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Full text of "Allgemeine Chemie der Kolloide"

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HilDBDCH 



DER 



ilGEWilDTEI PhTSIULISGHEI ChEIIE 



IN EINZELDARSTELLUNGEN 



UNTER MITWIRKUNG VON 

Prof. Dp. B. ABEOQ-Breslau, Prof. Dr. B. BAUK-Braunschweig, Dp. W. BÖTTGEB- 
Leipzig, ppof. Dp. Q. BBUNI-Padua, Dr. H. BBUNSWIG-Neu-Babelsberg, Prof. Dr. 
£. COHEK-Utrecht, Prof. Dr. C. DOELTEB-Wien, Prof. Dr. F. DOIiEZ AIiEK-Char- 
LOTTENBURO^ Dr. ALEX. FINDLAY- Birmingham, Prof. Dr. F. FOEB8TEB- Dresden, 
Prof. Dr. H. QOIiDSCHMIDT- Kristiania, Prof. Dr. F. HABEB- Karlsruhe, Dr. M. 
HEB8CHKOWIT8CH-JENA, Prof. Dr. L. HOLBOBK-Charlottenburg, BegierungBrat 
A. V. IHEBINQ- Berlin, Dr. K. KNÜPFFEB- Schlüsselburg, Dr. TH. KOEBNEB in 
Sumatra und Dr. A. MÜLIjEB-Fürstenwalde, Prof. Dr. J. P. KIJENEN- Leiden, 
Dr. W. LENZ-Berlin, Prof. Dr. C. und Dr. FB. IjINDE-München, Prof. Dr.B.LOBENZ- 
ZüRiCH, Prof. Dr. W. MEYEBHOFFEB t- Berlin, Prof. Dr. V. BOTHMUND-Prag, 

Prof. Dr. K. SCHAUM- Marburg 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

DR. GEORG BREDIG 

A. O. PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT HEIDELBERG 



BAND VIII: 

ALLGEMEINE CHEMIE DER KOLLOIDE 

VON 

Dr. ARTHUR MÜLLER 



LEIPZIG 
VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 

1907 



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iLLGENEIME CHEMIE DER ROLLOIDE 



VON 



DR. ARTHUR MÜLLER 



MIT 22 ABBILDUNGEN IM TEXT 



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LEIPZIG 
VERLAG VON JOHANN AMBROSIUS BARTH 

1907 



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Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 



HERRN 

PROFESSOR J. M. VAN BEMMELEN 



DEM ALTMEISTER DER KOLLOIDFORSCHUNG 



HOCHACHTUNGSVOLL GEWIDMET 



VOM VERFASSER 



Vorwort. vil 



Vorwort. 



Der Titel der vorliegenden Arbeit verspricht vielleicht mehr, als ihr 
Inhalt zu bieten vermag; denn es erscheint heute eigentlich kaum an- 
gemessen, von einer „allgemeinen Chemie der Kolloide" zu sprechen, da die 
Sonderzweige physikalischer und chemischer Forschung, welche sich mit 
dem Studium der Kolloidgebilde beschäftigen, kaum in einer Richtung zu 
einem Abschluß geführt haben, und da eben gegenwärtig die theoretischen 
Vorstellungen über die Natur der Kolloide verschiedenartiger sind als 
jemals vorher. 

Die Tatsache jedoch, daß die Literatur über dieses Gebiet besonders 
in den letzten Jahren ungemein stark angewachsen ist, und daß die Kolloid- 
forschung neuerdings ein ungemein vielseitiges theoretisches und auch 
praktisches Interesse gewinnt,^ veranlaßte mich zu dem Versuche, unsere 
wichtigsten Kenntnisse über den Kolloidzustand, seine besonderen Eigen- 
schaften und seine Theorie übersichtlich zusammenzufassen. 

Unmittelbaren Anlaß gab hierzu zunächst eine Anregung des Herrn 
Dr. Theodor Körner, damals in Freiberg (Sachsen), der die Bearbeitung 
des Bandes: „Die Kolloide und ihre Bedeutung*^ für dieses Handbuch 
übernommen hatte und mir den Vorschlag machte, hierfiir den theo- 
retischen Teil dieses Gebietes zu behandeln, während er selbst die Aus- 
arbeitung des praktischen Teiles übernehmen wollte. 

Da jedoch der Genannte zurzeit, als meine Arbeit beinahe vollendet 
vorlag, durch eine unerwartet rasche Änderung seiner Berufsstellung, die 
ihn nach Hinterindien führte, wohl vorläufig an der Bearbeitung des prak- 
tischen Teiles verhindert wurde, habe ich, besonders auch mit Rücksicht 
darauf, daß sich die praktische Bedeutung der Wissenschaft von den Kolloiden 
gegenwärtig noch gar nicht übersehen läßt, den theoretischen Teil ab- 
geschlossen und lege ihn hiermit den Fachgenossen vor. 

Für die Darstellung eines Gebietes, dessen Erforschung nach den 
meisten Richtungen hin noch im vollen Flusse ist und über dessen Beurteilung, 
wie bereits bemerkt, vielfach die divergierendsten Ansichten bestehen, konnte, 
um ein annähernd umfassendes Bild unseres Wissens zu geben, im allgemeinen 
nur der Vorgang einer völlig objektiven Zusammenfassung der einzelnen 
Forschungsergebnisse in Frage kommen. Insbesondere mußten z. B. die ver- 
schiedenen, gegenwärtig vertretenen Theorien des Kolloidzustandes, da hierüber 
eine endgültige Entscheidung tatsächlich noch aussteht, nebeneinander rn 
einer Form gebracht werden, die eine allgemeine Prüfung jeder dieser Vor- 
stellungen ermöglicht 

^ Neuerdings unternimmt es die seit Juli 1906 erscheinende „Zeitschrift ßir Chemie und 
Industrie der Kolloide" (zuerst von R. DiTMAU, jetzt von Wolfgang Ostwald heraus- 
gegeben)) das Material Über dieses Gebiet zu sammeln. 



VIII Vorwort. 

Immerhin konnte jedoch darauf verzichtet werden, solche Arbeiten zu 
berücksichtigen, die fiir das zu bietende Gesamtbild unerheblich schienen. 
In dieser Auswahl und in mancher kritischen Bemerkung kam wohl auch 
die subjektive Beurteilung des Gebietes zur Geltung. 

Daher mag es wohl möglich sein, daß von mancher Seite eine oder 
die andere Arbeit, die erheblicheres Interesse zu bieten scheint, vermißt wird. 
Denn ich habe keineswegs beabsichtigt alles einzubegreifen, was über 
Kolloide veröffentlicht wurde, sondern nur zu zeigen, in welchen Richtungen 
sich die Arbeit überhaupt bewegt hat und welches Gesamtbild diese Summe 
von Forschertätigkeit uns heute über das Gebiet der Kolloide in theoretischer 
Hinsicht etwa zu bieten vermag. So soll denn auch, was ich ausdrücklich 
hervorheben möchte, der erste, die Herstellung kolloidaler Lösungen be- 
treffende Hauptabschnitt meiner Arbeit nicht etwa alle Methoden umfassen, 
welche jemals zu diesem Zwecke in Vorschlag gebracht wurden, sondern 
lediglich die wichtigsten und kennzeichnendsten Verfahren enthalten, welche 
gewisse Schlüsse auf die später erörterten Eigenschaften dieser Gebilde zu 
ziehen gestatten. Dies kommt schon in der knappen, mehr übersichtlichen 
Form des bezeichneten Abschnittes zum Ausdruck. 

Meine Arbeit war gegen Mitte des Jahres 1906 im Manuskript ab- 
geschlossen; soweit es möglich war, habe ich jedoch während des Druckes 
die seit diesem Zeitpunkt bis etwa JuH dieses Jahres erschienenen ein- 
schlägigen Arbeiten, sofern deren Inhalt wesentliche Ergebnisse gefordert 
hat, berücksichtigt. Insbesondere wurde die Darstellung, da aus den oben 
bezeichneten Gründen die ausfuhrliche Bearbeitung eines besonderen prak- 
tischen Teiles vorderhand unterblieben ist, durch einige Hinweise auf die 
Bedeutung der Kolloidforschung für gewisse praktische Fragen (Färbetheorie, 
Abwässerreinigung usw.) ergänzt. 

Die gebrauchten Abkürzungen entsprechen den allgemein üblichen und 
sind hinsichtlich weniger bekannten Zeitschriften und anderen Quellenmaterials 
so ausführlich, daß von einer näheren Erklärung wohl abgesehen werden kann. 

Schließlich habe ich zu bemerken, daß Herr Dr. Theodor Körner 
das Kapitel „Die Quellungserscheinungen'^ (P- 98 — m), welches in sein 
engeres Arbeitsgebiet fällt, zu meiner Arbeit beigetragen hat. 

Nicht zuletzt gedenke ich mit aufrichtigem Danke der Förderung, 
welche Herr Prof. Dr. G. Bredig meiner Arbeit durch mannigfache An- 
regung sowie durch Überlassung von Originalliteratur angedeihen ließ. Diese 
Förderung, sowie auch die Unterstützung seitens engerer Fachgenossen durch 
Zuwendung von einschlägigen Sonderabdrücken war mir umso wertvoller, 
als mir an dem Orte meiner gegenwärtigen Tätigkeit keine öffentliche Biblio- 
thek zur Verfügung steht. 

Mit dem Wunsche, meine Arbeit möge dazu beitragen, das Studium 
des überaus wichtigen und interessanten Sondergebietes der Kolloide zu 
erleichtern und zu fördern, übergebe ich sie der Öffentlichkeit, nicht ohne 
an die engeren Fachgenossen die Bitte zu richten, mich durch Mitteilung 
wünschenswert scheinender Ergänzungen zu unterstützen, 

Fürstenwalde an der Spree, im September 1907. 

Arthur Müller. 



Inhaltsfibenicht jx 



Inhaltsübersicht 



Seite 

Einleitung i 

Darstellungsmethoden anorganischer Kolloide 2 

1. Durch chemische Reaktionen in Lösungen 2 

a) Chemische Reaktionen, welche elektrolytfreies Kolloid ergeben .... 2 

b) Durch Auswaschen der Elektrolyte aus dem Niederschlage 3 

c) Durch Dialyse 3 

2. Durch Hydrolyse 4 

a) Dissoziation der Salze organischer Säuren 4 

b) Hydrolytische Dissoziation von Nitraten 4 

c) Hydrolytische Dissoziation von Chloriden 5 

3. Reduktionsprozesse zur Herstellung von Edelinetallsolen .... 6 

4. Durch Verwendung von Schutzkolloiden 7 

5. Durch Peptisation der Gele 8 

Komplexe Lösungen der Hydroxyde 8 

6. Durch chemische Umsetzung eines anderen Sols 9 

7. Durch mechanische Auflockerung des festen Stoffes mittels par- 

tieller Lösung 10 

8. Durch elektrische Zerstäubung 10 

Organische Kolloide n 

Eigenschaften der kolloidalen Lösungen 12 

1. Diffusion I2 

2. Osmotischer Druck 13 

3. Optische Erscheinungen 15 

a) Makroskopische Eigenschaften 15 

b) Mikroskopische Untersuchungen 15 

c) Der TYNDALLsche Versuch 16 

d) Die Ultramikroskopie 18 

e) Die Teilchengröße 23 

4. Verhalten bei der Filtration 26 

5. Die Molekularbewegung . ; 28 

6. Die elektrische Kataphorese 36 

a) Allgemeines 36 

b) Elektrische Fortfahriing mechanischer Suspensionen 41 

c) Elektrische Kataphorese kolloidaler Lösungen 42 

7. Elektrische Leitfähigkeit kolloidaler Lösungen 45 

8. Zustandsänderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation . . 46 

A. Irreversible Koagulation anorganischer Hydrosole 47 

a) Die Elektrolytschwelle 47 

b) Die Fällungsregel 48 

c) Adsorption des fällenden Elektrolyten. Einfluß der Hydrolyse . . 51 

d) Farbenveränderungen von Metallhydrosolen 52 

e) Die Schutzwirkung von Kolloiden 54 

f) Die Ausflockung mechanischer Suspensionen. Analogien mit den 

KoUoiden 58 



X Inhaltsfibenicht« 

Seite 

B. Reversible Zustandstoderungen ' . . 62 

a) Verhalten kolloidaler Lösungen beim Eintrocknen 62 

b) Reversible Zustandsänderungen, welche durch Temperaturändemngen 

bewirkt werden 63 

c) Das Aussalzen der EiweiOköqser 68 

d) Fällung von Gerbstoffen 70 

C. Irreversible Koagulation organischer Kolloide 71 

a) Die Hitzekoagulation der EiweiOkOrper 71 

b) Koagulation der Eiweißkörper durch Salze 72 

c) Eiweißf^Ilung durch organische Verbindungen 75 

d) Andere Fällungsvorgänge 75 

D. Die gegenseitige Fällung kolloidal gelöster Stoffe 76 

9. Wirkungen verschiedener Strahlen auf kolloidale Lösungen ... 82 

10. Fermentähnliche Wirkung von Metallhydrosolen 82 

Die kolloidalen Gele 85 

1. Niederschläge und Niederschlagsmembranen 83 

2. Mikrostruktur der Gele 88 

a) Myelinformen 88 

b) Die Zellenstruktur der Gele 89 

3. Gallerten und Membranen 94 

a) Gallerten 94 

b) Niederschläge in Gallerten 95 

c) Membranen 98 

4. Die Quellungserscheinungen 98 

Thermodynamik der Quellung iio 

5. Die Adsorption iix 

a) Adsorption gelöster Stoffe an Oberflächen in 

b) Die Adsorption des Wassers in Hydrogelen 120 

Entwässerung des Hydrogels der Kieselsäure 121 

Entwässerung des Eisenoxydhydrogels 128 

c) Die Adsorption von Stoffen aus Lösungen durch Hydrogele 1 29 

d) Die Adsorptionsverbindungen 134 

Anorganische Adsorptionsverbindungen 135 

Goldpurpur 136 

Theorie des Färbevorganges 137 

Theorie der Abwässerreinigung 141 

Toxine und Antitoxine 142 

Die Theorie der Kolloide 144 

1. Die Lösungstheorie 145 

2. Die Suspensionstheorie 146 

a) Theorien von Hardy und Brsdio 148 

b) Theorie von Freundlich 151 

c) Theorie von Billitzer 152 

d) Theorie von Quincke 156 

3. Die Adsorptionstheorie .... 158 

a) Theorie von van Bemmelen 158 

b) Theorie von Freundlich 160 

4. Die Verteilungstheorie 162 

5. Die Theorie der chemischen Komplexe 164 

a) Theorie von Wyrouboff und seinen Mitarbeitern 164 

b) Theorie von Duclaux 168 

c) Ahnliche Arbeiten über kolloidale Edelmetalle 172 

d) Theorie von Jordis 174 

6. Andere Theorien 178 

Systematik der Kolloide 184 

1. Klassifikation der Kolloide 184 

2. Obergänge zwischen Kolloiden und Kristalloiden 187 

Namenregister 190 

Sachregister 19S 



Unter kolloidalen Lösungen versteht man im allgemeinen flüssige Gebilde, 
welche makroskopisch homogen erscheinen, durch bestimmte physikalische Vor- 
gänge oder Eigenschaften jedoch Anzeichen einer Inhomogenität erkennen lassen. 
Es zählen hierher die Lösungen hochmolekularer Verbindungen (vor allem jene 
der Eiweißkörper); ferner anorganische Stoffe, welche durch bestimmte Vorgänge 
in einem flüssigen Medium, in dem sie sonst unlöslich sind, so fein verteilt zur 
Ausscheidung gelangen, daß das entstehende Gebilde ein homogenes Aussehen 
erlangt (z. B. die sogen, kolloidalen Metallösungen). 

Unter Kolloiden im weiteren Sinne versteht man femer gewisse feste oder 
halbfeste Mischungen von Flüssigkeiten mit festen Stoffen, also jene Gebilde, welche 
durch Ausfällung des scheinbar gelösten Stoffes aus kolloidalen Lösungen ent- 
stehen (z. B. das aus Albuminlösung durch Zusatz einer Säure ausfallende Coa- 
gulum); femer gewisse organbildende, meist quellbare Gebilde (Zellulose, Glutin, 
Elastin usw.); endlich starre Medien, die eine feste Substanz in feiner Verteilung 
enthalten (z. B. das Goldrubinglas). 

Es war Th. Graham,^ der bei seinen Untersuchungen über die Diffusion 
von Lösungen zuerst auf charakteristische Unterschiede zwischen bestimmten Gruppen 
von Lösungen hinwies. Er fand nämlich, daß Lösungen von Leim, Eiweiß und 
dergl. nicht fähig sind, durch eine tierische Membran in »reines Wasser zu dif- 
fundieren und beobachtete weiterhin, daß eine Lösung von Kieselsäure, welche 
er dargestellt hatte, dasselbe Verhalten zeigte. Lösungen von Salzen diffundieren 
hingegen bekanntlich sehr rasch durch eine tierische Membran und Graham 
erschien diese Verschiedenheit bei der Diffusion so auffällig, daß er hiemach 
zwei Klassen von Stoffen unterschied: Die leicht diffundierenden, cien kristalli- 
sierenden Salzen analogen bezeichnete er als Kristalloide, die nicht diffun- 
dierenden nach der in diese Gmppe zählenden Lösung des Leims als Kolloide. 

Seine Beobachtungen gingen aber noch weiter; er fand, daß eine Lösung 
von Kieselsäure bei Zusatz von Säure eine ähnliche Ausflockung zeigte, wie eine 
Eiweißlösung. Zur Charakterisierung dieser verschiedenen. Zustände des Kolloids 
bezeichnete er die Lösung als Sol, den durch Fällung entstandenen Körper als 
Gel. Im weiteren Verlauf seiner Forschungen^ fand er dann, daß nicht nur 
Wasser befähigt sei, derartige Lösungen zu bilden, sondern daß auch Alkohol, 
Benzol, sogar Schwefelsäure die Rolle des flüssigen Mediums übernehmen können. 
Um diesem Umstände Ausdmck zu geben, bezeichnete er die Gebilde je nach 
der enthaltenen Flüssigkeit als Hydrosole, Alkogele usw. 

Seitdem Graham seine für dieses Gebiet grundlegenden Untersuchungen 
veröffentlicht hat, haben sich zahlreiche Forscher damit beschäftigt, kolloidale 
Lösungen, speziell solche anorganischer Verbindungen herzustellen und lange ehe 
man begann, über das Wesen dieser Gebilde Aufschluß zu erlangen, war man in 
der Lage, eine Reihe unlöslicher Stoffe in „pseudogelöstem" Zustande zu erhalten. 

Da die Methoden der Herstellung vielfach interessante Anhaltspunkte zur Beur- 
teilung der kolloidalen Lösungen bieten, sollen zunächst die wichtigsten bisher bekannten 
anorganischen Kolloide, nach der Art der Bereitung angeordnet, genannt werden. 

^ ADD. 12L 1—77. 1862. -— 2 Ann. de Chim. et de Phys. (4) 3. 127. 1864. 

MÜLLER, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. I 



Darstellungsmethoden anorganischer Kolloide. 



Darstellungsmethoden anorganischer Kolloide, ' 



1. Durch chemische Reaktionen in 

Die einfachsten Vorgänge zur Abscheidung kolloidaler Substanzen beruhen 
auf chemischen Wechselzersetzungen, die sich nach folgenden von E. Jordis* 
angedeuteten schematischen Gleichungen: 

MeX + NaOH = MeOH + NaX für Metallhydroxyde, 
MeX + H,S = MeS + H,X für Metallsulfide, 
NaR + HX = HR + NaX für Säuren, 

vollziehen. Es entsteht also im allgemeinen ein Gemenge von Kolloid (MeOH, 
MeS, HR) und Kristalloid (NaX, HgX), so daß eine Entfemimg des letzteren zum 
Zwecke der Reindarstellung des Kolloids erforderlich wird. Dieselbe läßt sich 
durch verschiedene Mittel erzielen. 

Es sei hier übrigens auf die neueren, insbesondere von E. Jordis ver- 
tretenen Anschauungen hingewiesen, denen zufolge kolloidale Sole sich über- 
haupt nicht völlig frei von fremden Bestandteilen herstellen lassen, sondern gerade 
geringen Mengen von Elektrolyten und anderen Fremdstoffen ihre Existenz und 
Stabilität verdanken. Bei weitgehender Entfernung der enthaltenen Fremdstoffe 
werden tatsächlich anorganische Sole vielfach instabiler und flocken hierdurch 
unter Umstanden sogar aus. Diesen Ansichten gemäß sollen die Herstellungs- 
methoden für anorganische Sole gar nicht darauf hinzielen, tatsächlich „reine 
Sole" zu gewinnen, vielmehr lediglich darauf möglichst „gereinigte, stabile 
Sole" zu erzielen, denen die Hauptmenge der Fremdstoffe, nicht aber die ge- 
ringe für ihre Existenz nötige letzte Menge derselben entzogen wurde. 

a) Chemiflolie Keaktionen, welche elektrolyt&eies Kolloid ergeben. 

Der einfachste Fall ist es, durch entsprechende Wahl des chemischen Vor- 
ganges den in kolloidaler Form entstehenden Stoff ohne weiteres als reines 
Hydrosol zu erhalten. Dieses Verfahren, das naturgemäß nur in verhältnismäßig 
wenigen Fällen zum Ziele führt, wurde bei der Gewinnung folgende Hydrosole 
verwendet: 

Kieselsäure (durch Verseifimg von Kieselsäuremethylester, E. Grimaux; ' 

durch Zersetzung von SiSg mit Wasser, Fremy*)^ 
Ferrihydroxyd (durch Verseifung von Ferriäthylat, E. Grimaux ^). 
Schwefelarsen und Schwefelantimon (durch Fällung elektrolytfreier Lösungen 

von AsgOg, resp. SbgOj mit H^S, H. Schulze®). 



^ Vergl. hierüber A. Lottermoser, Über anorganische Kolloide. Stuttgart. 1901. — 
2 Sitzungsber. d. phys.-med, Soc. Erlangen. 36. 49. 1904. — ^ C, rend. 98. 1434 — 1437. 
1884. — * Ann. Chim. phys. (3) 38. 314. — ^ C. rend. 98. 105—107. 1884. — ® J- pr. 
Chem. (2) 25. 431 — 452. 1882; 27. 320—322. 1883. 



I. Durch chemische Reaktionen in Lösungen. ^ 

Zinksulfid, Indiumsulfid (durch Einleiten von H^S in Wasser, in dem die 
gewaschenen Hydroxyde suspendiert sind, C. Winssinger ^). 

Selen (aus SOg + SeO^, H. Schulze *). 

Tellurdisulfid, Tellurtrisulfid, Selendisulfid, A. Gütbier *). 

Bar3aimsulfat, Baryumphospat und andere gelatinöse Erdalkaliverbindungen 
(aus methylalkoholischer Baryumoxydlösung mit den entsprechenden 
Säuren, C. Neuberg und E. Neimann*). 

b] Darob Auswaschen der Elektrolyte ans dem Hiederscblage. 

In vielen Fällen genügt ein längeres Auswaschen des kolloidalen Nieder- 
schlages auf dem Filter, um die Kristalloide zu entfernen. Es ist eine wohl- 
bekannte Tatsache, daß gewisse Niederschläge, nachdem sie rein gewaschen sind, 
durch die Poren des Filters gehen, indem sie kolloidal werden. Die Vorschrift 
des Analytikers, diese Niederschläge mit elektrolythaltigem Wasser zu waschen, 
bezwecken es, diese Entstehung von Hydrosol zu verhindern. Es sei hier be- 
merkt, daß manche analytische Lehrbücher diese Erscheinung irrtümlich einer 
Wiederauflösung durch Oxydation zuschreiben. 

Zur Reingewinnung von Hydrosolen wurde dieses Verfahren in folgenden 
Fällen benützt: 

Kieselsäure (H. Kühn^), 

Ferrosulfid (L. T. Wright«), 

Kupfersulfid (W. Spring und G. de Boeck'), 

Quecksilbersulfid, Zinksulfid (C. Winssinger®), 

Wolfram (H. Schulze®), 

Silber (E. A. Schneider ^% 

Molybdänhydroxyd (W. Muthmann ^^), 

Manganhydroxyd (W. Spring und G. de Boeck**), 

o) Durch Dialyse. 

Wie oben gezeigt wurde, diflundieren Salze durch eine Membran, Kolloide 
jedoch nicht oder nur sehr viel langsamer. Bei der Osmose eines Gemenges von 
Kolloid und Kristalloid mittels einer tierischen Membran gegen reines Wasser 
diffundiert das Kristalloid; falls das Wasser genügend oft ausgewechselt wird, ist 
bei längerer Dauer des Vorganges die Trennung so vollständig, daß das reine 
Kolloid im Dialysator zurückbleibt. 

Nach dieser Methode wurden folgende Hydrosole in reinem Zustande 
gewonnen: 

Kieselsäure, Ferrihydroxyd, Chromhydroxyd, Titanhydroxyd, Zinnsäure, 
Wolframsäure, Molybdänsäure, Ferrocyankupfer, Berlinerblau (T. Graham ^*). 

Wolframsulfid, Molybdänsulfid, Platinsulfid, Goldsulfid, Palladiumsulfid, Silber- 
sulfid, Thalliumsulfid, Bleisulfid, Eisensulfid, Nickelsulfid, Kobaltsulfid, Wismut- 
sulfid (C. Winssinger ^*). 

Auroaurisulfid, Aurosulfid (E. A. Schneider ^% 



^ Bull. Soc. chim. Paris. 49. 452—457. 1888. — * J- pr. Chem. (2) 32. 390—407. 
1885. — 3 Z. anorg. Ch. 32. 106 — 107, 292 — 294. 1902. — ♦ Biochem. Zeitschr. 1. 166 — 176. 
1906. — ß J. pr. Chem. (i) 59. i — 6. 1853. — • Journ. Chem. Soc. 43. 156. 1883. — 
7 Bull. Soc. chim. Paris. (2) 48. 165 — 170. 1887. — B Bull. Soc. chim. Paris. (2) 49. 452—457. 
1888. — 9 j. pr. Chem. (2) 32. 390—407. 1885. — 10 Ber. 26. 1281— 1284. 1892. — 
W Ber. 20. 983—990. 1887. — 12 Bull. Soc. chim. Paris. (2) 48. 170—172. 1887. — 13 Ann. 
12L 1—77. 1862; Ann. de Chim. et de Phys. (4) 3. 127. 1864. — 1* 1. c. — « Ber. 24. 
2241 — 2247. 1891. 



I* 



A Darstellungsmethoden anorganischer Kolloide. 

2. Durch Hydrolyse. 

Spaltung eines Salzes in wässeriger Lösung unter Mitwirkung der Ionen 
des Wassers tritt bekanntlich in wässerigen Lösungen von Salzen schwacher 
Basen mit starken Säuren, ferner umgekehrt bei solchen von schwachen Säuren 
mit starken Basen, oder endlich bei Salzen von schwachen Säuren mit schwachen 
Basen auf. Ein bekanntes Beispiel für den zuerst genannten Fall ist das Ferri- 
chlorid, dessen verdünnte Lösungen stark sauer reagieren. Es vollzieht sich 
nämlich unter dem Einflüsse der elektrolytisch dissoziierten Wasseranteile eine 
Spaltung nach folgendem Schema: 

[Fe- + 3 er] -f 3[H' + OH'] -^=>: Fe(0H)3 + SH' + SCI' . 

Infolge des Überschusses an H-Ion reagiert die Lösung sauer. Das ent- 
stehende Hydroxyd fällt hierbei zunächst nicht unlöslich aus, sondern bleibt 
durch Vermittlung der vorhandenen H-Ionen kolloidal in Lösung. Auf diesem 
Umstände beruht die Verwendung der hydrolytischen Spaltung von Salzlösungen 
zur Herstellung kolloidaler Lösungen von Metalloxydhydraten. 

Zu bemerken ist, daß die Spaltung mit steigender Temperatur und Ver- 
dünnung zunimmt. 

a) Dissoziation der Salze organischer Säuren. 

Besonders starke hydrolytische Spaltung zeigen vielfach die Acetate. Die 
entstehende freie Essigsäure kann, da sie leicht flüchtig ist, durch Wegkochen 
oder auch durch Dialyse entfernt werden. 

Auf diesem Wege wurden folgende Hydrosole hergestellt: 

Eisenoxydhydrat. — Durch Kochen von Ferriacetatlösung (L. Päan de 
St. Gilles ^); durchDialyse von Ferriacetatlösung (Graham,^ B. Reinitzer ^); 

Aluminiumoxydhydrat. — Durch Kochen von Aluminiumacetatlösung 
(W. Crum*); 

Chromoxydhydrat. — Durch Dialyse von ChromacetatlÖsung(B. Reinitzer^); 

Zirkoniumh\'droxyd. — Durch Dialyse von Zirkoniumacetatlösung (A. Rosen- 
heim und J. Hertzmann®). 

Hierher zählt wohl auch die Herstellung von kolloidalem Kupferhydroxyd 
durch Hydrolyse von Kupfersuccinimid (H. Ley^). 

b) Hydrolytische Dissoziation von Hitraten. 

Sgheurer-Kestner® erhielt durch Erhitzen von Eisennitratlösung im ge- 
schlossenen Rohr bei 100^ ein „lösliches Eisenhydroxyd", also wohl die durch 
Hydrolyse des Salzes abgespaltene kolloidale Modifikation. 

Durch längere Dialyse der Lösungen von Nitraten gegen reines Wasser 
gelang es W. Biltz,® die gesamte Säure bis auf geringe Anteile hydrolytisch 
abzuspalten, so daß die reinen Hydrosole zurückblieben. Auf diesem Wege 
wurden folgende kolloidalen Lösungen erhalten: 

Wismuthydroxyd, Chromhydroxyd, Zinnsäure, Zirkoniumhydroxyd, Thorium- 
hydroxyd, Cerihydroxyd, Ferrihydroxyd. 

Endlich stellte A. Müller^® fest, daß durch wiederholtes Eindampfen der 
hydrolytisch stark gespaltenen Lösung von Zirkoniumnitrat ein stabiles Sol des 
Zirkoniumhydroxyds zurückbleibt. 

1 J. prakt. Ch. (i) 66. 137. 1855. - 2 Ann. 12L 1—77. 1862. — 3 m. f. Chem. 
3. 249—265. 1882. — * Ann. 89. 156-181. 1854. — B Mon. f. Chem. 3. 249—265. 
1882. — 6 Ber. 40. 810 — 814. 1907. — 7 ßer. 38. 2199 — 2205. 1905. — 8 Ann. chim. 
(3) 57. 231. 1859. — 9 Ber. 36. 4431—4438. 1902. — 10 Z. anorg. Ch. 52. 316—324. 
1907. 



2. Durch Hydrolyse. t 



o) HydrolytiBohe Düsoziation von Chloriden. 

Wie bereits oben erwähnt wurde, vollzieht sich in Ferrichloridlösungen starke 
hydrolytische Spaltung, wobei das Hydroxyd entsteht, welches ohne weiteres 
kolloidal gelöst bleibt. Dieser Vorgang ist schon seit langer Zeit bekannt; be- 
reits Debkay^ erhielt durch Erhitzen von Eisenchloridlösung eine opalisierende, 
durch NaCl fällbare Lösung. F. W. Krecke* studierte eingehend die Dissoziation 
von säurefreier Ferrichloridlösung und fand, daß schon bei gewöhnlicher Tempe- 
ratur, rascher bei Erwärmung auf 100® hierbei kolloidales Eisenoxydhydrat ent- 
steht. Der Vorgang verläuft bei um so niedrigerer Temperatur, je verdünnter 
die Lösung ist. Bei Lösungen, die mehr als 4 ^Jq FeClg enthalten, vereinigen 
sich die Dissoziationsprodukte in der Kälte wieder, Lösungen mit weniger als 
1 ^Iq bleiben dauernd dissoziiert. 

In neuerer Zeit haben Antony und Giglio^ gefunden, daß bei einer Ver- 
dünnung von 1:125000 eine Lösung von Eisenchlorid innerhalb 24 Stunden 
vollständig zu kolloidalem Eisenhydroxyd und Salzsäure hydrolysiert ist. 
H. M. GooDWiN* faßt den Vorgang der Hydrolyse von Eisenchloridlösungen 
als einen zeitlich und nur allmählich verlaufenden Prozeß auf, in dessen Verlauf 
gleichzeitig elektrolytische Dissoziationserscheinungen auftreten. 

Zur Herstellung von kolloidalen Lösungen wird die hydrolytische Spaltung 
verdünnter Ferrichloridlösung meist mit der Auflösung von gefälltem Ferrihydr- 
oxyd durch zugefügte Chloridlösung (also wohl durch deren hydrolytisch ab- 
gespaltene H-Ionen) kombiniert. Die Tatsache, daß eine Eisenchloridlösung 
große Mengen von Eisenhydroxyd auflöst, ohne ihre saure Reaktion ganz zu 
verlieren, ist längst bekannt. Die derartig entstehenden, vielfach als „lösliche 
basische Eisenchloride" bezeichneten Produkte,^ sind nichts anderes als größten- 
teils kolloidale Lösungen von Ferrihydroxyd. Denn eine derartige Lösung be- 
findet sich in demselben Zustande wie eine in weit vorgeschrittener hydrolytischer 
Dissoziation befindliche Lösung von Eisenchlorid, der etwa durch Dialyse die 
Hauptmenge der Salzsäure entzogen wurde. 

In diesem Zusammenhange sind auch manche Angaben über die Dar- 
stellung kolloidaler Metallhydroxydsole erklärlich. T. Graham ® sättigte zum 
Beispiel Eisenchloridlösung mit gefälltem Eisenhydroxyd oder mit Ammonkarbonat 
solange sich der Niederschlag noch löste, verdünnte die Lösung und unterwarf 
sie einer möglichst weitgehenden Dialyse. Es ergab sich eine Lösung, die auf 
98,5 Teile Hydroxyd noch 1,5 Teile Salzsäure enthielt. 

L. Magnier de LA Source' setzte die Dialyse möglichst lange fort und 
erhielt schließlich ein Präparat von der Zusammensetzung llöFegOg : 2FeCl3. 
Auch A. Sabanejews® Versuche ergaben, daß die vollständig dialysierten Lösungen 
noch immer Chlor im Verhältnis 2FeCl3:16 — 40Fe2(OH)^j enthielten. 

Auch die Herstellung des offizinellen Liquor Ferri oxydati dialysati beruht 
auf der Auflösung von gefälltem Eisenhydroxyd in der möglichst geringen Menge 
Salzsäure und darauffolgender Dialyse. 

Die in jüngster Zeit von H. Schweikert® angegebene Methode zur Her- 
stellung einer Lösung von kolloidalem Eisenhydroxyd beruht im wesentlichen auf 
vorsichtiger Ausfällung des H}'drogels durch Sodalösung, Entfernung der Elek- 
trolyte und Wiederauflösung des Gels durch wenig Eisenchloridlösung. 

Analoge Vorgänge wurden auch in anderen Fällen zur Herstellung von 

1 C. rend. 68. 913. 1869. — ^ J. prakt, Ch. (2) 8. 286 — 306. 1871 — 3 Gazz. chim. 
ital. 25. II. I. 1895. — * Z. phys. Ch. 21. 4. 1896. — B Literatur hierüber vergl. Dammer, 
Handbuch der anorganischen Chemie. III. 314. — 6 C. rend. 69. 174. 1864. — ^ C. rend. 
90. 1352. 1880. — 8 Journ. d. russ. phys.-chem. Ges. 1889. 515—525. — 9 D.R.P. 173773 
vom 8. VII. 1904; Chem. Ztg. 31. 16—18. 1907. 



6 Darstelluagsmethoden anorganischer Kolloide. 

Hydrosolen verwendet, indem der ausgefällte Hydroxydniederschlag durch zu- 
gefügte Lösung hydrolytisch gespaltener Salze zu einem kolloidalen Sol zerteilt 
wurde. So erhielt Graham^ in ähnlicher Weise, wie oben für Ferrihydroxyd 
angegeben wurde, die Hydrosole von Aluminiumhydroxyd und Chromhydroxyd. 

E. A. Schneider* gelangte durch Hinzufügung von Zinnchlorürlösung zu Zinn- 
säure und darauffolgende Dialyse zu einem Zinnsäurehydrosol; femer durch Be- 
handlung von gefillltem Ferrihydroxyd mit Aluminiumchloridlösung zu kolloidal 
gelöstem Eisenoxydhydrat. 

Wie R. RuER^ zeigte, sind die wässerigen Lösungen des Zirkoniumoxy- 
chlorids stark hydrolytisch dissoziiert, so daß es durch Dialyse derartiger Lösimgen 
gelang, nach kurzer Zeit ein Hydrosol des Zirkoniumhydroxyds zu erhalten, das 
auf 0,667 g ZrOj noch 0,0048 g Cl enthielt. 

Andere, teilweise dieser Gruppe beizuordnende Methoden sind später ge- 
legentlich der auf Peptisation der Gele beruhenden Verfahren erörtert (p. 8)l 
Die in letzter Linie besprochenen Methoden könnten an sich ebenfalls als Pep- 
tisationsvorgänge des ausgefällten Hydroxydgels durch die zugefügte Salzlösung 
aufgefaßt werden. Andererseits besitzen diese Methoden eine gewisse Ähnlichkeit 
mit den späterhin unter mechanischer Auflockerung (Anätzung, p. lo) erwähnten 
Vorgängen, da es sich gewissermaßen so wie dort um eine Zerteilimg der Gel- 
substanz durch partielle Lösung handelt Auf diesen Zusammenhang sei hier 
beiläufig hingewiesen. 

3. Reduktionsprozesse zur Herstellung von Edelmetallsolen. 

Führt man chemische Reaktionen, bei denen aus Salzlösungen der Edel- 
metalle die Metalle selbst ausgeschieden werden — also meist Reduktions- 
prozesse — unter bestimmten Bedingungen durch, so gelingt es in vielen Fällen, 
die Hydrosole der betreffenden Edelmetalle zu erhalten. Verunreinigende Elek- 
trolytanteile können durch Auswaschen oder Dialyse entfernt werden. 

Folgende Darstellungsmethoden für Metallhydrosole beruhen auf derartigen 
Reduktionsvorgängen: 

Silber. — Mittels zitronensaurer Salze (Wöhler,* W. Muthmann,* M. Carey 
Lea®); Weinsäure (O. van der Pfordten,' M. Carey Lea®); Ferrosulfat (M. Carey 
Lea,® A. J. A. Prange,® E. A. Schneider®); Pyrogallol (F. Henrich ^^; höher- 
wertigen Phenolen (L. Garbowski "); Hydrazinhydrat (A. Gutbier ^*). 

Qneckiilber. — Mittels Zinnchlorür (A. Lottermoser ^^; hydroschwefliger 
Säure (J. Meyer ^*); Pyrogallussäure (F. Henrich ^^). 

Gold. — Mittels Phosphor (Faraday ^*); Formaldehyd (R. Zsigmondy ^^; 
hydroschwefliger Säure (J. Meyer, ^* O. Brunck^'); Acetylen (J. C. Blake ^^); 
Hydrazin (A. Gutbier ^®); Hydroxylamiü (A. Gutbier *®); Phenylhydrazin (A. Gutbier 
und F. Resenscheck ^^); Brenzkatechin (F. Henrich ^^); Akrolein (N. Castaro**); 
Kohlenoxyd Q. Donau ^^; durch den Pilz Aspergillus oryzae (L. Vanino und 

F. Hartl**); mittels ätherischer Öle Terpentinöl, Rosmarinöl usw. (L. Vanino 
und F. Hartl"). 



1 C. rend. 69. 174. 1864. — 2 z. anorg. Gh. 5. 82. (1894) — ^ Z. anorg. Gh. 43. 
282—303. 1905. — ♦ Ann. 30. i. 1839. — B ßcr. 20. 983—990. 1887. — 6 Sill. Am. 
Joum. (3) 37. 476—491; 38. 47—50. 1889. — ^ Ber. 20. 1458— 1474. 1887. — 8 Rec 
Trav. chim. Pays-Bas. 9. 121 — 133. 1890. — 9 Ber. 25. 1281 — 1284. 1892. — ^0 Ber. 36. 
609 — 616. 1903. — ^^ Ber. 36. 1215 — 1220. 1903. — ^2 z. anorg. Gh. 32. 347 — 356. 1902. 
— ^^ J« prakt. Gh. (2) 67. 484—487. 1898; „Anorganische Kolloide", p. 54. — ^* Z. anorg. 
Gh. 34. 43 — 61. 1903. — 1B Philos. Mag. (4) 14. 401 — 417, 512—539. 1857. — ^6 Ann. 
30L 29—^4. 1898. — 17 Ann. 327. 240—250. 1903. — 18 Sill. Am. Joum. (4) 16. 381—385. 
1903« — '^ Z. anorg. Gh. 31. 448 — 450. 1902. — 20 2, anorg. Gh. 32. 347—356. 1902.— 
21 Z. anorg. Gh. 39. 112 — 114. 1904. — 22 z. anorg. Gh. 41. 126 — 131. 1904. — 23 Mon. 
f. Ghem. 26. 525 — 530. 1905. — 24 Ber. 37. 3620 — 3623. 1904. — 26 ßer. 39. 1696 — 1700. 1906. 



4. Durch Verwendung von Schatzkolloiden. n 

Platan. — Durch Formaldehyd (A. Lottermoser ^); Hydrazinhydrat (A. Gut- 
bier •); Brenzkatechin (F. Henrich'); Akrolein (N. Castaro*); zweiwertige 
Phenole (L. Garbowski ^\ 

Khodinm. — Durch Formaldehyd (A. Lottermoser ^). 

Palladium und Oimium. — Durch Akrole'ln (N. Castaro*); Kohlenoxyd 
(J. Donau ^. 

4. Durch Verwendung von Schutzkolloiden. 

Lösungen gewisser organischer Kolloide haben die Fähigkeit» zu Hydrosolen 
anorganischer Stoffe zugesetzt die Ausfällung der letzteren durch Elektrolyte 
wesentlich zurückzuhalten. R. Zsigmondy ' bezeichnet diese Wirkung des orga- 
nischen Kolloids als Schutz Wirkung auf die Teilchen des Hydrosols und fand 
zunächst, daß verschiedene organische Kolloide in der Intensität ihrer Schutz- 
wirkung wesentlich differieren. Als besonders wirksames Schutzkolloid enn-eist 
sich der Leim; d. h., fügt man z. B. ganz minimale Mengen einer Leimlösung 
zu Goldhydrosol, das sonst durch Spuren zugefügter Kochsalzlösung sofort einen 
Farbenwechsel von rot in blau zeigt, so tritt in dem nunmehrigen Gemenge 
auch durch Zufügung größerer Mengen von Kochsalzlösung keinerlei Verände- 
rung ein. Es ist also ersichtlich, daß der Zusatz eines Schutzkolloids das sonst 
sehr empfindliche Sol wesentlich unempfindlicher und daher haltbarer macht. 
Hat man daher nach irgend einer Methode ein Hydrosol gewonnen und Sorge 
dafür getragen, daß bei der Entstehung ein Schutzkolloid zugegen war, so 
ist nicht mehr die völlige Entfernung der Elektrolyte nötig, da das Schutz- 
kolloid deren ausfällende Wirkung abschwächt Hierauf beruht die Anwendung 
der Schutzwirkung zur Herstellung anorganischer Hydrosole, die sich in zahl- 
reichen Fällen bewährt hat. 

Nach dem betreffenden Schutzkolloid angeordnet, sind die wichtigsten hierauf 
basierenden Verfahren folgende: 

Gelatine als Schutzkolloid. — Hydrosole von Gold, Silber (mittels 
Formaldehyd), Halogensilber (A. Lottermoser®); Silberchromat, Metallsulfide 
(C. A. LoBRY DE Bruyn^; Schwermetallsulfide wie ZnS, CoS, MnS usw. (J. Haus- 
mann ^^. 

Gummi als Schutzkolloid. — Hydrosole von Platin, Palladium, Rho- 
dium, Ruthenium, Osmium (durch Reduktion mit Hydrazinhydrat, A. Gutbier 
und G. Hofmeier "). 

Wasserglas als Schutzkolloid. — Hydrosole von Gold und Silber 
(durch Reduktion mittels Formaldehyd, Küspert ^'). 

Dextrin als Schutzkolloid. — Hydrosol von Silber (Reduktion durch 
das Schutzkolloid selbst, M. Carey Lea ^^). 

Eieralbumin als Schutzkolloid. — Hydrosol von Quecksilber, Silber 
(durch Reduktion mittels Formaldehyd, Traubenzucker, A. Lottermoser ^*). 

Alkalische Abbauprodukte von Eieralbumin und Kasein (Natrium- 
salze der sogen. Lysalbinsäure und Protalbinsäure). — Hydrosole von 
Kupfer-, Silber-, Quecksilber-, Kobalt-, Nickeloxyd (C. Paal^*^); von Silber, 

^ „Anorganische Kolloide", p. 33, — 2 z. anorg. Ch. 32. 347 — 356. 1902. — 3 ßer, 
36. 609—616. 1603. — ♦ Z. anorg. Ch. 41. 126— 131. 1904. — B Ber. 36. 1215 — 1220. 
1903. — ® Mon. f. Chem. 27. 71 — 74. 1906. — 7 z. analyt. Ch. 40. 697 — 719. 1902. — 
• A. Lottermoser, „Anorganische Kolloide", p. 50, 64. — ® Ber. 35. 3079 — 3082. 1902. 

— ^0 Z. anorg. Ch. 40. iio — 145. 1904. — t1 j. prakt. Ch. (2) 71. 358 — 365, 452 — 457. 1905. 

— ^2 Ber. 35. 2815 — 2816, 4066—4070. 1902. — ^3 SiU. Am. Journ. (3) 41. 482 — 489. 1891. 

— 1* J. prakt. Ch. (2) 71. 296 — 304. 1905. — 1B Ber. 35. 2206 — 2218, 2219—2223. 1902; 
vergl. auch O. DoPFER, „Zur Kenntnis der kolloidalen Metalle". Diss. Ulm. 1901. 



3 Darstellungsmethoden anorc[anischer Kolloide. 

Gold (C. Paal ^); Selen, Tellur (C. Paal und H. Koch 2); Platin, Palladium (durch 
Reduktion mit Hydrazin), Iridium (durch Reduktion mittels Natriumamalgam 
(C. Paal und G. Amberger ^); Halogensilber, Silberphosphat usw. (C. Paal und 
F. Voss*); Wismuthoxyd (Kalle & Co.^); kolloidaler Schwefel (von Heyden*); 
Hydrosol des Indigo (R. Möhlau und M. R. Zimmermann ^) u. a. 

Stärke als Schutzkolloid. — Hydrosol des Silbers (mittels Formalde- 
hyd); der Halogensilbersalze (A. Lottermoser ®). 



5. Durch Feptisation der Gele. 

Manche Gele haben die Eigenschaft, mit ganz geringen Mengen eines Elek- 
trolyten sich zu verflüssigen und ein Sol zu bilden. Schon T. Graham® hatte 
beobachtet, daß ein Teil NaOH, in 10000 Teilen Wasser gelöst, befähigt ist, 
200 Teile Kieselsäure bei 100^ in einer Stunde zu verflüssigen, und daß Alkali 
auch gelatinöse Zinnsäure in das Sol verwandelt. Die Gele der Tonerde, des 
Eisenoxyds und der Titansäure werden durch geringe Mengen Salzsäure ver- 
flüssigt. Da diese Auflösung des Gels gewisse Analogie mit der tierischen Di- 
gestion zeigt, bezeichnete Graham den Vorgang als Feptisation der Gallerte. 

In ähnlicher Weise stellte ferner R. Zsigmondy^® aus Zinnchlorürlösung ein 
Zinnsäurehydrogel dar, welches sich nach gutem Auswaschen mittels wenig 
Ammoniak in das entsprechende Sol verwandeln ließ. 

Zu dieser Gruppe kann vielleicht auch die von E. Prost ^^ zur Darstellung 
des Schwefelkadmiumhydrosols angegebene Methode gezählt werden; sie beruht 
darauf, daß gefälltes und ausgewaschenes Kadmiumsulfid, welches in Wasser auf- 
geschlämmt und dann mit Schwefelwasserstoff" behandelt wird, allmählich in das 
Hydrosol übergeht. 

In neuerer Zeit stellte A. Müller^* durch Wiederauflösung von rein aus- 
gewaschenem Thoriumhydroxydgel in wenig Thoriumnitratlösung das Hydrosol 
des Thoriumhydroxyds, in ähnlicher Weise ^^ auch jenes des Zirkoniumhydroxyds 
her. Auf die Analogie der eben genannten Verfahren mit denjenigen, welche 
oben (p. 5) zur Herstellung von kolloidal gelöstem Eisenhydroxyd beschrieben 
wurden, sei beiläufig hingewiesen. 

Komplexe Lösungen der Hydrozyde. 

Obgleich die anschließend zu erörternden Tatsachen prinzipiell mit der 
Feptisation nicht zusammenhängen, sollen sie an dieser Stelle eingefügt werden. 
Es mögen unter dieser Gruppe alle jene Lösungen von Metallhydroxyden 
zusammengefaßt werden, welche vielfach als Lösungen komplexer Verbindungen 
aufgefaßt wurden und die, wie sich neuerdings herausstellt, oftmals Hydrosole 
des betreffenden Hydroxyds, allerdings in einer eigenartigen, durch Elektrolyte 
kaum ausfallenden Modifikation enthalten. Hierher gehören insbesondere die 
Lösungen von Metallhydroxyden in Alkalilaugen. 

W. Herz und H. W. Fischer ^* hatten zunächst die Anschauung vertreten, 
daß das in Laugen gelöste Chromhydroxyd kolloidal gelöst sei, was durch . 
Fällungsversuche sowie durch die Tatsache erwiesen wurde, daß die Leitfähig- 

^ Ber. 35. 2224 — 2236. 1902. — 2 ßer. 38. 526—546. 1905. — 3 ßer. 37. 129 — 139. 
1904; 38. 1388 — 1394. 1905. — ♦ Ber. 37. 3862 — 3881. 1904. — B D.R.P. 164663. 1905; 
172683. 1906. — 6 D.R.P. 164664. 1905. — 7 z. f. FarbcD- und Textilch. 2. 25—26. 
1903. — ® J. prakt. Ch. (2) 71. 296 — 304. 1905. — 9 Ann. Phys. (2) 123. 529 — 541. 1864. 

— '0 Ann. 301. 391—387. 1898. — ^^ Bull. Acad. des sciences Bruxelles. (3) 14. 312. 1887. 

— ^2 Ber. 39. 2857—2859. 1906. — ^^ z. anorg. Ch. 52. 316 — 324. 1907. — '♦ Z. anorg. 
Ch. 31. 352. 1902. 



6. Durch chemisclie Umsetzung eines andern Sols. g 

keit der Lösung durch Ausfällung des Cr(0H)3 nach dem Erwärmen nicht ver- 
ändert wurde. — Kremann ^ behauptete allerdings auf Grund von Dialysator- 
versuchen, daß die alkalischen Chromhydroxydlösungen ein Chromit enthielten, 
doch schreiben Herz und Fischer dieses Ergebnis den diffundierenden Chrom- 
schwefelsäuren zu. 

W. Herz ^ fand durch Dialysatorversuche, daß Zinn und Antimon immer, 
Zink und Beryllium unter Umständen mit Alkalien wahre komplexe Salze bilden. 
Gewöhnlich ist Zinkhydroxyd in Ätzalkalien, wie übrigens schon Hantzsch ^ 
gefunden hatte, kolloidal gelöst. Die Lösungen von Hydroxyden in Anmioniak 
sind jedoch, wie auch neuerdings W. Bonsdorff* ausführlich dargelegt hat, 
typische komplexe Elektrolyte. 

W. H. Fischer,^ der weiterhin diese Verhältnisse ausführlich untersuchte, 
fand in bezug auf das Verhalten von Chromhydroxyd und Kupferhydroxyd, die 
in Lauge gelöst sind, sowie von Eisen- und Tonerdehydroxyd, die in den ent- 
sprechenden Chloridlösungen aufgelöst wurden, daß die Hauptmenge der Hydrate 
in derartigen Gebilden kolloidal gelöst sei. Dabei ist die Fähigkeit, teilweise 
zugleich als komplexes Salz in Lösung zu bleiben, nicht ausgeschlossen. Auf- 
fällig ist, wie schon erwähnt, die Unempfindlichkeit derartiger Kolloide gegen 
Elektrolytzusatz, ja ein Säure- resp. Basezusatz begünstigt sogar die Bildung des 
Kolloids aus dem unlöslichen Hvdroxvd. Fischer bezeichnet in diesen Fällen 
die kolloid bildende Säure oder Base als Kolloidalisator und betrachtet den 
ganzen Prozeß als zeitlichen Vorgang einer Bildung von Salz zwischen Hydroxyd 
und Kolloidalisator, Hydrolyse dieses Salzes unter Bildung des Hydroxydsols 
und schließlich Übergang zum Hydrogel. 

C. TuBANDT® fand ferner, daß die blaue Lösung des Kobaltoxyduls in 
Laugen nicht als Komplex Co — (0K)2^ wie Donath ^ annimmt, sondern kolloidal 
gelöst sei. 

Bemerkenswert ist endlich, daß verschiedene organische Substanzen die 
Fähigkeit besitzen, die kolloidbildende Wirkung der Alkalien auch in solchen 
Fällen zur Geltung zu bringen, wo sonst eine Lösung des Metallh}'droxyds in 
der Alkalilauge nicht eintritt. 

So fand schon E. Grimaux,® daß Eisenchlorid mit Ätzkali und Glyzerin 
ein Kolloid bilde. A. Müller ® beschreibt kolloidale Lösungen von Aluminium-, 
Chrom-, Cer-, Neodymhydroxyd, die aus glyzerinhaltigen Salzlösungen mittels 
Anmioniak erhalten wurden. 

Es scheint jedoch, daß in diesen Fällen das Medium eine ähnliche Wir- 
kung ausübt, wie die Schutzkolloide, denn C. A. Lobry de Bruyn ^® ist es ge- 
lungen, in Rohrzuckerlösungen Silberchromat, Chlorsilber und Schwefel in kolloi- 
daler Verteilung zur Ausscheidung zu bringen. 



6. Durch chemische Umsetzung eines andern Sols. 

Zinnsulfid. — Durch Einleiten von Schwefelwasserstoff in Zinnsäurehydro- 
sol (E. A. Schneider ^^); 

Silber. — Durch Reduktion des primär entstehenden Silberoxydhydrosols 
(C. A. Lobry de Bruyn, ^^ A. Lottermoser ^^; 

Halogensilber. — Durch Einwirkung von Halogenen (z. B. reduzierbare 



1 Z. anorg. Ch. 33. 87. 1902. — 2 z. anorg. Ch. 31. 454—457; 32. 357—358. 1902. 
— ^ Z, anorg. Ch. 30. 289—324. 1902. — ♦ Z. anorg. Ch. 41. 132 — 192. 1904. — ^ Z. 
anorg. Ch. 40. 39—53. 1904. — ^ Z. anorg. Ch. 45. 368.-373. 1905. — ^ Mon. f. Chem. 
14. 93. 1893. — ' ^'- rcnd. 98. 1434 — 1437, 1485 — 1488. 1884. — 9 Z. anorg. Ch. 43. 
^20—325. 1905. — 10 Ber. 35. 3079—3082. 1902. — " Z. anorg. Ch. 5. 80—83. 1894. — 
** Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 251—258. 1900. — '3 j. prakt. Ch. (2) 71. 296 — 304. 1905. 



lO DarstelluDgsmethoden anorganischer Kolloide. 

Metallchloride) tiuf Silberhydrosol (A. Lottermoser und E. von Meyer, ^ 
A. Lottermoser ^); 

Kupferoxyd. — Durch Oxydation des Kupferhydrosols an der Luft 
(A. Lottermoser,' C. Paal und W. Leuze*); 

Kupfer. — Durch Reduktion von Kupferoxydsol mittels Hydrazinhydrat 
(C. Paal und W. Leuze). 

7. Durch mechanische Auflockerung des festen Stoffes mittels 

partieller Lösung. 

In manchen Fällen ist es gelungen, durch Behandlung der festen Sub- 
stanz mit einem lösenden Agens die erstere „anzuätzen", das heißt den un- 
gelösten Rest so aufzulockern, daß er sich sodann in reinem Wasser zu einem 
Hydrosol suspendieren läßt. 

Folgende Beispiele erläutern diesen Vorgang: 

Thorhydroxyd. — Durch Behandeln von reinem Thoroxyd mit Säuren, der 
Rückstand gibt mit Wasser das Hydrosol (P. T. Cleve*^); 

Ferrihydrat. — Durch Anätzen von gefälltem Ferrihydroxyd mit Aluminium- 
chlorid (E. A. Schneider®); 

Ferrosulfid. — Durch Anätzen von gefälltem Ferrosulfid mit Cyankalium 
(L. T. Wright'); 

Vanadinpentoxyd. — Durch Behandeln von Vanadinpentoxyd mit Salzsäure, 
der Rückstand löst sich zum Hydrosol (W. Biltz®); 

Zirkonium. — Durch Anätzen von Zirkoniumnitrid (resp. Magnesium-Zir- 
konium) mit Salzsäure (E. Wedekind®); 

Chrom, Mangan, Molybdän, Uran, Wolfram, Vanadin, Tantal, Niob, Titan, 
Bor^ Silicium, Thorium, Zirkonium, Platin, Osmium und Iridium. — Durch längere 
Behandlung der vorher mechanisch feinst zerteilten Stoffe mit chemischen Reagen- 
tien sauren und alkalischen Charakters (H. Küzel'®). . 

8. Durch elektrische Zerstäubung. 

Von älteren Arbeiten über die Herstellung fein verteilter Metallschichten 
durch elektrische Zerstäubung ausgehend, hat G. Bredig^^ ein eigenartiges Ver- 
fahren entdeckt, ^^^Iches ermöglicht, durch elektrische Kathodenzerstäubung 
von Metalldrähten unter Wasser im Lichtbogen bei Einhaltung geeigneter Ver- 
suchsbedingungen eine Reihe kolloidaler, reiner Sole zu erhalten. 

Dieses Verfahren wird so durchgeführt, daß man in gekühltes, reines Wasser 
Elektroden einsetzt, welche aus dem betreffenden, zu zerstäubenden Metall in 
Drahtform bestehen. Dann läßt man unter Wasser zwischen den Elektroden 
einen kleinen Lichtbogen entstehen, dabei gehen von der Kathode Wolken von 
feinverteilter Substanz aus, die sich ohne weiteres in der Flüssigkeit zu einem 
Sol verteilen. 

Die Methode ermöglicht es, die meisten Edelmetalle zu Hydrosolen zu zer- 
stäuben; in jüngster Zeit konnten mittels einer Verbessetung der Methode durch 
The Svedberg auf diesem Wege auch Sole von Metalloiden und durch Zer- 

1 J. prakL Ch. (2) 56. 247. 1897; 57. 543. 1898. — 2 j. prakt. Ch. (2) 68. 341, 361. 
1903- — ® J« prakt Ch. (2) 59. 492. 1899. — * Bcr. 39. 1550— 1557. 1906. — ^ Bull. 
Soc. chim. Paris (2) 21. 116. 1874. — ® Ann. 257. 372—380. 1890. — ^ Journ. Chem. Soc. 
43. 156. 1883. — 8 Ber. 37. 1098. 1904. — 9 Z. anorg. Ch. 45. 385 — 395. 1905; es 
ist übrigens fraglich, ob hier tatsächlich ein Sol des elementaren Zirkoniums entsteht. — 
WD.R.P. Anmeldung. 12 g K 80900 vom 12. Dezember 1905. — " Z. f. angew. Ch. 1898. 
951 — 954; Z. f. Elektr. 4. 514 — 515. 1898; „Anorganische Fennente". Leipzig. 1901 (da- 
selbst p. 22 — 24 die ältere Literatur über elektrische Zerstäubung). 



Organische Kolloide. 1 1 

stäubung in organischen Flüssigkeiten selbst Organosole der Leichtmetalle er- 
halten werden. 

Es wurden folgende kolloidale Lösungen derartig hergestellt: 

Metalle: Gold, Platin, Palladium, Iridium, Silber (G. B redig ^), Kadmium 

(G. Bredig*). 

Aluminium, Zink, Quecksilber, Kupfer, Eisen, Nickel, Wismut, 
Kobalt (F. Ehrenhaft,' J. Billitzer*). 

Natrium, Kalium,- Lithium, Rubidium, Cäsium; Calcium, Strontium, 
Baryum, Magnesium, Zink, Kupfer, Thallium, Lanthan, Cer, 
Zinn, Arsen, Antimon, Wismut, Vanadin, Tantal, Chrom, 
Mangan, Molybdän, Wolfram, Uran; (durch Zerstäubung in 
organischen Flüssigkeiten, Äthyläther, Isobutylalkohol usw. als 
Organosole, T. Svedberg*). 
Metalloide: Kohlenstoff, Silicium, Schwefel, Phosphor (T. Svedberg®). 

Auch bei der der Elektrolyse mit Gleichstrom tritt unter gewissen Um- 
ständen, wie G. Bredig und F. Haber' gezeigt haben, eine Zerstäubung von 
Metallkathoden zu einem fein verteilten Pulver dar. Derartige elektrolytische 
Zerstäubungserscheinungen, die besonders energisch bei Anwendung alkalischer 
Lösungen und bei Kathoden aus Blei, Quecksilber, Zinn, Roses Metall, Wismut, 
Thallium, Arsen und Antimon auftraten, sind prinzipiell von der oben beschrie- 
benen Zerstäubung im Lichtbogen verschieden. 

In neuerer Zeit ist es E. Müller und R. Lucas® gelungen, durch solche 
Kathodenzerstäubung bei der Elektrolyse kolloidales Tellur zu erhalten; in ähn- 
licher Weise gelangten E. Müller und R. Nowakowski® zu kolloidalen Solen 
des Selens und Schwefels. 



Organische Kolloide. 



Eine sehr große Anzahl organischer Verbindungen besitzt im gelösten Zu- 
stande kolloidale Eigenschaften. Es zählen hierher die meisten jener hochmole- 
kularen Verbindungen, welche den tierischen und pflanzlichen Organismus auf- 
bauen, vor allem also die Eiweißstoffe und höheren Kohlenhydrate. Diese 
Tatsache, verbunden mit den spezifischen Eigenschaften des Kolloidalzustandes 
bedingt das hohe Interesse, welches Physiologie und Biologie an den Ergebnissen 
der Kolloidforschung tragen. 

Von den anderen zahlreichen organischen KoUoidstofifen seien erwähnt: 
Gerbstoffe, viele Farbstoffe, Cellulosederivate (Nitrocellulose, Acetylcellulose), Al- 
dehydharz, Kautschuk usw. 



M. c. — 2 Z. phys. Ch. 32. 127—128. 1900, — 3 ßer. 35. 1929— 1935. 1902. — 
♦ Wien. Anz. 39. 241—243. 1902. — B ßer. 38. 3616—3620. 1905; 39. 1705- 1714. 
1906. — 6 Ber. 39. 1713. 1906. — ^ Ber. 31. 1741 — 2752. 1898; Z. f. Elektr. 6. 40. 
1899. — 8 z. f. Elektr. 11. 521—525. 1905. — 9 Ber. 38. 3779—3781. 1905. 



12 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 



Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 



Die große Wesenverschiedenheit der Stoffe, welche sich im kolloidal ge- 
lösten Zustand befinden, bedingt es, daß nicht alle derartigen Gebilde dieselben 
scharf ausgeprägten Eigenschaften zeigen. In vielen Fällen lassen sich allerdings alle 
typischen Erscheinungen deutlich erkennen; manchmal sind jedoch einige hiervon 
nicht zu verfolgen, ohne daß deswegen dem betreffenden Gebilde der Solcharakter 
abgesprochen werden könnte. 

1. Diflfusion. 

Wie schon erwähnt wurde, hat Graham das Verhalten der Kolloide bei 
der Diffusion als fundamental verschieden von jenem der Krystalloide bezeichnet 
und eben diese Tatsache zur scharfen Unterscheidung dieser beiden Körper- 
klassen als geeignet betrachtet. 

Indes haben schon Untersuchungen von H. Leplay^ gezeigt, daß unter 
Umständen Kolloide mit Kristalloiden gemischt diffundieren können und neuer- 
dings hat W. Meyer ^ gefunden, daß Kieselsäuresol und kolloidale Wolframsäure 
mit Kochsalzlösung in beträchtlicher Menge durch die Membran des Dialysators 
gehen. Ebenso diffundiert nach Eykmanns^ Angaben Leimlösung in Agar-Agar- 
gallerte. Es erscheint daher die Annahme berechtigt, daß es sich nicht um 
fundamentale, scharfe Unterschiede des Diffusions Vermögens, sondern nur um 
große Differenzen in der Diffusionsgeschwindigkeit handelt. 

Während nun kolloidale Lösungen durch gelartige Substanzen (Gallerten, 
Membranen usw.) sehr schwierig diffundieren, verläuft die Diffusion von Kristal- 
loiden in derartige Medien beinahe ebenso, wie in reines Wasser. 

Schon Graham* hatte beobachtet, daß Kochsalz in steifen Gallerten von 
Agar, Stärkekleister und Leim beinahe ebenso rasch diffundiert, wie in Wasser. — 
H. DE Vries^ fand, daß Kaliumchromat in vierprozentiger Gelatine etwas lang- 
samer diffundiert, als in Wasser. 

Ausführlich untersuchte A. F. Voigtländer® die Diffusion verschiedener 
Salze in Agargallerte. Es zeigte sich, daß für die Diffusion bei konstanter Kon- 
zentration und Temperatur in bezug auf das Verhältnis eingetretener Mengen 
nach verschiedenen Zeitabschnitten das Fi CK sehe Gesetz sich als vollständig gültig 
erwies. Wurde nach Verlauf von / Minuten die diffundierte Menge a mg (SOg, 
HCl, NaCl oder Oxalsäure) gefunden, so ergab sich die Gesetzmäßigkeit, daß 

der Wert - 7-^- = x für jeweils konstante Temperatur und Konzentration kon- 

stant war. Ferner zeigte es sich, daß für verschiedene Konzentrationen der 

1 Monit. scient. (4) 1. 1401. 1887. — ^ „Zur Kenntnis einiger anorganischer Kolloid- 
substanzen". Diss. Halberstadt. 1897. — 3 Zentralbl. f. Bakteriol. 29. 841. — ♦ 1. c. — 
B Jahresber. 1884. I. 144. — 6 „Über Diffusion in Agargallerte.** Diss. Leipzig. 1889:* Z. phys. 
Ch. 3. 316—335. 1889. 



2. Osmotischer Druck. 



13 



Agrargallerte die DifTusionsgeschwindigkeit dieselbe war und annähernd denselben 
Wert hatte, wie jene für reines Wasser. Durch Erhöhung der Temperatur wuchs 
die eingetretene Salzmenge in linearem Verhältnis. 

Etwas bestimmtere Vorstellungen über die Diflfusion von Salzlösungen in 
kolloidalen Medien ergeben neuere Versuche von H. Bechhold und J. Ziegler.* 
Diese Forschungen zeigten zunächst, daß Gelatine- und Agargallerte je nach 
ihrer Konzentration den Diffusionsweg von Elektrolyten (Lösungen von NaCl und 
Na^SO^) und von Nichtelektrolyten (Saft der roten Rübe, Methylenblaulösung) 
ganz erheblich vermindern. Die DifTusionswege in Öprozentiger Gelatine sind 
in allen Fällen, zuweilen bis um 60 ^/^j größer, als jene in 20 ^/^j Gelatine. 
Dieses Ergebnis schränkt also die Angaben der oben erwähnten Arbeiten Voigt- 
länders u. a. auf gewisse Grenzen ein. 

In zweiter Linie wurde gefunden, daß Gallerten, welche Natriumsulfat so- 
wie solche, die gewisse Nichtelektrolyte (Traubenzucker, Glycerin, Alkohol) ent- 
hielten, gelöste Stoffe weitaus langsamer diffundieren ließen, als reine Gallerten 
derselben Konzentration. Die angegebenen Stoffe wirken also gewissermaßen 
verzögernd auf die Diffusion. Im Gegensatz hierzu wirkt ein Harnstoffgehalt 
begünstigend auf die Durchlässigkeit von Gelatine- und Agargallerten. 

Differenzen in der DLffusionsgeschwindigkeit verschiedener Salzlösungen 
durch Galleiten desselben Gehaltes sind also nicht allein auf leichtere Diffusions- 
fähigkeit der betreffenden Salzlösung sondern auf Beeinflussungen der Durch- 
lässigkeit des kolloidalen Mediums durch das diffundierende Salz zurückzuführen. 

Die Tatsache, daß Gallerten und gelartige Gebilde nur schwierig die 
Diffusion anderer Kolloide gestatten, während sie Salzlösungen relativ leicht 
diffundieren lassen, ist für die physiologische Bedeutung der Kolloidsubstanzen von 
höchster Wichtigkeit, da der gesamte Stoffaustausch im Organismus durch Diffu- 
sion in kolloidalen Medien erfolgt. 

2. Osmotischer Druck. 

Mit der geringen Diffusionsfähigkeit der kolloidalen Lösungen hängt wohl 
auch der geringe osmotische Druck dieser Substanzen zusammen. 

W. Pfeffer^ hat gefunden, daß Gummi- und Leimlösungen nur ganz 
minimale osmotische Drucke aufweisen, denen für Gelatine ein annäherndes 
Molekulargewicht von 5000 entsprechen würde. 

G. Tammann * stellte femer fest, daß die Dampfspannung des Wassers selbst 
durch Zusatz ansehnlicher Mengen von Gelatine oder Gummi nur ganz unwesent- 
lich vermindert wird. 

Späterhin wurde vielfach versucht, durch Bestimmung des osmotischen 
Druckes selbst oder der relativen Dampfdruckerniedrigung und der Gefrierpunkts- 
erhöhung Molekulargewichtsbestimmungen kolloidal gelöster Stoffe durchzuführen. 

J. H. Gladstone und W. Hilbert* ermittelten mittels der Gefrierpunkts- 
methode die Molekulargewichte von Gummi, Karamel und Eisenhydroxyd. Eben- 
so erhielten H. T. Brown und G. H. Morris^ Angaben über Inulin, Stärke, 
Maltodextrin und Arabinsäure, wobei insbesondere das letztere Resultat 
mit dem von der Theorie geforderten gute Übereinstimmung zeigte. Sabanejew® 
führte nach der Raoult sehen Methode mit gutem Erfolge Molekulargewichts- 
bestimmungen von kolloidaler Molybdänsäure, Wolframsäure, Gallussäure und 



' Z. phys. Ch. 56. 105 — 121. 1906. — 2 „Osmotische Untersuchungen**. Leipzig. 1877. 
-— 3 Mem. de TAcad. de St. Petersb. (7) 36. 169 — 341. 1887; Z. phys. Ch. 2. 42—47. 
1888. — 4 Philos. Mag. (5) 28. 38—42. 1889. — 5 Journ. Chem. Soc. 63. 610—621. 
1888; 54. 462 — 474. 1889. — 6 Journ. d. russ. phys.-chem. Ges. 21. I. 515 — 525; 22. 
I. 102 — 107. 1890. 



l/^ Eigenschaften der . kolloidalen Lösungen. 

Glykogen durch, wobei sich recht befriedigende Obereinstimmimg mit den aus 
den empirischen Formeln errechneten Zahlen zeigte. N. N. Ljubavin^ er- 
mittelte die Gefrierpunktsdepression kolloidaler Kieselsäure. C. E. Linebarger* 
bestimmte den osmotischen Druck einer Dextrinlösung, woraus sich sodann 
das Molekulargewicht zu 1083 [TC^Hj^Og] berechnete; das für kolloidale 
Molybdänsäure auf demselben Wege erhaltene Resultat stimmte zufällig sehr an- 
nähernd auch mit dem siebenfachen Werte des theoretischen überein. H. Frieden- 
thal* ermittelte auf kryoskopischem Wege das Molekulargewicht der löslichen 
Stärke. — W. Meyer* ermittelte die Gefrierpunktsdepressionen bei kolloidaler 
Kieselsäure, Wolframsäure und Molybdänsäure; es zeigte sich, daß bei größeren 
Konzentrationen des Kolloids der Wert der Gefrierpunktsemiedrigung, hiermit 
auch das berechnete Molekulargewicht wächst. 

E. Paterno* fand, daß Gallussäure und Gerbstoff den Gefrierpunkt des 
Wassers kaum erniedrigen, während deren Lösung in Eisessig eine dem normalen 
Molekulargewicht entsprechende Depression zeigt. Da die wässerige Lösung 
kolloidal ist, schließt er, daß das RAOULTsche Gesetz für Kolloide überhaupt 
nicht gilt, da das Wasser in ihnen nicht als Lösungsmittel, sondern als Quellungs- 
mittel wirkt. — T. Körner und P. DCllberg® konnten bei verschiedenen 
Pflanzengerbstoflfen dieses Ergebnis bestätigen. 

Vielfach wurden weiterhin Versuche angestellt, das Molekulargewicht von 
Eiweißkörpem aus dem osmotischen Druck ihrer Lösungen zu ermitteln. So be- 
stimmten A. Sabanejew und N. Alexandrow^ die Gefrierpunktsdepression einer 
Eiweißlösuhg; sie ergab das Molekulargewicht zu 14700. — St. Bugarsky imd 
L. Liebermann® führten dieselbe Arbeit für Eieralbumin durch, beobachteten 
jedoch die Vorsicht, die Gefrierpunktsdepression der durch Wasser extraliierbaren 
Anteile der Asche in Abzug zu bringen; es ergab sich der Wert 6400, der mit 
dem auf anderen Wege von Blum und W. Vaubel® zu 6542 gefundenen Wert 
auffallend gut übereinstimmt. 

Die Frage, ob solchen Messungen so minimaler Temperaturintervalle über- 
haupt ein Wert beizulegen sei und ob nicht die geringen Anteile von Verun- 
reinigungen, welche in anorganischen und organischen Kolloidlösungen selten zu 
fehlen pflegen, genügen, um diese minimalen Siedepunktserhöhungen oder Ge- 
frierpunktsdepressionen zu verursachen, wurde öfters aufgeworfen und damit der 
Wert der Molekulargewichtsbestimmungen bei Kolloidlösungen überhaupt in Frage 
gestellt. 

So fand C. Lüdeking, ^° daß eine 40prozentige Gummilösung bei 100^, 
nicht, wie F. Guthrie ^^ angab, bei 99,8^, daß ferner eine öOprozentige Gelatine- 
lösung bei 99,8® siedet. — Die Angaben E. Paternos wurden bereits erwähnt 
— N. Pappada ^* zeigte, daß ein Wolframsäuresol mit 1,26 ^/^WO, nicht die 
geringste Gefrierpunktsdepression zeigte. Ähnlich konnten S. E. Linder und 
H. PiCTON*' bei den Hydrosolen des Arsensulfids und Quecksilbersulfids, A. Lot- 
termoser ^* beim Zinnsäuresol nicht die geringste Änderung von Gefrier- und 
Siedepunkt gegenüber dem des reinen Wassers finden. 

G. Malfitano und Michel ^'^ stellten endlich in jüngster Zeit fest, daß 
die Gefrierpunktsdepressionen von kolloidalen Ferrihydrochloridlösungen (durch 



^ Journ. d. russ. phys.-chem. Ges. 21. I. 397 — 407. 1889. — 2 Sill. Am. Jouni. (3) 43. 
416—425. 1892. — 3 Centr. Bl. f. Physiol. 12. 849—850. 1899. — * „Zur KenDtnis einiger 
anorganischer Kolloidsubstanzen.** Diss. Halberstadt. 1897. — 6 Qazz. chim. ital. 19. 684. 1889; 
Z. phys. Ch. 4. 457 — 461. 1889. — 6 D. Gerb. Ztg. 47. 1904. — ^ Journ. d. russ. phys.- 
chem. Ges. 23. I. 7—19. 1891. — 8 Pflügers Arch. 72. 51—74- 1898. — ^ J. prakt. Ch. 
(2) 66. 394. 1897; 57. 365. 1898. — 10 Ann. Phys. (3) 35. 552—557. 1888. — " Philos. 
Mag. (5) 2. 211 — 225. 1876. — ^2 Gazz. chim. ital. 32. 11. 22—28. 1902. — W Journ. 
Chem. Soc. 61. 114— 136. 1892. — 1* „Anorganische Kolloide.** p. 74. — ^B C. rend. 143. 
1141— 1143. 1907. 



3. Optische Erscheinungen. ic 

Hydrolyse von Eisenchloridlösung und darauffolgende Dialyse erhaltene Sole des 
Ferrioxydhydrats (cf. p. 5) stets sehr klein und unsicher sind, so daß dem Kolloid 
nach der kryoskopischen Methode kein sicheres Molekulargewicht zugeschrieben 
werden kann. 

Betrachtet man die kolloidalen Lösungen als äußerst feine Suspensionen, 
so ist es völlig erklärlich, daß diese Gebilde keinen osmotischen Druck besitzen. 
Falls sich ein solcher zeigt, würde er auf Verunreinigungen sowie auf andere Um- 
stände zurückzuführen sein, deren Theorie späterhin erörtert wird. 

Die meiste Wahrscheinlichkeit hatten noch die Ergebnisse der Molekular- 
gewichtsbestimmungen der Lösungen von Eiweißstoffen für sich, wenn man an- 
nahm, daß derartige Gebilde in gewisser Beziehung sich wie wahre Lösungen 
verhielten, also das vant Hoff sehe Gesetz befolgen. Doch hat neuerdings 
E. W. Reid^ gefunden, daß durch sorgfältiges Waschen ausgefällter oder aus- 
kristallisierter genuiner Eiweißkörper Lösungen erhalten wurden, welche keinen 
osmotischen Druck mehr gaben. Nach Ansicht dieses Forschers, die also die 
Einwände bezüglich anderer kolloidaler Lösimgen bestätigt, verursachen enthaltene 
fremde Substanzen oder Abbauprodukte der Eiweißstoffe einen etwa auftretenden 
osmotischen Druck. 



3. Optische 

a) HakroBkopiflche Eigensoliaften. 

Während die Hydrosole in vielen Fällen dem freien Auge völlig klar und 
homogen erscheinen, läßt sich in manchen anderen im durchgehenden Licht eine 
Trübung beobachten, welche auf eine Inhomogenität des Gebildes schließen läßt. 

Schon Faraday^ hatte beobachtet, daß die von ihm hergestellte Gold- 
lösung trüb aussah, wenn er Sonnenlicht, das mittels einer Linse konzentriert 
war, durchsandte und schloß daraus, daß die Goldteile nicht gelöst, sondern in 
Wasser suspendiert seien. 

Bei manchen Hydrosolen (z. B. Arsensulfid, Antimonsulfid) zeigt sich 
scheinbar Fluoreszenz; daß es sich nicht um eine solche, sondern um dififuse 
Zerstreuung des Lichts durch die kleinen Teilchen der kolloidalen Lösung handelt 
geht daraus hervor, daß das durch fluoreszierende echte Lösungen (wie z. B. von 
Chinin^ulfat) tretende Licht unpolarisiert ist, während es sich bei Hydrosolen 
als polarisiert erweist, was weiter unten ausführlicher dargelegt wird. 

Ähnliche diffuse Zerstreuung eines eintretenden Lichtbündels beobachteten 
S. E. Linder und K. Picton* bei Ferrihydroxydsol, G. Bredig* bei Goldlösung. 

Nach den Ausführungen Zsigmondts^ hängt das Sichtbarwerden einer 
Trübung von dem relativen Verhältnis des Brechungsexponenten und der Dis- 
persion des Mediums einerseits und des verteilten Körpers andererseits ab. Je 
näher sich diese liegen, umso weniger Licht werden die Teilchen abbeugen und 
desto größer werden sie daher sein müssen, um durch trübes Aussehen des Sols 
schon makroskopisch eine Inhomogenität erkennen zu lassen. 

b) Hikroskopisohe üntersnohnngen. 

Es lag, als sich gewichtige Gründe üXt die Annahme ergaben, daß die 
Hydrosole kleine Teilchen in feinster Verteilung enthalten, nahe, sich des Mikros- 
kops zur Beobachtung dieser Teilchen zu bedienen. Schon H. Schulze® hatte 



^ Joum, of Phvsiology. 31. 438 — 63. 1904. — 2 Philos. Mag. (4) 14. 401 — 417, 
5^2—539. 1857. — * Journ. Chem. Soc. 67. 63. 1895. — ♦ „Anorganische Fermente." 
p. 27. — B „Zur Erkenntnis der Kolloide." p. 123. — ® Joum. pr. Chem. (2) 26. 431 — 452. 
1882. 



X6 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

das Hydrosol des Schwefelarsens mikroskopisch untersucht, konnte aber keinerlei 
feste Teilchen entdecken; zu demselben Resultat gelangte R. Zsigmondy^ bei 
der Untersuchung der nach seinem Verfahren hergestellten kolloidalen Goldlösung 
und auch G. Bredig und Swingle^ konnten bei 2250facher Vergrößerung, bei 
der man Teilchen von der Größe 0,14 ft hätte sehen können, in dem durch 
Zerstäubung hergestellten Goldhydrosol keine Goldteile erkennen. 

Dagegen vermochte H. Picton^ bei lOOOfacher Vergrößerung die Teilchen 
von kolloidalem Quecksilbersulfid und Arsensulfid unter dem Mikroskop zu be- 
obachten; bei Antimonsulfidsol konnten jedoch keine festen Teile entdeckt werden. 

c] Der TyndallBohe VerBnoh. 

Ein äußerst empfindlicher Nachweis für die Inhomogenität eines Mediums 
beruht darauf, daß ein durch dasselbe gesandter Lichtstrahl infolge zahlreicher 
Reflexionen an den heterogenen Teilchen diffus zerstreut und polarisiert wird. 
Diese Tatsache wurde zuerst von Tyndall'* bei der Untersuchung von äußerst 
fein in einer Wolke verteilter flüssiger Materie, dann auch bei der von Staub 
und Rauch erfüllten Stadtluft beobachtet, indem sich der durchtretende Licht- 
strahl bei der Untersuchung mittels eines Nicols als polarisiert erwies und zwar, 
wie dieser Forscher fand, am stärksten in einer Ebene, die senkrecht zu der 
Fortpflanzungsrichtung des Strahles steht. 

Diese Erscheinung zeigt sich auch bei flüssigen Gebilden mit makroskopisch 
nicht sichtbarer Inhomogenität, tritt also bei den kolloidalen Lösungen auf, während 
die gewöhnlichen Kristalk )idlösungen den durchtretenden Lichtstrahl nicht pola- 
risieren, also „optisch leer** sind. 

Die Theorie dieses Vorganges wurde durch Lord Rayleigh ^ festgestellt. 
Fällt eine Welle natürlichen Lichtes in ein Medium, in welchem isolierende 
Kugeln verteilt sind, deren Dimensionen verschwindend klein gegen die Wellen- 
längen des Lichtes sind, so wird das Licht zerstreut und in allen Punkten der 
durch das Zentrum der Kugel senkrecht zum einfallenden Strahl gelegenen Ebene 
vollständig polarisiert, wobei die bevorzugte Schwingungsrichtung senkrecht zum 
Primärstrahle ist. Wie ferner Soret® bewiesen hat, ist die Polarisation nur 
bei einmal diflus zerstreutem Licht total, während bei mehrfacher Zerstreuung 
an anderen Kugeln durch die Komponenten des sekimdär zerstreuten Lichtes 
die Totalität der Polarisation verhindert wird. 

Da die getrübten Medien ihre Inhomogenität durch diesen einfachen Ver- 
such deutlich erkennen lassen, war es naheliegend, die kolloidalen Lösungen, bei 
welchen die makroskopische und auch mikroskopische Prüfung auf Heterogenität 
versagte, mittels dieses empfindlichen Mittels hierauf zu prüfen, und tatsächlich 
haben zahlreiche Arbeiten das Gelingen des Tynd all sehen Versuches bei Kollo- 
iden erwiesen. So beobachteten H. Picton und S. E. Linder,' daß alle Metall- 
sulfidsole, femer die kolloidalen Lösungen von Ferrihydroxyd, Aluminiumhydroxyd 
und Kieselsäure sowie auch Stärke, Zellulose und Kongorot in Lösung das Tyn- 
D ALL sehe Phänomen zeigen. G. Bredig ® stellte dasselbe bezüglich der durch 
Zerstäubung gewonnenen Sole von Gold, Platin und Silber fest. T. Körner** 
beobachtete es bei Gerbstoff*lösungen (Quebrachoextrakt). 

A. J. A. Prange ^^ konnte hingegen bei der Untersuchung des durch kolloidale 

^ Ann. 301. 29 — 54. 1898. — 2 ,, An organische Fermente.'* p. 27. — 3 Journ. Chern. 
Soc. 61. 137 — 147. 1892. — * Cambridge Phil. Soc. Proc. 1869. II. 136—140; Proc. Roy. 
Soc. London. 17. 223 — 233. 1869; Proc. Roy. Inst. 6. 365 — 376. 1871. — B Phil. Mag. (4) 
41. 270—288, 447—454. 1871 ; (5) 12. 81. 1881. — 6 Arch. de sciences Geneve. 20. 429. 
1888. — 7 Journ. Chem. Soc. 61. 148 — 172. 1892. — 8 z. angew. Ch. 1898. 951; „An- 
organische Fermente.** p. 27. — 9 Unveröffentlichte Privatmitteilung. — 10 Rec. Trav. chim. 
Pays-Bas. 9. 121 — 133. 1890. 



3. Optische Erscheinungen. ly 

Silberlösung tretenden Lichtstrahles keine Polarisation feststellen. Dieses wider- 
sprechende Resultat erklärten K. Stoeckl und L. Vanino ^ folgendermaßen. Wenn 
das Teilchen, an welchen das Licht reflektiert wird, metallisch ist, so tritt nicht 
lineare, sondern elliptische Polarisation auf und falls sich die Vibrationsellipse sehr 
dem Kreise nähert, so zeigen sich beim Drehen des analysierenden Nicols nur 
sehr geringe oder gar keine Helligkeitsunterschiede, so daß es den Anschein hat, 
ab sei das Licht gar nicht polarisiert Stoeckl und Vanino konnten auch dieser 
Theorie entsprechend beim Silbersol elliptische Polarisation des Lichtes wahrnehmen. 

Die große Empfindlichkeit des Tyndall sehen Experimentes läßt jedoch 
dem Bedenken Raum, ob Medien, die keine feinen Teilchen einschließen und 
Kristalloidlösimgen tatsächlich „optisch leer" sind, denn nur in diesem Falle 
ist die diffuse Zerstreuung und Polarisation des Lichtes durch kolloidale Lösungen 
beweiskräftig für die Heterogenität dieser Gebilde. 

Nun hatte A. Lallemand ^ beobachtet, daß ein Lichtbündel, welches durch 
sorgfältigst destillierte Flüssigkeiten gesandt wurde (z. B. Wasser, Salzsäure, Schwefel- 
kohlenstoff, Kohlenwasserstoffe), in diesen Medien stets sichtbar ist, also schwach 
diffus zerstreut wird und J. L. Soret,' welcher diese Arbeiten verfolgte, schrieb 
den feinen Teilchen, welche trotz sorgfaltigster Reinigung in den Flüssigkeiten 
vorhanden sind, diesen Einfluß zu, indem er betonte, wie schwer, wenn nicht bei- 
nahe unmöglich, die Herstellung von absolut teilchenfreiem Wasser sei. 

W. Spring* stellte zunächst fest, daß weder durch sorgfaltige Destillation, 
noch durch Filtration optisch leere Flüssigkeiten erzielt werden können und 
daß eine vollständige Klärung nur durch Niederreißung der feinen Teilchen 
mittels eines in der Flüssigkeit entstehenden Niederschlages bei vollkommenem 
Ausschluß der Luft (also in einem geschlossenen Gefäße] bewirkt werden könne. 
Als solche Niederschläge wurden mit Erfolg die Hydroxyde von Eisen, Alumi- 
nium und Zink verwendet, welche aus zugefügten verdünnten Lösungen der 
Chloride durch die äquivalente Menge Kalilauge ausgefällt wurden, oder noch 
besser die Hydrogele dieser Hydroxyde, welche aus zugesetztem Sol durch 
Elektrolytwirkung ausfallen. Die über dem Koagulum stehende Flüssigkeit ist 
nach völligem Absatz desselben tatsächlich optisch leer. 

Auf Grund dieser Ergebnisse, daß Medien, welche den intensiven Licht- 
strahl nicht diffus zerstreuen, nur durch derartige sorgfältige Reinigung erhalten 
werden können, haben verschiedene Forscher dem Gelingen des Tyndall -Ver- 
suches die Beweiskraft für Inhomogenität der kolloidalen Lösungen überhaupt 
abgesprochen. Nach Zsigmondy'^ können schon ganz geringe Mengen ver- 
unreinigender Körper Polarisation des Lichtstrahles bewirken; auch Konowalow® 
nimmt an, daß der überall vorhandene feinste Staub die diffuse Zerstreuung 
in Hydrosolen verursache. 

Die Fortsetzung der Experimentaluntersuchungen Springs ^ haben jedoch 
weitere wichtige Einblicke in das Gebiet der Erscheinungen beim Durchgang des 
Lichtes durch Lösungen ergeben. Es zeigte sich, daß die Lösungen von Alkali- 
und Erdalkalisalzen tatsächlich optisch leer sind, während die neutralen Lösungen 
der Salze des Aluminiums, Chroms, Eisens, Kupfers, Quecksilbers und Bleis und 
zwar speziell die der Chloride stets diffuse Lichtzerstreuung zeigen. Der Grund hier- 
für muß darin liegen, daß durch Hydrolyse ein Hydrosol des betreffenden Hydroxyds 
entsteht, welches die Inhomogenität verursacht, was daraus hervorgeht, daß bei Zu- 
fügung einer geringen Menge freier Säure die Zerstreuung des Lichtes ver- 
schwindet. Weiter wurden die bekannteren kolloidalen Lösungen (Sulfide, Hydr- 

^ Z. phys. Ch. 30. 98—112. 1899. — 2 c. rend. 69. 189. 1869. — 8 c. rend. 69. 
1192. 1869. — * BiiU. Acad. roy. Belg. (3) 87. 174— 191. 1899. — * Z. phys. Chem. 33. 
63 — 73. 1900. — 8 Ann. Phys. (4) 10. 360 — 392. 1903; 12. 1 160— 1 164. 1903. — 7 ßuU. 
Acad. roy. Belg. (3) 37. 300 — 315. 1899. 

Müller, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 2 



l8 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

oxyde, Kiesel- und Molybdänsäure, Stärke, Farbstoffe) geprüft und die Resultate 
von FiCTOK und Linder bestätigt Interessant ist es, daß die wäßrige Lösung 
von Tannin sich als trübes Medium erwies, während die Lösung in Eisessig einen 
ganz unbedeutenden Lichtkegel zeigte, was mit den Schlüssen, die aus den Er- 
gebnissen der Molekulargewichtsbestimmungen bei diesen Lösungen gezogen werden 
konnten (vgl. p. 14], völlig übereinstimmt. 

Geht man von den Vorstellungen aus, welche aus den verschiedenen 
Molekulargewichtsbestimmungen in kolloidalen Lösungen entstehen, daß die kolloidal 
gelösten Körper, falls sie dem Raoult sehen Gesetze folgen, Molekularkomplexe 
oder große Moleküle enthalten, so bietet sich die Frage, ob das Licht nicht 
auch an derartigen sehr großen Komplexen oder Molekülen reflektiert und diffus 
zerstreut werden könne, ebenso wie an den Teilchen einer Suspension. 

C. A. LoBRY DE Bruyn ^ verfolgte diesen Gedanken weiter und fand im 
Unterschied der Molekulargrößen des lösenden und gelösten Körpers eine Ur- 
sache für die Polarisation des Lichts beim Durchtritt durch Lösungen. Bei einer 
Stärkelösung sind die Stärkemoleküle bedeutend größer als die Wassermoleküle, 
die ersteren wirken daher wie feste, heterogene Teilchen, während bei Salzlösungen, 
wo diese Differenz geringer ist, eine derartige Wirkung ausbleibt In einer 
weiteren Arbeit zeigten C. A. Lobry de Bruyn und L. H. Wolff,* daß krystal- 
loide Lösungen von Saccharose, Raffinose und Phosphormolybdänsäure intensive 
Lichtkegel zeigen. Allerdings muß im letztgenannten Fall auch der Hydrolyse 
ein Einfluß zugeschrieben werden. 

Aus den dargelegten Tatsachen geht hervor, daß das TYNDALLsche Phä- 
nomen wohl ein äußerst empfindliches Mittel zur Entdeckung der Heterogenität 
eines Mediums ist. Da jedoch, wie erörtert wurde, nicht nur mechanische und 
kolloidale Suspensionen, sondern eine Reihe anderer flüssiger Medien diffuse 
Lichtzerstreuung und Polarisation zeigen, konnte die wichtige Frage nicht ent- 
schieden werden, ob diese optische Erscheinung zu den wesentlichen Erschei- 
nungen der Hydrosole gehört oder nicht. 

T)ies wurde erst durch die Methode der Sichtbarmachung ultramikrosko- 
pischer Teilchen möglich. 



d) Die ültramikroBkopie 



8 



Das Prinzip der von H. Siedentopf und R. Zsigmondy* erdachten Me- 
thode zur Sichtbarmachung ultramikroskopischer Teilchen besteht darin, daß man 
die Teilchen durch einen starken Lichtstrahl so hell beleuchtet, daß im seitlich 
abgebeugten Licht Beugungsscheibchen entstehen, welche innerhalb der Grenzen 
mikroskopischer Sichtbarkeit liegen. Um die Beobachtung des schwächeren ab- 
gebeugten Lichtes nicht durch den intensiven beleuchtenden Lichtstrahl zu stören, 
wird die Beleuchtung senkrecht zur Beobachtungsrichtung gewählt, so daß das 
Gesichtsfeld möglichst dunkel bleibt, während die Beugungsscheibchen hell 
erscheinen. 

Die Apparatur. — Die Einrichtung zur Beobachtung ultramikroskopischer 
Teilchen in Flüssigkeiten besteht aus folgenden Teilen.* Der ganze Apparat ist auf 
einer Tischplatte montiert, auf welcher sich eine 1 m lange optische Bank (Figur i) 
befindet. Soll Sonnenlicht verwendet werden, so muß dieses mittels eines Uhrwerk- 

^ Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 251 — 258. 1900. — 2 Rgc. Trav. chim. Pays-Bas. 
23. 155 — 168. 1904. — 3 Ausfuhrliche Angaben über den Apparat und die Methode siebe 
ZsiGMONDY, Zur Erkenntnis der Kolloide. Jena. 1905; femer A. Cotton und H. Moüton, Les 
Ultramicroscopes et les objets ultramicroscopiques. Paris 1906. — ♦ Ann. Phys. (4) 10. i — 39. 
1903. — B i3ie folgenden Angaben sowie die Figuren i — 4 sind der Druckschrift: ,3eschreibuQg 
der Einrichtungen zur Sichtbarmachung ultramikroskopischer Teilchen", Carl Zeiß, Jena 1904, 
entnommen. Auch bei der Firma E. Leitz in Wetzlar sind einfache Ultramikroskope dieses 
Prinzipes erhältlich. 



3. Optische EncheinuDgea. ig 

Heliostaten, welcher im Freien montiert ist, zweckmaBig durch eine Öffnung im 
Fensterladen oder in der Wand in horizontaler Richtimg in den Apparat reflek- 
tiert werden. An Stelle des Sonnenlichtes ist in Figur l rechts eine selbstregu- 
lieiende Projektionsbogenlampe auf der Tischplatte montiert Diese Lampe j^ ist 



EinricIitaDe zur BeobochtUDg ullramikroskopischer Teitch«n in PlOssigkeiten. 

SO aufgestellt, daß die Achse des schmalen, durch eine vom aufgesetzte Blende 
austretenden Lichtbündels parallel zur optischen Bank gerichtet ist. 

Etwa 41 cm vom Anfang der optischen Bank ist ein kleines Projektions- 
objektiv von 80 mm Brennweite au%esetzt, welches zur Abhaltung von Seiten- 
licht von einem runden Blechschirm umgeben 
ist. Dieses Objektiv muB chromatisch und 
sphärisch korrigiert sein, seine Frontseite ist 
nach dem Mikroskop zu gerichtet. 

Es folgt nun der Fräzisionsspaltkopf 
(Figur 2); er hat den Zweck, einerseits ein 
meßbar veränderliches, erleuchtetes Volumen 
im Präparat zu erzeugen, andererseits die Tiefe 
dieses Volumens möglichst sorgfältig der Seh- 
tiefe des zur Beobachtung benutzten Mikro- 
skopobjektivs anzupassen, so daß nur die in 
der Einstellungsschicht liegenden Teilchen, 
welche scharf abgebildet werden können, be- 
leuchtet werden. Zu diesem Zwecke ist die 
Verschiebung der horizontal Uzenden Spalt- 
backen an einer geteilten Trommel c (in 
Figur 2) abzulesen. Eine ganze Umdrehung 
der Trommel öffnet den Spalt um '/^ mm, 
der Trommelumfang selbst ist in 50 Teile 
getdlt, so daß die Spaltbreite bei Drehung 
der Trommel um einen Teilstrich um ^/j^^ mm 

geöf&iet wird. Die günstigste Spaltbreite liegt ^'^' '• 

gewöhnlich zwischen Vio" */io ™™- Pt&nsionsspalikopf. 

Am Spaltkopf sind ferner zwei vertikal 
stehende Spaltbacken sichtbar, von denen die eine durch die Schraube a bewegt 
werden kann. Diese Backen begrenzen die Länge des Spaltes. Der ganze 
Spaltkopf kann durch Drehung am Griffe d um 90" gedreht werden, so daß der 
durch die Trommel dimensionierte Spalt vertikal gestellt werden kann. 



20 EiccDschtflen der kolloidalen LOiuiigen. 

Er wird auf der optischen Bank soweit verschoben, bis das oben erwähnte 
Projektionsobjektiv auf dem Spalte ein reelles Bild der Lichtquelle entwirft 

Ein nun folgendes zweites Ptojektionsobjektiv (in Figur i) hat die Auf- 
gabe, das Bild des Spaltes in der Bildebene des Mikroskopobjektivs zu entwerfen. 
IHeses Objektiv hat 55 mm Brennweite und wird in einem Abstände von etwa 



FiRut 3. 

Kflvette mit Quarzfenstem. 

14 cm vom Spalt mit der Frontseite nach dem Mikroskop zu aufgestellt. Es 
entwirft in dieser Stellung ein reelles, etwa 1^/, fach verklemertes Bild des Spaltes 
in ca. 90 mm Entfernung von der Linse. 

Am Ende der optischen Bank wird das Mikroskopstativ montiert; auf 
der Grundplatte ist einerseits mit- 
tels der Statt vklemme das Mikro- 
skopstativ befestigt, andererseits der 
Kreuzschlitten festgeschraubt. Letz- 
terer tragt das zur Beleuchtung 
dienende Mikroskopobjektiv, welches 
mittels zwei Schrauben, von denen 
in Figur i nur eine sichtbar ist, gegen 
das zur Beobachtung dienende Ob- 
jektiv horizontal verschoben und zen- 
triert werden kann. 

Die zu untersuchende Flüssigkeit 
wird in einer Küvette mit zwei 
Quarzfenstem (Figur 3) ir, und (j 
unter das Mikroskop gebracht Das 
eine Fenster muß der Lichtquelle 
zugekehrt, das andere parallel der 
Frontlinse des Objektivs sein. 

Die Einrichtung des Mikroskops 
mit . der BeobachtungskQvette ist in 
Figur 4 ersichtlich. Die Küvette ist 
mittels Gummischläuchen einerseits 
mit dem Zuflußtrichter, andererseits 
mit dem Abflußrohr verbunden. An 
das Objektiv des Mikroskops ist sie 
mittels eines besonderen Halters fest- 
FigMt 4. gehalten, indem sie durch die in der 

Mikioikop mit Trichterrohr und Küvette. Figur ersichüichen Schrauben SO weit 

an die Frontlinse des Objektivs an- 
gezogen wird, daß ihr oberes Quarzfenster etwa '/,(, mm von der Linse absteht 
Vor der Untersuchung wird durch Einspritzen von Wasser eine Wasserimmersion 
hergestellt. 

Außer dieser Beleuchtungsmethode, bei welcher die Achse des Beleuch- 
tungsbildes senkrecht auf der des mikroskopischen Bildes steht, hat Siedentopf 
eine einfache Dunkel feldbeleuchtung zur Beobachtung ultramikroskopischer Teilchen 



3* Optische Erscheinungen. • 21 

zwischen Objektträger und Deckglas konstruiert, bei der Beleuchtungsbild und 
mikroskopisches Bild eine gemeinsame optische Achse haben. Diese Methode 
beruht darauf, daß an Stelle des Abbe sehen Kondensors eines Mikroskops ein 
Beleuchtungsobjektiv eingesetzt wird, welches das Bild der Lichtquelle in die 
Präparatebene projiziert. Eine präzise Dunkelfeldbeleuchtung verlangt nun, daß 
von diesen das Objekt beleuchtenden Strahlen keiner durch das Beobachtungs- 
objektiv hindurch ins Auge gelangt. Dies wird erzielt, indem man nach dem 
Vorgange Abbes ein Objektiv höherer Apertur durch Abschleifen der Frontlinse 
und Schwärzen der entstehenden Planfläche so weit abblendet, daß in dieses 
Beobachtungsobjektiv nur noch Strahlen von den Aperturen 0,25 — 0,65 treten 
können. Das Beleuchtungsobjektiv hingegen muß einen zentralen Beleuchtungs- 
kegel von der Apertur bis etwa 0,25 liefern, so daß die aus ihm austretenden 
Strahlen an der abgeschliffenen Fläche der Frontlinse absorbiert werden. 

Diese einfache Apparatur gestattet es, in folgender Weise ultramikrosko- 
pische Untersuchungen von Objekten durchzuführen. Das Bild der Lichtquelle 
(Sonnenlicht oder Bogenlicht) wird durch Einstellung des Mikroskopspiegels und 
des in einer Zentriervorrichtung unter dem Mikroskoptisch angebrachten Be- 
leuchtungsobjektivs genau in die Objektebene projiziert. Das zu beobachtende 
Präparat muß auf einen sehr dünnen Objektträger von wenigen Zehntelmillimeter 
Stärke gebracht werden. Die Beobachtung geschieht mittels des nach oben an- 
gegebenen Prinzipien abgeblendeten Beobachtungsobjektivs. 

In jüngster Zeit hat die Wiener Firma C. Reichert einen Spiegelkondensor 
für ultramikroskopische Beobachtungen in den Handel gebracht, welcher nach 
ähnlichen Überlegungen konstruiert ist, wie die zuletzt beschriebene Einrichtung.^ 

TJltramikroskopie kolloidaler Lösimgen. — Mittels der ultramikroskopischen 
Beleuchtungsmethode ist es möglich, die Existenz von Teilchen bis zu einer 
Lineardimension von 5 (i(i zu erkennen, wodurch man in der Lage ist, über die 
Konstitution der kolloidalen Lösungen sehr wichtige Aufschlüsse zu erhalten. 

Im allgemeinen treten bei der ultramikroskopischen Untersuchung von 
Medien folgende Erscheinungen auf. Bei optisch leeren Flüssigkeiten, die sorg- 
fältigst nach den früher dargelegten Prinzipien hergestellt wurden, bleibt das 
Gesichtsfeld dunkel. Bei Hydrosolen tritt in jedem Falle ein intensiver Licht- 
kegel aufi der sich bei starker Verdünnung der Flüssigkeit entweder in deutlich 
sichtbare helle Einzelteilchen auflöst oder, falls die Teilchen noch kleiner sind, 
bei zunehmender Verdünnung allmählich verschwindet. In letzterem Falle ist 
eben die von den Einzelteilchen abgebeugte Lichtmenge zu gering, um dem beob- 
achtenden Auge wahrnehmbar zu sein. 

Nach dem Vorschlage von H. Siedentopf werden die im Ultramikroskop 
bei entsprechender Verdünnung der Flüssigkeit sichtbaren Einzelteilchen als Sub- 
mikronen, die noch kleineren Teilchen, welche sich wohl durch Entstehung 
eines Lichtkegels äußern, der jedoch bei der Verdünnung verschwindet, als Ami- 
kronen bezeichnet. Sind solche vorhanden, so kann man sie durch Aggregation 
zu größeren Teilchen, welche durch Zusatz von optisch leeren Fällungsmitteln 
erzielt wird, sichtbar machen. 

Es wurden bisher eine Reihe anorganischer und organischer Sole ultra- 
mikroskopisch geprüft und es steht zu erwarten, daß durch weitere Arbeiten 
dieses Tatsachenmaterial, welches wohl den weitgehendsten Einblick in das Ge- 
füge kolloidaler Lösungen gestattet, wesentlich vermehrt werden dürfte. 

Anorganische Xolloide. — Goldhydrosol. — Hierüber liegen sehr 
ausführliche Untersuchungen von Zsigmondy* vor, aus denen hervorgeht, daß 

^ Vergl. österr. Chem. Ztg. 10. 5 — 7. 1907; Z. f. Chem. und Ind. der Kolloide. 1. 
274 — 280. 1907. — 2 „Zur Erkenntnis der KoUoide.** Abschnitt VIII; siehe auch derselbe: 
Ȇber Kolloid-Chemie'*, Vortrag. Leipzig 1907. 



22 * Eigensch'aften der kolloidalen Lösungen« 

die durch Reduktion mittels Formaldehyds erhaltenen Goldlösungen in manchen 
Fallen Submikronen von grüner oder gelber Farbe erkennen lassen, in anderen 
Fällen jedoch Amikronen enthalten, die einen kaum mehr wahrnehmbaren Licht- 
kegel hervorrufen. Zwischen diesen Größen wurden bei verschiedenen Gold- 
lösungen eine Reihe von Übergängen beobachtet Ähnliche Ergebnisse zeigten 
sich bei dem durch elektrische Zerstäubung erhaltenen Goldhydrosol. 

Goldrubinglas. — Auch bei diesem konnten die verschiedensten Größen- 
ordnungen der ultramikroskopischen Teilchen beobachtet werden. Farbloses Rubin- 
glas dürfte das Gold in kristalloider Lösung oder als amikroskopische Keime 
enthalten, während angelaufenes gutes Goldrubinglas in der Hauptsache grüne 
submikroskopische Einzelteilchen aufweist. 

Silberhydrosol. — Die nach Bredig durch Zerstäubung oder nach 
Carey Lea durch Reduktion hergestellte kolloidale Silberlösung zeigt verschieden- 
farbige, lebhaft bewegliche Submikronen. 

Platinhydrosol. — Es sind verschieden große, grauweiß gefärbte Einzel- 
teilchen zu beobachten. 

Eisenhydroxydsol. — Der ultramikroskopische Befund läßt erkennen, 
daß sehr wahrscheinlich Amikronen enthalten sind; es tritt ein sehr intensiver, 
bläulicher Lichtkegel auf, der bei der Verdünnung schwächer wird. 

Jodsilberhydrosol. — Es zeigen sich äußerst zahlreiche Einzelteüchen. 

Außer den eben erwähnten Untersuchungen Zsigmondys wurden neuer- 
dings von W. BiLTZ^ die folgenden ultramikroskopischen Beobachtungen anderer 
anorganischer Kolloide veröffentlicht 

Metallhydroxydhydrosole. — Die kolloidalen Lösungen von Chrom- 
oxyd, Aluminiumoxyd, Eisenoxyd, Kieselsäure, Zirkonoxyd, Vanadinpentoxyd usw. 
erwiesen sich im wesentlichen als aus Amikronen bestehende Gebilde, die ultra- 
mikroskopisch erkennbaren Teilchen stehen an Zahl zu der Konzentration der 
untersuchten Lösungen in meist ganz untergeordnetem Verhältnisse. 

Derselbe Forscher hat femer die Abhängigkeit der ultramikroskopischen 
Beschaffenheit der Sole von ihrer Bereitungsweise geprüft und hierbei im all- 
gemeinen die Tatsache erwiesen, daß die kolloidalen Lösungen um so homogener 
(also ärmer an ultramikroskopischen Teilchen) sind, in je geringerer Konzentration 
sie ursprünglich hergestellt wurden. 

Wurden z. B. Antimonsulfidhydrosole aus verschieden konzentrierten Brech- 
weinsteinlösungen hergestellt und nachher so verdünnt, daß in bezug auf Sb^Sj 
gleich konzentrierte Lösungen entstanden, so erwiesen sich die aus verdünnteren 
Anfangslösungen erhaltenen Verdünnungen weitaus ärmer an sichtbaren Teilchen, 
als die aus konzentrierten Stammlösungen bereiteten. 

Farbstoffe. — Nach E. Raehlmann* zeigen die kolloidalen Lösungen 
von Preußischblau und Karmin, femer die Lösungen von Naphtholgelb und 
Methylviolett ultramikroskopische Teilchen. -— L. Michaelis * teilt die Farbstoffe 
nach den Ergebhissen seiner Untersuchungen in optisch total auflösbare, die 
noch bei stärkster Verdünnung Submikronen erkennen lassen (Indulin, Anilinblau, 
verdünnte Lösung von Fuchsin in Kochsalzlösung usw.); femer in partiell auf- 
lösbare, die erst bei gewissen Konzentrationen Einzelteilchen zeigen (Fuchsin, 
Kapriblau und Methyl violett in Wasser); endlich unauflösbare, jedoch fluores- 
zierende Farbstoffe (Fluorescein, Methylenblau usw.), deren optische Inhomogenität 
mittels des Ultramikroskops absolut nicht mehr auflösbar ist, — Zsigmondy 
beobachtete in einer Lösung des Karminfarbstoffes in Wasser viele kleinere Teile 

Organisohe Kolloide. — Much, Römer und Siebert ^ haben zahlreiche 
Eiweißstoffe, Albumosen, femer Gelatine- und Agarlösungen ultramikro- 

^ Nachr. d. k. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen. 1906. Heft 2. i — 16. — 2 Ber. d. D. 
physik. Ges. 6. 330—339. 1903. — 3 ViRCH. Ar(£. 179. 195 — 208. 1905. — ♦ Zeitschr. f. 
diät. u. phys. Therap. 8. 19, 94. 1904. 



3* Optische Erscheinungen. 23 

skopisch geprüft und fanden bei sämtlichen Lösungen Submikronen. Um einen 
zahlenmäßigen Ausdruck für die Menge ultramikrospischer Teilchen zu gewinnen, 
verdünnten sie die untersuchte Lösung stets so weit, daß im Gesichtsfeld des Appa- 
rates 3 — 4 Teilchen erscheinen und bezeichnen diese Verdünnung als Ultrawert, 
welcher sich für verschiedene Kolloide als ziemlich differierend erwies. — Raehl- 
MANN^ beobachtete in Glykogenlösungen sowie in eiweißhaltigem Harn zahlreiche 
Teilchen. — Michaelis* fand bei der Untersuchung von Eiweißlösungen, daß 
wohl ein Teil des Eiweißes im Apparat sichtbar wird, daß aber der andere An- 
teil amikroskopisch ist und die Erscheinungen verdeckt Wie auch Zsigmondy 
angibt, entstehen daher bei Eiweißlösungen leicht Komplikationen, welche das 
Ergebnis der Untersuchung dieser Gebilde nicht völlig klar deuten lassen. — 
W. BiLTZ und Z. Gatin-GruJewska^ haben bei der ultramikroskopischen Prü- 
fung eines besonders reinen Glykogenpräparates, das in optisch leerem Wasser 
gelöst wurde, zahlreiche weiße Submikronen neben einem deutlichen Lichtkegel 
beobachtet, der bei sehr starker Verdünnung (1:300000) beinahe verschwindet, 
wobei nur sehr wenige Teilchen sichtbar sind. Wurde Alkohol zugesetzt, so 
zeigten sich bei steigendem Zusätze immer mehr Teildhen infolge des Zusammen- 
flockens der Amikronen zu Submikronen. — Zsigmondy* untersuchte eingehend 
eine Lösung von löslicher Stärke und fand, daß eine Sprozentige durch Kochen 
hergestellte Lösimg nur Amikronen enthält, während nach einiger Zeit bei ge- 
wöhnlicher Temperatur eine Opaleszenz auftrat, die sich bei ultramikroskopischer 
Prüfung als von zahlreichen, lebhaft glänzenden Submikronen, die massiv erfüllt 
sein dürften, herrührend ergab. Beim Erwärmen dieser opsiliszierenden Lösung 
trat sofort wieder völlige Klärung ein. Gelatinelösung zeigt nach Untersuchungen 
desselben Forschers je nach der Bereitungs weise entweder kleine frei bewegliche 
Einzelteilchen oder nur einen homogenen Lichtkegel. — 

e) Die Teilchengröße. 

Die Frage nach den Oimensionen der. in kolloidalen Lösungen vor- 
handenen Einzelteilchen bot, seitdem der heterogene Charakter dieser Gebilde er- 
kannt wurde, ein naheliegendes hohes Interesse. Solange die Teilchen nicht 
sichtbar gemacht werden konnten, war es nur möglich, auf Grund theoretischer 
Betrachtungen zu versuchen, ein Urteil über diese Tatsache zu gewinnen. — 
Bredig* hatte aus dem negativen Ergebnis seiner mikroskopischen Untersuchung 
von Goldlösung gefolgert, daß die Teilchen kleiner als 0,14 ft sein müssen, also 
die Molekulardimension höchstens um etwa das 1000 — 10 000 fache übertreffen, 
da der Durchmesser einer Wasserstoffmolekel nach der kinetischen Gastheorie 
etwa 0,00016 f4 beträgt. 

C. A. LoBRY DE Brüyn® ermittelte nach folgender Überlegung die Größe 
dör in Pseudolösungen vorhandenen Teilchen. Die kleinsten Teile, welche die 
Fähigkeit besitzen, zurückgeworfenes Licht zu polarisieren und blauviolette Fär- 
bungen auftreten zu lassen, müssen 50 bis 100 mal kleiner sein als die Wellen- 
länge des Lichts. Daher ist es wahrscheinlich, daß kolloidale Lösungen, welche 
das Licht polarisieren, Teilchen vom Durchmesser 5 — lOftf* (1 ftft = 0,000001 mm) 
enthalten. 

Weitere darauf bezügliche Untersuchungen von F. Ehrenhaft ^ gingen von 
der Beobachtung der selektiven Absorption von Metallhydrosolen aus, wobei sich 
ergab) daß die Kolloide für langwellige Strahlen durchlässiger sind, während kurz- 
wellige diffus reflektiert werden. Mit Anwendung der Ergebnisse der elektro- 



^ I. c. — 2 ]. c. — 3 PflCgers Arch. 106. 115 — 120. 1904. — ♦ i,Ziir Erkenntnis der 
Kolloide.** p. 174. — 8 „Anorganische Fennente." p. 20. — ® Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 
251 — 258. 1900. — 7 Wiener Ber. 112. 181 — 209. 1903. 



24 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

magnetischen Lichttheorie kann nun aus dem Maximum der Absorption auf eine 
optische Resonanz der Schwingung des einfallenden Strahls mit jener der kleinen 
eingebetteten Teilchen geschlossen werden, welche Betrachtung es ermöglicht, 
falls man den kleinen Teilchen Kugelgestalt zuschreibt, nach den Gesetzen der 
elektrischen Schwingung einer Kugel die Größe dieser Teilchen zu berechnen. 
Theoretische Erwägungen ergeben für die Größe des Kugelradius a den 
Ausdruck 

]/8 l 



a = 



4n n 



wobei n der Brechimgsexponent von Luft in Wasser, l die Wellenlänge des 
Absorptionsmaximums ist, welche experimentell mittels eines Spektrophotometers 
ermittelt wurde. Da nun 

1/8 
-^ — = 0,103 

47C« 

so ergibt sich z. B. für Gold, bei dem k zu 490 — 520 iifi ermittelt wurde, a zu 
49— 52,10~'cm; für Platin 48,10"'cm; für Silber 38— 48,10~^cm. Diese Größen 
fallen in die Grenzen, welche die Theorie J. J. Thomsons ^ für die Dimension 
suspendierter Metallteilchen verlangt, welche das von ihnen diffus reflektierte 
Licht maximal unter dem Winkel von 120® gegen den einfallenden Strahl po- 
larisieren. Daß die Metallhydrosole tatsächlich diese letztere Bedingung erfüllen, 
wurde von Ehrenhaft experimentell bei den kolloidalen Lösungen von Gold, 
Silber, Platin und Kupfer beobachtet. 

Nach den Ausführungen von F. Pockels^ und R. Zsigmondy^ kann man 
jedoch aus dem Verlauf der Absorptionskurve der Lichtstrahlen keinen Rück- 
schluß auf die Teilchengröße ziehen, insbesondere muß nach der Ansicht Sieden- 
TOPFS, ZsiGMONDYS u. a. vielen unbekannten Faktoren (Abstand und Gestalt der 
Teilchen, Substanz des Metalls usw.) eine wesentliche Bedeutung zugemessen 
werden. * 

Ein unanfechtbares Urteil über die Teilchengröße konnte erst gewonnen 
werden, nachdem die Methode der Sichtbarmachung ultramikroskopischer Teil- 
chen zur Größenbestimmung dieser Teile angewendet wurde. Nach Siedentopf 
imd ZsiGMONDY* ergeben die folgenden Betrachtungen ein Urteil über das durch- 
schnittliche Maß der Einzelteilchen. Bestimmt man den Metallgehalt einer kol- 
loidalen Goldlösung, so ergibt sich hieraus die Angabe IC für die Masse zer- 
teilten Metalls in der Volumeinheit Wird nun mittels einer geeigneten Vorrich- 
tung ein im Gesichtsfeld gelegener Teil des Strahlenkegels scharf abgegrenzt, 
so daß mittels eines Okularmikrometers die Dimensionen desselben gemessen 
werden können, so läßt sich das Volumen v dieses abgegrenzten, erleuchteten 
Teiles berechnen. Zählt man hierauf mittels des Ultramikroskops die im Volumen v 
vorhandenen Einzelteilchen aus und bestimmt ihre Zahl etwa mit n, so sind in 

n K 

der Volumeinheit — = a Teilchen, daher ist die Masse eines Teilchens — . 

V a 

Wird der Einfachheit halber den Goldteilchen Würfelgestalt zugeschrieben, so 
berechnet sich, wenn s das spezifische Gewicht des Goldes ist, die lineare Di- 
mension des Teilchens zu 



y sa y sn 



^ Recent Researches in Elektridty and Magnetism. 1893. P* 437* — ^ Phys. Zeitschr. 
5. 152 — 156. 1904. — 3 ^^ZxLX ErkenntDis der Kolloide.** p. 104 und Kapitel X. — ♦ Ann. 
Phys. (4) 10. p. 16—29. 1903. 



3* Optische Erscheinungen. 2 5 

Durch analoge Betrachtungen läßt sich auch die Ermittlung der Teilchen - 
abstände zur Berechnung der Teilchendimensionen verwenden. Die experimen- 
tellen Einzelheiten und Vorsichtsmaßregeln zur sachgemäßen Durchführung dieser 
Untersuchungen sind ausfuhrlich in den zitierten Arbeiten Zsigmondys be- 
schrieben. 

Es möge an dieser Stelle genügen, die bisher auf ultramikroskopischem 
Wege ermittelten Dimensionen der Teilchen in kolloidalen Lösungen anzuführen. ^ 
Gold. — Es haben sich die manigfaltigsten Dimensionen von Amikronen 
bis zu 6, 32, Ibfi^i, sogar 130 fi(i ergeben. Die violetten und blauen Gold- 
lösungen enthalten im allgemeinen größere Teilchen. Bei Goldhydrosol das durch 
Zerstäubung erhalten wurde, zeigte sich eine Teilchengröße von 20 — 80 (a(i. Lösungen, 
deren Teilchen die Größe von 60 (i(i übersteigen, sind meist unbeständig und flocken 
leicht aus. Die kleinsten Teilchen lassen sich experimentell nicht mehr sicher 
messen. 

Die überaus ausführlichen Untersuchungen, welche Zsigmondy speziell über 
diesen Gegenstand angestellt hat, sind in seiner mehrfach erwähnten Monographie 
niedergelegt, auf welche besonders bezüglich der Mannigfaltigkeiten, die sich 
gelegentlich der Ultramikroskopie der kolloidalen Goldlösungen ergeben haben, ver- 
wiesen werden muß. Als allgemeines Ergebnis dieser Forschungen kann fest- 
gehalten werden, daß es gelingt, von beinahe optisch leeren, hochroten Gold- 
hydrosolen mit ultramikroskopisch nicht mehr sichtbaren Teilchen bis zu makro- 
skopisch getrübten Zerteilungen mit Teilchen von 1 bis 3 f4 Goldlösungen von 
mannigfaltigster Teilchengröße herzustellen. 

Zu erwähnen sind femer auch neue Beobachtungen R. Zsigmondys,* denen 
zufolge die kleinen Teilchen von kolloidalem Gold in Flüssigkeiten, welche Gold- 
chlorid und ein Reduktionsmittel (z. B. Formaldehyd) enthalten, zu größeren Ge- 
bilden heranzuwachsen vermögen. Die Goldteilchen wirken also, ähnlich wie 
kleine Kriställchen in Salzlösungen, gewissermaßen als Keime und lösen die 
Bildung des kolloidalen Goldes aus. 

Auch L. Vanino und F. Hartl^ konnten feststellen, daß die Bildung 
von Goldhydrosol durch Hinzufügung einiger Tropfen fertiger kolloidaler Gold- 
lösung („Impfen") zu frischem Reduktionsgemisch wesentlich beschleunigt wird. 
Diese Tatsache ist insbesondere deshalb wichtig, weil sie es gestattet, von 
den Goldhydrosolen mit amikroskopischen Teilchen ausgehend zu stufenweise 
immer gröberen Zerteilungen bis zu mechanischen Suspensionen zu gelangen. 
Es wird hierdurch möglich, ein Urteil über die Zahl und Größe der Ami- 
kronen — welche sonst der ultramikroskopischen Beobachtung unzugänglich 
blieben — zu gewinnen, indem man ein Goldhydrosol, welches Gold in ami- 
kroskopischer Zerteilung enthält, frischem Goldreduktionsgemisch zufügt, worauf 
die Amikronen bis zu ultramikroskopisch sichtbarer Größe heranwachsen. Nach 
vorläufigen Angaben Zsigmondys hat sich für die Massen der in einigen Gold- 
hydrosolen vorhandenen Amikronen eine Größenordnung von 1 — 5 • 10""*® mg, 
für deren Lineardimensionen etwa 1,7 — 3 fift ermitteln lassen. 

Es ist bemerkenswert, daß nach den Ergebnissen weiterer, von R. Zsigmondy 
in Gemeinschaft mit A. Lottermoser* ausgeführten Versuchen, Amikronen von 
kolloidaler Goldlösung auch in silberhaltigen Reduktionsgemischen (z.B. ammo- 
niakalischer Silbemitratlösung mit Formaldehyd) zu größeren Teilchen heran- 
wachsen, indem sich an ihnen metallisches Silber ausscheidet. Ebenso hatten 
G. Bredig und J. Weinmayr auf kolloidalen Goldkernen kolloidales Quecksilber 
aus Sublimatlösungen erzeugt.^ 

^ Wo nicht anders angegeben nach Untersuchungen Zsigmondys „Zur Erkenntnis der 
KoUoide". Kap. IX, XIV, XV und XVIIl. — 2 z. phys. Ch. 66. 63—76. 1906; Z. f. Elektr. 
12. 631—635. 1906. — 3 Ber. 39. 1696— 1700. 1906. — ♦ Z. phys. Ch. 66. 77—82. 1906. 
— 5 Ann. d. Physik. BOLTZMANN-Festschrift. 841. 1904. 



26 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Silber. — Lineardimension 50 — 77 (i(a, 

Platin. — Die Berechnung der mittleren Teüchengrößen aus den Ab- 
ständen führt zur Dimension 44fifi. 

Jodsilberhydrosol. — Dieses enthält zunächst nur Amikronen, die nach 
einigen Tagen zu Teilchen zusammentreten, deren ungefähre' Masse sich zu 
10""^* mg ergibt Die konzentrierteren, nach dem Verfahren von A. Lotter- 
moser ^ hergestellten Hydrosole enthalten Einzelteile von der mittleren Größe 6 Oftfu 

Es ist eine besonders ' hervorzuhebende Tatsache, welche aus diesen Unter- 
suchungen hervorgeht, daß die Einzelteilchen in verschiedenen Hydrosolen desselben 
Stoffes sehr verschiedene Größen besitzen, wie Zsigmondy bezüglich des kolloi- 
dalen Goldes ausführlich dargelegt hat Dieser Befund stimmt mit der weit älteren 
Ansicht der englischen Forscher H. Picton und S. E. Linder* überein, welche 
auf Grund mikroskopischer Beobachtung und des TYNDALLschen Experiments 
festgestellt hatten, daß die kolloidalen Lösungen des Arsensulfids verschieden große 
Teilchen enthalten. Eine Modifikation a ließ unter dem Mikroskop Teile er- 
kennen, die Lösung ß jedoch nicht mehr, zeigte aber das TYNDALL-Phänomen ; 
die Modifikation y hinterläßt bei der Filtration durch ein Tonfilter die festen 
Anteile von ASjSg ; die Art 6 endlich ließ sich unverändert durch Ton filtrieren. 

4. Verhalten bei der Filtration. 

Enge zusammenhängend mit der Frage nach der Teilchengröße der kol- 
loidalen Lösungen ist jene nach ihrer Filtrierbarkeit durch poröse Scheidewände, 
denn sind die EinzeUeilchen größer als die Poren des Filters, so werden sie 
zurückgehalten, während sie andernfEills ungehindert durchtreten können. 

Alle Hydrosole sind, wenn auch in manchen Fällen langsam, unverändert 
durch Papierfilter filtrierbar. In bezug auf Filtration durch Tonplatten wurde im 
vorigen Abschnitt erwähnt, daß die Lösung von AsgSg unverändert filtrierbar ist 
Bredig^ filtrierte das durch Zerstäubung erhaltene Goldhydrosol durch die 
PuKAixsche Zelle, wobei nur die ersten Anteile durch. Absorption Gold abschieden, 
während die weitere Lösung filtrierbar war. Zsigmondy* filtrierte Goldlösungen 
durch eine Filterkerze (nach Maassen oder Chamberland) und durch ein Pü- 
KALLsches Ballonfilter, wobei Teilchen von 30 (i(i glatt durchgingen, insbesondere 
bei Gegenwart von Eiweiß. Reine Goldhydrosole scheiden an der Oberfläche 
der Filter durch Adsorption festes Gold aus, das allmählich die Poren verlegt, 
so daß die Filtrate allmählich farblos and arm an Teilchen werden, während sich 
die letzteren in der Außenflüssigkeit anreichem. 

Um die Teilchengröße von kolloidal gelöstem Silber zu ermitteln, versuchte 
C. Bakus, '^ dieses durch poröse Membranen durchzupressen und die Porenweite 
jenes Filters zu ermitteln, durch welches das Sol eben noch unverändert durch- 
geht Zur Ermittelung der Porenweite der verwendeten Membran wurde diese 
mit Wasser getränkt und der Druck gemessen, vermittels dessen durch ihre 
Poren Luft in Wasser gepreßt werden konnte. Auf Grund physikalischer Über- 
legungen läßt sich, wenn dieser gemessene Druck mit der Oberflächenspannung 
des Wassers in Beziehung gebracht wird, der Durchmesser der Filteröffhungen 
berechnen. In einem Falle wurde dieser Durchmesserwert für eine Membran, 
durch die sich ein bestimmtes Silberhydrosol eben noch pressen ließ, zu 36 fifi 
berechnet, so daß die Teilchengröße für dieses Sol etwas unter dieser Grenze 
lag. Diese Angabe stimmt mit der durch direkte ultramikroskopische Messung er- 
mittelten oben angegebenen Größenordnung für Silbersolteilchen annähernd überein. 

1 J. prakt. Ch. (2) 68. 341—343. 1903. — 2 joum. Chem. Soc. 61. 148 — 172. 1892. 
— 3 Anoi^anische Fermente, p. 27. — ♦ Zur Erkenntnis der Kolloide. Kap. XIII. — ^ SiU, 
Am. Journ. (3) 48. 51—54. 1895. 



4- Verhalten bei der Filtnttion. 27 

In jüngster Zeit hat H. Bechhold ^ interessante Versuche angestellt, welche 
darauf ausgingen, durch passende Wahl von Filtern bezw. ihrer Porenweite Kolloid- 
teilchen von flüssigen Medien oder auch von Kristalloiden durch Filtration ab- 
zusondern. Es dienten hierzu Filter, welche aus Fiitrierpapier, Geweben, Draht- 
netzen u. dgl. durch Imprägnation mit Gallerten verschiedener Konzentration in 
geeigneter Weise erhalten wurden. Vermittels solcher Filter konnten anorganische 
Hydrosole, wie Arsensulfid, Eisenoxyd, vom Lösungsmittel getrennt werden, femer 
gelang es, Eiweiß- und Hämoglobinlösungen durch Filtration einzudicken, während 
das Filtrat eiweiflfrei blieb. 

Da sich nun durch Änderung der Konzentration jener Gallerte, die zur 
Imprägnation der Filter verwendet wurde, deren Dichte und Poren weite will- 
kürlich abändern läßt, konnten die der Filtration unterworfenen Sole bezüglich 
ihrer Teilchengröße unterschieden werden. Es ergab sich z. B., nach abnehmen- 
der Teilchengröße angeordnet, folgende Reihe kolloidaler Lösungen: 

Berlinerblau, Platinhydrosol nach Bredig, Eisenoxyd, Kasein, Arsen- 
sulfid, Gold (nach Zsigmondy mit Teilchen von etwa 40 fifi), Gelatine, 
Wismutoxyd nach Paal, Gold (Teilchen von etwa 1 — 4 (ifi), Hämo- 
globin, Silber nach Paal, Serumalbumin, Diphthcrietoxin, Collargol, 
Hämatin, Protalbumosen, Kieselsäure, Deuteroalbumosen, Dextrin. 

■ 

Diese Reihe stimmt mit den Ergebnissen der ultramikroskopischen Unter- 
suchungen im allgemeinen gut überein. 

Derartige Filter können in zweiter Linie auch dazu benutzt werden, Ge- 
menge von kolloidalen Lösungen mit verschiedener Teilchengröße zu sondern, 
also gewissermaßen eine fraktionierte Filtration von Kolloiden zu bewerk- 
stelligen. So z. B. konnten die Albumosen des Peptons Witte mittels ver- 
schieden dichter Filter in verschiedene Albumosenfraktionen zerlegt werden, ebenso 
konnten Gemenge von Lysargin (kolloidalem Silber) und Hämoglobin in ihre 
Bestandteile zerlegt werden. 

Im allgemeinen können die Ergebnisse der Filtrationsversuche, denen kolloi- 
dale Sole unterworfen wurden, in folgendem zusammengefaßt werden. 

Es ist für deren Erfolg in erster Linie die Größe der Filterporen gegen- 
über jener der Kolloidteilchen maßgebend, doch dürfen folgende Tatsachen nicht 
außer acht gelsissen werden. 

Einerseits enthalten, worauf Zsigmondy ^ hinweist, im allgemeinen die ein- 
zelnen Filter selbst Poren von sehr verschiedener Weite, so daß z. B. bei der 
Filtration von Goldhydrosol durch eine Chamberland- Kerze Goldteilchen durch 
einzelne größere Poren durchtreten, während die Mehrzahl von Teilchen gleicher 
Größenordnung die anderen Poren nicht zu passieren vermögen. Derartige Ver- 
schiedenheiten der Porenweite kann man, wie es scheint, allerdings nach dem 
Verfahren, welches Bechhold angegeben hat, umgehen. 

Andererseits treten jedoch vielfach Absorptions- und Adhäsionserscheinungen 
zwischen der Filtersubstanz und der kolloidalen Lösung auf, denen es zuzuschreiben 
ist, daß die ersten Anteile des Sols gut filtrierbar sein können, während späterhin 
die Filtration immer langsamer vor sich geht und endlich überhaupt aufhören 
kann. Auf derartige Absorptionserscheinungen deuten die bereits erwähnten Be- 
obachtungen Bredig s und Zsigmondy s, denen zufolge bei der Filtration von 
kolloidalen Goldlösungen durch Tonzellen auf deren Oberfläche Anteile von Gold 
zurückbleiben. Auch Bechhold stellte im Verlaufe seiner Filtrationsversuche 
fest, daß z. B. Lösungen von Lab, Arachnolysin (Gift der Kreuzspinne) u. a, m. 
Gelatinefilter nicht zu passieren vermögen, jedoch nicht etwa wegen der Größe 
ihrer Teilchen, sondern weil das Filtermaterial sie bindet 

^ Vortr. 78. Vers. d. Naturf. u. Ärzte. Stuttg. 1906; Ref.: Z. f. Elektr. 12. Nr. 42. 
1906; Vortr. 14. Vers. D. Bunsen-Ges. Hamburg. 1907; Ref.: Chem. Ztg. 31. 541. 1907. — 
^ ,,Zur Erkenntnis der KoUoide". Kap. XIII. „Filtrierversuche". 



28 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 



5. Die Molekularbewegimg. 

Der englische Botaniker R. Brown ^ entdeckte mittels des Mikroskrops 
eine eigentümliche, zitternde Bewegung feiner, in Wasser suspendierter Teil- 
chen, welche nach ihm als BROWNsche Molekularbewegung bezeichnet wird. 
Sie äußert sich in einer unregelmäßigen, vibrierenden Zickzackbewegung mikros- 
kopisch kleiner Körperchen, die erst nach längerer Zeit zur Ruhe kommt 

In der Folge wurden ähnliche Bewegungserscheinungen in zahlreichen 
Fällen beobachtet und beschrieben, es wurden femer Versuche angestellt, um die 
Bedingimgen des Auftretens dieses Phänomens wie auch die Ursachen desselben 
kennen zu lernen. Indes erwiesen sich die älteren experimentellen Arbeiten 
sowie auch die meisten verschiedenartigen theoretischen Ansichten nicht als ge- 
eignet, die Frage nach dem Wesen der BROwNschen Bewegungserscheinungen 
unzweideutig aufzuklären. 

Von einigen dieser älteren Arbeiten, soweit sie außer Erklärungsversuchen 
experimentelle Tatsachen über die in Rede stehende Erscheinung bringen, möge 
zunächst die Rede sein. • 

Regnauld* fand, daß in Flüssigkeit suspendierte Kügelchen von 0,00025 mm 
Radius eine Wegstrecke von 0,0025 mm zurücklegen und erklärte die Erscheinung 
durch die einseitige Erwärmung der festen Teilchen infolge der Bestrahlung durch 
den Spiegel des Mikroskops, wobei das Licht durch Absorption an der Oberfläche 
der Partikelchen in Wärme umgesetzt wird, so daß feine Strömungen entstehen, 
welche die Bewegung der Teilchen bewirken. Tatsächlich erschien die Bew^ung 
durch Einschaltung eines dunklen Glases verlangsamt. Wiener' konnte jedoch 
keinerlei Einfluß der Erwärmung auf die Lebhaftigkeit der Bewegung finden und 
nimmt als deren Ursache einen inneren, dem Flüssigkeitszustande eigentümlichen 
Bewegungszustand an, der direkt nicht wahrnehmbar ist, sich aber indirekt in der 
Molekularbewegung feiner Teilchen äußert. Exner* setzte diese Untersuchungen 
fort und fand, daß die Viskosität der Flüssigkeit die Bewegung wesentlich beein- 
trächtigt, daß licht und Wärme die zurückgelegten Wege der Teilchen vergrößern, 
daß femer die Bewegung mit Zunahme des Volumens der Körperchen rasch 
abnimmt und endlich, daß die Molekularbewegung imstande ist, Arbeit zu leisten, 
indem sie die feste Masse in der Flüssigkeit entgegen der Wirkung der Schwere 
in beträchtliche Höhe transportiert. Renard ^ beobachtete die Bewegung bei 
Bleiweiß, Kupferoxyd, Berlinerblau, auch bei Flüssigkeitsemulsionen und Gas- 
blasen; er nimmt zur Erklärung der Erscheinung einen inneren Bewegungszustand 
der Flüssigkeit an. 

F. Schulze® konstatierte bei trüben oder opalisierenden Flüssigkeiten 
mittels des Mikroskops feine, amorphe Teilchen, die Molekularbewegung zeigten. 
Durch geringe Mengen Alaun, Kalk, Säuren, welche zugefügt wurden, traten die 
festen Partikelchen zusammen und die Bewegung hörte auf. — C. Fuchs ^ be- 
zeichnete die Brown sehe Bewegung als „Scheinanziehungen und Scheinabstoßungen 
zwischen suspendierten Teilen" und führte sie darauf zurück, daß sich die festen 
Teilchen mit Mänteln verdichteter und verdünnter Flüssigkeit umgeben, wodurch 
die Wechselwirkxmg hervorgerufen werde. 

W. Ramsay® suchte die Ursache der Molekularbewegung auf Stöße der 
Flüssigkeitsmoleküle gegen die schwebenden festen Teilchen zurückzufuhren, ge- 
langt also zu ähnlichen Annahmen, wie sie in neuerer Zeit zur Erklärung dieses 



1 Edinb. New. Phil. Joum. 6. 358. 1828; 8. 41. 1830; Phil. Mag. 4. loi. 1828; 6. 

161. 1829. — 2 j, d. pharm. (3) 34. 141. 1857. — 3 Ann. Phys. (2) 118. 85. 1863. — 

♦ Wien. Akad. Ber. 66. II. 116. 1867. — 8 Jahresber. für Chemie. 1874. p. 60. — 

^ Ann. Phys. (2) 129. 366. 1867; Zeitschr. f. Chem. 1867. 158. — ^ Rep. d. Phys. 25. 

— 742. 1889. — 8 Chem. New. 65. 90 — 91. 1892. 



5« ^^ MolekuUrbewegung. 20 

Phänomens vielfach gemacht werden. Er fand experimentell, daß Teilchen von 

cm 
2,8 • 10~^* g eine Bewegung mit einer Geschwindigkeit von 1,4 • 10~* — — aus- 

sejk« 

führen. Da nun die Masse eines derartigen Teilchens die einem Wassermolekül 
theoretisch zugeschriebene Masse etwa 100 Billionen mal Übertrifft, so muß, um 
die oben gegebene Erklärung zulässig erscheinen zu lassen, außerdem angenommen 
werden, daß die Wassermoleküle in der Form sehr großer Komplexe zur Wir- 
kung gelangen. Um auf Grund dieser Hypothese auch die experimentell viel- 
fach festgestellte Tatsache zu erklären, daß ein Elektrolytzusatz die Molekular- 
bewegung aufhebt, nahm Ramsay weiter an, daß die Ionen der zugefügten 
Elektrolyte eine eigenartige Aufspaltimg der großen Molekülkomplexe verursachen 
sollen, wodurch kleinere Komplexe entstehen, die keine wirksamen Stöße auf die 
festen Teilchen ausüben können. 

Nach G. Quincke^ ist die Brown sehe Bewegimg, die sich besonders gut 
bei frisch hergestellten Trübungen anorganischer fester Körper erkennen läßt, die 
Folge einer in kurzen Zwischenräumen auftretenden periodischen Ausbreitung an 
der Oberfläche dünner Luft- oder Flüssigkeitsschichten, mit denen die in der 
Flüssigkeit schwebenden Teilchen bekleidet sind, -^ei größerer Energie der Aus- 
breitung werden die Teilchen nicht nur verschoben, sondern bis zur Berührung 
zusammengeführt, daher soll dann Flockenbildung eintreten. 

F. DiEHL* beobachtete die Molekularbewegung bei kolloidalen Lösungen 
der Hydroxyde von Eisen, Chrom und Aluminium, femer bei Heptylaminseifen, 
z. B. ölsaures Heptylamin Cj8Hg302(NH3 • C^Hjg) und erukasaures Heptylamin 
^82^41 ^2(^^51 ' ^7^15)- ^^^ Erklärung der Molekularbewegung geht er mit 
Krafft von der sonderbaren Vorstellung aus, daß Wasser selbst eine Kolloid- 
substanz sei. Nach der später zu erörternden Hypothese von F. Krafft müßten 
sich dann die Moleküle des Wassers in rascher rotierender Bewegung befinden, 
welche sich weiter auf die kleinen Partikelchen übertragen soll. 

R. ZsiGMONDY^ hat bei kolloidalen Goldlösungen auf ultramikroskopischem 
Wege ungemein lebhafte Bewegungserscheinungen der Goldteilchen beobachtet, 
welche sich insbesondere bei den kleinsten Teilchen aus einer Translations- 
beweguog und einer Oszillationsbewegung zusammengesetzt erwiesen. Die Ampli- 
tude der Translationsbewegung überstieg bei den kleinsten Teilchen den 100- 
bis 1000 fachen Betrag des eigenen Durchmessers, die Weglängen wurden in 
^/ß — ^/q Sekunden zurückgelegt. Bei größeren Teilchen sind die Weglängen 
kleiner, auch die Geschwindigkeiten der Bewegung geringer. Die folgende Tabelle 
gibt einige interessante Messungen wieder, welche die Abhängigkeit der Be- 
wegungsamplitude von der mittleren Teilchengröße deutlich zeigen. 



Berechnete mittlere 


Amplitude der 


Teilchengröße 


TranslationsbeweguDg 


m fifi 


in fi 


ca. 6 


über 10 


ca. 10 


3—10, auch 20 


15 • 5 


2—15 


ca. 23 


1—3 


32 


0,7—1,5 




einige 3 — 6 


35 


1—7 


54 


kleiner als 1 



' Ann. Phys. (4) 7. 65. 1902. — 2 „über die innere Struktur des Wassers und deren 
Einfluß auf Bildung kolloidaler Lösungen.^^ Diss. Heidelbei^. 1904. — 3 ^,Zur Erkenntnis der 
Kolloide**, p. 106 — iii. 



jo Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Die Tatsache, daß kleine Goldteilchen viel lebhaftere Bewegung zeigen, 
stimmt übrigens mit den älteren Beobachtungen Exkers überein und auch Atter- 
BERG^ findet neuerdings, dafi Sandteilchen, die kleiner als 2fi sind, im Wasser 
sehr lebhafte Molekularbewegung zeigen, während Teile, welche die Grenze Zu 
übersteigen, sich nicht mehr bewegen. 

ZsiGMONDY hebt auch gewisse Unterschiede dieser Bewegung der Gold- 
teilchen von der typischen Brown sehen Bewegung hervor; bei letzterer vibrien 
das Teilchen um eine Mittellage, bei der Goldlösung ist jedoch die Bewegung 
eine fortschreitende, die Teilchen durcheilen nach einer Reihe sehr rasch aus- 
geführter Zickzackbewegungen das Gesichtsfeld. 

Die Bewegung der Goldteilchen erwies sich als vollständig unabhängig von 
der Bestrahlung des Flüssigkeitsraumes und zeigte sich auch bei mehrere Monate 
alten Goldlösungen. Es scheint eine gewisse gegenseitige Beeinflussung der £inzel- 
teilchen zu bestehen. 

Die Ursache der Brown sehen Bewegung sucht Zsigmondy in der elek- 
trischen Ladung der Goldteilchen, die mit den Ionen und auch untereinander 
in Wechselwirkung treten. 

Zu klareren Anschauungen über das Wesen der Molekularbewegung gelangt 
man auf Grund der Betrachtungen, welche M. v. Smoluchowski * vor kurzer 
Zeit veröffentlicht hat. 

Auf Grund der experimentell festgestellten Tatsachen läßt sich über die 
in Rede stehende Erscheinung folgendes sagen. Das Brown sehe Phänomen ist 
ein durchaus allgemeines und tritt, wenn nur die festen Teilchen genügend 
kleine Dimensionen haben, in Flüssigkeiten von nicht zu erheblicher Zähigkeit 
immer auf. Die chemische und physikalische Beschaffenheit der suspendierten 
Substanz scheint ohne Einfluß auf die Bewegung zu sein. 

Die Bewegung ist femer zeitlich unveränderlich, dauert also, solange die 
Teilchen in der Flüssigkeit schweben, unverändert fort. Äußere Einflüsse ver- 
schiedener Art, wie z. B. längeres Kochen der Flüssigkeit, Aufbewahrung im 
Dunkeln, Beleuchtung mit Tageslicht, dessen Wärmestrahlen ausgeschaltet 
werden usw., verändern die Erscheinung in keiner Weise. 

Es dürften also von vornherein alle jene Theorien, welche die Brown sehe 
Bewegung durch Annahme einer äußeren Energiequelle zu erklären* versuchen, 
auszuschließen sein. Die wiederholt ausgesprochene Vermutung, daß Konvektions- 
ströme, welche durch Temperaturgleichheiten verursacht werden, die Ursache für 
das Phänomen bilden, erweist sich durch einfache physikalische Erwägungen als 
unzulässig. Ebenso sind die von Quincke gegebenen Vorstellungen nicht geeignet, 
das so allgemein auftretende imd, wie bereits erwähnt wurde, von der stofflichen 
Beschaflenheit des suspendierten Materials unabhängige Phänomen allgemein zu 
erklären, denn die periodischen Aiisbreitbewegungen wurden nur in ganz wenigen 
besonderen Fällen beobachtet. 

Zur Erklärung der Brown sehen Bewegung müssen also Theorien heran- 
gezogen werden, welche diese Erscheinung auf innere Energiequellen zurück- 
zuführen suchen. Hierbei vermögen jedoch solche Hypothesen, welche das 
Bestehen gegenseitiger Abstoßungskräfte oder elektrischer Kräfte zwischen den 
Teilchen annehmen ebensowenig befriedigende Aufklärung zu bringen, wie die 
Annahme, daß hier Erscheinungen kapillarer Energie vorlägen, oder daß geringe 
Verunreinigungen des Mediums die Bewegung verursachten. Die allgemeinste 
und bisher den beobachteten Tatsachen am besten gerecht werdende Theorie 
ist jene, die als eigentlichen Ursprung die innere Wärmeenergie annimmt, 



' Chem. Ztg. 29. 195 — 198. 1905. — 2 Ann. d. Phys. (4) 21. 756—780. 1906; da- 
selbst findet sich auch eine wertvolle Literaturzusammenstellung über alle früheren, die Mole« 
kularbewegung betreffenden Veröffentlichungen; 



5. Die Molekularbewegung. ^X 

die Brown sehe Bewegung also als das unmittelbare Ergebnis der den Teilchen 
seitens der Flüssigkeitsmoleküle erteilten Bewegungsantriebe ansieht. 

Auf Grund anal3rtischer Betrachtungen, deren Einzelheiten in der Original- 
arbeit eingesehen werden müssen, hat v. Smoluchowski eine kinetische Inter- 
pretation dieser Hypothese ausgearbeitet, in deren Verlauf er zu folgenden Er- 
gebnissen gelangt. 

Unter der Voraussetzung, daß die Dimensionen des Teilchens M nicht 
viel kleiner sind als die mittlere Weglänge der umgebenden Moleküle, ergibt sich 
für den von einem Teilchen M zurückgelegte Weg A der Ausdruck 

, 81/2 , [m 



sys 



i/- 



worin tn die Masse, c die mittlere Geschwindigkeit der Flüssigkeitsmoleküle, S den 
Widerstandskoeffizienten bedeuten. Wird für letzteren die von Stokbs gegebene 
Formel 

eingesetzt, in der \l den spezifischen Widerstand der Flüssigkeit, R den Halb- 
messer des Teilchens angibt, so folgt für den Weg eines Teilchens: 

8 c^rn^ 

' Aus dieser Gleichung ist zunächst zu ersehen, daß die Bewegung von der 
Masse der Teilchen M (welche in dem Ausdrucke gar nicht vorkommt), völlig 
unabhängig ist; daß ferner mit Abnahme der Dimensionen des Teilchens die 
Geschwindigkeit der Bewegung wesentlich zunimmt, während sie in zähen Flüssig- 
keiten (mit größerem in) kleiner wird. Temperaturerhöhung bewirkt Vergrößerung 
von c, daher auch Zunahme der Geschwindigkeit der Teilchen bewegung. 

Alle diese, aus der g^ebenen Formel ohne weiteres zu ziehenden Schlüsse 
stimmen mit den experimentellen Ergebnissen über die Brown sehe Bewegung 
aufs beste überein. Auch das zahlenmäßige Resultat für die Größe des mittleren 
Sekundenweges, welches sich unter der Annahme von Wasser bei 20 ^ als 
Medium und eines kugelförmigen Teilchens vom Durchmesser 10~* cm aus der 
gegebenen Gleichung zu 

^ = 1,8 • 10-* cm 

errechnen läßt, fällt unter, gewissen Voraussetzungen mit dem von Exner experi- 
mentell ermittelten Werten nahe zusammen. 

Die vielfache Obereinstimmung der auf Grund rein kinetischer Voraus- 
setzungen aufgebauten Theorie der Brown sehen Bewegung mit den Ergebnissen 
der Beobachtung, läßt die der eben ausgeführten theoretischen Betrachtung zu- 
grunde liegende Annahme als berechtigt erscheinen, daß dieses Phänomen tat- 
sächlich eine Folge der inneren Energie der Flüssigkeiten ist, ja daß es geradezu 
geeignet ist, einen augenscheinlichen Beweis unserer molekularkinetischen Hypo- 
thesen zu bieten. 

Zu dem Schlüsse, daß die molekularkinetische Wärmetheorie direkt zu der 
Forderung führt, daß kleine, in einer ruhenden Flüssigkeit suspendierte Teilchen 
eine Bewegung ausführen müssen, die innerhalb der Grenzen mikroskopischer 
Sichtbarkeit liegt, war übrigens vor v. Smoluchowski bereits A. Einstein^ ge- 

^ Ann. Phys. (4) 17. 549 — 560. 1905. 



^2 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

langt, indes bewegen sich seine theoretischen Überlegungen auf völlig anderen 
Bahnen. 

Durch molekularkinetische Betrachtungen, auf deren Einzelheiten hier nicht 
eingegangen werden kann, stellte dieser Forscher fest, daß kleine suspendierte 
Teilchen ganz ähnlich wie gelöste Moleküle auf eine Zwischenwand, durch welche 
sie nicht diffundieren können (welche also die ihnen eigentümliche Bewegung 
hindert), einen bestimmten osmotischen Druck ausüben (s. p. 15). 

Für den Diffusionskoeffizienten derartiger suspendierter Körperchen von 
Kugelgestalt in einer Flüssigkeit ergab sich, falls N die Zahl der Moleküle in 
einem g- Molekül, T die absolute Temperatur, k den Reibungskoeffizient der 
Flüssigkeit und P den Kugelradius der Teilchen bedeuten, der Wert 

RT _1_ 
^ ~N ' 6~niP * 

R ist hierin die Gaskonstante, T die absolute Temperatur; der Diffusions- 
koeffizient hängt also nur vpn i und P ab. 

Weitere theoretische Betrachtungen führen zu folgendem Mittelwert für die 
Verschiebungen der Teilchen (als ^^-Koordinaten berechnet) während der Zeit /: 

Wird der oben angegebene Wert für D substituiert, so ergibt sich für die 
Weglänge der Teilchen 



'.-i^-i/i 



N ^nkP 

Die Weglänge hängt also nicht von der Masse der Teilchen, sondern nur von der 
Temperatur und inneren Reibung der Flüssigkeit sowie von der Teilchengröße ab. 

Es ist bemerkenswert, daß dieses Ergebnis mit dem auf Grund völlig ver- 
schiedener Überlegungen von v. Smoluchowski erhaltenen bis auf einen kon- 
stanten numerischen Faktor völlig übereinstimmt; der Unterschied der Ergebnisse 
erklärt sich leicht aus der Einführung verschiedener vereinfachender Voraussetzungen. 

Während die ebengenannten Arbeiten auf rein theoretischem Wege die 
Erkeimtnis des Wesens der Bro*wn sehen Bewegung zu fördern versuchten, hat 
in jüngster Zeit T. Svedberg ^ einige Experimentaluntersuchungen über die Eigen- 
bewegung der Teilchen in kolloidalen Lösungen, speziell in Metallorganosolen, 
welche durch Zerstäubung (vgl. p. 11) erhalten wurden, durchgeführt. 

Zunächst versuchte er, die Amplitude der Teilchenbewegung festzustellen; 
zu diesem Behufe wurde die Versuchsanordnung so getroffen, daß das zu unter- 
suchende Sol mit einer kleinen konstanten Geschwindigkeit durch das Gesichts- 
feld einer ultramikroskopischen Apparatur geführt wurde. Es wurde dies so be- 
werkstelligt, daß der Abflußschlauch der Küvette, welche die Flüssigkeit enthielt, 
mit einem Kapillarrohr von passender Weite verbunden wurde, welches sich 
durch eine Klemme beliebig hoch oder tief verstellen ließ. 

Bei geeigneter Anwendung dieser Versuchsanordnimg zeigten sich im Ge- 
sichtsfelde des Mikroskops die Kolloidteilchen als unzählige Lichtkurven, deren 
Amplituden durch Vergleich mit einer Okularskala geschätzt wurden. Diese 
Amplituden stehen natürlich mit der Amplitude der Teüchenbewegung in ein- 
facher Beziehung. 

Folgende Zusammenstellung zeigt die auf derartige Weise ermittelten Ampli- 
tuden, welche sich beim Hydrosol und bei verschiedenen Organosolen des Platins 
ergaben. 

1 Z. f. Elektr. 12. 853 — 860. 1906; Ark. för kemi, Miner. och Geol. 2. Nr. 29. 1907. 
Vgl. auch die theoretischen Bemerkungen Ztschr. f. physik. Chem. 69. 451. 1907. 



5« Die Molekularbewegung. 71 



. , I Mittlere doppelte 

Lösunesmittel 1 ^ ,.^ V 

' Amplitude 



Viskosität 
17- 10» 



Aceton 6,2 

ÄthykceUt 8,9 

Amylacetat i 2,9 

Wasser ! 2,1 

M-PropyUOkokoi 1,3 

/•Isoputylalkohol 1,1 

Isoamylalkohol 1 sehr klein 

Glycerin nicht mehr wahr- 
nehmbar 



8,2 

4,6 

5,9 

10,2 

22,6 

89,8 

48,4 

880,4 



Die Teilchengröße dieser untersuchten Platinsole hielt sich zwischen den 
mittleren Grenzen 40 bis 50 fi(i. Kolumne 3 der obigen Tabelle zeigt einen 
gewissen Zusammenhang zwischen der Amplitude und der Viskosität des 
Lösungsmittels (insoweit Teilchengröße imd auch Temperatur übereinstimmen), der 
sich graphisch darstellen läßt, wenn die Amplituden als Ordinaten, die Werte fdr 
die inneren Reibungen als Abszissen verzeichnet werden. Es ergibt sich derart 
eine hyperbolische Kurve, bei steigender Viskosität nähert sich die Amplitude 
dem Werte Null, die Bewegung hört also auf. 

Die Weglänge nimmt mit abnehmender Teilchengröße zu, was bei Organo- 
solen des Calciums experimentell erwiesen werden konnte, und ist von der Tempe- 
ratur in hohem Grade abhängig, da sich die Viskosität des ßüssigen Mediums 
mit der Temperatur wesentlich ändert. Letzterer Einfluß wie der von Glycerin 
war qualitativ auch bereits von Bredig tmd J. Teletow beobachtet worden.^ 

Li zweiter Linie versuchte Svedberg, Aufschlüsse über die Schwingungszeit 
und die mittlere absolute Geschwindigkeit zu erlangen und ging zu diesem Zwecke 
von folgenden Überlegungen aus. Bei der oben angegebenen Versuchsanordnung 
strömt die Flüssigkeit mit einer durch die Versuchsbedingungen gegebenen kon- 
stanten Translationsgeschwindigkeit T durch das Gesichtsfeld, welche sich folgender- 
maßen ermitteln läßt: Fließen am Ende des Kapillarrohres je 10 Tropfen der 
Flüssigkeit in / Sekunden ab, ist das Gewicht von 10 Tropfen aus demselben 
Kapillarrohr bei gleicher Temperatur M, so berechnet sich die in der Zeiteinheit 
durch die Küvette fließende Masse m zu 

M 
»I = - - 

Ist das Volumgewicht der Flüssigkeit S so ist das in der Zeiteinheit durch 
die Küvette fließende Volumen v 

M 

V = 



t'S 



Wird nun der Querschnitt der Küvette an der Beobachtungsstelle q er- 
mittelt — z. B. durch Auswiegen einer Wassersäule in der Küvette von ge- 
messener Länge — , so ergibt sich die gesuchte Translationsgeschwindigkeit T zu 

7= ^ 



t • S ' q 



Andererseits wurden die Wellenlängen der Lichtkurven bei der Eigen- 
bewegung der Teilchen mit Hilfe der Okularskala geschätzt; ergibt sich für ein 



1 Br£dig u. J. Teletow, Zeitschr. f. Elektrochexn. 12« 585. 1906; Teletow, Dissert. 
Heidelberg. 1906. 

MÜLLBV, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 3 



34 



Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 



bestimmtes Sol bei konstanter Translationsgeschwindigkeit z. B. eine Wellenlänge 
A (in ft), so berechnet sich die vollständige Schwingungszeit x in cm/sek zu 






und mit Berücksichtigung der früher ermittelten Amplitude A (s. p. 33) die 
mittlere absolute Geschwindigkeit h in cm/sek zu 



A^ 



AA 



Folgende Tabelle veranschaulicht die mittleren Zahlenwerte, welche in der 
eben angegebenen Weise für verschiedene Platinsole erhalten wurden. 



Lösungsmittel 


l 


/ 


S M 


T 


AA 


* . 10« 


Aceton 


5,2 
6,8 

5,8 


21 0,792 
16 , - 
19 1 — 


0,0898 


0,085 
0,082 
0,085 


12,4 


8,9 


Äthylacetat ... 


4.9 
5,9 


16 
14 


0,905 


0,0389 


0,027 
0,029 


7.8 


2,8 


Amylacetat . . .1 ^'^ 

1 


15 
12 


0,857 


0,0891 


0,025 
0,027 


5,8 


2,2 


Wasser 

n ' Propylalkohol 


8,8 
1 8,7 


22 ' 0,998 

22 ; - 


0,0986 


0,013 
0,018 


M 


8,2 


8,5 
2,3 


17 
22 


0,807 


0,0957 


0,009 
0,008 


2,6 


2,9 



Aus diesen experimentellen Ergebnissen zieht Svedberg folgende theo- 
retische Schlüsse bezüglich der Eigenbewegung der Kolloidteilchen: Da die 
Schwingungszeit bei abnehmender Amplitude immer kleiner wird, während die 
mittlere Geschwindigkeit in Lösungsmitteln sehr verschiedener Natur fast konstant 
ist, dürfte die Bewegung nicht durch sogenannte quasielastische Kräfte erzeugt 
werden. Da femer die experimentell festgestellteiv absoluten Geschwindigkeiten 
(2 — 4) • 10~* cm/sek etwa hundertmal so groß sind als die bei der elektrischen 
Wanderung der Kolloidteilchen von Cotton und Mouton^ u. a. gefundenen 
Werte von (2 — 4) • 10~* cm/sek bei einem Potentialgefälle von 1 Volt pro 
Zentimeter, ist auch die Annahme der Wirkung elektrischer Kräfte von der Hand 
zu weisen, denn es müßten sehr große elektrische Kräfte wirksam sein, um die 
bezeichneten Bewegungseffekte zu erzielen. 

Eine weitere interessante theoretische Betrachtung knüpft Svedberg an die 
oben erwähnten Geschwindigkeitsbestimmungen von Ramsay an. 

Es ergaben Teilchen von 2,8 • 10"~^^ g nach Ramsay eine mittlere Ge- 
schwindigkeit von 1,4 • 10~* cm/sek; 

Teilchen von 2,5 • 10~^^ g nach Svedberg eine mittlere Geschwindigkeit 
von 3 . 10~* cm/Sek. 

Nach der kinetischen Theorie ist die Masse eines Platinmoleküls 1,95 • 10~"g; 
wird nun die Annahme gemacht, daß die Geschwindigkeit bei Verkleinerung 
der Masse der Teilchen in jedem Massenintervall, das annähernd dem von 
2,8 • 10""^* — 2,5 • lO""^* g gleich ist, um gleichviel zunimmt, wie innerhalb dieses 



1 C. rend. 138. 1692. 1904. 



5. Die Molekularbewegong. 



35 



Intervalls, so läßt sich aus der Masse des Platinmoleküls folgender Wert für 
seine Geschwindigkeit extrapolieren: 

^ = 7,6 • 10^ cm/sek . 

Nach der kinetischen Theorie ist nun die Geschwindigkeit eines Platin- 
moleküls für die oben angewendete Versuchstemperatur von 18^ 

x^ = 19,2 . 10^ cm/sek . 

Aus der überraschenden Übereinstimmung dieser Werte schließt Svedberg, 
daß die Eigenbewegung feiner Teilchen in der Tat als eine Äußerung der all- 
gemeinen Molekularbewegung der Materie anzusehen sei, was ja mit den oben 
angegebenen neueren theoretischen Annahmen über das Wesen dieses Phänomens 
völlig übereinstimmt 

Svedberg^ versuchte außerdem die Ergebnisse seiner experimentellen Be- 
trachtungen mit den Folgerungen der rein mathematischen Theorie Einsteins in 
Einklang zu bringen. Werden nach der von Einstein gegebenen Formel für 
die auf p. 34 angegebenen Reihe von Platinsolen die Amplituden berechnet, so 
ergeben sich folgende Werte: 



Lösungsmittel 




C = 



A gefdnden 
A berechnet 



Aceton 

Athylacetat . . . 
Amylacetat . . . 

Wasser 

»-Propylalkohol 



0,032 
0,028 
0,026 
0,018 
0,009 



2,3 

4,6 

5,9 

10,2 

22,6 



0,5 

0,31 

0,27 

0,14 

0,04 



6,2 
6,4 
5,6 
7,8 
17,5 



Vergleicht man diese Werte mit den in der Tabelle auf p. 34 zusammen- 
gestellten experimentell bestimmten Werten für die Weglänge, so zeigt es sich, 
daß die berechneten Werte zwar bedeutend kleiner sind, daß jedoch das Ver- 
hältnis C (in Kolumne 5 der obigen Tabelle) ziemlich konstant ist. Die von 
Einstein aufgestellte Formel ist also bis auf eine Konstante mit den Ergebnissen 
Svedberg übereinstimmend. Der sehr abweichende Wert von C für «-Propyl- 
alkohol mag sich vielleicht durch die Ungenauigkeit der Beobachtung bei so 
minimalen Amplituden erklären. 

Aus der Einstein sehen Formel ist jedoch noch ein anderer Schluß zu 
ziehen. Bei konstanter Teilchengröße und Temperatur — Bedingungen, welche 
bei Svedberg s Versuchen eingehalten wurden (vgl. p. 33) — sind folgende Großen 
der oben angegebenen Formel für X^ konstant: 

P, T, R, N, n 

Es läßt äich also die Formel für diesen Fall folgendermaßen schreiben: 



-^v? 



und nach einer ein&chen Transfonnation 



— = G 



2 



l.'k 



i, . 



— ist jedoch die mitdeTe absolute Geschwindigkeit der Teilchenbew^ung, und 



* Ark. för Kemi, Min. och G«ol. 2. Nr. 34. 1907. 



3» 



sg Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

diese ist für verschiedene Versuchsbedingungen konstant (vgl. Tabelle auf p. 34). 
Es muß also, da 



auch 



— = konst. 



C« • - — - = konst 



oder 



Ajp . i = konst 
sein. 

Letzteres ist bekanntlich die Gleichung einer Hyperbel; wie nun früher 
(p. 33) gezeigt wurde, ergibt sich tatsächlich auf Grund der experimentellen Be- 
funde durch graphische Darstellung der Beziehung zwischen Viskosität und Be- 
wegungsamplitude eine hyperbolische Kurve, so daß auch in dieser Hinsicht die 
Ergebnisse der theoretischen Betrachtungen Einsteins sich sehr gut mit jenen 
der SvED BERG sehen Experimentalforschungen vereinbaren lassen. 

Während man den Erscheinungen der Molekularbewegung früher nur ein 
allgemeines Interesse zuwandte, scheint es nach den Ergebnissen der neueren 
Forschungen, daß diese Erscheinung speziell mit bestimmten Ergebnissen und 
Fragen der Kolloidforschung, so mit dem Auftreten des von Bredig so genannten 
pseudosmotischen Druckes und mit der Ursache der Stabilität von kolloidalen 
Lösungen und Suspensionen kleiner Teilchen in engem Zusammenhang steht 
Hierüber wird näheres an späterer Stelle berichtet 

6. Die elektrische Kataphorese.^ 

a) Allgemeines. 

Ein nicht zu schwacher elektrischer Strom besitzt die Fähigkeit, die Flüssig- 
keitsmengen, welche sich in den engen Poren eines quer zu den Stromlinien 
angeordneten Tondiaphragmas befinden, fortzuführen imd zwar bei wäßrigen 
Flüssigkeiten in der Richtung des Stromes. 

Befindet sich daher eine poröse Tonzelle in einem Bade von schwach 
leitender Flüssigkeit zwischen den Elektroden, so dringt infolge der oben bezeich- 
neten Wirkung des Stromes die Flüssigkeit durch die Poren hindurch in den 
Kathodenraum ein, so daß sie an der Anode sinkt imd an der Kathode steigt, 
solange, bis sich eine bestimmte Niveaudifferenz einstelle Infolge der äußerlichen 
Analogie dieser Erscheinung mit dem Vorgange der Endosmose zwischen Lösung 
und reinem Lösungsmittel durch eine poröse Scheidewand, wobei durch Ein- 
dringen des Lösungsmittels in den Raum, der die Lösung enthält, ebenfalls eine 
bestimmte Niveaudiflferenz auftritt, wurde der beschriebene Vorgang als Elektro- 
osmose, auch elektrische Überführung oder Kataphorese bezeichnet 

Schon im Jahre 1809 batte Reuss* diese Erscheinung beobachtet; jedoch 
erst die Untersuchungen von G. Wiedemann ^ stellten auf experimentellem Wege 
die Gesetze der elektrischen Endosmose fest. Durch Messimg der Flüssigkeits- 
mengen, welche infolge der Konvektion durch den Strom in den Kathodenraum 
unter verschiedenen Versuchsbedingungen getrieben werden, ergab sich, daß bei der- 
selben Flüssigkeit in gleichen Zeiten der Stromstärke proportionale Mengen durch 
dasselbe Diaphragma gedrückt werden, imd daß femer bei gleicher Stromstärke 

1 Die einschlägige Literatur findet sich in: Wiedemann, Die Lehre von der Elektriziät 
1893. Band L p. 993 — 1019; Winkelmann, Handbuch der Physik. Band III (i). p. 493 — 516; 
G. Bredig, Ber. des V. intern. Kongr. f. angew. Chem. Berlin. 1904. Band IV. p. 643—652; 
F. FoKRSTER, Elektrochemie wässeriger Lösungen, dieses Handbuch, Band I. 1905. p. 87—96. 
— 2 M^. de la soc. des natural. Moscou. 2. 327. 1809. — ^ Ann. Phys. (2) 87. 321. 1852. 



6. Die elektrische Kataphorese. %n 

die durchgeführte Flüssigkeitsmenge weder von der Größe der Oberfläche noch 
von der Dicke der Tonplatte abhängt 

Bei weiteren Versuchen wurde nicht die in den Kathodenraum ausfließende 
Flüssigkeitsmenge, sondern der hydrostatische Druck gemessen, welcher notwendig 
war, lun die Flüssigkeit am Eindringen in den Kathodenraum zu hindern. Dieser 
beobachtete hydrostatische Druck, für den die Druckhöhe h eines an den 
Kathodenraum zweckmäßig angesetzten Quecksilbermanometers ein Maß gibt, 
entspricht demnach dem elektroosmotischen Druck den der Strom hervorruft. 
Die Versuche mit Kupfervitriollösungen verschiedener Konzentration ergaben mm 
folgendes; wenn q den Querschnitt, d die Dicke des Diaphragmas, / die Strom- 
intensität und J den spezifischen Leitungswiderstand der Flüssigkeit bezeichnet, so ist 

T • s * d 



9 

sd 
Da nun dem elektrischen Widerstand des mit der Flüssigkeit getränkten 

Diaphragmas proportional ist, folgt aus dem Ohm sehen Gesetz, wenn b die Po- 
tentialdiflierenz zwischen beiden Seiten der Tonzelle ist, daß 



> 



daher 

£ = Ä' • Ä . 

Die Druckhöhe, daher auch der elektroosmotische Druck ist der Potential- 
differenz zwischen beiden Seiten des Diaphragmas proportional. 

Quincke ^ beobachtete fernerhin das Verhalten von Flüssigkeiten in Kapil- 
laren imter dem Einfluß des Stromes und erbrachte durch Feststellung der 
Tatsache, daß auch für diese Versuchsanordnung die von Wiedemann gefun- 
denen Gesetzmäßigkeiten im allgemeinen gelten, den bis dahin fehlenden Beweis, 
daß die elektroosmotischen Erscheinungen tatsächlich einer direkten Wirkung des 
Stromes zuzuschreiben sind, was bis dahin, da man bei Abwesenheit eines Dia- 
phragmas diese Vorgänge nicht beobachten konnte, von verschiedenen Forschem 
bestritten wurde. Die weiteren Untersuchungen Quinckes stellten jedoch auch 
fest, daß die Steighöhe mit abnehmendem Querschnitt und mit zunehmender 
Oberfläche der Kapillare zunimmt und daß nicht nur die Steighöhe sondern 
sogar die Richtung der Fortführung ganz besonders vom Material der Kapillare 
und der Natur der eingeschlossenen Flüssigkeit abhängt. Terpentinöl wird z. B. 
in einer Glaskapillare zur Anode, in einer mit Schwefel bekleideten Röhre zur 
Kathode geführt; Alkohol zeigt Endosmose in der Richtung des Stromes, eine 
bestimmte, wahrscheinlich etwas verunreinigte Sorte wies jedoch Fortführung zur 
Anode auf. Dabei ist bemerkenswert, daß die Gesetze für Flüssigkeiten, welche 
in der Richtung der negativen Elektrizität fortgefülirt werden, ebenso gelten, 
wie für die früher erwähnten wässrigen Flüssigkeiten, die nach der Kathode fort- 
geführt werden. 

Es tritt also in jedem Falle eine relative rävunliche Verschiebung des festen 
Körpers gegen die eingeschlossene Flüssigkeit durch die Wirkung des Stromes 
ein. In den bisher erwähnten Fällen war das Diaphragma, resp. die Kapillare 
fixiert, die Flüssigkeit dagegen beweglich. Ist jedoch der feste Körper in Form 
eines feinen Pulvers in der Flüssigkeit verteilt, so wird sich die fortführende 
Wirkung des Stromes in einer Bewegung des festen Körpers gegen die Flüssig- 
keitsmasse äußern. In wäßrigen Flüssigkeiten, die nach früherer Ausflihrung 
durch ein feststehendes Diaphragma nach der Kathode wandern, bewegt sich 



^ Ann. Phys. (2) 113. 513 — 598. 1801. 



j8 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

daher ein suspendierter fester Körper zur Anode, im umgekehrten Falle nach 
der Kathode. 

Diese Erscheinung der Fortführung suspendierter Teilchen durch den elek- 
trischen Strom war schon lange bekannt, jedoch erst die Arbeiten Quinckes (l. c) 
stellten die Bedingungen fest, unter denen sie auftrat. Durch Beobachtung von 
in Flüssigkeit suspendierten Lykopodiumteüchen, die in einer Kapillare unter 
dem Einflüsse bestinmiter elektrischer Ströme wanderten, wurde gefunden, da£ 
die Geschwindigkeit der Teilchen proportional der Stromintensität ist, jedoch nicht 
von ihrer gegenseitigen Entfernung, von den Elektroden und der elektromoto- 
rischen Kraft abhängt In Wasser verteilt wandern die meisten Körper zur 
Anode, in Terpentinöl jedoch zur Kathode; es zeigt sich also auch hier der 
bestimmende Einfluß des Materials der beiden sich berührenden Körper auf die 
Richtung der Fortführimg. 

Um die Erscheinungen der elektrischen Endosmose sowie der Wanderung 
suspendierter Teilchen zu erklären, nahm Quincke an, daS sich in derartigen 
heterogenen Systemen die beiden Bestandteile an ihrer Berührungsfläche gegen- 
seitig elektrisch laden. Bei wässrigen Flüssigkeiten ladet sich der feste Anteil 
negativ, der angrenzende flüssige positiv. Ist nun ein derartiges System in eine 
Strombahn eingeschaltet, so werden die negativ geladenen festen Teilchen suchen, 
zur Anode zu gelangen, während die positiv geladenen Teile der Flüssigkeit 
gegen die Kathode strömen. Ist nun der feste Körper in Form einer Zelle, in 
deren zahlreichen Poren sich eben diese gegenseitigen Ladungen der sich be- 
rührenden Schichten vollziehen, zwischen den beiden Polen fixiert, so wird nur 
eine Verschiebung der flüssigen Teilchen gegen die feste Berührungsfläche und 
zwar in der Richtung zur Kathode stattfinden können. Im anderen Falle, wenn 
die festen Teilchen beweglich sind, wird sich die relative Verschiebung der 
Anteile des Systems durch die Bewegung der festen Teilchen zur Anode äuBem. 

Die Quincke sehen Ansichten erhielten durch die mathematische Theorie 
von V. Helmholtz,^ welche alle Erscheinungen der Elektroosmose in ausführlicher 
Weise verfolgt, eine wesentliche Stütze sowie auch eine entsprechende Modifikation. 

Nach y. Helmholtz stehen Flüssigkeit und Wand in ähnlichem Gegen- 
satze wie ein Reibzeug imd der geriebene Körper. Es bilden sich also längs 
der Begrenzungsfläche in sehr geringer Entfemvuig voneinander zwei elektrische 
Schichten, deren eine ebensoviel + Elektrizität enthält als die andere — , so dafi 
sich nach außenhin keine Wirkung zeigt. Unter dem Einflüsse eines Potential- 
gefälles verschieben sich die beiden Schichten gegeneinander, so daß, falls die 
Doppelschicht in die Grenzfläche zweier Körper fällt, die relativ beweglich sind, 
die Bewegungserscheinungen auftreten, die sich z. B. als Elektroendosmose durch 
Kapillaren und Oberführung suspendierter Teilchen äußern. Befindet sich also 
eine wässrige Flüssigkeit in einer Tonkapillare, so bildet sich längs der Grenz- 
fläche eine Doppelschicht aus, das Potential der Flüssigkeit ist positiv, das der 
Röhrenwand negativ. Ein elektrischer Strom verschiebt die elektrisch geladenen 
Flüssigkeitsteile, die nicht direkt an der Wand liegen, durch die innere Reibung 
kommen auch die anderen Teile des Querschnittes in Bewegung und so kommt 
die elektrische Endosmose zustande. 

Die mathematische Behandlung dieser Vorgänge führte zu Gesetzen, welche 
sich den Versuchsergebnissen von Wiedemann und Quincke gut anpaßten. Auf 
die Einzelheiten der analytischen Betrachtungen kann hier nicht eingegangen 
werden; für die Strömung einer Flüssigkeit durch enge Röhren, welche unter 
dem hydrostatischen Drucke P stattfindet, konnte Helmholtz bezüglich der 
elektromotorischen Kraft -£*, welche imter dem Einfluß der Potentialdifferenz der 
Doppelschicht A auftritt; folgende Gesetzmäßigkeit ableiten: 



1 Ann. Phys. (3) 7. 337. 1879. 



6. Die elektrische Kataphorese. in 

a bedeutet hierin den spezifischen Widerstand der Flüssigkeit, t} deren Reibungs- 
koefi&zienten. 

Andererseits eigab sich fdr den hydrostatischen Druck P, welcher in einem 
engen Rohr vom Radius r durch einen Strom von der elektromotorischen Kraft A 
erzeugt wird, folgende Beziehung: 

P^-^-A . (X) 

DoRN^ hat versucht, die Ergebnisse der Helmholtz sehen Theorie experi- 
mentell nachzuprüfen. Es haben sich hierbei f[lr einige spezielle Fälle sowohl 
bezüglich des Maßes der PotentialdifTerenz z/, als auch bezüglich der Größe des 
hydrostatischen Druckes (die Steighöhe infolge der Elektroosmose) auf experi- 
mentellem Wege Werte ergeben, welche im allgemeinen gut mit den errechneten 
Werten übereinstimmen. 

Bemerkenswert sind femer die theoretischen Betrachtungen, welche M. von 
Smoluchowski * über die Erscheinungen der elektrischen Endosmose veröffent- 
licht hat, weil sie von wesentlich allgemeineren Voraussetzungen ausgehen als 
die Theorien von Helmholtz, und Ergebnisse fördern, welche weitgehende Über- 
einstimmung mit der Erfahrung zeigen. 

Auf Grund von Überlegimgen, deren Einzelheiten hier nicht auseinander- 
gesetzt werden können, gelangt dieser Forscher zu folgendem allgemeinen Aus- 
druck far die Flüssigkeitsmenge Af, welche unter der Wirkung eines Stromes 
von der Intensität / durch ein Diaphragma transportiert wird: 

Ar=-^./« . (2) 

Die Bezeichnungen J, ri und (S haben dieselbe Bedeutung, welche früher an- 
gegeben wurde. 

Hieraus kann der elektroosmotische Druck Z', welcher in einem Diaphragma 
von homogener Struktur durch den oben gekennzeichneten Strom erzeugt wird, zu: 

P-4l-CJ<s (3) 

abgeleitet werden. C ist hierbei eine Konstante, welche von der Dicke d und 
dem Querschnitt q des Diaphragmas in der Weise abhängt, daß 

d 
C= f. — . 

£s ergibt sich also hieraus f[ir den elektroosmotischen Dmck die Beziehung: 

47r q 

aus welcher weiter folgt: 

P^c^.I^.c , (4) 



1 Ann. Phys. (3) 9. 513. 1880; 10. 46. 1880. Vgl. auch Winkelmann, Handb. d. 
Physik (2. Aufl.). IV. 955. 1905. — 2 BuU. Acad. d. Sciences d. Cracovie. 1903. 182 — 199. 



^O Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

eine Gesetzmäßigkeit, welche mit den von Wiedebcann auf experimentellem Wege 
gefundenen Gesetzen für die Steighöhen von Flüssigkeiten infolge des elektro- 
osmotischen Druckes (vgl. p. 37) im allgemeinen übereinstimmt 

Die angegebene allgemeine Formel für die Erscheinungen der elektrischen 
Endosmose läßt sich aber andererseits auch in einfacher Weise mit jener von 
Helmholtz in Einklang bringen, wenn berücksichtigt wird, daß letztere für die 
in engen Röhren auftretenden Erscheinungen abgeleitet wurde. Für den Durch- 
fluß von Flüssigkeiten durch ein Kapülarrohr gilt das PciSEUiLLEsche Gesetz, 
welches, auf vorliegenden Fall angewendet, für die Konstante C den Wert: 

<:-^ 

liefert, wenn r wieder den Radius, / die Länge des durchflossenen Kapillarrohres 
angibt. Femer ergibt das Ohm sehe Gesetz folgende Beziehung: 

A bedeutet, wie oben gezeigt, die elektromotorische Kraft, tf den spezifischen 
Widerstand der Flüssigkeit 

Unter Berücksichtigung dieser Gesetzmäßigkeiten folgt aus der allgemeinen 
Formel für P (3) der Wert: 

J 8/ r«« , 

47t r^Tt l 



oder 






Diese Gleichung stimmt vollständig mit der oben angegebenen (i), von 
Helmholtz abgeleiteten, überein, so daß letztere gewissermaßen als ein spezieller 
Fall der allgemeinen, von v. Smoluchowski abgeleiteten Theorie der elektrischen 
Endosmose angesehen werden kann. 

Es sei hier bemerkt, daß nach neueren Anschauungen von J. Billitzer^ 
bezüglich der Gesetze der Wanderung suspendierter Teilchen im Stromgefälle 
gewisse Abänderungen der Helmholtz sehen Theorie angezeigt erschienen; hier- 
über wird weiter unten ausführlicher berichtet werden. 

Für die Fortführung kleiner Teilchen durch den Strom — jene besondere 
Erscheinung der elektrischen Endosmose, welche für die Kolloidforschung das 
wesentlichste Interesse besitzt — konnte v. Smoluchowski auf Grund seiner all- 
gemeinen Theorie folgendes Gesetz ableiten. Ein kleines, in einer ruhenden 
Flüssigkeit (Wasser) schwebendes Teilchen wird mit der Geschwindigkeit u 



u = c 



4%ri 



in der Richtung gegen die Anode geführt, wo c das Potentialgefälle bedeutet, 
während J und t? die weiter oben angegebene Bedeutung haben. 

Diese Gesetzmäßigkeit bestätigt im allgemeinen die bereits erwähnten 
Beobachtungen Quinckes (cf. p. 38) über die Fortführung suspendierter Teilchen. 
Die Tatsache, daß die Bewegung kleiner Teilchen in Terpentinöl im entgegen- 
gesetzten Sinne stattfindet wie in Wasser, also nach der Kathode, läßt sich 
einfach so deuten, daß der Wert der Potentialdiflferenz J in diesem Falle das 
umgekehrte Vorzeichen hat. 



^ Ann. Phys. (4) 11. 902 — 636. 1903. 



6. Die elektrische Kataphorese. ^I 

Die Potentialdifrereziz der Doppelschicht, der Sinn der gegenseitigen Ladung 
zweier sich berührenden Stoffe hängt also wesentlich von deren stofflicher Natur 
ab. Die Theorie gibt keine Antwort auf die Frage, warum sich feste Körper 
in Wasser zumeist negativ, in Terpentinöl dagegen positiv laden, wie schon 
Quincke gefunden hatte. Ein Urteil über den Ladungssinn zweier Medien ge- 
stattet meistens die von A. Coehn^ auf empirischem Wege gefundene Gesetz- 
mäßigkeit, daß $ich der Stoff mit der höheren Dielektrizitätskonstante stets 
positiv gegen den anderen ladet. Die Dielektrizitätskonstante des Terpentinöls 
ist 2,23, jene des Glases 4 — 7, daher ladet sich bei Berührung das Glas positiv 
und wandert, falls es als feines Pulver im Terpentinöl verteilt ist, zur Kathode. 
Andererseits ist die Dielektrizitätskonstante des Wassers 80, also so hoch, daß 
von . allen bekannten Stoffen nur Blausäure und Hydroperoxyd eine höhere be- 
sitzen; daher sagt die oben angegebene Regel aus, daß nicht nur Glas, sondern 
die meisten anderen in Wasser suspendierten Körper sich negativ laden und 
demgemäß zur Anode wandern. 

Diese rein empirische Gesetzmäßigkeit gilt jedoch nach den Ausführungen 
von A. CoEHN (s. oben) und A. Heydweiller * nicht für metallische Medien. 



b) Elektriflohe Fortf&hnmg meohaniaoher Suspensionen. 

Die elektrische Fortführung von Teilchen, die in einer Flüssigkeit verteilt 
sind, wurde zimächst bei mechanischen Suspensionen beobachtet. Schon Reuss 
(l. c.) fand, daß Tonteilchen im Wasser unter der Wirkung des Stromes zur 
positiven Elektrode wandern. Jürgensen* wies mittels des Mikroskops die 
Bewegung kleiner Teilchen von Karmin, Stärke usw. in Wasser nach und Quincke* 
untersuchte in seiner mehrfach erwähnten Arbeit eine Reihe in Wasser fein ver- 
teilter Stoffe, Platin, Quarz, Feldspat, Ton, Kaolin, Schwefel, Baumwolle, Stärke, 
Lycopodium, Elfenbein usw., femer auch Gasbläschen von Luft, Sauerstoff, Wasser- 
stoff, Äthylen, endlich durch Schütteln fein verteiltes Terpentinöl und Elayl. Alle 
diese Stoffe werden im Sinne des Stromes fortgeführt; in Terpentinöl suspendiert, 
bewegt sich Schwefel wie im Wasser zur Anode, alle anderen untersuchten Stoffe 
bewegen sich jedoch zur Kathode. — E. Reitlinger und J. Kraus ^ fanden, 
daß beim Durchgehen des 'Stromes durch Terpentinöl, in welchem Kork- und 
Schwefelteüchen verteilt sind, der Kork zum negativen, der Schwefel zum posi- 
tiven Pol wandert; wird zwischen die Pole ein Papierdiaphragma gesetzt, so be- 
deckt es sich daher an der dem positiven Pol zugewendeten Seite mit Kork, an 
der anderen mit Schwefel. — Zu ähnlichen Ergebnissen führten femer die Ver- 
suche von W. HoLTZ ® mit Suspensionen von Lycopodium, Schwefel, Zinnober 
und Schwefelantimon in Äther; unter dem Einflüsse des Stromes hängt sich 
Lycopodium in einem dicken Wulst an den negativen Pol, die drei anderen 
Stoffe umgeben in ähnlicher Weise den positiven Pol. Wird fein gepulverter 
Braimstein, Smirgel, Zinnober usw. in Petroleum, Benzol oder Äther suspendiert, 
so ordnen sich diese Körper bei Stromdurchgang in eigentümlichen Kurven an. 

W. Spring ^ untersuchte trübe Medien, die aus reinem Wasser und sus- 
pendierter Kieselsäure, Kaolinmasse oder Humussubstanz bestanden und fand 
schon unter Einwirkimg schwacher Ströme eine Klärung infolge elektrischer Kata- 
phorese. 

In neuester Zeit wurden auch Vorschläge zur technischen Anwendung der 
Elektroosmose zum Zwecke der rationellen Trocknung schwer filtrierbarer brei- 

1 Ann. Phys. {3) 64. 217—232. 1898. — 2 Ann. Phys. (3) 66. 535. 1898. -— 
3 Du Bojs-Reymonds Arch. 1860. 573. — * Ann. Phys. (2) 113. 513 — 598. i86i. — 
5 Wien. Ber. 46. II. 367—389. 1862. — 6 Ann. Phys. (2) Suppl. 7. 490. 1876. — 7 Bull, 
de PAcad. roy. de Belg. (3) 35. 780—784. 1898. 



A2 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

förmiger Gemische gemacht. Graf B. Schwerin * konnte auf diese Weise Ali- 
zarinpaste und insbesondere schwer trockenbaren Torfbrei vom Wasser befreien, 
indem die breiigen Massen zwischen die Pole eines Stromes von höherer Spannung 
gebracht werden; der feste Körper setzt sich an der Anode in kompakten Massen 
an, während das Wasser abfließt Urteile über die praktische Verwendbarkeit 
des theoretisch sehr interessanten Verfahrens zur Trocknung von Torf Uegen nach 
B. Tacke * bisher nicht vor. 

0) Elektriflohe Kataphorese kolloidaler Lösnng^en« 

Die Erscheinungen und Gesetze der elektrischen Kataphorese sind für die 
Kolloidforschimg deshalb von größter Bedeutung, weil die meisten kolloidalen 
Lösungen im elektrischen Stromgefälle ganz ähnliche Wanderung zeigen 
wie die gröberen Suspensionen und weil die experimentelle Forschung über die 
elektroosmotischen Erscheinungen bei kolloidalen Solen sehr wichtige Anhalts- 
punkte für die Theorie der Kolloidalgebilde geliefert hat 

H. PiCTON und E. Linder' stellten zuerst Versuche über den Einfluß 
des elektrischen Stromes auf kolloidale Lösimgen an und fanden, daß eine Be- 
wegung stattfindet, deren Richtung durch die chemische Natur des betreiSenden 
Kolloids bestimmt wird. Eisenhydroxydsol (basisch) zeigt Bewegung mit den 
positiven, Arsensulfidsol (sauer) mit dem negativen Strom. — F. Roever* fiand, 
daß ein in einer Gerbstofflösung erzeugtes Potentialgefälle den Gerbstoff aus 
der Lösung nach den Häuten hintreibt. — A. Coehn * zeigte, daß Tannin, Stärke, 
Karamel und ähnliche Kolloide in wässriger Lösung wie Suspensionen zur Anode 
wandern; ganz chlorfreies Eisenhydroxydsol wandert teils zur Anode, teils wandert 
eine heller gefärbte Schicht rascher zur Kathode. — A. Lottermoser und 
E. VON Meyer * fanden, daß beim Durchgange des Stromes durch Süberhydrosol 
an der Kathode Ausscheidung von grauem, schwammigen Silber stattfindet, 
während an der Anode ein schwarzbrauner Schlamm zurückbleibt. 

R. ZsiGMONDY ^ beobachtete, daß Goldhydrosol eine Wanderung mit der 
negativen Elektrizität zeigt und daß sich am positiven Pol metallisches Gold ab- 
setzt; er schrieb anfangs diese Erscheinung einer elektrolytischen Wirkung des 
Stromes zu, während K. Stoeckl und L. Vanino ® sich gegen diese Auffassung 
wandten und in der Wanderung des Goldes 'eine elektroosmotische Erscheinung 
erkannten. 

Besonders interessant sind die Ergebnisse der Untersuchung vonW. B. Hardy' 
über den Einfluß des Stromes auf Eiweißlösungen. Durch eine geringe Menge 
Alkali wird das Koagulum von Hühnereiweiß peptisiert; passiert nun der Strom 
eine derartige alkalische Eiweißlösung, die sich in einem U-rohr befindet, so 
wandert ein opakes weißes Koagulum zur Anode. Wird jedoch eine saure EiweiB- 
lößung verwendet, so wandern die Teilchen mit dem positiven Strom zur Ka- 
thode, während in einer neutralen Lösung unter dem Einflüsse des Stromes eine 
kaum bemerkbare Wanderung auftritt Demgemäß laden sich die Teilchen einer 
alkalischen Eiweißlösung negativ, einer sauren Lösung positiv gegen das Wasser. 
Ist hingegen die Flüssigkeit neutral, so besteht nur eine geringe Potential- 
dififerenz zwischen Wasser und Teilchen, beide bilden also eine elektrisch 
homogene Masse. 

Es sei hier bemerkt, daß in jüngster Zeit W. Pauli ^® durch Oberführungs- 
versuche die Ladung von Eiweißlösungen bestimmte, indem die Lösung in drei 

^ Ber. d. V. intero. Kongr. f. angew. Chem. Berlin 1904. Bd. IV. p. 653 — 656; D. R.P. 
124509, 124510, 131 932, 150069. — 2 z, angew. Chem. 18. 1208. 1905. — 3 joum. Chem. 
Soc. ÖL 148—172. 1892. — * Ann. Phys. (3) 57. 397. 1896. — B Z. f. Elektr. 4. 63—67. 
1897. — 6 J. pr. Chem. (2) 56. 241—247. 1897. — 7 z. f. Elektr. 4. 546 — 547. 1898. — 
8 Z. phys. Ch. 30. 98—112. 1899. — » Journ. ofPhysiol. 24. 288—304. 1899.— 10 ßeitr. 
2. chem. Phys. u. Path. 7. 531 — 547. 1906. 



6. Die elektrische Kataphorese. 



43 



miteinander verbundene Gefäße gebracht wurde, worauf der Strom durch längere 
Zeit (8 — 48 Stunden) einwirkte. Sodann wurden den Gefäßen Proben entnommen 
und durch Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl die eingetretenen Änderungen 
des Eiweißgehaltes ermittelt 

Hierbei zeigte es sich, daß lange dialysierte, elektrolytfreie Eiweißstoffe 
keine Kataphorese, daher auch keine nachweisbare elektrische Ladung 
aufweisen. Säuren und saure Salze erteilen dem Eiweiß positive, Laugen hin- 
gegen negative Ladung. Neutrale Salze bleiben ohne Wirkung auf dialysiertes 
Eiweiß und vermögen ihm keine Ladung zu erteilen. 

Nach W. Spring^ zeigen verschiedene Kolloide folgende Wanderungs- 
erscheinungen: 



Zur Kathode wandern: 



Zur Anode wandern: 



Ferrihydroxyd 

Eoulmmmhydroxyd 

Methylviolett 

Methylenblau 

Magdalarot 

Elieselsfiure 



Koll. Silber, Gold, Platin 

Schwefel 

Schwefelarsen 

Schwefelantimon 

Schwefelkupfer 

Schwefelblei 

Schwefelkadmium 

Chlorsilber 

Anilinblau 

Indigo 

Methylanilin grfln 

Eosin 

Fuchsin 

Mastix 

Gummigutt 



Nach den Versuchen von A. Lottermoser ' scheiden sich die Kolloide 
unter dem Einflüsse des Stromes je nach ihrer Natur an verschiedenen Polen 
aus, und zwar: 



An der Anode: 



An der Kathode: 



Die Metallhydrosole und 
deren Verbindungen, z. B. 
Jodsilber; 

Kiesela&ure 

Zinnsäure 



Ferrihydroxyd 

Aluminiumhydroxyd 

Chromhydroxyd 

Titansäure 

Thoriumhydroxyd 



J. Billitzer' untersuchte die Wanderung von kolloidalem Platin und 
stellte fest, daß es negativ gegen das Wasser geladen ist. Durch gewisse Zu- 
sätze (z. B. Alkohol) gelang es ihm jedoch, die Potentialdifferenz des Platins 
gegen die Flüssigkeit zum Verschwinden zu bringen, ja sogar umzukehren, wäh- 
rend bei Zusatz eines Elektrolyten (KCl) die Potentialdiflferenz unverändert blieb. 

W. BiLTZ* stellte eine Reihe von Versuchen mit reinen, dialysierten Hy- 
drosolen an und fand ebenfalls, daß im allgemeinen Hydroxylverbindimgen 
positiv geladen sind, während die übrigen Kolloide unabhängig von ihrer che- 
mischen Natur gegen Wasser negative Ladung tragen. Die Versuchsresultate 
finden sich in der folgenden Zusammenstellung: 



1 Bull. Acad. Roy. Belg. (3) 36. 780—784. 1898. — 2 „Anorganische Kolloide." p. 76. 
— 3 z. f. Elektr. 8. 638—642. 1902. — * Ber. 37. 1095— 11 16. 1904. 



AA Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 



Negative Hydrosole 
(wandern zur Anode) 



Platin (nach B&edig) 

Gold (nach Zsigmondy) 

Selen 

Schwefelkadmium 

Schwefelantimon 

Schwefelarsen 

Zinnsäure 

Molybdänblau 

Wolframblau 

Vanadinpentoxyd 



Positive Hydrosole 
(wandern zur Elathode) 

Ferrihydroxyd 

Aluminiumhydrozyd 

Chromhydroxyd 

Thoriumhydroxyd 

Zirkoniumhydroxyd 

Cerihydroxyd 



Kieselsäurelösung erwies sich bei quantitativen Überfuhrungsversuchen als 
negativ geladen. 

Wie aus den mitgeteilten experimentellen Tatsachen hervorgeht, besteht 
bei allen Hydrosolen eine elektrische Potentialdifferenz zwischen Kolloidteilchen 
und Wasser. Folgen nun die Hydrosole der Metalle, Metallsulfide, sauren Oxyde 
usw. vollständig den Gesetzen, welche bezüglich der elektrischen Fortführung in 
mechanischen Suspensionen als bestehend erwiesen wurden, so zeigt sich bei den 
positiv geladenen Hydrosolen eine Abweichung, indem sich hier eine elektro- 
statische Potentialdifferenz ausbildet, bei der das Wasser trotz seiner hohen Di- 
elektrizitätskonstante (vgl. die CoEHNsche Regel p. 41), negativ geladen ist. Die Art 
des Zustandekommens dieser Potentialdifferenz ist nicht aufgeklärt; möglicher- 
weise bringen die neueren Untersuchimgen über die Änderung derWanderungsrichtung 
durch bestimmte Wahl von Zusätzen Klarheit über diese Frage. Die oben er- 
wähnten Arbeiten von W. B. Hardy und J. Billitzer waren hierfür zunächst grund- 
legend und hatten, wie später gezeigt wird, auch in anderer Beziehung zu wich- 
tigen theoretischen Folgerungen geführt. Weitere wichtige Ergebnisse lieferten 
die Untersuchungen von J. Perrin, ^ aus denen die bedeutsame Tatsache hervor- 
geht, daß Größe und Vorzeichen der elektrischen Osmose und Elektrisierung 
durch Kontakt bei Anwendung des Wassers als Medium durch geringe Spuren 
gewisser Ionen beeinflußt werden. Ein in neutralem Wasser neutraler poröser Stoff ladet 
sich in Wasser, das 1 Molekül Säure auf 5 Millionen Moleküle Wasser enthält, 
positiv, in schwach basischem Wasser hingegen negativ. Die Versuche wurden 
mit porösen Pulvern von violettem Chromchlorid, CoO, ZnO, ZnS, NiO, CuO 
usw. angestellt, wobei die Tatsache erkannt wurde, daß namentlich der Einfluß 
von H* und OH'-Ionen so bedeutend ist, daß er die Empfindlichkeit von Indi- 
katorreaktionen übertrifft Einwertige Ionen (Na', K*, NH^*, Cl', NO'3 usw.) sind 
weniger wirksam; mehrwertige Ionen zeigen je nach ihrer Ladung verschiedene 
Wirksamkeit, Kationen beeinflussen die Wirkung gleichzeitig vorhandener H' -Ionen 
nicht, setzen jedoch die von OH'-Ionen stark herab, ebenso paralysieren mehr- 
wertige Anionen die Wirkung des H'-Ions. Untersucht wurden diesbezüglich 
Mg, Ca, Ba, Co, Mn, Co; SO^, CO3, CjO^. Pö^, usw. 

Im Anschlüsse an die eben dargelegten Wirkungen des Stromes, welche 
sich in der Fortführung feiner Teilchen nach einem der Pole äußern, möge auf 
einige Versuche hingewiesen werden, bei denen gewissermaßen eine Abstoßung 
der Teilchen von beiden Elektroden stattfindet. Derartige Beobachtungen wurden 
von O. Lehmann * bei Suspensionen in Gelatine und von J. C. Blake ^ bei 
kolloidaler Goldlösung gemacht Wird z. B. Goldhydrosol in ein U-rohr gebracht, 

^ C. rend. 136. 1388— 1391. 1903; 137. 513—514, 564—566. 1903. — 2 Z. phys. 
Ch. 14. 301—316. 1894. — 3 sill. Ann. Joum. (4) 16. 433 — 441, 1903; Z. anoig. Ch. 39. 
•'2—83. 1904. 



7. Elektrische LeitfWgkeit kolloidaler Lösungen . ^c 

SO sammelt sich, falls mittels zweier in die Schenkel eingeführter Elektroden ein 
konstanter Strom durchgeleitet wird, nach einiger Zeit zwischen den Polen an 
der Biegung des U-rohres eine rote Wolke von Gold an, welche sich in reinem 
Wasser wieder leicht zu Goldhydrosol löst Blake erklärt diese Erscheinung so, 
daß die ursprünglich negativ geladenen Goldteilchen ihre Ladung an der Anode 
abgeben und sich dann mit + Ladung entfernen; indem diese zurückwandernden 
Teile den — Teilchen beg^nen bilden die beiden eine Art von Verbindung 
entgegengesetzt geladener Partikeln, welche sich eben in der Wolkenbildung 
zwischen den Elektroden äußert 

7. Elektrische Leitfähigkeit kolloidaler Lösungen. 

Alle Versuche, die elektrische Leitfähigkeit kolloidaler Sole zu bestinmien, 
ergaben, daß diese fast immer einen gewissen, wenn auch sehr geringen 
Betrag erreicht Die Frage, ob diese Leitfähigkeit in der Bewegung der geladenen 
Teilchen zu einer der Elektroden oder in den vorhandenen geringen Mengen 
von Elektrolyten ihre Ursache hat, ist nicht völlig entschieden, doch neigen die 
Ansichten im allgemeinen der Annahme des letzterwähnten Grundes zu. 

C. Bakus imd E. A. Schneider^ hatten bereits gefunden, daß Silber- 
hydrosol fast ein vollkommener Isolator ist, so daß seine minimale Leitfähigkeit 
den unvermeidlichen Venmreinigungen durch Elektrolyte zuzuschreiben sei. 

J. BiLLiTZER * konnte die Leitfähigkeit von kolloidaler Platinlösung messen 
und ermittelte experimentell, daß das zerstäubte Metall die Leitfähigkeit des ver- 
wendeten Wassers auf das 1,5 fache bis 3 fache vermehrt, wie aus folgenden 
Angaben hervorgeht: 

Leitfähigkeit des Wassers: 0,81 • 10" ^ 

Leitfähigkeit des Platinhydrosols: 1,14 • 10"« bis 1,59 • 10~«. 

W. R. Whitney und J. C. Blake * beobachteten, daß die Leitfähigkeit von 
kolloidaler Goldlösimg auch nach sehr langer Dialyse 5 — 6 mal so groß ist, als 
die des Außenwassers. 

G. E. Malfitano * suchte der oben angedeuteten Frage näherzutreten, ob 
die Leitfähigkeit den kolloidalen Teilchen selbst, oder den gelösten Verunreini- 
gungen zuzuschreiben sei. Die kolloidalen Lösungen wurden zu diesem Zwecke 
durch eine Kollodiummembrane, die alle Kolloidpartikelchen zurückhält, filtriert 
Es zeigte sich, daß die Leitfähigkeit vor und nach dem Filtrieren den gleichen 
Wert besitzt; sowohl bei Ferrichloridlösung (die hydrolytisch abgespaltenes Eisen- 
hydroxyd enthält) als auch bei Arsensulfidhydrosol und Eiweißlösung wurde die 
Leitfähigkeit der Filtrate bestimmt und es ergab sich, trotzdem das Filter an- 
sehnliche Mengen von Kolloidniederschlag zurückhielt, nicht die geringste Ände- 
rung des Leitvermögens. Es folgt daraus, daß die gelösten Verunreinigungen die 
Leitung bedingen, während die Partikelchen selbst daran keinen Anteil nehmen. 

J. DüCLAUX ^ nimmt an, daß die geringe Leitfähigkeit kolloidaler Lösungen 
zum Teile verunreinigenden Elektrolyten, zum geringen Teile jedoch dem Trans- 
port einer kleinen Elektrizitätsmenge durch die im Stromgefälle sich bewegenden 
Teilchen zuzuschreiben ist. Zur Ermittelung dieses Wertes wurde nach dem Vor- 
gange von Malfitano (s. oben) die kolloidale Lösung durch Kollodiiun filtriert 
und die Leitfähigkeit dieses von Kolloidteilchen befreiten Mediums von dem 
Leitvermögen des Kolloids abgezogen. Nach dieser Methode ergab sich zum 
Beispiel, daß den kolloidalen Teilchen von Ferrihydroxyd eine spezifische Leit- 
fähigkeit von etwa 200 • 10~® zukommt 



^ Z, phys. Ch. 8. 278 — 298. 1891. — 2 Wien. Ber. IIL 1393 — 1432. 1902. — 3 Joarn. 
Americ. Chem. Soc 26. 1339 — 1387. 1904. — +0. rend. 130. 1221 — 1223. 1904. — 
5 C. rend. 140. 1468 — 1471. 1905. 



^6 , Eigenschaflen der kolloidalen Lösungen . 

In jüngster Zeit hat W. Pauli ^ gefunden, daß Eiweiß, welches durch sorg- 
fältigste Dialyse völlig gereinigt wurde, beinahe ein vollkommener Isolator ist; 
ein Strom von 250 Volt Spannung gab beim Durchgange durch eine der- 
artige elektrolytarme Eiweißlösung nur 0,00002 Ampere. Wurde zu diesem Eiweiß 
nur eine minimale Menge Essigsäure zugesetzt, so daß der Gehalt der Flüssigkeit 
0,005 normal war, so passierte unter denselben Versuchsbedingungen ein Strom 
von 0,0001 Ampere, ein Kochsalzzusatz bis zum Gehalte von 0,001 normal 
erhöhte die auftretende Stromstärke auf 0,00015 Ampere. 

Diese Zahlen zeigen den wesentlichen Einfluß der geringsten verunreinigen- 
den Elektrolytmengen auf die Leitfähigkeit des kolloidalen Mediums. 



8. Zustandsänderangen kolloidaler Lösungen. 

Koagulation« 



Wie schon mehrfach erwähnt wurde, ist es eines der charakteristischstoi 
Kennzeichen kolloidaler Lösungen, daß durch gewisse Vorgänge der in scheinbar 
homogener Verteilung befindliche feste Körper zu größeren Aggregaten zusammen- 
tritt und sich mit einem Teil der Flüssigkeit, den er einschließt, von der Haupt- 
menge des flüssigen Mediums trennt. 

Dieser Vorgang war schon Graham bekannt; er sowie die älteren Forscher, 
welche sich mit Kolloiden beschäftigten, bezeichneten die derartig gebildete neue 
Form des Kolloids als „unlöslich geworden" (gel), zum Unterschied von der ur- 
sprünglichen „kolloidalen Lösung" (sol). Die Zustandsänderung selbst wurde, da 
sie an längst bekannte Reaktionen der Eiweißkörper erinnert, als Koagulation, 
wohl auch als Pektisation, Ausfällung, Ausflockung kolloidaler Sole 
bezeichnet 

Die Koagulation kolloidaler Lösungen kann durch Umstände der ver- 
schiedensten Art bewirkt werden. Manche Sole sind so unbeständig, daß sie 
nach kurzer oder längerer Zeit ohne jedes Hinzutun ausflocken. Durch Tem- 
peraturänderung (Erhitzen oder Gefrieren) werden viele kolloidale Lösungen 
ausgefällt, andere können hingegen lange Zeit gekocht werden, ohne sich zu ver- 
ändern. 

Durch Elektrolytzusatz werden die meisten Sole koaguliert, doch zeigen 
sich auch bei diesem Vorgang die verschiedenartigsten Erscheinungen. Kolloidale 
Metallösungen werden schon durch Spuren von Salzen ausgefällt, wobei sich die 
Aggregation der Teilchen oftmals durch charakteristische Farbenänderungen äußert 
Lösungen von Eiweißkörpem werden dagegen nur durch bestimmte Salze koaguliert 
und sind gegen geringe Elektrolytmengen unempfindlicher als die Hydrosole der 
Metalle und Metallsulfide. Andere anorganische Hydrosole sind jedoch gegen 
Salze beständig, ja entstehen gerade durch Zufügung von geringen Elektrolyt- 
mengen zum Hydrogel. 

Da das Verhalten der einzelnen kolloidalen Lösungen gegenüber Elektrolyt- 
zusätzen so überaus verschiedenartig und charakteristisch ist, wurde mehrfach 
vorgeschlagen, auf Grund dieser Verschiedenheit eine Einteilung der Kolloide in 
bestimmte Gruppen zu treffen. So pflegt man neuerdings nach dem Vorgange 
von J. Perrin^ die „hydrophilen Kolloide", welche durch Zufügung von Elek- 
trolytspuren koaguliert werden von den „nichthydrophilen Kolloiden", die 
gegen Elektrolytzusatz wenig empfindlich sind, zu unterscheiden. Hierüber wird 
an späterer Stelle ausführlicher berichtet werden. 

Die meisten anorganischen Kolloide werden durch Nichtelektrolyte nicht 

^ Beitr. z. ehem. Phys. u. Path. 7. 531 — 547. 1906. — 2 Journ. de Chimie Phys. 9. 
50. 1905. 



8. Zustands&nderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. ah 

m 

koaguliert; Lösungen von Eiweißkörpem werden jedoch durch Alkohole, Phenole usw. 
ausgefällt. 

Diese Fülle von Erscheinungen, für welche die eben angedeuteten Fälle nur 
einige Beispiele bieten, läßt sich nur nach folgendem allgemeinen Gesichtspunkte 
systematisch anordnen. Das unlösliche, ausgefällte Gel läßt sich entweder durch 
eine Umkehrung der Bildungsbedingungen wieder in das betretende Sol über- 
führen, die Zustandsänderung ist also reversibel; oder die Rückverwandlung des 
Gels in ein Sol ist durch einfache Mittel nicht mehr möglich, der Vorgang ist 
irreversibel. 

Viele Experimentaluntersuchungen haben erwiesen, daß die Erscheinungen 
der irreversiblen Koagulation sich am reinsten bei anorganischen Hydrosolen, 
speziell bei jenen der Metalle imd Metallsulfide zeigen. Bei den organischen 
Kolloiden, speziell den Eiweißkörpern bestehen kompliziertere Verhältnisse, indem 
unter ähnlichen Bedingungen reversible und auch irreversible Ausfällungen vor- 
kommen. Es wird daher in der Folge die irreversible Koagulation anorganischer 
Kolloide getrennt von den physikalischen Zustandsänderungen organischer 
Kolloide erörtert 

Bezüglich der Nomenklatur der bei der Koagulation kolloidaler Sole 
entstehenden Gebilde möge erwähnt werden, daß nach dem Vorschlage von 
A. Lottermoser ^ die reversiblen Hydrogele auch als „feste Hydrosole", die 
hieraus entstehenden Hydrosole als „flüssige Hydrosole" bezeichnet werden. 

A. Irreversible Koagulation anorganischer Hydrosole. 

Der Vorgang der Ausfällung kolloidaler Lösungen durch verhältnismäßig 
geringe Mengen zugefügter Salze ist eine so auffällige Tatsache, daß zahlreiche 
Untersuchungen über den Mechanismus dieser Erscheinung, die dabei auftretenden 
Gesetzmäßigkeiten und anderen Vorgänge durchgeführt werden. 

Wichtig ist zunächst die Kenntnis der von W. Spring* betonten Unter- 
scheidung zweier Vorgänge nach dem Elektrolytzusatz: die kleinsten Teilchen des 
kolloidal gelösten Stoffes vereinigen sich zunächst zu größeren Flocken (Aus- 
flockung), diese setzen sich dann unter dem Einfluß der Schwere ab (Sedimen- 
tation). Diese beiden Stufen des Koagulationsvorganges verlaufen unter Um- 
ständen gleichzeitig, da das Eintreten der zweiten Phase jedoch durch die 
Flockengröße und andere Einflüsse — wie Umschütteln, Geschwindigkeit des 
Zusetzens, Gehalt des Sols (vergl. H. Freundlich^) — bedingt wird, ist in den 
meisten Fällen nur die beginnende Ausflockung (Trübung des Sols) mit an- 
nähernder Sicherheit zu beobachten und auch diese Beobachtung unterliegt zur 
Erzielung vergleichbarer Ergebnisse gewissen Schwierigkeiten. Trotzdem ist es 
gelungen, eine Reihe interessanter Gesetzmäßigkeiten für die Koagulation anor- 
ganischer Hydrosole durch Elektrolyte zu finden. 

a> Die Elektrolytsehwelle* 

Zahlreiche Versuche haben erwiesen, daß der zugefügte Elektrolyt eine be- 
stimmte Minimalkonzentration, (den „Schwellenwert") übersteigen muß, um 
Koagulation zu bewirken. Bei manchen Elektrolyten ist diese allerdings sehr 
gering, bei anderen, schwächer wirkenden, muß sie höher gewählt werden. 

Auch bei längerer Zeitdauer wirken Elektrolytmengen, welche unter dieser 
Grenze bleiben, auf das betreffende Hydrosol gar nicht ein, wie H. Freundlich^ 
gezeigt hat. Wurde nämlich zu 100 ccm Arsensulfidhydrosol so viel KCl zu- 
gefügt, daß die Konzentration des letzteren 1,219 und 2,438 Millimol im Liter 

1 „Anorganische Kolloide^', p. 2. — 2 Bull. Acad. Roy. Belg. (3) 38. 483 — 521. 1900. 
— ^ Z. phys. Ch. 44. 129 — 160. 1903. 



^g * Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

betrug, so zeigte sich nach 340 Tagen weder äußerlich noch im Gehalte des 
Sols an AsjSg eine Veränderung gegen das von KCl freie Hydrosol. Eine kolloidale 
Lösung, die hingegen 8.9 Millimol im Liter enthielt, war in der gleichen Zeit so 
gut wie völlig ausgefiockt. 

b) Die FlUniiffsref el. 

Wie eben erwähnt wurde, zeigt es sich bei der Untersuchung der mini- 
malen fällenden Menge Elektrolyt, daß manche Elektrolyte in ganz geringer 
Konzentration koagulieren — also eine intensive fällende Wirkung besitzen — 
während andere erst in größerer Konzentration den gleichen Einfluß austiben. 

Diese merkwürdige Tatsache veranlaßte zahlreiche Versuche, welche auf 
die Feststellung der koagulierenden Kraft verschiedener Elektrolyte in bezug auf 
anorganische Hydrosole hinzielten. Schon H. Schulze^ stellte Fällui^versuche 
mit Arsensultidhydrosol' an, auf welches er verschiedene Salzlösungen einwirken 
ließ und fand, daß die koagulierende Kraft gleicher Mengen verschiedener Salze 
auffallende Differenzen zeigt. Die Versuche wurden im Prinzipe so ausgeführt, 
daß jene Konzentrationen der Salzlösungen bestimmt wurden, welche innerhalb 
einer gewissen Zeit und unter gleichen Bedingungen eine Ausflockung des Hydio- 
sols verursachten, die sich durch eine deutlich sichtbare Trübung äußerte. 

Um die den verschiedenen Elektrolyten eigentümlichen Intensitäten der 
Koagulationswirkung vergleichen zu können, wurde als „molekulares FäUungs- 
vermögeh" eines Elektrolyten der reziproke Wert der Konzentration in g-Molen 
im Liter angegeben, welche erforderlich ist, um ein bestimmtes Sol in der oben 
gekennzeichneten Weise zu koagulieren. 

Wurde nun zum Beispiel das Fällungsvermögen des Jodkaliums als Einheit 
angenommen, so ergaben sich für dieses bei anderen fällenden Salzen die fol- 
genden Zahlen: 



KCl . 


,. . 2.6 


Na,SO^ 


. . . 2.5 


CaCl, 


. . 80 


MgCl, 


. . . 182 


ZnSO^ 


, . . 60 


A1,C1, 


. . . 1518 


A1,(S0,), 


. . . 957 



Es zeigt sich also, daß die koagulierende Kraft eines Salzes fClr Arsensulfid- 
hydrosol von der Wertigkeit des Kations abhängt und von jener des Anions 
unabhängig ist Um die gleiche fällende Wirkung hervorzubringen müssen 
demnach etwa folgende relative Konzentrationen von Salzen einwirken: 

K':K":K"' = 350:20:1 , 

wobei K\ K'\ IC" die Konzentration des Elektrol}^ mit ein-, zwei- und drei- 
wertigem Kation bezeichnet. 

Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten W. Spring und G. de Boeck* be- 
züglich des kolloidalen Kupferhydroxyds, E. Prost' bei Schwefelkadmiumhydrosol, 
H. PiCTON und E. Linder* bei Schwefelantimon, A. Lottermoser und E. von 
Meyer * bei Silberhydrosol. W. B. Hardy® zog außer Goldsol und kolloidaler 
Kieselsäure das positiv geladene kolloidale Eisenhydroxyd in den Kreis seiner 
Betrachtung. Die wichtigen Ergebnisse dieser Arbeit gehen aus der folgenden 

^ J. f. prakt Ch. (2) 26. 431-452. 1882. — 2 ßuU. soc. chim. Paris. (2) 48. 165—170. 
1887. — 3 Bull. Acad. des scieDces Bruxelles. (3) 14. 312. 1887. — * Joum. Chem. Soc. 67. 
63- 1895- — ^ J. f. pr. Ch. (2) 57. 540—543. 1898. — 6 Proc. Roy. Soc. London. ^Q, 
HO — 125. 1899. 



8. Zustandsändenmgen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



49 



Zusammenstellung einiger Versuchsresultate hervor, in welcher die Konzentration 
des betreffenden Elektrol3^en> die eben AusfiLllung hervorruft, in Grammäquiva- 
lenten pro Liter angegeben ist. 



Elektrolyt : 



KOH . . 
KjSO^ . . 
NaQ . . 
BaCl^ . . 
MgS04 . . 
HCl . . . 
HNO, . . 
HjSO^ . . 
Oxalsäure . 
Zitronensäure 



klHTlVf^TnQÄl 


Mastix- 


Ferrihydroxyd- 


'XXJLuy ux uovi 


suspension 


hydrosol 


0,09 




0,001 


0,026 


0,24 


0,0006 


0,018 


0,12 


0,5 


0,004 


0,022 


0,001 




0,028 


0,0005 


0,008 


0,004 


0,5 


0,008 


0,004 


0,5 


0,008 


0,004 


0,002 




0,009 


0,002 
0,0007 



Die Angaben der Kolumne i bestätigen die früher bezüglich der Wirkung 
des Kations auf negativ geladene Kolloide aufgestellte Regel; aus Kolumne 3 
geht folgende weitere interessante Gesetzmäßigl^eit hervor: die koagulierende Kraft 
eines Elektrolyten bezüglich positiv geladener Kolloide (Eisenhydroxyd usw.) 
hängt von der Wertigkeit des Anions ab und ist von jener des Kations un- 
abhängig.^ 

Hardy gibt den beiden bezüglich der Fällungswirkung von Elektrolyten 
aufgefundenen Gesetzen folgenden gemeinsamen Ausdruck: 

„Das Fällungsvermögen eines Salzes ist durch die Wertigkeit eines seiner 
Ionen bestimmt Das vorherrschende Ion ist entweder das negative oder positive, 
je nachdem die kolloidalen Teilchen sich in einem Potentialgefälle stromab- oder 
aufwärts bewegen. Das koagulierende Ion hat immer entgegengesetzte 
elektrische Ladung als das Teilchen.'' 

Weitere ausführliche Untersuchungen von H. Freundlich^ bestätigen im 
allgemeinen die eben erörterten Gesetzmäßigkeiten. Von negativ geladenen Kol* 
loiden wurden die Hydrosole des Platins und Arsensulfids untersucht, während 
das Eisenhydroxydhydrosol als typisches Beispiel für positiv geladene Kolloide 
neuerdings bezügUch seines Verhaltens gegen Elektrolyte geprüft wurde. Folgende 
Tabelle enthält die experimentell ermittelten Elektrolytmengen, welche in einer 
Eisenhydroxydlösung vom Gehalt 10.3 Millimol Fe(0H)3 im Liter eben Aus- 
flockung bewirkten. 



Elektrolyt 



KonzeDtration in Millimol 
pro Liter 



NaCl . 
KCl. . 
BaCl, 

2 
KNOg . 

Ba(NOs), 

2 

K,S04 . 
MgSO^ . 
HjSO^ . 



9,25 
9,03 

9,64 

11,9 

14,0 

0,204 
0,217 
0,5 



1 Die Bedeutung der Angaben in Kolumne 3 wird später (p. 59) erörtert. — 2 h. Freund- 
lich, „Über das Ausfällen kolloidaler Lösungen durch Elektrolyte.** Diss. Leipzig. 1903; Z, 
phys. Ch. 44. 129—160 (1903). 

MüLLBK, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 4 



CO Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Für die Tatsache des Einflusses der Wertigkeit der Ionen auf die 
fällende Wirkung eines Elektrolyten wurden verschiedene Erklärungen gegeben. 
(W. B. Hardy^ suchte zunächst die Fällungswirkung mit dem osmotischen Druck 
der Elektrolytlösung in Zusammenhang zu bringen und wies auf die Beziehungen 
zur elektrischen Leitfähigkeit hin.) Whetham^ hat über diese Erscheinung folgende 
theoretische Betrachtung mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung angestellt 
Es wird vorausgesetzt, daß zu einer Aggregation einer gewissen Anzahl kolloidaler 
Teile eben die Ladung eines dreiwertigen Ions erforderlich ist, dann wird zur 
Erzeugung derselben Wirkung, da die Ladung der Ionen proportional ihrer Valenz 
ist, das Zusammentreffen von zwei zweiwertigen und drei einwertigen Kationen 
nötig sein« Wird ein Rolloidpartikelchen als fix angenommen, so ist bei emer 
Konzentration Cj der Lösung die Möglichkeit, daß ein einwertiges Ion in die 
Wirkungssphäre des Teilchens gelangt ACj , wobei A konstant ist; für zwei- 
wertige Ionen ergibt sich diese Möglichkeit mit (AC,)*, für dreiwertige mit (ACg)', 
wobei Cg und C, die Konzentration der Salzlösung von zwei- bzw. einwertigem 
Ion bezeichnen und angenommen wird, daß A annähernd gleichen Wert hat 
Sollen diese Lösungen äquikoagulierende Kraft haben, so muß die Häufigkeit 
des Zusammentreffens von Kolloidteilchen und Ion gleich sein, also: 

ACj « A^Cj» = A'C,» = B (konst) 

c -^ c -1^ c -i? 



daher 



-^ «i:^ 



Ci:C2:C3 = ^:V'^:y^ . 



Unter der Voraussetzung, daß die Annäherung an die Wirklichkeit durch 
die Abänderung der obigen Proportion in 

CjiCgiCj = B:\b:PB ffi 

eine bessere wird, ergibt sich, wenn yB = K 

oder wenn statt der Konzentrationen deren reziproke Werte, die spezifischen 
molekularen Koagulationskräfte R (also die reziproken Werte der Volumina von 
eben koagulierend wirkenden Lösungen, die je ein g- Molekül enthalten) ein- 
geftihrt werden: 

RiR'iR" ^K:K^:K^ . (IIi;i 

Diese Beziehung stimmt mit der bereits erkannten Tatsache überein, daß 
das Fällungsvermögen (s. oben) mit der Wertigkeit des fällenden Ions im Ver- 
hältnis des Quadrats und Kubus zunimmt. 

Die nach Proportion I für ^ als Schwellenwert eines einwertigen Kations 
in bezug auf ein Hydrosol berechneten Werte stimmen mit den experimentell 
von Schulze (vgl. p. 48) ermittelten Zahlen sehr gut überein. 

W. B. Hardy^ versuchte insbesondere gesetzmäßige Beziehungen zwischen 
den Leitfähigkeiten von Elektrolyten und deren Koagulationswirkung auf kolloi- 
dale Sole aufzufinden. Es wurde hierbei die bemerkenswerte Tatsache festgest^t. 
daß die elektrischen Leitfähigkeiten von Säurelösungen, die auf negativ ge- 
ladene Hydrosole gleiches Fällungsvermögen ausüben, ebenso jene von Alkali- 



M. c. — 2 Philos. Mag. (5) 48. 474—477. 1899; Z. phys. Ch. 32. 637. 1900. — 
3 Proc. Roy. Soc. London. 6%, iio — 125. 1899; Z. phys. Ch. 33. 385 — 400. 1900. 



8. ZustandsändenuDgen koUoidaler Lösungen. Die Koagulation. 



51 



lösungen, die bezüglich positiv geladener Hydrosole äquikoagulierend wirken, 
untereinander annähernd übereinstimmen. 

Hingegen zeigen die Leitfähigkeiten von Säurelösungen, die bezüglich 
positiv geladener Kolloide gleiche Koagulationswirkung haben, große Dififerenzen, 
ebenso auch jene von Alkalien, die auf negative Hydrosole äquikoagulierend 
wirken. 

Diese Tatsache ist aus folgenden Zahlenangaben zu ersehen, welche die 
Werte der spezifischen Leitfähigkeiten (mit 10*' multipliziert) bei einer Temperatur 
von 16 — 17® für Säuren in jener Konzentration angeben, die bezüglich der in 
dor Tabelle bezeichneten Art von Teilchen eben Ausflockung bewirken: 





Mastix 


Ferrihydroxyd 




(elektronegativ) 


(elektropositiv) 


" \ HNOs . . . 


14,5 


1650 


143 


1589 


Essigsäure . . 


12,6 




H" H,S04 . . . 


13,2 


6,8 


l Oxalsäure . . 


14,4 


3,4 


TT/// "8* ^4 • • 

1 Zitronensäure . 


13,9 






0,7 



Theoretische Schlußfolgerungen, welche Hardy aus dieser experimentell 
festgestellten Tatsache zu ziehen suchte, sind wenig Übersichtlich und können 
daher hier Übergangen werden. 

Es mag schließlich erwähnt werden, daß £. Jordis ^ die Gesetzmäßigkeiten 
der Fällungsregel chemischen Wirkungen des fällenden Elektrolyten auf das 
betreffende Hydrosol zuschreibt. 

V 

c) Adsorption des fällenden Elektrolyten. Einfluß der Hydrolyse* 

Bei Fällungsversuchen mit Arsensulfidhydrosol beobachteten E. Linder und 
H. PicTON*, daß Bariumchlorid durch das ausfaUende Hydrogel teilweise zersetzt 
wird, indem eine geringe Menge Barium im Niederschlag bleibt, während die 
entsprechende Menge Salzsäure frei wird. Es gelang nicht, durch noch so sorg- 
fältiges Auswaschen das Barium zu entfernen, hingegen konnte es durch Waschen 
mit der Lösung eines anderen Salzes durch das entsprechende Kation ersetzt 
werden. 

W. R. Whitney und J. E. Ober' fanden bei Fortsetzung dieser Unter- 
suchung durch analytische Bestimmung der Menge des zurückgehaltenen Kations 
und der freien Säure, daß das koagulierte Arsentrisulfid äquivalente Mengen der 
verschiedenen Metallhydroxyde aus den verschiedenen Salzen zurückhält, wie 
aus der folgenden Zusammenstellung hervorgeht. Die Berechnung in Kolumne 3 
wurde auf Grundlage des adsorbierten Bariumgewichts nach den entsprechenden 
Äquivalenten durchgeführt: 



100 ccm des Kolloids adsorbiertem Gramme : 
beobachtet berechnet 



Ca 

Sr 

Ba 

K 



0,0019 
0,0020 
0,0086 
0,0041 
0,0076 
0,0086 



0,0022 

0,0049 

0,0076 
0,0048 



^ Z. fs Elektr. 10. 509—518. 1904. 
Americ. Chem. Soc. 23. 842 — 863. 1902. 



— 2 joum. Chem. Soc. 67. 63. 1895. — 8 Joum. 



4* 



C2 Eigenschailen der kolloidalen Lösungen. 

Diese Tatsache weist auf einen gewissen Zusammenhang zwischen Wertig- 
keitseinfluß und hydrolytischer Spaltung hin. 

Schon W. Spring^ hatte die intensivere Fällungswirkung von Salzen mit 
mehrwertigen Kationen der stärkeren hydrolytischen Spaltung der betreffenden 
Salze zugeschrieben, so daß die Ausflockung nicht auf einer Wirkung der mehr- 
wertigen Ionen, sondern auf einer gemeinsamen Fällung mit den durch Hydrolyse 
abgespaltenen Hydratmolekiüen beruhen würde. Auch G. Bredig' deutet an, 
daß der Einfluß der Wertigkeit des Kations auf den größeren Gehalt an hydro- 
lytisch abgespaltener Säure in Salzen mehrwertiger Metalle zurückzuführen seL 

H. Freundlich' bestreitet indes einen Einfluß der Hydrolyse, weil Salze 
des Berylliums und Uranyls, welche als beträchtlich hydrolytisch gespalten erkannt 
wurden, sich nicht anders verhielten als andere Salze mit gleichwertigem Kation. 

Indessen haben die neueren Arbeiten von W. Biltz^ den Zusammenhang 
zwischen Hydrolyse und Fällungsregel klargelegt und damit eine zwanglose Be- 
gründung dieser Regel ergeben, worüber an späterer Stelle Näheres darüber ge- 
sagt wird. 

d) FarbenrerUnderaiifen von Metallhydrosolen« 

Der Vorgang der Ausflockung kolloidaler Metallösungen durch Elektrolytc 
wird oftmals durch charakteristische Farbenveränderungen eingeleitet, welche an 
sich schon irreversible Zustandsänderungen sind. 

Derartige Erscheinungen hatte bereits Faraday^ bei der durch Reduktion 
von Goldchlorid mittels Phosphor erhaltenen kolloidalen Goldlösung beobachtet; 
R. ZsiGMONDY* fand, daß ein Zusatz von wenig Kochsalz oder verdünnter Säure 
zu Goldhydrosol einen momentanen Farbenumschlag der roten Färbimg in Blau 
bewirke und vermutete, daß im blaugefärbten Gold das Metall schon zu größeren 
Teilchen vereinigt sei. 

Die größte Mannigfaltigkeit zeigt hierin das Silberhydrosol, welches nach 
Untersuchungen von Carey Lea' und E. von Meyer imd A. Lottermoser® 
in den verschiedensten Färbungen von dunkelkafieebraun, braunrot bis braun- 
violett auftritt, welch letztere Farbe bei weiterem Elektrolytzusatz plötzlich in ein 
tiefes Grün umschlägt. Dann erst tritt Ausscheidung des Silbers ein. 

Durch passende Wahl der Konzentrationsverhältnisse konnten A. Gutbier 
und F. Resenscheck ® bei der Reduktion von Goldchlorid mittels salzsauren 
Phenylhydrazins verschiedene Färbungen von Goldhydrosol und deren Übergänge: 
rot, purpurrot, rotviotett, blauviolett bis tiefblau erhalten, wobei der allmählich 
steigende Zusatz des Reduktionsmittels die graduellen Farbenveränderungen 
bewirkte. 

Es ist festzuhalten, daß in allen beschriebenen Fällen die Flüssigkeit klar 
bleibt, durch Dialyse gereinigt werden kann und in diesem Zustande ebenso 
haltbar bleibt wie das ursprüngliche Hydrosol. Erst bei weiterem Zusatz von 
Elektrolyt tritt völlige Ausflockung ein. 

Der Grund für diese Farbenerscheinungen wurde vielfach in Änderungen 
der Teilchengröße des betreffenden kolloidalen Metalls gesucht, doch haben aus- 
führliche Experimentaluntersuchungen von R. Zsigmondy ^®, welche die Größe der 
Teilchen in verschieden gefärbten Goldlösungen ultramikroskopisch ermittelten, 
gezeigt, daß ein solcher Zusammenhang nicht besteht. Einige charakteristische 
Resultate sind in der folgenden Tabelle angegeben. 

' Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 204 — 236, 1900. — 2 ^^Anorganische Fermente.'* 
p. 15, Fußnote. — ^ „Über das Ausfällen kolloidaler Lösungen durch Elektrolyte." Diss. 
Leipzig. 1903. p. 12. — * Ber. 37. 1095 — 11 16. 1904. — B Philos. Mag. (4) 14. 401 — 417, 
512—539. 1857. — • Z. f. Elektr. 4. 546— 547. 1898. — 7 sill. Am. Toum. (3) 37. 476—491; 
38. 47—50, 237—240. 1889; 41. 179—90, 482—489. 1891. — 8 j. pr. Chem. (2) 66. 
241 — 247. 1897. — 9 Z. anorg. Ch. 39. 112— 114. 1904. — W „Zur Erkenntnis der Kolloide." 
Abschnitt VIII und X. 



8. ZustandsänderuDgen kolloidaler L^teungen« Die Koagulation. 



53 



Farbe 


Berechuete mittlere 


Farbe 


des Goldhydrosols 


TeilchengrÖße in fi/i 


der Goldteilchen 


rosa 


ca. 6 




hochrot I . . 








ca. 10 


grün 


» 11 . 






ca. 15,5 


grün und gelb 


„ III . . 






ca. 18 


grün 


,. IV . 






ca. 32 


grün 


violettrot I . 






ca. 23 


gelb und grün 


» 11 . 






ca. 82 


rot, grün, gelb 


„ III . 






. , ca. 75 


grün, gelb, rot 


violett . . 








ca. 35 


gelb, rot, grün 


blauviolett . 








ca. 54 


goldgelb 


hellviolett . . 








ca. 95 


gelb 


schmutzig blau. 








ca. 80 


kupferrot 


purpurrot . , 








ca. 88 


gelbgrün 



Da demnach* eine Beziehung zwischen Teilchengröße und Farbe nicht 
erkennbar ist, bezeichnet Zsigmondy die Voraussetzimgen der Arbeit von 
K. StOECKL und L. Vanino' sowie jener von F, Ehrenhaft* (vgl. p. 23), welche 
aus der Lichtabsorption der Metallsole Schlüsse auf die Größe der darin ent- 
haltenen Teilchen zu gewinnen suchen, als unrichtig. Denn aus der oben 
gegebenen Tabelle geht hervor, daß es sehr verschieden große Goldteilchen sind, 
welche vornehmlich grünes Licht abbeugen und einer Flüssigkeit, in der sie ver- 
teilt sind, eine Lichtabsorption erteilen können, deren Maximum im Grün liegt. 
Dasselbe gilt für Teilchen, welche hauptsächlich gelbes und rotes Licht abbeugen. 
Für die Lichtabsorption hat daher wahrscheinlich nicht die Größe der Teilchen 
allein, sondern der Einfluß anderer noch unbekannter Faktoren, wie Form der 
Teilchen, Substanz des Metalles usw. wesentliche Bedeutung (vgl. hierüber 
auch p. 24). 

Die eigentliche Ursache des Farbenumschlages wurde von F. Kirchner und 
R. Zsigmondy' auf die Annäherung der Goldteilchen bei der Flockenbildung zu- 
rückgeführt, die Teilchen V er groß er ung an sich hat, wie schon erwähnt wurde, 
keinen Einfluß auf das Eintreten dieser Erscheinung. Eine experimentelle Stütze fand 
diese Annahme durch die Untersuchung von Goldgelatinepräparaten, welche durch 
Zusatz von kolloidaler Goldlösung zu Gelatine erhalten wurden. Derartige Präparate 
zeigen nach dem Eintrocknen eine schmutzigviolette oder blaue Farbe, werden 
aber beim anfeuchten wieder . rot. Unter dem Mikroskop ließen sich in dem ein- 
getrockneten Präparat intensiv gefärbte, kleine Körper erkennen, die in einer 
farblosen Grundmasse lagen und aus einer großen Anzahl submikroskopischer 
Teilchen bestehen. Beim Aufkochen mit Wasser wurde die ursprüngliche Zer- 
teilung des Goldes wiederhergestellt, zugleich trat auch die ursprüngliche Rot- 
färbung wieder auf. Es ist also gar nicht erforderlich, daß die Vereinigung der 
Teilchen zu größeren irreversibel ist. Der Farbenumschlag trat weiter auch ein, 
gleichgültig ob die ursprünglich im roten Hydrosol vorhandenen Teilchen kleiner 
oder größer waren und ob die erwähnten Körner aus gehäuften Teilchen groß 
oder klein waren. 

Die Ergebnisse der experimentellen Beobachtung erhielten durch Anwendung 
rein theoretischer Überlegungen auf die in Rede stehenden Erscheinungen eine 
wesentliche Stütze. Die kleinen Goldteilchen, welche in einem Dielektrikum 
eingebettet sind, werden durch Lichtwellen zum Mitschwingen angeregt, wirken 
also im Sinne der elektromagnetischen Lichttheorie als optische Resonatoren. 



^ Z. phys. Ch. 30. 98—112. 1899; 34. 378—379. 1900. — * Wien. Ber. 112. 
182 — 211. 1903; siehe auch die Kritik ron F. Pockels, Physik. Zeitschr. 6. 152 — 156. 1904, 
über diese Arbeit. — ^ Ann. Phys. (4) 16. 573 — 595. 1904. 



J^ EigeDSchaften der kolloidalen Lösungen. 

Nach der Theorie, welche nun M. Planck^ fiir Strahltmgsvorgflnge auf- 
gestellt hat, ergeben sich Beziehungen zwischen der gegenseitigen Entfernung im 
Äther ruhender Resonatoren und den entsprechenden Veränderungen der Ab- 
sorptionskurve derartiger Medien. Die Veränderung der Anzahl von Resonatoren 
in der Voliunseinheit ist allein für die Absorption maßgebend, indem eine Zu- 
sanmiendrängung der Resonatoren eine Erhöhung des Absorptionsmaximums, 
sowie eine Verbreiterung desselben imd zwar schneller nach Rot als nach Blau 
bewirkt Als die Planck sehe Theorie mit gewissen Vorbehalten auf die Gold- 
gelatinepräparate angewendet wurde, zeigte sich eine bemerkenswerte Überein- 
stimmung zwischen den von der Theorie geforderten imd den durch Experiment 
ermittelten Absorptionskurven. Diese Tatsache bestätigt die Richtigkeit der An- 
nahme, daß der Farbenumschlag seine Ursache in der Änderung der Teil- 
chenabstände hat. — 

e) Die Scbatzwirknngr ^on Kolloiden« 

Zahlreiche organische Kolloide besitzen, wie schon erwähnt wurde, die 
Fähigkeit, in relativ geringen Mengen anorganischen Hydrosolen zugefügt, die 
letzteren gegen die koagulierende Wirkung durch Elektrolyte zu „schützen". Diese 
Tatsache wurde zunächst von E. von Meyer und A. Lottermoser* bei Silber- 
hydrosol beobachtet, das bei Gegenwart von Eiweißsubstanzen keine Ausflockung 
durch Salzzusatz zeigte. — C. A. Lobry de Bruyn' erhielt durch Anwendung 
einer gelatinehaltigen Lösung zahlreiche anorganische Hydrosole in beständigem 
Zustande und A. Lottermoser ^ verallgemeinerte diese Beobachtungen dahin, 
daß der Zusatz sehr beständiger Kolloide (Leim, Eiweiß usw.) hindernd auf die 
Gelbildung in unbeständigen Kolloiden wirkt. 

Dieser Vorgang wurde in der Folge, wie oben dargelegt wurde (p. 7) 
vielfach mit Erfolg zur Herstellung und Haltbarmachung verschiedener Hydro- 
sole benützt 

R. ZsiGMONDY^ untersuchte weiterhin die relative Wirksamkeit der einzel- 
nen schützend wirkenden Kolloide und fand, daß in dieser Beziehung beträcht- 
liche Unterschiede bestehen. Die nach seinem Verfahren hergestellte kolloidale 
Goldlösimg zeigt eine hohe Empfindlichkeit gegen Elektrolyte, ^/j ccm einer 
lOprozentigen Kochsalzlösung genügt, um einen Farbenumschlag von 5 — 10 ccm 
einer 0,005 bis 0,006 prozentigen roten Goldlösung in blau zu bewirken. Setzt 
man vorher jedoch etwas Leimlösung zu, so bleibt die Flüssigkeit auch bei Zusatz 
großer Mengen von Kochsalz unverändert Verwendet man anstatt des Leims 
etwas Albumin, so muß man wesentlich mehr hiervon zusetzen, um dieselbe 
Wirkung zu erzielen, noch mehr jedoch bei einem Versuche, durch Dextrinzusatz 
die Goldteilchen vor dem Farbenumschlag zu schützen. 

Um zu einem zahlenmäßigen Ausdruck für die schützende Wirksamkeit dieser 
Kolloide zu gelangen, arbeitete Zsigmondy mit einer sorgfältig hergestellten Lösung 
von 0,0053 — 0,0058®/^ Goldgehalt sowie einer Kochsalzlösung, welche 100 g 
Kochsalz in 900 ccm Wasser enthielt Diejenige Anzahl von Milligrammen Kolloid, 
welche eben nicht mehr ausreichte, um 1 ccm der bezeichneten Goldlösung vor 
dem Farbenumschlag durch ein 1 ccm Kochsalzlösung zu schützen, wurde als 
Gold zahl des betreffenden Kolloids bezeichnet. Die Ermittlung dieser Goldzahl 
geschah so, daß allmählich steigende Mengen einer Kolloidlösung von bekanntem 
Gehalt zugefügt wurden, solange, bis beim nachherigen Zusatz von Kochsalz kein 
Farbenumschlag in violett eintrat Die sich derart ergebenden Goldzahlen sind 

1 Ann. Phys. (4) L 69 — 122. 1900. — 2 j. f. prakt Ch. (2) 56. 241 — 247. 1897. — 
3 Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 10. 236 — 249. 1900. — * „Ober anorganische Kolloide.** p. 50. 
— Bz. analyt. Ch. 40. 697 — 719. 1902. 



8. Znstandsgndeningen kolloidaler Losungen. Die Koagulation. 



55 



in der Größenordnung so verschieden, daß sie sich mit Erfolg zur Charakteri- 
sierung des betreffenden Kolloids verwenden lassen. 

Einige von Zsigmondt bestimmte Goldzahlen von Handelskolloiden sind 
in nachstehender Tabelle verzeichnet. 



Goldzahl , 

1 


Bemerkung 


0,006—0,01 




0,006—0,01 




0,005—0,01 




0,01 —0,02 




0,01 


Durch wenig NH, in Lösung 


0,15—0,25 


1 Zwei verschiedene Handels- 
1 Sorten 


0,1—0,2 


0,15—0,25 




0,1 




0,6—4 




0,6—1 




6—12 


1 Zwei verschiedene Handels- 
sorten 


10—20 


ca. 4—6 




ca. 25 




00 





Kolloid 

Gelatine .... 
Rassischer Leim 
Kölner Leim . . . 
Hansenblase . . . 

Casein 

Eieralbumin . . . 

Gummiarabikum I a 
» », Ha 

„ „ III a 

Carrageen .... 

Dextrin .... 

WeizenstArke . . . 
Kartoffektärke . . 
Rohrzucker • . . 



Die großen Differenzen dieser Goldzahlen gestatten m gewissen Fällen die 
Aufstellung charakteristischer Merkmale fester Kolloide, sowie den Nachweis von 
Qualitätsunterschieden und Verfälschungen. Eine Dextrinlösung, welche mit 
1 ^Iq Leimlösung versetzt wird, zeigt z. B. eine Verminderung der Goldzahl von 10 
auf 0,5 — 1. 

Anderseits konnten Fr. N. Schulz und R. Zsigmondy ^ die Goldzahl mit 
Erfolg zur Charakterisierung der durch fraktionierte Fällung des Eierklars ge- 
wonnenen Eiweißstoffe verwenden. Die folgende Zusanunenstellung der gefundenen 
Ergebnisse zeigt die auffälligen Unterschiede der Goldzahlen des Ausgangsmaterials 
und seiner Einzelfraktionen. 



Untersuchtes Kolloid 



Goldzahl 



Frisches Eierklar 

Meucks Albumin 

Globulin 

Ovomukoid 

Kristallisiertes Albumin 

Fraktion III (amorphes Albumin und ; 

Ovomukoid) | 0,03—0,06 



0,08-0,15 

0,1—0,3 

0,02—0,05 

0,04—0,08 

2—8 



ZuNz' hat femer die Goldzahlen der durch Pepsinverdauung des Eiweiß 
entstandenen Albumosen (Protalbumose, Heteroalbumose, Synalbumose) bestinunt 
und W. BiLTZ, MüCH und Siebert' ermittelten die Goldzahlen einiger Sera und 
Antitoxine. 



Organische Kolloide vermögen jedoch nicht allein Goldhydrosol vor 
Ausflockung zu schützen, sondern ähnliche Schutz Wirkung auch auf andere 
anorganische Sole zu äußern. So fanden A. Müller und F. Artmann,* 
daß die Hydrosole von Schwefelarsen, Schwefelantimon, Schwefelkadmium durch 
organische Kolloide in ganz ähnlicher Weise gegen Elektrolyteinflüsse geschützt 



' Beitr. z. ehem. Physiol. u. Path. 3. 137 — 160. 1902. — ^ Archives intern, de Physiol. 
1904. L 427. — 3 Behrings Beitr. z. exper. Therapie. 1904. Heft 10. — * österr. Chem. 
Ztg. 7. 149 — 151. 1904. 



56 



Eigenschaften der kolloidalen I^Asongen. 



werden, und daß sich ebenso wie bei Goldsol Differenzen in der Intensität der 
Schutzwirkung äußern, wie aus folgender Tabelle hervorgeht: 



MetaUsulfidlÖsong 



Substanz 



AsjS, 
CdS. 
Ag,S 



Cieringste Kolloidmenge in mg, 
welche die AusfäUnng durch 5®/« ige Koch- 
salzlösung yerhindert 




0,05Vo 
0,1 \ 
0,05*/o 



5 
3 
5 



0,16 
0,68 
0,06 



0,82 
1,15 
0,18 



0,4 


0,55 ! 


1,8 


1,5 


0,18 


0,18 



2,5 

8 

0,6 



50 

OD 

00 



Quantitativ äußert sich demnach die Schutzwirkung organischer Kolloide 
auf Metallsulfidhydrosole anders als auf Metallhydrosole (Goldlösung). 

Organische Kolloide, vor allem die Gelatine, vermögen in gewisser Hinsicht 
auch eine Schutzwirkung auf solartige Verteilungen von Halogensilberverbindungen 
auszuüben; da derartige Gebilde in den „Emulsionen*' der photographischen 
Platten vorliegen, spielen diese Erscheinungen bei den Vorgängen der Herstellung 
und Verwendung von Trockenplatten eine wichtige Rolle. Bereits A. Lotter- 
moser ^ hat die Ansicht vertreten, daß unsere jetzt benützten photographischen 
Platten das Hydrosol des Bromsilbers enthalten und C. A. Lobry de BRU^Tf' 
hat die Reifung der Gelatineplatten, d. h. deren im Verlaufe des Lagems zu- 
nehmende Lichtempfindlichkeit darauf zurückgeführt, daß unter dem Einfluß vor- 
handener Elektrol3^e eine allmähliche Vergröberung des Korns von Halogensilber 
sich vollzieht. Wie Lüppo-Cramer* neuerdings zeigte, ist der Gelatine hierbei 
eine wichtige schützende Wirkung zuzuschreiben, indem durch ihre Gegenwart 
die ausflockende (komvergrößemde) Wirkung von Elektrolyten auf das kolloidale 
Halogensilber gewisser Elektrolyte überhaupt aufgehoben, anderer hingegen wesent- 
lich verlangsamt wird. 

Nach neueren Beobachtungen von Lüppo-Cramer* vermögen auch gewisse 
organische Farbstoffe (Erythrosin, Eosin und dgl.) das Hydrosol des Bromsübers 
vor der Ausflockung durch Elektrolyte intensiv zu schützen. Bemerkenswert ist 
der Umstand, daß Eosin sogar die Schutzwirktmg der Gelatine bezüglich des 
genannten Hydrosols übertrifft. 



In vereinzelten Fällen können auch anorganische Kolloide merkliche 
Schutzwirkung ausüben. Hierauf beruht z. B. das KüsPERTsche Verfahren zur 
Herstellung von Metallsolen in Kieselsäur^allerte (vgl. p. 7). Femer wies 
W. BiLTZ^ darauf hin, daß nach seinem Verfahren hergestelltes Zirkoniumhydr- 
oxydhydrosol auf Goldhydrosol intensivere Wirkung äußert als selbst Gelatine, 
während R. Rüer* zeigte, daß ein durch Dialyse von Zirkoniumoxychlorid er- 
haltenes, etwas er- haltiges kolloidales Zirkoniumhydroxyd mit Silbemitrat keinen 
Niederschlag von AgCl gibt, so daß die Annahme berechtigt erscheint, das ge- 
bildete AgCl bleibt durch die Schutzwirkung des Hydroxydsols ebenfalls kolloidal 
gelöst Auch Cl'- haltiges, durch Dialyse von Ferrichlorid erhaltenes Eisenhydr- 
oxydsol gibt aus demselben Grunde beim Zusatz von AgNO, keinen Niederschlag. 



^ „Anorganische Kolloide", p. 65. — * Rec. trav. chim. Pays-Bas. 10. 236 — 249. 1900. 
— 3 Photogr. Konresp. Nr. 553. p. 487—496. 1906; Nr. 556. p. 40—43. 1907. — ♦ Z. f. 
Chem. und Ind. der Koll. 1. 227 — 229. 1907. — 6 ßer. 36. 4431 — 4438. 1902. — ® Z. 
rg. Ch. 43. 85—93. 1905. 



8. Zustandsänderimgen kolloidaler Lösuogeo. Die Koagulation. e7 

Zur Erklärung der Schutzwirkung wurden verschiedene Annahmen heran- 
gezogen. Am meisten Wahrscheinlichkeit dürfte folgende von H. Bechhold^ 
vertretene Ansicht fCLr sich haben. Sie bezieht sich allerdings auf eine Mastix- 
suspension, doch wird an späterer Stelle die weitgehende Analogie des Aus- 
flockungsvoiganges mechanischer Suspensionen mit jenem der Kolloide gezeigt, 
so daß auch bezüglich der Schutzwirkung die für Suspensionen ermittelten Ge- 
setze auf anorganische Hydrosole Anwendung finden können. Nach G. Quinckes * 
Untersuchungen breitet sich eine Flüssigkeit C an der gemeinsamen Grenzfläche 
zweier Flüssigkeiten A und B aus, sobald zwischen den Oberflächenspannungen 
folgende* Beziehung besteht: 

«AC + «BC < «AB 9 

wobei «AB die Oberflächenspannung an der Grenzfläche zwischen A und B, 
«AC jene an der Grenzfläche A und C usf. bedeutet. Die Ausbreitung findet 
also statt, wenn dadurch die Oberflächenspannung der gemeinsamen Grenzfläche 
vermindert wird. Im Falle des Schutzes von Mastixsuspension durch Gelatine 
sind die in Berührung gelangenden Körper Wasser (A), Mastix (B) imd Gelatine 
(bzw. Gummi, Eiweiß, Serum usw., C). Die entsprechenden Werte sind nun: 

aAC= 

«BC = 0,4 — 1,6 

aAB= 2 

es sind daher alle Bedingungen zur Erflillung der obigen Voraussetzung gegeben, 
C (Gelatine bzw. Gummi, Eiweiß usw.) wird sich an der Grenzfläche zwischen 
den Harzteilchen und Wasser ausbreiten, also die Mastixteilchen mit einer dünnen 
Schicht überziehen. Dadurch verhält sich nun das Teilchen gegen Ausflockxmgs- 
mittel so, als bestünde es ganz aus Gelatine, wird also in diesem Zustande vor 
der Elektrolytwirkung geschützt Auf diese Weise erklärt es sich auch, daß so 
ungemein geringe Mengen Gelatine die Ausflockung zu verhindern vermögen. 

Auch die früher erwähnten, von H. Bechhold angegebenen Filtrations- 
versuche kolloidaler Lösungen (vgL p. 27) vermochten in gewisser Hinsicht diese 
Annahme zu bestätigen, denn es zeigte sich, daß zugefügte Schutzkolloide das 
Passieren anorganischer Kolloide durch Filter begünstigen, vermutlich indem sie 
die Teilchen mit einer Schutzhülle überkleiden, welche deren Reibung an der 
Filterwand während der Filtration vermindert. 

Von anderen Erklärungsversuchen seien kurz folgende erwähnt. 

C. A. LoBRY DE Bruyn* Schrieb das Ausbleiben gewisser Fällungsreak- 
tionen in einem kolloidalen Milieu der verminderten Beweglichkeit der Teilchen 
zu und A. Müller^ nahm an, daß hierbei die Viskosität des flüssigen Mediums 
eine gewisse Rolle spielt. 

Da jedoch schon ganz geringe Zusätze von Schutzkolloid, die kaum eine 
Änderung der Viskosität des Mediums bewirken können, intensive schützende 
Wirkung verursachen, dürfte diese Erklärung im allgemeinen nicht zureichen. 

R. ZsiGMONDY^ erklärt die Schutzwirkung organischer Kolloide auf Gold- 
teilchen durch Aufnahme des gelösten Metallsalzes von den Amikronen des 
Schutzkolloids, so daß nach der Reduktion das entstandene Metall mit den 
Amikronen in einer so feinen Verteilung vereinigt bleibt, daß die Homogenität 
der Flüssigkeit nicht beeinträchtigt wird. Oder es wird das reduzierte Metall 
von den Amikronen des organischen Kolloids aufgenommen. 



^ Z. phys. Chem. 48. 385 — 423. 1904. — 2 Ann. Phys. (3) 36. 580 — 642. 1888. — 
3 Bcr. 36. 3079 — 3082. 1902. — * Ber. 37. 11 — 16. 1904. — * Verh. d. Vers, deutscher 
Naturf. und Ärzte. Hamburg. 1901. 168 — 172; „Zur Erkenntnis der Kolloide." p. 116, 144. 



eg Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Im Ultramikroskop ließ sich nach Zsigmondt der Schutz von Goldteüchen 
durch Gelatine nicht deutlich wahrnehmen, doch war zu erkennen, daß beim Zu- 
satz einer Gelatinemenge, welche eben genügte, um die Goldlösungen zu schützen, 
keine Veränderung der Bew^lichkeit der Teilchen eintrat» 

f) Die AnsfloekuDg meehaniseher Suspensionen. Analogien mit den Kolloiden. 

Es ist eine längst bekannte Tatsache, daß fein gepulverte Mineralien und 
ähnliche Substanzen beim Aufschlämmen in Wasser lange Zeit suspendiert bleiben 
ohne sich abzusetzen. Eine derartige Suspension kann, falls die Teilchen ge- 
nügend fein sind, unverändert filtrierbar sein und nur durch feinere physikalische 
Hilfsmittel ihre Inhomogenität äußern. Ein ähnliches Verhalten ist auch den 
kolloidalen Lösungen eigentümlich und die an früherer Stelle erfolgte Darlegung 
optischer Eigenschaften dieser Gebilde (p. i6) läßt die Analogie im Verhalten 
feiner Suspensionen mit dem kolloidaler Lösungen erkennen. 

Doch äußert sich diese Analogie noch deutlicher in den Ausflockungs- 
erscheinimgen derartiger Aufschlämmungen durch Elektrolytzusatz. 

Zahlreiche ältere Arbeiten beschäftigen sich mit der Sedimentation in 
Wasser suspendierter Mineralpulver. So untersuchte Th. Scheerer^ Trübungen 
von Quarzteilchen und Pech und fand, daß deren Absetzen insbesonders durch 
sauer reagierende Flüssigkeiten — Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure — aber 
auch durch Salzlösungen, z. B. solche von Natriumphosphat, Alaun und Kupfer- 
vitriol begünstigt wird. — F. Schulze* fand, daß Trübungen von Tonteilchen 
mit klärenden Zusätzen (Alaun, Leim, Kalk usw.] einen voluminöseren Boden- 
satz geben als ohne solche. Kalkhydrat wirkt schon in ganz geringen Mengen 
(1:20000) klärend. — Gh. Schloesing^ beobachtete, daß destilliertes Wasser 
aus Ackererde klar oder trübe abfließt, je nachdem darin Kohlensäure enthalten 
war oder nicht Tontrübungen, welche sonst monatelang klar blieben, wurden 
durch minimale Mengen von Kalk oder Magnesia in 24 — 48 Stunden ausgefällt 
1 kg Kalksalz würde nach diesen Versuchen zur Klärung von 20 — 50cbm Wasser, 
welches eine Aufschlämmung enthält, genügen. Schloesing verweist auch auf 
die wesentliche Rolle, welche der Salzgehalt des Meerwassers bei der Sedimen- 
tation des einfließenden, getrübten Flußwassers spielt — A. Mayer* untersuchte 
die Einwirkung von Salzlösungen auf die Absetzungsverhältnisse toniger Erden. 

P. Ebell*^ stellte eine feine Suspension von Ultramarin in Wasser her, 
welche sich durch Filtrierpapier unverändert filtrieren ließ und in 2 cm dicker 
Schicht völlig durchsichtig und ungetrübt erschien. Eine derartige Aufschlämmung 
blieb in reinem Wasser monatelang unverändert, wiurde jedoch durch die Zu- 
fügung kleiner Mengen von Ätznatron, Natriumsulfat, Natriunmitrit usw. aus- 
gefällt Auf Grund dieser Erscheinung verglich Ebell das Ultramarin hoher 
Verteilung mit Schulze s kolloidalen Metallsulflden und stellte die Frage auf, ob 
die Metallsulfldhydrosole sich nicht in einem Zustande ganz besonderer Auf- 
schlämmung infolge feiner Zerteilung befänden. 

J. Thoulet® nahm an, daß der in der Flüssigkeit imtergetauchte Körper 
sich mit einem Mantel des gelösten Stofles Überziehe, so daß die schwereren 
Teilchen nun zu Boden sinken. 

W. H. Br,ewer^ untersuchte die Sedimentation suspendierter Tonsilikate 
und C. Barüs® fand, daß nur Elektrolyte eine klärende Wirkung auf Trü- 
bungen durch fein verteilte Mineralpulver ausüben. 

^ Ann. Phys. (2) 82. 21Q— 229. 1851. — * Ann. Phys. (2) 120. 366. 1866. — 
3 C. rend. 70. 1345 — 1348. 1870. — * Forsch, auf d. Gebiete der Agriknllurphysik. 2. 
Heft 3. 1879. — B Ber. 16. 2429—2432. 1883. — • C. rend. 00. 1072— 1074. 1884; 100. 
1002— 1004. 1885. — 7 sill. Am. Joum. (3) 20. 1—5. 1885. — 8 Bull, of the U. S. Geolog. 
Survey. Nr. 36.. 508— 558. 1886. 



8. Zustandsänderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



59 



Ausführliche Untersuchungen über diesen Gegenstand hat G. Bodländer^ 
angestellt. Sie bestätigen zunächst die eben erwähnte Beobachtung von Bakus, 
daß Nichtelektrolyte (z. B. Alkohole, Rohrzucker, Aceton, Phenol usw.) keinerlei 
Sedimentation bewirken, daß Elektrolyte erst nach Überschreitung einer bestimmten 
Konzentration, des „Schwellenwertes'', klären. Um vergleichbare Angaben über 
die sedimentierende Wirkung verschiedener Elektrolyte zu erlangen, bestimmte 
dieser Forscher die Konzentration jener Mengen, welche die Elärungsgeschwindig- 
keit einer Kaolinsuspension verdoppeln. Die charakteristischen Ergebnisse dieser 
Untersuchung finden sich in folgender Zusammenstellung: 



Elektrolyt 



1 00 ccm Suspension enthielten : 

Milligramm- 
Äquivalent 



mg 



HNO, . 
HCl . . 
CCljCOOH 
H^SO^ 

C,0,H, 

2 
H,PO, 

3 
NaNOg . 
NaOH . 
CaO, 

2 ' 

Ba(OH), 

2 

MgCl, 

2 



0,1008 
0,0618 
0,2595 


0,0016 
0,0017 
0,0016 


0,0980 


0,0020 


16,6430 


0,3700 


0,5868 


0,0188 


1,1320 
47,3760 


0,0183 
1,1856 


0,1634 


0,0029 


3,8205 


0,3700 


0,0788 


0,0016 



BodiAnder verglich diese Ergebnisse mit den Leitfähigkeiten der betrefienden 
Elektrolyte und gelangte zu dem Schlüsse, daß die Reihenfolge der Klärfähigkeit 
jener der elektrischen Leitfähigkeit parallel ist. 

W. B. Hardy* stellte Versuche mit einer Mastixsuspension an und verglich 
die geringsten Konzentrationen an Elektrol}^ welche nötig sind, um Ausflockung 
zu erzielen. Einige Ergebnisse dieser Arbeit finden sich in der Tabelle auf 
p. 49 verzeichnet; es ergibt sich daraus, daß mechanische Suspensionen ähnlich 
wie negativ geladene Kolloide durch dreiwertige Kationen leichter als durch ein- 
wertige ausgeflockt werden, und daß die Wertigkeit des Anions ohne Einfluß ist 
Auf die Beziehungen zwischen elektrischer Leitfähigkeit und sedimentierender 
Wirkung von Säuren und Alkalien auf Mastixsuspension wurde bereits an anderer 
Stelle (p. 51) hingewiesen. 

W. Spring^ verfolgte diese Beziehungen weiter mit dem Unterschiede, 
daß er nicht die Leitfähigkeit äquikoagulierender Elektrolyte bestimmte, sondern 
daß er Medien von gleicher elektrischer Leitfähigkeit herstellte und deren Ein- 
fluß auf Mastixsuspension untersuchte. Derartige Lösungen wurden so hergestellt, 
daß man zimächst Konzentrationen wählte, welche annähernd der Leitfähigkeit 
der betreff*enden Elektrolj^e umgekehrt proportional waren und sodann mittels 
des Apparats von Kohlraüsch die einzelnen Lösungen durch vorsichtige Ver- 
dünnung auf dieselbe Leitfähigkeit brachte. Die untersuchte Mastixsuspension 
mußte, um vergleichbare Resultate zu ergeben, stets gleiche Konzentration be- 



^ Jahrb. f. Mineral. 1893. H. 147—168. — * Proc. of the Roy. Soc. 66. 1 10— 125 
1900. — 3 Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 204—236. 1900. 



6o Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

sitzen. Die Versuchsaiiordnung wurde so getroffen, daß man in kleinen Röhrchen 
die Trübung aber die Elektrolytlösung vorsichtig überachichtete, so daß nach 
gewissen Zeiten die Höhen, bis zu denen im Versuchsröhrchen die Ausflodcung 
von unten her fortschritt, beobachtet werden konnten. Es ergab sich, daß diese 
Höhen bei verschiedenen Salzen stark differieren; eine Beziehung zum Diffusions- 
koeffizienten konnte nicht gefunden werden, doch erstreckte sich die Klärwirkung 
mehrwertiger Metalle auf größere Höhen. Bei Verwendung von CuSO^, FeClj, 
MgClj, ZnClj Alaun zeigte die ausgeflockte Flüssigkeit saure Reaktion^ die 
Flocken selbst enthalten bei Klarung stets Metall aus dem klärenden Salz (Cu, 
Al^ Zn, Fe, Mg), woraus Spring auf eine Einhüllung der Mastixteüchen durch 
hydrolytisch abgespaltenes Metallhydroxyd schließt In bezug auf die 
Fällungswirkimg von Lösungen gleicher Leitfähigkeit wurde beobachtet, da0 
Aluminium-, Eisen-, Magnesiumsalze rasche Ausflockung bewirkten, während 
Alkalisalze nach 24 Stunden noch keinen sichtbaren Einfluß zeigten. Die Wertig- 
keit des Kations ist also für die Wirkung des Salzes maßgebend. Verschiedene 
Salze des Kaliums (KCl, KBr, KJ, KgSO^, KNO3, KCIO3, HCOOK), ebenso 
verschiedene Säuren (HCl, HBr, HCIO^, HNO3, H^SO^, H3POJ zeigten unter- 
einander gleiche Ausflockungsdauer, es folgt daraus, daß die ausfällende Wirkung 
vom Anion unabhängig ist. Auch aus diesen Versuchen ergibt sich also eine 
auffallende Analogie des Verhaltens von mechanischen Suspensionen und negativ 
geladenen kolloidalen Lösungen. 

Im Gegensatze hierzu fand G. Quincke,^ daß die Reihenfolge der 
Flockung in Mastixtrübung von deren Konzentration abhängig ist Es zeigten 
sich z. B. folgende Beziehungen der Ausflockungsintensitäten, falls '/^ normale 
Elektrolytlösungen verwendet wurden: 

Mastixtrübung */iooooo 
CuSO^ > Chloroform > HCl 

Mastixtrübung ^1^^^^^^ 
HCl > CuSO^ > Chloroform 

Tusche 
HCl = CuSO^ > Chloroform 

Kaolin Viooo 
Ca(0H)2 > CuSO^ > HCl > H^SO^ > NaCl . 

Hieraus würde im Gegensatz zu den Arbeiten von Bakus, Hardy und 
Spring sich ergeben, daß die Fällungsregel für mechanische Suspensionen nicht 
gilt, sondern die Reihenfolge der Klärwirkung lediglich nach der Natur und 
Konzentration der trübenden Zusätze wechselt, daß femer auch Nichtelektro- 
lyte Klärwirkung ausüben. 



In neuerer Zeit hat H. Bechhold * die Ausflockung von Mastixsus- 
pensionen untersucht und fand Springs Beobachtung bestätigt, daß eine gewisse 
untere Grenze überschritten werden müsse, damit ein Elektrolyt ausfällend wirken 
könne, außerdem zeigte sich die Fällungsregel im allgemeinen als maßgebend. Weitere 
Versuche desselben Forschers hatten den Zweck,- die Ausflockung von Bakterien 



^ Ann. Phys. (4) 7. 57 — 96. 1902. — ^ Z. phys. Ch. 48. 385 — 423. 1904. 



8. Zastandsfloderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



6l 



und Agglutininbakterien,^ welche in Wasser aufgeschwemmt ebenfalls Suspen- 
sionen bilden, zu prüfen. Auch derartige Suspensionen folgen im allgemeinen 
den genannten Gesetzen. Einige bemerkenswerte Zahlenangaben sind in folgender 
Tabelle vereinigt, wobei nur annähernde Vergleichswerte angegeben sind, welche 
die für Ausflockung nach 24 Stunden nötigen Mengen in mg-Äquivalenten im 
liter bezeichnen: 




Bakterien 



Agglutinin- 
bakterien 



NaCl . 
AgNO, 
HCl . 

MgSO^ 
CaCl, . 
CdS04. 

Al,(SO,i 
Fe,(SOA 



1000 

125 

10 

10 

100 

M) 

25 

0,5 

0,5 



00 

25 
1 
1 

00 
00 

10 

0,25 

0,5 



25 

1 

0,5 

0,25 

2,5 

4,5 

1 

0,25 

0,1 



Es ist zu ersehen, daß Bakterienaufschwemmungen durch ein- und zwei- 
wertige Leichtmetallsalze überhaupt nicht gefällt werden; die erforderlichen Elek- 
trolytmengen sind bei Bakterien am größten, bei Mastix geringer und bei Agglu- 
tininbakterien am kleinsten. 



Als weitere Analogie der mechanischen Suspensionen mit den kolloidalen 
Lösungen ist noch zu erwähnen, daß auch die ersteren durch Schutzkolloide bis 
zu einem gewissen Grade vor Ausflockung durch Elektrolyte bewahrt bleiben. 
Wie A. Müller ^ gefunden hat, wird eine feine Suspension von rotem Phosphor 
in Wasser, welche längere Zeit haltbar ist, durch Kochsalzlösung sedimentiert; 
falls man jedoch vorher etwas Gelatine zugesetzt hatte, wird die Ausflockung 
bedeutend verzögert. 'Dextrin schützt die Phosphorteilchen ebenfalls vor Sedi- 
mentation, jedoch weitaus schwächer als Gelatine, Rohrzucker zeigt gar keine 
Schutzwirkung. — H. Bechhold' hat einige Versuche über die Hemmung der 
Ausflockungswirkung von Salzen auf Mastixsuspension imd Bakterienaufschwem- 
mungen bei Gegenwart von Gelatine, Gummiarabikum, Serum und Blutegelextrakt 
angestellt und fand, daß die Ausflockung von Suspensionen deutlich gehemmt 
wird, während sich bei Agglutininbakterien keine derartige Wirkung erkennen 
ließ und auch bei Bakterien eine Schutzwirkimg durch organische Kolloide nicht 
sicher nachweisbar war. Bezüglich der Mastixsuspension gelangte dieser Forscher 
zu dem experimentell begründeten Schlüsse, daß die Hemmungs Wirkung lediglich 
von der Konzentration der Trübung, nicht aber von jener des ausflockenden 
Salzes abhängt — Mit diesen Beobachtungen stehen die von E. Fickendey* 
veröffentlichten Versuche im Einklang, nach welchen Gelatinelösung und ins- 
besondere Tannin das Absetzen einer Tonaufschlämmung durch Elektrolytzusatz 
wesentiich zu verzögern vermag. 



^ Viele Bakterien bilden in Wasser oder Bouillon aufgeschwemmt eine trübe Flüssigkeit, 
aus der sie selbst nach Wochen nicht sedimentieren. Fügt man jedoch das Serum eines Tieres 
zu, dem man vorher gleichartige Bakterien injiziert hatte (Immunserum), so flockt die 
Bakteriensuspension aus. Diese Erscheinung wird als Gruber - Durham sches Agglutinations- 
phänomen bezeichnet. Die Ausflockung erfolgt nur in Gegenwart von Salzen, nicht in salzfreien 
Lösungen. Als „Agglutininbakterien^^ sind Bakterien bezeichnet, die mit Immunserum Substanz 
(Agglutin) beladen sind. — 2 Ber. 37- ii — 16. 1904. — ^ 1. c. — * Joum. f. Landw. 64. 
343- 1906. 



62 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 



B. Eevertible Zuttands&ndening^eii. 

In einer beschränkten Zahl von Fällen läßt sich der Übergang des Sob 
in das betreffende Gel reversibel leiten, das Gel ist also ohne weiteres, ohne 
jeden Zusatz, im Überschuß des Lösungsmittels zu einer kolloidalen Lösung 
zerteilbar oder wandelt sich durch Umkehrung der Bedingungen, unter denen 
es sich gebildet hatte, wieder in das Sol um. Derartige Fälle sind vereinzelt 
bei anorganischen Kolloiden, weit öfter bei organischen Kolloiden beobachtet 
worden. 



8) Verhalten kolloidaler LVsungren beim Eintroeknen. 

Wird das Lösungsmittel einer kolloidalen Lösung durch Verdampfen bei 
gewöhnlicher Temperatur entzogen, so können die verschiedenartigsten Erschei- 
nungen auftreten. W. Spring ^ unterschied solche kolloidale Lösungen, die nach 
dem Eintrocknen im Vakuum einen matten, muschligen Bruch des Rückstandes 
zeigen und solche, deren Rückstand glänzend, glasartig und fest ist Hierher 
zählen die Hydrosole der Metalle und Metallsulüde, Übrigens auch die mecha- 
nischen Suspensionen, die Zustandsänderung ist in allen Fällen irreversibel. Beim 
Eintrocknen von kolloidalen Lösungen der Kieselsäure, der Metallhydroxyde usw. 
tritt ein gradueller Wasserverlust ein, wie in ausführlicher Weise von J. M. vas 
Bemmelen ^ gezeigt wurde. In den ersten Stadien dieser Entwässerung ist der 
Vorgang noch reversibel, durch Wasserzusatz bildet sich das Sol wieder, ins- 
besondere begünstigen geringe Elektrolytmengen die Rückbildung des Hydrosols 
(Peptisation, vgl. p. 8). Ist jedoch das Wasser völlig entfernt (was bei der in 
Rede stehenden Gruppe von Kolloiden infolge der intensiven Zurückhaltung 
in der Masse des Gels nur schwierig gelingt), so ist der Vorgang irreversibel 
geworden. 

Anders verhalten sich gewisse organische Kolloide: Gimimi, Dextrin, Gerb- 
stoffe, Eiweißkörper, Kollodium usw. Entfernt man aus ihren Lösungen das 
Lösungsmittel durch Eintrocknen, so bleiben amorphe, hälbfeste Massen zurüds:, 
welche sich in einem Überschuß des Lösungsmittels wieder völlig zu einem Sol 
auflösen. Die Stücke oder Klumpen, in denen Gummi, Albumin, Dextrin usL 
im Handel vorkommen, sind also reversible Hydrogele (oder feste Hydrosole) 
dieser Stoffe. 

Dieses Verhalten der organischen Kolloide und ihre Schutzwirkung gibt 
ein Mittel an die Hand, um die irreversibel verlaufende Eintrocknung an- 
organischer Sole reversibel zu gestalten. Ein Metallhydrosol wird durch Bei- 
mengung von Eiweißkörpem nicht allein gegen die koagulierende Wirkung von 
Elektrolyten geschützt, sondern es bleibt beim Eintrocknen eines solchen Ge- 
menges in einer Verteilung, welche bei der neuerlichen Auflösung des festen 
Rückstandes ohne weiteres das frühere unveränderte Gemenge hefert. Dadurch 
ist es erklärlich, daß die nach C. Paals^ Verfahren hergestellten kolloidalen 
Lösungen sogar auf dem Wasserbade eingedampft werden können und trotzdem 
reversibel, also wasserlöslich bleiben. 

Der Vorgang des Eintrocknens und Wiederwässems von anorganischen 
Hydrogelen wurde durch die klassischen Untersuchungen J. M. van Bemmelen s 
klargelegt; von ihnen ist an späterer Stelle die Rede. 



^ Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 204 — 236. 1900. — 2 Vgl. hierüber den Abschnitt: 

„Die Absorption des Wassers in Hydrogelen. — ^ S. p. 7 ; vgl. z. B. P. Elten, Zur Kenntnis 

I kolloidaler Metalle und Metalloxyde. Diss. Pasewalk. 1901. p. 24, 28, 29; C. Koch, Zur Kenntnis 

' von kolloidalem Selen und Tellur. Diss. Erlangen. 1903. p. 32, 40, 42, 43 usw. 

i 



8. Zustandsftnderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



63 



b) ReTerslble ZiutandsSndenuiffeB, welehe dureb TemperatnrSndeniiiffeii bewirkt 

werden« 

In diese Gruppe zählen einige längst bekannte Erscheinungen. Besitzen 
Lösungen von Leim, Agar, Hausenblase einen gewissen Gehalt an orga- 
nischem Kolloid, so erstarren sie in der Kälte zu einem halbfesten Gel, sie 
„gelatinieren". Wird dieses Gel erwärmt, so tritt wieder Auflösung ein und 
dieser Vorgang ist reversibel. 

Derartige umkehrbare Zustandsänderungen wurden fast nur bei organischen 
Kolloiden beobachtet und zwar tritt im allgemeinen die Entmischung mit fallen- 
der Temperatur ein. Nach S. Ringer ^ zeigt jedoch Casein das umgekehrte 
Verhalten; fügt man zu der durch Vermittlung von wenig Alkali gewonnenen 
Lösung etwas Calciumchlorid oder Calciumnitrat, so entsteht ein Gemenge, welches 
beim Erwärmen ein Hydrogel bildet, das sich beim Abkühlen wieder löst 

Die Vorgänge bei der Gelatinierung wurden von W. B. Hardy * ausfahr- 
licher untersucht. Zunächst zog dieser Forscher das System Agar-Wasser in 
Betrachtung; die Gelbildung beruht bei diesem Gebilde — der Agargallerte — 
auf der Bildung zweier Phasen, einer halbfesten Mischung von Agar und Wasser 
und einer Flüssigkeit, welche wenig Agar gelöst enthält Um Anhaltspunkte für 
die Gleichgewichtsverhältnisse in derartigen Systemen zu erhalten, wurde aus 
den Gallerten die flüssige Phase durch entsprechende experimentelle Hilfsmittel 
ausgepreßt und darin, sowie in dem zurückbleibenden halbfesten Anteil der Gehalt 
an Agar ermittelt Es zeigte sich, dafi das Hydrogel von Agar aus einem halb- 
festen, zäheren und einem flüssigen Teil besteht, jede dieser Phasen ist ein Ge- 
misch von Agar und Wasser, wobei das jeweil^e Verhältnis zwischen diesen 
beiden Bestandteilen hauptsächlich von der Temperatur, in geringerem Maße 
auch vom Gehalt des gesamten Hydrogels an Agar abhängt. Diese Beziehungen 
gehen aus folgenden experimentell ermittelten Ergebnissen hervor. 

a) Einfluß der Temperatur auf die Zusammensetzung der Phasen: 



Temperatur 



fallend | 
steigend < 



86 
36 • 



•»/•Agar 

in der autgepreßten 

Flüssigkeit 



•/• Agar 
im festen Anteil 



0,47 
0,12 
0,09 
0,12 
0,25 



8,2 
8,0 
5,0 



Agannischung 
mit 2,23 7o Agar 



b) Einfluß des Verhältnisses der Mengen beider Bestandteile auf die 

Zusammensetzung der Phasen: 



Gramme Agar 

m 100 g des 

Hydrogels 



1,1 
3,8 



Ausgepreßte Flüssigkeit 

Volumen 
ccm 



I 



440 
280 



Vo Agar 



0,1 
0,U 



Volumen 
ccm 



Feste Phase 

Vo Agar 



140 
850 



4,7 
5,6 



Versuchstemperatur : 



Es ist ein bemerkenswerter Umstand, daß die Zusammensetzung der Phasen 
bei bestimmter Temperatur davon abhängig ist, ob diese Temperatur in ansteigender 



^ Joum. of Physiol. 11. 464. 1890. — 2 Proc. of the Roy. Soc. 66. 95—- 109. 1900. 



64 



Eigenschaften der kolloidalen LOsuogen. 



oder in abfallender Linie erreicht wurde, das Gleichgewicht wird also sehr langsam 
erreicht und hängt von der Vorgeschichte des Hydrogels ab. So erklären sich 
die Angaben der unter a) verzeichneten Tabelle. Werden diese Ergebnisse graphisch 
dargestellt, so können Kurven erhalten werden, welche die Beziehungen zwischen 

Konzentration und Temperatur für das 
9 Agar System Lösung von Agar in Wasser, 
Lösung von Wasser in Agar und Dampf 
zeigen. Diese Kurven finden sich in 
Figur 5 verzeichnet, die Pfeile zeigen 
die Richtung, in welcher die Tempe- 
raturänderung verlief. 

Hardy versuchte aus dem Ver- 
laufe dieser Kurven Schlüsse auf die 
thermischen Vorgänge bei derartigen 
Zustandsänderungen zu ziehen. Doch 
ergaben sich bei der Anwendung 
thermodynamischer Gesetze sowie 
Übrigens auch bei den Versuchen, 
die Phasenregel für derartige Systeme 
gelten zu lassen, gewisse Schwierig- 
keiten, welche wohl darin ihre Ur- 
sache haben, daß andere, noch nicht 
bekannte Einflüsse, wie die Ober- 
s^Was9€r flächenenergie zwischen den beiden 
Phasen und Kapillardruck, mitwirken. 
Es muß hier darauf hingewiesen 
werden, daß neuerdings W. Pauli, 
wie späterhin ausführlicher dargelegt 
wird, das Vorhandensein zweier Phasen in Gelatinegallerte und hiermit auch 
die Richtigkeit der theoretischen Grundlagen der Auspressungsversuche Hardy s 
bezweifelt. 

Außer den binären Mischungen Agar- Wasser, von denen eben die Rede 
war, hat Hardy auch ternäre Systeme von Gelatine-Wasser-Alkohol in 
Untersuchung gezogen und hauptsächlich folgende Beziehungen festgestellt: 

Bei einer bestimmten Temperatur besteht das System aus zwei Phasen, welche 
zunächst beide flüssig sind, beim weiteren Temperaturfall wird eine fest. Die 
Trennung der Phasen geschieht durch eine wohl ausgebildete Fläche. Die Tem- 
peratur, bei der die Abtrennung beginnt, hängt vom Verhältnis der einzelnen 
Komponenten in der Mischung ab. Wächst der Gehalt an Alkohol oder an 
Gelatine, so steigt die Temperatur, wächst der Gehalt an Wasser, so liegt der 
Punkt, bei dem zwei Phasen auftreten, tiefer. 




Figur 5. 

AB^ AB' Agargehalt in der ausgepreßten Flüssigkeit. 
DCy DC Agargehalt im festen Anteil. 



Außer den Agarlösungen wurde das reversible binäre System Gelatine- 
Wasser (Gelatinelösungen und Gelatinegallerte) vielfach untersucht Die 
älteren Arbeiten hatten allerdings vor allem das Studium bestimmter Eigenschaften 
der Gelatinegallerte im Auge. 

Der Übergang von der halbfesten in die flüssige Beschaflenheit erfolgt in 
Gelatinelösungen von bestimmtem Gelatinegehalt im allgemeinen bei bestimmter 
Temperatur. Man hat den Vorgang als „Schmelzen", die Temperatur als 
„Schmelzpunkt" der Gallerte bezeichnet, doch geschieht die Zustandsänderung 
keineswegs plötzlich, wie bei einem schmelzenden kristalloiden Körper, sondern 
nur ganz allmählich. Die Untersuchungen, welche eine Ermittelung dieses Ver- 
flüssigungspunktes bezwecken, ergeben demgemäß nur relative Angaben, da ein 



8. Zustandsänderungen kolloidaler Lösungen. Die JCoagulation. 



6s 



bestimmtes willkürlich gewähltes Merkmal als Kriterium für den Eintritt der 
Verflüssigung angenommen wird. 

C. C. VON DER Heide, ^ von dem ausführliche Untersuchungen über den 
Verflüssigungspunkt gelatinöser Lösungen ausgeführt wurden, ließ z. B. Scheibchen 
von Gelatine in einer Flüssigkeit von gleichem spezifischen Gewicht schweben 
(Petroleum + Chloroform), welche so lange erwärmt wurde, bis das Scheibchen 
eben zu einem kugligen Tröpfchen schmolz. Als bemerkenswertes Resultat dieser 
Arbeit ist die Tatsache zu erwähnen, daß, wenn längere Zeit nach der Erstarrung 
verstrichen ist, die Gelatine bis zu einer gewissen Grenze einen höheren Ver- 
flüssigungspunkt besitzt. 

Nicht unerheblich für die Erkenntnis des Vorganges der Gelatinierung sind 
femer neuere Versuche, die C. Rohloff und Shinjo ^ vorwiegend zu dem Zwecke 
angestellt haben, um die Verschiebungselastizitäten von Gelatinelösungen 
verschiedener Konzentration zu bestimmen und zu vergleichen. Die zu diesem 
Behufe ausgeführten experimentellen Untersuchungen, auf deren Einzelheiten hier 
nicht eingegangen werden kann, zeigten zunächst, daß die Elastizitätskonstanten 
von dem Zeitpunkte an, in dem die Gelatinelösungen aus dem flüssigen in den 
elastischen Zustand übergehen, mit der Zeit stetig ansteigen. Mit abnehmender 
Konzentration der Gelatinelösungen nimmt femer auch der Wert der Konstanten 
ab, bis bei einer Konzentration von 0,18^/^ Gelatine die Elastizitütskonstante 
kleiner als die meßbare Grenze (0,5) wird. 

In der folgenden Tabelle sind einige Angaben der Werte für die Elastizitäts- 
konstanten bei verschiedenen Konzentrationen und nach verschiedenen Zeiten 
von dem Punkte des Erstarrens der Gelatinelösung an gerechnet, zusammengestellt: 



Zeit (Tage) 








Gehalt (Prozente) 








0,6 


0,5 


0,420 


0,875 


0,80 


0,25 


' 0,20 


0,18 


1 


1185 


610 


288 


120 


30,0 


9,0 


0,72 




2 


1815 


860 


868 


195 


58,0 


14,4 


1,88 


o 


3 


2185 


1007 


428 


288 


67,0 


18,3 


1,81 


V 


4 


2370 


1107 


478 


272 


79,0 


22,0 


2,23 


c 


5 




1168 


511 


800 


88,0 


25,4 


2,56 


3f 


6 






545 


326 


94,0 




2,88 


7 






575 


846 






3,02 


GQ 


8 






602 


867 






3,15 


1 


9 






625 


889 








Q 


10 






645 


402 










11 






662 


418 










12 






675 


431 











Diese Angaben zeigen deutlich das erhebliche Anwachsen der Verschiebungs- 
elastizität von Gallerte bei geringen Steigerungen der Konzentration; femer den 
wesentlichen Einfluß der Zeit, welch letzterer zuerst auch €iuf Temperatur- 
abnahme und dann besonders auf Konstitutionsänderung der Gelatine zurück- 
zuführen ist. Unterhalb des Gehaltes von 18^^/^ besitzt die Gelatinelösung keine Ver- 
schiebungselastizität mehr, ein Gelatinieren des Kolloids erfolgt demnach nicht mehr. 

W. Pascheles,^ der insbesondere den Einfluß von Salzzusätzen auf den 
Schmelzpunkt von Gelatinelösungen untersuchte, ermittelte den letzteren einfach 
durch Ablesung eines Thermometers, das in die Lösimg eintauchte. Die Tem- 
peratur, bei der das Thermometer von der Gallerte eben festgehalten wurde, war 
der Erstarrungspunkt, jene, bei welcher es eben leicht herausgezogen werden 



^ „Gelatinöse Lösungen und Verflüssigungspunkt der Nährgelatine." Diss. München. 1897. 
— 2 Phys. Zeitschr. 8. 442 — 446. 1907. — ^ Arch. f. d. ges. Physiol. 71. i — 24. 1898. 



Müller, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 



5 



65 «EigeDschaften der kolloidalen LOsuDgen. 

konnte, der Schmelzpunkt. Die wichtigsten Einflüsse von Salzzusätzen auf die 
charakteristischen Punkte für Gelatine sind folgende: 

Chloride, Bromide, Jodide und Nitrate setzen Schmelz- und Erstarrungs- 
punkt herab, bei zimehmender Konzentration tritt diese Herabsetzung anfangs 
langsamer, dann rascher ein. 

Sulfate, Chromate, Citrate, Tartrate — femer Natriumacetat und Glyzerin 
steigern die Schmelz- und Erstarrungstemperatur der Gelatine.^ 

Die Kationen wirken im allgemeinen abfallend nach der Reihe Na > K, 
NH^, Mg, jedoch äußern sich die Unterschiede viel schwächer als bei den 
Anionen. 

Ordnet man die Salze nach ihrer Fähigkeit, das Gelatinieren zu brünstigen 
oder zu hemmen, so gelangt man zu folgender Einteilung: 



Sulfat 


Chlorid 


Citrat 


Chlorat 


Tartrat 


Nitrat 


Acetat 


Bromid 


(Wasser) 


Jodid. 



Diese Wirkung der Salze gestattet eine Variierung der Gelatinierungstem- 
peratur 10 ^/^^ iger Gelatine um etwa 40^, wie aus folgendem Beispiel hervorgeht: 

Schmelzpunkt lO^/^iger Wassergelatine 29,61® 

Schmelzpunkt 10 7^,iger Gelatine + KJ (yJ .... 0,66^ 

Schmelzpunkt lO^^^iger Gelatine + K^SO^ f^) * * ' ^^>^^^' 

Die beschriebene Wirkung der Salze auf die Gelatiniertemperatur läßt sich 
nach naheliegenden Gesichtspunkten wie Dissoziationszustand der Salze, Dissozia- 
tionsgrad, Wasseranziehung durch den zugesetzten Stoff nicht befriedigend erklären. 
Pascheles wies jedoch auf Untersuchungen hin, welche F. Hofmeister ^ über 
die Wirkung der Salze auf die Quellfähigkeit angestellt hatte und aus denen 
hervorgeht, daß die Salze sich hinsichtlich ihrer Fähigkeit, die Quellung zu ver- 
hindern, beziehimgsweise zu begünstigen, folgendermaßen anordnen: 

Natriumsulfat, -tartrat, -citrat 

Natriumacetat 

(Wasser) 

Chloride 

Chlorat, Chlorid, Bromid. 

Die Obereinstimmung dieser Reihe mit der für die Beeinflussung der Gela- 
tinierungstemperatur aufgestellten ist ohne weiteres ersichtlich. Es läßt sich för 
die Wirkung der Salze die Regel aufstellen, daß jene, welche die Quellungs- 
geschwindigkeit herabsetzen, den Schmelz- und Erstarrungspunkt er- 
höhen und umgekehrt. — Die Erklärung für diese Erscheinung dürfte demnach 
auf dem Gebiete der Quellungstheorie zu suchen sein. 

Steele,^ der zur Messung von lonengeschwindigkeiten in wässerigen Lösungen 
Gelatine von 1 2 "/^ benutzte, kommt auf Grund qualitativer Beobachtungen zu dem 
Schlüsse, daß der Einfluß der Salze auf den Schmelzpunkt des Gelatinegels von 



^ F. Hoppe-Seyler sagt in seinem „Handbuch der physiologisch und pathologisch- 
chemischen Analyse'*, 1893. p. 270: „Salzarme Leimlösung gerinnt weniger gut als salz- 
reichere." — 2 Arch. f. exper. Pathol und Pharmak. 27. 395 — 413. 1890; 28. 210—238. 
1891. — 3 z. physik. Ch. 40. 689—836. 1902. 



8. Zustands&ndeniDgen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 6^ 

der Natur der Ionen abhängig ist. Die den Schmelzpunkt erniedrigende Wirkung 
wächst in folgenden Reihen: 

Anionen: SO^', Cl', Br', NO3', Cr^O/', J'. 

Kationen: K*, Ca*, Na*, Cd", Sr', Mg". 

Nach den Untersuchungen von Levites ^ beschleunigen die Sulfate von 
Na, NH^, Ag und Zn den Gelatinierungsprozeß, während die Chloride von Na, 
K, NH^, ebenso die Bromide, Jodide, Rhodanide dieser Kationen, femer Re- 
sorcin und Pyrogallol verzögernde Wirkung haben. 

W. Pauli und P. Rona * haben bei der Untersuchung der Einwirkung von 
Kristalloiden auf die Gelatinierung des Leims festgestellt, daß Sulfate, Citrate, 
Tartrate, HamstofiF und Traubenzucker den Erstarrungspunkt erhöhen, Chloride, 
Chlorate, Nitrate, Bromide und Jodide ihn erniedrigen. Der Einfluß des Kations 
tritt gegenüber jenem des Anions vollständig zurück. Bei Ändenmgen der Gela- 
tinekonzentration erfolgt eine Verschiebung des Erstarrungspunktes in derselben 
Richtung, wie sie bei reiner Gelatine durch Änderung der Konzentration erfolgt. 
Die Wirkimg mehrerer Kristalloide entspricht der algebraischen Summe der Wir- 
kungen der einzelnen Komponenten, so daß sich durch passende Zusammen- 
stellung gegensinnig wirkender Stoffe wirkungslose Kombinationen herstellen lassen. 

Wichtig ist die Beobachtung, daß wässerige Leimlösung nur durch Elek- 
trolyt e ausgefällt wird, Nichtelektrolyte (insbesondere Harnstoff, auch Trauben- 
zucker) beeinträchtigen oder verhindern die Fällung durch Salze. Es geht aus 
diesem Verhalten hervor, daß Gelatinefällimg und Gelatinierung ganz ver- 
schiedene Vorgänge sind. 

« 

Die Erstarrungserscheinungen von Gelatinelösungen wurden femer durch 
P. VON ScHROEDER ^ einer ausführlichen Untersuchung unterzogen. Es zeigte 
sich, daß während der Erstarrung eigentlich drei Vorgänge vor sich gehen, deren 
Unterscheidimg nicht leicht ist, da sie stets gleichzeitig verlaufen. 

1. Das Wasser wirkt im Laufe der Zeit „verseifend" auf eine Gelatine- 
lösung; diese Zustandsänderung ist irreversibel und äußert sich durch eine all- 
mähliche Abnahme der inneren Reibung der Lösung. 

2. Die Temperaturänderung bewirkt die eigentliche reversible Zu- 
standsänderung, indem das System 

Hydrosol -^^ Hydrogel 

mit steigender Temperatur zu gunsten des Sols, mit sinkender Temperatur zu gunsten 
des Gels verschoben wird. 

3. Nach Einstellung des Temperaturgleichgewichtes zeigen sich noch durch 
längere Zejt thermische Nachwirkungen, die sich durch ein allmähliches Anwachsen 
der inneren Reibung äußern (vgl. hierüber auch die früher erwähnten Angaben 
von RoHLOFF und Shinjo). 

Diese Vorgänge wurden näher untersucht, indem durch Messung der inneren 
Reibung von Gelatinelösungen der jeweilige Zustand des Systems festgestellt wurde. 

Bezüglich des irreversiblen Verseifungsvorganges konnte erkannt werden, 
daß seine Geschwindigkeit vom Grade der vorgenommenen Erhitzung, dann von 
der Konzentration der Gelatinelösung abhängt und daß sein zeitlicher Verlauf sich 
durch eine logarithmische Funktion ausdrücken läßt 

Der eigentliche Vorgang des Erstarrens der Gelatine, also die reversible 
Gel-Solumwandlung kennzeichnet sich dadurch, daß Temperaturerhöhung den 
Zustand des Systems nach der Seite des Sols verschiebt und umgekehrt eine 

^ Joura. russ. phys. ehem. Ges. 34. iio — 119. 1902; 35. 253 — 263. 1903; 36. 
401 — 417. 1904. — 2 Wien. Ber. 26. 283 — 285. 1900; PflOgers Arch. 78. 314. 1902. — 
^ Z. phys. Ch. 46. 75 — 117. 1903. 

5* 



68 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Abkühlung die Rückkehr in den Anfangszustand bewirkt. Zwischen dem Be- 
streben einer flüssigen Gelatinelösung, das Gel zu bilden, also ihrer Erstarrungs- 
fähigkeit und der zeitlichen Änderung der inneren Reibung einer erhitzt ge- 
wesenen Gelatinelösung besteht nun bei konstanter Temperatur die Beziehung, 
daß die innere Reibung bei großer Erstarrungsfähigkeit rasch, bei kleiner jedoch 
nur langsam ansteigt. Mißt man nun die inneren Reibimgen nach den Zeiten 
/^ und /j, bezeichnet die Differenz der gefundenen inneren Reibungen mit JR, 

die Differenz der Zeiten mit ^/, so gibt der Wert — 7— ein Maß für die Er- 

starrungsfähigkeit, das als Erstarrungsvermögen bezeichnet werden kann. 

Experimentell wurde gefunden, daß Gelatinelösimgen von beliebiger Kon- 

zentration bei 25,0° innerhalb 24 Stunden erstarren, wenn der Wert — — > 0,0095, 

JR 
daß sie hingegen flüssig bleiben, wenn ihr Wert — — < 0,0075. 

^ t 

In ausführlicher Weise wurde der Einfluß von Salzzusätzen auf die Er- 
starrungserscheinungen der Gelatine untersucht. Im allgemeinen bestätigten sich 
die von anderen Forschem gefundenen Erscheinungen bezüglich des Einflusses 
verschiedener Anionen, indem Sulfate das Erstarrungsvermögen erhöhen, Chloride, 
Nitrate, Basen und Säuren dasselbe erniedrigen, wobei die Wirkung des Kations 
gegenüber jener des Anions zurücktritt. Werden die Salze in abfallender Weise, 

wie sie die —^ werte erhöhen, geordnet, so daß die Reihen von den Gelbild- 

nem zu den Solbildnem verlaufen, so ergibt sich folgende Übersicht; 

Na-NH^-K-Mg-Li-sulfat 

Na-Li-K-NH^-Mg-chlorid 

Na-K-NH^-nitrat. 

Bei den Versuchen, den Einfluß von Wasserstoff"- und Hydroxylionen auf 
die Erstarrung der Gelatine zu ermitteln, zeigte es sich, daß Säuren und Basen 
im allgemeinen bei nicht allzu geringen Konzentrationen das Erstarrungsvermögen 
erniedrigen, gleichzeitig aber die Geschwindigkeit des irreversiblen Verseifungs- 
vorganges erhöhen. 

c) Bas Aussalzen der EiwelßkVrper.^ 

Die Zustandsänderungen, welche durch Salze in Lösungen von Eiweiß- 
stoffen hervorgerufen werden, sind in verschiedenem Grade reversibel. Fast 
sämtliche Salze der Schwermetalle rufen Ausfällungen hervor, die den entschie- 
denen Charakter einer chemischen Verändenmg tragen und völlig irreversibel 
sind. Hingegen sind die Fällungen durch Neutralsalze der Alkalimetalle, des 
Ammoniums und Magnesiums meist leicht reversibel. Außerdem sind hin- 
sichtlich der Umkehrbarkeit solcher Ausfällungen gewisse Übergänge vorhanden: 
so ist z. B. die Eiweißfällung durch Lithiumsulfat im Momente des Entstehens 
reversibel, wird aber später irreversibel. Auch die Fällungen mit Neutralsalzen von 
Alkalimetallen gehen nach längerem Stehen beim Verdünnen nicht mehr zurück.* 

Trotzdem nun diese Übergänge eine scharfe Scheidung der Fällungsvorgänge 

1 Es würde weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen, das gesamte, ausgedehnie 
Literalurmaterial über die Vorgänge des Aussalzens und Koagulierens der Eiweißkörper zu be- 
rücksichtigen. Dieser Gegenstand ist eingehend in den trefflichen Ausfuhrungen von P. COHNHEiM, 
Chemie der Eiweißkörper, 1904, p. 129 — 148, dargelegt. Hier konnten nur die für das Ge- 
biet der Kolloide wesentlichsten Arbeiten erwähnt werden. — 2 Vergl. K. Spiro, Beitr. z. 
ehem. Phys. und Path. 4. 300 — 322. 1903. 



8. Zustandsänderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



69 



bezüglich der Umkehrbarkeit nicht gestatten, kann im allgemeinen die Fällung 
von Eiweißlösungen durch Neutralsalze der Alkalien den reversiblen Zustands- 
änderungen zugezählt werden, während die Wirkung der Schwermetallsalze in den 
Bereich der irreversiblen Koagulation fällt. 

Die Tatsache, daß die Eiweißkörper beim Aussalzen nicht oder nur sehr 
langsam chemisch alteriert werden, sowie der Umstand, daß in der Aussalzbarkeit 
der einzelnen Eiweißkörper wesentliche und charakteristische Unterschiede be- 
stehen, hat diesen Vorgang zur Trennung und Reindarstellung der EiweißstofFe 
geeignet gemacht. 

Zahlreiche Forschungen beschäftigten sich daher mit dem Studium der Wirkung 
verschiedener Salze sowie der zweckmäßigsten Methoden und Versuchsbedingungen. 
Für die Technik des Aussalzens erwiesen sich folgende Salze und gewisse 
Kombinationen derselben als besonders verwendbar: 

Kochsalz, Magnesiumsulfat, Ammonsulfat, Natriumsulfat. 
Diese Salze fällen jedoch nur bei relativ hohen Konzentrationen; die Eiweiß- 
lösungen sind somit gegen solche Elektrolytzusätze wesentlich unempfindlicher als 
etwa anorganische Sole. Femer wurde gefunden, daß es fiir jeden Eiweißstoff ganz 
spezifische Fällungsgrenzen in bezug auf ein bestimmtes Salz gibt. Bei einer ganz 
bestimmten Konzentration der fällenden Salzlösung beginnt die Ausscheidung des 
Eiweißstoffes, bei einer höher gelegenen ist die Ausscheidung beendet. Die Tat- 
sache, daß diese Fällungsgrenzen für verschiedene Gruppen von Eiweißkörpem 
völlig verschieden sind, gibt ein Mittel an die Hand, um durch passende und 
systematische Anwendung der fraktionierten Fällung vorzügliche Trennungs- und 
Reindarstellungsmethoden für viele Eiweiße zu finden. Aus diesem Grunde ist 
die Methode des Aussalzens für die Eiweißchemie von ungemeiner Wichtigkeit 
Die theoretischen Grundlagen dieses Vorganges wurden zunächst durch 
die Arbeiten von W. Pauli ^ näher untersucht, indem nicht nur die Wirkung 
der praktisch für die Technik des Aus- 
salzens gichtigen Salze, sondern syste- 
matisch die Wirkung einer ganzen Reihe 
von Neutralsalzen auf das Globulin des 
Hühnereiweiß studiert wurde. Als Maß 
dieser Wirkung wurde die Beeinflussung 
des Hitzekoagulationspunktes, also der 
Gerinnungstemperatur, durch Zusatz von 
Neutralsalzen angenommen und es er- 
gaben sich bei dieser experimentellen 
Untersuchung mit verschiedenen Neu- 
tralsalzen folgende Gesetzmäßigkeiten. 

Der Zusammenhang von Gerin- 
nungstemperatur einer Eiweißsalzlösung 
und der zugesetzten Salzmenge ist immer 
ein stetiger, insoweit ihn nicht das 
Aufhören der Löslichkeit des Salzes oder 
Globulins unterbricht. Er läßt sich durch 
stetige Kurven charakterisieren, indem die 

Salzkonzentrationen als Abszissen, die Gerinnungstemperaturen als Ordinaten ver- 
zeichnet werden. Diese Kurven steigen im allgemeinen bei arithmetischer Pro- 
gression des Salzgehaltes zu einem Maximum an, das bei zunehmenden Kon- 
zentrationen stationär bleibt oder abfällt. Die häufigsten dieser Kurventypen sind 
in der nebenstehenden Figur 6 verzeichnet; II und III kommen am häufigsten vor. 
Beispiele für I sind MgCl^, für II LiCl, für III NaCl, für IV KCl und NH^Cl. 




-^ XbnzentnUiotv 



Figur 6. 



^ Arch. f. d. ges. Phys. 78. 315 — 345. 1899. 



JO Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Beim Vergleich des Einflusses verschiedener Salze auf die Gerinnungs- 
änderung zeigte es sich, daß im allgemeinen (bei Chloriden, Bromiden, Acetaten, 
Sulfaten usw.) die Kationen sich in der Reihe NH^ < K < Na < Ba < Mg steigend 
im Sinne der Erhöhung der Gerinnungstemperatur anordnen. Andererseits ergibt 
sich bei Salzen des K, Na, NH^, Mg, falls für die Anordnung derselbe Grundsatz 
maßgebend ist, wie er eben für die Kationen präzisiert wurde, im allgemeinen 
folgende Reihe für die Anionen: Cl < SO^ < NO3 < Br < J; nur die Salze der 
Erdalkaligruppe zeigen gewisse Unregelmäßigkeiten. Es kann hieraus der Schluß 
gezogen werden, daß die durch das Kation hervorgerufene Beeinflussung der Ge- 
rinnung von der Art des Anions unabhängig ist, daß andererseits die durch die 
Anionen bewirkten Änderungen unabhängig vom hinzutretenden Kation sind. 
Die Salzwirkung setzt sich also additiv aus zwei von einander unabhängigen 
Komponenten, der Wirkung des Anions und jener des Kations zusanunen. 

Bei Alkalisalzen übertrifit die Wirkung des Anions jene des Kations. 

Es wurden femer Versuche über die Einwirkung zweier Elektrolyte und 
zwar speziell solcher mit einem gemeinschaftlichen Ion angestellt und dabei 
ziemlich komplizierte Beeinflussungen der Richtung und des Grades der Ge- 
rinnungsänderung gefunden, die nicht einfach vorauszusehen sind und von der 
Natur der einwirkenden Ionen abhängen. Interessant ist der Umstand, daß bei 
bestimmten relativen Mengen von Zusätzen stabile Gleichgewichtslagen auftreten, 
indem die Gerinnungstemperatur hauptsächlich von der Menge des einen Salzes 
abhängt, während die des anderen variieren kann, ohne irgend welchen Einfluß aus- 
zuüben. Bei einem Gehalt von 0,5 Äquivalent NaNOj übt z. B. ein weiterer Zusatz 
von 0,5 bis 2,5 Äquivalent NaCl auf den Gerinnungspunkt gar keine Änderung aus. 
In einer weiteren Arbeit formuliert derselbe Forscher ^ die Gesetzmäßigkeiten 
des Fällungsvermögens der Salze folgendermaßen: Ordnet man die Anionen der 
Salze (in vertikaler Richtung) nach dem abnehmenden Fällungswert der zu- 
gehörigen Salze und die Kationen nach wachsendem Fällungsvermögen (in 
horizontaler Richtung), so ergibt sich, daß für jedes Anion dieselbe Reihenfolge 
der Kationen, für jedes Kation dieselbe Anordnung der Anionen bei gleich- 
sinniger Änderung (Wachsen oder Abnehmen) des Fällungseffektes Geltung hat 
Die Anionenwirkung ist ziemlich unabhängig vom hinzugefögten Kation und um- 
gekehrt, die eiweißfällende Eigenschaft eines Salzes setzt sich also im allgemeinen 
additiv aus den Wirkungen seiner Ionen zusammen. Diese Regeln gelten mit 
gewissen Ausnahmen für eine große Zahl von eiweißfällenden Neutralsalzen. 

K. Spiro' ergänzte diese Beobachtungen dahin, daß außer der additiven 
Ionen Wirkung andere Einflüsse, wie Art des Eiweißstoffes und Konzentration 
der Lösung für die Fällungswirkung von Belang sind. Bei der typischen Salz- 
fällung bilden sich zwei Schichten, die beide alle vorhandenen Stoffe, also Wasser, 
Salz und Eiweiß, in verschiedener Konzentration enthalten. Das Aussalzen ist 
also ein Verteilungsvorgang, der im Wesen der Verteilung einer organischen 
Substanz zwischen Wasser und Äther beim Ausschütteln vergleichbar ist, daher 
gilt für die Salzfällung auch der Verteilungssatz. 

Eine wichtige Beobachtung lehrte, daß bei verschiedenen Temperaturen 
das Verhältnis Wasser zu Salz in der gefällten Schicht gleich, jenes von Eiweiß 
zu Salz aber nicht gleich ist. Es ist dadurch erwiesen, daß die SalzfELllung nicht 
in einer Verbindung zwischen Eiweiß und Salz ihre Ursache hat 

d) Fällun; yob Gerbstoffen. 

Die reversiblen Fällungsvorgänge, welche Elektrolyte in Gerbstofflösungen 
erzeugen, äußern sich in Verlusten, welche bei der Extraktion von Gerbmaterialien 

^ Beitr. z. ehem. Phys. und Path. 3. 225 — 246. 1903. — 2 Beitr. z. ehem. Phys. und 
Path. 4. 300 — 322. 1903. 



8. Zustands&nderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. yi 

mittels unreiner Wässer auftreten, besitzen also vorwiegend praktisches Interesse. 
E. NiHOUL und R. Martinez^ sind dieser Frage näher getreten, indem sie ver- 
schiedene technische Gerbmaterialien einerseits mit natürlichen Wässern von be- 
kannter Zusammensetzung, andererseits mit destilliertem Wasser extrahierten imd 
die erhaltenen Lösungen in bezug auf ihren Prozentgehalt an Tannin und Nicht- 
gerbstoff untersuchten. Es zeigte sich allgemein, daß bei natürlichen Wässern 
der Gehalt dieser Lösungen an NichtgerbstofF höher, jener an Gerbstoff geringer 
war als bei Verwendung von destilliertem Wasser, und zwar waren die Differenzen 
umso größer, je unreiner das verwendete Wasser war. Daß tatsächlich der Elek- 
trolytgehalt der natürlichen Wässer den erwähnten Einfluß auf das Ergebnis der 
Extraktion ausübt, zeigt eine weitere Untersuchung von E. Nihoul und L. van 
DE Putte,* welche in ausführlicher Weise die Verluste bei der Extraktion von 
Gerbmaterialien bei Anwendung von Wasser feststellt, dem bekannte Mengen 
verschiedener Chloride und Sulfate zugesetzt wurden. Im allgemeinen wurden 
dabei die früheren Beobachtungen bestätigt und es zeigte sich insbesondere, daß 
bei steigender Konzentration an Elektrolyt diese Verluste im gleichen Sinne 
zunahmen. Schließlich ^ wurden die Versuche mit einigen anderen Salzen. [CaClg, 
Na^SO^, MgH2{C0^\'] wiederholt und auch beim Auflösen von Gerbstoffextrakten 
in salzhaltigem Wasser Verluste an Tannin konstatiert. Die Verschiedenheit im 
Verhalten der einzelnen Gerbmaterialien bei derartigen Extraktionsvorgängen, 
welche in vorstehenden Arbeiten ausführlich berücksichtigt wurde, besitzt wohl 
mehr Interesse für die Praxis des Gerbereichemikers. 



C. Irreversible Koagulation organischer Kolloide. 

Die Umstände, welche eine Koagulation organischer Kolloidlösungen zu 
bewirken vermögen, sind noch weitaus man ig faltiger als jene, welche eine Aus- 
fällung anorganischer Hydrosole herbeiführen. Eiweißstoffe werden durch Hitze, 
Einwirkung von Elektrolyten, sowie durch die verschiedensten mechanischen Ein- 
wirkungen irreversibel gefällt Diese Koagulationsvorgänge der Eiweißstoffe wurden 
infolge ihrer Wichtigkeit für dieses Sondergebiet der Chemie ungemein eingehend 
studiert und sollen in den folgenden Darlegungen in ihren wichtigsten Tatsachen 
besprochen werden.* 

a) Die Hitzekoajnilatioii der EiweißkSrper. 

Wässerige Lösungen von Eiweißkörpem erleiden beim Erwärmen auf eine 
bestimmte Temperatur eine irreversible Zustandsänderung, welche man als Ko- 
agulation bezeichnet hat. Die Temperatur, bei welcher dieser Vorgang eintritt, 
ist verschieden und für die einzelnen Eiweißkörper in ziemlich engen Grenzen 
konstant, so daß sich diese „Koagulationstemperatur'' für viele Eiweißkörper als 
charakteristisches Merkmal erweist. 

Wesentlich ist der Umstand, daß Eiweißlösungen, welche durch lange Dialyse 
von enthaltenen anorganischen Salzen möglichst vollständig befreit wurden, 
keine Hitzekoagulation zeigen. Werden jedoch zu der erhitzten Lösung 
nachträglich Salze zugesetzt, so tritt dann die Koagulation ein. 

Femer ist die Reaktion der Eiweißlösung für den Verlauf des Koagula- 
tionsvorganges wesentlich; eine vollkommene Ausfällung ist nur möglich, wenn 



^ Bull, de la Bourse aux Cuirs de Liöge. 1901; CoUegium. 1902. p. 80. — ^ ßull. de 
TAbsoc. beige des chim. 17. 1903. — ^ Bull, de la Soc. chim. de Belg. 18, 1904. — * Hin- 
sichtlich der Eiweißkörper gilt das in Fußnote i auf p. 68 Gesagte. Nur das ftir die Kolloid- 
chemie wesentliche Material konnte berücksichtigt werden; soweit die Arbeiten das Gebiet der 
Eiweißchemie betreifen, sind sie in der einschlägigen Spezialliteratur gewürdigt; insbesondere 
wird auch hier auf das Werk von O. Cohnheim verwiesen. 



72 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

die Lösung schwach sauer ist. Bei stärker saurer oder alkalischer Reaktion 
ist die Koagulation unvollständig, es bleibt immer ein Anteil des Eiweüks in 
Lösung. Dieses eigentümliche Verhalten erklärt sich dadurch, daß das ausfallende 
(denaturierte) Eiweiß mit Säuren und Alkalien lösliche Verbindungen, Acid- 
albumine bzw. Alkalialbuminate liefert, während es in Wasser und Lösungen 
von Neutralsalzen unlöslich ist. Die Acidalbumine sind wie erwähnt in Wasser 
leicht l(")slich, werden jedoch durch ganz geringe Elektrolytmengen gefällt; die 
Alkalialbuminate sind ebenfalls leicht im Wasser löslich und werden durch 
Salzzusätze, die allerdings größer sein müssen, als bei den Acidalbuminen, gleich- 
falls ausgefällt, wobei die Erdalkalisalze in geringerer, die Alkalisalze erst in 
höherer Konzentration Fällung bewirken. 

Diese ziemlich komplizierten Vorgänge, deren Wesen vorläufig nicht be- 
kannt ist, bedingen die merkwürdigsten Erscheinungen bei der Hitzekoagulation 
der Eiweißkörper und erfordern zur Erzielung einer vollständigen AusßLllung des 
betreifenden Kolloids die genaueste Beobachtung der Reaktion und des Salz- 
gehaltes der Lösung. Ist die Lösung also z. B. durch Dialyse salzfrei erhalten 
und mit wenig Säure oder Alkali versetzt, so bleibt sie beim Erhitzen klar. 
Eine Spur von Kochsalzlösung fällt im ersten Falle das gelöste Acidalbumin 
völlig aus; dabei ist die Art des ausfällenden Salzes ohne wesentlichen Einfluß 
auf die Fällung. Im zweiten Falle tritt insbesondere durch Kalksalze, auch durch 
größere Mengen von Neutralsalzen Fällung des Alkalialbuminats ein, doch ist 
sie meist nur unvollständig. 

Die geschilderten Vorgänge sind für die experimentelle Eiweißchemie von 
größter Wichtigkeit, doch ist ihre Theorie wenig erforscht. 

b) Koasulation der EiweißkSrper dureh Salse. 

Es wurde oben (p. 68) gezeigt, daß gewisse Salze in Lösungen von Eiweiß- 
stofiFen reversible Ausfällungen bewirken und darauf hingewiesen, daß Schwer- 
metallsalze fast durchwegs irreversible Zustandsänderungen hervorrufen. Der- 
artige Fällungsreaktionen sind für die Eiweißchemie von großer Bedeutung; 
als wichtige Fällungsreagenzien werden dort z. B. Eisenchlorid, Kupfersulfat, 
Kupferacetat, Quecksilberchlorid, Bleiacetat u. a. verwendet. 

Die Frage nach dem Mechanismus derartiger Fällungsvorgänge hat W. Pauli 
in ausführlichen Experimentaluntersuchungen behandelt. Es zeigte sich zunächst 
daß die Wirkung der Erdalkalien (Ca, Ba, Sr) deutlich imterschieden ist von 
jener der eigentlichen Schwermetalle (Zn, Fe, Cu usw.), indem bei den ersteren 
auch die Natur des Anions — ähnlich wie bei den Alkalisalzen — für das 
FäUungs vermögen maßgebend ist, während bei den letzteren die Rolle des 
Kations so wesentlich ist, daß schon ganz geringe Salzmengen, unabhängig 
von der Natur des Anions Fällung hervorrufen. 

Beim Studium der Eiweißfä^llung durch Erdalk ali salze ^ zeigten Fällungsver- 
suche mit Salzen desselben Kations und verschiedenen Anionen, daß das Fäl- 
limgs vermögen in folgender Reihenfolge zunimmt: 

C3H3O2 < CK NO3 < Br < J < CNS . 

Vergleicht man hiermit die für Alkalisalze gefundene Fällungsordnung (p. 70I, 
so zeigt es sich, daß sie genau umgekehrt ist* Werden hingegen Fällungsversuche 
mit demselben Erdalkalisalz unter Zufügung verschiedener Alkalisalze durch- 
geführt, so wächst die Fällungsbegünstigung nach der Kationreihe Mg, NH^ K, 
Na, welche mit jener für reversible Neutralsalzfällungen übereinstimmt 

^ Beitr. z. ehem. Phys. u. Path. 5. 27 — 55. 1903. — * Die dort gegebene Anionenreihe 
galt für die Erhöhung der Gerinnungstemperatur, gewissermaßen einen reziproken Wert des 
Fällungsvermögens. 



8. Zustandsändermigen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



73 



Diesen Tatsachen zufolge muß es Salzkombinationen geben, bei denen die 
fällangshemmende Wirkung von Alkalikation die fällende Wirkung des Erdalkali- 
salzes übertrifft, so daß gar keine Koagulation eintritt. Der Versuch bestätigte 
diese theoretische Folgerung, indem Gemenge von Calciumrhodanid mit Acetaten, 
Nitraten und Chloriden der Alkalien und des Mg keine Fällung hervorriefen. 
Bei höheren Konzentrationen des fällenden Erdalkalisalzes nimmt das Hemmungs- 
vermögen des Alkalisalzes ab und kann sich unter Umständen sogar in eine 
fällende Wirkung verwandeln. Die Ursache dieser Gesetzmäßigkeiten und gegen- 
seitigen Beeinflussungen ist unbekannt. 

Von besonderer Wichtigkeit ist bei den ErdalkalißLllungen die Reaktion der 
Eiweißlösung, da sie bekanntlich für den elektrischen Ladungssinn des Eiweißes 
bestimmend ist. So erklärt sich die interessante Erscheinung, daß bei ganz geringem 
Säuregehalt des Gemenges (0,01, sogar 0,02 n-Salzsäure) die Jodide und Rhodanide 
der Alkalien, bei höherem Säuregehalt (0,08 n-HCl und mehr) sämtliche Alkali- 
salze irreversible Fällungen hervorrufen. Es konnten auch bestimmte Ein- 
flüsse der Konzentration sowie antagonistisch wirkende Salzkombinationen gefunden 
werden, welche bei Gegenwart freier Säuremengen überhaupt keine Koagulation 
hervorbrachten. Im allgemeinen zeigte es sich, daß die Alkalifällungen bei Gegen- 
wart freier Wasserstoffionen vielfach mit den Erdalkalifällungen Übereinstimmung 
zeigen, was darauf hinweist, daß beide Vorgänge dem Eintritt gewisser elektro- 
positiver Ionen in das Prote'üi in festerer Bindung zuzuschreiben sind. ^ 



Die wesentlichste Eigentümlichkeit der Schwermet allfällungen wurde 
schon oben angedeutet, sie liegt in dem überwiegenden Einfluß des Kations. 
Weitere Gesetzmäß^keiten dieses Vorganges wurden ebenfalls von W. Pauli* 
gefunden. Es ergab sich, daß die Konzentration der fällenden Lösung die 
Koagulation in völlig anderer Weise beeinflußt, als es bei den Alkali- und Erd- 
alkalisalzen der Fall ist Während hier eine gewisse, relativ hohe Konzentration 
den Schwellenwert der Ausflockung bildet, dessen Oberschreiten zu einem Maxi- 
mum und im weiteren Verlauf zu keiner ersichtiichen Änderung führt, wirken 
bei Schwermetallsalzen schon 
ganz geringe Salzmengen aus- 
fällend, bei zunehmender Kon- 
zentration wird ein Maximum 
der Ausflockung erreicht, das 
weiterhin sogar auf null herab- 
sinken kann, so daß eine | 
Wiederauflösung eintritt. Doch rg 
kann diese Erscheinung keines- t 
wegs dahin gedeutet werden, 7 
daß die Koagulation reversibel £^ 
sei, denn die verschiedensten 
Umstände deuten darauf hin, 
daß die so entstandenen Lö- 
sungen völlig veränderte Mole- 
külkomplexe enthalten. 

Derartige Fällungsvor- 
gänge wurden nun an den Wir- 
kungen des Zinksulfats in Kombination mit verschiedenen Neutralsalzen studiert Es 
zeigte sich, wie aus der schematischen Abbildung (Figur 7) ersichtlich ist, die als Ab- 
szissen die verwendeten Salzkonzentrationen, als Ordinaten die Niederschlagsmengen 




JConzentrat ioTt 

Figur 7. 



1 Die Enlalkalifällung tritt auch bei alkalischer Reaktion ein, ist also nicht an das Vor- 
handensein freier H-ionen gebunden. — 2 Beitr. 2. ehem. Phys. u. Path. 6, 233 — 259. 1905. 



nA Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

verzeichnet, daß bei steigender Konzentration zwei Maxima der Fällung eintreten, 
zwischen denen eine Zone fallender Koagulation liegt, die bei größerer Konzentration 
der Eiweißlösung breiter, bei geringerer enger ist. Wird innerhalb des Fällungsgebietes 
oa die Fällung mit Wasser verdünnt, so bleibt sie bestehen, am absteigenden 
Ast der Kurve oa wird sie sogar verstärkt; innerhalb des Fällungsgebietes ac 
löst sich die Fällung bei Verdünnimg, solange die Konzentration unter a bleibt 
wieder auf, bei weiterer Verdünnung tritt irreversible Ausfällung ein. Die Kurven // 
und III zeigen den entsprechenden Verlauf für höhere Eiweißgehalte; die beiden 
Fällungsgebiete rücken aneinander, bei III bleibt immer eine Menge Nieder- 
schlag bestehen. 

Bei Kupfersulfat und Silbemitrat zeigten sich etwas andere Ausfällungs- 
wirkungen. Bei ersterem trat nur ein einziges Fällungsmaximum und völlige 
Lösung im Überschusse des Fällungsmittels ein. Das Silbemitrat vermag nur 
wenig Albumin zu lösen, es kommt also nicht zur Erscheinung eines Fällungs- 
minimums bei steigender Konzentration, wie es bei den bisher genannten Salzen 
auftritt 

Füx andere Elektrolyte, die gleichzeitig mit Schwermetallsalzen zugesetzt 
wurden, ließen sich folgende Fällungswirkungen feststellen. Bei sehr schwachen 
Zn-Konzentrationen (0,005 «) hemmen Neutralsalze die Fällung, bei hohen 
Zn-Konzentrationen (4 n) verstärken sie dieselbe. Hemmung, bezw. Verstärkung 
wachsen in der Reihe: 

SO^ < CK C2H3O2 < NO3 < Br < J < CNS . 

Dazwischenliegende Konzentrationen werden in komplizierter Weise durch 
Neutralsalze sowohl in verstärkendem als auch im hemmenden Sinne beeinBußt 
Die Kurve / mit Zinksulfatlösimg wird unter dem Einfluß zugesetzten Rhodan- 
salzes so verändert, daß sie etwa die Form /// annimmt, so daß also gewisse 
Elektrolytzusätze ebenso wirken, wie ein gesteigerter Eiweißgehalt des Systems. 

Für den Mechanismus der EiweißfilUung ist vermutlich die Tatsache der 
beträchtlichen hydrolytischen Spaltung von Schwermetallsalzen, deren EinfluB 
auf die Koagulation anorganischer Sole in neuerer Zeit vielfach bestätigt wurde 
(vgl. später p. 77) von einschneidender Bedeutung. Sie erklärt vor allem die großen 
Unterschiede der Schwellenwerte für Alkali- und Erdalkalisalze einerseits, Schwer- 
metallsalze andererseits. 

Weitere theoretische Darlegungen über die Eiweißfällungen werden an 
anderer Stelle (p. 79) gegeben. 

Es sei hier noch erwähnt, daß Galeotti^ die Schwermetalleiweißföllung 
als inhomogenes Gleichgewicht betrachtet und folgende Systeme: 

Eieralbumin + CuSO^ + H3O 
Serumalbumin + CuSO^ -f- H^O 
Serumalbumin + AgNOg + H^O 
Kristallinisches Eieralbumin + AgNOj + H^O 

nach der Theorie der chemischen Gleichgewichte untersuchte. Er fand, daß die 
Niederschläge lockere Verbindungen der Eiweißkörper mit den Salzen nach ver- 
änderlichen Verhältnissen sind und konnte auf Gmnd einer graphischen Dar- 
stellung theoretisch feststellen, wieviel Phasen bei bekannter prozentischer Zu- 
sammenstellung eines Gemisches entstehen und wie die einzelnen Phasen zusammen- 
gesetzt sein müssen. 



1 Z. physiol. Chem. 40. 492 — 549. 1904. 



8. Zustandsäoderupgen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. <7t 

c) EiweißfltllaBff durch organische Terbindnnifeii. 

Eiweißkörper werden aus ihren Lösungen durch eine große Anzahl ver- 
schiedener organischer Stofife ausgefällt. 

Als wichtiges Fällungsmittel kommt zunächst der Alkohol in Betracht, in 
dem alle Eiweißstofife unlöslich sind. Es gilt, wie K. Spiro ^ findet, auch hier 
die Regel, daß salzfreie Lösungen durch Alkohol schwer gefällt werden, während 
bei Zusatz von ganz wenig Salz sofort eine irreversible Ausfällung (Denaturierung) 
auftritt. Harnstoff und alkohollösliche Salze begünstigen die Löslichkeit des Eiweiß- 
körpers in Alkohol. Aceton föUt Eiweißstoffe zunächst reversibel, erst allmählich 
tritt Denaturierung ein. 

Bekannt ist die Fäliungswirkung durch Formaldehyd, femer durch Gerbsäure. 

Zu erwähnen sind femer die Fällungen, welche nach M. Heidenhain ^ 
basische Farbstoffe (Malachitgrün, Brillantgrün, Auramin, Neufuchsin u. a.) sowie 
saure Farbstoffe (Ponceau, Violettschwarz, Palatinrot, Neucoccin usw.) in Eiweiß- 
lösungen erzeugen. Auf Gmnd der Ergebnisse dieser Fällungsreaktionen, (welche 
übrigens für die Theorie der histologischen Färbungen wichtig sind), ist anzu- 
nehmen, daß es sich hierbei wesentlich nicht um physikalische Vorgänge, sondern 
um die Bildung von komplexen Eiweißverbindungen handelt. 

d) Andere Fälliiii^Torifiiiiffe. 

An dieser Stelle möge zunächst der Gerinnung gewisser Eiweißkörper 
Erwähnung getan werden; sie besteht in einer Ausfällung der durch Ferment- 
wirkung chemisch veränderten Eiweißkörper (Kasein, Fibrinogen usw.), wobei jedoch 
dieser ausgefällte Zustand eine Zwischenstufe zwischen der primären Lösung und 
der eigentlichen Koagulation ist, da dieses „geronnene" Eiweiß durch nachträg- 
liche Erwärmung oder Anwendung von Fällungsmitteln* erst vollständiger koagu- 
liert wird. 

Ein Übergang der Eiweißkörper in den ungelösten Zustand erfolgt nach 
W. Ramsden* schon durch rein mechanische Wirkungen, Schütteln, Gasblasen 
usw.; weiter auch durch Oberflächenwirkung, Eintragen von Tierkohle oder ge- 
branntem Ton in die Eiweißlösung. Bei der Fortführung dieser Untersuchungen* 
hat Ramsden femer gefunden, daß alle Eiweißkörper mehr oder weniger rasch 
an der Oberfläche ihrer Lösungen feste oder stark zähflüssige Häutchen ab- 
scheiden, welche mechanisch gesammelt werden können. Im allgemeinen vollzieht 
sich diese Absonderung bei Stoffen, welche die Oberflächenspannung ihres 
Lösungsmittels herabmindern an der Grenze der Lösung und einer Gasoberfläche 
und zwar schon in äußerst verdünnten Lösungen. Die Häutchen sind manch- 
mal in der Mutterlauge löslich, in anderen Fällen jedoch völlig unlöslich und 
zeigen oft eine auffallend hohe Viskosität. In Mischungen von Lösungen zweier 
Stoffe, von denen jeder für ^sich die Oberflächenspannung des Lösungsmittels 
vermindert, scheidet sich zunächst nur derjenige aus, der die größere Verminde- 
rung derselben bewirkt 

Diese Beobachtungen wurden mit Vorteil zur Erklärung verschiedener Er- 
scheinungen, welche bei Eiweißkörpern auftreten, herangezogen. Auch die Fällungen 
organischer Kolloide durch Äther, Chloroform usw., die rasche Bildung der Milch- 
haut, die Verluste bei der Filtration von Eiweißkörpern und anderen Kolloiden 
durch feine Filter sind Vorgänge, welche vielleicht durch die Annahme der Bildung 
von Oberflächenhäutchen eine befriedigende Erklärung finden. 



' Beitr. 2. ehem. Phys. u. Path. 4. 300 — 322. 1903. — 2 Pflügers Arch. 90. 115—230. 
1602. — 3 Du Bois-Reymonds Arch. 1894. 517. — ♦ Proc. Roy. Soc. London. 72. 156 — 164. 
1903. 



n^ Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Allgemeinere Bedeutung scheint einem Fällungsvorgang zuzukommen, den 
K. Winkelblech ^ beschrieben hat. Wird eine Leimlösung mit Benzin geschüttelt 
so bildet sich eine Art steifer Emulsion aus I^im, Benzin und Wasser, die sich 
beim Stehenlassen von der Flüssigkeit abtrennt. Diese Reaktion erwies sich als 
so empfindlich, daß noch in 10 ccm einer Lösung, welche 0,006 g Gelatine im 
Liter enthielt, auf diese Weise ein merklicher Trübungsring zu beobachten war. 
Außer Gelatine zeigten noch andere kolloidale Lösungen nach energischem 
Schütteln mit Benzin (ebenso auch mit Petroleum, Benzol usw.) beim Stehen- 
lassen ähnliche Fällungen, so z. B. Stärkelösung, Gerbsäure, Wasserglaslösung. 
Winkelblech erklärt diesen Vorgang damit, daß die beim Durchschütteln d« 
Gemenges entstehenden zahlreichen Einzeltröpfchen dank ihrer beträchtlichen 
Oberflächenspannung die Teilchen der kolloidalen Lösung in ihre Oberfläche 
aufliehmen, wobei diese zu größeren Komplexen zusammentreten imd hierbei 
eine Art von Gel bilden. Beiläufig sei bemerkt, daß dieser Vorgang sich als 
geeignet erwiesen hat, den Gehalt einer Gelatinelösung zu ermitteln , indem 
diejenige Verdünnung der Lösung aufgesucht wurde, bei der eben noch eine 
geringe Ausscheidung durch Schütteln mit Kohlenwasserstoff" eintrat — Auch 
von H. Koch * wurde neuerdings ein ähnlicher FäUungs Vorgang zur Klärung von 
kolloidalen Metallsulfidlösungen durch Schütteln mit organischen flüssigen Stofifec 
angegeben, auch Abwässer lassen sich mit dieser Methode nach Winkelblech, 
wie W. BiLTZ und O. Kröhnke geprüft habend klären. 

B. Bie gegenseitige Fällimg kolloidal gelöster Stoffe. 

Die Gesetze der gegenseitigen Beeinflussung kolloidaler Lösungen haben 
für die Kolloidforschung das wesentlichste Interesse, denn es kann nach dec 
jetzigen Stande der Wissenschaft gesagt werden, daß eben diese Vorgänge, die 
sich als eng zusammenhängend mit dem elektrischen Zustand der Kolloide er- 
weisen, in Verbindung mit den später zu erörternden Vorstellungen über die 
Adsorption die gemeinsame Basis zur Erklärung der Koagulationserscheinungen 
und auch des kolloidalen Zustandes überhaupt bilden. 

Ferner konnten diese Gesetze mit Erfolg zur Deutung verschiedener 
anderer wichtiger Vorgänge (der Bakterienagglutination, des Färbeprozesses usw., 
herbeigezogen werden. 

Nach einer Beobachtimg von H. Picton und S. E. Linder* fällen gewisse 
organische Farbstoffie einander aus ihren Lösungen aus und zwar, wie sich bd 
hierauf bezüglicher Prüfung ergab, besonders solche, die in Lösung verschieden- 
sinnige elektrische Ladung zeigen. A. Lottermoser '^ bestätigte, daß der Einfluß 
den die Kolloide auf einander ausüben, im engsten Zusammenhang mit deren Ver- 
halten gegen den Strom steht, indem nur jene Sole sich gegenseitig ausfällen, die 
verschiedenen Wanderungssinn im Stromgefälle aufweisen (vgl. Tabelle auf p. 43: 
Systematische Untersuchungen hat hierüber W. Bätz® angestellt, indem er eine 
große Reihe sowohl positiv als auch negativ geladener Hydrosole auf ihre gegen- 
seitige Wirkung prüfte; in allen Fällen zeigte sich hierbei die Gültigkeit der An- 
nahme, daß sich nur entgegesetzt geladene Hydrosole aus ihren Lösungen 
auch ohne Elektrolytzusatz gegenseitig ausfällen, während gleichartig ge- 
ladene sich nicht ausfällen. Doch bestehen in bezug auf das relative Mengen- 
verhältnis wesentliche Unterschiede. Versetzt man nämlich das .eine So! mit all- 
mählich ansteigenden Mengen des anderen, so zeigt es sich, daß bei kleinen Mengen 
keine Veränderung, bei zureichenden größeren Mengen völlige Ausfällung, bei 



^ Z. angew. Ch. 19. 1653 — 1955. 1906. — 2 z. analyt. Ch. 46. 31. 1907. — ^ Z. angew. Ch. 
20. 883. 1907; s. auch Hofmann u, Luther Z. f. Elektroch. 13. i;40. 1907. — ♦ Joum. Chem. Soc 
71. 568—573. 1897. — ^ „Anorganische Kolloide." p. 76. — • Ber. 37. 1095 bis 11 16. 1904. 



8. Zustandsänderungen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. 



n 



noch höheren Zusätzen wieder keine Veränderung auftritt. In der folgenden 
Zusammenstellung finden sich z. B. die Erscheinungen bei der Ausfällung des 
Ooldhydrosols durch Thoriumhydroxyd: 

10 ccm Goldhydrosol mit 1,4 mg Au + 5 ccm kolloidalem Thorium- 
hydroxyd variabler Konzentration. 



mg 
ThO, 


Beobachtete Erscheinungen 
nach der Mischung nach 30 Minuten 


0,5 
1,0 
2,0 
2,5 
3,0 
4,0 
5,0 


keine Fällung 

höchst feine Flocken 

langsames Absetzen 

schnelles Absetzen, völlige Fällung 

langsames Absetzen, völlige Fällung 

höchst feine Flocken 

keine Fällung 


höchst geringe Trübung 

höchst feine Flocken 

langsames Absetzen 

völlige Fällung 

völlige Fällung 

Flocken völlig abgesetzt 

unverändert 



Ähnliche Erscheinungen ergaben sich bei einer großen Zahl von Fällungs- 
versuchen, es besteht also im allgemeinen für je ein Paar in Wechselwirkung 
tretender Kolloide ein Fällungsoptimum, wobei Überschreitung desselben 
nach beiden Richtungen hin Verminderung oder sogar Ausbleiben der 
Fällung verursacht. Die völlige Ausfällurig zweier entgegengesetzt geladener 
K^oUoide ist demnach an Innehaltimg bestimmter Mengen-(„Äquivalenz"-) 
Verhältnisse gebunden. 

Aus den angestellten Versuchsreihen ergeben sich annähernd die folgenden 
Mengenverhältnisse beim Fällungsoptimum: 





Fe,0, 


ThO, 


CeO, 


ZrO, 


Cr,0, 


A1,0, 




mg 


mg 


mg 


mg 


mg 


mg 


1,4 mg kolloidales Gold wer- 














den ausgeHUlt von . . 


3 


2,5 


4 


1,6 


0,3 


0,1—0,2 


28 mg kolloidales Sb^Sg wer- 














den ausgeßOlt von . . 


32 


20 


11 


6,5 


3,0 


2,0 


24 mg kolloidales As^S^ wer- 














den ausgeHÜlt von . . 


13 


6 


4 


2,0 


0,5 


2 



Vergleicht man in dieser Tabelle die positiven Kolloide in der Anordnung, 
in der sie auf konstante Mengen negativer Kolloide fällend wirken, so ist er- 
sichtlich, daß diese annähernd gleich ist, ob man die Fällungswirkung gegen 
Au, SbgSj oder AsgSj mißt Es zeigt sich also, daß die fällende Wirkung der 
Kolloide ganz bestimmten Gresetzen unterliegt 

Die gegenseitige Einwirkung kolloidal gelöster Stoffe ist demnach keinesfalls 
axif chemische Ursachen zurückzuführen, sondern hat ihren Grund in dem 
physikalischen Zustand, insbesondere der elektrischen Ladung der beiden in 
Beziehung tretenden Kolloide. Bei der Kolloidfällung vereinigen sich die beiden 
Sole zu einer Absorptionsverbindung, welche sodann, falls geeignete Mengen- 
verhältnisse bestehen, als gemischtes Gel ausfällt. 

Diese Tatsachen sind geeignet, eine anschauliche Begründung der oben 
dargelegten „Fällungsregel" (p. 48) für Salze zu liefern. Schon W. Spring^ nahm, 
wie bereits erwähnt wurde, an, daß Lösungen von Salzen höherwertiger Kationen 
hydrolytisch abgespaltenes Hydroxyd enthalten, das kolloidal gelöst ist 
Es ist nun die Annahme naheliegend, daß dieses kolloidale Hydroxyd der 



^ Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 19. 204 — 236. 1900. 



yg Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Träger der Fällungswirkimg für negativ geladene Hydrosole ist, und je mehr 
hydrolytisch abgespaltenes Hydroxyd vorhanden ist, umso energischer wird die 
Salzlösung koagulierend wirken. Diese Annahme erhält eine Stütze durch die Tat- 
sache, daß kolloidale Eisenhydroxydlösung (+ ) durch Aluminiumchloridlösung, also 
hydrolytisch abgespaltenes Aluminiumhydroxyd (+), nicht gefällt wird, wie über- 
haupt die Fällungsregel bezüglich positiver Hydrosole keine Geltung hat 

Femer zeigt es sich, daß die Intensität der Fällungswirkung von Salzen des 
Th, Fe, AI auf die Sole von As^Sj und SbjSj ganz ähnlich ist, wie gemäß den 
früher erwähnten Angaben jene der entsprechenden kolloidalen Hydroxyde. Die 
Salze wirken allerdings im allgemeinen intensiver als die reinen Hydroxyde, was 
sich daraus erklärt, daß bei den Salzlösungen gleichzeitige Fällungswirkung vc« 
Kolloid und Elektrolyt zur Geltung kommt 

Auch V. Henri, S. Lalou, A. Mayer und G. Stodel ^ haben Versuche über 
die Fällung von entgegengesetzt geladenen kolloidalen Lösungen angestellt, welche 
im allgemeinen die Ergebnisse von W. Biltz bestätigten. Silberhydrosol wurde 
erst durch Zufugung einer gewissen Menge kolloidalen Eisenhydroxyds, die einen 
kritischen Punkt übersteigen mußte, gefällt Dieselben Autoren untersuchten auch 
Gemenge von Kolloiden mit gleicher elektrischer Ladung und fanden, daß der- 
artige Gemenge aus einem unbeständigen und einem beständigen Kolloid bei 
nachherigem Elektrolytzusatz sich so stabil erweisen, als wäre nur das beständige 
Kolloid vorhanden. Diese Tatsache brachten sie mit der Wirkung der Schutz- 
kolloide in Beziehung. 

J. BiLLiTZER^ hat ferner die theoretische Erwägung ausgeführt, daß die 
gegenseitige Fällung eben dann vollständig sein muß, wenn das Mengenverhältnis 
der einzelnen Kolloide im umgekehrten Verhältnis der Ladung pro Mengeneinheic 
steht, welche die einzelnen Kolloide tragen. Die Richtigkeit dieser Vermutung 
wurde unter der Annahme geprüft, daß die Menge der bei der Koagulation 
mitgerissenen Ionen Aufschluß über die Größe der Ladung eines Kolloids gibt 
(vgl. p. 51). Wurde aus den Titeränderungen, welche die Hydrosole von As^S^, 
SbgSj und Fe^Oj bei der Koagulation durch Chlorbariumlösung in dieser hervor- 
riefen, das relative Verhältnis der Ladungen ermittelt, so ergab das Experiment, 
daß tatsächlich vollständige gegenseitige Ausfällung dann eintrat, wenn die ii: 
die Mischung eingeführten Volumina sich umgekehrt verhielten, wie die beiden 
Ladungen. 

Durch Überführungsversuche wurde ferner konstatiert, daß zu beiden Seiten 
des Fällungsoptimums die über dem unvollständig gefällten Gel stehende Flüssigkeit 
beide Kolloide nebeneinander in Solform enthält — Gewisses Interesse bietet die 
Beobachtung, daß viele Kolloide aufeinander selbst dann einwirken, wenn sie 
gleiche Ladungen tragen; so zum Beispiel wird eine trübe Lösung von Benzo- 
purpurin (elektronegativ) ganz klar und schmutzigbraun, wenn sie mit kolloidalem 
Schwefelarsen, Schwefelantimon usw. versetzt wird, Eisenhydroxyd ( + ) fällt sie 
hingegen aus. 

Die Verhältnisse liegen bei organischen Kolloiden noch komplizierter. 
Gelatine übt im allgemeinen auf anorganische Kolloide eine Schutzwirkung aus, 
bleibt jedoch die zugefügte Gelatinemenge bei kolloidalem Sb^Sg und As^S, unter 
einer gewissen Grenze, so zeigt sich, daß bei Elektrolytzusatz Fällung eines ge- 
mischten Gels stattfindet. Billitzer sucht in der durch Überführungsversuche 
festgestellten Ladung der Gelatine, die sich in saurer Lösung als positiv, in al- 
kalischer als negativ erwies, eine Erklärung für diese und eine Reihe anderer 
sehr eigenartiger Erscheinungen. Das Hydrosol des Ferrihydroxyds {+) wird zum 
Beispiel durch Gelatine auch in geringen Mengen nicht geßLllt, es treten nur 

^ C. rend. des s^ances de la Soc. de Biologie. 66. 1666. 1904. — 2 Wien. Ber. 113.» 
II 59 — 1207. 1904. 



8. Zustand sänderuogen kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. jq 

Schutzwirkungen auf; hingegen wird es durch ein Gemisch von Gelatine und 
Ammoniak (nach obiger Annahme negativ) gefällt; ein Gemisch von Gelatine und 
kolloidalem Ferrihydroxyd bleibt endlich auf Zusatz von Ammoniak ganz klar, 
zeigt jedoch nachher anodische Konvektion. 

Neuere Arbeiten von W. Pauli ^ weisen auf die Folgerungen hin, welche 
sich aus diesen Gesetzmäßigkeiten zur Erklärung der Vorgänge der Eiweißfällung 
ziehen lassen. Wie früher gezeigt wurde (p. 43), besitzt elektrolytfreies Eiweiß 
gar keine Ladung, mit Säuren versetztes Eiweiß ist positiv, alkalis;:hes Eiweiß 
negativ geladen. Auf Grund der obigen Darlegungen läßt sich voraussetzen, daß 
dialysiertes Eiweiß durch andere Kolloide — also zum Beispiel Metallsalzlösungen 
mit hydrolytisch abgespaltenem Metallhydroxyd — nicht gefällt wird, während 
durch negativ geladene Kolloide (Phosphorwolframsäure, Phosphormolybdänsäure, 
saure Farbstoffe) nur dann eine Fällung eintreten kann, wenn dem Eiweiß vorher durch 
Säurezusatz positive Ladung erteilt wird. Die Versuche bestätigen vollauf diese 
Voraussetzungen. Es läßt sich daher auch aussagen, daß natives Eiweiß, welches 
ohne weiteres durch Lösungen der Schwermetallsalze (die nach den obigen Aus- 
einandersetzungen sich wie positiv geladene Kolloide verhalten) gefällt wird, 
negativen Ladungssinn besitzt. 

Pauli nimmt an, daß dieser negative Ladungssinn den natürlich vorkommenden 
gelösten Eiweißstoffen durch einen geringen Gehalt an bestimmten Alkalisalzen, 
wie z. B. NaHCOg und Dinatriumphosphat erteilt wird. Aus zugesetzten Lösungen 
von Erdalkalisalzen machen die genannten Salze eine geringe Säuremenge frei, 
welche hinreicht, um die native Eiweißlösimg „umzuladen". Daher sind bei 
nativen Eiweißlösungen, gemäß deren Ladungssinn, die Kationen zugefügter 
Elektrolyte, nach Zusatz von Erdalkalisalzen aber infolge des positiv gewordenen 
Ladungssinnes deren Anionen für die Fällungswirkung maßgebend. Ähnliche 
Vorstellungen lassen sich vielleicht zur Erklärung der beschriebenen komplizierten 
Eiweißfällungen durch Alkali- und Erdalkalisalze, ebenso der früher (p. 73) er- 
wähnten Vorgänge der gleichzeitigen Einwirkung von Säuren und Erdalkalisalzen 
mit Erfolg heranziehen. 

Ähnliche Erscheinungen wurden auch vielfach bei der gegenseitigen Beein- 
flussung anorganischer Kolloide beobachtet. In allen Fällen erfolgte eine Wieder- 
auflösung eines Gelgemenges durch Elektrolj^zusätze, welche bei beiden Kom- 
ponenten gleichen Ladungssinn hervorrufen, indem das eine Kolloid „umgeladen" 
wird. Kieselsäuresol ist zum Beispiel in alkalischen oder sehr schwach sauren 
Lösungen elektronegativ, wird aber mit Zunahme der Säure positiv geladen. 
Neutrale oder ganz schwach saure kolloidale Kieselsäure ist gegen Elektrolyt- 
zusätze (BaClj , HCl, KgSO^ , NH3) sehr unempfindlich; setzt man ihr jedoch 
ganz wenig Ammoniak zu (erhöht also die — Ladung), so wird sie durch BaCl, 
sofort koaguliert. Ein neuerlicher Zusatz von Salzsäure (der + Ladung erteil^ 
also „umladet*') verursacht Auflösung des Gels. Die Wichtigkeit dieser Tat- 
sachen für die Erklärung des Vorganges der Peptisation (p. 8) ist naheliegend. 
Auch bei organischen Farbstoffen konnten eine Reihe interessanter Beziehungen 
beobachtet werden, welche sich in bezug auf Schutz- und Fällungswirkungen und 
Wiederauflösungen mit den gegebenen Theorien völlig vereinbaren ließen. 

Daß auch mechanische Suspensionen ähnlichen Gesetzen folgen, wurde zu- 
nächst von M. Neisser und U. Friedemann* gezeigt. Eine Mastixemulsion (die 
negative Ladung trägt) wird, wie schon erwähnt wurde, durch Elektrolytzusatz 
sedimentiert, jedoch auch durch positiv geladene Hydrosole (Eisenhydroxyd, basische 



1 Beitr. z. ehem. Phys. u. Path. 7. 531 — 547. 1906; Nalurw. Rundsch. 21. 3—5, 17 — 20. 
1906. — 2 Münch. med. Wochschr. 51. Nr. ii. 1904. 



8o Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

Farbstoffe) gefällt. Die Fällung erwies sich als an bestimmte relative Grenzen 
gebiuiden; wurde ein Oberschuß der Hydrosole verwendet, so trat sie nicht mehr 
ein. Gelatine, Serum \md derartige organische Kolloide schützen die Mastix- 
emulsion vor Sedimentation, rufen aber selbst Ausflockung derselben hervor, wenn 
ihnen eine kleine Salzmenge zugesetzt wird, durch die sie + Ladungssinn er- 
halten; sie wirken dann ebenso wie Elektrolyte. Diese Tatsachen stimmen au& 
beste mit den Ergebnissen der Forschungen über das Verhalten von Gemengen 
aus zwei Kolloiden überein. 

Nach H. Bechhold ^ übt Gelatine auf die Elektrolytwirkung gegenüber eme: 
Mastixsuspension teils henmiende, unter gewissen Konzentrationsverhältnissen je- 
doch verstärkende Wirkung aus. In Verdünnungen von 0,0003 — 0,0001^^ 
flockt Gelatinelösung für sich eine Mastixtrübung aus; auch bei noch höherec 
MengeQ zugesetzter Gelatine zeigt es sich, daß dieser Zusatz die Sedimentation der 
Mastixtrübung durch Kochsalz begünstigt, wie aus folgenden Angaben hervorgeh:: 

1 ccm ^l^-norm. NaCl + 1 ccm Mastixsuspension unter Zusatz von 

2®/Q-iger Gelatinelösung: 



ccm Grelatinelösung 


Ergebnis 





unverändert 


0,0001 


Ausflockung 


0,0003 


Ausflockung 


0,001 


Ausflockung 


0,003 


unverändert 


0,01 


unverändert 


0,03 


unverändert 


0,1 


unverändert 



Die eben beschriebenen Vorgänge haben Wichtigkeit für die Erklärung der 
Bakterienagglutination (vgl. p. 6i) erlangt £s ist nicht beabsichtigt, auf diese 
Forschungsergebnisse genauer einzugehen, da ein anderer Teil dieses Handbuchs' 
sich speziell mit diesen Gebieten beschäftigt, doch sollen in kürzester Weise die 
wichtigsten Arbeiten angedeutet werden. 

Landsteiker^ wies zunächst auf die Analogie der Agglutininabsorption und 
der Adsorption von Salzen durch anorganische Kolloide hin. M. Neisser und 
U. Friedemann,* sowie H. Bechhold^ verglichen in ausführlicher Weise den 
Vorgang der Agglutination mit gegenseitigen Einwirkungen von Kolloiden. Bak- 
terien bilden in Wasser Aufschwemmimgen, welche durch Säuren und Schwer- 
metallsalze leicht, durch Leichtmetallsalze aber schwer ausgefällt werden. B 
scheint also, daß sie Stoffe enthalten, die fähig sind, die Ausflockung durcl: 
Leichtmetallsalze zu hemmen, denn eine Bakterienaufschwemmung verhält sich sc 
wie eine anorganische Suspension, der etwas Gelatine als Schutzkolloid zugefügt 
wurde. Tatsächlich gelang es auch, aus Typhusbazillen mittels destillierteii 
Wassers einen Stoff zu extrahieren, der fähig war, Mastixsuspension gegen Aus- 
fällung durch Elektrolyt (MgSO^) zu schützen. Agglutininbakterien besitzen nun 
einen weit niedrigeren Schwellenwert, lassen sich also durch ganz geringfügige 
Elektrolytmengen niederschlagen. Es scheint also, daß durch die Agglutination 
die Wirkung des oben charakterisierten „Hemmungskörpers" aufgehoben wird 
Chemische Veränderungen scheinen dabei eine gewisse Rolle zu spielen, denn es 
gelang auch, Bakterien durch chemische Einwirkung (Ausfällung mit Bleinitrat 
Ferrisulfat, Alkohol, Uranylnitrat und sorgfältiges Auswaschen) so zu verändern, 

1 Z. phys. Ch. 48. 385 — 423. 1904. — 2 Handbuch der angew. phys. Chemie, Die 
Rolle der physikalischen Chemie in Medizin und Biologie. — ^ Münch. med. Wochschr. 60. 
Nr. 18. 1903. — ♦ Münch. med. Wochschr. 61. Nr. 19. 1904. — ^ Z. phys. Ch. 48. 385—423. 
1904. 



8. ZustandsänderuiigeD kolloidaler Lösungen. Die Koagulation. gl 

daß sie sich in ihrem Verhalten gegen Salze zwischen unveränderte und Aggiu- 
tininbakterien stellen. 

Es stimmt dies auch mit der Vorstellung überein, welche nach P. Ehrlich ^ 
die Spezifität der Bindung zwischen Bakterium und Immunkörper erklären kann; 
nach ihr wird dem Agglutinin eine charakteristische Gruppe („haptophore" Gruppe) 
zugeschrieben, * welche sich mit einer entsprechenden Gruppe der bestimmten 
Bakteriensubstanz „verankert" 

W. BiLTZ^ betrachtet die Agglutininbakterien als Adsorptionsverbindungen, 
die aus einer feinen Suspension (den aufgeschwemmten Bakterien) und einer 
kolloidalen Lösung (den agglutinierenden Substanzen) durch gegenseitige Fällung 
entstehen. Er wies darauf hin, daß nach Versuchen von Eisenberg und Volk' 
bei allmählich steigenden Agglutininkonzentrationen in bezug auf Sedimentierung 
der agglutinierenden Substanz ein Optimum erreicht wird, zu dessen beiden Seiten 
die Agglutination abnimmt Es stimmt dies völlig mit dem oben gezeigten Ver- 
lauf des gegenseitigen Ausfällungsvorganges zweier kolloidaler Sole überein. Femer 
zeigt es sich, daß die Verteilung der agglutinierenden Substanz zwischen Bak- 
terien und Lösimg dem allgemeinen Verlaufe der Verteilung eines Stoffes zwischen 
festem Körper imd Lösung entspricht, was weiter unten ausführlicher erörtert wird. 

E. Weil* fand, daß Gelatine auf Typhus- und Cholerabazillen wie ein 
spezifisches Serum agglutinierend wirkt; dies ist insofern interessant, als man 
der Gelatine demnach eine haptophore Gruppe zuschreiben und in den beiden 
Bazillen eine identische Gruppe annehmen müßte. Es widerspricht dies jedoch 
der Erfahrung, daß Immunsera nur für jeden der beiden Bazillen bestehen und 
wirksam sind. Daraus geht hervor, daß die Vorstellung einer chemischen Bindung 
allein tatsächlich keinerlei volle Aufklärung bringen kann, sondern daß dem 
physikalischen, bzw. kolloidalen Charakter der beteiligten Stoffe eine wichtige 
Rolle zukommt. 

Indessen haben Girard-Mangin und V. Henri ^ gezeigt, daß die Agglu- 
tination nicht vollständig mit der gegenseitig Ausfällung verschieden geladener 
kolloidaler Sole tibereinstimmt, wie Versuche ergaben, welche mit aufgeschwemmten 
roten Blutkörperchen durchgeführt wurden. Es zeigte sich, daß diese Suspension, 
die negativen Ladungssinn besitzt, sowohl durch positiv, wie durch negativ ge- 
ladene Kolloide gefällt werden kann. Zur Erklärung des eigentümlichen Ver- 
haltens derartiger Aufschwemmungen nehmen sie an, daß die Blutkörperchen 
aus einer kolloidalen Umhüllung bestehen, welche Salze (insbesondere CaSO^ und 
MgSOJ einschließt Durch die Wirkung dieser Salze soll nun ein zugefügtes 
instabiles Kolloid so gefällt werden, daß sich um das Blutkörperchen eine Hülle 
von Koagulum bildet. Dies konnte dadurch bewiesen werden, daß eine isotonisehe 
Lösung von Rohrzucker aus den Blutkörperchen die vorhandenen Salze durch 
Diffusion extrahierte, worauf dann die Körperchen tatsächlich nur ganz schwache 
Fällung durch Kolloide zeigten. Wurden im Gegenteil die Blutkörperchen mit 
Salzlösungen (NaCl, Sulfate) gewaschen, so nahm ihre Fällbarkeit durch Kolloide 
(z. B. Eisenoxydhydrat) beträchtlich zu. Auch durch anderweitige Versuche 
konnte die angegebene Theorie bestätigt werden. 

Die mit den eben erwähnten Vorgängen eng zusammenhängenden Fragen 
der Färbetheorie, der Prinzipien der Abwässerreinigung, sowie der Beziehungen 
zwischen Toxin und Antitoxin werden an späterer Stelle behandelt. 



1 D. med. Wochschr. 1898. 595. — 2 Nachr. k. Ges. d. Wiss. Göttingen. 1904. Heft i. 
— 3 z. f. Hygiene. 40. 155. 1902. — ♦ Centr. Bl. f. Bakt. und Parasitenk. I. 37. 426—433. 
1904.— S C. rend. 138. 1461— 1463. 1904; C. rend. Soc. de Biologie. 56. 866, 931, 974; 
67. 34, 65. 1904. 

MixLEK, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. ^ 



82 Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

9. Wirkungen versohiedener Strahlen auf kolloidale Lösungen 

Der Einfluß von Elektronen auf kolloidale Lösungen wurde von 
W. B. Hardy^ untersucht; es ergab sich hierbei, daß Blutglobulin in essigsaurer 
Lösung in einem elektrischen Felde von der Anode zur Kathode, in alkalischer 
Lösung im umgekehrten Sinne wandert Bei der Einwirkimg von Radium- 
strahlen zeigte es sich, daß die elektronegativ geladene Lösung gelblich und 
undurchsichtig, die positiv geladene beweglicher und wenig opalisierend wird. 

W. Spring* stellte Versuche über die Durchlässigkeit trüber Medien för 
X-Strahlen an, indem er die Wirkung einer Schicht von Mastixsuspension, den 
Hydrosolen des Schwefels, Golds, Platins usw. mit jener der gleichen Schicht 
reinen Wassers verglich. Um jedoch die Undurchlässigkeit der trübenden festen 
Substanz selbst zu kompensieren, wurde das Ende des Troges, welcher das 
reine Wasser enthielt, mit einem kompakten Häutchen von fester Substanz über- 
zogen, deren Menge ebenso groß war, wie jene der im kolloidalen Zustand in 
der Flüssigkeit befindlichen Substanz. Bei Durchführung des Versuches zeigte 
es sich, daß die Wirkung auf die photographische Platte in beiden Fällen gleich 
intensiv sei, daß demnach die X-Strahlen trübe Medien ebenso passieren, «ie 
reines Wasser. 

V. Henri und A. Mayer* untersuchten die Einwirkung von Radiumbromid 
auf die Hydrosole des Eisenhydroxyds und des Silbers. Beide blieben nach 
viertägiger Einwirkung völlig unverändert; wurde jedoch ein Elektrolyt (z. B. 
Natriumnitrat] in geringer, unter dem Schwellenwert bleibender Konzentration zu- 
nächst zugefögt und das Gemenge der Einwirkung des Radiumbromids ausgesetzt, 
so wurde das kolloidale Eisenhydroxyd koaguliert, das Silber hingegen nicht Die 
X-Strahlen, welche negative Ladung tragen, vermögen also nur das positiv ge- 
ladene Kolloid zu fällen und bleiben auf das negativ geladene ohne Wirkung. — 
In einer weiteren Bemerkimg derselben Forscher* werden diese Tatsachen bei 
Beobachtung anderer Kolloide und zwar bei positiv geladenen, wie Magdalarot 
und Methylviolett und auch bei negativ geladenen, wie Anilinblau und Kupfer- 
ferrocyanür neuerdings bestätigt. 

10. Fermentälinliohe Wirkung von Metallhydrosolen. ^ 

Die interessante Tatsache, daß Metallhydrosole energische katalytische Wir- 
kungen ausüben und hierbei in vielen Beziehungen an die organischen Fermente 
erinnern, wurde von G. Bredig gefunden und in zahlreichen Arbeiten seiner 
Schüler weiter untersucht. 

Insbesondere wurde die katalysierende Wirkung der Metallsole auf die Zer- 
setzung des Wasserstoffsuperoxyds studiert. Diese Substanz kann durch die ver- 
schiedensten Stoffe : fein verteilte Edelmetalle, MnO^ , PbOj , femer durch gewisse, 
in pflanzlichen und tierischen Säften vorkommende Fermente, die sogenannten 
,JKatalasen" in Wasser und Sauerstoffgas zersetzt werden. Besonders heftige 
katalytische Wirkungen verursachen kolloidal gelöste Edelmetalle, wie Pt und 
auch Ag, Au, Pd, Jr, femer MnOj in alkalischer Lösung. 

Verschiedene Versuche erwiesen zunächst die Identität der Wirkungen des 
kolloidalen Platinsols mit denen von Platinmohr. 

Diese anorganischen Sole sind, wie die organischen Enzyme, deren Kolloid- 
natur vielfach bestätigt wurde, heterogene Katalysatoren. Die weitgehende 
Analogie dieser zwei Körpergrüppen findet hierin eine Erklärung und hat Bredig 



• Proc. Cambr. Phil. Soc. 12. III. 201. 1903. — 2 Rec. trav. chim. Pays-Bas. 2L 
460 — 464. 1903. — 3 C. rend. 138, 521 — 524. 1904. — * Compt. rend. Soc. de Biologie 
57. 33. 1904. — ß'Nähferes hierüber in: G. Bredig, „Anorganische Fermente." Leipzig. 1901. 



10. FermentShnliche Wirkung von Metallhydrosolen. g^ 

veranlaßt, die Metallsole als „Anorganische Fermentlosungen'' zu be- 
zeichnen. 

Die kataly tische Wirksamkeit kleiner Metallmengen ist eine enorm große; 
G. Bredig und R. Müller v. Berneck ^ fanden z. B., daß 1 g-Atom Platin 
noch in einer Verdünnung von 70 Mill. Liter deutlich kataly tisch auf die mehr als 
millionenfache Menge HgO, wirkte. 

Geringe Zusätze von Natriumhydroxyd steigern die Wirkung des Metalles 
(Gold oder Platin) ganz erheblich, indem bei konstantem Metallgehalt und stei- 
gendem Alkaligehalt die Geschwindigkeit der Katalyse wächst. Doch tritt diese 
Steigerung nicht unbegrenzt auf, sondern erreicht bei einem gewissen Alkaligehalt 
ein Maximum, um dann wieder abzunehmen; unter Umständen kann die Ge- 
schwindigkeit bei großen Alkalimengen sogar geringer sein, als in neutraler 
Lösung. 

Folgende Zahlen, welche für ansteigende Natronmengen die für 50 ^/^ der 
Umsetzung erforderlichen Zeiten angeben, zeigen dieses Maximum der Geschwin- 
digkeitsbeeinfiussung sehr deutlich: 

0,05 H,0, + 0,000003 Pt 

1111111111, 
Natronmenge - ______ j- ^ -^ Inorm. 

Zeit f. 50 7o Umsetzung in Min. 255 34 28 24 25 22 34 34 70 162 520 

Es ist nun bemerkenswert, daß organische Enzyme in analoger Weise 
durch Zusatz variabler Kalimengen in ihrer katalj^schen Wirkung beeinflußt 
werden, wie J. Jacobson* für Emulsin, Pankreas- und Malzenzym festgestellt 
hat Die folgende Tabelle zeigt die bei steigenden Kalimengen erforderlichen 
Zeiten, zur Entwickelung von je 170 ccm Sauerstoff aus Wasserstoffsuperoxyd 
durch Emulsin: 



Emulsin + H^Oj 



Kalimenge 



1 1 1 



00 130 70 40 30 25 
Zeit in Minuten (170 ccm O,) . 30 3 6 15 30 < 30 

Auch hier tritt also bei steigenden Alkalimengen ein deutliches Maximmn der 
Geschwindigkeit auf. Stellt man daher diese Zahlen in einem rechtwinkligen 
Koordinatensystem graphisch dar, so ergeben sich in beiden Fällen (beim kolloi- 
dalen Metall und auch beim organischen Ferment) Kurven, die einen analogen 
Verlauf zeigen. 

Die Geschwindigkeit der Katalyse hängt außerdem von verschiedenen 
anderen Umständen ab. Sie sinkt mit steigender Verdünnung des Metallsols und 
zwar nicht proportional derselben, sondern rascher. Außerdem spielt der Zustand 
des Kolloids, also die Art seiner Darstellung, seine Vorgeschichte und sein Alter 
eine wesentliche Rolle. Ganz ähnliche Gesetzmäßigkeiten konnten bei organischen 
Enzymlösungen beobachtet werden. 

Der Einfluß der Temperatur kennzeichnet sich im allgemeinen dadurch, 
daß kurze Erwärmung die Geschwindigkeit der Katalyse erhöht. Längere Er- 
wärmung hingegen, insbesondere bei Gegenwart von Elektrolyten, schwächt die 
Wirkung des kolloidalen Platinkatalysators. Bei der katalytischen Vereinigung 
des Knallgases durch kolloidales Platin konnte daher C. Ernst ^ zeigen, daß bei 
graduell ansteigender Erwärmung ein Maximum der Aktivität erreicht wird. — 
Diese beiden Erscheinungen, Erhöhung der katalysierenden Wirkung bis zu einem 



' Z. phys. Ch. 31. 258—353. 1900. — ^ Z, physiol. Ch. 16. 340. 1892. — 3 z. phys. 
Ch. 37. 448—484. 1901. 

6* 



8^. Eigenschaften der kolloidalen Lösungen. 

bestimmten Optimum bei steigender Temperatur tmd Abschwächung dieser Wir- 
kung durch längere Erwärmung konnte ganz analog bei organischen Enzymen 
beobachtet werden. 

Von höchstem Interesse sind die sogenannten „Vergiftungs- und Läh- 
mungserscheinungen", die sich bei Metallsolen verfolgen lassen und bei denen 
die Analogien mit den organischen Fermenten am deutlichsten hervortreten. 

Wie G. Bredig und W. Reinders* fanden, verzögert Schwefelwasseistof 
schon in äußerst geringer Menge — in einer Verdünnung 1 : 800000000 — deutlidi 
die Metallkatalyse. Wie schon Schönbein gefunden hatte, wirkt Schwefelwasscr- 
stofif ebenso auf organische Fermente. 

Blausäure setzt schon bei Verdünnungen von 0,0014 mg pro 1 l die Ge- 
schwindigkeit der Katalyse* durch kolloidales Platin um die Hälfte herab; gam 
analog wirkt sie auf organische Fermente wie die Katalase im Blut, Fibrin, Emulsin, 
Pankreassaft und auf Zymase. Sowohl bei den eben genannten oi^ganischen 
Katalysatoren, als auch bei den Mctallsolen zeigt es sich femer, daß nach einer 
längeren Zeit anfänglicher Lähmung die katalytische Wirkung wieder allmählich 
auftritt und sich sukzessive steigert. Die lähmende Wirkung der Blausäure ver- 
schwindet also allmählich, der Katalysator „erholt" sich gewissermaßen von der 
„Vergiftung" und wird wieder wirksam. 

Ähnliche „Vergiftimgserscheinungen" ließen sich für Gold- und Platinhydrosol 
bei Einwirkung von Jodcyan, Jod, Brom, Anilin, Arsenwasserstoff, Kohlenoxyd 
und anderen Substanzen erkennen. ^ Manche dieser Stoffe wirkten auch vergiftend 
und lähmend auf organische Katalysatoren. 

Ganz analoge Erscheinungen wie bei den Solen des Platines und Goldes 
konnten auch bei jenem des Palladiimds erkannt werden (G. Bredig und 
K. Fortner. ^ 

Alle diese Erscheinungen deuten auf eine weitgehende Analogie zwischen 
den katalytischen Wirkungen anorganischer Substanzen und den Fermentwirkungen 
in der organischen Welt hin. 

Die moderne Entwickelung der Wissenschaft von den Enzymen, welche 
vielfach die Forschungen Über die Kolloidalgebilde zunutze ziehen konnte, wird 
in einem anderen Teile dieses Handbuches geschildert,^ so daß es genügt, hier 
auf diese Arbeit zu verweisen. 



^ Z. phys. Ch. 37. 323 — 341. 1901. — 2 Bredig und Rsinders, 1. c; fern« 
G. BuEDiG und K. Ik£DA, Z. phys. Ch. 37. 1—68. 1901. — * Ber. 87. 798—810. 1904. 
— ^ Handbuch der angew. phys. Chemie, G. Bredio, Kontaktchemie und Lehre von der 
Katalyse und Enzymwirkung. 



Die kolloidalen Gele. 



MuBte bereits am Eingange der Betrachtungen über die kolloidalen Lö- 
sungen darauf hingewiesen werden, daß bei der großen Zahl und Verschieden- 
heit jener Stoffe, welche in kolloidal gelöstem Zustande aufzutreten vermögen, 
eine durchgreifende und vollständige Analogie der Eigenschaften dieser Gebilde 
weder zu erwarten sei noch tatsächlich gefunden werden konnte, so gilt dies 
umsomehr fQr die nunmehr zu besprechenden kolloidalen Gele. Denn ihre Be- 
schafifenheit hängt wesentlich von äußeren Bedingungen, wie Bildungsweise, Alter 
und dergl. ab, die neben der stofflichen Zusammensetzung dieser Gebilde eine 
wichtige, in ihrem Wesen jedoch vielfach noch unerkannte Rolle spielen. 

Die nun folgenden Auseinandersetzungen sollen daher vor allem einzelne 
bei gewissen Gruppen kolloidaler Gele erkannte und näher untersuchte Erschei- 
nungen zusammenfassen, um Anhaltspunkte zur Beurteilung der bisher bekannten 
Eigenschaften dieser Gebilde zu ergeben. 



1. Niederschläge und Niedersohlagsmembranen.^ 

Die übersättigte Lösung eines festen Körpers stellt in Berührung mit Spuren 
des letzteren einen labilen Zustand dar, welcher erst nach Ausscheidung einer 
entsprechenden Menge des festen Körpers stabil wird. Zur Auslösung dieser 
Zustandsänderung bedarf es aber bei kristallisierenden Substanzen im allgemeinen 
des Vorhandenseins eines mikroskopisch kleinen Kristallteilchens der Substanz 
selbst oder einer isomorphen Verbindung. Doch kann sich der Vorgang auch 
so vollziehen, daß sich zunächst Tröpfchen einer reicheren übersättigten Lösung 
anderer Zusammensetzung ausscheiden, welche allmählich fest werdend in den 
kristallinischen Zustand übergehen. Der letztere Fall tritt besonders dann ein, 
wenn zur Lösung eine zweite Flüssigkeit gefiigt wird, in welcher der feste Körper 
unlöslich ist. 

Schon Frankenheim* führte die Trübung, welche der Zusatz von Alkohol 
zu einer gesättigten Lösung von Aluminiumsulfat in Wasser bewirkt, auf die 
Bildung zahlreicher Tröpfchen zurück, die mit der Zeit niederfallen imd sich in 
Oktaeder verwandeln. Ähnlich verhielten sich die Sulfate von Na, Mn und Mg 
sowie andere leicht lösliche Salze. — 

Dieser Vorgang ist nach O. Lehmann^ folgendermaßen zu erklären: „Im 
Falle der beschränkten Mischbarkeit der fremden Flüssigkeit, welche einer Lösung 



^ Vgl. O. Lehmann, Molekularphysik. Leipzig. 1888. L p. 501 — 523. — 2 Ann. Phys. 
(2) UL I. 1860. — 3 Molekularphysik. Bd. I. p. 504. 



86 ^^c kolloidalen Gele. 

beigemischt wird, gestaltet sich die Erscheinung nur dadurch komplizierter, daß 
sich zunächst bei der Mischung Tröpfchen ausscheiden, z. B. viel Salzlösung mit 
wenig Alkohol und Alkohol mit wenig Salzlösung, welche nach einiger Zeit in- 
folge ihres Übersättigungszustandes kristallisieren, worauf dann das Gleichgewicht 
abermals gestört ist, insofern die nun gerade im Sättigungszustande befindlidie 
Lösung wieder Wasser an den Alkohol abgibt, dadurch abermals übersättigt ^ird, 
somit den Kristall zum Weiterwachsen bringt usw., bis schließlich das ursprüng- 
liche Tröpfchen ganz verschwunden und an dessen Stelle ein Kristall getreten 
ist." Derartige Tröpfchenbildungen wurden speziell beim Zusammenbringen von 
alkoholischer Kampferlösung mit Wasser genauer untersucht^ 

Ähnliche Erscheinungen treten bei chemischen Vorgängen auf, bei denoi 
durch Zusammenbringen von Lösungen schwerlösliche Verbindungen entstehen. 
Es tritt dann eine Übersättigung ein, welche entweder durch spontane BÜdung 
eines kristallinischen Niederschlags zur stabilen Form des Systems fuhrt, oder es 
werden, wie früher beschrieben, halbfeste Zwischenstufen entstehen, die erst ganz 
allmählich zum kristallisierten Zustand des festen Stofifes führen. 

Derartige Vorgänge hat bereits G. Rose* betrachtet, als zu einer Caldum- 
chloridlösung Ammonkarbonat gefügt wurde; es bildeten sich kleine Kugeln, die 
sich später in Kristalle verwandelten. — H. F. Link^ fand bei der Fällung von 
Lösungen der Kalk- und Bleisalze mit Kalilauge, Natronlauge und Kohlensäure 
runde Kömer von halbfester Substanz. — F. F. Runge* erhielt, indem er ver- 
schiedene Salzlösungen mittels der Kapillarwirkung auf Filtrierpapier zusammen- 
fließen ließ, charakteristisch geformte farbige Zeichnungen; so z. B. auf Filtrier- 
papier, das mit Kupfersulfat imprägniert war, mittels Ammoniumphosphat oder 
Ferrocyankalium, und ähnlichen anderen Kombinationen anorganischer Salze. 

Vogelsang ^ beobachtete beim Verdunsten des Lösungsmittels verdickter 
Schwefellösungen, daß sich zunächst übersättigte Tröpfchen bilden, welche immer 
mehr und mehr des noch in ihnen enthaltenen Lösungsmittels abgeben und so 
allmählich zu festen, isotropen Kügelchen erstarren, welche dieser Forscher als 
Globuliten bezeichnete. Diese Beobachtung legte er einer Theorie der Kristalli- 
sation zugrunde, dahingehend, daß stets die Bildung von Globuliten der Kristall- 
bildung vorausgehe. Indem diese Globuliten sich, solange sie noch genügend 
plastisch sind, gesetzmäßig anordnen, bilden sie das eigentliche Kristallskelet; 
sind sie hingegen bereits völlig hart geworden, so wandeln sie sich nicht mehr 
in Kristalle um. 

Ähnliche Ansichten wurden schon früher von C. G. Ehrenberg® und 
H. F. Link' ausgesprochen; wie hier übrigens erwähnt sein mag, wurde diese 
Globulitentheorie in der Folge vielfach angefochten. 

Die bisher erwähnten Tatsachen bezogen sich ün allgemeinen auf kristalli- 
sierende feste Stoffe; anders liegen die Tatsachen bei amorphen Körpern, sie 
gehen graduell aus dem flüssigen in den festen Zustand über. Es ist jedoch 
vielfach unberechtigt, von der Bildung eines „amorphen, unlöslichen" Nieder- 
schlages zu sprechen, denn es ist wahrscheinlich, daß bei Erhöhung der Schwer- 
löslichkeit die Niederschläge äußerst feinkörnig werden, so daß mit Hilfe des 
Mikroskops die kristallinische Struktur nicht mehr erkannt werden kann. So 
wurde gefunden, daß auch scheinbar amorphe Substanzen Globuliten bilden, die 
sich gruppieren können und entweder in Schichten oder konzentrischen 
Kreisen, die Sphären bilden, ordnen. 

^ O. Lehmann, Z. f. Krystall. 1. 460. 1877. -— 2 Ann. Phys. (2) 42. 354. 1837; IIL 
157. 1860. — 3 Ann. Phys. (2) 46. 258. 1839; „Über die Bildung der festen Körper." Berlin. 
1847. — * F. F. Runge, „Der Bildnngstrieb der Stoffe." Veranschaulicht in selbst gewachsenea 
Bildern. Oranienburg-Berlin. 1855. — ^ •^°' Phys. (2) 148. 621. 1871. — 8 Ann. Phys. 36. 
lOi — 106. 1836. — 7 1. c. 



I. NiederschlAge und Niederschlagsmembraoen. gj 

Der erste Fall tritt ein, wenn zwei Lösungen zusammentreffen, die einen 
schwerlöslichen Niederschlag geben. Unter geeigneten Bedingungen können sich 
längs der Grenze der beiden Schichten zusammenhängende Häutchen bilden, die 
keine homogene Struktur zeigen — wie nach der Art ihrer Entstehung zu er- 
warten wäre — sondern deren Oberfläche sich bei starker Vergrößerung körnig 
erweist. 

Derartige häutige Niederschläge bezeichnet man nach M. Traube^ als 
Niederschlagsmembranen. Ist die eine Flüssigkeit von der anderen vollständig 
umgeben, so bilden sich unter geeigneten Vorsichtsmaßregeln zusammenhängende 
Membranen, die in sich selbst geschlossen sind, künstliche Zellen. Solche 
können aus Leim- und Tanninlösung, aus Eisenchlorid und Wasserglas, Kupfer- 
vitriol und Ferrocyankalium erhalten werden. 

Für tatsächlich amorphe Niederschläge — und mit solchen hat man es in 
den meisten Fällen bei Ausscheidung des Gels aus einer kolloidalen Lösung zu 
tun — gilt im allgemeinen die Tatsache, daß sie niemals durch plötzliche Um- 
wandlung aus dem flüssigen in den festen Zustand übergehen, sondern allmählich 
fest werden, ohne den amorphen Zustand zu verlassen. 

Nach J. M. VAN Bemmelen * geht diese Abscheidung von amorphen Stoßen 
folgendermaßen vor sich. Sind zwei Flüssigkeiten A und B nicht mischbar, so 
bilden sie bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Drucke im 
allgemeinen zwei Schichten — S^ und Sg — eine von A, die etwas B^ und eine 
von By die etwas A gelöst enthält Ist nun A bei den Versuchsbedingungen 
fest, so können folgende Fälle eintreten: 

1. A nimmt gleich bei der Ausscheidung den kristallinischen Zustand 
an; es scheint dies jedoch nur ein besonderer Fall zu sein. 

2. A scheidet sich amorph aus; dann geschieht dies nicht plötzlich wie 
im vorigen Falle, sondern ganz allmählich, indem die Substanz eine Reihe labiler 
Zustände durchläuft, die kontinuierlich stabiler werden. Es können z. B. kleine 
Tröpfchen entstehen, die nachher allmählich hart werden und zu homartigen 
Massen eintrocknen (beobachtet bei der Fällung von Silbermetaphosphat aus 
Silbemitratlösimg mittels Natriumphosphatlösung). In anderen Fällen bilden sich 
Globuliten, welche den Obergang zur kristallinischen Struktur bilden können. 
Schließlich kann die sich ausscheidende Substanz A zusammenhängende Mem- 
branen bilden, welche halbflüssig sind und aus viel A mit wenig B bestehen. 

G. Quincke^ erklärt diese Vorgänge durch die Vorstellung, daß flüssige 
Niederschläge unlöslicher Verbindimgen sich ausscheiden, wenn eine übersättigte 
Lösung entstanden ist, indem sich zwei Anteile bilden: eine klebrige, ölartige 
Flüssigkeit A^ Wasser oder Salzlösung Bj wobei an der Grenzfläche A — B eine 
Oberflächenspannung besteht. Diese ölartige Flüssigkeit wandelt sich ganz all- 
mählich aus dem gallertartigen Zustand in den brüchigen um. 

So z. B. bilden Lösungen von CuCl^, CoClg, NiCl^ oder FeClj mit Ferro- 
cyankalium übersättigte Lösungen, aus denen sich in kurzen Zwischenräumen 
oder periodisch ein flüssiger, ölartiger Niederschlag abscheidet, der später erstarrt 
Hierbei wird er undurchsichtiger imd spezifisch schwerer, gibt also vielleicht 
Wasser ab. — Auch bei Lösimgen von Calciumnitrat, Chlorcalcium und Calcium- 
bicarbonat, die mit kohlensauren und kaustischen Alkalien zusammengebracht 
wurden, entstanden derartige flüssige, ölige Niederschläge, welche 1 — 8 Sekunden, 
ja in manchen Fällen stundenlang flüssig blieben, ehe sie erstarrten. 



^ Arch. f. Anat und Physiol. i866. 87—165. — ^ Z, anorg. Ch. 18. 14—36. 1898. 
— ' Ann. Phys, (4) 7. 631 — 682, 701 — 744. 1902, 



88 Die kolloidBlen Gde. 

2. HikroBtroktur der Oele. 
%) Xyelinformen. 

Nach einer Beobachtung von E. Gad' bilden Tropfen ■ 
Öl in Sodalösung ohne jede mechanische Einwirltung Emulsionen, indem i 
öltropfen aus Ästchen in die Flüssigkeit schießen, welche in kleine Tröpfchen 
zerfallen, während die umgebende Flüssigkeit in lebhafte Bewegung gerat. 

G. Quincke* erhielt beim Zusammenbringen von Eiweiß, fetten ölen und 
Wasser ähnliche Gebilde, die spontane Bewegungen zeigten, welche denen dei 
Amöben und lebenden Frotoplasmagebilde äholich waren. Er suchte die Ursache 
dieser Erscheinung darin, daß die Oberflachenspannung an der Grenze von OlivcDö! 
und Wasser um 84 •'/q sinkt, sobald in dem Wasser Seife aufgelöst wird. Bilde] 
sich daher an einer Stelle der Oberflache eines in Wasser befindlichen öltropfens 
Seife, so sucht sich die Seifenlösung ungemein rasch auf der Oberflache des öl- 
tropfens auszubreiten und verursacht dadurch die lebhafte Bewegung, durch welrfie 
auch die Tröpfchen abreißen, worauf sieb der Vorgang erneuert 

Unter gewissen Verhältnissen entstehen statt einer Emulsion eigentümliche 
kolben- oder keulenförmige Verästelungen, welche sich gegenseitig verachlingen 
und verästeln. Nach den Untersuchungen von E. Brücke* über derartige Ge- 
bilde — welche dieser Forscher wegen ihrer Ähnlichkeit mit Formen, wie sie 
das in Wasser austretende Nervenmark bildet, als Myelinformen bezeichnei 
hat, — genügt die Erklärung Quinckes nicht vollständig, da die Erscheinung bd 
reinem Öl mit Alkali ausbleibt und nur deutlich hervortritt, wenn das öl einen 
Zusatz von Ölsäure erhält. Ähnliche Formen ergeben sich bei Anwendung von 
Cholestetinkristallen und Seifenwasser; wird diese Mischung eingedampft, so gibt 
sie beim Benetzen mit Wasser neuerlich Myelin formen. 

Besonders schöne Bildungen erhielt Famintzin* aus Ölsäure mit verdünn- 
tem Ammoniak; derartige Formen, nach O. Lehuanns' und R. Fiinckes' Be- 
obachtung reproduziert, zeigen Figur 8 und 9. 



„ . Myelinformen von «rnkasaurem HepQrluiiB 

'"^' "■ (Ci,H4,0,-NH,.C,H„) mit W.s9er, verp. 

Mfdinfonnen (nuh O. Lehmann) 85 Ud. (R. Funcke) 

Nach einer neueren Arbeit von G. Qotncke' ist die Bildung der Myelin- 
formen so zu erklären, daß Starre Seifenkristalle von einer dünnen ölsäurehaut 
umschlossen werden, durch welche Wasser hindurchdühindiert, so daß das Volumen 
des Inhaltes zunimmt und die ölsäureblase wächst, indem sie sich unter Auf- 

1 Du Bois-Reymond! Arch. f. Anat. n, Phy>. 1878. 181—105. — ' Atch. £ Phpid 
lö. 119—144. 1879. — 3 SitmnEsber. d. Wiener Abad. 79. UI. 167. 1867. — * BnU. Aad. 
St. Petenbiirg. 28. 414—416. 1884. — 6 Molekularphysik. Bd. I. p. 51J. — 6 „Ober du Vn- 
halten von Heptylam in seifen gegen Wassei." Diss. Heidelbei^. 1900. — ' Ann. Phjn. (3} 93, 
593—692. 1B94. 



2. Mikrostruktnr der Gele. 89 

lösung der eingeschlossenen Seife und Ausbreitung dieser Seifenlösung an der 
äußeren Grenze der Olsäurehaut zu einer zylindrischen Röhre ausdehnt. 

O. Lehmann ^ erweiterte die Vorstellungen über die Ursachen der Myelin- 
bildung durch eine Reihe anderer Beobachtungen, die wohl die Notwendigkeit 
des Vorhandenseins einer ölsäureschicht zur Entstehung dieser Gebilde, jedoch 
nicht die Annahme Quinckes unterstützen, daß ihr Inhalt wässerig sei. Im 
Gegenteil erwies es sich, daß der Inhalt von gallertiger Konsistenz bleibt, also 
nicht wie Quincke annimmt, durch seine Verdünnung und Volum Vermehrung 
das Wachstum verursacht Vielmehr nimmt Lehbcann an, daß beim Eintreten der 
einen Flüssigkeit A (Ölsäure) aus der Flüssigkeit B, mit welcher sie nicht misch- 
bar ist (Alkohol mit Seife) in die Flüssigkeit C, mit der sie mischbar ist (Wasser), 
infolge des Binnendrucks, welcher an der Grenze des Tropfens zwischen A 
und B besteht, zwischen A und C jedoch verschwindet, eine äußerst lebhafte 
Ausbreitung der Moleküle von A in die Zwischenräume der Moleküle von C 
eintritt. Ist die Flüssigkeit A sehr zähe, so wird die geringe Kraft der Ober- 
flächenspannung genügen, um bleibende Deformation zu bewirken. Die Bildung 
der Myelinformen beruht also hiemach auf einer Art Herauspressen eines weichen 
festen Körpers infolge von Änderungen des Binnendruckes. 



b) Bie Zellenstruktur der Oele. 

An anderer Stelle wurde gezeigt, daß sich längs der Grenzen zweier 
Schichten, die einen unlöslichen Niederschlag geben, zusammenhängende Nieder- 
schlagsmembranen bilden können. Diese Membranen können nun unter Um- 
ständen zu Polygonalkörpem zusammentreten, indem sie die Wände einer allseits 
geschlossenen Zelle bilden, welche die Flüssigkeit einschließt. Diese Erscheinung 
ist der Schaumbildung analog, welche z. B. beim Schütteln von Seifenwasser mit 
Luft auftritt, die Schaumzellen bestehen hier aus flüssigen viskosen Wänden und 
schließen Luft ein. 

Im allgemeinen Fall der Ausscheidung eines amorphen Stoffes Ay der in 
einer Flüssigkeit B gelöst war, verläuft also die Entstehung derartiger Hohlkörper 
so, daß sich Wände aus einer viskosen Flüssigkeit L^ (viel A mit wenig B) bilden, 
welche eine Lösung L^ (viel B mit wenig Ä) einschließen. 

Der Vorstellung, daß amorphe Körper sich aus Flüssigkeiten in kleinen 
Molekülkomplexen abscheiden, die befähigt sind, sich unter Umständen in ver- 
schiedener Weise aneinanderzulegen, gab bereits Nägeli* Ausdruck. Er be- 
zeichnete derartige hypothetische Molekülkomplexe, die untereinander durch eine 
spezifische anziehende Kraft zusammenhängen, als Mizellen und nahm an, daß 
durch immer festere Aneinanderlegung und innigere Zusammenfügung derselben 
ein Netz von Mizellenhaufen sich ausscheidet, welches Flüssigkeit einschließt. 

J. M. VAN Bemmelen ' nahm nun an, daß bei der Koagulation von Kolloiden 
die Teilchen sich fortschreitend vom Wasser trennen, wobei sie sich in halb- 
flüssigem Zustande mit Wassermolekülen zu einer zellenartigen Membran oder 
Mizelle von gewisser Form anordnen. Diese Mizellen hängen an gewissen Stellen 
zusammen imd bilden eine größere Membran, welche aus einem Maschenwerk 
oder Netz besteht. 

Diese theoretischen Annahmen erhielten durch die äußerst eingehenden 
Untersuchungen von O. Bütschu völlig neue Gesichtspunkte, da es diesem For- 
scher gelang, bei einer Reihe von Niederschlägen und kolloidalen Gelen derartige 
Mikrostrukturen tatsächlich nachzuweisen. 

1 O. Lehmann, „Flüssige Kristalle.'^ Leipzig. 1904. p. 254. — 2 ,,Theorie der Gänmg." 
München. 1879. p« 121. — ^ Z. anorg. Chem. 13. p. 304. 1896; 18. p. 15. 1898. 



gO Die kolloidalen Gel«. 

Seine Arbeiten nahmen ihren Ausgang' von der Untersuchung der Schanm- 
gebilde, welche besonders aus Olivenöl mit Wasser unter Einfluß einer geringen 
Menge Kaliumkarbonat, Kohrzucker oder Kochsalz, ferner aus Schmierseife mittel 
Benzol oder Xylol entstanden. In allen diesen Fällen erwiesen sich diese Ge- 
bilde bei mikroskopischer Untersuchung als polyedrische Maschenwerke, welche 
ähnUch wie Bier- oder Seifenschaum aus einem Wabenbau bestehen. Die einzelnen 
Waben sind so gebaut, daB drei Flachen unter wechselndem Winkel in einem 
Knotenpunkt zusammentreffen. Die Flächen sind an den Knotenpunkten deut- 
lich verdickt, so daß der Schaum bei schwacher Vergrößerung den Eindruck einet 
feinkörnigen Struktur macht, während jedoch, wie das Experiment ergab, fein- 
körnige Einschlüsse nicht vorhanden sind. Die Weite der einzelnen Maschen 
wurde mit höchstens 0,005 — 0,001 mm gefunden. Figur :o 
zeigt ein decart^es Wabenwerk von Schaum, das aus OlivenCl 
mittels Kochsalz erhalten wurde. — Ganz analoge Waben- 
strukturen stellte BCtschli bei den verschiedensten Pflanzen- 
und Tierzellen fest, so daß er auf eine wabige Beschaffen- 
heit des Protoplasmas schließen konnte, welche er zur Erklä- 
rung der besonderen Eigenschaften desselben (Beweguogserschei- 
nuDgen, Wachstum usw.) mit Erfolg heranzog. 

In weiteren Arbeiten wurden die Strukturen der ver- 
Figur 10. schiedensten Niederschlage, Hydrosole und Gerinnungsschaume 

Schaum aus Oliven- Untersucht. 

fii mit Kocbulz her- Geronnene kolloidale Stoffe — zum Beispiel Gelatine- 

gestellt Partie de« fällung mit 2"/^ Gerbsaure, ChromsSure oder Alkohol, Eiweiß. 
Wabenwerks welches durch Hitze oder Salzwirkung gefällt wurde, Fällung 

(Nach SOTscau). ^^^ arabischem Gummi mit Alkohol — zeigten vorzOgüche 
Wabenstrukturen. ^ 
In gequollenem Agar konnte ebenfalls eine solche erkannt werden, wes- 
halb BüTSCHLi annahm, daß bei Agar und Gelatine schon im trockenen Zu- 
stande eine feine Schaumgtruktur vorhanden ist, deren Hohlrlimie sich bei dey 
Quellung mit Wasser füllen.* 

Starkekleister und die einzelnen Schichten aufgequollener StarkekOmer erwiesen 
sich bei mikroskopischer Beobachtung als wabig gebaut; beim Eindampfen, Aasfrieren 
der Starkelösung oder Fallung derselben durch Tannin entstehen feste Niederschlage, 
welche gleichfalls feinwabige Strukturen aufweisen.* Durch Zusatz von Gelatine zur 
Starkelösung und Eindampfen des Gemenges konnte Bütschli Spharokristalle er- 
halten, deren mikroskopischer Bau vollständig dem der natürlichen StarkekOraei 
entsprach, doch konnte diese „künstliche Starke", trotzdem sie sich chemischen 
Reagenzien gegenüber wie gewöhnliche Stärke verhielt, nicht verkleistert werden.' 
In zahlreichen anderen geronnenen oder quellbaren Gebilden wurden ferner 
bei mikroskopischer Untersuchung ahnliche Strukturen gefunden.* So z. B. bei 
Niederschl^en aus löslicher Stärke mit Alkohol, aus Kollodium mit Wasser, aus 
alkoholischen Lösungen von Harzen (Damar, Schellack) mit Wasser; femer bei 
Sphärokristallen, die beim Eintrocknen von Lösungen des Inulins, verschiedener 
anorganischer Salze (Na^HPO^ ■ I2H,0, Bleizucker, CaCO^, SalmiaV] entstanden; 
endlich bei Zellulosemembianen, und zwar bei unveränderten, natOilichen Fasern 
(Baumwolle und Flachs), bei Fasern, die mittels Kupferoxydammoniak aufgequollen 
waren und bei Zellulosehautchen, die sich aus der Lösung in Kupferoxydammoniak 
abgeschieden hatten. 

< „UnteisnchuDgen über mikroskopische Scbftume nod das Protoplasma." Leipzig. tSc)j. 
— i Verh. des naturh.-med. Vereins lu Heidelberg. N. F. 6. 28—41. 1891. — 3 Ebenda. 8. 
41—43. 1892. — * Ebenda. 6. S9— 102. 1893. — > Ebenda. 6. 457—472. 1896. — • Ebendi. 
6. 330 — 193. 1S94. 






2. Mikrostruktur der Gele. Ol 

Wie weiterhin ^ gezeigt wurde, kann bei Gelatinegallerte der Bau nicht 
ohne weiteres beobachtet wurden, was Bütschli damit erklärt, daß die Gerüst- 
wände zu dünn und nachgiebig sind und daß der Unterschied zwischen dem 
Lichtbrechungsvermögen der Wände und jenem des Kammerinhaltes zu gering ist. 
Durch verschiedene Mittel — Einwirkung von schwacher Chromsäure, Alkohol, 
Äther oder Xylol, — werden jedoch die Wände starrer und dichter, die Unter- 
schiede der Brechungsexponenten größer, so daß nunmehr die äußerst feinschaumige 
Struktur zu erkennen ist. Es kann hieraus geschlossen werden, daß auch in 
den Gelen und quellbaren Substanzen, welche keine sichtbare Wabenstruktur 
zeigen, oder in welchen diese erst durch geeignete Mittel sichtbar wird, diese 
Struktur präformiert vorhanden ist. 

W. B. Hardy ^ hat femer in folgenden Gelen mittels des Mikroskops Struk- 
turen auffinden können: Eiweiß, koaguliert durch Erhitzen, durch Sublimat, 
Kaliumbichromat, Rhodankalium; Hydrogel der Kieselsäure: Gelatine, gefällt 
durch Sublimat, Formaldehyd oder Ammoniumbichromat. Bei Eiweiß entstand stets 
ein offenes Netzwerk (Figur 1 1 ä), dessen Maschen je nach der verwendeten Koagu- 
lationsmethode verschieden groß waren (ca. 0,5 — 1,5 fi). Bei Gelatine bildet 
sich ein geschlossenes Netz (Figur 1 1 ^) falls ihre 
Konzentration gprößer ist als ca. 7 ^/^ und die Fixie- 
rung durch Alkohol oder Sublimat erfolgt war. Bei 
geringeren Konzentrationen oder längerer Einwir- 
kung von überschüssigem Formaldehyd entsteht 
auch hier ein offenes Netzwerk (Figur iic) ähnlich 
wie bei Eiweiß. Der Durchmesser der einzelnen 
Zellen wurde je nach der Konzentration der Ge- 
latine bei Fixierung durch gesättigte Sublimatlösung 
mit 2 — 7 |x ermittelt. 

In einer weiteren ausführlichen Abhand- ^^ '** 

lung zeigte O. Bütschli,» daß durch Ausfällung ^^.offcnes Netzwerk von koaguliertem 
,®T? __. , 11^ j Eiweiß; d geschlossenes Netzwerk von 

hergestellte Kieselsäuregallerte unter dem Gelatine(ioo/oig)mitSublimat;coffenes 

Mikroskop in allen Fällen eine feinwabige Hohl- Netzwerk von Gelatine (40<>/oig) mit 
räumchenstruktur aufweist, die besonders deutlich Sublimat. (Nach Hardy). 

in gewissen Stadien des Austrocknens hervortritt 

(Figur 12, p. 92) und auch beim Ausglühen erhalten bleibt. Femer wurden ganz 
ähnliche Strukturen bei verschiedenen in der Natur vorkommenden amorphen Kiesel- 
säuremassen entdeckt So z. 6. zeigt der Tabaschir, ein natürlich vorkommendes 
Kieselsäuregel, das sich in den Intemodialhöhlen älterer Halme von Bambusa 
armedinacea findet, bei mikroskopischer Untersuchimg ganz ähnliche Strukturen, 
wie die Kieselsäuregallerte, die durch Befeuchten des trockenen Materials mit 
Wasser oder öl deutlich sichtbar werden. (Figur 13, p. 92.) Der Strukturcharakter 
ist im Kieselsäuregel und im Tabaschir wabenartig, das Waben werk ist teils ganz 
unregelmäßig gleichförmig ausgebildet, teils tritt eine ausgesprochene Neigung zu 
reihig-faseriger Anordnung hervor. Die Größen Verhältnisse der Waben sind ziem- 
lich verschieden und wurden bei verschiedenen Präparaten zu 0,9 — 1,5 y, ermittelt 

Auch die natürlichen Kieselsäurevorkommen mineralischer Natur zeigten 
analoge Mikrostruktur, so z. B. der Hydrophan, der Halbopal und Edelopal. 

Auf Grund der gemachten Beobachtungen verwirft Bütschli die Mizellar- 
theorie Nägelis (p. 89) in ihrer Anwendung zur Erklärung der Vorgänge im 
Kieselsäuregel. F. Cohn* hatte diese Theorie auf den Tabaschir, J. M. van 
Bemmelen (p. 89) in seinen früheren Arbeiten allgemein auf Hydrogele angewendet, 

1 „Ober den Bau quellbarer Körper und die Bedingungen der Quellung." Göttingen. 
1896. — 2 Joum. of Physiol. 24. 158—210. 1899. — 3 Verh. d. Naturh.-Med. Vereins zu 
Heidelberg. N. F. 6. 287—348. 1900. — * Beitr. z. Biol. d. Pflanzen. 4. 365—407. 1887. 



I 



I 



92 



Die kolloidalen Gele. 



wobei beide Forscher von der Unmöglichkeit ausgiogen, in diesen Gebilden sichtbare 
Hohlräume nachzuweisen und daher die molekular- hypothetische Theorie Nägeus. 
welche zunächst für organische, speziell organisierte Kolloide aufgestellt wurde, 
auch auf die anorganische Kieselsau regallerte übertrugen. Die Grundidee dieser 
Theorie, daß das aufgenommene Wasser gewissermaßen molekular zwischen den 



Kieselgel von vak Beumsleh, mit OtiveDÖl schwach imbibiert, dflnoeg Bruchstück in Luft, 

EicistelltiQg lief auf die untere Gtemflaclie. Vergr. 1970. W^bensttukttir sehr schon teirof- 

tretend. (Nach O. BOtsChli). 

Molekülen oder Molekülgruppen eingelagert sei, wurde mit dem direkten Nachweis 
einer Mikrostruktur der Gallerten, deren Eigenart die Aufnahmefähigkeit für 
Wasser und andere Flüssigkeiten tiinreichend erklärt, hinfällig, vah Beumeli:^ 
hat sich denn auch seinen spateren Arbeiten den Ansichten Bütschus bezü^ 
des mikroskopischen Geftlges der Gele angeschlossen. 



Figur 13. 

Tabaschir, mit a Teilen Chloroform und i Teil Zedernfll imbibiert, dann eingetrocknet; 

kleber, danner Splitter, Vergr. 1970. Wabenstruktat seht scharf und klar hetvortrttu>d. 

(Nach O. BOtschli). 

W. Pauli ' bezweifelt jedoch, wie bereits erwähnt wurde (^L p. 64), dafl die 
Strukturen, welche nach dem Vorgange von Bütschli in Gelatinegallerte und 
quellbaren Substanzen durch Alkohol, Chromsäure usw. sichtbar gemacht werden! 



2. Mikrostruktur der Gele. 



93 



präformiert gewesen seien, denn eben die gebrauchten Zusätze bedingen Zustands- 
änderungen, Gerinnungen der Kolloide, so daß die ohne Zusatz unsichtbaren, 
nach Zusatz sichtbar gewordenen Wabenstrukturen erst der sekundär veränder- 
ten, entmischten Gallerte eigentümlich seien, wie ja solche Strukturen bei Ge- 
rinnungsschäumen und typischen Kolloidfällungen beobachtet wurden. Auch der 
Umstand, daß durch Alkohol erzeugte Strukturen beim Einbringen derselben in 
Wasser wieder verschwinden, bei neuerlicher Alkoholeinwirkung wieder hervortreten, 
beweise nicht die primäre Natur der Struktur, da die durch Alkohol in Gelatine 
erzeugte Veränderung ein reversibler Vorgang ist; die ungemein träge verlaufende 
und daher in endlicher Zeit kaum vollständig umkehrbare Zustandsänderung bedingt 
es, daß einmal hervorgebrachte Strukturen, welche nicht durch andere Vorgänge 
(Umschmelzen) völlig zerstört werden, in derselben Art erhalten bleiben und wieder- 
kehren. Interessant ist ferner die Tatsache, daß Gelatine mit 0,3 ^1^ iger Chrom- 
säure die von Bütschli beschriebenen Strukturen gibt, sobald man jedoch der 
Chromsäure Harnstoff von 1,0 molekularer Konzentration zugesetzt hat, bleibt 
unter sonst gleichen Versuchsbedingungen infolge der die Koagulierung hemmenden 
Wirkung des Harnstoffes (vgl. p. 67) die Gallerte klar und bei noch so starker Ver- 
größerung homogen. — Pauli zieht hieraus den Schluß, daß nur echte Ge- 
rinnungen Mikrostrukturen zeigen; Gallerten und quellbare Gebilde seien 
nicht zweiphasige, sondern wahrscheinlich einphasige Systeme. — 

Es'kann vorderhand noch nicht als entschieden gelten, welche Auffassung 
— Homogenität oder Unstetigkeit der Gallerten — den Tatsachen ent- 
spricht. Selbst dann jedoch, wenn Gallerten als homogene Systeme anzusehen 
sein sollten, behalten die Forschungen über Zellenstrukturen für zahlreiche nicht 
gallertige koagulierte Niederschläge und Gele volle Geltung. 

Das bisher erwähnte Tatsachenmaterial über die Mikrostruktur von amor- 
phen Niederschlägen und Gelen erhielt durch eine große Reihe umfangreicher 
Experimentaluntersuchungen von G. Quincke eine wesentliche Erweiterung. Diese 
Arbeiten nahmen von der Untersuchung der Ausflockungserscheinungen trüber 
Medien ^ ihren Ausgang. Es zeigte sich, daß bei der Ausflockung durch Elek- 
trolyte die Flocken an der Oberfläche eine ölartige, klebrige Flüssigkeit ent- 
halten, an deren Grenzfläche mit dem Wasser eine merkliche Oberflächenspannung 
herrscht. Eine durch Elektrolyte gefällte Mastixtrübung oder eine solche von 
Schellack erwies sich bei mikroskopischer Untersuchung aus zelligen Schaummassen 
zusammengesetzt Bei Kaolin zeigten sich mikroskopische Fäden einer Ölartigen, 
klebrigen Flüssigkeit (wahrscheinlich Kieselsäure), an deren Oberfläche sich eine 
andere Flüssigkeit (lufthaltiges Kieselsäurehydrat) ausgebreitet hatte. ÄhnUche 
zellige Schaummassen wurden bei Seifentrübung, Tusche, Eiweiß u. a. beobachtet 

Ferner^ wurden die flüssigen Niederschläge, welche sich aus Lösungen von 
CuClj, CoClj, NiClj und FeClg mit Ferrocyankalium bilden, untersucht Wie schon 
früher (p. 87) erwähnt wurde, entsteht hierbei zuerst ein flüssiges, ölartiges Produkt, 
das allmählich erstarrt Während des flüssigen Zustandes bildet der Niederschlag 
Blasen oder Schaumzellen aus Wänden, welche sich imter verschiedenen Winkeln 
(120®, 90® oder zwischen diesen) an früher vorhandene Schaumwände ansetzen. 
Geringe Mengen fremder Substanz ändern die Anordnung des Netzwerkes sowie 
auch die Viskosität und Erstarrungsgeschwindigkeit der ölartigen Flüssigkeit. 

Ebenso bilden die Niederschläge von Calciumnitrat, Calciumchlorid und 
Calciumbicarbonat mit kohlensauren oder kaustischen Alkalien Schaumwände imd 
Schaumzellen, auch Sphärokristalle, die aus radial angeordneten Schläuchen mit 
Querwänden oder radial aneinander gereihten Blasen bestehen; derartige Sphäro- 
kristalle sind Myelingebilde. Der Forscher weist darauf hin, daß diese Mikro- 

^ Verh. d. Heidelb. naturw.-med. Ver. N. F. 7. 97 — 104. 1901; Ann. Phys. (4) 7 
57—96. 1902. — 2 siU. Ber. Akad. d. Wiss. Berlin. 858—875. 1901; Ann. Phys. (4) 7. 
631—682, 701 — 744. 1902. 



QA Die kolloidalen Gele. 

Strukturen auch in der Natur auftreten dürften, wenn aus Eiweiß durch Abbau 
imter dem Einflüsse der Luft Anunonkarbonat entsteht, das sodann mit ver- 
dünnten Lösungen von Ralksalzen zusammentritt Derartige Gebilde dürften also 
beim Aufbau des Kalkgerüstes von Tieren imd Pflanzen eine wichtige Rolle spielen. 

Bei organischen Kolloiden ^ wie Leim, Eiweiß, Gerbsäure, Traganth, Agar 
usw. herrschen ähnliche Verhältnisse wie bei anorganischen. Bei ihrer Koagulation 
bildet sich eine wasserärmere, viskosere Lösung A und eine wasserreichere L> 
sung B, an deren gemeinsamer Oberfläche eine Grenzflächenspannung besteht, die 
sich mit dem Wassergehalt ändert. Unter dem Einflüsse dieser Oberflächen- 
spannung bildet die ölartige, wasserärmere Lösung A in der Lösung B Kugeln. 
hohle Blasen oder Schaum wände, die groß oder klein, sichtbar oder unsichtbar 
sein können. Die Wände sind besonders gut beim Eintrocknen zu erkennen, da 
sich hierbei Risse und Sprünge bilden. Auch bei diesen organischen Kolloiden, be- 
sonders bei Leim, Eiweiß, Tannin und Stärke bilden sich Sphärokristalle, welche den 
Myelinformen ähnlich sind und aus doppelbrechenden Schaumkammem besteheL 

Endlich wurden derartige Zellenbildungen bei Leimtannat,^ in Gallerten 
und Lösungen von Eiweiß, Stärke und Leim ^ insbesondere bei Zusatz von Salzen 
gefunden. Kupferchromat, Eisenchromat, Silberchromat, AgCl, AgBr, AgJ bilden 
mit Leimlösung und Leimgallerte Schaumkammem, ebenso Stärke mit Kalksalzen, 
Leim und Eiweiß mit unlöslichen Eisensalzen und viele andere Kombinationen. 

Bromsilberl^im,^ der aus Bromsilbergelatine durch Belichtimg entsteht, zeigt 
kugelförmige Blasen oder kaum sichtbare Schaum wände; die „Kömer*' der 
gereiften Platte bestehen aus ölartigem Bromsilberleim. Hierzu sei bemerkt, daß 
die Kornvergröberung des Bromsilbers in der „gereiften" Platte von anderen Autoren 
(vgl. p. 56; femer Lüppo -Gramer *) einer durch die Schutzwirkung der Gelatine- 
schicht sehr verzögerten Ausflockung der Hydrosolteilchen zugeschrieben wird. 

Es ergibt sich also hieraus, wie Quincke zusammenfassend gezeigt hat,' 
daß alle Kolloide Flocken mit Kugeln, Blasen oder Schaumkammern 
durch Zusammenfließen der suspendierten Teile bilden. Die Flocken adhärieren 
aneinander, ihre Bildung nimmt mit abnehmendem Wassergehalte zu. Drei solder 
Schaumwände stoßen . häuflg unter 120^ aneinander; die flüssigen SchaumwSnde 
bestehen aus einer ölartigen Flüssigkeit, lassen sich daher zu langen Fäden aus- 
ziehen, ohne zu reißen. Die Schaumzellen nehmen durch Diflusion Wasser auf, 
wobei sich ihr Volumen vergrößert, ohne daß die Wände brechen. Beim Aus- 
trocknen entstehen Risse, welche im Innern zuweilen unter 120^ zusammentreffen. 



3. Gallerten und Membranen. 

a) (Hilierten. 

Als Gallerten bezeichnet man gewisse aus wasserhaltigen kolloidalen Gelen 
bestehende Gebilde, welche durch eine eigentümliche, zwischen dem festen und 
dem flüssigen Zustande liegende Beschaflenheit gekennzeichnet sind. Außer einer 
bedeutenden inneren Reibung sowie einer deutlichen VerschiebimgselastizitSt 
(vgl. RoHLOFF und Shinjo, p. 65) ist ihnen, wie schon mehrfach erwähnt wurde, 
die Fähigkeit eigentümlich, gelöste Stoffe ebenso oder beinahe so diflundieren 
zu lassen, als ob diese sich in reinem Wasser bewegen würde. Für kolloidale 
Lösungen sind sie jedoch mehr oder weniger undurchlässig (vgl. p. 12). Im 
äußeren Aussehen bieten die Gallerten vielfach den Eindrack vollkommener 
Homogenität^ sie sind völlig klar und glasartig wasserhell. 

1 Ann. Phys. (4) 10. 478 — 521, 673 — 703. 1903. — 2 Ann. Phys. (4) IL 54-95- 
1903. — 3 Ann. Phys. (4) 11. 449 — 488. 1903. — * Ann. Phys. (4) 11. iioo — 1120. IW- 
— ^ Z, f. Chem. u. Ind. d. Koll. 1. 165—166. 1907. ~ 6 Ann. Phys. (4) 12. 1165— 1168. 

1903. 



3. Gallerten und Membranen. qc 

In den meisten Fällen stammen die Gallerten von organischen Kolloiden; 
es ist insbesondere bekannt, daß die aus leimgebenden tierischen Geweben 
stammenden Substanzen Leim, Gelatine und Hausenblase sowie die aus pflanz- 
lichen Rohstoffen gewonnene Agar -Agarmasse befähigt sind, mit Wasser aufzu- 
quellen, sich in der Wärme aufzulösen und beim Erkalten, falls der Gehalt an 
organischem Kolloid eine gewisse Grenze Übersteigt, zu einer mehr oder minder 
zähen, elastischen Gallerte zu erstarren. Der reversible Vorgang des „Schmelzens** 
und „Erstarrens" derartiger organischer Gallerten wurde bereits an früherer Stelle 
p. 64) näher erörtert« 

Auch anorganische Kolloide vermögen gallertartige Gele zu bilden; ein be- 
kanntes Beispiel hierfür ist die Kieselsäuregallerte, die sich aus Wasserglaslösungen 
abscheidet. Daß femer viele Metalloxydhydrate beim Ausfällen aus den ent- 
sprechenden Salzlösungen mittels Alkalien als gallertartige Hydrogele zur Ab- 
scheidung gelangen, ist allgemein bekannt 

Die besonderen Eigenschaften der Gallerten, vor allem ihre Fähigkeit, im 
gequollenen Zustande die Diffusion von Lösungen zu gestatten und auch die 
Reaktionsfähigkeit der ihnen beigemengten Stoffe nicht zu beeinflussen^ sind für 
ihre vielseitige Verwendung maßgebend. Es sei hier nur auf die Herstellung 
der photographischen Trockenplatten sowie auf die der sog. Trockenelemente 
hingewiesen. 

Nach den Vorstellungen, welche sich aus dem im vorigen Abschnitte über 
die Mikrostruktur von Gelen ergeben haben, müssen Gallerten vorderhand als 
zweiphasige Gebilde angesehen werden, deren zäherer Anteil aus einem mehr 
oder weniger festen Maschenwerk wabiger Zellen besteht, das von flüssiger Substanz 
durchdrungen ist Schon F. Guthrie* hat die Gallerten als Aggregate kleiner 
Zellen bezeichnet, die aus einer festen elastischen Membran und einer das Innere 
ausfüllenden Flüssigkeit bestehen. Ähnliche Ansichten äußern O. Lehmann,^ 
G. Quincke, J. M. van Bemmelen und andere. Für die Heterogenität spricht 
einerseits der von W. B. Hardy* (vgl. p. 63) und O. Bütschli^ näher unter- 
suchte Umstand, daß durch mechanisches Auspressen aus Gallerten Flüssigkeit 
entfernt werden kann, andererseits die Auffindung mikroskopischer Strukturen bei 
organischen und anorganischen Gallerten durch G. Quincke (vgl p. 94), 

Wie jedoch mehrfach erwähnt wurde, hält W. Pauli weder die Aus- 
pressungsversuche, noch die Mikrostrukturen für beweiskräftig und vertritt den 
Standpunkt, daß Gallerten sowie quellbare Gebilde einphasige Systeme seien, 
was seiner Ansicht nach der Umstand beweist, daß im optischen Verhalten von 
Leimgallerten beim Passieren des Erstamings- und Schmelzpunktes mit Hilfe von 
refraktometrischen oder Interferenzmethoden keinerlei optische Unstetigkeit ge- 
funden werden konnte.* 

Die Annahme einer schwammigen Natur der Gallerten bietet übrigens eine 
zwanglose Erklärung für den bereits mehrfach besprochenen Umstand, daß in 
ihnen die Diffusion von Salzen beinahe ebenso rasch erfolgt, wie in Wasser. 

b) Hiedersohläge in Gallerten. 

Besondere Eigentümlichkeiten zeigen unlösliche Niederschläge anorganischer 
Verbindungen, welche man in Gallerten entstehen läßt. R. E. Liesegang ' hat 



^ Vgl. hierüber Nernst, Theoretische Chemie. 5. Aufl. p. 420. — 2 phil. Mag. (4) 49. 
'S75; (5) 1. 2. 1876; vgl. auch Lehmann, Molekiilarphysik. I. 525, 555. — 3 ,,Flüssige 
Kristalle." Leipzig. 1904. p. 213. — * Proc, Roy. Soc. London. 66, 95 — 109. 1899. — 
^ „Über den Bau quellbarer Körper.** Göttingen. 1896. p. 22 — 27. — 6 „Beziehungen der 
Kolloidchemie zur Physiologie.** Leipzig. 1906. p. 15. — * R. E. Liesegang, „Über chemische^ 
Reaktionen in Gallerten." Düsseldorf. 1898. ^ 



^ 4 






gß Die kolloidalen Gele. 

zunächst Gelatin^allerte^ welche eine bestinunte Menge eines Salzes (z. B. Sflber- 
nitrat) enthielt, in kleine Röhrchen gefüllt und diese erstarrte Gallerte in Lösungen 
von Salzen eingesetzt, die mit dem zuerst verwendeten Salz unlösliche Nieder- 
schläge geben (z. B. Ammoniumbichromat). Es zeigte sich, daß bam Hinein- 
difiundieren der zweiten Lösung der sich bildende Niederschlag nicht gleichmäßig 
die Gallerte erfüllt, sondern sich in Schichten ablagert, welche in gesetzmäßiger 
Weise in ganz bestimmten Abständen auftreten, die mit der Höhe des Rohres 
wachsen und von der Konzentration der Gelatine und der diffundierenden Salz- 
lösung abhängen. (Vgl. die schematische Figur 14.) Die Zwischen- 
räume der Schichten sind klar und frei von Niederschlag und Salz. 
Wurde femer auf eine Glasplatte^ welche mit ammoniumbichromathaltiger 
Gelatine überzogen war, ein Tropfen Silbemitrat gesetzt, so entstanden 
Schichten von Silberchromat als konzentrische Kreise. Ähnliche Struk- 
turen wurden bei der Entstehung von Bleichromat, Bleijodid, Blei- 
hyposulfit usw. in Gelatinegallerte beobachtet 

J. Hausmann ^ verfolgte diese Beobachtung weiter und erhielt 
bei einer ganzen Reihe anorganischer Verbindungen (Silberrhodanid, 
if^..'\ Silberorthophosphat, Quecksilberjodür, Bleisulfid, Nickelsulfid und vielen 

anderen) in Gelatine Strukturen, er konnte weiter auch in Agai^gallerte 
und Stärkekleister ähnliche, wenn auch nicht so regelmäßige Bildungen 
beobachten. 

Zur Erklärang dieser Erscheinung stellte Ostwald * folgende Hypo- 
these auf: ^,Bei der Diffusion des Silbers zum Chromat bildet sid 
Figur 14. zunächst eine in bezug auf Silberchromat übersättigte Lösung, deren 
Schematische Konzentration in gleichen Entfernungen vom Tropfen (bei Liese- 
d^S^^h^^ht^ GANGS Platteuversuch) immer gleich bleibt. Es wird also auch der 
bildung in Zustand, in welchem die metastabile Übersättigung in die labile über- 
Gallerten. geht^ gleichzeitig in einem Kreise erreicht, in einem solchen beginnt 
das Ausfallen des schwerlöslichen Salzes imd das überschüssige Salz 
geht aus der Lösung heraus, während gleichzeitig das lösliche Bichromat ver- 
braucht ist. Erst ein Stück weiter findet das weiter diffimdierende Silber wieder 
genug Chromat, um in den labilen Übersättigungszustand zu gelangen und der 
Vorgang wiederholt sich. Daß die Linien nach außen breiter werden, erklärt sidi 
aus der Verdünnung der Silberlösung bei fortschreitender Diffusion." 

H. W. Morse und G. W. Pierce,^ welche die Übersättigungserscheinungen 
in Gelatine theoretisch behandelten, stellten das Gesetz auf, daß zwischen der Ent- 
fernung X der Röhrenstellen, an denen der Niederschlag zur Ausscheidung ge- 
langt, vom unteren Ende der Röhre an gerechnet und der Zeit, nach welcher 
er sich zu bilden beginnt, also der Dififusionszeit / die Beziehung: 

bestehen muß, wobei i konstant ist, sofern das sogenannte metastabile Löslicb- 
keitsprodukt, welches die metastabile Grenze definiert, konstant ist. Wie nun 
durch Kombination von verschiedenen Versuchen gezeigt wurde, trifft diese Ge- 
setzmäßigkeit tatsächlich zu. ^ 

J. Hausmann * stellte zur Auffindung einer Beziehung der Geschwindigkeit 
der Niederschlagsbildung zur Wanderungsgeschwindigkeit der reagierenden Sake 
eine Reihe von Versuchen mit verschiedenen Salzkonzentrationen an und fand, 
daß die Steighöhe des Niederschlages und daher die Reaktionsgeschwindigkeit 
nur von dem in die Gelatine diffundierenden Ion abhängt, welches in den Nieder- 
schlag eintritt, hingegen unabhängig vom Kation bzw. Anion ist, mit welchem 

1 Z. anorg. Ch. 40. iio — 145. 1904. — ^ Z. phys. Ch. 23. 365. 1897. — 3 z. phys. 
Ch. 45. 589—607. 1903. — * 1. c. 



3. Grallerten und Membranen. fyi 

dasselbe verbunden ist Da nur die Diffusionsgeschwindigkeiten der Ionen in 
Betracht kommen können, folgt hieraus, daß die Niederschlagshöhe nur von der 
Wanderungsgeschwindigkeit des in den Niederschlag eintretenden Ions abhängt 
Diese Gesetzmäßigkeit ergab sich besonders bei Versuchen mit AgCl, AgBr 
und AgJ, die Steighöhen stimmten genau mit den Wanderungsgeschwindigkeiten 
des Chlor-, Brom- und Jodions überein. Es ergibt sich hieraus eine Beziehung 
zwischen der Niederschlagshöhe (einer Reaktionsgeschwindigkeit) und der 
Wanderungsgeschwindigkeit des den Niederschlag bildenden Ions. 

Wie neuerdings H. Bechhold ^ gefunden hat, spielt jedoch auch das bei der- 
artigen Reaktionen entstehende lösliche Salz eine wesentliche Rolle. Silberchromat 
ist in Ammoniumbichromat löslich, ein Zusatz anderer Ammoniumsalze befördert 
die Löslichkeit Bringt man daher auf Ammoniumchromatgelatine einen Tropfen 
Silbernitrat, so fällt an der betreffenden Stelle unlösliches Silberchromat aus; das 
entstehende Ammoniumnitrat diffundiert nach außen und macht die nächste Zone 
leichter löslich für Silberchromat Das Silbemitrat diffundiert nach, passiert diese 
Zone bis dahin, wo die Gelatine so arm an Ammoniumnitrat ist, daß wieder 
Silberchromat ausfallt So verläuft der Vorgang weiter, bis kein Silbernitrat mehr 
nachdiffundiert; der Abstand der Ringe muß immer größer werden, da die Kon- 
zentration der Silberlösung nach außen ständig abnimmt. Außerdem soll auch 
die Schutzwirkung der Gelatine bei dem Vorgange eine wichtige Rolle spielen. 

Weitere über diesen Gegenstand von H. Bechhold und J. Ziegler* an- 
gestellte Untersuchungen sind geeignet, aus dem Mechanismus der Bildung der- 
artiger Niederschläge in Gallerte Schlüsse auf die Konstitution der Gallerten 
selbst zu ziehen, welche die bisher hierüber bestehenden Ansichten in gewisser 
Hinsicht bestätigen. Läßt man nämlich in einer Gelatinegallerte Lösungen solcher 
Salze gegeneinander diffundieren, welche sonst beim Zusammentreffen Nieder- 
schläge büden (z. B. AgNOg und NaCl, PKNOg)^ und NaCl, MgSO^ und BaCl, 
und andere), so zeigt sich zunächst folgendes. Es entsteht innerhalb der Gallerte 
eine dünne Niederschlagsmembran, die sich hinsichtlich ihrer Durchlässigkeit für 
die beiden Salzlösungen, aus denen sie entstanden war, verschieden verhält Sie 
läßt die Salzlösung mit höherem osmotischen Druck weiter diffundieren und 
wächst hierbei nach der Richtung der Lösung mit geringerem osmotischen Druck. 
Besitzen jedoch die beiderseits diffundierenden Salzlösungen gleichen osmotischen 
Druck, so hindert die entstandene Membran, selbst wenn sie noch so dünn ist, 
die Diffusion der Lösimgen nach jeder Richtung, ist also für dieselben undurch- 
lässig. Wird nun diese Gallerte, welche die Niederschlagsmembran enthält, 
umgeschmolzen, so ist sie hierauf wieder für beide Salzlösungen, auch für jene 
mit niedrigerem osmotischen Druck durchlässig. 

Da nun die Gelatine selbst durch die entstehende Niederschlagsmembran 
nicht verdrängt wurde, sondern teilweise zwischen den Teilchen des Nieder- 
schlages vorhanden bleibt, so müssen diese Anteile der Gallerte für Elektrolyte 
unpassierbar sein. Dies führt zu der Vorstellung, daß die Gallerte aus zwei 
verschiedenen Anteilen besteht: aus wasserärmeren, für Lösungen undurchlässigem 
Kolloid, in welchem Wege von wasserreicherer Gelatinelösung vorhanden sind, 
welche die Diffusion von Salzlösungen gestatten. Diese Wege sind es, welche 
durch entstehende Niederschläge verlegt werden, so daß hierauf die weitere Dif- 
fusion der Lösungen gehindert ist. 

Die Vorstellung, welche dieser Annahme zugrunde liegt, daß die Gallerten 
nicht kontinuierlich zusammenhängende Gebilde sind, sondern aus zwei physi- 
kalisch verschiedenen Anteilen bestehen, stimmt, wie leicht ersichtlich, völlig mit 
den bereits bekannten Annahmen (vgl. p. 90) über die Konstitution der Gallerten 
überein. 



^ Z. phys. Ch. 52. 185—199. 1905. — 2 Ann. Phys. (4) 20. 900—918. 1906. 
Müller , Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 7 



^8 * I^ie kolloidalen Gele. 

Nicht uninteressant sind schließlich «inige Beobachtangen, welche neuer- 
dings R. £. Liesegang ^ über die Schichtenbildung in Gallerten gemacht hat 
Nicht nur amorphe Niederschläge ordnen sich in derartigen Strukturen an, auch 
Kristalle von Kaliumbichromat, welche in Gallerten durch langsames Trocknen 
erhalten wurden, reihen sich in parallelen Linien. — Silberchromatschichten, 
die auf oben besprochene Weise in Gallerten entstehen, zeigen insofern gewisse 
Merkwürdigkeiten, als bereits vorhandene ältere Schichten nicht immer als Keime 
für neu sich abscheidendes Silberchromat wirken, sondern daß sich Schichten des 
letzteren unabhängig von den bereits bestehenden bilden. Diese Tatsache steht 
in gewisser Hinsicht mit den oben gegebenen Erklärungen der Strukturbildung 
(p. 96) im Widerspruch. 

0) Membranen. 

Nach den ausführlichen Dcirlegungen von H. Zangger' sind Membranen 
schichtenförmig ausgedehnte, feste Kolloide, für deren Beeinflußbarkeit durch 
Elektrolyte, Kristalloide, Kolloide, Temperatur und andere Einwirkungen die 
Gesetze des Kolloidalzustandes maßgebend sind. 

Sie können aus kolloidalen Lösungen ohne Änderung der äußren Be- 
dingungen (wie Elektrolytenzusatz, Temperatur usw.) lediglich durch Oberflächen- 
kräfte und durch Zeitwirkung entstehen. Hierauf deuten zum Beispiel die be- 
reits erwähnten Fällungsvorgänge durch Schütteln kolloidaler Lösungen (vgl. p. 75). 
Sie schieben sich zunächst gewissermassen als Trennungsschichten an Ober- 
flächen ein, werden im Laufe der Zeit in der Mutterflüssigkeit unlöslich und 
nähern sich in bezug auf Zähigkeit, Eleistizität und Sprödigkeit dem festen Zu- 
stand. Durch Flüssigkeiten, diffundierende Stoffe, äußere Einflüsse und dergl. 
ändern sich die Membranen im allgemeinen gemäß ihrer kolloidalen Natur. 

Die besondere Wichtigkeit der Membranen liegt in ihrem Verhalten als 
trennende Schicht zwischen verschiedenen Flüssigkeitssystemen, da sie infolge 
ihrer bestimmten Stoffeigentümlichkeiten (die an ihre kolloidale Natur gebunden 
sind), die Beziehungen zwischen den Medien, welche sich durch sie hindurch 
berühren, in gesetzmässiger Weise beeinflussen. 

Daß die Erkenntnis des Verhaltens, Aufbaues und der Eigenschaften von Mem- 
branen, welche gegenwärtig noch wenig gefördert ist, für das Gesamtgebiet des bio- 
logischen Wissens von der höchsten Bedeutung ist, kann leicht eingesehen werden. 
Denn da Membranen die Zellen und Organe des tierischen und pflanzlichen 
Körpers voneinander abgrenzen, beherrschen sie die Diffusion jener Substanzen, 
welche in die Zellen gelangen und damit den gesamten Stoffaustausch des Organismus. 
Die normale typische Permeabilität der Membranen ist demnach Voraussetzung 
der normalen Lebensfunktionen, dauernd veränderte Permeabilität der Membranen 
bedingt hingegen pathologischen Stoffwechsel. 

Die Existenzbedingungen, Veränderungen und physikalischen Eigenschaften 
der festen, organischen Membranen sind zur Zeit noch so wenig sichergestellt, 
daß diese kurzen Andeutungen genügen müssen, um zu zeigen, welche Wichtig- 
keit das Eindringen in dieses Sondergebiet für die biologischen Wissenschaften 
beansprucht 

4. Die Quellungsersoheinungen. 

Die Kolloide und zwar insbesondere die Hydrogele und die organisierten 
Bestandteile des Tier- und Pflanzenkörpers zeigen gegenüber Flüssigkeiten, unter 
denen praktisch am meisten das Wasser in Betracht kommt, ein besonderes Ab- 

1 Z. anorg. Ch. 48. 365 — 366; Z. phys, Ch. 69. 444—447. 1907. — 2 Vierteljahis- 
schr. d. Naturf. Ges. Zürich. 61. 432 — 440. 1906; diesen Ausführungen wurde hier gefolgt. 



4. Die Quellimgserscheiniiiigeii. gg 

sorptdonsvermögen, welches man unter dem gemeinsamen Begriff der Quellung 
zusammenfaßt. Obgleich dieses Verhalten zu den später zu erörternden Absorp* 
tionserscheinungen zu rechnen ist, rechtfertigt sich seiner hervorragenden prak- 
tischen Wichtigkeit wegen eine gesonderte Behandlung. Das nähere Studium 
dieser Erscheinungen scheint von hervorragender Wichtigkeit zu sein, sowohl fttr 
die Erkenntnis physiologischer Vorgänge, als auch für die Industrien, welche mit 
quellbaren Körpern zu tun haben, z. B. die Textilindustrie, die Gerberei, Leim- 
fabrikation, Photographie und Reproduktionsverfahren, Stärke- und Dextrinfabri- 
kation, Sprengstoffindustrie, Kunstseidefabrikationj Brotbereitung usw. 

PouiLLET* zeigte im Jahre 1822, daß die Benetzung poröser Körper mit 
namhafter Wärmeentwickelung verbunden ist, woraus auf eine Kompression zu 
schließen ist. Wilhelmy* glaubte bei einer Untersuchung über die Kapillar- 
konstanten einer großen Anzahl von Flüssigkeiten gefunden zu haben, daß auf 
Glasoberflächen erhebliche Mengen von Flüssigkeiten kondensiert würden. Röntgen' 
fand diese Annahme bei Wiederholung der Versuche mit Gipsplatten und Alkohol 
nicht bestätigt. Eine völlige Aufklärung dieser Differenz steht noch aus. Volk- 
mann ^ kommt ebenfalls zu der Annahme einer an der Wand fest adhärierenden 
Flüssigkeitsschicht Ober den Begriff und die Gesetze der Quellung gibt Hof- 
meister ^ folgende Darlegungen, welche ihrer grundlegenden Bedeutung wegen 
in extenso angeführt werden mögen. 

Unter Quellung oder Imbibition versteht man gewöhnlich die Aufnahme 
von Flüssigkeit seitens eines festen Körpers, ohne daß eine „chemische" Ver- 
änderung, darunter verstanden eine solche nach bestimmten, konstanten Gewichts- 
verhältnissen , trotz verschiedener äußerer Bedingungen,* eintritt. Sie geht stets 
mit einer Gewichtsvermehrung, in den meisten Fällen, wenn nicht immer, auch 
mit einer Volumvergrößerung des festen Körpers einher. Für gewöhnlich faßt 
man unter der Quellung oder Imbibition drei verschiedene Vorgänge zusammen, 
welche, wenn sie gleich sehr oft nebeneinander zur Geltimg kommen, doch streng 
auseinander zu halten sind. Es sind die folgenden: 

1. Eine poröse Masse nimmt in vorgebildete, nach außen ofifene (daher 
meist mit Luft gefüllte) Hohlräume ohne Formveränderung Flüssigkeit 
auf: kapillare Imbibition (Fick); so z. B. Bimsstein. 

2. Eine poröse Masse nimmt in vorgebildete, abgeschlossene, mit löslichen 
Stoffen der Flüssigkeit gefüllte Hohlräume durch Endosmose Flüssigkeit 
auf: Imbibition durch Endosmose. Diese Form von Imbibition läßt 
sich bei allen pflanzlichen und tierischen Geweben nachweisen, welche 
sich aus mit durchlässigen Membranen abgeschlossenen Elementen (Pflan- 
zenzellen, Muskelschläuchen usw.) zusammensetzen. Die Volumver- 
größerung des einzelnen sich imbibierenden Elementes, z. B. einer Zelle 
ist dabei jener zu vergleichen, welche eine mit Salzlösung gefüllte ver- 
schlossene Tierblase beim Einbringen in reines Wasser erfährt. 

3. Eine homogene porenfreie Masse nimmt unter Volumvergrößerung 
Flüssigkeit auf: molekulare Imbibition (Fick). Hierher gehören die 
meisten schlechtweg als Quellung bezeichneten Vorgänge, soweit sie 
nicht pflanzliche oder tierische Gewebe, sondern chemische Stoffe be- 
treffen, als Quellung des Leimes, pflanzlicher und tierischer Schleim- 
arten usw. 



1 Ann. de chim. et de phys. 20. 141. 1822. Weitere Literatur bei Emslander und 
Freundlich, Ztschr. f. physik. Chem. 49. 3, 324. — 2 Ann. d. Phys. (2) 119. 121, 122. 
1862. — 3 Ann. d. Phys. (3) 3. 321. 1878. — * Ann. d. Phys. (3) 11. 177. 1880. — B Arch. 
f. experiment Pathol. u. Pharmakol. 27. 395 — 413. 1890, — 6 Über exakte Definition der 
chemischen Verbindung vgl. Ostwald, Grundriß der allgem. Chemie. 3. Aufl. p. 374. 

7* 



IQO Die kolloidalen Gele. 

(Ob sich diese drei Gruppen von Erscheinungen wirklich so streng aus- 
einander halten lassen wie Hofmeister will, erscheint noch zweifelhaft. Schon 
der scheinbar einfachste Fall unter i ist, wie das Auftreten der Pouillet sehen 
Warme und neuere Studien von Spring beweisen, eine komplizierte Erscheinung. 
Die Fälle unter 2 und 3 gehen unter Annahme der Bütschli sehen Wabentheorie 
ineinander über.) 

Beim Einbringen pflanzlicher oder tierischer Gewebe können alle drei 
Formen der Imbibition nebeneinander auftreten. Ein Muskel, der in destilliertes 
Wasser gebracht wird, nimmt einmal durch kapillare Imbibition Wasser in die 
Räume zwischen den Muskelfasern auf; auch die einzelnen histologischen Elemente, 
als Sarkolemen, Rapillarwände, dürften eine Quellung durch molekulare Wasser- 
aufnahme erfahren. Der Hauptanteil aber an der gesamten Volumzunahme des 
gequollenen Muskels fällt auf die durch Endosmose eingetretene Vermehrung des 
Inhalts der Muskelschläuche. 

Von diesen drei Formen der Imbibition ist die kapillare auf die Gesetze 
der Oberflächenspannung, die endosmotische auf die Gesetze der Osmose 
zurückzuführen. Die molekulare Quellung ist ein Vorgang eigener Art, der 
in die große und wichtige Klasse der Adsorptionserscheinungen gehört. 

Für die echte Quellung, die molekulare Imbibition Ficks, insbesondere 
fQr das Verhalten quellbarer Stoffe gegen Wasser gelten nachstehende Sätze, 
welche mutatis mutandis auch für andere Lösungsmittel Gültigkeit haben dürften: 

1. Ein quellungsfähiger Körper nimmt, in Wasser gebracht, eine endliche 
Menge desselben bis zu einer nicht zu übersteigenden Grenze, dem 
Quellungsmaximum, auf (C. Ludwig). 

2. Das Quellungsmaximum ist abhängig von der chemischen Natur des 
Körpers sowohl, als auch der Flüssigkeit, von der Kohäsion und Elasti- 
zität des quellbaren Körpers, von der Temperatur und von der inneren 
Reibung der Flüssigkeit (C. Ludwig). 

3. Das Brechimgs vermögen eines in Quellung befindlichen Körpers nimmt 
von außen nach innen nach einem parabolischen Gesetz zu. (L. Ma- 
THiESSEN, A. Schwarz.) (Wir werden weiterhin sehen, daß hier kein 
parabolisches Gesetz vorliegt, sondern, daß diese Darstellung der Ver- 
suchsergebnisse eine rein empirische ist.) 

4. Das Volumen des gequollenen Körpers ist kleiner als die Summe seines 
ursprünglichen Volumens und das der aufgenommenen Flüssigkeit. Die 
Quellung ist daher im ganzen mit einer Volumverminderung ver- 
knüpft (G. Quincke). 

5. Die Quellung ist regelmäßig von W arm eent wickeln ng begleitet 

(DUVERNOY, E. WiEDEMANN imd LÜDEKING). 

Soweit Hofmeister. Hinzuzufügen ist noch folgendes: 

6. Aus den beiden vorhergehenden Sätzen folgt, daß das Quellungsgleich- 
gewicht durch Wärme mehr oder weniger gehindert, durch Kälte und 
durch Druck befördert wird (Körner).^ 

7. Die Quellung und ihr Gegenteil, die Schrumpfung, hängen augen- 
scheinlich mit der Oberflächenspannung zwischen dem quellenden bzw. 
schrumpfenden Körper und der umgebenden Flüssigkeit oder Lösung 
zusammen. Bei verminderter Oberflächenspannung wird sich die Be- 
rührungsfläche zwischen beiden vergrößern, d. h. es wird Quellung ein- 
treten, nach 4. unter gleichzeitiger Volumenverminderung des ganzen 



^ Jahresber. der deutschen Grerberschuie. 1899 — 1900. Freiberg. p. 5 flF. 



4* Die Quellungserschemungen. 



lOI 



Systems und umgekehrt Für die dabei auftretenden Adsorptions- 
erscheinungen gilt nach J. J. Thomson ^ folgende Beziehung: 
8. Verringert ein gelöster Stoff die Oberflächenspannung an der Grenz- 
fläche, so vermehrt sich seine Konzentration daselbst, er wird adsorbiert; 
vermehrt ein gelöster Stoff" die Oberflächenspannung von der Grenzfläche, 
so wird seine Konzentration daselbst geringer. 

Das die Imbitition durch Endosmose (s. p. 99) betreffende Gesetz wurde 
von G. Quincke^ für Eiweiß, Knorpel und tierische Membranen sowohl durch 
direkte Beobachtungen im Dilatometer als auch durch Bestimmungen des spez. 
Gew. vor und nach der Quellung festgestellt So wurde die Dichte des Rippen- 
knorpels vom Kalbe zu 1,0892 bestimmt, während die berechnete 1,0826 betrug. 
Der Grad der Volumabnahme steht bei verschiedenen Substanzen nicht in ein- 
üachem Verhältnis zu der Menge der aufgesaugten Flüssigkeit. Gh. Lüdeking ' 
untersuchte ebenfalls nach der Methode der Dichtebestimmung die Volumenkon- 
traktion von Gelatinegallerte. Er fand ftir 



60 7^, Gelatine 






D gefunden 

1,242 
1,135 
1,069 



D' berechnet 

1,206 
1,108 
1,0412 



D - D' 

0,086 
0,082 
0,0278 



D_ 

W 
1,02985 
1,02901 
1,02669. 



Man ersieht, daß mit abnehmender Gelatinekonzentration, d. h. mit zunehmender 
Quellimg die Volumkontraktion geringer wird. Unter der Annahme, daß bei 
diesem Prozeß nur das Wasser kondensiert wird, berechnet Lüdeking für die 
öO^/^ige Gelatine den Raum von 1 g Wasser zu 0,90201 ccm, für die 25 ^/^ ige 
zu 0,98748 ccm und für lO^oige zu 0,96069. Das spez. Gew. gequollener 
Gelatine wird also mit zunehmender Trocknung sinken. So ergab eine 50 ^\^ ige 
Gallerte nach der Zeit: 



Die Werte 



/ = 
1,766 



24 St. 
1,740 



82 St 
1,734 



36 St. 
1,724. 



Zur Demonstration der Volum Verminderung bei der Quellung gibt W. Paüu * 
ein einfaches Experiment an. Man bringt in den Hals eines mit einem bis auf 
den Boden reichenden Steigrohr versehenen Glaskolbens, der zur Hälfte mit 
Wasser gef&llt ist, eine Tüte mit Traganthgummi, erzeugt hierauf durch Einblasen 
von Luft einen Überdruck imd läßt durch Klopfen auf den Flaschenhals das 
Traganthpulver in das Wasser fallen. Während im Kolben eine steife Gallerte 
entsteht, sinkt die Wassersäule des Steigrohres rapid. Bequemer noch würde ein 
verkürztes Victor Meyer sches Gefäß zur Dampfdichtebestimmung mit angesetztem 
Wassermanometer oder ein Scheibler scher Kohlensäurebestimmungsapparat ^ sein. 

Es sei an dieser Stelle auf die analoge Erscheinimg bei der Auflösung von 
Elektrolyten in Wasser hingewiesen, die sogenannte Elektrostriktion des Wassers, 
wobei bekanntlich im Gegensatz zu Nichtelektrolyten Volumverminderung ein- 
tritt.® Sie wird teilweise auf die elektrostatische Wirkung der lonenladungen, 
teilweise auf eine Wasseranlagerung an die Ionen zurückgeführt Auch die 
Frage der Konstitution bzw. Polymerisierung des Wassers wird damit in Zu- 
sammenhang gebracht 



^ Applications of dynamics to physics and chemistry. p. 191. Emslander u. Freund- 
-ICH, Ztschr. f. physik. Chem. 49. 317. — ^ Pflügers Archiv. 3. 332. — ^ Ann. Phys. 
[3) 36« 552 — 557. 1888. — * Ergebnisse der Physiologie. 3. Jahrg. i. Abt 161. — * Fre. 

CNius, Anleitung zur quantitat. Analyse. 6. Aufl. i. Bd. p. 452. — ^ RoLOFF, Die Theorie der 

lektrolytbchen Dissoziation. Berlin. 1902. p. bo. 



^ 102 ^^ kolloidalen Grele. 

E. WiEDEMANN und C. Lüdeking ^ untersuchten auch die Geschwindigkeit 
der Quellung bei verschiedenen Temperaturen imd fanden für die von einem 
Gramm Gelatine in gleichen Zeiten aufgenommene Wassermenge bei verschie- 
denen Temperaturen folgende Werte: 

Temperatur V 3— 4<' 9^ 20® 30 « 
Wasser . . 2,48 2,2 3,48 6,28 9,48 

Hierzu ist jedoch zu bemerken, daß sich dieses Resultat nur auf die Auf- 
nahmegeschwindigkeit, nicht auf die im ganzen aufnehmbare Menge beziehen 
kann, welche nach dem oben angeführten Gesetze bei höherer Temperatur ge- 
ringer sein muß. Die Erhöhung der Geschwindigkeit ist augenscheinlich auf 
die verminderte innere Reibimg des Wassers zurückzuführen. 

F. Hofmeister * stellte zuerst quantitative Untersuchungen über den Verlauf der 
Quellung in gegossenen Platten von Leim und Agar an. Um Störungen durch 
ungleiche Elastizitätsverhältnisse auszuschließen, machte er die Platten möglichst 
dünn (weniger als 0,5 nmi) und bestimmte das Quellungsmaximum nach 2000 
bis 8000 Minuten. Für den zeitlichen Verlauf der Quellung gibt er folgende 
Gleichung: 

w^pfi ^ 

worin bedeuten: PF die von einem Gewichtsteil trockner Substanz aufgenommene 
Menge Wasser, / die Zeit in Minuten, P die maximale von der Gewichtseinheit 
aufnehmbare Wassermenge, c eine Konstante, d den Dickendurchmesser der 
Platte in maximal gequollenem Zustand in mm. Die Gleichung stellt, wie sich 
durch Vergleichung mit allgemeiner Kegelschnittsgleichung und Koordinatentrans- 
formation ergibt, eine Hyperbel dar. Die Geschwindigkeit des Vorganges ergibt 
sich durch differenzieren der Wassermenge nach der Zeit: 

^ dt ^ c 

Folgendes (Figur 15) ist eins der erhaltenen Kurvenbilder bei einem Ver- 
such mit einer Agarplatte; Trockengewicht 0,0822, ^=0,764, P== 6,1977, 

1 - 0.14. 

Der Autor weist noch auf die Bedeutung der erhaltenen Resultate für 
physiologische Vorgänge hin, so z. B. für die zerstörende Wirkung reinen 
Wassers auf mikroskopische Organismen imd Zellen, z. B. rote Blutkörperchen; 
femer für osmotische Vorgänge, wobei die Membran für die durchtretende 
Flüssigkeit quellbar sein muB. Ganz besonders wesentlich ist dabei die Dicke 
der Wände für die Zeit, in welcher das Maximum der Quellung erreicht 
wird, was z. B. bei den roten Blutkörperchen {d = 0,002 mm) schon nach 
ca. 1 Minute eintritt 

In einer zweiten Arbeit' imtersucht derselbe Forscher die Beteiligung 
gelöster Stoffe an Quellungsvorgängen, die schon teilweise in das Gebiet der 
später abgehandelten Adsorptionsvorgänge fällt. Angewandt wurden etwas 

^ Ann. Phys. (3) 26. 145 — 153. 1885. — * Archiv für experiment. Pathol. u. Pharmakol 
27. 395 — 413. 1890. — 3 Archiv ftir experiment. Patholog. u. Phannakol. 28. 210 — 238. 1891. 



4« Die Quelluogserscheinungen. 



103 



dickere Leimscheiben, bei denen die Bestimmung des Quellmaximums schon 
nicht mehr möglich war. Diese wurden in Lösungen verschiedener Salze und 
neutraler organischer Körper von 4 — ^/g normaler Molenkonzentration quellen 
gelassen. Die erhaltenen Quellimgskurven waren von ähnlichem Typus wie vor- 
her bei reinem Wasser. Es ergab sich ein bedeutender Einfluß der Natur des 
Salzes. Die Quellungsresultate gingen bei verschiedenen Salzen bei gleicher 




iO 



ZO 30 ^ 50 

—•-Zeit in JMuiutert 
Figur 15. 



60 



70 



Molenkonzentration bis um das fünffache auseinander. Hofmeister führt dies 
auf das verschiedene „Wasseranziehungsvermögen" der Salze zurück. Ordnet 
man die verschiedenen Substanzen nach ihrer Fähigkeit die Quellung zu be- 
günstigen, so erhält man folgende Reihe: 

Natriumsulfat, Natriumtartrat, Natriumeitrat, 
Natriumacetat, (Alkohol, Trauben- und Rohrzucker), 

(Wasser), 
Chloride des KaUum, Natrium, Ammonium, 
Natriumchlorat, Natriumnitrat, Bromnatrium. 

Einige weitere Versuchsreihen betrafen die Feststellimg des bei der 
Quellung aufgenommenen Wassers und gelöster Substanz. Bei Einwirkung von 
Kochsalzlösungen auf Leimplatten ergaben sich folgende Resultate: 

1. Die gefimdene Gewichtsaufnahme setzt sich zusammen aus der Wasser- 
aufhahme und Salzaufnahme. Beide sind von der Konzentration der 
Salzlösung abhängig, jedoch in verschiedener Weise. 

2. Die Wasseraufnahme erhöht sich mit steigender Konzentration der dar- 
gebotenen Salzlösung bis zu einem bestimmten Punkt und sinkt bei 
weiterer Konzentrationssteigerung wiederum ab. Das Maximum wird 
erst bei relativ hohem Salzgehalt (13 — 14^/^) erreicht. 

3. Auch die Salzaufnahme erhöht sich mit steigender Konzentration, bleibt 
ihr aber stets annähernd proportional. 

4. Die Anwesenheit von Salz begünstigt die Aufnahme des Wassers in 
dem Maße, daß sie innerhalb weiter Grenzen (in den ausgeführten 
Versuchen von 0,2 — 17,68^/^,) größer ist, als die Quellung im reinen 



I04 ^^^ kolloidalen Grele. 

Wasser. Ob bei noch höheren Konzentrationen die Wasseraufhahme 
schließlich doch wieder unter diese Größe sinkt, war wegen der Zer- 
fließlichkeit der Leimgallerte in so konzentrierten Salzlösungen nicht 
sicherzustellen. 

5. Der Salzgehalt der die Leimscheiben durchtränkenden Lösung ist bei 
genügender Quellungsdauer nur weniger niedriger oder ebenso hoch 
als jener der AußenfiUssigkeit. 

6. Von vornherein gequollener wasserhaltiger Leim nimmt aus der Salz- 
lösimg im Verhältnis mehr Salz als Wasser auf. Die Konzentration 
der eintretenden Lösung ist in diesem Fall stets höher als jene der 
dargebotenen Flüssigkeit. 

Alle diese Beobachtungen zeigen, daß die dargebotene Lösung nicht als 
solche in unveränderter Konzentration in die quellende Gallerte eintritt, sondern, 
daß letzterer die Fähigkeit einer Auswahl (ein Elektionsvermögen) zukommt In 
fünfprozentiger Kochsalzlösung ist die Gewichtszunahme eine raschere und das 
Maximum liegt höher als bei reinem Wasser. Versuche mit neutralem wein- 
saurem Natron ergaben, daß auch hier das Maximum an einen bestimmten 
Salzgehalt gebimden ist und die aufgenommene Salzmenge der Konzentration 
der Salzlösung annähernd proportional war. Die Menge des aufgenommenen 
Wassers war innerhalb gewisser JConzentrationsgrenzen größer als bei reinem 
Wasser. Das Quellungsmaximum trat aber schon bei 4 ^/^ Salzgehalt ein und 
sank bei höheren Konzentrationen unter das mit reinem Wasser erreichbare. 
Ähnliche Ergebnisse wurden auch mit essigsaurem Natrium erhalten. Beim Ein- 
bringen bereits wasserhaltiger Scheiben in Salzlösungen wird zunächst immer 
mehr Salz als Wasser aufgenommen, d. h. es gleicht sich zuerst die osmotische 
Druckdifferenz aus. Versuche mit Rohrzuckerlösungen von — 10^/^ ergaben 
keinen hinreichend deutlichen Unterschied gegen reines Wasser; solche mit 
Alkohol von — 10 ^/^ ergaben bei Lösungen bis zu 2 ^/^ eine vermehrte Wasser- 
aufnahme als mit reinem Wasser, darüber hinaus eine geringere; das Maximum 
wurde erhalten bei ca. 0,5 ®/q. Es wäre sehr wünschenswert, daß solche Ver- 
suche noch einmal vom Standpunkt der elektrolytischen Dissoziationstheorie 
wiederholt würden, um den Einfluß der elcktrolytischen Dissoziation, der Anionen, 
Kationen und nicht dissoziierten Bestandteile im einzelnen kennen zu lernen. 
Auch die Dissoziation und die Assoziation des Wassers und deren Beeinflussung 
durch Zusätze spielt dabei sehr wahrscheinlich eine gewisse Rolle. Femer dürfte 
der von Hofmeister hervorgehobene Unterschied zwischen der Wirkimg ein- 
und zweibasischer Salze im Grunde in den Dissoziationsverhältnissen begründet 
sein. Es sei auch noch darauf hingewiesen, daß bei der Deutung derartiger 
Versuche die Permeabilität der benutzten quellungsfähigen Körper fiir die ein- 
zelnen Salze in Betracht zu ziehen ist. Die im Anschluß an diese Arbeiten 
ausgeführten Versuche über Einwirkung von Methylviolettlösungen auf Leim- 
scheiben, welche augenscheinlich unter das Kapitel der gegenseitigen Fällung 
von Kolloiden gehören, sind an anderer Stelle (vgl. p. 76) erörtert. 

Quellungsversuche mit Schweinsblase in verschiedenen Salzen ergaben, daß 
diese teils begünstigend, teils hemmend auf die Quellung dieses Materials wirken. 
Den geringsten Wert mit 0,59 ergab Ammonsulfat, den höchsten Magnesium- 
chlorid mit 2,73 (in 20®/Qigen Lösungen). Reines Wasser ergab 1,56. Der 
Autor macht darauf aufmerksam, daß bei solchen Gewebsteilen wegen der Ver- 
schiedenheit ihrer histologischen Elemente die Verhältnisse erheblich komplizierter 
liegen, zumal, da noch die kapillare Imbibition hinzukommt. Alle diese Er- 
scheinungen, ebenso wie Gasabsorption, Lösung, Diffusion, Adsorption faßt er 
mit Ostwald zusammen unter dem Namen „mechanische Affinität", welcher 
andeuten soll, daß hier ein Übergang zwischen mechanischen und chemischen 



4. Die Quellungserschemungen. IO5 

Vorgängen vorliegt Zum Schluß macht er noch auf die physiologische Bedeu- 
tung dieser Erscheinungen aufmerksam. Die älteren Untersuchungen von 
Leubuscher,^ Gümilewski * und Röhmann * über die Resorption von Salzen 
im Darm des Hundes haben zu genau denselben Resultaten geführt wie sie 
Hofmeister mit Leimplatten erhielt. Auch die Funktionen der Niere dürfte 
nach ähnlichen Gesetzen vor sich gehen. 

Von anderen Betrachtungen ging W. Pauli ^ aus, um in den gesetzmäßigen 
Ablauf der Quellung und Entquellung Einblick zu gewinnen. Die Homschicht 
der menschlichen Epidermis unterliegt imter dem Einfluß eines konstanten 
galvanischen Stromes infolge kataphoretischen Eintritts der Elektroden- bzw. 
Gewebsflüssigkeit einer Quellung, welche bis zu einer bestimmten Stromstärke 
wächst, bei weiterer Steigerung derselben ihr erlangtes Quellungsmaximum nicht 
mehr überschreitet Diesen Änderungen im Quellungszustand entsprechen pro- 
portionale Schwankungen der elektrischen Leitfähigkeit, die somit ein bequemes 
Maß für die jeweilige Hautimbibition bildet Hat man durch Einwirkung eines 
genügend starken Stromes das Maximum der elektrischen Leitfähigkeit und Im- 
bibition erreicht, so kann man die nach Wegfall des elektrischen Stromes 
folgende Entquellung durch regelmäßige Leitfähigkeitsbestimmungen quantitativ 
verfolgen. Durch zweckmäßige Versuchsanordnimgen wurde der Einfluß der 
Hautstruktur, der Leitfähigkeit der Imbibitionsflüssigkeit, der Polarisation teils 
festgestellt, teils ausgeschaltet In der Tat zeigte unter diesen Umständen die 
Entquellung symmetrischer Hautstellen bei Anwendung äquivalenter Lösungen 
eine volle Übereinstimmung des Verlaufes und zwar erwies sich dieser als einer 
Exponentialkurve (umgekehrt logarithmischen) folgend. Die Entquellung folgt also 
einem Gesetz von außerordentlich zahlreicher Anwendung, wonach der Ausgleich 
von Gegensätzen, Unterschieden und Spannungen um so langsamer erfolgt, je 
mehr der Vorgang sich seinem Ende nähert, wie es zuerst von Newton ^ für 
die Abkühlung formuliert wurde. Es wurde dies an der lebenden und toten 
Haut bestätigt gefunden. 

In einer weiteren Arbeit® macht derselbe Autor darauf aufmerksam, 
daß nach den theoretischen Erörterungen von Hofmeister, der, wie oben 
bemerkt, die Quellungskurven als Hyperbeln ansieht, die Quellungsgeschwindig- 
keit dem Quadrate des Quellungsdeflzites proportional sein müßte, was nicht 
wahrscheinlich ist. Er stellt daher für die Geschwindigkeit der Quellung die 
Gleichung auf: 

(I) ^ = R{M-0 , 

worin bedeuten: M das Quellungsmaximum, Q den Quellungsgrad zur Zeit^ 
/ und R eine Konstante. Diese Gleichung ist formal identisch mit der be- 
kannten WiLHELMY sehen Gleichung für die Geschwindigkeit der Zuckerinversion. 
Die von Hofmeister gegebene Darstellung seiner Versuchsergebnisse in Form 
einer Hyperbel war demnach nur eine empirische, keine gesetzmäßig begründete. 
Aus der Gleichung (I) folgt 

1 r ^^ 



Q 



und daraus durch Einsetzimg eines zur Zeit \ ermittelten Wertes Q^ 



1 Studien über Resorption seitens des Darmkanals. Jena. 1885. — 2 PFLt>G£Rs Archiv. 
39. 556. 1886. — 3 PflOokrs Archiv. 4L 411. 1887. — * Archiv ftlr experiment. Path. u. 
Pharmakol. 36. 100. 1895. — B ygi. Kernst n. Schoenflies, Einleit. in d. mathem. 
Behandl. d. Naturwissensch. 2. Aufl. p. 134. — ^ PFLt}G£Rs Archiv. 67. 219. 1897. 



Io6 ^^ kolloidalen Gele. 



(III) i? = -J-ln^-^ 



Das Gesetz gilt streng genommen nur für Platten von einer gegen die Breite 
verschwindenden Dicke. Ist dies nicht der Fall, so muß die FouRiERsche 
Theorie der Wärmeleitung in Anwendung kommen. In der Tat ließ sich aus 
den Hofmeister sehen Versuchen eine solche Konstante für Agar im Wert 
ca. 9,5 • 10""* berechnen. 

In der Formel (I) ist die während der Quellung stattfindende Tempe- 
ratur- und Dickenänderung der Platte vernachlässigt. P. v. Schrödeb ^ versuchte 
sie zu verbessern, indem er der Dickenzunahme, zu der sich die Quellungs- 
geschwindigkeit umgekehrt proportional verhält, Rechnung trägt und kommt 
zu der Formel 

dx a — X 

= k 



dt w X 

worin bedeuten: a die maximal aufnehmbare Menge Wasser, x die Wassermenge, 
die in jedem Momente aufgenommen worden ist, w den mittleren Wassergehalt 
in jedem Momente und U eine Konstante. W. Pauli * will jedoch, ohne die 
Verbesserungsbedürftigkeit des mathematischen Ausdrucks für die Quellungsge- 
schwindigkeit zu bestreiten, diese Änderung seiner Formel nicht gelten lassen, 
weil die Dickenänderung quellender Platten der jeweilig aufgenommenen Wasser- 
menge nicht proportional ist Pauli macht noch auf die bemerkenswerte 
formale Übereinstimmung des Gesetzes der Quellung und jenes von Noyes und 
Whitney für die Auflösung von löslichen Körpern aufmerksam, die nicht zu- 
fällig, sondern in naher Verwandtschaft begründet sei. 

DuvERNOY ' untersuchte zuerst mit dem Thermometer die Wärmeentwicke- 
lung bei der Lösung zahlreicher amorpher Stoffe, im Gegensatz zu dem entgegen- 
gesetzten Verhalten bei den meisten kristallinischen. E. Wiedemann und 
C. Lüdeking* fanden unter Anwendung eines kalorimetrischen Verfahrens, daß 
die Quellung der Gelatine mit Wärmeentwickelung, die Auflösvmg der ge- 
quollenen dagegen mit Wärmebindung verläufL Sie schließen daraus, daß die 
Lösung von trockenen Kolloiden sich überhaupt aus zwei Prozessen zusammen- 
setze, einer Hydratation mit Wärmeentwickelung und folgender Lösung mit Wärme- 
bindung. Pauli ^ will diese Schlußfolgerung nicht allgemein gelten lassen, indem 
er darauf hinweist, daß Täuschungen unterlaufen sein können, indem die unter- 
suchten Stoffe nicht salzfrei waren. Wenigstens fand er bei allen von ihm 
untersuchten Substanzen, darunter auch bei den leicht löslichen Albumosen 
Wärmeentwickelung. Demnach wird auch dem tierischen Körper in einer quel- 
lungsfähige Stoffe enthaltenden Nahrung eine besondere Energiequelle dargeboten. 
Auch gewisse Organe erwärmen sich während ihrer Tätigkeit erheblich, wahr- 
scheinlich infolge von Quellungsvorgängen. So konnte C. Ludwig® bei der 
Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submaxillaris) während der Sekretion des Mucins 
eine Temperaturerhöhung von 1,5 ® C feststellen. 

Weitere Versuche von Pauli betrafen die Verdampfungsgeschwindigkeit 
des Wassers in gequollenen, oberflächlich abgetrockneten Gelatine- und Agar- 
platten in einem getrockneten Luftstrom. Es zeigte sich, daß der größte Teil 
des Wassers wie aus einer freien Fläche entwich und daß nur ein kleiner 
Rest mit großer Gewalt festgehalten wurde, der erst durch Trocknen bei 95 ^ C 
zu entfernen war. Er hält den ersten größeren Teil für das eigentliche 



^ Ztschr. f. physik. Chem. 46. 75. 1903. — 2 Ergebnisse der Physiologie. 3. Jahrg. 
I. Abt. 163, Fußnote. — ^ Chem. Centralbl. 1874. 5, 428 u. 440. — * 1. c. — * PflOgers 
Archiv. 67. 224. 1897. — 8 Nach einer Notiz bei Pauli, PflOgers Archiv. 67. 227. 1897. 



4. Die QueUungserscheinangen. I07 

„Quellungswasser'S den zweiten für Lösungswasser und glaubt, daß diese Lösung 
mit zunehmender Konzentration hygroskopische Eigenschaften gewinnt. Dabei 
macht er darauf aufmerksam, daß die Fähigkeit eines Körpers, sich mit flüssigem 
Wasser vollzusaugen, von seinen „hygroskopischen" Eigenschaften, der Anziehung 
von Wasserdampf prinzipiell getrennt werden müsse, eine Ansicht, die durch 
spätere Versuche von P. v. Schröder * bestätigt wurde. Man vergleiche zu 
diesen Untersuchungen die Arbeiten von van Bemmelen (s. weiter unten) über 
die Entwässerung imd Wiederwässerung von Gelen. Die physiologische Bedeutung 
dieser Vorgänge für die Transpiration durch die Haut und die Lungen liegt auf 
der Hand, ebenso die far die Resistenz von Bakterien, Sporen usw. gegen das 
Austrocknen. 

In einer weiteren Arbeit* sucht derselbe Forscher näheren Einblick zu gewinnen 
in die Art der Bindung des Quellungswassers und den Einfluß gelöster Sul> 
stanzen durch Bestimmung des Schmelz- und Erstarrungspunktes von Gelatine 
mit verschiedenen Zusätzen von Salzen und organischen Stoffen. Hinsichtlich 
des sehr zahlreichen Beobachtungsmateriales muß auf das Original verwiesen 
werden. Es ergab sich, daß man die Gelatinierungstemperatur einer 10 ^/^ igen 
Gelatine durch Änderung des Quellungsmittels innerhalb von mehr als 40 ^ C 
variieren kann, ohne daß damit die Grenzen erreicht wären. Die kolligativen 
Eigenschaften der Salze erwiesen sich als bedeutungslos Äquimolekulare 
Lösungen vermögen sich also gegenseitig nicht zu ersetzen. Auch der Disso- 
ziationsgrad ließ keinen Zusanunenhang mit diesen Erscheinungen erkennen. 
Bei den Salzen hatte das Anion den überwiegenden Einfluß, wenn auch die 
verschiedenen Kationen nicht ganz gleich wirkten. Wenn die Salze nach ihrer 
Fähigkeit, das Gelatinieren zu begünstigen oder zu hemmen, geordnet werden, 
so erhält man folgende Einteilung: 

Sulfat, Citrat, Tartrat, Acetat, (Wasser), Chlorid, Chlorat, Nitriat, 

Bromid, Jodid. 

Diese Reihenfolge stimmt genau überein mit der von Hofmeister gegebenen 
für die Fähigkeit, die Quellung zu verhindern bzw. zu begünstigen. Ein Unter- 
schied besteht nur insofern, als bei der Quellung sich für jedes Salz eine Kon- 
zentration finden Ueß, fClr welche die Quellung maximal und teilweise größer als 
als bei reinem Wasser war. Ein solches Maximum der Wirkung war bei diesen 
Untersuchungen über das Gelatinieren lO^/^iger Gelatine nicht festzustellen. 
Natriumacetat bildete eine Ausnahme. Dagegen ließ sich eine direkte Proportio- 
nalität zwischen dem Fällungsvermögen und Förderung der Gelatinierung und 
umgekehrt nicht feststellen, wenn auch beide Eigenschaften in der Mehrzaiil der 
Fälle miteinander harmonierten. Harnstoff setzt die Gelatinierungstemperatur 
herab, ebenso Alkohol in mäßigem Grade, Glycerin begünstigt das Gelatinieren. 
Die beobachteten Erscheinungen, insbesondere die verschiedenartige Wasser- 
bindung glaubt Pauli am besten dadurch erklären zu können, daß er einen stetigen 
Übergang von der festesten bis zur losesten Wasserbindung annimmt, wobei sich 
mit zunehmender Konzentration der festbindende Anteil fortwährend vergrößert 
Zunahme der Temperatur wirkt umgekehrt. Auch mit der Zeit kann sich 
dieses Verhältnis ändern, wie das allmähliche Ansteigen des Schmelzpunktes von 
Gelatinen zeigt. Ein Analogon findet er in den Fetten und Wachsarten als 
Mischungen von festen kristallisierten und halbfiüssigen Bestandteilen. Eine 
ähnliche Wirkung wie Temperaturemiedrigung bewirken Salze, besonders in der 
Beeinflussung von Viskosität in der Nähe des Schmelzpunktes. 

Versuche über Schrumpfung von Gelatinen in wasseranziehenden Lösungen 
(Salze, Alkohol, Glycerin) ergeben bei Salzen, welche die Quellungsgeschwindig- 



^ Ztschr. f. physik. Chem. 45. 75—117. 1903. — 2 Pflügers Archiv. 71. i — 24. 1898. 



I08 ^^^ kolloidalen Gele. 

keit gegenüber dem Wasser begünstigen, selbst in gesättigter Lösung auch 
an Gelatine von niedriger Konzentration (3*^/^) kein Resultat Von den 
Salzen mit der entg^engesetzten Wirkung veranlaJBte nur das Ammonsulfat in 
gesättigter Lösung ausgiebige Schrumpfungserscheinungen, ebenso Alkohol und 
Glycerin. Es sei auch an dieser Stelle wiederum daran erinnert, daß auf diesem 
Gebiete sicherlich die ungleiche Permeabilität der Gelatine für verschiedene 
Substanzen eine Rolle spielen. Auch die Schrumpfungserscheinungen sind in 
gewisser Weise abhängig von der Wasserbindung. Sie sind in Gelatinen von 
geringerer Konzentration und ebenso bei höherer Temperatur erheblicher als im 
entgegengesetzten Falle. 2 ®/oige Agarlösung schrumpft bei Zimmertemperatur 
in Glycerin nur wenig, bei 80 ^ in der Nähe seines Schmelzpunktes in Ammon- 
sulfat sehr erheblich. Im Gegensatz zu den Beobachtungen von Bütschli,^ 
wonach beim Trocknen von Gelatinewürfeln die Kanten rascher trockneten 
und die Rächen sich nach außen ausbauchten, blieben hierbei die Kanten be- 
stehen und die Flächen bauchten sich ein. Kleine aus der Gelatine ausge- 
schnittene Zylinder erlitten eine Einschnürung der Mantelfläche. Es liegt nahe, 
diese Erscheinungen in Beziehung zu bringen zu physiologischen Vorgängen, ins- 
besondere zum Verhalten der Blutkörperchen, welche jedoch nur an den End- 
flächen eingedrückt sind, nicht an der Mantelfläche. 

J. Pässler und Appelius* untersuchten verschiedene anorganische und 
organische Säuren und saure Salze hinsichtlich ihrer Absorption und Quellungs- 
wirkung gegenüber der von den Haaren befreiten tierischen Haut. Bekanntlich 
ist letztere anisotrop. Die Volumzunahme wurde nur in einer Richtung (senk- 
recht zur größten Flächenausdehnung) gemessen. Die Quellung der Blöße hat 
ein gewisses praktisches Interesse für die GerbereL Aus dem zahlreichen Be- 
obachtungsmaterial, hinsichtlich dessen auf das Original verwiesen werden muß, 
ergibt sich, daß die Säuren verschieden schnell und in sehr verschiedenen 
Mengen aufgenommen werden und zwar von den untersuchten Säuren die Essig- 
säure am geringsten, Oxalsäure am stärksten. Die aufgenommenen Mengen 
hingen von der Konzentration ab. In der gerberischen Praxis wird der 
Quellungsgrad nach gewissen optischen Merkmalen bestimmt, indem die 
Brechungsexponenten der gequollenen Gewebselemente und der Quellungsflüssig- 
keit sich immer mehr einander nähern, wodurch die Dififerenzierung äußerlich 
verschwindet und das ganze mehr oder weniger durchsichtig wird. Ob dieses 
Merkmal mit den sonstigen Eigenschaften der Haut immer in gleicher Weise 
einhergeht, erscheint sehr zweifelhaft; jedenfalls erscheint es sehr wenig de- 
finiert. Tatsächlich ergab sich auch kein erkennbaren Zusammenhang zwischen 
der Flüssigkeits- und Säureaufnahme und den optischen Eigenschaften einerseits 
und der Dickenzunahme andererseits. Die Versuchsergebnisse weisen unterein- 
ander ganz bedeutende Schwankimgen auf, sind also zu allgemeinen Schlüssen 
vorläufig nicht zu verwerten. 

Über die Quellung der Stärke, eines ebenfalls anisotropen Körpers, liegen 
eine Reihe exakter Messungen von H. Rodewald' vor. Der Wassergehalt der 
nicht verkleisterten Stärke im Quellungsmaximum ergab sich im dampfgesättigten 
Raum zu 86 ^/^ mit Schwankimgen bis zu 5 ^j^. Dabei sei daran erinnert, daß 
nach Pauli und v. Schröder das Quellungsmaximum in Dampf nicht identisch 
sein muß mit dem in Berührung mit flüssigem Wasser. Der thermische Aus- 
dehnungskoeHizient der trockenen Stärke (xmter Chloroform) ergibt sich zu ca. 
4,10~^ derjenige der mit kaltem Wasser gequollenen, nicht verkleisterten Stärke 



^ „Ober den Bau quellbarer Körper und die Bedingungen der QueUung.*' Göttingen. 
1896. — 2 Cöllegium, WissenschafU.- tedin. Beilage des „Ledermarkt". Frankfurt a. M. 1902 
p. 179 ff.; 1905. p. 295 ff. — Vgl. auch Böge, CoUegium. 1902. p. 158 ff. — * Rodkwald, 
Untersuchungen über die Quellung der Stärke. Kiel u. Leipzig. 1896. Z. phys. Chem. 24. 
193 — 218. 1897. 



4. Die Quellungserscheinungen. lOO 

zu 4,10~* (zwischen 15 — 25^. Diese Differenz läßt darauf schließen, daß 
sich im letzteren Falle zwei Vorgänge übereinander lagern, nämlich einmal 
die wirkliche Ausdehnung und dann die Änderung der Konstitution des 
Quellungswassers. Die spezifische Wärme der trockenen Stärke ergab sich zu 
0,2631 + 6 • 10~*/, die der gequollenen, nicht verkleisterten zu 0,8059 + 1,3 • 10"^/, 
bezogen auf Trockensubstanz. Die Quellungswärme der Stärke bei ^ betrug 
ca. 25 cal, bei Zimmertemperatur ca. 20 cal, diejenige der verkleisterten und 
wieder getrockneten Stärke ließ sich nicht genau bestimmen, da sich die Quellungs- 
wärme äußerst langsam entwickelte. 

Nach denselben Methoden bestimmte Volbehr ^ auf Veranlassung von 
RoDETVALD die Konstanten für gereinigtes Fichtenholz. 

Über Quellungserscheinungen bei Seifen vergl. die auf Veranlassung von 
F. Krafft ausgeführten Untersuchungen von Funcke^ und Russe' 

Die Untersuchungen von P. v. Schröder* über die innere Reibung von 
Gelatinelösungen, die zu dem vorliegenden Gegenstand in enger Beziehung 
stehen, wurden schon früher (vgl. p. 67) abgehandelt. 

Wolfgang Ostwald ^ untersuchte den Einfluß von Säuren und Alkalien auf 
die Quellung von Gelatineplatten und kommt zu folgenden Resultaten: 

1. Der zeitliche Verlauf der Quellung entspricht annähernd dem bei den 
Versuchen von Hofmeister mit Wasser und Salzlösungen, nur spielen 
die Elastizitätsverhältnisse eine stärkere Rolle und die Krümmung der 
Kurven verläuft stetiger. 

2. Der Betrag der Quellung ist bei sehr geringen Konzentrationen (ca. 

bei HCl, und ca. -r-r— bei KOH) geringer als in reinem Wasser, er- 
reicht ein Minimum, wächst wieder bei stärkeren Konzentrationen 
und erreicht ein Maximum (bei ca. -— HCl und ca. -^ KOH). Bei 

noch höherer Konzentration nimmt die Flüssigkeitsaufnahme wieder ab und 
zwar vom Maximum aus zuerst mit abnehmender Geschwindigkeit, dann 
(bei HCl) wieder mit zunehmender. Die absoluten Quellungswerte sind 
im Maximum bedeutend größer als im reinen Wasser, sowohl in gleichen 
Zeiten als auch absolut und zwar bei optimaler Säurekonzentration 3 
bis 4 mal, bei Alkali 3 mal. Die Minima sind von gleicher Tiefe. 

3. Die gefundenen Kurven zeigen eine sehr genaue Parallelität bzw. Re- 
ziprozität zu den von v. Schröder gefundenen für die Abhängig- 
keit des Erstarrungsvermögens von Säure- und Alkalizusätzen (die 
Maxima der einen entsprechen Minimis der anderen) und zwar nicht 
wie bei der Wirkung der Salze in weiten Grenzen, sondern eine bis in 
die Einzelheiten gehende Übereinstimmung. Da sich der allgemeine 
Typus dieser Kurven bei der Wirkung der Salze wiederfindet, femer bei 
dem von Pauli studierten Einfluß der Salze auf die Gerinnungstempe- 
ratur von Eiweißlösungen (vgl. p. 69), auf die Existenzfähigkeit kolloidaler 
Lösungen nativer Eiweißstoffe, so stellt Wolfgang Ostwald folgendes 
allgemeine Schema (vgl. Figur 16, p. iio) der Konzentrations Wirkungen 
auf mehrere physikalisch -chemische Eigenschaften von Kolloiden auf. 

K. Spiro ® veröffentlichte einige Untersuchungen, die im wesentlichen die- 
selben Resultate ergeben. 



^ Volbehr, UntersuchuDgen über die Quellung der Holzfaser. Inaug.-Dissert Kiel. 1896. 
— * Inaug.-Dissert. Heidelberg. 1900. — 3 Inaug.-Dissert Heidelberg. 1904. — * 1. c. — 
B Pflügers Archiv. 108. 563 — 589. 1905. — * Beiträge zur ehem. Physiol. u. Pathol 4. 
300 — 322. 1903; 5, 276 — 296. 1904. 



HO 



Di« konoidalen Gele. 



Eine weitere Arbeit von Wolfgang Ostwald ^ beschäftigt sich mit den 
Quellungseigenschaftenvon sogenannter ^-Gelatine, d. h. solcher mir „thermischer 
Vorgeschichte'', deren Lösung nämlich längere Zeit erhitzt worden war. (Solche, 
die nicht erhitzt gewesen war, bezeichnet er als a-Gelatine; eine scharfe Grenze 
zwischen beiden gibt es natOrUch nicht) Schon v. Schröder (vgl. p. 67) hatte 
gefunden, dafi die innere Reibung von Gelatinelösungen nach längerem Erhitzen 
nach einer logarithmischen Kurve abfällt, was er auf einen „Verseifungsprozeß*' 
zurückführte. Es zeigte sich, daß die Gelatine durch Kochen die Fähigkeit, viel 

stärker zu quellen, gewinnt 
und daß die Quellungsstärke 
sich in derselben regehnäßigen 
aber entgegengesetzten Weise 
ändert wie die innere Reibung. 
Erwähnenswert ist noch, daß 
die anfangs trüben Gelatine- 
lösungen sich beim Kochen 
unter Ausscheidung eines Ge- 
rinnsels allmählich klärten. 

An dieser Stelle soll noch 
auf einen Umstand aufmerk- 
sam gemacht werden. Solche 
Stofife wie Leim, Gummiara- 
bikum, eingetrockneter Stärke- 
kleister gehen kontinuierlich 
durch alle Quellungsstufen vom Gel- zum Solzustand über. Die Quellung ist 
also das Vorstadium zur völligen Lösung. Jedoch sind anscheinend solche 
organisierte anisotrope Stoffe, wie Stärke, die leimgebende Substanz usw. bei ge- 
wöhnlicher Temperatur nicht imstande, in völlige Lösung zu gehen, oder 
wenigstens nur mit sehr geringer Geschwindigkeit, sondern erst bei höherer 
Temperatur. Diese ist z. B. bei der Stärke ziemlich scharf definiert und zwar 
bei verschiedenen Stärkearten verschieden, was schon zur Unterscheidung der- 
selben herangezogen worden ist. Diese Umstände scheinen mehr für eine 
chemische Reaktion bei dem Lösungsvorgang zu sprechen, wenn sie auch noch 
nicht sicher nachgewiesen ist, teilweise sogar bestritten wird. Eine eingehende 
Untersuchung dieser Verhältnisse steht noch aus. 



















1 












^^ 


.^ 




\ 






y^ 


^ 






1 


\ 




/ 










I| 

















Konzentration' 

Figur 16. 



Thermod3mamik der ftnellnng. 

Da die Quellung ein von selbst verlaufender Vorgang ist, so muß sie nach 
dem zweiten Hauptsatz ein endliches Quantum Arbeit leisten können, wie es auch 
tatsächlich die tägliche Erfahrung bestätigt. Es kommt allerdings bei den meisten 
hierfür in Betracht kommenden Körpern noch hinzu, daß auch reine Kapillari- 
tätserscheinungen, femer bei etwa vorhandenen mit Flüssigkeit gefüllten Hohl- 
räumen Ausgleich osmotischer Druckdifferenzen auftreten können. Auf diesen 
Erscheinungen beruhen auch eine Anzahl Spielzeuge, z. B. sich durch Ausdunstung 
der Hand krümmende, aus dünnen Gelatinefolien hergestellte Tierfiguren, welche 
übrigens beweisen, wie rasch unter geeigneten Umständen Quellungsvorgänge 
verlaufen, und deshalb für die Theorie der Quellung als Ursache der Muskel- 
kraft herangezogen werden. Femer die Hygrometer mit Benutzung von ent- 
fetteten Haaren, Früchten von Geraniumarten, die Wetterhäuschen mit Darm- 
saiten, das Sprengen von Felsen und Schädeln durch Eintreiben von Holzkeilen, 



t Pflügers Archiv. 109. 277. 1905, 



5* Die Adsorption. III 

resp. Einfallen von trocknen Erbsen und daraufifolgendes Begießen mit Wasser, 
die Jerichorose (Anastatica hierochontica L.) usw. 

Eine eingehende Behandlung der thermodynamischen Prinzipien des 
Quellungsvorganges würde weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. 
Indes ist im folgenden zur Orientierung über dieses spezielle Gebiet der physi- 
kalisch-chemischen Forschung die wichtigste einschlägige Literatur angegeben. 

Literatur über Thermodynamik der Quellung. 

H. Rodewald, Untersuchungen über die Quellung der Stärke. Kiel u. Leipzig. Verlag von 
Lipsins 8a Fischer. 1896. — Ostwald, Ztschr. f. physik. Chem. 20. 626. 1896. — H. Rodewald, 
Ztschr. f. physik. Chem. 24. 193. 1897. — Volbehr, Untersuchungen über die Quellung der 
Holzfaser. Inaugural-Dissertation. Kiel. 1896. — Th. W. Engelicann, Ober den Ursprung der 
Muskelkraft. 2. Aufl. Leipzig. 1893. W. Engeknann. — £. Riecke, Zur Lehre von der Quellung, 
Wledkm. Ann. 63. 564. 1894. — JUL. Bernstein, Die Kräfte der Bewegung in der lebenden 
Substanz. Braunschweig. Vieweg & Sohn. 1902; daselbst am Schlüsse auf p. 28 eine Literatur- 
zusammenstellung. — Helmholtz, Ges. Abhandl« IL 1882. p. 972. (Möglichkeit der Ungültig- 
keit des 2. Hauptsatzes fOr lebende Gewebe.) — J. W. Gibbs, Thermodynamische Studien, 
deutsch von Ostwald. Leipzig. 1892. W. Engelmann. p. 258 ff. — P. v. Schröder, Ober Er- 
starrungs- u. Quellungserscheinungen von Gelatine. Ztschr. f. physik. Chem. 45. 75. 1903. — 
F. Emslander u. H. Freundlich, Ztschr. f. physik. Chem. 49. 317 ff. — U. Friedemann, 
Z. f. klin. Mediz. 66. 1905; Chem. Centralbl. 1905. L 1204. 



5. Die Adsorption. 

a) Adsorption gelöster Stoffe an Oberflächen.^ 

Als Adsorption gelöster Stoffe bezeichnet man den Voigang, daß gewisse 
feste Körper durch ihre Anwesenheit in Lösungen deren Konzentration vermin- 
deniy indem sie selbst Anteile des gelösten Stoffes aufnehmen und festhalten. 

Es entstehen daher im Verlaufe von Adsorptionsvorgängen Gebilde, die 
aus adsorbierendem Körper und adsorbiertem Stoff zusammengesetzt sind, jedoch 
unter gewöhnlichen Umständen keineswegs den Charakter von chemischen 
Verbindungen haben, da ihnen der durch Adsorption aufgenommene Stoff in 
stetiger imd einfacher Weise (z. B. durch Verminderung der Konzentration 
der berührenden Lösung) entzogen werden kann. 

Adsorptionswirkungen fester Körper bezüglich gelöster Stoffe sind seit langer 
Zeit bekannt und wurden qualitativ in zahlreichen Fällen beobachtet. 

In erster Linie wurden derartige "Wirkungen bei pulvrigen und porösen 
Körpern festgestellt und untersucht Am bekanntesten ist wohl die adsorbierende 
Wirkung der Holzkohle, die bereits seit langer Zeit angewendet und untersucht 
wurde. Lowrrz (1791) entdeckte die Fähigkeit der Holzkohle, gefärbte Flüssig- 
keiten farblos zu machen — von der bekanntlich die Industrie vielfach Nutzen 
zieht, — Payen * fand, daß die Kohle nicht nur Farbstoffe, sondern auch Kalk- 
salze aus ihren Lösungen adsorbiert. Graham ^ stellte weiter fest, daß Tierkohle den 
Lösimgen von Metallsalzen, z. B. von Bleinitrat, Bleiacetat, Kupfersulfat, Kupfer- 
ammoniumsulfat, Silbernitrat, Brechweinstein usw. das betreffende Salz so voll- 
ständig entzieht, daß nachher in der Lösung keine Spur desselben mehr nach- 
zuweisen ist. 

Wie Weppen* fand, werden die Salze hierbei nicht unzersetzt aufgenommen, 



^ Näheres hierüber bei Ostwald, Lehrbuch der allgemeinen Chemie, i. Aufl. L p. 778; 
2. Aufl. 2,3. p. 217 ff.; O. Lehmann, Molekularphysik. L p. 567; 2. p. 83; ders., „Flüssige 
Kristalle*^ p. 176 ff.; H. Freundlich, ,,Über die Adsorption in Lösungen^S Habilitationsschrift. 
Leipzig. 1906; Z. phys. Ch. 67. 385—470. 1907. — 2 Ann. Chim. Phys. 21. 215. 1822. — 
^ Ann. Phys. (2) 18. 139. 1830. — ^ Ann. 56. 241. 1845; ^^« 354- 1846. 



j 1 2 Bie kolloidale Gele. 

die Wirkung der Kohle beträfe vorzugsweise die Basen. Wurde z. B. eine Eisen- 
oxydulsalz- oder Sublimatlosung mit Kohlenpulver geschüttelt, so reagierte die 
Flüssigkeit bald sauer. Nach G, C. Schmidt^ bewirkt indes nicht die Kohle, 
sondern das Wasser selbst die Zersetzung der genannten Salze (Hydrolyse); 
Lösungen von Ferrosulfat und Sublimat reagieren nämlich auch ohne Kohlen- 
zusatz schwach sauer. 

Außer Kohle besitzen noch zahlreiche andere feste Körper energische ad- 
sorbierende Wirkung. Nach Quincke^ adsorbiert Quarzsand imd Tonpulver 
Kaliumcarbonat und Magnesiumchlorid aus deren Lösungen. Gerstmann' fand, 
daß neue, ungebrauchte Tonzylinder, wie man sie in galvanischen Batterien ver- 
wendet, Kochsalz, Oxalsäure und Natronlauge aufnehmen. Nach den Arbeiten von 
Thoulet* absorbiert Quarzpulver Chlorbarium aus seinen Lösungen, wobei z. B. 
ein Herabsinken der Lösungskonzentration von 1«S5,69 g pro Liter auf 134,26 
beobachtet wurde, während es sich zeigte, daß das spezifische Gewicht des 
adsorbierenden festen Körpers stieg. Ähnliches wurde bei der Wirkung von 
weißem Marmor sowie von Kaolin auf Kochsalzlösungen gefunden. 

Bekannt ist femer die schon von Schönbein ^ beobachtete Eigenschaft des 
Filtrierpapiers, gelöste Stoffe zu adsorbieren, die sich insbesondere auf Farbstoffe 
und Gerbstoffe erstreckt 

In neuester Zeit hat H. Wislicenüs® in dem sogen, „gewachsenen" Alu- 
miniumoxyd, welches er aus metallischem Aluminium durch Kontakt mit wenig 
Quecksilber erhielt, ein vortreffliches Adsorptionsmaterial erkannt, das z. B. Gerb- 
stoff aus seinen Lösungen vollständig aufnimmt 

Auch den kolloidalen Gelen, Gallerten und koagulierten Kolloiden kommt 
in vielen Fällen eine beträchtliche adsorbierende Wirkung zu, wie weiter unten 
ausführlich zu erörtern sein wird. 

Wie aus den angegebenen Beispielen hervorgeht, sind die Adsorptions- 
erscheinungen an feste Körper mit besonders starker Oberflächenentwicke- 
lung gebunden, denn nicht nur Pulver und poröse Materialien, auch Gallerten 
und koagulierte Kolloide, denen ja ein äußerst feinzelliger Bau eigentümlich ist, 
bieten eine große Oberfläche. Es liegt demgemäß nahe, die Adsorption als 
Oberflächenwirkung zu betrachten. 

Eine chemische Wirkung ist, insbesondere bei der Adsorption gelöster 
Salze durch Kohle oder Mineralpulver im allgemeinen ausgeschlossen. So zeigte 
schon Payen,^ daß die Wirkimg der Kohle keine chemisch-zersetzende sei, die 
gelösten Stoffe schlagen sich nur an der Oberfläche nieder. Indessen finden bei 
manchen Adsorptionen von Salzen durch Metallhydroxyde (van Bemmelen, 
hierüber weiter unten) eigenartige Trennungswirkungen statt, bei denen die An- 
nahme chemischer Vorgänge nicht zu umgehen ist, wie auch eine gewisse aus- 
wählende Tätigkeit und spezifische Wirkung der verschiedenen Hydroxyde für 
eine derartige Auffassung spricht 

Ehe auf die neueren Forschungen über die quantitativen Gesetzmäßigkeiten 
der Adsorptionsvorgänge näher eingegangen wird, mögen kurz folgende, den 
Mechanismus dieser Erscheinungen betreffende ältere hypothetische Annahmen 
erwähnt werden. 

Nach der Ansicht von S. Lagergreen ® besitzt der adsorbierende feste Körper 
die Fähigkeit, auf seiner Oberfläche ein Wasserhäutchen zu bilden, das sich infolge 
von Kohäsionskräften in stark komprimiertem Zustande befindet Die Wärme- 
entwickelung, welche beim Benetzen fein verteilter unlöslicher Stoffe auftritt, wäre 



1 Z. phys. Ch. 15. 6i. 1894. — 2 Ann. Phys. (2) 2. 172. 1877. — * TagebL d. 
5^. Naturf. Yen. p. 409. 1886. — ^ C. rend. 99. 1072. 1884; 100. 1002. 1885. — ^ Ann. 
Phys. (2) 114. 275. 1861. — 8 Z. angew. Ch. 1904. 801 — 810. — ^ h c, — 8 Bihang t 
Svenska Vet. Ak. Handl. 24. II. Nr. 4. p. 49. 1899; Z. phys. Ch. 32. 174 — 175. 1900. 



5. Die Adsorption. II? 

demnach der starken Kompression des adsorbierten Wassers zuzuschreiben. Sind 
nun im Wasser fremde Stoffe gelöst, so kann ihre Löslichkeit im adsorbierten 
Wasser größer oder kleiner sein als im gewöhnlichen. Wenn die LösUchkeit des 
betreffenden Stoffes durch Druck zunimmt, wird sie größer sein, im umgekehrten 
Falle kleiner. Der gelöste Stoff wird sich also in der benetzenden Wasserhaut 
konzentrieren (positive Adsorption) od^r verdünnen (negative Adsorption). 
Der letzterwähnte Fall wurde z. B. beim Schütteln von Kochsalzlösung mit Tier- 
kohle beobachtet, wobei die Konzentration der Lösung steigt 

Ostwald ^ hat diese Ansichten eingehend kritisiert^ und in jüngster Zeit 
äußert auch H. Freundlich^ trotzdem er gewisse Annahmen der Theorie Lager- 
GREENS als berechtigt anerkennt. Einwände gegen dieselbe. 

O. Lehmann' betrachtet neuerdings die Adsorptionskraft als identisch mit 
derjenigen, welche das Kristallwachstum bewirkt; die adsorbierte Schichte bestehe 
in äußert dünnen Oberzügen, welche aus Ausscheidungen des festen Körpers 
gebildet seien. 

Exaktere Aufschlüsse über das Wesen und den Verlauf der Adsorptions- 
vorgänge konnten erst durch Messung der Konzentrations Veränderungen, die im 
Verlaufe der Adsorption sich vollziehen, gewonnen werden. Die dahin zielenden 
Forschungen, welche am weitgehendsten die Erkenntnis dieser Vorgänge fördern, 
sollen nun zusammenfassend erörtert werden. 

W. Ostwald' hat zuerst quantitative Gesetze der Adsorptionserscheinungen 
gelöster Stoffe beobachtet. Wurde verdünnte Salzsäure einige Zeit mit Knochen- 
kohle digeriert, so stellte sich alsbald ein Gleichgewicht zwischen Kohle imd 
Lösung her, das sich nicht änderte, wenn beliebige Mengen der Kohle oder der 
Lösung entfernt wurden, also von der Menge der beiden Phasen unabhängig 
ist. Dieses Gleichgewicht ist nur von dem Verhältnis der Volumkonzentration 
des Stoffes in der Lösung zum Gehalte der Kohle, ihrer Oberflächenkon- 
zentration abhängig, wenn man unter letzterer das Verhältnis zwischen der 
Kohle und der adsorbierten Salzsäure versteht. Auf Zusatz von Wasser läßt die 
Kohle sofort einen Teil der adsorbierten Substanz entweichen und es stellt sich 
in kurzer Zeit ein neues, unveränderliches Gleichgewicht her. 

Bei weiteren Versuchen, wobei zu gleichen Kohlenproben, die mit gleich- 
bleibenden Mengen von konzentrierten Lösungen verschiedener Stoffe benetzt 
wurden, sukzessive Zusätze steigender Wassermengen zugefügt wurden, zeigten 
sich ähnliche Gesetzmäßigkeiten. Wurden die Wassermengen als Abszissen, die 
adsorbierten Mengen als Ordinaten eines rechtwinkligen Koordinatensystems auf- 
getragen, so ergab sich eine annähernd hyperbolische, je nach der Art des ad- 
sorbierten Stoffes verschieden gekrümmte Kurve. 

Die Erscheinungen der Adsorption scheinen daher einen Übergang zwischen 
chemischen und mechanischen Vorgängen zu bilden; die quantitativen Gesetze 
erinnern, soweit sie erkennbar sind, lebhaft an Gesetze der durch chemische Ver- 
wandtschaft hervorgebrachten Wirkungen. 

In der Folge wurde vielfach versucht, die Adsorptionserscheinungen mit 
den Gesetzen der neueren Lösungstheorie in Einklang zu bringen. Da es sich 
bei der Adsorption aus Lösungen um eine Verteilung des gelösten Stoffes zwischen 
festem Stoff und Flüssigkeit handelt, war es zunächst naheliegend, für diese Ver- 
teilung das Henry sehe Gesetz als maßgebend anzusehen^ nach welchem das 
Verhältnis zwischen Konzentration des Gelösten im festen Körper und in der 
Lösung konstant sein müßte. 



• Z. phys. Ch. 32. 174. 1900. — 2 „Flüssige Kristalle.** p. 176; vgl. auch Z. f. 
Kryst 8. 527. 1883. — 3 Ostwald, Lehrbuch der aUgemeinen Chemie. 2. Aufl. Leipzig. 1890. 
p. 1096. 

Müller, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 8 



11^ Die kolloidalen Gele. 

Indes zeigten bereits die Arbeiten von F. W. Küster^ über die Adsorp- 
tion von Äther aus seiner wässerigen Lösung durch Kautschuk, sowie über jene 
des Jods durch Stärke,^ daß hierbei die Verteilung des gelösten Stoffes nicht 
nach Maßgabe des Henry sehen Gesetzes geschehe, sondern daß zwischen den 
beiden oben bezeichneten Konzentrationen eine verwickeitere Beziehung bestehe. 

Bei der Adsorption des Tods durch Stärke war z. B. nicht das Verhältnis — 

s 

(worin zv die Konzentration des Jods in der wässerigen Lösung, s jene in der 

Stärke, bezogen auf deren Gewichtseinheit bedeutet), sondern das Verhältnis 

— konstant 
s 

Alsbald fand auch G. C. Schmidt,^ daß Kohle in alkoholischen und ben- 
zolischen Lösungen des Jods, in wässerigen Lösungen der Essigsäure, Oxalsäure 
und Bemsteinsäure, femer Zellulose in wässerigen Eosin- und Malachitgrünlösungen 
Adsorptionen bewirkten, bei denen die Verteilung des gelösten Stoffes zwischen 
den beiden Phasen nicht nach konstantem Verhältnisse, sondern nach Maßgabe 
einer höheren Potenz erfolgte, deren Exponent je nach der Art des adsorbierenden 
Körpers 2,4 oder 10 war. 

Allgemein läßt sich daher die Verteilung eines gelösten Stofifes zwischen 
dem adsorbierenden festen Körper und der flüssigen Phase durch die Beziehung 

-rf = C(konst.) 

ausdrücken, in welcher K^ und K^ die beiden wiederholt bezeichneten Konzen- 
trationen bedeuten, während «, soweit bisher ersichtlich war, verschiedene Werte 
haben kann. 

In vereinzelten Fällen, z. B. bei der Adsorption von Kaliumchlorid aus 
seiner Lösimg durch amorphe Kieselsäure^ zeigte es sich, wie G. C. Schmidt nach- 

wies, daß das Verhältnis -~ selbst konstant war; hier ist also « = 1, die Ver- 

teilung des gelösten Stoffes erfolgt nach dem Henry sehen Gesetz. 

Weitere von Appleyard und Walker* bezüglich der Adsorption in 
Lösungen durch Seide angestellte Untersuchungen bestätigten die Ergebnisse der 
bisher erwähnten Arbeiten, ohne jedoch zu einer übersichtlichen Beurteilung der 
Adsorptionsvorgänge zu führen. 

Eine solche ist erst in jüngster Zeit durch die systematischen experimentellen 
Arbeiten und theoretischen Überlegungen H. Freundlichs* möglich geworden. 

Die Adsorptionsversuche dieses Forschers, auf welche etwas näher ein- 
gegangen werden soll, wurden mit Kohle als adsorbierendem Körper und unter 
vielseitiger Variation von Lösungsmittel und gelöstem Stoff angestellt Ihre Durch- 
führung gestaltete sich so, daß abgewogene Mengen reiner Blutkohle mit Lösungen 
von bekanntem Gehalt bei bestimmter Temperatur (25^ geschüttelt wurden, 
worauf nach Erreichung des Gleichgewichtszustandes in geeigneter Weise der 
Gehalt der Lösung ermittelt wurde. 

Als nächstliegende Frage mußte entschieden werden, ob tatsächlich ein 
Adsorptionsgleichgewicht vorliegt. Wurde eine bestimmte Kohlenmenge mit 
100 ccm einer Lösung geschüttelt, femer die gleiche Kohlenmenge mit 50 ccm 
einer doppelt so konzentrierten Lösung ins Gleichgewicht gebracht, dann 60 ccm 



^ Z. phys. Ch. 13. 445. 1894. — ^ Ann. Chem. 283. 360. 1895. — ^ Z. phys. Ch. 
15. 56 — 64. 1894. — ♦ Journ. of the Chem. Soc. 69. 1334. 1896. — * „Über die Adsorp- 
tion in Lösungen." Habilitationsschrift. Leipzig. 1906; Z. phys. Chem. 67. 385 — 470. 1906. 



5. Die Adsorption. 



115 



Wasser zugesetzt iind aufs neue geschüttelt, so erwiesen sich in beiden Fällen 
die Endkonzentrationen als gleich. Es handelt sich also in der Tat um gut de- 
finierte Gleichgewichte, welche nach dem Ergebnisse der Versuche sehr rasch, 
praktisch nach kurzem Umschütteln, erreicht werden. 

In zweiter Linie handelte es sich darum, bei konstanter Temperatur die 
Beziehungen zwischen der Menge des gelösten Stoffes a, dem Flüssigkeitsvolumen v, 
der adsorbierenden Kohlenmenge m und der adsorbierten Menge x, also den 
Verlauf der Adsorptionsisotherme kennen zu lernen. Auf Grund der experi- 
mentellen Untersuchung ergab sich hierfür folgende einfache Beziehung: 



ax ^ X am 

V 



(0 



wobei X eine von der Kohlenmenge unabhängige Größe ist 
die obige Gleichung: 



V , a 

— In 

m a — X 



X . 



Integriert ergibt 



(2) 



Diese Beziehung erwies sich für die verschiedensten Werte von m und a 
bei Lösungen von Essigsäure und Bemsteinsäure als gültig, wie z. B. folgende 
Tabelle zeigt: 

Adsorbierender Stoff: Blutkohle, mit Säuren gereinigt; 

Gelöster Stoff: Essigsäure. 



(in g) 



0,689 
0,791 
1.577 
1,691 
1,647 
8,208 
2,941 
3,020 



V 



in dnen 



in (ccm) 



bzw. 



enthalten waren 



a — X Millimole 



50 
50 
100 
100 
150 
150 
200 
200 



10,458 
10,458 
20,916 
20,916 
81,374 
31,874 
41,882 
41,832 



9,553 
9,461 
18,812 
18,655 
29,101 
27,170 
88,035 
37,830 



6,57 
6,33 
6,72 
6,77 
6,85 
6,78 
6,47 
6,66 



Aus dieser Zusammenstellung geht ferner hervor, daß X eine Funktion des 
Verhältnisses von a und v ist, denn bleibt dieses konstant, so ist auch X kon- 
stant Für ein wechselndes Verhältnis von a zu v wurde empirisch folgende 
Gleichung gefunden: 



V a I 

= — In = a I - 



n 



(3) 



m 



a — X 



V 



wobei a und n Größen sind, die bloß von der Temperatur und der Art des 

gelösten Stoffes abhängen. 

Wird diese Gleichung der Isotherme in Reihen entAJvdckelt, so ergibt sich 

zunächst für 

1 



V, a V X ( ^ 1 X 1 I a\ n 

— In = \l +^— +•••[ = « — 

m a ^ X a m [ 2 a J \»/ 



daher 



8 



ii6 



Die kolloidalen Gele. 



|-{'-TT--}-«(v)'"--«(v) 



_1_ 

9 



WO 



Der Ausdruck 



1 



= 1 - 



n 



a 



V 



entwickelt gibt femer: 



a 



V 



folglich: 



-M'{ 



1 X 1 



X 

m 



— =s a 



Ja — x\ 



V 



1 X 

1 + + 

9 ^ 
1 x 

^+2-7 + 



Werden die zweiten Glieder vernachlässigt, so erhält man die Gleichung 



X ja ^ x\ ^ 

aa et I I q 



m 



V 



a — X 

und da die Gleichgewichtskonzentration c bedeutet, besteht zwischen ihr 

X 

und der Oberflächenkonzentration — folgendes einfache Verhältnis: 

tu 



X 



m 



9 



= ac 



(4) 



X 

Diese Beziehung zwischen c und — drückt sich also durch eine ähnliche 

TU 

Formel aus, wie sie schon an früherer Stelle (s. p. 114) als für die Adsorptions- 
vorgänge charakteristisch erkannt wurde. 

Die Gültigkeit dieser Gesetzmäßigkeiten prüfte Freundlich an einem über- 
aus umfangreichen experimentellen Material, indem für die Adsorption in Lösungen 
verschiedener StofiFe durch Kohle bei konstanter Temperatur die bei verschie- 

X 

denen Werten von c sich einstellenden Werte für — ermittelt wurden. 

m 

_ m 

Folgende Tabelle gibt z. B. die für die Adsorption von Essigsäurelösungen 
durch Blutkohle bei 25® gefundenen Werte: 



c 




X 


in Millimolen im 


ccm 


fn 
in Millimolen pro g 


0,0181 




0,467 


0,0809 




0,624 


0,0616 




0,801 


0,1259 




1,11 


0,2677 




1,55 


0,4711 




2,04 


0,8817 




2,48 


2,785 




1 3,76 



5« Die Adsorption. 



117 



Der Adsorbtionskoeffizient, als welchen man nach dem Voigange 

Ostwald s^ das Verhältnis c\ — bezeichnen kann, ist also keineswegs konstant, 

tn 

sondern nimmt mit steigender Konzentration in der Lösung ab. Dies zeigt sich 

deutlicher, wenn die Adsorptionsisotherme graphisch dargestellt wird, indem die 

X 

Konzentrationen c als Abszissen, die Oberflächenkonzentrationen — als Ordinaten 

m 

eines rechtwinkligen Koordinatensystems aufgetragen werden. 

Figur 17 zeigt den Verlauf derartiger Isothermen; OH ist die Linie, die 
einer Verteilung nach dem Henry sehen Satze entsprechen würde, OE ist die 
aus obiger Tabelle (p. 115) für die 
Adsorption von Essigsäure sich 
ergebende Isotherme, OP und 
OB sind femer Isothermen, die 
auf analoge Weise für die Ad- 
sorption von Propionsäure, bzw. 
Bemsteinsäure durch Kohle er- 
mittelt wurden. 

£s mag schon hier darauf 
aufmerksam gemacht werden, daß 
der Verlauf dieser Adsorptions- 
kurve ein überaus charakte- 
ristischer ist und sich bei Ad- 
sorptionsvorgängen der verschie- 
densten Art in ähnlicher Weise 
wiederfindet 

Die Werte für a und — 

ermittelte Freundlich für die 
einzelnen Versuchsreihen nach 
einer graphischen Methode; es 
ergab sich, daß der Exponent 

— unabhängig von der Natur des 




^c 



Adsorpttonsisothermen für Kohle bezüglich organischer 
Säuren (nach Freundlich). 



Lösungsmittels, gelösten Stoffes und adsorbierenden Stoffes (Kohle, Seide, Baum- 
wolle, Wolle) in ziemlich engen Grenzen (zwischen 0,5 — 0,8) variiert 

Für den Einfluß der Natur des Lösungsmittels und des gelösten 
Stoffes ergaben sich folgende Regeln. In wässerigen Lösungen stark dissoziierter 
und Hydroxylionen abspaltender Stoffe gilt die Adsorptionsisotherme nicht In 
wässeriger Lösung werden anorganische Salze mäßig stark, organische Salze, an- 
organische Säuren und Stoffe, in denen Hydroxylgruppen angehäuft sind, wie Rohr- 
zucker schwach adsorbiert; aliphatische Säuren und aromatische Säuren, welche 
die Sulfogruppe enthalten, werden mittelstark, aromatische Säuren, Chlor, Brom, 
PhenylthiohamstofT endlich sehr stark adsorbiert In organischen Lösimgsmitteln 
(Alkohol, Äther, Anisol, Benzol, Aceton) sind die Adsorptionen klein oder nur 
mäßig stark. Die Natur des festen adsorbierenden Stoffes erwies sich für 
die Adsorption als praktisch nebensächlich, denn organische Säuren wurden von 
Seide in derselben Reihenfolge adsorbiert wie von Kohle. 

Der Einfluß der Temperatur auf die Adsorption erwies sich als sehr ge- 
ring. Essigsäure wurde in wässeriger Lösung bei 0^ beinahe ebenso adsorbiert 
wie bei 25*^, auch für wässerige Pikrinsäurelösung und Farbstoffe nimmt der Wert 



1 Lehrb. d. allgem. Chem. 2. Aufl. II, 3. p. 352. 



Ilg Die kolloidalen Gele. 

1 

von — mit der Temperatur nur wenig ab. Hingegen ist bei wässeriger Lösung 
n 

von Essigsäure die thermische Änderung der Adsorption beträchtlicher, wie 

folgende Tabelle zeigt: 



Essigsäure in Wasser 

n 



0^ I 0,550 



25» 
50,2 <> 
93,8« 



0,526 
0,894 
0,185 



Die Abhängigkeit der Werte von A von der Temperatur / läßt sich durch 
folgende Gleichung 



lg ^< = lg ^o - y 




(5) 



ausdrücken, worin A© der )l-Wert für 0® und y eine Konstante ist 

X 

m 
a 

V 

konstantem X der Beziehung: 



In ähnlicher Weise, wie die y- Werte, ändern sich auch die Werte von 
(Oberflächenkonz^ntration) mit der Temperatur; die Werte — hingegen folgen bei 




(6) 

wobei Q und ^ Konstanten sind. 

In einer Reihe von Fällen konnte beobachtet werden, daß die adsor- 
bierende Kohle gewisse Reaktionsbeschleunigungen, Oxydationen, Esterifizierungen 
organischer Säuren in alkoholischer Lösung sowie Zersetzungen verursacht Diese 
Reaktionen an der Oberfläche verursachten Veränderungen der Werte für c imd 
X und demgemäß verschiedene Unregelmäßigkeiten der Versuchsergebnisse. 

Aus den eben erörterten experimentellen Ergebnissen lassen sich einige 
wichtige theoretische Folgerungen über den Adsorptionsvorgang ziehen. Es wurde 
bereits früher der Ansicht von Lagergreen (vgl. p. 112) Erwähnung getan, der 
zufolge die Theorie der Adsorption auf die Eigenschaften einer stark kompri- 
mierten Flüssigkeitshaut zurückzuführen wäre. Andererseits führten G. Quincke^ 
und J. J. Thomson * die Adsorption auf Vorgänge der Benetzung zurück. 

Der Vorgang der Benetzung vollzieht sich durch die Wechselwirkung dreier 
Oberflächenspannungen: jener für „fest -gasförmig" (j^^, „fest -flüssig" (j/) xmd 
„flüssig-gasförmig** \Jg)y die alle, wie aus allgemeinen Betrachtungen hervorgeht, 
positiv sind. Bei der Benetzung verschwindet die Oberfläche „fest-gasförmig** und 
es entstehen zwei neue Oberflächen „fest-flüssig" und „flüssig-gasförmig**. Als 
Bedingung für die Benetzung ergibt sich nun die Beziehung: 

K^g) > (V) + [fg) . 

Für den Adsorptionsvorgang kommt es indes, wie Freundlich ausführt, 
nicht auf (j^ und [fg)y sondern vor allem auf die Oberflächenspannung „fest- 
flüssig** an, denn sie ist die einzige Größe, welche sich bei der Adsorption ändert. 
Obzwar diese Oberflächenspannung [sf] nur in vereinzelten Fällen gemessen 

1 Ann. d. Phys. (3) 2. 145. 1877. — 2 Proceed. of the Cambr. Phil. Soc. 6. 1889. 



5. Die Adsorption. 



119 



wurde, und von ihr nur mit Sicherheit bekannt ist, daß sie positiv ist, läßt sich 
unter gewissen Voraussetzungen auf Grund thermodynamischer Betrachtung fol- 
gendes schließen: Die Oberflächenenergie an der Grenze „fest-flüssig'' strebt als 
potentielle Energie einem Minimum pi; sie ist das Produkt aus Oberflächengröße 
und -Spannung, da erstere sich nicht ändern kann^ wird sich nur die Spannung 
(jr/) zu verkleinem suchen. Verringert daher ein gelöster Stoß* die Spannung {sfj 
mit steigender Konzentration in der Lösung, so wird er das Bestreben haben, 
seine Konzentration an der Oberfläche zu vermehren. Erniedrigt also ein 
Stoflf in Lösung die Oberflächenspannung (jr/), so muß er adsorbiert werden 
und umgekehrt. 

Diese Beziehung hat bereits W. Gibbs* erkannt, der in folgender Weise 
einen unter gewissen Voraussetzungen gültigen analytischen Ausdruck für dies Er- 
gebnis aufstellte: 

^ RT dC ' ^^^ 

worin F den Überschuß an gelöstem Stoff*, der wirklich an der Oberfläche vor- 
handen ist, über jene Menge^ die dort wäre, wenn die Konzentration sich gleich- 
mäßig bis zur Grenzfläche ausdehnen würde, pro Flächeneinheit gerechnet, <T die 

a 
Oberflächenspannung, C die Gesamtkonzentration — , R und T die Gaskonstanten 

bedeuten. ^ 

Durch sinngemäße Verbindung der empirisch gefundenen Ergebnisse, welche 
in Gleichung (3) ihren Ausdruck finden, mit der auf Grund thermodynamischer 
Betrachtungen gefundenen Beziehung (7) gelangt man zu einer Reihe von Schlüssen 
über den Adsorptionsvorgang, über deren Ableitung auf die ausführliche Dar- 
legung Freundlichs verwiesen werden muß. Hier möge bloß eine gedrängte 
Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse Raum finden. 

Bereits W. Gibbs machte darauf aufmerksam, daß sich als Folgerung aus 
(7) die Beziehung ergibt: Kleine Mengen eines gelösten Stoffes können die Ober- 
flächenspannung wohl stark erniedrigen, nicht aber stark erhöhen. Hieraus er- 
gaben sich einige, durch experimentelle Beobachtung bestätigte Schlußfolgerungen. 
So konnte vorausgesehen werden, daß negative Adsorptionen (vgl. p. 113) selten 
und, wenn überhaupt vorhanden, sehr klein sind; so wurde ein Stoff" A (Essig- 
säure) im Lösungsmittel B (Anisol) und umgekehrt B^ im Lösungsmittel A gelöst, 
durch Kohle adsorbiert. Nur in Stoffen mit großer Oberflächenspannung (j/) 
treten starke Adsorptionen ein; und zwar werden bei Lösungen, deren Lösungs- 
mittel große (j/) besitzen, Stoffe umso stärker adsorbiert, je kleiner ihre eigene 
Oberflächenspannung ist. In einem Stoff von kleiner [sf) sind die Adsorptionen 
überhaupt gering. Diese Beziehungen gehen aus folgenden experimentellen Er- 
gebnissen hervor: 



Durch Kohle: 
Starke Adsorption ■ Schwache Adsorption 



Phenylthiohamstoff in Wasser 
Benzoesäure in Wasser 
Benzoesäure in lO^/^iger GlaubeT- 

Salzlösung 
Brom in Wasser 
Brom in Schwefelsäure 



Anorganische Salze in Wasser 
Anorganische Säuren in Wasser 
Zucker in Wasser 
Benzoesäure in Aceton 



Brom in Äther • 

Essigsäure in Wasser 
Essigsäure in Äther 



^ Thermodynamische Stadien, p. 271, 277, 321. 



120 



Die kolloidalen Gele. 



Weiter ließ sich aussagen, daß das starke Ansteigen der Oberflächenkonzen- 
tration bei kleinen Konzentrationen in der Lösung, (welches sich in der Gestalt der 
Adsorptionsisotherme ckarakterisiert), darauf zurückzuführen ist, daß kleine Mengen 
eines gelösten Stoffes die Oberflächenspannungen relativ viel stärker vermindern 
als größere. Da sich femer der Einfluß des festen adsorbierenden Stoffes als 
praktisch unwesentlich erwies (vgl. p. 1 1 7), ließ sich die Oberflächenspannung {s/) 

a a 

als eindeutige Funktion der Konzentration — auffassen; bei konstantem — und 

V V 

variablen m (vgl. p. 115) blieb daher die Oberflächenspannung konstant. 

Endlich konnte beobachtet werden, daß die Adsorbierbarkeit eines Stoffes 
in wässeriger Lösung [bzw. die Größe von (j/)] mit einer Reihe anderer Eigen- 
schaften desselben zusammenhängt. Er wird z. B. in Wasser im allgemeinen 
umso stärker adsorbiert, je stärker er [f^ erniedrigt, die Kompressibilität und 
Lösefähigkeit erhöht usw. 

b) Die Absorption des Wassers in Hydrogelen. 

Im Verlaufe der Untersuchung einiger Oxydhydrate (Zinnoxyd-, Silicium- 
dioxyd-, Mangandioxydhydrat) zum Zwecke der Feststellung ihrer chemischen 
Zusammensetzung fand J. M. van Bemmelen,^ daß die Mengen darin enthaltenen 
„Hydratwassers" variable Zahlen, zufällige Größen sind, die nur für bestimmte 
Temperaturen und Feuchtigkeitszustände des umgebenden Mediums gelten. Die 
Hydrate nehmen, falls sie durch Trocknen Wasser verloren hatten, aus feuchter 
Luft wieder Wasser auf, wobei ein gewisser Gleichgewichtszustand 'erreicht wird. 
Die Wasseraufnahme hängt insbesondere von molekularen Veränderungen ab, 
welche beim Erhitzen des betreffenden Oxydhydrats vor sich gehen und auf das 
Bindevermögen, die Stärke der Bindung sowie die Menge neuerlich ge- 
bundenen Wassers wesentlichen Einfluß ausüben. 

In einer weiteren Untersuchung* wurde gezeigt, daß das Wasser mit den 
Gelen als „Absorptionsverbindung" vereinigt ist, die Verbindung mit Wasser 
ist inkonstant, die Substanz stellt sich in Gleichgewicht mit dem darüberstehenden 
Wasserdampf, dieses Gleichgewicht ist von Druck und Temperatur abhängig. Die 
folgende Zusammenstellung zeigt einige der gefundenen Zahlenangaben für das 
enthaltene Wasser. 



Hydrogel von j Hydrogel von | Hydrogel von ' Hydrogel von 
SiO, I SnO, I AljOj I Fe,0, 



Soeben trocken geworden 
(± lö**) 



An der Luft verblieben 
(±15«) 



Im trockenen Raum (±15®) 0,5 H,0 



Bei 100 <> 



± 4,4 H,0 I ± 3,0 H,0 



1,5 H,0 



0,2 H,0 



2,6 H,0 



1,0 H,0 



1,0 H,0 

abnehmend bis 

0,6 H,0 



5— 6H,0 



2,6 H,0 



2,8 H,0 



> 6H,0 



± 4,4 H,0 I ± 5—4 H,0 



1,6 H,0 



1,2 H,0 

abnehmend bis 

± 1,0 H,0 



Hieraus geht weiter hervor, daß, je mehr Wasser ein Hydrogel enthält, 
desto schwächer dieses gebunden ist. Wird umgekehrt ein Hydrogel zersetzt, 
so bietet es der Zersetzung größeren Widerstand, je nachdem mehr Wasser aus- 
geschieden ist. Dabei tritt bisweilen ein wirkliches chemisches Hydrat auf, das 

^ Ber. 11. 2232. 1878; 13. 1466— 1469. 1880. — 2 Landw. Vers. Stat 35. 69—136. 
1888; speziell p. 70 — 74. 



5. Die Adsorption. 121 

innerhalb einer gewissen Temperatur konstant bleibt und einer bestimmten ato- 
mistischen Zusammensetzung entspricht. 

Wirkliche hydratische Oxyde besitzen dagegen, wie van Bemmelen ^ speziell 
für Berylliumoxydhydrat, BeO-HgO,* und Aluminiumoxydhydrat, Alj^Oj-SH^O,' 
gezeigt hat, falls sie in kristallisiertem Zustande aus ihren Lösungen abgeschieden 
werden, eine ganz bestimmte Zusammensetzung, die einer chemischen Formel 
entspricht und sind bis zu einer gewissen Temperatur und einem gewissen Dampf- 
druck beständig. 

In einer Reihe weiterer Arbeiten wurde für die Hydrate des Zinnoxyds,* 
des Eisenoxyds* und Chromoxyds® erwiesen, daß sie gleichfalls aus amorphen, 
wasserhaltigen Absorptionsverbindungen bestehen. 

In ausführlicher Weise wurden von J. M van Bemmelen und E. A. Klobbie' 
die bei verschiedenen Prozessen entstehenden, bis dahin falschlich als wahre Hydrate 
bezeichneten wasserhaltigen Eisenoxyde untersucht. Beinahe in allen Fällen — so 
z. B. beim Gefrierenlassen von gefälltem gelatinösen Eisenoxyd,® aus Nitroprus- 
sidnatrium, aus Kalium- und Ammoniumnitrosoferrosulfür,® aus Kalium- oder 
Natriumferrit, — wurden amorphe, unbestimmte Verbindungen von Eisenoxyd 
mit Wasser gefunden. Nur unter ganz bestimmten Versuchsbedingungen bildet 
sich tatsächlich ein kristallinisches Hydrat, so durch Zersetzung der hexagonalen 
Platten des Natriumferrits durch Wasser bei 15®. (Vgl. hierüber auch die 
später, p. 129, erörterte Arbeit von Ruff). Auch der natürlich vorkommende 
Göthit ist ein wirkliches Hydrat von der Zusammensetzung Fe^Og-HgO. 

Es geht aus allen diesen Arbeiten hervor, daß das Wasser in den kolloi- 
dalen Hydroxyden nicht chemisch gebunden, sondern auf eigentümliche 
Weise im Kolloidalgebilde absorbiert ist. Die chemischen Formeln, welche 
man Substanzen, die nur eingetrocknete Hydrogele sind, zuschreibt (wie z. B. 
Al3(0H)g, Fe2(0H)g usw.), sind demzufolge unrichtig. 

Entwässenmg des Hydrogels der Sieselsäxure. 

Die genaue Darlegung der Bindung des Wassers in dem Gel der Kiesel- 
säure verdanken wir den Ergebnissen ausführlicher und systematischer Experi- 
mentalarbeiten von J. M. van Bemmelen. ^® 

Die Untersuchung betrifft die Voi:gänge bei der Entwässerung und 
Wässerung einer Kieselsäuregallerte, also die Bestimmung der Isotherme des 
Systems: Kolloidales Siliciumdioxyd + Wasser bei 15 ^ 

In dieser Arbeit geht van Bemmelen noch von Nägblis Micellartheorie 
aus, indem er Gele als Niederschlagsmembranen ansieht, die ein Maschenwerk 
amorph zusammenhängender Teile bilden, mit einer Flüssigkeit (mic eil ar es Im- 
bibitionswasser) aufgequollen sind und außerdem einen Teil dieser Flüssigkeit 
(kapillares Imbibitionswasser] bloß einschließen. Unter ganz bestimmten 
Umständen kann das Gel, wie es sich aus der Lösung abscheidet, ein chemisches 
Hydrat sein (z. B. MgO-H^O), sonst ist es anhy drisch. Die Koagulation, also 
der Übergang aus der kolloidalen Lösung zu einem Maschenwerk von Micellen- 
verbänden mit Imbibitionswasser ist graduell. Die Imbibitionsflüssigkeit durch- 



1 Rec. Trav. China. Pays-Bas. 7. 37—68. 1888; speziell p. 57—59. — ^ J. f. prakt. 
Chem. (2) 26. 227—246. 1883. — 3 Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 7. 75—87. 1888. — * Rec. 
Trav. chim. Pays-Bas. 7. 87 — 106. 1888. — B Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 7. 106— 114. 1888. 
— 6 Rec. Trav. chim. Pays-Bas. 7. 114— Il8. 1888. — 7 j. f. prakt. Ch. (2) 46. 497—529. 
1892. — 8 Verschiedene Autoren, so Wittstein, Vierteljahrsschr. f. Pharm. 2. 373. 1853; 
Le Roy, Joum. f. Pharm. 26. 359. 1853; Limberger, Vierteljahrsschr. f. Pharm. 1. 275; 2. 
372. 1853 geben an, daß sich hierbei ein kristallinisches Hydrat bildet. — ® Nach F. Roussin, 
Ann. Chim. (3) 62. 385. 1858, entsteht hieraus ein wahres Hydrat; die ältere Literatur über 
„Eisenoxydhydrate** findet sich bei Ruff, Ber. 34- 3417, Fußnote. 1902. — ^0 z, anorg. 
Ch. 18. 233—356. 1896. 



122 ^i^ kolloidalen Gele. 

dringt die Substanz vollständig, so daß bei erneuter Imbibition des getrockneten 
Gels die absorbierte Flüssigkeit nicht oberflächlich anhängt, sondern den Micellcn- 
verband gänzlich durchdringt. Die adsorbierten Wassermengen sind ziemlich 
beträchtlich, ein ziemlich festes Kieselsäuregel enthält z. B. noch immer etwa 
8 HgO auf 1 SiOg. 

Die Vorgänge der Entwässerung und Wiederwässerung von Gelen voll- 
ziehen sich nun so, daß die Geschwindigkeit der Entwässerung und die Konzen- 
tration der Gasphase (= Dampfspannung) stetig abnehmen, während bei der 
Wiederaufnahme des Wassers diese Größen stetig zunehmen. Die Menge der 
ursprünglich gebundenen oder nach der Entwässerung wieder aufgenommenen 
Imbibitionsflüssigkeit ist femer in bedeutendem Maße von der Mikrostruktur des 
Gels und von den Änderungen derselben durch Eintrocknen, Hitze oder Ab- 
sorption anderer gelöster Substanzen abhängig. 

Ein deutliches Bild der allmählichen Änderungen des Hydrogels während 
der Entwässerungs- und Wiederwässerungsvorgänge ergibt die experimentelle Be- 
stimmung der Isotherme (Kurve der Dampfspannungen als Fimktion der Wasser- 
gehalte), denn der Verlauf dieser Kurve gibt Aufschluß über die Fragen, ob der 
Gang der Entwässerung kontinuierlich ist, ob dabei Sprünge oder Unregelmäßig- 
keiten vorkommen, endlich ob der Prozeß ganz oder nur teilweise umkehrbar ist. 

Als Versuchssubstanzen wurden Hydrogele der Kieselsäure aus verschieden 
konzentrierten Lösungen bereitet und äußerst sorgfältig gewaschen. Der Zustand 
dieser Gele hinsichtlich des Grades ihrer Verteilung (Klumpen, Kömer oder feines 
Pulver) erwies sich für das Ergebnis der Untersuchung als gleichgültig. 

Um das Gleichgewicht des betreffenden Gels mit verschiedenen Konzen- 
trationen der Gasphase zu erhalten, wurde es in Exsikkatoren über verdünnter 
Schwefelsäure (von HjSO^-QOHgO bis HgSO^-V^HjO in etwa 30 Verdünnungen), 
deren Dampfspannung bekannt war, bei konstanter Temperatur getrocknet. Zur 
Ermittelung des Wassergehalts wurde die Substanz stündlich, täglich, mitunter nach 
längerer Zeit gewogen. Gleichgewichtszustände wurden nur nach Tagen oder 
Wochen erreicht, völliges Gleichgewicht stellte sich erst nach sehr langer Zeit ein, 
doch hat die Erfahrung gelehrt, daß bei langsamen Entwässerungsvorgängen unter 
nicht zu großen Dmckdifferenzen das Gleichgewicht praktisch in einigen Tagen 
erreicht wird. 

Durch eine ungemein große Zahl von Einzelversuchen wurden die An- 
gaben erhalten, nach denen sich die Isotherme bestimmen ließ. Bei allen Ver- 
suchen ergab es sich, daß diese Kurve gewisse Unregelmäßigkeiten aufweist, die 
sich unter den verschiedensten Bedingungen zeigen und auf bestimmte Faktoren 
hindeuten, die bei den Entwässerungs- und Wässerungsvorgängen von Hydro- 
gelen eine maßgebende Rolle spielen. 

Die in Figur i8 wiedergegebene Isotherme, welche experimentell bei einem 
frischen Gel, das etwa 100 Mol Wasser auf 1 Mol SiOj enthielt, bestimmt wurde, 
zeigt die wichtigsten auftretenden Erscheinungen: 

Die Entwässenmg des Hydrogels verläuft nach der Kurve AOO^O^, 
Diese Kurve setzt sich aus zwei annähernd gleichmäßig verlaufenden Stücien 
AO und O^Oq und einem dazwischen liegenden Stücke 00^ zusammen. 

Längs des Kurventeiles ^ö ist die Entwässerung stetig, die Krümmung 
der Kurven ist bei höheren Dampfspannungen sehr gering, nimmt aber vom 
Dampfdruck 10 mm zu. Wichtig ist die Tatsache, daß eine Wiederwässerung 
des Gels von irgend einem Punkte der Kurve OA nur teilweise möglich ist, es 
wird auch bei höheren Spannungen nur wenig Wasser aufgenommen, der 
Vorgang ist also nicht umkehrbar, das Gel muß auf dem Wege AQ bleibende 
Ändemngen erlitten haben. Die Kurven g, g^ in Figur i8 zeigen den Verlauf 
der Wiederwässerung von Punkten der Entwässerungskurve AO aus. 

Im weiteren Verlauf der Entwässerang des Hydrogels zeigt sich, daß die 



5. Die Adsorption. 



123 



Isotherme, welche bis zum Punkte O stetig gekrümmt war, sich von da ab bis zum 
Punkte Oj einer horizontalen Linie nähert, so daß also verhältnismäßig geringen 
Änderungen der Dampfspannung große Änderungen des Wassergehaltes ent- 
sprechen. Gleichzeitig tritt die Erscheinung auf, daß das Hydrogel, welches 
während des Verlaufes der Entwässerung in allen Teilen klar und wasserhell 
geblieben war, eben im Punkte O anfängt sich zu trüben, zunächst blau zu 
opalisieren, dann weiß mit Porzellanglanz, endlich opakweiß (kreideweiß) ohne 
Glanz zu werden. Nach dem Vorschlage van Bemmelens wird dieser für das 
Gel so charakteristische Punkt als „Umschlag" bezeichnet. Erreicht die Isotherme 
den Punkt Oj, so tritt der umgekehrte Vorgang ein: die Trübung verschwindet 
allmählich, das Gel wird wieder porzellanartig, dann schwach opalisierend und 
endlich glashell. 

Versucht man, von einem Punkte des Isothermenteiles 00^ das Hydro- 
sol wiederzuwässem, so zeigt es sich, daß die Kurve nicht zurück durchlaufen 

Wasaer- 
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Gds. 




Figur i8. 



wird, die Änderung also ebenfalls nicht umkehrbar ist. Es muß daher im 
Verlaufe von 00^ eine weitere Modifikation des Gels stattgefunden haben, die bei 
der Wiederwässerung noch nachwirkt. Setzt man das Gel in irgend einem Punkte 
zwischen 00^ höheren Dampfspannungen aus, so verläuft die Wiederwässerung 
im Sinne der in Figur i8 angegebenen Kurve h. 

Wird hierauf die Entwässerung des Gels über den Punkt O^ fortgesetzt, so 
erhält die Isotherme eine stärkere Krümmung und verläuft dann weiter bis zur 
vollständigen Entwässerung annähernd in gerader Richtung. Zu bemerken ist, daß 
die Lage des Isothermenteiles 0^0^ vom Umschlagspunkt O abhängt; bei je 
höherem Drucke dieser eintritt, umso länger wird der Kurventeil 0^0^. Die 
schematische Kurve K, welche in Figur i8 verzeichnet ist, deutet z. B. den Ver- 
lauf der Isotherme eines Gels an, bei dem der Umschlagspunkt schon zwischen 
9 und 10 mm Dampfspannung erreicht wurde. 

Der Kurventeil ö, O^ ist zum Unterschied von den beiden anderen Teilen 
der Isotherme umkehrbar, bei der Wiederwässerung durchläuft also die Iso- 
therme von jedem Punkte aus wieder die Kur\'e bis O^, (In der Figur ist die 
Umkehrbarkeit durch die beiden Pfeile ^ > angedeutet.) 

Vom Punkte O^ aus, also dem über konzentrierter Schwefelsäure ent- 
wässerten Gel mit etwa 0-2 HgO, soll nun der Vorgang der Wiederwässemng 
verfolgt werden. Die Isotherme für diesen Prozeß ist 0^0 ^0^0^ in Figur i8 
und setzt sich wieder aus drei Teilen, den stärker aufsteigenden Kurventeilen 
0^0^ und 0^0^ sowie dem dazwischenliegenden flacheren 0^0^ zusammen. Die 



124 



Die kolloidalen Grele. 



Strecke 0^0^^ fällt, wie schon aus dem früher Gesagten hervorgeht, vollständig 
mit O^Oq der Entwässerung zusammen. Vom Punkte Ö, aus entfernt sich die 
Kurve mit einem ganz graduellen Obergang von der Entwässerungskurve und 
setzt sich bis zu einem Punkte ö,, wo der Wassergehalt nur ±0-2 H^O höher 
ist, als beim Umschlagpunkte O, wobei der Druck 2 — 8 mm höher ist, fort. 
Es zeigt sich also eine gewisse Abhängigkeit des Verlaufes der Wiederwässerung 
von der Lage des Umschlagpunktes O, gleichzeitig eine Übereinstimmung der 
Isothermenteile 00^ mit 0^0^, welche sich auch durch Auftreten einer Trübung 
des Gels im Verlaufe von O^ O^ und Verschwinden derselben bei O^ äußert Das 
Kurvenstück 0^0^ endlich entspricht vollständig den durch Wiederwässerung im Ver- 
laufe von AO entstehenden Kurven g^ g^, es wird bei ansteigendem Druck nur 
wenig Wasser aufgenommen, das sehr lose gebunden ist. 

Bezüglich der Umkehrbarkeit der Änderungen während der Wieder- 
wässerung wurden die folgenden Tatsachen beobachtet. Der Kurventeil O^O^ 




h^ser^ehalt des Gels 

Figur 19. 
Schematische Isothenne des Hydrogels der Kieselsäure bei 15 ^ 

ist, wie schon aus dem früher Gesagten hervorgeht, in jedem Punkte völlig um- 
kehrbar. Die Kurve 0^0^ kann hingegen nicht in entgegengesetzter Richtung 
durchlaufen werden; wird von einem Punkte derselben ausgehend das Gel wieder 
entwässert, so entsteht eine Kurve, die nach O^ zurückführt, wobei das letzte 
Stück so ziemlich in den Lauf der Kurve 00^ fällt Derartige Zwischenkurven 
sind in der Figur 18 als /, /^ verzeichnet. Der Kurventeil 0^0^ ist endlich an- 
nähernd umkehrbar, was deutlicher aus der schematischen Figur 19 zu erkennen 
ist, welche den allgemeinen Verlauf und die Umkehrbarkeitsverhältnisse der ge- 
samten, experimentell ermittelten Isotherme veranschaulicht. 

Es ist schließlich noch der Vorgang der Wiederentwässernng des bis zu 
einem Dampfdruck von 12,7 mm wiedergewässerten Hydrogels (von Punkt O^ 
der Figur 18 ausgehend) zu beschreiben. Sie verläuft längs der Kurven 0^0 0^0^, 
wobei 0^0 anfangs annähernd mit 0^0^ zusammenfällt, darauf tritt bei O der- 
selbe Umschlag ein, wie hr bei der ersten Entwässerung beschrieben wurde imd 
der weitere Verlauf des Vorganges ist nun ebenso, wie bei der ersten Ent- 



5. Die Adsorption. 12 c 

Wässerung. Von O^ aus kann also über O^^O^O^, dann über O und O^ der 
ganze Kreislauf wiederholt in derselben Weise durchgemacht werden, und tat- 
sächlich hat VAN Bemmelen einen derartigen Kreislauf beim gleichen Gel sogar 
viermal experimentell verfolgt 

Für die Umkehrbarkeit der Teile des eben besprochenen Vorganges läßt 
sich bereits aus den bisherigen Angaben schließen, daß 0^0 vollständig umkehr- 
bar ist, während auf dem Kurvenstück 00^ die Änderung nicht rückgängig 
gemacht werden kann, indem bei der Wiederwässerung in irgend einem Punkte 
dieses Prozesses eine Kurve A sich verfolgen läßt, die annähernd geradlinig ver- 
läuft und in O^ endet. 

Werden alle Vorgänge im Zusammenhange betrachtet, so lassen sich nun 
an Hand der schematischen Kurven in Figur 1 9 die folgenden Ergebnisse erkennen. 
Die Entwässerung von A bis O ist überhaupt nicht umkehrbar, die Gleich- 
gewichtszustände auf diesem Kurventeil sind überhaupt nur einmal zu erreichen. 
Bei O gelangt das Gel in einen stationäreren Zustand, der wohl eine Umkehrung 
weiterer Zustandsänderungen gestattet, jedoch nicht geradeswegs, sondern auf 
einem Umweg. Die Isotherme der Entwässerung verläuft längs OOj, eine 
Wiederwässerung von irgend einem Punkt d (in Figur 18) führt nach Ö3, die 
weitere Entwässerung wieder nach O zurück. Im dritten Stadium (Kurve 0^0^) 
ist das Gel noch stabiler geworden, die Vorgänge sind ohne Umweg umkehrbar. 

Die Wiederwässerung wird im Verlaufe der Isotherme O^ O^ wieder weniger 
stationär, nur auf einem Umweg umkehrbar, indem die Wiederwässerung 
von irgend einem Punkte c längs einer Kurve / verläuft, die nach O^ führt 
Erst auf 0^0^ wird die Wiederwässerung wieder ohne weiteres umkehrbar. 

Der Kreislauf der Ent-, Wieder- und Wiederentwässerung läßt sich nur 
in der Richtung 00^0^0 durchlaufen, auch wenn man von ö^ oder O^ 
ausgeht. Fängt die Wiederwässerung von irgend einem Punkte d auf der 
Kurve 00^, die Entwässerung von einem Pimkte c der Kurve 0^0^ an, so er- 
gibt sich ein kleinerer Kreislauf, der jedoch ebenfalls nur in einer einzigen 
Richtung durchlaufen werden kann. 

Diese Erscheinungen haben eine gewisse Ähnlichkeit mit der sogen. 
Hysteresis beim Magnetisieren und Entmagnetisieren des Eisens. Wird die 
magnetische Kraft auf der 7 -Achse, 
der erhaltene Magnetisipus auf der x 

j:-Achse aufgetragen (vgl. Figur 20), ^ 
so hat, wenn beim Magnetisieren c§ 
y sa Op, X = pg ist, beim Entmag- ^ 
netisieren x für denselben Wert von S 
y einen höheren Wert pg^. Die ^ 
Magnetisierungs- und Entmagneti- § 
sienmgskurven können, wie die eben § 
besprochenen Isothermen des Hydro- ^ 
gels der Kieselsäure, nur in einer § 
einzigen Richtung durchlaufen werden. 

Nach dem Vorgange van Bemmelens ^ 3fagneUsmu8 

werden daher auch derartige Nach- 
wirkungen der früher durchlaufenen Figur 20. 
Zustände, die sich im Zurückbleiben 

des Gehaltes hinter den Änderungen des Druckes beim Hydrogel äußern, als 
Hysteresis bezeichnet 

Die Hysteresis äußert sich in einer Reihe merkwürdiger Vorgänge, die 
VAN Bemmelen ausführlich untersucht hat. So konnte dieser Forscher zwei Gele 
bestimmter Beschaffenheit in einem geschlossenen Raum nebeneinander stellen, 
bei denen Wasser von dem wasserärmeren nach dem wasserreicheren 



^JC 



126 ^>^ kolloidalen Gele. 

Gel überging, bis sie gleiche Dampfspannung erreicht hatten. Dieser Fall konnte 
theoretisch vorausgesehen werden und fand durch das Experiment vollste Be- 
stätigung. 

Es bleibt nun noch die Frage, wie die Erscheinung des „Umschlags" 
zu erklären ist und welche Umstände den Eintritt des Umschlags und damit den 
ganzen Verlauf der Isotherme eines Hydrogels beeinflussen. Es mag hier er- 
wähnt werden, daß bereits D. Brewster^ beobachtete, daB die Stelle eines 
Tabaschirstückchens, auf welche man etwas Wasser brachte, weiB und undurch- 
sichtig wurde. O. Maschke* fand beim Befeuchten von lufttrockener Kieselsäure- 
gallerte mit Wasser, Alkohol, Äther usw., daß sie in bestinmiten Stadien porzellan- 
artig weiß wird, worauf sie jedoch bei weiterem Austrocknen ihr früheres Aussehen 
vollständig wiedererlangt. Er fand, daß das Weißwerden bei einem Wassergehalt 
von etwa 44 ^/^ eintritt. 

Brewster erklärte nun den Eintritt des Umschlages als rein physikalische 
Erscheinung, hervorgerufen durch die Existenz zahlloser feiner Hohlräume im 
Tabaschir und den sehr geringen Brechungskoeffizienten der lufttrockenen Taba- 
schirsubstanz, der von dem der Luft nur wenig verschieden ist. Beim Benetzen 
sollen sich an die dünnen Porenwände Wasserschichten anlagern, wodurch in- 
folge des Unterschiedes der Brechungsexponenten von Luft imd Wasser die 
Masse undurchsichtig werden soll. 

VAN Bemmelen gibt in seiner mehrfach zitierten Abhandlung folgende Er- 
klärung für die Erscheinung des Umschlages: Vom Punkte O (Figur i8 und 19) 
an findet eine Umwälzung im Bau des schon ziemlich festen Gels statt, indem 
eine neue Koagulation stattfindet Die Kolloidteilchen ziehen sich von da ab 
fester zusammen und gehen in einen festeren Zustand über, werden dichter und 
erhalten dadurch ein kleineres Volum. Es müssen sdso Hohlräume entstehen, 
die teilweise mit Wasser, teilweise mit Luft gefallt sind, wodurch nun die Trü- 
bung auftritt Bei fortschreitender Entwässerung nähern sich die Kolloidteilchen 
wieder, so daß die leeren Räume verschwinden und das Gel in O^ wieder 
optisch homogen wird. 

O. BüTSCHLi* fand femer, daß im Moment des Umschlages eine mikro- 
skopisch sichtbare feinwabige Struktur auftritt, die beim späteren Glasigwerden wieder 
verschwindet Auf Grund dieser Beobachtung und anderweitiger theoretischer 
Erwägung stellte er* für die Umschlagserscheinung die Theorie auf, daß sie auf 
der Entstehung von Luftbläschen im Gel beruht, welche beim Austrocknen in den 
Waben auftreten und bei einer gewissen Größe optisch wirksam werden. Bei 
einer gewissen Dünne der Gerüstwände und der darauf befindlichen Wasser- 
schichten nimmt jedoch ihre Sichtbarkeit ab und erlischt schUeßlich ganz. Die 
Erscheinung hängt also mit der ungemeinen Dünne der Hohlraumwände, welche 
nach der Berechnung unter 0,2 /tx bleibt, zusammen. Werden die Wände durch 
weitere Austrocknung noch dünner, so erscheint die Masse trotz ihrer inhomo- 
genen Natur und Hohlraumbildung homogen und glasig durchsichtig. Bütschli 
teilt daher die Ansicht van Bemmelens, daß beim Umschlag eine Art neuer 
Koagulation oder Spaltung der Gelsubstanz in zwei verschieden wasserhaltige 
Bestandteile eintrete, nicht und bestreitet die Annahme, daß das Auftreten der 
Durchsichtigkeit nach dem Umschlage durch Verschwinden der leeren Räume im 
Gewebe zu erklären sei. Es zeigt sich nämlich, daß ein wieder durchsichtig ge- 

^ Philos. Trans. Roy. Soc. London. 2. 263. 1819; Edinburgh Joum. of science. 1828. 
285. — 2 Zeitschr. d. deutsch, geolog. Ges. 1855. 438; Ann. 22L 549—578; 222. 90—110. 
1872. — 3 Verh. d. nat.-med. Ver. Heidelbeig. N. F. 6. 230 — 292. 1894. — * „Untersuchungen 
über die Mikrostruktur künstlicher und natürlicher Kieselsäuregallerten'^ Heidelberg. 1900. 
p. 304 ff- 



5. Die Adsorption. 127 

wordenes Gel beim Eintauchen in Wasser viel mehr Luft austreten läßt, als ein 
trübes, übrigens beim fortgesetzten Entwässern an Volum nicht abnimmt,^ was 
nach der Erklärung van Bemmeleks der Fall sein müßte. 

Die Umstände, welche das Auftreten des Umschlages bei verschiedenem 
Wassergehalt und Druck beeinflussen, wurden von van Bemmelen in ausführ- 
licher Weise imtersucht Es kommen hier folgende Wirkungen in Betracht: i. die 
Zeitwirkung, 2. der Gang der Entwässerung, 3. die Bereitungsweise, 
4. die Temperatur. 

Die Zeitwirkung äußert sich beim nicht entwässerten Gel so, daß bei 
längerer Zeitdauer der Umschlagspunkt bei höherem Wassergehalte eintritt. Das 
teilweise entwässerte Hydrogel zeigt eine mit der Zeit fortschreitende Verschiebung 
des Umschlagspunktes nach dem Gebiete der niedrigen Dampfdrucke, eine ähn- 
liche Wirkung übt die Zeit auf gänzlich entwässerte Gele aus. 

Hinsichtlich der Einwirkung des Ganges der Entwässerung wurde be- 
obachtet, daß die schnellere Entwässerung das Auftreten des Umschlagspunktes 
eher verzögert als befördert. 

Die Art der Bereitung des Gels, insbesondere die Konzentration der 
Lösung, aus der es ausgeschieden wurde, sowie sein Alter, beeinflussen in noch 
unbekannter Art den Eintritt des Umschlages. 

Die Erhitzung ist eine Beschleunigung der Zeitwirkung, der Umschlags- 
punkt verschiebt sich also bei der Einwirkung höherer Temperaturen nach der 
Seite des geringeren Wassergehalts. Wie in einer späteren Abhandlung^ gezeigt 
wurde, nimmt durch das Erhitzen das Absorptionsvermögen ab und geht endlich 
völlig verloren, was auf das Verschwinden der Hohlräume bei der Erhitzung zu- 
rückzuführen sein soll. Bütschli' fand hingegen, daß beim Glühen die Hohlräume 
keineswegs verschwinden, sondern im Gegenteil deutlicher werden und sich zu 
unregelmäßige Sphärolithen anordnen, wodurch auf einen tiefergehenden Um- 
wandlungsprozeß geschlossen werden kann, dessen eigentliche Natur noch unbe- 
kannt ist. Ähnliche sphärolitische Gebilde wurden mikroskopisch in natürlich 
vorkommenden Opalen nachgewiesen, van Bemmelen* bestimmte das spezi- 
fische Gewicht der Substanz, welche im Hydrogel der Kieselsäure die Wände 
des Gewebes bildet, zu ungefähr 2,5 — 3,0, andererseits jenes der geglühten Gel- 
substanz zu 2,2, woraus folgt, daß beim Glühen keine Erhöhung des spezifischen 
Gewichts eintritt. Es scheint sich demnach beim Glühen das ganze Gewebe 
derart zusammenzuziehen, daß die Hohlräume allmählich verschwinden, wobei 
sich die Struktur in der von Bütschli festgestellten Weise ändert und Hohl- 
räume in geringer Zahl bestehen bleiben können, jedoch durch die undurchdring- 
lich gewordenen Wände des Gewebes vom weiteren Wasserzutritt abgeschlossen 
bleiben. 

Faßt man die Ergebnisse dieser ausgedehnten Untersuchungen zusammen, 
so zeigt es sich, daß die beim graduellen Entwässern gefällter Kielsäurehydrogele 
auftretenden Zwischenstufen keineswegs bestimmten chemischen Formeln, 
also bestimmten „Kieselsäuren" entsprechen, sondern nur mehr oder weniger 
labile kolloidale Komplexe von SiOg'ÄHjO sind, deren Wassergehalt nur 
von physikalischen und anderen äußeren Umständen abhängt. Gegenüber diesen 
Ergebnissen scheinen z. B. die theoretischen Voraussetzungen der neueren Arbeiten 
von G. TscHERMAK,** wonach angeblich durch Zersetzung von Silikaten mit Salz- 
säure verschiedene Kieselsäuren entstehen (es werden deren fünf: Orthokiesel- 
säure, Metakieselsäure, Leudtsäure, Granatsäure, Albitsäure, beschrieben), noch 
fraglich zu sein. 

• Dies bestätigte van Bemmelen, Z. anorg. Ch. 18. p. iii. 1898. — ^ j, m. van 
Bemmelen, Z. anorg. Ch. 18. 98 — 146. 1898. — ^ „Untersuchungen über die Mikrostruktur*^ 
p. 335 ff. — * Z. anorg. Ch. 30. 265—279. 1902. — ^ Z. phys. Ch. 63. 349 — 367. 1905. 



128 



Die kolloidalen Gele. 



Entwässenmg des Eisenoxydhydrogels. 

In derselben Weise wie es eben für die kolloidale Kieselsäure beschrieben 
wurde, bestimmte van Bemmelen ^ die Isotherme des kolloidalen Eisenoxyds bei 
15®. Es zeigt sich, daß auch hier, wie bei allen Gelen, der Wassergehalt konti- 
nuierlich mit der Dampfispannung abnimmt, doch hält das Ferrihydroxydgel das 
Wasser stärker absorbiert als das Hydrogel der Kieselsäure. Figur 21 ver- 
anschaulicht z. B. di6 Isothermen eines aus verdünnter Eisenchloridlösung gefällten, 



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Wassergehalt des Gels 
Figur 21. 



frischen Hydrogels; nach dem Verlaufe dieser Kurven lassen sich folgende Be- 
ziehungen erkennen. Die Entwässerungskurve ist A00^\ auf AO ist der Ent- 
wässerungsprozeß nicht umkehrbar, O ist jedoch kein eigentlicher Umschlagspunkt 
wie bei der Kieselsäure, die Kurve verändert ihre Richtung nicht, wird aber von 
O an (bei ± 8,5 H^O und einer Dampfspannung von 4 — 5 mm) bis O^ um- 
kehrbar, so daß jede Wiederwässerung auf dem Kurventeil 00^ nach O zu- 
rückfahrt. 

Die Wiederwässerungskurve von O^ an verläuft über O^ nach 0^\ sie ist 
nicht umkehrbar, eine Wiederentwässerung von irgend einem Punkte c aus ent- 
spricht einer neuen Isotherme h. Das Kurvenstück 0^0'^ ist umkehrbar. 

Die Wiederentwässerungskurve O^O^O^Oq ist jener der Kieselsäure ähnlich. 
In der Nähe des Punktes O nimmmt sie annähernd horizontale Richtung an und 
krümmt sich erst wieder bei Oy Eine Wiederwässerung von irgend einem Punkte 
aus verläuft gemäß einer Zwischenkurve /. 

Die Verhältnisse liegen also ganz ähnlich wie bei der Kieselsäure, auch die 
Erscheinungen der Hysteresis, des Einflusses der Bereitungsweise, der Zeit imd 
Temperatur äußern sich in ganz analoger Weise. 

Es ist dadurch bewiesen, daß auch das Ferrioxyd im allgemeinen keine wirk- 
lichen Hydrate, sondern nur variable Absorptions verbindungen mit Wasser 
bildet. Die vielfachen Literaturangaben Über verschiedene, bestimmt zusammen- 
gesetzte Eisenoxydhydrate*, sowie auch die neueren Arbeiten von W. Spring,' 
wonach sich durch Ausfällen von Ferrichlorid mit Ammoniak und Trocknen des 



1 Z. anorg. Ch. 20. 185 — 211. 1899. — ^ Vgl. hierüber z. B. Dammer, Handbuch der 
anorganischen Chemie. 3. p. 202. — 3 Reo. trav. chira. Pays-Bas. 17. 222. 1898. 



5. Die Adsorption. I2q 

Niederschlages ein definiertes Hydrat der Zusammensetzung Fe^Oj -411,0 bilden 
soll, sind daher mit den Eigenschaften der Kolloide unvereinbar. 

Indes müssen hier die Ergebnisse der Untersuchung von O. Ruff^ erwähnt 
werden, nach welchen das rote, kolloidale Eisenoxydhydrat unter hohem Druck 
relativ rasch in wirkliche, stabile Oxydhydrate überzugehen vermag. Solche 
wirkliche Hydrate sind Göthit und Brauneisenstein; letzterer stellt eine 
amorphe, gelbe Modifikation dar, deren Wassergehalt, zum Unterschied von den 
instabilen Modifikationen des kolloidalen Eisenhydroxydgels, selbst bei Temperaturen 
von 40 — 70^ kaum beeinflußt wird. 

Neuerdings hat van Bemmelen* gezeigt, daß auch die verschiedenen Modi- 
fikationen der Zirkonsäure (Metazirkonsäure) nur kontinuierliche Übergänge des 
kolloidalen Hydrogels von ZrO,, also Absorptionsverbindungen von variabler Zu- 
sammensetzung sind. 

Wie schon an anderer Stelle erwähnt wurde, hatte van Bemmelen seinen 
Anschauungen zunächst die hypothetische Annahme eines Micellengewebes in den 
Hydrogelen zi^;runde gelegt, nahm jedoch später* auf Grund der Arbeiten 
BüTSCHLis das Bestehen einer wabigen Mikrdstruktur (vgl. p. 89) an, in welcher 
die Ursache der meisten Eigentümlichkeiten des Kolloidalzustandes zu suchen wäre. 

Aus allen diesen Arbeiten geht hervor, daß das Wasser in den Kolloiden 
nicht chemisch nach bestimmten Proportionen, sondern als Absorptionsver- 
bindung gebunden ist, deren Zusammensetzung kontinuierlich von der 
Temperatur, der Dampfspannung und dem molekularen Bau des Kol- 
loids — (der je nach Bereitung, Alter usw. verschieden ist) — abhängt. Die 
Flüssigkeit, welche das Kolloidgewebe einschließt, läßt sich nur teilweise aus- 
pressen, verdampft jedoch durch Verminderung des Dampfdruckes stetig, wobei 
der Gang der Entwässerung durch eine Isotherme von charakteristischem Verlauf 
darzustellen ist. 



c) Die Adsorption von Stoffen ans Lösungen dnrch Hydrogele. 

Die meisten Gele besitzen in hervorragender Weise die Fähigkeit, aus 
Lösungen die gelöste Substanz zu adsorbieren. Wie z. B. A. Famintzin* fand, 
ninmit eine Membran von Eaeselsäure Fuchsin mit Begierde auf, dieser Farbstoff 
läßt sich sodann durch Auswaschen nicht wieder völlig entfernen. Das Verhalten 
der Eiweißkörper, bei der Koagulation andere in Lösung befindliche Stoffe mit- 
zureißen, ist bekannt und verursacht bei den Versuchen zur Reindarstellung von 
Eiweißstoffen große Schwierigkeiten. Die Adsorption von Farbstofifen aus ihren 
Lösungen wird in der Mikroskopie vielfach zur Tinktion der Gewebe und be- 
stimmter Zellpartien verwendet 

Anorganische Niederschläge kolloidaler Natur adsorbieren ferner mit großer 
Energie Salze aus Lösungen, so daß es bekanntlich auch durch langes Aus- 
waschen nicht gelingt, gewisse Niederschläge völlig rein zu erhalten. 

Diese Vorgänge sind jenen der Adsorption durch amorphe Stoffe mit großer 
Oberfläche ähnlich, und es ist naheliegend, in Anbetracht der zelligen Mikro- 
struktur der Gele, welche eine große Oberfiächenentwickelung bedingt, dieselben 
als reine Adsorptionsprozesse, also mechanische Verdichtungen der gelösten Sub- 
stanz an Oberflächen, zu betrachten. Indessen deuten nach der Auffassung van 
Bemmelens zahlreiche Umstände darauf hin, daß bei manchen Gelen eine voU- 

^ Ber. 34. 3417—3430. 1902. — ^ Z, anorg. Ch. 49. 125—147. 1906. — 3 Z. anorg. 
Ch. 18. 14—36. 1898. — - * Bull. Ac. Petersb. 29. 214—215. 1884. 

Müller, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 9 



] 2Q Die kolloidalen Gele. 

Standige, homogene Durchdringung der Moleküle des absorbierenden und jener 
des absorbierten Stoffes, eine Absorption im engem Sinne, stattfindet Diese 
kennzeichnet sich manchmal durch das Auftreten chemischer Prozesse, von Zer- 
setzimgen imd Substitutionen, es bilden sich gewissermaßen Verbindungen des 
betreffenden Gels mit geringen Mengen des adsorbierten Stoffes oder seiner 
Bestandteile, die allerdings nicht wie wirkliche chemische Verbindungen nach 
konstantem Molekularverhältnisse zusammengesetzt sind, sondern alsAbsorptions- 
Verbindungen keiner chemischen Formel entsprechen und eine Zusammensetzung 
zeigen, die in komplizierter Weise von verschiedenen näher zu erörternden Um- 
ständen abhängt 

Es ist jedoch zweifellos, daB der adsorbierte Stoff hauptsächlich durch 
Verdichtung auf den Gewebewänden des Gels zurückgehalten wird, so daß bei 
kolloidalen Gelen Ad- und Absorptionsvorgänge sich vollziehen können. Da 
es vorläufig unmöglich ist, diese beiden Vorgänge in ihrer Wirkung zu trermen, 
bezeichnet das Wort Absorption in den Forschungen vanBemmelens die Summe 
der absorbierenden Wirkungen, welche ein Gel ausübt 

Derselbe Forscher hat in einer Reihe ausführlicher Experimentalunter- 
suchungen die Erkenntnis der Adsorptionsvorgänge durch kolloidale Gele wesentlich 
erweitert; die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeiten sind im folgenden kurz 
wiedergegeben. 

Die hierauf bezüglichen Forschungen nahmen von Arbeiten über das Absorp- 
tionsvermögen der Ackererde^ ihren Ausgang. Es zeigte sich zunächst, daß die 
Ackererde ihre absorbierende Wirkung auf Salzlösungen der Alkalien und alkalischen 
Erden ihrem Gehalte an basischen (zeolithischen) in Salzsäure löslichen Silikaten 
verdarütt, welche CaO, MgO, Na,0, K^O enthalten. Diese Oxyde werden mit jenen 
der Salzlösung ausgewechselt Durch Auskochen der Erde mit Salzsäure, wobei eine 
Zersetzung der basischen Silikate stattfindet, wird das Absorptionsvennögen für 
Alkalisalze vernichtet, doch absorbiert die so veränderte (kieselsäurehaltige) Substanz 
Alkalihydroxyde- und Carbonate, ebenso gewisse Alkalisalze schwacher Sauren 
(CO3, PO^, BgO^). Aus diesen ganz bestimmten Wirkungen der Ackererde scheint 
hervorzugehen, daß der Absorptionsvorgang in diesen Fällen k^in mechanischer 
ist, sondern chemischen Reaktionen, der Bildung von eigenartigen Verbindungen 
der Kieselsäure zuzuschreiben ist 

Genauere Vorstellungen ergab die Untersuchung der Absorptionswirkung 
verschiedener fester Oxydhydrate. ^ Das Hydrogel der Kieselsäure absorbiert 
Alkalien, Chloride, Sulfate und Nitrate des K imd Na, ebenso Mineralsäuren 
aus wässeriger Lösung, wobei aus diesen Lösungen so viel gebunden wird, als 
dem im Gel gebundenen Wasser und der Konzentration annähernd entspricht, 
so daß das Wasser des Gels gewissermaßen die gelöste Substanz mit dem 
Lösungswasser teilt Bei der Absorption köimen chemische Zersetzungen ein- 
treten, indem bei Salzen schwacher Säuren nur die Base gebunden wird; oder 
es vollziehen sich chemische Substitutionen, indem z. B. ein Gel, welches Kalk 
absorbiert hatte, bei Berührung mit einer Alkalisalzlösung einen Teil des Kalkes 
gegen Alkali auswechselt Es können femer ganz bestimmte Verhältnisse ein- 
treten, unter denen die Adsorptionsverbindung von Kieselsäuregel und Alkali in 
die wirkliche Verbindung SiO, -NajO-SH^O übeigeht 

Andere Hydrogele (so z. B. jene der Metazinnsäure, Zinnsäure und des 
Mangandioxydhydrats) zeigen in bezug auf gewisse gelöste Stoffe weit intensivere 
Absorptionswirkung als Kieselsäure. Auch die übrigen Erscheinungen, wekhe 
bei der Absorption auftreten, zeigen sich bei diesen KoUräden in erhöhtem Maße, 



1 Landw. Vers. Stat 31. 135—191. 1878; 38. 265—303. 1878. — * J. pr. Chem. 
(2) 23. 324—349, 379—395- 1880. 



5. Die Adsorption. 



131 



SO vermag z. B. das Hydrogel des Mangandioxyds nicht bloß die Salze schwächerer 
Säuren, sondern sogar KCl, KNO3 und K^SO^ in wässeriger Lösung so zu zersetzen, 
daß die Lösung freie Säure enthält. 

Die eben erörterten Tatsachen lassen nun den Schluß zu, daß es insbe- 
sondere die kolloidalen Bestandteile des Ackerbodens sind, welche seine absor- 
bierenden Wirkungen verursachen, also die Humussubstanzen, das kolloidale 
Eisenoxyd, die kolloidale Rieselsäure und die amorphen zeolithischen Silikate.^ 

Der Voigang der Adsorption durch Gele läßt sich (ähnlich wie die Ad- 
sorption in Lösungen durch pulverige feste Körper, vgl. p. 1 1 3) auf Grund der bisher 
erwähnten und einer Reihe weiterer Versuche als Verteilung eines gelösten Stoffes 
zwischen der Gelsubstanz und der flüssigen Lösung, also eine umkehrbare Reak- 
tion in einem heterogenen System betrachten, welche der Verteilung einer lös- 
lichen Substanz zwischen zwei flüssigen Schichten vergleichbar ist.' Bezeichnet 
man als Konzentration des Kolloids (6^) die Zahl der Moleküle Substanz, welche 
in 100 Molekülen Kolloid gelöst sind, andererseits als Konzentration der Lösung 
(C*j) die Zahl der Moleküle Substanz, die in 100 Molekülen Wasser gelöst sind, 
so besteht die Beziehung 

wobei k nicht konstant ist, sondern nach einer gewissen Funktion mit der Kon- 
zentration abnimmt, außerdem in komplizierter Weise von verschiedenen Fak- 
toren abhängt, deren Einfluß weiter unten erörtert werden soll. Man kann 



»\ 



■ 



z 3 *t 5 € 

-^ MoL SOm Ut 100 ccm ffhsscr 



Figur 22. 

Adsorptionsisothenne von Metazinnsfture beziiglicb Schwefelsäure (nach van Bemmelen). 
A ™ ffSir Metazinnsäure lufttrocken; ^ b für Metazinnsäure bei gelinder Wirme getrocknet 



demnach den Verlauf jedes Absorptionsvorganges graphisch darstellen, indem man 
die experimentell ermittelten Werte für C^ und C^ in einem rechtwinkligen 
Koordinatensystem verzeichnet. Trägt man die Cj -werte als Ordinaten, jene von C, 
als Abszissen auf, so ergeben sich im allgemeinen Kurven, die anfangs stark ge- 
krümmt sind, später jedoch flacher und allmählich horizontal werden (vgl. Figur 22). 

^ Landw. Vers. Stat. 36. 69—136. 1888. — 2 j, M. van Bemmelen, Landw. Vers. 
SUt. 86. 69—136. 1888; Z. anorg. Ch. 23. iii— 125, 321—372. 1900. 

9* 



132 



Die kolloidalen Gele. 



Ein Vergleich dieser Kurven mit jenen, welche den quantitativen Verlauf 
der Adsorption organischer Sauren durch Kohle kennzeichnen (Figur 17 auf 
p. 117] läßt eine weitgehende Analogie dieser Voi^änge erkennen. 

Der eben gekennzeichnete Verlauf der Adsorptionskurve stimmt übrigens 
auch, wie van Bemmelen annimmt, mit der theoretischen Vorstellung über den 
Mechanismus des Adsorptionsverlaufes durch kolloidale Gele üb^rein. Kommt 
nämlich die gelöste Substanz mit dem absorbierenden Gewebe in Berührung, so 
werden die obenliegenden Schichten, wo die Anziehung am höchsten ist, sich zuerst L 
sättigen, nachher allmählich die weitergelegenen Schichten, wobei die Anziehung ^ 
schwächer ist, so daß aus diesem Grunde die Geschwindigkeit graduell abnimmt 
Ein weiterer Grund fdr die Abnahme der Adsorptionsgeschwindig^eit könnte in 
der Abnahme der Lösungskonzentration liegen. Nur in ganz bestinunten Fällen, 
besonders bei Kolloiden mit schwachem Absorptionsvermögen (Kieselsäure, Acker- 
te 
erde auf Salzlösungen) nähert sich die Kurve einer Geraden -y}-, ist also dann 

annähernd konstant, die Verteilung erfolgt, nach Maßgabe des Henry sehen Ge- 
setzes (vgl. hierzu die Arbeit von G. C. Schmidt, p. i i 4). 

In welcher Weise jedoch die bei kolloidalen Gelen auftretenden bereits 
besprochenen chemischen- und Absorptionsnebenwirkungen den reinen Adsorptions- 
vorgang beeinflussen, ist theoretisch bisher nicht klargestellt 

c 

Nur für den Faktor k der obigen Gleichung -^ =/ß) ließen sich auf 

Grund experimenteller Forschungen van Bemmelens einige Schlüsse ziehen. 

Es wurde bereits an früherer Stelle (p. 131) hervorgehoben, daß der Ad- 
sorptionsquotient k von verschiedenen Umständen abhängig sei; die wichtigsten 
für den Gang der Adsorption wesentlichen Einflüsse sind nun fönende: die Art imd 
der Bau des Kolloids, die Art des gelösten Stoffes, die Temperatur; femer die 
Art des Lösungsmittels und der Zustand der Moleküle des gelösten Stofi*es. 

Die Abhängigkeit des Adsorptionsvorganges von der Art des Kolloids 
kennzeichnet sich dadurch, daß bei gleicher Substanz jede Modifikation der 
Struktur des Gelgewebes das Adsorptionsvermögen für gelöste Stoße und daher 
die Zusammensetzimg der entstehenden Adsorptionsverbindung abändert So zeigt 
Figur 22 (p. 131) die Adsorptionskurven für dieselbe Metazinnsäure, welche aus 
Zinn mittels Salpetersäure bereitet wurde bezüglich Schwefelsäurelösungen; die 
Kurve A ergab sich für lufttrockene Metazinnsäure, B für eine solche, die bei 
gelinder Wärme getrocknet war. Als Ursachen von Änderungen des Gelgewebe- 
baues sind insbesondere Alter des Gels (säkulare molekulare Umsetzimg), Erhitzung 
und Einwirkung anderer Stoffie — deren Natur an sich wieder eine wesentliche 
Rolle spielt — anzusehen. 

Die Natur des gelösten Stoffes spielt insofern eine Rolle, als die Inten- 
sität der Adsorption wesentlich von seiner chemischen Zusammensetzung abhängt 
Sie ist dann am größten, wenn Hydrogel und adsorbierte Substanz befähigt sind, 
auch zu chemischen Verbindungen zusammenzutreten, so daß die Adsorption ge- 
wissermaßen als Vorläufer der chemischen Verbindung auftritt. Das 
Hydrogel der Kieselsäure adsorbiert also besonders stark Alkalien und Kalk, 
weniger die starken Säuren; jenes der Zinnsäure adsorbiert hingegen mit großer 
Intensität freie Salzsäure und Schwefelsäure. 

Die Rolle der anderen angegebenen Einflüsse wurde zwar in einzelnen 
Fällen sicher festgestellt, doch fehlt vorderhand eine systematische Kenntnis 
dieser Vorgänge. 

Ein Verlust des Adsorptionsvermögens der Gele tritt dann ein, wenn sie 
durch Erhitzung oder andere Wirkungen ihre Struktur so vollständig verändern, 
daß sie dicht werden und keinerlei Hohlräume aufweisen oder wenn sie in wahre 



5* Die Adsorption. Ißj 

kristallinische Hydrate übergehen. Das Hydrogel des Aliminumhydroxyds zeigt 
zum Beispiel ziemlich intensive Adsorption für K^SO^; wird es jedoch durch 
Lösen in Alkali und langsame Einwirkung von Kohlensäure in das chemische 
Hydrat AlgOg • 3 H^O verwandelt, so absorbiert es gar kein K^SO^ mehr. 



Gewisse Erscheinungen, welche bei der Koagulation kolloidaler Lösungen 
auftreten, lassen sich nun vom Standpunkte der Adsorptionstheorie van Bemmelens 
befriedigend erklären. So hatte R. Warrington ^ die Beobachtung gemacht, daß 
die Hydrogele von Fe^Oj und Al^Oj aus Lösungen von Ammonsalzen etwas 
Säure absorbieren und Anunoniak freimachen, femer fanden S. E. Linder und 
H. PiCTON*, daß bei der Koagulation von Arsensulfidhydrosol durch Barium- 
chlorid etwas Barium adsorbiert wurde, wobei Salzsäure freiblieb und auch 
W. R. Whitney imd J. E. Ober sowie J, Billitzer (vgl. p. 51 und 78) haben 
ähnliche im Verlaufe der Koagulation von kolloidalen Lösungen auftretende Zer- 
setzungsvorgänge beschrieben. Diese Vorgänge sind den schon erwähnten Zer- 
setzungen von Salzen in Lösungen im Verlaufe von Adsörptionsvorgängen analog. 
Kieselsäure zersetzt Salze schwacher Säuren, indem gewissermaßen Hydrolyse 
eintritt; aus Lösungen von KjCOj und NagCOj wird etwas Alkali absorbiert 
und die äquivalente Menge KHCOg und NaHCOg frei, in Lösungen von 
NagHPO^ wird NaHjPO^, in solchen von Natriumborat wird Biborat gebildet 
Auch stark konstituierte Salze werden, wie schon erwähnt, durch kolloidales 
MnOj unter Hydrolyse zerlegt, aus KjSO^-lösung wird z. B. Kalium intensiv ab- 
sorbiert und Schwefelsäure frei. — Es muß jedoch bemerkt werden, daß in jüngster 
Zeit H. Freundlich^ über die Ursache derartiger Spaltungen im Verlaufe von 
Adsorptionsvorgängen Vorstellungen entwickelt hat, welche auf die Annahme einer 
verschieden intensiven Adsorption der einzelnen Ionen von Salzen durch Hydro- 
gele hinausgehen. Die Einzelheiten dieser Hypothese werden weiter unten erörtert. 
Besonderes Interesse bieten jene Koagulationsvorgänge, bei denen das 
ausfallende Hydrogel mit dem ausfällenden Elektrolyten unter Umständen auch 
wahre chemische Verbindungen zu bilden vermag.* Wurde z. B. das Hydrosol des 
Ferrihydroxyds durch Schwefelsäure koaguliert, so zeigte sich vor dem Beginne 
der Lösung des Oxydhydrats in der Säure eine Adsorption von Anteilen der 
Schwefelsäure in unbestimmtem Verhältnisse. Wird femer das Hydrosol 
der Kieselsäure durch Barytlösung zur Koagulation gebracht, so adsorbiert das 
ausfallende Gel Baryt in unbestimmtem Verhältnisse, solange die adsorbierte 
Menge unter 0,5 Mol auf 1 Mol SiOg bleibt Ist diese Grenze überschritten, so 
beginnt die Bildung von kristallinischem Bariumsilikat. Durch diese Versuche 
ist bewiesen, daß auch in jenen Fällen, in welchen unter bestimmten Verhältnissen 
Kolloid und Elektrolyt in Verbindung treten können, unter bestimmten Grenzen 
des Elektrolytwertes nur Adsorptionsverbindungen mit deren charakteri- 
stischen Kennzeichen, j edoch keinerlei chemische Verbindungen entstehen. Wird 
daher z. B. durch Dialyse der Lösung eines Schwermetallsalzes — etwa Ferri- 
chlorid — das Hydrosol des betreffenden Hydroxyds hergestellt, so werden die 
letzten Reste des Elektrolyten mit großer Hartnäckigkeit absorbiert, was auch 
nach dem früher charakterisierten Verlaufe der Adsorptionskurve zu erwarten ist 
Diese Vorstellungen erlangen ein gewisses Interesse gegenüber den neueren 
Theorien der kolloidalen Lösungen, nach welchen eine bestimmte Menge von 
enthaltenem Elektrolyt überhaupt die Stabilität eines Sols vermittelt und finden 
daher an anderer Stelle weiter Berücksichtigung. 



\ 



1 J. pr. Chem. (i) 104. 316 — 318. 1868. — 2 Journ. Chem. Soc. 61. 114 — 136. 1892. 
— 5 Z. f. Chem. und Ind. d. Koll. 1. 321 — 331. 1907. — * van Bemmelen, Z. anoi^. 
Chem. 36. 380 — 402. 1903. 



17 A Die kolloidalen Gele. 

Schon die eben besprochenen älteren Arbeiten van Bemmelens deuten 
darauf hin, daß gewisse Analogien zwischen den Adsorptionsvorgängen durch 
amorphe, pulvrige Körper und jenen durch kolloidale Gele bestehen. So ist der 
Verlauf der Adsorptionsisotherme in beiden Fällen, wie bereits erwähnt wurde, 
annähernd analog (vgl. Figuren 1 7 und 2 2), ferner stimmt die von van Bemmelen 
aufgestellte allgemeine Absorptionsgleichung (p. 131) mit der für die Adsorption 
durch amorphe Pulver gefundenen Gleichgewichtsbeziehung (p. 116) insofern über- 
ein, als auch sie sagt, daß das Teilungsverhältnis des gelösten Stofifes zwischen 
fester und flüssiger Schichte im allgemeinen nicht konstant, sondern eine 
Funktion verschiedener Faktoren, vor allem der Konzentration, ist. 

Noch durchgreifender wurde diese Analogie durch einige neuere Arbeiten 
erwiesen, welche die Konzentrationsänderungen im Verlaufe der Adsorption ge- 
löster Stofife durch Hydrogele messend verfolgten. 

So fand W. Biltz,^ daß gefälltes Lanthanoxydhydrat aus Jodlösung be- 
stimmte Mengen von Jod adsorbiere, und zwar aus verdünnterer Lösung relativ 
mehr als aus konzentrierterer. Hierbei zeigte es sich auch, daß das Verhältnis 
zwischen dem adsorbierten Jod und dem nach beendeter Adsorption in der 
Lösung verbleibenden Jod nicht konstant ist — . Bei der Untersuchung der Ad- 
sorption von arseniger Säure durch Eisenoxydhydratgel ^ ergab sich femer, als 
bei Zimmertemperatur bestimmte Mengen des Gels mit gleichen Volumina von 
Lösungen arseniger Säure verschiedener Konzentration gemischt wurden und die 
nach vollendeter Adsorption in der Flüssigkeit zurückgebliebene Menge x mit der 
vom Gel aufgenommenen Menge y verglichen wurde, daß folgende Beziehung 
bestand: 

^— = konst. = 0,631 . 

X 

Dieser Befund schließt sich völlig an die für Adsorptionsvorgänge als all- 
gemein gültig anerkannten Gesetzmäßigkeiten an, und auch die fOr diesen Vor- 
gang ermittelte AdsorptionsLsotherme verläuft ganz ähnlich, wie die bereits 
wiederholt erwähnten Adsorptionskuxven. 

Andere Adsorptionsvorgänge durch kolloidale Gele und ähnliche Stoffe, die 
insbesondere für gewisse praktische Vorgänge wichtig sind^ werden weiter unten 
gelegentlich der Darlegungen der Adsorptionsverbindungen ausführlichei- erörtert 

d) Die AdBorptionsverbindnngen. 

Es wurde oben gezeigt, nach welchen charakteristischen Gesetzmäßigkeiten 
die Adsorption gelöster Stoffe durch feste Körper — seien es pulverige Substanzen 
oder gelartige, kolloidale Gebilde — sich vollzieht In allen Fällen ist das Er- 
gebnis derartiger Adsorptionsvorgänge ein Komplex zwischen dem adsorbierenden 
festen Stoff und den aus der Lösung adsorbierten Anteilen. Die Zusammen- 
setzung derartiger Komplexe ist lediglich durch den Verlauf des Adsorptions- 
vorganges (also vor allem durch die Konzentration der Lösung, die physikalische 
Beschaffenheit der festen Phase, Temperatur usw.) bestimmt, keinesfalls sind für 
sie einfache Äquivalentzahlen maßgebend, wie sie chemische Verbindimgen charak- 
terisieren. 

Man bezeichnet derartige Komplexe nach dem Vorgange van Bemmelens 
als Adsorptionsverbindungen.' 



1 Ber. 37. 719—724. 1904. — 2 Ber. 37. 3138— 3150. 1904. — 3 van Bemmelen 
selbst hatte in seinen Arbeiten die in Rede stehenden Gebilde als Absorptionsverbindungen 
bezeichnet, wie er überhaupt allgemein von einer Absorption gelöster Stoffe durch (jele sprach 
(vgl. p. 130). Nach den neueren Ergebnissen der Forschung ist es jedoch vorzuziehen, diese 
Vorgänge dem allgemeinen Gebiete der Adsorption unterzuordnen. 



5. Die Adsoq^tion. I^e 

Dieser Forscher hatte zunächst die Absorption des Wassers in den ver- 
schiedenen Hydrogelen und hieran anschließend die Adsorption von Säuren, 
Basen und Salzen aus ihren Lösungen durch kolloidale Gele und ähnliche Stoffe, 
sowie die hierbei entstehenden Adsorptionsverbindungen studiert; von diesen 
Untersuchungen war bereits in den vorhergehenden Abschnitten die Rede. 

In der Folge zeigte es sich jedoch, daß der Begriff der Adsorptionsver- 
bindungen sich wesentlich erweitem läßt und nach W. Biltz ^ für alle Gebilde 
anwendbar ist, welche durch Vereinigung von festen oder gelösten Kolloiden mit 
anderen festen oder gelösten Kolloiden, Kristalloiden und Elektrolyten zustande 
kommen, insofern es sich nicht unzweifelhaft um wahre chemische Verbindungen 
handelt. Die Ursache der Entstehung von Adsorptionsverbindungen ist in erster 
Linie im physikalischen Verhalten der Kolloide zu suchen, wobei sich jedoch 
häufig eine an chemische Reaktionen erinnernde spezifische Wirkang der Kolloide 
erkennen läßt, so daß Biltz, um die gleichzeitig wirkenden Ursachen zu be- 
zeichnen, welche diesen Adsorptionsvorgängen zugrunde liegen, eine Zustands- 
affinität der Kolloide annimmt. 

£s können demnach auch sämtliche gegenseitige Ausfällungen von Kolloiden, 
sowie die aus gleichgeladenen Solgemischen durch Elektrol3^e niedergeschlagenen 
Gelgemische als Adsorptionsverbindungen bezeichnet werden, was insofern von 
eminenter Wichtigkeit ist, als sich hierdurch zahlreiche praktisch wichtige Vor- 
gänge von völlig neuen Gesichtspunkten aus erklären lassen. 

Die wichtigsten hierauf bezüglichen Forschungsergebnisse sollen nunmehr 
kurz dargelegt werden. 



Anorganisohe AdBorptionBverbindimgen. 

In überaus zahlreichen Fällen hat die systematische anorganische Chemie 
gewisse Komplexe von Stoffen als chemische Verbindungen betrachtet, welche 
jedoch, wie sich neuerdings herausstellt, gemäß ihrer Entstehung und inkonstanten 
Zusammensetzung unzweifelhaft nur als Adsorptionsverbindungen angesehen 
werden müssen. 

So bezeichnet R. Zsigmondy ^ die verschiedenen als „Zinnsesquioxyd, Zinn- 
säure, Metazinnsäure" beschriebenen Komplexe als Mischungen der Hydrosole 
von Zinnsäure und Zinnoxydul in verschiedenen Verhältnissen. J. M. van 
Bemmelen ^ hält ferner gewisse amorphe Niederschläge, denen irrtümlich chemische 
Formeln zugeschrieben werden, ebenfalls für derartige Adsorptionsverbindungen, 
so z. B. das amorphe Schwefelselen (aus seleniger Säure mittels HgS erhalten), 
worin S und Se einen kolloidalen Komplex in variabeln Proportionen bilden, 
ebenso Schwefeltellur, Schwefelgold, Jodschwefel; femer auch die amorphen 
Komplexe aus Fe^Oj mit FeO, PbOj mit PbO, MnOg und MnO mit anderen 
kolloidalen Oxyden, Fe,Oj mit CrgOj, welche keinerlei chemische Verbin- 
dungen bilden. 

In neuerer Zeit konnte, wie bereits erwähnt wurde (s. p. 134), W. Biltz* 
darauf hinweisen, daß die bekannte Jodstärkereaktion sowie auch die auffällige 
Blaufärbung des Lanthanacetats mit Jod auf die Bildung von Adsorptionsver- 
bindungen der kolloidalen Hydrogele zurückgeführt werden könne. Derselbe 
Forscher fand femer*, daß die von Bunsen® zur Erklärung der Gegengiftwirkung 
des frisch gefällten Eisenhydroxyds bei Arsenikveigiftungen angenommen amorphe 
Verbindimg 4 Fe^Oj • ASjOg • 5 HjO nicht bestehe, sondern daß vielmehr das 



1 Ber. 87. 1095 — ^^^^- ^9^4- — * 1. c. — ^ Z. anor^. Ch. 23. 333. 1900. — ♦ Ber. 
37. 719—724. 1904. — B Ber. 37. 3138 — 3150. 1904. — « Bünsen und Berthold, Das 
Eisenoxydhydrat, ein Gegengift der arsenigen Säure. Göttingen. 1834. 



1^6 Die kolloidalen Gele. 

gefällte Eisenoxydhydrat eine Adsorption völlig im Sinne der Theorie van 
Bemmelens auf das gelöste ASjO, ausübt, deren Verlauf sich durch eine 
stetige der allgemeinen Gestalt völlig analoge Absorptionksurve darstellen 
läßt (vgl. Figur 17 auf p. 117). 

Neuerdings stellte femer A. Müller ^ fest, daß verschiedene in der Literatur 
als „basische Zirkoniumsalze'* beschriebene Präparate tatsächlich keineswegs als 
wirklich konstant zusammengesetzte Salze, . sondern teils als variable Gemenge 
von solchen mit kolloidalem Zirkoniumoxyd, das durch hydrolytische Spaltung 
entstanden war, teils als Adsorptionsverbindungen des Zirkoniumoxydgels mit 
unbestimmten Mengen Säure anzusehen sind. Hiermit stimmt die später ge- 
äußerte Ansicht O. Hausers * überein, wonach das in der Literatur beschriebene 
Salz ZrO • SO^, welches bei der Einwirkung von Zirkoniumhydroxyd auf Zirko- 
niumsulfatlösung entstehen soll, tatsächlich keine einheitliche Substanz, sondern 
eine Adsorptionsverbindung des kolloidalen Zirkoniumoxyds ist. 

Auf ähnliche Weise dürfte wohl auch die Zusammensetzung der verschiedenen 
„basischen Eisenchloride, Chromoxychloride" '^ usw. zu deuten sein. 



Goldpurpur. 

Eine wichtige Frage, deren befriedigende Lösung auf diesem Wege gelang, 
war die nach der Natur des CASSiusschen Goldpurpurs, der beim Mischen von 
verdünnten Lösungen des Goldchlorids und Zinnchlorür unter geeigneten Be- 
dingungen als purpurroter Niederschlag entsteht Schon Berzeliüs * beschäftigte 
sich mit dieser Frage und nahm, gestützt auf die Tatsachen, daß der Gold- 
purpur in Ammoniak völlig klar löslich ist und beim Schütteln mit Quecksilber 
kein metallisches Gold abgibt, an, daß ein rotes Goldoxydul die Färbimg verursache. 
Jedoch erst die Untersuchimgen von E. A. Schneider*^ brachten, nachdem eine 
Reihe von Arbeiten anderer Forscher keine einwandfreie Entscheidung ergeben 
hatte, einige Klarheit in die hier bestehenden Verhältnisse. Dieser Forscher 
zeigte, daß die Löslichkeit des Goldpurpurs in dessen kolloidaler Natur be- 
gründet sei, indem das Ammoniak auf das Hydrogel peptisierend wirkt; die 
Ansicht, daß der Goldpurpur ein Kolloid ist, erhielt durch einen Versuch, wo- 
nach bei Gegenwart des Hydrosols der Zinnsäure durch Reduktion von Gold- 
lösung mittels Oxalsäure eine Purpurlösung entstand, wesentliche Unterstützung. 
In unzweifelhafter Weise ist es jedoch erst R. Zsigmondy* gelungen, die Frage 
nach der Natur des Goldpurpurs zu lösen, indem er ihn synthethisch durch 
Mischung der Hydrosole des Goldes und der Zinnsäure erhalten konnte und 
eine vollständige Obereinstimmung der Farbe sowie aller übrigen Eigenschaften 
(Kataphorese, Dialyse der ammoniakalischen Lösung, Absorptionsspektrum) dieses 
Gemenges mit jenen des auf gewöhnlichem Wege erhaltenen Purpurs konstatierte. 
Der Goldpurpur charakterisiert sich also als Adsorptionsverbindimg aus zwei 
gleichsinnig geladenen Hydrosolen, welche durch Elektrolytgehalt des Gemenges 
gemeinsam ausfallen. — Eine ähnliche Adsorptionsverbindimg hatte M. Müller ^ 
durch gegenseitige Ausfällung der verschiedensinnig geladenen Hydrosole des 
Aluminiumhydroxyds und Goldes erhalten und W. Biltz ® erwähnt die Bildung 
eines Purpurs aus Zirkoniumhydroxydhydrosol mittels Goldlösung. A. Lotter- 
moser • hat andererseits als Gemenge von Silberhydrosol und Zinnsäurehydrosol 
unter bestimmten Umständen einen analogen „Silberpurpur** erhalten. 



^ Z. anorg. Ch. 62. 321. 1907. — ^ Z. anorg. Ch. 54. 208. 1907. — 3 Vgl. z. B. 
Dammer, HaDdbuch der anorganischen Chemie. 3. 314, 540. — ^ Lehrbuch der Chemie. 
2. Aufl. 1823. (Übers) Bd. II. 344. — B Z. anorg. Ch. 6. 80—83. 1894. — ® Ann. 8OL 
29—54. 1898. — 7 j. pr. Chem. (2) 80. 252 — 279. 1884. — * Ber. 87. 1102, Fußnote. 1904. 
— ^ ,, Anorganische Kolloide." p. 53. 



5. Die Adsorption. j^y 

Theorie des Pärbevorg^aageB. 

Es ist hier nicht beabsichtigt, auf die vielseitigen Forschungen und Ansichten 
über diesen Gegenstand ausführlich einzugehen, doch soll gezeigt werden, inwie- 
fern die neueren Ergebnisse der Forschung über Kolloide und über die Adsorp- 
tion Beiträge zur Erkenntnis des Färbe Vorganges zu liefern vermochten. 

Hinsichtlich der Natur jener Materialien, welche sich am Färbevorgang 
beteiligen, wurde zunächst erkannt, daß die festen Faserstoffe sich ähnlich wie 
kolloidale Gele verhalten (Zacharias, * W. Biltz*). Es ist ihnen eine zellen- 
artige Struktur eigentümlich, sie sind quellbar und können endlich durch geeig- 
nete Lösungsmittel (z. B. Kupferoxydammoniak) in den kolloidal gelösten Zustand 
übergeführt werden. — Andererseits wurde durch Krafft' und Preüner* er- 
wiesen, daß die wässerigen Lösungen substantiver Farbstoffe kolloidaler Natur sind, 
worauf ihr Verhalten bei der Dialyse und bei kryoskopischer Ermittelung ihres 
Molekulargewichtes schließen ließ. W. Biltz^ stellte fest, daß die Lösungen ver- 
schiedener SchwefelfarbstoSe (Immedialfarben) den Charakter von negativ ge- 
ladenen kolloidalen Hydrosolen besitzen, während neuere ultramikroskopische 
Untersuchungen (vgl. p. 22) auch die Lösungen von Farbstoffen anderer Farb- 
stoffgruppen als kolloidale Sole kennzeichnen. 

Diese Erkenntnis führte zu dem Schlüsse, daß die Färbung durch gegen- 
seitige Einwirkung kolloidaler Stoffe, des gelartigen Fasermaterials und der in 
vielen Fällen sich wie Hydrosole verhaltenden Farbstofflösungen zustande 
kommt. Nach dem früher (vgl. p. 135) gekennzeichneten Stande der Erkenntnis 
würde es sich also hierbei um die Bildung von Adsorptionsverbindungen 
handeln. 

W. BiLTZ^ verfolgte diesen Gedankengang zunächst nach der Richtung, 
daß er das Verhalten der organischen Faser gegenüber anorganischen Hydro- 
solen prüfte. Es zeigte sich hierbei, daß sich Seidenfasem auch mit den Solen 
des Selens, Tellurs, Goldes (nach Brunck) und Eiidmiumsulfids „färben'' ließ, 
und daß auch Baumwolle und Wolle befähigt waren, gewisse anorganische Sole, 
unabhängig von deren chemischen Charakter, aufzunehmen. 



Diese vorwiegend allgemeinen Beobachtungen vermochten keinen tieferen 
Einblick in den Verlauf des Färbevorganges zu gewähren; ein solcher wurde erst 
dadurch gewonnen, daß die quantitative Verteilung des Farbstoffes zwischen 
gefärbtem Fasermaterial und wässeriger Lösung (Farbflotte) berücksichtigt wurde. 

Den ersten Anlaß dieser Frage näherzutreten, zeitigte die von O. N. Witt* 
aufgestellte Färbetheorie, der zufolge sich Substantive Farbstoffe zwischen Faser- 
substanz und Flotte nach Maßgabe des Henry sehen Gesetzes verteilen sollen. 
Die Aufnahme des Farbstoffes wäre hiemach als eine Art „fester Lösung" an- 
zusehen. 

Als nun die Gültigkeit dieser Anschauung quantitativ geprüft wurde, zeigte 
es sich alsbald, daß die Verteilung des Farbstoffes tatsächlich keineswegs gemäß 
dem Henry sehen Gesetz erfolgt. Bereits G. C. Schmidt (vgl. p. 114) wies nach, 
daß bereits bei sehr geringen Konzentrationen von Farbstofflösungen (Malachit- 
grün, Pikrinsäure) viel Farbstoff in die Faser (Seide bzw. Baumwolle) überging, * 
während Erhöhungen der FarbstofiTionzentration in der Lösung die Intensität der 
Färbung nur wenig beeinflußten. 



^ Färber-Ztg. 1901. 149—153, 165 — 167; Z. phys. Ch. 39. 468—484. 1902; Z. f. 
Farben- und Textilchem. 2. 233. 1903. — * Ber. 87. 1766— 1775. 1904. — 8 Ber. 32. 
1608— 1622. 1899. — ♦ Dissert. Heidelberg. 1898. — * Ber. 38. 2973—2977. 1905. — 
« Färber-Ztg. 1890— 189 1. Heft i. 



Ißg Die kolloidalen Gele. 

Noch deutlicher zeigten sich diese Tatsachen bei Versuchen von G. von 
Georgevics,^ welche darauf ausgingen, fQr verschiedene Färbevorgänge das in 
deren Verlauf sich einstellende Verhältnis der Konzentration an Farbstoff in der 
Flotte (Cpiotte) zu jener in der Faser {C^utr) festzustellen. Hierbei zeigte es sich, 

daß im allgemeinen keineswegs das Verhältnis **^^ konstant ist, wie es die 

^Flotte 

Witt sehe Theorie erfordern würde, sondern daß zwischen diesen beiden Kon- 
zentrationen eine verwickeitere Beziehung bestehe. Es erwies sich z. B. bezüg- 
lich der Färbung von Seide mit Indigokarmin, femer von Baumwolle mit ver- 
schiedenen Farbstoffen (Benzopurpurin 4 B, Benzazurin, Geranin usw.) durchgängig, 
daß das Verhältnis 

^ Faser 



^Flotte 



= konst 



gelte, während sich für die Aufnahme von Methylenblau durch mercerisierte Baum- 
wolle die Beziehung 

-^^?^^^ = konst (=0,85) 

eigab. 

Weitere hierauf bezügliche Untersuchungen von J. R. Appleyard und 
J. Walker' zeigten, daß die Verteilung von Pikrinsäure zwischen Seidenfaser 
und Flotte nach Maßgabe des Verhältnisses 

"*' = konst 



^Flotte 

geschieht 

Allgemein erweist sich also für die verschiedenen Färbevorgänge das Ver- 

hältnis **^' als konstant, wobei n ein Exponent ist, der größer ist als 1. 

^Flotte 

Ein Vergleich dieser Verteilung eines gelösten Stoffes zwischen dem festen, 
mit der Lösung in Berührung stehenden Körper und der Flüssigkeit mit den 
Gesetzmäßigkeiten, welche sich bei der quantitativen Verfolgung der Adsorptions- 
gleichgewichte ergeben haben (s. p. 1 14), weist augenfällig auf den Zusammen- 
hang dieser Vorgänge hin. 

Noch deutlicher ging ein solcher aus Versuchen hervor, welche W. Biltz^ 
über diesen Gegenstand angestellt hat Zimächst verfolgte dieser Forscher den 
quantitativen Verlauf der Aufnahme von anorganischen Hydrosolen und organi- 
schen Farbstoffen durch Faserstoffe, indem er für jede Konzentration der Flotte 
Qiotte (deren Wert kolorimetrisch ermittelt wurde) die entsprechende von der 
Faser aufgenommene Farbstoffmenge imd hieraus den Wert fttr Cpaser (g Farb- 
stoff in 1 g Faser) bestimmte. Wurden die Werte für Cp-aser als Ordinaten, die 
für Cpiotte (Prozente Farbstoff in der Flotte) als Abszissen eines rechtwinkligen 
Koordinatensystems aufgetragen, so ergaben sich für die Aufnahme von 

Molybdänblau durch Seide und Baumwolle, 
Vanadinpentoxyd durch Seide, 
Benzopurpurin durch Baumwolle 

Kurven, die einen völlig ähnlichen Verlauf hatten, wie etwa die in Figur 17 lur 
typische Adsorptions Vorgänge geltenden Kurven OE und OP, 



^ Mon. f. Ch. 16. 705. i8<)4; 16. 345. 1895. — * Journ. of the Chem. Soc. 60. 1334- 
1896. — 3 Ber. 88. 2963 — 2973. 1905. 



5. Die Adsoiption. 



139 



Eine weitere interessante Analogie ergaben Versuche desselben Forschers, 
nicht organische, gelartige Substrate, wie sie in den Faserstoffen vorliegen, 
sondern geradezu anorganische Hydrogele mit organischen Farbstoffen und auch 
mit anorganischen Solen zu „färben'^ und den quantitativen Verlauf dieser Vor- 
gänge zu verfolgen. 

Die folgende Zusammenstellung zeigt z. B., wie ähnlich der quantitative 
Verlauf der Aufnahme von Benzopurpurin aus Lösimgen steigender Konzentration 
durch Baumwolle und durch Hydrogel des Aluminiumoxyds sich gestaltet: 



Anfangs- 


Baumwollfaser 


Hydrogel von Aluminiumozyd 


konzentration 
der 


(je 1 g Baumwolle auf 100 ccm 


(je 5 ccm •- 0,0744 g A1,0, auf 


Flotte + 0,1% NaCl) 


500 ccm Flotte) 


Flotten 


Endkonxentiation 


^Fascr 


Endkonzentration 


^Oxyd 


g Farbstoff 


! der Flotte (6'FIocte) 


(g Farkstoif auf- 


! der Flotte {Cpiottt) 


(g Farbstoff auf- 


t 

in 100 ccm 


®/o Farbstoff 

1 


genommen von 
1 g Substrat) 


^1^ FaAstoflf 

1 


genommen von 
1 g Substrat) 


0,0050 


i 0,0026 


0,0036 


1 




0,0075 


0,0040 


0,00525 






0,0150 


0,0094 


0,0084 






0,0175 






0,0021 


1,085 


0,0200 


0,0139 


0,00915 


, 




0,0250 


0,0188 


0,0098 


1 




0,0300 






0,0094 


1,885 


0,0400 






0,0158 


1,63 


0,0500 


0,0480 


0,0105 


' 




0,0600 






0,0880 


1,81 


0,100 






0,0710 


1,95 



In ähnlicher Weise verteilten sich auch anorganische Sole in Berührung 
mit dem Hydrogel des Aluminiumoxyds, wobei sich gewissermaßen der Färbe- 
vorgang mit rein anorganischem Material, z. B. Aluminiumoxydhydrat mit 
Silberhydrosol (CoUargol) und mit Molybdänblau, nachahmen ließ. In allen diesen 
Fällen ergaben sich durch graphische Darstellung der Werte für die mehrfach 
bezeichneten Konzentrationen Kurven, welche völlig dem Typus der allgemeinen 
Adsorptionskurven glichen. 

Das quantitative, formale Gesetz der beschriebenen Voigänge ist also von 
der chemischen Beschaffenheit der beteiligten Stoffe weitgehend unabhängig und 
entspricht den Gesetzmäßigkeiten, welche als für Adsorptionsvoigänge allgemein 
gültig erkannt werden. 

Völlig exakt geht dies aus jüngst veröffentlichten Untersuchungen von 
H. Freundlich und G. Losev^ hervor. 

Diese zeigen zunächst, daß es sich bei der Adsorption von Farbstoffen aus 
ihren Lösungen durch Kohle und durch verschiedene Fasermaterialien (Baum- 
wolle, Wolle und Seide) im allgemeinen ebenso wie bei der von Freundlich 
(vgl. p. 114) untersuchten Adsorption von weniger hochmolekularen Stoffen durch 
Kohle um Gleichgewichte handelt, die sich mehr oder weniger rasch einstellen. 

Die Verteilimg des Farbstoffes zwischen Kohle und Lösung, ebenso jene 
zwischen verschiedenen Faserstoffen und Lösung bei konstanter Temperatur voll- 
zieht sich femer, wie zahlreiche Versuche lehrten, völlig nach Maßgabe der früher 
(vgl p. 115) abgeleiteten Adsorptionsformel 



^ Z. phys. Chem. 59. 284—312. 1907. 



I40 



Die kolloidalen Gele. 



m 



=3 ac^ 



worin Xy m usw. die an der angegebenen Stelle bezeichneten Bedeutung besitzen. Der 
Wert des Adsorptionsexponenten — ist für die verschiedensten derartigen Vor- 
gänge im Mittel etwa 0,88, wie folgende Zusammenstellung zeigt: 





1 
9 


Kohle-Neufuchsin . . 


. 0,814 


Kohle-Patentblau . . . 


. 0,81 


Wolle-Patentblau . . . 


. 0,841 


Seide-Neufuchsin. . . 


. 0,875 


Seide-Patentblau . . . 


. 0,887 


Baumwolle-Neufuchsin . 


. 0,747 



Dieser Mittelwert ist also etwas höher als jener, welchen Freundlich für 
die Adsorption weniger hochmolekularer Stoffe durch Kohle zu etwa 0,66 er- 
mittelt hatte (vgl. p. 117). 

Bemerkenswert ist femer, daß Farbstoffe, die von Kohle stärker adsorbiert 
werden, auch in entsprechendem Maße von Wolle, Seide und Baumwolle stärker 
adsorbiert werden und umgekehrt; der Betrag der Adsorption ist also von der 
Natur des adsorbierenden Körpers relativ weitgehend unabhängig. Dies äußert 
sich darin, daß das Verhältnis der Werte von X (vgl. p. 115) bei der Kohle zu dem 
bei Wolle, Seide usw. von der Natur des adsorbierten Stoffes unabhängig ist und 
daß daher auch das Verhältnis der Werte von a (der i- Werte für die Konzen- 
tration 1 g im Liter) konstant ist. Es ist also allgemein 



Kohle Kohle 



=a « 



Wolle 



a 



a 



Seide 



Wolle 
B 

Seide 

'b 



s a 



Baumwolle Baumwolle 



wenn -4, B, , , . verschiedene Farbstoffe, die einzelnen a -Werte die für die be- 
treffenden Adsorptionen geltenden Konstanten bedeuten. 

Vorausgesetzt, daß A Kristallviolett, B Patentblau, C Neufuchsin bedeuten, 
so ergaben die durchgeführten Adsorptionsversuche, daß: 



a 



Kohle 



a 



Wolle 



= 8,19 ; 



a 



Kohle 
B 



a. 



Wolle 



= 9,92 



a 



a 



Kohle 

A 

Seide 



= 21,1 ; 



a, 



Kohle 



CL, 



Seide 



= 26,9 ; 



«> 



Kohle 



a. 



Seide 



= 23,2 



a 



Kohle 



Baumwolle 



= 156 



a 



cc. 



Kohle 



Baumwolle 



= 155 . 



Diese experimentell ermittelten Zahlen zeigen, daß die oben ang^ebene 
Gesetzmäßigkeit praktisch weitgehend erfüllt wird. 

Freundlich und Losev geben auch eine Theorie der Fixierung basischer 
bstoflfe auf der Faser, der zufolge es sich hierbei zunächst um eine ^Spaltung 



5. Die Adsorption. I^I 

des Farbstoffes in Säure einerseits und in ein amorphes, kolloidales Ronden- 
sationsprodukt der Farbbase handelt, worauf dieses sich vielleicht mit der kol- 
loidalen Fasersubstanz zu einem Kolloidkomplex vereinigt 

Es ist hier nicht der Ort, auf diese noch nicht völlig abgeschlossenen 
Anschauungen näher einzugehen. 



Theorie der Abw&iserreinigiing. 

In neuerer Zeit wurde erkannt, daß die Theorie der kolloidalen Lösungen 
und ihrer Adsorption auch zur Erklärung der Grundlagen der technischen Ab- 
wässerreinigung herangezogen werden kann. 

W. BiLTZ imd O. Kröhnke ^ wiesen zuerst nach, daß ein wesentlicher Teil 
der oxydierbaren Bestandteile städtischer Abwässer kolloidal gelöst ist. Es 
konnte dies durch das Ergebnis der Dialyse solcher Wässer und von angestellten 
elektrischen Überfuhrungsversuchen unzweifelhaft erkannt werden. 

Hierbei zeigte es sich fömer, daß die faulnisfähigen Abwasserstofife in einem 
StromgefäUe nach der Anode wandern, also negativ gegen das Wasser geladen 
sind. Nach den durch die Forschungen von Linder und Picton und besonders 
von W. BiLTZ (vgl. p. 76) erkannten Gesetzen der gegenseitigen Fällung von kol- 
loidalen Lösimgen müßten diese Stoffe daher durch positiv geladene Kolloide 
ausgefällt werden. Dies bestätigt tatsächlich einerseits der Versuch, wonach durch 
die Hydrosole von Eisenhydroxyd und Zirkoniumhydroxyd auch bei Abwesen- 
heit von Elektrolyten eine mit völliger Klärung verbundene Fällung des größten 
Teiles der Fäulnisstoffe eintritt, andererseits aber auch die Praxis der technischen 
Wasserreinigung selbst, denn die zu diesem Zwecke verwendeten Zusätze von 
Ferrisalzlösungen wirken durch ihr hydrolytisch abgespaltenes Eisenoxydhydrat 
ebenso, wie die genannten Hydrosole. 

Es entstehen demnach bei diesem Vorgang der Abwasserreinigung Adsorp- 
tionsverbindungen. W. BiLTZ und O. Kröhnke* versuchten mm weiterhin, den 
quantitativen Verlauf derartiger Adsorptionsvorgänge kennen zu lernen und stellten 
zu diesem Behufe jene Mengen an organischer Substanz fest, die durch be- 
stimmte Mengen von Eisenoxyd (als Hydrogel angewendet) aus passenden Ab- 
wasservolumina aufgenommen wurde. Die adsorbierten Mengen wurden so er- 
mittelt, daß vor und nach dem Umschütteln mit dem Adsorbens die Oxydierbarkeit 
durch Titration entsprechender Anteile bestimmt wurde. 

Als ein Abwasser, das vorher durch Dialyse von oxydierbaren, kristalloiden 
Bestandteilen befreit wurde, in der eben beschriebenen Weise in verschiedenen 
Konzentrationen mit Eisenoxydhydrat geschüttelt wurde, zeigte sich nun z. B. 
folgendes Resultat: 



Oxydierbarkeit vor der 
Adsorption 



122 
92 
61 
43 
21 
18 



Oxydierbarkeit Dach der Adsorption 
(durch je 0,809 g FejOg) 


Durch Adsorption ver- 
schwunden 

r«ds 


52 

84 

18 

13 
7,8 
4,8 


70 

58 

48 

80 

23,2 

13,7 



^ Ber. 87- 1745 — ^754- '904; Hygien. Rundschau. 1904. Nr. 9. — ^ Z. angew. CK 
883 — 887. 1907; daselbst auch eine Literaturzusammenstellung über diesen Gegenstand. 



1^2 ^^ kolloidalen Gele. 

Aus verdünnteren Abwässern wird also, wie hieraus ersichtlich ist, relativ 

weit mehr adsorbiert, als aus konzentrierteren. Dies entspricht jedoch völlig dem 

allgemeinen quantitativen Verlauf von Adsorptionsvorgängen (vgl. p. 113 und 151). 

Noch deutlicher geht der sich hierdurch äußernde Zusammenhang daraus hervor, 

daß in der oben gegebenen Tabelle zwischen den Werten Cfni (Gehalt des Wassers 

an oxydierbaren Stoffen nach der Adsorption) und Cads (adsorbierte oxydierbare 

Stoffe) die Gleichung 

^1,5 

*"** = konst. «12,6 



'frei 



besteht, und daß beim Eintragen der Werte für Cfr^i als Ordinaten, jener für 
Cidfl ^s Abszissen sich Kurven ergeben, die völlig dem Verlaufe der mehrfach 
erwähnten Adsorptionsisothermen entsprechen. 



Toxine und Antitoxine. 

Es möge nun schließlich in kürzester Weise der Umstände gedacht werden, 
durch welche die Kolloidchemie Wichtigkeit für die Frage der Erforschung 
von Wirkungen der Antitoxine auf die Toxine erlangt hat. Über diesen 
Vorgang bestehen zurzeit grundsätzlich verschiedene Ansichten. S. Arrhenius 
und seine Mitarbeiter ^ betrachten die Wirkung der Toxine und Antitoxine als 
umkehrbare chemische Reaktionen, für welche das Massenwirkungsgesetz gilt; 
das Gleichgewicht zwischen Toxin, Antitoxin und ihrem Neutralisationsprodukte 
wäre völlig dem zwischen einer schwachen Säure, einer schwachen Base und ihrem 
Salze, zum Beispiel Borsäure, Anunoniak und Ammoniumborat entsprechend. 

Gegen diese Auffassung erhoben sich zahlreiche Bedenken; W. Nernst* 
legte dar, daß es sich bei diesen Vorgängen nicht um chemische Gleichgewichte, 
sondern wahrscheinlich um langsam verlaufende Adsorptionsvorgänge der beiden 
kolloidalen Substrate handeln dürfte. Nach den Forschungen von P. Ehrlich und 
seiner Mitarbeiter' spielt hierbei die Konstitution der in Wechselwirkung tretenden 
komplizierten Moleküle eine wesentliche Rglle, gewisse charakteristische Gruppen 
beeinflussen vorwiegend den Verlauf des Vorganges. Besonders die Annahme 
der Umkehrbarkeit der Reaktion scheint den Tatsachen zu widersprechen, da in 
Wirklichkeit eine gewisse „Verfestigung" der an das Toxin gebundenen Antitoxin- 
moleküle zu konstatieren ist. 

Bereits im Anschlüsse an seine früher erwähnte Arbeit über die Adsorp- 
tionsverbindung von kolloidalem Eisenoxyd und ASgOj (vgl. p. 135) hat Biltz ver- 
sucht, die primäre Bindung von Toxin und Antitoxin als Adsorptionserscheinung 
zu deuten. Dieser Gedanke wurde von W. Biltz, H. Müch und C. Siebert* 
weiter ausgeführt, wobei es sich zeigte, daß eine reine Adsorptionshypothese zur 
Deutung der Erscheinungen nicht ausreicht, wenngleich die Gesetze der Kolloid- 
chemie und der Adsorption bei diesen Vorgängen die entscheidende Rolle spielen 
dürften. Einer ähnlichen Ansicht schließt sich auch V. Henri * an, indem er es 
für notwendig hält, dem Studium der Wirkungen von Toxinen und Antitoxinen 
die genaue Erforschung der gegenseitigen Einwirkimg von Kolloiden vorangehen 
zu lassen. 



1 S. Arrhenius, Immunochemie. Leipzig. 1907; ferner u. a. S. ArrheKius und 
T. Madsen, Z. phys. Ch. 44. 7 — 62. 1903; Bull. Acad. roy. des sc. et des lettres de Danemark. 
1904. Nr. 4; S. Arrhenius, Z. f. Elektr. 10. 661 — 664. 1904; T. Mausen und L. Walbum, 
Bull. Acad. roy. des sc. et des lettres de Danemark. 1904. 425 — 446; T. Madsen und H. Nopüchi, 
ebenda. 1904. 447—456, 457 — 464; T. Mausen, ebenda. 1905. i — 10. — 2 z. f. Elektr. 10. 
377 — 380. 1904. — 3 Deutsch, med. Wochenschr. 1898. 595 u.a. — * BEHRnvGs Beitr. z. 
exp. Therapie. 1905. Heft 10. — ^ Z. phys. Ch. 61. 19 — 32. 1905. 



5. Die Adsorption. 1^9 

Über die Erscheinung der Agglutination wurden an anderer Stelle (p. 6i 
und 80) kurze Andeutungen gemacht Es ist hier noch beizutragen, daß W. Biltz ^ 
den Quantitäten Verlauf der Agglutination (also der Aufnahme der agglutinierenden 
Substanz durch Bakterien) mit der Adsorption anorganischer Kolloide durch 
kolloidale Gele verglich. Tatsächlich ergaben sich durch Einzeichnung der auf- 
tretenden Konzentrationswerte in ein Koordinatensystem Kurvenbilder, welche 
dem allgemeinen Verlauf der Adsorptionskurven (Figuren 17 und 22) völlig ent- 
sprechen. Es lassen sich daher, worauf bereits Landsteiner und Jagiö^ auf- 
merksam machten, die Erfahrungen, welche van Bemmelen und andere über 
die Adsorptionsvorgänge bei kolloidalen Stoffen gesammelt haben, unter gewissen 
Voraussetzungen zur Klärung der Frage nach der Agglutininverteilung übertragen. 
Bezüglich ausführlicherer Angaben über diese für die Biologie und Physiologie 
so wichtigen Tatsachen muß auf den betreffenden medizinischen Teü dieses 
Handbuches' verwiesen werden. 



^ Z. phys. Ch. 48. 615 — 623. 1904. — * Münch. med. Wochenscbr. 1903. Nr. 18; 
Wiener klin. Wochenscbr. 1904. Nr. 3. — ® Vgl. hierüber R. Hoeber, Physikalische Chemifr 
der Zelle und der Grewebe. 2. Aufl. Leipzig. 1906. p. 237; M. Jacoby, Immunität und Dis^ 
Position. Wiesbaden. 1906. p. 23 und 38. 



Die Theorie der Kolloide/ 



Mit der Experimentalforschung, welche sich das Ziel setzte, Methoden 
zur Gewinnung unlöslicher Stoffe in kolloidal gelöstem Zustand aufzufinden und 
die Eigenschaften zu untersuchen, welche den Kolloidalgebilden eigentümlich 
sind, entwickelte sich alsbald die theoretische Forschung, welche das Wesen 
dieser Gebilde, die Ursachen ihrer ganz charakteristischen Eigenschaften und den 
Zusammenhang dieses Komplexes von Gesetzmäßigkeiten und Erscheinungen 
mit anderen bekannten chemischen und physikalischen Gesetzen aufklären wollte. 

Diese Fragen fanden im Laufe der Zeit völlig verschiedenartige theoretische 
Deutung, und schon die folgende Übersicht der wesentlichsten Betrachtungs- 
weisen, in der vorläufig vereinzelte, völlig abweichende Ansichten gar nicht be- 
rücksichtigt sind, zeigt, wie verschieden die theoretischen Grundlagen der Natur 
des Kolloidalzustandes beurteilt wurden. Die Forschung der letzten Jahre hat 
die Erkenntnis auf diesem Gebiete allerdings mächtig gefördert, doch differieren, 
wie es sich zeigen wird, auch gegenwärtig die diesbezüglichen Ansichten noch 
sehr, und die Kolloidforschung ist noch weit davon entfernt, eine einheitliche 
theoretische Basis zu besitzen, die für alle Erscheinungen eine hinreichende Er- 
klärung bieten könnte. 

Die kolloidalen Sole sind, wie früher gezeigt wurde, Gebilde, die durch- 
aus homogen erscheinen und in ihrer Beschaffenheit völlig den Eindruck von 
Lösungen machen; eine Lösungstheorie der Kolloide versuchte es daher, 
diese Gebilde als nur graduell von wahren Lösungen verschieden anzusehen 
und die Eigentümlichkeiten des Kolloidalzustandes den besonderen molekularen 
Eigenschaften des kolloidal gelösten Stofifes zuzuschreiben. 

Manche Vorgänge — so vor allem die Koagulation — konnten auf diesem 
Wege keine ungezwungene Erklärung finden. Auffallende Analogien, welche 
sich bei der Sedimentation mechanischer Suspensionen durch Elektrolyte ergaben, 
führten daher später dazu, die kolloidalen Lösungen imd ihre Eigenschaften auf 
Grund einer Suspensionstheorie zu erklären. Neue Tatsachen, welche die 
bis dahin nicht erkannte Heterogenität der Kolloide durch Anwendung physi- 
kalischer Hilfsmittel erwiesen, stützten diese Theorie. Die Erkennung der elek- 
trischen Ladung der kleinen Teilchen führten zur Aufstellung einer Theorie, welche 
die elektrischen Eigenschaften der Kolloide als grundlegend für die Klarlegung 
der Erscheinungen betrachtet. Diese „elektrische Theorie", deren Ausbau 
derzeit geeignet ist, zahlreiche Fragen dieses Gebietes erfolgreich aufzuklären, 
knüpft sich an die Arbeiten von W. B. Hardy, G. Bredig und J. Billitzer. 

Ebenso wichtig, wie die Frage nach der Natur der Sole, ist jene nach 
der Natur der Gelgebilde, die oft die stabilere Form des Kolloidalzustandes 



1 Eine Übersicht über die Ansichten hierüber bis zu dem damaligen Zeitpunkt in ge- 
drängter Form bietet: A, Müller, „Die Theorie der Kolloide.** Leipzig. 1903. 



I. Die LfisuDgstheorie. j^e 

repräsentieren. Die Forschung zeigte, daß die Abscheidung des Gels mit einer 
Aufnahme (Absorption) von Teilen der Flüssigkeit und ihrer Bestandteile verbunden 
ist; die Klarlegung der aus dieser Tatsache entwickelten Absorptionstheorie 
ist J. M. VAN Bemmelen gelungen. Die erwähnte Aufnahmefähigkeit der Gele 
für andere Stoffe mußte einer Oberflächenwirkung zugeschrieben werden, und es 
fand sich hierdurch der Anlaß, die Struktur der Gele in ihrer feineren Beschaffen- 
heit zu untersuchen, was in systematischer Weise durch Bütschli und Quincke 
geschehen ist 

In jüngster Zeit wurde, von der Tatsache ausgehend, daß alle Sole außer 
dem kolloidal gelösten Stoff stets geringe Mengen venmreinigender Elektrolyte 
enthalten, ohne deren Gegenwart sie sogar instabiler sind, versucht, das Vor- 
handensein gewisser Molekülkomplexe in kolloidalen Lösungen anzunehmen. Diese 
Theorie, welche hauptsächlich in J. Düclaux und E. Jordis ihre Vertreter hat, 
schließt sich daher gewissermaßen an die Lösungstheorie an. 

L Die Lösimgstheorie. 

Die Vorstellung, daß in kolloidalen Lösungen eine Substanz wirklich gelöst 
enthalten ist, muß mit der Annahme verbunden werden, daß das Molekular- 
gewicht dieser Substanz außergewöhnlich groß ist, denn nur dann läßt sich diese 
Vorstellung mit den Ergebnissen des Experiments, wonach die kolloidalen Lösungen 
einen sehr geringen osmotischen Druck besitzen und sehr langsam diffundieren, 
in Einklang bringen. Die organischen Kolloide ordnen sich dieser Annahme 
ohne weiteres unter, denn es ist eine Tatsache, daß eben jene organischen Stoffe 
in Lösung kolloidale Eigenschaften zeigen, die ein hohes Molekulargewicht be- 
sitzen. Die Methoden der Molekulargewichtsbestimmung für derartige Kolloide 
aus dem osmotischen Drucke, der Siedepunktserhöhung oder Gefrierpunktsde- 
pression (vgl p. 13), wenn solche überhaupt anwendbar sind, scheinen daher 
zu, plausibeln Resultaten zu führen. 

Eis ist jedoch schwieriger, das Verhalten der anorganischen Kolloide auf 
diese Weise zu erklären, man müßte denn bei ihnen auf die Agglomeration der 
Moleküle zu großen Molekularkomplexen schließen. 

T. Graham^ sprach bereits die Vermutung aus, daß das Molekül einer 
Kolloidsubstanz durch Zusammentreten einer Anzahl kleinerer kristalloider Moleküle 
gebildet sei, so daß die Grundlage des Kolloidalzustandes in dem zusammengesetzten 
Charakter der Moleküle zu suchen wäre. Die Kieselsäure solle demnach z. B. zwei 
Reihen von Verbindungen bilden, die kristaUoiden Silikate und die kolloidalen 
Co-Silikate, in welch letzteren die Säure ein bedeutend höheres (bis 36 mal 
größeres) Äquivalentgewicht zu haben schien. 

Von diesem Standpunkte betrachtet Ueße sich die Eigenschaft der meisten 
Kolloide, schwer durch eine Membran zu diffundieren, durch die Größe der 
Molekülkomplexe erklären, die nicht fähig wären, die Poren zu durchdringen. 

Die Koagulation kolloidaler Lösungen könnte dann so gedeutet werden, daß 
die schon bestehenden großen Molekülkomplexe unter gewissen Bedingungen zu 
größeren Komplexen zusammentreten, die sich sodann als sichtbare Teile von 
noch der Lösung trennen würden. Graham ^ sagt hierüber, daß die Tendenz der 
Kolloidteilchen, zu adhärieren und sich zu Aggregaten zusammenzuziehen, eine 
ihnen eigentümliche Eigenschaft sei und zur Pektisation . der Kolloide führt 

E. Grimaux^ verglich ebenfalls die Koagulation kolloidaler Lösungen mit 
einer Kondensation. Seiner Annahme gemäß vollzieht sich z. B. die Koagulation 
von kolloidaler Kieselsäure nach dem Schema 

^ Am. 121. 1—77. 1862. — 2 Ann. de Chim. et de Phys. (4) 3. 127. 1864. — 
^ C. rend. 98. 1578. 1884. 

Müller, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. lO 



1^6 Die Theorie der Kolloide. 

2 Si(OH), — ^ Si < <g^ ^ jj^Q 

Si < (OH), 

unter Wasseraustritt, ebenso jene des Eisenoxydhydratsols 

2 Fe,(OH), — ^ Fe, < g*^>» ^ j^^^ 

Fe, < (OH)g 

Die Koagulation kolloidaler Metallsole läßt sich allerdings durch derartige 
Annahmen nicht erklären. 

H. Schulze^ nahm an, daß das Hydrosol des Arsentrisulfids eine allotrope 
Modifikation dieses Stoffes gelöst enthält, die durch Einwirkung von Elektrolyten 
unlöslich wird, ebenso wie aus Lösungen von Schwefel oder Phosphor in Schwefel- 
kohlenstoff diese Stoffe unter der Einwirkung des Lichtes unlöslich ausfallen. 

In neuerer Zeit wurde die Annahme, daß kolloidale Lösungen homogene 
Gebilde seien, von verschiedenen Forschem vertreten. R. Zsigmondy* hatte 
diese Ansicht bezüglich des nach seiner Methode dargestellten Goldhydrosols 
geäußert und suchte durch das Verhalten dieses Hydrosols beim Einengen, 
Filtrieren usw. die Homogenität desselben zu beweisen. K. Stoeckl imd 
L. Vanino' traten dieser Ansicht entgegen und sprachen sich für die schon 
von Bredig* verteidigte Annahme aus, daß Goldhydrosole feine Metallsuspensionen 
sind. D. KoNOWALOW* suchte insbesondere die optischen Eigenschaften, welche 
für eine Heterogenität der kolloidalen Lösungen sprechen (Trübung, Opaleszenz), 
als nicht beweiskräftig zu erweisen, indem er zeigte, daß schon ganz geringe 
Staubmengen in Flüssigkeiten Opaleszenz hervorbringen und daß auch ganz reine 
Flüssigkeiten in der Nähe des kritischen Punktes deutlich opalisieren. Er will 
hieraus schließen, daß in Lösungen, welche ihren Dampfdruck bei Änderung 
der Konzentration wenig verändern, wodurch bei ihnen durch den unbedeutendsten 
Arbeitsaufwand große Konzentrationsänderungen hervorgerufen werden können, die 
Bedingungen für das Auftreten einer deutlichen Opaleszenz gegeben sind; da 
die kolloidalen Sole diesen Forderungen entsprechen, würden sie, obzwar sie 
echte Lösungen seien, deutliches Opalisieren zeigen. 

Einer vermittelnden Ansicht gibt R. Zsigmondy® Raum, indem er den Be- 
griff der Lösung für alle Gebilde gelten läßt, welche bei gewöhnlichem Tages- 
lichte klar erscheinen und die durch die gebräuchlichen mechanischen Trennungs- 
mittel (Filtrieren und Dekantieren) nicht in ihre Bestandteile zerlegt werden können. 

Seitdem jedoch durch die von H. Bechhold' ausgearbeitete Filtrations- 
methode ein Mittel an die Hand gegeben ist, um durch passende Anordnung 
des Experimentes ein bestimmtes Sol einmal unverändert zu filtrieren, ein anderes 
Mal durch Filtration in seine Bestandteile zu sondern, sagt diese Definition nichts 
Bestimmtes mehr aus, wie sie überhaupt die Frage nach der Eigenart des 
kolloidal gelösten Zustandes völlig offen läßt. 

2. Die Suspensionstheorie. 

Die weitgehenden Analogien im Verhalten der mechanischen Suspensionen 
mit jenem der kolloidalen Lösungen wurden bereits gelegentlich der Besprechung 
des Verhaltens der Kolloide erörtert. Optische Eigenschaften (Trübung des 

1 J. f. prakt. Ch. (2) 25. 431—452. 1882. — 2 Ann. 80L 29—54. 1898; Z. phys. 
Ch. 33. 63-73. 1900. — 3 Z. phys. Ch. 34. 378—379. 1900. — * „Anorganische Fer- 
mente." — B Ann. Phys. (4) 10. 360 — 392; 12. 1165 — 1168. 1903. — 6 R. Zsigmondy, 
„Zur Erkenntnis der Kolloide.** p. 6. — ' Vgl. p. 27; ferner die jüngst hierüber erschienenen 
Abhandlungen: Z. f. Chem. und Ind. d. Koll. 2. 3 — 9, 33—41. 1907; Z. phys. Ch. 00. 
257. 1907. 



2. Die Suspensionstheorie. lAy 

Mediums, das TYNDALLsche Phänomen, p. i6), die elektrische Kataphorese, end- 
lich insbesondere die Ausflockungsvorgänge durch Elektrolyte sowie die hierbei 
auftretenden Gesetzmäßigkeiten (p. 58) zeigen sich in ganz analoger Weise bei 
mechanischen Suspensionen wie auch bei kolloidalen Solen. Diese Überein- 
stimmungen rechtfertigen die heute wohl allgemein anerkannte Anschauimg, daß 
die Sole als außerordentlich feine Suspensionen, also" zweiphasige Gebilde von 
großer Oberflächenentwickelung anzusehen sind, eine Ansicht, welche durch die 
Auffindung und Entwickelung der ultramikroskopischen Beleuchtungsmethode 
(p. 18) positive Beweise fand. 

Hierbei ist auf Grund allgemeiner Betrachtungen, welche G. Quincke und 
letzthin Wolfgang Ostwald ^ angestellt hat, anzunehmen, daß der in kolloidalen 
Lösungen in fein verteiltem Zustand enthaltene Anteil, (die „disperse Phase"), 
entweder fest oder flüssig sein kann. Im ersten Falle, wie er z. B. bei den 
Hydrosolen der Metalle und Metallsulfide vorliegt, sind die Systeme wirkliche 
Suspensionen, im zweiten Falle (z. B. bei Eiweiß- oder Gummilösungen) hin- 
gegen eigentlich Emulsionen. — Inwiefern diese Überlegungen geeignet sind, 
eine Systematik des Gebiets der kolloidalen Lösimgen zu ergeben, wie Wolfgang 
Ostwald will, wird weiter unten erörtert 

Die Annahme des Suspensionscharakters der kolloidalen Lösungen — welche 
jedoch, wie späterhin gezeigt wird, nicht allgemein anerkannt wurde — stimmt 
auch mit anderen Eigenschaften der Kolloide bestens überein; denn auch mecha- 
nische Suspensionen zeigen keine Diffusion, Änderung des Dampfdrucks und 
Gefrierpimktes. Wenn nun auch die Sole vielfach einen bestimmten, geringen 
osmotischen Druck zeigen (vgl. p. 13 imd 145), also eine bestimmte, kleine 
Arbeit zur Trennimg des „Lösungsmittels" vom „Gelösten" erfordern, so kann 
dieser geringe Arbeitsbetrag den niemals fehlenden Verunreinigungen mit Kristal- 
loiden, einer sehr geringen Löslichkeit des Kolloids, femer der Arbeit, welche 
die Entfernung des Wassers von den ungeheuer entwickelten Oberflächen erfordert, 
endUch sogar einem durch kapillarelektrische Abstoßungen der Teilchen hervor- 
gerufenen „pseudosmotißchen" Druck zugeschrieben werden. Das Bestehen eines 
solchen steht an sich mit den neueren molekularkinetischen Forschungen über 
die Molekularbewegung (vgl. p. 32) im Einklang. 

Die Auffassung der kolloidalen Lösungen als feine Verteilungen hat ferner- 
hin durch Anwendung der bei mechanischen Suspensionen aufgefundenen elek- 
trischen Erscheinungen und Gesetze sehr anschauliche Erklärungen für die auf 
andere Weise schwer zu deutenden Vorgänge der Sedimentation und Koagulation 
zu geben vermocht. 

Die Ansicht, daß kolloidale Lösungen Suspensionen feinster Teilchen in 
Flüssigkeiten seien, wurde bereits geäußert, ehe überhaupt der Begriff des kol- 
loidalen Zustandes präzisiert war. 

Faraday^ bezeichnete z. B. das Goldhydrosol, welches er durch Reduktion 
einer Goldchloridlösung mittels gelbem Phosphor erhielt, als „Suspension feinster 
Goldteilchen". — Berzelius^ äußerte sich über das Hydrosol des Schwefelarsens 
folgendermaßen: „Die Lösung des Schwefelarsen ist nur eine Suspension durch- 
sichtiger Teile". 

J. Stingl und T. Morawsky* erhielten durch Einwirkung von Schwefel- 
wasserstoff auf schweflige Säure eine gelblich-weiße Flüssigkeit, die Schwefel in 
homogener Verteilung enthält; die genannten Forscher bezeichnen das so ent- 
stehende Gebilde als Suspension feiner Schwefelteile in Wasser. — Sobrero und 



^ Z. f. Chem. und Ind. d. KoU. 1. 333. 1907. — 2 phU. Mag. (4) 14. 401—417, 
512 — 539. 1857. — ^ Berzelius, Lehrbuch der Chemie, Übersetzung von Wöhler, 5. Aufl. 
Band II. 269. — * J. f. prakt. Ch. (2) 20. 76—105. 1879. 



10* 



148 



Die Theorie der Kolloide. 



Selmi ^ hatten schon früher bezüglich des Schwefelhydrosols einer ahnlichen An- 
sicht Ausdruck gegeben. 

Die Versuche P. Ebells^ über die Sedimentation von Ultramarinsuspen- 
sionen durch Salzlösungen gaben zuerst streng experimentelle Anhaltspunkte für 
einen Vergleich der kolloidalen Sole mit feinen Suspensionen. Seiüier haben 
sich, wie bereits erwähnt wurde, die beobachteten Analogien so erweitert, daß 
der Boden der Lösungstheorie völlig verlassen wurde imd durch das Studium 
des Verhaltens der Suspensionen eine neue ,3uspensionstheorie" gewonnen wurde. 

Doch wurde dieser Standpunkt nicht allgemein anerkannt, besonders 
R. ZsiGMONDY* vertrat, wie oben (p. 146) erwähnt wurde, die Ansicht, das Gold- 
hydrosol sei eine wahre Lösung und betont auch neuerdings,^ daß in diesem 
Gebilde wohl Heterogenität bestehe, doch in einem Feinheitsgrade, der eher 
durch das Wort „Zerteilung" als durch den Begriff „Suspension" gekenn- 
zeichnet werden soll. 

Es ist allerdings fraglich, ob dieser Vorschlag nunmehr, da die Bezeich- 
nung „Suspension" in der Kolloidforschung längst eingebürgert ist, viel Beifall 
finden wird. Seitdem die Ultramikroskopie präzisen Aufschluß über die Dimen- 
sionen der Einzelteilchen zu geben vermag, liegt die Möglichkeit eines Miß- 
verständnisses durch die Übertragung des Begriffes „Suspension'' auf die kol- 
loidalen Sole kaum mehr nahe. „Zerteilung" ist ebensowenig ein einheitlicher 
Begriff wie „Suspension"; auch ein Gel, welches etwa aus einem Metallsol durch 
Elektrolytzusatz ausgefällt wird, befindet sich im Zustande feinster Zerteilimg. 
Gerade das „Schwebendbleiben der Teilchen in der Flüssigkeit", wie es für den 
Solzustand charakteristisch ist, wird viel besser durch das Wort „Suspension" 
gekennzeichnet 

Hatten u. a. K. Stoeckl und L. Vanino^ (s. p. 146) gegen die Auffassung 
ZsiGMONDYS, das Goldhydrosol sei eine wahre Lösung, Stellung genommen, so be- 
schäftigten sich C. Barus und £. A. Schneider® bereits zu einem weit früheren 
Zeitpunkte mit der Frage nach der Natiu: der kolloidalen Lösungen, wobei sie 
den Suspensionscharakter dieser Gebilde als Grundlage ihrer Betrachtungen her- 
vorhoben. Bezüglich der Größe der Einzelteilchen gaben diese Forscher der 
Ansicht Ausdruck, daß Partikelchen in kolloidalen Solen aus 1000, 100 oder 
noch weniger Molekülen bestehen könnten. Gebilde, welche eine derartig feine 
Inhomogenität zeigen, seien naturgemäß von wahren Lösungen kaum zu unter- 
scheiden. 

Wie schon erwähnt wurde, hat erst die Berücksichtigung der elektrischen 
Ladung der inhomogenen Teilchen zu einer theoretischen Erkenntnis der Kolloide 
geführt, welche durch die älteren, hypothetischen Suspensionstheorien nicht er- 
reicht werden konnte. 

Es bietet sich daher Gelegenheit, zunächst die mit der Vorstellung einer 
elektrischen Ladung der Kolloidteilchen zusammenhängenden Theorien zu erörtern. 

a) Theorien von Hardy und Bredig. 

Verfolgt man die verschiedenen experimentellen Tatsachen über die Ko- 
agulation kolloidaler Lösungen, so lassen gewisse Anzeichen einen Zusammenhang 
dieses Vorganges mit elektrischen Erscheinungen erkennen. 

Einerseits wurde gezeigt, daß im allgemeinen nur Elektrolyte imstande sind, 

1 Ann. Chim. Phys. (3) 28. 210 — 2^5. 1850. — 2 ßer. 16. 24,29 — 2432. 1883. — 
3 Ann. 801. 29—54. 1898; Z. phys. Ch. 38, 63 — 73. 1900. — * „Zur Erkenntnis der 
Kolloide." p. 8. — z. phys. Ch, 80. 98 — 112. 1899; 84. 378 — 379. 1900. — * Z. pHys. 
Ch. 8. 278—298. 1891. 



2. Die SuspensioDstheorie. iaq 

Fällungen zu verursachen; andrerseits erwies es sich, daß die Intensität der 
Fällungswirkung mit steigendem Dissoziationsgrad wächst (p. 50). 

Die Konvektion der Teilchen im Stromgefälle {bei Suspensionen und Kol- 
loiden) deutet ferner auf das Bestehen einer elektrischen Potentialdififerenz, einer 
bestimmten Ladung der Teilchen gegen das Medium. 

W. B. Hardy^ hat nun zuerst bewiesen, daß gewisse Elektrolytzusätze das 
Vorzeichen des Wanderungssinnes, daher auch die PotentialdiflFerenz der Teilchen 
gegen das Medium ändern können (vgl. p. 42). Als die Kataphorese von Eiweiß 
in alkalischer Lösung untersucht wurde, zeigte sich eine Wanderung desselben 
zur Anode; in saurer Lösung wanderten die Teilchen hingegen zur Kathode. 
£s muß also angenommen werden, daß die Teilchen in alkalischen Eiweißlösungen 
negative, in sauren positive Ladung besitzen, während die Flüssigkeit jeweils 
entg^engesetzt geladen ist. Wenn die Lösung neutral ist, besteht zwischen 
Teilchen und Wasser beinahe keine PotentialdifFerenz, beide sind „isoelek- 
trisch". Dieser Punkt ist nun nach Hardys Annahme für jedes Kolloid von 
großer Wichtigkeit, da bei Annäherung an ihn die Beständigkeit des Hydrosols 
abnimmt; wenn er erreicht ist, tritt Ausflockung durch Elektrolyte ein. Die 
Kolloide wären daher am labilsten, wenn ihre Teilchen in keinem elektrischen 
Gegensatz zum Medium stehen. 

Da die meisten Suspensionen und Kolloide negative Ladung der Teilchen 
zeigen, so würde die vorwiegende Wirkimg des Kations bei der Koagulation dar- 
auf zurückzuführen sein, daß die Ladung des Ions die entgegengesetzte des 
Teilchens aufhebt, wodurch der isoelektrische Punkt erreicht wird. Hiermit 
konnte auch die Beobachtung in Einklang gebracht werden, daß umgekehrt beim 
Eisenoxydhydrosol, das kathodische Konvektion zeigt, die Wirkung der Anionen 
des fällenden Salzes vorwiegt (vgl. p. 49). Zur Erklärung dieser Theorie hat 
Hardy die Hypothese entwickelt, daß infolge des Ausgleiches der Potentialdiöerenz 
eine Bewegung der Teilchen keine elektrische Arbeit mehr zu leisten hat, so 
daß die Teilchen nunmehr der Gravitation folgend, sich senken und ausflocken 
können. 

In deutlicherer Weise konnte G. Bredig* den Zusammenhang der Teilchen- 
ladung mit der Beständigkeit des Kolloidgebildes erläutern, indem er außer auf 
die eben erörterten Beobachtungen auf den gesetzmäßigen Zusammenhang 
zwischen der Oberflächenspannung zweier Medien gegeneinander und ihrer Poten- 
tialdiflerenz hinwies. 

Lippmann' hatte nachgewiesen, daß beim System Quecksilber-Schwefelsäure 
sich eine Beziehimg zwischen elektrischen Ladungen und Oberflächenspannungen 
finden ließ. Wurden die ersteren als Abszissen, die letzteren als Ordinalen eines 
rechtwinkligen Koordinatensystems verzeichnet, so ergab sich eine kontinuierliche 
Kurve, die bei etwa 1 Volt ein Maximum zeigte. — Helmholtz* zeigte dann, daß 
jeder Änderung der elektrischen Energie eine gleichgroße Änderung der Ober- 
flächenenergie entspreche. Ist s die Fläche, y die Oberflächenspannung des 
Quecksilbers, femer n die Potentialdifferenz zwischen Metall und Flüssigkeit, s 
die elektrische Ladung, so besteht die Beziehung: 

— s ' dy ^= s • dn 
dy s 

dn s ' 

d y 
Wird - — = 0, erreicht also die Oberflächenspannung ein Maximum, so 

besitzt nach Helmholtz das Quecksilber keine elektrische Ladung. 

^ Z. phys. Ch. 83. 385 — 400. 1900. — 2 1. c. — 3 Ann. chim. phys. (5) 5. 494 
1875; Ann. (2) 149. 547. 1873, — <♦ Ann. Phys. (3) 7. 337. 1879. 



150 Bie Theorie der Kolloide. 

Diese Beziehung soll, wie beiläufig bemerkt wird, nach Ostwald ein 
Mittel zur direkten Messung von Potentialdiflferenzen zwischen Metallen imd 
Elektrolyten liefern; die elektromotorische Kraft, bei der die Oberflächenspannung 
des Quecksilbers — im System Hg/Elektrolyt — ein Maximum erreicht, würde 
dann der Größe nach den ursprünglichen Potentialunterschied zwischen Hg und 
Elektrolyt ergeben. Auf Grund dieses Prinzips konnte V. Rothmünd ^ z. B. die 
Potentialdiflferenzen von Quecksilber, Bleiamalgam, Wismutamalgam, Kupfer- 
amalgam gegen n-Schwefelsäure, von Quecksilber in Lösungen seiner komplexen 
Salze u. a. bestimmen. 

Die Folgerungen Bredigs aus dem Komplexe der bisher angedeuteten 
Gesetzmäßigkeiten führen nun zu folgender Theorie. Im isolelektrischen Punkt 
(der sich nach Hardy durch größte Unbeständigkeit der Kolloide kennzeichnet), 
erreicht, nach der eben erwähnten Betrachtung von Helmholtz die gegenseitige 
Oberflächenspannung ein Maximum. Es erklärt sich daher, daß gerade die 
isoelektrischen Kolloide unter dem Einflüsse dieser maximalen Oberflächen- 
spannung einer Verkleinerung ihrer Oberfläche zustreben, die eben durch Zu- 
sammenflockung erreicht wird. — Die Beeinflussung der elektrischen Potential- 
diflerenz zweier angrenzender Medien durch lonenzusatz läßt sich, wie Bredig 
weiter ausführt, auf Gnmd eines von W. Nernst ^ ausgesprochenen Prinzips er- 
klären. Nach diesem besitzt jedes Ion wie jede andere Molekülgattung einen 
spezifischen Teilungskoeffizienten zwischen zwei Phasen. Sind diese Koeffizienten 
für die beiden Ionen eines Elektrolyten verschieden, so beeinflußt diese Ver- 
schiedenheit die gegenseitige Oberflächenspannung und PotentialdifiTerenz der 
beiden Medien, indem z. B. die Phase, in welcher das Kation löslicher ist als 
das Anion, infolge des Oberschusses an Kation positive Ladung erhält. War in 
dieser Phase schon eine positive Ladung vorhanden, so würde sie vergrößert, 
eine negative würde vermindert, hierdurch müßte auch die gegenseitige Ober- 
flächenspannimg der beiden Phasen ab- oder zunehmen. Dieses Prinzip erklärt 
nach Bredig auch deutlicher als jenes von Hardy den vorwiegenden Einfluß 
der Kationen auf — geladene, der Anionen auf + geladene Kolloide. 

Im Zusammenhang hiermit sei auf die früher (p. 44) erwähnten Unter- 
suchungen J. Perrins hingewiesen, wonach ganz geringfügige Zusätze gewisser 
Elektrolyte die Größe und das Vorzeichen der Ladung von suspendierten und 
kolloidal gelösten Teilchen wesentlich zu beeinflussen vermögen. H-Ion erhöht 
z. B. die Potentialdiöerenz positiv geladener, OH '-Ion jene negativ geladener 
Teilchen. 

Nach weiteren theoretischen Ausführungen Perrins,' die sich nun wesent- 
lich an die eben erörterten Theorien anschließen, vermögen daher H '-Ionen 
positiv geladene, OH '-Ionen hingegen negativ geladene kolloidale Lösungen zu 
stabilisieren. Die jeweils entgegengesetzten Ionen vermindern jedoch die 
Ladung der Einzelteilchen, es tritt schließlich, falls sich hierbei völlige Entladung 
der Teilchen vpUzieht, Ausflockung des Kolloids ein. 

Hinsichtlich der Ursachen dieses Vorganges gelangt Perrin zu denselben 
Schlußfolgerungen, welche bereits Bredig (s. oben) hierfür als maßgebend er- 
kannt hatte. Er nimmt nämlich an, daß die Oberflächenspannung an sich auf 
eine Zusammenballung der Teilchen hinwirkt, jedoch in ihrer dahinzielenden 
Wirkung durch die bestehenden elektrischen Kräfte paralysiert wird. Die be- 
stehende Potentialdifferenz zwischen Teilchen und Flüssigkeit ist demnach für die 
Stabilität des betreffenden Sols maßgebend; Perrin bezeichnet sie daher als 
„Beständigkeitsmoment" der kolloidalen Lösung. Verschwindet sie (wird 
also Hardy s „isoelektrischer Punkt" erreicht), so bewirkt die Oberflächenspannung 
das Eintreten der Koagulation. 

1 Z. phys. Ch. 15. i — 32. 1894. — ^2- phys. Ch. 9. 139. 1892; 13. 531. 1894. ~ 
8 Journ. de Chim. Phys. 3. 50 — iio. 1905. 



2. Die Suspensionstheorie. I e I 

b) Theorie von Freundlicli. 

Auf Grund experimenteller Untersuchungen über die Ausfällung kolloidaler 
Lösungen durch Elektrolyte kommt H. Freundlich ^ zu theoretischen Folgerungen, 
die in manchen Pxmkten von den Anschauungen Bredigs abweichen. Aus thermo- 
d)niamischen Betrachtungen, die Luther anstellte, ergibt sich die Folgerung, 
daß die Potentialdifferenz an der Grenzfläche zweier Medien beim Verteilungs- 
gleichgewicht von den absoluten Konzentrationen des Elektrolyten unabhängig seL 
Wäre daher, wie Bredig annimmt, die durch Verschiedenheit des Teilungs- 
koeffizienten entstehende Potentialdifferenz ftir den Fällungsvorgang maßgebend, 
so müßte jeder fällende Elektrolyt imabhängig von seiner Konzentration das 
Sei ausflocken. Diese Forderung steht mit der vielfach erwiesenen Tatsache, 
daß ein bestimmter „Schwellenwert" überschritten werden muß, um den Eintritt 
der Koagulation zu bewirken (vgl. p. 47), im Widerspruch, ebenso mit Freund- 
lich s Beobachtungen, daß Salzmengen, welche wenig oberhalb dieses Wertes 
liegen, nur sehr langsam und unvollständig ausflocken. 

Diese theoretische Betrachtung läßt eine gewisse Abänderung der bisher 
gegebenen Ansichten nötig erscheinen; einige experimentelle Ergebnisse zeitigten 
femer Tatsachen, die sich mit den bisher erörterten Theorien ebensowenig ver- 
einbaren ließen. Es zeigte sich nämlich, daß die Schnelligkeit, mit welcher die 
Salzlösung dem Sol zugefügt wird, von großer Bedeutimg für den Verlauf des 
Fällungsvorganges ist. 

Ein bestimmtes Arsensulfldsol wurde zum Beispiel von einer gewissen 
Menge Bariumchlorid in Lösung, die auf einmal zugesetzt wurde, in zwei 
Stunden völlig ausgefällt. Wurde dieselbe Menge Bariumchlorid, jedoch in 
kleinen Anteilen, die jedesmal in längeren Zwischenräumen zu- 
gefügt wurden, verwendet, so erwies sich nunmehr zwei Stunden nach voll- 
endetem Zusatz des gesamten Quantums die Fällung als unvollständig; es 
mußte, um vollständige Ausflockung zu bewirken, noch eine weitere Menge Salz- 
lösung zugefügt werden, die umso größer sein mußte, je langsamer der Zusatz 
der ersten Salzmengen erfolgt war. Es hat also den Anschein, als ob das Sol 
sich durch langsameren Salzzusatz sich an dessen Wirkungen „gewöhnen", ge- 
wissermaßen unempfindlicher würde. Ähnliches ließ sich auch bei den Solen 
des Ferrihydroxyds imd Platins erweisen. 

Derartige zeitliche Einflüsse lassen sich nun auf Grund von Theorien, 
nach welchen nur statische Gleichgewichtsverhältnisse eine Rolle spielen, gar 
nicht erklären, sondern nur durch einen zeitlichen Vorgang, der ähnlich wie die 
Diffusion verläuft. Bredig hatte ja, wie bereits erwähnt wurde (p. 150), das 
NERNSTsche Prinzip der lonendiffusion zur Erklärung herangezogen, doch mußten, 
um die oben erörterten theoretischen Einwände sowie besonders die einseitige 
Bevorzugung eines Ions genügend erklären zu können, hierzu gewisse hypo- 
thetische Annahmen gemacht werden. 

Wird nämlich angenommen, daß die Oberfläche des kolloidal gelösten 
Stoffes gewissermaßen „halbdurchlässig** für verschiedene Ionen sei, indem sie die 
Wanderungsgeschwindigkeit des entgegengesetzt .geladenen Ions vergrößert (und 
zwar umso mehr, je höherwertig das Ion ist), während sie die Wanderungs- 
geschwindigkeit des gleichgeladenen Ions verkleinert (für dieses also undurchlässig 
ist), so findet der ganze Komplex von Erscheinungen folgende Deutung. 

Die Teilchen eines Arsensulfidsols tragen zum Beispiel negative Ladung; 
die Grenzfläche würde nach der eben gegebenen Hypothese für Kationen leicht 
durchlässig sein, hingegen die Wanderungsgeschwindigkeit der Anionen verkleinem. 
Durch dieses Vorauseilen der Kationen entsteht nun eine Potentialdifferenz, die 



^ Z. phys. Ch. 44. 129 — 160. 1903. 



152 



Die Theorie der Kolloide. 



der ursprünglich vorhandenen entgegengesetzt ist, so daß die gesamte Potential- 
differenz an der Grenzfläche abnimmt; hierdurch wird die Oberflächen- 
spannung vergrößert und es kommt zu der von Bredig erläuterten Verkleinerung 
der Oberfläche durch Zusanmienflocken. Da die Wanderungsgeschwindigkeit 
höherwertiger Kationen in höherem Maße vergrößert wird, muß auch die durch 
Diflusion entstehende Potentialdiflerenz mit der Wertigkeit des Kations zimehmen. 
Um daher gleiche Beeinflussung des Fällungsvorganges zu veranlassen, muß die 
Konzentration höherwertiger Kationen entsprechend geringer sein. 

Für Ferrihydroxydsol, dessen Teilchen positive Ladung tragen, gelten 
demnach die entgegengesetzten Bedingungen: Durchlässigkeit der Grenzfläche flir 
Anionen, Undurchlässigkeit für Kationen, einseitiger Einfluß der Anionen und 
ihrer Wertigkeit. Die Ergebnisse des Experiments bestätigten auch hier mehr- 
fach die Forderungen der Hypothese. 

So befriedigend sich durch diese Theorie zahlreiche Tatsachen erklären 
lassen, können eine Reihe experimenteller Beobachtungen auch auf Grund dieser 
Annahmen nicht gedeutet werden. So ist z. B. nach Fheundlichs Beobachtung 
auch den spezifischen chemischen Eigenschaften der fällenden Stoffe ein wichtiger, 
jedoch noch unaufgeklärter Einfluß zuzuschreiben. — 

c) Theorie von Billitzer. 

Die Theorien J. Billitzer s nehmen von Experimentaluntersuchungen ihren 
Ausgang, welche zu dem Zweck unternommen wurden, um die Gesetze der 
Änderung von Potentialdifferenzen feiner Metallteilchen gegen ein flüssiges Medium 
durch verschiedenartige Zusätze festzustellen imd damit neue Gesichtspunkte zur 
Beurteilung der Helmholtz sehen Hypothese der elektrischen Doppelschicht (vgl. 
p. 38) zu gewinnen. 

Von den Versuchsergebnissen ^ dieser Arbeiten ist zunächst die Tatsache 
hervorzuheben, daß Zusätze von Nichtelektrolyten (Alkohol, Formaldehyd) 
die Kataphorese von kolloidalem Platin gegen das Medium wesentlich be- 
einflussen. Es gelingt sogar bei bestimmten Alkohol -Wassermischungen (z. B. 
3 — 4 Alkohol : 1 Wasser) diese Wandenmg zum Verschwinden zu bringen, bei 
anderen Zusammensetzungen die Richtung der Wanderung umzukehren. Anderer- 
seits bewirken gewisse Salze, die weder hydrolytisch gespalten sind, noch Oxy- 
dations- oder Reduktionswirkungen ausüben (z. B. KCl) beinahe keine Änderung 
derselben und damit nach Billitzer s Ansicht der Potentialdifferenz. 

Andere Untersuchungen ^ haben gezeigt, daß polarisiertes Quecksilber seine 
maximale Oberflächenspannung nicht beim Verschwinden der Potentialdifferenz 
gegen die Lösung, sondern bei einem um etwa ^/^ Volt hiervon entfernten Po- 
tential zeigt. 

Für die Theorie der Kolloide haben diese Ergebnisse aus folgenden 
Gründen Wichtigkeit: Zusatz des Nichtelektrolyten Alkohol vermag ein Kolloid 
„isoelektrisch" zu machen; trotzdem wird dieses nicht instabiler, wie die früher 
erwähnten Theorien von Hardy und Bredig fordern würden. Zusatz von ge- 
wissen Elektrolyten (KCl) beeinflußt hingegen nach Billitzer die Potentialdifferenz 
beinahe gar nicht, trotzdem tritt Ausfällung ein. 

Nach jenen oben erörterten Theorien müßte femer die Instabilität eines 
Kolloids durch Verminderung der Potentialdifferenz bewirkt werden. Es 
zeigte sich jedoch, daß kolloidales Platin, das mit durchgeleitetem Wasserstoffgas 
beladen wurde, bei Zusatz von Alkali eine Erhöhung der Potentialdifferenz, 
sauerstofil3eladenes Platin durch Alkalizusatz zunächst eine Verminderung bis 



^ Wien. Ber. 112. 95 — 139. 1903. — 2 Wien. Ber. 111. 1393 — 1432. 1902; 113. 
II 59 — 1207. 1904; Z. phys. Ch. 46. 307 — 330. 1903. 



2. Die Suspensionstheorie. IJ3 

zum Nullpunkt, dann ebenfalls eine Erhöhung bei wachsenden Säurezusätzen 
erkennen ließ; trotzdem nahm jedesmal die Instabilität dieser Sole (die Ko- 
ag^Iationsgeschwindigkeit) bei wachsendem Elektrolytgehalte zu. 

Da nun nach dem oben Gesagten der „isoelektrische" Punkt auch nicht 
mit dem der maximalen Oberflächenspannung zusammentritt, versucht Billitzer 
die Theorien von Hardy und Bredig durch gewisse hypothetische Annahmen 
zu ergänzen. 

Billitzer s Theorie will eine für alle Fällungswirkungen bei kolloidalen 
Lösungen geltende allgemeine Erklärung finden. Um hierzu zu gelangen, 
wurde zunächst die Frage des elektrischen Gegensatzes der Kolloidteilchen gegen 
das Medium entwickelt, wobei es notwendig erschien, die HELMHOLTZsche Theorie 
der elektrischen Doppelschicht in gewisser Hinsicht zu modifizieren. 

In kurzen Zügen wurden die Prinzipien derselben schon früher (p. 38) 
dargelegt. Es mögen im folgenden die Annahmen, welche die elektroosmotischen 
Bewegungserscheinungen erklären sollen, neuerlich erörtert werden. 

Die HELMHOLTZsche Theorie geht zur Erklärung der Kataphorese von 
folgenden Vorstellungen aus: Im elektrischen Stromgefälle verschieben sich die 
Belegungen der Doppelschicht zueinander; da nun die Flüssigkeit nicht völlig 
isoliert, gibt der Teü der Doppelschicht, welcher in die Flüssigkeit fällt und sich 
vom entgegengesetzt geladenen Anteil entfernt hat, seine Ladung an andere 
Flüssigkeitsteilchen ab, die dem suspendierten Körper näherliegen. Durch den 
Einfluß des Potentialgefälles rückt der suspendierte Körper im selben Maße vor, 
als der andere Teil der Doppelschicht ihm nachrückt 

Diese Erklärung von Helmholtz bietet nun gewisse Schwierigkeiten, be- 
sonders kann die Hypothese des Nachrückens der Teile der Doppelschicht und des 
Verschiebens der beiden Belegungen durch so geringe mechanische Kräfte, wie 
sie bei den Strömungströmen wirksam sind, mit der Vorstellung schwer verein- 
bart werden. 

Billitzer macht daher die hypothetische Annahme, daß die beiden Be- 
legungen der Doppelschicht nicht erst durch eine PotentialdiflFerenz auseinander- 
geschcben werden, sondern daß schon vor dem Durchgange des Stromes eine solche 
Spaltung besteht, indem geladene Flüssigkeitsteilchen der äußeren Doppelschicht 
in die Flüssigkeit diffundieren. Es heben sich nun die Ladungen der Doppel- 
schicbtbelegungen nicht mehr völlig auf, so daß suspendierter Körper xmd die 
in der Flüssigkeit enthaltenen geladenen Teilchen (die von der „Dissoziation'' 
der Doppelschicht stammen), entgegengesetzt gleiche freie Ladungen enthalten. 
Die suspendierten Teilchen verhalten sich also in gewissem Sinne wie Ionen. 

Nach diesen Voraussetzungen würde sich der Vorgang des Ausfällens 
kolloidaler Lösungen folgendermaßen darstellen: Vereinigen sich geladene Teilchen 
zu Komplexen, so vermindert sich ihre Kapazität; hierdurch wird eine Erhöhung 
des Potentials, also bei konstanter Elektrizitätsmenge in einem isolierenden 
Medium eine Erhöhung der freien Energie bedingt Da sich ein derartiger 
Vorgang nach den Hauptsätzen der Thermodynamik nicht „von selbst" abspielen 
kann, sind Sole in isolierenden Medien besonders stabil. Derartige Sole können 
femer nur dann ausgeflockt werden, wenn die molekularen Anziehungskräfte, 
die Gravitation und die Tendenz der Körper zur Oberflächenverkleinerung 
so vorherrschen, daß sie durch die Ausflockung zusammen doch eine Abnahme 
der freien Energie herbeiführen. Dies ist bei mechanischen Suspensionen, femer 
bei Kolloiden, die geringe oder gar keine Potentialdiflerenz zwischen Teilchen 
und Flüssigkeit besitzen, der Fall. 

Ist das Medium jedoch ein Elektrolyt, so läßt sich der Vorgang 
folgendermaßen darstellen. Jedes Ion trägt eine elektrische Ladung, welche die 
der einzelnen Partikeln erhebLch übertrifi*t. Trugen die Teilchen infolge ent- 
sprechender „Dissoziation der Doppelschicht" (vgl. oben) z. B. negative Ladung, 



154 



Die Theorie der Kolloide. 



SO werden sich viele derselben um ein Kation scharen, bis der gesamte Komplex 
elektrisch neutral ist. Der Vorgang repräsentiert eine Arbeitsleistung, ist daher 
mit einer Verminderung der freien Energie verbunden und kann sich also von 
selbst abspielen. Wenn die Komplexe, welche sich derartig bilden, eine gewisse 
kritische Größe erreichen, können sie der Schwerkraft folgend ausfallen. Die 
Ionen bilden also gleichsam „Kondensationskeme", um die sich die entgegen- 
gesetzt geladenen Teilchen scharen. 

Nach der oben erörterten modifizierten Vorstellimg der Doppelscbicht ist 
die „Ladung" des suspendierten Körpers einer Diffusion geladener Teilchen in 
die Flüssigkeit zuzuschreiben. Während nun, wie oben gesagt wurde, z. B. 
negativ geladene Kolloidteilchen sich um ein Kernkation kondensieren, bleibt 
der positiv geladene Anteil der Doppelschicht in der Lösung zurück. 

Unter den bisher gemachten Voraussetzungen können einige charakte- 
ristische Eigenschaften von Kolloiden in folgender Weise gedeutet werden: 

Der Einfluß der Leitfähigkeit (lonenkonzentration) des fällenden Ions 
auf die Geschwindigkeit des Fällungsvorganges (p. 50), die Tatsache, daß in 
reinem Wasser, einem der allerschlechtesten Elektrolyten, die Sole sehr haltbar 
sind, der Umstand femer, daß immer das entgegengesetzt geladene Ion fui die 
Fällung maßgebend ist — alle diese Tatsachen finden ohne weiteres durch ent- 
sprechende einfache Überlegungen ihre Aufklärung. 

Es erhellt femer, daß Sole um so stabiler sind, je kleiner ihre Teile sind, 
da dann die Wahrscheinlichkeit, daß zahlreiche Teilchen zusammentreten, geringer 
wird; daß aus ähnlichen Gründen verdünntere Kolloide eine größere Fällungs- 
grenze haben, als konzentriertere; daß der Schwellenwert gleicher Elektrol3rte für 
mechanische Suspensionen kleiner ist als für kolloidale Sole, denn die ersteren 
enthalten schon von Haus aus größere Teilchen. 

Allzu schwach und sehr stark geladene Kolloide werden relativ am 
stabilsten sein; die ersten, weil die Zahl der zu sammelnden Teile groß 
ist; die zweiten, weil sie sehr klein bleibt. Iiü „isoelektrischen" Punkte 
kann unter Umständen diesen Gründen zufolge sogar ein Maximum der Stabili- 
tät auftreten, wie sich tatsächlich aus Beobachtungen ergibt, die W. Flemming ^ 
über die Gerinnungsgeschwindigkeit von Kieselsäuresol mit verschiedenen Alkali- 
und Säurezusätzen angestellt hatte. 

Besonders hervorzuheben sind unter Zugrundelegung der entwickelten Vor- 
stellungen die Vorgänge der Adsorption des fällenden Ions durch das aus- 
fallende Gel (vgl. p. 52), welche nach Billitzer dadurch erklärt werden sollen, 
daß das fällende Ion die Rolle eines Kondensationskemes spielt. Das negativ 
geladene AsjSg adsorbiert ausfällende Kationen (Ba aus BaCl2, S. E. Linder 
und H. PiCTON^; Ca aus CaClg, Sr aus SrCl^, W. R. Whitney und G. E. Ober^; 
ebenso adsorbieren negativ geladene mechanische Suspensionen z. B. Cu aus GuSO^ 
(W. Spring*). Versuche von Billitzer zeigten, daß die Adsorption tatsächlich 
während der Koagulation stattfindet; denn wurden zu Solen von AsjSj oder R 
zunächst kleine Mengen von Schutzkolloid und nachträglich Elektrolyte gefügt, 
so fand keine Adsorption statt. 

Die Tatsache, daß verschiedene Metalle im Gel im Verhältnis ihrer 
chemischen Äquivalente vertretbar sind (vgl. p. 51) läßt sich auf Grund der er- 
örterten Prinzipien leicht verstehen. Sie führt zu der weiteren Folgerung, daß 
die Menge der beim Fällungsvorgange mitgerissenen Ionen, und ihr entsprechend 
auch die eventuelle Titeränderung der Lösung, Aufschluß über die Größe der 
Ladung eines Kolloids gibt, da die Fällung unter elektrischer Neutralisation verläuft 

Inwiefern diese Überlegvmg für die Erkenntnis des gegenseitigen 



1 Z. phys. Ch. 41. 427 — 457. 1902. — ^ Journ. Chem. Soc. 67. 63. 1895. — ^ JourD. 
Aineric. Chem. Soc. 23. 842 — 863. 1902. — * Arch. des scienc. phys. et natur. (4) 10. 305. 



2. Die Suspensionstheorie. 



155 



Fällungs Vorganges von Kolloiden von Wichtigkeit ist, wurde bereits an 
anderer Stelle (p. 78) kurz gezeigt 

Einige Anomalien können femer einer befriedigenden Erklärung zugeführt 
werden, so z. B. die experimentellen Ergebnisse von G. Quincke,^ wonach auch 
Nichtelektrolyte auf Sole und Suspensionen fällende Wirkung ausüben, wenn 
man annimmt, daß durch die Änderungen der Potentialdiflferenz, welche Zusätze 
von Nichtelektrolyten hervorrufen, verschiedenartig geladene Teilchen der Sus- 
pension entstehen, welche zusammentreten, oder daß das System den isoelek- 
trischen Punkt erreicht 

Auch der Vorgang der Peptisation, also der Rückversetzung eines Gels 
in den kolloidal gelösten Zustand findet, wie bereits früher (p. 79) gezeigt 
wurde, nach diesen Prinzipien eine verständliche Deutung. 

Es läßt sich allgemein sagen, daß Fällungen von Kolloiden eintreten, 
wenn entgegengesetzt geladene Ionen oder Kolloidteile die ursprüngliche Ladung 
des zu fllllenden Kolloids neutralisieren, daß umgekehrt Wiederauflösung von 
Gelen stattfindet, wenn Zusätze es bewirken, daß die im Gel vorhandenen Be- 
standteile gleichen Ladungssinn annehmen, indem gewissermaßen einer der 
beiden Anteile des Gels umgeladen wird. Unter „Bestandteilen des Gels" sind 
hierbei einerseits die ursprünglich kolloidal gelöste Substanz, andererseits der im 
Verlauf der Koagulation hinzugetretene Stoflf, also z. B. fällendes, adsorbiertes Ion 
bei der Koagulation durch Elektrolyte, bzw. fällendes zweites Kolloid bei gegen- 
seitiger Kolloidfällung verstanden. Dieses Prinzip vermag nicht nur die einfache 
Koagulation durch Elektrolyte, sondern auch viele komplizierte Fällungs- und 
Lösungsvorgänge zu erklären. 

Die folgende Zusammenstellung verschiedener Versuchsergebnisse, die, trotz- 
dem sie völlig difierierenden Klassen von Kolloiden angehören, durchwegs beste 
Obereinstimmung mit den Forderungen der Theorie zeigen, läßt diese Beziehungen 
klar hervortreten. In der ersten Kolumne ist das Kolloid I, in der zweiten der 
fällende Bestandteil (Ion oder Kolloid, bzw. Suspension, II), angegeben, die 
Zeichen + oder — bedeuten den Ladungssiim. In der nächsten Kolumne ist, 
falls Wiederauflösung des Komplexes I + II beobachtet wurde, die Substanz an- 
gegeben, welche eine solche bewirkte, die darauffolgende Ziffer zeigt an, welche 
der beiden Komponenten durch diesen Zusatz „umgeladen" wurde; endlich wird 
angegeben, welche Ladung die neu entstandene kolloidale Lösung trägt. 



Kolloid 
I 


gefällt durch 
II 


wiedergelöst 
durch 


umgeladen 


Ladung 

des neuen 

Kolloids 


Eisenoxydhydrosol + 

»> 
1» 
»» 


Gelatine mit NHg - 

AsjSj - 

SbjS, - 

Au - 


i Alkali oder 

1 Ammoniak 

Säure 


I 

n 


+ 


Kieselsäure mit NH, — 
Kieselsäure mit HCl + 


Kation + 
Anion — 


Säure 
Alkali 


I 
I 


+ 


Methyloratige, neutral — 


Kation + 


Säure 


I 


+ 


Bismarckbraun + 


As^S, - 
Methylorange, neutral — 


Säure 
Säure 


II 
II 

II 


+ 

+ 


Eosin — 


Methylorange, sauer + 


Alkali 


1 "~ 


Fuchsin + 


AsjS, - 


Ammoniak 


i 





1 Ann. Phys. (4) 7. 57. 1902. 



ie6 ^e Theorie der Kolloide. 

Diese Angaben zeigen zur Genüge die durchgreifende Analogie im Ver- 
halten der verschiedensten Kolloide; selbst die sonst völlig unerklärlichen Er- 
scheinungen, daß bestimmte Kombinationen von Kolloiden sich nicht ausfällen, 
ergeben nur neue Stützen ftir die besprochene Theorie. Derartige Kombinationen, 
deren beigefügter Ladungssinn sogleich das Verhalten erklärt, sind z. B.: 

Gelatine mit Eisenoxydhydrosol (+) bleibt mit NH3 klar, das ganze Ge- 
menge wird umgeladen ( — ). ^ 

Gelatine mit Eisenoxydhydrosol und NH3 (— ) bleibt mit Goldhydro- 
sol(-) klar.* 

Auch die Schutzwirkungen, welche organische Kolloide bewirken, sucht 
BiLUTZER auf Grund dieser Annahmen zu erklären. Nach den Vorstellungen von 
H. Bechhold (vgl. p. 57) kommt die Schutzwirkung durch Umhüllung der kleinen 
instabilen Teilchen mit einer Schicht stabilen Kolloids zustande. Die Beobachtung 
jedoch, daß Gelatine z. B. sowohl entgegengesetzt als auch gleichsinnig geladene 
Teilchen schützt, entspricht nach Billitzer nicht völlig diesen Annahmen, denn 
sonst müßte die Gelatine auch gleichgeladene Teilchen umhüllen, von denen sie 
elektrostatisch abgestoßen werden muß. Es soll vielmehr nach BiLLrrzER die 
Vorstellung berechtigt sein, daß bei gleichem Ladungssinn das Schutzkolloid sich 
mit dem geschützten Kolloid in das fällende Ion teilen muß; da das erstere infolge 
seiner bedeutend höheren Fällungsgrenze eine viel größere Menge in Anspruch 
nimmt, ist es ebenso, als würde durch seine Gegenwart der Schwellenwert er- 
heblich gesteigert, indem die Wirkung der fällenden Ionen so gleichsam gelähmt 
wird. Bei entgegengesetztem Ladungssinn von Kolloid und Schutzkolloid wird 
hingegen eine Vereinigung von größeren Komplexen stattfinden, deren Stabilität 
von ihrer Ladung und Größe abhängt. 

Inwiefern die Theorie Billitzer s für die Erklänmg der Tatsachen der 
Eiweißfällungen benutzt worden ist, wurde an anderer Stelle (vgl. p. 79) gezeigt 

d) Theorie von Quincke. 

Die nunmehr zu erörternde Theorie wurde den Suspensionstheorien unter- 
geordnet, obgleich sie in vielen Punkten in gewissem Gegensatz zu den Ergeb- 
nissen der bisher dargelegten Vorstellungen steht Während diese von der Annahme 
ausgehen, daß die kolloidalen Lösungen äußerst kleine Teilchen enthalten, die 
eine Heterogenität des Systems bedingen, ohne über die Natur dieser kleinen 
Massenteilchen näheres auszusagen, hat G. Quincke in einer ausgedehnten Reihe 
von Experimentaluntersuchungen die materielle Beschaffenheit und Bildung 
dieser kleinen Teilchen erforscht. 

An anderer Stelle (p. 93) konnten schon die Vorstellungen er^^ähnt werden, 
die Quincke den Ausflockungserscheinungen mechanischer Suspensionen zugnmde 
legte. An der Oberfläche zusammengefiockter Trübungen konnte von ihm in vielen 
Fällen eine ölartige, klebrige Flüssigkeit beobachtet werden, während die Trübung 
selbst bei der Aggregation zu zelligen, halbflüssigen Gebilden zusammentrat, die in 
charakteristischer Weise aus Wänden gebaut waren und allmählich in den festen 
Zustand übergingen. Derartige Zellgebilde hat dieser Forscher nicht nur bei mecha- 
nischen Trübungen,^ sondern bei zahlreichen amorphen Niederschlägen unlöslicher 
anorganischer Fällungen* und organischer Kolloide * beobachtet Eine be- 
sondere Bedeutung legt Quincke der Oberflächenspannung an der Grenze der 
sich ausscheidenden ölartigen Flüssigkeit A und der wässrigen Flüssigkeit B bei, 



I Veigl. hierzu die Angabe der obigen Tabelle : Eisenoxydhydrosol ( +) mit Gelatine und NH9 

(— ) fällt aus. — * Groldsol ( — ) wird durch Eisenoxydhydrosol (+) gefällt — ® Ann. Phys. (4) 
7. 57—96. 1902. — ♦ Ann. Phys. (4) 7. 631—682, 701—744; 9. 1—43. 793—836. 1902. 
— o Ann. Phys. (4) 11. 449 — 488. 1903. 



2. Die Suspensionstheorie. icj 

ihrem Einlluß soll der Zusammentritt von A zu den Wänden und Schaumzellen 
zugeschrieben werden, denn geringe Mengen fremder Substanzen beeinflussen diese 
Oberflächenspannung wesentlich und ändern die Viskosität, Erstarrungsgeschwin- 
digkeit und Anordnung der festwerdendejoi Substanz A beträchtlich. 

Daß anorganische Kolloide sich ähnlich verhalten wie die bisher bezeich- 
neten Gebilde, hat Quincke beim Eintrocknen von Solen auf Glasplatten oder 
Quecksilber beobachtet Die Hydrosole der Kieselsäure, des Eisenoxyds, Arsen- 
suliids und Schwefels zeigten hierbei unter dem Mikroskop charakteristische 
Lamellen, Schaumwände und Kömer. 

Der Zustand der kolloidalen Lösimg würde demnach in völliger Analogie 
mit der graduellen Ausscheidung irgend eines unlöslichen Körpers aus einem 
flüssigen Medium sich dadurch^ charakterisieren, daß zwei Lösungen entstehen, 
eine viskose Lösung A, die vieb feste in wenig flüssiger Substanz gelöst enthält und 
eine Lösung B, die wenig feste Substanz in viel Flüssigkeit gelöst enthält. An der 
Grenze von A und B besteht eine gewisse Oberflächenspannung. Die graduelle 
Abtrennung der bdden Lösungen bis zur völligen Erstarrung von A vollzieht sich 
dann nach den oben (p. 94) gegebenen Grundsätzen. 

Von diesen Voraussetzungen ausgehend, können die Eigenschaften der Kol- 
loide folgende Deutung finden: 

Die Erschwerung der Diffusion beruht auf der beginnenden Bildung 
kleiner Schaumblasen, die nicht durch die Poren des Dialysators zu dringen ver- 
mögen. — Die Siede- und Gefrierpunktskonstanz des Lösungsmittels ließe 
sich daraus erklären, daß nur die Flüssigkeit B, nicht die Natur und Menge von A, 
filr die Zustandsänderung maßgebend ist. — Die Koagulation beruht auf einem 
allmählichen Zusammenfließen der Schaumwände von A durch Verdunstung von 
Wasser, mechanische Erschütterungen oder periodische Ausbreitung einer fremden 
Flüssigkeit C an der Grenzfläche AB, wodurch Änderung der Oberflächenspannung 
eintritt. Daß C ein Elektrolyt sein müsse, stellt Quincke auf Grund von Ver- 
suchen in Abrede (vgl. p. 60 ü. 103). Die Notwendigkeit der Überschreitung eines 
Schwellenwertes erklärt er dadurch, daß die infolge Änderung der Ober- 
flächenspannung auftretenden Ausbreitungsbewegungen eine gewisse Energie be- 
sitzen müssen, um die schwebenden Teilchen von B zu vereinigen. 

Die kolloidalen Gele bestehen hiemach aus Schaummassen flüssiger oder 
halbfester Lamellen von A mit mehr oder weniger B ; sind die Wände flüssig, so 
kann Wasser oder Flüssigkeit diffundieren, das Gebilde ist quellbar. Bei der 
graduellen Erstarrung von A entsteht eine steife, feste Gallerte. 

Die Peptisation könnte so erklärt werden, daß die fremde Flüssigkeit C 
unter Umständen eine Zerteilung der ausgeschiedenen Schaummassen bewirkt, 
indem die Wände platzen und wieder einzelne Kugeln und Blasen von A ent- 
stehen. 

Die Ansichten Quinckes nähern sich in mancher Hinsicht den Absorptions- 
theorien. Da ihnen zufolge jedoch der Einfluß der elektrischen Potentialdifferenz 
zwischen kolloidalen Teilchen und Flüssigkeit nicht berücksichtigt, sondern sogar 
vielfach bestritten wird,^ können durch sie verschiedene Eigenschaften der kol- 
loidalen Materie nicht befriedigend erklärt werden. 

Es hat daher gelegentlich G. Bredig* gegen die allgemeine Gültigkeit 
dieser Theorie Bedenken geäußert. 



1 Ann. Phys. (4) 7. 57—96; ©• 793—836, 969—1045. 1902; 12. 1 165— 1 168. 1903. 
— 2 Ann. Phys, (4) U. 218—222. 1903. 



ic8 Die Theorie der Kolloide. 

3. Die Adsorptionstheorie. 

a) Theorie von van Bemmelen. 

Nach den Vorstellungen J. M. van Bemmelen s entspricht die Abscheidung 
kolloidaler Gele dem Vorgange der Entmischung einer Lösung, also deren Tren- 
nung in zwei Schichten. 

Eine homogene Mischung zweier Substanzen A und B kann durch ver- 
schiedene Umstände^ besonders durch Temperaturänderung, in ein System zweier 
Phasen Lj und Lg übergehen, wobei Lj eine Lösung von wenig B in viel A, 
L^ eine solche von wenig A in viel B ist. Die Zusammensetzung der beiden 
Phasen hängt von Druck und Temperatur ab. Eine Temperaturerhöhung kann 
in gewissen Fällen Entmischung einer homogenen Lösung, in anderen Fällen 
Mischung von L^ und Lj bewirken. 

Ist eine dritte Substanz C zugegen, so beeinflußt sie die Zusammensetzung 
von Lj imd L, sowie auch die Temperaturwirkung, ihre Anwesenheit kann an 
sich Entmischung, in anderen Fällen hingegen Mischung der Schichten bewirken. 

Derartige Gleichgewichte wurden u. a. von B. Rgozeboom^ und Schreine- 
MAKERS^ durch Anwendung der Phasenregel theoretisch klargelegt und experi- 
mentell realisiert 

Durch mikroskopische Untersuchung wurde nun einerseits festgestellt, daß 
die meisten kolloidalen Gele eine bestimmte MLkrostruktur besitzen, welche diese 
Gebilde als zusammenhängende, zellige Gewebe kennzeichnet (p. 89 und ff.). 
Andererseits konnte in ausführlicher Weise gezeigt werden, daß die Gelsubstanz 
nicht eine chemische Verbindung, sondern eine Absorptionsverbindung ist, also 
in variablen Verhältnissen aus dem sich ausscheidenden Körper und dem flüssigen 
Medium zusammengesetzt ist (p. 120 und ff.). 

Bringt man diese Tatsachen mit den eben erörterten Grundsätzen des Ent- 
mischungsvorganges in Zusammenhang, so stellt sich die Abscheidung eines Gels 
einer festen Substanz A, die im flüssigen Medium B gelöst war, so dar, daß sich 
eine viskose, halbflüssige Lösung L^ in Form zusammenhängender, wabiger oder 
zelliger Niederschlagsmembranen ausscheidet, in deren Gewebe die Lösung L^ 
eingeschlossen ist Nach dem oben Gesagten besteht L^ aus einer Absorptions- 
verbindung von viel A mit wenig B, Lj aus einer Lösung von wenig A in viel 
B.^ Für die Zusammensetzung von L^ und Lj sind verschiedene Umstände, 
vor allem Temperatur, Druck und Anwesenheit fremder Substanzen maßgebend- 

Ein kolloidales Sol wäre dann als Gebilde zu charakterisieren, in dem die 
Abtrennung von L^ eben beginnt. Makroskopisch ist die eintretende Änderung 
nicht zu erkennen, nur die Opaleszenz deutet darauf hin, daß besondere Mole- 
külkomplexe zur Abscheidung gelangen, welche zwar noch flüssig sind, dem 
System aber doch eine Art von Inhomogenität erteilen. 

Die Koagulation stellt sich als weiter fortgeschrittene Trennung von Lj 
und Lj ab, wobei die halbflüssigen Teilchen von Lj sich graduell zu gewebe- 
artigen Gebilden zusammenschließen. 

Unter Zugrundelegung dieser Vorstellungen würden sich die Eigenschaften 
der Kolloide in folgender Weise erklären. 

Die Annahme, daß Sole nicht gewöhnliche Lösungen von A in B, sondem 
inhomogene Gebilde sind, welche Molekülkomplexe von L^ in Lj verteilt ent- 
halten, erklärt es, daß kolloidale Lösungen den Gesetzen der in kristalloider 

^ Rec. d. Trav. Chim. Pays-Bas. 8. 257—272. 1889. — ^ Z. phys. Ch. 22. 93, 515; 
23. 649. 1897; zum Beispiel «»Gleichgewichte im System: Wasser, Äther, Succinonitiil; 
Wasser, Phenol, Kochsalz; Wasser, Benzoesäure, Succinonitril u. a, — 8 Daß die wässerige 
Lösung, die sich aus Grelatinegallerte auspressen läßt, tatsächlich immer Grelatine gelöst enthält, 
hat bereits Hardt (vgl. p. 63) erkannt. 



3. Die Adsorptionstheorie. Icg 

Lösung befindlichen Moleküle nicht gehorchen können, daß sie also keinen oder 
nur einen minimalen osmotischen Druck ausüben, schwer diffundieren und bei- 
nahe kein elektrisches Leitvermögen besitzen. 

Temperatursteigerung beeinflußt diese Gebilde in verschiedener Weise, indem 
sie in gewissen Fällen Wiedermischung (reversible Koagulation von Gelatine 
usw.), in den meisten Fällen jedoch Entmischung (Hitzekoagulation) bewirkt 
Die Anwesenheit fremder Substanzen C wirkt nach dem oben erwähnten gleich- 
falls in verschiedenem Sinne, sie kann sowohl Entmischung (Koagulation durch 
Elektrolyte), wie Mischung (Peptisation) hervorrufen. 

Die Eigenart des Gelgefüges erklärt zunächst die Permeabilität der Gele, 
indem andere Flüssigkeiten zwischen den Gewebeteilen von L^ verkehren können, 
ja selbst Lj zu ersetzen vermögen (Organogele). Die Austrocknung der Gele 
unter abnehmenden Dampfspannungen vollzieht sich, ihrem Charakter als Absorp- 
tionsverbindungen entsprechend, mit kontinuierlich abnehmender Geschwindigkeit 
(s. p. 120). Insofern die Gewebeteile von Lj nicht durch tiefgehende Einflüsse 
(Glühen, Einwirkung fremder Substanzen usw.) völlig verändert wurden, sind sie 
föhig, nach dem Eintrocknen wieder die Flüssigkeit B oder auch eine andere 
Flüssigkeit in derselben Weise aufzunehmen, wie ursprünglich, also neuerdings 
das halbflüssige Gel zu bilden (Quellungsvorgang). 

Ein dritter löslicher Stofi" C , der bei der Trennung einer Lösung zweier 
Substanzen A und B in zwei flüssige Schichten Lj und L^ vorhanden ist, ver- 
teilt sich zwischen den beiden Schichten, wobei der Teilungskoeffizient von den 
verschiedensten Faktoren — Löslichkeit von C in A und B, Einfluß der Anwesen- 
heit von B in Lj und von A in L^ auf die Löslichkeit von C in A und B, 
Menge von C — abhängig, also nicht konstant ist. 

Die Gesetzmäßigkeiten dieses Vorganges sind für die Beurteilung der Ad- 
sorptionswirkung von Gelen von besonderer Wichtigkeit und van Bemmelen 
vermochte zuerst die Adsorptionsvorgänge bei kolloidalen Gebilden dem Ver- 
ständnisse zu erschließen, gleichzeitig den Zusammenhang dieser Erscheinungen 
mit den reinen Oberflächen wirkimgen poröser und pulveriger Körper zu erkennen, 
was an früherer Stelle ausführlich gezeigt wurde (p. 129 und fi".). 

Unter Umständen wird C nicht unverändert aufgenommen, sondern es wird 
gewissermaßen hydrolysiert, vorausgesetzt, daß B Wasser, Lj also ein Hydrogel 
ist Gemäß der chemischen Natur von A geht sodann der eine hydrolytisch 
abgespaltene Bestandteil von C + HÖH in Lj, der andere bleibt in L^j gelöst. 

Dieses Prinzip erklärt die Zersetzungen von Salzen bei der Adsorption, be- 
ziehungsweise die auswählende Adsorption eines Ions des koagulierenden 
Elektrolyten. 

Die letzten Reste der adsorbierten Substanz C, bzw. eines durch Hydrolyse 
aus ihr entstandenen Anteils, werden von Gelen mit größter Intensität festgehalten, 
wie auch ein Hydrogel von Lj die letzten Anteile von Wasser (B) bei gewöhn- 
licher Temperatur gar nicht abgibt. Diese geringen zurückbleibenden Mengen 
vermögen wohl die Eigenschaften von Lj wesentlich zu beeinflussen, doch bilden 
sie mit L^ einen flüssigen Komplex in unbestimmten Verhältnissen, also eine Ad- 
sorptionsverbindung (vgl. p. 135). Weder in den Gelen, die Lj in gewebe- 
artig abgetrenntem Zustande, noch in den Solen, die L^ in scheinbar homogener 
Verteilung enthalten, kann also ein geringer Gehalt an absorbierter Substanz als 
chemisch gebunden angesehen werden. Dieser Umstand ist in Hinsicht 
auf die später zu erörternden Theorien der chemischen Komplexe be- 
merkenswert 

Der Vorgang der Abtrennung von L^ ist ein gradueller; ganz allmählich 
schließen sich die kleinen Teile zu größeren Komplexen zusammen, um schließlich 
das zusammenhängende Gewebe des Gels zu bilden- Hiermit hängt vielleicht 



l6o ^i® Theorie der Kolloide. 

einerseits die Tatsache zusammen, daß kolloidale Sole in vielen Fallen nur be- 
schränkte Haltbarkeit besitzen, also ohne äußere Wirkung mit der Zeit koa- 
gulieren, andererseits jedoch auch die Zeitwirkung auf das ausfallende Gel, die 
sich durch Abhängigkeit des Adsorptionsvermögens und der Struktur vom Alter 
und Zustand des Gels äußert 

Es ist ein wesentliches Verdienst der ausgedehnten Experimentalunter- 
suchungen van Bemmelens, den Zusammenhang der Adsorptionserscheinungen 
durch kolloidale Gele zuerst erkannt und auf die Bildungsverhältnisse der Gele 
zurückgeführt zu haben. Zur weiteren Klarlegung dieser Tatsachen konnten 
dann mit Erfolg die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchimg des feineren 
Gelgefüges mit Vorteil herangezogen werden. 

b) Theorie von Frenndlioli. 

Neuerdings hat H. Freundlich^ versucht, durch gewisse hypothetische 
Vorstellungen die Ergebnisse der Forschungen über Adsorption mit jenen über 
den Mechanismus der Koagulation kolloidaler Lösungen in Einklang zu bringen. 

Er geht von der Tatsache aus, daß Körper wie fein verteiltes Kohlenpulver 
und ähnlich auch kolloidal gelöstes Arsentrisulfid Lösungen basischer Farbstoffe, 
mit denen sie in Berührung stehen, zu spalten vermögen, indem sie die Farb- 
base adsorbieren, die Säure jedoch in der Lösung zurücklassen. Für die Ver- 
teilung der adsorbierten Farbbase zwischen den beiden Phasen gilt nach Ver- 
suchen, die Freundlich in Gemeinschaft mit G. Losev (vgl. p. 139] angestellt 
hat, die früher ang^ebene, für Adsorptionsvorgänge als charakteristisch erkannte 
Beziehung: 

i 

X 



SS a • c^ 



m 



Hiemach ist anzunehmen, daß die beiden Ionen eines Salzes durch einen 
Körper unabhängig voneinander adsorbiert werden, wie überhaupt zwei 
oder mehrere verschiedene Stoffe, die sich in einer Lösung finden, ebenfalls 
gegenseitig ihre Adsorption nicht zu beeinflussen scheinen.* Da nun früher 
(p. 140) gezeigt wurde, daß die Reihenfolge, in welcher verschiedene Stoffe aus 
ihren Lösungen adsorbiert werden, von der Natur der adsorbierenden Substanz 
weitgehend unabhängig ist, kann angenommen werden, daß z. B. ein bestinmiter 
Stoff (oder ein Ion) durch verschiedene Substrate, also z. B. Cellulose, anorganische 
Hydrogele usw., etwa gleich intensiv adsorbiert wird. 

Es ist nun eine vielfach bestätigte Tatsache, daß die Koagulation einer 
kolloidalen Lösung mit der Adsorption des fällenden Elektrolyten, bzw. eines 
seiner Ionen einhergeht (vgl. p. 51, 133, 154). Da es sich nun bei der Ko- 
agulation, -wie aus den früher erörterten Theorien hervorgeht, um eine Neutralisation 
der elektrischen Ladung der Kolloidteilchen handelt, wird es für den Mechanismus 
des Ausflockungsvorganges wesentlich sein, kennen zu lernen, welches Ion zu- 
gesetzter Salze durch das ausflockende Kolloid stärker adsorbiert wird imd wie 
seine Teilchen ursprünglich geladen waren. 

Liegt z. B. ein negativ geladenes Sol vor und adsorbiert dieses die 
Kationen aus bestimmten Salzlösungen stärker als die Anionen, so wird sich 

1 Z. f. Chem. und Ind. d. Koll. 1. 321 — 331. 1907. — 2 Beil&ufig bemerkt, würde 
diese Annahme auch eine Erklärung für die vielfach beobachteten 2^rsetzungen von Salzen bei 
der Adsorption durch Kohle, Hydrogele (vgl. p. iii, 130] und dgL bieten; daß die Farbstoffe aus 
ihren Lösungen im Verlaufe des Färbevorganges nicht unzersetzt aufgenommen werden, sondern 
daß z. B. aus Lösungen von basischen Farbstoffen die Farbbase an die Faser geht, während 
die Säure freibleibt, war eine wesentliche Stütze der ,,chemischen Färbetheorie". 



3. Die Adsorptioostheorie. l6l 

bereits bei sehr geringen Konzentrationen der betreffenden Lösung genügend 
Kation ail der Oberfläche des Teilchens angehäuft haben, um dessen Ladung zu 
neutralisieren, also Koagulation zu bewirken. Je stärker mithin ein Kation adsor- 
biert wird, desto geringer ist die zur Fällung eines negativ geladenen Sols nötige 
Konzentration des betreffenden Elektrolyten. 

Diese theoretische Annahme Ueß sich experimentell nachprüfen, indem das 

Maß der Adsorption also die adsorbierten Mengen — einer Reihe von Salzen 

organischer Basen mit einwertigem Kation durch Blutkohle bestimmt und hierauf 
der Fällungswert derselben Salze gegenüber dem Hydrosol von As^Sg ermittelt 
wurde. Deutiich zeigte es sich hierbei, daß zwischen der Adsorbierbarkeit und 
der fällenden Wirkung ein Parallelismus besteht, wie ihn die oben dargelegte 
Hypothese voraussieht. 

Anders werden die Verhältnisse liegen, wenn ein negativ geladenes Sol 
das Anion eines gelösten Salzes stärker adsorbiert als das Kation. Es kann 
dann eine Neutralisation der negativen Ladung nur durch relativ bedeutende 
Elektrolytzusätze erfolgen, wenn außer den vornehmlich adsorbierten Anionen 
genügend viel Kationen an die Oberfläche des suspendierten Teilchens gelangt 
sind, um seine Ladung aufzuheben. Je intensiver das Anion adsorbiert wird, 
um so mehr wird es gewissermaßen den Platz auf der Oberfläche wegnehmen 
und um so höher wird der Schwellenwert für den betreffenden Elektrolyten 
sein müssen. 

Tatsächlich äußern auch organische Säuren und ihre Alkalisalze, deren 
Anion erwiesenermaßen stark adsorbiert wird, gegenüber kolloidalem Arsentrisulfid 
nur sehr geringe fällende Wirkung. 

Werden beide Ionen etwa gleich stark adsorbiert, so entstehen bei der 
Ausflockung Verhältnisse, welche sich unter gewissen Bedingungen auf die beiden 
ersten Fälle zurückfuhren lassen. 

Da hiermit der Zusammenhang zwischen Adsorptionsfähigkeit von Ionen und 
ihrer koagulierenden Wirkung erkannt war, versuchte Freundlich weiterhin, die 
für Adsorptionsvorgänge allgemein gültigen quantitativen Gesetze auf ihre Geltung 
hinsichtlich der Fällungsvorgänge von kolloidalen Lösungen zu prüfen. Um die 
mehrfach erwähnte allgemeine Adsorptionsgleichung auf diese anwenden zu 

X 

können, muß angenommen werden, daß der Wert — die von der Gewichtsein- 

ffi 

heit des koagulierten Kolloids mitgerissene Menge des Ions ist, welches die 

X 

Ladung neutralisiert hatte. - - ist also gewissermaßen die für jedes Sol charak- 

tn 

teristische Menge Kation (bzw. Anion), die zum Neutralisieren der negativen 
(bzw. positiven) Ladung eines Grammes des kolloidal gelösten Stoffes nötig ist. 
Sollen nun Beziehungen zwischen dem Fällungswert y eines Salzes (also der 
eben zuj: Hervorrufung der Koagulation einer gegebenen Menge Kolloids in einer 
bestimmten Zeit erforderlichen Salzkonzentration) und den Größen der Adsorp- 
tionsgleichung gefunden werden, so kann zunächst angenommen werden, daß die 
Werte für c (also die Konzentration der Lösung nach der Adsorption) annähernd 

, der Konzentration des fällenden Elektrolyts y vermindert um die 



mit 



y 

m 



X 

während der Koagulation adsorbierte Menge — , parallel gehen. 

m 

Wird nun weiter die Voraussetzung gemacht, daß alle anorganischen 

Kationen in äquimolekularen Konzentrationen gleich stark adsorbiert werden, 

X 

so müßte sich die Beziehung zwischen c und — für alle (ein-, zwei- und drei- 

m 

MüLLBR, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. II 



l62 ^i^ Theorie der Kolloide. 

• 

wertige) Kationen durch dieselbe Adsorptionsgleichung, daher graphisch durch 

dieselbe Adsorptionsisotherme (s. p. 117) ausdrücken lassen. 

Nun haben verschiedene Beobachtungen ergeben, daß bei der Koagulation 

negativ geladener Sole praktisch äquivalente Mengen Kation adsorbiert werden ^ 

(Linder und Picton, Whitney und Ober, vgl. p. 51 und 78). Es müssen 

sich daher die durch ein koagulierendes Sol adsorbierten Mengen, d. h. die 

X 11 

Werte für ein-, zwei- und dreiwertige Kationen wie 1 : — :— verhalten. Nun 

tn 2 3 

soll nach der oben gemachten Annahme dieselbe Kurve die Beziehungen zwischen 
und c ausdrücken. Ihre Gestalt [s. z. B. OB in Figur 17, p. 1 1 7) bedingt jedoch, 



m 



X 

daß z. B. Werten für — = 4, 2 und 1,3, welche als Ordinaten aufgetragen werden, 



und daher (siehe 



Werte für c entsprechen, die überaus weit auseinander liegen. Mit anderen 

X 

Worten: die ^ -Werte, und mit ihnen die Werte für y 

|_ tn 

p. 161) auch die y -Werte, also die Fällungswerte verschiedener Kationen 
sinken rasch mit steigender Wertigkeit. 

Diese Schlußfolgerung sagt jedoch dasselbe, was die früher (p. 48) dar- 
gelegte „Fällungsregel" vielfach experimentell nachgewiesen hatte. Es ergibt sich 
hiermit also auf Grund der quantitativen Adsorptionsgesetze eine interessante 
Möglichkeit zur Erklärung dieser Gesetzmäßigkeit, für welche seither die ver- 
schiedensten Annahmen herangezogen worden waren (vgl. Whetham, p. 50, 
BiLTZ, p. j-j). 

Von einem Ausbau dieser Theorie, welche vorläufig nur in ihren Umrissen 
veröffentlicht wurde, dürfte eine wesentliche Förderung der allgemeinen theo- 
retischen Ansichten der Kolloidforschung zu erwarten sein. 



4. Die Verteilungstheorie. 

Das Koagulieren einer Eiweißlösung durch Salzzusatz läßt sich in gewisser 
Hinsicht mit dem Aussalzen eines Stoffes aus seiner Lösung, also einer Bildung 
zweier Phasen, in welchen je drei Stoffe vertreten sind, vergleichen.* 

K. Spiro ^ hat auf Grund dieser Vorstellung eine Theorie der Kolloid- 
fiLllung gegeben, deren Grundzüge im folgenden erörtert werden sollen. 

Bei der Ausfällung eines Eiweißkörpers, sei es durch Zusatz von Neutral- 
salzen oder durch organische Fällungsmittel (Alkohol, Phenole), entsteht ein 
Fällungsprodukt, das in der Flüssigkeit teilweise löslich ist Die Koagulation 
durch Neutralsalze charakterisiert sich dadurch, daß sie im Zusammenhang mit 
der fällenden Wirkung der Salzionen, mit der spezifischen Eigenart des Eiweiß- 
körpers und den Konzentrationsverhältnissen steht. Die beiden Schichten, welche 
bei der Fällung entstehen, enthalten alle drei in Betracht kommenden Stoffe: 
Wasser, Salz und Eiweiß. Das Verhältnis Wasser zu Salz ist in der gefällten 
Schicht bei verschiedenen Temperaturen gleich, jenes von Eiweiß zu Salz 
jedoch nicht. Der letzterwähnte Umstand beweist nach Spiro, daß der durch 
Metallsalze koagulierte Niederschlag keine chemische Verbindung von Eiweiß 
und Salz ist. 

1 Diese Tatsache an sich stimmt übrigens mit den Forderungen der Hypothese Freund- 
lich s überein; denn die adsorbierten Kationen sind bestimmt, eine bestimmte Ladung zu 
neutralisieren, ihre Menge muß daher notwendig äquivalent sein. — ^ Über die Theorie dieser 
Vorgänge vgl. dieses Handbuch, Rothmund, Über Löslichkeit und Löslichkeitsbeeinflussung. 
Leipzig. 1907. — 3 Beitr. z. ehem. Physiol u. Path. 4. 300 — 322. 1903. 



4. Die Verteilungstheorie. ißi 

In der ausgefällten Schicht ist gegenüber der ursprünglichen Lösung der 
Gehalt an Lösungsmittel vermindert; fällt man Grelatinelösungen mit Salzlösungen 
in steigenden Konzentrationen, so zeigt sich die ausfallende Gelatineschicht als 
graduell wasserärmer. Die Aussalzung kann demnach als Entziehung des Lösungs- 
mittels angesehen werden, doch sind hierbei noch andere Umstände maßgebend. 

Für die Verteilung soll außer der Löslichkeit der einzelnen Bestandteile die 
von Spiro so bezeichnete „Lösungsintensität" bestimmend sein, welche für Salz und 
Wasser größer sein soll als die für Wasser und Eiweiß. Diese Lösungsintensität 
sei nun für verschiedene Ionen verschieden, dadurch wären die bei Eiweiß- 
fällungen auftretenden Eigentümlichkeiten zu erklären, daß gewisse Elektrolyte 
statt erwarteter Steigerung der Fällung im Gegenteil Fällungsverminderung hervor- 
rufen und daß sich gewisse Abstufungen der lonenwirkung erkennen lassen. 
Ordnet man die Ionen nach ihrer eiweißfällenden Wirkung, so erhält man eine 
Reihe, die bei anderen Eigenschaften der betreffenden Salzlösungen, wie innere 
Reibung, Kompressibilität, Oberflächenspannung usw. in ähnlicher Ordnung 
wiederkehrt. 

Die Verteilungstheorie, welche übrigens schon älteren Anschauungen 
F. Hofmeisters^ zugrunde liegt, vermag in gewissen Fällen, insbesondere bei der 
Koagulation der Eiweißkörper, zur Erklärung der Vorgänge gewisse Aufschlüsse 
zu geben. Doch ist es unmöglich, diese die verschiedenen Arten von Eiweiß- 
fällungen betreffenden Theorien mit den Fällungserscheinungen bei anderen 
Kolloiden in Einklang zu bringen, wenn nicht die elektrischen Ladungsverhält- 
nisse berücksichtigt werden. 

Andererseits fQhrt in gewissen Fällen die Anwendung der elektrischen 
Theorie zu Schwierigkeiten, die auf Grund der Verteilungstheorie verhältnismäßig 
leicht aufzuklären sind, so daß W. Pauli * von einer wesentlichen Ergänzung der 
elektrischen Theorie durch die eben erörterte Entmischungstheorie ein durch- 
greifendes Verständnis der Koagulationsvorgänge erwartet. 

Die große Verschiedenheit im Fällungsvermögen von Kalium- und Ammo- 
niumsalzen bei übereinstimmender Ladung und Wanderungsgeschwindigkeit, wäh- 
rend d as einwertige Ammonium und das zweiwertige Magnesium in der Wirkung 
einander so nahestehen, läßt sich z. B. nach Billitzers Theorie nicht erklären; 
ebenso ist die Rückbildung von Eiweißfällungen bei Verdünnung mit Wasser mit 
der Annahme elektrischer Ursachen schwer zu vereinbaren, denn dem ungeladenen 
Komplex Kolloid -Ionen im Gel kann durch die Verdünnung allein keineswegs 
eine zur Solbildung führende „Umladung" (s. p. 155) erteilt werden. Die Ver- 
teilungstheorie erklärt hingegen diese Tatsachen auf einfache Weise. 

Die Erwägung der angeführten Umstände legt die Vermutung nahe, daß 
es sich bei beiden Theorien um einheitliche Grundlagen handelt, wodurch sich 
der Koagulationsvorgang nach beiden Prinzipien betrachten läßt. Es scheint dies 
daraus hervorzugehen, daß die Eiweiß fällungen durch Neutralsalze der Alkali- 
metalle, für welche die Verteilungstheorie als zweifellos gültig angesehen werden 
muß, zahlreiche Analogien mit den irreversiblen Schwermetallfällungen aufweisen, 
die ihrerseits auf Grund der elektrischen Theorie, beziehungsweise der Annahme 
fällender Wirkungen des durch hydrolytische Abspaltung vorhandenen kolloidal 
gelösten Metallhydroxyds völlig einwandfreie Aufklärung gefunden haben (vgl. p. 79). 

Es zeigt sich jedoch auch, daß andere Theorien in gewissem inneren Zu- 
sammenhang mit der Verteilungstheorie stehen, ,denn auch Quincke schreibt ja 
die Koagulation einer Entmischung zu, in deren Verlauf eine viskose Lösung A 
entsteht, die ebenso wie der flüssig bleibende Anteil B sowohl den kolloidal 
gelösten Stoff als auch die betrefiende Flüssigkeit enthält, während ein fremder 
Körper C sich an der Grenzfläche AB ausbreitet (p. 157). Noch deutlicher ist 



^ Vgl. p. 104. — 2 Beitr. z. ehem. Phys. u. Path. 6. 233—259. 1905. 

II* 



l64 



Die Theorie der Kolloide. 



die innere Obereinstimmung mit den Prinzipien van Bemmelens ersichtlich, denn 
dieser Forscher verglich die Gelabscheidung direkt mit Gleichgewichten zweier 
flüssiger Phasen, zwischen denen sich ein in beiden löslicher dritter Stoff ver- 
teilt (p. 158). Klärt die Entmischungstheorie Spiro s gewissermaßen jene Eiweiß- 
abscheidung auf, die in der Verdrängung aus der Lösung durch Entziehung des 
Lösungsmittels ihre Ursache haben, so zeigt van Bemmelens Theorie, wie sich 
unlösliche Niederschläge als Adsorptionsverbindungen von inkonstanter Zusammen- 
setzung ausscheiden. Der Natur der Sache nach gilt Spiro s Theorie vor allem 
für jene Fälle, in denen durch Wiederzuführung des Lösungsmittels der ursprüng- 
liche Zustand neuerlich hergestellt wird, also für die reversiblen Vorgänge, während 
die Ädsorptionstheorie allen anderen Eiweißfällungen zugrunde gelegt werden 
kann, ob sie nun unter Ausgleichung der elektrischen Gegensätze zweier Kolloide 
(z. B. negativ geladenes Protein und positiv geladenes hydrolytisch abgespaltenes 
Schwermetallhydroxyd) vor sich gehen und dadurch in engster Beziehung mit den 
Fällungen mechanischer Suspensionen und anorganischer Kolloide stehen, oder 
ob sie anderen Umständen ihre Ursache verdanken. 

5. Die Theorie der chemischen Komplexe. 

Während die Suspensionstheorien die Eigentümlichkeiten des Solzustandes 
lediglich in Umständen physikalischer Natur, also insbesondere in der elek- 
trischen Ladung des fein verteilten Materials gegen das flüssige Medium \md 
in deren weitgehenden Konsequenzen suchen, werden in jüngster Zeit vielfach 
theoretische Anschauungen vertreten, welchen die Ansicht zugrunde liegt, daß in 
erster Linie die chemische Natur, des Kolloids. für seinen Zustand von maß- 
gebender Bedeutung ist. 

Die wichtigsten hierher gehörenden Theorien sollen nun erörtert werden, 
wobei bemerkt sein mag, daß die verschiedenen Vertreter dieser Ansichten ziem- 
lich gleichzeitig auftraten, so daß die Darstellung nicht chronologisch ist, sondern 
von jedem einzelnen der hierüber entwickelten • Grundgedanken bis zu dessen 
gegenwärtiger Ausgestaltung vorgeht. 

a) Theorie von Wyronboff und seinen Mitarbeitern. 

Im Verlaufe ihrer ausgedehnten Untersuchungen über die Chemie der 
seltenen Erden gelangten G. Wyrouboff und A. Verneuil^ dazu, die bis dahin 
als „basische Salze" beschriebenen Komplexe näher zu untersuchen, welche sich 
durch hydrolytische Spaltung bestimmter Metallsalzlösungen und ähnliche Vor- 
gänge ergeben. 

Es wurde schon an früherer Stelle (vgl. p. 4) erwähnt, daß im Verlaufe 
der Hydrolyse von Metallsalzlösungen kolloidale Lösungen der betreffenden 
Hydroxyde entstehen; daß ferner in gewissen Fällen die kolloidbildende Wirkung 
der Hydrolyse unterstützt wird, indem in derartigen Salzlösungen die betreflfenden 
oder auch andere Metalloxydhydrate aufgelöst und die hierdurch entstandenen 
kolloidalen Lösungen etwa durch Dialyse gereinigt werden. 

Bereits Bechamp ^ hatte ein derartiges Verfahren zur Herstellung einer 
Lösung von „basischem Eisenchlorid" beschrieben und zeigte, daß sich gefälltes 
Eisenoxydhydrat in großen Mengen in einer Eisenchloridlösung auflöse, wobei 
eine Flüssigkeit entsteht, die andere Reaktionen als die ursprüngliche Metallsalz- 
lösung zeigt, z. B. mit Silbemitratlösung keine Fällung, hingegen mit Salzsäure 
und verschiedenen Neutralsalzlösungen Niederschläge gibt. 

^ Bull. Soc. chim. 21. 137. 1899; „Recherches sur la chimie des terres rares", Extrait 
des Ann. de Chim. et de Phys. (8) 6., d6cembre 1905; 9., novembre 1906, — ^ Ann. Chim. 
Phys. (3) 57. 291. 1859. 



5. Die Theorie der chemischen Komplexe. iQt 

Bestimmte zahlenmäßige Beziehungen zwischen der Menge lösenden Ferri- 
chlorids und jener an gelöstem Eisenoxyd ließen sich nicht feststellen, hingegen 
zeigte es sich, daß die Menge des aufgenommenen Hydroxyds von äußeren Be- 
dingungen wie Konzentration der Chloridlösung, Temperatur , Beschaffenheit des 
Niederschlags u. dgl. abhing. 

Die älteren Forschungen begnügten sich damit, die auf derartigem Wege 
erhaltenen Flüssigkeiten oder ihren durch Eindampfen erhaltenen amorphen 
Trockenrückstand zu analysieren und aus dem gefundenen Verhältnis zwischen 
Chlorgehalt und Eisenoxyd mehr oder weniger komplizierte Formeln derartiger 
„basischer Salze" zu berechnen.^ 

Eine andere Auffassung über diesen Gegenstand machte sich geltend, seit- 
dem die Erkenntnis der kolloidalen Lösungen sowie der Vorgänge bei der hydro- 
lytischen Spaltung von Eisenchloridlösimgen weiter vorgeschritten war. Es zeigte 
sich, daß die beschriebenen Lösungen „basischer Salze" in vieler Hinsicht ähn- 
liche Eigenschaften aufwiesen, wie „lösliche Eisenhydroxyde", die auf völlig ver- 
schiedenem Wege, so z. B. von Päan de St. Gilles (vgl. p. 4) durch Kochen 
einer Lösung von essigsaurem Eisenoxyd oder von Grimaüx (vgl. p. 2) durch 
Zersetzung von Ferriäthylat mit Wasser erhalten wurden. Insbesondere be- 
zeichnete Graham in seiner für das Gebiet grundlegenden Arbeit eine Lösung, 
welche er durch Auflösen von frisch gefälltem Eisenhydroxyd in einer Eisen- 
chloridlösung und Dialyse der so gewonnenen tief braunen Flüssigkeit erhielt als 
kolloidale Lösung des Eisenhydroxyds. 

Diese Ansicht blieb von da ab die allgemein herrschende; hier, wie auch 
in allen analogen Fällen, die im Laufe der späteren Forschungen wesentlich ver- 
mehrt -wurden (vgl. hierüber p. 4 — 6, femer 8, 10) wurde angenommen, daß sich 
im Verlaufe der Hydrolyse das betreffende Metalloxydhydrat in kolloidal ge- 
löstem Zustande bildet, welches wohl noch gewisse Kristalloidmengen enthält, 
die ihm jedoch etwa durch Dialyse weitgehend entzogen* werden können. 

Die vollständige Befreiung der Lösung von enthaltenen Kristalloiden 
konnte allerdings in keinem Falle erzielt werden, doch wurde hierauf kein Ge- 
wicht gelegt, da z. B., wie bereits erwähnt wurde, niemals konstante Verhält- 
nisse zwischen dem enthaltenen Eisenoxyd und dem Chlor, ähnlich auch in 
den anderen analogen Fällen zwischen Metalloxyd und gewissermaßen ,yver- 
unreinigendem" Ion aufgefunden wurden. 

Hatten sich also die älteren Forscher bemüht, die Zusammensetzung der- 
artiger gelöster Stoffe auf Formeln vom Schema 

a FejOg • d FeClg 

(worin a und ö ganze Zahlen waren), zurückzuführen, so kennzeichneten die 
späteren Ergebnisse der Kolloidforschung diese Gebilde etwa als 



Fe^Og-wHjO + JtrFeCl 



3 



kolloidal 



worin X durch Anordnung der Darstellung, Dialyse u. dgl. auf einen geringen, 
beliebigen Bruchteil der Menge des Oxyds gebracht werden konnte, keinesfalls 
jedoch fiir die Konstitution oder die Eigenschaften der Lösung selbst von erheb- 
licher Bedeutung wäre. 

Eben die Tatsache, daß diese geringe Menge x in lieinem Falle völlig 
verschwand, führte jedoch die eingangs genannten französischen Forscher zu der 
Annahme, daß dieselbe nicht ein zufälliger, sondern ein notwendiger Be- 
standteil der beschriebenen Gebilde sei, daß sie femer nicht dem kolloidal ge- 

^ Vgl. Dammer, Handbuch der anorg. Chemie. III. 106, 314, 540. 



i66 



Die Theorie der Kolloide. 



lösten Oxyd gewissermaßen beigemengt, sondern mit ihm geradezu chemisch ver- 
bunden wäre. 

Tatsächlich wurde nun gefunden, daß die in Rede stehenden Eisenlösungen 
sehr verschiedene Chlorgehalte aufweisen können, wie folgende Zusammen- 
stellung zeigt: 



Zusam meosetzung 



5 Fe^Oj • 
20 FejOg . 
85 FcjOg • 

116Fe,03 . 

100 FcjOg . 

100 Fe^Og • 

100 Fe,Og . 



2FeCl3 
2 FeCl, 
2FeCl, 
2FeCl, 
1,45 Cl 
1,87 Cl 
1,09 Cl 



Autor 



BiCHAMP 
B^CHAMP 

Ordway 

MAGNIER de LA SOURCE 

Graham 
Wyroüboff u. Verneüil 

NiCOLARDOT 



Bemerkung 



kalt gelöst 
kalt gelöst 

dialysiert 

dialysiert 

lange dialysiert 

mehrere Monate dialysiert 



Um für diese so verschiedenen Verhältnisse die Annahme einer chemischen 
Bindung des Chlors zulässig erscheinen zu lassen, wandten Wyroüboff und 
Verneüil ihre für die Chemie der seltenen Erden vorher aufgestellte Hypothese 
der „kondensierten Metalloxydfc" auf das Eisenoxydhydrat an. Dieser entsprechend 
ist es nicht das Oxyd 

(Fe^Og)^ , 

welches Verbindungen mit anderen Stoffen zu bilden vermag, sondern der 
Komplex 

[Fe,(OH\,], - « H,0 , 

der in die Moleküle eintritt, indem er mit einwertigen Säuren, z. B. mit Salz- 
säure, unter Wasseraustritt komplexe Salze bildet.^ 

Außer diesem normalen Eisenoxyd^ sollen sich auch von den beiden „an- 
hydrischen Oxyden" 

[Fe,0 . (OH)J« - » H,0 

[Fe,0, . (OH),], - n H,0 

durch Kondensation unter Wasseraustritt neue Reihen von „kondensierten Oxyden" 
ergeben, die wieder mit verschiedenen Säuren Salze zu bilden vermögen. Durch 
Abänderung der Zahlenwerte für m und n in den angegebenen allgemeinen 
Formeln kann naturgemäß eine unübersehbare Zahl verschiedener „kondensierter 
Eisenoxyde" aufgestellt werden, deren jedes eine Reihe von Salzen geben würde. 
Man hätte es hier mit einer Mannigfaltigkeit zu tun, die geradezu der Verbin- 
dungsföhigkeit des Kohlenstoffes gleichkäme. 

Derartige „Kondensationen" wollen Wyroüboff und Verneüil nicht allein 
bei den Oxyden der seltenen Erden und des Eisens, sondern auch bei anderen 
Metalloxyden (Chromoxyd, Bleioxyd) gelten lassen; alle diese Oxyde würden 
nach ihrer Ansicht durch Wasserverlust infolge innerer Kondensation „äther- 
artige Verbindungen bilden, die ihren salzartigen Charakter erst bei Berührung 
mit Wasser unter Aufnahme der nötigen Hydroxyle wieder gewinnen." 

P. NiCOLARDOT ^ hat diesen Gedankengang speziell hinsichtlich des Eisen- 
oxydhydrats weiter ausgeführt und gelangte im Verlaufe ausgedehnter Experi- 
mentaluntersuchungen zu der Annahme, daß sechs in ihren chemischen und 
physikalischen Eigenschaften verschiedene Modifikationen des Eisenoxyds be- 



^ Vgl. hierzu die früher (p. 146) erwähnte KondensatioDstheorie von E. Grtmaux. — 
2 „Recherches sur le sesquioxyde de fer." Thise. Paris. 1905. 



5. Die Theorie der chemischen Komplexe. iQj 

Stehen, die sich -mit einwertigen Säuren unter Wasseraustritt zu löslichen Stoffen 
verbinden. 

Für die Bildung und Konstitution der von B^champ, Graham, Grimaux u. a. 
beschriebenen löslichen Eisenoxyde wäre z. B. folgendes Schema maßgebend: 

3 Moleküle Eisenoxydhydrat kondensieren sich unter Wasseraustritt: 

Fe,(OH)^, [ = Fe, . O3 • (OH), • (OH), + 8 H,0 ; 

dementsprechend n Moleküle zu: 

Fe2„- Osn-a • (OH)3„-8- (OH)^, . 

Dieses „kondensierte Oxyd" vermag sich mit Salzsäure (12 HCl) zu: 

[Fe2n- 08«_-8 • (OH)8n-3] • Cl, • 6 HCl + 8 H,0 
2 

ZU vereinigen. 

Es ergab sich nvm, daß falls hierin « = 12 gesetzt wurde, die Formel: 

FeM0,,„(0H)3,Cl, . 6 HCl = 12 [Fe^O, • HCl • (H,0)i,„] 

den analytisch für die Zusammensetzung des undialysierten „löslichen Eisenoxyds" 

(durch Sättigen von Eisenchloridlösung mit Eisenhydroxyd in der Kälte und 

Trocknen über Schwefelsäure erhalten) ermittelten Werten sehr nahe entsprach. 

Femer zeigte es sich, daß die für « = 300 sich ergebende Formel: 

Fe60(,O44e.6(OH)b»,Cl, . 6 HCl = 12 [(Fe,0,),, • HCl -(H,©),, J 

mit der Zusammensetzung des durch weitgehendste Dialyse aus der oben be- 
zeichneten Lösung erhaltenen Rückstandes annähernd übereinstimmt 

Hieraus schließt Nicolardot, daß die zwischen diesen beiden Grenzwerten 
liegenden, im Verlaufe der Dialyse graduell chlorärmer werdenden Körper teils 
anders kondensierten Oxyden (also anderen «-Werten in obiger Formel), teils 
Gemengen derartiger Verbindungen entsprechen. 

Die beiden oben bezeichneten Komplexe besitzen sehr hohe Molekular- 
gewichte (2640 und 60 000), hieraus soll sich das Verhalten der „Eisenoxyd- 
lösimgen" bei ebuUioskopischen Versuchen erklären. 

Aus Ferrosalzen sollen sich ferner durch andere »innere Kondensationen" 
die Eisenoxyde „y" ergeben, die sich von dem allgemeinen Schema 

(FejO)„CU_^(OH)3„+p 

ableiten sollen, worin / = « — 1 ist 

Von noch anderen Komplexen, die durch verschiedene, hier nicht näher 
zu erörternde „Kondensationen** entstehen sollen, leitet Nicolardot Oxyde „d**, 
femer die nach P£ak de Saint-Gilles (vgl. p. 4) erhaltenen Oxyde „>l** und 
endlich eine Gruppe von Oxyden (i ab. Jedes dieser Oxyde vermag mit Salz- 
säure Chlorverbindungen zu geben, die an sich infolge weiterer, durch Dialyse 
oder Kochen sich vollziehender Kondensation eine ungemein große Reihe ver- 
schiedener Zwischenstufen durchlaufen sollen. 

Zu ähnlichen Annahmen gelangten Wyrouboff und Verneuil (1. c.) hin- 
sichtlich des Metathoriumoxyds und des Metaceroxyds; die Verbindungen dieser 
„kondensierten Oxyde" mit Säuren sind Kolloidstoffe, ihre Lösungen vermögen 
also keine Membran zu passieren. Indes geben sie bei der Dialyse — ganz 
ähnlich wie die löslichen Eisenoxyde — ihr Chlor an das Außenwasser bis zu 



l53 ^^ Theorie der Kolloide. 

einem kleinen Betrage ab. Die genannten Forscher halten daher diese Gebilde 
ebenfalls für „Verbindungen stark polymerisierter Hydroxyde" mit Säuren. — 

Die Ausfällung derartiger kolloidaler Lösungen durch Elektrolyte mit mehr- 
wertigem Anion (z. B. durch neutrale Sulfate) wollen Nicx)LARDot und Wyrouboff 
auf die Entstehung unlöslicher Salze der kondensierten Oxyde zurückführen. 

Es erscheint nicht am Platze, an dieser Stelle ein bündiges Urteil über den 
Wert dieser Hypothesen, die übrigens noch nicht als völlig abgeschlossen an- 
gesehen werden können, zu geben; hierüber wird sich vor allem die systematische 
anorganisch-chemische Forschung zu äußern haben. 

Hinsichtlich der Bedeutung dieser Theorien für die Erkenntnis des Kolloid- 
zustandes kann gesagt werden, daß sie nur wenige Eigenschaften der kolloidalen 
Lösungen in ihrem Sinne zu deuten vermögen; hingegen die Frage nach dem 
Wesen dieser Gebilde eher komplizieren als klarlegen. Immerhin hatten diese 
Experimentalarbeiten die neuerdings Vielfach als wichtig erkannte Tatsache fest- 
gestellt, daß kolloidale Sole auch bei weitgehender Reinigung gewisse Anteile an 
fremden Ionen enthalten, durch deren graduelle Entfernung sie nicht haltbarer, 
sondern geradezu instabiler werden. 



b) Theorie von Duolauz. 

Dieser Gedankengang wurde in einer Reihe von Untersuchungen von 
J. DucLAUx* weiter verfolgt und auf andere Gruppen kolloidaler Lösungen 
übertragen. 

Der genannte Forscher fand zunächst, das beim Zusammenbringen ver- 
dünnter Lösungen von Ferrocyankalium mit Kupfersalzen entweder Suspensionen 
oder Hydrogele von Kupferferrocyanid entstehen, deren Zusammensetzung 
zwischen 

Fe(CN)i,Cu,.3,Ki,33 und Fe(CN)^,Cu,.„K„,3 

variiert, beziehungsweise deren molekulare Formel sich zwischen den Grenzen 



iK,Fe(CNi, und Cu,Fe(CN), • -1 



Cu,Fe(CN), . - K,Fe(CNi, und Cu,Fe(CN), • — K,Fe(CN), 



bewegt. Die Menge an K^Fe(CN)Q, welche im Gel enthalten ist, wird um so 
geringer, je mehr Kupfersalz zur Fällung verwendet wurde, ohne jedoch jemals 
völlig zu verschwinden. 

Demnach verliefe die mit Ausfällung des Gels einhergehende Fällungs- 
reaktion zwischen Kupfersalzlösungen und Kaliumferrocyanid nicht nach der ge- 
wöhnlich angenommenen Gleichung: 



K^Fe{CN)3 -H 2 CuCl, = CugFelCN^, + 4 KCl 
sondern etwa nach Maßgabe folgenden Schemas: 

K,Fe{CN)e + 2,8 CuCl, = |^ [Cu3Fe{CN), • i K,Fe(CN)J + 

-H 0,83 CuCl, 



r 30 
4 33- KCl + 



^ „Recherches sur les substances coUoidaux." Th^se. Paris. 1904; femer C. rend. 188. 
144—146, 571—572, 809—810. 1904; 140. 1468, 1544. 1905; 143. 296, 344. 1906; Journ. 
de Chim. Phys. 5. 29 — 56. 1907, 



5. Die Theorie der chemischen Komplexe. i5q 

wobei der vorhandene Oberschuß an Cu-Ion nicht auf das im Gel gebundene 
Kalium ferrocyanid einwirkt. 

Ähnliche Betrachtungen stellte Duclaux auch hinsichtlich anderer Kolloid- 
fällungen auf. 

Lösliches . Eisenoxydhydrat, das nach den im vorigen Abschnitt erörterten 
Theorien einem komplexen OxycWorid, allgemein der Zusammensetzung Fcg O3 -«FeClj 
entspricht, liefert durch Fällung mit Ammoniak in verdünnter Lösung ein Gel, 
das selbst bei Vorhandensein eines geringen Ammoniaküberschusses noch Gl enthält. 

Kadmiumsulfid, welches aus einer Kadmiumsulfatlösung durch Schwefel- 
wasserstoff gefällt wurde, enthält, wenn auch ein Überschuß an Sulfat vorhanden 
war, stets H^S, falls ein solcher an Schwefelwasserstoff vorhanden war noch An- 
teile vDn Kadmiumsulfat, wie folgende Beispiele zeigen: 



CdSO, + 1,086 H,S . . . CdS . (H,S)„.o, • (CdSO,),, 
CdSO^ + 0,949H,S ... CdS • (H,S),,„, • (CdSO^)^,, 



03 
04 



Aus diesen Umständen schließt Duclaux, daß jedes kolloidale Gel, welches 
durch Mischung zweier kristalloider Salzlösungen entsteht, die 4 Ionen dieser 
Salze in variablem Verhältnis enthält. Derartige Niederschläge müßten als Ver- 
bindungen betrachtet werden, da sie völlig andere Eigenschaften aufweisen, als 
der bei der Ausfällung eigentlich zu erwartende Stoff. 

Hiermit steht weiter die Annahme ini Zusammenhang, daß die Ausfällung 
eines kolloidalen Sols nicht ein physikalischer Vorgang sei, in dessen Verlauf 
der ursprünglich in kolloidal gelöster Form vorhandene Stoff sich unlöslich aus- 
scheidet, sondern daß die Ausfällung unter Veränderung der chemischen 
Zusammensetzung vor sich gehe, indem das ausfallende Gel Ionen des koagu- 
lierenden Elektrolyten nach bestimmtem Verhältnis aufnimmt. 

Die zuletzt erwähnte Erscheinung war schon lange bekannt, wurde jedoch 
stets als Adsorptionswirkung des ausfallenden Gels auf den fällenden Elektrolyten 
angesehen (s. hierüber p. 51, 78, 133). 

Duclaux vermutet nun, daß eine kolloidale Lösung von Kupferferro- 
cyanid, die seiner Annahme gemäß den Komplex Fe(CN)^«Cuj^g«K(,,2 gelöst 
enthält, durch die Ionen H, Ba, AI ausgefällt wird, indem z. B. mit Baryum- 
chlorid ein Niederschlag von der Zusammensetzung Fe(CN)g-Cuj^g*BaQ^j ausfallen 
würde, während durch andere Elektrolyte Niederschläge entstünden, bei denen 
das K des oben bezeichneten Komplexes durch die entsprechenden Kationen 
(also H, AI . .) substituiert wäre. Um nun dieselbe Substitutionswirkung bezüglich 
der gleichen Menge K zu äußern , müssen, der verschiedenen Wertigkeit ent- 
sprechend, sehr viele H-Ionen zur Wirkung gelangen, während hierzu weniger 
Ba-Ionen und bedeutend weniger AI-Ionen gentigen. 

Diese Überlegungen führen dazu, die Gesetzmäßigkeiten bei der Koagulation 
kolloidaler Lösungen durch Elektrolyte, welche als Fällungsregel (s. p. 48) 
bezeichnet zu werden pflegen, unter einem anderen Gesichtspunkte zu betrachten. 
Insbesondere die hierauf bezüglichen Versuche, welche Duclaux mit dem positiv 
geladenen kolloidalen Eisenoxydhydrat angestellt hat, sind von erheblichem Interesse. 

Die Koagulation dieses Sols wäre, entsprechend der Vorstellung von seiner 
komplexen Zusammensetzung, schematisch etwa folgendermaßen zu kennzeichnen: 

Fe^Oj . m FeClg + -~ Na.SO, == Fe^Og • ^ Fe.lSO,), + 3 m NaCl • 



^ Es sei hier erwähnt, daß bereits S. E. Linder und H. Picton Qoum. Chem. Soc. 
6L 114 — 136. 1892) gezeigt hatten, daß alle Hydrosole der Metallsulfide eine gewisse Menge 
H,S enthalten und daß daher die kolloidalen Sulfide als Komplexe von Metallsulfid und Schwefel- 
wasserstoff (z. B. 8 As,S^ • HjS; 22 CuS . H,S; 12 ZnS • H,S usw.) anzusprechen seien. 



I/o 



Die Theorie der Kolloide. 



Die Koagulation wäre also auch in diesem Falle ein chemischer Vorgang, 
der sich nach bestimmten Verhältnissen vollzieht. 

Als nun durch Fällungsversuche diejenige Menge verschiedener Salzlösungen 
ermittelt wurde, die erforderlich waren, um gleiche Volumina von Kolloidlösungen 
bekannter Zusammensetzung in gleichen Zeiten zu koagulieren, ergab sich z. B. 
bezüglich einer kolloidalen Lösimg von Eisenoxydhydrat, welche im Liter 0,0208 
Äquivalente Fe und 0,00166 Cl enthielt (also etwa der Zusammensetzung 
85 FegOj • 2 FeClj entsprach), daß zur Koagulation von je 10 ccm (entsprechend 
16,6 • 10~® Cl) erforderlich waren: 

Äquivalente SO^ ^ 



17 


• 10" 


-6 


16,5 


• 10" 


-6 


15,2 


• 10" 


-6 


17 


.10" 


-6 


19 


.10- 


-6 


16 


•19" 


-6 


13 


•10" 


-6 



}> 



Ji 



» 



» 



if 



f1 



CgHgO^ (Zitronensäure) 

CrO^ 

CO3 

PO, 

OH 

Fe(CN), 



Wurde nun ein derartiges Hydrosol der Dialyse unterworfen oder mit 
äuBerst verdünnter Ammoniaklösung behandelt und das entstandene Ammonium- 
chlorid durch Dialyse entfernt, so mußten sich Lösungen ergeben, die bedeutend 
weniger Cl-Ion enthielten. Als Duci^AUX nun versuchte in verschiedenen Stadien 
dieses Reinigungs Vorganges neuerlich Fällungsversuche anzustellen, zeigte sich, 
wenn Flüssigkeitsmengen mit gleichem Eisengehalt gefällt werden, folgendes: 



Chlorgehalt des Sols, 
g- Äquivalent pro Liter 

17 
8 
4,1 

2,8 



gefällt durch g-Äquivalente 



SO4 



OH 



NO, 



17 


16 


1880 


6,8 


6,6 


440 


4,0 


8,6 


70 


2,0 


2,2 


86 



Hieraus geht hervor, das das Sol durch weitgehende Reinigung instabiler 
gegen Elektrolyte wird; da femer die Beständigkeit eines Sols wesenüich von 
seinem Gehalt an dem darin vorhandenen, von seiner Herstellung herrührenden 
Elektrolyten (dem von Duclaux sog. „aktiven Bestandteil des Kolloids") 
abhängt, sind die Fällvmgsgrenzen, welche ohne Berücksichtigung dieses Umstands 
für verschiedene Elektrolyte bezüglich bestimmter Sole ermittelt wurden (vgl 
p. 47), meist ungenau^ denn bei fortgesetzter Reinigung desselben Sols nimmt 
dessen Fällungsgrenze gegenüber Elektrolyten graduell ab. 

Umgekehrt nimmt, wie hiernach vorauszusehen ist, die Stabilität einer 
kolloidalen Lösung durch Vermehrung des „aktiven Bestandteils" zu; wurde 
z. B. einem Eisenhydroxydsol mit bestimmtem Chlorgehalt soviel Eisenchlorid- 
lösung zugefügt, daß der Chlorgehalt sich verdoppelte, so war, um Ausfällung 
hervorzurufen die 1,8 fache Menge an Kaliumsulfat, die doppelte Menge an 
Kaliumeitrat, Kaliumferrocyanid und Kaliumhydroxyd, endlich die zehnfache Menge 
an Kaliumnitrat erforderlich. 

Völlig analog waren die Ergebnisse der Versuche, welche Duclaux hin- 
sichtiich der Ausfällung des negativ geladenen kolloidal gelösten Kupferferro- 
cyanids erhielt. Ein Sol, das 9,6 • 10—® g- Atome K pro 1 1 enthielt, wurde 
z. B. durch 



1 Alle FäUungeD wurden mit neutralen Salzen des K, Na, NH^ durchgeführt. 



$. Die Theorie der chemischen Komplexe. I^i 

6,6 • 10-« Ag 
8,4 • lO-ö Cu 
6,8 . 10"« AI 
6,2 • 10"« Fe 

ausgefällt; wurde die Menge des „aktiven Bestandteiles" K im Verhältnis 8:2 
vermindert, so nahm die Menge der zur Ausfällung nötigen oben bezeichneten 
Ionen im Verhältnis von etwa 6:2 ab. 

Aus diesen Gründen stellt Duclaux fest, daß die Unterscheidung von 
„stabilen'* und „instabilen" kolloidalen Solen nicht sachgemäß ist, da die Sta- 
bilität eine Funktion des Gehalts an „aktiven Bestandteilen" ist. 

Von den letzteren rührt nach ihm auch der geringe, aber immerhin stets 
meßbare osmotische Druck her, welcher beinahe allen Solen eigentümlich ist 
(s. p. 13). Mit dem osmotischen Druck, dessen Größe demnach bei höherem 
Gehalte an aktiven Ionen wächst, hängt nach Duclaux' Annahme femer die 
Eigenschaft der kolloidalen Lösungen zusammen, infolge der Einwirkung eines 
äußeren, auf sie einwirkenden Grenzdruckes irreversibel zu koagulieren, indem 
sie ein teigiges, halbfestes Gel ausscheiden. Es zeigte sich nämlich, daß Hydrosole, 
welche hohen osmotischen Druck aufweisen, einem hohen Grenzdrucke wider- 
stehen können, ohne zu koagulieren^ während gereinigte Hydrosole desselben 
Stoffes bereits bei Überschreitung sehr geringer Grenzdrucke das irreversible Gel 
ausscheiden. Eine kolloidale Eisenoxydhydratlösung von der Zusammensetzung 
40FejO3 • 2FeCl3 blieb z. B. bei einem Gehalt von lO^^Fe^Og noch unter 
einem Druck von 3 m Wasser unverändert, während bei der Zusammensetzung 
800 FejOj • 2 FeClj bereits bei Überschreitung eines Druckes von 10 cm Wasser- 
säule Koagulation eintrat 

Die im vorhergehenden angedeuteten experimentellen Ergebnisse haben 
Duclaux zu hypothetischen Schlußfolgerungen hinsichtiich der Theorie des 
Kolloidalzustandes geführt, deren allgemeine Grundlagen etwa folgende sind: 

Kolloidale Lösungen enthalten ultramikroskopisch kleine Teilchen („granules"), 
die im elektrischen Gegensatz zu ihrer nahen Umgebung stehen, mithin elektrische 
Ladung tragen. Da die kolloidalen Lösungen selbst elektrisch neutral sind, müssen 
die den Teilchen benachbarten Flüssigkeitsanteile die entgegengesetzte Ladung 
tragen.^ Die elektrisch neutralen Komplexe der geladenen Teilchen mit den ihre 
Ladung neutralisierenden Flüssigkeitsanteilen sind die von Duclaux so genannten 
„Mizellen", welche an sich in einer Flüssigkeit, dem „intermizellaren Medium" 
verteilt sind. 

Es hat sich nun gezeigt, daß im Verlaufe der Konzentration einer kol- 
loidalen Eisenoxydlösung durch Filtration mittels eines Kollodiumfilters eine Ko- 
agulation („solidification") in ähnlicher Weise eintritt, wie durch die oben be- 
schriebene Einwirkung von bestimmten äußeren Druckkräften. Hierbei ergab es 
sich, daß die Filtrate im Verlaufe der Filtration durchaus das gleiche Leitvermögen 
aufwiesen. Die Koagulation müßte sich daher ohne Änderung der Ladungs- 
verhältnisse der Teilchen vollzogen haben. 

Die Koagulation wird also nach Duclaux ganz allgemein dann eintreten, 
wenn die gegenseitige Unabhängigkeit der einzelnen Teilchen aufhört, indem diese 
mit Ionen (bei Elektrolytzusatz) oder mit geladenen Teilchen, „granules" (bei 
Koagulation durch Druck oder durch Filtration) aus dem intermizellaren Medium 
zusammentreten. Sie vollzieht sich, indem die Brown sehe Molekularbewegung 
der Mizellen infolge zu großer Anhäufung elektrischer Ladungen um die einzelnen 
Teilchen aufhört 



^ Diese Auffassung ftlr welche Duclaux als Quelle Cotton und MouTON, Les ultra- 
in icroscopes, Paris, 1906, p. 123, anzieht, entspricht ziemlich der Helmholtz sehen Theorie der 
Doppelschichte (vgl. p. 38). 



172 I^Je Theorie der Kolloide. 

Der „aktive Bestandteil" des Kolloids vermehrt dessen elektrische Ladung, 
daher vollzieht sich die Koagulation durch Konzentrieren des Kolloids und durch 
Elektrolytzusatz um so schwerer, je größer der Gehalt an aktivem Bestandteil ist, 
da eine um so größere Ladung neutralisiert werden muß. 

Konzentration des Kolloids bringt leichtere Fällbarkeit durch Elektrolyte 
mit sich. 

Der Grenzdruck, durch den eine kolloidale Lösung unlöslich wird, steht 
meist in einfacher Beziehung zu den osmotischen Drucken eben koagulierend 
wirkender Elektrolyte. 

Elektrolytzusätze können auf kolloidal gelöste Stoffe verschiedenartig ein- 
wirken. Bestimmte Ionen erteilen den Teilchen, wie gezeigt wurde, die fQr ihre 
Beständigkeit maßgebenden Ladungen; wird dieses „aktive Ion" durch ein Reagens 
in eine unlösliche oder nicht ionisierte Verbindung verwandelt, so nimmt nach 
dem bisher Gesagten die Stabilität des Sols ab. Kolloidales Eisenoxydhydrat 
enthält nach Duclaux z. B. Fe-- Ion, wird demnach durch Alkali, das dieses 
aktive Ion in unlösliches Oxydhydrat verwandelt, koaguliert. 

Unklar ist die Wirkung solcher Elektrolyte, die überhaupt nicht oder nur 
unvollständig die Zusammensetzung der kolloidalen Komplexe ändern. Doch 
nimmt Duclaux an, daß derartige Elektrolyte überhaupt nicht eine völlige Ent- 
ladung der „granules" bewirken, sie also gar nicht auf den „isoelektrischen Punkt** 
Hardys (vgl. p. 14g) zu bringen vermögen. 

Es kann hier weder auf Einzelheiten, noch auf eine nähere Kritik dieser 
komplizierten Theorie, die wohl noch sehr der Klärung und Bestätigung bedarf, 
eingegangen werden. 

Immerhin sei anschließend erwähnt, daß V. Henri und A. Meyer ^ aus 
den Versuchsergebnissen Duclaux' den Teilungskoeffizienten zwischen ausgefälltem 
Kupfersalz und der Lösung berechnet haben und fanden, daß er nicht konstant ist, 
sondern bei steigendem Gehalt der Lösung an Ferrocyankupfer wesentlich steigt 
Es könne sich daher nicht um eine chemische Substitution, sondern nur um einen 
Absorptionsvorgang handeln. 

Dem gegenüber verweist jedoch Duclaux* darauf, daß der Niederschlag 
von Kupferferrocyanid, welcher durch Ausfällung einer Lösung von Kaliumferro 
cyanid mit einem geringen Oberschuß von Kupferchloridlösung entstand, ^ie 
oben (p. 168) gezeigt wurde, Kaliumferrocyanid enthält, also ein Salz, das 
gar nicht mehr in der Lösung vorhanden ist und das sogar durch das überschüssige 
Kupfersalz der Lösung sogleich zersetzt werden müßte. Daher könne es sich 
hierbei nicht, wie Henri und Mayer annehmen, um Adsorptionsvorgänge handeln. 

c) Ähnliche Arbeiten über kolloidale Edelmetalle. 

Außer den bisher erörterten Annahmen, welche sich vorwiegend auf kol- 
loidale Lösungen anorganischer Verbindungen bezogen, wurden auch vielfach 
ähnliche Ansichten bezüglich der Konstitution von kolloidal gelösten Edel- 
metallen geäußert. 

Zunächst gelangte M. Hanriot ^ zu der Annahme, daß die verschiedenen kol- 
loidalen Silberpräparate aus komplexen Verbindungen bestehen. Die nach Paal* 
hergestellten Silberhydrosole sowie das CoUargol gaben mit verschiedenen Metallsalz- 
lösungen Niederschläge, in die das Kation — wie Hanriot annimmt, infolge chemi- 
scher Substitution — eintritt. Bei der sorgfältigsten Reinigung hielten die Präparate 
etwas albuminoide Substanz zurück, so daß letztere keine Verunreinigung, sondern 



^ C. rend. 139. 974 — 976. 1904. — 2 journ. de Chim. Phys. 6. 31, Fußnote. 1907. — 
3C. rend. 136. 680—682, 1448— 1449; 137. 122—124. 1903; Bull. Soc. Chim. Paris. (3) 3L 

573—576. 1904. — * Vgl. p. 7. 



5« ^^ß Theorie der chemischen Komplexe. I^j 

ein integrierender Bestandteil sein soll, die genannten Silbersole wären also Ver- 
bindungen von Silber mit einer „CoUargolsäure". Durch verdünnte Essigsäure 
könne diese Säure abgeschieden werden, löste sich jedoch in Alkalien neuerdings 
mit rotbrauner Farbe zi)im ursprünglichen Präparat. Bei Elektrolyse der Lösung 
scheidet sich, wie Hanriot angibt, die „CoUargolsäure" am + Pol ab. Beim Er- 
hitzen solcher Präparate im Vakuum entwickelt sich neben Kohlendioxyd eine be- 
stimmte Menge Wasserstoff, die jedoch größer ist, als der Reduktionswirkung entspricht 

Das Silbersol nach Carey Leas^ Verfahren enthielt stets FeSO^ und 
Spuren organischer Säuren, diesen Verunreinigungen schreibt Hanriot die Rolle 
der konstitutiven Bestandteile des Kolloids zu. 

Auch das nach Küsperts Verfahren^ in Wasserglaslösimg erhaltene Silber- 
sol enthält nach wiederholter Reinigung durch Auflösen in Lauge und Wieder- 
fällen mit Kohlensäure zahlreiche Verunreinigungen; insbesondere soll nach 
Hanriots Annahme die Kieselsäure („Silicargolsäure") ein integrierender Bestand- 
teil dieses Sols sein. Beim Erhitzen im Vakuum entwickelt sich auch hier, 
obgleich keinerlei Bestandteile enthalten sind, die reduzierend wirken könnten, 
Wsisserstoflf. 

Femer soll ebenso das kolloidale Gold^ ein chemischer Komplex sein, 
denn es enthält Anteile von Säure, entwickelt beim Glühen Wasserstoff und wird 
durch Metallsalzlösungen gefällt, wobei der Niederschlag Anteile des Kations enthält. 

Gegen diese Anschauungen trat zunächst A. Lottermoser* auf, indem er 
darauf hinwies, daß sich Paals Silbersole sowohl durch die Tatsache, daß sie 
keine Spur von Silber bei der Dialyse diffundieren lassen, ferner durch chemische 
Reaktionen zweifellos als Kolloide des metallischen Silbers kennzeichnen. Diese 
Silbersole werden z. B. nicht nur durch Zusatz von Jod in Jodsilberhydrosol, 
sondern auch durch Zufügung reduzierbarer Metallchloride in Chlorsilberhydrosol 
umgewandelt, was sich nur auf Grund folgender Gleichungen erklären läßt: 

Ag+J = AgJ 

Ag + HgCl^ = AgCl + HgCl 

Ag + FeClj = AgCl + FeClj . 

Die von Hanriot angegebenen Fällungsreaktionen beruhen einfach auf der 
Koagulation des Kolloids durch Elektrolyte, die Wiederauflösung dieser Fällungen 
durch Ammoniak dürfte einer Peptisation des Gels zuzuschreiben sein. Beim 
Durchgange des elektrischen Stromes tritt nicht, wie Hanriot annimmt, Elektrolyse, 
sondern Kataphorese auf, worauf auch die geringe Leitfähigkeit derartiger Sole 
hinweist Paals kolloidales Silber sowie das „Collargol" müssen daher als Ge- 
menge von Silbersol mit organischen Kolloiden betrachtet werden; ebenso läßt sich 
die Verunreinigung des nach Carey Lea hergestellten Silbers durch Eisen als eine 
Beimengung von kolloidalem Ferrihydroxyd charakterisieren, herrührend aus dem 
beim Reduktionsprozeß des Silbemitrats entstehenden organischen Ferrisalz. 
KüSPERTs Präparat muß seiner Bereitungsweise entsprechend Anteile von kolloidal 
gelöster Kieselsäure beigemengt enthalten, denn das Reinigungsverfahren, welches 
Hanriot vorschlägt (Lösen in Alkali, Fällen mit CO.^), bewirkt lediglich eine 
wiederholte Peptisation und Koagulation des Kolloidkpmplexes Silber + Kieselsäure. 

Die beigemengten Kolloide (organische Kolloide, bzw. Ferrihydroxyd oder 
Kieselsäure) beeinflussen, wenn sie auch in ganz geringen Mengen vorhanden 
sind, die Eigenschaften des Silberkolloids wesentlich, hierdurch erklären sich die 
Unterschiede dieser einzelnen Silbersole. 



1 Vgl. p. 6. — 2 Ber. 36. 2815— 2816. 1902. — 3 Bull. Soc. China. Paiis. (3) 31. 
573—576. 1904- — * J- prakt. Chem. (2) 68. 357—368. 1903. 



174 



Die Theorie der Kolloide. 



Auch A. Chassevant und S. Posternak ^ bestreiten, daß kolloidales Silber 
ein chemischer Komplex sei und weisen darauf hin, daß dasselbe durch fort- 
schreitende Reinigung beständiger wird. Die Entwickelung von Wasserstoff^ 
welche Hanriot beobachtet hat, führen diese Forscher auf eine durch kata- 
lytische Wirkung des Silbers bewirkte vollständigere Zersetzung der Verunreinigungen 
des Kolloids zurück. 



d) Theorie von Jordis. 

Eine ähnliche Theorie des Kolloidalzustandes, welcher die Annahme 
chemischer Komplexe zugrunde liegt, hat E. Jordis * geliefert 

Er ging dabei von Untersuchungen aus, welche in Gemeinschaft mit Kanter^ 
zu dem Zwecke ausgeführt wurden, Kieselsäure nach Grahams Angaben in 
völlig reinem, kolloidalen Zustande zu erhalten. Dabei trat die Erscheinung 
zutage, daß das Hydrosol umso unbeständiger wurde, je mehr ihm die ge- 
ringen anhaftenden Mengen von Elektrolyt entzogen wurden. Diese geringen 
Mengen, welche bisher als Verunreinigungen angesehen wurden, scheinen also für 
den Solzustand wesentlich zu sein, indem sie gewissermaßen als „Solbildner" 
wirken. 

Tatsächlich enthalten die meisten in der Literatur beschriebenen Sole kleine 
Mengen von „Verunreinigungen", so daß Jordis annimmt, daß Hydrosole keine 
reinen Stoffe, sondern Analoga chemischer Verbindungen in ver- 
dünnter wässeriger Lösung seien und mindestens aus je einem, meist jedoch 
aus mehreren basischen und sauren Bestandteilen zusammengesetzt sind. 

Unter dieser Annahme hätte man sich nach Jordis die Bildung des Kiesel- 
säurehydrosols folgendermaßen vorzustellen. In wässerigen Lösungen vollziehen 
sich einerseits elektrische D issoziations Vorgänge , andererseits imter dem Einfluß 
des dissoziierten Wasserteils H* -f OH' hydrolytische Vorgänge. Eine wässerige 
Lösung von Natriumsilikat enthält daher eine ganze Anzahl verschiedener Be- 
standteile, wie aus folgender schematischer Darstellung zu erkennen ist: 



NagSiOg + j^. _|. Q-^r 




2 NaOH — V NaOH -f Na* -f OH' 



HgSiOj :^^ H- + HSiOg :^>: 2 H* + SiO," 



In diesem Zustande wird die Kieselsäure durch die große Menge vor- 
handener Natronlauge in wahrer Lösung erhalten, so daß eine 12^/Qige Natriiun- 
silikatlösung glatt durch den Dialysator geht. Wird jedoch durch irgendwelche 
Mittel die Menge freier Natronlauge verringert, so bleibt die Lösung, solange sie 
noch alkalische Reaktion besitzt, hydrolysiert, also wirklich gelöst, erst wenn das 
Verhältnis 15 Mol SiOg auf 1 Mol NaOH erreicht ist, reagiert die Lösung neu- 
tral, erweist sich gleichzeitig in diesem Punkte als nicht diffundierendes, echtes 
Hydrosol. Entzieht man diesem Sol noch weitere Mengen von Alkali, so geht 
es in das Gel über, das an sich befähigt ist, durch Einwirkung eines geringen 
Säureüberschusses neuerdings ein Sol zu bilden. 

Folgende Schemata sind nach Jordis geeignet, diese Vorgänge anzudeuten: 

Na,0 . (SiO,)3, + 2 HCl = H3O • (SiO,),, -f 2 NaCl . 
Sol Gel 



^ Bull. Soc. Chim. Paris. (3) 29. 543 — 546. 1903; 31. 573 — 576. 1904. — 2 Sitzungs- 
ber, d. phys.-med. Soc. Erlangen. 36. 47 — 107. 1904; Z. f. Elektr. 10. 509 — 518. 1904. — 
^ Z. anorg. Ch. 35. 16 — 22. 1903. 



5. Die Theorie der chemischen Komplexe. lyc 

Das Sol, welches aus diesem Gel durch Säureüberschuß entsteht, wäre 
analog ein chlorhaltiges Kieselsäurederivat: 



[Si(OH),]„ . Si < g")» . 



Hinsichtlich der Ursachen derartiger, von den gewöhnlichen Anschauungen 
über den Verlauf von lonenreaktionen abweichenden Vorgänge vertritt Jordis 
die Ansicht, daß bei Umsetzung gewisser Elektrolyte unter bestimmten Umständen 
infolge der individuellen Natur der beteiligten Stoffe neben der erwarteten Haupt- 
reaktion Nebenreaktionen verlaufen können, die zur Entstehung anderer, jedoch 
vollkommen gesetzmäßiger Produkte führen.^ 

Ähnliche Verhältnisse lassen sich auch bei anderen Kolloiden wieder- 
erkennen, so daß also bei der Entstehung kolloidaler Lösungen und kolloidaler 
Gele sowie beim Übergang von einem dieser Zustände in den anderen mit der 
größten Wahrscheinlichkeit nach Jordis der wesentliche Einfluß chemischer Reak- 
tionen angenommen werden kann. 

Jedes Sol befindet sich im Zustande der beginnenden Abscheidung kleinster 
Teilchen, die in der Flüssigkeit suspendiert bleiben, wobei es nicht ohne weiteres 
abzusehen ist, welcher Anteil schon fest geworden (suspendiert), und welcher noch 
gelöst ist. Doch ist aus dem geringen osmotischen Drucken kolloidaler Sole zu 
schließen, daß nur sehr wenig wirklich gelöst ist. Lediglich diese Folgerung, 
keinesfalls jene, daß das Kolloid ein hohes Molekulargewicht besitzt, läßt sich 
aus der geringen osmotischen Wirkung ziehen. 

Der Koagulationsvorgang beruht auf einem Zusammenschluß der vorhandenen 
schwebenden Teilchen zu größeren Gebilden. Alle Einflüsse, welche diesen Vor- 
gang fördern, können daher Gelbildung verursachen. Daher führen auch rein 
physikalische Vorgänge, Entziehung des Lösungsmittels durch Konzentrieren, 
Austrocknen über Schwefelsäure, Zusatz wasserentziehender Stoffe u. a. zur Ko- 
agulation. 

In weitaus den meisten Fällen sind jedoch offenbar chemische Vor- 
gänge für die Gelbildung maßgebend. Sogar bei langsam verlaufenden Ge- 
rinnungen, die scheinbar ohne Hinzutreten eines Stoffes erfolgen, kann die Kohlen- 
säure der Luft oder das aus dem Glas des Gefäßes stammende Alkali chemische 
Einflüsse auslösen. 

Die Umstände, welche chemische Fällungswirkungen kolloidaler Sole ver- 
anlassen, können, der äußerst komplizierten Natur dieser Gebilde sowie auch der 
Elektrolytlösungen zufolge, der verschiedensten Natur sein, so daß kaum die ein- 
fachsten Fälle der Ausflockung völlig aufgeklärt sind. 

Es geht aus dem früher Gesagten hervor, daß durch fortgesetzte Dialyse 
eines Sols die Solbildner entfernt werden, so daß das Gel entsteht; dement- 
sprechend ist das Gel oftmals reiner zu erhalten, als das SoL Hervorzuheben ist 
es, daß daher Gele von ihren Solen deutlich chemisch verschieden sind, so daß 
man nach Jordis von einem Gleichgewicht Sol ^^1 Gel nicht ohne weiteres 
sprechen kann (vgl. P. von Schroeder, p 67). 

Da die Solbildner meist Säuren oder Basen sind, ist vor allem der Gehalt 
zugesetzter Lösungen an H'- bzw. OH'-Ion wichtig. Säuren und Basen, dem- 
gemäß auch hydrolysierte Salzlösungen neutralisieren den Solbildner, wodurch 
Fällung des Gels eintritt. Folgende Schemata versinnbildlichen nach Jordis 
diesen Vorgang: 



^ Vgl. hierüber Jordis, Vortr. 14, Vers. d. D. Bunsenges. Hamburg. 1907; Ref. Z. f. 
Elektr. 13. 525 — 527. 1907. 



176 I^i« Theorie der Kolloide. 

Na . Coli + HX = H • Coli + NaX 
Sol Gel 

Coli . X + NaOH « Coli • OH + NaX 



Im ersten Fall (z. B. Kieselsäuresol) ist Na Solbüdner, die Säure HX fällt 
ein Gel aus, das sauer reagiert. Umgekehrt verhält es sich im zweiten Fall 
z. B. Tonerdehydrat). 

Auch die eigentümlichen Vorgänge bei Eiweißlösungen (vgl. Hardy, p. 42) 
können auf Grund ähnlicher Annahmen gedeutet werden. Eiweiß wird von 
Alkali in Lösung gehalten, Säure fällt bei Neutralisation das Gel aus, dieses 
löst sich in geringem Säureüberschuß wieder; diese Lösung gibt mit Alkali neuer- 
dings das Gel, welches sich un Alkaliüberschuß zu einem Sol löst 

Dieser Kreislauf von Vorgängen läßt sich nach Jordis folgendermaßen 
darstellen : 

Ausfällung des Gels Coll<^ +HX «CoU<^ + H^O 

Lösung des Gels in Säure . . . ' Coli < ^ + HX = Coli < ^ + KX 

Wiederausfällung d. Gels durch Alkali Coli < ^ + ^^^ == ^^^^ < K "*" ^*^ 
Lösung des Gels in Alkali . . . Coli < ^ + KOH = Coli < ^"^ + KX 

X 

Der neutralisierte Komplex Coli < ^ stellt das Gel dar. In dem von Alkali 

OH 
in Lösung gehaltenen Eiweiß Coli < ^ bzw. anders geschrieben K* — (Coli • OH/ 

ist Eiweiß ein Bestandteil des komplexen Anions (Coli • OH)', in dem durch 
Säure gelösten X' — (Coli • H)* ist es hingegen ein Bestandteil des Kations 
(Coli • H)\ Diese Erwägungen stimmen mit den experimentell festgestellten Tat- 
sachen (vgl. p. 42) überein. 

Die verschiedene Fällungswirkimg von Alkalisalzen (vgl. Pauli, p. 68) 
wären dementsprechend vielleicht auf Verschiedenheiten der hydrolytischen Spal- 
tung zurückzuführen. 

Die Koagulation kann jedoch nicht nur — wie bisher beschrieben — einer 
Neutralisation des Solbildners zuzuschreiben sein, denn auch Elektrolytlösungen, 
deren Bestandteile scheinbar ohne Einfluß auf den Solbildner sind, fällen aus. 
Es muß dabei unterschieden werden, ob die Ionen des dissoziierten Elektrolyt- 
anteils, oder der undissoziierte Anteil (der die verschiedensten komplexen Zu- 
sammensetzungen aufweisen kann), ob ferner der gelöste Stoff selbst einwirkt 
(also z. B. wasserentziehend), oder ob nur gewisse Ionen desselben wirksam sind. 
Außerdem äußern sich nach Jordis Ansicht rein chemische spezifische Wirkungen 
darin, daß gewisse Salze in besonders intensiver Weise koagulierend wirken (z. B. 
AICI3 auf ASgSj, Citrate auf Eisenhydroxyd) (vgl. hierzu p. 49). Eine einheit- 
liche Deutung der Elektrolytwirkungen ist demnach bei dieser Mannigfaltigkeit 
von Erscheinungen nicht möglich. 

Die Ladung der Sole charakterisiert sich theoretisch durch die Natur des 
Solbildners; in Na* — Coli' (z. B. Kieselsäure durch Alkali als Sol erhalten) ist 
Coli' sauer, wandert also im Stromgefälle zur Anode, umgekehrt ist in Coli* — X' 
(so Eisenhydroxyd mittels Salzsäure ins Sol verwandelt) Coli* gewissermaßen 
Kation. 

Läßt sich derartig die Wanderung im Stromgefälle erklären, so ergibt sich 



5. Die Theorie der chemischen Komplexe. \'jn 

ci^c gegenseitige Ausfällung verschieden geladener Kolloide mit Notwendigkeit aus 
diesen Anschauungen. Das Schema 

CoU'-X' + Na-- Coli' — >- Coir • Coli' + NaX 

deutet etwa derartige Neutralisationsvorgänge kolloidaler Sole an. 

Das Studium des fertig gebildeten Gels genügt daher, wie Jordis annimmt, 
keineswegs, um Schlüsse auf die Ursachen seiner Entstehung oder auf die Eigen- 
schaften des entsprechenden Sols zu ziehen. Äußerlich kennzeichnet sich die Gel- 
abscheidung durch eine fortgesetzte Abtrennung der unlöslichen Anteile von der 
Lösung, wobei sie zu einem einheitlichen Körper zusammenfließen oder -kleben 
können, doch braucht dies nicht notwendig einzutreten, denn es zeigt sich, daß 
dieses „Zusaömienkleben" um so weniger auftritt, je reiner (also unlöslicher) das 
betreffende Gel ist. Es ist nach Jordis nicht unmöglich, daß derartige Vorgänge 
auch fOr die Agglutinationserscheinungen wichtig sind, denn diese ließen sich so 
auffassen, daß die Kolloidsubstanz der Bakterien durch Agglutininaufnahme 
„unreiner", demzufolge klebend werden. 

Andere Kolloide charakterisieren sich dadurch, daß keine Flockenbildung und 
Abtrennung von der Flüssigkeit, sondern eine spontane Erstarrung zu einer halb- 
festen Masse eintritt, als ob die ganze Lösvmg amorph erstarren würde. Hierbei 
bilden sich besondere Strukturen, die an sich die bedeutenden Oberflächen- 
wirkungen derartiger Gebilde (Absorption usw.) erklären. 

Ein reines Gel kann mit den verschiedensten Bestandteilen einer Salz- 
lösung, in die es gebracht wird, in Reaktion treten. Eine wässrige Lösung von 
Kochsalz bietet z. B. die Bestandteile NaCl, Na-, Cl', H% OH', HCl, NaOH usw., 
so daß etwa Kieselsäuregel, seiner amphoteren Natur entsprechend, der Lösung 
eine Anzahl von Anionen und ICationen entziehen und mit ihnen kolloidale Ver* 
bindungen bilden kann. Diese kolloidalen Verbindungen unterliegen der Dissoziation 
und Hydrolyse, werden also von der Zusammensetzung, Konzentration und 
Temperatur des Elektrolyten abhängen. Die Ansichten van Bemmelens über 
Adsorptionsverbindungen (p. 129) bestätigen im allgemeinen diese Annahmen. 

Doch hebt Jordis hervor,^ daß es sich hierbei keineswegs um einen im 
Sinne der Adsorptionstheorie und ihrer Gesetzmäßigkeiten verlaufenden Vorgang 
handelt, sondern daß derartige Absorptionsverbindungen Produkte normaler 
chemischer Reaktionen seien. Bei der Zersetzung von Natriumsilikat mit 
Salzsäure — in deren Verlauf sich bekanntlich kolloidale Kieselsäure bildet — 
soll z. B. diesen Ansichten zufolge ein Produkt entstehen, das infolge eigenartiger 
Nebenwirkimgen bestimmte, chemisch gebundene Cl-Mengen enthält. 

Dem Einwände, daß der Mangel eines stöchiometrischen Verhältnisses so- 
wie die Inkonstanz des Gehaltes der Sole an Verunreinigungen gegen die Auf- 
fassung einer chemischen Bindung von „Solbildnem" spreche, begegnet Jordis 
dmrch den Hinweis darauf, daß Formeln mit einfachen stöchiometrischen Werten 
überhaupt nur den festen Stoffen zukommen, während über die chemische 
Natur einer Lösung die einfache chemische Formel keinerlei Aufschluß geben kann. 

Den weiteren Einwand, daß die Bredig sehen Metallsole dem Vorgang ihrer 
Bereitung gemäß, keinerlei Solbildner enthalten können, sucht Jordis dadurch zu 
widerlegen, daß er auf die Verunreinigimgen jedes, auch des reinsten Wassers, 
hinweist, welche zum Teil aus der Luft, aus dem Gefäßmaterial oder den Elek- 
troden stammen. Diese Verunreinigungen treten nach Jordis angeblich als kon- 
stitutive Bestandteile des betr. kolloidalen Metalls auf. 



^ Vgl. Z. f. Elektr. 13. 526. 1907. 
MÜLL.SR, Die Kolloide und ihre Bedeutung. I. 12 



1^8 Die Theorie der Kolloide. 

A. Lottermoser ^ hat neuerdings eine Reihe von Aigumenten g^en die 
eben erörterte Theorie von Jordis gebracht, indem er darauf hinweist, daß nicht 
nur Kieselsäure- und Zinnsäuregel durch Alkali peptisiert werden, wofür Jordis 
Ansicht noch plausibel wäre, sondern ebenso Zinnsäuregoldpurpur und die zahl- 
reichen nach Paal mittels organischer Schutzkolloide hergestellten Metallkolloide; 
für diese zuletzt bezeichneten Vorgänge wäre die Annahme chemischer Komplexe 
immerhin eine gezwungene. 

Die vielfach bewiesene Tatsache, daß gewisse geringe Elektrolytmengen 
integrierende Bestandteile der Hydrosole bilden und daß auch die Gelbildung 
in gewissen Fällen mit chemischen Reaktionen zusanmienhängt ^ versucht Lotter- 
moser ^ in anderem Sinne zu deuten als durch die Annahme der Bildung 
chemischer Komplexe. 

Er zeigte zunächst, daß man Hydrosole der Halogensilberverbindungen durch 
lonenreaktionen in wässrigen Lösungen erhalten kann, wenn man sehr verdünnte 
Lösungen verwendet und immer das eine Ion vorwalten läßt 

Fügt man z. B. zu überschüssiger Jodkaliumlösung allmählich eine verdünnte 
Silbemitratlösung, so verschwinden zunächst die Ag*- Ionen, da sie sich mit den 
J'- Ionen zu undissoziierten Molekülen vereinigen; die überschüssigen J'- Ionen 
sind Solbildner, denn ist der Reaktionsendpunkt erreicht, also die J'- Ionen für 
undissozüerte AgJ verbraucht, so tritt durch überschüssige Ag-kationen Gel- 
bildung ein. 

Umgekehrt liegt die Sache, wenn zu überschüssiger Silbemitratlösung all- 
mählich Jodkaliumlösung einfließt; es entsteht ein Hydrosol, für welches nunmehr 
die Ag*- Ionen Solbildner sind, während nach überschrittenem Reaktionsende 
die J'-Ionen das Gel ausfällen 

Diese experimentellen Tatsachen stimmen mit den Forderungen der Theorie 
BiLLirzERs (p. 152) bestens überein. Durch Überfühmngsversuche konnte femer 
festgestellt werden, daß das Hydrosol A, welches aus überschüssiger Jodkalium- 
lösung mittels Silbemitrat entsteht, anodische Konvektion zeigt, während das aus 
überschüssiger Silbernitratlösung durch Jodkalium bereitete Hydrosol B positive 
Ladung trägt. Im Falle A sind daher, auch gemäß dem Ladungssinn der 
Hydrosole, die J'-Ionen Solbildner, während Ag--Ionen die Rolle von Konden- 
sationskernen spielen; im Falle B hingegen erhalten die gleichgeladenen Ag'-Ionen 
den Solzustand, während die entgegengesetzt geladenen J'-Ionen Fällung hervorrufen. 

Zu völlig ähnlichen Ergebnissen führten übrigens auch die entsprechenden 
lonenreaktionen, die zu Hydrosolen des AgBr, AgCNS usw. führen. 

Diesen Ansichten zufolge treten demnach die geringen Mengen von Elektro- 
lyten nicht in das Molekül des kolloidalen Stoffes ein, sind also keineswegs 
chemisch gebunden, sondern erfüllen nur die Funktion, den kolloidalen Teilchen 
eine bestimmte Potentialdifferenz gegen das Medium zu erteilen. 



6. Andere Theorien. 

Es konnte gezeigt werden, daß die bisher dargelegten Theorien in einem ge- 
wissen inneren Zusammenhang stehen (vgl. p. 163) so daß von einem weiteren 
Ausbau dieser, durch eine beträchtliche Summe experimenteller und theoretischer 
Arbeit gewonnenen Basis die Erzielung eines allgemeinen theoretischen Stand- 



^ J. pr. Chem. (2) 73. 374 — 382. 1906. — 2 Es gelang Lottermoser beim dialysierten 
Jodsilberhydrosol durch Koagulation mittels AgNO, ein höheres Gewicht des Gels festzustellen, 
als bei Koagulation derselben Menge des Sols mittels HNO^ ; die Gelbildung ist also in diesem 
Falle unzweifelhaft durch eine lonenreaktion eingetreten. — 3 J. pr. Chem. 72. 
39—56. 1905; 73. 374—382. 1906. 



6. Andere Theorien. 



179 



Punktes erhofft werden kann. Außer diesen haben jedoch eine große Zahl 
anderer Theorien versucht, die Ursachen und Eigentümlichkeiten des kolloidalen 
Zustandes zu erklären. Wenn nun von einer vollständigen und ausführlichen 
Erörterung dieser Arbeiten abgesehen wird, so geschieht es deshalb, weil einzelne 
davon ganz phantastische Vorstellungen entwickelt haben, die sich alsbald als 
unhaltbar erwiesen, andere dagegen nur geeignet erscheinen, bestimmte Eigen- 
schaften der Kolloide aufzuklären, während noch andere von Voraussetzungen 
ausgehen, die sich in veränderter Form leicht den allgemeineren, bereits erörterten 
Theorien unterordnen. 

Die wichtigsten dieser Theorien mögen jedoch hier Raum finden. 

F. Krafft hat mit seinen Schülern eine Reihe von Experimentalunter- 
suchungen ausgeführt, die in interessanter Weise Analogien von Seifenlösungen 
mit kolloidalen Solen festgestellt haben. 

Zunächst fanden F. Krafft und H. Wiglow,^ daß wässerige Lösungen 
von Seifen, also Natriumsalzen höherer Fettsäuren, wie z. B. Natriumstearat, 
-palmitat, -oleat, bei bestimmten Konzentrationen — etwa 20 bis 25 Prozent — 
annähernd denselben Siedepunkt besitzen, wie reines Wasser. Durch Ausfrieren 
oder Aussalzen scheidet sich aus solchen Lösungen die gelöste Seife aus. Diese 
Seifenlösungen verhalten sich also hierin ähnlich wie kolloidale Lösungen. 
F. Krafft und A. Strutz * berichten femer, daß die Lösungen der Natrium- 
salze niederer Fettsäuren bei ähnlichen Konzentrationen hydrolytische Spaltung 
zeigen und den Siedepunkt des Wassers erhöhen, sich also wie Kristalloide ver- 
halten. Obergänge zwischen diesen beiden Gruppen von Lösungen fettsaurer Salze 
bilden solche von Natriumnonylat und -laurinat — Bei wässerigen Lösungen der 
Verbindungen aliphatischer Basen mit anorganischen Säuren konnten ähnliche 
Gesetzmäßigkeiten gezeigt werden. Die salzsauren Salze niedriger Amine, z. B. 
Methylaminchlorhydrat, zeigen nämlich in wässeriger Lösung Hydrolyse und ver- 
halten sich wie Kristalloide, während z. B. eine Lösung von Hexadecylaminchlor- 
hydrat CjgHggNHg-HCl denselben Siedepunkt aufweist, wie reines Wasser. 
Methylammoniumpalmitat, eine Verbindung von organischer Säure und organischer 
Base (C^ßHjjO^ • NH3 • CH3), zeigte in wässeriger Lösung ein ähnliches Aussehen 
wie Seifenlösung, erhöhte den Siedepunkt des Wassers nicht und bildete beim 
Schütteln einen Schaum von sich auftürmenden Dodekaederzellen. 

Aus diesen Arbeiten geht hervor, daß der kolloidale Zustand aufs engste 
mit den Molekulargrößen der kolloidal gelösten Substanz zusammenhängt und 
daß zwischen Kristalloiden und Kolloiden durchaus stetige Übergänge 
bestehen. 

Im Gegensatze zu diesen Anschauungen führten hierauf L. Kahlenberg und 
O. Schreiner ^ aus, daß konzentrierte Seifenlösungen eine sehr hohe Oberflächen- 
spannung besitzen, welche ein eigentliches Sieden verhindert, so daß die Er- 
mittelung des Siedepunktes derartiger Lösungen überhaupt unsicher sei. Die 
Analogie mit den Kolloiden wäre demnach keineswegs bewiesen, ebensowenig 
durch die aussalzende Wirkung von Elektrolyten, denn kolloidale Sole werden 
im allgemeinen schon durch ganz geringe Mengen, Seifenlösungen jedoch erst 
durch beträchtliche Zusätze von Salzen ausgefällt." Auch die Tatsache, daß 
Seifenlösungen gute Elektrizitätsleiter sind, widerspreche dem Verhalten kolloidaler 
Lösungen. 

Doch konnte F. Krafft* zeigen, daß nicht zu konzentrierte Seifenlösungen 
bei Zusatz von Kaliumchlorid die diesem Salze entsprechende Siedepunktserhöhung 
zeigen, was den oben bezeichneten Einwand entkräftet, und auch A. Smits*^ 

^ Ber, 28. 2573—2582. 1895. — ^ Ber. 29. 1328— 1334. 1896. — 3 Z. phys. Ch. 
27. 552—566. 1898. — * Ber. 32. 1584— 1596. 1899. — 6 Versl. Kon. Akad. d. WeL 
Amsterdam. 1900/01. 112 — 116; Z. phys. Ch. 46. 608 — 612. 1903. 

12* 



jgO ^^c Theorie der Kolloide. 

schloß sich neuerdings der Ansicht an, daß hochmolekulare Seifenlösungen tat- 
sächlich ein den kolloidalen Lösungen analoges Verhalten zeigen. 

Dürften diese Arbeiten speziell für die Frage der Übergänge zwischen 
Kristalioiden und Kolloiden hohes Interesse beanspruchen, so zeigte es sich, daß 
theoretische Hypothesen, welche Krafft aus diesen Tatsachen folgerte, wenig 
geeignet sind, zur Aufklärung der Natur des Kolloidalzustandes beizutragen.. 

Er ging hierbei von der hypothetischen Annahme aus,^ daß die Kolloide 
in ihren Lösungen nicht aus Molekülkomplexen, sondern aus Einzelmolekülen 
bestehen sollen, die den Gasgesetzen nicht folgen, also sich nicht wie Gasmole- 
küle bewegen, sondern in sehr kleinen geschlossenen Bahnen oder Oberflächen 
rotieren. Derartige Oberflächen oder flüssige Bläschen („Protozellarbläschen") 
würden durch die kolloidalen Moleküle ganz bedeckt und schließen das Lösungs- 
mittel ein. Bei gleicher Beschaffenheit dieser Bläschen wäre die Lösung völlig 
homogen, unter Umständen könnten sich die Wände der Bläschen berühren, 
zusammenfließen und dadurch Wände polygonaler Zellen, Strukturen bilden. 

So stellte dieser Forscher sich z. B. die Entstehung von Myelinformen vor,* 
die beim Einbringen von Heptylaminseifen in Wasser (vgl. p. 88) auftreten. 

Konnten diese Hypothesen noch teilweise mit den älteren Mizellartheorien 
in Einklang gebracht werden ^, so bewegen sich die Arbeiten, welche späterhin 
auf Grundlage der Ansichten Krafft s entstanden, auf völlig eigenartigen Bahnes. 
Kraffts Schüler F. Diehl* glaubt das Wasser als Kolloid betrachten zu 
müssen, dessen kleinste Teilchen sich in festgeschlossenen Kurven bewegen; jeder 
Wassertropfen wäre ein kompliziertes Konglomerat kleinster Wassertröpfchen, in 
denen sich die Moleküle in rascher rotierender Bewegung befinden. Diese Be- 
wegung soll sich nun auf feinste, im Wasser zerteilte feste Partikelchen übertragen 
und dadurch die Brown sehe Molekularbewegung (siehe p. 29) hervorrufen. Die 
bereits erwähnten Myelinformen, welche beim Einbringen von Heptylaminseifen 
z. B. ölsaurem Heptylamin, CjgHjjO^ • NHj • C^H^g, erukasaurem Heptylamin, 
CjjH^jOg • NHj • CyHjg usw. in Wasser entstehen, zeigen bei ihrer Bildung 
äußerst lebhafte Bewegungserscheinungen, welche von ihm ähnlichen inneren 
Strömungen des Wassers zugescnrieben werden. 

Eine Theorie, welche J. StARK * über die Pseudoföllung entwickelte, kann 
als völlig unhaltbar bezeichnet werden. Durch die Mischung von Wasser, in 
dem feine Teilchen suspendiert sind, mit einer Salzlösung, soll eine Volumkon- 
traktion stattfinden, wobei aus den mit Luft gesättigten Flüssigkeiten eine der 
Kontraktion entsprechende Luftmenge frei werden soll, die nicht entweicht, 
sondern an den suspendierten Teilchen haften bleibt und Bewegungen hervor- 
rufen soll, die zur Vereinigung der Teilchen fuhren. Es wäre dies ein ähnlicher 
Vorgang, wie die Nebel- und Regenbildung, welche durch primäre Absetzung von 
Wasserteilchen aus einer übersättigten Wasserdampfatmosphäre an schwebenden 
Staubteilchen ausgelöst wird, worauf sich diese mit Wasser beladenen Staubteilchen 
zu Tropfen vereinigen. Diese Hypothese sollte durch die mikroskopische Beobachtung 
von Luftbläschen an den Ausflockungen von Kolloiden, femer durch die Tat- 
sache bewiesen werden, daß bei Mischung ausgekochter, also luftfreier Flüssig- 
keiten, die Flockenbildimg viel langsamer eintrat. 

G. Bredig und A. Coehn ^ kennzeichneten jedoch alsbald die Schwächen 
dieser Theorie, außerdem konnte G. Bredig ' zeigen, daß Suspensionen, denen 

1 Ber. 29. 1334— 1344. 1896. — ^ Z. physiol. Ch. 36. 364—375. 1902; mit 
R. Funcke, ebenda. 36. 376 — 385. 1902. — 3 Vergl. van Bemmelen, Z. anorg. Ch. 13. 
313. 1896. — * „Über die innere Struktur des Wassers und deren Einfluß auf Bildung kolloi- 
daler Lösungen." Diss. Heidelberg. 1904. — B Ann. Phys, (3) 68. 117 — 124, 618 — 619. 1899- 
— 8 Z. phys. Ch. 32. 129—132. 1900. — 7 „Anorganische Fermente." p. 14. 



6. Andere Theorien. l8l 

man unter der Luftpumpe die Luft entzogen hatte, keineswegs die Fähigkeit 
verlieren, bei darauffolgendem Zusatz eines ausgekochten (luftfreien) Elektrolyten 
auszuflocken. 

S. PosTERNAK ^ Schreibt den Kolloidteilchen außerordentliche Elastizität 
zu, so daß sie unter bestimmten Einflüssen ihr Volumen ändern können. 
Bleibt das Volumen unter einer bestimmten Grenze, so ist der Körper löslich, 
überschreitet er diese, so wird er unlöslich. Nichtdissoziierte Moleküle, wie sie 
in konzentrierteren Lösungen vorhanden sind, setzen sich nun an der Oberfläche 
der Kolloidteile (Mizellen) fest, verhindern jede Umwandlung und verursachen 
das Unlöslichwerden, wobei sie an der Oberfläche haften und daher ins Ko- 
aguliun übergehen. Dissoziierte Moleküle können hingegen das Volumen der 
Mizellen verringern, also eine Auflösung des Kolloids bewirken. — Gegen diese 
ohnehin etwas phantastische Auffassung brachte G. Wyrouboff * den Einwand, 
daß verschiedene kolloidale Gele (Thoriumoxyd und Sulfochromsäure) nicht die 
geringsten Spuren des Elektrolyten enthalten, der ihre Koagulation bewirkt hatte. 

Hypothetische Vorstellungen entwickelt auch P. D. Zacharias,^ indem er den 
Kristalloiden kleine, einfache und relativ leichte Moleküle, den Kolloiden hin- 
gegen größere, ebene und unelastisch biegsame Moleküle („Membranmolekel") 
zuschreibt, welch letztere zu^ einem unelastischen Maschenwerk (Zellenstruktur) 
zusammentreten können. Mit der Größe und Komplexität des kolloidalen Mole- 
küls soll die chemische Trägheit der Kolloide in Zusammenhang stehen. Das 
Maschenwerk ist bis zu einem gewissen Grade mit Flüssigkeit quellbar, absorbiert 
infolge seiner unelastischen Beschafienheit die aufgenommene Flüssigkeit und 
vermag unter Umständen so weit aufzuquellen, daß der Zusammenhang des 
Netzes gelöst wird und die einzelnen Membranmoleküle von der Flüssigkeit zu 
einem homogenen Gebilde mitgerissen werden (Sol). Ein derartiges Gebilde ist 
jedoch nicht stabil und geht mit der Zeit entweder in ein kristallinisches Gebilde 
oder in das frühere Maschenwerk über. 

Interessante theoretische Betrachtungen, welche ein sehr anschauliches Bild 
der bestehenden Verhältnisse geben, hat F. G. Donnan * veröffentlicht. Er hält 
die Bezeichnung „Suspension" für nicht hinreichend zur Kennzeichnung des 
kolloidalen Zustandes, dieser soll vielmehr seine Ursache in einem Prozeß molarer, 
mechanischer Zertrümmerung bei der Einwirkung des Lösungsmittels auf das feste 
Kolloid haben. Denkt man sich ein kleines Volumelement des festen Kolloids 
in der betreffenden Flüssigkeit, so wirken auf dasselbe zwei entgegengesetzte 
Kräfte: die Anziehung des Innern des festen Stoffes einerseits, jene der 
Flüssigkeit andreerseits. Bei einer bestimmten kritischen Dicke der Volumelemente 
des Stoffes können sich diese beiden Kräfte gerade ausgleichen, in diesem Zu- 
stand hört jedoch die weitere Verteilung des Körpers auf, es bleibt ein zwei- 
phasiges System bestehen, in welchem der feste Stoff" außerordentlich fein ver- 
teilt ist — also eine kolloidale Lösung. 

Diese Theorie erklärt, warum ein Stoff" mit gewissen Lösungsmitteln 
kolloidale, mit anderen wirkliche Lösungen liefert; die anziehende Kraft der 
Flüssigkeit wird sich eben je nach der Natur der letzteren sehr ändern und 
kann daher nur in bestimmten Fällen nach den oben entwickelten Prinzipien zu 
einem Gleichgewicht führen. Ebenso wird hiemach auch klar, daß es alle Ab- 
stufungen zwischen wahren und kolloidalen Lösungen geben muß. 



^ Ann. Inst. Pasteur. 16. 85. 1901. — * Bull. Soc. Chim. Paris. (3) 26. 1016 — 1022. 
1901. — 3 Z. phys. Ch. 39. 468 — 484. 1902. — * Philos. Mag. (6) 1. 647 — 652. 1901; Z. 
phys. Ch. 37. 735 — 743. 1901. 



l82 ^ic Theorien der Kolloide. 

Der von Donnan charakterisierte Verteilungsvorgang vollzieht sich ohne 
Mitwirkung elektrolytischer Dissoziation und ohne Lösungstension, er kann auf 
Grund der Kapillaritätstheorie von Laplace, welche Anziehungskräfte zwischen 
gleichartigen und verschiedenartigen Körpern annimmt, völlig erklärt werden, wie 
Donnan in einer weiteren Abhandlung gezeigt hat ^ 

R. ZsiGMONDY* ist der Ansicht, daß die theoretischen Voraussetzungen 
Donnan s eine notwendige Ergänzung der elektrischen Theorien bilden, da hier- 
durch die Annahme gewisser Anziehungskräfte zwischen Kolloid und umgeben- 
dem Medium eine theoretische Begründung erhält, auf Grund welcher die Vorgänge 
der kolloidalen Auflösung, des Bestehens einer Oberflächenspannung an der 
Grenze von Kolloid und Flüssigkeit und des Verlaufes von Kolloidreaktionen 
eine einheitliche und anschauliche Erklärung finden. Statt des Ausdruckes „Sus- 
pension" soll zur Kennzeichnung der überaus kleinen Teilchendimensionen der 
Ausdruck „Zerteilung" die kolloidalen Sole charakterisieren (vgl. hierüber p. 148). 

Die Natur des festen Stoffes ist nach Zsigmondy für seine Fähigkeit, 
kolloidal gelöst zu werden, bestimmend. Nur dann, wenn der betreffende Stoff 
in der Flüssigkeit annähernd unlöslich ist, werden die Kristallkeime so klein 
bleiben und so wenig anwachsen, daß die scheinbare Homogenität des Systems 
gewahrt bleibt 

y. Friedemann ^ suchte thermodynamische* Prinzipien auf den Vorgang 
der Kolloidfällungen anzuwenden. Er bezeichnet als primäre Kolloideigenschaften 
das Fehlen des osmotischen Druckes sowie die irreversiblen Zustandsänderungen 
(Hitzekoagulation, Elektrolytfällung); als sekundäre Eigenschaften, deren Be- 
ziehungen zu den Begriffen über den Kolloidalzustand nicht klar ersichtlich seien, 
die Kataphorese, die optische Inhomogenität und die schwere Dialysierbarkeit 
durch Membranen. Die Kolloidreaktionen sind dadurch ausgezeichnet, daß die 
maximale Arbeit der durch dieselben hervorgerufenen Zustandsänderungen sich 
nicht aus der Trennung der reagierenden Bestandteile vom Lösungsmittel be- 
rechnen läßt 

Für die Zustandsänderungen idealer Kolloide, also solcher die keinen 
osmotischen Druck zeigen, ist weder die gewöhnliche Anwendung des Massen- 
wirkungsgesetzes, noch jene des Verteilungssatzes zulässig. 

Besonders wichtig ist für die Charakterisierung einer kolloidalen Lösung 
der quantitative Verlauf von Fällungsreaktionen mit anderen Kolloiden, da dieser 
unmittelbar im Wesen der kolloidalen Lösung begründet ist. Den Reak- 
tionsverlauf müßte man aber nicht nur empirisch feststellen, sondern auch theo- 
retisch berechnen können. Gelänge es, eine der Kolloidftlllungen reversibel zu 
leiten, so könnte man die maximale Arbeit dieser Zustandsänderung berechnen 
und unter Berücksichtigung der thermodynamischen Gleichgewichtsbedingungen 
zu einem Reaktionsgesetz gelangen, in dem aber wahrscheinlich die aktiven 
Massen nicht wie beim Massenwirkungsgesetz durch die Konzentration der rea- 
gierenden Bestandteile, sondern durch die Intensitätsfaktoren der sich ändernden 
Energieformen — der elektrischen oder der Oberfiächenenergie — repräsentiert 
sein würden. 

Die Vorgänge bei der Fällung unterscheiden sich demnach wesentiich von 
den bei wirklichen Lösungen auftretenden Reaktionen, doch verschwindet dieser 
Unterschied umsomehr, je mehr sich die kolloidale Lösimg der wirklichen nähert 
So erklärt es sich auch, daß gewisse Immunitätsreaktionen (Agglutination und 
Präzipitation) einen Verlauf zeigen, der annähernd dem Massenwirkungsgesetz 



^ Z phys. Ch. 46. 197 — 212. 1903. — * „Zur Erkenntnis der Kolloide." p. 171. — 
3 Z. f. klin. Med. 66. 1905. 



6, Andere Theorien. I83 

und Verteüungssatz entspricht (vgl. p. 142); doch ist eine genaue Übereinstim- 
mung, mit diesen Gesetzen sobald es sich um Kolloide handelt, ausgeschlossen. 

Es sei femer kurz darauf hingewiesen, daß J. Perrin ^ die Stabilität kol- 
loidaler Sole mit der Eigenschaft der solbildenden Flüssigkeiten — wie Schwefel- 
säure, Wasser, Alkohol, Glyzerin usw. — eine abnorm hohe Dielektrizitäts- 
konstante und daher ein großes lonisationsvermögen aufzuweisen, in Zusammen- 
hang brachte. — T. Svedberg* zeigte jedoch, daß sich stabile Organosole des 
Platins auch in Medien von geringer Dielektrizitätskonstante herstellen lassen. 

Die von Burton® aufgestellte Theorie, welche aus der Natur des zerteilten 
Metalls und dem Dissoziationszustand des flüssigen Mediums Schlüsse auf die 
Stabilität des betreffenden Sols zu gewinnen sucht, sei nur kurz genannt, da ihr 
noch kein genügendes experimentelles Material zugrunde liegt. 

In jüngster Zeit wiesen endlich J. Duclaüx* und H. Freundlich'^ auf 
die Möglichkeit eines Zusammenhanges zwischen der Brown sehen Molekular- 
bewegung und der Stabilität von kolloidalen Solen hin; ähnliche Annahmen 
hatten bereits früher S. Exner^ und C. Malt^izos'' hinsichtlich der Stabilität und 
Ausflockung mechanischer Suspensionen geäußert. 



^ Joum. de Chim. Phys. 2. 601 — 651. 1905. — 2 Ark. fÄr Kemi, Min. och Geol. 2. 
Nr. 30, 1907; Z. f. Chem. und Ind. d. KoU. 1. 161 — 164. 1906. — 3 phü. Mag. 12. 472. 

1906. — * Journ. de Chim. Phys. 5. 47. 1907. — * Z. f. Chem. und Ind. d. KoU. L 321. 

1907. — 8 Wien. Bcr. 66. 116— 123. 1867. — T C, rend. 12L 303—305. 1895. 



Systematik der Kolloide. 



Vergleicht man die Eigenschaften kolloidaler Lösungen, so tritt deutlich 
die Tatsache hervor, daß gewisse Sole sich in ihrem Verhalten aufs VoUkonunenste 
den mechanischen Suspensionen angliedern, während andere hingegen Eigen- 
schaften aufweisen, welche auf eine weitgehende Annäherung zu den wahren 
Lösungen schließen lassen. Im Zusammenhang damit steht die Tatsache, daß 
es eine scharfe Grenze zwischen Kristalloiden und Kolloiden im Sinne Grahams 
nicht gibt, daß vielmehr zwischen den typischen Erscheinungsformen der Sus- 
pensionen, kolloidalen Lösungen und wahren Lösungen offenbar zahlreiche Über- 
gänge bestehen. 

Bereits gelegentlich der Erörterung der Eigenschaften kolloidaler Lösungen 
konnte vielfach darauf hingewiesen werden, daß diese nicht bei allen Solen in 
völlig typischer Weise auftreten. Gewisse Sole diffundieren gar nicht durch 
eine Membran, andere lassen deutliche Anzeichen von Diffusion erkennen (p. 12]. 
Im Hinblick hierauf sind Diffusionsversuche bemerkenswert, die in jüngster 
Zeit R. O. Herzog^ angestellt hat. Die optischen Eigenschaften sind völlig 
abgestuft: von deutlicher Opaleszenz bis zu einer mittels ultramikroskopischer 
Beleuchtung nicht mehr erkennbaren Inhomogenität finden sich alle Grade der 
Heterogenität bei verschiedenen Solen; die Einzelteilchen sind sehr verschieden 
groß und zwar nicht nur bei den kolloidalen Lösungen verschiedener Stoffe, 
sondern sogar bei verschiedenen kolloidalen Lösungen desselben Stoffes (p. 23 u.ff.). 

Auch die Koagulationserscheinungen spielen sich in völlig ver- 
schiedener Weise ab: gewisse Sole sind gegen Elektrolytzusatz äußerst empfind- 
lich, flocken jedoch durch Erhitzung nicht aus, bei anderen äußert sich jedoch 
gerade das umgekehrte Verhalten (vgl. p. 46). 



1. Klassifikation der Kolloide. 

Um die verschiedenen Erscheinungsformen der kolloidalen Lösungen zu 
kennzeichnen, wurden mehrfach Vorschläge gemacht, durch Gruppierung der- 
artiger Gebilde von ähnlichem Verhalten bestimmte Klassen von Kolloiden zu 
unterscheiden und hierdurch Einteilungssysteme für die verschiedenen Arten von 
Kolloidgebilden zu schaffen. 

So versuchte zunächst A. Sabanejew* auf Grund seiner kryoskopischen 
Untersuchungen kolloidaler Lösungen eine Einteilung nach der Größe der derart 



' Vortr. 14. Vers. d. D. Bunsen-Ges. Hambuig. 1907. Ref. Z. Elektr. 18. 533 — 539. 
1907. — 2 joum. d. russ. phys.-chem. Ges. 23. L 80 — 83. 1891. 



I. Klassifikation der Kolloide. 185 

erhaltenen Molekulargewichte vorzunehmen, derzufolge niedere, unechte 
Kolloide mit einem Molekulargewicht unter 30 000 (Wolframsäiure, Molybdän- 
säure, Dextrin, Gummi) von höheren, typischen Kolloiden unterschieden 
werden, deren Lösimgen keine meßbare Gefherpunktsdepression zeigen, welche 
also demgemäß ein außerordentlich hohes Molekulargewicht besitzen. 

H. PiCTON^ betonte den stetigen Obergang zwischen den Eigenschaften 
kristalloider und kolloidaler Lösungen und teilte die Sole nach ihrem optischen 
Verhalten in: 

1. Kolloidale Lösungen, deren Teilchen unter dem Mikroskop erkennbar 
sind (HgS, As^Sg); 

2. kolloidale Lösungen, in denen die Molekularaggregate durch sonstige 
optische oder andere Mittel, z. B. Tyndalls Versuch, erkennbar sind 
(Sulfide, Kieselsäure, Oxydhydrate des Fe, Cr, AI, Stärke); 

3. Sole, in denen die Teilchen nicht mehr wahrnehmbar sind (Molybdän- 
säure, Kieselsäure bei Gegenwart von Salzsäure). 

Legt man diese Einteilung zugrunde, so zeigt es sich, daß manche schein- 
bare Kristalloide (z. B. Lösungen von Fenichlorid, Oxyhämoglobin usw.) ihrem 
optischen Verhalten gemäß den ersten beiden Gruppen der Kolloide bei- 
zuordnen sind. 

W. B. Hardy* teilte die kolloidalen Lösungen auf Grund ihres Verhaltens 
bei Zustandsänderungen (Koagulation durch Elektrolyte oder durch Tempe- 
ratureinflüsse) in reversible und nicht reversible ein. Doch sei darauf hin- 
gewiesen, daß durch eine derartige Unterscheidung nicht das Kolloid selbst, 
sondern nur die betrefiende Zustandsänderung charakterisiert ist, denn das- 
selbe Sol vermag mit verschiedenen Elektrolyten, ja selbst mit demselben Elek- 
trolyten in verschiedenen Konzentrationen einmal reversible, ein anderes Mal irre- 
versible Gele zu geben. Zinnsäuresol liefert z. B. mit Säuren und den meisten 
Salzen irreversible, mit Kochsalz oder Ätzkali reversible Fällung. 

A. Müller' grenzt das Gebiet jener Kolloide, die sich ähnlich wie Suspen- 
sionen feiner Teile verhalten, gegen jenes der Sole ab, welche in ihren Eigen- 
schaften sich den wahren Lösungen anschließen (z. B. Eiweißlösungen]. Die als 
Suspensionen charakterisierten Gebilde werden von ihm femer nach der Art 
des suspendierenden Mediums in kolloidale Lösungen, bei denen Wasser 
oder eine Flüssigkeit von geringer Viskosität und in solche, bei denen eine 
Flüssigkeit von hoher Viskosität das Medium bildet, unterschieden. Zu den 
suspensionsartigen kolloidalen Lösungen der ersten Gruppe zählen z. B. Metall- 
hydrosole und Metallsulfidhydrosole, unter die zweite Gruppe wären hingegen 
durch Schutzkolloide erhaltene anorganische Sole und z. B. Goldrubinglas ein- 
zureihen. 

H. Bechhold* unterscheidet in ähnlicher Weise Kolloide erster Ord- 
nung, Lösungen hochmolekularer Verbindungen, zu welchen besonders organische 
Kolloide wie Dextrin, Tannin, Eiweiß usw. gehören, von Kolloiden zweiter 
Ordnung, welchen die meisten reinen Hydrosole anorganischer Stoffe bei- 
zuzählen wären. 

A. A. NoYES* zieht das äußere Aussehen imd die Eigenschaften 
kolloidaler Lösimgen in Betracht und klassifiziert demgemäß diese Gebilde einer- 
seits in viskose, durch Salze schwer koagulierbare „kolloidale Lösungen" und 
andererseits in nicht viskose, nicht gelatinierende, aber durch Salze leicht aus- 
fällbare „kolloidale Suspensionen". 



' Joum. Chem. Soc. 61. 137—147. 189a. — 2 Proc. Roy. Soc. LondoD. 66. 95 — 109. 
1899. — ^ Z, anorg. Ch. 36. 340 — 345. 1903, — * Z. phys. Ch. 48. 392. 1904. — B Journ. 
Amer. Chem. Soc. 27. 85. 1905. 



l86 Systematik der Kolloide. 

J. Perrin ^ bezeichnet, wie bereits erwähnt wurde (p. 46), den Verlauf des 
Koagulationsvorganges als typisches Merkmal der kolloidalen Sole und be- 
nennt die stabileren Sole, welche sehr wasserreiche Gele liefern, die nach dem 
Trocknen neuerlich Wasser aufnehmen können (z. B. Gummi usw.), als „hydro- 
phile Hydrosole", kolloidale Lösungen hingegen, die sich durch Zusatz ge- 
ringer Elektrolytmengen koagulieren lassen (also Hydrosole der Metalle und 
Metallsulfide), als „nicht hydrophile Sole". 

R. ZsiGMONDY* ordnet die Kolloide einerseits nach der Teilchen- 
gröfle, andererseits nach dem Prinzipe der Reversibilität in ein System, 
das von dem mikroskopischen Gebiete der Suspensionen über das ultfamikro- 
skopische Gebiet der verschiedenen Kolloide graduell zu den hochmolekularen 
organischen Kolloiden und wahren Lösungen führt. Die Reversibilität bezieht 
sich hierbei lediglich auf das Verhalten der bei gewöhnlicher Temperatur ein- 
getrockneten Gele; sind diese befähigt, sich in Wasser neuerlich zum Sol zu 
verteilen, so ist das Kolloid reversibel, anderenfalls ist es irreversibel. Zu 
der ersten Gruppe zählen die mittels Schutzkolloiden gewonnenen Sole, Farbstoflf- 
und Eiweißlösungen, zu der zweiten die kolloidalen Metalle, Sulfide, viele 
Oxyde usw. 

In jüngster Zeit hat Wolfg. Ostwald* versucht, von einem umfassenderen 
Gesichtspunkt aus Grundlagen für eine Systematik der Kolloide zu gewinnen. 
Die ganz allgem^ne Annahme, daß kolloidale Lösungen mikroheterogene, meist 
zweiphasige Systeme sind, deren eine Phase, das Dispersionsmittel, flüssig 
ist, läßt für den Aggregatzustand der zweiten („dispersen") Phase verschiedene 
Möglichkeiten bestehen, die bereits G. Quincke diskutiert hatte. Ist letztere gas- 
förmig, so hat das Gebilde den Charakter eines Schaumes, ist sie flüssig, so 
liegt eine Emulsion vor, ist sie endlich fest, so muß das System als Sus- 
pension bezeichnet werden. Von den schaumartigen Gebilden, die für das Gebiet 
der Kolloidchemie weniger erheblich sind, abgesehen, müssen daher je nach 
dem Aggregatzustand der dispersen Phasen zwei Arten kolloidaler Lösungen 
unterschieden werden: die Emulsionskolloide und die Suspensionskolloide. 

Es hat sich nun bei Versuchen, welche J. Friedi-änder* angestellt hatte, 
gezeigt, daß Suspensionen und zwar solche mit mikroskopisch deutlich sicht- 
barer fester disperser Phase (z. B. eine Suspension von Kolophonium in Wasser), 
jedoch auch Suspensionskolloide, also Gebilde mit ultramikroskopischer Zer- 
teilung der festen Phase (wie z. B. Platinhydrosol), eine von ihrem Dispersions- 
mittel (Wasser) sehr wenig verschiedene innere Reibung besitzen. Emul- 
sionen hingegen, die sich im Zustande sehr weitgehender Zerteilung befinden, 
z. B. Systeme von Wasser-Isobuttersäure, Benzol- Wasiser-Essigsäure usw., weisen 
eine bedeutend höhere innere Reibung auf, als jeder der beiden Bestand- 
teile für sich. 

Wie Friedländer weiter zeigte, kann man aus Alkohol, Kolophonium und 
Wasser zweierlei Gebilde herstellen. Gießt man in viel Wasser einige Tropfen 
alkoholischer Kolophoniumlösung, so scheidet sich das in Wasser praktisch un- 
lösliche Kolophonium in fein verteiltem, festen Zustande aus, es entsteht also 
eine Suspension. Fügt man hingegen zu einer konzentrierten alkoholischen 
Kolophoniuml()sung einige Tropfen Wasser, so entsteht wahrscheinlich durch 
Ausscheidung kleiner Tröpfchen Wasser- Alkohol, also einer Flüssigkeit, eine 
Trübung, die als Emulsion anzusehen ist. 

Die beiden eben beschriebenen, aus denselben drei Komponenten her- 
gestellten Gebilde zeigen nun beträchtliche Verschiedenheiten. Zunächst zeigt 

^ Joum. de Chim. Phys. 3. 50. 1905. — * »,Zur Erkenntnis der Kolloide**, p, x6 — 251 
Tafel I. — 3 Z. f. Chem. und Ind. d. Koll. 1. 291—300, 331 — 341. 1907. — * Z. phys. Ch. 
88. 385—440. 1901. 



2. Übergänge zwischen Kolloiden und Kristalloiden. lg7 

sich, in Übereinstimmung mit dem bereits Gesagten, daß die Emulsion eine 
bedeutend höhere innere Reibung besitzt als die Suspension von Kolo- 
phonium. Ferner konnte, während die Suspension durch Elektrolytzusatz irre- 
versibel koaguliert wurde, die genannte Emulsion weder durch Temperatur- 
erhöhung, noch durch Elektrolyte leicht koaguliert werden, sie bildete jedoch bei 
tieferen Temperaturen ein völlig reversibles Gel, besaß also gewissermaßen 
Gelatinierungs vermögen. 

Die Obereinstimmung der Eigenschaften dieser verschiedenen Gebilde mit 
jenen von verschiedenen Arten von kolloidalen Lösungen, also z. B. die leichte 
Koagulierbarkeit und unveränderte innere Reibung der Kolophonium Suspension 
mit den Metallsolen, andererseits die Unempfindlichkeit gegen Elektrolyte, höhere 
Viskosität und Gelatinierbarkeit der beschriebenen Emulsion mit organischen 
Kolloiden (Gelatine, Eiweiß usw.), führt Ostwald dazu, die typischen Unterschiede 
zwischen kolloidalen Lösungen im Aggregatzustand der dispersen Phase zu 
suchen, was übrigens auch bereits Quincke vor ihm in seinen zahlreichen 
Studien (l. c.) getan hat. Die bereits gegebene, hiervon ausgehende Unterschei- 
dung zweier Hauptklassen von kolloidalen Lösungen würde daher folgendermaßen 
zu treffen sein: 

1. Suspensionskolloide; disperse Phase fest. Leicht durch Elektrolyte 
koagulierbar, nicht gelatinierbar, nicht quellbar, innere Reibung wenig 
verschieden von der des Wassers (etwa den nicht hydrophilen Solen 
Perrins entsprechend): Metallhydrosole, Metallsulfid hydrosole. 

2. Emulsionskolloide; disperse Phase flüssig. Im allgemeinen schwerer 
koagulierbar, durch Abkühlung oftmals gelatinierend, viskoser als reines 
Wasser, das Gel meist quellbar (analog den hydrophilen Solen Perrins): 
Gelatine, Eiweiß usw. 



2. Übergänge zwischen Kolloiden und Kristalloiden. 

Zahlreiche Umstände, vor allem jedoch die Ergebnisse von Dififusions- 
versuchen sowie der Bestimmungen des osmotischen Druckes und der hiermit 
zusammenhängenden Konstanten für Lösungen (Siede- und Gefrierpunkt), haben 
erwiesen, daß ^wischen Kristalloiden und kolloidalen Lösungen keinerlei scharfe 
Grenze besteht, sondern daß zahlreiche stetige Übergänge zwischen diesen Gruppen 
von Gebilden existieren. 

Schon die früher erwähnten Arbeiten Kraffts (vgl. p. 179) über Lösungen 
organischer Salze zeigten, daß sich Übergänge zwischen den charakteristisch 
kristalloiden Natriumsalzlösungen niederer Fettsäuren und den kolloidähnlichen 
Seifenlösungen finden lassen. 

G. Bruni imd N. PappadA,^ nach deren Ansicht wohl nicht nur ein 
gradueller, sondern ein durchaus wesentlicher Unterschied zwischen kolloidalen 
und kristalloiden Lösungen bestehen soll, finden in den sog. „Halbkolloiden", 
als die sie besonders Dextrin und Wolframsäure bezeichnen, Stoffe, die infolge 
ihres hohen Molekulargewichts Lösungen bilden, welche sich den Eigenschaften 
der kolloidalen Sole enge ausschließen. 

Nach K. Spiro ^ deuten verschiedene Umstände — wie partielle Filtrierbar- 
keit und geringer osmotischer Druck der Sole — darauf hin, daß ein Teil des 
Stoffes in wahrer Lösung sei, so daß keinesfalls eine scharfe Trennung zwischen 
Kolloiden und Kristalloiden möglich ist. Um zu einem klaren Begriffe zu ge- 
langen, werden von Spiro den kolloidalen Stoffen Unlöslichkeit und Quellbarkeit 



^ Atti R. Accad. dei Lincei. (5) 9. I. 354 — 358. 1900. — 2 Beitr. z. ehem. PhysioL 
u. Pathol. 5. 276 — 296. 1903. 



l88 Systematik der Kolloide. 

als charakteristische Eigenschaften zugeschrieben. Sind diese Eigenschaften nicht 
vorhanden, so soll der betreffende Stoflf trotz seines analogen Verhaltens kein 
Kolloid — (z. B. Ovalbumin, Serumalbumin, Hämoglobin) — sondern ein wahres 
Kristalloid sein, dessen abweichendes Verhalten dem hohen Molekulaigewicht 
zuzuschreiben wäre. 

Neuerdings hat B. Kuriloff^ Versuche mit Zinkhydroxyd veröffent- 
licht, das durch Zusatz einer eben genügenden Menge Ammoniak gelöst wird. 
Eine derartige Lösung scheidet beim Erwärmen sowie beim Zusatz gewisser 
Elektrolyte ein kolloidales Gel aus, so daß der ganze Prozeß, ausgehend von 
einer Zinkchloridlösung, folgenden Verlauf zeigt Bis zu einem Maximum an- 
steigend tritt zunächst ein Gebiet der wachsenden Niederschlagsmenge auf, für 
welches das Massenwirkungsgesetz anwendbar ist Ober ein Grenzgebiet totaler 
Koagulation gelangt das System in ein Gebiet der abnehmenden Niederschlags- 
menge, fCir welches das Massenwirkungsgesetz nicht mehr gilt, da es sich nunmehr 
um ein kolloidales Gebilde handelt Nun kann neuerdings ein Grenzgebiet zwischen 
diesem abnehmenden und einem durch Erwärmung oder Elektrolytwirkung wieder 
zurückkehrenden Niederschlages, endlich ein Gebiet der Zimahme des derartig 
sich bildenden Gels unterschieden werden. Davon ausgehend stellt dieser Ver- 
fasser in einer sehr spekulativen Übersicht die Obergänge von Urstoff bis zum 
Protoplasma zusammen, in welcher den Kolloiden eine bestimmte Stellung zu- 
gewiesen wird. 

Die erwähnten ammoniakalischen Lösungen von Zinkhydroxyd sollen hierin 
gewissermaßen Obergängen zwischen „Additionsverbindungen" und kolloidalen 
Hydrogelen entsprechen. 

Es ergibt sich hier auch Gelegenheit, auf einen Versuch hinzuweisen, den 
A. Müller^ angegeben hat Glyzerin besitzt die Fähigkeit, in verschiedenem 
Maße Metallhydroxyde zu lösen, in besonders großen Mengen löst es z. B. frisch 
gebildetes Cerohydroxyd. Derartige Lösungen werden nun bei Verdünnung mit 
Wasser hydrolytisch gespalten, wobei sie sich ganz graduell trüben und schließ- 
lich das Gel ausfallen lassen. Die Trübung der zimächst völlig klaren Lösung 
vollzieht sich um so rascher, je stärker das Gemenge vorher verdünnt wurde. 

Wie nun W. Biltz ' bei ultramikroskopischer Beobachtungen derartiger ver- 
dünnter Cerhydroxyd- Glyzerinlösungen fand, erfolgt hierin die ^hscheidung des 
Cerhydroxyds durchaus kontinuierlich; anfänglich sind ultramikroskopisch nur 
ganz wenige Einzelteilchen sichtbar, im Verlaufe der zunehmenden mikroskopischen 
Trübung nimmt jedoch die Zahl der Teilchen ungemein zu. 

Es vollzieht sich also hierbei, makroskopisch sichtbar und ultramikroskopisch 
besonders deutlich verfolgbar ein gradueller Obergang von wahren Lösungen 
zu kolloidalen Solen und schließlich zu kolloidalen Gelen. 

Es mag schließlich darauf hingewiesen werden, daß die Vorstellung' des 
kontinuierlichen Zusammenhanges von kolloidalen und wahren Lösungen mit den 
meisten Theorien der Kolloide gut zu vereinbaren ist. 

C. A. LoBRY DE Bruyn* führte aus, daß Lösungen von Stoffen mit be- 
deutenden Molekulargrößen unter Umständen ähnliche Eigenschaften äußern 
können, wie typische kolloidale Sole. Wenn letztere z. B. infolge des Vor- 
handenseins heterogener Anteile einfallendes Licht seitlich zerstreuen und polari- 
sieren, so vermögen oftmals auch die ersteren infolge der relativ hohen Mole- 
kulargröße des gelösten Stoffes eine ähnliche Wirkung hervorzubringen. Es 

' Z. f. Elcktr. 12. 209 — 218. 1906. — * Z. anorg. Ch. 43. 310 — 325. 1905. — 3 Nachr. 
k. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. 1906. Heft 2. i — 16. — * Rec. des Trav. chim. Pays-Bas. 19. 
251—58. 1900. 



2. Oberg&Dge zwischen Kolloiden und Kristalloiden. l8o 

kann nämlich in derartigen wahren Lösungen durch die großen Moleküle des 
betreffenden gelösten Stoffes ebenfalls eine Art diffuser Lichtzerstreuung hervor- 
gerufen werden, welche derartige Gebilde in ihren optischen Eigenschaften sehr 
den kolloidalen Lösungen nähert. 

G. Quinckes Theorie (p. 156) läßt ohne weiteres einen graduellen Über- 
gang der wahren und kolloidalen Lösungen zu, denn je weniger sich A und B 
in bezug auf Dichtigkeit, Lichtbrechungsvermögen und Viskosität unterscheiden 
und je kleiner die Teilchen von A sind — um so ähnlicher wird die kolloidale 
Lösung einer gewöhnlichen wahren Lösung. 

Auch DoNNANs Theorie trägt der Existenz derartiger Übergänge aufs 
beste Rechnung (p. 181). 

In ausführlicher Weise konnte endlich R. Zsigmondy* zeigen, daß speziell 
Goldlösungen Einzelteilchen der verschiedensten Größenordnungen enthalten (vgl. 
p. 25); von Zerteilungen mit Teilchen von etwa ßOfifi, welche verhältnismäßig 
rasch absetzen bis zu Lösungen mit Teilchen, die kleiner sind als 6 fi(i, konnten 
zahlreiche Zwischenglieder beobachtet werden. Die Größe der zuletzt erwähnten 
Goldteilchen liegt den Dimensionen der Kristalloidmoleküle sehr nahe, so daß 
hierdurch das Bestehen eines idealen Grenzfalles einer kolloidalen Lösung, 
welche nicht größere Diskontinuität aufweist, als eine kristalloide Lösung, in den 
Bereich der Möglichkeit gerückt ist 



' „Zur Erkenntnis der Kolloide/* p. 124, X43, — „Über Kolloidchemie," Leipzig. 1907. 
p. 10, 17. 



I90 



Namenregister. 



Namenregister. 



Alexandrow, s. Sabanejew. 

Amberger, C, s. Paal. 

Antony und Giglio, Hydrolyse von Eisen- 
chloridlösung 5. 

Appelius, s. Paessler. 

Appleyard, J.R., und Walker,J., Adsorption 
von Pikrinsäure durch Seide 114, 138. 

Arrhenius, S., Toxine und Antitoxine 142. 

Artmann, P., s. Müller, A. 

Atterberg, Molekularbewegung von Sand- 
trübungen 30. 

Bar US, C, Filtration von Silbersol zur Er- 
mittelung seiner Teilchengröße 26; Klärung 
von Trübungen 58. 

— und Schneider, E. A., Leitfähigkeit von 
Silbersol 45 ; Suspensionscharakter der 
Kolloide 148. 

£6champ, Basische Eisenchloride 164. 

Bechhold, H., Fraktionierte Filtration kolloi- 
daler Lösungen 27, 146; Erklärung der 
Schutzwirkung 5 7 ; Schwellenwert für Mastix- 
suspensionen und Bakterienaufschwem- 
mungen 60; Hemmung der Mastixfällung 
durch organische KoHoide 61 ; Ausfüllung 
von Gelatine durch Mastix 80; Bakterien- 
agglutination 80 ; Strukturbildung in Galler- 
ten 97; Klassifikation der Kolloide 185. 

— und Ziegler, J., Diffusion in Gallerten 13; 
Strukturen in Gallerten 97. 

BemmeIen,J. M.van, Abscheidung amorpher 
Niederschläge 87; Theorie der Koagulation 
89; Ansichten über Gallerten 95; Wasser- 
gehalt der amorphen Oxydhydrate 1 20 ; Ad- 
sorptionsverbindungen 120; Wirkliche hy- 
dratische Oxyde 121; Bindung des Wassers 
im Gel der Kieselsäure 121; Umschlags- 
punkt 123, 126; Hysteresis 125; Verlust 
des Adsorptionsvermögens 127; Isotherme 
des kolloidalen Eisenoxydhydrogels 128; 
Metazirkonsäure 129; Adsorption und Ab- 
sorption 130; Adsorption durch Ackererde 
130; Adsorption durch feste Oxydhydrate 
130; Adsorptionsgleichgewicht 131; Ad- 
sorptionskurve 131; Zersetzung von Salzen 
bei der Adsorption 131; Adsorption durch 



Metazinnsäure 132; Adsorptionstheorie der 

Kolloide 158. 
Bemmelen, J. M. van, und Klobbie, £. A., 

Eisenoxydhydrat 121. 
Bernstein, J., Thermodynamik der Quellung 

lU. 
Berzelius, Goldpurpur 136; Arsensulfidlösung 
als Suspension 147. 

Billitzer, J., Zerstäubung von Metallen 11; 
Kritik der Helmholtz sehen Theorie 40; 
Konvektion von Platinhydrosol 43; Leit- 
fähigkeit von Platinhydrosol 45; Gegen- 
seitige Fällung von Kolloiden 78; yheone 
der Kolloide 152. 

Biltz, W., Hydrolyse von Nitraten 4; Kolloi- 
dales Vanadinpentoxyd 10; Ultramikroskopie 
von Metalloxydhydrosolen 22; Wanderung 
von Kolloiden 43; Schutzwirkung des Zir- 
koniumoxydhydrosols 56; Gegenseitige Fal- 
lung von Kolloiden 76; Agglutination 81; 
Färbung des Lanthanacetats durch Jod 1 34, 
135; Adsorption von arseniger Säure durch 
Eisenoxyd 134, 135; Begriff der Adsorptions- 
verbindungen 135; Analogon des Gold- 
purpurs 136; Kolloidnatur der Faserstoffe 
137; Schwefel farbstolfe 137; Färbung mit 
anorganischen Hydrosolen 137; Quantitativer 
Verlauf der Färbung 138 ; Toxine und Anti- 
toxine 142 ; Quantitativer Verlauf der Agglu- 
tination 143; Ultramikroskopie des kolloi- 
dalen Cerohydroxyds 188. 

— und Gatin-Gruiewska, Z., Ultramikro- 
skopie des Glykogens 23. 

— und Kröhnke, O., Theorie der Abwässer- 
reinigung 141. 

— Much, H., und Siebert, C, Goldzahlen 
der Sera und Antitoxine 55; Toxine und 
Antitoxine 142. 

Blake, J. C, Goldhydrosol 6; Kataphorese des 
kolloidalen Goldes 44; s. auch Whitney. 
Boeck, G. de, s. Spring. 
Bodländer, G., Sedimentation von Trübungen 

59. 
Bonsdorff, W., Komplexe Metallhydroxyd- 

ammoniakverbindungen 9. 



Namenregister. 



191 



Bredig, G., Herstellung kolloidaler Metall- 
lösui^gen durch Zerstäubung 10; Diffuse 
Uchtzerstreuung durch kolloidale Goldlösung 
15; Tyndalls Phänomen bei Metallkol- 
loiden 16; Teilchengröße in Goldhydrosol 
23; Filtration von Goldlösung durch Ton- 
zellen 26; Adsorption des Kolloids an der 
Füterwand 27; Einfluß der Hydrolyse auf 
die Fällungs Wirkung von Salzen 52; Kata- 
lytische Wirkung von Metallhydrosolen 82; 
Suspensionscharakter kolloidaler Lösungen 
146; Theorie der Koagulation 149; Kritik 
der Theorie Quinckes 157; Kritik der 
Theorie Starks 180. 

— und Coehn, A. , Kritik der Theorie 
Starks 180. 

— und Fortner, M., Palladiumkatalyse des 
Wasserstoffsuperoxyds 84. 

— und Haber, F., .Kathodenzerstäubung bei 
der Elektrolyse ii. 

— und I k e d a , K., Vergiftung der kataly tischen 
Wirkimg von Metallhydrosolen 84. 

— und Müller von Berneck, R., Katalyse 
durch Platinsol 83. 

— und Reinders, W., Vergiftung der Kata- 
lyse durch Metallhydrosole 84. 

— und S w i n gl e , MikroskopischeUntersuchung 
des Goldhydrosols 16. 

— und Teletow, Einfluß der Viskosität des 
Mediums auf die Molekularbewegung 33. 

— und Weinmayr, J., Heranwachsen von 
Quecksilber auf kolloidalen Goldkemen 25. 

Brewer,W.H., Sedimentation v. Trübungen 58. 

Brewster, D., Verhalten des Tabaschir 126. 

Brown, H. D., und Morris, G. H., Mole- 
kulargewichtsbestimmung organischer Kol- 
loide 13. 

Brown, R., Molekularbewegung 28. 

Brücke, K., Myelinformen 88. 

Brunck, O., Kolloidale Goldlösung 6. 

Bruni, G., und Pappadä, N., Übergang 
zwischen Kristalloiden und Kolloiden 187. 

Bruyn, C. A. Lobry de, Gelatine als Schutz- 
kolloid 7 ; Kolloidale anorganische Stoffe in 
Rohrzuckerlösung 9; Kolloidales Silber 9; 
Diffusion des Lichtes durch Lösungen hoch- 
molekularer Stoffe 18; Teilchengröße in 
Hydrosolen 23; Schutzwirkung von Gelatine 
54; Reifung der Trockenplatten 56; Er- 
klärung der Schutzvorrichtung 57; Über- 
gänge zwischen Kristalloiden und Kolloiden 
188. 

— und Wolff, Diffusion des Lichtes durch 
Lösungen 18. 

Bugarsky, St., und Liebermann, L., Mole- 
kulargewicht des Eieralbumins 14. 

Bunsen, Eisenhydroxyd als Gegengift bei 
Arsenvergiftung 135. 

Burton, Stabilität kolloidaler Sole 183. 

Bütschli, O. , Schaumgebilde aus Öl 90; 
Wabengebilde bei organischen Kolloiden 90 ; 
Wabengebilde bei anorganischen Nieder- 
schlägen 90; Strukturen bei Kieselsäure- 
gallerte und Tabaschir 9 1 ; Auspreßbarkeit 
d. Gallerten 94 ; Sichtbarkeit der Strukturen 
beim Umschlag 126; Verhalten von Kiesel- 
säuregallerte beim Glühen 127. 



Castaro, N., Edelmetallhydrosole 6, 7. 

Chassevaut, C. imd Posternak, S., Kritik 
der Arbeiten Hanriots über kolloidales 
Silber 174. 

Cleve, P. T., Kolloidales Thoriumhydroxyd 10. 

C o e h n , A., Ladungssinn suspendierter Teilchen 
gegen Flüssigkeiten 41; Konvektion kolloi- 
daler Lösungen 42; s. auch Bredig. 

Cohn, F., Struktur des Tabaschir 91. 

Cotton u. Mouton, Kataphorese kolloidaler 
Lösungen 34. 

dum, W., Aluminiumoxydhydratjkolloidales 4. 

D e b r a y , Hydrolyse vonEisenchloridlösungen 5. 

D i e h 1 , F., Molekularbewegung kolloidaler Hy- 
droxyde 29; Wasser als Kolloid 180. 

Donath, Alkalische Kobaltoxydullösungen 9. 

D o n au , J. , Goldhydrosol 6 ; Kolloidales Palla- 
dium und Osmium 7. 

Donnan, F. G., Verteilung von Stoffen durch 
mechanische Zertrümmerung 181. 

Dorn, Theorie der Elektroosmose 39. 

Duclaux,J., Leitfähigkeit kolloidaler Lösungen 
45 ; Komplexe Zusammensetzung kolloidaler 
Stoffe 168; Aktive Bestandteile von Kol- 
loiden 170; Zusammenhang zwischen Sta- 
bilität kolloidaler Sole und Molekularbe- 
wegung 183. 

Düllberg, P., s. Körner. 

Duvernoy, Wärmeentwicklung bei der Quel- 
lung 100; Lösungswärme am orpherStoffe 106. 

£bell, P., Sedimentation von Ultramarinauf- 
schlämmung 58, 148. 

Ehrenberg, C. E., Theorie der Kristallisation 
86. 

Ehrenhaft, F., kolloidale Metalle 11 ; Teil- 
chengröße kolloidaler Metalle 23 ; Zusammen- 
hang zwischen Teilchengröße und Färbung 
kolloidaler Sole 53. 

Ehrlich, P., Haptophore Gruppen 81 ; Anti- 
toxine 142; Spezifische Gruppen im Toxin- 
molekül 142. 

Einstein, A., Molekularkinetische Theorie der 
Bro wuschen Bewegung 31, 

Eisenberg und Volk, Theorie der Aggluti- 
nation 81. 

Emslander, F. u. Freundlich, H., Ther- 
modynamik der Quellung 1 1 1 ; Zusammen- 
hang zwischen Oberflächenspannung und Ad- 
sorption 119. 

Engelmann, J. W., Thermodynamik der 
Quellung iii. 

Ernst, C, Knallgaskatalyse durch kolloidales 
Platin 83. 

Exner, S., Versuche über Molekularbewegung 
28, 183. 

Eykmann, Difliision von Leimlösung 12. 

Famintzin, A., Myelinformen aus Ölsäure 88; 
Adsorption von Farbstoffen durch Kiesel- 
säure 129. 

Faraday, M., Goldhydrosol 6; Lichtzerstreu- 
ung durch kolloidales Gold 1 5 ; Farbenver- 
änderung von Goldhydrosol 5 2 ; Suspensions- 
charakter der Goldlösung 147. 

Fick, Gesetze der QueUung 99. 



192 



Namenregister. 



Fickendey, £., Schutzwirkung organischer 
Kolloide auf Tonsuspensionen 6i. 

Fischer, W. H., Alkalische Lösungen von 
Kupferoxyd und Chromoxyd 9; s. auch 
Herz. 

Flemming, W., Gerinnungsgeschwindigkeit 
kolloidaler Kieselsäure 154. 

Fortner, M., s. Bredig. 

Frankenheim, TrOpfchenbildung in Nieder- 
schlägen 85. 

Fr6my, Kolloidale Kieselsäure 2. 

Freundlich, H., Bestimmung der Elektrolyt- 
schwelle 47; FälluDgsregel 49; Einfluß der 
Hydrolyse auf die Koagulationswirkung 52; 
Theorie der Adsorption 114; Die Adsorp- 
tionsisotherme 117; Spaltung von Salzen 
bei der Adsorption 133; Theorie der Kol- 
loide 151, 160; Zusammenhang zwischen 
Stabilität und Molekularbewegung 183; s. 
auch Emslander. 

Friedemann, U., Thermodynamik der Quel- 
lung III ; Theorie der Kolloide 182; s. 
auch Neisser. 

Friedenthal, H., Molekulargewicht der lös- 
lichen Stärke 14. 

Friedländer, J., Verhalten von Emulsionen 
und Suspensionen 186. 

Fuchs, C, Molekularbewegung 28. 

Funcke, R., Myelinformen 8 8 ; Quellimg von 
Seifen 109. 

Gad, E., Myelinformen 88. 
Galeotti, Eiweißßlllung durch Schwermetall- 
salze 74. 
Garbowski, L., Hydrosole der Edelmetalle 

6, 7. 
Gatin-Gruiewska, Z., s. Biltz. 

Georgevics, G. von, Aufnahme der Farb- 
stoffe bei der Färbung 138. 

Gerstmann, Adsorption durch Ton 112. 

Gibbs, W., Beziehung zwischen Oberflächen- 
spannung und Adsorption 119. 

Giglio, s. Antony. 

Girard-Mangin und Henri, V., Aggluti- 
nation und gegenseitige Fällung von Kol- 
loiden 81. 

Gladstone, J. H., und Hilbert, W., Mole- 
kulargewichtsbestimmung in kolloidalen Lö- 
sungen 13. 

Goodwin, H. M., Hydrolyse von Eisenchlorid- 
lösung 5. 

Graham, Th., Grundlegende Begriffe i; Dar- 
stellung kolloidaler Lösungen durch Dialyse 
3, 6; Kolloidales Eisenoxydhydrat 5, 165; 
Diffusion der Kolloide 1 2 ; Pektisation 46 ; 
Adsorption von Salzen durch Tierkohle in; 
Vorstellungen über die Konstitution kolloi- 
daler Stoffe 145. 

Grimaux^ E., Kolloidale Kieselsäure 2 ; Kol- 
loidales Eisenoxydhydrat 2, 165; Kolloidale 
Lösungen von Eisenoxyd mit Glyzerin 9; 
Ansicht über Koagulation 145. 

Gumilewski, Resorption im Darm 105. 

Gutbier, A., Kolloidale Tellursulflde 3 ; Kol- 
loidales Selendisulfid 3 ; Edelmetallhydrosole 

6, 7. 
— u. Hofmeier, G., Edelmetallhydrosole 7. 



Gutbier, A., und Resenscheck, F., Edel- 
metallhydrosole 6; Farbenveränderung von 
kolloidaler Goldlösung 52. 

Guthrie, F., Siedepunkt von Gummilösung 
14; Ansichten über Gallerten 95. 



Haber, F., s. Bredig. 

Hanriot, M., Kolloidale Silberpräparate 172. 

Hantzsch, Lösung von Zinkhydroxyd in Al- 
kalilaugen 9. 

Hardy, W. B., Kataphorese von Eiweißlö- 
sungen 42; Fällungsregel 48; Beziehung 
zwischen Leitfähigkeit und Fällungswirkung 
50 ; Sedimentation von Mastixsuspension 59 
Gleichgewicht des Systems Agar- Wasser 63 
Einfluß von Elektronen auf Kolloide 82 
Strukturen organischer Kolloide 9 1 ; Galler- 
ten 95 ; Theorie der Koagulation durch 
Elektrolyte 149; isoelektrischer Punkt 149; 
Einteilung der Kolloide 185. 

Hartl, F., s. Vanino. 

Hauser, O., Basisches Zirkoniumsulfat 136. 

Hausmann, J., Kolloidale Metallsulfide 7; 
Niederschlagsbildung in Gallerten 96. 

Heide, C. van der, Verflüssigungspunkt von 
Gelatinegallerte 65. 

Heidenhain, M., Fällung von Eiweiß durch 
Farbstoffe 75. 

Helmholtz, Theorie der Elektroosmose 38; 
Elektrische Doppelschicht 38, 153; Thermo- 
dynamik der Quellung 1 1 1 ; Beziehung 
zwischen Potentialdifferenz und Oberflächen- 
spannung 149. 

Henri, V., Toxine 142; s. auch Girard- 
Mangin. 

— Lalou, S., Mayer, A., und Stodel, G., 
Gegenseitige Ausfällung von kolloidalen 
Lösungen 78. 

— und Mayer, A., Einwirkung von Radium 
auf kolloidale Lösungen 82; lonengehaJt 
des kolloidalen Kupferferrocyanids 172. 

Henrich, F., Edelmetallhydrosole 6, 7. 
Hertzmann, J., s. Rosenheim. 
Herz, W., Lösungen komplexer Salze 9. 

— und Fischer, H. W., Kolloidale Natur des 
in Laugen gelösten Chromhydroxyds 8. 

Herzog, R. O., Diffusion kolloidaler Lösungen 
184. 

Heyden, von. Kolloidaler Schwefel 8. 

Heyd weiller, A., Ladungssinn zweier an- 
grenzender Medien 41. 

Hilbert W., s. Gladstone. 

Hofmeister, F., Beziehung zwischen Quell- 
fähigkeit und Schmelzpunkt von Gallerten 
66 ; Gesetze der Quellung 99 ; Beteiligung ge- 
löster Stoffe an Quellungsvorgängen 102,* 
Wirkung von Salzen auf die Quellung 103; 
Verteilungstheorie 163. 

Holtz, W., Elektrische Kataphorese mecha- 
nischer Suspensionen 41. 

Ikeda, K., s. Bredig. 

Jacobson, J., Beein flussimg der Wirkung orga- 
nischer Fermente 83. 

Jagiö, s. Landsteiner. 

Jordis, E., Gehalt kolloidaler Lösungen an 
Fremdstoffien 2, 174; Vorstellung über die 



Namenregister. 



193 



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Ursachen der F&llungsregel 5 1 ; Theorie der 
Kolloide 174. 

Jordis und Kanter, E.H., Untersuchungen 
über Kieselsäure 174. 

Jürgensen, Elektrische Kataphorese von Sus- 
pensionen 41. 



K.ahlenberg, L., und Schreiner, O., Sieden 

von Seifenlfisungen 179. 
K.alle & Co., Kolloidales Wismutoxyd 8. 
Kanter, E. H., s. Jordis 
Kirchner, F., und Zsigmondy, K., Farben- 

verftnderung kolloidaler Goldlösungen 53; 

Goldgelatinepräparate 53. 
Klobbie, E. A., s. van Bemmelen. 
Kochy H.« Ausfällung von Kupfersulfidhydro- 

sol 76. 
Koch, K., s. Paal. 

Konowalow, D., Lichtzerstreuung durch 
Staub in Flüssigkeiten 17; Gründe gegen 
Heterogeoität der kolloidalen Lösungen 
146. 

Körner, T., Tyndalls Versuch bei Gerb- 
stofflösungen 16; Quellungsgesetze 100. 

— und Düllberg, P., Molekulargewicht von 
Pflanzengerbstoffen 14. 

K rafft, F„ Seifenlösungen 109, 179; Kolloid- 
natur substantiver Farbstoffe 137; Hypo- 
these über die Natur kolloidaler Lösungen 
180; Obergänge zwischen Kristalloiden und 
Kolloiden 187. 

— und Strutz, Seifenlösungen 179. 

— und Wiglow, W., Sieden von Seifen- 
lösungen 179. 

Kraus, F., s. Reitlinger. 

Krecke, F. W., Hydrolyse von Eisenchlorid- 
lösung 5. 

Kremann, Dial3rsatorversuche mit alkalischen 
Chromoxydlösungen 9. 

Kröhnke, O., s. Biltz. 

Kühn, H., Kolloidale Kieselsäure 3. 

Kuriloff, B., Obergang zwischen Kolloiden 
und Kristalloiden 188. 

Küspert, F., Kolloidales Silber 7, 173. 

Küster, F. W., Adsorption von Äther durch 
Kautschuk 114; Adsorption von Jod durch 
Stärke 114. 

Kniel, H., Darstellung kolloidaler Elemente 
durch Anätzung 10. 



Lagergreen, S., Adsorptionshypothese 112, 
118. 

Lallemand, Theorie der diffusen Lichtzer- 
streuung 17. 

Lalou, s. Henri. 

Landsteiner, Bakterienagglutination 80. 

— und Jagiö, Vergleich zwischen Aggluti- 
nation und Adsorption 143. 

Lea, M. C, Kolloidale SUberlösung 6, 7, 173; 
Farbenveränderung von Silberhydrosol 52. 

Lehmann, O., Kataphorese von Gelatine 44; 
Tröpfchenbildung von Niederschlägen 85; 
Myelinformen 88; Erklärung der Myelin- 
bildung 89; Gallerten 95; Adsorptions- 
kraft 113. 

MÜLLBR, Die Kolloide und ihre Bedeutung. L 



Leplay, H., Diffusion kolloidaler Lösungen 

12. 
Leubu scher, Resorption im Darmkanal 105. 
Leuze, W., s. Paal. 
Levites, S. J., Einfluß von Salzen auf die 

Gelatinierung 67. 
Ley, H., Kolloidales Kupferhydroxyd 4. 
Liebermann, L., s. Bugarsky. 
Liesegang, R. E., Niederschläge in Gallerten 

95; Schichtenbildung in Gallerten 98. 

Linder, S. E., s. Picton, H. 

— und Picton, H., Grefrierpunkt und Siede- 
punkt von Metallsulfidhydrosolen 14; Diffu- 
sion des Lichtes durch Hydrosole 1 5 ; Ad- 
sorption durch koagulierende Gele 51, 154; 
Schwefelwasserstoffgehalt kolloidaler Metall- 
sulfide 169. 

Linebarger, C. E., Osmotischer Druck orga- 
nischer Kolloide 14. 

Link, G., Halbfeste Niederschläge 86. 

Lippmann, Beziehung zwischen elektrischer 
Ladung und Oberflächenspannung 149. 

Ljubavin, N.N., Gefrieren kolloidaler Lö- 
sungen 14. 

Losev, G., s. Freundlich. 

Lottermoser, A., Quecksilberhydrosol 6; 
Kolloidales Platin und Rhodium 7; Kol- 
loidale Edelmetalle 7, 9; Eiweiß als Schutz- 
kolloid 7; Kolloidale Halogensilberverbin- 
dungen 7, 8, 10; Schutzkolloide 7, 54; 
Stärke als Schutzkolloid 8; Kolloidal ge- 
löstes Kupferoxyd 10; Gefrier- und Siede- 
punkt von Zinnsäurehydrosol 14; Wande- 
rungssinn kolloidaler Lösungen 43; feste 
und flüssige Hydrosole 47; Hydrosol des 
Bromsilbers in Trockenplatten 56; Gegen- 
seitige Fällung kolloidaler Lösungen 76; 
Silberpurpur 136; Kritik von Hanriots 
Arbeiten 173; Kolloidale Salze durch lonen- 
reaktionen 178; s. auch Meyer, E. von. 

— und Meyer, E. von, Kolloidale Halogen- 
silber IG; Kataphorese von Silberhydrosol 
42; Fällungsregel bei Silberhydrosol 48; 
Farbenveränderung von kolloidalem Silber 

52. 

Lowitz, Adsorption durch Holzkohle iii. 

Lucas, R., s. Müller, £. 

Lüdeking, C, Siedepunkt von Gummilösung 
14; Volumkontraktion von Gelatinegallerte 
101 ; s. auch Wiedemann. 

Ludwig, C, Wasseraufnahme bei der Quel- 
lung 100; Quellungswärme bei organischen 
Gebilden 106. 

Lüppo-Cramer, Reifen der Trockenplatten 
56, 94; Schutzwirkung organischer Farb- 
stoffe auf kolloidales Bromsilber 56. 

Luther, R., Potentialdifferenz an der Grenze 
zweier Medien 151. 



Magnier de la Source, L., Hydrolyse von 
Eisenchloridlösung 5. 

Malfitano, G. E., Erklärung der Leitfähig- 
keit kolloidaler Lösungen 45. 

— und Michel, Gefrierpunktsdepression kol- 
loidaler Eisenoxydlösung 14. 

13 



194 



Namenregister. 



Malt6zos, C, Molekularbewegung 183. 
Martinez, R., s. NihouL 
Maschke, O., Kiesels&urehydrc^el 126. 
Matthiesen, L., Wasseraufnahme bei der 

Quelluxig 100. 
Mayer, A., Absetzen von Trübungen 58. 

— s. Henri. 

Meyer, £. von, s. Lottermoser. 

— und Lottermoser, A., Farbenverände- 
rung von Silberhydrosol 52; Schutzwir- 
kung von Eiweiß auf kolloidales Silber 

54. 
Meyer, J., Kolloidale Groldlösung 6. 
Meyer, W., Diffusion kolloidaler Lösimgen 

1 2 ; Gefrierpunktsdepression durch kolloidal 

gelöste Stoffe 14. 
Michaelis, L., Ultramikroskopie von Farb- 
stofflösungen 22; Ultramikroskopie von £i- 

weiOlösungen 23. 
Michel, s. Malfitano. 
Möhlau, R., und Zimmermann, M. R., 

Kolloidaler Indigo 8. 
Morawski, T., s. Stingl. 
Morris, G. H., s. Brown. 
Morse, H. W., u. Pierce, G, W., Diffusion 

und Übersättigung in Gelatine 96. 
Mouton, s. Cotton. 
Much, H., s. Biltz. 

— Römer und Siebert, Ultramikroskopie 
von Eiweißlösungen 22. 

Müller, A., Hydrolyse von Zirkoniumnitrat 4 ; 
Kolloidales Thoriumoxydhydrat 8; Kolloi- 
dales Zirkoniumoxydhydrat 8; Kolloidale 
Metalloxydhydrate in Glyzerin 9 ; Beziehung 
zwischen Viskosität und Schutzwirkung 57; 
Schutzwirkung organischer Kolloide auf 
mechanische Suspensionen 6 1 ; Basische 
Zirkoniumsalze als Adsorptionsverbindungen 
136; Ellassifikation der Kolloide 185; Gra^r 
duelle Ausfällung des Ceriumoxydhydratgels 
188. 

— und Artmann, P., Schutzwirkung organi- 
scher Kolloide auf Sulfldhydrosole 55. 

Müller, E., uud Lucas, R., Tellurhydrosol 
II. 

— u. Nowakowski, R., Selen- und Tellur- 
hydrosol II. 

Müller, M., Goldpurpur 136. 
Müller von Berneck, R., s. Bredig. 
Muthmann, W., Kolloidale Molybdänsäure 
3; Silberhydrosol 6. 



Nägeli, Micellentheorie 89. 

Neimann, E., s. Neuberg. 

Neisser, M., und Friedemann, U., Aus- 
fällung von Suspensionen durch Kolloide 79; 
Bakterienagglutination 80. 

N ernst, W., Toxine und Antitoxine 142; 
Prinzip der lonendifFusion 150. 

Neuberg, C, und Neimann, E., Kolloidale 
Erdalkaliverbindungen 3. 

Nicolardot, P., Auffassung der KoUoide als 
kondensierte Komplexe 166. 

Nihoul, E., undMartinez, R., Fällung von 
Gerbstoffen durch Salze 71. 



Nihoul, und van de Putte, L., Verluste 

bei der Gerbstoffextraktion 71. 
Nowakowski, R., s. Müller, E. 
Noyes, A. A., Klassifikation der Kolloide 
185. 



Ober, J. E., s. Whitney. 

Ostwald, Wilh., Niederschläge in Gallerten 
96; Kritik der Adsorptionstheorie Lager- 
greens 113; Quantitativer Verlauf der Ad- 
sorption 113; Adsorptionskoeffizient 117; 
Messung von Potentitddifierenzen 150. 

Ostwald, Wolfg., Einfluß von Säuren und 
Alkalien auf die GelatinequeUung 109; 
Quellung von ß-Gelaüne iio; Emulsionen 
und Suspensionen 147; Klassifikation der 
Kolloide 147, 186. 



Paal, C, Lysalbinsäure, Protalbinsäure 7; 
Metalloxydhydrosole 7 ; Hydrosole des Golds 
und Silbers mit Schutzkolloiden 8, 62, 
172. 

— und Amberger, C, Kolloidale Edel- 
metalle 8. 

— und Koch, K., Hydrosole von Selen und 
TeUur 8. 

— und Leuze, W., Kolloidales Kupfer und 
Kupferoxyd 10. 

— und Voss, F., Kolloidale Silbersalze 8. 

Pappadi, N., Molekulargewicht kolloidaler 
Wolframsäure 14; s. auch BrunL 

Pascheies, W., Einfluß von Salzen auf den 
Schmelzpunkt der Gelatine 65; vgL auch 
Pauli. 

Paessler J., u. Appelius, Absorption von 
Salzen durch tierische Haut 108. 

Paternö, E., Gefrierpunkt von Gerbstoff- 
lösungen 14. 

Pauli, W., Elektrische Ladung von Eiweiß 42 ; 
Eiweißlösung als Nichtleiter 46 ; Konstitution 
von Gallerten 64, 92, 95; Eiweißfällung 
durch Neutralsalze 69; Irreversible Eiweiß- 
fällung 72; Eiweißfällung durch Schwer- 
metallsalze 73; Theorie der Eiweißfallung 
79; Strukturen von Gallerten 92; Volum- 
veränderung bei der Quellung lOi; Quel- 
lungsgesetze 105; Quellungsgeschwindigkeit 
105; Quellungswärme 106; Verdampfung 
des Wassers aus gequollenen Gallerten 106; 
Einfluß von Salzen auf den Schmelzpunkt 
der Gelatinegallerte 107; Entmischungs- 
theorie der Kolloide 163; vgl. auch 
Pascheies. 

— und Rona, P., Einfluß von Salzen auf die 
Leimquellung 67. 

Payen, Adsorption von Salzen durch Kohle 
III. 

P^an de Saint-Gilles, Kolloidales Eisen- 
oxydhydrat 4, 165, 167. 

Perrin, J., Kontaktelektrizität und Eigen- 
schaften der Kolloide 44; Hydrophile Sole 
46, 186; Theorie der Koagulation 150; 
Beziehung zwischen Dielektrizitätskonstante 
und Stabilität 183; Klassifikation der Kol- 
loide 186. 



Namenregister. 



»95 



Pfeffer, W., Osmotischer Druck kolloidaler 

Lösungen 13. 
Pfordten, O. van der» Silberhydrosol 6. 

Picton, H., Mikroskopische Teilchen in 
Schwefelarsenhydrosol 16; Übergänge zu 
den Kristallolden 185; Klassifikation kolloi- 
daler Lösungen 185; s. auch Linder. 

— u. Linder, S. E., Tyndalls Versuch 16; 
Verschiedenheit der Teilchengröße kolloidal 
gelöster Stoffe 26; Wanderungssinn der 
Kolloide 42; Fällungsregel bezüglich An- 
timonsulfidhydrosol 48 ; Gegenseitige Fällung 
kolloidaler Lösungen 76. 

Pierce, G. W., s. Morse. 

Planck, M.| Theorie der Strahlungsvorgänge 

54. 

Pockels, Beziehungen zwischen Lichtabsorp- 
tion und Teilchengröße 24« 

Posternak,S.| Ansichten über die Beschaffen- 
heit der Kolloidteilchen 181; s. auch 
Chassevaut. 

Pouillet, Benetzungswärme poröser Körper 

99. 

P ra n g e , A. J. A,, Silberhydrosol 6;Tyndalls 

Versuch bei Silbersol 16. 
Preuner, Kolloidnatur von Farbstoffen 

137. 

Prost, £», Kolloidale Lösung von Kadmium- 
sulfid 8; Fällungsregel 48. 

Putte, L. van de, s. Nihoul. 



Quincke, G., Molekularbewegung 29; Elek- 
trische Konvektion von Flüssigkeiten in 
Kapillaren 37; Elektroosmose von Suspen- 
sionen 41; Ausbreitung von Flüssigkeiten 
an Oberflächen 57; Sedimentation von Trü- 
bungen 60; Ausscheidung flüssiger unlös- 
licher Niederschläge 87; Myelinformen 88; 
Ausflockung trüber Medien 93; Schaum- 
wände bei anorganischen Niederschlägen 93 ; 
Schaumstruktur organischer Kolloide 94; 
Gallerten 95; Quellung 100; Imbibition 
durch Endosmose 10 1 ; Adsorption von 
Salzen durch Mineralpidver 112; Ansichten 
über Adsorption 118; Beschaffenheit der 
suspendierten Teilchen 147, 156, 187; 
FäUung von kolloidalen Lösungen durch 
Nichtelektrolyte 155; Theorie der Kolloide 
156, 163, 189. 



Raehlmann, £., Ultramikroskopie von Farb- 
stoffen 22 ; Ultramikroskopie von organischen 
Kolloiden 23. 

Ramsay, W., Molekularbewegung 28. 

Ramsden, W., Eiweißfällung durch mecha- 
nische Vorgänge 75. 

Rayleigh, Theorie des Tyndallschen Ver- 
suchs 16. 

Regnauld, Molekularbewegung 28. 

Reichert, C, Spiegelkondensor fiirUltraraikro- 
skopie 21. 

Reid, E. W., Osmotischer Druck kolloidaler 
Lösungen 15. 

Reinders, W., s. Bredig. 



Reinitzer, B., Kolloidales Eisen- und Chrom 
hydroxyd 4. 

Reitlinger, E., und Kraus, F., Kataphorese 
mechanischer Suspensionen 41. 

Renard, Molekularbewegung 28. 

Resenscheck, F., s. Gutbier. 

Reuss, Elektroosmose 36. 

Riecke, E., Thermodynamik der Quellung 
III. 

Ringer, S., Reversible Zustandsänderung von 
Kaseinlösung 63. 

Rodewald, H., Quellung der Stärke 108; 
Thermodynamik der Quellung iii. 

Rohloff, C., und Shlnjo, Verschiebungs- 
elastizität von (xelatinegallerte 65. 

Röhmann, Resorption von Salzen im Darm- 
kanal 105. 

Römer, s. Much. 

Rona, P., s. Pauli. 

Röntgen, W. C, Kondensation von Flüssig- 
keit an Oberflächen 99. 

Roozeboom,B., Gleichgewicht in heterogenen 
Systemen 158. 

Rose, G., Halbfeste Niederschläge 86. 

Rosenheim, A., und Hertzmann, J., Kol- 
loidales Zirkoniumoxydhydrat 4. 

Rothmund, O., Messung von Potentialdiffe- 
renzen 150. 

Roever, Kataphorese von Gerbstoffen 42. 

Ruer, R., Hydrolyse von Zirkoniumchlorid- 
lösung 6; Schutzwirkimg von kolloidalem 
Zirkoniumhydroxyd 56. 

Ruff, O., Stabile Eisenoxydhydrate 129. 

Runge y F. F., Strukturen von Niederschlägen 
86. 

Russo, Quellung von Seifen 109. 



S a b an e j e w, A., Zusammensetzung dialysierter 
I Eisenchloridlösung 5 ; Molekulargewicht von 

Kolloiden 13; Klassifikation d. Kolloide 
184. 

— und Alexandrow, N., Gefrierpunkt von 
Eiweißlösung 14. 

Scheerer, T., Sedimentation von Trübungen 

58. 

Scheurer-Kestner, Lösliches Eisenhydr- 
oxyd 4. 

Schloesingy C, Sedimentation von Trübun- 
gen 58. 

Schmidt, G. C, Salzzersetzung bei der Ad- 
sorption 112; Adsorption durch Kohle 114; 
Adsorption durch amorphe Kieselsäure 114; 
Verteilung des Farbstoffes bei Färbe vorgängen 

114, 137. 
Schneider, E. A., Kolloidale Goldsulfide 3; 
Silberhydrosol 3, 6; Kolloidal gelöste Zinn- 
säure 5; Kolloidales Zinnsulfid 9; Eisen- 
hydroxydsol 10; Goldpurpur 136; s. auch 
Barus. 

Schönbein, Adsorption durch Filtrieipapier 
112. 

Schreinemakers, Gleichgewicht in hetero- 
genen Systemen 158. 

Schreiner, O., s. Kahlenberg. 

Schroeder, P. v., Erstarrung von Gelatine 67, 

13* 



196 



Namenregister. 



175; Innere Reibung von Gelatinelösungen 
67, 110; Quellung von Leim 106. 

Schultz, F. N., und Zsigmondy, R., Gold- 
zahl zur Charakterisierung von Eiweiß- 
stofFen 55. 

Schulze, F., Molekularbewegung 28; Sedi- 
mentation von Trübungen 58. 

Schulze, H., Kolloidales Schwefelarsen und 
Schwefelantimon 2 ; Kolloidales Wolfram 3 ; 
Selenhydrosol 3 ; Mikroskopische Unter- 
suchung von Arsensulfidhydrosol 1 6 ; Koagu- 
lation durch Salze und Differenz in deren 
Wirkung 48; Hypothese über kolloidale 
Lösungen 146 

Schwarz, A., Wasseraufnahme bei der Quel- 
lung 100. 

Schweikert, H., Kolloidales Eisenhydr- 
oxyd 5. 

Schwerin, B. Graf, Entwässerung von Brei- 
massen durch Kataphorese 42. 

Selmi, s. Sobrero. 

Shinjo, s. Rohloff. 

Siebert, s. Much. 

Siedentopf, H., Submikronen, Amikronen 21. 

— und Zsigmondy, R., Sichtbarmachung 
ultramikroskopischer Teilchen 18; Messung 
der Teilchengröße 24. 

Smits, A., Sieden von Seifenlösungen 179. 

Smoluchowski,M.von,lheoriederBro wu- 
schen Bewegung 30 ; Theorie der elektrischen 
Endosmose 39. 

Sobrero undSelmi, Suspensionscharakter des 
Schwefelhydrosols 148. 

Soret, J. L., Lichtdifjfusion durch Flüssig- 
keiten 17. 

Spiro, K., Eiweißfällung durch Salze 68; 
Eiweißfällung durch organische Verbindun- 
gen 75; Quellung von Gelatine 109; Ver- 
teilungstheorie 162 ; Übergang zwischen 
kolloidalen und kristalloiden Lösungen 
187. 

Spring, W., Optisch leere Flüssigkeiten 17; 
Lichtdißusion durch Metallsalzlösungen 1 7 ; 
Elataphorese von Suspensionen 4 1 ; Wande- 
rungssinn von Kolloiden 43 ; Mechanismus 
der Ausflockung 47 ; Einfluß der Hydrolyse 
aut die Fällungs Wirkung von Salzen 52; 
Leitfähigkeit und sedimen tierende Wirkung 
59; Verhalten kolloidaler Lösungen beim 
Eintrocknen 62; Erklärung der Fällungs- 
regel 76; Einfluß von X-Strahlen auf kol- 
loidale Lösungen 82; Eisenoxydhydrat 128; 
Adsorption durch mechanische Suspensionen 

154. 

— und deBoeck, G., Kolloidales Kupfer- 
sulfid 3; Fällungswirkung von Kationen 
48. 

Stark, J., Hypothese der Ausflockung kolloi- 
daler Lösungen 180. 

Steele, Beeinflussung des Schmelzpunktes der 
Gelatine durch Salze 66. 

Stingl, J., und Morawsky, T., Schwefel- 
hydrosol 147. 

Stoeckl, K., und Vanino, L., Erklärung des 
Tynd all sehen Versuchs 17; Kataphorese 
42; Farben Veränderung von Goldhydrosol 
53; Kritik der Ansichten Zsigmondys 146. 



Stodel, G., s. Henri. 

Strutz, A., s. Krafft. 

Svedberg, T., Zerstäubung von Elementen in 
organischen Medien 1 1 ; Molekularbewegiing 
in Metallorganosolen 32 ; Theorie der Mole- 
kularbewegung 35. 

Swingle, s. Bredig. 



Tacke, B., Torfentwässerung 42. 

Tammann, G., Dampftension kolloidaler Lö- 
sungen 13. 

Teletow, J., s. Bredig. 

Thomson, Diffusion des Lichtes durch Suspen- 
sionen 24 ; Gesetze der Oberflächenspannung 
angewendet auf die Quellungstheorie 10 1; 
Adsorption 118. 

Thoulet, J., Sedimentation von Suspensionen 
58; Adsorption von Salzen durch Quarz- 
pulver 112. 

Traube, M., Niederschlagsmembranen 87. 

Tschermak, G., Verschiedene Kieselsäuren 
127. 

Tubandt, C, Alkalische Kobaltoxydul- 
lösungen 9. 

Tyndall, J., Polarisation des Lichtes durch 
Trübungen 16. 



Vanino, L., s. Stoeckl. 

— und Hartl, F., Goldhydrosol 6; Impfen 
von Goldkeimen in Goldreduktionsgemische 

25. 
Verneuil, A., s. Wyrouboff. 

Vogelsang, Globulitentheorie 86. 

Voigtländer, F., Difüision in Agargallerte 12. 

Volbehr, Quellung von Fichtenholz 109; 

Thermodynamik der Quellung iii. 
Volk, s. Eisenberg. 

Volkmann, Benetzung poröser Köiper 99. 
Voss, F., s. Paal. 
Vries, H. de, Diffusionsgeschwindigkeit in 

Gallerten 12. 



Walker, J., s. Appleyard. 

Warrington, F., Adsorption durch Oxyd- 
hydrate 132. 

Wedekind, E., Kolloidales Zirkonium 10. 

Weil, E., Agglutination durch Gelatine 81. 

Weinma^r, J., s. Bredig. 

Weppen, Sidzzersetzung bei der Adsorption 
III. 

Whetham, W. C. D., Theorie der Koagulation 
50. 

Whitney, W. R. und Blake, J. C, Leit- 
fähigkeit von Goldhydrosol 45; Gesetz- 
mäßigkeit bei der Adsorption. 

— und Ober, J. E., Adsorption bei der Kol- 
loidfällung 51, 133, 154. 

Wie de mann, E., Elektroosmose 36. 

— und Lüdeking, C, Quellungsgeschwindig- 
keit 102; Quellungs- und Lösungswfirme 
100, 106. 

Wiener, Einfluß der Erwärmung auf die 

Molekularbewegung 28. 
Wiglow, H., s. Krafft. 



Namenregister. 



197 



Wilhelmy, Kondensation von Flüssigkeiten 

an Oberflächen 99. 
Winkelblech, K., AusfUlong kolloidaler 

Lösungen durch organische Flüssigkeiten 

76. 

Winssinger, C, Kolloidale Metallsulfide 3. 
Wislicenus,H., Adsorption durch gewachsene 

Tonerde 112. 
Witt, O. N., FSrbetheorie 137. 
Wohl er, Silberhydrosol 6. 
Wolff, L. W., s. Bruyn, C. A. Lobry de 
Wright, L. T., Kolloidales Ferrosulfid 3, 10. 
Wyrouboff, G., Kritik der Ansichten 

Posternaks 181. 
— und Verneuil, A., Kondensadonstheorie 

kolloidaler Oxydhydrate 164. 



Zacharias, F. D., Kolloidnatur der Faser- 
stoffe 137; Hypothese über Kolloide 
181. 

Zangger, H., Membranen 98. 

Ziegler, J., s. Bechhold. 

Zimmermann, R., s. Möhlau. 



Zsigmondy, R., Goldlösung 6; Schutzwirkung 
oxganischer Kolloide 7 ; Zinnsäurehydrosol 8 ; 
Lichtdifiusion durch kolloidale Lösungen 
15, 17; Ultramikroskopie von Goldhydro- 
sol 21; Ultramikroskopie von lösUcher 
Stärke 23; Teilchengröße von kolloidalem 
Gold 25; Zusammenhang zwischen Licht- 
absorption kolloidaler Lösungen u. Teilchen- 
größe 24, 53; Heranwachsen kolloidaler 
Teilchen 25; Teilchengröße anorganischer 
Kolloide 26; Beschaffenheit von Filtern 27; 
Molekularbewegung von Goldhydrosol 29; 
Erklärung der Molekularbewegung 30 ; Kata^ 
phorese von Goldhydrosol 42; Farbenver- 
änderung von Goldhydrosol 52; Goldzahl 
54; Anorganische Adsorptionsverbindungen 
135; Goldpurpur 136; Lösungscharakter 
des kolloidELlen Goldes 146; Unterschied 
zwischen Lösung und Suspension 148; Zer- 
teilnng 148, 182; Klassifikation der Kolloide 
186; Übergang zwischen wahren und kol- 
loidalen Lösungen 189; s. auch Kirchner, 
Schulz, F. N. und Siedentopf. 

Zunz, Goldzahl von Albumosen 55. 



198 



Sachregister. 



Sachregister. 



AbkürzuDgen: Hsl. s Hydrosol; Hgl. « Hydrogel; Lsg. = Lösung; KoU. » Kolloid, kolloidal ; 

Herst. SS Herstellang. — Verdoppeliing des letzten Konsonanten bedeutet Mdir- 
zahl des betr. Wortes, z. B. Hgll. s Hydrogele usw. 



Abbauprodukte von Eiweißstoffen als Schutz- 
kolloide 7. 

Absorption 130; — des Wassers durch koU. 
Hgl. 120; s. auch Adsorption. 

Absorptionsverbindungen 120, 134; s. auch 
Adsorptionsverbindungen . 

Abwasserreinigung 141. 

Acidalbumine 72. 

Ackererde, Absetzen der Trübungen von — 58; 
Absorptionsvermögen der — 130. 

Adsorption 11 1; — durch Ackererde 130; 

— durch Aluminiumoxydhydrat 133; — von 
Agglutinin 80; — durch Blutkohle 114, 140; 

— durch Cellulosei 14; — durch Faserstoffe 
139; — durch koU. Ferrioxydhydrat 131, 133, 
134; — durch Filtermaterial 27; — gelöster 
Stoffe an Oberflächen 1 1 1 ; — durch Holzkohle 
III. — durch Hgll. 129; — durch Kaut- 
schuk 114; — durch Hgl. der Kieselsäure 
114, 129, 130; — durch koll. Lanthanoxyd- 
hydrat 134; — durch Mineralpulver iii; 

— durch koagulierende Koll 57» 78, 133, 
154, 160, 169; — , negative 113; — , posi- 
tive 113; — durch Seide 114, 140 ; — durch 
Stärke 114; — durch Tierkohle 113; — 
durch Hgl. der Zinnsäure 130. 

Adsoiptionsisotherme 116. 

Adsorptionskurve 117. 

Adsorptionsverbindungen 134; anorganische — 
135; — zwischen koll. Hgl. und Salzen 
130; — zwischen verschiedenen Koll. 136. 

Adsoiptionsvermögen, Verlust des — 132. 

Agargallerte , Diffusion in — 12; Entwässe- 
rungsgeschwindigkeit der — 106; Nieder- 
schläge in — 96; Quellung der — 102; 
Wabenstruktur der — 90 ; Zusammensetzung 
der — 63. 

Agarlösung, Schaumbildung bei der Fällung 
von — 94; Ultramikroskopie der — 22. 

Agglutination, s. Bakterienagglutination. 

Agglutininbakterien, Ausflockung von — 61. 

Aktiver Kolloidbestandteil 170. 



Albuminlösung, Filtration der — 27; Gefrier- 
punktsdepression der — 14; Goldzahl der — 
55; — als Schutzkolloid 7, 54. 

Albumosen, Filtration der L^. von — 27; 
Goldzahl der — 55; Ultramikroskopie von 
Lsg. der — 22. 

Alkalialbuminate 72. 

Alkalisalze, EinfluB der — auf EiweiOfaUung 
68; Einfluß der — auf Gelatineschmelzpnnkt 
66. 

Aluminium, Hsl., Herst, des — 11. 

Aluminiumchloridlösung, Hydrolyse der — 6; 
Tyndalls Versuch in — 17. 

Aluminiumoxyd, gewachsenes, Adsorption durch 

— 112. 
Aluminiumoxydhydrat, Hgl., Adsorption durch 

— 133 ; Färbung desselben durch anorganische 
Hsll. 139; durch anoiiganische Farbstoffe 
139» Wasserabsorption im — 120. 

Aluminiumoxydhydrat, HsL, Herst des — 4, 
6, 9; ICataphorese des — 43, 44; Moleku- 
larbewegung in — 29; Tyndalls Versuch 
mit — 16; Ultramikroskopie des — 27. 

Aluminiumoxydhydrat, stabiles, 121. 

Amikronen 21. 

Amine, Verhalten der Salze organischer — 1 79. 

Anätzung von Hgll. 10. 

Anilinblau, Lsg. des — 43. 

Antimon, Organosol, Herst, des — ii. 

Antimontrisulfid, HsL, Fällung durch HslL von 
Metalloxydhydraten 77; Herst des — 2; 
Koagulation des — 48; Ultramikroskopie 
des — 22. 

Apparat f^r ultramikroskopische Untersuchung 
18. 

Arabinsäure, Gefrierpunkt der Lsg. 13. 

Arachuolysin, Filtration von — 27. 

Arsen, Organosol, Herst, des — ii. 

Arsentrisulfid, Hsl., Adsorption durch koagu- 
lierendes — 51, 154; Fällung des — durch 
koll. Metalloxydhydrate 77; Filtration des — 
j 26; Gefnerpunktsdepression in — 14; Herst 



Sachregister. 



199 



des — 2; Hypothese über Konstitution 
des — 146; Kataphorese des — 42, 43; 

Koagulation des — 47, 48; durch 

Bariumchlorid 151; LeitfShigjkeit des — 45 ; 
Makroskopisches Aussehen des — 15; Mikro- 
skopische Teilchen in — 16, 26» 185; Modi- 
fikation des — 26; Schutzwirkung auf — 
55; Suspensionscharakter des — 147; Teil- 
chengröße in — 26; Zusammensetzung des 
— 169. 

Auroaurisulfid, Hsl., Herst des — 3. 
Aurosulfid, Hsl.» Herst, des — 3. 
Ausflockung 47; s. auch Koagulation. 
Aussalzen von Eiwelßstoffen 68. 



Bakterienagglutination 61, 80, 143, 177. 
Bakterienaufschwemmungen, Ausflockung von 
— 60; Schutzwirkung auf — 61. 

Baryum, Hsl., Herst 11. 
Baryumphosphat Hsl., Herst, des — 3. 
Baryumsulfat, Hsl., Herst, des — 3. 
Baumwollfaser, Färbung der — mit Molybd&n- 

blau 138; mit Substantiven Farbstoffen 

138; Wabenstruktur der — 90. 

Beleuchtungsmethode, ultramikroskopische — 

18. 
Berlinerblau, Hsl., Herst des — 3; Filtration 

von — 27. 
Bestftndigkeitsmoment koll. Lsgg. 150. 
Bleisulfid, Hsl , Herst, des — 3 ; Klati^horese 

des — 43. 
Blutkörperchen, Ausfällung der — durch Koll. 

81; Quellung von — 102, 108. 

Bor, Hsl., Herst, des — 10. 
Braimeisenstein 129. 

Bromsilbergelatine, Mikrostruktur der — 94. 
Bromsilber, Hsl., s. Silberbromid. 
Brown sehe Molekularbewegung, s. Molekular- 
bewegung. 



Calcium, Organosol, Herst, des — ii. 

Cäsium, Oiganosol, Herst des — 11. 

CeUulose i; Adsorption durch — 114; Waben- 
struktur der — 90. 

Cellulosederivate 11. 

Cer, Organosol, Herst des — 11. 

Cerihydroxyd, Hsl., Herst des — ii. 

Cerohydroxyd, Hsl., Herst, des — 9; Koagu- 
lation des — durch Verdünnung 188. 

Chrom, Hsl., Herst des — 10; Organosol, 
Herst von — 11. 

Chromchloridlösung, Tyndalls Versuch in — 

17. 

Chromoxydhydrat, Hgl., Wasserabsorption in — 
121. 

Chromoxydhydrat, Hsl., Herst des — 3, 4, 
6, 9; ICataphorese des — 43; Ultramikro- 
skopie des — 22. 

Chromoxydhydrat, Lsg. des — in Alkalien 

8, g. 

Collargol, Färbung von AluminiumoxydhgL 
mit — 139; Filtration von — 27; Zusam- 
mensetzung des — 172. 



Collaxgolsäure 173. 
Co-Silikate 145. 



Dampfdruck koll. Lsgg. 13. 

Dextrin, Lsg., Filtration der — 27; Goldzahl 

der — 55; Osmotischer Druck der — 14; 

Schutzwirkung der — 7, 55, 61; Verhalten 

der — beim Eintrocknen 62. 
Dialyse 3, 4, 46, 165. 
Difiusion des Lichtes durch heterogene Medien 

16; — durch Metallsalzlsgg. 17; — koll. 

Lsgg. I, 12, 145, 184; — von Lsgg. in 

Gallerten 13, 95, 97; — von X-Strahlen 

durch heterogene Medien 82. 

Dififusionsgesch windigkeit 12. 
Diphtherietoxin, Filtration von — 27. 
Doppelschicht elektrische — 38, 153. 
Druck, elektroosmotischer — 37; pseudosmo- 
tischer — 32, 36, 147. 



Edelmetalle, HslL der — , s. unter Gold, Silber, 
Platin usw. 

Eisen, HsL, Herst, des — ii. 

Eisenchlorid, basisches — 5, 164; Chlor- 
gehalt des — 166. 

Eisenchlorid, Lsg., Abwässerreinigung durch — 
141; Hydrolyse der — 4,5, 164; Tyndalls 
Versuch in — 17, 185. 

Eisenoxydhydrat Hgl., Absorption des Wassers 
im — 120; Adsorption durch — 133; Ad- 
sorptionsverbindungen des — 135; Entwäs- 
serung des — 128. 

Eisenoxydhydrat Hsl., Chlorgehalt des — 166; 
Dialyse von — 3, 5, 167; Einwirkung von 
Radiumbromid auf — 82 ; Fällung der Ab- 
wässer durch — 141; Filtration des — 27; 
Herst des — 2, 3, 4, 5, 10, 164; Kata- 
phorese des — 42, 44 ; Koagulation des — 
48, 146, 152, 169; Leitfähigkeit des — 45; 
Makroskopische Trübung des — 15; Mole- 
kularbewegung in — 29 ; Molekulargewichts- 
bestimmung von — 13, 14, 167; Peptisation 
des — 8; Tyndalls Versuch in — 26, 185; 
Verwendung des — zur Herst, optisch leerer 
Medien 17; Ultramikroskopie des — 22; 
Zusammensetzung, hypothetische des — 165, 
169. 

Eisenoxydhydrate, stabile, 121, 128, 129. 
Eisensulfld, Hsl., Herst, des — lO. 
EiweißßUlung durch Alkalisalze 68, 163; 

— durch Erdalkalisalze 72; — durch Er- 
hitzen 71 ; — durch Farbstoffe 75; — irre- 
versible 71; — durch mechanische Vorgänge 
75; — durch organische Verbindungen 75; 

— reversible 68, 162; Schaumbildung bei 
der — 94; — durch Schwermetallsalze 73, 
163; Theorie der — 79, 162, 176. 

Eiweißstoffe, Lsgg. der. Aussalzen von — 68; 
Dialyse von — 46 ; Diffusion von — i ; 
Gefrierpunkt von — 14; Gerinnung von — 
75; Groldzahl von — 55; Kataphorese von 

— 42 ; Koagulation von — , s. Eiweißfällung; 
Leittähigkeit von — 46 ; Molekulargewichts- 
bestimmung in — 13, 14; Osmotischer Druck 



200 



Sachregister. 



von — 15; Schutzwirkung von — 54; Ul- 
tramikroskopie von — 22, 23, 

Eiweißstoffe, Hgl. der, Quellung von — lOi; 
Wabenstruktur bei — 90. 

Elektrolytschwelle 47. 

Elektronen, Einwirkung auf Kolloide 82. 

Elektroosmose 36. 

Emulsionen 147; Innere Reibung von — 186; 

— photographische für Trockenplatten 56. 

Emulsionskolloide 187. 

Entmischungstheorie bei Koll. 162. 

Entwässerung von Breimassen durch Elektro- 
osmose 41. 

Enzyme, organische — 83. 
Eosin, Lsg., Kataphorese von — 43; Schutz- 
wirkimg von — 56. 
Erdalkaliverbindungen, gelatinöse — 3. 
Erstarrungsvennögen von Gelatinelösungen 68. 
Erythrosin, Lsg., Schutzwirkung von — 56. 

Fällung, gegenseitige von koll. Lsgg. 76, 

135, 141, 154, ^17- 
Fällungsregel 48, Jj, 162, 169. 

Fällungsvermögen, molekulares 48. 

Farbenveränderung von Metallhsll. 52. 

Färbevoigang, Theorie des — 137. 

Farbstoffe, Lsgg. der — 1 1 ; Adsorption von — 

durch Fasern 114, 137; durch Kohle 

139; durch koll. Hgll. 129, 139; Ein- 

tdlung der — nach der Teilchengröße 22; 
Einwirkung anderer Koll auf — 78; Ein- 
wirkung von Radiumbromid auf — 82; 
gegenseitige Fällung von — 76; Kataphorese 
von — 43; koU. Natur von — 137; 
Schntzwirkung von — 56; Ttndalls Ver- 
such mit — 18; Ultramikroskopie von 

— 22. 

Faserstoffe, KoUoidnatur der — 137. 

Fermentartige Wirkung von Metallhsll. 82; 
Lähmung der — 84. 

Fermente, anorganische — 82. 

Filtration koll. Lsgg. 26; fraktionierte — koll. 
Lsgg. 27, 146. 

Fluoreszein, Lsg., Ultramikroskopie von — 
22. 

Fluoreszenz, echte — 15. 

Fortführung, elektrische — , s. Elataphorese. 

Fuchsin, Lsg., Kataphorese von — 43 ; Ultra- 
mikroskopie von — 22. 

Gallerten 12, 63, 94; Diffusion in — 12; 
Homogenität von — 64, 92; Konstitution 
von — 64, 91, 97; Mikrostruktur von — 
91; Niederschlage in — 11, 95; Schichten- 
bildung in — 96; Wabenstruktur von — 
90. 

Gallussäure, Molekulaigewichtsbestimmung von 

— 13. 

Gefrierpunkt anorganischer Hsll. 13; — kolL 

Lsgg. 13; — organischer KoU. 13; vgl. 
auch Eiweiß, Gerbstoff usw. 
Gelatinegallerte ; Anorganische Niederschläge 
u^ — 95 » Entwässerungsgeschwindigkeit der 

— 106; Mikrostruktur der — 91 ; Nieder- 
schlagsbildung in — 96; Quellimg von — 
102; Schmelzen der — 64, 107; Schmelz- 
punkt der — 64, 107; Schmelzpunktsbeein- 



fluBsung der — 65; Verscfaiebnngselastizitat 
der — 65; Wabenstruktur der — 90. 

Gelatine, Lsg., Agglutinierende Wirkung der — 
81 ; Erstarren der — 66, 67, 107; Fällungs- 
wirkung von — auf anorganische Sole 78; 

auf mechanische Suspensionen 80; 

Filtration .von — 27; Goldzahl der — 55; 
Koagulation von — durch Salze 67, 163; 
Osmotischer Druck von — 13; Schaumbil- 
dung bei der Ausflockung von — 94; Schutz- 
wirkung der — 7, 54, 61; Siedepunkt von 

— 14; Ultramikroskopie von — 22, 23; 
Verschiebungselastizität von — 65; Versei- 
fung von — 67. 

Gelatinierung 63, 107 ; Einwirkung von Salzen 
auf die — 65, 107. 

Gele I ; Mikrostruktur der — 88 ; Zellenstruk- 
tur der — 89. 

Gerbstoffe, Lsgg., Ausfällung von — 70; Ge- 
frierpunktsdepression von — 14; Kata- 
phorese von — 42; Schutwirkung von — 
61; Tyndalls Versuch bei — 16, 18; Ver- 
halten der — beim Eintrocknen 62. 

Gerinnung von Eiweißlösungen 75. 

Gerinnungstemperatur 69. 

Gifbwirkung auf Metallfermente 84. 

Globuliten 86. 

Globulitentheorie 86. 

Glykogen, Ultramikroskopie von — 23. 

Glyzerin, Dielektrizitätskonstante von — 183; 
Einwirkung des — auf die Diffusion in 
Gallerten 13; auf die Molekularbe- 
wegung 33; Verwendung des — zur Herst, 
koll. Lsgg. 9, 188. 

Gold, Hsl., Adsorption des — durch Seiden- 
&ser 139; Adsorptionsverbindungen des — 
136; Durchlässigkeit des — ftlr X-Strahlen 
82; Fällung des — durch positiv geladene 
Sole 77, 136; Farbenveränderung des — 52; 
Filtration des — 26, 27; Herst des — 6, 
7, 8, II; Katalytische Wirkung des — 82 ; 
Kataphorese von — 42, 44; Koagulation 
von — 48; Leitfähigkeit von — 45; Lö- 
sungscharakter von — 146; Mikroskopische 
Untersuchung von — 16; Molekularbewe- 
gung von — 29, 30; Schutzwirkung auf — 
54; Suspensionscharakter von — 146, 147; 
Teilchengröße von — 24, 189; Trübung von 

— 15; Tyndalls Versuch in — 16; Ultra- 
mikroskopie von — 21; Zusammensetzung, 
chemische von — 173. 

Goldgelatinepräparate 53. 
Goldptupur 136, 178. 
Goldrubinglas i, 22. 
Goldsulfid, Hsl., Herst, des — 3. 

Goldzahl 54; — von Albumosen 55; — von 
Antitoxinen 55; — von Eiweißstoffen 55; 

— von Sera 55, 
Goethit 121, 129. 

Gummi, Lsg., Dampfdruck von — 13; Grold- 
zahl von — 55 ; Molekulargewichtsbestimmung 
in — 13, 185 ; Osmotischer Druck von — 13 ; 
Schutzwirkung von — 7, 55, 61 ; Siedepunkt 
von — 14; Strukturbildung biei der Aus- 
fUlung von — 90; Verhalten von — beim 
Eintrocknen 62. 



Sachregister. 



20 1 



Halogeosilber\'erbiDdungeny Hsl., Herst von — 
7, 9; s. auch Jodsilber. 

Haptophore Gruppe der Agglutinine 81. 

HamstofT, Einwirkung von — auf die Eiweiß- 
fmiung 75; — — auf die Leimgelatinie- 
mng 67. 

Hausenblase 63. 

Haut, tierische, Absorption von Salzen durch — 
108 ; Grerbstoffaufnahme durch — 42 ; Quel- 
lung der — 108. 

Heptylaminseifen, Molekularbewegung von Lsgg. 
der — 29, 180; Myelinformen von — 80; 
Siedepunkt von Lsgg. der — 179. 

Hitzekoagulation der EiweiUstoffe 71. 
Holzkohle, Adsorption durch — iii, 114, 

139, 161. 
Homogenität, scheinbare — von Hsll. i, 15, 

145. 
Hydrolyse 4, 17 ; Einfluß der — auf dieFäUungs- 

Wirkung 51, 60, 77, 79; — — auf die op- 
tischen Eigenschahen von Lsgg. 17. 

Hydrophile Kolloide 46, 186. 

Hydroxyde, koU. Lsgg. der — , s. unter Eisen- 
oxydhydrat, Kupferoxydhydrat usw.; kom- 
plexe Lsgg. von — 8 ; Lsgg. der — in Alka- 
lien 8, 9. 

Hysteresis 125. 



Imbibition, s. Quellung. 

Impfen koll. Keime 25. 

Indigo, Hsl., Herst, des — 8; Kataphorese 
der Lsg. von — 43. 

Indiumsulfid, Hsl., Herst, des — 3. 

Inulin, Molekulargewicht des — 13. 

Iridium, Hsl., Herst, des — 8, 10, ii; Fer- 
mentähnliche Wirkung des — 82. 

Irreversible Koagulation anorganischer Koll. 47 ; 
— organischer Koll. 71. 

Isoelektrischer Punkt 149, 172. 



Kadmium, Hsl., Herst, des — 11. 

Kadmiumsulfid, Hsl., Adsorption des — durch 
Seide 137; Herst, des — 8; Kataphorese 
des — 43; Koagulation des — 48; Schutz- 
wirkung auf — 56; Zusammensetzung des 

— 169. 

Kaolinsuspension, Schaumgebilde aus — 93; 
Sedimentation von — 59, 60. 

Karamel, Konvektion von — 42; Molekular- 
gewicht von — 13. 

Kasein, Lsg.. Filtration von — 27; Goldzahl 
von — 55 ; Koagulation, reversible von — 63 ; 
Schutzwirkung von — 55, 56. 

Katalasen 82. 

Katal3rse durch MetallhsU. 82. 

Kataphorese, elektrische 36; — von an- 
organischen Koll. 42; — von Breimassen 41 ; 

— von Eiweißlösungen 42; — von Gerb- 
stoffen 42; — von organischen Koll. 42; 

— von Suspensionen 41. 
Kathodenzerstäubung, elektrische — 10. 
Kautschuk ii; Adsorption durch — 114. 
Kieselsäuregallerte, Absorption des Wassers in — 

120; Adsorbierende Wirkung der — 129; 
Entwässerung der — 1 2 1 ; Mikrostruktur 



der — 91, 126; Peptisation der — 8; Schutz- 
wirkung der — 56, 173, 

Kieselsäure, Hsl., Diffusion von — i, 12; Fil- 
tration von — 17; Gefrierpunkt von — 14; 
Gerinnungsgeschwindigkeit von — 154; Herst 
des — 2, 3 ; Kataphorese des — 43 ; Koa- 
gulation des — 48, 146, 174; Konstitution 
des — 145, 174; Tyndalls Versuch bei — 
16, 18, 185; XJltramikroskopie des — 22; 
Umladung des — 79. 

Klassifikation der Koll. 184. 

Koagulation 46 ; — durch äußeren Druck 171; 
: — von Eiweißstoffen 69; — durch Elektro- 
lyte 47, 68, 72, 149, 153, 157; irreversible — 
47; — durch Nichtelektrolyte 60, 75, 155; 
reversible — 47, 62 ; — durch verschiedene 
Strahlen 82; — durch Temperaturänderung 
63, 71; Theorie der — 145, 162, 176. 

Koagulationstemperatur 7 1 . 

Kobalt, Hsl., Herst, des — 11. 

Kobaltoxyduly Hsl., Herst des — 7, 9. 

Kobaltsulfid, Hsl., Herst, des — 3. 

Kohlenhydrate ii; Tyndalls Phänomen in 

- 18. 

Kohlenstoff, Organosol, Herst, des — 11. 

Kolloidalisatoren 9. 

Kolophoniumsuspension, Verhalten von — 
186. 

Kondensationskerne 154. 

Konvektion, elektrische, s. Kataphorese. 

Kristalloide i; Diffusion der — i, 12; Über- 
gänge der — zu d'^n Koll. 187. 

Kupfer, Hsl., Herst, des — 10, 11 ; Organosol, 
Herst, von — 11. 

Kupferferrocyanid, Hsl., Herst, von — 3 ; Koa- 
gulation des — 170; Zusammensetzung des 

— 168. . 

Kupferoxyd, Hsl., Herst, des — 4, 7, 10. 
Kupfersulfid , Hsl., Herst, von — 3; Kata- 
phorese von — 43. 

Lablösung, Filtration von — 27. 

Ladungssinn koll. Lsgg. 42, 76, 150, 176. 

Lähmung anorganischer Katalysatoren 84. 

Lanthan, Organosol, Herst des — 11. 

Lanthanoxydhydrat, Hgl., Adsorption von Jod 
durch — 134. 

Leimgallerte, Diffusion in — 12, 13; Quellung 
von — 99, 102; Strukturbildung in — 95. 

Leimlösung, AusflÜlung der — durch organische 
Stoffe 76; Diffusion von — i, 12; Gelati- 
nieren der — 67 ; Goldzahl der — 55 ; Osmo- 
tischer Druck der — 13; Schaumbildung bei 
der Fällung von — 94; Schutzwirkung 
von — 7, 55. 

Leitfähigkeit koll. Lsgg. 45. 

Lichtabsorption in Metallhydrosolen 23. 

Lichtzerstreuung, diffuse — durch koll. Lsgg. 
16. 

Liquor Ferri dialysati 5. 

Lithium, Organosol, Herst, von — 11. 

Lösung, Umgrenzung des Begriffs — 146. 

Lösungstheorie der Koll. 143. 

Lysalbin säure 7. 

Magnesium, Organosol, Herst des — it. 
Makroskopisches Aussehen koll. Lsgg. 15. 



202 



Sachregister. 



Mangan, Hsl., Herst« des — . lo; Organosol, 

Herst, von — ii. 
Manganoxyduly Hsl., Herst, des — 3. 
MangansnlfClr, Hsl., Herst des — 7. 
Mangansuperoxydhydrat, Hsl., Fermentwirkung 

des — 82. 
Mangansuperoxydhydrat, Hgl, Adsorption durch 

— 130. 

Mastixsuspension, Ausflockung von — durch 

Gelatine 80; Durchlässigkeit von — für X- 
Strahlen 82 ; Kataphorese von — 43 ; Schaum- 
flocken bei Fällung von — 93; Schutz Wir- 
kung auf — 61, 80 ; Sedimentation von — 

49, 51, 59. . 

Membranen 12, 98; Quellung von — 10 1. 

Metaceriumoxyd 167. 

Metalle, koU., vgl. Edelmetalle, Gold, Kupfer usw. 

Metalloide, koU., vgl. Kohlenstoff, Schwefel usw. 

Metalloxydhydrate, koU., vgl. Hydroxyde, koU. 

Metallsuifide, koU., Tyndalls Versuch bei — 
16, 17; Verhalten von — beim Eintrocknen 
62 ; vgl. auch Arsensulfid, Kupfersulfid usw. 

Metathoriumoxyd 167. 

Metazinnsäure als Adsorptionsverbindung 135. 

Metazirkonsäure als Adsorptionsverbindung 
129. 

Methylenblau, Lsg., Kataphorese von — 43; 
Ultramikroskopie' von — 22. 

Methylviolett, Lsg., Einwirkung von Radium- 
bromid auf — 82; Kataphorese von — 43; 
Ultramikroskopie von — 22. 

Mikroskopische Untersuchung von koll. Lsgg. 1 5. 

Mikrostniktur von Gelen 90, 126; — von ge- 
quollenen Gebilden 90; — von Kieselsäure- 
gallerte 91, 126; — von Schauragebilden 90; 

— von Stärkekleister 90; — von Tabaschir 

91. 
Mineralpulver, Absetzen der Suspensionen von 

— 58; Adsorption durch — 112. 
Mizellen 89, 191. 

Mizellen theorie 91. 

Molekularbewegung 28 ; Geschwindigkeit der — 
29 ; — von Goldhsl. 29 ; — von koll. Lsgg. 
29; — von mechanischen Suspensionen 28. 

Molekulargewichtsbestimmung in koll. Lsgg. 
13; — in anorganischen Solen 14; — in 
organischen koll. Lsgg. 14; — in Seifenlsgg. 
179; vgl. auch Gefrierpunkt, Siedepunkt 
koll. Lsgg. 

Molybdän. Hsl., Herst, des — 10; Organosol 
von — II. 

Molybdänblau, Färbung von Aluminiumoxyd- 
hydrat mit — 139; Kataphorese von — 44. 

Molybdänsäure, Hsl., Herst, des — 3; Mole- 
kulaigewichtsbestimmung in — 13, 185. 

Molybdänsulfid, Hsl., Herst des — 3. 

Myelinformen 88, 180. 

Natrium, Organosol, Herst, von — ii. 
Neodym oxydhydrat, Organosol, Herst, von 

— 9. 

Nickel, Hsl., Herst von — 11. 

Nickeloxydulhydrat, Hsl., Herst, von — 7. 
Nickelsulfid, Hsl., Herst, von — 3. 
Niederschläge 85; halbfeste — 85; Strukturen 
der — 86, 93; — in Gallerten 95. 



Niederschlagsmembranen 85. 
Niob, Hsl., Herst, des — 10. 
Nitratlösungen, Hydrolyse von — 4. 



Oberflächenspannung, Beziehung der — zur 

Adsorption 118; zur Potentialdifferenz 

149; zur Stabilität von Solen 150. 

Opale, Mikrostruktur der — 91. 

Optisch leere Medien 17. 

Optbche Eigenschaften koll. Lsgg. 15. 

Organische Kolloide 11. 

Organosole i, 11, 32. 

Osmium, Hsl., Herst des — 7, 10. 

Osmotischer Druck koll. Lsgg. 13, 145, 171. 

Oxyde, kondensierte — 166. 

Oxydhydrate, koll. — , vgl. Hydroxyde. 

Oxydhydrate, stabile — , 121, 129. 



Palladium, Hsl., Herst des — 7, 8, 11 ; Fer- 
mentwirkung des — 82, 84. 

Palladiumsulfid, Hsl., Herst des — 3. 

Pektisation 46. 

Peptisation 8, 62, 79, 155, 173. 

Phosphor, Organosol, Herst von — 11. 

Phosphorsuspension, Schutzwirkung auf — 61. 

Platin, Hsl., Durchlässigkeit des — für X- 
Straiilen 82 ; Fermentähnliche Wirkung des — 
82; Herst, des — 7> 8, 10, 11; Innere 
Reibung des — 186; Kataphorese des — 
43, 44, 151; Koagulation des — 49; Leit- 
fähigkeit des — 45; Molekularbewegung 
des — 32; Teilchengröfle in — 24, 26; 
Tyndalls Versuch bei — 16; Ultramikro- 
skopie von — 22. 

Platin, Organosol, Hsl. von — 32, 183; Mole- 
kularbewegung von — 32. 

Platinsulfid, Hsl., Herst des — 3. 

Polarisation des Lichtes in heterogenen Medien 
16. 

Protalbinsäure 7. 

Pseudosmotischer Druck 32, 36. 147, 



Quarzpulver, Absetzen der Trübungen von — 

58; Adsorption durch — 112. 
Quecksilber, Hsl, Herst, des — 6, 7, 11, 25. 
Quecksilberoxyd, Hsl., Herst, des — 7. 
Quecksilbersulfid, Hsl., Gefiierpunkt des — 14; 

Herst des — 3; Mikroskopische Teilchen 

in — 16. 

Quellung von Agar 102; Einfluß von Salzen 
auf — 102; — von Fichtenholz 109; — von 

' Gelatine loi, 109; — von |?-Grelatine loi; 

I — von tierischen Geweben 100; — von 
tierischer Haut T05, 108; — ^ von Knorpel 
loi; — von Leim 90, 102, 103; — von 
Membranen 99, 104; — von Muskelfasern 
100; — von Pflanzenschleim 99; — von 
Schweinsblase 104; — von Seifen 109; — 
von Stärke 108 ; Thermodynamik der — iii ; 
— von Traganth loi. 

Quellungsgeschwindigkeit 102, 105. 
Quellungsmaximum 100. 
Quellungswärme 100. 



Sachregister. 



203 



Radium, Einwirkung des — auf koU. Lsgg. 

82. 
Raffinose 18. 

Reifung der Trockenplatten 56, 94. 
Reversible Koagulation 47. 
Rhodium, Hsl., Herst, des — 7. 
Rosss Metall, Kathodenzerstäubung von — 

II. 

Rubidium, Organosol, Herst, von — 11. 

Saccharose, Lsg., Lichtzerstreuung durch — 18. 

Schaumstrukturen 90; — bei anorganischen 
Hgll. 91; — bei ölschaum 90; — bei orga- 
nischen Koll. 90, 94. 

Schrumpfung von Hgll. 100. 

Schutzkolloide 7, 54. 

Schutrwirkung anorganischer Koll. 56; — von 
Farbstoffen 56; — auf Goldhsl. 7, 54; 

— organischer Koll. 7, 54, 62 ; — auf Silber- 
hsl. 7, 54; — auf Sulfidhsll. 55; — auf 
Suspensionen 61. 

Schwefel, Hsl., Herst des— 8, 9, 11 ; Hete- 
rogenität des — 147; Kataphorese des — 

43. 
Schwefel, Organosol, Herst, von — 11. 

Schwefelfarbstoffe, koll. Natur der — 137. 

Schwellenwert 47. 

Seide, Adsorption durch — 114; Färbung mit 

anorganischen Koll. 137, 138; Färbung mit 

organischen Farbstoffen 137. 
Seifen, Myelinformen von — 88; Quellung 

von — 109. 
Seifenlösung, Molekulargewichtsbestimmung in 

— 179; Sieden von — 179. 

Selen, Hsl., Adsorption des — durch Seide 
137; Herst, von — 3, 8, ii; Kataphorese 
des — 44. 

Selendisulfid, Hsl., Herst, des — 3. 

Sera, Goldzahl von — 55. 

Siedepunkt koll. Lsgg. 14. 

Silber, Hsl., Adsorption durch koll. Zinnsäure 
136; chemische R^eaktionen des — 173; 
Einwirkung von Radiumbromid auf — 82 ; 
Fällung von — durch Eisenoxydhydratsol 
78; Farbenveränderung von — 52; Ferment- 
ähnliche Wirkung des — 82 ; Filtration des 

— 26, 27; Herst, des — 3f6, 9, ii; Kata- 
phorese des — 42 ; Koagulation des — 48 ; 
Leitfähigkeit von — 45 ; Schutzwirkung auf 

— 54, 56; Teilchengröße von 24, 26; Tyn- 
DALLs Versuch in — 16; Ultramikroskopie 
von — 22; Verunreinigende Bestandteile in 

— 172. 

Silberbromid, Hsl., Herst, des — , s. Halogen- 
silber; Schutzwirkung auf — 56. 

Silberchlorid, Hsl., Herst, des — 7, 9, 173; 
Kataphorese des — 43. 

Silberchromat, Hsl., Herst des — 7, 9. 

Silberchromat, Niederschlag, Schichtenbildung 
von — 94. 

Silbeijodid, Hsl., Herst, des — s. Halogen- 
silber; Kataphorese des — 43, 178; Teil- 
chengröße in — 26; Ultramikroskopie von 

— 23. 

Silberoxyd, HsL, Herst, des — 7. 
Silberphosphat, Hsl., Herst, des — 8. 
Silberpurpur, 136. 



Silbersulfid, Hsl., Herst, des — 3; Schutz- 
wirkung auf — 56. 
Silicium, Organosol von — 10, 11. 
Silicargolsäure 173. 
Solbildner 174. 

Ötärkekleister, Mikrostruktur von — 90; Quel- 
lung von — ro8. 

Stärkelösung, Goldzahl von — 55; Kataphorese 
von — 42; Molekulargewichtsbestimmung 
in — 13, 14; Schutzwirkung von — 8; 
Tyndalls Versuch in — 16, 18; Ultra- 
mikroskopie von — 23; Zellenbildung bei* 
Fällung von — 94. 

Strontium, Organosol, Herst, von — 11. 

Strukturen von Gallerten 90. 

Submikronen 21. 

Suspensionen, mechanische — »Adsorption durch 
— 154; Ausfällung durch koll. Lsgg. 79; 
Ausflockung von — 58; Eintrocknen von — 
62; Innere Reibung von — 186; Kata- 
phorese von — 37, 41, 44; Molekularbewe- 
gung von — 28; Schutzwirkung auf — 61; 
Unterschiede von den Emulsionen 186. 

Suspensionskolloide 186. 

Suspensionstheorie 143. 

Tabaschir 91, 126. 

Tannin, Lsg., Lichtzerstreuung durch — r8. 

Tantal, Hsl., Herst, des — 10 ; Organosol, 
Herst, von — 11. 

Teilchenabstände in Goldhsl. 53. 

Teilchengröße koll. gelöster Stoffe 23; Theo- 
retische Berechnung der — 23; Ultramikro- 
skopische Bestimmung der — 24; Zusammen- 
hang der — mit der Farbe 23, 52. 

Tellur, Hsl., Herst, des — 8, 11. 

Tellurdisulfid, Hsl, Herst des — 3. 

Tellurtrisulfid, Hsl., Herst des — 3. 

Thallium, Organosol, Herst von — 11. 

Thalliumsulfid, Hsl., Herst, von — 3. 

Theorie der Kolloide 144. 

Thermodynamik der Quellung iio. 

Thorium, Hsl., Herst des — 10. 

Thoriumoxydhydrat, Hsl., Ausfällung des — 
durch negativ geladene Hsll. 77 ; Herst, des — 
4, 8, 10; Kataphorese des — 43, 44. 

Titan, Hsl., Herst des — 10. 

Titansäure, Hsl., Herst des — 3 ; Kataphorese 
des — 43. 

Tonsuspension, Adsorption durch — 112; 
Ausflockung von — 58; Schutzwirkung auf — 
61. 

Torfentwässerung durch Elektroosmose 41. 

Toxine und Antitoxine 142. 

Trockenplatten, s. Reifen von Trockenplatten. 

Trübung, Sichtbarwerden von — 15. 

Trübungen, s. Suspensionen. 

Tyndalls Versuch 16, 147, 185. 

Überführung, elektrische — , s. Kataphorese. 
Ultramarinsuspension, Absetzen der — 58, 148. 
Ultramikroskopie 18; — anorganischer Hsll. 2 1 ; 

— von Farbstoffen 22; — von Goldlsgg. 21 ; 

— von organischen Koll. 22. 
Ultrawert 23. 

Umladung von koll. gelösten Stoffen 79. 
Umschlagspunkt in koll. Hgll. 123, 126. 



204 



Sachregister. 



Unm, Hsl., Herst, von — lo; Organosol, Herst, 
von — II. 

Vanadin y HsL, Herst, von — lo; Organosol, 

Herst von — ii. 
Vanadinpentoxyd, Hsl., Herst, von — lo; 

Kataphorese von — 44. 
Vergiftung anorganischer Katalysatoren 84. 
Verteilungstheorie 162. 
Viskosität, Einfluß der — auf Molekular- 

bewegung 133. 

Wabenstruktur von Gelen 89. 

Wanderung von KoU., s. Kataphorese. 

Wanderungssinn koU. Lsgg., 38, 43. 

WasserglaslOsung, Schutzwirkung von — 7. 

Wasserstoffsuperoxyd, Katalyse des — durch 
MetallhslI. 82. 

Wismut, Hsl., Herst, des — ii; Organosol, 
Herst von — 11. 

Wismutoxyd, HsL, Herst, von — 4, 8. 

Wismutsulfid, Hsl., Herst von — 3. 

Wolfram, Hsl., Herst, von — 3, 10; Organo- 
sol, Herst, von — 11. 

Wolfram säure, Hsl., Diffusion des — 12 ; Ge- 
frierpunkt des — 14; Herst, des — 3; Mole- 
kulargewichtsbestimmung in — 13, 185. 

Wolframsulfid, Hsl., Herst, des — 3, 



X-Strahlen, Diffusion der — durch trfibe "hie- 
dien 82. 



Zeit¥nrkung bei der Koagulation 151. 

Zellen, künstliche — 87. 

Zellenstruktur von Hgll. 89. 

Zerstäubung, elektrische — von Metallen 10. 

Zerteilung fester Stoffe 148, 181, 182. 

Zink, HsL, Herst, des — 11. 

Zinkhydroxyd, Lsg. des — in Alkalien 9, 188. 

Zinksulfid, Hsl., Herst des — 3, 7 ; Zusammen- 
setzung des — 169. 

Zinn, Zerstäubung bei der Elektroljrse 11. 

Zinnsäure, Hgl., Absorption des Wassers im — 
120; Adsorbierende Wirkung des- — 130; 
Peptisation des — 8, 178. 

Zinnsäure, Hsl., Gefrierpunkt des — 14; Herst 
des — 3, 4, 8; Kataphorese des — 43. 

Zirkonium, Hsl., Herst, des — 10. 

Zirkoniumoxydhydrat, Hsl., Fällung von Ab- 
wässern durch — 141 ; Herst des — 4, 6, 
8; Kataphorese von — 44; Schutzwirkung 
durch — 56; Ultramikroskopie des — 22. 

Zirkoniumsalze, basische, Konstitution der — 136. 

Zustandsaffinität 135. 

Zustandsänderungen koU. Lsgg. 46 ; irrever- 
sible — 47; reversible — 47. 




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