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Full text of "Abriss der althochdeutschen Grammatik: Mit Berücksichtigung des altsächsischen"

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From the library of 

WILLIAM ALPHA COOPER 

1868-1939 

Department of Germanic Languages 

1901-1934 



f9oH 



ABRISS 



DER 



ALTHOCHDEUTSCHEN GRAMMATIK 



MIT BERÜCKSICHTIGUNG DES ALTSÄCHSISCHEN 



VON 



WILH1SLM BRAUNE, 

11 



DRITTE AUFLAGE. 



HALLE A. S. 

MAX NIEMEYER. 

1900. 



■=^v>< 



X 



Lautlehre. 



L Abschnitt. Yocale. 

A. Die vocale der Stammsilben. 

§ 1. Diejenigen ahd. vocale und diphthonge, welche m 
den Stammsilben der spräche des 9. jh.'s als die normalen 
gelten können, sind (in klammem wichtige ältere oder jüngere 
nebenformen): 

(a) kürzen: i e (a) e a o u 

b) längen: i ^ (ae) fi d (ao) ü 

c) diphthonge: ei (ai) ou (au) in io (eo; ie) ia(^, ea; ie) 

uo (5, oa; ua). 

Der vocalismus des alts. im 9. jh. weicht in den längen 
und diphthongen vom ahd. ab, indem alts. e ^ und 6 ^ = ahd. 
e + ei und 6 + ou ist, alts. e ^ und 6 ^ aber mit den daneben 
(Hei. CVP und altnfr.) herrschenden nebenformen uo und ie 
dem ahd. uo und ia entspricht: 

rb) längen: i €« (ie) e^ & 6» d« (uo) ü 
^^^' \ c) diphthonge: in io (eo; ia, ie) [uo (=6«) ie (=§«)]. 

Anm. 1. Ausnahmsweise, fast nur in fremdwörtem, erscheint ahd. 
das zeichen y; in deutschen Wörtern öfter bei im praef. yr- = ir- und 
yüj ye vereinzelt für t^i, lie; vgl. ad Liutbertum, Ib. s. 139, z. 52 ff. 

Anm. 2. Sporadisch wird in älterer zeit das zeichen f für den 
(offenen) e-laut angewant. 

Anm. 3. Die länge der vocale wird in den hss. meist gar nicht 
bezeichnet. Doch treten zahlreiche ausätze dazu auf. Im 8. und 9. jh. 
oft doppelschreibung, z. b. in B (ketctany deonoon etc.). In anderen alten 
hss. wird acut oder circumflex gesetzt, aber nur hie und da. Consequente 
Unterscheidung von kürze und länge erst bei N (ähnl. Will.), wo jeder 
kurze stammvocal den acut, jeder lange den circumflex hat {n^en, 
nämen). Auch die diphthonge sind bei N sorgfältig accentuiert (^i, du, 
iu\ ÄO, iß). 

1* 



4 §2—4. Kurze vocale: GFerm. a; g, t. 

Geschichtliche entwicklung der ahd. und alts. 

stammsilbenvocale. 

§ 2. Die urgermanischen vocale sind a) kürzen: a, e, 
i, u; b) längen: [a], cb, e, i, 6, ü\ c) diphthonge: ai, au, eu. 

a) Kurze vocale. 

§ 3 (25 — 27). Germ, a (got a), ist ahd. (mhd.) und alts. a 
geblieben, oder durch i, j der folgenden silbe umgelautet zu 
e: gast — pl. gesti (mhd. geste); faru — ferit; hella, alts. hellia 
hölle (got. ha^a)] [Jcraft — adj. Jcreftig (alts. Jcraftag)] kennen, 
alts. Jcennian (got. hannjan) — praet. Jcanta (alts. kendd). 

Anm. 1. Der umlaut ist während des 8. jh/s eingetreten/ die 
ältesten quellen haben noch viel formen ohne umlaut, vgl. Pa, K, Yoe. 
(Ib. 1); im anfang des 9. jh. verschwinden die unumgelauteten formen. 

Anm. 2. Den umlaut hindern im ahd. zwischenstehende consonant- 
gruppen: a) überaU ht, ha: mahtf pl. mahti, ac|j. mahtig; wahsit; femer 
consonant + t/;: schw. v. I gar(a)wenf garwita; b) nur im oberd. Z -|- cons., 
ch (germ. k) und meist r + cons., sowie germ. h : bcdg, pl. fränk. belgi, obd. 
palgi; zu aachan (streiten) 3. sg. fränk. aechit, obd. aachit; obd. warmen 
und wermen (wärmen), obd. ahir (selten ehir) ähre. 

Anm. 3. Ein i der dritten silbe wirkt in manchen werten umlaut, 
nach assimilation des vocals der 2. silbe, z. b. nagal^ pl. negüi nagel, 
edili edel; in vielen werten bleibt dagegen ahd. a, z,\),magad, "phnnagadi, 
fravili frech. .7 

Anm. 4. Seit dem 12. jh. (mhd.) dringt dei^. Umlaut meist da durch^ 
wo er (nach anm. 2. 3) ahd. fehlt, sog. 'secundä^|hmlaut': dieser umlaut 
wird häufig ä geschrieben, also mhd.: mähteCj nmtic, obd. bät^, beige; 
mägedef megede', frävdej frevele; äherj eher etc. t\ 

Anm. 5. Im alts. , ist der umlaut im allgemeinen durchgeführt, doch 
kommen besonders in M viele unumgelautete formen vor, die z. t. auf aus- 
gleichung beruhen (farid und ferid, gaatiun und geatiun). Den umlaut 
hindern ^-Verbindungen (mahtig, mahlian), in M auch r- Verbindungen 
(z. b. äuuardian, äuuardit M = äuiAerdian, dutierdit CY), doch steht auch 
in M vor rto meist umlaut (gerewuian), Umlauts -e ist bisweilen zu i 
geworden {giriuuan, gifrimid, -adpi C). 

Anm. 6. Beim ausfall der nasale nach § 34 a. 2 ist im alts. an zu 6 
geworden in ödar (got. anpar), aöd (wahr). Doch steht neben d auch d 
(ddar, mddmundi) und uo in auod (CV), 

§ 4 (28 — 31). Germ, e (e) und i (got. zusammengefallen 
in i, bez. a{) sind im alts. und ahd. (mhd.) beide vorhanden; 
nur ist e in gewissen fällen zu i übergegangen und mit germ. 
i zusammengefallen. Dieser Übergang des e zu i ist allen 
german. sprachen ausser dem gotischen gemeinsam yor un- 



§4.5. Kurze vocale: Germ. Is^ i; u, o, 5 

mittelbar folgendem m, n + consonant und vor einem i, j der 
folgenden silbe; im ahd. und alts. auch meist vor u der 
folgenden sübe. Vor a, e, o der folgenden silbe bleibt dagegen 
e (ausser bei nasalverbindungen). Es ergibt sich also in vielen 
Wortsippen ein Wechsel zwischen e und i; z. b. nimu, nimis, 
nimit, aber n&man, conj. n&ne; geban, dazu geba gäbe, gebo 
geber, aber gibu, gibis; herg — gtbirgi; reht — rihten (alts. 
rihtian)] er da — irdin\ st. verba III. wie Untan, rinnan gegen 
helfan (§ 80). Tor u: filu viel, situ (alts. sidu) sitte, aber auch 
eTmr (alts. evur) eber, ßhu und fihu (§ 52) und ahd. wirt, widar 
Widder gegen alts. ward, weädr etc. 

Anm. 1. ürgerm. (=:indog.) i bleibt meist erhalten vor a, c, o der 
folgenden silbe, z. b. paxt. pt. der I. ablantsreihe : gigviffan (§ 78), toizzan 
wissen. Eine anzahl von alten i sind aber doch ahd. zu g geworden, 
z. b. Ubin leben, qiiSc yivus (alts. gute), 8t'6g, 8t'6ga (zu atigan) u. a. Im 
alts. sind diese i viel seltener, z. b. ahd. alts. w'6r mann, w'^haälj Uccon C, 
liccon M; 2g5o^ C, libod M. 

Anm. 2. G«rm. e war im ahd. offenes e, gegenüber dem ge- 
schlossenen Umlauts- e; noch mhd. werden beide e im reime guter dichter 
auseinander gehalten. 

Anm. 3. Im alts. steht vom ahd. abweichend auch vor einfachem 
m meist i statt 'i (nimanf selten nSman)^ femer steht in C nicht selten i 
unter einfluss eines g (giban, gilp), 

§ 5 (32). Germ, u (got. u, aü) ist in allen übrigen germ. 
sprachen, so auch im ahd. und alts. gespalten in o und u; und 
zwar steht o vor a, e, o der folgenden silbe, ausser bei da- 
zwischen stehender nasalverbindung, u dagegen steht vor i (j), u 
der folgenden silbe, sowie stets vor nasalverbindungen. In vielen 
Wortsippen wechselt demnach o und u. Beispiele: st. v. 11 (§ 79) 
pl. praet. butun, part. gibotan, dazu boto böte; Jcurum, giJcorcm, 
dazu korön versuchen, kuri wähl; fol, aber füllen (got. fulljan); 
wolla woUe — wullin] got — gutin göttin; part. st. v. ni (§ 80) 
gibuntan, girunnan, aber giholfan. 

Anm. 1. Abweichend vom ahd. steht im alts. u (= ahd. o) auch 
vor einfachen nasalen: gumo (ahd. gomo) mann, ginuman (ahd. ginoman)^ 
thtmer (bM.. donar); femer in einigen wörtem neben labialen consonanten: 
füll YoU, fugal vogel, wvlf, vmüa; altndfr. wvlca neben alts. wolcan wölke; 
altnfr. bw bock. 

Anm. 2. Mhd. wird u zvl ü umgelautet, wo früher i, j folgte, z. b. 
wüllen (ahd. wuUtn)y füllen (ahd. füllen); geburt, gen. gebürte (ahd. giburtt); 
coig. praet. st, v. n büte (ahd. buti § 79), st. v. HI hülfe (ahd. hulfi § 80). 



§ 6. 7. Lange vocale: Germ, db, d\ i. 

Im' spätahd. begegnen einzelne spuren dieses umlants. Auch im mhd, fehlt 
der Umlaut noch öfter. 

Anm. 3. Umlaut des o zu ^ tritt im mhd. ein, naturgemäss in 
beschränktem masse, da vor i, j ahd. der regel nach u stand, z. b. mohte, 
eoi\j. möhte (ahd. mohti)j loch pl. löcher (ahd. hchir, s. § 39 a. 2). 

t ■ ■ ■ 

b) Lange vocale. 

§ 6 (33. 34). Germ. ^ (got. i, ags. ce) ist ahd. und alts. schon 
vor unseren denkmälern zu ä geworden, z. b. got. sUpan, alts. 
slapan^ ahd. släfan\ märi berühmt, pL praet. st. v. IV. V. namun, 
gäbun conj. ,nämi, gabt. Mit diesem ä (= got. e) ist im ahd. 
alts. das germ. ä (= got. ä) zusammengefallen, welches nur 
vor Ä vorkommt und aus an durch verklingen des.nasals ent- 
standen ist (§ 34 a. 2); z. b. got. alts. ahd. faJian (§ 85 a. 1), 
hrähta (§ 89 a. 3), ahten (alts. ähtian) verfolgen. 

Anm. 1. Ln alts. kommen noch einzelne fälle des alten ^ vor, 
z. b. w^pwhherandj giburij birun Hei., häufiger in eigennamen in Urkunden, 
wie RedtnSr u. a. Eine reihe anderer e statt ä im Hei. sind wahrscheinlich 
als umlaute zu fassen, z. b. giwidi neben giwädij bidi, bicnSgan, ehtin 
(coi^. pt. zu ähtian): die formen ohne umlaut sind jedoch weitaus herrschend. 
In M stets ger (= iär C) durch einfluss des palatals. 

Anm. 2. Im mhd. wird ä umgelautet zu langem ce (auch e ge- 
schrieben), wo früher i, j folgte, so mcere; nämen, gäben, aber conj. nceme, 
gcebe; coig. brcehte; cehten. Dieser umlaut zeigt sich spätahd. zuerst in 
fränkischen denkmälern. 

§ 7 (35. 36). Das germ. e, welches im got. nur in vier 
Worten vorkommt und mit dem andern got. e (= germ. ce) zu- 
sammengefallen ist, ist im alts. e (e\ s. § 1), aber in C (VP) 
und im altnfr. steht dafür ie. Im ahd. war es im 8. jh. noch e, 
daneben tritt bald ea auf, welches sich im 9. jh. zu ia, ie 
wandelt, ie wird in der 2. hälfte des 9. ]h.'s herrschend und 
bleibt bis ins mhd. Vom lO./ll. jh. ab fällt es mit dem aus 
io entstehenden ie (§ 13) zusammen. 

Die nicht sehr zahlreichen fälle des germ. e > ahd. ea, ia, 
ie — z. b. got. as. ahd. her hier > ahd. hear, Mar, hier; got. 
ahd. fera seite, ahd. feara, fiara; ahd. ^eri, zeari, ziari, zieri 
schön, zier — sind im ahd. (alts.) vermehrt durch die neu- 
entstandenen e > ia im praet. der red. v. I (§ 85), z. b. Uz 
(alts. Uty liet), leaz, liaz, liez, sowie durch eine anzahl fremd- 
wörter mit lat. e, z. b. ziagal, ziegel (tegula), hriaf, brief (breve) 
Spiegel, priester etc. 



§ 8. 9* Lange vocale< Genn, I» 7 

Anm. 1. Alts, sind neben hi (er), tM (der), hwe (wer) in C hie, 
thißj htoie die gewöhnlichen formen, thie neben ther auch ahd, in T. — 
Neben hir, hier (hier) steht in Hei. M hänfig Mr, 

§ 8 (37). Genn. t (got. ei) ist ahd. und alts. unverändert i\ 
z. b. praes. st. v. I (§ 78) grtfan, zihan\ min got. meins etc. 

§ 9 (38—40). Germ. got. 6 ist im alts. d (ö\ s. § 1). Das 
altnfr. hat dafiir uo, welches auch in manchen alts. quellen, 
besonders Hei. OPV die regel bildet, während in Hei. M ö 
herrscht — Im ahd. des 8. jh.'s galt zunächst noch 6, doch 
wurde es im 8. 9. jh. diphthongiert zu uo, welches seit ende des 
9. jh.'s auf dem ganzen gebiete herrscht. Im 8. und 9. jlu er- 
scheinen als sehr verbreitete nebenformen oa und tm. Beispiele; 
bruoder, alts. brdder, Iruoäer (got. brö^ar), fuojs, alts. föt (got. 
fotus), praet. st. v. VI (§ 83) fuor, alts. för. 

Die entwicklung des diphthongs tio aus 6 zeigt in den 
drei ahd. hauptdialekten unterschiede: 

a) im alemann. beginnt die diphthongierung nach 760 (Voc. 
noch 0, Ib, i, 3), im 8. jh. tritt zunächst oa auf, im 9. jh. herrscht 
die form ita durchaus vor (/kaer, hruader B, H etc.), erst gegen 
ende des 9. jh.'s nimmt uo überhand und verdrängt schliesslich 
das ua. 

b) im bairischen hält sich 6 am längsten und ist im 9. jh. 
noch ganz gewöhnlich {coot, cotan] wtstdm Wess.) Daneben 
wird im 9. jh. uo zunehmend häufiger und verdrängt endlich 
das 6 ganz. 

c) im fränkischen dringt schon ende des 8. jh.'s uo durch: 
um 800, in den ältesten fränk. quellen finden sich nur noch 
vereinzelte 6 (Js.7 d, sonst uo). So ist schon im ganzen 9. jh. 
uo herrschend im fränkischen, mit ausnähme des südrhein- 
fränkischen (bes. Weissenburg) , wo die mehr alemann, form 
ua besteht. Bei 0. ist ua die regelrechte Vertretung: hruader, 
fuar (nur durch assimilation bisweilen uo, ue: bluomono, bluetes). 

Anm. 1. Unmittelbar vor einem a, e, i der endung stehend wird 
seit dem 9. jh. tu> meist zu ü. Dies betrifft hauptsächlich die verba pura 
auf ito (s. § 88 a. 3) : blüen statt und neben blrwen, 

. Anm. 2. In fränk.-mitteld. mundarten tritt seit dem 11. jh. vielfach 
contraction aller teo zu t^ ein (brüder), In oberd. quellen finden sich davon 
nur sporadische fälle (nicht ganz selten bei N). 

Anm. 3. Im mhd. wird uo zu üe umgelautet, wo ahd. i (j) folgte, 
z. b. fiMz, pl. füeze (ahd. fmzi)\ fucff coig. füere (fuori). Im ahd. sind 



8 §10—12. Lange vocale; Germ. iL Diphthonge: Germ, ai, au, 

seit dem lO./ll. jh. spuren dieses nmlants hemerkhar, indem öfter ue oder 
ui dafür geschriehen wird. 

§ 10 (41. 42). Germ. got. ü bleibt ahd. und alts. unverändert. 
z. b. ahd. Irüt^ g. d. Irüti, tüba, (h)lüt laut, dühta (§ 89 a. 3). Seit 
dem lO./ll. jh. wurde im ahd. dieses ü vor i, j zu einem langen 
w-laute umgelautet, für welchen schon bei N. regelmässig die 
Schreibung m erscheint, z. b. hriute, Muten tönen, läuten (älter 
hMten, alts. hlüdian), mhd. conj. diuhte (ahd. dühti). 

Anm. 1. In den tthrigen spätahd. Schriften (ausser N) wird dieser 
Umlaut meist nur ausnahmsweise bezeichnet; neben iu erscheint oft auch 
ui (üi Will.). Im mhd. ist iu die normale Schreibung. 

c) Diphthonge. 

§ 11 (43. 44). Germ.-got. ai ist im alts. durchaus zu e 
contrahiert: sten, grep (e \ s. § 1). Im ahd. findet contraction 
zu e statt nur vor h, r, w, z. b. praet. zeh (§ 78), leren (got. 
laisjan § 93 a. 1), compar. mero (got. maüa), seo g. sewes (§ 30). 
Im übrigen ist der diphthong als solcher im ahd. geblieben. 
Nur ist ai schon ende des 8. jh. überall in ei übergegangen, 
welches auch im mhd. die normale gestalt des diphthongs 
bleibt ; z. b. praet. greif (§ 78), stein, teil, leiten etc. 

Anm. 1. Die älteste form des contractionsvocals im 8. jh. ist ae, 
60 z. b. in Pa (laeris, snaewac); im anfang des 9.jh.'s nur noch vereinzelt 
ae (auch §), z. b. in Is. M. Die herrschende Schreibung ist dann e (ee, i). 
Auch im alts. des 9. jh. begegnen noch einige es für e, z. b. hcelago Hei. C. 

Anm. 2. Im auslaute ist ai zu i contrahiert in si ecce (got. sai), 
wi wehe! (got. wai); dagegen ei ovum, zwei 2, praet. screi (§78), pron. 
dei (ntr. pl. § 72 a. 1). Beachte auch contraction in nebensilben: d. pl. acQ. 
blintem (got. blindaim)^ praet. habita got. hai)aida) etc. — Ausnahmsweise 
e statt ei in zwine 2, w^nag elend (got. wainaga), bide (neben beide). 

Anm. 3. In *^ immer (got. aiw), *(h)wio wie (got. haiwa) nebst 
composs. ist So zu eo^ io geworden und mit dem diphthong eOy io {% 13) 
zusammengefallen. Also eo, io^ später ie\ nioman; wio etc. 

Anm. 4. Der diphthong ei wird sporadisch in den verschiedensten 
ahd. queUen mit ungenügender Orthographie auch durch e widergegeben, 
z. b. 8tin Musp., hili Exh. (Ib. 6). 

Anm. 5. Die älteste form ai für den diphthong erscheint noch in 
oberd. quellen des 8.jh.'s, bes. in Pa, K, Voc. (Ib. 1). — Im bairischen 
(schwäb.) dialekt wird seit dem 12. jh. ei wider zu ai: atain, tail etc. 

§ 12 (45. 46). Germ. got. au ist im alts. durchaus zu 6 
contrahiert: öga, hobid (6 \ s. § 1). Dieses 6 ist offenes o, da 
zuweilen statt dessen ä erscheint. Im ahd. findet contraction 



§ 12. 13. Diphthonge : Germ, au, eu, 9 

des au zu ö statt vor h und vor allen dentalen (d, t, z, s, n, 
r, l)j z. b. höh (got. hduhs), otag reich (got. attdags), stozan (got 
stautan), I6n (got. laun), hören (got. hausjan). — In allen 
übrigen fällen (vor labialen und gutturalen ausser h) ist der 
diphthong im ahd. geblieben, und zwar hat derselbe im 8. jh. 
und den ersten decennien des 9. jh.'s noch die form au (z. b. 
in B M Is.) ; während der ersten half te des 9. jh. geht dann 
au in ou über. Bei T herrscht schon ou (nur noch 8 au), bei 
ist ou ausnahmslos. Auch im mhd. ist ou noch die form 
des diphthongs. Beispiele: haubit, houhit (got. haubip), hlauffan, 
loufan, (got hlaupan)] ouga (got augö), praet st v. 11 loug 
(gegen löt, s. § 79). 

Anm. 1. Die contraction des au zu d fäUt ins 8. jh. Eine Zwischen- 
stufe ist ao, welche in den alten alem. quellen nur selten erscheint, da- 
gegen für die ältesten bairischen denkmäler charakteristisch ist. ao 
herrscht in Pa und B. In Exh. capaot, fraonoy canaotit (Ib. 6). — Das 
im auslaute aus aw entstandene ao ist im ahd. ebenfalls zu o contrahiert; 
z. b. frao froh, strao stroh > gemeinahd. frö, strö, 

Anm. 2. Den Übergang au'^ou machen auch die au mit, welche 
vor w entstanden sind (ahd. auw aus germ. aw)j z. b. skauwön > scouwön. 
Vgl. § 30 a. 6. 

Anm. 3. Im mhd. wird 6 zu langem cß umgelautet, wo im ahd. i, j 
folgte; z. b. mhd. hceren, stcezet (ahd. stözit), hoch, aber hosiher, hceheste 
(ahd. höhiro, -isto), — Der umlaut des ou zu öu (eu) ist im mhd. noch 
wenig fest, oft von umlautslosen formen begleitet; z. b. tröumen und 
troumen (alts. drömian); ouge, dim. öugelin; sw. y. I. öugen und ougen 
zeigen (got. augjan). Bei manchen Wörtern mangelt er mhd. ganz, z. b. 
hovMt, er-, gelouben, roufen, toufen, — Im spätahd. finden sich nur erst 
wenige spuren von diesen umlauten. ^ 

§ 13 (47 — 49), a) Genn. eu ist im got. stets tu. Im alts. 
und ahd. ist der diphthong 1. zu m geworden, wenn in der 
folgenden silbe ein i (j) oder u steht Dagegen 2. vor einem 
a, e, der folgenden silbe ist eo eingetreten. Die form eo 
herrscht im 8. jh. und im anfang des 9. jh.'s. Dann tritt io 
ein, die gemeinahd. form, welche bei T schon die regel bildet 
— Nach diesen regeln besteht also ein Wechsel zwischen tu 
und eo, io, z. b. st v. 11 (§ 79) biutu, hiutis, aber heotan, Uotan, 
conj. heote^ hiote; Höht licht, aber liuhten (alts. liuhtian) leuchten, 
deota, diota volk, aber diutisJc. 

b) Vorstehende regel gilt uneingeschränkt nur für das 
fränkische (und alts.). Im oberd. dagegen tritt iu auch vor 



10 §13. Diphthonge: Germ. eu. §14. Yocale der nehensilhen. 

folgendem a, e, o ein, wenn der zwischenstehende consonant 
ein labial oder guttural (excl. h) ist. Also st. v, 11 (§ 79) 
biu^u — obd. piugan. fränk. biogan; fränk. flioga, obd. fliuga; 
fränk. tiof (tief) und tiuß, obd. tiuf, tiußr, tiuß; fränk. Hob, 
liobösto, obd. Hup, liubdsto, 

c) Im späteren ahd. (lO./ll. jh.) geht io in ie über und 
fällt mit dem aus ia entstandenen ie (§ 7) zusammen: so auch 
noch mhd., z. b. bieten, lieht, lieb. Dagegen hält sich iu auf 
seinem gebiete bis ins mhd. hinein, wenigstens in der Schreibung. 
Der lautlichen geltung nach ist mhd. iu nicht mehr diphthong, 
sondern .ein langer ee-laut, welcher in der Schreibung und 
grossenteils auch lautlich mit iw, dem umlaut von ü (§ 10) zu- 
sammengefallen ist. 

Anm. 1. Wie der germ. diphthong wird auch das im praet. der 
red. y. n neu entstanden eo behandelt, vgl. § 86. Wechsel innerhalb der 
flexion findet jedoch nicht statt, z. b. stioz, pl. stiozwn, coig. atiozi, 

Anm. 2. Neben io erscheint bei häufig ta, besonders bei den 
st V. n {biatan\ auch im praet. der red. v. n (liaf § 86). Vor endungsre 
bei oft assimiliert zu ie: 2iode und liebe-, Hate und biete, 

Anm. 3. Oberd. beginnt seit dem 10. jh. die fränkische regel ein- 
zudringen, dass io, bez. ie auch vor lab. und gutturalen steht. So bei N 
lieh, tief f biegen. Doch kommen oberd. iu-tormen {biugen, tiuf) daneben 
noch bis ins mhd. hinein Tor. 

Anm. 4. Der vor geminiertem w entstandene diphthong iu (s. §30 
a. 6) steht ahd. stets auch vor folgendem a, e, o, z. b. triuwa, bliuwan, 

Anm. 5. Für ie (sowol aus io, als nach § 7 aus ia) tritt seit dem 
11./12. jh. in fränk. mitteld. quellen vielfach contraction zu i ein. Auch 
in oberd. quellen begegnet vereinzelt t für ie, 

Anm. 6. Für iu tritt seit dem lO./ll.jh. nicht selten die Schreibung 
u (ü) ein, eine bezeichnung des monophthongs, z. b. gebüdetj lüte. Auch 
ui (üi stets Will.) kommt dafür vor (vgl. § 10 a. 1). 

Anm. 7. Im alts. (Hei.) ist die älteste form eo noch recht häufig, 
doch ist io das normale, woneben in M ia, in C ie nicht selten auftritt; 
also geotan, giotan; kiaaan M, Jdesan C, — Statt iu steht Yoi dentalen 
consonanten in Hei. OPV oft io: liodi und liitdi, diorlic und diurlic. 

B. Die vocale der nebensilben. 

§ 14 (§ 56 — 61). Vocale der endsilben. In den end- 
silben kommen im ahd. vor die vocale a, e, i, o, u und zwar 
sowol kurz als lang. Ein diphthong als endsilbenvocal findet 
sich nur in der oberd. adjectivendung 4u (§ 58 a. 3), die bis 
ins mhd. erhalten bleibt Alle übrigen endsilbenvocale erleiden 



§ 14. 15. Vocale der nebensilben. 11 

seit dem anfange des 10. jh.'s immer zunehmende abschwächung, 
wovon sich auch schon im 9. jh. spuren zeigen. Schliesslich 
werden alle endsilbenvocale zu einförmigem e, welches schon 
im 11. jh. einen breiten räum einnimmt. Genauere regeln über 
den gang der abschwächung lassen sich nicht geben, da die 
einzelnen denkmäler stark von einander abweichen. Im all- 
gemeinen lässt sich sagen, dass die langen endvocale sich am 
besten erhalten, während von den kurzen vocalen die im un- 
mittelbaren auslaut sich länger halten, als die, welche noch 
consonanten nach sich haben. So ist das Verhältnis bei N, 
der z. b. noch hdhi, lobön, eungün, hoto, geba hat, aber stets 
-m statt ahd. -mw, -in, -an, z. b. nämen (nämun), nemen 
(neman) u. s. w. 

Im 12. jh. ist fast überall e eingetreten, für das auch in 
manchen hss. i angewant wird. Nur im alem. dialekt haben 
sich noch bis ins mhd. meist volle endsilbenvocale da erhalten, 
wo das ahd. lange vocale hatte. 

Anm. 1. Die länge der ahd. endsilbenvocale ist hauptsächlich durch 
alte doppelschreibnngen (bes. in B), sowie durch circumflexe bei N bezeugt. 

Anm. 2. Die endsilben-e gehen im bairischen, besonders der spätem 
iseit, vielfach in a über. Die kurzen u und i zeigen schon im 9. jh. öfters 
Übergang in o und e, was vom 10. jh. ab immer allgemeiner wird. Am 
festesten sind kurz a und kurz o. 

Anm. 3. Im alts. des 9.jh.'s kommen ebenfalls alle vocale in den 
endsilben vor, doch sind, wie es scheint, lange vocale nicht mehr vor- 
handen. Die endsilbenvocale sind vielfach schwankend, so wechselt oft 
-a mit -e (z. b. 3. sg. pt. lerda und lirde ; dat. sg. mdda und möde) ; -u mit 
-0 {stmu und sunö); auch gedeckte endsilbenvocale zeigen schwanken, 
so -as und -es (gen. sg.); -un und -on (schw. decl.), -an und -en (infin.). 
Besonders ist es für Hei. M charakteristisch, dass in endsilben sehr häufig 
e statt a sich findet. 

§ 15 (62 — 69). a) Die vocale der mittelsilben drei- und 
mehrsilbiger Wörter sind im ahd. weniger fest als die der 
endsilben. Sie sind schon in der älteren zeit vielen 
Schwankungen unterworfen und werden auch früher zu e als 
die meisten endsilbenvocale. Nur eine anzahl schwerer mittel- 
vocale, die lang oder durch position gedeckt sind und einen 
nebenton tragen, halten sich besser, z. t. bis ins mhd. hinein; 
z. b. 'äri, mhd. -cere (scribärt)^ -inn- (euninginna), -unga 
(manungä) u. a. 

b) Synkope alter kurzer mittelvocale tritt im alts. sehr 



12 § 15. Vocale der nebensilben. 

gewöhnlich nach langer Stammsilbe ein (z. b. hobid g. hobdes; 
märifha und märtJm)] im ahd. ist dies regel nur im praet. der 
schw. V. I (hdrta gegen nerita, s. § 89), sonst nur noch in ein- 
zelnen fällen, wie herro herr (aus Mriro), häufig von ander g. 
andres etc. 

c) Neue mittelvocale sind ahd. und alts. sehr zahlreich 
entstanden, indem auslautendes l, r, n, m zu. dl, ar, an, um 
wurde: fogal, alts. fugal (got. fugls), hlüttar (got. hlütrs), zeichan, 
alts. tekan, (got. taikns), ätum atem. Dieser neue vocal kam 
eigentlich nur den unflectierten formen zu, bei antretenden 
flexionen fehlte er. So noch regelmässig im alts. : fugal, fugles, 
hlüttar, hlüttres] doch steht alts. oft vor r (nur selten vor 
anderen consonanten) der vocal auch in der flexion, besonders 
nach kurzer silbe: f agares, aJcJcaro. Im ahd. aber ist der 
zwischenvocal regelmässig in die flectierten und abgeleiteten 
formen gedrungen: fogales, (h)lütares, mchanes, mchanen, 
zeichanunga. Nur die ältesten quellen (Pa Is.) haben nach 
langer silbe den mittelvocal noch nicht; also fogales, aber 
hlüttres, zeihnes, zeihnunga. 

d) Assimilation unbetonter mittelvocale ist sehr häufig, 
bes. bei 0. Und zwar geschieht die assimilation meist an den 
vocal der endung, seltener an den stammvocal, z. b. naguUun, 
(zu nagalen), wuntorön (wuntar), hruadoron (hruader); söinintaz 
(st. sdnoMtaz). 

e) Zwischen rh und Ih, sowie zwischen cons. + w ent- 
wickeln sich ahd. (teilweise auch alts.) unfeste mittelvocale, 
die beliebig fehlen können und in der späteren spräche meist 
ganz aufgegeben werden. Der zwischenvocal nimmt in der 
regel die form eines nebenstehenden, meist des endungsvocals 
an; z. b. forhta, forahta, forohta (furcht), felhan und feldhan, 
praet. pl. ful{u)hun, part. hifol(a)han, -folohan; farwa, farawa, 
farowa färbe, zes(a)wa rechte hand. 

Anm. 1. In oberd. quellen findet sich ähnliche yocalentfaltung auch 
zwischen r und labial oder guttural. Die erscheinung ist wenig durchgehend, 
am häufigsten in B: war(a)mf wtbr(u)mj p'€r(e)ge (monti), dur(u)ftigdn, 

Anm. 2. Im alts. ist die yocalentfaltung am häufigsten in V, wo- 
selbst nicht nur zwischen rÄ, rw (ferähty geretDian)y sondern auch zwischen 
r und labial oder guttural regelmäasig zwischenvocal steht, z. b. w'^ek, 
burugj acarapun^ stereban-staraf, aram. Von den sonstigen alts. hss. hat 
nur C eine etwas reichlichere anzahl von fällen aufzuweisen. 



§ 16. Germ.-westgerm. consonanten. § 17. Greminaten. 13 

IL Abschnitt. Consonanten. 

§ 16 (81. 82). Als urgermanischen consonantenbestand 
nehmen wir an: 

a) Sonore consonanten: w, j; r, l; m, n. 

b) Geräuschlaute: 

1. Harte (stimmlose) verschlusslaute: t, p, h, 

2. Harte (stimmlose) Spiranten: s, p, f, %. 

3. Weiche (stimmhafte) Spiranten: z, ^, 5, /. 

Die gotischen laute stimmen im ganzen hiermit überein, 
nur entsprechen den weichen Spiranten ö; 5, 7 im got. d, 6, g, 
welche zeichen aber sowohl weiche Spiranten, als weiche ver- 
schlusslaute bezeichnen, letztere hauptsächlich im anlaute. 

In den westgerman. sprachen sind mit den germ. weichen 
Spiranten folgende Veränderungen vorgegangen, a) z (weicher 
5-laut = got. z) ist inlautend zu r geworden, auslautend da- 
gegen geschwunden, z. b. alts. ahd. vmro (got. maizd)^ alts. hord, 
ahd. hört (got. huzä)\ alts. ahd. sunu (germ. *sunuZj got. sunus). 

b) germ. d ist westgerm. überall zum verschlusslaut d geworden. 

c) germ. 5 ist westgerm. im anlaut, nach m und bei gemination 
verschlusslaut h geworden, sonst in- und auslautend spirant 
(alts. S) geblieben, d) germ. 7 zeigt auch neigung in ver- 
schlusslaut überzugehen; die allgemeine bezeichnung g lässt 
über geltung als verschlusslaut oder spirant nicht immer sichere 
entscheidung zu. 

§ 17 (91 — 99). Neben den einfachen consonanten kommen 
auch sehr häufig geminationen vor. a) Dieselben sind z. t. 
urgermanisch, d. h. in allen germ. sprachen vorhanden, z. b. 
got. swimman, wissa, skatts, — b) Eine grosse zahl von gemi- 
nationen ist aber für das westgerm. charakteristisch, indem in 
allen westgerm. sprachen vor j, seltener vor r, ü, w, m, n vor- 
angehende consonanten (ausser r) verdoppelt oder gedehnt 
werden, z. b. alts. Uddian, ahd. bitten (got. bidjan)] alts. settian, 
ahd. sezzen (got. satjan); alts. sibbia, ahd. sipp(e)a (got. sibja); 
alts. sJceppiaUj ahd. skepfen (got. skapjan)\ ahd. alts. willio, ahd. 
willo (got. wilja). Vor r besonders t, p, Je, z. b. ahd. alts. bittar 
(altn. bitr), akJcar (got. aJcrs)] ahd. Jcupfar (cuprum). Vgl. noch 
ahd. apful apfel, alts. appül (altn. epK)] naccot (got. naqaps) 
u. a. — c) Eine dritte (jüngste) schiebt von geminationen ist 



14 § 17. Geminaten. § 18. Die M. lautverschiebung. 

erst im aM. entstanden aus der yerschiebung der inl. germ. t, 
Py Je zu ahi 2;2;, ff, hh (s. § 19). Auch durch zusammenrückung 
nach vocalausf all (z. b. herro < Mriro ; schw. praet. leitta, alts. 
ledda < * leitita, alts. ledida § 89) und durch assimilation (z. b. 
brettan < alts. bregdan, § 80 a. 3; ahd. stimma < stimna, alts. 
stemnd) sind geminationen entstanden. 

Anm. 1. Die geminationen traten ursprünglich auch nach langer 
silhe ein, doch hielten sie sich dauernd nur nach vorhergehendem kurzen 
yocal. a) Von den urgerm. geminaten sind im ahd. die nach langer silbe 
schon durchaus vereinfacht , z. b. ahd. alts. wis weise (aus urg. ^u;i88o-), 
ahd. praet. muosa (aus *md88a, vgl. wessUf § 93), red. praet. fiahm (zu 
fäUan §85). b) Die westgerm. geminationen sind im alts. und &änk. 
vereinfacht. Dagegen kommen im oberd., bes. älterer zeit, noch zahlreiche 
geminationen durch j nach langer silbe vor, z. b. in B leittan (alts. lidiany 
ahd. leiten), awikan (got. augjan); Musp. stumnarif wissant, arteillan; vor 
r häufig in alten quellen hlüttar, eittar, dann lütaYf eitar. c) Noch sehr 
häufig nach langem vocal ^^, /f, hh: lä^^an, släffan, zeihhan; gemeinahd. 
lä^an, släfan, zeichan. In zusammenrückungen wie leittüf herro hält sich 
die geminata nach langem vocal im ahd. am längsten; spätahd. öfter leita etc. 

Anm. 2. Jede geminata wird ahd. vereinfacht im auslaut und vor 
consonanten, z. b. fd — fisiües', S^^an — i^, brennen — branta. Im alts. haben 
einige hss. (CY) oft auslautend den doppelcons. bewahrt, z. b. mann, all, 
uppj gewitt. — Bei oft auch inlautend k und z statt kk, zz (z. b. akar, 
itzan), doch ist dies nur graphische eigentümlichkeit. 

A. Die geräuschlaute. 

§ 18 (83 — 89). Die sog. hochdeutsche lautverschiebung, 
welche vor eintritt unserer quellen schon vollzogen war, hat 
die westgerm. geräuschlaute betroffen und zwar in den ein- 
zelnen dialekten verschieden, so dass der stand der laut- 
verschiebung das wichtigste hilfemittel zur Scheidung der ahd. 
dialekte ist. Nach § 16. 17 hatte das ahd. vor der Ver- 
schiebung (= westgerm.) folgende geräuschlaute: 

a) Harte verschlusslaute: t, p, k, 

b) Weiche verschlusslaute und Spiranten: 1. d, verschlusslaut; 
2. b verschlusslaut im anlaut, nach m und bei gemination, dagegen 
Spirant b im sonstigen in- und auslaut; 3. g sowol spirant als verschluss- 

' laut, letzteres sicher in der gemination und wahrscheinlich im anlaut. 
c. Harte Spiranten s, ß (th), f, % (h). 

Die hd. lautverschiebung trifft am intensivsten die harten 
verschlusslaute, weniger die weichen laute unter b); die harten 
Spiranten unter c) sind nicht beteiligt, nur dass germ. p (th) 



§19.20. Die germ. harten yerschlusslaute: L 



15 



in der ahd. periode zu d wird, zeitlich später als die laut- 
verschiebung und auch örtlich über das hochd. gebiet hinaus- 
greifeni 

Es folgt zunächst eine Übersichtstabelle der ahd. laut- 
verschiebung, in welcher die Verschiebung zeigenden ahd, 
zeichen fett gedruckt sind. Bei Spaltung in zwei reihen 
enthält die erste den anlaut nebst gleichbehandelten inlauten, 
die zweite die inlautstellung. 



t 






I. 












n. 




nrgena. 




t 


p 






k 


d 




b 


y 


got. 




t 


p 






k 


d(W 




b(f) 


g 


alts. 




t 


p 






k 




b 


"^f 


g 






J^ 


^ 


"ff 




. 


d 


b 


vf 




mittelfr. 


z 


zz(t) 


p 


r 


hii 


g 


rheinfr. 


z 


zz 


p(p«) 


ff 


k 


hli 


d(t) 


b 


b 


g 


ostfr. 


z 


zz 


pf 


ff 


k 


hh 


t 


b 


b 


g 



oberd. 



z zz 



pf ff eh hh 



p(b) bp kg g(k) 



a) Die germ. harten yerschlusslaute. 

§ 19 (87). Im alts. sind germ. i, p, Je unverändert geblieben. 
Dagegen unterliegen sie im hochd. der Verschiebung. Diese ist 
verschieden nach der Stellung im worte. Zu scheiden ist: 
a) die Stellung im inlaut (bez. auslaut) nach vocalen. In 
dieser werden t, p, k zu, doppelspiranten verschoben (s;^, ff, 
hh), welche auslautend vereinfacht werden. Diese Verschiebung 
erstreckt sich über das ganze hochd. gebiet, b) die Stellung 
im anlaut, sowie inlautend nach consonanten (l, r, m, n) und 
in der gemination. Hier geht die Verschiebung nur bis zur 
affricata (t>^,p>pfjph; Jc> Ich, ch) und ist nicht gleich- 
massig im ganzen Sprachgebiet eingetreten. 

Anm. 1. Von der Verschiebung ausgenommen sind germ. t, p, k ia 
der Verbindung mit 8 (steiiif spilf fisk^ t auch in den Verbindungen tr, ht, 
ft (friuwa, naht, craft), 

§ 20 (155 — 161). Germ, t, a) Spirantenverschiebung zu 
ß0, ausl. ^, über das ganze hochd. gebiet sich erstreckend, nur 
mfränk. unverschoben die neutra der pron. (that, it, wat). Das 
spirantische z wird in den hss. nicht von der aiEricata z ge- 
schieden, nur Is. schreibt zss, zs dafür. In neueren drucken 
wird oft ;?;?, j? zur bezeichnung des Spiranten angewant, 






i 

t I 



v' / V 






>» V «-■ Cr. .• • ■ ^ 



16 § 20. 21. Die germ. harten yerschlnsslaute : t, p. 

Beispiele: ejsjsan (alts. etan), Uzmn (alts. Mtan), daz (alts. fha£)j 
fuozy pl. fuozzi (alts. fot). Nach langem vocal wird vom 9. jh. 
ab meist nur ein z geschrieben {bizan, fuozi, s. § 17 a. 1), doch 
kommt auch nach kurzem vocal einfaches z vor {ezan\ so 
regelmässig bei und K 

^ L b) Affiricatenverschiebung zu z, inl. bei gemination meist 

zz, seltener tz geschrieben, im ganzen gebiete durchgeführt. 
Beispiele: ziohan (alts. tiohan, got. tiuhan)] swarz (alts. swa/rt\ 
holz (alts. holt); sezzen, setzan (alts. settian, got. satjan), scaz, 
g. scdzzes (got. sJcatts). 

Anm. 1. Für affricata z (nicht für spirans z) wird vor e, i ziemlich 
oft c geschrieben: ciuhit, ci, lucil, vereinzelt anch cz^ zc n. a. 

Anm. 2. Im alts. erscheint z als Schreibung für ts in bezto (der 
beste) nnd lazto, lezto (der letzte). Daneben anch die assimilierten formen 
besto, lasto, 

§ 21 (130 — 133). Germ. p. a) Spirantenverschiebung zu 
ff, ausl. f, über das ganze hochd. gebiet reichend. Inlautend 
nach langen vocalen tritt bald allgemein f statt ff ein (§ 17 a. 1). 
Beispiele: off an (alts. opan)\ släffan, släfan (alts. släpan)] sJcif, 
g. sJciffes (alts. sJcip, -es), 

b) Die aüricatenverschiebung zu jp/J sehr oft jjä geschrieben, 

bei geminata auch pph, ppf, ist nur oberd. und ostfränkisch 

^^,, /,^. vollständig durchgeführt. Dagegen ist im mfränk. und rhein- 

t"' \^(- fränk. p im anlaut stets un verschoben ; inlautend nach conso- 

nanten und bei gemination ist nur das mfränk. ganz ohne Ver- 
schiebung, während das rheinfränk. jj nach l und r verschiebt; 
das südrheinfränkische (0) verschiebt auch p nach m und pp. 
Beispiele: ostfränkisch -obd.: phlegcm (alts. plegan) pflegen; 
sJcephen, skepfen, skepphen (alts. skeppiariy got. skapjan) schaffen, 
schöpfen; gilimpfan (ags. ^elimpan) angemessen sein; helphan 
(alts. helpan)j thorph (alts. thorp) = südrheinfr. (0) plegan, 
scepphen, gilimphan, helphan, thorph = rheinfr. (mfr.) plegan, 
sJceppen, gilimpan, helphan, thorph (mfr. helpan, thorp). 

Anm. 1. Nach l, r wird schon im 9. jh. pf weiter verschoben zu f: 
Mlfan, wUf, dorf, wi^fan^ bleibt dagegen bis ins mhd. in sarpf (scarpf), 
harphttf karpho, gelpf, 

Anm. 2. Li den hochalemann. denkmälem wird statt pf meist /) ff 
geschrieben, z. b. B: funt, sarf, limfan, sceffan. Doch ist wenigstens in 
der gemination pf in vielen quellen Ibewahrt, so N: skepfen, tropf o, aber 
pigen, chemfo. 



§ 22. Genn. k, § 23. Weiche yerschlusslante und Spiranten: d. 17 

§ 22. Germ, k, (140 — 46). a) Spirantenverschiebung zu 
hh, ausl. h, über das ganze hochd. gebiet gehend. Statt hh ver- 
breitet sich seit dem 9. jh. immer mehr die Schreibung ch, 
welche nach kurzem und langem vocal steht bis ins mhd. Bei- 
spiele: mdhhdny machon (alts. maJcdn), eeihhan, zeichan (alts. 
tekan), sprechan — sprah (alts. spreJcan), ih (alts. ik). 

Anm. 1. Statt und neben hh, ch findet sich nicht selten auch ein- 
faches h geschrieben: zeihan, mdhöny auch hch kommt öfter vor: mahchön, 

Anm. 2. Auslautend bleibt h im ahd. die regel {sprah). Erst spätahd. 
nimmt die im mhd. herrschende Schreibung ch {sprach) überhand. 

b) Affricatenverschiebung zu *ä;x, geschrieben selten hh, 
regelmässig ch, in der gemination oft cch, ist nur oberdeutsch 
eingetreten; alle fränkischen mundarten haben anlautend, in- 
lautend nach cons. und geminiert unverschobenes h, für weilches 
sehr gewöhnlich auch c geschrieben wird (ausser vor e, i, 
§ 20 a. 1). Beispiele: obd. chorn (Jchorn), chind, w&rch, scalch, 
wechan und wecchan = fränk. corn, Tdnd, werc, sJcalk, wecken 
{alts. jfcorw, werk, wekkian). 

Anm. 3. Die Verbindung kw wird alts. und fränk. regelmässig durch 
qu bezeichnet, oberd. durch chu, seltener qhu. 

Anm. 4. In oberd. quellen des 8. u. 9.jh.'s ist auch die Schreibung 
durch einfaches k {c, qu) für die affricata nicht selten, so daas äusserlich 
kein unterschied vom fränk. ist. Vom 10. jh. ab ist die Schreibung ch 
consequenter gebraucht. 

Anm. 5. Is. setzt für k regelmässig ch im anlaut, inl. nach cons., 
in gemination, desgl. seh vor e, i {chalp, folches, wechu, fleisches), dagegen 
<: im auslaut und sc vor a, o, u {folCf scuM) ; femer quh statt qu {quhMan), 

Anm. 6. Im alts. wird für k sehr oft c geschrieben, meist yor a, 
•o, u, doch steht c seltener auch vor e, % (z. b. rtces, micilo)\ besonders oft 
in der Verbindung sc {sctnan, scip, -scepi etc). — Zu bemerken ist die 
^ts. öfter erscheinende Schreibung ki, ke für palatales k (z. b. antkienda, 
sprekean, t^ean). 

Anm. 7. Die nach § 19 a. 1 unverschoben gebliebene gruppe sk 
<ahd. meist sc geschrieben, auch vor e, i) ist im mhd. zu einem einheit- 
lichen Spiranten ä (seit dem 13. jh. allgemein seh geschrieben) geworden. 
Auf eine Vorstufe dieses lautwandels weisen wol im ahd. die Schreibungen 
vieler hss. hin, die neben sc öfters seh oder sg haben, letzteres bei stets 
im in- und auslaut (fisg, wasgan), 

b) Westgerm, weiche verschlusslaute und Spiranten. 

§ 23 (88*. 162—164). Westgerm.-alts. d ist ahd. zu t ge- 
worden {dd > tt\ aber nur im oberd. und ostfränkischen. 
Dagegen kommt im mfränt und rheinfränk. t statt d nur oft 

Braune, Abrin d. ahd. gramm. 2 



18 § 23. 24. Weiche verschlnsslaute und Spiranten : d, b. 

im auslaut vor, während an- nnd inlautend d geblieben ist. 
Doch erscheint im rheinfränk. zuweilen t neben d; sehr häufige 
im südrheinfränk.: setzt nur im anlaut regelmässig d, in- 
und auslautend stets t Die gemination ist im gesammten 
rheinfränk. verschoben: tt (auch td geschr.). — Beispiele: ostfr. 
obd. tohter^ bintan, biotan, bitten = südrheinfränk. (0) dohter, 
hintan, biatan, bitten «== rheinf. dohter, bindan, biodan, bitten, 
bitdan (alts. dohter, bindan, beodan, biddian). 

Anm. 1. Nach mhd. quellen ist die gmppe rd im rheinfränk. nnd 
südlichen mfränk. zn rt verschoben, z. b. wort, g. wortes, 

Anm. 2. Spätahd. ist die gmppe nt zn nd geworden (=mhd., z.b« 
N bindeUf part. n&mende; auch für mt hat N md, z. b. rümda, 

Anm. 3. Das unverschobene d erscheint auslautend im alts. oft als t,, 
besonders in verbalformen, z. b. gislekit, gifrödot, 3. sg. nimid und nimiL 
Begelmässig wird -da des sw. praet. zu -ta nach stimmlosen lauten: alts. 
döpta, cuaixL, giwarhta etc. 

§ 24 (88^ 134—136). b- 1) Im altsächs. (und vorahd.) steht 

verschlusslaut b im anlaut, inl. nach m und in der gemination 

bb, im sonstigen inlaut dagegen weicher spirant 5 (v), der alts» 

auslautend und meist vor l, n zu /"wird; also alts. beran, lamb, 

sibbia aber getan, seWo, ausl. gaf, seif; eban, efno, nebal, g. nefles. 

Anm. 1. Das zeichen h ist im alts. nicht die einzige Schreibung 
des weichen Spiranten: es steht hauptsächlich in den Heliandhss., in den 
kleineren denkmälem herrscht dafür t; (u)i gihian, gilöuian. Neben S» 
nimmt im Hei. die Schreibung mit gewönlichem b grossen räum ein, in M 
ist sogar b die regel, b seltene ausnähme, also g'6ban, gilöbian', auch di» 
Schreibungen mit u und f kommen im HeL vor. 

2) Von den fränkischen dialekten hat das mfränk. den 
alts. lautstand bewahrt, also mfr. beran, aber selvo, gevan — 
gaf. Im oberf rank, (rheinfr. und ostfränk.) steht in- und aus- 
lautend wie im anlaute 6, in der gemination bb (daneben pp, 
bes. später); also z. b. bei beran, lamb, sibba (Is. sipbea, 
spätahd, sippä); geban — gab, seJho — seih. Auslautend und 
vor t bisweilen p {gap, giloupta). 

3) Für das oberd. ist p statt fränk. b charakteristisclu 
Und zwar haben die bairischen quellen überall jj: hsiir. peran, 
lamp, sippa, g&pan, selpo. Im alemann, dagegen steht p regel* 
massig nur anlautend und in gemination, während sonst inl. fr 
herrscht, also alem. p&ran, sippa, aber gSban, gab {gap), selbo^ 
Vom 9. jh. ab nimmt aber auch im obi die Schreibung h 



§ 25 — 27. Weiche yerschlnsslante: g. Harte Spiranten: 8, th, 19 

Überhand und wird schliesslich im inlaut überall herrschend^ 
während p im anlaut nie ganz verdrängt wird. Nur die 
gemination bleibt immer pp. Also im 11. jh. auch bair. stets 
gSben, aber heren und peren, 

§ 25 (88«. 147—149). g. Das gesammtfränkische hat in 
genauer Übereinstimmung mit dem alts. das zeichen g, also 
fränk. geban, ouga, liggen, (h)ruggi (alts. gedan, dga, liggian). 
Im älteren oberd. tritt dagegen statt des g häufig Je (c) ein, 
und zwar stets in der gemination: likkan, ruckt; sonst ist k 
im anlaut häufiger als im inlaut, also keban (bair. kepan), kost, 
daneben oft geban igepan), gast; ouga, sttgan, seltener ouca, 
stican. Im späteren oberd. weicht das k wider dem g^ also 
11. jh. (mhd.) geban, gast, dagegen in der gemination stets ck 

(mcki, noch mhd. rücke). 

Anm. 1. In einigen fränk. qneUen wird statt der gemin. gg öfters 
auch cÄ, cc geschrieben. — Anslantend fränk. öfter c statt g (tac) etc. — 
Bei Is. steht g vor a, o, u, r, dagegen gh vor e, i (gMban, aber gab)^ im 
ansl. c (mac), im praef. chi- (statt ghi-, gl-). 

Anm. 2. Im ansl. oberd. meist c (tac, tage»), im bair. anslantend 
sehr oft ch (tachf mach etc.). 

c) Die harten Spiranten. 

§ 26 (168 — 170). Germ, s ist im ahd. und alts. unversehrt 
erhalten, z. b. ahd. sun, kiosan, snidan, wahsan, hals; geminiert 
ahd. gitms — giwisser (alts. wis — wisses\ praet. wissa^ wessa. 

§ 27 (165—167). Alts, th (got.^) ist im hochd. zu d ver- 
schoben worden, und zwar zuerst in Oberdeutschland im 8. jL 
Die ältesten bair. quellen haben noch wenige, die alemannischcA 
zahlreiche beispiele des th erhalten« Im oberfränkischen 
geht die Verschiebung während des 9. jh.'s vor sich. Der ost-^ 
fränk. T hat nur im anlaute thj in- und auslautend schon d; 
den gleichen stand zeigt 0. Im rheinfränk. ist erst um 900 
das d völlig durchgedrungen. Im lO./ll. jh. ging th in d 
über im mittelfränk. und in den nördlich mitteld. dialekten, 
denen dann auch das sächsische und niederfi*änkische folgten. 
Neben th wird im ahd. vielfach dh geschrieben (so stets Is). 
Beispiele: oberd. (9. jh.) ding, daz, chuedan, werdan; fränk. Is. 
dhing, dhazs, quhedhan, werdha/n; TO: üving, thaz, quedan, 
werdan. 

Im alts. wird der spirant anlautend regelmässig th ge- 

2* 



20 § 27. 28. Harte Spiranten : thy f. 

schrieben (thing, that, tMhan)\ in- und auslautend ist th ausser 
in kleineren denkmälem besonders in Hei. C häufig (quethan, 
nith)j in den Heliandhss. ist aber als normale Schreibung das dT 
zu betrachten (quectan^ ntä), zum zeichen der erweichten aus- 
spräche des lautes. Neben S tritt öfters d auf, welches in M 
die überwiegende Schreibung ist. 

Anm. 1. Nur vereinzelt erscheint ahd. statt th^ dh das zeichen dj 
z. b. Ib. 14, auch einigemal im T. 

Anm. 2. Die Verbindung thw'^dw, ahd. z. b. thtoingarif dwingan^ 
thwahan, dwahan verschiebt spätahd. und mhd. das dw zu tw (mhd. 
twingen, twähen). 

Anm. 3. Im alts. (und ags.) ist got. Ip zu Id geworden und mit 
got. Id zusammengefaUen: alts. goldj wildi (got. gulß, wilpeis) und haldan 
(got. haldan)f aber ahd. gold, wüdi und haltan. 

Anm. 4. Die nicht sehr häufige gemination thth ist im ahd. zunächst 
ddf aber bald tt geworden, z. b. ßttach fittich (älter fedddh, Is. fühdhah), 
amitta schmiede (älter smidda, sfniththa). Dem got. aipßau (oder) ent- 
spricht ahd. vereinfacht HhOj '6do, odo (nur vereinzelt noch eddo)^ daneben 
auch öfter MhOf (^do\ vgl. alts. <iftho (Htho, ohtho). 

§ 28 (137—139). Germ. got. f ist im ahd. wesentlich be- 
stehen geblieben. Es ist sehr häufig im anlaut, weniger häufig 
inlautend zwischen vocalen, da die meisten dieser f schon 
urgerm. erweicht waren und so im got. ahd. als b erscheinen. 
Im alts. sind nur die an- und auslautenden f erhalten, für 
welche vereinzelt u (v) geschrieben wird, dagegen sind alle 
intervocalischen f erweicht zu S (w), welche mit den 5 = got. b 
(s. § 24, 1) zusammenfallen. Für germ. /, (nicht für das aus 
germ. p verschobene, § 21) wird im ahd. sehr oft u (in neueren 
drucken v) geschrieben, hauptsächlich fast immer im inlaut, 
wo / nur in alten quellen häufiger ist; im anlaut ist die 
Schreibung v in der älteren zeit seltener und nimmt erst 
spätahd. mehr überhand. Im auslaut und in den gruppen ft, fs 
wird stets f geschrieben. Beispiele ahd. fuojs (alts. fot), filu, 
vilm (got. filu)\ hofy g. hoves (alts. Äo^ hobes), avur, avar wider 
(got. afar)j durfan § 93 (alts. thurban)\ Jcraft, lefs lippe. — 

Fremdwörter z. b. tiufal, diuval (alts. diubuT), brief, g. brieves. 

Anm. 1. Gemination in heffen (alts. hebbian) heben s. §83. 

Anm. 2. Im praefix int-^f- wird ahd. tf zur affricata pf(ph) assi- 
miliert und besonders später auch häufig mit ph geschrieben, z. b. int-fähan, 
infdhan und inphdhan^ intfallan und inphallan (alts. ant-fähan, ant-fallan), 

Anm. 3. Für ft erscheint alts. und mfränk. auch ht: z. b. ahter für 
afteir, craht für craft. 



§ 29. Harte Spiranten : h. § 30. Sonore consonanten : w, 21 

§ 29 (150 — 154). h (germ. gutturalspirant x, got. h) ist ahd. 
und alts. im allgemeinen unverselirt als h erhalten. Nur in 
den anlautsverbindungen hl, hn, hr, hw schwindet im ahd, das 
Ä: durchgängig jedoch erst vom 9. jh. ab, während die ältesten 
quellen das h noch meist richtig setzen; das alts. des 9. jh.'s 
bewahrt das h in anlautsverbindungen im ganzen correct, be- 
sonders in Hei. M C, während es später ebenfalls schwindet 
Beispiele: hano] Mut (alts. hlüä) > lüt, hnigan > nigan, hring 
> ring, hwU (alts. hwit) > v^\ sehan, sah] Höht, wahsa/n. 

Anm. 1. Das zeichen h bezeichnet im ahd. und alts. einen harten 
Spiranten nur noch, wenn es am silbenschlnsse steht, also auslautend und 
vor cons.: sdh^ Höht, wahsan, wofür ahd. erst selten, bes. später die 
Schreibungen sack, liochtf wachaan auftreten. Dagegen war h im silben* 
anlaut, also anlautend und inl. zwischen vocalen, im ahd. und alts. schon 
zum hauchlaut geworden. 

Anm. 2. In ahd. und alts. hss. wird bisweilen überschüssiges h 
geschrieben, sowol im wortanlaut (z. b. huna für wia, hira für era), als 
auch im wortinnem (z. b. ahd. sähan säen, bluohan blühen, stehle = steic). 
— Andererseits wird auch einzeln h weggelassen, z. b. anlautend irro für 
hirro, andum für handum und inlautend z. b. sMn für sehan, näisto für 
ndhisto. Letzteres ist besonders im alts. nicht selten, wo später alle 
intervocalischen h schwinden (mnd. sin aus alts. s'ean, 8'6han; slän aus 
slahan etc.). 

Anm. 3. Vor «H-cons. ist h geschwunden, z. b. ahd. mist (got, 
maihstus), ahd. zSswa (got. ta{hsw6); alts. niusian, ahd. niusen (got. 
niuhftjan); alts. w'^skan neben w'dhslean, ahd. wihslen, wislen. 

B. Die sonoren consonanten. 

a) Die halbvocale. 

§ 30 (104 — 14). Der halbvocal w wird in den hss. meist 
durch uu (uv, vu, vv) gegeben, selten durch einfaches u, welches 
nur nach consonanten {suarz schwarz) oder vor u (uuntar 
wunder) vorwiegend steht. Das zeichen w wird erst seit dem 
12. jh. üblicher. Germ, w ist im allgemeinen erhalten, nur in 
den anlautverbindungen wr, wl ist ahd. w geschwunden; im 
auslaut eines wortes oder einer silbe wird es zum vocal o (w). 
Beispiele: uuer mann (got. wair\ huer, uuer, alts. hue (got. has), 
duahan, alts. thudhan waschen (got^aÄaw); ahd. rehhan ver- 
folgen (got. wriJcan, alts. uureJcan), ant-luzzi (got. wlits, altsi. 
uuliti antlitz); seo, seu, g. seuues see, sp^u^uln speien, garo 
bereit, fl. gar(a)uues, dazu garuuen, alts. ger(e)uuian bereiten, 



22 §30.31. Sonore consonanten: w^ j, . 

praet. garota, alts. ger(e)uuida; meto mehl, g. meluues, ises{a)uua 
die rechte, scato g. scat(a)uues (alts. skadd) schatten. 

Anm. 1. Das mfr. hat anl. wr, wl (wie das niederd.) bewahrt, mfr. 
(mhd.) wr'dchen = nmd. wrEken. 

Anm. 2. Die Verbindung /ni; (qü) verliert spätahd. im alemann, ihr w : 
qiti^nj N chBden ; queUen, N chelen. Allgemein spätahd. ist coman, s. § 81 a. 1. 

Anm. 3. Auslautend o für u; nach langem vocal fällt mitte des 
0. jh.'s ab : 8Ä) > 8i, gräo > grä. 

Anm. 4. Inl. nach consonanten ausser r, Hst u; im westgerm. meist 
geschwunden, z. b. ahd. alts. sShan (got. safhan), singan (got. siggwan), 
ühta (got. ühtwö). 

Anm. 5. Inl. w nach langen vocalen fällt bisweilen aus, z. b. sptan 
statt spiwan, HnMun statt -^itimn. Nach ausfall des w tritt öfter ^ als 
zwischenlaut ein: ahd. Mhun, Sha, besonders alts., z. b. d. pl. kneohon (zu 
kneo% bräwa und bräha braue. — Umgekehrt tritt w öfter als übergangs- 
laut zwischen vocalen ein, z. b. ahd. büwan, trüw^ statt büanj trüin. 

Anm. 6. Geminiertes w, das sowol germ. ist (= got. ggw)j als west- 
germanisch vor j (§ 17), bildet im ahd. mit dem kurzen vocal der ersten 
silbe einen diphthong, z. b. hlimvan schlagen, geschr. hliuuuanf hlmuan 
(got. bliggwan), scouwdn schauen, geschr. scouuvdUj scouuön (seltner scotidn); 
frauwenf frouwen (d. i. westgerm. fraw-wjan) sich freuen, daneben mit 
einfachem w und umlaut des a: frewen, frewita, subst. frewida freude; 
goutoi und gewi (g. gouwes, gewes) gau. — Ahnlich im alts., wo jedoch 
ein im ahd. fast ganz verwischter Wechsel zwischen euu und iuu (vor i) 
besteht: alts. hr'&uuan (ahd. Huwan) traurig sein, dazu adj. hr'6utuig und 
hriuuig; trihimui treue, trituhaft, aber ^ritcuui getreu; pron. ^, ^iuz neben 
m, iuua. Nach a im alts. akauwon^ glau, pl. glauuue klug (got. glaggtous) 
mit bewahrung des au-diphthongs ; dagegen mit contraction zu 6 und da- 
neben stehendem umlaut zu i vor J: ströidun C, strHdun M zu *8tr^'an 
(ahd. stroutoen streuen); thregian neben throon drohen (ahd. drouwen). 

§ 31 (115 — 119). Der halbvocal j wird in den hss. durch 
i gegeben, inl. nach consonant auch durch e (bes. vor a, o); 
vor i, e wird ahd. meist g geschrieben. Im alts. ist g für ; 
noch weiter verbreitet; vor a, o, u steht oft gi {ge) für j: alts. 
ger und iär, giämar, giung, fhologean. Das germ. j ist ahd. 
(alts.) anlautend erhalten, z. b. ahd. ioÄ (got juJc); g'ehan, gihu 
U^^Uv. (seltener iehan, tihu), praet. iah, iähun bekennen. — In- 
lautendes j war sehr häufig in j- Suffixen nach consonanten, 
doch ist es im ahd. vor folgendem vocal schon seit dem 8. jh. 
im schwinden und verliert sich im 9. jh. ganz; im auslaut wird 
-es zu vocal i, z. b. mdri (§ 59), aber märeo, märo; Jcunni 
geschlecht, g. pL mnneo, cunno (got. Jcuni, Jcunjis); minnia, d. 
minniu > minna, -u. 



§31 — 34. Sonore consonanten : j, liqtddae, nasale.. 23 

Anm. 1. Inl. nach langem vocal oder diphthong steht j ahd. nicht 
selten, doch stehen danehen häufiger formen ohne j, z. h. fiant und ftiant 
feind, ei, g. eies nnd eiies, pl. eigir; ohd. co^j. salböie, -^ge § 76 a. 1^) 
nehen salböe, 

Anm. 2. Im alts. ist im 9.jh. inl.j' nach cons. noch ziemlich regel- 
mässig vorhanden (z. h. sundea, ledian, toiUio, d. pl. gestiun), im ahd. steht 
es nur noch in den ältesten quellen etwas häufiger. Nur hinter r nach 
kurzem vocal hat es sich erhalten. Noch im lO./ll. jh. nerien (nergen, 
nerigen), stoerien. Im alem. und fränk. gehen danehen her formen ohne j 
mit tr (nerrenf awerren), das speciell ahd. ist, da westgerm. dieses r nicht 
geminiert war (§ 17). Auch in toinia (winigä) freundin hat sich j gehalten; 
seltner in brunia (nehen brunna hrünne); vgl. auch redia hei (nehen 
i^eda, got. raßjd, ohne gemination). 

Anm. 3. Im ältesten ahd. (8. jh.) ist ja in nehensilhen zu e ge- 
worden, z. h. inf. schw. y. I füllen (got. fulljan), n. sg. helle (got. h(Hja), 
Im 8./9. jh. wird durch ausgleichung zum teil 'ia, -a widerhergestellt: 
heliia, heUa. 

h) Liquidae und nasale. 

§ 32 (120—122). Germ.-got. 1 und r sind im ahd. und alts. 
unverändert erhalten, z. b. leren, alts. lerian (got. laisjan), fällan 
(got. fallan)] reht (got. raihts), heran, (got. hairan). Die zahl 
der westg. r ist sehr vermehrt durch Übergang des germ.-got. 
IS > r (ahd. alts. mero, got, maiisa^ s. § 16). 

§ 33 (123 — 125). Germ.-got. m ist ahd. alts. geblieben, z. b. 
miÄ, alts. mik^ (got. miÄ), gomo^ alts. gumo (got. guma), ahd. got. 
sunmman. — Auslautendes m geht ahd. anfang des 9. jh.'s zu 
n über, aber nur wo es flexionselement ist: ahd. d. pl. tagum 
> tagun; 1. pl. nämum > nämun, 1. sg. salböm > salbdvh\ da- 
gegen tuom (g. tuomes\ nim (imper. zu n&nan). Ebenso alts., 
doch sind in den hss. des Hei. MVP noch ziemlich viele ausl. 
m bewahrt: d. pl. wordum neben wordun, 1. sg. Uum neben biun. 

Anm. 1. Vor f wird statt älterem m seit dem 9. jh. n geschriehen, 
bes. fränkisch, obd. bleibt m länger, z. b. fimf und finf, kumft und hmft. 
— Über alts. ausfall des m vor /'s. § 34 a. 2. 

§ 34 (126—128). Genn.-got. n bleibt ahd. und alts. un- 
verändert. Vor gutturalen bezeichnet es gutturalen nasal; 

z. b. ahd. n&man, alts. niman (got. niman), singan (got. siggwan). 

Anm. 1. Vor labial wird öfter m statt n geschrieben, z. b. ahd. 
ummaht, imbizan für unmäht, inbtzan; alts. wmbitharbi. 

Anm. 2. Schon in germanischer zeit ist n geschwunden vor h unter 
dehnung des vorhergehenden vocals, z. b. ahd^ alts. fähan (^fanhan\ praet. 
liang, alts. feng (§ 85 a. 1); dühta, alts. thühta, praet. zu dtmken, alts. 
thunkian (§ 89 a. 3). 



24 § 35. Grammatischer Wechsel. § 36. Notkers anlautgesetz. 

Im alts. (ags.^ schwinden die nasale auch vor /) d^ 8 nnter dehnnng^ 
des vorhergehenden vocals (üher an'^öf ä s. § 3 a. 6) : z. h. fif (got. fimf), 
häf (got. hamfs); öder (got. anpar), ftdan (got. finpan), MMan (got. 
hmpian)) üs (got. uns)^ füs hereit (ahd. funs). Vor secundärem s bleiht 
n (alts. kunstf anst etc.). Das altnfr. hat wie das ahd. die nasale bewahrt 
(altnfr. cunden, findan, uns etc.). 

Anhang. 

§ 35 (100 — 102). Grammatischer Wechsel. Durch die 
urgerm. zahlreichen erweichungen inlautender harter Spiranten 
^> h Zj f zu 0^ ^, 7, S erklärt sich, dass im ahd. in zusammen- 
gehörigen Worten vielfach 5, d, ä, f mit r, ^, jf, h wechseln. 
Z. b. Jciosan wählen, Jcuri wähl, Äorow prüfen; — snidan schneiden, 
snita schnitte, snitäri\ — ziohan ziehen, zuht^ zug, zogen 
ziehen; — durfän (§ 93), dürft, darben darben, biderU brauch- 
bar. Innerhalb der flexion ist der Wechsel nur noch beim 
st. V. vorhanden: Jciosan — hurum, gikoran\ snidan — snitum, 
gisnitan; ziohan — zugum, gizogan; heffen — huobunij gihaban. 
Doch machen sich hier schon ahd. vielfach ausgleichungen 
bemerkbar. Vgl. § 77 a. 2. 

Anm. 1. Nehen h — g steht ein Wechsel h — w, der auf altes 
hw — yw'^w zurückgeht, z. h. aha (got. aha) fluss — auwlay ouwa aue; 
Ithan (got. leihan) — liwum § 78 a. 2. 

Anm. 2. Im alts. ist der gramm. Wechsel in der lahialreihe durch 
die allgemeine erweichung des germ. f (§ 28) verwischt (vgl. thurban und 
tharbon). Dagegen wechseln 8, rf, h mitr, d^ 9(w): z.h. Jciosan — gikoran; 
fidan — fundun f gifundan, sw. v. fundon; Itdan gehen — Udian führen; 
slahan — gislagan, slegi m. der schlag; s'ihan — säwun^ gis^an^ siun f. 
gesicht. Doch ist der Wechsel in der verhalflexion schon vielfach durch 
ausgleichung verwischt, besonders in der dentalreihe : z. b. zu wefdan, ward 
auch wiwdun und daneben werdan, ward, wwrdun, 

§ 36 (103). Notkers anlautgesetz. Bei N steht an- 
lautend % p, Je nach stimmlosen consonanten und im satz- 
anfange, dagegen d, 6, g nach sonoren (vocal und l, m, w, r); 
also Ter brüoder — ünde des prüoder; Tes Jodides — ünde demo 
gölde] Jiimübüwb — erdpüwo. 

Anm. 1. Anlautend v steht (neben f) bei N nur nach sonoren, im 
übrigen muss f stehen : ih finde, aber tu vindest und tu findest. 

Anm. 2. Auf ahd. t (= westg. d) erstreckt sich der Wechsel nicht: 
also ih tüon und tu tüost (nicht düost). Nur nach n steht nicht selten 
d statt t, also der tag, aber den tag oder den däg, vgl. § 23 a. 2. 



Flexionslehre. 



I. Abschnitt. Declination. 
Cap. I. Declination der substantiva. 

A. Starke (vocalische) declination. ; 

1. Die a- declination. 

§ 37 (192). Die a-declination enthält nur masculina und 
neutra. Man unterscheidet reine a-stämme, ^a-stämme und 
«c^a-stämme. 

a) Keine a-stämme (193—197). 

§ 38. Masculina: Paradigma tag tag. 



ahd. 


mhd. 


alts. 


got. 




Sg.N. tag 


tac 


dag 


dags 


< ai 


G. tages (-as) 


tages 


dages, -as 


dagis 


< Jt5C» 


D. tage (-a) 


tage 


dage, -a 


daga 


<cui 


A. tag 


tac 


dag 


dag 


<^ 


L tagu, -0 




dagu (-0) 


V. dag 


• 


PL N. taga (-&) 


tage 


dagos (-as) 


dagös 


< H/^ 


G. tago 


tage 


dago 


dagg 




D. tagum, -om; -un, -on 


tagen 


dagiin, -on 


dagam 


< -vw\3L 


A. taga (-ä) 


tage 


dagos (-as) 


dagans 


< >vX 



Wie tag gehen die meisten masculina, z. b. ahd. h'erg^ weg^ 
fish fisch, geist, (h)leib brot, stein; mehrsilbige, z. b. fingar flnger, 
^ fogal vogel , degan krieger, himil himmel, truhün herr, Jcuning 
könig. 

Anm. 1 (195). Die auf consonant endigenden männlichen eigennamen 
flectieren wie tag, nur haben sie im sing, die endnng -an, z. b. Hartmuotan, 
Werinbrahtan; auch in fremden namen, Petrusan (und Petrum). Auch zu 
truhttn herr (als name gottes) a. truhtinan (neben truhttn). 

Anm. 2. Im alts. ist im d. pl. hier und in den übrigen declinations* 
arten noch öfter die ältere form auf m bewahrt (dagumj wordum etc.); 
vgl. § 33. 



alts. 


got. 


Word 


watrd 


wordes, -as 


waürdis 


worde, -a 


waürda 


wordu (-0) 




Word fatu 


waürda 


wordo fato 


waürd§ 



wordun fatnn, -on waürdam 



26 § 39. Beine a-stämme. § 40. ya-stämme. 

§ 39. Neutra: Paradigma wort wort (alts. langsilb. wordj 
kurzsilb. fat fass). 

ahd. mild. 

Sg. NA. wort wort 

G. Wortes (-as) wertes 

D. werte (-a) werte 

I. wortu, -0 — 

PL NA. wort wort 

G. werte werte 

D. wortum, -em; -un, -en werten 

Nach wort gehen sehr viele ahd. neutra, z. b. ham kind, 
ßl (g. fSlUs) feil, jar, ser schmerz; mehrsilbige, z. b. ^eichan, 
zeichen, zuivcd zweifei, Jiovbit haupt; im fränkischen die 
diminutiva auf -Unj 4n, z. b. Mndilin kmdlein, magattn mägdlein. 

Anm. 1 (196 a. 3). Im eberdeutschen haben die diminnüya in 
endungslosen casus meist das n verloren; ausserdem endet im alem. der 
n. a. pl. meist auf -tu; also oberd.: 

Sg. NA. chindül (-lin) PI. NA. chindül (-lin), alem. chindiHu 

G. chindilines G. chindilino 

D. chindiline D. chindiHni&l, -un, -on. 

So oberd. auch chusst (Mnk. kmstn) kissen, peccht (0 bektn) becken, 

endt stim. 

t'X^^^' Anm. 2 (197). Einige neutra, die im sing, wie wort gehen, bilden 

'^y^ ^, im ahd. den plur. durch zusetzung von -ir; z. b. von lamb (lamm): 

(l^irf*^ ahd. mhd. 

.yv***^ PI. NA. lembir lember 

G. lembiro lember(e) 

D. lembirum, -un, -on lember(e)n 

Wie lamb gehen stets kalb, huon huhn, QC^nd rind, ei (pl. eigir), (h)rt8 
reis, blat (pl. bldir), farh ferkel. Andere haben den -ir-plural neben dem 
einfachen, z. b. hol höhle, lovb laub, br'it, fM, hüs (also pl. n. a. hüa und 
hüsir), doch ist im ahd. und mhd. der -ir-, -er-plural bei weitem noch 
nicht so verbreitet wie im nhd. 

Das 'ir wirkt umlaut, wo es möglich ist (mhd. huon — hüener), 
dagegen wird ein g, der Stammsilbe vor -ir nicht zu i, u: füdir^ holir 
(doch findet sich pritir neben brUir zu brU und luchir neben lochir zu 
loh loch). Bemerkenswert ist in Bb d. sg. chalbire, g. sg. rindares mit 
ir auch im sg. 

Im alts. ist diese pluralbildung selten, sie begegnet im Hei. gar nicht 
(n. a. pl. lamb)] nur g. pl. eiero, hönero in der Freck. heberoUe. 

b) ja- Stämme (198—202). 

§ 40. Masculina. Paradigma hirti hirt (got. hairdeis, kurz* 
silbig harjis beer). 



§ 40. 41. ja- Stämme. 



27 



fthd. 


mhd. 


alts^ 


got. 


Sg.N. hirti 


hirte 


hirdi 


hairdeis, haijis 


G. Mrtes 


hirtes 


hirdies, -eas 


hairdeis, haijis 


D. (hirtie); hirte 


hirte 


hirdie, -ea 


hairc^a 


A. hirti 


hirt» 


hirdi 


hairdi 


L hirtiu; hirtu, -o 




hirdiu 


V. hairdi 


PL N. hirte; hirta (-ä) 


hirte 


hirdios 


ha1rc|j5s 


G. hirteo; -io; hirto 


hirt» 


hirdio, -eo 


hairdjd 


D. hirtüun, -un; -im, -in 


hirten 


hirdiun; -ion, 


-eon haircljam 


A. hirte; hirta (-&) 


hirte 


hirdios 


hair^'ans 



Nach hirti gehen ahd. nur wenig einfache Wörter, wie 
(h)rucki rücken, hueizzi, weizi weizen, hirsi hirse, das fremdwort 
Tcäsi käse; die hauptmasse bilden die abgeleiteten auf -äri (bes. 
fränkisch auch -ari, -eri, -in), mhd. -cerey z. b. wdhtäri, mhd. 
wahtcere Wächter; luochäri, buoheri (T) schriftgelehrter; Uitäri, 
Idtiri (0) führer, helfäri helf er. 

Anm. 1. Die gesperrt gedrnckten formen sind die im ahd. des 
9. jh.'s herrschenden; die ihnen voranstehenden gehören nur den ältesten 
quellen an. Zu n. a. pl. hirte vgl. § 31 a. 3. 

Anm. 2. Im alts. gehen wie hirdi noch einige weitere einfache 
Worte: so heri (got. harjis) heer, endi (got. andeia) ende, die im ahd. 
neutra geworden sind. 

§ 41. Neutra. Paradigma: hunni geschlecht, got. huni, 
alts. Tcunniy daneben led bett. 





ahd. 


mhd. 


alts. 


got. 


Sg. NA. 


kunni 


künue 


kunni, hed 


kuni 


G. 


kunnes 


künues 


kunnies, -eas 


kunjis 


D. 


(kunnie); kunne 


künne 


kunnie, -ea 


kuiga 


I. 


kunniu; kunnu, -o 


— 


kunniu 




PI. NA. 


kunni (knnmu) 


kfinne 


kunni 


kunja 


G. 


kunneo, -io; kunno 


künne 


kunnio, -eo 


kunj§ 


D. 


kunnim, -in (-um, -on) 


klinnen 


kunniun, -eon 


kunjam 



Nach Tsunni gehen im ahd. sehr viele neutra, z. b. r^ezzi 
(got. r^atij alts. net) netz, letti (alts. led) bett, richi (alts. rild) 
reich, wizi (alts. witi) strafe; mehrsilbige wie ärunti botschaft, 
MtoisM familie; besonders viele auf -nissi (wärnissi Wahrheit etc.) 
und collectiva mit praet gi- (gibirgi gebirge, giwäti kleidung, 
gisindi gefolgschaft etc.). 

Anm. 1 (202). VTährend im ahd. schon im 9. jh. die (im paradigma 
gesperrt gedruckten) formen ohne j die herrschenden sind, so hahen die 
neutra heri heer (got. hofjia masc.) und beri heere (got. baai) noch im 
9./ 10. jh. regelmässig j- formen (vgl. § 31 a. 2), also sg. g. heries, peries, 
d. herie, herige; pl. g. herio. Dagegen kommen von meri meer nur formen 
ohne j (g. d. sg. merea, mere) vor. 



\> 



t 



H 



V 



masc. 

Sg. NA. hl§o, l§o, lg 

G. hlßwes 

D. hlßwe 

PI. NA. hlßwa (-ä) 

G. hlSwo 

D. hlßwum, -un, on 



28 §42. t^a- Stämme. §43. 6 -stamme. 

Anm. 2. Im alts. haben einige wenige ursprünglich kurzsilbige neutra 
im n. a. sg. kurze formen, wie bed (pedd), net, flet (ahd. flezzi) haus, giwit 
(ahd. giwizzi). In allen übrigen casus gehen sie aber wie hmni: z. b. 
g. giwitteaSj d. fiettie, instr. beddiu; n. a. pl. netti, g. giwitteo, d. beddion. 
Auch im n. a. sg. ist bei manchen daneben die regelmässige form (beddi, 
nettif giwitti) belegt. 

c) M;a- Stämme (203 — 205). 

§ 42. Paradigma: masc. (h)leo grabhügel; neutr. horo 
schmutz (mhd. le, Uwes; hör, horwes). Vgl. § 15®, § 30. 

neutr. 

horo 

horwes; horawes (horowes, horewes) 

horwe; horawe (horowe, horewe) 

horo 

horwo; horawo 

horwum; horawum; -un, -on 

Weitere beispiele dieser wenig zahlreichen klasse: a) masc. 
sneo, sne schnee, seo, se see, bü, g. büwes bau, wohnung; bah, 
g. balwes, balawes bosheit, scato schatten. — b) neutra (h)reo, 
re leichnam, kneo, knio g. knewes, kniwes (got. kniu, g. kniwis) 
knie, tou g. touwes tau, melo, g. melwes, melawes mehl, smero 
schmeer, treso schätz, jge*so rechte seite. 

Anm. 1. Im alts. flectieren diese Wörter entsprechend: z. b. masc. 
n. a. 860, seu (8^), g. sewes, -as etc., neutr. n. a. balu, g. balowes, 

2. Die ö-declination (206—211). 

§ 43. Diese klasse enhält nur feminina. Neben den 

'^^ reinen o-stämmen gibt es auch jö- und t€?o-stämme. Letztere 

J flectieren jedoch gerade wie die reinen ö-stämme, mit denen 

^ auch die flexion der jo- stamme gemeinahd. übereinstinmit. 

*^ Paradigma: geba die gäbe, got. giba. %^ ^'A*^ 

Ny ahd. mhd. 

X Sg. NA. geba ^^>-'^ ^cr ggbe 

G. geba (gebu, -o)<^^- g'ebe 

"%; D. gebu, -o gebe 

^ PI. NA. ggbä gebe 



G. ggböno (gebön ^) geben 
D. geb6m, -on, on ) geben 



/ 



alts. got. 

ggba, -e; sundia, -ea giba 

geba gibös 

gebu (-0, -a) gibai 

ggba gibös 

gebono gibö 

g^un, -on giböm 

Nach geba gehen sehr viele feminina, z. b. lera lehre, mla 
zahl, mla gefahr, wamj/a leib, slahta gattung; M;d-stämme: triuwa 
treue, farawa färbe'; die Wörter auf -unga, z. b. manunga, 
mahnung, adjectivabstracta auf -ida (gleichwertig mit denen 

^XuUi.... .. f. ^^. -^^-'- ^^-'^* •■-"'' •* ' *^^ ' 



§43. d- Stämme. §44. t-declination. 29 

auf 4 § 49), z. b. (h)reinida reinheit, heldida, obd. päldida 
l^ühnheit, gimeinida gemeinsamkeit etc. 

Anm. 1. Die Jö- stamme gehen nach verlast des j seit dem 9. jh. im 
ahd. grade wie g'^ha; nur am nmlaut, wo dieser eintreten kann, oder an 
consonantenverdoppelnngen sind noch die Wirkungen des früher yorhandenen 
j zu erkennen; im alts. des 9. jh. ist dagegen das i (e) noch stets erhalten. 
Beispiele: reda §31 a. 2 (alts. reäia) rede, hella (alts. hdlea, got. hcdjä) 
hölle, brucca (mhd. brücke) hrücke, sunta (mhd. aündef alts. sundia) Sünde, 
unda (mhd. ünde) welle, sippa (alts. aibbia, got. sibja) sippe, minna 
(alts. minnea) liehe, ahstracta auf -nissa (z. b. drtniasä). — In alten quellen 
des 8. und 9. jh.'s finden sich jedoch hei diesen werten noch häufig formen 
mit j (e, i), z. h. n. sg. radia, redia, sipbea (Is.), d. sg. helliUf minniu, 
g. pl. sunteönOf d. pl. aunteom; in den ältesten quellen steht statt ia^ ea 
noch die endung e (s. § 31 a. 3), z. h. prucge Yoc, unde Fa.; so dass also 
im n. a. g. sing, sunte; suntea, -ia; sunta, im n. a. pl. sunte; sunteäf -i^; 
suntä die zeitlich auf einander folgenden formen sind. 

Anm. 2. Im n. sg. kommen ahd. in alten quellen vereinzelt formen 
ohne endung vor: chimeinidh (Is.) gemeinschaft, scautounc, samanunc B; 
gehliehen ist dieser kurze nom. in buoz, stuntf wtSf (h)wUf halbf aher nur 
in formelhaftem oder adverhialem gehrauch für alle casus, nehen regel- 
recht flectiertem buozza, stimta, wisa, (h)wtlaf halba, — Bei jd- stammen 
ist der kurze nom. fest geworden in thiu, diu magd {go%, piwi, piujös), 
g. sg. diuwüf danehen nach der i-decl. g. d. sg. thiuwi. Femer hahen die 
hierhergehörigen frauennamen stets den endungslosen nom., z. h. BnmihiUf 
Hütigund, g. sg. *Brunihilt{i)af mhd. Brünhilde, Endlich hahen die sog. 
BE^ovierten feminina wie kuningin königin, gutin göttin, esilin eselin im 
ahd. nur den kurzen nom., dazu g. sg. kuninginna, d. sg. kuninginnu u. s. w. 
wie g'd>a. Spätahd. kommt auch der n. sg. kuninginna auf, wie andererseits 
der n. hmingin später in andere casus dringt. 

Anm. 3. Im alts. kommen auch einige formen des n. (a.) sg. ohne 
endung vor. Bei den reinen d- stammen häufiger nur n. a. thiod (volk) 
nehen thioda: nach thiod hahen sich in einigen casus formen der i-clecl. 
eingestellt (d. sg. thiod, thiedi nehen thiodu, -o, g. pl. stets thiodo). Ausser- 
dem muwf . half. — Bei den jd-stämmen sind ausser den seltenen movierten 
fem. auf -in noch zu nennen: thiu (magd) und hell (hölle) nehen heUia, 
Letzteres auch nach der i-decl. d. sg. helli und heU, und masc. thena heUJ), 

8. Die i-declination (214—220). 
§ 44. Die i-decl. enthält masculina und feminina. Die 
im ags. und alts. vorhandene besondere flexion der kurzsilbigen 
Stämme, welche die endung -i (ags. -e) im n. a. sg. bewahren 
(masc. alts. seli, ags. sele saal, wini freund; fem. alts. stedi ort, 
gegenüber m. alts. gast, ags. ^iest gast, t alts. anst gunst) ist im 
ahd. nur noch in wenigen resten erhalten. Die normale ahd. i-decL 
ist die ursprüngliche flexion der langsilbigen stamme; s. § 45 a. 2. 



30 



§45. i-declinatioiu 



§ 45. Paradigma für das masc. gast gast; für das fem. 
anst gunst, hraft kraft; alts. däd (ahd. tat) tat, w'erold weit. 



Jdasc. 


ahd. 




mhd. 




alts. (langsilbig). 


got. 


Sg.N. 


gast 




gast 




gast 


gasts 


G. 


gastes 




gastes 




gastes, -as 


gastis 


D. 


gaste 




gaste 




gaste, -a 


gasta 


A. 


gast 




gast 




gast 


gast 


L 


gestiu; gas 


tu 


— 




(kraftu) 


V. gast 


PI. N. 


gesti 




geste 




gesti 


gasteis 


G. 


gesteo, -io; 


gesto 


geste 




gestio, -eo 


gastg 


D. 


gestim, -in; 


-en 


gesten 




gestinn; -ion, -eon 


gastim 


A. 


gesti 




geste 




gesti 


gastins 


Fem. 


ahd. 




mhd. 




alta. 


got. 


Sg. N. 


anst 




kraft 




däd 


anst<s 


G. 


ensü 




krefte; 


kraft 


dädi; weroldes 


anstais Ccf-^^^'o 


D. 


ensti 




krefte; 


kraft 


dädi; werold 


anstai 


A. 


anst 




kraft 




däd 


AV. anst 


PL N. 


ensti 




krefte 




dädi 


ansteis 


G. 


ensteo, -io; 


ensto 


krefte 




dädio, -eo 


anst§ 


D. 


enstim, -in; 


-en 


kreften 




dädiun; -ion, -eon 


anstim 


A. 


ensti 




krefte 




dä4i 


anstins 



Wie gast gehen im ahd. ziemlich viele masculina, z. b. 

Hut Volk, pl. liuti leute, 6aÄ, pl. hechi bach, slag^ pl, slegi schlag, 

a^Tml, pl. eplfAli apfel u. a. — Die zahl der im ahd. wie anst 

gehenden feminina ist sehr gross, z. b. huf^ g. Tmffi hüfte, Mt 

haut, stat ort, jugund Jugend; zahlreiche abstracta mit -scaf, 

(spätahd. -scaft): lantscaf, g. lantskeffi (lantscaft N), hotascaf etc.; 

besonders aber viele verbalabstracta auf -t: gift gäbe, fartj 

täty Uuot blute, fluht, giburt u. a. 

Anm. 1. Der nmlaut des a^e (§3) ist im ahd. durchgefülirt. Bei 
N nach § 10 anch schon Mf, g. d. hiute, 

Anm. 2. Die t-stämme mit kurzer stammsilhe, die im n. a. sg. das 
end-t bewahren soUten, haben dasselbe im ahd. meist nach analogie der 
langsilbigen eingebüsst, also m. ahd. hiz^ slag, aal = alts. bitif slegi, 8eli\ 
f. ahd. etat = alts. stedi. — Doch sind auch im ahd. noch die echten formen 
des n. a. sg. vorhanden bei den masc. wini freund, rm (alts. wrisi) riese, 
quiti (alts. quidi) ansspruch, kumi ankunft, bei den fem. titri tttr und kwri 
wähl. Alle übrigen casus bilden sie wie gast, bez. anst. 

Anm. 3. Paradigma der alts. kurzsilbigen masculina: Au^isinn: 



Sg. NA. hugi 

G. huges (-ies) 

D. hugi (-ie, -ea) 

L hugi, hugiu 



PI. NA. hugi (-ios) 
G. hugio, -eo 
D. hugiun; -ion,. -eon 



§ 46. Schwache declination: mascnlina. 



31 



Als knrzsilbiges fem. kommt nnr stedi (ahd. etat ort) häufiger vor: 
Sg. NA. G. D. PL NA.: stedi, — Eurzsilbige neutra sind: meni schmuck^ 
i4rlagi Schicksal und einige composlta auf skejn, -^kipi (z. b. heriscepi 
Volk), die wie hugi gehen. 

B. Schwache (w-)declination (221—227). 
§ 46. Masculina. Paradigma: hano hahn. 





ahd. 


mhd. 


alts. 




got. 


Sg. N. 


hano 


han(e) 


hano (-a) 




hana (aba) 


G. 


hanen, hanin 


hanen 


hanon, -an; 


-en 


hanins 


D. 


hanen, hanin 


hanen 


hanon, -an; 


-en 


hanin 


A. 


hanon, hannn 


hanen 


hanon, -an 




hanan 


PL NA. 


hanon, hannn 


hanen 


hanon (-un) 




hanans (abans) 


G. 


hanöno (-6n N) 


hanen 


hanono 




hanan^ (ahne) 


D. 


hanöm, *6n 


hanen 


hanon (-un) 




hanam (abnam) 



Wie hano gehen sehr viele masc, z. b. haso hase, scado 
ischaden, hero bär, sämo samen, namo name, gomo mann^ 
bes(d)mo besen; nomina agentis wie gebo geber, sprehho 
Sprecher, boto böte, heri-eoho -zogo herzog u. a. 

Anm. 1. Bildungen mit j-suffix weichen in der flexion nicht ab. Sie 
haben im alts. das j (t, e) meist bewahrt (alts. willeo, -io). Im ahd. ist 
dies nur in den alten quellen der fall, z. b. wüUOf -io^ g. d. wiUenf -in^, 
a. sg. n. a. pl. willeotif -ion, -iun wille, arbeo, erbio der erbe, acephio Schöpfer, 
burgeo bürge; vom 9. jh. ab geht das j verloren, so dass man nur noch am 
Umlaut, oder an der consonantenverdoppelung seine spur erkennen kann: 
wülo, erbOf acepho, hwrgo (mhd. bürge). Nur bei kurzsilbigen auf r (feriOf 
ferigo ferge . scerio scherge'^ hält sich das j (vgl. § 31 a. 2). 

Anm. 2. Im g. d. sg. ist ahd. -en die fränkische, -in die oberdeutsche 
endung. Letztere wirkte ursprünglich lunlaut, vereinzelt in sehr alten 
quellen noch henin, nemtn, scedin etc.; doch wurde gemeinahd. der umlaut 
wider beseitigt. Vom 10. jh. ab (N) ist auch oberd. -in zu -en geworden. — 
Im alts. ist neben den überwiegenden -on die form -an in Hei. M, die 
form -en in C >herrschend. ""'' ^ 

Anm. 3. Im ahd. a. sg., n. a. pl. ist -un die im oberd., -on die im 
Mnkischen vorherrschende endung. — Im alts. ist -on die normalform des 
a. sg., -an findet sich häufiger im schw. a^j.; im n. a. pL ist neben -on 
nur bei den a^j. die endung -un nicht selten. 

§ 47. Neutra. Paradigma: h^m herz. 



fthd. mhd. 

Sg. NA. hgrza herze 

G. hgrzen, hgrzin hgrzen 

D. hSrzen, hSrzin herzen 

PL NA. h^rzun hgrzen 

G. hgrzöno (-6n N) hörzen 

D. hSrzdm, -ön hgrzen 



alta. got. 

herta, -e hairtö (namd) 

hgrton, -an; -en hairtins 

hgrton, -an; -en hairtin 

hgrtun, -on hairtdna (namna) 

hgrtono hairtan^ (namn§) 

hgrton, -un hairtam (namnam) 



32 §47 — 49. Schwache declination: neutra, fem., abstr. auf -i. 



Wie herza gehen ahd. nur noch ouga äuge, 6ra ohr, wanga 
wange, fhiu, Mwun Qiiun) pl. ehegatten. Dazu die neutra des 
schwachen adjectivs (§ 61). 

Anm. 1. Bezüglich der formen des g. d. sg. im ahd. und alts. gilt 
das § 46 a. 2 bemerkte. 

Anm. 2. Von Mrza lautet im ahd. der n. a. pl. öfter (= dem sg.) 
ha^za. Auch ouga kommt vereinzelt als n. a. pl. vor. Die regelmässige 
form des n. a. pl. auf -un wird nur selten durch -on ersetzt , auch fränk. 
(vgl. § 46 a. 3) ist hSrzun die normalform des 9. jh.'s. — Im alts. n. a. pl. 
ist 'Un häufiger als -on (auch in C). 

§ 48. Feminina. Paradigma: mnga zunge. 





ahd. 






mhd. 


alt«. 


got. 


Sg. N. 


znnga 






zunge 


tunga, -e 


tuggö 


G. 


zungün 






Zungen 


tungun, -on 


tuggöns 


D. 


zungün 






Zungen 


tungun, -on 


tuggön 


A. 


zungün 






Zungen 


tungun, -on 


tuggön 


PI. NA. 


zungün 






Zungen 


tungun, -on 


tuggöns 


G. 


zungdno 


(-6n 


N) 


Zungen 


tungono 


tuggönö 


D. 


znngöm, 


-6n 




Zungen 


tungon, -un 


tuggöm 



Wie 0unga gehen ahd. sehr viele feminina, z. b. sunna 
sonne, quena frau, diorna mädchen, wituwa wittwe etc. 

Anm. 1. Bildungen mit j-suffix haben im alts. das j noch regel- 
mässig (z. b. muggia)] im ahd. zeigen sie es in alten queUen vereinzelt, meist 
fiind sie nur durch consonantengemination oder umlaut zu erkennen, z.b. 
mucca mticke, zeinna (got. tainjö) korb, frouwa frau. In winia (winiga) 
freundin und kevia (cavea, käfig) bleibt das i erhalten (§ 31 a. 2). — In 
den ältesten ahd. quellen haben diese Wörter den n. sg. auf -e (§ 31 a. 3), 
z. b. frauuuej mucke. 

§ 49. Feminina abstracta auf -i (213). Paradigma: 
hoM höhe, alts. huMi gnade. 



alts. 

huldi (-ia) 

huldi 

huldi (-iu, -o) 

huldi 

huldi 

huldeo, -io 

huldiun, -ion 

Diese declination hat im ahd. und alts. das n der schwachen 
declination verloren und tritt ihrem ganzen Charakter nach der 
^-decl. (geba § 43) näher, mit welcher sie im mhd. völlig zu- 
sammenfällt. Sie hat schon im ahd. (alts.) fast nur eine form, 
da die pluralformen sehr selten vorkommen. In einigen alten 





ahd. 


mhd. 


Sg. N. 


hÖM 


hoehe 


G. 


höhi 


hoehe 


D. 


höhi 


hoehe 


A. 


höhi 


hoehe 


PI. NA. 


höbt 


hoehe 


G. 


höhino 


hoehen 


D. 


höhtm 


hoehen 



got. 

hauhei 

häuheins 

häuhein 

häuhein 

häuheins 

häuheinö 

hauheim 



§ 49 — 51. t*-declination. 33 

ahd. quellen (bes. Is. und M) steht statt 4 in allen betr. casus 
'in, z. b. hoMn. 

Die hauptmasse dieser feminina sind abstracta zu adjec- 
tiven, die neben denen auf -ida (§ 43) von jedem adj. bildbar 
sind, also ahd. tiuß tiefe, finstri finsternis, wiM heiligkeit, seti 
Sattheit, wiolicM qualitas. Eine geringere zahl sind nomina 
actionis zu sw. v. L, die im got. auf -eins (i-decl., s. got. gr. 
§ 103 a. 1) ausgingen und im ahd. ganz in die form der adjectiv- 
abstracta übergetreten sind, z. b. toufi taufe (alts. dopi, got. 
daupeins), mendi freude, ur-losi erlösung, wert wehr. 

Anm. 1. Bei N flectieren diese abstracta im plnr. n. a. hoMnä, 
g. höMnOj d. höhtnön; schon altalem. finden sich für den d. pl. erweiterte 
formen auf -tnum, -tnöm^ z. b. höhtnvm H. 

C. Reste anderer declinationsklassen. 

1. Die i^-deolination (228—232). 

§ 50. Die w-declination ist im ahd. (und alts.) nur in 
wenigen trümmem erhalten: einige kurzsilbige masculina und 
ein neutrum zeigen in einzelnen casus noch w-formen. Alle 
langsilbigen, die lautgesetzlich im n. a. sg. das -u verloren, sind 
in die i-declination übergetreten; z. b. die masc. shilt schild, 
am, pl. erni adler, wirt (alts. werd^ pl. werdos, s. § 4), lid glied, 
heit wesen, weise; die fem. fluot flut, lust; nur wenige wie 
dorn (got. paümus) folgen der a-declination. 

Anm. 1. Das fem. hant (got. handus)^ welches sonst ganz nach der 
i-decl. geht, hat im d. pl. noch regelmässig hantum, -un, -on (alts. n. a. pl. 
hendi, g. pl. hando, d. handun)^ nur selten erst hentin; noch mhd. handen 
(neben henden), 

Anm. 2. Das masc. fuoz (got. fötiM, alts. föt) geht ahd. nach der 
i-decL, doch hat es neben d. pl. fuozim, -in auch noch fuozumf -un, -on 
(alts. g. pl. fötOj d. föttm). Das wort gehörte aber wol früher der con- 
sonantischen, nicht der te-decl. zu (s. § 55). 

§ 51. Die kurzsilb. masculina situ sitte (alts. sidu), fridu 
friede (alts. fridu), hugu sinn, sigu sieg, witu holz, metu met, 
sunu söhn (alts. sunu, suno), wozu im alts. noch magu (knabe) 
kommt, haben im n. a. sg. noch die w-formen erhalten. In den 
übrigen casus herrscht im ahd. durchaus die i-decl., also von 
sitUj g. Sites, d. site, pl. n. a. siti, g. siteo, sito, d. sitim, -in. Bei 
sunu ist das u nur in einigen alten fränk. quellen vorhanden, 
gemeinahd. geht sun völlig nach der i-decl. — Doch kommen 

Braun«, Aluias d. ahd. gnunra. 3 



34 



§ 51. 52. M-declination. § 53. Verwantschaftsnamen. 



in den ältesten quellen noch weitere w-casus vor, aus denen 
folgendes paradigma der ältesten ahd. w-decl. sich zusammen- 
stellen lässt: 





ahd. 


alts. 






got. 


Sg.N. 


sunn, -0 


sunu, -0 






sunus 


G. 


STino 


sunies, -eas 




sunaus 


D. 


snnin (suni) 


sunu, -o; 


sunie 


(-i) 


sunau 


A. 


sunu, -0 


sunu, -0 






AV. sunu 


PI. N. 

• 


— 


megi 






sunjus < «^^^^ 


G. 




hando 






suniwß 


D. 


hantun 


handun 






sunum 


A. 


situ (0. IV, 5, 59) 


megi 






sununs 



alts. 


got. 


fehu, -0 


faihu 


fehes, -as 


faihaus 


fghe, -0 


faihau 


feho 





Anm. 1. Im mhd. sind sitej mUe, fride, sige mit der flexion von 
hirte (§ 40) zusammengefaUen. 

§ 52. Das einzige neutrum fihu, feho (§ 4), alts. fehu 
vieh flectiert im sing: 

ahd. 

NA. fihu, -0, feho 

G. föhes 

D. fehe 

I. — 

Anm. 1. Vom pl. findet sich bei N n. a. feho, in Rb fihiu; alts. und 
got. fehlen pluralfonnen. 

Anm. 2. Unflectiertes neutrum ist ahd. alts. filu ' Vielheit, das viele'. 

^ 2. Verwantschaftsnamen (r- stamme). 

§ 53 (233 — 235). Paradigma: Iruoder bruder. 

ahd. mhd. 

Sg.N. bruoder bruoder 

G. bruoder bruoder (bruoders) 

D. bruoder bruoder 

A. bruoder bruoder 

PI. N. bruoder bruoder; brüeder 

G. bruodero bruoder etc, 

D. bruoderum, -un; -on bruodem 

A. bruoder bruoder 

Wie Iruoder gehen im ahd. die femin. muoter, tohter, 

swester. Das masc. fater hat im g. d. sg. neben fater schon 

häufig fateres, fatere nach der a-decL, im n. a. pl. gilt ahd. nur 

fatera, im mhd. vatere^ vetere, veter, — Im alts. gehen fader 

mdder, dohter, swester wie broder. 

Anm. 1. Von swister, tohter, bruoder spätahd. (N) auch n. a. pl. 
tohter d, sw'iaterd, bruodera, g. d. tohterön; auch der schwache n. a. pl. 
tohterUn kommt bei N vor. — In älterer zeit nur in B n. a. pl. pruadra. 



alts. 

bröder, -ar 

bröder, -ar 

bröder, -ar 

bröder, -ar 

bröder, -ar 



got. 

bröpar 

bröprs 

bröpr 

bröfar 

bröpqus 



— br6pr§ 

bröd(a)run, -on bröfrum 
bröder, -ar bröpruns 



§ 54. Participialstämme. § 55. Vereinzelte conson. stamme. 35 



8. Stämme auf -nt- (participialstämme). 

§ 54 (236. 237). Die substantivierten participia consonan- 
tischer flexion sind im ahd. auf die zwei worte friunt (freund) 
und fiant (feind) zurückgegangen, die jedoch auch schon zur 
a-decl. neigen und nicht mehr als participia gefühlt werden. 
Im got. und auch im alts. sind sie noch zahlreicher vertreten. 
Paradigma friunt, got. frijonds, alts. friund, leriand lehrer. 



ahd. 

8g. N. Munt 

G. frinntes 

D. Munte, (Munt) 

A. Munt 

PI. NA. Munt; Munta 

G. Munto 

D. Muntum, -un, -on 



alts. 



Mund 

Mundes 

Munde 

Mund 

Mund 

Munjdo 



• 


got. 


Ißriand 


fryonds 


l^riandes 


frijöndis 


l^riande 


frijönd 


l§riand 


MjÖnd 


l§riand 


frijönds 


Ißriandero 


fry6nd§ 


Ißriandun 


Mjdndam 



Mundun 

Anm. 1. Bei ßant ist ahd. im n. a. pl. die kurze form ßant sehr 
selten, im d. sg. konmit sie gar nicht vor. Im mhd. ist nur noch hei 
vriunt der kurze pl. vriunt nehen vriunde vorhanden. 

Anm. 2. Die ursprünglich hierhergehörigen heilant (salvator), Mlfant 
(helfer), wtgant (kämpfer) sind im ahd. schon volle subst. der a-decl. (auch 
alts. schon wtgandos neben wtgand n. a. pL). — Alte nom. sg. noch in 
waltant herrscher (Hild.), scepfant Schöpfer (H, Kb); ein alter n. a.pl. wol noch 
in lantpüant indegenos (Voc); g. pl. aceotantero (Bild.) zu sceozzant schütze. 

4. Vereinzelte consonantisclie stamme. 

§ 55 (238. 239). Die früher vorhandenen consonantisch 
flectierenden masculina sind im ahd. meist in die «-decl. über- 
gegangen, so fuoz fuss (vgl. § 50 a. 2), rnnd, zan zahn. Spuren 
consonantischer flexion zeigt im ahd. das nach der a-decl. 
flectierende gindz genösse, bei dem im d. sg. und n. a. pl. auch 
ginoz neben gewöhnlichem ginöze, ginoza vorkommt. Nur man 
(mensch) zeigt im ahd. und alts. die consonantische flexion noch 
ziemlich unversehrt. 

mhd. 

man 

man; mannes 
man; manne 
man 

man; manne 
manne; man 
D. mannum, -un; -om, -on mannen; man 

Anm. 1. Im ahd. ist der kurze g. sg. man nur zweimal bei 
belegt, im mhd. ist er häufiger. Im n. a. pl. kommt die form der a-decL 

3* 



ahd. 

Sg. N. man 

G. (man); mannes 
D. man; manne 
A. man 
PI. NA. man 
G. manno 



alts. 

man(n) 



got. 

manna 



mannes, -as maus 
man; manne mann 
man(n) mannan 

man(n), (men) maus, mannans 
manno mann§ 

mannun, -on mannam 



36 § 56. Vereinzelte consön. stamme. § 57. A^'ectiva. 

•manna nur bei compositis vor und zwar wesentlich spätahd. — Die um- 
gelautete form des^n. a. pl. men steht im alts. nur sehr vereinzelt. 

Anm. 2. Für den a. sg. erscheint in Is. H die pronominale form 
mannanj die bei den pronominalen compositis ioman jemand, nioman nie- 
mand die allein vorkommende ist; im d. sg. haben diese worte — wie alle 
composita mit -man — nur die längere form -manne. 

§ 56 (240 — 243). Die grössere zahl der früher hierher ge- 
hörigen^feminina ist ahd. (alts.) in die i-decl. übergetreten, 
z. b. ahd. gans, lüs, müs, miluh milch, magad Jungfrau, Tcuo kuh, 
sü sau. Nur wenige sind erhalten, am besten naht nacht. 



ahd. 


mhd. 


alts. 


got. 


Sg.N. naht 


naht 


naht 


nahts 


G. naht 


naht 1 nahte, 
nahtj nehte 


nahtes 


nahts 


D. naht 


naht 


naht 


A. naht 


naht 


naht 


naht 


PI. NA. naht 


naht(e), nehte 


naht 


nahts 


G. nahto 


nahte, nehte 


nahto 


naht§ 



D. nahtum,-un,-on nahten, nehten nahtun, -on nahtam (baürgim) 

Anm. 1. Zu naht erscheinen im ahd. erst sehr vereinzelt g. d. sg. 
nahtij nahte (N), d. pl. nahtim nach der i-decl. — Der g. sg. nahtes hat 
im ahd. nur adverbiale function ^zur nachtzeit', schon bei erscheint dabei 
der artikel masc: thes nahtes, 

Anm. 2. Das wort huoh^ alts. hÖk (buch) ist im sg. meist neutr. (auch 
masc); der pl. dagegen ist im 8. 9. jh. fem. und geht wie naht: thio buoh, 
g. buochOf d. buochum, -un^ -on^ (alts. n. a. pl. hök^ d. höhm^ -on). Später 
wird auch der pl. zum neutrum: diu buoh (N). — Ebenso geht der pl. bruoh 
fem. (hose). 

Anm. 3. bürg (stadt) und brüst, alts. briost (brüst) werden im ahd. schon 
regelmässig wie anst (§ 45) flectiert. Doch ist bei bürg im g. d. sg. bürg neben 
burgi noch häufig. Im alts. sg. g. bwgeSj d. bv/rg (burgi)-, pl. n. a. bv/rgi, g. d. 
burgo, burgun und burgio, bwrgiun. — Von brüst, das meist pluralisch ge- 
braucht wird, sind neben n. a. pl. brusti (mhd. brüste), d. pl. brustin (mhd. 
brüsten) noch bis ins mhd. hinein n. a. pl. brüst, d. pl. brustum, -on, mhd. 
brüsten vorhanden. Im alts. n. a. pl. briost, d. briostun, 

Anm. 4. Im alts. hat magad noch regelmässig d. sg. ma^a^ und den 
n. a. pl. magad, 

Anm. 5. Vereinzelte spuren consonantischer flexion finden sich bei 
den sonst nach der i-decl. gehenden fem. turi (§ 45. a. 2) tür (d. pl. turun, 
dwrun T, 0); itis frau (d. sg. itis 0, alts. idis), huo kuh (n. a. pl. chtui Ib). — 
Consonantisch auch fem. düsunt 1000 n. a. pl., daneben düsuntä, 

Cap. II. Declination der adjectiva. 

A. Starkes adjectivum. 

§ 57 (245 — 247). Die starke adjectivdeclination schliesst 
sich an die a-o-decl. an; auch hier unterscheiden wir reine 



§ 58. Starke adjectiva : a-ö- stamme. 



37 



a-o -Stämme und solche, die j oder w vor dem stammauslaut 
haben, also ja-, jö- stamme und wa-, w;o- stamme. 

Das ahd. st. adj. hat im n. sg. aller geschlechter und im 
a. sg. neutr. doppelte formen, eine kürzere und eine längere, 
sog. unflectierte und flectierte form; beide sind im gebrauche 
gleichwertig, nur dass im praedicativen gebrauche die unflec- 
tierte form vorherrscht. Nur in letzterem falle kommen die 
unflectierten formen auch für den n. pl. vor. Im alts. sind diese 
doppelformen nicht vorhanden. 

§ 58 (248. 249). Paradigma für die reinen a-o -stamme lilint 
blind. Für das neutr. gelten ausser dem n. a. die formen des masc. 



MaSC. ahd. 


mhd. 


alts. 


got. 


Sg. N. l.blint 2.bUntgr 1. blint 1. blmder 


blind 


blinds 


G. blintes 


blindes 


blindes, -as 


blindis 


D. bliDtemu, -emo 


blindem(e) 


bliiidum(u), -un; -on 


blindamma 






{ blindan(a) 
\ h^lagna 


blindana 


A. blintan 


blinden 




I. blintu, -0 




blindu, (-0) 




PI. N. blinte 


blinde 


blinda, -e 


blindai 


G. blintero 


blinder(e) 


blindaro, -oro, -ero 


blindaiz§ 


D. blint^m, -ßn 


blinden 


blindun, -on 


blindaim 


A. blinte 


blinde 


blinda, -e 


blindans 


Neutr. 
Sg. NA. 1. blint 2. blintaz 1. blint 2. blindez 


bUnd 


ri. blind 
I2.bündata 


PI. NA. blintiu ; bliiit(i)u blindiu 


blind; (blinda); 


blinda 


Fem. 




[(managu) 




N. l.bUnt2.blintiu 


;1. blint 2. blindiu 


bünd 


blinda 


[blint<i)u 








G. blintera 


blinder(e) 


blindaro, -ara 


blindaizos 


D. blintera, -ero 


blinder(e) 


blindaro, ara 


blindai 


A. blinta 


blinde 


blinda 


blinda 


Pl.NA.bünto 


blinde 


blinda 


blindös 


G. blintero 


blinder(e) 


blindaro, -oro, -ero 


blindaizd 


D. blint§m, -§n 


blinden 


blindun, -on 


blindaim 



Wie llint flectieren alle die zahlreichen adjectiva, welche 
in der unflectierten form auf consonant ausgehen; z. b. dlty guot, 
siuh, fränk. sioh krank (flect. siuhher, siocher), snel (fl. sneller). 
stum (fl. stummer)] auf -ag und 4g, z. b. otag reich, heilag, en- 
stig günstig, mahtig mächtig; auf -in, z. b. steinin steinern, guldin 
golden; auf -oht, -aht, z. b. hornoht gehörnt, steindht steinicht; 
auf -isc, z. b. diutisc vulgaris, volksmässig; — composita auf 
-KÄ, -Äa/? {'haftig), -sam, -fdlt (-faltig) u. a, — Auch die parti- 



38 § 58. 59. Starke adjectiva. 

cipia praeteriti gehören hierher, z. b. gi-noman, gi-salböt, flect. 

ginomaner, gisalboter etc. 

Anm. 1. Die e-e-haltigen endungen des st. adj. zeigen ahd. verein- 
zelt, häufiger im späteren bairisch (§14 a. 2) statt des -e, -S ein -a, so n. 
sg. masc. -aTj g. sg. -as, n. a. pl. masc. -a, d. pl. -an (atnan Lndw.). 

Anm. 2. Im d. sg. masc. neutr. ist die älteste, noch vereinzelt in altalem. 
quellen belegte endung -amu, (apansttgamu H); die gewöhnliche endung der 
ältesten ahd. denkmäler ist -emuj welche aber von anfang des 9. jh.'s an dem 
gemeinahd. -emo weicht. — Im alts. ist die längere form auf -umu nur in M 
und (meist als -amo) in den kleineren denkmälem; dagegen steht in V und 
im anfang von M -um, -un; in G ist -on als dativform herrschend. 

Anm. 3. Im n. sg. fem. und n. a. pl. neutr. ist die flectierte form 
oberd. plintiu mit diphthong iu; im ältesten fränkischen dagegen blinijju 
(geschr. blintUi) und nach ausfall des j im 9. jh. fränk. blintu. Noch zur 
mhd. zeit gilt oberd. blindiu gegenüber mitteld. blinde, — Die endung 
wirkt der regel nach keinen umlaut; nur bei aHstMnk. eUiu, eZ^t« üblich 
gegen obd. alliu (selten eUiu)^ ausserdem selten endriu (zu ander), ganz 
vereinzelt noch sonstige beispiele. 

§ 59 (250. 251). Die ja-, jö- stamme unterscheiden sich im 
ahd. von den reinen «-o-stämmen nur in der unflectierten form, 
welche auf 4 ausgeht, z. b, märi berühmt; die flectierten formen 
gehen ganz nach hlintj also ahd. n. sg. m. märer, neutr. marcuz, 
fem. mariu, fränk. mar{%yii\ g. sg. m. n. t(mres\ d. maremu, -emo 
etc. = mhd. mcere, fl. meerer, mosrez, moeriu etc. 

Hierher gehören alle adjectiva, deren unflectierte form auf 
4 ausgeht, z. b. engl eng, festi fest, semfti sanft, mitti medius, 
tiuri teuer, dur^ni (mhd. dünne) dünn, sconi (mhd. schcene) schön, 
JcüsJci (mhd. kiusche) keusch, kuoni (mhd. hüene) kühn; viele mit 
praefixen, besonders gi-, gebildete, z. b. gifuori passend, gimuoti 
angenehm; urougi unsichtbar; composita, z. b. einmuoti einmütig, 
mit 'bäri {sdnbäri glänzend etc.). 

Auch sämmtliche participia praes. gehören hierher, z, b. 
nemanti, salbönti] flect. nemanter, sälhönter etc. 

Anm. 1. Das auch in den flectierten formen vor den endungen 
früher vorhandene j ist im ahd. nur noch sehr vereinzelt in den ältesten 
queUen belegt (§ 31 a. 2), z. b. a. sg. masc. farlihantian Ea, a. sg. fem. 
festea M, n. pl. fem. quv^danteo M. — Sonst ist seine frühere anwesenheit 
in den flectierten formen nur noch durch den steten umlaut (ahd. featiTf 
mhd. dünner, müeder) oder durch consonantengemination zu erkennen, z. b. 
mitter (zu mitti) medius, liicker (zu Ittcki) lügnerisch, altobd. auch oft nach 
langer silbe (§ 17 a. 1), z. b. märr^ (zu märi), scönniu (zu «com). 

Im alts. dagegen ist (wie im got.) das j noch erhalten, also sg. n. 
middi; g. middies, -eaSj middearo; d. middium(u) etc.; part. praes. gan- 



§59.60. Starke ac^ectiva. §61. Schw. adjectivum. §62. Comparation. 39 

gandi, g. gangandes, -ie», d. gangandium etc. Vgl. got. sg. n. midjiSj 
nentr. midi, midjataj fem. midjaj g. midjiSj tniäjaizos etc. ganz wie bei hlind. 
Anm. 2. Die adverbia dieser adjectiva nehmen am umlaut keinen 
teil, z. b. ahd. festig adv. fasto, engt adv. ango\ mhd. sciußne, adv. schöne, 
küene adv. hwne] alts. elemi, adv. damo. 

§ 60 (252—254). Die ahd. M;a-M;ö- stamme (vgl. § 15^ § 30) 
sind nur gering an zahl; sie gehen in der unflectierten form 
auf -0 aus, in den übrigen formen sind sie von der flexion von 
hlint nicht verschieden, nur dass ein w den endungen voraus- 
geht, z. b. garo bereit; flect. sg. n. gar(a)wer, ga/r{a)waz, gar(ay 
wiu, fränk. gaAr{d)wu\ g. gar(a)wes etc. Ebenso falo fahl, ge^o 
gelb, maro mürbe, faro von einem aussehen, farbig; jseso dexter. 

Worte mit vocal vor ,dem w: a) gräo grau, Udo blau, läo 
lau, sleo stumpf, mit abfall des o (§ 30 a. 3): grä, IIa, lä, sie. 
Flectiert gräwer, gräwaz, gräwiu etc. — b) frao, frö froh, 
(h)rao, rö roh, fao, fö wenig, vgl. § 12 a. 1 ; flectiert frawer, frouwer 

und fröer etc. — c) glau glou klug, flect. glauwer, glouwer etc. 

Anm. 1. Mhd. entspricht nnfl. gar, val, flect. gartoer, valwer etc. 
(wie blinder)', grä, vrd, flect. grdwer, vrder (vrouwer). 

Anm. 2. Alts. garu,garo, g. garowes et(;.; glau, g. glau%ie8 etc. (wie 
hlind), 

B. Schwaches adjectivum. 

§ 61 (255. 256). Die schwache declination der adj. ist im 
ahd. (wie im mhd., alts., got.) genau die der substantiva der 
schwachen decl.; also von llint n. sg. hlinto, blinta, hlinta u. s. w. 
wie hano (§ 46), herza (§ 47), zunga (§ 48). — Ebenso von den 
j' und w?- Stämmen n. sg. märo, mära, mära\ gar{d)wo, gar{(i)wa, 

gar(a)wa u. s. w. 

Anm. 1. Einzelne ansgleichnngen finden sich in manchen queUen. 
So bei 0, der im n. pl. masc. beim snbst. die endnng ^on hat (hanon), da- 
gegen beim adj. -un, in Übereinstimmung mit dem nentrom und fem. — 
Bei N ist umgekehrt die form des masc. im n. pl. (blinden) auch auf das 
fem. (statt *blindiln) übertragen; im d. pl. hat N beim sw. adj. die endung 
'in (statt -dn) vom st. adj. übernommen. — Im g. pl. hat meist -un statt 
'dno für aUe geschlechter. 

Anm. 2. Bei den J- stammen treten in älteren quellen die i, e hie 
und da noch auf, z. b. märeo Wess., nimoiün R. — Im alts. stets vndreo, 
märia etc. (vgl. § 31 a. 2). ^ 

Anhang. Comparation (260 — 266). 

§ 62. Comparativ und Superlativ werden im ahd. auf 
zweierlei weise gebildet: 1. auf -iro, -isto (got. im, -ists); 2. auf 



40 §62—64. Comparation. 

'oroy 'östo (got. -ojsa, osts). Und zwar haben die ja-jö-stämme 
immer die i-bildung, also engt, engiro, engisto\ die einsilbigen 
a-o-stämme dagegen können beide bildungen anwenden, z. b. 
hohy höhiro, höhisto und hohörOj höhösto, während die mehr- 
silbigen oder zusammengesetzten durchweg die o-bildung haben, 

z. b. sälig, säUgoro, säligösto; manag f alt, managfaltöro, 

Anm. 1. Die i-bildung wirkte, wo es angeht, umlaut, z. b. langy lengirOj 
Icfigisto; mhd. gro^, grce^eTf grcß^este. Im mhd., wo die i- und ^-bildnng 
zusanimenfaUen mussten, kann man die letztere nur noch am fehlenden Um- 
laut erkennen, also lang^ langer , langeste (neben Unger, lengeste), 

Anm. 2. Im alts. sind die Superlative auf -ost sehr in dermehrzahl 
(rikioato, skdniosto)^ die auf -ist nur noch bei wenigen adjectiven (z. b. 
nähisto). Im comparativ ist alts. neben -ir-, -or- die form -ar- sehr häufig, 
z. b. wtsaro, armlicara. Im -tr-comparatir steht statt des i häufige, was 
auch ahd. in fränkischen denkmälem, bes. bei 0, sich oft findet, z. b. 
aUerOf jungero. Bei mehreren comparativen begegnen im alts. auch formen 
mit Synkope des i, e (§ 15^), z. b. stilrOj langro und in subst. gebrauch 
hirrOf jungro, aldro; im ahd., vom subst. h^ro (dominus) abgesehen, nur 
wenige spuren dieser synkope. 

§ 63. Die flexion des comparativs und Superlativs ist im 
ahd. und alts. die des schwachen adjectivs. Starke flexion 
ist im ahd. nur in ganz vereinzelten beispielen vorhanden, z. b. 
bei bejsiremOj jungistemo ; erst im mhd. wird die starke flexion 
neben der schwachen üblich. 

Anm. 1. Im got.-nord. hat der compar. ebenfalls nur schwache 
flexion, dagegen der superl. starke und schwache; die alten westg. dialekte 
haben dagegen die starke flexion des superl. eingebüsst. Nur im (un- 
flectierten) n. sg. aller genera und a. sg. ntr. ist im alts. (und ags.) noch 
die starke superlatiyform häufig; im ahd. ist dies seltene ausnähme (Satanas 
altist Musp.). — Doch erscheint die unflectierte starke neutralform des 
compar. und superl. im ahd. regelmässig als adverbium, z. b. langor, fastör; 
langöst, fastöst, ndhist, 

Anm. 2. Im alts. hat der n. sg. masc. des compar. überwiegend die 
endung -a statt -o, also liobera (= neutr. fem.) , und auch im superl. ist 
dies sehr häuflg, z. b. liobosta. Im ahd. finden sich vereinzelte beispiele 
dieser endung, z. b. fwira^ furista (masc.) mehrmals bei 0. 

§ 64. Unregelmässige comparation findet sich im 
ahd. (alts.) bei guot gut, comp, beggiro, adv. bag, superl. beggisto 
(alts. gföd, betara, adv. bet, bat, superl. be^t §20a. 2, best); — 
ubil böse, wirsiro, adv. wirs, wirsisto (alts. ubil, wirsa, wirsist); 
— michil gross, mero, alem. auch meriro, meröro, adv. mer, 
meisto (alts. mikil, mera, mest); — lu^ml klein, minniro, adv. 
min, minnisto (alts. luttil, minnera, minnist). 



§64. Comparation. §65—67. Zahlwörter. 41 

Ferner im ahd. zu zeit- und ortsadverbien gehörige stei- 
gerungsgrade: a) er vorher, eriro prior, eristo primus; fora vor, 
furiro, furisto; — b) furdir vorwärts, ford(a)ro, fordarösto; oba 
oben, dbaro, -oro, ohardsto\ inne intus, innaro, innarosto u. a. 
Zu den comparativen unter b) gibt es oberd. nebenformen for- 
daröro, oharöro, innaroro, 

Cap. III. Die Zahlwörter. 

1. Cardinalzahlen (270—276). 

§ 65. 1. ein flect. einer, einaz, einiu (einu) mit starker 

adjectivflexion, schwach flectiert eino, eina 'allein' (alts. en, got. 

ains st. adj.). — 2. NA. masc. zwene (alts. twena, -e, -ie, got. n. twai, 

a. twans), neutr. jswd (alts. twe, got. twa), fem. jswä, daneben 

ahd. seltener, mhd. überwiegend jswo (alts. twä, two, got. twos); 

G. zweio, selten zweier o, mhd. zweier, zweiger (alts. tweio, got. 

twadc^i); D. zweim, zwein, selten zwem, zwen, mhd. zwein, 

zweien (alts. ^w;em, got. ^w^aim). — 3. NA. masc. dH, fem. dno, 

mhd. m. f. dri, drie (alts. m. f. fhrie, threa, fhria, got. m. f. 

*Prets, a. ^rins)\ neutr. drm (alts. ^Ärm, got. prija); G. dno, 

spätahd. driero, mhd. dHar (alts. — , got.^n;e); drim, drin, mhd. 

dnw, dri(e)n (alts. ^Änm, got. prim), 

Anm. 1. Die bestimmte zweizahl ahd. bide oder &et{2e § 11 a. 2 
(vgl. got. bai and bajöps) wird als st. adj. flectiert: n. a. b^e, bediuj bMo, 
g. bedero, d. b^dim, -in, Alts. 5e(^ie, -ca, -c ist adj. Ja -stamm. 

§ 66. Die zahlen 4 — 12 (ahd. fior, finf, sehs, sibun, ähto, 
niun, zehan, einlif, zwelif; alts. fiwar u. fior, fif, sehs, siiun, 
ahto, nigun, tehan, ellevan, twelif) werden adjectivisch meist 
unflectiert gebraucht; nur nachgestellt und substantivisch haben 
sie die flexion eines pl. der i-decl. (masc. und fem.), z. b. n. a. 
fiori, g. fioreo, fioro, d. fiorim, -in (alts. fiwariun); neutr. n. a. 
fioriu, fränk. fioru. Im mhd. adjectivisch: n. a. viere, vieriu. 
g. vierer, d. vieren, — Ebenso die mit zehan componierten 
13—19 [dHzehan etc.). 

§ 67. Die zehner von 20 — 60 (zweinzug, drizug, fiorzug, 
finfzug, seh(s)zug) und von 70—100 (älteste quellen: sibunzo, 
ahtozo, niunzo, zehanzo, gemeinahd. sibunzug, ahtozug, niunzug, 
zehcmzug) sind indeclinabel und werden der regel nach als 
substantiva mit dem gen, verbunden. 



42 



§67—69. Zahlwörter. §70. Pronomina. 



Anm. 1. Im alts. gilt für 20— 6Ö ebenfalls -tig: txoentig, thritig, 
fiwartigj ßftig = got. twai tigjua, fimf tigjiis etc. Dagegen sind die zehner 
von 70 ab, welche got. mit tehund gebildet werden (sibuntehund Qtc.)j im 
alts. antsibunda, antahtoda, (*ant)nigonda, daneben aber auch sibuntig etc. 
(vgl. ags. hundseofontig, htmdeahtatigj hundnigontig etc.). 

§ 68. 100 ist zehanzug\ die mehrfachen hunderte werden durch 
das subst. hunt (z. b. finf hunt) c. gen. gegeben, nicht selten auch 
durch zahladverbia mit zehan^ug (z. b. finfstunt ^ehanzug). Das 
einfache hundert spätahd. auch ein hunt; erst mhd. ist hundert 

Anm. 1. Auch alts. werden die mehrfachen hunderte durch hund 
(=got. hunda) gebildet (twe hund); 100 ist nicht belegt, nur öther half 
hunderod (150) in der Freckenhorster heberoUe. 

1000 thüsunt, düsunt, spätahd. mhd. tüsent (alts. thüsundig, 
got ])üsundi) , ist subst. und im ahd. gewöhnlich fem. (s. § 56 
a. 4), mhd. und seltener ahd. neutrum. 

2. Ordinalzahlen (277. 278). 

§ 69. 1. eristo, auch furisto (superl. § 64), mhd. nur erste 
(alts. eristo, formo, furisto, got. fruma), — 2. ander, st. adj., 
fl. anderer etc. (as. öäar, -er, got. an^ar). 

Die übrigen ordinalia werden von den stammen der car- 
dinalzahlen gebildet und durchaus als schwache adj. flectiert, 
z. b. ahd. dritto (älter drittio, alts. thriddio), ahtodo, drittoze- 
hanto (mhd. drizehende), zweinzugosto. 

Cap. IV. Declination der pronomina. 

§ 70 (282). Ungeschlechtige pronomina. 





1. person. 






n. person. 




Sg. ahd. 


mhd. 


alts. 


got. 


ahd. 


mhd. 


alts. 


got. 


N. ih 


ich 


ic 


ik 


dü, du 


dü, du 


thü 


pu 


G. min 


min 


mtn 


meina 


diu 


dm 


thin 


l'eina 


D. mir 


mir 


mi 


miR 


dir 


dir 


thi 


J?!») 


A. mih 


mich 


m!, (mic) 


mik 


dih 


dih 


tM,(thil? 


.)}>uk 


Dual. 
















N. — 




wit 


wit 


— 


(ez) 


git 





G. unV^r 




unkaro 


ugkara 


— 


(enker) 


— 


igqara 


D. - 


— 


unk 


ugkis 


— 


(enk) 


ine 


igqis 


A. — 


— 


unk 


ugk(is) 




(enk) 


ine 


igqis 


PL 
















N. wir 


wir 


wi, (wg) 


weis 


ir 


ir 


gJ, (gß) 


jus 


G. unsßr 


unser 


User 


unsara 


iuw§r 


iuwer 


iuwar 


izwara 


D. uns 


uns 


üs 


uns(is) 


iu 


iu 


iu, eu 


izwis 


A. unsih 


uns(ich) 


üs 


uns(is) 


iuwih 


iuch 


iu, eu 


izwis 



§ 7Ö— 72. Pronomina. 



iS 



Sg. 


N. 


er, (her) W. 




G. 


[sin] is, es 




D. 


imu, imo 




A. 


inan, in iz 


PI. 


N. 


sie siu s 




G. 


iro 




D. 


im, in 




A. 


sie siu sj 


Sg. 


N. 


siu; si, si 




G. 


ira, (iru, -o) 


» 


D. 


im, -0 




A. 


sia, (sie) 


PI. NA. 


sio 




G. 


iro 




D. 


im, in 



IS 



im; imu, (imo) 
ina I it 



got. 

is I ita 

is 

imma 

ina I ita 



Analog sind die formen des reflexivpronomens, welches 
im ahd. und mhd. nur den g. sg. masc. neutr. sin und den für 
sg. und pl. aller genera gebrauchten acc. sih, sich besitzt. Die 
übrigen formen werden . durch das pron. der 3. person (z. b. 
d. sg. imu, iru, d. pl. im) ergänzt. Im got. steht g. seina, d. sis, 
a. siJc für alle genera und numeri; im alts. fehlt das pron. refl. 
(nur das possess. sin ist vorhanden, § 75 a. 2). 

Anm. 1. Dual. 1. p. g. ahd. unkir nur m, 22, 32; — mhd. du. 
2. p. kommt mit pluralhedeutung nur im hair. dialekt seit ende des 
13. jh.'s vor. 

Anm. 2. Im ahd. steht uns erst vereinzelt für den a. pl.; mit dem 
12. jh. nimmt dies überhand und vom 13. jh. ab ist im mhd. umich aus- 
gestorben. In der 2. p. pl. kommen im ahd. ganz vereinzelte vertauschungen 
des d. und a. pl. vor, im mhd. etwas häufiger. 

§71(283). Geschlechtiges pronomen der 3. person. 

a) Masc. neutr. 

mhd. alts. 

er I ez h§, hie | it 

[8tn] I gs 
im(e) 
in I es; 
sie, st, si I siu, si(e) 
ir(e) 
in 
sie, si, si | siu, si(e) 

b) Femin. 

si, si, siu 
ir(e) 
ir(e) 

sie, si, si 
V sie, si, si 
ir(e) 
in 

Anm. 1. Statt des n. sg. m. gr bei Is. stets ir; in fränkischen quellen 
oft hBTy seltener M — n. a. sg. n. iz, mfränk. it. 

Anm. 2. In der enklisis kommen oft gekürzte formen vor: a) nanj 
»wo, ro für inan, imo, iro (meist nach vocal), z. b. santa-nan; b) gr, iz, 
'i8, in verlieren den vocal, z. b. wior (= wio gr), tiwz (= tuo iz), dümos 
(=^dü imo es); c) sia, sie, sio werden zu sa, se, so, z. b. qv4dun se, 
ih so; seltener tritt si für aUe drei ein, meist vor vocal, z. b. sies, ses 
(= sia Bs). 

§ 72 (287). Einfaches demonstrativum der (auch als 
bestimmter artikel und als relativpron. gebraucht). 



sia, sea, sie | siu eis | \)a 

iro izS 

im im 

sia, sea, sie { siu ins | ^a 



SIU 

iro, -u; -a 
iru, -0 
sia, sea, sie 
sia, sea, sie 
iro 
im 



si 

izos 

izai 

ija 

«öS 

IZO 

im 



44 



§ 72. 73. Pronomina. 



a) Masc. neutr. 



ahd. 

Sg. N. der | daz 

G. d6s 

D. demu, demo 

A. den | daz 

I. — I diu 
PI. NA. dg, dea | diu, (dei) die | diu 
dia, die 

G. dgro 

D. d§m, d§n 



mhd. 

d6r I daz 

des 
dem(e) 
dSn I daz 
diu 



dgr(e) 
den 



altB. got. 

th§, thie, (se) | that sa | ]7ata 
thes, (thas) pis 

thSm; themu, (-o) ]7amma 
thena, thana { that ]7ana | ]7ata 
— I thiu — I H 

thea, thia | thiu N. pBJ \ p6 
thie, (th§) A. paus | p6 

th^ro pizß 



th^m 



Sg. N. diu diu 

G. dera, (deru, -o) der(e) 

D. d6ru, -0 der(e) 

A. dea, dia, (die) die 

PL NA. deo, dio die 

G. dero, d6r(e) 

D. d6m, d§n den 



b) Femin. 



thiu 

thSra, -0 

theru, -0, (-a) 

thea, thia, thie 

thea, thia, thie 

thgro 

th6m 



paim 



so 

]7iz6s 
]7izai 
P6 

]70S 

J?iz6 
paim 



^ 



Anm. 1. Im n. a. sg. neutr. mMnk. that; n. a. plur. neutr. hat im 
oherd. die nehenform det, die schon in sehr alten quellen vorkommt und 
im hair. noch im 11./12. jh. sich findet. — Im d. pl. hat das alem. meist 
diphthongierte formen deam^ diem, dien (dien N). 

Anm. 2. In unhetonter Stellung als artikel und hesonders auch als 
relativpronomen unterliegen die formen des pron. eför oft ahschwächungen 
und Verkürzungen; für viele casus kann einfach the^ de oder thij di ein- 
treten; statt tMra^ th'&ru tritt thUr ein. — Bemerke die zusammenziehungen 
der dative mit zi: zäno (zgm), zdru (zBr), zen; femer theiz, theiat, theik 
für tfiaz-iz, -ist, -ih, 

§ 73 (288). Zusammengesetztes demonstrativpron. dieser. 
Im got. nicht vorhanden. 

a) Masc. neutr. 

Sg. ahd. mhd. 

N. masc. dgse, dgs^r, ther§r (0), diser (N), dirro (Nps.); 
mhd, dirre 
NA. netter, diz; dezzi, thizi; mfränk.'md. thit; mhd. 
ditze, diz 
G. desse, desses, deses; disses(N); m/k2. dises;disse(s) 
D. desemu, d6semo; disemo (N); wÄd. di8em(e) 
A.ma8c. dg San, disen (N); mhd. disen 
1. neutr. dgsiu, d^u; disiu; disu (fehlt nach dem 9.jh.) 
PI. 
NA. masc. dese; dise (N); mhd. dise 

neutr. de'siu, disiu, thisu (0); disiu (N); altobd. 
auch deisu; mhd. disiu 



alts. 

♦th§se 

thit, thitt 

th^ses, -as 

thesum(u),-un;-on 

thesan 

thius 

thesa, -e 
thius 



§ 78—75. Pronomina. 



45 



G. des er o; therero, therro (OT), dirro (N); wiÄd. dirre 
D. des^m, -§n; disßn (N); mM disen 



thesaro 
thgsnn, -on 



Sg. 



b) Femin. 



N. d^'siu, disiu, thisu (0) ; disiu (N) ; mhd. disiu 

G. dßsera; therera, therra, -o (OT); dirro (N); mhd. 

dirre 
D. deseru thereru, therm, -a (OT); dirro (N); mhd, 

dirre 
A. desa; (dheasa Is.), disa (N); mhd. dise 
PL 

NA. deso; dise (N); mhd, dise 
G. und D. t(ne moac. neufr. 

§ 74 (291). Interrogativpron. wer. Das substantivische 
pron. hwer, vom 9. jh. ab wer, hat im westg. für masc. und 
fem. dieselbe form und bildet keinen plural. 



thins 
thösaro, (-a) 



thesaro, -u 

thesa 

thgsa 



ahd. 



mhd. 



alts. 


got. 




m. n. fem. 


hw§, hwie 


hjas hjö 


hwat 


hja 


hwes 


hjis *hjiz6s 


hwgm(n) 


h)amma hiizai 


hwena, (hwane) kana h)ö 


hwi, hwin 


M 



N. (m.f.) hwer, wer wer 

NA. (neutr.) hwaz, waz wa« 

G. hwes, wes w& 

D. hwemn, wemo wem(e) 

A. (m. /".) hwgnan, wgnan, wen wen 
I. (neutr.) hwiu, wiu, hin (T) wiu 

Anm. 1. Bei einigemale weih {=waz ih)j einmal weist {=waz ist). 

Anm. 2. Bei T zwei plnralformen: ivie qui (59,3), fon wen quibns 
(93, 2). 

Anm. 3. Wie hw'^r gehen auch composita : ahd. '^ddesw^r^ sihw'^r irgend 
ein; alts. gihwi jeder. 

§ 75. Pronominaladjectiva. 

a) (284 — 286). Possessiva (wie starke adjectiva flectiert 
ohne schwache flexion): min, dtn, stn\ unser, iuwer; flectiert 
mtnir, diner, siner; unserer, iuwerer etc., doch werden im n. sg. 
meist die unflectierten. formen gebraucht. 

Anm. 1. In den flectierten formen von unsir, iuwir steht nicht ganz 
selten a statt e, z. b. vmsarer, iuwarim; selten ist in alter zeit synkope 
des e von unser^ z. b. unsriu (vgl. § 15^), häufiger spätahd. 

Anm. 2. Alts, mtn^ tMn, sin-, von den dualen und pluralen unca, 
inca; üsa, iuwa flect. g. üses, üsaro etc. — Das fränkische hat neben 
den längeren auch die kürzeren formen, welchen uns^y iuwer als flect. 
n. sg. masc. zu gründe liegt, also uns^, unsaz, unsu, g. unses, wnsera etc. ; 
g. pl. iuwero (neben iuwerero) etc.; im obd. nur die längeren formen. 

b) (289 — 300). Auch die übrigen pronominaladjectiva 
weichen von der adjectivflexion meist nur dadurch ab, dass 



46 §. 75. Pronomina. § 76. Verbalflexion. 

von ihnen keine schwachen formen gebildet werden; so bei 
(h)wedar wer von beiden (nebst composs. giwedar, iogiweäar, 
deweder), Qi)welth (vgl. alts. hwilik, got. hileiks) welcher (nebst 
composs. eddeswelth, iogiwelth u. a.), solih solcher, hweoUh, wio- 
Uh qualis, ander der andere, zweite (bei N auch schwach), 
mm irgend ein, ein und composs. einig, dihein (dehhein, thoh- 
kein; dechein) irgend einer, nihein, nihhein, nohhein keiner, 
composs. mit -Uh: eddes-, eti-lih irgend einer, iogilih jeder. — 
Von jener, genSr (obd. ener) 'jener' kommen unflectierte formen 
nicht vor. — selb (ipse) flectiert stark und schwach. 

II. Abschnitt. Coigngation. 

Cap. 1. Die flexion der starken und schwachen verba (303 — 323). 

§ 76. Die paradigmentafel links enthält die ahd. verbal- 
flexion und zwar A. für die starken verba: 1. neman nehmen 
(IV. abl.) gibt die formen der ältesten quellen bis anfang des 
9. jh's. 2. ziohan ziehen (11. abl.; mit grammat. Wechsel) gibt 
den stand der flexion bei Tatian (c. 825). 3. faran fahren 
ÖV! abl.) die flexion Otfrids (c. 865), während 4. ratan (red. I) 
die verbalformen Notkers vorführt. — B. für die schwachen 
verba: I. schw. conj. a) suochen (got. sökjan) suchen (mit langer 
Stammsilbe); ß) zellen (got. Haijan) zählen, sagen, (mit umlaut 
in der kurzen Stammsilbe und teilweiser gemination des l 
durch j\ y) nerien (got. nasjan) retten (mit kurzer Stammsilbe 
und länger erhaltenem j nach r); ü. schw. conj. salbon salben; 
m. schw. conj. haben haben, halten. Die paradigmen der 
schwachen verba enthalten nur die normalformen des 9. jh's., 
unter voranstellung der älteren, aber ohne trennung nach 
quellen: doch lassen sich die bei den st. v. gegebenen einzel- 
heiten (mutatis mutandis) auch auf die schw. verba anwenden. 

Die tafel rechts gibt zuerst die mhd. flexion: st. v. helfen 
(ni abl.); schw. v. ^eln (ahd. zellen), salben (ahd. salbon). — 
Die zweite abteilung gibt die alts. flexion, und zwar st. v. 
helpan (III. abl., mhd. helfen, ahd. helfan)\ schw. v. I sohian (ahd. 
suochen), ergänzt durch tellian (ahd. seilen), nerian (ahd. nerien); 
schw. V. n tholon dulden (ahd. dolen, tholön). — Die dritte, 
gotische abteilung bietet die paradigmen: st. v. niman IV. abl., 
(ahd. nSman) ; schw. v. I nasjan (ahd. nerien) ergänzt durch sdh- 



r 



Zu § 76. 











A. Starke verba. 






(älteste form) 


(Tatia,Ti) 


, (Otfrid) 










1. Praesens. 












Indicativ. 




Sg.l. 


nimu 






zinhu 


fani 


2. 


nimis 






ziuhis, (-ist) 


ferist, (-is) 


3. 


nimit 






ziuMt 


ferit 


PI. 1. 


nemamßs, 


-em§s; 


(-em) 


ziohem§s, (-^n) 


far§n 


2. 


nemet, (nemat) 




ziohet 


faret 


3. 


nemant 






ziohent 
Conjunctiv. 


farent 

i 


Sg. 1. 3. 


neme 






ziohe 


fare 


2. 


nem§s 






ziohßs, (-§st) 


far^s 

1 


PI. 1. 


nemßm; ( 


-ames, 


-em§s) 


ziohemes, (-en) 


farßn 


2. 


nem^t 






ziohßt 


faret 


3. 


nemßn 






zioh^n 
Imperativ. 


fa,r§n 


Sg.2. 


nim 






ziuh 


far 


PI. 1. 


nemamßs, 


-em^s ; 


nemßm 


ziohemes, (-ßn) 


faremßs, (-ames) 


2. 


nemet, (nemat) 




ziohet 


faret 










Infinitiv. 


■ 




neman 






zioha;n, (-en) 
Participium. 


faran 




nemanti, 


(-enti) 




ziohenti, (-anti) 

2. Praeteritum. 


farenti, (-anti) 



Sg. 1. 3. nam 

2. nämi 

PI. 1. nämum; (-um§s) 

2. nämut 

3. nämnn 



Sg. 1. 3. nämi 

2. nämis 

PI. 1. nämim; (-imes) 

2. nämit 

3. nämin 



Indicativ. 




zoh 


fuar 


ZUgl 


fuari 


zugumes, (-un) 


fuarun 


zugut 


fuarut 


zugun 


fuarun 


Conjunctiv. 




zugi 


fuari 


zugis, (-ist) 


fuaris 


zugiTTißs, (-in) 


fuarin 


zugit 


fuarit 


zugin 


fuarin 



ginoman 



3. Participium praet. 

gizogan gifaran 



\ 






Zu § 76. 



(sohw. V. I) 


(sohw. V. n) 

Praesens. 

Indicativ. 


(schw. V. iil) 


(schw. V. iV) 


nasja 


salbd 


haba 


fuUna 


nasjis; sökeis 


salbös 


habais 


fullnis 


naqip; sökeip 
nasjos 


salbop 
salbös 


habaip 
habös 


fullnip 
fuUnös 


nasjats 


salbots 


habats 


lullnats 


nasjam 


salboTTi 


habam 


fuUnam 


nasjip; sokeij? 
na^'and 


salböp 
salbönd 

Conjunctiv. 


habaip 
haband 


fullnip 
fullnand 


nasjau 


salbö 


habau 


fullnau 


nasjais 


salbös 


habais 


fullnais 


nasjai 


salbö 


habai 


fiillnai 


nasjaiwa 


salböwa 


habaiwa 


fullnaiwa 


nasjaits 


salböts 


habaits 


fullnaits 


nasjaima 


salböma 


habaima 


fullnaima 


nasjaip 
nasjaina 


salböp 
salböna 

Imperativ. 


habaip 
habaina 


fullnaip 
fuUnaina 


nasei 


salbö 


habai 


fulln 


nasjadau 


salbödau 


habadau 


fuUnadau 


nasjats 


salböts 


habats 


fullnats 


nasjam 


salböm 


habam 


fullnam 


nasjip; sokeip 
nasjandau 


salböp 
salböndau 


habaip 
habandau 


fuUnip 
fullnandau 


s 


Praeteritum. 

Indicativ. 












nasida; sokida; 


salböda; habaida; fullnöda 




nasid^s 








nasid^du 








nasid§duts 








nasidMum 








nasid^dup 
nasid^dnn 








naside^'au 
nasidßdeis 


Conjunctiv. 






nasid^di 








nasidßdeiwa 








nasid^deits 








nasid^deima 








nasidedeip 
nasid§deina 









§ 76. Flexion der st. und schw. verba. 47 

jan^ schw. v. 11 salbön (ahd. salhdn)\ schw. v. III hahan (ahd. 
haben); schw. v. IV. (inchoativa) fullnan voll werden, sich füllen. 

Anmerkungen zur ahd. verbalflexion. 

1. Praesens. 

a) Indicativ (und allgemeines). 

1. sg. Die endung -u (früh auch -o ; bei schw. v. I. in alten queUen 
noch -iw, z. b. wäniu) wird vor ih und andern enkliticis öfter elidiert: 
haldih. Bei den schw. v. ü. m ist -öw, -en bis ins 11. jh. festgeblieben; 
im westlichen teile des Sprachgebiets wird das -n auch auf andere verba 
übertragen, z. b. gihun, wirdon (st. gihuj wirdo). Im mhd. hat dagegen 
das e der übrigen das -en der schw. v. verdrängt: mhd. salbe; doch tritt 
daneben auch -en (besonders rheinisch) bei aUen verben auf. 

2. sg. Seit dem 9. jh. treten die mit t erweiterten formen auf: zuerst 
im fränk., seit dem 10. jh. auch oberd. Das t ist bei nur im ind. praes. 
vorhanden, dringt aber anderwärts auch in alle andern auf 8 endenden 
2. p. sg. (conj. praes. und praet. n^mM, nämtsty schw. praet. ind. suohtöst) 
ein und wird besonders im oberd. ganz fest (N), während im fränk.-mitteld. 
daneben die s-form bis ins mhd. sich hält. 

1. pl. Die endung -mis kommt nur dem indic. praes. (und imperativ) 
zu; doch ist sie im 8./9. jh. vielfach auch in den conj. und ins praet. 
gedrungen, die -m, -n als endung haben. Andererseits geht aber seit 
dem 9. jh. die endung -w& dadurch auch dem praes. ind. ganz verloren, 
dass an ihrer steUe die conjunctivische endung auf m, n (-ew, bez. -ön) ein- 
tritt, während conj. und praet. ihre alte endung festhalten. — Der flexions- 
vocal vor -m^s im indic. praes. ist bei den st. v. und schw. v. I schwan- 
kend: im aUgemeinen überwiegt Mnk. -emes, oberd. -am^. In K meist 
'Um^ (z. b. w'&rfum^y frummiumis). 

2. pl. Bei den st. v. und schw. v. I ist -et die regelmässige endung, 
nur im altalem. daneben häufig -at. In M begegnet öfter -it (mit Wirkung 
auf den stammvocal, z. b. quidit, ferit = qtci^detj faret). 

Im alemannischen von N an bis ins mhd. hinein ist nt statt t die 
endung der 2. pl., und zwar auch im conj. und praet. Im 8. und 9. jh. 
sind erst wenige spuren dieser endung vorhanden. Im fränk. tritt -nt 
nur spärlich, im bairischen fast gar nicht auf. 

3. pl. In den ältesten quellen kommt -ant den st. v., -ent (§31a.3) 
den schw. v. I zu. Doch erfolgte bald ausgleich, so dass im 9. jh. oberd. 
-antf fränk. -ent bei beiden klassen vorherrscht. 

h) Conjunctiv (praes.). 

Der conjunctiwocal e wird bairisch (besonders später) öfter zu aj 
am häufigsten das kurze e der 1. 3. sg., z. b. w'drda, wlaa^ rtchisöia Freis. 
pn. In anderen dialecten ist dies selten. Vgl. § 14 a. 2. 

Bei den schw. v. n. m. sind die längeren conjunctivformen nur ober- 
deutsch; der alem. dialekt hat fast ausschliesslich die längeren formen, 
während dieselben im bair. nur bei den schw. v. 11 häufig, bei den schw. 



48 § 76. Flexion der st. und schw. verba. 

Y. JU dagegen sehr selten sind. Die längeren formen haben besonders im 
bairischen und späteren alem. oft einj(geschr. i, g) vor dem flexionsyocale : 
scUböief scUbögis; habHe; noch mhd. im alemann, salbege, sälbei etc. 

c) Imperativ (praes.). 
2. sg. Das -i (mhd. -e), welches diese form bei den schw. v. T von 
der starken form scheidet {stwchi — nim) ist auch bei den j'-praesentien 
der st. V. (§ 77 a. 1) vorhanden, z. b. biti, sweri, mhd. bite, swer. 

1. pl. Die mit der 1. pl. ind. gleichlautende adhortativform wird schon 
frühe durch die 1. pl. conj. (opt.) vertreten und bald ganz verdrängt, wie 
die indicativform. Bemerkenswert ist, dass bei im adhortat. die formen 
auf -mes sich regelmässig erhalten haben, während sie im indic. schon 
bis auf wenige reste durch die conjunctivform ersetzt sind. 

d) Infinitiv. 

Die endung des inf. ist in den ältesten quellen und noch bei T 
bei den st. v. -an, bei den schw. v. I dagegen -en (§ 31 a. 3). Einzelne 
ausgleichungen nach beiden richtungen zeigen sich von früh an, besonders 
aber ist im oberd. des 9. jh.'s ziemlich durchgehend das -an der st. v. 
auch in die schw. v. I eingedrungen. 

Zum infin., der als nom. acc. fungiert, haben die westgerm. sprachen 
einen gen. dat. Cgerundium*), der von einem suffix -anja, westgerm. 
-anr^a- gebildet ist. Ahd. st. v. g. nümanneSj d. nSmanne; sw. v. I zel- 
lenneSj -enne (obd. häufig -annes, -anne); sw. v. II salbönnes, -önne; sw. 
V. m habenneSf -inne; mhd. n^nennes, enne; salbenne^ mhd. oft auch mit 
Vereinfachung des nn: nSmene, sälhene, ahd. selten, z. b. weinönes. — 
Altsächs. beispiele: g. citssiannias, d. te gifulleanne, 

e) Participium praesentis. 
üeber die flexion des part. praes. als ja-j6-9Ay s. § 59. Der suffix- 
vocal ist bei den st. v. a (vi&manti)y bei den schw. v. I e (zellenti,) s. § 31 
a. 3), doch lässt die umlautswirkung des end-i auch beim st. v. häufig 
-enti erscheinen. Oberd. auch bei den schw. v. I oft -anti, 

2. Praeteritum. 

a) Indicativ. 

2. sg. schw. V. Das o in d8(t) ist im wesentlichen fest. Bei T mehr- 
fach a, u (gilotibtas, gilotLbttis)^ bei Is. einmal -es (chiminnerodes). 

1. pl. Die alte endung -wm, -un hat im 9. jh. (aus dem ind. praes.) 
-umis neben sich. Bei T mehrere fälle, in denen -mis an -im gefügt ist 
(z. b. gäbunmeSj gihalotunmis)^ daneben auch zwei gleich gebildete praesens- 
formen caminme», sUzenmis, 

Die alemannische Unterscheidung des pl. schw. praet. vom st. praet. 
ist noch bei N scharf durchgeführt: N st. v. rieten y rietent, rieten, aber 
schw. V. suohtön, -önt, 6n. — Von ausseralem. quellen hat allein Is. das 
6 im pl. schw. praet. (sendidön, aber wärun), 

b) Conjunctiv (praet). 
1. 3. sing. Die alemannische Unterscheidung der endung des st. v.. 



§ 76. Verbalflexion. § 77. Stammbildung der starken verba. 49 

(-i) von den schw. v. mit langem t (-tt} ist noch bei N erhalten: nämCf 
aber atwhtt. Auch hier teilt der fränk. Is. die alemann, regel (scoldii Ib.). 
In den imperativischen formein ni cvH noli (Eb ni chvrts), ni 
cufit nolite (T auch ni cwret) liegen erstarrte conj. praet. von Mosan 
(wählen) vor, 

3. Participium praet. 

Die part. praet. der st. und schw. verba werden als regelmässige 
a^'ectiva flectiert, s. § 58. — Das part. praet. wird im ahd. bei einfachen, 
nicht mit untrennbarem praefix zusammengesetzten verben stets mit praefix 
gi' gebildet: ginoman, aber fimoman', dagegen abaginoman. Regelmässig 
ohne gi- erscheinen im ahd. die part. praet. quSmanj quoman (mhd. komenf 
alts. human) gekommen; ftmtan (mhd. vunden, alts. fundan) gefanden; 
hrungan und hräht (mhd. hrdht) gebracht; wortan^ selten giwortan (mhd. 
worden, alts. wordan) geworden; troff an und gitroffan (mhd. troffen) ge- 
troffen ; mhd. noch gewöhnlich giShenj Idzen {Jidn), M alts. stets hetan ge- 
heissen. Bei anderen verben fehlt im ahd. alts. das gi nur ganz vereinzelt. 

Cap. IL Die bildung der tempusstämme der starken und 

schwachen veraa. 

B. Starke verba. 

§ 77 (324 — 326). Die Unterscheidung der tempusstämme 
geschieht bei den st. v. nur durch vocalwechsel, da auch die im 
got noch redupKcierenden verba in den übrigen german. sprachen 
blossen vocalwechsel haben, also ablautend geworden sind. 

Die zahl der vocale, welche innerhalb eines st. verbums 
wechseln können, bewegt sich zwischen 2 und 5. Wir führen 
daher von jedem verbum fünf formen an, aus welchen die art 
des in demselben vorliegenden vocalwechsels zu erkennen ist. 
Diese sind: 1) Infinitiv, dessen vocal für alle praesensformen 
gilt, ausser dem sing, indic. und imperat.; 2) 1. sing, indic. 
praes. (für sing, praes. indic. und 2. sing, imperat; 3) 1. 3. sing, 
ind. praet. (im westgerm. nur für diese formen); 4) 1. plur. ind. 
praet. (für alle übrigen formen des praet.); 5) part. praet. (nur 
für diese form). 

Im gotischen gilt 1) auch für 2) mit, so dass also der 
infin. das ganze praesens kennzeichnet. — Im ahd. (mhd.) und 
alts. kommt bei den abl. v. VI und teilweise den red. verben 
noch der erst in historischer zeit eintretende umlaut hinzu, der 
in der 2. 3. sing. ind. praes. wirkt und damit eigentlich eine 
sechste stelle des vocalwechsels schafft. — Mhd. tritt auch im 
conj. praet. der abl. v* n — VI umlaut ein. 

B ranne. Abritt d. ahd. gramm. ^ 



50 § 7t. Stammbildung der st. v. § 78. Ablautende verba L IL 

Anm. 1 (327). Abgesehen vom vocalwechsel sind bei einigen st. v. 
ans alter zeit einige andere unterschiede zwischen den stammen des praes. 
und praet. erhalten. Das sind besonders die praesensbildungen mit j 
(suffix -JO'), welche im praes. ganz wie die sw. v. I flectieren und in 
Yocalen und consonanten der Stammsilbe alle Wirkungen eines folgenden 
j der endsilbe zeigen, • während sie das praet. und part. pt. stark bilden. 
Von solchen- verben sind im ahd. (meist ebenso alts.) lebendig noch : abl. 
V bitten, liggen, sitzen (§ 82 a. 4), abl. VI swerien, skephen, heffen, Hräi- 
seffen (§ 83 a. 2), red. I erien (§ 85 a. 4). -— Reste anderer praesensbildungen 
bei backan, giwahan&n, stantan (§ 83 a. 3. 4). 

Anm. 2 (328). Grammatischen Wechsel (s. § 35) zeigt die mehrzahl 
der verba, deren stamm im praes. und 1. 3. ind. praet. auf die consonanten 
8f d (th), h, f ausgeht, statt deren in den übrigen formen des praet. und 
im part. pt. r, t, g (w), b eintritt, z. b. kiosan, kos — kurumf gikoran. 
Manche hierhergehörige verba haben den Wechsel schon vorahd. aufgegeben 
(im got. ist der Wechsel gar nicht mehr, im alts. in der dentalreihe nur in 
resten, etwas mehr bei 8, h erhalten, s. §35a. 2); der Wechsel /"— ft ist 
im ahd. nur bei heffen (§ 83) klar erkennbar. Im laufe des ahd. und 
mhd. geben dann noch mehrere verba den Wechsel auf, meist indem sie 
den praesensconsonanten durchführen, z. b. statt Idrum, gil'iran (zu l^an 
abl. Y) ahd. häufiger läsum, giUaan, dagegen ahd. heffen, heven — huobum, 
gihaban >• mhd. heben, huoben, gehaben. 

1. Die ablautenden verba. 

§ 78. Klasse I (329—331). 

Got. eij aiy i: greipan, greipa; graip, gripum; gripans, 

Alts.: gripan, gripu; grip, gripun; gigripan; — ththan, 
ththu; tMh, thigun; githigcm. 

Im ahd. mhd. zwei abteilungen: a) die mehrzahl mit ei 
im sg. praet., b) die minderzahl mit i, vor folgendem h, w. 
Vgl. § 11. Beispiele: 

a) grifan, grifu; greif, griffum; gigriffan greifen; mhd. 
grifen, grife; greif, griffen; gegriffen; — ahd. risan, rtsu; reis, 
rirum; giriran fallen; mhd. risen, rise; reis, rirn^u. risen; gerirn 
u. gerisen. 

a) dihcm, dihu; deh, digum; gidigan gedeihen; mhd. dihen, 

dihe; deck, digen; gedigen. 

Anm. 1. Ahd. scrtan, scnw, screi, scrirun; giscriran schreien; spt- 
wan (apian, sptgan), spitou; spi{o), spüumn xmö. spiun; ge8pil(w)an. Beide 
verba beeinflussen sich mhd.: schrien, spiwen, praet. sg. schrei und schre, 
spe und spei; pL praet. schrim und schriuwen (schrüwen), spiuwen (spü- 
wen) und spim; part. geschrirn und geschriuwen {-schrüwen), gespiuwen 
{'Spüwen) und ^espvm, Spuren dieser yermischung auch schon ahd. 

Anm. 2. ahd.: Ivhan, Uhu; Uh, lituvm:; giliwan (alts. liwun und 



§ 79. 80. Ablautende yerba II. m. 51 

lihun; giliwan) leihen (§ 35 a. 1); mhd. meist pl. praet. lihen (auch liuwen), 
part. gelihen (auch geHuwen, gdigen), 

Anm. 3. Alts, githungan (gediegen) altes part. pt. zu ththan. 

§ 79. Klasse TL (332—334). 

GrOt. iu, au, u: biudan, biuda; baup, budum; budans; — 
tiuhan, tiuha; tduh, taühum, taühans, 

Alts.: biodan, biudu; bdd, budun; gibodan; — tiohan, tiuhu; 
töh, tuhun (tugun); gitogan. 

Im ahd. mhd. zwei abteilungen mit ou oder 6 im sg. praet. 
je nach den folgenden consonanten. Vgl. § 12. Beispiele: 

a) ahd. biotan, biutu; bot, butwm; gibotan bieten; mhd. 
Muten, biute; bot, buten; geboten; — ahd. siodan, siudu; söd, 
sutum; gisotan sieden; mhd. sieden, siude; s6t, suten; gesoten; 
— ahd. jsnohan, eiuhu; jsöh, zugum; gieogan ziehen. 

Anm. 1. fliohan (fliehen) schon ahd. stets fluhunif gifiohan. 

b) ahd. biogan (oberd. biugan), biugu; boug, bugum; gtbogcm 

biegen; mhd. biegen, biuge; bouc, bugen; gebogen, 

Anm. 2. Die verba ai^ w behalten auch fränk. das iu im ganzen 

praes. (§ 13a. 3), im pl. praet. und part. haben sie ü^ z. b. hUuwatif hliwiou] 

hloUf hlüwun (plüun)\ gihlüwan {gihlüan) schlagen (got bliggtoan nach 

kl. ni). Mhd. bUuwen, bliuwe; blouj blüwen und bliuwen, blotnoen; ge- 

blowwen und gebliuwen\ ebenso ahd. {hyriuwan schmerzen, mhd. rimoen 

(alts. hreuwan, praet. hrau^ § 30 a. 6). 

Anm. 3. Verba mit ü im praesens : ahd. lühhant mhd. lüchm schliessen 

(got. alts. iQkan)^ ahd. alts. sügan, mhd. sügen saugen, ahd. süfan, mhd. 

süfen saufen, ahd. tühhan tauchen (mhd. tüchen schw. v., aber betochen); 

ahd. brüchan (alts. brükan) brauchen, part. giMichit und kiprohan, mhd. 

brüchefif praet. brückte. 

§ 80. Klasse m (335—338). 

Got. i, a, u: bindan, binda; band, bundum; bundans. 

Ahd. und alts. zwei abteilungen: a) verba auf mm, nn oder 
m, n + cons. mit i im ganzen praes. b) verba auf andere 
zweifache consonanz (meist Z- und r- Verbindungen). Beispiele: 

Alts.: a) bindany bindu; band, bundun; gibundan; — ßäan 
XL findan; fand, fundun; fundan; b) heTpan, hilpu; halp, hulpun; 
gtholpan. 

Ahd. a) rinnan, rinnu; ran, runnum; girunnan laufen; mhd. 
rinnen, rinne; ran, runnen; gerunnen; — findan, findu; fand, 
funtum; funtan finden; mhd. vinden, vinde; vant,vunden; vunden. 

Anm. 1. Von biginnan mhd. beginnen erscheint neben st. praet. 

' bigan, bigunman ahd. sehr häufig auch das schw. praet. bigonda (seltener 

bigunda, Is. bigunstd) mhd. begtmde, -gonde (md. begumte, gonste), — ahd. 

4* 



52 § 80—82. Ablautende verba m. IV. V. 

alts. bringan (bringen) bildet schw. praet. (vgl. § 89 a. 3) brähta, mhd. brähte 
(nur yereinzelt ahd. mhd. das st. praet. hrang), part. pt. ahd. hrungan 
und hrdhtf mhd. hräht. — Von dwingan (zwingen) das part. pt. in alten 
quellen noch gidungan, gewöhnlich gidwungan, (|33t-Ä--^) 

b) Mlfan, hilfu; half, hulfum; giholfan helfen; mhd. helfen, 
hilfe] half, hülfen, geholfen; — ahd. wer da/n, wirdu; ward, wur- 
tum; (gi)wortan; mhd. werden, wirde; wart, wurden; worden; 

— ahd. flehtan, flihtu; flaht, fluhtum; giflohtan flechten. 

Anm. 2. Ahd. alts. apvman (treten) hat u als praesensvocal : ahd. 
apwmu; apam,, spumum; gi8p\Mman, Nur selten (0) praes. spiman. 

Anm. 3. Die verba, deren zweifache consonanz nicht mit r, l beginnt 
' (föhtanj fiktarif br'istan bersten, irl'iskan erlöschen, dr'^skan dreschen, brätan, 
alts. brligdan schwingen) treten im mhd. nach kl. IV über, also mhd. pl. 
praft. vlähteHf bräaten etc. Von brSstan kommt auch ahd. neben häufigerem 
brustum schon brästum vor, bes. spätahd. N stets brästen. — Im alts. hier- 
her noch fr'ignan fragen (got. fraihnan)^ praet. gifragn u. gif rang, frugnun; 
dazu gafregin ih Wess. 

§ 81. Klasse IV (339—341). 

Got. i, a, S, u: stilan, stila; stal, stelum; stulans. 

Alts.: stSlan, stilu; stal, stahm; gistolan; — irekan, hriku*^ 
hraJc, bräkun; gibroTcan, 

Ahd.: Die anzahl der hierher gehörigen verba ist nicht sehr 

gross: a) verba auf einfaches l, m, n, r, z. b. ahd. stelan, stilu; 

stal, stälum; gistolan stehlen; mhd. stein, stil; stal, stälen; ge- 

stoln. b) verba auf hh, ch (germ. h) und ff (germ. p), z. b. 

brehhan, brihhu; bräh, brähhum; gibrohhan; mhd. brechen, briche; 

brach, brächen; gebrochen. 

Anm. 1. Das part. praet. ist von qv^ihnan kommen (quimu; quam, 
qxi^mum) im ahd. qv^tan, nur selten quoman. In den praesensformen 
herrscht seit dem 10. jh. Tzo statt qv^, hu statt qui, also inf. komen, 1. sg. 
praes. Anttm«, -o etc. In älterer zeit sind diese formen vereinzelt, nur bei 
T häufig. Alts, im praes. und part. nur hvman (praet. quam, quämwn). 

— Mhd. komen, kvme; quam, quämen\ komen; das praet. seit dem 11. jh. 
(bes. obd.) auch kom, körnen und kam, kämen. 

Anm. 2. Statt des praes. niiman im alts. meist niman (§ 4 a. 3), part. 
meist ginuman (§ 5 a. 1). 

§ 82. Klasse V (342—344). 

Got. iy a, e: giban, giba; gaf gehum; gibans. 

Alts.: gedan (giSan § 4 a. 3), g^Sbu; gaf gäöun; gigeban. 

Ahd.: Hierher gehören die verba auf alle consonanten 
ausser l, m, n, r; ch, ff: gSban, gibu; gab, gäbum; gigSban; mhd. 
geben, gibe; gap, gaben] {ge)geT>en\ — ahd. quedan, quidu; quad^ 



§ 82. 83. Ablautende verba V. VI. 53 

quätum; giquetan sprechen; — ahd. sitzen (alts. sittian), sitau; 
sag, säß;um\ giseggan sitzen. 

Anm. 1. Zu qvMan häufig bes. spätahd. 2. 3. sg. ind. praes. 
guUf quU, 

Anm. 2. Zu s'ihan sehen {9%hu\ sah^ sdhwn) kommt neben part. pt. 
gia'ihan seltener noch gisi&wan vor; vgl. alts. «({umn, gisihjoan nehen sdhimf 
gia'ihan (s. § 35 a. 1). 

Anm. 3. Von ezzen (essen) 1. 3. sg. praet. dz (compos. fräz, got. frei), 

Anm. 4. Die verba mit ^-praesens (vgl. § 77 a. 1) ahd. bitten, liggen, 
sitzen f mhd. biteUj ligen, sitzen (alts. biddianj liggian, sittian) haben im 
ganzen praesens i. Bei bitten und liggen ahd. (alts. auch bei sittian 
Wechsel zwischen geminata und einfachem cons. wie bei den schw. v. I 
(vgl. § 88) ; daher mhd. (und teilweise schon ahd. : T, N) durchführung des 
einfachen consonanten. 

§ 83. Klasse VI (345—347). 

(Jot. a, 6: faran, fara; för, fdrum; farans] — haßcm^ hafja; 
höf, höfum; hafans. 

Alts.: faran, faru; för, forun; gi faran; — slahan, slahu; slog, 
sl6gun\ gislagan; — hebbian, hebbiu] höf, MZun; gihc^an. 

AM.: faran, faru; fuor, fuorum; gifa/ran fahren; mhd. varn^ 

var\ vuor, vuoren\ gevarn\ — ahd. slahan, slahw^ shiog, sluogum; 

gislagan schlagen; mhd. slahen, slahe; sluoc, sluogen; geslagen; 

— ahd. heffen, heffu; huob, lmobum\ gihaban heben; mhd. liehen, 

hebe; huop, huoben; gehaben, 

Anm. 1. In dieser klasse ist der grammat. Wechsel schon ahd. (alts.) 
auch in den sg. praet. (slu^og, htu)b) eingedrungen. 

Anm. 2. Wie heffen sind^-praesentia (vgl. § 77 a. 1) auch skephen 
(alts. skeppian) schaffen, schöpfen, praet. skuof; swerien (alts. swerian) 
schwören, praet. stoiuir, aber part. gisworan; nur bei Hntseffen, praet. 
intsiuib merken (alts. *af8€bbian, afsöf, mhd. entseben, entsuop). Veraltet 
und durch lachin, sw. v. verdrängt ist ahd. hlahhen, Muog (nur noch hlöc B) 
lachen, vgl. alts. hlögun, bihlagan und got. hlähjan (ags. Miehhan), Im 
alts. noch *steppian, (ags. stceppan), stöp, stöptm schreiten (ahd. sw. v. 
Stephen, stafta), — Diese verba haben im ganzen praes. umlaut. Zu 
heffen 2. 3. sg. hevis, hevit, (vgl. § 88), daher schon ahd. auch heven, das 
noch mhd. selten neben heben vorkommt. 

Anm. 3. Abweichende praesensbildungen in ahd. giwahanen (wie 
ein schw. v. I), praet. giwuog, part giwagan erwähnen; mhd. gewehenen, 
gewuoc, gewagen; — backan und bachan, buoh, gibachan backen; mhd. 
backen und bachen, buoch, gebachen, 

Anm. 4. Got. standan, praet. stöp (stehen); alts. standan; stdd, 
stödtm; gistandan. Im ahd. ist das n auch ins praet gedrungen: stantan, 
stti>ontj gistantan-, jedoch fränkisch vereinzelt noch stuot, sttutt. Vgl. §96. 



54 § 84—86. Bednplicierende verba. 

2. Die reduplioierenden verba. 
§ 84. Im gotischen gibt es a) reduplicierende verba ohne 
yocalwechsel, z. b. haitan heissen, praet. haihait, haihaitum, hai- 
tans; aukan vermehren, aiauJc, aukans, b) ablautend -redupli- 
cierende verba^ z. b. letan lassen, laüoty Utans; saian säen, saisö, 
saians. Im ahd. und alts. ist von dieser Unterscheidung nichts 
geblieben; die verba haben sämmtlich vocalwechsel erhalten 
unter verlust der reduplication. 

§ 85 (349 — 352). Klasse I. Verba mit stammvocal: a) ahd, 
a (bei nachfolgender gemination II, nn oder l, n + cons.) b) a 
(got. S) und c) ei (got. ai, alts. e). Diese haben sämmtlich im 
et/ praet. den vocal e, der im ahd. zu ^, ta, ie wird (s. § 7); im 
alts. gilt in den abteilungen b) c) e, das in Hei. C und in V 
zu ie geworden ist, in der abteilung a) dagegen kurzes e, wo- 
neben nur selten in Hei. C ie erscheint. 

Alts.: a) häldan, haldu; held, helcktn; gihäldan] — fdllan, 
fällu; fel(l), fellun; gifällan. b) lätan, lätu; let, letun (liet, -un); 
gilätan; c) Mtan, Mtu] het, hetun (Met, -un); hetan, 

Ahd.: a) haitan, haltu\ hialt, lvialtum\ gihaltan halten; mhd. 
halten, halte; hielt, hielten] gehalten; — ahd. fallan, fall/u; fial, 
fialun; gifallan fallen; mhd. vollen, valle; viel, vielen; gevallen. 
b) ahd. lä^an, lazu; liaz, liazum; giläzan lassen; mhd. läzen 
(J,än), läse (Jan); liez (lie), liezen; (ge)lazen {län), c) heizan, 
heizu; hiaz, hiazum; giheizan heissen; mhd. heizen^ heize; hiez, 
hiezen; geheizen, 

Anm. 1. fdhan fangen, fiang, gifangan (alts. feng, fengun) mhd. 
vdhen (vän); vienc und vie^ viengen; gevangen; — und das ebenso flectierte 
hdhan (hängen) haben das ä im praes. aus an vor h (§ 34 a. 2). 

Anm. 2. Von gangan, fdhan, hdhan sind in Is. M. praet. mit kurzem 
e im gebrauch: geng, feng, heng, 

Anm. 3. Die verba pura auf ä, wie säan, säen (got. saian, praet. 
saisö) sind im ahd. schw. y. I. geworden. — Alts, zu säian neben säida 
einmal praet seu (ags. seow) und zu grätan weinen (got. gretan, gaigröt) 
das praet. griot 

Anm. 4. Ein y- praes. (§77a. 1) ist ahd. erien, erren pflügen, pt. 
iar, part. pt. giaran, 

§ 86 (353. 354). Klasse ü. Verba mit dunkelem stamm- 
vocal: ahd. au > ou (got. au, alts. ö), 6 (got. au, alts. d), ou (got. 
alts. 6), Diese haben ahd. und alts. im praet. den diphthong eo, 
io, spätahd. mhd. ie. Beispiele: 



§ 86. Rednpl. yerba. § 87. 88. Schwache yerba. 55 

Alts.: hUpan^ hldpu; hUop, lüiopun\ giMdpan; — hauwan, 
heu, gihauwcm. 

Ahi: (h)loufan, loufu\ liof (oberd. liuf), liofum; güoufan 
laufen; mlid. loufen, loufe\ liefy liefen] gehufen; — ahd. houwan, 
houwu\ Mo, hiowum (obd. hiu, Muwum); gihouwan hauen; mhd. 
houwen, houwe; hie u. hiu, hiewen u. hiuwen; gehouwen; — ahd. 
stosan, stioz, gistozan stossen; mhd. stöben, stiez, gestoben, 

Anm. 1. Man (büwan) bauen ist im ahd. und alts. schw. v. I ge- 
worden. Doch ist noch mhd. das st. part. praet. gebüwen vorhanden und 
bei z^ei starke praet. mit innerem r: biruun (3. pl. ind.), biruwta (2. sg. 
coig.). — Aehnliche r- formen vereinzelt in altalem. glossen: steroz, -un 
und screrot zu atözan, scrötan-, pleruzzun, -i zu bluozan, 

A.nm. 2. Alts, wöpian, wiop mit^-praes. (§77a. 1); ahd. daraus zwei 
verba: sw. v. I wuofen^ wuofta und red. v. ww>fan, wiof. Ebenso ahd. 
(h)niofen (got. hropjan), ruofta und ruofan, riof (alts. hröpan, hriop), 

B. Schwache verba. 
§ 87 (355). Bei den schwachen verben ist zu unterscheiden: 
1. der stamm des praesens, 2. der stamm des praeteritums, 
3. der stamm des part. praet, welcher mit dem stamme des 
praet. im wesentlichen übereinstimmt. Von den vier got. klassen 
der schw. v. ist die vierte (inchoativa auf -nan) im westgerm. 
verloren; das ahd. hat die drei ersten klassen des got., die 
aber im mhd. im wesentlichen in eine zusammen fallen. Im 
alts. ist auch die 3. got. -ahd. Masse bis auf wenige trümmer 
verschwunden. Zum folgenden vgl. die tabellen bei § 76. 

1. Erste schwache oozijugation« 
§ 88 (§ 357 — 359). Das praesens dieser klasse ist mit 
einem j-suMx gebildet, welches im got. und alts. (soiian, tellian, 
nerian) noch klar vorliegt. Im ahd. ist das j, bis auf wenige 
reste in alten quellen, geschwunden; gehalten hat es sich nach 
§ 31 a. 2 nur in den kurzsilbigen auf r (nerien, noch mhd. neben 
nem bisweilen nerigen, nergen), seine spuren hinterlässt es: 

1. Im Umlaut des praes., wo er möglich ist, z. b. jsfellen, wehen 
(oberd. walzen) wälzen; wänen, mhd. womdn, fuoren, mhd. füeren. 

2. ii der (westgeim.) gemination des vorhergehenden conso- 
nanten (§ 17^). Die 2. 3. sg. ind. -is, it und 2. sg. imp. -i, welche 
auf älteres westgerm. *-i5, *'iS, *-i zurückgehen und kein j 
hatten, geminieren nicht. Also zelis, zelit, zeli zu zellen^ frmnit 
zu fmmmen (fördern), legit zu leggen, obd. leckan (legen). Von 



56 § 88. 89. Schwache verha. I. klasse. 

diesen formen aus drangen spätaM. (auch schon bei T) die 
einfachen consonanten in die übrigen praesensformen, also 
spätahd. (N) und mhd. 0el{e)n, frumen, legen neben seltnerem 
Zellen, frummen, lechen. Nur die auf ajs (tz), cJc und pf aus- 
gehenden haben ahd. schon im 8. jh. die gemination auch in die 
2. 3. sg. ind. (imper.) übertragen und dieselbe so für inmier fest- 
gehalten; z. b. setmt (alts. setid) zu set/sen (alts. settian), wecMt 
wecchit (alts. wehid) zu wecken, wecchan (alts. weJcJdan) wecken. 

Anm. 1. Nach langen vocalen findet sich nur im oberd., \)esonders 
der älteren zeit, nicht selten geminierter consonant, im allgemeuien ist 
hier einfacher consonant regel (s. § 17 a. 1 ^). Also altobd. horrarif toännarij 
wtssan n. a. statt hören (hören), wänen (wähnen), wtsen (weisen). 

Anm. 2. Bei den verbis anf nrspr. -aw- gehen im ahd. zwei formen 
(mit oder ohne umlaut) im praes. neben einander her (s. § 30 a. 6) : frewen 
und frauwenj frouwen, mhd. vröuwen (sich freuen) ; streunen und s^roieuen, 
mhd. ströuwen (streuen) u. a. 

Anm. 3. Die verba pura auf d und uo (germ. 6) wie säen (säen), 
bluoen (blühen) zeigen in alter spräche seltener, häufiger spätahd. formen 
mit j: säjen, bluojen (pltwgen); mhd. regelmässig scejen, blüejen. Statt 
des j tritt auch oft ^ ein : sähen , bluohen. Ostfränkisch begegnet aush 
w zwischen den vocalen : bluowen und säwen (letzteres oft T) ; vgl. ags. 
säwan^ blöwan (red. verba). Alts, säian (einmal sihan M.), blöian. Vgl. § 85 
a. 3. — Die auf uo reducieren im ahd. vor folgendem vocal das tio meist 
zu ü ; also inf. blüenf 3. sg. pl. ind. blüitf blüent (s. § 9 a. 1). 

§ 89 (360 — 364). Das praeteritum der schw. v. I. wird in 
got. durchaus auf -ida gebildet. Im ahd. ist (wie im alts. und aga) 
bei den langsilbigen und mehrsilbigen verben das i sehen 
zeitig synkopiert (§ 15^), z. b. fuorta zu fuoren (alts. ßrian, 
förda), wänta zu wänen (alts. wänian, wändä), leitta zu leiten 
(alts. ledian, ledda), Jcusta zu "küssen (alts. kussian, kusta § 23 a. S). 
Einem umgelauteten praes. steht daher das praet. ohne umlaut 
gegenüber (sog. rückumlaut), z. b. hranta zu brennen, stdtta 
zu stellen] mhd. auch bei den übrigen umlautfähigen vocalm, 
z. b. fuorte zu füeren, wände zu wcenen, horte zu hoeren, kuste 
zu küssen. Auch der conj. dieser praet. hat ahd. mhd. keinen 
umlaut, z. b. ahd. hranti, stallt, mhd. fuorte. Im alts. dagegen 
ist der umlaut auch in das praet. gedrungen: felda zu felUan, 
kenda zu kennian. Doch haben im alts. viele verba das praet. 
auf 'ida, besonders solche, die auf zweifache consonanz aus- 
gehen, z. b. lögnian, lögnida; gerwian, gerwida, aber auch ardere, 
z. b. nähian, nähida, Mumn, Mwida. — Die kurzsilfcigen 



§ 89. 90. Schwache verba : I. klasse. 57 

verba synkopieren das i im ahd. und alts. nicht, so nerita zu 
nerien (alts. nerian, nerida), frumita zu frummen (alts. frum- 
mian, frumida), denita zu dennen dehnen (alts. thennian, fhe- 
nida) etc. Jedoch bilden gewisse kategorien kurzsilbiger verba 
ihr praet. ohne i : nämlich a) die verba auf germ. t, Je, p (= ahd. 
praes. t/s, cJc, pf), z. b. sezsen^ sa^da (alts. settian, setta) ; wecken^ 
wdhta u. wacta (alts. wekMan, wahta u. wekida) ; knüpfen, knufta 
(knüpfen) ; b) die verba auf germ. d und l (ahd. praes. tt und 
II); doch haben diese häufig nebenfoimen mit i. z. b. isellen, 
jsfälta u. jsfelita (alts. tellian, tälda); retten, ratta u. retita; quetten, 
quatta begrttssen (alts. queddian^ quedda u. quadda). c) Alts, 
auch leggicm, legda (lagda C) = ahd. hggen, (obd. leckan^ spätahd. 

legen), legita. 

Anm. 1. Nebenformen mit t bei den langsilbigen verben und den 
ursprünglich knrzsilbigen auf ^2r, cky pf^JoA&o. sich oberd. nur höchst selten ; 
häufiger dagegen im fränkischen, besonders regelmässig in Is. (M), z. b. 
setzidttf sendida, Is., aöhhita M, oMita T. 

Anm. 2. Beispiele der im ahd. bei synkope des i eintretenden Ver- 
änderung stammauslautender consonanten: a) brennen, hranta, § 17 a. 2. 
b) gilouben, giloubta xmA-loupta; ou^en (zeigen), ougtaxmAoucta; kunderif 
kundta und hmta, c) ähten (verfolgen), d/ito; leiten, leitta und leita, § 17 a. 1 o. 
d) gar(a)wen (bereiten), garota, § 30. — Im alts. wird -da hinter stimm- 
losen consonanten zu -ta (döpta, kustä). 

Anm. 3. Verba, die schon urgerm. das praet. ohne i bildeten, sind 
a) denken, dähta (got. pagkjan, pähta, alts. thenkian, thähtä)', dünken, 
dühta (got. puhta, alts. thühta) ; ahd. (got. alts.) brähta zu bringan (alts. 
praes. meist brengian; §80a. 1); vgl. §34 a. 2; — b) furhten, fwnhtan 
(fränk. auch for(ä)hten), pt. forhta, forahta fürchten; wwrken, wurchen 
(fränk. wirken), pt. worhta, worahta (alts. wirldan, warahta, got. waürkjan, 
waürhta) wirken, vgl. § 15 e. Auch die praet. suohta (alts. söhtä) und 
ruohta zu suochen (alts. sökian) und ruochen gehören hierher ; desgl. mhd. 
brühte, z. st. v. brücken (§ 79 a. 3. ; vgl. got. brükjan, brühta), Alts, buggian 
kaufen, bohta, part. pt. giboht (got. bugjan, baühtä), — Im mhd. hat bei 
den verben unter a) der coi\j praet. umlaut: mhd. doehte, diuhte, brashte. 

§ 90 (365). Das part. praet. hat in allen formen i, wenn 
auch das praet. i hat, also ginerit, flect. gineriter etc. Wo da- 
gegen das praet. kein i hat gilt im ahd. (und alts.) die regel, 
dass die unflectierte form das i hat, die flectierte dagegen nicht, 
Also ahd. gise^mt, fl. gisaater etc.; gisteUit, gistalter; gigar(ä)wit. 

gigaroter; alts. gihöridj n. pl. gihörda. 

Anm. 1. In der unflectierten form fehlt das i nur sehr vereinzelt; 
etwas häufiger bei den kurzsilbigen auf l wie gizcUt (alts. gitald) zu Zeilen 
(neben gizelit), immer bei bräht zu bringan, gidüht zu dünken. Neben 



58 § 91. 92. Schwache verba: ü. HL Masse. 

giwor(ä)ht zu wwrken ohd. auch giwurchit, neben gidciM häufiger gidenkiL 
Alts, giboht zu buggian (§ 89 a. 3). 

2. Zweite schwaclie ooiijugation. 

§ 91 (366. 367). Das ö ist hier in allen formen feststehend. 
salbo- liegt allen drei hauptstämmen zu gründe. Die zahl dieser 
verba ist sehr gross, z. b. dionön (alts. thionon u. thionoian) 
dienen, machon (alts. maJcon), korön prüfen, Hchisdn herrschen; 
enteon, entdn (alts. endion) endigen, sunteon, suntdn (alts. sun- 
dion, mhd. Sünden) sündigen etc. 

Anm. 1. Im alts. sind die längeren formen auf 'Oia- nur bei dem 
kleineren teile der hierhergehörigen verba neben o vorhanden, z. b. töakoian 
(toakogean) u. waJcon wachen, acauwoian u. scauwon; bei einigen dieser 
verba kommt dann auch ausfall des o vor; z. b. tholian neben tholoian, 
wonian neben wonon, — Statt des o erscheint alts. nicht ganz selten a in 
den verschiedensten flexionsformen, z. b. inf. cöpan, 3. sg. ps. endiat, 3 sg. 
pt. tharikade, 

3. Dritte schwache conjugation. 

§ 92 (368. 369). Das i ist (abweichend von entspr. got. ai) 
im ahd. durchgeführt, also habe- der allen formen zu gründe 
liegende stamm. Nur ist das e weniger fest als das d der 
schw. V. II, indem nicht ganz selten a (d?) dafür eintritt, auch 
schon im 9. jh., z. b. sagata 0. — So gehen z. b. sagen, UMn, 
folgen, dagen schweigen, dolen dulden, darMn darben, kleT>en 
festhalten; besonders viele von adj. abgeleitete inchoativa, z. b. 
Hßn reif werden, alten alt werden, trunkanen trunken werden. 

Anm. 1. Im alts. sind diese verba zu den schw. v. n übergetreten, 
z. b. folgon, thagon, tholon^ tharhonf klibon\ rtpon (reif werden). Auch 
im ahd. findet zwischen den schw. v. n und m vielfach schwanken statt, 
z. b. tholen und tholön bei 0. 

Anm. 2. Zu den schw. v. I sind im alts. übergetreten die verba 
hebbiathj habda, gihabd haben, seggian, aagda sagen, libbianj libda {Ubda), 
gilibd leben, huggian, hogda und hugda, gihugid denken. Zu hebbian und 
seggian noch (ohne umlaut) 2. 3. sg. ind. hahas, -es, -is, habad, -ed, -it; 
aagiSf sagad, -it; 2. sg. imp. habüf -e; saga, -i; zu libbian 3 sg. l&bod, 
iibod. — Im ahd. findet sich bei diesen verben ebenfalls schwanken nach 
den schw. v. I: praes. huggen ganz übergetreten; doch praet (neben hur- 
gitä) häufig hogta, hocta, (hogita 0); zu hahinj sagSfif Ubin oberd. öfter 
praet. hebita (hapta Is. M), aegita, libita und 2. 3. sg. praes. hebi8f segis, 
libis; 'it. 

Anm. 3. Die im mhd. übliche form hän neben haben (nach gän, 
atcm § 96, vgl. Zdn § 85) tritt erst seit dem 11. jL auf (früher nur spureu- 
weise: hat Ib. 33). 



§93. Praeteritopraesentia. 

Cap. III. Unregelmässige verba. 

A. Praeteritopraesentia. 
§ 93 (370—377). 

a) Gtotiscli'dltsä(^hsisch. 



59 



Ablauts* 
reihe. 


1. 3. sg. praes. 


2. sg. praes. 


pl. praes. 


sg. praet. 


I. 


1. wait, wit 


waist, wist 


witnm, witun 


wissa, wissa 




2. äih (aig), — 




aigum, aihnm, igun 


äihta, ehta 




3. lais, — 


— 






n. 


4. dang, dög 


— 


— , dugun 




III. 


5. — 




— 


— , onsta 




6. kann, can 


kan(n)t, canst 


knnnnm, cunnun 


knnpa, conata 




7. parf, tharf 


parft, tharft 


paürbnm, thmbun 


paürfta, thorfta 




8. gsÄ9,Ys,gidar 


— 


-danrsnm, — 


-danrsta, -dorata 


IV. 


9. skal, 8cal 


skalt, sccdi 


sknlnm, sctUun 


skulda, acolda 




10. man, farman 


— , -manat 


mnnnm, — 


mnnda-, -munata, 
-monata 


V. 


11. mag, mag 


magt, mäht 


magum, mugun 


mahta, niahta, 
mohta 




12. ga-,bi-nah,-- 


— 


— 


— 


VI. 


13. gamöt, möt 


— , möst 


-m6tnm, mdtun 


-m6sta, möata 




14. 6g, - 


— 


ögnm, — 


6hta, — 



b) Althochdeutsch (-mhd.). 

1. 1. Praes. 1. 3. sg. wei^ ich weiss, 2. sg. weist; 1. pl. 
wwzwm -un (toieisen); conj. wiaai (wüae); infin. wizzan (wizzen); 
— praet. obd. wissa^ fränk. wessa, westa, selten wista (wisse, 
wessey wiste, weste); part. praet. giwizzan (gewist y gewest — 
gewij8J8en). 

2. Zu got. dih *ich habe' ahd. nur praes. pl. eigum, -ut, 
•un, conj. eigi etc. Part. pt. adject. eigan (eigen). 

Anm. 1. 3. got. laia 'ich weiss' fehlt. Dazu cans. leren (got. Una- 
Jan, alts. Urian) lehren. 

n. 4. Praes. 3 sg. taug (touc) es hilft, taugt ; 3. pl. tugun 
(tugen, tilgen); infln. (tugen^ tagen); — praet. tohta (tohte^ 
conj. toht^. 

m. 5. Praes. 1. 3. sg. an, gi-an ich gönne {gan\ 2. sg. 
(ganst); pl. unnum (gunnen, günnen); conj. unni (günne); infln. 
unnan {gunnen^ günnen); — praet. onda, auch gionsta (gunde), 
part. praet. (gegunnen, gegunnet, gegunst). 

6. Praes. 1. 3. sg;. Tcan ich weiss, kann, 2. sg. Mnst; pL 



60 §93. Praeteritopraes. §94. Das verbnm sein. 

Jcunnum (Jcunnen, Mnnen), conj. Jcunni (Jcünne); infln. Jcunnan 
(Jcunnen) ; — praet. honda, bair. einzeln Jcunda, auch Tconsta 
{künde, seltener Jconde, Jcunste), 

7. Praes. 1. 3. sg. darf ich bedarf, 2. sg. darft; pl. durfum 
{dürfen^ dürfen), conj. durfi (dürfe); — praet. dorfta [dorftCj 
conj. dörfte). 

8. Praes. 1. 3. sg. gita/r ich wage (tar), 2. sg. gitarst (tarst); 
pl. giturrum (turren, türren), conj. giturri (türre); inf. (turreny 
türren); — praet. gitorsta (forste, conj. forste), 

TV. 9. Praes. 1. 3. sg. scalj 2. sg. scalt, pl. sculum, conj. 
5CwK, inf. scolan; — praet. scolta, 

Anm. 2. Seit dem lO./ll. jh. nehmen die formen ohne c überhand: 
sg. praes. aolf 80% bes. fränk.-md. auch aal^ saltf pl. sulen (suln, süln), inf. 
sulen (8%dn)y praet. 8o2fa (soldCf solte). Die formen mit c halten sich spät- 
ahd. und mhd. fast nur im bair. scolf acuten (scholf schulen) etc. — Vor 
dem 10. jh. begegnen formen ohne k nur vereinzelt, bes. in T. 

Anm. 3. 10. got. man, ich habe im sinn (alts. far-man) fehlt ahd. 

V. 11. Praes. 1. 3. sg. mag ich vermag, kann (mac), 2. sg. 

mäht; pl. magum u. mugum (mugen, mügen); conj. msgi u. mt^ 

(müge); inf. magan u. mugan (mugen, mügen); — praet. mahta 

u. fränk. mohta {mähte, mohte, conj. mehte, möhte). 

Anm. 4. Im pl. praes. etc. halten sich die alten formen mit a bis 
ins mhd. im bair. dialekt (pl. magen, megen, conj. mege), 

12. gi-nah 'es genügt' nur in dieser form ahd. belegt. 

VI. 13. Praes. 1. 3. sg. muo/s ich mag, 2. sg. muost; pL 

muo0um (müe^en), conj. muo0i (müeze) ; — praet. muosa (nmose, 

conj. müese, bes. später muoste, müeste). 

Anm. 5. 14. got. 6g (ich fürchte) fehlt in den übrigen germ. sprachen. 

B. Reste der indogerm. verba auf -m 



§ 94 (378. 379). 


Das verbum 'sein'. 




Praes. Indic. 


ahd. 




mhd. 


alts. 


got. 


Sg. 1. 


bim, bin 




bin 


bium, -n 


im 


2. 


bist (bis) 




bist 


bist 


is 


3. 


ist 




ist (md. is) 


is, ist 


ist 


PI. 1. 


bimm(§s), 


-un 


bim, sin 


sind 


sijum 


2. 


birut (bimt) 


birt, Sit 


sind 


sijup 


3. 


sint 




sint 


sind, sindun 


sind 


Conjunct. 












Sg. 1. 


si 




si (sige, sie) 


si 


sijau 


2. 


sis, sist 




sist etc. 


sis 


s^'ais 


3. 


si 




si 


si 


s\jai 



§ 94. Das yerbnm sein. § 95. Das yerbnm tuon. 



61 



PI. 1. sim, sin 

2. Sit (sint) 

3. sin 



sin 
Sit 
sin 



sin 


sjjaiTna 


sin 


syalp 


sin 


s\jaina 



Alle übrigen fonnen werden von dem st. v. abl. V aM. alts. 

wesan, got. wtsan in regelmässiger weise gebildet; also aM. 

mhd. imper. 2. sg. wis, pl. weset (alts. wis, wesad), inf. wesan 

Wesen, part. praes. wesanti, weisende; praet. was, pl. warum, 

wären (alts. wärun\ part. praet. fehlt ahd. u. alts., mhd. gewesen 

(gewest). 

Anm. 1. Statt des inf. w'iisan tritt aM. seit dem 9. jh. häufig sin 
auf, für die 2. plur. imper. wieset vereinzelt auch stt Statt der 2. sg. 
imperat. wis kommt erst mhd. öfter bis vor, ahd. nur einmal in Eb. — 
Im alem. erscheint mhd. das part. praet. gesm. 

Anm. 2. Neben sint in Is. M auch sindun, sintun, 

§ 95 (380. 381). Das verbum tuon. 

a) Praesens. (Die erste reihe gibt die ältesten ahd. formen.) 



Indic. T. 0. mhd. 

Sg. 1. töm tuon duan tuon 

2. tös tuos(t),(tüis) dua(s)t, duis(t) tuost 

3. tot tuot duat, duit tuot 
PI. 1. tdm§s tuom^Sytnon du§n tuon 



2. tot tuot 

3. tönt tuont 

Oonjunctiv. 
Sg. 1.3. tö 
2. tös 
PI. 1. töm 

2. tot 

3. tön 

Imperativ. 

Sg. 2. tö 

PI. 1. töm§s tuomgs 
2. tot tuot 
Infinit, tön tuon 
Partie, tönti tuonti 

b) Praeteritum. 

ahd. 

Indic. Sg. 1. 3. teta 
2. t&ti 



duet tuot 

duent, (duant) tuont 



tuo(e) tue 
tüös 

tuot 
tiion 

tuo 



due 

duöst 

du§n 



dua 
duemgs 
duet, (duat) 
duan 



tuo 

tuost 

tuon 

tuot 

tuon 

tuo 

tuon 

tuot 

tuon 

tuonde 



alts. 

döm, duom, -n 
dös, duos 
dö(i)d, duod, -t 

död, duod, 
duot, duad 



I 



dua, due, döe 
duoas 00 

Iduon, duan, 
döen, duoian 






dö, duo 

död, duot, duat 
dön, duon, duan, döan 



mhd. 



tSte 
tsete 



PI. 1. tätum, -un täten (tseten, tgten) 



2. t&tut 

3. täton 



-et 
-en 



alts. 

deda 
dgdos, dädi 



} 



dSdun, dädun 



62 § 95. tuonf § 96. gdn und stän, § 97. Das yerbtun wollen. 



ahd. 

Gonj. Sg. 1. 3. t&ti 
2. taust 
etc, 
Part, praet. gitän 



mhd. 

tsete (tgte) 

tsetest 

etc, 

getan (mfränk, geddn) 



alts. 



dedi, dfidi 

PL dgdin 

gidön, -döen, -dnan. 



Anm. 1. Zu bemerken sind im ahd. praesensformen nach analogie 
der st y. wie 2. sg. ind. töis, ttu)i8] 3. sg. töitj tuoit; inf.- (gerund.) 
tuoanne u. a. 

Anm. 2. Der coig. praes. lautet bei N neben regelmässigem tue, 
tüesft; tuen, tüent, tüin auch tvoe, tiLoist etc. und in Nps. auch mit j: 
tuoie (tuoge)y tuoiest etc., welche form im alem. auch zur mhd. zeit häufig 
ist: mhd. tüeje, tüqjest etc. 

Anm. 3. Mhd. im mfränk. 2. 3. sg. praes. ind. deistj deit. 

§ 96 (382. 383). Die verba gän und stän. 

Nur praesensformen. Das praet. und part. praet. liefern 
die auch im praes. danebenstehenden stamme gangan (red. I, 
§ 85) und stantan (abl. VI, § 83 a. 4), von welchen auch stets 
die 2. sg. imper. und meist der ganze conj. praes. gange, staute 
genommen wird. Paradigma ahd. gän: 



U. 






Conj. Sg. 1.3. g§ 

2. ggs(t) 

PI. 1. g§n 

2. gßt 

3. g§n 

Part, gänti; g^nti 

Inf. gän; g§n 

„ D. gänne. 



In die. Sg. 1. gäm, gän; g§m, g§n 

2. gäs(t); g§s(t) 

3. gät; g§t 
PL 1. gäm§s, gän; ggm§s, g§n 

2. gät (gänt); gH 

3. gänt; g€nt 
Imper. PL 1. gäm§s; ggm§s, g^n 

2. gät; g^t 

Anm. 1. Bei 2. sg. ind. geist, steiat, 3. sg. meist geit, steit. Auch 
in mhd. zeit sind diese formen md. vorhanden. 

Anm. 2. Mhd. sind die formen von gdn und stdn im wesentlichen 
dieselben, nur kommt auch ein coig. mit d (gd, std etc.) und ein kurzer 
imper. gd, ge, std, sti, sowie ein part. pt. gegdn, gestdn vor. 

Anm. 3. Alts, herrschen auch im praes. gangan und standan. Nur 
ganz vereinzelt 3. sg. ged, inf. gän; etwas öfter inf. stdn, dazu 2. sg. stis, 
3. sg. stid, stdd, steid, pl. städ. 

§97 (384. 385). Das verbum 'wollen'. 



Praesens. ahd. 

Ind. Sg. 1. wiUu; will, wile 

2. will, wile; wilis 

3. will, wile; wilit 
PI. 1. wellem§s, wellen 

2. weUet 

3. wellent 
Conjunct. welle etc. 



mhd. 

wil 

wil, wilt 
wil 

wellen, wein 
wellet, weit 
weUent,welnt 
weUe etc. 



alta. got. 

williu, welliu, Willi wiyau 

wiU, (wiüs, wüt) wüeis 

wili, (wilit, wil) will 

1 „. , wileima 

I welliad, wileil> 

j wiUiad, -ead ^^^^^^ 

wellie, willie fehlt 



§ 97. Das verbum wollen. 63 



ahd. 


mild. 


alts. 


got. 


Inf. wellen 


wellende 


wellean, willian 


wiyan 


Partie, wellenti 


wellen 


welleandi etc. 


wiljands 


Praeter, wolta (welta) 


wolde, wolte 


welda, wolda 


wllda 



Anm. 1. Im fränkischen (0, T) tritt statt des e im praes. o ein, also 
inf. ioollenf coi]j. wolle, ind. pl. woUemiSy wollen etc. Auch zur mhd. zeit 
herrschen die o-formen auf md. gebiete. 

Anm. 2. Die 2. 3. sg. ind. wilüf wilit ist fränkisch; mhd. gilt bes. 
mfränk. wiüen als regelmässig flectiertes praes. eines schw. v. I, z. b. 3. sg. 
willetf 2. pl. wület, coig. wüle eta 



64 



Abkürzungen. Nachwort. 



Abkürzungen. 



alem. = alemannisch. 

altn&änk. = altniederfränkisch. 

alts. = altsächsisch. 

B. = Benedictinerregel (Ib. 3). 

bair. = bairisch. 

Exh. = Exhortatio (Ib. 6). 

Freis. pn. = Freisinger patemoster 
ab. 8). 

Gen. = alts. Genesis. 

H = Hymnen (Ib. 7). 

Hei. = HeUand (Ib. 44); Hei. M C 
P V: die hss. des Hei. in München, 
London, Prag und im Yatican. 

Hüd. = Hüdebrandslied Qh. 28). 

Ib. = Zweites glossar des Junius 
(s. Steinmeyer -Sievers, ahd. Glos- 
sen I, 271 ff.). 

Is. = Isidor (Ib. 4). 

K = Keronisches glossar (Ib. 1, 1). 

Ib. = Braune, ahd. lesebuch*. 

Ludw. == Ludwigslied (Ib. 36). 

M = Monseer fragmente (Ib. 5). 



md., mitteld. = mitteldeutsch. 

m£r., mfränk. = mittelfränkisch. 

Musp. = Muspilli (Ib. 30). 

N = Notker ^b. 23). 

Nps. = Notkers psalmen (Ib. 23). 

= Otfrid (Ib. 32). 

obd., oberd. = oberdeutsch. 

ostfr. = ostfränkisch. 

Pa = Pariser glossar (Ib. 1, 1). 

R = Hrabanisches glossar (Ib. 1, 1). 

Ea = Erstes Beichenauer glossar 

ab. 1, 1). 
Rb = Zweites Beichenauer glossar 

ab. 1, 4). 
rheinfr. = rheinfränkisch. 
Y = Yaticanische hs. des Hei. und 

der alts. Qen. 
T = Tatian (Ih. 16). 
Yoc. = Yocabularius St. Galli Qh» 

1,2). 
Wess. = Wessobrunner gebet ab. 29), 
Will. = Williram ab. 24). 



Nachwort. 



Dieses buch ist in erster linie bestimmt, als grundlage für Vorlesungen 
über historische altdeutsche grammatik zu dienen. Deshalb sind gotische 
und altsächsische paradigmen beigefügt, und auch die entwicklung des ahd. 
zum mhd. ist durch mhd. paradigmen und sonstige hinweise berücksichtigt 
worden. Zugleich soll dem anfänger für die lektüre von ahd. texten der 
notwendigste grammatische stofi dargeboten werden: auf die ausführlichere 
darstellung in meiner ahd. grammatik ist durch die eingeklammerten 
§§ -zahlen stetig hingewiesen. Das altsächsische ist neben den paradigmen 
auch im texte so weit berücksichtigt, dass für das erste einlesen in den 
Heliand damit ein grammatisches hil&mittel geboten wird. 



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