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Full text of "Allgemeine naturgeschichte und theorie des himmels, oder Versuch von der verfassung und dem mechanischen ursprunge des ganzen weltgebäudes nach Newtonischen grundsätzen abgehandelt"

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UNIVERSITY OF ILLINOIS 
AT URBANA-CHAMPAIGN 


520,1 


K135a 


2 


— — 


5 0 alas Allgemeine 


Naturg eſchichte 


un nd 
ben des Himmels, 
oder | u 
Verf un , 
Verfaſſung und dem mechanift chen Urprunge 
| des | “ 


ganzen Weltgebaͤudes 


nach n 


Newtoniſchen Grundſaͤtzen abgehandelt 


von Ei 


Immanuel Kant. 


Neue Auflage, 98 f 7 
mit des Herrn Verfaſſers eignen neuen Berichtigungen 


n 
bei Wilhelm Webel. 
1 


KORB: I Pr VVV 


Boer e dee 


y Ich habe einen Gegenſtand gewaͤhlt, welcher ſowohl von Sei⸗ 


ten ſeiner innern Schwierigkeit, als auch in Anſehung der Reli⸗ 


gion einen großen Theil der Leſer gleich anfaͤnglich mit einem 
nachtheiligen Vorurtheile einzunehmen vermoͤgend iſt. Das Syſte⸗ 
matiſche, welches die großen Glieder der Schoͤpfung in dem gan⸗ 


zen Umfange der Unendlichkeit verbindet, zu entdecken, die Bil⸗ 


dung der Weltkoͤrper ſelbſt und den Urſprung ihrer Bewegungen 


aus dem erſten Zuſtande der Natur durch mechaniſche Geſetze her 


zuleiten: ſolche Einſichten ſcheinen ſehr weit die Kraͤfte der e menſch⸗ 
lichen Vernunft zu uͤberſchreiten. Von der andern Seite droht 
die Religion mit einer feyerlichen Anklage uͤber die Verwegenheit, 
da man der ſich ſelbſt uͤberlaſſenen Natur ſolche Folgen beyzumeſ⸗ 


ſen ſich erkuhnen darf, darinn man mit Recht die unmittelbare Hand 
des hoͤchſten Weſens gewahr wird, und beſorgt in dem Vorwitze 


ſolcher Betrachtungen eine Schugrede des Gotteslaͤugners anzus 
treffen. Ich ſehe alle dieſe Schwierigkeiten wohl und werde doch 
nicht kleinmuͤthig. Ich empfinde die ganze Staͤrke der Hinderniſſe 
die ſich entgegen ſetzen und verzage doch nicht. Ich habe auf eine 


| geringe Vermuthung eine gefaͤhrliche Reiſe gewagt, und erblicke 


8 ſchon die Vorgebuͤrge neuer Laͤnder. Diejenigen, welche die Herz⸗ 


A haftigkeit haben, die Unterſuchung fortzuſetzen, werden fie betre⸗ 
ten und das a haben, dieſelbe mit ihren Namen zu be⸗ 


zeichnen. 
Ich habe nicht A den Anſchlag auf dieſe Bee ge⸗ 
faßt, als bis ich mich in Anſehung der Pflichten der Religion in 


N Sicherheit geſehen habe. Mein Eifer iſt verdoppelt worden, als | 
ich bey jedem Schritte die Nebel ſich zerſtreuen ſahe, welche hinter 
ihre Dunkelheit Ungeheuer zu verbergen ſchienen und nach deren 


Zertheilung die Herrlichkeit des hoͤchſtens Weſens mit dem lebhaf⸗ 
(a) 


70 a 


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teſten Glanze hervor brach. Da ich dieſe Bemühungen von aller 
Straͤfl ichkeit ſrey weiß, fo will ich getreulich anführen, was wohl⸗ 
geſinnte oder auch ſchwache Gemuͤther in meinem Plane anſtoͤßig 
finden koͤnnen, und bin bereit es der Strenge des rechtglaͤubigen 
Areopagus mit einer Freymuͤthigkeit zu unterwerfen, die das 
Merkmal einer redlichen Geſinnung iſt. Der Sachwalter des Glau— 
bens mag demnach ſeine Gruͤnde zuerſt hoͤren laſſen. 
Wenn der Weltbau mit aller Ordnung und Schoͤnheit nur eine 
Wirkung der ihren allgemeinen Bewegungsgeſetzen überlaſſenen 
Materie iſt, wenn die blinde Mechanik der Naturkraͤfte ſich aus 
dem Chaos fo herrlich zu entwickeln weiß und zu ſolcher Vollkom⸗ 
menheit von ſelbſt gelangt; ſo iſt der Beweis des goͤttlichen Ur⸗ 
hebers, den man aus den Anblick der Schoͤnheit des Weltgebaͤu⸗ 
des zieht, voͤllig entkraͤftet, die Natur iſt ſich ſelbſt genugſam, 
die goͤttliche Regierung iſt unnoͤthig, Epikur lebt mitten im Cbri⸗ 
ſtenthume wieder auf, und eine unheilige Weltweisheit tritt den 
Glauben unter die Fuͤße, weicher ihr ein helles Licht darreicht, ſie 
zu erleuchten. 
Wenn ich dieſen Vorwurf gegruͤndet faͤnde, ſo iſt die Ueberzeu⸗ 

gung, die ich von der Unfehlbarkeit görtlicher Wahrheiten habe, 
bey mir ſo vermoͤgend, daß ich alles was ihnen widerſpricht, 
durch ſie fuͤr genugſam widerlegt halten und verwerfen wuͤrde. 
Allein eben die Uebereinſtimmung, die ich zwiſchen meinem Syſteme 
und der Religion antreffe, erhebt meine Zuverſicht in Anſehung 
aller Schwierigkeiten zu einer unerſchrocknen Gelaſſenheit. 

Ich erkenne den ganzen Werth derjenigen Beweiſe, die man 
aus der Schoͤnheit und vollkommenen Anordnung des Weltbaus 
zur Beſtaͤtigung eines hoͤchſt weiſen Urhebers zieht. Wenn man 
nicht aller Ueberzeugung muthwillig widerſtrebt, ſo muß man un⸗ 
widerſprechlichen Gruͤnden gewonnen geben. Allein ich behaupte: 
daß die Vertheidiger der Religion dadurch, daß 
fie ſich dieſer Gründe auf eine ſchlechte Art bedie⸗ 
nen, den Streit mit den Naturaliſten verewigen, 
indem ſie ohne Noth denſelben eine ſchwache ae 
darbieten. 

Man iſt gewohnt die Uebereinſtimmungen, die Schönheit, die 
Zwecke, und eine vollkommene Beziehung der Mittel auf dieſel⸗ 


. o rede. 5 


be in der Noatut zu bemerken und herauszuſtreichen. Allein in⸗ 
dem man die Natur von dieſer Seite erhebt, ſo ſucht man fi ie alle 
derer Seits wieder zu verringern. Dieſe Uebereinſtimmung, ſagt 
man, iſt ihr fremd, fie wuͤrde, ihren allgemeinen Geſetzen uͤber⸗ 
laſſen, nichts als Unordnung hervorbringen. Die Uebereinſtim⸗ 
mungen zeigen eine fremde Hand, die eine von aller Regelmaͤſig⸗ \ 


4% 


keit verlaſſene Materie in einen weifen plan zu zwingen gewußt 735 


hat. Allein ich antworte: wenn die allgemeinen Wirkungsge⸗ 
ſetze der Materie gleichfalls eine Folge aus dem hoͤchſten Eutwurfe 
‚find, fo koͤnnen fie vermuthlich keine andere Beſtimmungen haben, 
als die den Plan von ſelbſt zu erfuͤllen trachten, den die höchfte 
| Weisheit ſich vorgeſetzt hat; oder wenn dieſes nicht iſt, ſollte 
man nicht in Verſuchung gerathen zu glauben „daß wenigſtens 
die Materie und ihre allgemeinen Geſetze unabhängig wären, und 
daß die hoͤchſtweiſe Gewalt, die ſich ihr ſo ruͤhmlichſt zu bedienen 
gewuſt hat, zwar groß, aber doch nicht unendlich zwar mach: 
tig, aber doch nicht allgenugſam ſey. 

Der Vertheidiger der Religion beſorgt: daß diejenigen uebet⸗ 
einſtimmungen, die ſich aus einem natuͤrlichen Hange der Mate⸗ 
rie erklären laſſen, die Unabhängigkeit der Natur von der goͤttli⸗ 
chen Vorſehung beweiſen duͤrften. Er geſteht es nicht undeut⸗ 
lich: daß, wenn man zu aller Ordnung des Weltbaues natuͤrliche 
Gruͤnde entdecken kann, die dieſelbe aus dem allgemeinſten und 
weſentlichen Eigenſchaften der Materie zu Stande bringen koͤn⸗ 
nen, ſo ſey es unnoͤthig, ſich auf eine oberſte Regierung zu be⸗ 
rufen. Der Naturaliſt findet ſeine Rechnung dabey, dieſe Vor⸗ 
ausſetzung nicht zu beſtreiten. Er treibt aber Beyſpiele auf, die 
die Fruchtbarkeit der allgemeinen Naturgeſetze an vollkommen 
ſchoͤnen Folgen beweiſen und bringt den Rechtglaͤubigen durch 
ſolche Gründe in Gefahr, welche in deſſen Händen zu unüber- 
windlichen Waffen werden koͤnnten. Ich will Beyſpiele anfüh⸗ 
ren. Man hat ſchon mehr malen es als eine der deutlichſten Pro⸗ 
ben einer guͤtigen Vorſorge, die für die Menſchen wacht, ange 
fuͤhrt: daß in dem heiſſeſten Erdſtriche die Seewinde gerade zu 
einer ſolchen Zeit, da das erhizte Erdreich am meiſten ihrer Ab⸗ 
kuͤhlung bedarf, gleichfan gerufen, über, das Land ſtreichen und 
es erquicken. Z. E. In der Inſel Jamaica, ſobald die Sonne 

N (a) 2 


En S ede 


eo hoch gekommen iſt, daß ſie die empfindlichſte Hitze auf das Er. 
reich wirft, gleich nach 9 Uhr Vormittags, faͤngt ſich an aus dem 
Meere ein Wind zu erheben, der von allen Seiten über das Land 
weht; ſeine Staͤrke nimmt nach dem Maaße zu, als die Hohe 
der Sonne zunimmt. Um 1 Uhr nachmittags, da es natürlicher 
Weiſe am heiſſeſten iſt, iſt er am heftigſten und laͤßt wieder mit 
der Erniedrigung der Sonne allmaͤhlich nach, ſo daß gegen Abend 
eben die Stille als bey dem Aufgange herrſcht. Ohne dieſe er⸗ 
wünſchte Einrichtung wuͤrde dieſe Inſel unbewohnbar ſeyn. Eben 
dieſe Wohlthat genießen alle Küften der Länder, die im heiſſen 
Erdſtriche liegen. Ihnen iſt es auch am noͤthigſten, weil, da ſie 
die niedrigſten Gegenden des trockenen Landes find, auch die groͤ⸗ 
ſte Hitze erleiden; denn die hoͤher im Lande befindlichen Gegen⸗ 
den, dahin dieſer Seewind nicht reicht, find feiner auch weni⸗ 
ger benoͤthigt, weil ihre höhere Lage fie in eine kuͤhlere Luftge⸗ 
gend verſetzt. Iſt dieſes nicht alles ſchoͤn, ſind es nicht ſichtbare 
Zwecke, die durch kluͤglich angewandte Mittel bewirkt worden ? 
Allein zum Widerſpiel muß der Naturaliſt die natürlichen Urſa⸗ 
chen davon in den allgemeinſten Eigenſchaften der Luft antreffen, 
ohne beſondere Veranſtaltungen deswegen vermuthen zu durfen. 
Er bemerkt mit Recht, daß dieſe Seewinde ſolche periodiſche Be⸗ 
wegungen anſtellen muͤſſen, wenn gleich kein Menſch auf ſolcher 
Inſel lebte, und zwar durch keine andere Eigenſchaft, als die 
der Luft, auch ohne Abſicht auf dieſen Zweck, blos zum Wachs⸗ 
thum der Pflanzen unentbehrlich vonnoͤthen iſt, nehmlich durch 
ihre Elaſticitaͤt und Schwere. Die Hitze der Sonne hebt das 
Gleichgewicht der Luft auf, indem ſie diejenige verdünnt, die 
uͤber dem Lande iſt, und dadurch die kuͤhlere Meersluft veranlaßt, 
ſie aus ihrer Stelle zu heben und 1 Platz en ee 


Was fuͤr einen Nutzen bab nicht die Winde überhaupt zum 
Vortheile der Erdkugel, und was fuͤr einen Gebrauch macht nicht 


der Menſchen Scharfſinnigkeit aus denſelben; indeſſen waren 5 


keine andere Einrichtungen noͤthig ſie hervorzubringen, als die⸗ 
ſelbe allgemeine Beſchaffenheit der Luft und Wärme, welche 
auch unangeſehen Diefer ann de der Erde a le, ſeyn 

I 5 5 


* 


„„ Serre BE, 
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Gebt ihr 60 ſagt alkier der Freigeiſt, zu; daß „wenn man 
nützliche und auf Zwecke abzielende Verfaſſungen aus den allge⸗ 
meinſten und einfachſten Naturgeſetzen herleiten kann, man keine 
befondere Regierung einer oberſten Weisheit nöthig habe: ſo 
ſeht hier Beweiſe, die euch ah eurem eigenen Geſtaͤndniſſe er» 
tappen werden. Die ganze Natur, vornehmlich die unorgani⸗ 
ſirte, iſt voll von ſolchen Beweiſen, die zu erkennen geben, daß 
die ſich ſelbſt durch die Mechanik ihrer Kraͤfte beſtimmende Ma⸗ 
terie eine gewiſſe Richtigkeit in ihren Folgen habe und den Re⸗ 
geln der Wohlanſtaͤndigkeit ungezwungen genug thue. Wenn 

ein Wohlgeſiunter, die gute Sache der Religion zu retten, dieſe 
Faͤhigkeit der allgemeinen Naturgeſetze beſtreiten will, fo wird er i 855 
ſich ſelbſt in Verlegenheit ſetzen und dem Unglauben, durch eine 
ſchlechte Vertheidigung Anlaß zu triumphiren geben. a 
Allein laßt uns ſehen wie dieſe Gründe, die man in den Haͤn⸗ 
den der Gegner als ſchaͤdlich befürchtet, vielmehr kraftige Waf⸗ 
fen ſind, ſie zu beſtreiten. Die nach ihren allgemeinſten Geſetzen 
ſich beſtimmende Materie bringt durch ihr natuͤrliches Betragen, 
oder wenn man es ſo nennen will, durch eine blinde Mechanik, 


anſtaͤndige Folgen hervor „die der Entwurf einer hoͤchſten Weise 


heit zu ſeyn ſcheinen. Luft, Waſſer, Waͤrme, erzeugen, wenn 
man fie ſich ſelbſt uͤberlaſſen betrachtet, Winde und Wolken, Re⸗ 
gen, Stroͤme, welche die Länder befeuchten, und alle die nuͤtzli⸗ 
chen Folgen, ohne welche die Natur traurig, öde und unfrucht⸗ 
bar bleiben muͤßte. Sie bringen aber dieſe Folgen nicht durch 
ein bloſes Ungefaͤhr, oder durch einen Zufall, der eben ſo leicht 
nachtheilig hätte ausfallen können, hervor, ſondern man ſieht: 
daß ſie durch ihre natürlichen Geſetze eingeſchraͤnkt ſind, auf keine 
andere als dieſe Weiſe zu wirken. Was ſoll man von dieſer 
Uebereinſtimmung denn gedenken? Wie waͤre es wohl moͤglich, 
daß Dinge von verſchiedenen Naturen, in Verbindung mit ein⸗ 
ander, fo vortrefliche Uebereinſtimmungen und Schönheiten zu 
bewirken trachten ſollten, ſogar zu Zwecken ſolcher Dinge, die 
ſich gewiſſermaßen außer dem Umfange der todten Materie befin⸗ 
den, nehmlich zum Nutzen der Meuſchen und Thiere, wenn ſie 
nicht einen gemeinſchaftlichen Urſprung erkennten, nehmlich einen 
unendlichen Verſtand, in welchem aller Dinge weſentliche Des 


2. 


V' o r 1 Re‘ 38 

ſenheiten beziehend entworfen orden Wenn ihre a. 
für ſich und unabhängig nothwendig waͤren, was fuͤr ein erſtaun⸗ 
liches Ungefähr, oder vielmehr was für eine Unmöglichfeit wür⸗ 
de es nicht ſeyn, daß ſie mit ihren natürlichen Bestrebungen ſich 
grade ſo zuſammen paſſen ſollten, als eine gg kluge 
Wil ſie haͤtte vereinbaren koͤnnen. 1 
Nunmehro mache ich getroſt die Anwendung 5. mein gegen⸗ 
/ wärtiges Unterfangen. Ich nehme die Materie aller Welt in 
einer allgemeinen Zerſtreuung an und mache aus derſelben ein voll⸗ 
kommenes Chaos. Ich ſehe nach den ausgemachten Geſetzen der 
Attraktion den Stoff ſich bilden und durch die Zuruͤckſtoßung ihre 
Bewegung modificiren. Ich genieße das Vergnügen ohne Bey⸗ 
huͤlfe willkuͤhrlicher Erdichtungen, unter der Veranlaſſung ausge⸗ 
machter Bewegungsgeſetze, ſich ein wohlgeordnetes Ganze erzeu⸗ 
gen zu ſehen, welches demjenigen Weltſyſteme ſo ähnlich ſieht, das 
wir vor Augen haben, daß ich mich nicht entbrechen kann, es fuͤr 
daſſelbe zu halten. Dieſe unerwartete Auswicklung der Ordnung 
der Natur im Großen wird mir anfaͤnglich verdaͤchtig, da ſie auf 
ſo ſchlechten und einfachen Grunde eine ſo zuſammengeſetzte Rich⸗ 
tigkeit gründet. Ich belehre mich endlich aus der vorher ange- 
zeigten Betrachtung: daß eine ſolche Auswicklung der Natur nicht 
etwas unerhoͤrtes an ihr iſt, ſondern daß ihre weſentliche Be⸗ 
ſtrebung ſolche nothwendig mit ſich bringt, und daß dieſes das 
herrlichſte Zeugniß ihrer Abhaͤngigkeit von demjenigen Urweſen 
iſt, welches ſogar die Quelle der Weſen ſelbſt und ihrer erſten 
Wirkungsgeſetze in ſich hat. Dieſe Einſicht ver doppelt mein 
Zutrauen auf den Entwurf, den ich gemacht habe. Die Zuver⸗ 
ſicht vermehrt ſi ch bey jedem Schritte, den ich im Fortgang 
weiter ſetze und meine Kleinmuͤthigkeit höre völlig auf. 

Aber die Vertheidigung deines Syſtems, wird man ſagen, iſt 
zugleich die Vertheidigung der Meinungen des Epicurs, welche 
damit die groͤßte Aehnlichkeit haben. Ich will nicht voͤllig alle 
Uehereinſtimmung mit demſelben ablehnen. Viele ſind durch den 
Schein ſolcher Gruͤnde zu Atheiſten worden, welche, bey genau⸗ 
erer Erwegung, ſich von der Gewißheit des hochſten Weſens am 
kraͤftigſten haͤtten uͤberzeugen Fönnen: Die Folgen, die ein verkehr⸗ 
ter Verſtand aus untadelhaften Grundſaͤtzen zieht, ind öfters 


bored 


ſehr nen „und ſo waren es auch die Schlüſſe des Epicurs, 
ohnerachtet ſein Entwurf der e innigkeit eines großen au 
ſtes gemäß war. 


Ich werde es alſo nicht in Abrede ſeyn, 1 daß die Theorie des 


Lukrez oder deſſen Vorgaͤngers, des ESpikurs, Leucipps 


und Demokritus mit der meinigen viele Aehnlichkeit habe. 


Ich ſetze den erſten Zuſtand der Natur, ſo wie jene Weltweiſe, in 


der allgemeinen Zerſtreuung des Urſtoffs aller Weltkoͤrper, oder 


der Atomen, wie ſie bey jenen genannt werden. Epikur ſetzte 


eine Schwere, die dieſe elementariſchen Theilchen zum Sinken trieb, 


und dieſes ſcheint von der Newtoniſchen Anziehung, die ich annehe 
me, nicht ſehr verſchieden zu ſeyn; er gab ihnen auch eine gewiſſe 


Abweichung von der gradlinigen Bewegung des Falles, ob er gleich 


in Anſehung der Urſachen derſelben und ihrer Folgen ungeraͤumte 


Einbildungen hatte: — dieſe Abweichung kommt einigermaßen 
mit der Veranderung der gradlinigen Senkung, die wir aus der 
Zurückſtoßungskraft der Theilchen herleiten, uͤberein; endlich wa⸗ 
ren die Wirbel, die aus der verwirrten Bewegung entſtanden, ein 
Hauptftüc in dem Lehrbegriffe des Leucipps und Demo cri⸗ 


tus und man wird fie auch in den unſrigen antreffen. So viel 
Verwandſchaft mit einer Lehrverfaſſung, die die wahre Theorie 


der Gotteslaͤugnung im Alterthume war, zieht indeſſen die mei⸗ 


nige dennoch nicht in die Gemeinſchaft ihrer Irrthuͤmer. Auch in 


den allerunſinnigſten Meinungen, welche ſich bey den Menſchen 


haben Beyfall erwerben koͤnnen, wird man jederzeit etwas wahres 


bemerken. Ein falſcher Grundſatz, oder ein paar unuͤberlegte 


Verbindungsſaͤtze leiten den Menſchen von dem Fußſteige der Wahr⸗ 
heit, durch unmerkliche Abwege, bis in den Abgrund. Es bleibt, 


ungeachtet der angeführten Aehnlichkeit, dennoch ein weſentlicher 

Unterſchied zwiſchen der alten Cosmogenie und der gegenwaͤrtigen, 

um aus dieſer ganz entgegengeſetzte Folgen ziehen zu konnen. 
Die angefuͤhrten Lehrer der mechaniſchen Erzeugung des Welt⸗ 


baus leiteten alle Ordnung, die ſich an demſelben wahrnehmen 


laͤßt, aus den ungefaͤhren Zufalle her, der die Atomen ſo gluͤck⸗ 
lich zuſammen treffen ließ, daß ſie ein wohlgeordnetes Ganze aus⸗ 
machten. Epikur k war gar ſo unverſchaͤmt, daß er verlangte, 


die Atomen wichen von ihrer geraden Bewegung ohne alle Urſache 


\ 


Vorrede. 
ab, um einander begegnen zu koͤnnen. Alle nsgeſcnmt Elben 
dieſe Ungereimtheit ſo weit, daß ſie den Urſprung aller belebten 
Geſchoͤpfe eben dieſem blinden Zuſammenlaufe zuſchrieben und die 
Vernunft wirklich aus der Unvernunft herleiteten. In meiner 
Lehrverfaſſung hingegen finde ich die Materie an gewiſſe nothwen⸗ 
dige Geſetze gebunden. Ich ſehe in ihrer gaͤnzlichen Aufloͤſung 
und Zerſtreuung ein ſchoͤnes und ordentliches Ganze ſich ganz na» 
tkuͤrlich daraus entwickeln. Es geſchieht dieſes nicht durch einen 
Zufall und von ungefehr, ſondern man bemerkt, daß natürliche 
Eigenſchaften es nothwendig alſo mit ſich bringen. Wird man 
hie durch nicht bewogen zu fragen: Warum mußte denn die Mate⸗ 
rie grade ſolche Geſetze haben, die auf Ordnung und Wohlan⸗ 
ſtaͤndigkeit abzwecken? war es wohl möglich, daß viele Dinge, 
deren jedes ſeine von dem andern unabhaͤngige Natur hat, ein⸗ 
ander von ſelbſt grade ſo beſtimmen ſollten, daß ein wohlgeordne⸗ 
tes Ganze daraus entſpringe, und wenn ſie dieſes thun, giebt es 
nicht einen unleugbaren Beweis von der Gemeinſchaft ihres er⸗ 
ſten Urſprungs ab, der ein allgenugſamer höchfter Verſtand ſeyn 
muß, in welchem die Naturen der Dinge zu e dee Abſich⸗ 
ten entworfen worden? 

Die Materie die der Urſtoff aller Dinge iſt, iſt alſo an gewiſſe 
Geſetze gebunden, nach welchen ſie, frey uͤberlaſſen, nothwendig ſchoͤ⸗ 
ne Verbindungen hervor bringen muß. Sie hat keine Freyheit von 
dieſem Plane der Vollkommenheit abzuweichen. Da ſte alſo ſich 
einer hoͤchſt weiſen Abſicht unterworfen befindet, fo muß fie noth⸗ 
wendig in ſolche uͤbereinſtimmende Verhaͤltniſſe durch eine über fie 
herrſchende erſte Urſache verſetzt worden ſeyn, und es iſt ein 
Gott eben deswegen, weil die Natur auch ſelbſt im 
Chaos nicht anders als e ee und mE. 
verfahren kann. 

Ich habe ſo viel gute Meinung von der redlichen Geſinnung de⸗ 
rerjenigen, die dieſem Entwurfe die Ehre thun, ihn zu pruͤfen, daß 
ich mich verſichert halte, die angefuͤhrten Gruͤnde werden, wo ſie 
noch nicht alle ſchaͤdliche Folgen von meinem Syſteme aufheben koͤn⸗ 
nen, dennoch wenigſtens die Lauterkeit meiner Abſicht außer Zwei, 
fel ſetzen. Wenn es deſſen ungeachtet boshafte Eiferer giebt, die 
es fuͤr eine wuͤrdige Pflicht ihres heiligen Berufs halten, den un⸗ 


5 


ha Vorrede. e Een 
ſhawigſen W e ſchaͤdliche Auslegungen anzuheften, ſo bin 
ich verſichert, daß ihr Urtheil bey Vernuͤnftigen gerade die entge⸗ 
gengeſetzte Wirkung ihrer Abſicht hat. Man wird mich uͤbrigens 
des Rechts nicht berauben, das Carteſius, als er die Bil⸗ 
dung der Weltkoͤrper aus bloßen mechaniſchen Geſetzen zu erklaͤ⸗ 
ren wagte, bey billigen Richtern jederzeit genoſſen hat. Ich will 
deswegen die Verfaſſer der allgemeinen Welthiftorie *) anfuͤh⸗ 
ren: “ Indeſſen koͤnnen wir nicht anders als glauben: daß der 
Verſuch dieſes Weltweiſen, der ſich bemuͤhet die Bildung der 
Welt in gewiſſer Zeit, aus wuͤſter Materie, durch die bloße 
“ Fortſetzung einer einmal eingedruͤckten Bewegung zu erklaͤren, 
und ſolches auf einige wenige leichte und allgemeine Bewegungs⸗ 
geſetze gebracht, fo wenig als andere, die ſeitdem mit 
„ mehrerem Beyfalle eben das verſucht haben aus 
den urſpruͤnglichen und anerſchaffenen Eigen 
ſchaften der Materie zuthun, ſtrafbar oder Gott ver⸗ 
kleinerlich ſey, wie ſich manche eingebildet haben, in dem da⸗ 
durch vielmehr ein höherer Begriff feiner unend⸗ 
lichen Weisheit verurſacht wird. | 
Ich habe die Schwierigkeiten, die von Seiten der Religion 
meine Saͤtze zu bedrohen ſchienen, hinweg zu räumen geſucht. Es 
giebt einige nicht geringere in Anſehung der S Sache ſelbſt. Wenn 
es gleich wahr iſt, wird man ſagen, daß Gott in die Kraͤfte der 
Natur eine geheime Kraft gelegt hat, ſich aus dem Chaos von 
ſelbſt zu einer vollkommenen Weltverfaſſung auszubilden, wird 
der Verſtand des Menſchen, der bey den gemeinſten Gegenſtaͤnden 
ſo bloͤde iſt, bey einem ſo großen Vorwurfe die verborgenen Eigen⸗ 
ſchaften zu erforſchen vermoͤgend ſeyn? Ein ſolches Unterfangen 


heißt eben ſo viel als wenn man ſagte: Gebt mir nur Mate⸗ 


rie ich will euch eine Welt daraus bauen. Kann dich 
die Schwaͤche deiner Einſichten, die an den geringſten Dingen, 
welche deinen Sinnen taͤglich und in der Naͤhe vorkommen, zu 
ſchanden wird, nicht lehren: daß es vergeblich ſey, das Uner⸗ 
meßliche und das was in der Natur vorging, ehe noch eine Welt 
war, zu entdecken. Ich vernichte dieſe Schwierigkeit, indem ich 


N „) Erſter Theil $ 35. x 


Se: 
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ö Vorrede 


deutlich zeige, daß 8 dieſe Unterſuchung . RE die in 
der Naturlehre aufgeworfen werden koͤnnen diejenige ſey, in wel⸗ 
cher man am leichteſten und ſicherſten bis zum Urſprunge gelangen 
kann. Eben ſo wie unter allen Aufgaben der Naturforſchung keine 
mit mehr Richtigkeit und Gewißheit aufgeloͤßt worden, als die 
wahre Verfaſſung des Weltbaus im Großen, die Geſetze der Bes 
wegungen und das innere Triebwerk der Umlaͤufe aller Planeten; 
als worin die Newtoniſche Weltweißheit ſolche Einſichten gewaͤh⸗ 
ren kann, dergleichen man ſonſt in keinem Theile der Weltweiß⸗ 
heit antrift; eben alſo behauptete ich, ſey unter allen Naturdin⸗ 
gen, deren erſter Urſache man nachforſcht, der Urſprung des Welt⸗ 
ſyſtems und die Erzeugung der Himmelskörper, ſammt den Urſa⸗ 
chen ihrer Bewegungen, dasjenige, was man am erſten gruͤndlich 
einzuſehen hoſſen darf. Die Urſache hievon iſt leicht zu erſehen. 
Die Himmelskörper find runde Maſſen, alſo von der einfachſten 
Bildung, die ein Koͤrper, deſſen Urſprung man ſucht, nur im⸗ 
mer haben kann. Ihre Bewegungen ſind gleichfalls unvermiſcht. 
Sie find nichts als eine freye Fortſetzung eines einmal eingedruͤck⸗ 
ten Schwunges, welcher, mit der Attraktion des Koͤrpers im Mit⸗ 
telpunkte verbunden, kreisfoͤrmig wird. Ueberdem iſt der Raum 
darin ſie ſich bewegen, leer, die Zwiſchenweiten, die ſie von ein⸗ 
ander abſondern, ganz ungemein groß und alſo alles ſowohl zur 
unverwirrten Bewegung, als auch deutlichen Bemerkung derſel⸗ 
ben auf das deutlichſte auseinander geſetzt. Mich dünft, man 
konne hier im gewiſſen Verſtande ohne Vermeſſenheit ſagen: Gebt 
mir Materie, ich will eine Welt daraus bauen! das 
iſt, gebt mir Materie, ich will euch zeigen, wie eine Welt da⸗ 
raus entſtehen ſoll. Denn wenn Materie vorhanden iſt, welche 
mit einer weſentlichen Attraktionskraft begabt iſt, ſo iſt es nicht 
ſchwer diejenigen Urſachen zu beſtimmen, die zu der Einrichtung 
des Weltſyſtems, im Großen betrachtet, haben beytragen koͤnnen. 
Man weiß was dazu gehoͤrt, daß ein Koͤrper eine kugelrunde Fi⸗ 
gur erlange; man begreift was erfordert wird, daß freyſchweben⸗ 
de Kugeln eine kreisfͤrmige Bewegung um den Mittelpunkt an⸗ 
ſtellen, gegen den fie gezogen werden. Die Stellung der Kreiſe 
gegen einander, die Uebereinſtimmung der Richtung, die Eccen⸗ 
tricitaͤt, alles kann auf die einfachſten mechaniſchen Urſachen ge⸗ 


Vorrede. 


bracht werden, und man darf mit Zuverſicht hoffen ſie zu entd⸗ 


cken, weil ſie auf die leichteſten und deutlichſten Gründe geſezt wer⸗ 
den können. Kann man ſich aber wohl von der geringſten Pflanze 
oder Inſect ſolcher Vortheile ruͤhmen? Iſt man im Stande zu 
ſagen: Gebt mir Materie, ich will euch zeigen, wie 
eine Raupe erzeugt werden könne? Bleibt man hier 
nicht bey dem erſten Schritte, aus Unwiſſenheit der wahren innern 
Beſchaffenheit des Objekts und der Verwicklung der in demſel⸗ 
ben vorhandnen Mannigfaltigkeit, ſtecken? Man darf es ſich al⸗ 
ſo nicht befremden laſſen, wenn ich mich unterſtehe zu jagen; 
daß eher die Bildung aller Himmelskörper, die Urſache ihrer Be⸗ 
wegungen, kurz der Urſprung der ganzen gegenwärtigen Verfaſ⸗ 
ſung des Weltbaus werde koͤnnen eingeſehen werden, ehe die Er⸗ 
zeugung eines einzigen Krauts oder einer Raupe, aus mechani⸗ 
ſchen Gruͤnden, deutlich und vollſtaͤndig kund werden wird. 
Dieſes ſind die Urſachen, worauf ich meine Zuverſicht gruͤnde, 
daß der phyſiſche Theil der Weltwiſſenſchaft kuͤnftighin noch wohl 
eben die Vollkommenheit zu hoffen habe, zu der Newton die ma⸗ 
thematiſche Hälfte derſelben erhoben hat. Es ſind, naͤchſt den 
Geſetzen, nach welchen der Weltbau, in der Verfaſſung darin er 
iſt, beſteht, vielleicht keine andern in der ganzen Naturforſchung 
ſolcher mathematiſchen Beſtimmungen faͤhig, als diejenigen, nach 
welchen er entſtanden iſt, und ohne Zweifel wuͤrde die Hand eines 
i verſuchten Meßkuͤnſtlers hier nicht unfruchtbare Felder bearbeiten. 
Nachdem ich den Vorwurf meiner Betrachtung einer guͤnſtigen 
Aufnahme zu empfehlen mir habe angelegen ſeyn laſſen; ſo wird 
man mir erlauben, mich wegen der Art, „nach der ich ihn behan⸗ 
delt habe, kuͤrzlich zu erklaͤren. Der erſte Theil geht mit einem 
neuen Syſteme des Weltgebaͤudes im Großen um Herr Whrig t 
von Durham, deſſen Abhandlung ich aus den Hamburgiſchen 
freien Urtheilen, vom Jahr 1751, habe kennen lernen, hat mir 
zuerſt Anlaß gegeben, die Fixſterne nicht als ein ohne ſichtbare 
Ordnung zerſtreutes Gewimmel, ſondern als ein Syſtem anzuſe⸗ 
hen, welches mit einem planetiſchen die groͤßte Aehnlichkeit hat, 
ſo daß, gleichwie in dieſem die Planeten ſich in einer gemeinſchaft⸗ 
lichen Fläche ſehr nahe befinden, alſo auch die Fixſterne ſich in 
ihren Lagen auf eine gewiſſe Flaͤche, die durch den ganzen Him⸗ 


Borrioe 


mil wuß gezogen gedacht erbt ſo nahe als moglich beziehen, 
und durch ihre dichteſte Haͤufung zu derſelben denjenigen lichten 
Streif darſtellen, welcher die Milchſtraße genannt wird. Ich 
habe mich vergemif ſert, daß, weil dieſe von unzaͤhlichen Sons 
nen erleuchtete Zone ſehr genau die Richtung eines groͤßten Zir⸗ 
kels hat, unſre Sonne ſich dieſer großen Beziehungsfläche 


gleichfalls fehr nahe befinden muͤſſe. Indem ich den Urſachen die⸗ 


ſer Beſtimmung nachgegangen bin, habe ich ſehr wahrſcheinlich 
zu ſeyn befunden; daß die ſogenannten Fixſterne, oder feſten Ster⸗ 
ne, wohl eigentlich langſam bewegte Wandelſterne einer hoͤhern 
Ordnung ſeyn konnten. Zur Beſtaͤtigung deſſen, was man an 
ſeinem Orte von dieſem Gedanken antreffen wird, will ich allhier 
nur eine Stelle aus einer Schrift des Herrn Bradley von der 
Bewegung der Fixſterne anführen. „Wenn man aus dem Er⸗ 
folge der Vergleichung unſrer beſten jetzigen Beobachtungen, 
„mit denen, welche vor dieſem mit einem ertraͤglichen Grade der 
„Richtigkeit angeſtellt worden, ein Urtheil fallen will, fo erhellt: 
„daß einige Firſterne wirklich ihren Stand gegen einander ver⸗ 
„ändert haben, und zwar fo, daß man ſieht, daß dieſes nicht et⸗ 
„wan von einer Bewegung in unferm Planetengebaͤude herruͤhrt, 
„ſondern daß es bloß einer Bewegung der Sterne ſelbſt zuge⸗ 

„ſchrieben werden kann. Der Arktur giebt einen ſtarken Be⸗ 
„weis hiervon an die Hand. Denn wenn man deſſelben gegen» 
„waͤrtige Declination mit feinem Orte, wie derſelbe ſowohl von Ty⸗ 


„ehe als auch von Flammſteedt iſt beſtimmt worden, ver⸗ 


„gleicht, ſo wird man finden: daß der Unterſchied groͤßer iſt, als 
„man ihn von der Ungewißheit ihrer Beobachtungen herzurühren 
; ‚oermurhen kann. Man hat Urſache zu vermurhen: daß auch 
„andre Exempel von gleicher Beſchaffenheit unter der großen An⸗ 
„zahl der ſichtbaren Sterne vorkommen muͤſſen, weil ihre Lagen 
gegen einander durch mancherlei Urſachen koͤnnen veraͤndert wer⸗ 
„den. Denn wenn man ſich vorſtellt, daß unſer eignes Son⸗ 
„nengebaͤude ſeinen Ort „ in Anſehung des Weltraums veraͤn⸗ 
dert; ſo wird dieſes nach Verlauf einiger Zeit eine ſcheinbare 
„Veraͤnderung der Winkelentfernung der Fixſterne verurſachen. 
„Und weil dieſes in ſolchem Falle in die Oerter der naͤchſten Ster⸗ 
ene einen groͤßern Einfluß haben würde, als in die Oerter derer⸗ 


— 


2 


3. 


| Vorrede. \ 
— ey t 


„enigen, welche weit entfernt ſind „ fo würden ihre Lagen ſich 


yzu verändern ſcheinen, obgleich die Sterne ſelbſt wirklich unbe⸗ 
„weglich blieben. Und wenn im Gegentheil unſer eigen Plane⸗ 


„tengebaͤude ſtille ſteht, und einige Sterne wirklich eine Bewe⸗ 


„gung haben, ſo wird dieſes gleichfalls ihre ſcheinbare Lage ver⸗ 


andern, und zwar um deſtomehr, je näher fie bey uns find, oder 
„je mehr die Richtung der Bewegung ſo beſchaffen iſt, daß ſie 
„von uns kann wahrgenommen werden. Da nun alſo die La⸗ 


„gen der Sterne von ſo mancherlei Urſachen koͤnnen veraͤndert 
„werden, indem man die erſtaunlichen Entfernungen, in wel⸗ 


chen ganz gewiß einige gelegen ſind, betrachtet; ſo werden 
„wohl die Beobachtungen vieler Menſchenalter noͤthig ſeyn, 
„die Geſetze der ſcheinbaren Veraͤnderungen, auch eines einzi⸗ 


gen Sterns, zu beſtimmen. Viel ſchwerer muß es alſo doch 


„ſeyn, die Geſetze fur alle die merkwuͤrdigſten Sterne feſtzu⸗ 
letzen. l, e e | 


Ich kann die Graͤnzen nicht genau beſtimmen, die zwiſchen dem x 


Syſtem des Herrn Whrigt, und dem meinigen anzutreffen 


‘find, und in welchem Stucke ich feinen Einwurf blos nachge⸗ 


ahmt, oder weiter ausgeführt habe. Indeſſen boten ſich mir 


nach der Hand annehmungswürdige Gründe dar, es auf der 
einem Seite betraͤchtlich zu erweitern. Ich betrachtete die Art 


neblichter Sterne, deren Herr von Maupertuis in der Ab⸗ 
hundlung von der Figur der Geſtirne ) gedenkt, und 


) Weil ich den angeführten Traktat nicht bey der Hand habe, ſo 


will ich das dazu gehoͤrige aus der Anſuͤhrung der Ouvrages diver- 
ſes de Monlieur de Maupertuis in den Actis Eruditorum 1745, 


bier einrücken. Das erſte Phaͤnomen find diejenigen lichten Stel⸗ 
len am Himmel, welche nebliche Sterne genannt, und für einen 
Haufen kleiner Fiyſterne gehalten werden. Allein die Aſtronemen 


haben, durch vortrefliche Fernglaͤſer, ſie nur als große laͤnglicht⸗ 


kunde Plaͤtzchen, die etwas lichter als der uͤbrige Theil des Himmels 


mwaͤren, befunden. Huyen hat dergleichen etwas zuerſt im Orion 
ö angetroffen; Halley gedenkt in den Anglical Transactions ſechs 
ſolcher Plaͤtzchen. 1. im Schwerdt des Driong, 2. im Schützen, 
3. im Centaurus, 4. vor dem rechten Fuße des Antindus, 5. im 
Herkules, 6. im Gurtel der Andromeda. Wenn dieſe durch ein 
refleetirendes Seherohr von 8 Fuß betrachtet werden, fo ſieht man, 
daß nur der vierte Theil derſelben vor einen Haufen Sterne koͤnne 


I gehalten werden; die übrigen haben nur weißlichte Plaͤtzchen vor⸗ 
5 eſtellt, ohne erheblichen Unterſchied, außer daß eines mehr der 


Cirkelrundung beykommt, ein andres aber laͤnglicher iſt. Es ſcheint 


A ’ 
0 N 
A 


n EL V 0 rorſesdee. - 


1 


die die Figur von mehr oder weniger offnen Ellipfen vorſtellen, 


und verſicherte mich leicht, daß ſie nichts anders als eine Haͤu⸗ 


fung vieler Fixſterne ſeyn koͤnnen. Die jederzeit abgemeſſene Run⸗ 
dung dieſer Figuren belehrte mich, daß hier ein unbegreiflich zahl⸗ 
reiches Sternenheer, und zwar um einen gemeinſchaftlichen Mit⸗ 
telpunkt, muͤßte geordnet ſeyn, weil ſonſt ihre freie Stellungen 
gegen einander, wohl irregulaͤre Geſtalten, aber nicht abgemeſ⸗ 


f 2 araus fie beſtehen, wenn ſie eine gleichleuchtende Kraft mit den 


ſene Figuren vorſtellen wuͤrden. Ich ſahe auch ein; daß ſie in 


auch, daß bey dem erfien die durch das Seherohr ſichtbaren kleinen 


Sternchen ſeinen weißlichten Schimmer nicht verurſachen koͤnnen. 


Halley glaubt: „daß man aus dieſen Erſcheinungen dasfenige er⸗ 


„Klaren koͤnne, was man im Anfange der Moſaiſchen Schoͤpfungs⸗ 
„geſchichte antrift, naͤmlich daß das Licht eher als die Sonne er: 
„ſchaffen ſey. Derham vergleicht fie Oefnungen, dadurch eine 


„andere unermeßliche Gegend, und vielleicht der Feuerhimmel 


„durchſcheine. Er meint, er habe bemerken koͤnnen, daß die Sterne, 


„die neben dieſen Plaͤtzchen geſehen werden, uns viel näher wies | 


„ren, als diefe lichte Stellen. Dieſem fuͤgt der Verfaſſer ein Ver⸗ 
„zeichniß der neblichten Sterne aus dem Hevelius bey. Er haͤlt 
„dieſe Erſcheinungen fur große, lichte Maſſen, die durch eine ges 
Naben Umwälzung abgeplattet worden waͤren. Die Materie, 


„übrigen Sternen hätte, wurde von ungeheurer Groͤße ſeyn niuffen, 
„damit fie, aus einem viel groͤßern Abſtande, als der Sterne ihrer 
„if, geſehen, dennoch dem Fernglaſe unter merklicher Geſtalt und 
„Groͤße erſcheinen koͤnnen. Wenn fie aber an Große den übrigen 
„Fixſternen ungefähr gleich kaͤmen; muͤßten fie uns nicht allein 
„ungleich viel näher ſeyn, ſondern zugleich ein viel ſchwaͤcheres Licht 
„haben; weil fie, bey ſolcher Naͤhe und ſcheinbarer Größe, doch 
„einen ſo blaſſen Schimmer an fich zeigen. Es wuͤrde alſo der Mühe 


yverlohnen, ihre Parallaxe, wofern fie eine haben, zu entdecken. 


„Denn diejenigen, welche fie ihnen abſprechen, ſchließen vielleicht 
„von einigen auf alle. Die Sternchen, die man mitten auf dieſen 
„Plaͤtzchen antrift, wie in dem Orion, (oder noch ſchoͤner, in dem, 
„vor dem rechten Fuße des Antinous, welcher nicht anders aus⸗ 
nfieht als ein Firſtern, der mit einem Nebel umgeben iſt) wurden, 
„wofern fie uns näher waren, entweder nach Art der Projection 
„auf denſelben geſehen, oder ſchienen durch jene Maſſen, gleich als 
„durch die Schweife der Cometen durch.“ a) Wer 


* 


* 


a) Herſchel hat auf 2000 Nebelſterne, Sternhaufen, ꝛc. entdeckt, | 


und fie in befondern Abhandlungen beſchrieben, welche Herr 
G. M. Sommer in Königsberg uͤberſetzt, und i. J. 179 f nebſt 
einem Auszuge aus gegenwaͤrtigen Kantiſchen Werke herausge⸗ 
geben hat. Die Herſchelſche Meinung von den Nebelflecken, ze. 
eht dahin, daß jeder Nebelſtern ein beſonderes Milchſtraß enſy⸗ 
em ſey; die von ihm ſogenannten planetariſchen Nebelſterne, 
welche faſt rund, unbeweglich und in gleichfoͤrmigen Lichte ſich 
zeigen, und deren er 58 zaͤhlt, waren Himmelskoͤrper von einer 
ganz eignen Art. | N 


ö P 
a\ — 
x 8 


Vo r bed e. 


dem Syſteme, darinnen fie ſich vereinigt befinden, vornaͤmlich 
auf eine Flaͤche beſchraͤnkt ſeyn muͤßten, weil ſie nicht zirkelrunde, 
ſondern elliptiſche Figuren abbilden, und daß ſie, wegen ihres 
blaſſen Lichts unbegreiflich weit von uns abſtehen. Was ich aus 
dieſen Analogien geſchloſſen habe, wird die Abhandlung ſelbſt der 
Unterſuchung des vorurtheilfreien Leſers darlegen. f 
In dem zweiten Theile, der den eigentlichſten Gegenſtand die⸗ 
ſer Abhandlung in ſich enthaͤlt, ſuche ich die Verfaſſung des Welt⸗ 
baus aus dem einfachſten Zuſtande der Natur bloß durch mecha⸗ 
niſche Geſetze zu entwickeln. Wenn ich mich unterſtehen darf, denen⸗ 
jenigen, die ſich über die Kuͤhnheit dieſes Unternehmens entruͤſten, 
bey der Pruͤfung, womit ſie meine Gedanken beehren, eine ge⸗ 
wiſſe Ordnung vorzuſchlagen, ſo wollte ich bitten, das achte 
Hauptſtuͤck zuerſt durchzuleſen, welches, wie ich hoffe, ihre 
Beurtheilung zu einer richtigen Einſicht vorbereiten kann. Wenn 
ich indeſſen den geneigten Leſer zur Pruͤfung meiner Meinungen 
einlade, ſo beſorge ich mit Recht, daß, da Hypotheſen von die⸗ 
ſer Art gemeiniglich nicht in viel beſſerm Anſehen, als philo⸗ 
ſophiſche Traͤume ſtehen, es eine ſaure Gefaͤlligkeit fuͤr einen Le⸗ 
ſer iſt, ſich zu einer ſorgfaͤltigen Unterſuchung von ſelbſt erdach⸗ 
ten Geſchichten der Natur zu entſchließen und dem Verfaſſer 
durch alle die Wendungen, dadurch er den Schwierigkeiten, die 
ihm aufſtoßen, aus weicht, geduldig zu folgen, um vielleicht am 
Ende, wie die Zuſchauer des Londonſchen Marktſchreiers ), 
ſeine eigne Leichtglaͤubigkeit zu belachen. Indeſſen getraue ich 
mir zu verſprechen: daß, wenn der Leſer durch das vorgeſchla⸗ 
gene Vorbereitungshauptſtuͤck hoffentlich wird uͤberredet worden 
ſeyn, auf ſo wahrſcheinliche Vermuthungen doch ein ſolches 


pPhyſiſches Abentheuer zu wagen, er auf dem Fortgange des We⸗ 5 


ges nicht ſo viel krumme Abwege und unwegſame Hinderniſſe, 
als er vielleicht anfaͤnglich beſorgt, antreffen werde. | 
Ich habe mich in der That mit größter Behutſamkeit aller 
willkührlichen Erdichtungen entſchlagen. Ich habe, nachdem ich 
die Welt in das einfachſte Chaos verſetzt, keine andern Kräfte 
als die Anziehungs⸗ und Zuruͤckſtoßungskraft zur Entwicklung 
14 


9 Siehe Gellerts Fabel: Hans Nord. 


\ “ Vorrede. 8 


der großen Ordnung 55 Natur angewandt, zwei Kraͤfte, welche 


beide gleich gewiß, gleich einfach und zugleich gleich urſprüng⸗ 


lich und allgemein find. Beide find aus der Newtoniſchen Welt⸗ 


weisheit entlehnt. Die erſtere iſt ein nunmehr außer Zweifel 
geſetztes Naturgeſetz. Die zweite, welcher vielleicht die Natur⸗ 


75 wiſſenſchaft des Newton nicht ſo viel Deutlichkeit als die er⸗ 
ſtere gewaͤhren kann, nehme ich hier nur in demjenigen Verſtande 


an, da ſie niemand in Abrede iſt, naͤmlich bey der feinſten Auf⸗ 


loͤſung der Materie, wie z. E. bey den Duͤnſten. Aus dieſen ſo 
einfachen Gruͤnden habe ich auf eine ungekuͤnſtelte Art, ohne an⸗ 


dere Folgen zu erſinnen, als diejenigen, worauf die Aufmerkſam⸗ 
keit des Leſers ganz von ſelbſt verfallen muß „ das ſeigkude Sy⸗ 


ſtem hergeleitet. 


Man erlaube mir ſchlußlich wegen der Gultigkeit und des an⸗ 
geblichen Werthes derjenigen Saͤtze, die in der folgenden Theorie 
vorkommen werden, und wornach ich ſie vor billigen Richtern ge⸗ 
pruͤft zu werden wünſche, eine kurze Erklaͤrung zu thun. Man 
beurtheilt billig den Verfaſſer nach demjenigen Stempel, den er 


auf ſeine Waare druckt; daher hoffe ich, man werde in den ver⸗ 
ſchiednen Theilen dieſer Abhandlung keine ſtrengere Verantwor⸗ 


tung meiner Meinungen fodern, als nach Maaßgebung des Werths, 
den ich von ihnen ſelbſt ausgebe. Ueberhaupt kann die größte 


geometriſche Schärfe und mathematiſche Unfehlbarkeit niemals 


von einer Abhandlung dieſer Art verlangt werden. Wenn das 
Syſtem auf Analogien und Uebereinſtimmungen, nach den Regeln 
der Glaubwürdigkeit und einer richtigen Denkungsart, gegruͤn⸗ 


det iſt; ſo hat es allen Forderungen ſeines Objekts genug gethan. 
Dieſen Grad der Tuͤchtigkeit meine ich in einigen Stuͤcken dieſer 


Abhandlung, als in der Theorie der Firſternenſyſteme, in der 
Hypotheſe von der Beſchaffenheit der neblichen Sterne, in dem 


allgemeinen Entwurfe von der mechaniſchen Erzeugungsart des 


Weltbaues, in der Theorie von dem Saturnusring und einigen 
andern erreicht zu haben. Etwas minder Ueberzeugung werden 
einige beſondere Theile der Ausführung gewähren, wie z. E. die 


Beſtimmung der Verhaͤltniſſe der Eccentricitaͤt, die Vergleichung 
der Maffen der Planeten, die mancherlei Abweichungen der Ko⸗ 


ke und einige andre. 
Wenn s 


* 


Chaos der Einbildungskraft darſtelle; ſo hoffe ich, man werde der 


Vorrede, 


* 


Wenn ich daher! in dem ſiebenten Hauptſtücke, durch die Frucht⸗ 


barkeit des Syſtems und die Annehmlichkeit des groͤßten und wun⸗ 
dernswuͤrdigſten Gegenſtandes „ den man ſich nur denken kann, 


angelockt, zwar ſtets an dem Leitfaden der Analogie und einer 


vernuͤnftigen Glaubwürdigkeit; doch mit einiger Kuͤhnheit die 
Folgen des Lehrgebaͤudes ſo weit als moͤglich fortſetze; wenn ich 


das Unendliche der ganzen Schoͤpfung, die Bildung neuer Wel⸗ 
ten und den Untergang der alten, den unbeſchraͤnkten Raum des 


reizenden Annehmlichkeit des Objekts und dem Vergnuͤgen, wel⸗ 


ches man hat, die Uebereinſtimmungen einer Theorie in ihrer 


größten Ausdehnung zu ſehen, ſo viel Nachſicht vergoͤnnen, ſie 
nicht nach der groͤßten geometriſchen Strenge, die ohnedem bey 


7 


dieſer Art der Betrachtung nicht ſtatt hat, zu beurtheilen. Eben 


dieſer Billigkeit verſehe ich mich in Anſehung des dritten Theils. 
Man wird indeſſen allemal etwas mehr als bloß Willkuͤhrliches, 


obgleich jederzeit etwas a als . in demſelben 


antreffen. 


Vorerinnerung bey dieſer Ausgabe. 


D. dieſe Abhandlung des Hrn. Kant zum erſtenmale im 


Jahr 1755 erſchien, und wegen ihres reichhaltigen Inhalts ein 


Gegenſtand der oͤftern Nachfrage im Buchhandel wurde; ſo ent⸗ 


ſchloß ſich Hr. Kant, ſelbſt einen Auszug davon zu veranſtalten, 


1 welcher auch i. J. 1791 im Nicoloviuſiſchen Verlage zu Koͤnigs⸗ 


— 


berg ausgegeben wurde, und von dem daſigen Inſpector des 
Alumnats, Hrn. J. Fr. Genſichen, ausgearbeitet war. Herr G. 


M. Sommer vermehrte dieſe Ausgabe mit drei Abhandlungen 


des Hrn. D. Herſchels über den Bau des Himmels, 


a den m 


und fügte einige Anmerkungen hinzu. — Nach der Zeit iſt 


jene Kantiſche Abhandlung noch mehr geſucht worden, und ſie 
erſcheint hier in einer neuen Ausgabe, bey welcher der Heraus⸗ 


geber bemuͤht geweſen iſt, alles das beyzubringen, was ſeit jenem 
Zeitpunkte in dieſer Materie weiter geforſcht und gefunden wor⸗ 


e 


® o rr n 

Er hat alſo jenen im Jahr 1791 erſchlenenen Auszug bi 
benutzt, und jene Bemerkungen gehörigen Orts hinzugefügt. Er 
hat die Beſtaͤtigungen der neuern Aſtronomen beygebracht. Er 
hat hier und da Anmerkungen hinzuzuſetzen gewagt, wo ſie ihm 
nöthig zu ſeyn ſchienen; dabey aber die Einrichtung getroffen, 
die Kantiſchen Anmerkungen mit Sternchen, die Sommerſchen 
mit Zahlen, die Seinigen mit Buchſtaben zu bezeichnen. Er 
hat übrigens auch dem Style einige Aufmerkſamkeit gewidmet, 
und die Sprache dem jetzigen Genie derſelben naͤher zu bringen 
geſucht, welches ihm der große Kant wohl gern verzeihen wird; 
zumal da wohl die mehrſten Sprachnachlaͤßigkeiten in der war, 
ee nur als Druckfehler anzuſehen ſind. 


M. F. 
1797 


| Inhalt. 


re 
des ganzen Werks. 


Erſter Theil. 


Abeiz einer allgemeinen ſyſtematiſchen Verfaſſung unter den 
Fixſternen, aus den Erſcheinungen der Milchſtraße hergeleitet. 
Aehnlichkeit dieſes Fixſternenſyſtems mit dem Syſteme der 
Planeten. Entdeckung vieler ſolcher Syſteme, die ſich in der 
Weite des Himmels, in Geſtalt elliptiſcher Figuren, zeigen. 
Neuer Begriff von der ſyſtematiſchen Verfaſſung der ganzen 
Schöpfung. 

Beſchluß. Wahrſcheinliche Vermuthung mehrerer planeten 
uͤber dem Saturne, aus dem Geſetze, nach welchem die Eccen⸗ 
tricitaͤt der Planeten mit den Entfernungen zunimmt. 

i Zweyter Theil, 
Ä Erſtes Haupt ſtuͤck. 

Gründe für die Lehrperfaſſung eines mechaniſchen 
Urſprungs der Welt. Gegengrüͤnde. Einziger Begriff 
unter allen möglichen, beyden genug zu thun. Erſter Zuſtand 
der Natur. Zerſtreuung der Elemente aller Materie durch 
den ganzen Weltraum. Erſte Regung durch die Anziehung _ 
Anfang der Bildung eines Körpers in dem Punkte der ſtaͤrk⸗ 
ſten Attraction. Allgemeine Senkung der Elemente gegen 
dieſen Centralkoͤrper. Zuruͤckſtoßungskraft der feinſten Theile, 
darin die Materie aufgelöfet worden. Veraͤnderte Richtung 
der ſinkenden Bewegung durch die Verbindung dieſer Kraft 
mit der erſtern. Einfoͤrmige Richtung aller dieſer Bewegun⸗ 
gen nach eben derſelben Gegend. Beſtrebung aller Partikeln, 
ſich zu einer gemeinſchaftlichen Flaͤche zu dringen und daſelbſt 
zu haͤufen. Maͤßigung der Geſchwindigkeit ihrer Bewegung 

zu einem Gleichgewichte mit der Schwere des Abſtands ihres 
Orts. Freyer Umlauf aller Theilchen um den Centralkoͤrper 
in Cirkelkreiſen. Bildung der Planeten aus dieſen bewegten 
Elementen. Freye Bewegung der daraus zuſammengeſetzten 
Planeten in gleicher Richtung in gemeinſchaftlicher Ebene, 


Inhalt. 


N nahe beym Mittelpunkte, beynahe in Cirkelkreiſen, und weiter 


von demſelben mit zunehmenden Graden der Eccentricitaͤr. 15 


Zweytes Hauptſtüek. a 

Hendel von der verſchiedenen Dichtigteit der 
Planeten und dem Verhaͤltniſſe ihrer Maſſen. 

Urſache, woher die nahen Planeten dichtrer Art ſind, als die 

entfernten. Unzulaͤnglichkeit der Erklaͤrung des Newton. 


Woher der Centralkoͤrper leichtrer Art iſt, als die naͤchſt um 


ihn laufenden Kugeln. Verhaͤltniß der Maſſen der Planeten, 
nach der Proportion der Entfernungen. Urſache aus der Art 
der Erzeugung, warum der Centralkoͤrper die größte Maſſe 
hat. Ausrechnung der Duͤnnigkeit, in welcher alle Elemente 
der Weltmaterie zerſtreuet geweſen. Wahrſcheinlichkeit und 
Nothwendigkeit dieſer Verduͤnnung. Wichtiger Beweis der 
Art der Erzeugung der Himmelskoͤrper aus einer merkwuͤrdi⸗ 
gen Analogie des Herrn de Buff o n. 

| Drittes Hauptſtüct. 

Von der Eccentricität der Planetenkreiſe und 
dem Urſprunge der Kometen. Die Eccentricitaͤt nimmt 
Gradweiſe, mit den Entfernungen von der Sonne, zu. Ur⸗ 
ſache dieſes Geſetzes aus der Cosmogonie. Warum die Kome⸗ 


tenkreiſe von der Ebne der Ecliptik frey ausſchweifen. Beweis, 


daß die Kometen aus der leichteſten Gattung des Stoffs gebil⸗ 
det ſeyn. Beylaͤufige Anmerkung von dem Nordſcheine. 

Ä | Viertes Hauptflück. 

Von dem Urſprunge der Mon de und den Bewegun⸗ 
gen der Planeten um die Achſe. Der Stoff zu Erzeu⸗ 
gung der Monde war in der Sphaͤre, daraus der Planet die 
Theile zu ſeiner eigenen Bildung ſammlete, enthalten. Urſa⸗ 
che der Bewegung dieſer Monde mit allen Beſtimmungen. Wa⸗ 
rum nur die großen Planeten Monde haben. Von der Achſen⸗ 
drehung der planeten. Ob der Mond ehedem eine ſchnellere 


gehabt habe? Ob die Geſchwindigkeit der Umwälzung der 


Erde ſich vermindere? von der Stellung der Achſe der Plane⸗ 

ten gegen den Plan ihrer Kreiſe. Perrückung ihrer Achſe. 
Fuͤnftes Hauptſtuͤck. 

Von dem Urſprunge des Saturnrings und der Ben 

eue ſeiner täglichen Umdrehung aus den 


V cebtkulffen deffelben. Erſter Sup des Saturns 
mit der Beſchaͤffenheit eines 5 verglichen. Bildung 
eines Rings aus den Theilchen feiner Atmosphaͤre vermittelſt 

der von ſeinem Umſchwunge eingedruͤckten Bewegungen. Be⸗ 
| ſtimmung der Zeit ſeiner Achſendrehung nach dieſer Hypotheſe. 

” Betrachtung der Figur des Saturns. Von der ſphaͤroldiſchen 
Applattung der Himmelskoͤrper uͤberhaupt. Naͤhere Beſtim⸗ 
mung der Beſchaffenheit dieſes Rings. Wahrſcheinliche Ver⸗ 

muthung neuer Entdeckungen. Ob die Erde vor der Sind 

fluth nicht einen Ring gehabt habe? | 
1 00 Sechstes Heuptſtüct. 
Von dem Zodiakallichte. 
Siebendes Hauptſtück. 

Bon der Schoͤpfun im ganzen Umfange ihrer un⸗ 
endlichkeit fen Mi m Raumeals der Zeit nach. 
Urſprung eines großen Syſtems der Fixſterne. Centralkoͤrper 
im Mittelpunkte des Sternenſyſtems. Unendlichkeit der Schoͤ⸗ 
pfung. Allgemeine ſyſtematiſche Beziehung in ihrem ganzen 
Inbegriffe, Centralkoͤrper der ganzen Natur. Succeſſive 
Fortſetzung der Schoͤpfung in aller Unendlichkeit der Zeiten und 
Räume, durch unaufhoͤrliche Bildung neuer Welten. Betrach⸗ 
tung über das Chaos der ungebildeten Natur. Allmaͤhliger 
Verfall und Untergang des Welthaus. Wohlanſtaͤndigkeit 

eines ſolchen Begriffes. Wiedererneuxung der verfallenen Natur. a 

Zugabe zum Siebenden Haupt ſtuͤck. 

Allgemeine Theorie und Geſchichte der Sonneuͤber⸗ 

haupt. Warum der Centralkoͤrper eines Weltbaues ein feuri⸗ 

ger Koͤrper iſt. Naͤhere Betrachtung ſeiner Natur. Gedanken 
von den Peraͤnderungen der ihn umgebenden Luft. Erloͤſchung 
der Sonnen. Naher Anblick ihrer Geſtalt. Meinung des Herrn 


Wright von dem Mittelpunkte der ganzen Natur. Verbeſf (> 
rung derfelben, 


* 


Achtes Haupſtück. 

N A rtkemeinee Beweis von der Richtigkeit einer me 
chaniſchen Lehrverfaſſung der Einrichtung des 
Weltbaus überhaupt, inſonderheit von der Ge⸗ 
wißheit der gegenwartigen. Die Wee 


U 


# 


— f 
\ t 


Inhalt. 


keiten der Naturen der Dinge, ſich von felbſt z ur Ordnung und 
Vollkommenheit zu erheben, iſt der ſchoͤnſte 3 des Da⸗ 
ſeyns Gottes. Wrheſdigung gegen den Born, des Natu⸗ 
ralismus. 8 77 
Die Verfaſſung des Weltbaues iſt einfach und nicht 1 die Kraͤf⸗ 
te der Natur geſetzt. Analogien, die den mechaniſchen Ur⸗ 
ſprung der Welt mit Gewißheit bewaͤhren. Eben daſſelbe aus 
den Abweichungen bewieſen. Die Anführung einer unmittel⸗ 
baren göttlichen Anordnung thut dieſen Fragen keine Gnuͤge. 
Schwierigkeit, die den Newton bewog, den mechaniſchen 
Lehrbegriff aufzugeben. Auflöfung diefer Schwierigkeit. Das 
vorgetragene Syſtem iſt das einzige Mittel unter allen moͤgli⸗ 
chen, beyderſeitigen Gründen eine Gnüge zu leiſten. Wird 
ferner durch das Verhaͤltnis der Dichtigkeit der Planeten, ih⸗ 
rer Maſſen, der Zwiſchenraͤume ae und den ſtufen⸗ 


artigen Zuſammenhange ihrer Biſtimmungen erwieſen. Die 

Bewegungsgruͤnde der Wahl Goktes beſtimmen dieſe Umſtaͤn⸗ 
de nicht unmittelbar. Rechtfertigung in Anſehung der Reli« 
gion. Schwierigkeiten, die ſich bey einer Lehrverfaſſung von 
der unmittelbaren göttlichen Anordnung hervorthun. 

Dritter Theil. 

Enthält eine Vergleichung zwiſchen den Einwoh⸗ 
nern der Geſtirne. 

Ob alle Planeten bewohnt ſind? Urſache daran zu zweifeln. 
Grund der phyſiſchen Verhaͤltniſſe zwiſchen den Bewohnern 
verſchiedener Planeten. Betrachtung des Menſchen. Urſa⸗ 
chen der Unvollkommenheit feiner Natur. Natuͤrliches Vers 
haͤltniß der koͤrperlichen Eigenſchaften der belebten Creatu⸗ 
ren, nach ihrem verſchiedenen Abſtande von der Sonne. Fol⸗ 
gen dieſer Verhaͤltniſſe auf ihre geiſtigen Fahigkeiten. Ver⸗ 
gleichung der denkenden Naturen auf verſchiedenen Himmels⸗ 
g Beſtaͤtigung aus gewiſſen Umſtaͤnden ihrer Wohnpläe 

Fernerer Beweis aus den Anſtalten der göttlichen Vor⸗ 
(hung, die zu ihrem Beſten gemacht ſind. Kurze Ausſchweifung. 
Beſchlu ß. 
Die Begebenheiten des Menſchen in dem kuͤnftigen Leben. 


in 
man ih“ „ 5 


| Kurzer Abriß nah 
der noͤthigſten Grundbegriffe a 
der a 
Newsonifhen Weltwiſſenſchaft er 
die zu dem Verſtande 
des nachfolgenden erfordert werden. 


. Planeten „davon drey Begleiter haben, Merkur, 
Venus, die Erde mit ihrem Monde, Mars, Jupiter mit vier, 
und Saturn mit fuͤnf Trabanten, die um die Sonne als den 


Mittelpunkt Kreiſe beſchreiben, a) nebſt den Kometen, b) 


die es von allen Seiten her und in ſehr langen Kreiſen thun, 
machen ein Syſtem aus, welches man das Syſtem der Sonne 
oder auch den planetifchen Weltbau nennt. Die Bewegung 


aller dieſer Körper, weil fie kreisfoͤrmig und in ſich ſelbſt zuruͤck⸗ 


) Dieſe kurze Einleitung, welche vielleicht in Anſehung der mei- 
4ſten Leſer uͤberfluͤſig ſeyn möchte, habe ich denen, die etwa der 
Nemtoniſchen Grundſaͤtze nicht genugſam kundig find, zur Vor⸗ 
bereitung der Einſicht in die folgende Theorie vorher ertheilen 


wollen. 
a) Seit 1755, da Hr. Kant dieſes ſchrieb, bis jetzt (1798.) hat 


ſich, durch die raſtloſen Bemuͤhungen der neuern Aſtronomen, 5 


die Kenntniß unſers Sonnenſyſtems dahin erweitert, daß wir 
nun 7 Hauptplaneten (Mereur, Venus, Erde, Mars, Jupi⸗ 
ter, Saturn und Uranus) kennen, wovon vier mit Neben⸗ 
planeten umgeben ſind, deren die Erde einen, Jupiter vier, 
Saturn ſieben nebſt einem Ninge, und Uranus zwey zu Be⸗ 
gleitern haben. 
d) Ob die Kometen nur allein zu unferm Sennen ge⸗ 
"hören, oder ob fie die Wandelſterne für mehrere Sonnenſy— 
ſteme find, denen fie zu Verbindungen und Uebergaͤngen die⸗ 
nen; iſt noch nicht hinlaͤnglich entſchieden. Mehr davon un⸗ 
ten beim 3ten Hauptſtuͤcke des aten Theils. ER 
* N A 


kehrend iſt, ſetzt zwey Kräfte voraus, 5 welche bey einer jeglichen 


Art des Lehrbegrifs gleich nothwendig ſind, nemlich eine 
ſchieſſende Kraft, dadurch fie in jedem Punkte ihres 
rrummlinigen Laufes die gerade Richtung fortſetzen, und ſich 
ins Unendliche entfernen wurden, wenn nicht eine andere Kraft, 
welche es auch immer ſeyn mag, ſie beſtaͤndig nöthigte dieſe zu 


verlafi ſen und in einem krummen Kreiſe zu laufen, der die Sonne 


als den Mittelpunkt umfaßt. Dieſe zweyte Kraft, wie die 


Geometrie ſelbſt es ungezweifelt ausmacht, zielt allenthalben zu 


\ 


der Sonne hin und wird daher die ſintende, die Centri⸗ 


petalkraft, oder auch die Gravitaͤt genennt. a) 


Wenn die Kreiſe der Himmelskörper genaue Zirkel waͤren, 
fo würde die allereinfachſte Zergliederung der Zufammenfegung 
krumliniger Bewegungen zeigen: daß ein anhaltender Trieb ge⸗ 


gen den Mittelpunkt dazu erfordert werde; allein obgleich ſie 


an allen Planeten ſowohl als Kometen Ellipſen ſind, in deren 
gemeinſchaftlichem Brennpunkte ſich die Sonne be⸗ 


findet, ſo thut doch die höhere Geometrie mit Huͤlfe der Ke p⸗ 


leriſchen Analogie, (nach welcher der radius vector, oder 


die von dem Planeten zur Sonne gezogene Linie, ſtets ſolche 


Raͤume von der elliptiſchen Bahn abſchneidet, die den Zeiten 


proportionirt ſind,) gleichfalls mit untrüglicher Gewißheit dar; 


daß eine Kraft den Planet in dem ganzen Kreislaufe gegen 
den Mittelpunkt der Sonne unablaͤſſig treiben muͤßte. Dieſe 


Senkungskraft, die durch den ganzen Raum des Planetenſyſtems 


herrſcht und zu der Sonne hinzielt, iſt alſo ein ausgemachtes 
Phänomen der Natur, und eben fo zuverläffig iſt auch das Geſetz 
erwieſen, nach welchem ſich dieſe Kraft von dem Mittelpunkte in 
die fernſten Weiten erſtreckt. Sie nimmt immer umgekehrt ab, 
wie die Quadrate der Entfernungen von demſelben zunehmen. 
Dieſe Regel fließt auf eine eben ſo untruͤgliche Art aus der Zeit, 
die die Planeten in verſchiedenen Entfernungen zu ihren Umlaͤu⸗ 
fen gebrauchen. Dieſe Zeiten ſind immer wie die Quadratwur⸗ 


zel aus den Cubis ihrer mittlern Entfernungen von der Sonne, 
woraus hergeleitet wird: daß die Kraft, die dieſe Himmelskoͤr⸗ 


a) So wie jene die Centrifugal⸗ (Censerfiche u 
Wurfs⸗) Kraft enen wird. 


,, 
per zu dem Mittelpunkte ihrer Umwälzung treibt, im ENTE 
ten Verhaͤltniſſe der Quadrate des Abſtands abnehmen müſſe a). 
Eben daſſelbe Geſetz, das unter den Planeten herrſcht, in ſo 
ide fie um die Sonne laufen, findet ſich auch ben den lei. 
A 2 


0 Für einige ae möchte wohl folgende finnliche Erflärung dien 
ſes 1 nicht uͤberfluͤßig ſeyn; / 


Die Centripetalkraft oder die Schwere wird hier als Kegel L. 
CM und NCO vorgeſtellt, welche nach dem Mittelpunkte C 
laufen und den kugelfoͤrmigen Planeten D H E oder FK G 
mit ſich dahin treiben. Dieſer, hier als aͤußerlich durch einen 
Druck (des Aethers? ) vorgeſtellte, Trieb, wird durch die aͤuſ⸗ 
fern Linien LC, NC, OC, MC, determinirt, welche zugleich 
den Durchmeſſer von H und K beſtimmen, unter welchen ſie aus 
C gefehen werden. Nun druͤckt auf H der abgekuͤrzte Kegel 
LD E M, welcher wegen des erſtaunlichen Umfangs des Welt: 
gebaͤudes als unendlich lang angenommen werden kann. Wird 
aber der Körper K in K weiter von C abgeruͤckt, fo entſteht ein 
andrer abgekuͤrzter Kegel N FGO, der auf feine Fläche wirkt. 
Da nun dieſer, ſo wie jener als unendlich lang angeſehen wer⸗ 
den kann, ſo iſt die Spitze des Kegels P CE oder FCG dage⸗ 
gen kaum zu rechnen. Inzwiſchen verhalten ſich dieſe Kegel, 
welche als gleich hoch anzuſehen ſind, wie ihre Srundflächen, 
oder auch wie die Flächen ihrer Durchſchnitte, welche man aus 
ihnen in einerlei Entfernung vom Mittelpunkte der Schwere 


RD 


nen Syſtemen, nemlich denen, die die um ihre Hauptplaneten 
bewegten Monde ausmachen. Ihre Umlaufszeiten ſind eben ſo 
gegen die Entfernungen proportionirt, und fegen eben daſſelbe 


Verhaͤltniß der Senkungskraft gegen den Planeten feſt, als das⸗ 


jenige iſt, dem dieſer zu der Sonne hin unterworfen iſt. Alles 
dieſes iſt aus der untruͤglichſten Geometrie, vermittelſt unſtreiti⸗ 
ger Beobachtungen, auf immer außer Widerſpruch geſetzt. Hie⸗ 
zu kommt noch die Idee, daß die Senkungskraft eben derſelbe 
Antrieb ſey, der auf der Oberfläche. des Planeten die Schwere 
genannt wird, und der von dieſem ſich ſtufenweiſe nach dem an⸗ 
geführten Geſetze mit den Entfernungen vermindert. Dieſes er⸗ 
ſieht man aus der Vergleichung der Quantitaͤt der Schwere auf 
der Oberflaͤche der Erde mit der Kraft, die den Mond zum Mit⸗ 
telpuncte ſeines Kreiſes hintreibt, welche gegen einander eben ſo 
wie die Attraktion in dem ganzen Weltgebaͤude, nemlich im umge⸗ 
kehrten Verhaͤltniße des Quadrats der Entfernungen iſt. Dies 


iſt die Urſache, warum man e Centralkraft auch die 
Gravitaͤt nennt. 


Weil es uͤberdem auch im hschfteh Grade wahrſcheinlich iſt: 
daß, wenn eine Wirkung nur in Gegenwart und nach Propors 
tion der Annaͤherung zu einem gewiſſen Koͤrper geſchieht, die 
Richtung derſelben auch aufs genauſte auf dieſen Koͤrper bezie⸗ 
hend iſt, zu glauben ſey, dieſer Koͤrper ſey, auf was fuͤr Art es 
auch wolle, die Urſache derſelben; fo hat man um deswillen 
Grund genug zu haben vermeint, dieſe allgemeine Senkung der 


abſtrahirt. Dieſe aber ſind wie die Quadrate ihrer Durchmeſſer 
AB und FG, oder auch wie die Quadrate ihrer Hälften AK 
und FK. Weil nun die Triangel DCH und A CK einander 
ähnlich find, und FK gleich DH; fo verhalten ſich die andern 
Seiten, welche den rechten Winkel einſchließen helfen, CK und 
CH, eben ſo wie die Grundlinien AK und DH gleich FK. 
Folglich verhalten ſich auch die Quadrate von jenen eben ſo, wie 
ſich die Quadrate der letztern verhalten. Es ſind aber die Linien 
CK und CH die Entfernungen von dem Centro der Schwere 
E: da ſich nun die Kegel, denen die Schwere proportional iſt, 
ſo verhalten, wie die Quadrate AK und DH, gleich F K; fo 
verhalten fie ſich auch wie die Quadrate CK und CH, d. i. wie 


die Quadrate der eee, von dem June MN, Schwere 
umgekehrt. — 


Planeten gegen die Sonne, einer Anziehungskraft der letztern 


zuzuſchreiben, und dieſes Vermögen der Anziehung allen Him⸗ 
melskoͤrpern uͤberhaupt beyzulegen. 


Wenn ein Koͤrper alſo dieſem Antriebe, der ihn zum Sinken ö 


gegen die Sonne oder irgend einen Planeten treibt, frey uͤber⸗ 
laſſen wird; ſo wird er in ſtets beſchleunigter Bewegung zu ihm 
niederfallen und in kurzem ſich mit deſſelben Maſſe vereinigen. 
Wenn er aber einen Stoß nach der Seite hin bekommen hat; ſo 
wird er, wenn dieſer nicht fo feäftig iſt, dem Drucke des Sins» 


keus genau das Gleichgewicht zu leiſten, ſich in einer gebogenen 


Bewegung zu dem Centralkoͤrper hinabſenken, und wenn der 
Schwung, der ihm eingedrückt worden, wenigſtens fo ſtark ge» 
weſen, ihn, ehe er die Oberflaͤche deſſelben beruͤhrt, von der ſenk⸗ 
rechten Linie um die halbe Dicke des Koͤrpers im Mittelpunkt zu 
entfernen, ſo wird er nicht deſſen Oberflaͤche beruͤhren, ſondern 
nachdem er ſich dicht um ihn herum geſchwungen hat, durch die 
vom Falle erlangte Geſchwindigkeit ſich wieder ſo hoch erheben, 


als er gefallen war, um in beſtaͤndiger e DREUHND um n ihn 


ſeinen Umlauf fortzuſetzen. 
Der Unterſchied zwiſchen den Laufkreiſen der Kometen und Pla⸗ 
neten beſteht alſo in der Abwiegung der Seitenbewegung gegen 


den Druck, der fie zum Fallen treibt; je mehr nun dieſe beyden 


Kräfte der Gleichheit nahe kommen, deſto ähnlicher wird der Kreis 
der Eirfelfigur, und je ungleicher ſie ſind, (je ſchwaͤcher die ſchie⸗ 
ßende Kraft in Anſehung der Centralkraft iſt,) deſto laͤnglicher iſt 
der Kreis, oder wie man es nennt, deſto eccentriſcher iſt er, 
weil der Himmelskoͤrper in einem Theile ſeiner Bahn ſich der Son⸗ 
ne weit mehr naͤhert, als im andern. 

Weil nichts in der ganzen Natur auf das genauſte abgewogen iſt, 
ſo hat auch kein Planet eine ganz cirkelfoͤrmige Bewegung; aber 


die Kometen weichen am meiſten davon ab, weil der Schwung, 


der ihnen zur Seite eingedruͤckt worden, am wenigſten zu der Cen⸗ 
tralkraft ihres erſten Abſtandes proportionirt geweſen. 

Ich werde mich in der Abhandlung ſehr oft des Ausdrucks ei⸗ 
ner ſyſtematiſchen Verfaſſung des Weltbaus bedie⸗ 
nen. Damit man keine Schwierigkeit finde, ſich deutlich vorzu⸗ 
ſtellen, was dadurch ſoll angedeutet werden, ſo will ich mich dar⸗ 


4 


ER. 

über mit wenigem erklaͤren. Eigentlich machen alle Planeten und 
Kometen, die zu unſerm Weltbaue gehören, dadurch ſchon ein 
Syſtem aus, daß ſie ſich um einen gemeinſchaftlichen Central⸗ 
kor per drehen. Ich nehme aber dieſe Benennung noch im engern 
Der fiande, indem ich auf die genauern Beziehungen ſehe, die 
ihre Verbindung mit einander regelmaͤßig und gleichfoͤrmig ge⸗ 
macht hat. Die Kreiſe der Planeten beziehen ſich ſo nahe, wie 
moglich, auf eine gemeinſchaftliche Flaͤche, nemlich auf die ver⸗ 
laͤngerte Aequatorsflaͤche der Sonne; die Abweichung von dieſer 
R gel findet nur bey der aͤußerſten Grenze des Syſtems, da alle 

Be wegungen allmählich aufhören, ſtatt. Wenn daher eine ger, 
| wi: Anzahl Himmelskoͤrper, die um einen gemeinſchaftlichen Mit⸗ 


| u telpunkt geordnet ſind, und ſich um ſelbigen bewegen, zugleich 


auf eine gewiſſe Flaͤche ſo beſchraͤnkt worden, daß ſie von ſelbiger 

zu beyden Seiten nur fo wenig als möglich abzuweichen die Frey⸗ 

heit haben: wenn die Abweichung nur bey denen, die von dem 
Mittelpunkte am weiteſten entfernt ſind, und daher an den Bezie⸗ 

hungen weniger Antheil als die andern haben, ſtufenweiſe ſtatt 

findet; fo ſage ich, dieſe Körper befinden ſich in einer ſy ſte ma⸗ 

tiſchen Verfaſſung zuſammen verbunden. 


Allgemeine | 
Naturgeſchichte 
. und 
Theorie des Himmels. 
| rſter Theil 
von der 
Sec Verfaſſung unter den Sir ernen. 


— — 


Die große K Kette, die der Weſen Reihen 
In Einigkeit verbindet und erhaͤlt. 


Fr | 


wope. f 


| D. hdi von der allgemeinen Verfaſſung des Weltbaus 
hat ſeit den Zeiten des Huygens keinen merklichen Zuwachs 


gewonnen. Man weiß noch zur Zeit nichts mehr, als was man 
f ſchon damals gewußt hat, nemlich, daß ſechs planeten mit zehn Be⸗ 
gleitern, a) welche alle beynahe auf einer Fläche die Cirkel ih⸗ 


res Umlaufs gerichtet haben, und die ewigen cometiſchen Kugeln, | 


b die nach allen Seiten ausſchweifen „ein Syſtem ausmachen, 
deſſen Mittelpunkt die Sonne iſt, gegen welche ſich alles ſenkt, um 
welche ihre Bewegungen gehn, und von welcher ſie alle erleuchtet, 
erwärmt und belebt werden; daß endlich die Firſterne, als eben, 
ſo viel Sonnen, Mittelpunkte von aͤhnlichen Syſtemen ſind, in 
welchen alles eben ſo groß und eben ſo ordentlich als in dem unſ⸗ 
rigen eingerichtet ſeyn mag, und daß der unendliche Weltraum von 
Weltgebaͤuden wimmele, deren Zahl und Vortreflichkeit ein Ver⸗ 
haͤltniß zur Unermeßlichkeit ihres Schöpfers hat. 7 
Das Syſtematiſche, welches in der Verbindung der planeten, 
die um ihre Sonnen laufen ſtatt fand, verſchwand allhier in der 
enge der Fixſterne 1 und es ſchien, als wenn die geſetzmaͤßige 
Beziehung, die im Kleinen angetroffen wird, nicht unter den 
Gliedern des Weltalles im Großen herrſche; die Firſterne beka⸗ 
men kein Geſetz, > durch welches ihre Lagen gegen einander 1 8 


29 Dieſes galt noch im Jahr 1755. Jetzt aber fi nd durch die 


außerordentlichen Verbeſſerungen der Fernrohre, und den Fleiß 


der neuern Aſtronomen auch maͤchtige Fortſchritte in der Kennt⸗ 
niß deen Weltkoͤrper gemacht worden. Man zaͤhlt ſeit 
1781. eben Planeten mit 14 Begleitern, (welche Zahlen in 

der Folge allezeit anſtatt der vorigen 6 — zo geſetzt worden iind.) 


b) Außer den von den Alten unvollſtaͤndig beobachteten Kometen 
find jetzt die Bahnen von 80 (ſeit i. J. 837.) erſchienenen berech⸗ 
net; davon liefen zwiſchen der Sonne und Merkursbahn hin⸗ 
durch, 163 zwiſchen Merkur und Venus, 33; zwiſchen der Ve⸗ 
nus und Erde, 16; zwiſchen der Erde und Mars, XI; en N 
Mars und Jupiter, 4. — Der Komet von 1759. braucht 7 
Jahre 6 einen halben Monath zu feinem Umlaufe; er iſt feit- . 
J. 1456. fünfmal erſchienen. Der von 1661. fol 129 Jahre, 
der vom Jahre 1356 aber 292 Jahre zum Umlaufe noͤthig haben. 
Newton berechnet die peru diſche Wiederkehr des großen Ko⸗ 
meten i. J. 1680. nach 575 Jahren. Lambert macht einen 

biilaͤufigen Ueberſchlag, daß ſich allein er ern der Saturns⸗ 
bahn 12000 Koneken aufhalten oder der Sonne am nach ofen 
kommen koͤnnen. 


ö ) 

ſchraͤnkt wurden „ und man ſahe ſie alle ice und aller Him⸗ 
mel Himmel ohne Ordnung und ohne Abſt cht erfuͤllen. Seit dem 
die Wißbegierde des Menſchen ſich dieſe Schranken geſetzt hat, ſo 
hat man weiter nichts gethan, als die Große desjenigen daraus 
abzunehmen und zu bewundern, der in ſo unbegreiflich großen 
Werken ſich offenbart hat. 
Dem Herrn Wright von a einen Engeländer war 
es vorbehalten „einen gluͤcklichen Schritt zu einer Bemerkung zu 
thun, welche von ihm ſelbſt zu keiner gar zu tuͤchtigen Abſicht 
gebraucht zu ſeyn ſcheint, und deren nuͤtzliche Anwendung er 
nicht genugſam beobachtet hat. Er betrachtete die Fixſterne nicht 
als ein ungeordnetes und ohne Abſicht zerſtreutes Gewimmel, 
ſondern er fand eine ſyſtematiſche Verfaſſung im Ganzen, und 
eine allgemeine Beziehung dieſer Geſtirne gegen einen Hauptplan 
der Räume, die fie einnehmen. 

Wir wollen den Gedanken, den er vorgetragen, zu BEN 
und ihm diejenige Wendung zu ertheilen ſuchen, dadurch er an 
wichtigen Folgen fruchtbar ſeyn kann, deren voͤllige Beſtaͤtigung 
den fünftigen Zeiten aufbehalten iſt. a) 

Jedermann, der den beſtirnten Himmel in einer heitern Nacht 
anſieht, wird denjenigen lichten Streif gewahr, der durch die 
Menge der Sterne, die daſelbſt mehr als anderwaͤrts gehaͤuft 
ſind, und wegen der ſich in der großen Weite verlierenden Kennt⸗ 
lichkeit derſelben, ein einfoͤrmiges Licht darſtellt welches man 
mit dem Namen der Milchſtraße b) benennt hat. Es iſt zu 
bewundern, daß die Beobachter des Himmels durch die Beſchaf⸗ 

fenheit dieſer am Himmel kenntlich unterſchiedenen Zone nicht 
laͤngſt bewogen worden, beſondere Beſtimmungen in der Lage der 
Fixſterne daraus abzunehmen. Denn man ſieht fie die Richtung 


a) Schon bis 1798. find mehrere ſolcher Beſtaͤtigungen gefunden 
und bekannt gemacht worden, welche an ihrem Orte in dieſer 
Abhandlung werden erwaͤhnt werden, und alſo ein e guͤn⸗ 
ſtiges Licht auf ſie ſelbſt werfen. 7 


b) Der Nahme Milchſtraße iſt abzeſchmackt, fabelhaft, ER die⸗ 
ſem erhabnen Gegenſtande nicht angemeſſen, obgleich der allge⸗ 
meine Gebrauch kaum erlaubt, einen andern und ſchicklichern (als: 
Lichtzone, Sternenguͤrtel, Glanzſtraße ꝛc.) dafür zu nehmen. 


1 f 
1 . ef 8 9 5. ' \ 
‚eines größten Zirkels, und zwar in mankkrbtbchrnch Zuſam⸗ 
menhange „um dem ganzen Himmel einnehmen; zwey Bedingun⸗ 
gen, die eine ſo genaue Beſtimmung und von dem Unbeſtimm⸗ 
ten des Ungefaͤhrs ſo kenntlich unterſchiedene Merkmale mit ſich 


fuͤhren, daß aufmerkſame Sternkundige natuͤrlicher Weiſe dadurch 


hätten veranlaßt werden ſollen, der Erklärung einer ſolchen Er⸗ 
ſcheinung mit Aufmerkſamkeit nachzuſpuͤren. 

Weil die Sterne nicht auf die ſcheinbare hohle Himmelsfphäte 
neben einander gefest ſind, ſondern einer weiter als der andere 
von unſerm Geſichtspunkte entfernt, ſich in der Tiefe des Him⸗ 
mels verlieren a); ſo folgt aus dieſer Erſcheinung, daß in den 
Entfernungen darin ſie einer hinter dem andern von uns abſte⸗ 
hen, fie ſich nicht in einer nach allen Seiten gleichguͤltigen Zer⸗ 
ſtreuung befinden, ſondern fie auf eine gewiſſe Flaͤche vornemlich 


beziehen muͤſſen, die durch unſern Geſichtspunkt geht, und wel ⸗ 


cher ſie ſich ſo nahe als moͤglich zu beſinden beſtimmt ſind. 
Diüiteſe Beziehung iſt ein fo ungezweifeltes Phaͤnomen, daß auch 
ſelbſt die übrigen Sterne, die in dem weißlichen Streife der Milch⸗ 
ſtraße nicht begriffen find, doch um deſto gehaͤufter und dich⸗ 
ter geſehen werden, je naͤher ihre Oerter dem Kreiſe der Milch⸗ 
ſtraße ſind, ſo, daß von den 2000 Sternen, die das bloße Au⸗ 


ge am Himmel entdeckt, der größte Theil in einer nicht gar 


breiten Zone, deren Mitte die Milchſtraße einnimmt, angetroffen 
wird. | 

Wenn wir uns nun eine ebne Fläche durch den Sternhimmel 
hindurch in unbeſchraͤnkte Weiten gezogen denken, und anneh⸗ 
men: daß zu dieſer Fläche alle Firſterne und Syſteme eine allge⸗ 


meine Beziehung ihres Orts haben, um ſich derſelben naͤher als 


andern Gegenden zu befinden; ſo wird ein Auge, das dieſer Be⸗ 
ziehungsflaͤche nahe iſt, bey feiner Ausſicht in das Feld der Ge 
ſtirne, an der hohlen Kugelfläche des Firmaments, dieſe dichteſte 


Haͤufung der Sterne in der Richtung der gezogenen Fläche unter, 


der Geſtalt einer von mehrern Lichte erleuchteten Zone erblicken. 


a) So z. B. wie wir in einem Walde die in langen Reihen hin⸗ 
ter einander ſtehenden Baͤume gedraͤngter ſehen, als diejenigen, 
die ſich uns zur Seite befinden. Bode Kenntniß des geſtirne. 
Himmels. p. 589, ed, 1792. iR | 


/ 


1 * 


1 


ö Dieſer lichte Streif wird nach der Nice eines ne Eir⸗ 
Fels fortgehen, wenn der Stand des Zufchauers in der Flaͤche ſelbſt 
iſt. In dieſer Zone wird es von Sternen wimmeln, welche durch 
die nicht zu unſcheidende Kleinheit der hellen Punkte, die ſich 
einzeln dem Auge entziehen, und durch ihre ſcheinbare Dichtigkeit, 
einen einfoͤrmig weißlichen Schimmer „ mit einem Worte, eine 
Milchſtraße darſtellen. Das uͤbrige Himmelsheer, deſſen Bezie⸗ 
hung gegen die gezogene Flaͤche ſich nach und nach vermindert, 
oder welches ſich auch dem Stande des Beobachters naͤher befindet, 
wird mehr zerſtreut, doch der zunehmenden Haͤufung nach, auf 
eben dieſe Flaͤche beziehend geſehen werden. Endlich folgt hier⸗ 
aus, daß unſre Sonnenwelt, weil von ihr aus dieſes Syſtem 
der Fixſterne in der Richtung eines groͤßeſten Cirkels geſehen 
wird, mit in eben derſelben großen Flaͤche befndlich ſey, und 
mit den uͤbrigen Ein Syſtem ausmache. | 

Wir wollen, um in die Beſchaffenheit der allgemeinen Verbin⸗ 
dung, die in dem Weltbaue herrſcht, deſto beſſer zu dringen, die 
Urſache zu entdecken ſuchen, welche die Oerter der Fixſterne auf 
eine gemeinſchaftliche Flaͤche beziehend gemacht hat. 

Die Sonne ſchraͤnkt die Weite ihrer Anziehungskraft nicht in 
den engen Bezirk des Planetengebaͤudes ein. Allem Anſehn nach 
erſtreckt ſie ſelbige ins Unendliche. Die Kometen, die ſich ſehr 
weit über den Kreis des Saturns erheben, werden durch die An⸗ 
ziehung der Sonne genoͤthiget, wieder zuruͤck zu kehren und in 
Kreiſen zu laufen. Ob es alſo gleich der Natur einer Kraft, die 
dem Weſen der Materie einverleibt zu ſeyn ſcheinet, gemaͤſer iſt, 
unbeſchraͤnkt zu ſeyn, und fie auch wirklich von denen, die Ne w⸗ 
tons Satze annehmen, dafür erkannt wird; fo wollen wir doch 
nur zugeſtanden wiſſen, daß dieſe Anziehung der Sonne ohnge⸗ 
faͤhr bis zum naͤchſten Firſterne reiche, und daß die Fixſterne als 
eben ſo viel Sonnen in gleichem Umfange um ſich wuͤrken, um zu 
folgern, daß alle Sonnen des Firmaments Umlaufsbewegungen 
entweder um einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt oder um viele 
haben. Denn da unter dieſer Annahme das ganze Heer der Fix⸗ 
ſterne einander durch die Anziehung zu naͤhern beſtrebt iſt; ſo 
finden ſich alle Weltſyſteme in der Verfaſſung, durch die gegen⸗ 
ſeitige Annäherung , die unaufhoͤrlich und durch nichts gehindert 


— 


* Be 


iſt, über kurz oder lang in einen Klumpen zu fallen N e die. 
ſem Ruine nicht ſo wie bey den Kugeln unſers planetiſchen Sy | 
ſtems durch die den Mittelpuufe fliehenden Kräfte’ vorgebeugt 
worden, welche die Himmelskoͤrper von dem geraden Falle abbeu⸗ 
gen, und dadurch mit den Kraͤften der Anziehung i in Verbindung 
die ewige Kreisumlaͤufe zuwege bringen, dadurch das Gebäude 
der Schöpfung vor der Zerſtoͤrung geſichert wird. 


So haben denn alle Sonnen des Firmaments Umlaufsbewe⸗ 
gungen, entweder um einen allgemeinen Mittelpunkt oder um 
viele. Man kann ſich aber allhier der Analogie bedienen, von 
dem, was bey den Kreislaͤufen unſerer Sonnenwelt bemerkt wird: 
daß nemlich, gleichwie eben dieſelbe Urſache, die den Planeten 
die Centerfliehkraft „ durch die fie ihre Umlaͤufe verrichten, ers 
theilt hat, ihre Laufkreiſe auch ſo gerichtet, daß ſie ſich alle auf 
Eine Flaͤche beziehen; alſo auch die Urſache, welche es auch im⸗ 
mer ſeyn mag, die den Sonnen der Oberwelt, als ſo viel Wan⸗ 
delſternen hoͤherer Weltordnungen, die Kraft der Umwendung 
gegeben, ihre Kreiſe zugleich ſo viel moͤglich auf eine Flaͤche ge⸗ 
bracht, und die Abweichung von derſelben een beſtrebt 
geweſen. 


1 


Nach dieſer Vorſtellung kann man das Syſtem der Firſterne 
einigermaßen durch das planetiſche abſchildern, wenn man die⸗ 
ſes unendlich vergroͤßert. Denn wenn wir anſtatt der 7 Planeten 
mit ihren 14 Begleitern ſo viele tauſend derſelben, und an ſtatt 
der 80 Kometen, die beobachtet worden, ihrer hundert oder tau⸗ 
ſendmal mehr annehmen, wenn wir eben dieſe Koͤrper als ſelbſt⸗ 
leuchtend denken; ſo wuͤrde dem Auge des Zuſchauers, das ſie 
von der Erde anſieht, eben der Schein als von den Fixſternen der 
Milchſtraße entſtehen. Denn die gedachten Planeten würden 
durch ihre Naͤhe zu der gemeinſchaftlichen Flaͤche ihrer Beziehung, 
uns, die wir mit unſerer Erde in eben derſelben Flaͤche befindlich 
ſind, eine von unzaͤhlbaren Sternen dicht erleuchtete Zone dar⸗ 
ſtellen, deren Richtung nach dem groͤſten Cirkel gienge; dieſer 
lichte Streifen wuͤrde allenthalben mit Sternen genugſam beſetzt 
ſeyn, obgleich, gemaͤß der Hypotheſe, es Wandelſterne, mit⸗ 
hin nicht an einen Ort geheftet ſind, denn es wuͤrden ſich allezeit 


3 ! ( 12 9 | 5 


nach einer Seite Sterne genug durch ihre Verſetzung befinden, a 
obgleich andere dieſen Orr geaͤndert haͤtten. 

Die Breite dieſer erleuchteten Zone, welche eine Art eines 
Thierkreiſes vorſtellt, wird durch die verſchiedenen Grade der Ab⸗ 
weichung beſagter Irrſterne von der Flaͤche ihrer Beziehung und 

durch die Neigung ihrer Kreiſe gegen dieſelbe Flaͤche veranlaſſet 
werden; und weil die meiſten dieſer Flaͤche nahe ſind, ſo wird ih⸗ 
re Anzahl nach dem Maaße der Entfernung von dieſer Flaͤche 
Fberſtreuter erſcheinen; die Kometen aber, die alle Gegenden ohne 
Unterſchied einnehmen, werden das Feld des Himmels von bey» 
den Seiten bedecken. 5 

Die Geſtalt des Himmels der Fixſterne hat alſo keine andere 
Urſache, als eben eine dergleichen ſyſtematiſche Verfaſſung im 
Großen, als der planetiſche Weltbau im Kleinen hat, indem 
alle Sonnen ein Syſtem ausmachen, deſſen allgemeine Bezie⸗ 
hungsflache die Milchſtraße iſt; die ſich am wenigſten auf dieſe 
Flaͤche beziehenden, werden zur Seite geſehen, fie find aber eben 
deswegen weniger gehaͤufet, weit zerſtreuter und ſeltener. Es 
ſind ſo zu ſagen die Kometen unter den Sonnen. 1) 

Dieſer neue Lehrbegriff aber legt den Sonnen eine fortruͤcken⸗ 
de Bewegung bey, und jedermann erkennt ſie doch als unbewegt, 
und von Anbeginn her an ihre Oerter geheftet. Die Benen⸗ 
nung, die die Fixſterne davon erhalten haben, ſcheinet durch die 
Beobachtung aller Jahrhunderte beſtaͤtiget und ungezweifelt zu 
ſeyn. Dieſe Schwierigkeit wuͤrde das vorgetragene Lehrgebaͤude 
vernichten, wenn fie gegründet wäre, Allein allem Anſehen nach 


1) Da Herr Kant dieſe Vorſtellung von der Milchſtraße, als eines 
unſerm Sonnenſyſteme aͤhnlichen Syſtems mehrerer bewegter 
Sonnen, ſchon i. J. 7755. lieferte; Hr. Lambert aber, in feinen 
kosmologiſchen Briefen e Einrichtung des 
Weltbaus, eine ähnliche Idee j. J. 1761. bekannt machte; fo 
gebuͤhrt Hrn. Kanten allerdings das 4 der erſten Erfindung, 
welche auch uͤberdieß den Vorzug vor jener hat, indem Hr. Lambert 
die Milchſtraße in unzaͤhliche kleinere Theile theilte, und annahm, 

daß unſer Planetenſyſtem in Einem ſolcher Theile, zu dem auch 
alle Sterne außer der Milchſtraße gehoͤren ſollten, befindlich ſey. 
(Man ſieht leicht, daß die Kantiſche Vorſtellung weit ee na⸗ 

tuͤrlicher und auch optiſch richtiger iſt.) 


4 


„ 


iſt dieser Mangel der Bewegung nur etwas ſcheinbares. Es iſt 


entweder nur eine ausnehmende Langſamkeit, die von der großen 


Entfernung von dem gemeinen Mittelpunkte ihres Umlaufs, oder 
eine Unmerklichkeit, die durch den Abſtand von dem Orte der Be⸗ 
obachtung veranlaßt wird. Laſſet uns die Wahrſcheinlichkeit 


dieſes Begriffes durch die Ausrechnung der Bewegung ſchaͤtzen, 


die ein unſerer Sonne am naͤchſten ſtehender Fixſtern a) haben wuͤr⸗ 
de, wenn wir ſetzten, daß unſere Sonne der Mittelpunkt ſeines 
Kreiſes waͤre. Wenn ſeine Weite nach dem Huygen uͤber 


2 1o0omal größer, als der Abſtand der Sonne von der Erde ans 


genommen wird; fo folgt aus dem ausgemachten Geſetze der Um⸗ 
laufszeiten, die im Verhaͤltniß der Quadratwurzeln aus den Wuͤr⸗ 


feln der Entfernungen vom Mittelpunkte ſtehen, daß, wenn dieſer 


Fixſtern um die Sonne liefe, die Zeit, die er dazu anwenden muͤß⸗ 
te, dazu uͤber drey Millionen Jahre, betragen und er alſo i. 
8000 Jahren noch nicht um Einen Grad fortgerückt ſeyn würde: 
Da nun neue vielleicht ſehr wenige Firſterne der Sonne fo nahe 
find, als Huygen von dem Sirius gemuthmaßt hat, da die 
Entfernung des übrigen Himmelsheeres den Abſtand des letztern 
vielleicht ungemein uͤbertrift, und alſo die meiſten zu ſolcher pe⸗ 
riodiſchen Umwendung ungleich laͤngere Zeit brauchen wuͤrden, 
uͤberdem auch wahrſcheinlicher ift, daß die Bewegung der Son⸗ 
nen des Sternhimmels um einen gemeinſchaftlichen Mittelpunkt 
gehe, deſſen Abſtand ungemein groß, und die Fortruͤckung der 
Sterne daher überaus langſam ſeyn kann: fo laßt ſich hieraus 
mit Wahrſcheinlichkeit abnehmen, daß alle Zeit, ſeit der man 


Beobachtungen am Himmel angeſtellt hat, vielleicht noch nicht 


hinlänglich ſey, die Veraͤnderung, die in ihren Stellungen vor⸗ 
gegangen, zu bemerken. Man darf indeſſen noch nicht die Hoff⸗ 


nung aufgeben, auch dieſe mit der Zeit zu entdecken. Es wer⸗ 


den ſubtile und ſorgfaͤltige Aufmerker, ingleichen eine Verglei⸗ 
chung weit von einander abſtehender Beobachtungen dazu erfor⸗ 
a) Welches nach Einigen der Stern Areturus im Bootes, nach 
Andern der Sirius im großen Hunde, nach Andern aber die 
Capella im Auriga ſeyn ſoll. Huygen ſetzt den Sirius der 
Sonne am nächſten, und berechnet feine Entfernung auf 27664 
Erdweiten; Bradley aber und Lambert nehmen ſie aus 
ſichern Gründen zu 400000 Erdweiten an. 


dert. Man müßte dieſe Beobachtungen vornemlich auf die Ster⸗ 
ö ne der Milchſtraße richten, ) welche der Hauptplan aller Bewe⸗ 
gung iſt. Heer Bradley hat beynahe unmerkliche Fortruͤk⸗ 
kungen der Sterne beobachtet. a) Die Alten haben Sterne an 
gewiſſen Stellen des Himmels gemerkt, und wir ſehen neue an 
andern. Wer weiß, waren es nicht die vorigen, die nur den Ort 
geaͤndert haben. Die Vortrefflichkeit der Werkzeuge und die 
Vollkommenheit der Sternwiſſenſchaft machen uns gegründete 
Hoffnung zu Entdeckung ſo ſonderbarer Merkwuͤrdigkeiten. 
Die Glaubwürdigkeit der Sache ſelbſt aus den Gründen der Nas 
tur und der Analogie unterſtützen dieſe Hoffnung ſo gut, daß 
ſie die Aufmerkſamkeit der e e reitzen koͤnnen, ſie in Er⸗ 


füllung zu bringen. 5 
Die Milchſtraße iſt, ſo zu ſagen, auch der Thierkreis neuer 
Sterne, welche faſt in keiner andern Himmelsgegend, als in die⸗ 
fer wechſelsweiſe fich ſehen laſſen und verſchwinden. Wenn dieſe 
Abwechſelung ihrer Sichtbarkeit von ihrer periodiſchen Entfer⸗ 


„ Ingleichen auf diejenigen Haufen von Sternen, deren viele in 
eeinem kleinen Raume bey einander find, als z. E. das Siebenge— 
ſtirn, welche vielleicht unter ſich ein kleines Syſtem in ee Groͤſ⸗ 
fern ausmachen. 0 : 
a) Siehe die Vorrede, auf der 9. und 10. Seite. 

n) De la Hire bemerket in den Memoires der Akademie zu Paris 
vom Jahr 1693, er habe ſowohl aus eigenen Beobachtungen, als 
auch aus Vergleichung derſelben mit des Rieeiolus feinen, eis 
ne ſtarke Aenderung in den Stellungen der Sterne des Siebenge— 

ſtirns wahrgenommen. 1) 

4 > Was ſeitdem von neuern Aſtronomen, beſonders von Herſchel 
hierinn geſchehen, und daß jetzt die Veraͤnderung des Orts 
wenigſtens unſrer Sonne ſo gut als erwieſen ſey, iſt faſt allge⸗ 
mein bekannt. S. — Nach Herſchels und Prevoſts Beobach⸗ 

kungen ruͤckt unſre Sonne allmaͤhlich gegen das Geſtirn des 
Herkules hin, aus welcher Ortsveraͤnderung ſich ein Theil der 

ſcheinbaren Fortbewegung mancher Fixſterne leichter erklaͤren 
laͤßt. S. Bodens aſtronom. Jahrbuch für 1786. pag. 259. und 
für 1787. pag. 224. — Daß hier aber nicht von der beſondern 


Fortruͤckung des geſammten Heers der Fixſterne, nach welcher 


fie ſich jaͤhrlich um 30 und einer halben Sekunde von dem er: 
ſten Punkte der Fruͤhlings⸗Nacht gleiche gegen Morgen fortbe⸗ 
wegen, die Rede ſey, darf wohl kaum erinnert werden. i 


5 
ER 
= 

Pr) 


68% %% „„ 


nung und Annäherung zu uns herruͤhrt, fo ſcheint wohl aus 
der angefuhrten ſyſtematiſchen Verfaſſung der Geſtirne, daß ein 
ſolches Phänomen mehrentheils nur in dem Bezirke der Milch ⸗ 
ſtraße muͤſſe geſehen werden. Denn da es Sterne ſind, die in 
ſehr oblongen Kreiſen um andere Fixrſterne als Trabanten um 
ihre Hauptplaneten laufen, ſo erfordert es die Analogie mit un⸗ 
ſerm planetiſchen Weltbau, in welchem nur die der gemeinſchaft⸗ 
lichen Flaͤche der Bewegungen nahe Himmelskoͤrper um ſich lau⸗ 
fende Begleiter haben, daß auch nur die Sterne, die in der Milch⸗ 
ſtraße ſind, um ſich laufende Sonnen haben werden. 

Ich komme zu demjenigen Theile des vorgetragenen Lehrbegriffs, 
der ihn durch die erhabene Vorſtellung, welche er von dem Plane 
der Schoͤpfung darſtellt, am meiſten reitzend macht. Die Reihe 
der Gedanken, die mich darauf geleitet haben, iſt kurz und un⸗ 
gekuͤnſtelt; ſie beſteht in Folgendem: Wenn ein Syſtem von Fix⸗ 

ſternen, welche in ihren Lagen fi ich auf eine gemeinſchaftliche Flaͤ⸗ 
che beziehen, ſo wie wir die Milchſtraße entworfen haben, ſo weit 
von uns entfernt iſt, daß alle Kenntlichkeit der einzelnen Sterne, 
daraus es beſteht, ſogar dem Sehrohre nicht mehr empfindlich iſt; 
wenn feine Entfernung zu der Entfernung der Sterne der Milch⸗ 
ſtraße eben das Verhaͤltniß, als dieſe zum Abſtande der Sonne 
von uns hat; kurz, wenn eine ſolche Welt von Fixſternen in eis 
nem ſo unermeßlichen Abſtande von dem Auge des Beobachters, 
das ſich außerhalb demſelben befindet, angeſchaut wird, fo wird 
dieſelbe unter einem kleinen Winkel als ein mit ſchwachem Lichte 
erleuchtetes Raͤumchen erſcheinen, deſſen Figur cirkelrund ſeyn 
wird, wenn ſeine Fläche ſich dem Auge gerade zu darbietet, und 
elliptiſch, wenn es von der Seite geſehen wird. "Die Schwäche 
des Lichts, die Figur und die kennbare Groͤße des Durchmeſſers 


werden ein ſolches Phaͤnomen, wenn es vorhanden iſt, von 


allen Sternen, die einzeln geſehen werden, gar deutlich unter⸗ 
ſcheiden. 
Man darf ſich unter den Beobachtungen der Sternkundigen 
nicht lange nach dieſer Erſcheinung umſehen. Sie iſt von unter⸗ 
ſchiedlichen Beobachtern deutlich wahrgenommen worden. Man 
hat ſich uͤber ihre Seltſamkeit verwundert; man hat gemuthmaßt 
und bisweilen wunderlichen Einbildungen, bisweilen ſcheinbaren 


£ 1 3 | 
* 


Begriffen, die aber doch eben ſo ungegruͤndet, als die erſtern 
waren, Platz gegeben. Die neblichen Sterne ſind es, welche wir 
meinen, a) oder vielmehr eine Gattung derſelben, die der Herr 
v. Maupertuis ſo beſchreibet ): Daß es kleine, et⸗ 
was mehr als das Finſtere des leeren Himmels er⸗ 
leuchtete Plätzchen ſeyn, die alle darin überein 
kommen, daß ſie mehr oder weniger offene Ellip⸗ 
fen vorſtellen, aber deren Licht weit ſchwaͤcher iſt, 
als irgend ein anderes, das man am Himmel ge⸗ 
wahr wird. Der Verfaſſer der Aſtrotheologie bildete ſich ein, 
daß es Oeffnungen im Firmamente waͤren, durch welche er den 
Feuerhimmel zu ſehen glaubte. Ein Philoſoph von erleuchtetern 
Einſichten, der ſchon angefuͤhrte Herr von Maupertuis, haͤlt 
fie in Betrachtung ihrer Figur und kennbaren Durchmeſſers vor 
erſtaunlich große Himmelskoͤrper, die durch ihre von dem Dre⸗ 
hungsſchwunge verurſachte große Applattung von der Seite ge⸗ 
ſehn, elliptiſche Geſtalten darſtellen. 

tan wird leicht überführt, daß dieſe letzere Erklaͤrung gleich⸗ 
falls nicht ſtatt finden koͤnne. Weil dieſe Art von neblichen Ster⸗ 
nen außer Zweifel, zum wenigſten eben ſo weit als die uͤbrigen Fix⸗ 
ſterne von uns entfernet ſeyn muß; ſo waͤre nicht allein ihre Groͤſ⸗ 
ſe erſtaunlich, nach welcher ſie auch die groͤßten Sterne viele 
tauſendmal uͤbertreffen muͤßten, ſondern das waͤre am allerſelt⸗ 
ſamſten, daß ſie bey dieſer außerordentlichen Groͤße, da es ſelbſt⸗ 
leuchtende Koͤrper und Sonnen ſind, das eg ge und 
ſchwaͤchſte Licht an fich zeigen ſollten. 

Weit natuͤrlicher und begreiflicher iſt es, daß es nicht en 
ſo große Sterne, ſondern Syſteme von vielen find, deren Ent 
fernung fie in einem fo engen Raume darſtellt, daß das Licht, 
welches von jedem derſelben einzeln unmerklich iſt, bey ihrer un⸗ 
ermeßlichen Menge in einen einfoͤrmigen blaſſen Schimmer aus⸗ 
ſchlaͤgt. Die Analogie mit dem Sternſyſtem, darin wir uns 
befinden, ihre Geſtalt, welche grade ſo iſt, als 85 es nach unſe⸗ 

| eh rem 
a) Wovon ſchon einiges in der Vorrede, Seite 10 und 11 vorge⸗ 
kommen iſt. a 
29 Abhandlung von der Figur der Sterne. 


| | „%%% 
rem Lehrbegriffe ſeyn muß, die Schwaͤche des Lichts, die eine 
vorausgeſetzte unendliche Entfernung erfordert: Alles ſtimmt 
vollkommen uͤberein, dieſe elliptiſche Eiguren für eben dergleichen 
Weltordnungen, und ſo zu reden, Milchſtraßen zu halten, deren 
Verfaſſung wir eben entwickelt haben; und wenn Muthmaßungen, 
in denen Analogie und Beobachtung vollkommen uͤbereinſtimmen, 
einander zu unterſtuͤtzen, eben dieſelbe Wuͤrdigkeit haben als foͤrm⸗ 
liche Beweiſe, ſo wird man die Gewißheit biefer Syſteme für 
ausgemacht halten muͤſſen. | 
Nunmehr hat die Aufmerkſamkeit der Beobachter des Him⸗ | 
mels Bewegungsgruͤnde genug, ſich mit dieſem Gegenſtande zu 
beſchaͤftigen. Die Fixſterne, die wir noch einzeln unterſcheiden, 
beziehen ſich alſo mit der unzaͤhlbaren Menge derer, die durch ihr 
vereinigtes Licht den Schimmer der Milchſtraße verurſachen, auf 
eine gemeinſchaftliche Flaͤche, und machen dadurch ein zuſammen⸗ 
geordnetes Ganze, welches eine Welt von Welten iſt. In uner⸗ 


meßlichen Entfernungen giebt es mehr ſolcher Sternen ſyſteme (die 


neblichen Sterne, Nebelflecke) und die Schöpfung iſt in dem gan⸗ 
zen unendlichen Umfange ihrer Groͤße ee N ſyſtematiſch und 
auf einander beziehend. 
Man koͤnnte noch muthmaßen, daß eben dieſe hohere Weltord⸗ 
nungen nicht ohne Beziehung gegen einander ſeyn, und durch die⸗ 
ſes gegenſeitige Verhaͤltniß wiederum ein noch unermeßlicheres Sy» 
ſtem ausmachen moͤchten. Und wirklich muß eben die Anziehungs⸗ 
kraft, aus der wir die Bewegung der Sonnen gefolgert haben, 
auch bey dieſen hoͤhern Weltordnungen eine Bewegung theils noͤ⸗ 
thig gemacht, theils hervorgebracht haben. In der That ſteht 
man, daß die elliptiſchen Figuren dieſer Arten neblicher Sterne, 
welche der Herr von Maupertuis anfuͤhrt, eine ſehr nahe Bezie⸗ 
hung auf die Flaͤche der Milchſtraße haben. Es ſteht hier ein 
weites Feld zu Entdeckungen offen, wozu die Beobachtung den 
Schluͤſſel geben muß. 1) Die eigentlich K genannten neblichen. 


10 Lambert ſcheint ungewiß geweſen zu 1 5 wofuͤr er die Ne⸗ 
belſterne halten ſollte. An einigen Orten ſeiner Briefe ſcheint er 
ſie fuͤr entfernte Milchſtraßen zu halten; an andern nur für ein 
reflectirtes Licht eines von benachbarten Sonnen erleuchteten dun⸗ 
keln Centralkoͤrpers; an andern vermuthet er das Daſeyn meh⸗ 
rerer Milchſtraßen, ohne dabei an die Nebelſterne zu denken. Man 


B 


| 3 1 18 3 

| 5 5 4 
Sterne, und die, uͤber welche man ſtreitig iſt, fie fo zu benen⸗ 
nen, muͤßten nach Anleitung dieſes Lehrbegriffs unterſucht und 
geprüft werden. Wenn man die Theile der Natur nach Abſich⸗ 
ten und einem entdeckten Entwurfe betrachtet, ſo eroͤfnen ſich ge⸗ 
wiſſe Eigenſchaften, die ſonſt uͤberſehen werden und verborgen 
bleiben, wenn ſich die Beobachtung ohne Anleitung auf alle Ge⸗ 
genſtaͤnde zerſtreuet. N 4 en 


Der Lehrbegriff, den wir vorgetragen haben, eroͤfnet uns eine 


15 Ausſicht in das unendliche Feld der Schoͤpfung, und bietet eine 


Vorſtellung von dem Werke Gottes dar, die der Unendlichkeit 
des großen Werkmeiſters gemaͤß iſt. Wenn die Groͤße eines pla⸗ 
netiſchen Weltbaues, darin die Erde als ein Sandkorn kaum be⸗ 
merkt wird, den Verſtand in Verwunderung ſetzt, mit welchem 
Erſtaunen wird man en tzuͤckt, wenn man die unendliche Menge 
Welten und Syſteme anſieht, die den Inbegriff der Milchſtraße 
erfüllen; allein wie vermehrt ſich dieſes Erſtaunen, wenn man 
gewahr wird, daß alle dieſe unermeßlichen Sternordnungen wie⸗ 
derum die Einheit von einer Zahl machen, deren Ende wir nicht 
wiſſen, und die vielleicht eben ſo wie jene unbegreiflich groß, und 
doch wiederum noch die Einheit einer neuen Zahlverbindung iſt. 
Wir ſehen die erſten Glieder eines fortſchreitenden Verhaͤltniſſes 
von Welten und Syſtemen, und der erſte Theil dieſer unendlichen 
Progreſſion giebt ſchon zu erkennen, was man von dem Ganzen 
vermuthen ſoll. Es iſt hie kein Ende, ſondern ein Abgrund 
einer wahren Unermeßlichkeit, worein alle Faͤhigkeit der menſch⸗ 
lichen Begriffe ſinkt, wenn fie gleich durch die Huͤlfe der Zahl⸗ 
wiſſenſchaft erhoben wird. Die Weisheit, die Guͤte, die 
Macht, die ſich offenbart hat, iſt unendlich, und in eben dem 


kann alſo dieſe Vorſtellung nicht einen von Lambert gewagten Ge⸗ 

danken nennen, wie in Erxlebens Naturlehre 1772. geſagt wird; 

ſondern auch dieſe gehört Hrn. Kanten in Anſehung der Prioritaͤt 

zu. S. — In den drei Abhandlungen des Hrn. Herſchels, die i. 

J. 1771. Hr. Sommer deutſch herausgab, finden ſich eine Menge 

Beobachtungen und Entdeckungen von mancherlei Arten von Ne⸗ 

belſternen, Nebelflecken, Schimmergeſtalten am Firmamente, wo⸗ 

durch Hrn. Kants Ideen beſtaͤtigt und weiter ausgeführt werden. 

Man ſehe davon auch Bodens Kenntniß des geſt. Himm. 1792. 
Seite 543. und aſtrom. Jahrbuͤcher fuͤr 1791 und 1794. H. 


43 
Maaße fruchtbar und geſchaͤftig; der Plan ihrer Offenbarung 
muß daher eben wie fie unendlich und ohne Grenzen ſeyn a. 
Es ſind aber nicht allein im Großen wichtige Entdeckungen zu 
machen, die den Begriff zu erweitern dienen, den man ſich von 
der Groͤße der Schoͤpfung machen kann. Im Kleinern iſt nicht 
weniger unentdeckt, und wir ſehen fogar in unſerer Sonnenwelt 
die Glieder eines Syſtems, die unermeßlich weit von einander 
abſtehen, und zwiſchen welchen man die Zwiſchentheile noch nicht 
entdeckt hat. Sollte zwiſchen dem Saturn, dem aͤußerſten un⸗ 
ter den Wandelſternen, die wir kennen, und dem am wenigſten 
eccentriſchen Kometen, der vielleicht von einer o und mehrmal 
entlegenern Entfernung zu uns herabſteigt, kein Planet mehr ſeyn b) 
deſſen Bewegung der kometiſchen näher als jener kame? und 
ſollten nicht noch andere mehr durch eine Annäherung ihrer Be⸗ 
ſtimmungen, vermittelſt einer Reihe von Zwiſchengliedern, die 
Planeten nach und nach in Kometen verwandeln, und die letztere 
Gattung mit der erſtern zuſammen haͤngen? ee 
Das Geſetz, nach welchem die Eccentricitaͤt der Planetenkreiſe 
ſich in Gegenhaltung ihres Abſtands von der Sonne verhalt) 
unterſtützt dieſe Vermuthung. Die Eccentricitaͤt in den Bewe⸗ 
gungen der Planeten nimmt mit demſelben Abſtande von der Som 
u 2 rg 00 Human ban 
A Be Bee Ba 
1791. von Seite 547. — Er vermuthet als Eentialz Sonne; der 
Milchſtraße den Sirius und unſer Sonnenſyſtem in die Gegend 
des Adlers und Schwans, fo wie er auch für alle andre Schr 
fragen zuſammen eine einzige Haupt ⸗ Sonne, den eigentlichen 


Sitz der alles lenkenden Gottheit, vermuthet. — Siehe auch, 
was in den folgenden Hauptſtüͤcken des zten Buchs geſagt wird. 


b) So wie der große Leibnitz ein zuſammenhaͤngendes Glied der 
Schoͤpfungskette zwiſchen Pflanze und Thier vermuthete und 
Trembley ſie auch nachher wirklich in den Polypen entdeckte; 
ſo vermuthet hier Kant Planeten über dem Saturne, und 
Herſchel hat, wie allgemein bekannt iſt, einen, nämlich den 
Uranus (mit 2 Monden) i. J. 1787 entdeckt, deſſen Bewegung 
aber noch planetiſch⸗ regular iſt, indem er ſeine elliptiſche Bahn 
um die Sonne in 83 Jahren vollendet, in jeder Sekunde neun 

zehntel Meilen zurück ſegt, und als ein Stern ster Große dem 
bloßen Auge ſichtbar iſt. Sein erſter Mond braucht 8 Tage 17 
Stunden, der andre 13 Tage 11 Stunden zu ſeinem Umlaufe 
um den Planeten; Herſchel entdeckte ſie im Jahr 1787. Man 

ſehe Bodens, Sacks und Wurms Abhandlungen davon. 


x ee n 


ne zu, und die entfernten Planeten kommen haha der Beſtim⸗ 
mung der Kometen näher. Es iſt alſo zu vermuthen, daß es noch 
andere Planeten uͤber dem Saturn (Uranus) geben wird, welche 
noch eccentriſcher, und dadurch alſo j jenem noch näher verwandt, 
vermittelſt einer beftändigen Leiter die Planeten e zu Kome⸗ 
ten machen. Die Eccentricitaͤt iſt bey der Venus 116 von der 
| halben Achfe ihres elliptifchen Kreiſes; bey der Erde Ig, bey Ju⸗ 
piter 28, und beym Saturn 5, derſelben; fit nimmt alſo au⸗ 
genſcheinlich mit den Entfernungen zu a). Es iſt wahr, Mer⸗ 
kur und Mars nehmen ſich durch ihre viel größere. Eccentricitaͤt, 
als das Maas ihres Abſtandes von der Sonne es erlaubt, von 
dieſem Geſetze aus, aber wir werden im Folgenden belehrt werden, 
daß eben dieſelben Urſachen, weswegen einigen Planeten bey ihrer 
Bildung eine kleinere Maſſe zu Theil worden, auch die Ermange⸗ 
Lung des zum Cirkellaufe erforderlichen Schwunges, folglich die 
Eccentricitaͤt nach ſich gezogen, folglich fie in beyden Stuͤkken un⸗ 
vollſtäͤndig gelaſſen hat. 8 
Iſt es dieſem zufolge nicht wahrſcheinlich, daß bie Abnahme 
der Eccentricitaͤt der uͤber dem Saturn zunächft befindlichen Him⸗ 
melskoͤrper ohngefehr eben ſo gemaͤßigt „als in den untern ſey, 
und daß die Planeten durch minder plögliche Abfälle mit dem Ge⸗ 
Schlechte der Kometen verwandt ſeyn; denn es iſt gewiß, daß eben 
dieſe Eccentricitaͤt den weſentlichen Unterſchied zwiſchen den Ko⸗ 
meten und Planeten macht, und die Schweife und Dunſtkugeln 
f derſelben nur deren Folge ſind; imgleichen, daß eben die Urſache, 
welche es auch immerhin ſeyn mag, die den Himmelskoͤrpern⸗ 
ihre Kreisbewegungen ertheilt hat, bey groͤßern Entfernungen 
bist, allein ſchwaͤcher geweſen, den Drehungsſchwung der Sen⸗ 


2) Dieſe Entfernungen der Planeten von ber Sonne kann man 
auf folgende kleine Zahlen redueiren. Wenn der Abſtand des 
Saturns von der Sonne auf 100 Theile geſetzt wird, ſo iſt Mer⸗ 
eur 4 folder Theile von der Sonne entfernt, Venus 4 und 
3 2 7, Erde 4 und 6= 10; Mars 4 und 12 = 16; Jupiter 4 
und 48 = 52; Saturn 4 und 96 = 0%; Uranus 4 und 192 — 

196. Zugleich erhellt 1 eine ordentliche Progreß on der 

Entfernungsweiten, welche aber zwiſchen Mars und Jupiter 
durch eine Luͤcke (von 4 und 24 = 28 ſolcher Theile) unter⸗ 
brochen iſt, daher man an dieſem Orte einen noch unentdeck⸗ 
ten Planeten ermuthen kann, der ſeinen Umlauf in 4 und 
einem halben Jahre vollenden mußte. er 


1 


0 27 5 


| kungektaft gleich zu machen, und dadurch dle Bewegungen eceen⸗ 
triſch gelaſſen hat, ſondern auch eben deswegen weniger vermoͤ⸗ 
gend geweſen, die Kreiſe dieſer Kugeln auf eine gemeinfchaftliche 
Flache, auf welcher ſich die untern bewegen, zu bringen, und da⸗ 
durch die Ausſchweifung der Kometen nach allen Gegenden ver⸗ 
anlaßt hat. 5 8 
Man würde nach dieſer Vermuthung uch vielleicht die Eut⸗ 
deckung neuer Planeten über dem Saturn (Uranus) zu hoffen hr 
ben, die eccentriſcher als dieſer, und alfo der kometiſchen Eigen⸗ 
ſchaft naͤher ſeyn würden; aber eben daher wuͤrde man ſie nur 
eine kurze Zeit, nemlich in der Zeit ihrer Sonnennaͤhe, erblicken 
konnen, welcher Umſtand zuſammt dem geringen Maaße der An⸗ 
naͤherung und der Schwäche des Lichts die Entdeckung deſſelben 
bisher verhindert haben, und auch aufs kuͤnftige ſchwer machen 
müſſen. Der letzte Planet und erſte Komet würde, wenn es fo 
beliebte, derjenige koͤnnen genannt werden, deſſen Eccentricitaͤt 
ſo groß waͤre, daß er in ſeiner Sonnennaͤhe den Kreis des ihm 
naͤchſten Planeten, vielleicht alſo des Saturns, durchſchnitte. 


ER gem ae 
a Naturgeſchichte 
und 


bete de 8s Himmels. 
Zweiter Theil. 


Won d dem erste Zustande der Natur, der Bildung der Himmels 
„körper, den Urſachen ihrer Bewegung und der ſyſtematiſchen 
„Beziehung derſelben, ſowohl in dem Planerengebäude in⸗ 
„ſenderheit, als auch in Anſehung der r ganzen Schöpfung. 


1. = — — — Schau umher 
AJgn unſrer Welt, ſieh wie das Band der Liebe 
Was unten und was oben * 5 
i Wie die Na atur die ſchoͤpferi che K and 
Du dieſem Zwecke bietet; uͤberall 
Geſellen ſich Atomen zu Atomen, PN 
Sich anziehn und dem Zuge folgen iſt 
Ihr ewig Streben nach Vereinigung. 
Schau vie Materie zunaͤchſt, wie fie 
Mit mannigfaltiger Lebendigkeit 
Begabt zum allgemeinen Mittelpunkt 
Dem Wohl der Welt ſich neiget.— — — 


Pope. 


Erſtes Hauptſtück. 


N Von dem Urſprunge des planetiſchen Weltbaues überhaupt und den 
Urſachen der Bewegungen der Planeten. 


A Die Betrachtung des Weltbaus zeigt in Anſehung der wech⸗ 
ſelſeitigen Beziehung, die ſeine Theile unter einander haben, und 
wodurch ſie die Urſache bezeichnen, von der ſie herſtammen, zwo 

Seiten, welche beyde gleich wahrſcheinlich und annehmungswuͤr⸗ 

dig ſind. Wenn man eines Theils erwaͤgt: daß 7 Planeten mit 

14 Begleitern, die um die Sonne, als ihren Mittelpunkt, Kreiſe 

beſchreiben, alle nach einer Seite ſich bewegen, und zwar nach 


i \ A 
* — 
. 23 2 


derjenigen, nach welcher ſich die Sonne ſelbſt dreht, welche ihrer 
alle Umlaͤufe durch die Kraft der Anziehung regiert, daß ihre 
Kreiſe nicht weit von einer gemeinſchaftlichen Fläche abweichen, 
naͤmlich von der verlaͤngerten Aequatorsflaͤche der Sonne, daß 
bey den entfernteſten der zur Sonnenwelt gehoͤrigen Himmelskoͤrper, 
wo die gemeine Urſache der Bewegung dem Vermuthen nach nicht 
fo kraͤftig geweſen, als in der Nähe zum Mittelpunkte Abwei⸗ 
chungen von der Genauigkeit dieſer Beſtimmungen Statt gefunden, 
die mit dem Mangel der eingedruͤckten Bewegung ein gnugſames 
Verhaͤltniß haben, wenn man, ſage ich, dieſen ganzen Zuſammen⸗ 
hang erwaͤgt: ſo wird man bewogen, zu glauben, daß eine Ur⸗ 
ſache, welche es auch ſey, einen durchgaͤngigen Einfluß in dem 
ganzen Raume des Syſtems gehabt hat, und daß die Eintracht in 
der Richtung und Stellung der planetiſchen Kreiſe eine Folge der 
Uebereinſtimmung ſey, die ſie alle mit derjenigen materialiſchen Ur⸗ 
ſache gehabt haben muͤſſen, dadurch ſie in Bewegung geſetzt worden. 

Wenn wir andern Theils den Raum erwaͤgen, in dem die Pla⸗ 
neten unſers Syſtems herum laufen, fo iſt er vollkommen leer) 
und aller Materie beraubt, die eine Gemeinſchaft des Einfluſſes 
auf dieſe Himmelskoͤrper verurſachen, und die Ueberſtimmung 
unter ihren Bewegungen nach ſich ziehen koͤnnte. Dieſer Umſtand 
iſt mit vollkommner Gewißheit ausgemacht, und uͤbertrift noch, 
wo moͤglich, die vorige Wahrſcheinlichkeit. Newton, durch 
dieſen Grund bewogen, konnte keine materialiſche Urſache ver⸗ 
ſtatten, die durch ihre Erſtreckung in dem Raume des planetenge⸗ 
baͤudes die Gemeinſchaft der Bewegungen unterhalten ſollte. Er 
behauptete, die unmittelbare Hand Gottes habe dieſe Anordnung 
ohne die Anwendung der Kraͤfte der Natur ausgerichtet. 

Man ſieht bey unpartheyiſcher Erwaͤgung: daß die Gruͤnde 
hier von beyden Seiten gleich ſtark und beyde einer voͤlligen Ge⸗ 
wißheit gleich zu ſchaͤtzen ſind. Es iſt aber auch eben ſo klar, 
daß ein Begriff ſeyn muͤſſe, in welchem dieſe dem Scheine nach 


) Ich unterſuche hier nicht, ob dieſer Raum in dem allereigentlich⸗ 
ſten Verſtande koͤnne leer genannt werden. Denn hier iſt genug 
zu bemerken, daß alle Materie, die etwa in dieſem Raume anzu⸗ 
treffen ſeyn moͤchte, viel zu unvermoͤgend ſey, als daß ſie in An⸗ 
ſehung der bewegten Maſſen, ‚son denen die Frage iſt, einige Wir⸗ 

kung ausüben konnte. N | 

ie 
f * 


A SEN: 
wider einander ſreitende Gruͤnde vereiniget werden können und 
ſollen, und daß in dieſem Begriffe das wahre Syſtem zu ſuchen 
ſey. Wir wollen ihn mit kurzen Worten anzeigen. In der je⸗ 

tzigen Verfaſſung des Raums, worin die Kugeln der ganzen Pla⸗ 
netenwelt umlaufen, iſt keine materialiſche Urſache vorhanden, 
die ihre Bewegungen eindruͤcken oder richten koͤnnte. Dieſer Raum 
iſt vollkommen leer, oder wenigſtens ſo gut als leer; alſo muß 
er ehemals anders beſchaſſen und mit Materie erfuͤllt geweſen ſeyn, 


die vermoͤgend war, die Bewegung auf alle darin befindliche 


Himmelskörper zu uͤbertragen, und fie mit der ihrigen, folglich 
alle unter einander einſtimmig zu machen, und nachdem die An⸗ 
ziehung beſagte Raͤume gereiniget und alle ausgebreitete Materie 
in befonvdere Klumpen verſammelt; ſo muͤſſen die Planeten nun⸗ | 
mehr, mit der einmal eingedruͤckten Bewegung, ihre Umlaͤufe in 
einem nicht widerſtehendem Raume frey und unverändert fortſe⸗ 
tzen. Die Gruͤnde der zuerſt angeführten Wahrſcheinlichkeit er⸗ 
fordern durchaus dieſen Begriff, und weil zwiſchen beyden Faͤl⸗ 
len kein dritter moͤglich iſt; ſo kann dieſer mit einer vorzuͤg lichen 
Art des Beyfalls, welcher ihn uͤber die Scheinbarkeit einer Hypo⸗ 
theſe erhebt, angeſehn werden. Man koͤnnte, wenn man weit⸗ 
laͤuftig ſeyn wollte, durch eine Reihe aus eiuander gefolgerter 
Schluͤſſe, nach der Art einer mathematiſchen Methode, mit allem 
Gepraͤnge, den dieſe mit ſich fuͤhrt und noch mit groͤßerm Schein, 
als ihr Aufzug in phyſiſchen Materien gemeinhin zu ſeyn pflegt, 
endlich auf den Entwurf ſelbſt kommen, den ich von den Urſprun⸗ 
ge des Weltgebaͤudes darlegen werde; allein ich will meine Mei⸗ 
nungen lieber in der Geſtalt einer Hypotheſe vortragen, und der 
Einſicht des Leſers es uͤberlaſſen ihre Wuͤrdigkeit zu prüfen, als 
durch den Schein einer erſchlichenen Ueberfuͤhrung ihre Guͤltig⸗ 
keit verdaͤchtig machen, und indem ich die Unwiſſenden ee 
den Beyfall der Kenner verlieren. 95 

Ich nehme an: daß alle Materien, daraus die Kugeln, die zu 
unferer Sonnenwelt gehoͤren, alle Planeten und Kometen beſte⸗ 
hen, im Anfange aller Dinge in ihren elementariſchen Grundſtoff 
aufgelößf, den ganzen Raum des Weltgebaͤudes erfullt haben, 
darin jetzt dieſe gebildeten Koͤrper herumlaufen. Dieſer Zuſtand 
der Natur, A man ihn, auch ohne Abfcht auf ein Syſtem, 


Mi * 


* 


n 5 
an und für ſich ſelbſt betrachtet, ſcheint nur der einfachſte zu ſeyn, 
der auf das Nichts folgen kann. Damals hatte ſich noch nichts 


gebildet. Die Zuſammenſetzung von einander abſtehender Him⸗ 
melskoͤrper, ihre nach den Anziehungen gemaͤßigte Entfernung; az 


ihre Geſtalt, die aus dem Gleichgewichte der verſammelten Ma⸗ 


terie entſpringt, ſind ein ſpaͤterer Zuſtand. Die Natur, die un⸗ 
mittelbar mit der Schoͤpfung graͤnzte, war ſo roh, ſo ungebildet 
als moͤglich b). Allein auch in den weſentlichen Eigenſchaften 
der Elemente, die das Chaos ausmachen, iſt das Merkmal der⸗ 


jenigen Vollkommenheit zu ſpuͤren, die ſie von ihrem Urſprunge 


her haben, indem ihr Weſen aus der ewigen Idee des göttlichen 
Verſtandes eine Folge iſt. Die einfachſten, die allgemeinſten Ei⸗ 
genſchaften, die ohne Abſicht ſcheinen entworfen zu ſeyn; die Ma⸗ 
terie, die blos leidend und der Formen und Anſtalten beduͤrftig 
zu ſeyn ſcheint, hat in ihrem einfachſten Zuſtande eine Beſtrebung, 


fi durch eine natürliche Entwicklung zu einer vollkommnern Vera 


faſſung zu bilden. Allein die Verſchiedenheit in den 
Gattungen der Elemente traͤgt zu der Regung der Natur 
und zur Bildung des Chaos das vornehmſte bey, als wodurch 


die Ruhe, die bey einer allgemeinen Gleichheit unter den zerſtreu⸗ 
ten ee e herrſchen wuͤrde, gehoben, und das Chaos in den 


Punkten der ſtaͤrker anziehenden Partikeln ſich zu bilden anfängt. 
Die Gattungen dieſes Grundſtoffes ſind ohne Zweifel, nach der 
Unermeßlihkeit, die die Natur an allen Seiten zeigt, unendlich 
verſchiedet. Die von groͤßter fpecififchen Dichtigkeit und Anzie⸗ 
hungskraſt, welche an und für ſich weniger Raum einnehmen 
und auch ſeltner ſind, werden daher bey dergleichen Austheilung 
in dem Raume der Welt zerſtreuter, als die leichtern Arten find. 
[Elemente von 1ooomal größerer fpecififchen Schwere find tau⸗ 


fend, vie eicht auch Millionenmal zerfiveuter,als die in dieſemMaaße 


— 


leichtern] Und da dieſe Abfaͤlle fo unendlich als möglich muͤſſen 


gedacht werden ſo wird, (gleichwie es körperliche Beſtandtheile 


von eiter Gattung geben kann, die eine andere in dem Maaße 


an Dichtigkeit uͤbertrift, als eine Kugel, die mit dem Radius 


a) Man ſehe oben die Note ©. 17. 


5) Die Erde, heißt x B. Mofe 2, 2. war wüſt um leer und fu 


er wars auf dem Abgrunde NN Meers.) 


F 


1 a ö g ’ | 


des planetengebaudes beſchrieben worden, eine andere, die den 


tauſendſten Theil einer Linie im Durchmeſſer hat] alſo auch jene 


Art von zerſtreuten Elementen um einen ſo viel 3 Abſtand 
von einander entfernt ſeyn, als dieſe.] 

Bey einem auf ſolche Weiſe erfüllten Raume dauert die allge⸗ 
meine Ruhe nur einen Augenblick. Die Elemente haben we⸗ 
ſentliche Kraͤfte, einander in Bewegung zu ſetzen, und ſind ſich 
ſelbſt eine Quelle des Lebens. Die Materie iſt ſofort in Beſtre— 
bung ſich zu bilden. Die zerſtreuten Elemente dichtrer Art 


ſammlen, vermittelſt der Anziehung, aus einer Sphaͤre rund 


um ſich alle Materie von minder ſpecifiſcher Schwere; ſie ſelbſt 
aber, ſamt der Materie, die ſie mit ſich vereinigt haben, ſamm⸗ 
len ſich in den Punkten, da die Theilchen von noch dichtrer Gat⸗ 
tung befindlich ſind, dieſe wieder zu noch dichtern und ſo weiter. 
Indem man alſo dieſer ſich bildenden Ratur in Gedanken durch 
den ganzen Raum des Chass nachgeht, ſo wird man leicht ge⸗ 
wahr, daß alle Folgen dieſer Wirkung zuletzt in der Zuſammen⸗ 
ſetzung verſchiedener Klumpen beſtehn wuͤrden, die nach Verrich⸗ 
tung ihrer Bildungen durch die Gleichheit der Anziehung ruhig 
und auf i immer unbewegt ſeyn mußten. 

Allein die Natur hat noch andere Kraͤfte im Vorrathe „welche 
ſich vornehmlich aͤußern, wenn die Materie in feine Theilchen aufs 


geloͤſt iſt, als wodurch dieſelben einander zuruͤck ſtoßen und durch 


ihren Streit mit der Anziehung diejenige Bewegung hervor brin⸗ 
gen, die gleichſam ein dauerhaftes Leben der Natur iſt. Durch 


dieſe Zurückſtoßungskraft, die ſich in der Elaſticitaͤt der Duͤnſte, 


dem Ausfluße ſtarkriechender Körper und der Ausbreitung aller 


geiſtigen Materien offenbart, und die uͤberhaupt ein unſtreitiges 


Phänomen der Natur iſt, werden die zu ihren Anziehungspunk⸗ 


ten ſinkenden Elemente, wenn der Widerſtand, den ſie in Fallen 


gegeneinander ſeitwaͤrts ausuͤben, nicht genau von aller Seiten 
gleich iſt, welches ſich nicht wohl annehmen läßt, durcheinander 
von der geradlinigten Bewegung ſeitwaͤrts gelenkt, und der ſenk⸗ 
rechte Fall ſchlaͤgt in Kreisbewegungen aus. a) Wir wollen, um 


a) Um dieſes noch finnlicher iu u machen, haben ſchon einige altere 
Philoſophen angenommen, die feinen Theilchen des auf die kug⸗ 
ligen Planeten druͤckenden Aethers wirkten auf ſie als kleine Keile, 
W ihr Umſchwung und Vortgang hervorgebracht wür. 


wir 4 
7 1 


* 
27 7 


. 
5 


die Bildung des Weltbaues deutlich zu begreifen, unſere Betrach. 
tung von dem unendlichen Inbegriffe der Natur auf ein beſonderes 
Syſtem einſchraͤnken, ſo wie das zu unſerer Sonne gehoͤrige iſt. 
Man wird alsdann von ſelbſt nach der Aualogie auf einen aͤhnli⸗ 
chen Urſprung der höhern Weltordnungen ſchließen, und die Une 
endlichkeit der ganzen Schoͤpfung in einem Lehrbegriffe zuſammen 
faſſen können, „ e 5 
Wenn demnach ein Punkt in einem ſehr großen Raume befinde 
lich iſt, wo die Anziehung der daſelbſt befindlichen Elemente ſtaͤr⸗ 
ker als in allen andern Orten um ſich wirkt; ſo wird der in dem 
ganzen Umfange ausgebreitete Grundſtoff elementariſcher Parti⸗ 
kein ſich zu dieſem hinſenken. Die erſte Wirkung dieſer allge⸗ 
meinen Senkung iſt die Bildung eines Koͤrpers in dieſem Mit⸗ 
telpunkte der Attraction, welcher ſo zu ſagen von einem unend⸗ 
lich kleinen Keime anfaͤnglich langſam (durch die chemiſche Ans 
ziehung) darauf aber in ſchnellen Graden (durch die ſogenannte 
Newtoniſche) fortwaͤchſt, aber in eben dem Verhaͤltniſſe als dieſe 
Maſſe ſich vermehrt, auch mit ſtaͤrkrer Kraft die umgebenden Theile 
zu ſeiner Vereinigung bewegt. a) Wenn die Maſſe dieſes Cen⸗ 
tralkörpers ſo weit angewachſen iſt, daß die Geſchwindigkeit, wo⸗ 
mit er die Theilchen von großen Entfernungen zu ſich zieht, durch 
die ſchwachen Grade der Zuruͤckſtoßung, womit ſie einander hin⸗ 
dern, ſeitwaͤrts gebeugt in Seitenbewegungen ausſchlaͤgt, die 
den Centralkoͤrper, vermittelſt der Centerfliehkraft, in einem Kreiſe 
umfaſſen koͤnnen: ſo erzeugen ſich große Wirbel von Theilchen, 
deren jedes fuͤr ſich krumme Linien durch die Zuſammenſetzung der 
anziehenden und der ſeitwaͤrts gelenkten Umwendungskraft be⸗ 
ſchreibt; welche Arten von Kreiſen alle einander durchſchneiden, wo⸗ 

zu ihnen ihre große Zerſtreuung in dieſem Raume Platz laͤßt. In⸗ 
deſſen ſind dieſe auf mancherley Art unter einander ſtreitende Ber 
wegungen natuͤrlicher Weiſe beſtrebt, einander zur Gleichheit zu 
bringen, das iſt, in einen Zuſtand, da eine Bewegung der an⸗ 
dern fo wenig als möglich hinderlich iſt. Dieſes geſchiehet er ſt⸗ 
lich, indem die Theilchen, ihre Bewegung unter einander ſo lan⸗ 
ge einſchraͤnken, bis alle nach einer Richtung fortgehen; zwe y⸗ 


20 Daß ſchon Wh iſt on die Ausbildung der Erdkugel mit ihrer Aths 
moſphaͤre faſt auf dieſe Art erklaͤrte und ſogar abbildete / iſt bekannt. 


— 


ee Ber Ä 
tens, daß indem fie ihre Vertikalbewegung, vermittelſt welcher 
ſie ſich dem Centro der Attraction naͤhern, ſo lange einſchraͤnken, 
bis fie alle horizontal, d. i. in parallel laufenden Cirkeln um die 
Sonne als ihren Mittelpunkt bewegt, einander nicht mehr durch⸗ 
kreutzen, und durch die Gleichheit der Schwungskraft mit der 
ſenkenden ſich in freyen Eirkellaͤufen in der Höhe, da fie ſchweben, 
immer erhalten; ſo daß endlich nur diejenige Theilchen in dem 
Umfange des Raumes ſchweben bleiben, die durch ihr Fallen eine 
Geſchwindigkeit, und durch die Widerſtehung der andern eine 
Richtung bekommen haben, dadurch fie eine freye Cirkelbe⸗ 
wegung fortſetzen koͤnnen. In dieſem Zuſtande, da alle Theile 
chen nach Einer Richtung und in parallellaufend en Kreiſen, nem⸗ 
lich in freyen Cirkelbewegungen durch die erlangte Schwungs⸗ 
kraͤfte um den Centralkörper laufen, iſt der Streit und der Zus 
ſammenlauf der Elemente gehoben, und alles iſt in dem Zuſtande 
der kleinſten Wechſelwirkung. Dieſes iſt die natuͤrliche Folge, 
darein ſich allemal eine Materie, die in ſtreitenden Bewe⸗ 
gungen begriffen iſt, verſetzt. Es iſt alſo klar, daß von der 
zerſtreuten Menge der Partikeln eine große Menge durch den Wi⸗ 
derſtand, dadurch fie einander auf dieſen Zuſtand zu bringen ſu⸗ 
chen, zu ſolcher Genauigkeit der Beſtimmungen gelangen muß; 
obgleich eine noch viel groͤßre Menge dazu nicht gelangt, und nur 
dazu dient, den Klumpen des Centralkoͤrpers zu vermehren, in 
welchen fie ſinken, indem fie ſich nicht in der Höhe, darin fie ſchwe⸗ 
ben, frey erhalten koͤnnen, ſondern die Kreiſe der untern durch⸗ 
kreutzen und endlich durch deren Widerſtand alle Bewegungen ver⸗ 
lieren. Dieſer Koͤrper in dem Mittelpunkte der Attraction, der 
dieſem zufolge das Hauptſtuͤck des planetiſchen Gebaͤudes durch 
die Menge ſeiner verſammleten Materie worden iſt, iſt die Son⸗ 


ne, a) ob ſie gleich diejenige flammende Glut alsdenn noch nicht hat, | 


die nach völlig’ vollendeter Bildung auf ihrer Oberflaͤche hervor 
bricht ER | Er 


” ze u 7 
nene 


ne ſich im Mittelpunkte ihres Syſtems befaͤnde, ſo iſt nicht der 
wahre Mittelpunkt der Planetenkreiſe gemeint, als in welchem 
eigentlich die Sonne nicht ehe: (wovon weiter unten bei der 
Sceentrieitaͤt der Planeten geredet werden wird;) ſondern von 
der Sonne, als Mittelpunkte der Attraction. f 


1 0 Wenn hier und im Folgenden immer geſagt wird, daß die Son⸗ 


0 29 * 


Noch iſt zu bemerken: daß, indem alſo alle Elemente der ſich 
bildenden Natur, wie erwieſen, nach einer Richtung um den 
Mittelpunkt der Sonne ſich bewegen, bey ſolchen nach einer ein⸗ 


zigen Gegend gerichteten Umlaͤufen, die gleichſam auf einer ge⸗ 


meinſchaftlichen Achſe geſchehen, die Drehung der feinen Mate⸗ 
rie in dieſer Art nicht beſtehen kann; weil nach den Geſetzen der 
Centralbewegung alle Umlaͤufe mit den Ebneu ihrer Kreiſe den 
Mittelpunkt der Attraction durchſchneiden muͤſſen; unter allen 
dieſen aber um eine gemeinſchaftliche Achſe, nach einer Richtung 
laufenden Cirkeln nur ein einziger iſt, der den Mictelpunkt der 
Sonne durchſchneidet. Es eilet daher alle Materie von beyden 
Seiten dieſer in Gedanken gezognen Achſe nach demjenigen Cirkel 
hin, der durch die Drehung der Achſe gerade in dem Mittelpunkte 
der gemeinſchaftlichen Senkung geht. Dieſer Cirkel iſt die Ebne 
aller herumſchwebenden Elemente, um welche ſie ſich ſo ſehr als 
möglich haͤufen, und dagegen die von dieſer Flaͤche entfernten 
Gegenden leer laſſen; denn diejenigen, welche dieſer Flaͤche, zu 
welcher ſich alles draͤngt, nicht ſo nahe kommen koͤnnen, werden 
ſich in den Oertern, wo fie ſchweben, nicht immer erhalten können, 
ſondern „ indem fie an die herumſchwebenden Elemente ſtoſſen, 95 
ren endlichen Fall zu der Sonne veranlaſſen. 

Wenn wir alſo dieſen herumſchwebenden⸗Grundſtoff der Welt⸗ 
materie in ſolchem Zuſtande, darin er ſich ſel ſt durch die Anzie⸗ 


hung und durch einen mechaniſchen Erfolg der allgemeinen Ge⸗ 


ſetze des Widerſtandes verſetzt, erwaͤgen; ſo ſehen wir einen 
Raum, der zwiſchen zwey nicht weit von einander abſtehenden 
Flachen begriffen iſt, und in deſſen Mitte die allgemeine Ebne der 
Beziehung ſich befindet, von dem Mittelpunkte der Sonne an, in 
unbekannte Welten ausgebreitet. Alle in dieſem Raume begriffe- 
ne Theilchen, verrichten in demſelben nach Maasgabe ihrer Hoͤhe 
und der Attraction, die daſelbſt herrſcht, abgemeßne Cirkelbe⸗ 
wegungen in freyen Umlaufen, und würden daher, indem fie bey 
ſolcher Verfaſſung einander ſo wenig als moͤglich mehr hindern, 


darin immer verbleiben, wenn die Anziehung dieſer Theilchen des 


Grundſtoffes unter einander nicht alsdenn anfinge, ſeine Wirkung 
zu thun und neue Bildungen, die der Saame zu Planeten, welche 
entſtehen ſollen, find, dadurch veranlaßte. Denn, indem die 


— 


{8.3 5 


um die Sonne in parallelen Cirkeln bewegten Elemente, in nicht 
gar zu verſchiedenen Abſtande von der Sonne genommen, durch 
die Gleichheit der parallelen Bewegung, beynahe in relativer 
Ruhe gegen einander ſind; ſo thut die Anziehung der daſelbſt be⸗ 
findlichen Elemente, von übertreffender fpecififchee Attraction, 
ſogleich hier eine betraͤchtliche Wirkung,) die Sammlung der naͤch⸗ 
ſten Partikeln zur Bildung eines Koͤrpers anzufangen, der, nach 
dem Maaße des Anwuchſes ſeines Klumpens, ſeine Anziehung 
weiter ausbreitet, und die Elemente aus weitem Umfange zu ſei⸗ 
ner Zuſammenſetzung bewegt. N 
Die Bildung der Planeten, in dieſem Syſteme, hat vor einem 
jeden möglichen Lehrbegriffe dieſes voraus: daß der Urſprung der 
Maſſen zugleich den Urſprung der Bewegungen und die Stellung 
der Kreiſe in eben demſelben Zeitpunkte darſtellt; ja, daß ſogar 
die Abweichungen von der größeften Genauheit in dieſen Beſtim⸗ 
mungen eben ſo wohl, als die Uebereinſtimmungen ſelbſt, in ei⸗ 
einem Anblicke erhellen. Die Planeten bilden ſich demnach aus 
den Theilchen, welche in der Höhe, da fie ſchweben, genaue Bes 
wegungen zu Cirkelreiſen haben: alſo werden die aus ih⸗ 
nen zuſammengeſetzten Maſſen eben dieſelben Be⸗ 
wegungen, in eben dem Grade, nach eben derſelben 
Richtung fortſetzen. Dieſes iſt genug, um einzuſehen, wo⸗ 
her die Bahnen der Planeten ohngefehr cirkelfoͤrmig, und beinahe 
in Einer Flaͤche ſeyn. Sie würden auch ganz genaue Cirkel ſeyn,“) 
wenn die Weite, daraus fie die Elemente zu ihrer Bildung vers 
ſammeln, ſehr klein, und alſo der Unterſchied ihrer Bewegungen 
ſehr gering wäre. Da aber ein weiter Umfang dazu gehört, aus 
dem feinen Grundſtoffe, der in dem Himmelsraum ſo ſehr zer⸗ 
) Der Anfang der ſich bildenden Planeten iſt nicht allein in der 
Newtoniſchen Anziehung zu fuchen. Dieſe wuͤrde bei einem 
artikelchen, von ſo ausnehmender Feinheit, gar zu langſam und 
chwach ſeyn. Man wuͤrde vielmehr ſagen, daß in dieſem Rau⸗ 
me die erſte Bildung durch den & ammenlauf einiger Elemente, 
die ſich durch die gewoͤhnlichen Geſetze des Zuſammenhanges ver⸗ 


einigen, geſchehe, bis derjenige Klumpen, der daraus entſtanden, 
nach und nach ſo weit angewachſen, daß die Newtoniſche An⸗ 


2 


ziehungskraft an ihm vermoͤgend geworden, ihn durch ſeine Wir⸗ 
kung in die Ferne immer mehr zu vergrößern. 


„) Dieſe abgemeſſene Cirkelbewegung betrift eigentlich nur die der 
Sonne nahen Planeten: denn von den großen Entfernungen, da 


* 


. g 
ſtreut iſt, den dichten Klumpen eines Planeten zu bilden; ſo iſt 
der Unterſchied der Entfernungen, die dieſe Elemente von der Son⸗ 
ne haben, und mithin auch der Unterſchied ihrer Geſchwindigkei⸗ 


ten nicht mehr unbetraͤchtlich. Sollte nun der Planet die Cirkel⸗ 


bewegung erhalten, fo würde Gleichheit der Centralkraͤfte noͤthig 
ſeyn. Alſo muͤßten die verſchiednen Geſchwindigkeiten, welche 
die auf dem Planeten zuſammen kommenden Theilchen in ihren 
verſchiednen Hoͤhen hatten, ſich unter einander genau erſetzen. 
Dieſes geſchieht, obgleich ziemlich genau,) doch nicht ganz 


vollkommen, und zieht den Abgang an der Cirkelbewegung und 


die Eccenrricität des Planeten nach ſich. Da ferner die elementa⸗ 


riſchen Theilchen ſich zwar der allgemeinen Beziehungsflaͤche ihrer 


Bewegungen fo nahe als moglich befinden, aber dennoch einigen 


Raum auf beyden Seiten derſelben einſchließen; ſo werden nicht f 


grade alle Planeten ganz genan in der Mitte zwiſchen dieſen zwey 
Seiten, in der Flache der Beziehung ſelbſt ſich zu bilden anfan⸗ 
gen, welches denn ſchon einige Neigung ihrer Bahnen gegen ein⸗ 
ander veranlaßt, obſchon die Beſtrebung der Partikeln, von bei⸗ 
den Seiten dieſe Abweichung ſo ſehr als moͤglich einzuſchraͤnken, 
ihr nur enge Grenzen zulaͤßt. Man darf ſich alſo nicht wundern, 
auch hier die größte Genauigkeit der Beſtimmungen ſo wenig, 
wie bey allen Dingen der Natur, anzutreffen, weil uͤberhaupt die 
Vielheit der Umſtaͤnde, die an jeglicher Naturbeſchaffenheit Antheil 
nehmen, eine abgemeßne Regelmaͤßigkeit nicht verſtattet. 


ſich die entlegenſten Planeten oder auch die Kometen gebildet ha⸗ 


ben, iſt leicht zu vermuthen, daß, weil die ſinkende Bewegung des 
Grundfos daſelbſt viel ſchwaͤcher, die Weitlaͤuftigkeit der Naͤume, 
da fie zerſtreut find, auch größer iſt, die Elemente daſelbſt an und 
fuͤr ſich ſchon von der cirkelgleichen Bewegung abweichen, und da⸗ 
durch die Urſache der daraus gebildeten Koͤrper ſeyn muͤſſen. 


) Denn die Theilchen von der zur Sonne naͤhern Gegend, welche 


eine größere Umlaufsgeſchwindigkeit haben, als in dem Orte, da 


ſie auf dem Planeten ſich verſammlen, zur Cirkelbewegung erfor⸗ 
dert wird, erſetzen dasjenige, was denen von der Sonne entfern⸗ 


tern Theilchen, die ſich eben demſelben Koͤrper einverleiben, an 
hlt, um in dem Abſtande des Planeten eirkel⸗ 


Geſchwindigkeit fi 
foͤrmig zu laufen. 


7 


9 * 


MEER Hauptſtück. ler 
Von der ef Dichtigkeit der Planeten, und den Maſſen ders 
8 | l 


jr 


* 


Wir 3 . j daß die e Theilchen des . 
Grundſtoffs, da ſie an ſich in dem Weltraume gleich ausgetheilt 
waren, durch ihr Niederſinken zur Sonne, in den Orten ſchweben 
geblieben, wo ihre im Fallen erlangte Geſchwindigkeit grade die 
Gleichheit gegen die Anziehung leiſtete, und ihre Richtung ſo, 
wie ſie bey der Cirkelbewegung ſeyn ſoll, ſenkrecht gegen den Ra⸗ 
dius des Cirkels gebeugt worden. Wenn wir nun aber Partikeln, 
von unterſchiedlicher ſpecifiſcher Dichtigkeit in gleichem Abſtande 
von der Sonne annehmen; ſo dringen die von größerer fpecifis 
ſcher Schwere tiefer durch den Widerſtand der andern zur Sonne 
hindurch, und werden nicht ſo bald von ihrem Wege abgebeugt, 
als die leichtern; daher ihre Bewegung nur in einer größeren An⸗ 
naͤherung zur Sonne cirkelfoͤrmig wird. Dagegen werden die 
Elemente leichterer Art, eher von dem geradlinigten Falle abge⸗ 
beugt, in Cirkelbewegungen ausſchlagen, ehe ſie ſo tief zu dem 
TCentro gedrungen find, und glſo in großeren Entfernungen ſchwe⸗ 
ben bleiben, weil ſie durch den erfuͤllten Raum der Elemente nicht 
ſo tief hindurch dringen koͤnnen, damit ihre Bewegung durch die⸗ 
ſen ihren Widerſtand ſeitwaͤrts gewendet, die zum freyen Umlaufe 
erforderliche Geſchwindigkeiten erlange. Alſo werden, nach er⸗ 
langten zur freyen Bewegung hinreichendem Schwunge, die ſpe⸗ 
ciſiſch leichtern Partikeln in weitern Entfernungen von der Sonne 
umlaufen, die ſchwerern aber näher bey derſelben anzutreffen ſeyn, 
und da die Planeten ſich aus dem Zuſammenlaufe der Atomen 
formiren, ſo werden ſie N dichterer Art ſeyn, je naͤher fie der 

Sonne ſind. 
Eas iſt alſo eine Art eines ſtatiſchen Geſetzes, welches den Mater 
rien des Weltraumes ihre Höhen „ nach dem verkehrten Verhaͤlt⸗ 
niſſe der Dichtigkeit, beſtimmt. Indeſſen iſt es leicht zu begrei⸗ 
fen: daß nicht eben eine jegliche Hoͤhe nur Partikeln von gleicher 
ſpeciſiſchen Dichtigkeit einnehmen muͤſſe. Denn Theilchen von 
einerley 8 Gattung 9 8 in deſto groͤßern Weiten von 
5 | der 


— 


a Be 


der Sonne die zur beſtaͤndigen Cirkelbewegung erforderliche Mile 


figung ihres Falles erlangen und ſchweben bleiben von je groͤſ⸗ 
ſern Entfernungen ſie zu ihr herabgeſunken ſind. Dagegen die, 
deren urſprünglicher Ort, bey der allgemeinen Austheilung der 
Materien im Chaos, der Sonne naͤher war, ungeachtet ihrer 
nicht größern Dichtigkeit, naher zu dieſer ihrem Cirkel des Um⸗ 
laufs kommen werden. Die Entfernungen der Materien von dem 
Mittelpunkte ihrer Senkung werden alſo nicht allein durch die 
ſpeciſiſche Schwere derſelben, ſondern auch durch ihre urſpruͤng⸗ 
lichen Plaͤtze, bey der erſten Ruhe der Natur beſtimmt: und es iſt 
daher leicht zu erachten, daß ihrer ſehr verſchiedne Gattungen, 
in jedem Abſtande von der Sonne, zuſammen kommen werden, 
um daſelbſt ſchweben zu bleiben. Im ganzen aber werden die dich⸗ 
tern Materien in der Nähe des Mittelpunkts, häufiger ſich, als 
weiter von ihm ab befinden, und die Planeten werden daher, un⸗ 
geachtet ſie eine Miſchung ſehr verſchiedner Materien ſeyn müſſen, 
doch in dem Verhaͤltniße dichter ſeyn, als fie ſich näher bey der 
Sonne befinden. 

Unſer Syſtem zeigt, in Anſehung dieſes unter den Planeten 
herrſchenden Geſetzes ihrer Dichtigkeiten, eine vorzuͤgliche Vollkom⸗ 
menheit vor allen denjenigen Begriffen, die man ſich von ihrer 
Urſache gemacht hat, oder noch machen koͤnnte. Newton der 
die Dichtigkeit einiger Planeten durch Rechnung beſtimmt hatte, 
glaubte die Urſache ihres nach dem Abſtande eingerichteten Ver⸗ 
haͤltniſſes in der Anſtaͤndigkeit der Wahl Gottes und in den Bes 
wegungsgruͤnden ſeines Endzwecks zu finden: weil die der Sonne 
naͤheren Planeten mehr Hitze von ihr aushalten muͤſſen, und die 
entferntern, mit wenigern Graden der Waͤrme ſich behelfen ſollen; 
welches nicht moͤglich zu ſeyn ſcheint, wenn die, der Sonne nahen 
Planeten, nicht dichterer Art, und die entferntern von leichtrer 
Materie zuſammengeſetzt waͤren. Allein die Unzulaͤnglichkeit ei⸗ 
ner ſolchen Erklaͤrung einzuſehn, erfordert nicht eben viel Nach⸗ 
ſinnen. Ein Planet, z. E. unſere Erde, iſt aus ſehr weit von 
einander unterſchiedenen Gattungen Materie zuſammen geſetzt; 
unter dieſen war es nun noͤthig, daß die leichtern, die durch die 

gleiche Wirkung der Sonne mehr durchdrungen und bewegt wer⸗ 
den, deren Zuſammenſatz ein Verhaͤltniß zu der Warme hat, wo⸗ 
C 


1 


g mit ihre Strahlen wirken, auf der Oberflache insg van 


mußten; allein, daß die Miſchung der übrigen Materien, im Gate 
zen des Klumpens, dieſe Beziehun haben müffe, erhellt hieraus 
gar nicht; weil die Sonne auf das Innere der Planeten gar feine 
Wirkung thut. Newton befuͤrchtet, wenn die Erde bis zu der 


Naͤhe des Merkurs in den Strahlen der Sonne verſenkt wurde, 


fo dürfte fie wie ein Komet brennen, und ihre Materie nicht ge⸗ 
nugſame Feuerbeſtaͤndigkeit haben, um durch dieſe Hitze nicht zer⸗ 
ſtreut zu werden. Allein, um wie viel mehr muͤßte der Sonnen 
eigene Materie ſelbſt, welche doch viermal leichter, als die iſt, 
daraus die Erde beſteht, von dieſer Gluth zerſtoͤrt werden; oder 
warum iſt der Mond zweymal dichter, als die Erde, da er doch 
mit dieſer in eben demſelben Abſtande von der Sonne ſchwebt. 
Man kann alſo die proportionirten Dichtigkeiten nicht dem Ver⸗ 
haͤltniße zu der Sonnenwaͤrme zu ee „ ohne ſich in die groͤ⸗ 
ſten Widerſpruͤche zu verwickeln. Man fieht vielmehr eine Urſa⸗ 
che, die die Oerter der Planeten nach der Dichtigkeit ihres Klum⸗ 
pens austheilt, muͤſſe auf das Innere ihrer Materie, und nicht 
auf ihre Oberfläche eine Beziehung gehabt haben; fie müffe, ohn⸗ 
erachtet dieſer Folge, die fie beſtimmte, doch eine Verſchiedenheit 
der Materie in eben demſelben Himmelskoͤrper verſtatten, und 


nur im Ganzen des Zuſammenſatzes dieſes Verhältniß der Dich⸗ 


tigkeit feſt ſetzen; welchem allen, ob irgend ein anders ſtatiſches 
Geſetz, als wie das, ſo in unſrem Lehrgebaͤude vorgetragen wird, 
eine Gnuͤge leiſten fönne „ uͤberlaſſe ich der . des Leſers zu 


f urtheilen. 


* 


Das Verhaͤltniß unter den Dichtigkeiten der tei fuͤhrt noch 
einen Umſtand mit ſich, der, durch eine voͤllige Uebereinſtimmung 
mit der vorher entworfnen Erklarung, die Richtigkeit unſers Lehr⸗ 
begriffes bewaͤhrt. Der Himmelskoͤrper, der in dem Mittel⸗ 
punkte anderer um ihn laufenden Kugeln ſteht, iſt gemeiniglich 


leichtrer Art, als der Körper, der am naͤchſten um ihn herum 
lauft. Die Erde in Anſehung des Mondes, und die Sonne in 
Anſehung der Erde, zeigen ein ſolches Verhaͤltniß ihrer Dichtig⸗ 


— 


keiten. Nach dem Entwurfe, den wir dargelegt haben, iſt eine 


ſolche Beſchaffenheit nothwendig. Denn, da die untern Plane⸗ 
ten vornemlich von dem Ausſchuſſe der elementariſchen Materie 


: V. 

gebildet worden, welche durch den Vorzug ihrer Dichtigkeit, bis 
zu ſolcher Naͤhe zum Mittelpunkte, mit dem erforderlichen Grade 
der Geſchwindigkeir haben dringen koͤnnen; dagegen der Koͤrper 
in dem Mittelpunkte ſelbſt, ohne Unterſchied aus denen Materien 
aller vorhandenen Gattungen, die ihre geſetzmaͤßige Bewegun⸗ 
gen nicht erlangt haben, zuſammen gehaͤuft worden, unter wel⸗ 
chen, da die leichtern Materien den groͤſten Theil ausmachen, es 
leicht einzuſehen iſt, daß, weil der naͤchſte oder die naͤchſten zu dem 
Mittelpunkte umlaufenden Himmelskoͤrper gleichſam eine Aus⸗ 
ſonderung dichterer Sorten, der Centralkoͤrper aber, eine Mi⸗ 
ſchung von allen ohne Unterſchied in ſich faſſet, jenes ſeine Sub⸗ 
ſtanz dichtrer Art, als dieſer ſeyn werde. In der That iſt auch 
der Mond zweimal dichter als die Erde, und dieſe viermal dichter 
als die Sonne, welche allem Vermuthen nach von den noch tie⸗ 
fern, der Venus und dem Merkur, in noch höhern Graden an 
Dichtigkeit wird übertroffen werden. a) 

Wir wenden nun unſer Augenmerk auf das Verhaͤltniß, neh 
shes die Maſſen der Himmelskoͤrper nach unſerm Lehrbegriffe, in 
Vergleichung ihrer Entfernungen, haben ſollen, um das Reſul⸗ 
tat unſeres Syſtems an den untruͤglichen Rechnungen des News 
ton zu pruͤfen. Es bedarf nicht viel Worte, um begreiflich zu 
machen: daß der Centralkoͤrper allemal das Hauptſtuͤck ſeines Sy⸗ 
ſtems, folglich die Sonne auf eine vorzuͤgliche Art an Maſſe groͤſ⸗ 
ſer, als die geſammten Planeten, ſeyn muͤſſe; wie denn dieſes 
auch vom Jupiter, in Anſehung ſeiner Nebenplaneten, und vom 
Saturn und Uranus, in Betrachtung der ihrigen, gelten wird. 
Der Centralkoͤrper bildet ſich aus dem Niederſatze aller Partikeln, 
in dem ganzen Umfange ſeiner Anziehungsſphaͤre, welche die ge⸗ 
naue Beſtimmung der Cirkelbewegung, und die nahe Beziehung 
auf die gemeinſchaftliche Flaͤche, nicht haben bekommen koͤnnen, 


und deren ohne Zweifel eine ungemein groͤßre Menge, als der 


letztern ſeyn muß. Denn, um an der Sonne vornemlich dieſe 
Betrachtung 8 8 ſo iſt ihr Klumpen nicht nur durch die 
C 2 


e) Daß zum 1 die Venus A der 1 noch dichter 
ſeyn müffe, haben Andre auch aus dem großen Glanie gemuth⸗ 
maßt, den fie ſtets von ſich wirft. 


Er NN 


8 . 
a Anhaͤufung der großen Menge Partikeln in! der Nähe des Centri 
der Anziehung, ſondern auch vornemlich durch den groͤßten Theil 

des Grundſtoffs in den aͤußerſten Gegenden der Anziehungsiphäre 

über den Saturn hinaus vermehrt worden. Nun macht aber, in» 

dem die Planetenkreiſe von der gemeinſchaftlichen Flaͤche nach bey⸗ 

den Seiten ausſchweifen, ihre groͤßte Neigung gegen einander 

kaum 72 Grade aus. Alſo kann man alle Materie, daraus die 

Planeten ſich gebildet haben, ſich als in demjenigen Raume aus⸗ 

gebreitet geweſen, vorſtellen, der zwiſchen zwey Flächen, von, 
dem Mittelpunkte der Sonne aus, begriffen war, die einen Win⸗ 

kel von 73 Grade eingeſchloſſen. Nun iſt aber eine, nach der 

Richtung des größten Cirkels, gehende Zone von 7 4 Grad Brei⸗ 

te, etwas mehr als der 17te Theil der Kugelflaͤche, alſo der fürs 

perliche Raum zwiſchen den zwo Flaͤchen, die den ſphaͤriſchen Raum 
in der Breite obgedachten Winkels ausſchneiden, etwas mehr, 

als der 17te Theil des koͤrperlichen Inhalts der ganzen Sphäre, 

Alſo wuͤrde dieſer Hypotheſe gemaͤß alle Materie, die zur Bil⸗ 

dung der Planeten angewandt worden, ohngefehr den ſiebzehnten 

Theil derjenigen Materie ausmachen, die die Sonne aus eben der 

Weite, als der aͤußerſte Planet ſteht, von beyden Seiten zu ihrer 

Zuſammenſetzung geſammlet hat. Allein dieſer Centralkoͤrper hat 
einen Vorzug des Klumpens vor dem geſamten Inhalte aller Pla⸗ 
neten, der nicht zu dieſem wie 17: 1, ſondern wie 650 zu 1 iſt, 
wie die Ausrechnung des Newtons es beſtimmt; aber es iſt 
auch leicht einzuſehen, daß in den obern Raͤumen über dem Sa⸗ 
turn, wo die planetiſchen Bildungen entweder aufhoͤren, oder doch 
im Verhaͤltniß auf die Groͤße der Raͤume ſeltner werden, wo nur 
einige wenige kometiſche Koͤrper ſich gebildet haben, und wo vor⸗ 
nemlich die Bewegungen des Grundſtoffs, indem fie daſelbſt nicht 
geſchickt find, zu der geſetzmaͤſigen Gleichheit der Centralkraͤfte zu 
gelangen, als in der nahen Gegend zum Centro, nur in eine faſt 
allgemeine Senkung zum Mittelpunkte oder, wie bey den Kome⸗ 
ten, in eine derſelben nahe Bewegung ausſchlagen, und die Son⸗ 
ne mit aller Materie aus ſo weit ausgedehnten Raͤumen vermeh⸗ 
ren, daß, ſage ich, aus dieſen Urſachen der Sonnenflumpen die 
fo vorzügliche Gräfe der Re erlangen Ban: | 


* 


W . 


un 25 die Planeten in Anſehung ihrer Maſſen unter einan⸗ 
der zu vergleichen: ſo bemerken wir erſtlich, daß nach der ange⸗ 
zeigten Bildungsart die Quantitat der Materie, aus welcher ein 
Planet zuſammen geſetzt wird, auf die Weite ſeiner Entfernung 
von der Sonne vornemlich ankomme! 1) weil die Sonne durch 
ihre Anziehung die Sphaͤre der Attraction eines Planeten ein⸗ 
ſchraͤnkt, aber bey den entferntern, wenn ſonſt die Umſtaͤnde gleich 
ſind, weniger als bey den naͤhern: 2) weil die Cirkel, aus denen 
alle Theilchen zuſammen gekommen find, einen entferntern Pla- 
neten auszumachen, groͤßer ſind und alſo mehr Grundſtoff, als 
die kleinern Cirkel, in ſich faſſen: 3) weil aus eben dem letzten 
Grunde der Raum zwiſchen den zwey Flaͤchen der groͤſten Abwei⸗ 
chung, bey gleicher Anzahl Grade, in großen Höhen groͤßer, als 
in kleinen iſt. Dagegen wird dieſer Vorzug der entferntern Pla⸗ 
neten, vor den niedrigern, zwar dadurch eingeſchraͤnkt, daß die 
Partikeln naͤher zur Sonne dichtrer Art, und allem Anſehen nach i 
auch weniger zerſtreut, als in größeren Abſtande ſeyn werden; 
allein man kann leicht erachten, daß die erſtern Vortheile, zu 
Bildung großer Maſſen, die letztern Einſchraͤnkungen weit uͤber⸗ 
treffen, und uͤberhaupt die Planeten, die ſich in weitem Abſtande 
von der Sonne bilden, groͤßre Maſſen, als die nahen bekommen 
muͤſſen. Dieſes geſchieht alſo, ſo fern man ſich die Bildung ei⸗ 
nes Planeten nur als in Gegenwart der Sonne vorſtellt; allein, 
wenn man mehrere Planeten, in verſchiedenem Abſtande, ſich 
bilden laͤßt; fo wird einer den Umfang der Attraction des ans 
dern, durch ſeine Anziehungsſphaͤre einſchraͤnken, und dieſes 
bringt eine Ausnahme von dem vorigen Geſetze zuvege. Denn 
a derjenige Planet, welcher einem andern, von ausnehmender Maſſe 
nahe iſt, wird ſehr viel von der Sphaͤre ſeiner Bildung verlieren, 
und dadurch ungleich kleiner werden, als das Verhaͤltniß ſeines 
Abſtandes von der Sonne allein es erfordert. Obgleich alſo im 
Ganzen die Planeten von groͤßrer Maſſe ſind, nachdem ſie weiter 
don der Sonne entfernt find, (wie denn überhaupt Saturn und 
Jupiter, als die zwey Hauptſtuͤcke unſeres Syſtems, darum die 
groͤſten ſind, weil ſie von der Sonne am weitſten entfernt ſind: ) 
fo finden ſich dennoch Abweichungen von dieſer Analogie, in de⸗ 
gen aber jederzeit das Merkmal der allgemeinen Bildung hervor⸗ 


E Mr ch 
leuchtet, die wir von den Himmelsförpern behaupten; daß nem⸗ 
lich ein Planet von ausnehmender Groͤße die naͤchſten von bey⸗ 
den Seiten, der, ihnen wegen ihrer Sonnenweite, gebuͤhrenden 
Maſſe beraubt, indem er einen Theil der Materien ſich zueignet, 
die zu jener ihrer Bildung kommen ſollten. In der That hat 
Mars, der vermoͤge feines Ortes größer als die Erde ſeyn ſollte, 
durch die Anziehungskraft des ihm nahen ſo großen Jupiters an 
feiner Maſſe eingebußt; a) und Saturn ſelbſt, ob er gleich durch 
ſeine Hoͤhe einen Vorzug uͤber den Mars hat, iſt nicht gaͤnzlich 
frey geblieben, durch Jupiters Anziehung einen betraͤchtlichen 
Verluſt zu erleiden, und mich duͤnkt, Merkur habe die ausneh⸗ 
mende Kleinheit ſeiner Maſſe, nicht allein der Anziehung der ihm 
ſo nahen maͤchtigen Sonne, ſondern auch der Nachbarſchaft der 
Venus zu verdanken, welche, wenn man ihre muthmaßliche Dich⸗ 
tigkeit mit ihrer Größe vergleicht, ein Planet von betraͤchtlicher 
Maſſe ſeyn muß. b) | 
Indem nun alles fo vortreflich, als man es nur wuͤnſchen mag, 
zuſammenſtimmt, die Zulaͤnglichkeit einer mechaniſchen Lehrver⸗ 
faſſung, bey dem Urſprunge des Weltbaues und der Himmels⸗ 
koͤrper, zu beſtaͤtigen; ſo wollen wir, indem wir den Raum ſchaͤ⸗ 
gen, darin der Grundſtoff der Planeten vor ihrer Bildung aus» 
gebreitet geweſen, erwaͤgen, in welchem Grade der Duͤnnigkeit 
dieſer Mittelraum damals erfüllt geweſen, und mit was für Grey 
heit, oder wie wenigen Hinderniſſen die herumſchwebenden Par⸗ 
tikeln ihre geſetzmaͤßige Bewegungen darin haben anftellen koͤnnen. 
Wenn der Raum, der alle Materie der Planeten in ſich begriff, 
in demjenigen Theile der Saturniſchen Sphaͤre enthalten war, der 
von dem Mittelpunkte der Sonne aus, zwiſchen 2 und 7 Grad 
weit, in allen Hoͤhen von einander abſtehenden Flaͤchen begriffen, 
und daher der ſiebzehnte Theil der ganzen Sphäre war, die 
man mit dem Radius der Hoͤhe des Saturns beſchreiben kann; ſo 


40 Aus welchem Uederſchuſſe ſich vielleicht die mehrern Monde 
des Jupiters gebildet haben, ſo wie Mars wohl gar eben da⸗ 
durch ſeine eignen Monde eingebuͤßt hat. 5 


5) Die Venuskugel wird von den Aſtronomen faſt von gleicher 
Bee als die Erdkugel geachtet. Ihre Achſendrehung unters 
cheidet ſich auch von dem Umſchwunge der Erde nur um 38 Mi⸗ 


* 


nuten weniger. 


1 


„„ 


wollen wir, um die Veraͤnderung des planetiſchen Grundſtoffs, 
da er dieſen Raum erfuͤllete, auszurechnen, nur die Höhe des Sa⸗ 
turns 100000 Erddiameter anſetzen; a) ſo wird die ganze Sphaͤ⸗ 
re des Saturniſchen Kreiſes den Raumes inhalt der Erdkugel 1009 
5 Billionenmal übertreffen; davon, wenn wir anſtatt des ſiebzehn⸗ 
ten Theils, auch nur den zwanzigſten nehmen, der Raum, darin 
der elementariſche Grundſtoff ſchwebte, den Raumsinhalt der Erd⸗ 
kugel dennoch 50 Billionenmal uͤbertreffen muß. Wenn man 
nun die Maſſe aller Planeten b) mit ihren Begleitern 335 des 
Sonnenklumpens nach dem Newton anſetzet; ſo wird die Erde, 
die nur rg derſelben if, ſich zu der geſammten Neffe aller 
planetiſchen Materie wie 1 zu 276: verhalten; und wenn man i 
daher alle dieſe Materie zu gleicher ſpecifiſchen Dichtigkeit mit 
der Erde braͤchte, würde daraus ein Körper entſtehen, der 277; mal 
groͤßern Raum als die Erde einnaͤhme. Wenn wir daher die Dich⸗ 
tigkeit der Erde in ihrem ganzen Klumpen nicht viel groͤßer, als 
die Dichtigkeit der feſten Materie, die man unter der oberſten Flaͤ⸗ 
che derſelben antrift, annehmen: wie es denn die Eigenſchaften 
der Figur der Erde nicht anders erfordern, und dieſe obre Ma⸗ 
terien ohngefaͤhr vier oder fuͤnfmal dichter als das Waſſer, das 
Waſſer aber 1000mal ſchwerer als die Luft anſetzen: fo würde 
die Materie aller Planeten, wenn fie zu der Duͤnnigkeit der Luft 
ausgedehnt wuͤrden, einen faſt 14 mal hunderttauſendmal größern 
Raum als die Erdkugel einnehmen. Diefer Raum mit dem Rau⸗ 
me, in welchen nach unſerer Vorausſetzung alle Materie der Pla⸗ 
neten ausgebreitet war, verglichen, iſt dreißig Millionenmal klei⸗ 
ner als derſelbe: alſo macht auch die Zerſtreuung der planetiſchen 
daterie in dieſem Raume eine eben fo vielmal größere Verduͤn⸗ 
nung aus, als die Theilchen unſerer Atmosphaͤre haben. In | 
der That dieſe Groͤße der Zerſtreuung, ſo unglaublich ſie auch 
ſcheinen mag „ war dennoch weder unnoͤthig, noch unnatuͤrlich. 


a) Welche nach den neuern Beſtimmungen 231000 Erd- Halbmeſ⸗ 
ſer oder 199 Millionen Meilen betraͤgt. 


2 N A den Uranus und feine 2 jetzt bekannten Traban⸗ 

cher auf 400 Millionen Meilen oder 465000 Er dhalb⸗ 

ä meſſer 9 17 der Sonne entfernt iſt, und an Große die Erde 80 

i — übertrifft Seine Maſſe iſt wie 18, ſeine Dichtigkeit o, 

22, wenn beides für die Erde = 1 iſt. — Diefe Beſtimmungen 
hätte man zu den Zahlen im Texte himnzurech nen 


0 40 0 2 N 
Sie mußte fo groß als moͤglich RE um den ſchwebenden Par⸗ 
tikeln alle Freyheit der Bewegung, faſt ſo, als in einem leeren 
Raume, zu verſtatten, und den Widerſtand unendlich zu verrin⸗ 
gern, den fie einander leiſten fönnten; fie konnten aber auch von 
ſelber einen ſolchen Zuſtand der Verduͤnnung annehmen, woran 
man nicht zweifeln darf, wenn man ein wenig die Ausbreitung 
kennt, die die Materie leidet, wenn ſie in Duͤnſte verwandelt iſt; 
oder wenn man, um bey dem Himmel zu bleiben, die Verduͤnnung 
der Materie in den Schweifen der Kometen erwaͤgt, die bey einer 
fo unerhoͤrten Dicke ihres Durchſchnitts, der den Durchmeſſer der 
Erde wohl hundertmal übertrifft, dennoch ſo durchſcheinend ſind, 
daß die kleinen Sterne dadurch koͤnnen geſehen werden; welches 
unſere Luft, wenn ſie von der Sonne erleuchtet wird, in einer 
Hoͤhe, die viel tauſendmal kleiner iſt, nicht verſtattet. 
Ich beſchließe dieſes Hauptſtuͤck, indem ich eine Analogie hin⸗ 
zufüge, die an und fuͤr ſich allein gegenwaͤrtige Theorie, von der 
mechaniſchen Bildung der Himmelskoͤrper über die Wahrſcheinlich⸗ 
keit der Hypotheſe „zu einer foͤrmlichen Gewißheit erheben kann. 
Wenn die Sonne aus den Partikeln deſſelben Grundſtoſſes, das 
raus die Planeten ſich gebildet haben, zuſammengeſetzt iſt: und 
wenn nur darin allein der Unterſchied beſteht, daß in der erſten 
die Materien aller Gattungen ohne Unterſchied gehäuft, bey die⸗ 
ſen aber in verſchiednen Entfernungen „nach Beſchaffenheit der 
Dichtigkeit ihrer Sorten, vertheilt worden; ſo wird, wenn man 
die Materie aller Planeten zuſammen vereiniget betrachtet, in ih⸗ 
rer ganzen Vermiſchung eine Dichtigkeit herauskommen muͤſſen, 
die der Dichtigkeit des Sonnenkoͤrpers beynahe gleich iſt. Nun 
findet dieſe noͤthige Folgerung unſers Syſtems eine glückliche Be 
ſtaͤtigung in der Vergleichung, die der Herr von Buffon, die⸗ 
ſer ſo wuͤrdig beruͤhmte Philoſoph, zwiſchen den Dichtigkeiten der 
geſammten planetiſchen Materie und der Sonnen ihren, angeſtellt 
hat; er fand eine Aehnlichkeit zwiſchen beyden, wie zwiſchen 640 
und 6 80 a). Wenn ungekünſteltk Aud desen diet gelaerungen 


2 Mechnel han die Dice keit der Maſſe des Uranus fi . 
den, und der zu 0 e Be ee (die 
man auf 16 anſetzen kann, ſ. Len 43. Not. a) nebſt dem muth⸗ 
all hen Monde der We en mehrern des Uranus und Sa⸗ 


| %%% 
aus einer vehrverfaſſung in den wirklichen Verhaͤltniſſen der Natur 
fo glückliche Beſtaͤtigungen antreffen; kann man denn wohl glau⸗ 
ben, daß ein bloßes Ungefehr dieſe Uebereinſtimmung me der 
Meek und der DICURHERRNE zenith 8 5 


hi 


— 


— — 


| en Haupiſſück 
Von der Eecentricitat der Planetenkreiſe, und dem Abe der 
; Kometen. 


Man kann aus den Kometen nicht eine beſondere Gattung von 
Himmelskoͤrpern machen, die ſich von dem Geſchlechte der Pla⸗ 
neten gaͤnzlich unterſchiede. Die Natur wirkt hier, wie ander⸗ 
waͤrts, durch unmerkliche Abfaͤlle, und, indem ſie alle Stufen 
der Veraͤnderungen durchgeht, haͤngt ſie, vermittelſt einer Kette 
von Zwiſchengliedern, die entfernten Ei genſchaften mit den nahen 
zuſammen. Die Eccentricitaͤt iſt bey den Pl aneten eine Folge des 
Mangelhaften in derjenigen Beſtrebung, dadurch die Natur trach⸗ 
tet, die planetiſchen Bewegungen grade Cirkelgleich zu machen, 
welches ſie aber, wegen Dazwiſchenkunft von mancherley Umſtaͤn⸗ 
den, niemals völlig erlangen kann, aber doch in größeren Weiten 
mehr, als in nahen, davon abweicht. | 
Dieſe Beſtimmung führt, durch eine beffändige beiter, ver⸗ 
mittelſt aller möglichen Stufen der Eccentricitaͤt, von den Pla⸗ 
neten endlich bis zu den Kometen, und ob zwar dieſer Zuſammen⸗ 
hang bey dem Saturn, durch eine große Kluft abgeſchnitten zu 
ſeyn ſcheint, die das kometiſche Geſchlecht von dem Planeten voͤl⸗ 
lig abgeſondert; ſo haben wir doch in dem erſten Theile angemerkt, 
daß es, vermuthlich uͤber dem Saturn, noch andere Planeten ge⸗ 
ben mag, a) die, durch eine größere Abweichung von der Cirkel⸗ 
rundung der Kreiſe, dem Laufe der Cometen naͤher treten, und 
daß es nur an dem e tangef der Beobachtungen, oder auch an der 
. Schwierigkeit derſelben liegt, daß dieſe Verwandſchaft dem Auge 
nicht eben ſo fi lone als Van Verſtande, laͤngſt dargeſtellt worden. 
turns, rund ein m muthmaßlichen Planeten zwiſchen Mars und 
Jupiter, dazu, o wird ſich 640 faſt zu 650 erheben. 
a) Siehe | pag. 19. und die Note b) daſelbſt. 


N . 
Wir haben ſchon eine Urſache in dem erſten Hauptſtücke dieſes 
Theils angeführt, welche die Laufbahn eines Himmelskörpers ec⸗ 
centriſch machen kann, der ſich aus dem herumſchwebenden Grund⸗ 
ſtoſſe bildet, wenn man gleich annimmt, daß dieſer in allen feinen 
Oertern grade zur Cirkelbewegung abgewogene Kräfte beſttze. 
Denn, weil der Planet fie aus weit von einander abſtehenden Hoͤ⸗ 
hen ſammlet, wo die Geſchwindigkeiten der Eirkellaͤufe unterſchie⸗ 
den ſind; ſo kommen ſie mit verſchiedenen ihnen beywohnenden 
Graden der Umlaufsbewegung auf ihm zuſammen, welche von 
dem Maaße der Geſchwindigkeit, die dem Abſtande des Planen 
ten gebuͤhrt, abweichen, und dieſem dadurch in ſo fern eine Ec⸗ 
centricitaͤt zuziehen, als dieſe verſchiednen Eindruͤcke der Parti⸗ 
keln ermangela, eine der andern Abweichung völlig zu erſetzen. 
Wenn die Sccentricitaͤt keine andere Urſache haͤtte, ſo würde 
ſie allenthalben gemäßigt ſeyn: fie. würde auch bey den kleinen, 
und weit von der Sonne entfernten Planeten, geringer als bey 
den nahen und großen ſeyn: wenn man nemlich vorausſetzte, daß 
die Partikeln des Grundſtoffes, wirklich vorher genaue Cirkelbewe⸗ 
gungen gehabt haͤtten. Da nun dieſe Beſtimmungen mit der Be⸗ 
obachtung nicht uͤbereinſtimmen, indem, wie ſchon angemerkt, die 
Eccentricitaͤt mit der Sonnenweite zunimmt, und die Kleinheit der 
Maſſen vielmehr eine Ausnahme, zu Vermehrung der Eccentri⸗ 
citaͤt, zu machen ſcheint, wie wir am Mars ſehen; ſo ſind wir 
genoͤthiget, die Hypotheſe von der genauen Cirkelbewegung der 
Partikeln des Grundſtoffes dahin einzuſchraͤnken, daß, wie ſie in 
den der Sonne nahen Gegenden zwar dieſer Genauheit der Beſtim⸗ 
mung ſehr nahe beykommen, aber ſie doch deſto weiter davon ab⸗ 
weichen laſſen, je entfernter dieſe elementariſchen Theilchen von der 
Sonne geſchwebt haben. Eine ſolche Maͤßigung des Grundſatzes | 
von der freyen cirkelgleichen Bewegung des Grundſtoffs iſt der 
Natur gemaͤſer. Denn, ungeachtet der Duͤnnigkeit des Raums, 
Die ihnen Freyheit zu laſſen ſcheint , ſich einander auf den Punkte 
der völlig abgewognen Gleichheit der Centralkraͤfte einzuſchraͤnken; ; 
Jo find die Urfachen dennoch nicht minder betraͤchtlich, dieſen Zweck 
der Natur an feiner Vollfuͤhrung zu verhindern. Je weiter die 
ausgebreiteten Theile des Urſtoffs von der Sonne entfernt ſind, 
deſto ſchwaͤcher iſt die Kraft „ die fie 1 Sinken e der Wi⸗ 


2 „ | h 


% 


derſtand der untern Theile, die ihren Fall feitiwärts beugen, und 
ihn noͤthigen ſoll, ſeine Richtung ſenkrecht von dem Radius des 
Cirkels anzuſtellen, vermindert ſich nach dem Maaße, als dieſe 
unter ihm wegſinken, um entweder der Sonne ſich einzuverleiben, 
oder in nähern Gegenden Umlaͤufe anzuſtellen. Die ſpecifiſch 
vorzuͤgliche Leichtigkeit dieſer hoͤheren Materie verſtattet ihnen 
nicht, die ſinkende Bewegung, die der Grund von allem iſt, mit 
dem Nachdrucke, welcher erfordert wird, um die widerſtehenden 
Partikeln zum Weichen zu bringen, anzuſtellen; und vielleicht, 
daß dieſe entfernten Partikeln einander noch einſchraͤnken, um 
nach einer langen Periode dieſe Gleichfoͤrmigkeit endlich zu übers 
kommen; ſo haben ſich unter ihnen ſchon kleine Maſſen gebildet, 
als Anfaͤnge zu ſo viel Himmelskoͤrpern, welche, indem ſie ſich aus 
ſchwach bewegtem Stoffe ſammeln, eine nur eccentriſche Bewe⸗ 
gung haben, womit ſie zur Sonne ſinken, und unter Wegs 
mehr, durch die Einverleibung ſchneller bewegter Theile vom ſenk⸗ 
rechten Falle abgebeugt werden, endlich aber doch Kometen blei⸗ 
ben, wenn jene Raͤume, in denen ſie ſich gebildet haben, durch 
Niederſinken zur Sonne, oder durch Verſamlung in beſondern 
Klumpen gereiniget und leer geworden. Dieſes iſt die Urſache der 
mit den Entfernungen von der Sonne zunehmenden Eccentricitaͤ⸗ 
ten der Planeten und derjenigen Himmelskörper, die um deswil⸗ 
len Kometen genannt werden, weil ſie in dieſer Eigenſchaft die er⸗ 
ſtere vorzüglich übertreffen. a) Es find zwar noch zwey Aus⸗ 
nahmen, die das Geſetz von der mit dem Abſtande von der Son⸗ 
ne zunehmenden Eccentricitaͤt unterbrechen, die man an den bey⸗ 
den kleinſten Planeten unſers Syſtems, am Mars und Merkur, 
wahrnimmt; allein an dem erſtern iſt vermuthlich die Nachbar⸗ 
ſchaft, des ſo großen Jupiters Urſache, der, indem er durch ſei⸗ 
ne Anziehung auf ſeiner Seite den Mars der Partikeln zur Bil⸗ 
dung beraubt, ihm vornemlich nur Platz läßt, gegen die Sonne 
ſich anezußeee, dadurch eine Ueberwucht der Centralkraft und 


9 Nach der Etymologie bedeutet freilich Komet einen Stern, 
. der einen Schweif von Haaren zu haben ſcheint; hier aber ſieht 
3 Herr Kant nur auf die Eigenfchaft des Laufs eines ſolchem 
Weltkoͤrpers und nimmt den Namen Komet nach dem gemei⸗ 

nen Sprachgebrauche im Deutſchen, ohne auf den a 
Urſprung zu 0 


G 


r R ' 3 
Eccentricitat zuzieht. Was aber den Merkur, den unterſten, aber 


auch am meiſten eccentriſchen unter den Planeten betrift; ſo iſt 
leicht zu erachten, daß, weil die Sonne in ihrer Achſendrehung 
der Geſchwindigkeit des Merkurs noch lange nicht gleich kommt a) 
der Widerſtand, den fie der Materie des fie umgebenden Raumes 
thut, nicht allein die nächften Theilchen ihrer Centralbewegung 
berauben werde; ſondern auch leichtlich dieſe Widerſtrebung bis 
zum Merkur ausbreiten koͤnne, und deſſen Umſchwungsgeſchwin⸗ 
digkeit dadurch betrachtlich werde vermindert haben. 

Die Eccentricitaͤt iſt das vornehmſte Unter ſcheidungszeichen der 
Kometen. Ihre Atmosphaͤren und Schweife, welche, bey ihrer 
großen Annaͤherung zur Sonne, durch die Hitze ſich verbreiten, 
find nur Folgen von dem erſtern, ob fie gleich zu den Zeiten der 


Un wiſſenheit gedient haben „als ungewohnte Schreckbilder, dem 


Pobel eingebildete Schickſale vorher zu bedeuten. Die Aſtronomen, 
welche mehr Aufmerkſamkeit auf die Bewegungsgeſetze, als auf 

die Seltſamkeit der Geſtalt, bezeigen, bemerken eine zweyte Eis 
genſchaft, die das Geſchlecht der Kometen von den Planeten un⸗ 
terſcheidet, nemlich daß ſie ſich nicht, wie dieſe, an die Zone des 
Thierkreiſes binden, ſondern frey in allen Gegenden des Himmels 
ihre Umlaͤufe anſtellen. Dieſe Beſonderheit hat einerley Urſache 
mit der Eccentricitaͤt. Wenn die Planeten darum ihre Kreiſe in 
dem engen Bezirke des Zodiakus eingeſchloſſen haben, weil die 
elementariſche Materie nahe um die Sonne Cirkelbewegungen bes 
kommt, die bey jedem Umſchwunge den Plan der Beziehung zu 
durchkreutzen bemüht find, um den einmal gebildeten Körper von 
dieſer Flache, dahin fie alle Materie von beyden Seiten draͤngt, 
nicht abweichen laſſen: ſo muß der Grundſtoff der weit von dem 
Mittelpunkte entlegnen Raͤume, welcher durch die Attraction 
ſchwach bewegt, zu dem freyen Eirkelumſchwunge nicht gelangen 
kann, eben aus dieſer Urſache, die die Eccentricitaͤt hervorbringt, 
nicht vermögend ſeyn, ſich in dieſer Hoͤhe zu dem Plane der Be⸗ 
ziehung aller planetiſchen Bewegungen zu häufen, um die daſelbſt 
gebildeten Körper, vornemlich i in dieſem Gleiſe, zu erhalten: viel⸗ 


a) Die Sonne dreht ſich ya in 25 Tagen 14 Stunden einmal 
um ihre Achſe, Merkurs Achſendrehung iſt noch nicht beſtimmt, 
25 75 a; aber von Schröder auf 23 Stunden, 22 Min. 

erechne 


— 


3 


mehr wird der zerſtreute Grundſtoff, da er keine Einſchraͤnkung 
auf eine beſondre Gegend, ſo wie bey den untern Planeten, hat, 
ſich gleich leicht auf einer Seite ſowohl, als auf der andern, und 
weit von dem Beziehungsplane eben ſo haͤufig, als nahe bey dem⸗ 
ſelben, zu Himmelskoͤrpern bilden. Daher werden die Kometen, 
mit aller Ungebundenheit aus allen Gegenden zu uns herabkom⸗ 
men: aber doch diejenigen, deren erſter Bildungsplatz nicht weit 
uͤber dem Planeten Kreiſe erhaben iſt, werden weniger Abweichung 
von den Schranken ihrer Laufbahne eben ſo wohl, als weniger 
Eccentricitaͤt beweiſen. Mit den Entfernungen von dem Mittel⸗ 
punkte des Syſiems nimmt dieſe geſetzloſe Freyheit der Kometen, 
in Anſehung ihrer Abweichungen, zu, und verliert ſich in der 
Tiefe des Himmels in einen gaͤnzlichen Mangel der Umwendung, 
der die äußern ſich bildenden Körper ihrem Falle zur Sonne frey 
uͤberlaͤßt, und der ſyſtematiſchen Verfaſſung die letzten Graͤnzen 
ſetzt a. Pan Lin Rudy 15 
Ich ſetze, bey dieſen Entwurfe der kometiſchen Bewegungen, 
voraus: daß, in Anſehung ihrer Richtung, ſie ſelbige groͤßten 
Theils ihrer mit Richtung der Planeten gemein haben werden. 
Bey denen nahen Kometen ſcheint mir dieſes ungezweifelt zu ſeyn, 
und dieſe Gleichfoͤrmigkeit kann ſich auch nicht eher in die Tiefe des 
Himmels verlieren, als da, wo der elementariſche Grundſtoff in 
der größten Mattigkeit der Bewegungen, die etwa durch das Nie, 
derſinken entſtehende Drehung nach allerley Gegenden anſtellt, 
weil die Zeit, die erfordert wird, durch die Gemeinſchaft der un⸗ 
tern Bewegungen, ſie in der Richtung einſtimmig zu machen, we⸗ 
gen der Weite der Entfernung, zu lang iſt, als daß ſie indeſſen, 
daß die Bildung der Natur in der niedern Gegend verrichtet wird, 


2) Nach dieſen Vorausſezungen ſollte man vermuthen, daß jeder 
Komet in ſeinem Laufe ſich allemal um eine Sonne bewegen 
muͤſſe, von der er neuen Umſchwung in ſeiner Ellipſe erhielte, 

ſonach koͤnnen von den so bisher berechneten Kometen nur die 

16, die ſich um unſre Sonne geſchwungen haben, zu unſerm 

Syſteme gehoͤren, die uͤbrigen aber waͤren aus andern Sonnen⸗ 
ſyſtemen in das unſre heruͤber geſchweift, und dienten zuglei 

tur Verbindung dieſes mit jenen. Es müßte dann ſeyn, daß 

auch die Planeten, in deren Naͤhe einige Kometen wieder um⸗ 

gekehrt ſind ohne ſich der Sonne weiter zu naͤhern, durch ihre 

Anziehung eine gleiche Wirkung auf den Umſchwung der Kome⸗ 

ten aͤußern koͤnnten, ſo wie fie es auf ihre Monde thun. S. 

bag. 7. Note b). | W 


* 


lich bis dahin erſtreken koͤnne. Es werden alſo vielleicht Kometen 
ſeyn, die ihren Umlauf nach der entgegen geſetzten Seite, nemlich 
von Morgen gegen Abend, anſtellen werden; ob ſich gleich aus 
Urſachen, die ich allhier anzufuͤhren Bedenken trage, mich bey⸗ 
nahe uͤberreden moͤchte, daß von den 19 Kometen, an denen man 
dieſe Beſonderheit bemerkt hat, bey einigen vielleicht ein optiſcher 
Schein Anlaß dazu gegeben haben moͤchte. 

Ich muß von den Maſſen der Kometen, und von der Dichtigs 
keit ihres Stoffs, noch etwas anmerken. Von Rechtswegen ſoll⸗ 
ten in den obern Gegenden der Bildung dieſer Himmelskörper, aus 
denen im vorigen Hauptſtuͤcke angeführten Gründen, ſich immer 
nach dem Maaße, als die Entfernung zunimmt, deſto großere 
Maſſen bilden. Und es iſt auch zu glauben, daß einige Kometen 
größer find, als Saturn und Jupiter; allein es iſt eben nicht zu 
glauben, daß dieſe Groͤße der Maſſen ſo immer zunimmt. Die 
Zerſtreuung des Grundſtoffs, die ſpecifiſche Leichtigkeit ihrer Par⸗ 
tikeln, machen die Bildung in der abgelegenſten Gegend des Welt⸗ 
raums langſam; die unbeſtimmte Verbreitung deſſelben, in dem 
ganzen unermeßlichen Umfang dieſer Weite, ohne eine Beſtimmung, 
ſich gegen eine gewiſſe Flaͤche zu häufen, verſtatten, an ſtatt einer 
einzigen betraͤchtlichen Bildung viele kleinere, und der Mangel 
der Centralkraft zieht den groͤßten Theil der Partikeln zu der Son⸗ 
ne herab, ohne ſich in Maſſen verſammlet zu haben. | 

Die fpecififche Dichtigkeit des Stoffes, woraus die Kometen 
entſtehen, iſt von mehrerer Merkwuͤrdigkeit „als die Große ihrer | 
Maſſen. vermuthlich, da fie in der oberſten Gegend des Weltge⸗ 
baͤudes ſich bilden, ſind die Theilchen ihres Zuſammenſatzes von 
der leichteſten Gattung und man darf nicht zweifeln, daß dieſes 
die vornehmſte Urſache der Dunſtkugeln und der Schweife ſey, wo⸗ 
mit ſie ſich vor andern Himmelskoͤrpern kenntlich machen. Man 
kann der Wirkung der Sonnenhige dieſe Zerſtreuung der kometi⸗ 
ſchen Materie in einem Dunſte nicht hauptſaͤchlich beymeſſen; eini⸗ 
ge Kometen erreichen in ihrer Sonnennaͤhe kaum die Tiefe des Erd⸗ 
eirfels; viele bleiben zwiſchen dem Kreiſe der Erde und Venus, 
und kehren ſodann zuruͤck. Wenn ein ſo gemaͤſigter Grad Hitze 
die Materien auf der Oberflaͤche dieſer Koͤrper dermaßen aufloͤſt 
und verdunnt, fo müſſen fe nicht aus dem leichteſten Stoffe be⸗ 


ex 


MD 
fiehen, der durch die Wärme mehr Verdünnung, als irgend eine 
f e iu der ganzen Natur, leidet. We 


Man kann auch dieſe, von dem Kometen ſo häufig auffteigens 
den Dünfte, der Hitze nicht beymeſſen, die ſein Koͤrper von der 
etwa ehemaligen Sonnennaͤhe uͤbrig behalten hat: denn es iſt 

zwar zu vermuthen, daß ein Komet zur Zeit ſeiner Bildung, et⸗ 
liche Umlaͤufe mit größerer Eccentricitaͤt zurück gelegt hat, und 
dieſe nur nach und nach vermindert worden; allein die andern 
Planeten, von denen man eben daſſelbe vermuthen koͤnnte, zeigen 
dieſes Phänomen nicht. Indeſſen würden fie es an ſich zeigen, 
wenn die Sorten der leichteſten Materie, die in dem Zuſammen⸗ 
ſatze des Planeten begriffen ſind, eben 15 Haug, als bey den 
Kometen, vorhanden wären. | 

Die Erde hat etwas an ſich, was man mit der Abteltanz 
der kometiſchen Duͤnſte und ihren Schweifen vergleichen kann ). 
Die feinſten Partikeln, die die Sonnenwirkung aus ihrer Ober⸗ 
flaͤche zieht, haͤufen ſich um einen von denen Polen, wenn die 
Sonne den halben Zirkel ihres Laufes auf der entgegen geſetzten 
Halbkugel verrichtet. Die feinſten und wirkſamſten Theilchen, 
die in dem brennenden Erdguͤrtel aufſteigen, nachdem fie eine ger 
wiſſe Hoͤhe der Atmosphaͤre erreicht haben, werden durch die Wir⸗ 
kung der Sonnenſtrahlen genoͤthigt, in diejenige Gegenden zu 
weichen und ſich zu haͤufen, die alsdenn von der Sonne abge⸗ 
wandt, und in einer langen Nacht begraben ſind, und verguͤten 
den Bewohnern der Eiszone die Abweſenheit des großen Lichts, 
welches ihnen auch in dieſer Entfernung die Wirkungen ihrer Waͤr⸗ 
me zuſchickt. Eben dieſelbe Kraft der Sonnenſtrahlen, welche 
die Nordlichter macht, wuͤrde einen Dunſtkreis mit einem Schwei⸗ 
fe hervor bringen, wenn die feinſten und fluͤchtigen Partikeln auf 


der Erde eben ſo haͤuſig, als auf den Kometen, anzutreffen 
waͤren. 8 


D Diefes ſind die Nordlichter. 


a 0 5 EIG 
| 
| 5 
48 * 


3 Hauptſtück. 
Von dem urſprunge der Monde, und den Bewegungen der N | 
um ihre Axe. N 


— — „\ 


N, Beſtrebung eines Planeten, aus dem Umfange der elemen⸗ 
tariſchen Materie ſich zu bilden, iſt zugleich die Urſache ſeiner Ach⸗ 
ſendrehung, und erzeugt die Monde, die um ihn laufen ſollen. 
Was die Sonne mit ihren Planeten im Großen iſt, das ſtellet 
ein Planet, der eine weit ausgedehnte Anziehungsſphaͤre hat, 
im kleinern vor, nemlich das Hauptſtuͤck eines Syſtems, deſſen 
Theile durch die Attraction des Centralkoͤrpers in Bewegung ge⸗ 
ſetzt worden. Indem der ſich bildende Planet, die Partikeln des 
Grundſtoffs aus dem ganzen Umfange zu ſeiner Bildung bewegt, 
wird er aus dieſen ſinkenden Bewegungen, vermittelſt ihrer Wech⸗ 
ſelwirkung, Umlaufsbewegungen, und zwar endlich ſolche erzeu⸗ 
gen, die in eine gemeinſchaftliche Richtung ausſchlagen, und ein 
Theil dieſer ſo bewegten Partikeln wird die gehoͤrige Maͤßigung 
des freyen Cirkellaufs bekommen, und in dieſer Einſchraͤnkung ſich 
einer gemeinſchaftlichen Flaͤche nahe befinden. In dem Raume 
nahe um dieſe Flaͤche werden, ſo wie um die Sonne die Haupt⸗ 
planeten, alſo auch um dieſe ſich die Monde bilden, wenn die 
Attraction dieſer Himmelskoͤrper ſich weit genug erſtreckt. Was 
übrigens in Anſehung des Urſprungs des Sonnenſyſtems gefagt 
worden, daſſelbe laͤßt ſich auf das Syſtem des Jupiters und des 
Saturns anwenden. Die Monde werden alle nach einer Richtung 
und beynahe in einer Flaͤche, die Kreiſe ihres Umſchwungs gerich⸗ 
tet haben, und dieſes zwar aus den gleichen Urſachen, dic dieſe 
Analogie im Großen beſtimmen: Aber warum bewegen ſich dieſe 
Begleiter in ihrer gemeinſchaftlichen Richtung vielmehr nach der 
Seite, nach der die Planeten laufen, als nach einer jeden andern? 
Ihre Umlaͤufe werden ja durch die Kreisbewegungen nicht erzeugt; 
ſie erkennen lediglich die Attraction des Hauptplaneten zur Urſache, 
und in Anſehung dieſer find alle Richtungen gleichguͤltig; ein blo⸗ 
ſes Ungefehr wird diejenige unter allen moͤglichen entſcheiden, nach 
der die ſinkende Bewegung des Stoffs in Kreiſe ausſchlaͤgt. In 


der That thut der Zirkellauf des Hauptplaneten nichts dazu, dem 
Stoffe 


EB; 7 1 75 * 
9 . C 


ö Stoffe, aus dem ſich um ihn die Monde bilden ſollen, Umwaͤl⸗ 
zungen um dieſen einzudruͤcken; die Partikeln des Grundſtoffs, 


aus denen ſich die Monde eines Planeten bilden, bewegen ſich in 
einerley Richtung mit dieſem um die Sonne, und ſind alſo in re⸗ 
lativer Ruhe gegen denſelben. Die Attraction des Planeten thut 


alles allein. Allein die Kreisbewegung, „ die aus ihr eutſtehen 


ſoll, weil ſie in An ſehung aller Richtungen an und fuͤr ſich gleich⸗ 


gültig iſt, bedarf nur einer kleinen aͤußerlichen Beſtimmung, um 


nach einer Richtung vielmehr, als nach der andern, aus uſchla⸗ 


gen: und dieſe aͤußerliche Beſtimmung liegt in der Attraction, 


welche der Planet auf die der Sonne naͤhern Theilchen ausübt. 


Denn da ſie mit ſchnellern Umſchwunge als die uͤbrigen um die 


Sonne laufen; fo noͤthigt die Attraction des Planeten fie, ſchon 


vom weiten die Richtung ihres Gleiſes zu verlaſſen, und in einer 
oblongen Ausſchweifung ſich uͤber den Planeten zu erheben. Und 
weil ſie einen groͤßern Grad der Geſchwindigkeit, als der Planet 


ſelbſt haben, ſo bekommt, wenn ſie durch deſſen Anziehung zum | 
Sinken gebracht werden, ihr geradlinigter Fall, und dadurch auch 


der Fall der übrigen, eine Abbeugung vom Abend gegen Morgen, 
und es bedarf nur dieſer geringen Lenkung „ um zu verurſachen, 
daß die Kreisbewegung, dahin der durch die Attraction erregte 


Fall ausſchlaͤgt, vielmehr dieſe, als eine jede andere Richtung 


nehme. Aus dieſem Grunde werden alle Monde in ihrer Richtung, 
mit der Richtung des Umlaufs der Hauptplaneten übereinſtimmen. 
Aber auch die Fläche ihrer Bahn kann nicht weit von der Bezie⸗ 
hungsflaͤche der Planeten Bahnen abweichen, weil die Materie, 
daraus ſie ſich bilden, aus eben dem Grunde, den wir von der 
Richtung uberhaupt angeführt haben, auch auf dieſe genaue Be⸗ 


8 ſtimmung derſelben) nemlich die Uebe mit der Flaͤche 


der Hauptkreiſe, gelenkt wird. 
Man ſieht hieraus leicht, unter welchen Umſtaͤnden ein Planet 


Trabanten bekommen koͤnne. Die Anziehungskraft deſſelben muß 


groß, und folglich ſeine Wirkungsſphaͤre weit ausgedehnt ſeyn, 


damit ſowohl die Theilchen durch einen hohen Fall, des Widerſtands 


ungeachtet, hinlaͤngliche Geſchwindigkeit zum freyen Umſchwun⸗ 


ge erlangen konnen, als auch gnugſamer Stoff zu Bildung der 


Monde i in dieſem Bezirke vorhanden ſey, welches bey einer gerin⸗ i 


a: 


5 
* 


Bo 


gen Attraction nicht geſchehen kann. Daher ind nur die Planeten 
von großen Maſſen, und weiter Entfernug, mit Begleitern be⸗ 


gabt. Jupiter und Saturn, die zwey groͤßten und auch entfern⸗ 
teſten unter den Planeten, haben die meiften Monde. a) Der Erde, 


die viel kleiner als jene iſt, iſt nur einer zu Theil worden; und 
Mars, welchem wegen ſeines Abſtandes auch einiger Antheil an 
dieſem Vorzuge gebuͤhrte, geht leer hg weil feine Maſſe fo ges 
ring iſt. N 8 
Man nimmt mit Vergnügen wahr, wie dieſelbe Anziehung des 


5 Planeten, die den Stoff zur Bildung der Monde herbeyſchaffte, 


und zugleich derſelben Bewegung beſtimmte, ſich bis auf ſeinen 
eignen Koͤrper erſtreckt, und dieſer ſich ſelbſt durch eben dieſelbe 
Handlung, durch welche er ſich bildet, eine Drehung um die Ach⸗ 
ſe, nach der allgemeinen Richtung von Abend gegen Morgen, er⸗ 


theilt. Die Partikeln des niederſinkenden Grundſtoffs, welche, 
wie geſagt, eine allgemeine drehende Bewegung von Abend gegen 


torgen hin bekommen, fallen größten Theils auf den Planeten 
nieder, und vermiſchen ſich mit ſeinem Klumpen, weil ſie die ab⸗ 
gemeſſene Grade nicht haben, ſich frey ſchwebend in Cirkelbewe⸗ 


gungen zu erhalten. Indem ſie nun in den Zuſammenſatz des Pla⸗ 


neten kommen, ſo muͤſſen ſie, als Theile deſſelben, eben dieſelbe 
Umwendung, nach eben derſelben Richtung, fortſetzen, die ſie 
hatten, ehe fie mit ihm vereiniget worden, d. h. der Planet, 


der aus dieſen Partikeln als Theilen beſteht, muß ſich von Abend 


gegen Morgen um ſeine Achſe drehen. Und da die groͤßern und 


a) Jupiter, der die Erde 1479 mal an Groͤße uͤbertrift und s mal wei⸗ 
ter als fie von der Sonne entfernt if, hat 4 Monde zu Begleitern, 
welche zuſammen etwan 8 mal kleiner als die Erde find. Saturn, 

1030 mal größer als die Erde und 9 mah weiter von der Sonne als 

fie, hat 7 Monde und einen beſondern Ring um ſich. Uranus, 
80 mal groͤßer als die Erde und faſt noch einmal ſo weit als Sa⸗ 
turn von der Sonne, hat, fo viel bis jetzt entdeckt iſt, 2 Monde. 
Die Erde hat, wie bekannt, nur 1, welcher im Durchſchnitt gegen 
4 mal, dem Inhalte nach aber 30 mal kleiner iſt als ſie. Warum 
wahrſcheinlich Mars keine Monden habe, iſt oben pag. 38, Note a). 
doch koͤnnen ſie auch zu klein ſeyn, um von uns geſehn werden zu 
koͤnnen. um die Venus wollen Caſrini, Short, Fontana und andre 

auch einen Mond geſehn haben, welches vielleicht Lerſchels rieſen⸗ 
maͤß ige Teleſeope noch beſtimmen werden. — 


I 


Ü SR - RE. 
entferntern Planeten eine größere Wirfungsfpäre haben, folglich 
mehrere Theilchen, deren Bewegung die Achſendrehung bewirkt, 
auf fie nieder geſturzt find, fo ſieht man hieraus auch die Urſache, 
warum dieſe Planeten eine ſchnellere Achſendrehung, als die klei⸗ 
nern und der Sonne naͤhern, haben muͤſſen, welches ſich nicht be⸗ 
greifen laͤßt, wenn man die Achſendrehung einer bloß aͤußern Ur⸗ 
ſache zuſchreibt, indem dieſelbe Kraft einen kleinen Koͤrper ſchneller 
als einen großern bewegt. In der That hat Jupiter die ſchnelle⸗ 
ſte Achſendrehung, die wir kennen, und ich weiß nicht, nach wel⸗ 
chem Syſteme man dieſes mit einem Koͤrper, deſſen Klumpen alle 
andere uͤbertrift, zuſammen reimen koͤnnte, wenn man nicht ſeine 
Bewegungen ſelbſt, als die Wirkung derjenigen Anziehung anſe⸗ 
hen koͤnnte, die dieſer Himmelskorper, nach dem Maaße eben die⸗ 
ſes Klumpens, ausuͤbt. Wenn die Achſendrehung eine Wirkung 
einer aͤußerlichen Urſache waͤre, ſo muͤßte Mars eine ſchnellere, 
als Jupiter haben; denn, wie ſo eben geſagt worden, eben dieſelbe 
bewegende Kraft bewegt einen kleinern Korper mehr, als einen 
groͤßern, und uͤber dieſes wuͤrde man ſich mit Recht wundern, wie, 
da alle Bewegungen weiter von dem Mittelpunkte hin abnehmen, 
die Geſchwindigkeiten der Umwaͤlzungen mit denſelben Entfernun⸗ 
gen zunehmen, und beym Jupiter ſogar drittehalbmal ſchneller, 
als feine jährliche Bewegung ſelber, ſeyn fönne. a) | 

Indem man alſo genothiget iſt, in den täglichen Ummwendungen 
der Planeten eben dieſelbe Urſache, welche überhaupt die allgemei⸗ 
ne Bewegungsquelle der Natur iſt, nemlich die Anziehung zu ers 
kennen; ſo wird dieſe Erklaͤrungsart durch das natuͤrliche Vor⸗ 
recht ſeines Grundbegriffs, und durch eine ungezwungene Folge 
aus demſelben, ihre Rechtmaͤſigkeit bewähren. 5 

TE D 2 ; 


a) Jupiter dreht ſich um feine Achſe in 9 Stunden, 56 Minuten 

der Erdenzeit; Saturn, Uranus und Merkur find in dieſer 

Ruͤckſicht noch nicht ganz beſtimmt. Mars braucht dazu 24 

Stunden, 39 Minuten, die Erde 23 Stunden, 36 Minuten, die 

Venus 23 St. 22. Min. + Nach Herſchels Beobachtung dreht 

ſich Saturn in 10 St. 16 eine viertel Minute ſein Ring in ro 

St. 32 eine viertel Minute fein ster Mond in 79 Tagen, 7 St. 

(als der Dauer ſeiner Kreisbewegung) um ſeine Achſe, ſo wie 

der Mond der Erde in 27 Tagen, 8 Stunden. Uranus fol ſich 
in 12 St. 25 Min. 42 Sec. einmal herumdrehen. 


x * 1 


| RE 
Er ö N FR 
Allein, wenn die Bildung eines Koͤrpers ſelbſt die Achſendre⸗ 
hung hervorbringt, ſo müſſen ſie billig alle Kugeln des Weltbaues 
haben; aber warum hat ſie der Mond nicht 2 a) welcher, wie⸗ 
wohl faͤlſchlich N diejenige Art einer Umwendung, dadurch er der 
Erde immer dieſelbe Seite zuwendet, einigen vielmehr von einer 
Art einer Ueberwucht der einen Halbkugel, als von einem wirk⸗ 
lichen Schwunge der Revolution, herzuhaben ſcheint. Sollte der⸗ 
i ſelbe ſich wohl ehedem ſchneller um ſeine Achſe gewaͤlzt haben, und 
durch, ich weis nicht was fuͤr Urſachen, die dieſe Bewegung nach 
und nach verminderten, bis zu dieſem geringen und abgemeßnen 
Ueberreſte gebracht worden ſeyn? Man darf dieſe Frage nur in 
Anſehung eines von den Planeten aufloſen, ſo ergiebt ſich daraus 
die Anwendung auf alle von ſelbſt. Ich verſpare dieſe Aufloſung 
a feine andere Gelegenheit, weil fie eine nothwendige Verbindung 
mit derjenigen Aufgabe hat, die die königliche Akademie der 
Wiſſenſchaften zu Berlin, auf das 1754 ſte Jahr zum Preiſe auf⸗ 
geſtellt hatte. 0 | Lara 
Die Theorie, welche den Urſprung der Achſendrehungen erklaͤ⸗ 
ren ſoll, muß auch die Stellung ihrer Achſen, gegen die Ebne ih, 
rer Kreiſe, aus eben denſelben Urſachen herleiten konnen. Man 
hat Urſache ſich zu verwundern, woher der Aequator der täglichen 
Umwälzung mit der Flaͤche der Mondenkreiſe „die um denſelben 
Planeten laufen, nicht in derſelben Ebne iſt; denn dieſe Bewe⸗ 
gung, die den Lauf eines Trabanten gerichtet, hat durch ihre Er⸗ 
ſtreckung bis zum Koͤrper des Planeten, deſſen Drehung um die 
Achſe hervorgebracht, und dieſer eben viefelbe Beſtimmung in der 


a) Nämlich der Mond unſrer Erde; gleiche Sonderbarkeit des 
Achſenumſchwungs hat Herſchel auch am sten Monde des Sa⸗ 
turns beobachtet, welcher daher, ſo wie unſer Mond der Erde, 
auch dem Saturne immer nur die eine Haͤlfte erleuchtet ſehn 
läßt. — Da unſer Mond, nach Moſes zweierlei Beſtimmungen 
hat, „die Nacht zu erleuchten“ und „zu geben Zei⸗ 
„chen, Zeiten, Tage und Jahre,“ welches er auch fur 
Uns ohne Aenderung erfuͤllt; fo ſcheint es, als koͤnne er ſie nicht 
anders, als durch ſeine langſame Umdrehung ‚ erfüllen. Denn 
geſetzt, fein Achſenumſchwung ſey, nach Verhaͤltniß feines Koͤr⸗ 
pers gegen die Erde, kleiner und ſchneller, als er wirklich iſt; 
ſo wird auf alle Faͤlle eine von jenen beiden Beſtimmungen weg⸗ 
fallen oder beide zugleich Schaden leiden. Vielleicht iſt dies auch 
der Fall bey andern Monden, zum wenigſten iſt es vom sten 
Saturns Monde gewiß, daß er eben die Rotation als unſer 
Mond beobachtet. N a 


U AS. | 
Richtung und Lage ertheilen ſollen. Himmelskoͤrper, die keine 
um ſich laufende Nebenplaneten haben, ſetzten ſich dennoch durch 
eben dieſelbe Bewegung der Partikeln, die zu ihrem Stoffe dien⸗ 
ten, und durch daſſelbe Geſetz, welches jene auf die Flache ihrer 
periodischen Laufbahn einſchrankte, in eine Achſendrehung, welche 
aus den gleichen Grunden mit ihrer Umlaufsflaͤche in der Richtung 
uͤbereintreffen muſte. Dieſen Urſachen zu Folge müßten bilig die 
Achſen aller Himmelskörper, gegen die allgemeine Beziehungsflaͤe 
che des plauetiſchen Syſtems, welche nicht weit von der Ecliptik 
abweicht, ſenkrecht ſtehen. Allein ſie find nur bey den zwey wich⸗ 
tigſten Korpern dieſes Weltbaues ſenkrecht: beym Jupiter und 
bey der Sonne; die andern, deren Umdrehung man kennet, nei⸗ 
gen ihre Achſen gegen die Ebne ihrer Kreiſe; der Saturn mehr 
als die andern, die Erde aber mehr, als Mars, deſſen Achſe auch: 
beynahe ſenkrecht gegen die Ecliptik gerichtet iſt, der Aequator 
des Saturns, (wofern man denſelben durch die Richtung ſeines 
Ringes bezeichnet halten kann,) neiget ſich mit einem Winkel von 
31 Graden zur Fläche: feiner Bahn; der Erde ihrer aber nur 
mit a) 233. Man kann die Urſache dieſer Abweichungen vielleicht 
der Ungleichheit in den Bewegungen des Stoffes beymeſſen, die 
den Planeten zu bilden zuſammen gekommen ſind. In der Rich⸗ 
tung der Flaͤche ſeines Laufkreiſes war die vornehmſte Bewegung 
der Partikeln um den Mittelpunkt deſſelben, und daſelbſt war der 
Plan der Beziehung, um welchen die elementariſchen Theilchen ſich 
haͤuften, um daſelbſt die Bewegung, wo möglich, cirkelgleich zu 
machen, und zur Bildung der Nebenplaneten Materie zu haͤufen, 
welche um des willen niemals von der Umlaufsbahn weit abweichen. 
Wenn der Planet ſich groͤßtentheils nur aus dieſen Theilchen bile 
dete, ſo wuͤrde ſeine Achſendrehung ſo wenig, wie die Nebenpla⸗ 
neten, die um ihn laufen, bey ſeiner erſten Bildung davon abge⸗ 
wichen ſeyn: aber er bildete ſich, wie die Theorie es dargethan hat, 
mehr aus der Partikeln, die auf beyden Seiten niederſanken, 
2) Nach Bode in der Kenntniß des geſtirnten Himmels ꝛc. ed. 
1792. pag. 357. ff. neigt ſich die Achſe der Erde gegen die Ebne 
ihrer Laufbahn um 66 einen halben Grad, des Mars um 61 
Grad, des Jupiters um einige go Grad, des Saturn Rings um 


etwa 32 Grad. Die Bahnen der 6 innern Saturns Monde nee 
gen ſich etwan 30 Grad, des außerſten aber um 13 Grad gegen 


die Eeliptik. 


a 
2 


6 


und deren Menge oder Geſchwindigkeiten nicht fo völlig abgewo⸗ 
gen geweſen zu ſeyn ſcheint, daß die eine Halbkugel nicht eine klei⸗ 
ne Ueberwucht der Bewegung über die andere, und daher einige 


Abweichung der Achſe haͤtte bekommen koͤnnen. Wing 

Dieſer Grunde ungeachtet trage ich dieſe Erklaͤrung nur als ei⸗ 
ne Muthmaßung vor, die ich mir nicht auszumachen getraue. 
Meine wahre Meinung gehet dahin: daß die Umdrehung der Pla⸗ 
neten um die Achſe in dem urſpruͤnglichen Zuſtande der erſten Bil⸗ 
dung, mit der Flaͤche ihrer jaͤhrlichen Bahn, ziemlich genau uͤber⸗ 
eingetroffen habe, und daß Urſachen vorhanden geweſen, dieſe 
Achſe aus ihrer erſten Stellung zu verſchieben. Ein Himmels⸗ 
koͤrper, welcher aus ſeinem erſten fluͤßigen Zuſtande in den Stand 
der Feſtigkeit uͤbergeht, erleidet, wenn er ſich auf ſolche Art voͤl⸗ 


lig ausbildet, eine große Veraͤnderung in der Regelmaͤßigkeit 


ſeiner Oberflaͤche. Dieſelbe wird feſt und gehaͤrtet, indeſſen, daß 


die tiefern Materien ſich noch nicht, nach Maasgebung 
» ihrer. fpecififchen Schwere, genugſam geſenkt haben; die 


leichtern Sorten, die mit in ihren Klumpen untermengt war en, 
begeben ſich endlich, nachdem fie ſich von den andern geſchieden, 
unter die oberſte feſt gewordene Rinde, und erzeugen die großen 
Hohlen, deren, aus Urſachen, welche allhier anzufuͤhren zu weit⸗ 
laͤuftig iſt, die größte und weitſte unter oder nahe zu dem Aequator 
befindlich find, in welche die gedachte Rinde endlich hineinſinkt, 
mannigfaltige Ungleichheiten, Berge und Hoͤhlen, erzeuget. Wenn 
nun auf ſolche Art, wie es mit der Erde, dem Monde, der Ve⸗ 
nus, a) augenſcheinlich vorgegangen ſeyn muß, die Oberflaͤche 


uneben geworden; ſo hat ſie nicht das Gleichgewicht des Umſchwun⸗ 


ges in ihrer Achſendrehung mehr auf allen Seiten leiſten koͤnnen. 
Einige hervorragende Theile von beträchtlicher Maſſe, welche auf 
der entgegengeſetzten Seite keine andere fanden, die ihnen die Ge⸗ 
genwirkung des Schwunges leiſten konnten, mußten alſo bald die 


a) Die Berge des Monds find ungleich hoͤher als die Berge auf 
der Erde, und ſollen von den Bergen der Venus noch weit über⸗ 
troffen werden. S. Schroͤters Selenotopographiſche Fragmente 

zur genauern Kenntniß der Mondflaͤche ꝛc. nebft Specialcharten 

und Zeichnungen. Helmſtaͤdt, 1791. und deſſen neuen Beobach⸗ 
tungen der Venuskugel se. in Bodens aſtronom. Handbuch e 

für 1793. p. 136. Bianchini Hefperi et Phofphori nova Phae- 


nomena, fol. Rom. 1728. ’ 5 


\ 


; . 

Achſe der Umdrehung verrücken, und fie in ſolchen Stand zu ſe⸗ 
tzen ſuchen, um welchen die Materien ſich im Gleichgewichte auf⸗ 
hielten. Eben dieſelbe Urſache alſo, die bey der voͤlligen Aus⸗ 
bildung eines Himmelskoͤrpers feine Oberfläche aus den wagerech⸗ 
ten Zuſtande in abgebrochene Ungleichheiten verſetzte; dieſe allge⸗ 
meine Urſache, die bey allen Himmelskoͤrpern, welche das Fern⸗ 
gl 8 deutlich genug entdecken kann, wahrgenommen wird, hat fie 
in die Nothwendigkeit verſetzt, die urſpruͤngliche Stellung ihrer 
Achfe etwas zu veraͤndern. Allein dieſe Veranderung hat ihre 
Grenzen, um nicht gar zu weit auszuſchweifen. Die Ungleich⸗ 
heiten erzeugen ſich, wie ſchon erwähnt, mehr neben dem Aequa⸗ 
tor einer umdrehenden Himmelskugel, als weit von demſelben; 
zu den Polen hin verlieren fie ſich faſt gar, wovon die Urſachen 
anzuführen, ich einer andern Gelegenheit vorbehalte. Daher were 
den die am meiſten über die gleiche Fläche hervorragenden Maſſen 
nahe bey dem Aequinoctialcirkel a) anzutreffen ſeyn, und indem 

dieſelbe, durch den Vorzug des Schwungs, dieſem ſich zu naͤ⸗ 

hern ſtreben, werden ſie hoͤchſtens nur um einige Grade die Achſe f 
des Himmelskoͤrpers, aus der ſenkrechten Stellung von der Flaͤche 
ſe ner Bahn, erheben können. Dieſem zu Folge wird ein Him⸗ 
melskorper, der ſich noch nicht völlig ausgebildet hat, dieſe rechts 
winklichte Lage der Achſe zu ſeinem Laufkreiſe noch an fich haben, 
die er vielleicht nur in der Folge langer Jahrhunderte ändern wird. 
Jupiter ſcheint noch in dieſem Zuſtande zu ſeyn. Der Vorzug 
ſeiner Maſſe und Große, die Leichtigkeit ſeines Stoffes, haben 
ihn genoͤthigt, den feſten Ruheſtand feiner Materien einige Jahre 
hunderte ſpaͤter, als andere Himmelskoͤrper, zu uͤberkommen. 

Vielleicht iſt das Innere ſeines Klumpens noch in der Bewegung, 
die Theile ſeines Zuſammenſatzes zu dem Mittelpunkte, nach Be⸗ 
ſchaffenheit ihrer Schwere, zu ſenken, und durch die Scheidung 
der duͤnnern Gattungen von den ſchweren, den Stand der Feſtig⸗ 
keit zu überfommen. Bey ſolcher Bewandniß kann es auf feiner 


a) Z. B. auf der Erde die hohen Gebirge in Afrika um die Ge⸗ 
gend der Linie, gegen welche die Uraliſchen Gebirge in Aſien und 
die Cordilleras in Suͤdamerika das Gleichgewichte behaupten, 
und nebft den Curopaͤiſchen Gebirgen die Schwenkung der Erde 
haben verurſachen koͤnnen, da Nordamerika keine ſehr hohen Ge⸗ 
birge und alſo auch kein Gegengewichte gegen fie hat. ö 


ERBEN 
Oberflache noch nicht ruhig ausſehen. Die Umſtürzungen und Rule 
ne herrſchen auf derſelben. Selbſt das Fernglas hat uns davon 
verſichert. Die Geſtalt dieſes Planeten andert ſich beſtaͤndig, a) 
da indeſſen der Mond, die Venus, die Erde, dieſelbe unveraͤn⸗ 
dert erhalten. Man kann auch wohl mit Recht die Vollendung 
der Periode der Ausbildung bey einem Himmelskoͤrper einige Jahr⸗ 


ER hunderte ſpater annehmen, der unſere Erde an Größe mehr wie 


zwanzigtauſendmal uͤbertrift, und an Dichtigkeit viermal nach⸗ 
ſtehet. Wenn feine Oberfläche eine ruhige Beſchaffenheit wird er⸗ 
reicht haben; fo werden ohne Zweifel weit größere Ungleichheiten, 
als die, ſo die Erdflaͤche bedecken, mit der Schnelligkeit ſeines 
Schwungs verbunden, feiner Umwendung in nicht gar langen 
Zeitlaufe diejenige beſtaͤndige Stellung ertheilen, die das babe 


| gewicht der Kräfte auf ihn erheiſchen wird. . 4 


Saturn, der dreymal kleiner als Jupiter iſt, kann vielleicht 
durch ſeinen weitern Abſtand einen Vorzug einer geſchwinden Aus⸗ 
bildung vor dieſem erhalten haben: zum wenigſten macht die viel 
ſchnellere Achſendrehung deſſelben, und das große Verhältniß ſei⸗ 
ner Centerfliehkraft zu der Schwere auf ſeiner Oberflaͤche, (wel⸗ 

ches in dem folgenden Hauptſtücke ſoll dargethan werden,) daß 
die vermuthlich auf derſelben dadurch erzeugte Ungleichheiten, gar 
bald den Ausſchlag auf die Seite der Ueberwucht, durch eine Vor⸗ 
ruͤckung der Achſe, gegeben haben. Ich geſtehe freymuͤthig, daß 
dieſer Theil meines Syſtems, welcher die Stellung der planeti⸗ 
ſchen Achſen betrift, noch unvollkommen und ziemlich weit ent⸗ 
fernt ſey, der geometriſchen Rechnung unterworfen zu werden. 
Ich habe dieſes lieber aufrichtig entdecken wollen, als durch aller⸗ 
hand erborgte Scheingründe der Tuͤchtigkeit dem übrigen Lehrge⸗ 
baͤude Abbruch zu thun, und ihr eine ſchwache Seite zu geben. 
Nachfolgendes Hauptſtuͤck kann eine Beſtaͤtigung von der Glaub⸗ 
würdigkeit der ganzen Hypotheſe abgeben, wodurch wir die Bewe⸗ 
gungen des Weltbaues haben erklaͤren wollen. 

| a) Siehe Herrn Schröter Abhandlung über die Rotation des 


Jupiters ze. in deſſen Beitraͤgen zu den neueſten aſtronomiſchen 
Entdeckungen. Berlin 1788. 


Zr 


N 
Fuͤnftes Hauptſtück. 


Von dem Urfprunge des Rings des Saturns, 55 und Berehning ber 
1 Achlendrehung dieſes 10 0 . 


182 
z — 
* 


Rs der 6 Verfaſſung im Weltgebäͤude haͤngen 
die Theile derſelben durch eine ſtufenartige Abaͤnderung ihrer Ei⸗ 
genſchaften zuſammen, und man kann vermuthen, daß ein in der 
entlegenſten Gegend der Welt befindlicher Plauet ohngefehr ſolche 3 
Beſtimmungen haben werde, als der naͤchſte Komet überfommen: 
möchte, wenn er durch die Verminderung der Eccentricitat i in das 
planetiſche Geſchlecht erhoben würde, Wir wollen demnach den 
Saturn ſo anſehen, als wenn er auf eine, der kometiſchen Be⸗ 
wewegung aͤhnliche Art, etliche Umlaͤufe mit größerer Eccentri⸗ 
eität zuruck gelegt habe, und nach und nach zu einem dem Cirkel 
aͤhnlichern Gleiſe gebracht worden waͤre ). Die Hitze, die ſich ihm 
in ſeiner Sonnennaͤhe einverleibte, erhob den leichten Stoff von ſei⸗ 
ner Oberfläche, der, wie wir aus den vorigen Hauptſtücken wiſ⸗ 
fen, bey den oberſten Himmelskorpern von überſchwenglicher 
Dinnigfeit iſt, ſich von geringen Graden Wärme: Kanne zu 


20 Der ziemlich breite aber sußerf dünne, Rin 12 neigt fich gegen 
die Ekliptik in einem Winkel von faſt 32 Grad. Seine Breite 
enthalt 3 drei Achtel, fein Durchmeſſer 23 ein halb Erddurch⸗ 

meſſer, und verhält ſich zum Durchmeſſer des Saturns wie 7 — 
3. Nach den Beobachtungen Herſchels beſteht er aus 2 Ringen; 
der ſchmaͤlere befindet ſich auswaͤrts und fein Durchmeſſer iſt für” 
Saturns mitlern Abſtand, ſcheinbar = 46 677, wahr aber 
204883 engliſche Meilen oder 7510 Theile; der groͤßere aber hat 8500 
Theile im Durchmeſſer; zwiſchen beiden befindet ſich ein leerer 
Raum, durch den man den Himmel ſehen E kann, von 115 Thei⸗ 
len oder 747 geographiſchen Meilen; Schroͤter ſahe in der Deut⸗ 

lichkeit dieſes Zwiſchenraums ztemliche Ungleichheiten. Uebri⸗ 

gens iſt die Achſendrehung von 19 Stunden, 32 eine viertel Ne 
nuke. — Außerdem har man auf dem Korper des Saturns ei 
nige zonenaͤhnliche Streiſen, und Herſchel einen großen dunkeln 
Fleck hemerkt. Letzterer fand anno 1793. den ſuͤdlichſten dieſer 
Streifen i in 5 kleine getheilt, wovon 2 heller, 3 dunkler aber 
mit veraͤnderlicher Deutlichkeit, zu ſehen waren. 5 ſehe man 
in Bodens aſtronomiſchen Jahrbuche für 1786. 


1 Oder, welches wahrſcheinlicher iſt, daß er in ſeiner kometenabn⸗ 
lichen Natur, die er auch noch jetzo vermoͤge feiner Eceentrieitaͤt 
an ſich hat, ehe der leichteſte Stoff feiner Oberflache völlig zerſtreut 
worden, eine konteziſches Armipsphäre en habe. 5 


* 
5 


a 


. e 85 
ö laſſen. 1) Indeſſen, nachdem der Planet in etlichen Umſchwuͤn⸗ 


gen zu dem Abſſande, da er jetzt ſchwebt, gebracht worden; vers 
lohr er in einem fp- gemäffi igten Clima nach und nach die empfan⸗ 
gene Waͤrme, und die Duͤnſte, welche von ſeiner Oberflaͤche ſich 
noch immer um ihn verbreiteten, ließen nach und nach ab, ſich 


bis in S chweifen zu erheben. Es ſtiegen auch nicht mehr neue ſo 


* 


haufig auf, um die alten zu vermehren: kurz, die ſchon ihn ums 


gebenden Duͤnſte blieben durch Urſachen, welche wir gleich anfuͤh⸗ 


ren wollen, um ihn ſchweben, und erhielten ihm das Merkmal 


ſeiner ehemaligen kometenaͤhnlichen Natur in einem beſtaͤndigen 


Ringe, indeſſen, daß fein Korper die Hitze verhauchte, und zus 
letzt ein ruhiger und gereinigter Planet wurde. Nun wollen wir 


das Geheimniß anzeigen, daß dem Himmelskörper feine aufge⸗ 


ſtiegnen Duͤnſte frey ſchwebend hat erhalten können, ja, fie aus 
einer rund um ihn ausgebreiteten Atmosphaͤre, in die Form eines 
allenthalben abſtehenden Rings, veraͤndert hat. Ich nehme an: 
Saturn habe eine Umdrehung um die Achſe gehabt; und nichts 
mehr, als dieſes, iſt noͤthig, um das ganze Geheimniß aufzu⸗ 
decken. Kein anderes Triebwerk, als dieſes einzige, hat durch 


einen unmittelbaren mechaniſchen Erfolg, gedachtes Phaͤnomen 


* 


dem Planeten zuwege gebracht; und ich getraue mir es zu be⸗ 
haupten, daß in der ganzen Natur nur wenig Dinge auf einen 
fo begreiflichen Urſprung koͤnnen gebracht werden, als dieſe Be⸗ 


ſonderheit des Himmels, aus den eee e 


dung ſich entwikeln laͤßt. 

Unter dieſer Vorausſetzung mußten dieſe von Saturn aufge⸗ 
ſtiegnen Dunſte diejenige Bewegung, die ſie bey der Achſendre⸗ 
hung des Planeten als Theile von ihm gehabt hatten; auch in der 
Hohe, zu welcher fie aufgeſtiegen waren, fortſetzen. Die Theil⸗ 
chen, die nahe beym Aequator des Planeten aufſtiegen, muͤſſen 
die ſchnellſte, und die uͤbrigen eine deſto langſamere Bewegung 


gehabt haben, je groͤßer die Breite des Orts war, von dem ſie 


1) Dieſes iſt als erſte Idee des Herrn Verfaſſers anzuſehen; in 
der Folge iſt er auf bie uch noch meht empfeglende Vorſtellung 
gekommen „daß durch die Vermiſchung der Materien, die bey 
der Bildung der Planeten vorgegangen iſt, eine Warme in ihrem 
Innern erzeugt worden ſey. Dieſe auch dem Saturn eigne in⸗ 
netliche Warme habe nun die weiterhin angezeigte Wirkung, der 
Erzeugung jenes Rings, gehabt. S. weiter unten. . 


aufſtiegen. Das Verhältniß der fpecififchen Schwere ordnete den 


Partikeln die verſchiedenen Hoͤhen, zu welchen ſie ſich erhoben; 
aber nur diejenigen Partikeln konnten die Oerter, die ſie dadurch 
bekamen in einem beſtaͤndig freyen Cirkelumſchwunge behaupten, 
die von der Achſendrehung her eine Geschwindigkeit hatten, welche 


der zu dieſen Entfernungen gehoͤrigen Centralkraft das gehoͤrige 
Gleichgewicht halten konnten, um einen ſolchen Umſchwumg zu 
bewirken. Die übrigen, wofern ſie durch die Wechſelwirkung der 


andern nicht zu dieſer Genauigkeit gebracht werden koͤnnen, muͤſ⸗ 
fen entweder mit dem Uebermaaße der Bewegung aus der Sphaͤ⸗ 
re des Planeten ſich entfernen, oder durch den Mangel derſelben 
auf ihn zuruck zu taten genothiget werden. Die Theilchen nun, 


die nach Centralgeſetzen den frehen Cirkelumſchwung um den Sa⸗ 


turn haben bekommen koͤnnen, werden in dieſer Bewegung, durch. 
eben die Centralgeſetze, die verlängerte Aequatorsfläche des Pla⸗ 
neten von beyden Seiten zu durchſchneiden trachten, und, indem 
fie-fich in dieſer Fläche von beyden Seiten her unter einander aufs 
halten, werden fie ſich daſelbſt haͤufen; kurz alle zerſtreute Dunſt⸗ 


materie wird ſich neben dieſer Flaͤche in einem nicht gar breiten 


Raume ſammeln und die Raͤume zu beyden Seiten leer laſſen. 
In dieſer neuen und veraͤnderten Richtung aber werden ſie den⸗ 
noch eben dieſelbe Bewegung fortſetzen, welche ſie, in freyen con⸗ 
centriſchen Cirkelumlaͤufen, ſchwebend erhaͤlt. Nachdem nun der 
von Planeten erhobne leichte Stoff auf dieſe Weiſe ſich in und na⸗ 
he bey der Aequatorsflaͤche geſammelt hat; ſo muß er aus mecha⸗ 
niſchen Gruͤnden die Figur eines Rings annehmen. Der aͤußere 
Rand deſſelben beſtimmt die Wirkung der Sonnenſtrahlen, wel⸗ 


che diejenigen Theilchen, die ſich bis in gewiſſer Weite von dem 


Mittelpunkte des Planeten entfernt haben, durch ihre Kraft zer⸗ 
ſtreuen und entfernen. Der innere Rand aber wird durch die Ges 
ſchwindigkeit des Planeten unter ſeinem Aequator beſtimmt. Denn 


in demjenigen Abſtande von feinem Mittelpunkte, da dieſeGeſchwin⸗ i 


digkeit der zu dieſem Abſtande gehoͤrigen Attraction das Gleichge⸗ 
wicht hält, da iſt die größte Nähe, in welcher die von feinem Kör⸗ 
per aufgeſtiegenen Theilchen, durch die von der Achſendrehung ei⸗ 
gene Bewegung, Cirkelkreiſe beſchreiben koͤnnen. Denn da die 
noch naͤhern Theilchen zu ſolchem Umlaufe einer noch groͤßern Ge⸗ 


> 


— 


ſchwindigkeit bedürfen, die ſie noch nicht haben koͤnnen, weil die 


des Aequators die größte iſt; ſo werden ‚fie eccentriſche Bewegun⸗ 
gen erhalten, die einander kreutzen, wodurch ſie ſich unter einan⸗ 


dee aufhalten, und endlich insgeſamt auf den Planeten, von dem 
fie ſich erhoben hatten, wieder niederſtuͤrzen. Da ſehen wir nun 
das wunderſeltſame Phaͤnamen, deſſen Anblick ſeit ſeiner Ent⸗ 
deckung die Aſtronomen jederzeit in Bewunderung. geſetzt hat, und, 

deſſen Urſache zu entdecken, man niemals, auch nur eine wahr⸗ 


x ſcheinliche Hoffnung hat faſſen koͤnnen, auf eine leichte von al⸗ 


ler Hypotheſe befreyte mechaniſche Art entſtehen. Was dem Sa⸗ 
turn wiederfahren iſt, das wuͤrde, wie hieraus leicht erſehen wer⸗ 
den kann, einem jeden Kometen, der genugſame Achſendrehung 
haͤtte, wenn er in eine beſtaͤndige Höhe verſetzt würde, in der ſein 
Körper. nach und nach verkuͤhlen könnte, eben ſo regelmaͤſig wie⸗ 
derfahren. Die Natur iſt an wortreflichen Auswicklungen, in 
dem ſich ſelbſt gelaſſenen Zuſtande ihrer Kraͤfte, ſogar im Chaos 
fruchtbar, und die darauf folgende Ausbildung bringt ſo herrli⸗ 
che Beziehungen und Ulebereinſtimmungen zum gemeinſamen Nu⸗ 
tzen der Kreatur mit ſich, daß ſie ſogar, in den ewigen und 
unwandelbaren Geſetzen ihrer weſentlichen Eigenſchaften, dasje⸗ 
nige große Weſen mit einſtimmiger Gewißheit zu erkennen geben, 
in welchen fie, vermittelſt ihrer gemeinſchaftlichen Abhaͤngigkeit, 
ſich zu einer geſammten Harmonie vereinigen. Saturn hat von 
ſeinem Ringe große Vortheile; er vermehret feinen Tag, und er⸗ 


leuchtet unter ſo viel Monden deſſen Nacht dermaßen, daß man da⸗ 


ſelbſt leicht die Abweſenheit der Sonne vergißt. a) Aber, muß 
mann denn deswegen leugnen, daß die allgemeine Entwicklung der 
Materie durch mechaniſche Geſetze, ohne andere, als ihre allge⸗ 
meine Beſtimmungen, zu bedürfen, habe Beziehungen hervorbrin⸗ 
gen koͤnnen, die der vernünftigen Kreatur Nutzen ſchaffen? Alle 
Weſen Hängen aus einer Urſache zuſammen, welche der Verſtand 


Gottes iſt; fie konnen dahero keine andere Folgen nach ſich ziehen, 
als ſolche, die eine Vorſtellung der Vollkommenheit i in e e 


ben goͤttlichen Idee mit ſich fuhren. rn‘ 


— 


4 Ueber die Geftalt, Lage und den r ve, Saturnrings 
un man 221% in Bodens Aſtronom. Jahrbuche, fur 1786 
nden. N 


* 


Wir wollen nun die deit der Achſendrehung dieſes Himmelsför- 
pers aus den Verhältniſſen ſeines Rings, nach der angeführten 
Hypotheſe ſeiner Erzeugung, berechnen. Weil alle Bewegung 
der Theilchen des Ringes, eine einverleibte Bewegung von der 
Achſendrehung des Saturns iſt, auf deſſen Oberfläche fie ſich bes 
fanden, ſo trift die ſchnellſte Bewegung unter denen die dieſe 
Theilchen haben, mit der ſchnellſten Umwendung, die auf der 
Oberflache des Saturns angetroffen wird, uͤberein, das iſt: die 
Geſchwindigkeit, womit die Partikeln des Rinas in ſeinem inwen⸗ 
digen Rande umlaufen, iſt derjenigen, die der Planet auf feinem 
Aequator hat, gleich. Man kann aber jene aus der Geſchwindig⸗ 
keit eines von den Saturnustrabanten finden, wenn man beyde 
Geſchwindigkeicen in dem umgekehrten Verhaͤltniße der Quadrat⸗ 
wurzel der Entfernungen von dem Mittelpunkte des Planeten 
nimmt. Aus der gefundnen Geſchwindigkeit ergiebt ſich alsdann 
unmittelbar die Zeit der Umdrehung des Saturns um feine Achſe; 
ſie beträgt ſechs Stunden, drey und zwanzig Minu⸗ 
ten, und drey und funfzig Secunden. ) Dieſe ma⸗ 
Es ſei die Geſchwindigkeit eines Saturnstrabanten C, feine. 

Umlauszeit — T, feine Bahn = P, der Halbmeſſer derſelben 
K, die Geſchwindigkeit des innern Rands des Rings und folg⸗ 


lich auch des Saturn Aquators — e eder Halbmeſſer des unern 
Rands =. r, der Aeguator des Saturns », fein Halb⸗ 
E 


meſſer S e, die Zeit feiner W e i r 
R = U aß e „folglich T. = 960 


R: e . Ai a 
= 8 80) R Ce R a N d 
e. — Ich habe die Data, die Herr Prof. Kant bei dieſer Berech⸗ 
nung züm Grunde gelegt hat, nicht genau heraus bringen koͤnnen. 
Nimmt man aber nach Eafıiny?s Angeben e = s, r = 8 den 
Halbmeſſer des ganzen Rings — 11, und bei dem erſten Trab an⸗ 
ten R beinahe dem Durchmeſſer des Nings gleich, d. i. beynghe 
= 22, alſo etwa = 21, 6. endlich 1 T Tr. 21 18 31 


— 


163111 an (Wolf. Elem. Naher Tom. II. Hal. 1715. pag. 534.0); 
ER, 8 ar, 1 \ R £ 
EL IV ZEV EHER en 
6. 1, 64 = 35) 424: alſo nach dem Vorigen 163111": r — 35, 
424: 5 2 7 0848: 1. dies giebt TI 23022" 6 23 42” alſo nur 
um 11 kleiner, als im Texte. Andre Werthe der bei dieſer Ber 
rechnung vorkommenden gegebnen Groͤßen geben natuͤrlich auch 
andre Reſultate. So habe ich unter andern r 6, 7 3g“ gefun⸗ 
den. Herr Bugge berechnet nach einer ganz andern Methode, 
aus der von ihm genau beobachteten Abplattung des Saturns, fol⸗ 


7 


© J 


thematiſche Berechnung einer unbekannten Bewegung eines Him⸗ 
melskoͤrpers, die vielleicht die einzige Vorherverkundigung ihrer 
Art in der eigentlichen Naturlehre iſt, erwartet von den Beobach⸗ 
tungen fünftiger Zeiten die Beſtaͤtigung. Die noch zur Zeit bes 
kannten Fernglaͤſer vergroßern den Saturn nicht ſo fehr, daß man 
die Flecken, die man auf keiner Oberflaͤche vermuthen kann, da⸗ 
durch entdecken konnte, um durch deren Verruckung feine Umwen⸗ 
dung um die Achſe zu erſehen. Allein die Sehröhre haben vielleicht 
noch nicht alle diejenige Vollkommenheit erlangt, die man von 
ihnen hoffen kann, und welche der Fleiß und die Geſchicklichkeit 
der Künfiier uns zu verſprechen ſcheint. Wenn man dereinſt da⸗ 
hin gelangte, unſern Muthmaßungen den Ausſchlag durch den 
Augenſchein zu geben, welche Gewisheit wurde die Theorie des 
Saturns, und was für eine vorzugliche Glaubwurdigkeit würde 


das ganze Syſtem dadurch nicht erlangen, das auf den gleichen 
Glruͤnden errichtet iſt. Die Zeit der täglichen Umdrehung des Gas 


turns führer auch das Verhaͤltniß, der den Mittelpunkt fliehen⸗ 
den Kraft feines Aequators, zur Schwere auf feiner Dverfläche mit 


ſich; ſie iſt zu dieſer, wie 20: 32. D. i. wie 5: 8. Die Schwe⸗ 


re iſt alſo nur um 3 großer, als die Centerfliehkraft. Dieſes fo 
große Verhaͤltniß verurſacht nothwendig einen ſehr betraͤchtlichen 
Unterſchied . ee dieſes Planeten, und man konnte be⸗ 
ſorgen, daß er ſo groß entſpringen muͤßte, daß die Beobachtung 
bey dieſem, ob zwar wenig, durch das Fernglas vergrößerten Pla» 
neten, dennoch gar zu deutlich in die Augen fallen muͤßte, wel. 
ches wirklich nicht geſchleht, und die Theorie dadurch einen nach⸗ 
theiligen Anſtoß erleiden könnte. Eine gründliche Prufang hebt 
dieſe Schwierigkeit vollig. Nach der Huygenianiſchen Hy⸗ 
potheſe, welche annimmt, daß die Schwere in dem Innern eines 
Planeten durch und durch gleich ſey, iſt der Unterſchied der Durch⸗ 


gende 3 Werthe fuͤr r 6°, 7 30" 6 9’ b= und 5°,29' 24 im Mittel alſo 
6° 5 30" G. — Huygen hat die Achſendrehung des Saturns auf unge⸗ 
faͤhr 1o Stunden gemuthmaßt; Herr Ufber in Dublin ſchloß vor 
einigen Jahren aus Saturns Abplattung, nach Newtoniſchen Prin⸗ 
zipien, daß dieſe Rotation an Zeit 10 Stunden, 12 Min. 30 Sec. 
betragen muſſe; Herr D. Herſchel entdeckte endlich 1794, daß Ga: 
turn zu feinem Umſchwunge um die Achſe 1o Stunden, 16 Min. 
15 Sec. 3 Terz. gebrauche, welches mit Uſhers Rechnung bis auf 
4 Sekunden zuſammen trift, von Herrn Kants Vermuthung aber 
um 3 St. 52 Min. 21 S. 1 Terz. abweicht. d. Herausgeber. 


| Ba 

meſſer in einem zweyfach kleinern Verhaͤleniße zu dem Durchmeſſer 
des Aequators, als die Centerfliehkraft zur Schwere unter den 
Polen hat. Z. E. da * der Erde, die den Mittelpunkt fliehende 
Kraft des Aequators 238 der Schwere unter den Polen iſt; ſo 


muß in der Hu 99 enianiſchen Hypotheſe der Durchmeſſer der 


Aequatorsflaͤche 3 großer als die Erdachſe ſeyn. Die Urſache 
iſt dieſe: weil, da die Schwere, der Vorausſetzung gemaͤß, in 
dem Innern des Erdklumpens, in allen Nähen zum Mittelpunkte 


ſo groß, wie auf der Oberflaͤche iſt, die Centrifugalkraft aber mit 


den Annaͤherungen zum Mittelpunkte abnimmt, ſelbige nicht al⸗ 
lenthalben zz der Schwere iſt, ſondern vielmehr die ganze Ver⸗ 


minderung des Gewichtes der fluͤſſigen Saͤule in der Aequators⸗ 


flache aus dieſen Grunde nicht, 545, ſondern die Hälfte davon, 
d. i. 52 deſſelben betraͤgt. Dagegen hat in der Hypotheſe des 
New et 0 1 die Centerfliehkraft, welche die Achſendrehung erregt, 
in der ganzen Flaͤche des Aequators, bis zum Mittelpunkte, ein 


gleiches Verhaͤltniß zur Schwere des Oyts: weil dieſe in dem In⸗ 


nern des planeten, (wenn er durch un durch von gleichförmiger 
Dichtigkeit augenommen wird), mit dem Abſtande von Mittel⸗ 
punkte in derſelben Proportion, als die Centerfliehkraft, ab⸗ 
nimmt, mithin dieſe jederzeit „Fs der erſtern iſt. Dieſes ver⸗ 
urſacht eine Erleichterung der fluͤſſigen Saͤule in der Aequators⸗ 


flaͤche, und auch die Erhebung derſelben um 288, welcher Unter⸗ 
ſchied der Durchmeſſer in dieſem Lehrbegriffe noch dadurch 


vermehrt wird, daß die Verkuͤrzung der Achſe eine Annaͤherung 
der Theile zum Mittelpunkte, mithin eine Vermehrung der Schwe⸗ 
re; die Verlängerung des Aequatordurchmeſſers aber eine Ent» 
fernung der Theile von eben demſelben Mittelpunkte, und daher 
eine Verringerung ihrer Gravitaͤt mit ſich fuͤhrt, und aus dieſem 


Grunde die Abplattung des Newtoniſchen . ſo Yen: 


mehrt, daß der Unterſchied der Durchmeſſer von 23s bis zu 23 
erhoben wird. 


Nach dieſen Gruͤnden muͤßten die Durchmeſſer des Saturns 


noch in großerm Verhaͤltniſſe, als das von 20 zu 32 iſt, gegen 


einander ſeyn; fie mußten der Proportion von zu 2 beynahe 


gleich kommen. Ein Unterſchied, der ſo groß iſt, daß die ge⸗ 
ringſte Aufmerkfamkeit nicht fehlen wuͤrde, ſo klein auch Saturn 


7 


* 


NSS e N „NN 2 ee 
durch die Feruglaͤſer erſcheinen mag. Allein hieraus iſt nur zu 
erſehen „daß die Vorausſetzung der gleichformigen Dichtigkeit, 
welche bey dem Erdkorper ziemlich richtig angebracht zu ſeyn 
ſcheint, beym Saturn gar zu weit von der Wahrheit abweiche; 
welches ſchon an ſich ſelber bey einem Planeten wahrſcheinlich iſt, 
deſſen Klumpen dem geößten Theile feines Inhaltes nach, aus 
den leichteſten Materien beſteht, und denen von ſchwerer Art in 
feinem Zuſammenſatze, ehe er den Zuſtand der Feſtigkeit bekommt, 
die Niederſinkung zum Mittelpunkte, nach Beſchaffenheit ihrer 
Schwere, weit freyer verſtattet, als diejenigen Himmelskorper, de⸗ 
ren viel dichtrer Stoff den Niederſatz der Materien verzogert, 
und ſie, ehe dieſe Niederſinkung geſchehen kann, feſt werden läßt. 
Indem wir alſo beym Saturne vorausſetzen, daß die Dichtigkeit 
feiner Materien in feinem Innern, mit der Annäherung zum Mit⸗ 
telpunkte zunehme, fo nimmt die Schwere nicht mehr in dieſem 
Verbaͤltniſſe ab; ſondern die wachſende Dichtigkeit erſetzt den 
Mangel der Theile, die über die Hoͤhe des in dem Planeten befinds 
lichen Punkts geſetzt ſind, und durch ihre Anziehung zu deſſen 
Gravitaͤt nichts beytragen ). Wenn dieſe vorzuͤgliche Dichtigkeit 
der tiefſten Materien ſehr groß iſt; fo verwandelt fie, vermoͤge 
der Geſetze der Anziehung, die zum Mittelpunkte hin in dem In⸗ 
nern abnehmende Schwere in eine faſt gleichfoͤrmige, und ſetzet das 
Verhaͤltniß der Durchmeſſer dem Huygeniſchen nahe, welches 
immer die Hälfte von dem Verhaͤltniße zwiſchen der Centrifugal⸗ 
kraft und der Schwere iſt, folglich, da dieſe gegen einander 
wie 2: 3 waren; fo wird der Unterſchied der Durchmeſſer dies 
ſes Planeten nicht ein 3, ſondern & des Aequatordurchſchnittes 
ſeyn; welcher Unterſchied ſchluͤßlich noch dadurch verbürgt wird, 
weil Saturn, deſſen Achſe mit der Flaͤche ſeiner Bahn jederzeit 


einen Winkel von 31 Graden 1255 die Stellung deſſelben gegen 
ſei⸗ 


u) Denn nach dem Newtonif 4 Geſetzen der Attraction wird 
ein Koͤrper, der ſich in dem Inwendigen einer Kugel befindet, nur 
von demjenigen Theile derſelben angezogen, der in der Weite, 
welcher jener vom Mittelpunkte hat, um dieſen ſphaͤriſch beſchrie⸗ 
ben worden. Der außer dieſem Abſtande befindliche coneentriſche 
Theil thut, wegen des Gleichgewichts ſeiner Anziehungen, die 
einander aufheben, nichts dazu, weder den Koͤrper zum Mittel⸗ 


punkte hin, noch von ihm weg zu bewegen. 


& 


feinen Wette niemals wie beym Jupiter, grade zu darbietet, 


welches den vorigen Unterſchied faſt um den dritten Theil, dem 
Scheine nach, vermindert. Man kann bey ſolchen Umſtaͤnden, 
und vornemlich bey der ſo großen Weite dieſes Planeten leicht 
erachten: daß die abgeplattete Geſtalt ſeines Koͤrpers nicht ſo 
leicht, als man wohl denken ſollte, in die Augen fallen werde; 
dennoch wird die Sternwiſſenſchaft, deren Aufnehmen vornemlich 


Rauf die Vollkommenheit der Werkzeuge ankommt, die Entdeckung 


einer ſo merkwuͤrdigen Eigenſchaft, wo ich mir nicht zu ſehr 
ſchmeichle, durch derſelben Huͤlfe vielleicht zu erreichen, in den 
Stand geſetzt werden. 

Was ich von der Figur des Saturus fage , kann gewiffeemäf, 
fen der Naturlehre des Himmels zu einer allgemeinen Bemerkung 
dienen. Jupiter, der, nach einer genauen Ausrechnung, ein 
Verhaͤltniß der Schwere zur Centrifugalkraft auf feinem Aequa⸗ 
tor wenigſtens wie 91 . ı hat, ſollte, wenn ſein Klumpen durch 
und durch von gleichfoͤrmiger Dichtigkeit waͤre, nach den Ehre 
fägen des Newton, einen noch groͤßern Unterſchied, als & 8 
zwiſchen ſeiner Achſe und dem Arangtorpkeshihenler , an ſich zei⸗ 
gen. Allein Caſſini hat ihn nur 25, Poned i bisweilen 
2; befunden; wenigſtens ſtimmen alle dieſe verſchiedene Beobach⸗ 


tungen, welche durch ihren Unterſchied die Schwierigkeit dieſer 


Abmeſſung beſtaͤtigen, darin überein, fie viel kleiner zu ſetzen, 
als ſie es nach dem Syſteme des Newton, oder vielmehr nach 
ſeiner Hypotheſe, von der gleichfoͤrmigen Dichtigkeit ſeyn ſollte. 
Und wenn man daher die Vorausſetzung der gleichförmigen Dich⸗ 
tigkeit, welche die ſo große Abweichung der Theorie von der Ber 
obachtung veranlaßt, in die viel wahrſcheinlichere veraͤndert, da 
die Dichtigkeit des planetiſchen Klumpens zu ſeinem Mittelpunkte 
hinzunehmend geſetzt wird; ſo wird man nicht allein an dem Ju⸗ 
piter die Beobachtung rechtfertigen, ſondern auch bey dem Sa⸗ 
turne, einem viel ſchwerer abzumeſſenden Planeten, die Urſache 
einer minderen Abplattung ſeines ſphaͤroidiſchen Koͤrpers deutlich i 
einſehen koͤnnen a). 


1 


a) Die neuern Beobachtungen immen, wie in den Noten bier und 
ie geſagt worden, mit dieſen e nicht genau uͤberein. 


\ A 


| RR, 
Wir haben aus der Erzeugung des Saturniſchen Rings Anlaß 
genommen, den fühnen Schritt zu wagen „ die Zeit der Ach ſen⸗ 
drehung, welche die Fernglaͤſer zu entdecken nicht vermogen, ihm 
durch Rechnung zu beſtimmen. Lafſet uns dieſe Probe einer 
phyſiſchen Vorherſagung, noch mit einer andern, an eben diefem 


Nlaueten vermehren, welche von vollkommenern Werkzeugen 3 


künftiger Zeiten das Zeugniß ihrer Richtigkeit zu erwarten har. 
Der Vorausſetzung gemaͤß: daß der Ring des Saturns eine 


Haͤufung der Theilchen ſey, die, nachdem ſie von der Oberflaͤche i 


dieſes Himmelsförpers als Dunſte aufgeſtiegen, ſich, vermoge des 
Schwunges, den ſie von der Achſendrehung deſſelben an ſich 
haben und fortſetzen, in der Hoͤhe ihres Abſtandes frey in Cir⸗ 

keln laufend erhalten y haben dieſelbe nicht in allen ihren Entfer⸗ 
nungen vom Mittelpunkte „gleiche periodiſche Umlaufszeiten; 
ſondern dieſe verhalten ſich vielmehr, wie die Quadratwurzeln, 
aus den Wuͤrfeln ihres Abſtandes, wenn fi e ſich durch die Ge⸗ 


— 


ſetze der Centralkrafte ſchwebend erhalten ſollen. Nun iſt die 
Zeit „ darin, nach dieſer Hypotheſe, die Theilchen des inwendi⸗ 
gen Randes ihren Umlauf verrichten, ohngefaͤhr von 10 Stun⸗ 


den, 1) und die Zeit des Zirkellaufs der Partikeln im auswen⸗ 
digen Rande iſt, nach gehöriger Ausrechnung, 1s Stunden; als 
ſo, wenn die niedrigsten Theile des Ringes ihren Umlauf drey⸗ 
mal verrichtet haben, haben es die entfernteſten nur zweymal ge⸗ 
than, oder die Theilchen des aͤußern Rands werden ihren Um⸗ 
lauf in ungefaͤhr 15 Stunden verrichten. 2) Es iſt aber wahr⸗ 


1) Wenn die Umlaufszeit der Theilchen des innern Randes — 
geſert wird, fü kann man entweder ſchließen e: r — r: ı d, 
i. nach dem vorigen 5: 8 — 23033“: t, wodurch t ci 
12 gefunden wird; oder man kann, da nach der es Anmer⸗ 


kung (pag. 61. *) die Geſchwindigkeit der Theilchen des innern 


R 
Randes — R Fr — — ii, eben ſo, wie dort, ſchließen T; Kram 


R N 
RV : r. 2 55 bei den vorhin angenommenen Werthen 


von 1. „ und r. t — 0° 36° 17“ beſtimmt. Nach Bodens 


. Sabebic für 1793. pag. 238. hat een die Rotation des 

inges auf 105 32 15 beſtimmt, welches denn vielleicht die lims 

laufszeit von Partikeln iſt, die ſich nicht im innern Rande ſelbſt, 
aber doch ihm nahe (oder im Mittel des Rings) befinden. ©. 


a 5 Ich Abe die Um laufszeit für die Theilchen des aͤußern Randes 
ungefehr 16 Stunden, wenn das Verhaͤltniß der Entfernungen 


— 


„ ů 
ſcheinlich, man mag die Hinderniß „ die die Partikeln bey rde 
großen Zerſtreuung in der Ebne des Rings einander leiſten, ſo 


gering ſchaͤtzen, als man will, daß das Nachbleiben der entfern⸗ 


. 


tern Theilchen, bey jeglichem ihrer Umlaͤufe „die ſchneller beweg⸗ 
ten niedrigen Theile nach und nach verzögern und aufhalten: das + 


gegen dieſe den obern einen Theil ihrer Bewegung, zu einer ge⸗ 


ſchwindern Umwendung, eindruͤcken muͤſſen, welches, wenn dieſe 


Wechſelwirkung nicht endlich unterbrochen wuͤrde, ſo lange dauern 


ſowohl die niedrigen, als die weitern, in gleicher Zeit ſich her⸗ 


würde, bis die Tyeilchen des Rings alle dahin gebracht wären, 


umjunenden, als in welchem Zuſtande fie in relativer Ruhe gen 


gen einander ſeyn, und durch die Wegruͤckung keine Wirkung in 
einander thun wuͤrden. Nun wuͤrde aber ein ſolcher Zuſtand, wenn 


die Bewegung des Rings dahin ausſchluͤge, denſelben gänzlich: 


zerſtoͤren, denn wenn man annimmt, daß hiebey etwa in der Meit⸗ 
te des Rings die Bewegung in dem vorigen Zuſtande geblieben 
ſey und alſo die daſelbſt befindlichen Partikeln noch, wie vorher, 
einen freyen Zirkelumlauf haben; ſo werden die untern Theilchen, 


| weil -fie ſehr zurück gehalten worden, ſich nicht in ihrer Hoͤhe 


ſchwebend erhalten, ſondern in ſchiefen und eccentriſchen Bewe⸗ 


gungen einander vurchkreutzen, die entferntern aber durch den Ein⸗ N 


druck einer groͤßern Bewegung, als fie vor die Centralkraft Ihe 


res Abſtandes ſeyn ſoͤll, weiter von der Sonne abgewandt, als 0 


die Sonnenwirkung die außere Grenze des Rings beſtimmt, durch 
dieſelbe hinter dem Planeten zerſtreuet und fortgefuͤhret werden. 

Allein, man darf alle dieſe Unordnung nicht befuͤrchten. Der 
Mechanismus der erzeugenden Bewegung des Rings fuͤhret auf 
eine Beſtimmung, die denſelben, vermittelſt eben der Urſachen, 
die ſeine Zerſtörung beſorgen laſſen, in einen ſichern Zuſtand ver⸗ 
fest, dadurch, daß er in etliche concentriſche Cirkelſtreifen getheilt 
wird, welche wegen der Zwiſchenraͤume, die fie abſondern, keine 
Gemeinſchaft mehr unter einander haben. Denn indem die Par⸗ 


er „ die in dem een Rande des Rings e die 


E 2 1 


des innern und Ändern Mandes — gt ız, geſetzt wird. ini 
15 x andy 8 Annahmen AN dieſe AR bis gegen 17 Stun⸗ 
en. an 


— 


41 68 8 


obern durch ihre ſchuelere Bewegung etwas fortführen, und ih 
zen Umlauf befchleunigen; jo verurſachen die vermehrten Grade 
der Geſchwindigkeit in dieſem ein Uebermaas der Centrifugalkraft, 
und eine Ent fernung von dem Orte, da ſie ſchwebten. Wenn man 
aber vorausſetzt daß ſie bey dieſer Trennung von den niedrigern 
Theilen einen gewiſſen Zuſammenhang „ der nicht ganz unbedeu⸗ 
tend zu ſeyn ſcheint: zu uͤberwinden haben, ſo wird dieſer ver⸗ 
mehrte Grad der Schwunges gedachten Zuſammenhang zu uͤber⸗ 
winden ſuchen: aber ihn nicht überwinden, ſo lange der Ueber⸗ 
ſchuß der Centerfliehkraft, die er in gleicher Umlaufszeit mit den 
niedrigſten anwendet, über die Centralkraft ihres Orts, dieſes 
Anhängen nicht uͤbertrift. Und aus dieſem Grunde mus vom in⸗ 
nern Rande an bis zu einer gewiſſen Breite, der Zuſammenhang 
der Theilchen beſtehen, aber nicht in groͤßrer Breite, wo die Theil⸗ 
chen einen Grad der Geſchwindigkeit bekommen haben, der ihren 
Zuſammenhang mit den niedrigern Theilchen zu überwinden im 
Stande iſt; daher ſich jene von dieſen abreiſen und einen. Ab and 
nehmen muſſen, welcher dem Ueberſchuſſe der Umwendungskraft 
uͤber die Centralkraft des Orts gemaͤß iſt. Auf dieſe Art wird der 
Zwiſchenraum beſtimmt, der den erſten Streifen des Rings von 
den übrigen abſondert: und auf gleiche Weiſe macht die beſchleu⸗ 
nigte Bewegung der obern Theilchen, durch den ſchnellen Umlauf 
der untern, und der Zuſammenhang derſelben, welcher die Tren⸗ 
nung zu hindern trachtet, den zweyten concentriſchen Ring, von 
welchem der dritte um eine maͤßige Zwiſchenweite abſteht. Man 
konnte die Zahl dieſer Cirkelſtreifen, und die Breite ihrer Zwiſchen⸗ 
raͤume, ausrechnen, wenn der Grad des Zuſammenhangs bekannt 
waͤre, den die Theilchen unter einander haben; allein wir konnen 
uns begnuͤgen, uͤberhaupt die Zuſammenſetzung des Saturniſchen 
Rings, die ſeiner Zerſtoͤrung vorbeugt, und ihn durch freye Be⸗ 
wegungen ſchwebend erhaͤlt, mit guten Grunde der Wahrſchein⸗ 
lichkeit errathen zu haben. | 
Diefe Murhmaßi: ing vergnuͤgt mich nicht wenig, vermittelſt der 
Hoffnung, ſelbige noch wohl dereinſt durch wirkliche Beobachtun⸗ 
gen beſtaͤtigt zu ſehen. Vor einigen Jahren verlautete aus Lon⸗ 
don, daß, indem man mit einem neuen, vom Herrn Bradley 
verbeſſerten Newtoniſchen Sehrohre, den Saturn beobachtete, 


vn 


— 


| (9 ) | 
es geſchienen habe, ſein Ring ſey eigentlich eine Zuſammenſetzung 
von vielen concentriſchen Ringen, welche durch Zwiſchenraͤume 
abgeſondert wären. Dieſe Nachricht iſt ſeitdem nicht fortgefetzt 
worden. ae 
Die Werkzeuge des Geſichts haben die Kenntniße der aͤußerſten 
Gegenden des Weltgebaͤudes dem Verſtande eröfnet. Wenn es 
nun vornemlich auf ſie ankommt, neue Schritte dahin zu thun; 
ſo kann man von der Aufmerkſamkeit des Jahrhunderts auf alle 
dasjenige, was die Einſichten der Menſchen erweitern kann, wohl 
mit Wahrſcheinlichkeit hoffen, daß ſie ſich vornemlich auf eine 
Seite wenden werden, welche ihr die größte Hoffnung zu wichti⸗ 
gen Entdeckungen darbietet. i 
Wenn aber Saturn fo glücklich geweſen, ſich einen Ring zu 
verſchaffen, warum iſt denn kein anderer Planet mehr dieſes Vor⸗ 
theils theilhaftig worden? die Urſache iſt deatlich. Weil wenn ein 
Ring aus den von der Oberflaͤche eines Planeten erhobnen leichtern 
Theilchen entſtehen ſoll, und die Achſendrehung dieſen den Schwung 
geben muß, den ſie in der Hoͤhe, worin ſie ſchweben bleiben, nur 


) Nachdem ich dieſes aufgeſetzt; finde ich in den Memoires der koͤni⸗ 
glichen Academie der Wiſſenſchaften zu Paris vom Jahre 1705. in 
einer Abhandlung des Herrn Caßini, von den Trabanten 
und dem Ringe des Saturns, auf der 371ſten Seite des 
zweyten Theils der von Steinwehrſchen Ueberſetzung, eine 
Beſtaͤtigung dieſer Vermuthung, die faſt keinen Zweifel ihrer Rich⸗ 
tigkeit mehr uͤbrig iaͤßt. Nachdem Herr Taßini einen 
Gedanken vorgetragen, der gewiſſer maßen eine kleine An⸗ 
naͤherung zu derjenigen Wahrheit hatte ſeyn koͤnnen, die wir hrs 
ausgebracht haben, ob er gleich an 18 unwahrſcheinlich iſt;: nem⸗ 
lich, daß vielleicht dieſer Ring ein Schwarm kleiner Trabanten 
eyn moͤchte, die vom Saturn aus, eben ſo anzuſehen waͤren, als 
ie Milchſtraße von der Erde aus erſcheinet (welcher Gedanke 
Pa finden kann, wenn man anſtatt dieſer kleinen Trabanten 
unſttheilchen annimmt, die mit eben dergleichen Bewegung ſich 
um ihn ſchwingen); ſo ſagt er ferner: „ Diefch Gedanken beſtaͤ⸗ 
„tigten die Obſervationen, die man in den Jahren gemacht, da 
„der Ring des Saturns breiter und offner ſchien. Denn man 
„ ſahe die Breite des Ringes durch eine dunkle elliptiſche Linie, 
„deren naͤchſter Theil, nach der Kugel zu, heller war, als der ent⸗ 
u fernteſte, in zween Theile getheilt. Dieſe Linie bemerkte gleich⸗ 
„ ſam einen kleinen Zwiſchenraum zwiſchen den zween Theilen, fo 
„wie die Weite der Kugel vom Ringe, durch die groͤſte Dunkelheit 
„ zwiſchen beyden angezeigt wird.“ a) 
a) Taß dieſes ſowohl, als auch die Kantiſche Vermuthung von 
mehrern konzentriſchen Ringen, völlig richtig fen, beftätigen 
die Entdeckungen Herſchels, wovon oben pag. 37. Note a). 


1 7 # x 
| ey 


fortzuſetzen haben, fo kann man leicht durch . beſtimmen, 
zu welcher Hoͤhe dieſe Theilchen von einem Planeten aufſteigen muͤſ⸗ 
fen, wenn fie durch die Bewegungen, die fie unter dem Aequator 
deſſelben hatten, fi ich in freyer Cirkelbewegung erhalten ſollen, 
wenn man den Durchmeſſer des Planeten, die Zeit ſeiner umdre⸗ 
hung, und die Schwere auf feiner Oberfläche kennt, Nach dem 
Geſetze der Centralbewegung wird die Entfernung eines Koͤrpers, 
der um einen Planeten mit einer deſſen Ach ſendrehung gleichen Ge⸗ 
ſchwindigkeit frey im Cirkel laufen kann, in eben dem Verhaͤltniſ⸗ 
fe zum halben Durch meſſer des Planeten ſeyn, als die den Mittel⸗ 
puntt lehende Kraft, unter dem Aeguator deſſelben, zur Schwere 
iſt. Aus dieſen Gründen war die Entfernung des innern Rands 
des Saturnrings wie 8, wenn der halbe Diameter deſſelben wie 
5 angenommen wird, welche zwey Zahlen in demſelben Verhaͤlt⸗ 
niſſe wie 32; 20 iſt, die, ſo wie wir oben bemerkt haben, das 
Verhaͤltniß zwiſchen der Schwere und der Centerfliehkraft unter 
dem Aequator ausdruͤckt. Sollte nun Jupiter einen auf dieſe Art 
erzeugten Ring haben ‚se wurde die Entfernung feines innern 
Rands den Halbmeſſer des Jupiters 1omal übertreffen , welches 
grade dahin treffen wuͤrde, wo ſein aͤußerſter Trabante um ihn 
läuft, und daher ſowohl aus dieſen Gruͤnden, als auch, weil 
die Ausdünſtung dieſes Planeten fi fi ch fo weit nicht erheben kann, 
5 unmöglich iſt. a) Wenn man verlangte zu wiſſen, warum die Erde 
keinen Ring bekommen hat; ſo wird man die Beantwortung in 
der Groͤße des halben Durchmeſſers finden, den nur der innere 
Rand dieſes Rings haͤtte haben muͤſſen, welcher 289 halbe Erd⸗ 
diameter muͤßte groß geworden ſeyn. Bey den langfamer beweg⸗ 
ten Planeten entfernt ſich die Erzeugung eines Ringes noch wei⸗ 
ter von der Moͤglichkeit; alſo bleibt kein Fall uͤbrig, da ein Pla⸗ 
net auf die Weiſe, wie wir es erklaͤrt haben, einen Ring haͤtte 
bekommen können, als derjenige, darin der Planet iſt, welcher 
A a N Babe 
10 St. 16 M. 18 S. 3 T. alſo nicht ſo ſchnell als der doch gröfre 
Jupiter, und hat doch einen Ring. — Hat hier Kants Syſtem 
eine Lücke oder iſt Jupiter dichter als Saturn? (Vom letztern 
Br iſt oben pag. 32. im aten Hauptſtuͤcke geredet worden. ) 


Oder hat er feinen Ring in einer Ähnlichen Revolution, ſo wie 
die Erde den ihrigen, eingebußt? (pag. Ki 8 


** 


EAN 

ihn wirklich hat, welches eine nicht geringe Beſtirtung de der Glaub 
würdigkeit unſerer Erklaͤrungsart iſt a). 

Was mich aber faſt verſichert macht, daß der Ring, welcher | 

den Saturn umgiebt, ihm nicht auf diejenige allgemeine Art ent⸗ 
ſtanden, und durch die allgemeine Bildungsgeſetze erzeugt worden, 
die durch das ganze Syſtem der Planeten geherrſcht, und dem Sa⸗ 
turn auch feine Trabanten verſchaft hat, daß, ſage ich, dieſe aͤuſ⸗ 
ſerliche Materie nicht ihren Stoff dazu hergegeben, ſondern er ein 
Geſchopf des planeten ſelbſt ſey, der feine fluͤchtigſten Theile durch 
ſeine Waͤrme erhoben, und ihn durch ſeine eigene Achſendrehung 
den Schwung zur Umwendung ertheilt hat, iſt dieſes, daß der 
Ring nicht fo wie die andern Trabanten deſſelben, und wie uber⸗ 
haupt alle umlaufende Korper, die in der Begleitung der Haupt⸗ 
planeten befindlich ſind, in der allgemeinen Beziehungsflaͤche der 
planetiſchen Bewegungen gerichtet iſt, ſondern von ihr ſehr ab⸗ 
weicht: welches ein ſicherer Beweis iſt, daß er nicht aus dem all⸗ 
gemeinen Grundſtoffe gebildet, und ſeine Bewegung aus deſſen 
Herabſinken bekommen, foudern von dem Planeten, nach laͤngſt 
vollendeter Bildung aufgeſtiegen, und durch deſſen eingepflanzte 
Umſchwungskraͤfkte, als ſein abgeſchiedner Theil, eine ſich auf 
deſſelben Achſendrehung beziehende Bewegung und Richtung, ber 
kommen habe. 1) 

a) Bishieher geht der Auszug des Herrn Genſichen, den er mit 
folgenden Worten ſchließt: „dies iſt nun das Weſent⸗ 
„lichſte aus der Theorie des Himmels, was Herr Prof. 
„Kant dem Publies jetzt (a0. 1791.) noch einmal vorzulegen 
„ ſich bewegen ließ. Das übrige, meint Er, enthalte zu ſehr 
„bloße Hypotheſen, als daß er es jetzt noch ganz billigen koͤnnte. 

Ich, meines Theils, würde mich gluͤcklich ler wenn 100 


„mir dergleichen Hypotheſen darboͤten, und ſicher ſeyn, dure 
„ ihre Bekanntmachung die Aufmerkſamkeit der gelehrten Welt \ 

„auf mich zu ziehn.“ ü 
1) Die Noch wahrſcheinliche Richtigkeit der Theorie der Erzeu⸗ 

gung dieſes Rings aus dunſtartigem Stoffe, der fie nach Cen⸗ 

a 5 bewegte, wirft zugleich ein ſehr vortheilhaftes Licht 

auf die Theorte von der Entſtehung der großen Weltkoͤrper ſelbſt, 

nach eben denſelben Geſetzen, nur daß ihre Wurfskraft durch 

den von der allgemeinen Schwere verurſachten Fall des zer⸗ 5 
freuten Grundſtoffs, nicht aber durch die Achſen vehung des 
Centralkoͤrpers, erzeugt worden; vornemlich wenn man Lich be⸗ 

diene mich hier eigner Worte des Hrn. Prof. Kant) die durch 

Hrn. Hofr. Lichtenbergs wichtigen Beyfall gewürdigte ſpä⸗ 

tere, als e zur Theorie des * e 


— 


— 


a, 


Das Vergnügen „ eine von den ſeltenſten Beſonderheiten des 
Himmels in dem ganzen Umfange ihres Weſens und Erzeugung 
begriffen zu haben, hat uns in eine ſo weitlaͤuftige Abhandlung 
verwickelt. Laſſet uns mit der Beguͤnſtigung unſerer gefaͤlligen 
Leſer dieſelbe, wo es beliebig, bis zur Ausſchweifung treiben, 
um, nachdem wir uns auf eine angenehme Art willkuͤhrlichen Mei⸗ 
nungen, mit einer Art von Ungebundenheit, uͤberlaſſen haben, 
mit deſto mehrerer Behutſamkeit und Sorgfalt, wiederum zur 
Wahrheit zuruͤck zu kehren. | W 

Koͤnnte man ſich nicht einbilden, daß die Erde 
eben ſowohl, wie Saturn, ehemals einen Ring ge⸗ 
habt habe? Er möchte nun von feiner Oberfläche eben fo, wie 
Saturns feiner, aufgeſtiegen feyn, und habe ſich lange Zeit er⸗ 


halten, indeſſen daß die Erde von einer viel ſchnellern Umdrehung, 


als die gegenwaͤrtige iſt, durch; wer weis was für Urſachen, bis 
zu gegenwaͤrtigem Grade aufgehalten worden, oder daß man dem 
abwärts ſinkenden allgemeinen Grundſtoſſe es zutrauet, denſelben 
nach den Regeln, die wir oben erklaͤrt, gebildet zu haben, wel⸗ 
ches man ſo genau nicht nehmen muß, wenn man ſeine Neigung 
zum Sonderbaren vergnügen will. Allein, was für einen Vor⸗ 
rath von ſchoͤnen Erlaͤuterungen und Folgen bietet uns eine ſol⸗ 
che Idee dar. Ein Ring um die Erde! Welche Schoͤnheit eines 
Anblicks fuͤr diejenigen, die erſchaffen waren, die Erde als ein 
Paradies zu bewohnen; wie viel Bequemlichkeit für dieſe, welche 
die Natur von allen Seiten anlachen ſollte! Allein dieſes iſt noch 
nichts gegen die Beſtaͤtigung, die eine ſolche Hypotheſe aus der 
Urkunde der Schoͤpfungsgeſchichte entlehnen kann, und die fuͤr die⸗ 
jenigen keine geringe Empfehlung zum Beyfalle iſt, welche die Eh⸗ 

re der Offenbarung nicht zu entweihen, ſondern zu beſtaͤtigen glau⸗ 


’ 
ne Meinung damit verbindet: daß nemlich jener dunſtfoͤrmig 
im Weltraum verbreitete Urſtoff, der alle Materien von unend⸗ 
lich verſchiedner Art im elaſtiſchen Zuſtande in ſich ent⸗ 
hielt, indem er die Weltkoͤrper bildete, es nur dadurch that, 
daß die Materien, welche von chemiſcher Affinität waren, wenn 
a je in ihrem Falle nach Gravitations Geſetzen auf einander tra⸗ 
en, wechfelfeitig ihre Elaſtieitaͤt vernichteten, dadurch aber dichte 
Maſſen und in dieſen diejenige Hitze hervorbrachten, weiche in 
den groͤſten Weltkoͤrpern, (den Sonnen) aͤußerlich mit der leuch⸗ 
tenden Eigenſchaft, an den kleinern (den Planeten) aber mit 
innerlicher Waͤrme verbunden iſt. (G. im Anhange.) | 


/ 


is Dee 


ben, wenn fie fich ihrer bedienen, den Ausſchweifungen ihres Wi⸗ 
tzes dadurch ein Anſehen zu gebeu. Das Waſſer der Veſte 
deren die Moſaiſche Beſchreibung a} erwähnt, hat den Auslegern 
ſchon nicht wenig Muͤhe verurſachet. Koͤnnte man ſich dieſes Rings 
nicht bedienen, ſich aus dieſer Schwierigkeit heraus zu helfen? 
Dieſer Ring beſtand ohne Zweifel aus waͤßrichen Duͤnſten; und 
man hat außer dem Vortheile, den er den erſten Bewohnern der 
Erde verſchaffen konnte, nach dieſen, ihn im benoͤthigten Falle 
zerbrechen zu laſſen, um die Welt, die ſolcher Schoͤnheit ſich un⸗ 
würdig gemacht hatte, mit Ueberſchwemmungen zu zuͤchtigen. 
Entweder ein Komet, deſſen Anziehung die regelmaͤßige Bewe⸗ 
gungen ſeiner Theile in Verwirrung brachte b), oder die Verkuͤh⸗ 
lung der Gegend ſeines Aufenthalts vereinigte deſſen zerſtreute | 
Dunſttheile, und ſtuͤrzte fie, in einem der allergrauſamſten Wols 
kenbruͤche, auf den Erdboden nieder. Man weiß leichtlich, was 
die Folge hievon war. Alle Welt ging im Waſſer unter, und ſog 
noch uͤber dieſes, in dem fremden und fluͤchtigen Duͤnſten dieſes 
unnatuͤrlichen Regens, denjenigen langſamen Gift ein, der alle 
Geſchoͤpfe dem Tode und der Zerſtoͤrung naͤher brachte. Nunmehro 
war die Figur eines blaſſen und lichten Bogens von dem Horizonte 
verſchwunden, und die neue Welt, welche ſich dieſes Anblicks nie⸗ 
mals erinnern konnte, ohne ein Schrecken fuͤr dieſes fuͤrchterliche 


2 


— Werkzeug der. göttlichen Rache zu empfinden, ſahe vielleicht mit 


nicht geringer Beſtuͤrzung in dem erſten Regen denjenigen far bi⸗ 
gen Bogen c), der, feiner Figur nach, den erſten abzubilden 
ſchien, aber durch Verſicherung des verſoͤhnten Himmels, ein Gna⸗ 
denzeichen und Denkmal einer fortwaͤhrenden Erhaltung des nun⸗ 
mehro veränderten Erdbodens, ſeyn ſollte. Die Aehnlichkeit der 
Geſtalt dieſes Erinnerungszeichens mit der bezeichneten Begeben⸗ 


a) X Buch Mof. 1, 6. 7. 8. 


b) Nach Whiſtons bekannter Hypotheſe; welche ſich auf die Be⸗ 
rechnung des Laufs eines großen Kometen gruͤndet, welcher ao. 
1681. erſchien und zu feinem Umlaufe 378 ein halb Jahr brau⸗ 
chen ſoll. Rechnet man dieſen Termin vorwaͤrts, ſo kommt ſei⸗ 
ne. ste Erſcheinung (ſeit der Schoͤpſung der Erde) auf ao. 2342 
vor Chriſti Geburt, oder ao. 1642 von Erſchaffung Adams, wel⸗ 
ches 14 Jahre vor der gewoͤhnlichen Anſetzung der Noahiſchen 
Sundfluth (ao. 1656) iſt. K 

c) 1 B. Moſ. 9, 1217. 


/ 


ER \ ( 24 \ * TS 5 
heit, Könnte eine ſolche Hypotheſe denenjenigen anpreifen, die det 
berrſchenden Neigung ergeben find, die Wunder der Offenbarung 
mit den orden lichen Naturgeſetzen in ein Syſtem zu bringen a). 
Ich finde es rathſamer, den uͤchtigen Beyfall, den ſolche Ueber⸗ 
einſtimmungen erwecken konnen, dem wahren Vergnügen vollig 
aufzuopfern, welches aus der Wahrnehmung des regelmaͤſigen 
Zuſammenhanges entſpringt, wenn phyſiſche Analogien einander 
zur Bezeichnung phyſiſcher Wahrheiten unterſtutzen. 1 8 


F — — — — 
Sechſtes Hauptſtuͤck. 
Von dem Zodiakallichte. 


— ‘ 


. Sonne iſt mit einem ſubtilen und dunſtigen Weſen umgeben, 
welches in der Flaͤche ihres Aequators mit einer nur geringen Aus⸗ 
breitung auf beyden Seiten, bis zu einer großen Hohe ſie umgiebt, 
wovon man nicht verſichert ſeyn kann, ob es, wie Herr von 
Mairan es abbildet, in der Figur eines erhabenen geſchliffenen 
SGlaſes, (Ggura lenticulari,) mit der Oberfläche der Sonne zus 
fammenftößt, oder wie der Gang des Saturns allenthalben von 
ihm abſteht. Es ſey nun das eine oder das andere; ſo bleibt 
Aehnlichkeit genug uͤbrig, um dieſes Phaͤnomen mit dem Ringe 
des Saturns in Vergleichung zu ſtellen, und es aus einem uͤber⸗ 
einkommenden Urſprunge herzuleiten. Wenn dieſe ausgebreitete 
Materie ein Ausfluß aus der Sonne iſt, wie es denn am wahr⸗ 
ſcheinlichſten iſt, fie Dafür zu halten; fo wird man die Urſache 
nicht verfehlen konnen, die ſie auf die, dem Sonnenaͤquator ge 
meinſchaftliche Ebne gebracht hat. Der leichteſte und ücsigfe 
Stoff, den das Sonnenfeuer von der Oberflaͤche der Sonne ers 
hebt, und ſchon lange erhoben hat, wird durch derſelben Wirkung 
weit über fie fortgetrieben, und bleibet, nach Maasgebung ſei⸗ 
ner Leichtigkeit, in einer Entfernung ſchweben, wo die forttrei⸗ 
bende Wirkung der Strahlen der Schwere dieſer Dunſttheilchen 
+ a) Wenn nur 1 B. Moſ. 1, 14. 15. ſich gut damit vereinigen 
ließe, welches nur etwan dadurch seichehn ent wenn man an⸗ 


nahme, daß dieſe Veſte oder dieſer E ing mit der Erliptif 
parallel gelegen habe. f N 


N 
> 5 > 3 1 


ae 
das Gleichgewicht hält, oder fie werden von dem Zufluffe neuer 
Partikeln unterſtuͤtzt, welche beſtaͤndig zu ihnen hinzu kommen. 
Nun, weil die Sonne, indem fie, ſich um ihre Achſe dreht, dieſen 
von ihrer Oberfläche abgeriſſenen Duͤnſten ihre Bewegung gleich⸗ 
‚mäßig eindrückt, fo behalten dieſelben einen gewiſſen Schwung 
zum Umlaufe, wodurch ſie von beyden Seiten, den Centralgeſe⸗ 
tzen gemaͤß, in dem Cirkel ihrer Bewegung die fortgeſetzte Aequa⸗ 
torsfiäche der Sonne zu durchſchneiden, beſtrebt ſind; und daher, 
weil ſie in gleicher Quantitaͤt von beyden Hemiſphaͤren ſich zu der⸗ 
ſelben hindringen, daſelbſt ſich mit gleichen Kraͤften haͤufen, und 
eine ausgebreitete Ebne, in dieſer auf den Sounmudgunten fi. 
beziehenden Ebne, formiren. AA 
Allein, ungeachtet dieſer Aehnlichkeit mit dem Saturnsringe, 
bleibt ein weſentlicher Unterſchied uͤbrig, welcher das Phänomen 
des Zodiakallichtes von jenem ſehr abweichend macht. Die Par⸗ 
tikeln des erſtern erhalten ſich durch die eingepflanzte Umdrehungs⸗ 
bewegung in frey ſchwebendem Cirkellaufe; allein die Theilchen 
des letztern werden durch die Kraft der Sonnenſtrahlen in ihrer 
Hoͤhe erhalten, ohne welche die ihnen von der Sonnenumwendung 
beywohnende Bewegung gar nicht fehlen wuͤrde, fie im freyen um 
ſchwunge vom Falle abzuhalten. Denn, da die den Mittelpunkt 
fliehende Kraft der Achſendrehung auf der Oberflaͤche der Sonne 
noch nicht 288888 der Attraction iſt; fo würden die aufgeſtiegenen 
Dünfte 40000 halbe Sonnendiameter von ihr entfernet werden 
muͤffen, um in ſolcher Weite allererſt eine Gravitation anzutref⸗ 
fen, der ihrer mitgetheilten Bewegung das Gleichgewicht leiſten 
koͤnnte. Man iſt alſo ſicher, dieſes Phänomen der Sonne ihr nicht 
auf die „dem Saturnsringe gleiche Art zuzumeſſen. 
Gleichwohl bleibet eine nicht geringe Wahrſcheinlichkeit übrig, 
daß dieſer Halsſchmuck der Sonne vielleicht denſelben Urfprung 
erkenne, den die geſammte Natur erkennt, nemlich die Bildung 
aus dem allgemeinen Grundſtoffe, deſſen Theile, da fie in den hoͤch⸗ 
ſten Gegenden der Sonnenwelt herumgeſchwebt, nur allererſt nach 
voͤllig vollendeter Bildung des ganzen Syſtems zu der Sonne, 
in einem ſpaͤten Falle mit geſchwaͤchter, aber doch von Abend 
gegen Morgen gekruͤmmter Bewegung, herabgefunfen, und, ver⸗ 
mittelſt dieſer Art des Kreislaufs, die ſortgeſetzte Arquators: 


URN 


fläche derſelben durchſchnitten, daſelbſt durch ihre Haͤufung von 
beyden Seiten, indem ſie ſich aufhielten „eine in dieſer Stellung 
ausgebreitete Ebne eingenommen haben, worin fie fich zum Theil 

durch der Sonnenſtrahlen Zuruͤcktreibung, zum Theil durch ihre 
wirklich erlangte Kreisbewegung, jetzt in beftändig gleicher Hohe 
erhalten. Die gegenwaͤrtige Erklaͤrung hat keine andere Wuͤr⸗ 
digkeit, als diejenige, welche Muthmaßungen zukommt, und kei⸗ 
nen Anſpruch, als nur auf einen willkührlichen Beyfall; das 
Urtheil des Leſers mag ſich auf diejenige Seite wenden, welche 
ihm die annehmungswürdigſte zu ſeyn dunkt. a) 


Siebentes Hauptſtück. 


Von der Schoͤpfung im ganzen Umfange ihrer Unendlichkeit, ſowohl 
dem Raume, als der Zeit nach. 


0 


D Weltgebaͤude ſetzt durch ſeine unermeßliche Groͤße, und 
durch die unendliche Mannigfaltigkeit und Schönheit, welche 
aus ihr von allen Seiten hervorleuchtet, in ein ſtilles Erſtaunen. 


Wenn die Vorſtellung aller dieſer Vollkommenheit nun die Ein⸗ | 


biioungsfrafe rührt; ſo nimmt den Verſtand andrer Seits eine 
andere Art der Entzuckung ein, wenn er betrachtet, wie ſo viel 
Pracht, ſo viel Große, aus einer einzigen allgemeinen Regel, mit 
einer ewigen und richtigen Ordnung, fließt. Der pl netiſche 
Weltbau, indem die Sonne aus dem Mittelpunkte aller Kreiſe, 
mit ihrer maͤchtigen Anziehung, die bewohnte Kugel ihres Sy 
ſtemis in ewigen Kreiſen umlaufend macht, iſt gaͤnzlich, wie wir 
geſehen haben, aus dem urſpruͤnglich ausgebreiteten Grundſtoffe 
aller Welrmaterie gebildet worden. Alle Firſterne, die das Auge 
an der holen Tiefe des Himmels entdeckt, und die eine Art von 
Verſchwendung anzuzeigen ſcheinen, ſind Sonnen und Mittel⸗ 
punkte von ähnlichen Eyſtemen. Die Analogie erlaubt es alſo 
hier nicht, zu zweifeln, daß dieſe auf gleiche Art, wie das, darin 
wir uns befinden, aus denen kleinſten Theilen der elementariſchen f 


a) Vom Zodiakallichte, deſſen Lage und Erſcheinungen, ſehe man 
Bong Kenntniß des geſtirnten Himmels, ed. 1792. pag. 521. ff 


U 


8 „ 
Materie „die den leeren Raum, dieſen unendlichen umfang der 
göttlichen Gegenwart, erfüllte, gebildet und erzeugt worden. 
Wenn nun alle Welten und Weltordnungen dieſelbe Art ih⸗ 
res Urſprungs erkennen: wenn die Anziehung unbeſchraͤnkt und 
allgemein, die Zuruͤckſtoßung der Elemente aber ebenfalls durch⸗ 
gehends wirkſam, wenn bey dem Unendlichen das Große und 
Kleine beyderſeits klein iſt; ſollten nicht alle die Weltgebaͤude 
gleichermaßen eine beziehende Verfaſſung und ſyſtematiſche Ver⸗ 
bindung unter einander angenommen haben, als die Himmels⸗ 
koͤrper unſrer Sonnenwelt im kleinen, wie (Uranus) Saturn, 
Jupiter und die Erde, die für ſich inſonderheit Syſteme find, und 
dennoch unter einander als Glieder in einem noch großern zuſam⸗ 
men haͤngen? Wenn man in dem unermeßlichen Raume, darin 
alle Sonnen der Milchſtraße ſich gebildet haben, einen Punkt an⸗ 
nimmt, um welchen durch, ich weiß nicht was für eine Urſache, 
die erſte Bildung der Natur aus dem Chaos angefangen hat; ſo 
wird daſelbſt die groͤſte Maſſe, und ein Körper von der ungemein⸗ 
ſten Altraction, entſtanden ſeyn, der d durch fähig geworden, in 
einer ungeheuren Sphaͤre um ſich alle in der Bildung begriffene 
Syſteme zu nöthigen, fi) gegen ihn, als ihren Mittelpunkt, zu 
ſenken, und um ihn ein gleiches Syſtem im Ganzen zu errich⸗ 
ten, a) als derſelbe elementariſche Grundſtoff, der die Planeten 
bildete, um die Sonne im Kleinen gemacht hat. Die Beobach⸗ 
tung macht dieſe Muthmaßung beynahe ungezweifelt. Das Heer 
der Geſtirne macht, durch ſeine beziehende Stellung gegen einen 
gemeinſchaftlichen Plan, eben ſowohl ein Syſtem aus, als die 
Planeten unſeres Sonnenbaus um die Sonne. Die Milchſtraße 
iſt der Zodiakus dieſer hohern Weltordnungen, die von feiner 
Zone, ſo wenig als moͤglich, abweichen, und deren Streif immer 
von ihrem Lichte erleuchtet iſt, ſo wie der Thiertreis der Plane 
ten von dem Scheine dieſer Kugeln, ob zwar nur in ſehr wenig 
Punkten „ hin und wieder ſchimmert. Eine jede di:fer Sonnen 
macht mit ihren umlaufenden Planeten für ſich ein beſo dres Sy⸗ 
ſtem aus; allein diefes hindert nicht, Theile eines noch großern 
a) Sollte etwa der Sirſus dieſe große Central Sonne des ganzen 


Milchſtraßenſyſtems fen? S. Bode im angel, Buche, pag. 
590. 691. und Herr Kant weiter hinten. 


4 


9 


4 


Syſtems zu ſeyn, fo wie Jupiter oder Saturn, ungeachtet ihrer 


eigenen Begleitung, zu der ſyſtematiſchen Verfaſſung eines noch 
groͤßeren Weltbaues gehören. Kann man, an einer fo genauen 
Uoebereinſtimmung in der Verfaſſung nicht die gleiche Urfache und 
Ae der Erzeugung erkennen? 

Wenn nun die Firſterne ein Syſtem austngchel ; deſſen Ums 


ſung durch die Anziehungsſphaͤre desjenigen Koͤrpers, der im 


Mittelpunkte befindlich if, beſtimmt wird, werden nicht mehr 
Sonnenſyſteme, und, ſo zu reden, mehr Milchſtraßen entſtanden 
ſeyn, die in dem grenzloſen Felde des Weltraums erzeugt worden? 
Wir haben mit Erſtaunen Figuren am Himmel erblickt, welche 
nichts anders, als ſolche auf einen gemeinſchaftlichen Plan be⸗ 
ſchraͤnkte Fiſternenſyſteme ſolche Milchſtraßen, wenn ich mich fo 


ausdruͤcken darf, fi nd, die in verſchiedenen Stellungen gegen das 


Auge, mit einem, ihrem unendlichen Abſtande gemaͤs gefchwäche 
ten Schimmer, eliptiſche Geſtalten darſtellen; es ſind Syſteme, 
von, ſo zu ſagen, unendliche mal unendlich groͤßerm Durchmeſ⸗ 
ſer, als der Diameter unſers Sonnenbaues iſt; aber ohne Zwei⸗ 
fel auf gleiche Art entſtanden, aus gleichen Urſachen geordnet 
und eingerichtet, und erhalten ſich durch ein gleiches Triebwerk, 
als dieſes, in ihrer Verfaſſung. 

Wenn man dieſe Sternen ſyſteme wieder als Glieder an der 
großen Kette der geſammten Natur anſieht; ſo hat man eben ſo 
viel Urſache, als vorher, ſie in einer gegenſeitigen Beziehung 
zu denken, und in Verbindungen, welche Kraft des durch die 
ganze Natur herrſchenden Geſetzes der erſten Bildung, ein neues 
noch groͤßres Syſtem ausmachen, das durch die Anziehung eines 
Koͤrpers von ungleich maͤchtigerer Attraction, als alle die vorige 


waren, aus dem Mittelpunkte ihrer regelmäßigen Stellungen 


regieret wird. Die Anziehung, welche die Urſache der ſyſtema⸗ 


ſchen Verfaſſung unter den Firſternen der Milchſtraße iſt, wirkt 
auch noch in der Entfernung eben dieſer Weltordnungen, um ſie 


aus ihren Stellungen zu bringen, und die Welt in einem unver⸗ 
meidlich hervorſtehenden Chaos zu begraben, wenn nicht regelmaͤf⸗ 


ſig ausgetheilte Schwungsfeäfte der Attraction das Gegenges 


wicht leiſten „und beyderſeits in Verbindung diejenige Beziehung 
e die der Grund der femme Mifaſfung iſt. 


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Die Anziehung ift. ohne Zweifel eine eben fo weit 1 
Eigenſchaft der Materie, als die Coepiſtenz, welche den Raum macht, 

indem ſie die Subſtanzen durch gegenſeitige Abhängigkeiten ver⸗ 
bindet, oder, eigentlicher zu reden „die Anziehung iſt eben dieſe 
allgemeine Beziehung, welche die Theile der Natur in einem Rau⸗ 

me vereiniget: ſie erſtreckt ſich alſo auf die ganze Ausdehnung 
deſſelben, bis in alle Weiten ihrer Unendlichkeit. Wenn das Licht . 
von dieſen entfernten Suſtemen zu uns gelangt 4), das icht, 
welches nur eine eingedruͤckte Bewegung iſt, muß nicht vielmeht 
die Anziehung, dieſe urſpruͤngliche Bewegungsquelle, welche eher 

als alle Bewegung iſt: die keiner fremden Urſache bedarf, auch 

durch keine Hinderniß kann aufgehalten werden, weil ſie in das 
Innerſte der Materie, ohne einigen Stoß, ſelbſt bey der allge⸗ 
meinen Ruhe der Natur wirkt, muß, ſage ich, die Anziehung nicht 


dieſe Firſternen Syſteme, ihrer unermeßlichen Entfernungen un⸗ 


geachtet, bey der ungebildeten Zerſtreuung ihres Stoffes, im An⸗ ö 
fange der Regung der Natur, in Bewegungen verſetzt haben, die 
eben ſo, wie wir im Kleinen geſehen haben, die Quelle der ſyſte⸗ 
matiſchen Verbindung, und der dauerhaften Beſtaͤndigkeit ihrer 
Glieder iſt, die ſie vor dem Verfalle ſichert? 

Aber, welches wird denn endlich das Ende der ſyſtematiſchen 
Einrichtungen ſeyn? wo wird die Schopfung ſelbſt aufporen 2 
Man merkt wohl, daß, um fie in einen Verhaͤltniſſe mit der 
Macht des unendlichen Weſens zu denken, ſte gar keine Grenzen 
haben muͤſſe. Man kommt der Unendlichkeit der Schopfungs⸗ 
kraft Gottes nicht naͤher, wenn man den Raum ihrer Offenba⸗ 
rung in einer Sphäre mit dem Radius der Milchſtraße beſchrie⸗ 
ben, einschließt, als wenn man ihn in eine Kugel befchränfen ' 
will, die einen Zoll im Durchmeſſer hat. Alles was endlich, was 
feine Schranken, und ein beſtimmtes Verhältniß zur Einheit hat, 


Ex 


iſt von dem Unendlichen gleich weit entfernt. Nun wäre es 


ungereimt, die Gottheit mit einem unendlich kleinen Theile ih⸗ 


tes ſchopferiſchen Vermogens in Wirkſamkeit zu ſetzen und ihre 


a) Nach angeſtell ten Rechnungen mehrerer Naturforſcher hat ſich 
ergeben, daß das Licht von der Sonne bis auf die Erde zu Fans 
men, 8 7 Zeit braucht; es waren auto fait 60 Jahre nothig, 
ehe ein Lichtſtrahl aus dem uns naͤchſten e bis in 175 
Auge auf der Erde kommen kann. 


3 S 

unendliche Kraft, den Schatz einer wahren Unermeßlichkeit, von 
Naturen und Welten unthätig, und in einen ewigen Mangel 
der Ausübung verſchloſſen, zu denken. Iſt es nicht vielmehr 
anſtaͤndiger, oder beſſer zu ſagen, iſt es nicht nothwendig, den 
Inbegriff der Schoͤpfung alſo anzuſtellen, als er ſeyn muß, um 
ein Zeugniß von derjenigen Macht zu ſeyn, die durch keinen 
Maasſtab kann abgemeſſen werden? Aus dieſem Grunde iſt das 
Feld der Offenbarung goͤttlicher Eigenſchaften eben ſo unendlich, 
als dieſe ſelbſt ſind ). Die Ewigkeit iſt nicht hinlaͤnglich, die 
Zeugniße des hoͤchſten Weſens zu faſſen, wo fie nicht mit der Uns 
endlichkeit des Raumes verbunden wird. Es iſt wahr, die Aus⸗ 
bildung, die Form, die Schoͤnheit und Vollkommenheit, ſind Be⸗ 
ziehungen der Grundſtuͤcke und der Subſtanzen, die den Stoff 
des Weltbaues ausmachen; und man bemerkt es an den Anſtal⸗ 
ten, die die Weisheit Gottes noch zu aller Zeit trift; es iſt ihr 
auch am gemaͤßeſten, daß ſie ſich, aus dieſer ihren eingepflanzten 
allgemeinen Geſetzen, durch eine ungezwungene Folge heraus wi⸗ 
ckeln. Und daher kann man mit gutem Grunde feſtſetzen, daß die 
Anordnung und Einrichtung der Weltgebaͤude, aus dem Vor⸗ 

a N rathe 


ger 


) Der Begriff einer unendlichen Ausdehnung der Welt findet un: 
f ter den Metaphyſikkundigen Gegner, und hat nur neulich an dem 
Herrn M. Weitenkampf einen gefunden. Wenn dieſe Herren, 
wegen der angeblichen Unmoͤglichkeit einer Menge ohne Zahl und 
Grenzen, ſich zu dieſer Idee nicht bequemen koͤnnen; ſo wollte ich 
nur vorläufig fragen: ob die Fünftige Folge der Ewigkeit nicht 
eine wahre Unendlichkeit von Mannigfaltigkeiten und Veraͤnde⸗ 
rungen in ſich faſſen wird? und ob dieſe unendliche Reihe nicht 
auf einmal ſchon jetzo dem goͤttlichen Verſtande gaͤnzlich gegen⸗ 
waͤrtig ſey? Wenn es nun moͤglich war, daß Gott den Begriff 
der Unendlichkeit, der ſeinem Verſtande auf einmal darſteht, in 
einer auf einander folgenden Reihe wirklich machen kann: warum 
ſollte derſelbe nicht den Begriff einer andern Unendlichkeit in ei⸗ 
nem, dem Raume nach, verbundenen Zuſammenhange 
darſtellen, und dadurch den Umfang der Welt ohne Graͤnzen ma⸗ 
chen koͤnnen? Indeſſen, daß man dieſe Frage wird zu beantwor⸗ 
ten ſuchen, ſo werde ich mich der Gelegenheit, die ſich darbieten 
wird, bedienen, durch eine aus der Natur der Zahlen gezogene 
Erlaͤuterung, die vermeinte Schwierigkeit zu heben, woferne man 
bey genauer Erwägung, es noch als eine einer Erörterung beduͤrf⸗ 
tige Frage anſehen kann: ob dasjenige, was eine durch die hoͤchſte 
Weisheit begleitete Macht hervorgebracht hat, ſich 1 offen⸗ 
baren, zu demjenigen, was fie. hat hervorbringen konnen, 
ſich wie eine Differenzialgroͤße verhalte! | 


hi Di 


rathe des erſchaffenen Naturſtoſſ's „in einer Folge der Zeit, nach 
und nach geſchehe; allein, die Grundmaterie ſelbſt, deren Ei⸗ 


genfchaften und Kräfte allen Veränderungen zum Grunde liegen, 
iſt eine unmittelbare Folge des goͤttlichen Daſeyns: ſelbige muß 


alſo auf einmal ſo reich, ſo vollſtaͤndig ſeyn, daß die Entwicklung 
ihrer Zuſammenſetzungen in dem Abfluße der Ewigkeit ſich uͤber 


einen Plan ausbreiten koͤnne, der alles in ſich ſchließt was ſeyn 
kann, der kein Maaß annimmt, karz, der unendlich iſt. 
Wenn nun alſo die Schoͤpfung, dem Raume nach, unendlich iſt, 


oder es wenigſtens, der Materie nach, wirklich von Anbeginn 


4 


her ſchon geweſen iſt, der Form, oder der Ausbildung nach, 
aber es bereit iſt, zu werden; ſo wird der Weltraum mit Welten 
ohne Zahl und ohne Ende belebt werden. Wird denn nun jene 
ſyſtematiſche Verbindung, die wir vorher bey allen Theilen inſon⸗ 
derheit erwogen haben, auch aufs Ganze gehn, und das ge⸗ 
ſammte Univerſum, das All der Natur, in einem einzigen 
Syſteme, durch die Verbindung der Anziehung und der fliehen⸗ 
den Kraft, zuſammen faſſen ? Ich ſage ja; wenn nur lauter abge⸗ 
ſonderte Weltgebaͤude, die unter einander keine vereinte Beziehung 
zu einem Ganzen haͤtten, vorhanden waͤren, ſo koͤnnte man wohl, 
wenn man dieſe Kette von Gliedern als wirklich unendlich annaͤhme, 
denken, daß eine genaue Gleichheit der Anziehung ihrer Theile von 


allen Seiten dieſe Syſteme von dem Verfalle, den ihnen die innere 


Wechſelanziehung droht, ſicher halten koͤnne. Allein hierzu ge⸗ 
hoͤrt eine fo genaue abgemeſſene Beſtimmung in den, nach der 


Attraction abgewognen, Entfernungen, daß auch die geringſte 


Verruͤckung dem Uni verſo den Untergang zuziehen, und fie in 


langen Perioden, die aber doch endlich zu Ende laufen muͤſſen, 
dem Umſturze uͤberliefern wuͤrde. Eine Weltverfaſſung, die ſich 


ohne ein Wunder nicht erhielt, hat nicht den Character der Beſtaͤn⸗ 


digkeit, die das Merkmal der Wahl Gottes iſt; man trift es alſo 
dieſer weit anſtaͤndiger, wenn man aus der geſammten Schoͤ⸗ 
pfung ein einziges Syſtem macht, welches alle Welten und Welt⸗ 


ordnungen, die den ganzen unendlichen Raum ausfüllen, ſich auf 


einen einzigen Mittelpunkt beziehen laͤßt. Ein zerſtreutes Ge 


wimmel von Weltgebaͤuden, fie mögten auch durch noch fo weite 
Entfernungen von einander getrennt ſeyn, wůrde mit einem une 


| „ 
verhinderten Hange zum Verderben und zur gerſtörung eilen, 
wenn nicht eine gewiſſe beziehende Einrichtung gegen cinen allges 
meinen Mittelpunkt, das Centrum der Attraction des Uni ver⸗ 
ſums, und den Unterſtuͤtzungspunkt der geſammten Natur ag 
ſyſtematiſche Bewegungen getroſſen wäre. 

Um dieſen allgemeinen Mittelpunkt der Senkung der ganzen 
Natur, ſowohl der gebildeten, als der rohen, in welchem ſich 
ohne Zweifel der Klumpen von der ausnehmendſten Attraction 
befindet, der in eine Anziehungsſphaͤre alle Welten nnd Ordnun⸗ 


gen, die die Zeit hervorgebracht hat, und die Ewigkeit hervor⸗ 


bringen wird, begreift, kann man mit Wahrſcheinlichkeit anneh⸗ 
men, daß die Natur den Anfang ihrer Bildung gemacht, und 
daſelbſt auch die Syſteme am dichteſten gehäuft find; weiter von 
demſelben aber in der Unendlichkeit des Raumes ſich, mit immer 
großeren Graden der Zerſtreuung verlieren. Man koͤnnte dieſe 
Regel aus der Analogie unſeres Sonnenbaues abnehmen, und 
dieſe Verfaſſung kann ohnedem dazu dienen, daß in großen Ent⸗ 
fernungen nicht allein der allgemeine Centralkorper, ſondern auch 
alle um ihn zunaͤchſt laufende Syſteme ihre Anziehung zuſammen 
vereinigen, und ſie gleichſam aus einem Klumpen gegen die Sy⸗ 
ſteme des noch weitern Abſtands ausüben. Dieſes wird alsdann 
mit dazu behuͤlflich ſeyn, die ganze Natur in der ganzen Unend⸗ 
lichkeit ihrer Erſtreckung, in einem einzigen Syſteme zu begreifen. 
Um nun der Errichtung dieſes allgemeinen Syſtems der Natur, 
aus den mechaniſchen Geſetzen der zur Bildung ſtrebenden Mate⸗ 
rie, nachzuſpuͤren; ſo muß in den unendlichen Raume des aus⸗ 
gebreiteten elementariſchen Grundſtoffs, an irgend einem Orte, 
dieſer Grundſtoff die dichteſte Haͤufung gehabt haben, um durch 
die daſelbſt geſchehene vorzuͤgliche Bildung, dem geſammten Unis 
verſum eine Maſſe verſchaft zu haben, die ihm zum Unterſtü⸗ 
tzungspunkt diente. Es iſt zwar gewiß, daß in einem unendli⸗ 
chen Raume kein Punkt eigentlich das Vorrecht haben kann, der 
Mittelpunkt zu heißen; aber, vermittelſt eines gewiſſen Verhaͤlt⸗ 
niſſes, das ſich auf die weſentlichen Grade der Dichtigkeit des Ur⸗ 
ftoffes gruͤndet, nach welcher dieſe zugleich mit ihrer Schöpfung 
an einem gewiſſen Orte vorzuͤglich dichter gehaͤuft, und mit den 
Weiten von demſelben in der Zerſtreuung zunimmt, kann ein ſol⸗ 


I 


SE 0 83 3 


cher punkt das Vorrecht haben, der Mittelpunkt zu heißen, und | 


er wird es auch wirklich, durch die Bildung der Centralmaſſe, 


von der kraͤftigſten Anziehung in demſelben, zu dem ſich alle uͤbri⸗ 
ge, in Particularbildungen, begriffene elementariſche Materie ſenkt, 


und dadurch , fo weit ſich auch die Auswicklung der Natur erſtre⸗ 
ken mag, in der unendlichen Sphaͤre der Scoͤpfung⸗ aus dem 
ganzen All „ nur ein einziges Syſtem macht. 

Das iſt aber etwas wichtiges, und welches, woferne es Bey⸗ 
fall erlangt, der groͤßten Aufmerkſamkeit wuͤrdig iſt, daß der Ord⸗ 
nung der Natur, in dieſem unſerm Syſteme zu Folge, die Schoͤp⸗ 
fung, oder vielmehr die Ausbildung der Natur, bey dieſem Mit⸗ 


telpunkte zuerſt anfaͤngt, und mit ſtetiger Fortſchreitung nach und a 


nach in alle fernere Weite ausgebreitet wird, um den unendlichen 
Raum in dem Fortgange der Ewigkeit mit Welten und Ordnun⸗ 
gen zu erfuͤllen. Laſſet uns dieſer Vorſtellung einen Augenblick 
mit ſtillem Vergnuͤgen nachhaͤngen. Ich finde nichts, das den 


Geiſt des Menſchen zu einem edlern Erſtaunen erheben kann „ in⸗ 


dem es ihm eine Aus ſicht in das unendliche Feld der Allmacht er⸗ 
oͤffnet, als dieſen Theil der Theorie, der die ſuccleſive Vollendung 
der Schöpfung betrift. Wenn man mir zugiebt, daß die Materie, 
die der Stoff zur Bildung aller Welten iſt, in dem ganzen un⸗ 
endlichen Raume der goͤttlichen Gegenwart nicht gleichfoͤrmig, ſon⸗ 


dern nach einem gewiſſen Geſetze ausgebreitet geweſen, das ſich 


vielleicht auf die Dichtigkeit der Partikeln bezog, und nach wel⸗ 
chem von einem gewiſſen Punkte, als dem Orte der dichteſten Haͤu⸗ 
fung, mit den Weiten von dieſem Mittelpunkte die Zerſtreuung 
des Urſtoffs zunahm; ſo wird, in der urſpruͤnglichen Regung dei: 


= 


Natur, die Bildung zunaͤchſt bey dieſen Centrum angefangen, und | 


dann, in fortſchreitender Zeitfolge, der weitere Raum nach und 
nach Welten und Weltordnungen, mit einer gegen dieſen ſich be⸗ 
ziehenden ſyſtematiſchen Verfaſſung, gebildet haben. Ein jeder 
endlicher Zeitraum, deſſen Laͤnge zu der Groͤße des zu vollbrin⸗ 
genden Werks ein Verhaͤltniß hat, wird immer nur eine endliche 
Sphaͤre von dieſem Mittelpunkte an, zur Ausbildung bringen; 
der übrige unendliche Theil wird indeſſen noch mit der Verwir⸗ 
rung und dem Chaos ſtreiten, und um ſo viel weiter von dem 
Zuſtande der vollendeten Bildung entfernt ſeyn, je weiter deſſen 


. 


* 


— 


1 6 3 


5 Kita; „ von der Sphäre der ſchon uushebicbeteh Natur ; ct 
fernt iſt. Dieſem zu Folge „ob wir gleich von dem Orte unſe⸗ 
res Aufenthalts in dem Univerſum eine Ausſicht in eine, wie 
es ſcheinet, vollig vollendete Welt, und, ſo zu reden, in ein un⸗ 
endliches Heer von Weltorduungen, die ſyſtematiſch verbunden 
ſind, haben; ſo befinden wir uns doch eigentlich nur in einer 
Nahe zum Mittelpunkte der ganzen Natur, wo dieſe ſich ſchon 
aus dem Chaos ausgewickelt „ und ihre gehörige Vollkommenheit 
erlangt hat. Wenn wir eine gewiſſe Sphaͤre uͤberſchreiten konn⸗ 
ten; würden wir daſelbſt das Chaos und die Zerstreuung der 
Elemente erblicken, die nach dem Maaße, als fie ſich dieſem Mit⸗ 
telpunkte näher befinden, „den rohen Zuſtand zum Theil verlaſſen, 
und der Vollkommenheit der Ausübung naͤher fi find, mit den Gra ⸗ 
den der Entfernung aber ſich nath und nach in einer völligen 
Zerſtreuung verlieren. Wir würden ſehen, wie der unendliche 
Raum der goͤttlichen Gegenwart, darin der Vorrath zu allen 
möglichen Naturbildungen anzutreffen iſt, in einer ſtillen Nacht 
begraben, voll von Materie, den kuͤnftig zu erzeugenden Welten 
zum Stoffe zu dienen, und von Triebfedern fie in Bewegung zu 
bringen, die, mit einer ſchwachen Regung, diejenigen Bewegun⸗ 
gen anfangen, womit die Unermeßlichkiit dieſer oͤden Räume ders 
einſt noch ſoll belebt werden. Es iſt vielleicht noch eine Reihe 
von Millionen Jahren und Jahrhunderten verfloſſen, ehe die 
Sphaͤre der gebildeten Natur, darin wir uns befinden „zu der 
Vollkommenheit gediehen iſt, die ſie jetzt hat; und es wird viel⸗ 
leicht ein eben ſo langer Zeitraum vergehen, bis die Natur einen 
ſo weiten Schritt in dem Chaos thut: allein die Sphaͤre der aus⸗ 
gebildenden Natur iſt unaufhoͤrlich beſchaͤftigt, ſich auszubreiten. 
Die Schopfung iſt nicht das Werk von einem Augenblicke. Nach⸗ 
dem ſie mit der Hervorbringung einer Unendlichkeit von Subſtan⸗ 
zen und Materie den Anfang gemacht hat: fo iſt fie mit immer 
zunehmenden Graden der Fruchtbarkeit, die ganze Folge der 
Ewigkeit hindurch, wirkſam. Es werden Millionen, und ganze 
Gebuͤrge von Millionen Jahrhunderten verfließen, binnen wel⸗ 
chen immer neue Welten und Weltordnungen nach einander in 
den entfernten Weiten von dem Mittelpunkte der Natur, ſich bil⸗ 
den, und zur Vollkommenheit gelangen werden; ſie werden, un⸗ 


\ 


— 


a | 
geachtet : der ſyſtematiſchen Werfaſung, die unter ihren Theilen 
iſt, eine allgemeine Beziehung auf den Mittelpunkt erlangen, 
welcher der erſte Bildungspunkt, und das Centrum der Schöpfung 
durch das Anziehungsvermoͤgen ſeiner vorzuͤglichen Maſſe wor⸗ 
den iſt. Die Unendlichkeit der künftigen Zeitfolge, womit die 
Ewigkeit unerſchopflich iſt, wird alle Raͤume der Begenwart Got⸗ 
tes ganz und gar beleben, und in die Negelmäßigfeit, die der 
Treflichkeit ſeines Entwurfes gemaͤß iſt, nach und nach verſetzen, 
und wenn man, mit einer kühnen Vorſtellung, die ganze Ewigkeit, ’ 
fo zu ſagen, in einem Begriffe zuſammen faſſen fönnte; fo wurde 
man auch den ganzen unendlichen Raum mit Weltordnungen an⸗ 
gefüllt, und die Schoͤpfung vollendet anſehen koͤnnen. Weil aber 
in der That von der Zeitfolge der Ewigkeit der ruͤckſtaͤndige Theil 
allemal unendlich, und der abgefloſſene endlich iſt; ſo iſt die 
Sphäre der ausgebildeten Natur allemal nur ein unendlich klei. 
ner Theil desjenigen Inbegriffs, der den Saamen zukuͤnftiger 
Welten in ſich hat, und ſich aus dem rohen Zuſtande des Chaos, 
in laͤngern oder kuͤrzern Perioden, auszuwickeln trachtet. Die 
Schoͤpfung iſt niemals vollendet. Sie hat zwar einmal angefan⸗ 
gen, aber ſie wird niemals aufhoͤren. Sie iſt immer geſchaͤftig, 
mehr Auftritte der Natur, neue Dinge und neue Welten hervor 
zu bringen. Das Werk, welches ſie zu Stande bringt, hat ein 
Verhaͤltniß zu der Zeit, die ſie darauf anwendet. Sie braucht 
nichts weniger, als eine Ewigkeit, um die ganze graͤnzenloſe 
Weite der unendlichen Raͤume mit Welten ohne Zahl und ohne 
Ende zu beleben. Man kanu von ihr dasjenige ſagen, was der 
erhabenſte unter den deutſchen Dichtern von der Ewigkeit 


ſchreibt: | 7 7 


Unendlichkeit! wer b fe dich? 
Vor dir ſind Welten Tag, und Menſchen Augenblicke f 
Vielleicht die tauſendſte der 7 waͤlzt jetzt ſich/ 
Und tauſend bleiben noch zuruͤcke, f ö 
Wie eine Uhr, beſeelt durch ein Gewicht, 
Eilt eine Sonn aus Gottes Kraft bewegt; 
Ihr Trieb laͤuft ab, und eine andre ſchlaͤgt, 
Du aber bleibſt, und zaͤhlſt ſie nicht. . 

v. Hallet. 


Es iſt ein nicht geringes Vergnuͤgen, mit ſeiner Einbildungs⸗ 
kraft uber die Graͤnze der vollendeten Schöpfung, in den Raum 


( 86 ’ 

Ä des 1 6485 auszüſchweifen, „ ü die halb tube Natur, in der 
Naͤhe zur Sphaͤre der ausgebildeten Welt, ſich nach und nach 
durch alle Stufen und Schattirungen der Unvollkommenheit ‚in 
dem ganzen ungebildeten Raume , verlieren zu ſehen. Aber iſt 
es nicht eine tadelnswuͤrdige Kühnheit, wird man ſagen, eine 
Hypotheſe aufzuwerfen, und ſie, als einen Vorwurf der Er⸗ 
Fgoͤtzung des Verſtandes, anzupreiſen, ‚ welche vielleicht nur gar 
zu wilkuͤhrlich iſt, wenn man behauptet, daß die Natur, nur 
einem unendlich kleinen Theile nach, ausgebildet ſey, und un⸗ 
endliche Raͤume noch mit dem Chaos ſtreiten „um in der Folge 
kuͤnftiger Zeiten ganze Heere von Welten und Weltordnungen 
in aller gehoͤrigen Ordnung und Schönheit, darzuſtellen? Ich 
bin den Folgen, die meine Theorie darbietet, nicht ſo ſehr er⸗ 
geben, daß ich nicht erkennen ſollte, wie die Muthmaßung, von 
der ſucceſſiven Ausbreitung der Schoͤpfung, durch die unendlichen 
Raume, die den Stoff dazu in ſich faſſen, den Einwurf der Un⸗ 
erweislichkeit nicht völlig ablehnen koͤnne. Indeſſen verſpreche 
ich mir doch von denenjenigen, welche die Grade der Wahrſchein⸗ 
lichkeit zu ſchaͤtzen im Stande find, daß eine ſolche Charte der 
Unendlichkeit, ob ſie gleich einen Vorwurf begreift, der be⸗ 
ſtimmt zu ſeyn ſcheint, dem menſchlichen Verſtande auf ewig vers 
a borgen zu ſeyn, nicht um deswillen ſofort als ein Hirngeſpinſte 
werde angeſehen werden, vornehmlich, wenn man die Analogie zu 
Hilfe nimmt, welche uns allemal, in ſolchen Faͤllen, leiten 
muß, wo dem Verſtande der Faden der untruͤglichen Beweiſe 
mangelt. 

Man kann aber auch die Analogie noch durch annehmungswuͤr⸗ 
dige Grunde unterſtuͤtzen, und die Einſicht des Leſers, wofern 
ich mich ſolches Beyfalls ſchmeicheln darf, wird iſie vielleicht mit 
noch wichtigern vermehren koͤnnen. Denn wenn man erwaͤget, 
daß die Schoͤpfung den Charakter der Beſtaͤndigkeit nicht mit ſich 
fuͤhrt, wofern ſie der allgemeinen Beſtrebung der Anziehung, die 
durch alle ihre Theile wirkt, nicht eine eben ſo durchgaͤngige Be⸗ 
ſtimmung entgegen ſetzt, die dem Hange der erſten zum Verder⸗ 
ben und zur Unordnung genugſam widerſtehen kann, wenn ſie 
nicht Schwungskraͤfte ausgetheilt hat, die in der Verbindung, 
mit der Centralneigung, eine allgemeine ſyſtematiſche Verfaſſung 


- 


Dune, = On, NE SEE 


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0 87 3 a \ 


feſtſetzen; ſo wird man genoͤthigt einen allgemeinen Mittelpunke 


des ganzen Welt⸗Alls anzunehmen, der alle Theile deſſelben in 


verbundener Beziehung zuſammen hält, und aus dem ganzen 
Inbegriffe der Natur nur Ein Syſtem macht. Wenn man hiezu 


den Begriff, von der Bildung der Weltförper, aus der zerſtreue⸗ 


ten elementariſchen Materie fügt, wie wir ihn in den vorher⸗ 
gehnden entworfen haben, jedoch ihn allhier nicht auf ein beſon⸗ 
deres Syſtem einſchraͤnkt, ſondern uͤber die ganze Natur ausdehnt; 


fo wird man genöthigt, eine ſolche Austheilung des Grundſtof⸗ 


fes, in dem Raume des urſprunglichen Chaos, zu denken, die 
natuͤrlicher Weiſe einen Mittelpunkt der ganzen Schöpfung mit 
ſich bringt, damit in dieſen die wirkſame Maſſe, die in ihrer 


Sphaͤre die geſammte Natur begreift, zuſammengebracht, und 


die durchgaͤngige Beziehung bewirkt werden koͤnne, wodurch alle 
Welten nur ein einziges Gebaͤude ausmachen. Es kann aber in 
dem unendlichen Raume, kaum eine Art der Austheilung des ur⸗ 


ſprüͤnglichen Grundſtoffs, gedacht werden, die einen wahren 


Mittel⸗ und Senkungspunkt der geſammten Natur ſetzen ſollte, 


als wenn ſie nach einem Geſetze der zunehmenden Zerſtreuung, 


von dieſem punkte an, in alle ferne Weiten eingerichtet iſt. 
Dieſes Geſetz aber ſetzt zugleich einen Unterſchied in der Zeit, die 


ein Syſtem in den verſchiedenen Gegenden des unendlichen Raums 


gebraucht, zur Reife ſeiner Ausbildung zu kommen, ſo daß dieſe 
Periode deſto kuͤrzer iſt, je näher der Bildungsplatz eines Welt⸗ 
baus ſich dem Centrum der Schoͤpfung befindet, weil daſelbſt 
die Elemente des Stoſſes dichter gehaͤuft ſind, und dagegen um 
deſto laͤnger Zeit erfordert, je weiter der Abſtand iſt, weil die 


Partikeln daſelbſt zerſtreuter ſind, und ſpaͤter zur Bildung zuſam⸗ 


men kommen. 


Wenn man die ganze Hypotheſe, die ich entwerfe, in dem 


ganzen Umfange ſowohl deſſen, was ich geſagt habe, als, was 
ich noch eigentlich darlegen werde, erwägt; fo wird man die 


Kuͤhnheit ihrer Forderungen wenigſtens nicht für unfähig halten, 


eine Entſchuldigung anzunehmen. Man kann den unvermeidli⸗ 
chen Hang, den ein jegliches zur Vollkommenheit gebrachtes 
Weltgebaͤude nach und nach zu ſeinem Untergange hat, unter die 


Gruͤnde rechnen, die es bewähren koͤnnen, daß das Univer⸗ 


4 


4 


5 N 0 880 

ſum dagegen in andern Gegenden an Welten fruchtbar ſeyn 
werde, um den Mangel zu erſetzen, den es an einem Orte erlit⸗ 
ten hat. Das ganze Stuͤck der Natur, das wir kennen, ob es 
gleich nur ein Atom in Anſehung deſſen iſt, was uͤber oder un⸗ 
ter unſerm Geſichtskreiſe verborgen bleibt, beſtaͤtigt doch dieſe 
Fruchtbarkeit der Natur, die ohne Schranken iſt, weil ſie nichts 
anders, als die Ausuͤbung der goͤttlichen Allmacht ſelbſt iſt. 
Unzaͤhlige Thiere und Pflanzen werden taͤglich zerſtoͤrt, und ſind 
ein Opfer der Vergaͤnglichkeit; aber nicht weniger bringt die Na⸗ 


tur, durch ein unerſchoͤpftes Zeugungsvermoͤgen, an andern Or⸗ 
ten wieder hervor, und fuͤllt das Leere aus. Betraͤchtliche Stuͤcke 


des Erdbodens, den wir bewohnen, werden wieder in dem Meere 


begraben, aus dem ſie ein guͤnſtiger Zeitpunkt hervorgezogen 


hatte; aber an andern Orten ergaͤnzt die Natur den Mangel, 
und bringt andere Gegenden hervor, die in der Tiefe des Waſſers 


verborgen waren, um neue Reichthuͤmer ihrer Fruchtbarkeit über 


dieſelbe auszubreiten. Auf die gleiche Art vergehen Welten und 


Weltordnungen, und werden von dem Abgrunde der Ewigkeiten 


verſchlungen; dagegen iſt die Schoͤpfung immerfort geſchaͤftig, 
in andern Himmelsgegenden neue Bildungen zu verrichten, und 
den Abgang mit Vortheile zu ergaͤnzen. | 

Man darf nicht erſtaunen, ſelbſt in dem Großen der Werke 


GSottes, eine Vergaͤnglichkeit zu verſtatten. Alles, was endlich 


iſt, was einen Anfang und Urſprung hat, hat das Merkmal ſei⸗ 
ner eingeſchraͤnkten Natur in ſich; es muß vergehen, und ein Ende 
haben. Die Dauer eines Weltbaues hat, durch die Vortref⸗ 
lichkeit ihrer Errichtung, eine Beſtaͤndigkeit in ſich, die, unſern 


Begriffen nach, einer unendlichen Dauer nahe kommt. Viel⸗ 


leicht werden tauſend, vielleicht Millionen Jahrhunderte ſie nicht 
vernichten; allein, weil die Vergaͤnglichkeit und Hinfaͤlligkeit, i 
die an den endlichen Naturen haftet, beſtaͤndig an ihrer Zerftös 


rung arbeitet; ſo wird die Ewigkeit alle moͤgliche Perioden in 


ſich halten, um durch einen allmaͤhligen Verfall den Zeitpunkt 
ihres Untergangs doch endlich herbey zu fuͤhren. Newton, 
dieſer große Bewunderer der Eigenſchaften Gottes, aus der Voll⸗ 
kommenheit ſeiner Werke, der mit der tiefſten Einſt cht in die 
Treflichkeit der Natur, die größte Ehrfurcht gegen die Offenbar 


6 
I 


. 


a. 
rung der goͤttlichen Allmacht verband, fahe ſich genoͤthigt, der 
Natur ihren Verfall durch den natuͤrlichen Hang, den die Mecha⸗ 
nik der Bewegung dazu hat, vorher zu verkuͤndigen. Wenn eine 
ſyſtematiſche Verfaſſung durch die weſentliche Folge der Hinfaͤl⸗ 
ligkeit, in großen Zeitlaͤuften auch den allerkleinſten Theil, den 
man ſich nur gedenken mag, dem Zuſtande ihrer Verwirrung naͤ . 
hert; ſo muß in dem unendlichen Ablaufe der Ewigkeit doch ein 
Zeitpunkt ſeyn, da dieſe allmaͤhlige Verminderung alle Bewegung 
erſchoͤpft hat. 6 N 1 
Wir duͤrfen aber den Untergang eines Weltgebaͤudes nicht als 
einen wahren Verluſt der Natur bedauern. Sie beweiſt ihren 
Reichthum in einer Art von Verſchwendung, welche, indem 
einige Theile der Vergaͤnglichkelt den Tribut bezahlen, ſich durch 
unzaͤhlige neue Zeugungen in dem ganzen Umfange ihrer Volle 
kommenheit unbeſchadet erhaͤlt. Welch eine unzaͤhlige Menge 
Blumen und Inſekten zerſtoͤrt ein einziger kalter Tag; aber wie 
wenig vermißt man ſie, ohnerachtet es herrliche Kunſtwerke der 
Natur und Beweisthuͤmer der göttlichen Allmacht find; an eis. 
nem andern Orte wird dieſer Abgang mit Ueberfluß wieder erſetzt. 
Der Menſch, der das Meiſterſtuͤck der Schoͤpfung zu ſeyn ſcheint, 
iſt ſelbſt von dieſem Geſetze nicht ausgenommen. Die Natur 
beweiſt, daß ſie eben ſo reich, eben ſo unerſchoͤpflich in Hervor⸗ 
bringung des treflichſten unter den Creaturen, als des gering⸗ 
ſchaͤtzigſten, iſt, und daß ſelbſt deren Untetgang eine nothwendige 
Schattirung in der Mannigfaltigkeit ihrer Sonnen iſt, weil 
die Erzeugung derſelben ihr nichts koſtet. Die ſchaͤdlichen Wir⸗ 
kungen der angeſteckten Luft, die Erdbeben, die Ueberſchwemmun⸗ 
gen, vertilgen ganze Voͤlker von dem Erdboden; allein es ſcheint 
nicht, daß die Natur dadurch einigen Nachtheil erlitten habe. 
Auf gleiche Weiſe verlaſſen ganze Welten und Syſteme den 
Schauplatz, nachdem fie ihre Rolle ausgeſpielt haben. a). Die 
a) Viele find der Meinung, daß der Stern, welcher von ao, 1572 
74 mit einem außerordentlichen ſtarken Lichte in der Cassiopeia 
* zu ſehen war und ſeitdem nicht wieder geſehn worden, ein dur 
er Feuer zerſtoͤrtes Weltenſyſtem geweſen ſey. Ein aͤhnlicher, fa 
Hhaoch groͤßerer Stern erſchien ao, 1604. im Serpentario, und ver⸗ 
ſchwand 1605 wieder, ohne eine Spur hinter ſich zu laſſen. — 


m > . Moͤglichkeit einer ſolchen Weltenglut ſiehe unten pag. 
1 N ff. RL - | 


Le 


j - * 
Unendlichkeit der Schoͤpfung iſt groß genug, um eine Welt, 
oder eine Milchſtraße von Welten, gegen ſie anzuſehen, wie man 
eine Blume, oder ein Inſekt, in Vergleichung gegen die Erde, 

anſteht. Indeſſen, daß die Natur mit veraͤnderlichen Auftritten | 
die Ewigkeit ausziert, bleibt Gott in einer unaufbörlichen € chö» 
pfung geſchaͤftig „den Stoff zur Sipnng noch e Mer 
zu met 

Der Meiſter und der Herr des Weltalls, der 

Den Sperling fallen ſiehet und den Helden, 

Atomen ſinken, oder Weltgebaͤude, 

Len eine Waſſerblaſe hier, 

ort eine Welt. 

| Pope. 
Llaßt uns alſo unſer Auge, an dieſe erſchrecklichen Umſtuͤrzungen, 
als an die gewöhnlichen Wege der Vorſehung, gewöhnen, und 
ſie ſogar mit einer Art von Wohlgefallen anſehen. Und in der 
That iſt dem Reichthume der Natur nichts anſtaͤndiger als dieſes. 
Denn, wenn ein Weltſyſtem in der langen Folge feiner Dauer 
alle Mannigfaltigkeit erſchoͤpft, die ſeine Einrichtung faſſen kann, 
wenn es nun ein uͤberflüßiges Glied in der Kette der Weſen ge⸗ 
worden; ſo iſt nichts geziemender, als daß es in dem Schauſpiele 
der ablaufenden Veraͤnderungen des Univerſums die letzte 
Rolle ſpielt, die jedem endlichen Dinge gebuͤhrt, naͤmlich der Ver⸗ 
gaͤnglichkeit ihren Zoll abtrage. Die Natur zeigt, wie gedacht, 
ſchon in dem kleinen Theile ihres Inbegriffs, dieſe Regel ihres 
Verfahrens, die das ewige Schickſal ihr im Ganzen vorgeſchrie⸗ 
ben hat, und ich ſage es nochmals, die Groͤße desjenigen was un⸗ 
tergehen ſoll, iſt hierin nicht im geringſten hinderlich, denn alles 
was groß iſt, wird klein, ja es wird gleichſam nur ein Punkt, 
wenn man es mit dem Unendlich en vergleicht, welches die Schoͤ⸗ 
pfung, in dem unbeſchraͤnkten Raume, die Folge der Ewigkeit 
hindurch, darſtellen wird. 

Es ſcheint, daß dieſes den Welten, ſo wie allen Naturdin⸗ 
gen verhängte Ende einem gewiſſen Geſetze unterworfen ſey, deſ⸗ 
ſen Erwaͤgung der Theorie einen neuen Zug der Anſtaͤndigkeit 
giebt. Nach demſelben hebt es bey den Weltkoͤrpern an, die ſich 
dem Mittelpunkte des Welt-Alls am naͤchſten befinden, fo wie 
die Erzeugung und Bildung neben dieſem Centrum zuerſt ange⸗ 


| De er 
fangen: von da breitet ſich das Verderben und die Zerſtoͤrung 
nach und nach in die weitern Entfernungen aus, um jede Welt, 
welche ihre Periode zuruck gelegt hat, durch einen allmählichen 
Verfall der Bewegungen, zuletzt in einem einzigen Chaos zu be⸗ 
graben. Andrerſeits iſt die Natur, auf der entgegen geſetzten 
Grenze der ausgebildeten Welt, unablaͤßig beſchaͤftigt, aus dem 
rohen Stoffe der zerſtreuten Elemente Welten zu bilden, und, in⸗ 
dem ſie an der einen Seite neben dem Mittepunkte veraltet, ſo 
iſt ſie auf der andern jung und an neuen Zeugungen fruchtbar. 
Die ausgebildete Welt befindet ſich dieſem nach zwiſchen den Rui⸗ 
nen der zerſtoͤrten, und zwiſchen dem Chaos der ungebildeten Na⸗ 
tur mitten inne beſchraͤnkt, und wenn man, wie es wahrſcheinlich 
iſt, ſich vorſtellt, daß eine ſchon zur Vollkommenheit gediehene 
Welt, eine längere Zeit dauern konne, als fie bedurft hat, gebil⸗ 
det zu werden; ſo wird ungeachtet aller der Verheerungen, die 
die Vergaͤnglichkeit unaufhoͤrlich anrichtet, der Umfang des Unie 
verſums dennoch uͤberhaupt zunehmen. \ 
Will man aber noch zuletzt einer Idee Platz laſſen, die eben 
ſo wahrſcheinlich, als der Verfaſſung der goͤttlichen Werke 
wohlanſtaͤndig iſt; ſo vie Zufriedenheit, welche eine ſolche 

Abſchilderung der * der Natur erregt, bis zum 
hoͤchſten Grade des Wohlgefallens erhoben. Kann man nicht 
glauben, die Natur, welche vermoͤgend war, ſich aus dem Chaos 
in eine regelmäßige Ordnung und in ein geſchicktes Syſtem zu 
ſetzen, ſey ebenfalls im Stande, aus dem neuen Chaos, darin 
ſie die Verminderung ihrer Bewegungen verſenkt hat, ſich wiede⸗ 
rum eben ſo leicht herzuſtellen, und die erſte Verbindung zu er⸗ 
neuern? Koͤnnen die Federn, welche den Stoff der zerſtreu⸗ 
ten Materie in Bewegung und Ordnung brachten, nachdem ſie 
der Stillſtand der Maſchine zur Ruhe gebracht hat, durch er⸗ 
weiterte Kraͤfte nicht wieder in Wirkſamkeit geſetzt werden, und 
ſich nach eben denſelben allgemeinen Regeln zur Uebereinſtim⸗ 
mung einſchraͤnken, wodurch die urſpruͤngliche Bildung zuwege 
gebracht worden iſt? Man wird nicht lange anſtehen, dieſes 
zuzugeben, wenn man bedenkt, daß, nachdem die endliche Mat⸗ 
tigkeit der Umlaufs⸗Bewegungen in dem Weltgebaͤude die Pla⸗ 
neten und Kometen insgeſamt auf die Sonne niedergeſtürzt 


u iR SEN 


bat, dieſer ihre Glut einen unermeßlichen Zuwachs durch die 
Vermiſchung ſo vieler und großer Klumpen bekommen muß, 
vornämlich da die entfernten Kugeln des Sonnenſyſtems, unfrer 
vorher erwieſenen Theorie zu Folge, den leichteſten und im Feuer 
wirkſamſten Stoff der ganzen Natur in ſich enthalten. Dieſes 
durch neue Nahrung und die fluͤchtigſte Materie in die größte 
Heftigkeit verſetzte Feuer, wird ohne Zweifel nicht allein alles 
weder in die kleinſten Elemente auflöfen, ſondern auch dieſelbe in 
dieſer Art, mit einer der Hitze gemaͤßen Ausdehnungskraft, und mit 
einer Schnelligkeit, welche durch keinen Widerſtand des Mittels 
raums geſchwaͤcht wird, in dieſelben weiten Raͤume wieder aus⸗ 
breiten und zerſtreuen, welche ſie vor der erſten Bildung der Na⸗ 
tur eingenommen hatten, um, nachdem die Heftigkeit des Gene 
tralfeuers durch eine beynahe gaͤnzliche Zerſtreuung ihrer Maſſe 
gedaͤmpft worden, durch Verbindung der Attraktions⸗ und Zus 
ruͤckſtoßungskraͤfte, die alten Zeugungen und ſyſtematiſch bezie⸗ 
hende Bewegungen, mit nicht minderer Regelmaͤßigkeit zu wie⸗ 
derholen und ein neues Weltgebaͤude darzuſtellen. Wenn denn 
ein beſonderes Planetenſyſtem auf dieſe Weiſe in Verfall gera⸗ 
then und durch weſentliche Kraͤfte ſich daraus wieder hergeſtellt 
hat, wenn es wohl gar dieſes en einmal wiederholt; 
fo wird endlich der Zeitpunkt herannahen, der auf gleiche Weiſe 
das große Syſtem, darin die Fixſterne Glieder find, durch den 
Verfall ihrer Bewegungen, in einem Chaos verſammeln wird. 
Man wird hier noch weniger zweifeln, daß die Vereinigung einer 
ſo unendlichen Menge Feuerſchaͤtze, als dieſe brennenden Sonnen 
ſind, nebſt dem Gefolge ihrer Planeten den Stoff ihrer Maſſen 

durch die unnennbare Gluth aufgeloͤſt, in den alten Raum ihrer 
Bildungsſphaͤre zerſtreuen und daſelbſt die Materialien zu neuen 
Bildungen durch dieſelben mechaniſchen Geſetze hergeben werden, 
woraus wiederum der oͤde Raum mit Welten und Syſtemen kann 
belebt werden. Wenn wir dieſen Phoͤnix der Natur, der ſich nur 
darum verbrennt, um aus ſeiner Aſche wieder verjuͤngt aufzule⸗ 
ben, durch alle Unendlichkeiten der Zeiten und Räume hindurch 
folgen: wenn man ſieht, wie ſie ſogar in der Gegend, da ſie ver⸗ 
fälle und veraltet, an neuen Auftritten unerſchoͤpft, und auf der 
andern Graͤnze der Schöpfung in dem Raume der ungebildeten 


* 


C 93 ? 


— 


1 rohen Materle mit ſtetigen Schritten zur Ausdehnung des Plans 


der göttlichen Offenbarung fortſchreitet, um die Ewigkeit ſo⸗ 
wohl, als ale Räume mit ihren Wundern zu füllen; fo verſenkt 
ſich der Geiſt, der alles dieſes uͤberdenkt, in ein tiefes Erſtau⸗ 
nen; aber annoch mit dieſem ſo großen Gegenſtande unzufrie⸗ 
den, deſſen Vergaͤnglichkeit die Seele nicht genugſam zufrieden 
ſtellen kann, wünſcht er dasjenige Weſen naͤher kennen zu ler⸗ 
nen, deſſen Verſtand, deſſen Groͤße die Quelle desjenigen Lichts 
iſt, das ſich uͤber die ganze Natur, gleichſam aus einem Mittel⸗ 
punkte, ausbreitet. Mit welcher Art der Ehrfurcht muß nicht 
die Seele ſo gar ihr eigen Weſen anſehen, wenn ſie betrachtet, 
daß ſie noch alle dieſe Veraͤnderungen uͤberleben ſoll; ſie kann 
zu ſich ſelbſt ſagen, was der philoſophiſche Dichter von der 

Ewigkeit ſagt: Mn 


Wenn denn ein zweites Nichts, wird dieſe Welt begraben; 
Wenn von dem Alles ſelbſt, nichts bleibet als die Stelle; 
Wenn mancher Pam noch, u andern Sternen belle, 
Wird feinen Lauf vollendet haben; 
Wirſt du ſo jung als jetzt, von deinem Tod gleich weit, 
Gleich ewig künftig ſeyn, wie heut. 

v. Haller. 


O gluͤcklich, wenn fie unter dem Tumulte der Elemente und 
den Traͤumen der Natur jederzeit auf eine Hoͤhe geſetzt iſt, von 
da ſie die Verheerungen, die die Hinfaͤlligkeit den Dingen der 
Welt verurſacht, gleichſam unter ihren Fuͤßen kann vorbey rau⸗ 
ſchen ſehen. Eine Gluͤckſeligkeit, welche die Vernunft nicht ein⸗ 
mal zu wuͤnſchen ſich erfühnen darf, lehrt uns die Offenbarung 
mit Ueberzeugung hoffen. Wenn dann die Feſſeln, welche uns 
an die Eitelkeit der Creaturen geknuͤpft halten, in dem Augen⸗ 
blicke, welcher zu der Verwandlung unſers Weſens beſtimmt wor⸗ 
den, abgefallen ſind, ſo wird der unſterbliche Geiſt von der Ab⸗ 


haͤngigkeit der endlichen Dinge befreyt, in der Gemeinſchaſt mit 


dem unendlichen Weſen, den Genuß der wahren Gluͤckſeligteit 
finden. Die ganze Natur, welche eine allgemeine harmoniſche 
Beziehung zu dem Wohlgefallen der Gottheit hat, kann diejenige 
vernünftige Creatur nicht anders, als mit immerwaͤhrender Zu⸗ | 
friedenheit erfüllen, die fich mit dieſer Urquelle aller Vollkommen⸗ 
heit vereint befindet. Die Natur von dieſem Mittelpunkte aus 
geſehen, wird von allen Seiten lauter Sicherheit, lauter Wohl⸗ 


4 
7 


2 . | 

anſtaͤndigkeit zeigen. Die veraͤnderlichen Scenen der Natur ver⸗ 
moͤgen nicht den Ruheſtand der Gluͤckſeligkeit eines Geiſtes zu 
verrücken, der einmal zu ſolcher Hoͤhe erhoben iſt. Indem er 
dieſen Zuſtand, mit einer füßen Hoffnung, ſchon voraus koſtet: 
kann er feinen Mund in denjenigen Lobgeſaͤngen We davon der⸗ 


einſt alle Ewigkeiten erſchallen ſollen. 


Wenn dereinſt der. Bau der Welt in ſein Nichts we dae 
Und ſich deiner Haͤnde Werk nicht durch Tag und Nacht mehr theilet; 
Dann ſoll mein gerührt Gemuͤthe, ſich durch dich geſtaͤrkt bemühn, 
In Verehrung deiner Allmacht, here vor deinen Thron zu ziehn: 

Mein von Dank erfuͤllter Mund ſoll durch alle Ewigkeiten, 

Dir und deiner Majeſtät „ein unendlich Lob bereiten; 

55 dabey gleich kein vollkommnes; denn o Herr! ſo groß biſt du, 
1 na Würdigsrit zu loben, reicht die Ewigkeit nicht zu. 


Addiſſon. 
Nach Hottſcheds ueberſetzung. 


Zugabe 
zum fi iehenden Haupt ſtuͤcke. 


Algemeine Theorie und Geſchichte der Sonne 
uͤberhaupt. 


Es iſt 55 eine Hauptfrage, deren Auflöſung in der Nature 
lehre des Himmels, und in einer vollſtaͤndigen Kosmogenie une 
entbehrlich iſt. Warum wird naͤmlich der Mittelpunkt eines je⸗ 
den Syſtems von einem flammenden Koͤrper eingenommen? Un⸗ 
ſer planetiſcher Weltbau hat die Sonne zum Centralkoͤrper, und 
die Fixſterne, die wir ſehen, ſind allem Anſehen nec Mittelpunkte 
aͤhnlicher Syſteme. 
Am zu begreifen, woher in der Bildung eines Weltgebäudes, 
der Körper, der zum Mittelpunkte der Attraktion dient, ein feus 
riger Koͤrper hat werden muͤſſen, indeſſen daß die uͤbrigen Kugeln 
ſeiner Anziehungsſphaͤre dunkle Weltkoͤrper blieben, darf man 
ſich nur an die Art der Erzeugung eines Weltbaues zurück erin⸗ 
nern, die wir in dem vorhergehenden umſtaͤndlich entworfen ha⸗ 
ben. In dem weit ausgedehnten Raume, darin der ausgebrei⸗ 


tete elementariſche Grundſtoff ſich zu Bildungen und ſyſtemati⸗ ER: 


ſchen Bewegungen anſchickt, bilden ſich die Planeten und Kome⸗ 
ten nur allein aus demjeigen Theile des zum Mittelpunkte der 


ee 


Attraktion ſinkenden elementariſchen Grundſtoffs, welcher durch 
den Fall und die Wechſelwirkung, den geſammten Partikeln zu 
der genauen Einſchraͤnkung der Richtung und Geſchwindigkeit, 
die zum Umſchwunge erfodert wird, beſtimmt worden. Dieſer 
Theil iſt, wie oben dargethan worden, der mindeſte von der gan⸗ 
zen Menge der abwaͤrts ſinkenden Materie, und zwar nur der 
Ausſchuß dichtrer Sorten, welche durch den Widerſtand der an⸗ 
dern zu dieſem Grade der Genauigkeit haben gelangen koͤnnen. 
Es befinden ſich in dieſem Gemenge, heranſchwebende Sorten 
vorzuͤglicher Leichtigkeit, die, durch die Widerſtrebung des Raums 
gehindert, durch ihren Fall zu der gehörigen Schnelligkeit der 
periodiſchen Umwendungen nicht durchdringen, und die folglich 
in der Mattigkeit ihres Schwungs insgeſammt zu dem Central⸗ 
korper hinabgeſtuͤrzt werden. Weil nun eben dieſe leichtern und 
fluchtigen Theile auch die wirkſamſten ſind, das Feuer zu unter⸗ 
halten: ſo ſehen wir, daß durch ihren Zuſatz der Koͤrper und Mit⸗ 
telpunkt des Syſtems den Vorzug erhält, eine flammende Kugel, 
mit einem Worte, eine Sonne zu werden. Dagegen wird der 
ſchwerere und unkraͤftige Stoff und der Mangel dieſer feuernah⸗ 
renden Theilchen aus den Planeten nur lichtloſe und kalte Klum⸗ 
pen machen, die ſolcher Eigenſchaft beraubt ſind. 
Dieſer Zuſatz ſo leichter Materien iſt es auch, wodurch die 
Sonne die ſpeciſiſch mindere Dichtigkeit uͤberkommen hat, dadurch 
ſie auch ſogar unſrer Erde, dem dritten Planeten in dem Abſtande 
von ihr, amal an Dichtigkeit nachſteht; obgleich es naturlich iſt, 
zu glauben, daß ſie in dieſem Mittelpunkte des Weltbaus, als 
in deſſen niedrigſtem Orte die ſchwerſten und dichteſten Gattungen 
der Materie ſich befinden ſollten, ohne den Zuſatz einer ſo großen 
Menge des leichteſten Stoffes, die Dichtigkeit aller Planeten uͤber⸗ 
treffen werde. 
Die Vermengung pic und ſchwerer Sorten der Elemente, 
zu dieſen leichteſten und fluchtigſten, dient gleichfalls dem Cen⸗ 
tralkorper zu der heftigſten Glut, die auf ſeiner Oberflaͤche bren⸗ 
nen und unterhalten werden ſoll 0 „ geſchickt zu machen. Denn 


* Die gewaltige Kugel der Kane uͤbertrift die Größe der E Erde 
um 14,00000 mal, und iſt in ihrer eigentlichen Einrichtung, 
nach der neueſten hoͤchſtwahrſcheinlich richtigen Meinung, eine 


* g N 


| F Se > 
wir wiſſen, ar das Feuer, = deſſen naͤhrenden Stoffe 1100 Mir 
terien unter den fluͤchtigen ſich vermengt befinden, einen großen 
Vorzug der Heftigkeit vor derjenigen Flamme hat, dir nur von 
den leichten Gattungen unterhalten wird. Dieſe Untermiſchung 
aber, einiger ſchweren Sorten unter die leichtere, iſt eine noth⸗ 
wendige Folge unſers Lehrbegriffs von der Bildung der Welt⸗ 
koͤrper, und hat noch dieſen Nutzen, daß die Gewalt der Glut, 
die brennbare Materie der Oberfläche nicht plötzlich zerſtreue, und 
daß ſelbige, durch den Zufluß der Nahrung aus dem Innern, 
allmaͤhlig und beſtaͤndig genaͤhrt wird. 

Nachdem die Frage nun aufgeloͤſt iſt, woher der Eentraltöt⸗ 
per eines großen Sternſyſtems, eine flammende Kugel, d. i. eine 
Sonne ſey; ſo ſcheint es nicht überflüßig zu ſeyn, ſich mit dieſem 
Vorwurfe noch einige Zeit zu beſchaͤftigen, und den Zuſtand eines 
ſolchen Himmelskoͤrpers mit einer ſorgfaͤltigen Pruͤfung zu er⸗ 
forſchen; vornaͤmlich da die Muthmaßungen allhier aus tuͤchti⸗ 
gern Gruͤnden ſich herleiten laſſen, als ſie es gemeiniglich, bey 
den Unterſuchungen der e entfernter ee 
zu ſeyn pflegen. 

Zufoͤrderſt ſetze ich feſt, daß man nicht zweifeln koͤnne, die 
Sonne ſey wirklich ein flammender Koͤrper, und nicht eine bis 
zum hoͤchſten Grade erhitzte Maſſe geſchmolzener und gluͤhender 
Materie, wie einige aus gewiſſen Schwierigkeiten, welche ſie 

bey der erſtern Meinung zu finden vermeint, haben ſchließen 
wollen. Denn wenn man erwägt, daß ein flammendes Feuer, 
fur einer jeden andern Art der Hitze, dieſen weſentlichen Vor⸗ 
2 7857 zug 


feuerloſe elektriſche Kugel, e Licht durch die Reibung Nach 
unglaublich ſchnellen Umſchwungs hervorgebracht wird. N 
Bodens Porſtellung iſt ihr eigentlicher Körper ein urſprüng⸗ 
lich planetiſcher dunkler Körper in Lichtmaterie gehuͤllt, welche 
ihn wie eine Feuerathmoſphaͤre (Phoͤtoſphaͤre) umſtromt und 
manchmal leere Stellen hat, durch die wir den eigentlichen Koͤr⸗ 
er ſehen, und die uns als Flecken auf der Sonnenſcheibe vor⸗ 
n ommen S. pag. 91. — Ihre tem ift, im Vergleich 
ihrer Größe mit der Größe Jer Planeten, ſchneller als bey al⸗ 
len. Die viel kleinere Ade dreht ſich erſt in 24 Stunden, der 
große Koͤrper der Sonne aber in 25 Tagen, 14 Stunden; nur 
Jupiter kommt ihr näher, der ſich in 9 Stunden, 56 Minuten 
rotirt, und 1479 r größer iſt als die Erde. : 


* ; 5 


„„ | 
zug hat, daß es, fo zu fagen, aus. fich felbft wirkſam, anſtatt 
ſich durch die Mittheilung zu verringern, oder zu erſchoͤpfen, 
vielmehr eben dadurch mehr Staͤrke und Heftigkeit uͤberkommt, 
und alſo nur Stoff und Nahrung zum Unterhalte erfordert, um 
immer fort zu waͤhren; da hingegen die Glut einer, auf den hoͤch⸗ 
ſten Grad erhitzten Maſſe, ein bloß leidender Zuſtand iſt, der ſich 
durch die Gemeinſchaft der beruͤhrenden Materie unaufhoͤrlich ver⸗ 
mindert, und keine eigene Kräfte hat, ſich aus einem kleinen An⸗ 
fange auszubreiten, oder bey der Verminderung wiederum auf⸗ 
zuleben, wenn man, ſage ich, dieſes erwaͤgt, ſo wird man, ich 
geſchweige der andern Gruͤnde, ſchon hieraus ſattſam erſehen 


koͤnnen, daß der Sonne, der Quelle des Lichts und der Waͤrme 


in jeglichem Weltbau, jene Eigenſchaft wahrſcheinlicher Weiſe 
muͤſſe beygelegt werden. a) 7 | 
Wenn die Sonne nun, oder die Sonnen überhaupt flam⸗ 
mende Kugeln ſind; ſo iſt die erſte Beſchaffenheit ihrer Ober⸗ 
flaͤche, die ſich hieraus abnehmen laͤßt, daß auf ihnen Luft be⸗ 
findlich ſeyn muͤſſe, weil ohne Luft kein Feuer brennt. Dieſer 
Umſtand giebt Anlaß zu merkwuͤrdigen Folgerungen. Denn 
wenn man erſtlich die Atmoſphaͤre der Sonne und ihr Gewicht 
in Verhaͤltniß des Sonnenklumpens ſetzt; in welchem Stande der 
Zuſammendrückung wird dieſe Luft nicht ſeyn, und wie vermö⸗ 


gend wird ſie nicht eben dadurch werden, die heftigſten Grade 


des Feuers durch ihre Federkraft zu unterhalten? In dieſer 


a) Nach Bodens Meinung iſt die Fiche die den wahren 
gan ſich dunkeln Sonnenkoͤrper rund umgiebt, keine wahre Glut 
ſondern nur Licht, deſſen feuerloſe Stralen zich durch den Aether 

fortpflanzen, aber erſt nach der in einem jeden Lande (der pla⸗ 
neten) vorkommenden Groͤße des Einfallswinkels in der (Pla⸗ 
neten) Atmoſphaͤre, bey ihrer erſtaunlich ſchnellen Bewegung 
nach Beſchaffenheit des dortigen Bodens und der aus der Erde 


(und andern Planeten) aufſteigenden Duͤnſte, durch verſchiebne - 


Modiſicationen und Miſchungen der minefaliſchen, vegetabili⸗ 
ſchen und thieriſchen Urſtoffe derſelben, zunaͤchſt an der Erdober⸗ 
frache mehr oder weniger Warme hervorbringen und bewirken. — 
Waͤrmſtoff liegt alle allerdings in den Lichtſtralen der Sonne; 
aber er entwickelt ſich erſt aus denſelben, wenn ſie an etwas fe⸗ 
ſteres anſtoßen. Jederman weiß, daß es auf hohen Bergen kalt 
iſt, wenn gleich die Sonne drauf ſcheint. Jeder Planet hat da⸗ 

her auch die Modiſieation feiner Dichtigkeit; das Sonnenlicht 
wird aber bey den entfernten durch die Monde verſtarkt. — 
Man ſehe auch etwas ähnliches oben S. 33 u. 34. 


- G 


ER e | 
Atmoſphaͤre erheben fih, allem Vermuthen nach, auch die 
Rauct wolken von denen durch die Flamme aufgelöften Mate⸗ 

rien, die, wie man nicht zweifeln darf, eine Miſchung von gro⸗ 
ben und leichtern Theilchen, in ſich haben, welche, nachdem ſie 
ſich zu einer Hohe, die fur ſie eine kühlere Luft hegt, erhoben ha⸗ 
ben, in fhmweren Pech und Schwefelregen hinabſtuͤrzen und der 
Flamme neue Nahrung zufuhren. 4) Eben dieſe Atmoſphaͤre iſt 
auch, aus den gleichen Urſachen wie auf unſerer Erde, von denen 
Bewegungen der Winde nicht befreyt, welche aber dem Anſehen 
nach, alles was die Einbildungskraft nur ſich vorzuſtellen ver⸗ 
mag, an Heftigkeit weit ubertrefjen muͤſſen. Wenn irgend eine 
Gegend auf der Oberflache der Sonne, entweder durch die erilife 
kende Gewalt der ausbrechenden Dämpfe, oder durch den ſpar⸗ 
ſamen Zufluß brennbarer Materien, in dem Ausbruche der Flamme 
nach laͤßt; fo erkuhlt die daruber befindliche Luft einigermaßen, 
und, indem ſie ſich zuſammenzieht, giebt fie der daneben befind« 
lichen Platz, mit einer dem Ueberſchuſſe ihrer Ausſpannung ge⸗ 
maͤßen Gewalt, in ihren Raum zu dringen, um die erloſchne 
Flamme anzufachen. 

Gleichwohl verſchlingt alle Flamme immer viele euft, und es 
iſt kein Zweifel, daß die Federkraft des fluſſigen Luftelements, 
das die Sonne umgiebt, dadurch in einiger Zeit nicht geringen 
Nachtheil erleiden muͤſe. Wenn man dasjenige, was Herr Has 
les hiervon, bey der Wirkung der Flamme in unſrer Atmoſphaͤre, 
durch ſorgfaͤltige Verſuche bewaͤhrt hat, hier im Großen anwen⸗ 

det; fo kann man, die immerwaͤhrende Beſtrebung der aus der 
Flamme gehenden Rauchtheilchen, die Elaſticität der Sonnen» 
Atmoſphaͤre zu zernichten, als einen Hauptknoten anſehen, deſſen 
Auflöſung mit Schwierigkeiten verbunden iſt. Denn dadurch, 
daß die Flamme, die über der ganzen Flaͤche der Sonne brennt, 
ſich ſelbſt die Luft benimmt, die ihr zum Brennen unentbehrlich 
iſt, fo iſt die Sonne in Gefahr, gar zu verloſchen, wenn der großte 
Theil ihrer Atmoſphaͤre verſchlungen worden. b) Es iſt wahr, 


a) Nach einer ähnlichen Vorſtellung glaubten mehrere, in den 
Sonnenflecken ſolche Schlacken zu ſehen. 


b) Und warum fehn wir nichts von einem Rauche des brennen⸗ 
den Körpers? — die Sonnenflecke koͤnnen es nicht ſeyn, weil 


. 


das Feuer erzeugt auch, durch Aufloͤſung gewiſſer Materien, Luft; 

aber die Verſuche beweiſen, daß allezeit mehr verſchlungen, als 

erzeugt wird. Zwar, wenn ein Theil des Sonnenfeuers, unter 
erſtickenden Daͤmpfen der Luft, die zu ihrer Erhaltung dient, be 
raubt wird; fo werden, wie wir ſchon angemerkt haben, heftige 
Stürme ſie zerſtreuen und wegzufuͤhren bemuͤht ſeyn. Allein im 
Ganzen wird man die Erſetzung dieſes noͤthigen Elements auf 
folgende Art ſich begreiflich machen koͤnnen, wenn man in Be⸗ 
trachtung zieht, daß da bey einem flammenden Feuer, die Hitze 
faſt nur uͤber ſich, und nur wenig unter ſich wirkt, wenn ſie durch 
die angefuͤhrte Urſache erſtickt worden, ihre Heftigkeit gegen das 
Innere des Sonnenkoͤrpers kehrt, und deſſen tiefe Schluͤnde noͤ⸗ 
thigt, die in ihren Hoͤhlen verſchloſſene Luft hervorbrechen zu 
laſſen, und das Feuer aufs neue anzufachen: wenn man in dieſem 
ihrem Eingeweide durch eine Freyheit, die bey einem ſo unbekann⸗ 
ten Gegenſtande nicht verboten iſt, vornaͤmlich Materien ſetzt, 
die, wie der Salpeter, an elaſtiſcher Luft unerſchoͤpflich ergiebig 
ſind; ſo wird das Sonnenfeuer uͤberaus lange Perioden hindurch 
an dem Zufluſſe immer erneuerter Luft nicht leicht Mangel leiden 
koͤnnen. 

Gleichwohl fieht man die deutlichen Merkmale der Vergaͤng⸗ 
lichkeit auch an dieſem unſchaͤtzbaren Feuer, das die Natur zur 
Fackel der Welt aufgeſteckt. Es kommt eine Zeit, in welcher ſie 
wird erloſchen ſeyn. Die Entziehung der fluͤchtigſten und feinſten 

taferien, die, durch die Heftigkeit der Hitze zerſtreut, niemals 
wieder zuruͤckkehren, und den Stoff des Zodiakallichts vermehren, 
die Haͤufung unverbrennlicher und ausgebrannter Materien, z. 
E. der Aſche auf der Oberflaͤche, endlich auch der Mangel der Luft, 
werden der Sonne ein Ziel ſetzen, da ihre Flamme dereinſt erloͤ, 
ſchen, und ihren Ort, der jetzt der Mittelpunkt des Lichts und 
des Lebens dem ganzen Weltgebaͤude iſt, ewige Finſterniſſe ein⸗ 
nehmen werden. Die abwechſelnde Beſtrebung ihres Feuers, 
durch die Eroͤfnung neuere Gruͤfte, wiederum aufzuleben, mo; 
durch ſie ſich vielleicht vor ihrem Untergange etlichemal herſtellt, 
G 2 


1 ſich mit der Achſendrehung der Sonne e fortbe 
en 


1 


* 


e 

könnte eine Erklaͤrung des Verſchwindens und der Wiedererſchei⸗ 
nung einiger Fixſterne ) abgeben. Es wurden Sonnen ſeyn, 
welche ihrem Erloſchen nahe ſind, und die noch etlichemal aus 
ihrem Schutte aufzuleben trachten. Es mag dieſe Erklarung 
Beyfall verdienen oder nicht, ſo wird man ſich doch gewiß dieſe 
Betrachtung dazu dienen laſſen, einzuſehen, daß, da der Voll⸗ 


kommenheit aller Weltordnungen, es ſey auf die eine oder die 


andere Art, ein unvermeidlicher Verfall droht, man keine Schwie⸗ 
rigkeit in dem oben angefuͤhrten Geſetze ihres Untergangs, durch 
den Hang der mechaniſchen Einrichtung, finden werde, welche 
dadurch aber vornaͤmlich annehmungswürdig wird, weil nie den 
Saamen der Wiedererneuerung, ſelbſt in der Vermengung mit 
dem Chaos, bey ſich fuhrt. 1 

Zuletzt laßt uns der Einbildungskraft ein ſo wunderſeltſames 
Objekt, als eine brennende Sonne iſt, gleichſam in der Naͤhe vor⸗ 
ſtellen. Man ſieht in einem Anblicke weite Feuerſeen, die ihre 


Flammen gen Himmel erheben, raſende Sturme, deren Wuth 


die Heftigkeit der erſten verdoppelt, welche, indem fie ſelbige uber 
ihre Ufer aufſchwellend machen, bald die erhabene Gegenden die⸗ 
ſes Weltkoͤrpers bedecken, bald fie in ihre Graͤnzen zuruckſinken 
laſſen: ausgebrannte Felſen, die aus den flammenden Schlunden 
ihre fuͤrchterlichen Spitzen herausſtrecken, und deren Ueberſchwem⸗ 
mung oder Entbloßung von dem wallenden Feuerelemente, das 
abwechſelnde Erſcheinen und Verſchwinden der Sonnenflecken, 
verurſacht: ) dicke Daͤmpfe, die das Feuer erſticken, und die, 
durch die Gewalt der Winde erhoben, finſtre Wolken ausmachen, 
welche in feurigen Regenguſſen wiederum herabſturzen, und als 
brennende Strome, von den Hohen des feſten Sonnenlandes ) 
ſich in die flammenden Thaͤler ergießen, das Krachen der E ſemente 


a 

a) Dergleichen werden von uns veraͤnderliche Sterne ge- 
nennt; die merkwuͤrdigſten ſind der Stern o (2 beim Doppel⸗ 
mayer) am Halſe des Wuinfches, und der Stern x (p) am 
Halſe des Schwans. 


b) Alſo auch hier etwas von einem dunkeln Sonnenkoͤrper, der 
manchmal durch die Lichtatmoſphaͤre zu erblicken iſt. S. oben 
pag. 95. not. a. 


) Ich ſchreibe nicht ohne Urſache den Sonnen alle Unebenheiten 
des feſten Landes, der Gebürge und der Thaͤler zu, die wir auf 


* 


B „ 
den Schutt ausgebrannter Materien, und die mit der Zerſtoͤrung 
ringende Natur, welche, ſelbſt mit dem abſcheulichſſen Zuſtande 
ihrer Zerruͤttungen die Schönheit der Welt und den Nutzen der 
Kreaturen, bewirkt. b) j Ä 


Wenn denn die Mittelpunkte aller großen Weltſyſteme flam⸗ 
mende Körper find; fo iſt dieſes am meiſten von dem Central⸗ 
koͤrper desjenigen unermeßlichen Syſtems zu vermuthen, welch es 
die Firſterne ausmachen. Wird nun aber dieſer Körper, deſſen 
Maſſe zu der Groͤße ſeines Syſtems ein Verhaͤltniß haben muß, 
wenn er ein ſelbſtleuchtender Korper oder eine Sonne waͤre, nicht 
mit vorzuͤglichem Glanze und Größe in die Augen fallen? Gleich⸗ 
wohl ſehen wir keinen dergleichen ſich ausnehmend unterſcheiden⸗ 
den Fixſtern unter dem Himmelsheere hervorſchimmern. In der 
That, man darf es ſich nicht befremden laſſen, wenn dieſes nicht 
geſchieht. Wenn er gleich 10000 mal unfere Sonne an Größe 
überträfe, fo kfoͤnnte er doch, wenn man feine Entfernung Too 


mal groͤßer, als des Sirius ſeine annimmt, nicht großer und 
heller, als dieſer, erſcheinen. | 


| Vielleicht aber iſt es den fünftigen Zeiten aufgehoben, wenige 
ſtens noch dereinſt die Gegend zu entdecken, wo der Mittels 


unſerer Erde und andern Weltkoͤrpern antreffen. a) Die Bildung 
einer Weltkugel, die ſich aus einem fluͤſſigen Zuſtande in einen fe 
ſten verändert, bringt nothwendig folche Ungleichheiten auf der 
Oberflaͤche hervor. Wenn die Oberfläche fich haͤrtet, indeſſen, daß 
in dem fluͤſſigen inwendigen Theile ſolcher Maſſe, die Materien ſich 
noch nach Maaßgebung ihrer Schwere zum Mittelpunkte, hinſen⸗ 
ken; fo werden die Partikeln des elaſtiſchen Luft⸗oder Feuerele⸗ 
ments, das ſich in dieſen Materien mit untergemengt befindet, 
eee und haͤuſen ſich unter der indeſten ſeſtgewordenen 
Rinde, unter welcher fie große und nach Proportion des Sonnen⸗ 
klumpens ungeheure Hoͤhlen erzeugen, in welche endlich gedachte 
oberſte Rinde, mit mannigfaltigen Einbeugungen hereinſinkt, und 
ſowohl erhohte Hegenden und Gebuͤrge, als auch Thaͤler und Fluth⸗ 
beete weiter Feuerſeen dadurch zubereitet. | * 


a) Richtig; aber oben im Texte iſt ja von den Bergen und Thaͤlern 
der Sonne ſelbſt die Rede. Herr Kant redet hier zweideurig 


5) Aber: follte wohl die Sonne ein ſolches ſchreckliches Chaos von 
Zerſtoͤrung und Ordnung, und auf ihr A fuͤrchterliche Zerrut⸗ 
tung immer herrſchend ſeyn? Iſt nicht ſchoͤn darum Bodens 
Meinung annehmlicher und als ordnungsvoll wahrſcheinlicher 
als die hier vorgetragne? l + 


1 


+ 


’ 


* 
ey 8 8 


L 102 ey 


punkt ) des Fixſternenſyſtems „dazu unſere Sonne gehoͤrt, be⸗ 
findlich iſt, oder vielleicht wohl gar zu beſtimmen, wohin man 
den Eentralförper des Univerſums, nach welchem alle Theile 


deſſetben mit einſtimmiger Senkung zielen, ſetzen muͤſſe. Von 


was für einer Beſchafſenheit dieſer Fundamentalkoͤrper der gan⸗ 
zen Schöpfung ſey, und was auf ihm befindlich, wollen wir dem 
Herr Whrigt und Durham zu beſtimmen uͤberlaſſen, der mit 
einer fanatiſchen Begeiſterung, ein kraͤftiges Weſen von der Goͤt⸗ 
terart mit geiſtlichen Anziehungs⸗ und Zuruͤckſtoßungskraͤften, 
das, in einer unendlichen Sphaͤre um ſich wirkſam, alle Tugend 
an ſich zoge, die Laſter aber zuruͤcktriebe, in dieſem gluͤcklichen 


*) Ich habe eine Muthmaßung, nach welcher es mir ſehr wahrſchein⸗ 
lich zu ſeyn dunkt, daß der Sirius oder Hundsſtern, in dem 
Eyſteme der Sterne, die die Milchſtraße ausmachen, der Central⸗ 

koͤrper ſey, und den Mittelpunkt einnehme, zu welchem ſie ſich alle 
beziehen. Wenn man dieſes Syſtem, nach dem Entwurfe des er⸗ 
ſten Theils dieſer Abhandlung, wie ein Gewimmel von Sonnen, 

die zu einer gemeinſchaftlichen Flaͤche gehaͤuft ſeyn, anſieht, wel⸗ 
ches nach allen Seiten von dem Mikkelpunkte derſelben ausge⸗ 
ſtreuet iſt, und durch einen gewiſſen, ſo zu ſagen, eirkelfoͤrmigen 
Raum, der durch die geringen Abweichungen derſelben von der Bez 
ziehungs Ebne, ſich auch in die Breite von beiden Seiten etwas 
ausdehnt, ausmacht: fo wird die Sonne, die ſich gleichfalls dieſer 
Ebne nahe befindet, die Erſcheinung dieſer eirkelfoͤrmigen, weislich 
ſchimmernden Zone, nach derjenigen Seite hin, am breiteſten fe 
hen, nach welcher ſie ſich der aͤußerſten Graͤnze des Syſtems am 
nuaͤchſten befindet; denn es iſt leicht zu vermuthen, daß ſie ſich nicht 
eben gerade im Mittelpunkte aufhalten werde. Nun iſt der Streif 
der Milehſtraße, in dem Theile zwiſchen dem Zeichen des Schwans 
und des Schützens, am breiteſten, folglich wird dieſes die Seite 
ſeyn, da der Platz unſerer Sonne der aͤußerſten Peripherie des eir⸗ 
kelfoͤrmigen Syſtems am naͤchſten iſt: und in dieſem Theile wer⸗ 
den wir den Ort, wo die Sternbilder des Adlers und Fuchſes mit 
der Fans ſtehen, inſonderheit vor den allernächften halten, weil 
daſelbſt gus dem Zwiſchenraume, da die Milchſtraße ſich theilet, die 
größte ſcheinbare Zerſtreuung der Sterne erhellt. Wenn man da⸗ 

her ohngeſaͤhr vom Orte neben dem Schwanze des Adlers, eine Li⸗ 

nie mitten durch die Flaͤche der Milchſtraße bis zu dem gegen uͤber⸗ 
ſtehenden Punkte zieht; ſo muß dieſe guf den Mitkelpunkt des Sy⸗ 
ſtems zutreffen, und ſie trift in der That ſehr genau auf den Si⸗ 
rius, den hellſten Stern am ganzen Himmel, der, wegen dieſer 
gluͤcklichen, mit feiner vorzuͤglichen Geſſalt wohl harmonirenden 
Zuſammentreſſung, es zu verdienen ſcheint, daß man ihn für die 
Central-Sonne ſelbſt hafte. Er würde, nach dieſem Begriffe, 
auch gerade in dem Streiſe der Milchſtraße geſehen werden, wenn 
der Stand unſrer Sonne, der beym Schwanze des Adlers 
von der Ebne derſelben etwas abweicht, nicht den optiſchen Abſtand 
des Mittelpunkts gegen die andere Seite ſolcher Zone, verurſachte. 


e Ä 


Orte, gleichſam auf einen Thron der geſammten Natur, erhde 


hete.«) Wir wollen die Kuͤhnheit unſerer Muthmaßungen, wel⸗ 
chen wir vielleicht nur gar zu viel erlaubt haben, nicht bis zu 
willkuhrlichen Erdichtungen den Zügel ſchießen laſſen. Die Gott⸗ 
heit iſt in der Unendlichkeit des ganzen Weltraums allenthalben 
gleich gegenwartig; aßenthalben wo Naturen find, welche fähig 
find, ſich über die Abhängigkeit der Geſchopfe, zu der Gemein⸗ 


ſchaft des hoͤchſten Weſens, empor zu ſchwingen, befindet es ſich 


gleich nahe. Die ganze Schöpfung iſt von ihren Kraͤften durch» 
drungen, aber nur der enige, der ſich von dem Geſchoͤpfe zu bes 
freien weiß, welcher fo edel iſt, einzuſehen, daß in dem Genuffe 
dieſer Urquelle der Vollkommenheit die hochſte Stufe der Glück⸗ 
ſeligkeit einzig und allein zu ſuchen, der allein iſt fähig, die 
ſem wahren Beziehungspunkte aller Treflichkeit ſich naͤher, als 


irgend etwas anders in der ganzen Natur, zu befinden. Indeſ⸗ 


fen wenn ich, ohne an der enthuſia iſchen Vorſtellung des En⸗ 
gelländers Theil zu neymen, von den verſchiednen Graden der 
Geiſterwelt aus der phyſiſchen Beziehung ihrer Wohnpläge ges 
gen den Mittelpunkt der Schöpfung, muthmaßen fol, fo wollte 
ich mit mehrerer Wahrſcheinlichkeit die vollkommenſten Klaſſen 
vernünftiger Weſen, weiter von dieſem Mittelpunkte, als nahe 
bey demſelben, ſuchen. Die Vollkommenheit mit Vernunft be⸗ 
gabter Geſchoͤpfe, in ſo weit ſie von der Beſchaffenheit der Ma⸗ 
terie abhaͤngt, in deren Verbindung ſie beſchraͤnkt ſind, kommt 


gar ſehr auf die Feinheit des Stoffs an, deſſen Einfluß dieſelbe 


zur Vorſtellung der Welt und zur Gegenwirkung in dieſelbe be⸗ 
ſtimmt. Die Traͤgheit und der Widerſtand der Materie ſchraͤnkt 
die Freyheit des geiſtigen Weſens zum Wirken und die Deutlich⸗ 
keit ihrer Empfindung von aͤußern Dingen gar zu ſehr ein, ſie 
macht ihre Faͤhigkeiten ſtumpf, indem ſie deren Bewegungen 
nicht mit gehöriger Leichtigkeit gehorcht. Daher wenn man, wie 
es wahrſcheinlich iſt, nahe zum Mittelpunkte der Natur die dich⸗ 


a) Wer weiß, ſagt auch Herr Bode, ſtralt nicht in dieſem Mitte! 
punkte eine mehr als irdiſche Sonne, und iſt nicht daſelbſt ein 
näherer Thron der Macht Gottes, von woher ſie alle Welten 
lenkt, alle Naturgeſetze vorſchreibt, und die erſten Triebfedern 
de' Bewegung in Wicekſamkeit ſetzt? — S. Kenntniß des ge⸗ 
ſtünten Himmels, pag. 6or. 8 | 


a a) 


teſten und ſchwerſten Sorten der Moterie, und dagegen in der 
größern Entfernung, die zunehmenden Grade der Feinheit und 
Leichtigkeit derſelben, der Analogie gemäß, die in unfern Welt⸗ 
bau herrſcht, annimmt; fo iſt die Folge begreiflich. Die ver⸗ 
nuͤnftigen Weſen, deren Erzeugungsplatz und Aufenthalt naͤher 
zu dem Mittelpunkte der Schoͤpfung ſich befindet, ſind in eine 
ſteife und unbewegliche Materie verſenkt, die ihre Kraͤfte in einer 
unüberwindlichen Traͤgheit verſchloſſen enthalt, und auch even 
ſo unfaͤhig iſt, die Eindruͤcke des Univerſums, mit der noͤthi⸗ 
gen Deutlichkeit und Leichtigkeit „ zu übertragen und mitzuthei⸗ 
len. Man wird dieſe denkenden Weſen alſo in die niedrige Klaſſe 
zu zaͤhlen haben; dagegen wird, mit den Entfernungen vom all⸗ 
gemeinen Centro, dieſe Vollkommenheit der Geiſterwelt, welche 
auf der gewechſelten Abhangigkeit derſelben von der Materie ber 
ruht, wie eine beſtaͤndige Leiter wachſen, a) In der tiefſten Er⸗ 
niedrigung zu dieſem Senkungspunkte hat man dieſem zufolge 
die ſchlechteſten und unvollkommenſten Gattungen denkender Na⸗ 
turen zu ſetzen, und hiewaͤrtshin iſt, wo dieſe Treflichkeit der 
Weſen ſich, mit allen Schattirungen der Verminderung, endlich 
in den gaͤnzlichen Mangel der Ueberlegung und des Denkens ver⸗ 
liert. In der That, wenn man erwaͤgt, daß der Mittelpunkt 
der Natur zugleich der Anfang ihrer Bildung aus dem rohen 
Zeuge, und ihre Graͤnze mit dem Chaos, ausmacht; wenn man 
dazu ſetzt, daß die Vollkommenheit geiſtiger Weſen, welche wohl 
eine aͤußerſte Graͤnze ihres Anfanges hat, wo ihre Faͤhigkeiten 
mit der Unvernunft zuſammenſtoßen, aber keine Graͤnzen der 
Fortſetzung, über welche fie nicht koͤnnte erhoben werden, ſon⸗ 
dern nach der Seite hin, eine voͤllige Unendlichkeit vor ſich findet; 
ſo wird man, wenn ja ein Geſetz ſtatt finden ſoll, nach welchem 
der vernuͤnftigen Kreaturen Wohnplaͤtze, nach der Ordnung ihrer 
Beziehung zum gemeinſchaftlichen Mittelpunkte, pertheilt ſeyn, 
die niedrigſte und unvollkommenſte Gattung, die gleichſam den 
Anfang des Geſchlechts der Geiſterwelt ausmacht, an demjenigen 
Orte zu ſetzen haben, der der Anfang des geſammten Uni ver, 
ſums zu nennen iſt, um zugleich mit dieſem in gleicher Forts 


a) Hiervon handelt der dritte Theil heſonders. 


„ a 


ſchreitung alle Unendlichkeit der Zeit und der Raume, mit ins 


Unendliche wachſenden Graden der Vollkommenheit des Den⸗ 
kungsvermoͤgens, zu erfuͤllen, und ſich, gleichſam nach und nach, 
dem Ziele der höchften Treflichkeit, nämlich der Gottheit zu nd, 
been, ohne es doch jemals erreichen zu koͤnnen. a 


Pr n eat 7 eee Wen Wr es * 


Achtes Hauptſtück. 


a Allgemeiner Beweis von der Richtigkeit einer mechaniſchen Lehrverfaſ⸗ 
ſung der Einrichtung des Weltbaus überhaupt, beſonders von 
der Dan der gegenwärtigen. 


Mean kann dag Weltgebäde nicht a ohne die treflichſte 
Anordnung in ihrer Einrichtung, und die ſicherſten Merkmale 
der Hand Gottes, in der Vollkommenheit ihrer Beziehungen, zu 
erkennen. Die Vernunft, nachdem ſie ſo viel Schoͤnheit, ſo viel 
Treflichkeit erwogen und bewundert hat, entruͤſtet ſich mit Recht 


uͤber die kuͤhne Thorheit, welche ſich unterſtehen darf, alles dieſes 


dem Zufalle, und einem gluͤcklichen Ohngefaͤhr zuzuſchreiben. 
Es muß die hoͤchſte Weisheit den Entwurf gemacht, und eine 
unendliche Macht ihn ausgeführt haben, ſonſt wäre es unmoͤg⸗ 
lich, ‚fo viele in einem Zwecke zuſammen kommende Abſichten, in 
der Verfaſſung des Weltgebaͤudes, anzutreffen. Es kommt nur 
noch darauf an, zu entſcheiden, ob der Entwurf der Einrichtung 
des Univerſums von dem hoͤchſten Verſtande ſchon in die we⸗ 


ſentlichen Beſtimmungen der ewigen Naturen gelegt, und in die 


allgemeinen Bewegungsgeſetze gepflanzt ſey, um ſich aus ihnen, 


auf eine der vollkommenſten Ordnung anſtaͤndige Art, ungezwun⸗ 
gen zu entwickeln; oder ob die allgemeinen Eigenſchaften der 


Beſtandtheile der Welt die völlige Unfaͤhigkeit zur Uebereinſtim⸗ 
mung, und nicht die geringſte Beziehung zur Verbindung, haben, 
und durchaus einer fremden Hand bebüfften, um diejenige Ein⸗ 


a) Wenn nun aber aus dem allgemeinen Centro alle Materien 
ausgeſtoßen und in die weiten Weltenraͤume zur Bildung der 
Syſteme zerſtreut worden iſt; ſo wird ſich in dem Centro gar 


nichts materielles mehr befinden, und hier der Okt der hoͤchſten 


geiſtigen Weſen ſeyn können. 


— 


( 1 ) 


ſchraͤnkung ia Zuſammenfügung zu 0 welche Voll⸗ 
kommenheit und Schönheit an ſich blicken laßt. Ein faſt allge⸗ 
meines Vorurtheil hat die meiſten Welt weiſen, gegen die Faͤhig— 
kein der Nacur, etwas ordentliches durch ihre aliaenieinen Geſetze 
her vorzubringe „eingenommen, gleich als wenn es Gott die Re⸗ 
gierung der Welt ſtreitig machen hieße, wenn man die urſprung⸗ 
lichen Bildungen in den Naturkraften ſucht, und als wenn dieſe 
ein von der Gottheit unabhaͤngiges Principium, und ein ewiges 
blindes Schickſal ware. 
Wenn men aber erwägt, daß die Natur und die ewigen Ger 
ſetze, welche den Subſtanzen zu ihrer Wechſelwirkung vorgeſch rie⸗ 
ben ſind, kein ſelbſtſtandiges, und ohne Gott nothwendiges Prin⸗ 
cipium in; daß eben dadurch, well ſie fo viel Ueberein immung 
und Ordnung in demjenigen zeigt, was fie durch algemeine Ge⸗ 
ſetze hervorbringt, zu erſehen iſt, daß die Weſen aller Dinge, in 
einem gewiſſen Grundweſen, ihren gemeinſchaftlichen Urſprung 
haben muͤſſen, und daß ſie darum lauter wechſelſeitige Beziehun⸗ 
gen und lau er Harmonie zeigen, weil ihre Eigenſchaften in eis 
nen einzigen hochſten Verſtande ihre Quelle haben, deſſen 
weiſe Jdee fie in durchgaͤngigen Beziehungen entworfen, und ih⸗ 
nen diejenige Fahigkeit eingepflanzt hat, wodurch fie lauter Schöns 
heit, la ter Ordnung, in dem ihnen ſelbſt gelaffenen Zuſtande ih⸗ 
rer Wirtſamkeit, hervorbringen: wenn man, ſage ich, dieſes er= 
waͤgt, ſo wird die Natur uns wuͤrdiger, als ſie gemeiniglich an⸗ 
geſehen wird, erſcheinen, und man wird von ihren Auswickelun⸗ 
gen nichts, als Uebereinſtimmung, nichts als Ordnung erwarten. 
Wenn man hingegen einem ungegruͤndeten Vorurtheile Platz laͤßt, 
daß die allgemeinen Naturgeſetze, an und für ſich ſelbſt, nichts 
als Unordnang zuwege bringen, und aller Uebereinſtimmung zum 
Mutzen, welche bey der Verfaſſung der Natur hervor leuchtet, die 
unmittelbare Hand Gottes anzeigt; fo wird man genothigt, die 
ganze Na ur in Wunder zu verkehren. Man wird den fihönen : 
farbigen Bogen, der in den Regentropfen erſcheint, wenn dieſel⸗ 
ben die Farben des Sonnenlichts abfondern, wegen feiner Schon⸗ 
heit, den Regen, wegen feines Nutzens, die Winde, wegen der 
unentbehr lite Vortheile, die fie in unendlichen Arten der menſch⸗ 
lichen Bedurfniſſe leiſten; kurz, alle Veränderungen der Welt, 


1 - 


1 | 
welche Wohlanſtaͤndigkeit und Ordnung mit ſich führen, nicht 
aus den eingepflanzten Kraͤften der Materie herleiten duͤrfen. 
Das Beginnen der Naturforſcher, die ſich mit einer ſolchen Welt⸗ 
weisheit abgegeben haben, wird, vor dem Richterſtuhle der Re⸗ 
ligion, eine feyerliche Abbitte thun muͤſſen. Es wird in der That 
alsdenn keine Natur mehr ſeyn; es wird nur ein aus Noth hel⸗ 
fender Maſchinen-Gott die Veraͤnderungen der Welt hervorbrin⸗ 
gen. Aber, was wird denn dieſes ſeltſame Mittel, die Gewiß⸗ 
heit des hoͤchſten Weſens aus der weſentlichen Unfaͤhigkeit der Nas 
tur zu beweiſen, fuͤr eine Wirkung zur Ueberfuͤhrung des Epiku⸗ 
rers thun? Wenn die Naturen der Dinge, durch die ewigen 
Geſetze ihrer Weſen, nichts als Unordnung und Ungereimtheit 
hervorbringen; ſo werden ſie eben dadurch den Charakter ihrer 


Unabhaͤngigkeit von Gott beweiſen: und was fuͤr einen Begriff 


wird man ſich von einer Gottheit machen koͤnnen, welcher die all⸗ 
gemeinen Naturgeſetze nur durch eine Art von Zwange gehorchen, 
und an und fuͤr ſich ihren weiſeſten Entwuͤrfen widerſtreiten? 
Wird der Feind der Vorſehung nicht eben ſo viel Siege uͤber dieſe 
falſchen Grundſaͤtze davon tragen, als er Uebereinſtimmungen 
aufweiſen kann, welche die allgemeinen Wirkungsgeſetze der Nas 
tur, ohne alle beſondere Einſchraͤnkungen, hervorbringen? und 
wird es ihm wohl an ſolchen Beyſpielen fehlen koͤnnen? Da⸗ 
gegen laſſet uns mit groͤßter Anſtaͤndigkeit und Richtigkeit alfo 
ſchließen: Die Natur, ihren allgemeinen Eigenſchaften überfafe 
fen, iſt an lauter fchönen und vollkommnen Früchten fruchtbar, 
welche nicht allein an ſich Uebereinſtimmung und Treflichkeit zei⸗ 
gen, ſondern auch mit dem ganzen Umfange ihrer Weſen, mit 
dem Nutzen der Menſchen, und der Verherrlichung der goͤttlichen 
Eigenſchaften, wohl harmoniren. Hieraus folgt, daß ihre we⸗ 
ſentlichen Eigenſchaften keine unabhaͤngige Nothwendigkeit haben 
koͤnnen; ſondern, daß ſie ihren Urſprung in einem einzigen Ver⸗ 


ſtande, als dem Grunde und der Quelle aller Weſen, haben muͤſ⸗ 


ſen, in welchem ſie, unter gemeinſchaftlichen Beziehungen, ent⸗ 
worfen ſind. Alles, was ſich auf einander, zu einer wechſelſeiti⸗ 
gen Harmonie, bezieht, muß in einem einzigen Weſen, von wel⸗ 
chem es insgeſammt abhaͤngt, unter einander verbunden werden. 
Alſo iſt ein Weſen aller Weſen „ ein unendlicher Verſtand und 


an 


eine ſelbſtſtaͤndige Weisheit vorhanden, woraus die Natur, auch 
ſogar ihrer Möglichkeit nach, in dem ganzen Inbegriffe der Ber 
ſtimmungen, ihren Urſprung nimmt. Nunmehr darf man die 
Faͤhigkeit der Natur, als dem Daſeyn eines hoͤchſten Weſens nach⸗ 
theilig, nicht beſtreiten; je vollkommner fie in ihren Entwickelun⸗ 
gen iſt; je beſſer ihre allgemeinen Geſetze zur Ordnung und Ueber⸗ 
einſtimmung führen; ein deſto ſicherer Beweis der Gottheit iſt ſie, 
von welcher ſie dieſe Verhaͤltniſſe entlehnt. Ihre Hervorbringun⸗ 
gen ſind nicht mehr Wirkungen des Ohngefaͤhrs, und Folgen des 
Zufalls; es fließt alles nach unwandelbaren Geſetzen von ihr ab, 
welche darum lauter Schickliches darſtellen muſſen, weil fie lauter 
Zuͤge aus dem aller weiſeſten Entwurfe find, aus dem die Unord⸗ 
nung verbannet iſt. Nicht der obngefahre Zuſammenlauf der 
Atomen des Lucrez hat die Welt gebildet; eingepflanzte Kraͤfte 
und Geſetze, die den weiſeſten Verſtand zur Quelle haben, ſind ein 
unwandelbarer Urſprung derjenigen Ordnung geweſen, die aus 
ihnen nicht von ohngefahr, ſondern nothwendig fließen mußte. 
Wenn man ſich alſo von einem alten ungegrundeten Vorur⸗ 
theile, und der faulen Weltweisheit, losreißen kann, die unter 
einer andaͤchtigen Miene, eine traͤge Unwiſſenheit zu verbergen 
trachtet; ſo hoffe ich, auf unwiderſprechliche Gruͤnde, eine ſichere 
Ueberzeugung zu gründen; daß die Welt eine mechani⸗ 
ſche Entwicklung, aus den allgemeinen Naturge⸗ 
ſetzen, zum Urſprunge ihrer Berfaffung, erkenne; 
und daß zweitens die Art der mechaniſchen Erzeu⸗ 
guug, die wir vorgetragen haben, die wahre ſey. 
Wenn man beurtheilen will, ob die Natur genugſame Fahigkeiten 
habe, durch eine mechanifche Folge ihrer Bewegungsgeſetze, die 
Anordnung des Welbaues zuwege zu bringen; ſo muß man vor⸗ 
her erwug:n, wie einfach die Bewegungen ſind, welche die Welt⸗ 
korper beobachten, und daß fie nichts an fig) haben, was eine 


genauere Beſeimmung erforderte, als es die allgemeinen Regeln 


der Naturkraͤfte mit ſich führen. Die Umlaufsbewegungen beſte⸗ 
hen aus der Verbindung der ſinkenden Kraft, die eine gewiſſe 
Folge aus den Cigenſchaften der Materie iſt, und aus der ſchieſ⸗ 
ſenden Bewegung, die, als die Wirkung der erſtern, als eine, 
durch das Herabſinten, erlangte Geſchwindigkeit, kann angejenen 


werden, in der nut eine gewiſſe Urſache nöthig geweſen, den ſenk ⸗ 
rechten Fall ſeitwarts abzubeugen. Nach einmal erlangter Be⸗ 
ſtimmung dieſer Bewegungen iſt nichts ferner nothig, fie auf im⸗ 
mer zu erhalten. Sie beſtehen in dem leeren Raume, durch die 
Verbindung der einmal eingedruckten ſchießenden Kraft, mit der 
aus den weſentlichen Naturkraften fließenden Attraction, und 
leiden weiter keine Veränderung. Allein die Analogien, in der 
Uebereinſtimmung dieſer Bewegungen, bezeigen die Wirklichkeit 
eines mechaniſchen Urſprunges ſo deutlich, daß man daran kenn 
nen Zweifel tragen kann. N 

1. Haben dieſe Bewegungen eine durchgehende überein 
mende Richtung, daß von 7 Haupeplaneten, von 14 Trabauten, 
ſowohl in ihrer fortruͤckenden Bewegung, als in ihren Umdre⸗ 
hungen um die Achſe, nicht ein ein iger iſt, der nach einer andern 
Seite, als von Abend gegen Morgen, ſich bewegt. Dieſe Rich⸗ 
tungen find uͤberdem fo genau zuſammentreffend, daß ſie nur wenig 
von einer gemeinſchaftlichen Flache abweichen, und dieſe Flaͤche, 
auf welche ſich alles bezieht, iſt die Aequatorsflaͤche des Koͤrpers, 
der, in dem Mittelpunkte des ganzen Syſtems, ſich nach eben 
derſelben Gegend um die Achſe dreht, und der, durch ſeine vor⸗ 
zuͤgliche Attraction, der Beziehungspuner aller Bewegungen ges 
worden, und folglich an denenſelben ſo genau, als moglich, hat 
Theil nehmen muſſen. Ein Beweis, daß die geſammten Bewe⸗ 
wegungen auf eine, den allgemeinen Naturgeſetzen gemäße, me⸗ 
chaniſche Art entiianden und beſtimmt worden, und daß die Ur⸗ 
ſache, welche entweder die Seitenbewegungen eindruckte oder rich⸗ 
tete, den ganzen Raum des Planetengebaͤudes beherrſcht hat, und 
darin den Geſetzen gehorcht, welche die, in einem gemeinſchaftlich 
bewegten Raume befindliche Materie beobachtet, daß alle ver⸗ 
ſchiedene Bewegungen zuletzt eine einzige Richtung annehmen, 
und ſich insgeſammt ſo genau als moglich, auf eine en 
Flache beziehen. 

2. Sind die Geſchwindigkeiten fo befchaffen, als fie es in ei⸗ 
nem Raume ſeyn muͤſſen, wo die bewegende Kraft in dem Mit: 
telpunkte iſt, namlich, fie nehmen in beſtaͤndigen Graden mit den 
Entfernungen von dieſem ab, und verlieren ſich, in der große— 
ſten Weite, in eine gaͤnzliche Maltigkeit der Bewegung, welche 


. Dre 5 


den ſenkrechten Fall nur dee wel ſeitwärts biegt. Vom 
Merkur an, welcher die groͤßte Schwungskraft hat, ſiehet man 
dieſe ſtufenweiſe ſich vermindern, und ſie wird in dem aͤußerſten 
Kometen ſo gering ſeyn, als ſie kann, um nicht gerade in die 
Sonne zu fallen. Man kann nicht einwenden, daß die Regeln 
der Centralbewegungen „ in Cirkelkreiſen, es fo erheiſchen, daß, 
je näher zum Mittelpunkte der allgemeinen Senkung, deſto groſ⸗ 
fer die Umſchwungsgeſchwindigkeit ſeyn muͤſſe; denn woher müfs 
fen eben die, dieſem Centro nahen Himmelskörper, cirkelfoͤrmige 
Kreiſe haben? woher ſind nicht die naͤchſten ſehr eccentriſch, und 
die entferntern in Cirkein umlaufend? oder vielmehr, da ſie alle 
von dieſer abgemeſſenen geometriſchen Genauheit abweichen; mas 
rum nimmt dieſe Abweichung mit den Entfernungen zu? Be⸗ 
zeichnen dieſe Verhaͤltniſſe nicht den Punkt, zu dem alle Bewe⸗ 
gung urſpruͤnglich ſich gedraͤngt, und, nach dem Maaße der Naͤhe, 
auch groͤßere Grade erlangt hat, andere Beſtimmungen ihre Rich⸗ 
tungen in die gegenwaͤrtige veraͤndert haben? 


Will man nun aber die Verfaſſung des Weltbaus, und den 
Urſprung der Bewegungen, von den allgemeinen Naturgeſetzen 
ausnehmen, um ſie der mittelbaren Hand Gottes zuzuſchreiben; 
ſo wird man alsbald inne, daß die angefuͤhrten Analogien einen 
ſolchen Begriff offenbar widerlegen. Denn was erſtlich die 
durchgaͤngige Uebereinſtimmung in der Richtung betrift, ſo iſt 
offenbar, daß hier kein Grund ſey, woher die Weltkoͤrper, gerade 
nach einer einzigen Gegend, ihre Umlaͤufe anſtellen müßten, wenn 
der Mechanismus ihrer Erzeugung ſie nicht dahin beſtimmt 
hätte. Denn der Raum, in dem ſie laufen, iſt unendlich we⸗ 
nig widerſtehend, und ſchraͤnkt ihre Bewegungen ſo wenig nach 
der einen Seite, als nach der andern, ein; alſo wuͤrde die Wahl 
Gottes, ohne den geringſten Bewegungsgrund, a) ſich nicht an 
eine einzige Beſtimmung binden, ſondern ſich mit mehrerer Frey: 
heit in allerlei Abwechſelungen und Verſchiedenheit zeigen. Noch 
mehr: warum ſind die Kreiſe der Planeten ſo genau auf eine 
e e Flaͤche beziehend, naͤmlich auf die Aequators⸗ 


40 Und. kann wohl die größte Weisheit ohne alle Bewegungs⸗ 
gründe, bloß nach Willkuͤhr und Eigenfinn, 1 b | 


* 


fläche. desjenigen großen Körpers, der i in dem Mittelpunkte aller 
Bewegung ihre Umlaufe regiert? Dieſe Analogie, anſtatt einen 
Bewegungsgrund der Anſtaͤndigkeit an ſich zu zeigen, iſt viel⸗ 
mehr die Urſache einer gewiſſen Verwirrung, welche durch eine 
freie Abweichung der Planetenkreiſe würde gehoben werden; denn 
die Anziehungen der Planeten ſtoͤren jetzt gewiſſermaaßen die 
Gleichförmigkeit ihrer Bewegungen, und würden einander gar 
nicht hinderlich ſeyn, wenn ſie ſich nicht ſo genau auf ‚eine ge⸗ 
meinſchaftliche Flaͤche bezoͤgen. ' 

Noch mehr, als alle dieſe Analogien, zeigt fich das deutlich 
Merkmal von der Hand der Natur, an dem Mangel der genaue⸗ 
ſten Beſtimmung, in denjenigen Verhaͤltniſſen, die ſie zu errei⸗ 
chen beſtrebt geweſen. Wenn es am beſten waͤre, daß die Pla⸗ 
netenkreiſe beynahe auf eine gemeinſchaftliche Flaͤche gestellt waͤ⸗ 
ren, warum ſind ſie es nicht ganz genau? und warum iſt ein 
Theil derjenigen Abweichung übrig geblieben, welche hat vermies 
den werden ſollen? Wenn darum die der Laufbahn der Sonne 
nahen Planeten, die der Attraktion das Gleichgewicht haltende 
Groͤße der Schwungskraft empfangen haben, warum fehlt noch 
etwas an dieſer voͤlligen Gleichheit? und woher f ind ihre Umlaͤufe 
nicht vollkommen cirkelrund, wenn bloß die weiſeſte Abſicht, 
durch das groͤßte Vermogen unterſtuͤtzt, dieſe Beſtimmung her⸗ 
vorzubringen, getrachtet hat? Iſt es nicht klar ein zuſehen, 
daß diejenige Urſache, welche die Laufbahnen der Himmelskoͤrper 
geſtellt hat, indem ſie ſelbige auf eine gemeinſchaftliche Flaͤche zu 
bringen beſtrebt geweſen, es nicht völlig hat ausrichten koͤnnen; 
ingleichen, daß die Kraft, welche den Himmelsraum beherrſchte, 
als alle Materie, die nunmehro in Kugeln gebildet iſt, ihre Um⸗ 
ſchwungsgeſchwindigkeiten erhielt, fie zwar nahe beym Mittel⸗ 
punkte in ein Gleichgewicht mit der ſenkenden Gewalt zu brin⸗ 
gen getrachtet hat; aber die völlige Genauheit nicht hat errei⸗ 
chen koͤnnen. Iſt nicht das gewöhnliche Verfahren der Natur 
hieran zu erkennen, welches, durch die Dazwiſchenkunft der ver⸗ 
ſchiedenen Mitwirkungen, allemal von der ganz abgemeſſenen Bes 
ſtimmung abweichend gemacht wird? und wird man wohl ledig⸗ 
lich in den Endzwecken, des unmittelbar fo gebietenden hochſten 
Willens, die Grunde dieſer Beſchafſenheit finden? Man kann, 


85 r 
ohne eine Hartnaͤckigkeit zu bezeigen, nicht in Abrede ſeyn, daß 
die geprieſene Erklaͤrungsart von den Natureigenſchaften, durch 
Anführung ihres Nutzens, Grund anzugeben, hier nicht die ver⸗ 
hofte Probe halte. Es war gewiß, in Anſehung des Nutzens, 
der Welt ganz gleichguͤltig, ob die Planetenkreiſe vollig cirtel⸗ 
rund, oder ob fie ein wenig eccentriſch waren; ob fie mit der 
Flaͤche ihrer allgemeinen Beziehung völig zuſammen treffen, oder 
noch etwas davon abweichen ſollten; vielmehr, wenn es ja noͤ⸗ 
thig war, in dieſer Art von Uebereinſtimmungen beſchraͤnkt zu 
ſeyn, ſo war es am beſten, ſie voͤllig an ſich zu haben. Wenn es 
wahr ir, was der Philoſoph ſagte: daß Gott beſtändig 
die Geometrie ausuͤbt; wenn dieſes auch in den Wegen der 
allgemeinen Naturgeſetze hervor leuchtet, fo. würde gewiß diefe 
Regel, bey den unmittelbaren Werken des allmaͤchtigen Worts, 
vollkommen zu fpüren ſeyn, und dieſe würden ale Vollkommenheit 
der geometriſchen Genauheit an ſich zeigen. Die Kometen gehoͤ⸗ 
ren mit unter dieſe Maͤngel der Natur. Man kann nicht laug⸗ 
nen, daß in Anſehung ihres Laufs und der Veraͤnderungen, die 
ſie dadurch erleiden, ſie als unvollkommene Glieder der Schöpfung 
anzufehen find, welche weder dienen koͤnnen, vernuͤuftigen Weſen 
bequeme Wohnplaͤtze abzugeben, noch dem Beſten des ganzen Sy» 
ſtems dadurch nuͤtzlich zu werden, daß fie, wie man vermuthet 
hat, der Sonne dereinſt zur Nahrung dienten; denn es iſt gewiß, 
daß die meiſten derſelben dieſen Zweck nicht eher, als bey dem 
Umſturze des ganzen planetiſchen Gebäudes, erreichen würden. 
In dem Lehrbegriffe, von der unmittelbaren hoͤchſten Anordnung 
der Welt, ohne eine natuͤrliche Entwickelung aus allgemeinen 
Naturgeſetzen, wuͤrde eine ſolche Anmerkung anſtoͤßig ſeyn, ob 
ſie gleich gewiß iſt. Allein in einer mechanifchen Ertlarungsart 
verherrlicht ſich dadurch die Schönheit der Welt, und die Offeu⸗ 
barung der Allmacht, nicht wenig. Die Natur, indem fie alle 
mögliche Stufen der Mannigfaltigkeit in ſich faßt, eriiredt ihren 
Umfang uͤber alle Gattungen von der Vollkommenheit bis zum 
Nichts, und die Maͤngel ſelber ſind ein Zeichen des Ueberfluſſes, 
an welchem ihr Inbegriff unerſchoͤpft iſt. | 
Es iſt zu glauben, daß die angefuͤhrten Analogien ſo viel über 


das Vnrurtheil vermoͤgen wuͤrden den mechaniſchen Urſprung 
des 


4 


SEN 


118° } 55 


N 


des Weltgebäudes annebihungsmärbig zu machen, wenn nicht 
noch gewiſſe Gruͤnde, die aus der Natur der Sache ſelbſt herge⸗ 
nommen ſind, dieſer Lehrverfaſſung gänzlich. zu widerſprechen ſchie⸗ 
nen. Der Himmelsraum iſt, wie ſchon mehrmals gefagt leer, 
oder wenigſtens mit unendlich duͤnner Materie angefuͤllt, welche 
folglich kein Mittel hat abgeben ‚können, den Himmelskoͤrpern ges 
meinſchaftliche Bewegungen einzudruͤcken. Dieſe Schwierigkeit | 
iſt fo bedeutend und guͤltig, daß Newton „ welcher Urſachen 
hatte den Einſichten ſeiner Weltweisheit, ſo viel als irgend ein 
Sterblicher zu vertrauen, ſich genoͤthigt ſahe 4 bier. die Hofnung i 
aufzugeben, die Eindruͤckungen der den Planeten beywohnenden 
Schwungskraͤfte, ungeachtet aller Uebereinstimmung, welche auf 4 
einen mechaniſchen Urſprung zeigte, durch die 
und die Kraͤfte der Materie aufzulöfen. Ob es gleich für. einen 
Philoſophen eine betruͤbte Entſchließung iſt, bey einer zuſammen⸗ 
geſetzten, und noch weit von den einfachen Grundgeſetzen entfern⸗ 
ten Beſchaffenheit, die Bemuͤhung der Unterſuchung aufzugeben, 
und ſich mit der Anfuͤhrung des unmittelbaren Willens Gottes 
zu begnuͤgen; ſo erkannte doch Newton hier die Gränzſcheidung, ö 
welche die Natur und den Finger Gottes, den Lauf der einge⸗ 
fuͤhrten Geſetze der erſtern, und den Wink des letztern 7 von ein⸗ 
ander ſcheidet. Nach eines ſo großen Weltweiſen Verzweiflung 
ſcheint es eine Vermeſſenheit zu ſeyn, noch einen gluͤcklichen Fort⸗ 
gang in einer Sache von ſolcher Schwierigkeit zu hoffen. 
Allein eben dieſelbe Schwierigkeit, welche dem Newton die 
Hofnung benahm, die den Himmelskoͤrpern ertheilten Schwungs⸗ 
kraͤfte, deren Richtung und Beſtimmungen das Syſtematiſche des 
Weltbaus ausmacht, aus den Kraͤften der Natur zu begreifen, 
iſt die Quelle des Lehrgebaͤudes geweſen, das wir in den vorigen 
Hauptſtuͤcken vorgetragen haben. Es gruͤndet einen mechaniſchen 
Lehrbegriff: aber einen ſolchen, der weit von demſelben entfernt 
iſt, welchen Newton unzulaͤnglich befand, und um deſſen wil⸗ 
len er alle Unterurſachen verwarf, weil er (wenn ich es mir un⸗ 
terſtehen darf, zu ſagen,) darin irrte, daß er ihn für den einzi⸗ 
gen, unter allen moͤglichen ſeiner Art, hielt. Es iſt ganz leicht 
und natuͤrlich, ſelbſt vermittelſt der Schwierigkeit des Newton, 
durch eine kurze und gründliche Schlußfolge auf die Gewißheit 
5 


8 114 2 | 


derjenigen mechaniſchen Erklaͤrungsart ju kommen, die wir in 
dieſer Abhandlung entworfen haben. Wenn man vorausſetzt, 
(wie man denn nicht umhin kann, es zu bekennen,) daß die obi⸗ 
gen Analogien 0 mit größter Gewißheit feſtſetzen, daß die hat 
monirenden, un d ſich auf einander ordentlich beziehenden Bewe⸗ 
gungen und Kreiſe der Himmelskoͤrper „eine natuͤrliche Urſache, 
als ihren Urſprung anzeigen; ſo kann dieſe doch nicht dieſelbe 
Materie ſeyn, welche jetzt den Himmelsraum erfuͤllt. Alſo muß 
diejenige „ welche ehedem dieſe Räume erfüllte, und deren Bewe⸗ 
gung der Grund von den gegenwartigen Umlaͤufen der Himmels⸗ 
korper geweſen ift, nachdem fie fih auf dieſe Kugeln verſamm⸗ 
let, und dadurch die Räume gereinigt hat, die man jetzt leer fi eht, 
oder, welches unmittelbar hieraus herfließt, die Materie ſelbſt, 
woraus die planeten „ die Kometen, ja die Sonne, beſtehn, 
muͤſſen anfaͤnglich in dem Raume des planetiſchen Syſtems aus⸗ 
gebreitet geweſen ſeyn, und in dieſem Zuſtande ſich in Bewegun⸗ 
gen verſetzt haben, welche ſie behalten haben, als ſie ſich in be⸗ 
ſondere Klumpen vereinigten, und die Himmelskoͤrper bildeten, 
| welche alle den ehemals zerſtreuten Stoff der Weltmaterie in ſich 
faſſen. Man iſt hierbey nicht lange in Verlegenheit, das Trieb⸗ 
werk zu entdecken, welches dieſen Stoff der ſich bildenden Natur 
in Bewegung geſetzt haben moͤge. Der Antrieb ſelbſt, der die 
Vereinigung der Maſſen hervorbrachte, die Kraft der Anziehung, 
welche der Materie weſentlich beywohnt, und ſich daher, bey 
| der erſten Regung der Natur, zur erſten Urſache der Bewegung 
ſo gut ſchickt, war die Quelle derſelben. Die Richtung, welche 
bey dieſer Kraft immer grade zum Mittelpunkt hinzielt, macht 
allhier kein Bedenken; denn es iſt gewiß, daß der feine Stoff 
zerſtreueter Elemente in der ſenkrechten Bewegung, ſowohl durch 
die Mannigfaltigkeit der Attraktionspunkte, als durch die Hin⸗ 
derniß, die einander ihre durchkreuzenden Richtungslinien leisten, 
hat in verſchiedne Seitenbewegungen ausſchlagen muſſen, bey 
denen das gewiſſe Naturgeſetz, (welches macht, daß alle einan⸗ 
der, durch wechſelſeitige Wirkung einſchraͤnkende Materie, | ch 
zuletzt auf einen ſolchen Zuſtand bringt, wo eine der andern fo 
wenig Veränderung, als moͤglich, mehr zuzieht, ſowohl die 
3 der Richtung, als auch die gehörigen Grade der 


\ 


“N 


4 15 


Geſchwündigteiten, hervorgebracht hat, die in jedem Abfande 

nach der Centralkraft abgewogen find, und durch deren Verbin 
dung weder über noch unter ſich auszuſchweifen trachten: daß 
alle Elemente alſo nicht allein nach einer Seite, ſondern auch bey⸗ 
nahe in parallelen und freien Cirkeln, um den gemeinſchaftlichen f 
Senkungspunkt, in dem duͤnnen Himmelsraume umlaufend ge⸗ 
macht worden. Dieſe Bewegungen der Theile mußten hernach 


fortdauern, als ſich plauetiſche Kugeln daraus gebildet hatten, 5 


und beſtehen jetzt durch die Verbindung des einmal eingepflanze 
ten Schwunges mit der Centralkraft, in unbeſchraͤnkte kuͤnftige 1 
Zeiten. Auf dieſem ſo begreiflichen Grunde beruhen die Ein · 
foͤrmigkeit der Richtungen in den Planetenkreiſen, die genaue Be⸗ 
ziehung auf eine gemeinſchaftliche Flache, die Maͤßigung der 
Schwungskraͤfte nach der Attraction des Orts, die mit den 
Entfernungen abnehmende Genauigkeit dieſer Analogien „ und 
die freie Abweichung der aͤußerſten Himmelskoͤrper nach beiden 
Seiten ſowohl, als nach entgegen geſetzter Richtung. Wenn dieſe 
Zeichen der wechſelſeitigen Abhaͤngigkeit in den Beſtimmungen 
der Erzeugung auf eine, durch den ganzen Raum verbreitete ur⸗ 
ſpruͤnglich bewegte Materie, mit offenbarer Gewißheit zeigen; 
ſo beweiſt der gaͤnzliche Mangel aller Materien in dieſem nun⸗ 
mehr leeren Himmelsraume, außer derjenigen, woraus die Kör⸗ 
per der Planeten, der Sonne und der Kometen zuſammgeſetzt 
ſind, daß dieſe ſelbſt im, Anfange i in dieſem Zuſtande der Ausbrei⸗ 
tung muͤſſe geweſen ſeyn. Die Leichtigkeit und Richtigkeit, mit 
welcher aus dieſem angenommenen Grundfage, alle, Exſcheinun⸗ 
gen des Weltbaues in den vorigen Hauptſtücken hergeleitet. wor⸗ 
den, iſt eine Vollendung ſolcher Muthmaßung, und giebt ihr ei 
nen Werth, der niche mehr willkuͤhrlich iſt. 0 0 
Die Gewißheit einer mechaniſchen kehrwerfaſung ve von dem, ‚Ute 
ſprunge des Weltgebaͤudes, vornehmlich des unſrigen, wird ‚auf 
den hoͤchſten Gipfel der Ueberzeugung erhoben, wenn man, die 
Bildung der Himmelskoͤrper ſelbſt, die Wichtigkeit und Größe 
ihrer Maſſen nach den Verhaͤltniſſen erwaͤg „ die fie, in Anſe⸗ 
hung ihres Abſtands von dem Mittelpunkte der Gravitation, 
haben. Denn erſtlich iſt die Dichtigkeit ihres Stoffs, wenn man 
fie im Ganzen ihres Klumpens bedenkt / in beſtändigen Graden 
Sr: 


Yo. Der 
mit den Entfernungen von der Sonne abnehmend: eine Beſtim⸗ 
mung, die ſo deutlich auf die mechaniſche Beſtimmungen der er⸗ 
ſten Bildung zielt, daß man nichts mehr verlangen kann. Sie 
ſind aus ſolchen Materien zuſammen geſetzt, deren die von ſchwe⸗ 
rerer Art einen tiefern Ort zu dem gemeinſchaftlichen Senkungs⸗ 
punkte; die von leichtrer Art aber, einen entferntern Abſtand be⸗ 
kommen haben: welche Bedingung, in aller Art der natürlichen 
Erzeugung, nothwendig ift. a) Aber bey einer unmittelbar 
aus dem gottlichen Willen fließenden Errichtung, iſt nicht der 
mindeſte Grund zu gedacht em Verhaͤltniſſe anzutreffen. Den ob 
es gleich ſcheinen mochte, daß die entferntern Kugeln aus leich⸗ 
term € toffe beſtehen müßten, damit fie von der geringern Kraft 
Der Sonnenſtrahlen die noͤthige Wirkung verſpuren koͤnnten, ſo 
iſt dieſes doch uur ein Zweck, der auf die Beſchaffenheit der auf 
der Oberflaͤche befindlichen Materien, und nicht auf die tiefern 
Sorten ſeines inwendigen Klumpens zielt, als in welchem die Son⸗ 
nenwaͤrme niemals einige Wirkung thut, b) welche auch nur die⸗ 
nen, die Attraktion des Planeten, welche die ihn umgebenden 
Korper zu ihm ſinkend machen ſoll, zu bewirken, und daher nicht 
die mindeſte Beziehung auf die Staͤrke oder Schwaͤche der Son⸗ 
nenſttalen haben duͤrfen. Wenn man daher fragt, woher die 
aus den richtigen Rechnungen des Newton gezogene Dichtig⸗ 
reiten der Erde, des Jupiters, des Saturns ſich gegen 
einander wie 400, 943 und 64 verhalten; ſo waͤre es ungereimt, 
die Urſache der Abſicht Gottes, welcher fie nach den Graden der 
Sonnenwärme gemäßigt hat, beyzumeſſen, denn da kann unſere 
Erde uns zum Gegenbeweiſe dienen, bey der die Sonne nur in 
eine fo geringe Tiefe unter der Oberfläche durch ihre Stralen 
wirkt, daß derjenige Theil ihres Klumpens „der dazu einige Be⸗ 
ziehüng haben muß, bey weitem nicht den millionſten Theil des 
Ganzen betraͤgt, wovon das übrige in Anſehung dieſer Abſt icht 
völlig gleichguͤltig iſt. Wenn alſo der Stoff, daraus die Him⸗ 
Wübkerßer beſtehen, ein ordentliches mit den Lui har. 


2) Aus dieſem Grundſatze leitet auch Whiſton die Bildung der 
Erdkugel und ihrer Atmoſphaͤre her. 


b nn tiefere En des inmendigen Klumpen eine 
eten. 0 


„ 


monitendes Verhaͤltniß gegen einander hat, und die Planeten 
einander jetzt nicht einſchraͤnken konnen, da ſie nun in leerem Raus 
me von einander abſtehen; ſo muß ihre Materie ehedem in einem . 
Zuſtande geweſen ſeyn, da M e in einander gemeinſchaftliche Wir⸗ 
kung thun konnen, um ſich in die ihrer Schwere proportionirte 
Oerter einzuſchraͤnken, welches nicht anders hat geſchehen koͤnnen, 
als daß ihre Theile vor der Bildung in dem ganzen Raume des 
Syſtems ausgebreitet geweſen, und dem allgemeinen Geſetze der 
Bewegung gemaͤß, Oerter gewonnen haben, welche ihrer Dich⸗ 
tigkeit angemeſſen ſind. 1 
Das Verhaͤltniß unter der Größe der planetiſchen Maſſen, 
welches mit den Entfernungen zunimmt, iſt der zweite Grund, 
der die mechaniſche Bildung der Himmelskoͤrper, und vornaͤmlich 
unſere Theorie vor derſelben, klaͤrlich beweiſet. Warum nehmen 
die Maſſen der Himmelskörper ohngefaͤhr mit den Entfernungen 
zu? Wenn man einer der Wahl Gottes alles zuſchreibenden 
Lehrart nachgeht; ſo konnte keine andere Abſicht gedacht werden, 
warum die entferntern Planeten großre Maſſen haben muͤſſen, 
als damit ſie durch die vorzuͤgliche Staͤrke ihrer Anziehung in ih⸗ 
rer Sphaͤre einen oder etliche Monde begreifen könnten, welche 
dienen follen, den Bewohnern, welche fuͤr ſie beſtimmt ſind, den 
Aufenthalt bequemlich zu machen. Allein dieſer Zweck konnte 
eben ſowohl durch eine vorzuͤgliche Dichtigkeit in dem Inwendi⸗ 
gen ihres Klumpens erhalten werden, und warum mußte denn 
die aus beſondern Grunden fließende Leichtigkeit des Stoffs, 
51 welche dieſem Verhaͤltniß entgegen iſt, bleiben und durch den 
Vorzug des Volumens ſo weit uͤbertroffen werden, daß dennoch 


die Maſſe der obern wichtiger als der untern ihre wuͤrde? Wenn 


man nicht auf die Art der natürlichen Erzeugung dieſer Körper 
Acht hat; ſo wird man ſchwerlich von dieſem Verhaͤltniſſe den 
Grund angeben konnen: aber in Betrachtung derſelben iſt nichts 
leichter, als dieſe Beſtimmung zu begreifen. Als der Stoff al⸗ 
ler Weltkoͤrper in den Raum des planetiſchen Syſtems noch au ⸗ 
gebreitet war; ſo bildete die Anziehung aus dieſen Theilchen 
Kugeln, welche ohne Zweifel um deſto groͤßer werden mußten, je 
weiter der Ort ihrer Bildungsſphaͤre von demjenigen allgemeinen 
Centralkörper W war, der ans dem 92 des gan⸗ 


. 


zen Raums, ; durch eine vorzüglich mie Attraktion diefe 
Veerkinigung, ſo viel an ihm war, einfehränfte und hinderte. 


Man wird die Merkmale dieſer Bildung der Himmelskörper 
maus dem, im Anfange ausgebreitet geweſenen, Grundſtoffe mit 
Vergnügen an der Weite der Zwiſchenraͤume gewahr, die ihre 
Kreiſe von einander ſcheiden, und die nach dieſem Begriffe als 
die leeren Fächer muͤſſen angeſehen werden, aus denen die Pla⸗ 
neten die Materie zu ihrer Bildung hergenommen haben. Man 
ſieht, wie dieſe Zwiſchenraͤume zwiſchen den Kreiſen ein Verhaͤlt⸗ 
niß zu der Größe der Maſſen haben, die daraus gebildet find. a) 
Die Weite zwiſchen dem Kreiſe des Jupiters und des Mars 


iſt ſo groß, daß der darin beſchloſſene Raum die Flaͤche aller 


untern Planetenkreiſe zuſammengenommen uͤbertrift; allein er iſt 
des groͤßeſten unter allen Planeten wuͤrdig, desjenigen, der 
mehr Maſſe hat, als alle uͤbrigen zuſammen. b) Man kann 
dieſe Entfernung des Jupiters von dem Mars nicht der Abſicht 
beymeſſen, daß ihre A ttractionen einander ſo wenig als moͤglich 
hindern ſollten. Denn nach ſolchem Grunde wuͤrde ſich der Pla⸗ 
net zwiſchen zwei Kreiſen allemal demjenigen am naͤchſten befin⸗ 
den, deſſen mit der ſeinigen vereinigte Attraction die beiderſeiti⸗ 
gen Umlaͤufe um die Sonne, am wenigſten ſtoͤhren kann; folg⸗ 
lich demjenigen, der die kleinſte Maſſe hat. Weil nun nach den 
richtigen 1 5 Newtons die Gewalt, womit Jupiter in 
dem Laufe des Mars wirken kann, zu derjenigen, die er in dem 
Saturn durch die vereinigte Anziehung ausuͤbet, wie 72 12 zu 
28. verhält; fo kann man leicht die Rechnung machen, um wie 
viel Jupiter ſich dem Kreiſe des Mars näher befinden müßte, als 
des Saturns ſeinem, wenn ihr Abſtand durch die Abſicht ihrer aͤuſ⸗ 
ſerlichen Beziehung, und nicht durch den Mechanismus ihrer 
Erzeugung beſtimmt worden wäre, Da dieſes ſich nun aber ganz 
anders befindet Ne ein Planer" Kreis in Aufepung der zwey 
1 20 ©. aber pag, 20. Rote a K 


b) Andre ſchließen aus dieſer großen Lücke 5 chen de Jupiter 

und Mars auf das Daſeyn eines noch unentdeckten 5 

deſſen muköneazliche Bahn von Herrn Bode auf ſeiner Zeichnung 
vom Sonnenſyſtem, nach Proportion der ubrigen, durch Pikes 
bezeichnet worden if. 


7 N fe 119 | ) ’ 
Kreiſe, die über und unter ihm ſind ſich oft von demjenigen 
weiter entfernt befindet, in welchem ein kleiner Dlaher läuft, als 
die Bahn deſſen von größrer Maſſe; die Weite des Raums aber 
um den Kreis eines jeden Planeten, allemal ein richtiges Ver⸗ 
haͤltniß zu ſeiner Maſſe hat; ſo iſt klar, daß die Art der Erzeu⸗ 5 
gung dieſe Verhaͤltniſſe muͤſſe beſt immt haben, und daß, weil dieſe 
Beſtimmungen ſo, wie die Urſache und die Folgen derſelben, ver⸗ 
bunden zu ſeyn ſcheinen, man es wohl am richtigſten treffen wird, 
wenn man die, zwiſchen den Kreiſen begriffenen Raͤume als die Be⸗ 
haͤltniſſe desjenigen Stoffes anſieht, daraus ſich die Planeten ge⸗ 
bildet haben; woraus unmittelbar folgt, daß die Größe der Raͤu⸗ 
me den Maſſen der Planeten proportionirt ſeyn muß, welches 
Verhaͤltniß aber bey den entfernten planeten durch die, in dem 
erſten Zuſtande größere Zerſtreuung der elementariſchen Materie 
in dieſen Gegenden vermehrt wird. Daher von zwey Planeten, 
die an Maſſe einander ziemlich gleichkommen, der entferntere ei⸗ 
nen großern Bildungsraum, d. i. einen groͤßern Abſtand von den 
beyden naͤchſten Kreiſen haben muß, ſowohl weil der Stoff daſelbſt 
an ſich ſpeciſiſch leichtrer Art, als auch, weil er zerſtreuter war, 
als bey dem, ſo ſich naͤher zu der Sonne bildete. Daher obgleich 
die Erde zuſammt dem Monde der Venus noch nicht an koͤrperli⸗ 
chem Inhalte gleich zu ſeyn ſcheint, ſo hat ſie dennoch um ſich ei⸗ 
nen groͤßern Bildungsraum erfordert: weil ſie ſich aus einem 
mehr zerſtreuten Stoffe zu bilden hatten, als dieſer untere Planet. 
Vom Saturn iſt aus dieſen Gruͤnden zu vermuthen, daß ſeine Bil⸗ 
dungsſphaͤre ſich auf der abgelegenen Seite viel weiter wird aus⸗ 
gebreitet haben, als auf der Seite gegen den Mittelpunkt hin, 
0 wie denn dieſes faſt an allen Planeten gilt; ) und daher wird der 
Zwiſchenraum zwiſchen dem Saturnskreiſe, und der Bahn des 
dieſem Planeten zu nachſt obern Himmelskörpers „den man über 
ihm vermuthen kann, viel weiter, als zwiſchen ru demfelben und 
dem Jupiter, ſeyn. a) 
a) Die Entdeckung des Uranus beftätigt dee Ban fein umlaufs⸗ 
kreis iſt faſt noch einmal ſo groß als der des Saturns: ſeine 
Entfernung von der Sonne beträgt 400 Mill. Meilen und vom 
Saturn 204 Millionen; er erweitert unſer ire g um das 
doppelte mehr, als es zuvor bekannt war, Nach Maaßgabe ſei⸗ 


nes Raums wird er alſo auch wohl at Monde, we; vielleicht 
guch Ringe haben, als Saturn. 0 


( 180 0 “ 
Alſo geht alles i in dem pfanetifchen Weltbaue ſtufenweiſe, mit 
ö richtigen Beziehungen zu der erſten erzeugenden Kraft, die neben 
dem Mittelpunkte wirkſamer als in der Ferne geweſen „in alle 
unbeſchraͤnkte Weiten fort. Die Verminderung der eingedruͤckten 
ſchießenden Kraft, die Abweichung von der genauſten Ueberein⸗ 
ſtimmung in der Richtung und der Stellung der Kreiſe, die Dich⸗ 
tigkeiten der Himmelskoͤrper, die Sparſamkeit der Natur in Abe 
ſehen auf den Raum ihrer Bildung: alles vermindert ſich ſtufen⸗ 
| artig von dem Centro in die weiten Entfernungen: alles zeigt, 
daß die erſte Urſache an die mechaniſchen Regeln der Bewegung 
gebunden geweſen, und nicht durch eine freye Wahl gehandelt hat. 
Allein was ſo deutlich, als irgend ſonſten etwas, die natürliche 
3 Bildung der Himmelskugeln aus dem urſpruͤnglich in den Raume 
des Himmels, der nunmehr leer iſt, ausgebreitet geweſenen Grund⸗ 
ſtoffe anzeigt, iſt diejenige Uebereinſtimmung, die ich von dem 
Herr von Bu ffon entlehne, die aber in ſeiner Theorie bey wei⸗ 
tem nicht den Nutzen hat als in der unſrigen. Denn nach ſeiner 
| Bemerkung, wenn man die Planeten, deren Maſſen man durch 
1 Rechnung beſtimmen kann, zuſammen ſummirt: naͤmlich den Sa⸗ 
turn, den Jupiter, die Erde und den Mond; ſo geben ſie einen 
Klumpen N deſſen Dichtigkeit der Dichtigkeit des Sonnenkoͤrpers 
wie 640 zu 630 beykoͤmmt, welche, da es die Hauptſtuͤcke in dem 
planetiſchen Syſteme ſind, gegen die uͤbrigen Planeten Mars, 
Venus und Merkur kaum verdienen gerechnet zu werden; fo wird 
man billig über die merkwürdige Gleichheit erſtaunen, die zwi⸗ 
ſchen der Materie des geſammten planetiſchen Gebaͤudes, wenn 
es als in einem Klampen vereiniget betrachtet wird, und zwiſchen 
der Maſſe der Sonne herrscht. Es waͤre ein unverantwortlicher 
Leichtſinn, dieſe Analogie einem Ungefähr, zuzuſchreiben „welche 
unter einer Mannigfaltigkeit ſo unendlich verſchiedner Materien, 
deren nur allein auf unſrer Erde einige anzutreffen ſind, die 1 

tauſendmal an Dichtigkeit von einander uͤbertroffen werden, den⸗ 
noch im ganzen dem Verhaͤltniß von 1 bis 1 ſo nahe kommen: 

und man muß zugeben, daß, wenn man die Sonne als ein Menge 
ſel von allen Sorten Materie, die in dem planetiſchen Gebaͤude 
von einander geſchieden ſind, betrachtet, alle ins geſammt ſich in 
einem Raume ſcheinen gebildet zu haben, der urſpruͤnglich mit 


. 6 121 3 
gesföruig ausgebreitetem Stoffe erfült war und auf dem Cen⸗ 
tralkoͤrper ſich ohne Unterſchied verſammlet, zur Bildung der pla⸗ 
neten aber nach Maasgebung der Hoͤhen eingetheilt worden. a) 
Ich überlaſſe es denen, die die mechaniſche Erzeugung der Welt⸗ 

koͤrper nicht zugeben aalen, aus den Bewegungsgrunden der 
Wahl Gottes dieſe ſo beſondere Uebereinſtimmung, wo ſie koͤn⸗ 
nen, zu erklaͤren. Ich will endlich aufhören, eine Sache von ſo 
uͤberzer gender Deutlichkeit, als die Entwicklung des Weltgebaͤu⸗ 
des aus den Kräften der Natur iſt, auf mehr Beweisthuͤmer zu 
gründen. Wenn man im Stande iſt, bey ſo vieler Ueberführung 
unbeweglich zu bieiben; 1 muß man entweder gar zu tief in den 
Feſſeln des Vorurtheils liegen, oder gaͤnzlich unfähig ſeyn, ſich 
uͤber den Wuſt hergebrachter Meinungen, zu der Betrachtung der 
allerreinſten Wahrheit, empor zu ſchwingen. Indeſſen iſt zu glau⸗ 
ben, daß niemand als ein Bloͤdſinniger, auf deſſen Beyfall man 
nicht rechnen darf, die Richtigkeit dieſer Theorie verkennen könnte, 
wenn die Uebereinſtimmungen, die der Weltbau in allen ſeinen 

Verbindungen zu dem Nutzen der vernuͤnftigen Kreatur hat, nicht 

etwas mehr, als bloße allgemeine Naturgeſetze zum Grunde zu 

haben ſcheinen. Man glaubt auch mit Recht, daß geſchickte An⸗ 
ordnungen ‚ welche auf einen wuͤrdigen Zweck abzielen, einen wei⸗ 
ſen Verſtand zum Urheber haben muͤſſen, und man wird voͤllig 
befriediget werden 7 wenn man bedenkt, daß, da die Naturen der 


Dinge keine andern, „ als eben dieſe Urquelle erkennen, ihre we⸗ 


ſentliche und allgemeine Beſchaffenheiten eine natuͤrliche Neigung 
zu anſtaͤndigen und unter einander wohl uͤbereinſtimmenden Fol⸗ 
gen haben muͤſſen. Man wird ſich alſo nicht wundern dürfen, 
wenn man zum wechſelſeitigen Vortheile der Kreaturen gereichen⸗ 


de Einrichtungen der Weltverfaſſung gewahr wird, dieſelben ei ⸗ 
ner natürlichen Folge aus dem allgemeinen Geſetzen der Natur 


benzumeſſen „denn was aus dieſem herfliche,; iſt nicht die Wir⸗ 
kung des blinden Zufalls oder der unvernuͤnftigen Nothwendigkeitz 
es gründet ſich zuletzt doch in der hoͤchſten Weisheit, von der die 
alle gemeinen Beſchaffenheiten ihre Uebereinſtimmung entlehnen. 

Der eine Schluß iſt ganz richtig: Wenn in der Verfaſſun g 
der Welt, Ordnung und Schoͤnheit n 


a) Man ſehe oben pag. 39 Note b. 


* 


Re 
fo. iſt ei n 0 ot t., Alein, der andere. iſt nicht weniger gegrün⸗ 
det: Wenn dieſe Ordnung aus allgemeinen Natur⸗ 
geſetzen hat herfließen können; ſo iſt die ganze 
Natur nothwendig eine Wirkung der hoch ſt en 
Weis heit. 
Wenn man es ſich aber durchaus belieben läßt, die unmittel⸗ 
here Anwendung der goͤttlichen Weisheit in allen Anordnungen 
der Natur, die unter ſich Harmonie und nützliche Zwecke begrei⸗ 
ſen, zu erkennen, indem man der Entwicklung aus allgemeinen 
Bewegungsgeſetzen keine ubereinſtimmenden Folgen zutraut; ſo 
wollte ich rathen, in der Beſchauung des Weltbaues ſeine Augen 
nicht auf einen einzigen unter den Himmelskorpern „ſondern auf 
das Ganze zu richten, um ſich aus dieſem Wahne auf einmal her⸗ 
aus zu reißen. Wenn die ſchiefe Lage der Erdachſe gegen die Fla. 
che ihres ‚jährlichen Laufs, durch die beliebte Abwechslung der 
Jahrszeiten, ein Beweis der unmittelbaren Hand Gottes ſeyn ſoll, 
ſo darf man nur dieſe Beſchaffenheit bey den andern Himmelskoͤr⸗ 
pern Dagegen, halten; jo wird man gewahr werden, daß fie bey 
jedem derſelben abwechſelt, und daß in dieſer Verſchiedenheit es 
au einige giebt, die fie gar nicht haben: wie z. E. Jupiter, def 
ſen Achſe far ſenkrecht zu der Ebne ſeines Kreiſes iſt, und Mars 
deſſen ſeine es auch beynahe iſt, welche beyde keine Verſchiedenheit 
der Jahrszeiten genießen, und doch eben ſowohl Werke der Weis⸗ 
heit, als die andern find. Die Begleitung der Monde beym Ura⸗ 
nus, Saturn, Jupiter und der Erde „wuͤrden beſondere Anord⸗ 
nungen des Weſens zu ſeyn ſcheinen, wenn die free Abweichung 
von dieſem Zwecke, durch das ganze Syſtem des Weltbaues, nicht 
anzeigie, daß die Natur, ohne durch einen außerordentlichen Zwang 
in ihrem ſreyen Betragen geſtoͤrt zu ſeyn, dieſe Beſtimmungen 
hervorgabracht habe. Jupiter hat vier Monde „Saturn ſieben, 
die Erde einen, die uͤbrigen Planeten gar keinen; a) ob es gar 
ſcheint, daß dieſe, wegen ihrer laͤngern Nächte derſelben beduͤrf⸗ 
tiger waren, als jene. Wenn man die proportionirte Gleichheit, 
der den Planeten ein gedrückten Schwungskraͤfte, mit den Central⸗ 
neigungen ihres Abſtands, als die Urſache „warum dieſe beynahe 
im Cirkel um die Sonne laufen, und, durch die Gleichmäßige 


0 Siehe oben pag · 50, Note . 


Zu 


| 
> 


* 


Be 


der von dieser ertheilten Wärme, „zu Wehuylzzen vervünftiger ö 
Kreaturen geſchickt werden, bewundert, und fie als den unmittel⸗ 
baren Finger der Allmacht anſieht; ſo wird man auf einmal auf 
die allgemeinen Geſetze der Natur zurückgeführt, wenn man waͤgt, 


daß dieſe planetiſche Beſchaffenheit ſich nach und nach, mit 
allen Stufen der Verminderung, in der Tiefe des Himmels ver⸗ 


liert, und daß eben die hoͤchſte Weisheit, welche an der gemaͤßig⸗ 


ten Bewegung der Planeten ein Wohlgefallen gehabt hat, auch 
die Maͤngel nicht ausgeſchloſſen habe „ mit welchen ſich das Sy⸗ 
ſtem endigt, indem es in der voͤlligen Unregelmaͤßigkeit und Unord⸗ 
nung aufhört. Die Natur, ungeachtet ſie eine weſentliche Be⸗ 
ſtimmung zur Vollkommenheit und Ordnung hat, faßt i in dem Um⸗ 
fange ihrer Mannigfaltigkeit alle moͤgliche Abwechſelungen, ſogar 
bis auf die Maͤngel und Abweichungen, in ſich. Eben dieſelbe 
unbeſchraͤnkte Fruchtbarkeit derſelben hat die bewohnten Himmels⸗ 
kugeln ſowohl, als die Kometen, die nuͤtzlichen Berge und die 


ſchaͤdlichen Klippen, die bewohnbaren Landſchaften und oͤden Wie 
ſteneyen, die Tugenden und Laſter, a) hervorgebracht. 


92 — Siehe unten pag. 133. 


* 


a Theorie 9005 Himmels. 8 


Allgemeine | 


* 2 4 4% 8,6 0 10 10 


— 


Dritter Theil. 


Welcher einen Verſuch einer auf die Analogie der Natur gegrün ⸗ 
deten Vergleichung, zwiſchen den Einwohnern verſchiedner 
ee i ah enthält. ' 


1 


Er bh Blick durchs We dringt, 
Und Welt an Welt gereiht, die Schöpfung ſieht 
Eın Ganzes werden, weiß wie ein Syſtem 
Ins and re greift, welch neue Monden, neue 
Weltkoͤrper andrer Sonnen Bahn umfchweben ; 
Und jedes Sternes en ! 
Bewohner kennt; Nur er ‚allein verſteht . — l 


Pope. 


Von den Bewohnern der Weltkoͤrper. a) 


We ich dafuͤr halte daß es den Charakter der Weltweisheir 


entehren heiße, wenn man ſich ihrer gebraucht, mit einer Art von 


Leichtſinn freye Ausſchweifungen des Witzes, mit einiger Schein⸗ 


a) Man leſe auch in Bodens Kenntniß des geſtirnten Hine, 
ed. 1791. von pag. 593 — 597. — Zu welchem Entwecke ſoll⸗ 
ten Land und Waſſer in unſerm Monde, ſo viele Monde anderer 
Planeten, jo manche unentdeckte, oder nur durch Fernglaͤſer zu 
beierkenze Sterne, Planeten, Monden ꝛc. da ſeyn, wenn ne 
nicht ſeloſt von Kreaturen bewohnt waͤren? Sollten fie blos 

exiſtiren, ſollte die fo große Sonne deswegen ſo groß ſeyn, um 
uns Troenmenſchen allein zu leuchten, uns allein durch 
Schimmer zu beluſtigen? ꝛc. 2c. Herr Kant ſchließt aber oben 
die Kometen von der Zahl der bewohnbaren erdkoͤrper aus; 
Doch wer weiß? Kann doch wohl die Sonne ſelbſt ihre Be⸗ 
wohner haben. 2 


barkeit, zu Mhapfeh wenn man ins gleich erklaren wolte, daß 
es nur geſchaͤhe, um zu beluſtigen; ſo werde ich in gegenwaͤrti⸗ 
gem Verſuche keine andern Saͤtze anfuͤhren, als ſolche, die zur 
Erweiterung unſers Erkenntnißes wirklich beytragen koͤnnen, 
und deren Wahrſcheinlichkeit zugleich fo wohl gegruͤ det iſt, in | 
man ſich kaum entbrechen kann, ſie gelten zu laſſen. 


Ob es gleich ſcheinen mögte, daß in dieſer Art des Geenen 
des, die Freiheit zu erdichten, keine eigentliche Schranken habe, 
und daß man in dem Urtheile von der Beſchaffenheit der Ein⸗ 
wohner entlegner Welten, mit weit großrer Ungebundenheit, der 
Phantaſie den Zuͤgel ſchießen laſſen koͤnne, als ein Mahler in der 
Abbildung der Gewaͤchſe oder Thiere unentdeckter Laͤnder, und 
daß dergleichen Gedanken weder recht erwieſen, noch widerlegt 
werden konnten; fo muß man doch geſtehen, daß die Entfernun⸗ 
gen der Himmelskörper von der Sonne gewiſſe Verhaͤltniſſe mit 
fi, führen, welche einen weſentlichen Einfluß in die verſchiednen 
Eigenſchaften der denkenden Naturen, nach ſich ziehen, die auf 
denſelben befindlich ſind, als deren Art zu wirken und zu lei, 
den, an die Beſchaffenheit der Materie, mit der fi ie verknuͤpft 
ſind, gebunden iſt, und von dem Maas der Eindruͤcke abhängt, 
welche die Welt, nach den. Eigenſchaften, der Beziehung ihres 
Wohnplatzes zu dem Mittelpunkte der Attraction und der Waͤr⸗ 
me, in ihnen erweckt. 


* | 14 


Ich bin der Meinung, daß es eben nicht nothwendig ſey, zu 
behaupten, alle Planeten müften bewohnt ſeyn, ob es gleich eine 
Ungereimtheit waͤre, dieſes in Anſehung aller, oder auch nur der 
meiſten, zu leugnen. Bey dem Reichthume der Natur, da Wel⸗ 
ten und Syſteme, in Anſehung des Ganzen der Schoͤpfung, nur 
Sonnenſtaͤubchen find, könnte es auch wohl ode und unbewohnte g 
Gegenden geben, die nicht auf das genauſte zu dem Zwecke der 
Natur, nemlich der Betrachtung vernünftiger Weſen genutzt 
würden. Es waͤre, als wenn man ſich aus dem Grunde der 
Weisheit Gottes ein Bedenken machen wollte, zuzugeben, daß 
ſandigte und unbewohnte Wuͤſteneyen große Strecken des Erdbo⸗ 
dens einnehmen, und daß es verlaßne Inſeln im Weltmeere ge⸗ 
be, darauf kein Menſch befindlich iſt. Indeſſen iſt ein Planet 


— 


# 


a a 


viel weniger in Anſehung des Ganzen der Huhu, als eint 
Wuͤſte, oder Inſel, in Anſehung des Erdbodens. 

Vielleicht, daß ſich noch nicht alle eee völig auge 
gebildet haben; es gehoͤren Jahrhunderte, v vielleicht tauſende von 
Jahren dazu, bis ein großer Himmelskoͤrper einen feſten Stand 
ſeiner Materien erlangt hat. Jupiter ſcheint noch in dieſem 
Streite zu ſeyn. Die merkliche Abwechslung feiner Geſtalt, zu 
verſchiednen Zeiten hat die Aſtronomen ſchon vorlaͤngſt muth⸗ 
maßen laſſen, daß er große Umſtürzungen erleiden muͤſſe, und 
bey weiten fo ruhig auf ſeiner Oberflache nicht ſey, als es ein 
bewohnbarer Planet ſeyn muß. Wenn er keine Bewohner hat, 
und auch keine jemals haben ſollte, was vor ein unendlich kleiner 
Aufwand der Natur waͤre dieſes, in Anfehung der Unermeßlich⸗ 
keit der ganzen Schoͤpfung? Und waͤre es nicht vielmehr ein 
Zeichen der Armuth, als des Ueberfluſſes derſelben, wenn fie in 
jedem Punkte des Raums fo ſorgfältig ſeyn ſollte, alle ihre 
Reichthuͤmer aufzuzeigen ? 

Allein, man kann noch mit mehr Befriedigung vermuthen, 
daß, wenn er gleich jetzt unbewohnt iſt, er dennoch es dereinſt 
werden wird „wenn die Periode ſeiner Bildung wird vollendet 
ſeyn. Vielleicht iſt unſere Erde tauſend oder mehrere Jahre vor 
handen geweſen, ehe ſte ſich in der Verfaſſung befunden hat, 
Menſchen, Thiere und Gewaͤchſe unterha ten zu koͤnnen. Daß 
ein Planet nun einige tauſend Jahre ſpaͤter zu dieſer Vollkom⸗ 
menheit kommt, das thut dem Zwecke ſeines Daſeyns keinen Ab⸗ 
bruch. Er wird eben um deswillen auch ins zukünftige laͤnger in 
der Vollkommenheit ſeiner Verfaſſung, wenn er ſie einmal erreicht 
hat, verbleiben; denn es iſt einmal ein gewiſſes Naturgeſetz: al⸗ 
les, was einen Anfang hat, naͤhert ſich beſtaͤndig ſeinem Unter⸗ 
gange, und iſt demſelben um ſo viel naͤher, je bt es ſich von 
dem Punkte ſeines Anfangs entfernt hat. 

Die ſatyriſche Vorſtellung jenes witzigen Kopfes aus dem 2 
welcher, wie es in den allgemeinen Nachrichten aus dem 
Reiche der Wiſſenſchaften angefuͤhrt wird, die Einbildung 
von der nothwendigen Bevölkerung aller Weltkoͤrper, auf der 
laͤcherlichen Seite vorzuſtellen wuſte, kann nicht anders, als ge⸗ 
dilliget werden. „Diejenigen Kreaturen,“ ſprichter: „welche 


N 
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uw 


„die Wälder uf dem Kopfe eines Bettlers e ee 
„ ſchon lange ihren Aufenthalt für eine unermeßliche Kugel, und 
MAL ſelbſt, als das Meifterftüc der Schöpfung, angeſehen, als 
„einer unter ihnen, den der Himmel mit einer feinern Seele br 
„ gabt hatte, ein kleiner Fontenelle feines ea ven 
„Kopf eines Edelmanns unvermuthet gewahr ward. Alsbald 
Horief er alle witzige Köpfe feines: Quartiers zuſammen, und 
„ſagte ihnen mit Entzuͤckung: wir ſind nicht die einzigen beleb⸗ 
„ten Weſen der ganzen Natur: ſehet hier ein neues Land, hier 
„wohnen mehr Laͤuſe.“ Wenn der Ausgang dieſes Schluſ⸗ 
ſes ein Lachen erweckt; ſo geſchieht es nicht um des willen, weil 
er von der Menſchen Art zu urtheilen weit abgeht: ſondern, 
weil eben derſelbe Irrthum, der bey dem Menſchen eine gleiche 
Urſache zum Grunde hat, bey Wa mehr e e 5 
verdienen ſcheint. 5 
Laßt uns ohne Vorurtheil Mthellen Dieſes 88 s 0 
ſowohl ſeiner Art zu leben, als auch feiner Veraͤchtlichkeit nach, 
die Beſchaffenheit der meiſten Menſchen ſehr wohl ausdrückt, 
kann mit gutem Fuge zu einer ſolchen Vergleichung gebraucht 
werden. Weil, ſeiner Einbildung nach, der Natur an ſeinem 
Daſeyn unendlich viel gelegen iſt; ſo haͤlt es die ganze uͤbrige 
Schoͤpfung fur vergeblich, die nicht eine genaue Abzielung auf 
feln Geſchlecht, als den Mittelpunkt ihrer Zwecke mit ſich führt. 
Der Menſch/ welcher gleich unendlich weit von der oberſten Stufe 
der Weſen abſteht, iſt ſo verwegen, von der Nothwendigkeit ſei⸗ 
nes Daſeyns, ſich mit gleicher Einbildung zu ſchmeicheln. Die 
Unendlichkeit der Schöpfung faßt alle Naturen, die ihr über» 
ſchwenglicher Reichthum hervorbringt, mit gleicher Nothwendig⸗ 
keit in ſich. Von der erhabenſten Claſſe, unter den denkenden 
Weſen, bis zu dem verachteſten Inſecte, iſt ihr kein Glied gleich⸗ 
“gültig; und es kann keins fehlen „ohne daß die Schoͤnheit des 
Ganzen, welche in dem Zuſammenhange beſteht, dadurch unter⸗ 
brochen wurde. Indeſſen wird alles durch allgemeine Geſetze 
beſtimmt, welche die Natur, durch die Verbindung ihrer ur⸗ 
ſprünglich eingepflanzten Kraͤfte, bewirkt. Weil ſie in ihrem 
Verfahren lauter Wohlanſtaͤndigkeit und Ordnung hervorbringt; 
ſo dorf keine einzelne Abſicht ihre Folgen ſtoren und unterbrechen. 


1 
ie 


1 „ 


Bey ihrer erſten Bildung war die Erzeugung eines Planeten nur 
eine unendliche kleine Folge ihrer Fruchtbarkeit; und nun waͤre 
es etwas ungereimtes, daß ihre ſo wohl gegründeten Geſetze den 
beſondern Zwecken dieſes Atoms nachgeben ſolten. Wenn die 
Beſchaffenheit eines Himmelskoͤrpers der Bevoͤlkerung natuͤrliche 
Hinderniſſe entgegen ſetzt: io wird er unbewohnt ſeyn, obgleich 
es an und für ſich ſchoͤner waͤre, daß er Einwohner haͤtte. Die 


Treflichkeit der Schoͤpfung verlieret dadurch nichts: denn das 


Unendliche iſt unter allen Groͤßen diejenige, welche durch Ent⸗ 
ziehung eines endlichen Theiles nicht vermindert wird. Es waͤre, 
als wenn man klagen wollte, daß der Raum zwiſchen dem Jupi⸗ 
ter und dem Mars ſo unnoͤthig leer ſtehet, und daß es Kometen 
giebt, welche nicht bevoͤlkert ſind. In der That, jenes Inſect 
mag uns ſo nichtswuͤrdig ſcheinen, als es wolle, es iſt der Na⸗ 
tur, da es einmahl da iſt, gewiß an der Erhaltung ſeiner ganzen 
Claſſe mehr gelegen, als an einer kleinen Zahl vortreflicher Ges 

ſchoͤpfe, deren es dennoch unendlich viel giebt, wenn ſie gleich ei⸗ 
ner Gegend, oder eines Orts beraubt ſeyn ſollten. Weil ſie in 
Hervorbringung beyder unerſchoͤpflich iſt, ſo ſieht man ſie ja gleich 
unbekuͤmmert, beyde in ihrer Erhaltung und Zerſtoͤrung, den all⸗ 
gemeinen Geſetzen uͤberlaſſen. Hat wohl jemahls der Beſitzer je⸗ 


ner bewohnten Waͤlder, auf dem Kopfe des Bettlers, groͤßere 


Verheerungen unter dem Geſchlecht dieſer Kolonie gemacht, 
als der Sohn Philipps in dem Geſchlechte feiner. Mitbürger ans 
richtete, als es ihm ſein boͤſer Genius in den Kopf geſetzt hatte, 
daß die Welt nur um ſeinetwillen hervorgebracht ſey? 
Indeſſen ſind doch die meiſten unter den Planeten gewiß be⸗ 
wohnt, und die es nicht ſind, werden es dereinſt werden. Was 
für Verhaͤltniße werden nun, unter den verſchiednen Arten Dies 
ſer Einwohner, durch die Beziehung ihres Orts in dem Weltge⸗ 
baͤude zu dem Mittelpunkte, daraus ſich die Waͤrme verbreitet, 
die alles belebt, verurſacht werden? Denn es iſt gewiß, daß 
dieſe, unter den Materien dieſer Himmelskoͤrper, nach Propor⸗ 
tion ihres Abſtandes, gewiſſe Verhaͤltniße in ihren Beſtimmungen 
mit ſich führt: Der Menſch, welcher unter allen vernünftigen 
Weſen dasjenige iſt, welches wir am deutlichſten kennen, ob uns 
gleich ſeine innere Beſchaffenheit annoch ein unerforſchtes Pro⸗ 
N blem 


BE ? (199 77 


blem iſt, muß in dieſer Vergleichung zum Grunde und zum all 
gemeinen Beziehungspunkte dienen. Wir wollen ihn hier nicht 


nach feinen moraliſchen Eigenſchaften, auch nicht nach der phya _ - 


ſiſchen Einrichtung ſeines Baus betrachten: wir wollen nur un⸗ 
terſuchen, was das Vermögen vernuͤnftig zu denken, und die Be⸗ 
wegung ſeines Leibes, die dieſem gehorcht, durch die, dem Ab⸗ ; 
ſtande von der Sonne proportionirte, Beſchaſſenheit der Mate⸗ 
rie, an die er geknuͤpft iſt, für Einſchraͤnkungen leide. Des 
unendlichen Abſtands ungeachtet, welcher zwiſchen der Kraft zu 
denken, und der Bewegung der Materie, zwiſchen dem vernünfs 
tigen Geiſte, und dem Koͤrper anzutreffen iſt, ſo iſt es doch ge⸗ 
wiß, daß der Menſch, der alle ſeine Begriffe und Vorſtellungen 
von dem Eindrucke her hat, die das Univerſum, vermittelſt 
des Koͤrpers, in ſeiner Seele erregt, ſowohl in Anſehung der 
Deutlichkeit derſelben, als auch die Fertigkeit, dieſelbe zu verbin⸗ 
den und zu vergleichen, welche man das Vermögen zu den⸗ 
ken nennt, von der Beſchaffenheit dieſer Materie vollig abhaͤngt 
an die der Schoͤpfer ihn gebunden hat. 

Der Menſch iſt erſchaffen, die Eindrücke und Ruͤhrungen, die 
die Welt in ihm erregen ſoll, durch denjenigen Koͤrper anzuneh⸗ 
men, der der ſichtbare Theil ſeines Weſens iſt, und deſſen Mate⸗ 
rie nicht allein dem unfichebaren Geiſte, welcher ihn bewohnt, dient 


die erſten Begriſſe der äußern Gegenſtaͤnde aufzufaſſen; ſondern 15 


auch in der innern Handlung dieſe zu wiederholen, zu verbinden: 
kurz, zu denken, unentbehrlich iſt “). Nach dem Maaße, als 
ſein Koͤrper ſich ausbildet, EN die Fähigkeiten feiner den⸗ 


kenden Natur auch die gehoͤrigen Grade der Vollkommenheit, und 


erlangen allererſt ein geſetztes und maͤnnliches Vermoͤgen, wenn 
die Faſern ſeiner Werkzeuge die Feſtigkeit und Dauerhaftigkeit 
uͤberkommen haben, welche die Vollendung ihrer Ausbildung iſt. 


Diejenigen Faͤhigkeiten entwickeln ſich bey ihm früh genug, durch. 55 


welchen er dem Beduͤrfniſſe, das die Abhangigkeit von den aͤußer⸗ 


. Es iſt aus den Gründen der Pſychologie ausgemacht, daß, ver⸗ 
möge der jetzigen Berfaffung, darinnen die Schöpfung Seele und 
Leib von einander abhaͤngig gemacht hat, die erſtere nicht allein 

alle Begriffe des Univer an 6 durch des letztern Bemeinſchaft 
und Einfluß uͤberkommen muß; ſondern auch die Ausübung feiner 
Dienkungskraft ſelbſt auf deſſen Verfaſſung ankommt, und von er 
ſen Beyhuͤlfe die noͤthige Jaͤhigkeit dazu entlehnt. 


lichen Dingen ihm zuzieht, genug thun kann. Bey einigen Men⸗ 
ſchen bleibt es bey dieſem Grade der Auswicklung. Das Vermös 
gen abgezogene Begriffe zu verbinden, und durch eine frene Ans _ 
wendung der Einſichten über den Hang der Leidenſchaften zu herr⸗ 
ſchen, findet ſich ſpaͤt ein, bey einigen niemals in ihrem ganzen Le⸗ 
ben; bey allen aber iſt es ſchwach: es dienet den untern Kraͤften, 
über die es doch herrſchen ſollte, und in deren Regierung der Vor⸗ 
zug ſeiner Natur beſteht. Wenn man das Leben der meiſten Men⸗ 
ſchen anſieht: ſo ſcheinet dieſe Kreatur geſchaffen zu ſeyn, um 
wie eine Pflanze Saft in ſich zu ziehen und zu wachſen, ſein Ge⸗ 
ſchlecht fortzuſetzen, endlich alt zu werden, und zu ſterben. Er 
erreicht unter allen Geſchoͤpfen am wenigſten den Zweck ſeines Da⸗ 
ſeyns, weil er ſeine vorzuͤglichen Faͤhigkeiten zu ſolchen Abſichten 
verbraucht, die die uͤbrigen Kreaturen mit weit mindern, und doch 
weit ſichrer und anſtaͤndiger erreichen. Er würde auch das Ver⸗ 
achtungswuͤrdigſte unter allen, zum wenigſten in den Augen der 
wahren Weisheit, ſeyn, wenn die Hoffnung der Zukunft ihn nicht 
erhuͤbe, und den in ihm verſchloßnen Kraͤften, nicht die Periode 
einer völligen Entwicklung bevorſtuͤnde. 

Wenn man die Urſache der Hinderniſſe unterſucht, welche die 
menſchliche Natur in einer ſo tiefen Erniedrigung erhalten; ſo 
findet ſie ſich in der Grobheit der Materie, darin ſein geiſtiger 
Theil verſenkt iſt, in der Unbiegſamkeit der Faſern und der Traͤg⸗ 
heit und Unbeweglichkeit der Saͤfte, welche den Regungen des 
geiſtigen Theils gehorchen ſollen. Die Nerven und Flüßigkei⸗ 
ten a) ſeines Gehirns liefern ihm nur grobe und undeutliche Be⸗ 
griffe; und weil er der Reitzung der ſinnlichen Empfindungen, 


in dem Inwendigen ſeines Denkungsvermoͤgens, nicht genugſam 


kraͤftige Vorſtellung zum Gleichgewichte entgegen ſtelen kann; 
ſo wird er von ſeinen Leidenſchaften hingeriſſen, von dem Getuͤm⸗ 
mel der Elemente, die ſeine Maſchine unterhalten, uͤbertaͤubt und 
geſtoͤrt. Die Bemühungen der Vernunft, ſich dagegen zu erhe⸗ 
ben, und dieſe Verwirrung durch das Licht der Urtheilskraft zu 


a) Unter welchen, nach Soͤmmerings Beobachtungen, eine übers 
aus feine, die innern Hoͤhlen des Gehirns bekleidet, und viel⸗ 
leicht das eigentliche Empfindungsorgan (Sensorium) der 

Seele ſeyn kan, da ſich die feinſten Enden aller Nerven in ihm 
zu verliehren ſcheinen. 


„„ 


vertreiben, ſind wie die Sonnenblicke, wenn dicke Wolken ihre 15 
Heiterkeit unablaͤſſig unterbrechen und verdunkeln. ee 
Dieſe Grobheit des Stoffs und des Gewebes in dem Baue der 
menſchlichen Natur iſt die Urſache derjenigen Traͤgheit, welche die 
Faͤhigkeiten der Seele in einer beſtaͤndigen Mattigkeit und Kraft⸗ 
loſigkeit erhaͤlt. Die Handlung des Nachdenkens, und der durch 
die Vernunft aufgeklaͤrten Vorſtellungen iſt ein muͤhſamer Zuſtand, 
darein die Seele ſich nicht ohne Widerſtand ſetzen kann, und aus 
welchem ſie, durch einen natuͤrlichen Hang der koͤrperlichen Ma⸗ 
ſchine, alsbald in den leidenden Zuſtand zuruͤckfaͤllt, da die 
ſaͤmmtlichen Reitzungen alle ihre Handlungen beſtimmen und re⸗ 
gieren. . 
Dieſe Traͤgheit ſeiner Benküngekt „ welche eine Folge der Ab⸗ 
haͤngigkeit von einer groben und ungelenkſamen Materie iſt, iſt nicht 
allein die Quelle des Laſters, ſondern auch des Irrthums. Durch 
die Schwierigkeit, welche mit der Bemuͤhung verbunden iſt, den 
Nebel der verwirrten Begriffe zu zerſtreuen, und das durch ver⸗ 
glichene Ideen entſpringende allgemeine Erkenntniß von den ſinnli⸗ 
chen Eindruͤcken abzuſondern, abgehalten, giebt ſie lieber einem 
übereilten Beyfalle Platz, und beruhigt ſich in dem Beſitze einer 
Einſicht, welche ihr die Traͤgheit ihrer Natur und der Widerſtand 
der Materie kaum von der Seite erblicken laſſen. | 
In dieſer Abhaͤngigkeit ſchwinden die geiſtigen Faͤhigkeiten zus 
gleich mit der Lebhaftigkeit des Leibes; wenn das hohe Alter durch 
den geſchwaͤchten Umlauf der Saͤfte nur dicke Saͤfte in dem Koͤr⸗ 
per kocht, wenn die Biegſamkeit der Faſern und die Behendigkeit 
in allen Bewegungen abnimmt, fo erflarren die Kräfte des Geiſtes 
in einer gleichen Ermattung. Die Hurtigkeit der Gedanken, die 
Klarheit der Vorſtellung, die Lebhaftigkeit des Witzes und das 
Erinnerungsvermögen werden kraftlos und erkalten. Die durch 
lange Erfahrung eingepfropften Begriffe erſetzen noch einigermaſ⸗ 
ſen den Abgang dieſer Kraͤfte, und der Verſtand wuͤrde ſein Un⸗ 
vermoͤgen noch deutlicher verrathen, wenn die Heftigkeit der Lei⸗ 
denſchaften, die deſſen Zuͤgel noͤthig haben, nicht zugleich, und 
noch eher als er, ſich verminderte. g 
Es erhellt allſo hieraus deutlich, daß die Kräfte der menfche 
lichen Seele von den n einer groben Materie, „ an die 


Sr 2 


— 


# 


45 136 ) 


i Re * 1 g * i 2 | 5 
ſte innigſt verbunden werden, eingeſchraͤnkt und gehemmt werden; 


aber es iſt etwas noch Merkwürdigers, daß dieſe fpecififche Des 
ſchaffenheit des Stoffs eine weſentliche Beziehung zu dem Grade 
des Einfluſſes hat, womit die Sonne nach dem Maaße ihres Ab⸗ 
ſtands ſie belebt, und zu den Verrichtungen der animaliſchen Oe⸗ 
konomie tuͤchtig macht. a) Dieſe nothwendige Beziehung zu dem 
Feuer y welches ſich aus dem Mittelpunkte des Weltſyſtems ver⸗ 
breitet, um die Materie in der noͤthigen Regung zu erhalten, iſt 
der Grund einer Analogie, die eben hieraus, zwiſchen den ver⸗ 


ſchiednen Bewohnern der Planeten, feſtgeſetzt wird: und eine jede 


Klaſſe derſelben iſt, vermoͤge dieſes Verhaͤltniſſes, an den Ort durch 
die Nothwendigkeit ihrer Natur gebunden, der ihr in dem U ni⸗ 
verſum angewieſen worden iſt. En | | 
Die Einwohner der Erde und der Venus können ohne ihr bei⸗ 
derſeitiges Verderben ihre Wohnplaͤtze gegeneinander nicht ver⸗ 
tauſchen. b) Der erſtere, deſſen Bildungsſtoff für den Grad der 
Waͤrme ſeines Abſtands proportionirt, und daher fuͤr einen noch 
größern zu leicht und fluͤchtig iſt, wuͤrde in einer erhitztern Sphaͤ⸗ 


’ re gewaltfame Bewegungen und eine Zerruͤttung feiner Natur er⸗ 


leiden, die von der Zerſtreuung und Austrocknung der Saͤfte und 
einer gewaltſamen Spannung ſeiner elaſtiſchen Faſern entſtehen 
wuͤrde; der letztre, deſſen groͤbrer Bau und Trägheit der Elemen⸗ 


te ſeiner Bildung, eines großen Einfluſſes der Sonne bedarf, 


wuͤrde in einer kuͤhlern Himmelsgegend erſtarren und in einer Leb⸗ 
loſigkeit verderben. Eben fo müflen es weit leichtere und fluchti⸗ 
gere Materien ſeyn, daraus der Koͤrper des Jupiters Bewohners 
beſteht, damit die geringe Regung, womit die Sonne in dieſem 


a) Man vergleiche z. B. die Geiſteskraͤfte eines Europaͤers oder an⸗ 
drer Menſchen aus der gemaäßigſten Zone der Erdkugel mit des 
nen eines Folarlaͤnders, Suͤdindianers oder andrer Bewohner 

der kalten und heißen Zonen. | 


0 Diefe und die folgenden Bemerkungen gruͤnden ſſch auf die Vor⸗ 
ausſetzung, daß die Hitze auf den Planeten, nach Verhaͤltniß ihres 
Abſtands von der Sonne, ſtaͤrker in den naͤhern, ſchwaͤcher in 
den entferntern fey. Glaubt man aber, (nach Boden, oben 
pag. 97 not. a.) daß die Staͤrke der Warme auf einen Planeten 

krſt an feiner Oberfläche durch die Sonnſtrahlenbrechung bewirkt 

werde, fo wird fie ſich in ihren Graden nach der Dichtigkeit der 

Oberflache richten muͤſſen. Letzterer Gedanke vereinigt gleichſam 

beyde Meinungen, und wird auch unten pag. 138. beruͤhrt. Man 
vergleiche auch pag. 137. VEIT 


IE „ ss, | 
Abſtande wirken kann, dieſe Maſchinen eben ſo kraͤftig bewegen 
koͤnne, als ſie es in den untern Gegenden verrichtet, und damit 
alles in einem allgemeinen Begriffe zuſammenpaſſe. Der Stoff, 
woraus die Einwohner verſchiedner Planeten, ja 
ſo gar die Thiere und Gewächſe auf denſelben, gebil⸗ 


det ind, mußuͤberhaupt um deſto leichtrer und fei⸗ 


nerer Art, und die Elaftieität der Fa ſern ſammt der 
vortheilhaften Anlage ihres Baus, um deſto voll⸗ 


kommner ſeyn, nach dem Maaße als fie weiter von 


der Sonne abſtehen. 


Dieſes Verhaͤltniß iſt ſo natürlich und wohl gegründet, daß 
nicht allein die Bewegungsgründe des Entzwecks darauf führen, 
welche in der Naturlehre gemeiniglich nur als ſchwache Gruͤnde 
‚angefehen werden, ſondern zugleich die Proportion der ſpeciſiſchen 
Beſchaffenheit der Materien, woraus die Planeten heſtehen, weis 
che ſowohl durch die Rechnungen des Newton, als durch die 


Gruͤnde der Kosmogonie ausgemacht ſind, dieſelbe beſtaͤtigen, 


nach welchen der Stoff, woraus die Himmelskoͤrper gebildet ſind, 5 
bey den entferntern allemal leichterer Art, als bey den nahen iſt, N 
welches nothwendig an denen Geſchoͤpfen, die ſich auf ihnen er⸗ 


zeugen und unterhalten, ein gleiches Verhaͤltniß nach ſich e 
muß. 


Wir haben eine Vergleichung zwiſchen der Beschaffenheit 10 " 


Materie, damit die vernünftigen Geſchoͤpfe auf den planeten 
weſentlich vereinigt find, ausgemacht; und es laͤßt ſich auch nach 
der Einleitung dieſer Betrachtung leicht erachten, daß dieſe Ver⸗ 
haͤltniße eine Folge „ auch in Anſehung ihrer geiſtigen Faͤhig⸗ 
keit, nach ſich ziehen werden. Wenn demnach dieſe geiſtigen Faͤ⸗ 
higkeiten eine nothwendige Abhängigkeit von dem Stoffe der Mas 


ſchine haben, welche fie bewohnen; fo werden wir mit mehr als 


wahrſcheinlicher Vermuthung ſchließen koͤnnen: daß die Tref⸗ 
lichkeit der denkenden Naturen, die Hurtigkeit in 
ihren Vorſtellungen, die Deutlichkeit und Lebhaf⸗ 
tigkeit der Begriffe, die ſie durch aͤußerlichen Eine 


druck bekommen, ſammt dem Vermoͤgen fie zuſam⸗ | 


men zu ſet zen, endlich auch die Behendigkeit in die r 
wirklichen e kurz, der * ganze umfang ih⸗ 


. 5 


— 


8 4 5 


rer Vollkommenheit unter einer en Regel 
ſtehen, nach welcher dieſelben, nach dem Verhaͤlt⸗ 

niſſe des Abſtands ihrer Wohnplaͤtze von der Son⸗ 

ne immer treflicher und volkommener werden. 

Da dieſes Verhaͤltniß einen Grad der Glaubwürdigkeit hat, 
der nicht weit von einer ausgemachten Gewisheit entfernt iſt, ſo 
finden wir ein offenes Feld zu angenehmen Muthmaßungen, die 
aus der Vergleichung der Eigenſchaften dieſer verſchiedenen Be⸗ 
wohner entſpringen. Die menſchliche Natur, welche in der Lei⸗ 
ter der Weſen gleichſam die mittelſte Sproſſe inne hat, ſieht ſich 
zwiſchen den zwey aͤußerſten Grenzen der Vollkommenheit mitten 
inne, von deren beyden Enden ſie gleich weit entfernt iſt. Wenn 
die Vorſtellung der erhabenſten Klaſſen vernuͤnftiger Kreaturen, 
die den Jupiter a) oder den Saturn bewohnen, ihre Eiferſucht 
reitzt und fie durch die Erkenntniß ihrer eignen Niedrigkeit demüs 
thigt; fo kann der Anblick der niedrigen Stufen fie wieder zufrie⸗ 
den ſtellen und beruhigen, die in den Planeten Venus und Mer⸗ 
kur weit unter der Vollkommenheit der menſchlichen Natur ernie⸗ 
deigt find. Welch ein verwundrungswuͤrdiger Anblick! Von der 
einen Seite ſehen wir denkende Geſchoͤpfe, bey denen ein Groͤn⸗ 
laͤnder oder Hottentotte ein Newton ſeyn wuͤrde; und auf der 
andern Seite andere, die dieſen als einen Affen bewundern. 

Die hoͤhern Weſen, als fie ſahn i 
Juͤngſt einen ſterblichen Mann das ganze 
Natürgeſetz enthuͤllen, wunderten 2 
So hoher Weisheit ſich in lerdiſcher 


e Geſtalt, ſich Newron weiſend etwa [9 
Wie wir den Affen. 


Pope. 


40 See ſich hier welche aufhalten Finnen; da nach dem oben 
4 pas. Angeführten Jupiter noch in ziemlicher Zerruͤt⸗ 
Bun 7 Oberflaͤche begkiffen A) und ſich erſt feiner ordentli⸗ 
chen Ausbildung nähert? — Ich wuͤrde alſo hier lieber den 
ſchon ausgebildeten Mars allein ſetzen, da auch vom Saturn 
jenes gilt, was vom Jupiter eſagt iſt/ zu Beben Glauben 
uns nicht nur die e ſeiner Streifen ey Flecke, 
ſondern auch ſeine weitere Entfernung von der Sonne berechti⸗ 
en kann. Vom Uran wollen wir 15 ſchweigen; aber zugleich 
bemerken, daß Eben dieſer Gedanke auf das Daſeyn eines Pas 
neten zwiſchen Jupiter und Mars fuͤhrt, welcher alſo nach feis 
nem Stande ausgebildeter als Jupiter, aber roher als W 
ſeyn muͤſte. (S. auch unten pag. 141. 142.) ; 


„ „ 


Zu welch einem ie in der Ertenntniß „ wird die Eine 
ſicht jener gluͤckſeligen Weſen der obern Himmelsſphären nicht 
gelangen! Welche ſchoͤne Folgen, wird dieſe Erleuchtung der 


Einſichten nicht in ihre ſittliche Beſchaffenheit haben! Die Ein⸗ ö 


ſichten des Verſtands, wenn ſie die gehoͤrigen Grade der Voll⸗ 
ſtaͤndigkeit und Deutlichkeit beſitzen, haben weit lebhaftre Rei⸗ 
gungen als die ſinnlichen Anlockungen an ſich, und find vermoͤ⸗ 
gend, dieſe ſiegreich zu beherrſchen, und unter den Fuß zu tre⸗ g 
ten. Wie herrlich wird ſich die Gottheit ſelbſt, die ſich in allen 
Geſchoͤpfen mahlt, in dieſen denkenden Naturen nicht abbilden, 
welche als ein von den Stuͤrmen der Leidenſchaften unbewegtes 
Meer ihr Bild ruhig aufnehmen, und zuruͤckſtrahlen! Wir wol 
len dieſe Muthmaßungen nicht uͤber die, einer phyſiſchen Abhand⸗ 

lung vorgezeichnete Grenzen erſtrecken, wir bemerken nur noch⸗ ' 
mals die oben angeführte Analogie: daß die Vollkommen⸗ 
heit der Geiſterwelt ſowohl, als der materialiſchen 
in den Planeten, von dem Merkur an bis zum Ura⸗ 
nus, oder vielleicht noch uber ihm (wofern noch an⸗ 
dre Planeten ſind,) in einer richtigen Gradenfolge, 

nach der Proportion ihrer Entfernungen von der 
Sonne, wachſe und fortſchreite. 

Indeſſen, daß dieſes aus den Folgen der phnfifchen Beſiebung 
ihrer Wohnpläge zu dem Mittelpunkte der Welt zum Theil na» 
tuͤrlich herfließt, zum Theil geziemend veranlaßt wird: fo beftäs 
tigt andrer Seits der wirkliche Anblick der vortreflichſten, und ſich 
für die vorzuͤgliche Vollkommenheit der Naturen in den obern Gen 
genden anſchickenden Anſtalten, dieſe Regel ſo deutlich, daß ſie 
beynahe einen Anſpruch auf eine voͤllige Ueberzeugung machen 
darf? Die Hurtigkeit der Handlungen, die mit den Vorzuͤgen 
einer erhabenen Natur verbunden iſt, ſchickt ſich beſſer zu den 
ſchnell abwechſelnden Zeitperioden jener Sphaͤren, als die e 
ſamkeit träger und unvollkommner Geſchoͤpfe. 

Die Sehroͤhre lehren uns, daß die Abwechſelung des Tages 
und der Nacht im Jupiter in 9 Stunden 56 Minuten geſchehe. 
Was würde der Bewohner der Erde, wenn er in dieſen Planeten 
geſetzt würde, bey dieſer Eintheilung wohl anfangen? Die Zeit 
von beinahe zo Stunden würde kaum zu derjenigen Ruhe zureie 


757 


* 


— 


1 


17 4 ie 105 ). | | 
a „ die diefe grobe Maſchine zu ihrer Erholung 12 6 den 


Schlaf gebraucht. Was würde die Vorbereitung zu den Vers 
richtungen des Wachens, das Kleiden, die Zeit, die zum Eſſen 


angewandt wird, nicht fuͤr einen Antheil an der folgenden Zeit 


abfordern, und wie wuͤrde eine Kreatur, deren Handlungen mit 


ſolcher Langſamkeit geſchehen, nicht zerſtreut, und zu etwas kuͤch⸗ 


tigen unvermoͤgend gemacht werden, deren 5 Stunden Geſchaͤfte 
ploͤtzlich durch die Dazwiſchenkunft einer eben ſo langen Finſter⸗ 

niß unterbrochen wurden? Dagegen, wenn Jupiter von vollkomm⸗ 
nern Kreaturen bewohnt ift „die mit einer feinern Bildung mehr 
claſtiſche Kräfte, und eine groͤßre Behendigkeit in der Ausübung 
verbinden, ſo kann man glauben, daß dieſe 5 Stunden ihnen 
eben daſſelbe und mehr ſind, als was die 12 Stunden des Tags 
für die niedrigere Klaſſe der Menſchen betragen. Wir wiſſen, daß 
das Beduͤrfniß der Zeit etwas relatives iſt, welches nicht anders 
als aus der Groͤße desjenigen, was verrichtet werden foll „ mit 
der Geſchwindigkeit der Ausübung verglichen, kann erkannt und 
verſtanden werden. Daher eben dieſelbe Zeit, die für eine Art 
der Geſchoͤpfe gleichſam nur ein Augenblick iſt, fuͤr eine andere ei⸗ 
ne lange Periode ſeyn kann, in der ſich eine große Folge der Ver⸗ 

andrungen durch eine ſchnelle Wirkſamkeit entwickelt. Saturn 
hat nach der wahrſcheinlichen Berechnung ſeiner Umwaͤlzung, die 
wir oben [dargelegt haben, eine noch weit kuͤrzere Abtheilung 


des Tages und der be . 2) Br ‚tape daher an der Natur 


Endlich ſtimmt alles übteeln das angeführte Geſeg zu igen 
Die Natur hat ihren Vorrath augenſcheinlich auf der entlegnen 
Seite der Welt am reichlichſten ausgebreitet. Die Monde, die den 
geſchaͤftigen Weſen dieſer gluͤckſeligen Gegenden, durch eine hin⸗ 


längliche Erſetzung die Entziehung des Tageslichts verguͤten, find. 


in größter Menge daſelbſt angebracht, und die Natur ſcheint 
ſorgfaͤltig geweſen zu ſeyn, ihrer Wirkſamkeit alle Beyhuͤlfe zu 


leiſten, damit ihnen faſt keine Zeit hinderlich ſey, ſolche anzuwen⸗ 


den. Jupiter hat in Anſehung der Monde einen augenſcheinli⸗ 
chen Vorzug vor allen untern Planeten, und Saturn wiederum 


) Siehe ohen pag. 61. und die! not.“, pag. 70. not 3, pag. SI. 
Nos. da 


5 Wa 

vor ihm, deſſen Anſtalten an dem ſchoͤnen und nuͤtzlichen Ringe, 
der ihn umgiebt, noch groͤßere Vorzuͤge von ſeiner Beſchaffenheit 
wahrſcheinlich machen; da hingegen die untern Planeten, bey 

denen dieſer Vorrath unnuͤtzlich würde verſchwendet ſeyn, deren 

Klaſſe weit näher an die Unvernunft graͤnzt, ſolcher Vortheile ent⸗ 


weder gar nicht, oder doch ſehr wenig theilhaftig geworden find, 


Wan kann aber, (damit ich einem Einwurfe zuvorkomme, 
der alle dieſe angefuͤhrte Uebereinſtimmung vereiteln koͤnnte,) den 
groͤßern Abſtand von der Sonne, dieſer Quelle des Lichts und 
des Lebens, nicht als ein Uebel anſehen, wogegen die Weitläuf⸗ 
tigkeit ſolcher Anſtalten bey den entferntern Planeten nur vor⸗ 
gekehrt worden, um ihm einigermaßen abzuhelfen, und daß in 
der That die obern Planeten eine weniger vortheilhafte Lage im 
Weltgebaͤude und eine Stellung haͤtten, die der Vollkommenheit 
ihrer Anſtalten nachtheilig waͤre, weil ſie von der Sonne einen 


ſchwaͤchern Einfluß erhalten. Denn wir wiſſen, daß die Wir⸗ 


kung des Lichts und der Waͤrme nicht durch deren abſolute In⸗ 


tenſitaͤt, ſondern durch die Faͤhigkeit der Materie, womit ſie 


ſolche annimmt, und ihrem Antriebe weniger oder mehr wider⸗ 
ſteht, beſtimmt werde, und daß daher eben derſelbe Abſtand, 


der für einer Art grober Materie ein gemaͤßigtes Clima kann 
genannt werden, fubtilere Fluͤßigkeiten zerſtreuen, und für fie‘ 


von ſchaͤdlicher Heftigkeit ſeyn wuͤrde; mithin nur ein feinrer 


und aus beweglichern Elementen beſtehender Stoff dazu gehoͤrt, 
um die Entfernungen des Jupiters oder Saturns von der Sonne 


beyden zu einer gluͤcklichen Stellung zu machen, 

Endlich ſcheint noch die Treflichkeit der Raturen in dieſen obern 
Himmelsgegenden, durch einen phyſiſchen Zuſammenhang mit ei⸗ 
ner Dauerhaftigkeit, deren fie würdig iſt, verbunden zu ſeyn. 
Das Verderben und der Toy koͤnnen dieſen treflichen Gefchöpfen 
nicht ſo viel als uns niedrigen Naturen anhaben. Eben dieſelbe 
Traͤgheit der Materie und Grobheit des Stoffs, die bey den 
untern Stufen das ſpeciſiſche Principium ihrer Erniedrigung iſt, 


iſt auch die Urſache desjenigen Hangs, den ſie zum Verderben ha⸗ 
ben. Wenn die Saͤfte, die das Thier oder den Menſchen naͤh⸗ 


i \ 


— 


ren und wachſen machen, indem ‚fie ſich zwiſchen feine Faͤſerchen 


einverleiben und an um Maſſe anſetzen, nicht mehr zug leich deſ⸗ 


F EN : 
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fen Gefäße und Canaͤle in der Raumsausdehnung vergrößern 
können, wenn das Wachsthum ſchon vollendet iſt; ſo muͤſſen 
dieſe ſich anſetzenden Nahrungsſaͤfte durch eben den mechaniſchen 
Trieb, der das Thier zu naͤhren angewandt wird, die Hoͤhle ſeiner 
Gefaͤße verengen und verſtopfen, und den Bau der ganzen Ma⸗ 


ſchine, in einer nach und nach zunehmenden Erſtarrung, zu Grun⸗ 
de richten. Es iſt zu glauben, daß obgleich die Vergaͤnglichkeit 


auch an den vollkommenſten Naturen nagt, dennoch der Vorzug 
in der Feinheit des Stoffs, in der Elaſticitaͤt der Gefaͤße, und 
der Leichtigkeit und Wirkſamkeit der Saͤfte, woraus jene voll⸗ 
kommnere Weſen, welche in den entfernten Planeten wohnen, ges 
bildet ſind, dieſe Hinfaͤlligkeit, welche eine Folge aus der Traͤg⸗ 
heit einer groben Materie iſt, weit laͤnger aufhalten, und dieſen 


Kreaturen eine Dauer, deren Länge ihrer Vollkommenheit pro⸗ 


portionirt iſt, verſchaffen werde, ſo wie die Hinfaͤlligkeit des Le⸗ 
bens der Menſchen ein richtiges Verhältniß in ihrer Vergaͤnglich⸗ 
keit und Schwaͤche hat a). 

Ich kann dieſe Betrachtung nicht verlaſſen, ohne einem Zwei⸗ 
fel zuvor zu kommen, welcher natuͤrlicher Weiſe aus der Ver⸗ 
gleichung dieſer Meinungen mit unſern vorigen Saͤtzen entſprin⸗ 
gen koͤnnte. Wir haben in den Anſtalten des Weltbaus an 
der Menge der Trabanten, welche die Planeten der entfernteſten 
Kreiſe erleuchten, an der Schnelligkeit der Achſendrehungen, 


und dem gegen die Sonnenwirkung proportionirten Stoffe 
ihres Zuſammenſatzes, die Weisheit Gottes erkannt, welche 
alles dem Vortheile der vernuͤnftigen Weſen, die ſie bewohnen, 


ſo zutraͤglich angeordnet hat. Aber wie wollte man jetzt mit 
der Lehrverfaſſung der Abſichten einen mechaniſchen Lehrbegriff 
zuſammen reimen, fo daß, was die hoͤchſte Weisheit ſelbſt ent⸗ 
warf, der rohen Materie, und das Regiment der Vorſehung, 
der ſich ſelbſt uͤberlaſſenen Natur zur Ausfuͤhrung aufgetragen 


worden? Iſt das sa nicht vielmehr ein Srttönnuiß y daß die 


a) So würde ein Bewohner des , wenn er auch ſchon 
als ein Kind von 1 Juptters⸗Jahre geſtorben wäre, der Zeit 
nach eben fo alt ſeyn/ als ein Erdenſohn von 11 Jahren, 314 

Tagen; jener haͤtte dabei 103, 908 Jupiterstage, vieler abet 129 
Tage der em gelebt. 


SE: 


5 Anordnung des Weltbaus nicht durch die allgemeinen .. 
der letztern ra e K ER 


Man wird diefe Zweifel bald gerſtrenen „wenn man auf das⸗ 
jenige nur zurück denkt, was in gleicher Abſicht in dem vorigen 
angefuͤhrt-worden. Muß nicht die Mechanik aller natuͤrlichen 
Bewegungen einen weſentlichen Hang zu lauter ſolchen Folgen 
haben, die mit dem Projekte der hoͤchſten Vernunft in dem ganzen 
Umfange der Verbindungen wohl zuſammenſtimmt? Wie kann 
ſie abirrende Beſtrebungen, und eine ungebundene Zerſtreuung 
in ihren Beginnen haben, da alle ihre Eigenſchaften, aus wel⸗ 
chen ſich dieſe Folgen entwickeln, ſelbſt ihre Beſtimmung aus 
der ewigen Idee des goͤttlichen Verſtandes haben, in welchem ſich 
alles nothwendig auf einander beziehen, und zuſammen ſchicken 
muß? Wenn man ſich recht beſinnt, wie kann man die Art zu 
urtheilen rechtfertigen, daß man die Natur als ein widerwaͤrti⸗ 
ges Subjekt anſteht, welches nur durch eine Art von Zwange, 
der ihrem freien Betragen Schranken ſetzt, in dem Gleiſe der 
Ordnung und der gemeinſchaftlichen Harmonie kann erhalten 
werden, wofern man nicht etwa dafuͤr haͤlt, daß fie ein ſich ſelbſt 
gnugſames Principium ſey, deſſen Eigenſchaften keine Urſache er⸗ 
kennen, und welche Gott, ſo gut als es ſich thun laͤßt, in den 
Plan ſeiner Abſichten zu zwingen trachtet. Je naͤher man die 
Natur wird kennen lernen, deſto mehr wird man einſehen, daß 

die allgemeinen Beſchaffenheiten der Dinge einander nicht fremd 
und getrennt find. Man wird hinlaͤnglich überführt werden, 
daß ſie weſentliche Verwandtſchaften haben, durch die ſie ſich von 
ſelber anſchicken, einander in Errichtung vollkommner Verfaſſun⸗ 
gen zu unterſtuͤtzen, die Wechſelwirkung der Elemente zur Schoͤn⸗ 
heit der materialiſchen und doch auch zugleich zu den Vortheilen 
der Geiſterwelt, und daß uͤberhaupt die einzelnen Naturen der 
Dinge in dem Felde der ewigen Wahrheiten ſchon unter einander, 
ſo zu ſagen, ein Syſtem ausmachen, in welchem eine auf die 
andere beziehend iſt: man wird auch alsbald inne werden, daß die 
Verwandtſchaft ihnen von der Gemeinſchaft des Urſprungs eigen 
iſt, aus dem ſie insgeſammt ihre weſentlichen Beſtimmungen ge⸗ 
ſchoͤpft haben. | 


4 


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8 ee * 
Und um daher dieſe wiederholte Betrachtung zu dem vorhan⸗ 
denen Zwecke anzuwenden: Eben diefelbe allgemeine Bewegungs⸗ 


geſetze, die den oberſten Planten einen entfernten Platz von dem 


Mittelpunkte der Anziehung und der Traͤgheit in dem Weltenſy⸗ 
ſteme angewieſen haben, haben ſie dadurch zugleich in die vortheil⸗ 
hafteſte Verfaſſung geſetzt, ihre Bildungen am weiteſten von dem 
Beziehungspunkte der groben Materie, und zwar mit groͤßrer 
Freiheit anzuſtellen; ſie haben ſie aber auch zugleich i in ein regel⸗ 
maͤßiges Verhaͤltniß zu dem Einfluſſe der Wärme verſetzt, welche 
ſich, nach gleichem Geſetze, aus eben dem Mittelpunkte ausbrei⸗ 
tet. Da nun eben dieſe Beſtimmungen es ſind „welche die Bil⸗ 


dung der Weltkoͤrper in dieſen entfernten Gegenden ungehinder⸗ 
ter, die Erzeugung der davon abhaͤngenden Bewegungen ſchnel⸗ 


ler und, kurz zu fagen, das Syſtem wohlanſtaͤndiger gemacht 


5 haben, da endlich die geiſtigen Weſen eine nothwendige Abhaͤn⸗ 


gigkeit von der Materie haben, an die ſie perſoͤnlich verbunden 
ſind; ſo iſt kein Wunder, daß die Vollkommenheit der Natur 
von beiderlei Orten in einem einzigen Zuſammenhange der Ur⸗ 
ſachen, und aus gleichen Gründen bewirkt worden. Dieſe Ueber⸗ 
einſtimmung iſt alſo bey genauer Erwaͤgung nichts Plögliches 
oder Unerwartetes, und weil die letztern Weſen durch ein gleich⸗ 


ches Principium in die allgemeine Verfaſſung der materialiſchen 


Natur eingeflochten worden; ſo wird die Geiſterwelt aus eben 
den Urſachen in den entfernten Sphaͤren vollkommner ſeyn, wes⸗ 
wegen es die koͤrperliche iſt. 

So haͤngt denn alles in dem ganzen Umfange der Natur in 
einer ununterbrochenen Stufenfolge zuſammen, durch die ewige 
Harmonie, die alle Glieder auf einander beziehend macht. Die 


| Kolltommenheiten Gottes haben ſich in unſern Stufen deutlich 


offenbart, und ſind nicht weniger herrlich in den niedrigſten Klafe 


Ion, 8 in den erhabnern. 
O aller Weſen ungeheure Kette! 
Aus Gottes Hand reichſt unabſehbar du, 
Aetheriſche Naturen, menſchliche, ö 
Und Engel ſelbſt und Menſchen, Thier und Fiſch 
. Und Vogel und Inſekt. be 
Was noch kein Auge ſah, kein Fernrohr noch 
Erreicht! Von dem Unendlichen zu dir, 
Von dir zum Unding. — a 
Pope. 


x 


„ 
Wir haben die bisherigen Muthmaßungen treulich an dem 


Leitfaden der phyſiſchen Verhaͤltniſſe fortgeführt, welcher fie auf 
dem Pfade einer vernuͤnftigen Glaubwuͤrdigkeit erhalten hat. 


Wollen wir uns noch eine Ausſchweifung aus dieſem Gleiſe in 


das Feld der Phantaſie erlauben? Wer zeiget uns die Graͤnze, 
wo die gegruͤndete Wahrſcheinlichkeit aufhoͤrt, und die willkuͤhr⸗ 
lichen Erdichtungen anheben? Wer iſt ſo kuͤhn „ eine Beant⸗ 
wortung der Frage zu wagen: ob die Suͤnde ihre Herrſchaft auch 
in andern Kugeln des Weltbaus ausübe, oder ob die Wagen 
allein ihr Regiment daſelbſt aufgeſchlagen. 

Die Sterne ſind vielleicht ein Sitz verklaͤrter Geiſter, 


Wie hier das Nes herrſcht, it dort die Tugend Heiler i 
v. Hal 1 e r. 


Gehoͤrt nicht ein gewiſſer Miireifann zwiſchen der Weis heit 


und Unvernunft zu der ungluͤcklichen Faͤhigkeit, ſuͤndigen zu koͤn⸗ 
nen? Wer weiß ; find alſo die Bewohner jener entfernten Welt⸗ | 


koͤrper nicht zu erhaben und zu weiſe, um ſich bis zu der Thor⸗ 
heit, die in der Suͤnde ſteckt, herab zu laſſen, diejenigen aber, 
die in den untern Planeten wohnen, zu feſt an die Materie gehef⸗ 
tet und mit gar zu geringen Faͤhigkeiten des Geiſtes verſehen, 
um die Verantwortung ihrer Handlungen vor den Richterſtuhl 
der Gerechtigkeit tragen zu duͤrfen? Auf dieſe Weiſe waͤre die 
Erde, und vielleicht noch der Mars, damit der Elende Troſt uns 
ja nicht genommen werde, Gefaͤhrten des Unglücks zu haben ) 
allein in der gefaͤhrlichen Mittelſtraße, wo die Verſuchung der 
ſinnlichen Reitzungen gegen die Oberherrſchaft des Geiſtes ein 
ſtarkes Vermoͤgen zur Verleitung haben, dieſer aber dennoch die⸗ 


jenige Faͤhigkeit nicht verleugnen kann, wodurch er im Stande iſt, 


ihren Widerſtand zu leiſten, wenn es ſeiner Traͤgheit nicht viel⸗ 
mehr geſiele, ſich durch dieſelbe hinreißen zu laſſen, wo alſo der 
gefaͤhrliche Zwiſchenpunkt zwiſchen der Schwachheit und dem 
Vermoͤgen iſt, da eben dieſelben Vorzüge, die ihn über die nie⸗ 
dern Klaſſen erheben, ihn auf eine Höhe ſtellen, von welcher er 
wieder unendlich tiefer unter dieſe herab ſinken kann. In der That 
ſind die beyden Planeten, die Erde und der Mars, die mittelſten 

Glieder des planetiſchen Syſtems „und es laͤßt ſich von ihren 
N. Male RU nicht mit ungazeſchennüchlei ein mittlerer 


4 


— 


4 


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Stand der phyſiſchen ſowohl, als moraliſchen Beſchaffenheit 
8 zwiſchen den zwey Endpunkten vermuthen; allein ich will lieber die 
Betrachtung denjenigen uͤberlaſſen, die mehr Beruhigung bey ei⸗ 
nem unerweißlichen Erkenntniſſe, und mehr Neigung, deſſen Ver⸗ 
ee zu übernehmen, bey ſich finden. 


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— en ee 4 La 


ef ch leu ß. 


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E iſt uns nicht einmal recht bekannt, was der Menſch jetzt 
wirklich iſt, ob uns gleich das Bewußtſeyn und die Sinne hier⸗ 
von belehren ſollten; wie viel weniger werden wir errathen koͤn⸗ 
nen, was er dereinſt werden ſoll. Dennoch ſchnappt die Wißbe⸗ 
gierde der menſchlichen Seele ſehr begierig nach dieſem von ihr 
ſo entfernten Gegenſtande, und ſtrebt, in ſolchem dunkeln Er⸗ 
kenntniſſe, einiges Licht zu bekommen. 
Sollte die unſterbliche Seele wohl in der en Unendlichtel | 
ihrer fünftigen Dauer, die das Grab ſelbſt nicht unterbricht, ſon⸗ 
dern nur verändert, an dieſen Punkt des Weltraums, an unſre 
Erde jederzeit geheftet bleiben? Sollte ſie niemals von den uͤbri⸗ 
gen Wundern der Schöpfung eines nähern Anſchauens theilhaf⸗ 
tig werden? Wer weiß, iſt es ihr nicht zugedacht, daß ſie der⸗ 
einſt jene entfernte Kugeln des Weltgebaͤudes, und die Treflich⸗ 
keit ihrer Anſtalten, die ſchon von weitem ihre Neugierde ſo rei⸗ 
zen, von nahem ſoll kennen lernen? Vielleicht bilden ſich darum 
noch einige Kugeln des Planetenſyſtems aus, um nach vollende⸗ 
tem Ablaufe der Zeit, die unſerm Aufenthalte allhier vorgeſchrie⸗ 
ben iſt, uns in andern Himmeln neue Wohnplaͤtze zu zubereiten. a) 
Wer weiß, laufen nicht jene Trabanten um den Jupiter, um 

uns dereinſt zu leuchten? 
Es iſt erlaubt, es iſt anſtaͤndig, fi 0 mit dergleichen Vorſtel⸗ 
keen u vergnügen; allein niemand wird die Hoffnung des 
kuͤnf⸗ 


a) gefis Joh. 14, 2. Sein Schüler, Paulus 1, Cor. 15, 40. 41, 


13, 10 — 132. 


L K 60 143 5 ) „ee 
Künftigen a unſichern Bildern der Einbildungskraft gründen. 
Nachdem die Eitelkeit ihren Antheil an der menſchlichen Natur 
wird abgefordert haben: ſo wird der unſterbliche Geiſt, mit ei⸗ 
nem ſchnellen Schwunge, ſich uͤber alles „was endlich iſt, empor 
ſchwingen, und in einem neuen Verhaͤltniſſe gegen die ganze Na⸗ 
tur, welche aus einer naͤhern Verbindung mit dem hoͤchſten We⸗ 
fen entſpringt, fein Daſeyn fortſetzen. Forthin wird die erhoͤhete 
Natur, welche die Quelle der Glüͤckſeligkeit in ſich ſelbſt hat, ſich 
nicht mehr unter den aͤußern Gegenſtaͤnden zerſtreuen, um eine 
Beruhigung bey ihnen zu ſuchen. Der geſammte Jubegriff der 
Geſchoͤpfe, welcher eine nothwendige Uebereinſtimmung zum Wohl⸗ 
gefallen des hoͤchſten Urweſens hat, muß auch ſie zu dem ſeinigen | 
haben, und wird ſie nicht anders 1 mit e e u. 
friedenheit ruͤhren. 6 5 vun 

In der That, wenn man mit ſolchen Wertächtingen) und mit 
den vorhergehenden, ſein Gemuͤth erfüllt hat; ſo giebt der An 
blick eines beſtirnten Himmels bey einer heitern Nacht, eine Art 
des Vergnuͤgens, welches nur edle Seelen empfinden. 65 Bey 
der allgemeinen Stille der Natur und der Ruhe der Sinne / res 
det das verborgene Erkenntnißvermoͤgen des unſterblichen Geiſtes 
eine unnennbare Sprache, und giebt unausgewickelte Begriffe, 
die ſich wohl empfinden, aber nicht beſchreiben laſſen. Wenn es 
unter den denkenden Geſchoͤpfen dieſes Planeten niederträchtige 
Weſen giebt, die, ungeachtet aller Reitzungen, womit ein ſo 'grofa 
‚fer Gegenſtand ſie anlocken kann, dennoch im Stande fi find, fi ſich feſt | 
an die Dienſtbarkeit der Eitelkeit zu heften: wie ungluͤcklich iſt dies 
ſe Kugel, daß ſie ſo elende Geſchoͤpfe hat erziehen koͤnnen? Wie 
glücklich aber iſt fie andrer Seits, da ihr unter den aller anneh⸗ 
mungswuͤrdigſten Bedingungen ein Weg eroͤfnet iſt, zu einer Gluͤck⸗ 
ſeligkeit und Hoheit zu gelangen, welche unendlich weit uͤber die 
Vorzuͤge erhaben iſt, die die allervortheilhafteſte ELSE der 
Natur in allen Weltkoͤrpern 8 kann? 


0 David 1 B. im sten Palm, 


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9 Verzeichniß 


empfehlungswürdiger ee 


| zu haben ben 
Wilhelm Weser 
ie in 3a e 


Adermann y 9. K. uͤber 8 and Vapeurs; Briefe, bv. 
pochondriſchen und hyſteriſchen Perſonen gewidmet g. 8 gr. 
Derſelbe, uͤber das Medicinalweſen in Teutſchland. 6 gr. 
leurs älterer. und neuerer Propheten und {yore Hoppe 


hungen. Fide, led cui vide! g. 10 gr. 
Beschreibung der Sitten und Gebraͤuche 8 Religion und Regie, 


rungsart, Künfte und Wiſſenſchaften, Handlung und Manu⸗ 


fakturen der minder und nicht kultivirten Volker. Nebſt einem 
Auszuge aus der Naturgeſchichte, 3 Theile, 8. 1 Kthlr. 8 gr. 

Bibliothek, Polygraphiſche der Teutſchen, welche Originalauf⸗ 
fäge, Recenſionen und Nachrichten enthält. Eine Zeitſchrift, 
welche fuͤr Schriftſteller, Verleger und andre Menſchen ganz 
unentbehrlich iſt, aſtes Baͤndchen, 8. 12 hr. 

Freuden geſelliger Zirkel. Geſellſch aftsſpiele und Sefänge, 8. 5 gr. 

Geſpraͤche über, Unſterblichkeit, 2 gr. g 

„Handbuch, medieiniſches, fuͤr den Bürger und bende eine 
Anweiſung, wie er ſich vor Krankheiten ſchuͤtzen, und in den⸗ 
ſelben verhalten muͤſſe. 2 Baͤnde 8. 1 Kthlr. 8 gr. 

‚King Lear by Sheakeſpeare, BR e explanations 
15 C. B. Küchler, 8. gr. 


Leu für. junge Eheleute; zur Belehrung über: ein vent, 


ges Verhalten in der Schwangerſchaft und in den Wochen, 


wie auch von der phnfifchen Erziehung der Kinder und ihren 


Krankheiten. 8. 2 Bde. 1 Rthlr. 1g gr. 


Pflug, Iulii, Oratio funebris in mortem Petri Mofellani, | 


iterum excufa cura C. G. Mülleri, g. 3 gr. 

Rindvieharzt, neuer, oder deutliche Anweiſung, wie der Land⸗ 
mann die Krankheiten feines Rindviehes ſelbſt heilen kann, * 
14 gr. 


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