bewir-
ken werde, wie in der Kette. — Diefs geschieht nicht. Stahlstäbe und
Stahlstreifen, welche mit stark wirkenden galvanischen Ketten ‘verbunden
worden, werden nach der Trennung von der Kette unmagnetisch gefunden,
wenn sie es vor der Verbindung mit derselben waren. Bei diesen Versu-
chen hat man darauf zu sehen, dafs man den Stahl nicht transversal strei-
fend von den Trägern desselben abziehe; denn dadurch wird er ber stark
wirkenden Ketten zuweilen transversal magnetisch, eben sowohl als die
Stahlnadeln auf dem schliefsenden Bogen gestrichen, longitudinal magnetisch
werden. Der Magnetismus ist aber auch ın diesem Falle in den Stahlstrei-
fen und Nadeln vollkommen so vertheilt, als wenn sie mit einem Maguet
gestrichen worden wären *),
25. Eine Uebersicht von dem Verhältnifs der Vertheilung des Ma-
gnetismus in den galvanischen Ketten zu dem in den Stahlmagneten geben
auch die Eisenfeilstaub-Figuren, welche sich um lothrecht gestellte, die
Kette schliefsende Bogen bilden.
*) Herr Erman hat später die wichtige Entdeckung gemacht, dafs Stahlscheiben, durch deren
Mittelpunkt der Schlag einer Leidner Flasche gegangen, keinen Magnetismus zeigen so lange sie
ganz sind, dafs aber eine deutliche, ja starke Polarität in diesen Scheiben wahrgenommen werde,
sobaldıein Einschnitt in dieselben gegen den Mittelpunkt zu gemacht wird. Es war nach dieser Er-
fahrung zu erwarten, dafs Stahlscheiben mit ihren Flächen zwischen die Leiter einer stark wir-
kenden galvanischen Kette gespannt, eben so mägnetisch werden würden. Diefs hat sich bestätigt;
der Magnetismus in diesen Scheiben ist mach der Trennung von der Kette völlig latent, so lange
sie unverletzt sind; sobald aber an irgend einer beliebigen Stelle ein Einschnitt gegen den Mittel-
punkt zu gemacht wird, tritt der Magnetismus frei hervor, welchen die Scheibe in der Kette er-
langt hat, und es liegen die Pole in dieser Scheibe dann genau wie in dem Schema Fig. 6. angege-
ben worden. Denn wird z. B. das Stück öK herausgeschnitten, so liegt der nPol (— m) der
Scheibe dayß dann in # (indem der Radius K gegen ö zu—m ist), und der sPol(-+m) in d,
Dieser Versuch bestätigt also gleichfalls das 9. 9. aufgestellte Gesetz der Vertheilung des Magnetis-
zaus in jedem einzelnen Theile der geschlossenen galvanischen Kette,
über den Magnetismus der gelvanischen Kette, 350.
Stehen -die Schenkel des Bogens in beträchtlichem Abstande von ein-
“ ander, so ordnet sich der Feilstaub wie wir oben gefunden haben, un je-
den derselben kreisförmig (Fig. 7.). ‚Werden die beiden lothrecht stehen-
den Theile des Bogens einander genähert, so stofsen sich die mit ihren
ungleichnamigen Polen aneinander hängenden Feilstaubspäne im innern Raume
gegenseitig ab (da jede solche magnetische Linie sich zwischen zwei ande-
ren ihr mit gleichnamigen Polen zugewandten Linien befindet), und bil-
den hier parallele sich erst an den Enden umbiegende Linien, wie Fig. o».
darstellt. Die äußeren Theile der Figur sind kreisförmig, wenn der
schliefsende Bogen ceylindrisch ist, und elliptisch, wenn er einige Zoll Breite
hat, Sind die beiden lothrecht stehenden Theile des Bogens Stäbe von
gröfserer Masse, und sind diese nur durch eine dünne isolirende Schicht
von einander getrennt, so werden die Figuren der Eisenfeilspäne um die-
selben den um die gewöhnlichen Stahlmagnete sich bildenden noch ähnli-
cher; am ähnlichsten sind aber jene Figuren den letztgenannten, wenn der
mit Feilstaub umstreute Theil der Kette eine dichte isolirte Spirale von ein
Paar Zoll Breite ist; die Feilstaub - -Figur hat dann die Fig. 23.. angegebene
Gestalt, wenn die Achse dieser Spirale in der Horizontalebene liegt. Wird
die Spirale auf ihre Grundfläche gestellt, so ordnet sich der Feilstaub über
dem Pole derselben sternförmig, wie über dem Pole eines lothrecht gestell-
ten Stahlmagnets,.
26. Die Declination einer Magnetnadel unterhalb und oberhalb ei-
nes regelmäfsigen Magnetstabes ist jederzeit am’ gröfsten, wenn der magne-
tische Mittelpunkt derselben unter oder über dem magnetischen Mittelpunkt
des Stabes steht; sie nimmt ab, wie die Nadel gegen die Pole zu geführt
wird, wird Null, und geht über diesen Punkt hinaus geführt (welcher
nach dem verschiedenen Abstande der Nadel von dem Magnete verschieden
liegt) i in die entgegengesetzte Declination über *).
Wird die galvanische Kette mit einem Blechstreifen geschlossen, des-
'sen Breite der Länge der Platten gleich ist, und welcher der ganzen Breite
nach mit diesen durch Löthung verbunden ist, Fig. 24., wodurch also die
geschlossene Kette dem Longitudinalmagneten, wie unsere gewöhnlichen Ma-
. gnetstäbe sind, ähnlich wird; so zeigt die Declinationsnadel am äufseren
%) Beiläufig bemerke ich, dafs hier keine‘ solche Curve der Nullpunkte entsteht, wie am schliefsen-
den Bogen der galvanischen Kette. Ich werde künftig auf diesen Gegenstand zurückkommen.
Uuoa
540 er Er 9 20 Ba er Nr 0
Umkreis der Kette ein verschiedenes Verhalten, je nachdem der schliefsende
Bogen den drei Gliedern der Kette näher liegt, oder von denselben weiter
absteht. Geht der schliefsende Bogen nahe über die Platten weg, so ist
die Declination 'einer mitten auf den Bogen (in c Fig. 24.) gestellten Ma-
gnetnadel immer nur'schwach. Die Declination nimmt zu, wie die Nadel
weiter nach a und’ 5 hin geführt wird, erlangt hier ein Maximum, nimmt
weiter geführt wieder ab, und geht, über der Kante der Platte hinausra-
gend, in die entgegengesetzte Declination über. — Mı der Mitte eines
schliefsenden Bogens von '9 Zoll Breite, durch Löthung verbunden mit
Kupfer- und Zinkplatten von gleicher Breite, war die Declination der Ma-
gnetnadel, bei ı Zoll Abstand des schliefsenden Bogens von der Zirkplatte,
in c fast Null, während sie ‘in a und 5 5° betrug. Als der schliefsende
Bogen. so weit”"ausgedehnt wurde, dafs die obere Fläche desselben 7 Zoll
über der Zinkplatte stand, so war die Declination in a, 5b und c gleich
grols; sie betrug hier und auf allen Punkten der Oberfläche 9°.
In einem später angestellten Versuche mit einer galvanischen Kette,
deren’Zinkplatte 295 Zoll lang und ı65 Zoll breit war, welche an ein Ku-
pferblech von 29% Zoll Breite gelöthet worden, fand ich die Deelination,
bei einer Oeflnung der Kette von ı7 Zoll, auf dem schliefsenden Bogen in
e 4° westlich, ima und b 10° westlich, Innerhalb der Kette war die
Declination dagegen in der Mitte am gröfsten, und gegen die Pole zu
schwächer; untex c betrug sie 584° östlich und unter a und 5 nur 26°
östlich. — Die verstärkte Wirkung in, der Mitte innerhalb: der Kette
und die geschwächte an der äufseren Fläche ist ohne, Zweifel aus dem In-
einandergreifen der einander diametral entgegengesetzten Theile des magne-
tischen Wirkungskreises zu erklären *),
Wurde diese Kette vertikal gestellt, so nahm die Declination von
den Polen her bis gegen « und ß hin stetig ab; hier (in einem Abstande
von ı37 Zoll von den Kanten der Platte), so wie in dem ganzen Räume
zwischen & und ß war sie Null; die magnetische Mitte der geschlossenen
galvanischen Kette, und also auch die Achse des magnetischen Wirkungs-
kreises, befindet sich mithin mitten zwischen den beiden Polen derselben,
®); Eine dicht um einen Metallstab gewundene gehörig isolirte Spirale. von einiger Breite ist den
Longitudinalmagneten noch ähnlicher" als jene Kette, da der Magnetismus an den Polen derselben
durch die vereinte WVirkung aller Lagen der Spirale beträchtlich verstärkt wird. Doch auch an ei-
ner solchen: 9 Zoll breiten Spirale fand ich die ei in der Mitte aufsen nicht so stark als
näher nach den Polen zu, x
über den Magnetismus der gelvanischen Kette. 34:
07. Nach allen diesen Versuchen bleibt es noch ungewils, ob die
einfache galvanische Kette, frei schwebend aufgehangen, sich mit ihren Po-
‘ len auch wohl nach den Endpolen richten: werde. Hierzu wird erfordert,
dafs der Magnetismus in einem Theile der den Kreis bildenden Leiter stär-
ker sey, als in den übrigen Theilen. — Die Versuche des Herrn Ampere
haben hierüber ‘entschieden. Ein leicht beweglicher Drahtring, verbunden
mit einer galvanischen Kette, nimmt seiner Erfahrung zufolge, eine be-
stimmte Stellung an, indem die Ebene des Ringes sich von Osten nach
Westen richtet *), Dieser Versuch erfordert schr wirksame galvanische Ket-
ten, auch darf der Draht nicht zu dünn seyn. Bei der ersten Wiederho-
lung des Ampereschen Versuches mit einem Draht von o,2 Linien Dicke
erhielt ich kein entscheidendes Resultat, obwohl jede Fläche der in chemi-
scher Action befindlichen Platten 202 Quadratfufs betrug. Doch schon ein
Drahtring von $ Linien Dicke und g Zoll Durchmesser nahm, mit dersel-
ben Kette verbunden, die von Herrn Ampere angegebene feste Stellung an,
nachdem er einigemal oscillirt hatte. Die Seite des Ringes, welche mit
dem Kupferpol.der einfachen Kette in Verbindung war, stand dann in
Osten, der in welchen der Zinkpol eintrat, in Westen.
Wurde ein Magnetstab mit seinem nPol (—m) von Norden (+m)
her der inneren Seite des Ringes in Osten oder Westen genähert, so
wurde der Ring angezogen. Umgekehrt verhielten sich Anziehung und
Abstofsung, wenn der s Pol des Magnetstabes dem inneren und äufseren
Theil des Ringes von dieser Seite her genähert wurde. — Der sPol des
Stabes von Süden her gegen den inneren Theil des Ringes geführt, er-
folgte eine Abstolsung; — eine Anziehung dagegen wenn der-n Pol
des Stabes diesem Theile genähert wurde. >
Die Richtung des Ringes gegen die Erdpole wird also durch den
-» Magnetismus des inneren Theiles des Ringes bewirkt; dieser muls also über
den an der äufseren Eläche: das Uebergewicht haben, Hier sind zwei Fälle
möglich; entweder die Achse des magnetischen Wirkungskreises geht mit-
ten durch das Metall, und der Magnetismus in der inneren Hälfte des Rin-
‚ges ist stärker als der an der äufseren Hälfte, oder die Achse des magne-
Yachen Wirkungskreises liegt nahe an der äufseren Oberfläche, so dafs also
. die Stellung des Ranzen dadurch: bewirkt würde, , aa 4m und —m in
») Annales de Chimie et de Phys. Tom. XV. p. 170 u, f.
BE - URN 3 E ARV NE) CT URTCE NO
dem grölseren Theil der Masse eine gleiche Richtung haben. Um hierüber
bestimmtere Aufklärung zu gewinnen, wurde folgender Versuch unter-
nommen,
28. An ein massives metallisches Parallelepipedum (ab Fig. 25.) von
9 Zoll Länge, 4 Zoll 4 Linien Breite und e Zoll @ Linien Dicke, wurden
zwei Kupferstreifen von 2 Zoll 2 Linien Breite gelöthet, und mittelst des-
selben eine horizontal liegende galvanische Kette geschlossen, ‚wobei die
untere Känte des Parallelepipedums a 24 Zoll über dem Blechstreifen K
stand. Eine Magnetnadel von a nach 5 geführt, in einem Abstande von
2o Linien von dieser Fläche, verhielt sich folgendermalsen:
In einer Höhe von 3 Lin. über der Kante a war die Declin. 49° Sarl,
S “ ei . 1 Zoll.» - - an “ 28°
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... ie > . ae a. Tr 5 2° westl
- - ‚® 77 912% ” Vvej air - 5° =
Mitten auf dem Parallelepipedum TE zur
Wurde ab von Osten nach Westen gelegt, so war die Declination
mitten zwischen den Kanten b und d Null, oben und unten entgegen-
gesetzt.
Ein gleiches Verhalten zeigte ein Zinkblech von g Zoll Breite und
o Zoll Länge, welches mit den Kanten auf den Trägern einer galvanischen
Kette von 32 Zoll Länge und 24-Zoll Breite ruhte. Bei einem Abstande
der unteren Känte (a) des Zinkstreifens ı5 Zoll von der oberen Platte der
Kette N
betrug die Declination neben der Kante a . „ . 20° östlich.
ı Zoll über derselben . - « » » 16° ep
EEE 0 EEE. GERBREEEN:
”" über den Magnetismus der galvanischen Kette. 345
44 Zoll über derselben. . ! „.. 2° östlich
5 “ - ar ER o° ”
Se 1 RR . -, ar DER ı° westlich.
h 5 iq ha w - ser» 0 | a Ing
8 - ” .- % . . . . 8° ”
9 *- . Wr. -
Mitten auf der oberen Kante des Zinkstreifen . . ı9° -
- unter der unteren Kante a „ . 5». . . 26° östlich.
Aus diesen Versuchen geht hervor, ı) dafs die Achse des einfachen
magnetischen Wirkungskreises auch in gröfseren die galvanische Kette
schliefsenden Metallmassen mitten durch dieselben geht, dafs aber e) der
Magnetismus in der inneren Hälfte des Kreises beträchtlich stärker ist, als
an der äufseren (wenigstens in Kreisen von dem angegebenen Durchmesser),
und 3) dafs der Magnetismus am stärksten an der Oberfläche des metalli-
‚schen Leiters ist, und dafs er von allen Seiten her gegen die Achse zu
abnimmt.
Ein hohles von allen Seiten geschlossenes Parallelepipedum verhält
sich wie das Massive,
An einer galvanischen Kette, welche die in Fig. 27. angegebene Lage
hat, und wo ab und‘ cd zwei schmale Blechstreifen sind, welche mit der
Kette ZK und dem massiven Metallkörper M verbunden sind, ist die Decli-
nation von f bis g westlich, sie ist aber am gröfsten zwischen ab, und
nimmt sowohl von a nach f, als von 5b nach g zu ab, und kann hier, wenn
af und bg sehr lang sind, Null werden. Eben so ist die Declination bei
der Lage der Kette wie in Fig. 28, in !, m, n und p immer beträchtlich
kleiner als ina, 5b, ce und.d, ag. den beiden vorigen Erfahrungen,
29. Auch der flüssige Leiter ist magnetisch; aber der Magnetismus
& in demselben ist anders vertheilt als in den metallischen Leitern. — Inein
gläsernes Gefäfs (Fig. 26.) von 4 Zoll Breite und Länge, welches bis zu
einer Höhe von 4 Zoll mit verdünnter Salzsäure gefüllt worden, waren
ein Paar .Kupfer- und Zinkplatten, welche durch einen 4 Linien breiten
Kupferstreifen mit einander verbunden waren, lothrecht gestellt. Stand die
"544 NAT A f 'S. ee si e to ki a0 15 PN wi
Zinkplatte i in Süden, so war die Declination in dem ne zwischen PR,
Bogen ab und der Oberfläche der Flüssigkeit östlich. Unter der Flüs-
sigkeit war sie westlich wie über dem,Bogen ab, wenn gleich dort in
geringerem Grade, Diese Declination der Magnetnadel erfolgte auch dann
noch, wenn nur £ Zoll von den beiden Platten in die Flüssigkeit getaucht
wurde,- Selbst wenn die Platten in einem mit jener Säure gefüllten Gefälse
bis zu 8 Zoll von einander entfernt wurden, zeigte sich eine deutli-
che westliche Declination, wenn die Nadel ı Zoll unter dem Gefäßse
stand.
Innerhalb der Flüssigkeit declinirte die Magnetnadel zwischen den
Platten gleichfalls östlich und zwar am stärksten nahe an der Oberfläche
derselben. Wie die Nadel tiefer gesenkt, wurde, nahm die Declination ab,
doch blieb sie immer östlich und wurde erst nahe am Boden Null, Eine
westliche Declination war in der Flüssigkeit selbst dann nicht zu, be-
merken, wenn die Platten über der Nadel standen.. Nur wenn die Magnet-
nadel unter dem Gefälse, oder in der Flüssigkeit an der äulseren
Fläche der Platten stand, so erfolgte eine westli che Declination, ‚welche
letztere gleichfalls nahe an der Oberfläche der Flüssigkeit am stärksten war.
Die Declination innerhalb der Flüssigkeit könnte der Wirkung der
Platten zugeschrieben werden, in welchen der Magnetismus eben so ver-
theilt seyn muls, als in dem sie verbindenden ‚Bogen, auch kann der Ma-
gnetismus des horizontalen Theiles des Bogens ab zur Vergrölserung der -
zwischen den Platten gefundenen östlichen Declination beigetragen ha-
ben. — Die.westliche Declination unterhalb des Gefälses ist aber nur
aus dem eigenen Magnetismus der Flüssigkeit zu erklären, da weder der
magnetische Wirkungskreis des schliefsenden Bogens noch die Wirkungs-
kreise der lothrecht stehenden Platten dieselbe bewirken können. — ' Die ,
Flüssigkeit ist keines so hohen Grades der magnetischen Spannung fähig als
die Metalle, wie schon, daraus hervorgeht, dafs sie in der ganzen Kette bei.
zunehmender Länge der Flüssigkeit weit schneller abnimmt, als bei zuneh-
mender Länge der Metalle. Man könnte annehmen, dals auch in der Flüs-
sigkeit die Achse des magnetischen Wirkungskreises mitten durch dieMasse .
ginge; es würde dann der Magnetismus an der Oberfläche derselben, durch
den Magnetismus der Platten, wie er oben angenommen worden, verstärkt,
an der unteren Fläche der Flüssigkeit aber geschwächt werden, weil oben
die
über den Magnetismis der galvanischen Kette, 345
die magnetischen Wirkungskreise ‘der Platten und der Flüssigkeit eine
‚gleiche, unten aber eine entgegengesetzte Richtung haben. Wenn nun die
‚magnetische Spannung in den Metallen stärker ist, als in der Flüssigkeit,
so würde die Wirkung von jenen sich auch noch über die Achse der ma-
gnetischen Atmosphäre der Flüssigkeit hinaus erstrecken können; woraus
sich denn die bis zum. Boden des Gefälses statt findende östliche Declina-
tion erklärte, selbst wenn die Achse der magnetischen Atmosphäre der
Flüssigkeit mitten in der Masse läge.
Noch ist zu bemerken, dafs die Declination der Magnetnadel inner-
halb und aufserhalb der Flüssigkeit sich eben so verhält, wenn der schlie-
Ssende Bogen eine gleiche Breite mit den Platten hat. — Auch wenn die
beiden Metalle der Kette ganz von der Flüssigkeit bedeckt sind, so erfol-
gen dennoch die Deelinationen, wie sie oben angegeben worden,
30. Alle in dieser Abhandlung angeführten Versuche bestätigen, dals
ein festes Verhältnifs zwischen der elektrischen und magnetischen Polarisa-
tion der angewandten galvanischen Kette bestehe. Es ist nun noch die
Lage der elektrischen Pole gegen die magnetischen Pole derselben zu be-
stimmen. Der Kette muls zu dem Ende eine bestimmte Stellung gegeben
werden, und die natürlichste ist wohl die, wenn der Nordpol der Kette
gegen Norden gerichtet ist, und wenn die drei Glieder der Kette unter-
liegen; in diesem Falle befindet sich der Zink in Osten und das Kupfer in
. Westen, wie leicht aus der 24sten und 26sten Figur zu übersehen, wo Zink
in Süden und Kupfer in Norden liegend, der nPol der Kette nach Osten
* gekehrt war.
Also, der Nordpol (— m) der einfachen geschlossenen
galvanischen Kette ist nach Norden (+M)jund der Südpol
(—m) nach Süden (—M) gerichtet, wenn die drei Glieder der
Kette unten liegend, das positiv elektrische Metall (der
Be Zink) sich in Osten und das negativ elektrische Metall
(das Kupfer) in Westen befindet. Fig. 29.
Dieser Satz gilt unbedingt für die hier benannte Kette, die feuch-
. ten Leiter mögen Säuren, Kalien oder Mittelauflösungen seyn, — nicht
Phys. Klasse. 1900 — ı9a:. Kx
N
346 Seebeck über den Magnetismus der galvanischen Kette.
aber für alle übrigen. Mehrere Metalle, besonders die in der elektrischen
Spannungsreihe einander nahe liegenden, zeigen ein verschiedenes Verhal-
ten nach der verschiedenen Natur der feuchten Leiter, mit welchen
sie verbunden sind, so dafs das im Contact mit einem anderen positiv elek-
trisch werdende sich nicht selten in Westen, dieses in Osten stellt, wenn
bei der oben angeführten Lage der drei Glieder, die Kette mit ihrem nPol
nach Norden gerichtet ist, welches sich auch schon nach anderen Erfah-
rungen erwarten ließ, Die in dieser Beziehung unternommenen Versuche
werde ich in der Fortsetzung dieser Abhandlung umständlich angeben.
Ueber eine neue Art Seeblase, PAysalia producta m.
Von Herrn Dr. Ign. Fr. y. Orrens.
“ x s
Aur unserer Ueberfahrt von Falmouth nach Rio de Janeiro (1817) sahen
wir die Seeblasen zuerst am 6. Juni zwischen dem 22° und e4° N.B,
Mit ihren schönen Farben in der Sonne spielend segelten sie einzeln öder
in gröfsern und kleinern Flotten an unserm Schiffe, welches sie überholte,
vorbei, immer mit halbem Winde (daher der holländische Name: By de
wind Seglars). Fafste der Wind das Segel (den Kamm) mit seiner ganzen
- Fülle, oder kam eine zu starke Welle hinter dem Fahrzeuge her, so stürzte
es um, hob sich aber gleich darauf wieder, und setzte seinen Lauf fort,
Sie waren alle von der gröfsern Art, Physalia Arethusa Til,
Am ı2. Juni im 8° N. B. und 23° W. L. von Greenwich, bei sehr
geringem Winde, zog ein Matrose, welchen ich darum gebeten hatte, eine
nahe am Bord vorbeisegelnde Seeblase mit einem Eimer herauf. Sie war
viel kleiner als die Ph. Arethusa, und bei genauerer Untersuchung fand
ich, dafs es wohl eine eigne Art sein möchte.
Angenommen *), dafs die Beschreibungen der Naturforscher, welche
das Thier lebend sahen, und die von ihnen gegebenen Zeichnungen alle
zichtig sind, so kennen wir mit Gewifsheit 4 Arten von Seeblasen, nänlich:
”) Zalnsrck hat in seiner Hist. nat, des Animaux sans vertöbres den generischen Charakter so feh-
lerhaft gestellt, und bei den Arten die Synonyme so unter einander gemischt, dafs man auf
seine Species gar keine Rücksicht nehmen kann,
xXxa
gr
Le
6
v. Olfers VERRUET.
Ph. ÄAreihusa. Til, ovalis, extremitatibus utringue rotundatis, ten-
taculis confertis et cirris pluribus in facie posteriore inferlare ve-_
sicae, crista valde elevata. — Urens.
Die grofse rosenrothe Seeblase. re
Arethusa Brown.
Von der Gröfse eines Gänseeyes und drüber.
ß glauca, minor Til. |
In den tropischen Meeren, ß seltener,
Ph. pelagica. Subovalis, altera extremitate ventricosa, parte infe-
riore tentaculis cirrisque pluribus strictura Iongitudinali media in
acervos duos distinctis, ınunita, crista vix ‚elevata. — Innocua.
Die kleine Seeblase.
Physalis pelagica Bosc.
Von der Gröfse eines Taubeneyes,
In den tropischen Meeren. ö
Ph. megalista. P&on et Lesueur. extremitate altera vesicae prae-
longa attenuata, apice papillosa, tentaculis in parte inferiore vesicae
longitudinaliter digestis, cirro solitario longissimo, crista vix elevata.
Die langhälsige Seeblase.
Ph. Lamartinieri Til.
Von der Gröfse einer Haselnufs.
Im Südmeere, -
Ph. velificans. Subovalis, extremitate altera processu cornuto .
laterali, et in parte inferiore tentaculis confertis cirroque lon-
gissimno exstructa, crista subimmersa. — Innocua,
Die gehörnte Seeblase.
Holothuria velificans Osbeck.
Ph. cornut« Til. :
Von der Gröfse der vorhergehenden. use:
Beim Vorgebirge der guten Hoffnung.
Zu: diesen kemmt nun die neue;
Ph. producta. Ovalis, extremitate altera inferne in processum mol.
lem producta, altera in facie inferiore tentaculis confertis cirris-
que pluribus exstructa, crista elevata. — Innocua. -
Die gefufste Seeblase. R
In den Aequatorialgegenden des atlantischen Oceans.
x
u» 2 2 ur
Een
über eine neue Art Seeblase, Physalia producta m. 5%
Beschreibung der Ph. producta,
Gestalt. Die Blase ist länglich-eyförmig, nach dem Theile B.
(Fig. 1.) zu etwas an Umfang zunehmend. Das eine Ende A. (Fig. ı.) ver-
längert sich meistens, das andre B. bleibt stark abgerundet, Die Blase ist
oben mit einem an seinem Rande gekräuselten Kamme (Fig. ı. C,) verse-
hen. In den hellen Seitenwänden desselben bemerkt man, gegen den Rand
hin sich verästelnde starke Adern (Fig. ı. a.), von deren Stamme ähn-
liche schwächere über den Körper der Blase sich verbreiten. An der un-
tern Seite des mehr zugerundeten dickern Theils (B.) der Blase findet sich
die Masse der verschiedenen Fühlfäden und Fänger (Fig. ı. D.), welche
sehr dicht zusammenstehen und dreierlei sind:
ı. Nach der Mitte des Bündels zu bemerkt man mehrere — hier
drei — sehr lange oben gewundene, dann gekräuselte, allmählich immer
gerader werdende Fäden (Fig. ı, D. bbb.), welche meistens, ihrer Länge
wegen, an dem untern Ende verstümmelt sind. Oben sind sie dick und
glatt (Fig. 4.), allmählich bekommen sie ‚Quereinkerbungen ( Fig. 5. A.)
nach und nach trennen sich die eingekerbten Theile von einander, und bil-
den endlich Knöpfchen, wie bei No. 2., welche immer weiter aus einan-
der treten (Fig. 5. C.). An diesen Fäden läuft ein silberweilses Band ab-
wärts, in welchem man deutlich Längs- und Querfasern bemerkt, wovon
die letztern an einigen‘Stellen mehr gehäuft erscheinen; in dem untern
Theile sind die Längsfasern deutlicher. Der Faden ist sehr ausdehnbar,
und hängt senkrecht im Wasser.
‘2, Um diese stehen eine Menge kleinerer und zärterer Fäden (Fig. ı.
D. cc. Fig. 5, A.), welche dem unbewaffneten Auge als aus sehr feinen
auf einen zarten Faden gereiheten Kügelchen bestehend erscheinen; sie
sind von verschiedener Länge, die wenigsten aber sind ganz erhalten. Un-
ter dem Vergröfßserungsglase sieht man in ihnen ein zartes Band, an des-
sen einer Seite sich der Länge nach eine Reihe von Knöpfchen befindet,
welche es beinahe ganz umschliefsen, jedoch nicht ganz, so dafs sie nur
als Segmente einer Kugel erscheinen. Ist das untere Ende des Fadens nicht
abgerissen, so ist das unterste Knöpfchen (Fig. z.B. a.) vollständig und
“ der Faden setzt sich in der Mitte desselben fest: Die Knöpfchen sind an
der Aufsenseite zellenförmig gezeichnet, an der Innenseite glatt. Die Quer-
fasern sind an dem Bande schwach, die Längsfasern aber sehr deutlich
Die Fäden verlängern sich und ziehen sich zusammen,
550 0 Lars yon nen
‘
Ih
3: Mehr nach Aufsen ; in dem Bündel stehen die Fänger (Fig. ı. -
D. ddd.). Wenn sie am stärksten zurückgezogen sind, bilden, sie dünne
sehr biegsame Röhrchen, welche vorn eine etwas erweiterte Oeflnung und
hinten einen mittlern dunkeln Längsstreifen haben (Fig. 2. A... — Unter
dem Vergröfserungsglase zeigt sich dieser Längsstreifen als aus mehreren
getrennten Flecken bestehend (Fig. 2. B.). Die Bewegung, dieser Fänger
ist sehr lebhaft, indem sie sich in die Länge und Breite ausdehnen, sich
winden und sich nach allen Seiten ausstrecken um Beute zu erhaschen;
hiebei nehmen sie manchmal in der Mitte ‚eine einfache oder doppelte Ku-
gelform (Fig. 2. C. D. ) an; der vordere Theil wird trompetenförmig mit
längerem oder kürzerem Halse, .der hintere Theil dehnt sich auch aus,
aber cylindrisch-gleichförmig. Faserf# zeigen sich auf dem ganzen Fänger,
jedoch weniger auf dem hintern cylindrischen Theile: auf dem kugelför-
migen sind die Querfasern, an der trompetenförmigen Mündung die Längs-
fasern vorzüglich deutlich.
An allen Theilen des Bündels haftet ein klebriger Schleim, welcher
aber nicht brennt; ich habe das Thier und die Fänger und Fühlfäden in
und aufser dem Wasser- berührt, ‘ohne irgend eine unangenehme Empfin-
dung davon zu verspüren. Sr
An dem stumpfern Ende (Fig. ı. B. e. Fig. 7. e.) oberhalb der Fühl-
fäden und Fänger bemerkt man mehrere — hier zwölf — kleine Körner
in einem Kreise dicht zusammenstehen. Ihre Figur ist unter dem Vergröfse-
rungsglase birnförmig, das spitzere Ende in der Blase festsitzend, das stum-
pfere manchmal etwas eingezogen (Fig. 6. £.), dafs es herzförmig exscheint,
manchmal in drei Spitzen sich verlängernd; im Innern haben sie eine dun-
klere körnige Masse. Der Raum zwischen ähnen ist glatt und zeigt keine
Oeffnung.
Diesem Punkte grade entgegengesetzt an dem mehr verlängerten
Ende (Fig. ı. A. f.) der Blase etwas nach oben zu, bemerkt man ei-
nen bräunlich-gelben Fleck, mit einer feinen, von starken Radialrunzeln
umgebenen Oeflnung in der Mitte.
Unterhalb derselben eine kleine bewegliche und ausdehnbare Protu-
beranz (Fig. ı. A. g.). ;
Grölse. Länge der Blase . x 0,055
Gröfste Höhe 5 . ar 0,027
Gröfste Breite ; Kart 0,028
{
.
4
h
’
, -
-
r
über eine neue Art Seeblase, Physalia producta m, 351
Größte Ausdehribarkeit des Kammes 0,008
Die Senkfäden No. ı. mehrere Metre
Die Fühlfäden No. 2. von & 0,05 — 0,2
Die Fänger in der kleinsten Ausdehnung 0,004-
Farbe. Der untere Theil der Blase ist blauschillernd, der obere
bläulich roth, die Adern und der Saum des Kammes sind schön orange-
farben, die Seitenwände des Kammes hell durchsichtig. Die Oeflnung an
dem verlängerten Ende (Fig. ı. A. £.) ist bräunlich gelb, der untere Fort-
satz (Fig. ı. A. g.) dunkelblau; die grofsen Fäden sind blau, die kleinern
Fäden sehr wasserblau, beinahe farblos, die Fänger an der Wurzel dun-
kelblau, (unter dem Mieroscop mit röthlichen Flecken), an der Mündung
hellblau, die kleinem Körner an dem stumpfern Ende der Blase (Fig. ı.
B. e.) violet;
Innere Organisation. Die Blase besteht aus drei Häuten:
1. Die äußere starke Membran.
9. Die mittlere sehr zarte, am welche die rothe und blaue Farbe
der Blase gebunden zu sein scheint.
3. Die innere, wieder stärkere Haut, welche mit der Oeflnung
(Fig. ı. A. £) zusammenhängt, und hier einen starken Sphincter (Fig. 8. a.)
zeigt; nach oben schickt sie Anhänge in die Adern des Kammes, deren
Höhlungen mit der Cavität dieser Haut communieiren. Eine Communioa-
tion derselben mit den unten befindlichen Fängern' oder mit dem Körnern
‚am stampfern Ende der Blase (F. ı. B. e.) war nicht zu bemerken.
' Die zweite zartere Haut scheint die Grundlage des Kanmies zu bil-
den, der durch eine horizontale Scheidewand von der Blasenhöhle getrennt
wird, und welchen senkrechte Wände, die der Breite nach stehen, nach -
seiner Länge im soviel Kammern theilen, als er Adern zeigt, welche wohl
von der äulsern Membran gebildet werden.
0° Der Fortsatz am verlängerten Blasenende (Fig. ı. A. g.) besteht aus
einer weichen dichten Masse,
. In dem grölsten Fäden ist auf denr Durchschnitt an der Wurzel keine
Oeffnung, zu, bemerken, sie sind vielmehr mit einer gallertartigen #füben
i
352 NEO Er Da Rh
Masse angefülle, welche zwei Membranen unischliefsen Deine i innere röth«
liche und eine äufsere bläuliche. Ws .
Durch die Fänger zieht sich ein Kanal, welcher sich an ihrer Wur-
zel, wo mehrere in einen Wulst zusammenstofsen, verliert. Die in dem
hintern Theile derselben befindlichen rothen Flecken erscheinen, wenn man
einen Fänger der Länge nach spaltet, unter dem Vergröfserungsglase, als
‚ Zotten (Fig. 2. E.), und unter stärkerer Vergröfserung (Fig. 2. F.) ent-
deckt man in diesen röthliche Punkte. Eine ähnliche Organisation zeigt
sich bei den birnförmigen Körpern (Fig. 6. D. E.). Die Zotten sind hier
mehr eckig, und meistens mit acht, zu zweien stehenden röthen Punkten
gezeichnet, “
Bemerkungen.
1. Ich beobachrete das Thier mehrere Stunden lang, indem ich es
auf einem Eimer mit Seewasser herumschwimmen liefs. Die grolsen Fäden
hatten beim Heraufziehen-aus dem Meere einen beträchtlichen Theil ihrer
Länge verloren; sie hingen senkrecht herab, und der untere Theil dersel-
ben ruhte auf dem Boden des Eimers. ‘Durch das Schaukeln des Schiffes
wurde das Thier inımer nach dem Rande des Gefälses zugetrieben. Mit
dem Ende (Fig. ı. A.), wo sich die Oeffnung und der blaue Fortsatz fin-
det, bewegte es sich am lebhaftesten. Wenn es den Rand des Eimers er-
reicht hatte, so hob es sich, den blauen Fufs an denselben andrückend, in
die Höhe, bis es, das stumpfere Ende (Fig. ı. B.) nach unten gekehrt, in
eine beinahe senkrechte Lage kam, worauf es ins Wasser zurückfieL Wenn
man es umwarf, so dafs es auf der Seite lag, hob es sich sehr schnell
wieder in seine aufrechte Stellung, indem es sich aufblies und zugleich die
beiden Endpunkte einander seitwärts näherte. Den Kamm stellte es auf,
wenn man es stark anblies, oder wenn man es an der unterz Seite kitzelte,
und zwar manchmal ganz, manchmal theilweise, so dafs er öfters an meh-
reren Stellen eingekerbt erschien. Berührte man die Blase stark, so zeigte
sich ein dunkler Fleck, welcher sich allmählich wieder verlor. — Ich
schnitt einen Theil des Kammes ein, worauf sich die Blase etwas zusanı-
menzog, den Rest des Kammes aber noch heben und niederlassen konnte.
Dasselbe blieb, als ich ein Stück aus dem Kamme ganz herausschnitt. . Dar-
auf machte ich einen Einschnitt in die äufsere Haut der Blase, und trennte
ein
über eine neue Art. Seeblase, Physalia producta m. 353
#
‚ein mehrere Linien grolses Stück heraus, ‘worauf die innere he]le Mem-
bran zum Vorschein kam. Die Blase zog sich gegen die gemachte Oeff-
nung hin sehr zusammen, behielt aber noch ihre vorigen Bewegungen bei.
Ich stiefs nun die innere Haut durch, eine kleine Luftblase trat hervor,
die Blase fiel zusammen, und zeigte keine Bewegung mehr. Die Fänger
aber und Fäden bewegten sich noch mehrere Stunden, welches auch bei
den einzeln abgeschnittenen sich bemerken lies, nur hielt bei diesen die,
Bewegung weniger lange an,
2. Dieses Thier scheint dem Gesagten zufolge ein wirkliches ani-
mal compositurm zu sein. Wie beim Coenurus sitzen die Fänger, in wel-
chen die Speisen völlig verdauet, und die Nahrungssäfte von den röthli-
chen Zotten eingesogen werden, als so viele einzelne Thiere an der Blase
fest; -allein diese Blase ist nicht blofs Wohnsitz jener polypenartigen Thiere,
sie ist selbst Thier, und hat ihre eigenthümlichen Bewegungen. Zur Un-
terhaltung der Blase scheint die zweite zarte Haut, die als einfaches Zell.
gewebe statt aller Gefäfse ist, zu dienen. Vielleicht sind die birnförmigen
Körperchen, welche ebenfalls in ihrem Innern Zotten hegen, zur Ernäh-
rung der Blase bestimmt. Die kleinern Fäden sind wahrscheinlich Fühlfä-
den, und der größsern Hauptgeschäft ist wohl, den Ankertauen gleich, die
Blase zu fixiren, welches sie schon durch ihr blofses Herabhangen thun,
wobei sie zugleich auch als Fühlfäden auftreten können. Die Mündung
der Blase mag dazu dienen, Luft aufzunehmen, wenn diese nicht in der
Blase selbst entwickelt wird. Wird die Luft auch in die zum Kamme ge-
henden Anhänge getrieben, so hebt sich dieser. Jene Oeffnung dient zu-
gleich, um die Blase von Luft zu entleeren, und wenn die Beobachtung
von $warz richtig ist, auch um Wasser aufzunehmen, und a dadurch
zu senken,
5. An dem starken Leuchten des Meers in den Tropengegenden schei-
nen sie nicht Theil zu nehmen; wenigstens sind die grolsen Feuerkugeln,
welche man oft zwischen den kleinern bemerkt, schon an ihrer Form für
Medusen zu ‚ erkennen.
4. Von zwei Seitenlöchern, wie Oken an der Pk. Arethusa be-
merkte, war nichts zu schen; wenn diese aber auch bei jener Art existi-
Phys. Rlasse. 1910 — 1821. Y y
554 | ®- O0 ifer Ay | ru ' 3
ren sollten, so sind sie doch gewils nicht'mit den Seitenlöchern der Schnek-
ken zu parallelisiren. — Dafs nicht alle Physalien zu einer und derselben
Art gehören, geht schon aus dem oben gesagten hervor.
Rio de Janeiro im Januar ı81$. A
/
RR 8 vr
Ein Matrose auf dem preufsischen Schiffe „die glückliche Reise“,
welches im December ı819 von Amsterdam hieher kam, sprang in die See,
um eine Physalia der ersten Art heraus zu ziehn, deren Fühlfäden sich
an seinen Arm anlegten. Alle Stellen, welche mit dem Thiere in Berüh-
zung gekommen waren, schwollen auf, mehrere Tage hindurch spürte er
einen unerträglichen brennenden Schmerz, und bis jetzt, über drei Wo-
chen nachher, kann er den Arm noch nicht recht brauchen.
Rio de Janeiro im Januar 1820.
Erklärung der Abbildungen. s
Figur ı.
Die gefufste Seeblase, im natürlicher Gröfßse. Kehe
A. Das engere,
B. das erweiterte Ende derselben.
C. Kamm oder Segel.
D. Bündel von Fängern und Fühlfäden.
aaaa Die im Kamm sich verbreitenden Adlka,
b bb. Die Senkfäden.
c c c. Fühlfäden.
d dd. Fänger.
e. Die birnförmigen Körperchen-
f, Oeffnung-
g. Ausdehnbarer Fortsatz.
Figur 2.
Fänger, |
A. Ein ausgedehnter Fänger in natürlicher Grölse.
(über eine. neue Art Seeblase, Physalia producta m. 355
B. j Ri
c. Verschiedene Formen, „welche sie annehmen. Vergröfsert.
D.
E. Ein Stück won einem Fänger, ulfschnicen und umgekehrt.
Vergrößsert.
aaa. Zotten in demselben.
F. Eine Zotte. Stark vergrölsert.
Figur >.
Fühlfaden.
A. In natürlicher Gröfse.
B. Vergröfsert.
C. Ein Knöpfchen. Stark vergrölsert.
Figur 4.
Senkfaden. > 4
Oberer Theil desselben. Wenig vergröfsert.
a. Aeufsere
"b, innere Membran.
Figur 5.
Senkfaden. Vergröfsert. -
A, 5
B | Mittlerer Theil desselben.
C, Unterer Theil.
Figur 6.
Der erweiterte Theil der Blase mit
a. den birnförmigen Körperchen. Natürliche Gröfse.
Figur 7.
Die birntörmigen Er Vergröfsert.
A.
Verschiedene Formen, welche sie annehmen.
B
C.
D. Stück aus einem derselben.
E. Zotte aus diesem.
v
v
556 ©. Olfers über eine neue Art Weblin Bhiproäuetaim.
Figur Ela
Mündung der Blase, aufgeschnitten. Etwas BR |
a. Schliefsmuskel der Oeffnung.
b. Radialrunzeln, welche von ihm auslaufen.
Anmerk. Alle ae sind ur Linsen Kenicahh
Er
N
17
Atmosphärischer Zustand in Berlin vom. October ı820 bis zu
Ende Septembers 1821.
T: den Tabellen, welche den Zustand der Atmosphäre angeben, ist die
Tageszeit der Beobachtungen die mittlere Sonnenzeit, ungefähr auf 5 Mi-
. nuten genau. Weil stets einige Zeit vergeht, ‚während die Instrumente be-
obachtet werden, hat es zureichend geschienen,, sie nicht genauer anzusetzen.
Unter der Aufschrift Thermometer ist die Temperatur der freien
Luft eines gegen Norden befindlichen Thermometers nach Reaumurschen
Graden zu‘ verstehen.
Die Barometerhöhe ist in altfranzösischem Maafse nach Zollen, Li-
nien und deren Zehntheilen angegeben, auf die Temperatur von ı2 Grad
Reaumur berechnet, so dals das nächst richtige Zehntheil einer Linie be-
rücksichtigt ist.
' Die Richtung des Windes ist nach der Fahne auf der Sternwarte an-
gegeben, welche vielleicht nicht ganz zuverlässig ist. Die Bezeichnung ist
‘ für sich verständlich. In- derselben Columne und in der Zeile der Nacht-
beobachtungen steht an der Stelle des Windes die tiefste Temperatur des
‚folgenden oder angefangenen Tages um die Zeit des Sonnenaufgangs eintre-
tend, wenn nicht zufällige Aenderungen in der Luft sich ereignen.
‚Die Columrie, Wetter überschrieben, giebt die Witterung an, wie
sie ohne weitläufigere Beschreibung genügen ‚kann. Um EEE sind
folgende Buchstaben gebraucht:
»
x
358 Almosphärischer Zustand in Berlin er
h bedeutet heitern Himmel ohne Wolken.
h.W heiter mit einzelnen Wolken.
W.h mehrere sich vereinigende Wolken und heiter.
h.w heiter mit verbreiteten Wolken übergehend in *
w.h vereinigte Wolken mit heitern Zwischenräumen.
w_ wolkigt, nur wenig heitre Stellen.
bw bewölkt ) ,.. 6 di alas RR
r zegnerisch. _ -
R Regen im Moment der Beobachtung.
S Schnee.
wenn es vor oder nach dem angesetzten Zeitpunkt schneiet.
8
1. > windig. ’
L ‚stärkerer Wind oder Luftbewegung. ven
n neblicht.
N stärkerer Nebel,
H . Hagel,
D _ Donner. ei
Die Buchstaben behalten ihre Bedeutung auch in der Nebeneinanderstel-
Jung. Wenn die Stelle der Witterung leer ist, so zeigt diels an, dafs die
früher bemerkte fortdauert. Ist ‚eine Zeitanzeige leer, so zeigt diels an,
dals die nebengesetzte Angabe des Thermometers und Barometers keine wirk-
lich beobachtete, sondern blofs geschätzt ist, zum Behuf der Mittelresultate,
für welche eine kleine Abweichung vom wahren Stande von keinem Belang
da nur selten eine Beobachtung ausgefallen.
ist,
m —
vom October 1820. bis zu Ende Septembers ı821. 359
Monat October 1820.
|
T. |Stundef Therm, |Barometer.$ WVind. Weiter. || T.|Stunde] Therm. u Wind, | Wetter,
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Atmosphärischer Zustand in Berlin -
‚Monat October ı8.0.
Monat November 1820.
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ARE October ı820 bis zu Ende Septernbers 1821, 361
Monat November ı38.0.
Wind. | Wetter.
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Plıys. Klasse. 1920 — ı81r, 2z
362 Atmosphärischer Zustand in Berlin.
Monat November ı8.20.
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vom October 1820 bis zu Ende Septembers 1821. 368
Monat December ı8.0.
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Almosphärischer Zustand in Berlin
Monat December 1820.
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vom October ı820 bis zu Ende Septembers 1821, 365
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366 Atmosphärischer Zustand in Berlin
Monat Januar ı821.
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T.|Stundef Therm. |Barometer.| Wind. | Wetter. || T. |Stundej Therm, |Barometer.f Wind. | Wetter,
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vom October 1820 bis zu Ende Septembers 1821.
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374 Atmosphärischer Zustand in Berlin
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576 Atmosphärischer Zustand in Berlin en
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vom October 1820 bis zu Ende Septembers 1821.
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378 Altmosphärischer Zustand in Berlin -
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vom October 1820 bis zu Ende Septembers 1821. 379
Monat September ı82ı.
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2.45 19,2 0,7 ‘ |
10.0 13,8 0,0 10.50 9,6 28 2,5
8) 0.35] 12,4 |27 111,7 11,9|h 17] 0.25] - 9,5 2,2 8;9|wh
8.45] 14,8 LL,I 1.W 9.0] 10,8 045W IR
| 3.08 21,8 10,2 2.501 12,0 |27 |11,84W r
20.15] 14,8 I0,0 10,08 10,5 10,9
9| 0.408 13,8 10,0 12,7 18] 0-0j 10,0 10,9 7,8|wh
8-50] 15,6 hei w 9.0] 10,7 le
2.35] 17,8 10,5 w 2.308 11,8 9,9 1W r
0.51 13,8 11,0 10.0] 11,0 7,4
10| 0.35! 13,3 II,o 13,1lwh 19| 1.15] 10,8 7:3 9,4|wh.1
.9.0] 15,3 10,7.10 w+< 8-50] 10,0 5,715W Il
2.40) 15,7 10,7 IW3S - |wh 3.01 11,2 5,6 1WV
10.51 12,9 11,5 ‘ 10.05 9,0 I- 5,7
11] 1.151 11,5 Alion 9,9|h.w 20] 0.15] 8,8 6,7 8olr.l
9.0) 12,8 0,6 h 9.10] 8,8 95
2.251 15,8 0,6 ISW wh 3.01 11,5 10,1
t0.15] 10,8 1,6 10.15| 8,6 10,5
12] 1.20, 9,3 1,5 8ılh 21] 1-1 8,3 10,7 6,1jw
9.0] 11,5 1,9 [SW hw 9.00 7,8 11,6/NW Ih,W
2.50] 15,8 0,81SW |w 2.408 12,0 11,6 1w3$
[0.0] 12,5 11,6 10.155 7,4 128| 0,5
13] 0.105 11,8 os _ a1,olbw 22| 1.15] 6,5 0,8 5,4h
8:50| 11,5 5 IS R 9.0 93 1,8 j0
2.451 12,8 SW R Er 12,8 1,5 '0
10.151 IO,8 2 | 10.0] uA: »o|
u
x
Almosphärischer Zustand in Berlin. -
4
380
Monat September 1921.
1;
T,|Stund«$ Therm, |Barometer.] Wind,
[8 MM
25| 1.50] 6,6 |28| 28 5,1
9.0 9,8 1,7 0°5 h.W
2.30] 13:8 0,7|0?S
10.10] 9,8. |27 |11,6
24| 0.50] 89 11,5 72h
9.0} 11,35, 9,9 5: \jh.W: ü sw
2.40] 15,8 9,3 IS bw 2.35] 128 0,3 |SW: [wh
10.0] 1158 97 10.105) 87 0,1 >
05] 0.25| 11,0 97| 105 h.w 29| 0:30) 7,8 127 11,8 6,1lh. W
9.0f 11,5 10,8 w w 8.451 97 10,0 IS?O i
2.40| 12,3 11,6]W°5 |wh 2.351 11,2 821530 IR
10:0] 98 1258| 95 10.10) 9,3 79 i
26) 1.151 97 0,7 92]T 50| 1:40) 8,8 8,2 8,6|r
9.0] 10,8 0,7 15W 9-0] 9,5 8,6 |SWw
2.508 11,8 0,4 1SW. 3.151 10,5 98 1W?S
1020] 10,6 | 10.0] 8,7 un
+
Mittelresultate des Barometerstandes für die verschiedenen Zei-
ten des Tages.
1820. October. Nachts. | Vormitt, |Nachmitt,| Abends.
Yom 1-10 28" : 3,96 4",27 3,95 5,80
= - 117 — 20127 . 8,84 8,72 8,25 8,15
= 20 2,81]27,,. 780) BE 17946, | 2
Vom ı bis 31127 - 10,72 | 10,81 10,55 10,48
November.
Vom-ı — 10/27”.11”,58| 11,95 11,79 11,91
- 11 — 20/27. 11,89| 11,97 11,97 12,56
- 297— Sole «2,57 2,78 2,51 2,54 ur
Vom ı —35ı|28. 0,66| 0,89 | 076 | 087
vom October 1820 bis. zu. Ende Septembers 1821.
. December: | 1 +Nachts ;YVormiu,
"Vom ı 101274 11,72 ‚1317
-sır —20l28: 1,89| | 2,27
- a1 — 3128. 3,94] 4,05 |
‚Vom ı — 51[28.+ 1,85| ' 2,16
1821. Januar.
‚Vom 11— 10|28° 8,59|' 8,73
- 11 — 20127 .10,23| 11,62
=. 217—31]|28. 6,70j ' 6,96 |
Vom.n—31l28. 4,40| 5,t0
Februar.
Vom. 1— 10128. 5,78 5,935
-1.1D— 21128: 446
1,27 28|28.' 0,17
‚ı Vom 2—28|28: 3,47|%° 3,67 |
März.
“ Nom. 1 — 10|27, 11,87 12,04
- 1120 10,85|° 10,49
= ee 9,39 9,85
Vom ı— 31] 10,70| 10,79 |
April.
Vom 1r—10|27. 9,74 9,94
uno 949| 9,79
= BEN 10,39| 11,73 — 50| 1050| zurs |
- . Vom ı — —50| 9,871 10,48 |" 9,87| ‚10,48 |
Mai. L
h Vom ı — 10|27.11,62! 12,12
- IT —20 vg 11,29
-..21 EM 9,0 9,55, ua
Vom 1 — 31] 1020| ı 10,92 YIEE N
7
V”hys. Klasse. mo — ı9aı,
Nachm,
12,16
2,54
5,60
2,03
8,51
12,49
6,78
519
5,358
431
0,61
3,10
11,68
10,09
8,67
16,15
9,72
9:47
11,17
10,12
11,71
10,92
9,°5
10,63
Abends,
11,80
2,57
| 342
| 2,26
7,90
12,51
6,95
505
5,56
3:84
0,21
—Ii
5,20
11,90
10,09
| 9,76
Sun Zr
| 10,58
991
9,77
| 10,84
10,17
11,86
10,92
9:25
| . 10,68
582 Atmosphärischer Zustand in Berlin
° Junius. "Nachts; PVormitt.| Nachm. Abendı.
Vom 2 — 10|27: 11,53 ‘11,27 ‘| 11,08 11,04.
. 1 =20 13,06) 13,47 13,10 | 13,06
= 21 — 30] 12,28! 12,46 12,38 12,36 _
Vom 2 —350[- : 1928} 2940| 12,24 12,15
Julius.
Vom 8 — 10/37 .II,20| 11,50 11 E 11,13
= IL—20 12,69) 15,01 12,65
- Or —31I 11,46] 11,80 = 11,66
Vom 1 —51| '. 11,78] 13,10'. | 11,79 11,81
August, |
Vom 1—10|27.12,01} 11,87 11,67 11,74
- It—20 12,03| 12,43 12,72
"ii —Z1 14,49| 14,77 | 14,14
Vom 1 —3z1 12,84| 13,02 15,87
September. |
Vom ı —10| a1,ge| 12,25 | 12,94 | 12,14
-» 12 — 20! 10,61! 10,60 120,60 } 10,09
- EEE 11,57| 11,81 | 11,41 11,58
Vom 1—50| 11,36| 11,55 | auge | 22,07
Mittlerer Stand des Barometers während des ganzen: Jahres
zu den verschiedenen Tageszeiten
Nachts. |Vormitt.| Nachm, Abends;
2 g”. 0", 34 6,57 = E 0o"',4 .4 5
Mittlerer Parometerstand für das ganze Jahr 28”. 0”, 456,
0”
0 ,58
Mittelresultate der Temperatur.
Nachts. [Vormitt.| Nachm, | Abends. (Morgens,
2820. October: N |
Vom 1 — 10 Are | 649 20,13 5,16 |
- 17—20 5,65 6,56 ! 8,96 ı 6,26
ni I „4,96 | 6,52 8,78 | 5,66
2,85
5,76
4,135
£ z
vom October 1820 dis zu Ende Septembers ıB21. 383
. T Nachts. [Vormitt.[ Nachm. | Abends. |Moıgens.
November.
Vom 2 — 10 4,06 470 6,08 457 2,25
-= 112—20| — 1,93 | — 1,97 | — 0,64 | — 1,54 | — 5:22
- 2130| — 145 | — 1,19 | + 0,17 | — 1,06 | — 2,52
December.
Vom 1110| + 1,77 | + 2,40 | #347 | + 2,95 | + »,20
- 11—20| — 1,18 | — 1,61 ! — 0,81 | — 2,04 | — 2,58
Sue EL ie 7,85 9,51 | 7,04 7594 1. 9977
2821. Januar,
Vom 1 —ı0/ — 4,00 | — 5,17 | — 1,87 | — 2,58 | — 456
- 1220| ++ 1,16 | #147 | #247 | +12 | +0,09
- 21—351] — 0,15 | — 0,35 | + 0,46 | — 0,05 | — 1,20
Vom 1—ı0) -+ 0,45
Februar,
- 1120
— 143
März.
- ı — 3,59
‚Vom ı — ı0
a BA 2,58 + 35,52 | + 6,05 + 251 -F 1,48
- 21—351 1,84 3,22 6,66 2,96 | — 0,16
April.
Vom 1» — ı0] 442 6,59 9,00 5,53 5,15
- 11—20 6,12 814 | - 10,67 7,26 5,80
-» 21350 ® 10,71 14,64 18,61 12,56 862
Mai.
‚Vom 1 —ı0 11,04 15,94 16,35 22,14 9,45
- 1.800. 5,79 8,87 11,01 7,00 427
er.) > 33 5,61 8,24 11,12 7,45 4,17
EEE)
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Cceca
784 Atmosphär. Zustand in Berlin vom Octbr. 1820 etc.
Junius. Nachts. |Vormitt, Nachm. | Abends. Morgens,
Vom 1 —ıo 9,35 11,90 14,29 11,46 8,45
- 11—20 7,19. 10,86 12,27 | - 842 6,00
- 81 —50 8,52 10,81 15,15 9,83 7,40
Julius.
Vom 1— 10 "937 11,52 15,22 10,27 8,54 °
- 11 —20| 9,63
- 2131 19,04
12,67
14,25 16,65 12,57 11,36
August. _ E
‚Vom 1 — 10 11,16 13,71
12,91
| 12,77
16,15
15:87
17,35
12,11 | 10,25
12,11 9,68
12,20 | 8,58
- 11 — 20 10,59
- 91 —351 10,58
’
—,, nn —
September.
“| 11,96 |. 8,34
Vom 1 10 12,36 14,60 18,18. 13,52 11,44
- ‘1120| 10,28 10,86 13,08 10,46 9,27
- 21—50| 887 | 10135 | 19,74 962 |: 758
Mittlere monatliche Temperatur.
Naehts.| Vorm. |Nachm. |Abends.| Morg, | Mittel Mittel
yon der äu-
Nacht u, | fsersten-
Nachm, | Temper.
1820. October 5121| 6,58) 9829| 5369| 3,58| = 6,49
November | 0,235 0,51 1,42| 0,66 — ı1,10| 0,82 0,16
December | 3,41 | — 2,34 |— 1,45. |— 2,34 |— 3,65 |— 1,93 | — 2,55
1821. Januar — 1,33 |— 0,68 | + 0,35 |— 0,50 |— 1,90 |— 0,49 | — 0,77
Februar — 1,52) — 1,23 ı+ 0,721 1,44 |— 3,02 |— 0,40 | — 1,15
März + 09,26) +4 1,4514 4,50 |+ 1,15 |— 2,15 |4+ 9,38) + 1,67
April , WO8| 9,79| 12,76| 8,55] 519) 9,92| 8,97
Mai 7,48| 10,55] 12,96] 8,53] 5,96| ı0,22j 9,46
Junius 8,23] 11,19| 1324| 990| 7,281 10,76| 925
Julius 10,55 12,81 | 1518| 11,60 941| 12,76] 12,29
August 10,64| ı13,13| 16,45| 12,14
9,50 13,55 12,97
September 10,50 11,86| 14,67| 11,20 9,43 a 12,05
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Abhandl:der Akad: 15 56, - ZIBH.
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Zu Hrn: Sbudofpkrz Ahundl von den
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Athandl: der Akad: 1F 22. Tab.
Ag 4.
RZ Ira: Audefıhis LSthandtl vom deijtoporn ler Sohnabelthiere.
Abhandlungen
der
mathematischen Klasse
| der
Königlich-Preufsischen
x Akademie der Wissenschaften
aus
”
den Jahren ı820— ı82ı.
[2
Mal m —— 0000 _
Berfiın, 1822.
Gedrncktund verlegt
bei G. Reimer.
9
10.
Au bh wl:e
Eyteivein Entwickelung einer unabhängigen Koefhizientengleichung , welche bei der
Summirung gewisser Reihen vorkommt , . » A u
Derselbe von der Bestimmung der Wassermenge eines Stroms .
Derselbe von den Kettenbrächen und deren Anwendung auf die Bestimmung der
Näherungswerthe gegebener Reihen S a a N EA Fr
Gruson allgemeine und rein analytische Methoden, Tangenten an ebenen Curven zu
ziehen FT, : a a RE 5 . - s 2 . .
Derselbe Integration unter endlicher Form von einigen Winkel -Differential- Funk-
tionen . . Sat. R . :ultemt erste . . ß
Derselbe neue und leichte Methode, die Differentiale der Exponential- , logarithmi-
schen und Winkel-Funktionen zu finden . 3 B a
Bessel über die Entwickelung der Funktionen zweier Winkel u und u‘ in Reihen,
welche nach den Cosinussen und Sinussen der Vielfachen von u und u’ fortgehen
Tralles- Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternifs, den 7ten September -ı820,
N BE EG RE Be 1 Perle EB TE RE N RER
‚Derselbe von einem Mittel zur Bestimmung der Geschwindigkeit des Lichts in durch-
MIERNERD TROCDBFID.L: US e a SIE Ua) ee TREUE
Derselbe von Reihen, deren Koefüzienten nach Sinussen uud Cosinussen vielfacher
Winkel fortschreiten er , P 3 te . P Er win.
Seite
9
ı5
59-
44
49
55
157
mr Önr nr Ben mat eye au DEBIAN u “
er Er Be wine.
GEERIRN act nor Site RE
ORG SOSE: .
158 Ant RER EEE aa la
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ur re RT
ee A
Dale
-
Sonn ad
Entwickelung einer unabhängigen Koeffizientengleichung,
‚welche bei der Summirung gewisser Reihen vorkommt.
Von Herrn ErtzLweın *),
Ze
D. Begründung der Gesetze, nach welchen die Koeffizienten in den Sum«
'menausdrücken ‘gewisser Reihen fortschreiten,‘ ist um so mehr nothwen-
dig, je öfter dergleichen Reihen vorkommen, so wie es auch wünschens-
werth ist, anstatt der gewöhnlich vorkommenden recurrirenden Koeffizien-
'tengleichungen, nach welchen die Bestimmung eines einzelnen Koeffizien-
ten, die Berechnung aller vorhergehenden voraussetzt, zu unabhängigen
Koeffizientengleichungen zu gelangen, durch welche jeder Koeffizient aulser
der Ordnung gefunden werden kann.
Bezeichnet A, irgend eine Funktion von n und A,x” das allgemeine
“oder n-+ıte Glied einer Reihe A; A,x; A,x?; A,x3;..... A,x”; deren
Summe mit Inbegriff des n+ıten Gliedes, durch [A„x" ausgedrückt wird,
so ist nach meiner Abhandlung über die Vergleichung der Differenzkoefhi-
zienten mit den bernoullischen Zahlen (Abhandl, d.- kalten Akad, aus den -
Jahren 1816 und er
[ur —_ -(An—E, intE,Pn—E, Bnt....)+C
; —ı
“wo A,=fn ist und die Koeffizienten E,; E,;5 Ez3..... Funktionen von x
sind, Von der Bestimmung dieser Koeffizienten hängt der Gebrauch dieser
wichtigen Reihe ab; auch ist mit Beibehaltung der Bezeichnung welche
®) Vorgelesen den $, Juni 1820,
Mathem, Klasse, 1820 — ıBar. A
2 Eytelwein’s
für die Differenzkoeffizienten, nach der angeführten Abhandlung, angenom-
men worden. ist, der nte dieser Koeffizienten oder
27), ya-r Dr" n2-ıT) N henuag ı a R .
‚BiER= _— 2. ont Da- a
(«-ı)* Ta (—1)77. wma k-ı)'" x-ı
oder auch
Ole-.E, =D Dr) DR). FD, ra )e
wo die obern. Zeichen für ein grades, die untern aber für ein ungrades n
gelten. Hiernach wird man berechtigt.
m MESSER HR
zu Setzen.
Es kommt nun darauf an, die Koefhizienten "K; "K,; "K,y.... "welche
Funktionen von n sind zu fiunden.- Für die sieben ersten Werthe von E,„
‘hat Euler im zweiten Theile der Differenzialrechnung, 7. Kapit. $. 173.
die dazw gehörigen Koeffizienten in Zahlen, mittelst einer recurrenten
Koeffizientengleichung berechnet. Die auf diese Weise gefundenen Werthe:
sind: BIN;
2.x—ı)E, =ı;5
PIa&—ı)’E=ı+x |
BI&—ı’E, =ı4+4x+® N i
[4] K— ı)? E, =ı+t nıx+trıxX +
ls) &—ıE, = ı 426x466 + 268-8
[6] (x —ı)EP= 1 4+57x4+ 302xX + 302x° + 5789-483
I) —ı)E=ıF+tı20x+11gı1 X +2416x°4+ 1191 X + 120x°+ 2°
Aus diesen Zahlenwerthen, deren Gesetz nicht wohl zu übersehen
ist, schliefst Euler auf das allgemeine Gesetz, welches diese Koeffizienten
befolgen müssen, ohne jedoch einen Beweis für die Richtigkeit dieser An-
gaben zw führen. - Es schiem mir daher vom Wichtigkeit, das Gesetz nach . 7
welchem diese Koeffizienten fortschreiten müssen, ganz allgemein zu be-
stimmen und: solches dadurch aufser allen Zweifel setzen.
A
Man entwickle daher in der Gleichung, (N) die A von —ı
und ordne solche nach x; so wird /
Entwickel. einer unabhängigen Koeffizientengleichung. 35
[fr] (x— ı)’.E, =
+ DI |
—_.-n + np) Ign=e
+"D,— 2..D, 1 noD, (xt
—"3D,)+ 3.°%D,) —3,"=D,|+ n-sD,|yn-4
+"D,— 4.""D, + 4,”7D,\— 4" °D a RE &
+ Da; +a—s)D,, + DD + (m-3)70,,, Er 5 x
bu & +(@a—:) D.-.; +(n—e), ‚Da +(m—2)’D n=: a Re Na
are] ılt (n—ı))? '(a—ı), +(n—-ı), rn Be
RER > 3D,-,1x*
ee Dh %D.-,1x%
Fr Fa DE gen De
irn — (a2), 'Dan]| +2) D..| —(n—2)’D, + °D,;, Ix
Hdie'na +a-—ı), —(n—ı), +(n—ı), — (n—ı)) +ı
Die Koeffizienten dieser Reihe mit den entsprechenden der Reihe
- (II) verglichen, giebt
rn
Bu EHRE,
»K,—=>D,_, —(m—2).?D,-, Belasun,
K,—=*#D,, a3) ?Ds ta—9;? D,-2—(n— 1),
"K,=°D,3—(a—9*D.-4+(0—-3), °D,-3 —(n—e),”D,_, BEN
. » ‘oo ’ . . . ’ He . . 4 , S
.
Ku =""!D, —2.’7D +3. Han .or. lnajrD.n M RN
: "Kol =':D—-"'D,+ =D, Eu ENTE Dis ar
Hiernach wird allgemein
PER EEE D,- +(n—r+ı),”- Dar
„tin g)-2° D.-3 +1(n—2),_; ?D,. RR z
Für “die A Differenzkoefhizienten ihre Werthe nach ‘der
angeführten Abhandlung gesetzt und diese nach den RUSEER, von r+ı;
7, r—ı; r—2;.... geordnet, giebt
»x Se a en ea) len at) a. Re Es + Dr
“r —_ ar). »Hfamr),.r, : — (u-r),.r,
+@e-Hr+ı),.ı —(n-rtı),(r-1),
< —(n-rt2),.1]
A
* Eytelwein"s
m—r),r..3
+]
(n—r), Bart (n—r), T,_ı
..+(a-r+1),@=1),-,]| Fort), (e—) F@a—-r+ı, (1); -
. +@-r+2)3(-2)-5| Fa-rt,c—2), Fa-r+2),@—)-;
.: ENTE = ORTE # (n—4)ı-3 43
.. + n— B):-2 ı ES 1 (m— 3-23 91 Ar (n— 3) 33
= (n—2)_,ı + (n—2),_: "
r
(n—ı), -
° Ist man nun im Stande, diese Reihen von Binomialkoeffizienten zu
summiren, so läfst sich dadurch ein einfacher Ausdruck für den allgemei-
nen Koeffizienten "K, erhalten. Bezeichnen daher a und b. zwei willkühr-
liche positive oder negative Zahlen, so kann, wenn m eine positive ganze
Zahl‘ oder o bedeutet, folgender azgsuch für die Binomialkoeffizienten
leicht bewiesen werden:
(a+ b). = aut Amer b ie Am 2 SR sFa,ba-,+1-bz
Hierin —a statt a und — b statt b gesetzt, so erhält man wegen (— a),
= +(a+m-—ı)„, wenn das obere Zeichen für ein grades, das untere
für ein ungrades m gilt:
ta +b+m—ı1,=+ta+tm—r,F(arm—e)...b+ tm Sn-2b
+ (a +m— 3)a-5(b+ 1), &....-
oder a#ı mit a vertauscht und nur die obern Zeichen beibehalten, giebt
(+b+m), = Qatm)a+ atmen br + tm HN +
+ a4) m) + at), tm) +1. tm).
Nun setze man r+ ı—m statt a und n—r statt b, so erhält man die ge-
suchte Summation
Er D —=(-Fı)F@am)rnr Fartr),C-r)a-. +42); (0-S)a-3 +.
+ (a-r+m-3).-,(0-m+3),+(a-r+m-2).-ı(7-m+2) ıta-r+m-1)n.
au man findet hieraus:
n+ı = (r+1)+ (a—r)
(a+1),=(6+ 1). + a—n)r +@a—r+1),
Fa Ce a aa ee ek)
RE AI RR E MAHPARER ER er A
(+2), = (tr) tat Fer 2 * a—1);,
.
- . [ee [ [2 .
.“ı
Ir
a No aD BL nrtrdalart. 0" rer)
ce
Entwickel. einer unabhängigen Koeffizientengleichung. 5
Diese Werthe in die für den allgemeinen Koeffizienten gefundene
Gleichung gesetzt, giebt nachstehenden einfachen, lediglich von den verän-
derlichen Gröfsen n und,r desselben abhängigen Ausdruck:
Kt at), Hat), Cat, te.
? . + (a+1),-,.5’Fat1),-,.2"F(n+n),
wo die obern Zeichen für ein grades und die untern für ein ungrades n
gelten.
Zur Untersuchung, ob die von der Mitte der Reihe (II) gleich weit
abstehenden Koeffizienten einander gleich sind, setze man in dem zuletzt
n gefundenen Ausdruck nach einander e, ı, 2, 3, ...... statt r, so- wird
aK — 5:
.. K,=e"—-(n+ı)
K=35"— (at) tat r),
"K= 2—(a+ »)5" + (n +1), 2°—(n-+ 1),;'
"&K,=5'— (n+ IE +(n+ı1),3° RE
A . ... ‚ ‚ - “ ’ D ‚ .. I. - ’
Durch RR dkiasdp Ausdrücke gelangt man nicht zu dem vor-
gesetzteii Ziele, weshalb es nothwendig ist, noch einige nicht unwichtige
SEE der Differenzkoeffizienten zn. entwickeln. Man setze daher
‚=(x+r)”" wo y, das r--ıte Glied der Reihe y; y,5; Ya5 Y3 ze be
LEHRE so wird y,=(x—r)" und y=x" daher
Ay Ax" = m, x®7? my, x”? -m,x®=3%,,,. Femer
4?y =a®2 "= m, .”Dx”"" + m,.?D,x"7? +m,.?D,x""t 4.5
ET ET FEN ee erh en ae a ee
APy — arx" = m, "De? m..°D, 202 1 mi, Dem
‘der Bezeichnung gemäls, welche in der angeführten Abhandlung angenom-
zmen ist.
Für Reihenglieder mit negativen Stellenzeigern hat man den bekann-
ven Ausdruck; ® -
Yı=y-T, sy-+(e+ 1), A? iX) „#G +n—rn,A'yr
daher wenn. hierin die vorstelienden Werthe gesetzt werden:
6 Eytelwein’s
Y =x"—ımı"" ba =2—r, Im,#"3—r, mt RE
+6+1)?D) +64? D| +6@42)22D5] |
(+9), D | —C+2'D, | |
HEHD | |
BRIH ER 7 in 9 ir,
+\r+1):?D,_; R e
— (r+2),.° Eu N
+ (e+ 342 D;-4 2 .
ch h Br:
5 + (r+n—ı),.”"D ’
Es ist aber y_, = (x—r)”, ‚daher nach dem :binomischen Lehrsatze
"yV=trmfT 472.0. rm Tresen
Vergleicht man die zusammengehörigen Koeffizienten, so wird
tr= — 8 aha 1a Dre ta) Dit A, „(24 2);.°D,_3+(e+1)2°D n-2 ae
oder auch :
an =@+n=n,"D-tr+n-2),.,.2"D,+.F642). Du stehn. DusFr.
wo die obern Zeichen für ‚ein grades, die untern für ein ungrades n gelten.
Hierin nach einander 7, 2, 3,.... statt r gesetzt, giebt
ı ="D—"7D, +"? D,ND, +... FD ED
2° —= (n+ı)."D—n.""'"D, + (n-—ı)."?D, —...24.°D,-;+5.?D,, 72
? =(a4+2),."D(atı).""D, +n2."?D,—... +52. Da-3 442 .* Da-2+3
. - . . . « “ . . [2 . £) . D ” . . . . * . . . . * ex 8
-Die erste dieser Reihen mit —(n-+ı) multiplizirt und das Produkt zur -
zweiten Reihe addirt, giebt f i
s’—(n+ ı) ei) L —.2"7°D,+3.""°D,— 4." +D,+..+(n—2).?D,.tn—ı)
Die erste Reihe mit (n+ı),; dann die zweite Reihe mit — (n-Hı) mul-
tiplizirt und die gefundenen Produkte zur dritten Reihe addirt, giebt
3’—(atı)"+atı), = Bi
ARD ED Di—5n. "SD, +....t({n—2),.’D,-, Fa),
Entwickel- einer unabhängigen Koeffizientengleichung. 7
Durch ein ähnliches Verfahren: erhält man ferner
Pat) tat). ot |
273D,— 43." *D, + 55.77 °D,—6;.27°D, +... +(n—2); Da: Fin)
us w.
’
Die vorstehenden’ Ausdrücke mit den’ bereits gefundenen Werthen
für die Koeffizienten "K)-15 "K.-2 5 "Kuca3z5..... verglichen giebt:
Kerr
Kun (n+ı)
Rs = (ntı).2 nt),
- KR, = (n+1).3’+n+1),.2"—(n+ 1), u. 5. W.
Man erhält daher "K— "Kurz "K, = "K..,5 "K, ="K,-35 "K; —="Ko-45
u. s. w. Hieraus folgt,. dafs: alle von der Mitte gleich, weit abstehende
Koeffizienten: der Reihe (II) einander gleich sind,. und es wird
MN In](a-ı) „Eu—"K+7K,xtK x? HK rd 4... HK IHK „ar? HK
Die nachstehende Tafel enthält einige dieser Koeffizienten,
Koeffizienten °K,.
Werthe von r
[-}
5
11 Er:
66 26 1
302 302 57 1
1191 2416 1191 120 1
4293 | 14619] 14619] 4293 247
14608 | 88254 | 156190 | 88254 | 14608
47840 | 455192 | 1424818 | 1424818 | 455192
ı
2
5
u
5
6
7
8
9,
-
°
Die vorstehenden Koeffizientengleichungen gehören zu denjenigen
Fi
Reihen, . welche von Laplace den Namen der recurro-recurrenten Reihen
6 Eytelwein's Entiichelung einer unabhängigen etc.
‚erhalten haben, und die Lagrange döppelt wiederkehrende Reihen nennt
Wollte man versuchen, aus den von Euler gegebenen recurrenten Glei-
chungen die Werthe der Koeffizienten K; K,; K,; Kz;.... unabhängig vou
den vorhergehenden zu entwickeln, so läfst sich leicht übersehen, dafs
man aus dem allgemeinen Ausdruck, welcher hiernach gefunden, wird, eine
Gleichung mit partiellen endlichen Differenzen bilden kann, deren Integral
den Werth des allgemeinen Koeffizienten "K, bestimmt. Allein ungeachtet
‚der schätzbaren Abhandlungen von Laplace und Lagrange (Memoires de
Matheinatique ct de Physique, Tom. VI. p. 355; Tom. VII. p. 37. Paris
1774 et 1776 und N, Memoires de l’Acad. de Berlin, Annde 1775. p- 183 etc.)
welche sich auf die Integration der Gleichungen mit partiellen endlichen
Differenzen beziehen, wird man bald durch die Schwierigkeiten, die sich.
der HKechnung entgegenstellen, verhindert, diesen Versuch weiter zu ver-
folgen, wogegen durch die Einführung der Differenzkoeffizienten, der ge-
wünschte allgemeine Ausdruck leicht erhalten wird,
Von der Bestimmung der Wassermenge eines Stroms.
Von Herrn ErTELweımn *®).
D.: Aufgabe, wie die Wassermenge eines jeden Stroms gefunden werden
kann, hat bisher zu den weitläufigsten Untersuchungen Veranlassung gege.
ben, und dennoch hat es nicht gelingen wollen, genügende Resultate auf-
zustellen. Wären für jedes gegebene Flufsbett die Gesetze der Bewegung
des Wassers bekannt, so würde man leicht in vorkommenden Fällen aus
den Abmessungen eines Stroms die mittlere Geschwindigkeit und aus dieser
die Wassermenge desselben finden können. Allein es ist der Hydraulik bis
_ jetzt nur gelungen, für ganz regelmäfsige Flufsbette, in welchen alle Quer-
schnitte des Wassers einander gleich vorausgesetzt werden, die Gesetze der
Bewegung des Wassers genügend zu bestimmen. Sind hingegen die Quer-
schnitte des Stronis einander nicht gleich, und ist das Flufsbett nach ver-
schiedenen Richtungen gekrümmt, wie dies fast bei allen Strömen der Fall
ist, so hat es bis jetzt noch nicht gelingen wollen, aus den gegebenen
Abmessungen eines solchen Bettes, die Gesetze der Bewegung des dariu
flielsenden Wassers zulänglich genau auszumitteln. Weil es aber von der
gröfsten Wichtigkeit ist, für jeden gegebenen Strom sowohl die mittlere
Geschwindigkeit des Wassers als auch die Wassermenge desselben hinrei-
chend genau anzugeben, so muls man sieh damit begnügen, für irgend ei-
nen auf die Richtung des Stroms segkrechten Querschnitt, in verschiede-
nen nicht zu weit von einander eptfernten Punkten, mittelst dazu geeig-
*) Vorgelesen den 15, März ı82ı. RM
Mathom. Klasse, 1320 — 121, . b
ı0 ! Eytelwein
neter Stromgeschwindigkeitsmesser, die verschiedenen Geschwindigkeiten des
Wassers, nach der Breite und nach der Tiefe des Querschnitts, also unter
dem Wasserspiegel, auszumessen. und hieraus die Wassermenge zu be-
stimmen. a ’
Es giebt sehr verschiedene Instrumente, durch welche man versucht
hat, die Geschwindigkeit des Wassers in jeder Tiefe unter seiner Ober-
fläche zu finden, aber nur wenige sind unter allen Umständen anwendbar
und geben die gesuchte Geschwindigkeit mit der erforderlichen Genauigkeit.
Zu den vorzüglichsten kann man den hydrometrischen Flügel rechnen, „wel-
chen Herr Woltman in Hamburg zuerst bekannt machte... Auch gehört
‚hieher der Stromquadrant oder hydrometrische Pendel, nach den Verbesse-
rungen: des Ritters. von Gerstner zu Prag. Dieses Instrument hat bei dem
Gebrauche: den: Vortheil , dafs man: keiner so: weitläufigen Vorrichtung be-
darf, welche der hydrometrische Flügel zu seiner Befestigung erfordert,
wenn: man: in grofsen: Tiefen Geschwindigkeiten messen will; auch hedarf‘
dasselbe keiner Zeitbestimmungen, wogegen der hydrometrische Flügel eine
. Sekunden-, oder noch besser eine Tertienuhr erfordert,
Wird: num vorausgesetzt, dafs zur Ausmittelung der Wassermenge
eines Stroms: an einer dazu geeigneten Stelle, wo das Strombett fest und
von Unebenheiten frei ist, auch die Ufer auf eine gewisse Weite in graden
parallelen Richtungen fortlaufen,. ein auf diese Richtung rechtwinklichter
Querschnitt: ausgemessen und aufgezeichnet, ‚auch hiernächst mittelst eines
Stromgeschwindigkeitsmessers in mehrern, nicht zu weit von einander ent- -
fernten senkrechten Linien dieses Querschnitts, die verschiedenen Geschwin-
digkeiten: des Stroms und die Abstände dieser Punkte von dem Wasserspie-
gel ausgemessen: worden sind; so ist das gewöhnliche Verfahren zur Be-
stimmung: der Wassermenge, welche in jeder Sekunde durch den ausgemes-
senen Querschnitt des Stroms abfliefst, dafs man diesen Querschnitt in so
viel Rechtecke: oder Trapeze eintheilt, als Geschwindigkeiten beobachtet
wordem sind‘, diese Vierecke selbst aber so anordnet, dafs die Punkte, in
welchen man: Geschwindigkeiten beobachtet hat, nahe genug in die Mitte
derselben: fallen. Hierauf wird jede gefundene Geschwindigkeit mit dem
Flächeninhalte des: dazu gehörigen Trapezes multiplizirt und alle zusam-
men: gehörige Produkte addirt, so giebt die Summe derselben die in jeder
Sekunde durch den gemessenen Querschnitt des Stroms abfliefsende Wasser-
menge. Auch erhält man: die mittlere Geschwindigkeit des ‘Wassers in die-
von der Bestimmung der Wassermenge eines Stroms. 11
rem Querschnitte, ‘wenn ng gefundene N RE durch den Inhalt des
- Querschnitts dividirt wird.
Dies Verfahren gründet sich auf die werkbleneni, ‚dals das Was-
ser in jedem zugehörigen Trapez mit einerlei Geschwindigkeit abfliefst, welche
derjenigen gleich sein soll, die in der Mitte dieses Trapezes beobachtet wor-
den ist. Diese Voraussetzung ist aber ganz gegen die Natur der Ströme,
weil in der Regel die Geschwindigkeiten von der Oberfläche des Wassers
nach dem Boden zu.allmählich abnehmen und eine solche allmähliche Zu-
und Abnahme der Geschwindigkeit auch von einem Ufer nach dem .ardern
statt findet. Ist gleich das Gesetz dieser Veränderung der Geschwindigkeit
noch unbekannt, und nur im Allgemeinen anzunehmen, dafs an derjenigen
Seite des Stroms, ‘wo sich das konkave Ufer und die gröfste Stromtiefe
befindet, auch die gröfste Geschwindigkeit ‚gefunden wird, so scheint es
doch weit angemessener bei der Berechnung der Wassermenge des Stronıs
die Voraussetzung zu verlassen, nach welcher das Wasser durch alle Theile
der einzelnen Trapeze mit gleicher Geschwindigkeit abllielst und dagegen
anzunehmen, dafs sich die Geschwindigkeiten zwischen jeden zwei Punk-
ten, in welchen Beobaehtungen angestellt worden sind, nur allmählich än-
dere, also das Wasser durch alle einzelne Punkte des gemessenen Quer-
schnitts auch mit verschiedenen Geschwindigkeiten abfliefse. Anstatt daher
den ganzen Querschnitt ‚des Stroms in die vorhin beschriebenen Vierecke
einzutheilen, wird es angemessener sein, jedes Mal zwei auf einander fol-
gende Punkte, in welchen die Geschwindigkeiten der zugehörigen senk-
rechten Linie gemessen sind, mit den zunächst gelegenen Punkten der
darauf folgenden senkrechten Linie, in welchen ebenfalls Geschwindigkei-
ten gemessen sind, *zu verbinden, wodurch ein Trapez entsteht, in wel-
chem die vier an den Winkeln desselben gemessenen Geschwindigkeiten be-
kannt sind. Wird nun der Voraussetzung gemäls angenommen, dafs sich die
Geschwindigkeiten von einem jeden Punkte zu den beiden zunächst gelege-
‘ men nur allmählich ändere, und dafs diese Veränderungen gleichförmig er-
folgen, so läfst sich unter diesen Bedingungen die Wassermenge, welche
durch ein solches Trapez abfliefst, auf folgende Weise finden.
Es sei HH’, im der beiliegenden Figur, der wagerechte Wasser-
spiegel des gemessenen Querschnitts und E B, F D zwei zunächst auf ein-
ander folgende senkrechte Linien, in welchen man bei A, B und C, D die
Geschwindigkeiten «, ß und y, ö gemessen hat. Ferner sollen die Tiefen
B2
.
22 Eytelwein
EA=a, AB=b,FC=cünd CD=d nebst dem 'Abstande der
beiden senkrechten Linien EF —= h bekannt sein,
. . Mit EB werde PQR parallel gezogen und man setze die -Geschwin-
digkeit nQ=a; nR— Pt; ferner EP=x,0R= Bi so verhält x
sich 2
h:x=y—u:a'—a Lie: 5
h:x=d—ß:ß'—Pß, daher wird
"=u +7 x
Ferner findet man y= + — mb,
Bezeichnet man die mittlere es des Wassers in der
senkrechten Linie QR durch w und setzt die Wassermenge, welche in je-
der Sekunde durch das Trapez ABRQ=m; ferner die durch das Trapez,'
ABCD abfliefsende Wassermenge =M, so erhält man
ur+Bt _ u+ß yti—a-Bß
et IE
2 2 eh
[A x, daher m = [wydx.
Hierin die oben gefundenen Werthe gesetzt und integrirt, so findet
man:
; bx'- x“ x RR
m=(a+ß)— + [at Bi a—eb) + yHI)bI ut y—Dd-b,s + Cont.
wo die beständige Größe = o ist, weilm = o für x = -o wird.
Für x = h verwandelt sich m in M, daher erhält man die Was-
sermenge, welche in jeder Sekunde durch das Trapez ABCD abfliefst, oder -
M=[c+ß)a5++Y Fb +24)]
und hieraus die mittlere Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser durch.
das Er Trapez abfliefst _
_ (a +BIleb +A)HlYyHD eb +24)
6(b+d) -
Vergleicht man die hiernach gefundene Wassermenge mit derjenigen, welche
entsteht, wenn man auf die gewöhnliche Art unter der Voraussetzung
rechnet, dafs alle Wassertheile in den zugehörigen Vierecken mit einerlei
Geschwindigkeit abfliefsen,. und setzt die so entstandene Wassermenge =M',
so findet man. hiernach, wenn: der Raum ABCD in vier Trapeze so ein»
getheilt wird, dafs solche einerlei Höhe und jede zwei nebeneinander lie-
von der Bestimmung der Wassermenge eines Stroms. 15
- gende gleiche Gründlinien erhalten, dann aber jedes dieser Frapeze mit der
zugehörigen. Geschwindigkeit multiplizirt wird, die entsprechende Was-
sermenge “
h > \ dr -
m= lla+ Bl +) +y+MCh+54)]
Hieraus findet man den Unterschied zwischen den nach diesem beiden ‚Vor-
aussetzungen es Wassermengen oder,
M—M= — — (db) (a 29-0)
woraus hervorgeht, wie ER grofs. dieser Unterschied werden kann.
Nur für d= b oder a +Hß=y+3 verschwindet dieser Unterschied, und
man kann alsdann ohne Nachtheil auf eine oder die andere Weise die Was-
; sermenge berechnen.
Weil am Umfange der ausgemessenen Querichnitte anstatt’ der Tra-
peze, Dreiecke entstehen können, so verwandelt sich für diesen Fall das
Trapez ABCD in ein Dreieck ACD. Alsdann wrdb=o und ß= o,
daher findet man für diesen 32 die gesuchte Wassermenge
-"(aty+d
Die Anwendung der vorstehenden Ausdrücke auf besondere Fälle der
Ausübung erfordert noch die Berücksichtigung des Umstandes, dafs selten
die anzuwendende Stromgeschwindigkeitsmesser die Geschwindigkeit des Was-
sers unmittelbar an der Oberfläche anzugeben im Stande sind, sondern dafs
nur in einem bestimmten Abstande von dem Wasserspiegel der Geschwin-
digkeiten gemessen werden können, weil jeder Körper, welcher zu nahe
an die Oberfläche des bewegten Wassers gebracht wird, eine Erhöhung
desselben verursacht, wodurch eine Geschwindigkeit erzeugt wird. die von
derjenigen verschieden ist, welche dem bewegten Wasser im Beharrungs-
zustande entspricht. Wären daher unter dem Wasserspiegel HH" die Ge-
“ schwindigkeiten «,.ß, y und Ö in den Punkten A,.B, C und D bekannt,
und man wollte hieraus die durch das Viereck ACEF in jeder Sekunde
- abfliefsende Wassermenge bestimmen, so setze man die Geschwindigkeiten
des Wassers nE=u" undin F=y"; alsdann wird man nach dem bis-
her beobachteten Verfahren mittelst der gegebenen Geschwindigkeiten
u, ß,y, 0, die Geschwindigkeiten an der Oberfläche des Wassers genau
genug finden kö,nen..
14 Eytelwein vonder Bestie Wassermenge etc.
Es verhält sich hiernach
b:sa+b=ua—ß: BES ni
d:cHd=y-—J:y'—)Ö, folglich findet man
ar B+ (a8) 2°
cd
—
und
Y=I+y-).
Daher sind in dem Vierecke ACEF die Geschwindigkeiten«", y!, a, y bekannt,
und wenn die Wassermenge, welche durch dasselbe in jeder Sekunde ab-
'Nlielst, = N gesetzt wird, so findet man mit Hülfe des bereits entwickel-
ten oe rag
= — [a +o)(2zat+e)+t(y'+y)a+t 2c)]}
oder hierin die vorstehenden für «* und y! gefundenen Werthe Bisslührt,
so entsteht für die gesuchte Wassenmenge folgender Ausdruck er
N= er en + c) + nn (atza| i
So wie unmittelbar am Wasserspiegel des Stromquerschnitts keine
Geschwindigkeiten mittelst der bis jetzt bekannten Werkzeuge gemessen
werdenskönnen, eben so gilt dies von dem übrigen Umfange dieses Quer-
schnitts, so weit solcher durch das Strombett unmittelbar begrenzt wird.
Allein durch ein ganz ähnliches Verfahren läfst sich auch hier in den zu-
gehörigen Vierecken die abflielsende Wassermenge finden, und da dies mit-
telst der bereits gefundenen Ausdrücke leicht bewirkt werden kann, so wird
es nicht nöthig sein, die deshalb erforderliche Rechnungen weiter auszu-
führen. Auch schien es unnöthig, diejenigen Mafsregeln näher auseinander
zu setzen, welche eine orsichiu Messung der ‚Geschwindigkeit des flie-
(senden Wassers erfordert, so wenig als die besondern Vorrichtungen zu
beschreiben, welche, vorzüglich bei sehr breiten Strömen, die genaue An-
gabe von der Lage derjenigen Punkte erfordert, in welchen Geschwindig-
- keiten und Wassertiefen gemessen werden sollen, weil ich mich bereits an
einem andern Orte hierüber umständlich erklärt habe.
Von den Kettenbrüchen und deren Anwendung auf die Be-
stimmung der Näherungswerthe gegebener Reihen.
Von Herrn EyreLweın *).
a ng
D.: Kettenbrüche oder continuirlichen Brüche sind sehr oft dazu ange-
wandt worden, Näherungswerthe für gegebene Reihen aufzufinden. Lam-
bert, Euler und Lagrange haben zu diesem Ende für mehrere Reihen und
transcendente Funktionen die entsprechenden Kettenbrüche angegeben, von
welchen es dann: leicht ist, die zugehörigen Näherungswerthe abzuleiten,
Der Gebrauch. dieser ‚Näherungswerthe kann aber nur dann mit: Sicherheit
Statt finden, wenn: man: im: Stande ist, die Grenze des Fehlers anzuge-
ben, welche der Annahıne irgend eines Näherungswerths entspricht, um
daraus den Grad der Zuverlälsigkeit. in. besondern Fällen aus der Beschaf-
fenheit des. Kettenbruchs: zu. bestimmen.
„Ueber die: Anwendbarkeit der Kettenbrüche urtheilt Legendre (Exer-
cices. de calcul integral, Tom. II. p- 223.) sehr richtig, dafs man sich der-
selben nur mit. der gröfsten. Vorsicht bedienen muls, wenn man durch
sie die Werthe solcher Ausdrücke bestimmen: will, für welche man einen
Kettenbruch gefunden: hat; Im: Trait€ de- la resolution des Equations nu-
_ meriques par Lagrange: (1808) sind‘ mehrere: hierher gehörige Untersu-
chungen, mit Rücksicht auf die Auflösung, der Gleichungen, angestellt
worden, und im der: hier folgendem Abhandlung. wird mam bemüht sein,
die Grenzen der Anwendbarkeit der Kettenbrüche in der allgemeinsten Ge-
*), Vorgelessn: den 20; December: 1821.. 2
I
16 j Eytelwein
! >
stalt möglichst einfach auseinander zu setzen, und durch die einzuführende
Bezeichnung die hierher gehörigen Untersuchungen zu erleichtern,
- Me SPUR
Wäre ganz allgemein die gebrochene Funktion
"Axt a,b A,xtt2h tt A,xttshh A, wtsh
Bx" +B, yath + B, zmtzh + B, ln +B,x”! Hr ER
gegeben, wo hier S der Urbruch, in Bezug auf den entsprechenden Ket-
tenbruch, heilsen soll, so erhält man durch ein ähnliches Verfahren, des-
sen sich Lambert im zweiten Theile seiner Beiträge zur Mathematik be-
dient hat
"I
Ss=
_
a,x
ES Re
und man findet zur Bestimmung der -Ergänzungsbrüche dieses) Kettenbruchs
a=B; , =A;
a, =AB,—A,Bi a;
",—=AB,—A,Bl’a;
23,—AB,—A;B/?a,
3ay== AB,—A4Bi°a,
ta,=AB,—A;Blta,
Se. er“ ide ea ee . te 41 01T rer e
a, A, —=a.Ta,|a,
a,A,—a.?a,|'a,
a, A, —a.3a, 2a,
a,A,—a.ta,
a, A, —a.°a,
Ay» Ia, —2,: Tas
2 2
Er S Ag dp. agı
a3.a,—a,.°a
3
a, a3.+a,—a,.%8,
|
nnd
ta, a3.Fa,—a,.°a,
\
Be, er T u Dana 1 Bch eh Bun
TA a ER ER A AA
w
— 2 PN 2 1 _— 2 2 I — 2 = 2
Aa,—ap. taz —a;.ta,l a, ma, a, —a,.ta,la, ma. aa: Ag
BRITKLEEn, Bann 3 22. = Ya, 3 Bu el Kin
a, —ay.3a3—a,.°a, a, —=a,.a,—a,.ta,j’a, —a;.°a, as-Iag
Kernen eieeeee ernten een ar nr ne
u 5. WW
Werden die auf einander folgenden Näherungsbrüche, welche dem
N N N
"Kettenbruch entsprechen, durch Er m, ; En |
man durch Vereinigung der einzelnen Ergänzungsbrüche des Kettenbruchs
N 1.2,x'7"+o.a
. NET 0.2, ”"+ 1a
N, Os a, xh + Na,
M; 1.4, zu + M 4;
3 9... bezeichnet, so erhält
von den Keltenbrüchen. 17
Br; N x" + N,a,
x M,;,- M a,x" +M,a,
N, __N,a;x” + N.a,
R >
N, : i
und wenn überhaupt = den n-+ ıten Näherungsbruch bezeichnet, so wird
n
N, INjErEN aux + Ny-; An
M,, - NM. Ayıtı 2 + M,-, A.
SQ
Die aligemeinste Gestalt unter welcher ein Kettenbruch vorkommen
kann, läfst sich auf folgende Weise darstellen:
#
SE ma Gr Mr
ar
' a2 + IT 4
a3 7, %s
RE
“ und man erhält für diesen Kettenbruch die Näherungsbrüche;
N _ 1.04+0.a N, N +N;a
M 0.4 + ı.a M, AR M,a, + M,a,
z N: 2.0, urNa N, _N.a, + N,a,
Mm 1. +Ma, M, —Ma,+M,,
ee a
M M«a-+M,a
Ganz allgemein wird:
N, EN U, IN„ ara,
m M,„-,%. —M,„-.a n
Hieraus erhält man ferner:
N=ı a Ma
N=Na WI, +Ma
N=Nga+tN,.a M=Ma, +M; a,
N=N.,+N,a M,=M,a;+ M,a,
1 N=N,a,+N;a, M=M,a,+M;a,
Wie jeder Näherungsbruch unabhängig von den vorhergehenden au-
fser der Ordnung, mittelst einer einfachen involutorischen Darstellung ge-
Mathe. Klasse 1820 — 18811 C
>
18 Ernee
funden werden kann, hat bereits Hindenburg (Archiv der Mathematik
I. Band, S. ı54 u. £) GREBEUBEN ? 2
$. 5 Bi
Es ist nun die wichtige Untersuchung anzustellen, unter welchen.
Bedingüngen für jeden Kettenbruch
die nach dem vorigen $. gefundenen Näherungswerthe, dem Urbruch S im-
mer näher kommen; weil sich nur dann die Grenze des Fehlers bei der
Anwendung eines Näherungsbruchs angeben läfst.
Unter der hier durchgängig angenommenen Voraussetzung, dals die
Zähler @@,&,.... und die Nenner aa,a,.... der Ergänzungsbrüche
positive Gröfsen sind, müssen auch wegen $. 2. ’
N, = N... + Nu. a, und
M,=M..u+M,..%- [D° 3
also auch sämmtliche Näherungsbrüche positiv sein. Nun wird nach den
bereits gefundenen besondern Werthen - ‘
NM—NM=N (a +Ma)— N,M= RE 0,
NM, —N,M.=N,(M «,-+M.a)—(N «,—N,a)M,=—-(NM, —N,M)a,=— uud,
N,M,—N,M,—=N,(M.0;+ M,a,)—(N,4,—N,a,)M,—=—-(N,M,=N,M Ju, —tam,a,0,
u, s, w. oder hieraus: h
-.
NS EN; ud,
: M M MM,
MSN, 0, Ch,
mM Mm MM
N, N, RR
MM. rum,
N, N, 0.000,40, ‘
M, M, In M,M,
Na Ne 708, Gly serrelhır ©
MM. MLSEETTN CME
N, Norte 0,0, 0, lgerrr arte
M;. Mor M;r M;rt
vor den Kettenbrüchen. ıg
—
Durch die vorstehenden Ausdrücke erhält man die Unterschiede der auf ein-
ander folgenden Näherungsbrüche. Nunsindaa,«,..... undMM,M,....
positive Gröfsen, also sind die vorstehenden- Unterschiede ohne Rücksicht
auf das Vorzeichen positiv, weshalb die Unterschiede der auf ein-
ahder folgenden Näherungsbrüche, abwechselnd positiv und
negativ werden, welches anzeigt, dafs diese Näherungsbrüche, abwech-
selnd bald gröfser bald kleiner ausfallen. ;
Zur Abkürzung setze man die Unterschiede
N; N, N, N, £3
EN R. und ae A ee
a M, Mur My4: Mar
so wird, ohne Rücksicht auf das Vorzeichen
- ua “oe Omtı
Ei ne’ Mir, a und
M, M; +
40,020; 0 =. Unte
ART NS
- nfe nf
Nun ist ferner der letzte Näherungsbruch dem Urbruch selbst gleich,
“ weil er den ganzen Kettenbruch erschöpft. Sollen daher die Unterschiede
der auf einander folgenden Näherungsbrüche immer kleiner werden oder
sich dem Urbruch immer mehr nähern, so mufs alsdann ohne Rücksicht
auf die. Vorzeichen, R,>R,., werden, oder es mulsR„—R,;., eine pusitive
Fe ro
‚Größse sein,
00, U, Ah | Uni Fe) ist
M, L M„M;+
und nach [I] M,., = M, 4 + Mar Anze wird,
- „Weil nun Ru—R,, =
so findet man hiernach:
ee ee
Ba Ba FT Mut
at:
. Dieser Ausdruck ist offenbar eine positive Grölse, daher wird jeder fol.
‚gende Näherungsbruch dem Urbruche näher kommen als der
unmittelbar vorhergehende Näherungsbruch, und weil die Unter-
schiede der auf einander folgenden Näherungsbrüche bald positiv bald ne-
gativ sind, so müssen solche bald grölser bald kleiner als der
Urbruch werden, - vorausgesetzt, dals u0,0,... und aa,a,.,.. positive
Gröfsen sind. »
[08 -]
20 ‘Eytelwein
Weil die vorstehenden Sätze nur unter der‘ angenommenen Voraus-
setzung gelten, dafs alle Glieder des gegebenen’ Kettenbruchs positiv sind,
so wird der Fall, wenn einzelne Glieder negativ sind, noch besonders unter-
sucht werden.
$ 4
Dem Vorhergehenden gemäfs ist
- N;- Nyrsı Narr Ni:
zr ertı
Nas nn Ne
auch liegt der wahre Werth von $ näher bei —"- als bei se
artı « ar ı
Sind daher diese beiden Näherungswerthe gegeben und man- bezeich-
Nah
net den Werth welcher S am nächsten kommt durch S‘, so wird S—= h
arte
daher findet man den gröfstmöglichen Fehler q, bei dieser Voraussetzung, oder
ı N,, 1 Nz4r
N;,_ N
Wären die beiden Näherungswerthe und an gegeben, so wird
27-1 2r .
Nor N N,r
5 und S>_—— also der nächste Werth S—=
<m, Ma; M,.
ı N ı N
liche Fehler wird ER er
mögliche Fehler wird g < — = M.. >M._
>
und der gröfst.
Sind hiernach überhaupt
N ;
die beiden Näherungsbrüche Sr und - gegeben, wo m jede grade oder
m I
ungrade Zahl bezeichnen kann, so findet man den Näherungswerth
N | :
S—-—"T und den gröfstmöglichen Fehler
miI
5 Nantı
en ae Mirr =
wo das obere Zeichen für ein grades, das untere für ein ungrades m gilt.
Hierdurch entsteht ein einfaches Mittel, wenn zwei auf einander fol- .
gende Näherungsbrüche gegeben sind, aber der Urbruch selbst nicht be-
. vor den Kettenbrücken. 21
nr - bu er . . w
‚kannt ist, einen Werth q anzugeben welcher gröfser ist als die Abweichung
des Näherungsbruchs vom Urbruch.
Wären z. B. die auf einander folgenden Näherungsbrüche 2 und Y
5
gegeben, so wird der Näherungswserth ‘-- und der gröfstmögliche Feh-
z
1 ı hr“ S
ler oder 9 > —.—— — ———=0,00605. Der hier als unbekannt vorausge-
25 2 16
216
setzte Urbruch ist S— ‚ daher S—S’ oder
1147
- = 0,000817 ....., also offenbar kleiner als 0,00625,, wie
1147 16: 18552 - x
erfordert wird.
£ G 0
Das Verfahren jeden Kettenbruch mit negativen Ergänzungsbrüchen
in einen andern zu verwandeln, dessen Ergänzungsbrüche nur aus pasitiven
Gliedern bestehen, wird als bekannt vorausgesetzt, weshalb hier nur einige
hierher gehörige Fälle angeführt werden.
-
5 ı,S=--—
09) a 3
1, —— 6
st, 0
a, + —
ay-h.n,
5 @& >
iebt:S—= — [07
“ IE
4; Le 2
3
E 3—l + u
: A net
_ ee RE T:
I) Ss—— «
cm Ei
ı PS
> Az—ııs »
iebt: S—= ı
et ar de Gr x
As Gef — 177 Ka z
22 Eytelwein
Hit der einem negativen Ergänzungsbruch worangehende, die Einheit zum
Nenner,
0) s-=- dr
2 u
so wird S=— Gr
ee Mes
Von der Richtigkeit des vorstehenden ersten Ausdrucks überzeugt man sich
FR gesetzt wird; alsdann ist
= =ı,—ı+ L> U,
— ı u
"a,+R ’ SR IR | 2,—0,-+R
wie erfordert wird. Die Richtigkeit der folgenden Ausdrücke kann eben
so leicht bewiesen werden.
Für den Fall dafs a, <a, also nach (I) a, —«&, negativ wird, er-
- hält man auch anstatt
2
a; 03
LER
3 %s
. a + — 3
ä 3 as+::- ...
=— uG,%
ar ——— | Wan
a9, 4 ——— , 2,0,
HE 4;
+
Noch ist zu bemerken, dafs aus dem RAEREN Werthe 5 eines Kettenbruchs
der Werth S leicht gefunden werden kann,
Für s=A+- u
= Gz
Fr &; a
23 4 -
ne
tr.
von den Kettenbrüchen. 23
. 1 I
wird - =,
Ss A+-—-,4&:,
a er &
ee
er 4
TR de
a,+ .»...
und fürS=— «u,
—’ u
1 +, ,%
„+
ayt...-
x ı
wird Zelt Cr \
S & Ga; + Gz
2 I yapag &4
VRR: Pe
. Von der Richtigkeit dieser Verwandlung überzeugt man sich, wenn im er-
& [7
stenFalleR=a+— 0, und im zweiten FaleR=— vo,
2.012377 SE yon;
2,4... a, +.....
gesetzt wird.
6,
Sollen die $.4. erwiesenen Sätze von der Annäherung der Näherungs-
brüche zum Urbruch, auch auf Kettenbrüche mit negativen Ergänzungs-
brüchen angewandt werden, so mufs man zuvörderst den gegebenen Ketten-
bruch in einen solchen verwandeln, welcher nur aus positiven Gliedern be-
steht, und daraus die Bedingungen entwickeln unter welchen nur die erwie-
senen Sätze Anwendung finden,
Wäre z.B. der Kettenbruch
= &
a+—
1.,—— ,%
1
Ban 84
a Pin EB
” r . u * . -
gegeben, in welchem der Ergänzungsbruch — negativ ist, so erhält man
2
u
sSs—=-— Gr
a BE mTeE. ı
24 ei „Eyteliwein
“
daher wird dieser Kettenbruch nur dann- aus lauter positiven Gliedern be-
stehen wenn £ a BETTER
a,='oder > ı und a, = oder >«u, ist,
und nur unter dieser Bedingung ist alsdann für den Näherungswerth °
N
’=; "!1 der ‚grölstmögliche Fehler
m+L
ı {N N
a a ee N
4<= 63 e My.
Der Kettenbruch durch ‘welchen die Tangente eines Bogens ausge-
drückt wird, besteht mit Ausnahme des ersten aus lauter negativen Ergän-
zungsbrüchen. Verlangt man daher, dafs die entsprechenden Näherungswerthe
bald grölser bald kleiner als der wahre Werth ausfallen sollen, so lassen sich
leicht die Bedingungen, unter welchen nur diese Eigenschaft statt finden
kann, angeben. Denn es ist
0) Tex=- x Sue 3
zo
/
15 —uurse
und die entsprechenden Näherungsbrüche sind:
I» Bi ea) Ss era N, _ Gs—x’)x, N; _ s(aı—a2x?)x
M B $) g—x®’ M 15 6x? 9 M,. 105—45x?+x*’ te
N ’
(ons — osx +x®)x
4
—- - —5 U
M, ı15(65— 28x°4-x?)
Verwandelt man den vorstehenden Kettenbruch in einen andern mit positi-
ven Ergänzungsbrüchen, so wird: *
3
oa XK—XT: ı
(II) _Tgt x rer 3
1
8 W.
und die entsprechenden Näherungsbrüche sind
N ax N, 5x" N, ._(12—x?)x, N, _ (as5—x?)x,
M s-x2’M, 3—x? 4 MD 12 —5x? M;, 15— 6x? ;
von den Keitendrücken. 25
Nao- Hlro—x2)x n Bi 5leı —ax?)x N (840 —g5x?+xt)x
M, : 90—59x2+x*? MW 2105—45x24+-x? M, 840—375x?+ 14x*
De MB TRIE, u 8..W,
M, . 15(65—28x’+x*)
Sämmtliche Ergänzungsbrüche sind nur dann positiv, wenn x?—= oder <a
also x= oder <yz oder <[1,4142136.... angenommen wird,
Zur Uebersicit der verschiedenen Näherungswerthe, welche für ‚die
Kettenbrüche (}) und (Il) entstehen, dient folgende Zusammenstellung. °
men
x=35 nach’I. i x—=3% nach I. | x=z7 nach I.
x=3 nach I.
0,535 5335 |0,552 . 9411-1 0,500 ©0000 | 0,5712 4285
0,546 2558 | 0,546 1558 || 0,545 4545 | 0,545 A545
0,546 2785 0,546 : 5116
0,546 2556 || 0,546 3055
0,346 2552 | 0,546 25520546 ‚2956 | 0,546 2936
0,3546 _ 2535| 0,346 2535||0,546 5025| 0,846 3025
Tgtx|0,346. 2555| 0,346 2535||0,546 3025 |'0,546 Zoag
— - z mu
| x=ı nach-l. i x=ı nach II. I KA, MAcHT, x=1,4nach II.
| 1,000 0000 | 2,000 0000 || 1,400- 0000 | 70,000 0000
2 1,500 0000 | 1,500 0000 || 4,038 4615 | 4,038 4615
5 i 1,672 4285| , 6,389 090g
& 1,555 ° 5555| 1,655 6555 15,654 ° 5679| 5,654 5679
P 12557 '.. 6988 5821 5337
sg 11557 ,. 57701 1,557 5770 || 5,792 9026| 5,792 9026
5 ‚12557 ° 42 6,798. 4864
; 1,557 4094 |1,557 4074|15,797 7528| 5,797 7528
Tgtx | 11557 407411557 407415797 _ 9026| 5,797 9026
\
Matbem, Klasse 15%0— 1821, 5 D
»6 f Eyte lZwein
et x=ye nach’l. I x nach II. | x= 1,5. nach, x=15 nach II.
1,41% a 1,500 000 |— 12,000 000:
2 A242: 6498 | 4,242 6408.|| 6,000: 000 | 6,000 000
5 b 7,074 0680 j 19500 000
= 6,128; - 2559 | 6,128 2589 || 12,750 000 12,750. .000
09 " S
P | 6,365 9612 14,307 ı 692
= 6,527 ° -4505|6,527° . 4505 || 14,042 5431) 14042 6545-
» 6,354. 5020 14,107. 542
BRRN 6,33 9654 | 6,353; 96544 14,100: 000| 14,100 ° 000
Tgrx Terx }c 6,354 2260 | 6,554 - 2260 ||24,10x 274 | 24,101. 9274 "
Vergleicht manı diese Näherungsbrüche mit einander, so bemerkt man
leicht, dafs. die zweiten,. vierten,. sechsten. u: s. w-. einerlei sind, dafs also die
' übrigen nach (II) gefundenen: Brüche, als Einschaltungen anzusehen sind.
“
Aus (T) erhält man: ferner: nach $. 5. wegen: Cot x= ee -
1 e Tgtx
Ct x—=— :
x—— x? $
um
—— — >. >
7 9 Eee £ x?
11 — —
oder für positive Ergäuzungsbrüche he
“ 5
Ctx=— x3 :
x EEE
2—x?+— x?
= ı a -
2 Er - Er), x?
2 + .-— , 1 e*
6x? — x?
’ 1
8—x?+..
wo:offenbar eben: dieselben: Bedingungen wie bei dem red eie fürTgtx sach.
7
Man! setze $.1. B=ı;5; BB=B,=B,=....=0;,, so kannıman hier-
nach für jede gegebene- Reihe
S=-A+HA,x+A,8? +A,x’ HA, xt HA,xt +...
den: entsprechendem Ketterbruch: finden: und es: wird: alsdann
-
2 ee
von ‚den Kettenbrüchen.
=
Wenn nun gleich das $. ı. angeführte Werfahren zur Bestimmung der
Glieder der Kettenbrüche die Berechnung derselben erleichtert, so läfst es
‚doch nicht den Zusammenhang zwischen den Koeffizienten der gegebenen
Reihe und-der auf einander folgenden Ergänzungsbrüchen
so wird
x
“Ar
S=_— , a,xra,
u. s. w. ‘oder
»
»
ee
Ko
w
D m
"„»
um
»
D
w
N
2, Bsß ß? BB, >
2, ß°ß5 RB? P4ßs ’
AT PrBEBSPIBERsPe
übersehen. Zur
‘ bessern Uebersicht verwandele man daher den vorstehenden Kettenbruch in
- einen solchen, dessen Ergänzungsbrüche die Einheit zum Nenner "haben,
a,X:a,a,
L en ER
oder wenn man zur Abkürzung
ß . E
S=— x
> Pıx B»x
ng Fu: : B n
7 PRLZ \
RR RER
x 2% HeL-, a a a
setzt, so 'erbält man B=a,; Br; RZ 2 3 =; =;
Bw ‘ Ar a,d, 2,4, % az,
u,s, w. wo das Gesetz der Fortschreitung leicht zu übersehen ist.
Bedeutet r jede ganze Zahl oder o, so wird nach $
A) m,—=—Ayr
a, » EuTg. EI dt Zurde
wy—2,."2,— 32. "a [1]
— | I
—E Pal.) WERZOEr Bean 27 Pe
Re I E r
a, = u-ı Ne Ana — An» --
‚1.
28 Eytelwein Br \
Nun ist ferner a PEN Ware. 12 =—A,.,
sen rt2 t2.
Hg ma, ara, ta,
Bra. a, E08 23 G
ma Mama, Ras
us w.
Diese Werthe nach einander in den vorstehen Ien Gleichungen- [II]
eingeführt und zur Abkürzung 1, =ß,; n =ß, +ß:; 7; =ßı +Batßs5 ;
s,=ß:.+Pß:+ß; +Bßs; u: s. w. gesetzt, so erhält man
1a, =A,
T —
— Az —=Ayr ,
"a
be FR — Artz 27, €; Arır
"en er +0,4A rt2
+RreE 2, =Ayt05Autßıß; Anz
7 = Aute, Auto, ß;]A 5 ;
8 BTPEBERS 5 ß3 Lesßil,
aim Be EB, AB B3 Rs Arts
+7;ß;
—
u. 5 ww.
oder durchgängig r— o gesetzt und alsdann die Werthe für Be hut aus .
- [1] eingeführt, giebt
: B=A
—Bß,=A;
PRıßz=A,+ Fr,
—BB:ß.ß; =A;+ 074,
PhBßzßı =A,+ 093 A; +0:ß, Ar
—PR,.B.ß;ß,Bß;=A; ah ei “t0,ß;|A;
= Gaß;| !
an,
67 | ET
, a e,ß
von.-.den Ketlenbrüchen.
29
An BB ArtasAst0,ßlAsteß; BA,
| m 0,3%
zur Ach ß;
= o.ßs|
BR B BA te; At; B;1A, + BP,A;
o.ß, 0.ß;|Pe
6; 0,8,
- R Ps s,ß |ß-}
6;ß, 2 Bil T
E5ß;| |
Be AI; A,-+0,ß; BlAs-triß; Ps. la,
;ß, o,ß; Bes 0,9% ß; Bs
0;,ß; (2 B; q a Bs
5,Bs (zZ ß; Pr aß; r
® 6,ß; 3 } r
[oO ACH
, aBa]ßo
Er r
Bir. Bd Ant0zd,+0,8;]A,+0,P; P,IA Er Blast BB; Pipe
. 6,ß, o,B;|ßs aß; ß; Pal >
OB, o,ß,| 0,2196
aß - Pl a,
‚0;P, o,ß; o,P;Ps\Ps
Co; 0;ß; o,ß; Be 27
07% Bl I I
eß;ß,| |
e, -e,ß, |
e. 9 0;ß, i | :
ii
Bu, 8." W-
2 + PhıuPß
= pB%..
Das Gesetz nach welchem die Koeffizienten von A, A, A, Asus fort-
schreiten Bee auszudrücken, setze man
"Partı= Art tik, Aze HirkzA,., +
3 = Ar +”k, Aynıt 2%, Ag Fu, Fr KA,
E= zrtty, Aus
50° % Eytelwein
Nün ist: Be -
Bu; ; aM Fr, ß; 4 ß: 5 *kı = B: + 2 + B; ; .......
x =, Yen k,ß;-+°’k,ß;; KGarkß, + ’kß,t+t tkıßs ......
k,= k,ßs; "k,—*k,ß,+ °ksßs;5 IK —tkß,+'kß,t kiß,zn .ueine
= k,ß,; km kßr + ’kzßas "kB, a kp + PkzßPz arenan.
"= —k.ß,; "k,=® k,Bo-+ ?k,B"; ®%k s=’k,ß,+ ’kßo+" Ki. sis
u. s w. Daher findet man '
Dar: 1 On-ı =ß, + Bz 7 B, FR [ep 7 .... + RE >
ak, ®k, Ps + ’k ß, + *k ß; + ....+”72k Bi-.
a a FR RE a? Ps + %,P, +... 547 KR Pfon
>. = fl Pr tr 7k; CP, al PU CPAE, UOEPEN, man 22 C ERBEN
"k,= ak, ß, + Pk, pr + "k, BR. a ..... m2%, BIRr
Pk Buch’ a Bach an Fk an,
Hiernach ist man im Stände die Vergleichung zwischen den Koellizienten
der gegebenen Reihe und den entsprechenden Ergänzungsbrüchen, so weit
"man will, fortzusetzen und daraus die Werthe B,ß, P; ß; -.--- also den
zugehörigen Kettenbruch aus .den Koeflizienten AA)A,A,.... der Reihe
zu finden.
SB;
*Verlangt man umgekehrt aus den gegebenen Gliedern eines Ketten-
bruchs, die demselben entsprechende Reihe, welche nach den Potenzen von
x fortschreitet, so wird nach-$. ı. für den.gegebenen Kettenbruch
ax" £
s=— 4X
a x \
a Hana, ;
die entsprechende Reihe
S=Ax+tA, Pre hi A, x'teh LA, a xrrah Hz
Nun setze man zur ee N
- & [77 5
P=-; Bı= Te = —- —RB= Ä 5 B,=—; IE A
a. a PR a,d4
dp en, A BT +ß+ß;; Reh +PRs +3 F his ein
(ß; !=Pß:; Ba BB: ß»; (Ba)! =PP: BP; 5 (By! =ßpß, Ba B;ßs; use
&o erhält man nach $. 7-
von den Kettenbrüchen. f | 31
L=ß ;
A,=—(ß,)!
A,——0, A, +(ß,)!
A,=—01,4,—(ß;)!
A=-0,A;—0,ß5A2+(ß,)!
ee
—0;ß,
A,=—0,A,—0:ß;
—0,ß;
—0;ß;
A,=—0,A;—c,ß; As—0,ß; ß; As (Br)!
—(0, ß, 6, Bas
—0,ß; —0;ß;|
—7,ßsl
us w
Wäre z.B. der Kettenbruch
Ay o,ß; BsA; + (Bo)!
BE
2% Bd
gegeben und man sucht die entsprechende: nach: den Pötenzen von x geord-
nete Reihe, so wird hier
= . n
01, = =ı5 5; —=dy—2; 1, ml, dr —lbg—hg ern:
j a=ı; 4,4, =, 4, ...2;5 a a,=5, 4,7; 0 also
B=x An
1 T n ı Ä r
aa re. Er
ı e2 ı a 1
B,=— LS — arg (B)!= — A=-—
2,5 3 12 3
© v 1
=— cr a) A,=——
Bei 05 = A:
r 6 ı ı
BL nn 0 Mel
92 Eytelweinr Sen 3 | VER ENE
5 3 2 - £:
is Pur = — in
B; al BT (B,) "600 A, F
® 3 12 ı r
I. — 0. — A— ED
Ms 2.7 © 7 (ß,) Dao As E
folglich wegen r=h=ı
ı ı
sex e+-r— Hr Ixs iger! x? xt,
2 5 6 7 8
9. 9
Wegen des vielfachen Gebrauchs: der Kettenbrüche, folgen hier noch
einige, von welchen mir nicht bekannt ist, dafs sie schon mitgetheilt wor-
den wären.
a a le
(I) Für a a a
wird == a?x anna ATI
«+ («+ß)?x ,
er un ae a+3ß ea ei (au+2ß)°x
a+4ß + — PEwe FRE:
. : ; eh le
2 3 fi
(11) Für s-=- ii = x
u) "ar o Karo) " aß) t2ß)u45R) a HB)
wird 5= 0x 1.߮x
L De uimrr peaı2le
3 HEIKE 292 |
Fr RE pre
| ET kin
EEE RS NE Se.
er a a)" a(a+B)(a+2P) arßareB)er5B) a...)
. P
wird s-— 20x ie »)
er, aap:
ER Aapası
EB de.
Noch
> eß-
von den Kettenbrüchen. 35
Noch erhält man auch für die Reihe (1)
ı
iv) s=- _— (a}#)’x
m « «lß4T,, u ee (urapitx a
“} 2ß at3B } — 2:27. ,
EEE zog
ugs
| ah Fin. s
$. 10,
Anstatt des bisher gewöhnlichen Verfahrens zur Verwandlung gege-
bener Reihen in Kettenbrüche,. soll hier noch eine andere Berechnungsarı
angeführt werden, welche weniger ermüdend ist als wenn man die Rech-
nung nach $.ı. bewirkt. Die gegebene gebrochene Funktion sei:
A+A,x+A; ‚x +A,x°+A, x?--A,x’-+.. 1a as
=;x7, St B,x® 78,0 Er ee er eriisprechende
-Kettenbruch es A, x
a + a,X _
a —
ö a, + = a;X
3 a, tt...
‚ Nun setze man nach $, ı. mit Beibehaltung der Bezeichnung $. 7.
n= B,;5 "a,—A, -
{ ",=A.Byr—AxıB
72,=a,Ayı —A."TTa,
x Y,=a,"a,—a,"ta,
2, —a,"fTa,—a, "Ta, {1
ra—a,"Ta,—a,"tta,
2, —a,"ta,
m - - - - - - - -
Sind hiernach die Werthe von "a"a, "a, "a, .... bestimmt und man setzt in
denselben,n=0, so erhält man dudnich die Glieder AAz Ay Ay... des ge,
- suchten Kettenbruchs.
‘Für SZA+A, EEE ARE E - findet man
a1; "“,=A,; ",—=—A,,, und die Abrigen Werthe nach [fl].
% r. ii ı
f Für S=————— i
i EI FH Tr
h a=B; a,=1;5 "2,—B,4;5 "a,—=—B,,, und die übrigen Werthe nach [1].
2 3 n
Wäre z. B. die Reihe S=- + - 4 + 2..4- +...
au -2g '3 4 a-+ı
0° Matkom. Missse a — 1521, E
34 \ Eytelw ein
gegeben, so: wird A,— 2. also.
n+r
Ba "daher ay,—r EN Are daher‘ =.
n+ı x n+2 2-
VEHREE 1 T
”a daher 2, = —
27, 2Zınte)(nt5) 3 19.03 N
m, nl n+r d r
a,= daher: 2, = ———
* 2.5(0+3)(n+4) 1 9.5.5-4
_ —ı.2 . 4
n.. m — REIHE 2 ersslalreria, ae
=. 3.3.44(n+ Fette) 3-3-.3.4.4.4-5 j
1.2
ra erg MiGcFe); daher , = -—— er;
2.3-5-3.44.4.5(n+4)(n+ 5)( 246) 2.3.3.3:4.4-4-4:5.5.6 .
uw 8: w. RE ren
Hiernach finder man’
“
— ib
II pe -
ee
er
2 —— 5X
bo 5x
2 —
TER
2 — x
iz
Bear
A d. Ile
Zur Erleichterung der Rechnung mit Kettenbrüchen und zur Ver. i
‚ gleichung derselben unter einander’ scheint es nothwendig,. anstatt der bis-
"herigen eine einfachere Bezeichnung einzuführen‘, welche jedoch, wie sich
von selbst. versteht, nur’ auf solche Kettenbrüche anwendbar ist,: deren Glie- _
der nach. einen bekannten‘ Gesetze fortschreiten.
Von: der ohne Ende fortlaufenden Reihe A; A,x; As; Aw; Atze. |
ist A,x" das allgemeine Glied und man findek auıs demselben die auf ein
ander folgenden Glieder dieser Reihe, wenn nach: einander di. Ir Br Mona
statt m in: A,x” gesetzt wird. Dieses allgemeine Glied unter das Summen-
zeichen: gesetzt, giebt‘
mon ‚den Kebtönkrüchen. 35
IB x" = w.\ A; x A, ®—A,x’+4..+A x +... .. .oder aueh
- [AA =A— A,x-t- A,x—A,x’+. ee
Auf ‚eine ähnliche "Weise läfst sich durch .das allgemeine Glied eines
‚Kettenihzuchs «der ganze :Kettenbruch ‚darstellen, -
:So ist :z..B. Tgt = m
a —
x
al =—_— u
so auch —x Tgtx f a "|
Der lar"
daher wird - 7 ‚das allgemeine:Glied ‚dieses Kettenbruchs, ‚und man finder
. an ı
- aus -diesem .allgemeinen :Gliede ‚die .auf .einander folgenden «Glieder .des Ket-
DE% ag
tenbruchs, vwenn :nach ‚einander o, 1, 2, 3, 4,-+. ... ‚anstatt n in - e be
; E we
setzt wird.
So wüie «durch «das Zeichen ‚J hier «die Summe der entsprechenden Reihe
angedeutet ‘wird, :so ‚kann : ‚man, wenn das ‚Zeichen x vor dem allgemeinen
Gliede eines :Kettenbruchs steht, die ganze Summe .desselben oder seinen
vollständigen Be ee „and «es ‚wird hiernach:
9 —ırı.
| Für diejenigen 'Kettenbrüche, deren 'Glieder nach verschiedenen Ge-
setzen abwechselnd fortschreiten, kann man eben dieselbe Bezeichnung wäh-
len, nur dafs alsdann das allgemeine ‚Glied aus’zwei oder mehreren Ergän-
zungsbrüchen: besteht. $o ist z.B. wenn e die Basis der natürlichen Loga-
rithmen bezeichnet
E22
36 Eytelw ein
x
u x
ee = s
+ —
m e}
sh Fit
Re
2+—- x
2...
daher wird hier das allgemeine Glied — " x folglich
RT
( ; f
e—ım=X x
ne
Dieser Bezeichnung gemäfs. erhält man nachstehende Ausdrücke, durch
welche zugleich eine. Zusammmenstellung der vorzüglichsten durch Ketten-
brüche ausgedrückten ran entsteht.
EEE SORT, SE . (=)
(x2R 12 0. en-ı
u PORN
—y?}n 3
Arc Tgt x= re . (af 1)?x?\
" en-ı x +% en!
. 2n+3
far: 5 ++ € (at2)?x?
en-}-5
zu .
ex/7 2.3...0.0(@+ß)...(a+nß)P*
=
xu Eren:
ur Ya 2.3... (at31).u(a+B). tn ; =
aan TREE a)” +* GR:
ER
bo ı
NEE % er
aranya)B)
Be RR. vi
aty" ="; nn inte)
ment 1)a ——
+? ne $ ir (I 238 et
(ur
JRir (= —B,B,x\
bj? =- (a—nb)x
ge re Be „res,
Bart B,x z
‚vor den Kettenbrüchen, 37
| sure x
oe fa Frz en: (m =
+
; 2n-+ı
108 (+2) —-[, Grsag a (at a)?x"
2n+4
1a + Beat +. (E* nO)x et)Pe)
n®
> Se I «2
Re —(a4nß)’x. ,. En er TU unıp)'*
I o+% Een x u u4ß ee nn
rent
11.93 aFı)x" Fr : ü
rare 2 2 + etcheben.
+ GntaR
Eytelwein von .den Kettenbrüchen.!
em A,Bbx |
Bi Bra — AA, Bat Bafr"
ı Ve men ee)
Ars Bara + AntaButı X
AR A EN au
BB el)
gt ” \ Burı + AutıX
E
.
\
° Allgemeine und reim analytische Methoden, Tangenten an
ebenen: Curven: zu ziehen.
Von Herrn Gruson *)..
E: sei Eisy)==.0)
die Gleichung in rechtwinkligem Coordinatem vom’ einer beliebig gegebe-
nen ebenen Curve; wenn X und Y die Coordinaten von einem bestimmten
Punct dieser Curve sind, so hat man:
FX,Y)=o;
die Gleichungen: von’ der Sehne,. welche diesem Punct mit dem Punct (x,y)
verbindet,. werden sein,,
X=x-+tag, Br Mae, (1)
man wird also’ die Gleichung haben:
F(x+tag, y+bgq)=o;
entwickelt man'und ersetzt, umabzukürzen, F(x,y) blofs durch F, so wird sie
F+ GEH )at..=
. bemerkt man, dafs : Si so ya sich auf
aan |) +Mg+Ng? ro:
Dieses: ten: so ee wir ausdrücken,. dafs diese gerade Linie eine
_ Tangente sei, indem: wir go: setzen,. welches die Bedingungsgleichung
geben wird
*) Vorgelesen den ı3. April 1820.-
40 ... Gruson
die folglich ausdrückt, dafs die Sehne (I) eine Berührungslinie an der
Curve ist.
Eliminiren wir also a und b zwischen dieser letztern und den Glei-
chungen (l), so erhalten wir finaliter als Gleichung der Tangente.
AF dF
WE9It Une
in welcher x und y die Coordinaten der Berührungspuncte sind, während X
und X die currenten Coordinaten :sind.
Hiernach wird also die Gleichung von einem Perpendikel auf die
Tangente durch Fe Punct 2 2 sein
Tre NY=LaR- 9
macht man Be
d “dF,
Xx—-xm=n—, Y—-y-=n—
2 # dx’ ET Ar d
won Akebie ist, so stellen diese Gleichungen die Coordinaten der verschie-
denen Puncte von der Normale vor, welches zu folgender Construction führt:
An den Punct (x, y) zieht man zu den rechtwinkligen Axen Pa-
rallelen, und trägt auf diese Parallelen, von diesem Punct an, Theile, welche
D
EB lE } N Iyere: ie
sich verhälten wie ea Eee, vollendet man endlich aus diesen Theilen das
{ x y
" Rectangel, so "wird die Diagonale, die in diesem Rectangel den Scheitel (x,y)
mit dem entgegengesetzten Scheitel verbindet, die Normale der Curve sein.
Es sei jetzt irgend ein fixer Punct (a. ß); es sei r die veränderliche
Distanz dieses Punctes zu dem Punct (x, y); die Curve könnte durch eine
Beelationsgleichung zwischen r und x ausgedrückt sein; wir wollen anneh-
men, sie sei ö
- f(nx)= 0;
so wird man haben
= Vo”? HP);
so dafs die Gleichung der Curve in rechtwinkligen Coordinaten sein wird
ıY@-o+y—P%,x)=Fun)=o, |
Mau
über die Methode der Tangenten. | 41
Max wird also, für die Gleichungen der Nermale, haben
j dF dF
IFxchägze R hm bob:
Setzen wir nım um abzukürzen für f(r, x) blols f, so findet man
dF Alf) dfdr df
X dx dr asia
dr _ dh dfdr
dy dy — dr’ ay"
und da man überdem hat
dr.) x—u dr
a EL SR USERN!
de Verartaße dr Ve—a ta
so kommt
dF x—U af
dx Va—aja Hr—p, dr 4x’
Z- BER cine. df
Ve +: dr
Veberdem en man dals
x—u yv—B
ne,
Ya—a? +r—P” Va—a®+r—B): '
die respectiven Cosinus der Winkel sind, welche der Vector r mit den Axen
‘* der xen und der y’s macht: so dafs, wenn diese Cosinus durch a und; b vor-
gestellt werden, die BER ERT von der Normale werden ;
| ar |
& X=x+ nal — + Rn
1 af
Y=y-+nb—;
dr
.
|
woraus folgende Construction abgeleitet wird:
- Auf den Vector r, und: auf die Coordinate x seien von dem Panct
9 äf af
(x,x) aus, Längen respect. proportional - — — und 3% abgetragen; construirt
| man über diese Längen ein an, so wird die Diagonale, die den
Mechairet (r, x) dieses Parallelogramms mit dem entgegengesetzten Scheitel
r verbindet, die Normale der Kurre sein.
j Muthem, Klasse 1090 —ıpaı, } FE
5. ar .
-
>
42 Gruson
Man begreift dafs man.eine ähnliche Construction erhält, indem man
von der Gleichung f (r, yJ = o ausgeht. ei
Es seien endlich («, ß) und («,P') zwei beliebig feste Puncte; es seien
r und r die respective Entfernungen dieser zwei Puncte von einem Puncte der.
Curve; diese Curve könnte durch eine Relationsgleichung zwischen r und
r' ausgedrückt sein; wir wollen annehmen sie sei
Ol, r)=o.
Man hat überdem
= Vo)? +y—P)%, = Va—a)?+y—Pß)?;
so dafs die Gleichung in rechtwinkligen Coordinaten sein wird
PO(V& ar + —B, Ve—ay” Hy —PP)=FRy)=o.
Setzen wir aber, um abzukürzen, statt ® (r,r') blols ®, so findet man
dr d(9) d@dr dpdr
dx dx drdx' drdx’
dr d(P) _ dP®dr dP® dr“
: dy dy drdy'drdy
Man hat überdem, indem man durch a, b, a’, b” die Cosinus der Winkel be-
zeichnet, welche die Richtungen r, r' mit den Axen der xen und y’s macht.
dr As ae
THEIR “
dr A, .
nt
Man wird also haben
dF d® ,d® dF d® d®
— a — Er — Ar ‘ b’ re
dx * dr Ei dr dy BE dr
Mittelst diesen: werden die Gleichungen: von der Normale sein
49 ‚IP
=ztna Haan
ad do
=y+tnb— b’—;
rc dr Se dr'’
woraus man folgende Construction ableitet:
Es seiemauf r und r, von den Puncten (x,y) aus, Längen resp, proportional
d®
d
ER
1 Ir abgetragen; construirt man über diese Längen ein Parallelogramm,
x ne
.
über die Methode der Tangenten. 43
so wird die Diagonale, welche den Scheitel (x, y) dieses Parallelogramms mit
dem entgegengesetzten Scheitel verbindet, die Normale der Curve sein.
Wendet man diese Construction auf die Kegelschnitte an, so ge-
«hen daraus verschiedene Methoden hervor, um an diesen Curven Tangen-
ten zu ziehen. E
Man weils erstens, dals, wenn man einen Kegelschnitt auf einen sei-
ner Brennpuncte und auf eine Parallele mit seiner Directrix bezieht, seine
‚Gleichung die Form nimmt
Ar+Bx+C0=o; . ae
0) d® , . :
welches Epe —=A, =, —=B giebt; woraus man sieht, dafs, indem man repective
- r . GE
aufr und x Theile der beständigen Gröfsen A und B proportional nimmt, und
das Parallelogramm vollendet, seine Diagonale die Normale der Curve sein wird,
Da man insbesondere für die Parabel ht B=— A, so folgt daraus
für diese Curve, dafs die Normale den Winkel-der Coordinaten x und r halbirt.
E Zweitens weils man, dafs, wenn man die Ellipse und. Hyperbel auf
ihre Brennpuncte bezieht, man für ihre Gleichung hat
a N
; ad d®
hs ——ı ——+t r
welches 35 1 Er ı giebt,
woraus man die sehr bekannte Construction der griechischen Geometer ab-
Jleitet, und darthut, dafs sowohl die Tangente, als auch die Normale, den
Winkel der 'Vectoren halbirt.
04
Antegration unter endlicher Form von einigen Winkel-
| Dißerential- Funktionen.
Von Herrn Grvson *)
pr
B: Untersuchungen: in der‘Mechanik stölst man öfter auf Differential-
funktionen von der Form N ae
u"du cos u", u"dusin u",
von welchen meines Wissens noch kein Autor die Integration unter ei-
ner endlichen Form. gegeben. hat. Dieses wird. BR al Ecn wenn isch sie.
hier gebe...
dry! Me \ ur d>. Ey" BT.
% 2 = re amt rap
Sy d.siny= = ar Ya ars y+ Er Bi 8 in
| duya Bm. Ay® day day N
U. [y?a. ER, DR Are A re Du BER
| Sy coBy= -(r iy: + en Jeosy e dya He Jens
day. da,yoııdo,yo ar
dy* dy* dy°®
Man:setze y"—
Kine P ’ d.Y
10 ist S[y"d.siny=Y.siny+ ag cos y, und
. - IN
[y"d.cosy=.Y cosy En sin y
d.Y ur
wo Y und an: endliche Reihen: sind, wenn n eine positive ganze Zahl ist.
F j ii
=) Vorgelesen den:z, Februar ı1821.. x
Gruson von der Integration u. ». w. 45)
Beweis;
Es ist ° e,
d. ae siny)— I dur + ny"?,siny.dy
= y".d.siny—ny”"*"d.cosy.
Hieraus- 2 L
Sy’d.siny= y"siny —n/y"""d.cosy. (A)
Eben so ist
d.(y"cosy)= y"d.cosy # ny"-!cosy.dy
= y"d.oosy—n IS d,sin y
also: ö
Syrd.cosy= y” oosy —n/ya. siny. (B)
küs (£ 4) und (B) ergeben sich die Integrale .
Sy "d.cosy=y"""cosy—(n—ı)/[y""?d.siny
[y"d.siny=y'?siny-F(n—ı)/y"?d,.cosy
Sy’?d.cosy=y"*cosy—(n—e)/y""?.d.siny
Sy" d.siny=y”"?siny+ (n—e)/y""?d.cosy
etc.
Substituirt man die Werthe von diesen Integralen nach und nach von der
Gleichung (A) ausgehend‘, so gelangt mafi zu folgenden Resultaten,
Ar siny=[y’—n.n—ı.y"? +n.n—1.n—2.n—35.y""t—.]siny+
-[ny®""—n.n—ı.n—2.y""°--n,.n—ı.n—2.n—3,n— 4. y7"5—,.]005y 3
‚ und von der Gleichung (B) ausgehend, geben diese Substitutionen:
Sy». co y—=[y"—n.n—r. y?? +n.n—ı.n— 2.n—3.y""+—.]cosy—
ee a in n—1.n—2.n—5.n—4.y"7° —Jsiny
und offenbar ist
24 N = d4.y
yP—n.n—ı.y”?-n.n-1n—-2n-3.y72+—,.= RE
4 y n 3.7 I, GatT ya
und
Rn Y e d.y® ve d’,y® d.X
any nn ın-2y" nn non5.0-4. a er A
III. Integration von w"ducos u”,
Ya den in der Trigonometrie bekannten Gleichungen, welche resp.
die graden und ungraden Potenzen vom Cosinus eines Bogens in Funktionen:
der ersten Potenzen der Cosinus dieser Bogen geben, zieht man für den Fall
dafs m eine positive und grade Zahl sei
16 Gruson von.der Integration
ı m: i m,m-ı
Ju*du cos U"=—— Yırda cosmu+ —/u"du cos(m-2)u+ „Ju"du Kai
£& 5 ı
m.m-ı. Imja, . -
EN FERE Fardn cos au l+ 2 Lehen u, ser;
1.2 zm-ı 2.4.6.. .(m4ı) .-
und, für den Fall wenn m eine positive ungrade Zahl ist,
ı ! m m,m-ı j
fe"du cos u"— zum fhrdu cosmu+ 7, u”du a re + ‚fu”ducos(m-4)+ .«.
= 9 i «2 n
m.m-ı 3(m45) m.m-ı Sn
——. nrduc co8szur ——.. u"du cos ab. .
> 1.2 mz ze a 1:2 —3(m-ı y ;
Wenn man in diesen zwei Gleichungen jedes Glied der zweiten Seite mit
der (n+ ı)ten Potenz des Coeffizienten von z unter dem Cosinus multipli-
cirt und dividirt, und beachtet, dafs allgemein
- aducosau—=d,sinau,
so wird, für den Fall, dafs m eine ee undgradeZahl ist, kommen,
(C) fu"du cos u" am a; Br ar eier Zen — ‚/f(m-2)u]"d. sin[m-aJult..
mm imio i ERBE DERLN,
sch a fan) u + re re
und für den Fall wenn m eine positive und Kg Zahlist,
(D)fu"ducosu ee = mad sinmu)4 Ar — /[(m-2)u]Pd,sinf(m-2)u] +...
AlLm-ı „„m+5) m.m-ı ° Z(my3)
1.2 ms) zn Wäsinlau): 1.2" 2m-2)
Aber die Werthe von allen Integralgliedern der zweiten Seiten dieser
Gleichungen (C) und (D) sind unter endlichen Formen gegeben, wenn man
in der Gleichung (A) nach und nach =mu, (m—o)u, .... macht; folg-
lich wird man auch die verlangten Integrale unter einer endlichen Form
haben.
u"d.sin .
IV. Integration von u®"dusin u”,
Aus den in der Trigonometrie bekannten Gleichungen, welche respec-
tive die Werthe von den graden und ungraden Potenzen vom Sinus eines ein-
fachen Bogen in Funktion der ersten Potenzen trigonometrischer Linien ge:
ben, es sei Sinus oder Cosinus der vielfachen vom einfachen Bogen, zieht
man, für den Fall dafs m eine positive und grade Zahlist,
einiger Winkel- Diferöntial: Functionen. 47
(E)fu”dusin u”= Ge $fardu cosmu- —furdu cos(m-2)n 4 furducos(m-4)u-..
ir 1. £
Zmm-ı 3myI mr ae
F—— 177 fräucosaul+l, 8 na
a zm-ı 2 4 "m "na
und für den Fall wom eine positive und ungrade Zahl ist
zn‘, m.m-
(F)/u®du sin u"= re en sin mu —, u"dusin(m-2)u+ > fu”dusin(m-4)z-..
. ı 2 ‚
m.m-ı 4m m.m-ı :(m £
+ vn 115) urdusingut-- rn . pausinu).
1.2 4m.3) 1.2 z(m-ı)
Multiplicirt und dividirt man jedes Integral-Glied der zweiten Seite von
diesen beiden Gleichungen mit der (n+ı)ten Potenz des Coeflizienten von
u unter dem Cosinus in der Gleichung (E) und unter Sinus in der Glei-
chung (F), indem man beachtet, dals allgemein aducosan=dsinau,
adusnau=—d.cosau, so wird man für den Fall, wenn m eine po-
sitive und grade Zahl ist, finden,
Fade sin u" = + —— Im ee me mA mu)rd. sin(mu)— pe [[(m-2)u]"d.sin[(m-2)u]
mm.
(6) HE am durd.sin mia)...
Mr _m.m-ı Zmy2 ı 2 114 m nt
N ... — nd. - _— uur;
an Seu) sin (au) +2 re
"wo die obern Zeichen genommen werden wenn m eine durch 4 theilbare
- Zahl ist und die untern: Zeichen im entgegengesetzten Falle.
Und für den Fall, dafs m eine EN und ungrade Zahl ist,
[{(m-z)u]”d. cos Km-2)u]
m—ı (m- sa „br
Ju" dusin u"— re —/mu)"d,cos(mu)
m. zur
(m) ae Yen ee —/[(m-4)u]”d. cos [(m-4)Ju]-..
—_m.m-ı 3(m45) 5 2 33) .
Bgm 4m-3) zu l5n) d. cos (u — Te d. cost;
die obern Zeichen müssen genommen: werden, wenm m—.ı ein Vielfaches
‚von 4 ist, und die untern Zeichen im entgegengesetzten. Falle..
48 Gruson von der Integration u. s. w.
Nun sind aber die Werthe Kr Integralglieder von der zweiten
- Seite der Gleichung (6) durch die ‘Gleichung (#) unter einer enälichen :
Form gegeben; und die der Integrations-Glieder in der Gleichung (H) sind
gleichfails unter einer ‚endlichen Form gegeben dusch die Gleichung (I);
folglich, welches auch immer die ganzen und positiven Werthe vom m und
nm sein mögen, s0 hat man genau, and unter einer endlichen Form, das ver-
langte Integral von u”du sin u”.
i ,
Nene
Neue und leichte Methode die Differentiale der Exponential.,
logarithmischen und Winkel-Funktionen zu finden.
=
v
Von Herrn Gruson *).
A.
=. . i
Sr Aufgabe.. Kine Funktion y=®Px zu finden, so dals
Auflösung. Es:sei
j y=A,tAıxt Ar HA; Rt + AH.
d E “ ’ E
soist ZA, t2Asxt 5A? +44 +. ram,
dx
d
Aus der Bedingung dafs — = y sein soll, folgt
AurA,xrA,x?4A,x? FIRE U VER oo BERRE VORN DA,X+ZA,X? 4.0.4 A,KemEy
Hieraus ergiebt sich
*) Vorgelesen den 15. November ı8a1.
WMathem. Klasse 19 — 1821,
...
>
A, =4 ’
HA
A, I,
2 2
A
A,=—-A,- —
3 2.3
1 A,
A,=-—A, =—2_ ‘
k 2.5.4
etc,
G
50 Gruson von der Methode
i > x3 >
Folglich y-=ı (1+= re). (1)
1.25
Bezeichnen wir die in den Klammern enthaltene Reihe mit u
so ist gast al ee (2)
A, ist von x unabhängig, also eine constante Grölse, deren Werth weiter
unten bestimmt werden soll.
Für x=ı widu=ıFtı +7 = + Ehe: (3)
also ebenfalls eine constante Gröfse, die wir in a Folge immer dire e be-
zeichnen wollen. Für x=ı istalso auch y=A,„,e eine constante Gröfse. -
ll. Aufgabe. Die mte Potenz von y zu finden, m mag eine posi-
tive, negative, ganze, gebrochene, irrationale.oder anna Zahl sein.
ee Es sei
=B,+Bıx+B,x? +B,x’+....
35
so ist my", —B; #2B,x+3B,x?+....
d
da nach der Bedingung = = y sein soll,
so ist ny"= ı F2B;,x+ 3B,;x?-+.....
aber my"”—=mB,tmB,x+mB,x’+mB,x’+...
Mithin
mB,tmB,x+mB,x’+mB,x°+...=B, +2B, x+3Bx+4B,x°+...
Hieraus ergiebt sich h
B,=mB,
er
B, =—.B=—B,
B re} au,
3 3 z u. )
etc- y
m? 13 4
Folglich y”= (tmx+ 4 le = ee (4)
1.2.3. 1.2.54 3
wo B, von x unabhängig, also eine constante Grölse ist, deren Werth wir
sogleich bestimmen. ;
Nämlich für m=o wird aus (4)
"y’=B,; folglich B,= Irre (6)
die Differentiale der Iranscendenten Funktionen zu finden. 51
A i
für m=ı ist y=B,.u weil nach (ı) u=ı +++ Peslie £
2.5
aber nach (2) ist auch y=A,u
folglich Au —B,.u .
Mithin A,=B,. Da nun nach (5) B,=ı
so ist auch ZSE
4 \
Es ist also yeitst nt, Eu 2 +..=u. (6)
2.28... 123.4
m’x3
und 4 he. (7)
Für ist Re (3)
folglich e=ı+m+— Hate me...)
Setzen wir in (8) m=x 50 ist auch
=y... (9)
m? x? b
und Tea Terme n +... ats... (10)
Aus e"=a folgt das für die Basis e, m="lga. Die Logarithmen für die
Basis e nennt man die natürlichen Logarithmen und schreibt
m=*ga=lgna... (ıı)
111. Aufgabe. Eine Exponential-Funktion z—a* zu differentiiren.
Auflösung. Nach (10) ig
=zi=
z= ı + mx+— TE 5 Kerr
.2
d.a* 3x2 m*x
m’3x3 mtx*
1 Be = 2 asp
folglich Se relerme m--m x+— gr + Far" er
2 3 3
le Bee —-+.. )
. 12 1235
d.a*
oder mar
folglich d.a<—=ma*dx...
und da nach (ıı) m=Igna u» .
so ist d.a*—=a*dx.lgna.... (12)
Ferner ist d.e“—e*dx, weil lne=r ist. .... (13).
52 F Gruson von der Methode
IV. Aufgabe. Eine logarithmische Funktion v="lgx zwdifferentiiren.
Auflösung, Aus v='lgx folgt, dafs
xy"
also .dx=a’dvligna ” Sr
d d 3
Hieraus äv— ti oder d. rer 2 . (14)
a’ se X Si x lgua
wo wie bekannt
der Modulus ist,
a
Wäre y=Ignx, so hätten wir,
x=e
d d
folglich dx = e’dv (13) demnach = oder d.lens=—... (15)
B.
V. Aufgabe, Es werden zwei Funktionen y—=fx und 20x
verlangt, die so von einander abhangen, dafs
« du
—_ un: ud
dx Nr Ak ir
. Auflösung. Die gesuchten Funktionen müssen. so beschaffen : sein ;
dafs die Summe ihrer N eine constante Grölse ist,
d. h. y„”+u?=(C.
ir 2 3 Im +’). - dy du
| Beweis. Es ist ET Mh
und da nach den Bedi dy gr ae
n et ey,
den Bedingungen Az u und -—
2 2
so ist ze) a?)
=eyu—2zuy=o.
Is 2y Y
Wir sind also bereohtiget
. y?+u?=r? zu setzen, wo 22 eine constante Grölse ist,
Aber die Funktion y+u?’—r? entspricht einem Kreis dessen Falbmesser +
ist, und in welchem y der Sinus und u der Cosinus eines Huneme KiSE,
Folglich haben wir y=sinx und u=cosx,
VI. Aufgabe. Die Winkel-Funktionen y=sinx und un=cosx zu
diflerentiiren,
die Differentiale der transcendenten Funktionen zu finden. 53
‘ vor d
f Auflösung. ı) Da nach der Bedingung = u,
so ist » { dy=udx,
d.h, d.sinx = cosx.dx. - ,
d
2) Da ferner auch =- y sein soll,
x
so. ist ar du=—ydx,
Sd.,h. d.c0ox = — sinx.dx.
VII, Au fgabe. Die Winkel-Funktionen sinx und cosx in Reihen,-
die nach wachsenden Potenzen von x fortschreiten, zu entwickeln,
Auflösung. Da aus der bekannten Natur der Funktion sinx folgt,
dafs für gleich grofse aber entgegengesetzte Bogen x, sie ebenfalls gleich
grofse aber entgegengesetzte Werthe haben muls, ‚aber für x=o ver-
schwindet, und dafs hingegen bei gleich grofsen entgegengesetzten Wer-
then die Funktion cos x immer gleich cos (—x) mit einerlei Zeichen
ist, aber für x==o constant wird, so ist hiermit die Annahme gerechtfer-
tigt, dafs“
sinx=A,x+4,x?+ A,x’-+.. M
und cosx—= B, + B,x? + B,x* + a5 (M)
Nun ist
d.sinx N
mA +3AaXr HAsxt 7a.
-d.cosx r
und. z =2B,x+4B,x? +6B;x°’-+...
demnach Cor — Ar t3Az3x” +54, x’+.,
d —sinx— 3 5 (N)
un > Br x3H6B,x’+..
Aus (M) und (N) ergiebt sich
A, +3A,x Fach sX*+... =B,+B,x?+B,x*t+...
und hieraus _
A,=B;
(P)
N
54 Gruson von der Methode die Differentiale etc.
Ferner aus - A, —A,x’—A,x’—... =aB,x+4B,x?+6B,x’-+...
folgt
B,; = Ke
1 2
"774 7.(0)
1
B; ng
etc.
Demnach aus (P) und (Q)
A,=B
ı A
A, =- Bo.
5 2.3
ı A. A
5 4-5 2.5.45
etc. ?
x? x
lich inx=A,| x—— ai
Folglic 2 A ( 2.3 7 2.5.45 F )
2 x+
und or=4,(1- 4 +...)
2 2.3.4
Für x=o verschwindet sinx und coso wird =A..
Da nun im Allgemeinen sinx’-+ cosx?—=r?
und wenn x—=o alsdann sin o? + coso?—= r?
d.h. in diesem Fall cos 0? —=r? oder cos 0’ =r ist,
so mufs folglich A, =r sein, 5
d.h. A, mufs im Mkenieinen gleich dem Halbmesser des Kreises sein zu
welchem der Bogen x gehört:
Diesen Halbmesser darf man gleich ı annehmen, dann haben wir
Er = ®
sın X x ee — = PR,
2.3 2.5.45
x« x*+
und cox=1 —— —..
2 2.3.4
Meiner Einsicht nach ist die hier gewiesene Behandlung der transcen-
ten Funktionen jedem mir bekannten sonstigen Verfahren bei weitem vor-
zuziehen,
DEE
Ueber die Entwickelung der Functionen zweier Winkel u und
u, in Reihen welche nach den Cosinussen und Sinussen
der Vielfachen von u und u‘ fortgehen.
Von Herrn F. W. Besser. ”.
D. allgemeine Methode Functionen von u in Reihen zu entwickeln,
welche nach den Cosinussen und Sinussen der Vielfachen von u fortgehen,
führt, wie ich in der, der Akademie der „Wissenschaften am 2. July 1818 vor-
gelegten Abhandlung bemerkt habe, zu einer Auflösung wichtiger astronomi-
scher Aufgaben: ich führe dieses gegenwärtig weiter aus, indem ich die An-
wendung dieser Methode auf zwer veränderliche Winkel u und u’ zeige.
Wenn man die Function durch
® (u,u)
bezeichnet, und ihre Eutwickelahg nach den Cosinussen und Sinussen von
u, durch
E85 B. c (w)cos u+ cu) cos2u + etc.
+ s (W)sinu + sim) sin2w- etc.
° ı z I 2
so werden c(u‘),'c(w), c(u)). .... s(w), s(w), .... Functionen von u’ sein,
welche man durch folgende, von u=o bs u=ı7r genommene, u als un-
veränderlich voraussetzende Integrale erhält:
») Vorgelesen den ar. Juni 1821.
56 | Bessel 34 3
ca) u SO (a,u') du
eW=— Pau) cosu.du
re — Sau) cos2u.du
etc. ete.
s(u) — = /P uu) sin u.du
2 2% -
s(w) = Zeh (u‚wW)sinzu.du”
etc. eic, At
jede dieser Funktionen kann in eine Reihe entwickelt werden, welche
nach den Cosinussen und Sinussen von u fortschreitet, und welche man Be-
‚quem und deutlich folgendermafsen bezeichnen kann:
Na! (ce) cosu "£(ce)coseu‘ + etc.
+(cs)aiow' Elclein: Su + eto. .
: (u‘) ER e) 3X, c) coswW-+ (& &) coseW tet
u) sinwW + Ge) sin au + etc.
Die Coelficienten dieser Reihen finden sich durch folgende, von Wo bis
vW=27 genemmene en
(ex = few) du
r ‘
hi — —/e@) cos u du
i 2
(ce = fewwjonau. Au
etc.
er) = few)sin Wdu
{2
- 2 ’ £ _ .
(c )= —_ fe(w‘) sinau,du’
m ı
etc,
über die Entwickelung der Functioner zweier Winkel. 57
Gd)= fs (u) du’
(= Ip (a) cos WA
" = I [si oosau.du, NDR
etc.
re rs (u) sinu’dw
fü? TEE REN
entre de .
ZN
. etc.
und damit nimmt die Function die Form: '
R j Ko su'-rlee) coseu’+ etc,
: un ; YE „ , ee: ,
+ es) sinw+ cs Jsin zu + etc.
(s e) _ (s e) cosw +(s c) cosau + etc.
i2 ; iz, 3
+(s s)sinu +(s s)sin gu + etc.
an, wo dasS Summenzeichen sich auf alle ganze Foptya i, 0 mit eingeschlos-
>>
+ ai)
sen, erstreckt.
Wenn man die hier vorkommenden bestimmten Integrale durch end-
liche Ausdrücke erhalten kann, so hat man die Anw endung dieser Meihode
keine -Schwierigkeit. Allein wenn dieses auch nicht der Fall ist, so kann
man doch jedesmal durch die Methode, welche ich in der Einleitung der
I. Abtheilung der Königsberger Beobachtungen gegeben habe, den Ersatz der
fehlenden Integrale erlangen. Kann man die Integrale in Beziehung auf u in
endlicher Form finden, so kennt man dadurch, entweder unbestimmt für'
jedes u, oder in Zahlen ausgedrückt, für jeden beliebigen Werth desselben,
die Reihe der Functionen
Or z Ba 145
wit c(u), c(u), c(u), etc,
ı [4 2 r
s(u), s(uw), etc.
man kann daher den er jeder derselben, z.B. c (u), für
Mathem, Klasse ıg0— ı221. H
58 Wi; Bessel
z
berechnen, und dadurch n Werthe von: c(u‘), nämlich
- L® . 27 ze: 27
e(0); e| —); ct 2,— )........ cl n—ı.—
n : i n
-finden; wodurch man AT + y
Ge +..=-2c A
(ec)+ (ee aloe) +. „3 (m) cos (m =
CHE HEN) +... se Ds
=
( DaCac dr. en us ein (m. 2?
(es)+les )+(lcs) +... =: :(m. —) sin a en
etc. etc.
wo: das Summenzeichen sich auf alle Werthe- von: m, von o; bis (n—ı) incl,
erstreckt. Wenm daher die Reihe für eu) convergirt, und n gro[s genug
angenommen: wird um (c c) und die folgenden: Glieder vernachläßsigen zu |
können,, so: gebe die. eben: angedeutete Rechnung alle Coefficienten der Reihe
ko e) bis cc ) incl. — Wie grofs n: angenommen: werden: mufs um eine
Dose Genauigkeit zu erreichen, wird in: vielen Fällen durch La-
placens: Methode, Integrale zu finden, welche sehr grofse Zahlen enthal-
ten, geschätzt: werden können; in: verwickelteren: Fällen: aber: wird man die
Rechnung, so anordnen: können, dafs: man n successive — 2,4, 8,.16..... oder
=3,6, 12,24 „. . setzt, wodurch: man: jede beliebige Genauigkeit, und über-
dies: noch: eine- Prüfung. der Rechnung erhält; die letzte: dadurch,. dafs die
höheren: Coefficienten unmerklich: werden: müssen.
Kann: dagegen: keine der beiden: Integrationem im endlicher Form er-
langt werden,, so: sind! selbst die Functionen:
afn' 9 cu $N eu‘ ), etc..
(u), sa’; etc..
über die Entwickelung der F: unctionen zweier Winkel. 59
unbekannt, und man muls auch diese durch die eben angewandte Methode
bestimmen. Man berechnet nämlich die Zahlenwerthe von
® (0,0); (>) 2 (no); ee ER (re)
und darape die ra Alk von
„tE 2
e(0); c(0)5 <(0); eo. .... (0); so); Bio. s.n5
age so, aus den Reihen
o(); e(F 9 e(&, =); TWIN nt
AI N et
2 .
.
on- az on-2 : 4 en-2 \ \ = I an-2
(or); ee REES ER Tune)
die Zahlwerthe von
(HEHE DE) en
= DE Ro) = =; HOROE
sende
& fon-2 ı fon-2 2n-2 2n-2 2n-2
o| —-7.); c| —-7); c ——7 ); etc. ss ; s ; etc,
n n n
woraus dann wiederum die einzelnen Coefficienten al a
_ Die wichtigste Anwendung dieser Methode, die Function ® (u, u) zu
entwickeln, betrifft ohne Zweifel das grolse Problem der Störungen der Him-
melskörper. Wenn die störenden Kräfte, nach drei aufeinander senkrechten
Richtungen, durch A, B, C bezeichnet werden, so erhält der nal
_ quotient eines Elements p die Form
a
Pur +og+eon
wo P, Q, R bekanntlich vom gestörten Planeten abhängen; es kommt daher
auf die Entwickelung von A, B, C an, und diese kann man nach der aus.
einandergesetzten Methode erhalten; man | mag unter u und u die mittle-
Ho
eh
Go "Biessel über die Entwichelung der Funetionen u.s.w.
ren, die excentrischen, oder die wahren Anomalien verstehen. Nach der
schönen Entdeckung welche Gaufs am ı7. Januar ı818 der Königl. Socie-
tät von Göttingen mitgetheilt hat, können die Differentiale y
; Adu; Bd u; ; cCdu
von no bis u=27 endlich integrirt werden, und die Verbindung die-
ser Untersuchung mit den von Legendre über die elliptischen Transcen-
denten angestellten, giebt allgemein die Integration von
Acosiu.du; Bcosiu. du; Ccosiu.du &
. wodurth also die: Functionen
e
ed); & lu); & (a); etc, Des} 4
im Zahlenwerthen, für jedes beliebige w, bekannt werden. Ohne diese In-
tegration würde man auch diese auf die oben angezeigte Weise bestimmen
müssen, welches immer geschehen muls, wenn man: durch wiederholte An-
näherungen aueh die höheren Potenzen der störenden Kräfte berücksichti- .
gen will. Eine weitere Verfolgung dieser Anwendung würde aber j jetzt, wo
wir Hoffnung haben, die von Gaufs über die Störungen der Pallas ange-
stellten Untersuchungen bald kennen zu lernen, unzeitig sein,
Par lei! BF |
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zu An: Trattes Attundt: a
ueber che ninyföinige Airnenfünsterüge.
niulhematiche Flasıe IP 20-2/.
Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternils, den 7ten
September 1820, zu Cuxhaven.
Von Herm Traırıes *).
ee
D: für einen begränzten Theil der Erdoberfläche wie Deutschland sel-
tene Erscheinung einer ringförmigen Sonnenfinsternifs mulste bei dem so
zegen als glücklichem Eifer für die Astronomie die Aufmerksamkeit so wohl
derer, die für ihre Erweiterung arbeiten, als auch der wissenschaftlich Ge-
bildeten überhaupt, auf sich ziehen. Ein Engländer hat das Verdienst, durch
eine besonders verbreitete, in seiner Sprache abgefalsten Schrift zur Beob-
achtung dieser Erscheinung aufgefordert, und manches sie betreffende L.ehr-
reiche und Geschichtliche aus den früher 1748: und 64 beobachteten in der-
selben wieder in Erinnerung gebracht zu haben. Mehrere Schriften sind
in Deutschland und: benachbarten’ Ländern, die dies Phänomen erwarteten,
erschienen, unter welchen sich einige durch Schärfe der Berechnung, und
Eigenthümlichkeiten. der Methoden auszeichnen, Es war zu hoffen, dafs
in der günstigen Jahreszeit, in welcher es sich ereignen sollte, viele Beob-
achtungen und an vielen Orten glücken würden. Abgesehen von. physischen
und eigenthümlich astrenomischen Beobachtungen, konnte es allein der
Geographie wegen merkwürdig genug gehalten werden. Gewöhnliche Son-
nenfinsternisse sind so wohl dem Anfange als Ende nach schwer, wenn
. micht unmöglich, genau zu: beobachten, und nur an wenigen Orten können
die Beobachtungen dieser Phasen, durch“ mikrometrische .berichtiget und
”) Vorgelesen den 5, Februar 1821:
" _ chem aus .das Phänomen sichtbar sein möchte, wenn es öffentlichen oder
62 Träliez,
vergewissert werden. Die totalen und ringförmigen Sonnenfinsternisse ge-
ben hingegen zwei Momente mehr mit denen einer Sternbedeckung vom
Monde von gleichem Werthe, und man kann sicher sein, da diese Phäno-
mene alle Augen auf sich ziehen und so leicht scharf beobachtet werden
können, dafs zu irgend einer Beobachtung correspondirende nicht fehlen, -
wo bewölkter Himmel .s nicht verhindert. Da für Berlin selbst der sich
in nicht sehr entfernten Orten ereignende Durchgang des Mondes durch
die Sonnenscheibe nicht statt fand, so beschlofs die Akademie, die Beobach-
tung ‚desselben an einem vortheilhaft gelegenen anstellen zu lassen, wo ohne
ein besonders wissenschaftliches Interesse kein Beobachter sich finden dürfte,
und so auch .ein verschiedener Standpunkt noch gewonnen würde, von wel-
Privat-Sternwarten durch ungünstige Wölkung sich entzöge.
Deutschlands nördlichste Meerbegrenzung um die Gegend der Elb-
mündung wurde in mehreren Rücksichten entsprechend befunden. Allein
die Zeit der bevorstehenden Beobachtungen war zu nahe gekommen, um
auf bequeme Weise zusammengesetztere Instrumente noch dorthin zu schaf-
fen, und so wurde an Instrumenten mitgenommen, was zu einer etwas
schnellen Reise sich ‚eignete, und hinlänglich für die wesentliche Beobach-
tung selbst sein konnte.
Am sten September erreichte ich Cuxhaven; hier glaubte ich es
zweckmälsig für die Beobachtung einen sichern Standpunkt zu fassen,
und alles darauf hin zu richten, .dafs sie hier doch nicht unterbliebe, wenn
. ich etwa auf der Insel Neuwerk oder vielleicht auf Helgoland sie anzustel-
len bequeme Gelegenheit finden sollte. Zu diesem Ende hatte ich in Ham-
burg gesucht, noch einen tragbaren Chronometer neben meiner Pendeluhr zu
erhalten, da die zuvor in meinen Händen befindlichen vom Künstler nicht.
zurückgesandt worden waren. Herr Repsold, als ausgezeichneter Künst-
ler für astronomische Instrumente bekannt, hatte die Gefälligkeit mir sei-
nen Arnoldschen :Chronometer zu meinem Zwecke anzuvertrauen, mit wel-
chem ich die in Cuxhaven durch mehrere Tage genauer bestimmte Zeit auf
einen andern nicht zu sehr entfernten Punkt zu übertragen beabsichtigte,
um unabhängig von der zu beobachtenden Finsternifs des Längenunterschie-
des mit Cuxhaven gewils zwsein, und für jene eine zweifache Bestimmung. .
zu erhalten, oder die einzelne mit etwas mehr Wahrscheinlichkeit.
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820. 65
Gleich. nach meiner Ankunft in, Cuxhaven: suchte: ich: die dort vom
Hamburg, aus vorgesetzte Magistratsperson, Herrn Senator Abendroth,
mit dem Zweck meines Aufenthalts bekannt zu machen, welchem durch
gefällige Theilnahme seiner wissenschaftliche Resultate und nützliche Unter-
nehmungen zu fördern gewohnten Thätigkeit vollkommenere Erreichung
gesichert wurde. Ein für Beobachtungen bequemes Local suchte ich am Ha-
fen und im der Nähe des Leuchttkurms. Dieses zu finden würde noch
schwieriger gewesen sein wenn nicht wegen schon vorgerückter Jahreszeit
von den das dort so vortheilhaft als bequem, nach Lichtenbergs: veranlas-
sendem Gedanken, unter dem Amtsvorstande des Hrn. Senators Abendroth,
angelegte Seebad im Sommer zahlreich Besuchenden. nur noch wenige sich
aufgehalten hätten. Es gelang zwar einen nach den zu umfassenden Him-
melsgegenden freien Wohnort zu finden, doch nicht dem Leuchtthurm so
nahe als ich wünschte. Den Thurm selbst zu benutzem war mir bereitwil-
ligst erlaubt, auch hatte der Kommandeur des Hafens, Herr Janssen, die
Gefälligkeit mich in denselben: zu führen, allein sein innerer Bau. hinderte
in demselben: vom Instrumenten Gebrauch zu machen. Dies liefs auch be-
fürchten auf der kleinen Insel Neuwerk, wo: aulser zweien Leuchthürmen
nur noch kleine Wohnungen für die Hüter sich finden, wegen einer Beob-
achtungsstelle in Verlegenheit zu gerathen. Diesen, sonst der centralen Ver-
-finsterungslinie näher als Cuxhaven und etwa zwei Meilen: westlicher gele-
- genen Punkt vorher zw untersuchen, fehlte es an Zeit, weil kein Tag den
Beobachtungen entzogen: werden konnte. Da man aber nach: dieser, obwohl
im Meere und mehr als eine deutsche Meile vom nächstem Ufer gelegenen
Insel am sichersten zu Wagen fährt, so ist man: genöthiget,, während einer
vollen Fluthperiode, vom: Wasser rings umgeben dort zu bleiben, wenn man
die"Rückreise nach dem Lande nicht zeitig genug antritt,. um auf derselben
von: der nacheilenden: Fluth' nicht ergriffen zu werden. Mehrere Gründe
bestimmten mich dann auch die Beobachtung auf Cuxhaven zu beschränken
und das gute Gelingen einer einzigen: lieber dem Zufalle der Witterung allein
- zw überlassen, als doch ungewifs minder zuverläfsige Resultate zu erhalten.
Der 5te September war ein: regnichter Tag, und konnte nur zw er-
forderlicher Einrichtung und Bereitsetzung; der Instrumente benutzt wer-
' den.. ‚Ich hatte den Verdrufs das Durchgangsfernrohr in unbrauchbarem
E E Zustöndei zu finden, welches nebem dem gewöhnlichen Gebrauch für die
© Zeitbestimmung auch die Breite des Beobachtimgsortes mit Zuverlässigkeit
6% NR ne |
zu ‚geben: eingerichtet war, Ein Paar Spiegelsextanten von Troughton,
welchre ich mit mir hatte, mufsten nun allein dienen und auch jenes Instru-
ment so gut als möglich ersetzen, Der «ine Sextant von 5 Zoll Radius,
sehr solid und gut gearbeitet, wurde als der vorzüglichere benutzt. Die
schöne Eintheilung auf Silber geht durch den Vernier von 10 zu 10 Sekun-
den, und man schätzt noch bei vortheilhafter Beleuchtung 'vermittelst eines
&oppelten bedeutend vergröfsernden Augenglases innerhalb der Angabe des
Vernier. Das Fernrohr vergröfsert etwa ı5 mal: Zu diesem in der Hand-
habung überdem bequemen Instrument hegte ich Vertrauen, da es eim-
mal eine Probe gut bestanden, obwohl ermstlich gebraucht zu werden sich
nicht Gelegenheit dargeboten hatte, Nebst diesem Instrument hatte ich den
zugehörigen ‘Glashorizont und dessen Niveau bei mir. Die Glasplatte hatte
‘ich zu untersuchen Verznlassung gehabt und gegen den Rand erhaben ge-
funden, allein da sie von bedeutendem Durchmesser ist, so ist-auch der Feh- _
ler so wohl leichter zu entdecken als unschädlicher zu machen. Die Pendel-
uhr, hat einen sehr lang erprobten guten Gang, erfordert aber eine genaue
und sichere Aufstellung. Jene suchte ich so gut als es in kurzer Zeit mög-
lich ist zu erhalten. Es pflegt sich aber erst nach einiger Zeit zu ergeben,
ob die Stellung gut getroffen ist, wenn die Oscillationen des Pendels nur
allein durch die Maschine geregelt sind. Das erstemal, nachdem sie in Gang "
gesetzt worden war, stand sie einige Stunden nachher stille: Eine neue Aen-
derung ihrer Lage gerieth besser, obwohl, wie ich später hörte, nicht zu
meiner vo!lkommenen Befriedigung; da ich jedoch keine Zeit im Erproben
verlieren und die Uhr ihren eigenen Gang annehmen lassen wollte, so liefs
ich es bei der gegebenen Stellung bewenden, als ich sicher zu sein glaubte,
sie würde in derselben ihren Gang ununterbrochen fortsetzen. Die Uner-
schütterlichkeit der Wand, an welche ich sie zu hängen durch die Lökali-'
tät genöthigt war, liefs-leider viel befürchten, da sie nur schwach und über-
dem eine Zimmerthür hatte, deren Gebrauch nicht unterbieiben, allein der
Uhr empfindlich werden konnte. Da der Linse an äer Pendelstange erst ihre
gehörige Stelle zu geben war, um nicht einen zu sehr von mittler Zeit
abweichenden Gang anzunehmen, so ward dies während den Versuchen
ihres Stellens durch Vergleichung mit dem Chronometer berücksichtiget,
Ich war daher veranlafst, sorgfältig die Uhr. mit dem Chronometer in Ver-
gleichung zu halten, damit durch einen widrigen Zufall die Reihe.der an-
-ustellenden Beobachtungen keine Unterbrechung erleiden möchte,
Beob-
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s um 7.Sept. 1820. 65
I.
Beobachtungen für die Zeitbestimmung,.
n
} Cuxhaven, den 4len September 1820.
Beobachtete Sonnenhöhen zur Zeitbestimmung.
- Anzeigen |
dea Sextanten und des Chronometers.
Mittel
| Vormittags. | Nachmittags.
75° 7 20" M| x“ zm 4ı° 1m gr 37° xım ga 59%0
Bi 6.83 2. 385 35,7
WVl.ıseoerealeegotrere.
"8° 28 zoMm|X. =. 55 37,3
78. 28. 45N 1.2.9050 708
m8. 48. 10N|X. 25 ee er Te, 41,0
3 78. 5.50 WIR Sm Zi En. 48 4 40,5
80.1.5657. A5 MIX. 389°" 29 | son r eo.
80. 135. HS WIX. Ar 4 |IL 27. aıt (31 *)
} 4 81. 54» 25 (m) I 46. 375
Ol— 50%. 46
81. 54. 4uUlX 55 ı7
81. 54. 35 MN L: 202. 42 40,6
(6) — 538. -20tt (3444)
1@] — 1% 13 44,5
Mittel der beobachteten Zeiten des Chronometers XII. 4. z9,8
Unterschied vom wahren Mittage . .. . +13,
Zeit des Chronometers im wahren Mittage . |XIL 4. 57,5
Mittlere Zeit im wahren Mittagge . . . . -|XI. 58, 50,85
Der Chronometer zeigt zuviel . . . ... 6. mo
Zu bemerken ist, dafs, wenn in einer Zeitkolumne Vor- oder Nach-
mittags keine Punkte stehen, die Sextantenangabe in der ersten nur für die
andere allein statt gefunden hat. Die Mittelzahlen für den unverbesserten
'_ Mittag sind aus den nächst gleichen Vor- und Nachmittagshöhen gezogen,
wo die Ablesungen der Anzeige des Sextanten nicht völlig übereinstimmten,
welches theils von einer nicht nicht ganz genau getroffenen Stellung-des Ver.
Mathom, Zlasıe 2020 — 1081. I
66 Trattes EEE NET TOR e
nier auf den. vormittäglichen Punkt der Eintheilung herrühren, und da we-
gen: den Wolken: manche Beobachtung gestöhrt wurde, so'war nur-zuwsuchen
keine brauchbare. zu verlieren..
Die Bezeichnung - der Heilen Sonnenränder: erklärt sich von _
selbst.. Wo: das Sonhenzeichen: steht,, ist das’ gleichzeitige: Zusammenfällen
beider Ränder zu: verstehen: oder die Deckung beider: Bilder, "welches: doch:
nicht mit derselben: Schärfe wie die Berührungen der entgegengesetzt ge-
krümmten beobachtet werden kann. Wo: die beiden Zeichen + und — bei-
sammen: nach: einer Angabe folgen, war die Beobachtung unsicher, also‘ auch
nicht im: Resultat aufzunehmen,. von: welchem: auch: eine aus der Bilder-
deckung folgende: billig. ausgeschlossen worden.. Da: diese Beobachtungen
schon: dem Mittag ziemlich: nahe liegen, so: läfst sich: wohl nicht viel mehr
Genauigkeit erwarten als: sie zeigen..
Gegen: Abend: konnten noch einige Höhen genommeır werden. Diese
wurden: bestimmt,. mit am folgenden. Morgen “entsprechend zu nehmenden,
‚die Zeit der Mitternacht am: Chronometer- zu: geben.
Den sten und’ Sten. September:.
Beobachtete Sonnenhöhen zur ZeirDEHEIANIRBER,
Anzeigem
des: Sextanten und des Chronometers.
i Mittel.
|Den 4. Sept: Abends. [Den 5. Sept. Morgens, S t
57 46 zo'Ww|IV® 35% 14|VUN. 37% 43° bot 5 0855
36. 1. 15 W|IV. 39. 28 : 30,0.
36. 1. 1200| VI. 31. 38
She. 2% 25 UlIV.- 45 0|
54. 22. z0 U| VI 25 47 | (23;4)
Ba 90 DH TS LVe AB UA alien eiterae
32. 57. som|IV. 55. 44 |
Rn 5 Mm. vo. "1m. .9
Viren uenne 20. 485!
3% 58... oM|IV. 67. * 2 |VIE .ı3. 56,5]
Mittel der beobachteten Zeiten . . »- . .
Unterschied von Mitternacht . - » . =» »
\ Zeitanzeige des Chronometers Mitternachts vom: |
ee War DR Be Gr
Mittlere Zeit za Mitternacht - „ . „0 »
Chronometer zeigt zuviel - - =... .
von der ringförmigenSounenfinsterni/sam 7.Sept. 1820. 67
Die Bewölkung am Abend des 4. Septembers mag vielleicht Schuld
sein, dals die Beobachtung für 34° 22’ 25” mit der für 34° 22°z0” am folgen-
den Morgen ein zu sehr von (den übrigen verschiedenes Resultat gegeben hat,
um es nicht von :den ‘übrigen auszuschlielsen.
‚diese Beobachtungen näher zu benutzen, so wäre es vortheilhafter, den Gang
‚der Uhr nach (den einzelnen Höhen-Beobachtungen zu berechnen, weil es
sich nachher ‘ergeben hat, dafs der Chronometer keinen vollkommen gleich-
Jörmigen Gang hat. Die Beobachtungen am sten September Vormittags wur-
‚den dann fortgesetzt, um am Nachmittag die zugehörigen zu erhalten,
des
49.
49.
'49.
51.
54-
Den 5ten September.
N Sonnenhöhen zur Zeitbestimmung.
Anzeigen
Soxtahten und des Chronometers. Mitte,
aGIe Nachmittags.
] |
Bao Lv 19°
vl En 56,5
57. o M|VIL ı7. 9
ER 20, 48,5
22.50 I 25. 47
1:(<10 ‚WI VIE: .31-,,31;8
46. 30. WIVIL. 37.43
27. 20 MIVIL. 47. 8
UV 50. 47
59. 5o M|VIL. 56. 8 |IVY ı10® 28 |gım 4° 18%
vVIE © 6 8 38 22,0
9 15 MNI!VI Bi 5 rn ie ar
(5) 7 456 |V. 0. 45 (15,5)
9. 40 MN|VII. 15. _ 0 19,1
19. go. m TRETEN
g. 40 18. 55
50. 35MNIVIL 25. © [II 41. 38 20,0
© REN
vi 28. 59 ° ı 39: 58 18,5
20. 12,5M1VIIl, 34. 32 r
1 56. 56 ,
vi ‚38. 39
21. 50 Mm IM. 34. 5 21,6
20 ı2 O| 32. 5 20,5
Mittel beobachteter Zeiten. - » » . . [Xu 4 200
Unterschied vom Mittage . » » » . » +22,0 »
‘Zeit des Chronometers im wahren Mittage |XI, 4. 44,0
‚Mittlere Zeit im wahren Mittage . . . |XI. 58. 310
Der Chronometer zeigt zu viel . . . . 6. 1350
E: x Ile
Käme -es indessen darauf an,
68 ERWEITERN I
Fortsetzung der Beobachtungen am Sten September,
Anzeigen
des Sextanten und des Chronometers. Er
j | Vormittags. | Nachmittags. '
65° 17 55'nlıx® 19" Tl Ag" A6r5|XI 2m 2667
vv 9%. 88 45. ı0 24,0
6. 35%. 5N IX, 29: 10 -
vu) RE 2 j
6 on I. 40. 235 24,7
v BE 1 Fe 2; 26,5
Mittel beobachteter Zeiten « » » .. |XL 4 955
Unterschied vom Mittage « « « . .. + 19,7
Zeit des Chronometers im wahren Mittage |XH. 4. 45,2
Mittlere Zeit im wahren Mittage . . „. |XL. 58 310
Der Chronometer zeigt zuviel. ». 0. | 6, 142,
Dafs in dem ersten Theil dieser Beobachtungen halbe Sekunden bei
der Sextantenangabe vorkommen, rührt daher, dafs die beiden Enden des
Verniers an den übervollzähligen Versicherungstheilstrichen abgelesen sind
und aus ‘beiden das Mittel angesetzt ist. In der letzten war durch *in
Versehen Nachmittags der Index des Sextanten um eine Abtheilung irrig ge-
setzt, das Mittel aber dem gemäfs genommen. Zugleich ersieht man, dafs
Beobachtungen unter sonst ähnlichen Umständen wie diese, innerhalb drei
Stunden vom Mittage leicht einen Fehler von einer halben Zeitsekunde we-
nigstens übrig lassen, wenn sie nicht zahlreich genug sind. Zwischen den
letzten vier Beobachtungen und den vorhergehenden findet noch die Ver-
schiedenheit einer Zeitsekunde statt. Das wahre Resultat mag zwischen bei-
den doch dem der ersten Reihe näher liegen, und also 6’ ı3",5 als Vorei-
lung der Uhr angenommen werden. e
Da die zwischen den Beobachtungen stets erforderlichen Prüfungen
der Stellung des Horizontglases Zeit erfordert, und auf der andern Seite
geeilt wird um keine Beobachtuug zu verlieren, so dachte ich auf Mittel,
diesem zum Theil abzuhelfen. $o viele Mühe auch angewandt wurde, die
Libelle selbst zu berichtigen und in diesem Zustande zu erhalten, so schien
sie doch selbst oft von einer Beobachtung zur andern. einer Verbesse-
sung zubedürfen. Die Libelle hat eine hölzerne Fassung, allein wahr-
.
e
von der ringförmigen Sonnenfinsternifs am7.Sept.ı820. 69
scheinlich gewinnt man bei dieser der Aenderung metallischer Ausdeh-
nung halber getroffenen Wahl gar nichts. Die Sonne wirkt auf die höl-
zerne Fassung ungleichförmig, besonders dann, wenn sie, wie es oft derFall
bei diesen Beobachtungen war, bald lebhaft, bald sehr matt durch Wolken
auf dieLibelle scheint, während diese die Berichtigung selbst empfängt und
der Glasplatte ‚giebt, Ich glaubte bei der wahrgenommenen Unstätigkeit
des Horizonts und der Libelle mehr noch als blofs an Zeit für eine grö-
fsere Zahl von Beobachtungen zu gewinnen, wenn ich diese so gut als mög-
lich einmal berichtigte, dann aber sich selbst überlie[s und nur daraufach-
tete, dafs sie einmal ums andere in entgegengesetzter Richtung gegen die
Sonne gewandt auf die Glasplatte gestellt wurde, Es würde also in der
Folge für den einen Sonnenrand die Platte vermittelst der Libelle in einem,
und im entgegengesetzten Sinne aufgestellt, für den andern Rand nivellirt,
unterdessen die Alhidade des Sextanten gewöhnlich ungeändert blieb. Die
“ Buchstaben a und b zeigen daher in-der Folge entgegengesetzte Lagen der
Libelle an, Bei den Nachmittagsbeobachtungen ist dieselbe Lage für den-
elben Rand genommen. Allein es ist klar, dafs nur zwei verbundene Beob-
&htungen als eine zu ‘betrachten sind. Wenn daher auch zu einer Beob-
shtung a Vormittags und einer gleich bezeichneten Nachmittags das Mit-
td-für den uncorrigirten Mittag gesetzt ist, so kann es doch in der That
ntht als ein solches genau gültig sein, weil man nicht sicher ist, dafs der
Zutand der Libelle in gleichgezeichneter Lage Vor- und Nachmittags der-
sehe ist, Es muls also ein nächstes mit dem andern Buchstaben bezeichnetes
hinzukommen, um das Mittel beider als das währe zu erhalten, Man kann
keilich das Resultat von einem vollständigem Paare zugeordneter Beobachtun-
jen auf einer Seite des Meridians, welchem die eine für die andere Seite fehlt,
adurch als verloren betrachten. Da man indessen doch die Libelle einmal
brichtiget hat, so hat man nur die Abweichung von der gegebenen Stel-
ling zu befürchten, und kann man die unvollständigen Mittel- Resultate mit
“ wlliständig, bald vor- und nachher erhaltenen vergleichen, so werden jene
&ch auch nach Maalsgabe ihrer Sicherheit mit in Rechnung gezogen wer-
&n dürfen, Es ist unnöthig zu erinnern, dafs die Platte auch rechtwink-
Icht auf das Azimuth der Sonne im horizontalen Stande erhalten wurde.
2 x - \#
70 ae a ei al ur
N Den 6ten ‘Septemiber. \
‘Sonnenhöhen zur Zeitbesummung.
Anzeigen
‚des Sextanten und des Chronometds Mittel
| Vormittags. | Nachmittags. {
58° 14 se',sM|VIuN Hat 19°
a.
b. W 56. 38 Sr
2.60. 32. 30 mn NR. 1. 59 ARIFAHE
ur (@) 6. 7 s eur
2.62. ‚50. 5 MI ER. 21.7. 36 ie
b. re Hs 56 Re ;
a.65. 0. ı8 MI TX. 20. 4° RE te
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a. 67. 16, 28 M| IX 30% 53 7° 25° |KIM zu 95,0
b. vu 35 54 32.28 11,0
2.69. 29: 5 MIR. 4u 5 26. 58. in5
L @) 46. 43 | 21, 41 12,0
‘Mittel beobachteter Zeiten . . » . „ |XIL 4. 10,6
x Unterschied vom Mittage » . “ »_. »- + 19,6
Zeit des Chronometers im wahren Mittage XL. 4302
Mittlere Zeit im wahren Mittage ED REST
Der Chronometer zeigt zu viel, . x { 6. 19
Fortsetzung .der Beöbachtungen.,
@. 76. 45. 10
n| X zo. gı Er 477 BOHREN En
b. v 27. 18 AL. 1% 15,5
a. 78. 28. 5o M| X. ‚50% 351.
b. 77. 4: 0 WIX 3 Mil u 4 12,0
a. 79. 19. 20 M| X. 37. 26 .
b.78 45 5 W|X 4. 5
Aus den beiden ersten Beobachtungen
j Mittel beobachteter Zeiten . rn
Unterschied vom wahren Mittage .
Zeit des Chronometers im wahren Mittage \
Mittlere Zeit im wahren Mittage . . »
Der Chronometer zeigt zu viel .
+
. . ”
von der ringförmigen Sornenfinsterni/s am 7.Sept..1820.. 71
’ Man könnte: zwar auch die erste dieser drei Beobachtungen mit der
letzten verbinden als entgegengesetzte Lagen- der Libelle angehörig, und er-
‚hielte dann für die Voreilung des Chronsmeters 6’ 20',1ı und mülste nun aus
‚ dieser mit der vorigen Verbindung das: Mittel nehmen, wodurch dann: das.
Resultat dieser drei Beobachtungen: dafür 6’ 21”,0 ergäbe..
Da aber die erste nachmittägliche Beobachtung auch die erste war,
welche die Wolken gestatteten, so ist es bedenklich ihr mit der folgenden
gleiche Sicherheit zuzuschreiben, da die nächste wieder ao die dann; fol-
genden aber keine Hinderung hatten:
Wenn nun n gleich diese Ietztern Beobachtungen dem Mittage zu nahe
liegen, als dafs man von denselben ein sehr zuverlässiges Resultat erwarten
darf; so ist doch ihre Zusammenstimmung in der Abweichung vom Mittel
der vom: Meridian entfernteren geeignet, jene näher zu berücksichtigen, da
der Unterschied fast 2 Sekunden zum mindesten beträgt, und 2",7 sein kann.
Nimmt man die vom Mittage ferneren: beiden Paare einzeln, so ist die Vor-
eilung, des Chronometers::
nach dem einen Paare —= 6’ 19,0 =
nach dem andern... = 6. 20,0.
Da nun dieses Ietztere von den übrigen noch übertroffen wird, so könnte
man: das erstere Paar weglassen, und aus der Verbindung des letzteren mit
dem Zwiefachen der Hbrigen, weiche 6 21,0 geben, als Mittel für die
Voreilung des Chronometers 6 20",7. nehmen,
Es: war schon bei’ den Beobachtungen aus der blofsen Ansicht der un-
corrigirten Mittel klar genug,. dafs aus ihnen die erwünschte Sicherheit der
Zeitbestimmung nicht hervorgehen würde.. Es wurde daher jeder Augen-
blick erspäht, um noch einzelne Höhen zu erhalten und wenn möglich diese‘
mitj[denen am: nächsten Morgen als übereinstimmend für den Moment der
folgenden: Mitternacht zu: benutzen.. Allein: kaum glückte: es, eine zu er-
haschen.. Es ist folgende:
Anzeige der Sextanten;. Anzeige des Chronometers;-
b..55% 49° 37,5. u u zı® 2558
Br ai Il. 25. 38,0.
Diese Beobachtung beider Sonnenränder wurde als einzelne Höhe mit der
angenommenen Breite 53° 50’ 15” und! 50. als: wegen: des: Indexfehlers der
„2 Tralles Ends
Sextantenanzeige zuzusetzende Grölse in Rechnung ERWOREEN Sie ergab den
Stundenwinkel gleich 5" 198 6',7.
Setzt man es seien A, m, Ö die Zahl der Bogensekunden und r die Zah
der Zeitsekunden als in dieser Ordnung noch nöthigenfalls der angenomme-
nen Breite, der Höhe der Sonne, ihrer Polarentfernung und der gesehenen
Uhranzeige hinzuzusetzenden Verbesserungen; so ist, da die Zeitgleichung
zur Zeit der Beobachtung ı" 51',6, der Chronometer der mittlern wahren
Sonnenzeit vor: i
1® 51°,6 + 4" o5%,2 + 0,068A + 0,1329 + 0,112°— Fr
wo der von den Verbesserungen unabhängige Theil, also‘wenn man diese
Null setzt, 6% ı6°,8 ist, | ]
Diese Voreilung auf den Mittag zurückzuführen, ist noch die der
Uhr seit jenem Zeitpunkt also für 3" ı9" davon zu subtrahiren. Nun
eilt zwar der Chronometer nach den bisherigen Beobachtungen täglich der
mittlern Zeit etwa 7 Sekunden vor, allein diese Voreilung war ungleich-
förmig, während den ı2 Tagesstunden nur ı',7, aber in der Nacht 5,3,
wie aus der fortwährenden Vergleichung des Chronometers mit der -Pen-
deluhr hervorgegangen ist. Für die 3 ı9”" kann die Voreilung zu o',4 an-
genommen. werden, und dies giebt die Voreilung am 6ten September zu
Mittag 6” 16°%,4, da 6” 20),7 oben aus der übereinstimmenden Höhen N
wahrscheinlichst hervorgegangen ist.
Um zu ersehen was diese Beobachtung, an der dach viel gelegen
war, werth sein mochte, wurden die Beobachtwugen nach den einzelnen
Sonnenrändern berechnet, und es ergab sich: aus dem obern Rand 4® 951,1,
aus dem untern 4” 95°,7 für den Unterschied der ‘wahren und der Uhr-
zeit. Es erhellte also, dafs die Beobachtung für sich nicht verworfen wer-
den durfte, dafs aber irgendwo ein Iırthum obwalte. Dieser findet sich in
der Ablesung des Sextanten. Denn setzt man alle andere Verbesserungen
unnöthig, so hat man für den Unterschied > Chronometers und der mitt-
leren Sonnevzeit zu i
6 16",4 7: 0,152 9
woraus erhellt, dafs, wenn „= 30", ‚ dieser Unterschied 6’ 20 "4 sein ek
Also ist ein Iırthum von einer Minute im Aufschreiben der Sextantenan-
zeige begangen. Dieser ist veranlafrt durch die Beziehung der Ablesung auf
be derleı En i.iutheilung am Vernier, welches sowohl bei 49’ als bei 50’ ge-
sche-
,
2 »
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am7.Sept. 1820, 73
schehen kann, ıdie unrichtige Minute aber hingeschrieben worden, auch ist
es mir erinnerlich, dafs nach dieser Beobachtung ein Zweifel wegen des Auf-
schreibens aufgestiegen. Wird durch die wirklichen Vergleichungen des Chro-
nometers mit der Pendeluhr um die Zeit der Beobachtungen und zu Mittage,
und vermittelst des Mrlichen Ganges der letziern die beobachtete Voreilung
‚zeduzirt, so wird sie 6 20',8. '
Die frühern vormittäglichen Beobachtungen, zu’welchen keine über-
einstimmende genommen werden‘konnten, von VII" 52” bis IXu 25 paar- .
weise als einzelne Höhen berechnet, geben den Unterschied vom. Chronome-
"ter und wahrer Sonnenzeit.
ers Um VIII. 54. 28,5 Chronometer — 4” 36’,0
ir a AR 5 u. el 50
- IX, 13. 55 - - ‚= 4 339 -
- IX. 23._6 - - 4 34,7
S
‘ Im Mittel also zeigt der Chronometer 4 34,9 bei IX" g®, 8 mehr als
wahre und 6’21',3 mehr als mittlere Sonnenzeit, Bis Mittag. eilt derselbe
‚ moch nach obigem o”,4 vor und es ist also im Mittage die Voreilung des
Chronometers nach den einzelnen Sonnenhöhen im Mittel
6 21,7 — 0,084 A — 0,1407 — 0,1240
wo A, n, Ö die oben bemerkte Bedeutung haben, das Glied + r nun aber wreg-
gelassen ist, weil es als Mittel mehrerer Ablesungen der Uhr nur unbedeu-
tend noch sein kann. Die Berechnung ist übrigens nach derselben Annahme
als die nachmittägliche geführt. Wollte man diese
NETTE TA ’
_ mit der obigen verbinden ohne dieser einen höhern Werth, den sie doch al-
lerdings haben muis, beizulegen, so würde das Mittel sein
61,2 — 0,0161 — 0,0089 — opı2d— Fr
in welchen der Einflufs der Correctionen unbedeutend ist. Die Correction
‚für Ö wäre überhaupt wohl wegzulassen, auch für Beobachtungen auf einer
Seite des Meridians, wenn man die Deklination nicht aus Ephemeriden, nimmt,
wo|'sie zuweilen nicht so genau sein dürften als die Tafeln sie geben kön-
nen. Die vormittäglichen könnten mit der Beobachtung Na«hmittags durch
eine'geringe Vergröfserung ‚der angenommenen Breite unabhängig von den
* übrigen Elementen in Uebereinstimmung kommen. ..Doch welche Aenderun-
gen ‚man auch annehmen mag vom Zeitresultat, warum es uns hier nur zu
Mathem; Klasse 190-1821, K
=
.
JE »% Tralbles r
thun ist, welches aus diesen Beobachtungen nicht kleiner als 6’ 21’, an-
nehmen, wird man sich nicht entfernen.
Dieses, mit dem eben aus den übereinstimmenden Sonnenhöhen
endlich gefolgten Resultat von 6 20,7 verglichen, zeigt, dafs die An-
nahme von 6’ oı”,o für die Voreilung des Chronometers im Mittage gesetzt
und innerhalb weniger Zehntheile einer Sekunde sicher gehalten wer-
den kann, = |
Bisher hattes stets der Chronometer beim Beobachten gedient, und
durch öftere Vergleichung mit der Pendeluhr waren auf dieser die Resultate
gebracht. Am 6ten zu Mittage zeigte die Pendeluhr, vor- und nachheri-
gen Vergleichungen gemäls 1 15",ı mehr als der Chronometer, war also der
mittlern Zeit 7'36”,ı vor. Für die Folge hielt ich es aber besser die Beob-
achtungen unmittelbar auf die Pendeluhr zu beziehen, da, wenn man allein
beobachtet, dieses sicherer ist, indem die fünf Schläge des Chronometers in
zwei Sekunden, dem der diese einzeln zu zählen gewohnt ist, nur hinder-
lich fallen, und deswegen ist auch die Irrung in der Zeitabsehung vom
Chronometer in der Formel angeführt, welches beim Anhören und Fort-
zählen der Schläge einer Pendeluhr kaum nöthig sein dürfte. Auch wünschte
ich der Veränderlichkeit des künstlichen Horizonts und seiner Libelle durch-
einen’natürlichen horizontalen Spiegel auszuweichen, da man den Meerho-
rizont nur gebrauchen darf, wo andere ‚Mittel nicht anwendbar sind. Ich
"wählte Quecksilber, hatte aber Nichts zur Bedeckung um es gegen Luftzüge
zu schützen, welche dann oft genug nöthigten zum Glashorizont zurück-
zukehren.
Den „ten September.
Uebereinstimmende Sonnenhöhen konnten an diesem Tage nicht ge-
nommen werden, da die Sonne nicht früh genug die Nebel durchbrach um
die Nachmittags nach der Finsternils zustimmenden Höhen zu nehmen. Da-
für wurden aber, damit es an diesem Tage nicht an Zeitbestimmung mangle,
die ersten Sonnenblicke zu einzelnen Höhen benutzt, um vermittelst der-
selben die Stundenwinkel zu berechnen. Die Höhen wurden auf einer
unbedeckten Schale mit Quecksilber, und die entsprechenden Zeiten nach
der Pendeluhr genommen. Folgende wurden erhalten
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7.Sept. 1820. 75
‚Anzeigen pi
des Sextanten und der Pendeluhr.
MN68° 13° 30” | g“ ‚zom 2’ durch Wolken
V68. 9 52 9 44 51 ebenso
N 70. 6... 30 9. 49. 11,5 ebenso und $ unruhig
UV 70. 31. 45 a ö
N. 74: 34 40 10, ı3. ı0 durch Wolken
Ur 3 ı0 | ıo. ı6 ı2 & nicht ruhig.
Der Sextant zeigt — 0° 0’ 50” für einen Winkel gleich Null, Bar. 3u”,12 engl.,
Therm. 60° Fahr.
Mehrere Höhen zu nehmen war nicht rathsam, da die mehr durch
die Nebel hervorbrechende Sonne ungleiche Erwärmung in der Atmosphäre
und dadurch eine Luftbewegung verursachte, welche die Oberfläche des
Quecksilbers beunruhigte; j
Den Glashorizont noch zu ig schien mir die Zeit dem Mittage
zu nahe. Die Berechnung mit 53° 52’ 15” Breite ergab aus jenen Beobach-
tungen einzeln nach-ihrer Folge SE
Uhrzeit — wahre Zeit = 6’ 0":
=
Aus diesen ist das Mittel, wenn alle Beobachtungen berücksichtiget
werden, 5' 59',3 für den Unterschied der Anzeige der Pendelühr und wah-
rer Sonnenzeit 2 St, 10 Min. vor dem wahren Mittage. Zu dieser Zeit aber ist
“ wahre © Zeit — mittl. © Zeit = 2’ 7”,o
und Uhrzeit — wahre © Zeit-= 5. 59,3;
also: Uhrzeit — mitt]. © Zeit = 8. 6,3
und Voreilung der Uhr bis mitt], O Zeit = 2,9.
Es. ist also für 12" m. Z.
Uhrzeit — mittl, Zeit = 8 9" 2.
Wollte man die letzte Beobachtung ausschliefsen, da sie in als That
mehr als die übrigen vom Mittel abweicht, so würde doch auch die dritte,
als zu abweichend und gleich der letzten bei unruhigem Quecksilber ange- _
stellt, nicht aufzunehmen sein, und das Resultat um o’,; größer; die Uhr
Ka
76... Tralles
—
z
also am ten September im mittlern Mittage 8 9,7 der mittlern Sonnen-
zeit vorgehen. Ban ®
Nachdem die Finsternifs vorüber war, Sehath die Sonne bald zwischen :
Wolken, allein sie, trat dann wieder hervor und gestattete folgende Beobach-
tung auf freiem Quecksilberhorizont
Anzeig en
des Sextanten und der Diner
v58°% 9 ©’. BeNBO gar
MN58 9 © 4 50 18% ß j
Diese Beobachtungen geben als einzelne berechnet, obgleich zu derselben
Stellung der Alhidade des Sextanten gehörig:
- Uhrzeit — wahre Sonnenzeit — 6’. 1",0
6. 2,5.
Also im Mittel ;
um 4" gel" W. © Z. die Uhrzeit — währe © Zeit = 6’,1",6 _
wahre © Zeit — mittlere ° =2: 12,5.
Also um 4" gar" W, Z. die Uhrzeit — mittlere EB LAT
2 Voreilung der Sn seit Mittag — 559:
Also den ten Sept. i2" m. Z, Uhrzeit — mittlere U: 2208. 86
Dieses, verbunden mit dem aus den Beobachtungen am Vormittage er-
haltenen Resultate von 8'9”,7, ergiebt: die Abweichung der Uhr von mittler
Sonnenzeit am Mittage des yten Septembers 8’ 8”,;9 vorgehend.
Dies Resultat stimmt nahe mit dem Mittel aller Beobachtungen Vor-
mittags überein. Die Auswahl der vormittäglichen ist aber deswegen nicht
ihrer gedoppelten Anzahl nach berücksichtiget, ‘weil die nachmittäglichen
die schnellere Höhenänderung der Sonne als eine für Zeitbestimmung vor-
theilhaftere Bedingung für. sich haben. Wollte man jedoch die sämmtli-
chen Vormittagsbeobachtungen mit den beiden am Nachmittage verbinden,
so scheinen sie doch in. Anzahl und Werthe zu ungleich für das schlechthin
arithmetische Mittel. Setzt man den Werth jener doppelt dem von diesen,
so wird für den oft gedachten Zeitmoment sein
Uhrzeit — mittl; © Zeit = 8 8), ‚9,
Also nicht verschieden von voriger Bestimmung, welche die Angabe einer
größern Voreilung. Vormittags berücksichtiget, und durch die Gleichsetzung
mit dem Resultat der Nachmittagsbeobachtungen zu ’ihren Gunsten hat, dafs
die Fehler in der Annahme der Polhöhe des Indexfehlers der Sonnendeklina-
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820, 77
tion ihren Einflufs verlieren, und nur die für einen Theil der Excentrizität
der Theilung des Instruments und ihrer Schätzung nebst der der Berührungs-
momente übrig bleiben, Ueberhaupt sind auf beiden Seiten des Mittags ge-
nommene einzelne Beobachtungen in ihrer Verbindung; wofern die Höhen
nicht zu sehr verschieden sind, den übereinstiinmenden-an Werth nur sehr
wenig nachzusetzen, wie dies die Ausdrücke, die jene Verbesserungen in sich
fassen, wie die für den 6sten September gegebenen zeigen. Für die Beobach-
tungen am „ten sind sie _
8.9 7 — 0133 A— 0, 166 1 — 0,155 d
N B.. 8,2 2-+ 0,055 #0,1189 + 0,090 0. -
Woraus die Voreilung der Uhr im Mittel
8 8,9 — 1,10 A — 0,151 — 0,06 d.
Den Sten September; *
Sonnenhöhen zur Zeitbestimmung.
Anzeige des | Zeiten der Pendeluhr.
Scxtanten. |. Vormittags. | Nachmittags. \
..Mittel
BB one 3] 3" 36 5olıe" 5m (A6'e)
ar 59: 57755] 9. 6. 24 1 3.7,5. 21
b. u -,10. 52 0. 49
a. 62. 4. 35 M|'9. 15-22 2. 156.'..29
b. - 19) SoR.. Y RE?
‚® 65. 49.45 N| 9. 022 57 2%. 48,435
BEN Wl .- 27. 455 45. 59
-a. 66. 50. 2oMA|g. 35 2 2.156, ‚22
„sb. V 40. 20F 31. 20
ar 69. 14. 80 MN| 9 48. 335 | 2. 23 ...95 |
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@72, 59 om lkore Faruggcıt Badande 6,
b. 75. 39° 4o,Ml|1o... 12. 15
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Mittel beobachteter Zeiten „. . » -_
52,5
50,5
"50,5
49,7
61,2
51,5
(>
51,2
Unterschied vom Mittage . . . 20,2
a — —
. Zeit der Pendeluhr im wahren Mittage Or 22:80
Mittlere Zeit im wahren Mittage , 57. 3150
Voreilung der Uhr vor mittlerer Zeit 8. 40,2
und. die gröfsten nicht ausgeschlossen | 8 Al4
-
7B Tralles
Nachmittags wurden noch die Beobachtungen fortgesetzt da es wind-
stille geworden und der Quecksilberhorizont frei gebraucht werden konnte,
welches Vormittags nicht möglich war, Wahrscheinlich gab die 'erste Beob-
achtung kein gutes Resultat, weil dabei das Quecksilber zu sehr zitterte,
dessen Gebrauch demnächst aufzugeben ünd dei Glashorizont zu wählen
sicherer, schien.
Fortsetzung der Beobachtungen Nachmittags. N
Unterschied
Anzeige des von wahrer
Anzeige der
Sextanten. Pendeluhr. Bankiäukeie
57° 27 zo ga” 110-001 © 544 .
86. 50.00 W|l3.. 25. 5%5| -d. 130:
56. 18. . 20 WIg. 16. 5 6.187
55. 49 20 W|'3. -ı8- 52] -,6 16,3
56. 24. .ı6N|\5- 19 57 6. 12,0
56. 3 som|l;: 2. 225 6 a5
55 1 As Ml3 24 155 6 195
5 47° 30 MN] 3- 26, 25 |» 6 1194
5. 1. Zoom: >=8 43 6 136
55: 4% oM|z. 30. 435 6. 141
55. 16. 50 Ml3: 3% 2085| - 6. 1352
Die Beobachtungen sind bei 7ı° F. und 50',17 B. angestellt.
Für den Index-Fehler des Sextanten aus drei Paar Sonnendurchmes-
ser additiv 68”,0; 62”,55 62',5 also 63”,3 gefunden aber gleich ı"0’ und einer
-Polhöhe 53° 5° 10" gesetzt, ergab die Berechnung die in der dritten Columne
gesetzten Voreilungen der Uhr vor wahrer Sonnenzeit, Das Mittel, die ıste
und zte ausgeschlossen, giebt um 3" 24” der Tendelahr R
Uhrzeit — wahre Sonnenzeit = 6 ı3,2
Wahre — mittlere Sonnenzeit = 2. 31,8
Uhrzeit — mittlere Sonnenzeit = 8. 45,0.
Bringt man diese auf die Mittagszeit zurück, die tägliche Voreilung der Uhr
vor mittler Zeit gleich 33 angenommen, so zeigt am $Sten September zu
Mittag die Uhr 8 40”,4 mehr als mittlere Sonnenzeit,
Die Correction ist = 0,67 A + 0,157 + o,11 d.
“ Wird also die Polhöhe 55° 52° 15" wie im Vorigen angenommen, so ist A=;5, +4
vun der ringförmigen Sonnenfinsternifs am 7.Sept. 1820. 79
und da nur 60” statt 65“,3 für den Indexfehler genommen worden, in die-
ser Beziehung allein. „= 1,6, und so würde die Voreilung eine halbe Se-
kunde grölser, also 8’ 40",9 sein. Die Berechnung der Stundenwinkel ist aber‘
blofs in der Absicht geführt, um die Zuverlässigkeit der Zeitbestimmung aus
einzelnen Höhen besser beurtheilen zu können, da die an diesem Tage er-
“haltenen übereinstimmenden Höhen doch dafür einen Vergleichungspunkt
darbieten. Das Resultat der einzelnen Höhen fällt zwischen den äufsersten,
welches die übereinstimmenden geben. Nimmt man die beiden Beobach-
tungen, die nur in einer Lage der Libelle erhalten worden, mit auf, also
das Mittel aller, die kleinste, die offenbar nicht zulässig, ausgenommen, so
ist das Resultat der übereinstimmenden Höhen für die Voreilung 8 41,0.
S
Den gten September,
Sonnenhöhen zur Zeitbestimmung.
Anzeigen
des Sextanten und der Pendeluhr Mittel,
| Vormittags, | Nachmittags:
68° 55°; on 6° Bor ae za Gm Bo
*b. V 56. 5
2.70... 48... 5.Alı0.. 0, 840. an dı 6,0
bh.7u gi HN 2.4 laut lori 7:5
2.72. 50. 35 Mlıo 9° 51. | 2...‘ @- :20 35
b.73. 20. ıoMlıo ı% 415| 1'857. 36 8,7
2.75 20. ZoWlıo. 2u "5.|u. 52 . 8:5
b. 74 30. owlıo 2%. 2e4|ı 45. 55 8,5
2.75 © 5wWlıo 5. 46 |ıu: 40. ze 9,0
b.75. 50. 15 VW ZT Sabine An >
Mittel beobachteter Zeiten . . |ı. 6 7,4
Unterschied vom Mittage . . - .+ 19,4
Zeit der Uhr im wahren Mittage 12. 6. 268
Mittlere Zeit im wahren Mittage |ı1. 57. i0,7
Voreilung der Uhr .. ... |] 9 16,7
Im Resultate sind die erste und letzte Beobachtung nicht aufgenommen, da
für sie die Libelle-nicht in entgegengesetzte Lage gekommen ist.
—
80 Trartes
Am Nachmittage ‘des gten September konnten noch Sonnenhöhen
auf freiem Quecksilberspiegel genommen werden. Die Sonne schien so helle,
.dals es nöthig ward, eine dunkelere Verbindung von Vorschlaggläsern zu
gebrauchen. Die Anzeigen des Verniers im Bogen der Theilung links vom
Nullpunkt mit +, die Anzeigen auf die überzählige Gradtheilung mit —
bezeichnet, gaben diese Gläser für den Sonnendurchmesser
+ 30° he + 30 HE + 50’ Bo
132. 42.) — 32.48.) —32 45.
mach welchen Bestimmungen der Sextantenanzeige 58',3 zuzusetzen sind,
um die wahren Winkel zu haben. i
Anzeigen
des Sextanten een Pendeluhr
g Eo> es u Z
Pla» a I WS Gelber 5 Sri
ch 45: 34. 20oW|3 55 27
44 45 50W15:,5% 35
PETE SEE SR We Pre 755
4-24. zoN|4 5 4u8
42. 435 0oV|4+ & o
42. 18 10WI4+ 8 39 ,
41. 22. z0W|4 10 54
NT Vega © 12. 4
D Be Bu 7 14- 45
39. 45 39 W| 4.16... 42 R
© 18.:.38
N 20: 38
37° 55 20oW|4 235 19
®© 25. 15
i (m) 27. 6
”
Diese.zu berechnen habe ich für die Zeitbestimmung nicht nöthig gehal-
ten, da diese nicht mehr der Schärfe bedurfte, als ‚für ‚die zunächst um die
Finsternils fallenden ‚Tage
Is
[4
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am7.Sept. 1820. 8ı
’
Den ıoten September.
Sonnenhöhen. zur Zeitbestimmung.
>
& Anzeigen
des Sextanten und der Pendeluhr.
"Mittel,
| Vormittags. | Nachmittags.
a. 65° 46 z5'M| g* 38” Zi
b. w 45 555
a. 67: 55. 30.M| 9. 49. 21
b. v 54 45
2.69 3. 5N 57: 8595
b. Wlıo. 3... 20
"a 72. 50.,35 mio. 1% 14 1 atn.59®. 54 j129- 68 04
b. 73:. 20.. 25 Mlıo: 19. 6 53-35 20,5
a. E 25 46 47- 35 25,7
74 50. ou 3 ce E08 Da Re. abe = 20
a. 75: 0% W a 3 rennen
Mittel beobachteter Zeiten -. . |Jıa. 6....22,5
Unterschied vom Mittage . . - 195
Zeit der Uhr im wahren Mittage |ı2. 6. . 41,8
Mittlere Zeit im währen Mittage Jıı. 356. 50,2
Voreilung der Uhr vor mittler Zeit 9:9 °81,6.
Nachmittags ward es regnerisch und die kurz vor 2 Uhr angestellte
Beobachtung war die leızte,
Gang der Uhren während den Beobachtungen.
Um aus den einzelnen Zeitbestimmungen den Gang der Uhren zu über-
sehen, dient zuerst folgende Zusammenstellung der Vergleichungen zwischen
dem Chronometer und der Pendeluhr. Die erste bleibende konnte erst am
Abend des 4ten Septembers genommen werden, weil bis dahin der Gang der
Pendeluhr, und dann noch kaum, aus oben erwähnten Umständen, gere-
gelt war.
Mathem. Klasse ın20— ı2t.
82 spraliuii wa
; ’ i Vergleichung der Uhren.
. n fer / Stündlicher
Chronometer. . Pendelahr. | Unterschied.
Sept. 4° VII ı5"Ab, = 8" 15" 34° N re
XL. 190. — = 210. 58 iR
u 5 IX.. ı5 V.M..=. 9. 15. 46,5 MR i Ei
xt. 50 ==ı12.. 30. 50 ig
VIER BAh San TER Eu
6. VOL SEM. 816 104 | 0007 \
XLS —= ıı. 16. 14 IN
IV.’ oNM. ='4. 1, 20 De
VoR oAb = 8. 9 Ar26
7 VIE. 0oVM.— 8 1355 :
1. 12! N.M. = 1:15.41 15
n Vo a a a 2 4
3 Abe eto,.N N. ne En,
BEAT ER TO VEINE: 08, Ne ur ee
Bad NM. #r N, en
: IV. -o =.,4&. 2. 108 Fo
XI 20 Ab. = ıı. 22.. 20 Han
9:0. IR. "27 V.M. = .9 ,29.-29%: 2 289
1.:7.5.N.M. == 7. :53 a
IX. 2» Ab. = 9. 22. 44 es
10. ION. ME 0,94
1: oN.M urn 42 0 Rh u
PR; 10 Ab; — Nor eg 1 UST
X. ıa 10, 15% 18% ae
Die dritte Columne zeigt, wie viel der Chronometer im Mittel in
einer Stunde langsamer ging als die Pendeluhr. Der Gang. ist periodisch
verschieden, obwohl im Zeitraume von 24 Stunden gegen die Pendeluhr
' ziemlich gleich.. Einigen Einflufs hat die Ungleichförmigkeit des Chrono.
meters wohl auf die frühern Beobachtungen gehabt, doch zu unbedeutend,
um darüber nähere Berechnung, als, wo es nöthig war, geschehen ist, anzu-
stellen. Am Tage der Finsternifßs sind überdem die Beobachtungen unmit-
telbar an der Pendeluhr gemacht, und so kömmt der frühere Gebrauch des
Chronometers um so weniger in Betrachtung.
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820. 83
Nach den täglichen Beobachtungen ergiebt sich folgender Gang der
Pendeluhr
. Voreilung der Uhr| Tägliche
Mittags. | yor mittler Zeit,
g: Voreilung.
Sept. 5- re, >
i E H nd hr
52,8
” 7- 8. 89 52,1
TREE RE
355
10. 9. 51,6 j
Es geht daraus hervor, dafs wenn die Zeitbestimmung für den Tag der
Finsternifs blofs aus denen am vorhergehenden und nachfolgenden Tage ab-
zuleiten wäre, die Voreilung der Pendeluhr am 7ten Mittags 8” 38°,55, also
keine halbe Sekunde von der am „ten selbst gefundenen verschieden ist,
und noch weniger von dem allein ans der Abendbeobachtung am zten er-
Haltenen. >
Dafs der Gang der Uhr für die beiden folgenden Tage vom $ten bis
ıoten Sept. nicht den vorhergehenden ganz entspricht, kann in jener Ueberein-
stimmung keine Unzuverlässigkeit veranlassen. Auffallend war mir der ver-
schieden gewordne Gang, den ich doch nicht allein der minder vollständi-
‚gen Zeitbestimmung an da letztern Tagen zuschreiben mochte. Allein ich
erinnerte mich nachher, die Stellung der Uhr am Sten Abends verändert
zu haben, ohne sie im Gange aufzuhalten, weil es dem Gehör nach schien,
"sie habe nicht mehr die erforderliche. Diese Aenderung ward ohne Be-
derken unternommen, da die folgenden Beobachtungen auf Zeitbestimmung
für den 7ten doch nicht ferner einfliefsen konnten,
I, j
Beobachtung der Sonnenfinsternils
' ’
Zu der Beobachtung der Sonnenfinsternifs hatte ich den Herrn Com-
" manderr Janssen zu mir eingeladen. Mit den nautisch- astronomischen
Beobachtungen und Berechnungen sehr wohl bekannt, war die genauere
Beachtung dieses seltnen Phänomens in den Augen dieses erfahrnen Seeman-|
nes von eigenthümlichem Werthe, und die Aufmerksamkeit eines unpar-
- Lo
.
84 | sn Pranllieik y
theiischen Sehens auf etwa zu bemerkende Erscheinungen konnte zu fak-
tischer'Vergewisserung vielleicht wichtig sein. Da ich die zu meiner Beob-
achtung bestimmten Fernröhre in jedem Zeitpunkte ungestört benutzen wollte,
so hatte der Herr Senator Abendroth die Güte, mir noch sein für die
Unterhaltung der Badegäste im gemeinschaftlichen Versammlungslokale ge
stellte Fernrohr zuzusenden, um dem Herrn Commandeur ein besonderes
überlassen zu können. Es wurde mir erst nachher bekannt, dafs der Ei-
genthümer des wissenschaltlichen Gebrauchs wegen sich 'selbst das Vergnü-
‘gen entzogen hatte, die sonderbare Erscheinung genauer zu sehen. Dieses
Fernrohr war ein englisches zozölliges, achromatisch mit dem F ernröhren die»
ser Art gewöhnlichem Fulsgestelle, astronomischem Okular und Sonnenglase.
Die Yergröfserung war nach meinem Dafürhalten bei blofsem Durchsehen
von 60 bis 70 mal. Es eignete sich also dieses Instrument sehr wohl zu‘-
der Beobachtung, zu welcher es mit dem Chronometer im Nebenzimmer,
ohne mich zu hindern, denn auch nachher diente. i
Mein Fernrohr, welches ich zu der Beobachtung vornehmlich be-
stimmt hatte, ist ein sehr gutes ı6zölliges von Ramsden mit dreifachem
Objektiv und 2 Zoll Oeffnung, welches eine sehr bequeme Aufstellung mit
Schraubenbewegungen hat. Der Okulareinsatz für 6omalige Vergröfserung
schien mir der zweckmälsigere; mit diesem wurde es bereit gesetzt. _ :
Am Tage wo sich die Finsternis ereignen sollte, war es Morgens ne-
blicht, doch auf eine Weise, die hoffen liels, der Tag werde heiter. Inder
That fing gegen ı0 Uhr Vormittags die Sonnenwärme an die Nebel aufzu-
lösen, doch wurde es bis nahe dem Anfange der Finsternifs nicht völlig klar,
Ich sah mich daher genöthiget, das stärker vergrölsernde Fernrohr zu ver-
lassen und zu einem aus Vorsicht schon aufgestellten zweifüfsigen Fern-
rohre zu gehen, mit dessen nur zomaliger Vergrößerung bei leichtem
Wechsel der Handblendgläser nach Maafsgabe der Helligkeit ich weniger zu
befürchten hatte den Anfang zu verlieren, welchen ich jedoch zu erhaschen
zuweilen zweifelte. Indessen wurde kurz vor dem Eingreifen des Mond-
randes das Bild der Sonne, ohnerachtet vorschwebender Dünste scharf genng
um jede Unterbrechung ihres Umfanges wahrnehmen zu können. Vorzei- _
chen des sich nähernden Mondes wurde jedoch keines bemerkt, so gut auch
der Augenblick und die Stelle des Antritts der Mondscheibe bekannt war.
Wirkliche Einbiegung des Sonnenrandes wurde wahrgenommen, also
Anfang der Sonnenfinsternils um ı" 12” ıg* Zeit der Pendeluhr.
von der ring oförmigen Sonnenfinsterni/sam 7.Sept. 1820. 85
Es scheint ein hervorstehendes Randgebirge habe den Eindruck, so
wie er sichtbar wurde, bewirkt, doch möchte ich glauben, ein stärkeres Fern-
_ zohr hätte den Anfang noch zwei Sekunden-früher gezeigt. Der Herr Com-
mandeur hatte es zu schwierig gefunden, durch das Blendglas den Sonnen-
rand scharf zu sehen und es daher abgeschroben, 'so dafs. das volle Sonnen-
licht, nicht weiter als durch die Wolken geschwächt, durch das Fernrohr in
das Auge fiel, doch stimmte seine Angabe über den Anfang der Finsternils
zu der meinigen.
In Ermangelung eines "Mikrometers machte ich den Würstch die Ent-
‘ fernung der Hörnerspitzen bald nach dem Anfange der Finsternis mit dem
Sextanten zu messen, und fand die entsprechenden Anzeigen der Pendeluhr
und des Sextanten
’ 1? 158 56 und — 10”
1. 18.53 und + 10’ 55°
Das — Zeichen bezieht sich auf Stellung des Index vom Nullpunkte der
"Theilung im Ueberschufsbogen, entgegengesetzt der durch den ganzen Sex-
- tanten fortzählenden, auf welcher die Angabe mit 4 bezeichnet ist.
Diese Beobachtungen können zwar keinen besondern -Werth haben,
weil es zu schwierig ist,aus freier Hand sie zu machen: Indessen, da sie
gemacht sind, lasse ich sie stehen, da sie vielleicht als eine Wirklichkeits-
Probe dienen können, um zu sehen, was sich aus solchen Beobachtungen
etwa auf Reisen für die Länge unbekannter Oerter schliefsen lassen möchte,
wo der Anfang einer Finsternils verfehlt wäre oder nicht sicher hätte beob-
achtet werden können, Die Messungen sind in entgegengesetzten Bogen vom
'Null-Punkte gemacht, um in Beziehung auf den Indexfehler von 50', mit
welchem sie behaftet sind, den Fehler für beide Beobachtungen nicht ein-
. seilig zu lassen.
Eine wichtige Beobachtung wäre eine scharfe Messung des Mond-
durchmessers anf der Sonnenscheibe gewesen, die doch auch auf Sternwar-
. ten, wo die Mondscheibe nicht ganz in die Sonne kam, angestellt werder
konnte. Diese kann für oder gegen die Annahme einer Irradtion bestimmt
entscheiden. Herrn Repsold, welcher zur Beobachtung der Finsternifs bei
Hamburg einen sfülsigen Achromaten mit einem Mikrometer sich einrich-
tete, machte ich aufmerksam diese Messung vorzunehmen, allein ihm war
der Himmel nicht günstig. Der Sextant in meinen Händen konnte hiefür
x
86 Pyadob:eis
nichts thun, ich nahm den Monddurchmesser als der Mond hinlänglich vor-
Ben wär, und: fand für denselben im Mittel zweier Beobachtungen
09 44. Allein ich kann diesem nicht einmal die Sicherheit der Messung,
eines Sonnendurchmessers geber, denn die Ablesung der feinern ee
des Sextanten erfordert Zeit, und’ das Phänomen der Ringbildang war" zu
nahe, um nicht etwas eilig zu verfahren, damit dieses nicht verloren g ge ,
hen, und vorbereitet ruhig am Fernrohr erwartet werden konnte.
Der Himmel war allmählig nach dem Anfange der Finsternifs schön hei.
ter geworden, duch wurde in der Mondscheibe nichts Merkwürdiges wahrge-
nommen: Mit dem Ramsdenschen Fernrohre bei 6omaliger Vergrölserung
sah man die Ungleichheiten des Mondrandes sehr gut, die auch Herr Jans-
sen mit seinem Fernrohr wohl bemerkte. Gegen die Zeit des Anfangs der
Bildung des Ringes wurde der Theil, wo sich der Sonnenrand wieder er-
gänzen sollte, gut in der Mitte des Sehfeldes erhalten. Ein nicht unbe-
deutender Theil des Sonnenrandes war noch vom Monde bedeckt, als sich
an beiden hellen Spitzen der Hörner eine Lichtmasse bildete nicht vollkom-
men gleich an scheinbarer Ausdehnung, und sehr bald strömte dieses Licht
von beiden Enden um den noch aufser der Sonne befindlichen Theil des
Mondrandes schnell, aber doch von dem Auge folgbar, gegenseitig zusam-
men, mit verschiedener Geschwindigkeit von den beiden Hornspitzen her
gegen einen von der Mitte des zwischenliegenden Kreisbogens nicht ent-
fernten Punkt. Der Mondrand war nun, so weit er aufser der Sonne lag,
von einem dicht anliegenden Lichtbogen umgeben, welcher durch das dun-
kelrothe Blendglas doch eine ins Blaue spielende Farbe zu haben schien,
etwas verwaschen sich verlief, und, so viel der Eindruck in Eilezu schätzen
erlaubte, gegen eine halbe Bogenminute breit sein mochte. Das Bestehen die- .
ses Lichtbogens war aber von sehr kurzer Dauer; denn wohl nicht mehr als
zwei Zeitsekunden, nachdem er zusammengeflossen war, brach an unter-
brochenen Stellen im noch.schwarzen Rande das wahre Sonnenlicht hervor,
und bezeichnete den werdenden Ring mit Lichtpunkten und kurzen Licht-
linien, die, wie wenn sie sich bewegten, zusammen kamen. Dieses zog °
nun meine ganze Aufmerksamkeit auf sich und auf den Zeitpunkt wo der
Sonnenrand: zuerst vollständig wurde, und’ von jenem ee . Der
Augenbliek:wo der Mond ‚ganz: indie Sonne trat oder: si
der Anfang reg wurde: beobachtet"um: ©" 35” 3595 © der Uhr,
‘
Bu
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820. 87
Gleich nachdem die Zahlen geschrieben worden waren, eilte ich wie-
der zum Fernrohr, aber von einem Lichtringe aufserhalb der Sonne war
nichts mehr zu sehen.
Die Bildungsart des Ringes von der wirklichen Sonne hat im Allge-
meinen nichts Auffallendes, was die Unregelmäfsigkeit des Randes der Mond-
scheibe nicht natürlich erklärt. Doch verdient bemerkt zu werden, dals
' es nach Schätzung in der Mitte, wo der Ring sich endlich erst voll bilden
x
sollte, früher schon helle Stellen gab, als auf beiden Seiten, wie wenn der
Mondrand dort flächer gewesen wäre, Diese Vervollständigung der unter-
brochenen Lichtlinie ging überhaupt aber unregelmäfsig vor. Aber wo
der Sonnenrand sich auch nur erblicken liefs, schien derselbe sofort scharf
abgeschnitten, etwas unbestimmte Begränzung zeigte hingegen der Mondrand
in diesen Augenblicken, doch läfst sich diese vielleicht dem Aggregat der
kleinern einzeln im Fernrohr nicht: mehr sichtbaren ‚Ungleichheiten ZU-
schreiben.
4 Der Herr Commandeur hatte den Moment für den Anfang des Rin-
ges nach dem Chronometer II“ 34” o° niedergeschrieben. Nach Verglei-
chung mit der Pendeluhr zeigte diese 1" 43°,o mehr als jene, so dafs nach
der Pendeluhr sein Beobachtungsmoment 2" 35"'43° sein würde. |
Im schwächer vergröfsernden ofülsigem Fernrohr, welches ein gröfse-
res Gesichtsfe!d hatte, däuchte mir zuweilen, während der Mond auf der
Sonnenscheibe stand, als sei diese mit einem schwachen Lichtrirge umge»
ben, in andern Momenten schien es mir nicht so. Vielleicht war das Auge
durch die bisherigen Beobachtungen etwas geschwächt, vielleicht mochte ein
abwechselnd entstehender und sich auflösender dünner Nebel in der Atmo-
sphäre dies veranlassen. Im Fernrohr des Sextanten, welche aber, besonders
bei einer ı6maligen Vergrößserung die das meinige trug, nicht sehr licht-
helle sind, wurde nichts bemerkt.
Die Mondscheibe ‘mochte aber, als ich nach der Aufzeichnung des
_ Moments des Anfangs vom Ringe wieder zum Fernrohr kam, schon zu
weit in die Sonnenscheibe gerückt sein, um von den Lichterscheinungen am
Rande noch etwas wahrnehmen zu können. Als der Mond- und Sonnen-
'rand auf der entgegengesetzten Seite sich genähert hatten, schien an beiden
eine Undeutlichkeit zu sein, welche ich dem Umstande zwar zuschreiben
wollte, dafs der Theil nicht gut genug in der Mitte des Gesichtsfeldes
vom Fernrohr sich befand, doch glückte es nicht Deutlichkeit durch Ver-
88» | RENT
änderung der Stellung zu bewirken, und’ich befürchtete die genaue Beob-
achtung vom Ende des; Ringes zu verlieren. Die bemerkte Undentlichkeit
‘ schien mir in ein paar Augenblicken von Lichtfäden abwechselnder Stärke
an den Rändern herzurühren. So etwas zu bemerken-hatte ich zwar im
Voraus möglich gehalten, aber ich bin überzeugt, dafs das bemerkte mir
unbefangen vorgekommen, blofs bedacht zu sehen was geschah und weit auf-
merksamer keinen astronomischen Moment zu vernachlässigen, als eine un-
sicher physische Erscheinung wahrzunehmen; so dafs ich das hier bemerkte
nur mittheile, weil es so mir erschien, vielleicht war es Folge der Bemü-
hung des Auges scharf zu sehen. Auch erhielt ich die gewünschte Dent-
lichkeit der Bilder kurz vor dem Anfange vom Durchbruche des Ringes
vollkommen, und bemerkte das sich zerbrechende Licht ‘desselben, ähnlich
wie beim Anfange des entstehenden. Die Beobachtung ergab die erste Un-
terbrechung des Sonnenrandes oder
das Ende des Ringes. 2" 40” 59°%;5 der Pendeluhr.
Da ich den Schlag der Uhr am Fernrohr Rh hören konnte, so
verliefs ich dieses nicht im. Momente des Aufhörens des Ringes selbst, son--
dern zählte einige Schläge fort um das fernere Lichtspiel der Erscheinung
um einen Theil des ausgetretenen Mondrandes zu beachten und erwartete
den Lichtring ‘wieder zu sehen, welcher vor der Ringbildung so bestimmt '
und auffallend wahrgenommen worden. Allein ich sah ihn nicht; obwohl
ich die Ursache nicht kenne, die es verhindert haben mag, so entsteht doch
hierdurch bei mir nicht der geringste Zweifel über seine Erscheinung am
Anfange des Ringes. Es beweiset nur, dafs die Bemerkung desselben nicht
so leicht und augenfällig ist, als es mir vorgekommen. war. ‘Wenn daher
die erstere Erscheinung vielleicht von den meisten Beobachtern weder am
Anfange noch am Ende des Ringes hat wahrgenommen werden können, so:
kann das mich nicht befremden. Doch bin ich seit der Finsternifs vergeb-
lich aufmerksam gewesen auf Bekanntwerdung besonderer Erscheinungen
bei derselben von Beobachtern, welche in Ruhe blofs in physischer Rück-
sicht und ohne Besorgnils für genaue astronomische Momentbestimmung
. des Phänomen haben verfolgen können *). R
r ‚Herz
*) Seit der Vorlesung dieser Beobachtungen sind mir noch andere bekannt worden, die dem arge-
führten ähnlich sind. S
J
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7.Sept. 1820. 89
Herr Janssen hatte das Ende des Ringes nach dem Chronometer um
II" 39” 0° aufgezeichnet, welches an der Pendeluhr 2" 40” 43° für den Mo-
ment giebt. \
Gegen das Ende der Finsternifs trübte sich der Himmel in der Ge-
gend der Sonne, Diese blieb zwar im Fernrohre sichtbar, aber matt, und
es war zu befürchten, dieser Moment gehe aller Augenanstrengung ohner-
achtet verloren, Das stärkere Fernrohr konnte doch nicht mehr verlassen
werden, weil, unterdessen die Sonne im Felde des andern zu bringen war,
das Ende der Finsternifs hätte vorübergehen können. Um 5" 57" 58” Zeit
.der Pendeluhr glaubte ich doch vom Mondrande nichts mehr wahrnehmen
zu. können, allein aus Vorsicht die Sekunden fortzählend, ohne das Fern-
‚rohr zu verlassen, wurde ich noch einige Ungleichheiten im Sonnenrande,
wahrscheinlichst durch Dünste veranlafst, gewahr, welche während ı2 bis z5
Sekunden an einer vom Austritt verschieden gehaltenen Stelle merklich blie-
ben, und dann wie verwaschen doch unbestimmt zu vergehen schienen, das
Ende der Finsternils also nach erster Vermuthung desselben anzunehmen
ist, Demnach Ende der Sonnenfinsternils
3% 67” 58° Zeit der Pendeluhr.
Nach des Herm Commandeur Janssen Beobachtung begab sich das
. Ende der Finsternifs um II" 56” 50° Zeit des Chronometers, welcher ı"
455 weniger als die Pendeluhr um diese Zeit zu Folge unmittelbarer Ver-
gleichung zeigte. Also hätte das Ende der Finsternils um z" 58” ı4°,5 der
'Pendeluhr statt gehabt.
Während der Zeit der stärkeren Verfinsterung bemerkte der Herr
Doctor Luis zwei Sterne am Himmel und -machte mich auf die Er»
scheinung derselben aufmerksam. Es waren Venus und Regulus; jene
blieb eine geraume Zeit sichtbar, nachdem man die Stelle, wo sie stand,
kannte. Das Tageslicht hatte das: besondere Grau, welches bei gröfßsern Son-
nenfinsternissen gewöhnlich ist. Für die Empfindung wurde es unannehm-
"lich kühl, das Thermometer entsprach dieser Empfindung wenig, wahr-
scheinlich weil dasselbe nicht so wie der menschliche Körper von der strah-
lenden Wärme der Sonne aflizirt wird.
Das Thermometer zeigte im Anfange der Finstemifs‘65° Fahr., wäh-
rend des Ringes 62° und am Ende der Finsternils war es 66°,
Werden die erhaltenen Beobachtungsmomente an der Pendeluhr nach
dem in der Zeitbesiimmung pigisienes Gange und der Voreilung der Uhr
Mathiem, Klasse 180 = 1021, M
r
90 Fr DERE
vor mittler Sonnenzeit auf diese gebracht, so ergeben sich, nach meinen
Beobachtungen: : “
die Momenie der beobachteten Phasen: der Finstenils in a Sonnenzeit %
Anfang der Finsternißs ... ı" 4”
Anfang des Ringes ,„.. . 2% 27”
Ende des Ringes „... . „2 g2® 26%,ı
.. Ende der Finsternils . ... 35" 49” 43°,9% >
Was die absolute Genauigkeit dieser Bestimmungen betrifft, .s so be-
ruht sie zuerst allein auf der Genauigkeit der Zeitbestimmung am Tage der
Finsternils selbst, ist also als unabhängig vom Gange der Uhr zu betrach-
ten. Will man diesen für die umgebenden Tage mit einfliefsen lassen, um
weniger von den einzelnen Zeitbestimmungen am 7ten ausschlielslich ab-
zuhängen, und eine Vertheilung der möglichen Fehler vorziehen, so wür-
den die obigen Resultate um zwei Zehntel einer Sekunde grölser anzuneh-
men sein, und es scheint, die Angaben dürfen auf eine halbe Zeitsekunde
sicher gehalten werden können.
In so fern sie relativ den Momenten, welche sie anzeigen, betrach-
tet werden, ist schon oben bemerkt, dals der Anfang der Finsternifs wohl
nur 2 Sekunden früher statt gefunden als er gesehen und angegeben ist,
da wohl bemerkt wurde, dafs der Eingriff in die Sonnenscheibe nicht wie
der zweier vollkommener gleicher Kreise in einander erschien, sondern wie.
die von einem sehr kleinen in einem grolsen. Diesen Vortheil hat das Ende
der Finsternils nicht, und war deswegen schwierig zu beobachten, auch
. wurde es wegen der Dünste mit weniger Helligkeit des Bildes als der An-
' fang gesehen. Dafs das wirkliche Ende 2 Sekunden später erst mag, ‚statt
gefunden haben ist möglich, allein weiter von meiner Beobachtung, wie sie
niedergeschrieben, abzugehen, halte ich nicht zuläfslich-. Was die Ringbil-
dung betrifft, so bin ich überzeugt, dals sowohl der Moment vom Anfange
als vom Ende auf die halbe Zeitsekunde sicher ist. Unter jenem und unter
diesem diejenigen verstanden, wo der Sonnenrand sollständig wurde und
aufhörte es zu sein. j
Die Beobachtungen der Momente der Phasen ach der Uhrzeit, nebst
den übereinstimmenden Sonnenhöhen zur Zeitbestimmung, 'sind sogleich
nach meiner Zurückkunft nach Hamburg abschriftlich von mir mitgetheilt
und in Berechnung gezogen worden. Indessen war es nicht möglich
sämmtliche angestellte Beobachtungen sogleich verständlich ins Reine zu
von deriringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7.Sept. 1820. gı
bringen, um unmittelbar benutzt werden zu”können, weil die Endresultate
nicht ohne nähere Beachtung der Umstände, die nur der Beobachter selbst
gehörig zu beunrtheilen vermag, sich ergeben. Die Angaben, welche bisher
über die Beobachtung von Cuxhaven bekannt geworden, zeigen indessen,
‚dafs auch die geringere Zahl der mitgetheilten Beobachtungen nicht unge-
nügende Resultate gegeben, welche nun nach näherer Sichtung und voll.
ständiger Darstellung von jenen wohl verbessert werden mögen, und da die
einzelnen Beobachtungen dazu vor Augen liegen, so läfst sich beurtheilen,
wie sie möglichst vortheilhaft zu benutzen sind, mit Zuziehung derjenigen,
ale über ‚die Breite ‚angestellt, hiernächst folgen sollen.
BRücksichtlich der bemerkten Erscheinungen während der Finsternifs
ist die des Lichtringes um den Mond die merkwürdigste; sie bestätiget was
in der That früher bei ähnlichen ringförmigen und auch bei totalen Sonnen-
finsternissen schon gesehen ist. Allein diese Anblicke sind so flüchtig, dafs
man weder andern noch sich selLst vom Gesehenen eine solche Rechenschaft
geben kann, dals die daraus zu ziehenden Folgerungen, wenn sie nicht sonst
Phänomene zur Unterstützung finden, keine grofse Gewilsheit erzeugen. Ge-
hört der helle Ring der Sonne zu, oder wird er an dem Monde gebildet?
Letzteres ist wohl am wahrscheinlichsten, und in diesem Falle ist eine At-
mosphäre des Mondes .die Ursache,
Der Ring ist- zwar ziemlich helle, da er durchs dunkle "Blendglas eines
Fernrohrs bei schon bedeutender Vergrölserung sichtlich ist. Doch hat er
keinen eigenthümlichen Glanz, da er keinen Eindruck aufs Auge mehr macht,
wenn dasselbe den Augenblick zuvor vom Licht der Sonne, wenn auch noch
so fadenförmig schmal, durch dasselbe Fernrohr gereizt worden ist. Es wäre
sonst unmöglich gewesen, ihn bei gespannter Wieder-Erwartung nach der
Brechung des Ringes zu übersehen,-oder indem der Mond mitten in der
‚Sonne stand, nicht um den schmalen Sonnenring selbst noch wahrzunehmen,
welches mir doch, besonders darauf achtend, durch kein Fernrohr mög-
lich war. Die scheinbare Helligkeit dieses Lichtringes giebt aber auch der
unmittelbare Anblick desselben ohne Fernrohr zu erkennen, den Herr Ha-
gen bei der auf Veranlassung der Akademie in Culm 1816 beobachteten to-
talen Sonnenfinsternifs gehabt’hat, wo diese Helligkeit der des Mondes bei
Tage am Himmel gesehen nur gleich kam. Wahrscheinlich ist der Ring die
durch die Sonne erhellte Mondatmosphäre kurz vor Sonnenaufgang oder nach
Me
g2 : Dreahaerirsien
deren Untergange für einen Erkner jeher era befindlichen gegen die
Sonne gewandten Zuschauer. -
Dafs den Mond eine, wenngleich höchst wenig lichtbrechende ‚Atmo-
sphäre umgebe, wird wohl von den meisten Astronomen, besonders in Folge
der Vergleichung des scheinbaren Durchmessers mit dem welchen Berech-
nungen vollständig beobachteter Sternbedeckungen erfordern, angenommen,
Eine nicht zu läugnende Thatsache, von welcher man aber bisher keine Er-
klärung gefunden, und daher oft wohl als unsicher oder,als eine Illusion
betrachtete, macht die Atmosphäre augenfällig. Da die Beobachtung dieser
Finsternils in den vergleichenden Berechnungen auf genauere-Untersuchung
der scheinbaren und wahren Durchmesser der Sonne und des Mondes füh-
: ren wird, so ist eine etwas nähere Auseinandersetzung dessen, was hier-
auf Beziehung haben kann, wohl erlaubt, Jene Thatsache nämlich ist die
wirkliche Erscheinung der Sterne vor ihrer Bedeckung vom Monde in der
‚sichtbaren erleuchteten Scheibe selbst, in welche sie während ein paar Se-
kunden hineintreten und dann erst verschwinden. Dieses rührt aber nicht
etwa von der Helligkeit des Mondrandes her,, sondern würde auch am dun-
keln Rande wahrgenommen werden können, wenn um die Zeit des Neumon-"
des sichtlich genug an demselben eine Sternbedeckung sich ereignet. Die
Sache läfst sich so erklären. In der Voraussetzung einer Mondatmösphäre
ist klar, dafs die Lichtstrahlen, mit welchen der Mondrand gesehen wird,
der Richtung nach zusammenfallen mit denen eines verschwindenden oder
hervortretenden Sterns, und beide sich wegen der Brechung um die Mond-
kugel biegen, wie SMT Fig.I. Der Mondrand und der Stern werden nach
der Richtung der Asymptote der Lichtstrahlen oder nach der von T grade
verlängerten und TM berührenden Tm nach TR gesehen. Man stelle sich
nun Bequemlichkeits halber den Mond stille stehend und den Stern noch
nicht nach S gelangt, sondern von Q her gegen seinen Rand erst durch R
nach S sich hinbewegend vor. Es ‚fällt in Q der Lichtstrahl vom Sterne
noch aufser der Atmosphäre des Mondes, er. erscheint nach TQ, und man
kann annehmen, dafs selbst die grade Einie Tm Tangente an MT aufser
oder hoch genug in die Mondatmosphäre falle, um sinnlich genau von ei-
nem Lichtstrahle befolgt zu werden, also der Stern, von Q nach R gekom-
men, nach der Richtung TmR gesehen wird. Diese Richtung aber ist,
wie schon bemerkt, diejenige, in welcher auch der Mondrand gesehen wird,
also tritt der Stern in R schon an denselben, und mufs dem Auge von T
Cr
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820. 93
aus in der Scheibe eine Zeitlang; fortschreitend erscheinen, indem er auf dem
Wege von S nach R in die Mondatmosphäre oder deren stärker brechende
Schichten geht und durch dieselbe sichtbar bleibt.. Ist er bis nach S fortge-
rückt, so kann er abermals im Augenblick des Verschwindens und kurz vor-
her wieder an dem air Mondrand nach TR gesehen werden, Disse
sonderbare Erscheinung erklärt was wohl bei Bedeckungen nicht sehr glän-
zender Sterne bemerkt wird, dafs sie am Mondrande ein paar Sekunden vor
‚dem Eintritt sich den Augen entziehen und dann wieder einen Moment her-
vorblicken. Es mufs also ein scheinbares Entfernen des Sternes vom Monde
oder vielmehr ein Rückgang desselben auf der Scheibe nach dem scheinba-
zen Rande hin statt finden. ı
Um diese Erscheinungen etwas näher zu erörtern werde angenom-
men, a sei die scheinbare Entfernung eines-Sterns vom scheinbaren Mond- \
rande, in einem Moment wo der Lichtstrahl vom Sterne zum Beobachter
‚noch weit genug vom Monde vorbei geht, um von seiner Atmosphäre nicht
berührt oder nicht gebrochen zu werden; auch sei « der Winkel um wel-
chen ‚dem Beobachter der Mondhalbmesser ohne ‚seine ‚Atmosphäre kleiner
‚erscheinen mülste. Nun bewege sich der Mond gegen den Stern um den
Winkel m, ist dieser grofs genug, so dafs der Lichtstrahl vom Sterne, der
vorher ungehindert zum Beobachter gelangte, nun von der Mondatmosphäre
gebrochen, ihm vorbeigeht, so wird ein vom $tern ausgehender, weiter vom
Mond entfernt, sich finden, welcher durch die Refraktion zu ihm kömmt;
diese sei s, welches also die ganze Grölse der Ablenkung des Lichtstrahls
des Sternes von seiner Richtung ist vor und nach dem Durchgange durch
die Atmosphäre, oder die doppelte Horizontal-Refraktion in der Mond-
"atmosphäre für- die Höhe in derselben, in welcher gedachter Lichtstrahl
dem Monde am nächsten kommt, Diese Höhe ist, so wie auch s eine Funk-,
tion von a-4—m, man könnte auch sagen von m als die einzig veränder-
liche Gröfse unter den dreien. Gesetzt aber s—f(a-+a—m), so wird für
a+a—m=o, fo=r die doppelte Horizontal-Refraktion an der Oberfläche
des Mondes selbst sein, _ Anch ist r gröfser als s, und diese Funktion wächst
‚also mit m so lange a-&—m nicht negativ wird.
Nachdem der Mond sich um den Winkel m bewegt hat, ist die schein-
bare Entfernung zwischen dem Mondrand und dem Sterne
E e=a—m-s
also nähert sich der Mond dem Sterne langsamer als er sich bewegt.
u
94 Tralles IAMERENTT Tas aron
Der Stern verschwindet wenn der Lichtstrahl von demselben zum
Beobachter die wirkliche Oberfläche des Mondes berührt, also von dort
“ mit einem von dieser ausgehenden denselben Weg nimmt, dann ist N?
und der Stern wird mit dem Mondrande ‚an Einer Stelle gesehen, ‚also ‘ist
dann-e== o, mithin hat man für diesen Augenblick
o=a—m-+r aoa—m=—r. E
Da nemlich a— m der Winkel des scheinbaren Mondrandes mit der grad-
linigten Richtung des $terns, so ist im Augenblick des N je-
ner um-r über diese hinausgerückt.
Bevor sich dieses ereignet kann man also setzen
a—m=—r+e mmnde=yu—r+ts
worin U und 8 positiv, dieses aber nur jeden Werth kleiner als r haben
kann, ‘Unter diesen Bedingungen aber kann e positiv sein und abnehmend
durch o gehen. Gesetzt man habe e=o für u—=p,, ss, also; -
0=W—rTTt%o
das heifst, es ist nur erforderlich dafs u„=r-—s, sei, welcher Fall noth-
wendig eintreten mufs und den eben gegebenen Bedingungen der Grölsen
gemügt. Setzt man, wie erlaubt, s,=o, so ist dies die V’oraussetzung, der
Lichtstrahl vom Stern zum Beobachter könne mit einem vom Mondrand
in derselben Richtung gesehen oder mit einer solchen parallel werden
ohne durch die Atmosphäre des Mondes zu gehen. Es kann aber unbe-
stimmt bleiben, ob s, wirklich Null sei oder einen kleinen Werth habe.
Da aber so eben angenommen, der Stern habe sich dem Mondrande zur Be- -
rührung genähert, indem e von einem positiven Werth durch o geht,
und s, sich aber ferner ändern, so wird der Werth von e aus der Glei-
chung e=4,— rs, negativ, wenn, wie es der Natur der Sache ange-
messen, angenommen wird, 8, nehme langsamer zu als u, abnimmt oder
als der Mond gegen den Stern sich bewegt. Da also e negativ, nachdem
es durch Null gegangen, so geht die Mondscheibe scheinbar hinter dem
Sterne fort, oder dieser in jener,
Es wird aber wieder nach obigem e=o für =o im Augenblick
wo der Stern verschwindet und s=1r; dies setzt voraus, dafs, nachdem so
erst langsam zugenommen, «#s nachher um so schneller wächst und mehr
als x abnimmt, und es einen Moment giebt, wo die Zunahme von s der Ab-
nahme von u gleich, der Stern also, auf die Mondscheibe am weitesten
RE © CE.
von der ringförmigenSonnenfinsternifs am7.Sept. 1820. 95
vorgetreten, stille steht ‚und von da zum scheinbaren Rande zurückweicht:
Ob sich dies wegen der Schnelligkeit mit welcher dies alles vorgeht, wahr-
nehmen läfst, ist zw bezweifeln, nur das Stillestehen: des Sterns auf der
Mondscheibe scheint bemerklich zu sein, wie es auch in Folge geringerer
Veränderlichkeit eines kleinsten oder gröfsten Zustandes zw erwarten ist.
Dafs s in den untersten Schichten sich am schnellsten. verändert, ist der Na-
tur einer ‘elastischen Atmosphäre gemäfs; dafs aber die Erscheinung über-
haupt nur bei hellen Sternen wahrgenommen wird, nicht zu verwun-
dern. Uebrigens kann dieses Phänomen verschiedene Modifikationen erlei-
den, nachdem der Stern an einer grolsen Erhöhung oder Vertiefung am
Mondrände eintritt, da die Mondberge äufserst dünne Schichten seiner
Atmosphäre erreichen müssen. Es kann also’ z. B, der Fall gar wohl ein-
treten, dafs;der Stillstand gerade am Rande statt findet. und der Stern ‘an
demselben zu kleben scheint. Es ergiebt sich aus diesem, dafs die Be-
deckung kleiner Sterne nicht sehr sicher, und bei dem Ein- und Austritt
der hellerem Umstände obwalten,. üie bisher nicht besonders beachtet, doch
nicht zu übersehen sind, wenn man aus diesen Beobachtungen die schärf-
sten Bestimmungen für geographische Längenunterschiede und Mondörter
ziehen will. S
Diese Betrachtungen sind erst nach der Beobachtung der Finsternils
entstanden, bei welcher es wohl gut gewesen wäre, sie schon zu berück-
sichtigen, um besser das Mannigfaltige der Erscheinung aufzufassen , was
jetzt vielleicht uneingenommener wahrgenommen und so dargestellt worden,
doch nun mit jenen, so weit es zuläfslich, zu vereinigen nicht unerlaubt
scheinen kann: denn ähnlich wie ein Stern hinter dem dunkeln Mondrande
heryoriritt, mulste sich die Bildung des Sonnenringes verhalten. Es ist da-
- her gar nicht unwahrscheinlich, dafs die feine blaue Linie, welche um den
Mond herumlief, von dem Lichtringe verschieden und wirklich der erste
‚Austritt des Sonnenrandes war. Dessen Bild konnte keine scharfe Begrän-
zung haben, da die Strahlen vom äufsersten Sonnenrand die Mondoberfläche
wie berührend durch die tiefsten Schichten seiner Atmosphäre zum Beob-
achter kommen, also nur auch aus dem brechbarsten ins Dunkele sich zer-
‘ streuenden Farbenlicht bestehen, Die Zeit dieser Erscheinung vor dem
Sichtbarwerden des scharfen Sonnenrandes, die. nicht zwei Sekunden betrug,
spricht dafür, so wie die Aehnlichkeit des Zusammenlaufens jener Lichtlinie
mit dem des vom beiden’$eiten der Hörner her sich begegnenden Sonnenbo-
06 Tralbes
gens *). ‘Man sollte glauben der Refraktion des Lichtes am Mondrande ge-
mäfs, mülste die schwarze Mondscheibe auf der Sonne auch am Rande er-
hellt erscheinen; darauf habe ich an Lichtbeugung denkend geachtet, doch
Nichts wahrgenommen als beim Ringbruche vielleicht, wo das nur noch
schmale übrige Sonnenlicht den Eindruck von Rn nicht so sehr schwä-
chen konnte. - '
Meine Beobachtung des ‘Anfanges des Ringes, so wie sie der Zeit.
nach angegeben, ist also auf den Moment der letzten scheinbaren Berüh-
‚rung des Sonnen- und Mondrandes zu beziehen. Da aber beim Ende des
Ringes die helle Linie von mir nicht wieder erkannt, das beobachtete Phä-
nomen des Aufbruches, in dem angegebenen‘ Moment dafür, vollständig
dem beim Anfange nach dem letzten Eintritt des Mondrandes in die Sonne
ähnlich ‘gesehen ist, so gilt- dieser Zeitpunkt für den ersten Antritt des
Mondes am innern Sonnenrande, Es sollte. daher in der Berechnung der’
Ringdauer der Mondhalbmesser so angenommen werden, wie derselbe im
yollen Licht bei gleicher Entfernung von der Erde am Mikrometer eines
Fernrohrs beobachtet werden kann.
Man kann aber dabei die Frage nicht beiseits lassen: wird der helle
Mond auf dem dunkeln Himmel eben so grofs gesehen als der finstere auf
der
” Im astronomischen Jahrbuche für 183% befinden sich mehrere Beobachtungen gesammelt, welche
diese Finsternifs betreffen, unter welchen ich ‚mir erlaube, diejenige, welche Herr Horner in
Zürich mit einem 4füfsigen Fernrohr von Frauenhofer und g4maliger Vergröfserung so gut
gemacht und beschrieben hat, her zu setzen. Herr Horner.sagt „bei der Ringbildung schien
„von Zeit zu Zeit den fein zügespitzten Hörnern eine äufserst. Jünne röthlich graue Linie zo
„bis ı5 Grad Bogenlänge vöranzugehen, die nach ı" bis ı",5 plötzlich vom vollen Sonnenlichte
„ausgefüllt wurde, Zwei Sekunden vor der Schliefsung des Ringes vereinigten sich diese feinen
„Bogenlinien, in der nächsten Sekunde zeigten sich in derselben ein paar, schwärzlich ver-
. „waschene Punkte als Berge, und kaum eine Sckunde später flofs das Sonnenlicht wie flüssiges
„Metall von beiden Seiten zusammen. Die nemlichen Erscheinungen zeigten sich in umgekehr-
„ter Ordnung bei der Trenming des Ringes, jedoch in etwas kürzern Zeitmomenten. In der
„nächsten Sekunde verschwanden die schwärzlichen Punkte und eine halbe Sekunde später die
„graue Linie selbst.” Es scheiat aus dieser Beschreibung, verglichen mit meinen VVahrnehmun-
gen, so weit diese reichen, als ob zwei Beobachter dasselbe gesehen und nur mit andern Wor-
ten ausgedrückt hätten. Dafs Herr Horner die Linie röthlich fand liegt vielleicht am Fern-
rohr, das meinige neigt sich dahin, eher blau- an den Rändern hervorspielen zu lassen. Auch
Herrn von Scherer's Beobachtung zu St! Gallen hat etwas Achnliches. Dieser Beobachter
- sagt: „bei der Ringbildang erschien die erste feine Ringlinie der Sonne wie mit einemfFlor über-
„zogen, so auch beim Bruche.” Vielleicht ist dies eben die Linie, die auch Herr Horner sah, j
aber in St. Gallen als Sonnenrand wirklich betrachtet. Eines von dieser Linie unterschiedenen
Lichtscheiges um den Mond'geschicht indessen keine Erwähnung,
v
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sep£. 1920. 97
der glänzenden Sonne? Diese schon oben angeregte Frage hätte diese Fin-
sternils beantworten können, und vielleicht werden nöch Beobachtungen
von Sternwarten darüber bekannt, und dann würde auch über die sogc-
nannte Irradiation entschieden sein, In so fern man unter dieser etwas Wirk-
liches versteht, finde ich keinen Grund für ihre Annahme, aber in Beziehun
auf Busen Fatnräliee, die Sterne als kleine Scheiben Ra und weil sich
finden, kanı es allerdings sehr wohl der Fall sein, und ist es w ährscheinl ch
dafs auch mit den besten Instrumenten die Durchmesser des Mondes, be
sonders aber der Sonne, zu grols beobachtet werden. So wie diese sie ge-
ben, müssen sie für die Reduktion mit ähnlichen Fernröhren beobachtet:
Rectascensiöonen und Deklinationen ohne allen Zweifel gebraucht werden.
Die Sonnenfinsternisse hingegen werden den um die Irrüng jener vermin-
derten Durchmesser ergeben und voraussetzen müssen. Der Durchmesser
. ” * * . * u * ”
des Mondes ist an sich gewils sehr unsicher, verschieden nemlich zwischen
den meisten diametral entgegengesetzten Randpunkten. Die Resultate der
Berechnung der Beobachtungen des Ringes werden daher für den Mond-
‚halbmesser bedeutend abweichen, nachdem der Sonnenrand von andern
Punkten des Mondes für verschiedene von einander enilegene Orte be-
zührt worden ist. Die Unterschiede die sich ergeben, werden. also nicht
“allein als Fehler der Beobachtung für ein zu suchendes Mittelresultat zu
behandeln sein. Fehler der Zeitangabe bei der Fingbildung sind, da wo
. kein auffallendes Versehen sich ereignet hat, gewils sehr klein, und wahr-
scheinlich sind auch diese Momente meistens auf eine Weise zu nehmen,
| wie sie für die meinigen geltend scheinen.
Da aber Anfang- und End-Angaben einer Sonnenfinsternifs in 2
That nicht sind, was sie ausdrücken, so läfst sich auch nicht annehmen,
dals, so wie bei dem Ringe als innere Ränderberührung die Entfernung
. der Mittelpunkte beider Gestirne gleich der Differenz ihrer Halbmesser,
hier ihre Summe als Entfernung für die äulsere Berührung beobachtet sei.
Nimmt man dieses in der Berechnung hingegen an, so mufs sich eine zu
4 grolse erforderliche Verminderung der Sonnen-Halbmesser ergeben, um die
Conjunctionszeiten aus den verschiedenen beobachteten Phasen in Ueberein-
stimmung zu bringen. Wie viel aber unabhängig von vorausgesetzter Irra-
diation der Sonnenhalbmesser wegen schon geschehenen Eintritt oder noch
nicht erfolgten Austritt des Mondrandes zu vermindern sei, ist schwer zu
Mathem. Klasse. 18201821, N
98”- Tralles
bestimmen. Das Ende wird gewöhnlich für sicherer gehalten als der’ Anfang,
dagegen läfst sich jedoch bemerken, dafs man für jenes’gar'nicht mehr weils
wie viel gefehlt wird wenn es einmal vorbei ist, unterdessen für diesen der
gesehene oder sichtbarer werdende Mondrand dem Fehlen Gränzen setzt.
Um bestimmt angeben zu können, wie viel der Beobachtung für den
Anfang oder das Ende einer Finsternifs fehle, müfste der Beobachter selbst
beuriheilen, wie tief der Mond im Sonnenrande sei. Dies ist im Winkel-
mals viel sicherer als in Zeitschätzung. Die Tiefe des Eindrucks aber ist '
auch nicht leicht zu schätzen, bequemer scheint es diesen aus der Bemerkung
der Länge des Eindrucks im Moment wo man: denselben gewahr wird oder
noch unterscheiden kann, am Rande abzuleiten. Ein’Beobachter, mit seinem
Fernrohre bekannt, wird wohl ohne Mikrometer beurtheilen können, wie
grols in demselben der Werth einer Bogenminute erscheinen müfste. Wird
die Länge des Abschnittes an dem Sonnenrand gleich einer Minute geschätzt,
so ist der Rand des Mondes nur eine Sekunde innerhalb der Sonne, also 4 Se-
kunden tief bei zwei Minuten Abschnittslänge; zwischen jenem und die-
sem fallen vielleicht die meisten Beobachtungen dieser Art, für welche
man die Momente des Anfanges oder des Endes als gut und bestimmt ge-
sehen annimmt. Nün ist freilich diese Art der Beurtheilung nichts anders
als eine ohngefähre Schätzung an die Stelle der bekannten guten Methode _
der anfänglichen Chordenmessung mittelst des Heliometers gesetzt. Allein
man hat bei Anwendung: von diesem die nicht vortheilhafte Gewohnheit bei-
behalten, den Anfang und das Ende besonders beobachten zu wollen, unter-
dessen die ersten vortheilhaftesten Momente jenes weit vorzuziehenden Mit-
tels verloren gehen. Es scheint daher viel besser um den wirklichen Anfang
und das Ende 'nur in sc fern besorgt zu sein, als es erforderlich ist um.
möglichst bald hernach oder zuvor eine Chordenmessung mit zugehöriger
Zeit zu erhalten, wie wenig genau jene Messung auch sein mag, so- sehr,
dals sie in eine blofse Schätzung übergehen dürfte, wenn es sehr schwer
wäre, in jedem Fernrohre irgend etwas hineinzubringen und gegen die zu
_ beachtende Stelle des Sonnenrandes zu stellen, woran sich durch Verglei-
chung erkennen liefse, wenn die gesehene Chorde ı, 2 oder 3 Minuten Gröfse _
erreicht oder noch hat. Mit Heliometer, besonders bei parallaktischer Auf-
stellung, kömmt der Beobachter, der es benutzen kann und sich dazu ge-
hörig vorbereitet, am bequemsten zu seinen Zwecken. Aber durch ein blo- ö
fses gut aufgestelltes Fernrohr mit drei parallelen feinen Fäden, = und 5Mi-
.
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7.Sept. 1820. 99
nüten von einander beiläufig entfernt und in erforderlicher Richtung gestellt,
dürfte es nicht schwer. sein, bis auf die gröfsern Bruchthäile, einer Minute,
das Verhältnis der 'Chorde zu dem Faden - Intervall zwischen oder .ne-
ben welchen sie die tägliche Bewegung führt, zu erkennen. Spätere Mes-
sungen der Chorden hingegen erfordern, wenn sie einige Brauchbarkeit ha-
ben sollen, scharfe "mikrometrische Beobachtungen.
Wenn ich 'mir erlaubt habe, beiläufige Bemerkungen zu machen,
dienicht allernächst zur Rechenschaft der wirklich von mir angestellten
Beobachtungen :gehören, so geschieht dies zwar nicht, weil ich sie insge-
sammt neu glaube, sondern weil sie wohl mehr als geschieht, Berücksichti-
gung verdienen möchten. Ueber Lichterscheinung am Mondrande habe ich
mehrere Bemerkungen theils aus den frühern ähnlichen Finsternissen, theils
aus dieser, um nicht zu weitläuftig zu werden, zur Bestätigung meiner An-
sicht nicht anführen wollen. Beobachter, welche bei dieser letzten Finster-
‚nifs versichern, Nichts auf eine Mondatmosphäre hindeutendes bemerkt zu
haben, bezeugen doch auch einen im Mond gesehenen Lichtbogen. Dieser
„aber ist es eben, ‘der auf die Atmosphäre deutet und nur sehr unwahr-
scheinlich einer Lichtbeugung zugeschrieben werden kann.
/
- III. f ;
Bestimmung der geographischen Breite des
Beobachtungsortes zu Cuxhaven.
Da der Beobachtung einer Finsternifs ohne eine ziemliche genaue Brei-
tenangabe des Ortes, wo sie angestellt ist, eine wesentlich erforderliche Be-
stimmungsgrölse zu vollständiger Benutzung fehlt, so war alles daran gele-
gen, diese so gut nur möglich zu erhalten. Bei der Unbrauchbarkeit des
‚dazu bestimmten Instruments, mulste auch hier der Sextant zureichend wer-
den, mit welchem denn auch täglich Höhen der Sonnen um die Mittags-
zeit, so wie auch Sternhöhen gesommen sind, so viele als es Umstände und
Witterung erlaubten. In der Voraussetzung, es werde sich in einem be-
deutenden MagaZin von englischen physikalischen und mathematischen In-
_ strumenten zu Hamburg ein Englefieldsches Barometer vorfinden, wollte
ich von Berlin keines vielleicht zerbrochen dahin bringen, allein zu mei-
ner Verwunderung kannte der mit den mannigfaltigen Instrumenten sciner
Na
g
300 r Tralles
Niederlage keinesweges unbekannte Inhaber dieses bequeme Barometer auch
nicht den Namen nach. Allein durch den Herrn Wasserbau-Direktor
Woltman unterrichtet, dals die während seines Aufenthaltes in Cuxha-
ven von ihm angestellte Reihe schätzbarer atmosphärischer Beobachtun-
gen fortgesetzt und mir durch seine freundschaftliche Vermittelung, wel-
cher ich in Cuxhaven mehreres zur Beförderung meines Zweckes verdanke,
mitgetheilt werden sollten, konnte ich das Barometer entbehren.
Ich stelle hier sogleich die zu den Tagen durt angestellter astrono-
mischer Beobachtungen gehörigen Stände des Barometers und, Thermometers
zusammen. Das Barometer, von Herrn Repsold verfertigt, in einem Zim-
mer, ohngefähr ı2 Fufs über der Meeresfläche, ist mit meinem Beobach-
tungsort in gleicher Höhe. Die Temperatur desselben ist nicht bemerkt,
kann aber nur wenig von 14°. Reaumür abweichen. Die grolse: Genauig-
keit der Cörrection der Refraktionen nach der atmosphärischen Verände--
sung geht überdem über die der Beobachtungen hinaus, Zu Cuxhaven wird
überdem täglich die Temperatur des Meerwassers beobachtet und zur Be-
rücksichtigung der Personen, welche dort das Seebad nehmen, im Versamm-.
lungszimmer angeschrieben. . Diese Beobachtungen können nützlich wer-
den, und es wäre wohl wünschenswerth, dafs auf den dort, sowohl vor
dem Hafen als weiter hinaus im Meere, bei der sogenannten rothen Tonne,
stets hesenden Wachtschiffen sich Thermometer befänden, geeignet um die
gröfsten und kleinsten Temperaturen des Meeres täglich wahrzunehmen.
Stand des Barometers und Thermometers zw Cuxhaven.
4 Barometer.| Thermometer.
2820 Sept:| uNM. |GuvM. | 2 N EA K
2 50,02 10,8 ö
Lo 29,91 10,5.
4: 29,97. | 10,5
5 30,09 zı;?
6. 50,07 11,2
7. 30,1% 21,8 |
8 30,17 ‘8,5
9. 50,5# 98
10. 50,20 | 10,2
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am7.Sept. 1820. ı01
Die Skale des Thermometers ist die-gotheilige. Es hing im Freien
-gegen Norden im Schatten. Die Skale des Barometers ist nach englischen
Zollen. Temperaturen sind.überdem bei den Beobachtungen auch noch be-
sonders bemerkt worden. ;
Beobachtete Sonnenhöhen für die Bestimmung der Breite,
Sonnenhöhen um Mittag am 4ten September.
Anzeigen
des Chronometers | des Sextanten. Berechnete Breite.
xT 45” 10°M|86° 54° 3z0”| 53° 55° ı%
50. 49 n 57. 10. 51. 49
55: ı6 WI85. 67. 50 52. 27
63. 50 UI86. 0. 50? 52. 26
©. 8 22 V|86. 0. 50 52%. 55
10. 49 W|86. 2 .0 37
12. 52 YI85. 58. 50 52. 350
14. 370 87. > Fe + 52. 19
19. 52 M/86. 54 20 52. 29
>. 22. 51 M|56.. 48. 10 52: = SL
N Der Chronometer zeigte im wahren Mittage Kr 49 57',5-
Die Temperatur während den Beobachtungen war 65° F. Der zu
den Berechnungen gebrauchte Indexfehler. wurde aus folgenden zwei Mes-
sungen des Sonnendurchmessers
im Bogen beobachtet + zı 5 ns + 50’ 50”
aulser dem Bogen „ — 32. 40 fu hr SE 32. 40
zu — 0’ 51”,e angenommen, welche also von den Ablesungen des Sextanten
zu subtrahiren, also denselben 51",0 zuzusetzen sind.
Das Mittel aus allen in der 5ten Columne den Beobachtungen zuge-
fügten Resultaten giebt des Beobachtungsortes zu Cuxhaven
Breite = 55° 52’ 28”,2.
In der ersten Beobachtung steht die doppelte Höhe zu 54. angegeben, ein
Schreibfehler der unbedenklich durch 86° 44° 30” corrigirt ist. Läfst man
dasselbe Resultat weg, so geben die übrigen die Breite — 53° 52’ 20',8,
EN Er Trasse
Sonnenhöhen um Mittag am 5ten Scptember. _
Anzeigen j r |
des Chronometers Ides Sextanten. Berechnete Breite.
xt 56" 1 M|86° 17° 35) 553% 58° 55”
iR: 3 19. 50 52. 16
7 o. 51 21. 40 52. 00
2... 16°. 22. 0 > Due 2 .
5. 9W]85-.: 19. 50 51. 39.°
8. 2 18. 10). 52. :00
10. 235 „16. 45 52. 7
18. ,.30 14. 45 52. aı »
15. 10 15. 10 51. 49
r i8. 49 8. 506 51... ‘36
20. 5 © | 86. 8. 50 RE
‚25. 44 ae De 3) 52. 55 e
26...2ı l8>. 57. 50 51. 57 E 7
Der Chronometer zeigt im Mittage 0" 44” o".
Das Thermometer 70° F. j
Die Verbesserung‘ der Sextantenanzeige wie am ten.
Das Mittel aller Resultate giebt
die Breite = 53° 52’ 5",4.
Da* erste und vorletzte ausgeschlossen werden die übrigen vom Mittel viel
weniger abweichend, welches dann sein wird 55° 51’ 58",2, stimmt aber
dagegen minder mit dem am 4ten erhaltenen Resultat überein. |
Sonnenhöhen um Mittag den 6ten September.
Anzeigen g
„Berechnete Breite.
des Chronometers] des Sextanten. „e
XI ge" 56m |85° 29 50" a.| 55° 5 AB
56 54 55. ı5. b. 52. 51
59. .15 54. 40.8, 52. 53
0. 1 Ar 55. 20, b. 53:5
BSN2Iosd 36. ..25. a, 52. 58
8 ai 54. 20. b. 55... 18
10. 04 & 184. 30. 20,b.|” 52. 55
18. 56 29. 10.4. 52, 58
14. 35 a7 sb. 52. 59,
17. 26 24. 20. &. 52. ı20
Le Fe N 19. 40. b. H04., 20 r
22. 57 16. ı0, a. 52. 12
26. 16 7 TE TATRA NE
ö
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820. 105
Der Chronometer zeigt im wahren Mittage o* 4” 31',0.
Das Thermometer 71° Fahr.
\ Die Verbesserung der Sextantenanzeige, als am sten, da derselbe ın
nichts geändert worden war.
An diesem Tage ist die bei der Zeitbestimmung gedachte Vorsicht
‘auch bei diesen Mittagshöhen angewandt und bei jeder folgenden die Li-
belle in entgegengesetzte Lage auf den Horizont gestellt worden, obwohl;
‚ wie die Resultate ergeben, sie an sich wohl nicht schlecht corrigirt zu sein
scheint. Indessen sind die Resultate nur paarweise zu nehmen, und sie ge-
ben, nach den beiden Sonnenrändern &
B aus dem obern, aus dem untern
die Breite = 53° 5. 49" ° 53° 52 45,5
Est: 29,5 2
u m 58 - 25.
Also-im Mittel 55° 52° 55,5 und 53° 50’ 33",e
Die letzte der Beobachtungen, welche allein 53° 52’ zı',2 giebt, ıst
über Wasser gemacht und von den Fehlern wenigstens, welche dem Glasho-
Tizont angehören mögen, frei. Dafs die Beobachtungen dieses Tages 50 be-
deutend von denen der vorherigen abweichen und wenig unter sich zusam-
menstimmen, ist bei der darauf verwandten Vorsicht auffallend, und da sie
nicht sogleich in Rechnung gengmmen werden konnten, wurden sie an Oft
und Stelle für gut gehalten. Dem Horizont mufs aufirgend eine Weise von
diesen Verschiedenheiten der gröfste Theil zur Last fallen, vielleicht weicht
derselbe in einer Richtung anders als in einer andern von einer Ebene ab, dals
es also darauf ankömmt, welche grade gegen die Sonue gerichtet;ist. Es ist so
selbst möglich, dafs die Kurve in dieser so beschaffen ist, dafs wenn die Platte
im Azimuth um zwei rechte Winkel gedreht wird, die Füfse der Libelle
also auf dieselben Punkte zu stehen kommen, man grade in der einen Lage
die Winkel um so viel zu grofs als in der entgegengesetzten zu klein findet.
Es läfst sich selbst dies als ein gutes Mittel zu der Erprobung eines Glas-
horizonts mit anwenden. Nähme man an, der Zufall hätte grade statt ge-
habt, die Resultate am Stern mit denen am 6ten in entgegengesetzter Lage
(des Horizonts zu geben, so würde das Mittel am 6ten gleich 53° 52 44,3
mit dem vom sten vereinigt, also 53° 50“ oı”,o das richtige sein können.
Dies stimmt zwar mit dem am 4ten erhaltenen Resultat, welches also für
sich eine vortheilhaftere Lage des Horizontes voraussetzt, Auf solch ein
104 TER Tr ale. or
glückliches Zusammentreffen Jäfst sich aber kein Vertrauen. ‚setzen, obgleicli
nichts anderes zu thun übrig bliebe als sich an dieses Mittel zu Haan:
wenn keine ferneren Beobachtungen vorhanden wären, !
Obgleich das Wasser am Gten bereit stand, um auf dessen Spiegel Höhen
zu nehmen, so war doch die letzte,,wo die Sonne’schon bedeutend vom Mittage
entfernt‘ war, die einzige, welche Zufibewegungen zu nehmen BeStnLKERRF
Sonnenhöhen'um Mittag den 7ten- September.
see er „| Berechnete Breite i
‚der Pendelnhr | des Sextanten. | r X N;
ERLERIEEIITECÄITET ESEL ITDPENSIZBRTEUSIERRERE
um | zz] 8. 1”
& 5a Qu vınhgı 20 ES NE DEE EN (d
- 54 7 4b... 0 52.29
2 6. 0 49...825 58. "18 E
59.58 50. 45 5 12
on. 4 52. 0 52. ı
4: 52. 50 52: 5
r 5. 45 2. -15 se 17
74 29 W}85%. 48. 50 EZERNIG
ge 088 47: 60 52. 20
au. IE 46, 655 62% 21
128,59 44. 50 \ 52. 55:
15." 57 "bie. 0 52. 2
z 17. 50 At 50 52. 35
19: 38 59. 20 RAR Gl
20: 149 56. 30 52. 28
Die Pendeluhr zeigte im Mittage 0° 6’ 0%.
Mittel aller Beobachtungsresultate gg ge’ 19"
und mit Weglassung des grölsten 553. 52. ım.
Zu diesen Beobachtungen ist nicht der Glashorizont, sondern reihe
Quecksilber gebraucht. Die Luft war nicht klar, doch schien die Sonne
hell genug durch die Wolken um die Bilder zu sehen. Die angewandte
Indexverbesserung ist + 50”. Der kleine Spiegel des Sextanten ist am 6ten
Abends auf Sterne untersucht und berührt worden, um ihn genauer dem
grolsen parallel zu bringen, dies schien den Fehler des Index nicht verän-
dert zu haben. Doch lassen Sterne keine hinlänglich scharfe Bestimmung 5
desselben zu. Eine’ Beobachtung am “ten, während der Finsternifs, scheint
; da-
vor der ninefördiggen Sonnenfinsternifs am 7.Sept.ı820, 105
dafür zu sprechen, dals sich derselbe erhalten habe. Kleiner als 50” kann
er nicht ANGEROMIER werden, da zufolge der Beobachtungen am Tage her-
nach 63”, ‚3 gefunden ist, obwohl bis dahin sorgfältig gegen Blender ver-
wahrt, Es scheinen mir diese Unterschiede ein Schwanken in der Bestim-
mung zu sein, die nicht so sicher erhalten werden kann als zu wünschen
wäre, Die Ursache liegt nicht allein am Beobachter, sondern es scheint das
Instrument werde verschieden geändert durch die Sonnenstrahlen, welchen
‚ es während der Beobachtungen ausgesetzt ist. Die Uebereinstimmung der
Summe des auf beiden Seiten des Nullpunktes beobachteten Sonnenhalbmes-
ser mit dem wahren ist gewöhnlich sehr gut, beweiset aber nichts mehr,
als dafs der Indexfehler unter diesen Umständen der Beobachtung gut sei.
Denn wenn man in der Nacht auf denn Monde den Versuch wiederholt, so
stimmen die wiederholt gemessenen Diameter desselben auch gut zusammen,
aber der Indexfehler ist verschieden von dem am Tage gefundenen. Ob dies
bei jedem Instrument dieser Art der Fall sei, läfst sich in Frage stellen,
Wollte man für die heutigen Beobachtungen jenen Fehler der Anzeige von
63'353 anwenden, so würde das Resultat um 6,6 kleiner und die Breite .
53° sd 10” anzunehmen sein.
Sonnenhöhen um Mittag den Sten September,
Anzeigen
der Pendeluht | des Sextanten. ‘ Berechnete Breite.
11" 47°" Aatı|82° 46° 35"? |.55° 50’, 16"
1:3 Pd 52: 10? 524. ı9
BAR 1G IE 5%. 29
% 1055 185: Si 0 su 8
6 6 00 a ae Sa 7 76 £
& ıı wIes 2. 502 52 40
10. 53 8 5b 53. 38
15. 27M@1|84. 37. 40b} 52. 41
15.26 2. 20. a. 52%. 22
17. 29 M1|85 59 35 52. 58
19.57 |. 5%. 50 5%. 18
21:55 Be 20 52. 20
Die Pendeluhr zeigt im Mittage 0° 6”_1e*.
Das Thermometer zeigt 7ı° F,
Mathdm, Klasıe 150 = 1924 u o
106 ° SE TND EERANZEZRDRE
Die mittelsten: vier Beobachtungen: sind’ auf’ dem’ Glashorizont ange-
stellt,. für welche auch die Libellenbezeichnung a, b vorkömmt,. für die
übrigen vor- und nachher,. wo: diese Buchstaben fehlen, hat Quecksilber ge-
dient. Jener wurde gebraucht um die Genauigkeit der durch denselben er-
haltenen Resultate nachher bei der Berechnung vergleichen: und näher: beur-
theilen zu. können,, da nicht angenommen: wurde,. dals dessen Gestalt sehr
merklich unregelmäfsig, sei..
Für: die ersten Beobachtungen: war es: sehr trübe,. so dafs sich die
Berührung der Bilder nicht mit Bestimmtheit. wahrnehmen: liels; nachher
klärte es sich. etwas mehr. auf..
Des. Glashorizonts: Mittelresultate: aus: den: einzelnen. Rändern sind
nicht sehr abweichend; aus beiden: ist das Mittel 55° 52 85) 2.
Für. das Quecksilber hat man: die Mittel -
aus. dem: untern: Rande der Sonne 53° 52’ 20”,6
aus dem obern .. = 63. 52. 26,0.
Und. das- Mittel. aller Beobachtungen‘ auf dem Quecksilber giebt
53° 52’ 20”,6..
Dabei. ist die: Verbesserung: der Anzeige: des: Sextanten: noch zu 50"
angenommen; diese: 63",3. gesetzt, wie: sie: Nachmittags; gefunden, giebt
55° ge’ 16” für. die: Breite;.
Sonnenköhen-unm- Mittag‘ den: gten Sepienber.
Anzeigen:
der Pendeluhr: || des ren. . |Bereclinete Breite..
1" 57° 255% 0X Voss a
59. 16.. 10: |: 5%. 08
0%. O0. 16: 45 52%- ı0
2.. 17. 350 | 52. 16.
ds. 1% 5 |: 5 19.
5- 18. 32 | 5%.. 4
°8.. 18: 25?2|. BR...
20.. 20: 45?1) 53.. 19
21... 206, Art ' 52. 52
Y4.. 18.. 20? | 52.. 19
16.. 25.: 30 52. 34
18:. 1%. 20?| 53. 10
20: 22. 80 | 52. 22° i
2. 8. 40 | se: ı8
23:. 6:.- 40: 2 52... 22
25:- ol 52: 19
|
von der ringförmigen Sonnenfinsternifs am7.Sept.ı820. 107
Die Pendeluhr zeigt im Mittage, 0" 6” 26',8.,
Das Thermometer 71° Fahr.
Alle Beobachtungen sind auf anbedecktem Quecksilber gemacht. Bei
denjenigen, welche ein Fragezeichen bei sich haben, war es windig und das
Bild im Spiegel etwas undeutlich. Die'Sonne schien so helle, dafs dunklere
Vorschlaggläser als gewöhnlich gebraucht werden mufsten, 'mit deren be-
. sonders bestimmter Verbesserung der Sextantenanzeige + 58”,, die Resul-
tate berechnet sind, deren Mittel, die eine .der fraglichen für ıg" 21° ausge:
lassen, giebt die Breite = 53° 52' 15',2.
‘Sonnenhöhen-um Mittag den ıoten September,
Anzeigen
= der Pendeluhr | des Sextanten. 8 erechnete Breite.
5 ı
17" som ar’, gı° 26 55'8. 53° 52 29
58. 18 29. 25.b. 52. ıı
he Sl 31. 55.2 5: 0
3: 56 32: 40.b. ag
6. 47.182. .56 o.b. 52. 23 ..
8. 56 55. 5a 52. 41
10. 56 35. 15.5. 52.14
15. 44 52. 10... 54-5
Die Pendeluhr zeigt im Mittage o“ 6” 41',8»
Das Thermometer 68° F,
Quecksilber war :an diesem Tage nicht anwendbar, der Glächorizont
mulste gewählt werden. Es war ziemlich trübe, und nach der letzten Beob-
achtung war die Sonne zu bewölkt, um fortzufahren. Die Berechnung ist
. mit dem früher schon für die angewandten Blendgläser bestimmten az:
fehler von 63,3 geführt, und giebt im Mittel (die Breite gleich 53° 52’ 15',9.
Die bisher gefundenen Resultate ergeben ‚also aus den Sonnenhöhen,
mit dem Glashorizont genommen, die Breite
am 4ten September . . 53° 52’ 2ı
= .5ten =, Wr .00. 55. 51. 58
Bi rien. nn see
N - 8ten »- .- 1 8..53:.52% 35
r“ srhroten Wut nn. ‚53- 16%, ı6
Mittel . 153° 52' 23.
208. Tralles:
Aus den Beobachtungen: über Quecksilber folgt
am 7ten September „ .„ 55° 52’ ı7"
=. Steam. 7 Wie AT, 53..52: 16
- gen - = . . 53.52. 15'
Mittel „ „55° gof:16". >
Die gröfsere Uebereinstimmung der Resultate aus einzelnen Sonnen.
höhen bei den Beobachtungen mit Quecksilber, und die der Mittelresultate
für einzelne Tage entscheiden für die Annahme des letztern ohne Zuziehung
des durch den Glashorizont erhaltenen, bei welchem sich der mannigfaltigen
Beobachtungen ohnerachtet doch durch den Zufall die Fehler nicht aufgeho-
ben haben,. welche beim Gebrauch des Quecksilbers nicht statt finden, diesem
also eine gröfsere Sicherheit gewähren. Es ist aber bei den Beobachtungen
am 7ten September schon. bemerkt, dafs man wohl den Indexfehler nach spä-
terer Bestimmung schon so annehmen könne, dafs. man für die an diesem
Tage gefundene Breits nur 53° 52 10” erhält, MORLE HR. das Mittel der Son- -
menbeobachtungen um 2” kleiner wird, also 55° 52’ 15” als Endresultat der
Sonnenbeobachtungen. anzunehmen. wäre..
Beobachtete Sternhöhen für die Bestimmung der Breite,
Man: hat Beobachtungen. von Sternhöhen vermittelst des Sextanten
für unsicher gehalten, und nicht empfelilen wollen; bei dem besonders ehe- .
mals gewöhnlicheren Gebrauch dieses Instruments zu Breitenbestimmungen
auf Reisen findet man auch nicht leicht, dals Sterne benutzt worden wären,
In der That hat man eine gröfsere Schärfe bei der Berührung der Sonnenrän-
der, wo zwei Linien an einander weggleiten, welches nicht so augenblick-
lich geschieht, als zwei Punkte durcheinander schwingen, indem das Instru«»
ment doch nicht fest genug in der Hand gehalten werden kann, nm beide
Sternbilder an einer Stelle 'im Fernrohr zu erhalten, und es also’ vortheil-
hafter scheint, freiwillig in entgegengesetzten Ricktungen um das Fernrohr
als /Axe eine Drehung zu unterhalten, um die Richtunf der Bewegung des
einen Bildes gegen das andere zur Beurtheilung ihrer. gegenseitigen Deckung
im Momente des Zusammenkommens mit“zu benutzen. Bei der Sonne tritt
aber aufser der weit sicherer herbeizuführenden Berührung der Ränder der
bedeutende Vortheil ein,. dafs die Beobachtungen entgegengesetzter Ränder
einen. einseitigen beständigen Fehler nickt. begünstigen, indem „ wenn durch
_
vonder ringförmigen Sonnenfinsterni/s amn.Sept. 1820. 109
Gewohnheit oder zufällige Umstände die Ränder statt sich zu berühren ent-
weder aufser einander oder in einander gehalten werden, dieses der grölsten
Wahrscheinlichkeit nach bei beiden auf dieselbe Weise geschieht, mithin
dieser Fehler im Mittelresultate sich aufhebt. Der Vortheil des Tageslichts
ist überdem auf Seite der Sonnenbeobachtungen, welches dann auch die Her
beiführung der Berührung im Fernrohr in einer der Ebene des Instrumentes
parallelen Linie erleichtert, Doch ist der Fehler, den Abweichung von die-
ser hervorbringt, bei dem kleinen Felde eines stark vergrölsernden Fernroh-
res nicht sehr zu fürchten, und es ist möglich ihn zu. beseitigen durch eine
schiefe Lichterleuchtung der Spiegelfläche. Diesem allen ohngeachtet habe
ich doch nie geglaubt, dafs die Beobachtungen der Sterne zu vernachläfsigen
seien, besonders auf Reisen, weil doch durch die matmigfaltigeren Beobach-
tungen, die sie gestatten, eine verlorne Mittagsbeobachtung ersetzt wird und
- das Resultat aller, wenn nicht schärfer doch sicherer zu erhalten möglich ist,
besonders wenn erwogen wird, dafs Sonnenbeobachtungen weniger Tage auch
auf einen wenig veränderlichen Winkel beruhen und daher alle die Fehler
in sich vereiniget enthalten, die das Instrument für denselben haben kann,
-. es sei denn dem Beobachter so vollkommen bekannt, dafs diese unschädlich
gemacht werden können, Diese aber geben sich von selbst zw erkennen,
_ wenn neben. der Sonne Sterne in andern Meridianhöhen beobachtet sind, in
so fern sie die bei: diesen mögliche geringere Genauigkeit im Beobachten
überschreiten. Am. zweckmälsigsten ist es, Sterne in: der nördlichen Meri-
dianhälfte zu wählen; gehen diese mit der Sonne in beinahe gleicher Höhe
durch den Meridian, so fallen die Fehler des Instruments durch die Yerein-
gung des-Sonnen- und Sternresultats ganz weg, und es bleibt nur der Nach-
theil der an sich gezingeren. Genauigkeit von diesem zur Hälfte noch übrig,
doch, falls Sonne und Stern ohne Vorschlaggläser beobachtet sind, mit dem
Gewinn der Beseitigung des möglichen Fehlers in der. Bestimmung | des Null-
punktes. Ich habe daher schon vor mehr als 25 Jahren eine Veranlassung be-
"nutzt, in. den Schriften der ökonomischen Gesellschaft zu Bern
die Beobachtung des Polarsterns besonders zu empfehlen, und gezeigt wie
sich aus seiner Höhenbeobachtung zu jeder Zeit dessen Meridianhöhe und
mithin die Breite mit Schärfe ergebe. Meine Methode in Cuxhaven nicht
unangewendet zw- lassen, schien mir sehr ratlisam. Alleim da alles, was
oben zum Vortheil der Sonnenbeobachtungen angeführt ist, sich auch durch
Sterne: erhalten. läfst, wenn. man deren zwei, einen in der südlichen,, den
z
110 9 Traliles
andern in der nördlichen Meridianhälfte beobachtet, so vereinigte ich mit
dem Polarstern noch .den hellen Stern im Adler, um auf diese Weise ein blols
aus den Sternen hervorgehendes Resultat zu erhalten, welches ganz unab-
hängig von .den aus Sonnembeobachtungen, ‚gefolgerten -diesen keinen Vorzug
lassen sollte. : a
Höhen von « des Adlers den ten September.
Anzeigen
der Pendeluhr | des Sextanten.
Berechnete
Breite.
8“ 50” z0'|88° 58° 30/|50° 52‘. 22’
54 53. 20 52. 34
Die Beobachtungen sind bei einer Temperatur von 55° F. angestellt
und mit.der Annahme der: Toren der Sextantenanzeige + 60” berechnet,
das Mittel giebt die Breite 55 © 502 08.
Da die Beobachtungen ‚erst nach dem Durchgange des Sterns durch
den Meridian unternommen waren, so wurden sie diesen Abend nicht wei-
ter fortgesetzt.
"Höhen des Polarsterns am ten ‘September,
Anzeigen |. Berechnete
des Chronometers | des Sextanten. \ Breite.
IX" 50% 50° [109° 27° 30” 53° 51 28
5% 30° 20. 850 51. 36
58. 25 24. 30 51.757
X "3.18 27. 730 4 51..:87
15: 46 RER N 51.. 36
20. 51 40. 30 51. 44
27. 25 44. 50 51. 55
31 20 48. 15 51. 58
55. 54 50. 59 51. 45 x
59- 355 53. 40 51. 55
48: .ı6 110. O0. o 52. 15
52. . 44 2. 185 51. 657
56. 40 Ale 2a 52. ı2
XL 1,24 8 RE: 52: 15
15. ‚40 15. ‘o 52: 4 -
. Die Höhen. des‘Polsterns wurden in einem andern Zimmer genom-
men, doch nur etwa 20 Fuls nördlich vom Standpunkte der südlichen Beob-
achtungen. Da aber die Pendeluhr doch nicht unmittelbar abgesehen werden _
konnte, so war es bequemer die Beobachtungszeiten am Chronometer zu neh-
men, nach dessen Angaben durch die oben gegebene Vergleichung auf die
von der ringförmigen Sonnenfinsternifs am 7. SepE. 1820; iıı
© Pendeluhr bezogen, die Stundenwinkel des Sterns aus der scheinbaren graden
Aufsteigung desselben und’ der an den Uhren bekannten Sonnenzeit bereehnet
sind. Die Stellung beim Beobachten war ungewohnt und unbequem, weswe--
. gen. vielleicht: die Beobachtungen nicht gut übereinstimmen, auch: war der
Stern zuweilen wenig sichtlich, das Quecksilber oft etwas unruhig; allein-
unsicher, ob ein anderer Abend besser oder auch nur klar sein: würde, muls--
ten die Beobachtungen, wie sie zu erhalten waren, genommen werden, da
an denen auf der Nordseite des Meridians doch am meisten gelegen war.
Das Mittel aller ebenfalls mit der Verbesserung, von -+ 60” berechne-
ten Beobachtungen ist 53°-51' 51.
Wird nun. dieses mit dem aus & des Adlers verbunden, so erhält man unab--
hängig vom Fehler des Index im Mittel sun beiden: die Breite
53° 52’ 9',5- 2
Nur ist die Zahl der Beobachtungen: für die Südseite des Meridians so ge-
ringe, dafs in der Voraussetzung, die Beobachtungen seien nicht sicherer als
ein einzelnes Paar auf der nördlichen Seite, dies Endresultat kein grolses
Zutrauen: haben: kann. Wenn ich gleich dafür: hielt,. jene. Beobachtungen
haben: keine aulserordentlichen: Fehler, widrigenfalls die Beobachtungen un-
geachtet der Zunahme: des: Stundenwinkels doch fortgesetzt sein: würden,.
so war doch der folgende: Abend: sehr erwünscht klar und stille,. und er--
laubte an jeder Seite des Meridians eine hinlängliche Zahl von Beobachtungen..
Höhen‘ von a: des Adlers- den gtemr September:
Ämgeigen ' \ Berechnete-
der Pendeluhr'|'des Sextanten. || _ Breite:.
8" ıg" 17° |88° 48° 50"|55% 52° 9"
23. 14 | 54: 20 52: 47
25: 39 57. 40 52: 31
27:- 32 |89..- ©. 20 52% 11
30. or] 2: 10 5-5
32 50 5 10 5% 53
54- ı0 4. 10 52. 27
36. ı 4: ı0 52, 36
37- 50 |' 4 20 52: 28
Be He 20 52: 45
Au 44 3: 10 52: ı9
43. 23 2» oh 52 24
45: 536 . ©. 20 52: 17
47: 28 [88. 59: 0 52. 27
50.4 4 50 52. 19
ii? ;; ' Tralles
nu
Die PROTONEN war im Mittel des ganzen Abends 55° FE. Die Be-
zechnung ist in der vorigen Annahme von + 60 für die Anzeigeverbesse-
‚zung geführt und das Mittel für die Breite aus allen Bechanhiuugen ist
53° 52 28,2.
Dippe man sie nach Kay Ordnung je vier zusammen, : so sind die Mit-
tel 83° 52’ ads; 32,75 293 26,75 so dafs es scheint man habe keine Ur-
sache vom allgemeinen Mittel abzugehen, da es von jedem dieser einzelnen
nur 'wenig abweicht und mit dem des vorhergehenden Abends ganz über-
einstinumt. ’
Höhen des Polarsterns den gten September,
Anzeigen Berechnete i
des Chronometers | des Sextanten. Breite,
IX“ 109° 7° 10° |55° 5 9
+ 10. 20 Bra RRE
15. o Hari >
15. 40 51. .55 RR
29. | 55 51. 41 S
22. 40 Sl. 55
26. 20 51. 52
x 28. 45: 51. 68
32. 20 51.454
35: 15 51. 59
"58. ı5 52.6
39. 25 52.57
41 40 51. 51
44 20 52. 5
46. {6} 52. 5
48. 5 52. 4
50. 20 ur 7
51. 45 51. 48 ir
55. 0 5% 7
56 0; 8: 49:
149, ©. 0. 52. 9
h 2. 30 51. 49
4: 20 51. 4/8
6. 5 51. 50
xt. 10. 15 51. 56 Die
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s arm 7.SepE. 1820. 113
Die Resultate mit eben der Correction von + 60”, wie die varigon -
‚erhalten, geben nach der Ordnung. zu fünfen vereint dıe Mittelresultate:
05° v1’ 54°; 50’ >75 56',85 58",65 50,45
und das Mittel aller ist 55° 51 541. :
Dieses stinnmt mit jenen nahe genug überein, so dafs auch hier keine
Ursache vorhanden ist, von diesem Mittel abzugehen: Vereinigt man die °
‘kleinsten und die gröfsten Resultate der Mittel für fünf Beobachtungen des
Polsterns und für vier des Adlers, und die Mittel aller, so ergiebt sich als
kleinstes Resultat 5 I 4 n u
\ 5« 2.2 ‚5
z u
gröfstes Resultat 7 | 53° 51586
| + 55- 52. 38,7
53° 51° 54,1
+ 53. 52. 28,2
Auch das Resultat des vorhergehenden Abends ist von diesem wenig ver-
schieden, so dafs man dasselbe mit berücksichtigend dafür halten könnte
die Breite zu ‚53° 52’ ı0",5 angenommen, sei der Wahrheit sehr nahe. Dem
Indexfehler ist hier ausgewichen, da auch die Zwischenzeit von der Beob.
achtung eines Sterns zum andern gering genug ist, um die des zweiten als
Fortsetzung von Beobachtungen des ersten anzusehen; für beide sind die
Umstände wenig verschieden, da die etwas grölsere Schwierigkeit der Beob-
achtung des Polsterns durch die grölsere Anzahl ausgemittelt wird; die
Fehler der Theilung im Bogen und Vernier hebt gröfstentheils die dran
Mannigfaltigkeit der Beobachtungen veranlafste Berührung so _verschiede-
ner Beziehungstheilstriche beider. .Nur der Mittelunterschied der abso-
- Iuten Richtigkeit der Bogen um.89 und ı10 Grad der Eintheilung kömmt
noch inBetracht; achtet man diesen unbedeutend, so fällt es wohl auf, dafs
das erlangte Resultat doch noch 5" verschieden ist von den dreitägigen
unter sich gut übereinstimmenden Sonnenbeobachtungen auf Quecksilber.
Die im Calcul gebrauchten scheinbaren Sterndeklinationen beruhen auf den
sichersten Angaben, die Sonnendeklinationen aber sind aus den Ephemeri-
den genommen, allein jener Unterschied ist nicht diesen oder doch nicht
allein zuzuschreiben, sondern wirklich im Instrument oder den Beobach-
tungen zu suchen. Dieses wird offenbar durch die besonders aus jedem
Stern für sich gefolgerte Breiten, indem der. angenommene Fehler des In-
dex kein hypothetischer, sondern sehr nahe der wirklicheist, wie ihn der
Marhom, Klasse 1300- ıfaı. P
4
7
s = 85° 52° 74
ge N
Mittel - Resultat 2 ! = 53° .50' 117,1.
u
114 Tralles.
Sextant aus Beobachtungen ohne Vorschlaggläser angiebt. An-Ort und Stelle
wäre es nicht schwc= gewesen, noch etwa die Feliler von dem Spiegel der
Excentrizität und Theilung herrührend ganz zu Lescivigen Aurch Beobach- _
tung in Höhe wenig verschiedener Sterne in beiden Hällten des Meridian,
welche durch die um ı0 Grad verschiedene Höhe in den gewählten nicht
vollkommen gehoben sind; da aber der Fehler erst nach der Berechnung
sich offenbarte, so blieb nichts übrig als ihn auszumitteln, , Y,
Ein Mangel im Parallelismus der Flächen des grofsen Sextantenspie-
gels scheint jenen Fehler nicht, oder wenigstens nicht allein, hervorzubrin. _
gen, denn vor einigen Jahren schon war das Instrument in Rücksicht auf
diesen durch Meridian - Sonnenhöhen, wenn auch nur beiläufig geprüft.
Diese, um die Zeit der Sommersonnenwende genommen, wo die doppelten
beobachteten Winkel bis über ız2 Grad gingen, gaben aus einer. Höhe des
obern Sonnenrandes auf freies nicht sehr ruhiges Wasser, die Breite 52° zı' 13),
und am folgenden Tage ergab die Beobachtung des obern und untern Ran-
des vermittelst des Glashorizonts 52° zı’ 29” und 52° zı’ 13”, also im Mit-
tel die Breite des Beobachtungszimmers, 52° 51” ı8”.
. Nun ist, nach meinen mit: drei verschiedenen Kreisinstrumenten in
den Jahren 1805 und 1808 gemachten Beobachtungen, die Breite der hie-
sigen Sternwarte 52° 51’ 15',5, und dem zufolge ist die Breite für den
Standpunkt jener Beobachtungen in der Universität 52° zı"20",5.. Da nun
das mit dem Sextanten erhaltene Mittel-Resultat nicht 6" von der Wahr-
heit sich entfernte, so schien dies wenigstens nicht ganz zufällig, da selbst
das gröfste der einzelnen nur etwas über 15. abweicht, und daher ist dem
Spiegel kein leicht merklicher Fehler zuzutrauen, sonst wäre Anzunehmen,
dafs ihn entgegengesetzt wirkende Fehler der Excentrizität und Theilung _
ziemlich genau gehoben hätten.
Da mir mehr daran gelegen war, die Wirklichkeit und Gröfse des
noch den Beobachtungen zu Cuxhaven anhaftenden Fehlers als dessen Ur-
sache zu kennen und jene unabhängig von dieser bestimmbar ist, so stellte
ich dazu, so weit es nöthig schien, erforderliche Beobachtungen an. Diese
waren den dort gemachten ganz ähnlich, da der zu suchende Fehler durch
Beobachtungen in entgegengestzten Richtungen des Meridians im Unter-
schiede ihrer Resultate mehr wie verdoppelt erscheint, so ist-dieses Ver-
fahren auch besonders vortheilhaft.
.
von der ringförmigen Sonnenfinsternifs am 7. Sept. 1820. 115
Bald nach meiner Rückkunft wurden zuerst Beobachtungen der
Sonne um Mittag vermittelst des künstlichen Glashorizontes gemacht, um zn
ersehen, welches Zutrauen eine Beobachtung mit demselben ohngefähr ver-
dienen möchte, Vier Beobachtungen an einem Tage, zwei für jeden Son-
nenrand, ergaben am ııten October, die Libelle in entgegengesetzten Rich-
tungen angewandt,
Breite 52° zı’ 29” a.
31. 35.b.
51.45. b.
zu 40. er Be Dr #2
Mittel 3 ann a lay an.
Am folgenden Tag, wo die Libelle merklich unrichtiger stand, auch die flö.
hen der Sonne, deren Bilder nie scharf begränzt erschienen, zwischen Wol-
ken genommen sind, waren die Resultate aus den einzelnen Höhen für die
Breite 52° 51’ 45’ a.
} 52° 31 32”
Kuba 52° 31’ 20”
fo} . - ”
1,55. 8
ch 29 b. 52. 31. 12
51: 10. Be)i: ©,
go} 58 30-48
Mattel ua. che, 60 Fu 6.
Man könnte, die Polhöhe hier als unbekannt gedacht, geneigt sein,
die letzte Beobachtung als zu abweichend von allen übrigen auszuschliefsen,
‚dann gäbe das Mittel der o Tage die Breite = 52° zı' 26”
das Mittel aller 5 giebt . . . 52. 31. 18
Beide Kesultate sind gröfser als das oben angegebene wahre 52° 31’ 12, 5.
"Doch läfst sich nicht annehmen, dafs ein Fehler der Breite aus diesen Beob-
achtungen von einem fremden Ort über 15. gehen könne,
Die Sonnenbeobachtungen zu Cuxhaven entsprechen einem gröfßsern
beobachteten Winkel und können daher auf:ser dem vom Glashorizont. her-
rührenden Fehler den Unterschied der zweien verschiedenen Punkten des
Instruments zukommenden in .sich schliefsen, welcher jedoch, wie sich er-
geben wird, nicht merklich zu sein scheint. Sonnenbeobachtungen über
Quecksilber können in Berlin ‚wegen steter Erschütterung des Bodens zur
Mittagszeit nur in geräuschlosen Theilen der Stadt gerathen; jeder Versuch,
den ich bei mir anstellte, «war vergeblich. Doch Abends liefsen sich Au-
" Pa
16% ae
genblicke finden, wo es einigermalsen gelang, die wichtigern mit den Ster-
nen den Beobachtungen zu Cuxhaven ähnlich zu erhalten. An dreien Aben-
den wurden-Höhen von «-desAdlers genommen. Der Indexfehler des Sex-
tanten schien nach mehrern Versuchen noch. eben- der Gröfse und wurde
‚mithin auch gleich einer Minute angenommen, und damit ergab die Rech-
nung folgende Breiten aus den ‚einzelnen Höhen an jedem der mit I, IL II
' unterschiedenen Tage
1 1 FERN nu
52° zu’ an"; 520.31 20"; 52° zu 33"
RR \ 32 35
35 15 22 y
| a
25 ni
29
Mittel 50° zı1' 145 52° zu’ a4; 529 zı' 50,
Insgesammt neigen sich die Beobachtungen zu-einem zu grolsen Resultat,
und für den zweiten und dritten Abend, wo die Abweichungen der einzel-
nen Resultate vom Mittel am geringsten, ist die Abweichung von der
Wahrheit am stärksten, geht, von ı2 bis 18° und das. Mittelresultat aller
ı2 Beobachtungen 52° zı’ a2',g ist noch. 10" zu großs..
Mit unverändert erhaltenem Sextanten sind dann auch zweimal Cir-
annseihsken des Polsterns der obern Culmination genommen, da nichts ,
hinderte hier diese Zeiten zu wählen. Diese ergaben auch mit der Vergröfse-
rung von einer Minute der Sextantenanzeige für die doppelte Höhe, und aus
den einzelnen Beobachtungen der beiden Tage folgende Resultate für die Breite
I SEIT
62°. 57’ 9175 52° gu’ 7”.
29. 45 30. 56 Bun
30. 56 | 50. 56 n —
30. 22 50. 55 j
; aA ‚30. 49 30. 52
51. ı2 zı. 0 3
51. 2
Br
50. 52 {
31. © 2
Mittel 52%, 50 44 5; 529 50’ 58”.
von der ringförmigen Sonnenjinsterni/s am 7. Sept. 1829. 117
Die erste Beobachtungsreihe scheint nicht so gut als die zweite gewe-
sen zu sein, obwohl auch diese noch nicht bei ganz ruhigem Quecksilber
statt fand, da das ın demselben gesehene Sternbild öfter komdisnähnlich er-
schien, Beide Reihen aber geben die Polhöhe zu klein, und läfst man in
der ersten die Resultate der beiden anfänglichen Deobachtungen als zu sehr
vom Mittel abweichend weg, so wird das Mittel der vier übrigen 52° 30’ 50"
doch nur 6” gröfser als das von-allen insgesammt.
za Mittel der ı6 Beobachtungen des Polsterns ist 52° 30° 50" ‚8
welches ı9” zu klein ist. Verbindet man dieses mit dem Mittelresultat aller
Beobachtungen des hellen Sterns im Adler, so mufs, wenn keine mit dem
"Bogen veränderliche Fehler des Sextanten vorhanden-sind,
x$ 52° g0' 52”,8
ir 52. 31. 28,7
die wahre Breite sein, welches 5” kleiner als das wahre, Es scheint aber
sehr natürlich, bei den vorliegenden Resultaten, wenigstens die ersten bei-
den für den Polstern' auszuschliefsen und dann wird die Breite
2, Ks OR a A ra See
|, 52. 51. 22,7 | Sue ER
"Bleibt man hingegen bei den mit II für jeden Stern bezeichneten Reihen,
in welchen die bessere Uebereinstimmung herrscht, so wird die Breite
h 52° 51’ 24”
= (+ 52. 50. 58
Dieses letzte ist nur noch ı",; unter dem wahren Werth.
Es geht aus dieser prüfenden Vergleichung hervor, dafs das blolse
arithmetische Mittel der Meridianhöhen des Polsterns und des hellen im
‘Adler nach den Angaben des gebrauchten Instruments ein innerhalb 5” rich-
tiges Resultat giebt, dafs das Resultat der Breite in diesen Gränzen zu
klein sei, bei nicht schlecht geachteten Beobachtungen etwa ı',5. Es ist
daher nicht leicht möglich, den Unterschied der Fehler für die doppelten
Meridianhöhen des Polsterns und des Adlers auf der Eintheilung des Sex-
tanten, nach welcher er 6’ vielleicht sein könnte auszumitteln, und für den
vorliegenden Zweck - es auch ganz unnöthig, wenn das Resultat für die-
“sen nicht weiter als ı“,; von der Wahrheit abweichend zu betrachten ist.
Denn da in Cuxhaven die mit Sorgfalt beobachteten Höhen noch nicht
ız Grad von denen in Berlin verschieden sind, so wird es erlaubt sein, das
dort ähnlich erhaltene Resultat nur um die am sichersten scheinende klein-
=.53° 31° 747
==/63° 53° af
BR: j Tees
- ste Verbesserung ı“,5 zu vergrößern und die Breite 45° gt 1075 zu setzen,
wodurch zugleich am mindesten vom Resultat der Beobachtungen abge-
wichen wird.
Es ergiebt sich woh! aus den Beobacktangeils ä:fs das Instrument die
Höhenwinkel etwas zu klein anzeigt, wodurch aus Bsobachtungen gegen
Süden zu’ grolse und aus denen gegen Norden zu kleine Breiten erfolgen.
Indessen kann dieses als Fehler des Sextanten doch nicht sehr beträchtlich
sein und irgend ein beständiger Fehler mufs obwalten, welcher einen Un-
terschied von beiläufig 50” zwischen den beiderseitigen Resultaten hervor-
bringt, also müssen die einzelnen doppelten Höhen für die Sterne nach der
'Sextantenanzeige um-30” fehlerhaft gehalten werden, aber nicht für die
Sonne. Was diesen Irrthum verursachen könnte, wäre Fehler in der Be-
stimmung des Nullpunktes, falsche Ablesung der Sextantenanzeigen wegen
der Lichterleuchtung und eine irrig geschätzte Deckung beider Sternbil-
der. Um diese Fehler einzeln möglichst klein zu setzen, ist anzunehmen,
leiztere beide liegen stets in demselben, aber dem ersteren entgegengesetz-
ten Sinne, so dafs die Ablesungen der Beobachtungen eine pösitive Verbes
serung für jeden der Fehler einzeln genommen erhalten müssen.- Es ist
aber keiner dieser Punkte während den Beobachtungen so wohl in Cuxha-
ven als’ in Berlin unbedacht geblieben, und um gegen sie gesichert zu sein,
alle mögliche Vorsicht gebraucht worden. So ist z. B; keine Sternhöhe von
neuem genonımen ohne vorsätzlich die Schraube an der Alhidade zu ver-
rücken ad die Zusammenbringung der Bilder einmal ums andere am ge-
wöhnliehsten durch entgegengesetzte Schraubenbewegung bewerkstelliget
worden, um die unvermeidlichen Fehler doch auf beiden Seiten des wah-
ren Vereinigungspunktes zu bringen; doch scheint es, dafs in den Beobach-
tungen dieser Punkt nicht leicht überschritten, selten erreicht und meistens
ein Stern bedeutend vom andern entfernt geblieben ist, wahrscheinlich in ,
Folge einer irrigen Beurtheilung, etwa wie man beim Durchsehen durch
ein Fernrohr in der Schätzung, ob ein Punkt vertikal über einem andern
steht, einseitig irrt. Vielleicht könnte Wechsel der Augen beim Beobach-
ten diesen Fehler in Entgegensetzung bringen, welches ich noch nicht ver-
sucht habe. F
Es lässen sich zwar noch Ursachen dieser Abweichung in eigenthüm-
licher Beschaffenheit des Instrumentes finden, allein es würde der mit dem-
selben erreichbaren Genauigkeit im Endresultat doch nicht förderlich sein
7
von der ringförmigen Sonnenjinsierni/s am 7. Sept. 1820. 119
diese zu erörtcın, denn es mag mit dem gegen Süden und Norden beobach-
teten Sterne sich verhalten wie es wolle, nachdem einmal gezeigt worden,
dafs der Winkelunterschied einen nur sehr geringen Einflufs habe, fällt
der von allen übrigen Fehlern wegen entgegengesetzter Gleichheit weg.
Wären die Sonnenbeobachtungen in Berlin zuverläfsiger, um die Ab-
weichung von der wahren Polhöhe, welche sie geben, als bestimmter Gröfse
betrachten zn dürfen, so liefse sich auch eine nähernde Verbesserung der
Sonnenresultate in Cuxhaven erhalten, Denn man kann, abgeschen von der
erfurderlichen Verbesserung des Nullpunktes, annehmen, die noch nöthige
Verbesserung des Sextanten, um den wahren Winkel zu geben, sei eine aus
-Sinussen des zu messenden Winkels und unbestinımter Koeffizienten zusam-
m:ngesetzte Grölse, wo sich denn die Werthe der Koeffizienten durch Ver-
gleichung der-Beobachtungs-Resultate unter einander oder mit einem be-
‚stimmten finden lassen. Für jene sind die in Cuxhaven erhaltenen Sonnen-
beobachtungen zu Mittag nicht hinlärglich im Winkel verschieden, und für
diese die in Berlin erhaltenen, wie bemerkt, zu wenig sicher, und es hat
geschienen, es sei die noch übrige Ungewifsheit zu geringe, als dafs noch
- eine weitläuftige Untersuchung. der kleinen Fehler nöthig erachtet werden
könnte. Denn diese bei Seite gesetzt, folgt aus den Sonnenheobachtungen,
. dafs die Breite des Beobachtungsortes gesetzt werden könne 55° 59° 135”
' und das Mittel der Beobachtungen aus den Sternen giebt mit Berücksichti-
gung der gefundenen Correction 55° 52’ ı2”,5, so dafs dieses Resultat als
das endliche angenommen werden darf,
Länge des Beobachtungsortes.
- Für diese kann erst ein endliches Resultat sich ergeben, wenn die
vielfältigen Beobachtungen dieser Finsternifs mit denselben Elementen be-
rechnet nach den beobachteten Phasen und für die verschiedenen Orte ver-
glichen worden, deren Längenunterschied schärfer schon, als es durch ein
beobachtetes Phänomen geschehen kann, bestimmt ist. Allein der Zweck
ist hier nicht auf solche Berechnungen, sondern nur auf vollständige Mit-
theilung der an einem Orte angestellten Beobachtungen gerichtet, Es wird _
also genügen, die gefundene Zeit der Conjunction der Sonne und des Mon-
des für Cuxhaven ausdem Entstehen und Vergehen des Ringes, als den sicher-
steh Beobachtungen für die Bestimmung jenes Moments, geschlossen, mit den
Comjunctionszeiten, welche für einige Sternwarten schon hekannt geworden,
a ee ER
s $
zu vergleichen. Mit Berücksichtigung der von einigen Astronomen in den
von’ihren angestellten Berechnungen gefundenen Verbesserungen für die
Mondbreite und den Unterschied der Halbmesser der Gestirne ergiebt Bich
der Moment der Conjunktion zu Cuxhaven um a" o4”® 4ß%,o M.7. Herr
Dr.’ Walbeck, welcher in Hamburg schon, meine Beobachtungen erhielt
und berechnete, theilte mir bald hernach die Resultate der Berechnung, bei
seiner Durchreise in Berlin mit, nach welchen die Zeit der Zusammenkunft
aus der Ringbeobachtung 2" 24” 46°,5 folgt, wenn die Verbesserungen für die
Unterschiede der Breiten und Halbmesser der Gestirne ebenfalls in. Betrach-
tung gezogen werden, Mir ist aber nicht bekannt, welche Polhöhe Herr
Dr. Wulbeck bei seiner Berechnung angenommen hat, da er nur die cor-
respondirenden Beobachtungen über die. Zeitbestimmung. vor ‚Augen hatie,
aus welchen sich doch approximativ die Polhöhe ableiten läfst.
Wird die Zeit der Conjunktion 2” 24 46',9: für Cuxhaven mit „der
für einige Sternwarten bekannt gemachten verglichen, so folgt die Länge des
Beobachtungsortes zu Cuxhaven 25” _29’,6 östlich von Paris,
Pr}
& IV. 5
Breite und Länge des Leuchtthurms von Cuxhaven.
Die SEEN Lage dieses yerandche auch. der. Schiffahrt ER
gen Punktes ist hier wohl besonders zu bemerken, .da sie dürch die 3 Cux-
haven für die Sonnenfinsterni[s angestellten. Beobachtungen ziemlich genau
ausgemittelt werden kann. Unbekannt ist dieselbe freilich.keinesweges. In
dem von der Hamburgischen Gesellschaft, zur Verbreitung thathematischer
Kenntnisse rühmlichst befördertem Handbuche der Schiffahrtskunde,
vom Herrn Direktor Woltmann, wenn ich nicht irre, ausgearbeitet, ge-
ben die ae vollständigen nautischen Hülfstafeln für die Breite die-
ses Ehurmes 55° 53 und die Länge 8° 4 östlich’von Greenwich an. Na-
türlich. bleiben solche Tafeln bei der-ihrem Zwecke hinlänglichen Angabe
in ganzen Minuten stehen, sie setzen jedoch selbst die Kenntnils der genaue- -
ren Bestimmung voraus, um innerhalb einer Minute sicher zu sein und die
nächst wahre angeben zu können. ‚Der Thurm war von’ meinem Beoßach-
tungsort unsichtbar, obwohl nach angestellter Messung des dortigen Aufse-
hers. der Deich- und Hafenarbeiten nur 1857 Hambuzgische Fufs'in grader
\
von der ringförmigen Sonnenfinsternifs am 7. Sept. 1820. ıaı
Linie entfernt, um den scharfen Unterschied beider Punkte in Breite und
Länge zu haben wäre eine kleine Dreiecksverbindung nöthig gewesen. In-
dessen läfst sich die Beziehung beider Punkte auf einander stets, wenn es
nöthig erachtet wird, dort leicht finden, und da. doch ohngefähr die Lage
des Beobachtungsortes und dessen Azimuthrichtung- vom Leuchtthurm durch
einen, wenn gleich nicht. ganz klaren Sonnenuntergang in so fern zu erse-
“hen war, dafs meines Erachtens der- Breitenunterschied auf eine Bogense-
kunde, der Längenunterschied auf ein Zehntheil einer Zeitsekunde zuverlä-
[sig sich ergeben würden, so hielt ich dies für hinlänglich, Der Thurm
fand sich darnach und vermittelst der angegebenen Entfernung ı4’ nördli.
cher und ı',ı in Zeit östlicher als der Beobachtungsort. Demnach ist;
E die Breite des Leuchtthurms von Cuxhaven 53° 52‘ 26,5,
die Länge östlich von Paris . „2. „ 25" 50°7
oder 8° 42’ 51” östlich von Greenwich.
V.
Ueber die Reduktion der PEPHRRREUNGEn des
Polarsterns.
1) ö m nn
Dä die Methode, den Polstern zur Bestimmung der Breite in jedem
Zeitmoment benutzen zu können, auch mit den vollkommnern Kreis-In-
strumenten besonders scharf ist, und auch bei manchen Instrumenten mit
Beobachtungen von Sternen gegen Süden vortheilhaft verbunden werden
kann, so dürfte es hier nicht am unrechten Orte sein,' von den dazu er-
forderlichen Rechnungsformen zu handeln, da oben blofs die Resultate den
; Beobachtungen ohne Erörterung beigefügt sind. Obschon solche in den er-
_ wähnten. Schriften der ökonomischen Gesellschaft zu Bern, und in ei-
ner der Akademie ı804 vorgelegten Abhandlung über Berechnungen bei
. grofsen trigonometrischen Messungen, in welcher die Beobachtungen des
‚Polsterns aufser dem Meridian zu den Gradmessungen besonders empfoh-
len worden, vorkommen, erlaube ich mir doch aus letzterer einiges anzu-
führen. Es ist dort bemerkt, dafs, wenn den Stundenwinkeln des Polsterns
t, t' die Zenithentfernungen z, z "entsprechen, D die Polardistanz des Stexms
K die Polardistanz des Zeniths
Ira ee Kauf ac0s
Mathom Klasse, 1920-191. Q
122 ha N A 20 AP EP I SPAREN Bari
und demnächst “=; ist won she EUER III O
ge ze z k or ei, Pi >; K ö 4 a e ©:
sin u —n N ke z x
2 "w+7z a)
sın ————— r
sei, nemlich
de A e) | |
; |
sin D sin K. sin
sin ==k .
‚gesetzt. " Daher dein auch A EP TREIEE N.
2 —
Stang —— = —— N ii R
5 2: sin z @)
woraus a. a. O. gefolgert ist
2 —z EN.
tang ee ann (it ao?) — ..:(8)
2 sın Z.
Das Gesetz der Rh dieser Reihe zu EEE RL hat man
nur die Formel (2) als quadratische ‚Gleichung zw betrachten und in der
Auflösung, das eintretende Radikal zw: entwickeln, :
Die Formel (ı) ist sehr bequem, wenn die Beobachtung des Polsterns
mit einem Instrument geschieht, dessen Winkelangabe jedesmal nebst der
zugehörigen Zeit bekannt wird, wie'dies beim Sextanten. der Fall ist. Dann
kann man t so: wählen, dafs es um die-Mistelzeit aller Beobachtungen fällt,
welche die Zenithabstände . Erz, Zu Ze z, zZ... zw den Stundenwinkeln
enurt,t,t, TER geben.. Denn wenn man auch während einer gan-
zen Stunde beobachtet, so: hat manı doch nur, wenn t,,, e" " die erste
U2R
und. letzte Beobachtung, den Faktor sine
Er in k gleich sin 3°. 45’ also
wegen der Kleinheit, von k eine sehr: bequeme Rechnung, so dafs „ woferne
man nicht: bei: der: Formel selbst. stehen: bleiben und zu dem Sinus von
@)_
® T? zus den Tafeln den Bogen nehmen will, man: im der aus (ı) fol-
Ka Reihe
k vı k3
Bu a a bern BE AR nF
Dr ER BUXH ni rates, Bu: et
2
vollkommen beim ersten Gliede stehem’bleiben: und aaa kann, für
P
vonder ringfürmigen ag Sa er 1820. 25
ver z in EReHaPÄBEEeN. sei: |
n
2
ar -ı— — —— -k cosec
'Arc.ı
welche sich A durch die gewöhnlichen Zahlen als logarithmisch be-
rechnen läfst. Denn es ist nach obigem
k—=-sinK sinD (cos t— cos t{®),
2
' Mithin enthält 2") — z den beständigen Faktor 206264,8 sin KsinD, wel-
k zZ +z un m A
cher nur mit (cost — cos t®) cosec ——— zu multipliziren ist, um für
2
29-2 die Anzahl der Bogensekunden zu erhalten.
Man kann aber auch die Werthe, welche 2’ —z, z’— z, z"—z' u.
s.w., die Az, Az, az’.... bezeichnen sollen, zukommen müssen, suchen,
um noch: kleinere Zahlen zu erhalten, und bequemer zu rechnen, in wel-
chem Falle die veränderlichen Faktoren (cos tw) — cos t{=}”) und
ICE ER BpIC)
coset sind, durch welche die Reduktion eben nicht schwieri-
‚ger wird als. oft das Aufsuchen von Proportionaltheilen, besonders wenn
man die ein- bis neunfachen Zahlen des beständigen Faktors vo: Argen hat
_ und mit dem kleinsten Faktor cos t") — cos ı{”! 2 die Multiplikation anfängt -
um sogleich überflüssiger Dezimalziffern entlediget zu sein.
Hernach hat man, um die dem Stundenwinkel {+ zugehörige Zeit-
entfermung z’”+2). auf den Stundenwinkel t zu reduziren, diese gleich
zmH) _ az az) _ az _) — AZ — az.
Man möchte vielleicht fürchten, auf diese Weise die Fehler der Rechnung
‘zu häufen, allein bei auch nur "leichter Aufmerksamkeit ist dies nicht der
Fall. Hingegen wird ein wirklicher Rechmmgsfehler für az(”) auf alle fol-
gende Resultate in ihrer Reduktion auf den Zeitpunkt des Stundenwinkels
t einflielsen, Es ist aber fast unmöglich ihn nicht zu erkennen, da man
neben dem berechneten 4 2. stets das wirklich durch die Beobachtung
erhaltene z("+" — z(®) vor Augen hat, also bei irgend einer merklichen Ver-
schiedenheit entweder durch Mistrauen der Rechnung oder der Beobachtung
aufmerksam wird. Mit den vor dem Stundenwinkel t fallenden Beobachtun-
gen ist das Verfahren ganz ähnlich.
Nähme man an, die Breite wäre noch nicht genau bekannt, so setze
man die Zenithentfernung des Poles K+i, wo i die unbekannte Zahl von
Qe
124 in Mir PEN! IR 07 50 A IR een IS
Sekunden, die der angenommenen Aequatorhöhe noch. ‚zuzusetzen! ist, und
man hat statt sinK in der Formel zu setzen sin K + di, wo sich aus den
Tafeln selbst unmittelbar findet, und die«Reduktion A 2” wird ‘dadurch
az + a az'®,i, so dafs das Mittel aller Beobachtungen auf den ‚Stun-
sın ;
denwinkel t reduzirt für denselben eine Zenithentfernung des Sterns gleich
z,+ wi ergiebt, worin nur i als unbestimmt erscheint.
Die Anwendung der Logarithmen erlaubt ganz ähnlich die Aufnahme
des unbestimmten i in die Rechnung. Indem: statt lg sinK gesetzt wird
lgsin®K+ Xi, woX aus den Tafeln sich ergiebt als Aenderung des logsinK
für eine Sekunde, und wenn ohne die Aufnahme von i gefunden wäre
lgazm—=L, so findet sich mit Berücksichtigung des i |
gAazM=L-+ri
- and daher
u
A
AN [1
wo die aus den Tafeln genommene Zahl für die Aenderung des Lo-
garithmen von N ist, wenn diese Zahl um eine Einheit ändert oder
p=1lg(N+ı) —IgN ist vorausgesetzt, dafs, so wie für i Sekundenzahl
verstanden, auch 12m nach derselben berechnet wird. B
Berechnet man nun auf irgend eine Weise im sphärischen Dreieck
Zenith, Pol und Stern für den Stundenwinkel t, aus den beiden Seiten
K+i i, D und den eingeschlossenen Winkel die dritte Seite, welche die Ze-
nithentfernung des Sterns ist, so findet sich diese der Form G+ Bi.
| Aus den Beobachtungen aber hat man im Mittel ainalgat 2. +ei,
mithin mufs sein. /
a Re
daher
Bee
ı re |
Also ist der ag Abstand des Zeniths vom Pole NR
r Kı2Z8 EEiSe
P—a
Es ist aber die angegebene Formel der Aenderung des Zeitabstandes
des Sterns allgemein und kann zwischen jede zwei Stnndenwinkel gelten,
also auch, wenn der eine Null ist, wodurch unmittelbar die Beobachtungen
von der ringförmig gen Sonnenfinsternifs amn.Sepl.1820. 125
auf Zenithabstände in dem Meridian gebracht würden. Denn setzt man, in
der Formel (1), t=o, das entsprechende z gleich z,, welches gleich K—D
oder K—D-Hi, so ‚wird nur in der Formel
EZ, k
sın =
2 z-+z,
sı —
r 2
t
k= sinD sinK sin?— oder sin D sin (Ki) sin ?
2
D|r
zu setzen sein, und man erhält E
7
t
i nein Drei NH
lem A — + (mi) ;
7 2 5 areze D
wo m und n die Zahlen aus den ES sind, welche 5 Zunahme der Lo-
zZ-+-K
Errätkinien, der Sinus bei den Winkeln K und _ = entsprechen. Setzt
"man dafür kätzer
lg sin ey + ic a
und N die Zahl, n. zu L+ 1g 206264,8 gehört, oder dafs sei:
le.N == L_ lg arcı,,
auch was aus den- Tafeln zu ersehen,
BNtı—lN=u;
so ‚hat man sehr nahe:
z Fe TE mm N )+ em.
2 10000 2u.
1;
genauer hat man zu setzen
27 z, emon. + en +2)
Bei
R 10° i
wo man natürlich das wi im BEN Gliede bei Seite lälst, so dafs blofs
anzunehmen wäre, wenns zweckmälsig sein könnte,
{5} a: 0,0001701 _ \zm—ın,
_—n’t ı+ 2 — N
10°
1.
Aber man kann bei der Be Gleichung stehen bleiben, worin die Zahl
00001701 ein beständiger Koeffizient, nemlich beinahe $ (10 — 13005 2° 4640‘),
7—2z,=ıNt2 :
126 Tra? FIR 2 reihe Una
über welche Reduktiopsart, von hinlänglicher Schärfe und von sehr beque-
mem Gebrauch, ebenfalls am a. O.:das Nähere vorkömmt. 1... 00.
Wird mit Tafeln von. 7 Dezimalstellen ‘gerechnet, und betrachtet
man die Zahlen für u als ganze, die siebente Dezimalstelle nemlich als Ein-
heit, so wird " x
on em—n,
z— 2,=2aN+ —i
108
und noch bequemer ist "die Form die sich edahi ergiebt
zZ meer 2 N-- 0,0078348 —) Br 2302,58--
Setzt man nun im ersten Gliede den aus der Re FE N Zenith-
entfernung (des Sterns z' und die angenommene Zenithentfernung desselben .
im Meridian K+i— D folgenden Werth für 2 —z,, nemlich z —(K—D)—i,
so erhält man e ‚die Bestimmung von i die Gleichung
(+ 2302,58. am m)i—? +K&-D)Fr eN-to, 007854 us
1000
ws m—n)i
S.;
—Oo
und auf diese Weise so viele Gleichungen als beobachtete Zenithentfernun-
gen des Sterns vorhanden sind; also würde aus diesen insgesammt der Werth
von i nach der Theorie der kleinsten Quadrate zu nehmen sein, wären die
Coeffizienten von i in den verschiedenen Gleichungen verschieden; sie sind
es aber viel:zu wenig, als dafs durch jene Methode in diesem Falle etwas
gewonnen würde, Denn für den Koeffizienten von i kann man setzen
ı En Ie SER 2 cotz (z’4+ K Zu er,
also selbst ihn meistentheils gleich ı annehmen, in jedem Falle aber ist es-
hinlänglich, den Werth von i im arithmetischen Mittel aller Gleichungen zu
bestimmen. Aus der Beständigkeit des Koeffizienten von i geht aber auch
hervor, dafs Beobachtungen eines Polarsterns zu jeder Zeit für Breitebestim-
mung gleich vortheilhaft seien. _
Das Glied, welches mit N? behaftet ist, kann, so lange N unter 1200",
also aN oder zZ’ —2,, nicht 40/ beträgt vernachläßsiget werden, wenn man
auch auf Hunderttheile einer Sekunde genau zu rechnen veranlalst wäre,
und man setzt sich höchstens bei dessen gänzlicher Vernachläfsigung nur
einem Fehler von o’,e aus, in so ferne man in 2 —z, für z, die dem z’
am nächsten kommende Meridianzenith - Entfernung des Polarsterns zum
Grunde legt, |
von der ringförmigen Sonnenfinsterni/s am 7. Sept. 1820. ı27
Die Methode im allgemeinen kann vortheilhaft noch auf Sterne an-
gewandt werden, die ferner vom Pole sind als der sogenannte Polarstern.
Für diesen mit dem Sextanten beobachtet, hat man also die zur Reduktion
hinlänglich genaue Formel
iz —(K-D)—anN,
in welcher N sich sehr bequem berechnen läfst, wobei sich Vortheile dar-
bieten, -auf welche die Ausübung von selbst leitet.
Will man diese Reduktion der einzelnen Beobachtungen auf den Me-
ridian nicht gebrauchen, sondern, wie gezeigt, diese insgesammt zuvörderst
auf einen mittlern Stundenwinkel beziehen, so wird sie doch dienen, dals
obige “+Pßi zu finden durch die Gleichung
t
$ sinD sin(K-Hi)sin? —
at in.(K Fi)sin?
SUN S m a reg ee
2 - sinz(2+ai+i+K—D)
in welcher der mittlere Werth der Zenithentfernungen aller Beobachtungen
auf den Stundenwinkel t gebracht, gesetzt ist. Diese Gleichung wird ge-
ben, unter L, N, -ähnliche Gröfsen als oben vorstanden
ZZ 1
Igsin re (m _ 2.) i
und daraus wie oben
z— 2, —=N;+ fi,
also den Zenithabstand z,+«i für den Stundenwinkel t statt z und
K—D+i statt z, gesetzt, so hat man die Gleichung für die Bestim-
mung, von i -
G+{—-Vi=2.—(K—-D)—N.
Mit Instrumenten,. welche die einzelnen beobachteten Zenithentfer-
nungen nicht angeben, ist nur die Summe der den Stundenwinkeln t/,t".., 1”
‚entsprechenden z’-+z'..-+z") bekannt. Man hat also aus einer angenom-
menen Polentfernung des Zeniths K-+i, mit welcher die ersten Potenzen
vom # hinreichende Genauigkeit zu dessen Bestimmung geben, die Werthe
der Zenithentfernungen für die bekannten Stundenwinkel zw bereehnen und
deren Summe: mit der beobachteten zu vergleichen. Die hier erforderliche
Rechnungsform aber lälst sich auch bei einzelnen bekannten Zenithentfer-
nungen benutzen; man hat nur in diesem Falle so- viel Gleichungen für i
als Beobachtungen, dahingegen in jenem i sich blofs durch eine einzige Glei-
chung bestimmt, im welcher. die Unbestimmtheit der Fehler in ‚einzelnen
128 Tralles
Beobachtungen im allgemeinen durch. mehrere Sicherheit gegen einen be-
ständigen Fehler ersetzt wird. a
Die oben angegebene Formel (5) iskep ein Mittel dar, z' "bloße durch
‚den Stundenwinkel zu finden. Man darf nur im zweiten Gliede derselben ‘
statt z die Meridian-Zenithentfernung z, gleich en. setzen. Ein N
ähnliches ergiebt sich aus der allgemeinern Betrachtung .der Zunahme .ei-
nes Bogens, wenn die Aenderung seines Cosinus "gegeben ist, Es folgt nem-
löch aus der dieser Frage entsprechenden Gleichung
cos (a +a42)=c0s2 —w
Be “+ AZ ı +0 —co0sz ER
=V Fee V (ine +2
Zar 2 - 103
Fu 1—-w4 cosz ER N
c0S HM —— lot.
s > 2 2 2 5
Da nun a
. ; N z-tız zZ
siinZaAz=sin| ————
i ® g
so ist
Az zZ. wruz w Rt zZ [A}
sin —— cos V sin®—-—-)—sin =YV. 5A
2 2 2 2 f. 2 2 2
oder ; 2
ı WW zZ £ 7) \2
AZ; i —!ı — fi K
r ler 3 SE
— —Isınz er
= 2'sin?- i 2005?-
; r s
entwickelt und zur Kürze sin$z=s; cos$z==5s' gesetzt
v 44 m 6 6 une?
EURER OWEN Ka ee men
sın — = 2 Fr FAR ..
2 esınz e sın“z 2.3 sin #z 2.5.4 sindz .
Worin sich die ur 5?" entweder in Cosinusse der vielfachen von
| 1 . ., 1 0052.11 cosz.
z, oder in Potenzen von cos z durch Substitution von r ıh
J , s 2 } 2
“statt s? und s’?” verwandeln lassen, wodurch aber die Form weniger ein-
fach wird als die vorliegende, durch welche zugleich die Gesetze sich er-
geben, nach welchen die verwickelt erscheinenden Coeffizienten von w“, auf*
welche man gewöhnlich geräth, folgen. A
Will man zum Bogen 34 z übergehen, so werden bei der Anwen-
dung dieser Reihe, wenigstens die ersten drei Glieder in Rechnung zu zie- 7
= hen
von der ringförmigen Sonnenfinsternifs am 7. Sept. 1820. 129
hen sein, wenn Az ‚grofs genug wird und der Unterschied zwischen Bogen
und Sinus nicht vernachlälsiget werden soll. Es findet sich alsdann
w cotz w? Hk z) „9°
2m mo —
sinz 2 sin?z 1.2. sin sinn“
Der Gebrauch, zu welchem hier die Formel dienen soll, ist die An-
wendung derselben auf die AniBMElsch nebst der Gröfsen-Bedeutung gege-
bene Gleichung
cos z— cos z—=sinD sin K (cos t— cos v)
worin /—=z-+&z und die oben mit K bezeichnete Gröfse Zw ist. -In
4 —Z :
der That giebt auch die Formel (3), wenn man von tang —— das ist
,
A rt
tang ? zum Bogen’ übergeht, das so eben für A z gefundene Resultat.
Z >
Diese Formel für Az also wird, wenn
!+t , tt
=2sinDsinK sin sin
gesetzt wird, auch allgemein für die Reduktion irgend einer Zenithentfer-
nung z für die Zeit oder den Stundenwinkel t’ auf eine andere z zur Zeit
t dienen, diese bekannt angenommen. Im vorliegenden Falle aber hat dies
nur hypothetisch statt, wenn t=o, zgleich z, eine Meridianzenithentfer-
nung ist, wodurch
- r
* ” . t
w=esnDsinKsin’—, z=z, =KkK—D
2
' wird, welche Werthe daher nur noch in der Formel zu substituiren sind.
- Sie geht dann in eine den Astronomen ‘wohl bekannte über, die aber, wie
es mir vorgekommen, nicht so direkt und einfach als hier abgeleitet wird.
Wenn, wie es wohl geschieht, gleich vom Anfange her Grölsen ‚als unmerk-
lich vernachläßsiget werden, so eignet sich das Endresultat nicht'so wie hier
zu jedem Gebrauch, wo alles vor Augen liegt um die Reihe für Az so
j weit man will in völliger Schärfe fortzusetzen.
Bekanntlich ist az die: gewöhnliche Reduktion der Zenithentfernun-
gen auf die im Meridian. Gegen Süden wird z,—D-—-K genommen, da
gegen Norden in oberer Culmination, wovon hier als positiver Fall ausge-
gangen ist, u—=K-—D; für die untere Culsunation darf man nur, um
die Aenderungen von z auf diese zu beziehen, das Nadir gegen den Zenith-
“ punkt vertauschen, um die Stu..denwinkel von der untern Culmination an-
Mathom, Klasse 190 1821. RP
130 Tralles
zufangen, oder mit letzterer Annahme die von u. =#— (K-+ D) verbin-
den und den Werth für 4 z negativ nehmen,
Das dritte Glied dieser Formel wird meistens, selbst wo es um ge-
naue Resultate zu thun ist, vernachläfsiget. Dies kann nun zwar bei Beöb-
achtungen für nicht zu grofse Stundenwinkel geschehen, aber da diese hier
selbst 90° werden fallen, so ist es nicht unbeachtet zu lassen, besonders
wenn Sterne grölserer Polarentfernung statt des Polarsterns dienen. Auch
bei südlichen Meridianbeobachtungen sind die vom Mittage entfernteren kei-
nesweges minder brauchbar als die näheren, woferne sie nur scharf berech-
net werden, und dem möglichen Einflußs eines Fehlers der Zeitbestimmung
durch Beobachtungen auf beiden Seiten des Meridians entgegnet wird.
Um die Aenderung in Betrachtung zu ziehen, welche Az leidet,
wenn K-+-i statt K gesetzt wird, ist es hinlänglich blofs das erste Glied
in Betrachtung zu ziehen und es wird also 4 z übergehen in
fı + (cot K — cot zz) i]Az.
Man hat also, wenn z=z, die Zenithentfernung des Sterns im Me-
ridian bedeutet, für eine einzelne Beobachtung z’ aulser dem Meridian
‚Zot4zo[! + (eotK — cot (K— DJ) i]=z.
Mithin, d ,.=kK—D-+i
z—K+D-—ız,
ı + (cotK—cotK—D)az,
Ist hingegen die Summe von n Zenithentfernungen gleich Z bekannt, so folgt
nz, +ni+[ı +(ctK—cotK—D)i]lsaz,.=z2+z2"+..+2”
x Z—nz,— SAz,
n-+ (cotK—cotK—D)Saz,
unter Az, die Zunahme der Zenithentfernung des Sterns seit der Culmina-
tion für irgend einen gegebenen Stundenwinkel, in der Voraussetzung der
Entfernung des Zeniths vom Pol gleich K, verstanden, und unter Saz,
die Summe derselben für die beobachteten Zeiten.
Man könnte wohl gegen eine Reihe wie die für 4 z gegebene, wenn
mehr als zwei Glieder zu berücksichtigen sind, einwenden, man gelange
eben so leicht durch die Regeln der Na Bl rn das ist der
i=
ı=
Auflösung der obigen Gleichung sin - 2 Yınsz - z+2 vermittelst der
Tafeln zum Ziele, nachdem in der PAIR HRINE z, statt z gehörig substituirt
von der ringförmigen Sonmnenfinsternifs amn.Sept.ı820. 131
ist. Auf diesem Wege wird das Resultat zwar noch innerhalb des zehn-
ten Theils einer Sekunde genau zu erhalten sein, allein bei einer Reihe von
Beobachtungen wird sich doch neben sich darbietender gröfserer Genauig-
keit auch noch Rechnungsvortheil finden,
Es ist bisher für Polarsterne der Vortheil ihrer geringen Entfernung
vom Pole erst in den für jeden Stundenwinkel brauchbarem Resultat her-
vorgetreten, aber nicht für dasselbe ausdrücklich benutzt worden. Man
kann daher dieses gleich anfänglich beachten und daher auch die Auflösung
der Aufgabe durch blofse sphärische Trigonometrie erleichtern. Theilt man
nemlich durch ein Perpendikel p vom Sterne auf den Meridian das Dreieck
zwischen Pol, Zenith und Stern in zwei rechtwinklichte, so haben, wenn q
die Entfernung des auf dem Meridian rechtwinklichten Bogens vom Pole,
für den Stundenwinkel t' die Gleichungen statt
tangg=tangacost'; sinp=sinasint,
cooK—qg.cosp=cosz),
Aus deren letzter man, nachdem für die Beobachtungsart z’ oder K—q als
unbekannt zu betrachten ist, die eine oder die andere findet. Diese Glei-
chungen sind von sehr bequemen Gebrauch, wie es dieser selbst am leichtesten
lehren und die Abkürzungen, die man sich erlauben kann, darbieten wird.
Man hat nicht nörhig, tang q aus der Tangententafel zu nehmen, son-
dern wenn nach den gemeinen Logarithmen gefunden wird
a lg tang a — Igarc ı" +lgcst—=1gQ,
ON?
so ist u=Q — 00030174 (- =)
und aus der zweiten Gleichung hat man P, ähnlich, wie oben gezeigt ist.
Die dritte Gleichung giebt auch, wenn statt K in derselben K +i
gesetzt wird, ähnlich nach obigem den Werth von i. Um aber vermittelst
derselben den Unterschied der Bogen z und K—q, blofs in der Hypothese
der Polentfernung des Zeniths gleich K, schärfer zu erhalten als aus den
Tafeln durch ihre Cosinus, hat man mit hinlänglicher Genauigkeit und
nach Umständen zu nehmen entweder
2— (K—g)=ssin’Zipcot Kg
oder
j _ esin’}
!-K-J=— EP corz’
- 17—28:in’zp
wo auch in letzterer Formel der Nenner gleich ı genommen werden kann.
Rz
?
152 Tralles vonder ringförmigen Sonmenfinstermifs 1820.
Die Verbesserung i von K wird dann nach einem schon angeführten Aus-
druck in Rechnung gezogen,
In der erwähnten Abhandlung ist ab auch ein für den orliogiik
den Fall sich eignender Reihenausdruck gegeben, nach welchem, für die hier
angenommene Gröfsenbezeichnung, erhalten wird.
BAER" 2 ; D?
2—K=-—c0st.D-+ ootK ‚sin?t Ede (1+ 3 cot?K) cos t' sin 2r” 5
1. » h TR.
D ; Er D*+ He,
— [1—9 005 ?’-+ 3 (1—5 008 ?t') cot?K]cotK sin Kern
2.5.
aus welchem sich auch die Aenderung van z' nach ehe vonD BEEIgbR,
wenn man t/ veränderlich setzt.
Von einem Mittel zur Yentim nen der Geschwindigkeit des
- Lichtes in durchsichtigen Körpern.
Von Herın Trarres ®)
&
Vor Newton schon suchte man das physische durch Erfahrung gegebene
‚Gesetz der Berechnung auf ein allgemeineres mathematisches zurückzufüh-
ren. Allein da die rein mechanischen Vorstellungen noch nicht genug ent-
wickelt und ungewöhnlich waren, auch die Mathemätik seit zu kurzer Zeit
ihre neuere Gestaltung zu gewinnen angefangen hatte, so konnte jene Zu-
zückführung des empirischen Gesetzes auf ein formales für dieses nur in
einer zu weiten Allgemeinheit geschehen. Man sah also jedes dichtere Mit-
tel für die Permeabilität des Lichtes nicht nur als hinderlich an, sondern
setzte auch voraus, dafs es dessen Geschwindigkeit der Fortpflanzung vermin-
dere. Das Gesetz für die Brechung suchte man nun darin, dafs es den min-
dest beschwerlichen Weg wähle oder die kürzeste Zeit um von einem Punkte
zu einem in einem andern Mittel gelegenen zu gelangen. Es gelang, das
physische Gesetz, folgte aus diesen Voraussetzungen eines Kleinsten, die denn
auch ähnlichermalsen für die Reflexion und die gradlinigte Bewegung in
demselben Mittel — für sich schon aus dem Satz des. zureichenden Grundes
klar — gebraucht werden können. Nachdem man seit Newton das Licht als
eine an sich materielle Substanz der Kraftäufserung der Körper unterwor-
fen betrachtete, ward es hingegen unmöglich, für dasselbe eine größsere Ge-
”) Vorgelesen am 5. August 1820,
134 Tra?’les von der Geschwindigkeit
schwindigkeit in dichteren lichtbrechenderen Mitteln nicht anzuerkennen.
Doch zeigt die zweiartige Refraktion der Crystalle nur für einen Theil des
Lichtes das gewöhnlich Snellische Gesetz, für einen andern hingegen ein
hievon bedeutend abweichendes, welches bisher nicht, so wie jenes, auf be-
stimmte Bewegungsgesetze hat zurückgeführt werden können, da nur her-
vorgeht, dafs es einem sehr allgemeinen mechanischen Gesetz nicht wider-
spreche. - Auf der andern Seite haben genaue Versuche seit kurzem erge-
ben, dafs Modifikationen des Lichtes, welche für unzweifelhafte Bewährung
der Anziehung desselben von dichtern Körpern galten, einer solchen nicht
zuzuschreiben sind, und die Huygensche Theorie der Wellung des Licht-
stoffes, welche ihn zu der Entdeckung des wichtigen physischen von New-
ton selbst. verkannten Gesetzes leitete, diese Theorie der Undulation des
Lichtstoffes, welche Euler vergebens so standhaft dem Emissionssystem ent-
gegensetzte, scheint jetzt so gültige Erfahrungszeugnisse zu erhalten, dafs
nicht zu bezweifeln steht, man werde suchen, allgemein die Phänomene des
Lichtes nach diesem System zu ordnen und in Verstandeszusammenhang zu
bringen. In jeder Ansicht aber ist es gleich wichtig faktisch auszumitteln,
ob Licht in den Körpern sich schneller fortpflanze als im leeren Raum, oder
schneller in starkbrechenden dichtern Flüssigkeiten als in den Gasarten, und
gewils würde man nicht unterlassen haben diesen Versuch anzustellen, hätte
nicht die Vorstellung der grolsen Geschwindigkeit die Gedanken auf Mittel
sie zu messen als vergeblich zurückgewiesen. Allein vor mehrern Jahren
schon entstand mir ein solcher, dessen mögliche Ausführung einen guten
Erfolg zu versprechen scheint, und welchen ich glaube, da meine Mitthei-
lung desselben bis jetzt nicht Veranlassung zur Ausführung gegeben hat,
der Königl. Akademie vorlegen zu dürfen.
Dasselbe Phänomen nemlich, wodurch von Bradley die Römer-
sche Entdeckung der allmähligen Fortpflanzung des Lichtes so schön bestä-
tiget wird, giebt auch das Mittel die Verschiedenheit der Geschwindigkeit
dieser Fortpflanzung in durchsichtigen homogenen Materien zu erkennen,
Die Abirrung der Himmelskörper ist ein mefsbarer Winkel, welcher gleich
ist dem Quotienten der Geschwindigkeit der Erde rechtwinklicht gegen
die Richtung eines Gestirns, dividirt durch die Geschwindigkeit des Lichtes,
Genau genommen, ist der Winkel die Geschwindigkeit der Bewegung
der Axe des Fernrohrs, dividirt durch die Geschwindigkeit des Lichtes längs
der Axe im Fernrohr, Wird also das Mittel in dem innern der Fernröhre
des Lichtes in durchsichtigen Körpern. 135
verändert, und hat das Licht in diesem Mittel eine Geschwindigkeit, ver-
schieden von der in dem mit der atmosphärischen Luft angefüllten Rohre;
so wird der Abirrungswinkel verschieden, da die Geschwindigkeit der Erde
oder der Fortführung der Axe des Fernrohrs beständig bleibt.
Würde also mit einem Fernrohr von massivem Glase beobachtet, des-
sen gegen den Stern gerichtete Vorderfläche die gehörige konvexe Gestalt
hätte, um auf der ebenen Endfläche dessen Bild zu machen, so würde in
der angenommenen Voraussetzung, dals das Licht im Glase nach dem Bre-
chungsverhältnifs aus Luft in Glas wie 3 zu @ geht, das Licht in demselben
sich'$male schneller als in einem gewöhnlichen Fernrohre bewegen, also der
Abirrungswinkel, der mit demselben beobachtet würde, sich nur 5 des ge-
wöhnlichen ergeben. Nun ist die grölste Abirrung der Fixsterne etwa 20”,
also würde diese um beinahe 7” kleiner als gewöhnlich erscheinen.
Würde der innere Raum des Fernrohrs zwischen einem angemessen
geformten Objektiv und einem mit feinen Linien versehenen Planglase mit
Terpentinöl gefüllt, dies nebst dem Objektiv die Röhre schliefsende Planglas
in die Fokalentfernung gesetzt, so würde, da das Brechungsverhältnifs für
Luft und Terpentinöl 25 zu ı7 ist, der gröfste Abirrungswinkel mit die-
sem Fernrohr nur ı3',6, also 6 und 3 Sekunde kleiner als im gewöhnlichen
erscheinen. u:
Dieses sind Grölsen, welche sich beobachten lassen, und wenn ein
gläsernes Fernrohr sich auch schwerlich dazu eignen: möchte, wegen der
wohl nicht zu vermeidenden Heterogeneität in einer etwas langen Masse,
so scheint es doch, eine Flüssigkeit sei von diesem Hindernifs hinlänglich
- befreit, um durch dieselbe hindurch mit gehöriger Schärfe sehen zu kön-
nen. Nur eine ungleiche Erwärmung derselben ist zu verhüten, weil diese
auch, abgesehen von der verminderten Deutlichkeit, zugleich eine Ablenkung
des Lichtstrahls vom Wege, welchen er folgen sollte, verursachen kann. In-
dessen Schwierigkeiten bietet jeder Versuch dar, und sie geben keinen Grund,
ihn deshalb nicht zu wagen.
Die Beobachtungen selbst mit einem solchen Fernrohr würden übri-
gens andern astronomischen zur genauen Bestimmung, der Sternorte und
insbesondere ihrer Aberration ganz ähnlich sein, so dafs einem solchen
Fernrohr die Vorrichtung eines Mittags-Fernrohrs oder eines Zenithsektors
zu geben wäre. Auch könnte es an einem Wiederholungskreis angebarcht
Pa
136 Trallesvon der Geschwindigkeit des Lichtes us. “
werden. Dieser würde zwar das kleinste Feraröhr.‘ gestatten, aber wegen
der inannigfaltigeren Berührung, tind "Bewegung vielleicht andere Schwierig-
keiten darbieten, wofern nicht diese, was einigermalsen zu hoffen, dnrch
die Menge der Beobachtungen und der verschiedenen Lagen, in ‚welöhe das
Fernrohr kömmt, ausgeglichen würden.
*
Von Reihen, deren Koeffizienten nach Sinussen und
Cosinussen vielfacher Winkel fortschreiten,
Von Herrn Trarres *).
cn so einfachen Reihen wie folgende
415 sin2ez sinzz sin4z 5
NAT 03 Fe TURPOLTTTE TE
und dieser ähnlichen, era doch nach einem sehr einfachen Gesetz, aber.
statt nach den Potenzen .einer Veränderlichen nach den Sinussen der viel
fachen der Veränderlichen, als Winkelgröfse betrachtet, fortschreiten, ist
mir bisher kein endlicher Ausdruck ihrer Summe vorgekommen, obwohl
sie sich leicht darbietet. Die angegebene entspringt nemlich aus der Ent- ’
wickelung der Funktion -
2 eaztsinzV=r + gen z=inz.V-i
2 N
welche, wenn man statt (cosz tY—.ı.sinz)“ in der Exponentialentwicke-
lung überall dessen Werth cos uz t y—ı.sinuz a sichtlich die beiden
Reihen |
c082Z cos3Z cos
he 3. © a er 1.2. Kr
und
sinez’ singzz sinyz
—— FI ee RR —ı
v (nt tasten Jr
*), Vorgelesen am 27. April 1820.
Mathem, Klade go = ıgR. S
138 Tralles von Reihen,
giebt, nachdem man das obere oder untere Verbindüngszeichen der Funk-
tion gebraucht. Eis
Die Funktion selbst aber ist gleich:
esinz .V-ı$+ o-sin zY-ı
gcosz er
2
Da aber
sinz.VY—-ı —sinz Y-ı
Er Sue N = cos(sinz);
2
sinz.V-ıi__ersinz.V-i '
— — —— _ sin (sinz).,Y—ı;
so folgt:
c08Z , c0822Z2 C0832
Gy sage u ; + — . Kane A i — 4...=e‘%2, cos (sin z)
92.125 Kinn He
1.2.3
Wie die Gröfsen cos (sinz) und sin(sinz) zu verstehen seien, bedarf Bauer
Erläuterung, da es auch aus ihrer Abstammung erhellt.
Daraus folgt sogleich die Tangente und aa ia eines Bogens,
welcher als ist dem Sinus von z. Nemlich:
+ ...=e‘%®*, sin (sin z)
siin2z sinzz
sinz + —— a Ksänsie
cos2Z , coszz
ı+cosz-+- Bohn SpTrEIn
Aehnlicherweise hat man die ie der Funktion
e (cosz—-sinz.VY — tete z-+sinz. V-)
tang (sinz)—=
ke.
nach, dem obern Zeichen, gleich:
"cogaz c0o583Z
ts Mag Tg sad I
1:2° 1.2.5
.„...
nach dem unteren Zeichen:
(in + 8...) Va
1.2 1.0.3
Die FOREN selbst,aber ist gleich
ein: V=3 + etinzY'-ı
ereosz \
Se)
die nach Sinus u. Cosinus'vielfach-Winkel fortschreiten. 139
also im Balz des obern Zeichens wird sie iR)
7° 2 cos (sin 2)
und im Falle des untern Zeichens M - \
e7 °%2 sin (inz).Y—1.-
Daher, mit den, Entwickelungen der. Ei buniiche Gestalt der Funktion
für beide Fälle „verglichen,
Si cos 3Z
(C) ..0..,2— 00824 hr. en”. cos (sin z).
.2 27 P4
hi sinez. sinzz.j.. © arlyr2
(D).... " sinz— —— —lIL,\=e 0% sin (sin z).
„1.2 m1.2.35 Br
alyıp m. „ueraeomon inlanis vf5 7, zoo
Aus beiden folgt wieder: |
14 ii nie le Peinp A, 1 Einzzr
sinz — ——
ara m ‚sobuisd 22.82:
tang (sin z) = — ———— —
co822z _ cos5z
1— 02 + Rip
ni 1y 2-12,
Das Produkt de Oipbineen a) und cc) giebt, das Quadrat von cos (in z),
so wie das Produkt von! (B). und D)das'- Quadrat von sin (er z). Die
Produkte aus [093 (D) und (C) (B) geben z siu (2 sin z).
Addirt man die Gleichungen (4) und (C), und subtrahirt von einan-
der die Gleichungen (B) und (D) und dividirt mit 2, so entstehen folgende:
c082Z cos4zZ kl ıgcasa| Ip igteosz
E) au m. I en z ie "003 sin z) ————
(E) nr a Kae .. (sic 2) n
ur. sinez 'sinyz 'sin6z gun geh. !
F ...o. EHERTEIEG — - — -
(F) Apr + =; rn np + sin ae ST RG
Subtrahirt man aber a von RR: per addirt die (B). Ar! ei so) er-
hält man ähnlich
\ . 085Z eh z \ j Tina c05Z — etz,
ars a Le SR Ten - e=1C08 (sin 2 “. Reh
.2.5 °1.2.3.4-5 N 2
sin.z2l 0 sims zus mon write co: 7
(H).... ein + Emrlge en en)
2.5 1.2.5.4.5 2
Aus (E) und (H), so wie aus (F) und (G),"kömmt durch" Division :=":.
. , i RIO SRZFZ sım 5/2
Ballen son 0 a akı
IE. er. 8.8.1 1.05.85
tape (a es Pa
auine, z SE Bkos SEE TUS Bu w"
= une ae. nn u = m A:
a ichebe. ? CU) EEE DER 2
un
2]
140 EPRLRN vor Reihen,
sinez “sin4z' sin6z ae sh Gier
” . 1.2 Sshna54 1m3456
tang (sin TE N
cosz + Tg FE Be
r 1. RR +
Um etwas abzukürzen erlaube Fi mir von der - gewöhnlichen Schreib-
art WERERRER und statt Y—ı blos das Radikalzeichen v: zu setzen, und
unter v nicht die nte Wurzel‘ toder (ma 1)", Yonden die” hte' Potenz von
y—ı zu verstehen, so dals v =(—ı1)"* in der Bedeutung sein soll., All-
BERUHEN aber kann auch Y und cos. nn als einerlei genommen werden,
wie dies in der Abhandlung ' über die Winkelfonktionen, (die sich unter de-
nen der Akademie für das J. 1818 befindet, erörtert ist, .
Diesem gemäls ist i
Seat Kor ati, A re Serahrgt pa N v= sin z + cosz. v
cos2z2 , c0s3: z
” RN da Ta
elcos z-sin ıY)V 2
..2 sSinez3 sinzz+
— sn BR er 1.2.3 ih
Da aber die Funktion selbst gleich
eiinztoosV'_ grinz gcnzY — etine [cos (cos z) + sin (cos). vl
so folgt, _wenn man ihren entwickelten Werth nach den graden ‚und un-
‘ graden Potenzen von /' mit dem letzten Ausdruck vergleicht
; cos2Zz sinzz c0S4Z “ia
. 1. sinz — —— — —— 1. C085(C6052).€
D 7 1.2 1.2. TER" & Ye. ).
sinez ° c0552 sin4z
(RK). »» cz + —— —
_—— nn. = sin (cosz).e'"*
1.2 "1.2.5 BETT a )
Aehnlicherweise entstehen aus der Funktion
elcos s+sinzY) Vv
folgende Reihen und ihre Summen: | -
nei? de ers
1.2 22.5. 1.2.3.4
sinaz_ coBg2 , SINAB ı — sin(eosz).anine
i.2 2.2.3 1-2.5»4
@&)... I—sinz—
(M)..». 20Sz—
- man z negativ. nimmt,
die nach Sinus u. Cosinus vielfach. Winkel fortschreiten. ı4ı
welche übrigens aus den vorhergehenden sich unmittelbar ergeben, wenn
S
Die halben Summen und Unterschiede aus ah beiklan Reihenpaa-
ren geben
C082Z , cos4z cos6z j etz ereine
PAR enecne ) FeER leg
1.2 l...4 1...6 2
c0s32Z c0s52Z ; einz L arsinz
cos 2. - —— 5° __ = sin (eosz) +
EITHER TAG
sinzz '- sin5z einz _ e-:inz
inz— m | „= 008 (cos) —
1.2. 1.2.5.45 -
sin2z u sin6z yeız__ er
a BT N, —— = sin(c0s2) —
1.2 er RE at 179 2
Dann hat man ferner durch Division
sin2z coszZzZ 'sin 4
cos z — m ...
1.2), 1.2. 1.2.3.
tang (cosz) — . 2 4 -
u c082Z2 _ sinZZ cosAZ
1—sinz— ——-+ ————...-
a 1.2 1.2.3 12.3.4
c055Z c055Z
cosz — —— ——.
.2. 1.2.3.4.
tang (cs 2) = i _. -
- c08 22 c0842Z c056z 3
1.2 RN er
sin2z sin4z sin6z
.2 2,5. FR ae
tang (cosz) — F x 2 3 + 3 ” ci
h sinzz sinsz
sinz — — + —
a 9 EZ
Zu diesen Reihen führt auch die Entwickelung von
sin (coosz + sinz.y)
Denn nach der bekannten Reihe des Sinns, statt des Bogens
cos z--sinzy gesetzt, und die Potenzen, wie es hier geschehen kann,
nach Sinussen des Vielfachen von z ausgedrückt, wird
c085Z c085Z \
- ka A ae a re Tree
sin (cos z + sinzy)= Be en
u een),
1.2.5 1.2:.5:4:$8
142 non Tralles'vonr gang
‚Da aber auch or
sin (cosz + sinzyY)=sin (cos 2). cos kei! Y)-+ cos (002) sin nina)
und
RE -sin2.VY-V -sinz sin z
cos (sin nt: +e
5 3.0.20
ein 2_ e-!inz
—y, '. ER) We
sin(sinzy‘).=
so hat man die Reihe ohne y’ gleich
i sin z ER
sin (cosz). cos (sinz.yY)=sin (cosz). rare
und die in Y multiplizirte Reihe gleich
cos (cosz) ‚sin (sinz.Y)==cos (cosz). Bu nirs :
eben so wie zuvor. Auch giebt ein ähnliches Verfahren mit " ‘
e0s(cosz +sinzy‘)
die andern beiden Reihen. Zu den ersten 8 Reihen aber wird man auf
eben die Weise‘durch die Entwickelung von
© a EEE eh und lt neNV]
gelangen.
Giebt män GESCHAuHE da, wo bisher blos cos z a sinz y gebraucht
ist, diesem Ausdruck einen Faktor y, setzt also statt jenem diesen
y(cosz +sinzy’) und so auch y(cosz+sinzy)y statt (oosz+sinzy)y;
so ist klar, dafs die Entwickelungen dadurch keinesweges gestöhrt worden,
indem die Potenzen. jener Ausdrücke blos die Form y" (cosuz+ sinuzy)
oder y" (cos 12. Y + sinuz dr ) annehmen. Also ist nur jeder. Sinus oder
Cosinus eines wfachen Winkels in den bisher gegebenen Reihen noch mit
y“ zu multipliciren. Inden endlichen Ausdrücken. ihrer Summen steht
dann gleichfalls ycosz statt cosz,: ysinz statt sinz und cos (y sin z),
sin (y sin-z),. cos (y cos z), sin (y cosz) treten an. dr Stellen der Sinusse von
‚Sinussen, f
Es ehe sich also’ eben so viele Reihen als schon "Vorgekommgen
sind, nach Potenzen von y fortschreitend, deren Koeffizienten Sinusse viel-
facher Winkel sind, Die erste giebt also’ f
v+ y? Kor Ta or Auen Han
sie herzüsetzen jst BET. ar
c05Z c0s22 cos 52
a ii Z Bez, FR
die nach Sinus u. Cosinus vielfach. Winkel fortschreiten. 145
Man ‚hätte unmittelbar zu diesen’ gelangen und jene aus diesen all-
gemeineren durch Setzung von y=ı als abgeleitete betrachten können,
allein die‘Schreibart war, für das genommene Verfahren ohne Nachtheil, für
die Verallgemeinerung kürzer.
Bei Betrachtung besonderer Werthe von z, durch welche nian zum
Theil auf bekannte einfache Reihen zurückgeführt wird, und sich leicht aus
den allgemeinen ergeben, will ich nicht verweilen;
Man setze in den’ Reihen statt y den Ausdruck y(cosz+ sinzyY'),
in
so wisd i in Iren einer ein allgemeines Glied wie — Sn _ y“ übergehen
in
cosuz? sin 2auz
Een yapalı ven
1.2. 1,2...%
DE cn 0 ARE Zar ne
und ähnlich wird Er ee
1.8:
sinuz? sin oz
Se an u ye
1:9% 1,2... [A
Die obigen Reihen sera aha: durch diese Substitution in zwei, von wel-
chen die eine das Y als Faktor hat, die andere mit demselben nicht behaftet
ist, Die Summe einer jeden dieser Reihen wird sich ergeben, wenn man
im Summenausdruck der Reihe, in welcher die Substitution geschieht, diese
gleichfalls vornimmt, die beiden Theile die mit und ohne das Y erscheinen
trennt, wo dann ein jeder die Summe der ihm gleichartigen Reihe ist.
So ist die Summe der ersten Reihe, deren allgemeines Glied
cos .Zz
Aırrihrdaet
Ir2er.fh
y*, wenn cos z, sinz, zur Abkürzung p und i gesetzt werden
c08.yq.e’?.
Hierin für y substituirt y(p-+qy), so wird dieselbe
cos(ypg+yqqv)- ey(pr+P av),
Der erste Faktor ist gleich
cos ypg.cos(yggyY) — sin 12% sin(yggYy)=
€
cos ypq
worin & statt e”2 steht.
Der andere Faktor ist gleich
e"??[cosypg-+ (sinypq)yY]-
—ı ni
zu inypg . —— v»
144 3 Tralles von Reihen, EN PRESS
in dieser Form mit dem zuletzt gegebenen Werth er; ‚ersten FaOEE URL
plizirt wird das Produkt
en?? [eor® res ET rsint ®ypq + Pe ai
Der mit f PRPRREREA Theil ist ee
4 eYPPsT'.sinzypgq. 7 4 ever sin(eypq)Y
und, für p und q deren Bee in z gesetzt, gleich | N
4 e7°%%? sin (ysin2z).y.
Dieses ist also der Werth der Summe der Reihe von welcher das allgemeine
Glied ist
SSH FESTEN er, . E
1-2erclh ve Di Er Im 1 RN, R
wo denn, beiderseits das y’ ae eine schon vorhandene Gleichung
wieder entsteht, nur mit dem Unterschiede, dafs sie 2 z statt z enthält,
Der andere von /Y’ freie Theil des Produktes hingegen ist
Ze?r[e+ (oos’ypg—sin?’ypg)e')
= (er rr}ıD L coseypq ‚erPr-4D)
—=E£(e’ + cosy sin 22.7°%??)
und dieses ist die Summe der Reihe deren allgemeines Glied ist,
(cosuz)? „
Ir2rıclh
In dieser Reihe und ihrer Summe kann nun von nenem statt y ge-
setzb werden y(cosz + sinz.y), um die Summe .einer Reihe zn erhalten,
welche nach den zten Potenzen der Cosinusse der vielfachen Winkel von
z in den Koeffizienten von y“ fortschreitet, u. s: w.
Kürzer aber gelangt man zum allgemeinen Resultat, wenn man in
der Reihe statt cosz, cos2z, und überhaupt statt cos u z so gleich setzt
cos"wz und dafür dessen Werth nach bekannter Formel in Cosinussen ‚viel-
facher Winkel ausgedrückt, also:
2 cosn.uz--nco(a—e)uz + —— cos(n—4)uz
Dadurch zerfällt die are Reihe
cos"2z cos"5Z
2 ae 2 —
1.2 1.2.3
yti\,
Wenn
die nach Sinus u. Cosinus vielfach.Winkel fortschreiten. 145
wenn im vorhergehenden Ausdruck i nach einander gleich ı,2,3.... ge-
setzt wird, in die Summe der Reihen
ı cosn zZ, cosenz "cos5nz
pr Ya RENTE Ne
2 1 1.2 .z
n cos(n—2)z cos2(n—2)2z ya an y3
54 we ( a Ach 2,42 ee 1.2.3 T4=
n.n—ı /cos(n—4)z cos 2 (n—4)z y? cosz (n—4)z ya
F Sn ( ı + HR REN 17.2.3 Eh -)
_ [3 [2 [2 . ” [ . ” . ” ® ” ” * . [2 . . [2
von welchen Reihen nach dem vorigen die Summen a u Be-
0822 _— _ Cc055Z
zeichnet man also. die Summe von cosay hy? Her uam? + ,. mit
2.5
fz, so ist die Summe von cos"z, + — en, 4 », I’ hun
(meta Eee TOR UN ER .)
wäh sieht leicht, dals sich Alien deren allgemeines Glied
| u
(A cos“.uz, + Bcos”.uz,-+ Ccos’.uz +) ; =
ähnlich summiren lassen,
wenn «,ß, y... ganze positive Zahlen, und das, was für die Cosinusse hier
nur nachgewiesen, sich von selbst auf die Reihen, wo die Sinus vorkom-
men, erweitert.
Differenzirt man die Reihen und die gegebenen Werthe ihrer Sum-
men, so entstehen andere von bekannten Summen,
At 3
e’°®2oos(ysinz)—=ı+ cosz.y+ cos22.— + c053z.
1.2
+
1.2.5
nach y differenzirt giebt er
2
er‘®?cos(2+ ysinz)=cosz + cos2ezy + coszz. +
r-
nach z diflerenzirt und mit y dividirt entsteht
2
e?'%:sin(2+- ysmz)—=sinz.# sinez.y-+ sinz +
,=
Wiederholt man die Differenziation nach y, so wird
2
e7 9? cos (az +-ysinz)—= cos22 + cosz3z.y-+ cos4 z — Fr
Matham: Klasse, sont. ; T
—
146 Tralles,von Reihen, , u...
und nach der nten Diflerenziation hat manı..r -uhersfs van
er” cos(nz+-y ahrejl nz-+cos(n+ ı)z.y-+ cortat Hz. —ı a4
Die Fortsetzung der Diflerenziation nach z führt auf zusammenge-
setzte Resultate, deren Theile aber durch die Differenziationen nach y sich
ergeben, so dafs es hier überflüssig rindy damit fortzufahren.
%: nmal nach y wiederholte Differentiation der Gleichheit
sinez < ae
er
El
Er sin (ysinz)=sinz.y+
giebt }
e’ ‘sr sin sei 1)z. y+sin(n pe
Aus diesen Reihen ergeben‘ sich von selbst die nach abwechselnden
Zeichen fortgehenden und dann diejenigen, in welchen nur die Glieder gra-
der oder ungrader Potenzen von y vorkommen. :
Man kann diese Reihen auch gebrauchen als die Entwickelungen der
Sinus, Cosinus und Tangenten vonnz-+ ysinz, oder eines jeden binomischen
Winkels a+b, wenn man a—=nz und ysinz=b setzt und dadurch mit
willkührlichem n, z und y bestimmt. e
Das Integral fe? °%®cos(ysinz).dy ist gleich e’°%**cos (ysinz, - rc
und mit y=o wird es cosz—+C. Auf der andern Seite ist die Reihe „für
die unter dem Integralzeichen befindliche Funktion bekannt; man hat also,
wenn auch diese integrirt wird,
= 3
eres2cos (ysinz—z)=cosz + y-+ cosz. Ss tenan. +
1.2.5
Integrirt man abermals, so entsteht
+
2
e7°®8cos(ysinz— 22) =cos22 + c052.y+ ee cosZ
3 1.2 ee
und nach nmal wiederholter Integration hat man
e *%%? cos (Y sinz—nz) oder e’°°* cos Re z—-ysinz)=
hr
cosnz + cos Gens y--cos a2 Foos(n—3)2—
I,,..n .
ntı n}+? a
Hess, Foosgs +2 ne
Diese Formel ist eine schon oben durch Differenziation erhaltene,
wenn nachher n negativ gesetzt wird, und zeigtalso, dafs dies erlaubt sei.
die nach Sinus u. Cosinus vielfach. Winkel fortschreiten. 147
Da auch
Se "sin (ysinz).dy = e’""sin(yinz—z)+ C
und mit y=o in —sinz-+C übergeht, so hat man die Reihe für die Funk-
tion unter dem Integralzeichen gleichlalls integrirt:
2 3 4
” ı® ” “ - N -, y
ers sin(ysinz—z=—sinz + sinz’ +singz.— — -Feingz. +
1.2 1.2.3 1...4
eine zweite Integration giebt]
RER ö } y’ \ y*
eY %2sin(ysinz—22)=—sinaz—sinz.y+sinz..—— + sin2z ng
1.2.5 lo.
und die nmal wiederholte giebt:
e’‘®zsin (ysinz—nz) =
n y? N wars
—sinnz=-nz—=(n— ı)z.y=sin (n—2)2.— —.nv—sinz
( PT ( ) ar, I..n—1
4 Ye 2 ntı f n$e L yr+3
sinz, sin —— + sin5zz ——— +...
ande” 1...n+ ER = ot
welches abermals eine durch nmalige Differenziation schon gefundene Gleich-
heit ist, wenn nach den Differenziationen n negativ genommen wird.
Andere Verbindungen der hier vorkommenden, Reihen werden, sich
dem, der sie zu verfolgen vornimmt, darbieten. F